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Die
DOLOMIT-RIFFE
von
SÜDTIROL UND VENETIEN,
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BEITRÄGE
ZUR BILDUNGSGESCHICHTE DER ALPEN
von
Edmund. Mojsisovicst von Mojsvdr.
N/-V,>X^-V>-V^^ .^V#-^'^>-^^^'-^
Herausgegeben mit Unterstützung der Kaiserl. Akademie der Wissenschsiften.
Mit der geologischen Karte des tirolisch-venetianischen Hochlandes in 6 Blättern,
3o Lichtdrackbiidern und iio Holzschnitten.
WIEN, 1879.
ALFRED HOLDER
K. K, HOF- UND UNIVERSITÄTS-BUCHHÄNDLER
ROTHENTHURMSTRA88B 15.
A
"W
Alle Rechte, auch das der Uebersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten.
KJmST' UND BUCHDRUCKZREI STEYBEBMÜHL, WIEN.
Vorwort.
Ich habe dem vorliegenden Buche nur wenige Worte über
dessen Entstehungsgeschichte voranzusenden.
In einem im Frühjahre 1874 veröffentlichten Aufsatze über ^^die
Faunengebiete und Faciesgebilde der Triasperiode in den Ostalpen* *)
hatte ich den Versuch unternommen, die verwickelten und einander
scheinbar widersprechenden stratigraphischen Verhältnisse der ver-
schiedenen Triasdistricte der Ostalpen durch die Unterscheidung
gesonderter Faunengebiete und die Annahme allgemein verbreiteter,
scharf contrastirender vicarirender Faciesgebilde zu erläutern und ein-
heitlichen Gesichtspunkten unterzuordnen. Ebenso wie zur Feststellung
der Faunengebiete leiteten mich die Resultate palaeontologischer
Untersuchungen auch zur Erkenntniss der Faciesverhältnisse.
Directe, aus dem Lagerungsverbande der als Facies bezeichneten
Gebilde entnommene Beweise konnte ich damals zur Rechtfertigung
meiner Anschauungen nicht beibringen. Aber es zeigten selbst die
abweichendsten Profile benachbarter Regionen mittelst der ange-
wendeten Interpretation eine erfreuliche Uebereinstimmung mit der
gleichzeitig aufgestellten, vorzugsweise auf palaeontologische Anhalts-
punkte gegründeten und von den lithologischen Merkmalen so viel
wie möglich abstrahirten Reihenfolge der Trias-Zonen. Vom theo-
retischen Standpunkte durfte ich sonach meine Anschauungen
als in der Natur begründete betrachten. Ich konnte mich aber
darüber keiner Selbsttäuschung hingeben, dass auf eine sofortige
ungetheilte Zustimmung der Fachgenossen nicht gerechnet werden
dürfe. Und zwar nicht blos wegen des überraschend jähen Wechsels
der entgegengesetztesten Faciesgebilde, sondern auch, und bei Vielen
vielleicht vornehmlich, wegen der zu Grunde gelegten, von dem trans-
formistischen Standpunkte ausgehenden palaeontologischen Methode,
*) Jahrb. d. Geol. R.-A. 1874.
IV
welche der Stratigraphie bisher vernachlässigte scharfe Kriterien zu
Gebote stellt. Wurden ja durch diese, wenn auch indirect, vorgefasste
Meinungen und eingelebte Anschauungen bekämpft, und mochte des-
halb, um von principiellen Gegnern zu schweigen, dem berechtigten
Conservativismus eine zuwartende Haltung am gerathensten erscheinen!
Sollte diese Zurückhaltung rasch beseitigt werden, so mussten
an die Stelle der theoretischen Folgerungen objectiv greifbare
Thatsachen gesetzt werden. Solche aber constatiren zu können,
dazu schien nach Allem, was ich bis dahin genauer von den Alpen
kannte, wenig Aussicht vorhanden zu sein. Die meisten Chancen
versprach noch das südtirolische Gebiet von Gröden, Enneberg,
Fassa und Buchenstein, welches ich bereits in meinem Aufsatze
zum Ausgangspunkte der Besprechung der Faciesgebilde gewählt
hatte. Die einfachen tektonischen Verhältnisse, einige Angaben
V. Richthofen's und Stur's, sowie eigene, auf kürzeren Excursionen
gemachte Wahrnehmungen berechtigten zu der Hoffnung, dass,
wenn irgendwo in den Alpen, so hier der directe geognostische
Nachweis des Facieswechsels gefunden werden k(')nnte.
Bei Feststellung des Planes für die Aufnahmen im Sommer 1 874
beantragte ich deshalb bei der Direction der k. k. Geologischen
Reichsanstalt, dass die beginnende Detailaufnahme der südtirolischen
Kalkalpen von dem bezeichneten Terrain ausgehen und von da aus
in den nächsten Jahren gegen die Landesgrenzen fortschreiten solle.
Bereits der Erfolg der conform diesem Antrage im Sommer 1874
durchgeführten Untersuchung überflügelte weitaus meine viel be-
scheideneren Erwartungen. Denn es wurden nicht nur die gesuchten
Nachweise des Ineinandergreifens der zwei wichtigsten
Faciesgebilde gefunden, sondern überdies eigenthümliche
Structurverhältnisse an den Stellen des Facieswechsels beob-
achtet, welche für das Verständniss der in den Ostalpen allgemein
verbreiteten triadischen Riflfmassen von höchster Wichtigkeit sind *).
Ich fasste nun den Plan, in einer besonderen, durch Illustrationen
*) Zur Wahrung der Priorität dieser Beobachtungen veröffentlichte ich in
den Sitzungs-Berichten der k. k. Akademie der Wissenschaften (LXXI. Band, 1875)
eine kurze vorläufige Notiz unter dem Titel: Ueber die Ausdehnung und Structi»r
der südostlirolischen Dolomitstöcke.
zu erläuternden Schrift eine zusammenhängende Schilderung des
bereits untersuchten, sowie des angrenzenden, ähnliche Aufschlüsse
versprechenden und in den folgenden Jahren aufzunehmenden Gebietes
zu veröffentlichen. Ich gewann noch im Laufe des Sommers 1874
den Photographen Herrn G. Egger aus Lienz für die photo-
graphische Fixirung einiger besonders instructiver Stellen. Herr
Dr. R. Hoernes, welcher mir als Sections-Geologe zugetheilt war,
begleitete Herrn Egger und wählte passende Aufnahmspunkte. Im
nächsten Jahre schaffte ich mir selbst einen leicht portativen photo-
graphischen Apparat an, mittelst welchem ich in den Jahren 1875 und
1 876 eine ziemlich grosse Anzahl geologisch interessanter Aufschlüsse
fixirte. Eine Auswahl dieser, sowie der Egger'schen Aufnahmen
begleitet, durch Lichtdruck vervielfältigt, das vorliegende Buch.
Als die vornehmste Aufgabe dieses Buches betrachtete ich
die Darstellung des Facieswechsels und der Structurverhältnisse der
Dolomitriffe. Doch wurden selbstverständlich, ohne in ermüdende
und oft wiederkehrende Detailschilderungen mich einzulassen, auch
die zahlreichen wichtigen Aufschlüsse, welche zu dem Hauptthema
in keiner unmittelbaren Beziehung stehen, entsprechend gewürdigt.
Um auch die tektonischen Verhältnisse des geschilderten
Gebietes im Zusammenhange mit den stärker gestörten südlichen
Districten darstellen zu können, schien es mir zweckmässig, über
die Grenzen der Verbreitung der triadischen Dolomitriffe hinauszu-
gehen und auch noch das am Südrande der Valsugana-Spalte
liegende Gebiet in die Karte aufzunehmen.
In der Einleitung machte ich den Versuch, die Bedeutung der
die moderne Naturwissenschaft beherrschenden transformistischen
Grundsätze für die historische Geologie zu skizziren. Ich erlebte
die grosse Freude und Genugthuung, dass der Altmeister der
heutigen Naturwissenschaft, Charles Darwin, diesen Erörterungen
sein besonderes Interesse schenkte und in einem liebenswürdigen
Schreiben die Berechtigung derselben anerkannte.
Die Untersuchung und Kartirung des geschilderten Gebietes
erfolgte unter Mitwirkung meiner beiden damaligen Sections-Geo-
logen*) der Herren Dr. C. Doelter und Dr. R. Hoernes, sowie
♦) Gegenwärtig Professoren an der Grazer Universität.
VI
unter der zeitweisen Betheiligung der Herren Volontäre Dr. Ed.
Kotschy, Dr. Ed. Reyer und Dr. Th. Posewitz in den Jahren
1874 — 1876 und dienten fiir den österreichischen Antheil des
Gebietes die photographirten Copien der Original-Aufnahmsblätter
der neuen Generalstabskarte der Monarchie im Massstabe von i : 25cxx>,
für die italienischen Antheile aber die Blätter der neuen Specialkarte
der österreichisch-ungarischen Monarchie im Massstabe von i : 75000
zur Grundlage. Herr Dr. Hoernes, welcher mich am Beginne der
Arbeit durch zwei Monate begleitet hatte, nahm in der Folge einen
sehr hervorragenden Antheil an der eigentlichen Aufnahmsarbeit. Die
Gegenden im Norden von Villnöss und Enneberg, dann die Gebiete
von Brags, Höhlenstein, Sexten, Auronzo, Cadore, die Umgebungen
von Longarone, sowie der grösste Theil des Blattes VI (Belluno)
wurden von ihm bearbeitet. Die eingehenden, von Profilzeichnungen
begleiteten schriftlichen Berichte, welche er mir zur Benützung
für meine Ausarbeitung übergab, sind unter steter Angabe der
Quelle meiner Darstellung der betreffenden Gebietstheile zu Grunde
gelegt. Es wäre undankbar, wenn ich die wesentliche Unterstützung,
welche mir aus der Mitwirkung des Herrn Dr. Hoernes erwuchs,
nicht bereitwilligst und freudig anerkennen wollte. Die Aufgabe des
Herrn Dr. C. Doelter bestand in der Untersuchung der Eruptions-
stellen von Fassa und Fleims, des Quarzporphyrgebietes und des
Cima d'Asta-Stockes. Die Begrenzung der Eruptivgesteine an den
beiden alten Vulcanschloten von Fassa und Fleims auf unserer Karte
rührt von den Aufnahmen des Herrn Dr. Doelter her, welcher die-
selben mit einem grossen Aufwände an Zeit eingehend studirt hatte *).
*) Literatur. Von der Mittheilung eines ausführlichen Literatur- Verzeich-
nisses wurde Umgang genommen, weil in dem vortrefflichen Werke Ferd. Freih.
V. Richthofen*s „Geognostische Beschreibung von Predazzo, Sanct Cassian und
der Scisser Alpe. Gotha 1860", welches für einen Theil unseres Gebietes eine aus-
gezeichnete Grundlage aller späteren Forschungen bildet, sich bereits ein solches
vorfindet. Die wichtigeren seither erschienenen Arbeiten findet man an den geeigneten
Stellen im Texte angeführt.
Eine kritische Würdigung der Arbeiten meiner Vorgänger wurde principiell
vermieden, zunächst, weil es sich in erster Linie um die Mittheilung von That-
sachen handelte, welche man erst in neuerer Zeit zu sehen gelernt hatte, und dann
aber auch, weil ich die meisten derartigen Besprechungen für einen unnützen
Ballast halte, welcher nur dazu dienen soll, die Verdienste des Autors in
besonders günstigem Lichte erscheinen zu lassen.
vn
Um die Herausgabe des Werkes in zweckentsprechender Weise
zu ermöglichen, bewilligte mir über Antrag meiner hochverehrten
Freunde, der Herren Akademiker Hofrath Fr. Ritter v. Hauer,
Hofrath Ferd. Ritter v. Hochstetter und Prof. Ed. Suess
die Hohe kaiserliche Akademie der Wissenschaften einen
namhaften Geldbetrag, für welche wahrhaft liberale Unterstützung ich
derselben ehrfurchtsvollen Dank schulde.
Auch das Hohe k. k. Reichs-Kriegsministerium und das
k. k. Militär-Geographische Institut haben durch die Gestattung
des Umdruckes der betreffenden Blätter der neuen Specialkarte
der Monarchie in zuvorkommender Weise zum Zustandekommen
dieses Werkes beigetragen.
Wien, im October 1878.
Dr. Edm. v. Mojsisovics.
Druckfehler und Berichtigungen.
Seite 23, Zeile 2 von unten (Note), statt: Neumayr, zu lesen: Neumayer.
„ 24, Zeile II von oben, statt: nachgewiesen wird, zu lesen: nach-
gewiesen sind.
„ 47, Zeile 18 von oben, statt: Voltzia üccubartensis, zu lesen: Voltzia Agordica.
(Man vergleiche die Note Seite 436.)
„ 56, Zeile II von unten, statt: bezeichnensten, zu lesen: bezeichnendsten.
„ 58, Zeile 17 von oben, statt: Lycoteras, zu lesen: Lytoceras.
^ 93, Zeile 18 von oben: Nachdem bei den Untersuchungen des letzten Sommers
von den Herren Bittner und Vacek festgestellt wurde, dass die Cephalo-
podenbänke der Zone des Simoceras scissum über den Oolithen mit
RhynchontUa bilohata liegen und die tiefsten Lagen des bisher ausschliesslich
den Klaus-Schichten zugerechneten Complexes der sogenannten Curviconcha-
Schichten bilden, müssen weitere Funde von Fossilien abgewartet werden,
um über das Alter der Bilobata-Schichten entscheiden zu können. Die
Vermuthung, dass dieselben noch liasisch seien, gewinnt durch die Verhält-
nisse im Osten und Nordosten sehr an Wahrscheinlichkeit.
„ loi, Zeile 6 von unten, statt: biosiegen, 2U lesen: blosliegt.
„ 132, In dem Profile wurden durch ein Versehen die Schichten von Veronza nord-
anstatt südfallend eingezeichnet.
„ 133, Zeile 3 von unten, und Seite 137, Zeile 4 von oben, statt: Sotchiada, zu
lesen: Sotschiada.
„ 162, Zeile 13 von oben, statt: und dem Dolomit der Buchensteiner
Schichten, zu lesen: und der Buchensteiner Schichten.
„ 286, Zeile 6 von oben, statt: Hamatoceras , zu lesen: Hammatoceras.
„ 377. In dem Querprofile des Monzoni-Gebirges wurden durch ein Versehen des
Zeichners die Werfener Schichten der Monzoni-Alpe bis an die Basis der
Zeichnung fortgesetzt, während dieselben nur so weit, als sie zu Tage aus-
streichen, angegeben sein sollten.
„ 401, Zeile 8 von oben, statt: schwacher, zu lesen: flacher.
„ 409, Zeile 16 von unten, statt: wird, zu lesen: werden.
„ 411, Zeile 13 von oben, statt: des Sette, zu lesen: der Sette.
„ 418, Zeile 9 von unten, statt: Turitella^ zu lesen: Turritella,
„ 419, Zeile 3 von unten (Note), statt: oligocänen, zu lesen: oberoligocänen.
„ 435, in der Beschreibung des Profils, statt: Col de Moi, zu lesen: ColdelMoi.
„ 436, Seite 5 von oben, statt: Armarola, zu lesen: Armarolo.
„ 455, Zeile 4 von oben, statt: Korallee, zu lesen: Korallen.
„ 459, Zeile I von oben, statt: sein, zu lesen: ihr.
„ 470, Zeile 6 von unten, statt: Roi, zu lesen: Rai.
„ 487, Zeile 15 von unten, statt: gewesen, zu lesen: gewesen wäre.
y, 496, Zeile I von unten, statt: oroltie, zu lesen: or oolite.
„ 498. In der mir nach der Drucklegung der letzten Textbogen zugegangenen
Arbeit K v. Fritsch's über fossile Korallen von Bomeo (Palaeontographica,
Supplem. III, S. 97) wird den Angaben, dass das Sklerenchym der Korallen
Aragonit sei, widersprochen. Selbstverständlich würde dieser Nachweis die
Thatsache, dass die Korallen in die Kategorie der rasch obliterirenden
organischen Kalkgebilde gehören, nicht alteriren können. Ob aber Aragonit
oder eine leichter lösliche Modification des Calcits die Ursache der Löslichkeit
ist, bleibt für unsere Folgerungen gleichgiltig.
Auf Blatt II der geologischen Karte erscheinen die glacialen Schutthügel bei
Aquabona im Ampezzaner Thal irrthümlich mit der Farbe der Wengener Schichten.
Inhalt*).
Seite
Vorrede HI
I. Allgemeine Einleitung in die geologische Geschichte
der Alpen.
I. CAPITEL.
Allgemeine Betrachtungen über die Chorologie und Chronologie der
Erdschichten.
Der Alpenkalk. — Eigenthümlicher Charakter der alpinen Formationen. — Geographische
Verbreitung. — Provinzen, Facies. — Chorologische Gliederung der Erdschichten. —
Lückenhaftigkeit der geologischen Urkunde. — Eigenthümlicher Parallelismus der
ßildungsgeschichte der alten und neuen Welt. — Die Bedeutung der chorologischen
Interpretation tür die Chronologie der Erdschichten. — Kriterien der Altersverschieden-
heit. — Phylogenetische Untersuchung der Fossilien. — Die geologischen Documente
sprechen zu Gunsten der Descendenzlehrc. — Grundsätze zur naturgemässen Classifi-
cation der sedimentären Gesteinsbildungcn. —Zonen-Gliederung I
II. CAPITEL.
Die palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen.
Jugendliches Alter des Kettengebirges, — Ausdehnung der Meere in den verschiedenen
geologischen Perioden. -> Wichtigkeit der Rheinlinie. — Bedeutung der ostaipinen
Flyscnzone. — Genetische Verschiedenheit der Ost- und Westalpen 20
III. CAPITEL.
Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen,
mit besonderer Rücksicht auf SUdtirol.
Permische Bildungen: Quarzporphyr. Verrucano. Grodener Sandstein. Bellerophon-
kalk. — Triadische Bildungen: Allgemeines. Verhältniss zur mitteleuropäischen
Trias. Werfener Schichten. Der untere Muschelkalk. Beginn der heteropischen
Spaltung. Der obere Muschelkalk. Die norische Stufe. Juvavische und mediterrane
Provinz. Buchensteiner Schichten. Wengener Schichten. Die karnische Stufe. Cassianer
Schichten. Raibler Schichten. Dachstein-Schichten. Die rhätische Stufe. Kössener
Schichten. Tabellen der juvavischen und mediterranen Triasprovinzen, sowie des
germanischen Trias-See*s. — Jurassische Bildungen: Mediterrane und mittel-
europäische Provinz. Lückenhaftigkeit des mediterranen Jura. Der Lias. Der Dogger.
Der Malm. — Cretaceische Bildungen: Allgemeines über die mediterrane
Kreide. Die chorologischen Verhältnisse der ostalpinen Kreide 32
1 Die Ausgabe dieses Werkes erfolgte in sechs Lieferungen (die ersten fünf je 5 Bogen
starkK von denen die erste im April 1878, die zweite im Juni, die dritte im September, die vierte
im October, die fünfte im November und die letzte Ende Deccmber desselben Jahres erschien.
Seite
IV. CAPITEL.
Orotektonische Gliederung von SQdtirol.
Die Jadicarien-Spalte. — Die Valsugana-Spalte. — Das aüdtirolische Hochland. — Die
Drau-Spaite. — Individualisirung der GebirgsstScke. — Plateauform. — Den land-
schaftlichen Charakter beeinflussende Factoren. — Der Dolomit als solcher besitzt
keine ihm ausschliesslich zukommenden physiognomischen Eigenschaften. — Die land-
schaftlichen Eigenthümlichkeiten des südtiroluchen Hochlandes sind Torzugsweise
durch den Gegensatz von localisirt auftretenden contrastirenden Gesteinsarten bedingt. io6
IL Detailschilderungen.
V. CAPITEL.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
Das Schiefergebirge. — Das Eruptivgebiet von Klausen. — Das Bozener Quarzporphyr-
plateau. — Der alte Eisackglctscher 117
VI. CAPITEL.
Das Grebirge zwischen Fassa und Gröden.
Die Fassa-Grödener Tafelmasse. — Uebersicht derselben. — Das Nordgehänge derselben
zwischen Ratzes und St. Christina. — Die Seisser-Aipe. — Das Dofornitritf des
Schiern. — Das Dolomitritf des Rosengarten. — Das Süagehänge der Fassa-Grödener
Tafelmasse. — Das Dolomitriff des Langkofels. — Die Masse des Gänsalpeis .... 140
VII. CAPITEL.
Das Gebirge zwischen^Gröden und Abtey.
Sotschiada und Aschkler Alpe. — Das Dolomitritf der Geissler-Spitzen. — Die Gardcnazza-
Tafelmassc. — Das Dolomitritf des Peitlerkofel. — Campil-Thal 206
VIII. CAPITEL.
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Die Tafelmasse der Sella-Gruppe. — Der «Grüne Fleck" bei Plön und das Grödener
Joch. — Pian de Sass bei Corvara. — Das Bovai-Gehängc bei Araba. — Sasso Pitschi.
— Ursprünglicher Zusammenhang des Langkotel- und Sella-Riffes — Das Badioten-
Hochplateau. — Schlammströme. — Stuores, die Fundstätte der Cassianer Fossilien.
— Valparola. — Das Richthofcn-Riff. — Buchenstein. — Die NuvoIau->Gruppe .... 227
IX. CAPITEL.
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Das Süd- und Südwestcehänge zwischen Ampezzo und St. Cassian. — Bergbrüche der
Tofana bei Ampezzo. — Das Lagatschoi-Kiff. — Die badiotische Mergelbucht. — Das
Westgehänge zwischen St. Cassian und St. Vigil. — Das Nordgenänge zwischen
St. Vigil und Brags. — Profile des unteren Muschelkalks. — Das Nordostgehänge
zwischen Bra^s und Schluderbach. — Die heteropischen Verhältnisse an der Nordseite
des Dürrenstem. — Die Hochfläche des Dachsteinkalks 255
XI
Seite
X. CAPITEL.
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
Der Gebirgsstock des Monte Cristallo. — Das Sextener Dolomitriff. — Mesurina. — Drei
Zinnen. — Sorapiss, Anteiao, Marmarole 294
XI. CAPITEL.
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Die Rocchetta-Gruppe und das Camera-Riff. — Die Hochfläche von Zoldo und der Pelmo.
— Das linke Cordevole-Uter zwischen Caorilc und A(;ordo: Civetta-Gruppe und Monte
S. Sebastiano. — Die Gruppe des Cimon aella Pala, Pnmiero-Riff und Cima di Pape. —
Moränen von Val di Canali. — Melaphyrgänge im Phyllit bei Mis. — Erratische
Dolomitblöcke auf dem Phyllitgebirge bei Agordo 3ii
XII. CAPITEL.
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Die Gruppe des Sasso Bianco. — Der Marmol ata -Stock mit dem vorgelagerten Augit-
porphyr-Gcbirge. — Fossilien im Marmolata-Kalk. — Hcteropische Grenze des
Marmolata-Rincs. — Die Gruppe des Sasso di Dam (Buffaure-Gebirgcj. — Der Monzoni-
Stock mit dem Gebirge zwisclicn der Forca Rossa und dem Fassa-Thal. — Contact-
Ersch einungen. — Parallele zwischen dem Vesuv und dem Monzoni. — Eißenthümliche
Einsenkungen an der Peripherie des Eruptivstockes. — Der FIcimscr Cruptivstock mit
dem umgebenden Kalkgebirge. — Fossilien des unteren Wengener Dolomits. — Die
«Fleimser Eruptionsspalte*. — Der Granic von Predazzo. — vorherrschende Gang-
richtun^en. — Contact-Erscheinungen. — Alter der Eruptivstöcke. — Eine dritte,
ältere hruptionsstelle im oberen Fassa. — Die Gegend am rechten Avisio-Ufer zwischen
Tesero und Castello 344
XIII. CAPITEL.
Der Cima d'Asta-Stock und die Lagorai-Kette.
Die Quanporphyr-Tatcl der Lagorai. — Das Phyllitgebirge mit dem Granitstocke der Cima
d^Asta. — Quarzporphyrgänge in Valsugana. — Der Bergsturz des Monte Calmandro.
— Das Alter des Cima d*Asta-Granits 395
XIV. CAPITEL.
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Charakteristik des Gebirges. — Hcteropische Verhältnisse. — Das Gebirge im Süden der
Brenta bei Borgo di Valsugana. — Val di Seila. — Die Bruchlinie von Belluno. —
Das Nordgehänge der Tatelmasse der Sette Communi. — Val Cualba. — Miocäne
Bildungen. — Das Gebirgsland zwischen der Brenta und dem Cismone. — Die Ueber-
schiebung im Torrentc Maso. — Val Tesino. - Das Gebirge zwischen dem Cismone
und dem Cordevole. — Das Quecksilber-Vorkommen von Vallalta. — Der Kiesstock
von Vai Imperina bei Agordo. — Das Gebirge im Osten de^ Cordevole. — Uebcr-
set/ung der valsugana-Spalte. — Sudliche Nebenspalte. — Verwerfungen bei Longaronc 409
XV. CAPITEL.
Die Umgebungen von Belluno.
Zur allgemeinen Orientirung. •» Der Scheiderücken zwischen der Mulde von Belluno und
der oberitalienischcn Ebene. — Das Thal von Belluno. — Die Tertiär-Ablagerungen
der Umgebung von Serravalle. — Die jüngeren Schuttablagerungen. — Die Moränen
von ColTe Umberto, Santa Croce und Vedana 449
XII
Seite
III. Rückblicke.
XVI. CAPITEL.
Die Riffe.
Verticale und horizontale Ausdehnung der Dolomitriffe« — Kärtchen zur Ueber&icht der
Riffgebieie während der Zeit der unteren Wengener und der Cassianer Schichten. —
Tendenz der Zusammenschliessung der Riffe. — Mächtiskeit des Dolomtts. — Die
Hauptmasse der isopischen Riffe gehört den Wengener Schichten an. — Grosse Mächtig-
keit des Cassianer Dolomlts in den heteropischen Districten. — Begrenzung der Dolomit-
riffe. — Riffböschung. — Verhäitnii^s der Ritfe zu den gleichzeitigen heteropischen
Bildungen. — Erhöhte I.age der Riffe. — Peripherische verthcilung der isopischen
Riäe. — Structurverhältni»»e der Riffe. — Die Gestcinsbe«chaffenheit der Ritfe. — Die
marine Fauna und Flora der Riffe. — Die Korallenriff-Theorie im vollsten Einklänge mit den
beobachteten Thatsachen. - Kurze Geschichte der südtirolischen Korallenriffe. — Ver-
hältnisse der Riffe zu den Eruptionsstellen — Peripherische L4ige der letzteren am
Rande des Gebietes stärkerer Senkung. — Blick auf die übrigen Riffe der Ostalpcn. —
Die sinkende ostalpine Insel der Triaszeit, umrandet von Strand- und Wallrtffen . . 481
•
XVII. CAPITEL.
Bau und Entstehung des Gebirges.
Das Gebiet der Verwerfungsbrüche. — Karte der tektonischen Störungslinien. — Siidver-
werfungen die Regel. — Locali»irte Nord Verwerfungen. — Beschränkung der Erzlager-
stätten auf die Bruchlinien. — Das Gebiet der Faltungen und FaltungsOrüche. — Fällt
mit dem Depressionsgebiete zusammen. — Der einspringende Winkel der venetianischen
Ebene bei Schio. — Die Etsch Bucht. — Vuicantektonik. — Passives Verhalten der
Eruptivgesteine zur Schichtenaufrichtung. — Häufige Verwechslung von Gängen und
Effusivd ecken. — Altersbestimmung von Gänsen. — Weitere vuTcantektoniscne Er-
gebnisse. — Die Entstehung der Alpen. — Beziehungen zwischen der Gebirgsfaltung
und dem Auttreten der Vulcane. — Die permischen und triadischen Alpenfaltungen
bestimmend für den Bau der Ostalpen. — Coiistanz der Bewegung. — Die Amplitude
der Faltung wird immer breiter. — Die successWe An.t!liederung der Nebenketten
dadurch bedinst. — Die Brüche der Südalpen sind Zerreissungen in Folge von
Schleppung. — Der concave Innenrand des o^talpinen Bogens. — Die miocäne Faltungs-
Phase. — Seitenblick auf die Central massive der We»talpen. — Das untergetauchte
Adria-Land. — Postmiocäne Störungen. — Die Suess^sche Theorie der Gebirgs-
bildung. — Die Einseitigkeit des Gebirgsschubes. — Schluss 5i5
Alphabetischer Index 535
Verzelchniss der Lichtbilder.
I.
3
4
5
6
7-
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23.
24.
25.
26.
27.
28.
29.
3o.
Oestliches Ende des Kammes der Rosszähne, vom Mahlknecht, zu Seite 172
Die Rosszähne, vom Mahlknecht „ „ 173
Die Schiernklamm, vom Jungen Schiern „ „ 173
Das südliche Schlernplateau mit dem Rosengarten „ ,, 180
Sattel zwischen dem Duron- und dem Udai-Thal „ „ 184
Die Rothe Wand, Südspitze des Rosengarten, von W. ... „ „ i83
Die Langkofel-Gruppe und die Seisser Alpe, vom Mahlknecht
(Titelbild) „ „ 199
Die Langkofel-Gruppe, von der Cima di Rossi „ „ 202
Das Pordoi-Gebirge (Sella-Gruppe) von der Cima di Rossi . . „ „ 227
Die Sella-Gebirgsgruppe, von der Caldenaz-Alpe bei Plön . . „ „ 229
Die Mesulcs, von der Westseite des Grödener Joches .... „ „ 23o
Die Mesules, von der Ostseite des Grödener Joches .... „ „ 23o
Der Ostabfall des Sella-Gebirges, vom Campolungo-Joch . . „ „ 234
Das Bovai-Gehänge bei Araba „ „ 235
Der Sasso-Pitschi am Pordoi-Joch „ „ 238
Der Sett Sass, von der Montagna di Castellu „ „ 248
Die Fanis-Tofana-Gruppe, vom Monte Nuvolau „ „ 259
Die Tofana, von der Nuvolau-Abdachung „ „ 260
Das südöstliche Ende des Camera-Riffes „ „ 3 12
I
Blick von der Nuvolau-Platte gegen SOd-Süd-Ost „ „ 3i2
Das Ostgehänge des Monte-P'ramont bei Agordo „ „ 326
Die Palle di San Lucano, von Agordo „ „ 33 1
Blick von der Forcella-Gesuretta gegen ONO „ „ 333
Blick vom Fedaja-Pass gegen Osten „ „ 358
Der Ostrand des Kessels von Le Seile im Monzoni-Gebirge . „ „ 370
Canzacoli bei Predazzo, von der Malgola „ „ 388
Das Latemar-Gebirge, vom Monte Mulat bei Predazzo . . . . „ „ 38f)
XIV
Text-Holzschnitte.
Das Verzeichniss derselben wurde in den Index am Schlüsse des Buches
aufgenommen, wo man unter den Schlagworten Profil, Ansicht oder Kärtchen
nachsehen wolle.
Die kleinen Uebersichtskarten.
1. Die Ausdehnung der Riffe zur Zeit der unteren Wengener Schichten, zu Seite 482
2. Die Ausdehnung der Riffe zur Zeit der Cassianer Schichten . . „ n 4^?
3. Uebersicht der wichtigsten tektonischen Störungslinien . . . . „ ^ 5 16
l'V -w ^
Skelett
der grossen, dem Buche beigelegten geologischen Karte des
tirolisch-venetianischen Hochlandes.
Titel
IE
Zeic}upn.
Farl>enL
Scbenlii.
Wvavalle
I.
Allgemeine Einleitung
in die
geologische Geschichte der Alpen.
I. CAPITEL.
Allgemeine Betrachtungen über die Chorologie und
Chronologie der Erdschichten.
Der Alpenkalk. — Eif^enthümlicher Charakter der alpinen Formationen. - Geo^^raphische Ver-
breitung. - Provinzen, Facies. - Chorolo^ische Gliederung der Lidschichten. -Lückenhaftigkeit
der geologischen Urkunde. - Eigenthümlicher Parallelismus der Bildungsgeschichte der alten
und neuen Welt. - Die Bedeutung der chorologischen Interpretation für die Chronologie der
Erdschichten. - Kriterien der Altersverschiedenheit. - Phylogenetische Untersuchung der
Fossilien. - Die geologischen Documente sprechen zu Gunsten der Descendenzlehre. - urund-
sätze zur naturgemässen Classification der sedimentären Gesteinsbildungen. - Zonen-Gliederung.
Vor einigen Jahrzehnten bezeichnete man den gewaltigen
Complex von Kalkformationen, welcher die nördlichen und süd-
lichen Kalkalpen bildet, als , Alpenkalk*. Diese Bezeichnung
entsprang zunächst der Rathlosigkeit, welche die Einreihung der
alpinen Kalkmassen in die geologische Reihenfolge verursachte. Sie
besagte aber auch, dass sich die Kalkformationen der Alpen derart
von den bis dahin bekannten ausseralpinen Bildungen unterscheiden,
dass eine besondere Benennung nothwendig sei.
Seither ist es mit Hilfe der im , Alpenkalk* enthaltenen Ver-
steinerungen gelungen, denselben zu zergliedern und dem allgemeinen
Formationsschema anzupassen. Aber trotzdem halten die Alpen-
geologen liir die meisten der zahlreichen Glieder des ehemaligen
Alpenkalks an besonderen alpinen Localnamen fest und wollen von
ausseralpinen Bezeichnungen nur die Benennungen der umfassenderen
Abschnitte auf die Alpen übertragen wissen. Dadurch ist auch
heute noch ein gewisser Gegensatz ausgedrückt und zugleich
angedeutet, dass sich die alpinen Bildungen, oder wenigstens ein
grosser Theil derselben, durch besondere Eigenthümlichkeiten aus-
zeichnen.
Diese Eigenthümlichkeiten beruhen nicht allein auf dem ab-
weichenden lithologischen Charakter der gleichzeitigen Bildungen,
sondern auch, worauf das meiste Gewicht zu legen ist, auf der
grösseren oder geringeren Verschiedenheit der eingeschlossenen
Marinfaunen. Es zeichnen sich besonders die mesozoischen und
Mojftisovics, Dolomitriäe. i
2 Allgemeine Betrachtungen
alttertiären Bildungen durch die abweichende Zusammensetzung
ihrer Faunen aus, mithin die am Aufbau der nördlichen und süd-
lichen Kalkalpen in hervorragendster Weise betheiligten Ablage-
rungen. Unter ihnen wieder entfernen sich die Sedimente der Trias-
periode in den Ostalpen in auffälligster Weise von den aequivalenten
Bildungen Mitteleuropa's. Die noch wenig studierten palaeozoischen
Formationen, welche in den Ostalpen beschränkte Räume einnehmen
und in den Westalpen nur in lückenhafter Weise vertreten sind,
scheinen sich den gleichaltrigen ausseralpinen Bildungen ziemlich
enge anzuschliessen.
Der abweichende Charakter der mesozoischen und alttertiären
Formationen ist, wie die neueren Erfahrungen erwiesen haben,
keineswegs ein auf die Alpen beschränkter Ausnahmsfall. Der alpine
Typus dieser Bildungen wiederholt sich in allen Mittelmeerländem,
er tritt in weiter Ausdehnung in den Hochgebirgen Asiens auf, er
zeigt sich auf Neuseeland und auf Neucaledonien, in Califomien und
in Spitzbergen. Diese weite Verbreitung lehrt, dass die erwähnten
alpinen Bildungen pelagischen Ursprungs sind. Von den dem Alter
nach gleichstehenden ausseralpinen europäischen Ablagerungen er-
weisen sich einige als Litoralgebilde — was bereits hinreichend
die Verschiedenheit erklärt — andere dagegen sind, eben so wie die
alpinen, pelagischer Entstehung und theilen mit denselben eine Anzahl
gemeinsamer Charaktere, wie dies bei benachbarten zoogeographischen
Provinzen der Fall zu sein pflegt.
Die nach langjährigen, mühevollen Untersuchungen zahlreicher
Forscher gelungene Altersbestimmung der alpinen Bildungen, ins-
besondere der in den Alpen so mächtigen und reichgegliederten
Reihe der triadischen Ablagerungen bezeichnet einen grossen Fort-
schritt der historischen Geologie. Der Aberglaube an die universelle
Bedeutung der nach beschränkten, in einem kleinen Theile Europa's
gewonnenen Erfahrungen aufgestellten Schichtenreihe wurde dadurch
nicht minder erschüttert, als das Ansehen der sogenannten , Leit-
fossilien* erheblich geschmälert wurde. Am weittragendsten aber
sind in theoretischer Beziehung die Folgerungen, welche sich an
das Vorkommen neuer, vorher ganz unbekannter Faunen in den
alpinen Triasschichten knüpfen, da durch dieselben die vordem weit
klaffende Kluft zwischen der Thierwelt der palaeozoischen und der
mesozoischen Epoche wenigstens theilweise ausgefüllt wurde. An der
Hand dieser Erfahrungen erscheinen die vielen noch vorhandenen
Lücken, sowie die schroffen Uebergänge sich überlagernder For-
mationen in ganz anderem, der Theorie der allmählichen Entwicklung
viel günstigerem Lichte.
ober die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. ^
Diese allgemeinsten Umrisse über das Verhältniss der alpinen
zu den ausseralpinen Schichten vorausgeschickt, wenden wir uns nun-
mehr den Alpen zu. Hier treffen wir viel complicirtere Verhältnisse,
als man zu erwarten geneigt sein möchte. Wir sehen zunächst
gänzlich ab von den durch die oft gewaltigen Schichtstörungen er-
zeugten Verwicklungen. Schon die räumliche Vertheilung der For-
mationen zeigt eigenthümliche Verhältnisse. In den nördlichen Kalk-
alpen reichen die Triasbildungen von Osten bis an den Rhein,
jenseits des Rheins fehlen sie auf längere Erstreckung gänzlich und
die weiter westlich auftretenden weichen von der Entwicklung der
ost rheinischen Trias, welche man vorzugsweise als die , alpine*
bezeichnet, ab und stehen der ausseralpinen Ausbildungsweise sehr
nahe. Auch die Jura- und Kreidebildungen ändern mit dem Rhein
ihren Charakter. Die Südkalkalpen schliessen sich vollkommen den
ostrheinischen Nordkalkalpen an. Auf diesen Unterschieden beruht
die Scheidung des weiten Alpengürtels in zwei grosse Abschnitte,
die , Ostalpen* und die , Westalpen*. Wir werden in einem der
folgenden Capitel ausführlicher auf dieses Thema zurückkommen. *
Ein zweiter Fall einer bedeutungsvollen räumlichen Scheidung
tritt in den östlichen Nordkalkalpen ein. Während eines Zeitabschnittes
der Trias-Periode, der Zeit der norischen Stufe nämlich, bildet das
Territorium im Osten von Berchtesgaden ein besonderes Faunert-
gebiet, die ,juvavische Provinz*, mit ganz eigenartiger Entwicklung
der Faunen.
Neben diesen Individualisirungen höherer Ordnung treffen wir
aber noch auf sehr häufige ziemlich unvermittelte Aenderungen
des physikalischen und morphologischen Charakters einer und
derselben Schicht oder ganzer Schichtgruppen, was dann auch
einen Wechsel der Fossil-Einschlüsse im Gefolge hat. Die Er-
scheinungen der letzteren Art (Wechsel der , Facies*) sind noch
wenig studiert, obwol sie für das Verständniss einer ganzen Reihe
der wichtigsten Fragen der Wissenschaft von eminenter Wichtig-
keit sind. Die vorliegende Schrift betrachtet es als eine ihrer Haupt-
aufgaben, durch die Schilderung der Verhältnisse in den südost-
tirolischen und venetianischen Alpen, der Lehre vom Facieswechsel
für die alpinen Triasbildungen den Charakter einer blos theoretisch
begründeten Wahrscheinlichkeit zu benehmen.
Um die theoretische Bedeutung derartiger Untersuchungen zu
beleuchten, mögen hier einige allgemeine Gesichtspunkte über Ziel
und Methode stratigraphischer Forschungen einer cursorischen
Erörterung unterzogen werden. Es herrschen selbst unter Fach-
gelehrten in dieser Beziehung unklare, veraltete Anschauungen,
X*
A Allgemeine Betrachtungen
welche dem Fortschritte hinderlich sind. Man begegnet häufig einem
unlösbaren Widerspruche zwischen den zugegebenen und vertheidigten
Grundlagen der Wissenschaft und der praktischen Bethätigung in
der Behandlung stratigraphischer Fragen, bei welcher die längst
überwunden vermeinte Kataklysmen-Hypothese noch vernehmbar
nachklingt. Selbst die principiellen Anhän;^er der Lehre von der
allmählichen ruhigen Entwicklung und Umbildung kommen selten
über eine platonische Parteinahme zu Gunsten der von Lyell,
Prevost, V. Hoff, Lamarck, Darwin u. A. inaugurirten Richtung
hinaus. Es ist namentlich im hohen Grade auffallend, dass die
Descendenzlehre auf so vielfachen Widerspruch von geologischer
Seite stösst. Man scheint zu übersehen, dass die Lyel Ischen Grund-
sätze der Geologie nothwendig auch zur Annahme der innigen
Verkettung und langsamen Umänderung der organischen Welt
führen. Die Descendenzlehre ist nur eine logische Consequenz der
Lvell'schen Geologie. Der Macht der Gewohnheit traditioneller
Anschauungen gesellen sich eigenthümliche, aber tief in der Natur
der Sache begründete Schwierigkeiten hinzu, zu deren Ueberwindung
noch kaum der erste Schritt gethan worden ist.
Es wird allgemein anerkannt, dass, um zu einer naturgemässen
Auffassung der Beschaffenheit und der organischen Einschlüsse der
so verschiedenartigen Erdschichten (der sogenannten , geologischen
Ueberlieferung* oder , geologischen Urkunde*) zu gelangen, man
von den Verhältnissen der Gegenwart ausgehen müsse. Die Gegen-
wart, das heisst geologisch, die jüngste Bildungs- und Entwicklungs-
phase unseres Planeten, von deren Wirken und Schaffen wir Augen-
zeugen sind. Wir besitzen zwar noch keine zusammenhängende und
durchgearbeitete Darstellung der heutigen Niederschläge und ihrer
Einschlüsse und ebensowenig verfugen wir über eine eingehende
und zusammenfassende Schilderung der Wohnsitze und äusseren
Lebensbedingungen der zahlreichen, einander häufig ausschliessenden
Thier- und Pflanzen-Gesellschaften (Chorologie, biologische Topo-
graphie), obwol in beiden Richtungen schon ziemlich weitgehende
Vorarbeiten vorhanden sind.
Aber demungeachtet ist die geologisch ausserordentlich wichtige
Thatsache über allen Zweifel erwiesen, dass innerhalb eines und des-
selben Faunen- oder Florengebietes örtlich, bedingt durch physikalische
Ursachen, sehr verschiedenartige Gruppen oder Bestände (, Forma-
tionen*) vorkommen, welche entweder die gleichen äusseren Ver-
hältnisse beanspruchen oder in irgend einem Abhängigkeitsverhältniss
zu einander stehen. In keiner zoo- oder phytogeographischen Provinz
sind die dieselben constituirenden Elemente gleichmässig über das
ober die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. t
ganze Territorium verbreitet, sondern gruppenweise zum grössten
Theile nach bestimmten Wohnsitzen oder Standorten vertheilt. Die
Gesteinsniederschläge stehen nun ebenfalls unter dem Einfluss der
physikalischen Bedingungen und sind demzufolge sehr verschiedenartig.
Es entsprechen daher bestimmten physikalischen Ursachen bestimmte
Lebensverhältnisse und bestimmte Gesteinsbildungen. Man hat sich
nach dem Vorgange Gressly's und Oppel's gewöhnt, die unter
der Herrschaft abweichender äusserer Bedingungen gebildeten
Ablagerungen , Facies* zu nennen. Es wird diese Bezeichnung aber
nur dann angewendet, wenn der Gegensatz verschiedenartiger Bil-
dungen betont werden soll.*)
Es ist von Wichtigkeit, daran festzuhalten, dass der Begrift
Facies die generellen Wechselbeziehungen zwischen den äu.sseren
Bedingungen einerseits und dem Gesteinsmaterial und den Wohnsitzen
von Organismen andererseits ausdrückt. Die gleichen Facies können
sich in benachbarten biologischen Provinzen finden, das Gesteins-
material wird dann nahezu oder völlig identisch sein, dieselben
Gattungen oder Gruppen von Lebewesen werden erscheinen und der
Unterschied wird lediglich in der Verschiedenheit der Formenreihen
und Arten liegen. Es muss deshalb die Anwendung der Bezeichnung
Facies in allen Fällen vermieden werden, wo lediglich von geogra-
phischen Gegensätzen gehandelt wird. Auch scheint es nicht
angemessen, marine und terrestrische Bildungen als Facies unterein-
ander in Gegensatz zu bringen.
Bezeichnen wir mit Häckel**) die Lehre von der räumlichen
Verbreitung der Organismen über die Erdoberfläche als , C h o r o l o g i e *
und halten wir uns gegenwärtig, dass die chorologische Erforschung
der zahlreichen geologischen Bildungsphasen eines der vornehmsten
Ziele der historischen Geologie bildet.
Eine Ueberschau über die mannigfaltigen chorologischen Er-
scheinungsformen zeigt, dass eine dreifache Gliederung derselben
wahrzunehmen ist.
*) Die grösste Mannigfaltigkeit der Facies findet dort statt, wo die äusseren
Verhältnisse sehr wechselnd sind, mithin, um uns blos auf marine Bildungen zu
beschränken, in den litoralen und sublitoralen Regionen. Die Beschaffenheit des
Ufers, die Neigung des Meeresbodens, die Wasserhöhe, die Art des von den
Flossen herbeigetragenen mechanischen Sedimentes, Temperatur, Strömungen u. s. f.
sind hier die hauptsächlichsten Factoren. Viel constanter, d. h. Ober weit grössere
Räume verbreitet, sind die pelagischen und oceanischen Facies. Die neuesten
Tiefsee -Untersuchungen, insbesondere die Resultate der Epoche machenden
Challenger-Expedition haben aber gelehrt, dass auch mitten in den grossen Wasser-
becken in Folge der Tiefen-Unterschiede ein Wechsel der Facies eintritt.
**) Schöpfungsgeschichte, a. Aufl. p. 3 12.
6 Allgemeine Betrachtungen
In erster Linie kommt das Bildungsmedium in Betracht.
Daraus ergibt sich die fundamentale Eintheilung in marine und
terrestrische (lacustrische) Bildungen. Es ist selbstverständlich von
grosser Wichtigkeit, Ablagerungen verschiedenen Bildungsmediums
oder ,heteromesische* Formationen scharf von einander getrennt
zu halten. Die P2ntwicklung des organischen Lebens in heteromesischen
Gebieten muss eine sehr verschiedene sein und es ist a priori sehr
unwahrscheinlich, dass die Aenderungen der marinen Bevölkerung
mit Aenderungen der terrestrischen Bewohner zeitlich zusammenfallen
oder umgekehrt. Die geologische Chronologie muss dahin streben,
die continuirlichen Reihenfolgen der ,isomesischen* Formationen
aufzufinden.
Innerhalb der Bildungsmedien erfolgen weitere Scheidungen
durch die territoriale Spaltung nach Schöpfungscentren oder Bildungs-
räumen. In diese chorologische Kategorie fallen demnach die zoo-
und phytogeographischen Provinzen, bei welchen die Wanderungen und
die durch bedeutendere Aenderungen der physikalischen Verhältnisse
veranla.ssten Verschiebungen und Verdrängungen sehr complicirte
Erscheinungen hervorrufen. Die Unterscheidung von ,is otopischen*
und ,heterotopischen* Bildungen ist für die historische Geologie von
eminenter Bedeutung. Gar viele der angenommenen Formationsgrenzen
sind auf die Ueberlagerung von heterotopischen Formationen basirt.
Aufgabe der geologischen Forschung muss es daher sein, die isoto-
pischen Bildungen durch alle ihre Entwicklungsphasen und Ortsver-
änderungen bis zum Zeitpunkte ihrer Abzweigung von einem,
mindestens zweien von ihnen gemeinsamen Schöpfungsraume zu
verfolgen.
Die dritte Abstufung der chorologi.schen Erscheinungen bilden
sodann die Faciesverhältnisse. Hier .spielen, wie bereits an-
gedeutet wurde, die localen physikalischen Bedingungen die Haupt-
rolle. Wo über grosse Flächenräume die äusseren Verhältnisse sich
gleich bleiben, da werden weitausgedehnte einförmige Bildungen mit
Constanten Charakteren zur Ablagerung gelangen. So in den Tiefen
der Oceane und auf dem Boden grosser Landseen. Wo dagegen, wie
in der Nähe von Küsten (Inseln, Atoll's) und im Bereiche sich kreu-
zender Strömungen, der häufige und rasche Wechsel der äusseren
Verhältnisse eine Mannigfaltigkeit von Existenzbedingungen schafft,
da werden auf engem Räume nebeneinander die grös.sten Gegen-
sätze in lithologischer und biologischer Beziehung entstehen.
Ebenso wie .sich zu gleicher Zeit und neben einander im
selben Räume verschiedenartige Facies bilden, erscheinen in ver-
schiedenen Räumen (Provinzen) und zu verschiedenen Zeiten gleich-
ober die Chorologie und Chronologie der Erdschichten.
artige Facies. Die ersten nennen wir heteropische, die letzteren
isopische Bildungen. Obwohl die lithologische Beschaffenheit der
sedimentären Ablagerungen in bestimmten Beziehungen zu dem bio-
logischen Charakter der Facies steht, so ist doch, wie die Erfahrung
lehrt, die lithologische Uebereinstimmung für sich allein noch kein
genügendes Kriterium isopischer Bildungen. Die verschiedenen Kalk-
formationen z. B. entsprechen einer ansehnlichen Anzahl heteropischer
Bildungen. In vielen Fällen ist man zwar im Stande, an gewissen,
dem geübten Auge erkennbaren Merkmalen aus dem Gestein auf die
Art der Facies zu schliessen, in anderen Fällen jedoch ist eine ge-
nauere Bestimmung nicht möglich, sei es wegen späterer Verände-
rung des Gesteins (Dolomite, krystallinischer Kalk), sei es wegen der
Unzulänglichkeit unserer Wahrnehmung, sei es wegen thatsächlicher
UnUnterscheidbarkeit. Es bedarf kaum einer Erinnerung, dass zu-
fällige Beimengungen, wie z. B. vulcanischer Tuff und Asche, als
solche von keinem bestimmenden Einfluss auf den Charakter der
Facies sind. Wo dauernd grössere Massen von vulcanischem Detritus
zur Ablagerung gelangen, da werden sie sich ungefähr wie anderes
mechani.sches Sediment verhalten.
Tabelle der chorologischen Abstufungen.
B i I d u n g s m e d i u ni
Bil dun gs räum
I Physikalische
Verhältnisse des
Bildu ngsortes
Marin, terrestrisch
Provinzen
Isomesisch
[ Isotopisch
I Heterotopisch
Facies
j Isopisch
' Heteropisch
f Isopisch
1 Heteropisch
Heteromesisch
[ Isotopisch
I Heterotopisch
f Isopisch
l Heteropisch
{Isopisch
Heteropisch
Wer nun die in den Felslagem niedergelegten Schriftzüge der
Erdgeschichte richtig lesen und zu einem geordneten Gesammtbild
vereinigen will, der muss sich über die Bedeutung und den Zu-
sammenhang der chorologischen Erscheinungen eine klare Vor-
.stellung zu machen im Stande sein. Man hört so oft über die Lücken-
haftigkeit der geologischen Urkunde klagen und gar seltsame Con-
sequenzen für und gegen die Descendenzlehre hat mangelhaftes
Verständniss den geologischen Thatsachen bereits abzugewinnen ver-
8 • Allgemeine Betrachtungen
sucht. Lücken sind allerdings, und in überraschend grosser Zahl, in
dem geologischen Geschichtsbuche, so weit uns dasselbe bisher auf-
gedeckt wurde, vorhanden — aber nur in wenigen, localen Fällen sind
diese Lücken gleichbedeutend mit wirklicher Unterbrechung der erd-
geschichtlichen Chronik. Das Wesen der Lückenhaftigkeit beruht
vielmehr auf dem fortwährenden Wechsel heteromesischer.
heterotopischer und heteropischer Formationen, wie die
chorologische Vergleichung unserer langen Formationsreihen un-
zwieifelhaft beweist. Die zahlreichen grösseren und kleineren Unter-
brechungen bestehen mithin in der verticalen Discontinuität isopischer,
isotopischer und isomesischer Bildungen. Würde uns in irgend einem
Erdtheile eine ununterbrochene Reihenfolge isopischer und iso-
topischer Ablagerungen vorliegen, so würde uns auch die continuir-
liche phylogenetische Reihe der die.se Facies charakterisirenden
Organismen erhalten .sein. Da sich die räumliche Verdrängung und
Verschiebung des Festen und Flüssigen, der Faunen- und Floren-
gebiete und der Facies nach Massgabe der stets, aber allmählich und
ungleich sich ändernden physikali.schen Verhältnisse vollzieht, so er-
gibt sich die Lückenhaftigkeit der geologischen Urkunde
als eine nothwendige Folge derselben Kräfte, welche die
ausserordentliche Mannigfaltigkeit und Abwechslung der
Lebenserscheinungen ermöglichen und begünstigen.
Mögen nun auch Faunen- und Florengebiete im Laufe der Zeit
ihren Charakter ändern oder selbst untergehen, mögen gewisse Facies
in Folge des allmählichen Erlöschens ihres biologi.schen Bestandes
verschwinden, .so drängen doch nicht nur unsere heutigen Anschau-
ungen von der allmählichen Veränderung der physikalischen Ver-
hältnisse und von der stetigen Fortbildung und Entwicklung der
organischen Welt, .sondern auch bereits zahlreiche Erfahrungen zu
der Annahme einer bestandenen Continuität zunächst der
isomesischen, sodann der isotopischen und endlich inner-
halb der einzelnen Bildungsräume der isopischen Bil-
dungen.
Es kann, nach den bereits gewonnenen Erfolgen mit Zuver-
sicht, von der Vertiefung der geologischen Forschung einerseits
und von dem Fortschreiten der Erfahrungen über bisher geologisch
noch nicht bekannte Erdräume andererseits die Auffindung zahlreicher
Bindeglieder isomesi.scher, isotopischer und isopischer Bildungen
erwartet werden.
Aber — darüber gebe man sich keiner Täuschung hin — selbst
wenn unsere Kenntnisse in intensiver und extensiver Beziehung
die grösstmögliche Ausdehnung erreicht haben werden, sind der
ober die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. q
Auffindung der continuirlichen Reihenfolge durch die eigenthümliche
geologische Entwicklung der Erdoberfläche gewisse Schranken gesetzt.
Zur cambrischen, silurischen und devonischen Zeit herrschen in den
heutigen Ländercomplexen der alten und neuen Welt pelagische
Bedingungen. Zur devonischen Zeit tritt jedoch der Einfluss naher
Küstenlinien stellenweise bereits sehr entschieden hervor. Zur Carbon-
zeit rücken die Küstenlinien ausgedehnter Festlandpartien sehr nahe
heran, und es bilden sich so ziemlich gleichzeitig in beiden Hemi-
sphären die grössten und werthvollsten Kohlenbecken der Erde. Zur
Perm- und Triaszeit folgt sodann im Grossen und Ganzen eine Con-
tinentalperiode. Hierauf bedeckt im Jura allmählich das Meer wieder
Theile des Triascontinentes; die Ueberfluthung hält zur Kreidezeit
an und erreicht, wie es scheint, in der oberen Kreide*) das Maxi-
mum ihrer Ausdehnung. Während der Tertiärzeit endlich tritt das
Meer wieder zurück und bereitet sich die gegenwärtige Continental-
periode vor.
Diese der Hauptsache nach ganz parallel schreitende Entwick-
lung der beiden grossen Festlandmassen der Nord -Hemisphäre ist
einer der merkwürdigsten geologischen Charakterzüge, welcher aber
seltsamer Weise bisher ganz übersehen worden zu sein scheint. Das
einmalige gleichzeitige Eintreten identischer physikalischer Bedin-
gungen wäre an sich nichts Ueberraschendes — aber dass sich der
gleiche Cyclus dynamischer Umgestaltungen übereinstimmend diesseits
und jenseits des Oceans wiederholt, das deutet denn doch auf eine
eigenthümliche Gesetzmässigkeit in der Bildung der grossen Relief-
verhältnisse hin, deren Ursache uns vorläufig noch völlig dunkel* i.st.
Ueber die genetischen Verhältnisse der vorcambrischen kr>'-
stallinischen Formationen lässt sich nichts Positives sagen. Die
Hypothese des Massen -Metamorphismus kommt von Jahr zu Jahr
mehr in Misscredit. Das Vorkommen jüngerer, fossilfiihrenden Schicht-
complexen zwischengelagerter krystallinischer Schiefer ist weder
durch die gangbaren Anschauungen über den Metamorphismus noch
durch die neuere hydatopyrogene Hypothese erklärt. Vielleicht
wird man aber einstens in der Lage sein, aus dem eigenthümlichen
Charakter der cambrischen Bildungen (Primordialfauna) auf die
petrogenetischen Verhältnisse der durch die Phyllite enge mit den
cambrischen Ablagerungen verknüpften krystallinischen Schiefer-
gesteine zu schliessen. Die cambrischen Bildungen sind ausgezeichnet
durch das Vorherrschen hornschaliger Thierreste, durch das Vor-
kommen blinder Thiere und endlich durch die Armuth an kalk-
*) Vgl. a. Suess, Entstehung der Alpen, p. 117.
lO Allgemeine Betrachtungen
schaKgen Thieren. In Folge dessen sind Thonschiefer die herrschende
Gesteinsart. Kalkige Bildungen sind sehr untergeordnet und nur in
den höheren Niveaux gegen die Grenze des Silur bekannt.
Wie die wichtigen Resultate der Challenger-Expedition lehren,
finden sich in den abyssischen Regionen der Oceane unterhalb des
allmählich' sich verlierenden Globigerinen - Schlammes (Kreide) in
Tiefen von über 2200 — 26CO Faden Thonablagerungen (red clay),
denen kalkige Thierreste ganz fehlen. Man erklärt sich deren Bildung
durch eine in den grossen Tiefen vor .sich gehende allmähliche Auf-
lösung der Kalkgehäuse der Foraminiferen und der Kalknadeln der
Coccosphären (Coccolithen) und der Rhabdosphären (Rhabdolithen),
in Folge welcher blos die unKksliche Asche zurückbleibt. Unter
30CX) Faden Tiefe stellen sich im rothen Schlamm die kieseligen
Körper von Radiolarien ein, welche bei zunehmender Tiefe so überhand
nehmen, dass die Naturforscher des Challenger den Schlamm der
grössten Meerestiefen geradezu Radiolarien-Schlamm nennen.
Wyville Thomson betonte bereits die grosse Aehnlichkeit
zwischen dem feinen rothen Thonschlamm der heutigen Tiefsee und
gewissen cambrischen Thonschiefem. *) In der That würde das sonst
so räthselhafte Dominiren der hornschaligen Thierreste sich auf die
ungezwungenste Weise durch die Annahme erklären, dass die
cambrischen Bildungen unter analogen physikalischen Bedingungen
abge.setzt wurden, wie der aus der Auflösung des weissen Kalk-
schlammes entstehende rothe Tiefseeschlamm. Die Häufigkeit blinder
Trilobitenreste in den cambrischen Schichten könnte vielleicht sogar
als ein positives Argument für die Wahrscheinlichkeit einer derar-
tigen Anschauung angeführt werden, da sich in den grossen Tiefen
der Oceane (ähnlich wie in den Höhlen) blinde Thierformen nicht
selten vorfinden. Auch die weite horizontale Verbreitung der
Primordialfauna spricht nach den neuesten Erfahrungen für die Bil-
dung in tiefer See.
Von den mikrokrystallinischen, cambrischen Thonschiefem zu
den krystallinischen Schiefern führen bekanntlich vollständige Ueber-
gänge. Liegt es da nicht nahe für beide, dieselbe oder wenigstens
nahezu dieselbe Entstehungs weise**) vorauszusetzen und die krystal-
*) The Atlantic, Vol. 11. pag. 299.
**) Manche Analogien mit jüngeren Bildungen scheinen dafür zu sprechen,
dass gewisse krystallinische Schiefer sedimentäre Beimengungen von vulcanischem
Material in grösseren oder geringeren Quantitäten enthalten. — Die ältere Anschau-
ung, dass die krystallinischen Schiefor metamorphosirte mechanische Sedimente
seien, wird durch die universelle Verbreitung der krystallinischen
Schiefer schlagend widerlegt.
über die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. j i
Hnischen Schiefer für veränderten Radiolarien- und rothen Tiefsee-
Schlamm zu halten?
Wie immer übrigens die Bildungsverhältnisse der cambrischen
Thonschiefer gewesen sein mögen, bleibt es eine auffallende Erschei-
nung, dass die ältesten Ablagerungen, welche unzweifelhafte, gut
bestimmbare Fossilien enthalten, isopische Bildungen sind. Der
etwaige Einwand, dass zur cambrischen Zeit verschiedenartige Facies
überhaupt noch nicht vorhanden waren, ist nicht stichhältig, da
bereits aus den laurentinischen Gneisformationen Kalkflötze bekannt
sind. Man wird sofort erkennen, von welcher Tragweite die choro-
logische Auffassung der Primordialfauna für die Descendenztheorie
ist. Haben wir in den cambrischen Paradoxides-Schiefem nichts
weiter als nur Eine bestimmte Facies (vielleicht die Tiefsee -Facies)
der cambrischen Zeit vor uns, während uns die gleichzeitigen hetero-
pischen Bildungen unbekannt sind, so verschwinden alle die Ein-
würfe gegen die Descendenztheorie, welche aus dem plötzlichen
Auftreten bereits hoch organisirter Lebewesen gezogen worden sind.
Angesichts der parallelen chorologischen Entwicklung der nörd-
lichen Hemisphäre wird es verständlich, dass die principiell längst
abgethane Kataklysmen-Hypothese noch immer, mehr oder weniger
verschämt das Urtheil der Geologen beeinflusst. So sehr hat man
sich in Folge der erwähnten Verhältnisse in die Idee der horizontalen
Constanz gewisser Bildungen eingelebt, dass man stets geneigt ist,
dieselben als geradezu bezeichnend für einen bestimmten Zeitabschnitt
zu halten. Viele der gebräuchlichen Formationsbezeichnungen tragen
dazu bei, solche irrige, veraltete Anschauungen zu erhalten und
fortzupflanzen.
Die chorologische Betrachtung lehrt, dass jede einzelne sedi-
mentäre Ablagerung als eine Facies irgend einer marinen oder terres-
trischen Provinz aufzufassen ist. Es taucht nun die wichtige Frage
auf, ob und inwieferne die relative Altersbestimmung der ver-
schiedenen Formationen durch die Berücksichtigung der choro-
logischen Verhältnisse beeinflusst wird.'^
Bisher begnügte man sich in der Regel, aus der einfachen That-
sache der Ueberlagerung die Altersverschiedenheit und die relative
Altersfolge zu bestimmen. Heteropische Bildungen wurden nur selten,
unter zwingenden Umständen, als solche anerkannt und, wenn dies
geschehen, gewissermassen als abnorme Fälle, als Ausnahmen von
der Regel hingestellt. Solange der Umfang der unterschiedenen
Gruppen noch sehr weit war, erwuchs der im Entstehen begriffenen
Wi-ssenschaft daraus kein nennenswerther Nachtheil. Gegenwärtig
aber, wo das lobenswerthe Streben nach feinster Gliederung allseitig
12 Allgemeine Betrachtungen
zur Aufstellung zahlreicher enggefasster Unterabtheilungen fuhrt, ge-
nügt die Ueberlagerung nicht mehr, um aus ihr allein die Alters-
verschiedenheit zu folgern. Die chorologische Interpretation ist
berufen, hier berichtigend und beschränkend einzugreifen, wenn der
wissenschaftliche Werth solcher Arbeiten nicht in Frage gestellt
werden soll.
Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, dass die meisten
Formationsgrenzen streng genommen nur die Grenzen zwischen hetero-
pischen, heterotopischen und heteromesischen Bildungen sind. Bei
heteromesischen Ablagerungen ist die gegenseitige Unabhängigkeit
so sehr einleuchtend, dass es kaum der Erinnerung bedarf, dass die
blosse Thatsache der Ueberlagerung noch kein Beweis fiir die Alters-
verschiedenheit ist. Ein Streifen mag über oder unter den Spiegel
der See getaucht werden, während die Nachbarschaft stabil verharrt
und nicht die geringste Aenderung ihres biologischen Bestandes er-
fährt. Auch die Ueberlagerung heterotopischer Bildungen beweist
an und für sich noch keine Altersverschiedenheit, denn sie zeigt nur
die Verschiebung von Verbreitungsbezirken an. In den meisten Fällen
wird jedoch das Auftreten von heterotopischen Ablagerungen für
eine bestimmte Region den Beginn einer neuartigen selbstständigen
Entwickelung bezeichnen. Dadurch wird es fiir diese Region
allerdings historische Bedeutung erlangen. In einer benachbarten
Region, welche von den störenden Ereignissen unberührt geblieben
ist, kann jedoch die daselbst nicht verdrängte Fauna und Flora noch
längere Zeit unverändert fortbestehen.
Der weitaus häufigste Fall ist der, dass sich heteropische Bil-
dungen überlagern. Einem brachiopodenreichen Crinoidenkalke mögen
Mergel mit Fucoiden und Cephalopoden, diesen thonigkalkige Sand-
steine mit Bivalven, diesen wieder Korallenkalke mit Gasteropoden
und Echinodermen u. s. f. folgen. Diese Bildungen sind petrographisch
und palaeontologisch von einander verschieden, sie überlagern sich
zudem in bestimmter Ordnung, sie besitzen daher nach den herr-
schenden Anschauungen alle erforderlichen Requisiten, um als selbst-
ständige altersverschiedene Glieder unter besonderen Benennungen
in die Formationstafel eingereiht werden zu können. In einem etliche
Meilen entfernten Profil fehlt nun eines der erwähnten Glieder und in
der entgegengesetzten Richtung gelangt man nach längerer Unter-
brechung in den Aufschlüssen zu einer Entblössung, in welcher
zwischen den gleichmässig fortsetzenden Hangend- und Liegend-
schichten der oben angeführten vier Glieder nur mehr eines der-
selben, aber vielleicht in etwas stärkerer Mächtigkeit, vorhanden ist.
Die zahlreichen bewussten und unbewussten Uniformisten werden
über die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. I ^
aus diesen Thatsachen sofort folgern, dass die beobachteten Lücken
ebenso vielen Unterbrechungen (Trockenlegungen) der Sediment-
bildung entsprechen. In manchen Fällen wird ihre Ansicht die
richtige sein. Die Beweisführung wird aber auf andere, schwerer
wiegende Gründe gestützt sein müssen. In vielen anderen Fällen
wird sich aber durch die Ausdehnung des Untersuchungsfeldes
ergeben, dass die vier Glieder häufig durch Wechsellagerung mit ein-
ander verbunden sind, dass stellenweise ein gegenseitiges Auskeilen
und Ineinandergreifen stattfindet und dass an manchen Punkten viel-
leicht sogar die Reihenfolge eine abweichende ist. Die palaeonto-
logische Erforschung, welche gleichzeitig eingehend fortgesetzt wird,
wird ausserdem noch lehren, dass zwar im Allgemeinen ein ziemlich
scharfer Unterschied zwischen den Gruppen besteht, von denen jede
in eigenthümlicher Weise durch das Vorwalten bestimmter Typen
charakterisirt ist, dass sich aber von gewissen kosmopolitischen
Thieren, wie z. B. Cephalopoden, Reste derselben Arten in allen
vier Gruppen finden, wenn auch in den anderen drei Gruppen viel
seltener als in den Cephalopocjenmergeln. Auf solche Weise wird
festgestellt werden können, dass heteropische Bildungen, trotzdem
sie sich überlagern, geologisch gleichzeitig sind, d. h. zu einer Zeit
abgelagert wurden, innerhalb welcher die marine Bevölkerung einer
bestimmten Provinz unverändert die gleiche geblieben ist. Wenn
man sich gegenw^ärtig hält, dass die Facies-Unterschiede von physi-
kalischen Verhältnissen abhängen, so wird man sich leicht vorstellen,
wie die steten Veränderungen der Contouren, der Höhen und Tiefen
und aller übrigen davon abhängigen äusseren Agentien einen Wechsel
der Facies ,und damit eine Ueberlagerung heteropischer Bildungen
nothwendig herbeiführen müssen. Da nun aber diese Veränderungen
in ungleichem Masse und in ungleicher Erstreckung vor sich gehen,
so wird auch die horizontale Verbreitung der über einander abge-
lagerten heteropischen Bildungen eine ungleichmässige sein.
Aus den bisherigen Betrachtungen geht zur Genüge hervor,
dass dieThatsache der Ueberlagerung fiir sich allein zur geologischen
Altersbestimmung nicht ausreicht. Um zum Ziele zu gelangen, müssen
wir uns noch eines anderen, bisher erst von W^enigen benützten Krite-
riums bedienen. So lückenhaft unsere Kenntnisse der Vorwelt auch
sind, so reichen sie dennoch hin, verwandtschaftliche Beziehungen
zwischen den successiven Faunen und Floren erkennen zu lassen.
Je näher der Zeit nach sich zwei Formationen stehen, desto grösser
ist die Zahl der übereinstimmenden oder verwandten Typen, Gat-
tungen und Arten. Auch die Gegner der Descendenzlehre müssen
deshalb eine gewisse verticale Continuität des Lebens zugeben.
14 Allgemeine Betrachtungen
ebenso wie sie die Einheit der Schöpfungscentren anerkennen. Die
Anhänger der Descendenzlehre bleiben aber nicht auf halbein
Wege stehen, sondern ziehen aus den vorhandenen Thatsachen
den einzig möglichen Schluss, dass die successiven Faunen und
Floren sich allmählich aus einander entwickelt haben. Ihnen ist die
geologische Formationsreihe die Aufeinanderfolge der verschiedenen
Entwicklungsstadien der organischen Welt. Dies ist aber zugleich
eine chronologische Reihe; jede einzelne Entwicklungsphase i.st eine
chronologische Einheit. Die Organismen zweier unmittelbar folgenden
Horizonte werden im directen Descendenz-Verhältniss stehen. "VVo
man daher in sich überlagernden Bildungen Fossilien trifft, welche
sich wie direct von einander abstammend verhalten, wird man auf
Altersverschiedenheit schliessen dürfen.
Es ist einleuchtend, dass man nur in isopischen Bildung^en
phylogenetisch direct zusammenhängende Faunen und Floren er-
warten darf. Wenn eine oder mehrere heteropische Bildungen zwischen
zwei altersverschiedenen isopischen Bildungen eingeschaltet sind,
wird die Trennung leichter ausgeführt werden können, als dort,
wo sich isopische Ablagerungen ununterbrochen durch zwei oder
mehrere Horizonte fortsetzen. Die Formen der einzelnen Horizonte
werden in der Regel keineswegs durch sehr auffallende Differenzen
ausgezeichnet sein, so dass ein geübtes Auge fiir die Untersuchung
erforderlich sein wird. Es wird daher häufig vorkommen, dass mehr-
gliederige isopische Schichtcomplexe für eine untheilbare zusammen-
gehörige Masse gehalten und an chronologischem Werth einer hete-
ropischen Bildung, welche vielleicht einem der vertretenen Horizonte
angehört, gleichgestellt werden. — Es kann der Fall vorkommen,
dass die Verschiedenheit der Faunen in sich überlagernden isopischen
Bildungen eine so bedeutende ist, dass sie sofort auch weniger ver-
sirten Beobachtern auflallt. Dann liegt entweder ein grösserer Zeit-
abschnitt zwischen dem Absatz der beiden Ablagerungen — ein
oder mehrere Zwischenglieder fehlen — oder wir haben heterotopische
Bildungen vor uns.
Die Altersverschiedenheit zweier sich überlagernden heteropischen
Bildungen wird häufig durch Fossilien bestimmt werden können,
welche der einen eigenthümlich sind, in der andern aber nur als
Fremdlinge, gewissermassen als erratische Erscheinungen, vorkom-
men. Da in solchen Fällen das Gewicht der Entscheidung auf
diesen Fremdlingen liegen wird, so sind durch sie die heteropischen
Bildungen theoretisch in isopische ver\vandelt.
So sind wir schliesslich dahin gelangt zu erkennen, dass die
wechselnde chorologische Physiognomie die \\'ahren Altersbeziehungen
ober die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. i j
maskirt, sowie, dass die phylogenetische Vergleichung der Fossilien
das sicherste Kriterium für die richtige Beurtheilung der chrono-
logischen Verhältnisse gewährt.
Umgekehrt ist es aber auch einleuchtend, dass die Geologie
keineswegs, wie so häufig behauptet wird, der Descendenzlehre
widerspricht Alle die scheinbaren Widersprüche und die zahlreichen
Lücken finden in dem sprungweisen Wechsel der chorologischen
Verhältnisse und in der parallelen geologischen Geschichte der
unserer Beobachtung zugänglichen Theile der Erdveste ihre aus-
reichende natürliche Erklärung.
Die Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen enthüllen
uns die Principien einer naturgemässen, historischen Classification
der sedimentären Gesteinsbildungen. Die hergebrachten conven-
tionellen Gruppirungen genügen in keiner Weise. Man fühlt dies
allgemein und sucht theils durch Aufstellung neuer Gruppen,
welche dem in den Kinderjahren der historischen Geologie nach
mitteleuropäischem Zuschnitt angefertigten Schema eingezwängt
werden, theils durch weitgehende ZerSpaltungen der alten Abschnitte
eine Abhilfe zu verschaffen. Aber die meisten dieser Auskunfts-
mittel leiden an dem gleichen Gebrechen wie die alten Gruppen.
Sie tragen das Gepräge nackter Empirie; ihre Begrenzung ist eine
willkürliche, zufällige. Ich anerkenne gern, dass die Wissenschaft
der mit grosser Sorgfalt gepflegten Detailforschung viele werthvolle
Ergebnisse, Entdeckungen und Richtigstellungen zu verdanken hat.
Aber ich kann darüber nicht hinweggehen, dass man vergebens
nach einem wissenschaftlich berechtigten oder doch wenigstens
consequent durchgeführten Eintheilungsgrunde suchen würde. Es
ist daher nicht anders möglich, als dass stets chronologisch ungleich-
werthige Einheiten und Mehrheiten geschaffen wurden, welche zu
historischen Vergleichen nicht brauchbar sind. Am drastischsten
machen sich diese Uebelstände bei der Zusammenstellung von all-
gemeinen vergleichenden Formationstabellen geltend. Es zeigt sich
dabei sehr deutlich, dass die Inconvenienzen der grossen alten
Gruppen nicht eliminirt, sondern nur auf die engeren neuen Gruppen
übertragen, mithin vervielfältigt sind.
Den ersten Anstoss zu einer naturgemässeren und consequenten
Classification gegeben zu haben, ist das unbestreitbare Verdienst des
vorzeitig der Wis.senschaft entrissenen A. Oppel, welcher den mittel-
europäischen Jura in palaeontologische Zonen zerlegte und die von
Gressly gegebenen Andeutungen über Faciesyerschiedenheiten bei
seinen classificatorischen Arbeiten praktisch verwerthete. In der
l5 Allgemeine Betrachtungen
Verfolgung der von Oppel eingeschlagenen Richtung sahen sich.
sodann seine Schüler und Anhänger veranlasst, das phylogenetische
Moment als classificatorisches Kriterium aufzunehmen. Gleichzeitig
wurde die chorologische Interpretation weiter ausgebildet.*)
Die palaeontologischen Zonen, welche wir als die einzelnen
Entwicklungsphasen isotopischer und isopischer Faunen oder Floren
bezeichnen können, entsprechen allein den Erfordernissen chrono-
logischer Einheiten. Sie sind gleichwerthige unter einander vergleich-
bare Grössen. Durch die chorologische Interpretation und durch
die Berücksichtigung des phylogenetischen Momentes wird das sub-
jective Ermessen des einzelnen Forschers beträchtlich beschränkt
und eine Discussion auf fester Basis ermöglicht.
Das Zeitmass der palaeontologischen Zonen ist übrigens selbst-
verständlich nur ein relatives. Die einzelnen Zonen entsprechen
keineswegs bestimmten, in Ziffern ausdrückbaren Zeitabschnitten von
*) Die neue Methode hat in den Augen Einiger den Nachtheil, dass sie zu
sehr sorgfaltigen Untersuchungen und zu möglichst enger Fassung der Arten (Formen)
zwingt. Für den Fortschritt der Wissenschaft kann es nur ein Gewinn sein, wenn
Oberflftchlichkeit und Dilettantismus eingedämmt werden. Was die enge Fassung
der Arten und die dadurch herbeigeführte Vermehrung derselben betrilfc, so möge
zunächst daran erinnert werden, wie verschwindend gering die Zahl der aus den
einzelnen geologischen Horizonten bekannten Formen ist im Vergleich mit der
Gegenwart, welche ja doch ebenfalls nur Einen geologischen Horizont repräsentirt.
Aber abgesehen davon liegt die enge Fassung der P'ormen im Interesse der Geo-
logie. Für den Zoologen und Botaniker mag es gleichgiltig sein, ob die Reihen-
folge der Bindeglieder zwischen zwei geologisch verschiedenaltrigen Typen durch
Artnamen ausgezeichnet wird oder nicht, obwohl es auch diesen conveniren wird,
die einzelnen Stadien bestimmt bezeichnen zu können. Beim Geologen kommt aber
wesentlich auch der chronologische Standpunkt in Betracht. Für ihn haben die
einzelnen Entwicklungsstadien eine chronologische Bedeutung und er würde sich
freiwillig der kostbarsten Documente begeben, wenn die in bestimmter geologischer
Altersfolge auftretenden Zwischenformen in eine sogenannte gute Art zusammen-
gezogen würden. Solche Arten wären überdies eine thatsächliche Fälschung, da
die angeblichen Varietäten nicht gleichzeitig, sondern nach einander existirten.
Es kann an dieser Stelle eine Erörterung der sogenannten Speciesfrage nicht er-
wartet werden. Auch würden die diesen einleitenden Bemerkungen gesteckten
Grenzen über die Gebühr überschritten werden, wenn ich es unternehmen wollte,
die vielen der Descendenzlehre günstigen palaeontologischen Ergebnisse anzuführen
und die aus der unrichtigen Auslegung der geologischen Urkunde gegen die Des-
cendenzlehre gefolgerten Einwände zu widerlegen. Hier handelt es sich ja wesent-
lich nur um die Aufstellung der allgemeinen, für die Interpretation des geologischen
Materials entscheidenden Gesichtspunkte. Es freut mich übrigens, hier die Auf-
merksamkeit auf ein demnächst erscheinendes Werk meines Freundes Prof.
M. Neumayr lenken zu können, in welchem dieser hochwichtige Gegenstand ein-
gehend behandelt werden wird.
aber die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. jjr
gleicher Dauer. Auch darf ihnen keine allgemeine Bedeutung zu-
geschrieben werden; sie haben nur fiir das isotopische Gebiet Geltung.
Eine in der Natur der Sache gelegene Schwierigkeit besteht
darin, dass die Variabilität der verschiedenen Classen, Ordnungen, Fa-
milien, Gattungen, Formenreihen eine sehr verschiedene ist und dass
die Mutationen bei denselben nicht gleichzeitig eintreten. Man kann
dieser Verlegenheit nur durch zweckmässige Wahl von Normal -Ver-
gleichungstypen entgehen, welche man unter den am häufigsten
mutirenden Organismen wählt. Wünschenswerth wäre es, für die ganze
Formationsreihe sich constant eines und desselben Vergleichungs-
typus bedienen zu können. Ein solcher, der brauchbar wäre, existirt
aber nicht. Man wird deshalb für die palaeozoischen Formationen
wahrscheinlich die Trilobiten und die Ammonitiden (subsidiär auch
die Brachiopoden) , für die mesozoischen Formationen die Ammo-
nitiden (nach Umständen subsidiär andere Ordnungen), für die käno-
zoischen Formationen die Gastropoden wählen.
Eine vollständige Erneuerung der Fauna oder Flora in un-
mittelbar folgenden Zonen wird kaum jemals vorkommen. In der
Regel wird eine Anzahl von Formen denselben gemeinsam sein und
nur ein Theil des Bestandes wird sich geändert haben. In eng
geschlossenen Binnenbecken hat man, wie die Erfahrungen*) lehren,
Aussicht, ziemlich vollständige Entwicklungsreihen zu finden. Bei
marinen Bildungen wird in Folge der weiten Ausdehnung des Bildungs-
raumes häufig der eine oder andere Typus im nächsten Horizont
scheinbar fehlen, und fast in jeder Zone werden mehr oder weniger
Typen auftreten, welche wie Fremdlinge auftauchen und in derselben
oder nach kurzem Bestände in den nächstfolgenden Zonen wieder
verschwinden (exogene Typen). Dies sind wol aus entlegenen
Meerestheilen oder aus benachbarten Provinzen stammende Colo-
nisten, welche nach längerer Intermittenz vielleicht nochmals wieder-
kehren. Die Beispiele für diese Erscheinung sind sehr zahlreich.
Das Auftreten exogener Typen verleiht den einzelnen Zonen häufig
eine besondere Charakteristik, welche die rasche Orientirung des
reisenden Beobachters sehr erleichtert. Die Mutationen der endogenen
Formen sind selbstverständlich viel weniger augenfällig.
Die Zonengliederung ist für jedes heterotopische Gebiet selbst-
ständig durchzufuhren. Heterotopische Gebiete werden daher ver-
schiedene Chronologien besitzen. Ein Mittel, diese getrennten Chrono-
logien unter einander in Zusammenhang zu bringen, wird uns dann
*) Vgl. Neumayr und Paul, Die Congerien- und Paludinen-Schichten
Slavoniens. Abh. Geol. R.-A. VII. Bd.
Alojsisovics, OolomitrifTe. 2
lg Allgemeine Betrachtungen
zu Gebote stehen, wenn durch die Verschiebung der Territorien eine
Ueberlagerung heterotopischer Bildungen zu Stande kommt. Bruch-
theile der verdrängten Fauna (Flora) werden fast immer zurück-
bleiben. Durch sie wird der Zeitpunkt der Verdrängung festgestellt
werden können. Besitzen die beiden heterotopischen Bildungen in
ihren ursprünglichen Verbreitungsbezirken eine bekannte gemeinsame
Unterlage, welche selbst wieder mit jeder von ihnen in irgend einer,
eine Lücke ausschliessenden Verbindung steht, so können wir die
Gesammtheit der Zonen des einen Gebietes der Gesammtheit der
Zonen des anderen Gebietes gleichstellen. Eine Gleichstellung der
einzelnen Zonen wäre aber unstatthaft und meistens wol schon
deshalb unausführbar, weil die Anzahl der Zonen eine ungleiche sein
wird. Wo heterotopische Gebiete nicht scharf getrennt sind, werden
übrigens hin und her fluctuirende Formen Anhaltspunkte zur chrono-
logischen Parallelisirung gewähren:
Für heteromesische Bildungen gelten selbstverständlich im
Wesentlichen die gleichen Grundsätze.
Indem wir die palaeontologische Zonengliederung für die Grund-
lage einer systematischen chronologischen Classification halten, ver-
kennen wir die Zweckmässigkeit von weiteren, eine Anzahl von Zonen
zusammenfassenden Gruppen durchaus nicht. Eine dreifache Ab-
stufung in Stufen, Perioden und Epochen, entsprechend der gegen-
wärtigen Uebung, scheint praktisch zu sein. Nur sehe man zu, dass
die unterschiedenen Gruppen nicht zu ungleichwerthig werden; man
lasse sich daher nicht verleiten, der (doch nur localen) Mächtigkeit
einzelner Zonen einen bestimmenden Einfluss zuzuerkennen. Das
ungleichmässige Anwachsen der heutigen Meere.sbildungen beweist,
dass die Mächtigkeit ein völlig untergeordneter Factor ist. Es würde
unnöthige Verwirrung hervorrufen, wenn man gegenwärtig bereits
an der Begrenzung und Benennung der Hauptgruppen (Epochen und
Perioden) rütteln wollte. Wichtige Transgressionen und heterotopische
Verschiebungen werden zweckmässig als Grenzlinien benützt werden
können, trotzdem auch sie eigentlich nur locale Bedeutung besitzen.
Wünschenswerth wäre eine Einigung über die Bedeutung der termino-
logischen Bezeichnungen. Die Ausdrücke Formation, Etage, Pe-
riode, Epoche werden gegenwärtig sehr verschieden angewendet,
für den Theil wie für das Ganze gebraucht. Jede andere Wissen-
.schaft beflei.ssigt sich einer festen, consequenten Terminologie. Die
Bezeichnung Formation möchte ich am lieb.sten aus der Reihe
der chronologischen Termini streichen, da sie mit Vortheil auch
in rein petrographischem und montanistischem Sinne verwendbar
ist. Die Benennung der unterschiedenen Gruppen ist zwar dem
über die Chorologie und Chronologie der Erdschichten. ig
Belieben der Autoren anheimgegeben und geniessen die erst ge-
gebenen Namen den Schutz des Prioritätsrechtes; aber wünschens-
werth wäre es doch, wenn nur abstracte, nichtssagende Bezeichnungen
für rein chronologische Gruppen gewählt würden. Localnamen und
Faciesnamen sind als chorologische Bezeichnungen bei geologischen
Schilderungen unentbehrlich.
Man hört so oft die Behauptung, dass die stratigraphische
Erforschung Europa's im Wesentlichen abgeschlossen sei, dass auf pa-
laeontologischem Felde nur mehr eine dürftige Nachlese zu holen
sei und dass blos noch entlegene Landstriche einen dankbaren Stoff
für geologische Arbeiten böten. Wir unterschätzen nicht den wissen-
schaftlichen Gewinn, welchen die geologische Erschliessung unculti-
virter Gegenden mit sich bringt und wir bewundern die Ausdauer
der muthigen Pionniere, welche für solche Aufgaben Gesundheit
und Leben in die Schanze schlagen. Aber wir sind der Ansicht,
dass die Wissenschaft gegenwärtig aus der Vertiefung der Forschung
im Bereiche der Culturländer und in den palaeontologischen Museen
ebenso reichen Gewinn ziehen wird, denn die wichtigste und schwie-
rigste Arbeit ist auch hier noch ungethan. Auf dem Boden der
chorologischen Forschung und des phylogenetischen Studiums er-
öffnet sich ein neues, fast jungfräuliches Arbeitsfeld, welches reich-
lichen Lohn verspricht. Ueber das Stadium der ersten Vorarbeiten
hinaus sind, Dank den Bemühungen der OppePschen Schule, unsere
Kenntnisse des mitteleuropäischen und theilweise auch des medi-
terranen Jura. Für die Trias der Alpen besitzen wir bescheidene
Anfange. Alles Uebrige liegt noch brach.
IL CAPITEL.
Die palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen.
Jugendliches Alter des Kettenf^ebirges. - Aasdehnang der Meere in den verschiedenen geo-
logischen Perioden. - Wichtigkeit der Rheinlinie — Bedeutung der ostaipinen Flyschzone. -
Genetische Verschiedenheit der Ost- und Westalpen.
Jede Gesteinsformation besitzt, wie gezeigt wurde, bestimmte
Beziehungen zu Raum und Zeit. Die geologische Forschung verfolgt
daher historisch-geographische Ziele. Wie eine politische Geschichte
nicht möglich ist ohne bestimmte geographische Localisirung, so
kann auch die Geschichte der Erde, welche, wie Zittel treffend
sagte, in eine Reihe von Specialgeschichten zerfällt, der geogra-
phischen Orientirung nicht entbehren. Der historischen Geographie
entspricht die geologische Geographie oder die Geographie der ver-
schiedenen Entwicklungsstadien der Erdoberfläche (Palaeogeographie).
Verschieden von diesem, noch sehr wenig ausgebildeten Wissens-
zweige ist die geographische Geologie (Geognosie) oder die Kenntniss
von der geologischen Zusammensetzung geographisch abgegrenzter
Räume.
Die vorliegende Schrift fällt in die Kategorie der geognosti-
schen Arbeiten und liefert nur einzelne Bausteine zur Palaeogeographie
der mesozoischen Bildungen. Ehe wir jedoch zur Schilderung unseres
Gebietes schreiten, wollen wir versuchen, die palaeogeographische
Situation desselben durch einen kurzen Ueberblick der geologischen
Geschichte der Alpen zu fixiren.
Das Alpengebirge in seiner Gesammtheit betrachtet, erscheint
als ein grosser, fest zusammengefügter Bau, dessen Theile nur als
Glieder Eines Körpers aufzufassen sind. Diesen einheitlichen Stempel
haben ihm die gebirgsbildenden Kräfte in einer von der Gegenwart
nicht sehr entfernten Periode aufgedrückt, und Suess hat in seiner
Die palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen. 21
Schrift über die Entstehung der Alpen die grossen tektonischen Züge
meisterhaft dargestellt. Dem einheitlichen tektonischen Charakter
entspricht aber keineswegs eine einheitliche geologische Vergangen-
heit. Kin gemeinsames Dach wölbt sich zwar über dem grossen, mit
uniformen Schnörkeln ausgestatteten Bau, aber die einzelnen Theile
sind zu verschiedenen Zeiten, von verschiedenen Baumeistern und
nach abweichenden Baustylen ausgeführt worden.
In ähnlicher Weise zerfallen die Alpen an der Hand der
geologischen Analyse in ursprünglich individualisirte Gebiete von
eigenartiger geologischer Entwicklungsgeschichte, welche erst in
jüngster Zeit von im gleichen Sinne wirkenden dynamischen
Bewegungen erfasst und zu Einem Kettengebirge umgemodelt
worden sind.
Ueber die palaeozoischen Bildungen der Alpen besitzen wir
erst sehr fragmentarische Kenntnisse, welche für palaeogeographische
Reconstructionen noch keine genügende Basis bilden. Bei dem heutigen
Stande unseres Wissens fallen folgende Thatsachen auf. Das Silur
ist bisher blos in den Ostalpen nachgewiesen. Fossilfuhrende Punkte
sind Dienten im Salzbijrgischen, Eisenerz in Steiermark, das Gail-
thaler Gebirge und die Karavanken. Das alpine Silurmeer verband
wahrscheinlich das sardinische mit dem böhmischen Silur.
Höchst eigenthümlich ist das Vorkommen des Devon. Obwol
bei weiteren Forschungen noch immer devonische Bildungen in den
Verbreitungsbezirken der silurischen und carbonischen Formationen
aufgefunden werden könnten, so erscheint es dennoch auffallend, dass
dies bisher nicht gelungen i.st und dass sichere devonische Ab-
lagerungen blos in der dem Ostrande der krystallinischen Mittelzone
eingeschnittenen Bucht von Graz nachgewiesen werden konnten.
Aus der geographischen Situation des Grazer Devons scheint
sich mir nun eine merkwürdige Parallele zwischen den Ostalpen
und dem böhmischen Massiv zu ergeben, welche vielleicht einiger
Beachtung werth ist. Im Innern von Böhmen fehlt bekanntlich das
Devon, zwischen Silur und productivem Carbon besteht eine grosse
Lücke. Dagegen umspannt das Devon im Westen, Norden und Osten
den Aussenrand der böhmischen Massengebirgsgruppe; es fehlt aber
wieder längs dem der Donau-Hochebene und den Alpen zugekehrten
Bruchrande. Das Grazer Devon entspricht nun seiner Lage nach
dem sudetischen Devon. Es kann als die directe Fortsetzung des-
selben betrachtet werden. Bestätigt sich das Vorkommen devonischer
Bildungen in den cetischen Alpen, so ist damit ein Bindeglied
nachgewiesen. Der Ostrand des böhmischen Massivs würde sich
22 Die palacogeographischen Verhältnisse der Alpen.
sonach zur Devonzeit bis tief in die Alpen hineinerstreckt haben.
Gelänge einstens der Nachweis devonischer Ablagerungen in den
Südalpen und in den palaeozoischen Strichen der Centralalpen, so
könnte man auch die südlichen und südöstlithen Grenzen an-
nähernd bestimmen. Sollte sich aber in diesen Gebieten die wirkliche
Abwesenheit devonischer Aequivalente nachweisen lassen, so würde
daraus wol eine bedeutendere Ausdehnung des devonischen Massivs
hervorgehen. Das Vorhandensein von Praecarbon-Bildungen würde
jedoch eine zur Praecarbonzeit eingetretene Umfangs-Verminderung
des Massivs nachweisen.
Aus der Praecarbon- und Carbonzeit finden sich in den
Ostalpen marine Ablagerungen mit Einschaltungen von Schiefern,
welche terrestrische Floren enthalten und die Nähe der Küste an-
deuten. In den Südalpen reichen diese Gebilde westlich bis in die
Gegend des Sextener Thaies; auch ein Streifen am Nordrande der
lombardischen Alpen wird ihnen zugezählt. Die etwas isolirten
Vorkommnisse der Stangalpe und der Innsbrucker Bucht (Steinacher
Joch) sind ausgezeichnet durch die Einschaltung von Conglomeraten
und Pflanzenschiefern (Flussdelta's). Die noch etwas räthselhaften
sogenannten , Radstädter Tauem- Gebilde*, welche die Zillerthaler
Alpen und die Hohen Tauem am nördlichen Gehänge begleiten,
stellen eine Verbindung zwischen den genannten Vorkommnissen
her und .sind ihnen wahrscheinlich zuzuzählen. Es würde so-
nach in der Gegend von Klagenfurt ein bis in die Innsbrucker
Gegend reichender Streifen von den Südalpen abzweigen. Nach
Stäche sind wahrscheinlich auch silurische Aequivalente in diesem
Zuge vorhanden. Dem nördlichen Silurzuge zwischen Schwatz und
Payerbach fehlen die Praecarbon- und Carbonbildungen, Das Meer
reichte also von Südosten her in das Alpengebiet, begrenzte einer-
seits das weit nach Süden vorgeschobene böhmische Festland,
andererseits die Gebiete der Hohen Tauem und der Oetzthaler Alpen,
von welchen es unentschieden ist, ob sie Inseln oder Festland-
partien Ayaren. Die Westalpen scheinen während derselben Zeit
dauernd Festland gewesen zu sein, welches mit dem Centralplateau
von Frankreich, dem Schwarzwalde und den Vogesen zusammenhing,
ja vielleicht sogar mit unserem böhmischen Massiv verbunden war.
Zur Carbonzeit war ein grosser Süsswasser-See vorhanden, welcher
nach Heer West- und Süd- Wallis bedeckte, nach Westen bis in die
Dauphinee und nach Osten bis gegen den Titlis und den Tödi sich
erstreckte.
Der Permzeit angehörige Conglomerate und Sandsteine finden
sich in grösserer Verbreitung so wol in den Ost- wie in den
Die palaeogeographischen Verhaltnisse der Alpen. 23
Westalpen. Erschwert auch die weite horizontale Verbreitung*) die
Erklärung der Bildungsverhältnisse dieser Gesteine, so kann man doch
nur an Binnenseen oder an Aestuarien] als Bildungsstätten denken.
Im nordöstlichen Tirol und auf der nördlichen Abdachung der West-
alpen treten als Einschaltung, manchmal auch als Stellvertretung, die
sogenannten Schwatzerkalke und Röthidolomite auf. Ob der mit
Rauchwacken verbundene Röthidolomit der Ostschweiz dem in ähn-
licher Lagerung auftretenden Bellerophonkalke der Südtiroler Alpen
entspricht, ist noch zweifelhaft. Da in vielen Fällen die Herkunft
der Gerolle des Verrucano aus einer bestimmten benachbarten Gegend
nachgewiesen werden kann, so ist man im Stande, stellenweise den
beiläufigen Verlauf der Küste zu bestimmen. Mit der Entfernung von
der Küste nimmt die Grösse der Gerolle ab. Unter diesen Um-
ständen ist das Eindringen der permischen Conglomerate und Sand-
steine in die Rheinbucht zwischen Ost- und Westalpen sehr bedeu-
tungsvoll.
Der Beginn der mesozoischen Epoche ist durch ein wichtiges
Ereigniss bezeichnet. Das Gebiet der Ostalpen, welches westlich bis
zum Rhein und bis zum Lago maggiore reicht, trennt sich durch
Senkung vom böhmischen Festlande und von den Westalpen. Die
Region der krystallinischen Mittelzone ragt als langgestreckte Insel
aus dem Triasmeer empor. Ob dieselbe in Folge der andauernden
Senkung völlig unter den Meeresspiegel hinabtauchte, lässt sich kaum
bestimmen. War es der Fall, so bildete sie einen submarinen Höhen-
rücken. Der Annahme einer Tiefsee widerspricht der häufig wech-
selnde chorologische Charakter. Die ansehnliche Mächtigkeit der
ostalpinen triadischen Bildungen beweist nur, dass der Gesammt-
betrag der allmählichen Senkung bedeutend war. Die Westalpen waren
während der Triaszeit wahrscheinlich wieder zum grössten Theile
trocken gelegt. In den Gebieten unmittelbar westlich vom Rhein
fehlen triadische Bildungen gänzlich. Es spricht Manches dafür, dass
dieses Gebiet durch eine Landbrücke mit dem böhmischen Festlande
verbunden war. Ob die in den französischen Alpen lediglich auf
Grund der Lagerung und der lithologischen Beschaffenheit als Trias-
bildungen angesprochenen fossilleeren Ablagerungen wirklich der
Trias angehören, ist eine offene Frage. Es wäre denkbar, dass das
mitteleuropäische Triasbecken von der unteren Rhone-Gegend und
*) V. Richthofen weist daraut hin, dass das Material der alten rothen Sand-
steine abgeschwemmter Latent sein könnte. Bestätigt sich diese Vermuthung, so
hätten wir eine ebenso einfache als befriedigende Erklärung. — Vgl. Neumayr
Anl. z. wiss. Beob. auf Reisen, pag. 286.
2Ä Die palaeogcographischen Verhältnisse der Alpen.
vom Juragebirge her in die westlichen Regionen der Westalpen
hineingereicht hätte. Ost- und Westalpen waren daher zur Triaszeit
jedenfalls scharf unterschiedene Gebiete. Erst am Schlüsse der Trias-
periode, als von Süden und von Südosten her die mediterranen
Fluthen allmählich, über das mittlere Europa übergreifend, bis nach
England und bis zur Südspitze Schwedens*) vordrangen, wurde auch
eine Verbindung mit den äusseren Ketten der schweizerischen Kalk-
alpen und mit den französischen Alpen hergestellt. Bildungen der
rhätischen Stufe (Zone der Avimla contorta) sind die einzigen Ab-
lagerungen der mediterranen Trias, welche in den Westalpen nach-
gewiesen wird. Indessen gelangte das rhätische Meer nicht in
westlicher Richtung in die Westalpen, sondern entweder von Süden
her durch den westlichen Theil des Mittelmeeres oder auf einem
Umwege über die Bodensee-Gegend; denn in den der Rheinlinie
zunächst gelegenen Theilen der Schweizer Alpen fehlen die rhätischen
Bildungen vollständig und weiter im Westen, wo welche auftreten,
erscheinen sie nur im Norden und kommen in den inneren, dem krystal-
linischen Schiefergebirge aufgelagerten Kalkketten nicht mehr vor.
So hatte die physikalische Geographie des Alpenlandes und
Mitteleuropas an der Grenze zwischen Trias- und Jura-Periode eine
bedeutungsvolle Aenderung erfahren, welche für die Vertheilung der
jurassischen Gewässer bestimmend wurde. Der Lias hält sich in
seiner Verbreitung ziemlich strenge an die rhätischen Bildungen.
In den Alpen jedoch nimmt man stellenweise ein Uebergreifen des
Lias über ältere Bildungen wahr, so insbesondere in der westlich an
den Rhein stossenden Region, wo der untere Lias direct auf den
permLschen Bildungen (Röthidolomit und Quartenschiefer) auflagert.
Man unterscheidet nach dem Vorgange Neumayr's im west-
europäischen Jura zwei Provinzen, die mediterrane und die mittel-
europäische. Die Unterschiede beruhen hauptsächlich auf dem re-
gionalen Prävaliren gewisser Typen. Eine grosse Anzahl von Formen
ist beiden Provinzen gemeinsam. Der Jura der Schweizer Alpen ge-
hört zwar im grossen Ganzen der mediterranen Provinz an, wie der
Jura der Ostalpen, aber trotzdem besteht zwischen der Ausbildung
der jurassischen Gebilde in den durch die Rheinlinie getrennten Ge-
bieten eine durchgreifende lithologische Verschiedenheit, welche
nur durch die Annahme abweichender physikalischer Verhältnisse
verständlich wird. Die Geographie der Triaszeit gibt darüber
einigen. Aufschluss. Der o.stalpine Jura, welcher sich strenge an die
*) Hubert, Rech, sur Tage des gres ä combustibles d'Helsingborg et d'Höganäs.
Ann. des sc. g^ol. 1869.
Die palaeogcographischen Verhaltnisse der Alpen. 2$
Verbreitung der triadischen Ablagerungen hält, wurde in dem alten,
fortbestehenden Meeresbecken der Trias abgelagert, während das
westalpine Jurameer in neueroberte oder erst kürzlich sehr ver-
änderte Gebiete übergriff. Für die Westalpen begann gewisser-
massen erst zu dieser Zeit die alpinische Individualisirung. Die
jurassischen Bildungen der Westalpen unterscheiden sich von den
gleichzeitigen Niederschlägen des Juragebirges zunächst durch ab-
weichenden lithologischen Charakter und durch grössere Mächtig-
keit. Der mediterrane Charakter der Faunen tritt, wie es scheint,
erst zur Zeit des Dogger und Malm bestimmter hervor. Aber dem-
ungeachtet besteht, wie Mösch hervorgehoben hat, ein merkwürdiger
chorologischer Parallelisnius zwischen Westalpen und Juragebirge,
welcher erst im Tithon verschwindet. Die Linie Basel-Olten,
welche im Juragebirge die Grenze zwischen zwei wichtigen hetero-
pischen Gebieten bezeichnet, findet in den Schweizer Alpen ihre
Fortsetzung im Brienzerseethal, und stimmen die im Osten und
Westen von dieser Trans versallinie liegenden jurassischen Ablage-
rungen der Alpen und des Juragebirges in einer Reihe von Hori-
zonten in der Facies überein. Es entsprechen also den Alpen zwischen
Brienzerseethal und Rheinthal der gegenüber liegende aargauisch-
schwäbische Jura und den Alpen westlich vom Brienzerseethal der
westschweizerisch -französische Jura. In einigen wenigen Fällen er-
streckt sich diese Uebereinstimmung sogar auch auf die petrographische
Beschaffenheit.*) Man darf daher den Grund der abweichenden Au.s-
bildung des alpinen Schweizer Jura nicht etwa einer constant grö.sseren
Meerestiefe zuschreiben. Die bedeutende Mächtigkeit der pelagischen
Facies erklärt sich ungezwungen durch periodisch rascheres Sinken
des alpinen Meeresstriches. — In der nördlichen Zone der Ostalpen
und in den sich an diese anschliessenden Karpathen besitzen wol
nur die tiefsten liasischen Horizonte, wenn sie in der litoralen Facies
der Grestener Schichten auftreten oder sich derselben nähern, eine
bemerkenswerthe Uebereinstimmung mit den gleichaltrigen isopischen
Bildungen der mitteleuropäischen Provinz. Es treten diese Ablage-
rungen am Nordrande der nordöstlichen Alpen und der Karpathen
auf, in dessen Nähe die Küste des Liasmeeres sich hinziehen mus.ste.
Bereits bei Pa.ssau**) verschwindet der Lias und es fehlt derselbe in
den der mitteleuropäischen Provinz angehörigen Juradistricten Mäh-
rens, Schlesiens und Polens gänzlich.
*) Vgl. Mösch, der Jura in den Alpen der Ostschweiz.
♦*) Vgl. V. Ammon, die Jura- Ablagerungen zwischen Regensburg und Passau.
26 ^ic palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen.
4
Eine Thatsache möge noch angeführt werden, welche vielleicht
auf die eigenthümlichen Verhältnisse des schweizerischen Alpenjura
ein Licht werfen könnte. Der Lias im Westen des Rhein zeigt nach
M ö sc h's Schilderung blos mitteleuropäische Formen. Der obere Lias
ist durch die im mitteleuropäischen Jura weit verbreiteten Posidonien-
schiefer vertreten. Zittel*) hat nun in neuerer Zeit die Aufmerksam-
keit wieder auf die grosse Uebereinstimmung des provengalischen
oberen Lias mit dem oberen Lias der Lombardei gelenkt. Es drängt
sich da die Frage auf, ob die im Schweizer Alpenjura vorkommenden
mediterranen Formen nicht auf dem Wege über Südfrankreich in die
westalpinen Regionen gelangten.^
Während der Kreidezeit gehörte zwar, wie zur Zeit des
mittleren und oberen Jura das gesammte Alpengebiet ebenfalls der
mediterranen Provinz an, aber es spielt sich in den verschiedenen
Alpentheilen eine sehr wechselvolle Geschichte ab. Für die Nordalpen
erweist sich die Rheinlinie abermals als eine bedeutungsvolle Grenz-
scheide. In den Westalpen dauert die Senkung der Kalkalpenzone
fort, der heteropische Wechsel scheint zwar sehr bedeutend zu sein,
aber eine Lücke von Bedeutung .scheint nirgends vorhanden zu sein.
Wol charakterisirt erreicht das westalpine Kreidesystem, den Jura
concordant überlagernd, am Rhein das o.stalpine Triasjura-Gebiet
und schneidet an demselben ab. In den nördlichen Ostalpen zeigt
die Kreide eine eigenthümliche Beschränkung. Das Neocom ist nur
in der Facies von Aptychenschiefern und von Cephalopoden-Mergeln
(Rossfelder Schichten) vertreten. In Nordtirol lagert dasselbe noch
concordant auf dem Jura. Weiter ö.stlich dagegen besteht häufig
eine auffallende Discordanz und kommen die Neocombildungen,
Niederungen ausfüllend, in übergreifender Lagerung über und neben
älteren Ablagerungen vor. Die mittlere Kreide fehlt gänzlich. Die
obere Kreide ist nur unvollständig durch die sogenannte Gosau-
bildung vertreten, welche unabhängig von der Verbreitung des
Neocom im ganzen Gebiete der Nordostalpen nur als Ausfüllung
von Buchten vorkommt.
Es folgt daraus, dass die Nordostalpen während der Kreidezeit
bereits allmählich über den Meeresspiegel auftauchten. Die Hebung
begann im östlichen Theil und schritt von da gegen Westen fort.
Eine ähnliche Transgression der oberen Kreide wie in den
Nordostalpen zeigt sich auch in der Grazer Devonbucht (Kainach-
thaler Gosaubildung), femer am Süd- und am Westabhang des
♦) Central-Apcnninen. Geogn. pal. Beitr. v. Benecke, II., p. 174.
^
Die palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen. 27
Bachergebirges, im unteren Lavantthal und im Gurkgebiet bei
Althofen und Guttaring. Die meisten dieser Ablagerungen sind noch
sehr wenig bekannt und ist es noch fraglich, ob die im Süden der
Centralkette gelegenen mit dem Gosau-Typus oder mit der süd-
alpinen Kreide-Entwicklung übereinstimmen.
In den Südalpen lagern die Kreidebildungen concordant auf
dem Jura. Obwol palaeontologisch bis jetzt nur wenige Horizonte
nachgewiesen sind, hat die Annahme von Lücken wenig Wahrschein-
lichkeit fiir sich. Der heteropische Wechsel ist nicht unbedeutend.
Der Eintritt einer Hebung, wie in den Nordostalpen, ist nicht
nachweisbar.
Indem wir zu den alttertiären Bildungen übergehen, welche in
den Westalpen eine bedeutende Rolle spielen und gebirgsbildend
auftreten, während dieselben nur in zwei Buchten (Unter-Innthal und
Reichenhall) in das Innere der Nordostalpen hineinreichen-, erscheint
es am Platze, einer bisher unerwähnt gebliebenen Region zu ge-
denken. Am Nordrande der Nordostalpen und der Karpathen zieht
sich eine landschaftlich wol charakterisirte, meist bewaldete Hügel-
kette mit sanften, abgerundeten Formen hin, welche den Uebergang
von der Ebene zu den schroffen Felsgestalten der Kalkalpen und
der Karpathen vermittelt, die sogenannte Wiener (resp. Karpathen-)
Sandsteinzone. Den Westalpen sowol, wie den Südalpen fehlt
diese Zone in ihrer orographisch typischen Gestalt. Nachdem längere
Zeit die divergirendsten Ansichten über das Alter des Wiener oder
Karpathen-Sandsteines (Flysch *) unvermittelt einander gegenüber-
gestanden haben, kann man die heute vorliegenden Thatsachen zu
folgendem Gesammtbilde zusammenfassen. In den Karpathen umfasst
die Karpathen-Sandsteinfacies, wie die Untersuchungen von Hohen-
egger, Paul und Tietze gelehrt haben, die gesammte Kreide und
das Alttertiär einschliesslich des Oligocän. Das Gebiet ist mehrfach
gefaltet und in den sogenannten Klippenzügen treten aus den Sätteln
der tiefsten Glieder schollenförmig zersprengte. Theile älterer (juras-
sischer) Kalke hervor, welche mit ihren schroffen Formen klippen-
artig aus den sanften Gehängen der Sandsteine emporragen. An
Breite bedeutend reducirt, aber noch ganz mit den karpathischen
*) Eine interessante Controverse über die Genese des Flysches hat sich in
jüngster Zeit zwischen Th. Fuchs, welcher den Flysch fOr das Product eruptiver
Vorgänge (Schlammvulcane) erklärt, und K. M. Paul, welcher im Einklänge mit
den herrschenden Ansichten den Flysch fOr eine normale Dctritusbildung halt, ent-
sponnen. Vgl. Fuchs, Ueber die Natur des Flysches, Sitz. Ber. Wien. Akad. 1877,
und Paul, Ueber die Natur des karpathischen Flysches, Jahrb. Geolog. R.-A. 1877.
28 I^ic palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen.
Charaktem, selbst Klippenzüge umschliessend, tritt die Sandsteinzone
bei Wien in die alpine Region ein. Weiter westlich, etwa in der
Gegend von Gmunden, scheinen die Kreidebildungen schon ganz
die Sandsteinfacies abgestreift zu haben, während die alttertiären
Theile dieselbe beibehalten (Flysch). Zwischen den Kalkalpen und
der Sandsteinzone läuft eine Bruchlinie durch. In der Gegend von
Füssen nehmen die unter dem alttertiären Sandstein auftauchenden
cretaceischen Ablagerungen den Charakter der schweizerischen
Alpenkreide an. Im Bregenzerwalde treten dieselben in grösserem
Umfange und selbst mehrfach gefaltet zu Tage und an der Canis-
fluh bei Au gestatten sie auch schwarzem Tithonkalke der schwei-
zerischen Elntwicklung aus der Tiefe emporzudringen. Kleine
klippenförmige Juraschollen mit ostalpinem Charakter stecken
mehrfach bei Sonthofen und Hindelang im eocänen Flysch. Das
Kreidegebirge des Bregenzerwaldes ist nun nichts weiter, als die
durch den Rhein oberflächlich unterbrochene Fort.setzung des Sentis-
Stockes. Der südliche Flyschzug des Bregenzerwaldes spaltet sich
in zwei Arme. Einer setzt über den Rhein in das Werdenbergische,
der andere wendet sich südlich und begleitet durch Liechtenstein
das ostalpine Triasgebirge.
Jenseits des Rheins zersplittert sich die Flyschzone über die
ganze Breite der Kalkalpen. Flysch- und Kalkzone fallen zasammen.
Mächtige Züge von Kreide- und Jurakalken altemiren in dem vielfach
gefalteten Gebirge mit stets wieder von Neuem ansetzenden Flysch-
zügen. Man könnte die Aufbrüche der ältereren Kalke mit den
Klippenzügen der Karpathen vergleichen, aber es fehlt ihnen eine
bestimmt eingehaltene, continuirlich fortlaufende Streichungslinie.
So fallt der nördlichen Kalkzone der Westalpen die gleiche
orotektonische Rolle zu, wie der Wiener Sandsteinzone der Nordost-
alpen. Die nordöstlichen Kalkalpen verhalten sich wie ein Central-
gebirge zur Wiener Sandsteinzone, welche die Fortsetzung der
schweizerischen Kalkalpen ist. Man könnte sich veranlasst sehen,
für die Wiener Sandsteinzone die gleiche oder doch annähernd
gleiche geologische Entwicklungsgeschichte, wie für die westlichen
Kalkalpen, wegen ihres Zusammenhangs mit diesen zu supponiren.
Es wurde bereits erwähnt, dass einige Thatsachen für den Bestand
einer Landverbindung zwischen dem böhmischen Massiv und den
Westalpen zur Triaszeit sprechen. Wir werden weiter unten bei der
Schilderung der triadischen Bildungen der Ostalpen 'darauf ein-
gehender zurückkomrnen und wollen hier nur erwähnen, dass that-
sächlich einige Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass die
Wiener Sandsteinzone zur Triaszeit grossentheils Festlandssaum
H
Die palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen. 2Q
gewesen sei. Alles spricht ferner dafür, dass die Wiener Sandstein-
zone zur Kreide- und älteren Tertiärzeit, im Gegensatze zu den sich
hebenden Nordostalpen, einen sich langsam aber fortdauernd sen-
kenden Meeresstrich gebildet hat. Eine Schwierigkeit scheint nur die
Erklärung des Vorkommens jurassischer Ablagerungen mit ostalpinem
Typus zu bieten. Doch schwindet bei näherer Ueberlegung auch
dieses Bedenken. Denn zur Liaszeit war nördlich von der Sandstein-
zone Festland und nur von Süden her drang das Meer vor. Auch
das Ineinandergreifen der helvetischen und ostalpinen Entwicklung
im Bregenzerwalde, dicht an der Grenze von Ost- und Westalpen,
bietet nichts Befremdendes dar.
In das Gebiet der heutigen Mittelzone der Ostalpen drang das
Eocänmeer an einer Stelle in Unterkämten ein, welche bereits
zur Zeit der oberen Kreide eine Meeresbucht gewesen war. Ein
Relict dieser Buchtausfüllung ist das räumlich sehr beschränkte
Eocänvorkommen bei Guttaring.
Auch die Eocänbildungen des steierischen Sannthaies und des
krainerischen Savethales dürften in tief eingesenkten Buchten ein-
gelagert worden sein.
In den übrigen Theilen der Südalpen scheinen die Eocän-
bildungen concordant über den Kreidebildungen zu lagern. Sie
erreichen jedoch hier nicht, wie in den Westalpen relativ namhafte
Höhen. Es muss vorläufig unentschieden bleiben, ob sie bedeutend
grössere Räume bedeckten und durch nachträgliche Denudation
entfernt wurden oder ob sie blos in gewissen, durch Bruchlinien
von dem übrigen sich erhebenden Gebiete losgelösten Regionen ab-
gelagert wurden.
Während der Miocänzeit erhoben sich die Westalpen und
die Wiener Sandsteinzone über das Meeresniveau, und scheint es,
dass die Hebung von Westen gegen Osten an Intensität abnahm.
In den Südalpen trat die Hebung etwas später ein. Am Nordfusse
der Alpen stritten mit wechselndem Erfolge Meer und Süsswasser
um die Herrschaft, ebenso im Osten, aber hier gelang es dem
Meere stellenweise noch in das Innere des zerfurchten Alpenrandes
einzudringen. Am Südgehänge der Alpen reichte das Miocänmeer
ebenfalls noch in einzelnen Buchten in das Innere des Gebirges.
Während der Pliocänzeit war bereits im Norden der Alpen
trockenes Land, das Gebirge erfuhr noch die letzten, in ihrem
Gesammtbetrage gewaltigen Aufrichtungen, von denen insbesondere
die berühmte Aufwölbung und Ueberschiebung der Molasse längs
dem schweizeri.schen Alpenrande (Anticlinale der Molasse) Zeug-
niss gibt.
J
-30 1^16 palaeogeographischen Verhältnisse der Alpen.
Diese flüchtig skizzirte Entwicklungsgeschichte des Alpengebirges
lässt die grosse historisch-genetische Verschiedenheit der Ost- und
Westalpen in ihren Umrissen klar erkennen.*) Es würde uns zu
weit von unserer Aufgabe abfuhren, wenn wir auch die nicht
*) Die bisherige Dreitheilung der Alpen in Ost-, Mittel- und Westalpen ist
in den natürlichen Verhältnissen nicht begründet, wie ich an einer anderen Stelle
bereits gezeigt habe (Zeitschrift d. D. Alpenvereins, 4. Band). Ein ausgezeichneter
Geograph hat sich (A. a. O. 6. Bd.) umständlich gegen die von mir vorgeschlagene
Zweitheilung ausgesprochen und die Prätension der Geologen „das Gebirge nach ihren
Ansichten eingetheilt zu sehen" getadelt. Ich kann diesen Vorwurf ruhig hinnehmen.
Vom blossen Utilitäts-Standpunkte aus mag es recht bequem sein, die Thiere und
Pflanzen lediglich nach ihren äusseren Merkmalen, nach Farbe, Grösse, Bekleidung
und etwa auch nach dem Nutzen, den sie dem Menschten gewähren, zu classi6ciren. Aber
wer vermöchte ein naturhistorisches System auf solcher Grundlage ernst zu nehmen :
Gewiss haben die äusseren Merkmale auch ihre naturhistorische Bedeutung, aber
sie können nur zu Unterscheidungen letzter Ordnung vortheilhafi verwendet werden.
Das Kriterium einer wissenschaftlichen Eintheilung besteht darin, dass sich dieselbe
mit logischer Nothwendigkeit aus dem inneren Wesen des einzutheilenden Objectes
ergibt. Es ist eine Selbsttäuschung, die physikalische Geographie als eine besondere
Wissenschaft der Geologie gegenüberzustellen. Die Geographie von heute ist nur
die Geologie von heute. Zur Wissenschaft wird das trockene Thatsachen-Register
erst, wenn man ihm durch die Darlegung des inneren Zusammenhanges und der
gegenseitigen Wechselbeziehungen geistiges Leben einzuhauchen vermag.
Gegen die bisherige Praxis der Alpengliederung nach den plastischen Verhält-
nissen der centralen Zone liess sich so lange kein triftiger Einwand erheben, als nicht ein
Eintheilungsprincip höherer Ordnung bekannt war. Seitdem aber nachgewiesen ist, dass
die Alpen in zwei grosse, unter einander verschiedene, in sich selbst aber wesentlich
einheitliche Abschnitte zerfallen, wird diese Zweitheilung in der wissenschaftlichen
Nomenclatur der Alpen auch ihren entsprechenden Ausdruck ünden müssen. Die
Trennungslinie selbst wird, aus Rücksicht auf die leichtere Verwendbarkeit, will-
kürlich na:h der geeignetsten Tiefenlinie gezogen werden können, auf die Gefahr
hin, dass in der Natur ein wechselseitiges Uebergreifen über die Linie stattfindet.
Analoger Deviationen vom starren Princip macht sich die Wissenschaft in zahllosen
Fällen schuldig, aber sie hält strenge darauf, dass dieselben nur subsidiarisch
Platz greifen.
Bei der Zweitheilung ergibt sich übrigens noch eine merkwürdige morpho-
logische Homologie zwischen den beiden Abschnitten, auf welche ich hinweisen
möchte, ohne jetzt schon theoretische Folgerungen daran zu knüpfen. Die Be-
trachtung einer guten hypsometrischen Karte (z. B. der Steinhauser*schen) lehrt,
dass die Massenerhebungen der krystallinischen Zone sich im westlichen Theile der
Ostalpen in einem breiten Streifen gegen SSW. wenden, wodurch erstens eine
ansehnliche Abschnürung an der Grenze zwischen Ost- und Westalpen Hervorgebracht
und zweitens ein grosser, gegen SO. offener Bogen gebildet wird, welchen die
mesozoischen Bildungen des südlichen Tirols u. s. f. ausfüllen. Es ist dies eine
Wiederholung derselben Erscheinung, welche die bogenförmig die piemontesische
Ebene umringenden Westalpen zeigen. Wäre die südliche Nebenzone der Ostalpen
in die Tiefe gesunken, so wäre die Homologie noch viel auflfälliger. Den Westalpen
fehlt bekanntlich auf der Innenseite eine jüngere Nebenzone.
Die palaeogeographischen Verhaltnisse der Alpen. ^I
unbedeutenden structurellen Verschiedenheiten zwischen diesen beiden
grossen Abschnitten des Alpengebirges besprechen wollten. Eines
sei aber noch bemerkt. So verschiedenartig die Geschichte der
Ost- und Westalpen auch ist, so tritt doch, wenn auch mit
ungleicher Intensität und zu verschiedenen Zeiten, eine bestimmte
Tendenz nach homologer Entwicklung klar hervor. Wenn der eine
Theil in dieser Richtung vorausgeeilt ist, so holt ihn der andere
Theil in einer folgenden Periode mit verdoppelter Energie, gewisser-
massen im Eilschritt wieder ein, oder überholt ihn sogar, aber am
Ende des Wettlaufes langen beide gleichzeitig am Ziele an.
IIL CAPITEL.
Uebersicht der permischen und mesozoischen Forma-
tionen der Ostalpen, mit besonderer Rücksicht auf
Südtirol.
Permische Bildungen: Quarzporphyr. Vcrrucano. Grödener Sandstein. Bellerophonkalk. -
Triadische Bildungen: Allgemeines. Verhaltniss zur mitteleuropäischen Trias. Werfener
Schichten. Der untere Muschelkalk. Beginn der heteropischen Spaltung. Der obere Muschel-
kalk. Die norische Stute. Juvavische und mediterrane Provinz. Buchensteiner Schichten.
Wengener Schichten. Die karnische Stufe. Cassianer Schichten. Raibler Schichten. Dachstein-
Schichten. Die rhätis^che Stute. Kössener Schichten. Tabellen der juvavischen und medi-
terranen Triasprovinzen, sowie des germanischen Trias-SeeV - Jurassische Bildungen:
Mediterrane und mitteleuropäische Provinz. Lückenhaftigkeit des mediterranen Jura. Der Lias.
Der Dogger. Der Malm. - Cretaceische Bildungen: Allgemeines über die mediterrane
Kreide. Die choroiogischcn Verhältnisse der ostalpinen Kreide.
An dem Aufbau des in diesem Buche zu schildernden Ge-
birgslandes nehmen archaeische, palaeozoische, mesozoische und käno-
zoische Felsbildungen Theil. Die ältesten geschichteten Felslager
sind kry!=;tallinische Schiefer, die jüngsten Meeresbildungen stehen im
Alter den älteren Ablagerungen des Wiener Tertiärbeckens gleich.
Die steinernen Schriftzüge unserer Felsberge reichen somit aus der
grauen Vorzeit der Erdgeschichte bis nahezu in die Gegenwart hinein,
und mächtige Geröllbildungen und Wanderblöcke erzählen uns von
den Zuständen und Vorgängen hart am Beginne der heutigen
Ordnung der Dinge.
Diejenigen Bildungen, welche vorzugsweise an der Zusammen-
setzung unserer Gebirge betheiligt sind und zugleich die Hauptrolle
in den beiden Kalkalpen-Zonen des Ostens spielen, sind permischen
und mesozoischen Alters. Es ist für das Verständniss des Zusammen-
hangs unbedingt nöthig, den Detailschilderungen eine gedrängte
Uebersicht der Verhältnisse und der Gliederung dieser Formationen
vorausgehen zu lassen.
Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen etc. ^^
Ueber die älteren Ablagerungen sowie über die Tertiär- und
jüngeren Schuttbildungen werden wir die nöthigen Auskünfte an
passenden Stellen der Detailschilderungen einschalten.
Permische Bildungen.
/. Ueber den Phylliten lagern in der ganzen Ausdehnung unseres
Gebietes permische Ablagerungen. Hierher gehört vor Allem die
mächtige und ausgedehnte Quarzporphyr-Platte von Bozen,
welche westlich bis an die Bruchlinie von Judicarien und Nonsberg
reicht und um die Südspitze der Adamello-Masse herum bis nach
Val Trompia vordringt. Die deckenformige Lagerung ist allent-
halben klar ausgesprochen. Gleich einer sedimentären Schicht nimmt
der Porphyr an allen tektonischen Störungen Theil. In der Bozener
Gegend unterscheidet man deutlich mehrere Lager und mächtige
Systeme von Tuffsandsteinen und Conglomeraten. Wahrscheinlich
sind auch diese Lager nicht als einheitliche Ströme, sondern als
Complexe von Strömen aufzufassen, was aber erst durch sorgfältige,
schrittweise vorgehende Untersuchungen festgestellt werden könnte.
Wo der Porphyr fehlt, tritt an seiner Stelle eine Conglomerat-
masse mit Gerollen von krystallinischen Schiefergesteinen, Porphyr
und selten auch von älteren Kalksteinen auf Quarzgerölle sind vor-
herrschend. Die Porphyrgerölle finden sich nur in der Nähe der
Porphyrgrenze zahlreich. Fusulinenkalk-Gerölle kommen im Sexten-
thale in der Nachbarschaft des palaeozoischen Gebirgszuges der
Kamischen Alpen vor. Nicht selten begegnet man in diesen ^Ver-
rucano* genannten Conglomeraten und Sandsteinen isolirten Strom-
enden des Porphyrs, welche häufig für Porphyrgänge gehalten
wurden. In der Grenzregion zwischen Porphyr und Verrucano findet
ein wechselseitiges Ineinandergreifen statt.
^ Die Färbung des Conglomerats ist in der Regel in unserem
Gebiete grau, die der Sandsteine gelblich-weiss bis roth. Aehnliche,
kaum unterscheidbare graue Conglomerate finden .sich übrigens auch
in den alpinen Carbonbildungen.
Für die Altersbestimmung entscheidend waren die Unter-
suchungen von Suess in Val Trompia, wo eine zwischen einem
unteren Porphyrlager und einem oberen Verrucano eingeschaltete
Schiefermasse zahlreiche durch Geinitz bestimmte Pflanzenreste des
^deutschen Rothliegenden enthält. Die wichtigsten Formen .sind:
Walckia piniformis SchL sp.
„ filicifomtis Schi. sp.
Schizopteris fasciculata var. Zwickaviaisis Gutb.
Mo) si so vi CS, Dolomitriffe. 3
f1
tf
9A Uebersicht der pennischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Splienopteris tridactylites Br.
oxydata Goep,
Suesst Gein.
Eine jüngere Permflora ist kürzlich von Boeckh bei Fünf-
kirchen in Ungarn entdeckt und von O. Heer*) beschrieben worden.
Sie stammt aus den schiefrigen Zwischenmitteln eines grauen Sand-
steines, welcher unmittelbar von Verrucano-Conglomeraten mit Quarz-
porphyr-Geröllen überlagert wird, und besteht aus:
Baieria digitata Brg. sp.
Ulltnannia Geinitzi Hr.
Voltzia hungarica Hr.
„ Böckhiana Hr.
Schizolepis permensis Hr.
Carpolithes Klockeamis Gcin. sp.
hunnisus Hr.
foiwolaUts Hr.
Eiselianus Gein. sp.
libocedroidcs Hr.
Geinitzi Hr.
Fast die Hälfte der Arten stimmt mit solchen des deutschen
Kupferschiefers überein. Voltzia hungarica ist die häufigste Pflanze.
Bereits Heer betonte als auffallende Thatsache das Vorkommen
der vorher nur aus rhätischen Schichten bekannten Gattung Schizo-
lepis, und E. Weiss*) lenkte, durch die Fünfkirchner Funde ver-
anlasst, die Aufmerksamkeit der Palaeontologen auf den auffallend
triadischen Charakter der permischen Floren.
2. Ueber dem Porphyr oder über dem Verrucano folgt ein rother
Sandstein in massig starken Bänken, der sogenannte Grödener
Sandstein. Wo er den Porphyr überlagert, ist die Grenze keine
srharfe. Der Porphyr wird gegen oben dünnplattig, löst sich in
breiten Schalen ab und geht allmählich in leicht zu Grus zerfallende
Conglomerate*über. Dazwischen schieben sich dünne Sandsteinbänke
ein. Die Schichtflächen der höher liegenden Bänke sind häufig mit
sogenannten Wellenschlag-Eindrücken bedeckt und zeigen auch wol
undeutliche, an Reptil-Fährten erinnernde Zeichnungen und Trocknungs-
Risse. Man hat diese Bänke mit dem Cheirotherien-Sandstein des
deutschen Buntsandsteins verglichen und den Grödener Sandstein
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*) lieber permische Pflanzen von FOnfkirchen. Mitth. a. d, Jahrb. d. k. ung.
geol. Anst. Bd. V.
*•) Ueber die Entw-ickelung der fossilen Pflanzen in den geologischen Perioden.
Zeitschr. d. geol. Ges. 1877, p. 253.
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol.
35
überhaupt wegen seiner Lagerung mit dem isopischen Buntsand-
stein identificirt.
Von organischen Einschlüssen kannte man bis auf die neueste
Zeit blos verkohlte schlecht erhaltene Pflanzenstengel und kleine,
nicht abbauwürdige Kohlenflötzchen. Erst kürzlich entdeckte Gümbel
in dem weissen Sandstein mit den Wellenschlägen sowie in höher
gelegenen lettigen Zwischenschichten an der Strasse von Neu markt
nach Mazzon im Etschthale besser erhaltene Pflanzenreste, unter
welchen er die charakteristischen Formen der Permflora von Fünf-
kirchen wiederfand *) Auch Ullmannia Bronni, eine von Fünfkirchen
noch nicht bekannte Kupferschiefer-Pflanze, soll sich gefunden haben.
Mit Voltzia hungarica dürfte nach Gümbel's Ansicht die schon seit
längerer Zeit aus dem untersten Grödener Sandstein von Recoaro
bekannte Palissya Massalongi Schaur, übereinstimmen.
Nach diesen Bestimmungen scheint die oberpermische Flora
von Füntkirchen aufwärts in den Grödener Sandstein fortzusetzen-
Der deutsche Buntsandstein ist arm an Pflanzenresten und gewährt
uns keine Anhaltspunkte zur Beurtheilung seines Verhältnisses zu
dem Grödener Sandstein. Nur aus der obersten Abtheilung des
Buntsandsteines, aus dem Roth, kennt man die von Schimper und
Mougeot beschriebene Flora des elsässisch-lothringischen Voltzien-
Sandsteines. Diese ist aber verschieden von der Flora von Fünf kirchen.
3. In unserem Gebiete, dann im angrenzenden Friaul ist durch
die neueren Untersuchungen ein sehr interessantes Glied, das wir
kurzweg ,Bellerophonkalk* nennen, bekannt geworden. Zu-
unterst, unmittelbar über dem Grödener Sandstein, liegen gewöhnlich
Gypse und Halbgypse (stellenweise auch Alabaster) in Verbindung
mit Thon, darüber kleinmaschige Rauch wacken, Zellenkalke und
dunkle Dolomite, zuoberst fossilreiche, dunkle, häufig bituminöse
Kalke (eigentlicher Bellerophonkalk). Die Mächtigkeit dieser Unter-
abtheilungen ist eine sehr wechselnde. Die weiteste Verbreitung
haben die Gypse, welche in sonst bei Gypsen seltener Constanz fast
unser ganzes Gebiet durchziehen und noch weit nach Friaul hinein-
reichen. Nächst den Gypsen zeigen die Rauchwacken und schwarzen
Dolomite eine bedeutende Ausdehnung. Die fossilreichen Kalke sind
vorzugsweise auf den Norden unseres Gebietes beschränkt, von wo
sie dann nach Friaul weiter streichen. In Val Sugana, dann bei
Trient treten an Stelle der geschilderten Gesteine lichte, häufig
polyedrisch zerbröckelnde Kalke mit rothen Flasern und gelblicher
♦) Verh. Geol. R.-A. 1877, p. 23. — Die geogn. Durchforschung Bayerns.
Festschrift der MOnchener Akademie, 1877, pag. 57.
3»
36 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Verwitterungsrinde. Diese Gesteine besitzen einige Aehnlichkeit mit
dem Röthidolomit Vorarlbergs und der Schweiz und mit dem Schwatzer
Kalk Nordtirols.
Die Schichtgruppe des Bellerophonkalkes ist bisher mit dem
sie überlagernden, an der Grenze sogar durch Wechsellagerung mit
ihr verbundenen Werfener Schiefer zusammengefasst worden. Die
Veranlassung zu ihrer Ausscheidung boten die vorher nicht bekannt
gewesenen Fossilien, welche Stoff zu anregenden Discussionen geben.
Stäche, welcher das bei unseren Aufnahmen gesammelte Ma-
terial untersuchte,*) nennt als wichtigste Formen:
Nautilus Hoemesi St.
„ crux St.
„ Sebcdinus St.
„ fugax Mojs.
Rellerophon Ulrici St.
„ pcregrinus Lbe.
„ Jacobi St.
„ cadoriais St.
„ Sextaisis St.
„ Gümbcli St.
„ Janus St.
„ Coviclicanus St.
„ psetidohclix St.
„ Mojsväri St.
Hinnites crinifcr St.
Pcctcn (Entoliiofi) tirolensis St.
yy (Vota) prac Cursor St.
„ pardulus St.
Aviculopecten Trinkcri St.
„ comelicanus St.
„ Gümbcli St.
Avicula cifigulata St.
yy striatocostata St.
„ filicosta St.
Bakeivcllia cf. ccratophaga Kifig.
Schizodus cf. truncatus Kiftg.
Spirifer vultur St.
„ ladinus St.
mcgalotis St.
n
•) Fauna der Bellerophonkalke Südtirols. Jahrb. d. Geol. R.-A. 1877 u. 1878.
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. 37
Spirifer Haueri St.
^ cadoricus St.
^ dissectus St.
jy Sextensis St.
Spirigera Janiceps St.
Streptorhynchtis tirolensis St.
„ Pichleri St.
Orthis sp.
Strophomena sp.
Leptaena sp,
Prodiictus cadoriais St.
Diese Mollusken-Fauna besitzt einen ausgesprochen palaeo
zoischen Charakter. Zwei Formen (Schisodus cf. tmncatiis und
Bakewellia cf. ceratophaga) erinnern an Zechsteinarten. Die übrigen,
durchaus neuen Formen schliessen sich carbonischen Arten zunächst an.
Gümbel, welcher die Foraminiferen und Ostracoden bearbeitet,
betont dagegen den mesozoischen Charakter der Foraminiferen. Doch
beweist Stäche's Fund einer Fusiäina (Fus. [Orobias] Gümbeli St.),
dass auch hier noch carbonische Anklänge vorhanden sind.
Da der Bellerophonkalk über Rothliegendem liegt, so scheint
bei dem rein palaeozoischen Charakter der Fauna kaum ein anderer
Schluss möglich, als dass er Zechstein mit einer stark individuali-
sirten Localfauna sei. Nachdem der in England und im nördlichen
Deutschland auftretende Zechstein gegen Süden auskeilt, so könnte
m^ zu Gunsten einer solchen Auffassung sich sogar auf eine immer-
hin bedeutende geographische Schranke berufen.
Indessen lässt sich die Frage nach dem Alter des Bellerophon-
kalkes noch von anderen Gesichtspunkten betrachten. Der Zechstein
ist eine zwischen heteromesischen Bildungen eingeschaltete Ablage-
rung, sein Alter ist das des Rothliegenden, wie die Verhältnisse in
Russland beweisen. Zwischen der an der Basis der productiven
Kohlenformation eingeschalteten marinen Fauna mit Goniatites Listen
und dem Zechstein besteht eine Lücke, in welche wahrscheinlich die
sogenannten Permocarbonbildungen des Nordens, Nordamerika's u. s. w,
hineinfallen. Das Zechsteinmeer rückte aus arktischen Regionen gegen
Süden vor. Die Verbindung mit dem Meere wurde aber, ehe die
Fauna sich weiter entwickelte, wieder unterbrochen. Es bildeten
sich, wie Ramsay auf anderem Wege nachzuweisen suchte, grosse
Inlands-Salzwasserbecken, die nach kurzem Bestände theils ausgesüsst
wurden, theils eintrockneten. In den Alpen sind zwar, wie aus den
Untersuchungen Stäche 's hervorgeht, Permocarbonbildungen höchst
^8 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
wahrscheinlich vorhanden. Mit ihnen ist aber die Reihe der con-
cordant gelagerten carbonischen Formationen geschlossen. Es folgt
nun auch in den Alpen die Rothliegend-Episode. Erst mit der Rück-
kehr mariner Bedingungen gelangte die Fauna des Bellerophonkalkes
in das Alpengebiet.
Beide Faunen, die des Zechsteins und des Bellerophonkalkes,
sind demnach immigrirt, nicht autochthon, und können nicht als
individualisirte Localfaunen betrachtet werden. Dass sie aus ver-
schiedenen Meeresprovinzen stammen, ist übrigens nicht nur möglich,
sondern sogar sehr wahrscheinlich.
Die Annahme, dass die beiden Faunen gleichzeitig sind, er-
scheint nun um so willkürlicher, als auch keine gemeinsamen Formen
bekannt sind. Besteht aber ein Unterschied des Alters, so werden
wir die Zechsteinfauna wegen ihres Anschlusses an die Permocarbon-
Faunen für die ältere halten dürfen.
Es wäre nun noch das Verhältniss zu den nächstjüngeren Bil-
dungen zu besprechen. Ueber dem Zechstein folgt in Deutschland
und England der Hauptbuntsandstein, eine jüngere heteromesische
Bildung. Der Beilerophonkalk wird von den Werfener Schichten, einer
heteropischen Bildung, überlagert. Eine marine Fauna des Hauptbunt-
sandsteins ist nicht bekannt. Die Fauna der Werfener Schichten besitzt
neben vielen eigenthümlichen Formen einige mit dem deutschen Roth
und Muschelkalk gemeinsame Arten, und erst vor kurzer Zeit wollte
Gümbel sie dem unteren Muschelkalk einreihen. Ist nun der Belle-
rophonkalk jünger als Zechstein, so dürfte ihm der Hauptbuntsand-
stein im Alter gleichstehen. Sollten aber Beilerophonkalk und Zechstein
zusammenfallen, dann wären Hauptbuntsandstein und Roth hetero-
mesische Bildungen vom Alter der Werfener Schichten.
Wir stehen also vor einer gegenwärtig noch schwer definitiv zu
lösenden Alternative, halten es jedoch fiir zweckmässig, den Belle-
rophonkalk unbedingt noch den Permbildungen anzureihen. Die Rück-
sicht auf die Conventionellen Eintheilungen darf nicht so weit gehen,
Correcturen auszuschliessen, welche einen Fortschritt des Systems
bezeichnen. Auf die Ueberlagerung heteromesischer Formationen
basirte Grenzlinien können nur eine provisorische Geltung haben
Die Grenzlinie zwischen Perm und Trias beruht nun auf dem Gegen-
satz zwischen der palaeozoischen Permfauna und der mesozoischen
Muschelkalk-(Röth-)Fauna. Ergibt sich , dass der heteromesische
Hauptbuntsandstein mit einer bisher unbekannten jüngeren Fauna
von palaeozoischem Charakter gleichaltrig ist, so fordert der dem
Conventionellen Trennungsprincip zu Grunde liegende Gedanke eine
entsprechende Grenzberichtigung.
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. 3p
Triadische Bildungen.
Die Ostalpen bilden das vollständigste und reichste marine
Triasterritorium, welches man bisher kennt. Was England und
Nordamerika für die palaeozoischen Formationen im Allgemeinen,
Böhmen für das Silur, was das Juragebirge für den Jura, was das
anglo-gallische Becken für die Kreide ist, das sind die Ostalpen
fiir die Trias.
Es ist in der geologischen Entwicklungsgeschichte der grossen
Continentalmassen begründet, dass marine Triasbildungen nur in
schmalen Randzonen vorkommen. Die Triaszeit war für unsere
heutigen Festlandsgebiete eine Continentalperiode, welche zur Perm-
zeit bereits begann. Die grossen marinen Triasterritorien liegen heute
unter dem Seespiegel. Suess*) hat darauf hingewiesen, dass die
bekannten marinen Triasstriche in die Regionen der kräftigsten Gebirgs-
bildungen fallen.
Die uns zugänglichen Triasbildungen werden uns nur ein sehr
unvollständiges, lückenhaftes Bild der pelagischen Triasfaunen liefern.
Den Zusammenhang des Ganzen werden wir aus den wenigen, zu-
fällig auf uns überkommenen Fragmenten nur ahnen können. Darin
liegt aber die grosse Bedeutung unserer ostalpinen Trias, dass hier
die vollständigste Sammlung jener alten Urkunden und Regesten
aufbewahrt ist.
Es wird zwar bereits ziemlich allgemein anerkannt, dass die
deutsche Trias eine locale, nicht normale Formationsreihe darstellt.
Aber man ist doch noch so sehr gewöhnt, dieselbe als den Typus
schulgerechter Entwicklung zu betrachten, dass man bei Vergleichungen
stets von ihr ausgeht, in Lehrbüchern ihr den Ehrenplatz einräumt
und mit parteiischer Ausführlichkeit ihre unwesentlichsten Eigen-
thümlichkeiten behandelt.
Die ostalpinen Triasbildungen haben ausser durch ihren stellen-
weisen Reichthum an echten Ammoniten besonders noch durch das
Auftreten einer Anzahl palaeozoischer Gattungen, unter welchen
Orthoceras eine hervorragende Stellung einnimmt, die Aufmerksam-
keit auf sich gelenkt. Die Zahl dieser alterthümlichen Geschlechter
ist neuerdings durch einen von Herrn Zugmayer in den Wengener
Schichten von Ampezzo gefundenen Producius vermehrt worden.
Das Auftreten alter Typen in den heutigen grossen Meerestiefen
würde, wie Suess hervorgehoben hat, das scheinbar abnorme Vor-
kommen halbverstorbener Gattungen in der alpinen Trias ungezwungen
•) Entstehung der Alpen. Pag. 102.
2f.O Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
durch die Annahme ähnlicher Tiefenverhältnisse erklären. Der
ausserordentliche chorologische Wechsel in den Triasbildungen
der Ostalpen, sowie der Charakter vieler alpiner Ablagerungen,
lässt sich jedoch schwer mit der Annahme wirklich bedeutender
Meerestiefen vereinbaren. Es handelt sich zunächst darum, die wahre
Natur der mitteleuropäischen Trias zu ejkennen. Die marine Thier-
welt des Muschelkalks zeichnet sich nicht so sehr durch eine grosse
Mannigfaltigkeit an Geschlechtern und Arten, als vielmehr durch
den Reichthum an Individuen weniger Gattungen und Arten aus.
Eis ist eine arme reducirte Fauna, in welcher Pelecypoden eine her-
vorragende Rolle spielen. Die eigenartige Entwicklung der sehr
dürftigen und einseitigen Cephalopodenfauna weist auf eine Isolirung
des Beckens hin. Da wird denn die Annahme sehr nahe gelegt,
dass der Muschelkalk die Bildung eines blos durch eine schmale
und seichte Meerenge mit dem offenen Meere communicirenden
Binnenmeeres nach Art des heutigen Schwarzen Meeres sei. *) Als
die Verbindung mit der See ganz aufgehoben war, verwandelte sich
dann das Binnenbecken allmählich in den Brackwasser-See des
Keuper, welcher erst am Schlüsse der Triasperiode zur rhätischen
Zeit wieder von echtem Seewasser benetzt wurde.
Bei dieser Anschauungsweise wird die Annahme einer Tiefsee
für die alpine Trias überflüssig. Alles erklärt sich in ungezwungenster
Weise. Hier in den Alpen die normale, pelagische Fauna massig
tiefer Meeresgründe bei geringer Entfernung von der Küste, dort
in Deutschland anfangs eine pontische, später eine caspische Fauna. **)
Die Bezeichnung Trias wurde bekanntlich im Hinblick auf die
Dreizahl der Formationen (Buntsandstein, Muschelkalk und Keuper),
welche die Trias in Deutschland umfasst, gewählt. Sie ist eine der
unglücklichsten, welche in die Stratigraphie Eingang gefunden haben,
und passt nur auf die localen deutschen Verhältnisse. Selbst fiir die
Fortsetzungen des deutschen Triasbeckens in England und Frankreich
hat der Name keine Berechtigung mehr, die heteromesische Trias
geht in eine Dyas und Monas über.
*) Es gereicht mir zu grosser Befriedigung, constatiren zu können, dass
Th. Fuchs (Ueber die Natur der sarmatischen Stufe und deren Analoga in der
Jetztwelt und in früheren geologischen Epochen. Sitz.-Ber. Wien. Akad. 1877. März-
Heft) unabhängig von mir und theilweise von anderen Prämissen ausgehend, -zur
gleichen Anschauung ober die Natur des deutschen Muschelkalkes gelangte.
**) Ein interessantes Bild der geographischen Verhältnisse des germanischen
Trias-See's hat soeben Benecke (Ueber die Trias in EIsass-Lolhringen und Luxem-
burg. Abh. z. geolog. Specialkarte von Elsass-Lothringen, Bd. I., p. 703 — 825)
veröffentlicht.
mit besonderer ROcksicht auf Südtirol« ^I
Die Trias der Alpen ist eine Monas, denn die verhältnissmässig
unbedeutenden Einschaltungen von Pflanzenschiefem und Sandsteinen
können ebensowenig ih Betracht kommen, als die Bänkchen mit
marinen Conchylien im Keuper. Chronologisch ist die Trias der
Alpen in der mediterranen Provinz eine Nonas, in der juva vischen
Provinz eine Dodekas. Wir werden sehen, dass sich zur Noth die
Grenzen der drei deutschen Formationen in den Alpen erkennen
lassen und dass sich dieselben nach ihren chronologischen Werthen
in der mediterranen Provinz wie 1:2:6 verhalten.
Von den deutschen Bezeichnungen der drei Triasformationen
ist nur der Name j^ Muschelkalk* in den Alpen verwendbar. Das dem
Buntsandstein drohende Geschick wurde bei der Besprechung des
Bellerophonkalks berührt. Gegen die Einschmuggelung der Bezeich-
nung ^Keuper* in die alpine Nomenclatur verwahren wir uns
entschieden. Als chorologische Bezeichnung für den deutschen Ent-
wicklungstypus der dritten Abtheilung ist der Name sehr zweckmässig.
Da deckt er, sowie die Bezeichnung Culm, einen bestimmten Begriff".
In der Uebertragung büsst er seine deutsche Bedeutung ein. Ist es
denn wirklich ein Postulat der Wissenschaft, gute chorologische
Namen ihres Sinnes zu entkleiden.^ Wenn ich von Keuperkalk,
Keuperdolomit sprechen höre, denke ich an Brackwasserbildungen,
welche zwischen Gypsmergeln und Pflanzensandsteinen eingeschlossen
sind. Mein Sprachgefühl sträubt sich dagegen, an echt marine
Korallenkalke und Cephalopodenbänke zu denken. Man missverstehe
mich nicht. Nicht weil ich in den Alpen durchaus etwas Apartes
haben will, wehre ich mich gegen die gewaltsame Einfuhrung un-
passender Benennungen, sondern weil ich die mühsam gewonnene
Erkenntniss auch klar und unzweideutig fixiren will. Warum
versucht man nicht umgekehrt, die alpine Gliederung der deutschen
Trias anzupassen.^ Einfach, weil es nicht möglich ist, weil es der
Natur widerspricht Warum anerkennt man neben dem Old
Red Sandstone noch das Devon .^ Wenn man endlich consequent
schablonisiren will, warum wendet man nicht die Bezeichnungen
Purbeck und Wealden auf das alpine Obertithon und Unter-
neocom an.^
An der Zusammensetzung der ostalpinen Kalkzonen nehmen
die triadischen Bildungen den hervorragendsten Antheil. Sie bedingen
den eigenthümlichen landschaftlichen Charakter unserer Kalkalpen,
welcher so lebhaft von der Physiognomik der schweizerischen
Kalkalpen absticht. Auch die prächtigen Felsenberge unseres
engeren Gebietes bestehen zum grössten Theile aus Trias-
bildungen.
42 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Der bereits erwähnte bedeutende chorologische Wechsel macht
sich nicht nur in verticaler, sondern auch in horizontaler Richtung
geltend. Erhöht auch diese Mannigfaltigkeit den Reiz des Studiums,
so erschwert sie auch in vielen Fällen, namentlich in tektonisch
sehr verwickelten Gegenden, die Erkennung der wahren Verhält-
nisse. Es hat jahrelanger mühsamer Forschungen bedurft, ehe der
gegenwärtige Standpunkt erreicht wurde.
I. Nachdem wir uns dafür entschieden haben, den Bellerophon-
kalk den Permbildungen zuzuzählen, müssen wir die , Werfener
Schichten* als tiefstes Triasglied betrachten. Die Grenze gegen
den Bellerophonkalk ist keine scharfe, der Uebergang vollzieht sich
durch Wechsellagerung, und misslich ist es, dass Bellerophonkalk
und Werfener Schichten heteropische Bildungen sind. Wenn es
gelänge, im Bellerophonkalk Ammoniten aufzufinden, könnten wir
schärfer sehen.
Die Werfener Schichten bilden den chorologisch constantesten
Triashorizont der Alpen und sind deshalb für die Orientirung von
grossem Werthe. Wo der Bellerophonkalk fehlt, liegen sie un-
mittelbar auf dem rothen Sandsteine, ebenso wie in Deutschland der
Roth auf dem Hauptbuntsandstein. Ihre Fauna, sowie meistens auch
das Gesteinsmaterial deuten auf flach abfallende Küstenstriche von
geringer Meerestiefe.
Die grösste Verbreitung hat ein rother sandiger, glimmer-
reicher Schiefer, welcher zahlreiche Pelecypoden-Steinkeme (Myaciten)
enthält. Seltener sind Sandsteine mit Lin^a - Schalen. Unreine
Kalksteine und Kalkschiefer stellen sich meistens erst in den obersten
Theilen ein. Sie führen dann auch Gasteropoden und Ammoniten.
Den Schluss des Systems bilden häufig Rauchwacken und Gypse.
Im südöstlichen Tirol und im Venetianischen ist die Gesteins-
beschaffenheit etwas abweichend. Es herrschen hier feste graue
und braune Mergel, Mergelkalke, plattige Kalke und Dolomite vor,
rothe sandige Schiefer erscheinen meist erst in der oberen Ab-
theilung. Der Erhaltungszustand der in den kalkreichen Gesteinen
enthaltenen Fossilien ist ein besserer. Zahlreiche, mit deutschen
Muschelkalkarten übereinstimmende Pelecypoden wurden durch
Benecke und Gümbel bekannt. Man wird an den deutschen
Wellenkalk erinnert, mit welchem auch das Gestein grosse Aehnlich-
keit hat. Eine charakteristische Gesteinsart der südtiroler Werfener
Schichten sind rothe Oolithe mit kleinen Gasteropodenkemen. Die-
selben sind zwar an kein bestimmtes Niveau gebunden, doch er-
scheinen sie im Norden des tirolisch -venetianischen Hochgebirges
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. 43
meistens erst in der oberen Abtheilung. Die Gypse und Rauch-
wacken an der oberen Grenze fehlen im grossten Theile unseres
Gebietes. Nur im Südwesten, in Val Sugana, sind sie vorhanden;
auch bei Recoaro und im Westen der Etsch findet man sie wieder.
Die verticale Vertheilung der Fossilien läs.st eine gewisse
Gesetzmässigkeit nicht verkennen. Einige Formen sind, wie es
scheint, an einander gebunden. Manche treten heerdenweise auf und
erfüllen ganze Bänke. Etliche Gasteropoden (Nat. costata, Turbo
rictecostatus) , zwei Pelecypoden (Trigonia costata und Monotis
aurita) , sowie die Ammoniten (Tirolites Casstanus, dalmatimis
idrianus, Mtichianus, Trachyceras Liccanum, Norites Caprilensis)
wurden bisher nur in der oberen Abtheilung gefunden, während die
in der unteren Abtheilung sehr häufige Matiotis Clarai oben zu
fehlen scheint. Es treten aber die genannten Formen der oberen
Abtheilung immer zugleich in denselben Bänken auf, so dass sie
offenbar nur eine bestimmte Facies charakterisiren. Da nun gerade
die auf die obere Abtheilung beschränkten Formen für die Werfener
Schichten charakteristisch sind, erscheint es nicht zweckmässig, dem
Vorgange von Rieht ho fen's folgend, eine Zweitheilung in Seisser-
(untere Abtheilung) und Campiler- (obere Abtheilung) Schichten ein-
treten zu lassen. Als Faciesnamsn können aber diese Bezeichnungen
immerhin verwendet werden.
Eine monographische Bearbeitung der Fauna der Werfener
Schichten, welche recht verdienstlich wäre, liegt noch nicht vor.*)
Bemerkenswerth ist das Fehlen der Korallen, Echinodermen und
Brachiopoden (mit Ausnahme von Lingida).
Für die schärfere Altersbestimmung der Werfener Schichten
sind vor Allem die Cephalopoden werthvoll, welche sich wesentlich
von den Cephalopoden des alpinen Muschelkalkes unterscheiden.
Da die einzige den deutschen Roth charakterisirende Form
Trigonia costata, sich auch in den Werfener Schichten findet, kann
man unter gleichzeitiger Berücksichtigung der in Deutschland und
in den Alpen folgenden Faunen die Werfener Schichten dem Roth
gleichstellen.
2. Der untere Muschelkalk. Wenn man die F'auna dieses
Gliedes im Ganzen betrachtet, so besteht eine grosse Ueberein-
stimmung mit der deutschen Wellenkalk-Fauna. Die überwiegende
Mehrheit der Pelecypoden, Brachiopoden und Crinoiden ist beiden
gemeinsam. Die Ammoniten, welche gewöhnlich eine weite horizontale
*) Fossilien-Lisren siehe bei Benecke, Muschelkalk der Alpen, Geogn. pal.
Bciir. Bd. H.
I
y|y| Ucbersicht der perniischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Verbreitung besitzen, stimmen aber sonderbarer Weise nicht so gut
überein. Es lassen sich zwar den seltenen Ammoniten des Wellen-
kalks (Amalihais dux, Trachyceras Ottonis, Trachyc. antecedens)
sehr nahe verwandte Formen aus den Alpen (Track, cf, Ottonis,
Track, balatonicum, Track, binodosum) an die Seite stellen, aber
man kann dieselben doch nur als geographische Varietäten betrachten.
Die Ammoniten sind bekanntlich in viel höherem Grade, als die
meisten übrigen Mollusken Formveränderungen unterworfen und
wegen dieser rascheren Mutabilität und ihrer Fähigkeit, weite Strecken
im Ocean zu durchmessen, zu feineren stratigraphischen Distinctionen
besonders geeignet. Wenn man nun berücksichtigt, dass von den dem
deutschen Hauptmuschelkalk eigenthümlichen Thierformen sich keine
einzige in den Alpen findet, so gewinnt man die Vorstellung, dass
bereits zur Zeit des Wellenkalks trennende Schranken zwischen dem
deutschen Triasbecken und der ostalpinen Meeresregion aufgerichtet
wurden. Die Ammoniten, welche sich nicht mehr vermischen konnten,
begannen in den getrennten Gebieten eigenartig abzuändern. Es ist
schwer zu entscheiden, ob vorher eine directe Verbindung zwischen
den beiden Meerestheilen oder blos eine offene Communication mit
einer beiden gemeinsamen Meeresprovinz bestand. Mit Rücksicht
auf die geographischen Verhältnisse Mittel- und Nord-Europa's
möchte ich mich der ersten Alternative zuneigen. Dann würde sich
das Triasmeer aus dem alpino-karpathischen Becken im Osten des
böhmischen Massivs durch Schlesien und Polen in das germano-
gallo-brittische Becken verbreitet haben. Manche Thatsachen der
geographischen Verbreitung der Thiere scheinen für diesen Weg zu
sprechen: das Vorkommen der Diploporen im Himmelwitzer Dolomit,
die grössere Häufigkeit der sogenannten alpinen Brachiopoden in
Schlesien, endlich das Auftreten der Ammoniten in den östlichen
Theilen des deutschen Triasgebietes.
Die Trennung des unteren von dem oberen Muschelkalk wurde
in den Alpen zuerst von Stur auf Grundlage des örtlich stets ge-
trennten Vorkommens der Cephalopoden des oberen Muschelkalks
und der fiir den deutschen Wellenkalk charakteristischen Brachiopoden
— Spiriferina hirsuta, RJiynckonella decurtata, Rliynck. Mentseli —
angedeutet. Später gelang es mir, nachzuweisen, dass in den Alpen
zwei altersverschiedene Cephalopodenfaunen im Muschelkalk vorhanden
sind, von denen die ältere mit den Wellenkalk-Brachiopoden gleich-
zeitig ist Ich habe nun eine neuerliche Bearbeitung der Muschel-
kalk-Cephalopoden begonnen, um über das Alter einiger zweifelhaften
Localitäten Aufschluss zu erhalten. Einige der in beiden Zonen
vorkommenden Ammoniten stehen in directem phylogenetischen
mit besonderer Rücksicht auf Südtirol.
45
Zusammenhang und wurden bisher in Folge zu weiter Fassung der
Arten zusammengezogen, was die richtige Unterscheidung der beiden
Muschelkalk-Horizonte verhinderte. Einer Revision bedürfen nament-
lich die Formen aus der Gruppe des Track, binodosum und des
Ptychites Siuderi, *)
Mit dem unteren Muschelkalk beginnt in den Alpen die Zer-
splitterung der gleichzeitigen Ablagerungen in eine Anzahl hetero-
pischer Bildungen. Für das richtige Verständniss ist es unerlässlich,
die verschiedenen Faciesgebilde in zwei Gruppen zusammenzufassen.
Eine, in* sich selbst wieder sehr mannigfache Gruppe bilden die ge-
wöhnlichen Sedimente, welche häufig durch einen grösseren Thon-
gehalt ausgezeichnet sind. Die zweite Gruppe bilden lichte, thonarme
Kalke und Dolomite, welche sich durch ihr stockförmiges und
riffartiges Auftreten von den Sedimenten der ersten Gruppe unter-
scheiden. Es ist bezeichnend, dass diese beiden grossen heteropischen
Formationsreihen eine Strand- oder doch Untiefen-Bildung — die
Werfener Schichten — als gemeinsame Unterlage besitzen. Wir
werden sehen, dass eine andere Untiefen- und Strandbildung, die
Raibler Schichten, die Periode der heteropischen Differenzirung der
Hauptsache nach abschliesst.
In der Gruppe der gewöhnlichen Sedimente kennen wir aus
dem unteren alpinen Muschelkalk eine Cephalopoden-, eine Pelecy-
poden- und eine Brachiopoden-Facies. Ueber grosse Strecken jedoch
sind die hier einzureihenden dunklen, dünnschichtigen Kalke nahezu
fossilleer. Die Pelecypoden - Facies ist bisher nur von Recoaro
bekannt, wo überhaupt die heteropische Mannigfaltigkeit des unteren
Muschelkalks am grössten ist. Die Pelecypoden-Facies liegt zu-
unterst, über ihr folgt die Brachiopoden-Facies mit Einschaltungen
von Landpflanzen-Schiefern und über dieser erscheinen Gesteine,
welche mit den Cephalopoden führenden Schichten von Dont, Val
Infema und Brags lithologisch übereinstimmen. Unter allen alpinen
Muschelkalk- Vorkommnissen besitzt keines eine so grosse petro-
graphische und palaeontologische Aehnlichkeit mit deutschem
Muschelkalk (insbesondere mit dem oberschlesischen Wellenkalk),
als die beiden unteren Faciesgebilde von Recoaro. Der Grund liegt
wahrscheinlich darin, dass bei Recoaro die Ablagerungen eines
schmalen Küstenstriches erhalten sind.
*) Eine Monographie der mediterranen Trias-Cephalopoden , welche den
10. Band der Abhandlungen der k. k. geologischen^ Reichsanstalt bilden wird,
ist in Vorbereitung. Dieselbe wird die in meiner Hallstätter Arbeit nicht behandelten
Cephalopoden der alpinen Trias umfassen.
j,6 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Im Gebiete unserer Karte tauchen nur in der südwestlichen Ecke
in Val Sugana in sehr beschränkter Ausdehnung am Fusse der Cima
Dodici Rhizocprallien fuhrende Gesteine mit dem lithologischen
Charakter des Wellenkalks auf. In dem ganzen übrigen Gebiete
vertreten vorwiegend blos die über den Brachiopod^n-Schichten
von Recoaro folgenden Gesteine den unteren Muschelkalk. Unter
diesen besitzen wieder rothgefärbte Sandsteine, Conglomerate, Mergel-
letten und Dolomite die weiteste Verbreitung. Sie wurden früher
von den unter ihnen lagernden Werfener Schichten (resp. Campiler-
Schichten) nicht getrennt. In den rothen dolomitischen Gesteinen
kommen in Val Inferna im Zoldianischen und an anderen Punkten
Cephalopoden vor. Die zweite Gesteinsart bilden graue thonreiche
Kalke, ausgezeichnet durch zartes Flimmern in Folge von feinkörnig
krystallinischer Structur und durch eine braune oder braungelbe
Verwitterungsrinde. Mit ihnen wechsellagern stellenweise dünne
sandige Schiefer mit Pflanzenresten. Auch diese Gesteine wurden
früher zu den Werfener Schichten gerechnet. In den grauen flimmernden
Kalken kommen in Val di Zoldo und in Brags Cephalopoden vor.
In weicheren Bänken finden sich in Brags Brachiopoden. Auch
Crinoidenkalke mit Brachiopoden (Brags, Buchenstein) stellen sich
gelegentlich ein.
Diese beiden Gesteinsfacies treten theils für sich allein, theiLs
in Ueberlagerung auf Wo letzteres der Fall ist, nehmen in unserem
Gebiete die rothen Gesteine die tiefere Lage ein. Bei Recoaro tritt
dagegen das umgekehrte Verhältniss ein.
Die Riff-Facies findet sich nur an zwei Punkten von sehr be-
schränkter Ausdehnung im Bereiche unserer Karte, während in
anderen Gegenden der Alpen der untere Muschelkalk häufig nur
durch sie repräsentirt wird. Einer dieser Punkte befindet sich nahe
bei Neubrags am Kühwiesenkopf, der andere in Val Codalonga bei
CoUe di St. Lucia. An beiden Orten bildet der Dolomit nur einen
Theil des unteren Muschelkalks und nimmt die tiefste Lage ein.
Die wichtigsten Fossilien des unteren Muschelkalks sind:
Ptychiies Dontiatms Hau.
„ domaUis Hau.
„ Studeri Hau.
Trachyceras balatonicum Mojs.
„ cf. Ottonis Buch.
„ binodosum Hau.
„ Cadoricum Mojs.
„ Bragsense Lor.
„ Zoldtanum Mojs,
mit besonderer Rücksicht auf SOdtirol.
47
Track, Taramellii Mojs.
„ Cuccense Mojs,
Lytoceras sphaerophyllum Hau.
Retzia trigottella Schi.
Spiriferifta Mentzeli Dnkr.
„ hirsuta Mb.
Tercbratula vulgaris Schi.
„ angusta Ahistr.
Rhyuchofwlla deairtata Gir.
Encrinus gracilis Buch.
Auch Aegoceras und Arccstes sind bekannt.*)
In der Riflf-Facies findet sich:
Diplopora pauciforata Gümb.
Die vorkommenden Pflanzenreste eignen sich in der Regel nicht
zu schärferen Bestimmungen. Nur bei Recoaro finden sich zwischen
den oberen Brachiopodenbänken grössere Ansammlungen besser
erhaltener Pflanzen, und zwar Taxodites saxolympiae Zigno und
Voltzia Recubariensis Mass. sp.
3. Der obere Muschelkalk. Neben der Riff-Facies kennen wir
in diesem Niveau in den Alpen nur die Cephalopodenfacies, in
welcher sich jedoch mit Ausnahme der erwähnten, auf den unteren
Muschelkalk beschränkten Formen auch Brachiopoden einzeln finden.
Das Gestein ist in der Regel ein dunkelgrauer bis schwarzer
plattiger Kalk, im Salzkammergut ein rother, marmorartiger Kalk.
Die Cephalopodenfacies ist aus unserem Gebiete bis jetzt nicht
bekannt und fehlt daher der sichere palaeontologische Nachweis
über das Vorkommen des oberen Muschelkalkes. Es liegt aber
deshalb kein triftiger Grund vor, das Fehlen dieses Horizontes
anzunehmen, denn an seiner Stelle tritt eine Platte weissen Dolomits
(Mendola-Dolomit) auf, welche daselbst eine grosse Verbreitung
besitzt. Im oberen Buchenstein geht dieser Dolomit in einen grauen,
crinoidenreichen Kalk über, welcher zahlreiche grosse Gasteropoden
mit Farbenzeichnungen, insbesondere riesige Natica-Y ovaxtvi enthält,
die den grössten Arten von Esino und Unterpetzen in den Dimen-
sionen nicht nachstehen. Seltener finden sich in demselben auch
Pelecypoden, Brachiopoden und Ammoniten, durchwegs Muschel-
kalktypen, aber theils neue Arten, theils wegen ungenügender
Erhaltung nicht scharf bestimmbar. Diese grauen Kalke setzen südlich
*) Fossilien-Listen siehe bei Benecke, Muschelkalk. — Geogn.pal.Beitr.il.
pag. 28 — 43; Böckh, Bakony, Mitth. a. d. Jahrb. der ungar. geolog. Anst. Bd. H.,
p. 83; Loretz in Zeitsch. d, geolog. Ges. 1875, p. 798.
tf
tt
Pf
j.g Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
fort und im District von Zoldo alterniren mit ihnen flimmernde
Kalke von derselben Beschaffenheit, wie die Kalke des unteren
Muschelkalks. Man könnte deshalb vermuthen, dass der ganze
Complex noch dem unterlagemden unteren Muschelkalk angehört.
Indessen ziehen wir es vor, anzunehmen, dass die Facies der flim-
mernden Kalke in den oberen Muschelkalk hinaufreiche. Sollte der
obere Muschelkalk wirklich in unserem Gebiete fehlen, so brauchte man
hierin keine abnorme Erscheinung zu erblicken, denn im alpinen
Jura sind solche Lücken nicht selten.
Bei Recoaro nimmt der mächtige weisse Kalk des Monte-Spitz
die Stelle des Mendoladolomits ein.
Die wichtigsten Cephalopoden des oberen Muschelkalkes sind:
Nautilus Pichlcri Hau.
quadrangulus Beyr.
Tintoretti Mojs.
Palladii Mojs.
Orthoccras Campanile Mojs.
Ptychitis gibbus Ben,*)
„ cusomus Beyr.
Arccstcs Bramantci Mojs,
Eschcri Mojs.
extralabiatus Mojs.
Aegoccras vKultum Beyr.
„ Pahuai Mojs.
Amalthais megalodiscus Beyr.
„ Sansoinnii Mojs.
Trachyceras trinodosum Mojs. **J
Gosainetisc Mojs.
Reutteusc Beyr.
Riccardi Mojs.
euryomphalum Ben.
Norites Gondola Mojs.
Megaphyllites sandalinus Mojs.
Lytoceras sphaerophylhan Hau.
Aulaeoeeras Obeliscus Mojs.
„ secundum Mojs.
Von den mitvorkommenden Pelecypoden sind als wichtiger zu
erwähnen: Daonclla Sturi Ben. und Daon. parthanensis. Schaf h.***)
Pf
p»
pp
pt
pp
p*
*) Diese Form wurde bisher mit Ptychites Studeri des unteren Muschelkalks
rerwechselt.
**) Bisher mit Trachyc. binodosum und Tracliyc. TTiuilleri verwechselt.
•**j Im unteren Muschelkalk kommt Daon, Gümbeli Mojs, vor.
mit besonderer Rücksicht auf Südtirol.
49
In der Riff- Facies kommen ausser den erwähnten unbe-
schriebenen Gasteropoden Diplopora pauciforata Gümb. und Dipl.
triasina Schaur, vor.
Die norische Stufe. Es wurde bereits oben darauf hin-
gewiesen, dass das deutsche Binnenmeer des Muschelkalkes allmäh-
lich so vollständig von jeder Communication mit dem äusseren
Meere abgeschlossen wurde, dass die isolirte Fauna sich selbständig
weiter entwickelte. Die Parallele des oberen alpinen Muschelkalkes
mit dem oberen deutschen Muschelkalk ist daher nothwendig eine
blos beiläufige. Die beiden Bildungen sind annähernd homotax. Wäre,
wie dies zur rhätischen Zeit geschah, nach der Muschelkalkzeit eine
Communication mit dem äusseren Meere wiederhergestellt worden,
so Hesse sich die chronologische Werthbestimmung des deutschen
Hauptmuschelkalkes auf sicherer Grundlage ausführen. Es ist aber
das Gegentheil eingetreten, und so sehen wir uns jedes wissen-
schaftlich haltbaren Mittels beraubt, in den Alpen den Beginn der
Keuperepisode des germanischen Trias-See's zu bestimmen.
Indem wir sonach den zwei deutschen Muschelkalkfaunen zwei
alpine Faunen gegenüberstellen, verkennen wir keineswegs die
Schwächen dieser Parallelisirung. Wer vermag zu sagen, ob der
Beginn des Keupers nicht etwa noch mitten in die Zeit der zweiten
alpinen Muschelkalkfauna hineinfalle oder ob der deutsche Haupt-
muschelkalk nicht auch die norische Stufe ganz oder theilweise re-
präsentire? Man lasse sich von oberflächlichen chorologischen Homo-
logien nicht irrefuhren. \
Der Beginn der norischen Zeit ist in den Alpen durch zwei
wichtige Ereignisse bezeichnet.
In dem alpinen Muschelkalkmeer waren bereits ausgezeichnete
Vertreter der Ammonitiden-Gattungen Aegoceras und Amaltheiis vor-
handen. In den reichen Cephalopodenfaunen der norischen und
kamischen Stufe sucht man aber fast vergeblich nach sicheren Re-
präsentanten derselben. Es ist nur ein Exemplar eines Amaltheiis
aus norischen Schichten der Südalpen bekannt. Die beiden Gat-
tungen verschwinden aus den europäischen Gewässern und ziehen
sich in entlegene Meere, aus denen sie vielleicht auch stammen,
zurück. Nach langer Intermittenz erscheinen sie vereinzelt zur Zeit
der rhätischen Transgression , in grösserer Zahl aber erst mit dem
Einbrüche des Liasmeeres in Begleitung anderer fremder Formen
als heteropische Trias-Fauna wieder in den europäischen Gegenden.
Während man vor der Erforschung der Alpen die liasischen Am-
moniten fiir die ältesten echten Ammoniten hielt, tritt nun sogar
der Muschelkalk in nahe zoologische Beziehungen zum Lias. Eine
Mojsisiovics, Dolomitrifte. 4
CO Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
weite Kluft ist überbrückt. Die jurassischen Ammonitenfaunen können
bis an die Grenze zwischen der palaeozoischen und mesozoischen
Epoche zurück verfolgt werden. Die scharfe chorologische Grenze
zwischen Trias und Jura wird durch die zoologische Continuität,
welche nun in klaren Umrissen hervortritt, aufgehoben. Wer die
Lagerstätte der alpinen Muschelkalk-Aegoceraten und Amaltheen
nicht kennt und mit den ostalpinen Verhältnissen nicht vertraut ist,
der würde die Formation, in welcher dieselben vorkommen, ohne
Zweifel in den unteren Lias versetzen.
So sind durch den Rückzug von Aegoceras und Amaltfiens
bereits zwei zoogeographische Meeresprovinzen der Trias angedeutet.
Aber wir besitzen in den Alpen aus der norischen Zeit noch fossil-
reiche Ablagerungen einer dritten Provinz.
Die nordöstlichen Kalkalpen östlich von der Saale bilden zur
norischen Zeit ein merkwürdig scharf abgegrenztes, geschlossenes
Faunengebiet, welches wir die juvavische Trias-Provinz nennen.
Die übrigen Theile der Ostalpen bezeichnen wir als mediterrane
Trias-Provinz. Nichts zeigt die grosse Verschiedenheit der Faunen
dieser beiden Provinzen deutlicher, als die totale Verschiedenheit der
beiderseitigen Cephalopodenfaunen. Denn man sollte doch erwarten,
dass Thiere, welche in dem Rufe der besten Schwimmer stehen, so
nahe benachbarten Provinzen wenigstens theilweise gemeinsam wären.
Jeder dieser Provinzen sind einige Ammonitiden- Gattungen eigen-
thümlich. So der juva vischen Provinz: Phylloccras, Didymites, Ha-
lorites, Tropites, Rhabdoceras und Cochloceras; der mediterranen
Provinz: Lytoceras, Sageceras und l^ychites. Die gemeinsamen Gat-
tungen sind in jeder Provinz durch verschiedene eigenthümliche
Formengruppen vertreten, so dass man bis jetzt keine einzige ge-
meinsame Cephalopoden-Art kennt. Von den beiden nahe verwandten
Pelecypoden-Gattungen Daatiella und Halobia ist zur norischen Zeit
Daonella auf die mediterrane, Halobia auf die juvavische Provinz
beschränkt.
In phylogenetischer Beziehung schliessen sich die norischen
Faunen der mediterranen Provinz enge an die Muschelkalkfaunen
an. Die Faunen der juvavischen Provinz dagegen lassen sich nicht
direct von den Muschelkalkfaunen ableiten. Die zoologische Ver-
schiedenheit ist zu gross. In der mediterranen Provinz liegt bis
in die karnische Zeit hinein eine fortlaufende isotopische Formations-
reihe vor; in der juvavischen Provinz aber ist die Reihe durch die
heterotopischen eingewanderten norischen Faunen unterbrochen.
Sehr bemerkenswerth ist die geographische Lage der juvavischen
Provinz zwischen dem Südrande des böhmischen Festlandmassivs
mit besonderer Rücksicht auf SOdtirol.
Si
und dem Nordrande der krystallinischen Mittelzone der Alpen. Gegen
die westlich angrenzende mediterrane Provinz ist eine prägnante,
auffällige Scheidewand nicht vorhanden. Eine nähere Untersuchung
der Grenzgegend lehrt aber die auffallende Thatsache kennen, dass
gerade daselbst, was sonst nirgends in der ganzen Erstreckung der
Nordkalkalpen wieder eintritt, die Dolomitfacies die ganze Breite der
Kalkalpen-Zone einnimmt. Waren, wie ich in diesem Buche zu be-
weisen hoffe, die unter den Raibler Schichten liegenden Dolomit-
massen Korallenriffe, so sperrte ein die ganze Canalbreite ein-
nehmendes Korallenriff die Communication zwischen den beiden nach-
barlichen Provinzen. Weiter im Osten sind norische Bildungen der
juvavischen Provinz im äussersten Osten Siebenbürgens bekannt.*)
In den Karpathen der Bukowina sind die norischen Bildungen medi-
terran entwickelt.**) Dasselbe ist wahrscheinlich in Siebenbürgen,
vielleicht auch in der Dobrudscha der Fall. In den übrigen Kar-
pathen kennt man den Charakter der norischen Bildungen noch nicht.
Im Bakonyer Walde ist die mediterrane Entwicklung vorhanden.
So mangelhaft diese geographischen Daten noch sind, ergibt sich
aus ihnen doch die Vorstellung, dass der juvavische Meeresarm sich
aus der Gegend von Wien längs der Ostseite des böhmisch-mährischen
Massivs und weiter am Südrande des schlesisch-polnischen palaeo-
zoischen Gebietes nach Rumänien erstreckte.
Als ich Anfangs 1874 zuerst die juvavische Provinz von der
mediterranen unterschied, dachte ich, dass dieselbe auf das kleine
engbegrenzte Gebiet unserer Alpen beschränkt sei. Es sprechen
jedoch viele Gründe für die Anschauung, dass der schmale in seinem
Verlaufe angedeutete Meerescanal mit einem grossen Ocean in offener,
ungehemmter Verbindung gestanden habe. Zunächst ist die Fauna
der juvavischen Provinz im Vergleiche mit der Muschelkalkfauna
heterotopisch. Sodann ist der Charakter der juvavischen Faunen
wegen des ausgesprochenen Vorherrschens der Cephalopoden, wegen
der grossen Artenzahl und wegen der bedeutenden Dimensionen
vieler Arten rein pelagisch. Ein isolirtes und räumlich beschränktes
Meeresgebiet wird den pelagischen Charakter nach und nach ab-
streifen. In der juvavischen Provinz folgt aber Cephalopodenfauna
auf Cephalopodenfauna. Die Zahl der Horizonte ist grösser als in
der mediterranen Provinz, und in den höheren Horizonten treten
immer wieder neue heterotopische Typen auf
♦) Mojsisovics, Norische Bildungen in Siebenbürgen. Verh. Geol. R.-A. 1875.
**) Paul, Geologie d«r Bukowina. Jahrb. Geol. R.-A. 1876.
4*
j2 Uebersicht der perniischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Es unterliegt keinem Zweifel, dass auch die norischen Bildung^en
der mediterranen Provinz einen echt marinen Charakter an sich tragen.
Aber es ist auffallend, dass heterotopische Typen nicht oder wenig-
stens nicht in auffallender Zahl erscheinen,, dass die Cephalopoden-
faunen ärmer an Arten und Individuen sind und dass die Fortent-
wickelung und Umänderung der Fauna in einem langsameren Tempo
sich vollzieht. Sollte die mediterrane Provinz der norischen Zeit ein
Mittelmeer gewesen sein? — Da der juvavische Meerbusen wol nur
mit einem östlichen Meer communiciren konnte, hatte die medi-
terrane Provinz vielleicht im Südwesten eine Verbindung mit dem
Ocean. In den heutigen Meeren erweisen sich häufig starke Strö-
mungen von abweichender Temperatur als ebenso grosse Hinder-
nisse für die Ausdehnung der verschiedenen Faunengebiete, wie Land-
Barrieren. Es hätte daher auch die Annahme, dass eine bedeutende
der Richtung des juvavischen Busens parallel ziehende Meeresströ-
mung die mediterrane Provinz isoliren half, ihre Berechtigung.
In die Besprechung der norischen Bildungen der juvavischen
Provinz können wir hier nicht näher eingehen. Wir bemerken nur,
dass neben den beiden typischen fossilreichen Ablagerungen der
Zlambach- und Hallstätter Schichten noch eine Reihe fossilärmerer
Faciesgebilde und eine Riff-Facies vorkommt.*) Es ist selbstverständ-
lich unzulässig, die Schichtbezeichnungen der juvavischen Provinz auf
mediterrane Bildungen zu übertragen und umgekehrt, da dies zu
wissenschaftlich falschen, nun überwundenen Anschauungen Anlass
geben könnte. Eine Detailparallelisirung der juvavischen und medi-
terranen norischen Ablagerungen ist wegen der gänzlichen Ver-
schiedenheit der Faunen nicht möglich.
