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Full text of "Die Entwicklung der wichtigsten Schiffstypen bis ins 19. Jahrhundert"

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Veröffenflichiiri^^^en 
s  Vereins  für    Hamburgische    Geschichte 

Band    . 


Die  Entwicklung  der 
wichiigsten    Schiffstypen 

ois  ins  19.  Jahrhunderi 

von 

3ernhard  Högedorn 


Verlag  von  Karl  Curlius  in  Berlin 


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Veröffentlichungen 


des 


Vereins  für  Hamburgische  Geschichte. 

Band  I. 


Veröffentlichungen  des  Vereins 
für  Hamburgische  Geschichte. 


Erster  Band: 

Die  Entwicklung 
der  wichtigsten  Schiffstypen 

bis  ins  19.  Jahrhundert 

Von 
Bernhard  Hagedorn 


BERLIN  1914 
VERLAG  VON  KARL  CURTIUS 


HAMBURG:  LUCAS  GRÄFE. 


Die  Entwicklung 

der 

wichtigsten  Schiffstypen 

bis  ins  19.  Jahrhundert 

Von 

Bernhard  Hagedorn 

Mit  16  Abbildungen  und  28  Lichtdrucktafeln 


BERLIN  1914 
VERLAG  VON  KARL  CURTIUS 


HAMBURG:  LUCAS  GRÄFE. 


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DIETRICH  SCHÄFER 

in  Dankbarkeit  und  Verehrung 
zugeeignet. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2010  with  funding  from 

University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/dieentwicklungde01hage 


Vorwort. 


Der  hiermit  der  Öffentlichkeit  übergebenen  Schrift 
liegt  ein  Vortrag  zugrunde,  den  ich  im  Februar  dieses 
Jahres  im  Verein  für  hamburgische  Greschichte  gehalten 
habe.  Damals  war  es  nicht  meine  Absicht,  die  Ergebnisse 
meiner  Studien  über  die  älteren  Schiffsformen  alsbald 
im  Druck  erscheinen  zu  lassen.  Sie  waren  bisher  als 
Nebenfrüchte  anderer  Arbeiten  mir  bald  hier,  bald  da  zu- 
gefallen und  hatten  sich  allmählich  von  selbst  zu  einem 
Bilde  verdichtet.  Ich  konnte  die  Überzeugung  nicht  unter- 
drücken, daß  es  am  gedeihlichsten  wäre,  wenn  sie  in  dieser 
Weise  langsam  weiter  wüchsen  und  ausreiften,  zumal  ich 
mir  nicht  verhehlen  durfte,  daß  ich  gewisse  Fragen,  wo 
meine  Ansichten  zu  den  herrschenden  Meinungen  in  Ge- 
gensatz traten,  unbedingt  aufzuklären  hatte  und  dazu  mehr 
Zeit  erforderlich  schien,  als  mir  neben  meiner  laufenden 
Tätigkeit  zur  Verfügung  stand.  Nur  den  zahlreichen  Auf- 
forderungen zu  einer  Drucklegung,  die  nach  dem  Vortrag 
an  mich  gerichtet  wurden,  und  dem  liebenswürdigen 
Drängen  guter  Freunde   habe  ich   schließlich  nachgegeben. 

Die  Arbeit  gründet  sich  ganz  überwiegend  auf  eigene 
Forschungen.  Nur  im  ersten  Kapitel  hat  sie  Resultate  aus 
der  gedruckten  Literatur  übernehmen  müssen  und  können. 
Die  wichtigsten  Quellenstellen  sind  zwar  verschiedentlich 
schon  benutzt  worden.  Es  hätte  aber  das  vorliegende  Buch 
ganz  unnötig  belastet,  wenn  ich  mich  in  eine  Polemik 
mit    anderen    Anschauungen    eingelassen,     oder    auch    nur 


VIII  Vorwort, 

die  abweichenden  Ansichten  mitgeteilt  hätte.  In  meinem 
Vortrag  wollte  ich  Neues  geben,  Unbekanntes  klären  und 
nichts  weiter,  nicht  nacherzählen,  was  man  in  allen 
Büchern  finden  kann.  Hier  habe  ich  einige,  namentlich 
die  ersten  Partien  näher  ausführen  müssen.  Aber  es  lag- 
doch  nicht  in  meinem  Sinn,  da,  wo  unsere  Kenntnis  vom 
Schiffswesen  dank  der  gleichzeitigen  Literatur  auf  einer 
soliden  Basis  ruht,  d.  h.  von  der  Mitte  des  17.  Jahrhunderts 
an,  über  die  Umrisse  hinauszugehen.  Die  Schrift  sollte 
auch  keine  Archäologie  oder  Rüstkammer  werden,  in  der 
man  sich  über  alle  Schiffstj'pen  orientieren  kann,  sondern 
nicht  mehr,  als  was  der  Titel  besagt. 

Ich  habe  mich  bemüht,  meine  Worte  so  zu  fassen, 
daß  sie  auch  für  einen  Nichtfachmann  verständlich  sind, 
und  deshalb  technische  Spezialausdrücke  möglichst  im 
Text  erklärt  oder  vermieden.  Das  beigefügte  Sachregister 
bietet  darum  kein  Glossar.  Wer  eines  solchen  bedarf,  ziehe 
A.  Stenzel,  Deutsches  Seemännisches  Wörterbuch,  zu  Rate. 
Das  Register  bringt  der  besseren  Übersicht  wegen  alle 
Typennamen  unter  der  Rubrik  Schiffsbezeichnungen  und 
ebenso  alle  Segel  unter  diesem  Stichwort,  ohne  sie  in  der 
alphabetischen  Folge  nochmals  aufzuführen. 

Ich  habe  die  mannigfaltigste  Förderung  von  den  ver- 
schiedensten Seiten  erfahren.  Ich  konnte  ungedrucktes 
Material  der  Staatsarchive  von  Lübeck,  Bremen  und  Ham- 
burg und  des  Emder  Stadtarchives  verwerten.  Von  der 
hiesigen  Stadtbibliothek  und  der  Kommerzbibliothek  bin 
ich  in  jeder  Weise  unterstützt  worden.  Das  Museum  für 
hamburgische  Geschichte  hat  das  Bild  auf  Tafel  XXVII 
freundlichst  zur  Reproduktion  überlassen..  Den  Leitern 
und  Beamten  dieser  Institute  sei  hiermit  mein  Dank  aus- 
gesprochen. Herr  Professor  Dr.  A.  Warburg  stellte  mir 
in  liebenswürdigster  Weise  das  auf  Tafel  XVII  wieder- 
gegebene italienische  Truhenbild  zur  Verfügung.  Vielfache 
Anregungen  und  Aufklärungen  verdanke  ich  meinen  Freun- 
den Herrn  Dr.  Walter  Vogel  in  Berlin  - Friedenau  und 
Herrn  Dr.  Hermann  Joachim  in  Hamburg,  der  sich  auch 
der  mühevollen  Arbeit  des  Korrekturlesens  unterzogen  hat. 


Vorwort.  IX 

Ganz  besonders  aber  bin  ich  Herrn  P.  H.  Trümmer  in 
Hamburg  verpflichtet,  der  mir  rückhaltlos  die  reichen  Schätze 
seiner  Siegelsammlung  und  Bibliothek  zur  freien  Benutzung 
zugängig  machte  und  damit  die  Fertigstellung  der  Arbeit 
in  der  Form,  wie  sie  vorliegt,  überhaupt  erst  ermöglichte. 
Ihnen  allen  sage  ich  hiermit  meinen  herzlichsten  Dank. 

Das  Buch  durfte  ich  zu  meiner  Freude  dem  Manne 
widmen,  der  wie  kein  anderer  in  der  deutschen  Gelehrten- 
welt schon  über  vierzig  Jahre  als  Bahnbrecher  und  Förderer 
aller  seegeschichtlichen  Studien  wirkt,  meinem  verehrten 
Lehrer,  Herrn  Geheimen  Regierungsrat  Professor  Dr. 
Dietrich   Schäfer. 

Hamburg,  den  30.  September  1913. 

Bernhard  Hagedorn. 


Inhalts-Übersicht. 


Seite 

Vorwort VII 

Inhalts -Übersicht X 

Verzeichnis  der  Tafelbilder  .     .     , XIII 

Verzeichnis  der  Textbilder XV 

Verzeichnis  gebrauchter  Abkürzungen XVI 

Älteste  Zeit 1—10 

Bedeutung  der  atlantischen  Küste  Europas  für  das 
Schiffswesen  im  allgemeinen  1.  Nachrichten  der  antiken 
Autoren  2.  Schiffahrt  der  Nordseeküste,  der  Ost-  und 
Nordgermanen,  Nydam-Boot  3.  Wikinger,  Gokstad- 
boot  3.  —  Quellenmaterial  und  Forschungsprobleme  6. 
Wanderungen  der  Typennamen  7—10. 

Kogge 10—24 

Bildermaterial  10.  Bayeuxteppich,  Siegel  von  Bergen 
und  Neustadt  a.  d.  Ostsee  11.  Verschwinden  des  nord- 
germanischen Typs  12.  Aussehen  der  Koggen  13.  Ta- 
kelung 14.  Segelleistungen,  Steuerung  15.  Schiffsmaß: 
Last,  Tonne  16.  Vermessung,  Schiffsgrößen  17.  Ver- 
breitung der  Koggen  18—20.  Häufigkeit  der  Reisen  20. 
Tiefgang,  Fahrwasser,  Seezeichen  21.  Häfen,  Leichter- 
wesen 22.  Herkunft  des  Namens  Kogge,  Cogsculd  23. 
Ursprung  des  Typs  des  schweren  Lastschiffes  24. 

Nef 24—36 

Weinfahrt  von  Westfrankreich  nach  Flandern  und 
England  24.  Roles  d' Oleron  25.  Aufkommen  des  Namens 
Kogge  25.  Nef  und  Kogge,  Verwandtschaft,  Unter- 
schied 26 — 28.  Verdrängung  des  Nefs  durch  den  Koggen 
28—30.  Nefbilder  30.  Herkunft  des  Nefs  31.  Kelten- 
schiffe, Cäsars  Bericht  34. 


Inhalts  -  Übersiclit.  XI 

Seite 

Die  Lastschiffe  des  Mittelmeeres 36 — 41 

Verbindung  zwischen  der  atlantischen  und  der 
Mittelmeerküste,  Kreuzzüge  36.  Lastschiff  des  Mittel- 
meers 37—39.  Einführung  des  Koggen  39,  40.  Einheit- 
lichkeit im  Typ  des  großen  Seeschiffs  41. 

Hulk 41—56 

Entwickelung  des  Koggentyps,  Kastelle  41,  42. 
Aufkommen  neuer  Typbezeichnungen  42.  Herkunft  des 
"Wortes  Hulk  43.  Verdrängung  des  Namens  Kogge  46. 
Niederländische  Binnenkoggen  47—50.  Entwickelung 
des  Hulks  50.  Aussehen  50,  51.  Schiffsgrößen  52. 
Eahrwasserschwierigkeiten ,  Beschlüsse  des  Hansetags 
von  1412  53.     Takelung  54,  55.     Beplankung  55. 

Kravel 56—78 

Kravelsbeplankung  56.  Karavellen  57.  Einführung 
der  Kravelsbeplankung  58.  Das  große  Kravel  in  Danzig 
59 — 61.  Aufkommen  des  Dreimasters  62,  63.  Steigerung 
der  Schiffsgrößen,  Ausbildung  des  Schiffsrumpfes  64. 
Schiffbau  der  Franzosen,  der  Engländer  65.  Spanien 
und  das  Ostseegebiet  als  Führer  im  Schiffbau  66.  Unter- 
schied beider  Typen  67.  Danziger  Schiffbau  68.  Lübecks 
Schiffbau  69.  Englischer  Kriegsschiffbau  70.  „Stora 
Krafveln"  70.  „Der  lübische  Adler"  71.  Ausbildung  der 
Takelung  72,  73.  Kauffahrer  um  1520  73.  Rahsegel  74. 
Spanier  75.    Tiefgang  76.    Fahrwasserschwierigkeiten  77. 

Bojer 78—92 

Wattenfahrwasser  der  deutsch  -  niederländischen 
Nordseeküste,  Überwattverkehr  78.  Schiffsbild  der  Heures 
de  Turin  79.  Sprietsegel,  Fock  80.  Bojer,  Eindringen 
in  den  großen  Seeverkehr  81.  "Wirtschaftliche  Vorzüge 
des  Typs  83.  Aussehen.  Maße,  Takelung  84—87.  Emder 
Kauffahrteiflotte  1575  88.     Verbreitung  der  Bojer  90. 

Boot  . 92—102 

Fischereifahrzeuge  92,  93.  Doggboote  94.  Boote 
zur  Kauffahrt  95.  Vlieboote  96.  Aufkommen,  Größe  97. 
Bremer  Kauffahrteiflotte  um  1600  98.  Vorzüge  des 
Typs  99.     \A^irkung  auf  den  Sundverkehr  100. 

Fleute 102—118 

Fleutenbau  in  Hoorn  102.  Name  103.  Pinaß- 
schiff  104.  Bumpfform,  Takelung  105.  Proportionen  106. 
Vorzüge  des  Typs  107.  Ausbreitung  108.  Spanienfahrt, 
Mittelmeerverkehr  109.  Sundstatistik  110—112.  Krisis 
in  der  Reederei   112  — 114.     Annahme   des   Typs  durch 


XU  Inhalts -Übersicht. 

Seite 
die  verschiedenen  Nationen  115,   116.     Bremer  Schiffs- 
bestand 117.     Verschwinden   der  Boote  und  Bojer  117. 
Galiot,  Kleinschiffahrt,  Aufkommen  des  Gaffelsegels  118. 

Grundzüge  der  weiteren  Entwickelung 119 — 122 

Wechsel  der  Prinzipien  120.  Gang  der  Entwickelung 
vom  Pinaßschiff  zum  Voll-  und  Barkschiff  121.  Größen- 
verhältnisse 121.  Einfluß  der  Amerikaner:  Schuner  und 
Klipper  122. 

Register 123—133 


Verzeichnis  der  Tafelbilder, 


Tafel       I:  Gokstad-Boot.     Im  Universitätsliof  zu  Kristiania. 

„        II:  Schiffsdarstellungen    auf    dem    Bayeux  -  Teppich. 
„      ni:  Siegell):  Bergen  1276. 

Neustadt  an  der  Ostsee  1351. 
„      IV:  Siegel:  Lübeck  1230. 

Winchelsea. 
V:  Siegel:  Elbing  1242. 

Stavoren  1246. 
„       VI:  Siegel:  Wismar  1256. 

Harderwijk  1280. 
„     VII:  Siegel;  Danzig  1299. 

Stubbekjöbing  1367. 
„   VIII:  Siegel:  Kiel  1365. 

Danzig  1871. 
„      IX:  Siegel:  Stralsund  1306. 

Wismar  1354. 
„.       X:  Siegel:  Stralsund  13292). 

Elbing  1350. 
„      XI:  Siegel:  Stavoren  1415. 

I  p  s  w  i  eil. 
„     XII:  Siegel:  Danzig  (Sekret)  1400. 

Danzig  (großes  Stadtsiegel)  1400. 
„  XIII:  Siegel:  Elbing  1424. 

Wiericlisbarde. 
„    XIV:  Siegel:  Amsterdam  1418. 
'_  Eye. 

1)  Die  auf  Tafel  IX  abgebildeten  Siegel  stammen  aus  dem 
Staatsarchiv  der  Freien  und  Hansestadt  Lübeck,  alle  anderen  aus  der 
Sammlung  des  Herrn  P.  H.  Trümmer  in  Hamburg. 

2)  Stempel  von  diesem  .Jahre.  Vgl.  Chr.  Reuter,  Das  Zweite 
Stralsundische  Stadtbuch  (Stralsund  1896)  Nr.  2. 


^^^  Verzeichnis  der  Tafelbilder. 

Tafel         XV:  Siegel:  Vizeadmiral  von  England  ]413. 

John  Holland  als  Admiral  von  England 
1417. 

Tenby. 
„  XVI:  Seeschlacht     bei    Guernsey    1342.       Miniatur     der 

Froissart- Chronik.     Bibliotheque  Nationale    in 

Paris. 
„        XVII:  Italienisches  Truhenbild  von  1450— 1460.    Kestner- 

Museum  in  Hannover. 
„      XVIII:  Siegel:  Louis  de  Bourbon  1466. 

Miniaturbild  der  Grandes  Chroniques  de  France. 
Bibliotheque  Nationale  in  Paris. 
„         XIX:  Siegel:  Maximilian  undMaria  von  Burgund  1478. 

Maximilian    als   Präfekt    von    Burgund 
1493. 
„  XX:  Carpaccio:    Szene    aus   dem  Leben  der    heiligen 

Ursula.      Real    Academia    di    Belle    Arti    in 

Venedig. 
„         XXI:  Die    Santa  Maria    des  Columbus.     Moderne  Nach- 
bildung im  Britischen  Museum  in  London. 
,,        XXII:  Der    Untergang    des    lübischen  Bergenfahrers 

Hans  Ben  1489.     Votivbil d  in  der  Brief kapelle 

der  Marienkirche  zu  Lübeck. 
.,      XXIII:  Der  Jesus  von  Lübeck  1544.     Aus  einer  Bilderhand- 
schrift des  Britischen  Museums  in  London, 
„       XXIV:  Der    große  Adler    von    Lübeck.      Gemälde    in    der 

Schiffergesellschaft  zu  Lübeck. 
„        XXV:  Spanische   Galeonen.      Stich    nach  Bieter   Breughel 

dem  Alteren. 
„       XXVI:  Die  Meerfahrt  der  Heiligen.    Aus  Heures  de  Tui-in. 
„     XXVII:  Fleuten.     Unbekannter  niederländischer  Badierer. 
,,  XXVIII:  Pinaßschiffe.      Gemälde  von  Willem    van    de  Velde 

dem  Jüngeren  in  Budapest. 


Verzeichnis  der  Textbiider. 


Seite 

1.  Nydam-Boot.  Aus  Engelliardt,  Nydam  Mosefund  (Kjöben- 
havn  1865) 4 

2.  Siegel  von  la  Roch  eile  (1308).   Aus  Les  armoiries  de  la  ville 

de  Paris  II  Tafel  5 31 

3.  Großes  Mittelmeerlastschiff  (12.  und  13.  Jahrhundert). 
Aus  Lapidario  del  Hey  D.  Alfonso  X.  [Madrid]       38 

4.  Siegel  von  Laredo.  Aus  Duro,  La  Marina  de  Castilla 
(Madrid  1894) 51 

5.  Lübecker  Kravel  um  1530.  Schnitzerei  in  der  Schiffer- 
gesellschaft in  Lübeck      69 

6.  Schwedisches  Kravel  (Stora  Krafveln?),  auf  dem  Plan  von 
Stockholm,  entworfen  von  Hieronymus  Scholeus.  Aus  Braun 
und  Hogenljerg,  Civitates  orbis  terrarum  IV 71 

7.  Aufriß  eines  Kauffahrers  (Kravels)  um  1520.  Aus  Wit- 
sen,  Aeloude  en  hedendaegsche  scheepsbouw  en  bestier.  Am- 
sterdam 1671 73 

8.  Eahsegel.  Aus  Braun  und  Hogenberg,  Civitates  orbis  ter- 
rarum I  (1572),  Plan  von  Hamburg      74 

9.  Bojer  und  Binnenlandsfahrer.  Aus  Braun  und  Hogen- 
berg, Civitates  orbis  terrarum  III,  Plan  von  Dordrecht    ...     82 

10.  Bojer.     Aus  Aurigarius,  Speculum  Marini  (1586),  Küste  von 
Bergen  in  Norwegen 84 

11.  Enkhuizer  Rahbojer.     Aus  Aurigarius,   Speculum   Marini 
(1586),  Küste  von  Marstrand 85 

12.  Boote   auf  der  Dogge rbank.     Aus  Aurigarius,   Speculum 
Marini  (1586) 94 

13.  Enkhuizer  Boot.     Aus  Aurigarius,  Speculum  Marini  (1586), 
Küste  von  Ripen 95 


•XVI  Verzeiclmis  der  Textbilder.     Abkürzungen. 

Seite 

14.  Vlieboote.     Aus  Braun  und  Hogenberg,   Civitates  orbis  ter- 
rarum  IV,   Pläne  von  Stavoren,   Hindeloopen  und  Harlingen     96 

15.  Flauten  und  eine  Galiot.     Aus  Witsen,  Aeloude  en  heden- 
daegsche  scheepsbouw  (Amsterdam  1671) 104 

16.  Längsdurchschnitt  eines  Pinaßschif fes.     Aus  Witsen, 
Aeloude  en  hedendaegsche  scheepsbouw  (Amsterdam  1671)     .  105 


Abkürzungen  häufiger  zitierter  Werke. 


Hans.  Gesch.-Bl.:  Hansische  Geschichtsblätter. 

H.  U.-B.:  Hansisches  Urkundenbuch,  I— III  bearbeitet  von  Konstantin 

Höhlbaum,  IV— VI  von  Karl  Kunze,  VIII— X  von  Walther  Stein. 
H.  B.:  Hanse  -  Rezesse,  I  (1256  —  1430)  bearbeitet  von  Karl  Koppmann, 

II    (1431  —  1476)    von    Goswin    Freiherr    von    der    Kopp,    III 

(1477—1530)  von  Dietrich  Schäfer,  von  Bd.  VIII  an  in  Verbindung 

mit  Friedrich  Techen. 

MGrU.:  Monumenta  Germaniae  Historica. 


Älteste  Zeit. 

Die  Anfänge  der  Seefahrt  liegen  in  vorgeschichtliclier 
Zeit.  In  den  frühesten  Spuren  menschlichen  Daseins  finden 
sich  schon  deutliche  Anzeichen  dafür,  daß  die  damaligen 
Bewohner  der  Erde  Mittel  und  Werkzeuge  zur  Beherr- 
schung des  Wassers  besaßen.  Bei  der  Erschließung  der 
Welt  durch  die  Westeuropäer  seit  dem  Ausgang  des 
15.  Jahrhunderts  hat  man  nur  wenige  Naturvölker  an- 
getroffen, die,  obwohl  am  Meere  gesessen,  doch  nicht  im 
Besitz  von  Fahrzeugen  waren,  mit  denen  sie  wenigstens 
eine  kürzere  Wasserstrecke  zu  bewältigen  vermochten,  da- 
gegen viele,  die  es  zu  außerordentlich  hohen  schiffbaulichen 
und  seemännischen  Leistungen  gebracht  hatten.  Wollte 
man  auf  alle  Formen  von  Schiffen  und  Fahrzeugen  ein- 
gehen, die  jemals  bestanden  haben,  so  könnte  man  viele 
Bände  damit  füllen.  Für  die  Entwickelung  der  heutigen 
Schiffstypen  sind  die  meisten  belanglos  geblieben. 

Die  Urformen  der  Fahrzeuge,  die  seit  dem  16.  Jahr- 
hundert sämtliche  Meere  der  Welt  beherrschen,  sind  ein 
Erzeugnis  der  atlantischen  Küste  Europas.  Auf  der  km^zen 
Strecke  vom  Kap  Finisterre  in  Nordspanien  bis  zum 
Drontheimer  Fjord,  da,  wo  heute  noch  mehr  als  drei  Viertel 
der  gesamten  Handelsflotte  der  Welt  ihre  Heimat  haben, 
sind  sie  entstanden  und  fortgebildet  worden  unter  nur  ganz 
geringen  Einflüssen  von  anderen  Grebieten  her. 

Als  die  Kulturnationen  des  Mittelmeeres  zuerst  an  die 
Gestade  des  Atlantischen  Ozeans  vordrangen  und  damit  diese 
Gegenden  zu  geschichtlichem  Dasein  erweckten,  fanden  sie 
hier  eine  hochentwickelte  Schiffahrt  vor,  für  die  der  Ozean 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstyi)en.  1 


2  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

niclit  melir  ein  trennendes,  sondern  ein  Länder  und  Völker 
verbindendes  Element  war,  die  den  Gewalten  des  Weltmeeres 
besser  gewachsen  war  als  die  Fahrzeuge  des  Mittelmeers. 
Es  hat  nicht  an  Versuchen  gefehlt,  das  Seewesen  der  nörd- 
lichen Völker  auf  Ausstrahlungen  der  südlichen  Kulturwelt 
zurückzuführen.  Jedoch  die  maritimen  Leistungen  von 
Griechen  und  Römern  können  sich  mit  denen  der  Ger- 
manen, Kelten  und  Basken  in  keiner  Weise  messen.  Man 
erinnere  sich  nur  an  die  Mißgeschicke,  die  Cäsar  auf  seinen 
britannischen  Expeditionen  und  Germanicus  auf  seiner 
Heimkehr  vom  Weserfeldzuge  zu  erleiden  hatten.  Schiffs- 
katastrophen, wie  sie  die  ältere  Geschichte  des  Mittelmeeres 
so  zahlreich  kennt,  sind  den  atlantischen  Seefahrern  fremd. 
.Es  versteht  sich  übrigens  von  selbst,  daß  auf  einem  Binnen- 
meere nicht  die  Schiffsformen  erfunden  werden  konnten, 
die  dem  Ozean  angemessen  waren;  das  konnte  nur  an  den 
Küsten  des  Weltmeeres  selbst  geschehen. 

Die  spärlichen  und  obendrein  durch  Stileigentümlich- 
keiten und  Manier  der  Schriftsteller  verdunkelten  Nachrichten 
der  antiken  Autoren  über  das  Seewesen  an  den  atlantischen 
Küsten  geben  kein  Bild  von  dem  Umfang  und  der  Gestalt  der 
Verkehrsbeziehungen.  Sie  lassen  aber  so  viel  erkennen,  daß 
die  Schiffsformen  je  nach  der  Art  der  natürlichen  Be- 
schaffenheit der  Küsten  verschieden  waren.  Man  kann 
drei  Schiffahrtsgebiete  unterscheiden:  den  keltischen  Westen 
mit  seinen  schweren  hochbordigen  Lastschiffen,  die  Watten- 
küste  der  Nordsee,  endlich  das  Bereich  der  Ost-  und  Nord- 
germanen. 

Über  das  Mittelgebiet  sind  wir  am  schlechtesten  unter- 
richtet. Es  ist  zweifellos,  daß  in  den  friesischen  und  deut- 
schen Küstenland  Schäften  ein  außerordentlich  reger  Wasser- 
verkehr bestanden  hati.  Es  wird  auch  richtig  sein,  daß 
dabei  der  ausgehöhlte  Baumstamm,  der  Einbaum,  eine 
große  Rolle  spielte.  Aus  den  kühnen  ßaubfahrten,  die  die 
Bewohner  dieser  Gegenden  in  die  westlichen  Küstengebiete 

1  Eine  gewisse  Vorstellung  von  dem  Schiffswesen  vermag  immer- 
hin der  Bericht  des  Tacitus  über  Civilis"  Flottenrüstung  zu  geben 
(Historien  V,  23). 


Alteste  Zeit.  3 

macliten,  und  den  umfangreichen  Schutzmaßnahmen,  zu 
denen  sie  die  römischen  Behörden  nötigten,  muß  man  jedoch 
schließen,  daß  sie  auch  wetterfeste  seetüchtige  Schiffe  be- 
sessen haben  ^. 

Über  die  Schiffahrt  der  Ostgermanen  liegt  zwar  nur 
ein  kurzer  Bericht  bei  Tacitus  vor  2,  wonach  die  Suionen 
(Schweden)  auch  durch  ihre  Flotten  mächtig  waren,  vorn 
und  hinten  gleichförmig  gebaute  Ruderschiffe  hatten,  die 
nach  beiden  Seiten  fortbewegt  werden  konnten ;  aber  durch 
archäologische  Funde  sind  diese  Schiffsformen  uns  voll- 
kommen wieder  erstanden.  An  der  schwedischen  und  süd- 
norwegischen Küste  sind  verschiedentlich  alte  Schiffs- 
darstellungen auf  Steinen  und  Bronzegeräten  entdeckt 
worden,  die  zum  Teil  noch  der  jüngeren  Steinzeit  an- 
gehören und  dem  zweiten  vorchristlichen  Jahrtausend  zu- 
geschrieben werden  ^. 

1863  ist  im  Nydam-Moor  am  Alsensund  eins  dieser 
ostgermanischen  Ruderboote  in  bester  Erhaltung  ans  Tao-es- 
hcht  gebracht  worden,  das  sich  jetzt  im  Kieler  Museum 
vaterländischer  Altertümer  befindet.  Es  stellt  dem  tech- 
nischen Können  und  der  Sorgfalt  seiner  Erbauer  das 
glänzendste  Zeugnis  aus.  Das  Boot  besteht  aus  elf  starken 
Eichenplanken:  der  Kielplanke,  auf  die  beide  Steven  auf- 
gesetzt sind,  und  fünf  an  jeder  Seite,  die  klinkerförmig,  d.  h. 
eine  über  die  andere  greifend  aneinander  genietet  sind. 
Es  mißt  fast  24  m  von  Steven  zu  Steven  und  3,4:  m  in 
der  größten  Breite.  19  Rippen  oder  Spanten  stützen  von 
innen  die  Planken.  Das  Ruder  befand  sich  auf  der  einen 
Seite  etwa  3  m  vom    Steven    entfernt.     Die  Fortbewegung 

1  Vgl.  die  Zusammenstellung  von  Einbaumfunden  bei  Keble 
Chatterton,  Sailing  ships  (London  1908),  S.  95  ff.  Alle  diese  Kähne 
waren  aber  zu  wirklichen  Seefahrten  nicht  befähigt.  Witsen,  Ael- 
oude  en  hedendaegsche  scheepsbouw  en  bestier  (Amsterdam  1671), 
S.  39,  berichtet  von  dem  Funde  eines  Einbaums  mit  Ruderbänken, 
Vor-  und  Hintersteven  bei  Muiden. 

-  Germania,  44.  Vgl.  hierzu  und  zum  folgenden  Vogel,  Von 
den  Anfängen  deutscher  Scliif fahrt,  Prähistorische  Zeitschrift  IV 
(1912),  Heft  1/2  Seite  1  ff. 

3  Vgl.  Vogel  a.  a.  O.  S.  4,  5. 

1* 


4  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypen. 

geschali  durch  28  Riemen,  die  auf  der  Bordwand  befestigt 
wurden.     Das  Boot    führte    keinen    Mast,    ist    auch    seiner 


1.  Nydam-Boot. 
Aus  Engelhardt,  Nydam  Mosefund  (Kjöbenliavn  1865). 

schlanken  Bauart  nach  nicht  zum  Segeln  befähigt.  Man 
hat  in  ihm  römische  Münzen  aus  den  Jahren  69  bis  217  n. 
Chr.  gefunden  und  kann  es  danach  datieren  i. 

Das  Nydamboot  ist  ein  Vorgänger  der  Fahrzeuge, 
welche  die  Nordmannen  gebrauchten  auf  ihren  Zügen,  diesen 
letzten  Bewegungen  der  germanischen  Völkerwanderung. 
Die  Kriegsboote  der  Wikinger,  die  sogenannten  Lang- 
schiffe, sind  durch  die  Funde  mehrerer  guterhaltener  Exem- 
plare der  Jetztzeit  wieder  lebendig  geworden.  Das  beste  und 
bekannteste  ist  das  1880  bei  Gokstad  am  Kristianiafjord 
ausgegrabene  Boot,  das  jetzt  im  Universitätshof  in  Kristi- 
ania aufgestellt  ist  (Abb.)2.  In  diesem  Fahrzeug  erscheint 
der  nordgermanische  Typ  in  seiner  Vollendung.  Eine  Nach- 
bildung des  Bootes  wurde  1892  nach  Amerika  hinüber- 
gesandt und  hat  seine  außerordentUche  Seetüchtigkeit 
erwiesen.  Gegenüber  dem  Nydamboot  zeigt  das  Gokstad- 
schiff,  dessen  Erbauung  man  um  900  ansetzt,  manche  Fort- 
schritte. Es  ist  etwa  ebenso  lang,  20,1  m  im  Kiel  und 
23,8  m  zwischen  beiden  Steven,   dagegen  5,1  m   breit  und 


1  Vgl.  Conr.  Engelhardt,  Nydam  Mosefund,    Kjöbenhavn  1865. 

2  Vgl.  hierüber  und  über  das  folgende  Vogel,  Zur  nord-  und 
westeuropäischen  Seeschiffahrt  im  früheren  Mittelalter,  Hans.  Gesch.- 
Bl.  1907  S.  175  ff.,  wo  auch  die  skandinavische  Literatur  nach- 
gewiesen wird. 


Älteste  Zeit.  5 

beträclitlich  höher:  namentlich  an  beiden  Steven  sind 
die  Planken  hoch  emporgeführt,  was  die  Seetüchtigkeit 
des  Fahrzeugs  sehr  erhöht.  Der  Kiel  ist  viel  mächtiger 
und  stärker.  Die  Riemen  sind  nicht  auf'  der  Bordwand 
angebracht,  sondern  in  Löchern,  die  in  die  Beplankung 
gebohrt  sind.  Ein  Fußboden  zieht  sich  über  das  ganze 
Schiff  hin.  Darüber  ist  mittschiffs  durch  zwei  schräge 
Bretterwände  eine  Hütte  errichtet.  Das  Ruder  ist  am 
Steuerbord  befestigt  und  wird  um  eine  Vertikalachse  be- 
wegt. Die  wichtigste  Neuerung  besteht  darin,  daß  das 
Boot  einen  Mast  führt,  an  dem  eine  Rah  mit  einem  vier- 
eckigen Segel  angebracht  war.  Allerdings  konnte  das 
schlanke  flachgehende  Fahrzeug  nur  vor  dem  Winde  segeln; 
höchstens  schwache  seitliche  Winde  wußte  man  noch  zu 
nutzen. 

Boote  desselben  Typs  sind  an  verschiedenen  Stellen 
bald  mehr,  bald  weniger  gut  erhalten  aufgefunden  worden. 
Es  muß  jedoch  nach  den  chronikalischen  Berichten  noch 
wesentlich   größere  Fahrzeuge   dieser   Art   gegeben  haben. 

So  außerordentlich  wertvoll  es  ist,  daß  hier  einmal 
ein  Schiffstyp  der  Vergangenheit  wiedererstanden  ist,  so 
darf  man  doch  die  Tragweite  dieser  Tatsache  nicht  über- 
schätzen. Von  der  gesamten  Schiffahrt  der  Zeit  haben  wir 
damit  noch  keineswegs  ausreichende  Kunde  erlangt.  Kennt 
man  auch  das  Leben  und  Treiben  auf  den  Kriegsbooten  der 
Wikinger  und  ihre  Leistungen  aus  den  Schilderungen  der 
Sagas,  so  herrscht  doch  schon  Unklarheit  wenn  wir  nach 
den  Verschiedenheiten  fragen,  die  zwischen  den  Lang- 
schiffen und  den  Handelsfahrzeugen  der  Nordmannen  be- 
standen haben  müssend  Daß  ihr  Handelsverkehr  eine 
große  Bedeutung  hatte ,  ist  durch  archäologische  Funde  und 
mannigfaltige  Berichte  sicher  gestellt;  jedoch  scheint  er 
sich  auf  den  Transport  von  feineren  Waren  beschränkt 
und  demgemäß  auch  keine  großen  Laderäume  erfordert 
zu  habend.     Wieweit  neben  der  Schiffahrt  der  Nordmannen 


1  Vgl.  Vogel,  Hans.  Gesch.-Bl.  1907  S.  184  Anm.  1. 

2  Vogel  a.  a.  0.  S.  175  ff. 


6  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

der  Seeverkehr  der  anderen  Nationen  fortgelebt  hat  und 
vor  allem,  welcher  Art  er  gewesen  ist,  und  wie  die  Fahr- 
zeuge ausgesehen  haben,  darüber  ist  tiefes  Dunkel  verbreitet. 
Wir  wissen  nur,  daß  Friesen  und  Angelsachsen  Schiffe 
von  wesentlich  anderer  Gestalt  besessen  haben. 

So  wenig  es  möglich  ist,  auf  Grund  der  geringen 
Nachrichten  aus  der  Zeit  vor  dem  13,  Jahrhundert  eine 
einigermaßen  brauchbare  Handelsgeschichte  zu  schreiben 
ohne  eine  genaue  Kenntnis  späterer  Epochen,  so  kann  man 
auch  für  die  Schiffahrt  nur  durch  vorsichtige  Rückschlüsse 
aus  Zeiten,  für  die  ein  reicheres  Quellenmaterial  vorüegt, 
zu  anschaulichen  Vorstellungen  gelangen.  Was  über  das 
Seewesen  in  früheren  Jahrhunderten  berichtet  wird,  be- 
trifft fast  nur  Kriegs-  und  Raubfahrten.  Der  friedliche 
Handelsverkehr  hat  sich  der  Überlieferung  entzogen,  bis 
seit  dem  Ausgang  des  12.  Jahrhunderts  bald  hier,  bald 
da  der  Schleier  sich  lüftet  und  ein  reich  entwickeltes 
blühendes  Verkehrsleben  vor  den  Blicken  des  Forschers 
enthüllt  wird.  Es  sind  vor  allem  die  seit  Johann  (1199 
bis  1216)  in  ziemlich  lückenloser  Folge  erhaltenen  Register 
der  englischen  Könige,  die  für  lange  Zeiten  die  wichtigste 
Quelle  für  die  Kenntnis  der  Schiffahrt  überhaupt  bilden. 
Die  Überlieferung  ist  seitdem  nicht  mehr  unterbrochen 
worden;  anfangs  noch  spärlich  fließend,  ermöglicht  sie 
späterhin  eine  immer  tiefer  eindringende  Erfassung  des 
gesamten  Seelebens. 

Es  muß  wenigstens  mit  einigen  Worten  auf  die 
Schwierigkeiten  und  Probleme  eingegangen  werden,  die  sich 
der  Forschung  bei  dem  Bestreben,  von  den  Schiffsformen 
der  Vergangenheit  wieder  eine  lebendige  Vorstellung  zu 
bekommen,  in  den  Weg  stellen.  Archäologische  Funde 
von  größerer  Bedeutung  liegen  für  die  Folgezeit  nicht  vor. 
Wir  sind  einmal  angewiesen  auf  die  bildnerischen  Dar- 
stellungen von  Schiffen,  wie  sie  vorzüglich  auf  den  Siegeln 
der  Seestädte,  auf  Münzen  und  in  Miniaturen  auf  uns 
gekommen  sind,  und  dann  auf  urkundliche  und  chroni- 
kalische Nachrichten  über  das  Seewesen.     Die  Bilder  geben 


Älteste  Zeit.  7 

wohl  einen  Begriff  von  dem  Äußeren  von  Schiffen,  aber 
sie  sagen  nichts  aus  über  die  Größe,  Leistungsfähigkeit 
und  Verbreitung  eines  bestimmten  Types.  Die  literarischen 
Zeugnisse  enthalten  viele  Einzelheiten  hierüber,  vermögen 
jedoch  keine  Anschauung  von  dem  Aussehen  der  Fahrzeuge 
zu  vermitteln.  Schiffsbilder  mit  einer  begleitenden  Text- 
erklärung, und  mag  diese  auch  nur  auf  die  Typbezeichnung 
sich  beschränken,  finden  sich  erst  seit  dem  Ausgang  des 
15.  Jahrhunderts  ^  Die  Aufgabe  der  Forschung  muß  also 
sein,  eine  Verbindung  zwischen  beiden  Arten  von  Quellen 
herzustellen,  die  in  der  Überlieferung  erkannten  Typen 
mit  erhaltenen  Bildern  zu  identifizieren. 

Das  ist  jedoch  nur-  in  beschränktem  Umfang  möglich. 
Denn  erstens  kommen  zahlreiche  Schiffsarten  nebeneinander 
vor  und  zweitens  sind  die  Typenbezeichnungen  nichts 
Festes,  sondern  befinden  sich  in  einem  steten  Fluß.  Ein 
Beispiel  wird  den  Umfang  der  Wanderungen  und 
Wandlungen  der  Typennamen  am  besten  veranschau- 
lichen. 1629  ist  in  Ulm  ein  Werk  über  den  Schiffbau  der 
Mittelmeervölker  erschienen,  die  „Architectura  Navalis"  von 
Josephus  Furttenbach.  Es  behandelt  in  seinem  ersten 
Teile  die  Ruderf ahrzeuge ,  im  zweiten  die  Segelschiffe. 
Unter  den  Huderfahrzeugen  wird  zunächst  eingehend  die 
Galeere  (galea)  beschrieben,  darauf  kürzer  die  Galeazza, 
die  große  Galeere,  und  die  Galeotta,  die  kleine  oder  halbe 
Galeere.  Dann  folgen  der  Bergantino,  wobei  Furttenbach 
erklärt:  „Diß  ist  noch  kleiner  als  die  Galeotta  und  mag 
für  ein  viertel  Galea  gehalten  werden",  die  noch  kleinere 
Filucca  und  endlich  als  das  kleinste  seegehende  Ruderfahr- 


1  Eine  Ausnahme  macht  das  Siegel  (Revers)  von  New-Shoreham 
mit  der  Umsclirift  HOCHVLCI  SINGNO  VOCOR  OS  SIC  NOMINE 
DINGNO:  ein  mondsiclielförmiger  Schiffskörper,  auf  dem  hochgezoge- 
nen Bug  und  Heck  kleine  Aufbauten,  Hecksteuer,  Mast  mit  einer  Rah, 
über  der  Reeling  halbkreisförmige  Erhöhungen,  die  wohl  Scliilde  dar- 
stellen sollen  (Sammlung  Trümmer).  Über  die  „Mora"  Wilhelms  des 
Eroberers,  die  auf  dem  Bayeuxteppich  mit  Namen  bezeichnet  ist,  sind 
wir  zu  schlecht  unterrichtet.  Die  zahlreichen  Abbildungen  des  Unter- 
gangs des  weißen  Schiffes  lassen  sich  mit  den  literarischen  Zeug- 
nissen nicht  in  Einklang  bringen. 


8  Die  Entwickeluiif^  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

zeug  die  Fregata,  ein  schlankes  Schiff,  das  zwei  umlegbare 
Masten  mit  lateinischen  Segeln  führte,  die  aber  nur  bei 
ganz  ruhigem  Wetter  gebraucht  werden  konnten,  während 
sonst  die  Fortbewegung  durch  10  Riemen  geschah. 

Es  ist  noch  nicht  lange  her,  daß  der  stolze  Name  der 
Fregatte,  des  Schlachtkreuzers  aller  großen  Kriegsmarinen, 
aus  dem  Verzeichnis  der  deutschen  Reichsflotte  verschwunden 
ist.  Unsere  ältesten  Panzerschiffe  König  Wilhelm,  Fried- 
rich Karl,  Adalbert,  Kaiser  und  Deutschland  wurden  der- 
einst als  Panzerfregatten  geführt.  Im  neuesten  „Handbuch 
der  deutschen  Handelsmarine"  finden  sich  Galeassen  und 
Galioten  in  vielen  Exemplaren  verzeichnet.  Vor  nicht  all- 
zu langer  Zeit  standen  daneben  auch  Briggs  ^  und  Brigan- 
tinen. Die  Hamburger  Handelsflotte  zählte  1836  20  „Schiffe", 
25  Barkschiffe,  42  Briggs,  19  Gallioten,  18  Schooner, 
13  Galeassen,  2  Brigantinen,  3  Kuffs,  1  Barkantine, 
1  Schmack  und  2  Schaluppen^. 

Alle  diese  Schiffe  haben  mit  den  ehemahgen  Ruder- 
fahrzeugen des  Mittelmeers  nichts  als  den  Namen  gemein. 
Sie  sind  weder  aus  ihnen  hervorgegangen,  noch  hat  jemals 
der  geringste  äußerliche  Vergleichspunkt  bestanden,  der 
einen  rationellen  Anlaß  zur  Übernahme  der  Bezeichnungen 
hätte  abgeben  können.  Mit  absoluter  Willkür  sind  diese  ge- 
wandert. Auch  bei  der  Galeere  (galeye)  lassen  sich  ver- 
einzelte Fälle  nachweisen,  wo  der  Name  als  Typbezeichnung 
bei  nördlichen  Schiffen  diente  2,  ohne  allerdings  weitere 
Verbreitung  zu  finden,  so  daß  aus  der  ganzen  Reihe  der 
von  Furttenbach  beschriebenen  Ruderfahrzeuge  nur  die 
Filucca  ihren  Namen  nicht  weitergegeben  hat. 


1  Brigg  ist  eine  Abkürzung  von  Brigantine,  in  der  englischen 
Seemannssprache  entstanden. 

2  Insgesamt  146  seegehende  Schiffe  von  11  432  Kommerz-  oder 
17  148  gewöhnlichen  Lasten  (zu  4  000  Pfand  Tragfähigkeit).  Nach 
Soetbeer,  Statistik  des  hamburgischen  Handels  1839,  1840,  1841. 
Hamburg  1842. 

3  Z.  B.  Emder  Schiffskontraktenprotokoll  IV  Bl.  216;  1580 
April  22 :  Schiffer  Bauke  Eoertsen  „tho  Gast  in  Westfrießlandt"  kauft 
eine  halbe  „galeye"  von  80  Lasten  für  900  Gulden.  Vgl.  Oppenheim, 
The  Administration  of  the  Boyal  Navy  (London  1896)    S.  58,   59. 