In der mediterranen Provinz unterscheiden wir zwei norische
Phasen. Die ältere derselben, welche unmittelbar auf den oberen
Muschelkalk folgt, ist die der
4. Buchensteiner Schichten. In ihrer typischen Entwicke-
lung, wie sie im Gebiete unserer Karte vorkommen, bestehen die-
selben aus zwei, mit einander durch Wechsellagerung verbundenen
Faciesgebilden. Das eine ist ein grauer, dünnplattiger Knollenkalk
mit Hornsteinausscheidungen, das andere ist ein dunkler, ebenfiächiger,
thonreicher, in dünnen Blättern spaltbarer Bänderkalk, welcher Hom-
stein meist lagenweise, seltener linsenförmig enthält. Der Knollenkalk
umschliesst zahlreiche, meist aber bis zur Unkenntlichkeit zerdrückte
und entstellte Ammoniten. Er repräsentirt daher eine Cephalopoden-
facies. Der Bänderkalk fuhrt in einzelnen Lagen heerdenweise
*) Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt.
mit besonderer Rücksicht auf SOdtirol. ^^
Daonellen. Seltener finden sich in ihm Ammpniten, Posidonomyen,
Fischschuppen und Pflanzenreste. Der Knollenkalk ist meistens
zwischen einer unteren und oberen Partie von Bänderkalken ein-
gelagert. Stellenweise kommen aber blös Bänderkalke oder blos
Knollenkalke vor. Eine charakteristische weit verbreitete Gesteins-
art der Buchensteiner Schichten bildet die sogenannte „Pietra verde",
ein grünes, mehr oder weniger mergelartiges kieselsäurereiches,
splitterndes Gestein, welches meistens den Bänderkalken, stellenweise
aber auch den KnoUenkallen regelmässig zwischengelagert ist. In
unserem Gebiete erreicht die Pietra verde im Flussgebiete des Cor-
devole, dann im Zoldianischen und im Cadorischen die grösste Mäch-
tigkeit und nimmt gegen Norden und Nordwesten bedeutend an
Alächtigkeit ab. Dieses charakteristische Gestein, welches von den
älteren Geologen für ein intrusives Eruptivgestein gehalten wurde,
besitzt eine merkwürdig grosse Verbreitung^ da es sich aus der Lom-
bardei durch die Südalpen bis in den Bakonyer Wald und wahr-
scheinlich auch bis nach Siebenbürgen verfolgen lässt. Do elter hält
es für einen Sedimentärtuff" eines Porphyrs. Ich habe an einigen Stellen
erbsengrosse Gerolle eines rothen Porphyrs darin gefunden.
In den Nordalpen sind die Buchensteiner Schichten bisher noch
nicht nachgewiesen.
Nach den Funden in den Südalpen und im Bakonyer Walde
besteht die Fauna der Buchensteiner Schichten aus folgenden
Arten:*)
Orthoceras Röckhi Stab.
Arrestes trompiamis Mojs.
„ Ctmmetisis Mojs,
„ Marehenamis Mojs,
„ batyoleiis Böckh
' Ptyehites angusto-umbilicattis Böckh
Sageceras Zsigmondyi Böckh
Lytoceras cf. Wengetise Klpst.
Trachyceras Curionii Mojs.
„ Reitst Böckh
„ Recubarictisc Mojs.
„ Zalaettse Böckh
Böckhi Roth.
*) Böckh, Geol. Verh. des Bakony. Mitth. a. d. Jahrb. der k. ung, Geol.
Anstalt. 2. und 3. Band. — StO rzenbaum, Beitr. z. Fauna der Schichten mit
Gerat. Reitet (in ungar. Sprache) Köldtani közlöny, 5. Band. — Mojsisovics,
Die triad. Pelecypodengattungen Daoneila und Halohia, Abhandl. d. k. k. Geol. R.-A.
7. Bd. — (Unt. d* Presse) Mojsisovics. Die Cephalopoden d. medit. Triasprovinz.
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tA ücbersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Trachyceras Liepoldti Mojs.
^ Felsö Örsense Stzb.
„ Zezianum Mojs.
Spiriferina Mentzeli Dunk.
Dixonella Taramellii Mojs.
badiotica Mojs.
' tyrolensis Mojs.
hungarica Mojs.
Böckhi Mojs.
obsoleta Mojs.
elongata Mojs.
Posidofiomya sp.
Aus der Riflf-Facies sind bis jetzt dieselbe charakterisirende
Fossilien noch nicht bekannt geworden.
5. Die Wengener Schichten. Ursprünglich wurden unter der
Bezeichnung , Wengener Schichten* nur die schwarzen dünnblätterigen
Daonellenschiefer von Wengen verstanden. Wir fassen aber den
ganzen Complex sehr verschiedenartiger Gesteine, welcher zwischen
den Buchensteiner Schichten und den St. Cassianer Schichten liegt,
als eine, vorläufig wenigstens, nicht weiter theilbare Einheit auf,
welche durch eine bestimmte Fauna charakterisirt wird.
Die typischen Daonellenschiefer sind nur ein untergeordneter,
räumlich beschränkter Bestandtheil dieser in Südtirol sehr mächtigen
Gruppe.
Die verbreitetste und mächtigste Gesteinsart ist ein dunkler
mit thonigen und mergeligen Schiefern altemirender Sandstein
(doleritischer Sandstein der älteren Geologen), dessen Gesteins-
material vorwiegend aus vulcanischem Detritus besteht. So ungünstig
dieses Gestein der Erhaltung der Fossilien ist, so finden sich doch
ausser verkohlten Pflanzenstengeln, wenn auch vereinzelt, bis in die
höchsten Lagen hinauf die Daonellen und Ammoniten des schwarzen
Schiefers von Wengen, Welcher an der Basis des Complexes liegt.
Im frischen Gestein herrscht blauschwarze Farbe vor. Die Zer-
setzungs- und Verwitterungsfarbe ist gelbbraun bis graubraun.
Rothe Farbenschattirungen herrschen stellenweise in der Lombardei
Mit der Entfernung von den Eruptionsstellen tritt das makroskopisch
wahrnehmbare vulcanische Material allmählich zurück. Zunächst
folgt eine Region, in welcher Quarzkörner dominiren. Hierauf
geht das Gestein allmählich in dichte aphanitische Mergel, Kalk-
schiefer u. s. f über.
Die submarinen Laven und Tuffe der Wengener Schichten
liegen in Südtirol stets an der Basis dieser Schichtgruppe. Ihr
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. jj
Verbreitungsbezirk ist viel beschrankter, als der der darüber liegenden
Sandstein- und Schiefergruppe, in welcher sich das vulcanische Ma-
ttrial bereits auf secundärer Lagerstätte befindet. In der unmittel-
baren Umgebung der Eruptionsstellen breiten sich zunächst Augit-
porphyrdecken und Ströme mit eingeschalteten Tuffen und Con-
gloneraten aus. In der folgenden Region überwiegen Tuffe und
Conorlomerate über die zu Ende gehenden, vereinzelten Ströme. Mit
zunehmender Entfernung von den Eruptionscentren tritt dann der
sedinentäre Charakter der Tuffe immer deutlicher hervor, bis end-
lich «ine Unterscheidung von TufTen und regenerirten Gesteinen
(Sandsteinen, Schiefem) nicht mehr möglich wird.
Ausser den Cephalopoden und Daonellen kommen in den
typischen Wengener Schichten nicht selten Pachycardien (P. rugosa
ffatt.), ganze Bänke erfüllend, vor. Das Pachycardiengestein ist
entweder €\xi Conglomerat aus Augitporphyrgeschieben oder ein
zäher du-ch tufTige Einstreuungen verunreinigter Kalk.
Eine sehr charakteri.stische Facies findet sich in der Umgebung
der grossen Kalk- und Dolomitriffe. Graue und graubraune zähe
Kalke, ooithische Kalke und Kalkschiefer greifen von den Riffen
her in die Sandsteine und Schiefer ein und verlieren sich allmählich
in denselbea. Biologisch stimmt diese Facies nahezu mit der Facies
der typischen St. Cassianer Schichten überein. Korallen und Echi-
nodermen herrschen in der Nachbarschaft der Riffe vor, in einiger
Entfemung änden sich .sodann Echinodermen , Gasteropoden und
Pelecypoden. Es ist beinahe selbstverständlich, da.ss die hier vor-
kommenden Formen eine grosse Ueberein.stimmung mit den Cassianer
Typen zeigen. Indessen wäre doch eine genaue vergleichende Unter-
suchung .sehr wünschenswerth. Manche der als Cassianer Typen
beschriebenen Formen stammen wol ohne Zweifel aus dieser bisher
mit St. Cassian identificirten Wengener Facies.
Der RifT- Facies der Wengener Schichten gehört die Haupt-
masse der südtirolischen Dolomitstöcke (Schlemdolomit) an. Bio-
logisch ist diese Facies charakterisirt durch Korallen, Diploporen,
gros.se Naticen und Chemnitzien. Im Innern der Riffe findet man
selten Korallen. An der Aussenseite der Riffe sind sie zwar häufig,
aber stets nur mehr im Hohldruck vorhanden. Das aus Aragonit
bestehende Kalkgerüste ist obliterirt. Ebenso sind die aus Aragonit
aufgebauten Gasteropodengehäuse meistens verschwunden, doch findet
man ihre Hohldrücke auch noch im Innern der Riffe. Die aus Calcit
bestehenden Diploporen erfreuen sich meistens einer vortrefflichen
Erhaltung. Als Repräsentant der Riff-Fauna der Wengener Schichten
kann die an wolerhaltenen Fossilien reiche Fauna des Kalks von
i
JÖ Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpcn
Esino am Comersee genannt werden, welche durch die Arbeiten von
M. Hoernes, Stoppani und Benecke bekanntwurde. Cephalopodei
und Daonellen finden sich, wie zu erwarten ist, selten in der Rif-
Facies. Doch kennt man bereits von einigen Punkten, unter den^n
sich auch Esino befindet, charakteristische Wengener Ammonit^n,
sowie die für das Wengener Niveau so bezeichnende DaottUii
I^mmcli.
Eigenthümliche, durchaus aus neuen Arten bestehende Cepha-
lopodenfaunen wurden in der unteren, mit den Augitporphyr-Laven
gleichzeitigen Abtheilung der Riffkalke der Fassaner Alpen (Latemar-
Gebirge und Marmolata) entdeckt. Durch einige Ptychitcs und
TrachyccraS'Yoxvci^Vi schliessen sich diese Faunen phylogeietisch
der Fauna der Buchensteiner Schichten zunächst an. Leider ijt keine
der aus den Wengener Schichten bekannten Formengruppen ver-
treten, so dass es vorläufig unentschieden bleibt, ob hier eh neuer,
zwischen Buchensteiner und Wengener Schichten einzuschaltender
Horizont angedeutet ist oder ob, wie wir einstweilen noch annehmen
wollen, die Wengener Fauna um eine Anzahl von Arten bereichert
wird. Mit diesen Cephalopoden kommen ziemlich viele Gasteropoden
und einige wenige Pelecypoden und Brachiopoden vor. De Fossilien
des Latemar - Gebirges sind von einer dicken Kalteinterkruste
umhüllt.
Im Bakonyer Walde und in der Bukowina werden de Wengener
Schichten durch rothe Ammonitenkalke mit Daonella Lommcli ver-
treten. Wahrscheinlich gehören auch die schwarzen Kalke von
Varenna mit Daonella Moussoni und die Fisch- und Saurierschichten
von Perledo*) dem Wengener Niveau an.
Zu den bezeichnensten Fossilien der Wengener Schichten ge-
hören von bereits benannten Formen:
Arccstcs tridcntimts Mojs.
„ subtridcntinus Mojs.
„ Böckhi Mojs.
„ pamwniais Mojs.
Phiacoccras daoniaim Mojs.
Sagcceras Waltcri Mojs.
Lytoceras Wengaisc Klipst. sp.
Trachyceras ladinum Mojs.
„ longobardicum Mojs.
♦) Ein Verzeichniss der Fauna von Perledo gibt Stoppani im Corso di
Geologia, Vol. II. pag. 384. In den gleichen Schichten kommt nach Sordelli auch
Volt^ia Foetterlei Stur vor.
mit besonderer RQcksicht auf SOdtiroK 57
Trachyceras Archdaus IJ?i\
^ pscudo Archelaus Röckh.
j, lariaim Mojs.
j, Gredlcri Mojs.
^ dokriticum Mojs.
„ Ncuinayri Mojs.
„ judicaricum Mojs.
„ Rcgolcdanum Mojs. .
„ Cor-Mriensc IJ)e. sp.
^ Arpadis Mojs.
„ Szaboi Böckh.
^ Epoknse Mojs.
Pachcyardia rugosa Hau.
Daonella Lommcli Wissm. sp.*)
Posidonomya Wengcnsis Wissm.
Die Korallen, Echinodermen, Gasteropoden u. s. f., welche an
der Aussenseite der Riffe vorkommen, sind, wie bereits erwähnt
wurde, noch nicht näher untersucht. Ein grösserer oder kleinerer
Theil wird wol mit Cassianer-Arten übereinstimmen. Erwähnenswerth
ist das verspätete Auftreten der Gattung Productus.
Bezüglich der durch gigantische Formen von Chemnitzia und
Natka ausgezeichneten 'Riff-Fauna verweise ich auf die Monographie
A. Stoppani's über die Fauna der Schichten von Esino. Von Fora-
miniferen wird hauptsächlich Diphpora anmdata Schafh. citirt.
Die Flora der Wengener Schichten (Fundorte: Corvara im
Enneberg [Südtirol] und Idria in Krain) besteht nach den Bestim-
mungen Stur's aus:
Equisctitcs arenacais Bgt.
Calatnitcs areiiaccus
Meriani Bgt.
Ncuroptcris cf. Rntimeyeri Heer
cf, Gaillardoti Bgt.
cj. ekgans
Sagawpteris Lipoldi Stur
tt
f»
♦) Die Angabe Sandberge r's über das Vorkomn^en der D. Lommeli im
Hauptmuschelkalk von Würzburg (Neues Jahrb. etc. 1875, pag. 5 18, und Tagblatt
ier Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte zu München 1877, pag. i53)
IM dahin zu berichtigen, dass die Würzburger Daonella zwar der Gruppe der
Ü Lommeli angehört, aber sicher davon verschieden und mit der spitzbergischen
D.Linäströmi Mojs. und der catifornischen D. dubia Gabb am nächsten verwandt
»St. Vgl. Verh. Geol. R.-A. 1878, p. 97.
c3 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Pecopteris triascia Heer,
„ gracilis Heer,
Chiropteris Lipoldi Stur,
„ pintiata Stur,
TItinnfeldia Richthof eni Stur,
Pterophylban giganteum Schenk.
Jaegeri Rr.,
Aspknites cf. Roeserti Münst.,
Danaeopsis Maratitacea Pressl.
Taeniopteris sp.,
Voltzia sp.
Lycopodites sp.
Die karnische Stufe. Die heterotopische Spaltung des karpa-
thisch-ostalpinen Territoriums in zwei scharf getrennte Provinzen wird
zur kamischen Zeit allmählich aufgehoben. Mediterrane Typen
(Formenreihe des Aulacoceras retiadatum, Gruppe der Arcestes
coloni, Lycoteras) erscheinen am Beginn der kamischen Zeit in der
juvavischen Provinz und ebenso dringen einige juvavische Typen
(Arcestes toruati, Tropites, Halobia) in beschränkter Individuenzahl
in die mediterrane Provinz ein. Zugleich wandern einige neue
heterotopische Typen (Bactritcs, Lobites, Gruppe der Arcestes cymbi-
fonnesj in das mediterrane Gebiet ein. Aber auch die juvavische
Provinz empfängt noch fremdländische Colonisten (I^bites, von den
mediterranen abweichende Typen). Dabei bewahren die unteren
kamischen Ablagerungen der beiden Provinzen (Cassianer Schichten
der mediterranen Provinz, Zone des Tropites subbullatus der juva-
vischen Provinz) noch ihren ausgeprägten provinziellen Charakter.
Eine directe Verbindung auf alpinem oder karpathischem Gebiete
scheint daher noch nicht eingetreten zu sein. Wahrscheinlich fand
in weiterer Entfernung eine Vereinigung zwischen den beiden
Meeresgebieten durch allmählichen Wegfall der trennenden Schranken
statt. Erst die zweite karnische Fauna zeigt eine völlige Mengung
der mediterranen und juvavischen Typen. Es ist aber eigenthümlich,
dass trotzdem in der mediterranen Provinz jetzt hauptsächlich nur
Litoralbildungen auftreten, die mediterranen Typen rasch ein be-
deutendes Uebergewicht über die juvavischen Formen gewinnen.
Fast scheint es, als ob in den entfernteren Oceanen bedeutende
chorologische Veränderungen vor sich gegangen wären, so dass
auf dem alten Wege anstatt juvavischer nur mehr mediterrane Typen
in die juvavische Provinz gelangen konnten.
Wir unterscheiden in der mediterranen Provinz drei altersver-
schiedene karnische Horizonte: i. Die Cassianer Schichten; 2. die
mit besonderer Rücksicht auf SOdtiroI. Jp
Raibler Schichten (Zone des Trachyceras Aonoides) ; 3. Die Schichten
der Aviada exilis und des Turbo solitariiis (Hauptdolomit, Dach-
steinkalk z. Th.).
6. Die Cassianer Schichten. Die typischen Cassianer
Schichten sind bisher nur aus dem Abteythal (Enneberg), Ampezzo
und Buchenstein bekannt. Sie bestehen aus grauen und graubraunen
Kalkmergeln, Kalken und oolithischen Gesteinen. Der Fossilreichthum
der Cassianer Schichten ist, wie bekannt, staunenswerth gross. Doch
beschränkt sich die grosse Mannigfaltigkeit des thierischen Lebens,
welche wir in den Museen und in den palaeontologischen Mono-
graphien bewundem, auf eine eng begrenzte Stelle, die Stuores
Schneide zwischen St. Cassian und Buchenstein. In der Regel über-
wiegen durch die Massenhaftigkeit ihres Vorkommens die Echino-
dermen. Alles andere tritt entschieden zurück, so dass ,Echino-
dermen-Facies* die passendste biologische Bezeichnung für die typisch
entwickelten Cassianer Schichten ist. Einer grösseren horizontalen
Verbreitung erfreut sich auch eine Daonellenbank (D. Cassiaiia und
D. Richthofmi), Korallen finden sich in grösseren Massen nur in
der nächsten Nähe der Dolomitstöcke. Wir werden sehen, das.s
sowol die Echinodermen- wie auch die Korallenbänke theils direct,
theils durch Vermittlung klotziger, zäher Kalke in den Dolomit (Riff-
kalk) übergehen. An der oben erwähnten reichen Fundstelle kommen
neben den Echinodermen in grösseren Mengen zahlreiche Arten von
Gasteropoden und weniger häufig Cephalopoden, Pelecypoden und
Brachiopoden vor.
Die Cassianer Fauna ist in eigenthümlicher Weise durch die
auffallend geringe Grösse der Individuen ausgezeichnet und sind
schon von verschiedenen Seiten Hypothesen aufgestellt worden, um
diese Erscheinung zu erklären.
Eine nähere Betrachtung der Fauna lehrt jedoch, dass man
nicht berechtigt ist, die Fauna in toto als Pygmäenfauna zu
bezeichnen. Zunächst widerspricht schon die herrschende Thierclasse
dieser Charakteristik.
Die Echinodermen der Cassianer Schichten erfreuen sich mit
wenigen Ausnahmen ganz anständiger normaler Dimensionen. Die
Cephalopoden sind zwar meistens nur in kleinen Exemplaren ver-
treten, aber mit wenigen Ausnahmen sind es stets innere, gekammerte
Windungen, welche vorliegen. Ein Schluss auf die ursprüngliche
Grösse der lebenden Thiere ist daher nicht gestattet und es ist
bezeichnend, dass auch die in den letzten Jahren häufiger gefundenen
grossen Exemplare von Nmitiltis, Arcestes und Trachyceras blos
6o Uebcrsicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
aus den gekammerten Theilen bestanden. Häufig sind dies6 ge-
kammerten Kerne von einer dicken Sinterkruste umhüllt, ein Beweis,
dass die Schalen vor ihrer Einbettung im Gestein bereits die äusseren
Windungen verloren hatten. Vergleicht man aber diejenigen Cassianer
Cephalopoden, welche entweder wirklich klein sind oder von denen
nur kleine Kerne vorkommen, mit den phylogenetisch zunächst stehen-
Formen der obersten Hallstätter Kalke (Zone des Trachyceras
Aonoides), so ergibt sich, dass die Cassianer Formen in ihren
Dimensionen keineswegs zurückstehen. Man ist daher nicht berechtigt,
von Cephalopodenbrut oder von gehemmter Entwicklung zu sprechen.
Ein Theil der Cassianer Cephalopoden gehört Formenreihen an,
welche überhaupt nur geringe Grössen (Lobitcs, Trachyceras Busiris,
Choristoceras Eryx, glaucum) erreichen, ein anderer Theil aber^ählt
zu grösseren Typen (Nautilus, Arcestcs, Pinacoccras , Trachyceras
Aon, aeqtiinodosum) ,^ ist aber stets nur durch innere Kerne ver-
schiedener Dimensionen vertreten.
Die grosse Schaar der Gasteropoden ist fast durchgängig durch
kleine Arten repräsentirt, doch kommen auch grosse Formen (Natica
maadosa, bninea, Chemnitzia sp.) vereinzelt vor. Die Brachiopoden
sind meist klein; die nicht seltene Rhynchotiella scmiplecta zeichnet
sich aber durch bedeutende Dimensionen aus. Unter den Pelecypoden
herrschen kleine Arten vor, die Daonellen, die Cassianellen und
Cardita crenata machen jedoch eine Ausnahme. Cardita crenata
besitzt sogar im Vergleich mit den verwandten jüngeren Formen
f Cardita Giimbeli Picht, der nordtiroler Raibler Schichten [Cardita-
Schichten] und Cardita austriaca der Kössener Schichten) eine auf-
fallende Grösse.
Theod. Fuchs hat bereits in einer interessanten Mittheilung
darauf hingewiesen, *) dass die geringe Gnisse der Cassianer Fossilien
nicht auf einer durch ungünstige äussere Verhältnisse bewirkten Ver-
kümmerung der Favma beruhen könne, da in diesem Falle eine
einförmige artenarme Fauna vorhanden sein müsste. Diese An-
schauung wird durch unsere Betrachtung völlig bestätigt. Wir er-
fahren aber auch, dass die kleinen Cassianer Thiere nicht die Brut
grösserer Arten, sondern normale ausgewachsene Formen sind. Die
Annahme plötzlicher, gewaltsamer Todesursachen, wie Kohlensäure-
Exhalationen, ist daher nicht gerechtfertigt. Es genügt, günstige
äussere Verhältnisse nachzuweisen. Wir werden sehen, dass die
Gegend von St. Cassian während der Bildungszeit der Cassianer
Schichten eine von Korallenriffen umschlossene Bucht gewesen ist.
*) Verh. Geol. R.-A. 1871, pag. 204.
mit besonderer Rücksicht auf Südtirol. 6l
Die Fauna von St. Cassian selbst trägt vollständig, wie bereits
V. Richthofen und Laube betont haben, den Charakter einer
Korallenriff-Fauna, die Fundstelle der F'ossilien selbst liegt am Aus-
|j^ehenden eines Riffes. Hier konnten die Bedingungen der An-
.siedlung kleiner Formen sehr vortheilhaft gewesen sein.
Man hat die Cassianer Schichten wegen der räumlichen Be-
schränkung der typischen Facies (ifters als eine ganz locale Bildung
bezeichnet. Um eine derartige Auffassung wissenschaftlich zu be-
j^ründen, müsste der Nachweis gefuhrt werden, dass die Cassianer
Schichten nur eine Facies eines anderen bekannten Trias-Horizontes
sind. Die Cephalopoden beweisen aber gerade die Selbständigkeit
des Cassianer Horizontes. Uebrigens verbietet auch die Reichhal-
tigkeit der Fauna, von einer localen Bildung zu sprechen. Es wäre
denn doch mehr als sonderbar, wenn die reichste aller bekannten
Triasfaunen eine Localfauna sein sollte! So reiche Faunen deuten
wol auf Meerestheile hin, welche mit weiten Meeresbecken in offener
Verbindung stehen. Unter solchen Voraussetzungen dürfen wir nur
von dem isolirten (oder localen) Auftreten der typischen Ca.ssianer
Fauna in den Alpen sprechen. Die Ursache der Isolirung liegt
lediglich in den chorologischen Verhältni.ssen, welche theils dem
Vorkommen, theils der Erhaltung der Fauna mit Ausnahme der
kleinen Bucht von St, Cassian ungün.stig waren. — In theoreti.scher
Beziehung wirft das isolirte Auftreten der Cassianer Fauna ein höchst
lehrreiches Streiflicht auf die zahlreichen phylogenetischen Lücken
der geologischen Ueberlieferung.
Die Aequivalente der Cassianer Schichten in den Alpen bilden
meistens die fossilarmen Kalke und Dolomite der Riff-Facies, welche
in diesem Niveau ihre grösste horizontale Verbreitung erlangt. Seltener
treten andere Kalke (Fürederkalk des.Bakonyer Waldes) oder mer-
gelige Gesteinsarten auf.
Eine mit den Cassianer Schichten zeitlich naheverwandte, wahr-
scheinlich übereinstimmende Bildung ist der schwarze fischfiihrende
Schiefer von Raibl, welchen ich bisher mit dem sogenannten Aon-
schiefer von Niederösterreich identificirt hatte.*) Einige besser
erhaltene, in letzterer Zeit mir zu Gesich^ gekommene Cephalopoden
belehren mich aber, dass die Arten der beiden Schiefer verschieden
*) Die Uebereinstimmung der Facies in petrographischer und biologischer
Beziehung ist beim Raibler Fischschiefer und dem Aonschiefer eine vollkommene.
In beiden kommen neben Fisch- und Pflanzenresten, welche für identisch gelten,
platt gedrückte, leider meist schlecht erhaltene und daher schwer mit grösserer
Schärfe zu bestimmende Ammoniten aus der Gruppe des Trachjyceras Aon vor.
ß2 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
sind. Während im Aonschiefer unzweideutige Formen der Zone
des Trachyceras Aanoides auftreten, stimmen die vollständigeren und
deutlicheren Exemplare unter den Vorkommnissen des Raibler
Schiefers, wie schon Laube vermuthet hatte, mit Cassianer Arten
am besten überein.
Der Raibler-Schiefer ist in seiner Verbreitung eben so sehr
beschränkt, wie die Cassianer Schichten. Er ist die Bildung einer
ruhigen Inselbucht und ist reich an Resten von Fischen, Krebsen
und Landpflanzen.
Die Zahl der aus den echten Schichten von St. Cassian be-
kannten Arten beträgt mindestens 500. Die neueste und umfassendste
Bearbeitung der Fauna hat Laube geliefert, mit derselben den
ganzen Reichthum aber noch lange nicht erschöpft. Fast jedes Jahr
liefert neue Formen. Aber auch die älteren Werke von Graf
Münster und v, Klipstein enthalten manche in der Laube'schen
Monographie nicht erwähnte oder übergangene Arten, welche in
den von Laube bearbeiteten Wiener Sammlungen nicht vertreten
waren.
Für stratigraphische Zwecke sind die Cephalopoden am wich-
tigsten, da ihre verticale Verbreitung am genauesten bekannt ist.
Von den übrigen Fossilien scheint eine Anzahl sowol in tieferen,
wie in höheren Schichten vorzukommen, doch fehlt es heute noch
an strengen kritischen Beobachtungen in dieser Richtung.
Von den Cephalopoden erwähne ich hier die wichtigsten
Formen:
Aidacoceras sp. ind.
Bactrites tmdtdatus Mstr.
Nautilus Acts Mstr.
linearis Mstr.
gramdosO'Striatus Klpst.
cf. Schlöfibachi Mojs.
Klipsteini Mojs.
Orthoceras elegans Mstr.
politum Klpst.
elliptiaim Klpst.
Arcestes Johannis Austriae Klpst.
Klipsteini Mojs.
Gaytani Klpst.
bicarinatus Mstr.
Barrandei Lbc.
Lobites pisum Mstr.
monilis IJ?e.
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mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. 63
Lobites ellipticoides Lbc.
Megaphyllites Jarbas Mstr.
Pinacoceras Philopater Lbe.
Trachyceras Aon Mstr,
Brotheus Mstr.
bipunctatutn Mstr.
furcatum Mstr.
dichotonium Mstr.
infundibiliforme Klpst.
Saulus Lbe.
bmneostatum K/p^t.
Rüppeli Klpst.
Sesostris Lbe.
Busiris Mstr.
Hirschi Lbe.
Cfioristoceras Buchi Klpst.
Eryx Mstr.
glaucum Mstr.
Von Pelecypoden sind hervorzuheben:
Daonella Cassimui Mojs.
Richthofeni Mojs.
fluxa Mojs.
Cassianella gryphaeata Mstr.
Gervillia angusta Mstr.
Cardita crenata Goldf.;
von Brachiopoden:
Konninckina I^onhardi IVissm.
RJtynchanella semiplecta Mstr.
Terebratiila itidistincta Beyr.;
von Echinodermen :
Eftcrinus Cassiamis Lbe.
„ granulosus Mstr.
Pcntacrinus propinquus Mstr.
Cidaris dorsata Braun
alata Ag.
Rötneri IVissm.
Braunii Des.
flexuosa Mstr.
Wisstnanfii Des.*)
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*) Palaeont. Literatur der Cassianer Schichten: Graf Münster, Beitr.
z. Petrcfactenkunde, 4. Heft. A. v. Klipstein, Beitr. z. geol. Kenntniss der östl.
64 Uebersicht der permischen und mesozoischen FormatioDen der Ostalpcn
Aus der Riff-Facies der Cassianer Schichten kennen wir bis heute
noch keine dieses Niveau charakterisirende Formen. Doch dürfen
wir wol die bereits erwähnten einzelnen grossen Gasteropoden,
welche sich in den Cassianer Schichten der Stuores- Schneide ge-
funden haben (Natica maciäosa, N. brufica, mehrere Bruchstücke
riesiger Chemnitzien), der Riff-Facies zurechnen. Viele Formen werden
noch mit Esino gemeinsam sein, da sich Esino- Arten noch in der
Riff-Facies der Raibler Schichten (Petzen in Kärnten) finden.
In dem, wie erwähnt, wahrscheinlich dem Niveau von St. Cassia'^
angehörigen Fischschiefer von Raibl finden sich ausser einigen Cas-
sianer Cephalopoden, Gasteropoden und Korallen von Fischen:
Graphiurus callopteni^ Kn.
Ortimrus Sturz Kn.
Ptycholcpis raiblefisis Br.
„ avus Kn.
Thoracopterus Niderristi Br.
Mcgaloptcms raiblatms Kn.
Pterigopienis apus Kn.
Pholidoplcunis Typus Kn.
Peltopleiirus splaidens Kn.
Pholidophorus microlepidottis Kn.
„ Bronni Kn.
Lepidottis omatus Ag.
BelanorhyfKhns striolatus Br.;
von Krebsen:
Tetrackela Raiblana Br.
Siawchebis triasicns Rss.
Aeger crassipes Br.
Bombur Aonis Br.;
von Insekten eine Blattina;
von Cephalopoden:
Acanihotheuiis bisinuata Br,;
von Pflanzen:
Equtsetites arenaceus Seh.
„ strigatus Br. sp.
Alpen. G. L. Laube, Die Fauna der Schichten von St. Cassian. Denkschriften d,
kais. Akad. d. Wiss. in Wien, 24 — 3o. Bd.; A. E. Reuss, Foraniiniferen u. Ostra-
coden V. St. Cassian. Sitz.-Ber. k, Akad. Wien, 57. Bd.; C. W. Gümbel, Foraraini-
feren etc. in den St. Cassianer u. Raibler Sch. Jahrb. Geol. R.-A. 1869.; £. v.
Mojsisovics, Das Gebirge um Hallstatt; .E. v. Mojsisovics. Daonella und
Halobia, Abhdl. Geol. R.-A., Bd. VII.; E. v. Mojsisovics. Cephalopoden d. medit
Triasprovinz, u. d. Presse).
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mit besonderer RQcksicht auf SOdtirol. Qt
Neuropteris cf. Rütimeyeri Heer,
Danaeopsii' cf. marantacea Prsl.
Cycadites Sitessi St.
Dioonites pachyrrhachis Schenk
Pterophyllum Branni Schenk
gigantettm Schenk
cf. Jaegeri Br.
Sandbergeri Schenk
Voltzia raiblensis St.
Hatieri St.
Foetterlei St.^)
7. Die Raibler Schichten. Mit den Cassianerbildungen
erreicht die heteropische Spaltung der alpinen Trias ihren Höhe-
punkt. Ablagerungen litoralen Charakters mit einer leicht kenntlichen,
artenarmen aber individuenreichen Fauna, häufig unterbrochen von
Sandsteinen mit Landpflanzen, erreichen nun eine ausgedehnte Ver-
breitung, welche nahezu das ganze alpine Triasgebiet umfasst Sie
sind deshalb für die Orientirung von ebenso unschätzbarem Werthe,
wie die an der Basis der Trias liegenden Werfener Schichten und
wie die auf ein viel engeres Areal beschränkten Kössener Schichten,
welche den Schluss der Trias bezeichnen. Namentlich in den Districten,
wo die Riff-Facies entwickelt ist, bilden die mergeligen Raibler
Schichten einen höchst wolthuenden Ruhepunkt inmitten der gewal-
tigen Kalk- und Dolomitmassen, welche durch ihre Eintönigkeit und
Fossilarmuth ein Bild von abschreckender Grossartigkeit darbieten.
Die Raibler Schichten sind meistens sehr fossilreich und enthalten
vorwiegend Zweischaler, welche ganze Bänke erfüllen. Charakteristisch
ist dabei, dass jeweils eine oder nur wenige Arten in grosser Indi-
viduenzahl in derselben Bank vorkommen. Man kann in Folge
dessen häufig in begrenzten Districten eine bestimmte Reihenfolge
der Arten wahrnehmen. Stellenweise tritt aber diese bankweise
Vertheilung zurück und finden sich mehr Arten, aber weniger
Individuen in den einzelnen Lagen. Nicht selten ist der Complex
der mergeligen Schichten durch eine zwischengelagerte grössere oder
geringere Masse lichten pelagischen Kalkes (Riflf-Facies) getheilt.
"*) Palaeont. Literatur des Raibler Fischschiefers: Bronn, Beitr. z. Fauna
u. Flora d. Schiefers v. Raibl. Leonh. u. Br. Jahrb. i858 (Nachträge 1. c. iSSg);
Kner, Fische etc. Sitz.-Ber. k. Akad. Wien, 53. Bd. (Nachträge 1. c. 55. Bd.);
Reuss, Krebse etc. Hauer*s Beitr. z. Palaeont. Oesterr. I.; Suess, Acanthotheutis,
Sitz.-Ber. k. Akad. Wien, 5i. Bd.; Schenk, Flora, Würzburger naturw. Zeitsch. VI.;
Stur, Raibl, Jahrb. Geol. R.-A. 1868.
Mojsisovics, Dolomitriffe. 5
g5 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Auch reicht an einigen Punkten die Riflf-Facies von unten in die
Raibler Zone hinauf. Stellenweise fehlen aber mergelige und sandig^e
Bildungen gänzlich. In solchen Fällen, wo die Kalkbildung eine
continuirliche ist, wird die scharfe Abgrenzung schwierig,' oft un-
möglich.
Sehr häufig sind die Raibler Schichten von Gypsen und Rauch-
wacken begleitet
Die allerdings seltenen Cephalopoden der Raibler Schichten —
man kennt aus den muschelfiihrenden litoralen Bänken aber doch
bereits i6 Arten — stimmen in überwiegender Anzahl (13 von 16)
mit Arten aus der Zone des Trachyceras Aotwides der Hallstätter
Kalke überein. Es liegt daher keine palaeontolog^sche Grenze
zwischen der obersten Hallstätter Zone und den Raibler Schichten.
Der chorologische Unterschied ist aber allerdings bedeutend. In
dem einen Falle eine reiche pelagische Fauna, in dem anderen Falle
eine artenarme Litoralfauna.
In den Raibler Schichten, insbesondere in den lichten zwischen-
gelagerten pelagischeren Kalken, beginnt die Pelecypoden- Gattung
Megalodtis durch geselliges Auftreten eine Rolle zu spielen. Im
alpinen Triasgebiete erscheint Megalodus in sicheren Exemplaren zum
ersten Male in den Cassianer Schichten.
Eigenthümlich ist die geographische Verbreitung einiger für
die Raibler Schichten sehr bezeichnender Fossile, in Folge welcher
das Alpengebiet in zwei bestimmt abgegrenzte Räume, in eine
nördliche und südliche Region zerfällt. Die nördliche Region ist
nicht auf unsere heutigen Nordkalkalpen beschränkt; sie umfasst
von den heutigen Südkalkalpen noch den schmalen im Norden des
palaeozoischen Zuges der Karavanken und der karnischen Alpen
gelegenen triadischen Strich der Karavanken und des Villach-
Lienzer Gebirges. Eine Reihe von Arten ist beiden Regionen ge-
meinschaftlich, einige andere dagegen und zwar gerade solche,
welche innerhalb ihres Verbreitungsgebietes eine dominirende Rolle
spielen, sind strenge localisirt. So ist die berühmte Trigonia Kefcr-
steint strenge auf die südliche Region beschränkt, daselbst aber das
verbreitetste und bezeichnendste Fossil. Ebenso sind gewisse Myo-
conchen, Pachycardia Haueri und andere Conchylien der Region der
Trigonia Kefersteini eigenthümlich. Umgekehrt fehlt die in der
nördlichen Region sehr gemeine Cardita Gümbeli der südlichen
Region. (Man nennt wegen des Vorherrschens dieser Cardita die
nördlichen Raibler Schichten häufig auch , Cardita-Schichten*.) Zwei
andere weit verbreitete, wichtige Fossile der nördlichen Region sind
mit besonderer RDcksichl auf Südtirol. 6/
femer Lamites floridus und Halobia rugosa, welche beide auch in
der Zone des Trachyceras Aotwides der Hailstätter Kalke vorkommen.
Eine entlang dem Nordrande der nördlichen Kalkalpen fort-
ziehende Einlagerung von grauen Sandsteinen mit Pflanzenresten
(Lunzer Sandstein), welche in Nieder Österreich durch den Einschluss
guter Steinkohlen auch technische Bedeutung gewinnt, enthält eine
Anzahl von Pflanzenarten der deutschen Lettenkohle, was zur
Parallelisirung des Lunzer Sandsteines mit der Lettenkohle Anlass
gab. Man kann dieser Parallele immerhin eine gewisse Berechtigung
zugestehen, da eine zusammenhängende Landbriicke von den Ufern
des deutschen Trias-See's bis zur Küste des nordalpinen Triasmeeres
reichte. Indessen wäre es doch sehr gewagt, eine schärfere Parallele
mit einer bestimmten pflanzen führenden Bank der deutschen Trias
zu ziehen. Wir dürfen, ganz abgesehen von der Möglichkeit des
Bestandes und der Verschiebung von Localfloren, nicht vergessen,
dass auch in der deutschen Trias nur eine lückenhafte Ueberlieferung
von der allmählichen Umbildung und Fortentwicklung der mittel-
europäischen Flora vorliegt.
Lunzer Sandstein und Lettenkohle stehen sich phytopalaeon-
tologisch ziemlich nahe und gehören demselben Florengebjete an.
Mehr lässt sich mit Sicherheit nicht sagen. Eine Flora des Schilf-
sandsteines kennen wir in den Alpen nicht; müssen sich aber die
Schilfsandsteinpflanzen südlich bis an die Küsten des alpinen Meeres
erstreckt haben i' Könnte der Lunzer Sandstein nicht zeitlich dem
Schilfsandstein näher stehen als der Lettenkohle? — Die aus Muschel-
kalk-Epigonen zusammengesetzten Keuper-Faunen geben in diesen
Fragen keinerlei sicheren Aufschluss. *)
Die Gesteine der Raibler Schichten sind, wie bereits erwähnt,
in der Regel mergeliger Natur. In der nördlichen Region der Cardita
Gümbeli sind oolithische Mergelkalke sehr verbreitet (Cardita-Oolithc).
Im südö.stlichen Tirol herrschen rothe oolithische eisenschüssige Kalke,
rothe und violette Thone, weisse und rothe Sandsteine vor (Schiern-
plateauSckichten).
Was die Fauna der Raibler Schichten anbelangt, so liegt leider
noch keine kritische Bearbeitung des reichen Materials vor. Eine
Anzahl von Cassianer Formen wird von verschiedenen Punkten citirt,
doch erfreuen sich diese Typen, unter denen sich auch Korallen.
Echinodermen und Gasteropoden befinden, keiner grossen Verbreitung,
•) üeber die Parallelisirung der deutschen mit der alpinen Trias vergleiche
meine Bemerkungen im Ausätze Ober die Faunengebicte und Fadcsgebllde der
Trias, Jahrb. Geol. R.-A. [874, p. raS— 134.
68 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
da die herrschende Facies den Charakter einer litoralen Pelecypoden-
Fauna trägt. Die wichtigsten Zweischaler sind:
Trigonia Keferstetni Goldf,
Corbis Mellingi Hau.
Cardita Gümbeli Pickl.
Corbula Rostkomi BotU
Nuculä stdcellata Wissm.
Hömesia Joliannis Austriae Klipst.
Pema aviculaeformis Emmr. /^= P. Boiiii Hau.)
Pecten Hellii Emmr. /^== P. filosus Hau.)
Solen caudatus Hau.
Pachycardia Haueri Mojs.
Megalodus carinthiacus Bout^
Cardinia problematica Klipst.
Trigonia elongata Hau.
Ostrea Montis Caprilis Klipst.
Halobia rugosa Gümb.
Myoconcha lombardica Hau.
„ Curionii Hau.*)
Unter den Cephalopoden erfreuen sich grösserer Verbreitung:
Nautilus Widfeni Mojs.
Camites floridus Wulf, und
• Arcestes cymbiformis Wulf.
Der Riff-Facies gehören an:
Chemnitzia eximia Hörn,
gradata Hörn,
formosa Klipst.
Rosthorni Hörn,
alpina Eichw.
Natica plumbea Hörn.
Nerinea prisca Hörn.
Turbo Suessi Hörn.
„ sid)coronatus Hörn.,
sowie Megalodonten. Reiche Fundorte dieser Facies sind: Unterpetzen
in Kärnten **), wo mit den Gasteropoden noch eine grössere Zahl
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♦) Vgl. Fr. V. Hauer, Ein Beitr. z. K. der Fauna der Raibler Schichten.
Sitz.-Ber. k. k. Akad. d. W. Wien, Bd. XXIV. — Verzeichnisse der Raibler Fauna
liefern auch Gümbel, Bayer. Alpengebirge, pag. 272, und Stur, Geologie der
Steiermark, pag. 282.
**) Die weissen Kalke dieser Fundstelle liegen unter den litoralen Raibler
Schichten und wurden bisher als ein Älteres Glied betrachtet. Ich habe aber bereits
erwähnt, dass nach den Cephalopoden kein Unterschied des Alters zwischen den
Raibler Schichten und der obersten Hallstätter Zone besteht.
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mit besonderer Rücksicht auf SCdtirol. gg
von Cephalopoden aus der Zone des Trachyc. Aanoides*) der Hall-
stätter Kalke vorkommt, und Eisengraben bei RaibI, wo sich zahl-
reiche Chemnitzien und Megalodonten in dem den Raibler Schichten
zwischengelagerten Dolomite finden. Chemnitsia alpina ist in den
Raibler Schichten des Schiern nicht selten.
Die Pflanzen des Lunzer Sandsteines nach den Bestimmungen
Stur's sind:
Equisetites arenacais Jaeg.
brevivaginattis St.
nerzfasoz'aginatus St.
gamingiatius E^t.
Calamites Meriani Brg.
Acrostichites Lunzensis St.
NcMropteris remota Pressi.
Clathropteris retiadata Kurr.
Alethopteris Lunzensis St.
„ Meriani Brg.
Danaeopsis marantacea Pr.,
„ Simplex St.
Ptcrophyllum Haidingeri Goepp.,
Gümbeli St.
Haiieri St.
Pichleri St.
lunzefise St,
Lipoldi St.
Meriani Heer,
breinpenne Kurr.
Jaegeri Brg.
Riegeri St.
Zaniites lunzensis St.
8. Die Schichten ä^v Aviaäa exilis und des Turbo solitarius.
Die bereits in den Raibler Schichten beginnende Facies der lichten
Megalodontenkalke und Dolomite (Dachsteinkalk und Dolomit,
Hauptdolomit) erreicht über denselben eine allenthalben sehr be-
deutende Mächtigkeit (6 — 1200 Meter). Leider ist diese so ansehn-
liche und (lir den Aufbau des Gebirges so massgebende Kalk-
formation in biologischer Beziehung ausserordentlich einförmig, so
dass wir hier eine der empfindlichsten Lücken in der Kenntniss der
Triasfaunen zu constatiren haben.
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*) Bezüglich der reichen Cephalopoden-Kauna dieses Horizontes verweise ich
auf mein grösseres Werk: Das Gebirge um Hallstatt.
^O Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Die vorzüglich durch verschiedene Arten der Gattung Megalodus
charakterisirte Facies reicht in manchen Gegenden, wie im südöst-
lichen Tirol, durch die rhätische Stufe hindurch bis in den Lias
hinauf, ohne durch die Zwischenlagerung abweichender Faciesgebilde
unterbrochen zu werden. In solchen Districten wird die Ausscheidung"
des rhätischen und liasischen Antheils sehr schwierig, meistens sog'ar
undurchführbar. Vielleicht wird mit der Zeit die genauere Kenntniss
der Megalodonten und der Foraminiferen Anhaltspunkte zur Unter-
scheidung mehrerer Horizonte geben. Vor dem Beginn der rhätischen
Stufe tritt im ganzen Bereiche der Alpen nirgends eine Unter-
brechung durch eine biologisch und petrographisch abweichende
Facies ein, abgesehen von der Einschaltung von fischfiihrenden
Asphaltschiefem in Nordtirol und in Val Trompia und von den
Korallenrißmassen der Salzburger Hochalpen. Aus diesem Grunde
ist es, vorläufig wenigstens, nicht möglich den genauen historischen
Werth des kamischen Dachsteinkalkes zu ermitteln. Dass derselbe
zum mindesten Einem guten palaeontologischen Horizont entspricht,
geht aus den Fossilien der Südalpen (sowie aus den wenigen Ce-
phalopoden des salzburgischen Korallerikalks) hervor. Aber es darf
nicht übersehen werden, dass anderwärts ein mehrfacher Wechsel
der Fauna eingetreten sein könnte, ohne bei der Fortdauer der
gleichen physikalischen Verhältnisse in den Alpen wahrnehmbare
oder mit jenen Aenderungen correspondirende Spuren zurückgelassen
zu haben.
Die triadischen Megaloduskalke besitzen eine grosse Analogie
mit den oberjurassischen Diceraskalken und es scheinen in der That
beide die gleiche chorologische Rolle gespielt zu haben. Beide stehen
in ganz analogen Beziehungen zu Korallriflfbildungen. Im Salzbur-
gischen lehnen sich die Megaloduskalke unmittelbar an mächtige
Korallenriffe an und starke Bänke von Korallenkalk alterniren häufig
mit Megalodusbänken. Auch in den Korallenkalken selbst sind Me-
galodonten nicht selten. Einige Analogie mit den Megaloduskalken
zeigen auch die in der südeuropäischen Kreide so weit verbreiteten
Rudistenkalke. In den heutigen Korallenriffen vertreten, wie es
scheint, die grossen Tridacna-Y oxva^xi die Megalodonten der Trias
und die Diceraten des Jura.
Ausser Megalodonten und Korallen kommen im kamischen
Dachsteinkalk noch etliche Pelecypoden und Gasteropoden vor, unter
denen Avicula exilis und Turbo solitariits die verbreitetsten sind. Einige
reiche Fundstellen von Gasteropoden (wie es scheint, meistens neue
Arten) wurden von Prof Hörn es innerhalb unseres Gebietes entdeckt
(Val di Rin bei Auronzo und Val Oten bei Pieve di Cadore).
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mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. ^I
In den lombardischen Alpen spielen Dactyloporiden eine
grosse Rolle. Die in den tieferen triadischen Horizonten herrschende
Gattung Diplopora wird nach Benecke's Untersuchungen durch die
erst in diesem Niveau auftretende Gattung Gyroporella ersetzt. Durch
Peters wurden aus verschiedenen Gegenden der Alpen Einschlüsse
anderer Foraminiferen-Gattungen bekannt. Ein Punkt, welcher in
dieser Beziehung besonders Interesse erweckt, ist das Echemthal
bei Hallstatt, dessen Kalke zum grössten Theile aus Globigerinen
bestehen. *)
Fossilien des kamischen Dachsteinkalks:**)
Megalodiis Gütnbeli Stopp,
cotnplanatus Gümb,
MojsvdriHor.
Damesi Hör.
Tofanae Hör.
Dicerocardium Wtdfeni Hau,
Ragazzonii Stopp.
Jani Stopp.
Curionii Stopp.
Hemicardium dolomiticiim Lor.
Avicula exilis Stopp.
Area rtidis Stopp.
Trigonia Baisami Stopp.
Trigonodtis sttperior Lor.
Mytilus radians Stopp.
„ Corncdiae Stopp.
Myoconcha Brunturi Hau.
Gervillia salvata Brunn, sp.
Pinna reticularis Ben.
Turbo solitarius Ben.
Taramellii Stopp.
Segtienzae Stopp.
Natica longiuscula Stopp.
Chemnitzia eximia Hörn. '
Turrite/la Trompiana Ben.
„ lombardica Ben.
Pleurotomaria bizini Stopp.
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*) Peters im Jahrb. Geol. R.-A. i863, pag. 294.
♦♦) Stopp an i, Paläontologie lombarde. Couches )a, Avicula contorta. Appendice.
Benecke, Trias und Jura in den SOdalpen. Gcogn. pal. Beitr. 1.; Loretz
in Zeitsch. D. Geol. Ges. 1875, pag. 833; Gümbel, Nulliporen. Abh. Münchener
Akad. II. GL XI. Bd. I. Abth.
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72 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Delphinida Escheri Stopp,
diadema Stopp,
pygmaea Stopp,
Rissoa alpifia Gümb,
Gyroporella i^esiculifera Gümb,
Die nordtirolischen Asphaltschiefer (Seefelder Schichten) ent-
halten:
Teiragonolepis Bau^i Ag,
Semionotus latus Ag,
„ striatus Ag,
„ macropicrus Schafh,
Lepidotus panndus Ag.
ontatus Ag,
speciosus Ag,
Pholidophonis latiiisculus Ag,
pusillus Ag,
dorsalis Ag.
fürcatus Ag,
Psephoderma alpinum H, v. M.
Araiicarites alpinus Gümb, sp.
Die rhätische Stufe. Diesem obersten Abschnitte der Trias
entspricht nur eine einzige palaeontologische Phase, die Zone der
Aincula contorta, welche durch ihre gleichmässige Verbreitung über
das Süd- und mitteleuropäische Triasgebiet eine besondere Wichtig-
keit erlangt. Ueber ihre systematische Stellung gehen die Anschau-
ungen noch immer auseinander. Die italienischen und französischen
Gelehrten verbinden die rhätischen Bildungen mit den beiden untersten
liasischen Zonen zu einer Formationsgruppe, welche sie ^Infralias*
nennen. In Oesterreich hat man sich daran gewöhnt, die rhätischen
Ablagerungen (lir sich allein als eine besondere, zwischen Trias und
Jura eingeschaltete Formation zu betrachten, wodurch man am
besten die Streitfrage über die Zutheilung der rhätischen Gebilde
zu lösen dachte. Die deutschen Geologen stellen die Zone der
Avictda contorta als oberstes Glied zur Trias.
Die Aufstellung einer selbständigen rhätischen Formations-
gruppe zwischen Trias und Jura würde eine allzu ungleichwerthige
Eintheilung der mesozoischen Bildungen bedingen und leicht zu
falschen Vorstellungen über die Bedeutung der rhätischen Bildungen
führen. Denn an chronologischem Werthe kommt die rhätische Stufe
nur je einer der zahlreichen Zonen der Trias und des Jura gleich.
Eine Einheit einer Vielheit als gleichberechtigten Factor zu coordi-
niren, wäre weder zweckmässig noch consequent. Auch gegen die
mit besonderer Rücksicht auf SOdtirol. y^
befürwortete Einbeziehung der kamischen Dachsteinkalke in die
rhätische .Formation*, um dieser eine grössere verticale Ausdehnung
zu geben, sprechen sachliche und utilitäre Gründe. Das Erscheinen
liasischer Vorläufer, insbesondere die Rückkehr der Ammoniten-
Gattung Aegoccras verleiht den echten rhätischen Ablagerungen
einen chorologisch scharf präcisirten Charakter, welcher in der Be-
schränkung der Bezeichnung ,Rhätisch* auf die Zone der Avictda
contorta seinen besten Ausdruck findet. Auf die Identität der Facies in
den kamischen und rhätischen Dachsteinkalken kann kein Gewicht
gelegt werden. Wollte man das Auftreten von Megaloduskalken als
bestimmend ansehen, so müsste man die Grenzen nach unten und
oben ausdehnen, da in den Alpen Megaloduskalke ausser in den
Raibler Schichten auch noch im Lias vorkommen. Ein weiteres Ar-
gument zu Gunsten der engeren Fassung der rhätischen Stufe bUdet
die geographische Verbreitung der Zone der Aviada contorta. Es
erleichtert die Verständigung, wenn die alpinen und ausseralpinen
Ablagerungen, in Fällen, wo eine wirkliche Uebereinstimmung statt-
findet, auch gleich massig gruppirt und benannt werdeft. Dehnt man
aber die Bezeichnung ,Rhätisch* auf die kamischen Dachsteinkalke
aus, so muss man auf diesen VortheU verzichten. Der Einbmch des
mediterranen Triasmeeres in die mitteleuropäischen Triasgegenden
ist aber doch ein Ereigniss von solcher historisch-geographischer
TragA\'eite, dass dasselbe auch in der stratigraphischen Nomenclatur
fixirt zu werden verdient.
Weit mehr Berechtigung, als der Euibeziehung des kamischen
Dachsteinkalks, würde der Vereinigung mit den unterliasischen Zonen
nach dem Vorgange Stoppani's und der Franzosen zugestanden
werden müssen, wenn es sich um eine neue Gmppirung der meso-
zoischen Formationen überhaupt handelte. Es würde dadurch die
Anomalie beseitigt, dass die rhätische Stufe nur aus einer einzigen
Zone besteht. Vom chorologischen und historisch-geographischen
Standpunkte wäre der »Infralias* eine ziemlich natürliche europäische
Gruppe, welche an die Basis des Jura-Systems gestellt werden
müsste.
Die von den deutschen Geologen angenommene Zutheilung
der rhätischen Stufe zur Trias findet in der herkömmlichen Abgren-
zung zwischen Trias und Jura ihre Rechtfertigung. Es kann zu
Gunsten derselben darauf hingewiesen werden, dass vor der durch
die alpinen Forschungen herbeigeführten Auffindung der rhätischen
Fauna die obere Grenze der Trias palaeontologisch nicht festgestellt
war, während die untere Grenze des Jura bereits durch die Zone
des Aegoccras planorbis bestimmt und klar fixirt war.
74 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
9. Die Kössener Schichten. Unter dieser Bezeichnung
werden die verschiedenen mergeligen, fossilreichen Facies der rhäti-
schen Stufe in den Alpen zusammengefasst. Sie bilden den Typus
der rhätischen Stufe. Wo die Facies der Megaloduskalke (Dachstein-
kalk) durch die rhätische Stufe reicht, da ist in der Regel die Grenze
gegen den kamischen Dachsteinkalk schwer oder gar nicht zu be-
stimmen. Fast zur Unmöglichkeit aber wird die Ausscheidung der
rhätischen Stufe in solchen Gegenden, wo auch der Lias durch |
lichte fossilarme Kalke und Dolomite repräsentirt wird, wie dies in
unserem Gebiete in der Regel der Fall ist.
Die Fauna der Kössener Schichten besteht vorzugsweise aus
Pelecypoden und Brachiopoden. Gasteropoden sind selten und ver-
einzelt. Noch sparsamer treten Cephalopoden auf Charakteristisch
ist das heerdenweise Auftreten der häufigeren Formen, insbesondere
der Pelecypoden und gewisser Brachiopoden (Terebr, gregariaj. Je
eine oder einige wenige Arten erfüllen mit Ausschluss aller übrigen
Formen ganze Bänke. Die gleiche Erscheinung bemerkten wir be-
reits von den Raibler Schichten. Auch die Megalodusbänke des
Dachsteinkalks fallen in eine analoge chorologische Kategorie.
Auf Grundlage des von Suess und mir aufgenommenen Profils
in der Osterhomgruppe im Salzburgischen hat Suess*) eine Reihe
von Facies unterschieden, welche in einem gewissen mittleren Striche
der Nordkalkalpen stets in der gleichen Aufeinanderfolge erscheinen.
a. Die tiefste Lage nimmt die schwäbische Facies ein. Es ist
dies die reine Pelecypoden-Facies, welcher Brachiopoden noch
fehlen. Mytilus minutus, Anomia alpina, Anatina praecursor, Anat
Suessi, Cardita austriaca, Gervillia inflata, Avicula contorta sind
die häufigsten Formen.
In Wechsellagerung mit den diese Zweischaler führenden
Bänken treten stets noch Megaloduskalke auf Zugmayer**) fand
im Piestingthale in Niederösterreich in solchen Megaloduskalken
breccienartige Partien erfüllt von zahlreichen Zähnen, Knochensplittern
und Koprolithen von Fischen^ welche mit rhätischen Bonebed-Arten
übereinstimmen.
Bios die Vorkommnisse dieser Facies (natürlich mit Ausnahme
der in den Alpen zwischengelagerten Megaloduskalke) finden sich
in den ausseralpinen rhätischen Ablagerungen Europa's wieder.
♦) Jahrb. Geol. R.-A. 1868, pag. 167—200.
**) Jahrb. Geolog. R.-A. 1874, pag. 79.
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol.
75
b. In der folgenden karpathischen Facies treten zu den noch
immer bankweise eingeschalteten schwäbischen Zweischalem
Terebrattäa gregaria und Plicatula intusstriata. Zu Tausenden
erfüllt Terebr. gregaria ganze Bänke, in welchen neben ihr
nur Plic, intusstriata häufiger erscheint
Die karpathische Facies unterscheidet sich daher von der
schwäbischen Facies nur durch das Hinzutreten der Terebratel-Bänke.
c. An dieser Stelle ist im Osterhom-Profil eine grössere Korallen-
kalkmasse eingeschaltet, der sogenannte ,Hauptlithodendron-
kalk*, im Piestingthale erscheint ein lichter Kalk mit Brachio-
poden (Starhemberger Schichten). Aehnliche Gesteine, welche
der Kategorie des Dachsteinkalks zuzuzählen sind, treten in
den tirolisch-bayerischen Alpen und in der Lombardei häufig
in den oberen Theilen der rhätischen Bildungen auf und ent-
halten neben Korallen Megalodonten.
d. Die Kössener Facies umfasst die dunklen, mit schiefrigen
Lagen wechselnden Brachiopodenkalke. Die sogenannten Star-
hemberger Schichten, welche dieselben Brachiopoden enthalten,
sind lichte, roth oder gelb geflaserte Kalke, welche in den
niederösterreichischen Alpen Einlagerungen sowol in der reinen
Dachsteinkalk - Facies als auch in den dunklen mergeligen
Kössener Schichten bilden.
Die Kössener (Starhemberger) Facies lässt sich daher auch
als die rhätische Brachiopoden-Facies bezeichnen. Sehr verbreitet
sind insbesondere: Terebr, pyriformis, Rftynchanella ßssicostata, Rli,
subritnosa, Spirigera oxycoipos. Dazu noch von Zweischalem: Pecten
acuteauritus und Avicula Kössenensis,
e. In der Salzburger Facies tritt die artenarme Cephalopoden-
Facies der rhätischen Stufe mit Choristoceras Marshi und Aego-
ceras planorboides auf Bänke mit den Fossilien der Kössener
Facies begleiten dieselbe.
Wir unterscheiden daher in der mergeligen Serie der rhätischen
Bildungen eine Zweischaler-, zwei Brachiopoden- und eine Cephalo-
poden - Facies. Die Reihenfolge entspricht offenbar einer regel-
mässigen, allmählichen Stufenfolge verschiedener Tiefenzonen, die
Bildungen mit litoralem Typus zu unterst. Die in Verbindung mit
der schwäbischen Pelecypoden - Facies auftretenden karpathischen
Brachiopoden mögen einer seichteren Region angehört haben,
als die später folgenden Brachiopoden der Kössener Facies, in
deren Gebiet sich die feinkörnigen thonreichen Cephalopoden-
Schichten finden. Indessen dürften die Kössener Brachiopoden das
76 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Vorrecht einer grösseren verticalen Verbreitung durch mehrere
Tiefenzonen besessen haben^ da sie sich ja auch in den sogenannten
Starhemberger Schichten finden.
Die Facies der lichten Dachsteinkalke gilt als diejenige Bildung,
in welcher der pelagische Charakter am meisten hervortritt. Sofern
man den Begriff »pelagisch* nicht mit Tiefseebildung identificirt,
lässt sich gegen diesen Gebrauch nichts einwenden. Mechanisch
herbeigetragenes Sediment ist den lichten Megaloduskalken ebenso
fremd, wie den lichten Riffkalken der älteren Triasstufen. In beiden
Fällen haben wir es mit rein zoogenen Gesteinen zu thun, welche
in ungetrübten Meeresregionen gebildet wurden. In diesem Sinne
ist nun die Bezeichnung ,pelagisch* zutreffend, und es ist der Ent-
scheidung über die chorogenetischen Verhältnisse der Dachsteinkalke
in keiner Weise vorgegriffen. Gegen die Annahme einer Bildung*
auf tiefem Meeresgrunde sprechen mancherlei Gründe. Zunächst
ist auf das heerdenweise Vorkommen der Megalodonten, welche
ganze Bänke mit Ausschluss anderer Mollusken erfüllen^ hinzuweisen
Sodann ist das Fehlen der Cephalopoden in allen Dachsteinkalken
sehr auffallend. Das regelmässige Altemiren von Megalodusbänken
mit petrographisch stets abweichenden Megalodus leeren Kalken weist
auf Aenderungen der Lebensbedingungen in regelmässigen Perioden
hin. In wirklichen Tiefseebildungen ist ein derartig rascher Wechsel
undenkbar. Das oben erwähnte Zusammenvorkommen der schwäbi-
schen und karpathischen Facies mit Megaloduskalken und die Ab-
wesenheit derselben in den Schichtencomplexen, welche die Cephalo-
poden-Facies umschliessen, sind mit der Annahme grösserer Tiefen-
zonen als Bildungsstätte der Dachsteinkalke unvereinbar. Ebenso
sprechen, wie bereits Zugmayer treffend bemerkte, die bonebed-
artigen Vorkommnisse im Megaloduskalk gegen eine solche. Auch
die Wechsellagerung mit Raibler Schichten und die Verbindung mit
Gypsen und Rauchwacken an der Basis des kamischen Dachstein-
kalks können als Gegenargumente angeführt werden.
Zu Gunsten der gegentheiligen Auffassung könnte nur das durch
Peters' Untersuchungen constatirte Vorkommen von Globigerinen
im Dachsteinkalke des Echemthales bei Hallstatt in das Treffen
gefuhrt werden.
Durch die wichtigen Ergebnisse der englischen Challenger-
Expedition wurde indessen nachgewiesen, dass die Globigerinen,
weit entfernt in den grossen Tiefen, in denen man ihre zu Boden
gesunkenen Gehäuse findet, zu leben, im Gegentheil blos die ober-
flächlichen Schichten des Oceans bevölkern. Daraus dürfte wol zu
folgern sein, dass reine, durch mechanisches Sediment ungetrübte
mit besonderer Rücksicht auf Sodtirol. yj
Meeresregionen den Lebensbedingungen der Globigerinen besonders
entsprechen. Die Tiefe des Meeres erscheint nebensächlich. Es ist so-
nach nicht abzusehen, warum diese in ungeheurer Individuenzahl nahe
der Oberfläche des Meeres flottirenden Thierchen nicht auch in der
nächsten Nachbarschaft von lebenden Riffen, wo die äusseren Ver-
hältnisse ihrem Gedeihen häufig günstig sein werden, gedeihen sollten ?
Die geographische Verbreitung der verschiedenen rhätischen
Facies ist in den Alpen noch nicht mit der wünschenswerthen
Genauigkeit erforscht, um ein zusammenhängendes Bild geben zu
können. Nicht ohne Interesse ist jedoch die räumliche Vertheilung
der mergeligen Kössener Schichten und des Dachsteinkalkes. In
Vorarlberg und Nordtirol mit den zugehörigen bayerischen Alpen
nehmen die Kössener Schichten die ganze Breite der Kalkalpen
ein, Megaloduskalke sind zwar eingeschaltet^ erreichen jedoch nur
am Nordsaume in den bayerischen Alpen in der oberen Hälfte der
rhätischen Bildungen einige Bedeutung. Vom Salzburgischen gegen
Osten zieht am Südrande der Kalkalpen ein reiner (bereits im
Kamischen beginnender) Dachsteinkalkstreifen hin, welchem im
Osten brachiopodenreiche Bänke eingelagert sind. Die mergelige
Kössener Entwicklung streicht in einer nördlicheren parallelen Zone
hin und es scheint, dass dieselbe ebenfalls in Parallelzonen zerfällt.
Am nördlichen Rande verläuft, wie es scheint, eine Zone mit den
schwäbischen und karpathischen Fossilien und zwischen dieser und
der südlichen Dachsteinkalk-Zone liegt ein Streifen mit der reichen
heteropischen Reihenfolge des Osterhorn-Profils.
In den Südalpen, östlich vom Gardasee, nimmt die ganze
Breite der eigentlichen Südkalkalpen die Dachsteinkalk-Facies ein,
welche hier, wie bereits erwähnt, vom isopischen kamischen Dach-
steinkalke gar nicht und vom Lias nur sehr uhsicher getrennt werden
kann. Nördlich davon^ in dem merkwürdigen schmalen Gebirgs-
streifen mesozoischer Bildungen, welcher zwischen dem palaeozoischen
Gailthaler Gebirge und der Hauptkette der Karavanken einerseits
und den krystallinischen Schiefern der centralen Zone andererseits
liegt, mithin in dem Lienz-Villacher Gebirge und in den nördlichen
Karavanken, findet sich die mergelige Kössener Entwicklung wieder.
Hier herrschen also die umgekehrten Verhältnisse. In der Nachbar-
schaft der Centralalpen eine Zone mit der mergeligen Kössener
Entwicklung (schwäbische und karpathische Facies) und im Süden
davon ein ausgedehntes Revier mit ausschliesslicher Dachsteinkalk-
Entwicklung.
In den lombardischen Alpen sind rhätische Ablagerungen
nur in einer, den Südrand begleitenden Zone bekannt. Die Kössener
yS Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Entwicklung (mit schwäbischem und karpathischem Charakter) w-altet
hier in der unteren, die Dachsteinkalk-Entwicklung in der oberen
Hälfte vor.
Eine sorgfältige Zusammenstellung der reichen rhätischen
Fauna hat A. v. Ditmar *) geliefert, auf dessen Arbeit ich hiermit
verweise.
Ich schliesse zur leichteren Uebersicht der gegenseitigen Ver-
hältnisse der beiden alpinen Triasprovinzen und des germanischen
Trias-See's tabellarische Zusammenstellungen an, in welchen auch
das Auftreten und die Ausdehnung der wichtigsten heteropischen
Formationen ersichtlich gemacht ist.
Jurassische Bildungen.
Wir gelangen nunmehr zur Besprechung einer Formationsreihe,
deren Parallelisirung mit den gleichzeitigen mitteleuropäischen Bil-
dungen keinen Schwierigkeiten unterliegt. Nach dem zur rhätischen
Zeit stattgehabten Einbrüche des Meeres in das vorher isolirte mittel-
europäische Triasbecken erhielt sich die hergestellte Communication
mit dem südeuropäischen Meere bis zum Schlüsse der Jura-Periode.
Die biologische Uebereinstimmung der beiderseitigen Ablagerungen
ist in Folge dessen eine sehr grosse. Unsere Aufgabe wird sich
darauf beschränken, die Eigenthümlichkeiten der alpinen (medi-
terranen) Ablagerungen zu besprechen.
Das hervorstechendste biologische Merkmal der mediterranen
Jura-Provinz besteht nach Neumayr in dem Vorherrschen der
Ammonitiden-Gattungen Phylloceras und Lytoceras. Diese beiden Ge-
schlechter erscheinen sowol nach der Anzahl der Formen, als auch
nach den numerischen Verhältnissen als heimatsberechtigte Bürger
der mediterranen Gewässer, während sie nur in wenigen Formen
und in beschränkter Individuenzahl, als Fremdlinge, in einigen Hori-
zonten des mitteleuropäischen Jura vorkommen.
Im Lias gesellt sich zu diesen Gattungen das bereits zur Trias-
zeit in den mediterranen Gewässern heimische Belemnitidengeschlecht
Au/acoceras **) und in den obersten Jura-Zonen die Ammonitiden-
Gattung Simoccras und die Gruppe der Tcrebratula diphya.
♦) Die Contorta-Zone.
**) Die zartschaligen, innen stets von Kalkspath erfollten Rostra finden sich
wegen ihrer Gebrechlichkeit weit seltener in den Sammlungen, als die isolirten
Alveolen, welche die unrichtigen, alteren Angaben Ober das Vorkommen von Oti^iO-
ceras im alpinen Jura verschuldet hatten.
mit besonderer Rockslcht auf SQdtirot.
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MojsiaoTics, Dolomitriffe.
82 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Osttlpen
Diese eigenthümliche Beschränkung bestimmter Typen auf das
südliche Meer lässt sich am ungezwungensten mit Neumayr durch
die Annahme klimatischer Verschiedenheiten erklären.
Es wurde bereits bei Besprechung der triadischen Bildungen
(s. S. 49) erwähnt, dass zwei wichtige Ammonitengattungen des
Lias, Aegoceras und Amaltheus (Gruppe der Oxynott)^ im Muschel-
kalk der mediterranen Provinz durch typische Formen vertreten
sind, den norischen und kamischen Ablagerungen derselben Provinz
aber fehlen. Wir haben daraus auf ein uns noch unbekanntes fernes
Meer geschlossen, in welchem sich diese Gattungen fortentwickelten,
bis sie in Begleitung einiger neuen Formen zur Zeit der rhätischen
Stufe und des unteren Lias in Europa wieder erscheinen.
Eine heterotopische Fauna besiedelt sonach am Beginn der
Jura-Periode die süd- und mitteleuropäischen Meere. In einem für die
palaeontologische Begründung der Descendenzlehre höchst wichtigen
Aufsatze hat Neumayr*) soeben nachgewiesen, dass die Ammoni-
tiden und Belemnitiden des mitteleuropäischen Jura sich in zwei
heterotopische Kategorien einreihen lassen. Die eine Kategorie um-
fasst die grosse Anzahl von Formen, welche aus der mediterranen
Provinz in das mitteleuropäische Meer theils zu dauernder Besiede-
lung und Fortentwickelung, theils als temporäre Colonisten einwan-
derten. Unter diesen Formen kann man wieder unterscheiden
zwischen solchen, welche, wie Lytoceras und Phylloceras im mittel-
ländischen Meere heimisch geworden waren, und solchen, welche aus
ferneren Meeren kommend, in der mediterranen Provinz um eine
oder mehrere Zonen früher erschienen, als in Mitteleuropa. Die zweite
Kategorie umfasst diejenigen Formen, deren heterotopische Abstam-
mung zwar sicher, deren indirecte Einwanderung aus der mediter-
ranen Provinz aber zweifelhaft ist. Neumayr nennt diese Formen
kryptogen und unterscheidet im Ganzen sieben Perioden der Ein-
wanderung kryptogener Typen. Die Mehrzahl derselben findet sich
auch in der mediterranen Provinz. Nach der Art ihres Auftretens
ist es nach Neumayr im hohen Grade wahrscheinlich, dass dieselben
aus uns unbekannten Gebieten des Jurameeres in der Weise ein-
gewandert seien, dass jede Periode ihres Auftauchens einer grossen
geologischen Veränderung entspricht, durch welche neue Communi-
cationen zwischen bis dahin mehr oder weniger vollständig isolirten
Meeresbecken hergestellt wurden.
*) lieber unvermittelt auftretende Cephalopodent^'pen im Jura Mitteleuropa^s.
Jahrb. Geol. R.-A. 1878, p, 37—80.
mit besonderer Rücksicht auf SOdtiroI.
83
Da die übrigen Mollusken-Ordnungen in den alpinen Ablage-
rungen gegenüber den Cephalopoden sehr zurücktreten, so lässt sich
über den vorherrschenden Charakter derselben wenig sagen.
Nur von Brachiopoden kennt man in den Alpen einige formen-
reichere Faunen mit einer Anzahl eigenthümlicher Formen. Ausser-
halb der Alpen kommen aber typische Brachiopoden - Facies im
Jura sehr selten vor und ist ein Vergleich aus diesem Grunde
ausgeschlossen.
In lithologischer Beziehung unterscheiden sich die alpinen Ab-
lagerungen — wir haben hier immer nur das ostalpine Gebiet im
Auge — wesentlich von den ausseralpinen Geßteinen. Gelbe und
rothe marmorartige Kalke, helle, reine Crinoidenkalke, graue und
weisse dichte Kalke, Mergelkalke mit Fucoiden (Fleckenmergel),
bunte Homsteinkalke, endlich hellweisse Korallenkalke treten als
heteropische Bildungen in den Alpen auf. Rein thonige und
schiefrige ^Ablagerungen treten ebenso sehr wie Sandsteine zurück.
Die erwähnten Gesteine, welche im ganzen Gebiete der Ostalpen
und Karpathen mit stets gleichen Charakteren wieder erscheinen,
besitzen einen eigenthümlichen, unverkennbaren Habitus. Unter den
triadischen Bildungen der Alpen, insbesondere der juvavischen
Provinz wiederholen sich die gleichen Gesteinstypen, und es bedarf
grosser Uebung und eines geschärften Blickes, um nach den gering-
fugigen habituellen Unterschieden das genaue Alter oder die specielle
Herkunft eines Gesteins lediglich nach der lithologischen Beschaffen-
heit bestimmen zu können.
Es war vor einiger Zeit die Ansicht sehr verbreitet, dass die
Vergesellschaftung der Arten im alpinen Jura eine andere sei, als
im mitteleuropäischen und dass sich insbesondere in den Alpen die
Fossilien mehrerer ausseralpinen Zonen in einer einzigen Schicht
vereinigt fänden. In so weiter allgemeiner Fassung ist dieser Satz
entschieden unrichtig. Die Erfahrungen des letzten Jahrzehents haben
vielmehr gezeigt, dass nicht nur die Aufeinanderfolge der Faunen
im Grossen die gleiche innerhalb und ausserhalb der Alpen ist,
sondern dass auch in Bezug auf die feineren, scheinbar gering-
fugigen Niveau -Unterschiede eine auffallende Uebereinstimmung
zwischen den beiden Gebieten besteht. Aber es würde ebensowol
der Erfahrung, als auch einer ruhigen sachgemässen Ueberlegung
widersprechen, wenn man umgekehrt behaupten wollte, dass alle die
im mitteleuropäischen Jura aufgestellten Zonen in gleicher Schärfe
auch für das mediterrane Gebiet Geltung haben müssten. Der For-
schung ist in dieser Richtung noch ein weites Feld offen, und es
lässt sich der Satz rechtfertigen, dass erst durch vergleichende Unter*
6*
Sa Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
suchungen der Bildungen der beiden Provinzen der wahre chrono-
logische Werth der einzelnen Zonen festgestellt werden kann.
Es ist hier der Ort, einer eigenthümlichen Schwierigkeit zu
gedenken, welche der Erforschung der alpinen Ablagerungen der
Trias und des Jura grosse Hindernisse in den Weg legt. Die Kr-
scheinung ist unter der Bezeichnung ^^Lückenhaftigkeit* der
alpinen Sedimente bekannt und nur aus dem Grunde beim Jura weit
auffallender, als bei der Trias, weil bei jenem die stete Beziehung
auf die genau bekannten gleichzeitigen Gebilde der mitteleuropäischen
Provinz eine scharfe Orientirung gestattet Wäre man, wie für die
Trias, so auch für den Jura auf das alpine Gebiet allein angewiesen,
so bestünden nicht nur noch viele Controversen über das relative
Alter einzelner Ablagerungen, sondern es würden auch manche
altersverschiedene Gebilde aus Mangel an hinreichenden Daten und
wegen der Gemeinsamkeit oder nahen Verwandtschaft einiger weniger
Fossilien in das gleiche Niveau gestellt und fiir gleichzeitig gehalten
werden.
Das Wesen dieser fiir die Alpen geradezu charakteristischen
Lückenhaftigkeit besteht nun darin, dass die meisten der fossil-
führenden Ablagerungen, weit entfernt continuirliche, über grössere
Strecken verbreitete Schichten zu bilden, nur sporadisch auftretende
linsenförmige Einschaltungen darstellen. Die Zahl der in den Ost-
alpen und Karpathen aufgefundenen altersverschiedenen Glieder ist
eine ziemlich beträchtliche, aber vergebens sucht man nach Profilen,
in welchen die Aufeinanderfolge aller dieser Glieder nachweisbar
wäre. Nahe gelegene Durchschnittslinien zeigen häufig grosse Ver-
schiedenheiten. An die Stelle fehlender Horizonte treten scheinbar
andere und wegen der bereits erwähnten grossen Constanz des Ge-
steinsmaterials wäre man häufig in der Lage, grobe Fehlschlüsse zu
ziehen, wenn nicht die vorkommenden mitteleuropäischen Fossilien
einen sicheren Leitfaden darbieten würden. Einige Zonen sind bis
jetzt nur von ganz vereinzelten Localitäten bekannt, welche wenig
oder gar keinen Aufschluss über deren Alter gewähren. In innigem
Zusammenhang mit diesen Erscheinungen steht die ausserordentlich
wechselnde Mächtigkeit der jurassischen Gesteine selbst. Nur einige
wenige Horizonte weichen von dieser zur Regel gewordenen Unregel-
mässigkeit ab und besitzen regional einen grösseren zusammenhän-
genden Verbreitungsbezirk. Für die rasche Orientirung des reisenden
Geologen sind diese Glieder von ebenso grosser Bedeutung, wie die
Werfener, Raibler und Kössener Schichten in der Trias.
In der weitaus grösseren Mehrheit der Fälle würde man die
wahre Natur der vorhandenen Lücken gewaltig verkennen, wenn
mit besonderer ROcksicbt auf Südtirol. g^
man zur Erklärung derselben eine Unterbrechung der Sedimentirung
durch eingetretene Trockenlegungen des Meeresbodens annehmen
wollte. Die neueren Erfahrungen weisen mit Entschiedenheit darauf
hin, dass im ganzen Gebiete der Ostalpen, mit Ausnahme einiger
Striche in den salzburgischen und steirisch-österreichischen Alpen,
während der Trias- und Jura-Zeit die Continuität der Meeresbedeckung
niemals unterbrochen wurde.
Es scheint vielmehr, dass sich die Lücken auf zwei Ursachen
zurückführen lassen: Mangel der Fossilien und Mangel an Sediment.
Mit der ersten Erklärungsweise wird man in den meisten Fällen
ausreichen. Bei mangelndem Sediment können selbstverständlich auch
keine Fossilien vorhanden sein.
Der Mangel an Fossilien kann durch verschiedenartige physi-
kalische und chorologische Bedingungen herbeigeführt sein. In der
Regel lässt sich derselbe auf ungünstige Facies- Verhältnisse zurück-
fuhren. Die Fossilfuhrung ist an gewisse Gesteine gebunden, welche
fossilarmen Gesteinen von anderer lithologischer Beschaffenheit
zwischen- oder nebengelagert sind.
Das fossilfiihrende Gestein bildet keine wiederholten Einschal-
tungen, sondern eine geschlossene Masse und häufig ereignet es
sich, dass an derselben Stelle zwei oder mehrere Zonen in isopischer
Ausbildung übereinander folgen. In solchen Fällen ist man wegen
der Uniformität der Ablagerung nur zu leicht geneigt, als ein untrenn-
bares Ganzes zusammenzufassen, was bei eingehenderer Untersuchung
sich als eine Mehrheit darstellt. In den gleichen Fehler verfällt man
aber auch leicht bei den fossilarmen Facies^ welche, da dieselben
eine ganze Reihe von Zonen repräsentiren können, nicht nach ver-
einzelten, darin gefundenen Fossilien bestimmt werden dürfen.
Was die zweite der oben angegebenen Ursachen der Lücken-
haftigkeit, den Mangel an Sediment, betrifft, so müssen wir zugestehen,
dass dieselbe noch etwas hypothetischer Natur ist. In Gegen-
den, wo eine bedeutende Reduction der Mächtigkeit einer grösseren
oder geringeren Reihe von Gliedern vorhanden ist, wo durch diese
Thatsache allein die Spärlichkeit des Sediments nachgewiesen ist,
kann man sich der Vorstellung schwer entschlagen, dass zeitweise
durch Mangel an Sediment die Sedimentbildung entweder ganz
unterbrochen wurde oder doch so langsam erfolgte, dass die Ein-
bettung von Molluskenschalen nicht vor sich gehen konnte. Man
kann, wie Neumayr bemerkte, an stärkere Strömungen denken,
welche die Sedimentbildung verhindern, oder man kann sich Un-
tiefen vorstellen, wo der stärkere Wogenschwall des Meeres allein
86 Uebersicht der permischea und mesozoischen Formationen der Ostalpen
ausreichen dürfte, um den zu Boden sinkenden oder auf dem Boden
sich bildenden Absatz sofort wieder abzuspülen.
Wir übergehen nunmehr zur cursorischen Betrachtung der
ostalpinen Jurabildungen.
I. Der Lias. In einem grossen Theile der Ostalpen gehört
der Lias zu den fossilreichsten Ablagerungen und zeichnet sich
namentlich die Cephalopoden-Facies desselben sehr vortheilhaft durch
eine weitere horizontale Verbreitung aus. Nach den in den Museen
aufgehäuften Fossilien sind sämmtliche Zonen des mitteleuropäischen
Lias, häufig in glänzender Weise vertreten. Ob jedoch die Ver-
gesellschaftung der Formen in der Natur auch wirklich durchaus
der Vertheilung im mitteleuropäischen Lias entspricht, ist noch
keineswegs genügend festgestellt. Zu diesem Zwecke müssten an
einer Reihe günstiger Punkte neue systematische und sorgsam über-
wachte, bankweise vorschreitende Aufsammlungen veranlasst werden.
Auf diese Weise würde auch gleichzeitig das Niveau der zahlreichen,
den Alpen eigenthümlichen Formen ermittelt werden. Was bisher
in dieser Richtung geleistet wurde, sind zwar nur Anfänge, aber
immerhin Erfolg versprechende Recognoscirungen. Für die drei
untersten Zonen fAeg. planorbis, Aeg. angulatum und Arieten-Xon^),
dann für die Zone des Amaltheus fttargaritattis ist der Nachweis der
gesonderten Vertretung erbracht, fiir mehrere andere Zonen ist das
gleiche Verhältniss wahrscheinlich.
Die Cephalopoden-Facies ist durch zweierlei Gesteinstypen ver-
treten: a) den Plattenkalk und b) den Fleckenkalk und Mergel
(gewöhnlich als Fleckenmergel zusammengefasst). Der Plattenkalk
ist von grauschwarzer, gelber oder rother Farbe. Die rothgefärbten
bezeichnet man gewöhnlich als ,Adnether Kalke*. Das Gestein ist
in der Regel knollig und erfüllt von Ammoniten, so dass es Ammo-
nitenkalk genannt werden kann. Die Erhaltung der Fossilien ist
keineswegs eine glänzende. In der Regel ist eine Seite etwas oblite-
rirt. Manche Stücke sehen wie abgerollt aus. Die Knollen endlich,
welche die Hauptmasse des Gesteins bilden, sind wol nichts anderes,
als stark angegriffene und unkenntlich gemachte Ammoniten. Als
untergeordnete Zwischenlagen des Plattenkalkes treten marmorartige
Bänke und Crinoidenkalke auf Auch breccienartige Bänke sind
häufig. Wir betrachten die Plattenkalke als eine stellenweise wieder-
holt aufgewühlte Bildung seichten, aber stark bewegten Wassers.
Die Fleckenmergel (Allgäu-Schichten) sind licht bis dunkel-
graue, muschelig brechende Kalke und Mergel, stellenweise mit
schiefrigen Zwischenmitteln. Selten wird das Gestein auch röthlich.
Von den zahlreich darin vorkommenden Fucoiden, welche sich durch
mit besonderer Rücksicht auf SOdtiroI.
87
dunklere Schattirungen auszeichnen, rührt die Bezeichnung ,> Flecken-
mergel* her. Das Gestein enthält zwar strichweise nicht selten
Ammoniten^ welche dann wqlerhalten sind; gegenüber dem massen-
haften Vorkommen in den Plattenkalken erscheinen jedoch die
Fleckenmergel fossilarm. Hier liegt wol eine Ablagerung aus tieferem
Wasser vor. Die zu Boden gesunkenen Ammonitengehäuse wurden
in dem feinen Kalkschlamm eingebettet, ohne gerollt und zusammen-
geschwemmt zu werden, wie an den Bildungsstätten der Plattenkalke.
Die Plattenkalke und Fleckenmergel gehören in den Nordost-
alpen zu den verbreitetsten Liasgesteinen. In der Regel beginnen
Plattenkalke die Reihe der Liasbildungen und über ihnen folgen
dann Fleckenmergel. Der Gesteinswechsel tritt aber nicht constant
im gleichen Niveau ein und die Zahl der an verschiedenen Punkten
in einer Gesteinsart enthaltenen Zonen ist eine sehr wechselnde,
aber selbstverständlich abhängig von der Zahl der in der andern
Gesteinsart am gleichen Punkte vertretenen Horizonte. Selten reicht
die Plattenkalk-Entwicklung durch den ganzen Lias, häufiger kommt
es vor, dass die Fleckenmergel-Facies bereits in den unteren Lias-
zonen beginnt.
Die Fleckenmergel-Facies bietet häufig die Erscheinung dar,
dass ein unverhältnissmässig grosser Theil der Mächtigkeit blos die
Fossilien einer einzigen Zone umschliesst, während der für die übrigen
Zonen verbleibende Rest nur sehr geringe Mächtigkeit zeigt und
nicht selten auch sehr fossilarm ist.
Die Brachiopoden- Facies tritt in Gestalt lichtrother Marmore
und weisser oder grauer Crinoidenkalke auf und erfreut sich nur
einer etwas beschränkten Verbreitung. Am Südrande der nördlichen
Kalkalpen von Jenbach am Inn bis nach Niederösterreich zieht sich
ein Streifen von isolirten Vorkommnissen hin, welcher der oberen
Abtheilung der unteren Lias angehört und stets auf rhätischem
Megaloduskalk lagert. Die berühmteste Localität dieses Zuges befindet
sich auf dem Hierlatzberge im Dachsteingebirgsstocke, wo neben
den an Masse prävalirenden Brachiopoden auch Gasteropoden,
Pelecypoden und Cephalopoden vorkommen. Gewissermassen den
nördlichen Gegenflügel dieses Zuges bildet ein am Nordrande der
Kalkalpen aus der Gegend von Vils bei Füssen bis nach Nieder-
österreich verfolgter schmaler Streifen crinoiden- und brachiopoden-
reicher Marmore, welcher an einzelnen Punkten nicht nur den grössten
Theil des Lias umfasst, sondern auch durch den Dogger bis in den
Malm reicht, in anderen Gegenden aber nur eine verschieden grosse
Anzahl von liasischen Horizonten repräsentirt Den Zwischenraum
'88 Uebersicbt der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
zwischen diesen beiden Randzonen nehmen die Fleckenmergel- und
Plattenkalk-Facies ein.
Nur in sehr beschränkter Verbreitung tritt in Niederösterreich
am nördlichen Aussenrande der nördlichen Kalkalpen eine aus-
gesprochene Strandfacies im unteren Lias auf. Pelecypodenbänke in
Verbindung mit kohlenführenden Pflanzenschichten herrschen in
dieser, als Grestener Schichten bezeichneten Entwicklung vor. Aber
auch Brachiopodenbänke fehlen nicht. Gleich dem Lunzer Sandstein
der Raibler Schichten bezeichnen die Grestener Schichten den Süd-
rand des hercynischen Festlandsmassivs.
Auch in den Südalpen lassen sich Regionen heteropischer Ent-
wicklung unterscheiden. Eine wichtige heteropische Grenze bildet hier
der Gardasee. Im Westen desselben, in den lombardischen Alpen, scheint
der mittlere und obere Lias allenthalben durch cephalopodenfiihrende
Ablagerungen vertreten zu sein. In der östlichen Lombardei konunen
in grauen Kalken die Ammoniten im verkiesten Zustande vor. Ein
reicher Fundort dieser unter der Localbezeichnung ^^Medolo* bekannten
Kalke befindet sich am Berge Domaro bei Gardone in Val Trompia.
Am Lago d'Iseo herrscht die Fleckenmergel-Facies und im Westen
der Lombardei wiegen rothe Ammonitenkalke vor, welche nament-
lich im Süden des Comersee's in den Umgebungen von Erba reiche
Fundstätten von oberliasischen Ammoniten darbieten. Die ersten
verlässlichen Bestimmungen der lombardischen Lias - Ammoniten
rühren von Fr. v. Hauer her, dem neuerer Zeit Meneghini mit
einer umfassenden Monographie der mittel- und oberliasischen Ammo-
niten gefolgt ist. Die unterliasischen, ebenfalls cephalopodenführenden
Ablagerungen der Lombardei harren noch der genaueren Untersuchung.
Oestlich vom Gardasee sind drei heteropische Gebiete zu
unterscheiden, so dass die Südalpen im Ganzen in vier heteropische
Districte zerfallen.
In den Gegenden an der unteren Etsch, in den Sette Communi,
dann im Gebiete unserer Karte erscheint eine den Südalpen eigen-
thümliche Seichtwasser-Facies, welche unter der nicht sehr zutreffen-
den Bezeichnung , Graue Kalke von Südtirol* bekannt ist.
Im Grossen betrachtet stellen sich die grauen Kalke als eine
etwas modificirte Fortsetzung der Facies des triadischen Megalodus-
kalkes (Dachsteinkalk) dar, aus welchem sie sich allmählich ent-
wickeln. Megalodonten (Meg, pimiliis) reichen bis an ihre obere
Grenze. Das Gestein weicht in der Regel nicht wesentlich ab von
den herrschenden Gesteinstypen des Dachsteinkalkes. Das wichtigste
Unterscheidungsmerkmal bilden Einschaltungen von Muschelbänken,
Oolithen und Crinoidenkalken.
mit besonderer ROcksicht auf Südtirol. 89
Die Kenntniss dieses Complexes ist noch sehr weit zurück.
Mit der Zeit werden sich wahrscheinlich eine grössere Anzahl von
Horizonten und gewisse regionale Verschiedenheiten feststellen lassen,
welche heute nur in groben Umrissen angedeutet werden können.
In den südlichen Regionen unseres Gebietes fanden Hoernes
und ich an der Basis der grauen Kalke sehr constant einen weissen
zuckerkömigen dolomitischen Kalk, welcher ausserordentlich an die
weissen Cassianer und Wengener Dolomite erinnert und sowol gegen
die tieferen Dachsteinkalkmassen als auch gegen den überlagernden
, grauen Kalk* lebhaft absticht. Das Gestein zerfallt leicht zu fein-
sandigem Grus und scheint aus zerbrochenen und zerriebenen Entro-
chiten gebildet zu sein. Im Museum zu Vicenza wird ein Exemplar
von Arietites geometriciis aus den venetianischen Alpen aufbewahrt,
dessen Gestein die grösste Aehnlichkeit mit diesem hellweissen dolo-
mitischen Kalk zeigt.*) Darüber folgen dann lichte dolomitische
Kalke, weisse Oolithe und graue plattige, fossilreiche Kalke durch
Wechsellagerung innig verbunden, doch meist derart, dass die
plattigen fossilfiihrenden Bänke erst in der oberen Abtheilung des
Complexes ersciieinen. In dem Gebirgszuge zwischen der Mulde von
Belluno und der Val Sugana Bruchlinie wechsellagem mit Oolithen
und grauen, muschelführenden Kalken w^eisse Crinoidenkalke mit
einer reichen Brachiopoden-Fauna (Schichten von Sospirolo), welche
noch der näheren Untersuchung harrt. Nach freundlichen Mitthei-
lungen von Prof. Neumayr dürften sich diese Brachiopoden zu-
nächst an die mittelliasische Fauna, welche mit Terebratiäa Aspasia
vorkömmt, anschliessen. Möglicher Weise gehören die wiederholten
Einschaltungen brachiopodenführender Crinoidenkalke mehreren ver-
schiedenen Niveaux an.
Auf dem Dachsteinkalkplateau von Fanis bei Ampezzo kommen
nach den Untersuchungen Prof Neumayr's ausser den grauen,
muschelfiihrenden Kalken Crinoidengesteine mit Brachiopoden der Zone
der Terebratula Aspasia und rothe Kalke mit Harpoceras discoides vor.
Die Lagerungsverhältnisse der Fundstellen sind zwar nicht unter-
sucht, doch ist es Regel im Gebirge von Fanis, dass die Crinoiden-
kalke und rothen Marmore über den grauen Kalken liegen.
In den Sette und Tredici Communi, sowie im Etschthal stellen
sich über den lichten dolomitischen Kalken und Oolithen mit den
grauen knolligen Kalken wechselnde Einschaltungen von Mergeln
•) VieUeicht entspricht auch der von Curioni aus der Lombardei beschriebene
unterliasische Dolomit, welcher stellenweise in einen oolithischen Kalk Obergeht und
das tiefste, unterhalb der Arietenkalke liegende Glied des lombardischen Lias bildet,
diesem Dolomite.
pO Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
und Mergelschiefem ein und sind daselbst die Conchylien sowol
im grauen Kalk als auch im Mergel leicht zu gewinnen. Diese oberen
Bänke, welche nach Zittel dem oberen Lias angehören, erinnern
ausserordentlich an die schwäbische und karpathische Facies der
rhätischen Stufe. Die Fauna ist arm an Arten, aber reich an Indivi-
duen und kommen in den einzelnen Bänken stets nur sehr wenig
Formen vor, von denen aber stets eine massenhaft, die anderen ver-
drängend, auftritt Die wichtigsten Formen sind:*)
Terebratula Rotzoana Schnur.
„ Refüerii Cat,
Mcgalodus puntilus Ben.
Gervillia Buchii Zigfto
Cypricardia incurvata Ben,
Chemnitsia terebra Ben.
Orbitulites praecursor Gümb.
„ cicumvidvata Gümb.
Zwischen diesen Muschelbänken erscheinen pflanzenfiihrende
Lagen, welche die bekannte, durch ihren Reichthum an ZamiUs,
Otozamites und Coniferen ausgezeichnete, von Baron A. de Zigno**)
beschriebene Flora von Rotzo umschliessen.
Es ist bemerkenswerth, dass die pflanzenfuhrenden Schichten
namentlich in den Tredici Communi sehr verbreitet sind, während
dieselben gegen Norden auskeilen, so dass sie, wie Vacek gezeigt
hat, in den Sette Communi nur mehr an vereinzelten Punkten nach-
zuweisen sind. Das wiederholte Auftreten von Ablagerungen mit
Landpflanzenresten (Muschelkalk von Recoaro, Oberer Lias, Eocän)
am Südrande der Alpen erinnert an homologe Erscheinungen am
Nordrande der Ostalpen (Raibler [Lunzer] Schichten, Unterer Lias,
[Gresten]) und legt die Vorstellung nahe, dass dort wie hier ein
altes Festland die alpine Zone begrenzte.
Die oberen grauen Kalke enthalten sehr häufig stengelartige,
inKalkspath ven\^andelte Pflanzenreste, welchen G um bei,***) welcher
dieselben fiir kalkabsondernde Algen hält, die Bezeichnung Lithiotis
problematica beilegte. Diese eigenthümlichen, weit verbreiteten Reste,
welche selbstverständlich mit der Flora von Rotzo nichts zn thun
haben, erfüllen ganze Bänke und verleihen dem Gestein ein gefälliges
*) C. V. Schauroth, Verst. d. herzogl. Naturalien cabinets zu Coburg, p. i23, ff.
— ße necke, Trias und Jura in den Sodalpen. Beitr. Bd. I. — Zittel, Geol.
Beob. a. d. Central-Apenninen. Benecke*s Beitr. Bd. II. — G um bei, Jurassische
Vorläufer von KummuWna und Orbitulites. Neues Jahrb. etc. 1872, p. 241.
**) Flora fossilis oolithica.
*♦*) Abh. d. MOnchener Akad. XI. Bd., I. Abth., p. 48.
mit besonderer Rücksicht auf Südtirol.
91
Aussehen, wesshalb dasselbe häufig zu omamentalen Zwecken ver-
wendet wird.
Das Maximum der Mächtigkeit erreichen die grauen Kalke im
Etschthal, wo Benecke 450 M. dafür angibt. Gegen Osten, nament-
lich aber gegen den Norden unseres Gebietes nimmt die Mächtig-
keit bedeutend ab.
Das dritte heteropische Gebiet beginnt etwa im Meridian von
Longarone und umfasst das Lienzer Gebirge im Norden und die
Provinz Udine im Süden. Die herrschende Facies bilden cephalo-
podenfiihrende Gesteine. Im Lienzer Gebirge überwiegen Flecken-
mergel von nordalpinem Typus, rothe Marmore sind untergeordnet.
In den udinesischen Alpen unterscheidet Taramelli eine untere
aus grauen Kieselkalken, Mergelkalken mit Rhynchonellen sowie lich-
ten Oolithen und eine obere aus bunten und rothen Marmoren und
Kalken mit oberliasischen Ammoniten bestehende Abtheilung. Das
Westende dieser Region reicht bei Longarone in das Gebiet unserer
Karte.
Die vierte heteropische Region bilden die östlichen Südalpen,
in welchen die grauen Kalke von Südtirol wieder auftreten. Sie
scheint nicht scharf von dem vorhergehenden Gebiete abgegrenzt
zu sein, denn aus den Umgebungen des Triglav kennt man sowol
cephalopodenfiihrende Schichten als auch die Südtiroler Oolithe mit
denselben untergeordneten brachiopodenfiihrenden Crinoidenkalken.
Vom Kreuzberge bei Wippach dagegen beschreibt Stur*) graue
Kalke und Oolithe, welche vollständig an die Südtiroler Gesteine
erinnern. Dieselben enthalten Megalodiis pumilus, Rhynchonellen und
Spiriferinen. In der Gegend von Laibach werden Lithiotiskalke ge-
brochen und kehren die wichtigsten Südtiroler Mollusken wieder,
wie unser unvergesslicher College U. Schloenbach kurz vor seinem
Tode aus den Fossil-Suiten im Museum der Geologischen Reichs-
anstalt erkannt hatte. Hier, sowie in den östlich angrenzenden Karst-
gegenden sind allem Anscheine nach die grauen Liaskalke mit älte-
ren (triadischen) Bildungen verwechselt worden. Das östlichste
bekannte Vorkommen befindet sich im kroatischen Karst am Berge
Vinica bei Karlstadt.**)
Werfen wir einen Blick zurück auf die geographische Anord-
nung der heteropischen Lias-Gebiete der Südalpen, so fällt zunächst
auf, dass Regionen der Cephalopoden-Facies mit Regionen der grauen
Kalke alterniren. Es ist aber in hohem Grade merkwürdig, dass
•) Jahrb. Gcol. R.-A. i858, p. 353.
•♦) Vgl. Schloenbach in Verh. Gcol. R.-A. 1869, p. 68.
^2 Ucbersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
diese Regionen nicht dem Hauptstreichen der Alpen parallel
verlaufen, sondern vielmehr rechtwinkelig zur Axe der
Alpen stehen. Dies ist von grosser theoretischer Bedeutung. Denn
an die richtige Beurtheilung der physikalischen Verhältnisse der
alten Meere knüpfen sich zahlreiche Folgerungen palaeogeographischer
und tektonisch-genetischer Natur.
II. Der Dogger. Die Zeit des mittleren Jura ist durch bedeu-
tende Transgressionen des Meeres über den europäisch-asiatischen
Continent ausgezeichnet. Weite Gebiete in Schlesien und Polen, im
Balkangebiet, in Russland und in Indien wurden überfluthet. Ebenso
gewann das Meer in den schweizerischen Nordkalkalpen und in
den salzburgisch-österreichischen Alpen an Ausdehnung gegen Süden.
Man sollte nun erwarten, dass die Ablagerungen des Dogger
in den Alpen eine mächtige, vollständige Schichtenreihe zeigen
würden. Im Westen des Rheins scheint dies wirklich der Fall zu
sein. Die wichtigen Untersuchungen von Mösch lehren, dass die in
der mitteleuropäischen Provinz unterschiedenen Zonen in den
Schweizer Alpen ziemlich vollständig repräsentirt und regelmässig
verbreitet sind. Oestlich vom Rhein jedoch herrschen wesentlich
andere Verhältnisse. Die fossilführenden Facies sind von sehr geringer
räumlicher Verbreitung und die Schichtenfolge ist thatsächlich häufig
lückenhaft, ohne dass man berechtigt wäre, temporäre partielle
Trockenlegungen anzunehmen, wie bereits oben bemerkt wurde.
In den ostrheinischen Nordalpen sind Fleckenmergel und rothe
Kieselkalkschiefer die am weitesten verbreiteten Doggergesteine. Die
Fleckenmergel, welche sich räumlich den liasischen Ablagerungen
anschliessen, scheinen auf den untersten Dogger beschränkt zu sein und
blos die den beiden mitteleuropäischen Zonen des Harpoceras opalinum
und Harp. Murchisonae entsprechende Zone des Simoccras scissum
zu umschliessen.
Die Facies der rothen Kieselkalkschiefer entwickelt sich aus
der Facies der Fleckenmergel und ist ein nahezu azoisches Gebilde.
^vt dürfte kaum andere organische Reste, als spärliche Aptychen-
reste enthalten. Nach der, wie es scheint, wol begründeten Ansicht
von Th. Fuchs*) hätte man diese Armuth an organischen Resten
der chemischen Auflösung der Aragonitschalen der Ammoniten zu-
zuschreiben, eine Anschauung, welche sich mit der herrschenden
Vorstellung über die chorologische Genese der Aptychen-Schichten
in grösseren Tiefen vereinen lässt.
*) Ueber die Entstehung der Aptjchenkalke. Sitz.-Ber. Wien. Akad. 1877,
Octoberheft.
mit besonderer Rücksicht auf SQdtiroI. n?
Diese rothen Kieselkalkschiefer enthalten stellenweise Einlage-
rungen von rothen fossilfiihrenden Crinoidenkalken, welche an einigen
Punkten der Zone des Stephanoceras Sauset, häufiger aber der Zone
(}er Oppelia fusca (Klaus-Schichten) angehören.
In den salzburgisch - österreichischen Alpen treten die Klaus-
Schichten nicht selten, aber stets nur in sehr beschränkten Fetzen
transgredirend über Dachsteinkalk auf, wie Suess schon Vorjahren
erkannt hatte.
In dem bereits erwähnten Zuge von Jura-Marmoren am Nord-
rande der Tiroler und Salzburger Alpen deuten vorherrschend Fossilien
der Klaus-Schichten das Vorhandensein von Dogger- Aequivalenten an.
Sehr eigenthümliche Verhältnisse herrschen in den Verbreitungs-
gebieten der grauen Liaskalke in den Südalpen.
An der unteren Etsch folgen über den Liaskalken in ansehn-
licher Mächtigkeit gelbe Kalke und Oolithe, welche sich lithologisch
nur wenig von den lichten Liasgesteinen unterscheiden. Benecke,
welcher sie zuerst unterscheiden lehrte, nannte sie nach dem häufig-
sten Fossil , Schichten der Kkynchonella bilobata^. Am Cap San
Vigüio am Gardasee finden sich in diesen Schichten Cephalopoden-
kaike mit Harpoceras Murchisanae^ welche der Zone des Simoceras
scissum entsprechen. Wahrscheinlich repräsentiren die ,Bilobata-
Schichten*, welche nach Bittner's Untersuchungen in den verone-
sischen Voralpen häufig mit mergeligen Schichten wechseln und an
Echinodermen- Resten und Rhynchonellen reich sind,' auch noch
höhere Dogger-Zonen, worauf bereits die Angabe Schloenbach*s
über das Vorkommen von Stephanoceras Bayleanum und Steph, Brocchii
am Cap San Vigilio hinweist*) Gegen oben bilden den Klaus-
Schichten entsprechende rothe Marmore mit Manganputzen und
linsenförmigen Einschaltungen von Posidonomyen- und Crinoidenkalken
die Grenze.
Bereits in den Sette Communi fehlen nach den übereinstimmen-
den Berichten von Neumayr und Vacek die Bilobata-Schichten
gänzlich. Ueber dem grauen Liaskalk liegen unmittelbar die nur
sporadisch auftretenden Klaus-Schichten oder, wo diese fehlen, die
Cephalopodenbänke des Malm. Ganz ähnliche Verhältnisse herrschen
in dem Gebiete unserer Karte. Die Bilobata-Schichten wurden nirgends
beobachtet. Auf dem Campo torondo und auf dem Monte Agnel-
lazzo liegt nach den Beobachtungen von Hoernes zwischen dem
liasischen Crinoidenkalk und dem oberjurassischen Ammonitenkalk
eine weisse Kalkbank von i M. Mächtigkeit^ welche zahlreiche
*) Verh. Geol. R.-A. 1867, p. i58.
QA Uebersicht der pennischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Exemplare von Stephanocera$ Humphriesianum Sow., Steph. Vindobo-
nense Griesb, u. s. w. umschliesst und daher der Zone des Stepk.
Humphriesianum angehört. Im Ampezzaner Jura kommen Klaus-
Schichten, wahrscheinlich ebenfalls nur in isolirten Linsen, vor.
Wegen der Schwierigkeit, so wenig mächtige und sporadische Ab-
lagerungen aufzufinden und zu verfolgen, wurden in unserer Karte
die Ablagerungen des Dogger und des Malm zusammengefasst.
III. Der Malm. Das vorherrschende Faciesgebilde des Malm
in den ostrheinischen Nordkalkalpen sind Aptychenkalke (Ammer-
gauer Schichten, Oberalm-Schichten), welche sich ebenso sehr durch
grosse Mächtigkeit, wie durch beklagenswerthe Fossilarmuth aus-
zeichnen. Man hat an einigen Stellen Ammoniten gefunden, und
zwar solche, welche der Zone des Aspidoceras acanthicum und solche,
welche dem Tithon entsprechen. Die Aptychenkalke schliessen sich
in der Regel innig den rothen Kieselkalkschiefern des Dogger an
und es ist vorläufig ebenso wenig möglich, den Dogger vom Malm
richtig abzugrenzen, als die Antheile zu bezeichnen, welche den
verschiedenen Zonen des Malm zukommen.
Nur in solchen Fällen, wo, wie im Salzkammergut, Cephalo-
podenkalke oder weisse tithonische Nerineenkalke in die Aptychen-
Schichten eingreifen, ist eine annähernde Altersgliederung derselben
durchfuhrbar.
Eine dem Callovien entsprechende Brachiopodenfacies kommt
an zahlreichen Stellen des Nordrandes der Nordkalkalpen zwischen
Vils in Tirol und der Gegend von Wien vor. Dies sind die so-
genannten Vilser Schichten im engsten Sinne mit Terebratula pala
und Terebratula antiplecta.
Nicht selten treten im Bereiche der salzburgisch-österreichischen
Kalkalpen cephalopodenfiihrende rothe Marmore auf, welche haupt-
sächlich den Zonen des Stephanoceras macrocephalum und des Aspido-
ceras acanthicum, seltener dem Tithon angehören. Die grösste Ver-
breitung besitzen die Kalke mit Aspidoceras acanthicum.
Im Tithon des Salzkammergutes kommen endlich weisse Ne-
rineenkalke (,Plassenkalk*) in mächtigen, riffartigen Massen vor.
Was die Südalpen betrifft, so können wir wegen der Unzu-
länglichkeit der Nachrichten, ebenso wie es beim Dogger der Fall
war, nur das Gebiet unserer Karte und die benachbarten Gegenden
zwischen der Brenta und der Etsch berühren.*)
•) In der Lombardei scheint wie in Nordtirol der ganze Dogger und Malm
durch Aptychenkalke vertreten zu sein. Es ist bemerkenswerth, dass in der Lom-
bardei von den rhälischen Schichten bis zum Neocom im Wesentlichen eine mit
Nordtirol übereinstimmende Entwicklung herrscht.
mit besonderer Rücksicht auf SQdtirol. gc
Mit grosser Regelmässigkeit sind über diese Gebiete rothe
knoUigplattige Ammonitenkalke, der sogenannte , Ammonitico rosso*,
verbreitet, welche stets die Zone der Aspidoceras acanthicum und
das untere Tithon (Zone der Oppelia lithographica, Schichten mit
TerebraUda diphya) enthalten. An einigen wenigen Punkten beher-
bergen die tiefsten Bänke die Fossilien der Zone des Peltoceras
transversarium. Die Acanthicum-Schichten lassen stellenweise eine
Sonderung in die beiden Zonen der Oppelia tenuilobata und des
Aspidoc, Beckeri zu, von denen die letztere sich durch das erste. Er-
scheinen einer Anzahl von tithonischen Formen auszeichnet. Das
obere Tithon oder die Zone des Perisphinctes transitoritis ist in Süd-
tirol nicht nachweisbar. Doch fuhrt der südtirolische Diphyakalk
einige Formen, welche anderwärts erst in dem oberen Tithon auf-
treten.
Die weite und regelmässige horizontale Verbreitung, die auf-
fallende Färbung und der Reichthum an, allerdings meist schlecht
erhaltenen Ammoniten stempeln die oberjurassischen Ammoniten-
kalke der Südalpen zu einem vorzüglichen Orientirungs-Horizonte.
Die eingehende heutige Kenntniss der oberjurassischen Zonen
ist bekanntlich erst die Frucht der letzten Jahre und das Resultat
sehr sorgfaltiger Untersuchungen einer grossen Anzahl bedeutender
Forscher deutscher und französischer Nationalität. Eine kurze Be-
sprechung der einschlägigen Thatsachen scheint mir an diesem, der
Charakteristik der alpinen Ablagerungen gewidmeten Orte unerläss-
lich zu sein.
Die hergebrachte Grenze zwischen der Jura- und Kreide-Periode
beruht auf der Einschaltung heteromesischer Ablagerungen im nörd-
lichen Theile Mitteleuropa's. Eine ziemlich bedeutende Lücke in
der Reihenfolge der marinen Bildungen ist hier vorhanden und aus
diesem Grunde besteht ein scharfer Schnitt, ein unvermittelter Hiatus
zwischen den oberjurassischen und untercretaceischen Marinfaunen
des nördlichen Mitteleuropa.
Durch die Acquisition der Hohen egge r'schen Sammlung kar-
pathischer Fossilien fiir das Münchener palaeontologische Museum
gelangte Oppel, der gründliche Kenner des Jura, um die Mitte der
1860 er Jahre in den Besitz eines ausserordentlich reichhaltigen
Untersuchungs-Materials aus den oberjurassischen Ablagerungen der
mediterranen Provinz. Seinem Scharfblicke konnte es nicht entgehen,
dass hier neue, der fhitteleuropäischen Juraprovinz fehlende Marin-
faunen vorliegen, welche sich ebenso sehr durch Anklänge an juras-
sische Typen, wie durch unverkennbare Beziehungen zu dem medi-
terranen Neocom auszeichnen. In seiner epochemachenden kleinen
dS Uebersicht der permischen und mesozoischen Fornnationen der Ostalpen
Schrift über die , Tithonische Etage*, welche Bezeichnung er fiir
die in Rede stehenden Bildungen vorschlug, lenkte Oppel*) die
allgemeine Aufmerksamkeit auf diese vorher nur wenig beachtete**)
wichtige Thatsache und betonte nachdrücklich den bestehenden
Gegensatz zwischen der continuirlichen isomesischen Formationsreihe
in den Alpen- und Karpathenländem und der durch das Dazwischen-
treten heteromesischer Bildungen lückenhaften Schichtfolge in der
mitteleuropäischen Juraprovinz. Durch eingehende Specialstudien
sollten zunächst die Altersbeziehungen der sehr verschiedenartigen
tithonischen Ablagerungen festgestellt werden, um sodann entscheiden
zu können, an welcher Stelle die theoretische Grenzlinie zwischen
Jura und Kreide zu ziehen sei.
Leider setzte der Tod dem schöpferischen Wirken OppeTs
unerwartet früh ein Ziel. Seine Anregungen waren aber auf frucht-
baren Boden gefallen und es entspann sich nach seinem Tode eine
für den Fortschritt der Wissenschaft ausserordentlich nutzbringende
Discussion, an welcher sich Hubert, Neumayr, Pictet und Zittel
in hervorragender Weise betheiligten. Nachdem durch ZitteTs ***) vor-
treffliche Monographien die Cephalopodenfaunen des Tithon bekannt
gemacht worden waren, herrschte über die Continuität der tithonischen
und neocomen Marinfaunen der mediterranen Provinz auf keiner Seite
mehr ein Zweifel. Dagegen bestritten einige französische Geologen,
Hubert an der Spitze, die Continuität gegen unten und behaupteten,
dass zwischen der Oxfordstufe und dem Tithon in den Mediterran-
ländern eine grosse Lücke vorhanden sei. Der Grund dieser Mei-
nungsverschiedenheit lag hauptsächlich darin, dass Hebert an der
Ansicht festhielt, dass das sogenannte ,Corallien* eine selbständige
Etage sei, während doch durch die Untersuchungen von Mösch,
Oppel und Waagen nachgewiesen worden war, dass die verschie-
denen Coralliens des Juragebirges und des französischen Jura sehr
verschiedenen Horizonten angehören, f )
Gegenwärtig darf man wol auch diese Frage als im Sinne
der deutschen Geologen endgiltig gelöst betrachten. Neumayr's
*) Zeitschr. d. Geol. Ges. i865, p. 535.
**) Der verdienstvolle österreichische Geologe Hohen egger hatte übrigens
schon im Jahre i852 (Jahrb. Geol. R.-A. p. 137) den Schwerpunkt der Frage
richtig aufgefasst.
♦*♦) Palaeont. Mitth. a. d. Museum des k. bayer. Staates. Bd. II.
t) Es ist hier genau dasselbe Verhältniss und derselbe Gang der Erkenntniss,
wie bei den norischen und unterkam ischen Dolomiten und hellen Kalken unserer Alpen,
welche man bisher allgemein für eine bestimmte selbständige Etage (unter den
Bezeichnungen Hallstätter-, Wetterstein-, Esino-Kalk, Schiern dolomit) gehalten hatte.
mit besonderer Rücksicht auf Südtirol.
97
wichtige Arbeit über die mediterranen Schichten mit Aspidoceras
acanthicum*) enthält eine erschöpfende Darstellung der ziemlich
complicirten Verhältnisse.
So kann man es jetzt als einen wissenschaftlich erwiesenen Satz
hinstellen, dass im Mediterran-Gebiete uns die im mittleren Europa
fehlende Verbindung zwischen den jurassischen und den neocomen
Marin-Faunen vorliegt. Die übereinanderfolgenden Faunen sind durch
gemeinsame, sowie durch derivirte Formen innig verkettet. Nirgends
ist in der geschlossenen Reihe eine Lücke wahrnehmbar.
Die auf der nächsten Seite folgende Tabelle soll das Verhältniss
der mediterranen zu den mitteleuropäischen Bildungen veranschaulichen.
Cretaceische Bildungen.
Ohne Lücke schliessen sich die Kreidebildungen der Alpen-
länder, wie soeben angedeutet wurde, an die Jurabildungen desselben
Gebietes. Die Entwicklung der Faunen ist eine continuirliche. Die
Kreide erscheint in dieser isotopischen Region als eine fortgesetzte
Jurabildung. Die Grenzlinie ist demnach vollständig künstlich.
Während die beiden tiefsten Glieder der Kreide im Mediterran-
Gebiete abgelagert wurden, dauerte in Mitteleuropa die gegen das
Ende der Jurazeit eingetretene Festlancjsperiode fort. Als dann
später das Meer wieder in die mitteleuropäischen Länder einbrach,
bevölkerten, wie Neumayr**) angibt, die mediterranen Typen, soweit
die nördlichere Lage ihr Fortkommen erlaubte, die dem Meere wieder
gewonnenen Gegenden und mischten sich mit von Norden, aus der
borealen Provinz eingewanderten fremdartigen Elementen, welche
sich im Laufe der Zeit auch allmählich bis in die mediterrane Pro-
vinz verbreiteten.
Der wahrscheinlich durch klimatische Einflüsse bedingte Gegen-
satz der mediterran/sn und der mitteleuropäischen Provinz lässt sich
in ganz analoger Weise, wie im Jura, so auch durch die ganze Kreide
verfolgen. Bereits d'Orbigny hatte den eigenthümlichen Charakter
der südfranzösischen, dem Mediterran-Gebiete angehörenden Kreide
erkannt. Es darf aber nicht übersehen werden, dass sehr viele Ab-
•) Abhandl. Geol. R.-A., Bd. V. — Die seither erschienenen Arbeiten von
Choffat, Ernest Favre, Fontannes und Gemellaro bestätigen, zum Theil
auf Grundlage neuer Thatsachen, völlig die Auffassung ZitteTs und Neumayr's.
.**) Ueber Charakter und Verbreitung einiger Neocomcephalopoden. Verh.
Geol. R.-A. 1873, p. 388. — Die Ammoniten der Kreide u. s. w. Zeitsch. d. Geol.
Ges. 1875, p. 854.
Mojftitovics, Dolomitriffe. n
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mit besonderer Rücksicht auf Sodtirol. gg
weichungen zwischen der mediterranen und der mitteleuropäischen
Kreide lediglich eine Folge der stark heteropischen Entwicklung in
den beiden Gebieten sind.
Zu den Ammoniten-Gattungen PhyUocercis und Lytoceras, welche
bereits im Jura bezeichnend fiir die mediterrane Provinz waren,
treten in der Kreide noch die Gattungen Haploceras, Crioceras und
Hamites. Geradezu charakteristisch für die mediterrane Kreide ist
femer die Pelecypoden-Sippe der Rudisten, welche stets gesellig in
grossen Massen auftretend, eine eigenthümliche, weite Strecken
bedeckende und zu mächtigen Felslagem anschwellende Kalkfacies
bildet. In der mitteleuropäischen Kreide finden sich nur wenige
Colonien und einzelne sporadische Vorkommnisse der mediterranen
Typen, und zwar um so seltener, je mehr man sich von der medi-
terranen Provinz gegen Norden entfernt. Man ist daher berechtigt,
hier wie im Jura, zu sagen, dass die mediterranen Typen in der'
mitteleuropäischen Provinz die Polargrenze ihrer Verbreitung er-
reichen. Die Annahme, dass klimatische Verschiedenheiten der Aus-
dehnung der mediterranen Formen gegen Norden Schranken setzten,
wird wesentlich unterstützt durch die parallelen Erscheinungen auf
dem nordamerikanischen Continente, wo gleichfalls, wie F. Römer
und H. Credner hervorgehoben haben, die Rudisten auf den Süden
(Texas) beschränkt sind und dem Norden (New-Jersey u. s. f ) fehlen.
Nach den Lagerungsverhältnissen und nach der heteropischen
Ausbildung der cretaceischen Ablagerungen zerfallen die Alpen in
eine Anzahl sehr abweichender Districte. Es würde mich von den
in diesem Buche vorgesteckten Zielen zu weit abfuhren, wenn ich in
nähere Details eingehen würde. Ich verweise in dieser Beziehung
auf Fr. V. Hauer's treffliches Handbuch der Geologie der öster-
reichisch-ungarischen Monarchie, in welchem man auch die Dar-
stellung der für das richtige Verständniss des Zusammenhangs so
instructiven Kreidegebiete der Karpathen und des Bakonyer Waldes
finden wird, und beschränke mich auf die nothwendigsten Angaben
über die Ostalpen.
Die Nordalpen östlich des Rheins umfassen zwei dem Streichen
der Alpenkette parallel verlaufende, wesentlich abweichende Regionen,
das Gebiet der eigentlichen Kalkalpen und die Flysch- oder Wiener
Sandstein-Zone.
Die Kreidebildungen der nördlichen Kalkalpen trennen sich
scharf in zwei dem Alter und der Verbreitung nach verschiedene
Ablagerungen, die sogenannten Rossfelder Schichten und die Gosau-
Schichten.
7*
lOO Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Jene entsprechen nach ihrer Fauna blos den beiden tiefsten,
in Mitteleuropa fehlenden oder durch Wealdenbildungen repräsen^
tirten Zonen des Neocoms, den Schichten von Berrias und der im
südlichen Frankreich weit verbreiteten und cephalopodenreichen Zone
des Belemmtes latus. Das vorherrschende Gestein sind Mergel mit
Fucoiden, den liasischen Fleckenmergeln häufig ähnlich. G^en unten
gehen dieselben stellenweise durch Wechsellagerung mit härteren,
kalkigen Bänken in homsteinreiche Aptychenkalke (Schrambach-
Schichten) über, welche im Falle der Unterlagerung durch jurassische
Aptychenkalke von diesen nur künstlich zu trennen sind. Gegen
oben schalten sich meistens flyschähnliche Sandsteine und bunte
Kalkconglomerate ein. Nach den Fossileinschlüssen repräsentiren
die Rossfelder Schichten ausschliesslich die Cephalopoden-Facies.
In Nordtirol folgen die Rossfelder Schichten der Verbreitung
der jurassischen Aptychenkalke, denen sie concordant aufgelagert
sind. In den salzburgischen und österreichischen Alpen dagegen
besteht meistens eine bedeutende Discordanz zwischen den jurassischen .
und neocomen Bildungen, in Folge welcher die neocomen Schichten
häufig eine selbständige Verbreitung zeigen und mulden- oder canal-
förmige Einschnitte des älteren (Trias- oder Jura-) Gebirges erfüllen.
Der Ablagerung der Neocom-Schichten muss daher in diesen Ge-
genden eine Hebung und Contourirung des Landes vorausgegangen
sein. Bei der ausserordentlichen Zeitdauer der einzelnen geologischen
Zonen wäre ein solches Ereig^s denkbar, ohne dass eine auffallende
Lücke in der Schichtenreihe bemerkbar wäre. Unter solchen Um-
ständen ist es nun jedenfalls beachtenswerth, dass obertithonische
Ablagerungen hier noch nirgends nachgewiesen werden konnten.
Bestätigt sich nach näherer Untersuchung der Tithonkalke das
Fehlen des oberen Tithon, so wäre man berechtigt anzunehmen,
dass dieser Theil der Alpen zur selben Zeit gehoben wurde, als der
mitteleuropäische Juradistrict Festland wurde.
Nach der Ablagerung der Rossfelder Schichten wurde das ganze
Gebiet der ostrheinischen Nordkalkalpen gehoben. Es folgte eine
lange Festlandsperiode, in welcher das Land contourirt wurde. Das
Gebiet vor den Alpen, die Flyschzone, blieb aber Meer. Ein schmaler
Canal — die Meerenge von Wien — verband das gallo-helvetische
Meer mit dem karpathisch-pannonischen Becken.
Erst gegen das Ende der turonischen Zeit drang wieder Meer-
wasser in schmalen Canälen und Buchten, wahrscheinlich aus Süd-
osten, in das Innere der ostrheinischen Nordkalkalpen. Es begann
die Bildung der durch den ausserordentlichen Reichthum an Fossilien
bekannten Gosau-Schichten, deren richtige und scharfe Alters-
mit besonderer Rücksicht auf SOdtirol. lOI
bestimmung die grosse Mannigfaltigkeit heteropischer Glieder, sowie
das Vorherrschen eigenthümlicher, auf die Gosaubildung beschränkter
Thierreste erschwert. Die Gosau-Schichten bilden wol ohne Zweifel
eine geschlossene continuirliche Schichtenreihe, aber es ist vorläufig
schwer zu entscheiden, ob diese Reihenfolge heteropischer Glieder
einer oder mehreren palaeontologischen Zonen entspricht. Die an der
Basis des Complexes liegenden und mit Strandconglomeraten,
Kohlenflötzen und Süsswasser-Schichten wechsellagemden Hippuriten-,
Actaeonellen- und Nerineen-Kalke haben eine Anzahl von Formen
mit den isopischen oberturonischen Hippuriten-Kalken des südlichen
Frankreich (Schichten mit Hippurites cornuvaccinum) gemeinsam und
stehen denselben im Alter jedenfalls nahe. Die Untersuchung der in
den oberen Gliedern der Gosau-Schichten, namentlich in den Inoce-
ramen-Mergeln vorkommenden Cephalopoden durch A. Redten-
bacher hat neben einer überwiegenden Anzahl von eigenthümlichen
Formen sieben für die senonische Kreide der mitteleuropäischen
Provinz charakteristische Arten kennen gelehrt.
Schlüter, die Schlussfolgerungen Redtenbacher's bestä-
tigend und schärfer präcisirend, hat neuerdings wiederholt die Ansicht
ausgesprochen, dass die cephalopodenfiihrende Abtheilung der Gosau-
Schichten dem in der mitteleuropäischen Kreide weitverbreiteten und
mächtigen Emscher Mergel entspreche, welcher nach Barrois mit der
der senonischen Stufe angehörigen Zone des Micraster coranguinunt
zusammenfällt.
Noch, jüngere Kreideschichten reichen nur an einer dem nörd-
lichen Aussenrande sehr nahen Stelle in das Innere der Kalkalpen.
Es ist dies der Mauslochgraben am Westabhange des Untersberges
bei Reichenhall, wo Gümbel Schichten mit Belemnitella tnucronata
und Ananchytes ovata (Nierenthal-Schichten) fand. Dieses Vorkommen
bildet offenbar nur einen im Süden übergreifenden Ausläufer der
obersten Kreideschichten der Flyschzone.
Nach den Aufschlüssen im Westen und im Osten der den
ostrheinischen Nordkalkalpen vorgelagerten Flyschzone kann es
keinem Zweifel unterliegen, dass hier eine continuirliche Ablagerung
während der ganzen Kreidezeit stattgefunden hat. Zu bedauern ist
nur, dass in dem mittleren Striche die Aufschlüsse an der Basis
des Eocänen blos die oberste Kreide biosiegen, da irgendwo in
dieser Gegend der heteropische Wechsel zwischen der im Osten
herrschenden Flyschfacies und der westlichen, schweizerischen Kreide-
Entwickelung eintreten muss.
Nach den Angaben der Gümbel'schen Karte der bayerischen
Alpen reicht die schweizerische Kreide-Entwickelung östlich bis an
102 Uebersicht der permischen und mesozoischen Formationen der Ostalpen
den Inn. Im Bregenzer Walde und im Allgäu tritt die Kreide in
mächtigen Zügen, gebirgsbildend mitten aus dem eocänen Flysch^
Die Aufschlüsse umfassen hier die ganze Reihe der ostschweizerischen
Kreidebildungen: Rossfelder Schichten, Spatangenkalk, Schratten-
kalk, Gault- Sandsteine, Seewen - Schichten. Weiter gegen Osten
kommen in den vereinzelten und räumlich beschränkten Aufbrüchen
nur mehr die höheren Kreideglieder zum Vorschein.
Oestlich vom Inn bis Komeuburg an der Donau bei Wien
kennt man eine vielfach unterbrochene aber doch sichtlich fortlaufende
Reihe von Vorkommnissen obersenonischen Alters — Schichten mit
Beletnnitella ntucronata — (Kressenberg, Mattsee, Gmunden, Leitzers-
dorf bei Komeuburg), welche durch ihre organischen Einschlüsse
und ihre GesteinsbeschafTenheit sehr an mitteleuropäische Bildungen
gleichen Alters erinnern. An einigen Punkten, wie im Gschliefgraben
bei Gmunden, auf der Nordseite des Traunstein, scheinen auch unter-
senonische, vielleicht sogar auch turonische Ablagerungen mit gleich-
falls vorherrschend mitteleuropäischem Charakter vorhanden zu
sein.*) Die tieferen Kreideschichten sind im Osten, in Nieder-
Oesterreich, durch die Flyschsandstein-Facies repräsentirt , welche
hier bis zu den an der Basis liegenden untemeocomen Aptychen-
Schichten (Rossfelder Schichten) die ganze Reihe der zwischenliegen-
den Kreide-Horizonte umfassen dürfte.
Während sonach die untere und mittlere Kreide in der Flysch-
zone entschieden mediterran entwickelt ist, nähern sich die höheren
Glieder der oberen Kreide in auffallender Weise dem mitteleuropäi-
schen Kreidetypus. Stehen bereits die Seewen-Schichten mit ihren
Echinodermen und Inoceramen der mitteleuropäischen Oberkreide
näher als den mediterranen Gosau-Schichten, so tritt der mittel-
europäische Charakter noch viel auffallender in den obersten Kreide-
schichten der Flyschzone östlich vom Inn hervor. Die Grenze der mittel-
europäischen Provinz hatte sich sonach zur Zeit der obersten Kreide
gegen Süden verschoben.
Für das richtige Verständniss unserer Gosau-Bildungen ist
dieses Uebergreifen der mitteleuropäischen Oberkreide hart bis an
den Rand der Kalkalpen von grosser Wichtigkeit. Die Gosau-Buchten
unserer nördlichen Kalkalpen konnten mit dem mediterranen Meere
unmöglich im Norden und Westen, wie man a priori gerne annehmen
möchte, communiciren, da diese Gegenden von der mitteleuropäischen
♦) Die senonischen Kreideschichten von Siegsdorf in Bayern, welche auch
einige Gosau-Formen enthalten, nahern sich nach den Mittheilungen GümbeTs
wol ebenfalls der mitteleuropäischen Entwicklung.
mit besonderer Rücksicht auf Südtirol. I03
Fauna bevölkert waren. Es bleibt daher nur die Annahme offen, dass
das Gosau-Meer von Südosten her in das Gebiet der nördlichen
Kaikaipen eindrang. In dieser Richtung finden sich auch thatsächlich
typische Gosau-Bildungen sowol am Ostrande der krystallinischen
Mittelzone der Alpen (Kainachthal, Gonobitz, Sotzka), als auch im
Bakonyer Walde, in Siebenbürgen, in der Fruska Gora und, nach.
Tietze, in Serbien.
Auf der andern Seite erhebt sich nun auch die Frage über
den Anschluss der obersten Kreideschichten der Flyschzone an die
mitteleuropäischen Ablagerungen. Die räumlich zunächst liegenden
Ablagerungen bei Passau und Regensburg können hier nicht weiter in
Betracht kommen, da ihnen, ebenso wie dem sächsisch-böhmischen
Kreidegebiete (der hercynischen Kreidebucht) die obersten Kreide-
schichten mit Belemnitella tnucronata gänzlich fehlen. Dagegen sind
in Polen diese Schichten vorhanden und scheint der Annahme einer
bestandenen Verbindung in dieser Richtung nichts im Wege zu
stehen. Vielleicht bilden die von F. v. Hochstetter bei Friedeck
in den schlesiächen Karpathen entdeckten Baculiten-Schichten, in
welchen sich ja Baculites vertebralis und B. ancep$ finden sollen,
ein Verbindungsglied.
Die Südalpen lassen zwei grosse heteropische Regionen
unterscheiden, deren Grenzen vertical auf das Streichen der Alpen
verlaufen — eine Wiederholung der bereits beim südalpinen Lias
besprochenen auffallenden Erscheinung.
In Südtirol und den anschliessenden Gegenden Venetiens ist
die Kreide durch eine contüiuirliche Folge von dünngeschichteten
Mergelkalken und I^lkmergeln vertreten, deren untere lichtgefärbte
Abtheilung als Biancone und deren oberer vorherrschend rother Theil
als Scaglia bezeichnet wird. Eine scharfe Grenze zwischen diesen beiden
Abtheilungen ist nicht vorhanden, und die bisher von den meisten
Autoren gemachte Annahme einer Lücke zwischen denselben scheint
mir ganz ausser dem Bereich der Möglichkeit zu liegen. Wahrschein-
lich repräsentirt der sehr mächtige Biancone die ganze untere und
mittlere Kreide und entspricht die Scaglia vorzugsweise den höheren
Horizonten der oberen Kreide. Es ist richtig, dass die Fossilien,
welche man hauptsächlich in den tieferen Abtheilungen des Biancone
findet, in der Regel blos den beiden, auch in den Rossfelder Schich-
ten der Nordalpen vorhandenen untemeocomen Zonen von Berrias
und Barreme entsprechen, aber die Angabe Zigno's über das Vor-
kommen von
Hamites altertiatus P/tili.
Schloenbachia Roissvatta Orb.
104 Ucbcrsicht der permiscben und mesozoischen Formationen der Ostalpen
Schhenbachia inflata Sow.
Acantkoceras mammülare Schloth.
beweist, dass auch höhere Kreidezonen an der Zusammensetzung
des Biancone betheiligt sind. Selbst wenn, was ausserordentlich
schwierig wäre, nachgewiesen werden könnte, dass einzelne Horizonte
durch keinerlei Gesteinsabsätze vertreten sind, so würde dies noch
nicht zu dem Schlüsse berechtigen, dass dieser Lücke eine Hebung
und Trockenlegung des Gebietes entspreche. Es gilt hier dasselbe,
was wir oben von der Lückenhaftigkeit des mediterranen Jura
bemerkt haben.
Trotz der Constanz der Hauptgesteinstypen des Biancone machen
sich schichtenweise an einzelnen Localitäten einige Abweichungen
geltend. An der Basis der Biancone treten z. B. nicht selten rothe,
vielen Scaglia-Gesteinen ähnliche Mergel auf. Stellenweise schieben sich
homsteiniiihrende feste Kalkplatten ein. Die herrschende Farbe in
dem Gebiete unserer Karte ist lichtg^u. Im Süden überwiegen aber
schmutzigweisse, muscheligbrechende Gesteine.
Die typische Scaglia verdankt ihren Namen der Eigenschaft,
an der Luft in kleine keil- oder scheibenförmige Stücke zu zerfallen.
Die rothe Färbung herrscht zwar im Allgemeinen vor, tritt aber
doch in manchen Gegenden sehr zurück. Plattenförmige rothe Kalke,
ähnlich dem oberjurassischen rothen Ammonitenkalk sind in den
südlichen Regionen unseres Gebietes und an der unteren Etsch
nicht selten den Mergeln eingeschaltet und bei Belluno, dann bei
Domegliara an der Etsch in grossen Steinbrüchen aufgeschlossen.
Diese Platten sind als Bau- und Pflastersteine sehr geschätzt und
werden dem oberjurassischen Plattenkalk wegen ihrer Ebenflächig-
keit in der Regel vorgezogen.
Die Fauna der Scaglia besteht vorzugsweise aus Inoceramen
und Echinodermen. In den Plattenkalken von Domegliara kommen
nach Bittner*s Beobachtungen Cephalopoden nicht selten vor, doch
sind dieselben so schlecht erhalten, dass Artbestimmungen nicht
möglich sind. Die wichtigsten Fossilien der venetianischen Scaglia
sind nach v. Zigno:
Inoceramus Lamarcki Orb^
„ Cuvieri Orb.
Ananchytes avata Lam.
Stemmia tuberculata Defr. sp.
Cardiaster italicus Orb,
„ Zignoanus Orb.
Die Kreide der lombardischen Kalkalpen schliesst sich zwar
im Wesentlichen an die südtirolisch-venetianische Entwicklung an,
mit besonderer Rücksicht auf SOdtirol. I05
doch bestehen, wie aus den Darstellungen Curioni's*) hervorgeht,
einige nicht unwesentliche Abweichungen. Ueber der dem Biancone
entsprechenden ,Majolica* treten fucoidenreiche Flyschmergel und
Sandsteine ' auf, in deren Mitte Conglomerate und Sandsteine mit
Hippuriten und Actaeonellen turonischen Alters eingelagert sind.
Erst mit den oberen Flyschgesteinen stehen dann röthliche und
weissliche Scagliamergel mit zahlreichen Inoceramen und mit Belem-
nitella mucronata in Verbindung.
Im Osten unseres Kartengebietes folgt die zweite heteropische
Region^ welcher die östlichen Südalpen und die Karstländer ange-
hören. Rudistenkalke bilden hier durch die ganze Kreide die domi-
nirende Facies.
Die heteropische Grenze gegen die Tiefsee-Facies Biancone-
Scaglia verläuft, wie bereits erwähnt, in meridionaler Richtung, doch
blieb diese Grenze keineswegs während der ganzen Kreidezeit
stationär. Wir finden z. B. an der Ostgrenze unseres Kartengebietes
auf dem Monte St. Pascolet bei Santa Croce über dem Biancone
einen westlichen, riffTormig endenden Ausläufer der Rudisten-Facies,
welcher nach den von v. Zigno bestimmten Fossilien:
Radiolites comu pastaris Desm, sp.
Sphaertdites Ponsiana Orb. sp.
Hippurites arganisans Montf, sp.
Actaeanella laevis Orb.
n gigantea Orb.
der Turonstufe angehört. Zwischen dieser Gegend und dem Isonzo
dehnt sich die Rudisten-Facies allmählich abwärts bis zu den wahr-
scheinlich untemeocomen Woltschacher Kalken aus, während die
Scaglia-Mergel sich über den obersten, turonischen Bänken der Rudi-
stenkalke bis in die vom Isonzo durchströmten Landschaften er-
strecken. Erst östlich vom Isonzo sind dann auch die tiefsten und
die höchsten Glieder der Kreide vorherrschend von Rudisten-Kalken
gebildet.
*) Geologia, applicata delle provincie Lombarde. I.
IV. CAPITEL.
Orotektonische Gliederung von Südtirol.
Die Judicarieo-Spalte. - Die Val Sugana-Spatte. - Daa t&dtirolische Hochland. > Die Drau-
Spalte. - Individualisirung der Gcbirgsstöcke. - Plateauform. - Den landschaftlichen Charakter
beeinflustende Factoren. - Der Dolomit als solcher besitat keine ihm ausschliesslich zukommen-
den physiognomischen Eigenschaften. - Die landschaftlichen Eigenthumlichkeiten des siidtiroii-
schen Hochlandes sind vorzugsweise durch den Gegensatz von localisirt auftretenden contrasti-
renden Gesteinsarten bedingt.
Die orographische und landschaftliche Gestaltung des südlichen
Tirol ist so eigenartig, so sehr von den herrschenden physiog^omi-
schen und plastischen Verhältnissen der alpinen Nebenzonen ab-
weichend, dass die Aufmerksamkeit tiefer blickender Beobachter
schon längst auf diesen Gegenstand gelenkt wurde. Es dürfte daher
nicht überflüssig sein, der Detailschilderung unseres Gebietes einige
Bemerkungen über die orotektonische Anordnung vorangehen und
dieselbe die Stelle der üblichen oro- und hydrographischen Einleitung
vertreten zu lassen.
Zwei gross« Gebirgsbrüche sind vor Allem bestimmend für
den Bau des südlichen Tirol. Der eifte verläuft vom Idro-See über
Val Bona, Val Rendena nahezu geradlinig bis in die Gegend von
Meran. Dies ist dieJudicarien-Spalte, längs welcher das von
Osten herantretende jüngere Gebirge plötzlich abgeschnitten wird.
Am westlichen emporgehobenen Spaltenrande sind bis auf wenige
Reste in Judicarien die mesozoischen Bildungen durch Denudation
entfernt. An allgemeiner Bedeutung für die räumliche Anordnung
der südalpinen Nebenzonen wird die Judicarien-Spalte durch keine
andere tektonische Linie übertroffen. Ihr Alter ist kaum mit Sicher-
heit zu bestimmen. Es mag sein, dass der berühmte, durch sie im
Westen begrenzte einspringende Winkel des Kalkgebirges in seiner
ersten Anlage bis in die Zeit der permischen Quarzporphyr-Ergüsse
zurückreicht und dass die triadische Strandlinie nahezu mit ihr zu-
sammenfällt. Zu Gunsten einer solchen Auffassung spricht ausser
Orotektonische Gliederung von SQdtiroI. I07
einigen, nicht allzu hoch anzuschlagenden Analogien, das Verhalten
der Triasdolomite, welche in der Richtung gegen die Judicarien-
Spalte an Mächtigkeit bedeutend abnehmen. Es ist übrigens sehr
bemerkenswerth, dass* wenn man die Judicarien-Linie in gleicher
Richtung über das krystallinische Schiefergebirge der Mittelzone fort-
setzt, die Verlängerung mit der Westgrenze des Kalkgebirges des
Sill-Gebietes (Stubay, Gschnitz, Pflersch) zusammenfällt. Vielleicht
hat man hier die Andeutung einer uralten transversalen Uferlinie
und so reicht vielleicht das bedeutungsvolle Vorrecht der Brenner-
Depression, den Norden mit dem Süden zu verbinden, in geologisch
sehr ehrwürdige Zeiten zurück.
Der zweite grosse Gebirgsbruch verläuft aus Val Sugana in
ostnordöstlicher Richtung am Südabfall des Cima d'Asta-Stockes
nach Primiero, von da mit Beibehaltung der Richtung über Vallalta
nach Val Imperina bei Agordo und sodann über das mittlere Zoldo,
Forcella Cibiana nach Cadore, von wo derselbe sich höchst wahr-
scheinlich längs des Südabfalles des palaeozoischen Gebirgszuges der
kamxschen Alpen in östlicher und ostsüdöstlicher Richtung in die
Karavanken und in östlichere Gegenden fortsetzt. Eine Reihe von
Erzvorkommnissen, sowie einige Mineralquellen bezeichnen den Lauf
dieser Bruchlinie, welche wir als die Val Sugana-Spalte bezeichnen
wollen. Das im Süden gelegene Gebiet ist das gesunkene; stets ist
der nördliche Bruchrand durch das Vorkommen älterer Bildungen
ausgezeichnet. Nirgends überschreiten die tertiären Meeresablage-
rungen den Nordrand der Spalte, und nirgends trifft man im Norden
auf Basaltgänge, während die mesozoischen Dolomite und Kalke
des abgesunkenen Gebirgstheiles nicht selten von Basalt durch-
setzt sind.
Diese beiden grossen Gebirgsbrüche beherrschen nun den Bau
des südlichen Tirol und des angrenzenden venetianischen Gebirges
in der Weise, dass sie das Hauptstreichen der tektonischen Linien
und dadurch mittelbar auch die orographische Gliederung in den an
den* Spaltlinien niedergesunkenen Gebirgsstreifen bestimmen. Das
Depressionsgebiet der Judicarien-Spalte reicht bis in das sogenannte
Bozener Porphyrplateau^ dessen westliche Hälfte sich theils allmäh-
lich, theils mittelst der Intervention einiger Verwerfungen sprungweise
gegen Westen niedersenkt. Im Süden von Val Sugana verbinden
sich die Depressionsgebiete von Judicarien und Val Sugana, das
Thal des Astico bezeichnet beiläufig die Grenze zwischen den ab-
weichenden Streichungs-Richtungen.
So stellt sich das in dieser Schrift zu schildernde Gebiet als
das eigentliche Hochland der südtirolischen Kalkalpen dar,
Io8 Orotektonische Gliederung von SDdtirol.
welches im Süden, Südosten und Westen an ausgedehnte, durch
Parallelgliederung in tektonischer und orographischer Beziehung aus-
gezeichnete Depressionsdistricte grenzt. Da im Norden die krystalli-
nischen Schiefer der Mittelzone unser Hochgebirge regelmässig unter-
teufen, so erscheint dasselbe im grossen Ganzen als eine in den
tektonischen Bereich der Mittelzone gehörige Scholle von flach
muldenförmiger Lagerung. Eine andere, vorläufig noch nicht gelöste
Frage ist es aber, ob nicht am Südgehänge der Mittelzone eine der
Fortsetzung der scheinbar bei Abfaltersbach endenden Drau-
Spalte entsprechende Bruchlinie etwa über Brunneck und Mühlbach
nach Meran verläuft und am letzteren Orte mit der Judicarien-Spalte
zusammentrifft.
Ein Blick auf die Karte genügt, um sich zu überzeugen, dass
das Südtirolische Hochland in eine Anzahl unregelmässig vertheilter
plateauförmiger Gebirgsmassen zerfällt Tiefe Einsattlungen, welche
häufig eine ansehnliche Breite erlangen, sondern die mit steilwandigen
kahlen Rändern abstürzenden Gebirgsmassive ; die Gewässer eilen in
tiefeingeschnittenen Erosionsrinnen, häufig senkrecht auf das Streichen
der Schichten, den Längsthälem der benachbarten Districte zu.
Die Individualisirung der Massen erscheint deshalb als das hervor-
stechende orographische Merkmal. Jeder Stock bildet ein Gebirge
für sich und erst die geologische Synthese lehrt den Zusammenhang
des Ganzen und die Bedeutung des Einzelnen kennen.
Die flache Lagerung der Gebirgsschichten und das Vorherrschen
fester, zu senkrechter Zerklüftung disponirter Gesteine bedingen die
Bildung der für das südtirolische Hochland so charakteristischen
Plateaux. Die Wiederholung von der Plateaubildung günstigen Schich-
ten in verschiedener Höhe bewirkt den terrassenförmigen Aufbau des
Gebirges, welcher stellenweise in prägnanter Weise hervortritt und
der Landschaft ein eigenthümliches Gepräge verleiht. Das jüngste
plateaubildende Gestein ist der Dachsteinkalk, diesem folgt das
ältere Dolomit-Riffplateau. Die höchsten Gebirgsmassen gehören
einem von diesen beiden an; wo das Dolomitplateau noch von
einem Dachsteinkalkplateau überhöht wird, wie z. B. im Sellagebirge,
springt ersteres terrassenförmig vor. Einem tieferen geologischen
Niveau und zugleich einer geringeren Höhenlage gehört das vom
schwarzen Porphyr umrandete Plateau an, welches von einer Reihe
weicherer, klastischer Gesteine überlagert in der Seisser-Alpe seinen
vorzüglichsten Repräsentanten besitzt. Wo die Denudation bis auf
den permischen Quarzporphyr hinabgegriffen hat, wie in den Um-
gebungen von Bozen, da entsteht das landschaftlich so merkwürdige
Quarzporphyrplateau, welches in tiefen engen Erosionsschluchten
Orotektonische Gliederung von Sfidtirol. lOQ
seine Gewässer dem weiten Abzugs- und Sammelcanal der Etsch
zufuhrt.
Unbeschadet der flachen Lagerung wird das südtirolische
Hochland von einer Anzahl von Verwerfungslinien durchsetzt, welche
bedeutende Niveauveränderungen herbeiführen und zur Individuali-
sirung der Gebirgsstöcke beitragen. Doch gibt es auch einige Ver-
werfungen von bedeutender Sprunghöhe, welche auf die Plastik des
Gebirges ohne Einfluss sind. Den interessantesten hieher gehörenden
Fall werden wir im Gardenazza-Gebirge kennen lernen.
Wo der Einfallswinkel der Schichten in stärkerem Grade von
der söhligen Lagerung abweicht, da entstehen Kämme mit einseitigem
SteilabfalL Beispiele bilden der Cristallo-Stock fiir den Dachsteinkalk,
die Marmolata fiir das DolomitrifT, die an wolgeformten Gipfelbildun-
gen reiche Kette der Cima di Lagorai fiir den Quarzporphyr.
Es ist oben bereits erwähnt worden, dass von den untergeord-
neten Störungen abgesehen, das südtirolische Hochland eine grosse
flache Mulde oder Synclinale bildet, indem die Schichten am Süd-
rande von der Val Sugana-Spalte weg nach Norden einfallen,
während am Nordrande Südfallen herrscht. Eine nähere Betrachtung
lehrt jedoch^ dass das Südfallen am Nordrande nur auf eine sehr
schmale Zone beschränkt ist tmd dass in allen den folgenden, durch
Ver^^erfungen abgegrenzten Schollen entweder söhlige Lagerung
oder Nordfallen die Regel ist. Deshalb befindet sich der Steilabfall
mit Ausnahme der erwähnten nördlichen Zone und der horizontal
gelagerten allseitig schroff niedersetzenden Plateaumassen stets auf
der Südseite der Gebirgsstöcke.
Die Culminationspunkte des Gebirges häufen sich in der süd-
lichen Hälfte und auch hier wiederholt sich die interessante, bisher
ganz unbeachtet gebliebene Erscheinung, dass dicht benachbarte
Gipfel von annähernd gleicher Höhe aus sehr ungleichaltrigen For-
mationen bestehen; als ob zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichtes
des Gebirgsganzen ein gewisses Mass der Erhebung in den einzelnen
Gebirgstheilen erfordert würde, in Folge dessen der abtragenden und
nivellirenden Thätigkeit der Denudation ein stetes Nachrücken und
Emporpressen älterer Formationen entgegenwirken musste.
Es ist hier noch eines Factors zu gedenken, welcher neben
den tektonischen Verhältnissen die Individualisirung der Gebirgsstöcke
im südtirolischen Hochlande in hervorragender Weise begünstigt.
Bereits in der stratigraphischen Uebersicht ist darauf hin-
gewiesen worden, dass die Formationsreihe zwischen den Werfener
und Raibler Schichten in den Alpen in zweifacher, heteropischer
Entwicklung auftritt, in der Dolomit-Facies (Riff'-Facies) und in der
IJO Orotektonische Gliederung von Südtirol.
Mergel-Facies. In unserem Gebiete ist diese doppelte Entwicklung
auf die Bildungen zwischen Muschelkalk und Raibler Schichten be-
schränkt, aber innerhalb dieses Rahmens tritt die Erscheinung in
sehr ausgezeichneter Weise auf. Stockförmige DolomitrifTe tauchen
inselfbrmig aus dem Gebiete der Mergel-Facies empor und schmale
Canäle der Mergel-Facies winden sich zwischen grossen DolomitstQcken
durch. Ich erwähne hier, um Missdeutungen von vornherein zu
begegnen, dass eine gleichförmige Decke jüngerer Bildui^en über
das ganze Gebiet sich hinzog und dass erst in verhältnissmässig
neuer Zeit die Denudation die theilweise Entblössung der Dolomit-
riffe und ihrer Umgebungen vollzog.
Est ist einleuchtend, dass bei der ruhigen Lagerung des Ge-
birges die blosgelegten alten Riffe scharf abgegrenzte, individualisirte
Gebirgsstöcke bilden.
Die eigenthümlichen landschaftlichen Reize, welche dem süd-
tirolischen Hochlande seinen so wolverdienten Ruf verschafft haben,
beruhen keineswegs ausschliesslich, wie fast allgemein angenommen
wird, auf dem Vorkommen oder dem Vorherrschen des Dolomits.
Die Verbreitung des echten Dolomits ist eine verhältnissmässig sehr
beschränkte, und es besteht in physiognomischer Beziehung kein
Unterschied zwischen dem dolomitisirten und dem nicht dolomitisirten
Riffkalk. Der Schiern und der Rosengarten, der Lang- und Platt-
kofel bestehen zum grössten Theile aus Dolomit; in den übrigen
Riffen waltet der Kalk vor, welcher ohne scharfe Grenze in den
Dolomit übergeht Es herrscht eine solche Unregelmässigkeit und
Unbeständigkeit des Vorkommens der dolomitisirten Partien, dass
die kartographische Scheidung von Kalk und Dolomit zu den schwie-
rigsten und mühsamsten Unternehmungen gehören würde. Der
wissenschaftliche Gewinn einer solchen Aufnahme wäre im Verhält-
niss zum erforderlichen Zeitaufwande von so geringem Belange, dass
sich kaum Jemand dieser Aufgabe unterziehen wird. Wenn die
Geologen die Bezeichnung Dolomit auch auf wenig dolomitisirte Kalke
anwenden, so geschieht dies wegen der Kürze und Handlichkeit des
Ausdruckes, aber stets nur mit der Beschränkung auf mit dem echten
Dolomit gleichaltrige und gleichgebildete Kalke. Man ersieht daraus,
dass sich mit dem Worte , Dolomit* allerdings ein geologischer, aber
durchaus kein physiognomischer Begriff verbinden lässt. Das reisende
Laienpublikum hat deshalb instinctiv das Richtige getroffen, indem
es die Begriffe »Dolomit* und , Kalkberg* identificirte und die Be-
zeichnung , Dolomiten* nach und nach auf alle Kalkberge der Süd-
alpen ausdehnte. Mit dem gleichen Rechte müssten aber auch die
Nordkalkalpen Dolomite genannt und müssten schliesslich Kalk
Orotektonische Gliederung von SOdtirol. 1 1 X
und Dolomit als synonyme Bezeichnungen für die Felsenkalke
überhaupt angesehen werden. In einer solchen Ausdehnung und
Verallgemeinerung liegt aber die Anerkennung, dass die Bezeichnung
schlecht gewählt und weder zur morphologischen, noch zur geogra-
phischen Charakterisirung des südtirolischen Hochlandes geeignet ist.*)
Versuchen wir es aber nun, uns klar zu machen, welche Fac-
toren den landschaftlichen Charakter unseres Gebirges bedingen.^
Ganz allgemein lasst sich sagen, dass die Physiognomie einer Gebirgs-
landschaft abhängt: i. vom Gesteinsmaterial, 2. von der Lagerungs-
form desselben und 3. von den hypsometrischen Verhältnissen. Der
Etnfluss des dritten Factors ist so selbstverständlich, dass es überflüssig
wäre, darauf näher einzugehen. Die beiden ersten Factoren stehen
in inniger Wechselbeziehung. Eine oft nur unscheinbare und graduelle
Abänderung des einen Factors genügt, um den Gesammteffect
wesentlich zu alteriren. Dasselbe Gestein präsentirt sich bei flacher
Lagerung anders, als bei steiler Aufrichtung der Schichten. Unter
gleichen Lagerungsverhältnissen bewirkt häufig eine geringfügige,
dem Laien kaum wahrnehmbare Aenderung des Gesteins, Ab-
weichungen in der Tracht des Gebirges. Das Auge des gebirgs-
gewohnten Geologen ist für diese feinsten Nuancirungen in Farbe
und Form der Felslandschaft sehr empfindlich ; es ist gar häufig im
Stande nach dem landschaftlichen Eindrucke ein verlässliches Urtheil
über die geologische Zusammensetzung eines Berges abzugeben. Es
soll hiermit durchaus nicht die Unfehlbarkeit solcher ä la vue Be-
stimmungen behauptet werden, schon aus dem Grunde nicht, weil
richtiges Sehen keine so leichte Sache ist. Ausser Erfahrung ist
hiezu auch ein gewisser Grad individueller Begabung erforderlich.
Es gibt tüchtige Geologen, welche für diese Art landschaftlicher
Diagnose unempfänglich sind, und nicht selten sind leider auch die
Maler, welche' unrichtige oder unmögliche, das Auge des Gebirgs-
kundigen geradezu beleidigende Landschaftsbilder produciren.
In unserem Gebiete vereinigen sich die günstigsten Verhält-
nisse, um eine grossartige und wechselreiche landschaftliche Scenerie
hervorzubringen: bedeutende Höhenunterschiede, grosse Mannigfaltig-
keit des Gesteinsmaterials, vortheilhafte Beschaffenheit desselben
und vorherrschend flache Lagerung.
Kaum kann sich ein anderes Gebiet der Alpen mit Südtirol in
Bezug auf die reichliche und glückliche Abwechslung contrastirender
Gesteinsarten messen. Der geheimnissvolle Zauber, welcher über
♦) Vgl. a. R. Hoernes: Aus den Sodtiroler Kalkalpen. Zeitsch. D. u. Oest.
A. V. 1875, p. 127,
112 Orotektonische Gliederung von SOdtirol.
diesen im grossen Style angelegten Landschaften ausgebreitet ist,
beruht auf den Gegensätzen zwischen den dunkelgeiarbten und der
Vegetation günstigen verschiedenartigen Eruptivgesteinen, Mergeln
und Sandsteinen auf der einen und den hellen, nackten, bis hoch in
die Schneeregion hinanragenden Kalken auf der anderen Seite.
Dieser Contrast bestimmt den Grundton des Gemäldes, welcher
durch die zahlreichen Nuancirungen an Farbe und Form, welche
den verschiedenen Gesteinen der beiden Kategorien eigenthümlich
sind, vielfaltig modiücirt wird. Trotz der Höhe und Kühnheit der
Gipfelbildungen würde das südtirolische Hochland einen sehr mono-
tonen, wilden und todesstarren Anblick gewähren^ wenn dem Kalk
und Dolomit die Alleinherrschaft zukäme. Es wäre eine unwirth-
liehe, kaum bewohnbare Felsenwildniss mit schmalen, schluchten-
artigen, wasserarmen Thaleinschnitten.
Vorzüglich dem in dieser Schrift zu schildernden Heteropismus
der unter den Raibler Schichten gelegenen Triashorizonte, aber
auch dem Auftreten altvulcanischer Gesteine ist es zuzuschreiben,
dass ansehnliche becken- und canalförmige Thalweitungen das starre
Kalkhochgebirge unterbrechen und mit ihren ausgedehnten Wiesen,
Wäldern und Weiden die Landschaft in der angenehmsten und
nützlichsten Weise beleben. Wir nennen hier nur die Hochfläche
der Seisser Alpe, das badiotische Hochplateau mit Buchenstein, die
Ampezzaner Thalweitung, die vom Pelmo überragte Hochfläche von
Zoldo, die halbkreisförmige Thallandschaft östlich bei Agordo. In
welch* hohem Grade diese mitten zwischen den Culminationspunkten
des Kalkgebirges gelegenen Becken und Hochflächenthäler den Reiz
der Scenerie erhöhen, wird jeder der Gegend Kundige bestätigen.
Wasserrisse und Gehänge sind von prächtigem dunklen Nadelholz
beschattet, über die ausgedehnten, welligen Hochflächen zieht ein
üppiger Grasteppich, und schroff" und unvermittelt erheben sich über
und neben ihnen die schöngeformten, aber vegetationsarmen bleichen
Kalkmassive oder die in phantastische Zacken und Zinnen auf-
gelösten Dolomitriffe. Grössere Gegensätze sind kaum denkbar.
Eine analoge Rolle in landschaftlicher Beziehung spielt das
Tafelland des permischen Quarzporphyrs bei Bozen ; aber abgesehen
von der die Tracht beeinflussenden Verschiedenheit der Gesteinsart,
bewirken die tiefere Lage, die davon abhängige südlichere Vege-
tation und die ansehnlicheren Dimensionen des Plateaubeckens eine
Reihe von Abweichungen.
Einen wesentlich verschiedenen Einfluss auf die Physiognomie
des Gebirges nimmt das südliche Quarzporphyrgebirge und der
Granitstock der Cima d'Asta. Dies sind Gebirge für sich mit
Orotektonische Gliederung von SOdtirol. II3
ansehnlicher Massenentwicklung, selbständigen Gipfelbildungen und
eigenthümlicher Tracht. Der landschaftliche Gegensatz gegenüber
dem Kalkhochgebirge kommt nur an den Grenzen durch die Ver-
schiedenheit der Thalwände, wie in Längenthälem zwischen ab-
weichenden Gebirgsketten, zur Geltung.
Die Einwirkungen der tektonischen Verhältnisse auf den land-
schaftlichen Charakter äussern sich in unserem Gebirge vorzüglich
durch die bereits erwähnte Individualisirung der Massen, sowie
durch das Vorherrschen der Terrassen- und Plateauform.
Bei der Detailschilderung wird sich vielfach die Gelegenheit
ergeben, die physiognomischen Charaktere der verschiedenen Gesteins-
arten sowie den Einfluss der Lagerungsform auf die plastischen
Verhältnisse des Gebirges im Einzelnen zu besprechen.
MojsisOTici, Dolomitriffe. 8
II.
Detailschilderungen.
8»
V. CAPITEL.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hoch-
gebirges.
Das Schiefergebirge. - Das EruptiTgebiet von Klausen. - Das Bozener Qnarzporphyr-Plateau. -
Der alte Eisackgletscher.
Die Unterlage, über welcher sich unser Kalkhochgebirge auf-
baut, ist im Norden eine wesentlich andere, als im Westen. Dort
sind es phylladische Schiefer, auf welche unter Intervention einer
wenig mächtigen Conglomeratbildung ( Verrucano) der rothe Grödener
Sandstein folgt, hier schaltet sich im Niveau des Verrucano der
mächtige Complex der Quarzporphyr-Gesteine zwischen dem Phyllit
und dem Grödener Sandstein ein und verleiht der Landschaft wesent-
lich verschiedene Charakterzüge. Der Quarzporphyr erscheint sonach
als ein im Norden fehlendes Deckgestein der krystallinischen
Schiefer. Wäre er nicht vorhanden, oder denkt man sich denselben
entfernt, so würden die gegenwärtig isolirten Schiefer des Cima
d'Asta-Stockes auch oberflächlich mit der Schieferzone der Central-
alpen verbunden sein.
I. Das Gebiet der krystallinischen Schiefer.
Ich habe keine Gelegenheit gefunden, das auf der Karte mit
der Farbe des Thonglimmerschiefers bezeichnete nördliche Gebiet zu
Studiren und bin bei der Colorirung desselben den Angaben der
älteren Karten gefolgt. Die Umgebungen von Klausen und Theiss
sind der Hauptsache nach der v. Richthofen'schen Karte ent-
nommen.
Stäche hat kürzlich die Angaben und Ansichten der älteren
Forscher in übersichtlicher Weise zusammengestellt und kann für
Ilg Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
weitere Informationen auf dessen Arbeit verwiesen werden. *) Hier
sollen nur einige Thatsachen, welche fiir das allgemeine Verständniss
von Interesse erscheinen, hervorgehoben werden.
Die wichtigste Frage ist die, ob in dem einstweilen unter dem
Gattungsnamen Phyllit begriffenen Gebiete palaeozoische Schichten-
reihen inbegriffen sind? Daran würde sich sodann die Aufgabe an-
schliessend den Umfang und die Art der Betheiligung der palaeozoi-
schen Bestandmassen näher zu bestimmen.
Es wäre vor Allem zu untersuchen, in welchem Verhältniss
die als Unterlage des Verrucano durch das Sextenthal ziehende
Schieferzone zu den sicher palaeozoischen Bildungen der Kamischen
Alpen steht? Damit wäre für die Beurtheilung der westlicheren Ge-
genden, in welche die Sextener Schiefer fortzustreichen scheinen,
viel gewonnen. Manche Sextener Gesteine erinnern sehr an palaeo-
zoische Schiefer. Indessen dürfen petrographische Analogien nicht
zu hoch angeschlagen werden.
Eine noch grössere Aehnlichkeit mit palaeozoischen Schichten
besitzen die schwarzen Graphitkieselschiefer in dem Scheiderücken
zwischen dem Villnöss- und dem Afers-Thal. Die Verbreitung dieser
Gesteine ist eine sehr beschränkte. Die Lagerung gibt wenig Auf-
schluss über ihr Alter, obwol über oder nicht weit über ihnen der
Verrucano mit Porphyrtuff und Porphyrstromenden liegt. Denn sowol
weiter östlich, als auch am Südgehänge des Villnöss -Thaies bilden
wieder echte Quarzphyllite die Unterlage der permischen Bildungen.
Da an vielen Punkten, wie z. B. im unteren Gröden, die Discordanz
der Lagerung zwischen den Phylliten und den permischen Porphyr-
decken unzweifelhaft ist, wie bereits v. Richthofe n und nach ihm
Stäche betonten, so sind dreierlei Annahmen möglich. Die Kiesel-
schiefer von Villnöss können Denudations-Relicte einer einst weiter
verbreiteten Grauwacken-Ablagerung sein. Oder sie sind nur eine
locale Abänderung des Quarzphyllits , welcher wieder entweder
archaeischen oder palaeozoischen Alters sein kann. Vorläufig bleibt
es dem subjectiven Ermessen überlassen, unter diesen Annahmen
zu wählen. Ob eingehende Untersuchungen zu bestimmteren Resultaten
fuhren werden, ist noch fraglich.
Das Einfallen der Schieferzone ist im Allgemeinen gegen Süden
gerichtet. Der scheinbar durchaus concordante Complex unterteufl
das am Nordrande ebenfalls stets südfallende Kalkgebirge. Doch
ist der Fallwinkel der Schiefer meistens viel steiler. Diese Discordanz
der Lagerung, sowie auch der Beginn der jüngeren concordanten
*) Die palaeozoischen Gebiete der Ostalpen. Jahrb. Geol. R.-A. 1874.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. ng
Schichtenreihe mit auf terrestrischen Ursprung hinweisenden Conglo-
meraten (Vemicano) machen es wahrscheinlich, dass die Schieferzone
bereits vor der Ablagerung der jüngeren concordanten Schichten-
reihe Aenderungen der ursprünglichen Lagerung erfuhr. Welcher
Art diese älteren Störungen waren, ist heute kaum mehr zu be-
stimmen. Man darf aber annehmen, dass die später erfolgten tektoni-
schen Einwirkungen im Grossen von derselben Art waren, wie die-
jenigen, welche das aufgesetzte, mit einem Denudations-Steilrand
gegen Norden abbrechende Kalkgebirge betroffen haben. Dies zu-
gegeben dürfen wir voraussetzen, dass das Schiefergebirge von einer
Anzahl Verwerfungen durchzogen ist, an welchen die einzelnen
Schollen treppenfbrmig auf- und niedersteigen. Ob es je gelingen
wird, diese Verwerfungen in der Natur nachzuweisen, muss für die
reinen Schieferdistricte dahingestellt bleiben. Wo sich Schollen jün-
gerer Bildungen erhalten haben, wie in Villnöss, unterliegt dies keiner
Schwierigkeit.
Es bedarf keiner weiteren Erörterung, um einzusehen, dass
diese gewissermassen unsichtbaren Verwerfungen der Gliederung und
der richtigen Einreihung und Abschätzimg der Schiefercomplexe
kaum überwindbare Schwierigkeiten in den Weg stellen. Hypothe-
tische tektonische Constructionen, zu denen man sich leicht verleiten
lässt, können dann zur Aufstellung sehr verschiedener ganz falscher
Gliederungs-Schemata fuhren, ohne dass man im Stande wäre, mit
Bestimmtheit das Wahre vom Fakchen oder das Falsche vom minder
Falschen zu unterscheiden. Insbesondere möchte ich davor warnen,
den so beliebt gewordenen Annahmen von Faltungen in unserer
centralen Schieferzone einen zu grossen Spielraum zu gestatten. Man
darf die Erfahrungen, welche wir in den gestauten jüngeren Aussen-
zonen (insbesondere in der Flyschzone) gewonnen haben, nicht ohne
zwingende Gründe auf die meist steil aufgerichteten alten Schieferzonen
der Centralalpen übertragen. Stauungen haben zwar hier jedenfalls
auch stattgefunden, aber es ist bekannt, dass die Faltungen, wenn
die* Spannungsgrenze überschritten ist — und dieser Fall muss bei
langandauemder Einwirkung im gleichen Sinne auch bei den bieg-
samsten Gesteinscomplexen eintreten — in Zerreissungen und Ueber-
schiebungen übergehen. Für die Alpen möchte der Satz gelten, dass
je älter ein Schichtencomplex ist, desto unwahrscheinlicher das Vor-
kommen von Faltungen*) ist. Ich bin durch die nähere Bekannt-
schaft mit der nördlichen und südlichen Kalkalpenzone der Ostalpen
*) Wol zu unterscheiden von den häufig gekröseförmigen F<elungen der
einzelnen Bftnke, welchen man namentlich in den Quarzphylliten häufig begegnet.
I20 I^ic nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
ZU der Anschauung gelangt, dass unsere Centralzone die tektonischen
^igenthümlichkeiten der Nebenzonen in verschärftem Maasse besitzt.
Am Nordabhange dürften Zerreissungen und Ueberschiebungen, am
Südgehänge Brüche und Einstürze vorherrschen.
2. Das Eruptivgebiet von Klausen«
An zwei Stellen im Gebiete imserer Karte wird die nördliche
Phyllitzone von Eruptivgesteinen durchbrochen, bei Klausen, am
Ausgange des Villnöss-Thales und in Lüsen. Der Granit von Brixen
fällt bereits ausser den Bereich unserer Karte. Bei Klausen kommen
zweierlei Gesteine vor: Diorit und Melaphyr. Der Diorit, längst
bekannt unter der Bezeichnung , Diorit von Klausen*, ist nach der
Untersuchung v. Rieht hofen*s Strahlsteindiorit*). Uebereinstinunend
damit ist nach Pichler's Angabe das von diesem zuerst anstehend
beobachtete Gestein von Lüsen. Nach v. Richthofen's Darstellung
zeigt die grössere Masse zwischen Sulferbruck und Klausen im
Centrum eine grosskrystallinische Structur, wie grosskömige Gabbro's
und erst an den Rändern tritt die kleinkörnige Structur auf, welche
an den übrigen kleineren Vorkommnissen die herrschende ist.
Pich 1er**) bestreitet die eruptive Natur des grosskömigen Gesteins
und stellt dasselbe zum Phyllit, da mehrfache Wechsellagerungen mit
Gneisslagen des Phyllits vorkämen. Da die ganze Umgebung von
Klausen von Dioritgängen durchschwärmt ist, erscheint es wol
naturgemässer mit v. Richthofe n das grosskömige Gestein beim
Diorit zu belassen und die von Pich 1 er beobachteten Wechsellage-
rungen als Lagergänge aufzufassen.
Reibungsconglomerate begleiten häufig das an den Wänden
des Thonglimmerschiefers aufsteigende Eruptivgestein. Sowol die
Einschlüsse der Reibungsconglomerate, als auch der angrenzende
Phyllit zeigen nach v. Richthofe n intensive Contact-Metamorphosen.
Die ersteren sind perlgrau und Kieselschiefer ähnlich geworden, der
letztere hat seine schiefrige Structur fast ganz verloren und eine
feste krystallinisch-kömige Beschaffenheit angenommen.
Die Lagerungsverhältnisse geben über das Alter des Klausener
Diorit keinen Aufschluss. Der Diorit ist, da er den Thonglimmer-
schiefer durchbricht, jünger* als dieser. Er ist aber älter als der
*) Gümbel theilt eine von Schwager ausgeführte Analyse dieses Gesteins
mit und nennt es, ohne der Untersuchungen v. Richthofen^s, Pichler's, Reuss*,
V. Buch*s und Trinker's zu erwähnen, Aktinolithdiorit, wodurch v. Richt-
hofen's Bestimmung bestätigt wird. Sitz.-Ber. Münchener Akad. Bd. VI, 1876, pag. 56.
**) Neues Jahrb. von Leonhard und Geinitz. 1871, pag. 272.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 12 1
Melaphyr, weil dieser auch ihn durchsetzt. Wir werden später die
Ansicht zu begründen suchen, dass er, ebenso wie die Granite der
Cima d'Asta und von Brixen, der Periode der Quarzporphyr-Ergüsse
angehört v. Richthofe n vermuthete bereits, auf Grund einer
anderen Ideenverbindung, dass der Klausener Diorit als ein basisches
Glied der Graniteruption von Brixen und der Cima d'Asta anzusehen
ist Auch Tschermak*) bemerkt, dass der Diorit vielleicht zum
Porphyr in einer Altersbeziehung steht.
Ehe wir das zweite in der Klausenergegend injicirend auf-
tretende Eruptivgestein besprechen, müssen wir einen Blick auf die
unteren Thalstufen von Villnöss werfen. Ich habe dieselben bei einer
in Gesellschaft von Dr. Hoernes ausgeführten Excursion flüchtig
kennen gelernt Die Veranlassung zu dieser Excursion war die An-
gabe eines befreundeten Forschers, dass bei Theiss deckenformige
Ausbreitungen des Melaphyrs über dem Quarzporphyr vorkämen.
Um den Gegenstand abzuthun, bemerke ich gleich hier, dass von
einer solchen Erscheinung , welche schwerwiegende Folgerungen
über die physikalischen Verhältnisse Südtirols zur Zeit der norischen
Stufe involvirt hätte, nicht die geringste Spur vorhanden ist.
Das untere Villnöss -Thal fällt mit einer Bruchlinie zusammen,
längs welcher die nördliche Thalwand in die Tiefe gesunken ist.
Dieselbe Bruchlinie lässt sich weit gegen Osten hin mitten durch
die grossen Kalkmassive bis an das Ostende unserer Karte bei
Auronzo verfolgen. Sie bildet die längste und bedeutendste Störungs-
linie in unseren nördlichen Gebieten und werden wir ihr noch wieder-
holt begegnen. Wir wollen ihr daher eine besondere Bezeichnung
beilegen und nennen sie die Bruchlinie von Villnöss.
Im unteren Villnöss entspricht bis nahe zum schluchtartigen
Thalausgange die Thalsohle annähernd dem Verlaufe der Bruchlinie.
Bei dem Orte Villnöss verlässt jedoch die Bruchlinie die Thaltiefe,
indem sie auf dem linken Thalgehänge unterhalb des Raschötz öst-
lich nach St. Johann weiterläuft, von wo sie, den norischen Dolomit
des Ruefenberges von dem Phyllit und Quarzporphyr des Schwarz-
waldes trennend, bis zum Jochübergange zwischen Villnöss und
Campil verfolgt werden kann. Der Betrag der Verwerfung vermin-
dert sich in der letzten Strecke unter der Jochhöhe zusehends und
im Osten des wasserscheidenden Rückens tritt für kurze Zeit eine
in der Mitte gesprungene und etwas verschobene Anticlinalwölbung
an die Stelle der Bruchlinie. Bald aber lebt die Bruchlinie in ihrer
reinen Form wieder auf und setzt sich noch weit gegen Osten fort,
wohin wir sie jetzt nicht verfolgen wollen.
♦) Porphyrgesteine Oesterreichs, pag. 99.
122 ^i^ nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
Es ist wegen der grossen Sprunghöhe nicht wahrscheinlich,
dass die Bruchlinie vor dem Ausgange des Villnöss -Thaies thatsäch-
lich ihr westliches Ende erreicht. Da aber weiter westlich keine
Denudations-Relicte permischer Schichten mehr vorkommen, so ist
die Verfolgung des Sprunges in den phylladischen Schiefem sehr
erschwert. Doch verdient es Beachtung, dass das Erzvorkommen
auf dem Pfundererberge bei Klausen genau mit der westlichen Ver-
längerung der Villnösser Bruchlinie zusammenfallt.
Die isolirten Vorkommnisse von Quarzporphyr auf der nörd-
lichen Thalwand von Villnöss und im Quellgebiete des Afers -Thaies
sind nichts weiter als die nördlichen Stromenden der Bozener
Quarzporphyrdecke. Von einer stock- oder gangförmigen Lagerung
ist nirgends etwas zu bemerken. Der Porphyr erscheint stets im
Hangenden des Quarzphyllits oder der erwähnten Kieselschiefer von
palaeozoischem Habitus und auf das Innigste verknüpft mit Porphyr-
sandsteinen oder mit Verrucano-Conglomeraten. Wo die jüngeren
Bildungen nicht durch Denudation entfernt sind, da folgen regel-
mässig die Grödener Sandsteine. Es kann daher nicht zweifelhaft
sein, dass diese vereinzelten Porphyrmassen dem Schichtenverbande
regelmässig eingefugt sind.
Betritt man, vom Eisack-Thale her aufsteigend, das Villnöss -Thal,
so begegnet man nach Passirung der in quarzreichem Phyllit ein-
gesägten untersten Thalenge einer vom rechten Thalgehänge bis in
die Thalsohle herabreichenden, ziemlich steil südfallenden Partie
von PorphyrtuflTen. Die linke, südliche Thalwand besteht aus
Phyllit.*) Am Fusse derselben liegen auch zahlreiche Blöcke eines
feinen schwarzen Thonschiefers mit gelben Schuppen. Es wäre zu
untersuchen, ob dieses Gestein, welches einen palaeozoischen Habitus
zeigt, höher oben ansteht. Die Porphyrtuffe reichen in der Thalsohle
bis kurz vor das Zollhaus, sie bekleiden das mit Weingärten besetzte
*) Die Karte des Tiroler montanistischen Vereins verzeichnet als Gipfelmasse
des Tschanberges zwischen Villnöss und Gröden Porphyrconglomerate und Porphyre.
V. Richthofe n bezweifelt die Richtigkeit dieser Angabe. Wir haben diesen sehr
bewaldeten Höhenzug nicht betreten und sind bei der Colorirung unserer Karte der
V. Rieh thofe naschen Darstellung gefolgt, welche den ganzen Tschanberg aus
Quarzphyllit bestehen lässt. Indessen trägt die Angabe der Tiroler Karte durchaus
nicht den Stempel der Unwahrscheinlichkeit. Es ist recht wol einzusehen, dass
sich auf dem Tschanberg noch die tieferen, vorherrschend aus Sandsteinen und
Conglomeraten bestehenden Abtheilungen des Porphyrsystems erhalten haben,
wahrend das tiefere Gehänge gegen den Unterlauf des Grödener Baches bis auf
den Quarzphyllit entblösst ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegen auf der bewal-
deten Höhe viele Porphyrblöcke und ist es nicht leicht zu entscheiden, ob dieselben
als erratischer Schutt oder als Trümmer anstehenden Gesteins zu betrachten sind.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
123
Thalgehänge aufwärts bis Theiss und bis zum Fusse der Theisser
Kögel und sind dann durch eine der Bruchlinie parallel laufende Ver-
werfung von den nördlich einfallenden Porphyrtuffen der Theisser
Kögel geschieden:
Theisser Kogcl ^i{!Sj,""
Tscbsnberg
N.
S.
Quenchnitt durch das untere VillnSss-Thal bei Theise.
a = Quarzphyilit ; b = Porpbyrtuffe; e = Melsphyrginge.
Diese letzteren werden nach v. Richthofen's Angabe von
Grödener Sandstein überlagert, , welcher sich an die höheren Hügel
des Thonglimmerschiefers horizontal anlehnt*. Es läuft sonach noch
eine zweite nördlichere zur grossen Bruchlinie parallele Verwerfung
hier durch.
In der Gegend von St. Peter reichen theilweise von terrassirtem
praeglacialem Schutt verdeckte Grödener Sandsteine vom rechten
Thalgehänge in die Thalsohle herab und stossen hier an den Phyl-
liten der linken Thalwand ab, wie das untenstehende, von Professor
Hoernes entworfene Profil zeigt.
Afers-Thal
St. Peter ip Villnöss
Rascbötz
N.
S.
Querschnitt durch das mittlere VilhiSea -Thal bei St. Peter.
a = Quarzphyilit; 6 = Verrucano; e = Qoarzporpbyr; d = Grödener Sandstein;
e = Praeglacisles Conglomerat.
Die Höhendifferenz zwischen der unteren Verrucano- und
Porphyrgrenze diesseits und jenseits der Bruchlinie beträgt im mitt-
leren Villnöss mindestens 800 Meter.
Was nun das zweite in der Gegend von Klausen in durch-
greifender Lagerung auftretende Eruptivgestein, den Melaphyr, be-
trifft, so ist zunächst zu bemerken, dass sich die Melaphyrgänge
hauptsächlich nordöstlich von Klausen in den Umgebungen von
Theiss finden, während der Diorit vorzugsweise auf die nähere Um-
gebung von Klausen beschränkt ist. Die Verbreitungsgebiete sind
J
124 ^'^ nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
sonach getrennt und berühren sich nur an der Peripherie. Der Me-
laphyr (mit Augitporphyr) durchsetzt alle im unteren Villnöss- vor-
kommenden Schichtenreihen, nach v. Richthofen an der peri-
pherischen Grenze seiner Verbreitung auch den Diorit. Er gehört
höchst wahrscheinlich der Eruptionszeit der Fassaner Melaphyre an ;
es deutet aber nichts auf einen ehemals bestandenen oberflächlichen
Zusammenhang mit den norischen Laven und Tuffen des benach-
barten Gröden und Enneberg, welche ausschliesslich vom oberen
Fassa herzurühren scheinen.