Älteste  Zeit.  9 

Solclie  Wanderungen  von  Schiff sbezeiclinungen  sind 
zu  allen  Zeiten  vorgekommen.  Ohne  eine  äußere  Ver- 
anlassung, ohne  daß  ein  Typ  sich  irgendwie  verändert  hat, 
geht  der  alte  Name  verloren  und  büi'gert  sich  ein  neuer 
ein.  So  sind  z.  B.  die  Bezeichnungen  Tjalk  und  Kuff 
im  ausgehenden  17.  und  18.  Jahrhundert  aufgekommen. 
Andere  Artnamen  überdauern  alle  Umwandlungen,  die  der 
ursprünglich  mit  dem  Xamen  belegte  Tj-p  erfährt,  wie 
denn  der  Name  Kraier  schon  im  14.  Jahrhundert  für  ein 
Hochseeschiff  zweiten  Ranges  erscheint  und  diesen  Platz  bis 
ins  19.  Jahrhundert  behauptet  hat.  Die  eine  Bezeichnung 
wandert  von  einem  kleinen  auf  ein  großes  Schiff,  wie  Fre- 
gatte und  Korvette,  die  andere  nimmt  den  umgekehrten 
Weg.  Selbst  die  große  Karacke  der  südlichen  Nationen 
hat  es  sich  gefallen  lassen  müssen,  daß  ihr  Name  im  17. 
Jahrhundert  für  einen  Amsterdamer  Leichter  herhalten 
mußte. 

Aber  noch  schlimmer  ist,  daß  die  Artnamen  sich 
nicht  allgemein  durchzusetzen  vermögen.  Die  einzelnen 
Häfen  haben  ihre  Sonderbezeichnungen  und  gebrauchen  die 
gleichen  Namen  füi^  verschiedene  Schiffsformen.  So  ist 
im  16.  Jahrhundert  der  Name  Kravel  an  der  deutschen 
Nordseeküste  zur  Spezialbezeichnung  kleinerer  Küstenfahrer 
geworden,  während  er  in  Lübeck  als  Gemeinbezeichnung 
aller  mit  Kravelsbeplankung  versehenen  Schiffe  diente  und 
als  solche  gerade  für  die  größten  Segler  häufig  gebraucht 
wurde.  In  Spanien  aber  waren  die  Karavellen  seegehende 
Kauffähiger  zweiten  Banges  mit  drei  oder  vier  Masten,  von 
denen  die  Mehrzahl  lateinische  Segel  führte.  Dergleichen 
findet  sich  allenthalben  i. 

Sehr  häufig  verbinden  sich  auch  mit  den  allgemeinen 
Schiffsbezeichnungen  Kahn,  Nachen,  Boot,  Schiff  noch 
Spezialbegriffe.  Gerade  die  allergrößten  Typen  haben 
oft  keine  bestimmten  Namen  und  werden  dann  als  Schiff, 
Ship,    Nef,     Nave,    Nao,    Vaisseau    bezeichnet.      In    zahl- 

1  Vgl.  z.  B.  die  verscliiedenen  Abbildungen  von  Pinken  bei 
de  Polin,  Bateaus  et  navires.  Progres  de  la  construction  navale  ä  tous 
les  äges  et  dans  tous  les  pays. 


10  Die  Entwickelung-  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

reichen  Fällen  wird  dieselbe  Schiffsart  verschieden,  bald  so, 
bald  so  benannt.  Beim  Aufkommen  neuer  Typennamen 
pflegen  solche  Doppelbezeichnungen  aufzutreten,  da  es 
immer  einige  Zeit  dauert,  ehe  das  neue  Wort  sich  durch- 
setzt. Ihr  Nebeneinander  kann  jedoch  auch  sachlich 
begründet  sein.  So  konnte  in  Emden  im  ausgehenden 
16.  Jahrhundert  ein  und  dasselbe  Schiff  einmal  als  Bojer 
nach  der  Form  des  Rumpfes  und  der  Takelung,  dann  als 
Kravel  nach  der  Beplankung,  oder  aber  als  Witschip  im 
G-egensatz  zu  den  Schmalschepen,  die  durch  die  Schleuse 
von  Gouda  passieren  konnten,  bezeichnet  werden. 

Zur  Erkenntnis  eines  Types  ist  in  früheren  Jahr- 
hunderten der  Artname  der  einzige  Anhaltspunkt.  Man 
kann  daraus  ermessen,  von  welcher  Bedeutung  für  die  Ergeb- 
nisse die  Unsicherheit  der  Bezeichnungen  ist.  In  unge- 
zählten Fällen  wird  man  bei  der  Erwähnung  eines  Typs 
damit  doch  nicht  eine  Vorstellung  verbinden  können.  Na- 
mentlich in  älterer  Zeit  wii'd  man  sich  mit  der  Bestimmung 
der  wichtigsten  Typen  begnügen  müssen. 


Kogge. 

Wo  sich  zuerst  tiefere  Einblicke  in  das  Verkehrsleben 
eröffnen,  da  zeigen  Urkunden  und  Chroniken  einen  Reich- 
tum an  Schiff stypen ,  große,  mittlere,  kleine,  die  für  die 
verschiedensten  Aufgaben  geschaffen  waren.  In  dem  er- 
haltenen Bildermaterial  herrscht  dagegen  eine  große  Ein- 
förmigkeit. Wenn  eine  Stadt  das  Bild  eines  Schiffes  zu 
ihrem  Siegel  machte,  so  war  es  ganz  natürlich,  daß  sie  dazu 
nicht  einen  beliebigen  Küstenfahrer  oder  gar  einen  Leichter- 
prahm wählte,  sondern  das  stolze  große  Seeschiff,  höchstens, 
daß  ein  Fischereiplatz  zu  diesem  Zwecke  einmal  ein  Fischer- 
boot vorzog.  So  ist  es  für  die  ganze  ältere  Zeit  nur  möghch, 
den  Typ  des  großen  Lastschiffes  im  Bilde  festzulegen. 

Die  literarische  Überlieferung  stellt  sicher,  daß  um 
1200  das  Ruderboot  der  Nordmannen  aus  dem  Handels- 
verkehr bereits  völlig  verdrängt  war,  während  im  Kriegs- 


Kogge.  11 

wesen  die  Ruderschiffe  nocli  eine  große  Rolle  spielten, 
aber  weniger  die  nordgermanischen  Typen  als  die  Galeeren 
der  Genuesen  und  Venezianer.  In  dem  Bildermaterial  be- 
gegnet nun  sichtlicli  eine  ältere  Schicht,  die  auf  den 
ersten  Blick  noch  sehr  viel  gemeinsame  Züge  mit  den 
"Wikingerschiffen  zu  besitzen  scheint. 

Die  berühmten  Schiffsdarstellungen  auf  dem  Teppich 
zu  Bayeux,  die  den  Zug  Wilhelms  des  Eroberers  gegen 
England  verherrlichen,  zeigen  deutlich  die  geschmückten 
Häupter  der  alten  Wikingerboote,  die  Schilde  an  den 
Bordwänden  und  sonst  noch  viele  Einzelheiten,  die  an  die 
Fahrzeuge  erinnern,  auf  denen  die  Vorfahren  der  nor- 
mannischen Krieger  dereinst  ins  Frankenreich  kamen. 
Es  fällt  aber  auf,  daß  die  meisten  Schiffe  keine  Riemen, 
sondern  nur  Segel  führen.  Auch  das  auf  dem  prächtigen 
Siegel^  von  Bergen,  das  aus  dem  Jahre  1276  vorliegt, 
abgebildete  Fahrzeug  weist  starke  Ähnlichkeiten  mit  dem 
Gokstadtyp  auf.  Doch  fehlen  auch  hier  die  Riemen.  Das 
Ruder  zeigt  ganz  junge  Formen.  Das  Schiff  läuft  bei  seit- 
lichem Winde,  war  also  offenbar  ein  guter  Segler.  Neu- 
krempe, heute  Neustadt  an  der  Ostsee,  hat  uns  ein  Schiffs- 
bild im  Siegel  bewahrt,  das  auf  das  lebhafteste  an  das 
Nydamboot  erinnert.  Aber  die  Stadt  ist  angeblich  erst 
124:-4  gegründet,  zu  einer  Zeit,  wo  längst  ein  anderer  Schiffs- 
typ die  Ostsee  beherrschte.  Es  ist  dies  wohl  einer  der  wenigen 
Fälle,  wo  man  ein  Fischerfahrzeug  ins  Siegel  nahm. 

Daneben  steht  eine  große  Gruppe  von  Schiffsbildern, 
die  in  den  hochgezogenen  Steven  und  in  der  Steuerung  an 
die  Fahrzeuge  der  Nordmannen  erinnern.  In  den  deutschen 
Gebieten  ist  sie  allein  durch  das  Siegel  Lübecks,  der  ältesten 
deutschen  Stadt  an  der  Ostsee,  vertreten.  Desto  zahlreicher 
kommt  sie  im  Westen  vor,  wo  beinahe  jeder  englische 
Seeplatz  ein  Schiff  dieser  Art  im  Siegel  führt.  Indessen 
was  hier  an  die  Wikingerboote  gemahnt,  ist  doch  nur  recht 


1  Sämtliche  hier  abgebildeten  Siegel  stammen  aus  der  Sammlung 
des  Herrn  P.  H.  Trümmer  in  Hamburg,  nur  dje  auf  Tafel  IX  wieder- 
gegebenen sind  vom  Lübecker  Staatsarchiv  in  dankenswerter  Weise 
zur  Verfügung  gestellt  worden. 


12  Die  Ent Wickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

geringfügig.  Tatsächlich  gehören  diese  Fahrzeuge  einem 
völlig  andern  Typ  an  und  haben,  abgesehen  von  der  rein 
äußerlichen  Ähnlichkeit  der  Steuerung  und  der  hochge- 
zogenen Steven,  nichts  mit  den  Schiffen  der  Nordmannen 
gemein.     Es  wird  später  auf  sie  zurückzukommen  sein. 

Das  schlanke  leichte  Boot  der  Nordgermanen  war 
seiner  ganzen  Bauart  nach  nicht  zur  Beförderung  großer 
Lasten  geschaffen,  sondern  mehr  zu  Fahrten  beutelustiger 
Kriegerscharen  und  hausierender  Kaufleute  mit  wenigen, 
aber  kostbaren  Gütern.  Je  stärker  der  Massenverkehr 
wurde,  desto  mehr  ist  seine  Herrschaft  beschränkt  worden. 
Auf  der  Ostsee,  der  Handelsdomäne  der  skandinavischen 
Seefahrer,  hat  das  Vordringen  des  deutschen  Kaufmannes 
das  Wikingerboot  vertrieben.  Es  lebt  heute  nur  noch  in 
den  nordischen  Kirchgängerbooten  und  Fischerfahrzeugen 
forti. 

Es  hat  einem  Schiff  von  völlig  anderer  Bauart,  dem 
Koggen  2,  weichen  müssen.  In  den  ersten  Jahrzehnten  des 
13.  Jahrhunderts  trifft  man  den  Koggen  als  das  herrschende 
Lastschiff  bereits  an  allen  Küsten  des  atlantischen  Euro- 
pas, bei  den  Nordspaniern  sowohP,  wie  auf  der  Ostsee. 
Sein  Aussehen  ist  uns  in  den  Siegelbildern  vieler  deutschen 
Städte  getreulich  überliefert  worden.  Zu  den  hier  wieder- 
gegebenen Bildern  ist  zu  bemerken,  daß  die  Jahreszahl  das 
Datum  der  Urkunde  angibt,  an  der  das  abgebildete  Siegel  hängt, 
nur  in  einigen  sicheren  Fällen,  wann  dieses  zum  erstenmal 
erscheint.  Wie  lange  es  vorher  schon  im  Gebrauch  war, 
wann  es  gestochen  worden  ist,  darüber  lassen  sich  nur 
ungefähre  Anhaltspunkte  aus  der  Umschrift  entnehmen. 
Verschiedene  Siegel  sind   nur  in  einem  Exemplar  erhalten. 


^  Vgl.  Vogel,  Prähistorische  Zeitschrift  IV  S.  15. 

-  Der  Kogge,  nicht  die  Kogge,  ist  die  alte  deutsche  Bezeich- 
nung, wenn  auch  anfangs  in  den  englischen  Quellen  die  lateinische 
Übersetzung  cogga,  gogga  lautet.  Vogel  hat  diesen  Sprachgebrauch, 
Koppmann  folgend,  angenommen.     Ich  schließe  mich  ihm  an. 

3  Close  Eolls,  Henry  III.  I  S.  413 :  2  Koggen  und  1  Navis  von 
Castro  Urdiales  haben  1230  in  St.  Jean  (südl.  la  Eochelle)  Wein  für 
flandrische  Eechnung  geladen. 


Kogge.  1 3 

"Wiederholt  ist  es  vorgekommen,  daß  man  das  Bild  des 
alten  bei  der  Herstellung  neuer  Stempel  nacligestoclien  hat. 
In  einigen  Fällen   ist  nur  der  Nachstich    auf  uns  gelangt. 

Alte  Koggensiegel  der  Frühzeit  besitzen  wir  von  Elbing, 
Danzig,  Wismar,  Stralsund  i,  Kiel,  dem  dänischen  Ort  Stubbe- 
kjöbing,  Stavoren  und  Harderwijk  und  schließlich  auch  von 
Damme  in  Flandern-.  Verschiedene  dieser  Städte  haben 
ehemals  eine  viel  größere  Bedeutung  für  den  Seeverkehr 
gehabt  als  späterhin.  Elbing  ist  erst  seit  dem  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts  etwas  zui'ückgetreten,  Kiel  nach  der 
Katastrophe  im  ersten  hansischen  Kriege  gegen  Walde- 
mar  IV.  von  Dänemark  (1362).  Harderwijk,  heute  eine 
stille  Binnenstadt,  hat  bis  zum  Ende  des  14.  Jahrhunderts 
einen  ganz  hervorragenden  Anteil  an  der  Frachtfahrt  be- 
sessen, nicht  minder  das  friesische  Stavoren.  Dammes  Be- 
deutung als  Umschlagplatz  von  Brügge  ist  bekannt.  Von 
einzelnen  technischen  Unvollkommenheiten  der  Schiffs- 
darstellungen wird  man  absehen  müssen.  Gerade  die  Zu- 
sammenstellung der  verschiedenen  Siegel  zeigt,  daß  man 
kein  konventionelles  Gebilde  vor  sich  hat,  sondern  daß 
hier  ein  Schiffstyp  nach  dem  Leben  dargestellt  worden  ist'^. 

Der  Kogge  erscheint  hier  als  das  gerade  Gegenteil  des 
schlanken  geschmeidigen  Wikingerbootes,  als  ein  mächtiges 
schweres  Schiff,  kurz  und  gedrungen,  halb  so  hoch  wie 
lang  und  wohl  ebenso  breit  ausladend.  Auf  einem  Spanten- 
gerippe  sind   die   gewaltigen  Planken  klinkerförmig,   d.   h. 


1  Von  Stralsund  liegen  außer  dem  hier  (Tafel  IXj  abgebildeten 
noch  zwei  ältere  Koggensiegel  von  1267  und  1278  vor.  Beide  sind 
abgebildet  bei  Fabricius,  Urkunden  zur  Geschichte  des  Fürstentums 
Bügen  III  Tafel  IV.  Das  von  1267  gibt  nur  den  Schiffsrumpf  mit 
Steuer  wieder,  das  von  1278  ähnelt  ganz  dem  von  1307,  ist  nur  gröber 
in  der  Ausführung. 

2  Letzteres  ist  häufig  abgebildet,  z.  B.  Jal,  Archeologie  navale  II 
(Paris  1840)  S.  367.  Les  armoiries  de  la  ville  de  Paris  11  Tafel  5. 
Das  Siegel  liegt  vom  Jahre  1275  vor.  Auch  das  Siegel  der  sciplude 
in  Brügge  (14.  .Jahrb.)  zeigt  einen  Koggen. 

3  Die  Bedenken ,  die  neuerlich  noch  Laird  Ciowes  in  The 
Hoyal  Navy  I  S.  82  gegen  die  Naturtreue  der  alten  Siegelbilder  ge- 
äußert hat,  kann  ich  in  keiner  Weise  teilen. 


14  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

übereinandergreifend  angebracht.  Der  Kiel  tritt  scliarf 
hervor.  Um  sich  einen  Begriff  von  der  wirklichen  Größe 
zu  machen,  muß  man  von  den  abgebildeten  Personen  ab- 
sehen und  die  gelegentlich  dargestellten  Aufbauten  und 
Marsen  oder  Mastkörbe,  die  zur  Aufnahme  von  Leuten 
bestimmt  waren,  zum  Maßstab  nehmen.  Das  gleiche  gilt 
für  alle  späteren  Abbildungen  bis  zum  16.  Jahrhundert. 
Auch  die  Brustwehren  der  Kastelle  können  brauchbare 
Anhaltspunkte  abgeben. 

Die  Takelung  erkennt  man  am  besten  durch  einen  Ver- 
gleich sämtlicher  Siegel,  wobei  auch  die  gleichzeitigen 
Schiffssiegel  der  englischen  und  anderen  westlichen  Hafen- 
plätze heranzuziehen  sind.  In  der  Mitte  des  Schiffes  stand 
der  Mast,  der  vom  Bug  her  durch  ein  starkes  Stag,  von 
beiden  Bordwänden  her  durch  mehrere  Wanten,  die  ge- 
legentlich wohl  schon  durch  Webeleinen  ^  zu  Strickleitern 
verbunden  waren,  und  gewöhnlich  durch  zwei  Backstage 
aufrecht  erhalten  wurde.  Der  Mast  führte  eine  einzige 
Rah  mit  einem  großen  viereckigen  Segel.  Die  Rah,  die 
durch  eine  starke  Tauschlinge,  das  sogenannte  Rack,  am 
Mäste  befestigt  war,  wurde,  wenn  das  Schiff  in  See  gehen 
wollte,  emporgezogen  ^,  lag  sonst  auf  dem  Deck.  Das  Segel 
wurde  durch  Brassen  an  den  beiden  Enden  der  Rah  und 
Schoten  an  den  unteren  Enden  des  Segels  regiert.  Bei 
gutem  Wetter  verlängerte  man  es  durch  Ansätze,  die  so- 
genannten Bonnets.  Zum  Vermindern  der  Segelfläche  bei 
schlechtem  Wetter  benützte  man  Reefs.  Wer  diese  nicht 
an    seinem    Segel    hatte,    heißte    die  Rah    nicht    zu  voller 


*  Webeleinen  sind  angedeutet  auf  dem  Siegel  von  Pevensey. 
Doch  ist  auffällig,  daß  sowohl  hier  wie  auf  anderen  alten  englischen 
Siegeln  die  Backstage  zum  Hinaufklettern  benutzt  werden.  Deutlich 
sind  die  Webeleinen  zu  erkennen  auf  dem  Siegel  von  San  Sebastian 
(1335),  abgebildet  bei  Demay,  Etudes  sigillographiques,  Le  type  naval, 
Revue  Archeologique  1877,  Tafel  XXI. 

2  H.  U.-B.  II  N.  476;  ZolkoUe  für  Wismar;  1328  Sept.  14: 
Welik  schippman  sin  seghel  windet  in  dat  krutze  er,  denne  he 
thollet  heft,  de  schal  dat  betheren. 


Kogge.  15 

Höhe  ^.  Das  Bugspriet  diente  allein  zum  Aussetzen  und 
Einlieben  des  Ankers. 

Die  Segelleistungen  können  nicht  groß  gewesen  sein. 
Am  besten  lief  der  Kogge  vor  dem  "Winde.  Er  konnte 
bei  seitlichem  Winde  auch  eine  leidliche  Fahrt  machen 
und  vermochte  sogar,  gegen  den  Wind  aufzukommen. 
Wir  haben  ein  einwandfreies  Zeugnis  dafür.  Ein  Bremer 
Geistlicher,  der  1189  die  Fahrt  der  deutsch -friesisch -flan- 
drischen Kreuzzugsflotte,  die,  wenn  nicht  aus  Koggen,  so 
doch  aus  den  unmittelbaren  Vorläufern  der  Koggen  bestand, 
mitgemacht  hat,  berichtet,  daß  die  Schiffe  zwischen  Cadiz 
und  Gibraltar  Gegenwind  antrafen  und  durch  Kreuzen  ihn 
unwirksam  machten :  sicut  solent  nautae,  in  diversa  veli- 
ficantes  contrarietatem  flatus  arte  delusimus^.  Gegen  starken 
Wind  aber  wird  der  Kogge  sich  schwerlich  haben  be- 
haupten können,  schon  weil  der  hohe  Rumpf  zuviel  Wind 
fing.  Man  ging  vor  Anker  und  wartete  bessere  Windver- 
hältnisse ab.  Bei  günstigem  Wetter  leisteten  Koggen  ge- 
legentlich recht  Tüchtiges.  So  haben  1418  Sendeboten 
von  Eeval,  die  zum  Hansetag  nach  Lübeck  gingen,  noch 
nicht  sechs  Tage  von  ihrer  Stadt  bis  in  die  Trave  gebraucht  3. 

Eine  große  Veränderung  ist  mit  dem  Ruder  vorge- 
gangen. Es  ruht  nicht  mehr  am  Steuerbord,  sondern  ist 
in  Gestalt  einer  großen  schweren  Bohlenwand  am  Heck  in 
starke  eiserne  Angeln,  die  sogenannten  Fingerlinge,  ge- 
hängt und  wird  durch  einen  am  oberen  Ende  befestigten 
über  die  Achse  weit  hinausführenden  Balken,  die  Ruder- 
pinne, an  der  wieder  kleinere  Handhaben  angebracht  waren, 


1  Vgl.  Ch.  de  la  Eonciere,  Histoire  de  la  Marine  fran^aise  I 
S.  121,  122.  Reefbande  und  Reefseisinge  sind  deutlich  auf  dem  Siegel 
von  La  Roclielle  zu  erkennen  (unten  S.  31),  Seisinge  auch  auf  dem 
Siegel  von  Bergen. 

2  F.  Kurtli,  Der  Anteil  niederdeutscher  EJreuzfahrer  an  den 
Kämpfen  der  Portugiesen  gegen  die  Mauren,  Mitt.  d.  Inst,  für  österr. 
Gesch.-Forsch.  Erg.-B.  VIII  S.  207  Anm.  1,  nach  dem  Bericht  eines 
deutschen,  wahrscheinlich  Bremer  Geistlichen  (De  itinere  navali  .  .  . 
narratio)  gedruckt  bei  J.  B.  da  Silva  Lopes ,  Eela^ao  da  derrota 
naval  e  successos  dos  cruzados  .  .  .  1189  (Lisboa  1844),  S.  49. 

a  H.  R    I,  VI  N.  591:    Juni  5  Auslaufen,  Juni  11  Ankunft. 


16  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypeii. 

bewegt.  Ein  gewaltiger  Fortschritt.  Ein  Scliiffsboot  ge- 
hörte notwendig  zu  jedem  Koggen  \  Die  auf  den  Danziger 
Siegeln  sichtbaren  Aufbauten,  auf  Balkengerüsten  ruhende 
Plattformen  mit  Brustwehren,  und  der  Grefechtsmars  wurden 
nur  zu  Kriegszwecken  errichtet. 

Zur  Kenntnis  eines  Schiffstyps  genügt  nicht,  daß  man 
weiß,  wie  er  ausgesehen  hat,  man  will  auch  seine  Größe, 
Leistungsfähigkeit  und  Verbreitung  kennen.  Schiffs- 
ausmessungen fehlen  für  die  ältere  Zeit  völlig.  Die  Lastenzahl 
der  praktisch  erprobten  Ladefähigkeit  bildete  den  Grrößen- 
maßstab.  Eine  Last  ist  soviel,  wie  ein  vierspänniger  Wagen 
oder  zwei  zweispännige  Karren  befördern  können.  Als 
Schiffsmaß  diente  in  späterer  Zeit  allgemein  die  Dan- 
ziger Roggenlast.  Sie  füllt  einen  Raum  von  noch  nicht 
ganz  3^4  Kubikmetern  und  wiegt  etwas  mehr  als  4000  Pfund 
oder  2000  Kilogramm.  Da  der  Schiffsraum  größer  war 
als  der  Raum  des  vom  Schiffe  verdrängten  Wassers,  so 
mußte  das  Ladegut  spezifisch  beträchtlich  leichter  sein  als 
Wasser,  wenn  man  nicht  einen  Teil  des  Raumes  3er  lissen 
wollte.  Gerade  bei  einer  Roggenladung  pflegte  die  Lade- 
fähigkeit eines  Schiffes  sowohl  räumlich  wie  gewichtlich 
voll  ausgenutzt  zu  werden.  In  den  westeuropäischen  Ge- 
wässern diente  als  Schiffsmaß  das  dort  am  häufigsten 
vorkommende  Ladegut,  das  Weinfaß  (Faß  der  Deutschen, 
tonneau  der  Franzosen  und  ton  der  Engländer)  von  vier 
Oxhofden.  Es  war  zum  Transport  auf  einem  zweispännigen 
Karren  berechnet  und  entsprach  dem  Gewichte  nach  ziem- 
lich genau  einer  halben  Danziger  Roggenlast,  während  der 
Raum  bei  einer  Weinladung  nicht  so  vollkommen  ausge- 
nutzt wurde  wie  bei  einer  Kornladung.  Schiffsausrüstung, 
Proviant,  Passagiergut,  gewöhnlich  auch  Bootsleutegut 
(Führung)  wurden  nicht  als  Ladung  gerechnet. 

Die  Schiffsvermessung  zum  Zweck  der  Größen- 
bestimmung hat  sich  zuerst  im  16.  Jahrhundert  in  Spanien 
im  Zusammenhang  mit  dem  Verkehr  nach  der  Neuen  Welt  ein- 


1  Vgl.  H.  U.-B.  II    N.  667  §  6:  neman  scal  den  bot  ofte  espingh. 
voran  van  deme  cocghen  bi  nachtiden. 


Kogge.  17 

gebürgert.  Die  Amerikafahrer  waren  vorzüglicli  Passagier- 
schiffe. Die  Ladefähigkeit  gab  für  sie  keinen  wirklichen 
Größenmaßstab  mehr  ab.  Wenn  solche  Schiffe  vom  König 
in  Dienst  genommen  wurden,  so  konnte  er  sie  gerechter- 
weise nicht  nach  Tonnenzahl  der  Ladefähigkeit  bezahlen. 
Deshalb  errechnete  man  durch  Ausmessung  des  Schiffs- 
körpers anstelle  der  tatsächlichen  eine  gedachte  Tonnenzahl, 
nach  der  diese  Schiffe  im  Verhältnis  zu  den  reinen  Fracht- 
fahrern  richtig  bewertet  wurden.  Von  hier  aus  bürgerte 
sich  das  Vermessungswesen  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts ziemlich  überall  in  Europa  ein.  Die  Zuverlässig- 
keit der  Größenangaben  ist  deshalb  aber  um  nichts  besser 
geworden. 

In  älterer  Zeit  sind  Erwähnungen  von  Schiffsgrößen 
sehr  selten.  Man  kann  jedoch  gelegentlich  aus  der  Ladung 
unmittelbar  die  Größe  des  Schiffes  erschließen.  1212  wurden 
in  England  zwei  für  flandrische  Rechnung  mit  100  und  120 
Faß  Wein  beladene  Schiffe  der  englischen  Hafenorte  Eye 
und  Hythe  arrestiert,  die  also  50  und  60  Lasten  Tragfähig- 
keit besaßen  ^  Doch  sind  die  mächtigsten  Fahrzeuge 
damals  und  noch  lange  danach  schwerlich  viel  größer 
gewesen.  Als  1358  die  Schiffsabgaben  für  die  auf  die 
Maas  kommenden  großen  Seeschiffe  festgesetzt  wurden, 
schied  man  sie  in  zwei  Klassen,  solche,  die  60  Lasten 
Hering  und  mehr,  und  solche,  die  weniger  zu  führen  ver- 
mochten -.     60  Lasten  Hering  sind  gleich  48  Eoggenlasten, 

Erst  von  dem  Zeitpunkt  ab,  wo  allgemeine  Zollhebe- 
bücher vorliegen,  erhält  man  einen  besseren  Begriff  von 
der  Größe  der  Schiffe.  Im  hansischen  Gebiet  ist  dergleichen 
Material  erst  von  1368  an  erhalten,  seit  dem  zweiten  Kriege 
gegen  Waldemar  IV.,  als  man  zur  Aufbringung  der  Kosten 
einen  allgemeinen  Pfundzoll  in  den  Seestädten  erhob.  Die 
Schiffsabgabe  wurde  nun  zwar  nicht  nach  der  Größe, 
sondern  nach  dem  Wert  der  Fahrzeuge  erhoben.  In  ziem- 
lichem Umfang  läßt  sich  jedoch  die  Tragfähigkeit  aus  der 

1  H.  U.-B.  I  N.  9.3:  königlicher  Freilassungsbefelil. 

2  H.  U.-B.  III   N.  414. 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen.  2 


18  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypen. 

verzeiclmeten  Ladung  errechnen,  so  besonders  bei  dem 
erhaltenen  Hamburger  Pfundzollbuch  von  1369  ^.  Da  Ham- 
burg vornehmlich  Massengüter  exportierte  und  feinere 
AVaren  empfing,  sind  die  Schiffe  von  liier  in  der  Regel 
mit  voller  Ladung  ausgelaufen.  Fahrzeuge  von  weniger  als 
18  Lasten  Tragfähigkeit  wird  man  als  Überwattfahrer  an- 
zusehen haben,  was  späteren  Zeiten  entspricht.  Von  den 
598  Ausgängen,  an  denen  insgesamt  280  Schiffe  beteiligt 
waren,  bleibt  dann  nur  etwa  ein  Drittel  für  die  eigent- 
lichen Seeschiffe  übrig.  Nur  bei  22  läßt  sich  eine  Ladung 
von  mehr  als  25  Lasten  nachweisen,  bei  7  weiteren  durch 
Vergleichung  der  Schiffswerte  annehmen.  Diese  29  Schiffe, 
auf  die  51  Ausgänge  mit  etwa  1600  Lasten  bei  einer  Ge- 
samtausfuhr von  etwa  7000  Lasten  und  dazu  noch  schätzungs- 
weise 2000  Lasten  Holz  entfallen,  wird  man  als  Koggen 
anzusprechen  haben.  Drei  Schiffe  konnten  bestimmt,  zwei 
wahrscheinlich  mehr  als  50  Lasten  laden.  Der  höchste 
Schiffs  wert,  600  Mark  oder  100  Pfund  flämisch,  ist  bei 
drei  Schiffen  verzeichnet.  Eins  von  diesen  führte  auch, 
die  größte  nachweisbare  Lademenge  von  60  Lasten. 

Anderwärts  begegnet  man  allerdings  beträchtlich 
höheren  Schiffswerten  und  Schiffsgrößen.  So  übernahm 
Lübeck  1362  von  einem  Schiffer  von  Harderwijk  einen  Koggen 
für  15021/2  M.  lübisch-.  Das  Schiff,  wohl  das  mächtigste 
der  damals  gegen  Dänemark  aufgebotenen  Flotte,  muß  weit 
über  100  Lasten  groß  gewesen  sein.  AVismar  mietete  zur 
gleichen  Zeit  einen  Koggen  von  seinen  eigenen  Bürgern 
und  einen  anderen  von  einem  Rostocker,  die  mit  450  und  800 
Mark  bewertet  wurden  l  Einen  Anhalt  für  die  Größe  gibt 
der  damals  aufgestellte  Rüstungsplan,  wonach  Kiel  ein 
Schiff  von  40  Lasten  —  wohl  Heringslasten  —  mit  30  Ge- 
wappneten und  10  Schützen  stellen  sollte,  während  die  Be- 
satzung der  Koggen    durchweg    auf    100  Mann    festgesetzt 

1  Nirrnheim,  Das  Hamburgisclie  PfundzoUbucli  von  1369.  Ham- 
burg 1910.  Veröffentliclmngen  aus  dem  Staatsarchiv  der  Freien  und 
Hausestadt  Hamburg,  herausgegeben  von  Dr.  Anton  Hagedorn,  Band  I. 

2  Lübisches  U.-B.  IV  N.  87. 

3  Mecklenburgisches  U.-B.  XV  N.  9052,  9059. 


Kogge.  19 

wurde  \  Selbst  wenn  man  10  Mann  für  die  als  Begleit- 
schiffe dienenden  Snicken  abrechnet,  so  müßte  docli  jeder 
Kogge  gegen  80  Lasten  groß  gewesen  sein. 

Auf  der  wichtigsten  Schiffahrt sr oute  des  hansischen 
Seeverkehrs,  der  sogenannten  Baienfahrt,  die  von  den 
preußisch-livländischen  Städten  über  Flandern  nach  der 
Bai  von  Burgneuf  südlich  der  Loire  ging  und  von  dort 
mit  Ladungen  groben  Seesalzes  zurück,  waren  noch  erheblich 
größere  Schiffe  beschäftigt,  die  bis  zu  1900  Maße  Salz, 
d.  h,  133  Roggenlasten  und  daneben  noch  ansehnliche  Mengen 
flandrischer  Waren  führten.  Schiffe  von  über  100  Lasten 
sind  in  den  Revaler  Pfundzollbüchern  der  siebenziger  und 
achtziger  Jahre  des  14.  Jahrhunderts  gar  nichts  Seltenes. 
Hier  entspricht  auch  ein  Schiffswert  von  100  Pfund  flämisch 
gelegentlich  einer  Schiffsgröße  von  100  Lasten  i. 

Im  Verkehr  Lübecks  tritt  jedoch  der  Kogge  noch 
mehr  zurück  als  in  dem  Hamburgs.  Die  kleinen  Schiffe 
beherrschen  hier  vöUig  das  Bild.  Der  überaus  lebhafte 
Verkehr  mit  den  mecklenbiu'gischen,  pommerschen,  däni- 
schen und  Schleswig  -  holsteinischen  Küsten  wurde  ziem- 
lich ausschließlich  durch  kleine  und  kleinste  Fahrzeuge  be- 
sorgt. Selbst  nach  Danzig  sind  noch  viele  kleine  Schiffe 
gesegelt,  erst  darüber  hinaus  im  Verkehr  mit  Riga,  Ber- 
nau, Reval  und  mit  Stockholm  überwogen  die  größeren 
Schiffe,  während  sie  die  Fahrt  durch  den  Sund  nach 
Bergen  und  Flandern  ziemlich  völlig  beherrschten.     Lübeck 

1  H.  R.  I,  I  N.  263.  1416  reclmete  man  allerdings  bei  Rostock 
auf  1  „schip"  von  60  Lasten  und  2  Snicken  100  Gewappnete  (H.  R.  I,  VI 
N.  319  §  1).  Vgl.  über  die  Rüstung  von  1362  Dietrich  Schäfer,  Die  Hanse- 
städte und  König  V^' aldemar  von  Dänemark  (Jena  1879),  S.  288  f.  u. 
S.  298  ff. 

1  Vgl.  W.  Stieda,  Revaler  Zollbücher  und  -Quittungen  des 
14.  Jahrhunderts,  Hansische  Geschichtsquellen  V,  Halle  1887.  Z.  B. 
S.  41  N.  909:  „Hanne  Wolderssone  den  ersten  sin  kogge  und  1900 
seit",  N.  911—939  Kaufmannsposten,  offenbar  in  Flandern  in  das 
Schiff  eingeladene  Waren  (1381).  S.  43  N.  959:  „Rosink  1400  soltes 
und  en  kogen",  folgen  die  Kaufmannsposten.  Dieser  Schiffer  be- 
v^ertete  nach  N.  2092  seinen  Koggen  auf  100  Pfd.  flämisch.  N.  975  : 
„In  Kerstancius  sin  schip  1700  solt",  folgen  die  Kaufmannsposten. 


20  Die  Elitwickelung  der  wichtigsten  Schiffstj-pen. 

hatte  damals  übrigens  im  Verhältnis  zu  seiner  Handels- 
stellung nur  sehr  wenig  große  Schiffe.  In  Kriegsfällen 
sah  sich  die  Stadt  regelmäßig  genötigt,  fremde  Schiffe  zu 
heuernd  Elbing,  Danzig,  Stavoren ,  Harderwijk  haben 
sicherlich  beträchtlich  mehr  Koggen  besessen. 

Die  Koggenfahrt  war  auf  die  großen  Verkehrsrouten 
beschränkt.  Der  Nahverkehr  und  die  Ostseefahrt,  die 
Fahrt  „binnen  Landes",  wie  die  Zeitgenossen  sie  im 
Gegensatz  zur  Fahrt  durch  die  offene  Nordsee  nannten, 
wurden  ganz  überwiegend  von  kleinen  Schiffen,  Schuten, 
betrieben-.  Von  diesen  kleinen  Fahrzeugen  ist  kein  Bild 
vorhanden.  Die  Ostseeschuten  führten  einen  Mast,  ein 
Segel  mit  Bonnets  l  Im  Kriegsfall  bekamen  sie  Riemen 
und  hießen  dann  Snicken.  Sie  haben  sich  wohl  wenig  von 
den  kleinen  Segelfahrzeugen  unterschieden,  die  heute  noch 
an  der  mecklenburgischen,  Schleswig  -  holsteinischen  und 
dänischen  Küste  dem  Nahverkehr  dienen. 

Die  Leistungsfähigkeit  der  Koggen,  die  Häufigkeit 
der  Reisen  hing  sehr  von  den  Wetterverhältnissen  ab,  da 
man  nur  bei  günstigem  Winde  in  See  ging.  Die  Baien- 
fahrer machten  nur  eine  Reise  im  Jahr  aus  der  Ostsee 
nach  Flandern,  weiter  in  die  Baie  und  zurück"^.  Lü- 
becker Koggen  brachten  es  bis  auf  zwei  Reisen  nach 
Flandern  und  drei  über  die  Ostsee  oder  nach  Bergen '^  Ein 
Hamburger  Kogge,  der  mit  600  Mark  bewertet  wurde,  lief 
1369  zweimal  nach  Flandern  aus;  kleinere  Koggen  machten 


1  H.  E.  I,  VIII  N.  99,  1426  Sept.  27,  Lübeck  an  Wismar  be- 
treffend die  Eüstung  gegen  Erich  den  Pommer:  Ok  leven  vrunde, 
weret  dat  gii  des  koggen,  de  yn  juweme  depe  licht,  nicht  en  be- 
dorften,  zo  bidde  wü,  dat  gii  uns  densulven  kogghen  willen  over- 
geven  unde  bestellen,  dat  de  schippher  darvan  by  uns  kome.  An- 
fang 1427  kaufte  Lübeck  in  Danzig  drei  Hulke  zum  Kriege  gegen 
Dänemark  (das.  JST.  181). 

2  Anscheinend  auch  der  Verkehr  von  Danzig  nach  Schonen, 
vgl.  H.  E.  I,  VI  N.  64  §  2.     Vgl.  auch  H.  E.  I,  VIII  N.  195. 

3  Vgl.  H.  E.  I,  Vni  N.  211. 

4  Vgl.  Stieda,  Eevaler  Zollbücher  und  -Quittungen  des  14.  Jalir- 
h.un.derts. 

5  Nach  den  Pfundzollbüchern  im  Lübecker  Staatsarchiv. 


Kogge.  21 

die  Reise  dreimal,  nach  Amsterdam  sogar  viermal.  Da« 
sind  bei  der  geringen  Ausbildmig  der  Takelung  recht  be- 
achtenswerte Leistungen,  namentlich  wenn  man  sie  mit  den 
Eeisen  in  sj^äterer  Zeit  vergleicht,  wo  Schiffbau  und  Segel- 
technik viel  weiter  fortgeschritten  waren. 

Die  Längste  Zeit  lagen  die  Koggen  im  Hafen,  auf  der 
AVarte  nach  günstigem  AVind  oder  mit  dem  Löschen  und 
Laden  beschäftigt.  Diese  Tätigkeit  beanspruchte  sehr  viel 
Zeit  wegen  der  mangelhaften  Hafenverhältnisse.  Die 
Koggen  tauchten  außerordentlich  tief  ein.  Bei  einem 
Schiff  von  50  Lasten  Tragfähigkeit  wird  man  einen  Tief- 
gang von  12  Fuß.  über  3  m.  wenn  nicht  noch  mehr  anzu- 
nehmen haben,  entsprechend  der  enormen  Höhe.  Die 
Fahrwasserverhältnisse  an  den  detttschen  Küsten  waren 
aber  damals,  als  man  noch  keine  großen  Strombauten  und 
Bagger  kannte,  bedeutend  schlechter  als  heutzutage.  So 
traf  man  überall  auf  Schwierigkeiten. 

Mit  den  bloßen  Landmarken  kam  die  Koggenfahrt 
an  den  deutschen  Küsten  nicht  mehr  aus.  Allenthalben 
begann  man  Seezeichen  aufzustellen,  Türme  und  Baken, 
die  den  Schiffen  schon  weit  draußen  auf  dem  Meere  den 
AA^eg  zum  Hafen  weisen  sollten.  Um  1225  gab  A\"aldemar  II. 
von  Dänemark  die  Erlaubnis  ztir  Errichtung  eines  hölzernen 
Seezeichens  auf  der  weit  vorspringenden  Halbinsel  von 
Falsterbo  an  der  Südküste  Schönens  \  da  wo  die  aus  der 
Ostsee  kommenden  Schiffe  zur  Fahrt  dtu'ch  den  Sund 
ihren  Kurs  nach  Norden  zu  nehmen  hatten.  1226  wird 
ztierst  ein  Seezeichen  bei  Travemünde  erwähnt,  dessen  Besitz 
Lübeck  damals  vom  Kaiser  verbrieft  wurden  1286  plante 
Hamburg  die  Anlage  eines  Seezeichens  mit  einer  Laterne 
auf  Xeuwerk^,  worauf  man  am  Ende  des  Jahrhunderts 
zum  Bau  des  heute  noch  stehenden  steinernen  Turmes 
schritt,    der     als     Befestigung     imd     Seezeichen     zugleich 


1  H.  r.-B.  I  X.  195. 

-  Lübisclies  U.-B.  I  S.  47. 

3  H.  U.-B.  I  X.  1002. 


22  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

dientet  Kampen  errichtete  1323  auf  Terschelling  ein  See- 
zeichen-. 1280  erhielt  die  Kirche  im  Briel  Erlaubnis  zur 
Aufstellung  von  zwei  Feuerbaken  an  der  Maasmündung 
und  zur  Erhebung  einer  Abgabe  für  deren  Unterhaltung. 
Seitdem  werden  die  verschiedenen  Seezeichen  auf  der  Maas 
wiederholt  genannt '5.  1358  wurden  hier  die  ersten  Seetonnen 
zur  Bezeichnung  des  tiefen  Fahrwassers  ausgelegt^.  Etwa 
zur  gleichen  Zeit  betonnte  Kampen  das  Marsdiep''. 

Hatte  man  durch  die  Seezeichen  die  Gefahren  auf 
den  Zufahrtsgewässern  etwas  gemindert,  so  stand  man 
doch  den  Unzuträglichkeiten,  die  die  Seichtheit  der  Häfen 
verursachte,  machtlos  gegenüber.  Es  gab  keinen  deutschen 
Hafen,  in  dem  ein  größerer  Kogge  ohne  vorheriges 
Leichtern  an  die  Kajung  anlegen  konnte.  Draußen  auf 
offener  Reede  gingen  die  Schiffe  vor  Anker  und  nahmen 
hier  aus  Leichtern,  Bordingen  und  Prahmen  die  Ladung 
über.  Schon  vom  Jahre  1278  liegt  eine  Stralsunder 
Ordnung  vor,  aus  der  in  allen  Einzelheiten  klar  hervor- 
geht, daß  die  Beladung  größerer  Schiffe  regelmäßig  durch 
Leichter  geschah  ^. 


1  H.  U.-B.  I  N.  1323.  Vgl.  Ferber,  Der  Turm  und  das  Leucht- 
feuer auf  Neuwerk,  Zeitschrift  des  Vereins  für  hamburgische  Ge- 
schichte XIV  S.  1  ff. 

2  H.  U.-B.  II  S.  192  Anm.  1,  1323  Sept.  28:  Vertrag  Kampens 
mit  der  Gemeinde  von  Terschelling  wegen  der  Errichtung  von  „eyn 
voerhuys  of  ejn  marke". 

3  Das  Quellenmaterial  über  die  Seezeichen  auf  der  Maas  ist 
zusammengestellt  bei  Ferber  a.  a.  0.  S.  12,  13. 

4  H.  U.-B.  III  N.  414. 

5  Ter  Gouw,  Geschiedenis  van  Amsterdam  II  (Amsterdam  1880) 
S.  347. 

6  H.  U.-B.  I  N.  810:  Ordnung  für  den  Hafenverkehr  in  Stral- 
sund. Vgl.  die  von  W.  Stein,  Beiträge  zur  Geschichte  der  deutschen 
Hanse  bis  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  S.  28,  mitgeteilten 
Wassertiefen  verschiedener  Häfen  und  Zufahrtsstraßen.  E.  Daenell, 
Der  Ostseeverkehr  und  die  Hansestädte  von  der  Mitte  des  14.  bis  zur 
Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  Hans.  Gesch.-Bl.  1902,  S.  21,  22:  Leichter- 
verkehr in  Lübeck,  Stralsund,  Danzig.  Häpke,  Brügges  Entwicklung 
zum  mittelalterlichen  Weltmarkt  S.  140,  219:  Leichtern  im  Zwin. 
H.  U.-B.  I  N.  1245 :  Privileg  für  Greifswald  zur  Anlage  eines  Hafens 


Kogge.  23 

Mit  der  Koggenfahrt  ist  die  Grenze  der  natürlichen 
Leistungsfähigkeit  der  deutschen  und  niederländischen 
Häfen  und  Zufahrtsstraßen  nicht  nur  erreicht,  sondern 
eigentlich  schon  überschritten  worden.  Besonders  zur  Gre- 
stalt  der  deutschen  Nordseeküste  mit  ihren  weiten  Watten 
und  wandernden  Seegaten  passen  diese  tiefgehenden  Schiffe 
ganz  und  gar  nicht.  Man  kann  daher  auch  nicht  an- 
nehmen, daß  dieser  Schiffstyp  hier  erwachsen  ist. 

Allerdings  ist  sein  Name  friesischen  Ursprungs  und 
mag  soviel  wie  Kufe,  Gefäß  bedeuten i.  Er  begegnet 
wohl  schon  in  der  Bezeichnung  der  Friesen,  die  den  Dänen 
Eorich  aus  ihrem  Land  verjagt  hatten  und,  wie  die  An- 
nales Bertiniani  zum  Jahre  867  berichten,  mit  neuem 
Namen,  d.  h.  seit  kurzem,  „Cokingi",  was  wohl  Koggenleute 
bedeuten  soll,  genannt  wurden  l  Sicher  trifft  man  das 
Wort  Kogge  nicht  ganz  hundert  Jahre  später  in  Ver- 
bindung mit  einer  Abgabe,  als  Cogsculd.  Diese  Cogsculd 
war  ein  königlicher  Zehnt,  der  auf  der  Zuiderzee,  zweifel- 
los von  Fischerfahrzeugen,  erhoben  wurdet  Als  solche 
hat  man  die  ältesten  Koggen  anzusehen. 


beim    Dorfe    Densche    Wyk.     Leichterverkelir    auf    der   Elbe:    Kopp- 
mann,  Kämmereirechnnngen  der  Stadt  Hamburg  I  S.  81,  82. 

1  Die  Ableitung  von  Kugel,  kogel  (Jal,  Archeologie  navale  II 
S.  243)  ist  nach  dem  Artikel  Kugel  in  Grimms  Wörterbuch  ausge- 
schlossen. 

2  Auf  diese  Stelle  hat  D.  Schäfer,  Der  Stamm  der  Friesen 
und  die  niederländische  Seegeltung,  Marine-Rundschau  1905  S.  1359, 
zuerst  hingewiesen.  SCI.  in  usum  scholarum,  Annales  Bertiniani  (ed. 
Waitz)  S.  87:  Inde  revertens  [Hlotharius] ,  hostem  ad  patriae  defen- 
sionem  per  regnnm  suum,  indicit  quasi  contra  Normannos,  putans 
Rorigum.  quem  incolae,  qui  Cokingi  novo  nomine  dicuntur,  a  Fresia 
expulerant,  cum  auxiliatoribus  Danis  reverti. 

3  MGH.  Dipl.  I  S.  181;  948  April  1:  Otto  I.  bestätigt  dem  Stift 
Utrecht  „decimam  partem  omnium  regalium  prediorum  et  theloneorum 
et  monetarum,  que  intra  sui  episcopatus  terminos  exiguntur,  insuper 
et  tributorum,  que  huslatha  et  cogsculd  dicuntur,  res  etiam  in  viUa 
quondam  Dorsteti,  nunc  autem  Wik  nomin  ata"  .  .  .  Hier  kann  man 
zweifeln,  ob  nicht  für  cogsculd  clipsculd  stehen  muß.  Doch  ebenda 
S.  195;  949  Juni  30:  Otto  I.  schenkt  dem  Stift  Utrecht  „totam  pisca- 
tionem,  quam  hucusque  in  Amuson   et  in  Almere  ad  nostrum  regale 


24  Die  Entwickelung  der  wicMigsten  Schiffstypen. 

Ob  sich  aber  aus  den  Fischerbooten  der  Zuiderzee  ein 
großes  Handelsschiff  wie  der  Kogge  in  langsamer  Ent- 
wickelung  herausgebildet  haben  kann,  diese  Frage  wird 
man  verneinen  müssen;  ebenso  wie  es  völlig  ausgeschlossen 
ist,  daß  aus  den  schlanken  Wikingerfahrzeugen  das  breite 
hochbordige  Lastschiff  des  Kaufmanns  hervorgegangen  ist. 
Für  die  Gewässer  der  friesischen  Küste  ist  der  tiefgehende 
Kogge  so  ungeeignet  wie  nur  möglich  und  mißachtet  der- 
artig die  natürlichen  Verhältnisse  des  Wattenmeeres,  daß 
man  auch  nicht  glauben  mag,  die  Friesen  könnten  für  ihren 
frühbezeugten  Verkehr  mit  England  den  Typ  des  schweren 
tiefgehenden  Lastschiffes  geschaffen  haben.  Ihrer  Natur 
nach  gehört  diese  Schiffsart  an  eine  gegliederte,  buchten- 
reiche Küste  mit  tiefen  geschützten  Häfen,  nicht  an  das 
Flachufer  der  friesischen  Nordsee. 


Nef. 

Als  mit  dem  Beginn  des  13.  Jahrhunderts  der  See- 
verkehr für  das  historische  Erkennen  mehr  und  mehr 
faßbar  wird,  hebt  sich  als  eine  der  wichtigsten  Verkehrs- 
routen die  Fahrt  mit  Wein  von  Westfrankreich  nach 
England,  und  vor  allem  nach  Flandern  hervor.  In  ganzen 
Flotten  segelten  hier  die  Schiffe.  Hier  ünden  sich  auch  die 
natürlichen  Bedingungen  zu  einem  Verkehr  mit  schweren 
Lastschiffen,  wie  es  die  Koggen  des  1-3.  und  14.  Jahr- 
hunderts waren.  Flandern  mit  seinen  Häfen  gehört  zwar 
noch  zum  Gebiet  der  Flach-  und  Wattenküste,  hatte  aber 
ehedem    außerordentlich    günstige    Zufahrtswege    von    der 


ius  habere  videbamur,  omneinque  censum  qui  vulgarice  cogsculd  vo- 
catur".  Was  man  unter  cogsculd  zu  verstehen  hat,  zeigt  das  G-üter- 
verzeichnis  von  St.  Martin  in  Utrecht  um  960  (van  den  Berg,  Oor- 
kondenboek  van  Holland  en  Zeeland  I  N.  33).  Darin  werden  aufge- 
zählt: „In  Dalmersce  tota  piscatio  sancti  Martini.  In  Amuthon  vii 
were  ad  piscandum.  In  Getzewald  in  flumine  Venapa  omnis  piscatio 
sancti  Martini.  In  Almere  regalis  decima  census,  qui  vocatur  cog- 
scult.  In  Nesse  villa  cum  omni  piscatione,  decima  etiam  in  Almere 
de  sagenis  sancti  Martini  est"  usw.  Die  Abgabe  steht  inmitten  von 
lauter  Fischereigerechtsamen  und  läßt  keine  andere  Deutung  zu. 


Nef.  25 

See  her.  WeiterMn  im  Westen  beginnt  alsbald  der  Kanal, 
die  Hofden,  wie  der  treffende  deutsche  Name  lautet,  die 
häupterreiche  Küste  mit  ihren  weiten  Buchten  und  ge- 
schützten Reeden  am  englischen  Ufer,  und  dann  folgt  das 
reichgegliederte  bretonische  und  westfranzösische  Gestade. 
Von  dieser  Route  aus  muß  das  große  Lastschiff  zu  den 
nordöstlichen  Völkern  gelangt  sein. 

Man  wird  seinen  Ausgangspunkt,  die  Entstehung  und 
Ausbildung  des  Types  nicht  in  Flandern,  sondern  viel- 
mehr in  Westfrankreich  zu  suchen  haben.  Denn  seine 
Existenz  beruhte  auf  einem  Verkehr  mit  Massengut.  Dieser 
ging  aber  nicht  von  Flandern  aus,  sondern  es  war  der 
westfranzösische  Wein,  der  die  Schiffe  füllte,  während  die 
Fahrt  in  der  anderen  Richtung  häufig  unter  Ballast  ge- 
segelt wurde. 

Es  sprechen  triftige  Gründe  für  diese  Annahmen. 
Vor  allen  Dingen  ist  auf  dieser  Route  das  Schiffrecht  er- 
wachsen, das  nachher  von  allen  europäischen  Nationen 
der  atlantischen  Küste  übernommen  worden  ist.  West- 
franzosen haben  es  geschaffen  fiü'  ihren  Verkehr  mit  Wein 
von  la  Rochelle  und  Bordeaux  nach  Flandern  \  Wäre  das 
große  Lastschiff  anderen  Ursprungs,  so  wäre  wohl  auch 
das  allgemeine  Seerecht  auf  einer  anderen  Route  entstanden. 
Die  Röles  d'Oleron  kennen  den  Namen  Kogge  nicht, 
sie  schreiben  Nef,  ein  Zeichen  dafür,  daß  bei  der  Kodifikation 
der  seerechtlichen  Bestimmungen  das  Wort  Kogge  noch  nicht 
zur  Bezeichnung  des  schweren  Lastschiffs  gebraucht  wurde. 
Tatsächlich  tritt  es  auch  erst  mit  dem  Beginn  des  13.  Jahr- 
hunderts als  Typenname  für  große  Schiffe  auf.  Beim  Kreuz- 
zug gegen  Ägypten  1217—22,  wo  bei  der  Belagerung  von 
Damiette  mehrfach  friesische  und  deutsche  Koggen  in 
Tätigkeit  getreten  sind  %  erscheint  es  schon  im  allgemeineren 

^  Vgl.  Theodor  Kiesselbacli,  Der  Ursprung  der  roles  d'Oleron 
und  des  Seerechts  von  Damme,  Hansische  Gesch.  -  El.  1906  S.  1  ff. 
Statt  weiterer  Literaturangaben  sei  hier  auf  Joachims  Anzeige,  Zeit- 
schrift d.  V.  f.  hamburgische  Gesch.  XHI  S.  170,  171  verwiesen. 

2  OHveri  relatio  de  expeditione  Damiatina,  cap.  5  (ed.  Waitz  als 
Anhang  VI    in    Chronica  regia  Coloniensis   SS.  E.  G.):    Anno    gratie 


26  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Gebrauch.  Die  seit  1202  erhaltenen  Register  König  Johanns 
von  England  erwähnen  1206  zum  ersten  Mal  einen  Koggen 
(coga)\  dann  erst  wieder  1210.  Damals  befahl  der  König 
die  Auszahlung  von  Geldern  an  die  Schiffer  von  fünf 
aus  Friesland  gekommenen  Koggen  ■'^.  Hier  und  bei  den 
Deutschen  muß  damals  schon  dieser  Schiffstyp  allgemein 
verwendet  worden  sein.  1211  verlieh  Kaiser  Otto  IV.  den 
Bürgern  von  Ratzeburg  das  Recht,  von  Wismar  aus  mit 
beliebig  vielen  kleinen  und  zwei  großen  Schiffen,  die  man 
;„Cogken"  nennt,  Seefahrt  zu  treiben^.  Seitdem  wird  die 
Bezeichnung  auch  in  den  englischen  Quellen  immer  häufiger 
gebraucht,  vornehmlich  für  Schiffe  der  deutsch-friesischen 
Nordseeküste,  weniger  für  die  der  anderen  Nationen.  Flan- 
drische, friesische,  Kölner  und  Bremer  Koggen  werden  in 
den  folgenden  Jahren  wiederholt  in  englischen  Häfen 
erwähnt^. 

Ganz  besonders  interessant  ist  eine  Urkunde  von 
1226,  in  der  König  Heinrich  III.  die  Freigabe  eines  ganzen 
flandrischen  Geschwaders  befiehlt l  Es  waren  sechs  Koggen 
(cogae)  und  sieben  Schiffe  (naves),  die  zusammen  mit  noch 
zwei  weiteren  Schiffen  in  einer  Flotte  gesegelt  waren. 
Sie  hatten  in  den  damals  vom  französischen  König  be- 
setzten Häfen  la  Rochelle,  Saint  Jean  und  einem  Ort  „Seno- 
manum"  Wein  geladen  und  waren  deshalb  nach  England 
aufgebracht  worden.  Offenkundig  werden  hier  Koggen  und 
Nefs  voneinander  unterschieden.  Aber  während  sonst  der 
Gemeinname  „Schiff"  allenthalben,  wo  er  zur  Bezeichnung 


1217,  postquam  coggones  (so  die  ganze  Kli-euzfahrerflotte  bezeichnet) 
ad  portum  Acontanum  applicuerunt  .  .  .  Unde  accidit,  ut  in  ascen- 
sione  Domini,  quando  naves  ingredi  debebant  inrati,  ex  insperato 
viginti  tres  coggones  subsequentes  applicarent.  —  Ex  historia  expe- 
ditionum  in  terram  sanctam  1217—1219  cap.  6,  7  (ebenda  VII);  ferner 
MG.  SS.  XVII  (Annales  Colonienses  maximi),  833 !■%  ^o^  83420. 

1  Th.  Dnffus  Hardy,  Rotuli  Htterarum  clausarum  in  turri  Londi- 
nensi  asservati  I  (London  1833)  S.  72. 

2  H.  U.-B.  I  N.  82. 

3  Das.  N.  87. 

4  H.  U.-B.  I  N.  95,  104,  125,  140,  166. 

5  Das.  N.  201. 


Nef.  27 

eines  besonderen  Typs  dient,  für  die  größte  Schiffsart 
angewandt  wird,  stehen  hier  die  Nefs  an  zweiter  Stelle, 
hinter  den  Koggen.  Zweifellos  ist  das  sekundär  und  haben 
die  Nefs  einstmals  den  ersten  Platz  eingenommen,  von  dem 
sie  jetzt  durch  den  Neuauf kömmling,  den  Koggen,  ver- 
drängt werden.  Auch  das  anfangs  spärliche,  dann  immer 
häufigere  Vorkommen  dieser  Schiffsbezeichnung  in  den 
Registern  der  englischen  Könige  zwingt  zu  dem  Schluß, 
daß  die  Koggen  erst  seit  dem  Beginn  des  13.  Jahrhunderts 
in  dem  Überseeverkehr  erschienen  sind. 

Beide  Typen  Kogge  und  Nef  stellten  schw^ere  Last- 
schiffe dar.  Aus  englischen  Quellen  können  wir  entnehmen, 
daß  sie  an  Größe  und  Tragfähigkeit  einander  nichts  nach- 
gaben. Sie  hatten  auch  die  gleiche  Takelung  i.  Schiffe 
beider  Gattungen  segelten  außerdem  in  Geschwadern  ver- 
eint, nicht  nur  zu  kriegerischen  Unternehmungen,  sondern 
auch  als  gewöhnliche  Kauffahrer.  Hätten  die  Nefs  nun 
andere  Grundformen  und  Proportionen  als  die  Koggen  be- 
sessen, so  wären  sie  auch  auf  andere  Fahrtbedingungen 
angewiesen,  vielleicht  schneller  und  dafür  w^eniger  seetüchtig 
gewesen.  Eine  gemeinsame  Reise  hätte  dann  keinen  prak- 
tischen Zweck  gehabt.  Daher  bildet  das  Zusammensegeln 
von  Kauffahrern  beider  Typen  den  unwiderleglichen  Beweis 
für  ihre  innige  Wesensverwandtscliaft. 

Wodurch  beide  Arten  sich  voneinander  unterschieden, 
auch  das  läßt  sich  mit  völliger  Sicherheit  sagen:  es  war  die 
Art  der  Steuerung.  Das  Nef  führte  das  Ruder  noch  an 
Steuerbord,  der  Kogge  am  Heck.  Da  der  Kogge  sich 
bereits  in  den  ersten  Jahrzehnten  des  13.  Jahrhunderts 
allenthalben  an  der  deutschen  und  friesischen  Küste  durch- 
zusetzen vermochte,  so  zeigen  auch  die  Schiffe  auf  den 
Siegeln  der  deutschen  und  friesischen  Städte  sämtlich  das 
Hecksteuer.  Eine  Ausnahme  macht  allein  das  älteste  Siegel, 
das  von  Lübeck.  Das  auf  ihm  in  groben  Formen  abge- 
bildete Schiff  stellt  wohl  den  aus  dem  Westen  gekommenen 


'  Vgl.  über  beides  die  folgenden  Ausführungen,  sowie  die  Bilder. 


28  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen, 

Vorgänger  des  Koggen  dar^  Die  Einführung  des  Heck- 
ruders bei  dem  Typ  des  schweren  Lastschiffes  ist  sicherlich 
an  der  friesisch  -  deutschen  Küste  erfolgt.  Wahrscheinlich 
ist  diese  Form  der  Steuerung  zuerst  bei  den  kleinen  Fischer- 
booten der  Zuiderzee  angewandt  und  von  diesen  dann  auf 
die  großen  Nefs  übertragen  worden,  wobei  der  Name  mit- 
wanderte. 

Auch  in  Flandern  ist  das  Heckruder  schnell  in  Auf- 
nahme gekommen.  Ein  einfaches  Nefsiegel  liegt  noch  für 
Nieuport  vom  Jahre  1237  vor,  ein  weniger  gutes  für  Gra- 
velingen  von  12442.  In  der  Dammer  Zollrolle  von  1252^ 
wird  das  Seitenruder  nur  bei  kleineren  Fahrzeugen  er- 
wähnt und  gilt  hier  als  ein  Grrund  zu  geringerer  Be- 
wertung gegenüber  anderen  Schiffen  der  gleichen  Klasse, 
die  ein  Hecksteuer  hatten. 

Bei  den  westlichen  Völkern,  Engländern,  Franzosen 
und  Spaniern,  hat  sich  jedoch  die  Neuerung  nur  sehr  lang- 
sam einbürgern  können.  Die  Ausbreitung  läßt  sich  an 
Hand  der  englischen  Quellen  am  besten  verfolgen. 

1210  wurden  für  den  Dienst  des  englischen  Königs 
ein  Kogge  und  fünf  Nefs  geheuert^.  Eustache  le  Meine 
soll  1216  in  Calais  und  den  benachbarten  Häfen  eine  Flotte 
von    600    Schiffen    und    80    Koggen    zur    Überfahrt    nach 


1  Daß  dies  Siegel  kein  Nordmanneuschiff  wiederzugeben  braucht, 
lehrt  der  Vergleich  mit  dem  ähnlich  gehaltenen  Siegel  der  englischen 
Stadt  Lyme  Regis.  Das  Siegel  von  Tondern,  das  ebenfalls  ein 
bauchiges  Schiff  mit  Seitensteuer  darstellt,  liegt  erst  aus  so  sj)äter 
Zeit  vor,  daß  man  es  hier  nicht  heranziehen  kann. 

^  Abgebildet  in  Les  armoiries  de  la  ville  de  Paris  II,  Tafel  5. 
Das  älteste  Siegel  von  Damme  (von  1226),  das  nach  Jal,  Archeologie 
navale  II  S.  367,  sehr  grob  gehalten  sein  soll,  habe  ich  nicht  zu 
Gesicht  bekommen  können.  Ob  das  von  Demay,  Revue  archeologique 
1877  Tafel  XXI,  abgebildete  Nefsiegel  von  1307,  bei  dem  die  KasteUe 
auf  dem  Schiffsrumpfe  aufliegen,  Nieuport  zugehört,  bleibt  dahin- 
gestellt. 

3  H.  U.-B.  I  N.  432 :  Navis  que  dicitur  envare,  que  habet  remex 
retro  j)endens,  debet  comiti  4  d.  et  feodatis  4  d. ,  si  vero  remex  in 
latere  navis  pendeat,  navis  debet  comiti  2  d.  et  feodatis  2  d. 

4  Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I,  S.  112,  nach  Issue  Rolls,  154. 


Nef.  29 

England  znsammengebraclit  liaben^.  Noch  um  die  Mitte 
des  Jalirliunderts  waren  Koggen  in  England  selten.  Die 
Elotte,  mit  der  König  Heinrich  III.  1242  den  königlichen 
Schatz  von  England  nach  Bordeaux  bringen  ließ,  bestand 
aus  dreizehn  Nefs,  zwei  Koggen  und  einem  unbezeichneten 
Schiff.  In  den  königlichen  Zahlungsanweisungen  für  die 
Schiffer-  wird  auch  die  Stärke  des  Bootsvolks,  das  jeder 
an  Bord  hatte,  genannt.  Daraus  läßt  sich  auch  ein  Bild 
von  der  Größe  der  beiden  Schiffsarten  im  Verhältnis  zuein- 
ander gewinnen.  „Die  große  Kogge"  von  Southampton^ 
führte  26  Bootsleute,  zwei  Nefs  und  das  unbezeichnete 
Schiff  je  23,  „die  Kogge"  von  Eye  21,  je  zwei  Nefs  18 
und  19,  vier  je  17,  je  eins  16,  15  oder  mehr^  und  13. 
Man  sieht  also,  daß  beide  Schiffsklassen  sich  in  der  Größe 
kaum  unterschieden  haben  können.  Erst  gegen  Ende  des 
Jahrhunderts  wird  der  Neftyp  verdrängt.  Eine  Liste  der 
Flotte,  die  von  den  Fünfhäfen  1299  und  1300  gegen  die 
Schotten  gestellt  wurde  ■%  nennt  zwar  bei  den  meisten 
Schiffen  nur  den  Namen  und  nicht  den  Typ,  zeigt  aber 
auch  so  den  Fortschritt,  den  die  Koggen  gemacht  hatten. 
Zum  Hastings-Kontingent  stellte  Hastings  zwei  Fahrzeuge, 
eins  davon  als  ;,Schiff"  bezeichnet,  mit  je  20  Mann  außer 
dem  Schiffer,  Pevensey  eins.  Eye  drei,  Winchelsea  fünf 
Fahrzeuge,  nämlich  vier  Koggen  und  eine  Snake,  mit  je 
41  Mann.  Die  beiden  Fahrzeuge  von  Romenhale  mit  je  41  und 
drei  von  Hythe  mit  je  20  Mann,  sind  nicht  bezeichnet,  das 
vierte  von  Hythe  mit  41  Mann  ist  dagegen  als  Schiff  aufge- 
führt. Im  Dover -Kontingent  war  Dover  selbst  mit  acht 
Fahrzeugen  von  34  bis  41  Mann,  darunter  einem  Koggen 
mit  41  und  einem  Schiff  von  36  Mann  vertreten.     Faversham 

1  Eoger  of  Wendover,  Chronica  III  S.  367,  368:  Venientes  igi- 
tur  universi  ad  Caleis  portum,  inveneruut  ibi  sexcentas  uaves  et  quater 
viginti  coggas  bene  paratas. 

2  Roles  Gascons  (CoUection  de  documents  üiedits  sur  Thistoire 
de  France)  I  N.  254—257. 

3  N.  255  lies  „magistro  magne  coge  Southamtonie"  statt  „ma- 
gistro  magecoge  Soutbamtonie". 

■*  Die  Zahl  ist  nicht  völlig  lesbar. 

5  Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I  S.  181. 


30  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

stellte  ein  Fahrzeug  mit  39,  Folkestone  einen  Koggen  von 
24  Mann  Besatzung.  Unter  den  drei  Fahrzeugen  von 
Sandwich  mit  je  -il  Mann,  wird  eins  als  Schiff,  eins  als 
Kogge  bezeichnet. 

Die  Angaben  über  das  Kontingent  von  Winchelsea 
zeigen  klar  die  Vorherrschaft  des  Koggen.  Immerhin  hat 
es  noch  tief  im  14.  Jahrhundert  Nefs  gegeben  ^ 

Die  Bilder  bestätigen  diese  Entwickelung.  Sämtliche 
englischen  und  französischen  Schiffssiegel  des  13.  Jahr- 
hunderts zeigen  Nefs,  schwere  Lastschiffe  mit  Seiten- 
steuer-. Eins  der  besten,  das  von  Winchelsea  ist  oben^ 
abgebildet.  Es  ist  nur  eines  aus  einer  großen  Zahl.  Fast 
jede  der  einst  so  wichtigen  und  heute  vergessenen  Seestädte, 
die  zum  Kreis  der  „Fünfhäfen"  gehörten,  hat  ein  Schiff 
im  Siegel  geführt  und  daneben  noch  viele  andere  englische 
Hafenstädte.  Solche  Nefsiegel  liegen  vor  von  Yarmouth 
(1280),  Dunwich  (1269),  Ipswich,  Faversham,  Sandwich  (1238), 
Fordwich,  Dover  (1281),  Hythe,  Romney,  Lydd,  Hastings, 
Pevensey,  Portsmuth,  Southampton,  Poole  (1315),  Newtown 
ai^f  Wight,  Melcombe  Regis,  Lyme  Eegis,  Dartmouth, 
Bristol  und  noch  anderen  Orten,  bald  in  schlechterer,  bald 
in  besserer  Ausführung'*. 


1  1338  hatte  der  größte  englische  Kogge  240  Tonnen,  das  größte 
Nef  180  Tonnen  Tragkraft  (Laird  Clowes,    The  Royal  Navy  I  S.  144). 

"  Das  Koggensiegel  von  Ipswich  (s.  Tafel  XI)  setze  ich  in  das 
14.  Jahrhundert. 

3  Tafel  IV. 

■1  Daß  diese  Siegel  keine  Nordmannenschiffe  wiedergeben,  wird 
bei  einiger  Aufmerksamkeit  jeder  erkennen.  Die  Gleichartigkeit  von 
Bug  und  Heck,  das  Fehlen  des  Ankerhebebalkens  (Bugspriets)  bei  den 
älteren  —  bei  einigen  liegt  er  neben  dem  Vordersteven  —  können 
vielleicht  dazu  verführen.  Die  Aufbauten,  die  auf  dem  Siegel  von 
Faversham  zu  regelrechten  Kastellen  geworden  sind,  liefern  den  Beweis 
für  den  wahren  Charakter  der  Schiffe.  Ob  das  Siegel  von  Poole  ein 
Nef  darstellen  soll,  mag  dahingestellt  sein.  Abbildungen  der  meisten 
dieser  Siegel  finden  sich  bei  Gale  Pedrick,  Borough  Seals  of  the  Gothic 
Period  (London  1904),  andere  bei  Jal,  Archeologie  navale,  E.  Paris, 
Le  Musee  de  Marine  du  Louvre  (Paris  1883). 


Nef. 


31 


2.  Siegel  von  la  Eoclielle  (1308). 
Aus  Les  armoiries  de  la  ville  de  Paris  II.   Tafel  5. 


Französische  Nefsiegel  sind  von  Calais,  Paris  und  la 
Eochelle,  spanisclie  von  San  Sebastian  (1335)  und  Santander 
erhalten  ^.  — 

Aus  alledem 
geht  hervor,  daß 
der  T}^  des  großen 
Lastschiffes  älter 
ist  als  das  Auf- 
kommen des  Heck- 
ruders und  älter 
als  die  damit  ver- 
bundene Einfüh- 
rung der  Bezeich- 
nung Kogge.  Will 
man  aber  ihn 
weiter  hinauf  in 
ältere  Zeiten  ver- 
folgen, so  stößt 
man  alsbald  auf 
Schwierigkeiten.  Es  läßt  sich  noch  behaupten,  daß  die 
Ki^euzzugsflotte,  die  1147  Lissabon  erobert  hat,  eine  ein- 
heitliche Seglei-flotte  gewesen  sein  muß-.  Darüber  hinaus 
versagt  das  Material.  Wo  einmal  bestimmtere  Nachrichten 
über  ein  Schiff  vorliegen,  betreffen  sie  stets  ein  Ruder- 
fahrzeug. 

Ob  das  aber  als  ein  Beweis  für  das  Fehlen  großer  Last- 
schiffe in  früheren  Zeiten  gelten  kann,  wird  man  doch 
bezweifeln    müssen.     Man    muß    berücksichtigen,    daß    alle 

1  Das  von  Calais  (s.  Demay,  Le  costume  au  moyen  äge  d"apres 
les  sceaux,  S.  260)  schließt  sich  eng  an  die  englischen  an,  zu  denen 
es  auch  eigentlich  zu  rechnen  ist.  Das  Pariser  Siegel  soll  nach  dem 
Herausgeber  von  Les  armoiries  de  la  ville  de  Paris,  Comte  de  Coet- 
logon,  ein  Flußschiff  darstellen.  Doch  ist  das  wohl  kaum  anzunehmen 
da  späterhin  die  Mercatores  aque  Parisius  stets  das  Bild  eines  großen 
Seeschiffes  im  Siegel  führten.  Auch  gleicht  das  Siegel  ziemlich  dem 
von  Nieuport.  Das  vortreffliche  Siegel  von  San  Sebastian  ist  abge- 
bildet von  Demay  in  Eevue  archeologique  1877  Tafel  XXI. 

-  Vgl.  Kurth,  Mitteil.  d.  Instituts  f.  österr.  Gesch. -Forsch.,  Erg.- 
Bd.  VIII  S.  134  ff. 


32  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

älteren  Nacliricliten  über  das  Seewesen  an  den  englischen 
und  westeuropäischen  Küsten  lediglich  die  Kriegsflotte  be- 
treffen. Es  ist  nun  aber  einmal  das  bewegliche  Ruderboot 
dem  vom  Winde  abhängigen  Segler  überlegen.  Ein  Land,  das 
sich  der  Angriffe  feindlicher  Ruderbootsflotten  erwehren 
will,  kann  dies  nur  wieder  durch  Ruderschiffe.  So  mußte 
König  Alfred  von  England  Ruderfahrzeuge  gegen  die 
Dänen  in  See  bringen,  so  holten  die  Bewohner  der  Küste 
von  Galicien,  um  den  maurischen  Korsaren  entgegentreten 
zu  können,  einen  Galeerenbaumeister  aus  Genua  ^.  Daß  die 
Bevölkerung  dieser  Länder  vorher  keine  Seefahrt  getrieben 
hat,  wird  man  nie  und  nimmer  daraus  schließen  können. 
Durch  das  ganze  Mittelalter  hindurch  geht  das  Bestreben,  die 
Galeere  auf  dem  Ozean  einzubürgern.  Namentlich  in  den 
Kriegen  zwischen  den  Königen  von  England  und  Frank- 
reich haben  die  Ruderschiffe,  die  häufig  von  Italienern 
geführt  wurden,  eine  außerordentliche  Bedeutung  besessen^. 
Selbst  Oleron  und  Bayonne  hatten  dem  englischen  Könige 
mit  Ruderschiffen  zu  dienen^.  Die  hansischen  Frede- 
koggen hatten  stets  Snicken,  Schuten  mit  Riemen,  als 
Begleitschiffe.  Die  Einführung  der  Feuerwaffen  hat  die 
taktische  Überlegenheit  der  Ruderschiffe  ausgeglichen. 
Aber  noch  bei  den  Vorbereitungen  Parmas  zum  Übergang 
nach  England  1587/88  und  denen  Napoleons  1804  spielten 
sie  eine  große  Rolle.  Erst  das  Aufkommen  der  Dampfschiffe 
hat  die  von  Menschenhand  bewegten  Fahrzeuge  aus  den 
Kriegsflotten  verdrängt.  Die  chronikalische  Überlieferung 
der  älteren  Zeit  ist  nun  aber  einmal  so  gestimmt,    daß  sie 


1  Duro,  La  Marina  de  Castilla  (Historia  General  de  Espana, 
Madrid  1894),  S.  19. 

2  Vgl.  Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I  u.  a.  S.  236,  237,  245. 
In  Westfriesland,  Holland  und  Zeeland  waren  noch  am  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts  zu  Kriegszügen  von  den  Bewohnern  vieler  Ort- 
schaften Ruderer  zu  stellen.  (Vgl.  van  Mieris,  Groot  Charterboek  der 
Graaven  van  Holland  III  S.  664,  681,  688,  689,  720,  795.) 

3  Roles  Gascons  I  N.  2,  1242  Juni  6 :  (De  galeis  faciendis)  Rex 
majori  et  probis  hominibus  suis  insule  Oleronis:  Mandamus  vobis,  quod 
fieri  faciatis  bargias  nostras,  que  nobis  de  feodo  debentur  in  insula 
Olerone.     Das.  N.  26:  ähnlich  an  Bayonne.     Vgl.  N.  39,  157,  314. 


Nef.  33 

von  den  Kriegsfahrzeugen    viel,   von    anderen   wenig    oder 
nichts  zu  berichten  weiß. 

La  Rochelle,    Bordeaux  und    Bayonne  waren  zu  dem 
Zeitpunkt,  wo    die    historischen    Nachrichten    reichhaltiger 
werden,   längst   mächtige   Handelsstädte,    die   Insel  Oleron 
emer   der   hervorragendsten  Reedereiplätze    des   englischen 
Königs.     In  der   Kreuzzugsflotte  von    Richard    Löwenherz 
fungierten   neben    drei    anderen   der  Bischof  von  Bayonne 
und  em  Oleroner  als  Geschwaderführer  i.    Die  besten  Zeugen 
dafür,    daß    die    Seefahrt  mit  großen  Lastschiffen    an    der 
westfranzösischen  Küste  uralt  ist,    sind   aber  die    seerecht- 
lichen   Kodifikationen,   das   Schiffsstatut  von  Bayonne    aus 
dem  Anfang    des  13.  Jahrhunderts    und    die    noch    älteren 
Roles    d'Oleron.     Solche    Bestimmungen    erwachsen    nicht 
mnerhalb  weniger  Jahre,   sondern  setzen   eine  Übung  und 
langsame  Entwickelung  durch   viele  aenerationen   voraus  ^ 
Ebensowenig  kann  ein  solcher  Massenverkehr  mit  Wein    wie 
ei"  am  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  von  Westfrankreich  nach 
Flandern    und    kaum    minder   stark    nach   England«^    ging 
innerhalb  weniger  Jahrzehnte  emporgekommen  sein-^. 

Man  muß  sehr  weit  zurückgehen,  bis  man  wieder 
einen  Embhck  in  das  Schiffswesen  dieser  Gegenden  machen 

1  Chronica  magistri  Rogeri  de  Hovedene  (Rerum  Britamiicarum 
medn  aevi  scriptores)  III  S.  42:  Willelmus  de  Forz  de  Ulerun  Die 
oberste  Führung  hatte  der  Erzbischof  von  Auch,  ebenfalls  ein 
Aquitanier. 

2  Vgl.  A.  Kiesselbach,  Die  wirtschaftlichen  Grundlagen  der 
deutschen  Hanse  und  die  Handelsstellung  Hamburgs  (Berlin  1907) 
b.  74ft.  ^Die  Constitutio  navium  Bajonensium  ist  gedruckt  bei  Par- 
dessus,  Collection  de  lois  maritimes  IV  S.  283  ff, 

3  Auf  die  Bedeutung  des  Verkehrs  nach  England  hat  P.  Studer 
The  Oak  Book  of  Southampton  (Publications  of  the  Southamptoi^ 
Eecord  Society)  n  S.  XXXIV,  mit  vollem  Recht  hingewiesen 

^  Vgl.  H.  U.-B.  III  N.  603.  Die  viel  zitierte  Stelle  der  Lütticher 
Annalen  des  Mönches  Reiner  (MG.  SS.  XVI65in),  worin  zum  Sommer 
1198  bemerkt  wird:  „vinum  de  Rochella  primum  in  hanc  civitatem 
est  advectum"  besagt  gar  nichts  über  das  Alter  des  Handels  mit  west- 
französischem Wein  in  Flandern,  da  Lüttich  selbst  in  einer  Weinbau- 
gegend liegt  und  derselbe  Chronist  im  Herbst  (65450)  notiert:  Vinum 
carum".  " 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstj^ien.  3 


34  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

kann,  bis  an  den  Anfang  unserer  historischen  Kenntnis 
überhaupt.  Cäsar  hat  bei  der  Unterwerfung  Galliens  die 
Völker  der  westlichen  Küstenlandschaften  zur  See  be- 
kämpfen müssen  und  bei  dieser  Gelegenheit  eine  anschau- 
liche Schilderung  von  ihren  Schiffen  gegeben.  Es  waren 
mächtige  kielgebaute  Fahrzeuge,  ganz  aus  Eichenholz,  von 
solcher  Festigkeit,  daß  ihnen  die  Römergaleeren  mit  den 
Sporen  keinen  Schaden  zufügen  konnten,  und  so  hoch,  daß 
sie  sich  nicht  gut  beschießen  ließen,  da  sogar  die  auf  den 
Römerschiffen  errichteten  Türme  von  dem  hochgezogenen 
Bug  und  Heck  der  Barbarenfahrzeuge  überragt  wurden. 
Die  Anker  lagen  an  eisernen  Ketten.  Die  Segel  waren 
aus  Leder,  entweder  weil  man  die  Verwendung  von  Leinen 
nicht  kannte,  oder  weil  man,  „was  wahrscheinlicher  ist", 
meinte,  daß  Leinensegel  der  Gewalt  der  Winde  des  Ozeans 
nicht  gewachsen  sein  würden,  oder  daß  sich  mit  ihnen  „so 
schwere  Schiffe"  nicht  gut  fortbewegen  ließen.  Die  Römer 
überwanden  die  Keltenilotte ,  indem  sie  Sicheln  an  langen 
Stangen  befestigten  und  mit  ihnen  die  Taue  zerschnitten, 
die  die  Rahen  oben  am  Mast  hielten,  so  daß  sie  herabfielen. 
Die  Schiffe,  die  allein  auf  ihre  Segelkraft  angewiesen 
waren,  verloren  so  ihre  Bewegungsfreiheit  und  wurden 
einzeln  überwältigt  ^ 

Die  Beschreibung,  die  Cäsar  von  ihnen  gibt,  könnte 
mit  ganz  geringfügigen  Änderungen  auch  für  die  Nefs 
und  Koggen  gelten.  Man  betrachte  nur  das  eine  cha- 
rakteristische Merkmal,  das  der  Römer  erwähnt,  die  hoch- 


1  Caesar,  De  hello  Gallico  III,  13,  14.  „Die  Kiele  etwas  flacher 
hergestellt,  damit  sie  desto  leichter  Untiefen  und  Ebbe  begegnen 
könnten".  Diese  Worte  dürfen  nicht  dahin  ausgedeutet  werden,  daß 
die  Schiffe  nicht  tief  eintauchten.  Die  Höhe  erfordert  naturgemäß 
einen  entsprechenden  Tiefgang.  „Transtra  pedalibus  in  altitudinem 
trabibus  confixa  clavis  ferreis  digiti  j)ollicis  crassitudine"  ist  wohl  zu 
übersetzen:  Die  Überlauf sbalken  (Deckbalken)  mit  den  Spanten  durch 
eiserne  Nägel  von  Daumenstärke  verbunden.  Es  mag  dem  entsprechen, 
was  man  später  „doerbalct  scip"  (H.  IT.-B.  I  N.  1033)  oder  „magna 
navis  trabeata"  (das.  N.  432)  bezeichnete. 


Nef.  35 

gezogenen  Bug-  und  Heckbalken  auf  dem  oben  abgebildeten 
Siegel  von  La  Rochellei. 

Von  dem  Handel  der  keltischen  Seefahrer  berichtet 
Cäsar  keine  Einzelheiten,  nur  daß  eine  lebhafte  Fahrt  nach 
Britannien  unterhalten  wurde.  Das  Vorhandensein  solcher 
mächtiger  Seeschiffe  setzt  aber  einen  großen  Massengüter- 
verkehr voraus.  Worin  dieser  bestanden  hat,  weiß  man 
nicht,  wie  ja  überhaupt  die  Beschreibung  der  großen  Kelten- 
schiffe bei  Cäsar  einzig  dasteht  und  ohne  sie  beinahe 
völliges  Dunkel  über  dem  älteren  Seewesen  dieser  Küsten 
ruhen  würdet  Eine  Nachi^cht  aus  Julians  Zeit  besagt 
daß  damals  noch  800  Schiffe  in  der  Getreidefahrt  zwischen 
G-allien  und  Britannien  tätig  waren  3. 

Ob  der  Verkehr  auf  diesen  Gewässern  später  zugrunde 
gegangen  ist,  oder  ob  er  nicht  vielmehr  auch  unter  den 
ärgsten  Piratennöten  immer,  wenn  auch  in  beschränktem 
Umfang  fortbestanden  hat,  und  ob  die  Kenntnis  vom  Bau 
der  starken  hochbordigen  eichenen  Segelschiffe,  deren 
nautische  Überlegenheit  über  die  Eömerfahrzeuge  Cäsar 
nicht  genug  zu  betonen  wußte,  jemals  den  Bewohnern  dieser 
Küsten  verloren  gegangen  ist,  darauf  läßt  sich  bei  dem 
Schweigen  der  Quellen  keine  sichere  Antwort  geben  * 

Aber  über  wie  viel  Dinge  fehlt  nicht  jede  Über- 
heferung.  Was  wüßten  wir  von  Wisbys  Größe  und  Be- 
deutung, wenn  nicht  die  Ruinen  und  die  Schätze  des 
Bodens  Zeugnis  von  der  Vergangenheit  ablegten.  Man 
muß     sich     immer    vergegenwärtigen,    daß     unsere    ganze 

^  1  S.  31.    Auf  dem  Siegel  von  Winchelsea  (Tafel  IV)  sind  dahinter 

die  kriegsmäßigen  Aufbauten  errichtet,  die  bei  einem  einfachen  Kauf- 
fahrer  fehlten. 

2  Vgl.  die  Zusammenstellung  älterer  Quellennachrichten  bei 
Francisque-Michel,  Histoire  du  commerce  et  de  la  navigation  ä  Bordeaux 
(iiordeaux  1867)  I  Kap.  1. 

3  Vogel,  Prähistorische  Zeitschrift  IV  S.  13,  nach  Zosimus  III  5 
(Mon.  Hist.  Britt.,  S.  LXXVId). 

■*  Vgl.  Vogel,  Hansische  Geschichtsblätter  1907  S  161-  Zeug 
nisse  irischen  Seeverkehrs  an  den  westfranzösischen  Küsten  im  frühen 
Mittelalter.     Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I  S.  60. 

3* 


36  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Kunde  von  den  großen  Gallierschiffen  auf  einem  einzigen 
zufällig  erhaltenen  Berichte,  dem  Cäsars,  beruht^. 

Wenigstens  später  haben  Westfrankreich  und  die  Bre- 
tagne eine  hervorragende  Bedeutung  für  die  Entwickelung 
des  Schiffswesens  in  Europa  besessen.  Von  hier  aus  ist 
auch  der  Kogge  ins  Mittelmeer  eingeführt  worden. 


Die  Lastschiffe  des  Mittelmeeres. 

Wo  sich  die  Schiffahrtsleistungen  der  südlichen  Natio- 
nen mit  denen  des  atlantischen  Europas  zu  messen  hatten, 
da  haben  die  Mittelmeervölker  stets  den  kürzeren  gezogen. 
Sie  haben  allein  den  Typ  der  Galeere,  das  Ruderschiff,  zu 
einer  gewissen  Vollkommenheit  ausgebildet.  Doch  ist  die 
Galeere  trotz  vieler  Versuche  nie  auf  dem  Ozean  heimisch 
geworden.  Sie  hat  auch  nicht  die  Seefestigkeit  des  leichten 
nordgermanischen  Ruderbootes  besessen.  Die  Segelschiff- 
fahrt des  Mittelmeerbeckens  ist  stets  den  Einflüssen,  die  von 
der  atlantischen  Seite  herkamen,  unterlegen.  Diese  Ein- 
wirkungen äußerten  sich  nicht  in  der  Form  eines  stetigen 
Austausches  von  Fähigkeiten  und  Kenntnissen,  sondern 
ruckweise  und  hatten  regelmäßig  eine  völlige  Rezeption 
der  nordischen  Typen  zur  Folge. 

Die  Verbindung  zwischen  den  beiden  Seiten  Europas 
ist  wohl  seit  der  Römerzeit  nie  ganz  unterbrochen  gewesen. 
862  haben  die  Normannen  einen  Raubzug  ins  Mittelmeer 
unternommen.  Später  haben  sie  dann  wiederholt  als  Pilger 
und,  um  gegen  die  Sarazenen  in  Unteritalien  zu  kämpfen, 
die  Straße  von  Gibraltar  passiert.  Die  Kreuzfahrten 
schließen  sich  unmittelbar  daran.  Sie  haben  schon  zur 
Zeit    des    ersten  Kreuzzugs,   dann  wieder  1147,  1189,  1190 


1  Was  daneben  z.  B.  bei  der  ersten  Expedition  gegen  Britannien 
(Lib.  III  cap.  21ff.),  auf  der  Cäsar  requirierte  Gallierschiffe  als  Trans- 
portfahrzeuge benutzte,  bO  für  zwei  Legionen,  von  den  Schiffen  gesagt 
wird,  gibt  kein  klares  Bild. 


Die  Lastschiffe  des  Mittelmeeres.  37 

und  12171  größere  nordisclie  Flotten  ins  Mittelmeer  geführt. 
Auf  der  letzten  Fahrt,  bei  der  Belagerung  von  Damiette, 
werden  auch  die  Koggen  zuerst  im  Mittelmeer  genannt. 
Späterhin  haben  die  italienischen  Galeeren  vielfach  in 
englischen  oder  französischen  Diensten  den  Atlantischen 
Ozean  aufgesuchte  Trotzdem  stand  das  Seewesen  beider 
europäischen  Küstengebiete  lange  Zeit  selbständig  mit 
eigenen  Typen  nebeneinander. 

über  das  Schiffswesen  der  südlichen  Nationen  sind 
wir  weit  besser  unterrichtet,  als  über  das  des  Atlantischen 
Ozeans.  Unsere  Kenntnis  geht  hier  in  frühere  Zeiten  zurück. 
Die  Seegesetzgebung  der  italienischen  Stadtrepubliken  ist 
viel  reichhaltiger  und  beschäftigt  sich  viel  mehr  mit  allen 
Einzelheiten  der  Schiffsausrüstung  und  des  Verkehrs,  als 
das  im  Norden  je  geschehen  ist.  Während  in  der  Klein- 
schiffahrt hier  wie  an  den  atlantischen  Küsten  eine  große 
Mannigfaltigkeit  der  Formen  gewaltet  haben  mag,  fanden 
sich  die  beiden  Haupttypen,  die  Galeere  und  das  große 
Lastschiff,  gleichmäßig  bei  Sarazenen  und  Christen,  an  den 
Küsten  der  iberischen  Halbinsel  sowohl  wie  in  Ägypten. 
Aus  der  Zeit  der  Kreuzzüge  liegen  Bau-  und  Heuerverträge 
vor,  auf  Grund  deren  man  mit  Erfolg  eine  Rekonstruktion 
des  Typs  der  großen  Mittelmeerlastschiffe  hat  vornehmen 
können^. 