Die meisten Gänge concentriren sich in den Porphyrsandsteinen
der Theisser Kögel, welche die Fundstätte der bekannten ^Theisser
Mugehi* oder Theisser Achatmandeln sind. v. Richthofen hat ge-
zeigt, dass die Beschaffenheit der durchsetzten und durchsetzenden
Gesteine jene eigenthümlichen paragenetischen Verhältnisse ver-
anlasst hat, welche den Achatmandeln von Theiss so viel Interesse
geben. Das Vorkommen von schalenfonDigen Absätzen von krystal-
linischem Quarz ist nicht auf Theiss beschränkt, sondern scheint in
den unteren, breccien- und conglomeratartigen Porphyrsandsteinen
Südtirols ziemlich verbreitet zu sein. Bereits Trinker*) erwähnt
die Ausscheidungen von Jaspis, Calcedon, Achat in den Porphyr-
breccien des Samthals, der Naifschlucht bei Meran, von Civezzano
und anderen Orten. Diese Kieselabscheidungen rühren von den Zer-
setzungsproducten der Porphyrsandsteine her. Die eigentlichen
Mandelsteine sind nach v. Richthofen auf die den Porphyrsand-
stein durchsetzenden Augitporphyrgänge beschränkt. Gewöhnlich
sind die Wandungen der Mandeln zunächst von den infiltrirten
Quarzabsätzen der Porphyrtuffe ausgekleidet und erst im Inneren
der Mandeln folgen dann die Auslaugungsproducte des Augitporphyrs,
(Zeolithe, Datolith), doch gibt es bei Theiss auch Mandeln, welche
ausschliesslich von den Derivaten des Augitporphyrs erfüllt sind.
3. Das Bozener Quarzporphyr-Plateau.
Die folgenden Bemerkungen bezwecken keineswegs eine nur
halbwegs erschöpfende Darstellung dieses interessanten Gebietes.
Da mir eine eingehende Untersuchung und Kartirung des auf meiner
Karte enthaltenen Theiles des Bozener Quarzporphyr-Plateau's ferne
lag, so versuchte ich durch einige Excursionen mir ein Gesammtbild
zu verschaffen, und dabei insbesondere die tektonischen Verhält-
nisse kennen zu lernen. Für einen geologisch gebildeten Petrographen
*) Erläuterungen zur geognostischen Karte Tirols, p. 63.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 125
liegt hier die dankbare, aber zeitraubende Aufgabe vor, die ver-
schiedenen klastischen Bildungen von den massigen Gesteinen zu
trennen und die verschiedenen Ströme des massigen Porphyrs zu
unterscheiden und zu verfolgen. Um zu wirklich lohnenden Ergeb-
nissen zu gelangen, müsste jedoch die Untersuchung auch über das
südliche Quarzporphyr-Gebii^e von Fleims und Cembra und über
die Quarzporphyr-Schollen von Judicarien und Val Trompia aus-
gedehnt werden. Einige der wichtigsten Abänderungen des Südtiroler
Quarzporphyrs sind bereits durch v. Richthofen, Tschermak,^)
C. W. C. Fuchs**) und Gümbel***) beschrieben worden.
Wie bereits die Verfasser der vom Tiroler Verein heraus-
gegebenen Karte richtig erkannt hatten, f) bildet, im Grossen be-
trachtet, der Porphyr ein fortlaufendes regelmässiges Lager zwischen
dem Thonglimmerschiefer und dem rothen Sandstein, welches sich
in tektonischer Beziehung genau wie ein gewöhnliches Sedimentär-
gestein verhält. Diese Auffassung ist in neuerer Zeit, hauptsächlich
in Folge der lichtvollen Darstellungen von Suess,ff) bei unseren
Geologen die herrschende geworden. Aber gleichwol erachtete ich
es für meine Aufgabe, die verschiedenen, theils publicirten, theils
mir durch persönlichen Verkehr bekannt gewordenen Angaben über
das gegenseitige Durchsetzen verschiedener Porphyre an Ort und
Stelle zu prüfen.
Ich lernte durch diese Untersuchung, welche mit Bezug auf
das behauptete Durchsetzen ein völlig negatives Resultat ergeben
hatte, sehr interessante tektonische Verhältnisse kennen, welche mir
sonst wol unbekannt geblieben wären.
Nach den bisherigen Nachrichten musste man sich das Quarz-
porphyr-Plateau als eine, durch keinerlei tektonische Störungen be-
unruhigte, ungebrochene Platte vorstellen, welche zwar allerdings
die grossen Biegungen der Unterläge mitmache, gegen das jüngere
aufgesetzte Gebirge aber sich wie eine unebene, hügelreiche Grund-
lage verhalte. Dies ist nicht richtig. Das Porphyrland von Bozen
zeigt den tektonischen Grundcharakter aller alpinen Plateauland-
schaften, es ist von Verwerfungen höherer und niederer Ordnung
durchzogen und besitzt in Folge dessen häufig einen treppenförmigen
Aufbau. Die Oberfläche des Porphyrsystems erscheint mit Bezug
*) Porph}Tgesteine Oesterreichs.
*♦) Die Umgebung von Meran. N. Jahrb. v. Leonhtrd und Geinitz, 1875.
♦**) Der Pechsteinporphyr in Sodtirol. Sitz.-Ber. Manch. Akad. 1876, pag. 271.
t) Vgl. Trinker, Erläuterungen, pag. 62.
tt) In verschiedenen neueren Schriften, insbesondere in „Aequivalente des Roth-
liegenden in den SOdalpen", Sitz.-Ber. Wien. Akad., 1868, und „Entstehung der Alpen''.
126 I^i^ nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
auf die aufgelagerten jüngeren Bildungen völlig eben; die Annahme
einer bereits zur Bildungszeit des Grödener Sandsteines und der
Werfener Schichten contourirten Oberfläche entbehrt der Bestätigung
durch concludente Thatsachen. Die heutige Configuration ist das
Prodiict der erst viel später eingetretenen tektonischen Bewegungen,
denen Südtirol seine i^edenreiche Anordnung verdankt, und der im
grossen Masstabe wirksam gewesenen Denudation.
Was die verticale Gliederung des Porphyr^rslems bei Bozen
betrifft, so ist zunächst zwischen einem unteren, stellenweise zu
grosser Mächtigkeit anschwellenden Complex von Conglomeraten,
Sandsteinen, Schiefem und dickschichtigen Tuffen und einer oberen
aus massigem Porphyr bestehenden Abtheilung zu unterscheiden.
An der Basis der unteren Abtheilung liegen Conglomerate
und Breccien mit Einschlüssen von Porphyr, Phyllit, dioritischen und
aphanitischen Gesteinen. Aus diesem häufig als »Reibungsconglomerat*
betrachteten Gestein entwickelt sich in Villnöss der Verrucano,
welcher jedoch auch als Zeitäquivalent der höheren porphyrischen
Glieder angesehen werden muss. Die darüber folgenden massigen
Gesteine werden in der Regel als Porphyr angesprochen. Sie stehen
mit unzweifelhaften Sandsteinen, Schiefem und Porphyrconglomeraten
in Verbindung und machen häufig den Eindruck von dickschichtigen
Tuffen. Sie sind leicht kenntlich an den grünen Pinitoid-Einschlüssen.
v. Richthofen*s Bozener und Blumauer Porphyr gehört hierher.
Man trifft häufig abgerundete Einschlüsse von Porphyren in diesen
wie zersetzt aussehenden Gesteinen. Wo die Einschlüsse sich
häufen, entwickeln sich förmliche Conglomeratbänke. In zwischen-
gelagerten Schieferlinsen kommen die von Gümbel und Pichler
aus der Umgebung von Bozen angeführten Pflanzenreste vor. Die
Schichtung tritt besonders dort deutlich hervor, wo, wie z. B. im
Sam -Thal Conglomerate vorherrschen. ImEisack-Thale zwischen Atz-
wang und Waidbruck bilden rothe, deutlich klastische wol geschich-
tete Sandsteine den oberen Abschluss.
lieber diesem System breiten sich deckenartig die Ströme des
massigen Porphyrs aus. Physiognomisch charakterisiren sich die
oberen Porphyre durch die tafelförmige Abklüftung, welche häufig
in grossartigem Massstabe zu beobachten ist. Wo die Tafeln dünn
genug sind, benützt man sie als BedachungsmateriaL
Nördlich von Bozen besitzen die oberen Porphyre keine grosse
Mächtigkeit. Der sogenannte Castelruther Porphyr, welcher hierher
gehört, scheint in der Richtung gegen den Raschötz an Mächtigkeit
zuzunehmen. Es wäre dies ein ganz analoger Fall, wie beim Augit-
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 127
porphyr der Seisser Alpe, welcher ebenfalls mit seinem dicken Ende
gegen Norden sieht
Im Süden von Bozen wächst die Mächtigkeit der massigen
Porphyre, ob auf eigene Rechnung oder auf Kosten des unteren
Tuifsystems ist noch zu ermitteln. Wenn man die Vesliältiiisse xn
den südlichen Porphyrgebirgen mit zu Ratbe zieht, so drängt sich
allerdings die Vermuthung aii( dass die unteren Tuffe gegen Süden
in demselben Masie abnehmen^ wie die massigen Gesteine an-
schwellen. Es wäre nun von Wichtigkeit zu wissen» ob sich nicht
von Norden gegen Süden eine zonenförmige Vertheilung wenigstens
einiger Porphyrvarietäten feststellen lässt, um auf diesem Wege Bei-
träge zur Entscheidung der Frage zu sammeln, ob die Porphyrströme
von Süden gegen Norden flössen?
Gegen den auflagernden Grödener Sandstein zu finden sich
über den massigen Porphyrdecken dünnplattige aus Porphyrgrus
gebildete Sandsteine^ bezüglich derer man häufig im Zweifel ist, ob
man sie noch dem Porphyrsystem zurechnen oder bereits zum Grö-
dener Sandstein stellen soll. Auf den Terrassen des Ritten sind
solche Porphyrsandsteine sehr verbreitet. Ich habe dieselben auf
meiner Karte vom Porphyr nicht getrennt, da die echten Grödener
Sandsteine hier nirgends mehr erhalten sind. Bei Oberbozen jedoch
fand Prof. Suess, wie er mir freundlichst mittheilte, in einem kleinen
Steinbruche lichte Sandsteine mit Malachitspuren und Coniferenzapfen.
Diese mögen bereits dem Grödener Sandsteine zufallen.*)
Eine aus dem östlichen Dolomitgebirge des Rosengarten in
das Porphyrgebiet herübersetzende Störungslinie verläuft aus dem
Hintergfrunde von Tiers bis zum Virgl (Kalvarienberg^) bei Bozen
und trennt das Porphyrplateau, soweit dasselbe hier zur Darstellung
gelanget, in zwei tektonisch abweichend angelegte Gebiete.
Im Norden von dieser Linie laufen mehrere, untereinander und
mit der Eisackrinne parallele Verwerfungen durch, was zur Folge
hat, dass die Gebiete im Osten und Westen des Eisack stufenförmig
gegen den Fluss zu absinken. In dem tiefst gesunkenen Terrain-
streifen hat der Eisack seine Durchlassrinne eingegraben. Die Fall-
höhe ist im Westen bedeutender als im Osten. Während auf dem
östlichen Plateau, über welchem sich die Schlemmasse erhebt, die
Auflagerung des Grödener Sandsteines auf den Porphyr bei ungefähr
*) Auf dem Pltteau des Saiten zwischen dem Sarn- und dem Etschthal kommt
Grödener Sandstein in grösserer Verbreitung vor. Nach einer gefftUigen Mittheilung
des Herrn Directors P. Vinc. Gredler in Bozen wftre auf dem Rittener Plateau die
Umgebung von Pemmern auf das Vorkommen von Grödener Sandstein und Wer^
fener Schichten zu unteruschen.
128 I^ic nördlichen und westlichen Vorlagen de^ Hochgebirges,
looo Meter Seehöhe erfolget, besitzt der gegen Süden abdachende
Hauptrücken des Ritten an seinem südlichen Ende im Ortlerwalde
noch die Höhe von 1252 Meter, ohne von Grödener Sandstein
überlagert zu sein.
Obgleich an manchen Stellen die terrassenförmigen Vorsprünge
des Porphyrgebirges mit dem Wechsel der Widerstandsfähigkeit der
Gesteinslagen zusammenhängen, sind die schönen, reichbevölkerten
Terrassen am Eisackgehänge des Ritten durch das Absitzen schmaler
Terrainstreifen an Verwerfungslinien entstanden. Die Ortschaften
Unterinn, Siiian, Klobenstein, Mittelberg, Lengstein stehen auf den
oberen dünnplattigen Porphyrsandsteinen. Eine fortlaufende Terrasse
existirt aber gleichwol nicht. Es treten zu den Längsverwerfungen
noch zahlreiche kleine Quersprünge^ in Folge deren das ganze Ge*
biet in Schollen verschiedener Grösse zerfällt Man kann fast mit
Sicherheit darauf rechnen; dass die zahlreichen, im Niveau etwas
verschiedenen terrassenförmigen Einbiegungen von den oberen, dünn-
plattigen Porphyrsandsteinen gebildet werden, während die Absätze
zwischen diesen Terrassen und die kleinen, dazwischen liegenden,
bewaldeten Kuppen aus dem oberen Porphyr bestehen. Auch die
Terrasse bei St Verena, welche sich etwa 400 Meter über dem
Eisack erhebt, wird von den oberen Sandsteinen gebildet, das west-
lich von ihr bis zu 1460 Meter Seehöhe (1000 Meter über dem
Eisack) aufsteigende Grindleck dagegen besteht blos aus Porphyr.
Das Porphyi^ehänge am linken Eisackufer zeigt den gleichen
Bau. Das Vorhandensein von Störungen wurde hier bereits von den
älteren Beobachtern bemerkt, aber in anderem Sinne aufgefasst
V. Richthofen, welcher zwar häufig von dem gegenseitigen Durch-
setzen der verschiedenen Porphyre spricht, fuhrt ausser den als
Reibungsconglomeraten gedeuteten Conglomeratbänken blos eine
Eruptionsstelle zur Begründung seiner Anschauung an. Diese Stelle
ist der nächst der Tergoler Brücke (Torkele) in das Eisack -Thal
mündende Puntscher Graben (oder Puntscher Kofel), in welchem die
Erscheinungen an der Verwerfungslinie allerdings sehr zur Annahme
eines gangförmigen Massendurchbruchs einladen.
Um zu einer klaren Vorstellung zu gelangen, müssen wir etwas
weiter ausholen. Wenn man das linksseitige Gehänge zwischen
Waidbruck und der Tergoler Brücke betrachtet, so fallt eine fort-
laufende von Tagusens über Planitz nach Tiesens ziehende Terrasse
auf Dieser Terrasse entlang läuft eine Verwerfung, an welcher die
ganze äussere Bergmasse sammt ihrer Unterlage abgesunken ist
An der Basis der äusseren Scholle ist die PhyUitunterlage bis zum
Ausgange des Puntscher Grabens in einem schmalen Streifen entblösst
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 120
Ueber dem Phyllit folgen die Porphyrconglomerate def Trostburg,
die massigen Tuff bänke mit den Pinitoid - Einschlüssen, dann ein
grellrother weithin leuchtender Streifen von Sandsteinen, über
welchem sich der obere Porphyr, v. Richthofen's Castelruther
Porphyr erhebt. Letzterer bildet zwischen Planitz und dem Puntscher
Kofel den Rand der Terrasse, weiter nordöstlich scheint er ab-
getragen zu sein. Die höhere über der Terrasse aufsteigende Por-
phyrmasse beginnt mit den grellrothen Porphyrsandsteinen, auf
welche in regelmässiger Ueberlagerung der hier stellenweise als
Pechsteinporphyr*) ausgebildete Castelruther Porphyr folgt. Ein süd-
lich von Planitz gezogenes Profil zeigt daher eine Wiederholung
der beiden oberen Glieder des Porphyrsystems.
W. /.:7>i^5;Ö:i>LL»U O.
Querschnitt durch das linke EisackgehXnffe, nSrdlich von der If Ondung des Puntscher Kofels,
unterhalb Waidbruck.
a = Quarzphyllit; 6= Porphyrtuffe; e = Porphyrsandsteine; d = Castelruther Porphyr.
Im Puntscher Kofel bricht nun der Castelruther Porphyr der
äusseren Scholle in Folge von Abtragung plözlich ab und liegt
weiterhin im Süden die untere Schichtfolge der oberen Scholle,
allerdings vielfach durch Schutt überdeckt, bis zum Phyllit abwärts
blos. Wenn man daher von der Tergoler Brücke aus den gewöhn-
lichen, am südlichen Ufer des Puntscher Grabens führenden Weg
nach Castelruth einschlägt, so hat man zunächst die an Breite und
Höhe reducirte untere Scholle zu passiren, welcher auch die rothen
Sandsteine an der Mündung des Schwarz-Griesbaches angehören.
Hierauf gelangt man in den Phyllit, welcher einen schmalen Streifen
bildet. Dann fo^ bis zur Gabelung des Grabens Schutt und
Vegetation. Der Hauptbach fliesst in der nördlicheren Rinne, der
Castelruther Porphyr aber setzt in dem südlichen kürzeren Aste fort.
Der Weg fuhrt anfangs in letzterem steil aufwärts und gelangt
*) Gümbers Angabe Ober das „gangartige Durchsetzen*' des Pechstein-
porphyrs bedarf weiterer Erläuterung und Bestätigung. Will mit dem Ausdrucke
„gangartig'' blos gesagt sein, dass das Vorkommen einem Gange ähnelt, ohne
wirklich ein Gang zu sein?
MojsisovicB, Dolomitriffe. (^
IjO ^'" nördlichen und WMtlichen Vorligen des Hochgebirges.
bald auf den Rücken zwischen den beiden Aesten. Der vordere,
westliche Theil des Rückens besteht aus dem Castelruther Porphyr
der unteren Scholle, an welchem Im Graben die grellrothen Tuff-
sandsteine der oberen Scholle mit etwas nach aufwärts geschleppten
Schichten abstossen. Wenn man nicht die Tektonik der ganzen
Umgegend kennt und sieht, wie hier geschichtete Bildungen durch
ein massiges Gestein unterbrochen werden, liegt die Annahme einer
durchsetzenden Lagerung nahe, obwol die Schleppung der Schichten
sich mit einer solchen Annahme nicht gut vereinen lässt. v. Richt-
hofen dachte sich nun consequent einen directen Zusammenhang
des hier abbrechenden mit dem oben deckenformig ausgebreiteten
Castelruther Porphyr. Es wird aber nur die untere Hälfte der rothen
Tuffsandsteine durch den vorgelagerten Castelruther Porphyr ver-
deckt und die obere Hälfte zieht oberhalb des Castelruther Porphyrs
ungestört durch. Die supponirte Verbindung zwischen dem unteren
und oberen Porphyr besteht daher nicht. Die Tuffsandsteine streichen
von hier als Unterlage des oberen Castelruther Porphyrs einerseits
ungestört nach Tiesens, andererseits über St. Oswald und Droth
gegen Tursch bei Seiss, wo sie auf das linke Gehänge des Schwarz-
Griesbaches übersetzen.
XuteDakIm dir Qcsand iwiKban dar TarpilBr BrUcka und dam Caitdnithtt Flatus.
• = Qinnphyllil; 4= Porpliyrluffe ; c = Porphyrsindslein; d = Casicirulher Porphyr.
Zur Besprechung der südlichen Hälfte des Bozen er
Quarzporphyr-Plateau übergehend, ist es zunächst unsere Auf-
gabe, die oben erwähnte durch das Tierserthal bis zum Virgl bei
Bozen verlaufende Stürungslinie zu erurtem. Eine Eigenthümlichkeit
des Tierserthales, welche jedem aufmerksamen Beobachter auffallen
dürfte, besteht darin, dass die beiden aus Porphyr bestehenden
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. |-9x
Thalwände des unteren Thaies eine bedeutende Höhendifferenz
zeigen und dass im oberen Theile des Thaies die jüngeren Bildungen
längs der nördlichen Thalwand allmählich in das Niveau der Thal-
sohle herabrücken, während das Porphyrplateau im Süden des Thaies
noch stets an Höhe zunimmt. Da im Norden wie im Süden eine
sehr ruhige, fast flache Lagerung herrscht, ist die Vermuthung
naheliegend, dass hier eine grössere Verwerfung vorhanden sei.
Die Betrachtung der jüngeren, dem Porphyr aufgesetzten Bildungen
des Rosengarten lehrt aber sofort, dass die oben fast horizontal
lagernden Schichten plötzlich unter ziemlich steilem Winkel um-
biegen, gegen Norden in die Tiefe setzen und sodann auf der Nord-
seite des Tierserthaies wieder horizontal weitersetzen. Dies ist keine
Verwerfung, sondern ein Schichtenfall. Im Tierserthale sind es wol
hauptsächlich die oberen Porphyre, welche die Abdachung gegen
Norden bilden. Zwischen Blumau und Bozen jedoch zieht unter den
hohen Abstürzen des südlichen Porphyrplateaus eine stellenweise
terrassirte Lehne hin, welche aus den ziemlich steil gegen Norden
einfallenden Bänken der unteren Abtheilung des Porphyrsystems
besteht. An dieser Lehne hatte in Folge der steilen Schichtstellung
der Wechsel der verschiedenen Porphyrvarietäten die Veranlassung
2ur Annahme von Gängen gegeben. Bei einer mit Herrn Director
Vinc. G red 1er ausgeführten Excursion gelang es uns, auf dem
Wege zum Ebenhof den Parallelismus zwischen den Trennungs-
flächen der verschiedenen Porphyre und den unzweideutigen Schich-
tungsflächen der Conglomerate nachzuweisen, woraus erhellt, dass
hier ebenfalls keine Gänge vorhanden sind, sondern einfach blos
übereinander gelagerte dünne Ströme. In gleicher Schichtstellung
kommen auf dem Virgl bei Bozen Zwischenlagerungen von schiefrigen
.Sandsteinen mit Pflanzenresten vor,, welche Gümbel für eingeklemmte
Schollen eines bei der Porphyr-Eruption durchbrochenen Gebirges
erklärt hatte.
Das ausgedehnte herrliche Porphyrplateau im Südosten von
Bozen scheint bis zu der von der Grimmalpe nach dem Truden-
thaie streichenden Verwerfungslinie eine geschlossene, von irgendwie
bemerkenswerthen Störungen verschont gebliebene Platte zu bilden,
welcher im Osten der Rosengarten und im Südosten das Latemar-
gebirge regelmässig aufgesetzt ist. Zwei grössere Thalfurchen, das
von Nachkommen hessischer Colonisten bewohnte Eggen- (oder
Kameider-) Thal und das Brandenthai eröffnen den Zugang zu den
ausgedehnten Forsten, welche der Pörphyrboden trägt.
Reconstruirt man sich an der Hand der vorliegenden Höhen-
«coten und mit Berücksichtigung der aufgelagerten Denudationsrelicte
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132
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges*
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FIeim»er-Thal bei Ctstello
Veronza
Solomba
Sasso roiso bei S. Lugano
M. Tolargo
Schwarzhorn
Joch Grimm
Petersberg
Brandenthai
Breitenberg
Süssengraben
Rothenstein
Titschen
Kollern
Virgl
Eisack
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 15 j
jüngerer Bildungen das Bild der Porphyroberfläche, wie sich das-
selbe nach Ausfüllung der durch Erosion entfernten Massen dar-
stellen würde, so ergibt sieh für das Gebiet des Eggen- und Branden-
thaies eine flache trogformige Einbiegung, deren Tiefenlinie von
Ober-Eggenthal nach Deutschenofen gerichtet ist. Im Südwesten,
vom Weissenstein-Radeiner Plateau an, taucht die Porphyrplatte
allmählich in die Tiefe, so dass bei Neumarkt, dessen Seehöhe blos
213 Meter beträgt, der Porphyr bereits unter der Thalsohle liegt.
Nimmt man die Höhe der Ueberlagerung des Porphyrs durch den
Grödener Sandstein unter dem Joch Grimm mit 1800 Meter an, so
ergibt sich eine Fallhöhe von 1600 Meter. Dieser Abfall ist die
Fortsetzung der bedeutenden Schichtsenkung auf dem rechten Etschufer
zwischen Neumarkt und Meran, in Folge welcher die Hauptmasse
des Mendelgebirges bereits aus Trias-Schichten besteht. Ohne im
Stande zu sein, eine bestimmte, begründete Ansicht über die Natur
dieser Schichtsenkung, welche mit der Westgrenze des südtirolischen
Hochlandes zusammenfallt, auszusprechen, möchte ich doch die Ver-
muthung wagen, dass an der Stelle des heutigen Etschthales und
der Terrasse von Kaltem ein allmählicher Schichtenfall ähnlich wie
auf der Strecke zwischen dem Weissensteiner Plateau und Neumarkt
existirte und durch die Ausfeilung des Etschthales entfernt wurde.
Unsere Karte verzeichnet auf dem Porphyrplateau drei grössere
Reste der ehemaligen allgemeinen Sedimentbedeckung. Eine genauere
Untersuchung der meist waldbedeckten Höhen mag vielleicht zur
Entdeckung weiterer Reste von geringer Ausdehnung, insbesondere
zur Auffindung von zerstreuten Partien von Grödener Sandstein in
dem Grenzzuge gegen das Tierserthal und in den Waldungen
zwischen dem Joch Grimm und dem Reiterjoch fuhren.
Der Grödener Sandstein dieser Hochebenen enthält stellen-
weise kleine Kohlenlager von der Stärke einiger Centimeter. Die
Bellerophon-Schichten sind durch einige dünne Lagen von Gyps-
mergeln vertreten, welche östlich von Radein, wo die Regierung zu
Ende des vorigen Jahrhunderts ohne Erfolg auf Steinsalz schürfen
Hess, zu etwas grösserer Mächtigkeit anschwellen dürften. Ueber
Werfener Schichten und unterem Muschelkalk erhebt sich als Gipfel-
masse des Joch Grimm oder Weisshom (2312 Meter) weisser,
diploporenfiihrender Dolomit, welchen wir, ebenso wie den Dolomit
des Cislon, für den Vertreter des oberen Muschelkalks und der
Buchensteiner Schichten halten.
Der Cislon, dessen östlichen Theil unsere Karte noch dar-
stellt, vermittelt die Verbindung mit dem im Westen der Etsch
liegenden Mendola-Zuge. Er liegt auf der oben erwähnten nach
Iß^ Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
Westen gerichteten Porphyr-Abdachung und zeigt nach seiner geolo-
gischen Zusammensetzung eine grosse Uebereinstimmung mit dem
Joch Grimm. Mit Mühe unterscheidet man zwischen dem pflanzen-
führenden Grödener Sandstein und den Werfener Schichten einige
schmale Bänkchen festen grauen Gypsmergels und gelben dolomi-
tischen Gesteins mit Resten von Zweischalem. Wir betrachten die-
selben als die auskeilende Fortsetzung der gypsführenden Schichten-
reihe der Bellerophon-Schichten. Im Westen der Etsch sollen diese
Schichten gänzlich fehlen. In den Werfener Schichten zeigen sich
auffallend viele rothe Schiefer, sodann Oolithe und gelbe dolomiti-
sche Bänke, in Folge dessen der Gesammthabitus dieser Schichten
sich etwas von dem im Osten herrschenden Aussehen entfernt und
der südlichen (Recoaro) und westlichen Ausbildung nähert. Der
untere Muschelkalk ist durch die in diesem Niveau herrschenden
Conglomerate und einige diesen folgende Mergelbänke vertreten.
Die in steilen Wänden ansteigende, das Plateau des Cislon bildende
Dolomitmasse zeigt eine Theilung in zwei petrographisch etwas ab-
weichende Stufen. Der untere Absatz besteht aus dünnbankigen
polyedrisch bröckelnden grauen und gelben Dolomiten. Auf der
Höhe herrscht sodann weisser, diploporenreicher Dolomit, welcher
zahlreiche, aber meist schlecht erhaltene Fossilien umschliesst. Am-
moniten sind häufig, aber selten in bestimmbarem Zustande. Das
Beste was ich kenne, sind einige, mir theils von Prof. Pichler,
theils von Herrn v. Suttner in München mitgetheilte Formen von
Trachyceraten, welche bekannten Muschelkalkformen nahe stehen,
ohne aber mit denselben übereinzustimmen. Da die bisher noch
ziemlich artenarme Cephalopoden-Fauna der Buchensteiner Schichten
eine Anzahl von Formen besitzt, welche sich enge an Muschelkalk-
arten anschliessen, so ist es nicht unwahrscheinlich, dass die cepha-
lopodenfiihrenden weissen Dolomite des Cislon dem Horizonte der
Buchensteiner Schichten angehören. An höhere Horizonte wäre kaum
zu denken, eher noch auf oberen Muschelkalk. Die vorkommenden
Arcesten gehören in die Gruppe der Extralabiati, welche in den
Buchensteiner Schichten sehr häufig sind. Die Gasteropoden und
Pelecypoden geben keinen näheren Aufschluss zur Orientirung über
das Niveau. Ein von Prof. Pich 1er gefundenes Exemplar einer
Daonella ist zu klein und unvollständig, um scharf bestimmt werden
zu können. Es gehört der Gruppe der D. Lommeli an. Aehnliche
nicht näher bestimmbare Vorkommnisse sind mir aus den Buchen-
steiner Schichten von Sotchiada in Gröden bekannt Die mit den
Ammoniten des Cislon vorkommenden Diplopora ist D. multu
serialis.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 13 J
Wenn der obere Dolomit des Cislon zu den Buchensteiner
Schichten gehört, so ist es das Natürlichste, den unteren Dolomit
als oberen Muschelkalk aufzufassen.
Berdts in Truden fallen unter den zahlreichen, theils erratischen,
theils localen Gerollen Melaphyrstöcke auf, welche sonst dem erra-
tischen Schutte der Umgebung fremd sind. In den Geröllhalden des
Cislon gegen das Trudenthai sind Melaphyrblöcke ebenfalls nicht
selten, so dass man sich die Frage vorlegt, ob denn nicht in der
Nähe Melaphyr anstehen könnte? Diese Vermuthung erhebt sich
fast zur Gewissheit, wenn man auf dem Plateau des Cislon, süd-
westlich vom Gipfel einen Streifen ganz mit Melaphyrblöcken be-
deckt sieht. Das kann wol nur der Kopf eines steil aufsteigenden
Melaphyrganges sein.
Das Trudenthai entspricht einer Verwerfung, welche über
Kaltenbrunn (Fontana fredda) auf die Einsattlung der Grimm-Alpe
fortsetzt. Wahrscheinlich reicht diese Verwerfung bis an die nord-
westliche Ecke des Latemargebirges, denn die auffallend tiefe Lage
der Werfener Schichten u. s. f. des Rubelberges lässt mit ziemlicher
Sicherheit auf das Vorhandensein einer plötzlichen Niveau- Ver-
schiebung am Fusse des Latemar schliessen. In entgegengesetzter
Richtung scheint die Fortsetzung derselben Verwerfung in südwest-
licher, dann südlicher Richtung die Rolle einer Bruchlinie zu über-
nehmen, welche das südtirolische Hochland im Südwesten begrenzt.
Im Trudenthai und auf der Einsattlung der Grimm- Alpe schneiden
die tieferen Glieder, der Grödener Sandstein und die untersten Wer-
fener Schichten von der Nordseite her an der Verwerfung ab*).
Am Südrande steigt der Porphyr rasch an und bildet zwischen dem
Passe von San Lugano und dem Sattel Jöchel einen scharfgeschnittenen
hohen Bergrücken, dessen Culminationspunkte das Schwarzhom
(2457 Meter) und der Zangenberg (Palla di Santa, 2488 Meter) sind.
Am Südfusse dieses wasser- und sprachenscheidenden Kammes
laufen ebenfalls Verwerfungen von bedeutender Sprunghöhe durch.
Eine derselben setzt südlich von Stalla della Cugola an und läuft,
durch einen die südliche abgesunkene Scholle überlagernden Streifen
von Grödener Sandstein und Gypsen bezeichnet, über den Pass von
San Lugano und die Hemet-Alpe nach Truden, wo sie mit der erst-
genannten Verwerfungslinie zusammentrifft. Bereits im Gebiete des
oberen Truden erscheint, dicht an den Porphyr der vorderen Scholle an-
gelehnt, eine räumlich sehr beschränkte Partie von Werfener Schichten.
*) Auf der Karte des westlichen SQdtiroI von R. Lepsius ist die Verwerfung
im Trudenthai bereits angedeutet.
I^Ö Die nördlichen und westlichen Vorlagen de$ Hochgebirges.
4. Der alte Eisackgletscher.
Wir dürfen dieses Capitel nicht schliessen, ohne einige Bemer-
kungen über die allgemein verbreiteten älteren Schuttmassen bei-
zufügen. In den hochgelegenen Seitenthälem, mit welchen wir uns
in den folgenden Gapitehi zumeist zu beschäftigen haben werden,
sind ältere Schuttablagerungen im Allgemeinen selten und in hoch-
gelegenen Gebieten von einförmiger lithologischer Beschaffenheit ist
es schwierig, in vielen Fällen sogar unmöglich, den älteren Schutt
vom neueren zu unterscheiden. Anders verhält es sich in
den grossen Abzugsrinnen der Alpen, welche von breiten Streifen
erratischer Geschiebe begleitet sind. Die Thatsache der einstigen
allgemeinen Vergletscherung der Alpen ist bereits so fest begründet,
dass die Existenz von verschiedenartigen Glacialspuren im Mittel-
und Unterlaufe jedes grossen Alpenthales als eine selbstverständ-
liche Sache angesehen werden kann. Die Aufgabe der nächsten
Zeit wird es sein, dem rühmlichen Vorgehen der Schweizer Geologen
folgend, schärfere Unterscheidungen innerhalb der erratischen Bezirke
der Ostalpen durchzuführen und insbesondere die verschiedenen
Richtungen der Gletscherströme in der Zeit ihrer grössten Mächtig-
keit und in der Periode ihres allmählichen Schwindens zu ermitteln.
So lässt sich, um Beispiele anzuführen, leicht nachweisen, dass die
Gletscher des Pitzthales, des Oetzthales, des Zillerthales, des Enns-
thales zur Zeit der grössten Vergletscherung des Landes selbständig
über niedrige Quersättel der nördlichen Kalkalpen hinweg setzten,
und nicht den Linien der grössten Thaltiefen folgten. Erst später,
als die verschiedenen localen Zuflüsse unabhängige kleinere Gletscher-
ströme von beschränkterer Ausdehnung geworden waren, lagerten
sich die Schuttwälle dieser Localgletscher innerhalb der orographi-
schen Grenzen der einzelnen Thalsysteme ab.
Die gleichen Betrachtungen und Unterscheidungen liessen sich
für die alten Gletscherbette unserer Südalpen durchfuhren. Für die
Umgebungen von Bozen liegen in dieser Beziehung bereits sehr
anerkennenswerthe Vorstudien von Vinc. Gredler*) vor, aufweiche
wir sofort zurückkommen werden.
Wir übergehen die zahllosen Beispiele von Felsglättungen und
Felsrundungen im Bereiche der Ausdehnung des alten Eisackgletschers.
Jeder Kundige wird diese Art der Gletscherwirkung an den Por-
phyrfelsen der Bozener Gegend sofort wahrnehmen. Wir begnügen
*) Die Urgletscher-Moränen aus dem Eggenthaie. Programm des Gymnasiums
zu Bozen. 1868.
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. 137
uns, zunächst die Ostgrenze der Verbreitung des alten Eisack-
gletschers zur Zeit seiner grössten Mächtigkeit anzugeben. In Gröden
fand ich Blöcke des Brixener Granits und krystallinischen Schiefer
im Kuetschenerthale aufwärts bis zu dem 20c» Meter hohen Joche
zwischen Raschötz und Sotchiada und im Hauptthale oberhalb
St. Ulrich. In der Pufelser Schlucht sah ich Granit- und Porphyr-
blöcke im Gebiete des Werfener Schiefer. Im nordwestlichen Theile
der Seisser Alpe begegneten mir Granitblöcke auf dem Wege von
Seiss zum Frombach in der Höhe von 1800 Meter. Zahlreiche
Blöcke von Gesteinen der Central-Alpen begleiten sodann den West-
fuss des Schiern und des Rosengarten, wo ich dieselben bis zum
Caressa-Passe in Höhen von 1700 — 1800 Meter verfolgen konnte.
Die Fortsetzung dieser Grenzlinie umzieht hierauf den Latemar-
stock und läuft über den Sattel (2000 Meter) zwischen Joch Grimm
und Schwarzhom in das Trudenthai.
Die zahlreichen, in tieferen Niveaux und innerhalb der an-
gegebenen Umfassungslinie des grossen alten Eisackgletschers vor-
kommenden Moränen-Ablagerungen bieten der Deutung ungleich
grössere Schwierigkeiten dar. Man muss annehmen, dass eine
Gletschermasse, welche zur Zeit ihrer grössten Mächtigkeit in der
Dicke von 1600 — 1700 Meter über dem Boden von Bozen hinweg-
zog und bis in die oberitalienische Ebene hinausreichte, nicht plötz-
lich verschwand, sondern nur allmählich in verticaler und horizon-
taler Richtung verringert wurde. Diese Erwägung lehrt, dass dem
allmählichen Niedergange der Gletschermasse Moränen- Ablagerungen
in stets tieferen Niveaux entsprechen müssen. Je tiefer nun die
Hauptmasse sank, desto grössere Selbständigkeit konnten, die localen
Zuflussgletscher erlangen. Endlich musste ein Zeitpunkt eintreten,
wo kein Nachschub von Eis mehr aus dem nördlich gelegenen
Sammelbecken des Hauptgletschers erfolgte und die früheren Zu-
flüsse, sofern dieselben nicht ebenfalls versiegten oder auf ein Mini-
mum reducirt waren, zu selbständigen Localgletschem wurden.
Welche erratischen Ablagerungen des Quarzporphyr-Plateau's
entsprechen nun der Rückzugsperiode des grossen Eisackgletschers
und welche sind späteren Localgletschem zuzuschreiben.^ — Die
Beschaffenheit des Schuttes müsste, wie man denken sollte, darüber
den sichersten Aufschluss geben.
Nun fuhren, wie bereits V. Gredler nachgewiesen hat, die
stellenweise ausgedehnten und mächtigen Glacialbildungen des
Eggenthaies, von Steinegg, Völs, Unterinn, Wolfsgruben, Leng-
moos u. s. f neben zahlreichen Graniten, Glimmerschiefem und Por-
phyren, auch Triasdolomite und Augitporphyre. Gredler betont
1^8 ^ic nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges.
ausdrücklich, dass die Augitporphyre verschieden seien von denen
der Seisser Alpe und mehr den Ganggesteinen des Latemar-Gebirges
ähnlich sähen. Für einige andere seltenere Einschlüsse beansprucht
er ebenfalls südlich gelegene Ursprungsstätten, für einige sogar die
Provenienz aus dem Avisiothal. Dem entsprechend nimmt Gr edler,
welcher in einer zweiten Abhandlung j^Ueber den Seisseralp-Gletscher*
(Corresp.-Bl. d. zool.-min. Ver. in Regensburg, 1873) einige Ausfuhrungen
seiner ersten Arbeit etwas modificirt, an, dass alle die genannten Ab-
lagerungen von einem nordwärts wandernden Eggenthaler Gletscher,,
mit dem sich möglicherweise Gletscherarme des Avisiogletschers ver-
einigt hätten, abstammten. Die Granite und Glimmerschiefer in diesen
Moränen rührten aus der Zeit der grössten Vergletscherung her und
befänden sich daher auf tertiärer Lagerstätte.
Gegen diese Hypothese erheben sich einige Bedenken, welche
kurz angedeutet werden sollen. Das Avisiogebiet wollen wir hierbei
ganz ausser Betrachtung lassen. Der wichtigste Einwand scheint
mir in der geringen Höhendifferenz zwischen den höchst gelegenen
Eggenthal-Moränen und der oberen Höhengrenze des Eisackgletschers
zu liegen. Die Moränen von Gummer und die Ablagerungen zwischen
Oberbozen und Lengmoos überschreiten die Höhe von i2CO Meter
und liegen daher noch immer 900 Meter über Bozen. Bei einer so
starken Vergletscherung ist es denn doch sehr unwahrscheinlich,
dass der Eisackgletscher bereits an einer nördlicher gelegenen Stelle
geendet habe. Das Sammelbecken des Eggenthal-Gletschers erscheint
auch zu beschränkt, um einen Gletscher von solcher Mächtigkeit
erzeugen zu können. Zu weiteren Bedenken gibt die Beschaffenheit
der Moränen Anlass. Zugegeben, dass das Moränenmaterial der
alten Eisackmoränen zum Theile in die Moränen eines Localgletschers
übergehen konnte, würde dies doch nur local und in beschränktem
Masse in den Seitenmoränen der Fall gewesen sein, und müssten
die Moränen auch vorwiegend den Charakter von Localmoränen
tragen, was aber nicht der Fall ist. Als ich zum ersten Male auf
dem Plateau nächst Klobenstein die Dolomitgeschiebe sah, dachte
ich mir, dass dieselben von gegenwärtig gänzlich denudirten, zur
Eiszeit aber noch vorhandenen Resten der einstigen Sediment-
bedeckung des Ritten oder der benachbarten nördlicheren Gegenden
herrühren. Eben daher könnten auch die übrigen von Gr edler an-
geführten fremdartigen Gesteine, insbesondere auch die Melaphyre
stammen, welche vielleicht in den Gebirgen westlich von Klausen
in einigen Gängen auftreten.
Nach diesen Bemerkungen wären die auf den höheren Plateaux
gelegenen Moränenreste insgesammt dem alten Eisackgletscher
Die nördlichen und westlichen Vorlagen des Hochgebirges. j^g
zuzuschreiben. Vermöge des zähen bindigen Cementes, welcher diesen
Moränen eigenthümlich ist, zeigt sich allenthalben, wo Entblössungen
vorhanden sind, die wolbekannte Erscheinung der sogenannten »Erd-
pyramiden*, welche in den Handbüchern der Geologie von St u der,
Lyell und Fr. v. Hauer beschrieben ist. Ausser den Erdpyramiden
im Finsterbache nächst Lengmoos sind noch diejenigen der ^Wolfs-
gruben* nächst Oberbozen und von Steinegg bei Blumau hervor-
zuheben.*) Meist stehen diese Lehmthürme in parallelen Reihen auf
den Gehängen. Die Bildung der einzelnen Pyramiden erfolgt be-
kanntlich durch die Wirkung der senkrecht auffallenden Regen-
tropfen; die reihenweise Anordnung jedoch ist dem erodirenden
Einflüsse des abfliessenden Regenwassers zuzuschreiben.
Auch die im Grunde der Thäler, theils auf älteren, geschich-
teten und häufig fest conglomerirten Anschwemmungen, theis direct
auf dem Felsboden lagernden Moränenreste scheinen aus der Rück-
zugsperiode des alten Eisackgletschers herzurühren. Jüngere Local-
gletscher sind daher kaum bis in diese tief gelegenen Regionen
vorgedrungen. In den höheren und längeren Seitenthälem dagegen
findet man (wie z. B. in Gröden) localen Gletscherschutt. Die grossen
Steinmeere am Nordfusse des Latemar, femer am Nordfusse des
Schiern bei Ratzes und am Westfusse des Raschötz bei Pontifes in
Gröden halte ich für Bergstürze.
Ueber die verschiedenen Schuttablagerungen im Eisackthale von
Klausen aufwärts kann ich Näheres nicht berichten. Die grossen
Schotterterrassen nördlich von Brixen sind nach dem aus ihrer
topographischen Lage sich ergebenden Eindruck als praeglacialer
Schuttkegel der Rienz, welche hier in ein altes Seebecken einmün-
dete, aufgefasst worden. Zwischen Vahm und Franzensfeste liegen,
wie es scheint, jüngere Moränenwälle auf der Schotterterrasse.
Noch wäre hier zu constatiren, dass, wie die Lagerung der
praeglacialen Anschwemmung und der Moränen lehrt, die Relief-
formen der Thäler und des Mittelgebirges keine nennenswerthe Ver-
änderung seit der Glacialperiode erfahren haben. Nur wenige Thal-
strecken, wie z. B. die Ausgangsschluchten der Seitenthäler (Villnöss,
Gröden, Tiers, Eggen, Branden) und der Kuntersweg zwischen
Blumau und Klausen sind seither tiefer gelegt worden und befinden
sich grossentheils gegenwärtig noch im Stadium der Vertiefung.
'*') In einem späteren Capitel werden wir Gelegenheit haben, aus der Gegend
von Agordo schwarze, aus Augitporphyr-Detritus gebildete Erdpyramiden zu erwähnen.
VI. CAPITEL.
Das Gebirge zwischen Passa und Gröden.
DieFassa-GrödenerTafelmasse. - Ucbersicht derselben. > Das Nordfiehinge derselben zwischen
Ratzes und St. Christina. — Die ScisserAlpe. - Das Dolomitriff der Schiern. -- Das Dolomitriff
des Rosengarten. •» Das Südgehänge der Fassa-Grödener Tafelmassc. - Das Dolomitriff des
Langkofels. - Die Masse des Gänsalpeis.
Zwischen den Thälern von Fassa und Gröden und dem Por-
phyrplateau von Bozen erhebt sich eine flachgelagerte Gebirgsmasse,
welche im Osten durch die plateauförmige Kalkgebirgsgruppe der
Boe (Sella-Gruppe) begrenzt werden kann. Diese Gebirgsmasse zer-
fallt in Folge der heteropischen Ausbildung der Sedimente norischen
Alters in zwei grosse nach Gesteinsbeschaffenheit und Physiognomie
wesentlich abweichende Theile. Es genügt, die jedem Besucher des
südlichen Tirols geläufigen Namen Seisser Alpe und Rosengarten
zu nennen, um die Vorstellung sehr contrastirender Gebirge wach-
zurufen.
Den westlichen Theil bildet das Schlem-Rosengarten-Dolomit-
gebirge, welches vom Caressa-Passe im Süden bis Ratzes im Norden
das Porphyrplateau begleitet. Dasselbe ist ein Rest der grossen, das
Bozener Porphyrplateau einst überspannenden mächtigen Dolomit-
platte. Im Norden, auf dem Schiern ist die plateauförmige Anlage
noch deutlich erkennbar und haben sich daselbst auch Reste jüngerer
Bildungen erhalten. Das südlichere Rosengarten-Gebirge bietet uns
ein grossartiges Bild der zerstörenden Arbeit der Denudation. Die
schützende Decke ist längst entfernt, von der ehemaligen Plateau-
fläche ist nichts mehr zu erblicken. Das Werk des Zerfalls schreitet
vorzüglich von oben nach unten, die den Dolomit durchsetzenden
Klüfle unterstützen die Thätigkeit des Wassers und weisen dem-
selben seine Wege. So erhebt sich über einer fast söhlig gelagerten
Basis, welche einen sicheren Schluss auf die ursprüngliche Gestalt
der aufgesetzten Masse gestattet, statt einer mit senkrechten Wänden
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. X4I
abfallenden Plateaumasse ein Wald von phantastisch geformten Pyra-
miden und Zacken, welchen die Sage als den ^^ Rosengarten des
Königs Laurin* bezeichnet
Die ausgedehnte Plateaumasse im Osten des Schlem-Rosen-
garten-Gebirges gehört zum weitaus grösseren Theile dem Fassa-
Grödener Tuff- und Mergelbecken an, dessen wichtigsten Bestand-
theil sie bildet. Der blendend weisse Dolomit ist durch schwarze
Eruptivgesteine, dunkle Mergel und Sandsteine ersetzt Ein ununter-
brochener Rasenteppich überzieht die mit unzähligen Heustadeln
übersäete, wellige Hochfläche, deren Höhenpunkte das Niveau von
2000 Meter überschreiten, in den Schluchten und auf den Gehängen
dunkelt, wo die Neigung nicht zu stark ist, prächtiges Nadelholz
und schroff erheben sich mitten auf den grünen Matten die frei
aufragenden bleichen Dolomitzacken und Pyramiden des Lang- und
Plattkofels bis zu 3179 Meter, einem versteinerten Geisterspuke
vergleichbar.
Eine orographische CoUectivbezeichnung für diese im Osten
durch das terrassenförmige Sellagebirge abgegrenzte Tafelmasse
existirt nicht. Man könnte sich zwar versucht fühlen, die für einen
Theil der Plateaufläche geltende Bezeichnung ^^Seisser Alpe* in
ihrer Bedeutung zu erweitem, doch würde der daraus resultirende
Doppelsinn die Präcision der Ausdrucksweise beeinträchtigen, da
der Volksmund unter ,Seisser Alpe* lediglich die grasbedeckte
Oberfläche des nordwestlichen Theiles des Massivs, keineswegs aber
auch die Abstürze und Fussgestelle desselben versteht. Wir wählen
daher die unverfängliche und Jedermann leicht verständliche Be-
zeichnung jFassa-Grödener Tafelmasse*.
Wer vom Süden kommend von einem erhöhten Standpunkte
aus zum ersten Male die Fassa-Grödener Tafelmasse erblickt, möchte
vielleicht ihre orographische Selbständigkeit bezweifeln und es vor-
ziehen, die Masse zu zerlegen und die einzelnen TheUe als unter-
geordnete Glieder der benachbarten höheren Dolomitgebirge zu
betrachten. Der Eindruck der die grüne Tafelmasse umfassenden und
unterbrechenden kahlen Dolomitriffe ist von Süden aus ein so
mächtiger, dass die weiten Zwischenräume nur reicher gegliederten
Thalgründen gleichen. Die wasserscheidende Höhe zwischen dem
Langkofel und der Sellagruppe bietet vollständig den Anblick eines
Joches und wird thatsächlich auch als solches (Sellajoch) bezeichnet.
Ebenso könnte man den Höhenzug des M. Pallaccia (»Auf der
Schneid*) einem weiten, flachen Passe zwischen dem Plattkofel und
dem Molignon vergleichen. Anders im Norden, Dort correspondirt
mit der geologischen Selbständigkeit auch eine ausgesprochene
IA2 ^^s Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
orographische Individualisirung. Der westliche Dolomitzug findet am
Schiern sein Ende und die Tafelmasse springt nun als ein unab-
hängiges Gebirge frei und weit nach Norden vor. Von Ratzes bis
St. Michael zieht sich ununterbrochen der Steilabfall der Plateau-
masse hin, welche im Puflatsch mit 2174 Meter Höhe ihren nord-
westlichen Eckpfeiler besitzt. Die Plateaufläche dieses frei vorragen-
den Theiles gehört zur Seisser Alpe, welche dieser glücklichen Lage
den ungehinderten Ausblick auf die hohe gletscherbedeckte Central-
kette von der Duxer- bis zur Ortlergruppe verdankt. Vom Puflatsch
an streicht der überhöhte, durch Erosionsrinnen ausgezackte Rand
in östlicher Richtung über den Pitzberg zu den Christiner Weiden
und der Sorafrena- Ober -Alp im oberen Gröden. Die Langkofel-
masse, welche beiläufig in derselben Breite, wie der Schiern im
Norden abbricht, verhält sich auf diese Weise zu der ihr vor-
gelagerten Terrasse der Christiner Weiden und der Sorafrena -Wie-
sen ebenso wie der Schiern zum Puflatsch. Es ist daher vollständig
richtig und consequent, dass der Volksmund die Bezeichnung Seisser
Alpe auch auf die eben erwähnten Terrassen im Norden des Lang-
kofel ausdehnt, trotzdem der tiefe Einschnitt des Saltariabaches sie
von der Hauptfläche der Seisser Alpe scheidet.
Der Bau und die Zusammensetzung der Fassa-Grödener Tafel-
masse sind im grossen Ganzen sehr einfach und in Folge der zahl-
reichen leicht zugänglichen Aufschlüsse auch für den minder Geübten
leicht erkennbar. Die kleinen Störungen am Nord- und Südgehänge
vermögen die Auffassung des Bauplanes nicht zu erschweren. Da-
gegen bietet die Erkennung der wahren Beziehungen der theils
wirklich, theils nur scheinbar aufgesetzten Langkofelmasse nicht
unerhebliche Schwierigkeiten. Tektonische Störungen und Heteropis-
mus haben hier durch vereinte Wirkung sehr verwickelte Verhältnisse
erzeugt, welche erst besprochen werden sollen, nachdem wir die
Beziehungen der Fassa-Grödener Tafelmasse zum Schiern -Rosen-
gartengebirge kennen gelernt haben werden.
Am Aufbau der Fassa-Grödener Tafelmasse nehmen folgende
Schichtsysteme und Gesteine Antheil:
1. Der dunkle Bellerophon -Kalk, an dessen Basis sich sehr
constant Gyps in Linsen und in dünnen Schichten findet;
2. der aus vorherrschend kalkigen und mergeligen Gesteins-
platten bestehende Werfener Schiefer;
3. der wenig mächtige, unten aus rothen Schiefem, Sandsteinen
und Kalkconglomeraten, oben aus dünnplattigen rauchgrauen Kalken
bestehende untere Muschelkalk.
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. j^^
Wo diese drei Glieder regelmässig übereinander folgen, liegen
sie stets in demselben Gehänge. Die Terrain- Configuration ist bei
allen dreien im wesentlichen die gleiche. Da sie wegen ihres Thon-
gehaltes das Wasser ziemlich fest halten, sind sie der Vegetation
günstig und meist bewaldet. Kleine vorspringende Terrassen und
felsige Wandpartien von gelblicher und röthlicher Farbe unterbrechen
stellenweise nicht selten die aus Werfener Schichten gebildeten
Gehänge.
4. Der aus lichtgrauem splittrigem Kalk oder weissem, krystalli-
nischem Dolomit bestehende obere Muschelkalk (Mendola-Dolomit).
Dieses Glied widersteht in Folge des geringen Thongehaltes
ausserordentlich der Verwitterung. Deshalb sieht man schon aus
grösserer Ferne die felsige massige Bank einem lichten Bande gleich
am dunklen Gehänge, die Vegetation unterbrechend, dahin ziehen.
5. Die Buchensteiner Schichten — dunkle ebenflächige Kalk-
platten von sehr geringer Dicke, sogenannte Bänderkalke unter und
über einem Complex dickplattiger, knolliger, homsteinreicher grauer
Kalke. Kieselmasse durchdringt häufig auch die Bänderkalke. Die
in anderen Gegenden mächtig entwickelte Pietra verde tritt in diesem
Gebiete sehr zurück und bildet nur dünne, sandsteinartige Lagen
von lauchgrüner Farbe zwischen den Knollenkalken.
Physiognomisch verhalten sich die Buchensteiner Schichten den
Werfener Schichten sehr ähnlich. Da sie über der felsigen weithin
sichtbaren Bank des Mendola Dolomits liegen, so sind sie jedoch
leicht auch aus grösserer Entfernung von den Werfener Schichten
zu unterscheiden.
6. Die Lavaströme und TuflTdecken des Augitporphyrs. Einem
sedimentären Schichtensysteme gleich folgt in der Fassa -Grödener
Tafelmasse über den Buchensteiner Schichten der mächtige Complex
der Augitporphyr-Gesteine. Die in steilen schwarzen Wänden an-
steigenden Massen bilden im Norden wie im Süden, wo die Tafel-
masse frei in die Tiefe der sie begrenzenden Thalfurchen abfällt,
mit grosser Regelmässigkeit den widerstandsfähigen Rand des Pla-
teau's. Eine Ausnahme macht in Folge tektonischer Störungen die
Gegend im Süden der Langkofelmasse, welcher aus diesem Grunde
auch der charakteristische Steilabfall der Masse und die scharfe
Begrenzung der Hochebene fehlt.
7. Die Wengener Schichten, ein mannigfacher Complex vor-
herrschend sandsteinartiger, aus dem Grus des Augitporphyrs
gebildeter Gesteine. Die dominirende Felsart ist ein wolgeschichteter
mittelkörniger dunkler Sandstein, welchen die älteren Geologen als
,doleritischen Sandstein* bezeichneten. Stellenweise wird das Korn
IAA Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
gröber, so dass förmliche Conglomerate entstehen. Diese Modifica-
tion findet sich auf der Seisser Alpe nicht selten, kömmt aber in
den übrigen Verbreitungsbezirken der Wengener Schichten nicht
oder höchstens nur in sehr beschränkter Ausdehnung vor. Eine
nicht unwichtige Bestandmasse der Wengener Schichten bilden
dunkle, zarte Mergel, welche unter dem Einflüsse der Atmosphä-
rilien ein erdiges Aussehen annehmen. Ein durch seine Fossilfiihrung
wichtiges, aber weder mächtiges noch allgemein verbreitetes Gestein
ist ein ebenfalls dunkler, ebenflächiger Schiefer, auf welchen ursprüng-
lich die Bezeichnung , Wengener* Schiefer beschränkt war.
Diese zum Zerfall geneigten und rasch verbitternden Schichten
bilden die mattenbedeckte Hochfläche der Seisser Alpe. Jüngere
Sedimente sind nicht vorhanden. Aller Wahrscheinlichkeit nach
waren die den Wengener Schichten im Alter folgenden Cassianer
Schichten im Bereiche der Seisser Alpe in derselben Mergelfacies
entwickelt, wie sie in der Umgebung von St. Cassian vorkommen.
Die Denudation hat aber alle jüngeren Formationen bis zum Niveau
der Wengener Schichten gänzlich entfernt.
Seiner tektonischen Grundanlage nach stellt sich der ganze
westliche, zwischen Plattkofel und Schiern gelegene Theil der Fassa-
Grödener Tafelmasse als eine flachbeckenförmige Mulde dar, deren
innerste Beckenausfiillung die Wengener Schichten der Seisser Alpe
bilden. Die plastischen Verhältnisse der Tafelmasse entsprechen
genau dieser tektonischen Anordnung und wären ohne dieselbe
unverständlich. Der aus dem widerstandsfähigen Augitporphyr ge-
bildete Rand überhöht nämlich, wie dies besonders in der frei vor-
ragenden nördlichen Hälfte sich scharf ausprägt, die aus weicheren
Gesteinsarten (Wengener Schichten) zusammengesetzte Plateaufläche^
so dass die centralen Theile der Tafelmasse (die eigentliche Seisser
Alpe) tiefer liegen als die peripherischen. Ohne das Vorhandensein
tief einschneidender Erosionsrinnen wäre eine solche Ordnung der
Dinge nicht möglich. Einzelne Partien der Plateaux sind noch
sumpfig und moorig und erst bei noch weiterem Fortschreiten der
Erosionsarbeit wird die ganze Hochfläche trocken gelegt sein.
Eine nothwendige Folge der zergliedernden Thätigkeit der
Erosion ist die bedeutende und ungleichmässige Ausfranzung des
überhöhten Randes in der nördlichen Hälfte der Plateaumasse.
Darum sehen von den umliegenden Thalpunkten aus die Abfälle
des Massivs wie selbständige Bergformen aus und deshalb bezeichnet
der Volksmund dieselben auch mit eigenen Bergnamen (Puflatsch,
Pitzberg).
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. j^q
X. Nordgehänge der Fassa-Grödener Tafelmasse zwischen Ratzes
und St. Christina.
Wir haben oben bemerkt, dass der Augitporphyr den über-
höhten Rand d^r Tafelmasse bildet. Von diesem Rande weg fällt
das Gebirge mit steilgeneigten Wänden zu Thal. Die Neigung der
Schichten selbst ist sehr sanft und im Allgemeinen gegen Süden
gerichtet. Die massig gegen Süden abdachende Augitporphyr-Tafel
des Puflatsch kann als Mass der mittleren Schichten -Neigung be-
trachtet werden. Der nördliche Steilabfall zeigt daher die am
Gehänge fortlaufenden und trotz der Vegetation leicht mit dem
Auge zu verfolgenden Schichtenköpfe. Der westliche Abfall zwischen
der Gegend von Castelruth und Ratzes durchschneidet die gegen
Süden sich allmählich senkenden Schichten. An dem Aufbau dieser
Gehängwände nehmen alle oben erwähnten Schichtenglieder mit
Ausnahme der Wengener Schichten (Nr. 7) Theil.
Zwischen dem westlichen und nördlichen Abfall zeigt sich ein
bemerkenswerther tektonischer Unterschied. Wenn man von einem
geeigneten westlich gelegenen Standpunkte das Ansteigen der Mu-
schelkalk- und Buchensteiner Schichten in der Richtung von Ratzes
gegen den Puflatsch betrachtet, so gewinnt man den Eindruck, als
ob entsprechend der gewonnenen Höhendifferenz auch tiefere Schicht-
glieder, als die genannten, an dem Aufbau des nördlichen Abfalls
der Tafelmasse Theil nehmen müssten. Dies ist nun keineswegs
der Fall^ trotzdem sich in den Höhenverhältnissen der die Unterlage
bildenden thalförmigen Depression zwischen Seiss und St. Ulrich
keine nennenswerthen Unterschiede zeigen. Auf dieser ganzen
Strecke erfüllt stets der Grödener Sandstein die, einem alten er*
loschenen Thale ähnelnde rinnenförmige Einsenkung zwischen dem
überhöhten Rande des Quarzporphyr - Plateau's und der Fassa-
Grödener Tafelmasse. Eine nähere Bekanntschaft mit dem Nord-
gehänge lehrt nun, dass in Folge eines dem Streichen der Schichten
parallel verlaufenden Bruches auf der Strecke zwischen dem Prem-
bach bei Tinoseis und dem Pitzbach zwischen St. Ulrich und St.
Christina die Reihenfolge der Schichten eine doppelte ist. Da das
Einfallen der Schichten in der unteren Scholle kaum von dem Nei-
gungswinkel der Schichten der höheren Scholle abweicht^ so gewinnt
es für die oberflächliche Betrachtung den Anschein, als ob das
ganze Gehänge aus einer ununterbrochenen, concordanten Schicht-
folge zusammengesetzt wäre. Ist man aber einmal auf das Vorhan-
densein der Störung aufmerksam geworden, so fällt es nicht schwer,
Mojsisovics, Dolomitriffc. lo
1^(5 Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
die Grenzlinie zwischen den beiden Schollen von den benachbarten
Thalpunkten aus mit den Augen zu verfolgen, da ein terrassenartiges
schmales Gesimse in der Regel das obere Ende der unteren Scholle
andeutet. Die Natur dieses Bruches wird am besten durch die
Thatsache illustrirt, dass die obere Scholle als die Fortsetzung des
von Ratzes gegen den Puflatsch sich ziehenden Hauptkörpers
erscheint, während die untere Scholle in normalem Schichten ver-
bände mit dem nördlich anstossenden aus älteren Gebirgsformationen
gebildeten Gebiete steht. Von einem blossen Gehängbruche kann
daher keine Rede sein, sondern es muss die Verwerfung auch die
unter dem Bellerophonkalke liegenden Bildungen durchsetzen.
Denkt man sich die untere, gewissermassen vorgelagerte Scholle
entfernt, so würden wir entsprechend der oben ausgesprochenen
Vorstellung im unteren Theile der Pufelser Schlucht den Bellerophon-
kalk vom Grödener Sandstein, diesen wieder vom Quarzporphyr
unterteuft sehen. Wir sind daher hier, wie in so vielen anderen
Fällen im Stande, aus dem Verhalten an der Oberfläche auf die
Beschaffenheit der unzugänglichen Tiefe zu schliessen und sehen
die in dem vorhergehenden Capitel mitgetheilten Beobachtungen
über das stufenförmige Auf» und Absteigen der Porphyr-Terrassen
unzweideutig bestätigt.
Betrachten wir zunächst die untere Scholle. Der Lauf des
Prembaches bei Tinoseis bezeichnet ungefähr ihr deutlich sichtbares
westliches Ende. Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass die gerade
hier sehr breite Scholle so plötzlich, gewissermassen unter einem
rechten Winkel abbrechen sollte. Wir dürfen daher wol annehmen,
dass der die beiden Schollen trennende Bruch in die Werfener
Schichten des Oberriedler Waldes fortsetzt und erst in denselben
erlischt.
Das Heraustreten der unteren Scholle aus dem Gehänge des
Puflatsch ist vom Castelruther Plateau aus sehr scharf markirt.
Deutlich sieht man hoch oben unter der schwarzen Platte des von
Süden her auf den Puflatsch ansteigenden Augitporphyrs die Bu-
chensteiner Schichten und die dicke Bank des oberen Muschelkalks
im Oberlauf des Prembaches plötzlich hinter der Augitporphyrkuppe
der vorderen Scholle verschwinden und gewahrt man in dieser tief
unter dem Niveau der südlichen Schichten und weit vor dieselben
gegen Norden vorspringend wieder den oberen Muschelkalk und die
Buchensteiner Schichten als normale Unterlage des Augitporphyrs.
Die auf der Karte mit der Höhencote 1851 versehene Kuppe, nord-
westlich von der Spitze des Puflatsch bezeichnet den höchsten Punkt
eines grösseren, der unteren Scholle angehörigen Fetzens von Augit-
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. \^
porphyr. Sei es, dass die Buchensteiner Schichten der eigentlichen
Puflatsch- Masse hier vom Augitporphyrschutt des Puflatsch über-
rollt sind, oder dass der Augitporphyr der unteren Scholle wirklich
über das Niveau der Buchensteiner Schichten des Puflatsch hinaus-
reicht, sieht man hier den Augitporphyr der unteren Scholle sich
scheinbar mit dem Augitporphyr des Puflatsch zu einer Masse ver-
einigen. Jede Möglichkeit einer falschen Deutung dieses Vorkom-
mens, etwa als eines stockförmigen Durchbruchs des Augitporphyrs,
wird durch die Verfolgung der unteren Scholle in ihrem Verlaufe
gegen Osten ausgeschlossen. Bereits im Norden des östlichsten der
drei Puflatsch-Gipfel sind Augitporphyr sowie Buchensteiner Schichten
der unteren Scholle durch Denudation entfernt und unter der unge-
stört fortziehenden Augitporphyr Platte des Puflatsch kommen zu-
nächst wieder die Buchensteiner Schichten und der Muschelkalk,
später aber auch die Werfener Schichten und gegen Pufels hin
sogar die Bellerophon-Schichten zum Vorschein. Darunter, als Hän-
gendstes der unteren Scholle sieht man nun fast stets den oberen
Muschelkalk. Die Ortschaft Pufels steht auf einer Abdachung der
unteren Scholle.
Wenn man von Gröden über Runggaditsch sich in die Pufelser
Schlucht begibt, durch welche der Hauptweg auf die Westhälfte
der Seisser Alpe fuhrt, so bleibt man fast so lange, als der Weg
in der Bachsohle geht, in der unteren Scholle und erst dort, wo
sich der Weg nach der linken Thalseite in die Höhe zieht, um sich
mit dem von Pufels kommenden Wege zu vereinigen, betritt man
das feste Gebirge der Tafelmasse. Am Eingange der Pufelser
Schlucht sind auf der linken Thalseite durch eine Abrutschung die
unteren gypsfiihrenden Bänke der Bellerophon- Schichten entblösst,
die darüber folgenden fossilfiihrenden Bänke sind grossentheils durch
Vegetation verdeckt, lassen sich aber bis zur ersten Mühle thalauf-
wärts verfolgen. Man durchschreitet hierauf die stets sehr fossil-
reichen Werfener Schichten und begegnet sodann der felsigen Kalk-
bank des oberen Muschelkalks, welche oberhalb dem Dorfe
Pufels weiter durchstreicht. An dieser Stelle sind die Schichten
ausserordentlich gestört. Vorher herrscht sanftes Südfallen, das
sich auch oberhalb in der Hauptmasse wieder einstellt. Hier aber
sieht man senkrecht aufgerichtete, überstürzte und geschleppte
Schichten, eine schmale, an der Bruchlinie hinziehende Zerplitterungs-
zone, gewissermassen eine klaffende Spalte mit nachgestürzten kleinen
Schollen.
Oestlich von der Pufelser Schlucht, auf dem vom Pitzberge
herabziehenden Rücken findet sich auf der unteren Scholle noch in
10*
hs
Das Gebirge iwischen Fasia und Grdden.
iTI I
Grfidcner Thal
Gegend von Pufcli
Wtslechänee des Piliberget
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. j^g
geringer Ausdehnung Buchensteiner Kalk und Augitporphyr. Am
Eingang des Pitzbachgrabens bildet steil aufgerichteter unterer
•Muschelkalk die Grenze gegen die viel flacher gelagerten Belle-
rophon-Schichten der Hauptmasse. Kurz zuvor auf der in der grossen
Originalkarte des Generalstabes mit 1517 Meter bezeichneten Höhe
steht noch der Dolomit des oberen Muschelkalkes an. Die Bruch-
linie trifft sodann oberhalb der Mündung des Pitzbaches das Gröde-
ner Hauptthal und setzt hierauf im Gebiete der am rechten Ufer
des Grödener Baches befindlichen Werfener Schichten noch eine
Strecke weit fort, wie weiter unten gezeigt werden soll.
Den Fuss der Steilwand der unteren Scholle bilden fast durch-
gängig die dem Grödener Sandstein aufgelagerten Bellerophon-
Schichten. Nur bei den zerstreuten Gehöften von Runggaditsch auf
dem Gehänge, welches zum Sattel gegen St. Michael fuhrt, greifen die
Bellerophon-Schichten etwas über den Steilrand gegen Norden vor.
Wir gehen zur Betrachtung der oberen Masse über. Der be-
kannteste Aufschluss in derselben ist die bereits genannte Pufelser
Schlucht, welche, nicht mit Unrecht, als das Normalprofil für di^
Umgebung gilt. Es liegen denn auch bereits mehrere treffliche
Schilderungen derselben von Emmrich, v. Richthofen, Stur und
G um bei vor. Wir heben deshalb nur die wichtigsten Thatsachen hervor.
Die tiefste, oberhalb der Bruchlinie sichtbare Schichtgruppe
bilden die Bellerophon-Schichten, deren obere aus grauen Foramini-
feren-Kalken und dunklen bituminösen Bellerophon-Kalken bestehende
Abtheilung hier noch eine ziemlich bedeutende Mächtigkeit besitzt.
Charakteristisch für gewisse Bänke dieses Complexes sind stylolithen-
artige Bildungen auf den Schichtflächen. Auch findet sich ziemlich
häufig in den grauen Kalken Bleiglanz in dünnen Adern. Bellero-
phonten sind hier nicht selten.
Die darüber folgenden, in einer steilen Lehne am rechten Bach-
ufer prächtig entblössten Werfener Schichten enthalten, wie es bei
den Werfener Schichten unseres Gebietes die Regel ist, einen
grossen Reichthum an Versteinerungen, insbesondere Zweischalem,
von denen die einzelnen Arten für sich allein oder zu zweien, höch-
stens dreien, ganze Bänke erfüllen. Die schöne Moftotis Clarai findet
sich hier häufig und in guter Erhaltung. Eine rothe, oolithische
Kalkbank mit zahlreichen zierlichen Gasteropoden trennt die tieferen
C/rtra/'-Schichten von den wenig mächtigen oberen Schichten mit
Naticella costata und Monotis aurita. Noch an der Unterseite jener
rothen Oolithbank findet sich die für die tieferen Schichten bezeich-
nende Monotis Clarai. In den oberen Schichten herrscht die rothe
Farbe vor.
ICQ Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Es folgt nun rothes Kalkconglomerat und über diesem dünn-
bankiger , knolliger y grauer Kalk (vom Aussehen des deutschen
Wellenkalks), welche beide wir als 3^ unteren Muschelkalk* betrachten.
Als , oberer Muschelkalk* (Mendola-Dolomit) sind die folgenden
Bänke, zu unterst dickbankige, braune Kalke, sodann dünnplattige,
graue, dolomitische Kalke und zu oberst eine massige Bank bräun-
lichen Dolomits aufzufassen.
Die den Muschelkalk überlagernden Buchensteiner Schichten
sind im oberen Theile der durch die harten Kalkbänke veranlassten
Katarakte gut aufgeschlossen. Sie bestehen hier aus dem unteren
Bänderkalk mit Daonella elangata, Posidonomyen, Lingulen und Fisch-
schuppen, aus dem grauen, homsteinreichen Knollenkalk mit zahl-
reichen, aber schlecht erhaltenen Ammoniten (vielen Arcesten, beson-
ders aus der Gruppe der Extralabiati , Trachyceras Curionii (?J,
Trachyceras cf. Reitst) und dem oberen Bänderkalk.*) Den Knollen-
kalken sind zwei Bänke von grünem Tuff, der sogenannten ,Pietra
verde*, welche hier in der Form einer grünen, sandsteinartigen
Masse auftritt, zwischengelagert. Auch zeigen die Kalke auf den
Schichtflächen nicht selten einen grünen, tufiahnlichen Beschlag. Die
oberen Bänderkalke wechsellagem mit den obersten Knollenkalken.
Die unter der obersten Knollenkalkbank befindliche Bank ist erfüllt
von den Schalen der schönen Daonella Taramelliu Seltener finden
sich in ihr Ammoniten (Arcesten, Ptychites sp,, Megaphyllites sp,, Ly-
toceras cf, Wengense)^
An der Basis des dem oberen Bänderkalk auflagernden Augit-
porphyrs kommt hier eine eigenthümliche Breccie, etwa einen Meter
stark, vor, welche aus Bruchstücken verschiedener Kalke in einer
Grundmasse von dichtem Augitporphyrtuff besteht. Derartige Ge-
steine finden sich im Bereiche der Augitporphyrlaven und Tuffe
nicht selten und zwar stets in nächster Nachbarschaft der letzteren,
entweder, der häufigere Fall, an der Basis oder, was seltener vor-
kommt, in Wechsellagerung. Die Analogie mit den, an den Wan-
dungen von Gängen vorkonunenden Reibungsbreccien ist so gross,
dass man dieselben geradezu auch als Reibungsbreccien be-
zeichnete. Dieser Sprachgebrauch kann indessen nicht gebilligt werden.
Die in Rede stehenden Breccien erscheinen nie neben solchen Ge-
steinen, deren Trümmer sie enthalten, was doch bei wahren Reibungs-
bildungen der Fall sein müsste. Mit unserer Auffassung der vulcani-
schen Erscheinungen im südlichen Tirol Hesse sich ungezwungen
*) Bänderkaik genannt, weil das in dQnne, schiefrige Platten zerspaltende
Gestein im Querschnitt ein gebftndertes Aussehen zeigt. Kieselmasse durchdringt
sehr häufig diese Gesteine.
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden« j^I
die Annahme vereinbaren, dass die Bestandtheile dieser Breccien
Auswürflinge seien. Die Lagerung an der Basis der mächtigen
Lavadecken, welche, wie erwähnt, die Regel ist, würde vortrefflich
zu dieser Annahme passen, da es unschwer einzusehen ist, dass der
Beginn der vulcanischen Thätigkeit mit der Zersprengung und
Emportreibung der die Eruptionsstellen vorher verschliessenden Fels-
massen eingeleitet werden musste. Wie die nachfolgenden Ergüsse
der flüssigen Lava, wäre auch der Auswurf des zu kleinen Trümmern
zersplitterten Felspfropfen untermeerisch erfolgt und Meeresströmun-
gen hätten den Transport der Auswürflinge übernommen. So viel
Bestechendes diese Anschauung für sich hat, scheint mir dieselbe
doch den thatsächlichen Verhältnissen nicht zu entsprechen. Wie
namentlich die Aufschlüsse an der Aussenfläche des im elften Capitel
zu schildernden Camera-Riff*s lehren, stammen die Kalkeinschlüsse
dieser Breccien von den Aussenseiten der Riffe her, wo dieselben
eine Schuttzone gebildet haben dürften, welche von der zähflüssigen
Lava aufgenommen und weiter transportirt wurde.
Abweichend von dem gewöhnlichen Verhalten der Augit-
porphyrlaven in Südtirol tritt uns längs des Nordrandes der Fassa-
Grödener Tafelmasse der Augitporphyr als ein mächtiges Lager
massigen, compakten Gesteins entgegen. Trotz dieser Ausnahms-
stellung vermögen wir aber nicht, der Ansicht v. Rieht ho fen's
beizupflichten, dass hier ein Lagergang vorhanden sei. Abgesehen
von allen anderen Bedenken gegen eine solche Auffassung, müsste
man annehmen, dass die Gegend am Nordrande der Fassa-Grödener
Tafelmasse nie von den schichtenförmig ausgebreiteten Augitporphyi>
laven bedeckt wurde, dass vielmehr die Wengener Schichten daselbst
directe über den Buchensteiner Schichten abgelagert wurden. Dies
ist aber, wenn man iiie Verbreitung der Augitporphyrlaven betrachtet
und insbesondere bei der unmittelbaren Nachbarschaft zu den mäch-
tigsten Anhäufungen der Augitporphyrlaven im hohen Grade un-
wahrscheinlich. V. Richthofe n machte hauptsächlich zwei Argumente
für seine Auffassung geltend: Contacterscheinungen und ungleich-
förmige Auflagerung auf der Unterlage. Die Contacterscheinungen
sollten in der Verkieselung nnd Frittung der durchbrochenen Schich-
ten bestehen. Die Bänderkalke der Buchensteiner Schichten im
Liegenden zeigen aber stets im ganzen Bereiche ihrer Erstreckung
in unserem Gebiete einen hohen Gehalt an Kieselmasse, und die-
jenigen im Liegenden des Augitporphyrlagers der Seisser Alpe
unterscheiden sich in nichts von den allgemein verbreiteten Vor-
kommnissen. Im Hangenden des Augitporphyrs sieht man, insbe-
sondere nächst dem Ausgange der Pufelser Schlucht an dem zum
iq2 ^^^ Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Frombache führenden Hohlwege , feinblättrige Daonellenschiefer
in Berührung mit dem Eruptivgestein, scheinbar von demselben um-
schlossen und gehärtet. Bei näherer Untersuchung wird man aber
bald gewahr, dass der Daonellenschiefer einfach den Unebenheiten
der Oberfläche des Augitporphyrs folgt und sich denselben genau
anschmiegt. In solchen ursprünglichen Vertiefungen sind stellenweise
schmale Streifen und Schmitzen des Daonellenschiefers von der
Denudation verschont geblieben und erscheinen nun wie ein-
geschlossene Fragmente. Schlägt man davon Stücke heraus, so
sieht man an denselben, wie die dünnen Schieferlagen sich parallel
den welligen Biegungen der Unterlage verhalten. Was die schein-
bare Härtung dieser Schieferfetzen betrifft, so überschreitet die
Härte durchaus nicht den bei vielen feinkörnigen, aus vulcanischem
Detritus gebildeten Gesteinen vorkommenden Härtegrad. Von wirk-
lichen Umwandlungserscheinungen, wie etwa an den Contactstellen
von Fassa und Fleims ist aber nirgends etwas zu bemerken. —
Die ungleichförmige Auflagerung des Augitporphyrs auf seiner
Unterlage kann, wie bereits Emmrich betonte, in keiner Weise
befremden, abgesehen davon, dass die vorhandenen Unregel-
mässigkeiten sich innerhalb sehr bescheidener Grenzen bewegen.
Bemerken wir noch, dass sich das Augitporphyrlager nur bis an
die Dolomitwand des Schiern, mithin, wie wir sehen werden, con-
form den liegenden und hangenden Schichten bis an die Grenze
abweichender Entwicklung der Schichtgesteine erstreckt, keineswegs
aber in die Dolomitmasse eindringt, so haben wir die wesentlichen
Einwände gegen die Gangnatur des Augitporphyrlagers erschöpft.
Dieses Augitporphyrlager*), dessen Abbruche durch die scharfen,
eckigen Contouren und die pfeilerartige Abklüflung physiognomisch
sehr an den tiefer liegenden Quarzporphyr erinnern, erscheint an
vielen Stellen durch eine den Schichtungsflächen der liegenden Ge-
steine parallele Trennungsfläche in zwei, beiläufig gleich starke
Bänke getheilt. Die untere dieser Bänke zeigt an vielen Stellen
ausgezeichnete Contractionsformen. In der Pufelser Schlucht, bevor
der Weg vom linken auf das rechte Bachufer übersetzt, findet sich
eine Stelle mit prachtvoll ausgebildeter strahlenförmiger Absonde-
rung, einem riesigen Fächer vergleichbar. Femer zieht sich aus der
Pufelser Schlucht eine mächtige Zone prismatischer Säulen unter
den Wänden des Puflatsch durch. Man fühlt sich in ein Basalt-
♦) Nach P. Vinc. Gredler (Corr.-BI. des zool.-min. Ver. in Regensburg,
XXVIl. Bd., pag, i3) betrögt die durch den eisenhaltigen, polarisch-magnetischen
Augitporphyr bewirkte Ablenkung der Magnetnadel auf dem Scheitel des Puflatsch
13** gegen Osten.
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. IC3
Territorium versetzt. Ebenso schöne Säulen sieht man in der Schlucht
bei Ratzes. Zahlreich liegen solche Augitporphyrsäulen unten in
dem Bergsturze bei Ratzes und Seiss , man kann sie auf dem von
Seiss nach Völs führenden Wege, in der Gegend unterhalb der
Ruinen Salegg und Hauenstein kaum übersehen. Sie stammen wol
von dem Gehänge südöstlich von Ratzes.
Von der Pufelser Schlucht gegen Osten bis St. Christina herr-
schen im wesentlichen die gleichen Verhältnisse, wie in der oberen
Hälfte der Pufelser Schlucht. Im Fitzbache gesellen sich zu den
rothen Conglomeraten des unteren Muschelkalks noch rothe dolo-
mitische Mergel, in denen man nach den Cephalopoden von Val
Infema (Zoldo) sucht. Der obere Muschelkalk ist mächtiger, als in
der Pufelser Schlucht. Er erscheint als weisser, zuckerkömiger Do-
lomit. Mit den gleichen Charakteren, aber stets zunehmender Mäch-
tigkeit zieht der obere Muschelkalk in die Saltaria- Schlucht, wo er
mindestens die dreifache Stärke gegenüber der Pufelser Schlucht
zeigt. Die tuffige Kalkbreccie wurde hier nirgends beobachtet. Der
Augitporphyr ist allenthalben reich an Mandelsteinen und schönen
Heulanditen. In der Saltaria -Schlucht beginnen über dem massigen
Augitporphyr bereits Augitporphyr-Conglomerate und concentrisch
schalig sich ablösende Tuffe (Kugeltuffe) zu erscheinen. Näxrhst der
vom linken auf das rechte Ufer führenden Brücke läuft am linken
Gehänge eine Verwerfung durch, in Folge welcher sich über dem
Augitporphyr neuerdings eine Zone von Buchensteiner Schichten
und Augitporphyr erhebt.
In Folge einer geringen allgemeinen Neigung der Schichten gegen
Osten und in Folge der starken Erhebung des Grödener Thaies
erreichen die Bellerophon-Schichten oberhalb der Mündung des Pitz-
baches die Thalsohle und von da an aufwärts gelangen fortwährend
jüngere Schichten zur Thalsohle. Bei St. Christina setzt bereits der
Dolomit des oberen Muschelkalks über das Thal, und demselben
folgen alsbald die Buchensteiner Schichten und der Augitporphyr.
Auch im Westen der Pufelser Schlucht bis zur Schlucht bei
Ratzes bleiben die Verhältnisse im wesentlichen die gleichen, wie
in der Pufelser Schlucht. Indessen stellt sich doch eine fiir das Ver-
ständniss der heteropischen Bildungen höchst wichtige Aenderung
im Complexe der Buchensteiner Schichten ein. Bereits an dem von
Seiss längs des Frombaches auf die Seisser Alpe führenden Wege
sieht man den Buchensteiner Schichten zwei starke Bänke weissen
Dolomits regelmässig eingelagert, welche gegen Norden unter dem
Puflatsch hin weiterstreichen und daselbst auskeilen. Dieselben
beiden Dolomitbänke sind in der Fretschbach- Schlucht bei Ratzes
ic^ Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
in verstärkter Mächtigkeit wieder zu sehen. Das in dieser Schlucht
entblösste Profil zeigt zunächst am Eingange oberhalb Ratzes über
den Werfener Schichten das bunte Conglomerat des unteren Muschel-
kalkes, 6 Meter mächtig, dacüber rothen Dolomit des unteren Muschel-
kalkes, 15 Meter mächtig, etliche Bänk^ grauen bituminösen
Kalkes, welchen die sogenannte , Schwefelquelle* von Ratzes ent-
quillt, sodann am Beginne der Steilwand weissen und grauen Dolo-
mit des oberen Muschelkalkes (Mendola-Dolomit), hierauf die ihrer
Hauptmasse nach bereits aus Dolomit bestehenden Buchensteiner
Schichten. Die untere Dolomitbank ist blos durch i Meter mächtigen
Bänderkalk mit Pietra verde vom Dolomit des oberen Muschel-
kalkes gesondert; etwas grössere Mächtigkeit zeigen die zwischen
den Dolomitbänken eingelagerten Knollenkalke, die obersten Bänder-
kalke dagegen, welche durch den unmittelbar darauf folgenden
Aug^tporphyr stellenweise vergypst sind, besitzen höchstens die
Stärke von 35 Centimeter.
Verfolgt man dem Laufe des Fretsch- (oder Cipit-) Baches
aufwärts dieses Profil bis zur Kante des Hochthaies von Cipit, so
bleibt man stets im Gebiete des Augitporphyrs. Die untere Masse
zeigt, wie schon erwähnt wurde, ausgezeichnete säulenförmige Ab-
sonderung. Am linken Ufer des Baches kommt an der Grenze des
Augitporphyrs gegen den Buchensteiner Kalk eine stark zersetzte
gelbe Masse vor, aus welcher die j^Eisenquelle* von Ratzes (mit
Eisenvitriol und Alaun) entspringt. Ueber den massigen Augit-
porphyren folgen grobe Augitporphyr - Conglomerate , Kugeltuffe
und dünnbankige Ströme, wie im Süden der Fassa- Grödener Tafel-
masse. Der Compiex ist zu viel grösserer Mächtigkeit angewachsen
und reicht wahrscheinlich viel höher in die Bildungszeit der Wengener
Schichten hinauf, als die Augitporphyr-Tafel des Puflatsch und des
Pitzberges. Dafür scheint auch eine Einschaltung von dünngeschich-
teten sedimentären Bänken zu sprechen, we]che ich von einem
Standpunkte auf dem rechten Bachufer aus auf der linken Thalseite
zu erkennen meinte.
2. Die Seisser Alpe.
Ein tief in die Hochfläche eingeschnittenes Thal — Saltaria — ,
welches die Abflussrinne für den ganzen Süden und Osten (excl.
Christiner Weiden) bildet, zerlegt die Seisser Alpe diagonal in zwei
ihrer Bodenbeschafl*enheit nach wesentlich verschiedene Theile. Am
rechten Saltaria-Gehänge herrschen vorwiegend die Augitporphyr-
laven, welche gegen Süden allmählich ansteigend den südlichen
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. ler
Gegenflügel der Mulde der Seisser Alpe bilden, deren nördlichen
Flügel wir soeben kennen gelernt haben. Die Ausfüllung dieses
tellerförmigen Beckens bilden die Wengener Schichten, welche den
grössten Theil der Oberfläche der Seisser Alpe im Westen und
Nordwesten des Saltaria - Thaies bedecken und auch den wasser-
scheidenden Höhenrücken zwischen Saltaria einerseits, Pitzbach,
Puflerbach, Frombach und Fretschbach andererseits zusammensetzen.
Entsprechend diesem einfachen Bauplane sieht man allerorts
die Wengener Schichten vom Rande gegen das Innere der Mulde
einfallend, in der Mitte derselben aber schwebend. Die tiefsten
Schiebten längs dem Nordrande bilden die feinblättrigen Daonellen-
schiefer, welche unmittelbar dem Augitporphyr auflagern. Man
findet dieselben in guten Aufschlüssen am Pitzbache, südlich von
Sgagul, nächst dem oberen Ausgange der Pufelser Schlucht und am
Frombach. Fossilien sind nicht selten, doch, zeichnen sich einige,
petrographisch nicht unterscheidbare Bänke durch ihre Fossilarmuth
sehr unvortheilhafl vor anderen Bänken aus, welche mit Daonellen
ganz erfüllt sind. Die häufigsten Formen sind Daonella Lommeli,
welche ich wol in höheren, nie aber in tieferen Bänken gefunden
habe^ Posidotunnya Wengensis, Lytoceras Wengense.
Ueber den Daonellenschiefern und mit diesen theilweise noch
wechsellagemd erscheinen TufTsandsteine mit Einlagerungen von
kalkigen, zu Schollen zerfallenden Bänken, deren organische Ein-
schlüsse (Cidariten, Crinoiden, Brachiopoden, selten Korallen) Anlass
zur Verwechslung mit den Cassianer Schichten gaben. Am Pitzbache
erscheinen in Begleitung dieser Kalkbänke häufig Schiefer mit Posi-
donomya Wengensis und Daonella Lommeli'*^), Die TufTsandsteine
*) An dieser Stelle, sowie noch an einigen anderen Punkten SQdtirols im
Bereiche der Wengener und Cassianer Schichten, kommen örtlich beschränkt
zwischen den Schichtflachen bis 3o Mm. starke Platten von faserigem, schmutzig-
weissem Aragonitsinter vor. Die Bildungsverhaltnisse desselben müssen ausserordent-
lich regelmässig und ruhig gewesen sein, denn die Unterseite der Aragonitplatten
coplrt in getreuer Weise die Rauhigkeiten und Zufälligkeiten der unteren Fläche
der Hangendschicht. So trifft man nicht selten von Daonellen förmliche AbgQsse
und Modelle im Aragonit. Ich besitze vom Pitzbach eine D, Lommeli und von
Stuores bei St. Cassian eine D, fluxa als AragonitabgQsse. Da bekanntlich bei den
Daonellen die streifenförmigen Radialfurchen gleichmässig die ganze Schalendicke
durchdringen, so wird es begreiflich, dass man Aragonitmodelle von Daonellen mit
Ober- und Unterseite findet, welche leicht zur irrigen Anschauung von in Aragonit
umgewandelten Daonellen-Exemplaren führen könnten. Meine D.fluxa von St. Cassian
zeigt ausgezeichnet, wie das beste isolirte Original-Exemplar, Ober- und Unterseite
der Schale und besitzt eine Dicke von lo Mm. Sie entstand offenbar dadurch, dass
auf der Liegendtläche der Hangendbank die Innenseite einer Daonella vorhanden
war, von welcher aus die Sinterbildung vor sich ging.
|Cg Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
enthalten auf ihren Schichtflächen nicht selten kohlige Pflanzen-
trümmer. Fundstellen für die Cidariten-Kalke sind ausser dem eben
genannten Punkte am Pitzbache, die westlichen und südlichen
Abhänge des Pitz und die Pflegerleiten am Südgehänge des
Puflatsch.
Erst über diesen Schichten folgt die Hauptmasse der Tuff*-
sandsteine und Meißel der Wengener Schichten, in denen Fossilien
in der Regel nur vereinzelt vorkommen. Doch zeichnen sich auch
in diesem Complexe einige der unteren Hälfte derselben angehörige
conglomeratische Bänke durch reichere Fossilfuhrung aus. Es sind
dies die Pachycardien-Bänke mit Pachycardia rugosa. Ander« Fossi-
lien sind selten. Ein Bruchstück von Trachyceras verdient Erwäh-
nung*). Der bekannteste Fundpunkt dieser Pachycardien-Tuffe ist
das Gebiet des oberen Frombach, aus dessen südlichen Zuflüssen
die zahlreichen Blöcke stammen, welche man an der Strasse findet.
Noch kennt man dieselben aus dem unteren Cipit, vom Pitzbach
und von Saltrie.
In den Tuflsandsteinen kommen vereinzelte Ammoniten vor.
Trachyceras Gredleri, die grösste bekannte Trachyceras-Art, stammt
aus solchen Gesteinen, •
In den südlichen Gehängen des Frombaches erscheinen zwischen
den Tuflsandsteinen Einlagerungen von grauem Korallenkalk mit
zahlreichen Korallen und wenigen Gasteropoden und Pelecypoden.
Diese Bänke sind nur die letzten Ausläufer einer im Cipit sehr
mächtigen Kalkbildung, welche wir im nächsten Abschnitt bei der
Betrachtung des westlichen Randes besprechen wollen. Das centrale
Gebiet der Seisser Alpe zeichnet sich ebenso sehr durch den Mangel
an allen fremdartigen, insbesondere kalkigen Einlagerungen, als
durch die grosse Monotonie seiner Tuflsandsteine aus.
Im Süden und am rechtseitigen Gehänge des Saltaria-Thales
herrscht, wie schon bemerkt wurde, der , schwarze Porphyr* fast
unumschränkt. Im oberen Laufe des Saltaria Baches greift er auch
auf das linke Ufer herüber. Am rechten Ufer zieht er sich nördlich
fort durch die ganze Breite der Seisser Alpe, um sich mit dem
Augitporphyr des Nordabfalles der Tafelmasse zu verbinden. Auf
diese Weise sind drei Viertheile der tellerförmigen vom Augitpor-
phyr gebildeten Mulde entblösst, in welcher die Wengener Schichten
der nordwestlichen Seisser Alpe lagern.
*) Die irrthümliche Bestimmung desselben als Ammonites floridus war einige
Zeit ein Hemmschuh für die richtige Glicderang und Parallelisirung der sQdalpinen
Trias.
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. IC7
Wie sich bereits aus den Höhenverhältnissen ergibt, steigt der
Augitporphyr gegen Süden auf, ob ganz regelmässig öder Staffel-
förmig unter Intervention von Verwerfungen lässt sich mit Sicher-
heit schwer entscheiden. An einer Stelle, nächst der Mündung des
Perdiabaches in das Saltaria-Thal taucht unter ihm auch seine
Unterlage auf: die Tuffkalkbreccie und die Buchensteiner Schichten
mit der Pietra verde.
Je weiter man südwärts vorschreitet, desto augenfälliger wird
das fortwährende Anwachsen der Augitporphyrmassen. Es rührt
dies von der Annäherung zu den Ausbruchsstellen her. Im Gegen-
satze zu dem massigen tafelförmigen Auftreten am Nordrande der
Tafelmasse, erscheint hier der Augitporphyr als ein wolgeschichtetes
System von Augitporphyrlaven und Tuffen. Letztere sind entschieden
sehr untergeordnet. Wenn trotzdem v. Richthofen die Bezeich-
nung , Eruptivtuff*, Tschermak die Bezeichnung ^^ Primärtuff* an-
wendete, so geschah dies nur wegen der ausgezeichneten Schichtung,
welche sich die beiden Forscher nur ^ durch die Mitwirkung des
Wassers erklären konnten. An der submarinen Verbreitung der
Augitporphyrlaven kann ebenso wenig gezweifelt werden, wie an
der submarinen Lage der Ausbruchsstellen selbst. Dafür spricht
unzweideutig die geologische Geschichte des ganzen Gebietes, ins-
besondere die strenge örtliche Beschränkung der Eruptionsproducte
und die Reinheit der benachbarten Dolomitriffe. Erfolgten nun
periodische Ausbrüche nach Intervallen der Ruhe, so ist es leicht
begreiflich, dass die Lava-Ergüsse der successiven Eruptionen wie
sedimentäre Gesteine durch Trennungsfugen (Absatzflächen) von
einander geschieden sind. Die Annahme wiederholter Ausbrüche
hat aber viel mehr Wahrscheinlichkeit für sich, als die Annahme
eines blos einmaligen Massen-Ergusses. Aus diesem Grunde scheint
es angemessener, die petrographisch ohnehin nicht ganz zutreffende
Bezeichnung »Tuff* für die geschichteten Augitporphyrmassen zu
vermeiden. Der vom tektonischen Standpunkte ganz berechtigten
Forderung einer scharfen Unterscheidung der schichtförmig aus-
gebreiteten Eruptivmassen von den gang- und stockförmig auf-
tretenden trägt man durch die Bezeichnung der ersteren als , Laven*
wol hinlänglich Rechnung.
Nach den Untersuchungen von Doelter*) bilden die schwarzen
Porphyre der südtirolischen Trias eine durch zahlreiche Uebergänge
verbundene, nur in ihren Endgliedern zu unterscheidende Reihen-
*) Jahrb. d. Geol. R.-A. 1875.
jcg Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
folge, welche am besten unter der Bezeichnung Melaphyr zusammen-
gefasst wird. Doelter unterscheidet sodann:
1. Augit-Melaphyre :
a) Aupitporphyr (augitreicher Melaphyr),
b) Augitarme Melaphyre und Augit-Homblende-Melaphyre
2. Homblende-Melaphyre.
3. Augit- und Hornblende freie Melaphyre.
Wie aus den Fundorts-Angaben der näher untersuchten Ge-
steine hervorgeht, finden sich an und nächst den Eruptionspunkten
die sämmtlichen unterschiedenen Gesteins-Modificationen und wäre
in der Natur die Trennung und kartographische Ausscheidung mit
Mühe und grossem Zeitaufwande verbunden, aber es zeigt sich
doch, wie wir noch sehen werden, regional das Vorherrscheii des
einen oder anderen Typus.
In dem weiten Gebiete der schwarzen Laven herrscht der
Augitporphyr so entschieden vor, dass man den Augitporphyrtypus
als ein charakteristisches Merkmal der Laven bezeichnen kann. Nur
von wenigen Punkten nennt Doelter Melaphyre aus dem Laven
Gebiete und alle diese Punkte liegen innerhalb des Verbreitungs-
bezirkes der auf die nähere Umgebung der Eruptionsstellen be-
schränkten Gänge. Es ist daher möglich, ich möchte sagen wahr-
scheinlich, dass in diesen Fällen Gänge vorhanden sind, wie Doelter
bei einigen angibt
Es ergäbe sich nach dem eben Gesagten ein in tektonischer
Beziehung wichtiger Gegensatz zwischen den Gangausfiillungen und
den Lavadecken. Dort grosse Mannigfaltigkeit, Vorkommen aller
Melaphyrtypen, hier Einförmigkeit, Beschränkung auf den Augit-
porphyrtypus mit Ausschluss der übrigen an den Ausbruchstellen
auftretenden Modiiicationen.
Nächst dem homogenen Augitporphyr spielen in den Laven
die Lavatrümmer - Ströme oder, um uns eines handsameren Aus-
druckes zu bedienen, die Trümmerlaven die Hauptrolle. Die ursprüng-
lich scharfeckigen Trümmer sind an den Kanten häufig etwas abge-
stumpft, was auf eine gleitende und rollende Fortbewegung der
Trümmer innerhalb noch dünnflüssiger Lava hindeutet. Stellenweise
nimmt die Abstumpfung in so hohem Grade zu, dass man nicht
mehr von Breccien sprechen kann, sondern das Gestein als Con-
glomerat bezeichnen muss. Solche Gesteine werden häufig auch
»Reibungsconglomerate* genannt. Will man mit diesem Ausdruck
blos den morphologischen Charakter hervorheben, so wäre dagegen
nichts einzuwenden. In genetischer Beziehung unterscheiden sich
aber diese Augitporphyr-Breccien und Conglomerate auf das schärfste
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. iJq
von den typischen Reibungsgesteinen, welche man zwischen den
durchsetzten Felsmassen und den durchsetzenden Gangausfiillungen
findet. Von gewöhnlichen sedimentären Conglomeraten unterscheiden
sich die hier gemeinten Conglomerate durch die rauhe rissige Ober-
fläche der Einschlüsse und durch das meistens aus gleicher Lava
gebildete Bindemittel. Echter Tuff kommt nur selten als kittende
Grundmasse vor. Unzweifelhaft sedimentären Augitporphyr-Conglo-
meraten begegnet man innerhalb des Systems der Wengener Tuff-
sandsteine der Seisser Alpe. Bei diesen zeigen die Rollstücke eine
glänzend polirte Oberfläche. Das Bindemittel ist locker und porös.
Der gezackte schwarze Grat, welcher den Plattkofel mit den
Rosszähnen verbindet und die volksthümliche Bezeichnung »Auf der
Schneid* fuhrt, besteht ganz und gar aus dem System der Augit-
porphyrlaven. Deutlich erkennt man auch an den von Rasen über-
zogenen Stellen die fortlaufende Schichtung, welche nirgends eine
nennenswerthe Unterbrechung erkennen lässt. Der Angabe, dass
Aupitporphyr-Gänge dieses System hier durchsetzen, will ich nicbt
mit Bestimmtheit widersprechen. Es ist möglich, dass die Gang-
Region des Fassathales sich bis hierher erstreckt; sichere Gänge
kommen einzeln nördlich von Campitello und nördlich von Fontanaz
und Mazzin vor. Aber es ist erfahrungsgemäss ausserordentlich
schwer auf den steilen schwarzen Gehängen der Augitporphyrlaven
bei der steten Unterbrechung der Aufschlüsse durch Schutt und
Vegetation und bei der petrographischen Uebereinstimmung des
durchsetzten und durchsetzenden Gesteins das Vorhandensein von
Gängen wirklich über jeden Zweifel nachzuweisen. Wo Gänge in
grösserer Zahl vorkommen, wie dies vom Bergzuge »Auf der
Schneid* behauptet wird, da beschränken sich dieselben nicht auf
ein bestimmtes Schichtensystem, sondern durchsetzen in gleicher
Weise die verschiedenartigsten Formationen. Nun zeigt sich weder
in den Dolomitmassen des Plattkofel noch in jenen des Moligfnon
und des Schiern die geringste Spur von dem Vorhandensein von
Gängen. Auch haben wiederholte Besichtigungen des Südrandes
der Seisser Alpe in mir stets den Eindruck hinterlassen, dass in
dieser Gegend überhaupt noch keine Gänge vorhanden sind, dass
vielmehr die vermutheten Gänge festeren, der Verwitterung besser
widerstehenden Gesteinspartien entsprechen. Das Eine scheint mir
sicher zu sein, dass wenn Gänge vorkommen, dies nicht in dem
Umfange der Fall sein wird, wie bisher angenommen wurde.
Es wurde bereits der viel stärkeren Mächtigkeit der Augit-
porphyr - Massen im Süden der Seisser Alpe im Vergleiche zur
Stärke der Augitporphyrlager am Nordrande der Tafelmasse gedacht.
l6o ^^s Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Eine nähere vergleichende Untersuchung fuhrt uns zu der Folgerung,
dass die oberen Massen der Augitporphyrlaven im Süden den tieferen
Wengener Schichten in der Nordhälfte der Seisser Alpe entsprechen.
Im Süden, in der Nähe der Fassaner Eruptionsstelle lagerten sich
noch Lavaströme ab, während nördlich davon die vorherrschend
aus Abschwemmungs - Producten des Augitporphyrs und fein zer-
stäubten Lavapartikeln zusammengesetzten Wengener TufTsandsteine
und Mergel sich bildeten. Deshalb greifen auf dem Gehänge unter-
halb der Mahlknecht - Hütte die Wengener TufTsandsteine in das
Massiv der Lavaströme ein und stellt sich das Verhältniss der süd-
lichen Laven zu den Wengener Schichten mehr als eine Anlagerung
oder Nebeneinanderlagerung, denn als eine Ueberlagerung dar. Die
tiefsten Bänke der Wengener Schichten sind daher nur längs des
Nordrandes der Seisser Alpe entblösst, im Süden erscheinen nächst
dem Augitporphyr nur die oberen und obersten Partien der Wen-
gener Schichten. Die Vei^leichung der Profile des Schiern und der
RosszähHe wird diese Verhältnisse versinnlichen helfen.
Es wird nun auch die Natur des massigen Augitporphyrlagers
am Nordrande der Tafelmasse klar. Dasselbe erscheint als das
breite, dick angeschwollene Ende von mindestens zwei Lavaströ-
men, deren Ergu3S in den Beginn der vulcanischen Thätigkeit fällt.
Aus dem Verlaufe der weiteren Darstellung wird sich, wie wir jetzt
schon der späteren Erörterung vorgreifend bemerken wollen, er-
geben, dass überhaupt nur den ersten Lava - Ergüssen eine weitere
horizontale Verbreitung zukommt. Deshalb liegen in den äusseren
Districten die Laven oder die deren Stelle einnehmenden dick-
schichtigen Tuffe stets unter den Wengener Schichten. Die Fort-
dauer der eruptiven Thätigkeit in den vulcanischen Herden zeigen
dann nur die Gesteinsbestandtheile der Wengener Schichten an.
Die dem Massiv des Platt- und Langkofels zunächst gelegene
Stufe der Seisser Alpe, östlich vom Saltaria-Thal, wird bei der Dar-
stellung der Verhältnisse des genannten Dolomitriffes zur Sprache
gelangen.
3. Das DolomitrifF des Schiern.
Wer von Norden kommend zum ersten Male, etwa von Castel-
ruth aus, den mächtigen weissen Stock des Schiern, obenauf von
horizontal liegenden Bänken gekrönt, und nebenan die wolgeschichtete
Fassa-Grödener Tafelmasse mit ihrer schwarzen Contourlinie erblickt,
der wird sich des Gedankens nicht erwehren können, dass eine
grosse Verwerfungslinie hier Bildungen verschiedenen Alters trennt
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. i6i
Wer dagegen von einem höher gelegenen Standpunkte aus, etwa
von Puflatsch oder Raschötz oder vom Sasso di Dam die durch
die Tafelfläche der Seisser Alpe getrennten Dolomitriffe des Schlem-
Rosengarten und des Lang- und Plattkofels betrachtet, wird den
Eindruck gewinnen, dass die Dolomitmassen ein jüngeres, den Bil-
dungen der Seisser Alpe regelmässig aufgesetztes Sediment seien,
welches sich einst gleichförmig über die ganze Tafelmasse ausspannte.
Keine von diesen Anschauungen kann einer eingehenden Kritik
gegenüber Stand behalten.
Wie unbegründet die erstere Annahme wäre, das ergibt sich
bereits nach ziemlich oberflächlicher Kenntniss des Gebirges. Die
Dolomitmasse des Schiern und die Fassa-Grödener Tafelmasse ruhen
auf einer gemeinsamen, ganz übereinstimmenden Unterlage. Vom
Muschelkalk abwärts bis zum Quarzporphyr bleiben sich alle
Schichten im Wesentlichen gleich und wenn auch gerade der Nord-
fuss des Schiern durch die Trümmer eines Bergsturzes theilweise
verdeckt ist, so erkennt man doch bei weiterer Verfolgung der
Unterlage leicht, dass die Niveaulinien der Schichten correspondirend
regelmässig verlaufen, von einer Störung daher keine Rede sein
könne.
Die zweite Annahme müsste logisch zu der Voraussetzung
fuhren, dass die oberen Schichtsysteme der Fassa-Grödener Tafel-
masse vom Buchensteiner Kalk angefangen, sich vor den Dolomit-
massen auskeilen, da doch der untrennbare obere Dolomit (Schlem-
dolomit] unmittelbar dem Mendola-Dolomit auflagert. Sie fuhrt daher
zur Supposition einer Unterbrechung des Absatzes. Diese Schluss-
folgenmg ist unausweichlich^ sobald man annimmt, dass der Schiern-
dolomit jünger als die Tuffsandsteine der Seisser Alpe ist, und
selbst V. Richthofe n, welcher doch zuerst die ursprüngliche Isoli-
rung der Dolomitriffe erkannt hatte, musste zu derselben seine
Zuflucht nehmen, da auch er den Schlemdolomit als eine jüngere
Etage betrachtete. Die Annahme einer solchen Lücke ist aber in
den natürlichen Verhältnissen nicht gerechtfertigt und steht mit
zahlreichen Thatsachen im Widerspruch.
Untersuchen wir zunächst die Grenze zwischen dem Schiern
und der Seisser Alpe.
Es ist oben bei der Besprechung der Verhältnisse am Nord-
gehänge der Fassa-Grödener Tafelmasse erwähnt worden, dass sich
bei der Annäherung zum Dolomitriff des Schiern in die Buchen-
steiner Schichten zwei Dolomitmassen einschalten. Bereits im Profile
des Frombaches, anderthalb Kilometer Luftlinie vom Schiern entfernt,
begegnet man diesen Bänken und im Profile des Fretschbaches bei
M o j s i 8 o V i c s, Do]omitriffe. 1 1
l62 ^^s Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Ratzes nimmt man deutlich wahr, dass die mit dem Dolomit wechsel-
lagernden normalen Buchensteiner Schichten an Mächtigkeit in auf-
fallendem Maasse reducirt sind. Es wird daraus klar, dass der Dolo-
mit stellvertretend für die normalen Schichten eintritt. Untersucht
man weiter westlich*), von den Werfener Schichten ausgehend, die
Gesteinsfolge der Schlemmasse, so trifft man über dem unteren
Muschelkalk eine mächtige Dolomitbank, welche sich constant durch
eine auffallende Schichtfuge von dem höher folgenden ungeschich-
teten Dolomit abtrennt Dies ist der Mendola-Dolomit v. Rieht-
hofen's. Aus Aufschlüssen an anderen Punkten ergabt sich, dass die
untere Dolomitbank der grossen Dolomitriffe aus dem zu Einer
Masse vereinigten Dolomit des oberen Muschelkalks (Mendola-Dolo-
mit im engeren Sinne) und dem Dolomit der Buchensteiner Schichten
besteht. Stellenweise findet sich zwischen der den oberen von dem
ynteren Dolomit scheidenden Schichtfuge noch eine Lage normalen
Buchensteiner Kalks oder es zieht sich in diesem Niveau eine Zone
von Homstein- Ausscheidungen durch; häufig berühren sich aber
unterer und oberer Dolomit ohne die Intervention irgend eines
fremdartigen Gesteins. So ist es auch auf dem Westabfall des
Schiern. Jede Erinnerung an die normale Ausbildung der Buchen-
steiner Schichten ist hier verwischt. Der Dolomit ist Alleinherrscher
geworden.
Das geschilderte Verhältniss des Dolomits zu den Buchen-
steiner Schichten der Fassa-Grödener Tafelmasse lässt sich kurz in
folgender Weise ausdrücken: Der untere Dolomit des Schiern
greift mit zwei spitzen Zungen wechsellagernd und stell-
vertretend in den Schichtenverband der normalen Buchen-
steiner Schichten der Fassa-Grödener Tafelmasse ein. Seine
obere Hälfte repräsentirt die Buchensteiner Schichten.
Oberhalb der Buchensteiner Schichten steigt vom linken Ge-
hänge des Fretschbaches aus die Dolomit-Steilwand des Schiern auf
Der Bach hat sich sein Rinnsal noch ganz in den Augitporphyr-
laven und in den Wengener Schichten ausgefeilt. Die Grenze zwischen
dem Dolomit und dem Augitporphyr bildet eine schräg ansteigende
Fläche des Dolomites, auf welcher der Augitporphyr, nach oben
rasch an Mächtigkeit abnehmend, aufsteigt. Der Dolomit greift
unter den Augitporphyr hinab. Man erkennt deutlich, dass die
Augitporphyrlava an der Dolomitwand ein Hindemiss ihrer weiteren
Ausbreitung gefunden hat.
*) Leider ist an dem Nordfusse des Schiern die Untersuchung wegen des
gewaltigen, fast Alles verdeckenden TrOmmerhaufwerkes unmöglich.
Das Gebirge zwiaehen Faisa und Gröden. 1Q9
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l^A Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Hat man, aufwärts steigend, die Region des Augitporphyres
passirt, so sieht man die Dolomitwand in gleichem Sinne, wie weiter
unten, auch gegen oben zurückweichen. Die Wengener Schichten
lagern sich regelmässig mit nach aussen gekehrten Schichtflächen
an die nach aussen abfallende Dolomitwand an. Ueber den Wen-
gener Schichten erhebt sich sodann der Dolomit in nahezu senkrecht
abgeschnittenen Wänden, bis zur Höhe des östlichen Schlemplateau.
Diese Steilwand ist nicht als die ursprüngliche Begrenzungslinie der
oberen Schlemmasse zu betrachten, wie die weitere Untersuchung
des Schlemgehänges lehrt.
Die der Dolomitwand angelagerten Wengener Schichten unter-
scheiden sich durch die Aufnahme zahlreicher kalkiger Bänke
wesentlich von den normalen Wengener Schichten. Ausser dünn-
plattigen Kalken, welche aus einem Haufwerk von Cidariten und
Crinoiden gebildet sind, kommen dicke, klotzige, zähe Kalkbänke
häufig vor, die von v. Richthofen sogenannten ^Cipitkalke*. Die
Färbung dieser Gesteine ist auf frischem Bruche grau und grau-
braun. Die Verwitterungsrinde ist braungelb. Die Cipitkalke lösen
sich zu grossen, unförmlichen Blöcken auf; sie bezeichnen keinen
bestimmten Horizont der Wengener Schichten und beschränken sich
stets auf die Nachbarschaft der DolomitrifTe. Auch in den Cassianer
Schichten kommen an den Riffgrenzen die gleichen Kalke vor,
welche man desshalb auch als ^Riffsteine* ansprechen kann. Die den
Wengener Schichten angehörigen enthalten nicht selten tuffige Ein-
schlüsse. Fossilien sind im Allgemeinen häufig in den RiiTsteinen, aber
durchaus nicht allgemein und gleichmässig verbreitet. Korallen in
grossen Stöcken herrschen vor und erfüllen oft die g^zen Blöcke.
Doch ist ihr Erhaltungszustand selten ein guter. An den angewitterten
Flächen erkennt man sie leicht. Im Inneren des Gesteines sind die
Verästelungen deutlich, aber die feineren Structurverhältnisse sind
meistens obliterirt. Die entstandenen Hohlräume sind häufig von
Mineral-Ausscheidungen erfüllt. Ausser Korallen kommen Crinoiden-
und Cidaritenreste noch häufig vor, aber stets nur in verstreuten,
isolirten Bestandtheilen, nicht selten auch zerbrochen und in Hauf-
werken zu förmlichen Breccien verkittet. Selten sind Bracbiopoden,
noch seltener Gasteropoden , Pelecypoden und Cephalopoden.
Wo das Gestein keine Fossilien erkennen lässt, ist es meistens
breccienartig.
Folgt man dem bereits betretenen Steige, welcher am Schlem-
gehänge selbst, also am linken Ufer des Fretschbaches, von Ratzes
über den Cipiter Ochsenwald auf den Schiern führt, so beobachtet
man, wie von der Dolomitwand des Schiern aus. eine mächtige
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. iQc
Dolomitbank über die erst erwähnten Wengener Schichten über-
greift. Im unteren Theile von Cipit steht derselbe Zug von Wengener
Schichten, als normales Hangendes der Augitporphyr-Laven an. In
den tiefsten Lagen bei der Proslinhütte bereits finden sich in
Wechsellagerung mit dem dünnblätterigen Schiefer (Daonellen-
Schiefer) Kalkbänke*) mit Crinoiden, Cidariten und Korallen. Von
dem Pachycardien-Conglomerat liegen Blöcke umher, welche aber
wahrscheinlich aus höherer Lage vom rechten Abhänge herstammen.
Die Dolomitbank, deren Abzweigung von der Hauptmasse des
Schlemdolomits eben betont wurde, zieht als eine massig nach
aussen abgedachte Terrasse am linken Ufer des Ochsenwaldbaches **)
über den Wengener Schichten hin. Beim Uebergange des von Cipit
auf den Schiern führenden Steiges setzt sie, mit reducirter Mächtig-
keit und in geringer Ausdehnung, auf das rechte Bachufer herüber.
Wie im Allgemeinen die südtirolischen Dolomite zu senkrechter
Zerklüftung Neigung haben, so zeigt auch die kleine auf dem rechten
Ufer des Ochsenwaldbaches vorkommende Dolomitpartie eine aus-
gezeichnete Abklüftung zu vertical stehenden Platten. Bei ober-
flächlicher Beobachtung liegt die Gefahr einer Verwechslung mit
Schichtung nahe. Der Dolomit wird aber von schwachgeneigten
Wengener MergeltufTen über- und unterlagert, wie die unzwei-
deutigen Aufschlüsse in der Nähe der erwähnten Uebergangsstelle
beweisen. Trotzdem ist in neuerer Zeit die Behauptung aufgestellt
worden, dass hier eine ^^grossartige Schichtenstörung* vorliege,
welche sich in den gleichfalls seiger aufgerichteten Dolomitschichten
auf der westlichen Thahsohle am Fusse des Schierngehänges fort-
setze und — 3^ übrigens schon von dem Eisackthale über Seiss her
und über den Ostrand der Rosszähne hinüber sich verfolgen* lasse.
Der durch den Ochsenwald auf den Schiern führende Pfad
ersteigt zunächst die an Mächtigkeit zunehmende Dolomitplatte und
fiihrt sodann durch längere Zeit auf derselben weiter. Hier zeigen
sich nicht nur Einschlüsse von Tuffmasse im Dolomit, sondern auch
an vielen Stellen, namentlich in den Wassergräben deutlich entblösste
Wengener Schichten als regelmässige, ungestörte Ueberlagerung des
Dolomites. Die Neigung dieser oberen Wengener Schichten ent-
spricht vollkommen der Abdachung der Dolomitplatte und dem
Einfallswinkel der unter dem Dolomit liegenden Wengener Schichten.
*) Aus einem dichten grauen Kalke erhielt ich die wol erhaltene Wohn-
kamroer einer Orthoceras.
**) Der Fretschbach setzt sich am unteren Ende von Cipit aus zwei Zuflüssen
zusammen, dem Ochsenwaldbache und dem Cipitbache. Der Ochsenwaldbach liegt
westlich am Fusse des Schiern.
Das Gebirge zwiKben F«»»» und Gröden.
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Och»n«ild-Bich
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
167
Ueber den oberen Wengener Schichten, deren Mächtigkeit etwa
zehn Meter beträgt, folgt eine zweite Dolomitplatte und eine dritte
oberste Einlagerung von Wengener Schichten, Alles conform den
tieferen Massen mit schwachem Ostfallen.
Die Erscheinungen, welche sich hier der Beobachtung darbieten,
sind im Wesentlichen dieselben, wie in den tiefer liegenden Buchen-
steiner Schichten. Vom Dolomitstocke weg dringen Dolomitkeile
schichtenfbrmig in den Schichtenverband der Wengener Schichten
ein. Aber es tritt hier noch ein sehr bedeutsames Moment hinzu.
Das Dolomitriff steigt ziemlich rasch, gegen oben zurücktretend, in
die Höhe und Augitporphyrlaven wie Wengener Schichten lagern
sich an die geböschte Dolomitwand an.
Ich habe hier vergeblich nach den Stellen gesucht, an welchen
die j^deutliche* Auflagerung des Schlemdolomites auf den Tuff-
schichten sichtbar sein soll. Wenn das Gegentheil behauptet worden
wäre, so fände ich dies eher begreiflich. Aber der Blick der meisten
Beobachter war hier durch vorgefasste Meinungen umflort. Weithin
sichtbar ist der grossartige Aufschluss an den Quellen des Ochsen-
waldbaches, welcher die einer regelmässigen Auflagerung ähnelnde
Anlagerung der Wengener Schichten an die auf grössere Er-
streckung hin darunter eingreifende Dolomitböschung entblösst.
Ochsenwatd-Bach
W.
o.
Durchschnitt durch das Clpiter Schlemgehinge und das QueUsebiet des Ochsenwald-Baches.
(Anlagerung von Wengener Schichten an die BSschnngsflIche des Riffes.)
t = Wengener Schichten mit Blöcken von Riffsteinen ;/> = Wengener Dolomit.
Ehe wir in der Schilderung der Verhältnisse am unteren
Schlemgehänge fortfahren, müssen wir der Uebersichtlichkeit der
Darstellung wegen einen Blick auf die oberen Wände und Gehäng-
stufen des bisher besprochenen Abschnittes werfen. Im Norden endet
die Schlemmasse mit der abenteuerlichen Doppelpyramide der
^Schlemzacken*, welche sich sofort als ein Erzeugniss des sub-
aerischen Zerfalls verrathen. Hier hat die Denudation bereits ein gutes
l6g Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Stück Arbeit vollbracht. Das obere Plateau ist gänzlich abgetragen.
Die im Süden der Schlemzacken folgende Wand, welche den Abfall
des von den Raibler Schichten und einigen kleinen Resten von
Dachsteinkalk gekrönten Plateau bildet, fällt mit wenigen unbe-
deutenden Unterbrechungen glatt und steil, scheinbar senkrecht in
die Tiefe. Die Denudation, welcher die verticale Zerklüftung des
Gesteins vorarbeitet, hat auch hier ihre Wirksamkeit begonnen.
Gegenüber den Schlemzacken war jedoch ihre Thätigkeit eine noch
beschränkte. Es folgt dann eine Region noch weniger fortge-
schrittener Abtragung, in welcher die Wand treppenförmig abfällt.
Der von der Seisser Alpe auf den Schiern führende Weg gewinnt
auf diesen Stufen die Plateauhöhe. Bis zu dieser Region erscheint
die ganze Dolomitwand aufwärts bis zu den Raibler Schichten als
eine schichtungslose, wie aus Einem Guss geformte Masse. Nur bei
günstiger Beleuchtung gewahrt man wellig auf- und niedersteigende
zackige Fugen, welche beiläufig im grossen Massstabe die Erscheinung
der Stylolithen-Nähte wiederholt. Sieht man schärfer zu, so beobachtet
man an vielen Stellen, dass die Flächen dieser Fugen nicht so
vollkommen horizontal liegen, wie die Raibler und Dachstein-
Schichten auf der Höhe des Schiern und die Werfener Schichten
an dessen Basis, sondern sich schwach östlich, also gegen die
Aussenseite des Berges, neigen. '
Ein wesentlich verschiedenes Aussehen bietet derjenige Theil
der Schlemwand dar, welcher oberhalb der Zwischenlagerungen von
Wengener Schichten und Dolomit des Ochsenwaldes beginnt und
bis zu den Rosszähnen reicht. Erstlich hat die Steilwand des nörd-
lichen Schiern einer bis nahezu auf die Plateaufläche reichenden
Böschung Platz gemacht Sodann tritt an die Stelle des massigen
Dolomites geschichteter Dolomit, dessen nach Osten verflächende
Lagen die abgebrochenen Schichtköpfe in einer Reihenfolge zahl-
reicher niederer Terrassen zeigen. Es herrscht in diesen geschichteten
Dolomiten kein vollkommener Parallelismus der Flächen, wie bei
gewöhnlichen Schichten und, was besonders auffallend ist, keine
grosse Constanz der Schichten dem Streichen nach. Die Schichten
schwellen bald %n, bald verdünnen sie sich. Die Schichtflächen hören
häufig auf, fortzulaufen, zwei Bänke vereinigen sich zu Einer, und
umgekehrt. Es wechseln steilere Neigungen mit flacheren. Wir
gebrauchen fiir diese lediglich auf die noch erhaltenen Aussen-
seiten der Riffe beschränkte Form der Schichtung die Bezeichnung
, Ueberguss-Schichtung * .
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
169
Schemfltische Darstellung der Ueberguss-Schichtung an der BSschungaflXche eines Riffes.
(Unten normale Schichtung in horizontaler Lagerung.)
Bei der Beobachtung des Cipiter Schierngehänges fallt noch
Eines auf. Man sieht häufig förmlich unterhöhlte Schichtenabbrüche.
Untersucht man dieselben, so findet man in einigen Reste von
Wengener Schichten. Andere sind leer. Die oben erwähnten An-
und Zwischenlagerungen von Dolomit und Wengener Schichten
geben den Schlüssel zur Erklärung dieser Erscheinung. Die Denu-
dation ist von Seite der Seisser Alpe her, von den Wengener
Schichten gegen das DolomitrifT vorgedrungen und hat an der
Aussenseite des RiflTes die höher gelegenen (die jüngeren) Wechsel-
lagerungen von Dolomit und Wengener Schichten bis zu den ver-
jüngten letzten Spitzen der Wengener Schichten abgetragen. Aus
den leeren Höhlungen sind die Wengener Schichten ausgewaschen.
So erscheinen einige der Ueberguss-Schichten des Schlem-
gehänges als die Fortsetzungen von, heute grossentheils entfernten,
in die Wengener Schichten eingreifenden Dolomitzungen.
Von den Schiernzacken bis zum Cipiter Schlemgehänge haben
wir nun sehr verschiedene Denudations-Stadien in continuirlicher
Reihenfolge unterschieden. Die Bedeutung der treppenformigen
Absätze in der Gegend des Schlempfades wird nun klar; ebenso
die eigenthümlichen zackigen Fugen in der senkrechten vorderen
Schlemwand. Das Cipiter Schlemgehänge mit der noch wolerhaltenen
Ueberguss-Schichtung wird bei weiterem Fortschreiten der Denu-
dation allmählich in das Stadium der treppenformigen Absätze und
durch dieses in das Stadium der glatten Steilwand mit wenigen,
fast unmerkbaren Spuren der nach auswärts gerichteten Ueberguss-
Schichtimg übergehen. Endlich wird auch die Region der zackigen
Fugen entfernt sein und dann wird die Steilwand völlig schichtungslos
lyQ Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
sein, wie es heute in der Schlemklamm und am Westgehänge des
Schiern der Fall ist
Daraus lässt sich aber weiter schliessen, dass entlang
des ganzen Schlemgehänges bis zu den Schlemzacken , das ist
allenthalben auf der dem Gebiete der Wengener Schichten zuge-
wendeten Aussenseite des Schlemriffes, die gleichen oder doch
wenigstens sehr analoge Verhältnisse geherrscht haben müssen, wie
an der Cipiter Dolomitböschung.
Wir kehren zur Besprechung der unteren Regionen wieder
zurück.
Durch den ganzen Kessel von Cipit, insbesondere aber in
dessen oberen Theilen sind Einlagerungen von Riffsteinen in den
schwarzen tuffigen Wengener Mergeln häufig. Das Gestein ist in
der Nähe der Dolomitböschung reich an Korallen. Interessant sind
Conglomerate aus Augitporphyr - Gerollen mit grossen Korallen-
stöcken. Sie finden sich im oberen Cipitkessel. Auch am nördlichen
Cipitgehänge kommen Riffsteine noch häufig vor. Es ist bereits
bemerkt worden, dass sich die letzten Ausläufer bis in das From-
bachgebiet erstrecken. Die isolirten Blöcke von Cipitkalk auf den
weichen berasten Plateauflächen der Seisser Alpe haben schon
längst die Aufmerksamkeit der Geologen erregt. Die häufig wieder-
kehrende Angabe von der allgemeinen Verbreitung dieser Blöcke
über das ganze Plateau ist aber unrichtig. Ausser dem Bereiche
von Cipit und Frombach kommen sie nicht vor. Es wäre denn in
der Eigenschaft als erratische Blöcke*). Wo sie frei auf der Rasen-
fläche liegen, hat man sie seit jeher als Reste fester Kalkbänke
betrachtet, welche der Denudation einen grösseren Widerstand
entgegensetzten, als die weichen normalen Wengener Schichten.
Gegen eine solche Anschauung lässt sich fiir einen Theil der Vor-
komnmisse nichts einwenden. Viele, wahrscheinlich die meisten
Blöcke sind aber nicht Ueberbleibsel fortlaufender Kalkbänke, son-
dern sie sind bereits in Blockform in weichen tuffigen und merge-
ligen Schichten vorhanden gewesen und durch die Abschwemmung
ihrer Umhüllung biosgelegt worden. Dies zeigen zahlreiche Auf-
schlüsse, in welchen Blöcke von Cipitkalk in tuffigen Gesteinen ein-
gebettet sind.
*) Da die filteren Angaben über das Vorkommen grosser Dolomitblöcke auf
Widerspruch gestossen sind, so möge hier die Bemerkung Platz finden, dass sich
thatsAchlich grosse Blöcke echten weissen Dolomits auf der SeisseralpflAche finden,
so insbesondere am nördlichen Rande, in der Nfihe des Beginns der Pufelser
Schlucht. Der aufPallendste dieser Blöcke führt den Namen „Sonnenstein'^
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. i^i
Besonders zahlreich sind die Blöcke der Cipitkalke in der
Umgebung des Grunserbühels , einer kleinen gegenwärtig isolirten
Kalkkuppe, welche sich nördlich von den Rosszähnen den Wengener
Tuffen frei aufgelagert befindet Ein in die Wengener Mergeltuffe
eingreifender Sattel trennt den Grunserbühel von einem an den
Rosszähnen abzweigenden Dolomitgrat, welcher den obersten Cipit-
kessel von dem Quellgebiet des Satzerbaches trennt. Dieser Dolomit-
grat greift über die Wengener Schichten des obersten Cipitkessels
über. Er ist daher, ganz analog den bereits erwähnten, vom Schlem-
massiv abzweigenden Dolomitzungen, ebenfalls als eine in das Gebiet
der Wengener Schichten eingreifende Dolomitbank aufzufassen. Ver-
glichen mit den Dolomitzungen des Ochsenwaldes ist dies die
oberste, jüngste und zugleich die am weitesten in das Tuffgebiet
eingreifende Masse, als deren nördlichste Spitze der Grunserbühel
zu betrachten ist. Man kann sich leicht vorstellen, dass bei weiterem
Fortschreiten der Denudation dieser Dolomitgrat gänzlich entfernt
wird. Dann würde das Gehänge der Rosszähne denselben Anblick
gewähren, wie das Schlemgehänge auf der linken Seite des obersten
Cipitkessels. Eine mächtige Ablagerung von Wengener Tuffen würde
sich der Dolomitböschung anschmiegen und nur die abgebrochenen
starken Köpfe der Ueberguss-Schichtung würden dem Blicke des
Forschers den früheren Zustand der Dinge an dieser Stelle ver-
rathen. Wendet man die umgekehrte Betrachtung auf das von der
Denudation bereits stark mitgenommene Gebiet von Cipit an, so
ergibt sich die Vorstellung, dass möglicherweise die Dolomitmasse
des Grunserbühels einst als eine ausgedehnte Dolomitplatte von der
Erstreckung des Schlemgehänges über das ganze Gebiet von Cipit
imd vielleicht in nördlicher Richtung noch etwas über dasselbe
hinaus verbreitet war. Die im Frombach-Gebiet vorhandenen Riff-
steine fordern geradezu eine derartige Annahme.
An der Basis des Grunserbühels findet sich eine Zone von
typischen Riffsteinen mit zahlreichen Korallen, Cidariten und Crinoi-
den. Darüber folgt eine Zone gelbgefarbten Dolomits, welche sich
aus dem Riffstein heraus entwickelt und deutlich als dolomitisirter
Riffstein erkannt wird. Zuoberst herrscht weisser Dolomit, welcher
aber auch noch häufig durch verschiedene habituelle Merkmale an
den Riffstein erinnert.
Oestlich vom Grunserbühel bemerkt man in den Wengener
Schichten reihenförmig geordnete anstehende Blockmassen von Riff-
stein mit Korallen.
In dem südlich zu den Rosszähnen ansteigenden Dolomi^^te
findet man häufig Uebergänge vom Riffstein in den Dolomit, sowie
172
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
halb dolomitisirte Riffsteine. Korallen sind hier auch im Dolomite
häufig und wol erkennbar, aber stets ist die innere Structur der-
selben obliterirt. Einzelne Gesteine bestehen ganz aus zusammen-
gesintertem Korallengrus. Höher aufwärts gegen die Rosszähne
kommen rothe und rothgefleckte Dolomite vor, welche durch ihre
Färbung an die Raibler Schichten der hiesigen Gegend erinnern.
Durch das Thal des Satzerbaches getrennt, erhebt sich im
Osten ein zweiter parallel verlaufender Dolomitrücken, welcher
gleichfalls von dem Hauptkamme der Rosszähne abzweigt.
Rosszähne
8W.
LXngaschnitt vom Schlerntnassiv bis in die Gebend nördlich von der Mahlknechthaue.
(Inneres des Riffes; Uebergang des Dolomites in die Wengener Schichten durch Vermittlung
von Rifl'stein-BlScken ; Bildung des Dolomites aus Riffstein-Blöclcen.)
a = Augitporphyriaven ; b = Wengener Schichten mit Riffstein-Blöckcn : 6' = Wengener Dolomit ;
c — Geschichteter Dolomit im Innern des Riffes.
Die Bedeutung der Riffsteine wird durch die prachtvollen
Aufschlüsse am südöstlichen Abhänge der Rosszähne in lehrreichster
Weise demonstrirt. Bis über das Niveau der Mahlknechthütte herauf
reichen die Augitporphyriaven. Ueber ihnen steigen dunkle Tuff-
sandsteine und Conglomerate rasch zu der langgezogenen, viel-
gezackten Mauer der Rosszähne an. Die Schichtung des Gesteins
ist ausserordentlich klar. Das Fallen ist gegen Norden gerichtet.
Linsenförmige und blockförmige Massen von grauem und braunem
Riffstein sind zwischen den Tuffschichten regelmässig eingebettet
und ihrer contrastirenden Farbe wegen weithin sichtbar. Man be-
merkt deutlich, wie die Tuffschichten an den unregelmässig geform-
ten Riffsteinen an- und absteigen.*) Der Riffstein ist hier meistens
sehr dicht und arm an Fossilresten. Cidariten- und Crinoidenreste
sind noch das häufigste. Verfolgt man die Wand gegen das Tierser
Alpel zu, so behält man unter seinen Füssen stets die Augitporphyr-
*J Unser Lichtbild mit der Unterschrift „Oestliches Ende des Kammes der
Rosszähne, vom Mahlknecht" illustrirt diese Verhältnisse.
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172
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I^^ Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
jenseits der Schlemklamm auffallen. Er wird bemerken, dass östlich
von der Schlemklamm der ungeschichtete Dolomit bis auf das
Plateau des Schiern reicht, während im Westen von der genannten
Rinne der ungeschichtete Dolomit nicht so hoch ansteigt und der
Zwischenraum zwischen der Tafelfläche des Schiern und dem un-
geschichteten Dolomit durch ein System geschichteter Bildungen
in horizontaler Lagerung eingenommen wird. Man wird sofort mit
der Bemerkung bei der Hand sein, dass die Schlemklamm mit einer
Verwerfungslinie zusammenfalle und dass die geschichteten Massen
der westlichen Schlempartie jünger sein müssten, als die das Plateau
des östlichen Schiern bildenden ungeschichteten Dolomite. Dies ist
jedoch keineswegs richtig. Die Unterlage der Schlemmasse zeigt
nirgends die Spur einer nennenswerthen Störung, was doch der
Fall sein müsste, wenn ein so namhafter Sprung die Bergmasse
durchsetzen würde. Aber noch klarer wird die Annahme einer Ver-
werfung widerlegt durch die Untersuchung der Gipfelflächen des
Schiern selbst.
Durch die ganze Schlemmasse bis zu den Rosszähnen hin
zeigt sich das gleiche Verhältniss wie am oberen Ende der Schlem-
klamm. Auf der Seite gegen die Seisser Alpe ragt stets der unge-
schichtete Dolomit bis auf das Plateau des Berges, während auf
der entgegengesetzten Seite geschichteter Dolomit, welcher kappen-
förmig der ungeschichteten Hauptmasse aufgesetzt ist, bis auf die
Schlemfläche hinanragt Beide Bildungen, der randliche Dolomit-
wall, welcher auf der gegen die Seisser Alpe gerichteten Aussen-
seite des Dolomitriffes steht, und die geschichteten Dolomite der
Innenseite werden gleichförmig von söhlig gelagerten Raibler Schich-
ten und geringen Resten von Dachsteinkalk bedeckt. Daraus geht
zunächst klar hervor, dass wir es mit gleichzeitig gebildeten Ge-
steinen zu thun haben.
Die geschichteten Dolomite werden durch eine dünne Lage
von Augitporphyr constant von dem damnter liegenden ungeschich-
teten Dolomit getrennt. Bisher kannte man nur die Vorkommen
von Augitporphyr in der Schlemklamm und nächst der St. Cassians-
kapelle. Seit L. v. Buch, welcher seine kühne Dolomitisimngs-
Hypothese auf die Augitporphyre der Schlemklamm gründete,
galten diese Vorkomnmisse als den Dolomit durchsetzende Gänge.
In Wirklichkeit ist aber das Auftreten des Augitporphyrs auf dem
Schlem ein unzweideutig schichtförmiges und seine Verbreitung eine
allgemeine im Gebiete der geschichteten Dolomite. Wo die Grenze
gegen den randlichen Dolomitwall entblösst ist, wie in der Schlem-
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gegen den randlichen Dolomitwall entblösst ist, wie in aci
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Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
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klamm*) und in einem Erosionsrisse am südöstlichen Zweige des
Schlem, da sieht man den Augitporphyr in gleicher Weise am
Dolomitwalle abstossen, wie die geschichteten Dolomite. Auf dem
Tschafatsch und auf dem Mittagskofel sind die geschichteten Dolo-
mite denudirt und bildet der Augitporphyr das Gipfelgestein.
Sattel rwitchea Schiern und Rosengarten
8W.
LXngsachnitt, Bildlich vom vorigen» vom Schlemmassiv zur SeiMer Alpe.
(Ueberfliesten der Augitporphyrlaven in das Innere des Schiernriffes.)
a = Augitporphyrlaven; 6* = Wengener Dolomit.
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Die Augitporphyrdecke des Schiern bildet die directe Fort-
setzung der obersten Augitporphyrlaven der südlichen Hälfte der
Seisser Alpe. Sie steht mit denselben über den Sattel des Tierser
Aipeis, welcher das Schlem- von dem Rosengarten-Gebirge scheidet,
in ununterbrochenem Zusammenhange. Nur an einer Stelle ist gegen-
wärtig diese Verbindung unterbrochen. Es ist dies der vorerwähnte
Erosionsriss im südöstlichen Zweige des Schlem an der Abdachung
gegen das Tschamin-Thal. An dieser sehr instructiven Localität
sind die geschichteten Dolomite sammt dem darunter liegenden
Augitporphyr durch Auswaschung entfernt und der dahinter liegende
ungeschichtete Dolomit ist entblösst. Links und rechts reichen der
Augitporphyr und der geschichtete Dolomit bis an den Rand der
Schlucht heran und entsprechen sich vollständig.
Für die Altersbestimmung des ungeschichteten Schlemdolomits,
d. i. der weitaus bedeutendsten Masse des den Schlem bildenden
Dolomits, ist der Zusammenhang des Augitporphyrs des Schiern
mit dem Augitporphyr der Seisser Alpe von grösster Bedeutung.
Denn es folgt aus dem Mitgetheilten mit Nothwendigkeit, dass die
Hauptmasse des Schlemdolomits gleichzeitig mit dem System der
Augitporphyrlaven der Seisser Alpe gebildet wurde. Ich bezeichne
*) Die beiden zusammenhängenden Lichtbilder „Die Schlernklamm vom
Jungen Schiern'' zeigen deutlich das Abstossen der geschichteten Dolomite vom
ungeschichteten randlichen Wall. An der Basis des geschichteten Dolomits zieht
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176
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden,
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Burgstall
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Schlerntpitze
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. jy^
detngemäss auch diesen Dolomit als Dolomit der Wengener Schieb*
.ten o4er kurz Wengener Dolomit, wobei ich von der durch eine
Reihe von Thatsachen unterstützten Anschauung ausgehe, dass die
Kruptionen des Augitporphyrs auf den Bildungszeitraum der Wen-
gener Schichten beschränkt waren.
Was die geschichteten Dolomite des Schiern betrifft, so wird
ein aliquoter unterer Theil derselben mit den Tuffsandsteinen und
TufTconglomeraten der Rosszähne gleichaltrig sein, mithin noch den
Wengener Schichten angehören. Die verbleibende obere Abtheilung
ist alsdann als Vertreter der Cassianer Schichten zu betrachten.
Die gleiche Betrachtungsweise g^ilt für die Altersbestimmung
des randlichen Dolomitwalles, mit der Modification, dass man die
ideale Grenzlinie zwischen den Wengener und Cassianer Schichten
in einem etwas höheren Niveau anzunehmen hat Denn der Dolomit-
wall nimmt im Verhältniss zu den geschichteten Dolomiten . eine
überhöhte Stellung ein.
Auf der Schiern- Abdachung gegen die Seisser Alpe dagegen
hat man mit dieser Grenzlinie wegen des Abdachungswinkels der
Ueberguss-Schichten etwas tiefer hinabzurücken.
Die obere Fläche des Dolomitwalles bildet keine tischebene
Fläche wie gewöhnliche Schichten. Sie erscheint zwar als Ganzes
genommen durch eine bestimmte Niveaulinie gegen oben begrenzt,
aber sie besitzt vielfache kleine Vertiefungen und Erhebungen, welche
um die mittlere Niveaulinie oscilliren.
Deshalb schwankt auch die untere Begrenzung der Raibler
Schichten auf dem Dolomitwalle innerhalb geringer Höhenunter-
schiede, während die Auflagerung derselben auf den geschichteten
Dolomiten eine vollkommen ebenflächige und parallele ist.
Erkennbare Fossilien sind im Allgemeinen Gelten im Dolomite
des Schiern. Korallen walten noch am meisten vor. Auf dem Wege
von der Seisser Alpe über die äussere Schlemabdachung sieht man
häufig verzweigte und gekammerte Hohlräume, welche Herr Dr.
A. Bittner auf das bestimmteste für Reste von Korallen erklärt.
Das Gestein hat hier überall entschieden den Typus eines korallo-
genen Kalkes. Die Behauptung, dass die Dolomite des Schlem-
gehänges von Diploporen erfüllt sind, ist demgemäss zu modificiren.
Das Vorkommen vereinzelter Diploporen kann immerhin als
möglich eingeräumt werden. Aber der Typus der Diploporenkalke
weicht erheblich vom Gesteinscharakter des Schlemgehänges ab.
Auf dem südöstlichen Schlemkamme, auf welchem der Dolomitwall
auf grosse Strecken hin bloss liegt, sind grosse Stöcke verästelter
Korallen in aufrechter Stellung nicht selten. Ausser Korallen finden
Mojsisovics. Dolomitriffe. 12
178 ^^^ Gebirge zwischen Fassa und Gröden.'
Sich im ungeschichteten Schlemdolomite hoch vereinzelte, von grossen
Gasteropoden (Chemnitzien) herrührende Hohlräume.
Die geschichteten Dolomite weichen in ihrem Habitus bereits
etwas ab von dem Typus der korallogenen Kalke und nähern sich
dem Aussehen der Diploporenkalke , welche im Latemar-Gebirge,
auf dem Joch Grimm, auf dem Cislon und im Mendelgebirge zu
den herrschenden Gesteinsarten zählen. In der That sind auch
Diploporen aus der Gruppe der Annulatae Ben ecke's in diesen
Schlemgesteinen keine Seltenheiten,
Die Raibler Schichten nehmen, wie ein Blick auf die Karte
zeigt, einen grossen Theil der Tafelfläche des Schiern ein. Man hat
sie deshalb auch in neuerer Zeit als ^Schlemplateau-Schichten*
bezeichnet Die von dem Gesteinscharakter der Raibler Schichten
von Raibl abweichende petrographische Beschaffenheit der Raibler
Schichten des Schiern rechtfertigt aber noch nicht die Anwendung
einer besonderen Bezeichnung. In den Raibler Schichten unseres
Gebietes herrscht einige Manigfaltigkeit der Gesteinsarten ^ aber
nur wenige von diesen besitzen eine grössere Constanz in horizontaler
Richtung. Auf dem Schiern kommen insbesondere zwei Gesteins-
arten vor, welche zu den relativ verbreitetsten gehören. Dies sind
die rothen oder weissen sandigen Dolomite und die rothen thon-
reichen Oolithe mit den sogenannten Bohnerzen. Das letztere Gestein
zersetzt sich an der Luft sehr leicht zu violettrothem Lehm, in wel-
chem Rotheisensteine von Bohnen- bis Eigrösse enthalten sind. Die
sandigen Dolomite umschliessen meines Wissens keine erkennbaren
Fossilien. Sie scheinen aus cementirtem Dolomitsand (Kalksand)
gebildet zu sein und rühren vielleicht von Korallengrus her. Die
Oolithe fuhren stellenweise Fossilien und gehen dann auch in förm-
liche Lumachellen über. Die Kalkschalen der Conchylien sind
erhalten. Bezeichnend für den Charakter der Ablagerung ist die
Häufigkeit zerbrochener Molluskenschalen. Die bekannteste und
reichste Fundstelle von Fossilien ist das westliche Schlemplateau,
wo man am Rande der Schlemklamm die ausgewitterten Schalen
sammelt. Zu den häufigsten Vorkommnissen gehören hier:
Pachycardia Haueri nav. sp.*)
Trigonia Kefersieini
Chetnnitzia alpina.
Weniger häufig sind:
Hoemesia Johannis Austriae
*) Diese Muschel wurde bisher mit dem Namen der ihr nahe stehenden
VorUuferin aus den Wengener Schichten Pachycardia rugosa Hau, bezeichnet.
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. iprg
Corbis Mellingi ...
Corbula Richthof eni
Cypricardia rablensis.
Von Cephalopoden kenne ich:
Aulacoceras Ausseeanum
„ retictäatum
Arcestes cymbifortnis
„ Klipsteifii . ^
„ Ausseeanus f
die beiden letzteren Formen durch die Güte des Herrn Prof. Dr.
Benecke, welcher sie selbst an Ort und Stelle gesammelt hatta
Diese Cephalopoden^ welche sämmtlich der Zone des Trachyceras
Aonoides der Hall stätter Kalke angehören, lassen keinen Zweifel
darüber, dass die Raibler Schichten des Schiern auch echte Raibler
Schichten sind. In der Einleitung ist gezeigt worden, dass die Halt
stätter Kalke der Zone des Trachyc. Aonoides und die Raibler
Schichten heteropische, gleichzeitige Bildungen sind.
Auf dem östlichen Schlemplateau sind die Oolithe grossen-
theils durch Denudation entfernt; doch finden sich die charakteristischen
Bohaerze noch häufig in Vertiefungen des Bodens zusammenge-
schwemmt. Weisse und gelbe sandige Dolomite sind hier sehr ver-
breitet Auch Gesteine ' mit Homstein-Einschlüssen kommen vor.
Die Unterlage dieser Raibler Schichten bildet der Wall aus un-
geschichtetem Dolomit.
Ein interessantes, aber sehr beschränktes Vorkommen von
Raibler Schichten findet sich an der ^Rothen Erde* im südöstlichen
Schlemzuge. Die Höhe des Rückens bildet der randliche Dolomit-
wall. An dessen Südseite angelagert erscheint unterhalb des
weissen Dolomitrückens der rothe Oolith der Raibler Schichten, aus
wallnussgrossen concentrisch-schaligen Kugeln zusammengesetzt Die
Unterlage dieser Raibler Schichten bilden die geschichteten Dolomite.
Rothe Erde Abfall zur Seisser Alpe
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DttKhichnitt durch den Schlcr&rOcken sn der Rothen Erde.
y» Ä Wengentr Dolomit; e = Augitporphyrlavcn ; g - Geschichteter Wengener- uad Cassianer
Dolomit;^ 3 Dem letzteren entsprechender ungeschichteter Dolomit; A = Raibler Schichten.
la
{go Das Gebirge zwischen Fassa und GrOdeo.
Vom Dachsteinkalk finden sich auf ier Höhe des Schiern vier
isolirte Reste. Der nördlichste bildet den Burgstall, eine kleine auf der
Nordspitze des östlichen Plateau aufragende Kuppe. Die grösste
Masse liegt im Süden der Schlemldamm. Ein riesiges Steingewürfel
baut sich zu einer stumpfen, breitbasigen Pyramide auf^ Dies ist
die Schlemspitze im engsten Sinne. ^ Das Gestein ist stark zerfallen
und geht baldiger gänzlicher Zerstörung en^egen. Auf der Südseite
hat man ein grosses Steinmeer zu durchklettern, ehe man auf
grössere, zusammenhängende, aber auch wieder stark verstürzte
Felsmassen kommt Zwei weitere Reste liegen südöstlich auf der
Höhe des Schlemrückens. Von Versteinerungen sind Steinkeme von
Megalodonten und Hohldrücke von Schnecken (Turbo solitarius) zu
erwähnen *).
Ueber die steilwandigen, westlichen und südlichen Abstürze
der Schlemmasse lässt sich wenig Belangreiches berichten. Der
Steilrand ist ein Werk der Denudation. Er deutet auf einstige, weitere
Ausdehnung des Dolonüts hin. Der obere ungeschichtete Dolomit
entspricht, wie die Untersuchung der Nordostseite ergeben hat, den
Wengener Schichten. Die untere Dolomitbank vertritt die Buchen-
steiner Schichten und den oberen Muschelkalk. Unterer Muschelkalk
und Werfener Schichten behalten die gleichen Charaktere, wie im
Grödener Thale.
Ein prachtvoller, weithin (bis Bozen) sichtbarer Aufscbluss in
den Werfener Schichten findet sich in der Nähe des Felseckhofes
im Tierser Thal.
Nicht unbedeutenden Modificationen unterliegen an def* West-
seite des Schiern die Bellerophon - Schichten. Die Mächtigkeit
derselben nimmt bedeutend ab, indem einzelne Gesteinsarten,
*) Die beiden zusammengehörigen Lichtbilder „Das südliche Schlernplateau
mit dem Rosengarten" zeigen zun&chst auf der Ostseite den Abfall der Schiern-
masse gegen die Seisser Alpe, in welchem man deutlich die steile Ueberguss-
Schichtung wahrnimmt. In der Tiefe vor den Rossz&hnen ist die Anlagerung der
weichen Wengener Schichten, resp. das Untergreifen der Dolomitböschung unter
die Mergel bemerkbar. Der zur „Rothen Erde" hinziehende wellige Schiernrücken
bildet den randlichen Aussenwall des Riffes. Der grosse Schutthaufen im Vorder-
grunde stellt eine zerfallene Dachsteinkalk-Kuppe vor. Raibler Schichten nehmen
die vordersten grasbewachsenen Partien der Ansicht ein. In der sanften Böschung
unterhalb der Dachsteinkalk -Kuppe liegen unter den Raibler Schichten die
geschichteten Dolomite und die Augitporphyrdecke. Den Steilabfall bildet sodann
ungeschichteter Dolomit. — Im Hintergrunde erscheint in gleichfalls söhliger Lagerung
das Dolomitriff des Rosengarten, dessen Basis um 800 Meter höher liegt, als die
Basis di^ Schiern. Man erkennt deutlich die vorspringende Bank des unteren
Dolomits (Mendola-Dolomit), unterhalb welcher die Werfener Schichten u. s. f>
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Dolomits (Mendola-Dolomit), unterhalb welcher die Werfener Scdicuicu
folgen.
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Das Gebirge zwischen Fasse und Gröden. i8i
namentlich die dunklen fossUfiihrenden Kalke nach und nach aus-
keilen. Die gypsfiihrende Zone setzt allein mit grosser Constanz
fort, aber auch ihre Mächtigkeit ist etwas reducirt. Gelbliche
dolomitische Gesteine und graue Gypsmergel begleiten die Gypse.
Sie fuhren eine aus kleinen Zweischalem bestehende Fauna.
4. Das Dolomitriff des Rosengarten.
Schiern und Rosengarten bilden zwar in genetischer Beziehung
ein zusammengehöriges Ganzes, tektonisch und orographisch sind
sie aber geschieden,, so dass es nicht unzweckmässig ist, jede dieser
Gebirgsmassen für sich zu betrachten. Die orographische Grenzlinie,
welche durch das Tschamin-Thal über den Sattel des Tierser Aipeis
in das oberste Duronthal läuft, fallt mit der tektoiyschen Scheidung
nicht genau zusammen. Diese liegt etwas südlicher.
Wie bereits bei der Besprechung des Bozener Porphyrplateau
hervorgehoben wurde, bezeichnet das Tierser Thal den Verlauf eines
merkwürdigen Schichtenfalles, in Folge dessen die nördlich von dem-
selben befindlichen Schichtensysteme eine allgemeine Senkung
erfahren. Während der Regel nach dicht benachbarte Tafelmassen
von horizontaler Lagerung und identischer Zusammensetzung, aber
abweichender Höhe durch Verwerfungen getrennt sind, tritt hier in
bestimmter linearer Richtung ein regelmässiges Nordfallen, mit-
hin eine allgemeine Abwärtsbeugung der Schichten ein, welche
das höhere südliche Plateau in das niedrige nördlichere Plateau
überfuhrt. Es entsteht eine Uebergangszone mit geneigten Schichten
zwischen zwei horizontalen Massen von verschiedener Höhe.
Der Rosengarten ist die höhere südliche Tafelmasse; die
Uebergangszone verläuft auf der Nordseite des Purgametschthales,
in dessen oberstem Quellgebiete bereits der ziemlich steile Schichten-
fall beginnt. Da die Hauptmasse des Rosengarten aus ungeschichtetem
Dolomit besteht, so lässt sich nur aus der Lagerung der tieferen
Schichten die Neigungsänderung erkennen. Die schmale untere
Dolomitbank (Mendola^-Dolomit), welche sich im Rosengartengebirge
besonders scharf von dem oberen mächtigeren Dolomit abhebt,
gestattet selbst aus grösserer Entfernung den Eintritt des plötzlichen
Schichtenfalles zu erkennen. Von allen westlich gelegenen Aussichts-
punkten aus sieht man deutlich die von Süden nach Norden laufende
söhlige Bank des unteren Dolomits. Liegt Schnee auf dem Gebirge,
so zieht sich auf der vorspringenden Schichtfläche ein continuirliches
Schneeband hin, durch welches das Bild an Deutlichkeit gewinnt.
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Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. iga
Plötzlich erscheint im Norden die Dolomitbank abgeschnitten und
der ungeschichtete Dolomit, welcher bisher blos die Höhen krönte,
sinkt bis in die Tiefe des Einschnittes von Tschamin, von wo aus
er wieder in söhliger Lagerung im Schlemgebirge fortsetzt. Da die
obere Gebirgscontour trotzdem keine Erniedrigung' . zeigte so folgt
daraus die viel bedeutendere Mächtigkeit des ungeschichteten Dolo-
mits in und nächst der Region des Schichtenfalles im Vergleiche
zu den über der söhligen Mendola-Dolomitbank sich erhebenden
Dolomitresten- Wir werden bald erfahren, dass diese Folgerung
durch andere Thatsachen bestätigt wird.
Die Grösse und Bedeutung dieser Niveauverschiebung lässt
sich am besten aus der Niveaudifferenz ermessen, welche zwischen
den horizontal gelagerten Partien des Rosengarten- und Schlem-
gebirges besteht Wir wählen zur Vergleichung die Niveaulinie der
Auflagerung des unteren Muschelkalkes auf den Werfener Schichten.
Im westlichen Rosengartengebirge liegt dieselbe zwischen den
Isohypsen von 2200 — 2300 Meter, im Schlemgebirge zwischen
1460 — 1500 Meter. Die Fallhöhe beträgt daher 800 Meter.
In östlicher Richtung erfährt indessen auch das Rosengarten-
Gebirge eine allmähliche Senkung, deren Gesammtbetrag nahezu der
Fallhöhe des Schierngebirges gleichkommt. An der Südspitze des
Rosengarten beträgt die Höhe, in welcher der untere Muschelkalk
den Werfener Schichten auflagert, noch zwischen 2200 — 2300 Meter,
am Monte di Campedie bei Vigo di Fassa nur mehr 1800 Meter,
am Ostrande des Campedie-Rückens 1600 Meter. Weiter nördlich
ist die Senkung eine massigere. Unmittelbar nördlich vom Ostende
des Muschelkalkes auf dem Campedie-Rücken, auf der linken Thal-
seite des Vajolett-Thals, beginnt der untere Muschelkalk bei 1700
Meter imd erst oberhalb Mazzin am östlichen Ausläufer des Rosen-
gartenriffs bei 1600 Meter.
Im Gegensatze zu dem rapiden, sturzförmigen Absinken des
Schlemgebirges, ist die allmähliche Neigung des Rosengartengebirges
gegen Osten kaum merkbar, da sich . dieselbe auf eine grössere
Strecke vertheilt.
Gegen Westen und Süden bricht das Rosengartengebirge mit
steilen Denudationswänden ab, im Norden hängt es mit der Schlem-
masse zusammen. Im Osten ist die geneigte Aussenfläche des Riffs
grossehtheils noch erhalten; nur im oberen Durori-Thale, soweit dieses
Thal der Grenze zwischen dem Dolomit und den Augitporphyrlaven
folgt, ist die ursprüngliche Böschung der duh:h die Denudation gebildeten
Steilwand gewichen. Sehr schön ist die unter etwa 45 Grad geböschte
Aussenfläche des Riffes längs der Anlagerung der Augitporphyrlaven
i84
Das Gebirge zwischen Fsssa und Gröden.
des Monte Donna-Massivs zu sehen. Die Ueberguss-Schichtung zeigt
sich auch hier in prächtiger Entwicklung. Die beigefugte, vom Gehänge
des Dolomitriffes aus aufgenommene Ansicht (, Sattel zwischen dem
Duron* und demUdai-Thal*) lässt sowol die Böschungsfläche desRiffs»
als auch die Anlagerung der deutlich geschichteten Augitporphyr-
laven erkennen. Das bei Mazzin in das Fassa-Thal mündende Udai-
Thälchen entspringt im Gebiete der Augitporphyrlaven und durch-
bricht sodann den östUchen Ausläufer des RosengartenrifTs, welches
noch vor der Mündung des Donna-Thales zu Ende geht. Da die an-
gelagerten schwarzen Augitporphyriaven lebhaft von dem weissen
Dolomite abstechen, so hat man eine sehr günstige Gd^enheit, die
untere Grenze eines grossen Dolomitriffes zu beobachten.
Das Riffende, sowie überhaupt die Hauptmasse des Rosen-
gartenriffes gehört den Wengener Schichten an. Die Buchenstcäner
Schichten sind durch die Knollenkalke vertreten. Der untere
Dolomit repräsentirt daher blos den oberen Muschelkalk. Die
nahezu söhlige obere Schichtfläche desselben, welche auf der linken
und rechten Thalseite von Udai sehr scharf hervortritt und sich
dann weiter gegen Osten hin als Unterlage der Augitporphyrlaven
verfolgen lässt, gestattet den Unterschied zwischen normaler Schicht-
fläche und Böschung des Riffs, welche durch die Contactlinie der
oberen Dolomitpartie östlich von Udai dargestellt wird, zu über-
blicken.
Gehänge des
Rosengarten
Udti-Thal
w.
Durdwchnitt durch das Udai-Th«I bd Massin.
(Anlagerung der Augitporphyrlaven an die Bötchungtflichen des Riffes.)
a = Werfener Schichten; b zz Unterer Muschelkalk; e = Oberer Muschelkalk; g = Buchensteiner
Schichten ; e = Augitporphyrlaven ; p = Wengener Dolomit.
Die Buchensteiner Schichten sind nur an der Westseite des
Rosengartens durch Dolc»nit vertreten. Längs der dem Fassa-Thale
zugewendeten Abstürze sind allenthalben die Knollenkalke zwischen
dem unteren und oberen Dolomit vorhanden. An der scharfen Süd-
westecke nächst dem Caressa-Passe (P. Costalunga der Karte) sieht
i84
Das Gebirge zwischen Fasse und Gröden.
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Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
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man sie noch deutlich über der unteren Dolomitbank. Sie ziehen
sodann auf der Westseite noch gegen die Rothe Wand in unver«
minderter Stärke fort. Unterhalb der Rothen Wand liegen sie unter
Schuttbedeckung. Nördlich von dem die Rothe Wand im Norden
begrenzenden tiefen Einschnitt nimmt, wie die beiliegende Ansicht
(,Die Rothe Wand, Südspitze des Rosengarten, von W.*) zeigt, der
untere Dolomit an Mächtigkeit bedeutend zu, indem er in die fort-
gesetzt gedachte Zone der Buchensteiner Schichten hinaufreicht.
Rothe Wand
Caressa-PaM
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Llngaachnitt durch das BOdliche Roicngartcagebirge.
(Uebergang der Bachensteiner Schichten in Do!omit.)
Werfener Schichten; &<= Unterer Muschelkalk; c = Oberer Muschelkalk; d = Buchensteiner
Schichten; d^ = Buchensteiner Dolomit; e = Wengener Dolomit.
Die Buchensteiner Schichten sind auf ein schmales Band reducirt,
welches oberhalb der verstärkten unteren Dolomitbank noch eine
Strecke weit gegen Norden fortzieht, bis es gänzlich auskeilt. Der
obere Zuwachs der unteren Dolomitbank lässt sich anfangs noch
leicht von der älteren, dem oberen Muschelkalk angehörenden Zone
unterscheiden. Es zeigt sich Ueberguss-Schichtung und blockförmige
Zusammensetzung mit eingreifenden, wol von ausgewitterten Zungen
der Buchensteiner Schichten herrührenden Höhlungen.
Im Norden der Rothen Wand sind sonach Buchensteiner
Schichten und oberer Muschelkalk in eine einzige, ungetheilte Do-
lomitbank verschmolzen.
Die tieferen Schichten ziehen in einförmiger . Gleichförmigkeit
fort Die Bellerophon-Schichten werden gegen Süden wieder mäch-
tiger. Auf dem Caressa-Passe , dessen Jochhöhe Von Bellerophon-
Schichten gebildet wird, und an dem nach Vigo führenden Wege,
zeigen sich gute Entblössungen. Ausser den reichlich vertretenen
Gypsen erscheinen auch dunkle Kalke und Polomite, sowie Rauch-,
wacken.
Von jüngeren Bildungen, als Wengener Dolomiten, haben sich
blos im Nordosten des Rosengartenmassivs geringe Reste erhalten.
l86 ^^9 Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Im Molignon-Rücken, welcher die Zuflüsse des Tschamih-Bach'es vom
Duron-Gebiete scheidet, ist ein Relict des ehemaligen Dolomitplateau
mit einem sehr geringen, der Aufmerksamkeit leicht entgehenden
Aufsatze von Raibler Schichten und Dachsteinkalk sichtbar. Der
Punkt ist durch die Höhencote 2720 auf der Karte markirt. Die
Plateaufläche ist gegen Norden leicht geneigt. Es befindet sich der
Molignon bereits im Norden des grossen, vorhin besprochenen
Schichtenfalls. Der Dolomit erreicht daher hier die grösste Mächtig-
keit im Rosengartengebirge. Würde die Unterlage des Molignon
sich in gleicher Höhenlinie mit dem südlicheren Hauptstocke be-
finden, so würde er mit dem Marmolata-Hom an Höhe wetteifern.
Erwähnenswerth ist vom Molignon noch, dass man an seiner
Ostseite, trotzdem dieselbe bereits in das Steilwand-Stadium ein-
getreten ist, die Spuren und die Richtung der Uebergfuss-Schichtung
noch deutlich wahrnimmt. Die Neigung der Uebergfuss-Schichten ist
gegen Nordosten gerichtet und bedeutend steiler, als die Neigung
der oberen Plateaufläche. Da der Molignon die Einsattlung des
Tierser Alpeis begrenzt, durch welche Augitporphyrlaven in das
Innere des Schlemriffes eingedrungen sind, so gewinnt die nordöst-
liche Neigung der Uebergfuss-Schichten ein besonderes Interesse für
die Bildimgsgeschichte des Schlem-Ros^igartenrifTs. Wenn ein Canal
das alte Riff an dieser Stelle durchbrach, um den Zugang zur Lagune
herzustellen, so verhielten sich die Canalwanduhgen, insbesondere
wenn die eindringende starke Strömung sich an ihnen heftig brach
und eine Rückstauung herbeiführte, wie die Windseiten der Riffe.
Für das Verständniss des Zusammenhangs der Südtiroler Riffe
ist noch das localisirte Vorkommen geschichteter Dolomite inner-
halb des Rosengartenstockes von Bedeutung. Nördlich vom Monte
altö di Cantenazzi findet sich in dem schmalen Rücken zwischen
dem Vajolett-Thal und dem Welschenofener Poiphyrplateau eine
Gruppe auffallender Felszacken. Sie ist von sehr geringer Ausdeh-
nung und dadurch ausgezeichnet, dass ihre oberen Partien horizontal
geschichtet sind. Ich halte sie für älter als die geschichteten Dolo-
mite des Schiern, aber ebenso wie diese für Lagunenbildungen.
Bereits das benachbarte Latemar-Gebirge besteht durchaus aus
solchen geschichteten Kalken und Dolomiten und ebenso alle die
Dolomitberge gleichen Alters im Westen der Etsch. Die geschich-
teten Felszacken nördlich vom Monte alto di Caiitenazzi können
als der östliche Rand der allmählich gegen Osten vorrückenden
Lag^nenbUdung betrachtet werden.
' Die ilbrigen Dolomitmassen des Rosengarten sind ungeschichtet.
BlockstFuctür tritt an vielen Orten auf
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. j^y
Die Fassaner Abdachung des Rosengarten fallt bereits in die
Region der Melaphyr- und Augitporphyr-Gänge. Von Udai durch
das Vajolett-Thal und über die Berge von Vigo zieht sich diese
äusserste Zone von Gärigen bis über den Caressa-Pass. Im Norden
der Breite der Rothen Wand habe ich keine Gänge mehr wahr-
genommen.
5. Das Südgehänge der Fassa-Grödener Tafelmasse.
Den. einfachen regelmässigen Bau, welchen wir am Nord-
gehänge der Fassa-Grödener Tafelmasse kennen gelernt haben,
suchen wir viergebens im Süden wieder. Das Gebirge ist in Schollen
verschiedener Grösse zerspalten, die Schichtneigung und die Fall-
richtung wechseln häufig und Eruptivmassen dringen, allerdings
noch in bescheidenem Maasse, gang- und stockförmig zwischen die
Sedimentbildungen ein.
Orographisch, physiognomisch und geologisch sind die süd-
lichen Districte der Fässa-Grödener Tafelmasse die Fortsetzung der
Seisser Alpe. Das mächtige System der Augitporphyrlaven, welches
wir als den Südrand der Seisser Alpe im Bergzuge »Auf der
Schneid* (Monte Palaccio) kennen gelernt haben, setzt in voller
Breite auf die Südseite über, erfüllt den ganzen Raum des oberen
Duron-Thales und bildet die Hauptmasse des Donna-Gebirges
^wischen dem Duron-Thal und dem Fassa-Thal. Im Westen lagert
es übergreifend der Dolomitböschuhg des Rosengartenriffes an. Im
Nordosten, gegen die Langkofel-Gnippe zu, wird es von Wehgener
Schichten bedeckt, welche wir im, Zusammenhange mit dem Dolo-
mitriff des Langkbfels besprechen werden. Gegen Osten wird .das
Gebiet der Augitporphyrlaven zu einem schmalen Streifen eingeengt,'
indem Schollen älterer Bildungen auf der Südseite einen grösseren
Raum beanspruchen. In derselben Gegend theilt eine grössere Ver-
werfung das System der Laven in zwei Züge.
Wenn man von der Seisser Alpe über das Joch am Plattkofel
kommend dem Duron-Thale zueilt, fuhrt der Weg zunächst über
Wengener Schichten, an Ausläufern des Langkofel-Dolomitriffs vor-
bei, in die hier vorherrschend conglomeratischen Augitporphyrlaven.
Bei der Isohypse von 2100 Meter erreicht man ini Liegenden der
Laven etwas Dolomit mit Tuffschmitz^n und sodann Buchensteiner
Schichten mit Pietra* verde. Es ist nicht unmöglich, dass dies der
gegen Süden aufsteigende Schichtenkopf jener Buchensteiner Schieb«
ten ist, welche am Ausgange des Perdia-Baches in das Saltaria-
Thal als die Unterlage der Augitporphyrlaven des Monte Palaccio
l88 ^^ Gcbtrg« zwischen Fassa und Gröden.
bei der 1800 Meter Curve entblösst sind. Im Süden sind die Buchen-
Steiner Schichten plötzlich durch eine westöstliche Verwerfung ab-
geschnitten. Es erscheinen zunächst senkrecht aufgerichtete oder
überkippte feste Tuffschiefer, in denen der W^ eine Strecke weit
fortsetzt Der Bach zur Linken folgt der Verwerfung. Man gelangt
sodann in den unteren Zug der Laven. Dieselben sind bald conglo-
meratisch, bald zeigen sie kugelförmige Absonderung. Bei der Ka-
pelle der Duron-Alpe betritt man endlich dien Thalboden von Duron.
Diese Verwerfung lässt sich gegen Osten, am Nordabhange
des Col Rodella vorüber bis in das nächst Canazei in das Fassa-
Thal mündende Mortitsch-Thal verfolgen. Die auf der nördlichen
Lippe der Verwerfung anstehenden Buchensteiner Schichten jedoch
erreichen nordwestlich vom Col Rodella ihr Ende, da östlicher zu«
nächst die Laven, sodann aber die Wengener Schichten an der
Verwerfungslinie abschneiden.
Im Westen verliert man bald deutliche Anzeichen des Fort*
Setzens der Verwerfung, indem die Buchensteiner Schichten unweit
der oben erwähnten Stelle wieder verschwinden. Wahrscheinlich
setzt aber die Verwerfung auf der linken Seite von Duron und
zwar in geringer Höhe über dem Thalboden mit stets abnehmender
Sprunghöhe noch etwas westlicher fort.
Kurz bevor die Buchensteiner Schichten nächst Col Rodella
abschneiden, erscheint unter ihnen in geringerer Ausdehnung Dolo»
mit des oberen Muschelkalks, welcher von einem Melaphyrgang
durchsetzt ist, und Werfener Schiefer, welcher scheinbar mit der
ausgedehnteren Masse des Col Rodella in ungebrochener Verbindung
steht. Der untere Zug der Augitporphyrlaven erreicht in derselben
Gegend sein östliches Ende. Was nun bis in das Mortitsch-Thal
hinein die Verwerfung im Süden begrenzt, lässt sich als Rodella«
Scholle bezeichnen. Eine andere, etwas grössere Scholle nimmt west-
licher, noch unterhalb des unteren Augitporphyrzuges im Duron-
Thal ihren Anfang und erstreckt sich parallel der Rodella-SchoUe
bis Mortitsch. Sie besteht gleich der Rodella-SchoUe aus Werfener
Schichten und Muschelkalk. Dies ist die Scholle von Gries. Eine
dritte Scholle, welche nach Campitello genannt werden kann, dehnt
sich zu beiden Seiten des untersten Thabtückes von Duron aus.
Die Rodella-SchoUe nimmt in ihrem westlichen Theile die
gleiche Höhe ein, wie die Westflanke des Rosengartengebirges. Der
untere Muschelkalk fällt mit der 2300 Meter Curve zusammen.
Ueber ihm erhebt sich, nur sanft gegen Norden geneigt, die wrisse
Dolomitbank des oberen Muschelkalks als Gipfelmasse des Cot Ro^
della (2482 Meter Höhe), welcher einen überaus lehrreichen und
Das Gebirge zwischen Fassa und Oröden. igg
gtossartigen Ueberblick des Fassaner Gebietes gewährt. Der Dolo-
mit zeigt Ueberguss^hichtung. Gegen das Mortitsch-Thal zu senkt
sich die Scholle ein wenig. Die Verwerfungslinie, welche die Ro-
della-Scholle gegen Norden begrenzt, schneidet scharf an den Wer-
fener Schichten, beziehungsweise am Muschelkalk des Col Rodella
ab. Bis zur Ostspitze des Monte di Gries bilden die Laven, öst-
licher die Wengener Schichten, den Südrand der Verwerfung. Die
Scholle von Gries ist durch eine Verwerfungslinie von der Rodella-
Scholle abgegrenzt Das Einfallen ist vorherrschend südwestlich und
südlich. Eine Zone von Muschelkalk-Dolomit läuft an der Grenze
gegen die Rodella-Scholle. Zwischen Gries und Pian zieht sich die-
selbe weit am Gehänge abwärts. Bei Gries erreicht ihre Südspitze
sogar die ThalsoHle. Unterhalb des Muschelkalks nehmen die Wer-
fener Schichten den grössten Theil des Gehänges ein. Sie fallen,
conform der Hauptneigung der Scholle, steil gegen Südwesten ein,
und nur an der Grenze gegen die Campitello-SchoUe tritt flaches
Nordostfallen ein. Auf dem Gehänge gegen das Duron-Thal scheint
eine theilweise Ueberldppung oder vielleicht richtiger eine Ueber-
schiebung des Werfener Schiefers über den Muschelkalk-Dolomit
vorhanden zu sein. Die Aufschlüsse längs des vom Duron-Thal auf
Col Rodella führenden Weges lassen kaum eine andere Erklärungs-
weise zu.
An der Grenze gegen die Rodella-Scholle kommen südwestlich
vom Col Rodella Melaphyrgänge vor.
Am Ostende der Scholle von Gries tritt in grösserer Aus-
dehnung Augitporphyrgestein auf, dessen richtige Deutung -einigen
Schwierigkeiten unterliegt. Ein Theil des Gesteins gleicht den con-
glomeratischen Laven, und man ist um so eher geneigt, sich von
dieser Aehnlichkeit beeinflussen zu lassen, als am linken Ufer des
Mortitsch-Baches Augitporphyrgesteine vorkommen, welche mit dem
Lavensystem des Greppa-Gebirges und des Sasso di Capello-Zuges
^zusammenhängen. Es kommen aber in diesen Gebirgen neben dem
geflossenen, bankförmig abgesetzten Eruptivgestein auch stock- und
gangförmige Massen nicht selten vor; doch war es nicht möglich,
dieselben auf der Karte gegenseitig abzugrenzen. In Gegenden, wo
die Eruptivmassen mit sedimentären Bildungen in Berührung treten,
ergibt sich aus der Art des tektonischen Verbandes, ob man es
mit Laven oder mit durchsetzenden Ausfiillungsmassen zu thun
hat. Die Augitporphyrmasse von Canazei nun erscheint, nach den
tektonischen Beziehungen zu den nachbarlichen Sedimentgesteinen
beurtheilt, wie eine durchsetzende Masse, und als solche wurde sie
auch in der Karte ausgeschieden. Wollte man dieselbe als Lava
IQO Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
betrachten, so müssten ganz eigenartige und ' complicirte Verwer-
fungen'angenommen werden. Die petrographische Aehnlichkeit liiit
den Laven ist nicht entscheidend, da noch an mehreren Punkten
des Fassaner Eruptivgebietes unzweifelhafte Gang^assen mit Lava*
structur vorkommen.
Am Gehänge bei Canazei ragt mitten aus der Augitporphyr-
masse eine scharfzackig zugespitzte Dolomitklippe empor, welche
nach der hier angenommenen tektonischen Deutung als eine um-
schlossene Scholle von Muschelkalk-Dolomit angesehen werden
muss. Der Dolomit ist stellenweise von fein verzweigten Adern vori
Melaphyrmasse durchzogen. Dies wären Miniaturgänge.
■
Der Werfener Schiefer, welcher den Augitporphyr im Süden
und Südwesten begrenzt, zeigt bergeinwärts gerichtetes Fallen.
Die Scholle von Campitello bildet ein flaches Gewölbe, dessen
Schenkel vom Duron-Bache hinwegfallen. Die Kuppel ist zerstört
und der Duron-Bach fliesst in der Achse des Gewölbes durch sehr
fossilreiche Werfener Schichten. Der Fahrweg fuhrt über Platten,
voll von Manotis aurita. Das oberste Glied der Scholle bildet weisser
Muschelkalk-Dolomit, welcher auf beiden Gewölbschenkeln ansteht.
Bei Fontanazzo di sopra wird der Muschelkalk-Dolomit des west-
lichen Schenkels durch einen kleinen Melaphyrstock abgeschnitten,
welcher auch in die westlich anstehenden Werfener Schichten der
Donna-Masse hinübergreift.
Die Donna-Masse bildet tektonisch die Fortsetzung des Rosen-
gartengebirges. Der untere Muschelkalk hält sich bis in das Duron;
thal ungefähr in der gleichen Höhe, wie am Ausgehenden des
RosengartenrifTs (1600 Meter). An der östlichen Rippe des Monte
Donna berührt der obere Muschelkalk der Donna-Masse den tiefer
gelegenen oberen Muschelkalk der Campitello-SchoUe, welche sich
hier ablöst. Die Scholle von Gries erscheint als die Fortsetzung
der tieferen Schichten der Donna-Masse.
Am Gehänge zwischen Campestrin und Fontanazzo di sotto
zeigen sich mehrfach untergeordnete Störungen. So ist an einer
Stelle, wo ein Melaphyrgang durchbricht, der Muschelkalk gänzlich
verworfen. Femer fallen die Werfener Schichten in den unteren
Gehängestufen vom Gebirge ab, gegen Süden. Ein kleiner Fetzen
von gleichfalls Süd fallendem Muschelkalk hat sich in dieser Region
erhalten.
Die Buchensteiner Schichten erscheinen vorherrschend in der
Ausbildung der Knollenkalke. Am Wege von Fontanazzo di sotto
in das Donna-Thal gelangt man an eine sehr instructive Stelle, an
) c
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. igi
welcher der Uebergang von Knollenkalken in weissen Dolomit
beobachtet werden kann.
Die obere Masse des Donnagebirges wird von den mächtigen
Augitporphyrlaven gebildet Höchst wahrscheinlich setzen an einigen
Stdlen Gänge durch dieselben. Eis weist darauf ausser Doelter's*)
Angabe über das Vorkommen von Melaphyr im Donnagebirge
auch die Lage an der Peripherie der Fassaner Gangzone hin.
6. Das Dolomitriff des Langkofels.
Es ist bereits am Eingange dieses Kapitels auf complicirte
Verhältnisse angespielt worden, welche die wahren Beziehungen des
durch seine isolirte Lage, seine bedeutende absolute Höhe (3179
Meter) und die Kühnheit seiner Formen berühmten Dolomitfelsen
zu seiner Umgebung scheinbar verschleiern.
Um vom Norden her an den Fuss des Langkofels zu gelangen,
verlässt man das Gröden -Thal in der Gegend von St. Christina.
Kurz unterhalb St. Christina hat man den Muschelkalk des Nord-
«
randes der Fassa-Grödener Tafelmasse in der Höhenzone zwischen
13CX) — 1400 Meter die Thalsohle erreichen sehen, während am
Gehänge des Puflatsch und des Pitzberges die Auflagerung des
Muschelkalkes auf die Werfener Schichten in der Höhe von 1600 bis
1700 Meter erfolgt.
Wählt man den im Osten der Saltaria-Schlucht auf die Seisser
Alpe führenden Weg, so durchschreitet man die wolbekannte,
regelmässige Gesteinsfolge der Fassa-Grödener Tafelmasse, die
Buchensteiner Schichten, die Augitporphyrlaven, die Wengener
Schichten. Letztere bilden die westliche Hochfläche der Christiner
Ochsenweiden und setzen in einem ununterbrochenen Streifen im
Westen der Langkofelmasse fort. In der Gegend von Montesora
herrscht grosse Schuttbedeckung und erst nachdem die Schuttzone
durchklettert ist, gelangt man in der 2100 Meter Curve an den nord-
westlichen Fuss des Langkofels. Man ist erstaunt, anstatt eines
jüngeren Schichtengliedes, wie man wol erwartet haben mochte,
in dieser Höhe wieder die Werfener Schichten zu finden, welche
man eben erst 800 Meter tiefer im Grödener Thal zurückgelassen zu
haben wähnte. Den Werfener Schichten folgt die schmale Zone des
unteren Muschelkalkes und über dieser erhebt sich in schroffen,
glatten Wänden der weisse Dolomit bis zu den geschichteten Gipfel-
massen in einer Mächtigkeit von 1000 Meter.
•) Jahrb. d. Geolog. R.-A. 1875. Min.-Mitth. p, 307.