1  Noch  1270  ist  eine  größere  Flotte  vom  Atiantischeu  Ozean 
ins  Mittelmeer  gegangen.  Kleinere  Eahrten  haben  zwischendurch 
stattgefunden. 

2  Z.  B.  1295  eine  sehr  starke  Flotte  von  Genua  und  Marseille 
im  Dienste  Philipps  IV.  von  Frankreich  (vgl.  Laird  Clowes,  The  Royal 
Navy  I  S.  207). 

3  Vgl.  Jal.  Archäologie  navale  II  Memoire  7:  Sur  les  vaisseaux 
ronds  de  Saint  Louis,  wo  die  Verträge  abgedruckt,  erklärt  und  dann 
danach  die  Schiffe  im  Längs-  und  Querdurchschnitt  entworfen  worden 
sind.  Jal  zeichnet  die  vorderen  Masten  fälschlich  senkrecht,  während 
sie  tatsächlich  schief  nach  vorn  geneigt  waren.  Vgl.  die  umstehende 
Abbildung,  ferner  bei  Duro,  La  Marina  de  Castilla  Tafelt,  10  und  11, 
sowie  S.  61. 


38 


Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


Es  waren  große  kastenförmige  Fahrzeuge^  mit  kurzem 
runden  Vorder-  und  Hinterteil  und  einem  langen,  gleich- 
mäßig gestalteten  Mit- 
telschiff. Einige  von 
ihnen  trugen  drei  Decks 
übereinander  und  an 
beiden  Enden  noch  Auf- 
bauten darüber.  An  je- 
der Seite  hatten  sie  ein 
Steuerruder ,  das  aus 
einer  Öffnung  der  Bord- 
wand schräg  herabhing. 
Sie  führten  in  der  Regel 
zwei  Masten.  Doch  gab 
es  auch  Dreimaster.  Ein 
solcher  ist  auf  einem 
Mosaik  des  12.  Jahr- 
hunderts im  Markus- 
dom in  Venedig  abge- 
bildet.       Die      Masten 


Großes  Mittelmeerlastschiff 

(12.  und  13.  Jahrhundert). 

Aus  Lapidario  del  Rey  D.  Alfonso  X. 

[Madi-id.] 


trugen  je  ein  dreieckiges,  sogenanntes  lateinisches  Segel 
an  einer  aus  zwei  Stücken  zusammengesetzten  Rah. 
Für  jeden  Mast  wurden  Ersatzrahen  und  zwei  bis  vier 
Segel  von  verschiedener  Größe  mitgeführt,  die  je  nach  der 
Stärke  des  Windes  ausgespannt  wurden.  Für  damalige  Ver- 
hältnisse waren  die  Schiffe  kolossal.  Wiederholt  hört  man 
von  Fahrzeugen,  die  1000  und  mehr  Mann  an  Bord  hatten^. 
Richard  Löwenherz  vernichtete  auf  seiner  Fahrt  nach 
Palästina  in  den  syrischen  Gewässern  ein  gewaltiges  Sara- 
zenenschiff, das  mit  1500  Mann  besetzt  gewesen  sein  soll^. 


^  Navis  ist  die  allgemeine  Bezeichnung  dieser  Lastschiffe  ge- 
wesen. Daneben  finden  sich  bussa,  buza,  bucca,  bucia,  buscia,  auch 
butium  (MG.  SS.  XVIII  S.  64,  65)  und  dromunda. 

2  Vgl.  Jal  II  S.  142  ff. 

3  Chronica  Rogeri  de  Hovedene  III  S.  112:  Erant  autem  in 
buscia  illa  pagani  numero  mille  et  quingenti.  Matthaei  Parisiensis 
monachi  sancti  Albani  chronica  majora  II  S.  373:  .  .  .  apparuit  illis 
navis  quaedam  permaxima,  quam  dromundam  appellant  .  .  .  robus- 
toruni  hominum  mille  et  quingenti. 


Die  Lastschiffe  des  Mittelmeeres.  39 

Man  ist  wolil  geneigt,  solchen  Angaben  nicht  vollen  Glauben 
zu  schenken.  Aber  wenn  man  in  den  Verträgen  Ludwigs 
des  Heiligen  mit  den  Reedern  und  Schiffbauern  liest,  daß 
zur  Bedienung  des  einen  Schiffs  allein  110  Seeleute  er- 
forderlich waren  1,  daß  in  einem  anderen  Stallungen  für 
100  Pferde  eingebaut  werden  mußten-,  so  wird  man  doch 
annehmen  müssen,  daß  solche  Schiffe  gelegentlich  1000 
Mann  an  Bord  hatten. 

Gegenüber  diesen  kastenartigen  Ungetümen  war  der 
Kogge  allerdings  nur  ein  kleines  Schiff.  Aber  mit  der 
Größe  waren  auch  alle  Vorzüge  der  südlichen  Riesen  er- 
schöpft. Ihr  roher  Bau  hielt  keinen  Vergleich  mit  dem 
durchgebildeten  Rumpf  des  Koggen  aus.  Das  eine  viereckige 
Segel  mit  seinen  Bonnets  war  viel  handlicher  als  die  mächtigen 
lateinischen  Segel,  die  zu  ihrer  Bedienung  unverhältnismäßig 
viel  Leute  erforderten,  von  den  Vorzügen  der  Steuerung 
und  Seetüchtigkeit  nicht  zu  reden.  Aber  die  Größe  bot 
damals  im  Zeitalter  der  Kreuzzüge  Vorteile,  die  alle 
anderen  aufwogen.  Der  gewaltige  Passagierverkehr  erforderte 
große  Räume,  und  die  Schiffe  mußten  zur  Verteidigung 
gegen  feindliche  Angriffe  viel  Leute  an  Bord  haben.  Darin 
wird  man  die  Gründe  zu  suchen  haben,  weshalb  die  Last- 
schiffe des  Nordens  sich  nicht  bei  ihrem  ersten  Erscheinen 
im  Mittelmeer  einzubürgern  vermochten. 

Erst  hundert  Jahre  später,  als  mit  dem  Abflauen  der 
Kreuzzugsbegeisterung  auch  der  Passagierverkehr  gegen- 
über der  Lastfahrt  an  Bedeutung  verlor,  obsiegten  die 
Schiffe  des  Nordens  über  die  des  Südens.  Der  Florentiner 
Chronist  Giovanni  Villani  berichtet  zum  Sommer  1304  3: 
„In  dieser  Zeit  kamen  Leute  von  Bayonne  in  der  Gascogne 
mit  ihren  Schiffen,  die  sie  Koggen  nannten,  durch  die 
Straße  von  Gibraltar  auf  Freibeut  ins  Mittelmeer  und 
richteten    genug    Schaden    an.      Seitdem    fingen   Genuesen, 

1  Jal  II  S.  355. 

2  Jal  II  S.  389.     Die  Ställe  befanden   sich  im  untersten  Deck. 

3  Vorher  hat  er  den  Sieg  geschildert,  den  Einieri  di  Grimaldi, 
der  mit  16  Galeeren  in  französischen  Diensten  durch  die  Straße  nach 
Flandern  gekommen  war,  über  die  flandrische  Flotte  erfochten  hatte. 


4:0  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Venezianer  und  Katalanen  an,  sich  auch  des  Koggen  für 
ihre  Schiffahrt  zu  bedienen,  und  gaben  den  Verkehr  mit 
ihren  großen  Schiffen  auf  wegen  der  größeren  Seetüchtigkeit 
und  der  geringeren  Kosten  der  Koggen.  Dadurch  wurde 
in  unserem  Seewesen  ein  großer  Wandel  der  Schiffsformen 
herbeigeführt^." 

Größere  Seetüchtigkeit  und  Wirtschaftlichkeit  ver- 
schafften dem  Koggen  den  Eingang  in  die  südlichen 
Handelsflotten,  Sein  Sieg  war  ein  vollkommener.  Inner- 
halb weniger  Jahre  waren  die  kastenartigen  Ungetüme 
verschwunden-.  Die  Italiener  haben  den  Koggen  alsbald 
nach  ihren  Bedürfnissen  ausgestaltet.  Es  wurden  Schiffe 
von  bedeutender  Größe  mit  zwei  und  drei  Decks  überein- 
ander gebaut^.  Jedoch  bedeutete  diese  Größenentwicklung 
keinen  wirklichen  Fortschritt.  Ja  sie  machte  vielmehr 
einige  Vorzüge  des  Koggen  wieder  wett.  Die  unruhigen 
Verhältnisse  im  Mittelmeer  zwangen  aber  zum  Bau  großer, 
starkbemannter  Schiffe. 


1  Giovanni  Villani,  Historia  Fiorentine  seu  cronica  (Muratori, 
Herum  Italiarum  scriptores  XIII  S.  412  D,  E)  VIII  cap.  77 :  In  questo 
medesimo  tempo  certi  di  Bajona  in  Guascogna  con  loro  navi,  le 
quali  si  chiamavano  cocche  Baonesi ,  passaro  per  lo  stretto  di  Sibilia, 
e  vennero  in  questo  nostro  mare  corseggiando,  e  fecero  danno  assai; 
e  d'all  hora  inanzi  i  Genovesi  e  Vinitiani  e  Catalani  usarono  di  na- 
vicare  con  le  cocche,  e  lasciarono  il  navicare  delle  navi  grosse  per 
piü  sicuro  navicare,  e  perche  sono  di  meno  spesa.  E  questo  fue  in 
queste  nostre  mai'ine  grande  mutatione  di  navilio.  Vgl.  Jal  II  S.  244; 
Duro,  La  Marina  de  Castilla  S.  55;  Häpke,  Die  Entwicklung  Brügges 
zum  mittelalterlichen  Weltmarkt  S.  138,  160;  C.  Eandaccio,  Storia 
navale  universale  I  (Roma  1891)  S.  234. 

-  Das  genuesische  Statut  von  1316  (Pardessus ,  Collection  de 
lois  maritimes  IV  S.  440)  erwähnt  den  Koggen  noch  an  zweiter  Stelle: 
„aliquam  navem,  cocham  et  taridam,  galeam  vel  lignum  cohopertum, 
vel  de  terjis  .  .  ."  Doch  wurde  der  Name  „navis"  alsbald  auf  die 
größten  Koggen  verpflanzt. 

3  Das  genuesische  Statut  von  1341  (Pardessus  IV  S.  457)  be- 
stimmt, daß  keine  Wertwaren  nach  Syrien  verladen  werden  dürfen: 
super  aliqua  galea  que  non  sit  armata  de  longo,  nee  super  aliqua 
navi,  cocha  vel  ligno  que  non  sit  duarum  copertarum  vel  abinde 
supra.  Vgl.  Jal  II  S.  246:  Kogge  von  Barcelona  mit  drei  Decks  und 
500  Mann  Schiffsvolk  und  Soldaten  1331. 


Hulk.  41 

Die  Verbindung  zwischen  dem  südlichen  Europa  und 
den  atLantischen  Küsten  ist  durch  die  von  den  italienischen 
Seerepubliken  im  ersten  Jahrzehnt  des  14.  Jahrhunderts 
eingeführten  jährlichen  Staatsgaleerenfahrten  ^  nach  Flan- 
dern zu  einer  dauernden  geworden.  Damit  wurden  für 
einen  langen  Zeitraum  auch  die  Errungenschaften  der  Schiff- 
bautechnik Gemeingut  der  europäischen  Nationen.  AVenn 
auch  die  südlichen  Völker,  unter  denen  als  Schiffbauer 
fortab  die  Spanier  die  Führung  übernahmen,  späterhin  den 
Koggentyp  selbständig  weiterentwickelten,  so  hatte  doch 
bis  zum  Ende  des  15.  Jahrhunderts  der  große  europäische 
Seeverkehr,  soweit  der  Schiffstyp  in  Frage  kommt,  ein 
einheitliches  Gepräges  In  der  Kleinschiffahrt  jedoch 
pflegte  jedes  Land  und  vielfach  jeder  Hafen  seine  eigenen 
nationalen  Formen, 


Hulk.^ 

Während  der  zwei  Jahrhunderte  von  1200  bis  1400 
ist  der  Koggentyp  nicht  stehen  geblieben.  Die  Entwickelung 
läßt  sich  an  Hand  von  Bildern  verfolgen.  Verschiedene 
deutsche  Städte  haben  sich  noch  während  der  Koggenzeit 
neue  Siegel  stechen  lassen;  so  Elbing,  Stralsund,  Stavoren. 
Auch  das  älteste  englische  Koggensiegel,  das  der  Barone 
von    Ipswich,     zeigt     den     fortgeschrittenen    Koggentyp*, 

1  Vgl.  darüber  Häpke,  Brügges  Entwickelung  zum  mittelalter- 
liclieu  Weltmarkt  S.  155  £. 

2  Ein  Zeichen  dafür  sind  die  häufigen  Fälle,  wo  gekaperte 
Sclüffe  der  südlichen  Nationen  von  Engländern  und  Holländern  in 
ihre  Flotten  eingereiht  wurden,  als  w-ären  es  Schiffe,  mit  denen  sie 
längst  vertraut  seien,  auch  der  Bau  von  Schiffen  für  italienische 
Eechnung  im  Norden.  Vgl.  H.  R.  I.  VII  N.  800  §  25;  H.  R.  II, 
II  N.  401  S.  320. 

3  Vgl.  Ernst  Daenell,  Der  Ostseeverkehr  und  die  Hansestädte 
von  der  Mitte  des  14.  bis  zur  Mitte  des  15.  Jahi-hunderts ,  Hansische 
Gesch.-Bl.  1902  S.  17ff. 

4  Wir  besitzen  ein  älteres  Siegel  von  Ipswich,  das  der  Bailiffs, 
mit  der  Figur  eines  Nefs.  Gale  Pedrick,  Borough  seals  of  the  Gothic 
Period,  setzt  das  Koggensiegel  ins  13.  Jahrhundert.  Gründe  hierfür 
gibt  er  nicht  an. 


42  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

ebenso  der  Goldnobel,  den  Eduard  III.  nach  dem  Seesieg 
über  die  Franzosen   bei  Sluis  (1340)  1344  prägen  ließ^ 

Die  gerüstartigen  Aufbauten  sind  verschwunden.  Statt 
dessen  sind  kastellförmige  Schutzwehren  auf  das  Vorder-  und 
Hinterschiff  gestellt  worden,  einstweilen  noch  ohne  rechten 
Zusammenhang  mit  dem  Schiffskörper.  So  zeigt  der  Gold- 
nobel Eduards  III.  ein  Vorderkastell  von  sechseckiger 
Gestalt,  das  nur  auf  den  Vordersteven  aufgestützt  ist,  sonst 
aber  frei  in  der  Luft  schwebt'^.  Die  Ruderpinne  ging 
nicht  mehr  frei  über  Bord,  sondern  kam  in  den  neugebil- 
deten Raum  zwischen  dem  Überlauf  und  dem  Boden  des 
Kastells,  wodurch  die  Steuerung  bei  schlechtem  Wetter 
sehr  erleichtert  wurde.  Allein  um  dieses  einen  Vorzugs 
willen  wird  man  vielfach  das  Kastell  auf  dem  Hinterschiff 
errichtet  haben,  während  bisher  der  Kogge  gemeinhin  gar 
keine  Aufbauten  besaß,  sondern  nur  zu  Kriegszwecken  mit 
einem  Vor-,  Top-  und  Achterkastell  versehen  wurde  ^.  Die 
Schiffsgefäße  sind  mit  der  Zeit  gewachsen.  Namentlich 
im  letzten  Viertel  des  14.  Jahrhunderts  griff  auch  in  den 
nördlichen  Gewässern  eine  beträchtliche  Größensteigerung 
Platz,  die  wohl  nicht  unwesentlich  dazu  beigetragen  hat, 
daß  der  Name  Kogge  hier  aufgegeben  wurde,  während 
er  in  den  spanisch-italienischen  Meeren  schon  etwas  früher 
hatte  weichen  müssen. 

War  die  Bezeichnung  Kogge  allgemein  gebraucht  wor- 
den, so  hat  in  der  Folgezeit  kein  Typenname  dieselbe 
Geltung  wieder  erreicht.  In  den  Mittelmeerhäfen  bürgerte 
sich  für  den  fortgebildeten  Koggentyp  der  Name  Karacke 
(carraque)  ein.  Die  nordischen  Völker  haben  ihn  aufge- 
griffen —  Krake  sagten  die  deutschen  Seefahrer  —  und 
volle  zwei  Jahrhunderte  von  etwa  1350  bis  1550,  vielfach 
aber  noch  weit  darüber  hinaus,  alle  großen  spanischen  und 
italienischen  Schiffe  so  benannt,  während  die  Bezeichnung 

1  Die  Reihe  der  englischen  Eosennobel  gibt  eine  ziemlich  gute 
Übersicht  über  die  Entwickelung   der  Schiffsformen  in  der  Folgezeit. 

2  Auch  die  jüngeren  Nefsiegel  zeigen  derartige  Kastelle. 

3  Vgl.  Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I  S.  146.  Topkastell 
gleich  Gefechtsmars. 


Hulk.  43 

im  Süden  selbst  sich  nie  völlig  hat  durchsetzen  können  und 
sehr  bald  durch  andere  Namen  (nao,  nave)  verdrängt  wor- 
den ist.  Das  Wort  ist  arabischen  Ursprungs  ^  und  haftete 
vordem  an  einem  kleinen  Mittelmeerschiffstyp.  Der  einzige 
Unterschied  zwischen  den  nördlichen  Lastschiffen  und  den 
Karacken  bestand  wohl  darin,  daß  diese  beträchtlich  höher 
waren. 

Im  Norden  wurde  der  Name  Kogge  durch  die  Be- 
zeichnung Hulk  ersetzt.  Die  Verwendung  des  Wortes  Hulk 
für  einen  Schiffstyp  ist  ebenso  alt  wie  die  des  AVortes  Kogge. 
Man  leitet  den  Namen  von  dem  ausgehöhlten  Baumstamm, 
dem  Einbaum,  her  und  hat  in  den  ältesten  Hulken  wohl 
Fahrzeuge  des  Rheinmündungsgebietes  zu  sehen,  also  der- 
selben Gegend,  aus  der  die  Bezeichnung  Kogge  stammt. 
In  dem  Londoner  Stadtrecht  König  Aethelreds  aus  der 
Zeit  um  1000  erscheint  der  Hulk  zuerst,  und  zwar  schon 
als  Seeschiff  2. 

Seitdem  begegnet  er  öfters  als  ein  die  See  befahrendes 
Schiff  neben  dem  Koggen,  jedoch  minderen  Ranges.  Als 
Graf  Wilhelm  III.  von  Hennegau  und  Holland  1315  von 
den  benachbarten  und  eigenen  Städten  eine  Kriegsflotte 
gepreßt  hatte,  da  waren  Dordrecht  und  der  Briel  zusammen 
mit  einem  Hulk  vertreten  neben  25  Koggen,  von  denen 
Kampen  allein  18  hatte  herleihen  müssend  In  Dord- 
rechter    Verordnungen    werden    die    Seeschiffe    wiederholt 

1  Vgl.  eil.  de  la  Ron^iere,  Histoire  de  la  Marine  fraiK^aise 
I  S.  246  Anm.  4. 

2  H.  U.-B.  I  N.  2:  Ad  Bilingesgate  si  advenisset  una  navicula, 
unus  obolus  thelonei  dabatur,  si  major  et  habet  siglas,  unus  denarius, 
si  adveniat  ceol  vel  hulcus  et  ibi  jaceat,  4  denarii  ad  teloneum. 
Das.  III  N.  602:  Verordnung  betreffend  die  Lothringer,  Untertanen 
des  Kaisers  u.  a.  in  England:  Abgabe  von  den  Weinschiffen:  Et  si 
ceo  est  kiel,  il  prenrdont  ...  Et  si  ceo  est  hulk  ou  autre  neif ,  un 
tonel  devaunt  et  autre  derere.  Vgl.  dazu  II  N.  252.  Duffus  Hardy, 
Kotuli  litterarum  patentium  in  turri  Londinensi  asservati  S.  186: 
Ptes  Omnibus  etc.  Sciatis,  quod  dedimus  dilecto  nobis  Hemüco  filio  Ee- 
ginaldi  de  Winchelese  navem  quam  ducit  que  vocatur  Hulloc  de 
Tykesflete  ad  eundum  nobiscum  in  ea  usque  in  terram  Jerolomitanam. 

3  H.  U.-B.  II  N.  262. 


44  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

in  der  Reihenfolge  Koggen,  Ever,  Hulke  ^  aufgezählt.  Brüg- 
ger  Gesandte,  die  1358  nach  Lübeck  reisten,  mußten  für 
ihren  Koggen  603  Pfund,  für  einen  Hulk  318  und  für 
zwei     „Houkeboote"     147    Pfund     flämisch    vom    Zwin    bis 

1  H.  U.-B.  III  N.  41 :  alle  coggen.  evers,  hulcken  (1344).  Das. 
N.  414:  elc  scip ,  het  si  cogghe,  eever  of  hulc.  Im  Amsterdamer 
Keurboek  werden  als  Seeschiffe,  „die  buyten  duynen  varen"  genannt 
„kogghen,  hulcs,  crayers,  evers"  (J.  ter  Gouw,  Geschiedenis  van 
Amsterdam  II  S.  345).  Ewer,  m-sprünglich  „envar",  also  wohl  auch 
soviel  wie  Einbaum  bedeutend,  erscheint  bis  ins  16.  Jahrhundert 
wiederholt  als  großes  Seeschiff.  Die  Dammer  Zollrolle  von  1252 
(U.  H.-B.  I  N.  432)  setzt  ihn  (navis  que  dicitur  envare)  gleich  einem 
Drittel  Lastschiff  an,  wenn  er  Heckruder  führt,  sonst  nur  halb  so  hoch. 
Im  Tarif  des  Feuerbakengeldes  auf  der  Maas  von  1321  (das.  II  N.  384) 
wird  er  (yver)  gleich  einem  halben  Koggen  belastet.  1408  wird  ein 
„ever  van  Campen  van  70  lesten"  erwähnt  (H.  E.  I,  V  N.  514).  Da- 
neben bezeichnet  der  Name  schon  die  kleinen  Schiffe  der  Niederelbe. 
Erste  Erwähnung  1299  im  Liber  pignorum  et  pactorum  der  Stadt  Ham- 
burg: Hermannus  de  Bisle  impignoravit  de  consensu  sociisuimediampar- 
tem  navis  sue,  que  envar  dicitur,  .  .  .  pro  13  g'  et  7  /?  denariorum.  Kopp- 
mann, Kämmereirechnungen  der  Stadt  Hamburg  I,  LXXVII.  Das. 
S.  190:  8  ß  pro  6  remen  ad  parvum  ewar.  41/2  ^  9  ^  pro  reparacione 
de  lutteken  ewar.  S.  192:  6  ß  pro  una  mala  to  dem  groten  eware. 
S.  211  (1375) :  6  /?  to  therende  10  rotas  unde  den  envar  et  pontem 
Alberti.  S.  263  (1378):  1  <^  pro  10  remen  tho  dem  eenvare.  S.  315 
(1381):  8  ß  pro  una  masta  ad  magnam  navem  que  dicitur  een  ghrot- 
ever.  Die  Preise  zeigen,  daß  es  sich  um  Fahrzeuge  kleinster  Art 
handelt.  Von  dem  Aussehen  dieser  Schiffe  und  ebenso  fast  aller 
sonstigen  Tj^pen,  die  neben  dem  Koggen  und  später  neben  deur  Hulk 
vorkommen,  kann  man  sich  keine  klare  Vorstellung  machen.  Eine 
gute  Zusammenstellung  der  verschiedenen  Schiffstypen,  zugleich 
Anhaltspunkte  für  ihre  Größenschätzung  gibt  die  Schiffsordnung-  im 
Zwin  von  1401  (H.  U.-B.  V  N.  509):  „men  legge  langhes  den  ströme 
te  wetene  de  cogghen,  schepen,  crayers,  evers  ende  barghen  dre  schepe 
dicke  de  en  neffens  den  anderen,  plej^ten,  cleene  cogghen,  schepen 
van  Brabant,  de  Hollandesche,  Zeelandesche  unde  van  anderen 
vre[m]den  steden  viere  schepe  dicke  de  en  neffens  den  anderen ,  ende 
de  sehnten  ende  soyen  6  schepe  dicke  de  en  neffens  den  anderen,  wel 
gheankert  voren  ende  bachten."  Von  einem  preußischen  ,,k  r  e  y  g  e  r" 
von  34  bis  36  Heringslasten  liegt  eine  Beschreibung  vor  (H.  U.-B.  V 
N.  812;  1407),  die  einige  Einzelheiten  erkennen  läßt.  Dieser  Typ 
(kreer,  kreger,  kreyer,  craera,  cayerius,  kraier)  war  von  1300  bis  1400 
neben  dem  Koggen  und  dann  bis  etwa  1460  neben  dem  Hulk  das 
gebräuchlichste  seegehende  Schiff;  er  hatte  bis  zu  100  Lasten    Trag- 


Hulk.  45 

Hamburg  Fracht  bezahlen  i.  Der  Hulk  wird  demnach 
halb  soviel  Tragkraft  besessen  haben  wie  der  Kogge.  In 
den  dreißiger  Jahren  des  14.  Jahrhunderts  findet  sich  je- 
doch unter  den  Schiffen  des  englischen  Königs  ein  Hulk 
„Christoffer  vom  Tower",  der  zu  den  allergrößten  und 
mächtigsten  Schiffen  gehörte 2.  In  England  tritt  seit  der 
Mitte  des  14.  Jahrhunderts  „Schiff"  wieder  als  Bezeich- 
nung für  die  größten  Fahrzeuge  vor  „Kogge".  „Hulk" 
hat  sich  hier  nie  völlig  durchsetzen  können.  Das  ist  aber 
auch  ganz  erklärlich  bei  der  Zerrüttung,  der  das  englische 
Seewesen  infolge  des  Krieges  mit  Frankreich  anheimfiel.  Die 
großen  Schiffe,  die  das  Land  besaß,  waren  zur  Hälfte  ge- 
raubte genuesische  und  spanische  Karacken  und  andere 
allen  möglichen  Nationen  abgenommene  Fahrzeuge.  Wenn 
die  Engländer  selbst  Schiffe  bauten,  so  ahmten  sie  bald 
dies,  bald  jenes  Vorbild  nach^. 


fähigkeit.  und  war  in  Frankreicli  und  England  ebenso  zu  finden  wie  in 
den  niederländisclien ,  deutschen  und  skandinavischen  Häfen.  Vgl. 
Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I  S.  143,  144  (hier  eine  Zusammen- 
stellung der  in  englischen  Quellen  vorkommenden  Schiffätypen),  263, 
264,  286.  Ch.  de  la  Eonciere,  Histoire  de  la  marine  fran^aise  I 
S. 478, 521.  In  deutschen  Gewässern  erscheinen  seit  1400  häufiger  Busen 
als  große  Seeschiffe,  zugleich  aber  auch  als  Fischerfahrzeuge  und 
Küstenfahrer.  Bei  dem  Namen  „barge",,,bardze^'  ist  in  jedem  einzelnen 
Falle  zu  untersuchen,  ob  man  es  mit  einem  großen  Kauffahrer  (eine 
englische  „bartzee"  von  80  Lasten  auf  der  Ostseefahrt,  H.  E.  I,  VIII 
N.  418)  oder  einem  kleinen  Euderschiff  zu  tun  hat.  Auch  Pleite 
ist  gelegentlich  Bezeichnung  für  einen  großen  Kauffahrer  H.  U.-B. 
Vin  N.  215  §  64:  „ene  pleyte  van  1500  soltes"  1451,  X  N.  191:  ein 
„pleiteschip"  in  Kampen  zur  Fahrt  nach  Danzig  beladen  (1473).  Für 
diesen  Schiffst^-p  oder  für  die  verwandten  Bargen  läßt  sich  vielleicht 
eine  Abbildung  nachweisen  in  einer  für  Philipp  den  Guten  um  1450 
verfertigten  Miniaturhandschrift  der  Chronik  von  Jerusalem  (Jahrb. 
der  kunsthistorischen  Sammlungen  des  allerhöchsten  Kaiserhauses 
XX  [Wien  1899]  Tafel  XXVII:  Abfahrt  der  Kreuzfahrer  mit  Dar- 
stellung von  Schiffen). 

1  H.  E.  I,  III  N.  246  §  21. 

2  Laird  Clowes,  The  Eoyal  Navy  I  S.  146,  148.      Eduards  IIL 
Flaggschiff  war  der  Kogge  „Thomas". 

3  Vgl.   bei   Laird   Clowes,   The  Eoyal  Navy  I  S.  346,  die  Liste 
der    1417   Aug.   in  See    gesandten   englischen  Flotte:    3  great  sliips, 


46  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  ScLiffstypen. 

Seit  den  achtziger  Jahren  des  14.  Jahrhunderts  wird 
die  Bezeichnung  Hulk  oder  Holk  in  den  deutschen  Ge- 
wässern häufiger  und  fortab  gerade  für  die  allergrößten  Schiffe 
angewandt.  Die  Anregung  dazu  ging  sichtlich  von  den 
preußischen  Städten  aus,  die  damals  im  Bau  von  großen 
Schiffen  den  anderen  deutschen  Seeplätzen  weit  voraus 
waren.  Hier  ist  gegen  1400  der  Name  Kogge  bereits  fast 
völlig  verschwunden,  während  andere  deutsche  Häfen, 
namentlich  Lübeck,  noch  lange  an  ihm  festgehalten  haben. 
Im  Rezeß  vom  Februar  1400,  der  eine  große  Flottenrüstung 
gegen  die  Vitalienbrüder  vorsah,  wurde  nur  von  Koggen 
geredet^,  und  noch  zwei  Jahrzehnte  später  wurden  hier 
immer  wieder   die  größten  Schiffe   als  Koggen    bezeichnet. 

Wir  haben  deutliche  Zeichen  dafür,  daß  mit  dem 
Namen  Hulk  kein  eigentlich  neuer  Typ  aufkommt.  Das- 
selbe Schiff  wird  einmal  Hulk,  das  andere  Mal  Kogge 
genannt  -.  Doch  läßt  sich  so  viel  erkennen,  daß  zum  Hulk 
als  wesentliche  Bestandteile  die  beiden  Kastelle  gehörten, 
während  sie  beim  Koggen  fehlen  konnten.  So  kam  es, 
daß  die  Bezeichnung  Kogge  allmählich  nur  noch  für  See- 
schiffe gebraucht  wurde,  die  keine  Kastelle  besaßen.  Da 
aber  die  Entwickelung  zu  immer  allgemeinerer  Einführung 
dieser  Aufbauten  hindrängte,  so  sank  der  Name  schnell 
in  die  Region  der  kleineren  Fahrzeuge  hinab. 

In  den  Handelsrechnungen  des  Deutschen  Ordens 
wird  von  1399  bis  1432  nur  ein  einziger  Kogge,  und  zwar 
in  den  ersten  Jahren,  erwähnt  neben  mehreren  Dutzend 
Holken  ■^.  Im  6.  Bande  des  hansischen  Urkundenbuchs,  der 
die  Jahre  1415  bis  1433  umfaßt,  findet  sich  die  Bezeichnung 
Kogge   zweimal,    Hulk    dagegen    neunzehnmal.     Späterhin 

8  carracks,  6  ships,  1  bärge,  9  ballingers.  Unter  den  ships  sind  noch 
2  Spanier  verzeichnet.  VgJ.  dazu  S.  297,  298,  301:  geheuerte  portu- 
giesische Schiffe,  S.  363  (1470):  der  „Martin  Garcia"  in  Portugal  er- 
worben. 

1  fl.  E.  I,  IV  N.  570. 

2  z,  B.  H.  E.  I,  VI  N.  509  §33:  holk,  528  §  5:  cocgen  für  das- 
selbe Schiff. 

3  Sattler,  Handelsrechnungen  des  Deutschen  Ordens  (Leipzig 
1887)  S.  9  und  20.      Das  Schiff  war  1403  gebaut  und  150  Lasten  groß. 


Hulk.  47 

hört  man  gelegentlich  zwar  nocli  von  Koggen,  doch  handelt 
es  sich  dann  in  der  Regel  um  kleinere  Schiffe  ^  Das  letzte  Mal 
läßt  sich  der  Name  als  Bezeichnung  eines  größeren  Schiffes 
bei  einem  lübischen  Bergenfahrer,  der  1449  von  den 
Engländern  gekapert  wurde,  bestimmt  nachweisen 2.  Es 
werden  allerdings  noch  späterhin  wiederholt  Koggen  o-e- 
nannt-^  die  recht  gut  große  Schiffe  gewesen  sein  können, 
so  insbesondere  holländische  Ostseefahrer.  Aber  allem 
Anschein  nach  hat  man  es  in  diesen  Fällen  nicht  mit  dem 
alten  Typ,  sondern  mit  einer  Neubildung  zu  tun,  wobei 
Eigenschaften  der  niederländischen  Binnenfahrzeuge  auf 
die  großen  Lastschiffe  übertragen  wurden.  Es  sind  offen- 
bar Schiffe  von  der  gleichen  Art  wie  ein  Kamper  See- 
fahrer, der  in  einem  Zertifikat  als  Koggenpleyte  be- 
zeichnet wiu'de'^. 

In  den  niederländischen  Binnengewässern  hat  sich  der 
Name  Kogge  noch  lange  erhalten.  Der  zeeländische 
Chronist  Johann  Eeygersberg,  der  um  die  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts lebte,  berichtet  in  seiner  Beschreibung  von  Brou- 
wershaven,  hier  sei  ehedem  das  meiste  Bier  aus  Holland 
angekommen:  man  habe  es  dann  mit  Schuten  und  kleinen 
Schiffen  über  die  Fähren  der  Eilande  weitergeführt,  obwohl 
damals  noch  keine  sonderliche  Binnenlandsfahrt  mit  Heuden 
oder  „Koggeschepen"  bestanden  hätte  wie  zu  seiner  Zeit°. 


1  Vg].  Caspar  Weim-iclis  Danziger  Chronik,  herausgegeben  von 
Th.  Hirsch  und  F.  A.  Vossberg  (Berlin  1855),  S.  6;  H.  U.-B.  VIII 
N.  215  §  36,  66,  N.  674;  IX  N.  39,  667;  X  N.  104,  218,  381. 

2  H.  Ü.-B.  VIII  N.  84  §  21,  N,  215  §  28. 

•^  Lübisches  U.-B.  IX  N.  919  (1452);  H.  U.-B.  X  X.  185  (1473), 
458  (1475),  778  (1479). 

^  H.  U.-B.  X  N.  1185  (1485):  coggenpleyte.  Vgl.  oben  S.  45 
Anm.  Pleyten. 

s  Beschryvinge  van  Zeelandt,  bare  antiquiteyt  ofte  ouderdom. 
Eertijdts  beschreven  door  den  Heer  Johan  Reyersbergen  ende  daer 
na  vermeerdert  door  Marcus  Ivereus  van  Boxhorn.  Amsterdam  1646. 
S.  16:  Ende  in  dien  tijden  plachmen  t'  selve  hier,  dat  uyt  Hollandt  te 
Brouwershaven  aenquam,  met  schuyten  ofte  kleyne  scheepkens  over 
die  veerkens  van  de  eylanden  te  brengen,  hoewel  datter  nochtans 
geenen  Sonderlingen  vaert  binnen  den  lande  van  heuden  ofte  kogge- 


48  Die  Entwickeluiig  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Es  braucht  hier  nicht  untersucht  zu  werden,  wie 
weit  diese  letzte  Behauptung  zutrifft.  Jedenfalls  sind  die 
von  Reygersberg  genannten  Koggeschiffe  Binnenfahrzeuge. 
Man  findet  diese  nun  keineswegs  in  Zeeland  allein,  sondern 
ebenso  auf  der  Zuiderzee.  So  heißt  es  bei  einem  Verhör 
über  den  Einmarsch  des  Dänenkönigs  Christian  II.  in  Holland 
(1531),  der  König  habe  ursprünglich  nicht  beabsichtigt  ins 
Land  zu  kommen,  sondern  er  habe  mit  „Coggescepen"  von 
der  Zwarte  Sluys  (Zwartsluis  in  Oberijssel)  aus  einige  große 
Schiffe  überfallen  und  mit  diesen  in  See  gehen  wollend 
Nach  einer  offiziellen  Erklärung  zählte  1514  die  Amster- 
damer Kauffarteiflotte  27  Seeschiffe,  13  Bojer  und  83  oder 
84  Binnenlandsfahrer,  nämlich  Koggeschiffe  und  Ehein- 
schiffe"^.  Diese  Binnenkoggen  betrieben  auch  Küstenfahrt 
nach  Bremen,  Hamburg  und  Dithmarschen^. 

Aber  an  einigen  Stellen  taucht  der  Name  auch  in 
seiner  ursprünglichen  Bedeutung  für  ein  Fischerfahrzeug 
auf.  So  waren  im  letzten  Viertel  des  16.  Jahrhunderts 
Koggen  und  Koggeschiffe  die  gewöhnlichen  Fahrzeuge  der 
Bewohner  der    ostfriesischen  Inseln.     Es  waren  kleine  und 


schepen  en  was,  als  't  op  den  daegh  van  huyden  is.  Die  Ausgabe  von 
1551  war  mir  unzugäugiicli. 

1  Häpke,  Niederländische  Akten  und  Urkunden  zur  Geschichte 
der  Hanse  und  zur  deutschen  SeegescMchte  1 N.  52  §  13.  Das.  N.  115 
S.  119:  Ladung  eines  Hamburger  Bojers  in  ein  „coggescip"  umge- 
schlagen (1533). 

"  Informacie  up  den  staet  faculteyt  ende  gelegentheyt  van  de 
steden  ende  dorpen  van  Hollant  ende  Vrieslant,  om  daernae  te  reguleren 
de  nyeuwe  schiltaele.  Gedaen  in  den  jaere  MDXIV  (Uitgegeven  van 
wegen  de  Maatschappij  der  Nederlandsche  Letterkonde  door  E.  Fruin, 
Leiden  1866)  S.  182:  hebben  in  als  27  zeescepeu  ende  13  bo^^eren, 
daerof  datter  2  noch  in  Vranckrijk  gearresteert  liggen,  die  genouch 
geperst  ende  gebuyt  zijn.  Ende  hebben  83  of  84  binnenlantsvaerders 
als  coggescepen  ende  Rijnscepen,  die  in  Brabant,  Viaenderen  ende 
alomme  vaeren  om  vracht.  S.  208.  „Zuyderwoude"  hat  „3  cogge-  ende 
3  waterscepen". 

3  Häpke  I  N.  794  (1557  Feb.  21) :  Der  Hof  von  Holland  erlaubt, 
daß  die  gewöhnlich  mit  „smackzeylen",  Koggen  oder  anderen  kleinen 
Schiffen  nach  Bremen,  Hamburg,  Dithmarschen  segelnden  Schiffer  ohne 
Konvoi  fahren  dürfen. 


Hulk.  49 

kleinste  Schiffsgefäße.  Das  größte,  das  von  ihnen  erwähnt 
wird,  hielt  8  Lasten  \  Koggen  dieser  Art  haben  die  Helgo- 
länder  noch  im  19.  Jahrhundert  besessene 

Gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts  hat  sich  der  Name 
im  niederländisch-ostfriesischen  Gebiet  in  „Kaghe"  ge- 
ändert l  Diese  Kaagen  kennen  wir  ganz  genau.  Man 
sieht  sie  allenthalben  auf  niederländischen  Seestücken  ab- 
gebildet. Es  sind  niedrige,  breite,  flachbodige  Fahrzeuge 
mit  einem  Mast^.  Kaagen  ganz  ähnlicher  Art  gibt  es 
noch  heute  auf  der  Zuiderzee. 

Daß  die  Koggen  eine  Rückbildung  bis  zu  dem  Punkte 
durchgemacht  haben  sollten,  von  dem  sie  ausgegangen 
sind,  ist  unwahrscheinlich.  Es  liegt  näher  anzunehmen, 
daß  ihr  Name  bei  seinem  Übergang  auf  die  großen  Last- 
schiffe seine  alte  Bedeutung  nicht  verloren,  sondern  da- 
neben weiter  behauptet  hat.  Man  kann  auch  tatsächlich  in 
emigen  Fällen  den  Gebrauch  des  Wortes  für  ausgesprochene 
Binnenfahrer  schon  in  älterer  Zeit  nachweisen.  In  der 
Ankerordnung    im    Zwin    von    1401  ^    werden  zunächst  die 

1  Emder  Schiffskaufprotokoll  III  25  (1576  März  31):  ein  klein 
koegke  schip  8  last  grodt. 

2  Dietrich  Schäfer,  Die  Hansestädte  und  König  Waldemar 
b.  SOL  Anm.  1.  Ders.,  Der  Stamm  der  Friesen  und  die  niederländische 
beegeltung,  Marine-Rundschau  1905  S.  1359. 

3  Gerade  die  Emder  Schiffskaufprotokolle,  die  kogheschip 
und  kagheschip  nebeneinander  hahen,  zeigen  den  Wandel  Die  Bremer 
Seebriefregister  verzeichnen  1605:  „Meinert  Meiners  ein  cage  von 
10  lasten";  1607:  „Meinertt  Meinertts  ein  cageschute  von  10  lasten"- 
„Berendt  Harmens  ein  kageschute  von  10  lasten".  Die  Dehnung 
kogge  in  koghe  hat  nichts  auffallendes,  da  sie  sich  ebenso  bei  cogge" 
(Polder)  in  Koog  findet.  Vgl.  die  S.  18  zitierte  Informacie  S.  126  147 
(Nyedorpper  cogge).  ' 

4  Verscheyden  schepen  en  gesichten  van  Amsterdam  naer  t 
leven  afgetekent  en  opt  cooper  gebracht  door  Beinier  Nooms  alias 
Zeeman.  C.  Danckerts  excudit.  Derde  Deel.  (c.  1655.)  Hierin  sind 
abgebildet  „een  Vriesche  kaegh"  und  „een  Gelderse  kaegh".  Witsen 
Aeloude  en  hedendaegsche  scheepsbouw  en  bestier  (Amsterdam  1671) 
S.  174  f.,  gibt  eine  Abbildung  nebst  Querschnitt  einer  „Kaagh",  eines 
flachbodigen,  geklinkerten  Fahrzeuges  mit  einem  Spriet-  und  Focksegel. 

5  Möglicherweise    ist  jedoch    die    hier    in  Betracht    kommende 
Bestimmung  viel  älter. 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen.  4 


50  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypen, 

großen  Seescliiffe,  darunter  an  erster  Stelle  die  Koggen, 
auffi-ezählt  und  bestimmt,  daß  sie  zu  dreien  in  einer  Reihe 
nebeneinander  ankern  sollen.  Dann  heißt  es  weiter:  Pleyten, 
kleine  Koggen  (cleene  cogghen),  Schiffe  von  Brabant, 
holländische,  zeeländische  und  anderer  fremder  Städte 
Schiffe  sollen  zu  vier,  Schuten  und  Soyen  zu  sechs  in 
einer  Reihe  ankernd  Die  kleinen  Koggen  stehen  hier 
offenkundig  mitten  unter  den  Binnenfahrern.  In  den  1387 
t eingereichten  Artikeln  der  preußischen  Städte  über  die 
ihnen  in  Flandern  zugefügten  Schädigungen  liest  man  u.  a. : 
„Die  Bürger  von  &ent  nahmen  ein  Koggenschiff  binnen 
Landes  zwischen  Vlissingen  und  ,Walsinghen'  und  führten 
Gut,  Schiff  und  Kaufleute  nach  Gent  2." 

Das  Zeitalter  des  Hulks  bedeutet  keine  besonders 
'glänzende  Epoche  des  Schiffbaues.  Außer  der  Größen- 
steigerung beruhte  der  einzige  Fortschritt  in  dem  Anpassen 
der  Kastelle  an  den  Schiffskörper.  Sie  verwuchsen  orga- 
nisch mit  ihm  und  wurden  zu  notwendigen  Bestandteilen 
des  Schiffes.  Sie  dienten  fortab  nicht  mehr  nur  zu  Kriegs- 
zwecken, sondern  sie  bargen  die  Unterkunfts-  und  Proviant- 
räume. Der  Schiffskörper  wurde  so  in  drei  Teile  gegliedert, 
das  niedrige  Mittelschiff  und  die  beiden  Kastelle,  und 
-hatte  oft  ein  abenteuerliches  Aussehen  gleich  einem  schwanen- 
artigen  Tiere,  als  dessen  Kopf  das  auf  dem  halsähnlich 
ausgestreckten  Vorderschiff  ruhende  Kastell  erschien. 

Das  Abbildungsmaterial  dieser  Zeit  ist  bereits  be- 
trächtlich reicher  und  mannigfaltiger.  Danzig  hat  um  1400 
für  nötig  befunden,  seine  Siegel  entsprechend  den  Ver- 
änderungen der  Schiff bautechnik  erneuern  zu  lassen.  Sein 
großes  Stadtsiegel  ist  ein  wahres  Prachtstück  der  Siegel- 
schneidekunst;   der    Stecher    hat    sich    wohl    den    größten 


1  H.  U.-B.  V.  N.  509.     Vgl.  oben  S.  44  Anm. 

2  H.  R.  I,  in  N.  448  §  7:  Item  namen  de  porters  van  Ghent 
en  coggenschip  binnen  landes  tusschen  Vlessinglien  unde  Walsinghen, 
unde  vurden  dat  gut  unde  schip  unde  coplude  binnen  Ghent.  Leider 
ist  bisher  nicht  festgestellt,  wo  Walsinghen  zu  suchen  ist.  Es  muß 
jedoch  ein  Schiff,  das  nach  Gent  gebracht  werden  konnte,  ein  kleiner 
Binnenfahrer  gewesen  sein. 


Hulk. 