I02 Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Der vorhin constatirten Senkung der Fassa-Grödener Tafel-
masse im Nordosten steht die bedeutende Höhenlage der Werfener
Schichten an der Basis des Langkofels schroff gegenüber. Die
heteröpische Ausbildung der höheren Schichtenglieder verschärft den
Contrast in ausserordentlicher Weise. Es ist ein besonders glücklicher
Umstand, dass die Werfener Schichten und der untere Muschelkalk
am Nordfusse des Langkofels der Beobachtung zugänglich sind. Ein
geringes Fortschreiten der Schuttbedeckung in aufsteigender Richtung
würde hinreichen, dieselben unseren Blicken zu entziehen. Würde man
uns sonst auch dann noch Glauben schenken, wenn wir den Dolomit
r
des Langkofels als ein heteropisches Aequivalent derjenigen Bildungen
erklären würden, welche denselben scheinbar regelmässig unterteufen .^
Der beste Aufschluss der Werfener Schichten befindet sich an
der Nordwestseite des Langkofels, rechts vom Langkofel-Thal. Die
Schichten fallen flach gegen Süden. Fossilien sind häufig und von
guter Erhaltung. In den tieferen Partien der Entblössung herrscht
Monotis Ciarat, sodann folgen die rothen Schneckenlumachellen imd
über diesen Monotis aurita und Naticella costata. Der untere Muschel-
kalk besteht zuunterst aus den rothen Conglomeraten und darüber
aus wellenkaUcähnlichen dünnen Bänken mit zahlreichen Gastero-
poden und Diploporen (nach freundlichen Bestimmungen des Herrn
F. Karr er: Diplopora debilis Gümb. sp., D, pauciforata Gümb. sp,,
und vielleicht auch D. triasina Schaur. i^.) und aus sandigen Kalken
mit Pflanzenresten und Kohlenbrocken. Diese Schichten setzen öst-
lich am Fusse der Steilwand fort in den Kessel des Lampicaner
Baches. Nächst der Stelle, wo sie unter dem Schutte verschwinden,
bemerkt man eine knieformige Beugung, indem die aus der Wand
hervortretenden Schichten steil gegen Norden einfallen, während die
unter den Dolomit hineinsetzenden das flache Südfallen beibehalten.
Wie am Westabhange des Schiern und des Rosengarten,
sondert sich auch am Nordabfall des Langkofels eine untere Dolomit-
bank scharf von der höheren, ungeschichteten Dolomitmasse. Und
wie der untere Dolomit im Schlem-Rosengartenriff den oberen
Muschelkalk und die Buchensteiner Schichten vertritt, so auch hier,
wie die Aufschlüsse in der nordöstlich vom Langkofel vorspringenden
Terrasse beweisen. Die untere Hälfte der Dolomitbank ist hier
durch Schutt verdeckt ; in der oberen Hälfte, über die man aus dem
Lampicaner Kessel zur Ciavazes - Alpe aufsteigt, kommen unter-
geordnete Einlagerungen von Knollen- und Bänderkalk vor.
Diese Thatsachen bilden einen geeigneten, sicheren Ausgangs-
punkt für die weitere Untersuchung der gegenseitigen Beziehungen
zwischen dem Tuffplateau und dem DoIomitrifT.
Das Gebirge zwischen Fässa und Gröden. igj
Wir übersetzen das schutterfiillte Hochthal^ welches den Lang-
kofel von dem Plattkofel trennt und untersuchen den nördlichen
Fuss des Plattkofels. Die fortstreichende untere Dolomitbank lässt die
allmähliche Senkung des Dolomitmassivs gegen Südwesten erkennen.
Noch ehe aber der vom Plattkofel gegen Norden ausstrahlende
grüne Rücken mit der Höhencote von 2099 Meter erreicht ist,
entzieht sich der untere Dolomit der weiteren Beobachtung. Vor
diesem in der Steilwand des Plattkofels selbst befindlichen Streifen
des unteren Dolomits erscheint im tieferen Niveau abermals Dolomit,
der im Norden von steil nördlich einschiessenden Buchensteiner
Schichten überlagert wird. lieber den letzteren folgt Augitporphyr
in der Mächtigkeit von blos zwei Metern und sodann sehr kalk-
reiche feste Schiefer, welche bereits den Wengener Schichten
zuzuzählen sind. Diese Schiefer ziehen sich im Westen halbkreis-
förmig um die untere Dolomitpartie herum, setzen den erwähnten
grünen Rücken zusammen und enden unter der, die Steilwand des
oberen ungeschichteten Dolomits umsäumenden Schuttzone.
Der vor der Steilwand in tieferem Niveau befindliche Dolomit
kann daher nur der Dolomit des oberen Muschelkalks sein, der
sich knieförmig gegen Norden umstülpt und rasch in die Tiefe sinkt.
Wir stehen am westsüdwestlichen Ende einer in der hete-
ropischen Grenze verlaufenden jähen Schichtenbeugung. Für die
Beurtheilung der tektonischen Beziehungen ist die$ von Wichtigkeit.
Es ist keine Verwerfung, welche die Langkofel -Masse von dem
vorgelagerten TufTplateau trennt, sondern ein plötzlich eintretender
Schichtenfall, wie wir einen solchen bereits im nördlichen Rosen-
gartengebirge kennen gelernt haben.
Am nordwestlichen Fusse des Langkofels ist der gegen Norden
hinabtauchende Schenkel unter den Schuttmassen der Montesora-
Weiden verborgen. Am linken und rechten Ufer des Lampicaner
Baches kommt er jedoch in etwas weiterem horizontalem Abstände
von der Dolomitsteilwand wieder zum Vorschein. Die Augitporphyr-
laven der Christiner und Sorafrena -Terrasse unterteufend stehen
hart an der Schuttgrenze Buchensteiner Schichten und Dolomit des
oberen Muschelkalkes zu Tage. Die knieförmige Beugung der Schichten
erfolgt an derselben Stelle. Auf der dem Langkofel zugewendeten
Seite zeigen die Schichten eine sanfte Neigung gegen Norden. Da
aber immerhin gegenüber dem in der Steilwand des Langkofels sanft
südfallenden Schenkel eine Höhendifferenz von 150 Meter bestehen
dürfte^ so folgt daraus, dass hier eine Zone mit flachem Nordfallen
zwischen die Steilwand und dem rapiden Schichtenfall vermittelnd
sich einschiebt. Weiter östlich ist aber der Zusammenhang factisch
MojsisoTics« Dolomitritfe. i3
Dai Gebirge znitchen Faul und Grödea.
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unterbrochen. Die Masse des Gans- Alpeis ist an einer Verwerfung
abgesunken.
Eine auffallende Erscheinung in der Trümmerzone am Fusse
des Langkofels ist das häufige Vorkommen von Augitporphyrblöcken.
An erratische Erscheinungen ist nach der OertHchkeit und nach der
Beschaffenheit des übrigen Schuttes nicht zu denken. Scharfkantige
Blöcke von Dolomit und von Gesteinen der Werfener Schichten
liegen durcheinander und rühren offenbar von dem stets noch fort-
schreitenden Zerfall des anstehenden Gebirges her. Die Augitpor-
phyrblöcke müssen denmach ebenfalls von einst hier, d. i. vor der
gegenwärtigen Steilwand anstehenden Augitporphyrlagen abstammen.
Die Annahme einer mächtigeren Ablagerung ist indessen bei dem
Vorwiegen der Dolomit- und Schiefer-Blöcke ausgeschlossen. Das
Wahrscheinlichste ist, dass die Augitporphyrlaven hier am Dolomit-
riff in einer dünnen auskeilenden Lage endeten. Die Beobachtung
am Nordschenkel der Schichtenbeugung vor dem Plattkofel, wo die
Mächtigkeit der Augitporphyrlaven bereits auf 2 Meter reducirt ist,
spricht sehr zu Gunsten dieser Auffassung.
Die oben erwähnten kalkreichen Wengener Schiefer von der
Grenze gegen den Dolomit des Plattkofels enthalten in der gewöhn-
lichen tuffigen Grundmasse der Wengener Sandsteine reichlichen
Grus von zerbrochenen Conchylien, Crinoiden und Cidariten. Das
Gestein erinnert sehr an die fossilreichen kalkigen Einlagerungen
am Nordrande der Seisser Alpe (Pflegerleiten, Pitz u. s. f.). Korallen-
kalke kommen an dieser Stelle nicht vor und spielen offenbar die
in grösserer Mächtigkeit auftretenden Kalkschiefer die sonst den
Cipitkalken zukommende Rolle. Weiter abwärts herrschen die gewöhn-
lichen Wengener Sandsteine und Schiefer, in denen sich nicht selten
• Daanella Lommeli und Posidonomya Wengensis finden. Sie bilden den
Ostflügel der Wengener Schichten der Seisser Alpe und sind von
dieser durch die in Folge der Erosionsthätigkeit biosgelegten
Augitporphyrlaven am rechten Gehänge des Saltaria-Baches geschieden.
Im Norden reichen sie, vielfach durch die abwärts wandernden
Schuttmassen des Langkofels verdeckt, bis auf das Plateau der
Christiner Weiden gegenüber St. Christina.
Gegen die Höhe des Fassa-Joches zu verschmälert sich der
Zug der Wengener Schichten zwischen dem Dolomit des Platt-
kofels und den liegenden Augitporphyrlaven zusehends und auf der
Jochhöhe ist er zu seinem schmalen Bande reducirt. Eine in Folge
eintretenden Uebergreifens herbeigeführte Ueberlagerung der Wengener
Schichten durch den Dolomit ist auf der ganzen Strecke vom Kessel
des Lampicaner Baches an bis auf das Fassa-Joch nirgends zu
i3*
Dos Gebirge zwischen Futa und Graden.
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Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. jgy
beobachten. An die Möglichkeit einer solchen wäre etwa in der
Gegend zwischen dem Westende der Anticlinale und dem Fassa-
Joch zu denken. Die Grenze zwischen dem Riff und den Wengener
Schichten ist jedoch hier überall durch Schutt verdeckt. Erst unter-
halb des Fassa-Joches, wo der südliche Scheiderücken der Seisser
Alpe (»Auf der Schneid*) mit dem Plattkofel zusammentrifft, ist die
heteropische Grenze blosgelegt. Der Dolomit fallt mit sehr steiler
Böschung gegen aussen ab und entspricht der bisherige Verlauf
der Steilwand so ziemUch der hier sichtbaren wirklichen Grenze.
Die Dolomitwand zeigt in dieser unteren Region eine gelbliche
Färbung, welche scharf von den hellweissen oberen, die Gipfelmassen
des Plattkofel bildenden Partien absticht. Am Fusse der Wand
liegen vereinzelte Blöcke von gelbem Riffkalk mit Tuffschmitzen.
Die Wengener Schichten lagern nun unten söhlig der Dolomit-
wand an, höher oben, wo die Böschung des Dolomits weniger
steil ist, greifen sie über den Dolomit über und fallen im Sinne der
Dolomitböschung gegen Südwesten. Diese obere Partie der Wengener
Schichten wird dann durch eine von der höheren Dolomitböschung
herabsetzende Ueberguss-Schicht des Dolomits überlagert, wodurch
sie völlig mit den bereits beschriebenen Zungen und Spitzen zwischen
den Ueberguss-Schichten des Cipiter Schlemgehänges übereinstimmt.
Die tiefsten, den Augitporphyrlaven aufgelagerten Wengener
Schichten sind Bänke fössilreichen Riffkalkes, welche Tuffschmitzen
und selbst grössere Brocken von Augitporphyr einscbliessen. Die
herrschenden organischen Reste sind Korallen, Cidariten und Crinoiden.
lieber diesen Bänken folgt sodann ein Wechsel von Sandsteinen,
Schiefem und Kalkbänken.
Etwas verschieden sind die Verhältnisse auf der Südseite des
Fassa-Joches. Anstatt so schroff an den söhlig gelagerten Wengener
Schichten abzubrechen, reicht hier der untere gelbe Dolomit mit
flacher Böschung unter die ihm hier aufliegenden Wengener Schichten
hinein, so dass das von dieser Seite sichtbare Uebergreifen der
weichen klastischen Gesteine auf die Dolomitböschung über eine
längere Strecke anhält. Es dürfte daraus zu schliessen sein, dass
diese am weitesten gegen Südwesten vorgeschobene Dolomitpartie
eine gegen Nordwesten abdachende Fläche besitzt, an welche sich
von dieser Seite her die söhlig gelagerten Wengener Schichten
gegen oben übergreifend anlagern.
Auf diesen geringen, der Denudation bis heute entgangenen
Rest beschränkt sich die Anlagerung der Wengener Schichten an
die prachtvolle Aussenfläche des Riffs, welcher der Plattkofel seinen
Namen verdankt. Es gibt kaum einen Dolomitberg in unserem
198
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
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Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. jqq
Gebiete, welcher eine gleich charakteristische Gestalt besässe. Ich
meine, dass sich der eigenthümliche, dachförmige^ regelmässige
Abfall des Plattkofels, welcher sich halbkegelförmig von der Süd-
bis auf die Westseite des Berges fortzieht*), den Besuchern der
Seisser Alpe lebhafter in das Gedächtniss einprägt, als die kühnen
Zacken des Langkofels und selbst als die merkwürdige Plateauform
des Schiern.
Während die Hauptmasse des Lang- und Plattkofels schichtungs-
los erscheint, zeigt sich am Plattkofel auf und unmittelbar unter der
weiten blendend weissen glatten Aussenfläche des Riffs, die Ueber-
guss-Schichtimg in ausgezeichneter Weise. Die Schichten neigen sich
parallel der Fläche.
Wenn man sich die geschilderten Verhältnisse am Cipiter
Schierngehänge vergegenwärtigt, erkennt man leicht, dass die Ent-
blössung dieser grossen^ in der Terrainzeichnung der Karte gut
erkennbaren Fläche erst in neuerer Zeit vor sich gegangen sein
konnte. Die Reste von Wengener Schichten 'auf dem untersten
Saume der Dolomitböschung am Fassa-Joch sind nur die letzten
Relicte einer durch Denudation entfernten mächtigen Anlagerung
von Wengener und Cassianer Gesteinen.
Die Ausdehnung des Plattkofel-Gehänges war wol auch einst eine
viel grössere, ehe die Denudation die allmähliche Abtragung und
die Bildung der Steilwände begonnen hat. Von der Seisser Alpe
aus lässt sich deutlich das Fortschreiten der Steilwandbildung unter-
halb und auf Kosten der RifFböschung beobachten. Die noch
erhaltenen Randpartien zeigen eine steilere Neigung, als die mittlere
zum Fassa-Joch abdachende Fläche. Dies gestattet den, mit den
übrigen beobachteten Thatsachen gut übereinstimmenden Schluss,
dass die bereits denudirten Fortsetzungen der Riffböschung einen
ziemlich steilen Abfall besassen.
Obwol ich nicht erwarte, dass Jemand die Plattkofel-Böschung
ernstlich für ein geneigtes Schlemplateau halten könnte, will ich
doch darauf aufmerksam machen, dass die in der nördlichen Steil-
wand des Plattkofels tief unterhalb der Böschung sichtbare Bank des
Mendola-Dolomits eine solche Annahme in den Bereich der Un-
möglichkeiten verweist. Die Schichtungsfläche des Mendola-Dolomits
bildet mit der Böschungsfläche des Plattkofels einen Winkel von
circa 45 Grad.
*) Vgl. das Lichtbild „Die Langkofel-Gruppc und die Seisser Alpe, vom
Mahlknecht".
Das Gebirge zwischen Fassa und Gi-0dea.
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Grohminn-Spltze
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. 30 1
Auf der Südseite des Plattkofels springt ein niedriges schutt-
bedecktes Dolomitplateau gegen Süden vor. Es ist dies wol die
Fortsetzung derselben Dolomitmasse, welche die Wengener Schichten
des Fassa-Joches unterlagert. Auf der Ostseite dieses Plateau*s beob-
achtete Prof. Hoernes Riflfkalke, welche noch weiter östlich "in der
Form einer mächtigen Bank concordant in die Wengenef Tuffe
eingreifen.
Nach den bisherigen Ergebnissen stellt sich die Langkofel-
Gruppe als ein isopisches, dem Schiern und dem Rosengarten voll:
kommen entsprechendes Dolomitriff dar. Im Südosten erleidest, die
einheitliche Zusammensetzung durch das Eingreifen mächtiger hetero-
pischer Bildungen eine wesentliche Aenderung. Ehe wir jedoch die-
selbe besprechen, kehren wir aus sachlichen Griinden nochmals auf
die Nordseite zurück, um im Anschlüsse an das bereits untersuchte
Gebiet die Ostgrenze des Larigkofelriffs kennen zu lernen.
Wir begeben uns auf die von der Nordseite des Langkofels
gegen Osten heraustretende Dolomit-Terrasse, über welche ein Weg
aus dem Lampicaner Kessel in die oberste Thalstufe von Gröden
fuhrt. Der Dolomit bildet die Fortsetzung der unteren Dolomitbank
des Langkofel und erweist sich, wie oben erwähnt wurde, durch
einzelne schwache Einlagerungen von Bänderkalk und Knollen-
kalk als Buchensteiner Dolomit. Westlich, den steilen Wänden des
Langkofel zu, folgt darüber wieder Dolomit und finden sich bis zur
Steilwand selbst vereinzelte Blöcke von Augitporphyr, sowie Blöcke
von grauem Korallenkalk. In der Dolomitsteilwand ist Ueberguss-
Schichtung erkennbar mit ausserordentlich steil nach aussen ab-
fallenden Lagen. Oestlich, gegen das Thal zu, dient der Buchen-
steiner Dolomit Augitporphyrlaven , welche östlich fortstreichend
sich in die Thalsohle hinabsenken und sodann unterhalb der Sella-
Gruppe wieder ansteigen, zur Unterlage.
Das Langkofelriff fallt sonach mit ungewöhnlich steiler Bö-
schung gegen Osten ab und Augitporphyrlaven lagern neben dem
Riff. Wie die vereinzelten höher liegenden Blöcke beweisen, fand
«in Uebergreifen der Augitporphyrlaven über das unterste Gehänge
der Dolomitböschung statt, ehe die Denudationsarbeit den heutigen
Stand erreicht hatte.
Ueber den Augitporphyrlaven folgen Wengener Schichten von
typischer Zusammensetzung und erfüllen die ganze Thalbreite
zwischen dem Langkofel und der Sella-Gruppe. Das Langkofelriff
scheint bis zur südöstlichen Ecke des Langkofelkammes im engeren
Sinne noch in isopischer Zysammensetzung fortzustreichen. Die
Grenze gegen die Wengener Schichten der Ciavazes- Alpe, ist durch
202 ^^^ Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Gehängeschutt verdeckt. Blöcke von Riffsteinen sind im Gebiete der
Wengener Schichten häufig.
Der Langkofel-Kamm ist durch eine tiefe, passirbare Scharte,
über welche man in das nächst Montesora zur Seisser Alpe nieder-
setzende Langkofel -Thal gelangt, von der mittleren Hauptspitze
(3174 Meter) der Langkofel-Gruppe, welcher Hoernes die Bezeich-
nung »Grohmannspitze* beilegte, getrennt.
Die obere Masse dieser Spitze besteht aus der Fortsetzung
der oberen Dolomitmassen des Langkofels und ist durch Reste von
geschichteten Bildungen gleich dem Langkofel gegen oben plateau-
förmig abgeschnitten. Den Platz der tieferen Wengener Dolomit-
massen des Langkofel aber nehmen Wengener Schichten ein, welche
von dem Rücken des Sella-Joches aus in bedeutender Mächtigkeit
und in ruhiger Lagerung in die Steilwand hinaufreichen.
Während im Allgemeinen die heutige Begrenzung der Lang-
kofel-Gruppe mit den Grenzen der heteropischen Ausbildung zu-
sammenfällt, greift an dieser Stelle der obere Dolomit des Lang-
kofel-Riffes, über die Grenzen des ursprünglichen Riffes hinaus und
überlagert die heteropischen Wengener Tuffe.*) Die heteropische
Grenze des Wengener Dolomits läuft wahrscheinlich in grosser
Nähe zwischen dem Plattkofel und Langkofel durch, so dass nur
die Grohmannspitze , ja vielleicht selbst diese nur theilweise, eine
heteropische Zusammensetzung besitzt. Die theils durch Schutt,
theils durch die überlagernde Bergmasse verdeckte Aussenböschung
des älteren Riffs muss daher wol eine sehr steile sein.
Organische Reste sind im Dolomite der Langkofel-Gruppe im
Ganzen selten. Korallenstöcke wurden noch am häufigsten gefunden,
auch im Inneren des Massivs, wo Hoernes solchen bei der Erstei-
gung der Langkofelspitze wiederholt begegnete. Am Ostabfalle des
Langkofels enthielt ein Block unbestimmbare Steinkeme von
Brachiopoden.
Die jüngste Bildung der Langkofel-Gruppe sind geschichtete
dolomitische Kalke, welche die geringen Reste des einst ausgedehn-
teren Gipfelplateau*s auf dem Langkofelkamme und auf der Groh-
mannspitze krönen. Man erkennt diese schwach südlich geneigten
Bänke deutlich vom Col Rodella oder von der Cima di Rossi
{nächst dem Pordoi-Joch) aus**). Prof Hoernes, welcher sich im
rühmenswerthen Eifer der sehr beschwerlichen Aufgabe, den Gipfel
des Langkofel zu untersuchen, unterzog, fand daselbst gebänderte
*) Vgl. das Lichtbild „Die Langkofel-Gnippe von der Cima di Rossi''.
**) Vgl. das Lichtbild „Die Langkofel-Gruppe von der Cima di Rossi".
•»
SchleriL Auf der Schneid. Col Rodella. Plattkofel.
TnUi n» ALrein BOLDER, n
Die Langkofel-Gruppe,
(Uebergreiftn des Dolomits über die Wengener Schichten; Andeutung der
in der Gr
, von der Cir
ursprättglich plau."
ohmannspitje.)
Das Gebirge zwischen Fasaa und Graden.
F>K>-T1ial bei Grlct
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204 ^^^ Gebirge zwischen Fassa und Gröden.
Dolomite und cephalopodenreiche dolomitische Kalke *). Leider
lassen die mitgebrachten Fragmente eine schärfere Bestimmung
nicht zu. Ein häufiges Orihoceras kann mit O. triadicunt verglichen
werden. Ein Nautilus erinnert an N, Breunneri, Bruchstücke von
Arcestes und Trachyceras sind unbestimmbar. Die beiden genannten
Formen würden auf die Zone des Trachyc, Austriacunt (Raibler
Schichten) verweisen. Da nun auch die gestreiften Dolomite eine
unseren Raibler Schichten eigenthümliche Gesteinsart darstellen,
haben wir die Gipfelschichten des Langkofel als Raibler Schichten
in unserer Karte ausgeschieden. Wir denken dabei an die, an vielen
Orten unter den rothen Gesteinen vorkommenden hellen Dolomit-
schichten, wie z. B. auf dem östlichen Schlernplateau.
Die Ergebnisse unserer Untersuchungen über das Langkofelriff
lassen sich in den folgenden Sätzen zusammenfassen: Die Haupt-
masse der Langkofel-Gruppe ist eine isopische, an der
Basis durch den unteren Muschelkalk, in »der Höhe durch
die Raibler Schichten begrenzte Dolomitmasse, deren
heutige Ausdehnung nahezu dem Umfange des alten
Riffes zur Bildungszeit der Buchensteiner und Wengener
Schichten entspricht. Im Südosten greift die obere Dolo-
mitmasse vom beiläufigen Alter der Cassianer Schichten
in die heteropische Region der Wengener Schichten über.
Entlangt der Nordwest- und Nordseite des Riffes verläuft
in der heteropischen Grenze eine Antrclihalwölbung, an
deren äusserem Schenkel die heteropischen Bildungen
der Seisser Alpe steil in die Tiefe sinken.
7. Die nordöstliche Ecke der Fassa-Grödener Tafelmasse.
(Stock des Qlns-Alpcls.)
Die an der' heteropischen Grenze im Nordwesten und Norden
des Langkofels verlaufende Anticlinalwölbung geht, wie oben er-
wähnt wurde, auf dem Ostgehänge des Lampicaner-Baches in eine
Verwerfung über. Eine zweite nahezu parallel verlaufende Verwer-
fung setzt etwas südlich unter der schon mehrmals genannten Do-
lomit-Terrasse nordöstlich vom Langkofel an und reicht, ebenso wie
die erste Verwerfung östlich bis zum Grödener Bache abwärts. Die
kniefbrmige Beugung des upteren Muschelkalks am Fusse des
Langkofels im Kessel des Lampicaner Baches bezeichnet beiläufig
*) Ueber die Ersteigung des Langkofel berichtete Hoernes in der Zeit-
schrift des D. u. Oest. Alpenvereines, Jahrgang iSyS.
Das Gebirge zwischen Fassa und Gröden. 20$
den westlichen Beginn der südlichen Verwerfung. Zwischen diesen
beiden Verwerfungen zieht eine tief eingesunkene, schmale Scholle
hin, in welcher im Sattel zwischen der Ober- Alp (Gäns-Alpel) und
der Terrasse des Buchensteiner Dolomits südfallende Wengener
Schichten anstehen, die sich bis zum Grödener Bache verfolgen
lassen. Im Lampicaner Kessel verdeckt Schutt das anstehende Ge-
stein. Nicht weit südöstlich von dem eben genannten Sattel ver-
schwindet an der südlichen Verwerfung der Buchensteiner Dolomit
und treten sodann die Augitporphyrlaven an den Rand der Ver-
werfung.
Die nördliche Verwerfung begrenzt im Süden die hauptsächlich
aus Laven bestehende Masse des Gans- Aipeis, welche durch die
Christiner Ochsenweiden orographisch und geologisch mit der
Fassa-Grödener Tafelmasse zusammenhängt und im weiteren Sinne
noch zur Seisser Alpe gerechnet wird.
Zwischen den Augitporphyrlaven und Tuffen finden sich hier
gegen das Liegende zu concordante Einlagerungen von grauen
knorrigen Kalken mit Tuffschmitzen und von dolomitischen Bänken,
welche ich als ursprünglich vom benachbarten Dolomitriff aus-
laufende Zungen betrachte. Wir werden ähnlichen Einlagerungen
noch mehrmals begegnen. Die knorrigen Kalke können zu Ver-
wechslungen mit Buchensteiner Knollenkalken fuhren.
Am Nord- und Nordostfuss des Gänsalpel-Stockes erscheinen
in der Strecke zwischen den glacialen Schuttmassen der Fischburg,
welche einen von Süden her in das Grödener Thal vorgeschobenen
Riegel bilden, und den letzten Häusern von Plan die tieferen Bil-
dungen mit Werfener Schichten an der Basis. Sie fallen regelmässig
unter die Augitporphyrlaven ein und stellen sonach den nördlichen
Flügel der Gänsalpelmasse dar. Gegen Süden sowol wie gegen
Westen sind sie durch Querbrüche abgeschnitten, jenseits welcher
in ihrem Niveau wieder Augitporphyrlaven erscheinen.
VII. CAPITEL.
Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
Sotschiada und Aschkler Alpe. - Das Dolomitriff der Geissler Spitien. - Die Gardenaiza-Tafel-
masse. - Das Dolomitriff des Peitlerkofel. - Campil-Thal.
Das Kalkgebirge zwischen dem Grödener Bache und der
Gader zerfällt in orographischer Beziehung in zwei Gebirgsgruppen,
welche durch eine ostwestliche Tiefenlinie getrennt sind. Die süd-
liche Gruppe umfasst • das Tafelgebirge Gardenazza , die Geissler
Spitzen (falschlich Geister-Spitzen) und die Aschkler Alpe mit dem
Grödener Pitschberg. Zwei Thäler dringen von Süden, von Gröden,
her in das Innere derselben, das bei der Felsenruine Wolkenstein
mündende Lange Thal und das nächst St. Christina sich öffnende
Tschisler Thal. Ein einheitlicher Name für diese Gruppe fehlt. Die
nördliche Gruppe, welche ihren Culminationspunkt im Peitlerkofel
(2874 Meter) hat, bildet einen die Villnösser Bruchlinie nördlich
begleitenden Gebirgsrücken. Der Ruefenberg und die Kofel-Alpe
sind die hervorragendsten Punkte auf der Westseite, Col Verein
zwischen Untermoy und Campil beherrscht, als nordöstliches Gap,
die Ostseite.
Diese beiden Gebirgsgruppen entsprechen nicht, wie Schiern,
Rosengarten und Langkofel, individualisirten Dolomitriffen. Die Vill-
nösser Bruchlinie hat ein hier bestandenes Dolomitriff mitten entzwei
geschnitten. Die Geissler Spitzen und der Peitlerkofel bildeten vor
dem Eintritte des Bruches eine zusammenhängende isopische Dolomit-
masse, welcher im Osten und im Süden heteropische Wengener
Schichten angelagert waren.
Durch eigene Untersuchung kenne ich blos die südliche Ab-
dachung der erstgenannten Gruppe (Aschkler Alpe, Puez-Alpe u. s. f ).
Die geologische Kartirung des nördlichen Gebietes führte Dr. Hoernes
durch, dessen Aufnahmsbericht der Darstellung der Verhältnisse an
der Villnösser Bruchlinie, im Peitlerkofel-Kamme und zwischen Cam-
pil und Abtey (St. Leonhard) zur Grundlage dient.
Das Gebirge zwischen GrAden und Abtey. 207
I. Sotschiada, Aschkler Alpe und die Geissler Spitzen.
Das Grödener Thal ist eine Erosionsnnne. Die beiden Thal-
.gehänge entsprechen einander vollkommen. Bei St. Anton nächst
St. Ulrich übersetzen die Gypse und die Bellerophonkalke die Thal-
sohle und ziehen westlich von St. Jakob, wo die ersten fossilen
Mollusken des Beilerophonkalkes von Dr. Hoernes und mir im
August 1874 gefunden wurden*), am linken Gehänge des Kuetschena-
Thales aufwärts zum Sattel zwischen Sotschiada und Raschötz. Ob-
wol die Verwerfungslinie, welche am Nordgehänge der Fassa-Grö-
dener Tafelmasse eine Wiederholung der tieferen Schichtenreihen
bewirkt, am linken Grödener Thalabhange bei Sebedin scheinbar
endigt, muss doch deren Fortsetzung auf das rechte Thalgehänge an-
genommen werden, da die höheren Schichten erst bei St. Christina
als Fortsetzung des Tafelrandes der Seisser Alpe die Thalsohle
übersetzen und weil ferners nördlich von St. Jakob in halber Höhe
des aus Werfener Schichten bestehenden Gehänges eine Partie
Muschelkalk und Buchensteiner Schichten erscheint, welche den
liegenden Werfener Schichten regelmässig aufgelagert ist. Dass hier
eine den Abbruch der vorderen Massen bedingende Verwerfung
vorhanden ist, steht wol ausser Zweifel. Das Streichen der Schichten
entspricht in der unteren Scholle so ziemlich dem Verlaufe des
Gehänges. In der oberen Masse dagegen herrscht, besonders gegen
St. Christina hin, ausgesprochenes Südfallen. Es ist der gegen Nor-
den rasch aufsteigende Schichtenkopf der Fassa-Grödener Tafelmasse.
Bei St. Christina findet sich auch eine Partie der Augitpor-
phyrlaven auf der rechten Thalseite. Höher aufwärts ist nur eine
schmale Zone des Muschelkalk-Dolomits erhalten, welche sich
*) Von dieser Localit&t bestimmte Stäche die folgenden Formen:
Bellerophon peregrinus Laube
„ Jacobi St,
f „ Ulrici St,
„ fallax St,
Hinnites crinifer St,
Aviculopecten cf, Coxanus Meek et W.
Backevellia cf, ceratophaga Schloth, sp.
Nucula cf. Beyrichi Schaur,
Pleurophorus Jacobi St.
Von dem Gehänge zwischen Pitschberg und Sotschiada:
I Nautilus fugax Mojs,
Spirifer vultur St,
2o8 Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
unterhalb der Sorasass-Alpe, wo flachere Lagerung eintritt, erweitert
Auf der Sorasass-Alpe in einer Höhe über 2000 Meter stehen Wer-
fener Schichten an, welche hier eine Sattelwölbung erleiden. Unter
dem Gipfel des Pitscbberges überlagert der aus rothem Dolomit
und rothem Conglomerat bestehende untere Muschelkalk in der Höhe
von 2200 Meter die Werfener Schichten und es tritt nun auf der
Westseite flaches Nordfallen ein, während auf der Ostseite die
gleichfalls nordfallenden Schichten steil einschiessen , so dass sie
östlich vom Pitschberg den Aschkler und Tschisler Bach über-
setzen können. Der Gipfel des Pitschberges (2361 Meter) wird von
Buchensteiner Schichten gebildet, in welchen Dr. Reyer einen
extralabiaten Arcesten und Lytoceras cf. Wengense fand. Wie es
scheint, kommen in der Anticlinalwölbung der Werfener Schichten süd-
östlich von Sorasass auch stellenweise noch die Bellerophonkalke zum
Vorschein, da Stäche fossilfiihrende Gesteine der Bellerophon-Schich-
ten von ^St. Christina, nordwärts gegen den Pitschberg* erwähnt*).
Auf die Anticlinale von Sorasass folgt nördlich die Synclinale
der Aschkler Alpe. Die Synclinale ist indessen gebrochen. Eine
Verwerfung schneidet die vom Pitschberg nördlich herabziehenden
Schichten ab, worauf ein Absinken und flaches Südostfallen eintritt.
Eine zweite, nördlicher gelegene Verwerfung begrenzt die ein-
gesunkene Scholle und im höheren Niveau setzen die südostfallenden
Schichten bis zum Nordrande des Gebirges fort. Ueber das ein-
gesunkene Mittelstück fuhrt der Weg von Oberwinkel auf die
Aschkler Alpe. Auf dem Gipfel des Sotschiada (2552 Meter) stehen
Buchensteiner Schichten an, aus welchen Stur extralabiate Arcesten,
ein Trachyceras**) und Daonellen mitbrachte. Ich selbst fand in den
die Knollenkalke überlagernden Bänderkalken am Wege von Ober-
winkel auf die Aschkler Alpe in zahlreichen Exemplaren eine fein-
rippige Varietät der Daonella Taramellii.
Der obere Muschelkalk besteht hier überall aus einer mäch-
tigen Bank weissen Dolomits , welcher sich von ferne bereits sehr
scharf von den ihn bedeckenden dünnschichtigen Buchensteiner
Schichten abzeichnet. Im unteren Muschelkalk spielen am Nordrande
des Gebirges und am Fusse der Geissler Spitzen die rothen Conglo-
merate die Hauptrolle. Im Kuetschena-Thale auf dem Wege zur
Aschkler Alpe bemerkte ich indessen keine Conglomerate, sondern
nur rothe Dolomite und dunkle, wellenkalkähnliche Kalke.
*) Jahrb. Geol. R.-A, 1877, pag. 279.
*♦) Abgebildet in meiner Arbeit „Ueber Triasversteinerungen aus den Süd-
alpen**, Jahrb. Geol. R.-A. 1873, Taf. XIV, Fig. 7. und 8.
Das Gebirge zwiscben Gröden und Abtey.
Fl
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In
I"
II
I
2IO ^^' Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
In Folge der eigenthümlichen synclinalen Lagerung und ins-
besondere des südöstlichen Einfallens des nördlichen Muldenflügels
erscheinen die Augitporphyrlaven *) und die Wengener Schichten
nur im Inneren der Mulde und wird der überhöhte westliche und
nordwestliche Rand der Aschkler Alpe ausschliesslich von den
Schichtenköpfen der Buchensteiner Schichten gebildet An der Basis
der Augitporphyrlaven treten hier, sowie in den östlicheren und
nordöstlichen Gebieten ziemlich constant Kalkbreccien mit tufHgem
Bindemittel auf, welche bei zurücktretendem Tuffgehalt häufig in
feste graue Kalke übergehen.
Die Geissler Spitzen sind eine isopische Dolomitmasse der
Wengener und Cassianer Schichten und erheben sich über derselben
Unterlage wie die heteropischen Wengener Sandsteine und Schiefer
der Aschkler und Tschisler Alpe. Eine dünne Masse homstein-
fiihrender Kalke läuft als Fortsetzung der Buchensteiner Schichten
des Sotschiada zwischen der unteren *Dolomitbank und der oberen
schichtungslosen Dolomitmasse durch. Sie vertritt jedenfalls nur
einen aliquoten Theil der Buchensteiner Schichten. Der andere
Theil ist durch Dolomit repräsentirt. Ich fand auf dem Kamme
zwischen Sotschiada und der Steilwand der Geissler Spitzen im
Niveau der Buchensteiner Schichten Dolomit, welcher deutliche
Conglomeratstructur zeigte, ausser den grossen, blockförmigen Do-
lomitmassen aber auch Scherben von Bänderkalken und Pietra verde
enthielt Dieser Dolomit liegt wol unter den Homsteinkalken der
Geissler Spitzen und verschmilzt mit dem Dolomit des oberen
Muschelkalks zu Einer Masse.
Der obere Dolomit ist bereits in phantastische Zacken auf-
gelöst und kühn ragen die noch unbezwungenen höchsten Zinnen
(3182 Meter) als ebenbürtige Nebenbuhler des Langkofel in die
Lüfte. Die Bezeichnung »Geister-Spitzen*, welche sich in Karten
und Büchern findet, wäre viel verständlicher als ihr legitinier Name.
Die Steilwand ist dem Villnöss-Thal zugewendet. Die übrigens von
der Denudation auch schon stark mitgenommene Südabdachung
lässt an vielen Stellen, namentlich in den tieferen Partien, die Ueber-
guss Schichtung und die alte Riftböschung erkennen. Leider ist die
kolossale Schuttbedeckung der Tschisler Alpe der Untersuchung
*) V. Richthofen gibt auf der Tschisler Alpe Melaphyr an* Dies ist ein
Irrthum. An der Stelle des angeblichen Melaphyrs kommen unter starker Schutt-
bedeckung Wengener TufFsandsteine vor, in derem Liegenden dann weiter im Süden
echte Augitporphyre vorkommen. Vgl. a. Doelter's Untersuchung dieses Gesteins.
Jahrb. Geol. R.-A. 1875, Min. Mitth. pag. 296.
Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
211
der heteropischen Grenze sehr hinderlich, doch kann man am Rande
der Aschlder Alpe deutlich eine fortlaufende Zone von typischen
Riffkalken und wiederholtes Ineinandergreifen von Wengener
Schichten, Riffkalken und Dolomit beobachten. Die Augitporphyr-
laven enden bereits südlich vom Gipfel des Sotschiada; nirgends
greifen sie in das Riff ein. Die Ursache liegt nicht etwa in der zu
peripherischen Lage der Geissler Spitzen, denn es finden sich Augit*
porphyrtuffe noch am Ostende des Peitlerkofels, sondern in der
erhöhten Lage der Riffs. Bei fast söhliger, wenig gegen Süden
geneigter Lagerung befindet sich der untere Muschelkalk am Nord-
abhange der Geissler Spitzen in der Höhe von 2200 Meter und ver-
harrt constant in dieser Höhe, soweit das Riff der Wengener
Schichten reicht Erst unter dem Schoatsch, wo wieder die Mergel-
facies der Wengener Schichten beginnt, sinkt der untere Muschel-
kalk allmählich in tiefere Isohypsen. Aehnlichen . Verhältnissen
begegneten wir bereits im Rosengarten -Riff und im Langkofel -Riff
und es ist bemerkenswerth, dass in der Regel die Basis der
Riffe um vieles höher liegt, als die Basis ihrer hetero-
pischen Umgebung. Die häufige Wiederkehr derselben Höhen-
linie (2200 Meter) an der Basis der am wenigsten gestörten Riffe
deutet auf ein bestimmtes gesetzmässiges Verhalten.
Die obersten Dolomitmassen der Geissler Spitzen greifen in der
Form einer mächtigen Bank in das südliche und südöstliche Gebiet
(Gardenazza - Tafelmasse) über. Wir werden später Anhaltspunkte
finden, um sie den Cassianer Schichten im Alter gleichstellen
zu können.
Gehänge ffegen
Villnös»
Geissler Spiuen Col delle
Tschisler Alpe Pieres Lange Thal
NW
SO.
Das Verhiltniaa der Qeistler Spitsen sum Oardenassa-Ocbirge.
(Uebergreifen des Cassianer Dolomits.)
a = Quarzporphyr; b =s GrOdener Sandstein; e n Bellerophon-Schichten; d = Werfener
Schichten; e = Unterer Muschelkalk: / = Oberer Muschelkalk: g = Buchensteiner Schichten;
Jk = Wengener Schiebten ; h^ = Wengener Dolomit ; f = Cassianer Dolomit ; k = Raibler
Schichten ; l = Dachsteinkalk ; » = Gehftng e-Schutt
14*
212 ^^^ Gebirge zwischen Gröden und Abcey.
2. Die Gardenazza-Tafelmasse.
Der eben erwähnte Cassianer Dolomit bildet mit steilen glatten
Denudations-Wänden ringsum eine mächtige Stufe, über welcher
dann mehr oder weniger gegen das Innere zurücktretend, Raibler
Schichten und Dachsteinkalk folgen. Nur auf der Nordseite erscheint
als Unterlage des Cassianer Dolomits eine mächtige, gegen Osten
auskeilende Bank Wengener Dolomits^ welcher als ein schmaler,
östlicher Ausläufer des Riffs der Geissler Spitzen zu betrachten ist.
Im Osten, Süden und Westen dagegen lagert der Cassianer Dolomit
frei über den Wengener Tuffmergeln und Sandsteinen.
Eigenthümliche tektonische Verhältnisse verleihen diesem Ge-
birge ein ganz besonderes Interesse. Der mittlere Theil der Tafel-
masse ist unter Beibehaltung fast söhliger Lagerung tief eingesunken,
die Ränder aber sind unversehrt bei gleichfalls sehr flacher Lagerung
stehen geblieben. So kommt es, dass die Jura- und Kreidebildungen,
welche sich auf einigen Stellen des versunkenen Mittelstückes er-
halten haben, dem überhöhten, aus den tieferen Abtheilungen des
Dachsteüikalkes gebildeten Rande flach angelagert sind. Von Süden
durch den in das Herz der Gruppe fuhrenden Einschnitt des Langen
Thaies kommend, meint man ein ungestörtes Profil vor sich zu
sehen und denkt bei dem Anblick der weichen Kreidegesteins - Zone
der nördlichen Puez-Alpe und der über dieselbe hinausragenden
Spitzen des Dachsteinkalks wol zunächst an Raibler Schichten,
welche in nahezu gleicher Höhe auf den gegenüberliegenden süd-
lichen Plateaux der Gardenazza- Gruppe (Col delle Pieres und süd-
liche Puez-Alpe) vorkommen.
Der nördliche und östliche Rand dieses Einsturzes ist aus dem
Verlaufe der Contactlinie der Kreidebildungen und des Dachstein-
kalkes in der Karte deutlich zu ersehen. Der Südrand läuft in einer
tiefen klaffenden Spalte im Dachsteinkalke nächst der Höhencote
2388 in den obersten Thalgrund des Langen Thaies und ist dann
weiterhin durch den Contact des Cassianer Dolomits und des Dach-
steinkalkes markirt. Der Westrand liegt ganz im Dachsteinkalke.
Eine vom Westende der Jura- und Kreidebildungen der Puez-Alpe
südsüdwestlich in das Schuttkar des Col delle Pieres gezogene
Linie dürfte ziemlich genau mit dem westlichen Bruchrande zu-
sammenfallen Die Höhe des Einsturzes kann mindestens auf 1000
Meter geschätzt werden. So viel beträgt die Höhendifferenz zwischen
dem Fusse der eingesunkenen Dachsteinkalkmasse im Langen Thal
Das Gebirge zwischen Cröden und Abte}'-
GrOdeaer Joch
111
1 1!
S 1i
Fontinalich bei Dlinpi]
21 A Das Gebirge zwischen Gröden und Abter.
und den oberen Kreide-Schichten der Puez-Alpe, wobei zu berück-
sichtigen ist, dass der tiefere Thdl des Dachsteinkalkes bis zu den
Raibler-Schichten abwärts jedenfalls noch unterhalb der Sohle des
Langen Thaies liegt.
Der nördliche Bruchrand schneidet die Kreide-Schichten nicht,
wie man erwarten möchte, vertical ab, sondern fallt steil gegen
Norden ein, so dass die stellenweise gewundenen und geschleppten
Schichten des Dachsteinkalkes die rothen Mergel der oberen Kreide
zu überlagern scheinen.
Die jurassischen Ablagerungen besitzen eine sehr geringe
Mächtigkeit und sind, wie gewöhnlich in unserem Gebiete, sehr
schwer vom Dachsteinkalke abzugrenzen. Bei einer mit Dr. Hoernes
auf die Puez-Alpe unternommenen Excursion fanden wir in lichten
Kalken defi Megalodus pumilus und die fiir unseren Jura charak-
teristischen oolithischen Gesteine in der unteren Abtheilung und weisse
und rothe homsteinfiihrende Kalke als Vertreter des oberen Jura*).
Es gelang uns zwar nicht, Versteinerungen der oberen Jura zu
finden, was daher rühren kann, dass wir die obersten Bänke wegen
der starken UeberroUung mit Neocom-Schutt nur in sehr schlechten
Aufschlüssen sahen. Was wir sahen, trägt jedoch entschieden ober-
jurassischen Typus und erinnert zunächst an die Ausbildung der
Aptychen-Schichten. Die darüber lagernden Kreide- Schichten er-
reichen eine sehr ansehnliche Mächtigkeit (circa 200 Meter), welche
mit der auffallend geringen Stärke des Jura lebhaft contrastirt Zu-
nächst erscheinen rothe Mergel in Verbindung mit grauen Mergel-
kalken, welche stab- und kürbisformige, concentrisch schalige Con-
cretionen, welche nicht selten an Imatrasteine erinnern, und Hom-
steinfiaden enthalten. Versteinerungen sind namentlich in den Con-
cretionen nicht selten. Seitdem durch uns die Aufmerksamkeit der
Cassianer Fossil-Sammler auf die Localität gerichtet wurde, gelangen
diese Neocom-Fossilien unter der ungenauen Localitäts-Bezeichnung
yZwischenkofel* in den Handel. So erhielt auch durch Vermittlung
des Herrn Prof. v. Klipstein das palaeontologische Museum in
München eine reiche Suite und verdanke ich meinem Freunde Prof,
Dr. Zittel die folgende Liste nach Bestimmungen des Herrn
V. Sutner:
Lytoceras stibfimbriatum dOrb, sp.
„ cfr, Honaratianum etOrb, sp.
*) Die Angabe Hoernes* Ober die discordante Auflagerung des Neocom auf
Dachsteinkalk (Verb. Geol. R.-A. 1876, pag. 140) ist hiernach richtig zu stellen.
•*
»9
>•
r»
Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey. 2\^
Phylloceras TheHs etOrb, sp.
Rouyanum dOrb, sp,
cf, Guettardi dOrb. sp,
Haploceras Grasianunt dOrb. sp,
cf, ligatum dOrb, sp,
cf, Enurici Rasp. sp.
cf. McUherani dOrb. sp.
Acanthoceras angulicostatum dOrb. sp,
„ äff. consobrinum dOrb. sp,
Crioceras Duvalianum dOrb, .
Pecten cf, Euthymi Pict,
Terebratida diphyoides dOrb,
Prof. Zittel hat diesem Verzeichnisse die Bemerkung beige-
fügt: yDie Fauna scheint mir vollständig mit der von Berrias
übereinzustimmen.*
Bei der grossen Mächtigkeit des Complexes dürften in den
höheren Schichten wol auch die in unseren Alpen so weit verbrei-
teten Rossfelder Schichten (Biancone) vertreten sein.
Den Schluss der Kreidebildungen der Puez-Alpe bilden
wieder rothe Mergel, welche wir als ^Scaglia* angenommen haben,
ohne fiir diese Vermuthung weitere Anhaltspunkte zu besitzen, als
die Analogie mit unseren südlichen Kreidedistricten, in welchen im
Allgemeinen die über dem Biancone folgenden rothen Gesteine als
Scaglia bezeichnet werden. Es wäre aber hier immerhin denkbar,
dass in Folge einer am Bruchrande eintretenden, schleppenden Zur
sammenfaltung der Kreideschichten die oberen rothen Meißel nur
die aufgebogene und überschlagene Fortsetzung der unteren rothen
Mergel darstellen.
Am Südfusse der Gardenazza-Tafelmasse treten an
mehreren Stellen unter den Wengener Schichten tiefere Schicht^
glieder zu Tage, welche eine kurze Besprechung erheischen.
Zwischen St Christina und Wolkenstein trennt eine mit
dem Unterlaufe des Tschisler Baches zusammenfallende Verwerfung
die mit dem Nordschenkel des Pitschberges zusammenhängende,
ostfallende, untere Schichtfolge der Lardschen-Alpe von dem süd-
lichen Flügel des Pitschberges. Im Westen des Tschisler Baches
stehen Augitporphyrlaven u. s. f. an, während im Osten an der
Basis der zur Lardschen-Alpe aufsteigenden Wand Werfener Schich»
ten als tiefstes Glied entblösst sind. Der südlichen Fortsetzung dieser
Verwerfung sind wir bereits im vorhergehenden Capitel bei der Be-
sprechung des nördlichen Abhanges der Gänsalpel-Masse begegnet.
Auch dort ist das Terrain im Westen der Verwerfung gesunken.
2i6 Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
Deutlich Stellen sich die tieferen Trias-Schichten an den beiden
Thalgehängen des oberen Gröden (Wolkenstein) als die Fortsetzung
des gewölbfbrmigen Aufbruches zwischen Plön und dem Grödener
Joche dar. Steiler, als man nach der ruhigeren Lagerung der höheren
Gebirgsmassen schliessen sollte, sind die unteren Trias-Schichten in
dem Aufbruche von Plön aufgerichtet Auch bewirken etliche
kleinere Sprünge eine Unregelmässigkeit der Lagerung, wie sie in
unserem Gebiete nur selten zu beobachten ist. Eine Anzahl von
kleineren Schollen hat sich von der Hauptmasse losgetrennt*) und
ist gleichsam in die .gesprengte Wölbung zurückgesunken. Deshalb
begegnet man auf dem Wege von Plön zum Grödener Joche im
ersten Theile des Anstieges so wechselnden Fallrichtungen und
wirr durcheinander liegenden Schichten. Durchsetzungen von Erup-
tivgesteinen haben aber in dieser Gegend nicht stattgefunden und
hat wol nur die schoUenfÖrmige Zerstückelung des Gewölbes bei
V. Richthofe n die Vorstellung von gangförmigen Durchbrüchen
des Augitporphyrs hervorgerufen. Uebrigens tritt hier noch ein
weiteres Moment hinzu, welches scheinbar zu Gunsten der Annahme
von Gängen spricht Die festen Augitporphyrlaven weichen mit der
zunehmenden Entfernung von den Eruptionsstellen des Fassa-Thales
immer mehr und mehr den dickschichtigen Tuffen, mit denen sie
wechsellagem.
Oestlich von dem ganz aus Wengener Tuffmergeln und Sand-
steinen bestehenden Grödener Joche streicht die Fortsetzung des
Aufbruchs von Plön am Südfusse des Sass da Tschampatsch und
des Sass Songer fort. An die Stelle der steilen Aufwölbung ist aber
ein Riss getreten, an dem die südliche Masse abgesunken ist. Auf
der Cogolara-Alpe erscheinen zunächst unter den Wengener Schich-
ten Augitporphyrtuffe mit eingelagerten Laven und tuffige Kalk-
breccien, sodann steil aufgerichtete Buchensteiner Schichten und
Muschelkalk. Vor dem letzteren sieht man eine südwärts einfallende
Partie von Augitporphyrtuffen. Die Stelle ist in der Literatur als
ein Eruptionspunkt des Augitporphyrs oft genannt. Dass ein solcher
hier nicht vorhanden ist, bedarf keiner weiteren Erörterung. Bei
Kolfuschg werden unter dem Muschelkalk flach nördlich einfallende
Werfener Schichten sichtbar. Die Fortsetzung des südlichen Bruch-
randes liegt unter der mächtigen Schuttbedeckung. Oestlich von
Kolfuschg am Südfusse des Pradat tauchen aber die südlich, gegen
das Sellagebirge zu einfallenden Augitporphyrtuffe wieder auf Ein
*) Beim Entwürfe der Karte konnten selbstverständlich diese untergeordneten
das Gesammtbild kaum beeinträchtigenden Störungen nicht berücksichtigt werden.
Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey. 217
Blick auf die Karte lässt nun klar den Zusammenhang dieser aus
den Schuttmassen des Kolfuschger Thaies isolirt aufragenden Par-
tien von Augitporphyrlaven mit den östlich folgenden Massen des
Colatschberges und des Lendelfu erkennen. Die östlich fortsetzende
Verwerfung folgt zwischen Pescosta und Verda der Thalrinne und
setzt bei Verda auf das rechte Thalgehänge über.
Vorher aber bereits verschwinden die tieferen Schichtglieder
am Fusse des Gardenazza-Gebirges und das ganze östliche Fuss-
gestelle wird ausschliesslich von Wengener Schichten gebildet.
Die am Nordfusse des Gebirges sich ausdehnende Terrasse
von Wengener Schichten wird durch einen ostwestlich streichenden
Zug der tieferen Schichten, welcher nächst der Abteyer Mur das
Gaderthal verquert und westlich zum Schoatsch (Sobatsch) unter
den Geissler Spitzen fortsetzt , normal unterlagert. Aus der tiefen
Lage im Ostai, an der Gader, 1300 Meter, erheben sich die Schich-
ten, gegen Westen vorschreitend, in stets höhere Niveaucurven,
namentlich im Schoatsch bei der Amiäherung an das Riff der
Geissler Spitzen. Den AugitporphyrtufTen ist an der Gader ein Strom-
ende festen Augitporphyrs eingelagert, welches ebenfalls zur An-
nahme einer Eruptionsstelle Anlass gegeben hat. Die in der Literatur
vielgenannte Costa-Mühle, welche hier gestanden hat, ist durch einen
Murgang der hier mündenden berüchtigten Abteyer Mur zerstört
worden. *)
Aus den Buchensteiner Schichten dieses Zuges liegen aus der
Campiler Gegend Exemplare der Daanella Taratnellii vor.
Vor dem DolomitrifT der Geissler Spitzen brechen sowol die Augit-
porphyrtufTe als auch die Wengener Schichten ab. Eine kleine, unmittel-
bar über den Buchensteiner Schichten auf dem Schoatsch auftretende
Dolomitpartie, ein vorgeschobener Ausläufer des nahen Riffs, isolirt
das westlichste Vorkommen des Tuffs. Da der Dolomit wol im Süd-
westen mit dem grossen Riff zusammenhängt, so muss man an-
nehmen, dass die gegenwärtig in Folge der vorgeschrittenen Denu-
dation unterbrochene Verbindung des isolirten Augitporphyr-Vor-
kommens mit dem östlichen Hauptzuge im Norden des Dolomit-
ausläufers gelegen war. In der Nachbarschaft des Dolomitriffs ver-
drängen gelbliche Kalkbänke mit Cidaritenresten und Cipitkalke
allmählich die mergeligen und tuffigen Bänke der Wengener Schichten.
In den Wengener Schichten von Mundevilla entdeckte Hoernes
eine ziemlich reiche Fundstelle von Fossilien. Das Gestein ist der
♦) Wir werden auf die fortdauernden gleitenden Erdbewegungen im Gebiete
der Wengener und Cassianer Schichten noch zurQckkommen.
2l8
Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
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Zwischenkofel
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Campil-Thal
Du Gebirge xiiitehen Grdden uod Abtey. 219
typische Daonellenschiefer von Wengen. Die vorliegenden Formen
sind:
Trackyceras Utdimtm Mojs.
„ Mtmdevülae Mojs.
a Corvarmse Lbe. sp.
Lytoceras Wengense Klipst. sp.
ArctsUs sp.
Daonella tommeli Wissm. sp.
Posidonomya Wet^ensis Wissm.
Dass sich unter dem Cassianer Dolomit eine gegen Osten aus-
kdlende Masse von Wengener Dolomit auf der Nordseite des Ge-
bti^s fortzieht, wurde bereits erwähnt Die beiliegende von
Hoernes mitgetheilte Skizze der Zwischenkofelwand zögt auf
Anilcht dv ZwUdwnkeMwIiHl«, vom SchutKh.
<> = Wengeaer Dolomit; e = Rate tod h d
ener Sdiichten; d = Ciuiiner INriomil ; •:: Gc
lii;/ = Ralbler Schichtea; g = Dichitciiikatt.
d ^ Wengnier Schjchtgn; b = Wengeaer Dolomit; c = Rate tod h der Dolomitmiid (u>-
keiknden Zangen der Wengener Sdiichten; d = Ciuiiner INriomil ; • b Ge*cbtcbteter Cuiltner
dem an zwei Stellen gesimseartig vortretenden Wengener Dolomit
wdchere Schichten, welche an der oberen Steilwand abschnaden.
Die Verhältnisse sind hier offenbar völlig identisch mit den im
nächsten Capitel zu schildernden Voricommnissen auf den Vorsprün-
gen der Sella-Gnippe, weshalb hier von weiteren Erklärungen ab-
gesehen wird.
3. Die Gebiigsmasse des Peitlerkofels.
Den Verlauf der Villnösser Bruchlinie, welche die Peitlerkofel-
Masse von den südlichen Districten abschnddet, schildert Hoernes
in folgender Weise:
220 ^^ Gebirge zwischen Gröden und Abte}*.
,Auf dem Sattel zwischen dem ViUnöss-Thal und dem Cam-
piler Seitenthal ist der Betrag der Verwerfung sehr gering und
wird durch eine Aufbiegung (Schleppung) der gesunkenen Nordseite
fast verschwinden gemacht. Der Uebergang liegt nicht auf dem
eigentlichen Sattel, in den Werfener Schichten, sondern höher nörd-
lich auf dem mergeligen Complex der Wengener Schichten.
Ueber den Werfener Schichten folgt sowol auf der Nord- als
Südseite das rothe Conglomerat und der weisse Dolomit des
Muschelkalks, über diesem homsteinfuhrender Dolomit {Buchen-
steiner Kalk), sodann wenig mächtige Tuffe, die vorwiegend aus
den tuffigen Kalkbreccien bestehen.
Etwas weiter gegen Westen verändert sich das Profil quer
über den Casaril-Bach in folgender Weise. Die Tiefenlinie entspricht
der Bruchlinie; die nördlich von derselben auf dem Joch durch die
Aufbiegung sichtbar gewordene untere Trias ist unmittelbar imter
dem Joch verschwunden und es liegt nördlich vom Bruche die Do-
lomitmasse des Ruefenberges, . während südlich von derselben zu-
nächst Bellerophon-Schichtenr uild Grödener Sandstein, sodann das
Ende der Quarzporphyrdecke, welche von der Raschötz-Alpe in die
dichtbewaldete, hügelige Niederung zwischen Ruefenberg und Geissler
Spitzen fortsetzt, sichtbar wird. Der Quarzporphyr ist wenig mäch-
tig, er lagert auf Thonglimmerschiefer, getrennt durch das aus Por-
phyr- und Schieferbrocken bestehende Verrucano-Conglomerat
Am Westende des Ruefenberges, bei den Pittschösshäusem
tritt die Tiefenlinie des Casaril-Baches in den Thonglimmerschiefer,
der demnach auch auf der Nordseite des Thaies sich findet und
dort nach einander mit sämmüichen Schichten der unteren Trias
bis zum Grödener Sandstein herab, auf welchen 'St. Johann liegt,
zusammentrifft.
Ostwärts von def Scharte zwischen Schoatsch und Peitlerkofel
legen sich die Schichten wieder mehr horizontal und das Mass der
Niveaudifferenz zwischen dem nördlichen abgesunkenen Thdl und
der südlich von der Spalte liegenden Masse ist kaum bemerkbar.*)
In der Gegend von Frena und Campil ist jedoch diese Differenz
schon wieder ziemlich gross und wird sehr bemerkbar auf dem
Höhenrücken des Predizberges, welcher das Gader Thal bei
Pederova von dem Campil-Thal trennt Es tritt daselbst eine ähnliche
*) Nach der Angabe Prof. v. Klipstein's (Beitr. z. Kenntn. d. östl. Alpen,
II. a, pag. 33) Ober das Vorkommen gypsfQhrender Schichten an der Basis der
Seisser Schichten in der Pronzara-Schlucht habe ich in der Karte Bellerophon-
Schichten angemerkt, welche wol als Unterlage der sQdlichen Masse zu betrachten
sind.
Du Gebirge iwiichen GrSden und Abtey.
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Das Gebirge iwiichen GrAden uad Abttj.
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Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey. 223
Schleppung wie auf dem Joch zwischen Campil und Villnöss ein.
Die Schichten stehen jedoch fast senkrecht und fallen nach Nord-
nordwest/
Das Nordgehänge der Peitlerkofel-Masse entblösst die ganze
Schichtfolge vom Thonglimmerschiefer aufwärts bis hoch in die
Triasbildungen hinauf. Der westliche Theil ist dabei eine nahezu
vollständige Wiederholung des gleichfalls bis in den Thonglimmer-
schiefer abwärts reichenden Profils der Geissler Spitzen. Nur das hier
an der Nordseite erfolgende vollständige Auskeilen des Quarzporphyrs
veranlasst eine Abweichung und entzieht der Landschaft eines der
stimmungsvollsten Elemente. Es sind niu* mehr vereinzelte linsen-
förmige, dem Vemicano-Conglomerate eingelagerte Quarzporphyr-
Massen, welche uns auf der Nordseite des Ruefenberges noch begegnen.
Das nordöstlichste Vorkommen traf Hoernes im Rodelwalde. Weiter
östlich verrathen nur mehr die Porphyrblöcke des Verrucano,'
welche sich namentlich in den oberen Lagen unterhalb der Grödener
Sandsteine finden, die Gleichzeitigkeit der Bildung mit der mäch-
tigen Porphyrtafel des Südwestens. Es ist genau eine Wiederholung
der Erscheinung, welche die Augitporphyrlaven der norischeii Stufe
darbieten, mit der einzigen Abweichung, dass das Verbreitungs-
gebiet des permischen Quarzporphyrs um vieles ausgedehnter ist.
Die Bellerophon-Schichten sind in dieser nördlichen Zone an
vielen Stellen vortrefflich entblösst und allenthalben reich an
Fossilien. Ueber den wolgeschichteten gypsfuhrenden Mergeln
liegen die fossilreichen dunklen bituminösen Kalke in einer Mächtig-
keit von circa 30 Meter. Am Nordfusse des Ruefenberges ist
namentlich ein brachiopodenreiches Gestein bemerkenswerth, aus
welchem die folgenden von Hoeriles gesammelten und von Stäche
bestimmten Formen stammen:
Spirifer ladinus St,
Streptorhynchus tirolensis St.
„ Pichleri St.
Productus cadaricus St.
cf. Cora ctOrb.
Stottert St.
Weiter gegen Osten, wo die Bellerophon-Schichten nament-
lich bei St. Martin gut aufgeschlossen sind, wächst ihre Mächtigkeit.
Man kennt aus der Gegend von St. Martin:
Bellerophon Janus St.
Catinella depressa Gümb. sp.
Natica cadorica St.
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»»
224 Oas Gebirge zwischen Gröden und Abley.
Natica pusiunctäa St.
Bakevellia ladina cf, bicarinata King.
Gervillia peracuta St.
Anthracosia ladina St.
Edmondia cf. rudis M'Coy.
Der untere Muschelkalk ist durch rothe Dolomite und Con-
glomerate vertreten. An der Bruchlinie bei den Pittschösshäusem
liegt er in Folge der Senkung bei 1600 Meter; er hebt sich aber
auf der Nordseite rasch zu 2200—2300 Meter und sinkt erst wieder
Östlich vom Riffe. Ueber ihm erhebt sich die isopische Masse des
weissen schichtungslosen Dolomits, welche auch hier wieder, wie im
Rosengarten, Schiern, Langkofel und Geissler Spitzen, durch eine
scharfe Trennungsfläche im Niveau den Buchensteiner Schichten in
zwei ungleiche Bänke getheilt ist. Nur am Ruefenberge tritt diese
■Scheidung sehr zurück- Die Hauptmasse des oberen Dolomits ent-
spricht, wie die eingreifenden Mergelzungen der Südostabdachung
beweisen, den Wei^ener Schichten, und nur die Gipfelmasse des
reitlerkofel mag den Cassianer Schichten angehören.
Die heteropische Grenze gegen das badiotische Mergelbassin
fallt mit dem raschen Abfall des Peitlerkofels gegen Osten und Süden
zusammen und läuft im Westen der Petzes-Alpe in südsüdwestlicher
Richtung dem Ostabfall des Riffes der Geissler Spitzen entgegen.
Die südliche Abdachung des Peitlerkofels entspricht nach den
Schilderungen von Hoernes der alten Riffböschung und zeigt
Das Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
225
Untcrmoy-Thal
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Campil-Thal
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226 ^'^ Gebirge zwischen Gröden und Abtey.
deutlich die Ueberguss-Schichtung. Zungenformiges Ineinandergreifen
von Dolomit und Wengener Mergeln und Mergelkalken ist entlang
des Peitlerkofel-Gehänges allenthalben wahrzunehmen.
Zwischen dem Col Vertschin und dem Ostgehänge des Peitler-
kofels läuft ein Querbruch durch, an welchem die Werfener Schichten
der Peitlerkofel-Masse mit den Wengener Mergeln der gegen Campil
um circÄ 700 Meter absinkenden Vertschin-SchoUe zusammentreffen.
Diese Werfener Schichten sind wegen des Reichthums wolerhaltener
Fossilien der obersten Kalkbänke mit NaticeUa costata (Campiler
Schichten von Richthofen) in der Literatur unter der Localitäts-
bezeichnung ,Lagoschellhäuser* *) häufig genannt. Eine ostwest-
liche Verwerfung schneidet sie im Süden ab und es folgt eine
kleine, von Verwerfungen rings begrenzte Scholle von Buchensteiner
Schichten, Tuffkalkbreccie und Augitporphyrtuff.
Man entnimmt leicht der Karte, dass die Tuffe hier an der
Nordgrenze ihrer Verbreitung angelangt sind. Daher die häufig
isolirten linsenförmigen Massen und die häufige directe Ueber-
lagerung der Buchensteiner Schichten durch die Wengener Tuffmergel.
Indem ich zum Schlüsse dieses Capitels auf Professor v. Klip-
stein's Monographie des Campil-Gebietes **) verweise, welche zahl-
reiche Detailbeobachtungen enthält, die sich ohne Schwierigkeit in
den Rahmen unserer etwas veränderten Auffassung einfügen lassen,
bemerke ich noch, dass in den Werfener Schichten des Scheide-
rückens zwischen Campil und Gader (vgl. Seite 222) auf Sass da
Tjamigoi bei Grones sich viele Ammoniten (Tirolites Cassianus u. s. f )
in den oberen Kalkbänken finden.
*) Diese Hftuser befinden sich jedoch viel tiefer östlich im Gebiete der Wen-
gener Mergel.
**) Beitr. z. Kenntn. d. östl. Alpen, II, 2.
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VIII. CAPITEL.
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Die Tafelnaasse der Sella-Groppe. - Der ..Grüne Fleck" bei Plön und das Grödencr Joch. -
Plan de Saas bei Corvara. - Das Bovai-Gehinge bei Araba. - Sas»o Pitschi. - Ursprünglicher
Zusammenhang des Langkofel- und Sella-Rilfes. - Das Badioten-Hochplateau. - Schlammströme.
- Stuores, die Fundstätte der Cassianer Fonsilien. ~ Valparola. - Das Richthofen-Riff. - Buchen-
stein. " Die Nuvolau-Gruppc.
I. Die Tafelmasse der Sella-Gruppe.
Mit allseits schroff abfallenden glatten Felswänden erhebt sich
zwischen den Quellgebieten des Grödener Baches, des Avisio, des
Cordevole und der Gader als orographischer Knotenpunkt unseres
westlichen Hochgebirges ein weiss schimmerndes hohes Plateau-
gebirge auf nahezu rechteckiger Basis. Seine scharfen, schönen
Contourlinien prägen sich tief in die Erinnenmg des reisenden Natur-
freundes ein. Eine mächtige ungeschichtete, pfeilerförmig abklüftende
Dolomitbank bildet eine ringsum vortretende Terrasse, auf welcher
gegen das Innere zurückgreifend eine schmale Zone weicher,
meist röthlicher Gesteinsarten, einem fortlaufenden Bande vergleich-
bar, ruht. (Man sehe das Lichtbild »Das Pordoi-Gebirge* (Sella-
Gruppe) von der Cima di Rossi. *) Darüber baut sich eine zweite
höhere Steilwand auf, über welcher sich einige ausgezeichnete pyra-
midenförmige Felsgipfel erheben. Sie besteht gleich dem unteren
Sockel aus blendend weissem Kalkgestein, aber sie ist durchaus
wolgeschichtet und von rothen Tinten zart überschleiert. Der Con-
trast zwischen der massigen unteren Stufe und dem tausendfach
gebänderten Aufsatz ist von unvergleichlicher Wirkung.
Wie unter den Menschen, so giebt es auch unter den Bergen
Charaktere. Die Sella-Gebirgsgruppe ist ein solcher.
In geologischer Beziehung concentrirt sich das Hauptinteresse
auf die unteren Dolomitpartien, welche mehrere höchst werthvoUe
*) Dieses Bild schliesst im Osten an das im gleichen Formate beigegebene
Lichtbild „Die Langkofel-Gruppe, von der Cima di Rossi".
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228
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Aufschlüsse über die heteropischen Verhältnisse unseres Trias-
gebietes gewähren. Wir beginnen die Darstellung im Westen, im
Anschlüsse an die bereits geschilderten Gegenden.
Der Aufbruch der unteren Triasschichten bei Plön entblösst
im Nordwesten die Unterlage unseres Gebirges. Ueber den Augit-
porphyrlaven des Südschenkels folgen Wengener Tuffmergel und
Sandsteine, welche sich einerseits über das Grödener Joch hin mit
den die Unterlage der Gardenazza-Tafelmasse bildenden Wengener
Schichten in Verbindung setzen, andererseits mit den auf der Ost-
seite des Langkofelriflfs . über das Sella-Joch hin sich ausdehnenden
Wengener Schichten zusammenhängen. Sie bilden aber zwischen
der Nordwestecke der Dolomitmassen und den Augitporphyrlaven
nur eine auffallend schmale Zone. Die Dolomitmasse ruht ihnen
hier auf
Beiräufig in halber Höhe der weit nach Norden- vortretenden
Efolomit-Terrasse fallt ein räumlich ziemlich begrenzter Absatz in der
Dolomitwand auf, welcher eine von Rasen überzogene Partie
weicherer Gesteinsarten trägt. Die Stelle trägt unseres Wissens
keinen ^genen Namen, wir haben uns aber bei der Untersuchung
gewöhnt, sie als den , Grünen Fleck bei Plön* zu bezeichnen. Ist
Bei Plön
/* Grüner Fleck
NW.
SO.
Der „Grfloe Fleck** an den Winden der Meeules.
a =. Werfener Schichten : b = Unterer Muschrel kalk; e = Oberer Motchelkalk ; d = Buchenste'ner
Schichten ; e = Augitporphyrlaven ; / = Wengener Schichten ; /» = Wengener Dolomit ;
/« = Oberste Wengener Schichten; g = Cassianer Dolomit; h = Raibler Schichten; i = Dach-
steinkalk.
man einmal auf sie aufmerksam geworden, so erkennt man sie
leicht voH allen umliegenden Höhen, weil der grüne Hügel lebhaft
von der umgebenden weissen Felswand absticht.*) Auf mein Er-
suchen erstiegen die Herren Hoernes und Reyer den Grünen
*) Auch von St. Ulrich in Gröden bemerkt man den Grünen Fleck leicht in
der prächtigen, den Thalschluss bildenden Ansicht des Sella-Gebirges (oder der
Mesules, wie die Bewohner von St. Ulrich den ganzen hier sichtbaren Theil der
Sella-Gruppe nennen).
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Die SeUa-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 220
Fleck durch die Felsklamm, welche sich auf der Südseite desselben
bis auf das Dolomitplateau hinaufzieht. Sie fanden eine circa
20 Meter mächtige söhlige Ablagerung von harten Steinmergeln,
rothem korallenführenden Dolomit und gelben Riffsteinen (Cipit-
kalken) mit Cidariten, Crinoiden, Bivalven und Brachiopoden. Dies
sind die uns schon bekannten, so häufig an der äusseren Riffgrenze
vorkommenden Gesteine.
Wer diesen rings isolirten, auf einem freien Vorwerk der
Dolomitwand sich erhebenden Hügel zum ersten Male sieht, denkt
sicherlich an eine Verwerfung, welche die Hangend-Schichten des
Dolomits sammt diesem dislocirt hätte. Aber die Raibler Schichten,
welche das wahre Hangende des Dolomits bilden, unterscheiden
sich auf den ersten Blick von den Gesteinen des Grünen Fleckes
und von einer Verwerfung ist nichts wahrzunehmen. Wäre eine
solche vorhanden, so könnte sie wegen der völligen Entblössung der
Felswand der Beobachtung kaum entgehen. Eine Fortsetzung der Ge-
steine des Grünen Flecks in der Felswand gegen Osten und Süden
ist, wie die vorhergehenden Bemerkungen erkennen lassen, nicht
vorhanden ; aber oin Blick auf die Felswände genügt, um das Fort-
streichen einer auffallenden zackigen Trennungsfläcbe, welche genau
mit dem Felsabsatze des Grünen Flecks correspondirt, sowol in
der Richtung gegen das Sella-Joch, als auch über das Grödener
Joch hinaus wahrzunehmen.*) Der Dolomit zeigt sich auf diese
Weise in zwei Bänke getheilt. Der Hangendfläche der unteren Bank
entspricht die Unterlage des Hügels am Grünen Fleck. Mit der
häufig wiederkehrenden Trennungsfläche der grossen Dolomitstöcke
im Niveau der Buchensteiner Schichten hat die uns gegenwärtig
beschäftigende Trennungsfläche nichts gemein. Jene ist scheinbar
völlig eben, diese aber ist zackig auf- und niedergebogen. Jene ent-
spricht einer gleichmässigen, das ganze Gebiet umfassenden Unter-
brechung, diese dagegen hat nur eine locale Bedeutung und
bezeichnet, wie sich bald zeigen wird, den Beginn der Cassianer
Schichten.
Nähert man sich dem Sella-Joch, so sieht man den unteren,
den Wengener Schichten zuzurechnenden Dolomit fortwährend an
Mächtigkeit abnehmen und vor dem Joch noch auskeilen. Der
*) Unser Lichtbild „Die Sella-Gebirgsgruppe, von der Caldenaz-AIpe bei
Plön'' zeigt im Vordergrunde den Grünen Fleck, im Hintergrunde einen Ähnlichen,
sofort zu besprechenden Hügel nächst dem Grödener Joche und die diese beiden
Vorkommnisse verbindende Gesimsfuge des Dolomits. An der vorderen Dolomit-
Steilwand unterhalb des Grünen Flecks ist die Blockstructur des Dolomits deutlich
zu erkennen.
230 ^ic Sella-Gruppe und das Badioten-Hocbplateau.
obere Dolomit greift sodann auf dem Joch über die Wengener
Sandsteine*) über. Den Wengener Schichten sind längs dieser
heteropischen Grenze viele Riffkalkbänke eingelagert Korallen und
die übrigen gewöhnlichen Einschlüsse der Riffkalke sind nicht
selten. Im Dolomit finden sich häufig Korallenreste. Der Cassianer
Dolomit endet am Sella-Joch mit einer vorgeschobenen Spitze von
rothem conglomeratischem Dolomit, an welchen sich gegen aussen
etliche wolgeschichtete Kalkbänke anlegen.
Auch gegen das Grödener Joch nimmt der Wengener
Dolomit, namentlich in der letzten Strecke vor dem Joch an Mäch-
tigkeit ab. Die Verhältnisse sind hier besonders instructiv und von
Stur**), welchem das Verdienst gebührt, zuerst auf diese merk-
würdige Stelle aufmerksam gemacht zu haben, bereits zutreffend
gedeutet worden.
Wie es beim , Grünen Fleck* der Fall ist, tritt auch auf dem
Grödener Joche der Wengener Dolomit, welcher hier allenthalben
die ausgesprochenste Blockstructur besitzt, aus dem Alignement der
oberen Dolomitwand hervor. Er trägt femer genau wie auf dem
Grünen Fleck auch auf dem Vorsprunge am Grödener Joch einen
aus geschichteten Gesteinsarten bestehenden Hügel. Während aber
der Wengener Dolomit vom Grünen Fleck in hohen steilen Denu-
dationswänden in die Tiefe fällt, greift derselbe über die Wengener
Tuffmergel und Sandsteine des Grödener Jochs über und löst sich
auskeilend in einzelne grosse Blockmassen des Cipitkalkes auf Die
Verhältnisse auf der West- und Ostseite, welche durch die bei-
liegenden Ansichten (Lichtbilder ,Die Mesules von der Westseite
[Ostseite] des Grödener Joches) versinnlicht werden sollen, sind im
Wesentlichen die gleichen. Der Aufschluss auf der Ostseite ist in
der Natur noch klarer und überzeugender, weil daselbst die Wen-
gener Tuffmergel sowol im Liegenden wie im Hangenden der sich
auskeilenden Dolomitbank trefflich entblösst sind. Das Auskeilen
findet in der Richtung gegen Norden statt. Geht man vom Grödener
Joch über die Schneide des Rückens auf den Hügel, so passirt man
blos Eine aus grossen Riffsteinblöcken bestehende Kalksteinlage. Die-
selbe entspricht der obersten Lage der unteren Dolomitstufe, deren
am weitesten nach Norden vorgeschobene Partie sie repräsentirt.
Jede der tiefer folgenden Lagen tritt etwas weiter gegen Süden
zurück, so dass die Grenzfläche zwischen dem Dolomit und den
Tuffsandsteinen sich gegen Süden einwärts neigt Bis zu der obersten
*) Hier finden sich auch wieder Bänkchen des weissen faserigen Aragonits.
**) Jahrb. Geol. R.-A. 1868, pag. 544 u. f.
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Die Sella-Gruppe und das Badioien -Hochplateau. 23 1
Kalksteinlage reichen vorwaltend Wengener Sandsteine, was darüber
folgt, sind TufTmei^el und denselben eingeschaltete dünne Kalk-
banke mit Cidariten und Crinotden. Den ziemlich rasch eintretenden
Uebergang der Riffsteinblöcke in die Dolomitblöcke kann man an
den Wänden leicht verfolgen. Man überzeugt sich auch leicht, dass
die Blockstructur des Dolomits innigst mit den genetischen Ver-
hältnissen desselben zusammenhängt
GrSdcntr Joch Abhang der Maals*
DurchcboUt durch dtn MQgal auf dem OrBdiBcr Joche. S
llneiaind ergreifen von Dolomil und Wengener Schiebten. |
D den Dotoinil übergehen
Denkt man sich den vorspringenden Hügel durch die fort-
schreitende Denudation abgetragen, so würde sich im Alignement
der oberen Dolomitwand auch unten über den Wengener Sand-
steinen eine Dolomitsteilwand erbeben, wie dies im Osten und Westen
der Fall ist Der isolirte Hügel des Grünen Flecks, sowie die im
, vorhergehenden Capitel erwähnten Denudationsreste weicher Gesteine
auf dem vorspringenden Wengener Dolomit des Zwischenkofel auf
der Nordseite des Gardenazza-Gebirges sind nun leicht verständlich.
Die äusseren, über das Mergel- und Sandsteingebiet der Wen-
gener Schichten übei^reifenden Theile des DolomitriflTs sind denudirt
und die vereinzelten Reste tuf^ger Gesteine auf dem Absätze des
Dolomits zeigen ebenso wie die markirte zackige Oberfläche des
Dolomits ein stattgehabtes Untertauchen, dn Ueberfluthen der Riff-
oberfläche an.
Ich will schon an dieser Stelle betonen, dass es mir sehr
wahrscheinlich dünkt, dass der Wengener und Cassianer Dolomit
232 ^i^ Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
der Sella-Gruppe in demselben Verhältnisse zum Langkofelriflf steht,
wie die Dolomite der Gardenazza-Gruppe zum Riffe der Geissler
Spitzen. Der Parallelismus in der räumlichen Vertheilung des Wen-
gener und Cassianer Dolomits ist in beiden Fällen ein vollkommener.
Das Sella-Riff wäre blos die während der Bildungszeit der oberen
Wengener und Cassianer Schichten erfolgte Ausdehnung und Fort-
setzung des Langkofelriffs, seine gegeniyärtige Isolirung blos ein
Werk der Denudation.
Auf die speciellere Deutung der eigenthümlichen heteropischen
Begrenzung des Wengener Dolomits, welche der Aufschluss am
Grödener Joch kennen lehrt, und auf die wesentliche Verschieden-
heit dieser Form von den normalen Erscheinungen an den Aussen-
zonen der grossen Riffe werden wir gegen den Schluss dieses
Abschnittes zurückkommen.
Oestlich vom Grödener Joch reicht der Wengener Dolomit bis
in die Gegend von Corvara. Er bildet auf dieser ganzen Strecke
eine vortretende Terrasse, auf welcher die Tuffmergel sich bis gegen
die Mündung des tief in die Masse der Sella-Gruppe einschneiden-
den Val di mezzodi verfolgen lassen. Die Mächtigkeit des Wengener
Dolomits ist hier nirgends mehr bedeutend. Das gegen Nordosten
vorspringende Crap Desella, welches ebenfalls aus Wengener Dolo-
mit besteht, halte ich fiir eine abgesunkene Scholle unserer Dolomit-
Terrasse. Sowol der Dolomit des Crap Desella, dessen Auflagerung
auf Wengener Sandsteinen Corvara gegenüber deutlich zu sehen ist,
als auch der höhere Dolomit der Terrasse enthalten Tuffschmitzen,
Einlagerungen schwarzer Kalke voll von Cidariten und Einschlüsse
von gelben Riffsteinen.
Der Wengener Dolomit erreicht hier sein Ende und an seiner
Stelle treten südöstlich Wengener Sandsteine auf Die heteropische
Grenze ist leider stark durch Schutt verdeckt, aber an mehreren
Stellen sieht man neben dem Dolomit fossilfiihrende Riffkalke lagern.
Die heteropische Grenze des oberen oder Cassianer Dolomits
fällt an der Ostseite mit der äusseren Begrenzung des Felssockels
der Sella-Gruppe zusammen. An die Stelle des oberen Dolomits
treten Cassianer Schichten, welche ohne Zwischerilagerung einer
dolomitischen Bank direct auf Wengener Sandsteinen ruhen. Die
Grenze zwischen diesen beiden Complexen liegt, soweit die Auf-
schlüsse dies zu erkennen gestatten, genau in der Fortsetzung der
bereits erwähnten Trennungsfläche der beiden Dolomitmassen der
Sella-Gruppe.
Wir wenden uns nunmehr der Betrachtung des oberen
Dolomits zu.
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 233
Als untere Grenze des Cassianer Dolomits gilt uns die mit
den Auflagerungen des Grünen Flecks und der Terrasse nächst dem
Grödener Jpch zusammenfallende zackige Schichtfuge. Die obere
Grenze bildet das stellenweise (auf der Nordseite) weit frei vorsprin-
gende Plateau, welchem die Raibler und Dachstein - Schichten auf-
gesetzt sind. Nächst dem Sella-Joch, wo der Cassianer Dolomit über
den Wengener Dolomit auf die Wengener Schichten übergreift, be-
trägt nun die Mächtigkeit desselben höchstens 300 Meter. Südlich
vom Grödener Joch erhöht sich bereits die Ziffer auf mehr als
400 Meter, auf der Ostseifee der Mündung des Val di mezzodi er-
hebt sich dieselbe sogar auf 5 — 600 Meter *) , um dann rasch gegen
das badiotische Mergelbecken hin bis auf o zu fallen. Dieses rasche
Anwachsen ist auf dem Wege vom Grödener Joch nach Kolfuschg
sehr deutlich wahrzunehmen.
Entlang der ganzen Nordseite der Sella-Gruppe zeigt der
scheinbar vollkommen massige Cassianer Dolomit bei schärferer
Betrachtung und unter günstiger Beleuchtung nach Norden geneigte
Ueberguss-Schichtung. Die genetische Verschiedenheit der Ueber-
guss-Schichtung unserer Dolomitriffe und der normalen Schichtung
sedimentärer Gesteine tritt hier wieder mit grosser Evidenz hervor.
Denn während der Cassianer Dolomit, als Ganzes betrachtet, eine
normal zwischen der Schichtfuge des Wengener Dolomits und den
Raibler und Dachstein-Schichten eingelagerte Bank mit flachem
Südostfallen darstellt — die Plateaufläche des Cassianer Dolomits
entspricht ebenfalls diesem Lagerungsverhältniss — fällt die Ueber-
guss-Schichtung desselben, unabhängig von der Neigung der wahren
Schichtflächen im Liegenden und Hangenden, vom Berge weg, nach
aussen.**) Die Ueberguss-Schichten schneiden an der glatten Steil-
wand ab. Wir folgern daraus, dass hier eine über die Grenzen des
Wengener Dolomits hinaus übergreifende Riffböschung bestanden
hat, welche durch die Denudation zerstört worden ist. In ähnlicher
Weise war wol der Cassianer Dolomit der gegenüberliegenden
Gardenazzä-Gruppe gegen Süden, also in verkehrtem Sinne geböscht
und bestand sonach ein schmaler Canal, welcher die beiden Riffe
trennte.
Die Ost- und Südostseite der Sella-Gruppe lässt ebenfalls
allenthalben die nach aussen gerichtete Ueberguss-Schichtung im
Cassianer Dolomit deutlich erkennen. An manchen Stellen com-
*) Diesen Höhenangaben liegen die Höhencoten und Isohypsen der Original -
Aufnahmskarte im Massstabe von i : 25o6o zu Grunde.
•*) Wie dies auch in unserem Lichtbilde „Die Mesules, von der Westseite
des Grödener Joches^' zu erkennen ist.
234
Die Sella-Gruppe und das Badioten- Hochplateau.
biniren sich Block- und Ueberguss • Schichtung. Streckenweise ist
auch die alte RifTböschung erhalten, so insbesondere westlich vom
Pian de Sass nächst Corvara und am Bovai-Gehänge bei Araba.
Die Umgebungen des Pian de Sass sind besonders instructiv.
Am Fusse der Felswände stehen hier überall die Mergel der
Cassianer Schichten mit Einlagerungen von Riflfkalken an. Eine
kleine isolirte Felskuppe nördlich vom Pian de Sass besteht aus
Dachsteinkalk, unter welchem die frei den Cassianer Mergeln auf-
gelagerten Raibler Schichten zum Vorschein kommen. In gleicher
Weise bildet Dachsteinkalk die Felstafel des Pian de Sass. Aber
während der östliche Theil derselben auf Raibler Schichten und
Cassianer Mergeln auflagert, ruht der westliche Theil transgredirend
auf dem hier endenden Dolomitriff*).
Höher aufwärts auf dem terrassenförmig abfallenden Gehänge
sieht man noch einige direct der Dolomitböschung auf- und ange-
lagerte Partien von Dachsteinkalk, zwischen denen die Oberfläche
des Dolomitriffs mit gegen Osten gerichteter Ueberguss- Schichtung
entblösst ist. Noch höher oben folgt sodann eine grössere zusam-
menhängende Masse des Dachsteinkalks, welche sich mit der das
obere Plateau des Cassianer Dolomits nahezu söhlig bedeckenden
Platte des Dachsteinkalks verbindet.
Plan de Sass
Campolungo-Thal
W.
O.
Das OstgehMnKe des Sella-Gebirgea am Pian de Sass.
(Anlagerung von Cassianer und Raibler Schichten an die Böschung des Riffe-;- Transgression
des Dachsteinkalks.)
a = Cassianer Schichten; a» = Cassianer Dolomit; b = Raibler Schichten; c = Dachsteinkalk.
Es ist nun sehr bezeichnend, dass auf der Böschungsfläche
des alten Riffs die Raibler Schichten gänzlich fehlen, während sich
dieselben sowol oben auf dem Riffplateau als auch unten neben
*) Das Lichtbild „Der Ostabfall des Sella-Gebirges, vom Campolungo-Joch"
lässt deutlich das Uebergreifen des wolgeschichteten Dachsteinkalks über das hier
endende DolomitrifF und Ober die nebengelagerten Cassianer Mergel erkennen.
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ehänge bei Araba.
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Die Sella-Gruppe und das Badioten-HochpUteau. 235
dem Riff finden. Die wolgeschichteten Bänke des Dachsteinkalkes
lagern entweder söhlig auf den Terrassen oder auswärts geneigt auf
der Böschungsfläche des Dolomitriffs, ohne dass eine der weicheren,
bunt gefärbten Gesteinsarten der Raibler Schichten zwischen dem
weissen Dolomit und dem ebenfalls licht gefärbten Dachsteinkalk
sichtbar würde. Die hohe abschüssige Riffwand war offenbar dem
Absätze der Raibler Schichten nicht günstig.
Die am Fusse des Pian de Sass zwischen den Cassianer Mer-
geln und dem Dachsteinkalk eingeschalteten Raibler Schichten
bestehen zu unterst aus braunen, röthlichen Sandsteinen und sandigen
Mergeln mit Steinkernen von Bivalven, sodann aus plattigem, san-
digen Kalk mit Kohlenschmitzen und endlich aus dicken Bänken
blauen, fossilreichen Kalkes. Die gewöhnlich im höheren Niveau
folgenden rothen und grünen Gesteine fehlen. Aber zwischen den
tieferen Bänken des Dachsteinkalks des Pian de Sass kommen
noch einzelne Zwischenlagen von mergelig sandiger und knollig
plattiger Beschaffenheit vor. Trotz der Abwesenheit der rothen
und grünen Gesteine zweifle ich nicht an der Alters-Identität mit
unseren gewöhnlichen Raibler Schichten. Abgesehen von der
Lagerung, welche eine andere Deutung dieser Schichten kaum ge-
statten würde, stimmen die erwähnten Gesteine vollständig mit der
unteren Abtheilung der Raibler Schichten der östlich angrenzenden
Striche (Valparola, Lagatschoi u. s. f ) überein. Die oberen Raibler
Schichten sind dann hier wol in der Facies des Dachsteinkalks ent-
wickelt und aus diesem Grunde nicht unterscheidbar.
Südwestlich vom Pian de Sass hat die Denudation die Riff-
böschung zu Steilwänden umgeformt. Mächtige Trümmerhalden be-
gleiten den Fuss der Felswand und verdecken mehr oder weniger
das anstehende Gestein. Nur im Westen der Bovai-Alpe hat sich
ein Rest der alten Böschung erhalten. Die beiliegende Ansicht
(Lichtbild ^Das Bovai-Gehänge bei Araba*) gibt ein getreues Bild
dieser interessanten Stelle. Die dünngeschichteten Gipfelmassen sind
Dachsteinkalk. Unter ihnen lagern die Raibler Schichten auf dem
nahezu söhligen Plateau des Cassianer Dolomits. Parallel der Dolomit-
böschung fallen die theilweise Blockstructur zeigenden Ueberguss-
Schichten des Cassianer Dolomits nach aussen, vom Berge weg.
Vor dem Bilde stehen Cassianer Schichten an, welche gleich den
oberen geschichteten Massen flach gegen das Innere des Gebirges
sich neigen. Der Gegensatz zwischen der Ueberguss-Schichtung des
Riffs und der gemeinen Schichtung sedimentärer Ablagerungen
tritt wieder klar vor Augen.
^^6 Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Aehnlich wie auf dem Cipiter Gehänge des Schiern konunen
auch hier, namentlich an der Basis der Dolomitböschung Reste von
Mergelspitzen vor, welche zwischen die Ueberguss-Schichten eingreifen.
Korallenreste sind im Dolomite sehr häufig. Viele der auf dem Ge-
hänge zerstreuten Blöcke sehen äusserlich nach ihrer Färbung und
nach den Auswitterungen der Fossilien (Cidariten, Crinoiden), wie
die Cipiter Riffsteine aus. Schlägt man sie auseinander, so zeigt
sich, dass sie aus Dolomit bestehen. Einlagerungen von Riffsteinen
sind in den das Riff umgebenden Mergelzonen allenthalben häufig.
Die Mächtigkeit des Cassianer Dolomits, welche westlich vom
Uebergange von Araba nach Corvara noch beiläufig 400 Meter be-
trägt, sinkt namentlich unmittelbar im Westen des eben geschilder-
ten Böschungs-Relicts bedeutend. Südlich von der Punta di Bovai
(Boe-Spitze) dürfte die Dicke des Dolomits 250 Meter kaum über-
steigen. Gegen das Pordoi-Joch zu findet jedoch wieder ein An-
wachsen statt, welches auf der Westseite des Gebirges zwischen
dem Pordoi-Joch und Val La Styes anhält, um gegen das Sella-Joch
zu wieder in die entgegengesetzte Tendenz überzugehen.
Der Zug des Cassianer Mergel reicht von Osten bis auf das
Pordoi-Joch. Der Monte Porchia nördlich von der Jochhöhe besteht
noch aus Cassianer Mergeln. Westlicher sind dieselben gänzlich
denudirt.
Auf dem Pordoi-Joch tritt die Nordspitze eines grossen, süd-
lich gelegenen Riffs, des Marmolata-Riffs, in den Bereich der Sella-
Gruppe. Um den Zusammenhang zu verstehen, müssen wir einen
Blick auf die tieferen Bildungen längs der Südseite unseres Ge-
birges werfen.
Bis in das Quellgebiet des Cordevole in den Umgebungen
des Pordoi-Jochs bestehen die Wengener Schichten blos aus Tuff-
sandsteinen, Schiefem und Mergeln. Unter ihnen treten am Süd-
gehänge des Thaies mächtige Massen von Augitporphyrlaven her-
vor, welche den düsteren schwarzen Gebirgszug des Sasso di Capello
bilden, der sich als trennende fremdartige Mauer zwischen die
weiss blinkenden Felsengebirge der Marmolata und der Sella-Gruppe
seltsam genug einschiebt. Diese Augitporphyrlaven hat man sich
als den südlichen Gegönflügel der unterirdisch unter dem Sella-Ge-
birge fortsetzenden und im Norden im Aufbruch von Plön und an
der Bruchlinie von Kolfuschg zu Tag austretenden Augitporphyr-
decke zu denken. Dem Marmolata-Riff sind die Augitporphyrlaven
des Sasso, di Capello angelagert und es reichen, wie wir sehen werden,
nicht nur Dolomitspitzen in die Laven hinein, sondern es haben
einst auch, ehe die Denudation die Verbindung aufgehoben hat, die
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 257
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238 I ^i^ SelU-Gruppe und das Badioten-HocKplateau.
oberen Kalk- und Dolomitmassen der Marmolata über die Laven
hinweg nach Norden vorgegriffen.
Kommt man von Araba das merkwürdige oberste Cordevole-
Thal herauf, so fuhrt der Weg fast ausschliesslich in den Wengener
Tuffsandsteinen. Im Süden erhebt sich die Thalwand zu dem phan-
tastisch ausgezackten schwarzen Kamme der Augitporphyrlaven
und im Norden trifft das staunende Auge auf den prächtigen Ter-
rassenbau der Sella-Gruppe, deren Culminationspunkt, die Punta di
Bovai, 3150 Meter, sich pyramidenförmig über der obersten Terrasse
erhebt. Ehe man die letzte Steigung vor dem Thalschlusse betritt,
verrathen bereits Einlagerungen von Riffsteinen mit reichlichen Ko-
rallenstöcken die Annäherung an ein Dolomitriff. Höher aufwärts
mehren sich diese Kalke und auf der Wasserscheide zwischen dem
Cordevole und dem Avisio nächst dem Pordoi-Joch erhebt sich
die Dolomitkuppe des Sasso Pitschi mitten aus den Wengener
Schichten. Das Gestein ist meist typischer weisser Dolomit, aber
auch echte Riffkalke sind nicht selten. Wir fanden Reste von Ko-
rallen, Crinoiden und Ammoniten. Die Blockstrüctur des Dolomits
zeigt sich in ausgezeichneter Weise namentlich auf der Westseite
des Sasso Pitschi. (Vgl. das Lichtbild ,Der Sasso Pitschi am Pordoi-
Joch*.) Auch Andeutungen von Ueberguss-Schichtung mit nördlicher
Fallrichtung sind vorhanden. Auf der Nordseite des Sasso Pitschi
lagern noch Wengener Schichten, in welchen auch die Uebergangs-
stelle des Pordoi-Jochs sich befindet. Erwähnenswerth ist hier das
Auftreten von Tuffen mit Pachycardia rugosa. Auf dem westlichen
Gehänge .zieht sich nun unterhalb der Wengener Tuffsandsteine
des Pordoi-Jochs der Dolomit des Sasso Pitschi unter den Cassianer
Dolomit der Sella-Gruppe hinein. Er hält aber nicht lange an, son-
dern keilt sich gegen Norden aus.
Im Süden bricht der Sasso Pitschi mit einer Steilwand ab. Ich
erwähne noch, dass auf dem Kamme der Cima di Rossi unmittelbar über
den Augitporphyrlaven eine häufig in grosse Blockmassen sich auf-
lösende Bank dolomitischen, fossilftihrenden Riff kalks sich hinzieht und
dass in den Wengener Schichten zwischen dieser Bank und dem Sasso
Pitschi sich häufig grosse, den Wengener Schichten eingelagerte Block-
linsen von Dolomit oder von Riff kalk finden. Auch diese kleinen Dolomit-
körper zeigen wie die grossen Riffmassen die Blockstrüctur ganz deutlich.
Alle diese, gegen Süden steil abbrechenden, gegen Norden
aber auskeilenden Dolomitmassen, den Sasso Pitschi inbegriffen, halte
ich für die nördlichen Spitzen der oberen Marmolata-Riffmasse.
Ueber die Westseite der Sella-Gruppe zwischen dem Pordoi-
und dem Sella-Joch ist wenig zu sagen. Der Cassianer Dolomit ruht,
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Pie Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 239
wenn wir von der kleinen Wengener Dolomitspitze nächst dem
Pordoi-Joch absehen , auf Wengener Tuffsandsteinen , welche den
ganzen Raum zwischen der in einem früheren Capitel geschilderten
Rodella-Schollf und der Dolomit-Steilwand einnehmen. Wahrschein-
lich ist diese abnorme Mächtigkeit der Wengener Schichten auf
Rechnung von durchsetzenden Verwerfungen zu setzen. Eckige
Blöcke fossilfiihrenden Riffkalks kommen an einigen Stellen als
regelrechte Einschlüsse der Wengener Tuffsandsteine vor. Sowol
an der Basis als auch in der Mitte der Wand des Cassianer D6I0-
mits sind auffallende zackige Fugen bemerkbar (vgl. die Ansicht
^Das Pordoi-Gebirge [Sella-Gruppe] von der Cima di Rossi*), welche,
wie die tieferen Einrisse in die Dolomitmasse lehren, sich gegen
das Innere des Gebirges zu aufwärts ziehen. Offenbar sind dies
alte, gegen aussen abfallende Böschungsflächen des Riffs, welche
auf episodische Unterbrechungen des Wachsthums des Riffs hin-
deuten.
Die jüngeren, dem Plateau des Cassianer Dolomits aufgesetz-
ten Bildungen der Sella-Gruppe, die Raibler Schichten und der
Dachsteinkalk, geben zu keinen besonderen Bemerkungen Anlass.
Die eigenthümliche Anlagerung des Dachsteinkalks an die östliche
Rifflböschung und das Fehlen der Raibler Schichten an dieser Stelle
sind bereits besprochen worden. Um über das etwaige Auftreten
jurassischer Ablagerungen auf den Gipfelmassen Aufschluss zu er-
halten, bestieg Herr Dr. Ed. Reyer auf mein Ersuchen den höch-
sten Gipfel der Gruppe, die pyramidenförmige Punta di Bovai
Die Untersuchung ergab, dass auch die höchste Spitze noch aus
dolomitischem Dachsteinkalk besteht.
Blicken wir auf die geschilderten Thatsachen zurück. Der
Cassianer Dolomit bildet eine mächtige Platte, welche ihre grösste
Mächtigkeit im Osten, vor der östlichen Abfallsfläche des Riffs er-
reicht Mit Ausnahme der Strecke zwischen dem Sella-Joch und dem
Grünen Fleck bei Plön bemerkt man rings um das Gebirge nach
aussen abdachende Ueberguss-Schichtung. Die ursprünglichen Gren-
zen des Riffs griffen daher nicht weit über den heutigen Umfang
der Sella-Gruppe hinaus. Zwischen dem Sella-Joch und dem Grünen
Fleck aber hing wahrscheinlich der Cassianer Dolomit der Sella-
Gruppe mit dem Langkofelriff zusammen. Darauf deutet nicht nur
das Fehlen der Ueberguss-Schichtung auf der bezeichneten Strecke,
sondern auch die Ausdehnung des tieferen Wengener Dolomits.
Dieser Dolomit erreicht seine grösste Mächtigkeit am Grünen Fleck,
gegenüber der Nordseite des Langkofelriffs. Gegen das Sella-Joch
zu keilt er aus. Im Langkofelriff nimmt gleichfalls in südlicher
^
240 ^ic Sella-Gru^pe und das Badioten-Hochplateau.
Richtung die Mächtigkeit des Wengener Dolomits ab und unter dem-
selben erscheinen Wengener Schichten. Oestlich reicht der Wenge-
ner Dolomit der Sella-Gruppe bis Corvara. Eine vom Sella-Joch
durch das Sella-Gebirge nach Corvara gezogene Linia gibt die Süd-
grenze des Wengener Dolomits an. Die Bildung begann daher in
ziemlich tiefen Wengener Schichten in der Gegend des Grünen
Flecks und nahm in den oberen Wenger 2r Schichten allmählich an
Ausdehnung zu. Die Verhältnisse zwischen der Langkofel-Gruppe
und dem Grünen Fleck widersprechen in keiner Weise der Annahme,
dass das Langkofelriff, welches im Süden entschieden die Tendenz
sich auszudehnen zeigt, auch nach Osten hin, anfangs in bescheidenen
Dimensionen, zur Zeit der Cassianer Schichten aber in grösserem
Massstabe in das heteropische Gebiet übergriff. Die excentrische Lage
des Wengener Dolomits macht diese Annahme geradezu unentbehrlich.
Wenn man sich nun vorstellt, dass ein Riff seine Basis all-
mählich vorwärts schiebt bei nur sehr langsamer Senkung des
Bodens und bei. reichlichem, mit der Senkung Schritt haltenden
Niederschlage in dem angrenzenden heteropischen Striche, so werden
die eigenthümlichen Verhältnisse des Grödener Jochs verständlich.
Von einer Riffböschung ist daselbst noch keine Rede, das Riff
hat noch kaum Boden gefasst und ringt noch um sein Dasein.
Die Begrenzungsfläche ist das gerade Gegentheil der gewöhnlichen
Riffböschung. Die vom Schiern ausgehenden Riffzungen oder die
nördlichen Spitzen des Marmolata-Riffs am Pordoi-Joch muss man
sich lateral ähnlich begrenzt denken. Erst bei einer in rascherem
Tempo vor sich gehenden Senkung, wo der sedimentäre Nieder-
schlag nicht hinreicht, die Senkung auszufüllen, kann sich das aus-
dehnende Riff mit freien, nach aussen abfallenden Wänden über dem
Meeresboden erheben.
2. Das Badioten-Hochplateau.
Unter dieser Bezeichnung fassen wir das zwischen dem Cor-
vara- und dem St. Cassianer Thal im Norden, dem Andrazer Thal
und dem oberen Buchenstein (Livinallongo) im Süden gelegene, zu-
meist von Wiesen und Weidegründen bedeckte Gebiet zusammen.
Unterscheiden sich auch nach Sprache und Tracht die Buchensteiner
etwas von den echten, das Abtey-Thal bewohnenden Badioten, so
stehen sich doch diese beiden ladinischen Stämme so nahe, dass
ich nicht befürchten darf, von Seite der Ethnographen und Lin-
guisten einem Einspruch gegen die orographische Zusammenfassung
dieses Gebietes unter einem gemeinsamen Namen zu begegnen.
Die Sella-Gruppe und das Badioten- Hochplateau.
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2A2 I^ic Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Wir betreten eine Landschaft, welche in geologischer und
physiognomischer Beziehung grosse Uebereinstimmung mit der
Seisser Alpe zeigt. Das Schichtenmateriale ist im Wesentlichen das
gleiche. Nur treten an die Stelle der mineralreichen, festen Augit-
porphyrlaven dickschichtige Tuflfe, welche unter dem Einflüsse der
Atmosphärilien zu schalig abblätternden grossen Kugeln *) zerfallen.
Ferner haben sich hier die fossilreichen Cassianer Mergel erhalten,
welche auf der Seisser Alpe durch die Denudation bereits gänzlich
zerstört sind. Diesem glücklichen Zufalle verdankt die Gegend von
St. Cassian ihre wolbegründete geologische Berühmtheit. Die
Buchensteiner und Wengener Schichten sind nahezu riflTrei. In
die Cassianer Schichten reichen von Süden her die Ausläufer
eines Riffs.
Verdankt auch die Gegend dieser Beschaffenheit ihres Unter-
grundes ihr herrliches grünes Kleid und ihre Bewohnbarkeit, so
hat doch der reiche Thongehalt der Tuffsandsteine und Mergel
höchst unangenehme Erscheinungen im Gefolge.
Die Thalbildung ist nämlich noch unvollendet. Der Böschungs-
winkel namentlich der oberen Partien ist für so leicht auflösliche
und zersetzbare Gesteinsarten noch viel zu steil. Es brechen daher
an den oberen Rändern des von Feuchtigkeit durchtränkten Gesteins
in Folge der zu grossen Belastung lange Gehängstücke ab, welche
allmählich in tiefere Regionen abwärts gleiten und dadurch zu er-
neuten Gehängbrüchen am oberen Rande Anlass geben. Der Process
ist im Allgemeinen ein sehr langsamer. Er hat begonnen mit der
Entblössung des Plateau's und er wird fortdauern bis zur endlichen
Herstellung eines bestimmten mittleren Böschungswinkels. Den
besten Beweis für die Langsamkeit der Bewegung bilden die wan-
dernden Wiesen und Wälder. Die Bildung einer festen Grasnarbe
und der Aufwuchs eines Waldes bedürfen einer gewissen Stabilität
des Bodens. Die abgerutschten Schollen müssen daher längere Zeit
stationär geblieben sein, bis die unten stets thätige Erosion sie ihres
Haltes beraubte oder bis von oben nachgerückte Massen sie vorwärts
schoben. Daraus geht eine gewisse Periodicität der Bewegung hervor.
Eine solche wandernde Wiese gleicht einem voji einer mächtigen
Pflugschaar aufgewühlten Ackerfelde. In langen parallelen Reihen,
die Bruchränder nach abwärts gekehrt, stehen die aufgeworfenen
Schollen, welche sich endlich überschlagen und in eine chaotische
Schlamm- und Trümmermasse übergehen. In einem auf der Thal-
*) Die sogenannten „Kugeldiorite" von Colle Santa Lucia.
Die Sella-Gruppe und öas Badioten-Hochplateau. 243
fahrt begriffenen Walde senken sich die stärksten Bäume und be-
graben in ihrem Falle ihre Vordermänner*).
Unter dem steten Einflüsse der erweichenden und zersetzenden
Thätigkeit des Wassers hat sich die abgerutschte, abwärts gleitende
Scholle allmählich in eine plastische zähflüssige Masse verwandelt,
welche sich stromartig selbst bei geringer Neigung des Bodens
fortschiebt. Es bedarf oft nur eines stärkeren Regengusses, um einen
solchen Schlammstrom in Bewegung zu setzen.
•Im ganzen oberen Abtey-Gebiete spielen wandernde Gehänge
und Ausbrüche von Schlammströmen eine grosse Rolle in der fried-
lichen Thalgeschichte. Auch in Buchenstein und bei Ampezzo zeigen
sich die verheerenden Wirkungen geflossener Schlammmassen.
Ein solcher Schlammstrom hat in seinem Aussehen eine grosse
Aehnlichkeit mit einem von Moränenschutt bedeckten Gletscher.
Und in der That verhält er sich, was den Transport von Felsschutt
aus entlegenen Gebirgstheilen betrifft, genau so wie ein Gletscher.
Man könnte das gleitende Gehänge mit dem Firnfelde und den
Schlammstrom mit der Gletscherzunge vergleichen.
Die Geschiebe der Scblammstrom-Moränen sind nicht selten
ähnlich geglättet und gekritzt wie Gletschergeschiebe und ist es in
diesen Gegenden meisten^ kaum möglich , . zu unterscheiden , was
Glacial- und was alter Schlammstromschutt ist. Die zahlreichen
Dolomitblöcke, welche über den das Corvara- und Cassianer Thal
trennenden Rücken verstreut sind, halte ich mit Rücksicht auf die
topographischen Verhältnisse für Glacialschutt. Dagegen wage ich
keine bestimmte Ansicht über die Art und die Zeit des Transportes
des Schuttes im Andrazer Thal. Auf einem mächtigen Dolomitblock
steht hier das alte Castell Andraz und zahlreiche andere Blöcke
liegen weiter thalauswärts an den Gehängen. Glacialisten werden
beim Anblick dieser mächtigen, dem Thalhintergrunde entstammen-
den Blöcke sofort sich für Gletschertransport entscheiden. Wenn
man jedoch die wandernden Gehänge und den Schlammschptt in
dem hinter Castell Andraz sich öffnenden Thale (Montagna di Ca-
stello) sieht, so legt man sich die Frage vor, ob nicht einst mäch-
tigere Schlammströme sich von da in das Andrazer Thal ergossen
haben mögen, welche durch den Thalbach bis auf die grösseren,
schwereren Blöcke wieder fortgespült wurden.^
*) In solchen Districten iart bei getheiltem Besitzstande eine häufige Rectifici-
rung der Grenzsteine nothwendig. Ueber die gleitende Bewegung der Gehänge in
diesen Gegenden haben bereits Stur (Jahrb. Geol. R.-A. 1868, pag. 33 1 ff.) und
V. Klipstein (Beitr. z. Kenntn. d. östl. Alpen, II. i. pag. 21, II. 2. pag. 36) berichtet«
16*
244 ^^^ Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Als Beispiele von Schlammströmen citire ich den einem
Gletscherstrome gleichenden, die ganze Thalenge erfüllenden
Schlammstrom oberhalb Contrin in Buchenstein und den gleichfalls
die Thalbreite occupirenden Schlammstrom zwischen dem Kirchen-
und dem Rutora-Bach oberhalb Corvara.
Wir beginnen die Schilderung des badiotischen Hochlandes
im Norden.
Unter den mit Tuffen und tuffigen Breccienkalken verbundenen
Augitporphyrlaven des Colatsch erscheinen oberhalb Verda die
tieferen Schichtenglieder bis zu den Werfener Schichten abwärts.
Eine Verwerfung trennt dieselben, wie bereits (S. 217) bemerkt
worden ist, von den am linken Ufer des Grossen Baches anstehen-
den Bildungen. Die Fortsetzung derselben Verwerfung setzt sodann
bei Verda auf die rechte Thalseite und schneidet, wie die Karte
zeigt, die ganze Reihe der älteren Schichten bis zu den Augitpor-
phyrlaven herauf, ab. Im Norden der Verwerfung liegen Wengener
Schichten. Ueber den Augitporphyrgesteinen des Colatsch und des
Lendelfu folgen im Süden regelmässig die jüngeren Bildungen. Das
Einfallen ist im Norden noch etwas steil, geht aber sehr bald in
eine flache, häufig sogar in eine söhlige Lagerung über. Bei den
oberen Häusern von Corvara kommen an der Basis der Wengener
Schichten sehr fossilreiche Daonellen-Schiefer zu Tage. Die wichtig-
sten Formen sind:
Daonella Lommeli IVtssm. sp.
Trachyceras ladinum Mojs.
hngobardicum Mojs,
cdtum Mojs.
Epolense Mojs.
Rutaranum Mojs.
Richthof eni Mojs.
Coroarense Lbe. sp.
Lytoceras Wengense Klpst. sp.
Die Daonellen, welche dicht gedrängt das Gestein erfüllen,
erreichen ausserge wohnliche Dimensionen. Stur fuhrt von hier auch
Pflanzenreste an: Thitmfeldia Richthof eni St. und Neuropteris cf
Rütimeyeri Heer.
Die höheren Schichten der Wengener Tuffsandsteine und
Mergel fuhren nur vereinzelte Fossilien. Aus Sandsteinen der Gegend
von Sorega nächst St. Cassian kenne ich:
Daonella Lommeli Wissm. sp.
Trachyceras Archelaus Übe.
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Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 245
Trachyceras doleriticum Mojs.
„ Neumayri Mojs.
Eine Einlagerung von blauschwarzen, oolithischen, gelb an-
witternden Kalkmergeln mit Posidanamya Wengensis , Trachyceras
RtUoranutn und verkohlten Pflanzenstengeln, südöstlich von Corvara,
gab Veranlassung zur Verwechselung dieser Schichten mit den
nordalpinen Reingrabener Schiefem*).
Als oberstes höchstes Glied der mergeligen Schichtreihe des
Badioten-Hochplateau folgen auf dem Höhenkamme des Prelongei
(2137 Meter) zuoberst der Stuores- Wiesen die tuflTreien Mergel
und Mergelkalke der Cassianer Schichten. Dies ist der Fundort der
berühmten Cassianer Fauna. Man sammelt sowol auf der Kamm-
höhe, als auch auf den beiden Abhängen die lose ausgewitterten
Fossilien. Die besten Entblössungen sind auf der Buchensteiner
Seite. Stur und Laube versuchten eine Gliederung des Complexes
auf Grundlage der heteropischen Abweichungen der einzelnen Bänke.
Nach den bisherigen Untersuchungen ist jedoch eine weitere Unter-
theilung der Cassianer Schichten nicht gerechtfertigt. Einige der
höchsten Schichten vor dem Sett Sass enthalten ausser Cidariten
auch sehr viele Daonellen (D. Cassiana Mojs. und D. Richthofeni
Mojs.). Diese grauen Daonellen-Gesteine besitzen eine viel weitere
horizontale Verbreitung, als die tieferen, cephalopoden- und gastero-
podenreichen Schichten.
In letzterer Zeit haben sich nicht gerade selten grosse Exem-
plare von Nautilen und grosse Chemnitzien gefunden, was beinahe
die Vermuthung aufkommen lässt, dass man vorher nur die zier-
lichen kleineren Formen beachtet hatte.
Die'im Gestein steckenden Fossilien (namentlich die Cephalo-
poden) sind nicht selten von einer dicken, sinterartigen Kruste über-
zogen, was ihre Gewinnung sehr erschwert, v. Klipstein machte
darauf aufmerksam, dass in den Mergeln die Fossilien sich vorzugs-
weise in zähen abgerundeten Kalkknauem finden, , deren Aussen-
fläche von ansitzenden oder aus dem Kalkkem hervorragenden Ver-
steinerungen, unter welchen Korallen die Hauptrolle spielen*, ganz
bedeckt ist.
Diese knauerförmigen Lumachellen, die Incrustirung vieler
Conchylien, die vielen zerbrochenen Reste, die Isolirung der Cida-
ritenstachel, das Fehlen der äusseren Windungen bei den meisten
*) Die Po%xdonomya Wengensis wurde irrthOmlich mit Halobia rugosa iden-
tificirt. Vgl. Stur, Jahrb. Geol. R.-A. 1868, pag. 53 1, £. v. Mojsisovics, Jahrb.
Geol. R.-A. 1872, pag. 435, Taf. XIV, Fig. 2, 3.
246
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Cephalopoden, die stellenweise vorkommende oolithische Struc-
tur u. s. f., dies Alles weist darauf hin, dass das Fossilienlager von
Stuores durch Zusammenschwemmungen an einer Untiefe entstanden
ist. In der That endet dicht an dem reichen Fundort das Riff des
Sett Sass- Die Fauna trägt, wie auch der neueste Monograph der-
selben, Laube, bemerkt hat, vollständig den Charakter einer Riff-
Fauna. So erklären sich denn die hier beobachteten Thatsachen in
vollkommen concludenter Weise. Die Fossilien wurden an einer
massig bewegten Stelle an der Aussenseite eines Riffes zusammen-
geschwemmt und begraben.
Es verdient noch erwähnt zu werden, dass auch zwischen den
Kalkmergeln von Stuores Bänkchen weissen faserigen Aragonits vor-
kommen *).
Auf dem östlich zum Massiv des Sett Sass führenden Kamme
reichen die Cassianer Mergelkalke hoch hinan, und allem Anscheine
nach liegen die rothen Raibler Schichten, welche von der Dolomit-
platte des Sett Sass sanft gegen Norden abfallen und einen niedri-
gen Rücken von Dachsteinkalk tragen, direct auf ihnen. Eine völlige
Sicherheit ist wegen des grossen Haufwerks von Blöcken des zer-
fallenden Dachsteinkalks nicht zu erlangen.
Unweit von dieser Stelle gegen Südosten hebt sich unter den
Raibler Schichten der Cassianer Dolomit des Sett Sass empor,
welcher rasch auf ico — 150 Meter Mächtigkeit anschwillt. Die Steil-
wand ist gegen Süden gekehrt. Gegen Norden dacht er mit einer
Fläche ab, welche als die Riffböschung • zu betrachten ist, da auf
der Nordseite der Valparola-Gruppe zwischen den Cassianer Mer-
geln und den Raibler Schichten kein Dolomit mehr vorhanden ist.
Richthofen-Riff Sett Sass
Valparola
Eisenofen bach
oberhalb ^t. Cassian
SSW.
NNO.
a =
Durchschnitt durch die Sett Satt-Oruppe.
(Auskeilen zweier Dolomitzungen; StellTertretung derselben durch Mergel.)
Wengener Schichten; b = Cassianer Schichten; b^ = Cassianer Dolomit; e zz Raibler
Schichten; d = Dachsteinkalk.
♦) Vgl. die Note auf Seite i35.
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 247
Am Eingange in das Valparola-Thal und von da östlich gegen die
Strada tra i Sassi*) ist die directe Ueberlagerung der Cassianer
Schichten durch die Raibler Schichten allenthalben sehr deutlich.
Auch auf der Strecke zwischen dem Prelongei-Rücken und der
Mündung des Valparola-Thales scheint dieses Verhältniss das herr-
schende zu sein. Vegetation und Dachsteinkalk-Schutt erschweren
jedoch daselbst die Beobachtung. Nur an einer Stelle ist eine sehr
beschränkte Dolomitzunge zu sehen, an welche sich an der West-
seite die Cassianer Mergel horizontal anlagern. Höher aufwärts an
der Strada tra 1 Sassi, dort wo dieselbe eine südöstliche Richtung an-
nimmt, sieht man zunächst zwischen den Cassianer Mergeln und den
Raibler Schichten einen schwarzen Korallenkalk sich einschieben,
der dann bald in Dolomit übergeht. Ausserdem schalten sich auch
zwischen die tieferen Lagen der Cassianer Schichten mehrere Dolo-
mitbänke ein. Zwischen denselben und der Steilwand des Lagatschoi
läuft eine Verwerfung durch, welche sich östlich bis Cortina ver-
folgen lässt. Wir werden auf dieselbe später zurückkommen und
bemerken hier nur, dass der gegen Norden sich ebenfalls auskeilende
Cassianer Dolomit des Lagatschoi als die nördliche Fortsetzung des
Dolomits des Sasso di Stria (Hexenfelsen) **), welcher mit Sett Sass
und Nuvolau zusammenhängt, zu betrachten ist. Die eben erwähnten
Dolomit-Einlagerungen in den Cassianer Schichten der Strada tra i
Sassi können entweder als seitliche Ausläufer des Dolomits des
Lagatschoi oder als nördliche Zungen des Dolomits der Sett Sass-
Kette betrachtet werden.
Die Raibler Schichten von Valparola enthalten ausser den be-
kannten rothen Bohnerz ***) führenden Gesteinen mehrere Varietäten
von Sandsteinen, darunter auch die lockeren braunen Sandsteine
mit Bivalven-Kemen und die Sandsteine mit Kohlenschmitzen vom
Pian de Sass. Auch Gyps soll vorkommen. Wenigstens berichtete
man mir in St Cassian, dass vor einiger Zeit Gypsgruben in Val-
parola bestanden hätten.
Der Cassianer Dolomit des Sett Sass ist in seiner unteren
Hauptmasse schichtungslos. Etliche Fugen , welche stellenweise
*) Nicht „tre Sassi'', wie man häufig liest. ^
**) Dieser Name steht in unserer Karte irrthümlich nördlich vom Falzarego-Hospiz.
Er gebührt der mit F. di Valparola bezeichneten Höhe 2483 westlich vom Hospiz.
***) Das Eisenerz, welches einst am Ausgange von Valparola verhüttet wurde,
wurde von Posalz bei Colle Santa Lucia, wo es in den Bellerophon-Schichten
gewonnen wurde, gebracht. Darnach ist die Angabe v. Richthofen*s, dass die
Raibler Schichten das Erz lieferten, zu modificiren. Dies schliesst übrigens die
Möglichkeit nicht aus, dass auch nebenher die Bohnerze der Raibler Schichten in
die Hütte wanderten.
2^8 ^ic Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
bemerkbar werden, deuten vielleicht die nach Norden abdachende
Ueberguss-Schichtung an. Das blendend weisse, zuckerkömige Ge-
stein enthält an einigen Punkten zahlreiche Reste von Korallen.
Seltener sind Abdrücke von Cidaritenstacheln und Steinkeme von
Megalodonten. In der Höhe, unterhalb der Raibler Schichten
kommen geschichtete Dolomite und weisse grossoolithische Kalke,
welche v. Cotta*) mit Nummuliten-Kalken verglich, vor. Ich habe
diese geschichteten Lagen, welche sich in einigen anderen Gegenden
wieder finden, consequent überall als Cassianer Dolomit ausgeschieden,
obwol ich es nicht fiir unmöglich halte, dass dieselben bereits den
Raibler Schichten angehören. Darüber könnten nur glückliche Funde
von Cephalopoden entscheiden.
Am Fusse des Sett Sass-Zuges läuft eine Zone von Cassianer
Mergeln fort^ welche den Dolomit unterteuft. Sie ist allenthalben
reich an Fossilien, unter denen Cidariten (hauptsächlich Cidaris
dorsata Br.J bei weitem dominiren. Rifllcalke (Cipitkalke), nicht zu
unterscheiden von den RiflTkalken der Wengener Schichten, sind
häufig den Mergeln eingeschaltet. Auch den Daonellen-Schichten
des Prelongei-Rückens mit D. Casstana und D. Richthofeni begegnet
man an zahlreichen Punkten.
Südlich vom Sett Sass erhebt sich aus diesen Cassianer Schich-
ten ein kleines vollkommen isolirtes Dolomitriflf, welches gleich der
oberen Dolomitmasse steil mauerformig gegen Süden abfallt. Eis
fuhrt keinen bestimmten Namen. Die Bezeichnung Anti Sass**),
welche ich dafiir hörte, wird auf ähnliche, weiter östlich vorkommende,
der grossen Dolomitmauer vorliegende Dolomitstufen ebenfalls
ausgedehnt und ist daher zu generell.
Die Aufschlüsse an der Ostseite dieses kleinen Riffs sind aber
so instructiv für das Verständniss der heteropischen Verhältnisse,
dass ich mir erlaube eine distinctive Bezeichnung für dasselbe vor-
zuschlagen. Mein hochverehrter Freund Baron Ferd. v. Richt-
hofen wird mir gestatten, dass ich seinen Namen mit dieser lehr-
reichen Stelle verknüpfe. Niemand hat ein grösseres Anrecht als
er, dessen Untersuchungen so viel Licht über diese Gegenden ver-
breitet haben. So möge der Name ,Richthofen-Riff* lauten.
Das beiliegende Lichtbild (»Der Sett Sass von der Montagna
di Castello*), welches das Riff mit seinen östlichen Ausläufern dar-
stellt, wird das Verständniss erleichtern. Das Riff, dessen Dolomit
*) Briefe aus dea Alpen, pag. iSo.
♦♦) Laube nennt diesen Punkt Force IIa di Sett Sass. Wie jedoch das Wort For-
cella (fiirca) lehrt, kann sich diese Benennung nur auf den Sattel beziehen, welcher
das kleine Riff mit dem Sett Sass verbindet.
Der Sett Sass von der 1
(Auskeittn eines Äif« in rf
dontagna di Castello.
n Cassianer Schichten.J
Die Selia-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 249
viele Korallenreste enthält, ist auch an den Stellen seiner grössten
Mächtigkeit von Cassianer Mergeln eingeschlossen. Die Mergel
ziehen mit Einschlüssen von Riffsteinen nicht nur über den Sattel
zwischen dem Richthofen-Riff und dem Sett Sass, sondern bilden
auch eine schmale, über den tieferen Wengener Schichten sich er-
hebende Zone unterhalb des Riffs. Wie die Cassianer Fossil-Sammler
aussagen *) , stammen die meisten in den Handel gebrachten
Cassianer Korallen von der Westseite des eben erwähnten Sattels
(Forcella di Sett Sass). Man unterscheidet im Riff deutlich zwei,
beinahe gesimseartig vortretende Absätze. Das Riff zerfallt auf diese
Weise in drei Dolomitstufen, welche wir gesondert betrachten wollen.
Die untere Stufe hat nur eine geringe Ausdehnung und allem An-
scheine nach endet sie etwas weiter in Westen, als die oberen Stufen.
Man sieht deutlich, dass die viel mächtigere mittlere Stufe über die
untere gegen Osten hinausgreift. Ebenso lehrt ein Blick auf unsere
Abbildung, dass die oberste Stufe sich noch weiter gegen Osten aus-
dehnt und wie sich dieselbe allmählich zwischen den Mergeln aus-
keilt. Jede höhere Stufe greift also über die vorhergehende in das
Mergelgebiet über. Es entspricht nun offenbar jedem Absatz eine
Unterbrechung im Wachsthum des Riffs, während welcher seitlich auf
den tiefer gelegenen Gehängen des Riffs Mergel abgelagert wurden.
Die Erscheinung ist im Wesentlichen nicht verschieden von
den Dolomitzungen des Cipiter Schlemgehänges. Nur betrachteten
wir dort das Riff von der Vorderseite. Der Aufschluss am Richt-
hofen-Riff aber stellt einen förmlichen Durchschnitt dar.
Die der mittleren Dolomitstufe angelagerten Mergel zeichnen
sich durch eine steinige Beschaffenheit aus, eine Eigenschaft, welche
an der heteropischen Grenze nicht selten wiederkehrt. Getrennt
vom Dolomit stellt sich unweit davon eine linsenförmige Bank von
Cipitkalk ein, welche zahlreiche Korallenstöcke, Cidariten, Crihoiden
u. s. f umschliesst. In ähnlicher isolirter Stellung findet sich östlich
von der obersten Dolomitzunge ein linsenförmiger Körper von
Dolomit. Ich betrachte diese beiden isolirten Massen ebenso wie
das Richthofen-Riff als die nördlichsten Spitzen eines denudirten
ausgedehnten südlichen Riffs.
An der Westseite des Richthofen-Riffs scheinen Mergel und
Dolomit in ähnlicher Weise, wie im Osten in einander zu greifen,
doch hindert das grosse Haufwerk von Dolomitblöcken die genauere
Ermittlung der Verhältnisse.
*) Laube hat ein Verzeichniss von hier vorkommenden Fossilien gegeben.
Fauna der Schichten von St. Cassian. V. Abth. pag. 49, 5o.
Rlchlhofen-Riir
Zur Aodcht de* SetI 8u* von d« Moatacu dl Cutello.
[Autkeileii ein« Riff« in den C«>ii»ner Schithteo.)
= Wengener Schichlea; CM. = CatBianer MerHl; ca. = Caiiiiner RUfartinc ICipitkllk :
Das Richthofen-Riff ist eine landschaftlich zu sehr auflallende
Erscheinung, als dass es der Aufmerksamkeit der älteren Beobachter
hätte entgehen können. Man nahm an, dass auf der Südseite des
Sett Sass eine Verwerfung durchsetze und hielt das Richthofen-Riff
fiir einen abgesunkenen Theit des Sett Sass. Consequenter Weise
musste man nun auch die Cassianer Schichten der Forcella di Sett
Sass mit den rothen Raibler Schichten von Valparola trotz der petro-
graphischen und palaeontologischen Verschiedenheit identificiren •}.
Ein dem Richthofen-Riff vollkommen analoges kleines Ri^
findet sich weiter Östlich unterhalb dem Sasso di Stria (F. di Valpa-
rola der Karte]. Hier sieht man den korallenreichen Dolomit deutlich
auf der Westseite in den Cassianer Mergeln auskeilen.
Einem tieferen Niveau, wahrscheinlich bereits den Wengener
Schichten dürften die Riff kalkmassen angehören, welchen man beim
Abstiege vom Prelongei nach Buchenstein begegnet.
Noch viel tiefer, an der Grenze zwischen den dickschichtigen
Augitporphyrtuffen und den Wengener Tuffsandsteinen kommt
nordöstlich vom Col di Lana eine Bank grauen Kalkes vor.
*) Vgl. Stur, Jahrb. Geol. R.-A. 1868, pag. 554; Loretr, Zeitachr. D. Geol.
üe». 1874, pag. 457, 499. — V. Richthofen hielt die CaMianer Schichten der
ForccUa di Setl Sass ebenfalls Tar Raibler Schichten, identificirte jedoch den Dolomit
des Sett Sass wegen seiner Megalodonten mit Dachsteinlialk, Dies führte ihn zur
Annahme einer Verwerfung zwischen den echten Raibler Schichten von Valparola
und dem Dolomit des Sett Sass. Megalodonten kommen Obrigens auch in den
Cassianer Mergeln von Stuores vor.
Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 25 1
An Fossilien sind die Wengener Schichten des Buchensteiner
Gehänges des badiotischen Hochplateau's nicht r^ch. Ausser den
gewöhnlichen Daonellen, welche sich stellenweise finden, kenne ich
noch Crinoiden- und Cidaritenreste aus Tuffsandsteinen der Gegend
von Castello. s
Die Abstürze gegen Buchenstein sind von einer Reihe, der
Thalrichtung mehr weniger paralleler Verwerfungen durchzogen,
an denen das Gebirge gegen die Thaltiefe zu stufenförmig absinkt.
Die daraus resultirenden Schöllen sind von verschiedener Ausdeh-
nimg und zeigen häufig auch abweichende Fallrichtungen. Zwischen
Araba und Soraruaz reicht der abgebrochene imd eingesunkene
Nordflügel der Augitporphyrlaven des Sasso di Capello-Zuges quer
über das Thal und stösst hoch oben am Gehänge des Cherzberges
an einen ostwestlich streichenden Zug von unterem Muschelkalk,
welcher in Folge einer Längsverwerfung scheinbar von den Augit-
porphyrtuffen des Cherzberges überlagert wird. Oberer Muschelkalk,
Buchensteiner Schichten und vielleicht auch noch der tiefere Theil
der Tuffe sind verworfen.
Die auffallend grosse Mächtigkeit der Tuffe am Col di Lana
erklärt sich wol auch durch Wiederholungen derselben Schichten in
Folge von Längsverwerfungen.
Das Thal von Buchenstein bildet die beiläufige Grenzlinie
zwischen den mit Augitporphyrlaven verbundenen Tuffen im Westen
und den dickschichtigen Tuffen ohne Laven oder mit vereinzelten
Ausläufern von Laven im Osten. Durch Tuffmasse verkittete Brec-
cienkalke spielen an der Basis der dickschichtigen Tuffe eine
nicht unbedeutende Rolle. Wo sich, wie dies stellenweise der Fall
ist, dünngeschichteter Sandstein oder Schieferbänke zwischen den
dickschichtigen Tuffen einstellen, finden sich in denselben, wie
am Ostabhange des Col di Lana, auch Posidonomyen und Daonellen
(D, LommeliJ,
Die Buchensteiner Schichten bestehen in Buchenstein aus
Bänderkalken mit mächtigen Schichten von Pietra verde, welche
manchmal auch rothe Färbungen annimmt und von in der Mitte
des Complexes auftretenden Knollenkalken. Daonellen und Posido-
nomyen sind in den Bänderkalken häufig (Daonella tyrolensis, D, ba-
diotica und D. Taramellii in der typischen und in einer grobrippigen
Varietät).
Der obere Muschelkalk ist durch eine massige Bank grauen
Crinoidenkalkes , welcher nicht selten breccienartig wird, vertreten.
Die im Norden und Nordwesten vorherrschende dolomitische Aus-
bildung findet sich hier nicht mehr. Bei Ruaz, neben der über die
252 I^e Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
tiefe Schlucht führenden Brücke am Wege nach Araba, entdeckten
Dr. Hoernes und ich in einer abgesunkenen Scholle einen reichen
Fundort von Fossilien. Eine riesige Natica kommt in zahlreichen
Individuen vor, welche häufig noch die ursprünglichen Farbenstreifen
zeigen. Seltener und nur schwer aus dem spröden Gestein gewinnbar
sind Ammoniten (Trachyceras Cordevolicum Mojs.J. Auch Brachio-
poden sind an dieser Stelle selten, obwol dieselben sonst in dem
grauen Crinoidenkalk von Buchenstein zu den häufigeren Vorkomm-
nissen gehören.
Der untere Muschelkalk zeigt im Ganzen sein gewöhnliches
Verhalten. Bei Ruaz folgen unter dem gasteropodenreichen oberen
Muschelkalk :
aj Sandige Kalkschiefer mit Pflanzenresten,
bj Conglomerat mit rothem Bindemittel,
c) rothe dolomitische Schiefer, ähnlich dem cephalopoden-
führenden Gestein von Val Infema,
dj Conglomerat — weisse Kalkknollen in rothem Bindemittel.
An anderen Stellen, wie bei Corte, treten in Verbindung mit
den rothen Conglomeraten rothe Dolomite mit Ammonitenresten,
ganz übereinstimmend mit den Gesteinen von Val Infema, auf
3. Die Nuvolau-Gnippe.
Diese an das badiotische Hochplateau anschliessende kleine
Gebirgsgruppe begrenzen wir westlich durch den Cordevole bis Ca-
prile abwärts, südöstlich bis auf den Monte Giau durch die Reichs-
grenze. Die weitere Begrenzung ergibt sich aus der orographischen
Gestaltung von selbst. Nach den geologischen Verhältnissen erweist
• sich diese Gruppe als die Fortsetzung des östlichen Theiles des
Badioten-Hochplateau's.
Die Cassianer Dolomitplatte des Nuvolau ist die südöstliche
Fortsetzung des Dolomits des Sasso di Stria und des Sett Sass,
welche indessen am Passe von Falzarego oder Fauzarego*) in Folge
einer am Südostrande des Sasso di Stria verlaufenden Verwerfung
eine unbedeutende Unterbrechung erleidet. Die oberen geschichteten
Kalke und Dolomite mit den weissen Oolithen senken sich vom
Nuvolau-Plateau in die Passniederung herab und stossen sodann am
•ungeschichteten Dolomit des Sasso di Stria ab.
*) Dies ist die richtige Lesart, da der Name vom römischen „fauces" (Eng-
pass, Uebergang) herrühn.
Die Seila-Gruppe und das Badioten-Hochplateau. 253
Die nördlich und nordöstlich gegen die Falzarego-Bruchlinie
abdachende Nuvolau-Platte trägt ziemlich ausgedehnte Reste von
rothen Raibler Schichten und drei sehr beschränkte Denudations-
Relicte von Dachsteinkalk, von denen zwei, der Hauptgipfel des
Nuvolau (2649 Meter) und die abenteuerlichen fünf Thürme von
Averau {Cinque torri, torri di Averau) sehr charakteristische Fels-
gestalten bilden.
Am Westfusse der Cima di Val di Limeves (2319 Meter)
findet sich in der den Dolomit des Nuvolau unterteufenden Zone
von Cassianer Schichten eine ähnliche kleine Dolomitspitze, wie das
Richthofen-Riif am Südfusse des Sett Sass. Die Cassianer Schichten
nehmen gegen Süden an Mächtigkeit ab. Riifsteine (Cipitkalk) ver-
drängen allmählich die Mergel.
Oestlich vom Monte Por^ (Frisolet) reicht in die Buchensteiner
Schichten die Westspitze des jenseits des Codalonga-Thales sich
bis in die Wengener Schichten hinauf erhebenden Dolomitriffs des
Monte Camera. Da auch der Muschelkalk in dieser Gegend etwas
abweichend entwickelt ist, so theile ich das von den Augitporphyr-
tuffen im Hangenden ausgehende Profil mit:
a) Bänderkalke und Pietra verde,
b) Dolomit, stellenweise grün und kieselig,
c) Buchensteiner Knollenkalk,
(t) oberer Muschelkalk, Kalk und Dolomit mit Diploporen und
Crinoiden,
e) sandige Kalkplatten mit conglomeratischen Lagen und Schie-
fem mit Pflanzenresten wechsellagemd (in braunen flimmemden
Kalken Rhynchonella tetractis Lor., Waldheimia angusta Schi., W,
vulgaris Schi.) *).
f) Weisser Dolomit, nicht mächtig,
g) Werfener Schichten.
Es tritt sonach hier im unteren Muschelkalk Dolomit auf.
Im Liegenden der Werfener Schichten erscheinen sodann bei
Codalunga die Bellerophon-Schichten mit Einlagerungen armer Sphä-
rosiderite und mit Gypsen an der Basis.
Zwischen Andraz und Colle di Santa Lucia läuft eine Ver-
werfung durch, welche die Bellerophon- und Werfener Schichten
der Nuvolau-Bergmasse gegen Westen abschneidet. Eine zweite
*) Der von Stur (Verh. Geol. R.-A. i865, pag. 246) erw&hnte Fundort von
Muschelkalk-Brachiopoden „Val Zonia" befindet sich in nächster Nfthe von dieser
Stelle. Die im Museum der Geologischen Reichs-Anstalt aufbewahrten GesteinstOcke
von dieser Localitflt enthalten : Rhynchonella tetractis Lor, und Spiriferina cf,
Ment^eli DnkJ
2CA Die Sella-Gruppe und das Badioten-Hochplateau.
Parallel- Verwerfung folgt unweit im Westen. Das Gebirge sinkt in
Folge dieser Verwerfungen stufenförmig gegen den Cordevole ab.
Die jüngsten, auf diesen streifenförmigen Schollen noch erhaltenen
Schichten sind die dickschichtigen Augitporphyrtuffe (Kugeltuffe).
Die hier vorkommenden Schichten stimmen genau überein mit
den bereits besprochenen gleichaltrigen Bildungen des oberen
Buchenstein. Erwähnenswerth ist nur der Fund von kleinen Gerollen
eines rothen Porphyrs in der Pietra verde von Rucava.
Die eben genannten beiden Schollen werden oberhalb Caprile
und CoUe Santa Lucia durch eine weit im Osten ansetzende bis an
den Ostfuss des Monte Migion reichende Bruchlinie (Antelao-Bruch)
abgeschnitten, im Süden von welcher mit ostwestlichen Streichen
Kugeltuffe, Buchensteiner Schichten und oberer Muschelkalk in regel-
mässiger Lagerung, flach gegen Norden einfallend, erscheinen.
Man durchschneidet diesen Zug, wenn man von Colle Santa
Lucia nach Caprile geht. Den Kugeltuffen sind hier plattige Knollen-
kalke mit Tuffschmitzen eingelagert, welche sehr an die Buchen-
steiner Knollenkalke erinnern. Ehe man noch den Cordevole erreicht,
verschwinden die Buchensteiner Schichten und an ihre Stelle tritt
weisser Dolomit, ein östlicher Ausläufer des Marmolata-Riffs.
IX. CAPITEL.
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Das Süd- und Südwestgehänge zwischen Ampezzo und St. Cassian. > Bergbrüche der Tofana
bei Ampezzo. - Das Laganchoi-Riff. - Die badiotische Mergeibucht. - Das Westgehänge
zwischen St. Cassian und St. Vigil. — Das Nordgehänge zwischen St Vigil und Brags. - Proule
des unteren Muschelkalks. — Das Nordostgehänge zwischen Brags und Schiuderbach. - Die
hetcropischen Verhältnisse an der Nordseite des Dürrenstein. - Die Hochfläche des Dacbsteinkalks.
De* mächtige Gebirgsstock zwischen Gader, Rienz und Boita,
präsentirt sich auf unserer Karte als eine zu drei Viertheilen ge-
schlossene Mulde, an deren Rändern die älteren und in deren Mitte
die jüngsten Bildungen auftreten. Indessen zeigt schon die eigen-
thümliche Verbreitung der dem Hochplateau aufgelagerten jüngeren
Formationen, dass die Regelmässigkeit der flach tellerförmigen
Grundanlage der Mulde in manigfacher Weise gestört sein muss.
Es ist namentlich die Fortsetzung der bereits mehrmals besprochenen
Villnösser Bruchlinie, welche zwischen Wengen und Peutelstein quer
das Faniser Hochgebirge durchsetzt und ein Absinken im Süden ver-
anlasst. Eine Erscheinung, welche sich an weit fortsetzenden Bruch-
linien häufig wiederholt, tritt auch hier ein. Wo sich nämlich die
Sprunghöhe zwischen zwei verworfenen Gebirgstheilen auffallend
vermindert, begleiten eine oder mehrere Parallel-Verwerfungen von
kurzer Erstreckung den Hauptbruch, als wenn sich die verwerfende
Kraft an solchen Stellen zersplittert hätte. So folgen der Villnösser
Bruchlinie im Norden zwei grössere Parallel- Verwerfungen und eine
Reihe enger begrenzter Einbrüche. Das Absitzen erfolgt regelmässig
auf der Südseite.
Die mittlere Zone dieses Hochgebirges ist sonach mehr weniger
verstürzt und fallen im Norden wie im Süden die äusseren Gebirgs-
theile der Einsturzzone zu.
Während die älteren Triasbildungen nur in den peripherischen
Strichen auftreten, setzen Dachsteinkalk und jurassisch-cretaceische
Bildungen die Hauptmasse des Gebirges zusammen. Die durch
2c6 ^AS Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Mächtigkeit und Verbreitung weitaus vorherrschende Formation ist
der Dachsteinkalk, welcher allein iiir den landschaftlichen Charakter
dieses prächtigen Hochgebirges massgebend ist. Daher der auflallende
physiognomische Gegensatz im Vergleiche mit den Gegenden, in
welchen die Dolomitriffe das bestinmiende Element der Landschaft
sind. Die tausendfache Schichtung des Dachsteinkalkes ist die
Ursache der ungezählten bandförmigen Streifen und der terrassen-
förmigen Absätze, welche dem Bergsteiger den Zutritt zu den
schroffen Felspyramiden gestatten. Den grossartigen Effect dieser
mächtigen feingebänderten Felswände erhöhen wesentlich die warmen
rothen Töne, welche das Ganze überziehen und so lebhaft von dem
blendend- weissen Schutt abstechen, welcher die Wände gleichsam
überrieselnd auf den Vorsprüngen der Schichtenbänder haften bleibt.
Die muldenförmige Anordnung der Schichtsysteme legt uns
aus Rücksicht fiir die Uebersichtlichkeit der Darstellung eine stoff«-
liehe Zweitheilung auf Es sollen zunächst die Randzonen geschil-
dert werden, soweit dieselben aus Schichten von höherem Alter als
Dachsteinkalk bestehen. Hierauf soll dann das jüngere Deck-
gebirge, Dachsteinkalk, Jura und Kreide, einer gesonderten Erörte-
rung unterzogen werden.
I. Das Süd- und Südwestgehfinge zwischen Ampezzo und
St. Cassian. Das Lagatschoi-RifF.
Es wurde bereits angedeutet, dass die Verwerfung der Strada
tra i Sassi am Südfusse des Lagatschoi*) und der Tofana bis in
das Thalbecken von Ampezzo fortsetzt Die Verwerfung fallt nahezu
mit der Strasse zusammen, welche von Ampezzo bis auf die Höhe
des Falzarego-Passes fiihrt. Der Costeana-Bach fliesst südlich davon.
Die aus Cassianer Dolomit bestehende und von Raibler Schichten
bedeckte Creppa bei Ampezzo liegt ebenfalls bereits im Süden der
Verwerfung und gehört tektonisch zur Cassianer Dolomitplatte der
Rocchetta- und der Nuvolau-Gruppe.
Den Südrand der Verwerfung bilden bis zur Creppa die Raibler
Schichten des Nuvolau-Plateau's , an der Creppa aber Cassianer
*) Ich gebe diesem ortsüblichen Namen den Vorzug vor der offenbar corrum^
pirten Schreibweise der Karten „Lagazuoi". Lagatschoi ist der ladinische Ausdruck
für „lagaccio", welcher in dem Vorkommen kleiner Weiher und Sümpfe auf der
Lagatschoi-AIpe seine Begründung findet.
i
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 257
Dolomit*). Am Nordrande erscheinen von Ampezzo bis auf die
Höhe von Falzarego Wengener Sandsteine und Mergel.
Zwischen Ampezzo und der Rozes-Alpe ist in Folge gross-
artiger Abrutschungen von Theilen der Tofanamasse, sowie wegen
der nicht unbedeutenden, noch in Bewegung befindlichen Schlamm-
ströme ein Einblick in die Zusammensetzung der tieferen Theile
der Tofanamasse nicht möglich. An der Rozes-Alpe sieht man
deutlich, dass die Unterlage der östlichen Tofana mit Ausnahme
einer unbedeutenden Bank von Cassianer Dolomit unterhalb der
Raibler Schichten durchaus aus mergeligen Schichten und Wengener
Sandsteinen gebildet wird.
Es ist nun leicht verständlich, dass abgeklüftete Partien des
Dachsteinkalks der Tofanawände auf einer so thonreichen, nach-
giebigen Unterlage allmählich thalwärts wandern. Die compacte fest-
stehende Masse der Tofana kehrt dem Ampezzaner Thal ihre
Steilwände zu. Vor denselben zieht sich ein theilweise von Weiden
und Wäldern bewachsenes, arg zerrissenes, felsjges Mittelgebirge hin,
das nur an einer Stelle, im Val Druscie, eine Unterbrechung zeigt.
An dieser einen Stelle erscheinen dann auch unter den mächtigen
Schutthalden des Dachsteinkalks die rothen Raibler Schichten in
der ihnen der allgemeinen Fallrichtung nach entsprechenden Höhe
am Gehänge unterhalb der Steilwände des Dachsteinkalks, während
dieselben sonst durch die vorliegenden rutschenden Schollen ver-
deckt sind. Es sind zwei durch das Val Druscie geschiedene Schollen
zu unterscheiden, von denen die eine, welche im Col Druscie cul-
minirt und den Rücken zwischen Romerlo und Cadelverzo bildet,
viel weiter gegen Osten vorgerückt ist und offenbar in einer früheren
Periode losgelöst wurde. Zwischen dieser Scholle und der zweiten,
welcher die felsigen Stufen von Stuores angehören, sind am Aus-
gange des Val Druscie anstehende Wengener Schichten, einen be-
wachsenen Hügel bildend, sichtbar.
An der Vorderseite (Ostseite) dieser Schollen zeigen sich
rothe Raibler Schichten in noch zusammenhängenden Streifen. Bei
Cadelverzo sind den Raibler Schichten der östlichen Scholle Gyps-
lagen eingeschaltet. Der obere und mächtigere Theil der Schollen
besteht aus arg zerklüftetem und an vielen Stellen bereits ganz in
grosse Blockmassen zerfallenem Dachsteinkalk. Es ist augenschein-
lich, dass das Abwärtsgleiten der Schollen gegenwärtig noch an-
*) Diese Veru^erfung findet östlich von Ampezzo keine Fortsetzung, dagegen
ist es wahrscheinlich, dass sie an der Creppa gegen Süden abbiegt und im Boita-
Thal bis Vodo abwärts reicht.
Mojsisovics, Dolomitriffe. ij
258 Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
dauert und dass die stetig mehr und mehr zerfallenden und in sich
zusammensinkenden Schollen ihre Basis gegen Osten ausdehnen.
Den freundlichen Häusergruppen und den Wiesen am rechten Boita-
ufer droht sonach die Gefahr, einstens unter Geröllströmen und
.Felsblöcken begraben zu werden. Um den Eintritt einer solchen
Katastrophe möglichst weit hinauszuschieben, kann nicht dringend
genug die absolute Schonung der noch vorhandenen Waldparcellen
und die Aufforstung der kahlen oder nicht bewaldeten Stellen im
ganzen Umfange des Rutschterrains empfohlen werden.
Am Südfusse der Tofana prima (3215 Meter) zwischen dem
Col dei Bos, über welches man in das prächtige Travemanzes-Thal
gelangt, und der Falzarego-Alpe, befindet sich ein sehr lehrreicher
und leicht zugänglicher Aufschluss über die heteropische Begrenzung
des Lagatschoi-Riffes. Die Verhältnisse, zu deren lUustrirung wir
drei Lichtbilder beigeben, sind völlig analog mit denen des bereits
geschilderten Richthofen-Riffes vor dem Sett Sass.
Bereits von der Falzarego-Strasse aus wird ein aufmerksamer
Beobachter nicht ohne einiges Erstaunen wahrnehmen, wie sich in
dem grünen Gehänge der Tofana mit der Annäherung an die Do-
lomitmasse des Lagatschoi weisse felsige Bänke einschieben, welche
lebhaft von den mit ihnen altemirenden grün verwachsenen Mergel-
bändern abstechen. Aber erst von einem höheren Standpunkte aus,
von der Abdachung des Nuvolau oder noch besser von der Spitze
desselben, von welcher wir eine Gesammtansicht des Lagatschoi
und der Tofana in zwei Blättern mittheilen, lässt sich der Zusammen-
hang genau übersehen. Oben, unter dem wolgeschichteten Dach-
steinkaik der Faniser Hochgipfel und der Tofana*) ziehen ununter-
brochen die Raibler Schichten als gemeinsame Deckplatte über dem
Dolomit des Lagatschoi und den Cassianer und Wengener Mergeln
des Tofana-Gehänges hinweg. Die Unterbrechung, welche sodann an
der Südostecke der Tofana sichtbar wird, ist durch die abgerutschte
Dachsteinkalk-Scholle von Stuores veranlasst. Unterhalb Col dei Bos
greifen nun Dolomit und Mergel keilförmig in einander. Die oberste
Dolomitbank, welche den höchsten Theilen des Dolomits des La-
gatschoi entspricht, zieht sich als ein schmales Band zwischen den
Cassianer Mergeln und den Raibler Schichten fort. Die mittlere,
wenig mächtige Dolomitzunge keilt in kurzer Entfernung vom La-
gatschoi-Riff aus, die stärkere unterste Bank, welche die blockartige
Zusammensetzung des Dolomits deutlich zeigt, reicht weiter gegen
*) Die beiden rOckwftrtigen Tofana-Gipfel tragen Kuppen von jurassischen
Bildungen.
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
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26o ^^^ Gebirge zwischen Gader, Rien2 und Boita.
Osten, keilt aber auch bald vollständig aus. Geht man von der
Rozes-Alpe auf die Einbiegung zwischen don beidenf vorderen To-
fana-Gipfeln, so verquert man zunächst die Wengener Sandsteine
mit zahlreichen Einlagerungen von Korallen und Conchylien führen-
den Bänken und gelangt sodann durch edite Cassianer Mergel,
ohne dass man auf eine der beiden unteren Dolomitzungen stösst,
zur erwähnten obersten Dolomitbank, über welcher man die typischen
rothen Raibler Schichten trifft*). Umgekehrt zeigt ein über den
Lagatschoi gezogenes Profil keine Cassianer Mergel, dafiir aber
über den korallenreichen Wengener Schichten^ welche noch kurz
vor dem Falzarego-Hospiz unter den Schuttmassen sichtbar werden,
eine mächtige Ablagerung von Cassianer Dolomit.
Untersucht man die in einander greifenden heteropischen Keile
näher, so findet man in der oberen Mergelzunge cidariten- und
crinoidenreiche gelbe Mergelkalke und Korallenkalke. Gegen die
Spitze des Keiles zu wird diese Mergelzone immer steiniger. Der
mittlere Dolomitkeil ist an seiner Basis unterhöhlt, da allenthalben
unter ihm Wasser hervortritt. An verschiedenen Stellen des
Gehänges ist das wasserundurchlässige Gestein entblösst. Es sind
feinblättrige Cassianer Mergel, welche gegen die Spitze des
Mergelkeils zu allmählich in feste, fleckenmergelartige Gesteine
übergehen.
Die Raibler Schichten des Col dei Bos und des Lagatschoi
bestehen aus dunklen Muschelbänken, mehreren Varietäten von Sand-
steinen (auch den schon öfters genannten Sandsteinen mit Kohlen-
brocken), rothen oplithischen Kalken, rothen Conglomeraten mit
Bohnerz und Quarzkrystallen (Marmaroser Diamanten), grünen und
rothen steinmergelartigen Bänken und dolomitisch sandigen Bänken
mit Megalodonten. Beim Aufstiege durch die Forcella di Traver-
ranzes (einer Scharte im Lagatschoi, durch welche man von der
Passhöhe von Falzarego nach Val Travemanzes gelangt, nächste
Verbindung zwischen Buchenstein und Ospidale) auf die nördliche
Lagatschoi-Abdachung fand ich in einem lichten Kalke der Raibler
Schichten das Fragment eines Nautilus, welches zu N. Wulfeni zu
gehören scheint. Vom Col dei Bos, und zwar nach dem anhaftenden
Gestein zu urtheilen, aus dem Sandstein mit Kohlenbrocken stammt
der von Loretz bekannt gemachte, mir freundlichst zur Unter-
suchung mitgetheilte Nautilus Ampeszanus.
*) Loretz, Zeitsch. D. Geol. Ges. 1874, pag. 448, hat die Wengener und
Cassianer Schichten dieses Gehänges fQr untere und mittlere Raibler Schichten
(„Schiernplateau-Schichten") gehalten.
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Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 26 1
Ehe wir in unserer Darstellung fortfahren, will ich noch be-
merken, dass in den Wengener Sandsteinen der Gegend von Am-
pezzo der tuffige Charakter, entsprechend der weiteren Entfernung
von den Centren der eruptiven Thätigkeit bereits merkbar zurück-
tritt, aber immerhin schichtenweise noch sehr evident ist. Die fossil-
reichen Blöcke, welchen man längs der Falzarego-Strasse so häufig
begegnet, stammen zum grössten Theile von Zwischenlagerungen der
oberen Wengener Schichten her. Der grosse Reichthum an Korallen,
insbesondere in der Nähe des Lagatschoi-Riffes ist bemerkenswerth.
An der Strada tra i Sassi erreicht der Dolomit des Lagatschoi
seine grösste Mächtigkeit Der Verwerfung in der Strada wurde bereits
gedacht und ebenso ist schon erwähnt worden, dass diese Verwerfung
die Fortsetzung des Falzarego-Bruches ist, welcher hier nordwestlich
abbiegt. Ob die Verwerfung in nordwestlicher Richtung noch weiter
fortsetzt, lässt sich mit Sicherheit schwer bestimmen. Indessen
sprechen die Niveauverhältnisse der Schichten an den beiden Ge-
hängen des Eisenofen-Baches zu Gunsten einer solchen Annahme.
Es ist namentlich auffallend, dass sich hoch an den Fuss der La-
gatschoi-Wand hinauf Wengener Schichten erstrecken, während an
der Mündung des Valparola-Thales in viel tieferem Niveau Cassianer
Mergel anstehen. Die Verwerfung müsste entweder zwischen den
Cassianer und Wengener Schichten oder durch letztere selbst durch-
setzen und weiter abwärts mit der Thalsohle von St. Cassian zu-
sammenfallen, von wo sie dann gegenüber von Costa deloi östlich
umbiegen und in der bereits geschilderten Verwerfung von Kolfuschg
fortsetzen würde. Zu Gunsten einer solchen Annahme spricht der
auffallende Parallelismus der verschiedenen Abbiegungen mit dem
Laufe der Villnösser Bruchlinie auf der entsprechenden Strecke
Campil — Wengen — Klein-Fanis— Peutelstein.
Der Dolomit des Lagatschoi nimmt nun in nördlicher Rich-
tung zusehends ab. Am Eingange der Sor^-Schlucht ist die Mäch-
tigkeit bereits sehr reducirt. Man verfolgt die stetig sich verdünnende
Bank noch deutlich am Fusse der Steilwand als Unterlage der
Raibler Schichten bis zum Col Pedoi. Nördlich von diesem Punkte
lagern die Raibler Schichten, wie bereits v. Richthofen richtig er-
kannt hatte, direct auf den Cassianer Mergeln. Das Profil von
St. Cassian über Ru nach Peravuda bietet treffliche Aufschlüsse.
Bei St. Cassian am Fusse des Gehänges der Wengener Schichten
stehen die Daonellenschiefer mit
Daonella Lommeli Wissm, sp,
Trachyceras ladinum Mojs.
Lytoceras Wengense Klipst.
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
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Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 263
an. Darüber folgen dann die gewöhnlichen Wengener Tuffsandsteine
und Mergel in normaler Mächtigkeit. Bei Peravuda springt die Dach-
steinkalkmauer der Lavarella *) auf das Tuffterrain vor und diesem
Umstände ist eine prächtige Entblössung der ganzen höheren
Schichtreihe vom Dachsteinkalk bis zu den Wengener Schichten zu
danken. Die Lagerung ist völlig concordant. Die Schichten neigen
sich etwas vom Berge weg, also schwach westlich. Man steigt ohne
Unterbrechung des Aufschlusses von der tieferen Bank auf die
nächst höhere. Ueber den \yengener Schichten liegen regelmässig
die Cassianer Mergel, in deren oberen Schichten die weit verbreite-
ten Bänke mit Daonella Cassiana und D. Richtfiofeni einen sehr
willkommenen Ruhepunkt bilden. Es folgen sodann in vollkommen
ungestörter Auflagerung die sogenannten Schichten von Heiligen
Kreuz, Lumachellen mit Anoplophora Münsteri, Sandsteine mit Kohlen-
brocken und Muschelresten (Corbis Mellingi, Ostrea Mantis Caprilis),
und röthliche Kalke. Es ist die untere Abtheilung der Raibler Schichten.
Ueber weisslich grüne, durch thonige grüne Zwischenmittel
getrennte Dolomitbänke gelangt man hierauf am Fusse der aus Dach-
steinkalk bestehenden Steilwand zu den oberen thonigen rothen
Gesteinen der Raibler Schichten.
Dieser Aufschluss ist von grosser Wichtigkeit, denn er liefert
den Beweis, dass die ganze Schichtenreihe der Wengener und
Cassianer Schichten bis zu den Raibler Schichten aufwärts in dieser
Gegend lediglich in der Tuff- und Mergelfacies entwickelt ist. Die
Annahme, dass eine den Cassianer und Raibler Schichten zwischen-
gelagerte Dolomit-Etage hier etwa in Folge einer Verwerfung der
Beobachtung entzogen sei, erweist sich als völlig unhaltbar.
Den Cassianer Dolomit des Lagatschoi haben wir uns als die
nördliche Spitze eines von Süden her vordringenden Riffes vor-
zustellen, welchem auch der Sett Sass und die Nuvolau-Platte an-
gehören. Zwei andere Riffe, das Sella-RifT und das Gardenazza-Riff,
begrenzten im Westen die badiotische Mergelbucht. Die Aussen-
seite des Sella-Riffes ist, wie wir gesehen haben, noch ziemlich
wolerhalten, so dass wir die Grenze daselbst ziemlich genau angeben
können. Das Gardenazza-RifT bricht mit einer Denudations-Steilwand
gegen Osten ab, woraus hervorgeht, dass wir die Riffgrenze etwas
ausserhalb der heutigen Umfangslinie des Cassianer Dolomits an-
zunehmen haben.
♦) Nicht La Verclla, wi^ die älteren Karten schreiben. Der Name leitet sich von
lavare ab und ist für die von feinem Kalkschutt Oberrieselten Dachsteinkalk- Wände
sehr bezeichnend.
264 ^^ Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Innerhalb dieser Riffe kommen die Wengener und Cassianer
Schichten nur in der Tuff- und Mergelfacies vor, und wie die Auf-
schlüsse am Pian de Sass, bei Valparola und am Gehänge der La-
varella und des Heiligen Kreuzkofels lehren, spannte sich einst eine
ununterbrochene Decke von Raibler Schichten und Dachsteinkalk in
gleicher Weise über das Gebiet der Mergel-Entwicklung, wie über
die Riffplatten des Dolomits.
2. Das Westgehänge zwischen 6t. Cassian und St. Vigil.
Auf der Strecke zwischen St. Cassian und dem Wengener
Querthal herrschen unter den Wänden des Heiligen Kreuzkofels
dieselben Verhältnisse, wie in dem soeben betrachteten Profil von
St. Cassian nach Peravuda. An den tieferen Theilen des Gehängt
ist zwar, wie bereits vielseitig beklagt worden ist, die Beobachtung
durch rutschende Gehängschollen und durch Schlamm- und Geröll-
ströme sehr erschwert, doch geht aus der Gesammtheit der Auf-
schlüsse hervor, dass bis unterhalb St. Leonhard zwischen der Thal-
sohle und den auf der Höhe der Tuffterrasse von Heiligen Kreuz
anstehenden Cassianer und Raibler Schichten nur Wengener Tuff-
sandsteine und Mergel vorkommen können. Mit dieser Anschauung
stimmt auch die Auffassung sämmtlicher älterer Beobachter überein.
Südlich von Heiligen Kreuz hat sich auf der Terrasse ein
kleiner Denudations-Relict von Dkchsteinkalk erhalten, welcher einer
der Steilwand vorgelagerten ziemlich lange sich fortziehenden Platte
von Raibler Schichten aufgesetzt ist. Diese Platte zeigt bereits viel-
fach die Spuren eines argen Zerfalls, welcher sich in der Richtung
gegen Heiligen Kreuz immer mehr bemerkbar macht. Bei Heiligen
Kreuz liegen in Folge der mergeligen, rutschigen Unterlage der
'Cassianer Schichten die Raibler Schichten in wirren grossen Schollen
durcheinander, und so erklärt sich, dass fast jeder Beobachter ab-
weichende Angaben über die Schichtfolge macht,
Stur hat zuerst den Nachweis geliefert, dass die sogenannten
Schichten von Heiligen Kreuz mit Anoplophora Münsteri, Ptychostoma
Satttae Crucis, Pt. pleurotomoide u. s. f den Raibler Schichten ein-
zureihen sind, Laube hat, wie mir scheint, die Reihenfolge der
Bänke am richtigsten angegeben. Diese Schichten bilden eine eigen-
thümliche Facies der Raibler Schichten, welche in unserem Gebiete
auf den Strich zwischen Peravuda und Heiligen Kreuz beschränkt
scheint.
In den jedenfalls höher liegenden Sandsteinen mit Kohlen-
brocken kommen einige in den nordalpinen und in den kämtnerischen
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 265
Raibler Schichten sehr verbreitete Muscheln vor : Ostrea Montis Ca-
priliSf Carbis Mellingi, Pema avictdaefomtis.
In den rothen Thonen mit Bohnerzen finden sich bei Heiligen-
kreuz nicht selten bohnen- und haselnussgrosse glänzend polirte Quarz-
geschiebe. Sie rühren wol von zerfallenen rothen Sandsteinen her.
Viel unsicherer ist die Provenienz bis handgrosser, eckiger
Blöcke von Glimmerschiefem der Centralkette , welche mir längs
des Weges von Pederova auf die Höhe des Armentara - Berges
wiederholt auffielen. An einen glacialen Transport ist nach den
orographischen Verhältnissen der Fundstelle kaum zu denken. Etwas
mehr Wahrscheinlichkeit hätte die Vermuthung für sich, dass die
Blöcke aus zerstörten conglomeratischen Lagen der Raibler Schichten
stammten. Doch ist auch dies sehr unsicher. Wir werden auf dem
Hochplateau von Gross-Fanis ein Wahrscheinlich zur Zeit der oberen
Kreide gebildetes Conglomerat kennen lernen, welches neben Kalk-
geröUen auch Quarzgeschiebe enthält. Aehnliche Conglomerate be-
standen wol auch noch an anderen Stellen in der näheren und
weiteren Umgebung von Fanis und vielleicht auch auf oder vor
dem Heiligenkreuz-Kofel und rühren möglicher Weise die krystalli-
nischen Blöcke längs des Armentara- Weges von denselben her.
Die an den Gehängen des Armentara-Berges entblössten tiefe-
ren Schichten, deren Kartirung Herr Dr. Hoernes ausführte, zeigen
die im Bereiche der Mergel-Entwicklung der höheren Schichten ge-
wöhnliche Ausbildung. Die Augitporphyrtuflfe sind mit mächtigen
tuffigen Kalkbreccien vergesellschaftet und wechseln bereits mit
dünnschichtigen Wengener Tuflfsandsteinen. Die oberen, mit Pietra
verde verbundenen Bänderkalke der Buchensteiner Schichten sind
reich an Posidonomyen und Daonellen (D. tyrolensis, D, badiotica).
Unterhalb der Fomatscha-Häuser befindet sich eine dislocirte Scholle,
welche aus der vollständigen Schichtenreihe vom unteren Muschel-
kalk bis zu den Wengener Tuflfsandsteinen besteht.
Das Thal von Wengen liegt in der Villnösser Bruchlinie. Die
Aufnahme des Herrn Dr. Hoernes zeigt im Norden der Bruchlinie
in dem Gebirgsrücken zwischen Wengen und St. Vigil zwei secun-
däre Brüche, an denen das ganze Gebirge zwischen dem Paresberg
und der Gader treppenartig abbricht. Die mittlere Scholle nimmt
eine vergleichsweise sehr hohe Lage ein und macht den Eindruck,
als ob sie von unten gegen oben hinaufgeschoben wäre. An ihrer
Basis kommen Werfener Schichten vor, auf der Höhe liegen Wen-
gener Schichten. Der Bruch, welcher dieselbe von dem eingesunke-
nen Dachsteinkalk des Paresberges trennt, läuft am Fusse des
Rückens der oberen Eisengabel-Spitze und des Paresberges und
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
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Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 267
wendet sich um den letzteren Berg in nordöstlicher Richtung. Der
zweite Bruch, an welchem die ganze vordere Gebirgsmasse abge-
sunken ist, läuft so ziemlich dem ersten parallel.
Die eigenthümliche Isolirung, welche die Augitporphyrtuffe
auf der Karte zeigen , rührt zum grossen Theile daher , dass das
Gebiet sich bereits an der Nordgrenze der Verbreitung der Tuffe
befindet. Auf dem nördlichen Thalgehänge von Wengen dürften
jedoch auch durch kleinere Brüche verursachte Absitzungen der
höheren Wengener Schichten zu dieser Erscheinung beitragen.
Die Daonellen-Schiefer von Wengen befinden sich im Hangen-
den eines aus Augitporphyrtuff und Kalkbreccien bestehenden Walles
nächst der alten Kirche von Wengen. Dieser vielgenannte Fundort
hat folgende Fossilien geliefert:
Daonella Lomtneli Wissm. sp,
Posidonomya Wengaisis Wissm.
Trachyceras Archelaus Lbe,
„ ladinum Mojs,
Lytoceras Wengense Klipst. sp.
In den höheren Wengener Sandsteinen fand ich, hoch über
dem Daonellen-Schiefer ein vereinzeltes Exemplar von Trachyceras
Archelaus,
Bei St. Martin und Preromang sind die Bellerophon-Schichten
mit grossem Fossilreichthum entblösst. (Vgl. oben S. 223.) An der
Basis der Bellerophon-Schichten finden sich noch auf der Nordseite
der Korspitze mächtige Gypslager.
Es ist noch von Wichtigkeit, zu bemerken, dass die Buchen-
steiner Schichten der mittleren, hochgelegenen Scholle vorzugsweise
dolomitisch ausgebildet sind, was nach unseren bisherigen Erfah-
rungen mit Sicherheit den Schluss gestattet, dass wir uns, gegen
Norden vordringend, einem Dolomitriff nähern.
3. Das Nordgehänge zwischen St. Vigil und Brags.
In der That ist bereits jenseits des Rauh-Thals die ganze
Schichtenreihe vom oberen Muschelkalk bis zu den Raibler Schichten,
wie in den grossen Dolomitriffen des Schlem-Rosengarten u. s. f.
durch die Dolomitfacies vertreten und erst im Bragser Thal an der
Ostseite der Hochalpe beginnt wieder eine heteropische Region.
Herr Dr. Ho er n es hat dieses Gebiet kartirt. Seine Mitthei-
lungen sind der folgenden Darstellung zu Grunde gelegt.
268 ^^^ Gebirge zwischen Gader, Eienz und Boita.
Tektonisch herrscht die grösste Regelmässigkeit. Die Schichten
fallen durchwegs ziemlich steil gegen Süden ein, ein Verhalten,
welches für den ganzen Nordrand in den östlicheren Regionen zur
Regel wird und aus den ziemlich geradlinigen Thalübersetzungen
der Schichtenzonen bei der Betrachtung der Karte sich sofort zu
erkennen gibt.
Die Dolomitfacies gibt zu keinen besonderen Bemerkungen
Anlass. Der Horizont der Buchensteiner Schichten ist an durch-
streichenden Homsteinlinsen kenntlich. Als isopisches Dolomitriff
reicht das Riff der Hochalpe östlich bis zum Rothen Kofel. Buchen-
steiner und untere Wengener Schichten sind von der Ostseite des
Rothen Kofels an heteropisch ausgebildet und greift sodann der
Dolomit der oberen Wengener und der Cassianer Schichten über
das Gebiet der Mergel-Entwicklung von Brags.
Eine ungewöhnlich grosse Mächtigkeit und eine etwas ab-
weichende Gesteinsbeschaffenheit zeigt der untere Muschelkalk, wie
das folgende Profil darthun wird.
Am Nordwestfusse der Dreifinger-Spitze bei St. Vigil findet sich
eine grössere Entblössung, welche HermDr. Hoernes die Aufnahme
eines ziemlich genauen Profils gestattete. Die Mächtigkeit der einzel-
nen Schichten wurde direct gemessen, doch nöthigte die Halde am
Fusse der Wände, die Messung an einer Stelle zu unterbrechen und
an einer anderen Stelle fortzusetzen. Wegen einiger quer durch-
setzender Sprünge ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass
der Anknüpfungspunkt nicht genau übertragen wurde.
Das Profil wurde etwa in der Mitte der Entblössung begonnen.
Es finden sich daselbst, den Kamm des Rückens zwischen St Vigil
und Thalbach bildend, helle, wenig bituminöse dolomitische Kalke
mit Diploporen, welche bereits dem oberen Muschelkalk angehören
und eine ziemlich bedeutende Mächtigkeit erlangen, aber von dem
durch Homsteinlinsen charakterisirten Dolomit der Buchensteiner
Schichten schwer trennbar sind. Unter dem diploporenfiihrenden
Dolomit folgen zunächst:
aj 32 Meter bituminöse, kurzklüftige, wolgeschichtete Kalke,
öj 4 Meter dünngeschichteter, bituminöser Kalk mit weichen
mergeligen Zwischenlagen,
cj 12 Meter hellgrauer, wolgeschichteter, kurzklüftiger, wenig
bituminöser Kalk. In der unteren Hälfte viele Calcitadem.
dj 50 Centimeter weicher, grauer Kalkmergel,
ej 3 Meter grauer, wenig bituminöser Kalk mit Calcitadem,
/J 5 Centimeter glimmeriger Mergel mit verkohlten Pflanzen-
spuren,
Das Gebirge twischcn Gader, Rienz und Boita. 269
g) 9 Meter wolgeschichtete , graue Kalke mit Calcitadem
(ähnlich e),
h) 50 Centimeter Mergel mit verkohlten Fflanzenspuren,
i) 15 Centimeter dunkler Kalk mit Calcitadem,
k) 13 Meter Mergel mit Kalkeinlageningen und glimmerreichen
Partien mit Pflanzenresten,
l) 3 Meter grauer, bituminöser Kalk mit Calcitadem und
glimmerig-sandigen Schichtflächen,
m) 4 Meter sandiger Kalk, stellenweise durch Einschluss
kleiner Geschiebe conglomeratisch. Crinoiden und Brachiopoden.
nj 3 Meter glimmerige, kalkige Mergel mit Pflanzenresten,
oj 45 Meter sandiger, dunkler, stellenweise conglomeratartiger
Kalk mit Brachiopoden und Crinoiden,
/>J 23 Meter dunkler, splittriger Kalk, welcher gegen unten
glimmerreiche sandige und mergelige Zwischenlagen aufnimmt.
Es folgen nun, 100 Meter unter dem Dolomit des oberen Muschel-
kalks, weiche, gtimmerreiche Mergel mit verkohlten Pflanzenresten,
deren untere Grenze durch die angehäuften Schuttmassen verdeckt
ist Wahrscheinlich aus diesen Schichten rührt eine auf der Halde
gefundene Platte, die neben zahlreichen kohligen Pflanzenresten eine
RhynckoTtella und den schattenhaften Umriss eines Ammoniten enthält.
Es wurde nothwendig , das Profil an einer anderen Stelle,
etwas weiter östlich, fortzusetzen.
Der Verlauf der Schichtlinien, sowie die Folge der überlagern-
den, in einer steilen Wand entblössten Schichten üess die Annahme
als gerechtfertigt erscheinen, dass
qj 6 Meter weiche, mergelige Gesteine der oben verlassenen
Stelle entsprechen. Es folgen sodann:
r) s Meter sandige, theilweise breccienartige Kalke,
sj 20 Centimeter glimmerreicher Mergel,
tj 6 Meter fester, hellgrauer Kalk,
iij 40 Centimeter glimmerreicher Mergel,
vj 10 Meter fester, sandiger Kalk, durch eine dünne glimmer-
reiche Mergellage getheilt.
Hiemit ist der Abschluss der Wechsellagerung feste- ^''-"—
und weicher Mergel mit Pflanzenresten erreicht und es fol
die rothen dolomitischen Mergel und Conglomerate.
U'J 2 Meter rother, weicher Mergel,
xj 5 Meter fester, rother, glimmerreicher Mergel,
yj 25 Centimeter rothes Kalk-Conglomerat,
sj so Centimeter glimmerreiche, feste, sandige Mei
Fflanzenresten,
270 ^&s Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
a^J i Meter weiche, glimmerige Mergel,
^V 25 Centimeter Conglomerat,
rV 80 Centimeter weiche Mergel mit Kohlenspuren,
rfV I Meter festes, rothes Conglomerat,
e^J 23 Meter rothe, feste Dolomitmergel, stellenweise mit Kalk-
knollen und Conglomerat-Einlagerungen,
/V I Meter rothes Conglomerat.
Den Schluss der Muschelkalk-Schichten bilden sodann
^V 30 Meter helle, wolgeschichtete dolomitische Kalke.
Bei der Armuth an Fossilresten und dem Mangel anderweitiger
leitender Anhaltspunkte muss es fraglich bleiben, ob wirklich die
ganze Reihenfolge dieses Profils dem unteren Muschelkalk angehört.
Die obersten Glieder aj bis ej zumal könnten nach ihrer Gesteins-
BeschafTenheit noch recht wol dem oberen Muschelkalk zufallen.
— Auf losen, im St. Vigiler Walde gesammelten Stücken von weichen,
mergeligen Schieferplatten liegen mehrere Exemplare von RJiyiuho-
nella tetractis Lor, vor. Femer enthalten Breccienkalke von der
gleichen Stelle Spiriferina cf. Käifeskalliensis Siiess.
Als breites, dunkles Band ziehen diese Schichten längs des
Nordabfalles der Dolomitmauer der Hochalpe hin, ein fremdartiges
Element in der Landschaft bildend, aber bis in die neueste Zeit
gänzlich unbeachtet. Erst Loretz, dem man eine Reihe werthvoller
Beobachtungen aus unseren östlichen Gebietstheilen verdankt, lenkte
die Aufmerksamkeit auf dieselben und beschrieb eine Anzahl neuer
Fossilien, welche er an einigen Stellen der Bragser Gegenden ent-
deckt hatte*).
An der Nordostecke der Hochalpe bietet der vom Rothkopfe
über den Kühwiesenkopf und das Burgstalleck zum Brunstriedel
führende Kamm ein vortreffliches, vom Phyllit bis in den Wengener
Dolomit reichendes Profil dar, welches im Bereiche des Muschel-
kalks einige Abweichungen von dem oben mitgetheilten Profil
aufweist.
Die auffallendste Erscheinung ist der Dolomit mit Diplopora
pauciforata des Kühwiesenkopfs. Da sonst analoge Gesteine erst im
oberen Muschelkalk auflreten, so ist es leicht begreiflich, dass man
zunächst auch hier an oberen Muschelkalk denkt. Dann müssten
aber die darüber folgenden Kalke und Mergel, welche eine echte
Muschelkalk-Fauna fuhren, den Buchensteiner Schichten entsprechen
und der untere Muschelkalk bliebe ganz aus. Eine solche Annahme
ist aus vielen Gründen unstatthaft und durch die Verhältnisse auch
*) Zeitschr. D. Geol. Ges. 1874, pag. 377 ff.; 1875, pag. 784 ff.
Dm Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
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272 Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
gar nicht erfordert. Die nähere Untersuchung und die Vergleichung
mit dem Profil von St. Vigil zeigt zunächst, dass die an der Basis
des Diploporen-Dolomits am Kühwiesenkopfe vorkommenden lichten
dolomitischen Kalke ganz und gar dem Gliede g^) des St. Vigiler
Profiles entsprechen. Bei St. Vigil folgen nun die rothen Meißel
und Conglomerate. Am Kühwiesenkopfe dagegen erscheint an ihrer
Stelle der Diploporen-Dolomit. Dieser Dolomit hat nur eine sehr
geringe Verbreitung und ist augenscheinlich nur eine locale, be-
sondere Facies des in diesen nördlichen Gegenden so mächtig ent-
wickelten unteren Muschelkalks. Eine nahezu identische Muschelkalk-
Entwicklung und die gleiche Reihenfolge heteropischer Glieder
haben wir bereits im Codalonga-Thal bei Caprile kennen gelernt.
(Vgl. S. 253.) Allerdings ist dort die Mächtigkeit im Ganzen wie im
Einzelnen eine sehr bescheidene, während hier, wahrscheinlich unter
dem Einflüsse mehr Htoraler Bedingungen, die einzelnen Glieder zu
grosser Mächtigkeit anschwellen. In dieser Beziehung besteht eine
grosse Analogie mit Recoaro, wo gleichfalls bei vorherrschend lito-
ralen Einflüssen eine grosse Manigfaltigkeit der Facies und eine
auffallende, grosse Mächtigkeit der zahlreichen Glieder wiederkehrt.
Der über dem Diploporen-Dolomit auftretende Complex von
wechsellagemden Mergelkalken, dunklen, in knollige Stücke zer-
fallenden Kalken, sandigen Kalken und schiefrigen pflanzenfiihrenden
Lagen ist die Fortsetzung der oberen Schichtenreihe (beiläufig v)
bis f) des St. Vigiler Profils. Einschlüsse von Homsteinkugeln und
Nieren mit kalkigem Kern, sowie derbe Homsteinmassen sind
nicht selten.
Diese Schichten sind reich an wolerhaltenen, aus den Mergel-
knollen und Crinoidenkalken heraus witternden thierischen FoiSsilien.
Ausser Crinoiden kommen Gasteropoden und Pelecypoden, vorzüg-
lich aber Brachiopoden in grossen Mengen vor.
Cephalopoden fehlen, obwol gewisse Bänke petrographisch mit
dem cephalopodenfiihrenden Gestein von Neubrags und Dont völlig
übereinstimmen.
Die folgende 'Liste der Fossilien ist nach den Angaben von
Loretz und nach den Aufsammlungen von Hoernes und mir zu-
sammengestellt.
Entrochus cf, Encrinus liliifonnis
Lima lineata Schloth,
Pecten discites Schloth. sp.
„ cf, inaequistriatus Goldf.
Waldheimia vidgaris Schloth,
„ angusta Schloth.