51 


Hulk  im  Hafen  dabei  zum  Vorbild  genommen.  Elbing 
ist  etwas  später  nachgefolgt.  Während  bei  den  Danziger 
Siegeln  die  Kastelle  noch  unvermittelt  auf  den  Bordwänden 
liegen,  ist  auf  dem  Elbinger  der  Heckaufbau  schon  orga- 
nisch als  Achterschiff  ausgestaltet  worden.  Die  unter- 
gegangene Wierichsharde  in  Nordfriesland  hat  auch  einen 
Hulk  im  Siegel  geführt.  Ein  sehr  schönes  Stück  liegt  für 
Amsterdam  vor^.  Die  englischen  Siegel  derselben  Zeit 
zeigen  vielfach  eine  etwas  abweichende  Kastellausbildung. 
Einige  der  hervorragendsten  Stücke  sind  hier  abgebildet. 
Das  Siegel  von  Tenby  läßt  den  Endpunkt  der  Entwickelung 
am  besten  ersehen.  Es  entspricht  dem  von  Elbing  in  der 
deutschen  Reihe-. 

Die  Miniaturmalerei,  die  seit  dem  Anfang  des  15.  Jahr- 
hunderts schnell  eine  außerordentliche  Bedeutung  für  die 
Kenntnis  des  Seewesens  gewinnt,  bestätigt  nur  den  Inhalt 
der  Siegelbilder.  Die  auf  Tafel  XVI  abgebildete  Seeschlacht 
bei  Guernsey  ist  zwar  schon  1342 
geschlagen.  Aber  die  Darstellung 
ist  über  ein  Jahrhundert  jünger 
und  gibt  die  Schiffsformen  ihrer 
Zeit  wieder.  Daß  die  Entwicke- 
lung sämtliche  europäische  Küsten 
umfaßte,  beweisen  die  beigefügten 
Abbildungen  aus  spanisch-italie- 
nischen Gewässern.     Die  kleinen 

Fahrzeuge  des  Siegels  von  Laredo       4.  Siegel  von  Laredo. 
in  Nordspanien  zeigen  mit  nicht   AusDuro,  La  Marina  de  Castilla 
minderer  Klarheit  die  Dreiteilung  (Madrid,  1894). 

des  Schiffskörpers  als  die  mit  größter  Sorgfalt  ausgeführten 
Segler  des  bolognesischen  Truhenbildes  (Tafel  XVII),  dem 

1  Die  älteren  Amsterdamer  Siegel  sind  stereotj'p  und  für  die 
Erkenntnis  der  Schiffsformen  wertlos.  Weniger  gute  Hulksiegel  be- 
sitzen wir  vom  Segler-  und  Gewandhaus  in  Stettin  und  von  Tönning. 
Veere  (1475)  zeigt  den  mäclitigen  Rumpf  eines  Hulks  ohne  Takelung. 

2  ^ii-  haben  weitere  Hulksiegel  von  Yarmouth,  Boston,  den 
Bailiffs  von  Ipswich,  von  Tenterden,  Newport  (auf  Wight),  Sout- 
hampton,  Lymington,  Edward  de  Rutland  als  Admiral  von  England 
(1395),  Richard  Herzog  von  Gloucester  als  Admiral  (1469). 

4* 


52  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

nur  Schiffe  des  Mittelmeers  zum  Vorbild  gedient  haben 
können. 

Hier  sind  die  größten  Schiffsformen  erreicht  worden. 
Fahrzeuge  bis  zu  400  Lasten  Tragfähigkeit  waren  schon 
vor  1400  in  spanischen  und  italienischen  Häfen  anzutreffen. 
Bei  den  mächtigsten  mußte  man  die  Rah  wieder  aus  zwei 
Stücken  zusammensetzen,  weil  es  keine  geeigneten  Rund- 
hölzer gab.  Aus  dieser  Tatsache  allein  kann  man  sich 
eine  lebhafte  Vorstellung  von  der  Schwierigkeit  der  Be- 
dienung dieser  Ungetüme  machen.  Auch  die  Engländer 
besaßen  gewaltige  Schiffe.  Das  königliche  Schiff  „Jesus" 
ist  angeblich  1000  Tonnen  groß  gewesen,  was  aber  stark 
übertrieben  sein  muß,  der  1414  erbaute „Holigost"  760Tonnen, 
die  „Trinity  Royal"  von  1416  540  Tonnen.  Unter  den  1416 
und  1417  von  den  Engländern  eroberten  und  in  ihre  Flotte 
eingereihten  genuesischen  Karacken  sollen  zwei  600  Tonnen 
Tragkraft  gehabt  haben  ^.  1428  wird  ein  englischer  Hulk 
von  250  Lasten  erwähnt,  der  in  die  Ostsee  segelte'^. 

Die  deutschen  Hulke  haben  sich  in  bescheideneren 
Maßen  gehalten.  Die  größten  Fahrzeuge  hatten  die  Preußen, 
Fast  sämtliche  Hulke,  in  denen  der  Deutsche  Orden  Anteile 
besaß,  hatten  1400  bis  1435  über  100  Lasten  Tragfähig- 
keit^.  1416  konnte  man  zum  erstenmal  einen  Hulk  von 
200  Lasten  vom  Stapel  lassen"^.  Doch  ist  man  schwer- 
lich darüber  hinausgegangen  ^ 


1  M.  Oppenheim,  History  of  the  Administration  of  the  Royal 
Navy  I  (London,  1896)  S.  12. 

2  H.  R.  I,  VIII  N.  418. 

'^  Ein  Hulk  von  50  Lasten  wird  1402  erwähnt;  zwei  von  je 
90  Lasten  sind  1402  und  1411  zuerst  in  See  gegangen.  Sattler,  Han- 
delsrechnungen des  Deutschen  Ordens  (Leipzig  1887)  S.  7,  9,  64. 

•*  Sattler  S.  61,  65:  Es  ist  wahrscheinlich,  daß  beide  Ein- 
tragungen das  gleiche  Schiff  betreffen,  das  in  den  beiden  Jahren 
durch  verschiedene  Schiffer  geführt  wurde. 

5  Der  Angabe  H.  R.  II,  VII  S.  734  §  77,  mit  der  Umrechnung 
des  Brouagesalzmaßes  in  flämisches  oder  bayisches  Maß  (desse  i600 
[Burwasis  saltes]  maken  Bagessche  off  Swenssche  hunderde  2800)  stehe 
ich  skeptisch  gegenüber,  zumal  sie  nur  in  einer  Handschrift  vorkommt. 


Hulk.  53 

Daß  diese  Größensteigerung  die  ünzuträglichkeiten  und 
Schwierigkeiten,  die  das  Fahrwasser  an  den  deutschen  Küsten 
bisher  schon  bot,  nur  noch  vermehrte,  hegt  auf  der  Hand.  Den 
Ratsversammhingen  der  Städte  hat  die  Entwickeking  manche 
Sorge  bereitet.  1412  hat  sich  auch  der  Hansetag  in  Lüne- 
burg mit  der  Frage  befaßt  und  für  nötig  erachtet,  ener- 
gische Bestimmungen  gegen  den  Bau  von  großen  Schiffen 
zu  treffen.  Fortab  sollte  man  kein  Schiff  mehr  auf  Stapel 
legen,  das  mehr  als  100  Lasten  Hering  —  das  sind  etwas 
mehr  als  80  Roggenlasten  —  führen  könnte  und  bei  voller 
Ladung  mehr  als  6  lübische  Ellen  '31/2  Meter)  eintauchte. 
Zur  Beaufsichtigung  des  Schiffbaues  sollten  überall  ver- 
eidigte Wracker  angestellt  werden,  die  jedes  Schiff  vorn 
und  hinten  zu  zeichnen  hatten  1.  Fiele  ein  Schiff  größer 
aus,  so  sollte  man  es  nicht  verkaufen,  auch  nicht  in  See 
gehen  lassen.  Jedes  Schiff  aber,  das  zwei  Jahre  lang  un- 
verkauft im  Hafen  liegen  blieb,  sollte  wieder  abgebrochen 
werden''. 


1  Lademarken  waren  im  Mittelmeer  längst  bekannt.     Vgl.  Jal  I 
S.  261  ff. 

2  H.  R.  I,  VI  N.  68  §  41 :  Vortmer  uppe  de  ladinge  unde  bu- 
winge  der  scliepe  is  vorramet,  dat  man  nen  schip  groter  buwen  schal, 
wen  van  hundert  last  heringes,  unde  dat  de  nicht  deper  ghan  schullen, 
wan  se  geladen  sin,  dau  6  Lubesche  eleu  deep.  Unde  islik  schip 
schal  ghetekent  sin  vor  unde  achter  by  ghesworen  wrakers,  dar  dat 
uppe  der  lastade  steit,  er  dan  id  iqt  water  kumpt,  myt  der  stat  tekene, 
dar  dat  gebuwet  is.  §  42:  Vortmer  in  jeweliker  stad,  dar  men  de 
schepe  buwet,  schal  de  stad  setten  twe  ghesworen  wrakers;  unde  de 
schullen  dar  bii  wesen,  wan  men  de  schepe  beghynnet  to  buwende, 
unde  dar  bii  bliven,  wente  tor  tut  dat  dat  schip  rede  is,  unde  be- 
waren  dat  up  eren  eed,  dat  dat  schip  truwliken  unde  wol  gebuwet 
werde  van  holte  unde  van  iserne,  unde  dat  id  nicht  to  zee  lud  en 
werde,  wente  dar  gebrek  inne  gevunden  is.  Unde  weret  sake,  dat 
jennich  tymmerman  jennich  schip  buwede,  dat  groter  worde  edder 
deper  ghinge,  den  alse  vorscreven  is,  dat  schal  bii  der  stad  also  vor- 
waret  sin,  dat  id  neman  en  kope.  Hedde  ok  en  schipher  en  schip 
tovoren  vordinget  van  der  mate  to  buwende,  alse  vorscreven  is,  unde 
dat  schip  groter  volle  edder  deper  ginge,  wen  also  vorgescreven  is, 
so  schal  de  kop  van  neuer  werden  wesen.  Item  welk  schip,  dat  ge- 
buwet is  unde  blifft  uppe  der  lastade  ofte  int  water  liegende  twejar 
lang,  dat  schal  men  wedder  tobreken  unde  nicht  tor  see  wart  laten 
ghan. 


54  Die  Entwickelung  der  wicKtigsten  Schiffstypen. 

Es  waren  radikale  Vorschriften.  Aber  sie  sind  nicht 
durchgeführt  worden.  Es  ist  auch  fraglich,  ob  man  je  ihre 
strenge  Befolgung  hat  erzwingen  wollen.  Denn  schwerlich 
wird  sich  damals  ein  Schiff  gefunden  haben,  das  bei 
80  Lasten  Tragfähigkeit  nur  6  lübische  Ellen  tief  ging. 
Die  Macht  der  Entwickelung  war  stärker.  In  die  1417 
genehmigten  Statuten  der  Hansestädte  sind  gerade  diese 
Bestimmungen  nicht  aufgenommen  worden.  Man  ist  jedoch 
von  selbst  wieder  etwas  von  den  größten  Schiffen  abge- 
kommen. 1449  ist  die  hansische  Baienflotte,  d.  h.  die 
Kauffahrteiflotte,  die  in  der  Salzfahrt  von  Westfrankreich 
nach  den  baltischen  Häfen  tätig  war,  worin  notorisch 
gerade  die  größten  Schiffe  gebraucht  wurden,  von  den 
Engländern  weggenommen  worden.  Die  Schadenverzeich- 
nisse ^  ergeben  nur  für  wenige  Schiffe  eine  Ladung  von 
mehr  als  150  Lasten.  Keins  führte  über  170,  die  über- 
wiegende Mehrzahl  zwischen  100  und  140  Lasten. 

Die  Entwickelung  des  Schiffbaus  war  schon  am  Be- 
ginn des  15.  Jahrhunderts  auf  einen  toten  Punkt  gelangt. 
Man  kann  sich  von  ihrem  ganzen  bisherigen  Verlauf  seit  dem 
Aufkommen  des  Koggen  schnell  einen  Überblick  verschaffen, 
indem  man  die  verschiedenen  Siegel  von  Elbing  und 
Danzig,  die  fast  alle  Menschenalter  je  nach  dem  Stande 
der  Schiffbautechnik  erneuert  wurden,  nebeneinander  stellt. 
Da  ergibt  sich  denn,  daß  die  Takelung  in  dem  Zustande 
verblieben  war,  den  sie  schon  vor  der  Existenz  des  Koggen 
erreicht  hatte,  daß  der  eine  Mast  mit  dem  einen  großen 
Rahsegel  nach  wie  vor  das  einzige  Bewegungsmittel  des 
Schiffskörpers  bildete.  Man  konnte  aber  die  Leineniläche 
nicht  ins  Unendliche  vergrößern.  Die  Riesensegel  erfor- 
derten eine  unverhältnismäßig  starke  Bedienungsmannschaft, 
so  daß  eine  weitere  Steigerung  das  Schiff  unrentabel  machen 
mußte.  AVohl  hat  man  im  einzelnen  manche  praktische 
Neuerungen  getroffen.  Insbesondere  ist  hier  auf  die  Ein- 
führung der  Blöcke,  der  Elaschenzüge,  hinzuweisen,  die 
eine    wesentliche    Erleichterung    in    der    Handhabung    der 


1  H.  U.-B.  VIII  N.  84,  215. 


Hulk.  55' 

Takelung  bedeutete.  Statt  z,  B.  eine  Brasse  unmittelbar 
am  Nock  der  Rah  zu  befestigen,  brachte  man  dort  einen 
Block,  eine  in  einem  Gehäuse  rotierende  Scheibe,  an  und 
ließ  die  Brasse  darüberlaufen.  Man  schor  sie  durch  einen 
Block,  lautet  der  seemännische  Ausdruck.  Aus  dem  ein- 
fachen wurde  dadurch  ein  doppeltfahrendes  Tau  und  durch 
die  Verlängerung  des  Weges  eine  entsprechende  Vermin- 
derung der  zur  Regierung  des  Segels  erforderlichen  Kräfte 
erzielt.  Allem  Anschein  nach  ist  diese  wichtige  Neuerung 
vom  Mittelmeer  zu  den  nördlichen  Seefahrern  gelangt.  Ihre 
allgemeine  Verbreitung  und  weitere  Ausbildung  fällt  jedoch 
erst  in  eine  spätere  Zeit.  Die  Reef Vorrichtungen  sind  ver- 
vollkommnet worden.  Auch  Halsen  und  Bulienen  für  das 
Segeln  beim  AVinde  muß  man  damals  eingeführt  haben. 
Die  Schwierigkeit  der  Bedienung  der  gewaltigen  Segel- 
fläche, namentlich  bei  schlechtem  Wetter,  konnte  durch 
diese  technischen  Verbesserungen  nicht  überwunden  werden. 
Aber  auch  die  Ausbildung  der  Beplankung,  der  Haut 
des  Schiffskörpers,  hatte  mit  der  Größenentwickelung  nicht 
Schritt  gehalten.  Die  strengen  Bestimmungen  des  Lüneburger 
Hansetags  sind  keineswegs  nur  wegen  der  schlechten  Fahr- 
wasserverhältnisse erlassen,  sondern  vor  allem  wegen  der 
häufigen  Schiffskatastrophen,  die  man  auf  mangelhafte 
Bauweise  zurückführte.  Die  Handelsrechnungen  des 
Deutschen  Ordens  bieten  hierfür  eine  wahrhaft  erschreckende 
Illustration.  „Liebe  Herren",  schreibt  1412  der  deutsche 
Kaufmann  in  Brügge  an  die  preußischen  Städte,  „wir  bitten 
Euch  von  ganzem  Herzen,  wollet  doch  Vorsorge  tragen 
gegen  den  großen  Schaden  des  Kaufmanns,  der  aus  der 
schlechten  Bewahrung  und  ruchlosen  Erbauung  der  Schiffe 
erwächst,  die  in  den  Häfen,  ohne  Not  von  Wetter,  Wind, 
Wogen  und  Grund,  trotzdem  leck  werden  und  versinken, 
was  jetzt  häufiger  vorkommt  als  je  in  vergangenen  Zeiten, 
wie  bei  den  Schiffern  Säbel  und  Bernd  Johansson,  die  vor 
kurzem,  im  Zwin  liegend,  verdorben  sind"  ^. 

1  H.R.I,  VIN.  77.  Vgl.  Sattler,  Handelsrechnungen  des  Deutsclien 
Ordens  S.  293,  wo  die  Anteile  des  Ordens  in  beiden  Schiffen  ge- 
tilgt sind. 


56 


Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypan. 


Der  Klinkerbau  war  ebenfalls  an  der  Grenze  seiner 
Leistungsfähigkeit  angelangt.  Ebensowenig  wie  die  Maße 
des  einen  Segels,  konnte  man  die  Größe  und  Stärke  der 
Eiclienplanken  ins  Ungemessene  steigern. 


Kravel. 

In  Westfrankreicli  sind  am  Ende  der  fünfziger 
Jahre  des  15.  Jahrhunderts  gleichzeitig  beide  Hemmnisse 
überwunden  worden.  Damals  muß  ein  bretonischer  Schiff- 
bauer zuerst  auf  den  Gedanken  gekommen  sein,  die  bisher 
bei  den  großen  Schiffen  übliche  Art  der  Beplankung  durch 
eine  andere  zu  ersetzen,  bei  der  die  Planken  nicht  dach- 
ziegelartig übereinander  griffen,  sondern  mit  scharfen 
Kanten  aufeinander  saßen  und  nach  außen  eine  glatte 
Fläche  bildeten.  Dies  neue  System  bot  viele  Vorzüge.  Die 
Rippen  wurden  weit  mehr  als  bisher  Träger  des  ganzen 
Baus.  Die  Außenhaut  konnte  den  Bedürfnissen  ent- 
sprechend beliebig  stark  hergestellt,  die  Planken  auf  alle 
möglichen  AVeisen  durch  Fugen  oder  Nägel  miteinander 
verbunden  werden.  Bei  größeren  Schiffen  brachte  man 
zwei  Plankenlagen  übereinander  an.  Sehr  bald  ist  man 
auch  dazu  geschritten,  der  Haut  an  den  Stellen,  wo  sie  am 
meisten  angegriffen  wurde,  besonders  unmittelbar  über  der 
Wasserlinie,  durch  die  Einfügung  von  sogenannten  Berg- 
hölzern erhöhte  Festigkeit  zu  geben  i.  Das  waren  stärkere 
Plankengänge,  die  über  die  anderen  hervorragten  und  ge- 
wöhnlich das  ganze  Schiff  umliefen.  Bei  kleineren  Fahr- 
zeugen hatten  sie  auch  das  Überbordgehen  der  See  zu  ver- 
hindern und  den  Wogenschlag  zu  brechen.  Man  nennt 
diese  Art  der  Beplankung  Kravelsbeplankung  zum  Unter- 
schied von  dem  Klinkerwerk. 

Das  Wort  stammt  aus  dem  Romanischen.  Caravela 
findet  sich  schon  im  13.  Jahrhundert  als  Bezeichnung  kleiner 


1  Kaspar    Weinriclis    Danziger    Chronik    (herausg.   von  Hirsch 
und  Voßberg,  Berlin  1855)  S.  57,  erwähnt  „barkholtzer"  zuerst  1488. 


Kravel.  57 

Fischerboote  an  der  portugiesischen  Küste i.  Späterhin  ge- 
brauchte man  den  Namen  dort  für  einen  Kauffahrer  zwei- 
ten Ranges  mit  überwiegend  lateinischer  Takelung.  In 
dieser  Bedeutung  ist  das  Wort  durch  die  beiden  Karavelen 
des  Kohimbus  weltbekannt  geworden. 

A^orher  jedoch  haben  die  Bretonen  die  Bezeichnung 
übernommen  und  sie  für  ihre  eigenen  kleinen  Schiffe,  die 
zum  Fischfang  und  zur  Handelsfahrt  dienten,  angewandt. 
Dieser  Typ  hat  sich  dann  weiter  verbreitet.  Philipp  der 
Gute  von  Burgund  hat  1438—14:4:0  in  Brabant  ein  großes 
Schiff  und  dazu  als  Begleitfahrzeug  neben  anderen  kleinen 
Schiffen  eine  Karavele  bauen  lassen-.  JSTach  einer  um  1460 
in  Sluis  veranstalteten  Erhebung  befanden  sich  damals  eine 
schottische  Karavele  von  28  Tonnen,  eine  „kleine"  nord- 
spanische von  50,  eine  aus  der  Normandie  von  25  Tonnen 
und  41  bretonische  Karavelen  von  30  bis  130  Tonnen  im 
dortigen    Hafen  3.      1458  wird   auch   ein   englisches   Kravel 

1  Henrique  Lopes  de  Mendonca,  Estudos  sobre  navios  portu- 
guezes  nos  seculos  XV  e  XVI  (Lisboa  1892)  S.  43 :  Item  mando,  quod 
piscatores  dent  maiordomo  de  unaquaque  caravela  nnum  piscem  (Priv. 
Affonsos  III.  1255). 

'-  Jal,  Archeologie  navale  II  S.  140:  le  fait  des  ouvrages  de 
la  nave,  d'une  carveille  et  autres  moiens  vaisseaux  servans  ä  icelle 
nave.  Nach  Chroniken  der  deutschen  Städte  XIII  (Köln  II)  S.  183 
wurde  dies  Schiff  von  Philipps  Gemahlin  als  ein  Geschenk  für  ihren 
Bruder  König  Alfons  V.  von  Portugal  erbaut. 

3  Finot,  Inventaire  sommaire  des  archives  departementales, 
anterieures  k  1790,  Nord  VIII  S.  291,  setzt  das  Schriftstück  schon 
um  1457  an.  Außer  den  Karavelen  befanden  sich  in  Sluis  3  vene- 
tianische  Galeeren,  1  portugiesischer  Hulk  (une  hulcque)  von  150 
Tonnen,  eine  [portugiesische]  Karavelle  (une  petite  nef  caravelle)  von 
40  Tonnen,  3  schottische  Bargen  (baerge)  von  500,  350  und  150  Tonnen, 
ein  kleiner  schottischer  Balinger  (une  petite  baleiniere)  von  20  Tonnen, 
2  Bargen  von  100  und  50,  sowie  4  Balinger  von  30  bis  36  Tonnen 
aus  der  Normandie.  Ferner  lagen  auf  dem  Strande  12  Hamburger 
Fahrzeuge,  „coghes,  boyers,  crasyers  et  eevers"  (Vorl.:  ceuers),  „pesans 
vasseaulx  et  mais  ä  la  volle'-,  und  40  Busen  (buisses),  die  nur  zum  Fisch- 
fang brauchbar  waren.  Die  Zählung  hängt  mit  den  Kreuzzugsplänen 
Philipps  des  Guten  zusammen.  Ein  etwas  älteres  Projekt  (um  1455, 
ebenda)  fordert  füi-  die  Unternehmung  3  „caraques,  12  grosses  nefs  et 
12  caravelles"   und    schätzt    den  Preis    der  Karacken    auf  40000    der 


58  Die  Entwickeluug  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

erwähnt  ^  Alle  diese  Fahrzeuge  bildeten  offenbar  einen 
einheitlichen  Typ.  Nicht  um  seine  Übernahme  handelt  es 
sich,  wenn  in  der  Folgezeit  der  Kravelbau  im  Osten  Ein- 
gang findet,  sondern  lediglich  um  die  Einführung  einer 
neuen  Beplankungsweise. 

Daß  bei  diesen  kleinen  Schiffen  die  Kravelsbeplankung 
zuerst  eingeführt  wurde,  ist  wohl  zweifellos.  Wann?  läßt 
sich  nicht  mit  Sicherheit  sagen.  Jedenfalls  wird  es  nicht 
allzu  lange  vor  1460  geschehen  sein.  Der  Chronist  von 
Zeeland  Johann  Reygersberg  berichtet,  daß  1459  in  Holland 
und  Zeeland  der  Kravelschiffbau  begann.  Das  erste  dieser 
Schiffe  wurde  in  Zierikzee  von  einem  Bretonen  namens 
Julian  gebaut  und  danach  der  Julian  genannt^.  Es 
muß  ein  großes  Schiff  gewesen  sein.  Sonst  würde  es 
schwerlich  soviel  Aufsehen  gemacht  haben,  daß  man  sich 
den  Namen  seines  Meisters  merkte. 

Nach  Velius  sind  1460  in  Hoorn  die  ersten  Kravele 
gebaut  worden^.    In  den  nächsten  Jahren  trifft  man  dann 


Nefs  auf  24000  und  der  Karavelen  auf  6000  Dukaten.  1464  besaß  der 
Herzog  selbst  19  Karavelen  (caravelles). 

1  H.  U.  -B.  IX  N.  541,  IV  §  1 :  dat  kravel  was  utemaket  van 
Nygekasteel. 

■^  Chroniick  van  Zeelandt,  eertijdts  beschreven  door  d'heer  Jo- 
han.Keygersbergen,  nu  verbetert  ende  vermeerdert  door  Marcus  Zu- 
erius  van  Boxhorn  (Middelburch  1644)  II  S.  233:  „Omtrent  dese 
tijden  (1459)  begonstmen  in  Zeelandt  ende  in  HoUandt  eerst  die  cra- 
veelschepen  te  maecken,  daermen  mede  over  zee  voer  om  koopman- 
schap.  Want  daer  te  vooren  en  waren  gheen  schepen  in  dese  landen, 
daermen  mede  grootelijkx  om  koopmanschap  voer,  dan  met  hulcken 
ofte  reezeylen  ofte  craej^ers.  Dat  waren  die  ghemeynste  schepen, 
diemen  doen  gebruyckte  ter  zee  om  koopmanschap"  usw.  Die  Er- 
klärung von  „Want  daer"  an  ist  mit  Rücksicht  auf  die  spätere  Be- 
deutung von  Kravel  nachgetragen. 

3  D.  Velius,  Chroniick  van  Hoorn  (Hoorn  1617)  S.  42:  „f  Jaer 
1460  werden  hier  de  eerste  carvielschepen  ghemaeckt,  als  boeyers, 
smacken  en  diergelijcke,  daermen  te  vooren  niet  hadde  dan  hulcken, 
raseylen  en  crayers,  en  die  altemael  gewracht  crapschuytswijse  met 
de  plancken  op  malcander.  Welcke  maniere  van  werc  op  dese  tijt 
ooc  verändert  wert.  En  men  begonst  voortaen  cravielwerc  te  maken, 
te  weten  de  plancken  te  voegen  niet  op  malcander,  maer  deen  teghen 
dander  aen  met  een  naet  tusschen  beyden,  gelijck  noch  hedensdaeghs 


Kravel.  59 

derartige  Schiffe  in  allen  Grewässern.  1462  werden  unter 
den  Ausliegern,  die  von  Danzig  Kaperbriefe  erhielten,  ein 
Danziger  und  „das  Königsberger"  Kravel  aufgezählt i. 
Der  englische  König  ließ  1463  ein  Schiff  dieser  Art  für 
80  Pfund  Sterling  ankaufen-.  Hamburg  bezog  1466  ein 
solches  zum  Preise  von  370  Mark  aus  Flandern  und  führte 
damit  die  neue  Bauweise  bei  sich  ein  3.  1470  wui'den 
hier  zum  Kriege  gegen  England  zwei  Kravele  gebaut^. 
In  der  Mehrzahl  sind  das  alles  kleine  und  mittelgroße 
Schiffe  gewesen.  Die  preußischen  Kravele  stehen  zwischen 
Snicken,  Balingern  und  Bardzen.  Jedoch  für  kleine  Fahr- 
zeuge war  die  Neuerung  von  geringerem  Wert;  sie  konnten 
ebensogut  geklinkert  sein.  Die  entscheidende  Bedeutung 
des  Fortschritts  liegt  in  der  Einführung  der  Kravelsbeplan- 
kung  bei  den  großen  und  größten  Schiffen. 

Im  Sommer  1462  ist  Marot  Boeff  von  La  Rochelle 
mit  einem  gewaltigen  Kj-avel  nach  Danzig  gekommen,  einem 
Schiff,  das  einen  Markstein  bildet  in  der  Geschichte  der 
Schiffbaukunst  und  das  in  der  damaligen  Welt  unter  dem 
Namen  das  Große  Kravel  oder  der  Peter  von  La  Eochelle, 
der  Peter  von  Lebarn  oder  der  Peter  von  Danzig  bekannt 
geworden  ist.  Es  wurde  auf  der  Reede  vom  Blitz  getroffen. 
Der  Mast  sprang  in  Stücke.  Größere  Ausbesserungsarbeiten 
wurden  nötig.  Der  Schiffsherr  reiste  nach  Frankreich,  sein 
Vertreter  starb,  dessen  Nachfolger,  ein  Bretone  aus  Nantes, 
nahm  eine  größere  Geldsumme  bei  Danziger  Bürgern  auf 
und  verpfändete  ihnen  dafür  Schiff  und  Schiffsgerät.  Die 
Reeder  wollten  die  Pfandschaft  nicht  lösen  unter  dem  Yor- 


in  meest  aüe  timmeragien  van  schepen  het  gebruyck  is."  Auch  diese 
Stelle  („als  boeyers  —  verändert  wert")  ist  vollkommen  beeinflußt,  diircli 
die  spätere  Spezialbedeutung  von  „carviel". 

1  H.  IJ.-B.  VIII  N.  1150. 

2  Laird  Clowes.  The  Eoyal  Xavy  I  S.  353:  a  caravel. 

3  Koppmann,  Kämmereirechnungen  der  Stadt  Hamburg  II 
S.  286:296  g'  1  ,^  pro  cravele  empta  in  Flandria.  Vgl.  auf  S.  399: 
2  ^  16  ß  pro  5  ulnis  panni  Campensis  pro  mertzecledinge  ad  cravelam. 

^  Das.  S.  438 :  881  g"  2  /?  2  d.  pro  2  navibus  per  nos  noviter  f  abri- 
catis  cum  botis,  takel,  tow,  ungeldo  et  correquisitis.  3  g"  10  ß  pro 
custodia  duarum  cravelarum. 


60 


Die  Entwickeluiig-  der  wichtigsten  Scliiffstypen. 


geben,   der  Bretone   habe   untreu    gehandelt.     Sie    klagten 


ö' 


beim  französischen  König  und  traten  ihm  schließlich  das 
Eigentum  an  dem  Schiffe  ab.  Die  Danziger  beharrten 
indessen  auf  ihrem  Rechte  und  gaben  es  nicht  heraus. 

So  kam  es,  ckiß  das  Kravel  in  Danzig  blieb,  wo  es 
im  engen  Fahrwasser  der  Mottlau  verwahrloste  und  nicht 
nur  den  Verkehr  behinderte,  sondern  auch  zu  einer  Gefahr 
für  alle  anderen  Schiffe  wurde.  Es  sollte  schließlich  ab- 
gebrochen werden.  Wir  haben  noch  das  Notariatsprotokoll 
über  die  Besichtigung  \  bei  der  das  Gutachten  zweier  Rat- 
mannen durch  die  Notare  und  Zeugen,  unter  denen  viele 
Angehörige  fremder  Nationen  waren,  bestätigt  wurde.  Da- 
nach war  das  Schiff  altersschwach  und  völlig  baufällig: 
dem  Hafen  und  der  Schiffahrt  der  Stadt  drohe  großer 
Schade,  wenn  es  nicht  beseitigt  würde.  Das  war  im 
Jahre  1470.  Damals  lag  bereits  die  Hanse  in  offenem 
Kriege  mit  England  wegen  der  1468  erfolgten  Gefangen- 
setzung des  hansischen  Kaufmanns  in  London.  Deshalb 
hat  sich  der  Danziger  Rat  bald  eines  anderen  besonnen. 
Der  Abbruch  unterblieb.  Das  Schiff  wurde  vielmehr  aus- 
geschöpft, auf  die  Kielbank  gezogen,  neu  aufgezimmert 
und  zum  Streite  ausgerüstet. 

Im  August  1471  ist  es  mit  einer  Besatzung  von  350 
Mann  nach  dem  Westen  gesegelt  und  hat  dann  in  den 
folgenden  Jahren  den  hansischen  Waffen  im  Seekriege 
Achtung  verschafft,  weit  und  breit  gefürchtet  als  das 
mächtigste  Kriegsschiff  seiner  Zeit.  Am  meisten  machte  es 
von  sich  reden  durch  die  Überwältigung  der  großen  von 
Flandern  nach  Italien  bestimmten,  überreich  beladenen 
Galeere  der  Portinari,  wobei  auch  das  Jüngste  Gericht 
Hans  Memlings  in  die  Hände  Paul  Benekes  und  seiner 
Genossen  fiel  und   so   nach   Danzig    kam 2.     1475    hat    das 

1  H.  U.-B.  IX  S.  703;  1470  Feb.  16. 

2  Vgl.  Caspar  Weinrichs  Danziger  (^lironik,  herausgegeben  und 
erläutert  von  Theodor  Hirsch  und  F.  A.  Voßberg  (Berlin  1855), 
S.  92  ff. :  Das  große  Krawel,  die  Galeyde  und  das  Bild  vom  Jüngsten 
Gerichte.  W.  Stein,  Die  Hanse  und  England,  Ein  hansisch-englischer 
Seekrieg  im  15.  Jahrhundert,    Pfingstblätter  des  Hansischen  Geschieh ts- 


Kravel.  ,  61 

große  Kravel  noch  eine  Fahrt  nach  dem  westfranzösischen 
Salzhafen  Broiiage  gemacht,  ist  dort  aber,  anscheinend 
wegen  Baufälligkeit,  liegen  geblieben  und  abgebrochen 
worden  ^. 

Entsprechend  der  Berühmtheit,  die  das  Schiff  besessen 
hat,  haben  auch  alle  Chronisten  von  ihm  Notiz  genommen, 
und  außerdem  ist  es  zum  Glegenstand  eines  großen  diplo- 
matischen Schriftwechsels  geworden.  Darum  sind  wir  über 
dieses  Schiff  ausnahmsweise  gut  unterrichtet.  Es  maß  von 
dem  „Rodergat"  bis  zur  ,,Grope",  d.  h.  auf  dem  Deck  unter 
den  Kastellen  von  dem  einen  Ende,  wo  das  Ruder  herab- 
führte, bis  zum  andern,  wo  das  Bugspriet  herausragte, 
25  Faden.  Auf  dem  Überlauf,  d.  h.  dem  durchgehenden 
Deck,  betrug  die  größte  Breite  21  Ellen  und  3  Finger^. 
Das  sind  43  Meter  Länge  und  ein  wenig  über  12  Meter  Breite. 
Man  wird  danach  die  Ladefähigkeit  auf  gegen  400  Lasten 
bemessen  müssen. 

Bei  der  Verpfändung  an  die  Danziger  Bürger  wurde 
ein  Schiff  sin  ventar  aufgenommen  3.  Aus  diesem  geht  her- 
vor, daß  auf  dem  großen  Kravel  17  Geschütze,  Steinbüchsen, 
mit  48  Kammern,  15  AVindearmbrüste,  eine  Wallbüchse  und 
eine  Bleibüchse  vorhanden  waren,  ferner  zahlreiche  Harnische, 
Spieße  und  anderes  Kriegsgerät.  Ein  großes  Boot  und  ein 
kleinerer  Esping,  sowie  6  Anker  gehörten  zu  seiner  Aus- 
stattung. An  Segeln  aber  besaß  es  „dat  schonefarerssegel 
und  twe  bonnytte  und  noch  eyn  bonnyth",  d.  h.  das  große 
Hauptsegel  mit  seinen  Ansätzen,  durch  die  es  bei  schwachem 
Winde  verlängert  wurde,  daneben  aber  noch  „eyn  moy- 
sanssegel  myt  dem  bonnytte  und  eyn  vockensegel",  und 
unter  dem  Tauwerk  wird  dann  auch  aufgeführt  „dat  takel 


Vereins  I,  1905.  Eemus,  Die  Hanse  und  das  Kontor  zu  Brügge  am 
Ende  des  15.  Jahrhunderts ,  Zeitschrift  des  Westpreußischen  Ge- 
schichtsvereins, Heft  30.  Daenell,  Die  Blütezeit  der  deutschen  Hanse 
I  S.  471,  n  S.  108  ff.,  119,  120. 

1  Caspar  \A^einrichs  Chronik  S.  17. 

2  Das.  S.  1,  2:  Das  war  von  rodergat  bisz  in  die  grope  25  faden 
und  auf  dem  uberloff  von  einer  pupelne  tom  andern  21  ele  und 
3  finger  bret. 

3  H.  U.-B.  IX  N.  95. 


62  Die  Elitwickelung  d^r  wichtigsten  Schiffstypen. 

to  der  moyzan-  und  fockemast''.  Es  tritt  uns  mithin  liier 
der  erste  sicher  bezeugte  Dreimaster  in  nördhchen  Meeren 
entgegen. 

Im  Mittelmeere  kannte  man  mehrmastige  Schiffe  be- 
reits seit  langem.  Die  großen  Galeeren  trugen  zwei,  aus- 
nahmsweise auch  drei  Masten ;  auch  die  kleineren  Fahr- 
zeuge, Barken  und  dergleichen  hatten  zwei  Masten.  Aber 
seit  der  Einführung  des  Koggen  war  das  große  Lastschiff 
der  südlichen  Länder  ebenfalls  ein  Einmaster^.  Als  man 
dazu  überging,  die  vom  Koggen  herstammenden  Last- 
schiffe mit  mehr  als  einem  Mast  auszustatten,  ahmte  man 
keineswegs  die  Takelung  der  Galeeren  und  Barken  mit 
ihren  zwei  ebenbürtigen  Masten  nach,  sondern  bildete  die 
Besegelung  selbständig  im  Einklang  mit  der  Schiffsform 
aus.  Die  Entwickelung  ging  auch  nicht  vom  Ein-  zum 
Zwei-  und  dann  erst  zum  Dreimaster.  Nur  vereinzelt  findet 
man  ein  Schiff  abgebildet  das  neben  dem  großen  noch 
einen  kleinen  Mast  auf  eineixi  der  beiden  Kastelle  führt ^, 
so  z.  B.  auf  dem  italienischen  Truhenbilde  auf  Tafel  XVII. 
Im  allgemeinen  ist  man  sofort  zum  Dreimaster  über- 
gegangen. Man  stellte  auf  jedes  der  beiden  KasteUe  einen 
kleinen  Mast  mit  einem  kleinen  Segel.  Auf  südliche  Ein- 
flüsse weist  allein  der  Name  des  dritten  Segels  „mezzana, 
moysan,  mesan,  besan"  und  auch  die  Gestalt,  in  der  sich 
dies  Segel  schließlich  durchgesetzt  hat,  die  Form  des  drei- 


1  Die  italienischen  Seestädte  haben  dabei  ihren  Brauch,  Ersatz- 
stücke an  Bord  mitzuführen,  beibehalten.  Vgl.  das  „Statut  de  1'  office 
de  Gazarie"  in  Genua  von  1441  Gap.  11  (Pardessus,  Collection  de  lois 
maritimes  IV  S.  466),  wo  Bestimmungen  über  die  Ausrüstungen  von 
Schiffen  getroffen  werden :  Et  primo  in  qualibet  nave  seu  cocha 
portatae  cantarioi'um  viginti  millia  tempore  pacis  sint  et  esse  debeant 
ac  habere  teneantur  homines  120,  in  quibus  hominibus  120  sint  et 
esse  possint  famuli  32  ...  .  Item  meistra  una  nova  cum  suis  bonetis 
sub  poena  librarum  tricentarum  Januinorum.  Item  alia  meistra,  pro 
respectu,  sub  poena  librarum  centum  Januinorum.  Item,  vellum  unum 
de  medio  ....  Item  antemnam  uuam  pro  respectu,  sub  poena  libra- 
rum quinquaginta  Januinorum  .... 

2.  Gewöhnlich  auf  dem  Vorderkastell.  Oft  diente  als  Mast  das 
aufgerichtete  Bugspriet.  Vgl.  z.  B.  die  Abbildung  in  dem  Manuskript 
der  Eroissardchronik  (Breslau,  Stadtbibliothek)  I,  B1..60,      ,    _ 


I^ravel.  63 

eckigen  lateinischen  Segels  des  Mittelmeers.  Doch,  trifft 
man  in  den  ersten  Jahrzehnten  wiederholt  Schiffe,  die 
auch  am  dritten  Mast  ein  rechteckiges  Segel  führten,  so 
auf  dem  ältesten  datierten  Bilde  eines  Dreimasters,  dem  Sie- 
gel des  Admirals  Louis  de  Bourbon  von  1466  (Tafel  XVIII)  \ 
das  zugleich  die  Anordnuno;  der  beiden  Mastchen  und  ihre 
ganz  sekundäre  Bedeutung  recht  gut  erkennen  läßt,  während 
die  Schiffsforni  selbst  wenig  gelungen  ist. 

Das  große  Kravel  hatte  wahrscheinlich  ein  dreieckiges 
Besansegel-.  Wie  das  Schiff  ausgesehen  haben  mag,  kann 
man  aus  dem  Miniaturbild  auf  Tafel  XVIII  entnehmen,  das 
dem  Hofmaler  Ludwigs  XL  von  Frankreich,  Jean  Foucquet 
(gestorben  um  1480),  zugeschrieben  wird,  und  das  in  der 
Sorgfalt  des  Details  wohl  unübertroffen  ist,  auch  Schiff  und 
Menschen  im  richtigen  Verhältnis  wiedergibt.  Wie  hier,  so 
muß  auch  beim  großen  Kravel  das  Großsegel  die  Takelung 
noch  völlig  beherrscht  haben;  nur  ganz  nebenher  wurde  es 
durch  die  beiden  anderen  Segelchen  unterstützt.  Während 
auf  dem  Danziger  Speicher  jede  einzelne  Gruppe  des  Takel- 
werks des  Großmastes  ein  'Hahband^  für  sich  füllte, 
konnte  man  die  gesamte  Takelung  von  Fock-  und  Besan- 
mast  unter  ein  Rahband  bringen. 

Aber  der  Anstoß  zu  einer  folgenreichen  Umwälzung 
war  gegeben.  Wie  eine  Offenbarung  muß  es  für  die 
Schiffer  gewesen  sein,  wenn  sie  einmal  das  große  Segel 
fallen  ließen  und  nun  sahen,  was  sie  alles  mit  den  kleinen 
anfangen  konnten.  Das  große  Kravel  hat,  als  es  1472  von 
Downs  gegen  schweres  Wetter  die  hohe  See  gewinnen 
wollte,  nur  mit  Hilfe  des  Besansegels  an  den  Wind  gehen 
können"^.  In  der  Weiterbildung  der  Takelung  liegen  denn 
auch  die  Hauptfortschritte  der  Folgezeit. 


1  Auf  dem  Titelbild  zum  Schiffreclit  im  Hamburger  Stadtrecht 
von  1497.     Vgl.  auch  Tafel  XIX. 

-  Darauf  deutet  das  Vorhandenseüi  eines  Bonnets  beim  Besan- 
segel. 

3  Band,  mit  dem  das  Segel  an  der  Rali  befestigt  wurde, 

4  Darnae  an;  frj^dage  vor  oculi  (1472  Febr.  28)  qwam  eyn  stark 
f arwedder.  alzo  dat  wy  de  Dwnisz  rumen  mosten,  und  luchteden  unsze 


64 


Die  Eiitwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


Die  Einführung  der  Kravelsbeplankung  bei  den  großen 
Seefahrern  brachte  eine  nochmalige  allgemeine  Steigerung 
der  Schiffsgefäße.  Schon  das  große  Kravel  ist  ja  ein  ganz 
enormes  Schiff  gewesen.  Durchgehends  wurden  im  letzten 
Viertel  des  15.  Jahrhunderts  Schiffsgrößen  erreicht,  wie  sie 
in  der  Handelsflotte  bis  zum  19.  Jahrhundert  nur  in  weni- 
gen Ausnahmefällen  übertroffen  worden  sind.  Die  Kravels- 
beplankung hat  sich  nur  ziemlich  langsam  durchzusetzen 
vermocht.  Tief  im  16.  Jahrhundert  trifft  man  noch  wieder- 
holt große  geklinkerte  Schiffe  an^  Bei  kleineren  Fahr- 
zeugen hat  man  diese  Art  der  Beplankung  bis  auf  den 
heutigen  Tag  beibehalten. 

Auf  der  Ausbildung  der  Formen  des  Rumpfes  und 
der  Takelung  beruht  die  ganze  fernere  Entwickelung. 
Was  für  Fortschritte  darin  in  einem  Vierteljahrhundert 
gemacht  worden  sind,  das  veranschaulichen  am  besten 
die  beiden  nebenstehenden  Siegelbilder.  Das  erste,  das 
Maximilian  und  Maria  von  Burgimd  sich  kurz  nach  ihrer 
Vermählung  stechen  ließen,  zeigt  noch  die  Formen  des 
Hulkes.  Zwar  gab  es  damals  schon  große  Kravele  in 
ziemlicher  Anzahl,  aber  die  Masse  der  Schiffe  waren  noch 
Hulke.  Das  andere  Siegel  hat  Maximilian  fünfzehn  Jahre 
später  anfertigen  lassen,  ein  Meisterstück;  nur  von  dem 
überreichen  Schmuck  der  Segel  darf  man  sich  nicht  ver- 
wirren lassen.  Es  sind  durchgebildete  Formen,  die  bereits  an 
Schiffe  der  jüngsten  Vergangenheit  erinnern,  das  mächtige 
Batteriedeck,  die  mit  dem  Schiffsrumpf  zu  einem  harmo- 
nischen Ganzen  verwachsenen  Kastelle.  Aus  den  kleinen 
Trabanten  des  Grroßmastes  sind  fast  ebenbürtige  Gesellen 
geworden. 


ancker  und  felden  de  focke,  do  wolde  dat  schip  nicht  kamen;  do 
felde  wy  dat  schonf ersegel ,  do  wolde  dat  gude  schip  nach  szo  vort 
nicht  kamen,  alszo  dat  wy  landewert  andreven.  Thom  latsten  halp 
uns  God  van  hemmele  und  de  grote  here  sunte  Jacob,  dat  dat  gute 
schip  upp  qwam.  Do  segelde  wy  bym  love  nae  boven  (H.  R.  II,  VI 
S.  50U.) 