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 273
Rhynchanella tetractis Lar.^J
Spiriferina fragilis Schloth. sp,
„ palaeotypus Lor,
Ueber diesen Gesteinen folgen Dolomite, deren Unterscheidung
durch gewisse Einschlüsse ermöglicht wird. Der Kamm liegt näm-
lich nahezu an der heteropischen Grenze zwischen der Dolomit-
und der Mergel-Entwicklung der Buchensteiner und der unteren
Wengener Schichten und gestattet nicht nur die Streichungsrichtung
der Gesteine der Mergelfacies, sondern auch das Ineinandergreifen
der heteropischen Glieder und das Auftreten der die heteropische
Grenze charakterisirenden Gesteine die annähernde Gliederung und
Deutung des Dolomits.
Eine nicht sehr mächtige Abtheilung geschichteten gelben
Dolomits, welcher an der Basis viele Homsteine fuhrt, betrachten
wir als die Fortsetzung des Dolomits des oberen Muschelkalks des
St. Vigiler Profils. Befremdend erscheinen hier allerdings die Ein-
schlüsse von Homsteinen, welche sich sonst in unserem Gebiete im
oberen Muschelkalk nicht finden. Das gleiche Hesse sich aber auch
von dem unteren Muschelkalk sagen, welcher auch nur hier Hom-
stein-Einschlüsse enthält. Da sich eine höhere Abtheilung des Do-
lomits durch zwischengelagerte , etwas dolomitische Bänderkalke
deutlich als Buchensteiner Dolomit zu erkennen gibt, erhält die Deu-
tung des unteren Dolomits als oberer Muschelkalk eine weitere
Stütze. Es wurde übrigens schon wiederholt darauf hingewiesen,
dass in den Dolomitriffen der obere Muschelkalk und die Buchen-
steiner Schichten häufig in eine nicht weiter trennbare Dolomitbank
zusammenschmelzen.
In der Streichungsrichtung des Dolomits mit den Bänderkalk-
Einlagerungen erscheinen auf dem Gehänge gegen das obere Brag-
ser-Thal typische Bänderkalke mit Pietra verde.
Zwischen dem Buchensteiner Dolomit und der Dolomit-Steil-
wand der Hochalpe (Rothkopf) zieht ein Streifen weicherer, dolo-
mitischer Gesteine hin, welche bereits Loretz mit dolomitischen
Cipitkalken verglichen hatte. Leider ist die unweit auf dem Gehänge
gegen das Bragser Thal befindliche Grenze gegen die Wengener
Mergel theils verschüttet, theils verwachsen. Aber es verdient her-
vorgehoben zu werden, dass ein ganz unbefangener Beobachter, der
die Bedeutung der Cipiter Riffsteine nicht kannte, die Aehnlichkeit
*) Unter den zahlreichen mir vorliegenden Exemplaren dieser verbreiteten und
von alteren Autoren manchmal mit Rtt\xa trigonella verwechselten Form nähern
sich einige sehr der von Böckh aus dem unteren Muschelkalk des Bakonyer
Waldes beschriebenen Rhynchonella altaplecta,
Mojsisovics, Dolomitriffe. 18
274 ^^s Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
des nahe der heteropischen Grenze vorkommenden Dolomits mit
dem Cipitkalk betont hatte.
Was die tieferen an der Nordseite des Hochalpen-Riffs auf-
tretenden Schichtcomplexe betrifft, so muss das Fehlen der in deil
westlichen und südlichen Districten an der Basis der Bellerophon-
Schichten regelmässig vorkommenden Gypszone constatirt werden.
Der östlichste Punkt, wo die Gypse noch beobachtet wurden, ist
das Joch zwischen St. Vigil und Piccolein. Ganz schwefelfrei sind
übrigens trotzdem die Bellerophon-Schichten dieser nördlicheren
Gegenden nicht, denn die schwefelhaltigen Wasser des Bades Berg-
fall entspringen den Bellerophon-Kalken und werden in hölzernen
Röhren zu dem im Phyllit gelegenen Badeorte geleitet. Die dunklen
bituminösen Kalke sind allenhalben sehr reich an Durchschnitten
von Bellerophonten.
4. Das Nordostgehänge zwischen Brags und Schluderbach.
Wie bereits mitgetheilt wurde, stösst östlich an das Dolomit-
riff der Hochalpe ein Gebiet heteropischer Entwicklung. Dieses Ge-
biet reicht östlich bis an den Scheiderücken zwischen dem Bragser
und dem Höhlensteiner Thal, wo wieder eine durchgreifend dolo-
mitische Entwicklung beginnt, die über Sexten bis nach Auronzo
reicht.
Die tektonischen Verhältnisse sind im Ganzen sehr einfach.
Die von Dr. Hoernes durchgeführte Aufnahme zeigt einige unter
geordnete, durch Querbrüche veranlasste Störungen am Nordfusse
des Hersteines und Daumkofels und eine längere zwischen der Do-
lomitmasse des Dürrensteins und der Gebirgsgruppe der Croda Rossa
verlaufende Verwerfung, welche wir aus der Beschreibung des Herrn
Dr. Hoernes kennen lernen werden. Nicht unwahrscheinlich ist es
ferner, dass eine Verwerfung den Muschelkalk-Dolomit des Alwart-
stein von dem Muschelkalk-Dolomit des Lung- und Samkofels trennt.
Das Höhlensteiner Thal scheint ein einfaches Erosions-Quer-
thal zu sein, über welches die Schichten regelmässig von der West-
auf die Ostseite hinübersetzen.
Die permischen und untertriadischen Schichten am Aussen-
rande des Gebirges bieten in ihrer Zusammensetzung keine wesent-
liche Verschiedenheit gegenüber dem zuletzt besprochenen Abschnitt
dar. Zwischen Altbrags und dem Golserberg entdeckte Hoernes
einen reichen Fundort von Fossilien im Bellerophon-Kalk.
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Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 27 C
Der untere Muschelkalk ist in der durch Schutt stark über-
rollten Scholle bei Neubrags reich an Cephalopoden. Das Gestein
und die Fauna stimmen vollständig mit den Cephalopoden-Schichten
von Dont überein. Folgende Formen konnten unterschieden werden
Trachyceras Zoldianum Mojs.
binodosutn Hau.
Loretzi Mojs,
Bragsense Lor.
ptistericmn Mojs.
cf, balatonicum Mojs.
Golsense Mojs.
Aegoceras div. sp. indet.
Orthoceras sp. indet.
Pecten discites Schloth. sp.
Bei Bad Altbrags lagern nach Hoernes die Schichten des
unteren Muschelkalks normal zwischen den Werfener Schichten und
dem Dolomit mit Diplopora pauciforata und ziehen als dessen
Unterlage auf der Nordseite des Alwartstein und Samkofels fort,
während Loretz, welcher freilich unseren unteren Muschelkalk und
die Buchensteiner Schichten in eine Etage zusammengefasst hatte,
angibt, dass der Diploporen-Dolomit auch hier, wie auf dem Küh-
wiesenkopfe, die tiefere Lage einnimmt. Ohne die Möglichkeit ab-
läugnen zu wollen, dass eine solche tiefere Dolomitlage stellenweise
vorhanden ist, scheint mir das Profil über den Samkofel unzweifel-
haft darzuthun, dass die unteren Muschelkalk-Schichten vor dem
Samkofel, in denen Loretz den Ptychites Studeri fand, unter dem
von echten Buchensteiner Schichten mit Pietra verde überlagerten
Diploporen-Dolomit des Samkofels lagern. In den glimmerreichen,
dunklen Mergeln bei Altbrags fand Herr Dr. Hoernes ausser koh-
ligen Pflanzenresten zahlreiche schattenhafte Umrisse von unbestimm-
baren Ammoniten. Herr Dr. Loretz, welcher die Güte hatte, seine
Funde mir zur Untersuchung mitzutheilen, fand auf dem Badmeister-
kofel (Golserberg) in dem typischen Cephalopoden-Gestein des
unteren Muschelkalks
Trachyceras cf. Ottonis v. Btich
„ Golsense Mojs.
Terebratida angusta Schloth.
Lima lineata Schloth.
In Verbindung mit den mergeligen, flimmemden Kalken
kommen daselbst, sowie auf der Höhe vor dem Samkofel auch
Homsteinkalke vor. An letzterer Stelle fand Herr Loretz in dem
i8*
2^6 Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Homsteinkalke Ptychites Siuderi Hau, und in dem darunter liegenden
Mergel Rhynchonella toblachensis Lor,
Der die Stelle des oberen Muschelkalks einnehmende Dolomit
mit Diplopora pauciforata weicht durch sein äusseres Ansehen, ins-
besondere seine graue bis schwarze und grauweisse Färbung von
dem blendend weissen zuckerkörnigen Muschelkalk-Dolomit der
westlichen Gegenden (Gröden u. s. f.) ab. Am Samkofel ist er deut-
lich geschichtet und so mächtig, dass die Vermuthung nahe liegt,
derselbe möchte auch noch die unteren Buchensteiner Schichten
vertreten.
Augitporphyrtuffe fehlen in diesen nördlichen Districten bereits
gänzlich. Auch treten in den Wengener Schichten die Tuffsandsteine
auffallend zurück und es überwiegen mergelige Gesteine. Die Unter-
scheidung von Wengener und Cassianer Schichten wird bei der grossen
Seltenheit entscheidender Fossilien dadurch häufig sehr schwierig.
Typische Daonellenschiefer mit Daonella Lotnmeli wurden am Fusse
des Hersteins und in der Einsattelung zwischen Lungkofel und Sam-
kofel gefunden.
Ueber die interessanten Grenzverhältnisse zwischen den hete-
ropischen Bildungen der Wengener und Cassianer Schichten in der
Gebirgsmasse des Dürrenstein wird der Bericht des Herrn
Dr. Hoernes, den ich hier folgen lasse, Aufschluss geben.
,Die grosse Alpe, welche sich südlich vom Samkofel und
Lungkofel ausdehnt, die Sarl-Alpe^ wird durch die Mergel der Wen-
gener Schichten gebildet. Auf der Westseite reichen die mergeligen
Bildungen abwärts bis zum Thal des Bragser Wildbaches, wo sie
einen förmlichen Schlammstrom bilden, der allerdings theilweise
wieder bewaldet ist und bis zum Bade Altbrags, also bis in die
Zone des Muschelkalkes reicht. Auf der Ostseite der Sarl-Alpe hat
die dolomitische Facies bereits vollständig die mergelige verdrängt.
Nur der Buchensteiner Kalk reicht bis zur Rienz hinab. Ueber ihm
sieht man bis Schluderbach nur dolomitische Massen, mit Ausnahme
eines schwachen Bandes von mergeligen Schichten, welches in der
Gegend des Klausbaches schief von der Flodiger Wiese herabzieht
und unter dem Dürrenstein endet.
Das Mergelplateau der Sarl-Alpe stösst nach Süden nicht un-
mittelbar an die Wände, in welchen der Cassianer Dolomit des
Dürrenstein aufsteigt; es wird von demselben durch einen niedrigen
Wall getrennt, der vorwaltend von Riffkalk, stellenweise von Dolo-
mit gebildet wird und hinter welchem sich ein schmaler Zug von
Mergeln befindet, der vielfach von Schutt und Blockwerk verdeckt
ist, jedoch längs des ganzen Nordabfalls des Dürrenstein verfolgt|
Da« Gebirge zwischen Gader, Rieni und Boita.
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Das Gebirge iwischen Gader, Rienz und Boira, 279
■werden kann. Im Walle findet mehrfach ein Auskeilen des Dolomits
und ein Ersetzen desselben durch Riffkalk oder festere Mergel statt
— nach Osten geht überdies die gesammte Masse der Mergel der
Sarl-AIpe (von deren höchstem Punkte, einer isolirten Dolomitzunge,
die beiliegende Skizze aufgenommen wurde), wie bereits bemerkt,
in Dolomit über. Wie überall an derartigen Stellen nimmt man in
den Uebergangsgebilden, im Rißkalk, eine Unmasse von Versteine-
rungen, namentlich Korallen, wahr, die indessen zumeist schlecht
auswittern, in Bruchflächen aber fast gar nicht sichtbar sind.
Ein Profil , welches parallel zu dem Profil des Samkofels
(S. 277) vom Lungkofel über das Plateau der Alpe zum Sarikofel
und Dürrenstein geht, gibt die Wengener Schichten fast nur aus
Mergeln entwickelt, mit Ausnahme einer isolirten Dolomitpartie auf
der Höhe der Alpe und der kleinen Kuppe des Sarikofels, in
welcher der Dolomitwall, ganz analog dem VorrifT des Sett Sass
(Richthofen-Riff) oder den kleinen Riffen vor dem Sasso di Stria
und dem Nuvolau hervortritt. Darüber folgt ein schwaches Band
von Meißeln — wol bereits Cassianer Schichten — und sodann die
Tafelmasse des Dürrenstein, welche den Cassianer Schichten ange-
hört und unten von un geschichtetem Dolomit, oben wie auf dem
Sett Sass und Nuvolau von geschichteten dolomitischen Kalken
gebildet wird.
Anilcht de« Sulkefeli, vom
(Nach einer Skiiie von Ru.
f Mergel; WCi. = Wengener RilTsleine (Cipillwlkl; U"B. = Wengener Doromit;
ck. = CiHianer MerBel; CD. = Caiiiiner Dolomit.
Das Gebirge zwischen Gader, Rieni und Boiti.
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Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 28 1
Auf der Westseite des Plateau's des Dürrenstein, das sich
steil gegen dieselbe senkt, treten sehr eigenthümliche Verhältnisse
auf. Das Massiv des Dürrenstein ist vom Dachsteinkalkstock der
Rothwand durch eine von Nordwest nach Südost streichende Ver-
werfung getrennt, die jedoch nicht überall die gleiche Sprunghöhe
besitzt. So stösst in der Gegend der Platzwiese der Dachsteinkalk
der Rothwand mit den rothen Raibler Schichten zusammen, welche
hier in der Form eines Denudationsrestes den geschichteten Dolo-
miten des Dürrenstein-Plateau's aufgelagert sind. Im Thale des
Wildbaches gegen Brags sind es die Riifkalke und Mergel der
Cassianer Schichten^ die unmittelbar an den Dachsteinkalk heran-
treten, doch sind die Gehänge oft stark mit Schutt überdeckt,
namentlich auf der Westseite des Thaies, so dass die Verwerfungs-
linie selbst nicht gut zu verfolgen ist. Im Seeland-Thale, welches
von den Platzwiesen gegen Schluderbach hinabzieht, sind die Auf-
schlüsse günstiger. Deutlich ist hier zu erkennen, dass die Verwer-
fungslinie am Anfange des Thaies ziemlich hoch an den westlichen
Gehängen liegt und dann der Ostseite des Knappenfuss -Thaies
folgt, welches in Folge dessen ganz im Dachsteinkalk eingerissen
ist, während das Seeland-Thal vorwaltend mergelige Sedimente der
Cassianer und Wengener Schichten durchschneidet, welche unter
den Dolomit des Dürrenstein eingreifen. Ost- und Westseite des
Thaies sind grösstentheils von dolomitischen Gesteinen gebildet,
während der Thalboden, die Seeland-Alpe, bis gegen Schluderbach
von der Mergelfacies gebildet wird, in welcher es nicht leicht ge-
lingen wird, eine scharfe Grenze zwischen Cassianer und Wengener
Schichten zu ziehen. Die ungemein fossilreichen Mergel sind stellen-
weise in Gestalt von Schlamraströmen über die Thalgehänge herab-
geflossen, so dass nicht einmal die Fossilien nach Schichten geson-
dert werden können und jeder Anhaltspunkt zur Trennung von
Horizonten fehlt. Gut ausgewitterte Korallen und Schwämme sind
besonders reichlich. Die tuffigen Sandsteine d^r Wengener Schichten
mit Pachycardia rugosa, welche von der Seisser Alpe und Falzarego-
Strasse bekannt sind, treten auch hier auf und sind reich an Korallen
und Pelecypoden. Ausser Corbis cf. Mellingi traf ich noch einen
sehr charakteristischen Pema ähnlichen Mytilus, sowie die schmale
Solen ähnliche Gervillia wieder, die so zahlreich an der Falzarego-
Strasse gefunden werden. Die Gervillia bildet für sich allein eine
etwa einen Meter mächtige Bank.*
282 I^ÄS Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Wir sind, nachdem wir die in den Randzonen des grossen
Dachsteinkalk-Massivs zu Tag tretenden älteren Bildungen kennen
gelernt haben, nunmehr im Stande, uns eine klare Vorstellung über
die Ausdehnung der Riffmassen in dem Gebiete zwischen Gader
und Rienz zu machen. Zur Zeit der Buchensteiner Schichten begann
in der Gegend der Hochalpe die Bildung eines Riffs. Dasselbe griff
gegen Süden etwas über die heutigen Grenzen des Hochalpenstockes
hinaus und reichte bis zum oberen Wengener Thal (Buchensteiner
Dolomit der mittleren, hochliegenden Scholle). Das ganze übrige
Gebiet war rifffrei. Zur Zeit der unteren Wengener Schichten zog
sich das Riff der Hochalpe, analog dem Schiernriff, auf engere
Grenzen zurück. Es bildete sich offenbar eine, später durch die Dach-
steinkalk-Massen der Krispes- und Senes-Alpe verdeckte Riffböschung.
Gleichzeitig ragte im Osten, an der Rienz zwischen Landro und
Toblach, ein gegen Westen abgeböschtes Riff, welches, wie wir
sehen werden, sich weit nach Osten und Südosten ausdehnte, in
unser Gebiet herüber. Ira ganzen übrigen Räume wurden nur Tuffe,
Sandsteine und Mergel niedergeschlagen und an zwei Stellen, an
der Gader und in Brags durchbrach das Mergelmeer die nördliche
Riffzone. Während der oberen Wengener Schichten griff das Hoch-
alpen-Riff westlich über seine alten Grenzen in das Bragser Mergel-
gebiet über und ebenso sandte von der Rienz her das östliche grosse
Riff zungenförmige Ausläufer in die Bragser Mergelsee. Die grösste
Ausdehnung aber erlangten die Dolomitriffe während der Bildungs-
-periode der Cassianer Schichten. Im Norden griff das östliche Riff
über den Dürrenstein und wuchs in Brags mit dem Hochalpen-Riff
in eine, gegenwärtig grossentheils wieder zerstörte Masse zusammen.
Im Süden hatte ein ausgedehntes südliches Riff (Marmolata-Riff)
sich mit seiner Nordspitze (Lagatschoi) bis in das badiotische
Mergelbecken vorgeschoben. Den zwischen diesen Riffmassen liegen-
den Raum, d. i. nahezu das ganze vom Dachsteinkalk bedeckte
Gebiet müssen wir uns aber auch zur Zeit der Cassianer Schichten
rifffrei denken.
5. Die Hochfläche des Dachsteinkalks,
Nicht leicht möchte eine andere Gebirgsgruppe der Alpen in
ebenso klarer, leicht begreiflicher Weise die grossartigen Wirkungen
der Erosion uns vor Augen fuhren, als das Kalkhochgebirge zwischen
Gader, Rienz und Boita. Dies gilt namentlich von dem im Süden
der Villnösser Bruchlinie gelegenen Theile, welcher im grossen
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 283
Ganzen als eine ursprünglich zusammenhängende, gegen Norden ab-
dachende Platte aufzufassen ist, welche durch die Wirkung der Erosion
in eine Anzahl hoher paralleler Kämme mit mächtigen individuali-
sirten Gipfeln aufgelöst wurde. Tiefe, grossartige Thalschluchten
fuhren in das Herz der Gebirgsmasse; ja stellenweise, wie in dem
wegen der Höhe und Kühnheit seiner Wände sehenswerthen Tra-
vemanzes-Thal ist bereits die ganze Mächtigkeit des Dachsteinkalks
bis an den oberen Gebirgsrand hinaus durchsägt. Zwischen den
Tofana-Gipfeln und der Thalsohle des Travemanzes-Thal liegt ein
Höhenabstand von über 1200 Meter und da auf der Gipfelmasse
noch ein Denudations-Relict jurassischer Bildungen vorhanden ist,
während im Thale die Raibler Schichten blosgelegt sind, so gewährt
die Tofana-Wand ein vollständiges Profil der ganzen Mächtigkeit
des Dachsteinkalks.
Wie ganz anders verhalten sich die Plateaumassen des Dach-
steinkalks in unseren nordöstlichen Alpen .^ Das sind rings ge-
schlossene, in Steilwänden aufstrebende Stöcke mit treppenartigen
Stufen und nur massig über die mittlere Plateauhöhe sich erheben-
den Gipfeln. Nirgends dringt eine grössere Erosionsrinne in das
Innere der Massen. Aber an ihrem Fusse treten allenthalben mäch-
tige Quellen zu Tage; das Wasser wirkt unsichtbar unterhalb der
todesstarren Felsmassen und befördert durch Unterwaschung die
Bildung der häufig thalähnlich verlaufenden grossartigen Einstürze.
Die subaerische Denudation ist beschränkt auf die Wirkungen der
atmosphärischen Einflüsse, welche wegen ihrer gleichmässigen, über
die ganze Oberfläche verbreiteten Thätigkeit mehr nivellirend als
ciselirend schaffen.
Besser als in der Südhälfte hat sich der Plateau-Charakter in
der nördlichen Hälfte des Gebirges zwischen dem Rauh-Thale und
dem Bragser Gebiet erhalten. Wie auf den nordalpinen Plateaux
treten auch hier dolinenartige Versenkungen und Karrenfelder auf.
Die Flächen wogen wellig auf und ab, gleich einem , steinernen
Meere*. Plötzlich öffnet sich eine tiefe Schlucht mit senkrecht ab-
fallenden Wänden, ein versunkenes Plateau-Stück, und um den
nahen jenseitigen Spaltenrand zu erreichen, muss man mühsam auf
Umwegen sich einen Pfad über die Steilwand in die Tiefe suchen,
um auf ähnliche Weise wieder mühsam die jenseitige Höhe zu ge-
winnen. Die wilde Gipfelbildung des Südens wiederholt sich nur in
dem prächtigen Stocke der Croda Rossa.
Herr Dr. Hoernes, welcher die Aufnahme dieses Hoch-
gebirges durchführte, gibt die nachstehende Schilderung des Dach-
steinkalks.
284 ^^^ Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
yAn seiner Basis besteht er aus schwach dolomitischen Kal-
ken, in seiner grössten Mächtigkeit aus ziemlich reinem, röthlichem
Kalkstein und nur in seinen obersten Lagen unmittelbar unter den
grauen Liaskalken aus stärker dolomitischem Gestein. Häufig finden
sich die Querschnitte und Hohlräume der Dachstein-Bivalven. Im
Travernanzes-Thal enthält der röthliche Kalk in grosser Anzahl
leicht auszulösende Schalen-Exemplare. Der Fundort befindet sich
etwa 20 Minuten weit südlich und thalaufwärts von jener Stelle, an
welcher das Travernanzes-Thal, welches zwischen Tofana und Vallon
blanc einen fast ostwestlichen Verlauf besitzt, nahezu unter einem
rechten Winkel nach Süd sich wendet. Der Thalboden ist mit
Blöcken bedeckt, welche von den Wänden der Tofana stammen
und fast insgesammt mit Megalodonten erfüllt sind. Durch Sprengen
mit Dynamit gelang es, ein reiches Material derselben zu gewinnen-
Es sind zwei durch Uebergänge verbundene Formen aus der Gruppe
des Megalocbis gryphoides, Meg. Tofanae Hoem. und Meg, Datnesi
Hoem, Ihr Lager sind die unteren Bänke des Dachsteinkalkes,
nicht weit über den Raibler Schichten. Das weisse röthliche Gestein
ist lagenweise von einer eigenthümlichen Breccie mit dunklen Ge-
steinsfragmenten durchzogen. Die Megalodonten finden sich in den
hellen Zwischenlagen, etwa in folgender Weise:
a = Heller, röthiicher Kalk mit Megalodonten; h = Breccie mit dunklen Gesteinsfragmenten.
Aus einer höheren Partie des Dachsteinkalks vom Piz Lava-
rella bei St. Cassian stammt eine ungemein grosse und dickschalige
Form der gleichen Formenreihe, Meg. Mojsväri Hoem.^). Von
anderen Versteinerungen wurde nur der Hohldruck einer Chemmtzia
im Megalodontenkalk des Travemanzes-Thales und ein kleines
Exemplar des Turbo solitarius Bat, im Aufstieg von Val di Rudo
zur Alpe Födara Vedla gefunden.*
*) Verh. Geol. R.-A. 1876, pag. 46.
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 285
Ohne scharfe Begrenzung entwickelt sich aus dem System des
Dachsteinkalks gegen oben ein Complex von dünngeschichteten,
grauen, manchmal auch röthlichen Kalken, welchen wir wegen seiner
Lagerung und seiner petrographischen Aehnlichkeit mit den soge-
nannten , grauen Kalken von Südtirol* zum Lias gezogen haben.
Fossilien sind zwar ziemlich häufig, doch gelang es nicht, ent-
scheidende Formen zu finden. Ausser Durchschnitten von Megalo-
donten (Meg. pumilus) und Mytilus und Modiola ähnlichen Formen
fanden sich noch die späthigen Reste von Lithiotis problematica
.Gümb. Ueber diesen grauen Kalken folgt eine nicht sehr mächtige
Ablagerung von röthlichem, manchmal weissen Crinoidenkalk, wel-
chem stellenweise schmale Zonen rothen feinkörnigen Marmors
(Gran Camploratsch in Klein-Fanis) eingeschaltet sind, und diese
wird von rothen, homsteinfiihrenden Knollenkalken mit zahlreichen
Ammoniten überlagert. Herrn Dr. Hoernes gelang es nicht, bei
der beschränkten Aufnahmszeit , im Crinoidenkalk entscheidende
Fossilien zu finden. Dagegen lieferten die rothen Knollenkalke zahl-
reiche Ammoniten, aus welchen die Uebereinstimmung dieser Schich-
ten mit den rothen, oberjurassischen Ammonitenkalken von Trient
und Rovereto unzweifelhaft hervorging. Wir nahmen daher für die
hiesige Gegend die Uebereinstimmung der Jura-Entwicklung mit dem
durch Ben ecke's und Zittel's Arbeiten bekannt gewordenen Süd-
tiroler Jura an, dachten uns den Crinoidenkalk als Repräsentanten
des Dogger und entschieden uns dafür, den Crinoidenkalk und den
rothen Ammonitenkalk unter der Bezeichnung ,> mittlerer und oberer
Jura* zusammenzufassen.
Seit der Beendigung unserer Aufnahme wurden durch die Cassianer
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Fossilsammler vom Monte Varella in Gross-Fanis und von anderen
Stellen in Klein-Fanis und im Quellgebiete der Boita grössere Suiten
von Fossilien versendet, welche die Vertretung einer ziemlich grossen
Anzahl von Jura-Horizonten nachweisen. Von besonderem Interesse
sind mittel- und oberliasische Fossilien, welche an die Wiener Uni-
versitäts-Sammlung gelangt sind. Ueber die ersteren hat mein hoch-
verehrter Freund Prof. Neumayr eine kurze Notiz veröffentlicht,
in welcher er aus einem weissen Crinoidenkalk eine grössere Anzahl
mittelliasischer Brachiopoden anführt*). Es sind dies:
Terebratula Aspasia Men.
Taramellii Gem.
„ Piccininit ZU.
rudis Gem.
*) Verh. Geol. R.-A. 1877, pag. 177.
ff
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286 ^&s Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Waldheimia securiformis Gem.
R/iytichottella Briseis Gem.
flabellum Gem.
cf. Meiughinii Zitt.
Der obere Lias ist durch je ein Exemplar von Harpoceras
discoides Ziet. und Hamatoceras Msigiie Schübl. in rothem Marmor
repräsentirt. Es wäre nun von Wichtigkeit, durch Untersuchungen
an Ort und Stelle zu entscheiden, wie sich das Lager dieser Fossi-
lien zu den grauen Kalken und zu den unter dem oberjurassischen
Ammonitenkalk liegenden Crinoidenkalken verhält. In letzteren ist,
wie das Vorkommen von
Posidonomya alpina
RJiynchonella coarctata Opp.
Atta Opp.
beweist, der Horizont der Klaus-Schichten jedenfalls vertreten. Es
fragt sich daher, ob der untere Theil dieser Crinoidenkalke etwa
noch liasisch sei, in welchem Falle die hiesigen grauen Kalke dem
unteren und vielleicht theilweise auch noch dem mittleren Lias unter
der Voraussetzung zuzurechnen wären, dass die in Gesellschaft der
Terebrahda Aspasia auftretenden Brachiopoden wirklich nur, was
man nicht weiss, auf den mittleren Lias beschränkt wären. Eine
brachiopodenfiihrende Crinoidenkalk-Facies des oberen Lias ist näm-
lich bisher noch unbekannt und die Möglichkeit, dass dieselbe sich
wenig oder gar nicht von der mittelliasischen unterscheide, muss
bis auf Weiteres immer im Auge behalten werden.
Es kann aber auch sein, dass der liasische Crinoidenkalk und
der Marmor mit Harpoceras discoides den grauen Kalken eingelagert
sind. In diesem Falle wäre das Verhältniss ganz analog der von
Hoernes in den grauen Kalken bei Longarone beobachteten Ein-
schaltung mittelliasischer Ammonitenkalke.
Die rothen oberjurassischen Ammonitenkalke enthalten allent-
halben die Faunen der Acanthicum-Schichten und des Tithon. Viel-
leicht ist stellenweise auch die Zone des Peltoceras transversarium
vertreten, worauf ein von Fanis vorliegendes Exemplar von Aspi-
doceras Oegir hinweist.
Ich verdanke meinem hochverehrten Freunde, Prof. Zittel,
eine Liste der in den Acanthicum-Schichten des Monte Varella in
Gross-Fanis vorkommenden Fossilien, nach Bestimmungen des Herrn
V. Sutner im palaeontologischen Museum zu München. Das Gestein
ist ein dunkelrother, marmorähnlicher Kalk, vollkommen dem von
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Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 287
Rovereto entsprechend. Die Schale der Ammoniten hat sich ent-
weder ganz oder doch theilweise erhalten, so dass die Bestimmun-
gen mit Sicherheit vorgenommen werden konnten.
Lytoceras montanum Opp. sp.
Phylloceras ntediterrmieimi Neum.
cfr. ptychostonta Ben.
Beftacense Cat. sp.
isotypwn Ben. sp.
Oppelia Holbemi Opp. sp.
compsa Opp. sp.
Strombecki Opp. sp.
Perisphinctes acer Nennt.
cfr. Championetti Font,
cfr, progeron Neum.
Aspidoceras longispumm Sow. [Ncnm.)
acanthicum Opp.
Haynaldi Herb.,
sesquinodosum Font.
Uklandi Opp. sp.
liparum Opp. sp.
„ cyclotiim Opp. sp.
Simoceras Agrigentinnm Gem.
Die Steinbrüche von La Stuva bei Peutelstein sind schon seit
längerer Zeit als ein Fundort tithonischer Fossilien bekannt. Der
Erhaltungszustand lässt viel zu wünschen übrig. Loretz und
Hoernes erwähnen folgende Formen:
Terebratula diphya Col. sp.
„ triangidus Lam.
Belemnites cf semihastatus Mimst.
Lytoceras montannm Opp.
Phylloceras ptychoicum Quetist.
„ ptychostomum Ben,
Haploceras Stazyczü Zsch.
Perisphinctes rectefurcatus Zitt.
„ cf cohäfrifius
Simoceras Volatiefise Opp. sp.
Bei dem grossen Reichthum an Fossilien wird eine länger
fortgesetzte systematische Ausbeutung der rothen Knollenkalke die
obigen Listen ohne Zweifel bedeutend vermehren.
Unter den Aufsammlungen der Cassianer Sammler findet sich
von Gross-Fanis in einem hellen Kalke eine der Terebratula Bilimeki
2S8 I^^ Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
Suess nahe stehende Form in zahlreichen Exemplaren. Ein ähnlicher
lichter Kalk kommt bei La Stuva über dem Diphya-Kalk vor. Ich
fand in demselben ein grosses Exemplar von Lytoceras montanum.
Ueber den jurassischen Bildungen folgen vollkommen concor-
dant die grauen, an der Basis manchmal rothen Neocom-Mergel,
meistens reich an Cephalopodenresten. Unterhalb der Alphütte von
Klein-Fanis fanden wir nachstehende, von Herrn Dr. Hoernes be-
stimmte Fossilien:
Lytoceras subfimbriatum Orb. sp.
Pkylloceras Rouyanum Orb. sp.
semistriatum Orb. sp.
Morellianum Orb. sp.
Olcostephanus cf. Heeri Dost. sp.
Aptyc/ms limaius Peters.
Bei La Stuva:
Pkylloceras Rouyanum Orb.
Haploceras Nisus Orb.
Baculites neocomiensis Orb.
Im Antruilies-Thal stehen die Neocom-Mergel nach oben im
Zusammenhange mit quarzreichen Sandsteinen, aus welchen sich
allmählich Conglomerate entwickeln. Dieselben wurden auf der Karte
mit der Farbe der oberen Kreide bezeichnet. Herr Dr. Hoernes,
welcher dieses Vorkommen untersuchte, ist der Ansicht, dass mit
demselben ein unter eigenthümlichen Verhältnissen am Col Becchei
an der Villnösser Bruchlinie auftretendes, von uns beiden beobach-
tetes Conglomerat zu identlBciren sei.
Du VorkoDunai d« Kretde-CimElaraenta an der VUlntiuer Brachliolc.
a = Dachslcinkalki b = Li»; c ■= Kreidc-Congloment; i = Gehlngichull.
Das deutlich geschichtete, etwa 70 Meter starke Conglomerat
besteht aus vollkommen geglätteten Gerollen von verschiedenen
Kalksteinen der Umgebung, worunter auch rother Jurakalk, und von
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita.
289
weissem Quarz. Die Quarzgerölle sind im anstehenden Gestein nicht
häufig. Aber lose findet man deren sehr viele im Humus, der das
Gehänge überkleidet, und zwar die meisten mitten entzwei ge-
brochen. Sie erreichen die Grösse einer Männerfaust und erinnern
sehr an die sogenannten Augensteine des Dachstein, welche von
Suess*) beschrieben worden sind. Den Cement des Conglomerates
bildet ein an vielen Stellen schaliger Kalk, welcher den Eindruck
eines Quellen-Absatzes macht. Auch Brauneisenstein-Knollen finden
sich, wie auf dem Dachstein. — Die Sandsteine und Conglomerate
von AntruiUes finden sich unter ganz übereinstimmenden tektonischen
Verhältnissen ebenfalls an der Villnösser Bruchlinie auf einer tief
eingesunkenen, allseitig isolirten Scholle.
II Taii
Antruillcs
Lavinores
Der Einstun von Antruille«.
a = Dachsteinkalk; b = Lias; e = Neocom-Mergel ; d = Kreide-Sandstein; e= Kreide-
Conglomerat.
Ein Umstand, welcher die Verfolgung der Jurakalke ausser-
ordentlich erleichtert, ist die auffallende physiognomische Ver-
schiedenheit derselben gegenüber dem Dachsteinkalk. Die Jura-
kalke sind dünn geschichtet, ihre Schichtenköpfe abgerundet und
häufig unterhöhlt. Das sonderbarste aber ist, dass, während der
unterlagemde Dachsteinkalk stets regelmässig eben einfallende
Schichten besitzt, die Jurakalke ganz selbstständige Schichten-
biegungen und Schichtenfaltungen zeigen. Man möchte glauben,
dass der Jura- über den Dachsteinkalk, hinweggeschoben worden
sei. Die Erscheinung, dass Schichten von grösserem Thongehalt
sich in Folge der eigenen Schwere fälteln, ist aber viel zu allgemein,
um eine aussergewöhnliche dynamische Einwirkung in diesem Falle
nothwendig erscheinen zu lassen.
Die aus Dachsteinkalk bestehenden Berge sind an ihren
scharfkantigen Formen und an der röthlich gelben Färbung schon
von ferne leicht erkenntlich.
*) Sitz.-Berichte, Wien. Akad. 1860, pag. 428.
Mojsisovics, Dolomitrific.
:o
i Gebirge zwischen Gader, Rienz und [
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boita. 29 1
Die Karte lehrt, dass die jurassisch-cretaceischen Bildungen nur
in isolirten Denudationsresten vorkommen. Zur Conservirung der
grösseren zusammenhängenden Partien von Fanis und von Val
Salata hat viel die Versenkung an den Bruchlinien beigetragen,
in Folge welcher diese Partien in eine tiefere Niveaulinie, als die
angrenzenden Dachsteinkalkmassen geriethen. Durch ihre Lage
von Interesse ist die von Herrn Dr. H o e r n e s auf den nördlichen
Tofana-Gipfeln entdeckte Denudationsscholle, welche uns veranlasst
hatte, alle höheren Dachsteinkalk-Gipfel der Umgebung von Ampezzo
zu ersteigen, um allfallige Jura-Reste nachzuweisen.
Ein ähnlicher, durch seine Schichtenfaltelung interessanter
Rest findet sich auf dem Vallon Bianco.
Es erübrigt uns nunmehr, auf die bereits mehrfach erwähnten
Verwerfungslinien zurückzukommen.
•
Die Villnösser Bruchlinie, welche wir bereits durch das Thal
von Wengen bis zu den Steilwänden des Dachsteinkalkes verfolgt
haben, setzt zunächst durch das schutterfiillte Hochthal zwischen
Parei di Fanis und Eisengabelspitze auf das Joch von St. Anton,
auf welcher Strecke im Süden östlich einfallender, im Norden
schwebender, oder sanft nördlich abdachender, durch kleinere
Parallel- Verwerfungen mehrfach abgestufter Dachsteinkalk herrscht.
Der Südflügel ist der gesunkene, wie sich aus der Auflagerung
der jurassisch-cretaceischen Bildungen von Klein-Fanis ergibt. Der
Bruch wendet sich nun südöstlich und ist durch die Contactlinie
zwischen den oberjurassischen Kalken und dem Dachsteinkalk
bezeichnet. Er übersetzt sodann die Wasserscheide zwischen Gross-
und Klein-Fanis, zieht am Südgehänge des Kammes von ColBecchei
in östlicher Richtung fort, begrenzt die südliche Thalwand von
Antruilles und trennt die LiasschoUe von Som Pauses vom Dach-
steinkalk des Monte Cadini.
Eine secundäre parallele Verwerfung scheidet den flach
gelagerten Dachsteinkalk der Croda d' Antruilles von der steiler
gegen Norden einschiessenden Masse von Lavinores, begrenzt die
Nordseite der tief versunkenen Scholle von Antruilles und vereinigt
sich sodann bei Som Pauses mit der Villnösser Bruchlinie.
Eine länger andauernde, noch weiter nördlich gelegene Ver-
werfung, welche ebenfalls das Absinken des Südflügels zur Folge
hat, reicht aus Val Salata auf das Südgehänge der Croda Rossa,
wo sie eine Schleppung und Faltung des gesunkenen Südflügels am
Col Freddo veranlasst. Die Contactlinie zwischen den jurassisch-
19*
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boica.
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iai7 Meter ?
063 Mcler "
mii-Bich
>l Becchei
Das Gebirge zwischen Gader, Rienz und Boiia. 293
cretaceischen Bildungen und dem auf der Nordseite ansteigenden
Dachsteinkalk bezeichnet ihren Verlauf, dessen Parallelismus mit
dem entsprechenden Stücke der ViilnÖsser Bruchlinie in der Karte
klar hervortritt.
C-RIrmieeZuMinineDf*]tUD[ der Schiebten an der VerwvrftiQC auf der SOdmdte der Crada Roiia.
n = DachtteinkBik; i = Lias.
Eine Thatsache von tektonischem Interesse verdient schon
hier betont zu werden. Westlich vom Wengener Thal ist an der
Viihiösser Bruchlinie regelmässig der Nordflügel versenkt, östlich
dagegen der Südflügel.
X. CAPITEL.
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und
Piave.
Der Gebirgsstock des Monte Cristallo. - Das Sextener Dolomitriff. - Mesurina. - Drei Zinnen. -
Sorapiss, Anteiao, Marmarolc.
«
I. Der Gebirgsstock des Monte Cristallo.
Der rings isolirte, zu bedeutender Höhe (3231 Meter) auf-
strebende Gebirgsstock zerfällt in tektonischer Beziehung in zwei,
durch die Fortsetzung der Villnösser Bruchlinie getrennte Schollen
von ungleicher Ausdehnung.
Wir haben im letzten Abschnitt die Villnösser Bruchlinie ver-
folgt bis in die Gegend von Som Pauses, wo dieselbe unterhalb
des Monte Cadini die Ampezzaner Strasse zwischen Peutelstein und
Ospitale erreicht. Von da setzt dieselbe durch das Val grande über
das Joch Padeon auf die Südseite des Monte Cristallo, in welcher
Gegend eine Zersplitterung und ein Abspringen derselben nach
Süden eintritt. Der südliche Flügel, der schöne Felskamm des Monte
Pomagagnon, ist der gesunkene Theil. Es ist dasselbe Verhältniss wie
im Faniser Hochgebirge.
In stratigraphischer und chorologischer Hinsicht bilden diese
beiden Schollen eine Einheit und gehören dem grossen Tuflfsand-
stein- und Mergelgebiet der Wengener und Cassianer Schichten an,
welches aus dem Badiotenland unterhalb der Dachsteinkalkmassen
der Faniser und Tofana-Gruppe hindurch bis an das grosse Rand-
riflf von Sexten-Auronzo reicht. Wie am Südgehänge der Tofana
und am Nordgehänge der Sorapiss findet sich unterhalb der Raibler
Schichten als Vertretung der oberen Cassianer Schichten eine
schmale Dolomitbank. Die unteren Cassianer und die Wengener
Schichten, welche das tiefste entblösste Schichtsystem bilden, sind frei
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave. 295
von Dolomitriffen bis auf eine kleine Dolomitspitze in den Wengener
Schichten von Val buona, welche als ein westlicher Ausläufer des
grossen Sextener Riffes zu betrachten ist
Die Gegend zwischen Ampezzo und dem Joche Tre Croci
fallt mit einem Luftsattel zusammen, dessen nördlicher Schenkel
der Pomagagnon und dessen Südflügel die Sorapiss-Gruppe ist Die
Falzarego- Verwerfung setzt östlich nicht über die Boita, sondern
wendet sich, wie bereits angedeutet wurde, an der Ostseite der
Creppa südlich, um dem Laufe der Boita zu folgen. Tofana und
Pomagagnon scheinen zusammengehörige, blos durch Erosion ge-
trennte Massen zu sein.
Die Thalgehänge bei Ampezzo bestehen aus Wengener Sand-
steinen und Mergeln, welche grosse, gegenwärtig meist überwachsene
Schlammströme erzeugten, deren Fuss von der Boita benagt und
unterwühlt wird. Die Beweglichkeit der Schlammstrom-Gebiete ist
deutlich wahrnehmbar. Cortina selbst liegt auf einem alten, momentan
stille stehenden Schlammstrom, dessen Fuss möglichst gegen die
Angriffe der Boita und dessen höhere Theile gegen weitere Nach-
schübe von oben zu schützen eine Existenzfrage für die Bewohner
von Cortina bildet
Kalkreichere, oolithische Bänke der Wengener Schichten ent-
halten nicht selten Fossilien, darunter auch Daonella Lommeli.
Die unterhalb der Cassianer Dolomitbank am Fusse der Ge-
birgssteilwände durchziehenden Cassianer Mergel haben Daonella
Richthof eni und Cassianellen geliefert.
Die Hauptmasse des Cristallo-Stocks besteht aus Dachstein-
kalk. Jurassische Bildungen scheinen nirgends mehr vorhanden zu
sein. Herr Dr. Ed. Reyer fand auf dem Gipfel des Cristallo die
weissen, dolomitischen Gesteine, welche für die obersten Bänke des
Dachsteinkalks in der hiesigen Gegend bezeichnend sind.
Die Verhältnisse an der Villnösser Bruchlinie zwischen der
Cristallo- und der Pomagagnon-SchoUe gehen aus unserer Karte —
Herr Dr. Hoernes führte die geologische Kartirung der ganzen
Gruppe durch — klar hervor. In Val Grande, in der Nähe der
Padeon-Alpe kommen an der Basis der Cristallo- Wände als tiefste
entblösste Schichtgruppe Cassianer Mergel vor, wie das von Herrn
Dr. Hoernes mitgetheilte Profil zeigt.
Am oberen Ende des Val Grande fand Dr. Hoernes eine
doppelte Verwerfung, indem hier eine kleine Partie von Dachsteinkalk
zwischen Raibler Schichten eingeklemmt ist
I
296
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
Boita Pomagagnon Val Grande
Cristallo
NO.
ä = Cassianer Schichten; a^ = Cassianer Dolomit; b = Raibler Schichten; c = Dachsteinkalk.
Diese doppelte Verwerfung setzt am Südgehänge des Monte
Cristallo über Col da Varda fort, so dass an den meisten Stellen
Cassianer Dolomit und Raibler Schichten dreifach über einander zu
sehen sind. Der unterste Zug ist die Fortsetzung des Pomagagnon-
Rückens.
Zuniellcs
Cristallo-Masse
Tre Croci
Cristallo-Massiv
SW.
a = Cassianer Schichten; a^ — Cassianer Dolomit; h = Raibler Schichten; c = Dachsteinkalk.
Diese Verwerfungen erreichen vor dem Mesurina-Thal ihr
Ende. Vorher aber setzt etwas weiter südlich in Val Buona eine
neue Verwerfung an, welche bald eine sehr bedeutende Sprunghöhe
erreicht. So wiederholt sich hier die Erscheinung, dass Bruchlinien
an Stellen geringer Vertical- Verschiebungen sich fächerförmig zer-
splittern.
Der Ostseite des Cristallo-Stockes entlang läuft ebenfalls eine
Verwerfung, deren nordwestliche Fortsetzung den Dürrenstein von
der Croda Rossa trennt und bis Brags reicht. Auch diese Verwer-
fung, an welcher der Cristallo-Stock abgesunken ist, kann als ein
Seitenstrahl der Villnösser Bruchlinie aufgefasst werden.
2. Das Sextener Dolomitriff.
Zwischen dem Höhlensteiner (Landro), Sextener und Anziei-
(Auronzo) Thal befindet sich ein grosses, isopisches Dolomitriff,
welches sich über unterem Muschelkalk erhebt und dessen ausgedehnte
Plateaux von Raibler und Dachstein-Schichten überlagert werden.
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave. 2Q7
Ueber die tieferen, die Unterlage des Riffes bildenden Schicht-
complexe, welche aus der Gegend von Innichen in einem breiten
Streifen durch Sexten und Comelico Superiore nach Auronzo ziehen,
entnehmen wir dem Aufnahmsberichte des Herrn Dr. Hoernes die
folgenden Daten:
,Die Schichten des Verrucano sind namentlich in der Ge-
gend des Sexten-Thaies und im Comelico sehr mächtig entwickelt.
Sie bestehen vorwaltend aus einem groben Conglomerat aus Quarz-
geröUen^ welche durch Phyllitdetritus verbunden sind. In frischem
Zustand ist das Conglomerat grau und sehr fest; es wird in Sexten
in mehreren Brüchen zur Mühlsteinfabrikation verwendet. Verwittert,
zerfallt es in groben Grus und wird rostroth. Nicht selten umschliesst
der Verrucano auch grössere oder kleinere Brocken eines röthlichen
Kalkes (so im Thal des Torr. Diebba bei Auronzo, bei St. Veit
und Moos im Sexten-Thal etc.), welche häufig in grosser Menge
Fusulinen enthalten.*
^Bemerkenswerth erscheinen die Quarzporphyr-Vorkommen,
welche ich, wenn auch in kleineren Massen bei Danta im Comelico
und am Matzenboden, nordöstlich vom Kreuzberg, anstehend traf,
während einzelne Blöcke von Quarzporphyr vielfach im Verrucano
der Gegend eingeschlossen angetroffen werden (so bei Moos im
Sexten-Thal, im Thal des Torrente Diebba etc.). Auch die anstehen-
den grösseren Quarzporphyrmassen sind dem Verrucano eingelagert
und müssen als Stromenden aufgefasst werden. Herr Dr. Doelter
war so freundlich, die petrographische Untersuchung der Gesteine
vorzunehmen. Ich verdanke demselben folgende Angaben: j^Die unter-
suchten Gesteinsproben zeigten grosse petrographische Aehnlichkeit.
Bei äusserer Betrachtung waren in der braunen felsitischen Grund-
masse sehr zahlreiche grössere Quarzkömer und kleinere Feldspath-
einsprenglinge sichtbar. Unter dem Mikroskop im Dünnschliffe wurde
letzterer Bestandtheil als einer der häufigsten erkannt und zwar
gehören die meisten Krystalle dem monoklinen Feldspathe an, doch
kommt daneben auch trikliner Feldspath vor. Der Quarz tritt in
Körnern von unregelmässiger Form auf, er enthält Einschlüsse von
Glas- und Grundmasse, welch' letztere in die Quarze eingedrungen
ist und selbe zerrissen hat. Biotit ist ein constanter Gemengtheil in
allen untersuchten Gesteinsstücken. Hie und da kömmt auch Horn-
blende vor. Magneteisen findet sich stets in kleinen Körnern. In der
Grundmasse sieht man kleine Feldspath-Individuen und durch Eisen-
oxydhydrat rothbraun gefärbte Glasbasis*. — Es bestätigte dieses
Resultat der petrographischen Untersuchung die auf Grund des
äusseren Ansehens, welches ganz mit jenem gewisser Quarzporphyr-
298 ^^ Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
Varietäten von Bozen übereinstimmt, ausgesprochene Zutheilung
dieser vereinzelten Quarzporphyr- Vorkommen zum Bozener Porphyr.*
j^Der Grödener Sandstein ist gegenüber dem Verrucano
verhältnissmässig schwach entwickelt und bildet eine massig breite
Zone an der Basis des Triasgebirges gegen Nord und Ost*
,Der Bellerophonkalk ist in dem engeren hier zu schildern-
den Gebiete sehr mächtig entwickelt, an seiner Basis tritt stellen-
weise Gyps (so an der Mündung des Gsellbaches an der Westseite
des Sexten-Thaies bei St. Veit, bei Auronzo am rechten Anziei-
Ufer) in geringer Mächtigkeit und Rauchwacke (fast überall und
mächtig entwickelt) auf. — In den dunklen bituminösen Kalken
dieses Complexes konnte ich im Rohrwald am Nordgehänge des
Neunerkofels bei Toblach Adern von Siderit beobachten. Fossilien,
namentlich Bellerophonten traf ich allenthalben in den Stinkkalken
des Complexes, so im Rohrwald bei Toblach, am Kreuzbergjoch
zwischen Sexten und Comelico, am Monte Castello zwischen Come-
lico und Auronzo, im Thal des Torrente Diebba bei Cella di Auronzo
dann im Rio Socosta und in Val di Rin nächst Auronzo, wo Avi-
cu/opecten-Arten (Av. cotnelicanus St., Av. Trinken St, und Av. Güm-
bell St.), in den dünngeschichteten Stinkkalken eine ähnliche Rolle
spielen, wie die Daonellen in den triadischen Daonellen-Schiefem.*
, Namentlich reich erwies sich die Gegend des Kreuzberges,
welche bis jetzt die meisten Fossilien unter allen Fundorten der
Bellerophon-Schichten geliefert hat. Nach Stache's Bestimmungen
besteht die Fauna des Kreuzberges aus:
Nautilus Hoemesi St.
„ cmx St.
Bellerophon cadoriais St.
Mojsvdri St.
Sextensis St.
cotnelicanus St.
pseudohelix St.
Murchisonia tramontana St.
Turbonilla Montis Crucis St.
Natica comelicana St.
„ cadorica St.
Pecten tirolensis St.
„ praecursor St.
Avicula cingidata St.
striatocostata St.
filosa St.
Schizodus cf. truncatus King.
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Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave. 290
Spirifer insanus St.
megalotis St,
Haueri St.
cadortcus St.
dissectiis St.
crux St.
Concors St.
Sextensis St.
Spirigera Janiceps St.
papilio St.
peracuta St.
bipartita St.
pusilla St.
confinalis St.
Archimedis St.
faba St.
Orthis ladina St.
Strophotnena (LeptaenaJ alpina St.
j^Die Werfener Schichten, welche über dem Bellerophonkalk
in regelmässiger Auflagerung folgen, sind in ihrem unteren Theile
sehr fossilarm; selbst die undeutlichen Myaciten-Formen werden
nur selten angetroffen. Hingegen ist der Horizont der Naticella
costata mit den in engster Verbindung mit demselben stehenden
Schnecken-Lumachellbänken überall vorhanden und an manchen
Stellen reich an wolerhaltenen Fossilien. Ich erwähne in dieser Be-
ziehung das nördliche Gehänge des Neunerkofels zwischen Toblach
und Innichen, an welchem ich Naticella costata ungemein zahlreich
und in selten schöner Erhaltung in einem festen, kalkigen, grauen
Mergel antraf, sowie die Gsellwiese bei St Veit im Sexten-Thal,
auf welcher ich in den Schnecken-Lumachellbänken, welche, wie ich
glaube, noch mehr Beachtung verdienen, auch Pelecypoden in guter
Erhaltung fand/
,Der untere Muschelkalk zeigt seine regelmässige Ent Wicke-
lung: Dunkle, bituminöse Kalke und graue, glimmerige Mergel mit
kohligen Pflanzenresten; andere Gesteine konnte ich in diesem Ge-
biete nicht wahrnehmen.*
Das Sextener Dolomitriff reicht mit seinem Westende über
das Höhlensteiner Thal hinüber, wo dasselbe den Scheiderücken
gegen Brags bildet, welcher bereits in einem früheren Abschnitte
besprochen worden ist. Die dort gewonnenen Anhaltspunkte zur
Unterscheidung der Dolomitmasse nach ihren Altersverhältnissen
dienten Herrn Dr. Ho er n es zur Richtschnur für die selbstverständlich
300 ^Bs Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
nur approximative und in vieler Beziehung willkürliche Trennung
des Dolomits in der östlichen Hauptmasse. Im Süden und im Süd-
westen an der heteropischen Grenze bietet das Ineinandergreifen
der heteropischen Bildungen wieder sichere Handhaben fiir die an-
nähernd, richtige theoretische Gliederung der Dolomitmassen.
Die an der Basis des Riffs, an dessen Nord- und Ostseite auf-
tretenden geschichteten Dolomite, welche stellenweise reich an Di-
ploporen sind und die Fortsetzung der Dolomitbänke des Samkofels
bilden, wurden dem oberen Muschelkalk und den Buchensteiner
Schichten zugerechnet. Die Hauptmasse des ungeschichteten Dolo-
mits wurde als Wengener Dolomit, die oberen Partien desselben
sowie die geschichteten, Plateau bildenden Dolomite über demselben
wurden als Cassianer Dolomit ausgeschieden. Das Gestein ändert
in den östlichen Regionen gegen Comelico zu seinen Charakter. An
die Stelle der weissen, vorwaltend dolomitischen Massen des Westens
treten graue und röthliche Kalke von dunklen Schattirungen.
Die nördliche und östliche Begrenzung des Riffs ist unbekannt,
da das Riff in diesen Richtungen allenthalben mit Denudations-
Steilwänden abbricht. Die westliche Grenzgegend zwischen Brags
und Schluderbach haben wir bereits im letzten Capitel kennen ge-
lernt. Von Schluderbach zieht die heteropische Scheidelinie über
Val Popena, Mesurina in das Thal des Anziei und aus diesem über
Val Pian di Sera nach Val di Rin bei Auronzo. Oestlich und nörd-
lich von dieser Linie greift allenthalben die Mergelfacies der Wen-
gener und Cassianer Schichten in das Riff ein, am weitesten die
unteren Wengener Schichten, wie die Verhältnisse zwischen Pian
di Sera und Casoni di Rin lehren. Am Südgehänge des Monte
Campo Duro beobachtete Herr Dr. Hoernes in den Wengener
Sandsteinen zahlreiche auskeilende Dolomitzungen. Fossilreiche Wen-
gener Meißel und Riffkalke reichen in einer breiten Zunge von
Mesurina nach Rimbianco unter den Cassianer Dolomit des Monte
Pian und des Drei-Zinnen-Massivs. Das Gehänge des Monte Pian
gegen den Mesurina-See zeigt, sowol in dem tieferen Horizont der
Wengener Schichten, als in dem höheren der Cassianer Schichten
deutlich das Ineinandergreifen der beiden Facies, da in dem niederen
Hügelzuge, welcher vom Monte Pian gegen den See verläuft,
mehrere isolirte Dolomitmassen in und zwischen den Mergeln auf-
treten. Am Monte Rosiana treten auch die Buchensteiner Schichten
in der gewöhnlichen Entwicklung als Pietra verde führende KnoUen-
und Bänderkalke auf
Wir dürfen aus der räumlichen Vertheilung der eingreifenden
Mergelzungen wieder schliessen, dass das Riff zur Zeit der Buchen-
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave. ?oi
Steiner und unteren Wengener Schichten auf engere Grenzen be-
schränkt war, als zur Zeit der oberen Wengener Schichten und dass
die Ausdehnung desselben zur Zeit der Cassianer Schichten am
grössten war.
Das Riffplateau trägt ansehnliche isolirte Denudationsreste der
einstigen allgemeinen Bedeckung durch Dachsteinkalk. Die hervor-
ragendsten und kühnsten Hochgipfel des Bezirkes, die phantastischen
Pyramiden der Drei Zinnen, der Gipfel des Schusterkofels, Zwölfer-
kofels, der Rothwand u. s. f. bestehen aus Dachsteinkalk, welcher nach
den Beobachtungen von Dr. Hoernes dieselbe lithologische Be-
schaffenheit wie in dem grossen Faniser Massiv zeigt.
Die Raibler Schichten treten nur in dem nordwjestlichen Theile
unseres Gebietes in der wolbekannten und auffälligen rothen Ent-
wicklung auf. In den Monte Cadini, in den Massen des Zwölfer-
kofels (Col d'Agnello) und des Giralba fehlen die rothen Schichten
gänzlich und folgen über den geschichteten Cassianer Dolomiten
sofort die Bänke des Dachsteinkalks. Während die Annahme einer
Unterbrechung des Absatzes als willkürliche, gewaltsame Supposition
bezeichnet werden müsste, lässt sich die Anschauung, dass die
Raibler Schichten hier in der Facies des Dachsteinkalks
auftreten, mit guten Gründen unterstützen. In den Nord- wie in den
Südalpen wechsellagem die Raibler Schichten sehr häufig mit Bän-
ken des Hauptdolomits oder des Dachsteinkalks und an vielen
Stellen erscheinen die Raibler Schichten nur als heteropische Ein-
lagerungen des Dachsteinkalks. Im südtirolischen Hochlande findet
eine Wechsellagerung der rothen Raibler Schichten mit Megalodon-
ten-Bänken ebenfalls häufig statt. Man müsste daher schon a priori
erwarten, Gegenden mit isopischer Entwicklung zu finden.
Die tektonischen Verhältnisse der Sextener Gebirgsgruppe
sind ausserordentlich einfach. Im Centrum und am Innenrande
herrscht söhlige Lagerung. Am Aussenrande, im Puster Thal bei
Toblach und im Sexten-Thal fallen die tieferen Schichten ziemlich
steil vom Phyllit weg gegen Süden. In den höheren Schichten
nimmt dann der Fallwinkel allmählich ab, bis sich die söhlige Lage-
rung einstellt. So erscheint die Sextener Gebirgsgruppe als ein
horizontal gelagerter Gebirgstheil , dessen nördlicher und östlicher
Aussenrand aufgebogen ist.
Mit dem Südrande der Gruppe fallt der östlichste Theil der
Villnösser Bruchlinie zusammen. Der Monte Rosiana und der Monte
Malone bei Auronzo bilden eine verworfene Scholle am Nordrande
der Bruchlinie und gehören daher tektonisch noch der Sextener
Gruppe an. Dass der Monte Rosiana auch der südliche Ausläufer
302
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
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Matzenboden
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave. 303
des Sextener Riffs ist, wurde bereits angedeutet Der sehr zerrüttete
Dolomit dieses Berges fuhrt Zink- und Bleierze, welche von einer
österreichischen Kohlengewerkschaft (Sagor in Krain) ausgebeutet
und zur Winterszeit auf Schlitten über den Mesurina-See zur Bahn-
sfation Toblach befördert werden.
3. Sorapiss, Anteiao und Marmarole.
Das im Süden des Cristallo-Stockes und der Sextener Gebirgs-
gruppe liegende, von der Boita und der Piave umschlossene Gebirgs-
dreieck ist bis auf eine dünne, durchgreifende Bank Cassianer
Dolomits und eine vereinzelte Zunge oberen Wengener Dolomits
rifffrei. Die oberen Hauptmassen des Gebirges werden, wie im Cri-
stallo-Stock ausschliesslich vom Dachsteinkalk gebildet, welcher in
den Culminationspunkten dieser Gruppe seine grössten Höhen er-
reicht (Anteiao 3320 Meter, Sorapiss 3290 Meter, Marmarole
3130 Meter).
Die Unterlage dieses mächtigen Dachsteinkalk-Gebirges ist
namentlich im Südosten gegen die Piave zu bis auf den Bellerophon-
kalk abwärts entblösst. Der Lauf dieses Flusses fallt auf einer langen
Linie hier mit der grossen Valsugana-Bruchlinie zusammen, an wel-
cher im Süden die höheren Schichten so tief abgesunken sind, dass
Raibler Schichten und Dachsteinkalk gegen Bellerophonkalk ab-
stossen.
In der Gegend von Pieve di Cadore verlässt die Piave die
Bruchlinie und bahnt sicji ihren Weg quer durch das südliche Ge-
birge. In Folge dessen gehört die zwischen der Boita und der Piave
gelegene Südspitze unseres Gebietes, hauptsächlich der Monte Zucco
und der Schlossberg von Pieve di Cadore tektonisch bereits dem
südlich angrenzenden Gebirge an.
Eine Bruchlinie von viel geringerer Sprunghöhe trennt sodann
die Antelao-Masse von dem Sorapiss-Marmarole-Stocke, so dass wir
zwischen Piave und Boita drei Schollen zu unterscheiden haben.
Der Charakter der einzelnen hier vorkommenden Schichtcom-
plexe ist im Allgemeinen übereinstimmend mit der gewöhnlichen
Entwicklung, beziehungsweise mit der Ausbildung in rifffreien Ge-
genden. Ich entnehme dem Berichte des Dr. Hoernes, welcher
dieses Gebiet kartirte, die folgenden Einzelnheiten.
Der Bellerophonkalk, an dessen Basis grosse Massen von
Rauchwacken (bei Pieve di Cadore) und von Gyps (bei Lozzo) auf-
treten, zeichnet sich durch grosse Mächtigkeit aus, welche er, wie
304 ^^^ Hochgebirge zwischen Rtenz, Drau, Boiu und Pia'
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Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave. yyt
man annehmen könnte, auf Kosten der ungewöhnlich reducirten
Werfener Schichten erreicht. Die Werfener Schichten sind auffallend
fossilarm. Mit Ausnahme der Lumachellbänke in der oberen Abthei-
lung derselben sah Herr Dr. Hoernes keine Fossilien. Der untere
Muschelkalk ist durch wenig mächtige bituminöse Kalke mit Zwischen-
lagen von glimmerigen Mergeln vertreten. Den oberen Muschelkalk
bilden wolgeschichtete Dolomite, in denen hie und da Diploporen-
reste wahrzunehmen sind.
j^Der Buchensteiner Kalk ist im ganzen Gebiet in seiner
charakteristischen Ausbildung entwickelt. Homsteinreicher Knollen-
kalk und schwarze, kieselreiche Bänderkalke in Verbindung mit
mächtigen Einlagerungen von Pietra verde setzen ihn zusammen.
Die Pietra verde tritt namentlich bei Vodo und Venas (wo der
Buchensteiner Kalk in Folge einer localen Verwerfung wiederholt
auftritt), sowie auf den Höhen bei Pieve di Cadore, namentlich bei
S. Dionigi in grosser Mächtigkeit auf*
,Die Wengener Schichten sind vorwaltend als tuffige Sand-
steine entwickelt.*
, Zufolge der Verwerfung zwischen Sorapiss und Anteiao treffen
wir zwei Züge von Wengener und Cassianer Schichten in nahezu
paralleler Richtung an. Im nördlichen, an der Basis der Sorapiss,
sehen wir bei S. Vito eine Partie von tuffigen Sandsteinen der
Wengener Schichten unter einer Dolomitbank auftreten, die wol
ganz den Cassianer Schichten zufällt. Gegen die Forcella piccola
zu verschwinden diese tuffigen Sandsteine bald unter dem Schutt,
der hier in enormer Mächtigkeit das Thal bedeckt. Ebenso werden
die Wengener Schichten erst weit unten im Val Oten sichtbar; es
besteht hier der Monte Grande vereinzelt aus einer Partie von Wen-
gener Dolomit (südlichster Ausläufer des Sextener Riffis). Doch
sind auch hier die Wengener Schichten zumeist von tuffigen Sand-
steinen und Mergeln gebildet. Sie ziehen längs dem Südostfuss der
Monti Marmarole hin und bilden am Piano del Buoi zwischen Lozzo
und Auronzo eine Hochfläche, aus weichen Mergeln bestehend, die
einigermassen an die Seisser Alpe erinnert. Doch mangeln hier die
zahlreichen Versteinerungen, die sich auf der letzteren finden,
und nur selten trifft man schlecht erhaltene Korallenreste in den
hie und da auftretenden Riffkalken. Im südlichen Zuge, an der Basis
des Anteiao erlangen die tuffigen Sandsteine der Wengener Schich-
ten, aus denen ausschliesslich hier der Horizont besteht, noch ge-
ringere Mächtigkeit, die indess noch verhältnissmässig bedeutend ist
gegenüber der geringen Mächtigkeit des Dolomites der Cassianer
Schichten, der sie von dem Raibler Horizonte trennt.*
Mojsisovics, Dolomitriffe. 20
3o6
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
,Am Monte Zucco treten die Wengener Schichten als tufiige
Sandsteine auf und werden nur durch eine sehr wenig mächtige
Dolomitpartie der Cassianer Schichten von den Gypsmassen der
Raibler Schichten getrennt*
Marmarole Pian di Sera Monte Rosiana
SSW.
Anziei
NNO.
a = Wengener Schichten; a^ = Wengener Dolomit; b = Dachsteinkalk; e = Schutt.
j^Die Cassianer Schichten sind überall, wo sie auftreten, durch
eine wenig mächtige Dolomitbank repräsentirt. Es läuft eine solche
unter den Raibler Schichten am Südfusse des Anteiao hin — ebenso
tritt Cassianer Dolomit unter den Raibler Schichten am Südfusse
der Sorapiss und am Südostgehänge der Marmarole auf.*
j^Die Raibler Schichten treten in drei Zügen auf, von denen
der nördlichste sich am Südgehänge des Sorapiss-Marmarole-Massivs
findet. lieber S. Vito und an der Forcella piccola kommen rothe
und stellenweise auch dunkle bituminöse Mergel vor. Im Val Oten
und ebenso am südlichen und östlichen Fuss des Dachsteinkalk-
Massivs der Marmarole hingegen sind die Raibler Schichten vorwal-
tend durch geschichtete Dolomite und Kalke vertreten.*
y£in Gleiches gilt vom Südgehänge des Anteiao, doch mangeln
hier auch schmale Einlagerungen von rothen Mergeln nicht*
,Im Monte Zucco und am Hügel des Castells von Pieve di
Cadore treten die Raibler Schichten in grosser Mächtigkeit auf. Sie
sind hier in ihrer unteren Partie durch mächtige Gypslager gebildet,
über welchen geschichtete, dolomitische Kalke und stellenweise
auch rothe Mergel folgen. Auch stark bituminöse Kalke, reich an
Schalenbruchstücken von Versteinerungen, die indessen schwer aus
dem Kalk ausgelöst werden können, treten hier auf und sind
namentlich an der Mündung des Torrente Molina in die Piave gut
aufgeschlossen.*
,Der Dachstein kalk besteht vorwaltend aus mehr weniger
reinem, röthlichem Kalkstein^ doch findet sich auch eine sehr eigen-
Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave, 307
thütnliche, conglomferatartige Gesteins-Entwicklung, die sich durch
das häufige Vorkommen dunkler Gesteinsfragmente auszeichnet
Diese Breccie tritt in nicht besonders hohem Niveau über den
Raibler Schichten auf und zeichnet sich durch ihre ausserordentlich
reiche Petrefactenfiihrung aus. Im Val Oten sowol als im Val di
Rin konnte ich in diesen Schichten zahlreiche Versteinerungen
sammeln, von denen sich namentlich jene aus dem Val Oten durch
gute Erhaltung und Formenreichthum auszeichnen. Es kommen
hier vorwaltend Gasteropoden, Trochus-, Turbo-, Delphimda-, Chem-
fützia-^ Natica^oxvcssxi vor. Die Vergesellschaftung dieser holostomen
Gasteropoden erinnert sehr an die Elsino-Fauna, doch sind es ganz
verschiedene Arten, die sich hier finden. Auch canalifere Gastero-
poden, reich omamentirte Cerithien mangeln nicht, am häufigsten
aber finden sich Schalen von kappenartiger Form, von welchen die
einen mit radialer Berippung wol zu Patella gehören dürften, wäh-
rend die generische Stellung der anderen, die sich durch feine con-
centrische Streifen auszeichnen, schwer zu bestimmen ist. Aehnliche
Schalen wurden von verschiedenen Autoren als Helcion, Acmea,
Scurria, Patelloidea etc, beschrieben. Von Pelecypoden fand sich
neben Modiola und Mytilus ähnlichen Formen nur Area Songavatina
Stop, etwas häufiger. Am Pian di Sera traf ich in denselben Brec-
cien mit dunklen Gesteinsfragmenten neben Durchschnitten von
Chemnitzien und Delphinula ähnlichen Formen sehr häufig Korallen
in undeutlicher Erhaltung und einzelne Megalodon-Durchschnitte.
Auch auf dem Anteiao traf ich diese Schichten, wenig oberhalb der
Verwerfung an der Forcella piccola, wurde jedoch durch schlechtes
Wetter, das während der Besteigung eintrat, verhindert, nach der
Rückkehr von der Spitze Versteinerungen zu sammeln.*
^Jurassische Bildungen fehlen gänzlich, wie durch Besteigung
der höchsten Spitzen nachgewiesen werden konnte. Sowol die Spitze
des Anteiao, als auch jene der Sorapiss besteht aus Dachsteinkalk
und die Verhältnisse der Gegend lassen mit Sicherheit darauf
schliessen, dass dies auch bei den von mir nicht besuchten Hoch-
gipfeln der Marmarole der Fall ist.*
, Von jüngeren Bildungen sind praeglaciale Conglomerate, welche
in grosser Mächtigkeit den Thalboden des Piave-Thales zwischen
Pieve di Cadore und Lozzo bedecken, und mächtige Ablagerungen
von Kalktuffen mit Einschlüssen und Abdrücken recenter Pflanzen
und Sumpfwasser-Conchylien zu erwähnen, welche zwischen Pieve
di Cadore und der Mündung des Oten-Baches vorkommen. Es
scheint die massenhafte Tuffbildung hier sowie auch im Sexten-Thal
beim Wildbad Innichen und im Torrente Diebba bei Auronzo mit
20*
308 ^^ Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
Quellen im Zusammenhang zu stehen, die aus dem Bellerophonkalk
hervorbrechen* *).
In tektonischer, wie in orographischer Beziehung erscheint der
Sorapiss-Marmarole-Stock mit seinen im grossen Ganzen schweben-
den Schichten als der Haupt-Gebirgsknoten zwischen Boita und
Piave. Der Anteiao ist nur ein im Süden losgelöster und abgesun-
kener Gebirgstheil.
Das Bigontina-Thal bei Ampezzo föUt, wie bereits erwähnt,
mit einem bis auf die Wengener Schichten entblössten gewaltigen
Luftsattel zusammen, dessen Nordschenkel der Pomagagnon und
dessen Südschenkel die Sorapiss ist Bei S. Vito, an der Forcella
piccola und im Val Oten taucht dann im Süden des grossen Dach-
steinkalk-Massivs der Südflügel der flachen Mulde heraus, in welcher
die Sorapiss wie auf einem flachen Teller sitzt. Oestlich von Tre
Croci schneidet die aus dem Val Grande herübersetzende und über
Pian di Sera und Colle Ag^do nach Auronzo fortlaufende Villnösser
Bruchlinie die Sorapiss-Marmarole-Masse gegen Norden ab. Locale
Störimgen, Aufrichtungen und Senkungen einzelner Schollen sind in
der Nachbarschaft der Bruchlinie häufig, wie denn im Verhältniss
zu dem nördlichen Gebirge die Sorapiss-Marmarole-Masse als der
gesunkene Gebirgstheil erscheint. Eine der auffallendsten Aufrich-
tungen und Schichtenkrümmungen zeigt der Cadin, auf der West-
seite des Sorapiss-Thales.
Die Antelao-Bruchlinie beginnt im Unterlaufe des Val Oten
und äussert sich zunächst als horizontale Verschiebung der beiden
Thalwände. Thalaufwärts nimmt sie stets an Sprunghöhe zu und
setzt über die Forcella piccola nach S. Vito^ von wo sich dieselbe
noch weit gegen Westen verfolgen lässt. Ein grossartigerer Anblick
als die Ansicht der Anteiao -Verwerfung von S. Vito aus lässt sich
kaum denken. Die gegen Norden einschiessenden Platten des
Anteiao brechen plötzlich etwas oberhalb der Forcella piccola an
dem ungeschichteten Cassianer Dolomit ab und richten sich an der
Rutschfläche bogenförmig in die Höhe.
Durch kleinere Brüche veranlasste schollenformige Absitzungen
finden sich mehrfach in der Nähe der grossen Valsugana-Bruchlinie,
*) Nicht ohne Interesse sind die gewaltigen, vom Zerfall des Anteiao her-
röhrenden Bergstürze im Boita- Thal zwischen S. Vito und Borca, deren Trümmer-
massen bis auf das rechte Boita-Ufer reichen. Die letzten grossen Stürze, durch
welche mehrere Ortschaften zerstört wurden, schilderte Catullo (Mem. sopra le
ruine accadute nel commune di Borca nel Cadorino. Belluno, 1814). Vgl. auch
Marinello, L*Antelao. BoU. Club Alpino Ital. 1878, pag. 34.
Dos Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
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3IO Das Hochgebirge zwischen Rienz, Drau, Boita und Piave.
Anilchl du ADtelu-Bnichei au» der Otiend von S. Vilo.
|N>L-h einer Phologriphie.]
WS. = Wengener Schichleu; Cf. = Cassiatlir Dolomil; t'K. = Liacliilcjnkalk,
SO zwischen Vodo und Venas, bei Nebiü, bei Domegge zwischen
Lozzo und Tre Ponti.
Unterhalb Venas setzt der Valsugana-Bruch von Westen her
über die Boita, läuft über die Hochebene von Valle und Tai nach
Pieve di Cadore und erreicht erst in der Gegend von Calalzo die
Flussrinne der Piave. Der Wanderer, welcher aus der Tiefe der
Boita-Schlucht bei Venas und Valle oder von der Piave-Rinne zwischen
Pieve di Cadore und Calalzo zu der auf hoher Thalterrasse hinziehen-
den Strassenlinie hinaufsteigt, gelangt an ersterer Stelle aus Wengener
Tu ffsand steinen, in letzterer Gegend aus Raibler Schichten und Dach-
steinkalk in die Region der Bellerophonkalke.
XI. CAPITEL.
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Die Rocchctta-Gruppe und das Carnera-RifT. - Die Hochfläche von Zoldo und der Pelmo. -
Das linke Cordevole-Ufer zwischen Caprite und Agordo: Qvetta-Gruppe und Monte S. Scba-
stiano. - Die Gruppe des Cimon della Pala. Primiero-Rilf und Cima cli i'ape. - Moränen von
Val di Canali. - Melaphyrgänge im Phyllit bei Mis. - Erratische Dolomitblöcke auf dem
Phyllitgebirge bei Agordo.
Die im Norden der grossen Valsugana-Bruchlinie gelegenen
Hochgebirgs-Landschaften zwischen der Boita und dem Cismone
umschliessen ein grösseres und ein kleineres Riflf, welche beide sich
von den nördlichen Riffen durch das Vorwalten nur schwach dolo-
mitischer Kalke unterscheiden. Das erstere umfasst die hohe formen-
schöne Gebirgsgruppe des Cimon della Pala und reicht vom Cis-
mone bis über den Cordevole, auf dessen östlichem Ufer der Monte
Framont bei Agordo und der Monte Alto di Pelsa bei Cencenighe
die östlichen Vorwerke des Riffes bilden. Dies ist das ,Primiero-
Riff*. Das zweite, viel kleinere Riff, befindet sich nordöstlich von
Caprile und umfasst den Monte Camera und den Piz del Corvo.
Wir nennen es ,Carnera-Riff*. Den Zwischenraum zwischen diesen
beiden Riffen, sowie das Gebiet von Zoldo bis zur Boita nimmt die
Fortsetzung des badiotischen Mergelbeckens ein. In diesen Gegen-
den findet sich ausser einigen Dolomitzungen im Bereiche der VVen-
gener Schichten, im Norden in der Rochetta-Gruppe und im Osten
in der Umgebung des Monte Pelmo eine fortlaufende Platte von
Cassianer Dolomit. Im Süden und am Ostabhange der Gebirgsmasse
des Monte Civetta dagegen reicht die Mergelfacies, ebenso wie an
der Ostseite des Gader Thaies, durch die Cassianer Schichten hin-
durch bis zu den Raibler Schichten.
X. Die Rochetta-Gruppe und das Camera-Riff.
Dieser, zwischen dem Monte Giau-Passe und CoUe di St. Lucia
im Westen und der Boita zwischen Ampezzo und S. Vito im Osten
sich erhebende Gebirgstheil bildet in tektonischer Beziehung die
Fortsetzung der im VIII. Capitel beschriebenen Gebirgsplatte des
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^12 Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Monte Nuvolau, von welcher er blos durch eine Erosions-Tiefen-
linie getrennt ist.
Gleich der Nuvolau-Gruppe wird auch die Rocchetta-Masse
von einer auf Wengener Tuffsandsteinen und Cassianer Mergeln
auflagernden Platte von Cassianer Dolomit gebildet, welcher Denu-
dations-Relicte von Raibler Schichten und Dachsteinkalk aufsitzen.
Der scharfkantige Kamm der Croda da Lago mit der noch uner-
stiegenen, pyramidenförmigen Cima di Formin besteht aus Dach-
steinkalk und erhebt sich frei, mit schroff abstürzenden Wänden
über dem gegen Nordosten abdachenden Dolomitplateau. Wie bereits
im IX. Capitel (S. 256) erwähnt wurde, gehört die am nördlichen
Ufer des Costeana-Baches befindliche Creppa, der bekannte Ampezza-
ner Aussichtspunkt, in tektonischer Beziehung ebenfalls noch zur
Rocchetta-Masse, deren äusserste Nordspitze sie bildet Von dem
topographisch verbundenen Gebirgskörper der Tofana wird die
Creppa durch die bereits geschilderte Falzarego-Bruchlinie getrennt
Das Riff des Monte Camera, südlich vom Monte Giau, steUt
eine kleine, regelmässig dem Schichtenverbande eingefügte dolo-
mitische Kalkmasse aus der Zeit der Buchensteiner und der unteren
Wengener Schichten dar. Den westlichen Ausläufer derselben in
den Buchensteiner Schichten des Codalonga-Thales haben wir be-
reits (S. 253) kennen gelernt. Von dieser Stelle erhebt sich das Riff
rasch zu ansehnlicher Mächtigkeit, gegen Süden mit einer Denuda-
tions-Steilwand, gegen Norden und Nordosten mit einer ziemlich
steilen Böschung endigend. Die grösste Mächtigkeit besitzt das Riff
am Monte Camera; gegen den Piz del Corvo nimmt es dann rasch
wieder an Höhe ab und südöstlich von dieser Spitze keilt es gänz-
lich aus. An die Stelle des Kalks treten ebenso wie im Westen,
die dickschichtigen Augitporphyrtuffe und die Buchensteiner Schichten.
Die beigegebene, vom Gehänge des Monte Fernazza aufgenommene
Ansicht (,Das südöstliche Ende des Camera-Riffes*) lässt deutlich
die Anlagerung der geschichteten Tuffe an den ungeschichteten
Kalk, sowie die Begrenzung des Riffs erkennen*).
Das zweite, zur Erläuterung des Camera - Riffes bestimmte
Lichtbild (, Blick von der Nuvolau-Platte gegen Süd-Süd-Ost*) zeigt
die nördliche Aussenböschung des Riffs, die Anlagerung der Tuffe
und der Wengener Sandsteine (mit Daonella Lotnmeli und Lytoceras
Wengense) und endlich die gleichmässige Ueberlagerung des Sand-
*) Die dOnngeschichteten Bänke an der Basis des KalkrifTs gehören dem
unteren Muschelkalk und den Werfener Schichten an. Die Dolomitplatte im Hinter-
grunde des Bildes ist die Creppa di Formin (Cassianer Dolomit), der Felsgipfel rechts
ist der Becco di Mezzodi (Dachsteinkalk).
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Die Hochalpen Ton Zoldo, Agordo und Primiero. 9x3
Stein- und Mergel-Complexes der Wengener und Cassianer Schichten
durch die weit vorspringende Platte des Cassianer Dolomits. Auf
dieser letzteren (Crejjpa di Formin) breiten sich sodann in einer
dünnen Lage die Raibler Schichten aus, über welchen sich der
Dachsteinkalk in steiler Wand zum Kamme der Croda di Lago
erhebt.
Diese beiden Ansichten ergänzen sich zu einem Gesammtbilde
des Schichtenverbandes des Camera-RifTes. Man erkennt leicht, dass
die normalen, geschichteten Bildungen im Liegenden und Hangenden
des Riflfs conform gelagert sind und gleichmässig gegen Nordosten
einfallen. Die Böschungsfläche des Rißs dagegen dacht unter einem
weitaus steileren Winkel ab und contrastirt lebhaft von den echten
Schichtflächen im Hangenden und Liegenden.
Parallel der Böschungsfläche zeigt die nördliche Aussenseite
des Riffs die charakteristische Ueberguss-Schichtung. Die Block-
structur des ungeschichteten Kalkriffes tritt allenthalben deutlich auf
und ist auch in unserer Ansicht des Piz del Corvo wahrnehmbar.
Die Hauptmasse des Riffs entspricht der Bildungszeit der dick-
schichtigen Tuffe, wie aus der Anlagerung derselben hervorgeht.
An der heteropischen Grenze kommen die eigenthümlichen, bereits
öfters erwähnten Kalkbreccien mit tuffigem Bindemittel vor, deren
Entstehungsweise hier vollkommen klar ist. Der Kalk der Breccien
stimmt nämlich mit dem nur wenig dolomitischen Kalk des Riffs
überein, so dass es keinem Zweifel unterliegen kann, dass die kal-
kigen Bruchstücke der Breccien als abgerissene Fragmente des
Riffs zu betrachten sind. Diese Breccien kommen, wie wiederholt
erwähnt worden ist, immer in Verbindung mit Augitporphyrlaven
oder dickschichtigen Tuffen, und zwar in der Regel an der Basis
derselben vor. Man kann sich nun leicht vorstellen, dass die zäh-
flüssige Lava den am Fusse der Riffe aufgehäuften Schutt in sich
aufnahm und mit demselben beladen weiterfloss.
Das Camera-Riff ist das kleinste unter allen in diesem Buche
zu besprechenden Riffen. Weist auch die Steilwand, mit welcher es
auf der Südseite abbricht, auf eine bestandene Fortsetzung in dieser
Richtung hin, so geht doch aus den Aufschlüssen am linken Corde-
vole-Ufer bei Caprile hervor, dass das Riff sich niemals bis in diese
Gegenden erstreckte. Die unmittelbare Fortsetzung ist denudirt und
vielleicht liegen einige kleine südliche Ausläufer versenkt unter den
Wengener Schichten von Selva.
Die Thaltiefe des Fiorentina-Thales bei Selva und Pescul
wird nämlich in Folge einer am nördlichen Thalgehänge in ostwest-
licher Richtung hinlaufenden Bruchlinie, welche ich als die Fort-
Die Hochalpen von Zotdo, Agordo und Primlei
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Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. '3^5
Setzung des Antelao-Bruches betrachte, von Wengener Schichten
gebildet, welche mit nördlichem Einfallen die Bellerophon-Schichten
bei Selva und dann die Werfener Schichten nächst Pescul zu unter-
teufen scheinen. Unweit der Stelle, wo das Camera-Riff endet, ver-
schwinden nacheinander Werfener Schichten, Muschelkalk und
Buchensteiner Schichten an der Bruchlinie und auf der ganzen
Strecke zwischen Monteval bei Pescul bis zum Col Bangies bei
S. Vito stossen die südlichen Wengener Schichten mit den dick-
schichtigen Tuffen, welche die Unterlage der Rocchetta-Masse
bilden, widersinnisch gegen dieselben einfallend, zusammen.
2. Die Hochfläche von Zoldo und der Pelmo.
Südlich von der eben erwähnten Bruchlinie breitet sich ein
grasreiches, vorherrschend aus Wengener Tuffsandsteinen bestehen-
des Hochland aus, welches entsprechend der identischen Boden-
beschaffenheit ausserordentlich an die Seisser Alpe und an das
Badioten-Hochplateau erinnert. Die Uebereinstimmung mit diesen
Landschaften würde noch viel schlagender hervortreten, wenn sich
hier nicht ein gewaltiger Denudations-Relict von Dachsteinkalk er-
halten hätte, welcher dem Sandstein-Plateau in seiner Mitte frei
aufgesetzt ist.
Ueber looo Meter hoch erhebt sich mit allseits schroff ab-
fallenden Wänden der mächtige, einer abgestumpften Riesenpyramide
vergleichbare Kalksteinblock des Pelmo (3163 Meter) über der
grünen, sanft contourirten Hochfläche, ein Bild unbeschreiblicher
Grösse und Erhabenheit. Stünde der Pelmo in einer Kette von
Kalkbergen, so würde sein kühner, massiver Bau zwar immer noch
imponiren, aber er besässe längst nicht den eigenthümlichen Reiz,
welchen seine vollkommen isolirte Lage auf einem sanften, rasen-
bedeckten Sockel durch die Macht der hier wirkenden Gegensätze
ihm verleiht. In fast söhliger Lagerung, allseits etwas gegen das
Innere des Berges geneigt und von einigen Verwerfungen durchsetzt,
bauen sich die ungezählten Bänke des Dachsteinkalkes übereinander.
Die schmalen, unmerkbar gegen oben zurücktretenden Schichten-
bänder gestatten, allerdings oft auf langwierigen Umwegen, den Zu-
tritt in das Innere dieses prächtigen Felsenthurmes und auf dessen
luftige Höhe. Ich habe in Gesellschaft der Herren Dr. Ed. Reyer
und Dr. Th. Posewitz im Jahre 1875 den Pelmo von Val Ruton
aus bestiegen, hauptsächlich, um zu constatiren, ob nicht bereits
jurassische Gesteine den Gipfel desselben bilden. Wir trafen über
2l6 Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
den fossilreichen Raibler Schichten, welche das kleine Plateau des
Monte Penna bedecken, aber von diesem durch eine kleine Verwer-
fung getrennt sind, zunächst lichte, weisse, gebänderte Kalke, etwas
höher lichte Kalke mit schwarzen, brecdenartig eingestreuten Frag-
menten*), hierauf eine grosse Masse rother und gelber Kalke mit
Durchschnitten von Gasteropoden und Rhynchonellen. In der Gipfel-
masse wechseln graue Kalke mit röthlichen und gelblichen Bänken.
Sichere Liaskalke wurden nicht gefunden, doch wäre es immerhin
möglich, dass die obersten Schichten bereits liasisch wären.
Unter den Raibler Schichten, welche auf dem Campo Rutorto
zahlreiche Versteinerungen (darunter Trigottia Kefersteini und ein
kleiner Megalodus besonders häufig) enthalten, liegt in den Um-
gebungen des Pelmo ein lichter, geschichteter Kalk, welcher den
obersten geschichteten Partien des Cassianer Dolomits der Rocchetta-,
Nuvolau- und SettSass-Gruppe entspricht und die für dieses Niveau
charakteristischen, weissen Oolithbänke fuhrt. Am Monte Penna
und in der dislocirten Scholle nächst der Forcella Forada deuten
grüne Rasenbänder zwischen den felsigen Kalkbänken auf Einlage-
rungen von mergeligen Schichten hin. Die Mächtigkeit dieses
korallenführenden und stellenweise in echten Riflfkalk (Cipitkalk)
übergehenden Kalkes ist unterhalb der Pelmo-Masse eine sehr
unbedeutende, wie der schöne Aufschluss auf der Westseite des
Pelmo deutlich zeigt. Am Monte Penna und an der auf dem Ge-
hänge gegen die Boita abdachenden Platte dagegen nimmt dieselbe
sichtlich zu.
Diese Kalke scheinen direct auf den Wengener Tuffsandsteinen
zu ruhen. Wenigstens ist sicher, dass Tuffsandsteine sehr hoch bis
an die Kalke hinanreichen. Die Grenze ist leider, so weit ich meine
Beobachtungen ausdehnen konnte, überall durch Schutt oder Vege-
tation verdeckt.
Den sehr mächtigen Wengener Tuffsandsteinen ist in Zoldo
alta eine bald mehr bald weniger dolomitische Kalkbank einge-
schaltet, welche an einigen Punkten, so oberhalb Coi, eine oolithische
Structur annimmt und die gewöhnlichen Fossilien der Riffkalke
enthält. Dieser dolomitische Kalk bildet den Monte Croto an der
Forcella di Staulanza und die beiden Kalkzüge auf der Ost- und
Westseite des oberen Zoldo, welche offenbar einst untereinander
und mit einem westlich gelegenen grossen Riffe zusammenhingen
und blos durch die Denudation isolirt wurden. Das Wahrschein-
•) Diese Bänke entsprechen wol den von Dr. Hoernes in Val Travernanzes,
dann in ValOten, in Val diRin und auf dem Anteiao gefundenen fossilreichen Schichten.
Die Hochalpeo von Zoldo, Agordo und Primiei
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jig Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
lichste ist wol, dass wir es hier mit einer weit ausgreifenden Zunge
des grossen Primiero-Riffes zu thun haben, welche in nächster Nähe
unterhalb der Masse der Civetta endet. Am Monte Croto und an
vielen anderen Stellen zeigt das Gestein ausgezeichnete Blockstructur.
Die isolirte kleine Kalkmasse des Monte Triof bei Brusadaz ist wol
nur eine dislocirte Scholle des eben besprochenen Kalkflötzes.
In den die Basis der Wengener Schichten bildenden dickschich-
tigen Tuffen kommen conglomeratische und sandsteinartige Bänke
mit Einschlüssen von Augitporphyren, rothen, felsitischen Porphyren
und Kalken vor. Quarzkrystalle sind häufig. Manche hierher gehörige
grobe Sandsteine erinnern an Verrucano-Gesteine. Einschlüsse von
rothen Porphyren reichen in diesen südlichen Gegenden vereinzelt
durch die ganze Reihe der Wengener Schichten. Sie stammen wol,
da im Norden derartige Gesteine weder als Laven noch als Ein-
schlüsse vorkommen, aus südlicheren, gegenwärtig von jüngeren Bil-
dungen bedeckten Regionen. Zu Gunsten dieser Vermuthung lässt
sich anfuhren, dass bei Recoaro im Vicentinischen thatsächlich
Laven von übereinstimmenden oder wenigstens sehr nahe stehenden
rothen Porphyren im Niveau der Wengener Schichten auftreten.
Eine verhältnissmässig sehr bedeutende Mächtigkeit erreichen
in den Buchensteiner Schichten von Zoldo die eigenthümlichen,
grünen, unter der Bezeichnung Pietra verde bekannten Tuffgesteine,
gegenüber welchen die Bänderkalke und Knollenkalke sehr zurück-
treten. Das weithin kenntliche, auffallende Gestein erleichtert ausser-
ordentlich die Orientirung in dem stark dislocirten Gebiete nördlich
von der Valsugana-Spalte. Die schwache Vertretung der Pietra
verde in unseren nördlichen Gebietstheilen und das sichtliche An-
wachsen derselben in der Richtung gegen Süden deuten auf südlich
gelegene, heute ebenfalls von jüngeren Ablagerungen verdeckte
Ursprungsstätten (Eruptionsstellen) dieser Tuffgesteine hin.
Die auffallende Mächtigkeit und ausgedehnte Verbreitung des
Muschelkalks in Zoldo ist wol nur theilweise auf Rechnung einer
wirklich bedeutenderen verticalen Höhe desselben zu setzen. Die
Hauptursache dürfte in zahlreichen, der Valsugana-Spalte parallelen
Längsverwerfungen zu suchen sein, in Folge welcher sich die
Schichten mehrfach übereinander wiederholen. Der obere Muschel-
kalk wird hier, wie in Buchenstein, durch einen lichtgrauen Kalk gebil-
det, welcher durch Wechsellagerung allmählich in den dunkelgrauen,
sandigen, flimmernden unteren Muschelkalk übergeht, der bei Dont
die bekannten, durch Fr. v. Hauer beschriebenen Cephalopoden
führt. Diese grauen, flimmernden Kalke, welche durch ihre Schich-
tungs-Verhältnisse und durch ihre Verwitterungsfarbe sehr an die
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. ^ig
kalkreichen Werfener Schichten unseres Gebietes erinnern, nehmen
zwischen Val Infema und dem Pizzo Zuel den hauptsächlichsten
Antheil an der Zusammensetzung des Muschelkalks. Zwischen ihnen
und den echten, hier nur in sehr beschränkten Schollen erscheinen-
den Werfener Schichten liegen noch die rothen, theils dolomitischen,
theils sandsteinartigen Schichten des unteren Muschelkalks. Die sonst
mit diesen Gesteinen in Verbindung stehenden Conglomerate erinnere
ich mich nicht in Zoldo gesehen zu haben.
Die tektonischen Verhältnisse, unter denen die tieferen Trias-
glieder im Süden des Pelmo erscheinen, sind in Folge der hier
eintretenden Zersplitterung der grossen Bruchlinie ausserordentlich
complicirt. Unsere Karte gibt nur ein generelles, etwas schemati*
sirtes Bild dieser Störungen, welches zwar im grossen Ganzen richtig,
im Detail aber noch mancher Verbesserung und Ergänzung durch
localisirte Aufnahmen bedürftig ist.
Zunächst ist einer aus der Gegend von Fusine über Zopp6
nach Soceroda verlaufenden Verwerfung zu gedenken, in Folge
welcher ein Streifen von Buchensteiner Kalk mit Pietra verde in-
mitten der dickschichtigen Wengener TuiTsandsteine erscheint. Die
Fortsetzung dieser Störungslinie ist am Ausgange des Val dell' Oglio
bei Vodo durch das Auftauchen der dickschichtigen Tuffe mitten aus
den ' höheren Wengener Sandsteinen angedeutet. Von da setzt die
Verwerfung über das Thal der Boita hinüber, wo sie das abermalige
Erscheinen der Buchensteiner Schichten veranlasst
Die folgende, mit der eben erwähnten annähernd parallel
streichende Verwerfung ist die Fortsetzung der Hauptspalte des Piave-
Thales. Sie läuft am Südabhange des Coli* Alto, des Col Duro
und des Monte Punta gegen den Pizzo Zuel.
Der von diesen beiden Verwerfungslinien eingeschlossene Ge-
birgskörper, welcher die nördliche Thalwand der orographischen
Thalsenkung Zoldo — Forcella Cibiana — Valle bildet, ist selbst wieder
von zahlreichen Verwerfungen minderer Ordnung durchsetzt. Die
meiste Beachtung verdient der auffällige, mit einer horizontalen Ver-
schiebung der Spaltenränder verbundene Querbruch von Val In
fema, auf welchem sich die ehemals schwunghaft ausgebeuteten
gegenwärtig aber ausser Betrieb stehenden Blei- und Zinkerzgänge
von Arsiera befinden. Der östlich von der Querspalte gelegene Ge-
birgstheil des Coli' Alto ist von mehreren Längssprüngen durch-
setzt, an denen das Gebirge staffelformig gegen Süden absinkt. Ein
von der Forcella Cibiana über den Coli' Alto gezogener Quer-
schnitt zeigt in Folge dessen über den, durch die Hauptlängsspalte
begrenzten Wengener Schichten, welche die Einsattlung der Forcella
320 l^ic Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Cibiana erfüllen, eine dreimalige Wiederholung der Buchensteiner
Schichten. Weiter nordöstlich gegen den Monte Rite zu fehlen die
beiden unteren Züge der Buchensteiner Schichten. Die auffallend
grosse Mächtigkeit des Muschelkalks lehrt aber deutlich, dass die
dem mittleren Streifen der Buchensteiner Schichten entsprechende
Längsverwerfung hier jedenfalls noch durchsetzt und eine Wieder-
holung des Muschelkalks bewirkt.
Den Verlauf der aus dem Gebiete von Cadore nach Zoldo
fortsetzenden Hauptbruchspalte lässt die Karte deutlich erkennen.
Die heutige Thaltiefe fällt nicht mit dem Bruche zusammen, sondern
zieht sich bis Val Infema südlich davon in den leicht erodirbaren
Wengener Schichten hin, welche die Unterlage des im Süden fol-
genden Dachsteinkalk-Gebirges bilden. Am Querbruche von Val
Infema schneiden die Wengener Schichten am unteren Muschelkalk
ab, in dessen tiefsten, rothgefärbten dolomitischen Lagen Cephalo-
poden-Einschlüsse nicht selten sind. Wir kennen von dieser Stelle
ausser einigen noch unbenannten Arcesten und Ptychiten:
Ptychites Studeri Hau.
Lytoceras sphaerophyllum Hau.
Weiter westlich bis in die Gegend von Cercena bezeichnet
ein Streifen von Buchensteiner Schichten mit reichUcher Pietra verde
den Verlauf der Hauptspalte.
Bereits im Thale von Cibiana, am Nordfusse des Monte Sfor-
nioi stellt sich eine südliche, der Hauptspalte parallele Nebenspalte
ein, auf welcher in der Gegend der Forcella Cibiana Buchensteiner
Schichten als Begrenzung der südlichen Dachsteinkalk-Massen er-
scheinea Diese Buchensteiner Schichten gehören demselben Streifen
an, welcher, wie eben erwähnt wurde, westlich von Val Infema die
Hauptspalte auf der Südseite begrenzt. Die südliche Nebenspalte
endet, ebenso wie die Hauptspalte, in der Gegend von Cercena
bei Dont.
Zwischen Bragarezza, Astragal, Resinera und Cercena findet
sich im Süden der südlichen Nebenspalte noch eine grössere dislo-
cirte Scholle von Werfener Schichten und unterem Muschelkalk, in
deren Mitte Dont liegt. Diese selbst wieder von zahlreichen kleineren
Verwerfungen durchsetzte Masse ist zwischen Bragarezza und Resi-
nera durch einen Bruch von den angrenzenden, die Thalsohle
der Gegend von Fomo di Zoldo bildenden Wengener Schichten
geschieden.
Die Gegend von Dont wird in der Literatur mehrfach genannt«
W. Fuchs theilt in seinem Werke über die Venetianer Alpen ein
Profil über den Monte Zuel mit, in welchem er die Pietra verde als
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. 92 1
ein intrusives, die Werfener Schichten durchsetzendes Ganggestein
{,Aphanit*) darstellt. Die Stelle, auf welche die Fuchs'sche Zeich-
nung sich bezieht, befindet sich offenbar nördlich von Dont an der
Strasse nach Zoldo alta, wo der steil aufgerichtete, von Bruchlinien
im Norden und Süden begrenzte südliche Zug der Buchensteiner
Schichten das Thal verquert. Aus dieser Gegend stammen auch die
von W. Fuchs gesammelten und von Fr. v. Hauer beschriebenen
Muschelkalk-Cephalopoden. Die bereits erwähnte lithologische Aehn-
lichkeit des unteren Muschelkalks und der Werfener Schichten, so-
wie die sehr complicirten Lagerungs- Verhältnisse dieser Gegend
erklären und entschuldigen die Angabe von W. Fuchs, dass die
Cephalopoden aus den oberen Lagen der Werfener Schichten
stammen. Ich habe die Cephalopoden des unteren Muschelkalks in
anstehendem Gestein in der schmalen, steil aufgerichteten Zunge
zwischen den beiden, sich bald darauf vereinigenden Zügen von
Buchensteiner Schichten an der Strasse nach Zoldo alta beobc^chtet.
Es ist sehr bedauerlich, dass diese reichliche Fundstelle sich nicht
in einem normalen, ungestörten Lagerungs-Verbande befindet.
Die wichtigsten, hier gefundenen Fossilien sind:
Nautilus Pichleri Hau.
Ptychites Dontianus Hau.
„ dotnatus Hau.
Trachyceras binodosum Hau.
Zoldianutn Mojs.
Cadoricum Mojs.
Loretzi Mojs.
Lytoceras sphaerophyllum Hau.
Am Pizzo Zuel erreichen die geschilderten Verwerfungslinien
ihr westliches Ende; die dickschichtigen Tuffe und Wengener
Schichten streichen senkrecht auf die Richtung der Verwerfungs-
linien durch und stellen die Verbindung des hochzoldianischen Sand-
stein-Plateau's mit dem westlich von Val Pramper gelegenen und
von der Dachsteinkalk-Masse des Monte S. Sebastiano überlagerten
Gebiete her.
Die Fortsetzung der grossen Bruchlinie ist hier um einen
beträchtlichen Betrag gegen Süden verschoben. Etwas westlich,
unterhalb des Moscosin-Passes, welcher aus Val Pramper nach Agordo
führt, setzt wieder eine grosse Bruchspalte an, welche nun ununter-
brochen bis Valsugana verfolgt werden kann. Wir werden aut
diese Uebersetzung der Bruchlinie in einem späteren Capitel zurück-
kommen.
Mojsisovics, Dolomitriffe. 31
ßi
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I*
322 I^'C Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Um den Zusammenhang der Darstellung nicht allzu sehr zu
zerreissen, soll hier noch erwähnt werden, dass das von dem Pram-
per und Duram-Bach umschlossene Gebiet einfache, fast ungestörte
Lagerungsverhältnisse besitzt und vollständig rifffrei ist. Die Cassia-
ner Schichten sind durch dunkle Mergelschiefer vertreten, welche
sich nur schwer von dem tieferen mächtigen Complexe der Wen-
gener Sahdsteine trennen lassen. Ueber den Cassianer Schichten
lagern sodann vollkommen concordant, als Unterlage des Dachstein-
kalks, die rothen Raibler Schichten.
3. Das linke Cordevole-Ufer zwischen Caprile und Agordo.
(Civetta-Oruppe und Monte S. SebaBtiano.)
Der ganze Oberlauf des Cordevole, von Cencenighe aufwärts^
fällt in eine Region, welche durch zahlreiche, der jeweiligen Rich-
tung des Flusses und dem Hauptstreichen der Schichten parallele
Verwerfungen ausgezeichnet ist. Da nun im Allgemeinen das obere
Cordevole -Thal einen meridionalen Verlauf besitzt, während in
den benachbarten Gebirgsregionen westöstliches Streichen der
Schichten und der topographischen Formen die Regel ist, so ent-
stehen an der Interferenz mit der Cordevole-Linie, welche man als
eine Senkungslinie bezeichnen kann, ziemlich complicirte tektonische
Verhältnisse. Der Einfallswinkel der Schichten in der meridionalen
Senkungs-Rfegion ist in der Regel gegen Osten gerichtet und sinken
die durch Verwerfungslinien begrenzten Längsschollen treppenförmig
gegen Westen ab. Ein ausgezeichnetes Beispiel für diese Erschei-
nung liefert das im VIII. Capitel (Seite 253 u. fg.) besprochene linke
Gehänge von Buchenstein zwischen Caprile und Andraz.
Wir haben zunächst die westlichen Abhänge des Monte Fer-
nazza zwischen dem bei Caprile mündenden Fiorentina-Thal und
AUeghe zu betrachten.
Dieser Gebirgstheil stellt sich als ein Aufbruch der unter den
Wengener Schichten lagernden Schichtcomplexe, abwärts bis tief
in die Werfener Schichten hinein, dar. Innerhalb dieses halbkreis-
förmigen Aufbruches findet sich bei Caprile eine Partie von Augit-
porphyrlaven mit linsenförmigen Einlagerungen von lichtem Kalk
und Dolomit. Es ist die durch den Cordevole unterbrochene Fort-
setzung der Augitporphyrlaven des Sasso Bianco, welche hier theils
an den Werfener Schichten, theils (nördlich von Caprile) am Muschel-
kalk-Dolomit abbricht. Weiter thalabwärts liegt eine kleine, aus der
regelmässigen Schichtfolge: Muschelkalk, Buchensteiner Schichten
und Augitporphyrlava bestehende Scholle am untersten Gehänge
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. ^23
des 'Berges dicht am Cordevole. Unterhalb Calloneghe tritt sodann
der Südflügel des Aufbruches an den hier die Thalsohle des Corde-
vole erfüllenden AUeghe-See und ein den Augitporphyrtuflfen ein-
gelagertes Kalkflötz (Knollenkalke und Breccien), welches augen-
scheinlich westlich des See's seine Fortsetzung findet, gestattet zu
erkennen, dass an dieser Stelle die Gebirgsschichten des linken und
rechten Cordevole-Ufers tektonisch zusammenhängen.
Zwischen Caprile und Calloneghe ist sonach das Gebirge auf
der Innenseite des Aufbruches der unteren Trias-Schichten abge-
brochen und in die Tiefe gesunken. Die Scholle oberhalb Callo-
neghe ist ein in der Dislocations-Spalte eingeklemmter Gebirgstheil.
Dieser Einbruch setzt sich westlich von Caprile im Val Pettorina
unter gleichen Verhältnissen bis nach Sottoguda fort, was wir, der
späteren Darstellung vorgreifend, hier schon erwähnen wollen.
Die im Süden von Alleghe gelegene, meridional streichende
Civetta-Gruppe ist im Westen zwischen Val Lander und Cencenighe
■gleichfalls durch eine grössere Verwerfung begrenzt, an welcher
ein Streifen norischer Bildungen abgesunken ist. Im Norden bei
Alleghe sind es Buchensteiner Schichten und Wengener Tuffe,
weiter südlich erscheint eine ziemlich starke Dolomitmasse im Liegen-
den eines schmalen Streifens von Tuffen. Den Dolomit habe ich als
unteren Wengener Dolomit aufgefasst und betrachte ich denselben
als einen unter die Tuffe eingreifenden Ausläufer des nebenan sich
erhebenden Primiero-Riffes. Im Süden bricht diese Scholle scharf
ab und an die Stelle derselben treten nun Werfener Schichten,
von denen aber nur die höchst gelegenen, unmittelbar unter der
Steilwand des Monte Alto di Pelsa befindlichen Partien im normalen
tektonischen Verbände mit der Hauptmasse des Gebirges stehen,
während die tiefer am Gehänge erscheinenden Werfener Schichten
vielfach zu Schollen zerstückt sind. Man bemerkt deutlich von der
von Cencenighe nach Alleghe fuhrenden Strasse aus, dass sich ein
schmaler Saum rother Schichten unterhalb der oberen Dolomit-
massen aus dem Gebiete der Werfener Schichten in die Gegend
fortzieht, in welcher die Werfener Schichten durch die geschilderte
Längsscholle norischer Ablagerungen verdeckt sind. Ich halte diese
rothen Schichten für unteren Muschelkalk. Vielleicht kommen aber
unterhalb des unteren Muschelkalks noch einige Bänke der Werfener
Schichten zum Vorschein. Gegen Alleghe und Val Lander zu verlieren
sich die rothen Schichten, wie es scheint, gänzlich. Da aber die
obere Dolomitmasse in gleicher Breite und Stärke fortsetzt, so habe
ich ein regelmässiges Fortstreichen von Muschelkalk- und Buchen-
steiner Dolomit bis an die Verwerfung von Val Lander angenommen.
21*
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
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Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. ^2j
Gegen den Coldai-Pass zu, über welchen die Wengener Sand«
steine nach Zoldo fortziehen, verliert sich die Verwerfung. Denn
die auf dem Passe anstehenden Wengener Schichten greifen augen-
scheinlich ebenso unter den, ausgezeichnete Blockstructur zeigenden
Dolomit des Monte Coldai, wie sie auch den Dolomit von Roa
Bianca unterteufen.
Wer nur einigermassen mit den chorologischen Verhältnisseu
unseres Gebietes vertraut ist, wird sofort beim Anblick der formen-
schönen Civetta-Gruppe erkennen, dass die mächtige, ungeschichtete
Dolomitmasse, welche sich über den Werfener Schichten auf der
Westseite der Gruppe erhebt, ein aufwärts bis zu den Raibler
Schichten reichendes Riff darstellt. Schon aus grösserer Feme
unterscheidet man leicht die wolgeschichtete Gipfelmasse des Monte
Civetta mit der charakteristischen Tracht des Dachsteinkalks und
darunter die plateauförmig weit gegen Westen vorspringende Masse
des ungeschichteten Dolomits. Da, wie wir sehen werden, die
Böschungsiläche des Riffes gegen Osten gekehrt ist und da femer
auch ein geringes Einfallen nach derselben Richtung stattfindet, so
ist es leicht verständlich, dass der Westrand des Dolomitplateau's
eine erhöhte Kante bildet. So individualisirt sich die untere und
obere Hälfte derselben Bergmasse. Der Dachsteinkalk erhebt sich wie
ein unabhängiges Gebirge über dem Dolomitmassiv, dessen höchsten
frei aufragenden Gipfel der Monte Alto di Pelsa (2420 Meter) bildet.
Die Ostseite der Civetta-Gruppe bietet ein wesentlich verschie-
denes Bild. Der Dolomit ist verschwunden und an seiner Stelle er-
scheinen die weichen Formen der Mergel- und Sandstein-Facies.
Von dem Höhenrücken der Roa Bianca, welcher auch eine treff-
liche Ansicht des nahen Pelmo darbietet, sieht man deutlich, wie sich
der Dolomit des Monte Coldai auf der Zoldianer Seite rasch aus-
keilt, so dass dann die Raibler Schichten direct der Mergel-Facies
der Cassianer Schichten auflagern.
Auch im Süden ist die heteropische Grenze vortrefflich ent-
blösst. Das Dolomitriff setzt vom Monte Alto di Pelsa durch Val
Comparsa bei Listolade in nahezu söhliger Lagerung bis zum Monte
Framont, nördlich von Agordo. Bei S. Cipriano bemerkt man eine
kleine Querverwerfung, an welcher das Gebirge im Süden etwas
abgesunken ist. Bald darauf, nahe am Ausgange des bei Pare
mündenden Thälchens gelangt man zur heteropischen Grenze. Ueber
dem, vorwiegend aus grauen brachiopodenfiihrenden Crinoidenkalken
bestehenden oberen Muschelkalk erscheinen nun die durch mäch-
tige Einschaltungen von Pietra verde zu ungewöhnlicher Stärke
anschwellenden Buchensteiner Schichten und über diesen die
326 D's Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
dickschichtigen Augitporphyrtuffe , welche im Westen an die
Böschungsfläche des Rtfl'es sich anlehnen , im Süden des Monte
■ Framont aber unter die etwas nach Osten vorgreifenden oberen
Partien des Dolomitriffs hineinreichen. Auf der Ostseite des Monte
Framont läuft sodann die heteropische Grenze zwischen dem Dolo-
mit und den Wen gener und Cassianer Schichten hin. Die hier
ziemlich steil geneigte Böschungsfläche des Riffs ist deutlich er-
kennbar. Auf unserem Lichtbilde (.Das Ostgehänge des Monte
Framont bei Agordo'), welches von dem .Nusak* genannten,
aus Buchen stein er Schichten bestehenden Höhenrücken zwischen
Torrenta Rova und Pare aufgenommen ist, sieht man die An-
lagerung der Tufie und Wengener Sandsteine an die Böschungs-
fläche des Dolomitriffs. Entsprechend dem Einfallswinkel der tiefer
liegenden Schichten, namentlich auch des Muschelkalks und der
Werfener Schichten, welche die gemeinsame Grundlage der beiden
heteropischen Regionen bilden, fallen auch die dem Riffe angelager-
ten Tufl'e und Wengener Schichten ziemlich flach nach Norden,
während die in den beiden Felszacken des Monte Framont ausge-
zeichnet hervortretende Ueberguss-Schichtung parallel der Böschungs-
fläche des Riffs gegen Osten abfällt. Die rechts im Hintergrunde
des Bildes sichtbare lichte Bergmasse des Monte Mojazza, welche
aus Dachsteinkalk besteht und die ununterbrochene Fortsetzung
der Civetta bildet , liegt bereits ausser dem Bereiche des Riffs,
direct auf der Sandstein- und Mergel-Facies der Wengener und
Cassianer Schichten.
Nur im Niveau der Cassianer Schichten, unmittelbar unter den
Raibler Schichten zieht sich vom Riff" ein schmaler Ausläufer öst-
lich fort bis zum Duram-Pass, wo auch er verschwindet. Derselbe
ist aber so unbedeutend, dass er den angedeuteten Charakter des
Gebirges nicht zu aiteriren vermag.
Die heunplachc Qte
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n Monte Prunoni bei A|0
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928 ^ic Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Auffallend war mir an dieser Riffgfrenze das Fehlen der in den
nördlichen Riffen nie fehlenden Cipitkalke. Die blockförmige Zu-
sammensetzung desDolomits und insbesondere derUeberguss-Schich-
ten wiederholt sich zwar auch hier, aber selbst unmittelbar am
Contacte mit den Tuffen und Sandsteinen erscheint nur dichtkömiger,
lichter Kalk und Dolomit, welcher scheinbar ganz fossilleer ist
Ausser diesen zwei Punkten, von denen der eine (Monte Coldai)
im Norden, der andere (Monte Framont) im Süden der Civetta-Masse
liegt, ist die Riffgrenze nirgends entblösst und zwar deshalb nicht,,
weil die ausgedehnte mächtige Dachsteinkalk-Decke der Civetta
sich gleichmässig und ununterbrochen über die Plateauiläche des
Riffs und die im Osten angrenzende heteropische Region fortzieht.
Verbindet man die beiden sichtbaren Endpunkte des Riffs, so durch-
schneidet die Verbindungslinie ' die Dachsteinkalk-Massen etwas öst-
lich von dem Hauptkamme der Civetta.
Die durch die Einsattlung des Duram-Passes von der Civetta-
Masse getrennte Dachsteinkalk-Masse des Monte S. Sebastiano ruht
ringsum frei auf einem völlig rifflosen Gebiete.
Als Cassianer Schichten wurden hier die unter den Raibler
Schichten liegenden dunklen Mergelschiefer betrachtet, welche sich
an den wenigen Stellen, wo sie entblösst sind, ziemlich gut von
den tieferen Wengener Schichten unterscheiden lassen. In den Wen-
gener Schichten walten die gewöhnlichen Tuffsandsteine bei weitem
vor. Fossilien sind auch hier spärlich.
Trackyceras doUriticum Mojs,
ladinum Mojs,
Archelaus Lbe,
Lytoceras Wengcnse Klp,
Daanella Lommeli Wissm.
Packycardia rugosa Hau.
kommen vereinzelt vor. Ein eigenthümlicher zäher, gelber Kalk,
welcher einige den Tuffsandsteinen eingeschaltete Bänke bildet, ent-
hält die Pachycardien massenweisse.
Die Lagerungs- Verhältnisse dieser Schichtcomplexe ' sind, so-
weit die Natur des Gesteines, die häufige Bedeckung durch Trümmer-
halden des Dachsteinkalks und die reichliche Vegetation dies zu
erkennen gestatten, ziemlich regelmässig. Der isolirte Monte Menar
ist, wie es scheint, als eine abgerutschte Scholle des Monte
S. Sebastiano-Massivs zu betrachten. An seiner Westseite kommen
unterhalb des Dachsteinkalkes auch Raibler Schichten zum Vor-
schein.
>»
»»
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. ^20
In den älteren Schichtcomplexen, welche an den unteren Ge-
hängen bis zum Quarzphyllit hinab aufgeschlossen sind, kommen
kleine Verschiebungen und Längsverwerfungen nicht selten vor.
Die grosse lithologische Verschiedenheit der tieferen Glieder,
sowie deren verhältnissmässig geringe Mächtigkeit sind der Erken-
nung dieser Störungen sehr günstig. Ich übergehe hier als zu un-
wesentlich die von mir beobachteten Details und verweise auf die
allerdings etwas schematisirte Darstellung der Lagerungs- Verhält-
nisse in der Karte. Im Allgemeinen zeigen, namentlich im Torrente
CoUeda, wo der Beilerophonkalk eine steile Aufwölbung erfährt,
die unteren Schichtcomplexe eine steilere Aufrichtung der Schichten.
Der untere Muschelkalk ist hier vorwiegend durch rothe Sand-
steine vertreten. Die Werfener Schichten besitzen eine auffallend
geringe Mächtigkeit. Da wir die gleiche Beobachtung bereits in
Cadore machten, so dürften wir vielleicht schliessen, dass die Mäch-
tigkeit dieser Schichten gegen Südosten abnimmt. Der Bellerophon-
kalk ist durch seine typischen Gesteinsarten repräsentirt. Gypse
liegen auch hier an seiner Basis. Unter dem Grödener Sandstein
folgt ein allmählich aus demselben sich entwickelndes Verrucano-
Conglomerat, welches den nordeinfallenden Phyllit-Schichten nächst
dem Ponte alto bei Agordo direct aufruht und in einem kleinen
Steinbruch gut aufgeschlossen ist.
Das Thal des Torrente Bordina aufwärts bis zum Moscosin-
Pass fällt, wie die Karte lehrt, mit dem grossen Valsugana-Bruche
zusammen. Scharf brechen hier die älteren Formationsglieder ab.
Im Süden liegt Dachsteinkalk, welcher steil zur Bruchspalte abfällt.
Ehe wir das linke Cordevole-Ufer verlassen, müssen wir noch
des Vorkommens schwarzer Erdpyramiden im Unterlaufe des
Torrente Rova erwähnen. Es findet sich daselbst in einer Weitimg
der Thalschlucht eine grössere ungeschichtete Masse von Glacial-
detritus, welche ihr Material hauptsächlich aus den Wengener Tuffen
und Sandsteinen bezog. Die Pyramiden sind im Uebrigen völlig
übereinstimmend mit den gewöhnlichen Vorkommnissen dieser Art.
4. Die Gruppe des Cimon della Pala.
(Primiero-Riff, Cima di Pape.)
In dieser grossartigen, noch wenig bekannten Gebirgsgruppe
tritt uns die grösste zusammenhängende Riffmasse unseres Gebietes
entgegen. Auf drei Seiten sind die ursprünglichen Grenzen mehr
oder weniger genau bekannt. Die Ausdehnung gegen Osten haben
wir soeben kennen gelernt. Das im Osten des Cordevole liegende
330 I^Jc Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Riff zwischen Agordo und Alleghe, welches daselbst den unteren
Theil des Gebirgskörpers der Civetta bildet, ist, wie bereits erwähnt
wurde, die lediglich durch die Thalhöhlung des Cordevole von der
am rechten Cordevole-Ufer befindlichen Hauptmasse des Riffs ge-
trennte Fortsetzung des Primiero-Riffs. Im Norden bezeichnet die
Anlagerungshnie der Augitporphyrlaven die Begrenzung nach dieser
Richtung. Für den Süden liegen, wie wir sehen werden, einige An-
haltspunkte vor, um den beiläufigen Umfang des alten Riffs recon-
struiren zu können. Im Westen fehlen jedoch alle Andeutungen
einer heteropischen Grenze und aller Wahrscheinlichkeit nach ist
die isopische Fortsetzung des Riffs in westlicher und nordwestlicher
Richtung denudirt.
Mit Ausnahme der Falle di San Lucano, welche auf ihrer
Gipfelfläche einen deutlich kennbarert Denudationsrest von Raibler
Schichten und Dachsteinkalk tragen, scheint die ganze grosse
übrige Hauptmasse dfer Primiero-Gruppe nur mehr aus Bildungen
zu bestehen, welche den Raibler Schichten im Alter vorangehen.
Möglich wäre es wol, dass sich auf dem ausgedehnten, theilweise
vergletscherten Hochplateau zwischen den Falle di San Martino
und dem Coston di Miel noch einige geringe Reste von Raibler
Schichten und Dachsteinkalk erhalten hätten, was durch eine Be-
gehung dieses schwer zugänglichen Gebietes zu constatiren wäre.
Bis an die Ränder dieses Flateau reicht aber allenthalben der massige,
ungeschichtete Dolomit oder dolomitische Kalk. Da der Dolomit
unserer Riffe unter dem Einflüsse der Denudation sich stets in
abenteuerliche, zackige Felsnadeln auflöst, so dürfen wir das Plateau
der Falle di San Martino wol für einen Rest des ursprünglichen
Riffplateau halten. Von dieser Anschauung ausgehend, wurden die
obersten Partien des Dolomitriffs in der Karte mit der Farbe der
Cassianer Schichten bezeichnet
Die Lagerungs- Verhältnisse sind ausserordentlich einfach und
klar. Von einigen nicht bedeutenden Verwerfungen und Knickungen
abgesehen, erwecken die an der Basis des mächtigen Dolomit-Auf-
satzes sichtbaren Werfener Schichten meistens die Vorstellung söh-
liger Lagerung. Die bedeutenden Höhendifferenzen jedoch, welche
sich für die Auflagerungsfläche des unteren Muschelkalks an der
Peripherie der Gebirgsgruppe ergeben, beweisen, dass dem nicht so
sei. Während im Nordwesten zwischen dem Cimon della Pala und
der Cima di Vezzana der untere Muschelkalk in der Höhenzone
von 2200 bis 2300 Meter liegt, sinkt derselbe gegen Süden auf
1500 bis 1600 Meter (Südfuss der Rocchetta nächst dem Cereda-
Pass). Noch viel bedeutender ist die Senkung in der Richtung gegen
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Osten, wie aus den Höhenzahlen für Cencenighe (775 Meter nach
Trinker) und Taibon (617 Meter nach Trinker) klar hervorgeht.
Die an die Nordseite des Primiero-Riflfs sich anlagernde Tuff-
partie der Cima di Pape und des Cimone della Stia bildet den
südlichsten Theil einer zwischen AUeghe und Sottoguda sich ab-
zweigenden Bucht des grossen badiotischen Mergelbeckens. Da
gegenwärtig der Zusammenhang durch die Denudation im Gebiete
von Val di Canali völlig aufgehoben und in orographischer Beziehung
der Zug der Cima di Pape innig mit dem Primiero-Riff verbunden
ist, so empfiehlt es sich, beide im Zusammenhange zu besprechen.
Wir beginnen im Anschlüsse an die Civetta-Gruppe mit den
Palle di San Lucano, jenem stolzen Felsenberge, welcher im
Panorama von Agordo die nordnordwestliche Aussicht sperrt und
durch seine Form und Tracht das Bild des Schiern in die
Erinnerung des Beschauers ruft. Die in der Tiefe sich schlucht-
artig verengende Erosionsrinne des Cordevole trennt die Palle di
San Lucano von dem tafelförmig abgestutzten Dolomitberge zwischen
Val Comparsa und dem Cordevole, welcher das Südcap des Monte
Alto di Pelsa bildet. Durch die Lücke blickt von Norden her der
schwarze Monte Pezza und hoch über diesem die hohe nackte Fels-
mauer der Marmolata in den tiefen warmen Thalkessel von Agordo.
Der Agordo zugewendete südliche Steilabfall der Palle di San
Lucano lässt bei näherer Betrachtung (vgl. das Lichtbild ,Die Palle
di San Lucano, von Agordo*) in der Hauptmasse des Dolomits
unterhalb der durch dünne Schichtung ausgezeichneten Raibler und
Dachsteinschichten, welche die höchste Gipfelpartie zusammensetzen,
Andeutungen einer dickbankigen Schichtung erkennen. Die jenseits
des Cordevole gelegenen Steilabstürze oberhalb Listolade zeigen
genau correspondirend die gleichen Schichtfugen. Obwol die ein-
zelnen Schichtenlinien dem Auge von ferne vollkommen regelmässig
und geradflächig erscheinen, so setzen dieselben doch nicht
ununterbrochen durch die ganze Erstreckung der Wände fort. Hier
verlieren sich die Schichttheilungen und verschmelzen mehrere Bänke
zu. einer Masse, dort theilt sich eine Masse in eine Anzahl von bald
stärkeren, bald schwächeren Bänken. Die Steilwände am linken
Cordevole -Ufer oberhalb Listolade zeigen insbesondere in den
höchsten, unmittelbar unter den Raibler Schichten gelegenen Wand-
partien eine ziemlich regelmässige Theilung in dünnere Bänke.
Das Thal von San Lucano, welches ein einfaches Erosionsthal
zu sein scheint, durchschneidet zwischen Col und San Lucano das
Primiero-Riff in annähernd longitudinaler Richtung bis zu den die
Unterlage des Riffs bildenden Werfener Schichten. Der Schnitt fällt
332
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
nahezu in die Mitte des hier ausserordentlich schmalen Riffs. Zur
Beurtheilung der Breitenausdehnung des Riffs gegen Süden gibt uns
der Monte Piss vortreffliche Anhaltspunkte. Es zeigt nämlich dieser
Berg, welcher seiner Lage nach dem Monte Framont entspricht, steil
südlich geneigte Ueberguss-Schichtung, welche eine nahegelegene
heteropische Grenze mit Sicherheit andeutet. Wir dürfen daher wol
annehmen, dass das von Osten her bei Agordo bis an den Corde-
vole reichende heteropische Gebiet sich einstens im Süden der
Dolomitwände des Monte Piss, Monte Agnaro u. s. f. in die heute
bis auf den Thonglimmerschiefer denudirte Landschaft im Westen
des Cordevole fortsetzte. Die Nordg^renze des Riffs wird durch die
Augitporphyrlaven und Tuffe der Cima di Pape bezeichnet. Die
Aufschlüsse an der heteropischen Grenze sind allenthalben ausser-
ordentlich klar und lehrreich.
Vielleicht den besten und bequemsten Einblick in die gross-
artig angelegten Verhältnisse dieses Riffs gewährt der Uebergang
von Val di San Lucano über die Forcella Gesuretta nach Gares.
In der Nähe von Col gabelt sich das Thal von San Lucano. Ein
südwärts gerichteter Ast, Val d'Angoraz, schneidet tief in das
Dolomitgebirge ein. Ihm gegenüber zieht das Val di Rejane bis
oberhalb Pont in nördlicher, dann in westlicher Richtung zur
Forcella Gesuretta. Bereits bei Col erscheinen über der Dolomitbank
des oberen Muschelkalks dünngeschichtete Bänderkalke mit Zwischen-
lagen von festen Sandsteinen und Pietra verde (Buchensteiner
Schichten). Dieselben nehmen aufwärts gegen Pont an Mächtigkeit
zu, während sie gegen Osten und Süden allmählich in den Dolomit-
massen verschwinden. Bei Pont sieht man vorne in der schmalen
Thalöffnung gegen Norden die Buchdnsteiner Schichten von Augit-
porphyrlaven überlagert. Auf der Ost- und Westseite der Thalschlucht
dagegen unterteufen dieselben Buchensteiner Schichten den oberen
Val di
San Lucano
Falle di San Lucano
Cima di Pape
SO.
NW.
Die heteropische Orenxe am Nord^ehKnge der Falle di San Lucano.
a = Werfener Schichten; b = Unterer Muschelkalk; c = Oberer Muschelkalk; c> = Oberer
Muschelkalk und Buchensiciner Dolomit; d = Buchensteiner Schichten ; e = Au^itporphvrlaven ;
r = Wengencr und Cassianer Dolumit; g = Raibler Schichten; h = DachstcinKatk.
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Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. 333
Dolomit. An dieser merkwürdigen Stelle ist sonach der Zusammen-
hang der Falle di San Lucano mit der Hauptmasse des Primiero-
Riffs durch Erosion unterbrochen, und man verlässt durch diese
Thalpforte das Innere eines Riffs. Die Buchensteiner Schichten
greifen in das Riff ein.
Längs des ganzen Nordabfalls der Falle di San Lucano und
des Coston di Miel ist nun die Aussen- und Böschungsfläche des
Riffs prachtvoll entblösst. Die Ueberguss- Schichten zeigen sich
kaum irgendwo so grossartig und so deutlich. Ihre Neigung ent-
spricht der Riffböschung. Wo die Denudation bereits stärker von
unten gegen oben vorgeschritten ist, da sieht man die in ihrer
Stärke wechselnden, aber im Allgemeinen ziemlich mächtigen
Schichtenköpfe der Ueberguss-Schichten. Unser Lichtbild , Blick von
der Forcella Gesuretta gegen ONO.* zeigt die entblösste Riff-
böschung der Falle di San Lucano und die Anlagerung des wol-
geschichteten Systems von Tuffen und Laven. Auch die Ueber-
guss-Schichtung ist deutlich erkennbar. InVal di Rejane beobachtete
ich an der heteropischen Grenze dünngeschichtete graue dolomitische
Kalke mit thonig belegten Schichtflächen. Von Fossilien wurden im
Dolomit sowie im Kalk nur Korallenreste bemerkt. Grössere
Korallenstöcke scheinen im Dolomit nicht selten zu sein. Von den
gelben fossilreichen Cipitkalken der nördlichen Riffe fand sich hier,
ebenso wie am Monte Framont, keine Spur.
Im Süden der Forcella Gesuretta greift eine im Osten und
Westen der Riffböschung frei aufgelagerte Zunge von Augit-
porphyrlaven noch hoch auf die Riffböschung zurück und bildet
die Kuppe des Monte Campo Boaro. Es wird hier offenbar, dass
die wolerhaltenen Riffböschungen der Umgebung erst vor ver-
hältnissmässig kurzer Zeit von den angelagerten heteropischen
Bildungen entblösst worden sein müssen. Die Zunge des Monte
Campo Boaro ist ein letzter Denudationsrelict dieser Hülle in den
oberen Regionen der Riffböschung, welcher sich bei der sehr
massigen Neigung der Böschung leichter erhalten konnte.
In dem grossartigen Felsen-Amphitheater, welches das Val
delle Comelle umgibt, sieht man ringsum die theilweise selbst in
der Zeichnung der Karte zum Ausdrucke gelangende Ueberguss-
Schichtung. Da von unten her die Denudation schon einige Fort-
schritte gemacht hat, so treten, ähnlich wie am Cipiter Gehänge des
Schiern, die Schichtflächen der Ueberguss-Schichtung gegen oben
terrassenförmig zurück, während die abgerissenen Schichtköpfe die
steilen Wandpartien zwischen den Terrassen bilden. Wir schliessen
daraus, dass das Riff hier einen einspringenden Winkel besass, in
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. jjj
welchen sich die gegen oben an Ausdehnung stets zunehmenden
heteropischen Bildungen hinein erstreckten.
Längs der Cima Fuocobono und dem Monte Cimone della Stia
herrschen genau dieselben Verhältnisse, wie zwischen den Falle di
San Lucano und der Cima di Pape: Steile Riflfböschung, aus-
gezeichnete Ueberguss-Schichtung und Anlagerung der Laven und
Tuffe an die Riffböschung.
Der westlichste Ausläufer der Tuffe findet sich auf der
tirolisch-venetianischen Grenze in einer kleinen isolirten Kuppe vor
der Dolomitsteilwand.
Man muss, da das Riff mit continuirlicher Böschung bis oben
stets zurücktritt, annehmen, dass über den Tuffen und Laven die
Wengener Sandsteine und Cassianer Mergel vorhanden waren und
durch die Denudation entfernt wurden. Vielleicht finden sich bei
eingehender Untersuchung noch einige Reste von Wengener Sand-
steinen über den Tuffen. Im Norden erscheinen unter den Laven
und Tuffen, wie überall in den rifffreien Gebieten, die normalen
Buchensteiner Schichten.
Die heteropische Grenze auf der dem Cordevole zugeke^lrten
Nordabdachung der Falle di San Lucano habe ich nicht näher
untersuchen können. Doch herrschen daselbst offenbar dieselben
Verhältnisse wie weiter im Westen. Man sieht vom Cordevole aus
deutlich die Grenzgegend. Werfener Schichten und Muschelkalk
bilden die gemeinsame Unterlage des Riffs und der rifffreien
Region.
Im Gebiete der Werfener Schichten gegen das Canale-Thal zu
herrschen manigfache Schichtstörungen, welche einer mit dem
Canale-Thal zwischen Falcade und Cencenighe zusammenfallenden
Verwerfungslinie zuzuschreiben sein dürften. In die westliche Fort-
setzung dieser Störungslinie fällt der grossartige Gewölbaufbruch
des Quarzporphyrs der Bocche, welcher auf seiner Südseite entweder
von einem Abrutschen des Südschenkels oder von förmlichen Ver-
werfungen begleitet ist.
Eine ziemlich bedeutende Querverwerfung setzt zwischen Val
di Fuocobono und dem tirolisch-venetianischen Grenzrücken, welcher
vom Fasso di Valles über Cala dora zu den Dolomitsteilwänden
zieht, durch. Diese bei den prachtvollen Aufschlüssen der hoch-
gelegenen Gegend weithin sichtbare Verwerfung hat das plötzliche
Absinken des östlichen Gebietes zur Folge. Westlich von der Ver-
werfung liegt in bedeutender Höhe ein am Fasso di Valles (2027 M.)
beginnender Zug von Grödener Sandstein, Bellerophon-Schichten
336 I^'* Hochtipen von Zoldo, Agocdo und Primiero.
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Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. 99^
und Werfener Schichten, welcher mit flachem Südfallen das hohe
Dolomitgebirge im Süden unterteuft. Die weissen Gypsbänke der
unteren BeUerophon - Schichten contrastiren hier lebhaft von den
dunkel gefärbten höheren Schichten und lassen sich weithin an
dem Nordabfall des erwähnten Grenzrückens verfolgen.
In nahezu schwebender Lagerung zieht von hier die Unter-
lage des isopischen Dolomitriffs am Fusse der Cima di Vezzana
vorüber bis zum westlichen Eckpfeiler des Cimon della Pala nächst
Rolle. Der untere Muschelkalk liegt zwischen den Isohypsen von
2200 — 2300 M. Das schichtungslose Riff ragt in Denudations-Steil-
wänden empor. Von Ueberguss-Schichtung ist nichts wahrzunehmen*).
Vor dem Riffe breitet sich ein ausgedehntes Hügelland aus,
welches die berühmten Alpentriften von Juribello und Veneggie
trägt und von den unteren Gliedern der Trias und den oberen
permischen Bildungen zusammengesetzt wird. Das Thal von
Veneggie bis zu seiner Vereinigung mit dem vom Valles- Passe
kommenden Thalaste scheint einer kleinen Querverwerfung zu
entsprechen, indem vom Fusse der Dolomitsteilwände an die
Werfener Schichten südlich von Veneggie anticlinal nach Norden
sich senken, während im Norden des Thaies von Veneggie, wie
schon oben erwähnt wurde, flaches Südfallen herrscht. Einige
untergeordnete Brüche sind übrigens auch in diesem nördlichen
Gebirgstheile bemerkbar. So fällt insbesondere das Fehlen des
Grödener Sandsteines zwischen Quarzporphyr und Bellerophon-
Schichten in dem zum Valles-Passe führenden Graben auf. Das
südliche Gebiet, welches in dem gegen Norden abdachenden Monte
Castellazzo einen Denudationsrelict der einstigen Dolomitbedeckung
besitzt, ist im Norden zwischen der Mündung des Veneggie-Thales
und Paneveggio durch eine Längsverwerfung begrenzt, welche, den
Südrand des Bocche-Aufbruches bezeichnend, aus der Gegend des
Valles-Passes bis zum Westfusse des Dossaccio zu verfolgen ist.
*) Herr G. Merzbacher, welcher den Cimon dclIa Pala erstieg, berichtet
(Zeitschr. d. D. u. Oest. Alpenvereins, 1878, S. 5a), dass dieser Berg aus weissem
Dolomit, einem porös zuckerkörnigen Gesteine bestehe und „keinerlei bemerkbare
EinSchichtungen anderen Materials'' enthalte. Von einer eigentlichen regelmässigen
Schichtung sei nichts zu bemerken. „Der Aufbau des Berges besteht vielmehr aus
riesigen übereinander gethOrmten Blöcken und Klumpen mit unregelmässigen Tren-
nungsflächen. Hie und da finden sich zwischen diesen Trennungsflächen Adern
gelblichen Kalkes eingezogen. Erst weit oben gegen den Gipfel waren wieder An-
läufe zu regelmässigerer Schichtung bemerkbar, die aber — so weit verfolgbar —
auch nicht consequent regelmässig verliefen.'*
Mojsisovics, Dolomitriffe. 22
338
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
In dieser Gegend begegnen wir bereits nicht selten Melaphyr-
gangen, peripherischen Ausläufern des vulcanischen Herdes von
Predazzo. Im Dolomite des Castellazzo sind dieselben leicht zu
bemerken. Etwas schwieriger ist die Auffindung und Verfolgung in
dem rasenbewachsenen Sandstein-Plateau von Juribello. Herr Forst-
verwalter Wallnöfer in Predazzo theilte mir mit, dass er bei den
Vermessungen dieser Gegenden zahlreiche theils N.-S., theils
NO.-SW. streichende Melaphyrgänge im Grödener Sandstein von
Juribello und im Quarzporphyr des Colbricon beobachtet habe.
Ueber die in landschaftlicher Beziehung so überaus grossartige
Westseite des Primiero-Riffs wäre kaum etwas zu berichten, wenn
nicht einige tektonische Störungen etwas Abwechslung in die sonst
überaus einfachen Verhältnisse brächten.
Vom Rolle -Pass aus senken sich Grödener Sandstein und
Bellerophon-Schichten jäh in das hier entspringende Cismone-Thal
abwärts. Dieser plötzlichen Senkung entspricht ein stufenjförmiges
Absinken des Quarzporphyrs. Unterhalb des nach Norden ab-
dachenden Cavallazza, auf der Ostseite desselben, zieht sich eine
CavalUzza
Cismone-Thal
O.
W.
o = Quarzporphyr; b = Grödener Sandstein; e = Bellerophon-Schichten ; d = Werfencr
Schichten.
Terrasse hin, welcher Grödener Sandstein auflagert. Dort, wo die
neue Strasse in weiten Serpentinen den Abstieg über die starke
Thalsenkung beginnt, vereinigt sich dieser Grödener Sandstein mit
dem durch das Cismone-Thal ziehenden Hauptzuge. Die Verwerfung,
welche die untere Porphyrscholle von der oberen (Cavalazza) trennt,
endigt sodann im Norden am Rolle-Pass, wo sich der im Hangenden
der Cavalazza-Scholle befindliche Grödener Sandstein mit dem Cis-
mone-Zug vereinigt. Dasselbe Verhältniss wiederholt sich augen-
scheinlich unterhalb der steilen Strassensenkung. Die Porphyrterrasse
mit dem aufgelagerten Grödener Sandstein verhält sich nämlich
gerade so zu dem tieferen, gegen San Martino streichenden Cis-
mone-Zug, wie oben der Cavalazza zu der unteren Porphyrterrasse.
Es ist nun in hohem Grade auffallend, am Fusse der Dolomit-
steilwand des Cimon della Pala eine Verschiebung wahrzunehmen,
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und primiero. ^^9
welche im geraden Gegensatze zu diesem Systeme von Störungen
zu stehen scheint Einem aufmerksamen Beobachter wird es nicht
entgehen, dass die hohe schlanke Gestalt des Cimon della Pala sich
nicht unmittelbar aus der das Wassergebiet des Travignolo-Baches
abschliessenden Dolomitsteilwand erhebt, sondern etwas hinter der-
selben zurück gegen Süden steht. Eine nähere Untersuchung lehrt
nun, dass die vordere Dolomitmauer durch eine nicht unbedeutende
Verwerfur^ von dem Körper des Cimon della Pala getrennt ist
Man bemerkt bereits von Rolle aus, dass die Werfener Schichten
am Fusse des Cimon della Pala viel höher hinauf reichen, als an
der vorderen Dolomitwand. Aber erst etwas weiter im Süden hat
man den vollen Anblick der eigenthümlichen Störung. Anstatt dass,
entsprechend der allgemeinen Senkung des Gebirges, ein Absinken
stattgefunden hätte, erscheint am Cimon della Pala das Gebirge in
die Höhe gestaut. Die Werfener Schichten reichen hoch an den
Wänden hinauf und stossen im Norden an der Verwerfungslinie
am Dolomite der vorderen horizontal lagernden Gebirgspartie ab*).
•■ = Werfener Schichten; i = Unlerer Muachdkslk; e = Oberer Maichdkalk und Duehcnsteincr
Dolomil; d = WenEcner und Cauiiner DolamiC.
Der Cimon della Pala verdankt sonach seine dominirende
Höhe {3220 M.) einer abnormen. Örtlichen Aufstauung des Gebirges.
Seine kühne abenteuerliche Gestalt ist selbstverständlich nur das
Werk der Denudation.
*) Die ausserordentliche BrQchigkeit, durch welche nach G. Merzbacher
(Zeitschr. d. D. u. Oest. Alpen Vereins, 1878, S. 67) die Felswände des Cimon della
Pala und der Vczzana auf der Rolle zugewendeten Seile im Gegensatz zu den
Nachbarbergen und zu den SQdwanden der genannten Berge selbst sich auszeichnen,
röhrt wol von dieser Verwerfung her.
^AQ Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero.
Vom Cimon della Pala an sinken dann auch die Werfener
Schichten gegen Süden allmählich und regelmässig in tiefere
Höhenzonen.
Eine andere Erscheinung, welche unser Interesse erregt, ist
das rasche Abnehmen und Auskeilen des Quarzporphyrs südlich
von San Martino.
Unterhalb San Martino trifft das die Unterlage des Quarz-
porphyrs bildende Phyllitgebirge, von Westen her aus der Gruppe
der Cima d'Asta herüberstreichend, das Cismone-Thal. Der Phyllit
nimmt hier nordsüdliches Streichen an und setzt sofort auch auf
die linke Thalseite, so dass er mit dem triadischen Dolomitgebirge
in Einem Gehänge erscheint. Der Quarzporphyr nimmt gleichzeitig
auffallend an Mächtigkeit ab und verliert sich endlich ganz. Nach-
dem man kurz zuvor den Quarzporphyr noch Berge bilden sah,
so drängt sich dem Reisenden zunächst der Gedanke auf, dass der
Quarzporphyr an einem dem Streichen des Thaies folgenden
Bruche in die Tiefe gesunken sei. Die unterhalb des Rolle-Passes
beobachteten Verwerfungserscheinungen lassen eine solche Annahme
sehr natürlich erscheinen. Indessen lehrt die weitere Untersuchung
an der Südseite der Gruppe des Cimon della Pala, dass die Ver-
hältnisse anders liegen. Die Quarzporphyrdecke nimmt thatsächlich
rasch an Stärke ab und keilt, unregelmässige, zipfelformige Aus-
läufer aussendend, vollständig aus.
Bis zu dem tief (715 M.) gelegenen Fiera di Primiero führt
die Strasse in den krystallinischen Schiefem, welche sich nun in
einer schmalen Zone, der Südseite unserer Gebirgsgruppe folgend,
über den Einschnitt des Cereda-Passes fortziehen und mit dem
breiten Streifen krystallinischer Schiefer, welcher zwischen Agordo
und Vallalta auf der Nordseite des Bruchrandes der Valsugana-
Spalte zu Tage tritt, verbinden. Zwischen Vallalta und Primiero
bezeichnen die Phyllite nicht den Verlauf der grossen Bruchlinie,
sondern einen anticlinalen Aufbruch mit steil südlich einfallendem
Schenkel. Der Hauptbruch setzt im Süden des Sasso di Mur mitten
durch das Kalkgebirge. Wir werden des orographischen Zusammen-
hanges wegen diese im Süden des Phyllit-Zuges liegende Scholle
des Primiero-Riffs erst im XIV. Capitel in Verbindung mit dem an
der Valsugana-Spalte abgesunkenen Gebirge besprechen.
Die tieferen Gebirgsglieder bilden nordöstlich von Primiero
am Fusse der hohen, zackenreichen Dolomitmauem des Sass maor
(Sasso maggiore), der Cima della Fradusta u. s. f. ein ziemlich
breites Mittelgebirge, dem das Belvedere (1307 M.) als culminirender
Punkt angehört. Mächtige ausgedehnte Moränen-Ablagerungen eines
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. 3^,1
in der Rückzugsperiode der grossen Gletscher aus dem benach-
barten Dolomithochgebirge niedersteigenden Gletschers bedecken
nicht nur die ganze Mittelgebirgsterrasse, in welcher auch das
herrliche Val Canali eingeschnitten ist, sondern reichen an viden
Stellen auch tief herab auf den Gehängen gegen den Cismone, die
Beobachtung und Verfolgung des anstehenden Gesteins sehr er-
schwerend. Wenn man vom Beivedere aus sieht, dass der unver-
gleichliche Halbrund von Felsmauern, welcher das Val Canali
umschliesst, sich über hoch hinanreichenden Werfener Schichten
erhebt, so würde man meinen, bereits tief in den Phylliten zu
stehen. Hat man aber den Aufstieg nicht über Glacialschutt aus-
geführt und hat man z. B; für denselben den von Tonadico hoch
ühier dem Einschnitt des Torrente Canaii auf das Plateau führenden
Weg benützt, so weiss man, dass man auf dem Beivedere über
Werfener Schichten steht. Von Tonadico thaleinwarts hat man
zunächst steil NNO. fallenden Thonglimmerschiefer neben sich, in
der Nähe einer in der Thalsohle stehenden Capelle folgt sodann
Grödener Sandstein, diesem in bedeutender Mächtigkeit und mit
reichlichem Gesteinswechsel der Complex der Bellerophon-Schichten.
Ein Fetzen von Grödener Sandstein und Bellerophon - Schichten
hängt auch jenseits auf dem linken Ufer des Baches am Phyllit-
gehänge. Die ganze Breite der Thalsohle wird nun an der Vereini-
gung des Torrente Canali mit dem vom Cereda-Passe kommenden
Bache von hohen Moränenhügeln eingenommen. Die Burgruine
Castell Pietra klebt auf einem riesigen, auf der Höhe des Moränen-
walles thronenden Dolomitblocke. Auf dem Abhänge des Beivedere
Uehiage de* Beivedere Cimi d'OJIio Gegend d» Cercdi-P»«»
Streue Cislell Pietra Trt. Canali
T UorlBBikraiu d« Val Canali In Piliiilaro, (caehen von Tonadico.
[Nach einer pholographiiehsn Anfinlime dei Verfaueri.J
^A2 ^ie Hochalpen von Zoldo/ Agordo und Primiero.
gegen den Torrente Canali dagegen sind über den BeUerophon-
Schichten ziemlich hoch hinan die Werfener Schichten, unten aus
vorherrschend kalkigen, grauen, gegen oben aus rothen schiefrigen
Gesteinen bestehend, trefflich entblösst.
Ein Gang zum Cereda-Pass klärt nun den Zusammenhang auf.
Nachdem rrian die Moränenzone des Castell Pietra passirt hat, trifft
man etwa 300 Meter über dem Grödener Sandstein von Tonadico
auf Quarzporphyr, welcher, bevor die Passhöhe erreicht ist, sich
auf die südliche Thalseite hinüberzieht. Es folgen dann regelmässig
Grödener Sandstein und Bellerophon-Schichten als normale Unter-
lage jener oberen Werfener Schichten, welchen das Dolomithoch-
gebirge im Norden aufgesetzt ist.
Das Val Canali entspricht daher einer Verwerfung, und das
Belvedere ist ein, von dieser Verwerfung im Osten begrenzter, ab-
gesunkener Gebirgstheil.
Auf dem Wege vom Cereda-Passe nach Mis begegnet man
mehreren, den Phyllit durchsetzenden Melaphyrgängen. Ob man
dieselben als ursprünglich blinde, durch die Denudation nachträglich
blossgelegte Gänge oder als seitliche Ausläufer eines im Süden der
Valsugana- Bruchlinie gelegenen, gegenwärtig verhüllten Eruptions-
herdes zu betrachten habe, muss unentschieden bleiben. Wenn man
von der Möglichkeit der letzteren Alternative absieht, und blos
die heutigen Aufschlüsse in Betracht zieht, so ergibt sich für die
Melaphyrgänge von Mis im Verhältniss zu den Eruptionscentren
von Fassa und Fleims eine ganz analoge Stellung, wie für die
Melaphyrgänge der Klausener Gegend. Man könnte sich sehr gut
vorstellen, dass in grösseren Entfernungen von den Eruptionsherden
die intrusive Thätigkeit in immer tieferen Schichtcomplexen ihr
Ende finden muss, oder mit anderen Worten, dass in den
peripherischen Regionen der eruptiven Thätigkeit blos blinde,
gegen aussen geschlossene Gänge vorkommen können.
In der Gegend von Mis keilt sich der Quarzporphyr von
Cereda im Verrucano - Conglomerat vollständig aus. Die strati-
graphische Rolle des Quarzporphyrs übernimmt nun ganz der
Verrucano, welcher ausser QuarzgeröUen auch zahlreiche Porphyr-
blöcke einschliesst.
Beiläufig in derselben Gegend tritt in dem Dolomitriff, welches
auf der West- und Südseite bisher eine vollkommen isopische
Masse bildete, ein bemerkenswerther und selbst aus grösserer Ent-
fernung kenntlicher heteropischer Wechsel ein. Es schalten sich
zwischen dem Dolomit des oberen Muschelkalks und der höheren
Die Hochalpen von Zoldo, Agordo und Primiero. 3^3
Hauptmasse des Dolomits typische Buchensteiner Schichten (Bänder-
und Knollenkalke, Pietra verde) ein, welche nun in nordöstlicher
Richtung fortsetzen. Es bestätigt dieses Eingreifen heteropischer
Bildungen unsere oben (s. S. 332) ausgesprochene Vermuthung,
dass das heteropische Gebiet, welches heute bei Agordo sein
westliches Ende findet, sich einstens über den Cordevole am Süd-
rande der heutigen Dolomitgrenzen gegen Westen verbreitete.
Das Phyllitgebirge , welches zwischen Vallalta und Val
Imperina von der Valsugana - Bruchlinie im Süden abgeschnitten
wird und im Monte Gardellon und im Col Armarolo seine grössten
Höhen erreicht, unterteuft mit nordwestlichem Fallen regelmässig
die permischen und triadischen Bildungen im Norden. Es behält
diese Fallrichtung bis zum Cordevole bei, während zwischen
Frassene und Taibon grössere Unregelmässigkeiten in der Lagerung
der permischen und untertriadischen Schichten eintreten. Es scheint
eine Verwerfung längs der Dolomitgrenze hinzulaufen, in Folge
welcher Monte Agnaro und Monte Piss in die vor ihnen im Süden
und Osten gelegenen Werfener Schichten wie eingesenkt erscheinen.
Bei Frassene fallen auch die permischen Schichten vom Gebirge
weg gegen den Thonglimmerschiefer. Unten am Cordevole dagegen
schiessen die permischen Bildungen wieder regelmässig gegen
Norden ein.
Zahlreich und auffallend sind im Phyllitgebirge von Agordo
die Spuren einstiger Vergletscherung. Rundhücker kommen häufig
vor und über das ganze Phyllitgebirge hin sind grosse und kleine,
aus den nördlichen Gegenden stammende Dolomitblöcke aus-
gestreut. Der berühmte „Sasso della Margherita* im Imperina-Thal,
aus welchem die von W. Fuchs gesammelten und von Fr. v. Hauer*)
beschriebenen Fossilien des »Crinoidenkalkes (Fuchs)* stammen,
ist nichts weiter, als ein grosser erratischer Block, welcher frei dem
Phyllit auflagert und im Monte Agnaro oder Monte Piss seine
muthmassliche Heimat haben dürfte.
Die beiden an der Bruchlinie gelegenen Erzlagerstätten von
Val Imperina und Vallalta werden wir im XIV. Capitel bei der
Schilderung der Valsugana-Spalte besprechen.
♦) Denkschr. d. k. k. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. II.
XIL CAPITEL.
Der altvulcanische District von Passa und Pleims.
Die Gruppe des SaKso Bianco. - Der Marmolata-Stock mit dem vorgelagerten Augitporphyr-
Gebirge. - Fossilien im Marmolata-Kalk. - Heteropische Grenze des Marmolata-Rmes. - Die
Gruppe des Sasso di Dam (Buffaure-Gebirge). - Der Monzoni-Stock mit dem Gebirge zwischen
der Forca Rossa und dem Fassa-Thal. - Gontact-Erscheinungen. - Parallele zwischen dem Vesuv
und dem Monzoni. - Eigenthümlichc Einsenkungen an der Peripherie des Eruptivstockes. -
Der Fleimser EruptivstocK mit dem umgebenden Kalkgebirge. - Fossilien des unteren Wengener
Dolomits. - Die «Fleimser Eruptionsspalte*. - Der Granit von Predazzo. - Vorherrschende
Gangrichtungen. - Gontact-Erscheinungfen. - Alter der Eruptivstöcke. - Eine dritte, altere
Eruptionsstelle im oberen Fassa. - Die Gegend am rechten Avisio-Ufer zwischen Tesero
und Castello.
Wir gelangen in diesem Capitel zur Schilderung der Erup-
tionsstellen unserer norischen Augitporphyrlaven. Wir betreten
damit ein Gebiet, welches fast von allen bedeutenden Geologen
dieses Jahrhunderts besucht und in zahlreichen grösseren und
kleineren Abhandlungen beschrieben worden ist.
In der Literatur über diese Gegenden spiegelt sich die
Geschichte des Fortschrittes der geologischen Auffassung unserer
Zeit. Die alte Fehde zwischen den Plutonisten und Neptunisten ist
nun ausgeklungen und die Anhänger dieser beiden Richtungen
lenken nicht mehr ihre Schritte nach den berühmten Stellen in Fleims
und Fassa, wo Syenite und andere vollkrystalHnische plutonische
Gesteine mit Meeresablagerungen in Berührung treten, um fiir ihre
Anschauungen Beweise zu suchen. Für zahlreiche wichtige Fragen
der dynamischen und chemischen Geologie bieten jedoch die so
überaus lehrreichen und günstigen Aufschlüsse von Fleims und
Fassa noch immer ein unvergleichliches Beobachtungsfeld, welches
noch lange nicht genügend und erschöpfend erforscht ist.
Eine detaillirte Schilderung der Eruptionsstellen, soweit eine
solche nämlich nach dem heutigen Stande unseres Wissens gegeben
werden könnte, liegt nicht im Plane dieser Arbeit. Wir müssen uns
mit der Darstellung der tektonischen Verhältnisse und der allgemeinen
Beziehungen der durchsetzten Gesteine zu den durchsetzenden
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^^j
begnügen und verweisen hinsichtlich petrographischer und para-
genetischer Details auf die seit v. Richthofen^s grundlegender
Monographie erschienenen Specialschriften von B. v. Cotta *),
Lapparent**), Scheerer ***), Tschermakf), Lemberg ff),
G. vom Rath ftt)» Doelter *t) und Hansel **t)-
Des orographischen Zusammenhanges wegen behandeln wir
in diesem Abschnitt auch den Stock des Marmolata, das Gebirge
zwischen dem Biois und der Pettorina (Gruppe des Sasso Bianco),
das Augitporphyr-Gebirge am rechten Cordevole-Ufer oberhalb
Caprile nebst der an dieses sich anschliessenden Gruppe des
Buffaure. Es sind dies zum Theil Gebiete, welche bereits ausserhalb
der Peripherie der eruptiven Thätigkeit liegen.
Die jüngsten Bildungen reichen über die Zeit der Wengener
Schichten nicht hinaus.
In heteropischer Beziehung zerfällt das Gebiet in zwei scharf
begrenzte Regionen. Der peripherische Strich im Osten und im
Norden (am Cordevole und im oberen Fassa) gehört dem Laven-
und Tuffgebiet an ; den ganzen Süden und Westen dagegen nimmt
eine ursprünglich unter sich und mit dem Rosengarten im Norden
und dem Primiero-RifT im Süden zusammenhängende Dolomit-
masse ein.
Die beiden bekannten Eruptionsstellen von Fassa (Monzoni)
und von Fleims befinden sich im Dolomit. Ein drittes etwas älteres
Eruptionscentrum dürfte, wie wir sehen werden, im Lavengebiete
des oberen Fassa bestanden haben.
*) Alter der granitischen Gesteine von Predazzo und Monzon in SOdtirol,
N. Jahrb. v. Leonhard und Geinitz, i863.
*♦) Sur la Constitution gdologique du Tyrol m^ridional. Annales des mines. T. VI.
**•) Ueber die chemische Constitution der Plutonite. Festschrift zum Frei-
berger Jubiläum. Dresden, 1866.
t) Die Porphyrgesteine Oesterreichs.
tt) Ueber die Contactbildungen bei Predazzo. Zeitschr. D. Geol. Ges. 1873. —
lieber Gesteinsumbildungen bei Predazzo und am Monzoni. A. a. O. 1877*
ttt) Beiträge zur Petrographie. 11. Ueber die Gesteine des Monzoni. Zeitschr.
D. üeol. Ges. 1875.
*t) ^er geologische Bau, die Gesteine und Mineralien des Monzoni-Gebirges.
Jahrb. Geol. R.-A. 1873. — Ueber die Eruptivgebilde von Fleims nebst einigen
Bemerkungen Ober den Bau der alteren Vulcane. Sitz.>Ber. Akad. d. Wiss. Wien,
1876, Decemberheft. — Beitr. z. Mineralogie des Fassa- und Fleimser Thaies.
1. Jahrb. Geol. R.-A. 1875. 11. A. a. O. 1877. — Ueber die mineralogische Zu-
sammensetzung der Melaphyre und Augitporphyre Südtirols. Jahrb. Geol. R.-A. 1873.
♦♦t) l^Jc petrographische Beschaffenheit des Monzonits von Predazzo. Jahrb.
Geol. R.-A. 1878.
Der alivulcan lache Disirict von Fassa und Fldm«.
I. Die Gruppe des Sasso Bianco.
iine westöstlich verlaufende Tiefenlinie — St. Pellegrin-Biois —
zwischen Moena und Cencenighe eine bequeme und mit
en Kosten in fahrbaren Zustand zu versetzende Verbindung
en dem Avisio- {Fassa-) und dem Cordevole-Thal her.
'Jördhch von dieser Thalfurche erhebt sich eine hohe Gebirgs-
über welche nur an wenigen Stellen begangene Pfade in die
r Nordseite des Gebirges ausstrahlenden Seitenthäler fuhren.
:inzige bedeutendere Einsattlung, welche die Bezeichnung
■ in Anspruch zu nehmen berechtigt ist, ist die Forca Rossa
en der Cima di Val Fredda und dem Monte Alto, welche eine
verliehe und selten betretene Verbindung zwischen dem im
des Gebirges eingeschnittenen Val Fredda und dem oberhalb
:rai di Sottoguda mit dem Pettorina-Thal sich vereinigenden
Franzedaz vermittelt. Die Dolomitmauer ist an dieser Stelle
ndig durchbrochen. Mit Ausnahme des geringen Denudations-
von Muschelkalk, welcher in der Karte als Col Beccher
linet ist, bilden Werfener Schichten die Höhe des weiten
Diese Einsattlung kann zweckmässig als Trennungslinie
en dem Gebirge im Osten und im Westen benützt werden,
n Osten der Val Fredda-Franzedaz-Linie befindliche, im Süden
liois, im Norden von der Pettorina, im Osten vom Cordevole
Lzte Gebirgsmassiv wollen wir als die Gruppe des Sasso
I bezeichnen und in diesem Abschnitt besprechen.
Vir beginnen mit der breiten, aus älteren Schichtgliedem
Tiengesetzten Südabdachung, welche sich landschaftlich scharf
;m aus Dolomit und Augitporphyrlaven bestehenden Gebirgs-
; unterscheidet und durch tektonische Complicationen aus-
(inet ist.
i.usser der allmählichen Senkung der Gebirgsschichten gegen
ardevole zu tritt eine weitere sprungweise sich vollziehende
lg in der Richtung gegen Süden ein. Dieselbe beginnt bereits
h von Val Fredda auf dem Gehänge nordöstlich von S. Pelle-
in Folge einer hier in den Bellerophon-Schichten ansetzenden
rfung. Oben, unter den Dolomitmauem der Cima di Val
i streichen die Werfener Schichten, welche von der Campa-
■Alpe herübersetzen, in grosser Höhe fort, so dass die
agerung der Werfener Schichten durch den unteren Muschel-
1 der Isohypse von 2300 Meter stattfindet. Südlich von der
rfung erscheinen unterhalb der Bellerophon-Schichten abermals
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^47
VVerfener Schichten, welche ihrerseits regelmässig von Bellerophon-
Schichten, Grödener Sandstein und Quarzporphyr unterteuft werden.
Dieser untere Zug von Werfener Schichten nimmt gegen Osten
rasch an Breite zu. In der Gegend von Val Fredda spalten sich die
oberen Bellerophon-Schichten in Folge einer zweiten Verwerfung
neuerdings und bildet sich eine von Bellerophon-Schichten unter-
teufte mittlere Scholle von Werfener Schichten, welche jedoch nur
von kurzer Längserstreckung ist, da sich im Süden des Col Beccher
die beiden oberen Züge der Bellerophon-Schichten wieder ver-
einigen. Bis an den Fuss der aus diesen drei Zügen von Werfener
Schichten gebildeten Steilwand fallen die Schichten scheinbar völlig
concordant nordöstlich, vor der Steilwand aber neigen sich die
Bellerophon-Schichten mit ihrer Unterlage sanft gegen Süden und
Südosten.
Col Beccher C. di Val Fredda
Falcade Forca Rossa
s. ...^mB^^^^^^ n.
a = Quarzporphyr; b = Grödener Sandstein; e = Bellerophon-Schichten ; <
Schichten; « = Unterer Muschelkalk; /= Oberer Muschelbalk; g = Buchen
h = Wengener Dolomit.
d = Werfener
Steiner Dolomit;
Diese dreifache Schichtenwiederholung ist in einem der gross-
artigsten Aufschlüsse im Süden der Forca Rossa und des Col Beccher
entblösst. Aus der Thalweitung 'des Biois-Thales unterhalb Falcade,
insbesondere aber von dem niederen, obenauf von Bellerophon-
Schichten gebildeten Hügelrücken bei Falcade, von welchem aus
die auf Seite 348 mitgetheilte panoramatische Ansicht aufgenommen
wurde, übersieht man mit Einem Blicke die ganzen Verhältnisse.
Es ist eines der überwältigendsten geologischen Bilder, welches
unser an instructiven Stellen so reiches Gebiet gewährt. Vom
Fusse der Steilwand bis zu den Dolomitzacken der Cima di Val
Fredda und des Monte Alto hinan überblickt man eine continuirliche
Folge von dünnbankigen, vorherrschend roth gefärbten, aber durch
drei auffallend weisse Streifen unterbrochenen Schichten, deren
Gesammt- Mächtigkeit gegen icoo Meter betragen dürfte. Die.
weissen Streifen sind die Gypsmassen der Bellerophon-Schichten.
Der altvulcinitche Dittrict von Fuii und Ftdms.
S3| J *
B n" B I
■"Sä'- I
ii
For« Rmm
Col Bcccher
• Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
349
Nach der Vereinigung der beiden oberen Züge der Bellerophon-
Schichten senkt sich die untere Scholle auch in östlicher Richtung
bedeutend und macht die Verwerfung allmählich einem anticlinalen
Aufbruche Platz, dessen Südschenkel gegen Süden einfällt. Die
Ortschaften Vallada und Andrich stehen auf diesem Zuge der
Bellerophon-Schichten. Die Werfener Schichten, welche die Sohle
des Biois-Thales bei Fomo di Canale erreichen, sind die Fort-
setzung des untersten Zuges der Werfener Schichten von Falcade
imd fallen hier allenthalben vom Gebirge weg gegen den Biois.
Unterhalb
Forno di Canale Andrich Vallada
Monte Pezza
Sottoguda
S.
a = Bellerophon-Schichten: h = Werfener Schichten; e = Unterer Muschelkalk; d = Oberer
Muschelkalk; « = Buchensteiner Dolomit;/ = Wengener Dolomit; g = Augitporphyrlaven.
Von Andrich ziehen sich die sehr mächtigen, vorherrschend
aus Rauchwacken, Gypsen und dunklen dolomitischen Gesteinen
bestehenden Bellerophon - Schichten über die Forcella di San
Tommaso in einem sich allmählich verschmälemden Streifen zum
Cordevole.
Die Tiefenlinie des Biois zwischen Cencenighe und der
Weitung von Falcade ist beiderseits von Schollen von Werfener
Schichten begrenzt, welche gegen den Biois zu convergiren. Es
wurde bereits im vorhergehenden Capitel (Seite 335) darauf hin-
gewiesen, dass diese Thalspalte in der Verlängerung des häufig
von plötzlichen Abbruchen auf dem Südschenkel begleiteten Gewölb-
aufbruches der Bocche liegt, auf welchen wir noch bei einer späteren
Gelegenheit zurückkommen werden.
Auf dem dem Cordevole zugewendeten Gehänge tritt in der
ganzen Erstreckung desselben regelmässig Ostfallen ein. Wir haben
bereits (Seite 322) auf die merkwürdige Erscheinung der meridionalen
Verwerfungen und Senkungen im Oberlaufe des Cordevole hin-
gewiesen.
Nördlich von Cencenighe findet sich, durch eine Verwerfung
von der ostfallenden Cordevole - Zone der Werfener Schichten
7CO Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
getrennt, ein Denudationsrelict von Muschelkalk und Buchensteiner
Schichten. Der Muschelkalk ist reich an Fossilien und würde eine
sorgfältige Ausbeutung lohnen. Auch die Werfener Schichten
zeichnen sich hier durch gut erhaltene Fossilien aus, von denen
namentlich die Ammonitiden (verschiedene Arten der Gattung
Tirolites) erwähnt zu werden verdienen.
Die Kammhöhe und die ganze Nordabdachung der Gruppe
des Sasso Bianco bestehen aus heteropischen norischen Bildungen.
Unmittelbar im Osten der Forca Rossa und des Val di Franzedaz
erhebt sich im Monte Alto und im Monte Fop noch eine isopische
Dolomitmasse, welche als eine ursprünglich mit dem benachbarten
westlichen Dolomitriff zusammenhängende und erst durch die
Denudation von demselben losgetrennte Riffpartie zu betrachten ist.
Wie namentlich auf dem steilen Südabbruche des Gebirges deutlich
zu sehen ist, nimmt der Dolomit in östlicher Richtung rasch an
Mächtigkeit ab und über die gegen Osten gekehrte Riffböschung
greifen Augitporphyrlaven über, welche stellenweise auch zungen-
förmig in den Dolomit selbst eindringen (Vgl. a. die Ansicht
Seite 348). Die Höhe des Monte Pezza besteht bereits aus wol-
geschichteten Augitporphyrlaven. Im Osten des Monte Pezza ist
der die Augitporphyrlaven unterlagemde Dolomit auf eine wenig
mächtige gleichförmige Bank reducirt, welche auf unserer Karte als
Buchensteiner Dolomit und oberer Muschelkalk gedeutet ist. Am
Monte Forca dagegen schwillt der Dolomit wieder zu grösserer
Mächtigkeit an, weshalb wir hier den oberen Theil desselben als
Wengener Dolomit angenommen haben. Die verschiedenen kleinen
Kalk-Einlagerungen in den Augitporphyrlaven am rechten Gehänge
des Cordevole zwischen Caprile und dem AUeghe-See können als
vom Wengener Dolomit des Monte Forca auslaufende Riffzungen
betrachtet werden. Der Monte Forca selbst lässt sich ungezwungen
mit den Riffmassen am linken Cordevole-Ufer an der Basis der
Civetta-Gruppe in Verbindung bringen.
Die Augitporphyrlaven der Sasso Bianco-Gruppe sind daher
im Osten und Westen von Riffen eingeschlossen. Sie standen
ursprünglich, wie bereits Seite 331 betont wurde, mit den Augit-
porphyrlaven der Cima di Pape und des Monte Cimone della Stia
im Zusammenhange.
Die Gipfelmasse des Sasso Bianco wird wieder von Dolomit
gebildet, welcher im Norden den Augitporphyrlaven aufzulagern
scheint. Der Steilabfall befindet sich auf der Nordseite. Die Südost-
abdachung ist ziemlich sanft geböscht und besitzt eine bereits aus
grösserer Entfernung deutlich erkennbare Ueberguss-Schichtung. Die
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^ji
Dolomitböschung reicht unter die hier theilweise angelagerten
Laven hinein. Aus diesem Grunde werden wir für den Sasso Bianco,
welchen wir als einen Denudationsrelict einer in das Lavengebiet
übergreifenden Riffzunge ansehen, einen ursprünglichen Zusammen-
hang mit den grossen Riffmassen im Westen, nicht aber, wie für
den Monte Forca mit dem Monte Alto di Pelsa, Welcher, wie wir
gezeigt haben, ein Ausläufer des Primiero-Riffes ist, anzunehmen
haben.
Die Altersbestimmung des Dolomits des Sasso Bianco als
Wengener Dolomit lässt sich in folgender Weise rechtfertigen. Der
Dolomit des Sasso Bianco ruht, wie es scheint, direct auf den
Augitporphyrlaven und nimmt daher die Stelle ein, welche sonst
in den isopischen Mergelgebieten den Wengener Schichten zukommt.
In der Fortsetzung der Laven der Sasso Bianco-Gruppe werden
wir auf der Ost- und Nordseite des Marmolata-Stockes mehrere Riff-
Ausläufer kennen lernen, welche sich, abgesehen von den geringeren
Dimensionen, genau so wie der Sasso Bianco zu den Augitporphyr-
laven verhalten und sicher noch den Wengener Schichten ange-
hören. Die Möglichkeit, dass der Sasso Bianco in das Niveau der
Cassianer Schichten hinaufreiche, lässt sich zwar mit Bestimmtheit
nicht in Abrede stellen; die ausserordentlich grosse Mächtigkeit,
welche die Wengener Dolomite in den benachbarten Riffmassen des
Avisio-Gebietes (Marmolata, Fucchiada, Latemar) erlangen, hat uns
jedoch bestimmt, die ganze Masse des Sasso Bianco-Dolomits noch
dem Wengener Niveau zuzuweisen.
Was die tektonischen Beziehungen der Sasso Bianco-Gruppe
zu den benachbarten Gebirgen betrifft, so ist zunächst an die
bereits im vorhergehenden Capitel (Seite 323) berührte, bei Caprile
unter einem rechten Winkel gebrochene Dislocationsspalte zu er-
innern, in Folge welcher auf der Innenseite des Aufbruches des
Monte Femazza die bei Caprile auf das linke Cordevole - Ufer
herüberstreichenden Augitporphyrlaven der Sasso Bianco-Gruppe
theils an Werfener Schichten, theils am Muschelkalk abbrechen.
Diese Spalte setzt im Pettorina-Thal bis Sottoguda fort. Die wenig
dolomitisirten Kalke, welche in der bekannten Sottoguda-Schlucht
(Serai di Sottoguda) von der Pettorina durchnagt sind, setzen vom
rechten auf das linke Ufer ungestört herüber. Sie gehören in ihren
unteren Theilen, da sie bei Sottoguda von Werfener Schichten
unterlagert werden, dem Muschelkalk an *). Von hier aus heben sich
*) Der Quellen reichthum der Sottoguda-Schlucht ist auf die wasserdichte
Unterlage der Werfener Schichten zurückzuführen.
2^2 I^cr altvulcanische Distria von Fassa und Fleims.
die unteren Dolomitstufen als Unterlage des Monte Fop allmählich
bis zur Forca Rossa und zum Col Beccher empor. In Val di
Franzedaz reicht in Folge dieses Nordfallens der Schichten die
Entblössung der Werfener Schichten ziemlich weit in das Thal
hinab.
Die Gruppe des Sasso Bianco senkt sich daher in nördlicher
Richtung. OestUch bis Sottoguda steht sie im unmittelbaren tektoni-
sehen Zusammenhange mit dem benachbarten Gebirge. Von Sotto-
guda bis zum Cordevole ist sie durch eine Verwerfungslinie
begrenzt, welche unterhalb Rocca auf eine kurze Distanz auf das
linke Pettorina-Ufer und bei Caprile, wo der rechtwinkelige Umbug
derselben erfolgt, auf das linke Cordevole-Ufer hinübergreift*).
Von Caprile setzt die Verwerfungslinie als östliche Begrenzung
der Sasso Bianco-Gruppe in südlicher Richtung fort. Bei Callo-
neghe findet, wie wir gesehen haben (vgl. Seite 323), eine kurze
Unterbrechung der Verwerfung statt, worauf dieselbe wieder, dem
Laufe des Cordevole folgend, bis in das Gebiet der Werfener
Schichten bei Cencenighe nachgewiesen werden kann.
Am unteren Ende des AUeghe-See's senken sich die von
Westen herüberstreichenden tieferen Schichtengruppen rasch zur
Verwerfungslinie herab. Diese Schichtenlage begünstigte offenbar
den Niedergang des bekannten im Jahre 1772 erfolgten Berg-
bruches des Monte Forca, durch welchen das Cordevole-Thal ab-
gedämmt und der Alleghe-See, auf dessen Grunde drei Ortschaften
begraben liegen, gebildet wurde. Die Rutschflächen dieses Bergsturzes
sind noch deutlich an ihrem weithin spiegelnden Glänze erkennbar.
Die auf der Karte angemerkte Verschiebung des verbindenden
Mittelstückes zwischen Monte Forca und Monte Pezza dürfte wol
nur als Abgleiten einer grösseren losgebrochenen Scholle, ähnlich
dem Seite 257 geschilderten Abbruche der Tofana bei Ampezzo,
aufzufassen sein.
2. Der Marmolata-Stock mit dem vorgelagerten Augitporphyr-
Gebirge.
Da wir die im Westen von Val di Franzedaz liegende Fort-
setzung der Sasso Bianco-Gruppe im Zusammenhange mit dem
Monzoni-Gebirge besprechen wollen, so schliessen wir die Darstellung
*) Die Augitporphyriaven, auf denen Rocca steht, und die fossilreichen Wen-
gener Schichten, welche östlich davon in einem schmalen Streifen bis zur Pettorina
reichen, gehören einer von der Höhe des Migion-Gebirges abgerutschten und über-
kippten Scholle an.
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
353
des Gebietes zwischen dem Corde vole, der Pettorina und den
Quellen des Avisio hier an. Wir erreichen auf diese Weise auch
den Vortheil, die Schilderung der heteropischen Grenze zwischen
den grossen Dolomitmassen im Süden und Südwesten und dem
vorgelagerten Laven- und Tuffgebiet nicht unterbrechen zu müssen.
Der Marmolata-Stock ist auf seiner Südseite von einer Ver-
werfung begrenzt, welche aus dem Contrin-Thal über den Ombretta-
Pass in das Ombretta-Thal setzt und in der Gegend der Malga
di Sotto Ciapello an der Mündung des Rv. Candiarei zu enden
scheint. Diese Verwerfung spielt zwischen dem südlichen Kalk- und
Dolomitgebirge des Sasso Vemale und dem Stocke der Marmolata
dieselbe Rolle, wie die soeben geschilderte Verwerfung an der
Pettorina zwischen der Sasso Bianco-Gruppe und dem Monte Migion.
Die ältesten Schichten kommen im Südwesten des Marmolata-
Stockes im Contrin-Thal zum Vorschein. Hat man, aus dem Avisio-
Thale kommend, den steilen, über Wengener Dolomit führenden
Anstieg passirt, so sieht man zunächst eine von den Wänden des
Sotto Vemel herübersetzende, leichter als der Dolomit verwitternde
und ziemlich steil gegen Norden einfallende Gesteinszone quer über
das Thal streichen. An dieser Stelle ist das anstehende Gestein
von Schutt überrollt. Man kann aber mit dem Auge an den nackten
Wänden des Sotto Vernel, des Vemel und der Marmolata ohne
Mühe das Fortstreichen dieser Zone verfolgen und dieselbe auf
dem Wege zum Ombretta-Passe leicht erreichen. Es sind graue^
knorrige, kieselfiihrende Kalke, wie solche im Niveau der Augit-
porphyrlaven sonst stellenweise vorkommen. Auf der Höhe des
Ombretta-Passes fand ich in denselben gelbe Riffsteine mit Cidariten.
Unter diesen Gesteinen folgt eine festere lichte Kalkmasse, welche
von unterem Muschelkalk (Conglomerate) und Werfener Schichten
unterlagert wird. Ich halte die knorrigen Kalke für den Beginn der
Ablagerungen vom Alter der Wengener Schichten und muss daher
consequenter Weise die unter den knorrigen Kalken lagernde Kalk-
masse als die Vertretung der Buchensteiner Schichten und des
oberen Muschelkalkes annehmen. Die Thalweitung des Contrin-
Thales, welche man oberhalb des oben erwähnten steilen Anstieges
betritt, fällt mit der Entblössung der Werfener Schichten zusammen.
Die Werfener Schichten halten nun am rechten Thalgehänge an bis
in den unteren Theil der zum Ombretta-Passe hinaufführenden Thal-
spalte, sind aber an einer Stelle von einer überhängenden, von
Melaphyr-Gängen durchsetzten Kalkscholle (welche dem oberen
Muschelkalk und den Buchensteiner Schichten entsprechen dürfte,
in der Karte aber blos mit der Farbe der letzteren bezeichnet ist)
Mojsisovics, Dolomitriffe. 23
354
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
verdeckt und bald darauf durch die hier beginnende Verwerfung
des südlichen Gebirges unterbrochen. Wie nämlich die Karte zeigt,
setzt ein Streifen von Muschelkalk und Buchensteiner Dolomit von
Südwesten her auf die unterste Gehängstufe des Vemel herüber und
schneidet hier scharf ab*). Der Muschelkalk der Marmolata-Masse
setzt in höherem Niveau darüber hinweg.
Gegen die Höhe des Ombretta-Passes zu stossen allmählich
Muschelkalk und Buchensteiner Dolomit der Marmolata-Masse an
dem Wengener Dolomit des südlichen Hochgebirges ab. Die
knorrigen Kieselkalke setzen über den Pass.
Schon lange vorher fallt noch eine höhere dem Dolomit der
Marmolata-Masse eingelagerte weichere Gesteinszone auf, welche an
der westlichen Schulter des Sotto Vernel auf die Nordabdachung
des Marmolata - Stockes hinübergreift und dem aufmerksamen
Beobachter selbst schon in grösserer Entfernung (wie z. B. vom
Fassajoch am Plattkofel) erkenntlich ist. Auf dem Ombretta-Passe
befindet sich dieser Gesteinszug nördlich von der in den Kiesel-
kalken eingetieften Uebergangsstelle, unmittelbar am Fusse der
Steilwand des Marmolata-Homes. Das herrschende Gestein ist ein
grau- und rothgefärbter dünnplattiger Kalk mit schlecht erhaltenen
Resten von Gasteropoden und Bivalven, Von ferne gesehen erinnert
die röthliche Verwitterungsfarbe an Werfener Schichten, und ich
selbst dachte an mehrfache Wiederholungen der Werfener Schichten
am Südabfall des Marmolata-Stockes, ehe ich diese unserem Gebiete
sonst fremden Gesteinsbildungen betreten hatte. Im Osten des
Ombretta-Passes sieht man die, durch eine Zone festen dolomiti-
schen Kalkes von den knorrigen Kieselkalken getrennte Schicht noch
eine Strecke weit am Südfusse der Marmolata-Steilwand fortsetzen.