^  Carpaccio  hat  auf  seinen  Bildern  noch  überwiegend  geklinkerte 
Schiffe  dargestellt. 


Kravel.  Q^ 

Die  Franzosen  und  Bretonen  haben  sicli  anscheinend 
mit  dem  letzten  großen  Antrieb,  den  sie  dem  europäischen 
Schiffbau  durch  die  Emführung  der  Kravelsbeplankung 
verliehen,  ausgegeben.  Sie  haben  allerdings  in  den  sech"^ 
ziger  Jahren  noch  manch  gewaltiges  Kravel  gezimmert. 
Zu  besonderer  Berühmtheit  ist  noch  zu  Zeiten  des  großen 
Kravels  die  Columbe,  das  Schiff  des  französischen  Ad^'mirals 
Guillaume  de  Casenove  genannt  Coulon,  das  nach  ihm  den 
Namen  Coulon  trug,  gelangt.  Es  hat  dem  großen  Kravel 
an  Größe  nicht  nachgestanden  und  unter  seinem  energischen 
Führer  eine  außerordentliche  Seetüchtigkeit  und  Manövrier- 
fähigkeit bewiesen  1.  Späterhin  aber  traten  die  Franzosen 
als  Schiffbauer  völlig  zurück. 

Das  gleiche  gilt  von  den  Engländern.  Unter 
Heinrich  VII.  und  Heinrich  VIII.  schufen  sie  mächtige 
Kriegsschiffe,  so  den  Regent^,  der  eine  Kopie  der  Columbe, 
jedoch  längst  nicht  so  brauchbar  war,  und  das  berühmte 
Riesenschiff  Henry  Grace  a  Dieu,  ein  Fahrzeug,  das  mehr 
durch  seine  Größe  als  dm-ch  seine  Seefähigkeit  Aufsehen  er- 
regte 3.  Im  großen  und  ganzen  waren  alle  englischen  Bauten 
dieser  Zeit  Nachahmungen  fremder  Muster.  Vielfach  hat 
man  Schiffe  aus  Portugal  und  den  Mittelmeerstädten  bezogen. 
1520  äußerte  ein  Franzose,  die  Schiffe  von  England,  Sch'^tt- 
land  und  Irland  glichen  völhg  den  französischen,  zum 
größeren  Teil  seien  sie  auch  in  Franki'eich  und  in  Biscayen 
erbaut*.     Tatsächlich  gehörte  damals   die  enghsche  Flotte, 

1  Vgl.  Charles  de  la  Ronciere,  Histoire  de  la  Marine  francaise'H 
(Paris  1900)  S.  333  ff.,  ferner  Held.  Die  Hanse  und  Frankreich  von 
der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  bis  zum  Eegierungsantritt  Karls  VHI 
Hansische  Geschichtsblätter  1912  S.  222  u.  a.  Finot,  Inventaire  som- 
maire  des  archives  departementales.  Nord  VIII  S.  297,  Gutachten  über 
die  zum  Kreuzzug  erforderlichen  Schiffe  c.  1464:  Monsieur  l'amiral 
de  Bretaigne  a  une  nef  de  IXc  tonne  aus,  savoir  est  XVHIc  pipes, 
tonte  neuve  la  plus  belle  et  la  meillere  qui  soit  sur  les  mers  de  par 
de  sa. 

'■^  1487  vollendet,  600  Tonnen  groß.     Vgl.  Oppenheim.  A  History 
of  the  administration  of  the  Royal  Navy  S.  36. 
3  Das.  S.  49.     Angeblich  1000  Tons  groß. 
■  *  Ch.  de  la  Sondiere  11  S.  467. 
Hagedorn,  Die.  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen.  5 


66  Die  Entwickelung  der  wiclitigsten  Schiffstypen. 

was   die    großen   Last-   und   Kriegsschiffe   anbetrifft,   ganz 
zum  Kreis  des  westlichen  Schiffbaus  ^ 

Die  Fortbildung  erfolgte  im  wesentlichen  auf  zwei 
Gebieten,  der  Ostsee,  die  den  nördlichen  Typus  ausgestaltete, 
und  in  der  Pyrenäenhalbinsel,  die  für  alle  südlichen  Länder 
im  Bau  von  großen  Lastschiffen  maßgebend  wurde.  Auf 
beiden  ist  man  noch  in  den  achtziger  Jahren  des  15.  Jahr- 
hunderts zum  Viermaster  gelangt. 

Ein  sehr  gutes  Bild  des  südlichen  Schiff typs,  den 
wie  schon  erwähnt,  die  nördlichen  Nationen  Krake  nannten, 
hat  der  niederländische  Kupferstecher  W^,  von  dem  wir 
eine  ganze  Anzahl  Schiffsbilder  besitzen'^,  mit  allen  tech- 
nischen Einzelheiten  uns  bewahrt.  Es  ist  das  älteste  brauch- 
bare Bild,  auf  dem  die  Schiffsart  angegeben  ist.  Hier, 
wie  auf  den  prachtvollen  G-emälden  des  Venezianers  Car- 
paccio  in  der  Real  Academia  di  Belle  Arti  in  Venedig,  die 
das  Leben  der  heiligen  Ursula  darstellen  sollen,  dabei  aber 
das  Seewesen  der  großen  italienischen  Handelsstadt  sich 
zum  Hauptmotiv  genommen  haben,  erscheint  noch  der- 
selbe Rumpf,  den  die  früheren  Karacken,  die  Verwandten  des 
Hulks,  zeigten,  jenes  abenteuerliche  Gebilde  mit  dem  wie  auf 
einem  Halse  vorgereckten  Vorderkastell.  Die  Bezeichnung 
dieser  großen  Lastschiffe  war  in  Italien  noch  eine  Zeitlang 
Karacke,  dann  Nave,  in  Spanien  Nao.  Späterhin  hat  man 
in  Spanien  und  Portugal  den  Galeonentyp  ausgebildet,  der 
sich  lediglich  durch  etwas  schlankere  und  leichtere  Bau- 
art vom  Nao  unterschied.  Ein  kleineres  Fahrzeug  vom 
Naotyp  war  die  Santa  Maria,  mit  der  Columbus  1492  seine 
erste  Reise  nach  der  Neuen  Welt  machte.  Die  Takelung 
war  unterdessen  schon  bedeutend  vervollkommnet  worden. 
Der  Großmast  der  Santa  Maria  trug  über  dem  Großsegel  noch 
ein  kleines  Topsegel.  Fock-  und  Besansegel  waren  größer 
geworden.  Außerdem  hatte  man  das  Bugspriet,  das  bisher 
nur  zum  Aussetzen  und  Einheben    des  Ankers  diente,   mit 


1  Vgl.  Oppenheim,  A  History  of  the  administration  of  the 
Royal  Navy  S.  49  f.  Danach  hat  Heinrich  VIII.  1509  und  1512  von 
Genua  2  Karacken  von  je  700  Tonnen  erworben. 

2  Vgl.  über  ihn  Lehrs,  der  Meister  W/^.     Dresden  1895, 


Kravel.  67 

einem  Rahsegel,  der  Blinde,  versehen i.  Es  hat  nicht 
lange  gedauert,  da  erhielt  der  Fockmast  auch  ein  Topsegel. 
Aus  den  Topsegeln  sind  schließlich  die  Marssegel  erwachsen, 
über  die  man  wieder  die  Bramsegel  als  neue  Topsegel 
setzte. 

Der  portugiesische  Schiffskonstrukteur  Fernando  Oli- 
veira  hat  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  erklärt,  die 
Italiener  nennten  dieselben  Schiffe  Carracas,  die  die  Spanier 
als  Naos,  die  Deutschen  als  Hulke  bezeichneten  2.  Danach 
müßten  eigentlich  keine  besonderen  Unterschiede  zwischen 
den  verschiedenen  Typen  bestanden  haben.  Doch  lassen 
sich  einige  deutlich  erkennen.  Die  spanischen  Schiffe, 
namentlich  die  Graleonen,  waren  schmaler,  leichter,  aber 
viel  höher  als  die  des  Ostseetyps  und  segelten  auch  weit 
besser,  wogegen  die  Fahrzeuge  der  nördlichen  Gewässer 
plumper,  aber  auch  viel  widerstandsfähiger  waren.  Die 
Schiffer  der  Ostseestädte  sind  in  der  Ausbildung  des  Fock- 
mastes vorangegangen  und  haben  den  Mastfuß  auf  den 
Kiel  gestellt,  während  er  bei  den  Spaniern  auf  dem  untersten 
Deck  ruhte.  Die  Angehörigen  beider  Gruppen  hatten 
übrigens  stets  nur  Verachtung  für  die  gegenseitigen  Lei- 
stungen. Jeder  hielt  seine  Bauart  für  die  richtige.  Ein  in 
der  Sache  uninteressierter  Mann,  der  niederländische  Staats- 
rat Cornelis  Scepper,  hat  1553  sein  Gutachten  dahin  ab- 
gegeben, daß  die  spanischen  Schiffe  und  die  niederländi- 
schen Hulke  3  völlig  verschieden  wären.  Die  ersteren  seien 
schöne  und  gute  Fahrzeuge  und  treffliche  Segler,  die  Hulke 
dagegen  schwer,  schlecht  besegelt,  dafür  aber  fester  und 
mit  allem  besser  versehen  als  die  Spanier.  Sie  könnten 
sich   den  ganzen   Winter    über   auf    der  See  halten,   ohne, 

1  Columbus  notiert  in  seinem  Tagebuch  1492  Okt.  24:  llevaba 
todas  mis  velas  de  la  nao,  maestra  y  dos  bonetas,  y  trinquete  (Fock), 
y  cebadera  (Blinde),  y  mezana,  y  vela  de  gavia  (Topsegel).  Navarrete, 
Coleccion  de  los  viages  y  descubrimientos  I  (Madrid  1825)  S.  39. 

2  Fernando  Oliveira,  Livro  da  fabrica  das  naus.  Angeführt  bei 
Henrique  Lopes  de  Mendon^a,  Estudos  sobre  navios  portuguezes  nos 
seculos  XV  e  XVI  (Lisboa  1892)  S.  19. 

'^  Hiermit  (hulques)  sind  in  diesem  Fall  die  großen  niederländi- 
schen Lastschiffe  gemeint. 


68  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen, 

außer  in  dringender  Not,  einen  Hafen  anzulaufen,  was  die 
spanischen  Schiffe,  wie  die  Erfahrung  lehre,  nicht  ver- 
möchten. Die  Niederländer  gingen  mit  dem  ersten  guten 
Winde  in  See,  mag  es  Dezember,  Januar  oder  Februar  sein, 
und  brauchten  drei  oder  vier  Monate  für  Ausreise,  Aufent- 
halt und  Rückfahrt.  Es  könnten  daher  die  spanischen 
Konvoifiotten ,  die  frühestens  im  März  ausliefen  und  im 
September    heimkehrten,    ihnen    keinen  Schutz  gewährend 

Diese  den  niederländischen  Schiffen  zugeschriebenen 
Eigenschaften  hatten  auch  alle  anderen  Kauffahrer  des 
nördlichen  Typus.  Die  Führung  im  Bau  von  großen 
Lastschiffen  hatten  damals  nicht  die  Niederlande,  sondern 
das  Ostseegebiet.  Nicht  umsonst  hatte  das  große  Kravel 
fast  ein  Jahrzehnt  im  Danziger  Hafen  gelegen.  Die 
dortigen  Schiffbauer  hatten  an  ihm  gelernt.  Und  als  es 
1475  zu  seiner  letzten  Reise  nach  Brouage  in  See  ging, 
segelten  in  derselben  Flotte  bereits  zwei  andere  große 
Danziger  Kravele^,  1473  hat  ein  Lombarde  hier  ein  Schiff 
von  51  Ellen  Kiel  bauen  lassen  3.  1488  legte  ein  Danziger 
für  eigene  Rechnung  ein  Schiff  von  55  Ellen  (31,5  m)  Kiel 
auf  Stapel,  das  an  Ladefähigkeit  dem  großen  Kravel  nichts 
nachgegeben  haben  kann.  Die  Länge  auf  Deck  betrug 
23  Faden  oder  39,6  Meter,  31/2  Meter  weniger  als  beim 
großen  Kravel.  Dafür  aber  war  die  Breite  des  Schiffes 
um  fast  1  Elle  größer:  22  Ellen  oder  12,63  Meter^, 


1  Scepper  an  die  Eegentin  Maria  von  Ungarn,  Veere,  1553  Fe- 
bruar 16,     Häpke,  Niederländische  Akten  und  Urkunden  I  N.  646. 

2  Vgl.  Caspar  Weinreichs  Chronik  S.  17  Anm.  5. 

3  Italiener  haben  übrigens  vielfach  Danziger  Schiffe  erworben. 
1425  hatte  bereits  der  deutsche  Kaufmann  in  Brügge  gegen  den 
Schiffbau  für  Lombarden  in  den  Ostseestädten  Stellung  genommen 
(H.  R.  I,  VII  N.  800  §  25).  Ein  Lombarde  wollte  auch  das  große 
Kravel  nach  seiner  Neuauf  Zimmerung  kaufen  (H.  E.  II,  VI  S.  498). 
1495  berichtet  Wein  reich  (S.  87)  wieder  von  dem  Bau  eines  großen 
Kravels  für  italienische  Rechnung. 

4  Weinreich,  S.  B7 :  Disz  krafel  war  zwischen  beyden  grifen 
23  faden,  ein  krafel  bisz  an  das  niderste  barkholtz  und  auf  dem 
uberloff  mit  den  beissersten  barkholtzern  22  elen  weit. 


Ki'avel. 


69 


Neben  Danzig  hat  vor  allem  Lübeck  den  Bau  großer 
Lastschiffe  gepflegt.  Das  nebenstehende  Bild,  das  den 
Untergang  des  lübischen  Bergenfahrers  Hans  Ben  mit  33 
Mann  im  Jahre  1489  darstellt,  ein  Votivbild  in  der  Brief - 
kapeile  der  Marienkirche,  zeigt  bereits  einen  Viermaster,  der 
aber  noch  geklinkert  ist.  Eecht  gut  sind  im  Vergleich  zu 
dem  arg  verzeichneten  Hauptschiffe  die  kleineren  Fahr- 
zeuge am  Ho- 
rizont getrof- 
fen. Ganz 
ähnlieh  geben 

auch    die 
Schnitzereien 
der    Schiffer- 
bank   in    der 

lübischen 

Schifferge- 
sellschaft  das 
Aussehen  der 

damaligen 

Kauffahrer 
wieder.  xA.ber 
nicht  durch 
solche  kleine- 
ren Fahrzeu- 
ge,      sondern 

durch  seine   mächtigen   Kriegsschiffe    ist    Lübecks   Schiff- 
baukunst bekannt  geworden. 

Bereits  1514  hat  König  Heinrich  VIII.  ein  lübisches 
Schiff  von  angeblich  900  Tons  für  seine  Flotte  ange- 
kauft i.  Als  dann  1533  Marcus  Meyer  mit  der  gegen  die 
Niederlande  aufgebotenen  Flotte  nach  England  kam,  müssen 
die  massigen  seefesten  Schiffe  einen  gewaltigen  Eindruck 
gemacht  haben.  Späterhin  hat  Heinrich  VIIL  seine  Flotte 
weniger  durch  Neubauten,  als  durch  Ankäufe  von  Schiffen 

1  Oppenlieiin,  A  History  of  the  Administration  of  the  Royal 
Navy  (London  1896),  S.  49  Anm.  25:  Der  „Salvator  von  Lübeck", 
später  genannt  „Great  Elizabeth",  für  £  2333,  6  s.,  8  d. 


5.  Lübecker  Kravel  um  1530. 
Schnitzerei  in  der  Schiffergesellschaft  in  Lübeck. 


70  Die  Entwickelun^  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

der  Ostseestädte  vermehrt  \  namentlich,  als  1544  England 
von  einer  französischen  Invasion  bedroht  war.  Die  Schiffe 
haben  nachher  englischen  Neubauten  zum  Vorbild  gedient 
und  den  Einfluß  des  südlichen  Types  aus  der  königlichen 
Marine  verdrängt.  Im  Kriegschiffbau  ist  England  dann 
selbständig  weitergeschritten  zum  Dreidecker.  Auf  diesem 
Gebiete  hatte  das  Inselreich  schon  zu  Elisabeths  Zeit  alle 
anderen  Nationen  überflügelt,  während  seine  Handelsflotte 
einen  Vergleich  mit  den  niederländischen  und  deutschen 
Schiffen  nicht  aushalten  und  sich  überhaupt  nur  dank 
einer  monopolistischen  Schutzgesetzgebung  gegenüber  ihren 
Konkurrenten  in  der  Fahrt  behaupten  konnte. 

Schweden  und  Dänen  verfügten  auch  über  gewaltige 
Schiffe.  Unter  Gustav  Wasa  wurde  systematisch  an  der 
Schöpfung  einer  starken  Handels-  und  Kriegsflotte  ge- 
arbeitet. Von  dem  größten  schwedischen  KraveP,  das  1532 
gebaut  wurde,  sind  uns  die  Maße  überliefert^: 
Kiellänge  ....  130  Fuß  (Tyska  fot)  =  37,375  Meter 
Länge  von  Galion  bis  Heck*     .  174  Fuß  =50  „ 

Länge  auf  dem  obersten  Deck  .  153    „      =  44  „ 

Größte  Breite 40    „     =  llVa         „ 

Höhe 38    „     =  10,93         „ 

Länge  des  Großmasts    ....  126     „      =  35  ^4  „ 

1  Es  wurden  angekauft:  1539  der  Lübecker  „Matkew"  von 
600  Tonnen,  die  Hamburger  „Less  Galley"  und  „Great  Galley"  von 
400  und  500  Tonnen,  1544  die  hamburgische  „Mary  Hambro"  von  400, 
der  „Jesus  of  Lübeck"  von  600,  der  „Struse  of  Dawske"  (Danzig) 
von  400,  1545  der  „Morian  von  Danzig"  von  500  und  der  „Christopher 
von  Bremen"  von  400  Tonnen.  Vgl.  Oppenheim,  The  Administration 
of  the  Royal  Navy  S.  50,  51.  Von  den  meisten  dieser  Schiffe  haben 
sich  Bilder  erhalten  in  einer  Handschrift  mit  dem  Titel:  „The  Rolle 
declaryng  the  Nombre  of  the  Kynges  Maiestys  owne  Galliasses"  1546, 
zum  Teil  im  British  Museum ,  zum  Teil  in  der  Pepysian  Library  in 
Cambridge  befindlich.  Vgl.  darüber  Keble  Chatterton,  Sailing  Ships 
S.  186,  187,  Fig.  48,  49.     Siegel,  Die  Flagge  (Berlin  1912),  Tafel  9  ff. 

2  Das  Schiff  wurde  auch  „Stora  Krafveln"  genannt. 

3  A.  Zettersten,  Svenska  Flottans  Historia  Aren  1522—1634, 
Stockholm  [1890],  S.  331.  Die  Richtigkeit  der  Angabe  über  die  Kiel- 
länge  (längd  under  kölen)  erscheint  fraglich. 

4  längd  midt  i  skeppet. 


Kravel. 


71 


Länge  der  Großrah 102  Fuß  =  29,325  Meter 

Länge  der  Fockrah  .....     74    „      =  21,28         „ 


6.  Schwedisches  Kravel  (Stora  I&afveln?),  auf  dem  Plan  von 

Stockholm,  entworfen  von  Hieronymus  Scholeus. 

Aus  Braun  und  Hogenberg,  Civitates  orbis  terrarum  IV. 

Es  mag  von  dieser  Gruppe  nicht  gescliieden  werden, 
ohne  ihres  hervorragendsten  Vertreters  zu  gedenken,  des 
„großen  Adlers  von  Lübeck",  der  im  September  1565  als 
Ersatz  für  das  im  Kriege  mit  den  Schweden  verlorene 
Admiralschiff  auf  Stapel  gelegt  wurde  und  Ende  März  des 
folgenden  Jahres  ablief.  Peter  von  der  Horst,  der  die 
Bauzerter  noch  gesehen  hat,  gibt  folgende  Maße  an: 


Länge  des  Kiels 

Länge  von  Steven  zu  Steven  . 
Länge  von  Gallon^  bis  Galerie 
Breite  binnen  Bordes  .... 
Höhe  des  Vorderstevens  ^  .  .  . 
Höhe  des  Achterstevens  ^  .  .  . 
Hintere  Höhe  von  Kiel  bis  Heckbord 
Länge  des  Ruders 21 


62      Ellen 

36     ] 

85 

49 

111 

64 

48       Fuß 

13,84 

241/2  EUen 

14,13 

20 

11,55 

37V2       „ 

2IV2 

21 

12,13 

Meter 


1  Das  Galion  war  18  Ellen  lang. 

2  Hängt  16  Ellen  über. 

3  Häng-t  7  Ellen  über. 


7;2  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypen. 

Der  Großmast  bestand  aus  vier  Stücken :  Mast,  große 
Stenge,  Bramstenge  und  Flaggenspiel  von  19,  10,  7  und 
4  Faden  Länge,  und  war  zusammengesetzt  108  Ellen  oder 
62,15  Meter  liocli.  Die  große  Eali  war  57  Ellen  oder  fast 
34  Meter  lang,  das  Großsegel  54  Ellen  oder  über  31  Meter 
breit. 

Der  große  Adler  war  als  Kriegsschiff  gebaut,  daher 
rührt  seine  enorme  Höhe.  Nachdem  1570  mit  Schweden 
Friede  geschlossen  war,  wollte  man  ihn  als  Kauffahrer 
benutzen  und  überließ  ihn  1574  unter  gewissen  Vorbehalten 
einem  Reederkonsortium.  Das  Schiff  nahm  in  Langesund 
eine  Holzladung  für  Lissabon  ein,  wurde  aber  in  See  leck 
und  kehrte  nach  Lübeck  zurück.  Hier  brach  man  die 
Oberbauten  in  der  Höhe  von  7  Ellen,  das  sind  4  Meter,  ab. 
Dann  konnte  der  Adler  seine  Reise  glücklich  vollführen. 
Er  ist  aber  nicht  wieder  heimgekommen,  sondern  in  Lissabon 
abgebrochen  worden.  Er  war  von  dort  mit  einer  Salz- 
ladung in  See  gegangen,  wiederum  leck  gesprungen  und 
zur  Umkehr  genötigt.  Eine  Untersuchung  ergab,  daß  der 
Unterbau  für  .  eine  volle  Ausnutzung  des  Laderaums  nicht 
schwer  genug  war.  Nach  der  lübischen  Tradition  soU  das 
Schiff  in  Lissabon  1000  Lasten  Salz  geladen  haben  und 
dabei  27  bis  28  Fuß,  d.  h.  etwa  8  Meter,  eingetaucht  sein. 
Nach  den  Maßen  muß  die  Ladefähigkeit  ungefähr  700  Lasten 
betragen  haben. 

Die  Takelung,  die  man  auf  dem  sonst  nicht  gerade 
gut  gelungenen  zeitgenössischen  Bilde  des  Adlers  in  der 
lübischen  Schiffergesellschaft  in  allen  Einzelheiten  erkennen 
kann,  ist  bald  darauf  durch  eine  Erfindung  des  Schiffers 
Kryn  Wouterß  von  Enkhuizen  noch  ergänzt  worden. 
Dieser  —  es  ist  das  erstemal,  daß  der  Name  eines  Er- 
finders auf  schiffbautechnischem  Gebiet  genannt  wird^  — 
richtete  als  erster  die  Toppen  der  Masten  zum  Auf-  und 
Abnehmen  ein 2,  so  daß  man  sie  fortab  nur  bei  schwachem 
Winde  einsetzte. 


^  Alle  früheren  gehören  dem  Eeich  der  Tabel  an. 
2  Witsen,    Aeloude  en    hedendaegsche    scheepsbouw  en  bestier 
(Amsterdam  1671)  S.  258. 


Kravel. 


73 


Die  Tragweite  der  während  des  einen  Jalirliunderts  in 
der  Takelung  gemachten  Fortschritte  Läßt  sich  kurz  dahin 
kennzeichnen,  daß  die  Schiffe  jetzt  besser  bei  etwas  seit- 
lichem als  bei  rückwärtigem  Winde  segelten.  Damit  war 
zugleich  die  Möglichkeit  einer  viel  größeren  Ausnutzung 
des  Windes  gegeben.  Durch  die  Teilung  der  Segelfläche 
in  mehrere  kleinere  Segel  ersparte  man  Bedienung:  die  ein- 
zelnen Verrichtungen  wurden  nacheinander  durch  dieselben 
Leute  vorgenommen.  Bei  stürmischem  Wetter  konnte  man 
die  Segelfläche  ganz  anders  einschränken  als  ehedem  und 
andrerseits  bei  ruhigem  Wetter  eine  viel  größere  Fläche  dem 
Winde  darbieten.  Die  Rahen  wurden  nicht  mehr,  wenn 
das  Schiff  vor  Anker  ging,  herabgelassen,  sondern  blieben 
hängen. 

über  die  Bauweise  mittelgroßer  Schiffe  dieser  Art  hat 
uns  der  Amsterdamer  Ratsherr  Witsen  eine  Beschreibung 
und  einen  Aufriß  aus  dem  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
überliefert  i.     Das  Aussehen  seines  Schiffes  gleicht  einiger- 


>  Seif 


i«L 


tW^tW: 


.sT  h'ei'tn  7<-ipi 


7.  Aufriß  eines  Kauffahrers  (Kravels)  um  1520. 

Aus  Witsen,  Aeloude  en  hedendaegsche  scheepsbouw  en  bestier. 

Amsterdam  1671. 


maßen  denen  auf  den  Reliefs  in  der  lübischen  Schiffer- 
gesellschaft. Witsen  berichtet,  daß  damals  Breite  und 
Höhe  ziemlich  gleich  bemessen  wurden,  nämlich  gleich 
einem  Drittel   der  Kiellänge,   ebensoviel  hing  der  Vorder- 

1  Witsen,   Aeloude    en  hedendaegsclie  scheepsbouw    en  bestier 
(Amsterdam  1671)  S.  47  ff. 


74 


Die  Eiitwickelung  der  wicliti^'sten  Schiffsfcypen. 


Steven  über,  während  der  Achtersteven  fast  senkrecht 
stände  Der  Überlauf  verlief  wagerecht.  Unterlcimfts-, 
Proviant-  und  Wirtschaftsräume  befanden  sich  in  den  Auf- 
bauten auf  dem  Überlauf.  Das  Schiff  lud  vorn  Ijreit  aus 
„nach  Art  der  Wasservögel,  die  auch  beim  Schwimmen 
ihre  breite  Brust  nach  vorn  kehren".  Die  Haut  war  nach 
außen  vollkommen  glatt  und  nicht  mit  Berghölzern  ver- 
sehen; sie  war  vier  oder  fünf  Finger  stark.  Die  Spanten 
wurden  je  aus  einem  Krummholz  gebildet. 

Von  den  Durchschnittskauffahrern  des  späteren  Jahr- 
hunderts findet  man  Abbildungen  auf  allen  Atlanten  und 
Bilderwerken  dieser  Zeit  in  Hülle  und  Fülle.  Sie  haben 
die  von  Witsen  beschriebenen  Hauptzüge  beibehalten.     Nur 

ist  man  allgemein  zur 
Anbringung  von  Berg- 
hölzern übergegangen. 
Die  Aufbauten  haben 
ihren  Charakter  als 
solche  fast  ganz  ver- 
loren und  sind  zu 
Teilen  des  Schiffs- 
körpers geworden.  Die 
Takelung  war  bei  den 
kleineren  Schiffen  des 
Types  selbstredend 
viel  einfacher  als  beim 
großen  Adler,  der  in 
der  Teilung  der  Segel- 
fläche seiner  Zeit  weit 
vorausgeeilt  war. 
Eine  einheitliche  Bezeichnung  hat  sich  für  den  nörd- 
lichen Typ  des  großen  Lastschiffs  nicht  durchzusetzen 
vermocht.  Die  Italiener  nannten  ihn  Berten,  wohl  in 
Erinnerung  daran,  daß  die  Bretonen  die  Kravelsbeplankung 
eingeführt  hatten.  Spanier,  Franzosen  und  Engländer  — 
letztere  jedoch  nur  für  die  fremden  Schiffe  —  haben  den 


8.  Balisegel. 

Aus  Braun  und  Hogenberg,  Civitates  orbis 

terrarum  I  (1572),  Plan  von  Hamburg. 


1  Er  fiel  nur  l/■^  der  Weite. 


Kravel.  75 

Namen  Hulk  (urca,  hourque,  liulk)  beibehalten.  Vereinzelt 
wurde  dieser  auch  in  den  Gebieten  des  nördlichen  Typs 
selbst  gebraucht.  In  Lübeck  hat  sich  der  ISTame  „Kravel" 
lange  behauptet.  Im  allgemeinen  aber  sagte  man  im  Ost- 
seegebiet in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  ein- 
fach „Schiff",  im  ISTordseegebiet  dagegen  Rahsegel  (raseyl). 
Am  Ausgang  des  15.  Jahrhunderts  wurde  auch  der  Name 
Bardze  für  kleinere  dreimastige  Schiffe  verwendet^. 

Auf  der  Ostsee  waren  Schiffe  von  300  Lasten  Trag- 
fähigkeit keine  Seltenheit.  In  Spanien  und  Portugal  aber 
hat  man  eine  beträchtlich  höhere  Durchschnittsgröße  für 
die  großen  Lastfahrer  im  Vergleich  zum  Ostseegebiet  er- 
reicht. Hier  haben  aber  die  Verkehrsbedürfnisse  die 
Entwickelung  bereits  um  1550  auf  einen  toten  Punkt  ge- 
bracht. Als  ein  Charakteristikum  der  spanischen  Galeonen 
erscheinen  stets  die  enormen  Aufbauten.  Der  starke  Pas- 
sagierverkehr erforderte  große  Räume  über  Wasser:  so 
baute  man  denn  ein  Stockwerk  über  das  andere,  steigerte 
aber  die  übrigen  Teile  des  Schiffs  nicht  im  gleichen  Ver- 
hältnis, so  daß  schließlich  die  Höhe  viel  größer  war  als  die 
Breite.  Der  niederländische  Geschichtsschreiber  Emanuel 
van  Meteren  berichtet  1592  von  einer  Galeon  „Madre  de 
Dios'',  die  angeblich  1600  Tonnen  hielt,  daß  sie  im  Kiel 
100  Fuß,  von  Bugspitze  bis  Laterne  175  Fuß  lang  war, 
48  Fuß  größte  Breite  und  31  Fuß  Tiefgang  hatte  und 
7  Decks  besaß-.  Als  ein  Niederländer  einmal  einen  großen 
Portugiesen  bei  Sankt  Helena  überwältigt  hatte,  meldete 
er  nach  Haus,  die  Kastelle  des  Schiffs  wären  ebensohoch 
wie  sein  Fockmast^. 

Diese  Höhenentwickelung  hatte  die  schwersten  Schat- 
tenseiten und  glich  alle  Vorzüge  aus,  die  vielleicht  diese 
südlichen  Schiffe  jemals  vor  den  nördlichen  besessen  haben. 


1  Eine  solche  Bardze  hat  der  Meister  W/^  abgebildet. 

2  Niederländische  Historien  XVI  S.  687.  Das  sind  34,50,  50,31, 
13,80  und  8,91  Meter.  Demnach  übertraf  das  Schiff  nur  im  Tiefgang 
den  lübischen  Adler,  erreichte  ihn  beinahe  in  der  Weite,  stand  aber 
in  den  anderen  Maßen  hinter  ihm  zurück. 

3  E.  van  Meteren  (1614)  S.  480. 


76  Die  Elitwickelung-  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

An  den  Aufbauten  fing  sich  der  Wind,  und  je  höher  sie 
wurden,  desto  schwerer  wurde  es  dem  Schiff,  gegen  den 
Wind  aufzukommen.  Der  enorme  Tiefgang  der  Galeonen 
hatte  auch  seine  Unzuträglichkeiten  im  Gefolge,  wenngleich 
die  meisten  südlichen  Buchten  und  Reeden  sehr  tiefe 
Ankergründe  besaßen.  1583  erklärte  der  päpstliche  Legat 
am  polnischen  Hofe,  daß  die  großen  spanischen  Schiffe 
kaum  in  die  Ostsee  gelangen  könnten,  weil  sie  wegen  ihres 
Tiefgangs  schwerlich  den  Sund  passieren  könnten  ^  Eine  1605 
von  den  Staatischen  genommene  jDortugiesische  „Karacke" 
hat  man  in  kein  niederländisches  Seegat  bringen  können 
und  deshalb  auf  die  Ems  gesandt. 

Die  letzte  Größensteigerung,  die  das  Aufkommen  der 
dreimastigen  Kravele  zur  Folge  hatte,  hat  die  schon  be- 
stehenden Fahrwasserschwierigkeiten  in  den  deutschen 
Gewässern  noch  erhöht.  Die  deutsch-niederländische  ISTord- 
seeküste  hat  bei  der  Entwickelung  nicht  mit  Schritt  zu  halten 
vermocht.  Man  konnte  hier  schlechterdings  nicht  noch 
größere  Schiffe  gebrauchen.  In  Hamburg  bestimmte  der 
1529  zwischen  Rat  und  Bürgerschaft  getroffene  Rezeß: 
Kein  Schiffer  soll  in  Zukunft  hier  Schiffe  bauen,  die 
nicht  geeignet  sind,  täglich  auf  dem  hamburgischen  Fahr- 
wasser verwendet  zu  werden  -.  1603  hat  man  die  Bestim- 
mung erneuert^.  Die  Sorge  um  die  Stromtiefe,  die  Be- 
mühungen, das  Fahrwasser  wenigstens  einigermaßen  den 
Anforderungen  gewachsen  zu  machen,  beschäftigten  fort- 
gesetzt Rat  und  Bürgerschaft.  In  Stettin  hat  die  Kauf- 
mannschaft 1556  beim  Rate  beantragt,  daß  man  hinfort 
nur  Schiffe  von  höchstens  2-1  Ellen  Kiellänge  und  6  Ellen 
Höhe,  die  man  auf  dem  Oder- Fahrwasser  verwenden  konnte, 
bauen   und   für  jede  Überschreitung  dieser  Maße   eine  ent- 


^  Vgl.  ^Mitteilungen  des  Westpreußischen  Geschiclits Vereins  I 
S.  75. 

"^  §  107.  Vgl.  Baasch,  Beiträge  zur  Geschichte  des  deutschen 
Seeschiffbaues  und  der  Scliiffbaupolitik  (Hamburg  1899)  S.  9. 

3  §  52. 


Kravel.  77 

«precliende  Abgabe  erlieben  sollte.  Der  Rat  hat  diese 
Vorschläge  1558  in  der  Schiffsordnung  durchgeführt  \ 

Man  macht  sich  heute  schwerlich  einen  Begriff,  wie 
es  damals  mit  den  AVassertiefen  bestellt  war.  Nach  Ham- 
burg selbst  kam  kein  großes  Schiff  mit  Ladung.  Vor 
Neumühlen  wurde  gelöscht  und  geladen.  Noch  aber  gab 
es  weiter  unten  Bänke  im  Strom,  vor  allem  der  gefürchtete 
Stader  Sand,  über  den  größere  Schiffe  von  über  100  Lasten 
nur  bei  Hochflut  hinwegkamen.  Sie  haben  daher  meisten- 
teils den  Rest  der  Ladung  erst  unten  vor  Freiburg  ein- 
genommen und  dort  auch  zu  löschen  begonnen.  Nach 
Bremen  konnten  Schiffe  von  100  Lasten  überhaupt  nicht 
hinaufsegeln.  Auf  der  Ems  lagen  die  Verhältnisse  unver- 
gleichlich besser.  Desto  schlimmer  war  es  bei  den  Hol- 
ländern. Texel-  und  Vliestrom  bildeten  hier  die  Anker- 
plätze, wo  zunächst  die  Wieringer  Leichter  ihre  Arbeit 
verrichteten.  Sollte  ein  großer  Kauffahrer  wirklich  bis 
Amsterdam  herauf,  dann  konnte  er  oft  wochenlang  vor  dem 
Pampus  auf  eine  hohe  Flut  warten,  die  ihn  über  die 
Untiefen  hinwegführte.  Hier  hat  man  dann  im  17.  Jahr- 
hundert die  seltsame  Erfindung  der  Kamele  gemacht,  eigent- 
lich der  ältesten  Form  der  Schwimmdocks,  zweier  großer 
Hohlräume,  die  an  beide  Seiten  eines  Schiffs  gelegt,  dann 
leergepumpt  wurden  und  so  den  Schiffskörper  hoben,  jedoch 
nicht,  um  ihn  zu  kalefatern,  sondern  lediglich,  um  ihn  über 
die  Untiefen  hinwegzuführen,  damit  man  nicht  erst  draußen 
auf  der  Reede  von  Texel  bei  stürmischem  Seegang,  Ge- 
schütze, Munition,  Takel,  Tau,  Anker,  kurz  und  gut  alles 
in  das  Schiff  laden  mußte,  wie   es  vorher  geschehen  war. 

Auf  der  Scheide  waren  die  Zustände  sehr  viel  besser. 
Aber  auch  hier  blieben  die  großen  Kauffahrer  vor  Middel- 
burg  und  Arnemuyden  liegen  und  verkehrten  mit  Antwerpen 
durch  Leichter. 

Von  den  deutsch  -  niederländischen  Gewässern  der 
Nordsee  ist    denn   auch    im  16.  Jahrhundert  eine  Reaktion 


1  Baascli  a.  a.  O.  S.  166.     Die  Stettiner  Elle  war  größer  als  die 
Hamburger.     Die  Zahlen  geben  15,62  und  3,9  Meter. 


78  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

gegen  den  herrschenden  Typ  der  großen  Seeschiffe  aus- 
gegangen und  damit  eine  neue  Phase  der  Entwickelung 
eingeleitet. 

Bojer. 

Vor  der  deutschen  und  niederländischen  Nordseeküste 
zieht  sich  als  ein  schützendes  Bollwerk  die  friesische  Insel- 
kette hin.  Zwischen  ihr  und  dem  Festland  liegt  ein  ver- 
hältnismäßig sehr  ruhiges  Wattenmeer,  das  die  natürliche 
Fahrstraße  für  den  Verkehr  längs  der  Küste  bildet.  Von 
den  Seegaten  zwischen  den  Inseln  her  strecken  sich  nach 
beiden  Seiten  tiefere  Fahrtrinnen  in  das  Watt  hinein,  die 
Balgen;  an  verschiedenen  Stellen  vereinigen  sie  sich,  so 
daß  hinter  einigen  Inseln  eine  tiefere  Fahrstraße  bleibt;  in 
der  Regel  aber  liegt  zwischen  den  Enden  der  Balgen  hohes 
Watt,  das  bei  Ebbe  trocken  läuft.  Der  Verkehr  ist  mithin 
auf  die  Flutzeit  beschränkt,  soweit  er  sich  nicht  in  den 
Balgen  vollzieht.  Er  erfordert  ein  inniges  Vertrautsein  mit 
aUen  örtlichen  Verhältnissen.  Auf  die  Ausnutzung  der 
Gezeitenströme  kommt  sehr  viel  an.  Zur  Fahrt  über  Watt 
sind  nur  Schiffe  mit  flachem  Boden  und  etwa  I1/2  Meter, 
allerhöchstens  2  Meter  Tiefgang  befähigt.  Im  16.  Jahr- 
hundert hatten  die  Überwattfahrer  höchstens  5,  gewöhnlich 
41/2  Fuß  Tiefgang.  Die  Hamburger  Lotsenordnung  ließ 
daher  Schiffe  von  4^2  Fuß  Tiefgang  und  darunter  abgaben- 
frei. Es  ist  nicht  anzunehmen,  daß  sich  seit  dem  12.  Jahr- 
hundert wesentliche  Veränderungen  im  Gesamtcharakter 
dieser  Fahrstraße  vollzogen  haben. 

Der  Verkehr  im  Wattenmeer  muß  uralt  sein,  so  alt, 
wie  an  der  Küste  Menschen  wohnen.  Es  verlautet  aber 
außerordentlich  wenig  von  ihm.  Wenn  man  das  Hamburger 
Pfundzollbuch  von  1369  mit  späteren  Quellen  ähnlicher 
Art  vergleicht,  die  allerdings  um  ein  Vierteljahrtausend 
jünger  sind,  so  wird  man  doch  den  Eindruck  haben,  daß 
sich  nur  sehr  wenig  in  der  Zeit  geändert  hat,  daß  aUein 
die  Häufigkeit  der  Fahrten  sich  ein  wenig  gemehrt  hat. 
Im   Anfang    des   17.  Jahrhunderts    hörte    eigentlich    schon 


Bojer.  79 

bei  einer  Tragfähigkeit  von  20  Lasten  die  Mögliclikeit  der 
Überwattfahrt  auf.  In  älteren  Zeiten  kann  das  nicht  an- 
ders gewesen  sein.  Beachtet  man  dies,  so  ergibt  sich,  daß 
1369  die  deutschen  Schiffer  überwiegend  die  Fahrt  durch 
die  offene  See,  die  friesischen  dagegen  den  "Weg  hinter  der 
Inselkette  gewählt  haben  müssen.  Doch  gilt  das  nur  für 
weitere  Fahrten  wie  z.  B.  von  Hamburg  nach  Amsterdam. 
Der  Nahverkehr  ging  ganz  über  Watt.  Allerdings  waren  die 
Überwattfahrer  nicht  an  ihre  Route  gebunden;  bei  gün- 
stigem Wetter  nahmen  sie  gelegentlich  auch  ihren  Weg 
durch  die  offene  See  außerhalb  der  Inselkette,  weil  sie  hier 
schneller  vorwärts  kamen.  AVir  haben  aus  dem  Jahre  1636 
eine  anschauliche  Schilderung  von  einer  solchen  Fahrt,  die 
eine  niederländische  Konvoiflotte  von  Hamburg  nach  der 
Zuiderzee  machte  ^.  Fünf  Tage  brauchte  man  wegen  Gegen- 
windes, um  von  der  Elbe  bis  zur  Weser  zu  gelangen. 
Dann  aber  segelte  man  mit  Ostwind  außerhalb  der  Insel- 
kette an  einem  Tage  bis  Schiermonnikoog.  Zwischen  dieser 
Insel  und  Ameland  bog  man  am  Abend  ins  ruhigere 
Wasser  ein.  Am  nächsten  Tage  fuhr  man  über  Watt,  kam 
aber  wegen  AVindstille  erst  nach  Toresschluß  nach  Har- 
lingen.  Auch  in  früheren  Zeiten  wird  man  bei  günstiger 
Witterung  gelegentlich  außen  herum  gefahren  sein. 

Kein  Bild  ist  uns  von  diesen  Küstenfahrern  aus 
älterer  Zeit  bewahrt.  Erst  die  aufblühende  Miniaturmalerei 
des  15.  Jahrhunderts  hat  ausnahmsweise  auch  ein  Fahrzeug 
dieser  Art  abgebildet.  In  der  berühmten  niederländischen 
Bilderhandschrift,  die  unter  dem  Namen  Heures  de  Turin 
bekannt  ist  und  vielfach  den  Gebrüdern  van  Eyck  zu- 
geschrieben wurde,  befand  sich  auch  die  umstehend 
wiedergegebene  Darstellung  der  Meerfahrt  des  heiligen 
Julian    und    der    heiligen    Marta.     Der   Herausgeber  ^    setzt 


1  Bericht  des  französischen  Gesandten  Ogier,  K.  SchottmüUer, 
Eeiseeindrücke  aus  Danzig,  Lübeck.  Hamburg  und  Holland  1636, 
Zeitschr.  des  Westpreußischen  Geschichtsvereins  52  S.  253,  254.  Nach 
Ogier  wurden  die  holländischen  Überwattfahrer  ,,oeffs"  genannt. 

2  [Comte  Paul  Durrieu] ,  Heures  de  Turin.  Quarantecinq  feuil- 
lets  a  peintures  provenant  des  tres  belies  heures   de  Jean  de  France, 


'80  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen, 

das  Bild  in  die  bayrische  Periode,  wonach  es  kurz  vor  oder 
um  1420  entstanden  sein  muß.  Es  zeigt  ein  offenes  kleines 
klinkergebautes  Fahrzeug  mit  etwas  hochgezogenem  Bug 
und  Heck  und  einem  Heckruder.  Das  Auffallende  an  ihm 
ist  die  Takelung,  die  von  allem  abweicht,  was  wir  bisher 
gesehen  haben.  Hier  zum  ersten  Male  tritt  das  Segel  auf, 
das  man  mit  vollem  Recht  als  das  friesische  National- 
segel  bezeichnen  kann,  das  ehemalige  Schmack-,  heutige 
Sprietsegel.  Es  ist  ein  rechteckiges  Segel,  das  an  einer 
Seite  mit  Bändern  am  Mast  befestigt  ist,  in  der  Diagonale 
aber  einen  Baum,  das  Spriet,  führt,  der  unten  wieder  be- 
weglich am  Mast  angemacht  ist.  Regiert  wird  es  durch 
eine  Geer  am  Sprietende  und  eine  Schot;  ein  Stag  und  ein 
Bakstag  neben  ein  paar  Wanten  halten  den  Mast  aufrecht. 

Wie  alt  diese  Form  des  Segels  ist,  wissen  wir  nicht. 
Es  dauert  fast  ein  Jahrhundert,  ehe  es  wieder  auf  einer 
Abbildung  erscheint.  Möglich,  daß  es  sich  um  eine  jüngere 
Erfindung  handelt.  Aus  den  Hamburger  Kämmereirech- 
nungen des  14.  Jahrhunderts  geht  hervor,  daß  damals  die 
kleineren  Schiffe  der  Stadt  Rahsegel  hatten  \  Vom  Anfang 
des  15.  Jahrhunderts  bis  1461  fehlen  die  Rechnune:en. 
1466  aber  ergeben  sie,  daß  das  Tonnenschiff  der  Stadt  ein 
Spriet-  und  außerdem  noch  ein  Focksegel  führte  2.  Mit 
diesen  beiden  Segeln,  dem  dreieckigen  mit  der  Langseite 
am  Stag  angemachten  Focksegel  (Klüver),  das  offenkundig 
auch  hier  an  der  Nordseeküste  zuerst  aufgekommen  ist, 
und  dem  Sprietsegel,  sind  im  16.  Jahrhundert,  wo  das  Ab- 
bildungsmaterial dank  der  großen  Kupferstichwerke  und 
Atlanten  reicher  ist,  alle  kleinen  Fahrzeuge  der  deutsch- 
niederländischen Nordseeküste   ausgerüstet.     Auch   im  Ost- 


duc  de  Berry.     Paris  1902.     Das  Original  ist  beim  Brande  der  Turiner 
Bibliothek  mit  verloren  gegangen. 

1  Koppmann,  Kämmereirechnungen  der  Stadt  Hamburg,  I  S.  440 
(1386):  1  ^  pro  malo  et  pro  raa  [ad  hukboet].  S.  465  (1387):  141/2  S" 
6  ß  pro  velo  novo  et  2  bonant  ad  snickas. 

2  Koppmann,  das.  II  S.  286:  31  ß  pro  malo  et  sprete  ac  con- 
sucione  vocken  veli  ad  navim  tunnarum. 


Bojer.  81 

seegebiet  ist  das  Sprietsegel  im  16.  Jahrhundert  bereits 
eingebürgert, 

Bezeichnungen  sind  für  die  älteren  Überwattfahrer 
wenig  überliefert  und  bis  zum  Ende  des  15.  Jahrhunderts 
nicht  so,  daß  man  den  Charakter  und  die  Bedeutung  des 
Types  feststellen  kann.  Von  diesen  Überwattfahrern  ist 
die  Umwälzung  im  Schiffahrtswesen  ausgegangen. 

Der  Hamburger  Chronist  Bernd  Gyseke  berichtet: 
1525  zu  Ostern  segelte  Herman  Evers  als  Erster  auf  einem 
Bojer  mit  einem  Schmacksegel  nach  England,  was  man 
zuvor  nie  gehört  hat.  Im  Vorjahr  hatte  man  sich  damit 
zuerst  nach  Seeland  gewagt.  Danach  1527  und  1528  traute 
man  sich  mit  Schmacksegeln  nach  Schottland,  Norwegen, 
nach  Riga  und  Dublin,  1531  nach  Island,  1534  nach 
Brouage  ^  Das  ist  mit  dürren  Worten  die  G-eschichte  des 
Einbruchs  der  friesischen  Kleinschiffahrt  in  den  großen 
Seeverkehr. 

Es  mag  wohl  sein,  daß  vereinzelt  schon  vorher  kleine 
Überwattfahrer  größere  Seereisen  gemacht  haben  2,  vor 
allem  Holländer.  Aber  die  Chronik  hat  doch  im  Grunde 
völlig  recht,  denn  mit  Herman  Evers  Fahrt  begann  die 
große  Entwickelung. 

1  Lappenberg,  Hambiirgische  Chroniken  in  niedersäclisischer 
Sprache  (Hamburg  1861)  S.  47:  Anno  1525  im  Pasken  segelde  Herman 
Evers  ersten  mit  enem  bojer  mit  enem  smaksegel  in  Engelant,  dat 
do  tovorne  angehört  was.  Und  des  vorjars  hadden  se  it  erst  darmede 
in  Selant  gewaget.  Darna  anno  27/28  wageden  se  it  mit  smaksegelen 
in  Scotland,  Norwegen,  to  Rige,  to  Dublin.  Darna  anno  31  in  Islant, 
darna  anno  34  in  Borwasie,  dat  tovorne  ungehort  was. 

2  1480  trifft  man  auch  einen  Kamper  Boyer  auf  der  Fahrt  von 
Kampen  nach  der  Ostsee  und  von  dort  nach  Frankreich.  Doch 
scheint  hier  einer  der  häufigen  Fälle  einer  Bezeichnungsübertragung 
von  einem  kleinen  auf  ein  größeres  Schiff  vorzuliegen.  (H.  U.-B.  X 
N.  799.)  Vgl.  oben  S.  48  Anm.  2  und  S.  57  Anm.  3.  Informacie  op 
den  staet,  faculteyt  ende  gelegentheyt  van  de  steden  ende  dorpen 
van  Hollant  ende  Vrieslant  .  .  .  gedaen  in  den  jaere  1514  (ed.  Fruin, 
Leiden  1866).  S.  157 :  VHelands  Schiff  bestand :  12  pincken,  die  vaeren 
om  schol,  scelvisch  ende  cabbelliau,  SEijnscepen,  die  om  vracht  varen 
Overall,  ende  hebben  noch  eenen  halven  boyer,  die  oostwaerts  vaert 
om  cooimanscip. 

Hagedorn,  Die  Entwickehmg  der  wichtigsten  Schiffstypen.  6 


82 


Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


Der  Name  Bojer  ist  anscheinend  niclit  sehr  alt.  Er 
begegnet  zuerst  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  und 
zwar  vornehmlich  im  Verkehr  zwischen  Hamburg  und 
Amsterdam^.  Das  Schiff,  mit  dem  Herman  Evers  seine 
Fahrt  nach  England  machte,  w-ar  ein  kleiner  niedriger, 
flachbodiger  Überwattfahrer  mit  einem  Sprietsegel.  Er 
wird  den  heutigen  Tjalken  ähnlich  gesehen  haben. 

Man  hat  aber  bald  die  für  den  Verkehr  auf  der  freien 
See  bestimmten  Bojer  etwas  größer  und  höher  gebaut,  und 
zu  dem  einen  Mast  noch  einen  kleinen  Besanmast  mit  einem 
lateinischen  Segel  hinzugefügt.     Seit  etwa  1540  bezeichnete 


9.  Bojer  und  Binuenlandsfahrer. 

Aus  Braun  und  Hogenberg,  Civitates  orbis  terrar^^m  III, 

Plan  von  Dordrecht. 


Bojer  ein  Schiff,  das  wegen  seines  Tiefgangs  nicht  mehr 
über  AVatt  fahren  konnte  und  zwei  Masten  führte.  Für 
die  Überwattfahrer,  aus  denen  sich  der  neue  Typ  entwickelt 
hatte,  wurden  andere  Benennungen  gebraucht.  In  ganz 
ähnlicher    Weise    bildete    sich    in    Zeeland    der    Typ    der 


1  H.  U.-B.  Vin  S.  437  Anm,  1 ;  1458  Juni  4,  Riga ;  Hinr.  Mey 
an  Albert  Bischof  in  Lübeck:  De  Bayvar  bryngen  uns  seer  quade 
tydynge  unde  seggen,  dat  tusschen  Amsterdam  unde  der  Elve  syn 
6  boyerde  genomen  niyt  droghen  gode. 


Bojer.  83 

Hoyen  aus,  die  sich  nur  unwesentlich  von  den  Bojern 
unterschieden.  Es  ist  aber  das  Vordringen  der  Klein- 
schiffahrt in  den  großen  Seeverkehr  keineswegs  auf  diese 
beiden  Arten  beschränkt  geblieben,  sondern  seitdem  er- 
scheinen immer  wieder  kleine  und  kleinste  Schiffe  auf 
Eouten,  die  sie  weit  über  die  hohe  See  führten.  Einmastige 
Schmacken  haben  ja  auch  als  Jachten  im  Gefolge  der 
großen  Kauffahrer  die  Reisen  nach  Ost-  und  Westindien 
mitgemacht. 

Mut  und  Tüchtigkeit  haben  auch  die  Seefahrer  früherer 
Zeiten  in  kleinen  offenen  Booten  bewiesen.  Das  Bedeutungs- 
volle dieser  Entwickelung  lag  darin,  daß  die  kleinen  Fahr- 
zeuge in  Routen  eindrangen,  die  bisher  im  Alleinbesitz  der 
großen  Lastschiffe,  Hulke,  Ki'avele  und  Rahsegel  gewesen 
waren.  Der  gesamte  Verkehr  der  Niederlande  mit  Ronen 
und  ebenso  mit  London  und  vielen  anderen  englischen  und 
französischen  Häfen  ist  innerhalb  weniger  Jahrzehnte  von 
den  Bojern  und  Hoyen  erobert  worden.  Die  Bojer  haben 
sich  ebenso  in  der  Ostsee-  und  Norwegenfahrt  eingenistet. 

Ihre  Erfolge  hatten  sie  ihrer  größeren  Wirtschaft- 
lichkeit zu  verdanken.  Zur  Regierung  eines  Sprietsegels 
gehören  weniger  Leute,  als  zur  Bedienung  eines  gleich- 
wertigen Rahsegels  erforderlich  sind.  Ein  Dreimaster  von 
100  Lasten  hatte  eine  Besatzung  von  nicht  unter  14  Mann, 
oft  bedeutend  mehr;  ein  Bojer  von  50  Lasten  aber  behalf 
sich  mit  5  bis  6  Mann.  Die  niederländischen  Rahsegel 
machten  im  Jahr  nur  eine  Reise  in  die  Ostsee  mit  an- 
schließender Brouagefahrt  oder  zwei  Reisen  zwischen  den 
Niederlanden  und  Preußen;  die  Bojer  brachten  es  ge- 
meinhin auf  drei  Ostseefahrten.  Sie  segelten  kaum  besser 
als  die  Rahsegel  und  waren  nicht  so  seetüchtig;  aber  sie 
gingen  nicht  so  tief  und  konnten  das  Lösch-  und  Lade- 
geschäft viel  schneller  verrichten.  Kleinere  Bojer  legten 
allenthalben  sogleich  an  die  Kajung  an  und  luden  vom 
Land  ins  Schiff,  sparten  Leichter-  und  Prahmgeld.  In 
Emden  bestimmte  die  Hafenordnung,  daß  Schiffe,  die  über 
10 V2  Fuß  tief  gingen,   bis   auf  solchen  Tiefgang   auf  dem 

6* 


84 


Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


Strome  leichtern  sollten  ^  AVir  haben  aber  die  Bauzerter 
eines  Schiffes  mit  ausbedungenem  Tiefgang  von  10 Y2  Fuß, 

das  nachher 
als  Bojer  von 
50  Lasten  in 
den  Schiffsli- 
sten erscheint. 
Dieses 
Schiff  war  von 
Steven  zu  Ste- 
ven 68  Fuß  3 
oder  20  Meter 
lang,  inner- 
halb der  Haut 
221/2  Fuß  oder 
6,66  Met.  breit, 
der  Raum  hat- 
te 111/2  Fuß 
oder  3,4  Meter 
lichte     Höhe. 

Darüber  befand  sich  ein  durchgehendes  Deck,  in  dem  vorn 
das  sogenannte  Vorunter  und  hinten  das  Durk,  Aufenthalts- 
räume, eingebaut  waren.  Die  Geschützbank  ward  wohl  in 
der  Mitte  angebracht.  Über  diesem  Deck  lag  —  die  Höhe 
ist  nicht  angegeben  —  der  Überlauf,  das  eigentliche  Deck 
des  Schiffes  ■*.  Das  Schiff  hatte  einen  flachen  Boden.  Drei 
Berghölzer  waren  in  die  Haut  eingefügt. 


10.   Bojer. 

Aus  Aurigarius,  Specuhim  Marini  (1586)  2,  Küste  von 

Bergen  in  Norwegen. 


1  Emder  Stadtarchiv  447  El.  3—6  §  1:  Anfenghlich,  dat  alle 
geladene  scliepen,  so  boven  elftehalf  voet  diep  gahen ,  up  die  stroem 
sollen  setten  und  oire  schepen  lichten  up  solliche  diepte. 

2  Die  erste  1583  erschienene  Ausgabe  war  mir  nicht  zugänglich. 
Daß  bei  den  auf  Karten  und  Plänen  abgebildeten  Schiffen  die  Takelung 
nicht  in  allen  Einzelheiten  genau  wiedergegeben  ist,  muß  man  in 
Kauf  nehmen ,  da  andere  Darstellungen  dieser  Schiffstypen  nicht 
vorliegen. 

3  1  Emder  Fuß  =  29,61  cm. 

4  Emder  Schiffskaufprotokoll  III  Bl.  94:  Anno  78  ahm  19  Au- 
gust! is  ein  koep  geschehen  twischen  Bruen  van  Haren  an  einen  und 
Hinrich  Kypen  am  anderen,  in  gestalt  alse  folget: 


Bojer. 


85 


Kleinere  Bojer  waren  in  der  einfachsten  Art  einge- 
richtet. Sie  bestanden  nur  aus  einem  Räume,  der  durch, 
den  Mast  in  zwei  Teile  geschieden  wurde.  Hinten  auf 
dem  Überlauf  befand  sich  das  ;,Roof",  d.  h.  der  Unter- 
kunftsraum für  die  Besatzung,  der  zugleich  Küche  und 
Vorräte  umschloß.  Der  Raum  selbst  wurde  für  die  Fahrt 
luftdicht  abgeschlossen.  Die  Takelung  bildeten  das  Spriet- 
segel,  das  Besansegel  und  ein  dreieckiges  Stagsegel,  Fock 
genannt.  Große  Bojer  hatten  unter  dem  Überlauf  ein 
durchgehendes  Deck  und  außerdem  ein  Roof  hinten  auf 
dem  Überlauf,  gelegentlich  auch  noch  wie  der  vorhin  ange- 
führte Emder  Bojer  ein  Vorunter  und  Durk.  Es  kam  vor, 
daß  solche  Schiffe  eine  Armierung  von  bis  zu  acht  Ge- 
schützen aufwiesen. 

Die  Takelung  ist  nicht  bei  den  einfachen  Formen 
stehen  geblieben,  hat  sich  vielmehr  zu  großer  Mannigfaltig- 
keit entwickelt. 
Das  dreieckige 
Besansegelfindet 
sich  überall.  Grö- 
ßere Fahrzeuge 
takelte  man  als 
Rahbojer  mit 
einem  großen 
Rahsegel  am 
Hauptmast.  Viel- 
fach wurde  dar- 
über noch  ein 
Topsegel  gesetzt 
an  einer  zweiten 
Rah.  Ein  solches 
führten  häufig 
auch   Bojer    mit 

Sprietsegel.     Am  Bugspriet  wurde  eine  Blinde  angebracht. 
Ein  1591  erbauter  Hamburger  Tonnenbojer  erhielt  Spriet-, 

Bruen  lieft  angenomen,  Hinricli  vorg.  tlio  leveren  ein  karviel- 
schip,  genomet  ein  pylstael,  lanck  sinde  over  sein  steven  68  foet,  wytli 
binnen    sein    liuedt    221/3  foet,    holl    11 V2  foet,    darup    gedecket    soll 


11.  Enkhuizer  Ralibojer, 

Aus  Aurigarins,   Speculum  Marini  (1586),  Küste 

von  Marstrand. 


86  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Top-,  Besansegel,  Blinde,  Fock,  dazu  aber  noch  eine  Breitfock, 
ein  Segel,  das  bei  günstigem  Winde  an  der  unteren  Rah 
geheißt  wurde  und  gewissermaßen  das  Sprietsegel  nach  der 
Gegenseite  verlängerte^.  Diese  Freiheit  in  der  Takelung 
griff  übrigens  auch  auf  die  kleinen  Überwattfahrer  über. 
Auch  bei  ihnen  begegnet  man  schon  im  16.  Jahrhundert 
gelegentlich   einem  Topsegel  oder  einer  Blinde. 

Die  einzelnen  Schritte  dieser  Entwickelung  lassen 
sich  nicht  verfolgen.  Man  lernt  sie  nur  aus  den  Schiffs- 
bildern kennen,  wie  sie  sich  auf  Karten  und  Plänen  des 
16.  Jahrhunderts  in  großer  Zahl  finden.  Ebensowenig  läßt 
sich  das  erste  Auftreten  eines  der  wichtigsten  Hilfsmittel 
der  kleinen  flachbodigen  Küstenfahrer,  der  Schwerter,  und 
ihre  allgemeine  Verbreitung  bestimmen.  Die  Schwerter 
sind  ovale  Scheiben ,  deren  schmalere  Enden  oben  an  der 
Bordwand  um  einen  starken  Bolzen  drehbar  befestigt  sind. 
Wenn  das  Schiff  beim  AVinde  segelt,    werden   sie  mit  den 


sein.  Unde  dat  schip  soll  up  lO^/g  foet  uthwateren  und  sali  hebben  elf 
overlopsbalcken,  elcke  balcke  wall  bekneet,  und  ider  balcke  sal  hebben 
ein  foet  bucht.  Dat  schip  sal  hebben  3  barcholter  mit  ein  bussebanck 
in  de  huet.  Dat  underste  barcholt  sali  sin  1^2  foet  breet  nnd  elck 
barcholt  1/2  voet  dicke  und  de  overlop  mit  gude  Pruissche  delen  ge- 
streken.  Dat  schip  soll  hebben  liggende  flack  18  foet,  darup  i/o  foet 
rysens.  Die  achtersteven  sali  hebben  bucht  2^;^  voet.  Summa  Brun 
soll  dat  schiji  leveren  gantz  rede,  wat  dat  holt  belanget,  mit  vorunder 
und  durck  und  de  laningen  mit  die  beschotten  und  pumpkakers, 
wyntkoppelen ,  anckerstocken,  alles,  wat  die  bile  eisschet,  nichtz 
uthbesundert.  Des  sali  Hinrich  dat  groß  iserwerck  betalen.  Dariegens 
sali  Bruen  entfangen,  wen  die  steven  overende  sein,  200  gl.,  unde 
wen  dat  schip  gantz  rede  is,  noch  800  gl.,  de  gülden  tho  10  schapen 
gerekent.     Darenboven  sali  Bruns  huesfrowe  hebben  1  ^  grote. 

1  Staatsarchiv  Hamburg,  Kämmereiarchiv:  Item  de  holter  alse 
grotte  holdt,  sprett,  bocksprett,  meysan,  meysan  sprett,  brede  fockerae 
blynde  rae,  Stengen,  topsegelrae,  yn  alles  90  mark.  Item  Hans  Mey- 
mers  maket  up  den  thünnenboyert  en  segel  unde  focke  unde  blynde, 
dartho  9  rul  puddavel,  so  neyet  myt  platnede,  vor  de  rul  tho  arbeyt 
8^/2  ß,  ys  24  mark,  noch  8  rul  tho  brede  focke  unde  topsegel  unde  mousan, 
vor  de  rul  tho  arbeyt  1  mark,  ys  8  mark,  noch  dat  segel  vorbredet  1 
kledt  myt  2  bonnyt,  darvor  tho  arbeyt  24  (i.  Suma  24.  Jochym  de  segel- 
macker.  Dieser  Bojer  war  54  Fuß  lang  im  Kiel  und  24  Fuß  breit  auf 
dem  Überlauf. 


Bojer.  87 

breiten  Enden  ins  Wasser  herabgelassen.  Sie  sollen  den 
nicht  vorhandenen  Kiel  ersetzen  und  ein  Abtreiben  ver- 
hindern ^.  Man  möchte  eigentlich  annehmen,  daß  sie  schon  im 
16.  Jahrhundert  allgemein  in  Grebrauch  waren.  Aber  auf  den 
niederländischen  Städteplänen  von  Braun  und  Hogenberg 
findet  man  immer  wieder  neben  vereinzelten  Schuten  und 
anderen  kleinen  Fahrzeugen  mit  Schwertern  solche,  die 
ihrer  entbehren.  Auch  läßt  sich  kein  einziges  Bild  eines 
Bojers  mit  Schwertern  aus  dem  16.  Jahrhundert  auftreiben. 
Im  17.  Jahrhundert  ist  auch  bei  ihnen  die  Einrichtung 
in  Aufnahme  gekommen,  wenigstens  sind  die  kleineren  Bojer 
seitdem  durchweg  mit  Schwertern   ausgerüstet. 

Der  Bojertyp  hat  sich  nur  langsam  eingebürgert. 
Die  großen  Rahsegel  waren  einmal  da  und  nutzten  sich 
auch  nicht  so  schnell  ab.  Dann  ist  sicherlich  nicht  von 
vornherein  der  neue  Schiffstyp  in  seiner  vollen  Leistungs- 
fähigkeit ausgenutzt  worden.  Seine  Einführung  fällt  in 
kriegerische  Zeiten,  die  namentlich  die  Ostseefahrt  in  Mit- 
leidenschaft zogen.  Man  segelte  in  Geschwadern  schon 
wegen  der  eigenen  Sicherheit.  Endlich  aber  bedeutete  die 
Übernahme  eines  Bojers  für  einen  Schiffer,  der  vordem 
ein  großes  Rahsegel  geführt  hatte,  eine  Verschlechterung 
seiner  Stellung.  All  das  wird  zusammengewirkt  haben, 
daß  erst  nach  dem  Frieden  zu  Speier  (1544)  die  Bojer 
ernstlich  die  Herrschaft  der  Rahsegel  zu  bedrohen  be- 
gannen 2.  Namentlich  in  den  sechziger  Jahren  müssen  sie 
immer  stärker  in  Gebrauch  gekommen  sein. 

Ein  glücklicher  Zufall  läßt  etwa  zu  der  Zeit,  wo  die 
Bojerfahrt  ihren  Höhepunkt  erreicht  hatte,  einmal  einen 
klaren  Überblick  über  die  Verbreitung  der  einzelnen  Schiffs- 
typen an  einem  der  wichtigsten  Schiffahrtsplätze,  in  der 
o-tfriesischen  Stadt  Emden,  gewinnen.  Für  die  Erhebung 
des  Imposts,  einer  Einfuhrabgabe  von  allem  von  außer 
Landes  eingebrachten  ostfriesischen  Gut  hat  dort  1574  ein 


1  Vgl.  auf  Tafel  XXVII  die  kleineren  Fahrzeuge. 

2  Auf  der  großen  Karte  von  Amsterdam,  die  Kornelis  Antonis- 
zoon  1544  gezeichnet  hat,  sind  fast  nur  Eahsegel  und  einmastige 
Schmacken,  sehr  wenig  zweimastige  abgebildet. 


88  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypen. 

ZoUschreiber  ein  sogenanntes  Anzeiclienbuch  für  die  Schiffer 
angelegt,  in  dem  er  auf  jedem  Blatt  oben  den  Namen 
eines  Schiffers,  Größe  und  Typbezeichnung  seines  Schiffes 
und  darunter  dann  die  einzelnen  Einlaufe  der  beiden  Jahre 
1574  und  1575  mit  den  eingebrachten  Waren  gebucht  hat. 
Emden  überragte  damals  durch  den  Umfang  seiner  Reederei 
sämtliche  anderen  deutschen  und  niederländischen  See- 
plätze ^  Dies  Impostanzeichenbuch  enthält  nun  keineswegs 
eine  vollständige  Liste  des  damaligen  Emder  Schiffs- 
bestandes, sondern  nur  die  Schiffe,  die  mit  ostfriesischem 
Gut  nach  Emden  kamen  und  an  deren  Ladung  der  Schiffer 
selbst  irgendwie  beteiligt  war-.  Es  fehlen  alle  reinen  Fracht- 
fahrer, ferner  alle  Schiffe,  die  nur  mit  Ballast  einliefen 
oder  nur  zwischen  fremden  Häfen  verkehrten.  Dafür  er- 
scheinen wieder  verschiedene  Segler  nur  in  einem  der 
beiden  Jahre.  Immerhin  ist  die  Gesamtzahl  etwa  gleich 
dem  Schiffsbestande  von  1575,  wenigstens  bei  den  größeren 
Schiffstypen.  Die  Zahl  der  Fahrzeuge  zwischen  10  und  16 
Lasten  war  beträchtlich  größer.  1574  war  die  Reederei 
der  Stadt  viel  bedeutender^. 

Der  Schiffsbestand ,    wie    er    sich    aus   diesem  Buche 
ergibt,  war  folgender: 

75  Rahsegel  (rhaseil) von  5864 V*  Last.  Tragf. 

10  Busen  (buesse) „      594  „ 

3  „Furblasen"  (furblase)       .     .     .     „      186  „ 

1  Hulk  (hulck) „        30  „ 

7  Boote  (bodt) „157  „ 

3  Kraier  (kreyer) „       110  „ 

99  Schiffe von  69411/*  Last.  Tragf. 


1  Vgl.  Hagedorn,  Ostfrieslands  Handel  und  Seeschiffahrt  im 
16.  Jahrhundert  (Abhandlungen  zur  Verkehrs-  und  Seegeschichte,  im 
Auftrage  des  Hansischen  Geschichtsvereins  herausgegeben  von  Dietrich 
Schäfer  III)  I  S.  251. 

2  Die  Bezahlung  des  Imposts  wurde  dem  Schiffer  bis  zur 
nächsten  Ausreise  gestundet,  und  wenn  sie  geschah,  die  Eintragung 
getilgt 

3  Vgl.  über  die  Bewegungen,  welche  die  Emder  Eeederei  in 
diesem  Jahre  durchzumachen  hatte,    meine  obige  Schrift  I  S.  333 ff. 


Bojer  89 

99  Schiffe von  69411/4  Last.  Tragf. 

4  Ealibojer  (rliaboyer)    .     .     .     .  „  187  „ 

128  Bojer  (boyer) „  4802  „ 

3  Weitschiffe  (wydtschip)   .     .     .  „  781/2  „ 

1  Hoye „  34 

1  Kravelshoye  (kherfielhoye)  .     .  „  24  „ 

128  Kravels  (kherfiel,  kherfielschip)     „  2354  „ 

31  Schuten  (schuite,  sehnte)       .     .  „  416  „ 

1  Pinke  (pincke) „  9  „ 

396  Schiffe von  14845^/4  Last.  Tragf. 

Das  größte  Emder  Schiff,  das  sich  damals  nachweisen 
läßt,  konnte  220  Lasten  laden.  Nur  wenige  Rahsegel  be- 
saßen über  100  Lasten  Tragfähigkeit.  Das  kleinste  führte 
38,  eins  40,  zwei  45,  die  meisten  jedoch  über  60  Lasten. 
Auch  der  Hulk  wird  wohl  als  ein  kleines  Rahsegel  anzu- 
sehen sein.  Die  „Furblasen"  sind  vielleicht  gleich  den  meisten 
Busen  außer  Dienst  gestellte  Heringsfänger,  die  nun  nur 
noch  in  der  Holzfahrt  von  Norwegen  her  beschäftigt  waren 
und  gelegentlich  noch  eine  Fahrt  um  Salz  nach  Spanien 
oder  Portugal  machten.  AVas  der  Name  zu  bedeuten  hat 
und  woher  er  stammt,  läßt  sich  schwerlich  ergründen. 
Einige  Busen  waren  im  Heringsfang  tätig.  Über  sie  und 
die  meistenteils  im  Fischfang  auf  der  Doggerbank  be- 
schäftigten Boote  wird  im  nächsten  Abschnitt  gehandelt 
werden.  Wodurch  die  Kraier  sich  von  den  Rahsegeln 
unterschieden,  ist  nicht  erkennbar.  Einer  von  ihnen  war 
nur  20,  die  beiden  andern  36  und  54  Lasten  groß.  Darhit 
schließt  das  Register  der  dreimastigen  Schiffe.  Auf  sie  ent- 
fällt ein  Viertel  der  Schiffszahl  und  fast  die  Hälfte  der 
Lasten  (99  und  69 W  U). 

AVitschiff  und  Smalschiff  sind  keine  Typenbezeich- 
nungen, die  die  anderen  ausschließen.  Ein  Smalschip  war 
ein  Schiff,  das  die  Schleuse  von  Gouda  passieren  konnte; 
ein  Witschip  war  zu  weit  dazu.  Auch  die  Grenze  zwischen 
Kravel  und  Bojer  ist  nicht  fest  bestimmt.  Kleinere  Bojer 
werden  wiederholt  Kravele  genannt  und  umgekehrt  größere 


90  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen, 

Kravele  Bojer^  Es  ist  auch  anzunehmen,  daß  die  größeren 
hier  aufgeführten  Kravele  einen  Besanmast  hatten.  Der 
größte  Bojer  hatte  64,  der  kleinste  24,  das  größte  Kravel 
36,  das  nächste  jedoch  nur  29,  das  kleinste  1 1  Lasten  Trag- 
fähigkeit. Die  größeren  Kravele  fuhren  gleich  den  Bojern 
nach  der  Ostsee,  Norwegen  und  anderen  Ländern  durch  die 
offene  See.  Die  kleineren  waren  Überwattfahrer.  Sie 
glichen  im  Aussehen  den  heutigen  Tjalken.  Ihren  Namen 
führten  sie  zum  Unterschied  von  den  derselben  Größen- 
klasse angehörenden  Schuten,  die  klinkergebaut  waren. 
Die  größte  Schute  war  26,  die  nächste  jedoch  nur  20,  die 
kleinste  hier  aufgeführte  8  Lasten  groß.  Es  gab  aber 
noch  viel  kleinere  Fahrzeuge,  die  den  Namen  trugen.  Ihre 
Zahl  war  erheblich  größer,  als  die  Liste  angibt,  da  sie  auch 
den  ganzen  Emsverkehr  und  die  Fahrt  nach  den  benach- 
barten niederländischen  Häfen  vermittelten.  Die  Pinke 
war  ein  Typ,  der  in  Zeeland  und  an  den  benachbarten 
flandrisch-nordfranzösischen  Küsten  sowie  der  Dünenseite 
von  Holland  zu  Hause  war.  Das  Fahrzeug  muß  außer- 
ordentlich seetüchtig  gewesen  sein.  Es  vollführte  Reisen 
bis  nach  Norwegen  und  Calais. 

Die  Dreimaster  beherrschten  allein  die  Fahrt  nach 
Westfrankreich  und  der  Pyrenäenhalbinsel.  Auf  allen 
anderen  Routen  hatten  sie  mit  der  Konkurrenz  der  Klein- 
schiffahrt  zu  kämpfen.  Und  gerade  dies  Anzeichenbuch 
spricht  für  die  Vorzüge  der  kleinen  Typen.  Nur  wenige 
Rahsegel  machten  im  Jahr  drei  Reisen  in  die  Ostsee, 
während  das  bei  den  Bojern  die  Regel  war. 

Der  Bojertyp  ist  auf  die  deutsch-niederländische  Nord- 
seeküste beschränkt  geblieben.  Wie  die  Emder  Flotte 
nach  dem  Anzeichenbuch  zusammengesetzt  war,  ganz 
ähnlich    muß    die  Reederei   der   meisten   nordholländischen 


1  Vgl.  oben  S.  84  Anm.  4.  Der  Sondergebraucli  des  Wortes  Kravel 
an  der  Nordseeküste  zur  Bezeiclinung  von  Überwattfahrern  darf  nicht 
verwirren.  Diese  flachbodigen  Fahrzeuge  bilden  den  nationalen  Schiffs- 
typ der  Friesen.  Sie  stammen  selbstredend  weder  von  den  bretonischen, 
noch  von  den  lübischen  oder  gar  den  portugiesischen  Kravelen  ab. 
Vgl.  oben  S.  9. 


Bojer.  91 

Städte  ausgeselien  Laben.  Emden  hatte  keinen  besonders 
großen  Schiffbau  und  hat  wohl  die  Hälfte  seiner  Schiffe 
aus  den  Niederlanden  bezogen.  Für  Hamburg  weisen 
die  vom  Ende  des  16.  Jahrhunderts  vorliegenden  Schiffer- 
bücher ^  einen  großen  Bestand  an  mittleren  und  Ideinen 
Schiffen  nach.  Der  wichtige  Verkehr  mit  Antwerpen 
und  Amsterdam  wurde  im  16.  Jahrhundert  nachweislich 
durch  Bojer  besorgt.  Im  Elbemporium  hat  denn  auch 
die  Gruppe  der  Bojerschiffer  einen  beträchtlichen  Einfluß 
besessen  und  sich  korporativ  betätigt. 

In  den  Ostseestädten  hat  sich  der  Typ  nicht  einge- 
bürgert. Schon  ein  Blick  in  die  lübischen  Lastadienbücher, 
die  alle  in  der  Stadt  gebauten  Schiffe  verzeichnen-,  lehrt, 
daß  hier  die  mittleren  Typen  fehlten.  Unmittelbar  neben 
den  Schuten  stehen  die  großen  Dreimaster.  Nur  ganz  ver- 
einzelt begegnet  man  einem  Bojer.  Ahnlich  lagen  die  Ver- 
hältnisse in  den  anderen  Ostseehäfen.  In  Dänemark  ist 
der  Bojer  im  16.  Jahrhundert  häufiger  anzutreffen.  Daß 
die  kleineren  Typen  der  deutsch-niederländischen  Nordsee- 
küste in  der  Ostsee  nicht  heimisch  geworden  sind,  braucht 
kaum  erwähnt  zu  werden.  Sie  sind  es  ja  auch  heute  noch 
nicht. 

England  hat  von  den  Zeeländern  die  Hoye  über- 
nommen. Für  seinen  Auslandverkehr  bediente  es  sich  aber 
fast  nur  der  Rahsegel.  1572  ist  eine  größere  englische 
Getreidefiotte  von  insgesamt  74  Schiffen  nach  Emden  ge- 
kommen mit  einer  Ladung  von  etwa  2000  Lasten,  also 
durchaus  keine  großen  Fahrzeuge  ^.  Darunter  waren  vier 
Hoyen,  alles  andere  Dreimaster^.     Überhaupt  war  die  eng- 


1  Vgl.  darüber  Baasch,  Hamburgs  Seeschiffahrt  und  Waren- 
handel vom  Ende  des  16.  bis  zur  Mitte  des  17.  Jahrhunderts.  Zeit- 
schrift des  Vereins  für  hamb.  Gesch.  IX  S.  295  ff. 

2  Baasch,  Beiträge  zur  Geschichte  des  deutschen  Seeschiffbaues 
und  der  Schiffbaupolitik  (Hamburg  1899)  S.  44  ff. 

3  Vgl.  Hagedorn,  Ostfrieslands  Handel  und  Seeschiffahrt  im 
16.  Jahrhundert  I  S.  201. 

■*  Der  Emder  Ruderzoll  wurde  in  zwei  Stufen  erhoben,  je  nach- 
dem die    Schiffe    drei    und    mehr    oder  weniger  Masten  hatten.     Bei 


92 


Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


lische  Handelsflotte  dieser  Zeit  das  gerade  Gegenteil  der 
leistungsfälligen  Kriegsflotte  des  Landes,  zurückgeblieben 
und  schwerfällig  in  hohem  Grade. 

Im  allgemeinen  hat  man  die  Bojer  nicht  über  55  Lasten 
groß  gebaut.  Bei  einer  weiteren  Steigerung  gingen  die 
Vorzüge  des  Typs  zum  Teil  wieder  verloren.  Vor  allem 
wurden  die  Segelleistungen  schlechter.  Im  Emder  See- 
briefregister von  1576  wird  sogar  ein  Bojer  von  110  Lasten 
aufgeführt ^  Aber  das  war  ein  Ausnahmefall.  Größere 
Schiffe  baute  man  nach  wie  vor  als  Rahsegel. 


Boot. 

In  den  siebziger  Jahren  des  16.  Jahrhunderts  ist 
jedoch  ein  neuer  Schiffstyp  in  der  Handelsfahrt  empor- 
gekommen, der  noch  viel  mehr,  als  es  die  Bojer  vermocht 
hatten,  die  Herrschaft  der  Rahsegel  beschränkte,  zugleich 
aber  auch  der  weiteren  Ausbreitung  der  Bojer  ein  Ende 
machte.  Es  sind  dies  die  Boote.  Dieser  Name  wurde 
ehedem  wie  heutzutage  in  den  verschiedensten  Bedeutungen 
gebraucht.  Hier  ist  er  von  den  Doggbooten,  den  Fahrzeugen, 
die  auf  der  Doggerbank  Kabeljau  fingen,  entlehnt. 

Über  die  Entwickelungsgeschichte  der  niederländischen 
Hochseefischerei  sind  wir  sehr  mangelhaft  unterrichtet. 
Wir  wissen,  daß  bereits  im  ersten  Viertel  des  15.  Jahr- 
hunderts der  von  Busen  betriebene  Heringsfang  auf  der 
Nordsee  eine  hohe  Bedeutung  besaß  -.  Ob  die  Bezeichnung 
Büsemitder  „bucia",  „buza",  „bucca"  des  Mittelmeeres  zu- 
sammenhängt   oder    von     den     Niederländern    selbständig 


größeren  Schiffen    der  zweiten  Klasse   notierte   der  Zollschreiber  ge- 
legentlich den  Typ. 

1  Bei  einem  späteren  Verkauf  (1578  März)  wird  dasselbe  Schiff 
als  ein  „boyerschip"  von  120  Lasten  bezeichnet. 

2  1428  berichtet  der  deutsche  Kaufmann  in  Brügge  an  den 
Hansetag  über  die  Holländer  und  Zeel  ander,  „zie  hedden  ute  in  der 
zee  wal  50  off  60  busen,  die  to  V3'sche  varen,  die  zie  ghemannet 
hedden,  darmede,  als  zie  anders  niclit  en  wüsten,  dan  dat  zie  darmede 
den  unsen  schaden  wolden  doen".     H.  U.-B.  VI  N.  747. 


Boot.  93 

gebildet,  vielleicht  von  „butte",  „botte",  dem  heutigen 
Bottich,  also  aus  derselben  Wurzel  wie  Boot  hergeleitet 
ist,  mag  dahingestellt  bleiben.  Jedenfalls  hatten  diese 
Busen  nicht  das  geringste  mit  den  Mittelmeerschiffen  zu 
schaffen.  Busen  erscheinen  zu  gleicher  Zeit  auch  als 
Kauffahrteischiffe^,  kleinere  Busen  als  Küstenfahrer-  im 
deutschen  Nordseegebiet.  Wie  diese  Fahrzeuge  ausgesehen 
haben,  ist  nicht  bekannt.  Die  Einführung  mehrerer  Masten 
kann  auch  bei  ihnen  erst  erfolgt  sein,  nachdem  die  Hulke 
sie  erhalten  hatten.  Im  16.  Jahrhundert  waren  die  Busen 
dreimastige  Schiffe.  Sie  haben  auch  damals  Wandlungen 
durchgemacht.  Bis  in  die  siebziger  Jahre  waren  sie  durch- 
weg größer  als  späterhin.  Die  Emder  besaßen  noch  1572 
eine  Büse,  die  70  Lasten  Hering  von  einer  Fangreise 
einbrachte.  Auch  die  außer  Dienst  gestellten  in  der  Holz- 
fahrt beschäftigten  Busen  waren  durchweg  über  50  Lasten 
groß.  Gegen  Ende  des  Jahrhunderts  konnten  die  Herings- 
büsen  nur  selten  30  Lasten  oder  mehr  einholen;  die 
meisten  waren  kleiner,  viele  führten  nur  15  bis  18  Lasten. 
Während  um  1550  die  Besatzung  einer  Büse  18  bis  30  Mann 
betrugt,  hatten  die  Heringsfänger  am  Ende  des  Jahr- 
hunderts gemeinhin  nur  12  bis  14  Mann  an  Bord.  Auch 
im  17.  und  18.  Jahrhundert  hielten  sie  sich  in  dieser  Grröße^, 


1  Vgl.  z.  B.  H.  U.-B.  V  N.  655:  „buys"  1405;  VI  N.  824;  N. 
920  Danziger  „buse"  nach  Stockholm  befrachtet  1431. 

2  Das.  VI  N.  606 :  Groninger  nehmen  1425  den  Hamburgern 
auf  der  Weser  „ene  clene  buczen",  die  mit  etwa  acht  Last  Gut  be- 
laden ist.  Koppmann,  Kämmereirechnungen  der  Stadt  Hamburg  I 
S.  336  (1382):  ob  ß  pro  reformacione  navis  dicte  butzen  et  veli  ad 
dictam  butzen.  1432  (das.  II  S.  55)  erwarb  Hamburg  eine  große  Büse, 
ein  Heringsfangschiff,  wie  aus  dem  1448  (das.  II  S.  79  lies  „buesse" 
statt  „briesse")  erfolgten  Verkauf  hervorgeht. 

3  Eeygersberg,  Beschryvinge  von  Zeeland  (ed.  Boxhorn,  Amster- 
dam 1646)  S.  5 :  buysen ,  die  men  met  twintich  ofte  dertigh  mannen 
in  de  zee  zendt,  elck  na  syn  groote.  In  einem  anderen  Bericht  von 
1538  (Häpke,  Niederländische  Akten  und  Urkunden  I  S.  389  Anm.  2) 
heißt  es:  Ende  in  elcke  buyssche  vaeren  gemeenlicken  achtien  ofte 
twintich  mannen. 

*  Das  ergeben  die  von  Wätjen,  Hansische  Geschichtsblätter 
Jahrg.  1910  S.  159  ff.  mitgeteilten  Statistiken  und  die  Ausführungen 
das.  S.  178,  179. 


94 


Die  Entwickelung-  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


Wagenaer,  der  Enkhuizer  Seekartenzeichner,  hat  ver- 
schiedentlich an  der  schottischen  Küste  und  im  Bereich 
der  Nordsee  Heringsfänger  abgebildet.  Es  sind  dreimastige 
Schiffe  mit  einem  mittelgroßen,  etwas  nach  vorn  geneigten 
Fockmast  und  einem  sehr  kleinen  Besanmast.  Fock-  und 
Großmast  wurden  während  des  Fanges  niedergelegt.  Ge- 
nauso sind  auch  die  auf  der  Doggerbank  fischenden  Fahr- 
zeuge gezeichnet.  Es  ist  daher  wohl  anzunehmen,  daß  die 
Doggboote,  wie  man  sie  zum  Unterschied  von  den  an  der 
zeeländischen  Küste  fischenden  Houckbooten^  nannte,  nicht 


^-^_ 


12.  Boote  auf  der  Doggerbank. 
Aus  Aurigarius,  Speculum  Marini  (1586). 

von  diesen  letzteren,  sondern  von  den  Busen  herstammen. 
Es  ist  im  16.  Jahrhundert,  ebenso  wie  heute,  vielfach  vor- 
gekommen, daß  Busen  vor  oder  nach  der  Heringskampagne 

1  Reygersberg  berichtet  a.  a.  O.  S.  6:  Desgelijcks  zijnder  noch 
ander  visschers,  die  't  heele  jaer  door  den  daghelijckschen  vaert  varen 
uyt  om  visschen  met  kleynder  schepen ,  die  men  pincken  of  houck- 
boots  noemt,  daermede  dese  landen  eensdeels  ghespijst  werden.  Houck- 
boote  sind  sehr  früh  nachweisbar,  möglicherweise  schon  1274  im  Akzise- 
privileg für  Haarlem  (H.  U.-B.    I   N.   745),   wenn  hier  statt  hoicbort 


Boot. 


95 


mit  anderem  Fanggerät    auf    die  Doggerbank    gingen    und 
Kabeljau  fingen^. 

Wiederholt  findet  man  aber  auch,  daß  Fischereifahr- 
zeuge, bevor  sie  zum  Fange  ausliefen,  erst  eine  Kauf  fahrt 
machten.  So  wurde  im  März  1555  von  Amsterdamer  Kund- 
schaftern aus  Emden  berichtet,  daß  einige  Busen  nach 
Osten,  d.  h.  in  die  Ostsee,  gesegelt  wären,  daß  man  sie 
jedoch  zum  Beginn  des  Fanges  wieder  zurückerwarte  2.  1575 
hat  auch  eins  der  Emder  Boote  von  30  Lasten  erst  eine 
Getreideladung  von  Danzig  geholt  und  dann  auf  der 
Doggerbank  Kabeljau  gefischt.  Auf  solchen  Reisen  muß 
sich  die  A-^erwendbarkeit  des  Schiffstypes  zur  Kauffahrt 
ergeben  haben.  In  den  siebziger  Jahren  ist  man  dazu 
übergegangen,  Schiffe 
dieser  Art  nur  für  die 
Frachtfahrt  zu  bauen. 
Die  Besonderheiten, 
die  der  Fischfang  not- 
wendig machte,  die 
Vorrichtungen  zum 
Umlegen  der  Masten, 
sowie  das  Geländer- 
werk und  der  hohe 
Vordersteven  kamen 
in  Fortfall.  Die  Take- 
lung wurde  durch  Ein- 
setzung eines  Bug- 
spriets ergänzt.  Der 
Rumpf  und  die  innere  Einrichtung  der  Boote  hat  sich  nicht 


13.  E  n  k  li  u  i  z  e  r  Boot. 

Aus  Aurigarius.  Speculum  Marini  (1586), 

Küste  von  Rijien. 


hoicboot  zu  lesen  ist.  Hamburg  liat  1386  (Koppmann,  Kämmerei- 
reclinungen,  I  S.  439)  ein  ^liukboet"  bauen  lassen,  das  außer  einem 
Babsegel  auch  Biemen  führte.  Beygersberg  gibt  auch  an  (Chronick 
van  Zeelandt  ed.  Boxhorn,  Middelburcli  1644,  S.  183),  daß  die  ersten 
Bewohner  von  Vlissingen  überwiegend  dem  Schiffer-  und  Fischer- 
gewerbe angehörteu,  ..haer  besieh  houdende  met  Doggevaert,  Tessel- 
vaert,  Houckvaert,  Harinckvaert". 

'  Vgl.  Hagedorn,  Ostfrieslands  Handel  und  Seeschiffahrt  II 
S.  373,  374  Anm.  1. 

-  Häpke,  Niederländische  Akten  und  Urkunden,  I  N.  762. 