Wenige Schritte westlich unter der Höhe des Ombretta-Passes
beginnt im Contacte mit den Kieselkalken eine stellenweise con-
glomeratische und breccienartige Melaphyrmasse, welche von hier
ununterbrochen bis zu der Malga di Sotto Ciapello fortsetzt. Ich
halte dieses Vorkommen, welches nach Doelter**) zu den augit-
armen Melaphyren gehört, für einen Gang, darf aber nicht ver-
schweigen, dass die Lagerungs Verhältnisse und insbesondere das
Zusammenfallen mit den im Niveau der Laven auftretenden Kiesel-
kalken auch die Deutung einer regelmässigen, schichtenformigen
Einlagerung zuliessen.
*) Rothe Knollenkalke, welche ich beim Anstiege zum Ombretta-Passe im
Gebiete dieser SchoUe sah, seien nachfolgenden Forschern zur näheren Unter*
suchung empfohlen.
♦♦) Jahrb. d. Geol. R.-A. 1875, Min. Minh. pag. 3oo.
Per altvulcanische District von Fassa und Fleims.
355
< Die über den rothen plattigen Kalken folgenden Gesteins-
massen der Marmolata sind vorherrschend lichter Kalk, welcher
ausserordentlich reich ist an sogenannten Evinospongren und stellen-
weise auch wolerhaltene Fossilien enthält. Mein Freund und Reise-
gefährte Dr. Ed. Reyer fand zuerst im Jahre 1875 beim Abstiege
von der Marmolata fossilreiche Kalkblöcke am Rande des Gletschers
oberhalb der Fedaja-Höhe. Seither beuteten meine Freunde, Prot
V. Klipstein und Prof Zittel, dieses Vorkommen in grösserem
Massstabe aus und überliessen mir in liberalster Weise ihre Auf-
sammlungen zu näherer Untersuchung. Gasteropoden, aber meist
kleine Formen, walten weitaus über die mitvorkommenden Pelecy-
poden und Cephalopoden vor. Die Cephalopoden deuten trotz der
relativ sehr bedeutenden Höhe ihres Fundortes (hoch über den
rothen plattigen Kalken) auf ein verhältnissmässig tiefes Niveau. Ein
in mehreren Resten vorliegendes Trachyceras gehört dem Formen-
kreise des Trachyc, Carinthiacum an und dürfte, soweit die kleinen
inneren Kerne einen Schluss gestatten, mit dieser aus den Tuffen
von Kaltwasser bei Raibl bekannten Art selbst übereinstimmen.
Ein innerer Kern eines zweiten Trachyceras könnte zu Trachyc,
Archelaus oder einer verwandten Form gehören. Mehrere Arcesten
und einige kleinere Ammonitiden sind vorläufig noch ganz unbe-
stimmbar. Die einzige, mit Sicherheit . auf bekannte Arten zu
beziehende Form ist Lytoceras Wengense. Es ist übrigens sehr auf-
fallend, dass bisher sich hier keine einzige Fprm fand, welche
mit den Arten des cephalopodenreichen weissen Kalkes des Latemar-
Gebirges*) übereinstimmte, obwol auch die Fauna des Latemar-
Gebirges mehr das Gepräge einer älteren Triasfauna an sich trägt.
Die unläugbaren Anklänge an die Faunen der Buchensteiner
Kalke und des Muschelkalkes, welche die Cephalopoden des Mar-
molata- und des Latemar-Kalkes erkennen lassen, stimmen in vor-
trefflicher Weise überein mit dem bathrologisch verhältnissmässig
tiefen Niveau der Hauptmassen der Fassaner und Fleimser Dolo-
mite (resp. Kalke), welche den unteren Augitporphyrlaven im Alter
gleichstehen.
Die den rothen plattigen Kalken zunächst folgende Abtheilung
des oberen Kalkes ist im Westen, am Sotto Vernel, ziemlich gut
geschichtet. Die höheren Massen lassen eine, deutliche, regelmässige
*) Doch findet sich in diesen Kalken eine gleichfalls in den Tuffen von
Kalt^v'asser vorkommende Form, so dass, wenn sich die oben erwähnte Trachyceras-
Art des Marmolata-Kalkes wirklich als TrachyC' Carinthiacum erweist, die beiden,
einem dritten Fundorte gemeinsamen Arten nähere Beziehungen zwischen den
fossilfQhrenden Lagen der Marmolata und des Lateoiar (Forno) andeuten wftrden»
a3*
^eg Der altvulcanische Distria von Fassa und Fleims.
Schichtung nicht erkennen, aber an der heteropischen Grenze im
Norden und im Nordosten der Marmolata tritt die Uebergfuss-
Schichtung allenthalben in ausgezeichneter Weise hervor. Die
Schichtenstellung ist im Westen, wo eine Verwerfung zwischen dem
Sotto Vemel und der Cima di Rossi durchsetzt, eine sehr steile.
Auf dem Ombretta-Passe ist der Einfallswinkel der Schichten da-
gegen ein viel sanfterer ; auf Fedaja und nächst Lobia herrscht, wie
aus den Lagerungsverhältnissen der gegenseitig eingreifenden hetero-
pischen Bildungen hervorgeht, eine ziemlich flache Lagerung.
Die Verhältnisse an der heteropischen Grenze zwischen dem
Marmolata-Riff und dem im Osten und Norden vorgelagerten Laven-
gebirge sind im Wesentlichen dieselben, wie an den bereits geschil-
derten Riffen. Da aber, was wol mit der bedeutenden Erhebung
des Marmolata-Stockes zusammenhängen mag, hier gerade an der
heteropischen Grenze eine tief eingefurchte Erosionsrinne verläuft,
durch welche der bekannte Weg aus dem Fassa-Thal über den
Fedaja-Pass nach dem Pettorina-Thal führte so ist das ursprüngliche
Bild etwas verwischt und die rasche Auffassung des wahren Zu-
sammenhanges erschwert
Wenn man aus dem Pettorina-Thal an der Ostseite des
Marmolata-Stockes durch das Thal des Candiarei aufwärts wandert,
so hat man zur Linken die steil terrassenförmig aufsteigenden Kalk-
wände der Marmolata, zur Rechten die dunklen Augitporphyrlaven
des Monte Migion. Die letzteren lehnen sich im Süden an die riff-
fbrmige kleine Kalkmasse des Monte Guda, welcher durch die
Erosionsschlucht von Sottoguda von dem südlichen Kalk- und
Dolomitgebirge des Monte Fop und Monte Alto getrennt ist. Die
obere, eng begrenzte Kalkmasse des Monte Guda muss bereits der
Bildungszeit der Augitporphyrlaven, mithin den Wengener Schichten
angehören, da die untere von unterem Muschelkalk und \Verfener
Schichten unterlagerte Kalkbank in ihrem Weiterstreichen gegen
Osten den Augitporphyrlaven des Monte Migion zur Grundlage
dient und daher die Buchensteiner Schichten und den oberen
Muschelkalk vertritt. Der obere Theil des Monte Guda ist sonach
ein Ausläufer des südlichen Riffes, welches ursprünglich offenbar
mit der Marmolata zusammenhing. Ein den Augitporphyrlaven
eingelagertes Kalkband, welches am Südgehänge des Monte Migion
sichtbar ist, ist wol ebenfalls als eine ursprünglich von der süd-
lichen Riffmässe abzweigende Riffzunge zu betrachten.
Höher aufwärts im Thale des Candiarei, gegen die Lobia- Alpe
zu, bemerkt man zwischen den terrassenförmig gegen oben zurück-
tretenden Ueberguss-Schichten der Marmolata Höhlungen, ähnlich
Der attvuleanitche District von Fassa und Fleiir
pan »iMajua ip smQK
pjBipato -Uli
I J li
I I Sä
ä I SS
im
9^3 ^cr altvulcanische District von Fassa und Fleims«
den Höhlungen am Cipiter Schlemgehänge (S. Seite 169) und bald
darauf sieht man "die Augitporphyrlaven auf die rechte Thalwand
herübertreten. Der Kalk der Marmolata greift deutlich unter die
ihm anlagernden Augitporphyrlaven ein. Es bedarf nun, nach
unseren Erfahrungen an zahlreichen, ganz analogen Stellen, keiner
besonders regen Einbildungskraft, um zu erkennen, dass einstens
die Augitporphyrlaven nicht nur viel höher an der nördlichen
Böschungsfläche des Marmolata-RifTes hinaufgereicht haben, sondern
dass auch im Osten ein ähnliches Verhältniss* der Anlagerung statt-
gefunden haben muss, ehe die Erosion die tiefe Rinne des Candiarei
eingeschnitten hatte.
Diese Anschauungsweise findet eine weitere Stütze in der
Zusammensetzung des den Augitporphyrlaven im Osten aufge-
lagerten Denudationsrestes von Wengener Schichten. Es ist eine
vollständige Wiederholung der auf Seite 172 geschilderten Verhält-
nisse im Kamme der Rosszähne. Unser Lichtbild, , Blick vom
Fedaja-Pass gegen Osten*, vergegenwärtigt die instructiven Ver-
hältnisse. Im Südschenkel der kleinen Mulde ist über den Augit-
porphyrlaven zunächst eine stärkere Kalkbank mit ausgesprochener
Blockstructur bemerkbar, welche im Nordschenkel sich in grosse,
den Wengener Schichten eingeschaltete Kalklinsen und Kalkblöcke
auflöst. Es folgt sodann eine Lage von Wengener Schichten mit
mächtigen, häufig, wie an den Rosszähnen, durch mehrere Schichten
durchgreifenden Blöcken von Riffsteinen. Hierauf erscheint im
Nordschenkel eine grössere Masse von Wengener Schichten, welche
gegen die Muldentiefe zu rasch an Mächtigkeit abnimmt und im
Südschenkel nahezu auskeilt. Den Schluss gegen oben bilden
sodann wieder Wengener Schichten mit grossen eingebetteten Riff-
steinblöcken.
Wir betrachten dieses Vorkommen als die durch die Erosions-
rinne des Candiarei isolirte Spitze einer vom Marmolata-Riff in die
heteropische Region übergreifenden Riffzunge. Die Analogie mit
den Verhältnissen an den Rosszähnen geht soweit, dass beide Vor-
kommnisse eine identische Unterlage — Augitporphyrlaven —
besitzen. Möglicherweise besteht daher auch eine Uebereinstimmung
hinsichtlich der Bildungszeit.
Auf dem, dem Cordevole zugekehrten Gehänge des Monte
Migion und des Monte di Celegazza erscheinen als Unterlage
der sehr mächtigen Augitporphyrlaven normale Buchensteiner
Schichten und unter diesen dolomitischer oberer Muschelkalk.
Nach dieser Richtung hin sandte daher das Marmolata-Riff keine
Ausläufer.
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360 ^^r altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Im Norden des Monte Padon und des zackenreichen Sasso
di Mezzodi jedoch fehlen die normalen Buchensteiner Schichten und
erscheint als Unterlage der Augitporphyrlaven eine so mächtige
Kalkmasse, dass wir die obere Abtheilung derselben bereits der
Zeit der Ablagerung der tiefsten Augitporphyrlaven zuschreiben
müssen. Die Vermuthung, dass wir es hier mit einem gegen Norden
vorgeschobenen Ausläufer des Marmolata-RifTes zu thun haben,
findet ihre Bestätigung durch das auf der Westseite des Fedaja-
Passes eintretende Uebersetzen des Marmolata-Kalkes auf die rechte
Thalseite des Avisio. Mag man das Thal des Avisio aufwärts
wandern oder vom Fedaja-Passe aus zum Avisio herabsteigen, in
beiden Fällen gewinnt man leicht die Ueberzeugfung, dass die untere
Masse des Marmolata-Kalkes sich als Unterlage der Augitporphyr-
laven der Fedaja- Wiesen auf das rechte Gehänge ungestört herüber-
zieht. Von den Fedaja-Wiesen aus steigt man eine hohe, das
Thal gegen Osten abdämmende Kalkwand herab zum Avisio. Die
unteren Theile der beiden Thalgehänge bestehen aus demselben
Kalk, wie schon v. Klipstein richtig erkannte*). Aber während
sich zur Linken die Kalkmassen bis zu dem hohen, von Gletschern
bedeckten Felskamme der Marmolata aufwärts fortsetzen, erscheinen
auf der rechten Avisio-Seite über der unteren Kalkwand die
schwarzen Augitporphyrlaven, welche den an phantastischen Denu-
dations-Gestalten reichen Gebirgskamm des Sasso di Mezzodi und
des Sasso di Capello bilden. Diese untere, die Augitporphyrlaven
unterteufende Kalkmasse correspondirt nun offenbar mit dem im
Norden des Monte Padon hervortretenden Wengener Dolomit.
Einem aufmerksamen Beobachter wird die Wahrnehmung kaum
entgehen, dass die Kalkmassen auf der rechten Avisio-Seite über
das Niveau der Augitporphyrlaven der Fedaja-Wiesen aufsteigen
und dass die obersten Partien dieser Kalkmassen gegen Osten eine
keilförmige Zunge in das Lavengebiet entsenden, durch welche
die Augitporphyrlaven der Fedaja - Wiesen von den höheren
Laven des Sasso di Mezzodi geschieden werden. Die Augitporphyr-
laven der Fedaja-Wiesen bildeten, ehe sie durch die Denu-
dation blosgelegt wurden, eine in das Marmolata-Riff eingreifende
Zunge.
Zur Zeit des Beginnes der Augitporphyr-Eruptionen erstreckte
sich sonach das Marmolata-Riff in einem schmalen nordöstlichen
Ausläufer nach Buchenstein und zog sich sodann während der
Dauer der Eruptionen allmählich gegen Südwesten zurück. Die
♦) Beitr. z. Kenntn. d, östl. Alpen, IL, 2, pag. 56.
Der altvulcanische Dwtriet von Fassa und Fleims. jöl
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7^2 ^ci* altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Augitporphyrlaven greifen allmählich über die flache Riflfböschung
über und dringen bis zu den Steilwänden der Marmolata vor. Für
die Richtigkeit dieser Anschauung sprechen ausser der eben
besprochenen Kalkzunge der Prati di Fedaja noch die kleinen Riff-
spitzen, welchen man beim Anstiege aus dem Thale des Rio Palasso
auf das Padon-Joch innerhalb der Augitporphyrlaven begegnet*).
Gegen Penia zu stellt sich im Avisio-Thale aller Wahrschein-
lichkeit nach eine Verwerfung ein, welche die steil gegen Nord ein-
fallenden Kalkmassen des Sotto Vernel von dem constant flach
gelagerten, nur wenig gegen Norden geneigten Gebirge am rechten
Avisio-Ufer scheidet.
Als Gipfelmasse der letzteren erscheinen auf der Cima di Rossi
Wengener Schichten, deren unterste Lagen, genau so wie in dem
oben beschriebenen Vorkommen östlich von der Lobia-Alpe, mit
grossen Blöcken von Riffsteinen (theilweise bereits dolomitisirt) in
Verbindung stehen. Stellenweise treten die Blockmassen in Folge
des Zurücktretens des tuffigen Bindemittels zu grösseren Dolomit-
linsen zusammen. Fossilien (Cidariten, Korallen) sind in den gelben
Riffsteinen nicht selten. Durch eine Zone normaler Wengener Sand-
steine getrennt folgt sodann weiter nördlich die isolirte kleine
Dolomitkuppe des Sasso Pitschi mit nördlich abfallender Ueberguss-
Schichtung. Wir haben von diesen nördlichen Spitzen des Marmolata-
Riffes bereits im VIII. Capitel, Seite 238, gesprochen.
Fassen wir die Ergebnisse der Untersuchung der heteropischen
Verhältnisse der Sasso Bianco - Gruppe und der Marmolata zu-
sammen, so gelangen wir zu nachstehendem Schlüsse. Es folgte der
Periode des Zurückweichens des Riffes während der Ablagerung
der Augitporphyrlaven eine Periode horizontaler Ausdehnung,
während welcher Zungen des Riffes ziemlich weit in das benach-
barte heteropische Gebiet übergriffen (Sasso Bianco, Vorkommen
östlich der Lobia-Alpe, Cima di Rossi mit Sasso Pitschi).
In den Augitporphyrlaven des Zuges des Sasso di Mezzodi
walten Trümmerlaven, welche mächtige Bänke zusammensetzen, bei
Weitem vor. Auch die schon öfters erwähnten Tuffkalkbreccien
finden sich. Westlich von Sasso di Capello scheinen Gänge von
augit- und homblendefreien Melaphyren aufzutreten.
Die tektonischen Verhältnisse des Augitporphyrgebirges sind,
wie bereits aus der vorstehenden Darstellung hervorgeht, sehr
■^) Vgl. auch V. Klipstein Beitr. z. Kennin. d. östl. Alpen, IL, 2, pag. 48,
Taf. II, Fig. 8.
Der altvukanische District von Fassa und Fleims. 3^3
einfach. Nur in der Nachbarschaft- der begrenzenden Thalfurchen
treten einige Unregelmässigkeiten der Lagerung ein.
So ist westlich der Cima di Rossi das Gebirge in seiner
ganzen Breite stafTelförmig gegen Westen abgesunken. Der Dolomit
am rechten Avisio-Ufer bei Penia wird in Folge dessen durch
Augitporphyrlaven abgeschnitten. Gegen Westen wird diese Scholle
selbst wieder von einer Verwerfung begrenzt, welche aus dem Mor-
titsch-Thal über Canazei in die Gegend von Alba verläuft. Die
Augitporphyrlaven treffen mit Werfener Schichten zusammen.
Eine andere nicht unbedeutendie Verwerfung beginnt in der
Gegend des Sasso di Capello in den Augitporphyrlaven. Das
Gebirge fallt beiderseits von der Verwerfung weg. Es werden hier-
auf der Reihe nach der Wengener und Buchensteiner Dolomit im
Norden des Sasso di Mezzodi, sodann der Muschelkalk und die
Werfener Schichten durch die Augitporphyrlaven des Porto, do,
Buchenstein bei
Sasso di Mezzodi . Araba
S. nTTiT \ N.
a = Wcnguner Dolomit; b = Augitporphyrlaven.
welche dem südlichen Gegenflügel des Sella-Gebirges angehören,
abgeschnitten. Bei Soraruaz setzt die Verwerfung quer über den
Cordevole, wo dieselbe am Gehänge des Cherzberges sich recht-
winklig gegen Westen umbiegt und in dem von Araba zum
Campolungo-Joch fuhrenden Graben endet.
Sehr verwickelten Verhältnissen begegnen wir im Osten des
Monte Migion. Eine grosse gegen den Cordevole zu einfallende
Scholle von Werfener Schichten lehnt sich zunächst an die Ost-
flanke des Monte Migion. Auf ihr steht die Ortschaft Laste. Süd-
lich davon folgt bei Ronch eine kleine Scholle mit einer Platte von
Muschelkalk- (vielleicht auch von Buchensteiner) Dolomit. Der
Dolomit ist theilweise durch die Denudation in phantastische Nadeln
aufgelöst (Sasso di Ronch). Auf der Südseite dieser Scholle setzt
von Osten her eine Verwerfung durch, welche man als die Fort-
setzung der Antelao-Bruchlinie betrachten kann. Der Muschelkalk
der Scholle von Ronch schneidet an Augitporphyrlaven ab.
^ÖA ^er altvulcanischc District von Fassa und Fleims.
Die Wengener Mergel und Augitporphyrlaven, welche zwischen
Ronch und Rocca den Zusammenhang des Gebirges unterbrechen,
bilden wol nur eine von der Höhe des Monte Migion abgerutschte
Scholle.
3. Die Gruppe des Sasse di Dam (Buffaure-Gebirge).
Dieses vorzüglich aus festen Augitporphyrlaven bestehende
und durch seine Mineral-Fundstätten (Drio le Falle, Buffaure) be-
rühmte Gebirge bildet den südwestlichen Abschluss des grossen
Laven- und Tuffgebietes, da, mit Ausnahme weniger Lavenreste in
der Umgebung der grossen Fleimser Eruptionsstelle, im Süden und
Westen dem Dolomit und Kalk die Herrschaft zufällt. Sowie aber
die beiden berühmten Eruptionsstöcke von Fassa (Monzoni) und
Fleims die Hauptmasse der über den Buchensteiner Schichten fol-
genden Dolomite durchbrochen haben und daher jünger sein
müssen, als die Hauptmasse der Augitporphyrlaven der grossen
nördlichen und östlichen Tuffregion, so lagern auch die Augit-
porphyrlaven an der Fleimser Eruptionsstelle über den gewaltigen
Massen des Wengener Dolomits.
Tiefenlinien umziehen ringsum die kleine Gruppe. Nur im
Westen (Cima di Calaz) und im Süden (Südgehänge des Buffaure)
ragen Spitzen der benachbarten Riffe auf kurze Strecken in ihr
Gebiet. Im Westen gegen das Rosengarten-Riff zu, sowie im Süd-
osten ist die Region der heteropischen Grenze durch die Denu-
dation zerstört. Im Norden und Nordosten fand der Zusammenhang
mit dem Lavengebiete der Fassa-Grödener Tafelmasse und des
Sasso di Capello-Zuges statt.
Die Hauptmasse der Laven besteht hier aus massigen, bank-
(brmig abgesonderten Augitporphyrströmen. Die conglomeratischen
Trümmerlaven treten nur sehr untergeordnet auf, dagegen scheinen
Tuffkalkbreccien eine continuirlich fortlaufende Schichtenabtheilung
an der Basis des Lavensystems zu bilden. Die letzteren gehen
stellenweise in feste graue Kalkmassen mit untergeordneten Tuff-
schmitzen über.
Nach den übereinstimmenden Berichten von v. Richthofe n
und Doelter werden die Laven von zahlreichen Gängen durch-
setzt. Das Vorkommen unzweifelhafter Gänge in den reinen
Sedimentgesteinen rings in der Peripherie des Gebirges spricht für
die Richtigkeit dieser Angabe. Doch unterliegt es sowol wegen der
grossen Aehnlichkeit der Gesteine, als auch wegen der nahezu
continuirlichen, die steilen Kuppen und Gehänge überziehenden
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^Q^
Rasendecke, grossen Schwierigkeiten, sich von dem Vorhandensein
der Gänge im Gebiete der Laven zu überzeugen.
Die Kalk- und Dolomitmasse der Cima di Calaz bildet den
westlichen Ausläufer des Marmolata-Riffes. Das Nordwest- und
Westgehänge entspricht der RiflTböschung. Auf der Südseite zeigt
unsere Karte ein keilförmiges Eindringen der Augitporphyrlaven
zwischen die Buchensteiner Schichten und den Wengener Dolomit.
Das Dolomitriff griff daher mit einer Spitze über die Augitporphyr-
laven über.
Mehrere isolirte kleine Kalkkuppen finden sich den Augit-
porphyrlaven frei aufgesetzt in geringer Entfernung von der Cima
di Calaz. Eine derselben bildet den Gipfel des Sasso di Dam. Es
sind dies wol die letzten Reste einer über die ganze Masse der
Laven übergreifenden Riffzunge, völlig analog und wahrscheinlich
auch gleichzeitig mit den im vorhergehenden Abschnitt geschilderten
übrigen Riffzungen des Marmolata-Riffes (Cima di Rossi u. s. w.).
Wahrscheinlich gehört der Dolomitstreifen am Ostabhange der
Greppa, welcher den Augitporphyrlaven scheinbar eingelagert ist,
demselben Niveau an, in welchem Falle eine Verwerfung zwischen
ihm und den oberen Augitporphyrlaven durchsetzen müsste.
Zwischen der Cima di Calaz und der Pozza-Alpe ruhen die
Augitporphyrlaven auf den normalen Buchensteiner Schichten.
Unterhalb der Cima di Calaz vertreten noch lichte Dolomite die
Buchensteiner Schichten. Südlich von dem Sasso di Rocca findet
ein plötzliches Absinken des Gebirges in Folge einer nordsüdlichen
Verwerfung und Verschiebung gegen Süden statt. Beim Ueber-
gange aus dem Pozza-Thal in das.Contrin-Thal ist diese Verwerfung
sehr deutlich an den contrastirenden Farben der sich berührenden
Gesteinsarten erkennbar. Der Jochübergang selbst liegt in den
Werfener Schichten, welche unweit südlich von der Passhöhe sich
anticlinal wölben. Das Einfallen des Nordschenkels ist ein sehr
sanftes. Der Südschenkel schiesst jedoch unter dem Col Ombert
steil in die Tiefe. Gypsfiihrende Bellerophon-Schichten erscheinen
sowol im Contrin-, als auch im Pozza-Thal im Liegenden der Werfener
Schichten.
Die ganze Gegend ist von Melaphyrgängen durchsetzt.
Grössere auffallende Gangmassen finden sich namentlich auf dem
Gehänge gegen das Contrin-Thal und im Südschenkel der Werfener
Schichten vor dem Col Ombert.
Im Süden des Sasso di Dam schneiden Aügitporphyrmassen
die tiefere Schichtenreihe plötzlich ab. Es ist schwer zu entscheiden,
206 Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
ob man es mit einer mächtigen Gangmasse oder mit Laven, welche
an einer Verwerfung abgesunken sind, zu thun hat.
Am unteren Ende der Pozza-Alpe beginnt sodann eine grössere
Dolomitmasse, welche den steilen Südabfall des Buffaure bildet und
mit einer gegen Norden gewendeten Böschungsfläche unter die
Augitporphyrlaven eingreift. Diese von grösseren und kleineren
Melaphyrgängen durchsetzte Dolomitmasse gehört den Wengener
Schichten an, wie die Unterlagerung derselben durch Buchensteiner
Schichten nächst der Capella del Crocifisso zeigt. Sie verhält sich
zu den Augitporphyrlaven unserer Gebirgsgruppe genau so, wie
das Riffende des Rosengarten-Gebirges im Udai-Thal bei Mazzin
zu den Aupitporphyrlaven des Donna-Gebirges (vgl. oben Seite 184),
und repräsentirt daher ein hauptsächlich durch die Thalerosion
des Pozza-Thales, aber auch durch eine kleine Verwerfungsspalte
von der Dolomitgruppe des Sasso di Mezzogiorno getrenntes Riff-
ende des grossen südlichen Riffes.
Zwischen Pozza und Campitello bilden allenthalben Werfener
Schichten und Muschelkalk die sichtbare Unterlage des Gebirges.
Da die normalen Buchensteiner Schichten zu fehlen scheinen, so
dürfte die über dem unteren Muschelkalk folgende Kalkbank, wie
wir schon so häufig erfahren haben, ausser dem oberen Muschel-
kalk auch noch die Buchensteiner Schichten umfassen. Da nun
sowol auf der dem Fassa-Thal zugekehrten Seite des Rosengarten*
Gebirges, als auch in der Gruppe des Sasso di Mezzogiorno die
Buchensteiner Schichten in ihrer normalen Entwicklung vorhanden
sind, so bleibt nur die Annahme übrig, dass die Dolomitfacies der
Buchensteiner Schichten des Marmolata-Riffes sich unterhalb der
Gruppe des Sasso di Dam bis an deren Westseite fortsetzt.
Zahllose kleine Verwerfungen beunruhigen die am westlichen
Fusse des Gebirges zwischen Pozza und Campitello anstehenden
tieferen Schichtenglieder. Stellenweise erfolgen Abbruche kleiner
Schollen. — Melaphyrgänge sind häufig zu beobachten.
Wenn man die abweichenden Höhenverhältnisse berücksichtigt,
unter denen die correspondirenden Schichten auf der linken und
rechten Seite des Fassa-Thales auftreten^ so erscheint auf den
ersten Blick die Annahme unabweislich, dass die Gruppe des
Sasso di Dam durch eine dem Fassa-Thal entlang laufende
Verwerfung von der Fassa - Grödener Tafelmasse getrennt wird.
Diese Annahme gewinnt durch das Vorhandensein einer unzweifel-
haften Verwerfung im unteren Pozza -Thal noch an Wahr-
scheinlichkeit. Nachdem sich aber das Avisio-Thal von Pozza bis
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. '^ßy
Cavalese*) als ein reines Erosionsthal erweist, bezweifle ich auch
die Existenz einer Verwerfungsspalte in der oberen Strecke zwischen
Pozza und Gries. Die abweichenden Höhenverhältnisse lassen sich,
wie eine nähere Ueberlegung überzeugend darthut, auch 'auf eine
vom Caressa-Passe über Vigo und dann dem Fassa-Thal aufwärts
laufende Anticlinalwölbung mit steilerem Südschenkel zurückführen,
und scheint mir, dass diese Erklärung, welche fiir die Gegend im
Süden von Vigo zweifellos die richtige ist, sich auch ungezwungen
auf das Verhältniss der Fassa-Grödener Tafelmasse zur Gruppe des
Sasso di Dam anwenden lässt
4. Der Monzoni-Stock mit dem Gebirge zwischen der Forca
Rossa und dem Fassa-Thal.
Ueber den Monzoni-Stock sind schon eine Reihe trefflicher
Arbeiten veröffentlicht worden. Auch hat Dr. Doelter, welchem
die specielle Aufgabe gestellt worden war, die Eruptionsstellen des
Avisio-Gebietes zu studiren und zu kartiren, die Resultate seiner
Untersuchungen bereits in einigen Aufsätzen mitgetheilt. Wir werden
uns daher bei der Darstellung des Monzoni-Ganges kurz fassen, nur
das Wesentliche und zum Verständniss des Ganzen Unerlässliche
berühren und unsere Aufmerksamkeit vorzüglich den tektonischen
und historischen Beziehungen des Monzoni-Stockes zu dem von
demselben durchsetzten Gebirge zuwenden.
Das hohe Kalkgebirge, welches von der Forca Rossa bis
zum Monzoni-Thal reicht und in den prächtigen Felsgipfeln des
gletscherbedeckten Vemale, des Sasso di Valfredda, der Fu-
chiada u. s. f culminirt, ist, wie oben bereits erwähnt wurde, durch
die Erosionsrinne des Val di Franzedaz von der Gruppe des Sasso
Bianco und durch eine über den Ombretta-Pass laufende Ver-
werfung von der Marmolata getrennt. Die isopische Kalkmasse wird
nur an zwei Stellen von heteropischen Bildungen unterbrochen. Auf
der Nordseite sieht man nämlich dem weit nach Norden vor-
springenden Gesimse des unteren Dolomits (Mendola - Dolomit)
nächst Col Ombert einen Denudationsrelict einer wolgeschichteten,
gelb gefärbten Bildung auflagern, welcher seiner Lage nach wol
den vom Südabhange der Marmolata erwähnten Kieselkalken ent-
sprechen dürfte. Ich hatte leider keine Gelegenheit, dieses Vor-
kommen näher zu untersuchen. Die zweite heteropische Einschaltung
*) Bis hierher kenne ich blos das ThdI. Aber höchst wahrscheinlich macht
das untere Avisio- (oder Cembra-) Thal von dieser Regel keine Ausnahme.
368 I>er altvulcanische District von Fassa und Fleims.'
gehört dem Südgehänge des Gebirges an. Hier sind die Büchen-
steiner Schichten in ihrer normalen Ausbildung vorhanden. Man
kann das dunkle, dünngeschichtete Band, welches die schmale
untere Dolomitbank von der mächtigen oberen Kalkbildung trennt,
in der prachtvoll entblössten Steilwand leicht vom Le Selle-Pass
bis gegen den Sasso di Valfredda hin verfolgen. Auf der Nordseite
zwischen der Marmolata und dem Monzoni-Thal, sowie entlang der
ganzen Südseite bricht das Kalkgebirge mit steilen Denudations-
wänden ab. In geringer Entfernung vom Nordgehänge musste einst
die heteropische Grenze gegen die Laven-Bucht des oberen Fassa-
Thales verlaufen. Die heteropischen Einlagerungen auf der Südseite
des Marmolata-Stockes und auf dem Col Ombert machen es wahr-
scheinlich, dass sich einstens eine Abzweigung der heteropischen
Bucht zwischen den westlichen Arm des Marmolata-Riffes (Sotto
Vemel, C. di Calaz) und das Kalkgebirge der Fuchiada einschob.
Gegen Süden dehnte sich aber das Riff wol ununterbrochen
über das heute bis zum Quarzporphyr herab denudirte Bocche-
Gebirge bis zum Primiero Riff und bis zum Viezzena-Stocke aus.
Die ungewöhnlich hohe Lage der Basis des Fuchiada Kalk-
zuges auf der Südseite (Auflagerung des unteren Muschelkalks auf
den Werfener Schichten nächst dem Le Selle-Pass über der
2500 Meter Linie) ist der gewaltigen Aufwölbung des Quarzpor-
phyrs im Bocche-Gebirge zuzuschreiben, auf deren Nordschenkel
der Fuchiada- Zug und der Monzoni- Stock sich befinden. Sowie
sich gegen Osten die Quarzporphyr-Kuppel senkt, rückt in gleicher
Richtung auch die Auflagerung des unteren Muschelkalkes auf den
Werfener Schichten in tiefere Niveauflächen. Wegen der oben
(Seite 347) geschilderten grossen Verwerfungen am Südgehänge der
Forca-Rossa aber kann die Senkung der Kalkgebirgs-Unterlage
(Ueberlagerung der Werfener Schichten durch den unteren Muschel-
kalk an der Forca Rossa bei circa 2300 Meter) nicht der Senkung
der entblössten Porphyrfläche entsprechen. Das Einfallen ist selbst-
verständlich allenthalben gegen Norden gerichtet. Dieses Nord-
fallen hält im Osten bis an die Marmolata- Verwerfung an, weiter
westlich aber herrscht auf der Nordseite unseres Kalkgebirges
flaches Südfallen, so dass hier eine muldenförmige Lagerung
besteht.
Eine beträchtliche, ziemlich unvermittelte Senkung, welche
vielleicht auch von Verwerfungen auf der Nordseite begleitet ist,
erfährt das Kalkgebirge zwischen den Rissoni und dem Monzoni-
Thal. In Folge derselben reicht der Dolomit bis in die Sohle des
Monzoni-Thales herab.
Der altvulcanitche Distria von Foua und Fldtn*.
369
Bis zur Forca Rossa und zur Marmolata- Verwerfung hin ist
das ganze Gebirge von zahllosen Melaphyrgängen und Gangspalten
durchsetzt Am meisten häufen sich die Gänge in der Strecke
zwischen dem Monzoni und der Fuchiada, also in der unmittelbaren
Nachbarschaft des grossen Monzoni-Stockes, gegen Osten werden
sie allmählich seltener. In dem unteren Gebirgssockel spielen die
schwarzen Gangmassen keine so auffallende Rolle, als in dem
hohen nackten Kalkgebirge, in welchem der Farbencontrast zwischen
den hellweissen Kalken und Dolomiten und den schwarzen Melaphyr-
adem ein Bild von seltener Grossartigkeit schafft. Treffend verglich
V. Richthofen die Gänge mit schwarzen Fäden, welche wie ein
netzförmiges Gewebe das bleiche Kalkmassiv überziehen.
Zwei Gang-Richtungen sind zu unterscheiden. Die weitaus
vorherrschende Richtung ist die westöstliche. Da dieselbe nahezu
mit dem Streichen des Gebirges zusammenfallt und da femer die
Gät^e das Gebirge meist schräge mit siidUchem Einfallen durch-
setzen, so entsteht sehr häufig die unter der Bezeichnung , Lager-
gänge* bekannte Lagerungsform. Auf der Südseite des Gebirges
sieht man eine mächtige derartige Lagermasse aus der Gegend des
Le Sclle-Passes bis östlich von der Fuchiada fortsetzen. Die steilen
Nordwände des Gebildes, welche aus einiger Entfernung einer in
regelmässige Bänke getheüten Kalkbildung täuschend gleichen, sind
von zahlreichen schmalen, das Ansehen normaler Zwischenlagen
annehmenden Lagergängen durchzogen. Dies sind die schwarzen
Fäden v. Richthofen's. Vom Sasso di Dam oder noch besser von
dem niedrigen Joche zwischen dem Pozza- und dem Contrin-Thal
kann man in der vormittägigen Beleuchtung diese nicht gewöhn-
liche Erscheinung ausgezeichnet betrachten.
Di« HelBphyrglni« de« Fuctil«d«-Ocblixe«.
a = Qaanporphjr; i s CrMener Sandiieln; c = Bcireronhon-Schlchicn : d = Worfeoer
Schichlco; t s Unterer Muiehelkilk; / = Oberer MuicheJkilk; g = Buchensteiner Schichteo;
f' = BucbBnttemer Dolomit: * = Wengcner Dolomit and K*tk; -J = Augilporphyr ; fi = Meliphjt.
370
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Die vorstehende, etwas schematisirte Profilzeichnung geht von
der Vorstellung aus, dass die in den tieferen Einrissen der Süd-
hälfte des Gebirges vorkommenden Gänge mit steilerem Einfalls-
winkel die in die Tiefe eindringenden Fortsetzungen (die , Stiele*)
der Lagergänge des Nordabfalles repräsentiren.
Die zweite, viel seltenere Gangrichtung ist die nordsüdliche
mit steilem Ostfallen. Man beobachtet dieselbe hauptsächlich auf
der Südseite des Kalkgebirges zwischen dem Monzoni und der
Fuchiada.
Nach Doelter's Untersuchungen gehören die Ganggesteine
des Fuchiada-Zuges theils zu den augitarmen Melaphyren, theils zu
den Hornblende-Melaphyren. Die grösseren Gangmassen sind nicht
selten von Reibungs-Breccien begleitet. Stellenweise, wol in Folge
eingetretener Zersetzung, nehmen auch die Gang-Melaphyre das
Aussehen von Tuffen an.
Contactverändenmgen scheinen bei den Melaphyrgängen sehr
selten zu sein. Doelter erwähnt nur einen circa 6 Meter mächtigen
Gang zwischen dem Le Seile-See und dem Le Seile-Passe, welcher
von einem grünen Saume mit Contact-Mineralien (Scapolith, Pistacit,
Granat, Eisenglanz, Eisenkies, Kupferkies, Magneteisen) begleitet ist *).
Ausser den Gängen beobachtet man auch zahlreiche, den
Gängen parallele Spalten, welche vollkommen regelmässigen Schichten
gleichen. Das Lichtbild ,Der Ostrand des Kessels von Le Seile im
Monzoni-Gebirge* zeigt den Unterschied zwischen der wahren
Schichtung und diesen Spalten, welche wir im Gegensatze zu den
durch Eruptivmasse ausgefüllten Gängen ^^ Gangspalten* nennen
wollen. Die in den Felszacken rechts vom Le Selle-Pass sichtbaren,
ziemlich steil Nord, d. i. unter den Dolomit der Cima di Costabella,
einfallenden Buchensteiner Schichten geben uns Aufschluss über die
Fallrichtung des Gebirges. In der Ecke links von der Cima di
Costabella ist ein Theil einer Gangmasse sichtbar. Parallel diesem
Gange ist der Dolomit der Cima di Costabella zerspalten. Eine
parallele Gangspalte durchsetzt sodann die Buchensteiner Schichten
sammt dem unter diesen folgenden Dolomit des oberen Muschel-
kalks. Der im Hintergrunde rechts sichtbare Alochet-Rücken ist
durch eine Verwerfung geschieden und trägt auf seiner Höhe wieder
Buchensteiner Schichten, welche nach den Beobachtungen der Herren
Doelter und Hoernes von einem als Apophyse des unmittelbar
*) Der geologische Bau des Monzoni-Gebirges. Jahrb. d. Geol. R.-A. 1873,
pag. 239.
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Der alnnilcanische, District von Fassa und Fleicns. ^yx
angrenzenden Monzoni-Stockes zu betrachtenden Syenitgange durch-
brochen werden.
Die Betrachtung unserer Karte lehrt nun, dass die haupt-
sächlich aus Syenit bestehende Eruptivmasse des Monzoni *)
den soeben besprochenen Kalkzug der Fuchiada sammt seiner
Unterlage bis in den Quarzporphyr hinein abschneidet. Längs der
steilen Schlucht, welche vom Monzoni-Thal zum Seekessel von Le
Seile fuhrt, tritt der Syenit mit dem Wengener Dolomit des
Fuchiada-Zuges, welcher hier sich bis zum Monzoni-Thal herab-
senkt, in directe Berührung. Einige Syenit-Apophysen dringen in
den Dolomit. Südlich vom Alochet-Rücken zieht sich nach der
Aufnahme Doelter*s ein östlicher Ausläufer des Syenits in die
Werfener Schichten hinein. Die südliche Begrenzung des Monzoni-
Stockes bildet Quarzporphyr, und zwar, wie sich aus dem Zu-
sammenhange der Gebirgsmassen klar ergibt, der oberste Theil des
Quarzporphyr-Systems. Denken wir uns hier die durch die Erosion
des Pellegrin-Thales abgetragenen Sedimentschichten bis zur Höhe
der Monzoni-Spitzen (Riccoletta^ Mal Invemo) noch vorhanden, so
würde die den Quarzporphyr überlagernde Schichtenfolge bis zum
Wengener Dolomit hinauf mit dem Eruptivstock in Berührung
treten**). Im Westen bildet die tief eingesunkene, aus Wengener
Dolomit bestehende Scholle des Monte di Pesmeda die Begrenzung.
Am Nordfusse, nächst der Monzoni- Alpe, stehen Werfener Schichten
zu Tage.
Die zahlreichen grösseren und kleineren Kalkschollen, welche
in der Eruptivmasse des Monzoni gewissermassen schwimmen und
nur theilweise ihre ursprüngliche Beschaffenheit eingebüsst haben,
wurden von Doelter nicht näher unterschieden. Wir haben die
grösseren derselben, welche in der Karte angemeilct sind, mit der
Farbe des Wengener Dolomits bezeichnet, obwol zu vermuthen ist,
dass sich auch Fragmente tieferer Schichten (etwa Buchensteiner
und Werfener Schichten) bei sorgfaltiger Untersuchung werden
nachweisen lassen***).
*) Der Name Monzoni, welcher in der geologischen Literatur in Verknüpfung
mit diesem Eruptivstocke bereits Bürgerrecht erlangt hat, kommt eigentlich nur
dem nördlich gelegenen Alpenthale und einer Dolomitspitze in der Gruppe des
Sasso di Mezzogiorno zu.
**) Man vergleiche auch über die Entblössung des Monzoni-Stockes die
treffenden Bemerkungen in v. Richthofen: Predazzo u. s. w., Seite 253.
***) Vgl. Lemberg: lieber Gesteinsumbildungen bei Predazzo und am Mon-
zoni. Zeitschr. D. Geol. Ges. 1877, Seite 460 (Zwischen Toal del mason und Toal
dei Rizzoni), ferner Seite 462 (Palle rabiose).
24 ♦
372
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Was nun die Hauptmasse der Monzoni-Gesteine betrifft, so
hat man sich daran gewöhnt, dieselben unter dem Sammekiamen
,Monzonit* zusammenzufassen. Doelter unterscheidet zwei Haupt-
gruppen :
1. den Homblende-Monzonit (Syenit Diorit),
2. den Augit-Monzonit (Augitfels, Gabbro).
Ausser der Schwierigkeit, die vielfach in einander übergehenden
Gesteine in der Natur zu unterscheiden, war für die Wahl einer
besonderen Nomenclatur auch das ungewohnt jugendliche Alter der
Monzoni-Gesteine massgebend.
Nachdem sich jedoch die bis vor kurzer Zeit angestrebte
Altersgliederung der Eruptivgesteine durch zahlreiche Erfahrungen
als hinfällig erwiesen hat, liegt kein Grund mehr vor, in der
Classification und Nomenclatur der Eruptivgesteine das geologische
Alter als ein massgebendes Kriterium beizubehalten. Wie bei der
Bestimmung der sedimentären Gesteine lediglich der petrographische
Standpunkt massgebend ist, so darf uns auch nur dieser bei der
Eintheilung und Benennung der Eruptivgesteine leiten, soll nicht eine
ungerechtfertigte Ungleichmässigkeit in der Behandlung der beiden
Gesteins-Kategorien platzgreifen. Dem geologischen Bedürfniss wird
wie bei den Sedimentär-Gesteinen, durch ein chronologisches Be-
stimmungswort hinlänglich Rechnung getragen (z. B. norischer
Syenit, permischer Granit u. s. w.). — Die Schwierigkeit der geolo-
gischen Aufnahme wegen des häufig wechselnden petrographischen
Charakters kann selbstverständlich die Wahl einer besonderen
Bezeichnung ebensowenig rechtfertigen. In solchen Fällen, welche
nur die Unzulänglichkeit unserer Beobachtungen constatiren, werden
wir das herrschende Gestein allein berücksichtigen oder in dem
Farbenschema einen entsprechenden erklärenden Beisatz anbringen.
Was wäre z. B. für die Wissenschaft gewonnen, wenn wir für
das Gestein einiger unserer Riffe einen neuen Verlegenheitsnamen
aus dem Grunde vorschlagen würden, weil Dolomit und Kalk
nebeneinander vorkommen und wir (und zwar ebenfalls nur wegen
der Schwierigkeit der Untersuchung) nicht im Stande sind, dieselben
kartographisch zu trennen? —
Die Hauptmasse des Monzoni-Eruptivstockes *) bildet Syenit^
mit welchem auf unserer Karte nach Doelter's Aufnahme der sel-
tener auftretende Diorit zusammengefasst ist. Das Gestein schwankt
***) Obwol in genetischer Beziehung zwischen einem Stock und einem Haupt-
gange kein wesentlicher Unterschied besteht, ziehen wir die erstere Bezeichnung
fCtr die Eruptionscentra vor.
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^y^
•
stellenweise zwischen Diorit und Syenit. ^^Ob aber Diorit und Syenit
getrennte Massen bilden, oder ob sie gleichförmig gemengt erscheinen,
bleibt eine offene Frage, es lässt sich dies wol nicht ganz sicher
wegen der grossen Aehnlichkeit der beiden Gesteine unterscheiden;
jedoch erscheint es äusserst wahrscheinlich, es dürfte, wie dies die
wenigen im Kalk aufsteigenden Gänge nachweisen, die Hauptmasse
des Monzoni als aus verschiedenartigen kleinen Gängen zusammen-
gesetzt erscheinen. Jedenfalls ist der Monzoni nicht aus einem Gusse
hervorgegangen, sondern nach und nach gebildet worden* (Doelter).
Der Syenit wird zunächst von beiläufig Nord -Süd streichenden
Gängen von Augitfels (und Gabbro) durchsetzt, ist also im Allge-
meinen das ältere Gestein. Doch besteht nach Doelter kein durch-
greifender Altersunterschied zwischen beiden Gesteinstypen und
kommen Uebergänge zwischen den Amphibol- und Pyroxen-Ge-
steinen vor. Entschieden jünger ist sodann der Melaphyr (Hom-
blende-Melaphyr), welcher in seltenen schmalen, ebenfalls haupt-
sächlich Nord-Süd streichenden Gängen die älteren Gesteinsarten
durchsetzt. Als das jüngste Gestein endlich betrachtet Doelter
den gleichfalls nicht häufigen, in vorzüglich Ost- West streichenden
Gängen auftretenden Orthoklasporphyr.
Sowol an den Berührungsstellen des Eruptivstockes mit dem
durchbrochenen Kalkgebirge, als auch an den in der Eruptivmasse
eingeschlossenen Schollen des im Gefolge der Eruptionsthätigkeit
zerstückelten Gebirges finden sich zahlreiche Contacterscheinungen.
Die meisten Mineralien, welche vom Monzoni -Stocke stammen,
rühren aus diesen Contactzonen her, nur wenige finden sich auf
Spalten der Eruptivgesteine*). Unter den entblössten, der Beobach-
tung zugängUchen Contactveränderungen ist die Umwandlung der
lichten Triaskalke und Dolomite in kömigen, Brucit führenden
Marmor (Predazzit) am weitesten verbreitet. Die Breite dieser
Hauptcontactzone scheint beträchtlichen Schwankungen zu unter-
liegen. Nach Lemberg dürfte die grösste Breite 70 Meter (vom
Syenit an gerechnet) betragen. Stellenweise scheint die Einwirkung
ausserordentlich schwach gewesen zu sein. Ungleich interessanter
sind die Contacterscheinungen an den thonreicheren tieferen Schicht-
complexen (unterer Muschelkalk, Werfener Schichten). Das ver-
änderte Gestein besteht aus einem Wechsel von lebhaft gefärbten
Carbonaten und Silicaten. Die meist dunklen Carbonatlagen werden
zunächst von Serpentinzonen umsäumt, und diesen folgen sodann
Zonen augitischen Gesteins (Augitzonen Lemberg's). Ganz ähnlichen
*) lieber die Mineral-Fundstätten hat Doelter in seinen Arbeiten berichtet.
Der alivulcanische Dittrin von Fatu und Fleinu.
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Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^y^
Säumen grüner Gesteine begegnet man nach den sorgsamen Unter-
suchungen Lemberg*s am Contact des Brucit führenden Marmors
(Predazzit) mit dem Syenit. Die regelmässige Anordnung dieser
Säume, zusammengehalten mit der oft sehr scharfen Abgrenzung
derselben gegeneinander, widerspricht, wie Lemberg betont, der
Ansicht, wonach die Contactgebilde durch Zusammenschmelzen von
Syenit und Carbonaten entstanden wären. ,Nur Wasser, welches
aus dem Monzonit und dem Carbonat Stoffe aufnahm, vermochte
so regelmässige Mineralzonen abzusetzen; hohe Temperatur mochte
dabei im Spiel, ja sogar unerlässlich sein, was sich zur Zeit jedoch
mit Sicherheit nicht entscheiden lässt* *)
Bereits v. Richthofe n lenkte die Aufmerksamkeit auf die
merkwürdige Analogie zwischen diesen mineralreichen Contactzonen
und den sogenannten Silicatblöcken des Monte Somma am Vesuv,
Judd**), welcher eine Uebersicht der Monzoni-Mineralien gab, hob
nachdrücklich hervor, dass die Mehrzahl der Vesuv-Mineralien sich
am Monzoni wiederfindet^ und deutete an, dass die am Monzoni
fehlenden Mineralien durch Pseudomorphosen ersetzt sein mögen.
Während am Vesuv der Wasserdampf die losgerissenen Blöcke des
Apenninen-Kalks mit ihren Mineral-Einschlüssen an das Tageslicht
fördert und uns dadurch Nachricht bringt über die am Contacte
mit dem eruptiven Magma sich vollziehenden Gesteinsumwandlungen,
hat nach Judd's treffender Parallele am Monzoni die Denudation
die Geburtsstätte der unter ähnlichen Verhältnissen entstandenen
Mineralien blosgelegt ^In dem Herzen dieses alten, nun todten und
kalten Vulcans kann der Geologe die Producte der Vorgänge
Studiren, welche zweifellos tief unter unserer Oberfläche in den
heute thätigen Feuerschlünden wirksam sind.*
Zum Monzoni-Stocke im weiteren Sinne rechne ich noch die
Augitporphyrmasse, welche den im Westen das Syenit - Massiv
begrenzenden Dolomit des Monte di Pesmeda durchsetzt, das
Pellegrin-Thal verquert und am Nordfusse des Sora Crep wieder
abschneidet Man hat dieses Vorkommen wegen seiner häufig
breccienartigen Beschaffenheit zu den Tuffen stellen wollen, und
mag die weit vorgeschrittene Verwitterung des Gesteins zu dieser
unrichtigen Auffassung beigetragen haben. Die Lagerungsverhält-
nisse lassen, wie die Betrachtung der Karte lehrt, keinen Zweifel
an der intrusiven Natur der ziemlich ausgedehnten Masse, welche im
Monzoni-Stocke dieselbe Rolle spielt, wie die grossen Melaphyrmassen
*) Lemberg, Zeitschr. D. Geol. Ges. 1877, Seite 468.
♦♦) On Volcanos. Geol. Magazine, 1876, pag. 212.
376
Der «livulcinische Diitrici von Faiu und Fleimi.
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ALiKhet-RückcD
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
377
des Mulat und des Monte Feudale im Fleimser Eruptivstocke.
Aller Wahrscheinlichkeit nach erstreckte sich einst dieser grosse
Gang über die eigenthümlich convex gebogene und gegen Osten
geneigte Fläche des Monte di Pesmeda bis über die Punta di
Valaccia hinaus. Die obere, einem Lagergange zu vergleichende
Partie ist nun bis auf Reste der unteren Spaltfläche des Ganges
denudirt und nur der schräg in die Tiefe setzende Stiel ist noch
sichtbar.
Der noch von zahlreichen anderen, vorherrschend Nord-Süd
streichenden Melaphyrgängen *) durchsetzte Dolomit des Monte
di Pesmeda ist die Fortsetzung der Punta di Valaccia und des
Pcllegri
n-Thal
Ricoletta
Monzoni-
Alpe
Pozza Thal bei der
Capeila del Crociüsso
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Quer-Durchachnitt durch den Bruptivatock dea Monaoni.
a = Qaarzporphyr ; h = Werfener Schichten; c = Unterer Muachelkalk; d zz Oberer Muschel-
kalk; e = Buchensieiner Schichten; / = Wengener Dolomit; a = Syenit und Dioni; j3 = Augit-
tels und Gabbro; 7 = Melaphyr; 8 = Onhoklasporphyr.
Sasso di Mezzogiorno. Während nun, wie aus dem Profil zu ent-
nehmen ist, der nördliche Theil dieser Gruppe zwischen der Mon-
zoni-Alpe und dem Pozza-Thal sich zum Quarzporphyr des Pelle-
grin-Thales wie dessen normales, blos durch den Monzoni-Stock
unterbrochenes Hangendes darstellt, ist im Westen der Eruptivmasse
das Gebirge (Monte di Pesmeda) tief eingesunken. Am Ausgange
des Pellegrin-Thales sieht man deutlich, wie der bis in die Thal-
sohle herabreichende, von östlich einfallenden Gangspalten durch-
setzte Dolomit des Monte di Pesmeda im Westen an den hoch an
ihm hinanreichenden Werfener Schichten (vgl. das Profil Seite 376)
abstösst Es ist eine Wiederholung des oben constatirten Absinkens
des Fuchiada- Kalkzuges zwischen Le Seile und dem Monzoni-
Thal. Obwol es im Allgemeinen ausserordentlich schwierig ist,
die Zeit des Eintrittes tektonischer Störungen genauer zu bestim-
men, so möchte ich doch wegen des ganz eigenthümlichen
*) Nach Do elter findet sich am Kamme westlich vom Mal Inverno im
Dolomit auch ein Syenitgang.
378 ^er altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Charakters dieser an der Peripherie der Eruptionsstelle sich wieder-
holenden Einsenkungen die Vermuthung wagen, dass dieselben in
naher zeitlicher Beziehung zu den Eruptionen stehen. Solche
plötzliche, nur auf kurze Strecken anhaltende und in der Streichungs-
richtung des Gebirges erfolgende Absenkungen sind dem in unserem
Gebiete herrschenden Dislocations-System vollständig fremd. Man
erhält den Eindruck, als ob an der Peripherie der Eruptionsstelle
Theile des durchsetzten Gebirges in entstandene Hohlräume hinab-
getaucht worden wären.
Im Uebrigen stellt sich die Gruppe des Sasso di Mezzogiomo
als die östliche, durch die Erosionsrinne des Fassa-Thales isolirte
Fortsetzung des Rosengarten - Gebirges dar. Die Buchensteiner
Schichten sind, wie am Ostrande des Rosengartens, durch die
normale heteropische Schichtenreihe vertreten.
Der zwischen dem Monzoni- und dem Pozza-Thal sich er-
hebende Col dal Lares (vgl. das Profil auf Seite 369), welcher durch
eine Verwerfung von der Südabdachung des Buffaure getrennt ist,
stellt mit seinen Nord fallenden Schichten die Verbindung mit dem
Sasso di Rocca her. Er ist von Melaphyrmassen durchbrochen,
doch ist es fraglich, ob die Darstellung unserer Karte, welche hier
nur intrusives Eruptivgestein verzeichnet, der Wirklichkeit voll-
kommen entspricht Ein aliquoter Theil gehört vielleicht zu den
Augitporphyrlaven.
5. Der Fleimser Eruptivstock mit dem umgebenden Kalkgebirge.
Südwestlich vom Monzoni befindet sich die grosse Eruptiv-
masse von Fleims, welche durch die Erosionsthäler des Avisio und
des Travignolo in drei Theile zerschnitten ist. Wir verdanken diesem
glücklichen Umstände eine genaue Einsicht in die inneren Verhält-
nisse eines alten Vulcanschlotes, wie eine solche in gleicher Ueber-
sichtlichkeit und Vollständigkeit kaum irgendwo wieder vorhanden ist
Am Monzoni fehlen, wie es scheint, die höheren Partien vollständig
und reichen die Aufschlüsse nicht so tief in das Innere der Masse,
Der Rand des alten Schlotes ist in Fleims noch auf weite Strecken
vollständig erhalten und grosse deckenartig ausgebreitete Melaphyr-
massen nehmen vorhen'schend die höheren Theile des unten kessei-
förmig sich verengenden Schlotes ein. Tiefer folgt dann der Syenit,
aus welchem, wie aus einer oben geöffneten Kapsel, der berühmte
Turmalingranit von Predazzo hervortritt. Der granitische Kern
bildet den tiefsten entblössten Theil.
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
379
Diese interessante Gegend verdiente eine eingehende mono-
graphische Behandlung. Wir können hier nur die Grundlinien der
tektonischen Verhältnisse andeuten. — Die Ausscheidung und Be-
grenzung der eruptiven Gesteinsarten in unserer Karte ist die
Frucht der mehrjährigen mühevollen Untersuchungen Dr. Doelter's.
Die hier in Betracht kommenden Sedimentbildungen schliessen
sich im Wesentlichen der Ausbildung der benachbarten Districte
an. Die Hauptmasse der bald mehr, bald weniger dolomitischen
weissen Kalke des Latemar- Gebirges, des Dosso Capello, des
Viezzena gehört, wie die Denudationsreste von Augitporphyrlaven
auf dem Monte Agnello und auf dem Viezzena beweisen, den
Wengener Schichten oder der Zeit der Augitpophyrlaven der
Fassa-Grödener Tafelmasse an. An die Stelle der ungeschichteten
Dolomit- und Kalkmassen treten aber hier, insbesondere im Latemar-
Gebirge, wolgeschichtete Ablagerungen, welche, wie aus dem Ver-
laufe der heteropischen Grenzen im Norden und Osten hervorgeht,
im Inneren der alten Riffe gebildet wurden. Etwas weniger ent-
schieden, aber immerhin noch deutlich, sind die Schichtenlinien in
dem Stocke des Dosso Capello und im Viezzena-Gebirge. Einer
grösseren schichtungslosen Masse begegnen wir blos in der abge-
sunkenen Scholle des Soracrep.
Schon V. Richthofen erwähnte den grossen Fossilreichthum
des stellenweise zahlreiche Diploporen führenden Kalkes im Latemar-
Gebirge. In neuerer Zeit traten zu diesem Fundorte noch die Wengener
Kalke bei Fomo, wo Doelter Blöcke mit zahlreichen wolerhaltenen
Ammonitiden fand, und der Wengener Kalk des Dosso Capello bei
Predazzo, wo Dr. Reyer in geringer Entfernung vom Gipfel, un-
weit der Contactstelle mit der Eruptivmasse, eine fossilreiche Lage
entdeckte. Die bis heute vorliegenden Ammonitiden dieser drei
Fundstellen weisen ebenso wie die Ammonitiden des Marmolata-
Kalkes auf ein relativ tiefes Niveau der norischen Stufe hin. Die
häufigste Art von Fomo, Trachyceras Avisianum Mojs., ist mir auch
aus den norischen Tuffmergeln von Kaltwasser bei Raibl bekannt.
Die übrigen Formen, welche den Gattungen Arcestes, Pinacoceras,
Ptyckites, Megaphyllites, Trachyceras angehören, sind anderwärts bis
jetzt noch nicht gefunden worden. Bei Fomo und im Latemar-
Gebirge kommen mit den Ammonitiden auch ziemlich häufig
Gasteropoden vor. Auf dem Dosso Capello walten, wie es scheint,
Brachiopoden und Pelecypoden vor. Unter letzteren ist eine Daonella
bemerkenswerth, wahrscheinlich D, Lommeli, soviel sich aus dem
einzigen mir zu Gebote stehenden Bruchstück schliessen lässt.
Erwähnung verdient noch, dass die Fossilien von Fomo in dicken
1
jSo ^cr altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Sinterkrusten stecken, aus denen sich dieselben in der Regel leicht
loslösen lassen.
Die Buchensteiner Schichten sind in der Regel durch die
normale, heteropische Ausbildung (Bänder- und Knollenkalke) ver-
treten; nur in dem Gebirgsstocke des Dosso Capello, in welchem
die Mächtigkeit der normalen Buchensteiner Schichten abnimmt,
dürfte ein Theil des folgenden Dolomits noch den Buchensteiner
Schichten beizurechnen sein.
Um zu einer klaren Vorstellung der tektonischen Verhältnisse
zu gelangen, müssen wir zunächst den tektonischen Zusammenhang
der drei Kalkgebirgs-Gruppen des Viezzena, des Dosso Capello imd
des Latemar mit den angrenzenden Regionen untersuchen. Was
nun zunächst die Gipfelmasse des Viezzena betrifft, so überzeugt
uns ein Blick auf die Karte von der vollkommen regelmässigen
Auflagerung derselben auf dem Quarzporphyr-Gebirge. Ruhig, mit
wenig gegen Westen geneigten Schichten erhebt sich über dem
Plateau von Bellamonte die Hauptmasse des Gebirges. Nur gegen
Osten hin, wo der westliche Gewölbschenkel des Quarzporphyr-
Aufbruches der Bocche unter den Viezzena hinabtaucht, stellen
sich die tieferen Schichtcomplexe etwas steiler auf. Das Viezzena-
Gebirge entspricht sonach vollkommen dem auf dem Nordschenkel
des Bocche-Aufbruches liegenden Fuchiada-Kalkzuge. Nur das tiefe
Erosionsthal von S. Pellegrino und der Durchbruch der eruptiven
Massen des Monzoni unterbrechen den Zusammenhang dieser beiden
Gebirgstheile. Eine irgendwie nennenswerthe tektonische Störung
liegt nicht zwischen ihnen. Dieselbe Porphyrplatte, welche bei
Bellamonte die Unterlage des Viezzena bildet, träg^ weiter westlich
die durch den Durchbruch des Fleimser Eruptivstockes und die
Erosionsrinne des Avisio vom Viezzena geschiedene Gebirgsmasse
des Dosso Capello. Die Schichten derselben neigen sanft gegen
Osten, so dass unter der Voraussetzung eines ununterbrochenen
Zusammenhanges des Dosso Capello und des Viezzena eine flache
synclinale Mulde resultiren würde. Die kleine, vorzüglich aus
Werfener Schichten bestehende Gebirgsmasse der Malgola, welche
sich thatsächlich zwischen die beiden genannten Gebirge ein-
schiebt, tektonisch aber von denselben geschieden ist, kann als
eine am Rande des Eruptivschlotes eingesunkene Scholle betrachtet
werden.
Den beiden, tektonisch als zusammengehörig sich erweisenden
Massen des Viezzena und des Dosso Capello steht im Norden die
Gebirgsmasse des Latemar gegenüber, deren tektonische Grenzen
zwischen Fomo und dem Ausgange des Pellegrin-Thales auf das
Der altvulcinische District von Fassa und Fldm«.
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j82 ^cr altvulcanische District von Fassa und Fleims.
linke Ufer des Avisio herübergreifen. Die bedeutungsvolle Störungs-
linie, welche die Südgrenze des Latemar-Gebirges bildet, wollen
wir erst nach der Darlegung der tektonischen Beziehungen dieses
Gebirgsstockes zu den nördlichen und westlichen Gebieten be-
sprechen.
Wenn man von einem nördlicher gelegenen Punkte des Quarz-
porphyr-Plateau's aus das Rosengarten- und Latemar-Gebirge be-
trachtet, so bemerkt man, dass die Basis der prachtvollen Dolomit-
wände des Latemar bedeutend tiefer als die Basis der Dolomit-
zacken des Rosengarten lieg^ Dieser Eindruck verschärft sich, je
mehr man sich dem Caressa-Passe, welcher bekanntlich diese beiden
Gebirgsgruppen trennt, nähert Während die Wengener Dolomite
des Rosengarten erst in bedeutender Höhe über einem weithin
sichtbaren Sockel der tieferen Schichtengruppen beginnen, scheinen
die Wengener Dolomite des Latemar sich unmittelbar über dem
Quarzporphyr zu erheben, als ob die ganze mächtige Reihe der
zwischenliegenden Schichten versenkt wäre. Erschweren nun auch
die mächtigen, von wiederholten Bergstürzen herrührenden Trümmer-
massen am Nordfusse des Latemar die Beobachtung des anstehen-
den Gebirges, so reichen die vorhandenen Aufschlüsse doch hin,
um zu erkennen, dass die tieferen Schichten vorhanden sind, aber
sich ziemlich rasch und steil gegen den Latemar zu in die Tiefe
ziehen. Dieses steile Absinken, welches im kleinen Massstabe die
Erscheinung des grossen Schichtenfalles zwischen dem Rosengarten-
und Schlem-Gebirge wiederholt, hält aber nur bis zum Fusse der
Steilwand an, deren deutliche Schichtenlinien sich sanft gegen Süd-
westen in die Höhe ziehen. Weiter gegen Westen, gegen Ober-
Eggenthal zu, wird das Einfallen der vorderen Zone der tieferen
Schichten immer sanfter und in Folge dessen nimmt die Breite der
hier verlaufenden synclinalen Mulde etwas zu. Im Westen sieht man
sodann die ganze Reihe der Sockel-Schichten vom Rubelberge auf
die Reiterjoch-Alpe hinaufziehen, wo der Grödener Sandstein und
die Bellerophon-Schichten an der östlichen Fortsetzung der das
Schwarzhom vom Joch Grimm scheidenden Verwerfung (vgl. Seite 135)
abschneiden. Auf der Südseite des Reiterjoches erfolgt die Ueber-
lagerung der Werfener Schicl>ten durch den unteren Muschelkalk
in der 2300 Meter Curve, und ist dies die bedeutendste Höhe,
welche im Umkreise des Latemar-Gebirges von dessen Sockelmassen
erreicht wird. Wie nun das Latemar-Gebirge seiner Lage nach dem
Joch Grimm mit dem Weissenstein-Aldeiner Plateau entspricht, so
neigt sich auch das Latemar-Gebirge der in einem früheren Capitel
erwähnten trogförmigen Synclinale zu, welche von Ober-Eggenthal
Der altvulcanische District von Fassa und Fleicns. 383
über Deutschenofen verläuft (vgl. Seite 133). Dem Nordschenkel
dieser Synclinale entspricht das Südfallen der tieferen Schichten am
Nordrande des Latemar-Gebirges, und so können wir nunmehr die
aus orographischen Elementen erschlossene Einbiegung der Quarz-
porphyr-Tafel bis zum Caressa-Passe verfolgen.
Die Ost-Abdachung des Latemar-Gebirges verhält sich wesent-
lich anders. Die ganze Schichtenreihe vom Quarzporphyr bis zum
Wengener Dolomite senkt sich rasch dem Streichen nach in die
Tiefe und wird zwischen Soraga und Fomo vom Avisio durch-
schnitten. Es vollzieht sich dieses plötzliche Abfallen auf der Seite
von Val Costalunga, wie es scheint, ohne das Dazwischentreten
einer bemerkenswerthen Störung in ganz regelmässiger Weise. Auf
der Südwestseite jedoch erscheinen über den von Melaphyr und
Augitporphyr durchbrochenen Wengener Dolomiten, in welchen das
untere Valsorda verläuft, oberhalb der Malga di Valsörda Werfener
Schichten in ruhiger Lagerung als Basis des Latemar-Gebirges im
engeren Sinne. Hier ist sonach ein Riss vorhanden, auf dessen Südseite
das Gebirge eingesunken ist. Die Schichten des zum Avisio hinab-
tauchenden Latemar-Flügels setzen, Süd fallend, am linken Avisio-Ufer
regelmässig fort. Die Wengener Dolomite, welche das untere Valbona
begfrenzen und die Masse des Soracrep bilden, stehen in ununter-
brochenem tektonischem Zusammenhange mit dem Ostflügel des
Latemar-Gebirges und gehören nicht, wie es nach den orographi-
schen Verhältnissen der Fall ist, zum Viezzena-Gebirge.
Eine bedeutende Verwerfung, deren Verlängerung mit der
Westgrenze des Monzoni-Stockes zusammenfällt, trennt die Masse
des Soracrep von dem Viezzena-Gebirge. Auf der Ostseite des
Soracrep ist der Zusammenstoss der tieferen Schichtsysteme der
Viezzena-Masse mit dem Wengener Dolomit des Soracrep deutlich
zu sehen, und selbst auf der Nordwestseite des Viezzena, wo sich
die Wengener Dolomite der beiden Gebirgsmassen berühren, fallt
es nicht schwer, das Durchsetzen der Verwerfungsspalte zu con-
statiren, da die oberen, in der Tiefe liegenden Massen des Wengener
Dolomits der Soracrep-Scholle ungeschichtet sind, während die
höher ansteigenden Wengener Dolomite des Viezzena eine aus-
gezeichnete Schichtung erkennen lassen.
Nachdem wir gezeigt haben, dass die Gebirgsmasse desDosso
Capello tektonisch mit der Gebirgsmasse des Viezzena innig ver-
bunden ist, müssen wir die Verwerfung, welche die Nordwest- und
Nordseite der Dosso Capello-Masse begleitet und dieselbe von* der
Gebirgsmasse des Latemar trennt, als die Fortsetzung der Ver-
werfungsspalte zwischen dem Viezzena und dem Soracrep betrachten.
384 ^^^ altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Die Verhältnisse im Grossen sind in beiden Fällen die gleichen,
aber die Rollen in Beziehung zur Verwerfung sind vertauscht In
dem eben betrachteten Falle liegt der verworfene Theil im Norden,
während hier das Gegentheil stattfindet Das Satteljoch (Kripp),
dessen tiefster Punkt 2137 Meter hoch ist, liegt in Werfener
Schichten, welche der Masse des Latemar-Gebirges angehören.
Ueber ihnen folg^ am Südfusse des Reiterjoches der untere Muschel-
kalk in einer Höhe (2300 Meter), welche vom höchsten Punkte der
Gebirgsmasse des Dosso Capello, dem Monte Agnello (2319 Meter),
kaum überschritten wird. Die Gipfelmasse des .Monte Agnello bildet
aber ein nahezu söhlig lagerndes System wolgeschichteter Augit-
porphyrlaven, welche die mächtige Platte des Wengener Dolomits
des Dosso Capello-Massivs zur Unterlage hat Der Betrag der süd-
lichen Versenkung ist daher sehr bedeutend. Man kann dafür
4 — 500 Meter annehmen. An der Verwerfungsspalte selbst sind im
Süden des Satteljoches zwischen den Werfener Schichten und dem
Wengener Dolomite Buchensteiner Bänderkalke, welche steiles Süd-
fallen zeigen, in Folge von Schleppung der Schichten eingepresst.
Die Verbindungslinie zwischen den sichtbaren Bruchstellen am
Satteljoche und am Viezzena verquert den Fleimser Eruptivstock
und muss deshalb die Scholle von Werfener Schichten bei Vardabe,
sowie die viel kleinere aus Muschelkalk und Buchensteiner Schichten
bestehende Scholle bei Mezzavalle wol dem im Süden der Ver-
werfungsspalte liegenden Gebirge zugezählt werden. Man sollte nun
erwarten, dass eine so bedeutende Verwerfung sich auch im Eruptiv-
stocke durch eine scharfe lineare Gesteinsgrenze bemerkbar machen
sollte. Dem ist aber nicht so. Ebenso wenig lässt die Augitporphyr-
masse des Pesmeda-Thales, welche über das Pellegrin-Thal auf die
linke Thalseite herübergreift, eine Einwirkung der Verwerfungsspalte
erkennen, trotzdem sie von derselben mitten durchschnitten wird.
Die Fleimser Eruptivmasse ist nur durch die schmale zur
Verwerfungsspalte hinneigende Kalkscholle des Soracrep, der Fort-
setzung des Monte di Pesmeda, vom Eruptivstocke des Monzoni
getrennt. Dies, sowie die gleichartige Zusammensetzung und die
vollständige Uebereinstimmung des Alters der beiden Eruptivmassen
gestatten die Annahme, dass die nahe benachbarten Eruptionsstellen
innig zusammenhängen und auf einer und derselben Spalte liegen.
Da nun die geschilderte Verwerfungsspalte zwischen dem Monzoni-
Thal und dem Satteljoch das von den Eruptivmassen injicirte
Gebirge durchschneidet, die injicirenden Gesteinsarten aber, allem
Anscheine nach, überspringt, so möchte man schliessen, dass die-
selbe der Zeit ihrer Entstehung nach dem Austritte der eruptiven
Der altvulcanische Districc von Kmm und Fleims. agc
Massen voranging. Im ganzen Umkreise des Monzoni und des
Fleimser Eruptivstockes existirt keine andere Spalte, welcher irgend
welche Beziehungen zu den Eruptionen zugeschrieben werden könnten.
Wir betrachten demnach diese Spalte als die Vorläuferin der vul-
canischen Erscheinungen und nennen sie die , Fleimser Eruptions-
spalte'.
Gegen Westen setzt die Fleimser Eruptionsspalte bis an die
Grenze unserer Karte fort, Ihr Verlauf ist an dem plötzlichen Ab-
schneiden der an ihrem Südrande dem Quarzporphyr aufgesetzten
jüngeren Schichtreihen leicht zu erkennen. Bei Aguai, in einer
Gegend, welche ausserhalb des Verbreitungsbezirkes der Melaphyr-
gänge liegt, finden sich an ihr oder wenigstens in ihrer nächsten
Nähe Melaphyrgänge. Westlich vom Riv. di Predaja, durch welchen
die Strasse auf den Pass von San Lugano fuhrt, trennt unsere
Spalte das Porphyr-Plateau von Altrey (Fraul, Monte Gua) vom
nördlichen höher ansteigenden Porphyrgebirge des Monte Como u. s. w.
In nordöstlicher Richtung über das Monzoni-Thal hinaus ist
eine Fortsetzung der Eruptionsspalte nicht erkennbar. Doch dürfte
die grosse Verwerfung, welche den Marmolata-Stock vom Fuchiada-
Vemale-Massiv trennt, derselben Bildungszeit angehören, da auf
derselben der grosse, bereits ausser der Peripherie der Gang-
Region liegende Melaphyrgang von Ombretta emporgestiegen zu
sein scheint
Als einen am Satteljoch abzweigenden Seitenast der Fleimser
Eruptionsspalte dürfen wir vielleicht auch die über die Grimm-Alpe
und durch das Trudenthal verlaufende Verwerfung betrachten, an
welcher auf dem Cislon und nach Prof. Gredler's Mittheilung
zwischen Gschnon und Gfrill Melaphyrgänge in grosser Entfernur^
vom Fleimser Eruptivbezirk aufsteigen. Die Bifurcation (und selbst
die fächerförmige Zersplitterung) der grossen tektonischen Störungs-
linien ist im Bereiche unseres Kartengebietes eine regelmässig und
häufig wiederkehrende Erscheinung, auf welche wir im letzten Theile
dieses Buches noch zurückkommen werden.
Die längere Achse des Fleimser Eruptivstockes ist von Süden
nach Norden gerichtet. Dieselbe steht daher, sowie die Längen-
achse des Monzoni-Stockes, mehr weniger senkrecht zur Eruptions-
spalte.
Die innerste entblösste Kemmasse des Fleimser Eruptivstockes
ist, wie oben erwähnt wurde, der Turmalin führende Granit von
Predazzo, welcher einen einzigen, am Fusse des Monte Mulat aus
dem unteren Travignolo-Thale in das Avisio-Thal streic'"""'''"" ""''
mit seinem nördlichen Ende noch auf das rechte
Jiloiiiioirici, DolOmilriOc.
Der flttvulcanische District von Tana und Fleims.
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Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. 287
hinüberreichenden Gang bildet. Nach Doelter's Mittheilungen ent-
hält dieses Gestein neben den Flüssigkeitseinschlüssen auch stellen-
weise Glaseinschlüsse, so dass es fraglich sei, ob die Bezeichnung
, Granit* nicht passender durch die Bezeichnung , Porphyr* ersetzt
werden sollte. Wenn man die verhältnissmässig hohe Lage des
Granits von Predazzo, in geringem verticalem Abstände vom
obersten Rande des durchbrochenen Gebirges (circa 1000 Meter)
berücksichtigt, so erscheint diese Beobachtung im hohen Grade
interessant. Im Einklänge mit Reyer's Theorie dürfte man schliessen,
dass in grösseren Tiefen echter, glasfreier Granit folgt. Ob man
aber das Ge.stein von Predazzo Granit oder Porphyr nennt oder
dafür vielleicht einen neuen, seine intermediäre Stellung bezeichnen-
den Namen bildet, ändert an der wichtigen Thatsache nichts, dass
ein vollkrystallinisches, dem Granite sehr nahestehendes Gestein die
Kemmasse des Fleimser Eruptivstockes bildet.
Man nimmt gewöhnlich an, dass der Predazzo- Granit jünger
als der denselben umgebende Syenit sei, da der Granit nirgends
von Syenitgängen durchsetzt werde. Ich möchte, ohne die Richtig-
keit dieser Folgerung zu bestreiten, kein zu grosses Gewicht auf
die relative Altersbestimmung der Gesteine im Innern eines alten
Eruptivschlotes legen. Chronologisch besteht zwischen allen Eruptiv-
gesteinen des Fleimser Eruptivstockes kein wesentlicher Unter-
schied. Wer vermag heute zu sagen ^ ob die syenitischen und
granitischen Schlieren, welche die tieferen entblössten Theile des
alten Schlotes erfüllen, vor, während oder nach den Hauptergüssen
der Melaphyre emporgedrungen sind.^
Der in der Karte mit dem Diorit zusammengefasste Syenit
umgibt zum grössten Theile den Granit mantelförmig und nimmt
in der Südhälfte des Fleimser Eruptivstockes die tieferen Lagen
bis zum Rande des durchbrochenen Sedimentgebirges ein. Von den
Syeniten und Dioriten des Monzoni unterscheiden sich die gleich-
namigen Gesteine des Fleimser Stockes nach Doelter und Hansel
durch vorherrschenden Biotitgehalt. Doelter, welcher, wie bekannt,
nicht nur die Syenite und Diorite, sondern auch die Pyroxengesteine
unter dem Sammelnamen Monzonit zusammenfasst, hat im Fleimser
Eruptivstock die kartographische Trennung der Amphibol- und der
Pyroxengesteine, welche er im Monzoni-Stocke durchgeführt hatte,
unterlassen, da die Pyroxengesteine in Fleims nur in sehr unter-
geordneten Massen auftreten. Das einzige bedeutendere Vorkommen
von Augitfels, welches sonach in der Karte in die Farbe des
Syenits einbezogen ist, findet sich nach Doelter südöstlich vom
Satteljoche.
25 *
ßgg Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
Wie im Monzoni-Stocke, dringt auch hier der Syenit nur selten
gangförmig in das angrenzende Sedimentgebirge ein. B. v. Cotta*)
beobachtete indessen an der Contactfläche des Dosso Capello-Ge-
hänges an mehreren Stellen, sowol in den tieferen Schichten, als
auch in den oberen hellen Kalken, gangförmige Verzweigungen
und Ausläufer des Syenits, und Lemberg beschrieb einen un-
zweifelhaften, den lichten Kalk durchsetzenden Syenitgang aus der-
selben Gegend.
Die höheren Partien im Süden und den ganzen Norden
nehmen die Melaphyre und Augitporphyre ein, welche auch in
unzähligen Gängen sowol in den tieferen Massengesteinen, als auch
in dem benachbarten Sedimentgebirge auftreten.
Der Orthoklasporphyr tritt hier, wie im Monzoni, nur in unter-
geordneten kleinen Gängen auf. In das benachbarte Sedimentgebirge
dringt er nur selten ein.
Die Contactflächen zwischen dem Eruptivstocke und dem
Sedimentgebirge convergiren in der Regel gegen das Innere des
Eruptions-Centrums. Den schönsten Aufschluss in dieser Beziehung
bildet das Gehänge des Dosso Capello bei Predazzo (vgl. das
Lichtbild ,Canzacoli bei Predazzo, von der Malgola*). Die durch die
abweichende Färbung der Gesteine leicht kennbare Gesteinsgrenze
zieht sich von unten gegen oben schräg gegen den Gipfel des
Berges zurück. Die Schichten des Sedimentgebirges, welche sich
nur wenig gegen die Eruptionsstelle zu neigen, schneiden an dieser
schrägen Contactfläche scharf ab. Die Eruptivmassen nehmen daher
gegen oben an Flächenausdehnung zu. Die älteren Geologen sahen
in dieser Erscheinung ,die Ueberlagerung des Kalkes durch Granit*.
Aus dieser Erweiterung des alten kesseiförmigen Schlotes
gegen oben erklärt sich die scheinbar stromartige Ueberlagerung
der tieferen Massen durch die Melaphyre und Augitporphyre. Die
Melaphyrmassen des Mulat, des Feudale u. s. f sind unzweifelhafte
Gangmassen, aber sie sind schräge aufgestiegen, so etwa wie die
, Lagergänge* des Fuchiada-Zuges (vgl. Seite 369), und haben sich
im Inneren des sich gegen oben erweiternden Schlotes aus-
gebreitet. Von , Strömen* darf man hier nicht sprechen, wenn man
nicht dieser Bezeichnung ihre tektonische Bedeutung nehmen will.
Eine wirkliche stromfönnige, dem normalen Schichtenverbande
conforme Lagerung dagegen zeigen die Augitporphyrmassen auf
dem Gipfel des Monte Agnello und des Comon. Ich habe diese
*) Alter der granitischen Gesteine von Predazzo u. s. w. N. Jahrb. v. Leon-
hard und Geinitz, i863, Taf. I.
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Der altvulcanische District von Fassa und Fleims. ^80
wolgeschichteten, dem Dolomitmassiv des Dosso Capello normal
aufgesetzten Massen daher consequent als , Laven* ausgeschieden.
Eckige Einschlüsse von Kalksteinen u. s. f. könnten vielleicht als
Auswürflinge aufgefasst werden. Auf alle Fälle hat man es hier
mit aus dem Bereiche der Eruptionsstelle ausgetretenen und
schichtenfbrmig ausgebreiteten Ergüssen zu thun, wenn man will,
mit den Denudationsrelicten des alten Kraterwalles. Nach Doelter's
Mittheilungen kommen ganz übereinstimmende Tuffbreccien auf
dem Kamme des Viezzena vor.
Der grossen Anzahl von Melaphyr- und Augitporphyrgängen
in den Umgebungen der Fleimser Eruptivstelle ist schon oben
gedacht worden*). Hier wollen wir nur nachtragen, das die Mehr-
zahl der Gänge im Bereiche des Fleimser Eruptivstockes ein
meridionales, d. h. ebenso wie der Eruptivstock selbst, auf die
Eruptionsspalte senkrechtes Streichen zeigt. Die wenigen ostwestlich
verlaufenden Gänge könnte man als zum Gangsystem des Monzoni
gehörig betrachten. Bei letzterem überwiegt, wie oben gezeigt
worden ist, die ostwestliche Richtung, und können umgekehrt die
weniger häufigen meridionalen Gänge dem Gangsystem des Fleimser
Eruptivstockes zugerechnet werden. — Man wollte eine Conver-
genz der Gangrichtungen im Fleimser Stock erkannt haben und
hat darauf eine Parallele mit tertiären und recenten Vulcan6n
gegründet. Aber abgesehen davon, dass erstere nur mit Anwendung
einer gewaltsamen Interpretation angenommen werden könnte, hat
man bei diesem Vergleiche ganz übersehen, dass das Vergleichs-
object, der Vulcankegel, hier längst nicht mehr vorhanden ist, wenn
ein solcher bei unseren submarinen Vulcanen überhaupt je in
einiger Bedeutung bestand.
Ucber die, namentlich am Contacte des Syenits auftretenden
Contactveränderungen bei Predazzo ist insbesondere auf die Arbeiten
Lemberg's zu verweisen. Die berühmteste Contactstelle befindet
sich nächst Canzacoli auf dem Gehänge des Dosso Capello (vgl.
unser Lichtbild). Die an der Basis des schönen Aufschlusses an-
stehenden, wolgeschichteten Bänke gehören zweifelsohne den obersten
Werfener Schichten und dem unteren Muschelkalk an, wie bereits
V. Richthofen, v. Cotta, Gümbel u. A. richtig erkannt hatten.
Diese Schichten sind theils in mit Carbonaten vermengte Silikate,
theils in continuirliche Silikatbänke umgewandelt. Erstere sind reich
*) Unser Lichtbild „Das Latemar-Gebirge, vom Monte Mulat bei Predazzo"
zeigt die ausgezeichneten, fast senkrecht durch wolgeschichteten, nahezu söhligen
Kaik aufsteigenden Gänge und Gangspalten.
^QO Her altvulcanische District von Fassa und Fleims.
an Magnesia und fuhren Serpentin, Olivin und Spinell. Letztere sind
theils Serpentin, theils wasserfreie Verbindungen, reich an Kalk und
Magnesia. Die höheren, zu Brucit führenden Marmor umgewandelten
Massen entsprechen dem oberen Muschelkalk und dem Dolomit der
Buchensteincr Schichten. Vielleicht*) reichen dieselben auch in das
Niveau der Wengener Schichten hinauf. An der Grenze zwischen
dem Syenit und den Carbonaten findet sich nach Lemberg eine
lo Cm. bis 3 M. mächtige Contactzone, welche wesentlich von
basischen kalkreichen Mineralien (Vesuvian, Granat, Gehlenit) ge-
bildet wird **).
Sehr eingreifenden Veränderungen im Contacte mit dem
Syenit unterlagen auch die Werfener Schichten der Malgola, welche,
wie oben bereits betont wurde, einer kleinen, gegen die Eruptions-
stelle abgesunkenen Scholle angehören. Merkwürdig ist, dass der
die Werfener Schichten überlagernde, zu Marmor umgewandelte
Muschelkalk-Dolomit sich in einem schmalen Streifen im Syenit bis
in das Travignolo-Thal abwärts zieht. — Eine bedeutend veränderte
Scholle von Muschelkalk und Buchensteiner Bänderkalken findet
sich bei Mezzavalle rings umschlossen von Syenit.
Viel seltener als beim Syenit zeigen sich Contactwirkungen
beim Melaphyr. Lemberg, welcher einige Melaphyrgänge aus dem
Wengener Dolomit vom Gehänge des Dosso Capello beschrieb,
erwähnt, dass die primären Contactproducte des Melaphyrs reich
an Kalk und Magnesia und frei von Alkalien sind. Doelter gedenkt
der Veränderungen, welche einige Melaphyrgänge in der Scholle
von Werfener Schichten von Vardabe hervorgebracht haben. Viel-
leicht sind die zu ,Bandjaspisen* umgewandelten Werfener Schichten
auf dem Gipfel der Malgola dem Einflüsse der dort zahlreich auf-
tretenden Melaphyrgänge zuzuschreiben. Lemberg weist auf die
ungewöhnliche Zusammensetzung dieser Silikate hin.
Die meisten Melaphyrgänge lassen keinerlei Contacteinwirkungen
erkennen.
Ehe wir diesen Abschnitt schliessen, müssen wir noch dem
bereits aufgetauchten Einwände begegnen, dass es keineswegs
•) Die auf unserer Karte nach Doelter's Aufnahmen eingezeichnete obere
Grenzlinie des Syenits liegt bedeutend tiefer, als man nach den Angaben v. Richt-
hofen's, v. Cotta's und Lemberg's erwarten sollte.
**) Doelter weist in einer schriftlichen Mittheilung auf die Verschiedenheit
der Contactmineralien am Monzoni und bei Predazzo hin, betont das Fehlen des
Olivins und die ausserordentliche Seltenheit des Fassaits bei Predazzo und meint,
dass hauptsAchlich die verschiedene Zusammensetzung der am Contacte auftretenden
Eruptivgesteine (die von Predazzo enthalten mehr Kalifeldspath und Glimmer, die
vom Monzoni mehr Augit) die Ursache dieses abweichenden Verhaltens sei.
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
391
sichergestellt sei, dass die Syenite und Granite von Predazzo und
vom Monzoni auch thatsächlich der Triaszeit angehören, dass die-
selben vielmehr die Reste einer älteren, zufallig in die Trias-
bildungen hinaufragenden Eruptivformation sein könnten.
Diesem Einwände ist leicht begegnet. Wir sehen ganz ab von
der innigen Verknüpfung der anerkannt triadischen Melaphyre mit
den voUkrystallinischen Gesteinen der Eruptionsschlote, von dem
gemeinsamen Auftreten und Durchsetzen, von den Apophysen
und Gängen des Syenits in den Buchensteiner Schichten und im
Wengener Dolomit. Nehmen wir an, die Syenite und Granite seien
wirklich älter und untersuchen wir die beiden denkbaren Fälle, dass
diese Gesteine von den Triasbildungen mantelförmig umlagert
wurden, oder dass dieselben später, nach Ablagerung der Trias-
bildungen in Folge von Dislocationen emporgestossen worden seien.
Im ersteren Falle wäre zunächst die schräge einwärts fallende
Contactfläche mit dem Sedimentgestein unerklärlich und müssten
zu Conglomeraten oder Sandsteinen erhärtete Schutt- und Detritus-
zonen die alte Felsklippe umziehen. Man müsste auch irgendwo
die transgredirende Auflagerung der jüngeren Schichten beobachten
können. Aber nichts von alledem trifft zu. Im zweiten Falle, wenn
die Syenite und Diorite nur zufallig dislocirte Schollen eines alten,
vollständig unbekannten Gebirges wären, müssten denselben die
jüngeren Sedimentbildungen aufwärts bis zu den Wengener Dolo-
miten des Dosso Capello auflagern. Aber es findet sich nirgends
auch nur eine Spur einer jüngeren Decke. Wollte man selbst trotz
der directen Verknüpfung und der Nebeneinanderlagerung mit den
Melaphyren zugeben, dass die ganze permische und triadische
Schichtenreihe denudirt worden sei, so müsste man doch erwarten,
dass wenigstens einige Fetzen krystallinischer Schiefergebilde im
Contaclp mit dem Syenite irgendwo hängen geblieben wären! —
In der That haben die meisten neueren Forscher, v. Richthofen,
V. Cotta*), Doelter, Judd u. A. an der Einheit und Zusammen-
gehörigkeit der mit den Melaphyren und Augitporphyren vor-
kommenden voUkrystallinischen Gesteine nicht gezweifelt.
6. Ueber das Alter der Eruptivstöcke von Fleims und Fassa.
Wir haben in der bisherigen Darstellung es absichtlich ver-
mieden, das Verhältniss der beiden Eruptivstöcke zu dem grossen,
*) Man vergleiche auch die treffenden Ausführungen dieses Geologen in
seinem wiederholt citirten Artikel Ober das Alter der graniiischen Gesteine von
Predazzo.
392
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
in den vorhergehenden Capiteln geschilderten Laven- und Tuff-
gebiete zu erörtern. Nachdem wir aber die Verhältnisse, unter denen
die eruptiven Massen erscheinen, besprochen haben, scheint es am
Platze, auf diese wichtige Frage näher einzugehen.
Wir müssen zunächst constatiren, dass sich die Durchbrucbs-
stellen des Monzoni- und des Fleimser Stockes mitten im Gebiete
der mächtigen Wengener Dolomit- und Kalkmassen befinden. Das
grosse nördliche Laven- und Tuffgebiet steht in keiner directen
Verbindung mit den bekannten Eruptionsstellen von Fleims und
Fassa, sondern ist im Gegentheil durch einen mächtigen Wall von
Riffmassen davon getrennt. Die Denudationsrelicte alter Laven auf
der Gipfelfläche des Comon, des Monte Agnello und des Viezzena
geben uns Kunde, dass erst nach der Bildung der mächtigen
Wengener Dolomite der Dosso Capello-Masse u. s. 1. der Austritt
von Laven aus den beiden Eruptionsstellen stattfand. Ebenso deutet
das Abschneiden der grossen Melaphyrgänge der Eruptionsschlote
an den Wengener Dolomiten und die einheitliche conforme Durch-
setzung der Wengener Dolomite durch die Melaphyrgänge darauf
hin, dass die Eruptionen am Monzoni und in Fleims erst zu einer
sehr späten Zeit, nach der Bildung der grossen Dotomitmassen von
Fassa und Fleims eintraten.
Nun lagert aber die Hauptmasse der Laven und Tuffe im
Norden und Osten unmittelbar über den Buchensteiner Schichten.
Längs der heteropischen Grenze mit dem grossen, von den beiden
Eruptivstöcken durchbrochenem Dolomitmassive ruhen die Laven
neben dem Dolomitriffe und an mehreren Stellen greifen zum
Beweise der Gleichzeitigkeit der beiden Ablagerungen Laven und
Dolomit wechsellagemd in einander ein. Diese Laven müssen
daher älter als die Eruptivstöcke sein und müssen dieselben aus
anderen, uns gegenwärtig noch unbekannten Eruptionssteljen aus-
geflossen sein. Hätte eine Verbindung zwischen dem Lavengebiete
und den Eruptivstöcken bestanden, so müsste der Dolomitwall
durch Lavaströme durchbrochen sein, oder es müssten wenigstens
periodische Einschaltungen von Lavaströmen zwischen dem Dolomit
den Zusammenhang erweisen.
Die Wengener Dolomite von Fassa und Fleims gehören trotz
ihrer bedeutenden Mächtigkeit, wie ihre Fossilien und wie die Ver-
hältnisse an der heteropischen Grenze beweisen, nur den unteren
Wengener Schichten oder der Ablagerungszeit der Augitporphyr-
laven an. Wir haben im VI. Capitel den Nachweis geführt, dass
die Hauptmasse des Dolomits des Schiern ebenfalls mit den Augit-
porphyrlaven gleichzeitig ist, und haben dort auch gezeigt, dass
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
393
die obersten Lagen der Laven der Seisser Alpe auf das mächtige
Dolomitmassiv übergreifen. Es liegt nun sehr nahe, die Laven des
Comon und des Monte Agnello mit der Lavendecke des Schiern *)
in Verbindung zu bringen und auf diese Weise anzunehmen, dass
die obersten Laven der Seisser Alpe und der angrenzenden Ge-
biete über die Fassaner und Fleimser Dolomitmassen hinweg aus
den Schloten des Monzoni- und des Fleimser Vulcans ausgeflossen
sind. Das eruptive Material, welches in den eigentlichen Wengener
Schichten angehäuft ist, würde im Sinne dieser Anschauung dann
ebenfalls der Hauptmasse nach aus dem Zwillingsvulcane desAvisio-
Thaies stammen.
Die beiden Eruptionsstellen von Fassa und Fleims
würden daher erst am Ende der vulcanischen Thätigkeit
entstanden sein und blos das Material zu den obersten
Schichten des Laven- und Tuffsystems und zu den sedi-
mentären Wengener Tuffsandsteinen geliefert haben.
Die Frage nach der Ursprungsstelle der älteren, mit dem
unteren Wengener Dolomit gleichzeitigen Augitporphyrlaven ist mit
Sicherheit schwer zu beantworten. Ich möchte mich, in Berück-
sichtigung aller hierbei in Betracht kommenden Factoren, am
liebsten der Anschauung v. Richthofe n's anschliessen und im
oberen Fassa, in der Gegend der heutigen Gruppe des Sasso di
Dam, ein älteres Eruptionscentrum annehmen. Die eigenartigen
tektonischen Störungen, welche die Umgebungen von Campitello
und Canazei zeigen, dann das concentrische Einfallen der älteren
Schichten am Nord- und Westrande der Gruppe des Sasso di Dam
wären mit einer solchen Annahme sehr wol vereinbar. Der Erup-
tionsschlot selbst würde tief unter seinen eigenen Auswurfsproducten
und unter den Laven der beiden benachbarten jüngeren Vulcane
begraben liegen.
7. Die Gegend am rechten Avisio-Ufer zwischen Tesero und
Castello.
Es ist bereits im V. Capitel (S. 135) einer Verwerfung gedacht
worden, welche auf der Südseite von Stalla della Cugola im Quarz-
porphyr ansetzt und sodann über den Pass von San Lugano und
die Hemet-Alpe nach Truden verläuft Diese Verwerfung lässt sich
als eine Abzweigung der weiter südlich durchziehenden und in
*) Ein westlicher Auslaufer dieser Lavadecke dürften die Augitporphyrmassen
der Mendola sein.
394
Der altvulcanische District von Fassa und Fleims.
ihrem Verlaufe ebenfalls bereits skizzirten Fleimser Eruptionsspalte
betrachten (vgl. S. 385).
Der schmale Streifen zwischen der Fleimser Eruptionsspalte
und dem Avisio steht tektonisch im innigsten Verbände mit der
Gebirgsmasse des Dosso Capello und mit dem grossen Porphyr-
gebirge im Süden des Avisio. Doch kommen in der Gegend von
Cavalese eine Reihe kleinerer Querbrüche vor und scheint eine un-
bedeutende Längsverwerfung dem Laufe des Avisio zu folgen.
Dem Porphyrsystem, dessen oberste Lagen hier anstehen,
sind zwei grössere Denudationsrelicte der nächstjüngeren Schichten
aufgelagert. Bei Cavalese finden sich ausserdem noch mehrere
kleine Partien von Grödener Sandstein, welche wegen ihrer zu
geringen Ausdehnung in der Karte nicht berücksichtigt wurden.
Die Masse des Monte Cucal, welche bis zum oberen Muschel-
kalk aufwärts reicht, zeigt im Norden ziemlich söhlige Lagerung,
im Süden senkt sich dieselbe jedoch in südöstlicher Richtung ab-
wärts unter die Masse des Dosso Capello. Dies deutet auf eine
muldenförmige Aufbiegung des Nordrandes längs der Fleimser
Eruptionsspalte.
Noch deutlicher zeigt sich diese Aufstülpung des Nordrandes
in dem theilweise von Glacialschutt bedeckten Denudationsrelicte
von Veronza, dessen Schichten gegen Süden, von der Fleimser
Eruptionsspalte weg, fallen*).
Einige technische Bedeutung erlangen hier die schönen weissen
Alabaster ähnlichen Gypse der Bellerophon-Schichten.
Das Plateau von Fraul jenseits des Riv. di Predaja dacht inj
Gegensatze zur Veronza-SchoUe nordöstlich ab. Auf seiner Nordseite
stossen Grödener Sandsteine an der Fleimser Eruptionsspalte ab.
Die Melaphyrgänge an der Eruptionsspalte bei Aguai haben
bereits oben Erwähnung gefunden.
*) Durch ein Versehen wurden im Profile auf Seite i32 die Schichten von
Veronza nord- anstatt südfallend eingezeichnet.
1
XIII. CAPITEL.
Der Cima d'Asta-Stock und die Lagorai-Kette.
Die Quarzporphyr-Tafel derLagorai. - DasPhyllitgebirge mit dem Granitstocke der Cima d'Asta.
- Quarzporphyrgänge in Valsugana. - Der Bergsturz de* Monte Calmandro. - Das Alter des
, Cima d*Asta-Granits.
Wenn man eine Charakteristik unserer Südalpen entwerfen
wollte, müsste man unbedingt als eine besonders auszeichnende
Eigenthümlichkeit derselben das wiederholte und öfters auf längere
Strecken anhaltende Auftauchen von palaeozoischen und archäischen
Bildungen mitten aus den mesozoischen Kalkmassen anführen. Es
wird unsere Aufgabe sein, in einem der Schlusscapitel auf die dieser
Erscheinung zu Grunde liegenden grossartigen Dislocationen zurück-
zukommen.
Die nach Umfang und verticaler Erhebung weitaus bedeutendste
dieser Inseln alter Gebirgsformationen, welche sich wie ein Central-
gebirge aus der jüngeren Umgebung emporhebt, ist das aus einem
mächtigen granitischen Kern, um den sich ein Mantel krystallinischer
Schiefer herumzieht, bestehende Cima d'Asta-Gebirge im Südwesten
unseres Kartengebietes. Schon seit langer Zeit hat dieser abge-
schlossene Gebirgsstock die Aufmerksamkeit der Naturkundigen auf
sich gezogen, aber nur sehr Wenige haben sich in das Innere des-
selben gewagt, trotzdem eine Reihe tief eingeschnittener Quer-
thäler den Zutritt in ungewöhnlichem Masse erleichtert. Ausser den
Verfassern der geognostischen Karte von Tirol und G. vom Rath*)
hat bis in die neueste Zeit herauf, soviel bekannt geworden ist,
kein Geologe den Cima d'Asta-Stock betreten. Die merkwürdige
Ueberschiebung im Torrente Maso bei Borgo auf der Südseite
des Cima d'Asta - Stockes beschrieb erst vor ganz kurzer Zeit
*) Die Lagorai-Kette und das Cima d*Asta-Gebirge. Jahrb. Geol. R.-A. 1860.
S. 131.
^gß Der Cima d'Asta-Stock und die Lagorai Kette.
Ed. Suess *) und betonte dabei mit Recht die passive Rolle
des Cima d'Asta-Granits gegenüber der Emporstauung der Alpen.
Als die Aufnahmsarbeiten der k. k. Geologischen Reichsanstalt
bis zu dem Cima d'Asta-Gebirge vorgerückt waren, erhielt Herr
Dr. Doelter die dankbare Aufgabe, dieses fast jungfräuliche Gebiet
zu studieren. Es scheint jedoch ein eigener Bann über dem schönen
Gebirge zu schweben, denn Dr. Doelter war durch Kränklichkeit
verhindert, die Aufnahme ihrem vollen Umfange nach durchzuführen.
So bleibt vorläufig hier noch immer eine unausgefiillte Lücke. Um
aber doch wenigstens die grossen tektonischen Züge und das Ver-
hältniss des Granits zu den umgebenden Formationen einigermassen
kennen zu lernen, habe ich im Laufe des Sommers 1877 einige
Orientirungstouren unternommen, bei welchen mich in den west-
lichsten Theilen die Herren M. Vacek und Dr. A. Bittner in wirk-
samster Weise unterstützten. Die Resultate dieser Begehungen
sind der Darstellung auf unserer Karte zu Grunde gelegt. Das
gebotene Bild kann nur den Anforderungen einer Uebersichtsauf-
nahme genügen.
In orographischer Beziehung bildet das Quarzporphyr-Gebirge
der Lagorai mit dem vom Granitmassiv der Cima d'Asta durch-
brochenen Phyllitgebirge ein Ganzes. Der wasserscheidende Rücken
zwischen der Nord- und Südabdachung des Gebirges liegt im Quarz-
porphyr, so dass die auf dem Porphyrkamme entspringenden Bäche
das im Süden liegende Granit- und Schiefergebirge durchschneiden.
Im Süden schliesst sich an den Cima d'Asta-Stock ohne eine
prononcirte orographische Grenze unmittelbar das jüngere Kalk-
gebirge wie ein Mittelgebirgs- Vorland an. Die aus dem Gebiete des
Granits und des Phyllits austretenden Wasseradern setzen ihren
Weg quer durch dasselbe fort. Wir nehmen deshalb die grosse,
bereits mehrfach genannte Valsugana - Bruchspalte , welche das
Granit- und Phyllitgebirge von dem im Süden vorgelagerten Kalk-
gebirge scheidet, als die Südgrenze der Cima d'Asta -Masse an
und behalten uns die Schilderung des Vorlandes für das nächste
Capitel vor.
I. Die Quarzporphyr-Tafel der Lagorai.
Wir haben über diese ausgedehnte, das Phyllitgebirge der
Cima d'Asta halbringformig umziehende Porphyrplatte nur wenig
*) Ueber die Aequivalente des Rothliegenden in den SQdalpen. Sitz.-Ber.
k. k. Akad. d. Wiss. Wien, Bd. LVII, 1868.
Der Cima d'Asta-Stock und die Lagorai-Kette. 397
zu berichten. Das allem Anschein nach aus verschiedenen Strömen
bestehende Porphyrsystem fällt mit grosser Regelmässigkeit vom
Phyllit weg nach aussen ab. Tief eingeschnittene parallele Quer-
thäler fuhren von dem zu scharf geschnittenen Pyramiden auf-
gelösten Kamme in die einem Längenthaie entsprechende Thal-
furche des Travignolo und des Avisio. Die steil abbrechenden
Schichtenköpfe sind dem auf der Innenseite des Halbringes unter
das Porphyrsystem einschiessenden Phyllitgebirge zugekehrt.
Es sind die obersten jüngsten Theile des Porphyrsystems,
welche vom Süden her an die Tiefenlinie Travignolo-Avisio heran-
treten. Die Porphyrtafel, welche im Süden des Avisio ausser dem
schmalen Streifen von Grödener Sandstein zwischen Masi und der
Malgola höchstens noch vereinzelte, der Beobachtung bisher ent-
gangene Denudationsrelicte von Grödener Sandstein trägt, bildet,
wie im vorhergehenden Capitel gezeigt worden ist, die regelmässige
Unterlage des auf dem rechten Avisio-Ufer zwischen Castello und
Predazzo sich erhebenden Triasgebirges. Die Malgola, südlich von
Predazzo, haben wir als eine gegen die Fleimser Eruptionsstelle
eingesunkene Scholle kennen gelernt.
Die Fleimser Eruptionsspalte begrenzt die Porphyrtafel der
Lagorai gegen Nordwesten. Aus dem auf Seite 132 mitgetheilten
Profile, in welchem die Porphyrscholle von Castello das Nordende
der Lagorai-Platte darstellt, wird das Verhältniss des südlichen
Quarzporphyr-Gebirges zur Kette des Schwarzhomes und zum
Bozener Plateau ersichtlich.
Oestlich von Bellamonte, wo die Porphyrtafel unter das
Viezzena-Gebirge hinabtaucht, beginnt am Südschenkel des gewölb-
förmigen Aufbruches der Bocche (vgl. Seite 335) eine bis gegen
Cencenighe reichende Verwerfungsspalte, welche zwischen Castelir
und Juribello den östlichen Flügel der Lagorai-Platte gegen Norden
begrenzt. Deutlich tritt diese Verwerfung am Dosaccio bei Pane-
veggio hervor, da hier ein Denudationsrelict jüngerer Schichten
(Grödener Sandstein, Bellerophon -Schichten, Werfener Schichten)
dem der Lagorai-Platte angehörigen Porphyr des Dosaccio auf-
gelagert ist.
Ueber das Absinken des Porphyrgebirges gegen die Gruppe des
Cimon della Pala und über das Auskeilen des Porphyrs unterhalb San
Martino di Castrozza ist bereits im XL Capitel (Seite 338 und 340)
berichtet worden. Hier wollen wir nur noch erwähnen, dass ein
kleiner Querbruch auch zwischen dem Colbricon und dem Cava-
lazza gegen Paneveggio zu durchzulaufen scheint, an wel^
D«r Cima d'Atta-Stock und die Lagoni-Kette.
Gehiage des MoDzoni- Stocke«
Pelkgrin-Thil
^U
Cima di LtUt
Cima di Viliord«
Der Cima d*Asta-Stock und die Lagorai-Kette. ^gg
Cavalazza-Scholle, welche auch das Plateau von Juribello und den
Castellazzo umfasst, abgesunken wäre.
• Auf der Nordseite des Colfosc bei San Martino di Castrozza
kommt im Gebiete des Quarzporphyrs in geringer Ausdehnung ein
schmutzig gelber und grauer blätternder Kalk von ganz fremdartigem
Aussehen vor. Es gelang mir nicht, Näheres über dessen Verhalten
zum Porphyr zu ermitteln *).
Die Grenze des Quarzporphyrs gegen den Phyllit ist meistens
durch Porphyrschutt verdeckt, wie bereits G. vom Rath bedauernd
erwähnte. Nur im Westen, im Gebiete von Valsugana, liegt eine
ziemlich ansehnliche Masse von Tuffen und Verrucano-Conglomeraten
an der Basis des Porphyrsystems bloss.
Die Porphyrtuffe, welche die höhere Lage einnehmen, ent-
halten nach den Beobachtungen Dr. Bittner's Porphyreinschlüsse
und gehen gegen unten in rothe Sghiefer über, unter welchen so-
dann die eigentlichen Verrucano-Conglomerate folgen. Da es fiir
die Beurtheilung der Alters Verhältnisse des benachbarten Cima
d'Asta-Granits von Interesse war, zu constatiren, ob nicht bereits
GranitgeröUe in diesen unteren Conglomeraten vorhanden seien, so
ersuchte ich Herrn Vacek im Laufe des Sommers 1878 eine erneute
Untersuchung des Verrucano von Valsugana vorzunehmen. Herr
Vacek berichtet mir nun, dass er weder Granit- noch Porphyr-
gerölle entdecken konnte und dass neben den vorherrschenden
Quarzgeröllen nur Rollstücke von Gneissen und Glimmerschiefern zu
finden seien.
In der Umgebung des Fleimser Eruptivstockes wird der
Quarzporphyr, namentlich zwischen Riv. di Sadole und Colbricon,
von Melaphyrgängen durchsetzt.
2. Das Phyllitgebirge mit dem Granitstocke der Cima d'Asta.
Als Unterlage der Quarzporphyrdecke der Lagorai erscheinen
auf der Innenseite des durch dieselbe gebildeten Ringgebirges
krystallinische Schiefergesteine, welche, wenn wir vorläufig von dem
grossen Granitstocke absehen, im Süden bis an die Valsugana-
Spalte reichen. Das vorherrschende Fallen dieser Schiefer ist NW.
und N., meistens ziemlich flach, und im Allgemeinen im Osten
etwas steiler als im Westen, wo nicht selten nahezu söhlige
♦) Die grossen Haufwerke von Dolomitblöcken am unteren Ende von Val
Zigolera und Ru di Ces bei San Martino dürften wol die Reste eines alten Berg-
sturzes des gegenüberliegenden Dolomitgebirges sein.
^OO Der Cima d*Asta-Stock und die Lagorai-Kette.
Lagerung eintritt. Gegen die Gruppe des Cimon della Pala zu
wendet sich das Fallen gegen Nordosten und Osten. Im grossen
Ganzen herrscht daher ein sehr regelmässiger Bau. Im Süden durch
eine Bruchlinie abgeschnitten, taucht das Phyllitgebirge wie ein
normaler Aufbruch unter dem jüngeren Deckgebirge empor. West-
lich von Borgo in Valsugana, wo die grosse Bruchlinie sich in das
jüngere Gebirge hineinzieht, ändert sich dieses Verhältniss. Es tritt
nämlich am Monte Broi bei Novaledo Südfallen des Phyllits ein
und die gleichfalls gegen Süden einfallende Porphyrscholle des
Monte Zaccon kann als südlicher Gegenflügel der im Norden den
Phyllit überlagernden Porphyrdecke betrachtet werden. Hier wäre
demnach eine anticlinale Aufwölbung angedeutet.
Der NW. und N. einfallende Theil des Schiefergebirges ist
durch die gewaltige Granitmasse der Cima d'Asta, welche sich als
fremdartiger Keil in dieselbe eindrängt und durch einige andere,
theils stock-, theils gangförmig auftretende Eruptivgesteine unter-
brochen.
Der Granit, welcher eine geschlossene Masse bildet, zeigt
manigfache Abänderungen. Das vorwaltende Gestein besteht nach
G. vom Rath aus einem klein- bis grobkörnigen Gemenge von
weissem Feldspath, weissem Oligoklas, grauem Quarz und schwärz-
lich-braunem Glimmer, welcher weder in Flasern noch in parallelen
Ebenen, sondern durchaus unregelmässig vertheilt ist. Bisweilen
tritt auch Hornblende auf
Die richtige Beurtheilung der tektonischen Verhältnisse so
ausgedehnter und mächtiger Eruptivmassen ist in der Regel mit
grossen Schwierigkeiten verbunden, namentlich wenn, wie es hier
der Fall ist, alte krystallinische Schiefer die umgebende Gesteinsart
bilden. Nur die kritische Zusammenfassung einer grösseren Anzahl
von Beobachtungselementen kann in solchen Fällen zu einem der
Wirklichkeit mehr oder weniger entsprechenden Bilde fuhren. Ich
will versuchen, aus den allerdings noch sehr lückenhaften mir zu
Gebote stehenden Daten die Anschauung, welche ich über die
Natur des Cima d'Asta-Granits gewonnen habe, zu rechtfertigen.
Werfen wir einen Blick auf die Karte. Nächst der unregel-
mässigen Gestalt des Granitkörpers fallt das selbstständige, von
dem Verlauf der Schichtenköpfe des Quarzporphyrsystems ganz
unabhängige Auftreten desselben auf In Val di Calamento, wo die
Schichten des Quarzphyllits fast söhlig lagern, ist der Zwischenraum
zwischen dem Quarzporphyr und dem Granit ausserordentlich
schmal. Die älteren Karten Hessen in dieser Gegend sogar Porphyr
und Granit zusammenstossen. Bald darauf zwischen der Gabelung
1
Der Cima d^Asta- Stock und die Lagorai-Kette. ^qI
des Val di Campelle und der Cima d'Asta tritt die Granitgrenze
bogenförmig weit gegen Süden zurück, während die Porphyrgrenze
ihr nordöstliches Streichen selbstständig beibehält. Dabei herrscht
in der auf solche Weise zu bedeutender Breite angewachsenen
Schieferzone ein viel steileres Einfallen, als in Val di Calamento,
ja im Hintergrunde von Val Grigno sind nach Dr. Bittner's Beob-
achtungen die Schichten fast senkrecht aufgerichtet. Die Schiefer-
zone erscheint daher nicht etwa blos in Folge schwacher Auf-
lagerung auf den Granit breiter, sondern sie besteht hier thatsächlich
aus einem im verticalen Sinne weitaus mächtigeren Schichten-
complex, als in Val di Calamento. Im Norden der Cima d'Asta
wird die Schieferzone wieder schmäler, im Osten aber, wo der
Granit sich gabelförmig in zwei lange Zungen zerspaltet und endlich
im Schiefer verschwindet, ist die Entfernung vom Quarzporphyr bis
zum Granit am grössten.
Es ist einleuchtend, dass bei einem regelmässigen stratigraphi-
schen Verbände das Verhältniss von Granit, Schiefer und Porphyr-
decke ganz anders sein müsste. Was den Schiefer und die Porphyr-
decke betrifft, so herrscht, obwol eine vollkommene Concordanz
zwischen diesen Bildungen auch nicht besteht, doch insofern eine
bestimmte Gesetzmässigkeit, als stets unterhalb der Quarzporphyr-
decke der Quarzphyllit folgt. Es muss daher das Verhältniss des
Schiefers zum Granit ein unregelmässiges sein. Ist dies aber der
Fall, so sind zwei Annahmen möglich. Entweder durchsetzt der
Granit als intrusiver Eruptivstock den Schiefer, oder aber es haben
nachträgliche tektonische Störungen das ursprünglich regelmässige
Lagerungsverhältniss alterirt.
Die einfachste und natürlichste Annahme ist die, dass wir es
hier mit einem grossen Eruptivstock zu thun haben. Zu ihren
Gunsten sprechen eine Reihe sonst schwer erklärbarer Thatsachen.
Tektonische Störungen mögen immerhin vorhanden sein. Schon das
Auftreten intrusiver Eruptivgesteine setzt die Nachbarschaft von
Dislocationslinien voraus. Ferner fordert die am Südrande fort-
laufende grosse Valsugana-Spalte geradezu die Annahme secundärer
kleiner Verwerfungen. Aber selbst unter den weitgehendsten Zu-
geständnissen von Dislocationen dürfte es sehr schwierig werden
den Beweis zu erbringen, dass der Cima d'Asta-Granit eine ursprüng-
lich den Quarzphyllit unterteufende und erst später herausgehobene
Lagerdecke sei.
Wie bereits aus der Besprechung der Porphyr- und Granit-
grenzen hervorgeht, tritt der Granit im Verlaufe seiner Erstreckung
mit Schiefern von sehr verschiedenem Alter in Berührung. Die
Mojtiisovic«, DolomitriAc. 26
Der Cima d'Asu-Stock und die Lagorai-Kene.
^1 t
II l
I« i
Mopic Cilnundro
Der Cima d*Asta-Stock und die Lagorai-Kette. ^03
schmale Schieferzone im Süden des Granits zwischen Val Tesino
und Torcegno, die Schiefer im Westen des Granitstockes, so-
wie die Schieferzone zwischen Val di sette Laghi und Montalon '
gehört den Quarzphylliten an. Einem viel tieferen Niveau der
Schiefer, wahrscheinlich bereits den von Stäche sogenannten
Gneissphylliten, entsprechen die Gesteine, welche in der Bucht
zwischen Val Sorda und der Cima d'Asta mit dem Granit in
Berührung treten. Im Osten bei Caoria und Canale San Bovo
dringt der sich in zwei grosse Arme verzweigende Granit, wie
schon Stäche*) vermuthete, aus Gneissphylliten empor.
Die Granitmasse durchschneidet daher schräge Schieferzonen
verschiedenen Alters. Die jüngsten mit ihr in Contact tretenden
Schiefer sind die oberen Quarzphyllite in Val di Calamento.
Die Schiefer behalten femer, unbekümmert um den Verlauf
der Granitgrenze, ihr Streichen bei und schneiden am Granite, wo
ihnen derselbe in den Weg tritt, ab. Sehr klar zeigt sich dieses
Abstossen des Schiefers im Osten, bei Canale San Bovo.
Die Untersuchung des tektonischen Verhaltens fuhrt sonach
zu dem Ergebniss, dass der Cima d'Asta-Granit ein grosser Gang,
ein sogenannter Hauptgang sei **). Dieses Resultat findet eine
weitere Bestätigung in dem Vorkommen von Gängen anderer
Eruptivgesteine theils im Granitstocke selbst, theils in seiner
nächsten Nachbarschaft, im Schiefer. Schon G. v. Rath erwähnte
das Auftreten von syenitischen Schlieren und von Dioritporphyr-
gängen und vermuthete auch die Anwesenheit von Quarzpor-
phyrgängen im Granitmassiv. Ich zweifle nicht, dass eine sorg-
faltige Detailuntersuchung zahlreiche derartige kleine Gänge auf-
weisen wird.
Was das Vorkommen von Quarzporphyrgängen anbelangt,
so haben die Untersuchungen der Herren Dr. A. Bittner und
M. Vacek eine Anzahl Nord-Süd streichender Gänge im Quarz-
phyllite zwischen Torcegno und Cinque Valli kennen gelehrt. Einen
ostwestlich streichenden Gang desselben Gesteins traf Herr Vacek
*) Die paläozoischen Gebiete der Ostalpen. Jahrb. Geol. R.-A. 1874, pag. Sgo.
♦♦) Eine merkwürdige Ansicht äussert Doelter (Ueber die Eruptivgebilde von
Fleims etc. Sitz.-Ber. k. k. Akad. d. Wiss., Wien 1876, Dec-Heft), Nach ihm wäre
der Granit aus einer von SW. gegen NO. gerichteten Spalte gangförmig aufgetreten
und hätte sich dann deckenförmig über die Schiefer gelagert.
Welche Beobachtungen dieser Vorstellung zu Grunde liegen mögen, ist mir
ganz unverständlich. Der Cima d*Asta-Granit ist entweder ein Gang oder eine
Decke. Wäre derselbe aber eine Decke, dann könnte seine Eruptionsstelle meilen-
weit vom heutigen Cima d*Asta-Gebirge entfernt liegen.
26*
■
1
Der Cimi d'Asu-Stock und die Ligorai- Kette.
§"' I
Der jCima d*Asta-Stock und die Lagorai- Kette. ^05
im Thalgrunde bei Fostai oberhalb Roncegno. Die nordsüdlich
streichenden Gänge bilden in der Regel die Kammhöhen zwischen
den kleinen, im Phyllit ausgewaschenen Querthälem. Herr Dr. Reyer
hatte die Güte, das Gestein dieser Gänge zu untersuchen und theilte
mir darüber folgende Diagnose mit. j^In einer felsitischen, von
chloritischen Bestandtheilen grün gefärbten Grundmasse liegen
spärliche abgerundete Orthoklase und grosse Quarzkömer. Einzelne
sehr dichte, dem Thonsteinporphyr ähnliche Schlieren durchziehen
das Gestein.*
Westlich von Roncegno taucht in der hier vom Quarzphyllit
gebildeten, bereits erwähnten Anticlinalwölbung stockförmig eine
kleine Masse syenitischen Granits empor. Ihre längere Achse streicht
ostwestlich, wie der Hauptgang der Cima d'Asta.
Aus dem Schiefergebiete im Osten der Cima d'Asta erwähnte
bereits G. v. Rath Dioritporphyre nördlich von Caoria. Ich selbst
fand die gleichen Gesteine, anscheinend lagerförmig bei Gobbera,
am Uebergange von Canal San Bovo nach Primiero. Einer späteren
Untersuchung bleibt es vorbehalten, zu entscheiden, ob diese Diorit-
porphyre, welche auch den Granit der Cima d'Asta durchsetzen,
mit den dioritischen Gesteinen der Ortler-Gruppe und von Lienz
übereinstimmen.
Die zahlreichen, gegenwärtig ausser Betrieb stehenden Erz-
lagerstätten der Phyllitzone von Valsugana (Pergine, Levico, Borgo,
Roncegno, Calamento, San Antonio in Val Sorda, San Michele)
setzen nach Trink er's Angaben in quarzitischen Gängen auf. Die
Erze sind silberhaltiger Bleiglanz, Kiese und Blenden.
Glacialschutt ist in den Thälem des Cima d'Asta-Stockes
allenthalben sehr reichlich vertreten. An den Mündungen der
Seitenthäler finden sich fast regelmässig grosse Anhäufungen des-
selben. Ein Arm des alten Vanoi-Gletschers scheint über den Col
delle Croci in das Tesino-Thal gedrungen zu sein. Die zahlreichen
Quarzporphyrblöcke im Tesino-Thal lassen kaum eine andere An-
nahme zu.
Unter den neueren geologischen Vorgängen verdient noch der
Bergsturz des Monte Calmandro in Canale Erwähnung, welcher
durch die Abdämmung des Vanoi oberhalb San Bovo die Bildung des
Lago di Rebrut (oder Lago nuovo) veranlasste. Bereits im Jahre 1793
entstanden Gehängbrüche in den krystallinischen Schiefern des
Calmandro. Unvorsichtiges Abholzen der abgesessenen Schollen und
Bewässerung einer Wiese bewirkten sodann in den Jahren 1819
bis 1823 das weitere verheerende Niedergehen des rutschenden
Gebirges. Drei am linken Vanoi-Ufer gelegene Ortschaften fanden
/^o6 I^cr Cima d*Asta-Stock und die Lagorai-Kette.
bei diese Katastrophe ihren Untergang. Noch jetzt sieht man
deutlich die Abbruche des Glimmerschiefers in dem sich oben
kesselfbrmig erweiternden Tobel am Nordgehänge des Monte
Calmandro.
3. Ueber das Alter des Cima d'Asta-Granits.
Es ist soeben gezeigt worden, dass der Cima d'Asta-Stock
alle Eigenschaften eines Eruptivstockes besitzt. Mitten aus dem nord-
westlich fallenden Schiefergebirge dringt der Granit stockförmig,
die Schichten des Quarz- und des Gneissphyllits abschneidend, in
geschlossener Masse empor und sendet im Osten wie im Westen
gangförmige Ausläufer aus. Eine Reihe anderer Eruptivgesteine
durchsetzt in Gängen den Granit und das benachbarte Schiefer-
gebirge. Die locale Häufung verschiedenartiger intrusiver Eruptiv-
gesteine ist aber ein wichtiges Kriterium eines Eruptionscentrums.
Es fragt sich nun, welcher Zeitperiode gehört die Eruption des
Cima d'Asta-Granits an.^
Der Granit, die Quarzporphyrgänge von Valsugana und der
Syenitgranit von Roncegno durchbrechen den Quarzphyllit und
sind daher jünger, als dieser. Direct mit dem Eruptivstock zu-
sammenhängende Laven sind nicht vorhanden. Aber in nächster
Nachbarschaft zum Eruptivstock, nur durch eine schmale Erosions-
zone von demselben getrennt, beginnt das mächtige System des
permischen Quarzporphyrs. Wir haben bereits wiederholt darauf
hingewiesen, dass das Porphyrsystem von Südtirol aus einer Reihe
von Lavadecken besteht und dass nirgends innerhalb der uns
bekannten Verbreitung dieses Systems Durchbrüche eruptiver Massen
nachweisbar sind. Was liegt nun näher, als anzunehmen, dass der
Eruptivstock der Cima d'Asta einer der Eruptionspunkte des per-
mischen Quarzporphyrs sei.^ Hier ein Eruptivstock ohne bekannte
zugehörige Laven, dort ausgedehnte Lavendecken ohne bekannten
Eruptionsherd, beide jünger als der Quarzphyllit, dazu die nachbar-
liche Lage; dies Alles drängt, wie mir scheint, zu der Annahme,
dass der Eruptivstock der Cima d'Asta in nächster genetischer
Beziehung zum permischen Quarzporphyr steht.
Ein stricter Beweis ist in solchen Fällen, wo die Denudation
den Zusammenhang zwischen dem Eruptivstock und dem Laven-
gebiet aufgehoben hat, nicht möglich. Denken wir uns den Monzoni-
oder den Fleimser Eruptivstock bis zu den Werfener Schichten
hinab rings denudirt. Wie würde dann noch der Beweis herzustellen
Der Cima d'Asta-Stock und die Lagorai -Kette, aqj
sein, dass die von wenigen Melaph yrgängen durchsetzten Granite
und Syenite von Fassa und Fleims den oberen Augitporphyrlaven
der Seisser Alpe im Alter gleichstehen ? Offenbar, wenn man nicht
von vorneherein auf die logische Verbindung und Zusammenfassung
der Thatsachen verzichten will^ nur im Wege des Deductionsschlusses.
Die Analogie in beiden Fällen ist eine überraschend grosse.
Sie geht bis zu der merkwürdigen' excentrischen Lage der Erup-
tionspunkte. Nur ist hier bei dem permischen Vulcan Alles in viel
grösseren Dimensionen angelegt, als bei dem ihm folgenden nori-
schen Vulcan.
Die für den Granitstock der Cima d'Asta ausgesprochene An-
sicht fuhrt zu der Vermuthung, dass auch die übrigen, das permische
Quarzporphyrgebiet peripherisch umgebenden Eruptivstöcke von
Klausen, Brixen und Meran, sowie der Adamello-Stock *), welche
ebenfalls sämmtlich aus dem Gebiete des Quarzphyllites auftauchen,
der gleichen Eruptionsperiode angehören. Die auffallende Häufung
von granitischen Stöcken rings um das Quarzporphyrgebiet fände
bei dieser Vorstellung eine ebenso einfache, wie naturgemässe
Erklärung.
*) Vgl. Gurion!, Geologia della Lombardia. Vol. I. pag. 412. — Gegen
das permische Alter dieses grossen, noch wenig studirten Eruptivstockes scheinen
die Contactverändeningen der am Tonalit abstossenden Triasbildungen zu sprechen,
auf welche in neuester Zeit Lepsius (Das westliche SOdtirol etc.) die Aufmerk-
samkeit lenkte, nachdem bereits Es eher v. d. Linth im Jahre i83i (S tu der,
Geologie der Schweiz, 1. Bd., S. 294) vom Lago d*Arno Contact-Marmore und
Silicate beschrieben und Ragazzoni (Profilo geognostico delle Alpi Lombardl.
Comm. deir Ateneo di Brescia per Tanno 1873) die Contacterscheinungen am Passo
Croce Doipini erwähnt hatte. Da ich nicht in der Lage bin, auf Grund eigener
Untersuchungen mir bereits eine bestimmte Ansicht über das Alter des Tonalits zu
bilden, muss ich mich darauf beschränken, meine vorläufigen Bedenken gegen die
Annahme eines triadischen Alters kurz anzudeuten. In den triadischen Ablagerungen,
welche dem Adamello-Stocke zunächst liegen, scheinen Laven gänzlich zu fehlen. Erst
in grösserer Entfernung, in den südlichen Strichen der lombardischen Alpen kommen
Laven und TufFsandsteine in grösserer Ausdehnung in den Wengener Schichten
vor, dieselben sind aber zum grössten Theile basischer Natur und dürften vom
Südrande der Alpen herstammen. Nach den heutigen Anschauungen und Erfahrungen
wäre es auch sehr bedenklich, basische Laven von einem ausschliesslich aus
saueren Schlieren zusammengesetzten Eruptivstock herzuleiten. Aus diesem Grunde
hätte auch die Annahme eines tertiären Alters für den Advmello-Stock wenig Wahr-
scheinlichkeit für sich, da sich in den zunächst gelegenen Tertiärschichten blos
Basalt-Laven und Tuffe finden.
Die grosse Analogie der Contacterscheinungen zwischen dem Adamello und
den Eruptivstöcken des Avisio-Gebietes beweist daher noch durchaus nicht die
Gleichzeitigkeit und die Gleichartigkeit derselben. Was für den Monzoni und den
Fleimser Vulcan aus einer grossen Reihe concludenter Erscheinungen erwiesen Ut,
Ä
^g Der Cima d*Asta-Stock und die Lagorai-Kette.
Wir haben uns hier auf einen unsicheren Boden begeben, und
unsere Ansicht wird, da dieselbe mit den noch herrschenden An-
schauungen über das hohe Alter der im Gebiete der krystallinischen
Schiefer vorkommenden Eruptivgesteine im Widerspruch steht, auf
viele Zweifler stossen.
Die scheinbar schlagendste Einwendung gegen unsere Ansicht
dürfte wol die peripherische Läge der Eruptionspunkte sein. Wir
könnten diesen Einwurf durch den Hinweis auf die gleiche Er-
scheinung bei den norischen Vulcanen des Avisio-Districtes abthun,
aber wir wollen einen Schritt weitergehen und eine Erklärung ver-
suchen. Die permischen Bildungen lagern in unserem Gebiete, wie
bekannt, transgredirend auf dem älteren Gebirge. Ihrem Absätze
gieng eine Festlandsperiode voraus. Ausserhalb des Verbreitungs-
gebietes der Quarzporphyrlaven vertreten blos Strandconglomerate
die permische Porphyr-Periode. Der Absatz der Quarzporphyrlaven
aber erfolgte in grösserer Entfernung vom Strande unterseeisch, wie
die mächtigen Tuffbänke beweisen. Die Quarzporphyrlaven ergossen
sich daher, gerade so wie es bei den norischen Augitporphyrlaven
der Fall war, in bereits vorhandene Einsenkungen des Bodens.
braucht für den Adamello nicht zu gelten, wenn sich die Uebereinstimmung des-
selben mit den Avisio- Vulcanen blos auf eine einzelne Kategorie von Erscheinungen
beschränkt. Während in dem einen Falle der Contact durch das Empordringen der
Eruptivmasse im Inneren des Vulcanscblotes hergestellt wurde, könnten in dem
anderen Falle Verschiebungen im Gefolge von Dislocations- Erscheinungen die
Berührung des älteren Massengesteines mit dem jüngeren Sedimentgebirge bewirkt
haben. Die von der Theorie heute noch beanspruchte höhere Temperatur könnte
man, ohne deshalb bereits die Mall ersehen Hypothesen annehmen zu müssen, von
der bei stärkerer Reibung erzeugten Wärme ableiten. Die kürzlich von Baltzer
(N. Jahrbuch von Leonhard und Geinitz 1877 und 1878) beschriebenen
Umwandlungen des Jurakalks zu Marmor an den berühmten Kalkkeilen der Berner
Alpen liefern den Beweis für das Vorkommen derartiger durch mechanische
Bewegungen erzeugter Erscheinungen. (Vgl. a. Heim, Untersuchungen über den
Mechanismus der Gebirgsbildung. II. Bd. S. 121.]
XIV. CAPITEL.
Das im Süden der Valsugana-Cadore- Spalte ab-
gesunkene Gebirgsland.
Charakteristik des Gebirges. - Heteropische Verbältnisse. - Das Gebirge im Süden der Brenta
bei Borf;o di Valsugana. - Val di Selia. - Die Brucblinie von Belluno. - Das Nordgehänge der
Tafelmasse der Sette Communi. - Val Cualba. - Miocäne Bildungen. - Das Gebirgsland
zwischen der Brenta und dem Cismone. - Die Ueberschiebung im Torrente Maso. - Val
Tesino. - Das Gebirge swischen dem Cismone und dem Cordevole. - Das Quecksilber »Vor-
kommen von Vallaita. - Der Kiesstock von Val Imperina bei Agordo. - Das Gebirge im Osten
des Cordevole. - Uebersctzung der Valsufi[ana-Spalte. - Südliche Nebenspalte. - Verwerfungen
bei Longarone.
Der grossen Bruchlinie Valsugana-Cadore ist bereits viel-
fach in den vorhergehenden Schilderungen gedacht worden. Im
X., XI. und XIII. Capitel sind wir von Norden her bis an dieselbe
vorgedrungen und haben unsere Darstellung an derselben abge-
brochen. Wir wollen nunmehr, um eine zusammenhängende Schilde-
rung der bedeutenden tektonischen Störungen geben zu können,
welche durch diese Bruchspalte veranlasst wird, das auf der Südost-
seite der Bruchlinie gelegene Gebiet, so weit dasselbe in den Bereich
unserer Karte fällt, besprechen und scheiden aus demselben blos
das vorzugsweise von tertiären Ablagerungen erfüllte Becken von
Belluno und Feltre aus, welches in einem besonderen Capitel dar-
gestellt werden wird.
Wir betreten eine neue, von der bisher geschilderten wesentlich
verschiedene Gebirgswelt. Zwar nehmen auch hier dieselben meso-
zoischen Kalkformationen den Hauptantheil an dem Aufbau des
Gebirgskörpers, aber die unser Hochgebirge so sehr charakterisirende
Individualisirung der Gebirgstheile fehlt. In grosser Regelmässigkeit
zieht sich der Gebirgswall im Südosten der Bruchlinie fort. Enge,
tief eingerissene Erosionsthäler, welche die Venetianer nicht un-
passend als Canäle bezeichnen, verqueren das Gebirge und fuhren
die Wasser des Hochgebirges der venetianischen Ebene zu. Die
älteren Triasbildungen liegen meist in der Tiefe und auf weite
^lO ^^s i"^ Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Strecken ist der Dachsteinkalk das älteste, zu Tage ausgehende
Gestein. Zwischen Val di Martino im Westen bis zur Vereinigung
der Boita mit der Piave im Osten bildet der Dachsteinkalk die
dominirende Felsart. Westlich von Val di Martino nehmen die
weitverbreiteten Kreidebildungen einen hervorragenden Einfluss auf
die landschaftliche Physiognomie. Sie bilden meist die eintönigen,
rasenbedeckten Hochflächen und contrastiren lebhaft von den in
Einrissen unter ihnen in mächtigen Felsbänken zu Tage tretenden
Jurakalken.
Nächst den tektonischen Störungen, welchen wir unsere be-
sondere Aufmerksamkeit zuwenden werden, zeichnet sich das Gebiet
im Süden der Bruchlinie durch das Auftreten von tertiären Ab-
lagerungen und durch das Vorkommen von einzelnen Basaltgängen
aus. Nirgends überschreiten die Tertiärbildungen und die Basalte
den Nordrand der Spalte, so dass wol irgend eine causale Ver-
bindung zwischen der Existenz der Spalte und der Beschränkung
der tertiären Schichten und der Basalte auf das am südlichen
Spaltenrande abgesunkene Gebirge vorausgesetzt werden möchte.
Da die älteren Triasbildungen nur mit Unterbrechungen, und
zwar stets nur in der Nähe der Bruchlinie auftreten, so lässt sich
über die heteropischen Verhältnisse derselben in dem südlichen
Gebiete eine zusammenhängende Darstellung nicht geben. In
Valsugana, am Nordgehänge der Tafelmasse der Sette Communi
ist die ganze Reihenfolge der Schichten zwischen dem unteren
Muschelkalk und den Raibler Schichten dolomitisch entwickelt. Hier
war also Riffgebiet. Die Mächtigkeit des gesammten Dolomits ist
aber eine auffallend geringe (150 — 200 Meter) und eine Unter-
scheidung der einzelnen Horizonte, welche auf der Karte blos der
consequenten Darstellung wegen schematisch durchgeführt wurde, ist
in der Natur nicht angedeutet. Auf der Strecke zwischen Valsugana
und Transaqua in Primiero treten nirgends norische und unter-
karnische Bildungen zu Tage. Südöstlich von Transaqua, am West-
ende des Sasso della Padella erscheinen am Nordrande der Bruch-
linie Buchensteiner Knollenkalke und Augitporphyrlaven in geringer
Ausdehnung; die Hauptmasse der Gebirgsgruppe des Sasso di Mur,
welche nur durch den Erosionssattel von Cereda von dem grossen
Primiero-Dolomitriff getrennt ist, zeigt wieder durchgehends dolo-
mitische Entwicklung. Es muss daher unentschieden bleiben, ob das
Valsugana-Riff mit dem Primiero-Riff zur obemorischen und unter-
kamischen Zeit zusammenhieng, oder ob sich dazwischen ein riff-
freier Strich befand. Weiter gegen Nordosten begegnen uns bis
zur Boita nur rifffreie Ablagerungen. Erst bei Cibiana und bei
■1
Das im Süden der yalsugana--Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. ai i
Valle di Sotto erscheinen kleine Dolomitmassen in den Wengener
Sandsteinen, welche wol nur als die Ausläufer eines gegenwärtig
verdeckten südlichen oder südöstlichen Riffs angesehen werden
können. •
I. Das Gebirge im Süden der Brenta bei Borge di Valsugana.
Der Tafelmasse der Sette Communi, welche mit ihrem nord-
östlichen Ende in den Bereich unserer Karte fällt, sind am Nord-
rande zwei kleine orographisch ziemlich selbstständige Gebirgs-
körper vorgelagert, so dass sich das Gebirge im Süden der Brenta
in drei kleinere Abschnitte gliedert: i. den Kamm des Monte Ar-
menterra zwischen der Brenta und dem Val di Sella, 2. den Monte
Civaron zwischen der Brenta, Val Cualba und dem Maggio und
endlich 3. die Tafelmasse des Sette Communi.
Der Kamm des Monte Armenterra macht sich südlich von
Barco von der Gebirgsmasse der Sette Communi los und erscheint
zunächst als eine dem hohen südlichen Kalkgebirge vorgelagerte
Terrasse. Es kann für den mit den tektonischen Verhältnissen des
Districtes noch nicht Vertrauten kaum etwas Ueberraschenderes
geben, als das Profil *) von Barco durch den hier auf den Schutt-
kegel von Barco von Süden mündenden Graben gegen den Pizzo
di Vezena. Am Eingange des Grabens treffen wir als tiefste ent-
blösste Schicht, anstatt, wie wir wol erwartet haben mochten, eines
tiefen Triasgliedes, die grauen Liaskalke mit Terebratula Rotzoana,
Chemnitzia terebra, Megalodus pumilus und Lithiotis problentatica,
darüber sodann. Alles ziemlich steil aufgerichtet, Süd fallend, gelbe
Kalke**), hierauf rothe Marmorbänke mit Manganputzen (Klaus-
Schichten), endlich die oberjurassischen Ammonitenkalke, auf welche
in grosser Mächtigkeit die dünngeschichteten Bänke der Kreide
folgen. Die steil aufgerichteten, vom Graben quer durchrissenen
dünnen Kreideschichten gewähren einen prächtigen Anblick. Bei-
läufig in der Mitte der Mächtigkeit und dann zu oberst, nächst der
Mündung eines von Osten her streichenden Seitengrabens erscheinen
rothgefärbte Schichten. Die letzteren sind sichere Scaglia, wahr-
scheinlich sind aber auch die in der Mitte des Aufschlusses er-
scheinenden rothen Bänke steil eingefaltete Scaglia-Schichten. Es
*) Dieses Profil fällt zwar ausser den Rand unserer Karte, ist aber für das
Verständniss der Verhältnisse in Val di Sella immerhin von Interesse.
*"**) Ob diese gelben Kalke den Schichten mit Rhynchonella bilobata der
Etschbucht entsprechen, muss bis zur Auffindung entscheidender Fossilien dahin-
gestellt bleiben.
A12 Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
spricht dafür ausser der grossen Mächtigkeit des Complexes, welche
im auilallenden Gegensatz zu der im Allgemeinen sehr geringen
Mächtigkeit der Kreide in Valsugana steht, noch die für Biancone
ungewöhnliche Lage der rothen Schichten*).
Ueber der Scaglia erscheint nun in dem sich etwas erweitern-
den Graben in geringer Ausdehnung Quarzphyllit. Nach einer
kurzen Unterbrechung in den Aufschlüssen, in welcher man einige
grössere Brocken von Rauchwacken (Bellerophon-Schichten?) sieht,
folgen sodann in bedeutender Mächtigkeit und mit ziemlich flach
Süd fallenden Bänken Werfener Schichten, zu unterst grössere
Massen von oolithischen Kalken und feinkörnigen Oolithen, hierauf
ein mächtiger Complex rother schiefriger Gesteine mit rothen Oolith-
bänken, aber nur spärlichen Einlagerungen von Kälkplatten [Manotis
Clarai) und zuoberst Gyps und Rauchwacke **). Am Fusse der
Steilwand folgt der untere Muschelkalk, dünne, knollige Mergelkalk-
bänke, als Unterlage einer ziemlich mächtigen Dolomitstufe, welche
durch einen nach Osten und Westen hin weiterstreichenden Streifen
dunklerer, weicher Gesteine von der höheren, bis nahe unter den
Gipfel des Pizzo di Vezena reichenden, wolgeschichteten Masse des
Dachsteinkalks geschieden ist. Weiter östlich, unterhalb der Cima
Dodici erweisen sich diese weicheren Gesteine — - graugrüne Kalke
mit knolligen Wülsten und glimmerigen Häutchen auf den Schicht-
flächen, schiefrige Kalke mit Kohlenspuren, graue Steinmergel —
als Raibler Schichten; der unter ihnen lagernde Dolomit muss da-
her als vollkommen isopische Vertretung des oberen Muschelkalks,
der Buchensteiner, Wengener und Cassianer Schichten betrachtet
werden.
Die Gipfelmasse des Pizzo di Vezena bilden nach den Beob-
achtungen des Herrn Vacek die grauen Liaskalke, welchen weiter
im Süden auf dem Plateau von Vezena die Schichten des oberen
Jura und der unteren Kreide folgen.
Begibt man sich durch den oben erwähnten Seitengraben, in
welchem die Scaglia ansteht, gegen Osten aufwärts auf das Plateau
von Sella, so verquert man zunächst einen grösseren Basaltgang
und begegnet Schollen von miocänem Mergel, wahrscheinlich Resten
*) Die untere Kreide von Valsugana bildet in lithologischer Beziehung ein
Mittelglied zwischen der typischen Biancone- Facies des SQdens und den grauen,
mit rothen Schichten wechsellagernden Neocom-Mergeln des Nordens unseres
Gebietes.
*♦) Wir begegnen hier zum ersten Male in unserem Gebiete diesem bei
Recoaro, dann im südwestlichen Tirol und in der Lombardei sehr constanten
oberen Gypshorizonte.
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. 413
einer bereits denudirten Decke miocäner Schichten. Höher oben im
Graben sieht man dann plötzlich die Kreideschichten an einer
Scholle von Jurakalk (graue Liaskalke, gelbe Kalke, Ammoniten-
kalke) abschneiden, auf welche im Südosten wieder regelmässig die
gering mächtige Kreide und eocäner Nummulitenkalk folg^. Rauch-
wacken und Werfener Schichten erscheinen sodann in nächster
Nähe des Nummulitenkalks. Gegen Süden ist das anstehende
Gestein bis hoch zu den Wänden der Cima Mandriola hinan
mit Gehängschutt bedeckt und im Osten folgt auf dem Plateau von
Sella eine mächtige, ebenfalls die weitere Verfolgung des Gebirgs-
baues verhindernde Decke von Glacialschutt.
Es ist klar, dass das Auftauchen des Phyllits in der Tiefe des
Grabens, sowie das Erscheinen der Rauchwacke und der Werfener
Schichten auf dem Plateau von Sella das Durchsetzen einer
bedeutenden Verwerfungsspalte anzeigen, welche die Tafelmasse
der Sette Communi von dem nördlichen in die Tiefe gesunkenen
Gebirge trennt. Die nordöstliche Fortsetzung des letzteren bildet
den Rücken des Monte Armenterra, die erwähnte mittlere Scholle
im Seitengraben ist nur von geringer Ausdehnung und kann als
eine kleine Nebenscholle der Armenterra-Masse betrachtet werden.
Unterhalb Barco taucht unter dem grauen Liaskalk der Dach-
steinkalk heraus, welcher zu den Gipfeln des Sasso alto und des
Armenterra ansteigt und die ganze Schichtenfolge des Jura und der
Kreide auf die Südseite des Gebirges, in das Val di Sella, drängt.
Die obersten Partien des Dachsteinkalks unter dem Lias bestehen
aus lichtem, häufig breccienartigem, bröckelndem dolomitischen *
Gestein, welches von rothen Klüften durchzogen ist und nicht
selten auch mergelige braungelbe Zwischenmittel zeigt.
Charakteristisch für diese Zone sind die zahlreichen, prächtig
spiegelnden Rutschflächen, welche das Gestein durchsetzen. Die
tiefere Hauptmasse des Dachsteinkalks besteht aus braungrauen, an
der Luft bleichenden sandigen Kalken und dolomitischen lichten
Bänken. Turbo solitarius ist ein häufig in Hohldrücken erscheinendes
Fossil.
Südlich von Brustolai tritt der von einigen kleineren Basalt-
gängen durchsetzte Dachsteinkalk des Armenterra in Berührung
mit Schichten der unteren Trias, welche der Quarzporphyrtafel des
Zaccon regelmässig auflagern. An dieser Stelle, zwischen dem Dach-
steinkalk und dem unteren Muschelkalk, muss die Valsugana-Spalte,
welche die Armenterra-SchoUe im Norden begrenzt, durchsetzen.
Der Monte Zaccon kann, wie in dem vorhergehenden Capitel (S. 400)
erwähnt worden ist, als der südliche Gewölbeflüsrel der Anticlinale
^I^ Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
des Monte Broi betrachtet werden. Als Vertreter der Bellerophon-
Schichten der nördlichen Gegenden treten hier weiche gelbe, röth-
liche und blaugraue Gypsmergel auf, welche nach oben mit Gastro-
poden und Pelecypoden fuhrenden Rauchwacken wechsellagem. Die
Schichtenfolge des Monte Zaccon wird gegen Osten durch den sich
rasch nach Norden wendenden und bei Borgo das Brenta-Thal
übersetzenden Armenterra-Zug abgeschnitten. Deutlich macht sich
hier der grosse Bruch zwischen der Armenterra-Masse und dem
Zaccon kenntlich, während im Süden des Zaccon, wo in beiden
Massen gleiches Streichen herrscht, nur das Fehlen der triadischen
Riffmassen und der Raibler Schichten eine Lücke der Schichten-
folge anzeigt. Da aber diese Unterbrechung keine besonders hohe
Sprunghöhe verräth*) und die Schichten der Zaccon-Masse ebenfalls
ziemlich steil gegen Süden einfallen, so könnte man vermuthen,
dass die Bruchspalte im Westen von Borgo mehr den Charakter
einer jähen, von kleineren Sprüngen begleiteten Schichtenbeugung
annimmt.
Leider ist die Thalsohle des Val di Sella von ausgedehnten,
theils glacialen **), theils postglacialen Schuttmassen derart erfüllt,
dass man ausser den oben beschriebenen Stellen im Westen des
Sella-Gebietes nur noch an einem Punkte den Zusammenstoss der
Armenterra-Scholle mit der Sette Communi-Masse beobachten kann.
An dieser, durch Katarakte bezeichneten Stelle, südsüdwestlich von
Olle, reicht die Armenterra-Scholle auf das rechte Bachufer hinüber
und bilden, wie im Westen des Sella-Plateau's, Nummuliten-Schichten
das oberste Glied der Armenterra-Scholle. Man darf daher wol
annehmen, dass sich unterhalb der Schuttmassen eine fortlaufende
Zone von Nummuliten-Schichten im Süden der Armenterra-Kette
fortzieht, bei Borgo die Brenta übersetzt und sich mit den Nummu-
liten-Schichten des linken Brenta-Ufers verbindet.
An die Nummuliten-Schichten grenzt auf der Südseite ein
fächerförmig gestellter kleiner Keil von Grödener Sandstein, welcher
in der Bruchlinie eingeklemmt erscheint, und auf diesen folgt sodann
im Süden Quarzphyllit, welcher, obwol häufig durch Schutt verdeckt,
sich bis gegen den Nordfuss der Cima Mandriola verfolgen lässt.
*) Vgl. oben die Bemerkung Qber die geringe Mächtigkeit der triadischen
RifTmassen in Valsugana.
**) In den das Plateau des oberen Val di Sella bedeckenden Schunablagerungen
begegnet man häufig Blöcken von Cima d'Asta-Granit, Quarzporphyr und Quarz-
phyllit, ein Beweis, dass die alten Gletschermassen Ober dieses Hochplateau in der
Richtung von Nordosten gegen Westen und Südwesten hinwegzogen.
Das im Süden der Valiugana-Ctdore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. ^i J
Brenia bei Sonccgno
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^l6 Das im SOden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Steil, fast senkrecht fallen die Schichten der Armenterra-
Scholle*) der Bruchlinie des Val di Sella zu, auf der Kammhöhe
aber legen sich dieselben bedeutend flacher, so dass man eine
kniefbrmige Beugung der Schichten annehmen muss.
Die Bruchlinie des Val di Sella werden wir weit nach Osten
bis an die Grenze unserer Karte verfolgen. Sie begleitet die Val-
sugana-Spalte im Süden. Da sie in der Gegend von Belluno, wo
Hoernes zuerst ihr Vorhandensein erkannte, als Nordgrenze der
Tertiär-Schichten eine besondere Bedeutung erlangt, so wollen wir
ihr die Bezeichnung , Bruchlinie von Belluno* beilegen.
Das oben mitgetheilte Profil aus dem Graben bei Barco auf
den Pizzo di Vezena kann fiir die ganze Nordseite des Sette
Communi-Massivs gelten. Die tieferen Schichten, häufig bis über die
Raibler Schichten aufwärts, sind grossentheils durch Gehängschutt
oder durch miocäne Conglomerate und Sandsteine verdeckt. Die
Grenze zwischen dem an der Basis liegenden Quarzphyllit und den
Werfener Schichten ist, so viel mir bekannt ist, nirgends entblösst.
Den Grödener Sandstein kenne ich nur in der oben erwähnten ein-
geklemmten kleinen Scholle. Im Valle Santo, südlich von Olle, wo die
Werfener Schichten in grösserer Ausdehnung entblösst sind, kommen
an deren Basis schwarze Kalke und graue und gelbe Dolomite mit
Zwischenlagen glimmerflihrenden Schiefers vor, welche als Stellver-
treter der Bellerophon-Schichten aufgefasst wurden. Zwischen den
Werfener Schichten und dem unteren, Rhizocorallien fuhrenden
Muschelkalk findet sich auch hier die obere Gypszone.
Fast in allen Schuttströmen des Gebirges am rechten Brenta-
Ufer, namentlich auch auf den Gehängen der Sette-Communi-Masse
fallen Basaltgeschiebe auf, welche offenbar von kleinen, das Kalk-
gebirge durchsetzenden Gängen herrühren müssen. Doch gelang es
nicht, mehr als die zwei in unserer Karte angedeuteten Gänge
aufzufinden, wahrscheinlich wegen der geringen Dimensionen
der meisten Gänge. Eine grössere, bereits in der Karte des
geognostisch-montanistischen Vereines von Tirol angedeutete Gang-
masse findet sich ausserhalb der Grenze unserer Karte auf der
Porta di Manazzo.
In der Gegend von Olle spaltet sich die Bruchlinie von
Belluno in zwei Aeste, welche die kleine Gebirgsmasse des Monte
Civaron einschliessen. Der Hauptast setzt auf der West- und Süd-
seite des Civaron durch, wo eine zusammenhängende Ablagerung
*) Benecke hat in seiner Schrift über Trias und Jura in den SQdalpen
(Geog. pal. Beitr. I, r.) ebenfalls eine Schilderung dieses Gebirges gegeben.
Dm im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgslsnd. ^j^
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lici, Dolomilrilfe.
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AI 8 ^AS ^"^ Soden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
von Miocän-Schichten die Grenze gegen die Sette Communi-Masse
verdeckt. Nur an einer Stelle auf der Westseite des Civaron kommt
in sehr geringer Ausdehnung nach der Beobachtung des Herrn
Vacek Quarzphyllit vor.
Der Civaron selbst ist von zwei streichenden Ven^'erfungen
durchsetzt, welche ihn in drei kleinere Schollen theilen. Die nörd-
lichste dieser Schollen erhebt sich südlich von Castelnuovo am
rechten Brenta-Ufer und besteht aus Grödener Sandstein, einer den
Bellerophon-Schichten zuzurechnenden, aus Dolomiten, Gypsmergeln,
Letten und Rauchwacken bestehenden Schichtfolge und Werfener
Schichten mit Monotis Clarai, Die mittlere, in Steilwänden über der
nördlichen sich erhebende Scholle zeigt weissen, rothgeklüfteten
dolomitischen Dachsteinkalk. Die südliche Scholle endlich wird von
flach NO. einfallenden Jurakalken gebildet, unter denen am Aus-
gange des Val Cualba dolomitischer Dachsteinkalk hervortritt.
Die bereits mehrfach erwähnten Miocän-Schichten gehören,
wie die verschiedenen zerstreuten Denudationsrelicte darthun, einem
an der Belluneser Bruchlinie aus dem Graben bei Barco über
Val di Sella, Val Cualba, Ospedaletto bis gegen Pieve Tesino fort-
streichenden Zuge an. Sie liegen allenthalben vollkommen discordant
auf dem älteren Gebirge, sind aber selbst noch sehr bedeutend auf-
gerichtet. In Val Cualba, wo man dig» nesterweise in den Con-
glomeraten und Sandsteinen vorkommende, aschenreiche Braunkohle
abbaut, und bei Ospedaletto ist die Miocänbildung steil zusammen-
gefaltet und zeigt ein sehr wechselndes Fallen. Die marinen Fossilien,
welche in den über den Conglomeraten und Sandsteinen vorkom-
menden sandigen Mergeln und blätternden Mergelschiefern häufig
gefunden werden, sind durchwegs sehr schlecht erhalten, so dass
deren Bestimmung schwierig ist. Doch glaubt Hoernes mit Sicher-
heit in dem vorliegenden Materiale einige für die ältere Mediterran-
stufe bezeichnende Conchylien zu erkennen, insbesondere Isocardia
subtransversa Orb., Venus islandicoides Lamk., Turitella Archimedis
Brong. *)
2. Das Gebirgsland zwischen der Brenta und dem Cismone.
Jenseits des von mächtigen, postglacialen Schuttkegeln er-
füllten Brenta-Thales finden wir die Fortsetzungen der drei soeben
•) Verh. Geol. R.-A. 1877, P''*»?- 'z^* Andere mitvorkommende Formen finden
sich anderwärts auch in den Ablagerungen der jüngeren Mediterran-Stufe. Th. Fuchs
hielt im Jahre 1868 (Verh. Geol. R.-A., pag. 5o) die Schichten von V. Cualba und
V. Pissavacca für jüngeres Mediterran.
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. aiq
betrachteten Gebirgsmassen. Dem Zuge des Monte Armenterra ent-
spricht der merkwürdige, theilweise überkippte Halbring von meso-
zoischen und alttertiären Bildungen, welcher von Borgo bis Strigno
reicht und bei Scurelle vom Torrente Maso durchschnitten wird. In
die Fortsetzung des Monte Civaron fällt der Lefre-Berg zwischen
Strigno und Ospedaletto. Die Stelle der Sette Communi-Tafelmasse
endlich nimmt das Gebirge im Südosten von Ospedaletto ein.
Wir betrachten zunächst den niedrigen halbkreisförmigen
Kalkzug zwischen Borgo und Strigno, welcher orographisch noch
ganz dem Südabfalle der Cima d'Asta-Masse angehört.
Es ist bereits erwähnt worden, dass der Gebirgszug des Monte
Armenterra sich im Osten scharf nördlich wendet und augen-
scheinlich bei Borgo das Brenta-Thal übersetzt. Die Schichten
richten sich bei dieser Drehung immer steiler auf und auf der
Westseite der Rocchetta fallen die Schichten des Dachsteinkalks
bereits widersinnisch gegen Westen, gegen die Valsugana-Spalte zu,
welche zwischen Zaccon und Rocchetta durchläuft. In! Norden der
Brenta theilt sich diese widersinnische Fallrichtung nach und nach
auch den jüngeren Schichtcomplexen mit. Der Schlossberg von
Borgo, welcher sich in einem langen Rücken über San Pietro
bis zum Einschnitte des Ceggio oberhalb Telve fortsetzt, besteht
seiner Hauptmasse nach aus oberem, dolomitischen Dachsteinkalk,
dessen Schichten theils senkrecht aufgerichtet sind, theils sehr steil
W. und WNW. gegen den im Westen, an der Bruchspalte, folgen-
den Quarzphyllit einfallen. Im* scheinbaren Liegenden des Dachstein-
kalks folgen sodann auf der Ostseite graue und lichte Kalke von
geringer Mächtigkeit, hierauf der rothe oberjurassische Ammoniten-
kalk und die Kreide. Die grauen Liaskalke scheinen zu fehlen, wol
nur weil sie an einer streichenden Parallel-Verwerfung in der Tiefe
eingeklemmt sind. An diese steil aufgerichteten und überkippten
mesozoischen Kalke legen sich auf der Innenseite des Bogenstückes
Borgo-Telve die mächtigen alttertiären Schichten*) mit ziemlich
flachem Ostfallen an. Dieses entgegengesetzte Fallen deutet auf
das Durchsetzen einer weiteren streichenden Parallelverwerfung
(vgl. das Profil auf Seite 404).
*) Diese Schichten bilden einen sehr fossilreichen, aus weichen thonig-
sandigen Schichten und zwischen gelagerten mächtigen Kalkbänken (Nulliporen-
kalken) bestehenden concordanten Complex, dessen unterer, zahlreiche Nummuliten
fahrender Theil das Eocftn bis zu den Gomberto-Schichien herauf umfasst, während
die höhere, Scutellen umsch liessende Abtheilung den bereits oligocänen Schio-
Schichten zufallen dürfte. Eine eingehende Schilderung der gesammten alttertiären
Ablagerungen von Sodtirol und Venetien bereitet Herr Dr. A. Bittner vor.
37*
^20 ^^^ ^^ Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Jenseits des Torrente Ceggio wird kein Dachsteinkalk mehr
sichtbar. Die immer flacher einfallenden Bänke des mittleren und
oberen Jura scheinen direct den Quarzphyllit zu unterteufen. Die
widersinnische Umkippung der Schichten theilt sich nun auch der
der Kreide zunächst liegenden Partie der Eocän-Schichten mit,
während gegen das Innere des Halbkreises zu stets flaches Ein-
wärtsfallen der Tertiärbildungen die Regel ist. Die streichende Ver-
werfung, welche in dem Abschnitte Borgo-Telve die Kreide von
dem Alttertiären trennt, springt nun offenbar in das letztere selbst
über. Die Verhältnisse bleiben sich dann gleich bis zu der bereits
vonSuess*) vortrefflich geschilderten Stelle im Torrente Maso,
wo, wie mich eine genaue Detailuntersuchung lehrte, der Quarz-
phyllit in dem kleinen Hügel zwischen Vallunga und Torrente Maso
thatsächlich mit flach Nord fallenden Schichten dem Jurakalke auf-
ruht (vgl. das Profil auf Seite 417). Die Ueberschiebung längs der
Bruchspalte ist hier vollkommen. Im Osten des Torrente Maso
kehrt die innere, streichende Verwerfung wieder an die Grenze
z.wischen Kreide und Eocän zurück. Die weitere Verfolgung der
Jura- und Kreide-Schichten wird nun durch die mächtige Decke
von Glacialschutt, welche dem Plateau nördlich von Scurelle auf-
lagert, sehr erschwert. Bei Strigno, bis wohin die tertiären Schichten
reichen, vermochte ich unter dem Glacialschutt keine anstehenden
mesozoischen Kalke mehr zu entdecken.
Werfen wir auf die eben geschilderten Verhältnisse einen
kurzen Rückblick. Ein schmaler randlicher Gebirgsstreifen ist an
der bogenförmig einspringenden Bruchspalte widersinnisch umgedreht
und innerhalb dieses umgestülpten Walles fallen die Schichten flach
concentrisch zusammen. Treffend bezeichnete Suess diese Lagerung
durch den Vergleich mit einer halben Schüssel, auf welcher die
inneren Bildungen ruhen.
Bei Strigno tritt der Quarzphyllit am linken Ufer des Chiepina-
Baches hervor, von einer Fortsetzung der soeben betrachteten
Scholle ist keine Spur mehr zu sehen. Auf eine kurze Strecke
scheint sogar der bei Ccistell Ivano anstehende und nach einer
freundlichen Mittheilung des Herrn Prof. Ragazzoni in Brescia die
Rothliegend-Pflanzen des Val Trompia führende Verrucano direct
dem Quarzphyllit aufzulagern. Dieses plötzliche Intermittiren des
Bruches wäre gewiss eine höchst merkwürdige Erscheinung, wenn
man die grosse Sprunghöhe und die Intensität der Störungen in
*) Ueber die Aequivalente des Rothliegenden in den SQdalpen. Sitz.-Ber*
d. k. Akad. d. Wiss. Wien, 1868, Febr.-Hcft.
Das im Süden der ValBUgana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. 421
I 'i
ll
PI
Gebünae
sr PrimiiXun
A22 ^fls im Soden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
dem dicht benachbarten Bogenstück BorgoStrigno in das Auge
fasst. Höher aufwärts im Torrente Chiepina macht sich die Bruch-
spalte aber bald wieder bemerkbar. Zunächst wird der Streifen
permischer und untertriadischer Schichten, welcher von Castelnuova
über Castel Ivano *) herüberstreicht, abgeschnitten, worauf die Kalke
des Lefre-Berges schräg an den Quarzphyllit herantreten. Der Lefre-
Berg, welcher, wie bereits Suess bemerkte, als die Fortsetzung des
Civaron aufzufassen ist, besteht aus oberem Dachsteinkalk und einer
Decke von Jura- und Kreidebildungen. Die im Norden ziemlich steil
aufgerichteten Schichten legen sich in der Mitte der Bergmasse
flacher, biegen sich aber gegen das von Miocän-Schichten erfüllte
Thal bei Ospedaletto wieder steil gegen Süden.
Der weitere Verlauf der Valsugana-Spalte ist bis Mezzano
in Primiero ausserordentlich scharf durch den Contact der meso-
zoischen Kalke und des krystallinischen Schiefergebirges gekenn-
zeichnet. Allenthalben fallen in einer schmalen Randzone die
Schichten des Kalkgebirges, wie umgeknickt, der Spalte zu. Von
einer Schleppung der Schichten am gesunkenen Spaltenrande ist
nirgends etwas wahrzunehmen.
Sehr bemerkenswerth ist die rechtwinklig einspringende und
am Granit abschneidende Scholle zwischen dem Riv. Secco und
Val Tolva. Selbst wieder zerspalten, steht dieselbe ausser allem
c
s
o
Afalga Orcnna
o
u
C/3
cd
<
NNW.
SSO.
a zz Granit; h = Dachsteinkalk; c = Lias; d = Mittlerer und oberer Jura; e = Biancone
/ = Scaglia; g = Eocän. - -4 = Valsugana-Bruchspalte.
tektonischen Verbände mit dem übrigen Kalkgebirge. An der Basis
der Hauptscholle liegen im Riv. Secco die nordwestlich unter die
Kreide einfallenden Nummuliten-Schichten. Ueber dieselben fuhrt
der Weg aus Val Tolva auf die Alpe Marande.
*) Hier finden sich im Horizonte der Bellerophon-Schichten wieder grosse
Gypsmassen.
Das im Süden der Valnigana-Cadorc- Spähe abgesunkene Gebirgsland. ^25
Val Slernoizcna
4.24 ^^^ ^"^ Soden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Ein grossartiges Seitenstück zur Ueberschiebung im Torrente
Maso bildet die liegende und unter den Quarzphyllit geschobene
Falte im Norden von Marande und Brocone. Die jüngste, gegen-
wärtig noch erhaltene Bildung der zusammengefalteten und einstens
wol mit dem Gegenschenkel viel weiter nach Süden zurückreichen-
den Masse ist die Scaglia, deren Schichten einerseits die weiten
Alpflächen Agaro und Zanca bilden und andererseits mit ziemlich
flachem Nordfallen unter den Biancone und den Jura des Gebirgs-
rückens im Norden der Marande und des Brocone untertauchen.
(Man vergleiche auch das Profil auf Seite 402.)
Bei Imer in Primiero findet sich, eingeklemmt zwischen dem
Nord fallenden Dachsteinkalk und dem gleichfalls Nord fallenden
Phyllit eine in gleichem Sinne orientirte Scholle von unterem*) und
oberem Muschelkalk.
Die Bruchlinie von Belluno setzt bei Ospedaletto über die
Brenta, in das mit Miocän-Schichten erfüllte Thal zwischen dem
Lefre-Berg und der Cima Lasta, streicht sodann über die Scharte
zwischen diesen beiden Bergen in das Gebiet von Tesino, wo
sie zunächst zwischen den Kreideschichten von Pieve Tesino und
dem Jura des Monte Silana sich hinzieht und hierauf, dem Südfusse
des höheren Kalkgebirges (Monte Agaro, Monte Coppolo) folgend,
in nahezu westöstlicher Richtung bis an den Cismone fortstreicht.
Die Nordgrenze der ausgedehnten Biancone-Ablagerungen fallt auf
der letzteren Strecke ihres Verlaufes stets mit ihr zusammen. Sehr
bemerkenswerth ist die Wiederholung des einspringenden Winkels
der Valsugana-Spalte zwischen Val Tolva und Riv. Secco durch
den Belluneser Bruch zwischen Monte Asenaro und Monte Agaro.
Am Nordrande des Belluneser Bruches tauchen wol auch hier
stets ältere Bildungen empor, aber das Fallen der Schichten am
südlichen Bruchrande ist ein sehr verschiedenes.
Von Ospedaletto bis S. Donna fallen die Schichten am Süd-
rande von der Bruchlinie weg gegen Süden. Nördlich von S. Donna
stellt sich sodann hoch unter den Wänden des Monte Coppolo und
Monte Piaz eine Nebenspalte ein, auf welcher ein Streifen ober-
jurassischer Kalke hervortritt. Diese Kalke sind steil aufgerichtet
und fallen unter die im Süden ihnen vorgelagerten Schichten des
Biancone ein, während im Norden des Jurakalkstreifens eine schmale
Zone von Biancone flach gegen die Bruchlinie einschiesst. Nächst
der Bruchlinie bewahren bis über Castello Schenero am Cismone
*) Den unteren Muschelkalk bilden hier rothe und graue, Pflanzenreste
führende Sandsteine.
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. a2C
hinaus die Schichten des Biancone die nördliche Fallrichtung. Süd-
lich von Roa erscheint über ihnen eine ebenfalls nördlich einfallende
schmale Scholle von Jurakalk, was auf eine, der Bruchlinie zu-
fallende liegende Falte mit überkipptem Nordschenkel schliessen lässt.
Am Nordrande des Bruches stehen zwischen Ospedaletto und
dem einspringenden Winkel nördlich von Cornale die Schichten
entweder fast senkrecht oder sie fallen gegen Süden ein. Vom ein-
springenden Winkel östlich bis zum Cismone herrscht dagegen
constant Nordfallen.
Höchst eigenthümlich sind die tektonischen Verhältnisse in
dem breiten Gebirgsstreifen im Süden des Belluneser Bruches, welcher
seiner Stellung nach der Tafelmasse der Sette Communi entspricht.
Wenn man von Ospedaletto aus das Brenta-Thal abwärts gegen
Primolano wandert, so sieht man die Schichten auf beiden Thal-
seiten regelmässig fortziehen, und wenn auch im Osten die ent-
sprechenden Ablagerungen stets in etwas niedrigerem Niveau
erscheinen, als im Westen, so zweifelt man doch nicht im Geringsten,
dass diese Felsenengen nur ein Erosionscanal sind. Von irgend
einer nennenswerthen Störung der Lagerung auf der Ostwand der
Schlucht ist nichts zu bemerken.
Wenn man sodann unter diesem Eindrucke die Höhen des
Plateau's zwischen der Brenta und dem Cismone durchstreift, so
wird man sehr erstaunt sein, anstatt der erwarteten, vollkommen
regelmässigen Lagerung grossartige Zusammenfaltungen und Ueber-
schiebungen anzutreffen.
Am Cismone und im Osten desselben herrschen wieder sehr
einfache Verhältnisse. Die erwähnten Störungen concentriren sich
zwischen Tesino und dem Col Costion. Die beiden Profile auf
Seite 421 und Seite 423 dienen zur Erläuterung derselben. Gegen
Westen, gegen den Kamm der Cima Lasta zu, erscheinen die
Kreidebildungen in einer liegenden und von Westen her über-
schlagenen Falte. Diese Falte geht jenseits des Grigno bei Castello
Tesino in eine Ueberschiebung über, welche beiläufig bis in die
Gegend von Costa, westlich von Lamen, im Cismone-Gebiet anhält,
wo dann an ihre Stelle abermals eine sich allmählich öffnende
Falte tritt. Der Biancone von Castello Tesino liegt über der vom
Joche am Monte Pasetin herabziehenden Scaglia, und an einer Stelle
längs des Weges zur Jochhöhe tritt eine beschränkte Scholle von
Nummulitenkalk zwischen der Scaglia im Liegenden und dem
Biancone im Hangenden auf Das Fallen ist flach gegen Norden
gerichtet.
426 ^^s i"^ Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Ein weiterer Bruch, verbunden mit einer Ueberschiebung der
älteren Bildungen, tritt auf dem Nordgehänge des Monte Picosta
auf und erstreckt sich östlich bis zum Col Costion. Hier ist es eine
ziemlich ausgedehnte Masse von Jurakalken, welche über die selbst
bereits überschobene Biancone-Scholle im Süden emporgepresst ist.
Von der Intensität dieser Störungen geben einige kleine block-
fbrmige Schollen von Liaskalk Zeugniss, welche im Osten der
Hauptscholle und vollkommen von dieser getrennt, mitten im
Biancone schwimmen.
Nordöstlich von Pezze hören diese Unregelmässigkeiten wieder
auf. In der Fortsetzung des von Tesino herüberziehenden Scaglia.
Streifens tritt wieder eine regelmässig faltenförmige Lagerung ein,
aber anfangs, beiläufig bis Vigne, fallen noch beide Faltenflügel
gleichmässig gegen Nordwesten. Erst gegen den Cismone, wo dann
in der Mitte der Mulde alttertiäre Schichten erscheinen, fallen die
Schichten von beiden Seiten gegen die Muldentiefe zusammen.
Bis zur Cima Lan bei Fonzaso herrschen im Süden normale
Lagerungsverhältnisse. Am Ausgange der Cismone-Schlucht bei
Fonzaso taucht ein schmaler Streifen jurassischer Kalke und eine
kleine Partie von Dachsteinkalk regelmässig unter der Kreide auf.
Diese Kalke ziehen sich ziemlich hoch auf das Gehänge der Cima
Lan hinan, wo sie steil westlich unter den Biancone einfallen. Im
Süden der Cima Lan tritt eine nicht unbedeutende Störung ein. Die
älteren Kalke, sowie der Biancone schneiden an einer im Süden
folgenden und gegen dieselben einfallenden Zone von Scaglia ab,
unterhalb welcher der Biancone neuerdings zum Vorschein kommt.
Die Fortsetzung dieses Scaglia-Streifens lagert im Südwesten bei
Arsie, ausserhalb des Gebietes unserer Karte, nach den Beobach-
tungen des Herrn Vacek, muldenförmig auf dem Biancone, indem
weiter westlich in der Gegend des Como di Campo und Col
d'Agnello der Biancone-Zug der Cima Lan Südfallen annimmt. Wir
werden daher annehmen können, dass die Mulde allmählich in eine
liegende Falte und diese endlich, da die Ueberschiebung der älteren
Kalke eine andere Deutung nicht zulässt, in einen schräg ansteigen-
den Ueberschiebungsbruch übergeht.
Ehe wir zur Schilderung des östlich vom Cismone liegenden
Gebirgsabschnittes übergehen, mögen noch einige Bemerkungen über
die chorologischen Verhältnisse der Formationen des soeben be-
trachteten Gebietes folgen.
Zwischen den grauen Kalken und weissen Oolithen des Lias
treten bereits im Gebiete von Tesino die weissen Brachiopoden
Das im Saden der Valsugana-Cadorc- Spalte abgesunkene Gebirgsland, 427
A2S I^fls im Soden der Valsugana-Cadore-Spalce abgesunkene Gebirgsland.
führenden Crinoidenkalke *) auf, welche weiter östlich in der Gegend
von Sospirolo schon seit längerer Zeit bekannt sind. Der obere Jura
tritt bei Fonzaso in der Facies dunkler gebändeter Kalke mit Hom-
steinlagen auf, welchen indessen noch einzelne Bänke von rothen
Knollenkalken eingelagert sind. Diese Gesteine erinnern sehr an die
wolbekannte Facies der Aptychen-Schichten.
Der Biancone ist in grosser Mächtigkeit entwickelt. Wenn
man aus Valsugana kommt, wo die ganze Kreide auf ein schmales
Band reducirt ist, fällt die ausserordentliche Mächtigkeit des Bian-
cone in Tesino und im Cismone-Thal besonders auf. An der Basis
des Complexes liegt blendend-weisser Kalk mit Feuersteinknollen
und auf diesen folgen graue Kalke mit dunklen und schiefrigen
Zwischenlagen.
Eine grosse Ausdehnung besitzen in diesen Gegenden die
Glacialablagerungen. Die Thalsohle von Tesino ist hoch hinauf von
Glacialschutt mit Granit-, Porphyr- und Kalkblöcken erfüllt. Ebenso
ist der schmale Phyllitstreifen an der Valsugana-Bruchlinie von
einer dicken Lage Glacialschuttes bedeckt **).
3. Das Gebirge zwischen dem Cismone und dem Cordevole.
Das Thal des Cismone ist eine Erosionsrinne; wir finden daher
jenseits des Flusses die Fortsetzung der Verhältnisse des rechten
Ufers. Die Lagerung im Süden der Bruchlinie von Belluno wird
Croce d*Aune
SW.
Vette piccole
NO.
a = Dachsteinkalk; b = Lias; e = Mittlerer und oberer Jura; d = Biancone; e = Scaglia;
/ = Eocan.
•) Ein leicht erreichbarer Fundpunkt dieser Gesteine ist Val Calderuola bei
Le Forche am Nordwestgehänge des Monte Agaro.
**) Von der einstigen gewaltigen Vergletscherung dieses Theiles der SOd-
alpen zeigen auch die Moränenreste hoch oben auf dem südlichen Plateau der
Sette Communi mit Geschieben von Granit, Porphyr u. s. f.
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. a2q
nun sehr einfach. Bis in die Gegend des Croce d'Aune herrscht
noch die Muldenform. Der Nordschenkel ist ziemlich steil auf-
gerichtet, während der Südschenkel sich flach umbiegt und eine
beträchtliche Breite besitzt Die Mitte der Mulde nehmen Nummu-
liten-Schichten ein. Die an der Basis des Südschenkels bei Fonzaso
auftauchenden Jurakalke verschwinden bereits nördlich von Arten
wieder.
Bei Pedevena öffnet sich die bisher schmale Mulde und in der
ganzen Breite des Kreidezuges tritt Ostfallen ein. Die weite Tertiär-
landschaft von Belluno, welche wir im nächsten Capitel betrachten
wollen, thut sich auf und nimmt tektonisch von nun an genau die-
selbe Position ein, wie das Kreidegebirge im Westen, welches bei
Pedevena regelmässig unter ihr emporsteigt. Die einzige wichtige
Abweichung, welche nun eintritt, besteht darin, dass die bei Lasen
und Arson in das Tertiärgebiet eintretende Bruchlinie die jüngsten
von der Südseite ihr zufallenden Tertiärschichten abschneidet Eine
muldenförmige Lagerung ist daher strenge genommen, nicht mehr
vorhanden, wenn auch an einigen Stellen die Schichten .in einer
schmalen Zone von der Bruchlinie wegfallen.
Das zwischen den beiden Bruchlinien liegende Gebirge im
Osten des Cismone zeigt ebenfalls viel einfachere Verhältnisse.
Einige secundäre Brüche, welche eintreten, scheinen die geringere
Intensität der Störungen an der Valsugana- Spalte ersetzen zu
sollen. Der bedeutsamste derselben stellt eine diagonale Verbindung
zwischen der Valsugana- und der Belluneser Spalte her und ver-
läuft von der Westseite des Col S. Pietro bei Castello Schenero,
dem Nordgehänge des Pavione-Zuges entlang, bis in die Gegend
der Alpe Cimonega zwischen Sasso di Mur und Monte Brandol,
s.
N.
a = Dachsteinkalk; b = Lias; e = Mittlerer und oberer Jura; d = Bianconc.
A70 Das im Süden der VaUugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebtrgsland.
wo derselbe mit der Valsugana-Spalte zusammentrifTt. Die Sprung-
höhe ist im Westen, gegen die Belluneser Spalte zu, am be-
deutendsten (vgl. das Profil auf Seite 427). Gegen Nordosten stellt
sich eine Art Brücke zwischen dem gesunkenen Gebirgstheil im
Norden und dem höheren Gebirge im Süden durch einen steil
hinabtauchenden Flügel von Jurakalken her, welcher als gebrochener
Nordflügel eines Gewölbe-Aufbruches des südlichen Gebirges auf-
gefasst werden kann (vgl. das Profil auf Seite 429).
Das abgesunkene Gebirge, welches im Monte Videme seine
bedeutendste Höhe erreicht, ist, wie die Betrachtung der Karte
lehrt, die Fortsetzung des Monte Tatoga und der Gebirgsmassen
des Coppolo und des Agaro.
Eine weitere Verwerfungsspalte, welche bereits am Nordfusse
des Monte Remitte und des Monte Tatoga bemerkbar ist, trennt
das Jura-Kreidegebirge des Val della Noana, d. i. das eben be-
sprochene, an der Diagonal-Verwerfung abgesunkene Gebirge, von
einer nördlich einfallenden Zone von Dachsteinkalk. Unmittelbar an
der Bruchlinie sind die Juraschichten (weisser Ammonitenkalk und
Aptychenkalk) zwischen den Prati Ineri und S. Giorgio steil auf-
gestellt und zeigen wechselnd bald nördliches, bald südliches Ver-
flachen. In der Gebirgsecke zwischen Val d'Asinozza und Val
Fonda reichen die knieformig gefalteten Schichten des Biancone
weit auf die Höhe und stossen an den steil Nord einfallenden
Bänken des Dachsteinkalks ab.
In dieser Gegend herrschen sehr verwickelte Verhältnisse. Die
Valsugana-Spalte, welche bei Mezzano auf das linke Cismone-Ufer
übertritt und von Transaqua an zwischen dem Nord fallenden
Dachsteinkalk und den älteren Trias- und Permbildungen des Sasso
della Padella verläuft, bildet zwischen der Gebirgsmasse des Sasso
di Mur und jener des Sasso della Padella einen tief einspringenden
Winkel, durch dessen Vermittlung sie an der Südwestecke des
Monte Neva mit der vorhin besprochenen Spalte zusammentrifft.
Es findet eine Uebersetzung der Bruchlinie statt; die bisherige
secundäre Spalte wird nun weiter östlich zur Hauptspalte und
streicht, das hohe Trias-Kalkgebirge des Sasso di Mur von dem
Jura-Kreidegebirge des Campo torondo trennend, schräg über den
Gebirgskamm in die Gegend von Vallalta. Im Süden des Sasso
della Padella liegt an der Bruchspalte eine nördlich einfallende, den
südlichen Dachsteinkalk regelmässig überlagernde Lias-Scholle.
Die Valsugana-Spalte verlässt sonach zwischen Transaqua
und Vallalta die Phyllitgrenze und läuft, hackenförmig in das süd-
liche Kalkgebirge einspringend, durch dieses. Der Cereda-Pass ist
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. 431
Monte Grava
Sasso di Mur
II Piz
Mis-Thal, Östlich vom
Cereda-PasB
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A^2 ^As ii" Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
der Hauptsache nach ein Erosionssattel, das im Süden desselben
sich erhebende, der Bruchlinie zufallende Triasgebirge des II Piz
und des Sasso di Mur ist ein südlicher Flügel der grossen
Primiero-Gruppe.
Das gegen Westen zu auch streichend sich bedeutend senkende
Triasgebirge nimmt am Sasso della Padella heteropische Einschal-
tungen, knorrige, kieselreiche Buchensteiner Kalke, sowie Augitpor-
phyrtuffe und Laven auf. Die Spatheisensteine, welche bei Transaqua
in Verbindung mit Magneteisenstein und Schwerspath vorkommen
und vor einiger Zeit noch Gegenstand der bergmännischen Ge-
winnung waren, gehören den Bellerophon-Schichten an, welche hier
eine ziemliche Manigfaltigkeit der Gesteinsarten zeigen. Ausser den
dunklen, erzführenden Bellerophon-Kalken treten schiefrige Kalke,
Rauchwacken und Gypsmergel auf.
Wesentlich anderer Natur, als diese lagerformig in normalem
Schichtenverbande vorkommenden Erze, sind die am Nordostende
der Sasso di Mur-Gruppe bei Vallalta an der Valsugana-Spalte ein-
brechenden Quecksilber-Erze.
Vallalta liegt an der Stelle, wo die aus dem südlichen Kalk-
gebirge an die Grenze zwischen Phyllit- und Kalkgebirge über-
springende Bruchlinie die nordsüdliche Richtung verlässt und wieder
das gewöhnliche nordöstliche Streichen annimmt. Zahlreiche secun-
däre Sprünge begleiten daselbst die Hauptspalte und zerstückeln
das im Westen derselben liegende Gebirge in eigenthümlicher Weise.
Bereits das ausserordentlich wechselnde Fallen des Phyllits in der
Umgebung der Quecksilber-Hütte deutet auf das Vorhandensein
ungewöhnlicher Störungen. Aber erst die auf Grund der zahlreichen
Untersuchungs-Stollen unterhalb der zum grössten Theile schutt-
erfüllten Thalsohle des Val delle Monache (Pezzea-Bach) gewonnenen
Aufschlüsse geben uns ein annäherndes Bild der hier herrschenden
complicirten Verhältnisse. Da wegen des kleinen Massstabes auf
der Uebersichtskarte nur eine schematisirte Darstellung möglich
war, so theile ich eine Copie der von Herrn Ant. de Manzoni *),
dem gegenwärtigen Besitzer des Quecksilberwerkes Vallalta, publi-
cirten Karte mit, in welcher ich blos die Bezeichnungen der Gesteins-
arten, der in diesem Buche befolgten Nomenclatur entsprechend
geändert habe.
*) Note sullo Stabilimento montanistico di Vallalta. Venezia 1871. — Die
von G. vom Rath im Jahre 1864 (Zeitschr. der Deutschen Geolog. Gesellschaft)
veröffentlichte Karte des Directors Luigi Forne stimmt nahezu vollständig mit der
hier reproducirten Karte Manzoni*s oberein.
Das im Soden der VBlsugana-Cedore-Spalic abgeaunkene Gebirgsland. ^la
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1 >•«
A7A Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Eine der Hauptspalte anfangs parallele, im Süden aber mit
derselben convergirende Nebenspalte schneidet die von Westen her,
an der Basis der Sasso di Mur-Gruppe von Primiero herüber-
streichenden permischen Bildungen ab, und ein keilförmiger Streifen
des Phyllitgebirges (Talkschiefer) dringt in den Raum zwischen der
jenseits der Hauptspalte liegenden Dachsteinkalk-Masse des Monte
le Rosse und den durch die Nebenspalte begrenzten permischen
Schichten. Eine andere, quer zu den eben erwähnten Spalten stehende
Verwerfung bewirkt, wie das zweimalige Auftreten des Grodener
Sandsteines in der Kartenskizze zeigt, eine Wiederholung der steil
Nord, unter den Thonschiefer einfallenden permischen Schichten-
reihe. Die südliche, bis an die Valsugana-Spalte selbst reichende
Scholle, auf welche das Zinnober- Vorkommen beschränkt ist, bildet
nun den sogenannten Zinnober-Erzstock. Die sämmtlichen, dieser
von zahlreichen Rutschflächen durchzogenen Scholle angehörigen
Schichtglieder sammt dem die Scholle im Osten einfassenden
schwarzen Schiefer (welcher wol am passendsten mit den Gang-
thonschiefem verglichen werden kann) sind mehr oder weniger mit
Zinnober imprägnirt. Der grösste Erzreichthum concentrirt sich in
der Nachbarschaft des schwarzen, graphitischen Schiefers. Gyps
erscheint häufig in Schnüren zwischen den Kluftflächen.
Dass der Quarzporphyr hier nicht gangförmig vorkommt,
sondern ein regelmässig dem Schichtenverbande eingefügtes Glied
darstellt, ergibt sich bereits aus seiner nachbarlichen Stellung zu
den Porphyrsandsteinen und den mit diesen gegen unten in innigster
Verbindung stehenden Verrucano-Conglomeraten *). Aber noch klarer
zeigt sich die wahre Natur desselben, als eines östlichen Aus-
läufers der Quarzporphyrdecke von Südtirol, durch den aus der
Karte ersichtlichen Zusammenhang mit dem nach Primiero fort-
streichenden Quarzporphyr-Lager. Auch auf der Nordseite des
Phyllit-Zuges findet, wie Seite 342 erwähnt worden ist, der Quarz-
porphyr im Mis-Gebiete sein Ende und Verrucano-Conglomerate
treten im Osten an seine Stelle.
Von Vallalta bis X'al Imperina bei Agordo stossen an der
Valsugana-Spalte sehr regelmässig Dachsteinkalk und Phyllit zu-
sammen. DerPhyllit zeigt constant ein nordwestliches Einfallen unter
einem Winkel von beiläufig 45^. Der weiter im Süden, im Hauptzuge
des Gebirges meist söhlig lagernde Dachsteinkalk biegt sich in einer
*) Dieselben bestehen hier aus Quarzgeröllen und scharfkantigen Trümmern
von Phyllit. Durch Aufnahme von Porphyrgeröllen entwickelt sich sodann der
rothe Porphyrsandstein.
Das im SOden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. a7C
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^^6 ^3S im Soden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
anfangs sehr schmalen, östlich vom Durchbruche des Torrente Mis
an Breite zunehmenden Zone gegen die Bruchlinie und fallt der-
selben ziemlich steil mit nordwestlich geneigten Schichten zu. Es
gewährt einen prächtigen Anblick, wenn man vom Kessel von Agorda
die scheinbar regelmässig unter den Phyllit des Col Armarola hinab-
tauchenden wolgeschichteten, blanken Felstafeln des Monte Pizzon
betrachtet. Der Eindruck ist in der That ein so mächtiger, dass
es begreiflich ist, dass die älteren Bergleute den Dachsteinkalk des
Monte Pizzon für eine ältere, den Phyllit von Agordo regelmässig
unterteufende Formation hielten. Wir haben die gleiche Erscheinung
an der Valsugana - Spalte bereits auf der Strecke vom Monte
Remitte bei Canal San Bovo bis nach Val d'Asinozza erwähnt.
Auch könnte man eine Wiederholung derselben Verhältnisse in der
Jurakalk -Scholle der Punta della Finestra erblicken. Das Merk-
würdigste aber ist, dass \yir auf der Südseite des Gebirgszuges
gegen die Bruchlinie von Bellunp den entgegengesetzten Fall
kennen lernen werden.
Am Ausgange des Val Imperina erscheint zwischen dem hier
im Phyllit, ebenfalls hart an der Bruchlinie auftretenden bekannten
Kiesstock und dem steil in die Tiefe setzenden Dachsteinkalk eine
kleine eingeklemmte Scholle von Werfener Schichten und unterem
Muschelkalk. Diese Schichten, welche bisher mit Grödener Sand-
stein verwechselt wurden, sind an der Strasse von Belluno nach
Agordo, bei den Hüttenwerken gut entblösst.
Die Werfener Schichten mit den Einlagerungen der bekannten
Oolith- Bänke nehmen die nördlichere Lage ein und grenzen an den
schwarzen, graphitischen Thonschiefer. Der im Süden regelmässig
folgende, steil an den Dachsteinkalk angepresste untere Muschelkalk
enthält in den, den rothen Schichten zwischengelagerten glimmer-
führenden Mergeln zahlreiche verkohlte Pflanzenreste. Die häufigste
Art ist Voltsia Agordica Ung. sp*), welche von älteren Autoren
mit Lycopodiolithes arboreus Schloth. verglichen wurde. Breccienartige
Kalkbänke sind dem unteren Muschelkalk gegen oben eingelagert.
Diese Scholle ist, wie erwähnt, von sehr kurzer Erstreckung und
oberhalb der Hüttenwerke von Val Imperina tritt sehr bald der
Thonschiefer auf das rechte Bachufer herüber und berührt dann
•
den Dachsteinkalk. Ich bin nicht im Stande zu entscheiden, ob die
weiter westlich durch den Grubenbetrieb nachgewiesenen rothen
*) Vgl. Schenk in Ben ecke's Geogn. pal. Beitr. IL S. 86. Nachdem die Pflanze
von Agordo inn stratigraphischen Niveau der Volt^ia Recubariensis von Recoaro
und nicht, wie bisher angenommen wurde, in filteren Schichten vorkommt, so steht
der Identificirung dieser Voltzien wol kein Bedenken mehr im Wege.
Cafagnoi
Torr. Limana
Monis di Vedim
Ell
437
438 ^** '"1 Süllen der Valsugjna-Cadore Spalte abgesunkene Gebirgsland,
Sandsteine die Fortsetzung der an der Hütte zu Tage stehenden
Scholle sind, was wol sehr wahrscheinlich ist, und ob diese Sand-
steine permisch oder untertriadisch sind. Ich theile hier eine Copie
des von W. Fuchs *) pubiicirten interessanten Profils mit, aus
welchem hervorgeht, dass in der Tiefe das widersinnische Einfallen
der Schollen in rechtsinnisches Südfallen übergeht.
Der KicMlock von Val Inperio* be< Atordo,
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h = Rother Sanislem (unterer Museh
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chiiKii-Ebcn
ndlichen und nördlichen Ri«iere.
Diese rasche Wendung der Fallrichtung ist auch im Dachstein-
kalk am Eingange des Canals von Agordo, in geringer Entfernung
von den Hüttenwerken, deutlich zu beobachten.
Was den Kiesstock von Val Imperina betrifft, so wurde bereits
erwähnt, dass derselbe, ebenso wie die Zinnober-Imprägnation von
Vallalta, dicht an der Valsugana - Spalte liegt. B. v. Cotta**) ver-
gleicht die un regelmässig gestreckte Gestalt desselben mit einer
wulstigen und platt gedrückten Wurst, deren längste Achse unter
■) Einige Bemerkungen Cber die Lagerungs Verhältnisse der Venetianer Alpen.
Slii.-Ber. d. k. k. Akad. d. Wiss. Wien, i85o. S. 45j, Taf. IX.
**) Agordo. Berg- und hQttentnannische Zeitung von Bornemann und Kerl,
iR6a, Seite 4i5.
Das im Süden der Valsugana- Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. a7q
etwa 14^ nach Nordosten einfällt. Die Kiesmasse (vorherrschend
Schwefelmetalle mit wenig Quarz) steckt in einem hellen, talkigen,
zuweilen auch quarzreichen Schiefer, welcher, wie G. vom Rath*)
sagt, , gleichsam die Hülle um den Erzstock bildet, deren Mächtig-
keit zwischen einem Zoll und mehreren Füssen schwankt und auch
durch Verzweigungen mit der Erzmasse gleichsam verflösst ist*-
Der durchschnittliche Kupfergehalt beträgt 2 — 3 Percent. Zahlreiche
spiegelnde Rutschflächen, welche die Kiesmasse nach den verschie-
densten Richtungen durchziehen und meist sehr deutliche parallele
Streifungen zeigen, geben Zeugniss von der Intensität der noch nach
der Bildung des Kiesstockes an der Bruchlinie fortdauernden Be-
wegungen. Bereits v. Cotta betont als besonders merkwürdige
Erscheinung, dass man oft an einem Handstück verschiedene Rich-
tungen der Parallelstreifungen zu erkennen im Stande sei, sowie
dass sehr häufig der Kupfererzgehalt zu beiden Seiten der Rutsch-
flächen ein auffallend ungleicher ist.
Die im Süden der Valsugana - Spalte liegende Hauptmasse
des Kalkgebirges besitzt nach den Untersuchungen des Herrn
Dr. Hoernes**), w^ie die mitgetheilten Profile zeigen, meistens
nahezu söhlige Lagerung und besteht vorzugsweise aus dem hier
sehr mächtigen Dachsteinkalk, welchem nur an einigen Stellen
Denudationsreste jurassischer und cretaceischer Bildungen auflagern.
Ich entnehme dem Aufnahmsberichte des Herrn Dr. Hoernes die
folgenden Angaben über die stratigraphischen Verhältnisse. ,Die
Hauptmasse der gewaltigen, 2000 — 2 500 Meter hohen Berge bildet
der Dachsteinkalk. Die Thäler liegen nur etwa 4C0 — 500 Meter
hoch und doch ist nirgends die Basis des Complexes entblösst,
welcher wol nirgends unter 1000 Meter Mächtigkeit besitzen kann,
während dieselbe stellenweise bis gegen 2000 Meter anschwellen
mag. Das Gestein ist ein ausgezeichnet geschichteter, unreiner
sandiger Kalk von gelb weisser, brauner und grauer Farbe. Die
obersten Schichten sind von heller, weisser Farbe und scheinen
ziemlich reich an kohlensaurer Magnesia zu sein. Dieselben erreichen
namentlich westlich vom Torrente Mis eine grosse Mächtigkeit und
zeichnen sich durch häufig vorkommende, ausserordentlich glatte
Rutschflächen aus. Im Eingange des Canales von Agordo, etwas
südlich von der Miniera, begegnen uns eigenthümliche Auswitterungs-
*) Ueber die Quecksilbergrube Vallalta. Zeitschr. D. Geol. Ges. 1864.
♦*) Herr Dr. Hoernes kariirte das ganze, auf Blatt VI unserer Karte ent-
haltene Terrain mit Ausschluss der nordwestlichen, durch die Valsugana -Spalte
begrenzten Ecke.
y|i^n Das im SOden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Erscheinungen, welche mit dem Vorhandensein unregelmässig-^
härterer Concretionen zusammenhängen. Dieselben verleihen dem
Gestein häufig ein grossoolithisches Aussehen, bisweilen aber sind
sie schichtenweise angeordnet und wittern leistenförmig aus dem
Gestein heraus. Die liasischen Bildungen bestehen vorzugsweise aus
grauen und röthlichen Kalken mit Spuren von Brachiopoden und
Crinoiden. Stellenweise finden sich Einlagerungen weisser Crinoiden-
kalke vom Typus der Sospirolo-Schichten. Bei der Alpe Campo torondo,
dann auf dem Monte Colazzo kommen über dem Lias i Meter
mächtige Kalke mit zahllosen grossen Exemplaren von Stephanoceras
(St. Humphriesianum Sow,, St. Vindobonense Griesb. und Mittelformen
zwischen beiden, sowie eine neue Art) vor. Ueber diesem, dem
mittleren Dogger zuzurechnenden Kalk erscheinen sofort die sonst
direct dem Lias auflagernden oberjurassischen Knollenkalke, welche
zwar allenthalben reich an Ammoniten sind, aber nur an wenigen
Stellen gut bestimmbare Reste enthalten. Eine solche Stelle ist der
Campo torondo. Die Schale der Ammoniten ist hier meist wol er-
halten. Da es mir wegen Mangel an Zeit nicht möglich war, getrennt
nach Horizonten zu sammeln, so lasse ich ein Verzeichniss der den
beiden Zonen des Aspidoceras acanthicum und der Oppelta litfio-
graphica entsprechenden Fossilien nach meinen Funden und den
älteren Suiten im Museum der k. k. Geologischen Reichsanstalt folgen:
Lytoceras montanum Opp.
„ cf. municipale Opp.
„ sutilc Opp.
Phylloceras Benacense Cat.
„ mediterraneum Neum.
„ polyolcum Ben.
„ nov. sp. cf. ptychoicum Quenst.
ptychoicum Quenst.
Satyrus Font,
cf. silesiacum Opp.
Oppelta platyconcha Gem.
Haploceras cf. Stasyczii Zeuschn.
Perisphinctes cf Albertinus Cat.
„ colubriniis Rein.
„ cf. contiguus Cat.
„ cf Geron Zitt.
„ sp.'div.
Simoceras Volanense Opp.
Aspidoceras cf. Avellanum Opp.
„ cyclotum Opp.
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Das im Süden der Valsugaiia-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. aax
Aspidocetas longispinum Sow.
„ acanthicum Opp,
„ Raphaeli Opp.
Waagenia hybonota Opp.
Aptychiis depressus Voltz.
„ Meneghinii Zigno
Metaporhinus Gümbeli Neum,
,Bemerkenswerth ist die ausserordentliche Seltenheit der Tere-
bratula' diphya in diesem Gebiete, da man dieselbe nur vom Monte
Pavione am Westende des Gebirgszuges kennt. Was die über dem Jura
concordant folgenden Neocombildungen betrifft, so besteht ein auf-
fallender Unterschied zwischen dem Westen und Osten. Im Westen,
auf Vette piccole*), lagert typischer weisser Biancone auf dem
jurassischen Knollenkalk. Bei der Alpe Neva stellen sich aber
bereits rothe Mergel vom Aussehen der Scaglia an der Basis des
Biancone ein, und in der Gruppe des Monte Brandol und Monte
Prabello kommen, mit Ausnahme einer etwa einen Meter starken
Bank weissen Biancone -Kalks an der Basis, nur rothe Mergel in
Wechsellagerung mit grauen, den gewöhnlichen Rossfelder Schichten
entsprechenden Mergeln vor.*
Den Südrand dieses Hochgebirges begleitet (man vergleiche
die Profile Seite 435 und 437) zwischen Val di Martino und dem
Canal d'Agordo eine steil der Bruchlinie von Belluno zufallende
Scholle von Jura -Kalken und Neocom- Schichten. Das in seiner
Hauptmasse söhlig lagernde Gebirge ist demnach im Norden wie
im Süden von einer steil auswärts fallenden Zone begleitet und
erscheint wie ein flacher Gewölbeaufbruch mit beiderseits abge-
brochenen und plötzlich steil nach aussen fallenden Schenkeln.
Während im Norden die Schichten sich der Valsugana- Spalte zu-
neigen und den alten Phyllit zu unterteufen erscheinen, fallen hier
im Süden die älteren Schichten dem jenseits der Bruchlinie
folgenden Tertiärgebirge zu. Wenn man nun, was das natürlichste
zu sein scheint, die kuppelförmige Aufwölbung als die ältere
Lagerungsform annehmen will, so bleibt dir die Erklärung der ab-
normen Verhältnisse an der Valsugana -Spalte nur die Annahme
einer späteren Ueberschiebung des älteren Gebirges über das jüngere
übrig. Zu Gunsten einer solchen Anschauung sprechen die bereits
geschilderten, im Westen vorkommenden thatsächlichen Ueber-
schiebungen.
♦) Ebenso auch in Val Noana.
^2 I^as im Süden der Valsugana-Cadorc-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Die Liaskalke dieser steil Südost einfallenden Scholle zeichnen
sich insbesondere durch die häufige Einschaltung von Crinoiden-
Kalken mit zahlreichen Brachiopoden (Sospirolo-Kalke) aus (vgl.
Seite 89). ,Am Ausgange des Mis-Thales bei S. Michele,* berichtet
Herr Dr. Hoernes, ,und am Ende des Canals von Agordo bei
Peron wechsellagem die Brachiopoden-Schichten mit den grauen
Kalken und oolithischen Gesteinen. Am deutlichsten kann man
dies an den steilen Wänden des Monte Peron beobachten. Die
grauen Kalke mit Pelecypoden-Durchschnitten, die Crinoiden-Kalke
mit massenhaften Brachiopoden und weisse und graue Oolithe, in
welchen sich ebenfalls einzelne Versteinerungen, namentlich
Chemnitzien, finden, wechsellagem in Bänken von oft nur einem
Fuss Mächtigkeit. Dies zeigt am besten, dass die gedachten Facies-
Entwicklungen keineswegs besondere Horizonte repräsentiren.
Bemerkenswerth sind femer noch Muschelbänke, die ich auf der
anderen Seite des Cordevole, dem Monte Peron gegenüber, beob-
achten konnte. In einem weissen Gestein fanden sich zahllose
Durchschnitte ziemlich grosser Pelecypoden, wahrscheinlich Megalo-
donten, oder verwandte Formen. Es gelang mir nicht, auch nur
ein Fragment aus dem Gestein auszulösen, welches mehrere, etwa
I — 2 Meter mächtige Bänke in dem unteren Theile des Complexes
zu bilden scheint*).*
Eine bemerkenswerthe Erscheinung in diesem Zuge bildet
noch die eigenthümliche Vertheilung des Biancone und der dem-
selben aequivalenten rothen Neocom-Mergel. Im Westen bei Arson
und im Osten bei Vedana kommen die rothen Mergel vor, während
mitten dazwischen bei S. Gregorio die echte Biancone-Facies auf-
tritt. Fügen wir noch hinzu, dass östlich von Vedana abermals
die Biancone-Entwicklung erscheint, so erhalten wir das Bild eines
eigenthümlichen regionalen heteropischen Wechsels, welcher nur
durch die Betrachtung der südlichen und nördlichen Nachbar-
Regionen verständlich wird. Im Norden herrscht nämlich die bis
in das Faniser Hochgebirge bei Ampezzo sich ausdehnende Facies
der rothen und grauen Neocom-Mergel (nördlicher Typus; Ross-
felder Schichten); im Süden dagegen tritt allenthalben die Facies
des Biancone (südlicher Typus) auf.. Die Südabdachung des
nördlich von dem Belluneser Bruche ansteigenden Gebirges liegt
daher in der Gegend der heteropischen Grenze und daraus erklärt
*) Herr Prof. Hoernes sprach seither brieflich die Vermuihung aus, dass
diese Bänke rhätischen Alters sein könnten, da ihn dieselben ausserordentlich an
rhätische Pelccypodenkalke von Moistrana in der Grazer Universitäts-Sammlung
erinnerten.
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. aaz
sich der besprochene regionale Wechsel der heteropischen Bildungen
in sehr einfacher Weise.
Was die ehemals weit verbreiteten, gegenwärtig aber bereits
bis auf wenige Denudationsreste entfernten Glacial-Ablagerungen
dieses Hochgebirges betrifft, so erwähnen wir blos, dass Herr
Dr. Hoernes in den Moränen-Resten von Val Canzöi und Val
di Martino zahlreiche Blöcke von Quarzporphyr, Phyllit und Pietra
verde fand, was, da diese Gesteinsarten den betreffenden Thal-
gebieten vollkommen fremd sind, auf mächtige nördliche Gletscher-
ströme schliessen lässt, welche quer über die Jöcher unseres Kalk-
gebirges hinwegsetzten. In dem kleinen Thälchen nördlich vom
Monte Aurin bei Feltre liegen zahlreiche mächtige Phyllit-Blöcke.
4. Das Gebirge im Osten des Cordevole.
Jenseits des Cordevole bei Agordo setzt die Valsugana-Spalte
deutlich kennbar bis auf den Moscosin-Pass. Der Dachsteinkalk
des Corno di Valle wiederholt das steile Hinabtauchen zur Spalte,
welches wir in dem mächtigen Gebirgsstocke des Pizzon zwischen
Cordevole und Mis kennen gelernt haben. Das Gebirge auf dem
nördlichen Spaltenrande steigt nun aber rasch in die Höhe und
gleichzeitig nimmt die Sprunghöhe der Verwerfung etwas ab. Es
treten daher, wie südlich von Vallalta, der Reihe nach jüngere
Bildungen von Norden her an den Spaltenrand, um an demselben
abzubrechen. Während am linken Cordevole-Ufer bei Agordo noch
Phyllit auf dem Nordrande der Spalte ansteht, stossen auf dem
Moscosin-Pass die Raibler Schichten des Monte Moscosin mit dem
steil Nord fallenden Dachsteinkalk des Monte Piacedel, welcher die
Fortsetzung des Corno di Valle bildet, zusammen. Oestlich von
der Pramper-Alpe berühren sich auf beiden Seiten der Spalte nach
den Beobachtungen des Herrn Dr. Hoernes Schichten des Dach-
steinkalkes. Wenn nun auch wegen der grossen Mächtigkeit des
Dachsteinkalkes der Verlauf des Sprunges auf der Karte nicht
mehr zum Ausdruck gelangt, so ist die Sprunghöhe doch noch an-
sehnlich genug, denn auf der Südseite der Spalte stehen die
höchsten, auf der Nordseite die tiefsten Bänke des Dachsteinkalkes
an. Ich zweifle daher nicht, dass die Spalte, wenn auch in stets
sich vermindernder Intensität, in das Gebiet des Dachsteinkalkes
hinein noch eine Strecke weit fortsetzt und an der abweichenden
Schichtenstellung zu erkennen seih wird.
Es ist nun sehr bezeichnend, dass, während die bisherige
Hauptspalte zu erlöschen scheint, in derselben Gegend plötzlich
444 "^^ '"" SGden der Val»ugtna-Cadore-Sp«Ite abgeaunkene Gebirg«land.
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11 j
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Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. AAt
bedeutende neue Spaltenlinien beginnen, welche die tektonische
Rolle der ersterbenden alten Linie übernehmen. Die bedeutendere
dieser neu ansetzenden Spaltenlinien entspringt nördlich vom
Monte Piacedel in der Gegend von Dont in Val di Zoldo und läuft
von dort, anfangs von mehreren Nebenspalten begleitet, über
Fomesighe, Forcella Cibiana, Venas, Pieve di Cadore in das obere
Piave-Thal. Wir haben dieselbe bereits im lo. und ii. Capitel
geschildert und dort auch bemerkt, dass die tektonische Function
der Valsugana-Spalte vollständig auf sie übergeht, weshalb wir
keinen Anstand nehmen, die cadorische Spalte als die Fortsetzung
der Valsugana-Spalte zu betrachten und die Bezeichnung , Valsu-
gana-Spalte* auf sie auszudehnen. Eine zweite parallele Spalten-
linie entspringt im Süden des Monte Piacedel in Val Crasa und
verläuft, die jurassisch-cretaceischen Gipfelmassen des Monte Pramper
und des Monte Campello abschneidend, in nahezu ostwestlicher
Richtung in das Piave-Thal, welches von ihr bei Davestra er-
reicht wird.
Wir wollen zunächst die Schilderung der Valsugana-Spalte
vervollständigen und sodann zur Betrachtung des Gebirges an der
südlichen Nebenspalte übergehen.
In dem einspringenden Winkel, welcher durch die Ueber-
setzung der Valsugana-Spalte gebildet wird, senkt sich die Gebirgs-
masse des Monte S. Sebastiano allmählich in nordöstlicher Richtung,
so dass die Wengener Schichten bei Forno di Zoldo den Thal-
grund einnehmen und bis an den Südrand der bei Dont entsprin-
genden Spaltenlinien reichen. Auch die blos durch ein Erosions-
thal von der S. Sebastiano-Masse getrennte Gebirgsmasse des
Spigol del Palon und des Monte Mezzodi senkt sich in der gleichen
Richtung, und in Folge dessen erreicht der Dachsteinkalk dieses
Gebirgstheiles bei S. Giovanni und Ponte Pontesei bereits die Thal-
rinne des Torrente Mae. Eine der Nordseite des Monte Mezzodi
und des Colmarsango entlang laufende südliche Nebenspalte des
Valsugana-Spaltenzuges begünstigt diesen raschen Niedergang des
Dachsteinkalkes. Nördlich vom Mae stehen zwischen Forno di
Zoldo und Ponte Pontesei noch söhlig lagernde Wengener Sand-
steine an, über welchen dann regelmässig Cassianer und Raibler
Schichten als Unterlage des Dachsteinkalkes des Monte Castelin
folgen, welcher gegen den Hauptspaltenzug ein nördliches Einfallen
annimmt. Die Fortsetzung derselben Nebenspalte läuft sodann
durch das Val Bosco Nero in östlicher Richtung weiter und
begrenzt die söhlig gelagerte Gebirgsmasse des Sasso di Bosco
Nero auf der Nordseite.
446 ^3s i"" Soden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Die kleine Dachsteinkalk-Scholle des Piano di Mezzodi, welche
dem Monte Mezzodi im Norden vorgelagert ist, betrachte ich als
einen abgerutschten Theil des Monte Mezzodi. An ihrer Basis
erscheint ein schmaler Streifen von Raibler Schichten. Eine andere
abgerutschte Dachsteinkalk-Scholle liegt nördlich bei S. Giovanni.
Der Dachsteinkalk-Zug des Monte Castellin begleitet nun
weiter gegen Osten die Valsugana-Spalte auf der Südseite. Bei
Perrarolo setzt derselbe nach den Beobachtungen von Hoernes
über die Boita und über die Piave und bildet nordöstlich von
Perrarolo das Gebirge am linken Piave-Ufer. Das Einfallen der
Schichten ist bis südlich von Cibiana, soweit als die bereits Seite 320
erwähnte Nebenspalte reicht, der Bruchlinie zugewendet. Mit dem
Aufhören der Nebenspalte tritt dann Wegfallen von der Hauptspalte
ein und zugleich tauchen die tieferen Schichtglieder bis zu den
Wengener Schichten abwärts unter dem Dachsteinkalk hervor. Die
Hauptspalte selbst läuft nördlich von den Wengener Schichten. Die
Raibler Schichten dieses Zuges sind durch die Einschaltung von
gypsführenden Lagen ausgezeichnet. Der kleinen, den Wengener
Sandsteinen bei Cibiana und Valle di sotto eingelagerten Dolomit-
linsen wurde bereits am Eingange dieses Capitels gedacht.
Was die südlich vom Monte Piacedel in Val Crasa beq^innende
et
Nebenspalte betrifft, so sind nach den Beobachtungen des Herrn
Dr. Hoernes, welcher das ganze Terrain im Süden von Agordo
und Zoldo untersuchte, die Verhältnisse derselben sehr einfach.
Nur in Val Crasa unter den Bergen Pramper und Vescova herrschen
complicirtere Störungen. »Auf der Karte,* schreibt Herr Dr. Hoernes,
»sind diese Störungen undarstellbar, weil man es oft mit derartig
überbogenen und verquetschten Schichten zu thun hat, dass Lias,
Jura und Neocom in einzelnen Partien durcheinander gerathen zu
sein scheinen. Da die ärgsten Verbiegungen noch dazu in einer
steilen unzugänglichen Wand liegen, war es überdies unmöglich
genau zu fixiren, welche Schichten in derselben auftreten.*
Der Bau des Gebirges im Süden von dieser Spalte entspricht
östlich bis an die Kartengrenze vollständig den bereits geschilderten
Verhältnissen im Westen des Cordevole. Im Norden bis zur Spalte
schwaches Nordfallen, in der Mitte des Gebirges, am Monte Pelf,
Monte Fontanon, Monte Tocchedel horizontale Lagerung, am Süd-
rande mehr weniger steiles Südfallen, welches nur local, wie an den
beiden Ufern des Piave-Flusses in überkippte Schichtstellung über-
geht. Bedeutendere Störungen zeigen sicli nur im Piave-Thal bei
Longarone, wo sich einerseits die Schichtflächen des Jura vom
Monte Campello bis zur Piave herabziehen und wo andererseits am
Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland. ^7
linken Piave-Ufer ein treppenartiges, durch kleinere Querbrüche veran-
lasstes wiederholtes Aufsteigen des Jura und des Neocom stattfindet.
Hoernes betrachtet diese Störungen, welche er als , Querbruch
von Longarone* *) bezeichnet, als die Fortsetzung der noch zu
besprechenden Verschiebungslinie und Erdbebenspalte von Sta. Croce.
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NW.
SO.
Die Verwerfungen bei Longarone.
4 = Dachsteinkalk; 6 = Lias; c = Mittlerer und oberer Jura; d = Biancone; e = AUuvionen.
Zu einigen Bemerkungen geben noch die stratigraphischen
Verhältnisse der in diesem Gebirge auftretenden Formationsglieder
Anlass. Zunächst betont Herr Dr. Hoernes, dass der Dachstein-
kalk, welcher im südlichen und westlichen Theile dieses Gebirgs-
abschnittes noch ganz mit der westlichen Ausbildung übereinstimmt,
^egen Norden und Osten allmählich in den dichten, röthlichen
Dachsteinkalk der Ampezzaner Alpen übergeht. Bei Perrarolo ist
bereits der reine Ampezzaner Typus vorhanden.
Ein sehr bedeutender heteropischer Wechsel vollzieht sich in
dem vom Monte Pramper nach Longarone streichenden Liaszuge.
Es wurde bereits in der stratigraphischen Uebersicht (Seite 91)
darauf hingewiesen, dass mit dem Meridian von Longarone die
heteropische Grenze zwischen dem südtirolischen Gebiete der , grauen
Kalke* und der im Osten folgenden Region mit vorherrschender
*) Erdbeben-Studien. Jahrb. Geol. R.-A. 1878.
Ay^R Das im Süden der Valsugana-Cadore-Spalte abgesunkene Gebirgsland.
Cephalopoden-Facies zusammenfällt. Herr Dr. Hoernes berichtet
darüber: ,Bei Longarone, und in dem von Zoldo herabkommenden
Thal des Torrente Mae überwiegt die Fleckenmergel-Facies. In
grosser Mächtigkeit treten hier graue, oft sehr dunkle kieselreiche
Kalke mit schwarzen Hornsteinen auf, welche hie und da Cephalo-
podenreste, allerdings in sehr schlechter Erhaltung, führen. So traf
ich Belemniten-Fragmente in diesen Kalken bei Soffranco im Mae-
Thal und im benachbarten Val Grisol, an dem erstgenannten Punkte
auch Spuren von Ammoniten. Bemerkenswerth erscheinen die in
dem grauen Kalk eingelagerten rothen Mergel, die sich namentlich
in der Umgebung von Longarone an mehreren Punkten finden. In
der Sammlung der geologischen Reichsanstalt liegt bereits seit
längerer Zeit ein Exemplar von Phylloceras heterophyllum Sow. aus
rothem Mergel von Longarone. Ich traf diese rothen Einlagerungen
am Wege von Longarone in das Mae-Thal, unmittelbar vor dem
Dorfe Igne, dann in einem Wasserrisse, westlich dieses Dorfes, mit
zahlreichen, aber schlecht erhaltenen Ammoniten, grossen Lytoceras-
und HarpoceraS'YoTvaen, die letzteren dem Harp. bifrons oder Harp.
boreale vergleichbar. Besseres Material dürften die hellen Kalke
liefern, welche ostwärts von der Piave, z. B. in der Nähe des
Dorfes Casso sich finden. Dort kommen in dem grossen Haufen
von Felstrümmern, der sich nördlich von Casso gegen die höheren,
grösstentheils bereits ausserhalb der Karte liegenden Zinnen hinan-
zieht, dichte hellgraue kieselreiche Kalke mit zahlreichen Durch-
schnitten von Ammoniten vor.*
Ueber das Verhältniss dieser Cephalopoden führenden Gesteine
zu den , grauen Kalken* liegen mir leider keine Nachrichten vor.
Jedenfalls kommen bei Longarone, noclj östlich von der Piave, die
, grauen Kalke* vor, denn Dr. Hoernes erwähnt von S. Antonio
(am Wege von Cadissago nach Casso) mächtige graubraune Oolithe,
über welchen die hellweissen und gelblichen kömigen Kalke folgen,
welche weiter westlich durch die Einlagerungen der Brachiopoden-
Bänke von Sospirolo ausgezeichnet sind.
Die Neocom-Schichten des Monte Pramper, Monte Megna und
Monte Campello bestehen aus den rothen, Scaglia ähnlichen Mergeln,
über welchen ein dichter heller Kalk lagert, welcher dieselben
local, wie am Monte Pramper, sogar ganz vertritt und mehr
Aehnlichkeit mit Dachsteinkalk als mit Biancone zeigt.
XV. CAPITEL.
Die Umgebungen von Belluno.
Zar allgemeinen Orientirung. - Der Scheiderücken zwischen der Mulde von Belluno und der
oberitanenischen Ebene. - Das Thal von Belluno. - Die Tertiär-Ablagerungen der Umgebung
von Serravalle. - Die jüngeren Schuttabiagerungen. - Die Moränen von Colle Umberto,
Santa Croce und Vedana.
Die grosse, von Tertiärbildungen erfüllte Thalweitung des Piave*
Flusses zwischen Feltre und Belluno oder, wie man von orographi-
schen Gesichtspunkten aus auch sagen kann, die Mulde von Belluno
schliesst sich tektonisch an die im vorigen Capitel besprochene
Kreide-Landschaft zwischen Feltre und Tesino. Während die Bruch-
linie von Belluno im Osten von Val di Martino zwischen dem
•steil Süd abfallenden Schenkel des nördlichen Kalkhochgebirges und
<len jüngsten Tertiärschichten der Mulde von Belluno bis über den Ost-
rand unserer Karte hinaus fortläuft, neigt sich zwischen Val di Martino
und dem Monte Aurin bei Feltre das Kreidegebirge östlich in die
Tiefe und unterteuft regelmässig die nun im Osten folgende breite
Zone von Tertiärschichten. Am Monte Aurin, welcher wahrscheinlich
•durch eine Verwerfung von dem Kreide-Massiv des Monte d'Avena
getrennt ist, wendet sich das Fallen der Kreideschichten steil süd-
östlich und ein Streifen von Scaglia begleitet die Südseite dieses
Berges. Jenseits des Torrente Stizzone steigt das Kreidegebirge
wieder mit entgegengesetztem Fallen empor und bildet anfangs
östlich streichend, vom Col Vicentin an aber sich nördlich wendend,
die südliche und östliche Begrenzung der Thalweitung von Belluno.
Die tektonische Anordnung der Tertiärlandschaft entspricht daher
der Gestalt einer langgestreckten halben Mulde. Im Westen, Süden
und Osten sind die Muldenränder vorhanden, auf der Nordseite
aber ist die Mulde durch den Belluneser Bruch an den jüngsten
Mojsisovics. Dolomitriffe. t ^q
^CQ Die Umgebungen von Belluno.
marinen Becken-Ausfiillungen abgeschnitten. Bei oberflächlicher
Betrachtung der Karte scheint es, als ob bei Ponte nell' Alpi die
Mulde sich auch gegen Norden schliessen würde. Es ist aber hier
erstlich noch ein ansehnlicher, durch jüngere Schuttbildungen aus-
gefüllter Zwischenraum vorhanden, durch welchen die Tertiär-
schichten immerhin noch durchstreichen können, sodann streicht im
Norden der Südflügel des Hochgebirges in derselben steil auf-
gerichteten Lage fort, und endlich lehrt die Karte, dass östlich von
Soccher die Tertiärschichten wieder in ganz derselben Weise an
den Südflügel des Hochgebirges herantreten, wie im Westen von
Ponte neir Alpi. Hoernes hat aber weiters noch gezeigt, dass die
Thalspalte von Sta. Croce einer horizontalen Verschiebung des Col
Vicentin-Zuges gegen Norden entspricht. Der Zusammenhang dieser
Spalte mit den modernen Erdbeben-Erscheinungen, denen diese
Gegend so häufig ausgesetzt ist, macht es sogar wahrscheinlich,
dass die nördliche Verschiebung des Col Vicentin-Zuges noch heute
fortdauert *).
Der nur zum Theile noch in den Bereich unserer Karte
fallende Südrand des südlichen Kreide-Gebirgszuges bildet die Grenze
gegen die venetianische Tiefebene. Weiter im Südwesten, ausser-
halb unserer Kartengrenzen treten ausgedehnte Massen älterer For-
mationen unter den fortsetzenden Kreidebildungen dieses Gebirges
zu Tage und schliessen sich diesselben direct an die Südhälfte der
Sette Communi-Tafelmasse.
Ich überlasse nun für die Detailschilderungen Herrn Dr. Hoernes
das Wort, welcher die ganze, in diesem Capitel zu schildernde
Region untersucht und kartirt hat.
*) Es kann nicht im Plane dieses Buches liegen, auf die Schilderung der
neueren Erdbeben-Erscheinungen im Districte von Belluno einzugehen, nachdem
Ober diesen Gegenstand bereits eine sehr reiche Literatur vorliegt und überdies
neuestens von Hoernes der Zusammenhang dieser Erdbeben mit dem geologischen
Bau der Sodalpen ausführlich besprochen worden ist. Ich füge jedoch hier ein
Verzeichniss der wichtigsten Specialarbeiten über das Erdbeben vom 29. Juni 1873
bei und verweise Diejenigen, welche ein besonderes Interesse für den Gegenstand
haben, auf die Arbeiten von Bittner und Hoernes.
Literatur über das Erdbeben von Belluno: Pirona e Taramellt, Sul
Terremoto del Bellunese del 29. Giugno 1873. — G. v. Rath, Das Erdbeben von
Belluno. N. Jahrb. v. Leonhard und Geinitz, 1873, Seite 70, — A. Bittner,.
Beitr. zur Kenntn. des Erdbebens von Belluno. Sitz.-Ber. d. k. k. Akad. d. Wiss-
Wien, 1874, Seite 541. — R. Falb, Gedanken und Studien über den Vulcanismus,
mit besonderer Beziehung auf das Erdbeben von Belluno. — H. Hoefer, Das Erd-
beben von Belluno. Sitz.-Ber. d. k. k. Akad. d. Wiss. Wien, 1876. — R. Hoernes
Erdbeben-Studien. Jahrb. d. Geol. R.-A. 1878.
Die Umgebungen von Belluno. ^cj
I. Der Scheiderücken zwischen der Mulde von Belluno und der
oberitalienischen Ebene.
Dieser Scheiderücken fällt nur zum geringen Theile in den
Bereich des Kartenblattes, und nur insofeme, als er auf demselben
dargestellt erscheint, war er Gegenstand der geologischen Unter-
suchung. Das Streichen dieses vorwaltend aus Ablagerungen der
Kreideperiode gebildeten Höhenzuges geht von Südwest nach
Nordost. Wir haben es mit einer Anticlinale von sehr flacher
Wölbung zu thun. Die Schichten fallen gegen die Mulde von
Belluno sehr flach nach Nordwest, gegen die Ebene etwas steiler
nach Südost. Diese letzte Anticlinallinie, welche den Fuss der Süd-
alpen gegen die oberitalienische Ebene bildet, wird in der Gegend
von Sta. Croce von einer Querspalte durchbrochen, welche parallel
ist der Spalte von Perrarolo - Capo di Ponte. Auf dieser Quer-
spalte hat eine Verschiebung der angrenzenden Gebirgstheile in der
Weise stattgefunden, dass die östliche Fortsetzung des anticlinalen
Höhenzuges, welche das Plateau des Bosco del Cansiglio bildet,
um mehr als zehn Kilometer weiter südlich liegt als der westliche
Theil, der in den Höhen des Monte Faverghera und Monte Pascolet
steil gegen den Lago di Sta. Croce abfällt. Die weiter unten folgende
schematische Skizze erläutert diese Verhältnisse, in Folge deren
ebenso wie die anticlinalen Höhenzüge, auch die synclinalen Mulden
gegeneinander verschoben erscheinen, und die Abtrennung des
kleineren Beckens von Alpago von der grösseren Mulde von Belluno
wird durch sie erklärt. Mit der Querbruchlinie des Lago di
Sta. Croce hängt die Bildung eines Querthaies zusammen, welches
zwar heute nicht von der Piave durchströmt wird, obwol es nahezu
in der geraden Verlängerung ihres Oberlaufes von Perrarolo bis
Capo di Ponte (Ponte nell' Alpi) liegt, wol aber zur Diluvialzeit
einem mächtigen Arme des Piave-Gletschers den Durchgang zur
oberitalienischen Ebene gestattete. Diese Verschiebungsspalte war
auch die Hauptstosslinie des Erdbebens vom 29. Juni 1873; an
dieser Linie lagen die am härtesten von der Erschütterung betroffenen
Ortschaften, während die parallele Querbruchlinie von Perrarolo-
Capo di Ponte und ihre Verlängerung bis in die Umgebung von
Belluno eine zweite Stosslinie darstellte.
Im Scheiderücken zwischen der Mulde von Belluno und der
oberitalienischen Tiefebene begegnen wir keiner grossen Manigfaltig-
keit von Formationen. Die Hauptrolle spielt die in mehreren
Facies auftretende Kreideformation, unter welcher im nordwestlichen
Theile des Höhenzuges nur untergeordnet an einer einzigen Stelle,
20* !
I
AC2 I^ic Umgebungen von Belluno.
in dem tiefen Thaleinriss zwischen S. Leopolde und Tovena, die
tieferen Schichten, Jura und Lias, auftauchen, während im südwest-
lichen Theile, in der Umgebung des Engpasses von Quero, die
letzteren eine grössere Rolle spielen und im Monte Ceren und
Tomatico*) sehr mächtig entwickelt sind. Doch fällt dieser
Gebirgstheil ausserhalb des untersuchten Terrain-Umfanges der Karte.
1. Lias. In der Schlucht, welche sich bei S. Ubaldo (S. Leo-
poldo der neuen Specialkarte) nach Süden gegen Tovena öffnet,
finden sich mächtige Schichten von jenem eigenthümlichen Gestein
von dolomitischem Ansehen, dessen Vorkommen ich auch in den
liasischen Gesteinen am linken Piave-Ufer bei Longarone beobachten
konnte. Ob unter diesem Gesteine auch jene Oolithe folgen, die
ich am Wege von Codissago nach Casso beobachtete, habe ich
nicht untersucht; die Wände der Schlucht bestehen von S. Ubaldo
bis nahe der Ortschaft Tovena, also weit unter dem südlichen
Rande unseres Kartenblattes, ausschliesslich aus dem eigenthüm-
lichen lockeren Gestein von dolomitischem Ansehen. Es sei
übrigens bemerkt, dass ich dasselbe auch in der Thalschlucht der
Piave, Südost von Feltre, wenig (etwa 2 Kilometer) von S. Vittore
entfernt, antraf, woselbst auch oolithische Gesteine von braungrauer
Farbe auftreten.
2. Mittlerer (?) und oberer Jura. Kieselige Knollenkalke
von grauer, stellenweise rother Farbe traf ich, ohne Fossilien, mit
Ausnahme undeutlichre Ammonitenspuren, zu beobachten, in der
Umgebung von S. Ubaldo unter dem Monte Cimone und Monte
Grassura, sowie bei S. Vittore, Südost von Feltre, beide Male selbst-
verständlich in sehr geringer Ausdehnung.
3. Kreide. In den Ablagerungen dieser Periode lassen
sich in unserem Gebiete hauptsächlich drei Facies unterscheiden,
nämlich Biancone, Scaglia und Hippuritenkalk. Der Hippu-
ritenkalk tritt nur am Lago di Croce in grosser Mächtigkeit auf
*j Der Monte Tomatico war im November und December i85i Gegenstand
grosser Furcht der Einwohner von Feltre durch ein eigenthOmliches Schall-
phänomen. Es bestand dasselbe in einem wiederholten Geräusch, das am ehesten
noch mit dem Schalle verglichen werden konnte, welchen ein in ein grosses
Wasserbassin fallender Felsen her\'orbringt. Nach manchen Schlägen konnte man
ein Erzittern des Bodens beobachten. Der Hauptsitz der Erscheinung war Villago,
nur manchmal wurden die Detonationen und das Schwanken des Bodens auch in
Feltre selbst bemerkt. Obwol keine Veränderung der Erdoberfläche stattfand, darf
man wol bei diesem Phänomen, ebenso wie bei der verwandten Erscheinung, die
sich in dtn Jahren 1822 — 24 auf der Insel Meleda zeigte, auf unterirdische Ein-
stürze schliessen, keinesfalls stehen diese Detonationsphänomene in irgend welchem
Zusammenhange mit eigentlichen Erdbeben. Hoernes.
Die Umgebungen von Belluno. ^rj
und bildet die steil zum See abfallenden Wände des Monte Pascolet.
Weitere Verbreitung erlangt er im Bosco del Cansiglio. Biancone
und Scaglia sind keineswegs als zwei zeitlich verschiedene Glieder
von strenger Begrenzung aufzufassen, doch entsprechen die Ver-
hältnisse im Gebirgszuge südlich von der Mulde von Belluno mehr
der gewöhnlichen Aimahme über die Stellung der Scaglia. Es
treten wenigstens rothe Mergel von der Facies der Scaglia nicht in
den tiefsten Schichten der Kreide auf, sondern sie sind auf die
oberen Abtheilungen beschränkt. Allenthalben bildet hier die
Scaglia die Grenze gegen die Tertiär-Ablagerungen, soweit die auf-
gelagerten weit ausgebreiteten und mächtigen Glacialbildungen dies
erkennen lassen. Die Grenze zwischen der mehr oder minder
mächtigen Scaglia und dem Biancone aber ist eine willkürliche,
da die Farbe des Gesteines und die Homsteinführung nicht ent-
scheiden können^ Versteinerungen aber ungemein selten sind. In
der kartographischen Darstellung habe ich mich lediglich nach dem
am leichtesten benutzbaren Merkmale, der Farbe, orientirt. Der
Biancone erreicht oft eine sehr bedeutende Mächtigkeit, er besteht
aus hellweissen, oder grauen, kieselreichen Kalken mit zahlreichen
Hornsteinausscheidungen von grauer oder schwarzer Farbe, in
welchen verhältnissmässig selten Versteinerungen auftreten. In der
Umgebung von Feltre finden sich sehr mächtige reinweisse Kalke
mit seltenen Hornsteinausscheidungen, von ausgezeichnet muschligem
Bruche. Aehnliche Gesteine treffen wir auch weiter östlich in der
Nähe des Piave - Durchbruches , vergesellschaftet mit grauen,
mergeligen Kalken, die gänzlich den Charakter der Fleckenmergel-
Facies tragen. Hier, bei Stabie am linken Ufer des Flusses, traf
ich in typischem Biancone auch die charakteristischen Versteine-
nmgen desselben, Neocom-Ammoniten und undeutliche Seeigel.
Schlecht erhaltenen Aptychen begegnet man in diesem Niveau auch
in der näheren Umgebung von Feltre, bei S. Vittore und am nörd-
lichen Gehänge des Monte Tomatico, bei Tomo, nicht selten.. Eine
minder wichtige Erscheinung ist das häufige Auftreten von Pyrit
und Kupferkies in zahlreichen, aber sehr kleinen, meist nur zoll-
grossen Linsen in den obersten Schichten des Biancone. Unmittelbar
unter den rothen Mergeln, die wir, dem alten Gebrauche folgend,
als Scaglia bezeichnen, findet sich in der Umgebung von Feltre
. ein wenig mächtiger Complex von grauem, ziemlich dunklem Kalk
mit zahllosen schwarzen Hornsteinen, der von kleinen Pyrit- und
Kupferkies-Linsen durchschwärmt ist. Dieses Vorkommen hat sogar,
bei Ronchena, Südwest von Lentiai^ zu bergmännischen Versuchs-
bauten Anlass gegeben, die indessen gleich nach Beginn wieder
ACA Die Umgebungen von Belluno.
eingestellt wurden, sobald man die Natur des Vorkommens erkannt
hatte. Die gleichen Schichten lassen sich am Monte Telva bei
Feltre, am Nordgehänge des Tomatico bei Tomo und am Süd-
gehänge des Monte Aurin verfolgen.
Weiter nach Osten walten dünngeschichtete, homsteinreiche
Bänke von weissem Kalk vor. Die Höhen vom Col del Moi bis zur
Cima sopra Lago werden vorzugsweise von ihnen gebildet — das
Gestein ist ein kieselreicher, in der Regel sehr fester, muschlig
brechender Kalk, hie und da auch weniger consistent und mergelig.
Noch weiter nach Osten verändert der Kalk seine Farbe, der
Kieselgehalt tritt zurück, undeutliche Versteinerungen, Durchschnitte
von hochgethürmten Gasteropoden (Nerineen?) und Pelecypoden
treten auf, und es finden sich Uebergänge zum Hippuritenkalk
von Sta. Croce.
An einigen Stellen, wie bei S. Isidoro, südlich von Belluno, findet
sich in den höchsten Lagen des Biancone ein dicker, blassröthlicher
Kalk, der in seinem petrographischen Habitus ganz mit dem Dach-
steinkalk der Umgebung von Ampezzo übereinstimmt
Die Scaglia wird vorwaltend aus weichen, versteinerungslosen,
rothen Mergeln gebildet, die den obersten Theil der Kreide-
formation zusammensetzen. Die mächtigen weichen Mergel geben
in unserem Terrain vielfach Anlass zum Entstehen enger und hoher
Klammen, die in der Umgebung voq. Villa di Villa und S. Antonio
di Tortal bis loo Meter Höhe bei kaum i Meter Breite erreichen.
Auch der, durch eine elegante eiserne Strassenbrücke überspannte
Durchbruch der Piave bei Ponte nell' Alpi zeigt eine enge Felsgasse
in den Mergeln der Scaglia. — Selten treten in den Mergeln festere
Bänke von Plattenkalk auf, die oft hellere Farbe haben und ganz
den plattigen Kalken des Biancone gleichen. Doch sind die Horn-
steine der Scaglia immer von grellrother Farbe. In dem niedrigen
Höhenzuge, der sich vom Monte Pascolet in nahezu nördlicher
Richtung gegen Ponte nell' Alpi vorschiebt und die Becken von
Belluno und Alpago trennt, ist die Scaglia zumeist von sehr festem
Gestein gebildet, welches ebenso wie der inselartig bei Cugnan auf-
tauchende Biancone in grossen Steinbrüchen gebrochen wird und
Platten von bedeutenden Dimensionen liefert.
Der Hippuritenkalk des Lago di Croce enthält neben den
Hippuriten Fragmente von Korallen und Gasteropoden. Das
Gestein ist von hellweisser Farbe und erreicht im Monte Pascolet
bedeutende Mächtigkeit. Eine strenge Abgrenzung vom Biancone
ist nicht möglich, da dunkle Kalksteine an manchen Punkten einen
allmählichen Uebergang vermitteln. Diese Kalke unterscheiden sich
Die Umgebungen von Belluno. ^jj
petrographisch gar nicht von Dachsteinkalk, wie er uns in der
Umgebung von Ampezzo entgegentritt, doch enthalten sie ziemlich
häufig Fragmente von Hippuriten. Nerineen etc. *). Eine weitere
Facies der Kreide, einen fast lediglich aus Resten von Korallee
■und Spongien bestehenden Kalk, der auch andere schlecht erhaltene
Fossilien umschliesst, beobachtete ich am Westgehänge des Bosco
de! Cansiglio bei Serravalle.
Scbio-Scliicblcn
Sctaemkliiirtc □■ritctluac der borüonulen VcrKhlebuag von Santa Croce,
Ich wende mich nun zur Schilderung des Querthaies von
Sta. Croce, wol der eigenthiimlichsten Erscheinung, die wir in diesem
Gebiete der Alpen wahrnehmen. Auf dem Wege von Ponte nell'
Alpi nach Serravalle passirt man zunächst den tief in die Scaglia-
Mergel eingerissenen Durchbruch der Piave und umfährt dann auf
nahezu horizontaler Strasse den niedrigen, \'om Monte Pascolet
nach Norden sich erstreckenden, vorzugsweise aus Scaglia bestehen-
gen Höhenzug. Zwischen Ponte nell' Alpi und Canevoi bemerkt
man auf dem jenseitigen Ufer der Piave eine ziemlich hohe Terrasse,
aus horizontal gelagerten praeglaciaien Conglomeratbänken bestehend,
•) Vgl. Seite ,oi.
4S6
Die Umgebungen von Belluno.
auf welcher die Ortschaften Ponte nell' Alpi und Polpet liegen. Die
diluvialen Conglomeratbänke treten an einigen Punkten bei Canevoi
auch am diesseitigen Ufer auf. Bemerkenswerth ist dieses^ weil der
Ort Cadola und dessen grosse Kirche fast gar nicht vom Erd-
beben 1873 gelitten haben, während das unmittelbar benachbarte
Soccher fast gänzlich zerstört wurde. Der erste dieser Orte aber
liegt auf den festen Mergeln der Scaglia, der zweite auf den
diluvialen Ablagerungen und zugleich auf der grossen Stosslinie,
von welcher wir sofort zu sprechen haben werden. Von Canevoi
bis nahe an das Nordende des Lago di Croce läuft die Strasse an
den sanft ansteigenden Höhen der Scaglia, während sich zur Linken
eine circa einen Kilometer breite, sumpfige Ebene ausbreitet, die
vom Fiume Rai durchströmt wird. Jenseits dieses ausgedehnten,
sumpfigen Terrains, das als Fortsetzung des Lago di Croce an-
Monte Pascolet
Santa Croce
NW.
SO.
a =: Hippuritenkatk ; b = Scaglia; e= Eocan-Flysch; d = Glacialschutt: e=: Gehängschutt.
gesehen werden kann, erheben sich die tertiären Hügel des Beckens
von Alpago. Auf der rechten Seite der Strasse setzt, nahe dem
nördlichen Ende des Sees von Sta. Croce, ein wenig mächtiger Zug
von Biancone herab, der den Hippuritenkalk des Monte Pascolet
von der Scaglia trennt. Das westliche Ufer des Lago di Croce wird
grösstentheils durch diesen weissen Hippuritenkalk gebildet, während
am östlichen die tertiären Ablagerungen des Alpago -Beckens auf-
treten. Die letzteren reichen jedoch an einer Stelle, in der unmittel-
baren Umgebung von Sta. Croce auch über den See herüber und
treten unmittelbar unter den Hippuritenkalkwänden des Monte
Pascolet auf Gehängschutt von ziemlich grosser Ausdehnung ver-
deckt die Bruchlinie selbst, auf der eocäner Flysch und Hippuriten-
kalk nahe bei dem Orte Sta. Croce zusammenstossen müssen. Dies
Die Umgebungen von Belluno. ^cy
zeigt, dass die Querbruchlinie hier hart am östlichen Steilabfall des
Monte Pascolet und Monte Faverghera verläuft. Am Südende des
Sees, dort, wo die Strasse von Sta. Croce gegen Cima Fadalto
zu steigen beginnt, sind an der Strasse selbst die Mergel der
Scaglia aufgeschlossen, offenbar das Liegende des eocänen Flysches
bildend^ der nordwestlich von Sta. Croce ansteht Grosse diluviale
Schuttmassen erschweren hier die Beobachtung, die trotzdem
den Zusammenhang dieser beiden isolirten Vorkommen von Flysch
und Scaglia mit der Masse des Bocco del Cansiglio voraus-
setzen lässt.
Die heutigen hydrographischen Verhältnisse des Querthaies
von Sta. Croce •sind äusserst eigenthümliche. Offenbar war das Thal
einst von Nord bis Süd, von Capo di Ponte bis Serravalle offen,
wenn auch der Durchbruch nur von einem Gletscherarme und nicht
von fliessendem Wasser benützt gewesen sein mochte. Die Moränen-
bildungen des sich zurückziehenden Gletschers aber sperrten das
Thal an mehreren Stellen und veranlassten die Bildung grösserer
und kleinerer Seen, von welchen der grösste, der Lago di Croce,
heute durch den Fiume Rai mit der Piave zusammenhängt, während
der Lago Morte zwar keinen oberirdischen Abfluss hat, jedoch die
ihm vorgelagerte Endmoräne in einem unterirdischen Abzugscanal
durchbricht, der bei Bottejani so mächtig zu Tage tritt, dass er
sofort eine grosse Mühle treibt und bei Serravalle schon zu einem
bedeutenden Flusse angewachsen ist. Die Richtung des Querthales
und der Strasse entspricht von Cima Fadalto bis Serravalle nicht
mehr der Richtung des Verschiebungsbruches, das Thal weicht gegen
Südwest ab, entspricht in seiner Richtung nahezu dem Streichen
der ziemlich steil aufgerichteten Biancone-Schichten und ist lediglich
Auswaschungsthal. Die Bruchlinie hingegen liegt weiter östlich, wie
man an dem verschiedenen Streichen und Fallen der Kreideschichten
östlich vom Lago Morte deutlich sehen kann. Während dort die
Schichten in der Hauptmasse des Bosco del Cansiglio schwach
gegen Nordwest geneigt sind, fallen sie im Monte Agnellezza, der
einen südwestlichen Vorsprung des Bosco del Cansiglio gegen
Serravalle bildet, ziemlich steil nach Südost. Die Bruchlinie liegt
jedoch hier schon ausserhalb unseres Kartenblattes — sie findet
ihre Fortsetzung in dem Steilabfall des Bosco del Cansiglio gegen
die Umgebung von Ceneda. Wie eine Bastion springt diese grosse,
plateauförmige Masse aus der Front der südlichsten Alpenkette her-
vor, die Stelle bezeichnend, an welcher dieselbe von einem Quer-
bruche zerrissen wurde, auf welchem eine bedeutende Verschiebung
der angrenzenden Gebirgstheile stattfand.
^eg Die Umgebungen von Belluno.
2. Das Thal von Belluno.
Die Mulde von Belluno bildet ein weites Thal, dessen syn-
clinale Achse von West-Südwest nach Ost -Nordost gerichtet ist. Ihre
grösste Breite erreicht sie im östlichen Theile, während der west-
liche sich bedeutend verschmälert. Im Osten wird sie vom Becken
von Alpago abgetrennt durch jenen niedrigen, grösstentheils aus
Scagliä bestehenden Rücken, welchen der südliche Gebirgszug, der
die Mulde von der Ebene trennt, bis Capo di Ponte vorsendet.
Während die flachen Gehänge des südlichen Scheiderückens sehr
regelmässig von eocänen Ablagerungen bedeckt werden, die auf den
rothen Mergeln der Scaglia liegen, treten die eocänen Bildungen in
der Nordhälfte der Mulde nirgends auf, wenigstens konnte ich sie
nicht anstehend treffen. An einigen Punkten findet sich wol, wie bei
Tisoi und Giozzo, nordwestlich von Belluno, Nummulitenkalk ziem-
lich häufig in den diluvialen Schuttmassen, es deutet dies jedoch
nur darauf hin, dass an irgend einer, jetzt durch die diluvialen
Schuttmassen verdeckten Stelle eine Scholle von Eocän vorhanden
gewesen sein mag, gerade so, wie an einigen Punkten daselbst auch
die Scaglia auftritt, die sonst an der Nordseite der Mulde von
Belluno fehlt. Die anstehenden Tertiär-Ablagerungen des nördlichen
Theiles der Mulde aber gehören ausnahmslos dem Complexe der
Schio-Schichten an.
Die Mulde von Belluno wird der Länge nach von der Piave
durchströmt. Der Fluss hält sich nicht in der Mitte der Synclinale,
sondern etwas südlicher, auch verlässt er die Mulde, ohne sie bis
zu ihrem bedeutend höher liegenden Westende zu durchströmen,
südlich von Cesana, um sich im Durchbruche von Quero einen
Weg durch den südlichen Höhenzug zu bahnen. Der Lauf des
Flusses ist sehr unregelmässig, zumeist ist sein Bett weit, von
AUuvionen erfüllt, welche die reissenden, in zahlreiche Arme
getheilten Gewässer fortwährend verschieben. Nur an wenigen
Punkten ist der Fluss fixirt und bricht sich engere Bahnen durch
härteres Gestein. So gleich bei seinem Eintritt bei Ponte nell' Alpi,
wo er die Mergel der Scaglia durchbricht, bei Belluno, wo ihn fester
eocäner Flysch einengt, bei Cesana, wo er sich wieder durch die
Scaglia seinen Weg bahnen muss. Zwischen Ponte nell' Alpi und
Belluno ist das Bett des Flusses sehr ausgedehnt, zugleich sieht
man die zumeist sehr steilen Ufer auf das deutlichste bis zu
bedeutender Höhe abterrassirt. Von Belluno bis in die Umgebung
von Mel erlangen die AUuvionen der Piave und ihr Bett keine
besonders grosse Ausdehnung, da der ziemlich feste eocäne Flysch,
^
Die Umgebungen von Belluno. acq
stellenweise auch Nummulitenkalk, hart an sein Ufer herantreten. Dort
aber, wo die reissenden Gewässer des Torrente Cordevole in die
Piave münden und nur alte diluviale Schuttkegel ihr Ufer bilden,
zwischen Mel und Cesana, erweitert sich das Bett in enormer Weise,
die culturunfähigen Alluvionen bedecken einen grossen Flächenraum
und es wäre eine Regulirung des Flusses dringend zu empfehlen.
Wenden wir uns nun zur eingehenderen Betrachtung der
tertiären Bildungen der Mulde von Belluno.
A. Die Eocän-Ablagerungen. Die gesammten Tertiär- Ablagerungen
zwischen dem Kreiderücken, der die Mulde von der oberitalienischen
Ebene scheidet, und dem Laufe der Piave gehören dem Eocän an. Es
sind zumeist blaugraue Sandsteine, die in der Verwitterung braungelb
werden und vollkommen den Flyschcharakter zeigen. Hieroglyphen
treten nicht selten in den dünngeschichteten Lagen auf. In diesem
eocänen Flysch treffen wir sodann Nummulitenkalk-Einlagerungen;
es lassen sich aufs schärfste zwei durchlaufende Züge derselben ver-
folgen. Der untere, weniger mächtige, beginnt bei Noghera, südlich
von Belluno, zieht parallel vom Val di S. Antonio bis gegen Tassei
und biegt dort etwas nach West um. Seine nächste Fortsetzung
wird durch Glacial-Diluvium verdeckt, bald taucht er wieder hervor,
zieht eine bedeutende Strecke am rechten Ufer des Torrente Limana
fort, bis er abermals von den Diluvial-Ablagerungen verdeckt wird.
Er scheint übrigens hier in kalkigen Flysch überzugehen, denn im
Einriss des Torrente Limana bei Cafagnoi ist kein Nummulitenkalk
sichtbar, wol aber in den Höhen zwischen Cafagnoi und Frontin.
Diesem unteren Zuge von Nummulitenkalk gehört wol auch das
Vorkommen des niedrigen, langgestreckten Hügels an, auf welchem
Col und Mel liegen; doch ist der Kalk hier ziemlich sandig und an
manchen Stellen eher als kalkiger Sandstein zu bezeichnen, der
hie und da völlig in Flysch übergeht. Der zweite Nummulitenkalk-
zug schwillt in den Höhen von S. Pietro in Tuba zu einer mächtigen
Masse an, die schon von weitem auffällt, indem sie die sanften
Hügel des eocänen Flysch durch eine Kalkwand unterbricht. Es
sind vor\valtend grosse Nummulitenformen, welche wir hier im
Querschnitte zumeist beobachten können, wir haben es offenbar mit
dem sogenannten Hauptnummulitenkalk zu thun. Diesem zweiten,
im Flysch auftretenden Nummulitenkalkzuge gehört wol jener
schmale Streifen des gleichen Gesteins an, der am rechten Piave-
Ufer bei Pasa und Triva auf lange Erstreckung sich unmittelbar am
Flusse hinzieht.
Was das Auftreten der Eocän-Schichten auf der linken Seite
der Piave anlangt, so beobachten wir nur in der Höhe von S.
AißQ Die Umgebungen von Belluno.
in Tuba und in dem Plateau, welches sich südöstlich von derselben
ausdehnt, eine grössere, zusammenhängende Masse, in welcher wir
auch die oben erwähnten Nummulitenkalkzüge beobachten können.
Wir sehen dann noch bei Belluno, unmittelbar am linken
Ufer der Piave einen grösseren, zusammenhängenden Streifen eocä^er
Ablagerungen, doch sind es nur Mergel und Sandsteine; Num-
mulitenkalk tritt hier nirgends auf. Westlich von S. Pietro in
Tuba finden wir die Eocänablagerungen, abgesehen von dem Schmalen
Hügel, auf welchem Mel liegt, und vom Nordgehänge des Monte
Naromal, nur in den tiefen Schluchten, die von den Torrenti Limana
und Ardo durch die enorm mächtigen Moränenschuttmassen ein-
gerissen worden sind.
Nördlich vom Piave-Flusse bildet eocäner Flysch einen ziemlich
breiten Streifen von Belluno bis in die Gegend von Bribano.
Bemerkenswerth sind die Brüche in festem, hellem, kalkigem Flysch
an der Strasse nach Agordo, unmittelbar bei Belluno, und das
Vorkommen ähnlicher Gesteine bei Pasa und Triva am Piave-Ufer.
Dort ist zwar das Gestein noch reicher an Kalk und enthält häufig
Nummuliten in so grosser Menge, dass wir es geradezu als Num-
mulitenkalk bezeichnen müssen, immerhin greifen an einigen Stellen
(und gerade südlich von Triva findet sich eine solche) Flysch und
Kalk in einer Weise zungenformig ineinander, dass man ganz
gewiss ein analoges Verhältniss voraussetzen darf, wie zwischen dem
miocänen NuUiporenkalk und Tegel des Wiener Beckens. Petro-
graphische Uebergänge zwischen Nummulitenkalk und Flysch sind
zudem so häufig, dass wir beide fiiglich als vicarirende Facies
betrachten können.
Westlich vom Cordevole zieht der eocäne Flysch, durch Diluvial-
Ablagerungen vielfach verdeckt, von Formegan über Anzaven und
Dorgnan gegen Cart. Südwestlich von Cart findet sich auf dem Wege
nach Feltre wieder eine Einlagerung von Nummulitenkalk, der in
dem Winkel bei Feltre eine grössere Rolle spielt, als der Flysch.
Nummulitenkalkmassen treten hier am Südwestende des Beckens
bei Mugnai und Facen auf Besonders bemerkenswerth erscheint
das vereinzelte Vorkommen von Basalt, der im Nummulitenkalk
eingelagert, wenige Meter mächtig in einem Wasserriss nordöstlich
von Facen auftritt, offenbar ein Stromende der grossen vicentinischen
Basaltdecken.
B. SchiO'Schichten. Der obere Theil des sogenannten , Sand-
steines von Belluno* zeigt einen petrographisch und paläontologisch
vom unteren gänzlich verschiedenen Habitus; er besteht vorwaltend
aus einer ziemlich mächtigen Masse von gröberem, stellenweise
Die Umgebungen von Belluno. aQi
conglomeratischem, grünem Sandstein, der häufig eine Menge wol-
erhaltener Versteinerungen beherbergt, während der eigentliche
Flysch in diesem oberen Complexe sehr zurücktritt. Doch finden
sich auch hier Lagen von graublauem, gelbbraun verwitternden, fein-
kömigen Sandstein, der dem eocänen Flysch nicht unähnlich ist
In diesem feinkörnigen Sandsteine des oberen Complexes fanden
sich bei Libano und Bolzano, nordwestlich von Belluno, jene
Wirbelthierreste, Haifischzähne und Wirbel, sowie Cetaceen- und
Sireniden-Knochen, welche theil weise schon von Catullo und später
durch de Zigno*) beschrieben wurden. Kalkeinlagerungen fehlen,
es finden sich nur neben dem grünen Sandsteine auch weiche,
^limmerreiche, graue Mergel, die sich durch ein massenhaftes Vor-
kommen von Fischschuppen auszeichnen.
Dieser jüngere Complex von grünen, gröberen Sandsteinen
und eingelagertem Flysch, sowie grauem Mergel mit Fischschuppen
gehört seiner Fossilführung nach unzweifelhaft der Etage der Schio-
Schichten an.
Aus dem grünen, oft conglomeratischen Sandstein lagen mir
Versteinerungen von folgenden Fundorten vor: Alle Gase bei
Umin, nördlich von Feltre, — Valle di S. Martino bei S. Gregorio, —
zwischen Mas und Gron, an der Strasse unter der grossen Stirn-
moräne, — nordöstlich von Orzes an der Strasse von Belluno nach
Agordo, — Vezzan bei Belluno. Namentlich die beiden letzten
Fundorte haben sehr zahlreiche Versteinerungen geliefert.
Versteinerungen aus dem grauen, Fischschuppen führenden
Mergel sind mir von folgenden Fundorten bekannt geworden: Alle
Gase bei Umin, nördlich von Feltre, — am Wege zwischen Sospirolo
und Susin, — Sedico, West-Südwest von Belluno, — Wasserriss
bei der Brücke, Südost von Mas, an der Strasse von Belluno nach
Agordo, — südlich von Tisoi, am Wege von Tisoi nach Liban,
Nordwest von Belluno, — Zeneghe, Nordwest von Belluno.
Im Mergel sind alle Versteinerungen flach gedrückt und zer-
quetscht, so dass sie der Bestimmung grosse Schwierigkeiten
-entgegensetzen — namentlich bei dem häufigsten Fossil, einer neuen
*) Vergleiche hierüber: A. de Zigno: Squalodonreste von Libano bei
Belluno. Verhandl. d. G. R.-A. 1876, N. 10, pag. 232; lieber Squalodon Catulli
Mol, sp. aus der miocänen Molasse von Libano bei Belluno (bespricht ein von
Trinker eingesendetes StQck der Sammlung d. G. R.-A.). — Verhandl. etc., 1876,
N. 12. — Sirenii fossili trovati nel Vcneto (Estr. dal Vol. XVII I. delle Memorie
<ieir R. Istituto Vcneto 1875). In letzterer Publication spricht sich de Zigno bereits
fQr das miocäne Alter der Grünsande von Belluno mit fyrula condita, Valuta
appeninica, Pholadomya trigonula, Cytherea pedemontana etc. aus.
a62 I^ic Umgebungen von Belluno
Turritella, die der Turritella rotifera Desh. gleicht, hat man es
immer mit platt zusammengedrückten Exemplaren zu thun, an
welchen nicht blos die Kiele der oberen, sondern auch der unteren
Seite in einer Weise sichtbar sind, dass dadurch der Gesammt-
eindruck gänzlich gestört wird. Viele der vorkommenden Fossilien
konnten blos generisch bestimmt werden und dürften grösstentheils
neu sein, doch ist ihr Erhaltungszustand ein derart schlechter, dass
das vorliegende Materiale zu einer Beschreibung neuer Formen nicht
ausreicht. Auch der Erhaltungszustand der Versteinerungen des
grünen Sandsteines lässt viel zu wünschen übrig, doch sind hier
die Arten mit ziemlicher Sicherheit zu erkennen.
Ich vermochte eine Anzahl sehr bezeichnender Formen zu
erkennen, von denen ich folgende hervorheben will*):
1. Conus deperditus Brong,, Turritella cf, aspertäa Brong,, und
Cardium anomalum Math, als Arten, die häufig in den vicentinischen
Gomberto-Schichten (Oberoligocän Fuchs') vorzukommen pflegen.
2. Turritella gradata Menke, Venus multilamella Lamk., Dosinia
cf, exoleta Linn., Isocardia cf. subtransi^ersa dOrb., Cardium cf,
hians Brocc, Cardita scabricosta Mickt., Astarte cf, Neumayri
R, Hoem., Area cf. diluvii Lamk.* Pinna Brocchii dOrb., Avicula
phalaenacea iMmk., Pecten cf denudatus Reuss. Formen, die in den
österreichischen Miocän-Ablagerungen häufig auftreten.
3. Voltäa sp. (apenninica:) — Dentalium cf grande Desh,,
Panopaea Gastaldii Micht., Panopaea declivis Micht., Pholodotnya
trigonula Michti., Venus dubia Micht,, Venus intermedia Mich*.,
Cardium fallax Micht,, Crassaiella carcarensis Michti,, Crassatella
neglecta Micht., Pecten deletus Micht,, Pecten arcuatus Brocc, Janira
fallax Micht, Es sind dies Arten, die fast alle von Michelotti in
seinen ,Etudes sur le Miocene inferieur de lltalie septentrionale,
1861* beschrieben wurden. Ich halte diese Arten ftir charakteristisch
für den Complex, in welchem sie auftreten.
Wir sehen demnach eine Zusammensetzung der Fauna aus
drei Elementen, aus oligocänen und miocänen Typen, neben
welchen jene Formen auftreten, die meiner Meinung nach ftir den
Complex der Schio-Schichten charakteristisch sind.
3. Die Tertiärablagerungen der Umgebung von Serravalle.
Während in der Mulde von Belluno Eocän- und Schio-Schichten
auftreten, erscheinen in der Umgebung von Serravalle, am Saume
*) Wegen weiterer Details vgl. man einen ausfohrlichen Aufsatz von
Hoernes im Jahrbuche der k. k. Geolog. R.-A. 1878, Seite 9.
^
Die Umgebungen von Belluno.
463
der oberitalienischen Ebene Schio- Schichten und mediterrane Ab-
lagerungen. Das nachstehende, etwas schematische Profil zeigt,
wie in der Umgebung von Serravalle, wahrscheinlich in Folge einer
Transgression der Schio -Schichten, dieselben unmittelbar auf der
Scaglia auflagern und weiter gegen die Ebene von mediterranen
Bildungen gefolgt werden.
▼on Belluno
Scheiderücken
Venetianische
Piave
Monte Limon
Ebene
NW.
SO.
a = ßiancone; h = Scaglia; e = F.ysch; c» = Nummulitenkalk : e" = Eocan ; d = Schio-
Schichten ; e = Ablagerungen der mediterranen Stufe ; / = Schotterfelder der Ebene.
Die eocänen Ablagerungen, welche ich in der Umgebung von
Serravalle nirgends zwischen Scaglia und Schio-Schichten bemerken
konnte, mögen nicht sowol gänzlich fehlen, als vielmehr durch die
Transgression der letzteren verdeckt sein. Es gewinnt diese Muth-
massung dadurch grosse Wahrscheinlichkeit, dass auch die Scaglia
nur in isolirten kleinen Partien nahe den Schio-Schichten sichtbar
wird, die an anderen Stellen unmittelbar auf Biancone lagern. Das
Einfallen der Schichten der Kreideformation ist in der Regel ein
ziemlich steiles — 40 — ^45® gegen Südost. Nahezu unter dem näm-
lichen Winkel neigen sich auch die Schio-Schichten der Ebene zu,
so dass sie concordant der Scaglia oder dem Biancone aufgelagert
erscheinen. Es wäre äusserst auffallend, wenn Eocän- Ablagerungen
in der Mulde von Belluno vorhanden sein sollten, während sie am
Aussenrande des Rückens, der die Mulde von der Ebene
trennt, fehlen würden. Ich zweifle nicht, dass sie auch an letzterer
Stelle vorhanden sind, wenn auch durch die jüngeren Ablagerungen
verdeckt. Gleiches mag der Fall sein auf der ganzen Strecke der
Südalpen östlich von der in Rede stehenden Gegend — in welcher
Strecke man bis zum istrischen Eocän keine Vertretung dieser
Etage kennt.
Ich habe die Tertiär -Ablagerungen der Umgebung von Serra-
valle im Wesentlichen nur insofern studirt, als sie in den Bereich
der Südostecke des Kartenblattes fallen. Nur zur Ausdehnung
AßA ^^^ Umgebungen von Belluno.
eines Profils bis an die Ebene habe ich auch einige ausserhalb des
gedachten Blattes gelegene Punkte berührt, von denen unten die
Rede sein wird.
Die für uns interessanteste Gegend ist jener Hügelzug, welcher
sich an den von der Masse des Bosco del Cansiglio nach Südwest
gegen Serravalle herabreichenden Monte Agnellezza anlehnt In
diesem Hügelzuge traf ich bei Ciesure, Val Calda, Maren u. s. w-
eine ungemeine Anzahl von Versteinerungen, Arten, die in ihrer
eigenthümlichen Vergesellschaftung für den Complex der Schio-
Schichten charakteristisch sind. Hier wie in den Schio-Schichten von
Belluno begegnen wir einer Vergesellschaftung von drei verschie-
denen Elementen, Formen, die sonst in Oligocän-Ablsfgerungen häufig
auftreten, Arten der Miocänstufe und endlich Typen, die für die Schio-
Schichten speciell charakteristisch sind Ich bemerke, dass ich zwar
an einer Reihe von Fundorten: Alpe Corghe, nordöstlich von Serra-
valle, — Maren, nord-nordostlich von Serravalle, — Val Calda, eben-
falls nord-nordöstlich von Serravalle, — am Wege von Ciesure nach
Val Calda, und auf dem Höhenzuge zwischen Ciesure und Val Calda
eine grosse Anzahl von Versteinerungen gesammelt habe, dass
jedoch der Formenreichthum ein weitaus geringerer ist, als in der
Mulde von Belluno. Es treten übrigens auch einige Arten auf, die
für uns grosses Interesse haben und im Becken von Belluno nicht
beobachtet wurden. Dahin gehört vor Allem Spondylus cisalpinus
Bt'ong., eine ausgezeichnete oligocäne Form, dann Spondylus cf.
crassicosta Lamk, und Nullipora (Liihothamnium) cf. ramosissima,
die neben Turritelhx gradata Mcnk, die miocänen Typen vertreten,
während von charakteristischen Arten der Schio-Schichten Cardium
fallax Micht., Pinna sp. nov. (eine grosse, sehr bauchige Art, mit
ungefaltetem Schnabel), Pecten delctus Micht., Pecten Haueri Micht.,
Pcctcn nov, sp. (übereinstimmend mit einer von Herrn Custos
Th. Fuchs in den Schio-Schichten von Malta gesammelten Form),
Pcctcn arcuatus Brocc. und Janira fallax Alicht, zu nennen sind.
Die Schio-Schichten von Serravalle unterscheiden sich auch
in ihrem petrographischen Charakter wesentlich von jenen des
Beckens von Belluno — es sind gelbe, weiche Mergel und Sand-
steine, die in den Hügeln nordöstlich von Serravalle die genannte
Fauna enthalten. Gröbere Sandsteine treten nicht auf, während wir
im vorigen Abschnitte gesehen haben, dass der grüne Sandstein von
Belluno häufig in ein förmliches Conglomerat übergeht.
Auch die Lagerungsverhältnisse sind andere. Im Becken
von Belluno liegen die Schio-Schichten auf einer mächtig und
ausgedehnt entwickelten Eocänbildung; in der Umgebung von
Die Umgebungen von Belluno.
465
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Castelio
Höhenzug von S. Augusta
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Mojsisovics, Dolomitriffe.
3o
a66 ^i^ Umgebungen von Belluno.
Serravalle erscheinen sie direct den rothen Mergeln der Scaglia auf-
gelagert und die Eocänablagerungen fehlen gänzlich. Auffallend ist
es, dass die Mergel der Scaglia und die Schio-Schichten nordöstlich
von Serravalle nahe das gleiche Einfallen und sogar den gleichen
Neigungswinkel zeigen, so dass die Schichten concordant auf einander
zu liegen scheinen, wie dies das nebenstehende Profil andeutet.
Wir bemerken in demselben, welches von Nordwest nach Südost
vom Monte Cimon über Val Calda und Breda gezogen ist, dass bei
Val Calda über hellen), homsteinreichen Kalk, dessen wolgeschichtete
Massen in dem steilen Abfall zum Thal, in welchem die Strasse
nach Cima Fadalto hinaufzieht, sichtbar werden, in ziemlich geringer
Mächtigkeit die rothen Mergel der Scaglia folgen.. Es sind eigent-
lich nur einige Strecken, an welchen dieselben sichtbar werden, zu-
meist scheint die Scaglia gerade so von den transgredirenden Schio-
Schichten verdeckt zu sein, wie die Eocänablagerungen. Die Basis
der Schio-Schichten wird gebildet von einem grauen, zerreiblichen
Sandstein mit Turritella, Pinna und anderen Gasteropoden und
Pelecypoden — am charakteristischsten für diese unterste Schicht aber
ist das massenhafte Vorkommen von Balanen, so zwar, dass man
den Sandstein geradezu als Balanensandstein bezeichnen könnte.
Ueber dem Balanensandstein folg^ ein gelblicher, ziemlich weicher
Mergel mit Pecten deUtus Michti. und zahlreichen, aber schlecht
erhaltenen Echiniden (Schizaster). Es folgt hierauf festerer Sandstein,
der den Rücken zwischen Val Calda und dem Thal von Ciesure
bildet. In diesem Sandstein kommen Scutellen und flache Clypeaster
in grossen Mengen vor, sind jedoch aus dem verhältnissmässig
festen Materiale schwer zu gewinnen. Den Abhang des Hügel-
zuges gegen das Thal von Ciesure bilden gelbliche Sande und
Mergel, in welchen in sehr grosser Menge Lithothamnien-KnoUen,
sowie vereinzelt die Schalen von Spandylus cisalpinus und Sp, cf.
crassicosta auftreten. Jenseits des Thaies von Ciesure durchschneidet
unser Profil einen ziemlich mächtigen Zug von festem, blaugrauem
Flysch, der sich zur Höhe von S. Augusta bei Serravalle fort-
setzt. Es folgt dann ein flaches Gehänge, das lediglich aus fossil-
leerem, blaugrauem Sandstein gebildet wird, dann aber schneidet
das Profil eine höchst eigenthümliche Ablagerung, von der später
noch die Rede sein soll: wechsellagernde Schichten von fein-
körnigem Sandstein und grobem Conglomerat, die den Typus
fluviatiler Bildung tragen und die Hügel bei Breda zusammensetzen«
Es folgt sodann eine kleine Ebene, von Diluvialablagerungen be-
deckt, und zuletzt schneidet unser Profil noch einen unbedeutenden
Höhenzug bei dem Dorfe Costa, Nordost von Ceneda und Südost
Die Umgebungen von BellunOk ^^'j
von Serravalle, in welchem gelbe, sandige Mergel schlecht er-
haltene Conchylien führen, die der zweiten Mediterranstufe Suess'
angehören (Conus sp., Ancillaria glandiformis Lamk,, lurritelta
rotifera Desh.J.
Ueber den Schio-Schichten, in denen bei Serravalle mächtige
Massen von blaugrauem, festem Flysch eingeschaltet erscheinen,
folgen in der Umgebung von Breda die eigenthümlichen Ablagerungen,
welche eben, bei Besprechung des Profils erwähnt wurden. Es
sind feine, sehr zerreibliche Sandsteine, die mit grobem, schlecht
verkittetem Conglomerat in wenig mächtigen, aber sehr zahlreichen
Bänken wechsellagern. Der feine Sandstein wird trotz seiner geringen
Festigkeit bei Breda als Werkstein gebrochen, indem man in den
Höhen rechts und links von der tiefen Schlucht, die sich der von
Ciser herabkommende Bach eingerissen hat, ziemlich grosse Höhlen-
systeme angelegt hat. Die Steinbrecher lassen die Conglomerat-
schichten stehen und wühlen die feinen Sandsteine dazwischen
heraus, so dass das Ganze den Waben eines Bienenstockes gleicht.
Die Bildung selbst trägt in ausgezeichneter Weise durch bankweise
Sonderung des gröberen und feineren Materiales den fluviatilen
•Charakter. Die Schichten fallen alle ziemlich steil unter einem
Winkel von 35 bis 40® nach Südost, scheinen also von der Faltung
•des Gebirges mitbetroffen worden zu sein. Aller Wahrscheinlichkeit
hat man es hier mit einem Aequivalent der ersten Mediterranstufe
zu thun, doch habe ich die Tertiärablagerungen bei Serravalle zu
wenig studirt, um hierüber mir ein Urtheil erlauben zu dürfen. In der
Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt fanden sich aus
älterer Zeit mit der Bezeichnung Serravalle, ohne nähere Fund-
ortsangabe, einige Conchylien, die nicht aus den Schio-Schichten
herzustammen scheinen, sondern vielmehr übereinstimmen mit den
Versteinerungen der Hornerschichten, wie sie in Valsugana und
in den Monti Berici auftreten *). Namentlich bemerkenswerth ist
darunter Vetms islandicoides Lamk, unter welchem Namen hier jene
Form aufgeführt wird, welche in den Sanden von Eggenburg auftritt
und sich namentlich von jener der zweiten Mediterranstufe (Sand
vom Grund etc.) unterscheidet. Ich konnte der Aufsuchung des
Fundortes, so interressant dieselbe gewesen wäre, nicht die er-
forderliche Zeit widmen, sondern musste mich begnügen, den Raum'
des Blattes aufzunehmen und eine flüchtige Excursion bis an den
•) Vgl. R. Hoernes: Beitr. zur Kenntniss der Tertiär-Ablagerungen in den
Sädalpen. II. Das Vorkommen der ersten Mediterranstufe in Valsugana und in den
Monti Berici. Verh. d. Geolog. R.-A. 1877.
3o*
h
468 tVi^ Umgebungen von Belluno.
Rand der oberitalienischen Ebene zu machen, um das Profil bis an
dieselbe zu verlängern.
Es sei schliesslich noch bemerkt, dass ich bei Costa, Südost
von Serravalle, Nordost von Ceneda, einen niedrigen, von gelblichem,
sandigem Mergel gebildeten Hügelzug vorfand, dessen Streichen
(Südwest — Nordost) genau dem Streichen der Höhenzüge von
S. Augusta und Breda parallel läuft. Bei Costa fand ich, wie schon
oben erwähnt, Ancillaria glandiformis Lamk. und Turritella rotifera
Desh,, also die Fauna der zweiten Mediterranstufe.
4. Die jüngeren Schutt-Ablagerungen.
Im untersuchten Gebiete können wir ebenso wie vielfach
anderwärts im Gebiete der Alpen drei vollkommen verschiedene,
aufeinanderfolgende Bildungen aus jenem Zeiträume beobachten,
welcher zwischen dem Schlüsse der Tertiärperiode und der Gegen-
wart liegt, wir können in der Umgebung von Belluno ein
praeglaciales , ein glaciales und ein postglaciales Diluvium unter-
scheiden.
Als Bildungen praeglacialer Zeit begegnen wir in der Mulde
von Belluno ausgezeichnet geschichteten Geröllablagerungen, die
zumeist zu einem sehr festen Conglomerat, der Nagelfluhe ver-
gleichbar, verkittet sind. Diese Geröllablagerungen zeigen stets-
eine, wenn auch hie und da etwas undeutliche Sonderung des
Materiales und sind in der Regel bankweise geschichtet, so dass
an steilen, der Denudation ausgesetzten Abhängen, an welchen
härtere und weichere Bänke abwechseln, diese schon von weitem
durch die ungleiche Abwitterung auffallen. Dieses geschichtete,
praeglaciale Diluvium nimmt stets, wo es überhaupt vorhanden ist,
die Thalsohle ein, und die gegenwärtigen Flüsse haben sich ihr
Bett in diesen älteren AUuvionen ausgewaschen. Ebenso liegt
in der Mulde von Belluno das geschichtete Conglomerat unmittelbar
an den heutigen Flussläufen und wird von denselben abterrassirt,
Belluno selbst liegt auf einer Terrasse dieser praeglacialen Ab-
lagerungen, und es erstrecken sich dieselben weit nach Nordost
bis in die Umgebung von Ponte nell' Alpi. Die Ortschaften Nogare,
Sagrano und Polpet liegen hier ebenso wie Belluno auf diesen prae-
glacialen Diluvial- Ablagerungen, — sie alle haben unter dem Erdbeben
vom 29. Juni 1873 ausserordentlich gelitten, während die Sobborghi
von Belluno, die auf den recenten AUuvionen der Piave und des
Torrente Ardo liegen, verhältnissmässig wenig gelitten haben. Noch
auffallender zeigt sich der Einfluss der Bodenbeschaffenheit aut
Die Umgebungen von Belluno. ^ÖO
die Intensität des Erdbebens östlich von Capo di Ponte, wo die
auf den praeglacialen Ablagerungen gelegenen Orte, wie Soccher,
fast gänzlich zerstört wurden, während das benachbarte, auf Scaglia
erbaute Cadola mit seiner grossen Pfarrkirche fast gar nicht be-
schädigt wurde. Der Hauptunterschied dieser praeglacialen AUuvionen
von den glacialen Bildungen besteht darin, dass erstere stets deutlich
und häufig bankförmig geschichtet sind, in der Regel nach der
Grösse gesondertes Material enthalten und die Tiefe des Thaies
einnehmen. Die Geschiebe gleichen gewöhnlichen Flussgeschieben,
nie treten eckige Blöcke oder gekritzte Geschiebe auf Häufig ist
das Geröll fest verkittet und liefert dann einen vortrefflichen Werk-
stein; es befinden sich z. B. bei Soccher grosse Mühlsteinbrüche in
diesen Ablagerungen. Das Material der Geschiebe ist ein sehr
manigfaltiges , es kommen Schieferfragmente und Massengesteine
{Quarzporphyr, Melaphyr etc.) vor, doch überwiegen weitaus die
Kalke. Letztere zeigen häufig, zumal in den fest verkitteten Lagen
das Phänomen der hohlen Geschiebe.
Eine sehr eigenthümliche Erscheinung zwischen Ponte nell' Alpi
und Belluno ist die Terrassenbildung in den praeglacialen Ablagerungen.
Sie fallt keineswegs zusammen mit der ursprünglichen Bildung der-
selben und ist vielmehr weit später durch Denudation, durch die
Auswaschung von Seite der Piave entstanden.
Die glacialen Bildungen in der Mulde von Belluno und
auf den umgebenden Höhen zeichnen sich durch eine ganz andere
Beschaffenheit aus. Zunächst liegen sie im Hochgebirge nördlich
der Mulde nicht in den Thälern, sondern hoch oben an den
Gehängen, oft mehrere tausend Fuss über der heutigen Thalsohle.
Auch in der Mulde selbst nehmen sie nie die tiefste Stelle ein —
sie lagern in der Regel auf den tertiären Hügeln, während die
Wasserrisse tief in dieselben eingeschnitten sind. Sehr hoch reichen
<lie glacialen Ablagerungen in der Südhälfte der Mulde von
Belluno auf den Scheiderücken hinauf, der dieselbe von der ober-
italienischen Ebene trennt — erratische Blöcke von Nummuliten-
kalk, Pietra verde, Quarzporphyr etc. finden sich noch auf der
Höhe von S. Ubaldo (S. Leopoldo der Karte), so dass wol
die Gletscher in ihrer grössten Ausdehnung den Scheiderücken
an seinen niedrigeren Stellen überschritten haben dürften. Noch
deutlicher ist der Charakter der Moränenbildungen bei deren
genaueren Betrachtung ersichtlich. Die Ablagerungen sind nicht
geschichtet, grosse, eckige Blöcke liegen in feinem Detritus, das
Material ist nicht gesondert, die Mehrzahl der Geschiebe ist zwar
geglättet, aber eckig und die aus Kalk bestehenden tragen eine
J
/^jQ Die Umgebungen von Belluno.
Unzahl feiner, meist paralleler Kritzer. An einigen Stellen, so
z. B. in den tiefen Wasserrissen der Torrenti, welche vom südlichea
Scheiderücken herab der Piave zuströmen, kann man eine Erschei-
nung sehen, die einigermassen an Schichtung erinnert. In der
regellos aus feinem Detritus, kleineren und grösseren Geschiebea
zusammengehäuften Masse finden sich hie und da grössere
Geschiebe und Blöcke reihenweise angeordnet, so dass an einer
steilen, der Auswaschung preisgegebenen Wand eine Art von
Schichtung sichtbar wird, da die grösseren Blöcke in einer Reihe
hervorragen. Doch hat dies mit echter Schichtung nichts zu
thun, zumal die typische Moränenstructur gerade in der Nähe
einer solchen Blockreihe recht auffallend hervortritt. In vielen
Fällen, deren ich einige weiter unten zu schildern haben werde^
ist der Moränencharakter auch durch den äusseren Umriss an^
gedeutet. Wir finden in der Umgebung von Belluno, am Ausgang
des Canals von Agordo, zwischen Gron und Mas, eine aus-
gezeichnete alte Endmoräne — eine ganze Reihe solcher Moränen
tritt in dem Querthale von Sta. Croce auf, die grössten Endmoränen
finden sich aber am Rande der oberitalienischen Ebene bei
Serravalle.
Die postglacialen Ablagerungen unseres Gebietes bestehen
zunächst aus gewaltigen Schuttkegeln, welche namentlich in der
Gegend der Vereinigung des Cordevole mit der Piave und west-
lich von Feltre, im Thal des Torrente Stizzone und in der vom
Torrente Cormeda und Rio Ligont durchflossenen Ebene grosse
Ausdehnung erreichen. Die drei letzgenannten Gebirgsflüsse warea
nicht im Stande, sich ein permanentes Bett in den postglacialen
Schuttkegeln zu schaffen. Den grössten Theil des Jahres hindurch
verschwinden ihre Gewässer unter der Schuttmasse; nur im
Frühjahr nach der Schneeschmelze wälzen sie gewaltige Wasser-
massen über dieselbe, die bald hier, bald dort ihren Weg nehmen
und die Cultur des sterilen Bodens unmöglich machen, wie das
vorzüglich am Torrente Stizzone der Fall ist. Bei den postglacialen
Ablagerungen habe ich auch der Torfbildungen Erwähnung zu
thun, die sich an einigen Stellen des Gebietes, namentlich in dem
nördlich vom See von Sta. Croce befindlichen versumpften Reviere
des Fiume Roi vorfinden. Dort finden sich nicht unbedeutende
Torfstiche, deren Material zur Feuerung in der Miniera von Val
Imperina bei Agordo verwendet wird.
Die Vergletscherung der Mulde von Belluno war zur Zeit
ihrer grössten Ausdehnung so stark, dass wir uns das weite Thal
fast ganz mit Eis erfüllt vorstellen müssen. Was zunächst die
Die Umgebungen von Belluno. a^i
Dimensionen des Piave-Gletschers selbst anlangt, 'so möge der
Hinweis auf das Vorkommen von Moränenschutt am Südostgehänge
des Monte Campello bei Longarone und bei Casso — beide hoch
über der Sohle des Piave-Thales, genügen, um an der Höhe der
beiderseitigen Randmoränen-Reste die enorme Mächtigkeit des
Gletschers zu zeigen. Ein nicht viel weniger starker Arm drang
wol durch das Cordevole-Thal und mag dort um so höher an den
Wänden emporgereicht haben, je enger der Canal von Agordo im
Verhältniss zur Thalschlucht der Piave bei Longarone ist. Es
überschritten jedoch auch an zahlreichen anderen Stellen mit
Moränen beladene Eismassen das Hochgebirge zwischen den beiden
grossen Bruchlinien, und an manchen Punkten finden sich ihre
deutlichen Spuren. Am auffallendsten in dieser Beziehung
erscheinen die Moränenschuttmassen im Val di Martino bei der
Alpe Grassura, welche grosse Blöcke von Quarzporphyr und
Granit enthalten, die offenbar über den hohen Gebirgskamm
aus der Gegend von Primiero herübergetragen worden sind.
Ausserordentlich wichtig ist der Glacialschutt im Thal des Torrente
Portita, welches sich vom Croce d*Aune gegen Feltre hinabzieht.
Die grössten Blöcke von Gneiss und Granit aber traf ich in jenem
kleinen Thälchen, welches nördlich vom Monte Aurin liegt. Das
Vorkommen von Quarzporphyr, Granit der Cima d'Asta und Gneiss,
der wol ebenfalls vom Cima d'Asta-Stock herrührt, deutet auf
eine ganz ausserordentlich grosse Dimension der Vergletscherung.
Der grösste Theil der Tertiär -Ablagerungen von Belluno erscheint
heute durch die Glacialbildungen verhüllt. Namentlich ist nur an
wenigen Stellen der Contact des Randgebirges mit den Tertiär-
bildungen zu sehen, da die Moränenschuttmassen gerade am Rande
der Mulde ausserordentlich mächtig sind und hoch an den Gehängen
der Randgebirge in zusammenhängenden Massen empörreichen.
In der Mitte der Mulde haben die Gewässer der postglacialen
Periode und der Gegenwart die glacialen Ablagerungen denudirt
und Schuttkegel und moderne AUuvionen nehmen hier ihre Stelle
ein. Nur isolirte Denudationsreste von Glacialschutt treffen wir
allenthalben auf den tertiären Hügeln an. Ebenso wie in der Mitte
der Mulde finden wir den Moränenschutt in grösserer Höhe an
den Randgebirgen weggeschafft. Die steilen Gehänge und die
grössere Macht der Denudation haben hier zerstörend gewirkt, und
es sind häufig nur die grösseren Blöcke zurückgeblieben, während
das kleinere Materiale verschwunden ist. Solche grosse Blöcke von
Quarzporphyr und Pietra verde, von Dachstein- und Nummulitenkalk
aber finden sich auf dem Kreidegebirge zwischen der Mulde von
4^2 ^^^ Umgebungen von Belluno.
Belluno und der oberitalienischen Tiefebene in sehr bedeutenden
Höhen. Eine Menge von Glacialblöcken trifft man z. B. bei
S. Ubaldo (S. Leopoldo) am Uebergange nach Tovena. Es kann
demnach nicht bezweifelt werden, dass der Scheiderücken zwischen
dem Thal von Belluno und der Ebene auch in seinen höheren
Partien von den alten Gletschern übersetzt wurde. Ein mächtiger
Gletscherarm aber drang durch das Querthal von Sta. Croce. Zur
Zeit der grössten Ausdehnung reichte der alte Gletscher, den wir
der Kürze halber als jenen von Sta. Croce bezeichnen wollen, weit
über Serravalle hinaus. Er lagerte seine Endmoränen bei CoUe
Umberto ab, und bildete dort einen weiten Halbkreis niedriger Hügel,
deren Natur Jedem klar sein wird, der, vertraut mit den gross-
artigen Glacial-Erscheinungen der Südalpen, dieses weite Moränen-
Amphitheater von einem geeigneten Standpunkt, etwa der Kapelle
S. Augusta, bei Serravalle, betrachtet. Die genannte Kapelle liegt
unmittelbar bei dem genannten Orte, auf einem verhältnissmässig
niedrigen Zuge aus tertiärem Sandstein (Flysch der Schio-Schichten).
Man übersieht von ihr aus zu seinen Füssen eine kleine, wol an-
gebaute Ebene, welche von postglacialen Anschwemmungen gebildet
ist, und erst jenseits derselben einen weiten Halbkreis niedriger
Hügel — die Stimmoräne des alten Gletschers von Sta. Croce zur
Zeit seiner grössten Ausdehnung. Besucht man diese Hügelreihe,
so findet man überall die unzweifelhafte Bestätigung für die glaciale
Natur ihrer Bildung. Eckige Geschiebe von mesozoischem Kalk,
Melaphyr, Quarzporphyr etc., die Kalkgeschiebe alle gekritzt, liegen
ohne Sonderung des Materiales in feinem Detritus.
Fast interessanter noch als diese Glacialbildungen, welche die
grösste Ausdehnung der alten Gletscher in unserem Gebiete markiren,
sind jene, welche dieselben bei ihrem allmählichen Rückzuge hinter-
lassen haben. Ausserordentlich lehrreich ist in dieser Beziehung
der alte Gletscher von Sta. Croce. Während seine Endmoränen
zur Zeit der grössten Ausdehnung ziemlich weit südlich von Serra-
valle lagen, hat er bei seinem allmählichen Rückzuge in dem Quer-
thale von Sta. Croce eine ganze Reihe von kleineren Stirnmoränen
zurückgelassen. In dem unteren Theile dieses Querthaies, welches
von Cima Fadalto bis Serravalle eher als Längenthal bezeichnet
werden könnte, weil hier die Erosion dem Streichen des Gebirges
folgte, treffen wir unmittelbar nördlich von Serravalle, an der Stelle,
wo die Strasse nach Revine abzweigt, die ersten Moränenschutt-
massen. Weiteren Glacial-Ablagerungen begegnen wir auf dem Wege
zum Lago Morte; und die Stirnmoräne, welche diesem kleinen See
die Entstehung gab, erreicht schon ziemlich bedeutende Dimensionen
Die Umgebungen von Belluno. a7^
Der Lago Morte hat keinen oberitdischen Abfluss, doch bricht,
nahezu zwei Kilometer von seinem Südwestende entfernt, bei Bottejani
sein unterirdischer Abfluss aus dem Moränenschutt : ein mächtiger
Bach, der gleich an seiner Quelle eine Mühle treibt.
Die ' grössten Dimensionen unter den Moränen zwischen
Sta. Croce und Serravalle erreicht jene, welche am Südende des
Lago di Croce dessen" Gewässer am Abflüsse durch das untere
Querthal hindert. Diese jüngste Moräne des Gletschers von Sta. Croce
zeigt grossartige Dimensionen und eigenthümliche Verhältnisse.
R. Falb*) hat die Bildung der Seen im Fadalto-Thale Bergstürzen
zugeschrieben, welche durch ein grosses Erdbeben im Jahre 365
verursacht worden sein sollen. Diese Ansicht entbehrt der thatsäch-
liehen Begründung; wenn man aber die Stirnmoräne am Südende
des Lago di Croce betrachtet, so erscheint der Irrthum Falb's
verzeihlich. Den Boden bedecken hier gewaltige, wirr durcheinander
gehäufte Felstrümmer, deren Dimensionen namentlich an dem steilen
Abfall von Cima Fadalto zum Lago Morte auffallen. Diese Blöcke
sind scharfkantig und eckig, ohne Spur von Glättung und Politur,
auch ohne Kritzen. Kleineres Materiale fehlt zumeist, oder es weist
in der Regel auch nur scharfe Kanten, aber keine Politur und keine
Kritzen auf Hie und da sind allerdings auch typische Moränen-
geschiebe zu entdecken, doch muss man lange nach ihnen suchen.
Das Materiale der übereinander gehäuften Felsmassen besteht fast
ausschliessUch aus den in der nächsten Nähe anstehenden Ab-
lagerungen der Kreideformation — dichten Kalken, welche den
Uebergang vom Biancone in den Hippuritenkalk des Monte Pascolet
vermitteln — doch finden sich unter diesem aus der nächsten Nähe
stammenden Materiale bei genauerer Untersuchung auch kleinere
Geschiebe und Blöcke von Triaskalken (vorwaltend Dachsteinkalk),
von Quarzporphyr u. s. f. Kurz, bei genauer Betrachtung zeigt sich
der Moränencharakter der Schuttmasse sehr deutlich, während sie
auf den ersten Blick für das Resultat eines Bergsturzes hätte gehalten
werden können. Die verhältnissmässige Enge des Thaies bei Cima
Fadalto lässt die Moränenbildung in ihrem Gesammtumriss nicht sehr
zur Geltung kommen, die Absperrung des engen Thaies kann, blos
ihrer äusseren Gestalt nach, nicht mit Sicherheit als Bergsturz oder
als Stimmoräne gedeutet werden.
Anders verhält sich die Sache bei der grossen Endmoräne
zwischen Mas und Gron, am Ausgange des Canales von Agordo.
Hier verweist schon der flüchtige Anblick auf die glaciale Natur
•) Sirius 1873. Heft XI.
AjA Die Umgebungen von Beliuno.
der Bildung des Höhenzuges, welcher sich von Mas bis Gron in
einer Länge von über 3 Kilometer hinzieht und mit den am linken
Cordevole-Ufer über Mas und mit den am rechten Ufer des Torrente
Mis auftretenden Moränenschuttmassen verbunden, eine gewaltige
Stimmoräne von etwa 4 Kilometer Länge darstellt. Auch diese
Endmoräne, die offenbar einem späteren Abschnitte der Glacialperiode
angehört, in welchem die Gletscher schon ziemlich weit zurück-
gegangen waren, hat man als Resultat eines gewaltigen Bergbruches
ansehen wollen, den auch hier ein Erdbeben verschuldet haben
soll. Th. Trautwein*) berichtet über die Erscheinung folgender-
massen: ^Die ersten zwei Stunden windet sich die Strasse von
Belluno nach Agordo ermüdend über Hügelrücken; erst allmählich
gelangt man zum Anblick der grauenhaften Verwüstung am Aus-
tritt des Cordevole in die Thalweitung. Ein Erdbeben im Jahre 1 1 14
wurde bisher als Ursache des riesenhaften Bergbruches genannt,
der hier vom Spizzo di Vedana abging und die Stadt Comia ver-
schüttet haben soll, deren Namen sich im ältesten Verzeichniss
der Pfarreien Belluno's findet; noch heute bedecken die Trümmer-
massen einen Raum, der 172 Stunde lang und i Stunde breit sein
mag. Der Cordevole aber sowol, als der weiter westlich aus dem
Gebirge tretende Mis wurden nach beiden Seiten abgedrängt und
vereinigen sich jetzt erst weiter aussen*; — und weiter**): ^^Nach
Fuchs (Die Venetianer Alpen, S. 8) gehört der Bergbruch einer
vorgeschichtlichen Zeit an; ein erst jüngst in Agordo erschienener
Bericht versucht den Beweis, dass er die Wirkung eines Gletschers
der Eiszeit sei.* Dieser in Agordo erschienene Bericht — eine mit
Sachkenntniss verfasste Abhandlung über den Ursprung der ,Rovine
di Vedana* von Herrn Lucio Mazzuoli ***) — entspricht in
der Schilderung der Erscheinung vollkommen den thatsächlichen
Verhältnissen, und die Erklärung der gewaltigen Schuttmassen
als Moränenbildung wird von Jedem gebilligt werden, der sich
mit der Grossartigkeit der Glacialerscheinungen am Südrande der
Alpen vertraut gemacht hat. Ich will versuchen, durch eine
kurze Schilderung der in Rede stehenden Stimmoräne ihre Natur
als solche zu zeigen, zugleich aber auch die Ursachen, aus
welchen dennoch eine Verkennung derselben möglich war, er-
örtern.
*) Th. Trautwein : Aus den Cadorischen Alpen. Mittheilungen d. Deutsch,
u. Oesterr. Alpen ver. 1876, pag. 127.
*♦) Loc. cit. pag. 129 in der Note.
***) Lucio Mazzuoli, SuU* origine delle rovine di Vedana. Club alpine italiano,
Sezione di Agordo, Adunanza straordin. 22. Agosto 1875.
Die Umgebungen von Belluno. Ayc
Der gewaltige Damm, welcher sich in der Richtung von
West -Südwest nach Ost -Nordost in der Länge von 3 Kilometern
zwischen Gron und Mas hinzieht, lenkt schon von Weitem den
Blick auf sich. Er erhebt sich bis zu einer Höhe von 100 — 120 Meter
über das Niveau des Cordevole, der bei Mas, wo er die Stim-
moräne durchbricht, tief in tertiärem Sandstein (Flysch der Schio-
Schichten) sein Bett eingerissen hat. Ebenso wie im Osten am
Cordevole, so sind auch im Westen am Torrente Mis die tertiären
Ablagerungen unter dem Glacialschutt sichtbar; sie erreichen hier
in der nächsten Umgebung von Gron ziemliche Ausdehnung. Auch
stehen tertiäre Sandsteine mit der charakteristischen Fauna der
Schio-Schichten (Pecten deletus Mich. etc.J am Wege zwischen Mas
und Gron, etwa in halber Distanz von beiden, am Fusse des
Moränen walles an. Diese Tertiärbildungen gestatten dort, wo sie
zu Tage treten, einer reichen Vegetation die Entfaltung, während
die Moränenschuttmassen jeder Vegetationsdecke entbehren und eine
wahre Wüstenei von nacktem Felsgetrümmer dem Auge darbieten.
Der Name ^Rovine di Vedana* *), mit welchem die Anwohner diese
Schuttmassen zu bezeichnen pflegen, scheint nicht unpassend ge-
wählt für die kahlen Steinhaufen inmitten einer blühenden, wol
cultivirten Landschaft. Das sterile Terrain beschränkt sich nicht allein
auf den grossen Moränendamm, sondern es erstreckt sich dasselbe
auf eine bedeutende Distanz gegen Süden, bis an die tertiären
Hügel von Sedico, neben welchen sich ausgedehnte postglaciale
Alluvionen (flache Schuttkegel) finden, die trotz ihres verhältniss-
mässig schlechten, an Geschieben reichen Bodens von Maisfeldem
und Baumwuchs bedeckt sind. Ebenso wie die grosse Stimmoräne
und die ihr südlich vorgelagerten Glacialschuttmassen, ist die kleine,
etwa einen Kilometer breite Ebene, welche sich zwischen der
Moräne und dem Fusse des Monte Vedana befindet, vegetationslos.
Diese kleine Ebene, welche zu der Moräne von Mas und Gron die-
selbe Stellung einnimmt, wie die bedeutend grössere Ebene, die
südlich von Serravalle sich bis zu den Hügeln von CoUe Umberto
erstreckt, zu diesen weit ausgedehnteren Stirnmoränen, zeigt höchst
eigenthümliche Verhältnisse. Sie ist bedeckt mit zahlreichen, kleinen
runden Hügelchen, die alle aus demselben Materiale bestehen, wie
der grosse Damm der Stimmoräne. Das Vorhandensein dieser
kleinen Ebene mit den charakteristischen Eigenschaften der Glacial-
bildung beweist sofort die Unmöglichkeit, die über einen Kilometer
*} Vedana — ein ehemaliges Kloster am Fusse des gleichnamigen Berges,
etwa einen Kilometer nördlich von der Moräne gelegen.
Ay6 Die Umgebungen von Belluno.
vom Fusse des Berges entfernten Schuttmassen des gewaltigen
Dammes als Resultat eines Bergsturzes zu betrachten, der die
sagenhafte Stadt Comia zerstört hätte. Der Anblick der Trümmer-
massen in der Nähe ist allerdings jenem sehr ähnlich, der sich an
einem vor verhältnissmässig kurzer Zeit stattgehabten Bergsturz
darbietet. Grosse, scharfkantige Blöcke liegen wirr durcheinander
gehäuft und kleineres Materiale fehlt zumeist, oder es besteht aus
Fragmenten, die ganz jenen gleichen, wie sie sich in abgestürzten
Massen finden. Zugleich besteht das ganze Materiale der Schutt-
anhäufung fast ausschliesslich aus den mesozoischen Kalken, welche
die nächstgelegenen Höhen zusammensetzen. Die Oolithe des Lias
und die weissen Brachiopodenkalke desselben (Sospirologesteine)
bilden die Hauptmasse der Felstrümmer. Eben dieselben Kalke
bilden mit steilgeneigten Schichtflächen die Gehänge der nächst-
liegenden Berge: Spizzo (oder Monte) di Vedana und Monte Peron.
Daneben tritt aber auch Dachsteinkalk in dem Schutte der grossen
Moräne auf und bei genauerer Nachforschung findet man an einigen
Stellen auch Porphyr und Gneissgeschiebe, sowie gekritzte Kalk-
blöcke. Diese Erscheinungen beweisen hinlänglich den Moränen-
charakter unseres Querdammes, der auch sehr anschaulich hervor-
tritt, wenn man ihn von einem günstig gelegenen Punkte betrachtet.
Ein solcher findet sich beispielsweise auf den Höhen von Col Staul
am Südgehänge des Monte Peron, von welchem aus die beigegebene
Skizze entworfen wurde, zu deren Erklärung hier einige Worte
folgen mögen.
Man übersieht einen ziemlich grossen Theil der Mulde von
Belluno mit dem nördlichen Randgebirge. Wir stehen am Gehänge
des Monte Peron, der seine steilabfallenden Lias-Schichten der Ebene
zukehrt. Das gleiche ist an dem zwischen den Thaleinrissen des
Cordevole und des Torrente Mis schroff emporragenden Monte
di Vedana der Fall und ebenso an den Höhen im Westen, am
Monte Bocco, Monte Palon etc. Zwischen dem Monte Bocco und
dem Monte di Vedana sehen wir in das Thal des Torrente Mis hinein,
und bemerken dort in den Wänden des Monte Prabello horizontal-
gelagerte, mächtige Dachsteinkalkmassen, über welchen Jura und
Neocom folgen. Unter dem Monte di Vedana ist eine kleine,
bewaldete Vorstufe bemerkbar, welche durch Jura- und Neocom-
Ablagerungen gebildet wird. Es folgt dann eine kleine, von zahl-
reichen runden Schutthügeln überdeckte Ebene, in welcher bei
Vedana ein kleines Wasserbecken liegt. In der Mitte des Bildes
bemerken wir den gewaltigen Wall der grossen Stimmoräne, der
sich auch über den Cordevole verfolgen lässt. Im Vordergrunde
Die Umgebungen von Belluno.
Manie Prabcllo
Mo nie Pliiocco
I i 1.
I 1 -
A^$ Die Umgebungen von Belluno.
links sind die Glacialschuttmassen über Mas am linken Ufer des
Cordevole sichtbar. Wir sehen sodann der grossen Stirnmoräne vor-
gelagert, ein unregelmässiges Haufwerk von grösseren und kleineren,
aus Glacialschutt bestehenden Hügeln, durch welche der Cordevole
sich mühsam hindurchwindet, um mit dem Torrente Mis vereinigt
der Piave zuzuströmen. Auf seinem letzten Laufe, der uns theil-
weise durch die tertiären Hügel von Sedico verdeckt wird, ist das
in einen postglacialen Schuttkegel eingerissene Flussbett ungemein
breit und von einer Menge von Bächen durchzogen, die fortwährend
ihren Lauf ändern.*)
*) Ohne befugt zu sein, der im Texte ausgesprochenenen Ansicht des Herrn
Dr. Hoernes über die wahre Natur der Schuttwälle von Sta. Croce und Vedana
eine gegentheilige Meinung entgegenzusetzen, da ich dieselben nicht gesehen habe,
kann ich nicht umhin, einem von Herrn Dr. Hoernes selbst ausgesprochenen
Bedenken eine viel grössere Bedeutung beizumessen, als dies mein hochverehrter
Freund gethan hat. Da grosse Bergstürze eine bedeutende äussere Aehnlichkeit mit
Moränen wällen zu haben pflegen, bleibt als unterscheidendes Kriterium die Be-
schaffenheit und die Heimat des Schunmaterials. Die ausserordentliche Seltenheit
weit transportirter Geschiebe in den Schuttmassen von Sta. Croce und Vedana und
das Dominiren von Localschutt rechtfertigen nun ein gewisses Misstrauen gegen
die Annahme eines glacialen Transportes. Grosse Bergstürze gehören in den Süd-
alpen zu den häufigsten Erscheinungen. Die spärliche Untermengung echt glacialer
Geschiebe könnte in beiden Fällen durch das Mitstürzen von an den Gehängen
haftendem Glacialschutt, oder aber durch mechanische Mengung des abgestürzten
Materials mit in der Thalsohle bereits vorhandenem Glacialschutt erklärt werden.
Auch in dem unter der Bezeichnung „Slavini di Marco" wolbekannten
grossen Bergsturze des Monte Zugna bei Mori im Etschthale finden sich unter den
massenhaften Blockanhäufungen des Localschuttes vereinzelte echt glaciale Geschiebe
des alten Etschgletschers, welche offenbar gleichzeitig mit den losgelösten Felstafeln
von den Gehängen des Zugna-Berges in. die Thalebene herabgeschoben wurden.
III.
Rückblicke.
XVI. CAPITEL.
Die Riffe.
Verticale und horizontale Ausdehnunff der Dolomitriffe. - Kärtchen zur Ucbcrsicht der Riff-
Gebiete während der Zeit der unteren wengener und der Cassianer Schichten. - Tendenz der
Zusammenschliessung der Riffe. - A^ächtigkeit des Dolomits. - Die Hauptmasse der isopischen
Riffe gehört den Wengener Schichten an. - Grosse Mächtigkeit des Casrianer Dolomits in den
heteropischen Districten. - Begrenzung der Dolomitriffe. - Riffböschune. - Verhältniss der
Riffe zu den gleichzeitigen heteropischen Bildungen. - Erhöhte Lage der Riffe. - Peripherische
Vcrtheilung der isopiscnen Riffe. - .Structurvernältnisse der Riffe. - Die Geftteinsbescnaffenheit
^er Riffe. - Die marine Fauna und Flora der Riffe. - Die Korallenriff-Theorie im vollsten Ein-
klänge mit den beobachteten Thatsachen. - Kurze Geschichte der südtirolischen Korallenriffe. -
Verhältniss der Riffe zu den Eruptionsstcllen. - Peripherische Lage der letzteren am Rande des
'Gebietes stäikerer Senkung. - Blick auf die übrigen Riffe der Ostalpen. - Die sinkende ostalpin c
Insel der Triaszeit, umrandet von Strand- und Wallriffen.
In den Detailschilderungen ist an zahlreichen Beispielen
gezeigt worden, dass unsere Ansicht über die gleichzeitige Bildung
der Dolomitmassen und der Tuff-, Sandstein- und Mergelschichten,
der norischen und unterkamischen Zeit durch häufig wieder-
kehrende unzweifelhafte Thatsachen bestätigt wird. Es sollen nun
die wichtigsten Ergebnisse unserer Untersuchung in heteropischer
Beziehung zusammengefasst und daran Schlüsse .über die Bildungs-
geschichte der Dolomitriffe geknüpft werden.
I. Verticale Erstreckung der Dolomitmassen.
Wenn wir von den unbedeutenden Dolomitlinsen im unteren
Muschelkalk von Brags und im Codalonga-Thal absehen, so treffen
wir in unserem Gebiete erst über der durchgreifenden Dolomitplatte
des oberen Muschelkalks auf heteropisch differenzirte Bildungen.
Die Dolomitfacies beginnt daher mit dem oberen Muschelkalk, aber
erst im Niveau der Buchensteiner Schichten scheiden sich Regionen
mit vorherrschender oder ausschliesslicher Dolomit-Entwicklung von
Gegenden mit heteropischen Gesteinsabsätzen. Diese heteropische
Zweitheilung des Gebietes setzt aufwärts continuirlich durch die
Wengener und Cassianer Schichten fort und endet mit den wieder
gleichförmig verbreiteten Raibler Schichten.
Mojsisovics, Dolomitriffe. 3i
482 Die Riffe.
2. Horizontale Ausdehnung der Dolomitriffe.
Wir hatten bereits vielfach Gelegenheit, auf die während des
langen Zeitraumes der Riflfperiode eintretenden Verschiebungen der
Riffgrenzen hinzuweisen. Ich habe nun zur leichteren Uebersicht
dieser wechsehiden Ausdehnung zwei kleine Kärtchen entworfen,
aus welchen man die Verbreitung der Riffmassen zur Zeit der
unteren Wengener Schichten (Augitporphyrlaven) und am Ende
der Zeit der Cassianer Schichten ersehen kann.
Man wird aus der Vergleichung dieser beiden Kärtchen sofort
den bedeutenden Unterschied erkennen, welcher sich zwischen dem
Beginne und dem Ende der Riffperiode vollzogen hat Zur Zeit
der unteren Wengener Schichten unterscheiden wir:
1. eine grosse zusammenhängende Dolomitmasse im Westen
unseres Gebietes, mit dem Schiern als nördlichsten und dem Piz bei
Sagron als südlichsten Punkt. Zwei ansehnliche Ausläufer dieser Masse,
das Cap der Marmolata und das Cap des Monte Alto di Pelsa,
greifen halbinselförmig in das östlich angrenzende dolomitfreie Gebiet;
2. die Masse der Geissler Spitzen und des Peitler-Kofels ;
3. die Masse der Hochalpe;
4. die ausgedehnte Dolomitmasse zwischen Toblach und
Auronzo, welche wir als ,Sextener Riff* kennen gelernt haben.
Ausser diesen grossen peripherisch gelegenen und möglicher
Weise auf der Nordseite einst untereinander vollkommen zusammen-
schliessenden Dolomitmassen, welche halbkreisförmig die grosse
dolomitfreie Bucht begrenzen, finden wir im Innern der Bucht zwei
kleine, gänzlich isolirte Dolomitriffe, nämlich:
5. die Masse des Langkofels und
6. die Masse des Monte Carnera.
Ein fiir die Zeit der Buchensteiner Schichten entworfenes
Kärtchen würde eine grössere Anzahl getrennter Dolomitmassen,
sowie eine etwas weitere Ausdehnung des rifffreien Gebietes erkennen
lassen. Die Buchensteiner Knollen- und Bänderkalke sind nämlich,
wie aus der grossen Karte zu ersehen ist, im Fleimser Districte
allgemein verbreitet und ermöglichen daselbst die scharfe Trennung
des oberen Muschelkalkes und des Wengener Dolomits. Die oben
unter Nummer i angeführte grosse Dolomitmasse der unteren Wen-
gener Schichten zerfallt in Folge dessen für die Zeit der Buchen-
steiner Schichten in drei gesonderte Massen, von denen zwei, die
Masse des Cimon della Pala (Primiero-Riff) und die Masse des
Schiern peripherisch liegen,, während die dritte, die Masse der
]\Iarmolata, inselförmig von dolomitfreiem Gebiete umgeben ist.
Die Riffe.
483
Es gibt sich sonach bereits am Beginne der Riffperiode
deutlich die Tendenz nach seitlicher Ausdehnung der Dolomit-
massen kund. Wir hatten gelegentlich der Detailschilderungen
wiederholt Veranlassung, auf dieses bis zum Schlüsse der Riffperiode
vorherrschende Bestreben der Dolomitmassen, weiteres Terrain zu
gewinnen und sich zusammenzuschliessen, hinzuweisen. So nehmen
die Dolomite der oberen Wengener Schichten ein bedeutend
grösseres Areal als die unteren Wengener Dolomite ein, und zur
Zeit der Cassianer Schichten dehnen sich nicht nur die Riffmassen
der Geissler-Spitzen und des Langkofels bedeutend in lateraler
Richtung aus, sondern es schliessen gegen den Schluss dieses Zeit-
abschnittes die beiden grossen Randriffe mittelst einer die Bucht
der Wengener Schichten quer durchziehenden Brücke völlig
zusammen.
Wenn wir im Auge behalten, dass auf die Zeit der Cassianer
Schichten die allgemein verbreitete Untiefenbildung der Raibler
Schichten folgt, so erscheint uns die im Ueberhandnehmen der
Riffe ausgesprochene Tendenz der Auffüllung und Verflachung des
Meeresbodens sehr begreiflich.
Um, Missverständnissen und unbegründeten Einwendungen zu
begegnen, müssen wir daran erinnern, dass die laterale Ausdehnung
der Dolomitmassen nicht in der Weise vor sich geht, dass jede
folgende Schicht über die vorausgehende hinausgreift, wie es etwa
der Fall sein müsste, wenn der Dolomit allmählich die Zwischen-
räume zwischen vorhandenen hügelformigen Anhäufungen oder
Ablagerungen von älterer Bildung ausfüllen würde. Nur das erste
P^ussfassen der vorrückenden Dolomitmasse kann, wie die Ver-
hältnisse am Grödener Joche (vgl. S. 231, 240) lehren, in ähnlicher
Weise erfolgen. Sobald aber das Riff einmal seine Basis vor-
geschoben hat, erhebt sich dasselbe mit mehr oder weniger steil
nach aussen gekehrter (oder mit anderen Worten: gegen oben
zurücktretender) Büschungsfläche frei über seine Umgebung.
3. Mächtigkeit des Dolomits.
Zu den merkwürdigsten Ergebnissen unserer Untersuchung
gehört der Nachweis über die ausserordentlich wechselnde Mächtig-
keit der Dolomitmassen in den verschiedenen Zeitabschnitten der
Riffperiode.
In dem grossen westlichen Randriffe, dessen Nordspitze der
Schiern bildet, gehört die Hauptmasse des Dolomits den Wengener
Schichten an. Die obersten Augitporphyrlaven der Seisser Alpe
3i *
484 ^»« ^»^«•
ergiessen sich (vgl. Seite 175) über den Sattel zwischen Schiern
und Rosengarten in das Innere des Schlemmassivs und breiten sich
daselbst zu einer continuirlichen Decke aus, welche die Hauptmasse
des Schlemdolomits zur Unterlage hat. Die Denudationsreste von
Augitporphyrlaven auf dem Monte Agnello und dem Monte Viezzena
bei Predazzo, deren Erguss dem Schlüsse der vulcanischen Thätig-
keit angehört, lagern in ganz übereinstimmender Weise über den
gewaltigen Dolomitmassen des Fleimser Gebietes und standen wol
einst, ehe die Denudation den Zusammenhang aufgehoben hatte,
mit der Augitporphyrdecke des Schiern in Verbindung*). Die Fossilien
der Marmolata, des Latemar- Gebirges und des Dosso Capello
(vgl. Seite 355 und 379) stehen mit den aus den Lagerungsverhält-
nissen gezogenen Schlüssen über das Alter dieser Dolomite in
bestem Einklänge, insofeme dieselben auf das Niveau der Porphyr-
tuffe von Kaltwasser bei Raibl verweisen. Es wurde bereits an-
gedeutet, dass der Charakter der an diesen Fundstellen vorkommen-
den Cephalopoden nach den phylogenetischen Beziehungen auf
eine derjenigen der Buchensteiner Schichten zunächst sich an-
schliessende Fauna hinweist. Da in allen isopischen Dolomitriffen
unseres Gebietes ein aliquoter unterster Theil des Wengener
Dolomits seiner Bildungszeit nach der Ausbreitung der Augit-
porphyrlaven vorangieng, wie weiter unten gezeigt werden soll, so
stünde der Annahme nichts im Wege, dass die Fauna der Fassaner
und Fleimser Dolomite und der Tuffe von Kaltwasser etwas älter,
als die typische Wengener Fauna sei.
Für die übrigen isopischen Dolomitriffe unseres Gebietes
stehen uns zwar keine so guten Anhaltspunkte zur scharfen Alters-
bestimmung des höheren Dolomits zu Gebote, doch halte ich es
für wahrscheinlich, dass auch bei ihnen, wie bei dem westlichen
Randriffe die Hauptmasse der Zeit der Wengener Schichten angehört.
Abgesehen davon, dass die Uebereinstimmung der Gesammt-
mächtigkeit der isopischen Masse (900 — 1000 Meter) ^u Gunsten
der Annahme einer parallelen Bildungsgeschichte spricht, scheint
mir noch ein Moment der besonderen Beachtung in dieser Richtung
werth zu sein. Es ist dies die auffallende Erscheinung, dass an der
Basis der grossen isopischen Dolomitriffe in allen Fällen, wo keine
besonderen tektonischen Störungen eintreten, insbesondere bei den
*) Als einen westlichen Ausläufer dieser Decken betrachte ich die Augit-
porphyrlaven der Mendola und des Monte Rovere bei Cles, welche, wie die
Betrachtung der L e p s i u s*schen Karte des westlichen SOdtirol lehrt, in genau
ostwestlicher Richtung auf einander folgen und blos durch die überlagernden
jüngeren Bildungen der Nonsberger Mulde getrennt sind.
Die RiiTe.
485
söhlig lagernden Massen des Nordens (Rosengarten, LangkofeL
Geissler Spitzen, Peitlerkofel) dieselbe Höhencote (2200 — 2300 Meter)
wiederkehrt*). Wenn man nun im Auge behält, dass die heteropische
Umgebung dieser Riffe stets um einen bedeutenden Betrag tiefer
liegt, so ist man geneigt, in jener übereinstimmenden Höhenlage
der Riffbasis nicht ein Spiel des Zufalls, sondern ein bestimmtes
gesetzmässiges Verhalten zu erblicken, welches unbeschadet der
allgemeinen Gebirgserhebung sich seiner äusseren Erscheinung nach
bis auf die Gegenwart erhalten hat. Da es nun weiter im Hinblick
auf die geringe räumliche Ausdehnung unseres Gebietes wol
am natürlichsten ist, für die Zeit der Riffperiode gleichmässige
Oscillationen des Bodens anzunehmen, so dürfte gegen die Ver-
allgemeinerung der für das westliche Randriff gefundenen Sätze sich
kaum ein ernstlicher Einwand erheben lassen.
NacTidem die Hauptmasse des oberen Dolomits in den isopischen
Dolomitriffen den Wengener Schichten angehört, so verbleibt in
denselben für die Vertretung der Cassianer Schichten, wie das
Profil der Schlemklamm (Seite 176) zeigt, nur eine sehr geringe
Mächtigkeit. **)
In auffallendem Gegensatze zu dieser geringen Mächtigkeit des
Cassianer Dolomits in den isopischen Riffen steht das stellenweise
sehr bedeutende Anwachsen desselben in den über heteropisches
Gebiet übergreifenden Riffmassen. Wir erinnern in dieser Beziehung
an die Sella-Gruppe, wo nächst Corvara der Cassianer Dolomit bis
zu 500 — 600 Meter Mächtigkeit anwächst, an die Gardenazza -Tafel-
masse, an den Lagatschoi, Sett Sass u. s. f Die übrigens in den
heteropischen Districten von Ort zu Ort wechselnde Dicke des
Cassianer Dolomits hat ihren Grund theils in der wechselnden
Höhe des Eintrittes der Transgression, theils in der ungleichmässigen
Senkung des Untergrundes.
Das örtliche Zusammenfallen der grösseren Mächtigkeit des
Cassianer Dolomits mit den heteropischen Districten ist durch die
raschere Senkung dieser Gebiete bedingt, mit welcher^ wie wir
sehen werden, die heteropische Differenzirung in causalem Zusammen-
hange steht.
*) Der Schiern macht von dieser Regel in Folge des grossartigen Absinkens
seiner ganzen Masse, mithin einer tektonischen Störung, eine scheinbare Aus-
nahme.
♦*) Weiter westlich auf der Mendel, wo die Raibler Schichten direct den
Augitporphyrlaven aufzulagern scheinen, dürfte zur Zeit der Cassianer Schichten
gar kein Absatz erfolgt sein.
486 I^ie Riffe.
4. Die Begrenzung der Dolomitriffe.
Die normale Begrenzung der Dolomitriffe bildet eine steil
gegen aussen abfallende, daher gegen oben zurücktretende Fläche,
welche wir in den Detailschilderungen als Böschungsfläche oder
Riffböschung bezeichnet haben. Es ist in den Denudationsverhält-
nissen begründet, dass freiliegende Riffböschungen nur selten zu
beobachten sind. Dieselben Kräfte, welche die Riffe aus ihrer Um-
hüllung herausschälen, arbeiten auch an deren Zerstörung unaus-
gesetzt weiter. Sobald durch die Abtragung und Abspülung der
angelagerten weicheren Gesteinsarten eine Riffljöschung entblösst
ist, beginnt sofort die Umformung zu Steilwänden. Glücklicher-
weise finden sich in unserem Gebiete zahlreiche Entblössungen, an
welchen die Riffböschung noch deutlich zu erkennen ist. Das gross-
artigste Beispiel bietet der Plattkofel dar. Andere, in verschiedenen
Stadien der Denudation befindliche Böschungsflächen zeigen: Das
Schlemgehänge bei Cipit, das Rosengartengehänge gegen das
Udai-Thal, das Sellagehänge. nächst dem Pian de Sass und an
der Bovai-Alpe, der Monte Framont bei Agordo, der Nordabfall
der Palle di San Lucano und in der Fortsetzung derselben die
Nordostgehänge des Primiero-Riffes.
Noch zahlreicher sind die Stellen, an welchen man die An-
lagerung der heteropischen Bildungen an die Böschungsflächen
beobachten und sich überzeugen kann, wie durch die Wegfiihrung
der angelagerten Gesteine die Bloslegung der Riffgrenzen erfolgt
Ausser den oben angeführten Böschungsflächen, an denen oder in
deren Nachbarschaft sich stets Anlagerungen von heteropischen
Bildungen finden, sind noch zu nennen: Das Nordgehänge der
Marmolata, das Richthofen-Riff, der Sett Sass, der Lagatschoi, die
Geissler Spitzen, der Peitler-Kofel, der Monte Carhera mit dem
Pizzo del Corvo. Die Verhältnisse an dem letztgenannten Punkte
sind besonders lehrreich, da hier ein vollständiges Querprofil durch
ein Riff und dessen heteropische Umgebung entblösst ist (Vgl.
Seife 312 — 314).
5. Das Verhältniss der Riffe zu den gleichzeitigen heteropischen
Bildungen.
Es kann für unser Gebiet als Regel hingestellt werden, von
welcher es nur seltene, durch nachweislich bedeutende tektonische
Störungen bewirkte Ausnahmen giebt, dass die Basis der isopischen
Dolomitriffe bedeutend höher liegt, als die Unterlage des benachbarten
Die Rifüe.
487
rifffreien Gebietes. Die gleichzeitigen Bildungen liegen daher in
verschiedenem Niveau und stets ragen die Riffmassen über die
heteropischen Bildungen empor. Der lehrreichen Erscheinung, dass
die am wenigsten gestörten isopischen Riffe des Nordwestens über-
einstimmende Sockelhöhe (2200 — 2300 Meter) besitzen, wurde bereits
gedacht. Gegen die heteropische Grenze senkt sich stets die Unter-
lage mehr oder minder rasch. Die auffallendste Hinabbeugung
haben wir auf der Nord- und Nordwestseite des Langkofel-Riffes
kennen gelernt (vergl. Seite 193 u. fg.), doch dürften in diesen!
Falle spätere, mit der allgemeinen Gebirgserhebung zusammenfallende
dynamische Einwirkungen beigetragen haben, die ursprünglich
massigere Neigung zu erhöhen.
Es ist für die richtige Beurtheilung der Bildungsverhältnisse von
grosser Bedeutung, dass sich ein solcher relativer Niveau-Unterschied
noch in den heutigen Höhenverhältnissen deutlich wiederspiegelt. Die
Tektonik unseres Gebietes folgt einfachen, leicht aufzufassenden Regeln.
Die relativen Hebungen und Senkungen betreffen gleichmässig das
Riffgebiet wie die rifffreien Gegenden, und ebenso verlaufen die tek-
tonischen Störungslinien unabhängig von den heteropischen Grenzen.
So dürfen wir wol mit Beruhigung schliessen, dass die erhöhte Lage
der isopischen Riffmassen der ursprünglichen Niveau-Verschiedenheit
zwischen dem Riffgebiet und den rifffreien Gegenden entspricht.
Aber selbst wenn wir diesen äusseren Verhältnissen die Be-
deutung, welche denselben zweifelsohne zukommt, absprechen wollten,
gelangen wir durch die Betrachtung der inneren Verhältnisse zu
einer vollkommen concludenten Folgerung. Denn es wäre nicht
einzusehen, warum die heteropischen Bildungen stets an der Riff-
böschung abstossen, wenn dieselbe nicht bereits vorhanden gewesen
und der weiteren Ausbreitung der angelagerten Sedimente eine un-
übersteigliche Schranke gesetzt hätte. Es wäre femer unverständlich,
wie sich so ausgedehnte und hohe Böschungen hätten bilden können,
und es wäre unerklärlich, dass die der Böschung parallele Ueber-
guss-Schichtung, wie es in vielen Fällen (z. B. Plattkofel, Sella-
Gehänge, Monte Framont, Falle di San Lucano u. s. f ) beobachtet
werden kann, sich nahezu continuirlich über hohe Gehänge ausdehnt.
Ebensowenig könnte man sich sonst eine Vorstellung von den
Bildungsverhältnissen der am Fusse der Ueberguss-Schichten stellen-
weise auftretenden und mit denselben wechsellagernden Zungen und
Keilen der heteropischen Sedimente machen.
Wenn nun die rifffreien Districte tieferen Meerestheilen ent-
sprechen, so muss die während der Riffperiode andauernde Senkung
des Meeresbodens in denselben bedeutender gewesen sein, als an den
488 I^'C Riffe.
Stellen, wo die Riffe emporwuchsen. Die Möglichkeit einea solchen
Verhältnisses wird uns aus der Betrachtung unseres Kärtchens der
Wengener Riffe klar. Denn es zeigt sich hier auf den ersten Blick,
dass die Riffe peripherisch liegen und zwischen sich eine grosse
rifffreie Bucht einschliessen. Die stärkere Senkung der Beckenmitte
bietet aber der theoretischen Vorstellung der Senkungserscheinungen
keinerlei Schwierigkeit. Die beiden RifHnseln des Langkofels und
des Monte Camera liegen dem Westrande der Bucht so nahe, dass
sie unter den gleichen Gesichtspunkt fallen. Das Camera-Riff scheint
überdies zur Zeit der oberen Wengener und der unteren Cassianer
Schichten von der zunehmenden Senkung seines Untergrundes über-
wältigt worden zu sein, so dass es unter heteropischen Sedimenten
begraben werden konnte.
6. Die Structur- Verhältnisse der Dolomitriffe.
Bereits beim unteren oder Mendola-Dolomite scheiden sich
Districte mit massiger, schichtungsloser Entwicklung von Bezirken
mit deutlicher Parallelschichtung. Ehe wir einen Blick auf die
räumliche Anordnung dieser beiden Entwicklungsformen werfen,
erinnern wir daran, dass der obere Muschelkalk im ganzen Bereiche
unserer Karte durch lichte Dolomite und Kalke (Mendola-Dolomit
im engeren Sinne) repräsentirt wird, in welche sich blos in der
Gegend von Zoldo dunkle thonreiche Kalke einschalten *). An jenen
Stellen, wo auch die Buchensteiner Schichten durch die Dolomit-
facies vertreten sind, verschmelzen dann oberer Muschelkalk und
*) In anderen Districten der Südalpen, wie z. B. in einem Theile der lom-
bardischen Kalkalpen, bilden den oberen Muschelkalk schwarze Plattenkalke mit
Cephalopoden. Am Dosso alto in Val Trompia besteht der obere Muschelkalk
aus schwarzen Daonellenschiefern, welche gleichfalls Cephalopoden führen. Prof.
Lef)sius, welcher diesen Fundort entdeckt hatte, theilte mir freundlichst seine
Ausbeute zur Bestimmung mit. Mit Ausnahme des Trachyceras euryomphalum Ben.,
einer Form, deren Lagerstätte bisher nicht bekannt war, befanden sich unter den
Fossilien des Daonellenschiefers vom Dosso alto ausschliesslich Arten, welche für
unseren oberen Muschelkalk bezeichnend sind, nämlich: Trachyceras trinodosum
Mojs.f Track, Riccardi Mojs,, Daonella parthanensis Schafh, Ich war daher
einigermassen erstaunt, in dem soeben erschienenen Werke Lepsius' „Das west-
liche Südtirol" in der Fossilliste dieses Fundortes ausser obigen Namen noch
Bezeichnungen, wie Trachyc, Aon Mstr, sp., Ammonites globosus sp, zu finden.
Trachyceras Aon kommt nach meinen Erfahrungen nur in den Cassianer Schichten
vor. Die antiquirten Citace dieser Art in den Listen der lombardischen Geologen
sind durchaus nur als generische Bezeichnungen für das Vorkommen der Gattung
Trachyceras zu betrachten. Didymites globosus ist auf die norischen Hallstätter
Die RilFe. 489
Buchensteiner Dolomit zu einer scheinbar homogenen Masse (Mendola-
Dolomit im weiteren Sinne).
Als schichtungslose massige Bank durchzieht der obere Muschel-
kalk das Gebiet im Westen der Gader und des Cordevole, greift
im Camera-Riff und in der Masse des Monte Alto di Pelsa (Ost-
ende des Primiero-Riffes) über diese Demarcationslinie gegen Osten
hinaus und reicht im Westen bis in die Gegend von Moena, wo im
Latemar- und im Viezzena-Gebirge eine westliche Region mit
Parallelschichtung beginnt. Der ungeschichtete Muschelkalk-Dolomit
umfasst sonach die Riffe des Peitlerkofels und der Geissler-Spitzen,
des Schlern-Rosengarten, der Marmolata, des Monte Carnera, des
Cimon della Pala (Primiero-Riff) mit dem zwischen diesen Riffen
gelegenen und zur norischen Zeit von heteropischen Bildungen
erfüllten Gebiete. Nur an wenigen Stellen, wie z. B. in der Pufelser
Schlucht, sind Spuren paralleler Plattung innerhalb dieser Region
massiger Entwicklung bemerkbar. Den ganzen Osten nehmen
geschichtete, meistens von Diploporen erfüllte Bildungen ein. Da
die vorhin erwähnte westliche Region geschichteter Dolomite
die ganze Gegend im Westen der Etsch (Mendel -Gebirgszug)
umfasst, so erscheint das Gebiet der schichtungslosen Entwicklung
als ein annähernd meridional verlaufender Streifen, welcher die im
Osten und Westen folgenden Districte geschichteter Dolomite trennt.
Die Dolomitfacies der Buchensteiner Schichten folgt der gleichen
räumlichen Scheidung, d. h. innerhalb der nun in Folge der ein-
tretenden heteropischen Differenzirung dem Riffgebiete zugewiesenen
engeren Grenzen (vgl. Seite 482), erscheint im Verbreitungsbezirke
des ungeschichteten Muschelkalk-Dolomites auch der Buchensteiner
Kalke der juvavischen Provinz beschränkt. — Aus dem Original-Exemplar des
Trachyceras euryomphalum von Prezzo bei Pieve di buono, welches mir Herr
Prof. Benecke freundlichst mittheilte, ersehe ich ferner die vollständige Ueberein-
stimmung des Gesteins mit den Daonellen-Schichten des Dosso alto. Lepsius
hingegen gibt an, dass sich dieser Ammonit bei Prezzo in Gesellschaft von Wen-
gener Fossilien findet. In der reichen mir vorliegenden Suite von Wengener
Fossilien .von Prezzo suchte ich vergeblich nach Spuren dieses Ammoniten, wie ja
auch Benecke selbst, seine erste Angabe berichtigend, die Vermuthung ausspricht
(Geogn. pal. Beitr. II. S. 56), dass Trachyc, eury^omphalum aus anderen, und zwar
aus tieferen Schichten stamme. Das Gestein der Wengener Schichten von Prezzo
ist überdies so sehr abweichend von dem Gestein des Track, euryomphalum, dass
man selbst lose auf Halden gesammelte Stocke mit Leichtigkeit unterscheiden kann.
— Bei dieser Gelegenheit kann ich nicht umbin, noch zu bemerken, dass die in
vorliegender Arbeit angenommene und begründete Eintheilung der Trias-Schichten,
selbstverständlich mit entsprechender Rücksichtnahme auf die heteropischen Ver-
hältnisse, sich auch den Triasbildungen des westlichen SOdtirol und der Lombardei
vollständig anpasst.
490
Die Riffe.
Dolomit ungcschichtet, während in der Region des geschichteten
Muschelkalk-Dolomites die Schichtung in den Buchensteiner Dolomit
aufwärts fortsetzt.
Der ungeschichtete untere Dolomit ist in der Regel völlig
massig. Doch fehlen auch ihm die beim oberen Dolomit in so
grosser Ausdehnung vorkommenden besonderen Structurformen
der Blockstructur und der Ueberguss - Schichtung nicht ganz.
(Vgl. z. B. S. 185 und S. 189).
Beim oberen (Wengener und Cassianer) Dolomit tritt in der
räumlichen Vertheilung der geschichteten und ungeschichteten
Massen eine nicht unbedeutende Verschiebung der Grenzen zu
Gunsten des ungeschichteten Dolomits ein. Der ganze Osten unseres
Gebietes, in welchem die Dolomite des oberen Muschelkalkes und
der Buchensteiner Schichten als wolgeschichtete Massen erscheinen,
schliesst sich in Bezug auf die Hauptstructurform des oberen Dolomits
der schichtungslosen Region des unteren Dolomits an. Das westliche,
über die Etsch fortsetzende Gebiet geschichteter Dolomite verharrt
dagegen constant in seinem Charakter. Aus diesem Grunde ist im
Westen der Etsch die Trennung des unteren und oberen Dblomits
sehr schwierig, während in den östlichen Gegenden die Unter-
scheidung dieser beiden Hauptmassen in der Regel mit keinen
besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. Wie nämlich bereits in
den Detailschilderungen wiederholt erwähnt wurde, theilt in den
grossen westlichen Randriffen eine auffallende Trennungsfläche die
ungeschichteten Dolomitmassen in zwei ungleiche Hälften, in den
, unteren* und , oberen* Dolomit. (Vgl. die Ansicht des Rosengarten-
Gebirges in den Lichtbildern »Das südliche Schiern -Plateau mit
dem Rosengarten, II* und »Die Rothewand*, sowie den Text
S. 162 und 185). Noch weiter im Osten in den Gegenden, wo
die Dolomitmassen des oberen Muschelkalks und der Buchen-
steiner Schichten geschichtet sind, bezeichnet der Beginn des unge-
schichteten Dolomits die Grenze zwischen der unteren und oberen
Abtheilung.
In dem Gebiete des ungeschichteten oberen Dolomits ist zu-
nächst eine Region zu unterscheiden, in welcher aufwärts bis zu
den Raibler Schichten die massige, schichtungslose Structur anhält.
Hierher gehören der Peitler-Kofel, die Geissler-Spitzen mit dem
Gardenazza-Gebirge, der Langkofel mit dem Sella-Gebirge. das
Cipiter Schierngehänge, die Ostseite des Rosengarten und die
Hauptmasse des Frimiero-Riffes. In den östlicheren Gegenden finden
sich über der schichtungslosen Hauptmasse des oberen Dolomits
unterhalb der Raibler Schichten einige wolgeschichtete Dolomit- und
Die Riffe.
491
Kalkbänke, welche wir als die oberste Abtheilung des Cassianer
Dolomits betrachten. In Verbindung mit diesen Bänken kommen
stets ausgezeichnete Oolithe von grossen Dimensionen und von
weisser Farbe vor. (Vgl. z. B. S. 248 und 316). Die Westgrenze
ihres Vorkommens fällt im Norden mit dem Laufe der Gader und
im Süden annähernd mit der Thalrinne des Cordevole zusammen.
Hält man mit diesen Daten die oben besprochene Umgrenzung des
ungeschichteten unteren Dolomits zusammen, so wird man sofort
erkennen, dass die Gebiete des ungeschichteten unteren und des
bis zu den Raibler Schichten aufwärts reichenden ungeschichteten
oberen Dolomits, sowie umgekehrt in den östlichen Gegenden die
Grenzen des geschichteten unteren Dolomits und des geschichteten
oberen Cassianer Dolomits sich annähernd decken.
Was die Grenzverhältnisse zwischen geschichtetem und
ungeschichtetem Dolomit betrifft, so verweisen wir auf die S. 174
und 179 geschilderten prächtigen Aufschlüsse auf der Höhe des
Schiern, aus welchen sich ergibt, dass die geschichteten Dolomite
an dem wallformig aufragenden ungeschichteten Dolomit abstossen.
Schiern und Rosengarten liegen an der Grenze zwischen der
Region des ungeschichteten Dolomits im Osten und dem west-
lichen Gebiete continuirlicher Schichtung. Das Vorkommen
geschichteter Dolomite auf der westlichen Höhe des Schiern und
auf der Nordwestseite des Rosengarten (vgl. S. 186) ist daher als
ein Uebergreifen des geschichteten Dolomits in die Region des
ungeschichteten Dolomits aufzufassen.
Die beiden besonderen Structurformen, für welche wir die
Bezeichnungen ^Ueberguss- Schichtung* und , Block- oder
Conglomeratstructur* angewendet haben, sind selbstverständlich
nur dem ungeschichteten Dolomit eigen. Um unnöthige Wieder-
holungen zu vermeiden, können wir wegen der Einzelnheiten auf
die Detailschilderungen, insbesondere auf den Abschnitt über das
Dolomitriff des Schiern (Ueberguss-Schichtung S. 168, Blockstructur
S. 173), sowie auf die zahlreichen, diese Structurformen zur
Anschauung bringenden Holzschnitte und Lichtbilder verweisen.
Auch darüber, dass es sich hier nicht um vereinzelte Erscheinungen,
sondern um ganz allgemein verbreitete, den Riffwällen eigenthüm-
liche Structurformen handelt, liefern die Detailschilderungen aus-
reichende Beweise.
Es sei hier nur noch erinnert, dass stellenweise (vgl. z.B. S. 235,
238, 328) die Blockstructur und die Ueberguss-Schichtung auch
combinirt auftreten.
492
Die Riffe.
7. Die GesteinsbeschafFenheit der Riffe.*)
Wenn auch der Dolomit in unserem Gebiete die vorherrschende
Gesteinsart in den Riffen ist, so kommen doch neben ihm, abge-
sehen von zahlreichen Uebergängen, auch gewöhnliche Kalksteine
von geringem Magnesiagehalt vor. Auf den Habitus der Riffgesteine
hat diese Verschiedenheit des chemischen Bestandes wenig oder
gar keinen Einfluss. Ob man die Massen in ihrer Totalität nach
ihrem landschaftlichen Charakter, oder ob man den Gebirgsschutt
oder das vereinzelte Bruchstück betrachtet, stets bleibt die Tracht
dieselbe, sei das Gestein Dolomit oder Calcit. Die charakteristischen
Merkmale der Riffgesteine, als welche man das krystallinisch-kömige
Gefüge, den splittrigen Bruch und die Armuth an Thon anführen
kann, werden durch den grösseren oder geringeren Gehalt an
kohlensaurer Magnesia nicht modificirt. Der Dolomit unterscheidet
sich in der Regel äusserlich blos durch gröberes Korn und das
Vorkommen drusiger Höhlungen, doch ist auch dieses Kennzeichen
nicht verlässlich und in vielen Fällen bleibt es erst der chemischen
Untersuchung vorbehalten, zu unterscheiden, ob das Gestein Dolomit,
dolomitiscljer Kalk oder Calcit zu nennen sei.**)
Die herrschende Farbe der Riffgesteine ist weiss. Gelbliche
Schattirungen sind nicht selten. Rothe Färbung wurde nur ganz
vereinzelt im Dolomit der Rosszähne beobachtet. Am Ostrande
unseres Kartengebietes, in dem hauptsächlich aus gewöhnHchem
*) Wahrend der Drucklegung erhalte ich die neueste Arbeit des Herrn
H. Loretz (Untersuchungen über Kalk und Dolomit. I. Südtiroler Dolomit,
Zeitschr. d. Deutschen Geol. Gesellschaft 1878, S. 387), welche die Resultate seiner
petrographischen Untersuchungen der Südtiroler Riifdolomite enthält. Herr Loretz
weist das Vorhandensein eines vorwiegend mikrokr\'Stailinisehen Antheils neben
einem phanerokrystallinischen oder doch in grösseren Individuen ausgebildeten
Antheil nach und schliesst sowol hieraus, als auch aus der Vertheilung und
Gruppirung dieser Theile im Gesteinsgewebe, ferner aus dem Erhaltungszustande
der Fossilien, „dass zuerst ein liquider oder doch beweglicher Zustand der jetzigen
Gesteinsmasse vorlag, der bald darauf in einen Zustand der krystallinischen Er-
starrung übergieng^. — Es bedarf kaum der Bemerkung, wie vortrefflich dieses
Resultat mit den Ergebnissen unserer Untersuchungen über die Bildungsweise der
Riffe harmonirt (vgl. weiter unten den 9. Abschnitt).
Die Frage, „ob mit dem erstarrten Gestein späterhin wol noch Veränderungen
nach morphologischer und chemischer Richtung vorgegangen'' seien, ist Herr
Loretz zu verneinen geneigt.
**) Vgl. Do elter und R. Hoernes, Chemisch-genetische Betrachtungen
über Dolomit. Jahrb. Geol. R.-A. 1875. — Die stratigraphischen Niveau-Bestim-
mungen der analysirten Gesteine sind in dieser Arbeit häufig ungenau; ein Fehler,
welcher durch die Vergleichung der Fundpunkte mit unserer Karte leicht corrigirt
werden kann.
I
Die Riffe.
493
Kalk bestehenden Sextener Riffe treten an die Stelle der weissen
Farbe graue und röthliche Färbungen. Ausser in dem Sextener
Riffe überwiegt der Kalk oder dolomitische Kalk noch insbesondere
im Marmolata-Stock, dann im Latemar- und Viezzena- Gebirge. Im
grossen Primiero - Riffe dürften dolomitischer Kalk und Dolomit
ziemlich gleich vertreten sein.
Die an der heteropischen Grenze der Riffe vorkommenden,
in die lichten Riffgesteine übergehenden Cipit kalke wurden bereits
S. 55 und S. 164 beschrieben. Die dunkle Färbung dieser meistens
sehr fossilreichen Kalke dürfte hauptsächlich in ihrem übrigens nicht
bedeutendem Thon- und Bitumengehalt begründet sein*).
8. Die marine Fauna und Flora der Riffe.
Die Unterscheidung von geschichtetem und ungeschichtetem
Dolomit erweist sich nicht blos in morphologischer, sondern auch
in biologischer Beziehung als bedeutungsvoll. Während nämlich in
jenem Anhäufungen von isolirten Korallinen-Gliedem (Diploporen**)
eine grosse Rollen spielen, wiegen bei diesem unter den im Allge-
meinen seltenen Fossileinschlüssen stockförmige Korallen bei
weitem vor.***)
Zu den charakteristischen Fossilien unserer Riffe zählen die
grossen, unter den Gattungsnamen Natica und Chemnitzia in-
begriffenen Gasteropoden - Formen. Obwol selten in grösseren
Mengen (wie etwa bei Esino) vorkommend, finden sie sich in ver-
einzelten Exemplaren doch über das ganze Riffgebiet verbreitet. Sie
fehlen weder dem ungeschichteten Riffwall, noch den geschichteten
*) Stellenweise zeichnen sich diese Kalke auch durch geringe Beimengungen
von kohlensaurem Eisenoxydul und Manganoxydul aus.
**) In den ersten Bogen dieses Buches haben wir in Uebereinstimmung mit
der bis vor Kurzem herrschenden Anschauung die Diploporen und Gyroporellen
noch als Foraminiferen betrachtet. Seither wurde durch Munier Chalmas
(Comptes rendus, 1877, II. Sem., pag. 814) der Nachweis erbracht, dass die Dactylo-
porideen Kalk-Algen seien, welche den lebenden, grOne Sporen tragenden Gattungen
Cymopolia,Acetabularia u. s. f. sich zunächst anschliessen. In der That Iftsst die Besichti-
gung von Exemplaren von Cymop, rosarium (vortrefflich abgebildet in Lamouroux,
Genres de Tordre des Polypiers, Tab. 21, Fig. h, H.) oder Cynt, barbata nicht
den geringsten Zweifel über die Uebereinstimmung der Diploporen mit den isolirten
Cymopolien-Gliedern. Vgl. a. Toula, Neue Ansichten Ober die systematische
Stellung der Dactyloporideen. Verh. Geol. R.-A. 1878, pag. 3oi.
*♦♦) Doch fehlen Korallen auch dem Gebiete der geschichteten Dolomite nicht
ganz, wie mir erst jüngst Funde grosser Korallenstöcke im Dolomite von Valsorda
bei Trient bewiesen.
494 ^^^ ^^^^•
Canalbildungen. In theoretischer Beziehung ist namentlich das
Vorkommen grosser, mit Esino-Formen nahe verwandter Natica-
Arten im oberen Muschelkalk von Buchenstein (vgl. S. 47
und 252) von Interesse, insofeme dadurch unsere Auffassung der
Gasteropoden-Kalke und Dolomite als Rifffacies im Allgemeinen
im Gegensatze zu der älteren Anschauung, welche dieselben als
eine chronologisch fixirte Etage betrachtete, eine weitere Bestätigung
findet.
Reste aus anderen Thierklassen sind im Allgemeinen selten.
Es finden sich indessen Echiniden, Crinoiden, Cephalopoden und
Pelecypoden. Die Fundorte von Cephalopoden und Gasteropoden
im Kalke der Marmolata, des Latemar und des Dosso Capello
zeichnen sich durch das massenhafte Vorkommen von Individuen
weniger, auf die einzelne Localität beschränkter Arten aus.
In wolthuendem Gegensatze zu der Einförmigkeit und
Sterilität der Riffniassen an organischen Einschlüssen steht die
Reichhaltigkeit thierischer Reste in den Ablagerungen an den
Aussenseiten der Riffwälle. Es sei hier zunächst und in erster
Linie der altberühmte Fundort von St Cassian genannt, an welchen
sich sodann die zahlreichen, meist dem Niveau der Wengener
Schichten angehörigen Vorkommnisse von Cipitkalken mit ihrem
Reichthum an Korallen, Echiniden und Crinoiden anschliessen.
g. Die Korallenriff-Theorie.
Es ist eine in der Geschichte aller Wissenschaften häufig
wiederkehrende Erscheinung, dass einzelne begabte Forscher, dem
langwierigen inductiven Beweise prophetisch voraneilend, aus unzu-
länglichen Beobachtungsreihen Folgerungen ziehen, deren Richtig-
keit erst durch nachfolgende Erhebungen und Entdeckungen fest-
gestellt wird. In ähnlicher Weise überholte auch Ferd. Freiherr von
Richthofe n in seiner berühmt gewordenen Jugendarbeit über das
südliche Tirol*) den bedächtigen Gang der inductiven Forschung,
indem er die Ansicht aussprach, dass die südtirolischen Dolomit-
stöcke Korallenriffe seien.
In einem späteren, nach der Rückkehr von seinen grossen
Reisen veröffentlichten Aufsatz**), welcher zunächst zur Abwehr
*) Geognostische Beschreibung der Umgebung von Predazzo, St. Cassian und
der Seisser Alpe. Gotha I860.
♦♦) Ueber Mendola-Dolomit und Schlern-Dolomit. Zeitschr. D. Geol. Ges»
1874, pag. 225.
Die RifTe.
495
nicht sehr glücklicher Einwendungen gegen die Rifftheorie bestimmt
war, formulirte er die Stützen seiner Theorie mit grösserer
Bestimmtheit und UebersichtUchkeit. Erwiesen sich nun auch in
der Folge einige dieser Stützen als hinfällig, und mochte man auch
die übrigbleibenden als nicht ausreichend zu so weittragenden
Schlüssen ansehen, so gebührt doch unter allen Umständen
V. Richthofe n das hohe Verdienst, den ersten Keim zur richtigen
Auffassung der heteropischen Verhältnisse der i mediterranen Trias
gelegt und die Aufmerksamkeit seiner Nachfolger auf die Korallen-
riffe gelenkt zu haben. Ich persönlich fühle mich für die vielfachen
Anregungen, welche ich seinen geistvollen Schriflen entnommen
habe, zu grösstem Danke verpflichtet, und empfinde ich lebhafte
Freude und Genugthuung, meine Dankesschuld durch den Versuch
einer Begründung der Korallenriff-Theorie abtragen zu können.
Nachdem wir in den vorangehenden Absätzen auf Grund der
in diesem Buche niedergelegten Beobachtungsreihen die wichtigsten
Merkmale unserer Riffe zusammengestellt haben, erübrigt uns blos
zu zeigen, dass dieselben in vollkommen concludenter Weise für
die Richtigkeit der Korallenriff-Theorie sprechen.
Wir beginnen vielleicht am passendsten mit der Rechtferti-
gung des Ausdruckes , Riffe*, welchen wir bereits während des
ganzen Verlaufes unserer Darstellungen gebraucht haben. Man ist
bisher allgemein der Ansicht gewesen, dass die Grenzen der so-
genannten Riffe Südtirols mit den heutigen orographischen Grenzen
(den steilen Abbruchrändern) der Bergmassen zusammenfallen
sollen, und manche Anhänger der Rifftheorie sind so weit gegangen,
in den Steüwänden der Dolomitmassen einen Beweis zu Gunsten
ihrer Ansicht zu erblicken. Den Gegnern der Rifftheorie wurde
durch diese hypothetischen Vorstellungen eine bequeme und sichere
Waffe in die Hand gedrückt; denn es liess sich leicht nachweisen,
dass die Steilränder nur das Werk der Denudation seien. Unsere
Riffe haben in der Regel mit den heutigen Bergformen nichts
gemein. Wir waren häufig in der Lage, den ursprünglichen Zu-
sammenhang gegenwärtig isolirter und von steilen Denudations-
wänden begrenzter Dolomitmassen nachzuweisen und haben wir
in unseren Kärtchen über die Verbreitung der Riffmassen den
Versuch einer Reconstruction der ursprünglichen Riffgrenzen gewagt.
Nur an jenen Stellen, wo durch die Denudation die heteropischen
Grenzen entblösst sind, fallen in Folge des verschiedenen Ver-
haltens der heteropischen Bildungen gegenüber der Denudation
die Riffgrenzen mit dem topographischen Relief zusammen. Die
Rechtfertigung der Bezeichnung ,Riff* ergibt sich für uns aus dem
496
Die Riffe.
wiederholt geschilderten Verlauf der heteropischen Grenze. Wir
erinnern hier nur an die steile Abdachung (Riflfböschung), mit
welcher die Dolomitmassen gegen das heteropische Gebiet abfallen,
an die geographische Vertheilung der Dolomitmassen, sowie an die
Unterbrechung und Begrenzung des von der Mergel- und TuffTacies
eingenommenen Areals durch mächtige, höher gelegene isopische
Dolomitmassen. Solchen Verhältnissen zu den gleichzeitigen
heteropischen Absätzen entsprechen nur Riffbildungen, und so
haben wir uns, um die Erscheinung mit dem ihr zukommenden
passenden Namen zu bezeichnen, für die Anwendung des Aus-
druckes »Riff* entschieden. Um jedoch in die Bezeichnung nicht
zugleich eine präjudicirende Theorie aufzunehmen, haben wir das
Bestimmungswort , Korallen* fortgelassen. Die heute noch in der
Fortbildung begriffenen Kalkriffe von einiger Bedeutung sind zwar
durchgehends Korallenriffe, die eigenthümlichen riffartigen An-
häufungen von Rudisten, Crinoiden, Foraminiferen , Nummuliten,
Fusulinen, Orbituliten und Korallinen, welche man zuweilen in
älteren Ablagerungen trifft, liessen jedoch eine gewisse vorsichtige
Zurückhaltung angezeigt erscheinen.
Das Hauptgewicht bei der näheren Bestimmung der genetischen
Verhältnisse ist daher auf die organischen Einschlüsse der Riffe
zu legen. Hier ergibt sich nun auf den ersten Blick eine scheinbar
grosse Schwierigkeit: die verhältnissmässige Armuth des Gesteins
an organischen Resten. Es ist jedoch aus den zahlreichen
Schilderungen der modernen Korallenriffe, insbesondere aus den
beiden Hauptwerken über diesen Gegenstand von Darwin*) und
Dana**) sattsam bekannt, dass ausgedehnte Strecken der modernen
Korallenriff-Kalke ebenfalls ausserordentlich arm an organischen
Einschlüssen***) sind. Versuchen wir es, uns den Grund dieser
auffallenden, in ihren letzten Ursachen noch wenig erforschten
Erscheinung klar zu machen. Zwei Factoren, welche combinirt
wirken, spielen bei der Bildung der Riffkalke eine wesentliche
Rolle. Dies sind i. die mechanische Wirkung der Wogen, und
2. der chemische Process der krystallinischen Umsetzung des
organisirten Kalkes. Die Arbeit der Wogen, welche in dem
Abbrechen der Korallenäste, deren Zerkleinerung, Pulverisirung und
*) The Structure and Distribution of Coral Reefs. Second Edition. Lon-
don 1874. — Deutsche Uebersetzung von Carus, Stuttgart 1876.
♦♦) Corals and Coral Islands. London, 1872.
*♦♦) Dana (Corals and Coral Islands, p. SSa) bezeichnet geradezu „abscnce of
fossils as a frequent characteristic of the fine compact coral reef-rock, and
also of the beach and drift sand-rock oröltls^. cn.
Die Riffe.
497
endlich in dem Anhäufen des erzeugten Sandes und Staubes an
den Gehängen des Riffes besteht, wird wesentlich unterstützt durch
die zahllosen bohrenden Thiere, welche, wie Agassiz*) betont,
die basalen abgestorbenen Theile der Korallenstöcke in der wirk-
samsten Weise nach allen Richtungen unterminiren. Ohne diese
mechanischen Anhäufungen von zermalmtem, organisirtem Kalk
gäbe es keine Korallenriffe. Denn wenn die Zwischenräume der
Korallenstöcke nicht massiv ausgefüllt würden, wäre das Empor-
wachsen der Riffe nicht möglich. Um aber weiter compacten Kalk
aus dem losen Detritus zu bilden, ist ein Bindemittel nothwendig.
Hier beginnt die chemische Action. Bei dem reichen, organischen
Leben in den oberen Theilen des Riffes wird stets in Folge der
eintretenden Verwesung der abgestorbenen Organismen freie
Kohlensäure erzeugt, welche Theile des zu bindenden losen Hauf-
werkes und der abgestorbenen Korallen-Skelette auflöst**). Da sich
der Process nahe an der Oberfläche des Meeresspiegels vollzieht,
wo das unausgesetzte Spiel der Wogen eine stetige Bewegung
unterhält, durch welche die halbgebundene Kohlensäure wieder aus-
getrieben wird, so steht der raschen theilweisen Fällung des
gelösten Kalkes nichts im Wege. Der auf diese Weise krystallinisch
umgesetzte Kalk fungirt nun theils als Bindemittel, theils als
Ausfüllungsmasse.
Man sieht leicht ein, dass die beiden geschilderten, für die
Bildung der Riftmassen so wesentlichen Vorgänge, der mechanische,
wie der chemische, darauf abzielen, die Spuren des organischen
Ursprungs zu verwischen, und man begreift, dass es hauptsächlich
von dem Masse der Wirkung dieser Factoren abhängen wird, ob
und in welcher Ausdehnung sich die Kalkgerüste der am Aufbau
der Riffe betheiligten Organismen erhalten werden.
Dana (Corals etc. p. 227) erwähnt, dass der Process der
Obliteration und Auflösung des Korallengerüstes bereits in den kaum
abgestorbenen Theilen noch lebender Stöcke eintreten kann, und
De la Beche weist auf die im Innern der Korallenmasse selbst
*) Report of the Superintendent of the U. S. Coast Survey, showing the
progress of the Survey during the year 1866. Washington, 1869, pag. 126. —
Lyell, Principles of Geology. loth. ed. Vol. II, pag. 588.
*♦) Vgl. Dana, Corals and Coral Islands, pag. 355. — De la Beche, Vor-
schule der Geologie, Deutsche Ausgabe von Dieffenbach, pag. 178. — Lyell,
Principles, lo^h. ed. Vol. II. pag. 588. — Dass die in unseren triadischen Riffen
stellenweise häufigen, sogenannten „Evinospongien" in analoger Weise gebildet
worden sein müssen, hat bereits Benecke (lieber die Umgebung von Esino.
Geogn. pal. Beitr. II. Bd., pag. 298) erwähnt.
Mojsisovics, Dolomitriffc. 32 ^^
498 Die Ritfe.
sich zersetzenden organischen Substanzen hin, durch welchen Vor-
gang , oft Umstände eintreten, die das organische Gewebe verwischen
und dafür Kalkmasse von einem unorganischen Charakter absetzen*.
Die ausserordentlich rasche und leichte Obliteration der Korallen-
structur erklärt sich aber auch noch durch die bisher in ihrer
geologischen Bedeutung wenig gewürdigte Thatsache, dass das
Korallenskelett nicht aus Calcit, sondern aus dem leicht löslichen
Aragonit besteht*). Suess hat bereits vor Jahren auf die lehrreiche
Erscheinung, welche der Leythakalk des Wiener Tertiärbeckens
zeigt, aufmerksam gemacht. In diesem, vorzugsweise von einer
Kalkalge, A^mLithothamnium ramosissimumRss. sp. gebildeten Gesteine
sind alle aus Calcit bestehenden Fossilreste (Lithothamnien, Bryo-
zoen, Foraminiferen, Echinodermen, Crustaceen, Brachiopoden,
Kammmuscheln, Austern, Anomien**) wol erhalten, während die
aus Aragonit aufgebauten Harttheile der Korallen, Gasteropoden und
der meisten zweiklappigen Muscheln verschwunden sind und nur
ihre Hohlräume zurückgelassen haben. Der gelöste Aragonit setzte
sich, wie Suess***) ausführt, in der Form von Calcit als Bindemittel
der aus Calcit bestehenden Hauptmassen des Gesteins ab, welche
ohne diese Verbindung nur ein loses Haufwerk darstellen würden.
Von besonderem Interesse ist dabei das Verhalten der Pelecypoden-
Gattung Pinna, deren Schale nach den Untersuchungen von Ley-
doldt t) aus zwei heteromorphen Schalenlagen besteht. Dieser
Zusammensetzung entsprechend ist bei den Pinnen des Leytha-
kalkes die aus Aragonit bestehende innere Schalenschichte ver-
schwunden, während die calcitische Aussenschale sich conservirt hat.
In den Korallenriffen, wo der durch die thierische Vermittlung
aus dem Meerwasser abgeschiedene Kalk vorzugsweise in der Form
des leicht löslichen Aragonits auftritt, wird der durch die chemische
Umsetzung gefällte Calcit sich nicht blos, wie beim Leythakalk, mit
der Rolle eines Verbindungsgliedes begnügen, sondern er wird unter
*) Claus* Zoologie. 3. Aufl. S. 204. — Insbesondere aber Stein mann,
Ueber fossile Hydrozoen. Palaeontographica, 25. Band, S. 204. „Bedenken wir,^
sagt dieser Forscher, „dass auch bei den lebenden Formen (der Korallen) die
strahlige Structur häufig kaum zu erkennen ist, ja sogar ganz verschwinden kann,
so müssen wir uns wundern, dass fossile Gerüste Oberhaupt noch Spuren der
Structur zeigen."
**) Auch die theils aus phosphorsaurem, theils aus flusssaurem Kalke gebildeten
Zähne und Knochen der Wirbelthiere sind wolerhalten.
♦**) Der Boden der Stadt Wien, Wien 1862, Seite iio und ff. — Ueber Bau-
gesteine. Mittheilungen des k. k. österr. Museums für Kunst und Industrie, 1867
(S. 1 1 des Sept-Abdr.).
t) Sitz..Ber. kais. Akad. d. Wiss. Wien, x856. Bd. XIX, S. 29.
Die Riffe.
499
Umständen sich in grösseren Massen ablagern. So kann in Folge
«einer eigenthümlichen Verkettung verschiedenartiger Vorgänge auch
im Meere fossilfreier, krystallinischer Kalk gefällt werden*).
Selbst wenn das Riff über den Meeresspiegel emporgehoben
ist, wird die Obliteration solcher Theile des Riffes, welche bisher
verschont geblieben oder nur in geringem Grade angegriffen worden
waren, durch die eintretende Circulation kohlensäurehältiger
Atmosphärwasser eintreten, resp. fortschreiten können. Zahlreiche
Nachrichten über den verschiedenen Zustand der Erhaltung der
Korallenskelette in gehobenen Korallenriffen scheinen für eine solche
nachträgliche Auflösung und Umsetzung zu sprechen.
Kehren wir nach dieser langen Disgression zu unseren süd-
tiroler Riffen zurück. Wir hatten bereits oben constatirt, dass trotz
-der allgemeinen Seltenheit von Fossilien in den ungeschichteten
Riffwällen die Reste von Korallen zu den am häufigsten wieder-
Tcehrenden Spuren organischer Einschlüsse gehören. Die Erhaltungs-
weise dieser Korallen ist zwar durchgehends eine sehr schlechte.
Meistens sind nur die Hohlräume zurückgeblieben, aber die Art
des Verlaufes und die Gruppirung derselben lässt deutlich den
korallogenen Ursprung erkennen. In einigen Fällen sieht man jedoch
an Verwitterungsflächen noch deutlich die Spuren der Korallen-
structur. Dieser hohe Grad von Obliteration wird nach den obigen
Erörterungen verständlicher, wenn wir daran erinnern, dass selbst
die aus Calcit bestehenden Cidaritenstachel körperlich verschwunden
■sind und nur ihre Hohlräume zurückgelassen haben.
Während so die ungeschichteten Riffmassen zum grossen
Theile aus fo.ssilleerem, krystallinischem Gestein bestehen, zieht sich
am Fusse der Riffe, an der heteropischen Grenze eine fortlaufende
Zone von Gesteinen (Cipitkalk) hin, in welchen neben den vor-
herrschenden Korallenstöcken zahlreiche korallophile Thierreste ein-
geschlossen sind. Des blockförmigen Auftretens dieser Gesteine
*) Man begegnet häufig der durch die mangelhaften Angaben der meisten
deutschen geologischen Lehrbücher genährten Anschauung, dass die gesammten
Aussenflächen der Riffe aus lebenden Korallen-Colonien bestehen. Diese Auffassung
Ist ganz irrig. Es wechseln Regionen reichen Lebens mit ganz todten abgestorbenen
Strichen, und sehr häufig beschränkt sich das Leben blos auf zerstreute Flecke
inmitten abgestorbener Flächen. In vielen Fällen mag durch die Aufschüttung von
Detritus ein plötzlicher, gewaltsamer Tod herbeigeführt werden. Mit der Zeit,
vielleicht unter etwas veränderten äusseren Umständen, siedeln sich dann auf den
abgestorbenen, zu festem Fels verwandelten Theilen neue Colonien an, die sich
allmählich ausbreiten und die Fläche überwachsen, bis wieder eine neue Periode
gewaltsamer oder natürlicher Unterbrechung eintritt.
32*
JOO I^ie Riffe.
wurde ausführlich S. 170 und 172 gedacht. Auch wurde wieder-
holt erwähnt, dass vielfach Uebergänge in den weissen Dolomit
vorhanden sind. Nach der Art des Vorkommens kann man einen
Theil dieser Gesteine, insbesondere die Blockmassen, nur für ab-
gerissene und durch die Umhüllung mit heteropischem Sediment,
oder durch die tiefere Lage gegen den allzu starken Fortschritt
der Obliteration geschützte Fragmente des Riffes halten. Wenn
unsere Anschauung die richtige ist, so wäre es jedoch sehr sonder-
bar, dass sich nicht auch Stücke des obliterirten Riffgesteins vor-
finden sollten. Und in der That kommen stellenweise, wie z. B. im
Kamme der Rosszähne, auch ganz fossilleere oder fossilarme Blöcke
vor. Die geringe Beimengung von Thon, welche die Cipitkalke
von dem reinen Riffgestein unterscheidet, erklärt sich durch die
peripherische Lage an der Grenze eines hauptsächlich von mechanischen
Sedimenten erfüllten Gebietes. Die anderen in die Kategorie der
Cipitkalke fallenden Vorkommnisse, wie z. B. das Fossillager von
Stuores bei St. Cassian, verdanken ihre Bildung theils der Anhäufung
der in situ lebenden Thiere, theils (wie der fragmentäre Zustand
der solche Breccien bildenden Reste beweist) der Abschwemmung
von den Gehängen der Riffe.
Angesichts der grossen Armuth des ungeschichteten Dolomits
an Fossilresten muss das Vorkommen der fossilreichen Cipitkalke
am Aussenrande der Riffe als eine besonders günstige Erscheinung
betrachtet werden, durch welche wir mit den biologischen Verhält-
nissen der Riffe bekannt werden. Die Cipitkalke vermitteln uns das
Bild einer echten, unzweifelhaften Korallenriff-Fauna und wir stehen
nach den vorausgegangenen Erläuterungen und Feststellungen nicht
an, unsere ungeschichteten Dolomitwälle als Korallenriff-
Bildungen zu betrachten.
Bevor wir zur Besprechung des biologischen Bestandes der
geschichteten Dolomite und Kalke schreiten, dürfte es am Platze
sein, zu untersuchen, in welche Kategorie der heute allgemein
unterschiedenen drei Hauptgruppen von Korallenriffen unsere
Dolomitriffe gehören.^ Um jedoch in dieser Beziehung zu einer
naturgemässen Anschauung zu gelangen, müssten wir unsere Blicke
über die engen Grenzen unseres Gebietes hinauschweifen lassen und
das Verhältniss unserer Riffe zu jenem alten Inselgebirge, welches
wir heute die krystallinische Mittelzone der Ostalpen nennen, in das
Auge fassen. Wir werden weiter unten näher auf diese Frage eingehen
und bemerken vorläufig nur, dass die geographische Anordnung
der Riffe im Zusammenhalte mit der geologischen Geschichte
der Ostalpen zu dem Schlüsse führen, dass die Hauptmasse der
E Riffe.
SOI
Riffe (der .obere Dolomit') sich wie ein Wallriff zur krystallinischen
Mittelzone der Alpen verhält.
Dem eigentlichen Riffwalle entsprechen offenbar die unge-
schichteten Dolomite, während den geschichteten Dolomiten des
Westens nach ihrer Lage zwischen dem alten Inselkeme und der
äusseren Zone des Riffwalles die Rolle der Lagunen- oder Canal-
bildungen zufällt. Wenn wir von den, beiden Abtheilungen der
Riffbildungen gemeinsamen organischen Einschlüssen und den
sporadischen Vorkommnissen in den Kalken des Avisio-Gebietes
absehen, bleiben als die wichtigsten und am weitesten verbreiteten
Fossilreste der geschichteten Dolomite die isoh'rten, aber an den
meisten Stellen ihres Vorkommens massenhaft angesammelten
Diploporen-Glieder, Leider liegen über die Wohnplätze der, wie
es scheint, in den heutigen Meeren ziemlich selten vorkommenden
nächsten Verwandten der Diploporen, der Cymopolien, nur sehr
unzureichende allgemeine Angaben vor. Dass Kalkalgen in den
heutigen Korallenriffen zu den häufigsten und charakteristischen
Mitbewohnern der Riffe gehören, ist eine allgemein bekannte That-
sache, unterscheidet man doch an der Peripherie der Korallen-
bauten eine besondere Nulliporenzone. Unter diesen in der
äussersten Brandungszone vorkommenden Nufliporen scheinen sich
aber Cymopolien, oder andere verzweigte Korall inen nicht zu
befinden, denn es wird ausdrücklich von allen Schilderen! der
heutigen Riffe betont, dass die Nulliporen der Brandungszone die
äussersten Rifftheile flechtenartig überziehen und incru stiren und
durch ihre Anhäufung einen fiirmiichen Wall bilden, welcher wie
ein Wogenbrecher wirkt. Wenn man die zarten, dünn verzweigten
Aestchen der Cymopolien betrachtet, so kann man sich des Ein-
druckes nicht erwehren, dass so delicat gebaute Organismen nur
an verhältniss massig geschützten Steilen leben kimnen, ebenso wie
die dünn verzweigten Korallen*) die stürmische Aussenseite der
Riffe meiden und in den geschützten Lagunen oder Canälen
gedeihen. Dieser Anschauung entspricht vollkommen die Angabe
von Beete Jukes**) über das Vorkommen von Korallinen im
Canale des grossen australischen Wallriffes. Ferner liegen einige
von Agassiz und Pourtalös herrührende Angaben vor über
das Vorkommen von Korallinen auf der Innen.seite des grossen
•) Darwin, Korallenriffe, S. j3.
••) Da mir das Reisewerk von B. Jukes nicht zu Gebote siand, verweise ich
auf die Angaben von De la Beehe, Vorschule der Geologie, S. 174, und Dana,
Corals etc., p. i53.
502
Die Riffe.
Florida-Riffes. So berichtet Agassiz*), dass der Boden des
Schiffcanals, welcher sich zwischen den Key's und dem eigentlichen
Riffe hinzieht, an den Stellen, wo er am seichtesten ist (wie
zwischen Fowey Rocks, Triumph Reef und Long Reef auf der
einen und Soldier Key und Ragged Key's auf der andern Seite)^
mit dem sogenannten ,country grass*, einer Kalkalgen- Art, über-
wachsen ist. Pourtal^is**) erwähnt, dass der Boden des 6 — 7 Faden
tiefen Hawk Channel aus zerfallenen Korallen und Korallinen
besteht und Agassiz***) endlich theilt mit, dass in den Dry
Tortugas und Marquesas einige Key's ganz und gar aus den
zerfallenen und in eine Masse verkitteten Fragmenten von
Korallinen, unter denen eine grosse Opuntia-Art besonders aufTällig
i.st, zusammengesetzt sind. Einer Angabe Wyville Thomson'sf)
ist femer zu entnehmen, dass auf den Bermudas-Riffen Korallinen,,
Melobesien und NuUiporen an geschützten Stellen leben; doch
fehlen nähere Daten über die Art und den Ort des Vorkommens.
So lassen sich also auch aus der Gegenwart einige That-
sachen anfuhren, welche eine Parallele mit den von Korallinenresten
häufig erfüllten Canalbildungen der südtirolischen Trias zulassen.
Was die Erhaltungsweise der Diploporenglieder betrifft, so ist
dieselbe, trotzdem der Kalk der Korallinen calcitisch ist, doch
durchaus nicht immer glänzend. In vielen Fällen erkennt man die
Gegenwart der Diploporen blos an den Verwitterungsflächen des
Gesteins, und es ist anzunehmen, dass stellenweise auch voll-
kommene Obliteration eingetreten ist.
Es erübrigen noch einige Worte über die beschriebenen
Structurformen unserer Riffe. Was zunächst das Verhältniss des
ungeschichteten Riffwalles zu den geschichteten Dolomiten betrifft,
so hat bereits v. Richthofe n die frappante Uebereinstimmung der
schönen Aufschlüsse in der Schlemklamm mit dem die Lagunen-
bildungen gegen aussen abschliessenden erhöhten Riffdamme betont.
— Die von uns sogenannte Ueberguss-Schichtung findet sich nach den
übereinstimmenden Berichten aller Beobachter stets auf den Aussen-
seiten der Riffe. Der Grad der Neigung der einzelnen Bänke
scheint jedoch innerhalb sehr weiter Grenzen zu schwanken. Er
ist offenbar zum grossen Theile abhängig von dem Masse des
verticalen Wachsthums der Riffe und von der Intensität der
•) U. S. Coast Sun'ey Report for 1866, pag. 126, 127.
••) lllustr. Catal. of the Mus. of Comp. Zoology at Harvard College. Nr. IV,
pag. 4. — Dana, Corals etc., pag. 211.
♦**) Bulletin of the Mus. of Comp. Zoology at Harvard College, Nr. i3, p. 376.
t) The Atlantic, Vol. 1, pag. 304.
Die Riffe.
503
Brandung. Eine treffende Schilderung der Ueberguss-Schichtung
gibt Agassiz*), welcher mit Recht auf die grosse Aehnlichkeit
mit torrentieller Schichtung hinweist. R. v. Dräsche**) berichtet,
dass die eben gehobenen Korallenriffe von West-Luzon genau die-
selben Schichtungsverhältnisse zeigen, welche ich als Ueberguss-
Schichtung in den Dolomitriffen von Südtirol charakterisirte. Eine
ganz analoge Erscheinung bieten auch die »Aeolian rocks* von
Bermudas dar, welche durch das Aufhäufen grosser Korallensand-
massen in Folge heftiger Stürme gebildet werden sollen***). —
Die Block- oder Conglomeratstructur unserer Riffe erinnert zunächst
an die so häufig genannten Breccien und Conglomerate der
heutigen Korallenriffe. Es wird an vielen Orten berichtet, dass
durch die Gewalt der Brandung gfrosse Blöcke des Riffkalkes ab-
gerissen, durch die rollende Hin- und Herbewegung abgerundet
und endlich mit losem Material von sehr verchiedener Komgrösse
wieder zu compacten Massen zusammengekittet werden. Viele
dieser Blöcke mögen, wie die Cipitkalke andeuten, ursprünglich
grosse Korallenstöcke oder Höcker von Korallen-Generationen nach
Art der von Siauf) auf den Korallenriffen von Bourbon beob-
achteten ,pates de coraux* gewesen sein. Die Beschreibung,
welche De la Becheff) von den durch diese Korallenhöcker
gebildeten Riffkalken gibt, passt vollständig auf die Blockstructur
der Dolomitriffe.
Die Bänke grosskörniger Oolithe in den geschichteten oberen
Cassianer - Dolomiten des Ostens entsprechen genau den auf der
Oberfläche von über den Meeresspiegel hinausgewachsenen Riffen
vorkommenden gleichartigen Bildungen, deren Entstehungsweise
von Agassizfff) und Dana*f) in so anschaulicher Weise dargestellt
*) U. S. Coast Survey Report for 1866, p. i25. — Bull. Mus. Comp. Zoology
N. i3, p. 373.
•*) Fragmente zu einer Geologie der Insel Luzon. Wien, 1878, S. 43.
♦**) Der von W. Thomson (Nature No. 344, Vol. 14, p. 99, und The
Atlantic, Vol I., p. 309) mitgethcilte Holzschnitt eines solchen aeolischen Kalksteines
könnte ebensogut einen Durchschnitt an derRiffböschung eines unserer Riffe vorstellen,
t) Vgl. De la Beche, Vorschule der Geologie, S. 171, Fussnote.
tt) „Man darf nicht schliessen, dass die so gebildeten Schichten eine gleich-
förmige Dicke haben. Es existiren vielmehr sehr grosse Unterschiede in der Höhe
der pätes, und das ganze Riff stellt eine gestaltlose, zertheilte Masse von auf-
einandergestellten Hügeln dar, zwischen denen die Zwischenräume mit Sand und
Trümmern ausgefüllt und deren zusammenhängende Theile durch ein Korallen-
cement verbunden sind."
ttt) Rull« Mus. Comp. Zoology. Nr. i3, p. 375.
*t) Corals and Coral Islands, p. i56. „Oolitic beds appear to be confined tu
the superficial formations of a reef, that is, to the beach and winddrift accumulations.''
504 ^'® ^'^^•
wurde. Sie bezeichnen demnach in unseren alten triadischen
wie in den modernen Riffen den Abschluss der Riffbildung
gegen oben.
Die Analogie mit den heutigen Verhältnissen gehobener Korallen-
riffe wird in unserem Gebiete durch die eigenthümliche Gesteins-
beschaffenheit der Raibler Schichten noch wesentlich vermehrt
Ausser der grossoolitischen Beschaffenheit einiger Bänke und der
sandsteinartigen Zusammensetzung gewisser Dolomitlagen kommt
hier insbesondere der bedeutende Gehalt der meisten Schichten
an rothem Thon in Betracht. Auf gehobenen und längere Zeit dem
ätzenden Einflüsse des Atmosphärwassers ausgesetzten Korallenfels-
massen der Gegenwart finden ähnliche Ansammlungen rothen Thones
statt. So berichtet R. v. Dräsche*) von den gehobenen Korallen-
riffen bei Benguet auf Luzon: ,Die Oberfläche der Korallenberge
ist meist mit einer feinen rothen Erde bedeckt, die die Zwischen-
räume der spitzen Klippen ausfüllt. Die Erde ist oft mehrere Fuss
mächtig und ungemein fein geschichtet.* Auf Bermudas finden
sich nach der instructiven Beschreibung, welche Wyville Thomson**)
von den Kalken dieses dem Meeresniveau entwachsenen Korallen-
riffes entwirft^ zwei den Kalksteinbänken horizontal eingebettete
Lagen rother Erde. Auch begegnet man derselben Substanz häufig
in den Spalten und Taschen der Kalksteine. Es ist offenbar die-
selbe Erscheinung, welche den Geologen unserer Mittelmeerländer***)
in der Gestalt der sogenannten , Terra rossa* auf allen exponirten
reinen Kalkformationen entgegentritt, und es kann sonach eine
ursächliche und nothwendige Beziehung zu den Korallenriffen keines-
wegs behauptet werden. Dagegen scheint mir, da die rothen
thonhältigen Lagen der Raibler Schichten, ebenso wie die rothen
Thone von Bermudas, im normalen Schichtenverbande auftreten,
der Schluss zulässig, dass auch zur Zeit der Raibler Schichten aus-
gedehnte Strecken der Riffe trocken lagen, und die Feststellung
dieser Thatsache ist immerhin für den Abschluss der Riffperiode
von grossem Interesse.
Die Frage nach der chemisch-genetischen Bildungsweise des
Dolomits wurde in den vorausgehenden Erörterungen aus dem
Grunde bei Seite gelassen, weil es für unsere Beweisführung ganz
gleichgiltig sein konnte, ob das Gestein der Riffe Dolomit oder
*) Fragmente zu einer Geologie der Insel Luzon, S. 32.
♦*) The Atlantic, Vol. 1, p. 3i5.
♦♦♦) Vgl. Neumayr, Verh. Geol. R.-A. 1876, S. 5o, und Th. Fuchs
ebenda, S. 194.
Die Ri£Fe.
SOS
Caicit ist. Seitdem durch Dana*) bekannt ist, dass das Gestein der
gehobenen Korallenriff-Insel Matea Dolomit (3807 Procent Magnesia-
Carbonat) ist, kann das ausgedehnte Vorkommen von Dolomit in
unseren Riffen nicht nur nicht als ein Einwand gegen die Korallenriff-
Theorie, sondern viel eher als ein weiteres Argument zu Gunsten
derselben betrachtet werden, da bisher, meines Erinnems, noch keine
anderweitigen Beispiele für die Bildung des Dolomits in unseren
heutigen Meeren vorliegen. Der Vorgang bei dieser Dolomitbildung
ist noch nicht hinlänglich aufgeklärt, aber es ist von hohem theore-
tischem Werthe, zu wissen, dass Dolomit in den heutigen Meeren bei
gewöhnlicher Temperatur und ohne Beihilfe von Mineralwässern ge-
bildet werden kann. Die Hypothese Dana's, dass eine verdun.stende
Lagune grössere Mengen von Magnesia-Salzen abschied, kann offenbar
auf unsere aus Dolomit bestehenden Riffwälle keine Anwendung finden.
IG. Kurze Geschichte der südtirolischen KorallenrifFe.
Der Bildung unserer Dolomitmassen gieng eine Periode von
vorwiegend mechanischen, während kurzer Zeit aber auch chemi-
schen Seichtwasser-Absätzen und dieser wieder eine Festlands-
periode voraus. Den küstennahen Verrucano-Conglomeraten folgte,
wenn wir von der auf die Etschbucht beschränkten Einschaltung
des Porphyrsystems absehen, die Ablagerung des rothen Sand-
steines, dieser zunächst die Bildung der Gypsmassen und Stinkkalke
der Bellerophon-Schichten und später der schlammige Absatz der
Werfener Schichten. Der untere Muschelkalk mit seinen rothen
Sandsteinen, Conglomeraten, Pflanzenschiefem und Wellenkalken
bildet den Schluss dieser Periode. Die grosse Gesammtmächtigkeit
dieses Complexes, sowie die Natur der einzelnen aufeinander
folgenden Ablagerungen weisen mit Bestimmtheit auf eine langsam
vor sich gehende, mit dem Fortschreiten der Absätze gewisser-
massen Schritt haltende Senkung hin.
Den vereinzelten kleinen Anläufen zur Bildung von reinen
Kalkriffen während der Zeit des unteren Muschelkalkes folgte zur
Zeit des oberen Muschelkalkes die Ansiedelung eines ziemlich aus-
gedehnten flachen Küstenriffes, welches die ganze Nordhälfle unseres
Gebietes bedeckte und sich gegen Südwesten in die Brenta-Gegenden
erstreckte. Bereits in diese erste Zeit der Riffperiode fällt die Anlage
eines mit der entfernten westlichen Küste • parallel verlaufenden
♦) Corals etc., pag. 356.
i
5o6
Die Riffe.
Dammes von ungeschichtetem Dolomit. Das junge Riff erfuhr bald
nach seiner Entstehung zur Zeit der Buchensteiner Schichten von
Süden, also von der Meeresseite her, eine bedeutende Einschränkung
seines Umfanges, durch die zu starke Senkung des ihm entzogenen
Areals. Der reiche Gesteinswechsel der Buchensteiner Schichten,
namentlich die gegen Süden an Mächtigkeit zunehmenden Ein-
schaltungen von Tuffen (Pietra verde) weisen auf südnördliche Strö-
mungen hin, welche periodisch mechanisches Sediment mitbrachten.
Die um diese Zeit eingetretene Ordnung der Verhältnisse wurde
bestimmend für den weiteren Verlauf der Ereignisse. Die heteropischen
Grenzen des Riffgebietes blieben nun im Wesentlichen durch lange
Zeiträume unverändert.
Nach der Zeit der Buchensteiner Schichten trat ein kurzer Still-
stand im verticalen Wachsthum der Riffe ein. Die auffallende
Scheidungsfläche des unteren und oberen Dolomits verdankt dem-
selben ihre Entstehung.
Eine Periode sehr rascher und bedeutender Senkung leitete
zur Zeit der Wengener Schichten die Herausbildung des Wallriffes
mit seinen steilgeböschten Aussenwänden ein. Die Senkung erfolgte
nicht im Sinne der gewöhnlichen sogenannten säcularen Boden-
schwankungen, sondern ungleich in Folge von flach wellenförmigen
Faltungen des Bodens, mithin durch einen Act der gebirgsbildenden
Erdkrustenbewegung. Die heteropische Differenzirung unseres Ge-
bietes ist eine Folge dieser ungleichmässigen Senkung, welche bereits
zur Zeit der Buchensteiner Schichten begann, zur Zeit der unteren
Wengener Schichten aber die grösste Intensität erreichte. Wo der
Betrag der Senkung so stark war, dass er durch möglichst be-
schleunigtes Emporwachsen der Korallenriffe nicht mehr ausgeglichen
werden konnte, da mussten die Korallen mit ihrer reichen Gefolgschaft
weichen. In den verödeten Tiefen konnten dann im Laufe der Zeit
die manigfaltigen heteropischen Bildungen der Wengener und
Cassianer Schichten Raum zur Ausbreitung finden.
Die allgemeine Gestalt der Einsenkung war buchtenförmig. In
der Nähe des westlichen Randes erhielten sich zwei inselförmig be-
grenzte Untiefen im erhöhten Niveau des Wallriffes. Sie wurden die
Grundlage des Langkofel- und des Carnera-Riffes, welche daher
den , abgetrennten Riffen* am Aussenrande des grossen australischen
Wallriffes, keineswegs aber Atollen zu vergleichen sind.
Es ist nun im hohen Grade bemerkenswerth, dass die Eruptions-
stellen der Augitporphyrlaven an der Grenze der Gebiete schwächerer
und stärkerer Senkung stehen. Die ältere Eruptionsstelle des oberen
Fassa-Thales, deren Entstehung in die Zeit der stärksten Senkung
Die Riffe.
507
fiel, liegt in einer engen einspringenden Bucht, dicht am Rande des
tiefer gesunkenen Gebietes. Die beiden jüngeren Eruptionscentra des
Monzoni und des Fleimser Vulcans befinden sich zwar bereits in
der RifFregion, aber nur in geringer Entfernung von dem Beugungs-
rande. Ihre Entstehung fiel in eine Periode, wo die Senkung der
peripherischen Riffgründe nur mehr sehr langsam vor sich gieng, ja
wahrscheinlich streckenweise völlig in Stockung gerathen war, wäh-
rend die Senkung des heteropischen Beckens, wie die grosse Mächtig-
keit der übergreifenden Cassianer Dolomite beweist, noch bedeutende
Fortschritte machte. Für die richtige Beurtheilung der Stellung dieser
beiden Vulcane ist es aber entscheidend, dass dieselben auf einer
Spalte (Vgl. S. 385) entstanden. Ein Blick auf das Kärtchen S. 482
zeigt nun sofort, dass die Richtung der , Fleimser Eruptionsspalte*
der Hauptsache nach zur heteropischen Senkungsregion senkrecht
steht. Es ist eine Radialspalte. — Diese Ergebnisse stehen in voll-
kommenem Einklänge mit den Gesetzen, welche die heutige Ver-
theilung der Feuerberge beherrschen und darf hier vielleicht daran
eriimert werden, dass unsere Auffassung der Bildungsgeschichte der
Südtirolischen Dolomitmassen zu so unerwarteten, befriedigenden
Folgerungen über ganz heterogene Erscheinungen führt.
Kehren wir zu den Riffen der Wengener Schichten zurück.
In Folge der Umgestaltung zu einem* Wallriff zogen sich die
Korallinen, welche in der flachen Bank des Strandriffes bis zur
heteropischen Grenze reichten, in den geschützten Lagunen-Canal
zurück. Die Riffe selbst dehnten ihre Grenzen etwas über den Um-
fang der Riffe der Buchensteiner Schichten aus. (Vgl. S. 482.) In
der ersten Zeit erfolgte das Emporwachsen so rasch, dass in der
heteropischen Region noch gar keine Ablagerungen gebildet waren,
während die Riffwälle schon eine ansehnliche Höhe erreicht hatten.
Als dann in Fassa die Eruptionen der Augitporphyrlaven begannen,
hatten sich bereits Schuttzonen am Fusse der Riffe angesammelt,
welche nun von den sich ausbreitenden Lavaströmen erfasst wurden
und die eigenthümlichen Tuffkalk-Breccien bildeten, welche so häufig
an der Basis des Lavensystems angetroffen werden. Die Laven breiteten
sich, wie ein mechanisches Sediment, innerhalb der ihnen durch die
hohen Riffwälle gesteckten Grenzen in den Tiefen aus. Die Eruptionen
erfolgten submarin und starke Strömungen übernahmen sofort die
feiner zerstäubten Auswurfsmassen zur Verbreitung und Ablagerung
in den rifffreien Tiefen. So erklärt sich der sonst unverständliche
Mangel an Tuffeinlagerungen in den Riffmassen und zugleich das
ungestörte Wachsthum der Riffe in der Oberflächen-Region des
Meeres. Die schwereren Laven häuften sich um die Ausbruchsstelle,
5o8 I^»e Rjffe.
die leichteren Auswürflinge wurden weiter transportirt und bildeten
um erstere eine concentrische Zone. In die entfernteren Regionen
gelangten immer weniger, und nur sehr feine, mit freiem Auge
meist nicht mehr erkennbare Stäubchen. Da sich an den Riffwällen
sowol die Laven, als auch die mechanisch vom Wasser transportirten
Massen stauen mussten, so entstand nothwendiger Weise längs der
Riffe ein erhöhter Rand von grösserer und geringerer Breite.
Reichte die Aufschüttung bis in das Niveau der lebenden Korallen,
so konnten sich in den Intervallen der vulcanischen Thätigkeit die
Korallen ansiedeln und seitlich ausdehnen. Es hieng dann von ver-
schiedenen Umständen, insbesondere von der Intensität der fort-
dauernden Senkung ab, ob das Riff das eroberte Gebiet behaupten
konnte oder dasselbe wieder aufgeben musste. War Letzteres der
Fall, so entstanden die so häufig vorkommenden Riffzungen, indem
sich über den vorgeschobenen Ausläufern des Riffes neuerdings
heteropische Sedimente ablagerten. Auch jene, aus Haufwerken
von zerschellten Echinodermen und Molluskehresten bestehenden
Cipitkalke, welche von den Riffen aus sich in die heteropische
Region hinein erstreckten, stammen aus Intervallen des vulcanischen
oder mechanischen Gesteinsabsatzes. Kalkdetritus verbreitete sich
wol ununterbrochen von den Riffen aus über die heteropische
Region, mengte sich daselbst mit dem vulcanischen Detritus und
diente zur Bindung desselben.
Die reichliche Gesteinsbildung in den Zwischenräumen der
Riffe hatte die rasche Ausfüllung derselben im Gefolge, ein Umstand,
der einestheils die Conservirung der Riffböschungen begünstigte
und anderntheils der seitlichen Ausdehnung einzelner Riffmassen
zur Zeit der oberen Wengener Schichten sehr zu Statten kam.
Als gegen den Schluss der norischen Zeit in den Lagunen
des Avisio-Gebietes die zwei grossen neu entstandenen Vulcane
ihre Thätigkeit begannen, erreichte die Riffbildung im Umkreise
dieser Feuerberge ihr Ende. Schwarze Laven breiteten sich nun
über den weiss blinkenden Felsgrund aus. Wie weit dieselben
gereicht hatten, lässt sich heute wegen der starken Denudation
dieser westlichen Gegenden nicht mehr bestimmen. Nur die wenigen
Denudationsreste von Laven auf dem Monte Agnello und auf dem
Viezzena erzählen uns, dass hier einst eine ausgedehnte Decke von
Laven existirt haben muss. Die Laven des Schiern, der Mendel
und des Monte Rovere bei Cles müssen ihrer Lage nach mit diesen
oberen Laven von Fleims correspondiren und standen alle diese
zerstreuten Vorkommnisse wol ursprünglich untereinander im Zu-
sammenhange. Die Verbindung der Lavendecke des Schiern mit
Die Riffe.
509
dem Hauptgebiete des älteren Lavensystems der Seisser Alpe
(vgl. S. 175) deutet darauf hin, dass die Laven der beiden jüngeren
Vulcane auch das Gebiet der älteren Laven erreichten.
Ausserhalb dieser Region lässt sich der Eintritt der zweiten
Eruptionsphase nur in jenen Riffmassen, welche in die heteropischen
Gegenden übergreifen, mit einiger Wahrscheinlichkeit erkennen.
Die auffallende, zackige Trennungsfläche zwischen den Wengener
und Cassianer' Dolomiten des Sella- und des Gardenazza-Gebirges
entspricht nämlich offenbar, ebenso wie die analoge Trennungsfuge
zwischen dem Buchensteiner und dem Wengener Dolomite in den
isopischen Riffen, einer zeitweiligen Unterbrechung des Wachsthums
der Riffe. An einigen Stellen, wie auf dem Grünen Flecke bei
Plön, auf dem Grödener Joche und auf den Zwischenkofel- Wänden
erfolgte sogar ein partielles Uebergreifen der mechanischen Sedimente
in die Riffregion. Es liegt nun nahe, anzunehmen, dass diese, wol
durch ein stärkeres Untertauchen der Riffzungen hervorgebrachte
Unterbrechung der Riffbildung mit dem Eintritte der vulcanischen
Thätigkeit in den Avisio-Lagunen zeitlich und ursächlich zu-
sammenhängt.
Dem zweiten Ausbruche feuerflüssiger Massen folgte in
den grossen isopischen Wallriffen eine Periode nahezu völligen
Stillstandes der Senkung. Die Riffe machten nur mehr sehr
geringe Fortschritte des Wachsthums und streckenweise, nament-
lich in den Lagunen, mochte in Folge der verminderten Zu-
fuhr an Kalkdetritus die Gesteinsbildung ganz in Stockung gerathen
zu sein.
Im Innern der grossen heteropischen Bucht dauerte jedoch
die Senkung des Bodens noch fort, wie die grosse Mächtigkeit
der übergreifenden Riffzungen von Cassianer Dolomit im Sella-
und Gardenazza-Gebirge, am Sett Sass, Nuvolau, Lagatschoi und
am Dürrenstein beweist. Erst am Ende der Zeit der Cassianer
Schichten fand auch hier der Abschluss der Riffbildung in Folge
eingetretenen Stillstandes der Senkung statt. Auf den dem Meeres-
spiegel entrückten Riffen bildeten sich die charakteristischen gross-
kömigen Oolithe (vgl. S. 503), während an geeigneten Stellen der
abgebröckelte und abgeschwemmte feine Sand und Grus zum Auf-
bau jener oft weit von den Riffgrenzen hinaus sich erstreckenden
Dolomitbank verwendet wurde', welche so häufig die Cassianer
Mergel von den Raibler Schichten trennt.
Der Riffperiode folgte nun zur Zeit der Raibler Schichten
eine ausgesprochene Untiefen-Bildung. Der Stillstand der Senkung,
welcher den Abschluss der Riffbildung veranlasste, gibt sich deutlich
5IO
Die RifTe.
in dem Charakter der Gesteinsabsätze und der organischen Ein-
schlüsse zu erkennen. Ausgedehnte Strecken der südtirolischen
Riffe, insbesondere wahrscheinlich die dem Festlande zunächst
gelegenen Lagunenbildungen, wurden sogar trocken gelegt und der
auflösenden und der zersetzenden Wirkung der Atmosphärilien
preisgegeben (vgl. S. 504). Die rothen Thone, welche aus diesen
exponirten Riffkalken extrahirt wurden, lieferten Material zu den
Gesteinsbildungen in dem benachbarten seichten Meere. In anderen
Gegenden, wie namentlich im Osten unseres Gebietes wurden zeit-
weise in abgeschlossenen Buchten Gypsmassen gefallt.
zz. Ein Blick auf die Riffe der Ostalpen.
Es wurde bereits betont, dass das richtige Verständniss des
Charakters unserer Riffe nur aus der Betrachtung des gesammten
ostalpinen Riffgebietes gewonnen werden kann. Nachdem erst in
dem vorliegendem Buche der Beweis für das Vorkommen aus-
gedehnter Riffmassen geführt worden ist, mag es befremdend
klingen, dass ich von der Existenz von Riffen in anderen, als den
hier behandelten Gegenden sprechen will. Ich habe indessen bereits
im Frühjahre 1874 vor dem Beginn der Untersuchung im südlichen
Tirol den Nachweis geliefert*), dass sowol auf der Süd- wie auf
der Nordabdachung der Ostalpen in vielen Gegenden zwei vicarirende
Faciesreihen zwischen den Werfener Schichten im Liegenden und
den Raibler Schichten im Hangenden vorhanden sind. Die eine
dieser Reihen umfasst lichte Kalke und Dolomite, die zweite
verschiedenartige , durch grösseren Thongehalt ausgezeichnete
Sedimente.
Die Uebereinstimmung des Auftretens, der Gesteinsbeschaffen-
heit, der Fossilführung, endlich der directe Zusammenhang der
südalpinen Vorkommnisse dieser Art mit unseren Riffen lehren,
dass der für das eine Gebiet geführte Nachweis auch für die
übrigen, noch nicht im Detail untersuchten und häufig durch
tektonische Störungen stark beunruhigten Gebiete gelten muss.
So unvollständig nun auch die Daten über die localen
heteropischen Begrenzungen dieser Riffe sind, so ergibt sich bei
der Verfolgung derselben auf der Karte doch eine so auffallende
Gesetzmässigkeit ihrer geographischen Verbreitung, dass wir unter
*) Faunengebiete und Faciesgebilde der Triasperiode in den Ostalpen. Jahrb.
Geol. R.-A. 1874.
Die Riffe.
Sil
entsprechender Berücksichtigung der geologischen Vorgeschichte
zu ganz bestimmten Schlüssen über die Natur der ostalpinen Riffe
gelangen können.
Anschliessend an das grosse Sextener Riff" am Ostrande
unseres Gebietes zieht sich dicht am Südrande der Mittelzone der
Ostalpen eine continuirliche Kette von Riffmassen durch Friaul, das
Lienz-Villacher Gebirge, die Karavanken, die Julischen und Sulz-
bacher Alpen, bis nach Untersteiermark über die Gegend von Cilli
hinaus. Die untere Grenze scheinen meist Schichten vom Alter
des Muschelkalkes zu bilden; stellenweise aber dürften die Riff-
massen bis zu den Werfener Schichten abwärts reichen, während
an anderen, vom alten Uferrande wahrscheinlich entfernteren
Stellen die Riffbildung erst in einem höheren Niveau beginnt. Der
Gegensatz zwischen geschichteten Lagunen - Dolomiten und dem
ungeschichteten Riffwalle ist in Kärnten, wo die Lagunen-Zone im
Lienz-Villacher Gebirge theil weise noch erhalten ist, deutlich
erkennbar. Den Abschluss der Riffmassen bilden stets Raibler
Schichten. Im Süden von dieser Riffregion trifft man in Krain
und den angrenzenden Gegenden eine Entwicklung, welche mit
jener unseres südtirolisch-venetianischen Tuff- und Mergelgebietes
grosse Uebereinstimmung zeigt.
Ganz analoge Verhältnisse herrschen im Westen, wie mich
eine Reise durch die lombardischen Alpen lehrte. Ohne hier in
nähere Details eingehen zu können, erwähne ich nur, dass die
Riffregion um das weit nach Süden vorspringende Cap des
Adamello herum sich in die lombardischen Alpen hinüberzieht und,
stets den Südrand des älteren Gebirges begleitend, bis an den
Luganer See verfolgt werden kann. Die wechselnde Höhe, in
welcher die Riffmassen beginnen, lässt darauf schliessen, dass
stellenweise die innersten Zonen bereits ganz denudirt sind. Gegen
den Südrand der lombardischen Alpen folgt eine Zone mit
fehlenden oder sehr reducirten, blos auf die höchsten Lagen unter
den Raibler Schichten beschränkten Riffmassen. Wengener Tuff-
sandsteine*) spielen, wie in Südtirol, Venetien und Krain, in der-
selben eine grosse Rolle.
Der ganzen Südabdachung der Alpen entlang halten
sich sonach die Riffmass'en strenge an den Rand des
älteren, aus archaeischen oder palaeozoischen Bildungen bestehen-
den Gebirges, während in grösserer Entfernung, gegen
•) Von den lombardischen Geologen wurden diese Gesteine sonderbarer
Weise mit den Raibler Schichten zusammengeworfen.
512 Die Riffe.
den Aussenrand der Alpen eine rifffreie oder riffarme
Zone folgt.
Die Verhältnisse in den Nordalpen zeigen einige bemerkens-
werthe Abweichungen. An der Grenze zwischen der juvavischen
und mediterranen Provinz, im Westen der Salzburger Alpen, sind
ausgedehnte Riffmassen vorhanden, welche durch die ganze Breite
der Kalkalpen-Zone reichen. Von da aus zieht gegen Osten eine
Kette von lichten Dolomiten nahe am Aussenrande der Alpen
continuirlich bis an die Bruchlinie von Wien. Diese Kette wird im
Norden, wie im Süden von einer rifffreien oder riffarmen Zone
begleitet. Im Süden der südlichen heteropischen Zone, welcher
alle bekannten Vorkommnisse der Zlambach- und Hallstätter
Schichten angehören, finden sich an einigen Stellen wieder Riff"-
massen. Es wird dadurch die Vermuthung erweckt, dass diese
isolirten Riffe die Denudationsreste einer dem Nordsaume des
älteren Gebirges folgenden und einstens an die ausgedehnten Riff"-
platten der salzburgisch-tirolischen Grenze anschliessenden südlichen
Riffzone seien.
Die westliche Fortsetzung des salzburgischen Riffes bildet die
grossen Massen des nordtirolischen Wettersteinkalkes und erstreckt
sich, im Süden, wie im Norden von einer heteropischen Zone
begleitet und in den höheren Horizonten häufig in dieselbe über-
greifend, bis in die Gegend von Reutte und Füssen.
Während in den östlichen Theilen unserer Nordalpen wahr-
scheinlich eine südliche Randzone von Riff'en vorhanden war, liegen
keinerlei Anzeichen vor, welche uns zu einer derartigen Annahme
für den westlichen Theil berechtigen könnten. Das Riff* zieht in
einer gewissen Entfernung von dem alten Inselkerne, aber parallel
dem Streichen der Alpen, fort und eine von schlammigen
heteropischen Sedimenten erfüllte schmale Bucht trennt das Riff"
von der Insel.
Wie in den Südalpen, so schliessen auch in den Nordalpen
die Raibler Schichten die Riffperiode gegen oben ab.
Nach unseren Erfahrungen über die Ursachen der heteropischen
Differenzirung unterliegt es keinen Schwierigkeiten, sich die Ent-
stehung der nordalpinen Riffsporne vorzustellen. Die isolirten
Riffmassen des Langkofel und des Monte Camera haben uns
gelehrt, dass der Eintritt ungleicher Senkungen für die Vertheilung
der Riffmassen massgebend ist und die grossen übergreifenden
Zungen von oberem Wengener und Cassianer Dolomit zeigen,
dass sich weit ausgreifende Riffsporne in dem heteropischen Gebiete
ansiedeln können.
Die Riffe.
513
Es muss späteren Arbeiten vorbehalten bleiben, die Verhältnisse
der nordalpinen Riffe*) klar zu legen. Für den Zweck unserer Be-
trachtung genügt es, constatirt zu haben, dass die Nordabdachung
der Ostalpen von einer theils dem alten Uferrande folgen-
den, theils in geringer Entfernung parallel zu demselben
hinziehenden Riffzone begleitet ist. Im Wesentlichen herrscht
daher eine grosse Uebereinstimmung mit den Verhältnissen auf der
Südseite der Alpen.
Vergegenwärtigen wir uns nun die Verhältnisse vor, während
und nach der Riffperiode auf beiden Seiten der ostalpinen Mittelzone.
Küstennahe Litoralbildungen gehen der Riffbildung voran, die Riffe
selbst umsäumen die Mittelzone, während weiter gegen aussen riff-
freie Regionen folgen, und eine Untiefenbildung, die Raibler Schichten,
begrenzt die Riffe sowol, wie die rifffreien Gründe gegen oben.
So werden wir zur Annahme eines vortriadischen, die Stelle der
heutigen Mittelzone der Ostalpen einnehmenden Insel-
<^ebirges"**) geleitet, welches während der allmählichen,
a her im Gesammt betrage bedeutenden triadischen Senkungs-
periode von Strand- und später von Wallriffen umkränzt
wurde. Obwol es wahrscheinlich ist, dass ansehnliche Theile der
Riffe längs des alten Uferrandes durch die Denudation entfernt
wurden, so liegen doch keine genügenden Anhaltspunkte vor, um zu
ermessen, ob die Senkung des ostalpinen Inselkemes bis zur atoll-
f(*>rmigen Ueberwachsung desselben durch Korallenriffe ausgereicht
hätte. Die auffallende Uebereinstimmung der nordtirolischen und
kämtnerischen Raibler Schichten scheint wol die Annahme eines
unmittelbaren Zusammenhanges der nord- und südalpinen Meeres-
theile nach Schluss der Riffperiode zu erheischen, doch kann diese
Communication auch durch schmale Canäle vermittelt worden sein.
Die Thatsache der ungleichen Senkung des Meeresgrundes, welche,
*) Einige nordalpine Riffe erinnern durch ausgezeichnete Schichtung und
durch den Einschluss von Diploporen-Gliedern in gewissen Bänken an die sfid-
alpinen Lagunen-Dolomite, während ihre Lage die Parallelisirnng mit Lagunen-
bildungen verbietet. Die geschichteten oberen Cassianer Dolomite und die geschich-
teten Muschelkalk- und Buchensteiner Dolomite im Osten unseres sOdtiroIischen
Riffgebietes, welche ebenfalls keine Lagunenbildungen sind, können als sQdalpine
Vertreter dieser besonderen Struclurform betrachtet werden. Häufige periodische
Unterbrechungen des verticalen Wachsthums der Riffoberfläche reichen zur Er-
klärung solcher bankförmiger Riffformen vollständig aus. Es ist überflüssig, daran zu
erinnern, dass auch bei vielen recenten Korallenriffen Schichtung beobachtet wurde.
♦♦) Im II. Capitel ist gezeigt worden, dass die Verbreitung und der Charakter
der carbonischen und permischen Bildungen bereits zur Annahme von Inselgebieten
im Bereiche der heutigen Mittelzone führen.
Mojsisovics, Dolomitriffe. 33
514 ^ic Riffe.
wie gezeigt worden ist, die heteropische Differenzirung herbeiführte,
und der Stillstand der Senkung in den isopischen Wallriffen nach
der zweiten Eruptionsphase, bei fortdauernd bedeutender Senkung in
der heteropischen Region, erwecken die Vermuthung, dass die Sen-
kung des Inselkemes viel langsamer vor sich gieng, als die Senkung
der Riffgebiete und zeitweise, wie während der Cassianer Schichten
ganz stille stand. Es ergäbe sich dann, ' wahrscheinlich in Folge
gebirgsbildender Faltenbewegungen eine dreifache Abstufung der
Senkung mit dem geringsten Betrage im centralen Inselkerne. Wir
wollen uns hier auf dem Boden der Conjuncturen nicht weiter be-
wegen und die Möglichkeit, dass vielleicht die Senkungen in den
Nebenzonen von entgegengesetzten Bewegungen in der mittleren
Zone begleitet oder bedingt waren, nicht näher erörtern.
XVII. CAPITEL.
Bau und Entstehung des Gebirges.
Das Gebiet der Verwerfunesbrücbe. - Karte der tektonischen Störungslinien. >- Südverwerrungen
■die Regel. - Localisirte Nordverwerfungen. - Beschrankung der Erzlagerstätten auf die Bruch-
linicn. - Das Gebiet der Faltungen und Faltungsbrüche. - Fällt mit dem Depressionsgebiete
zusammen. - Der einspringende Winkel der venctianischen Ebene bei Schio. — Die Etsch-
l)ucht. - Vulcantektonilc. - Passives Verhalten der Eruptivgesteine zur Schichtenaufrichtung. -
Häußge Verwechslung von Gängen und Effusivdecken. - Altersbestimmung von Gingen. —
Weitere vulcantektonische Ergebnisse. - Die Entstehung der Alpen. - Beziehungen zwischen
.der Gebirgsfaltung und dem Aultreten der Vulcane. - Die permischen und triadischen Alpen-
faltuncen bestimmend für den Bau der Ostalpen. - Constanz der Bewegung. >- Die Amplitude
der Faltung wird immer breiter. - Die successive Angliederung der Nebenketten dadurch
bedingt. - Die Brüche der ^üdalpen sind Zerreissungen in Folge von Schleppung. - Der
•concave Innenrand des ostalpinen Bogens. - Die miocäne Faltungsphase. - Seitenblick auf die
Centralmassive der Westalpen. - Das untergetauchte Adrialand. - Postmiocäne Störungen. -
Die Su es s*sche Theorie der Gcbirgsbildung. - Die Einseitigkeit des Gebirgsschubes. - Schluss.
Dem Versuche, die gewonnenen tektonischen und vulcano-
logischen Resultate für eine Betrachtung über die Entstehung der
Alpen zu verwerthen, nmag zweckmässig eine übersichtliche Zu-
sammenfassung der in den Detailschilderungen niedergelegten ein-
schlägigen Beobachtungen vorangehen. Da zur Vermeidung über-
flüssiger Wiederholungen auf bereits geschilderte Details nicht mehr
«ingegangen werden soll, so mögen die Belege für die hier zu be-
sprechenden Erscheinungen an den betreffenden Stellen nachgesehen
werden. — Die allgemeine tektonische Orientirung wurde bereits
im IV. Capitel der Einleitung gegeben.
I. Das Gebiet der Verwerfungsbrüche ^).
Im Norden der grossen Valsugana-Spalte sind reine Ver-
werfungen die vorherrschende Störungsform.
Die beigefügte graphische Darstellung lässt folgende That-
sachen erkennen:
röche
*) Die Noth wendigkeit der Unterscheidung von Verwerfungsb röchen
und FaltungsbrOchen wird sich aus dem Verlaufe der Darstellung ergeben.
33*
^l6 Bau und Entstehung des Gebirges.
1. Die drei nördlichen Verwerfungslinien, welche durch die
Bezeichnungen ^Villnösser-, Falzarego- und Antelao-Linie* unter-
schieden sind, vereinigen sich im Osten mit dem östlichen Haupt-
stamme der Valsugana-Spalte;
2. der Verlauf dieser drei Verwerfungslinien ist annähernd
parallel;
3. stellenweise treten fächerförmige Zersplitterungen der Brüche
ein und
4. die schwächeren Verwerfungslinien sind intermittirend.
Die Vereinigung der nördlichen Verwerfungslinien mit der
Valsugana-Spalte ist durch den nordöstlichen Verlauf der letzteren
bedingt.
Die Villnösser Bruchlinie zeigt einen auffallenden Parallelismus
mit der heutigen nördlichen Verbreitungsgrenze der triadischen und
permischen Bildungen im Sextener und Puster Thale. Wenn auch
zugegeben werden muss, dass die heutige Verbreitungsgrenze durch
die Denudation bestimmt ist, so kann doch vorausgesetzt werden,
dass die Denudationsarbeit von den ursprünglichen Ablagerungs-
grenzen aus ziemlich gleichmässig in südlicher Richtung vor-
geschritten ist. Da uns nun die geologische Geschichte der per-
mischen und triadischen Bildungen gelehrt hat, dass der alte Ufer-
saum in nicht sehr weiter Entfernung von den heutigen nördlichen
Grenzen sich hinziehen musste, so erscheint die Annahme eines
Parallelismus zwischen dem alten Ufer und der Villnösser Bruch-
linie nicht unbegründet. Es wäre eine Wiederholung der längst er-
kannten analogen Erscheinung in unseren nordöstlichen Alpen, wo
nicht nur die heteropischen Grenzen, sondern auch die Bruch- und
Beugungslinien die Contouren des nahen böhmischen Festlandes
copiren *). Den wesentlichen, in der Art der tektonischen Be-
wegungen liegenden Unterschied zwischen beiden Fällen werden
wir weiter unten zu besprechen haben.
Die Zersplitterung der Bruchlinien tritt stellvertretend für
Bruchlinien von grosser Sprunghöhe ein, so dass durch die wieder-
holten Brüche von kleinerer Sprunghöhe der Effect der grossen
Bruchspalte hervorgebracht wird. Sehr häufig ist die Zersplitterung
von einer Uebersetzung des Hauptstammes der Bruchlinie begleitet.
Die hervorragendsten Beispiele für diese Erscheinung bieten die
Uebersetzung der Villnöser Bruchlinie am Passe Tre Croci und
die Uebersetzung der Valsugana-Spalte zwischen Zoldo und
Agordo dar.
*) Vgl. Suess, Entstehung der Alpen, S. 20.
N'B.
Uebersicht der wichtigsten telctonischen Störungslinien.
, Die durch schwarze Farbe angedeutelen tektonischen Linien reichen Ober das in der grossen
Uebcriichtskartc dargesiellle Gebiet nicht hinaus, nachdem bis heute Ober die angrenzenden
Regionen keine massgebenden Angaben vorliegen.
Die den Lago di Sta. Croce kreuzende Querlinie versinnlichl die Lage der durch die
modernen seismischen Bewegungen ausgezeichneten Querspalte von Sta. Croce. In Folge
eines Versehens wurde die sQdliche Fortsetzung dieser Störungslinie in das I->osionsihaI
zwischen Cima Fadalto und Serravnlle verlegt, wfthrend dieselbe, wie der T»i Seite 43?
berichtet, weiter Asilich durch das Kreide- Plateau des Rosco dcl Cansigllo verläuft.
Bau und Entstehung des Gebirges. rx7
Die streckenweise Intermittenz der schwächeren Bruchlinien,
welche an die sogenannten , wandernden Stosspunkte* der Erdbeben
erinnert, findet in der wechselnden Sprunghöhe der grösseren Bruch-
linien ihre vollständige Vertretung. Schwächere Bruchlinien sind
beginnende oder unvollendete Bruchspalten.
Von der im Allgemeinen geltenden Regel, dass der Süd- oder
Westtheil verworfen ist, gibt es namentlich im Nordwesten unseres
Kartengebietes einige sehr bedeutende Ausnahmen. Wir erinnern an
den westlich von Wengen gelegenen Abschnitt der Villnösser Bruch-
linie, an die Verwerfung am Nordgehänge der Fassa-Grödener
Tafelmasse im mittleren Gröden und an die Verwerfung im obersten
Buchenstein. Die Fleimser Eruptionsspalte, welche von einer wechseln-
den Verwerfung begleitet ist, wollen wir ausser Betracht lassen, da
der Nachweiss der gleichzeitigen Entstehung nicht zu erbringen ist.
In die gleiche Kategorie von Erscheinungen mit den auf der Nord-
seite verworfenen Brüchen gehört jedoch der grosse gegen Norden
gerichtete Schichtenfall des Tierser Thaies, sowie die Schichten-
beugung auf der Nordwestseite des Langkofels. Der merkwürdige
centrale Einsturz des Gardenazza-Gebirges, welcher an der Grenze
der entgegengesetzten Verwerfungen liegt, ist wol durch das Zu-
sammenwirken dieser conträren Bewegungen entstanden und kann
daher hier ebenfalls noch erwähnt werden.
Die auffallende Localisirung der Nordverwerfungen erweckt
den Verdacht, dass eine bestimmte, in dieser Region allgemein oder
vorherrschend wirkende Ursache die Ablenkung verursacht habe.
Man könnte dieselbe in der abnorm hohen Auftreibung älterer
Schichtsysteme im Süden (Quarzporphyrgewölbe der Bocche, Lagorai
Kette u. s. f ) erblicken, und man wird in dieser Vermuthung durch
die Thatsache bestärkt, dass auch südwestlich von der Cima d'Asta
am Nordgehänge der Sette-Communi Tafelmasse sich die gleiche
Erscheinung wiederholt.
Die Gruppe von Verwerfungen im Süden der Fleimser
Eruptionsspalte und am Ostende der Gruppe des Sasso Bianco lässt
sich ohne Zwang dem normalen Dislocationssystem nicht unter-
ordnen, dagegen widerspricht wenigstens nichts der Annahme
einer der Eruptionsspalte gleichzeitigen Entstehung.
Mögen die westlichen Theile der drei parallelen nördlichen
Verwerfungslinien in ihrer ersten Anlage bis in die Triaszeit (als
Parallellinien der Eruptionsspalte) zurückreichen oder nicht, so ist
es andererseits sicher, dass die Hauptverschiebungen nicht vor dem
Ende der Kreidezeit eintreten konnten, da Kreidebildungen an
mehreren Stellen an die Bruchränder herantreten.
r|g Bau und Entstehung des Gebirges.
Auf die nach dem heutigen Stande der Wissenschaft nahezu
selbstverständlich erscheinende Thatsache, dass alle in unserem Gebiete
in Sedimentschichten auftretenden gangförmigen Erzlagerstätten an
die Bruchlinien gebunden sind, wurde bereits mehrfach hingewiesen.
Der Villnosser Linie gehören Klausen im Westen und Auronzo im
Osten unseres Gebietes an. An der Valsugana-Spalte liegen ausser
mehreren aufgelassenen Bauen im Phyllite von Valsugana und
Primiero die bekannten Erzlagerstätten von Vallalta, Imperina
(Agordo) und Arsiera (Val Infema).
2. Das Gebiet der Faltungen und der Faltungsbrüche.
Während in dem tirolisch-venetianischen Hochlande wahre
Bruchlinien die herrschende Störungsform sind und Fältelungen nur
als locale Nebenerscheinung an den Rändern verworfener Schollen
(vgl. z. B. S. 293) auftreten, begegnen uns in dem südlich der
Valsugana-Spalte liegenden Depressionsgebiete, sowie in dem
tektonisch und historisch mit demselben zusammenhängenden
Gebiete der Etschbucht vorwiegend Faltungen. Dicht an die
Valsugana-Spalte angepresst, folgt im Süden derselben eine schmale,
stark gefaltete Zone, in deren westlichem Theile liegende Falten
und in deren östlichem Theile lange fortstreichende Gewölbe
dominiren. Der Belluneser Bruch, welcher diese Zone im Süden
begrenzt, besitzt zum grössten Theile den Charakter einer
gequetschten oder zerrissenen Falte. Nur im Westen, in Valsugana,.
wo er sich der Valsugana-Spalte sehr nähert, tritt er in der Form
echter Verwerfungen auf Der Gebirgsstreifen zwischen' dem
Belluneser Bruch und der venetianischen Ebene besteht zunächst
aus einer Synclinale (Thal von Belluno, Sette Communi*) und
einem sich daran schliessenden Anticlinalgewölbe, dessen Süd-
schenkel sich am Rande der Ebene häufig steil aufrichtet, manch-
mal sogar (S. Orso bei Schio) widersinnisch zurückbiegt**). Eine
scharfe knieförmige Beugung, welche allerdings häufig gebrochen
ist, vermittelt sodann das flache Auswärtsfallen der unter die
Schottermassen der Ebene untertauchenden Tertiärschichten.
Greifen wir zur Vervollständigung des Bildes noch weiter
über das Gebiet unserer Karte hinaus und betrachten wir den Bau
des im Westen anschliessenden Gebirges der Etschbucht bis zur
I
*) Vgl. Vacek, Verh. Geol. R.-A. 1877, S. 3oi.
*♦) Vgl. A. Bittner, Verh. Geol. R.-A. 1878, S. i3o.
Bau und Entstehung des Gebirges. qig
Judicarien-Spalte *). Für die südliche Hälfte dieses Districtes
liegen die im Laufe der letzten beiden Jahre ausgeführten Auf-
nahmsarbeiten der k. k. geologischen Reichsanstalt vor, für die
nördliche Hälfte liefert die Arbeit von Lepsius genügende
Anhaltspunkte, um die Uebereinstimmung des Bauplanes mit dem
südlichen Faltensysteme zu erkennen.
Der merkwürdige einspringende Winkel der venetianischen
Ebene bei Schio wird durch die bekannte Bruchlinie Schio-Vicenza
bedingt, deren Verlängerung gegen Süd-Südost die Euganäischen
Berge von der Ebene bei Padua trennt. Bittner's Untersuchungen
haben gezeigt, dass eine Zone stark aufgerichteter, gegen die
Ebene von Schio-Vicenza abfallender Schichten den Bruchrand
begleitet, dass mithin hier aller Wahrscheinlichkeit nach ein
Faltenbruch vorhanden ist. Ein Blick auf Blatt V der v. Hauer'-
schen Uebersichtskarte der österreichisch-ungarischen Monarchie
lehrt nun, dass der in das Innere der Alpen fortgesetzt gedachte
Bruchrand mit der Grenze des tirolisch-venetianischen Hochlandes
auf der Strecke Caldonazzo-Lavis zusammenfallt. So scheint eine
gewisse Correlation zwischen den Verhältnissen im Innern der
Alpen und den Erscheinungen am Aussenrande zu bestehen, inso-
feme die hohe Emporstauung des Hochlandes dem Untertauchen
des venetianischen Tieflandes entspricht und der geöffnete Winkel
der Etschdepression mit dem weit in die Ebene vorspringenden
Hügellande von Vicenza und den Berischen und Euganäischen
Hügeln correspondirt.
Wie die Falten im Süden der Valsugana-Spalte dieser parallel
streichen, so folgen die Faltungen im Gebiete der Etschbucht der
Judicarien-Spalte. Der westlichen Ablenkung der letzteren bei
Lodrone entspricht die Drehung der Streichungsrichtung in den
südlichsten Ausläufern der Alpen bei Verona, am Südgehänge des
Monte Baldo und in den lombardischen Voralpen. Eine der Süd-
falte der Sette Communi-Masse homologe, meistens in einen
Faltungsbruch ausartende Falte bildet die Grenze zwischen dem
tiefliegenden und unter die Ebene hinabtauchenden Hügelvorlande
und der höher ansteigenden ersten Bergkette. Das hohe Grenz-
gebirge zwischen Recoaro-Schio und dem Etschthale bei Rovereto
*) Lepsius gebraucht in seinem, während der Publication des vorliegenden
Buches erschienenen Werke (Das westliche SOdtiroI, S. 322) fQr diese Bruchlinie
die Bezeichnung Idrosee-Spalte, offenbar von der Voraussetzung ausgehend, dass i
I
das Seebecken in die Verlängerung der Judicarien-Spalte fällt. Es zeigt aber die
Karte von Lepsius selbst, dass die durch Judicarien herabstreichende Bruch linie
bei Lodrone scharf westlich umbiegt und in das obere Val Trompia weiterzieht.
520 Bau und Entstehung des Gebirges.
bildet ein breites tonnenformiges Gewölbe, dessen Ostschenkel durch
die Erosionsrinnen von Recoaro und Valle dei Signori bis auf
die Phyllit-Unterlage entblösst ist. Auf dem rechten Etsch-Ufer
folgen nun etliche kleinere, meist liegende, gegen Südosten über-
schobene Falten ♦) und das Gewölbe • des Monte Baldo und des
Stivo. Westlich reiht sich die Mulde Gardasee-Vezzano an, welche
durch einen Faltenbruch im Westen begrenzt wird. Einfache
wellige Biegungen halten nun an bis zur Judicarien-Spalte, welche,
wie die Valsugana-Spalte, ein wahrer Verwerfungsbruch ist. Der
hier geschilderten tektonischen Anlage conform ist auch das nörd-
liche, in der Gegend von Meran in einem spitzen Winkel
zusammenlaufende Depressionsgebiet höchst einfach gebaut. Die
Zahl der Falten vermindert sich in nördlicher Richtung, ohne durch
grössere Intensität der Faltung ersetzt zu werden. Der Gesammt-
betrag der Zusammenschiebung ist im Norden ein minimaler.
Auf der Strecke zwischen Lavis und Meran wird die Grenze
gegen das tirolisch-venetianische Hochland durch eine westliche
Hinabbeugung der Schichten von bedeutender Sprunghöhe gebildet.
(Vgl. S. 133). Dieselbe vertritt hier die Stelle der das Depressions-
gebiet sonst begrenzenden Verwerfungsbrüche und zeichnet sich
dadurch aus, dass sie ein Bogensegment beschreibt, dessen Con-
cavität dem Depressionsgebiete zugewendet ist.
Jüngere, nordsüdlich streichende Verwerfungsspalten von geringer
Sprunghöhe durchschneiden nach Vacek's Beobachtungen das
Faltensystem der Etschbucht. Die gleichfalls meridional verlaufende
Erdbebenspalte des Lago di Sta. Croce im Südosten unseres Ge-
bietes gehört vielleicht dem gleichen Spaltensystem an.
3. Vulcantektonik.
Man ist seit langer Zeit geneigt, Gebirgsbildung und Vulcanismus
als zusammengehörige, einander bedingende Erscheinungen zu
betrachten. Die ältere Geologenschule L. v. Buch's, welche noch
heute unter den Alpengeologen offene und verschämte Anhänger
besitzt, sah im Vulcanismus die bewegende Kraft der Gebirgs-
bildung; sie schrieb den vulcanischen Gesteinen eine active Rolle
*) Vacek (Verh. Geol. R.-A. 1878, S. 343) berichtigte die Profile von
Be necke und Lepsius, welche hier Verwerfungen annehmen, und zeigte, dass
die von den beiden genannten Forschern als Intrusivmassen gedeuteten Basalte
von Brentonico regeltnässig dem Schichten verbände eingeschaltete eodline EfFusiv-
decken und TufFe sind.
Bau und Entstehung des Gebirges. C2I
bei der Hebung; Faltung und Stauung der Gebirgsschichten zu
und unterschied vulcanische (,plutonische*) Centren verticaler
Schichtenhebung, von welchen aus lateraler Druck gegen die
peripherischen Regionen sich fortpflanzen sollte. Der Hauptsitz der
vulcanischen Kraft concentrirte sich nach der Meinung dieser Schule
in der mittleren Längszone der Alpen.
Eine andere neuere von Poulett Scrope begründete Richtung
erblickte in den langen Vulcanreihen an den Rändern tiefer
Senkungsfelder und hoher Kettengebirge nur eine die Gebirgsbildung
begleitende, secundäre Erscheinung. Diese Anschauung kam in
neuerer Zeit immer mehr in Aufnahme und wurde weiter fortgebildet
und geklärt. Suess wendete dieselbe zuerst in lichtvoller Weise
auf das Alpensystem an und zeigte, dass die erloschenen wie die
thätigen Vulcane auf die concave, von Bruchrändern begrenzte
Innenseite der Kettengebirge beschränkt seien. Er betonte nach-
drücklichst, dass die älteren Eruptivmassen der Alpen sich völlig
passiv zur Emporstauung des Gebirges verhalten und ebenso wie
sedimentäre Formationen von der gebirgsbildenden Bewegung er-
griffen wurden.
Gleich Heim*), welcher nachwies, dass die wenigen Eruptiv-
gesteine der Finsteraarhom-Masse sämmtlich älter als die Faltung
dieser Gebirgsgruppe sind, kann auch ich auf Grund der in diesem
Buche niedergelegten Erfahrungen constatiren, dass die eruptiven
Massen sich in Bezug auf die Gebirgsbildung als vollkommen starre,
bewegungslose Körper verhalten. Dieser Satz gilt nicht nur für die
Effusivdecken, für welche er selbstverständlich ist, sondern auch
für die intrusiven Stöcke und Gänge, wie die Lagerungsverhält-
nisse in Fassa, Fleims und an der Cima d'Asta unzweifelhaft beweisen.
Gleichwol besteht im Sinne der oben angedeuteten Anschau-
ungen ein klarer und bestimmter Zusammenhang zwischen der
Gebirgsbildung und dem Auftreten und der Vertheilung der alten
Eruptivcentra, und werden wir im letzten Abschnitte auf die Dar-
legung dieser Beziehungen zurückkommen.
Man begegnet selbst in der allemeuesten Literatur über die
Alpen so häufig einer gewissen Unsicherheit und Einseitigkeit in
der Beurtheilung des tektonischen Charakters und des Alters von
eruptiven Gesteinen, dass einige Bemerkungen über diesen Gegen-
stand hier Platz finden mögen.
Wir wollen zunächst an die bei vielen Beobachtern wieder-
kehrende Verwechslung von Ausläufern der Lavaströme mit Gängen
*) Mechanismus der Gebirgsbildung, II. Bd., S. 119.
^22 Bau und Entstehung des Gebirges.
erinnern. Man ist so sehr gewöhnt, die Ausflussstelle von Eruptiv-
gesteinen am Orte ihres Vorkommens zu vermuthen, dass man es
unterlässt, die Lagerung näher zu untersuchen, und die durch das
Zusammenvorkommen mit Tuffen gegebene Andeutung des wahren
Sachverhaltes völlig ignorirt. Die richtige Beurtheilung des tek-
tonischen Charakters von eruptiven Gesteinen erfordert in vielen
Fällen eine grosse Umsicht und die genaue Kenntniss der tektoni-
sehen und stratigraphischen Verhältnisse eines grösseren zusammen-
hängenden Gebietes. Die im Laufe der letzten Jahre in den Süd-
alpen gemachten Erfahrungen haben uns gelehrt, dass Gänge kaum
vereinzelt, sondern in der Regel in grösserer Zahl vorkommen. In
Folge dieser Häufung bietet sich dann vielfache Gelegenheit, das
wirklich gangförmige Durchsetzen verschiedenartiger Schichten zu
beobachten und man kann unklare Aufschlüsse nach benachbarten
unzweifelhaften Vorkommnissen beurtheilen. Die Gänge häufen sich
um die Eruptionscentra und verschwinden allmählich mit der Ent-
fernung von diesen. Vereinzelte Gänge deuten daher auf die
Peripherie einer Gangregion.
Die vorstehenden Erfahrungen haben in, allgemeiner Fassung
nur für Gebiete von annähernd gleichen stratigraphischen Niveaux
Geltung, denn es scheint der Umfang der Gangregion mit der Tiefe
allmählich zuzunehmen. Das Vorkommen von Melaphyrgängen im
Phyllit und Quarzphorphyr bei Theiss in Villnöss, sowie das Auf-
treten von Melaphyrgängen im Phyllit bei Mis zwischen Agordo und
Primiero, beide in Gegenden, welche der oberflächlichen Gangregion
entrückt sind, lassen kaum eine andere Deutung zu*), als dass
daselbst ursprünglich blinde, blos durch die nachträgliche Denudation
entblösste Gänge vorhanden sind. Selbst in der Haupt-Gangregion
von Fassa und Fleims scheinen die ältereren der dort entblössten
Schichtgruppen viel häufiger von Gängen durchsetzt zu werden, als
die jüngeren, der Eruptionszeit näher stehenden Sedimente.
Es bedarf keiner weiteren Auseinandersetzung, dass eine gegen
die Tiefe fortschreitende extensive und intensive Zunahme von
Gängen mit den theoretischen Vorstellungen über den Vulcanismus
im besten Einklänge steht. In praxi, bei der Bestimmung des
Alters von Eruptivgängen, wird aber nicht nur häufig gegen diesen
Satz gefehlt, sondern überhaupt der tektonische Grundcharakter der
Gänge völlig ignorirt — und dies ist der zweite der oben angedeuteten
Punkte, welcher einer kritischen Bemerkung bedarf Ebenso wie
*) Für das Vorkommen bei Mis wurde die Möglichkeit eines anderen Ver-
hältnisses Seite 342 erwähnt.
1
Bau und Entstehung des Gebirges. C2X
man sofort, ohne nähere Untersuchung, bereit ist, isolirte Vorkomm-
nisse von Eruf)tivgesteinen fiir Gänge zu erklären, so verfallt man
auch sehr häufig in den Fehler, das Alter der Ganggesteine nach dem
zufällig entblössten Nebengestein zu bestimmen*). Man verfährt, in
sonderbarer Verkennung der wesentlichen Merkmale, wie mit Ein-
schlüssen organischer Fossilien. Bei Lagergängen ist ein solcher
Irrthum begreiflich und verzeihlich, weil dieselben die Gestalt ein-
geschichteter Decken annehmen können; aber auch hier wird die
Ausdehnung der Beobachtungen in der Regel bald zur Erkennung
der Gangnatur fuhren. Wenn unsere obigen Betrachtungen über die
Zunahme blinder Gänge in der Tiefe richtig sind, so kann in tief
denudirten Gegenden nicht einmal die Beobachtung der jüngsten
Contact-Sedimente für die Altersbestimmung von Eruptivgängen
benützt werden. Wo es die Umstände nicht gestatten, Gänge auf
unzweifelhafte Lavensysteme zu beziehen, kann an eine zuverlässige
Altersbestimmung nicht gedacht werden. In unseren Südalpen
kennen wir bisher nur drei, durch bestimmte Laven gekennzeichnete
Eruptionsperioden, und zwar i. die permische, 2. die norische und
3. die tertiäre. Die Möglichkeit des Vorkommens blinder Gang-
massen anderen Alters muss zwar zugegeben werden. Doch scheint
es rationeller anzunehmen, dass die auf dem Südgehänge der Alpen
vorhandenen Eruptivstöcke und Gänge einer dieser drei Eruptions-
perioden angehören**).
*) Vgl. a. die treffenden Bemerkungen von Judd. (The ancient Volcanos of
Europe. Geol. Magazine 1876, pag. (3i.)
**) Nachdem erst in jüngster Zeit, insbesondere durch Judd's geistvollen
Vorgang veranlasst, die Altersfrage der grobkrystallinischen Eruptivstöcke auf die
Tagesordnung gesetzt wurde, ist dass Widerstreben der conservativen Geologen gegen
die Annahme jugendlicher Granit- und Syenitstöcke begreiflich. Eingelebte An-
schauungen werden, selbst wenn dieselben unerwiesene, mit den alten Kataklysmen-
Hypothesen zusammenhängende Vorurtheile wären, nur ungerne und zögernd ver-
lassen. Es ist deshalb fQr den baldigen Eintritt eines allgemeinen Umschwunges
der Anschauungen sehr förderlich, dass Zirkel kürzlich jurassische Granite aus
dem Westen Nordamerika*s beschrieben (Report of the Geological Exploration of
the Fortieth Parallel, by Clarence King, Vol. VI, Microscopical Petrography by
Ferdinand Zirkel, Washington, 1876) und nachgewiesen hat, wie sich die jüngeren
Eruptivgranite durch bestimmte petrographische Merkmale sowol von den älteren
Eruptivgraniten, als auch von den sogenannten metamorphischen Graniten unter-
scheiden. Zirkel selbst warnt vor einer Benützung seiner Erfahrungen für die Alters«»
bcstimmung der Granite anderer Länder, und dies mit gutem Grunde, denn es erscheint
sehr wol möglich, dass die erkannten Differenzen im Sinne der Reyer'schen An-
schauungen auf bestimmte Tiefenzonen beschränkt sind, so dass es nur von dem
Betrage der Denudation abhängen würde, ob ein Granitstock die Charaktere des
jüngeren oder des älteren Eruptivgraniis besässe.
£24 ^^" ^"^ Entstehung des Gebirges.
Wir notiren noch die folgenden Ergebnisse unserer Unter-
suchungen in vulcantektonischer Beziehung:
1. Der Umfang der Lavengebiete ist bedeutend grösser, als
der Umfang der Gangregion. Dieser Satz dürfte für viele der
modernen Vulcane nicht gelten.
2. Die Eruptionsstellen unseres Gebietes liegen excentrisch
(vgl. S. 408 und 506) zum Lavengebiet
3. In der Gangregion des Avisiogebietes kommen neben den
Gängen diesen parallele, aber durch Eruptivmassen nicht injicirte
Gangspalten vor, ein neuerlicher Beweis, dass das eruptive Magma
blos durch bereits vorhandene Risse oder klaffende Spalten auf-
steigt.
4. Der Monzoni und der Fleimser Eruptivstock liegen auf einer
und derselben Spalte (Fleimser Eruptionsspalte), welche zum Gebiete
der stärkeren Senkung (vgl. S. 506) senkrecht steht.
5. Der ältere Vulcan im oberen Fassathal liegt am Rande des
Gebietes stärkerer Senkung.
6. Die Gänge und Gangspalten in der Umgebung der beiden
jüngeren Vulcane stehen senkrecht zum jeweiligen Verlaufe der
Eruptionsspalte. (Eine radiale Anordnung der Gänge ist daher bei
Vulcanen, welche aus kesselförmigen Einstürzen hervorgetreten sind,
vorauszusetzen. Die Anordnung der Gänge in den bei unseren alten
Vulcanen nicht mehr vorhandenen Aschenkegeln kann immerhin,
wie bei den recenteren Vulcanen eine radiale gewesen sein.)
7. Die Eruptionsstellen zeichnen sich durch bedeutende
Differenzirungen der Schlieren aus. Grosse Manigfaltigkeit der
Gesteine. Das grobkrystallinisch erstarrte Magma nimmt die tieferen
Stellen des Eruptionsschlotes ein *).
8. Der Eruptionsschlot, welcher am oberen Rande des durch-
brochenen Gebirges die grösste Weite besitzt, verengt sich birn-
fbrmig gegen die Tiefe. In den oberen Regionen des Eruptions-
schlotes breiten sich daher die Ergüsse stromähnlich aus. Wo die
Ränder des Eruptionsschlotes durch Denudation bereits stark aflicirt
sind, kann dann der Schein einer überquellenden Lagerung hervor-
gebracht werden.
4. Die Entstehung der Alpen.
Wenn ich es hier unternehme, der bahnbrechenden Dar-
Stellung von Suess *) und den scharfsinnigen Erörterungen von
*) Vgl. Ed. Reyer, Physik der Eruptionea und der Eruptivgesteine.
**) Die Entstehung der Alpen. Wien, 1875.
Bau und Entstehung des Gebirges. C2C
Heim"'*) eine gedrängte Betrachtung über die Entstehung der Alpen
folgen zu lassen, so geschieht dies zunächst in der Absicht, die orogene-
tischen Verhältnisse unseres Gebietes zu erläutern, deren Ver-
ständniss uns nur durch einen Ueberblick über das Gebirgsganze
vermittelt .werden kann.
Da das historische Moment in den Vordergrund gestellt werden
soll, so kann dieser Versuch auch als das Gerippe zu einer Chrono-
logie der einzelnen Ketten betrachtet werden. Um Wieder-
holungen zu vermeiden, verweise ich zur Begründung der historischen
Daten auf das IL und XVI. Capitel.
Wir greifen in der Geschichte der Ostalpen zurück in jene
Zeit, wo sich die ersten Andeutungen der alpinischen Individualisirung
zeigen. Nachdem zur Carbonzeit das ostalpine Territorium sich von
dem böhmischen Gebirgsmassive getrennt hatte und im Gebiete der
Tauem und der Oetzthaler Gruppe bereits insulare Gestaltungen
eingetreten waren, begann zur permischen Zeit eine Aufstauung der
mittleren Längszone, welche von einer allmählichen Senkung' der
äusseren Zonen und von der Bildung grosser Vulcane am Südrande
begleitet war. Die vulcanische Thätigkeit manifestirte sich namentlich
in der Gegend der heutigen Etschbucht, welche den concaven
Innenrand des entstehenden ostalpinen Inselgebirges bildete. Zur
Triaszeit stand dann, wie die Geschichte der triadischen Riffmassen
uns lehrte, der beschleunigten Senkung der äusseren Regionen
eine Verzögerung der Senkung am Saume des Inselkernes gegen-
über, und haben wir sogar die Vermuthung ausgesprochen, dass in
der Axe des Inselgebirges die Aufstauung fortdauerte. Unsere
norischen Vulcane stehen am Rande des Gebietes stärkerer Senkung
und ist es sehr bezeichnend, dass die auf das Südgehänge der
Alpen beschränkten Vulcane in einer parallelen Linie dem Saume
des Inselgebirges folgen. Die Verbindungslinie zwischen den Avisio-
Vulcanen und den gleichzeitigen Vulcanen bei Recoaro-Schio streicht
parallel der westlichen Begrenzung der Etschbucht, und ebenso ge-
stattet die Vertheilung der intrusiven Massen und selbst die Ver-
breitung des vulcanischen Detritus den Schluss auf einen analogen
Parallelismus in den übrigen Theilen der Südalpen.
So spielen die gebirgsbildenden Bewegungen in den Ostalpen
bereits in Zeiten zurück, ^vo die mächtigsten Formationen der Neben-
zonen gebildet wurden und die ganze spätere Anlage und Glie-
derung erscheint bedingt durch die am Beginne des mesozoischen
*) Untersuchungen über den Mechanismus der Gebirgsbildung im Anschlüsse
an die geologische Monographie der Tödi-Windgällen-Gruppe. Basel, iSyS.
C26 ^^^ ^^^ Entstehung des Gebirges.
Zeitalters von der Gebirgsbildung vorgezeichneten Contouren. Man
wird uns den Einwand entgegensetzen, dass diese alten Boden-
bewegungen verschieden seien von den gebirgsbildenden Faltungen
und in die Kategorie der sogenannten säcularen Hebungen und
Senkungen gehören.' Es hat aber bereits Suess die Unhaltbarkeit
der in letzterer Beziehung herrschenden Anschauungen berührt und
überzeugt uns eine ruhige Ueberlegung und Vergleichung, dass
namentlich, wie in unserem Falle, die Bewegung beschränkter Gebiete
nichts anderes, als eine wellenförmige Biegung von grösserer Spann-
weite ist. Es ändert an dem Charakter der ganzen Erscheinung I
nichts, ob dieselbe am Rande eines Continentalgebietes submarin
oder subaerisch vor sich geht. Die Triasperiode war in Mitteleuropa
eine Continentalperiode. Die sogenannten Massengebirge waren zum
grössten Theile bereits vorhanden. Eine Landbrücke verband das
böhmische Festland mit dem westrheinischen continentalen Alpen-
gebiete. Dieser Festlandssaum war bestimmend für die Richtung
der an ihm sich stauenden, submarinen Faltenbiegung. An den
heutigen Küsten der Continentalmassen sehen wir häufig ähnliche
linear gestreckte Inselgestaltungen.
In der Geschichte der Südalpen gelangt die Abhängigkeit der
späteren chorologischen Verhältnisse von dem Süd-Süd- West ver-
laufenden Aste des Inselgebirges im Westen der Etschbucht wieder-
holt zur Geltung. Abgesehen von dem parallelen Verlaufe der hete-
ropischen Grenze des grossen westlichen Wallriffes von Südtirol
kehren, wie im III. Capitel gezeigt worden ist, annähernd meridian
verlaufende heteropische Grenzen auch während der Jura- und Kreide-
Periode wieder.
Es lässt sich heute noch nicht bestimmen, zu w^elcher Zeit die
Mittelzone der Otsalpen über den Meeresspiegel emportauchte. War
dies nicht bereits zur Triaszeit der Fall, so darf wol angenommen
werden, dass dies wenigstens im Verlaufe der Jurazeit eintrat *). Denn
vom Beginne der Kreidezeit an sehen wir in der Seite 26 an-
gegebenen Reihenfolge allmählich das Gebiet unserer nördlichen
Kalkalpen, dann die Karnischen Alpen und die Karavanken über
den Meeresspiegel auftauchen.
Die auffallende Erscheinung, dass in den nordöstlichen Alpen
Verwerfungsbrüche, welche concentrisch den Contouren des böh-
mischen Massivs folgen, die vorherrschende Störungsiorm sind,
•) Inwieferne Wasserscheiden und Querthäler in vielgliedrigen Kettengebirgen
zur Altersbestimmung der Gebirgsketten benützt werden können, haben Heim
(Mechanismus der Gebirgsbildung, I. Bd., 5. 32o) und Tietze (Jahrb. Geol. R.-A.
1878, S. 58 1) gezeigt.
1
Bau und Entstehung des Gebirges. C27
erklärt sich vielleicht durch den frühzeitigen Eintritt der Gebirgs-
stauung. In diesem Theile der Alpen sind Transgressionen jurassischer
Ablagerungen nicht selten. Die zwischen dem heutigen Rande des
böhmischen Festlandes und den Kalkalpen durchstreichende Flysch-
zone, welche (vgl. Seite 28 und 102) aus einer ununterbrochenen
Reihe von cretaceischen und alttertiären Bildungen besteht, lässt
keinerlei Parallelismus mit den Contouren des böhmischen Gebirges
erkennen, sondern schneidet im Gegentheil die Störungscurven
der Kalkalpen ab. Es darf daher vielleicht gefolgert werden,
dass die Stauungsbrüche der nordöstlichen Kalkalpen älter als
neocom sind.
Es mag hier am Platze sein, eine kurze theoretische Reflexion
einzuschalten.
Sowie die historische Analyse zur Erkenntniss des hohen
Alters der Alpenfaltung fuhrt, so lehrt dieselbe auch die grosse
Constanz und Einheitlichkeit dieser Bewegung kennen. Die so
häufig gemachten Annahmen von altemirenden Hebungs- und
Senkungsperioden entsprechen weder bei allgemeiner Ausdehnung
derselben über das ganze Ostalpen-Gebiet, noch bei Beschränkung
auf einzelne Striche, dem historischen Gange der Entwicklung.
Vom Beginne der Permzeit an können wir alle derartigen Hilfs-
mittel zur Erklärung der alpinen Verhältnisse entbehren. Das ein-
fache Bild der Alpenfaltung zur Perm- und Triaszeit kann mit
grossem Vortheil als der wahre Ausdruck des durch die späteren
secundären Fältelungen und Zerreissungen gewissermassen blos
verzierten oder verdeckten Bauplanes der Ostalpen betrachtet
werden. Die einzelnen Gebirgsfalten und GebirgsschoUen repräsen-
tiren im Grossen blos die im Kleinen bei thonhältigen Schichten-
complexen wolbekannten secundären Fältelungen, Knickungen und
Verschiebungen. Das Gebiet der Mittelzone fallt mit einer lang-
gestreckten, in ihrem Verlaufe von den vorhandenen älteren Erd-
rindenfaltungen Mittel-Europa's abhängigen Anticlinalwölbung zu-
sammen. Die Faltungsbewegung kann zeitweise beschleunigt
oder verlangsamt werden. Erweitert sich die Wölbungs-Amplitude,
was nur auf Kosten der mit jüngeren Sedimenten erfüllten
Synclinalmulden geschehen kann, so erfolgt die Angliederung
neuer, aus jüngeren Ablagerungen bestehender Ketten, welche
im Kleinen vielfach gefältelt und zerrissen sein können. Oertliche
Hindemisse, wie z. B. die grosse Nähe eines älteren Gebirgs-
massivs können zu Ungleichmässigkeiten in den nebensächlichen
Erscheinungen und zu zeitweiligen oder dauernden partiellen
Trockenlegungen führen.
C28 ß^u u"^ Entstehung des Gebirges.
Wir fahren in der unterbrochenen Darstellung des historischen
Verlaufes der Alpenbildung wieder fort.
Während am Nordsaume der Ostalpen die Kalkalpen-Zone
der breiten Mittelzone angegliedert wurde, entstanden in Folge des
allmählichen stufenweisen Emporzerrens der Unterlage auf der
Südseite die langen Verwerfungsbrüche und bildeten sich namentlich
die beiden fiir Südtirol so bedeutungsvollen Brüche, welche das
Depressionsgebiet der Etschbucht und der venetianischen Alpen
vom tirolisch-venetianischen Hochlande trennen. Einschlüsse von
Gerollen permischen Quarzporphyrs und Sandsteins, welche im |
Laufe der letzten Jahre wiederholt in den durch grosse Steinbrüche
aufgeschlossenen oberjurassischen Ammonitenkalken von Trient
gefunden worden sind*), scheinen anzudeuten, dass die Trocken-
legung des Hochlandes stellenweise bereits zu Ende der Jurazeit
begann. Aber erst am Schlüsse der Kreidezeit war das Hochland
gänzlich dem Meeresniveau entrückt. Die Brüche in den Südalpen
sind daher keine Versenkungsbrüche, sondern Zerrungs- oder
Schleppungsbrüche. Die Versenkungsbrüche haben eine voraus-
gehende Hochlage zur nothwendigen Voraussetzung; solche Brüche
dürften aber, wenn wir locale, durch Auslaugung oder Unter-
waschung (Karst) herbeigeführte Einstürze ausnehmen, Gebirgs-
regionen überhaupt fremd sein**).
Es ist nun die Ursache des spitzwinkligen Eingreifens des
Depressionsgebietes der Etschbucht zu besprechen. Wenn man die
v. Hau ersehe Uebersichtskarte zu Rathe zieht, so erkennt man
leicht, dass die Fortsetzung der Valsugana-Spalte gegen Südwest
auf die bei Lodrone westlich umbiegende und in das obere Val
Trompia ziehende Judicarien-Spalte trifft. Es muss demnach in den
Verhältnissen der Etschbucht begründet sein, dass sich hier ein
nordnordöstlich streichender Gebirgskeil einschiebt, welcher die
Regelmässigkeit der tektonischen Anlage wol zu unterbrechen,
aber nicht zu unterdrücken vermag. Sowie das Hindemiss über-
spnmgen ist, kehrt die alte Ordnung wieder. Die Erklärung liegt
in der mit der Etschbucht zusammenfallenden concaven Oeffnung
der ostalpinen Centralkette. Im Westen von der Etschbucht wendet
sich das Streichen der krystallinischen Mittelzone, welches bis in
*) Ich selbst habe mehrere derartige Geröile im Jurakalk eingeschlossen
gesehen.
**) Im Sprachgebrauche sind die Ausdrücke Hebung und Senkung als com-
parative Bezeichnungen nicht zu entbehren. Hat man sich einmal von den alten,
mit diesen Worten verbundenen Begriffen der verticalen Activität emancipirt, so
können dieselben anstandslos bei geologischen Schilderungen verwendet werden.
Bau und Entstehung des Gebirges. C2Q
die Gegend des Brenners nahezu ostwestlich war, scharf gegen
Süd-Südost und erst im Veltlin kehrt allmählich die westliche
Richtung wieder zurück. Die Gebirge des Engadin zeigen deutlich,
wenn auch in geringerem Masse, die gleiche südliche Ablenkung
des Streichens. Die Grenze zwischen den Ost- und Westalpen
auf der Linie Feldkircli-Lago maggiore läuft der Etsch-Depression
parallel. B. St u der*) hat bereits vor langer Zeit auf das Vor-
kommen meridionaler Streichungsrichtungen im Adula- und Suretta-
Gebirge, sowie in der Silvretta-Gruppe hingewiesen, und die neueren
Untersuchungen von Rolle**) und G. A. Koch***) haben die
Angaben Studer's bestätigt. Der nordsüdliche Umbug der
Streichungsrichtung im Rhätikonf) gehört in dieselbe Kategorie
von Erscheinungen. Ohne den hier dargestellten Zusammenhang
zu kennen, deutete Studer die auffallenden Meridionalketten des
Adula- und Suretta-Gebirges als Reste eines älteren Gebirgssystems.
Wir pflichten dieser Auffassung des hochverdienten Alpengeologen
bei und erblicken in der angeführten Reihe paralleler Erscheinungen
den Beweis einer älteren, der Entstehung des Halbbogens der
Westalpen vorangehenden bogenförmigen Krümmung der Ostalpen,
deren Concavität der Etschbucht zugewendet war. Dieser Bogen
war, wie gezeigt worden ist, zur Perm- und Triaszeit bereits vor-
handen, und die permischen und norischen Vulcane häuften sich
an dessen concavem Innenrande. Bei der gegen Nordwest
gerichteten fortschreitenden Emporschiebung des gekrümmten
Gürtels mussten nun auf der Innenseite der stärksten Krümmung
weitere Zerreissungen entstehen, welche bedeutende Niveau-
Differenzen veranlassten.
Die hohe Auftreibung des südwestlichen Theiles des Hoch-
landes ist vielleicht durch die Divergenz der Richtungen bedingt,
welche zwischen dem Laufe der Valsugana-Spalte und dem in der
Tiefe zurückbleibenden Depressionsgebiete der Etschbucht besteht.
Während unser Hochland mit den ihm gleichwerthigen Theilen
der Südalpen zugleich mit der Hauptmasse der Ostalpen empor-
stieg, verharrten die südalpinen Depressions-Districte unter Meeres-
bedeckung und lagerten sich daselbst die alttertiären Schichten in
♦) Physikalische Geographie und Geologie II. Bd., p. 232. — Geologie der
Schweiz, I. Bd., p. 234, 242 u. s. w.
♦*) Ueberskht der geolog. Verhältnisse der Landschaft Chiavenna. Wies-
baden 1878.
*♦*) Verh. Geolog, R.-A. 1876, S. 345, ibidem 1877, S. 140.
t) E. V. Mojsisovics, Beitr. z. topischen Geologie der Alpen. Jahrb.
Geolog. R.-A. 1873.
Alojsisovics, Dolomitritfe. 3a
e^O ^^u ^^^ Entstehung des Gebirges.
concordanter Reihenfolge bis zu den Schio-Schichten incl. ab. Im
Süden war Land in der Nähe, wie die wiederholten Einschaltungen
von Kohlen und von Pflanzenschichten beweisen. Auf einer Linie,
welche mit dem später gebildeten Faltungsbruche Schio-Vicenza
nahezu die gleiche Direction hatte, entstanden der Vulcan von
Schio'*) und der Euganeen Vulcan.
Dem südalpinen Depressions-District, welchem noch die
lombardischen Voralpen, der Karst, Istrien, die quamerischen Inseln
und die dalmatinischen Küstendistricte angehören, entsprechen in
den Nordalpen die Flyschzone und die äussere oder nördliche Zone
der westalpinen Centralmassen. Die Faltungen im Süden der Val-
sugana-Spalte sind jünger, als die Bildung dieser Spalte.
Alle diese Gebiete auf der Süd- und Nordabdachung der
Alpen sind nahezu zur gleichen Zeit emporgerichtet worden. Es
war dies die miocäne Phase der Alpenfaltung, in welche so häufig
in Folge zu weit gehender Verallgemeinerung die Entstehung des
gesammten Alpengebirges verlegt wird. Für die Ostalpen bedeutet
die miocäne Faltungsphase nur die Angliederung je einer neuen
Kette am Süd- und Nordrande des^ Gebirges. Was die Westalpen
betrifft, so wissen wir mit Sicherheit blos, dass die äussere, nörd-
liche Zone der Centralmassive um diese Zeit den so wunderbaren,
grossartigen Zusammenschub erlitten, welchen Heim in seiner
grossen Arbeit über die Tödi-Windgällen-Gruppe eingehend geschildert
hat. In welchem Verhältnisse die südliche Zone * der westalpinen
Centralmassen zu dieser nördlichen steht, ist noch vollständig un-
bekannt. Es wird sich zunächst darum handeln, die Reihenfolge
der älteren, krystallinischen Schieferformationen zu ermitteln, um mit
deren Hilfe die Architektur des Gebirges zu entziffern. Sodann
wird der Altersbestimmung und der Verbreitung der jüngeren, von
den verschiedenen Autoren so abweichend gedeuteten Schieferbil-
dungen eine grosse Aufmerksamkeit geschenkt werden müssen. Die
grosse Analogie im Bau der südlichen Centralmassiv-Zone der
Westalpen mit unseren Tauern hat Peters**) schon vor Jahren
erkannt, und in der That können bei Vergleichen zwischen den
West- und Ostalpen nur die südlichen westalpinen Zonen in Frage
kommen.
♦) Die Vertheilung der den Eocänschichten eingelagerten Basaltstr^me weist
nach den freundlichen Mittheiiungen Dr. A. Bittner's auf ein Eruptionscentrum
in der Gegend von Schio. Die Verbreitung der Basaltgänge in den umgebenden
Theilen der venetianischen Alpen steht mit dieser Annahme im besten Einklänge.
**) Schriften des Vereins zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse
in Wien, 3. Band (Wien 1864) S. 212.
Bau und Entstehung des Gebirges. 53 1
In die Zeit der miocänen Faltung fällt auch wahrscheinlich
die Untertauchung eines alten, an der Stelle der heutigen Adria
und des Unterlaufes des Po (von Mantua abwärts) bestandenen
Festlandstückes, dessen Contouren sich möglicherweise am Ostrande
des Apennin wiederspiegeln. Die einstige Existenz dieses versunkenen
^Adrialandes* geht nicht nur aus der wiederholten Einschaltung
von Pflanzenschichten am Südrande der Alpen bei Verona (Muschel-
kalk von Recoaro, graue Liaskalke, vicentinisches Tertiär), sondern
auch aus dem Vorkommen von ausgedehnten Süsswasserbildungen
am östlichen Rande der Adria (Cosina-Schichten von Istrien und
Dalmatien, Kohlen des Monte Promina bei Sebenico) hervor*). Der
Nachweis eines versunkenen Landes stimmt in trefflicher Weise mit
den Voraussetzungen von Suess*) über das Nachsinken der
,adriatischen Mulde*.
Das südalpine Depressions-Gebiet wurde aber durch die miocäne
Faltung keineswegs vollständig dem Meeresspiegel entrückt. Trans-
gredirend gelagerte und häufig auch steil aufgerichtete Miocän-
bildungen finden . sich noch im Innern der Alpenthäler. Auch die
vom pannonischen Tertiärbecken in den vielfach zerfranzten öst-
lichen Alpenrand hineinreichenden Miocänschichten sind auf der
Südabdachung der Alpen in der Regel mehr weniger stark zusammen-
gefaltet. Am Nordrande der Alpen beschränkt sich die nach-
miocäne Schichtenstörung auf die bekannte AnticUnalwölbung der
schweizerischen und bayerischen Molasse und auf das Nachsinken
der Schichten längs der Bruchlinie von Wien.
Bei flüchtiger Durchsicht wird man aus der vorangehenden
historischen Darstellung der Alpenstauung vielleicht einen Wider-
spruch mit den Vorsaussetzungen der Suess'schen Theorie der
Gebirgsbildung herauslesen. Dieser Widerspruch ist nur ein schein-
barer, und stimme ich mit den Grundgedanken der Suess'schen
Theorie, dem horizontal wirkenden Zusammenschube, der einseitigen
Ausbildung und der Stauung der Alpenmasse an den vorgelagerten
alten Massiven vollständig überein. Ich bin sogar der Ansicht, dass
meine Darlegung des .historischen Vorganges, die Richtigkeit
derselben vorausgesetzt, einen wichtigen Beweis zu Gunsten der
Suess'schen Auff"assung liefert.
*) Weiter landeinwärts herrscht eine ausschliesslich marine Entwicklung.
**) Entstehung der Alpen S. 92.
^ 34»
C72 Bau und Entstehung des Gebirges.
Was insbesondere die Einseitigkeit der Ausbildung betrifft,
welcher das Vorhandensein einer gleichaltrigen südlichen Nebenzone
am meisten zu widersprechen scheint, so sei daran erinnert, dass
bereits in den ersten Phasen der ostalpinen Faltung am concaven
Innenrande Zerreissungen entstanden, aus welchen die permischen
und norischen Vulcane hervortraten. Als dann später die nord-
tirolischen Kälkalpen enge gefaltet und zusammengeschoben wurden,
während die nordöstlichen Alpen wegen ihrer bereits ursprünglichen
Nachbarschaft zu dem böhmischen Massive nur geringe Pressungen
erlitten, bildeten sich in der ganzen Länge der Südalpen Sprünge,
längs welcher das Gebirge stufenweise gegen Norden emporgezerrt
wurde, und brachen aus einer vom concaven Rande auslaufenden
Querspalte die tertiären Vulcane Venetiens hervor. Die ein-
tretenden Zerreissungen waren häufig so stark, dass auf lange
Strecken hin mitten zwischen den mesozoischen Sedimenten
die palaeozoische und selbst die archaeische Unterlage zum Vor-
schein kam, wodurch im Kleinen das Bild des Alpenbaues wieder-
holt wurde. Sowie überhaupt unserer Ansicht nach der Process der
Alpenfaltung seit der permischen Zeit unausgesetzt vor sich gieng
und wahrscheinlich selbst heute noch fortdauert, so wollen wir auch
nicht behaupten, dass die Faltung der nordalpinen Zone, oder die
Bildung der südalpinen Verwerfungsbrüche in einer bestimmten, eng
umgrenzten Zeit vollendet war. Beide Vorgänge dauerten wahr-
scheinlich auch nach der allmählichen Angliederung der äusseren,
jüngeren Ketten noch fort. Der Gegensatz zwischen Nord- und Süd-
abdachung der Alpen prägt sich auch in diesen äusseren Ketten
in klarer Weise aus. Der stark zusammengeschobenen nordalpinen
Flyschzone stehen die schwachen Falten und die Faltungsbrüche
der südalpinen Depressionsgebiete gegenüber. Es liegt der Annahme
nichts im Wege, dass auch hier vorzugsweise Emporzerrungen der
Unterlage, dann aber auch, wie in der engen Etschbucht, Zusammen-
schiebungen wirksam waren. Die Verschlingung des Adrialandes
am concaven Alpenrande möchte ich als eine die miocäne Faltungs-
phase begleitende, aber nicht bedingende Erscheinung angesehen
wissen.
So vermag auch die in der geologischen Entwicklungsgeschichte
der Ostalpen begründete symmetrische Anlage das Bild des con-
stant einseitig und im selben Sinne wirkenden Gebirgsschubes nicht
zu verwischen.
Die verschiedenen Aeusserungen einer und derselben grossen
Kraft — der in Folge der zunehmenden Contractiori des Erdkernes
bedingten partiellen Erdkrustenfaltung — haben die Nebenzonen
Bau und Entstehung des Gebirges.
533
unserer Alpen unter den Meeresspiegel getaucht und dadurch die
Bildung unserer grossartigen Korallenriffe, sowie den Absatz der
vielgestaltigen anderen Sedimentschichten ermöglicht, sie haben die
Ausbrüche der grossen südalpinen Vulcane veranlasst und endlich
bei weiterem Fortschritte der Bewegung den ganzen herrlichen
Bau unseres Alpengebirges emporgethürmtl — Wir stehen am
Beginne des Erkennens und Begreifens, ein weiter Weg liegt noch
vor uns!
I
Ind
e X.
(Von Ortsnamen enthält dieser Index blos
schaftliches, politisches oder
A.
Abteyer Mur, 217.
Acanthoceras (AmmonitesJ angulicostatum ,
215.
„ äff. consobrinum, 215.
„ mammillare, 104.
Acanthotheutis bisinuata^ 64.
Acetabtdaria, 493.
Acrostichites Lunzensis, 69.
Acttuofiella t^tgantea, 105.
„ iodZ'is, 105.
Adamello, 407.
Adnether Kalk, 86.
Adrialand, das versunkene, 531, 532.
At'ger crassipt's, 64.
Aegoceras AmmoniUsJ incultum, 48.
„ „ Palmai, 48.
„ „ planorboides , 75.
Afers-Thal, 118, 122.
Agassiz, 497. 501, 502. 503.
Agnellezze, Monte, 464.
Agnello, Monte, 384, 388.
Agordo, Umgebung von, 325 fg., 331,
343, 436, 443.
Aletfiopteris Lunzensis, 69.
^ Meriani, 69.
AUeghe, 322 fg., 352.
AUgäu-Schichten, 86.
AUuvionen des Piave-Flusses, 459.
Alpago, 451, 456, 458.
Alpenkalk, i.
Alpine Formationen, Eigenthümlichkeiten
derselben, i ; Weite allgemeine Ver-
breitung, 2; Verbreitung in den Alpen, 3 ;
Wechsel der Facies, 3.
Alpine Triasfaunen , theoretische Bedeu-
tung derselben, 2.
Altbrags, 275.
Alter der Eruptivstöcke von Fassa und
Fleims, 364, 391 fg.
Alter des Cima d'Asta-Granitstockes, 406.
„ . „ Adamello-Stockes, 407.
Altersbestimmung der Sediment - Forma-
tionen, II fg.
Altersbestimmung der Eruptivgesteine, 523.
n
jene, an welche sich ein besonderes wissen-
touristisches Interesse knüpft.)
Alto di Pelsa, Monte, 325.
Alttertiäre Bildungen, Verbreitung in den
Alpen, 27 fg.
Amaltheus (Ammonitcsj dttx, 44.
„ megalodiscus , 48.
„ Sanstwinii, 48.
Ammergauer Schichten, 94.
V. Ammon, 25.
Ammonitico rosso, 95.
Ampezzo, 257, 295, 308.
AnanchyUs ovata, loi, 104.
AtMtifM praecursor, 74.
„ Suessi, 74.
Ancillaria glatuiiformis , 467, 468.
Andraz. 243,
Angliederung der Gebirgsketten, 527.
Anomia alpina, 74.
Ancplophora Münsteri, 263, 264.
Ansicht des Kosengarten- und Langkofel-
Riffes, 200.
Ansicht der Zwischenkofel- Wände, 219.
., des Peitlerkofels, 224.
„ des Sett Sass, 250.
j, des Lagatschoi-Riffes, 259.
j, tler rechten Thal wand von Abtey,
262.
Ansicht des Sarikofels, 279.
„ des Nockboden und des Dürren-
stein, 280.
Ansicht der beiden Tofana-Gipfel, 290.
des Anteiao, 310.
des Gebirges am linken Cordevole-
Ufer bei Agordo, 327.
Ansicht der Gruppe des Cimon della
Pala, 336.
Ansicht der Moränen von Val Canali, 341,
Ansicht der Schichtenwiederholungen bei
Falcade, 348.
Ansicht der Moränen bei Vedana, 477.
Anteiao, 303 fg.
Antkracosia ladina, 224.
Anticlinale der Molasse, 29, 531.
Anti Sass, 248.
Antruilles-Thal, 288.
Aonschiefer, 61, 62.
1 Aphanit, 321.
7»
53Ö
Index.
ff
ff
f*
ff
}>
Aptychen-Kalke, 92, 94, 100, 214,428, 430.
Aptychus dcprcssus, 441.
„ lineatus, 288.
„ Menet^hinii, 441.
Araba, 235, 238.
Aragonitabgüsse von Daonellen, 155.
Aragonitbänkchen, 155, 230, 246.
Aragonit-Oehäuse und Skelette, 498.
Araucarites alpinus. 72.
Area cf. iiiiu7n'i, 462.
^ nuiis, 71.
f, Songavatina, 307.
A)\\'stes (Ammonitcsj Ausscanus, 179.
„ ^ Barrandd, 62.
batyolcus, 53.
„ ^ Hcarinatus, O2.
„ ßöckhi, 56.
„ Rramantei , 48.
„ ^ Cimmensis, 53.
fr»/f>/i/ (Gruppe der), 58,
cytttbifonnes (Gruppe
der), 58.
Arcesti's Ammonitcs, cymhiformis, 68, 179.
Eschen, 48.
extrahbiatus , 48.
Gaytani, 62.
yohannis Austriag, 62.
^ „ Klipsteini, 62, 179.
„ „ Marrhenanus, 53.
„ „ panfwnicus, 56.
subtridentimts , 56.
,, /^^«/»/»'(Gruppeder), 58.
tridcntinus, 56.
„ trompianus, 53.
ArictiUs (Amnionites) giomctricus, 89.
Armentara-Berg, 265.
Armenterra, Monte, 411 fg.
Arsiera, 319.
Aschkler-Alpe, 208.
Aspidoceras (Atnmomtcs acanthictim , 287,
441.
Aspidoceras f Ammonitcs cf. Az'elianum, 440.
^ cy c/o/u m, 2Sy, ^o,
„ //ayna/di, 287.
„ liparum, 287.
n w hmgispinttm, 287,
441.
Aspidoceras ^Ammonitcs} Ocgir^, 286.
,, „ Raphaeli, 441.
„ „ sesquinodosnm,z%'j.
,, ., Vhlandi, 287.
Asplenites cf. Roeserti, 58.
Asta. Cima d', 395, 399 fg.
Astarte cf. Neumayri, 462.
Atolls, 506, 513,
Augensteine, 289.
Augitfels, 372, 373, 387.
Augitporphyr-Decke des Schiern, 175,508.
Augitporphyr-Laven, 54, 143, 151 fg., 157 fg.
Augitporphyr , Verbreitung der verschie-
denen Ergüsse, 160, 508.
Atilacoceras Ausseeanum, 179.
„ ObeliscMs, 48.
»*
«
?♦
Aulacoceras retindatum, 58, 179.
„ secundum, 48.
j/., 62.
Auswürflinge, 151, 389.
Avicula cinguiata, 36, 298.
contorta, 24, 72, 74
,, ßlicosta, 36.
filosa, 298.
^xi7/j, 69, 70, 71.
Kossenensis, 75.
„ phaiaenacea, 462.
,, striatocostata, 36, 298.
Aviculopecten comelicanus, 36, 298.
,, <r/". CoxantiSf 207.
Gümbeli, 36, 298.
„ Trinken, 36, 298.
B.
Bactrites, 58.
„ undulatus, 62.
- Baculiten-Schichten, 103»
Bamlites anceps, 103.
„ Neocomiensis, 288.
,, vertebralis, 103.
Badioten-Hochplateau, 240 fg.
Badiotisches Mergelbecken, 263, 311.
Bänderkalk der Buchensteiner Schichten, 1 50.
Baieria digitata, 34.
Bakei'cliia cf. ceratopht^a, 36, 37, 207.
„ iadina, cf bicarinata, 224.
Balancn-Sandstein, 466.
Baltzer, 408.
Barri^re-Kiffe, s. Wallriffe.
Barrois, 10 1.
Basaltgänge, 107, 410, 412,413,416.530.
Basaltströme, 460, 520, 530.
Basalttuffe, 520.
Basis der Riffe, 183, 191, 211, 224, 337,
346, 368. 382, 485. 487.
Becchei, Col, 288.
Beche, de La, 497, 503.
Begrenzung der Riffe, 486.
Belemnites cf. semihastatus, 287.
Belemmtella mucronata, loi, 102, 103, 105.
Bellamonte, 397.
Bcllerophon ccuiorictts, 36, 298.
Comelicanus, 36, 298.
fallax, 207.
Gümbeli^ 36.
Jacobi, ^b, 207.
Janus, 36, 223.
Mojs7'dri, 36, 298.
pcregrinus, 36, 207.
pseudohelix, 36, 298.
Sextcnsis, 36, 298.
L'lrici, 36, 207.
Bellerophonkalk , 35, fg.; Fossilien 36;
Alter, 38.
^ Belluno, 468, Mulde von, 429, 458. fg.
Belluneser Bruch, s. Bruchlinien.
Belonorhynchus strioiatus, 64.
Belvedere (Primiero), 340 fg.
Index.
537
»
n
n
Benecke, 40, 42, 43, 47, 56, 71, 90, 91,
93. 178, 179. 285, 415,489,497, 520.
Bergstürze, 139.
Bergsturz der Tofana, 257.
„ des Anteiao, 308.
des Monte Forca bei Alleghe, 352.
bei S. Martino di Castrozza, 399.
des Monte Calmandro, 405.
bei Sta. Croce, 473, 478.
bei Vedana, 474, 476, 478.
„ bei Mori im Etschthal (Slavini
di Marco), 478.
Berrias, Fauna von, 98, 100, 103.
Bianco, Gruppe des Sasso, 346 fg.
Biancone, 103, 105, 428, 453 fg.
Bildungsmedium, ö.
Bildungsräume, 6.
Bindemittel des Korallenriff-Kalkes, 497 fg.
Bittner, 93, 104, 177, 396, 399, 401, 403,
419. 450» S'8, 519, 520, 530.
Blockstructur der Riffe, s. Conglomerat-
structur.
Blöcke von Cipitkalk, 170 fg., 238, 239,
358, 362, 500.
Bloslegung der Riffe, 486.
Bocche, 335, 337, 368, 380, 397.
Boeckh, 34, 47, 53, 273.
Böhmisches Festland, 21, 526.
Böschungsfläche der Riffe, S. Riffböschung,
Bohnerze der Raibler Schichten, 178,247,265.
Bolzano (bei Belluno), 461.
ßombur Aonis, 64.
Bonebed, rhätisches, 74.
Borca, 308.
Boreale Juraprovinz, 97.
Borgo di Valsugana, 400, ^12 fg., 419 fg.
Bos, Col dei, 258, 260. \
Bosco Nero, Sasso und Val di, 445.
Bovai-Alpe 235.
Bovai, Punta di, 239.
Bovo, Canal San, 403, 405.
Bozen, Kalvarienberg (Virgl), 127, 13 1.
Bozener Porphyrplateau, 107, 108, 124 fg.
Bozen, Umgebung von, 126, 131 fg., 136 fg.
Brachiopoden-Facies des Lias, 87, 89.
• n „des Dogger, 93.
y, „ des Callovien, 94,
Brags, 45, 270, lg., 274 fg.
Breccien, von Kalk und Augitporphyr-
tuff, 150, 151, 157, 313, 362, 364, 507.
Breda, 467.
Brenner-Depression, 107.
Brocone, 424.
Bronn, 65.
Bruchlinie von Judicarien, 106, 519, 520, 528.
„ des Drau-Thales, 108.
y, des Porphyrplateau 's, 135.
„ am Nordrand der Fassa-Grödener
Tafelmasse, 145 fg.
Bruchlinie von Villnöss, 121, 206, 220,
255, 265, 288, 289, 291 fg., 294 fg.,
301, 308, 516, 517.
Bruchlinie von Kolfuschg, 216.
Bruchlinie von Falzarego, 252, 253, 256,
261, 295, 312, 516.
Bruchlinie des Anteiao, 254, 303, 305,
308, 314, 315. 3^3^ 51Ö.
Bruchlinie von Valsugafta, 107, 303, 308,
310, 318 fg., 329, 340, 39b, 399,
409 fg., 516 fg., 528.
Bruchlinie von Belluno, 416 fg., 518,
v. Buch, 120, 174, 520.
Buchenstein, 251 fg.
Buchensteiner Dolomit, 162, 482, 4S9.
Buchensteiner Schichten , Charakteristik,
52 fg., 143.
Buffaure-Gebirge, 364.
Burgstall (Schiern), 180.
Buntsandstein (Haupt-), 38; (Roth) s. Roth.
c.
Cadore, Pieve di, 303, 307, 310.
Calamento, Val di, 430.
Calamites arcnticeus, 57.
Mcriatii, 57, 69.
Calaz, Cima di, 365.
Calderuola, Val, 428.
Callovien, 94.
Calmandro, Monte, 405.
Cambrische Bildungen, genetischer Cha-
rakter derselben, 9; in Beziehung zur
Descendenzlehre, 11.
Campedie, Monte di, 183.
Campestrin, 190.
Campil, 220, 226.
Campiler Schichten, 43.
Campitello, 159, 188, 190, 366.
Campo torondo, 440.
Canalbildungen, 501, 502.
Canali, Val (Primiero), 341.
Canalriffe, s. Wallriffe.
Canazei, 188, 189, 190.
Cansiglio, Bosco del, 451, 453, 455, 457.
Canzacoli, 2t^%y 389.
Caoria, 403, 405.
Capello, Sasso di, 236, 360, 363.
Capo di Ponte, s. Ponte nell' Alpi.
Caprile, 254, 322 fg., 351.
Carbonische Bildungen, Verbreitung in den
Alpen, 22.
Cardiaster itaiicus, 104.
„ Zi^toanus, 104.
Cardinia problcmatica, 68.
Cardita austriaca^ 60, 74-
„ crenata, 60, 63.
Gümbeli, 60, 66, 67, 68.
„ scahn'costa, 462.
Cardita-Oolithe, 67.
Cardita-Schichten, 66, 67.
Cardium anomalum, 462.
„ fa/iax, 462, 464.
„ cf. htans, 462.
Caressa-Pass, 184, 185, 187, 382, 21^2'
Camera-Riff, 253, 311 fg., 506.
Cartutes fAmmcmites) ßoridus, 67, 68.
53«
Index.
Carpolithet Eiselianus, 34.
„ fovcoiatus, 34.
Gänitzi, 34.
,, hunnisus, 34.
„ Klockeanus, 34.
„ libocedroidc's, 34.
St. Cassian, 240, 244, 264, 494, 500.
St. Cassians-Capelle auf dem Schiern, 1 74.
Cassianella gryphaeata^ 63.
Cassianer Dolomit, 177, 485, 490, 509.
Cassianer Schichten, 59 fg.
Castelruth, 130, 160, 173.
Catinella dcprcssa, 223.
CatuUo, 308, 461.
Cavalese, 394.
Cenceaighe, 323, 349 fg
Cephalopoden, Monographie der medi-
terranen Trias-, von E. v. Mojsiso-
vics, 45.
Cereda-Pass, 342, 430.
Challenger Expedition, 10, 76.
Cheirotherien-Sandstein, 34.
Chemnitzia, 57.
,, alpina, 68, 69, 178.
eximia, öS, 71.
forntosa, 68.
,, gradatti, 68.
Rosthorni, <)8.
„ tt't't'bra, 90, 411.
Cherzberg, 251.
Chiropteris JJpoldi, 58.
„ phifuitü, 58.
Choffat, 97.
Choristoceras (Ammonitcs,' Bucht, 63.
Eryx, 60, 63.
glaucum, 60, 63,
Marshi, 75.
Chorologie, 4, 5; Tabelle der chorologi-
schen Abstufungen, 7 ;
St. Christina (Gröden), 191, 207.
Christiner Ochsenweiden, 191, 195.
Chronologie, 11 fg., der Gebirgsketten, 525.
Chronologische Normal- Vergleichungstypen,
17.
C'hronologische Terminologie, 18.
Ciavazes-Alpe, 192, 201.
Cidaris alata, 63.
,, Braunii, 63.
,, dorsata, 63.
,, ßexuosa, Ü3.
„ Römeri, 63.
„ Wissmanni, 63.
Cima d'Asta, s. Asta,
Cimon della Pala, 339.
Cinque Torri, 253.
Cipit, 154, 156, 165, 167 fg.
(Ipitkalk, 155, 150, 164, 170 fg., 195, 197,
202, 211, 217, 229, 230, 232, 234, 236,
238, 239, 248, 249, 253, 260, 273, 276,
2791 30O1 30S1 310, 353, 358, 362, 493,
494, 499^ 500, 503, 508.
Cipitkessel, 170.
Cipiter Och.(;en\vald, 164.
Cislon, 133 fg.
Civaron, Monte, 411, 416 fg.
Civetta-Gruppe, 323 fg.
ClassiHcation der sedimentären Gesteins-
bildungen reformbedürftig, 15.
Clathropteris reticulata, 69.
Claus, 498.
Cochloceras 50.
Coldai-Pass, 325.
Colfosc, 399.
Colonisten, 17, 82.
Concave Innenseite des Gebirges, 521, 528,
529, 532.
Conglomeratstructur der Riffe, 173, 185, 186,
210, 229, 230, 231, 234, 235, 238, 258,
Zn^ 318, 325, 328, 358, 490, 491, 503.
Contact-Erscheinungen, 120, 370 fg., 373,
389 fg., 407.
ContactÜächen der Eruptionsschlote, 388.
Continuität der Meeresbedeckung in den
Ostalpen, 85
Contractionsfonnen des Augitporphyrs, 152,
153.
Contrin-Thal, 353, 365.
Cofius deperditus, 402.
Coppolo, Monte, 424.
Corallien, 96.
Corbis Mellingi, 68, 179. 203, 265.
„ cf. Mellingi, 281.
Corbula Richthof eni, 179.
„ Rosthomi, 68.
Corvara, 232, 234, 240, 244.
Costa-Mühle, 217.
Costalunga-Pass, S. Caressa-Pass.
V. Cotta, 248, 345, 388, 389, 390, 391,
438, 439-
Crasa, Val, 445, 446.
Crcusatella carcarensis, 462.
„ ncglecta, 462.
Credner, H., 99.
Creppa (Ampezzo), 256, 312.
Cretaeeische Bildungen, 97 fg.
Crioceras, 99.
„ Duvalianum, 215.
Cristallo, Monte, 294 fg.
Croce, Santa, 450, 451, 452, 455, 456,
457, 470, 472, 473-
Croda Rossa, 291, 293.
Cualba, Val, 418.
Curioni, 89, 105, 407.
Cycadites Stiessi, 65.
Cymopolia, 493, 501.
;, barbata, 493.
,, rosarium, 493.
Cypricardia incun'ota, 90.
„ RabUnsis, 179.
Cythcrea pcdcmontana, 461.
D.
Dachsteinkalk, 69 fg., 74 fg.
„ lithologische Beschaffenheit,
284, 307, 31Ö. 413» 439. 447-
Index.
539
>»
ß>
Dactyloporideen, 493.
Dam, Sasso di, 364 fg., 393.
Dana, 496, 497, 501. 503, 505.
£>anaeopsis Marantacea, 58, 69.
„ cf. Marantacea, 65.
„ Simplex, 69.
Daofulla, 50.
baäiotica, $4, 251, 265.
Böckhi, 54.
Cassiana, 59, 63, 245, 248, 263.
dubia, 57.
ehngata, 54, 150.
fluxa, 63, 155.
„ Giimbdi, 48.
„ hungarica, 54.
„ Liftdsirömi, 57,
Lommeli, 56, 57, 155, 195, 208,
217, 244, 251, 261, 267, 276, 29s,
312, 328, 379.
Daonella Moussoni, 56.
obsoieta, 54.
partkanensis, 48, 488.
Ruhthofeni, 59, 63, 245, 248,
263, 295.
Daandla Sturi, 48.
„ Taramdlii, 54, 150, 219, 251.
M tyrolensis, 54, 251, 265.
Daonellenschiefer, 52, 53, 150, 155, 488.
Darwin, 4, 496, 501.
Delphinula diadema, 72.
„ Escheri, 72.
pygmaea, 72.
Deniaiium cf. grande, 462.
Denudations-Stadien der Riffe, 168, 169,
171, 23s, 486.
Depressionsgebiete der Südalpen, 107, 5 J8 fg.,
529 fg-
Dcscendenzlehre und Geologie , 4, 15;
Beziehungen der Primordialfauna, ii.
Devonische Bildungen, Verbreitung in den
Alpen, 21.
Dicerocardium Curiomi, 71.
JatU, 71.
Jiagazzonti, 71.
Wulfcni, 71.
Didymitcs fAmmonitesJ, 50.
„ „ globosuSy 488.
Dioonites pachyrrhadiis, 65.
Diploporen, 178, 493, 501, 507.
Diplopora annulata, 57.
debilUy 192.
multiserialis , 134.
,, paudforata, 47, 49, 192, 270,
275, 270.
Diplopora triasina^ 49, 192.
Diorit, 120, 372, 387.
Dioritporphyr, 403, 405.
Diphyakalk, 95.
Discordanz der Kreide in den salzburgisch-
Österreichischen Alpen, 100 fg.
Discordanz der permischen Bildungen, 118.
Ditmar, A, v., 78.
TJ
n
J7
Doelter, 53, 157, 158, 191, 211, 297, 345,
354, 364, 367, 370, 371, 372, 373, 377t
379, 387, 389, 390. 391, 396, 403, 492.
Dogger, 92 fg.
Doleritischer Sandstein, 54, 143.
Dolomit. Bildung des, 504, 505.
Dolomit in landschaftlicher Beziehung, iio.
Dolomit im unteren Muschelkalk, 253, 272.
DolomitrifTe, Allgemeines, 481 fg.
Dolomitriff des Schiern, 160 fg.
^ des Kosengarten, 181 fg.
„ des Langkofels, 191 fg., 240,
506.
Dolomitriff der Geisslerspitzen, 210 fg.
„ des Peitlerkofels, 219 fg.
des Sella-Gebirgcs, 230 fg.
des Sett Sass, 246 fg.
Richthofen-Riff, 248 fg.
des Monte Camera, 253, 311 fg.^
506.
Dolomitriff des Lagatschoi, 258 fg.
„ der Hochalpe, 267 fg., 282.
^ des Dürrenstein, 276 fg., 282.
„ von Sexten, 296 fg.
„ von Primiero, 311, 323, 329 fg.
„ der Civetta, 325.
„ der Marmolata, 236, 254, 282,
353 fg.
Dolomitriff von Valsugana, 410, 412.
Dolomitzungen, 153, 162, 1Ö5, 169, 171,
173, 197, 205, 226, 236, 238, 240,
246, 247, 249, 253, 260, 279, 29s,
300, 316, 318, 350, 351, 356, 358,
360, 362, 365, 411, 446, 508, 509.
Donna, Monte, 184, 187, 190.
Dont, 45, 318, 320, 321.
Dosaccio, 397.
Dosinia cf, cxoleta, 462.
Dosso Capello, 379 fg., 384.
Dräsche, R. v., 503, 504.
Drau-Spalte, 108.
Draxlehner Plattenkalk, 80.
Dreifinger-Spitze, 268.
Drei Zinnen, 301.
Druscie, Col, 257.
Durchschnitt, s. Profil.
Dürrenstein, 276 fg.
Duron- Alpe, 188.
Duron-Thal, 183, 187, 188, 189, 190.
E.
Edmondia cf. rudis, 224,
Einseitigkeit des Gebirgsbaues, 531 fg.
Einsturz des Gardenazza- Gebirges, 212 fg.,
517; von Antruilles, 289.
Eisackgletscher, 136 fg.
Eisack-Thal, 127 fg.
Eisenerze der Bellerophon-Schichten, 247,
253, 432.
Emmrich, 149, 152.
Emscher Mergel, loi.
Encrinus Cassianus, 63.
540
Index.
Encrinus gracilis, 47.
„ granuhsus, 63.
Endogene Typen, 17.
Kntolium tiroUme 3Ö.
Kntrocfnts Uliiformis, 270.
Entstehung der Alpen, 524 fg.
Eocäne Bildungen, 419, 459, Verbreitung
in den Alpen, 27 fg.
Equisetites annaceus, 57, O4, 69.
hm'ivaginatus , O9.
gamingiamts , 69.
,, twn'oso vagitMius, 09.
stn'gatus, Ö4.
Erdbeben, 450, 451,456, 468, 517. 520.
Erdpyramiden, 139, 329.
Erhöhte Lage der Kiffe, 211, 485, 487.
Erneuerung der Faunen und Floren, 17.
Erosion, geringer Fortschritt seit der
Glacialzeit, 139.
Erosions-Wirkungen, 282.
Erratische Blöcke, 137, 170, 343, 469.
Eruptionsperioden der Südalpen, 523.
Eruptionsschlote, 523.
Eruptivtuff, 157.
Eruptivstöcke, 3Ö7, fg., 378 fg., 393, 401.
Erzlagerstätten 405, 51S.
Escher v. d. Linth, 407.
Esino, Fauna des Kalks von, 56, 57, 493.
Ksinokalk, 9Ö.
Etschbucht, tektonische Bedeutung der, 525,
Etschthal zwischen Neumarkt und Mcran, i ^^.
Euganeen, 519, 530.
Evinospongien, 355, 497.
Exogene Typen, 17.
F.
Facies, häufiger Wechsel der Facies in den
Alpen, 3 ; Definition, 5; Beziehungen der
biologischen und lithologischen Facies, 7.
Falb, 450, 473.
Falcade, 347 fg.
Faltungsbrüche, 515, 518 fg.
Faltungsregionen, 518 fg., 530.
Falzarego-Pass, 252.
Falzarego-Strasse, 257, 258, 2Ö0.
Fanis, 285, fg.
Fassa-Grödener Tafelmasse, 141, fg., 187, fg.
Fassa-Joch, 195, 197, 199, 201.
Fauna des perniischen Bellerophonkalks,
36; der W^erfener Schichten, 42; des
unteren Muschelkalks, 46; des oberen
Muschelkalks, 48; der Buchensteiner
Schichten, 53 ; der Wengener Schichten,
50; der Cassianer Schichten, 59 — 64;
des Fischschiefers von Raibl, 64; der
Raibler Schichten, 68; des karnischen
Dachsteinkalks, 7 1 ; der Seefclder Asphalt-
schichten, 72; der Kössener Schichten,
74 1 %>i der grauen Linskalke von
Südtirol, 90.
Fauna von Berrias, 98, 100, 103.
Fauna der Scaglia, 104.
^ des Biancone, 103.
y, der Schio-Schichten, 462, 464,
^ der Riffe, 493.
Favre, Ernest, 97.
Fedaja-Pass, 356 fg.
Felseckhof (Tierser Thal), 180.
Feltre, 452, 453, 454, 4O0, 461, 470.
Fernazza, Monte, 322 fg.
Festlandsperioden, mitteleuropäische, 97.
y, nordostalpine, 100.
Fiorentina-Thal, 313 fg., 322.
Fischburg ((»roden) 205,
Fleckenmergel, 80, 100.
Fleimser Eruptionsspalte, 383 — 385, 389,
394. 507. 5' 7, 5H
Fleimser Eruptivstock, 378 fg.
Flora, permische von Val Trompia, 2ö • ^'^n
Fünfkirchen, 34; des unteren Muschel-
kalks, 47 ; der Wengener Schichten, 57 ;
der Cassianer Schichten (Raibler Fisch-
schiefer), 64 — 65 ; der Raibler Schichten,
68; liasische von Rotzo, 90.
Flora der Riffe, 493.
Flysch, Alter, Verbreitung und Genese, 27,
459 fg-
Flyschzonc, 27 fg., 99 fg., 527, 530, 532.
Fontanazzo di sopra, 190.
^ di sotta, 190.
Fontannes, 97.
Fonzaso, 426, 428
Forca Rossa, 346, fg.
Forn^, 432.
Fomo (Fleims), 379.
„ di Canale, 349.
Framont, Monte, 325, fg.
Fredda, Val, 346, fg.
Fretschbach (Seisser Alpe), 153, 161, 162.
Frombach (Seisser Alpe), 153, 156, 161,
170, 171.
Fuchs, C. W. C, 125.
„ Th., 27, AO, öo, 92, 418, 464. 504.
. W., 320, 321, 343, 438, 474.
Fuchiada-(*ebirgc, 369.
Füreder-Kalk, bi.
Fustilina GümhcU, 37.
Fusulinen-Kalk, GeröUe, ^t^.
G.
Gabbro, 372, 373.
Gangrichtungen, 369, 373, 389.
Gangspalten, 369, 370, 377, 524.
Gangthonschicfer, 434.
Gäns-Alpel, 195, 2o4, 205.
Garda-See, 88, bio.
Gardenazza-Gebirge, 212 fg.
Gasteropoden des Dachsteinkalks, 307.
Gault, 102.
Gebirgsschollen , losgerissene und ein-
geklemmte, 426.
Geinitz, i^t*
Geissler Spitzen, 211 fg.
Index.
541
Geister-Spitzen, s. Geissler Spitzen.
Gemellaro, 97.
Genetische Verhältnisse der Korallenriff-
Kalke, 496 fg.
Geognosie (geographische Geologie), 20.
Geographische Geologie (Geognosie), 20.
Geographische Zonen der rhätischen Bil-
dungen der Nordalpen, 77.
Geologische Geographie (Palaeogeographie),
20.
„Geologische Urkunde'', 4; Wesen der
Lückenhaftigkeit derselben, 8.
(j ermanischer Trias-See, 40, 44, 49, 67,
73» 81.
Gen'illia angusta, O3.
,, Bitchii, 90.
hifiata, 74.
„ pcracuta, 224.
,, salraia, 71.
Geschichte der Entstehung der Ostalpen,
524 %•
Geschichte der südtirolischen Korallenriffe,
505 %•
(Jeschiebe, gekritzte und geglättete der
Schlammslrom-Moränen, 243.
Gesteinsbeschaffenheit der Riffe, 492.
Gesuretta, Forcella di, 332.
CJiau, Monte, 312.
Gipfelhöhe der Berge, 109.
Giacialbildungen, 13b fg.; 205, 329, 340
%•; 394. 405. 413. 414, 420, 42S,
443. 457> 4Ö9. 47» %•
Gletscher, alte, des Eisack-Thales, 136;
des Pitz-Thales, 136; des Oetz- Thaies,
136; des Zillerthales, 13b; des Enns-
Thales, 13O; des Cordevole- und Piave-
Thales, 470 fg.
Gliederung der Triasbildungen in der medi-
terranen Triasprovinz, 79 ; Gliederung in
der juvavischen Triasprovinz, 80 ; Gliede-
nmg im germanischen Trias-See, 81.
Gliederung des oberen Jura und der
unteren Kreide in der mediterranen
und mitteleuropäischen Provinz, 98.
Globigerinen-Schlamm, 10.
Globigerinen im Dachsteinkalk, 71, 76, 77.
Gneissphyllit, 403.
(iomberto-Schichten, 419.
Goniatites LAsteri, 37.
Gosau-Schichten, 20, 99 fg.; 102.
Grande, Val, 295, 29Ö.
Granit der Cima d'Asta, 400.
„ von Predazzo, 385 fg.
Granite, jüngere, 523.
Graphitkieselschiefer, 118.
Graph iunis cnllopUrus, Ö4.
öraue Kalke von Südtirol (Lias), 88 fg.
Grazer Devonbucht, Bedeutung derselben,
21 ; Kreidebildungen in derselben, 26.
Gredler, 127, 131, 130. 137, 138, 152, 385.
Grenze der Ost- und Westalpen, 30.
Grenze zwischen Perm und Trias, ^^.
„ „ . Trias und Jura, 73.
Grenze zwischen Jura und Kreide, 95 fg.
Gressly, 5, 15.
Grestener Schichten, 25, 88.
Gries (Fassa), 188, 189.
Grigno, Val, 401.
Grimm, Joch, 133 fg.
Gröden, 147 fg.; 191, 201, 205, 207,
2i6, 228.
Grödener Joch, 216, 228, 229, 230, 231,
483. 509.
Grödener Sandstein, 34.
Grones, 22Ö.
Grüner Fleck bei Plön, 228, 240', 509.
Grunserbühel, 171.
Gümbel, 35, 37, 38, 42, Ö4i ^8, 71, 90,
loi, 102, 120, 125, 12O, 129, 131,
149» 389-
Gyroporella, 71, 493.
„ vesiculi/i'ra, 72.
Gyps, permischer, 35; der Werfener
Schichten, 42; der Raibler Schichten,
66, 247, 257, 300,446, 510; secundär
auf Klüften, 434.
H.
Häckel, 5.
Hallstätter Kalk, 96.
Hallstätter Schichten, 52, 66, öS, 69.
Halolu'a, 50, 58-
„ ruf^osa, 67, 68, 245.
Hatorites (AmmomtesJ , 50.
Hammatoceras (AmnwniUsj insigfie, 28b.
NtiniiUs, 99.
„ altentatus, 103.
Hansel, 345, 387.
ilapioceras (AmmonitcsJ ^ 99.
cf. Emerici, 215.
„ Grasianum, 215.
cf. h'gatum, 215.
cf. MaÜuroni, 215.
NisHS, 288.
Stazyczii, 287, 440.
I/arpoceras {Ammonitesj bi/rons, 448.
bor etile, 448.
discoides, 89, 280,
Murchisonae, 92, 93.
opalinum^ 92.
Hauer, Fr. v., 68, %%, 99, 139» 3i8, 321,
343i 519. 528.
Hauptbuntsandstein, 38.
Hauptdülomit, s. Dachsteinkalk.
Hubert, 24, 96.
Heer, 22, 34.
Heiligenkreuz-Schichten, 263, 264.
„ Kofel, 264, 2Ö5.
Heim, 408, 521, 525, 526, 530.
Hemicardinm dolomüicum^ 71.
Hercynische Kreidebucht, 103.
Heteromesische Formationen, Definition, 6.
„ Grenzen, 38.
„ Grenze zwischen Jura und
Kreide in der mitteleuropäischen Pro-
vinz, 97, 98.
tt
tt
tt
tt
542
Index.
Heteromesische Zonen, i8.
Heteropische Formationen, 7.
Heteropische Grenze der Riffe, s. Riff-
böschung und Cipitkalk.
Heteropische Kreide-Zonen der Südalpen,
103 fg.
Heteropische Lias-Districte der Südalpen,
88 fg.
Heterotopische Formationen, 6.
„ Grenze zwischen Trias und
Jura, 82.
Heterotopische Triasfaunen, 50.
„ Typen, 58.
^ Zonen, 17.
Hexenfelsen, 247.
Hierlatz-Schichten, 87.
HinniUs crinifer, 3Ö, 207.
Hippurites cormwaccinum, loi.
,, organisans 105.
Hipparitenkalk, 452 fg.
Hochalpe, Dolomitriff der, 267 fg.
Hochland von Südtirol und Venetien, 107 fg.,
515 f&, 519. 520, 529.
Hochstetter, F. v., 103.
Hoefer, 450.
Hoemes M., 56.
„ R., 70, 89, 93, III, 121, 123,
201, 202, 20Ö, 207, 214, 217, 219,
223, 224, 228, 265, 267, 268, 272,
274, 275, 270, 283, 285, 287, 288,
29s» 297, 303, 416, 418, 439, 442, 443,
4^6, 447, 448, 450 fg., 462, 467, 492.
Iloernesia yohannis Austriae, 68, 178.
V. Hoff, 4.
Höhlungen des Cipiter Schierngehänges, 1 69.
„ im Mendoladolomit, 185.
„ „ Marmolata-Riff, 358.
Hohenegger, 27, 95, 9Ö.
Honzontale Ausdehnung der Dolomit-Rifle,
482.
Homer-Schichten, 467.
Horizontale Verschiebungen des Gebirges,
319-
Hydatopyrogene Entstehung der krystalli-
nischen Schiefer, 9.
I.
Idro-See, 519.
Imer, 424.
Imperina, Val, 434, 43Ö, 518.
Individualisirung der Gebirgsmassen, 108,
HO.
Infema, Val, 45, 319, 320, 518.
Infralias. 72, 73.
Inoceramus Cuvieri, 104.
,, iMtfiarcki, 104.
Inselgebirge der Ostalpen, 523.
Intermittenz der Ammoniten - Gattungen
Aegoceras und Amalthtus^ 49, 82,
Intermittenz der Bruchlinien, 517.
Isocardia suhtranri'ersa, 418.
„ cf. sttbtransi*ersa, 462.
Isomesische Formationen, Definition, 6.
Isopische Formationen, 7.
Isotopische Formationen, 6.
^ Triasfaunen, 50,
Ivano, Castell, 470.
J-
St. Jacob, 207,
Janira fallax, 462, 464.
Judd, 375, 391, 523.
Judicarien-Spalte, 106.
Jukes, Beete, 501.
Jura der Ostalpen, 24, 78 fg.
Jura der Schweizer Alpen, 74.
Juraprovinzen, 24, 78 fg.
Jurassische Bildungen, 78 fg.^ Verbreitung
in den Alpen, 24.
Juribello, 337, 338. ♦
Juvavische Triasprovinz, 3, 50, 58, 80.
K.
Kalkalpen, 493.
Kalktuff, 307.
Karavanken, 66, 77.
Karnische Stufe, 58 fg.
Karrer, 192.
Karrenfelder, 283.
Karpathische Facies der rhätischen Stufe, 75.
Karpathen-Sandstein, s. Flysch.
Kartenskizze des Porphyrgebietes zwischen
dem Kisack und Castelruth, 130.
Kartenskizze der Umgebung von Vallalta,
433-
Kartenskizze der Verschiebung von Santa
Croce, 455.
Keuper, Charakter desselben, 40, 67 ;
Unanwendbarkeit der Bezeichnung iiir
die alpinen Bildungen, 41 ; Beginn der
Keuperepisode, 49.
Kiesstock von Val Imperina, 436 fg.
Kimmcridge-Stufe, 98.
Klausen, 120 fg., 518.
Klaus-Schichten, 93.
Klima-Zonen, 82, 97, 99.
Klippen der Flyschzone, 27.
v. Klipstein. 62, 63, 214, 220, 226, 242,
245, 355. 3K' 362.
Kner, 65.
Koch, G. A., 529.
Kössener Facies der rhätischen Stufe, 75.
Kössener Schichten, 74 fg.
Kohle im Grödener Sandstein, 133.
^ in Miocänschichten, 418.
Kolfuschg. 216.
Konninckina Lfonhardi, 63.
Korallen in den Dolomitriffen, 164, 170,
172, 177, 201, 202, 230, 23b, 238,
248, 249, 250, :iZ3. 493, 499-
Korallenriffe der Ostalpen zur Triaszeit,
505 %•
Korallenriff-Theorie, 494 fg.
Index.
543
Korallinen, 493, 501, 502, 507.
Kreide, 97 fg.
„ Schweizerische Entwicklung, loi fg.
Kreidebildungen, Verbreitung in den Alpen,
2t).
Kreideflysch, loi, 105.
Kreuzberg in Sexten, 298.
Kryptogene Typen. 82.
Krystallinische Schiefer, 117 fg.
„ Entstehung derselben, 9, 10.
„ Gliederung derselben, 119.
Kühwiesenkopf, 270.
Küsten des Liasmeeres, 25; der Perm-
bildungen 23; des ostalpinen Trias-
meeres, 28.
Küstenriffe, 505.
Kugeldiorite von CoUe Santa Lucia, 242.
Kugeltuffe, 153, 254.
L.
Lagatschoi-Riff, 258 fg.
I^gergänge, 3Ö9, 377, 388, 523.
Lagorai-Kette, 39b fg.
Lagoschell-Häuser, 22b.
I^marck, 4.
I^mouroux, 493.
Lampicaner Bach, 192, 193, 201, 204.
Lana, Col di, 250, 251. 1
Landschaftlicher Charakter des Gebirges,
108 fg.
Lange Thal (Gröden) 212.
Langkofelriff, 191 fg., 506.
I^ngkofel-Thal, 202.
Lapparent, 345.
Lardschen-Alpe, 215.
Latemar-Gebirge, 379, 382 fg.
Laterit, 23.
Laube, 61,62,64,245,246, 248, 249, 264.
Lavarella, 263.
Lefre-Berg, 422.
Lemberg, 345, 371, 373, 374, 388, 389,390-
S. Leopolde, 452, 469, 472.
l^pidotus omatus, 64, 72.
„ panfidius, 72.
,, sfiriosus, 72.
LepsiusR., 135.407,484,488,489,519,520.
I^ptaena sp., 37.
Lettenkohle, Ö7.
Leydoldt, 498.
Leythakalk, Bildung des, 49S.
Lias, 86 fg.
Lias der Schweizer Alpen, 26.
Liasmeer, Küsten desselben, 25,
Libano, 461.
Lienz-Villacher Gebirge, 66, 77, 91. 511.
Lima lineata, 272, 275.
Lingula, 43.
i.ingula-Sandsteine, 42.
Lithiotis problematica, 90, 285, 41 1.
Lithodendronkalk, rhätischer, 75.
Lithologische Beschaffenheit des ostalpinen
Jura, %2»^ 92, 94.
I,
Lithologische Beschaffenheit der ostalpinen
Kreide, 99 — 105.
Lithothamnium cf. ramosissimum, 464.
Livinalongo, s. Buchenstein,
Lohnes (Ammonitcsj , 58, 60.
ellipiicoidfs, 63.
,, ,, monilis, 62.
pisttm, 62.
Longarone, 91. 446, 447, 448, 471.
Loretz, 47, 7', 250, 260, 270, 272, 273,
275, 287. 492.
Lucano, Falle di San, 330 fg.
Lückenhaftigkeit der alpinen Sedimente,
84, 104.
Lückenhaftigkeit der geologischen Ur-
kunde, 8.
Lüsen, 120.
Lunzer Sandstein, s. Raibler Schichten.
Lycopodites sp., 58.
Lycopodiolithcs arboretis, 436.
Lyell 4, 139, 497.
Lytoceras (Ammonites) , 50, 99.
cf. Honoratiqnum ,214.
montanum, 2S7, 288,
440.
Lytoceras fÄjnmonites) cf. municipale 440.
„ „ spaerophyllum , 47, 48,
320, 321.
Lytoceras fAmmonites) subfimbriatum, 2 88.
„ „ sutiie, 440.
IVengeftse, 56, 155,21 9,
244, 261, 2T)7, 312, 328, 355.
L^ytoceras fAmmonites} cf. Wengense, 53, 150,
208.
M.
Mächtigkeit der Formationen untergeordneter
Factor. iS.
Mächtigkeit der Riffmassen. 483 fg.
Mächtigkeit, wechselnde, der alpinen
Sedimente, 84.
Mahlknecht, 160, 172.
Majolica, 105.
Malgola, 380, 390, 397.
Mallet, 408.
Malm, 94 fg.
Mandelsteine. 124.
Mangel der Fossilien, 85.
„ des Sediments, 85.
Manzoni, A. de, 432.
Marande. Alpe, 422 fg.
Marco, Slavini di, 478.
Margherita, Sasso della, 343.
Marinello, 308.
Marmarole. 303.
Marmolata-Riff, 236.
St. Martin, 223. 267.
S. Martino di Castrozza, 399.
Maso, Torrente, 419, fg.
Mazzin, 183.
Mazzuoli, 474.
Mediterrane Juraprovinz, 24. 78 fg.
„ Triasprovinz, 53. 58, 79.
544
Index.
Mediterrane Kreideprovinz, 97, 98.
Mediterran-Stufe, miocäne, 418, 463, 467.
Mediterrane Trias-Cephalopoden, Mono-
graphie von E. V. Mojsisovics, 45.
Medolo, 88.
Meerenge von Wien, 100, 527.
Megalodus, 66, 70,
„ carinthiacus , 68.
,, complanatus , 71.
„ Dßtnesi, 71, 284.
>* gryphoides, 284.
„ Gümbeli, 71.
,, iMojs7'än, 71, 284.
pttmilus, 88, 90, 91 , 2 1 2, 285,41 1.
„ Tofanae, 71, 284.
Megaloduskalke, 70, 74.
Mi'galopterus raiblamts, Ö4.
Mi'gaphyllites (Ammonites/ yarbas, 63.
,, „ sandaliHHS, 48.
Melaphyr, 158.
Melaphyrgänge, 123, 124, 135, 188, 189,
190. 19^ Z3^^ 342, 353. 354, 3K
304, 3^5. 3Ö6, 3Ö7. 3Ö9, 373, 377,
385, 388, 389, 394, 399, 522.
Mendola-Dolomit, 47, 162, 181, 192, 224,
488 fg.; 490.
Mendola-Gebirge, 133, 393, 484, 485.
Meneghini, 88.
Meridionale Gänge, 389.
heteropische Grenzen, 526.
Streichungsrichtungen, 529.
„ Verwerfungen, 322 fg., 520.
Merzbacher. 337, 339.
Mesules, 228 fg.
Metamorphismus, 9.
Metaporhinus Gümbeli, 441.
Mezzodi, Sasso di, 363.
Mezzogiomo, Sasso di, 366.
Michelotti, 462.
Micrastcr coranguinum, loi.
Miocän-Schichten, 412, 416, 418, 462, 463,
Miocänzeit, Die Alpen in der, 29.
Mittagskofel (Schiern) 175.
Mitteleuropäische Juraprovinz, 24, 82.
„ Kreideprovinz, 97, 98, 102.
Mösch, 25, 26, 92, 96.
Mojsisovics, E. v., 30, 45. 51, 52, 53, 64,
Ö7, Ö9, 74, 89, 208, 245, 510, 529.
Molignon, i8ö.
Monoiis attrita, 43, 149, 190, 19^.
Clarai, 43, 149, 192, 412, 41S.
Montesora (Seisser AlpeJ, 191, 193, 202.
Monzoni-Stock, 367 fg.
Monzonit, S. Syenit.
Moränen, alte, 130 fg.; 340 fg.; 471 fg.
S. a. Glacialbildungen.
Mortitsch-Thal, 188, 189.
Moscosin. Pass, 443.
Mougeot, 35.
Münster, Graf, 62, 63.
Munde villa, 217.
Munier Chalmas, 443.
Murchisonia tramontana, 298.
Muschelkalk, Charakteristik des mittel-
europäischen, 40 ; unterer der Alpen, 43 ;
rothe Sandsteine und Conglomerate, 4O ;
oberer der Alpen, 47 ; Parallelen des, 49.
Muschelkalk, Gliederung des, 252, 253.
268 — 272.
Myoconcha Curionii, 68.
iombardüa, 68.
„ Brunner i, 71.
Myophoria, S. Trigonia.
MytiUts Comaliae, 71.
minutus, 74.
rtuiians, 74.
N.
Natica, 47, 57, 252, 493, 494.
hninea, öo, Ö4.
,, cadorica 223, 29S.
comelicana, 298.
longittscula, 71.
maculosa, 60, 64.
,, plumbea, 68.
,, pusiuncula, 224.
Naticella costata, 43, 149, 192, 226, 299.
Nautilus Acis, 62.
,, Ampezzanus, 260.
„ Breunneri, 204.
crux, 36, 298.
fugax, 36, 207.
granuloso-striutus, 62.
,, Hoerndsi, 36, 298.
,, Klipstcini, 62,
linearis, 62.
,, Palladii, 48.
PichUri, 48, 321.
ijuadrangulus , 48.
,, cf, Schlönbachi, 62.
St'bcdinus, 36.
Tintoretti, 48.
„ Wulfeni, 68, 260.
Nerinca prisca, 68.
Nerineenkalke, tithonische, 94.
Neubrags, 275.
Neumarkt im Etschthal, 35.
Neumayr, 16, 17, 78, 82, 85, 89, 93,
96, 97, 285, 504.
Neuropteris cf. elegans, 57.
„ cf. Gaillardoti, 57.
„ rcmota, 69.
cf Kütimeveri, 57, 65. 244.
Nierenthal-Schichten, loi.
Nordalpiner Jura, 86 fg.
Nordalpine Kreide, 99 fg.
Nordkalkalpen, ' ostrheinische, 100 fg.
Norische Stufe, 49 fg.
Noritfs ( Ammonites I Caprilensis, 43.
,, „ Gofulola, 48.
Nucula cf. Beyrichi, 207.
„ sulcellata, 68.
Nullipora ramosissima^ 464.
Nummulitenkalke, 4 19, 459 fg.
Nuvolau-Gruppe, 252 fg., 312.
Index.
545
;
^5.
j»
f I
»>
Oberalm-Schichten, 94.
Oberbozen, 127, 138, 139.
Obliteration der organischen Structur in
den Korallenriffen, 497 fg.
Ochsenwaldbach (Cipit), 167.
Olc^stcphanus ( Ammonites) cj. Heeri^ 288.
Oligocän, 462.
Ombert, Col, 365, 367.
Ombretta-Pass, 353 fg.
Oolithe, rothe .Gasteropoden-, 42; des
Lias, 88 fg. ; der Raibler Schichten,
67, 178, des Cassianer Dolomits, 248,
491, 503, 504, 509-
Oppel, 5, 15, 16, 19, 95, 96.
» Oppelia (Ajnmonites/ compsa, 287.
„ Hoibctnif 287.
,, platyconchay 440.
., Strom beck/y 287.
d'Orbigny, 97.
Orbitulitcs circumvulvata 90.
„ praeatrsor, 90.
Orobias Gürnbeli, 37.
Orthis 5p., yj.
„ ladina, 299.
OrthoccraSy 39.
Böckhi, 53.
Campanile, 48.
., eit'gans, 62.
ellipticum^ 62.
., politum, 62.
„ iriadicunty 204.
Orthoklasporphyr, 373, 388.
Orthurus Siuri, 64.
Orzes, 461.
Ostalpen, Begrenzung und Eigenthümlich-
keiten, 3, 24, 25, 28, 30.
Ostalpcn, Entstehung der, 524.
Osterhorn (Salzburg), Profil des, 74 fg.
Ostrca Montis Caprilis, 68, 263, 265.
Oten, Val, 307.
Otozamites, 90.
P.
Packycardia Ilaueri, 66, 68, 178.
rugosa, 55, 57, 156, 178, 238,
281, 328.
Padello, Sasso della, 432.
Palaeogeographie , 20; pal. Verhältnisse
der Alpen, 20 fg.
Palaeozoische Bildungen der Alpen, Ver-
breitung derselben, 21 fg.
Palaeozoische Bildungen, ältere, von Süd-
tirol, 118.
Palissya Massaiongt, 35.
Paneveggio, 337 fg., 397.
Panopaea decUvis 462.
„ Gastaldii, 462.
Pape, Cima di, 331.
A Parallelismus der geologischen Entwicklung
der alten und neuen Welt, 9.
Mojsisovics, Dolomitriffe.
;»
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tt
»»
t*
f*
Paresberg, 265.
Partnach-Schichten, 79.
Pascolet, Monte, 454, 455. 451).
Paul, 17, 27, 51.
Pechsteinporphyr, 129.
Pecopterh gracilis, 58.
„ triasica, 58.
Picten acttUaun'tus, 75.
„ arcuatuSj 462. 4O4.
deli'tus, 462. 464. 40 b.
cf. denudattis, 462.
discites, 270, 275.
cf. Euthymi, 215.
filosus, 68.
Hatieri, 464.
Hellity 68.
„ cf. inctequutriatus , 270.
„ parduluSy 36.
praecursoKy 36, 298.
tirolensjs, 36, 298,
Peitlerkofel, 219 fg.
Pelmo, 315 fg.
PeitopU'urtts splendens, 64.
Penna, Monte, 316.
Pcntacrinus propinquus, 63.
Peravuda, 263.
Perdiabach, 157.
Peripherische Lage der grossen Dolomit-
riffe, 482.
Perisphinctes (Ammonites/ cf. Albertinus 440.
„ „ acer, 287.
„ »» C/- Championcttiy
287.
Perisphitutes (Ammonites) colubrimiSy 440.
,. ,. cf. colubrinuSy 287.
cf. contiguusy 440.
cf Geron , 440.
rcctefurcatuSy 287.
cf progeron, 287.
Perledo, Fisch- und Saurier-Schichten, 56.
Permbildungen, Verbreitung in den Alpen,
22, Gliederung ^^ fg.
Permischer Quarzporphyr, ^y
Permocarbonbildungen, 37.
Pema aviculaeformiSy 68, 265.
„ Bouii, 68. ^
Peron, Monte, 442.
Perrarolo, 446, 447, 451.
St. Peter (Villnöss), 123.
Peters, 71, 76, 530.
Petrographie der Riffgesteine, 492.
Peutelstein, 287.
Pfunderer Berg, 122.
Pholadomya trigonulay 461, 462.
Pholidophams Bronni, 64.
,, dorsaiiSy 72.
furcatus, 72.
latiuscttluSy 72.
microUpidotuSy 64.
pusiiius, 72.
Phyllit, 117 fg.
Phyllitgebirge, 329, 332, 340, 343, 399 fg.
Phylloceras (Ammonites) y 50, 99.
35
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i
546
Index.
PhvlUoceras (Ammonitcsj Benaunse^z^'j ,^^\o.
,. ,. cf, Guettardi, 215.
„ ,. heierophyllum, 448.
„ ., isotypum, 287.
„ , , mediterraneumy 287,
440.
Phylloceras 'Ammomtes; Moretlianum ^ 288.
„ . . Rmtyanum .215,288.
„ .. poiy oleum, 440.
„ ,, ptychoicum, 287.
,, .., if. ptychoicum, /^o.
ptyckostomum, 287.
Satyrus, 440.
,, „ semistriatuniy 288.
, cf. silt'siacum ^ 440.
„ „ Thi'tis, 215.
Phylogenetische Reihen, 8, 14, 50; als
Kriterien der Altersverschiedenheit der
Zonen, 16.
Phylogenetische Lücken, 61, 69.
Physiognomik des Gebirges, 108 fg.
Piactdel, Monte, 443, 445, 446.
Pian (Fassa), 189.
Pian de Sass, 234, 235.
Pian, Monte, 300.
Pichler, A., 120, 126, 134.
Picosta, Monte, 426.
Pictet, 96.
Pietra, Castell (Primiero), 341.
Pielra verde, 53, 318, 506.
S. Pietro in Tuba, 459, 460.
Pinacoceras (AmmoititcsJ daonictim, 56.
Pkilopater, 63.
Pinna Brochii, 462.
„ reticularis ^ 71.
Pirona, 450.
Pitschberg (Gröden), 208.
Pitschi, Sasso (Pordoi-Joch), 238, 362.
Pitzberg (Seisser Alpe) 191.
Pizzon, Monte, 436.
Plan (Gröden), S. Plön.
Piassenkalk, 94.
Plateaubildung, 108.
Plattkofel, 193, 194, 195, 197, 198, 199,
201.
PUurophortis yacobi, 207.
Plcurotomaria InzitUy 71.
Plicatula intusstriata, 75.
Pliocänzeit, die Alpen in der, 29.
Plön (Gröden), 205, 216, 228.
Pomagagnon, 295.
Ponte nelP Alpi, 450, 454, 455, 456, 469.
Pordoi-Joch, 236 fg.
Porphyrtufl'e von Kaltwasser bei Raibl, 484.
Portland, 98.
Posalz, 247.
Posewitz, 315.
Posidonomya sp., 54.
alpina, 286.
VVenginsis, 57, 155, 195, 219,
245. 207.
Postglaciale Schuttkegel, 418, 470.
Pourtal^s, 501, 502.
f »
»>
r
Pozza-Thal, 365, 366.
Praecarbon-Bildungen, Verbreitung in den
Alpen, 22.
Praeglaciale Geröllablagerungen, 468.
Prags, s. Brags.
Predazzo, 379 fg.. 397.
Predazzit, 373.
Prelongei, 245.
Pr^vost, 4.
Primärtuff, 157.
Primiero, 340, 424, 430 fg.
Primiero-Riff. 311, 323, 329 fg.
Primolano, 425.
Primordialfauna, lo; scheinbarer Wider-
spruch gegen die Descendenzlchre, 1 1 .
Productus sp. (triadisch), 39, 57.
cadoricus^ 37, 223.
cf. Cora^ 223.
„ Stotterig 223.
Profil durch das Villnöss-Thal -bei Theiss,
123.
„ Villnöss-Thal bei St. Peter ,
123.
^ linke Eisackgehänge unter-
halb Waidbruck, 129.
„ Quarzporphyrgebirge, süd-
lich von Bozen, 132.
die Pufelser Schlucht, 148.
das Schiernriff und die Seisser
Alpe, 163.
„ Schiernriff, 166.
„ Cipiter Schierngehänge,
167.
P (schematisches) durch die Uebei^ss-
Schichtung, 169.
„ durch die Rosszähne, 172.
^ über das Tierser Alpel, 175.
„ durch die Schlemklamm, 176.
„ über den Schiernrücken an der
Rothen Erde, 179.
,, „ das Schiern - Rosengarten-
Gebirge, 182.
„ das Udai-Thal bei Mazzin, 184.
das südliche Rosengarten-
Gebirge, 185.
,, die Schichtenbeugung vor dem
Plattkofel 194.
„ die Schichtenbeugung vor dem
Langkofel, 196.
„ den Plattkofel, 198.
„ die Langkofelmasse, von X.
nach S., 203.
Profil über den Sotschiada nach St. Chri-
stina, 209.
die Geissler-Spitzen zum Garde-
nazza-Gebirge, 211.
^ das Gardenazza- Gebirge. 213.
„ den Schoatsch, 218.
„ das oberste Villnöss, 221.
„ des Höhenrückens zwischen Campil
und Gaderthal, 222.
„ Peitlerkofel-Riflfs, 225.
„ Grünen Flecks bei Plön, 228.
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n
n
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Index.
547
Profil
•1
n
n
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r»
des Hügels auf dem Grödener Joch,
231. ,
„ Plan de Sass bei Corvara, 234.
über das Sella-Gebirge, 237.
j, das Langkofel-Riff und das
Sella- Gebirge, 241.
„ die Sett-Sass-Gruppe, 246.
„ den Rücken zwischen Gader-
und Rauh-Thal, 2Öö.
„ den Kühwiesenkopf bei Brags,
271.
„ den üürrenstein und Sarnkofel,
277.
„ die Sari- Alpe, 278.
der Croda del Becco, 288.
von Antruilles, 289.
durch das Faniser Hochgebirge, 292.
der Croda Rossa, 293.
der Cristallo-Masse, 296.
des Sextener Hochgebirges, 302.
„ Anteiao und der Sorapiss, 304.
„ Monte Rosiana, 306.
„ Anteiao, 309.
„ Camera-Riffes und der Croda
del Lago. 314.
der Pelmo-Masse, 317.
„ Civetta-Masse, 324.
des Monte Framont, 326.
der Falle di San Lucano, 332.
„ Riffböschung am Monte Campo
Boaro, 334.
des Cavallazza, 338.
„ Cimon della Pala, 339.
von Falcade auf die Forca Rossa, 347.
jy Fomo di Canale nach Sottoguda,
349-
des Marmolata-Riffes, 357.
vom Pellegrin-Thal über die Mar-
molata, 359.
vom Pellegrin - Thal bis zur Sella-
Gruppe, 361.
des Sasso di Mezzodi, 363.
„ Fuchiada-Gebirges, 369.
der Ricoletta-Spitze, 374.
längs durch den Monzoni-Stock, 376.
quer durch den Monzoni-Stock, 377.
über den Fleimser Eruptivstock, 381.
über das Latemar-Gebirge und den
Fleifüser Eruptivstock, 386.
vom Monzoni bis zum Monte Tatoga,
398.
von Bellamonte zur Alpe Marande,402.
der Schrumspitze zum Torrente
Maso, 404.
Roncegno zur Cima Dodici, 415.
V^alpiana auf die Cima Dieci, 417.
der Prima Luna nach Val Tesino,
421.
Monte Orenna auf die A. Agaro,
422.
Val Sternozzena auf das C. di
Campo, 423.
Imer nach Fonzaso. 427.
rf
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n
n
Profil von Croce d'Aune nach Vette piccole,
428.
„ „ Col d'Isciago zum Sasso di Mur,
429.
„ „ der Cima d'Ollio nach S. Vit-
tore, 431.
„ „ Vallalta zum Col del Moi, 435.
„ „ Val Imperina nach S. Leopoldo,
437-
„ des Kiesstockes von Val Imperina, 438.
„ vom Monte Moscosin nach Belluno, 444.
„ der Verwerfungen bei Longarone, 447.
„ des Monte Pascolet bei Sta. Croce, 45b.
„ von Belluno nach der venetianischen
Ebene, 463.
„ der Tertiär-Schichten bei Serravalle,
465.
Provinzen im Allgemeinen, 6.
des Jura, 24, 78, 97.
der Kreide, 97.
„ der Trias, 3, 50.
Psephoderma alpinum, 72.
Pterigopterus aptis^ 64.
Pterophyllum bm>ipenne^ 69.
Bronni^ 65.
giganteum 58, 65.
„ Gümbeii, 69.
Haidingeri, 69.
Haueriy 69.
Jafgcri, 58, 69.
cf. Jaegeri, 65.
Lipoldi, 69.
iunznise, 69.
Meriani, 69.
Pichleri, 69.
,. Riegeri, 69.
., Sandbtrgeriy 65.
Ptychites i^AmmonitesJ , 50.
angustO'UmbiiicatuSy 53.
domatus, 46, 321.
DontiatiHSf 46, 321.
fusomus, 48.
gibbus, 48.
Stttderi, 45, 46, 48,
275' 276. 320.
Ptychohpis avus, 64.
„ ratblensis, 64.
Ptychostoma pUurotomoide , 264.
Ptychostoma Santa e Cruds, 264.
Puez-Alpe, 212 fg.
Pufelser Schlucht, 146, 147. 148 fg.
Puflatsch, 14^, 145, 146, 152, 191.
Puntscher-Kofel, 128, 129,
Purbeck, 98.
Purgametsch-Thal, 181.
Pyruia condita^ 461.
Q.
Quarzphyllit, 401 fg., 412, 414, 418, s.
a. Phyllit.
Quarzporpliyr-Conglomerate, 126, 129.
n Gänge, 403 fg.
35*
>»
548
Index.
Quarzporphyr-GeröUe in den oberjurassischen
Kalken von Trient, 528.
permischer, 23^ 124 fg.
„ System, Gliederung, 126.
„ Tafel der Lagorai, 396 fg.
^ Tuffe, 126 fg.
Quecksilber, 432.
R.
Radein, 133.
Radiolarien-Schlamm, 10.
Radiolitcs cornu pastoris^ 105.
Radstädter-Tauem-Gebilde, 22.
Ragazzoni, 407, 420.
Raibl, fischführender Schiefer von, 61, 62, 64.
Raibler Schichten, 45, 65 fg., 504, 510.
Ramsay, 37.
Raschötz, 123, 126.
Rath, G. vom, 345, 395, 399, 400, 403,
405, 432, 439, 450-
Ratzes, 139, 146, 153, 154.
Rebrut, Lago di, 405.
Recoaro, 45, 47, 48, 318, 519, 520.
Redtenbacher, loi.
Reibungs-Conglomerate und Breccien, 120,
126, 128, 150, 158, 370.
Reibungswärme, 408.
Reiflinger Plattenkalk, 80.
Reuss, Ö4, 65, 120.
Ritzia irigonella, 47, 273.
Reyer, 208, 228. 239, 295, 315, 355. 379,
387, 405. 523. 524-
Rhabdoccras, 50.
Rhätische Stufe, 72 fg.
Rheinbucht, 23,
Rheinlinie, 24, 26, 28.
Rhynckondla altaplecta, 273.
Atta, 286.
bilobata, 93, 411.
BriseiSy 286.
coarctata^ 286.
decurtata, 44, 47.
ßabellum, 286.
fissicostata, 75.
cf. Meneghiniiy 286.
McntzeK, 44.
sanipUcta^ 60, 63.
subrimosa, 75.
tetractis, 253, 270, 273.
„ toblachcnsis ^ 276.
v. Richthofen, 23, 43, 61, 117, 118, I20,
121, 122, 123, 124, 125, 126, 128,
129, J30. 149, 151, 157, 161, 162,
164, 210, 216, 226, 247, 250, 261,
345, 364, 3Ö9, 371. 374, 379, 389,
390, 39^ 393, 494, 495, 5^2-
Richthofen-Riff, 248 fg.
Riffböschung, 167, 168, 170, 183, 197,
210, 224, 225, 233, 234, 235, 236, 239,
246, 282, 312, 313, 325, 326, izi, 335,
350, 351, 358, 3^5. 3ÖÖ, 486, 508.
Riffe, Rechtfertigung der Bezeichnung, 49$,
496.
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,1
,,
Riff- Facies des unteren Muschelkalks, 4b;
des oberen Muschelkalks, 47; der
Buchensteiner Schichten, 54; der Wen-
gener Schichten, 55; der Cassianer
Schichten, 64; der Raibler Schichten,
65, 66, 68; des Dachsteinkalks, 70.
Riffsteine, s. Cipitkalk.
Riffwall, 491.
Riffzungen, S. Dolomitzungen.
Ri'ssoa alpina, 72.
Ritten, 127, 128, 138, 139.
Rocchetta-Masse, 312 fg.
Rodella, Col, 188, 189.
Rodel wald. 223.
Römer, F., 99.
Roth. 38, 43-
Röthi-Dolomit, 23, 36.
Rolle, 529.
Roncegno, 405.
Ronch, 363.
Rosengarten, 181 fg.
Rosiana, Monte, 302.
Rossfelder Schichten, 26, 99 fg., 442.
Rossi, Cima di, 238, 362.
Rosszähne, 171 fg.
Rothe Erde (Schlemrücken) 179.
Rothe Liasmergel, 448.
Rothe Neocommergel, 104, 288, 441, 442,
448.
Rothe Sandsteine und Conglomerate des
Muschelkalks, 46.
Rothe Thone der Raibler Schichten, 178.
504, 510.
Rothe Wand (Rosengarten), 185.
Rother Tiefseeschlamm, 10.
Rothliegend, 33.
Rotzo, Schichten von, 90,
Rozes-Alpe, 260.
Ruaz, 251.
Rudisten, 99.
Rudistenkalke, 105.
Ruefenberg, 223.
s.
Säculare Hebungen und Senkungen, 506,
526, 527.
Säulenförmige Absonderung des Augit-
porphyr, 152, 153.
Sageceras (AmmonitesJ , 50.
Walten, 56.
„ „ Zsigmondyi, 53.
Sagenopteris Lipoldi, 57.
Saltaria-Schlucht, 154, 156, 191, 195.
Saiten, 127.
Salzburgcr Facies der rhätischen Stufe, 75.
Sandberger, 57.
Sandstein von Belluno, 459, 460.
Sari- Alpe, 276.
Satteljoch, 384, 387.
Scaglia, 103 fg., 454.
Schallphänomen des Monte Tomatico, 452.
Schauroth, v., 90.
Index.
549
Scheerer, 345.
Schenero, Castello, 424, 429.
Schenk, 65, 436.
Schichten der Avicuia cxilis und des Turbo
solitaritis, 69 fg.
Schichtenfall des Tierser-Thales 127, 131,
517; des Rosengarten, 1 8 1 — 183; vor der
Langkofel-Masse, 193, 517.
Schichtfugen, zackige, in den Riffen, Iö8,
229. 233. 239, 249, 509.
Schilfsandstein, 67.
Schimper. 35.
Schio, Tektonik der Gegend von, 519.
Schio-Schichten, 419, 460.
Schizodus cf. truncaius, 36, 37. 298.
Schizolepis permensis, 34.
Schizopteris fasciculata, var, Zwickaviensis^
Schlammströme, 242, 243, 257, 264, 276,
281, 295.
Schiern, 160 fg.
Schlerndolomii, 55, 96, 161, 484, 485.
Schlemklamm, 174, 178.
Schlemplateau, 177.
Schlemplateau-Schichten, 67, 178.
Schlemrücken, 180.
Schlemspitze 180.
Schlemzacken, 167.
Schloenbach, U., 91, 93.
Schloenbachia fAmmomtesJ inßata, 104.
M » Roissyana, 103.
Schlüter, loi.
Schneid, auf der, 159, 197.
Schoatsch, 217, fg.
Schöpfungscentra, 6.
Schrambach-Schichten, 100.
Schrattenkalk, 102.
Schuttkegel, postglaciale. 418.
Schwäbische Facies der rhätischen Stufe, 74.
Schwager, 120.
Schwatzer Kalk, 23, 36.
Schweizer Centralmassen, 530.
Schweizerische Kalkalpen- Zone, Fortsetzung
der ostalpinen Flyschzone, 28.
Schweizerische Kreide-Entwicklung, loi fg.
Scrope, Poulett, 521.
S. Sebastiano, Monte, 328, 445.
Seeland-Thal. 281.
Seewen-Schichten, 102.
SeisserAlpe, 137, 141 fg., 154 fg., 191,
19s. 197. 205-
Seisser Schichten, 43.
Sella-Gebirgs- Gruppe, 227 fg.
Sella-Joch, 202. 229, 230, 233.
Sella, Val di (Valsugana), 411 fg.
Seile, Le (Monzoni), 370, 371.
Sfmionotus latus, 72.
„ macroptcrus^ 72.
., stn'atus^ 72.
Senon-Kreide, loi.
Serravalle, 455, 457, 462 fg.. 472.
Sette Communi, 411 fg., 428, 518.
Sett Sass, 245, 246 fg.
Sextener Dolomit-Riflf, 296 fg.
Thal, 297 fg.
Siau, 503.
Silurische Bildungen, Verbreitung in den
Alpen, 21.
Simoccras (AmmoniteS' Agrigentinum, 287.
„ Volanense, 287, 440.
Soccher, 469.
Solen caudatus, 68.
Somma, Monte (Vesuv), 375.
Soracrep, 2!^^.
Sorafrena, 193.
Sorapiss, 303 fg.
Sorasass-Alpe, 208.
Sordelli, 56.
Sospirolo-Schichten, 89, 428, 440, 442.
Sotschiada, 207 fg.
Sottoguda, 351.
Spatangenkalk, 102.
Species, Enge Begrenzung vom chronologi-
schen Standpunkt erfordert, 16.
SphaeruUtes Ponsiana, 105.
Sphettopteris oxydata, 34-
„ Suessi, 34.
tndactyiites, 34.
Spirifer caduricus, 37, 299.
„ Concors. 299.
„ crux, 299.
„ disscctus, 37, 299.
Hauen, 37, 299.
„ insanuSy 299.
ladinus. 36, 223.
megalotis, 36, 299.
„ Sextensis, 37, 299.
„ vuliur, 36, 207.
Spiriferina fragilis, 273.
hirsuta, 44, 47.
cf. Kövcskalliensis, 270.
Äfentzeh\ 47, 54.
cf. Mentzeliy 253.
paiaeotypus^ 273.
Spin'gera Archimedis, 299.
„ ftipartita, 299.
„ confinaiis, 299.
„ faba, 299.
„ Jam'ceps, 37, 299.
oxycolpos, 75.
papilio, 299.
peracuta, 299.
Spitz, Monte. 48.
Spondylus cf. crassicosta, 464, 466.
cisaipinus, 464. 466.
S(iualodon Catulli, 461.
Stäche, 22, 36, 37, 117, 118, 207, 208,
223, 298, 403.
Starhemberger Schichten, 75.
Stauungsbriiche, 527.
Steilwände des Dolomits, 486, 495.
Steinhauser, 30.
Steinmann. 498.
Steinsalz, 133.
Stencchelus triasicus. 64.
Stenonia tuberculata, 104.
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550
Index.
>•
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f ♦
Stephanoceras 'Ammonites/ BayUanwn, 93.
BroccKii, 93.
Humphrusianum,
94, 440.
Vindobonense^ 94,
440.
Stoppani, 56. 57. 71, 73.
Strada tra i Sassi, 247, 261.
Strandriffe, s. Küstenriffe.
Stratigraphische Forscliungen, Ziel und
Methode derselben, 3 fg.
Streptorhytichus Pichleri, yj, 223.
tirolensis, 37, 223.
Stria, Sasso di, 247, 250.
Strigno, 419, 420.
Stromenden des (^uarzporphyrs, 122, 297,
340. 342, 434.
Stromenden der vicentinischen Basaltdecken,
460, 520, 521.
Strophomena sp,^ 37.
„ alpitMy 299.
Structurverliältnisse der Riffe, 488.
Studer, B., 139, 529.
Stürzenbaum, 53.
Stuorcs (Ampezzo) 257.
„ (St. Cassian), 59, 245.
Stur, 44, 57. 65, 68. Ö9, 91, 149, 208,
230, 243. 244, 245, 250, 253, 264.
Stuva, La, 287, 288.
Südalpine Kreide. 103 fg.
Suess. 9, 20, 11,, 39, 05. 74, 93, 125, 127,
289, 396, 420, 422, 498, 51 6, 521,
524t 526, 531.
V. Sutner, 134, 214, 286.
Syenit, 371, 372, 387, 403, 405.
Syenitgänge. 371, 377, 388.
T.
Taeniopteris jr/., 58.
Taramelli, 91, 450.
TaxodiUs saxoivmpiat, 47.
Tektonik der Südalpen, 515, fg.
Tektonische Verhältnisse der alpinen Miltel-
zone,, 119, 120,
Terebratula an^^usta^ 47, 253, 272. 275.
antiplecta, 94.
Aspasia^ 89, 285.
Bilimeki^ 287.
diphya^ 78, 95, 287, 441.
diphyotdes, 215.
^rtgaria, 74, 75.
itidistituta^ 63.
piUa, 94.
f\'ccfmnii\ 285.
pyriformis, 75.
Renierii^ 90.
Rotzoana, 90, 4 1 1 .
rtiSs^ 285.
securiformis^ 286.
,. Taramellii^ 285.
triangulns^ 287.
vulgaris, 47, 253, 272. 275.
Tergoler Brücke, 128, 130.
11
»»
»»
»»
Terminologie, chronologische, 18.
Terra Rossa, 504.
Terrassendiluvium, 468.
Tertiärbildungen, 107, 310.
Tesino, 405, 424, 425, 426, 428.
Tetrachda Raihiana, Ü4.
Tetragonolepis Bouii^ 72.
Theiss, 123.
Theisser Kögel, 123, 124.
„ Mugeln ( Achat mandeln), 124.
Thinnfeldia Rühthofeni^ 58, 244.
Thomson, Wyville, lo, 502, 503, 504.
Thoracoptents Niderristi^ 64.
Tiefen des Oceans, 10.
Tierscr Alpel, 172, 173, 175. 186.
Tierser Thal, 127, 130 fg., 181.
Tietze, 27, 103, 526.
TiroUtes (AnimoniUsJ Casst'anus, 45, 226.
da/matinus, 43.
idnamts^ 43,
Muchianus^ 43,
Tithonische Stufe, 94 fg.
Torkele, 128, 130.
Tofana, 257, 258, 283, 284, 290, 295.
Tomatico, Monte, 452, 453, 454.
Tonalit, 407.
Torf, 470.
Torri di Avcrau, 253.
Toula, 493.
Trachyceras fAmmonites' atquinodosum^ 60.
altum, 244.
„ antecedens^ 44.
Aon, 60, öl, 63.
488.
Trachyceras (Ammonites) Aoncides, 60, 66.
Archelans, n, zw,
267, 328, 355,
Trachyceras fAmmonitesJ Arpadis, 57.
Avisianum, 379-
halatonicum, 44, 46.
„ „ cf. balatonicum,
275-
Trachyceras ^Atnmonites) binodosum, 44, 45,
46, 48, 27s. 321.
Trachyceras ^Amtnonitcs) bipunctatum, 63.
Böckhi, 53.
Bragsense,/^b, 275.
brez'icostatuniy 63.
Brotheus, 63.
Busiris, 60, 63.
cadoricum^j^t, 32!.
Carinihiacum, 355.
Cordez<olicum ,252.
„ Corz'ariense , 57,
219, 244.
Trachyceras fAmmonitesJ Cuccense, 47.
Curioniiy 53, 150.
dichotomum^ 63.
doleriticum , 57.
245, 328.
Trachyceras (Ammonites} Epolense, 57, 244.
,, ,, curvomphalum, 48.
488, 489.
11
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»»
1«
»•
»»
Index.
551
Trachyceras(AmmonitesJ Fchö Örsensf, 54.
„ furcalum. 63.
Golsensc, 275.
Gosai'iensf^ 48.
GredUri, 57, 156.
Hirschi^ 63.
., ,, infundibiiiforme^b^.
,, judnani'UM, 57.
,. „ Imänum^ 56, 219,
244,261,267,328.
Irackyceras (Avtmonites) laricum^ 57.
Liccanum^ 43.
Liepoldti^ 54.
•i M lofigobardicum^ 56,
244.
Trachyceras (AmmonitesJ lA>retzi^ 275, 321.
., ,. Mutuferiilac, 219,
AW/wfl)^/, 57,245.
Ottonis^ 44, 46.
</. Ottonis^ 275.
pscudo Archclaus, 57.
«, pustericum, 275.
., Rccttbariinsc^ 53.
Rcgoledamim ^ 57.
</. Keitzi^ 150.
Kctittenscy 48.
Riccardi^ 48, 488.
Richt/to/cnt\ 244.
,. Rüppeli, 63.
, ,, Rtttoranum, 244,
245.
Trachyceras (AmmonitesJ Saulus, 63.
Sesostris^ 63.
Szaboi^ 57.
Taramellii^ 47.
Thuilleri^ 48.
Zalaense, 53.
Zezianum, 54.
Zoldmnum, 46,275,
o
>j
321.
Transaqua, 432.
Transgression des Dogger-Meeres, 92.
„ der mittleren Kreide, 9, 100.
„ der fClaus-Schichten, 93.
Trautwein, 474.
Travernanzes, Forcella di, 260.
Travemanzes-Thal, 283, 284.
Tre Sassi, S. Strada tra i Sassi.
Trias, Kritik des Namens, 40.
^ der Bukowina, 51.
„ Siebenbürgens, 51.
der Dobrudscha, 51.
des Bakonyer Waldes, 51.
„ des westlichen Südtirol und der
Lombardei, 488, 489.
Triasbildungen, Verbreitung in den Alpen
23; Uebersicht und Charakteristik der
alpinen, 39 ig.; ausseralpine, 39, 40.
Tnasfaunen, alpine, theoretische Bedeutung
derselben, 2; Zusammensetzung der-
selben, 39 fg.
Triasprovinzen, 3, 50.
Iridacna, 70.
Trigonia Baisami ^ 71.
costata^ 43.
elongata^ 68.
Kefersteini, 66, 68, 178, 316.
Irigonodus superior^ 71.
Trinker, 120, 124, 125, 405.
Trompia, Val, 519, 528.
Tropitcs {AmmonitesJ^ 50, 58.
»' ,, subbullatus, 58.
Trostburg, 129.
Truden-Thal, 135,
Trümmerlaven, 158.
Tschafatsch, 175.
Tschamin-Thal, 182.
Tschanberg, 122.
Tschermak, 121, 125, 157, 345.
Tschisler Alpe, 211.
Turbo rectecostatus, 43.
Scgucttzae, 71.
solitarius, 69, 70, 71, 180, 284, 413.
Suessi^ 68.
subcoronahts , 68.
Taramellii^ 71.
Turbonilla Montis Cntcis^ 298.
Turmalingranit von Predazzo, 378, 385 fg.
Turon-Stufe, 100, 10 1, 102, 105.
TurriUlla Archimcdis, 418.
cf. asperula^ 462.
gradata, 462, 464.
lombardica^ 71.
rotifera, 462, 467, 468.
Trompiana^ 71.
11
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11
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f»
^^
M
u.
S. Ubaldo, S. S. Leopoldo.
Uebergang des Dolomits in den Cipitkalk,
J71, 172, 173, 231, 236, 238, 247,
249. 316, 362.
Uebergang des Dolomits in Buchensteiner
Schichten, 191.
Uebergreifen der DolomitrifTe, 202, 211
240, 2Ö3, 268, 282, 300, 351, 362, 365.'
Ueberguss-Schichtung, 168, 169, 184, 185,
i86, 189, 197, 199, 201, 210, 226,
233, 234, 235, 236, 238, 248, 313,
326, 328, 332, m^ 335. 350, 356,
362, 490, 491, 502, 503.
Ueberschiebung der Schichten, 420, 424,
425, 426, 441.
Uebersetzung der Bruchlinien. 516.
■Udai-Thal. 184, 187.
Ulbnanfiia ßronni, 35.
„ Geinitzi^ 34.
St. Ulrich, 207, 228.
Umberto, Colle, 472.
V.
Vacek, 90, 93, 396, 399, 403, 412, 418, 426,
518, 520.
Vajolett-Thal, 183, 186, 187.
Vallalta, 340, 432 fg., 518.
552
Index.
»1
Valles, Passo di, 335, 337.
Valparola. 24Ö fg.
Valsorda (bei Tricnl), 493.
Valsugana, 411 fg.
Valsugana-Spalte, s. Bruchlinie.
Varcnna, Kalke von, 56.
Vedana, 474 fg.
Venus dubia ^ 462.
intermedia ^ 462.
islandicoides^ 418, 467.
,, multilamella^ 462.
Verhältniss der Riffe zu den Eruptions-
stellen, 506 fg.
Verhältniss der Riffe zu den heteropischen
Bildungen, 486 fg.
Verrucano, 23, iz-
Verschiebung, horizontale, 450,45 1 , 455, 457.
Verticale Erstreckung der Dolomit- Riffe, 48 1 .
Vertschin, Col, 226.
Verwerfungsbrüche, 515 fg., 528.
Vesuv, 375.
Vezzan, 461.
Vicentin, Col, 450.
Viezzena-Gebirge. 380 fg., 383, 389.
St. Vigil. 265, 267 fg.
Vigo di Fassa, 185, 187.^
Villa di Villa, 454.
Villnösser Bruchlinie, S. Bruchlinie.
Villnöss-Thal, 118 fg., 121 fg., 220, 221.
Vilser- Schichten, 94.
Virgloria-Kalk, 79.
S. Vito (Cadore), 308, 310.
V^ola praecursor^ 3Ö.
Voltzia Agordictty 47, 436.
Böckhiana^ 34.
Foetterlei^ 56, 65.
Hauen\ 65.
hungaHca, 34, 35.
raiblensis^ 65.
Recubaricmis^ 47, 436.
J/., 58.
Voluta appenniniea^ 46 1, 4O2.
Vulcanreihe, triadischc, der Alpen, 525.
Vulcanlektonik, 520 fg.
w.
Waagen, 96.
Waagcnia ^Amvionites) hybonc/a, 441.
Waidbruck, 128, 129.
IVaiekia filiciformis, 2tZ'
piniformis, n.
W'aldheimia^ S. Terebratula.
Wallnöfer, i^^%.
Wallrifi'e, 501. 506 fg.
Wandernde Wiesen und Wälder, 242, 258.
Wealden, 98.
Wechselnde Mächtigkeit der alpinen Sedi-
mente, 84.
Weiss, E., 34.
Welienkalk, 42, 43.
Wengen, 2O4. ^65. 267.
»>
M
Wengener Dolomit, 177, 484, 485, 490.
Wengener Schichten. Charakteristik, 54 i'i.,
143.
Werfener Schichten, Charakteristik, 42fg.45.
Westalpen, Begrenzung und Eigenllmm
lichkeiten, 3, 24, 25, 28, 30.
Wettersteinkalk, 9Ö, 512.
Wiener Sandstein, S. Flysch.
Woltschacher Kalk, 105.
z.
Zaccon, Monte, 399, 400, 413.
Zamites^ 90.
,, /unzensis, 69.
Zechstein, 37, 38.
Zeitmass der palaeontologischen Zonen, ii>
Zerreissungsbrüche, 528.
Zersplitterung der Bruchlinien, 3iö.
Zigno, 90, 103, 104, 105, 461.
Zinnober, 434.
Zirkel, 528.
Zittel, 20, 26, 90, 96, 97, 214, 215, 2S5.
286, 355.
Zlambach-Schichtcn, 52.
Zoldü, Val di, 31Ö fg.. 445.
Zone des Trachyceras .-tonoides, S. Raiblcr
Schichten.
„ der Az'iaila cxiiis und des Turl
solitarius, 69 fg.
„ „ Avicula eontarta, 72 fg.
des Aegoceras plmtorbis^ 8ö.
„ Aegoceras angulatum^ 80.
der Arietiten, 86.
., des Amalthetis margaritatiis, 80.
,. „ Simoceras sdssum^ 92, 93.
„ Stephancceras Sauzei^ 93.
„ Stephatioc. Humphriesianum, «)4-
., der Oppelia fusca, 93.
des Stephanoceras macrocephalum, i)\
„ Peltoceras transversarium^ 95
„ Aspidociras acanthicum^ 94, 05
,, der Oppelia tenuilobata^ 95.
des Aspidoceras Becken^ 95.
„ Perisphinetes Eumeius^ 98. *
., der Oppelia lithographica^ 95.
,, des Perisphinctes transitorius^ 95.
„ Belemnites latus ^ 98, 100.
„ Hippurites comu-niccinum^ loi
„ Micraster coranguinum^ 10 1.
,, der Belemnitella vtucronata^ loi, i<>-
Zoncngliederung in heterotopischen Gebictcri.
17; in heteroraesischen Gebieten. K^.
Zonen, palaeontologische, 15 fg., Dctm'
tion, ib, als Zeitmass, 16.
Zonia. Val, 253.
Zuel, rizzo, 320, 321.
Zugmayer, 39, 74, 7Ö.
Zusammenhang zwhchcn Gebirgsbau on''
Vulcan-Vertheilung, 525 fg., 532.
Zwischcnkofcl. 214, 219, 509.
To avoid fine, this book should be retumed on
or before the date last stamped below
3 6105 032 169 935