96 


Die  Entwickelang  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


wesentlich,  von  der  der  Bojer  unterscliieden.  Nur  trat  der 
Kiel  stärker  hervor.  Größere  Boote  hatten  gleich  den 
größeren  Bojern  ein  durchgehendes  Deck  unter  dem  Über- 
lauf, kleinere  nur  ein  Roof  hinten  auf  dem  Deck.  Der 
Unterschied  lag  lediglich  in  der  Takelung  i. 

Bilder  von  Booten  sind  nur  in  ganz  geringer  Zahl 
auf  uns  gekommen.  Wagenaer  bietet  einige  wenige,  von 
denen  das  beste,  ein  Boot  mit  der  Enkhuizer  Flagge,  das 
auf  der  Karte  der  dänischen  Küste  bei  Ripen  abgebildet 
ist,  hier  wiedergegeben  ist,  Braun  und  Hogenberg  bringen 
die  ersten  Boote  erst  nach  1590  im  4.  Bande  der  „Civitates 


14.  Vlieboote. 

Aus  Braun  und  Hogenberg,  Civitates  orbis  terrarum  IV, 

Pläne  von  Stavoren,  Hindeloopen  und  Harlingen. 

orbis  terrarum"  und  zwar  bezeichnenderweise  auf  den 
Plänen  der  friesischen  Städte  Stavoren,  Hindeloopen  und 
Harlingen.  In  den  Seeplätzen,  deren  Hauptverkehr  durch 
das  Vlie  ging,  ist  offenbar  der  Typ  zuerst  in  Aufnahme 
gekommen.     Man    bezeichnete    daher    auch    Schiffe    dieser 


1  Witsen  (Aeloude  en  hedendaegsche  scheepsbouw  en  bestier, 
Amsterdam  1671,  S.  164)  bemerkt  noch  1671:  Maer  't  is  te  raden  iu 
stee  van  galjoots  of  boeiers  van  70  last  boots  met  drie  mästen  te 
bouwen,  welck  bequamer  te  redden,  gemackelijcker  te  beheeren,  min 
afdrijven  en  meer  weg  spoeden,  die  na  alle  weer  en  windt  zeil  können 
minderen  en  vermeer deren. 


Boot.  97 

Art  zum  Unterschied  von   den  Houck-,  Dogg-,  Lotsmanns- 
und anderen  Booten  als  Vlieboote. 

Die  Einführung  der  Boote  läßt  sich  in  Emden  ziem- 
lich gut  verfolgen.  Im  Januar  1578  verkaufte  ein  Ame- 
lander  Schiffer  ein  Boot  von  36  Lasten  an  Emder  Leute. 
Im  Juni  verhandelte  ein  Schiffer  der  friesischen  Stadt 
Workum  ein  Vlieboot  („flieboet")  von  20  Lasten  an  einen 
Emder  Schiffer.  Im  gleichen  Monat  ging  ein  Amsterdamer 
Boot  von  60  Lasten  in  ostfriesischen  Besitz  über.  Weih- 
nachten 1578  erstand  der  Emder  Schiffer  Esau  Bastiansen 
in  Enkhuizen  ein  neugebautes  großes  Boot,  das  in  seiner 
Art  ein  Meisterstück  gewesen  sein  muß;  denn  es  diente 
den  ostfriesischen  Schiffbauern  zum  Vorbild,  als  sie  selbst 
sich  dem  Bau  von  Booten  zuwandten  ^  Die  Emder  Schiffs- 
kaufprotokolle zeigen  für  die  folgende  Zeit,  wie  schnell 
die  Boote  in  Gebrauch  kamen.  Man  baute  sie  gleichmäßig 
auf  Kosten  von  Bojern  und  Rahsegeln,  Fahrzeuge  von  20- 
und  von  90  und  100  Lasten.  Doch  hatte  ihre  Einführung 
ein  Steigen  der  Durchschnittsgröße  der  Schiffe  zur  Folge. 
Die  in  der  Ostseefahrt  tätigen  Emder  Boote  hatten  zum 
größeren  Teil  eine  Ladefähigkeit  von  50  bis  70  Lasten, 
während  die  Bojer  im  Durchschnitt  viel  kleiner  waren.  Das 
Ende  dieser  neuen  Entwickelungsphase  läßt  sich  leider 
in  Emden  nicht  feststellen,  weil  in  den  Seebriefregistern 
die  Typbezeichnungen  fehlen.  Dafür  liegt  über  den  Schiffs- 
bestand Bremens  am  Ausgang  des  16.  und  Anfang  des 
17.  Jahrhunderts  recht  gutes  Material  vor.  Bremen  hat 
damals  allerdings  nur  eine  sehr  geringe  Bedeutung  im 
Seeverkehr  besessen,  jedoch  auch  die  allgemeine  Ent- 
wickelung  des  Schiffswesens  an  der  deutsch-niederländischen 
Nordseeküste  voll  und  ganz  mitgemacht.  Größere  Schiffe 
fehlten  der  Stadt  völlig.  Insofern  sind  die  Zahlenangaben 
über  die  Rahsegel  nicht  ganz  bezeichnend  für  die  anderen 
Eeedereiplätze. 


1  Emder  Ratsarchiv,    ScKiffskaufprotokolle   III  75,   IV  54,  139, 
147,  V  115  (Bauzerter). 

2  Das.  VII  291  (1587):  ein  boet,  so  twinticli  lasten  roggen  oder 
veerundtwiutich  lasten  heringes  over  see  foeren  kann. 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der  ■wichtigsten  Schiffstypeu.  ' 


98 


Die  Entwickelunf;-  der  wichtigsten.  Schiffstypen. 


Die  Bremer  Eauffalirteiflotte  war  etwas  größer,  als 
die  Zahlen  der  Seebriefregister  dartun.  Da  nicht  jedes 
Schiff  jährlich  einen  neuen  Seebrief  nahm.  Doch  kann 
man  durch  Vergleiche  der  einzelnen  Schiffernamen  in  den 
vorhergehenden  und  nachfolgenden  Jahren  und  Heran- 
ziehung der  Tonnengeldbücher,  aus  denen  sich  die  Namen 
der  Schiffer  aller  auf  die  Weser  gekommenen  Bremer  Schiffe 
entnehmen  lassen,  leicht  den  gesamten  Schiffsbestand  er- 
rechnen. Es  ist  das  hier  für  das  Jahr  1600  geschehen. 
Die  18  Schiffer,  die  nur  im  Tonnengeldbuch  genannt  sind, 
waren  größtenteils  in  der  Fahrt  nach  Hamburg  beschäftigt^ 
wie  Namensvergleiche  mit  den  Hamburger  Schifferbüchern 
ero-eben.  Man  wird  ihre  Durchschnittsgröße  mit  mindestens 
12  Lasten  ansetzen  müssen.  Das  Tonnengeldregister  zählt 
100  Schiffer  auf.  6  Schiffer  i,  die  Seebriefe  erhalten  haben, 
werden  im  Tonnengeldbuch  nicht  genannt,  sind  also  ent- 
weder nur  zwischen  fremden  Orten  gefahren  oder  haben 
ihre   Schiffe,   bevor  sie  Bremen  wieder   anliefen,  verloren. 

Die  Seebrief register 2  ergeben  folgenden  Schiffsbestand: 

Gesamtbestand 
1599  1600  1600  1601 

Schiffe  Lasten  Schiffe  Lasten  Schiffe  Lasten  Schiffe  Lasten 


Rahsegel 

Gradung 

Boote 

Rahbojer 

Bojer 

Kravele 

„witschepe" 

Schuten 

unbe- 

zeichnet 


2:      77 


11: 
3: 
10: 
21: 
13: 
5 


517 
118 
339 
488 
276 
80 


1 
1 
12 
2 
15 
25 
11 
11 


27 
60 
566 
99 
529 
545 
251 
160 


1 
1 
13 
3 
17 
29 
11 
13 


27 
60 
611 
]49 
596 
642 
251 
192 


9 
2 

12 

27 

6 

9 


97 

428 
80 
459 
614 
138 
142 


18:  ca.  216 


Summa 


65:1895        78:2237    106:ca.2744      68:1958 


1  Diese  führten  zwei  Boote  von  50  und  40,  einen  Bojer  von  30, 
ein  Kravel  von  26,  ein  Wytschip  von  20  und  eine  Schute  von 
10  Lasten. 

2  Diese  sind  für  die  Jahre  1592  bis  1621  erhalten.  1592  ist 
unvollständig.     1593  verzeichnet:  2  Rahsegel  von  20  und  30,  12  Boote 


Boot.  99 

Ein  Vergleicli  der  Bezeiclinungen  lehrt,  daß  liier  eine 
große  Willkür  lierrsclit.  Sechs  Fahrzeuge  von  zusammen 
133  Lasten,  die  1600  als  „witschejDe"  eingetragen  sind,  er- 
scheinen 1599  oder  1601  als  Kravele,  ein  als  Kravel  auf- 
gefülrrtes  Schiff  von  28  Lasten  als  Bojer.  1601  sind  sogar 
drei  sonst  als  Bojer  bezeichnete  Fahrzeuge  von  30  bis 
36  Lasten  unter  die  Kravele  gestellt.  Streng  gehalten 
wurden  nur  die  Glrenzen  zwischen  Schute  und  Kravel  und 
zwischen  Bojer  und  Boot.  Das  jedoch  zeigen  die  Listen 
Mar,  daß  in  Bremen  die  Rahsegel  durch  die  Boote  und 
Bojer  aus  der  Fahrt  gedrängt  worden  sind. 

Die  Boote  besaßen  alle  Vorzüge,  die  die  Bojer  hatten. 
Sie  hatten  einen  verhältnismäßig  viel  geringeren  Tiefgang 
als  die  Rahsegel  i.  Sie  waren  aber  obendrein  noch  besser 
besegelt  als  diese  und  die  Bojer.  Zu  den  Segeln,  die  auf 
den  Doggbooten  üblich  waren,  kamen  noch  Topsegel  am 
HaujDt-,  vielfach  auch  am  Fockmast  und  die  Blinde  am 
Bugspriet  hinzu  2.  1589  wurde  ein  Boot  als  das  schnellste 
aller  Schiffe  gerühmt  3.  Wiesen  schon  die  Bojer  größere 
Leistungen  auf  als  die  Rahsegel,  so  sind  die  Boote  noch 
beträchtlich  darüber  hinausgegangen.  1565  hat  ein  nieder- 
ländisches Schiff  achtmal  den  Sund  passiert,  d.  h.  vier 
Reisen    in    die    Ostsee    gemacht,    1575    taten    dasselbe  drei. 


von  567,  15  Bojer  von  483,  37  Kravele  von  941,  1  „witscliip"  von  30 
und  6  Scliuten  von  114,  zusammen  73  Schiffe  von  2175  Lasten.  Zwei 
Schiffe  von  je  50  und  eins  von  60  Lasten  sind  als  Kravele  bezeiclinet, 
gehören  aber  zweifellos  zu  den  Bojern. 

1  1598  Nov.  16 :  Verkauf  eines  „vlyeboet,  so  tho  Dantzigh  laden 
und  innhemen  kan  viffundviertich  lasten  rogge  Hollandisch  gudt, 
darmede  idt  faret,  dat  idt  berchholt  tuschen  beiden  somtides  water 
roeret  und  somtides  gien  water  roeret,  gaende  darmede  achter  tein 
voet  und  voer  teindehalf  voet  diep."  1594  Feb.  21 :  Verkauf  eines 
Bootes  von  40  Lasten,  „welche  he  tho  Danschke  kann  innemen, 
lychlastich  seynde,  tein  voet  und  ein  duembrett  redende  und  liggende". 
(Emder  Eatsarchiv,  Schiffkaufprotokolle.) 

2  Die  Doggboote  besaßen  keinen  Bugspriet. 

3  Abel  Eppens,  Chronik  Bl.  459.  S.  Hagedorn.  Ostfrieslands 
Handel  und  Schiffahrt  II  S.  178. 

7* 


100  Die  Entwickelung  der  wiclitigsten  Scliiffstypen. 

1585    aber   25   Schiffe,   während   sechs   es  sogar  auf  9  und 
10  Durchfahrten  brachten^. 

Die  SundzoUregister^  bieten  überhaupt  die  beste  Illu- 
stration zu  dieser  ganzen  Entwickelung.  In  Helsingör  hatten 
die  Schiffer  der  nordwestdeutschen  Küste  von  Harburg  an 
und  die  der  Niederlande  einen  Schiffszoll  zu  entrichten,  der 
in  drei  verschiedenen  Klassen  erhoben  wurde,  je  nachdem  die 
Fahrzeuge  unter  30,  30  bis  100  Lasten  oder  über  100  Lasten 
laden  konnten.  In  den  Jahren  1537  bis  1510  zählte  man  im 
Sunde  3890  Durchfahrten  niederländischer  Schiffe;  von 
diesen  entfielen  1506  auf  Schiffe  von  über  100  Lasten. 
Am  stärksten  war  ihr  Anteil  1538,  nämlich  423  von  945. 
Von  da  ab  gestaltete  sich  das  Verhältnis  dann  folgender- 
maßen: 

1537—1540  beinahe  2/5, 

1546 — 1547  etwas  mehr  als  1/4, 

1557 — 1560  nicht  ganz  1/4, 

1562—1565  beinahe  1/7, 

1566 — 1568  noch  nicht  1/10, 

1577—1599  1/2  bis  3  Prozent. 
1588,  im  Jahre  der  großen  Armada,  sind  nur  vier 
Niederländer  von  über  100  Lasten  durch  den  Sund  gelaufen. 
Die  Staaten  hatten  damals  aufgeboten,  w^as  sie  an  größeren 
Schiffen  besaßen,  und  neben  ihren  gewöhnlichen  Kriegs- 
schiffen, unter  denen  vier  von  100  und  zwei  von  80  Lasten 
waren,  35  Kauffahrer  von  80  und  mehr  Lasten  in  Dienst 
gestellt,  darunter  eins  von  200  und  eins  von  260  Lasten^. 
Auch  wenn  man  die  Zahlen  der  am  Verkehr  durch 
den  Sund   beteiligten  Schiffe,   die  leider   erst  von  1565  an 


1  Diese  und  z.  T.  die  folgenden  Zahlen  verdanke  ich  der  Liebens- 
würdigkeit von  Herrn  Geh.  R.  Prof.  Dr.  Dietrich  Schäfer,  der  mir  die 
Aushängebogen  der  demnächst  erscheinenden  Warentabellen  der  Sund- 
zollregister (vgl.  die  folgende  Anmerkung)  zur  Vei-fügung  stellte. 

2  Tabeller  over  Skibsfart  og  Varetransport  gennem  Öresund 
1497—1660.  I.Del.  Bearbeitet  von  NinaEUinger  Bang.  Kopenhagen  1906. 

3  Bor,  Nederlandtsche  Oorloghen  III,  XXV  Bl.  5  ff.  Allerdings 
fuhren  auch  einige  größere  Niederländer  im  Urcageschwader  der  Ar- 
mada, darunter  der  David  von  450  Tonnen  (Duro,  La  Armada  in- 
vencible  II  S.  64). 


Boot.  101 

für  jedes  zehnte  Jahr  vorliegen  i,  mit  den  Gesamtpassagen- 
zahlen  vergleicht,  so  offenbart  sich  ein  erheblicher  Fort- 
schritt. 1565  betrug  die  Gresamtzahl  der  Durchfahrten 
niederländischer  Schiffe  2996.  Daran  waren  999  verschiedene 
Schiffe  beteiligt.  Es  kamen  also  auf  jedes  Schiff  3  Passagen. 
Die  Zahlen  stellen  sich  für  die  folgende  Zeit: 

Gesamt-  Zahl  der  Auf  jedes  Schiff  ent- 

passagenzahl       beteiligten  Schiffe  fallen  Durchfahrten 

1565  2996  999  3 

1575  1672  531  3,15 

1585  2007  555  3,62 

1595  3725  1036  3,6 

Allerdings  gibt  diese  Liste  nicht  eine  Statistik  der 
Tätigkeit  der  Schiffe  überhaupt,  da  sehr  viele  Schiffe  neben 
der  Ostseefahrt  noch  andere  Routen  befuhren.  Aber  sie 
bietet  doch  Anhaltspunkte. 

AUes  in  allem  zeigen  die  Zahlen  der  Sundzollregister 
aufs  klarste,  daß  hier  der  Fortschritt  mit  einer  Verkleine- 
rung der  Schiffsgefäße  verbunden  war.  Nicht  so  deuthch 
läßt  sich  die  Verschiebung  der  Schiffstypen  erkennen. 
Wenn  wir  eine  Statistik  der  einzelnen  Schiffsarten  besäßen, 
so  würde  sie  wohl  besagen,  daß  in  den  Jahren  1537  bis  1540 
fast  nur  Rahsegel  an  der  Fahrt  durch  den  Sund  beteiligt 
waren.  Vordem  wenigstens  ist  das  sicherlich  der  Fall  ge- 
wesen 2.  Nun  haben  auch  die  Rahsegel  keineswegs  ent- 
sprechend  dem  Rückgang  der  Schiffe  von  über  100  Lasten 
oder  den  Zahlen  der  Bremer  Register  abgenommen.  In 
Emden  gab  es  in  den  neunziger  Jahren  noch  eine  statt- 
liche Rahsegelflotte.  Aber  die  Schiffe  waren  in  der  Mehr- 
zahl zwischen  70  und  100  Lasten  groß.  In  den  Niederlanden 
war  das  nicht  anders.  In  Hamburg  haben  die  Boote  nur 
geringen  Zuspruch  gefunden.  Die  Ostseeplätze  und  alle 
fremden  Nationen    hatten    den   Typ    überhaupt    nicht    ein- 

1  In  den  oben  S.  100  Anni.  1  angeführten  Aushängebogen. 

2  Vgl.  H.  E.  III,  I  S.  372:  1449  in  Bremen  beschlossener 
Pfundzoll,  den  die  Holländer,  Zeeländer  und  Friesen  in  Preußen  und 
Livland  erlegen  sollen,  bei  Schiffen  von  60  Lasten  und  darunter  2  Pfund, 
von  60—100  Lasten  3  Pfund,  von   über  100  Lasten    4  und    5  Pfund. 


102  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

geführt.  Den  wichtigen  Verkehr  nach  Spanien  und  Portugal 
und  die  aufkommende  neue  Fahrt  nach  dem  Mittehiieer, 
wo  man  wegen  der  Seeräubergefahren  starke  kampffähige 
Schiffe  nötig  hatte,  beherrschten  auch  bei  den  Nieder- 
ländern und  Nordwestdeutschen  die  Rahsegel.  Die  schnell 
zunehmende  Fahrt  nach  fremden  Erdteilen  hat  gegen 
Ende  des  16.  Jahrhunderts  dem  Rahsegelbau  sogar  noch 
einmal  zu  einem  großen  Aufschwung  verhelfen.  Man  baute 
damals  in  den  Niederlanden  Schiffe  von  bis  zu  500  Lasten 
Größe. 

Im  Konkurrenzkampf  mit  den  neu  erwachsenen  Typen 
haben  auch  die  Rahsegel  ihre  Leistungen  erhöht.  Aber 
sie  haben  sich  doch  nicht  gegen  die  jungen  kleineren 
Konkurrenten  zu  behaupten  vermocht.  Gerade  die  Gebiete, 
die  die  neuen  Typen  pflegten,  haben  im  Laufe  des  16.  Jahr- 
hunderts eine  starke  Belebung  ihres  Verkehrswesens  er- 
fahren. Man  wird  das  wohl  nicht  allein  der  persönlichen 
Tüchtigkeit  ihrer  Bewohner  und  der  Gunst  der  politischen 
Verhältnisse,  sondern  zu  einem  guten  Teil  auch  dem  Besitz 
dieser  leistungsfähigen  Fahrzeuge  zuzuschreiben  haben. 


Fleute. 

Kaum  zwei  Jahrzehnte  nach  dem  ersten  Auftreten 
der  Vlieboote  bahnte  sich  eine  neue  Reform  auf  dem  Ge- 
biet des  Schiffbaues  an.  Sie  ging  von  dem  niederländischen 
Platz  aus,  der  bisher  noch  am  stärksten  die  Reederei  mit 
großen  Rahsegeln  gepflegt  hatte,  von  der  westfriesischen 
Stadt  Hoorn  in  Nordholland.  Hier  legte  1595  ein  Schiff- 
bauer den  Kiel  zu  einem  völlig  neuen  Typ,  der  im  wesent- 
lichen die  Vorzüge  der  Boote  mit  den  Eigenarten  der  Rah- 
segel vereinigen  sollte,  aber  in  dem  Zuschnitt  der  Pro- 
portionen über  die  Maßverhältnisse  der  Boote  hinausging. 
Velins,  der  Chronist  der  Stadt,  berichtet  darüber:  „1595 
wurden  hier  in  Hoorn  zuerst  die  Schiffe  gebaut,  die  man 
Hoornsche  Gaingen  oder  Fluiten  nennt,  die  viermal  so  lang 
als   weit   waren,  einige  noch  länger.     Sie  waren  zur  Fahrt 


rieute.  103 

sehr  dienlich,  wegen  der  Fähigkeit,  am  Wind  zu  segeln, 
und  wegen  ihres  geringen  Tiefgangs.  Darum  wurden  sie 
so  gesucht,  daß  in  acht  Jahren  mehr  als  80  solcher  Schiffe 
hier  in  Hoorn  ausgereedet  worden  sind  zum  großen  Ge- 
winn der  Bürger  1." 

So  stehen  die  AVorte  in  der  1604  in  Hoorn  gedruckten 
Chronik.  Als  Velins  dreizehn  Jahre  später  eine  neue  Auf- 
lage herausgab,  da  konnte  er  noch  einiges  hinzufügen: 
„Man  machte  sie  späterhin  noch  viel  länger,  fünf-,  ja  sechs- 
mal so  lang  als  weit.  Pieter  Janfz.  Lioorne  war  der  Fülirer 
bei  dieser  Neuerung.  Die  Nachbarn  haben  anfangs  sehr 
abfällig  darüber  gesprochen,  als  wäre  es  eine  törichte  uad 
übel  ersonnene  Bauweise.  Aber  sie  sind  nachher  noch 
selbst  gezwungen  gewesen,  diese  Eroportionen  nachzu- 
ahmen, oder  es  wäre  geschehen,  daß  sie  allzumal  aus 
der  Fahrt  geraten  wären" 2. 

Der  Name  Fleute,  Fliete,  Fluit  hängt  mit  dem  Wort 
fließen  zusammen  und  soll  wohl  soviel  wie  das  dahin- 
fließende, dahingleitende  Schiff  bedeuten.  Ahnliche  Be- 
zeichnungen begegnen  schon  in  viel  früherer  Zeit'l  Gaing. 
bedeutet  soviel  wie  wohlbehagend ,  angepaßt.  Die  nieder- 
deutsche Form  hierfür  lautete  Gading,  Gadung.  Diese 
Bezeichnung  hat  sich  übrigens  nicht  lange  behaupten 
können. 


1  Velius,  Chronijk  van  de  stadt  van  Hooren  (1604V  S.  215: 
Dit  selve  iaer  werden  hier  de  scepen,  die  men  Hoorensche  gaings  oft 
fluijten  noemt,  eerst  gliemaeckt,  zijnde  de  selve  viermal  so  lang  als 
wijt,  sommige  noch  langer,  en  seer  beqiiaem  tot  de  zeevaertj  soo  om 
de  zeylagie  aende  wint ,  als  omt  ondiep  gaen ;  dies  sy  soo  ghesocht 
werden,  dat  in  8  iaeren  tijts  meer  als  80  snlcke  scepen  hier  tot  Hoorn 
uytgei'eet  zijn  tot  groot  profijt  van  de  burgers, 

2  Velius  (Hoorn  1617)  S.  260:  Men  maeckte  die  achterna  noch 
veel  langer,  als  tot  vijf  ende  sesmael  soo  langh  als  sy  wijt  waren. 
Zijnde  Pieter  Jansz.  Lioorne  de  principaelste  hanthaver  ende  aen- 
binder  van  dese  vernieuwinge,  daer  seer  int  eerste  vande  nabuyren 
op  gesproken  wert,  als  zijnde  een  sot  en  ongefondeert  gebou.  Maer 
zijn  achtei-nae  noch  selfs  ghedwongen  glieweest,  dese  proportie  te 
volgen,  of  was  gesien,  dat  sy  temet  uyt  het  vaerwater  geraeckt  souden 
hebben. 

3  Vgl.  Laird  Clowes,  The  Royal  Navy  I  S.  144,  262,  266 


104 


Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 


Der  Scliiffstyp,  der  hier  neu  auftritt,  war  nicht  von 
vornherein  fertig.  Er  hat  vielmehr  eine  Entwickelungszeit 
von  über  zwanzig  Jahren  gebraucht,  ehe  er  zu  festen  Formen 
und  Maßen  ausreifte.  Dann  allerdings  ist  man  zu  einer 
Art  Kanon  im  Schiffsbau  gelangt,  der  fast  ein  Jahrhundert 
beobachtet  wurde.  Die  einzelnen  Phasen  der  ersten  Ent- 
wickelung entziehen  sich  der  Forschung.  Aber  so  viel 
steht  fest,  daß  die  ersten  Fleuten  in  ihren  Grundformen 
sich  nicht  allzusehr  von  den  Booten  unterschieden.  Sie 
waren  so  einfach  wie  nur  möglich  und  bestanden  aus  einem 
großen  Laderaum  mit  einem  Roof  auf  dem  Achterdeck. 
Sie  führten  auch  im  allgemeinen  keine  Greschütze.  Für 
Stückgutfahrer  hat  man  sich  später  mehr  an  die  alten 
Rahsegelausstattungen  gehalten,  sie  mit  einem  durchgehen- 
den Batteriedeck  versehen  und  für  größere  Unterkunfts- 
räume gesorgt  und  dazu  auch  das  Hinterschiff  nicht  rund, 
sondern  mit  einem  Spiegel  abgeschlossen.  Für  Schiffe 
dieser  Art  stellte  sich  die  Bezeichnung  Pinaßschiff  ein, 
während  die  rund  abschließenden  Lastfahrer  den  Namen 
Fleute  weiter  trugen. 

Das  Wort  Pinasse  entstammt  dem  romanischen  Sprach- 
gebiet   und    hat    schon    vorher    alle    möglichen  Gattungen 

von  Schiffen  u. 
Fahrzeugen  be- 
zeichnet. Auch 
jetzt  behielt  es 
die  verschie- 
densten Bedeu- 
tungen neben- 
lier.  Als  Art- 
name der  größ- 
ten Kauffahrer 
hat  es  sich  nur 
bei  den  Nieder- 
ländern, Deut- 
schen und  Skandinaviern  durchzusetzen  vermocht  und  etwa 
ein  Jahrhundert  behauptet,  während  Fleute  bis  ins  19.  Jahr- 
hundert in  Geltung:  blieb. 


l.j.  Eleu  teil    und   eine   Ualiot. 

Aus  Witsen,  Aelonde  en  hedendaegsche  scheepsbouw 

(Amsterdam  1671). 


rieute. 


105 


Die  wesentlichsten  Züge  des  neuen  Scliiffstypes  be- 
standen, abgesehen  von  dem  schmaleren  Bau,  darin,  daß 
die  Bordwände  nach  oben  hin  stark  zusammengezogen 
waren,  und  zwar  bei  den  Fleuten  viel  mehr  als  bei  den 
Pinaßschiffen.  Die  Decks  verliefen  nicht  wagerecht,  sondern 
von  vorn  nach  hinten  ansteigend.  Kleinere  Fleuten  hatten 
ein  Roof  auf  dem  Achterschiff  und  bestanden  sonst  nur 
aus  einem  Laderaum,  der  zur  Fahrt  über  See  verschlossen 
wurde.  Größere  besaßen  ein  durchgehendes  Deck,  die 
größten  Pinaßschiffe  zwei.  Die  Kastellaufbauten  der  Rah- 
segel waren  geschwunden,  die  Schiffe  allgemein  beträcht- 
lich niedriger  geworden.  Bei  kleineren  Fleuten  war  der 
Bug  ebenso  wie  bei  den  Booten  gestaltet.  Bei  den  größeren 
und  sämtlichen  Pinaßschiffen  lief  er  über  Wasser  in  einen 
weit  hervorra- 
genden Ga- 
lionsbalken  aus, 
hinter  dem  der 

Schiffskörper 
viereckig       ab- 
schloß. 

Die  Take- 
lung glich  in  ih- 
ren Hauptzügen 
der  der  Rali- 
segel.  Doch  sind 
Schiffe      dieses 


^V 


■ss^sE^fEi^g'^^r-- 


16.  Längsdurcliscliiiitt  eines  Pinaßschif fes. 

Alis  Witsen.  Aeloude  enhedendaegsclie  scheepsbouw 

(Amsterdam  1671). 


neuen  Typs  konsequent  als  Dreimaster  getakelt  worden.  Mit 
ihrem  Aufkommen  wurde  der  Yiermaster  wieder  aus  dem  See- 
wesen verdrängt.  Sogar  das  1637  gebaute  große  englische 
Kriegsschiff  „The  Sovereign  of  the  Seas",  dessen  Größe  auf 
1522  Tonnen  berechnet  wurde,  hat  späterhin  seine  Viermast- 
gegen  eine  Dreimasttakelung  eingetauscht.  Pinassen  und 
größere  Fleuten  führten  an  Fock-  und  Großmast  je  drei  Rali- 
segel,  Fock-  beziehungsweise  Großsegel,  darüber  je  ein  Mars- 
und  ganz  oben  je  ein  Bramsegel.  Der  Besanmast  trug 
ein  dreieckiges  Besansegel  und  darüber  ein  Rahsegel,  das 
sogenannte  Kreuzsegel.     Unter  dem  Bugspriet  befand  sich 


106  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstyjien. 

die  Blinde.  Das  zweite  Jahrzehnt  des  17.  Jahrhunderts 
brachte  noch  eine  Erweiterung.  Man  setzte  auf  die  Spitze 
des  Bugspriets  einen  kleinen  Mast  mit  einem  Rahsegel, 
der  Bovenblinde.  Kleinere  Fleuten  waren  kaum  anders 
besegelt  als  die  größeren  Boote. 

Die  wirtschaftlich  wichtigsten  Neuerungen  waren  die 
Veränderung  der  Proportionen  des  Schiffsrumpfes  und  die 
Verbesserungen  der  Takelung.  In  den  lübischen  Lastadien- 
büchern\  den  Heberegistern,  die  über  die  Abgabe  von  allen 
in  der  Stadt  neugebauten  Schiffen  geführt  wurden,  ist 
seit  1601  regelmäßig,  vorher  gelegentlich  die  Kiellänge  der 
Schiffe  verzeichnet.  Aus  den  Zahlen  ersieht  man,  daß 
vor  dem  Aufkommen  des  Fleutenbaus  auf  einen  Kiel  von 
33  Ellen  ein  Schiff  von  etwa  100  Lasten  kam,  auf  30 
Ellen  Kiel^  ein  Schiff  von  80  Lasten,  während  man  bei 
35  bis  38  Ellen  Kiel  schon  170  Lasten  und  darüber  hatte. 
Es  gab  aber  dabei  ziemlich  große  Unterschiede,  da  das 
Entscheidende  nicht  die  Kiellänge,  sondern  der  Tiefgang 
war  und  hier  ein  Abweichen  vom  Üblichen  um  einen 
halben  Fuß  schon  große  Differenzen  schuft. 

Granz  anders  sieht  das  Bild  30  Jahre  später  aus.  Da 
hatte  man  mit  30  Ellen  Kiel  nur  noch  ein  Schiff  von  40 
bis  50  Lasten.  Kauffahrer  von  60  Lasten  hatten  34  und 
35  Ellen  Kiellänge,  solche  von  100  Lasten  36  und  37.     Auf 


1  Vgl.  darüber  Baasch,  Beiträge  zur  Geschichte  des  deutschen 
Seeschiffbaues  und  der  Schiff baupolitik  (Hamburg  1899)  S.  44ff. 

2  Z.  B.  1590  März  19:  Hans  Bruns  ein  schiff  uffzusetzen  un- 
gever  van  30  ehln  kehels,  thuet  80  last  ungeverlich.  Dagegen  1604 
Juni  4  wird  auf  30  Ellen  Kiel  ein  ,,boyert"  von  35  Lasten  erbaut. 

3  Verschiedene  Maße  1601 : 
35  Ellen:  110  Last, 

22-28  Ellen:  35  Last, 

37  Ellen:  175  Last  nach  der  ersten  Reise  bezahlt, 

"  n  ))  11  11  11 

,,       vor       „         ,,  ,.  „      ,  tatsächl.  100  Last, 

))    1 

170 

))  11  11  11  ))  11  1  11  X1\J  ,,        , 

))  11  11  51  11  1-  1 

120  Last  nach  der  ersten  Beise  bezahlt. 


38 

170 

34 

90 

351/2 

130 

38 

147 

36 

150 

1604  33  Eilen 

Fleute.  107 

40  Ellen  Kiel  baute  man  Schiffe  von  160  Lasten.  Es 
kamen  allerdings  aucli  jetzt  große  Abweichungen  vor.  Ein 
Schiff  von  48  Ellen  Kiel  hatte  nachweislich  nur  etwa  220 
Lasten  Tragfähigkeit,  ein  anderes  von  gleicher  Kiellänge 
jedoch  300  Lasten^. 

Aus  älterer  Zeit  sind  uns  in  den  Handelsrechnungen 
des  Deutschen  Ordens  ^  die  Kielmaße  von  drei  1404  gebauten 
Hulken  mitgeteilt:  34,  27  und  28  Ellen.  Man  kann  indessen 
nur  zwei  von  diesen  Schiffen  nachweisen,  die  130  und 
140  Lasten  fassen  konnten.  Ein  Vergleich  dieser  Zahlen 
mit  den  oben  angeführten  vervollständigt  die  Entwicke- 
lungsreihe.  Die  verhältnismäßig  größere  Länge  kommt 
einer  Verringerung  des  Tiefgangs  und  der  Breite  zugute. 
Man  sieht,  daß  in  beidem  schon  die  Rahsegel  wesentlich 
besser  gestellt  waren  als  die  Hulke.  Überhaupt  hatte  eine 
ganze  Anzahl  der  für  das  Aufkommen  der  Fleuten  bedeut- 
samen Verbesserungen   sich  bei  den  Rahsegeln  angebahnt. 

Die  Fleuten  und  Pinaßschiffe  segelten  dank  ihres 
schmaleren  Baus  weit  schneller  und  vermochten  aus  dem 
gleichen  Glrunde  auch  näher  an  den  Wind  heranzugehen, 
als  ihre  Vorgänger  es  gekonnt  hatten.  Ferner  bot  der  neue 
Typ  wegen  der  geringen  Höhe  und  des  Fehlens  aller  Auf- 
bauten dem  Winde  viel  weniger  Fläche  und  segelte  auch 
deshalb  besser  beim  Winde  als  die  Rahsegel. 

Die  Neuerungen  in  der  Takelung  bestanden  darin, 
daß  man  die  Masten  im  Verhältnis  zur  Schiffsgröße  höher 
als  früher  nahm,  die  Rahen  aber  kürzer.  Der  Fockmast 
lag  etwas  nach  vorn  über,  jedoch  längst  nicht  so  viel,  wie 
es  bei  den  Booten  gewesen  war.  Groß-  und  Besanmast 
waren  ziemlich  stark  nach  hinten  geneigt.  Während  auf 
den  Rahsegeln  Groß-  und  Focksegel,  riesige  quadratische 
Vierecke,  noch  die  eigentliche  Segelstärke  des  Schiffes 
bildeten,  wurden  sie  jetzt  kleiner  und  handlicher,  dafür 
aber  die  Marssegel  ihnen  fast  ebenbürtig  gemacht.  Auch 
die  Bramsegel  wuchsen.     Die  Segel   wurden   schmaler  und 

1  Staatsarchiv  Lübeck. 

2  Sattler,  Handelsrechnungen  des  Deutschen  Ordens  (Leipzig 
1887),  S.  12,  vgl.  dazu  S.  10. 


108  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

länger  geschnitten  und  nahmen  die  Gestalt  von  Trapezen 
an,  die  unten  breiter  als  oben  waren.  Das  größte  Segel 
eines  Schiffs  des  neuen  Types  war  beträchtlich  kleiner, 
vor  allem  schmaler  und  daher  leichter  zu  regieren,  als  das 
Großsegel  eines  der  älteren  Schiffe.  Da  sich  aber  die 
Stärke  der  Besatzung  im  wesentlichen  nach  der  zur  Be- 
dienung des  größten  Segels  erforderlichen  Leutezahl  rich- 
tete, so  konnte  der  neue  Typ  mit  viel  weniger  Mannschaft 
auskommen. 

Hierin,  in  der  größeren  Schnelligkeit  und  Segelfertig- 
keit, sowie  in  der  höheren  Wirtschaftlichkeit,  lag  das 
Übergewicht  der  Fleuten  begründet.  Die  niederländischen 
Schiffer  aber  haben  sich  nicht  damit  begnügt,  daß  sie  den 
besseren  Schiffstyp  besaßen,  sondern  im  Konkurrenzkampf 
ihre  Leistungen  bis  an  die  Grenze  des  Erreichbaren  ge- 
steigert. So  ist  das  Vordringen  der  Fleuten  in  den  See- 
verkehr zu  einem  Siegeszug  ohnegleichen  geworden.  Inner- 
halb weniger  Jahre  hat  der  neue  Typ  sich  alle  Meere 
erobert.  Was  sich  neben  ihm  behauptete,  vermochte  das 
nur  durch  staatlichen  Schutz,  nicht  aus  eigener  Kraft. 
Höchstens  bei  der  Einführung  der  Schiffsschraube  hat  sich 
etwas  Ahnliches  wiederholt. 

Als  1604  Velius'  Chronik  von  Hoorn  zuerst  erschien, 
war  der  Typ  in  der  Hauptsache  noch  auf  Hoorn  beschränkt 
und  wohl  auch  über  das  Entwickelungsstadium  noch  nicht 
hinaus.  Die  Schiffe  fanden  Verwendung  in  der  rasch  auf- 
blühenden Salzfahrt  nach  Punta  Araya  in  Westindien  und 
im  Verkehr  nach  anderen  überseeischen  Gebieten  und  dem 
Mittelmeer.  Erst  als  1609  der  zwölfjährige  Waffenstillstand 
zwischen  den  unierten  niederländischen  Provinzen  und 
Spanien  geschlossen  wurde,  gewannen  die  Fleuten  schnellere 
Verbreitung.  Sie  begleiteten  und  ermöglichten  eine  Ent- 
wickelung, die  ihresgleichen  nicht  wieder  findet  in  der 
Verkehrsgeschichte.  Längst  hatte  die  Kampfliteratur  gegen 
Spanien  die  Schiffahrt  und  den  Handel  zu  einem  nationalen 
Gewerbe  gestempelt.  Jetzt  gab  der  Eintritt  der  Waffenruhe 
auf  einmal  die  durch  den  Krieg  bisher  gefesselten  Kräfte 
frei.     Die  im  Kampf  und  im  Verkehr  mit  fernen  Ländern, 


rieute.  109 

besonders  durch  die  Ostindienfahrt  erworbenen  Kapitalien 
standen  ungeschmälert  der  wirtschaftlichen  Expansion  zur 
Verfügung.  Und  es  schien  den  Niederländern,  als  könnten 
sie  den  Handel  der  ganzen  Welt  an  sich  reißen.  Der  neue 
Schiffstyp  aber  sollte  ihre  stärkste  Waffe  sein,  sollte  das 
Mittel  und  Werkzeug  bilden,  um  alle  Konkurrenten  aus 
dem  Felde  zu  schlagen. 

In  kürzester  Frist  haben  sie  sich  der  Spanienfahrt 
bemächtigt.  In  Lübeck,  damals  der  bedeutendsten  Reederei- 
stadt der  Ostsee,  forderten  die  Schiffer  1612  Ausnahme- 
gesetze gegen  die  Holländer,  die  von  lübischen  Kaufleuten 
sogar  aus  Spanien  nach  der  Travestadt  befrachtet  wurden, 
während  sie  selbst  keine  Ladung  finden  konnten  i.  Der 
hansische  Konsul  in  Lissabon  schrieb  später  darüber:  „So- 
lange der  niederländische  Friede  und  Stillstand  gedauert 
hat,  insonderheit  aber  wegen  der  neu  erdachten  Schiffe, 
die  von  den  Niederländern  mit  wenig  Volk  und  ohne 
Geschütz  geführt  wurden ,  haben  die  Lübecker  wenig 
Schiffahrt  nach  Spanien  gehabt.  Die  Schiffe,  die  noch 
gefahren  sind,  wurden  größtenteils  von  den  türkischen 
Seeräubern  erobert,  w^odurch  die  Fahrt  ganz  zurückge- 
kommen ist"^.  Der  wichtige  Verkehr  mit  Zucker  aus 
Brasilien  nach  Lissabon,  Viana  und  Oporto  geriet  fast  völlig 
in  den  Besitz  der  Holländer.  Daß  sich  die  spanische  Ga- 
leonenfahrt  nach  Amerika  behau|)tete,  lag  allein  an  den 
königlichen  Ordiuanzen,  die  von  diesem  Verkehr  alle 
Fremden  ausschlössen. 

Katastrophenartig  brach  die  Großschiffahrt  des  Mittel- 
meers zusammen.  Innerhalb  weniger  Jahre  haben  hier  die 
Fleuten  alle  Konkurrenten  aus  der  Fahrt  gedrängt.  In 
einer  Denkschrift  der  Amsterdamer  Kaufmannschaft,  in  der 
die  Generalstaaten  aufgefordert  w^erden,  keinen  Frieden  mit 
den  Algeriern  zu  schließen,  sondern  unentwegt  den  offenen 
Krieg  gegen  sie  fortzusetzen,  wird  ausgeführt,  daß  man  die 


1  Lübeck,  ArcMv  der  Kaufmannscliaft,  Spanische  Kollekten. 

2  Bremen,   Staatsarchiv:    Ivampfferbecke  an  Lübeck;    Lissabon, 
1623  Nov.  4/14. 


110  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  8chiffst\'pen. 

Diirclisuchung  der  niederländisclien  Schiffe  nacli  fremden 
Waren  nicht  zulassen  könne,  „da  durch  Gottes  gnädigen 
Segen  die  allermeisten  Schiffe,  die  das  Mittelmeer  be- 
fahren, aus  diesen  Landen  sind  und  alle  fremden  Kaufleute 
und  Negotianten,  Italiener,  Griechen,  Spanier,  Portugiesen 
und  andere  Nationen,  neben  den  Niederländern  selbst  sich 
ihrer  bedienen  und  den  Seehahdel  pflegen,  zum  großen 
Nutzen  der  Reederei  und  des  Schiffbaus  dieser  Lande  und 
was  davon  abhängt"  ^  Wii'  haben  ähnliche  Zeugnisse  in 
Hülle  und  Fülle.  Furttenbach-  hat  in  seiner  1629  er- 
schienenen Architectura  Navalis  an  der  Spitze  der  Segel- 
schiffe als  „Nave"  ein  niederländisches  Pinaßschiff  abge- 
bildet und  beschrieben.  Der  selbständige  Schiffbau  des 
Mittelmeers  hatte  zum  zweitenmal,  wie  drei  Jahrhundert 
früher  bei  der  Annahme  der  Koggen,  vor  den  Fleuten  der 
nördlichen  Gewässer  kapituliert. 

Die  beste  Illustration  zum  A^ordringen  des  neuen 
Schiffstypes  geben  die  SundzolLregister.  Von  1600  an  war 
der  Anteil  der  Schiffe  von  über  100  Lasten  an  den  Durch- 
fahrten niederländischer  Schiffe  im  Steigen  begriffen.  1602 
waren  es  10  Prozent,  228  von  2211.  An  dieser  Zunahme 
war  aber  noch  ein  Aufschwung  des  Rahsegelbaus  beteiligt, 
der  unter  der  Einwirkung  der  Ost-  und  Westindienfahrt 
und  der  Bestellung  gewaltiger  Kriegsschiffe  von  bis  zu 
500  Lasten  Größe  durch  die  Staaten  in  den  letzten  Jahren 
des  16.  Jahrhunderts  einsetzte.  Bis  1614  blieb  das  Ver- 
hältnis im  wesentlichen  gleich,  wenn  auch  1607,  1608  und 
1609  auf  die  Schiffe  von  über  100  Lasten  beträchtlich 
mehr  Durchfahrten  kamen:  406  von  3162,  562  von  4362 
und  392  von  2866.  Erst  1615,  als  der  Fleutenbau  in 
höchster  Blüte  stand,  begann  eine  schnelle  Vorwärtsbe- 
wegung. 


1  Heeringa,  Bronnen  tot  de  Geschiedenis  van  den  Levantsclien 
Handel  I  S.  805. 

2  Vgl.  oben  S.  7. 


Fleute.  111 

Die  Gesamtzahl  der  Durchfahrten  Davon  entfielen  auf  Schiffe 

niederländischer  Schiffe  betrug:  von  über  100  Lasten: 

1615:  3336  397 

1616:  3220  436 

1617:  3058  530 

1618:  4316  1266 

1619:  3849  1598 

1620:  3843  1990. 

Leider  ist  diese  Statistik  durch  die  1618  erfolgte 
Einführung  der  Schiffsvermessung  in  den  Niederlanden 
e;etrübt.  Da  man  im  Sunde  mit  100  Lasten  eine  neue 
Abgabenklasse  erreichte,  so  waren  Schiffe  von  98  und 
96  Lasten  außerordentlich  beliebt^.  In  Emden  ist  es 
geradezu  auffällig,  wieviel  Schiffe  diese  Größe  hatten.  Die 
Schiffer  hüteten  sich  wohl,  mehr  Lasten  Eoggen  in  Danzig 
zu  laden,  als  ihr  Seebrief  auswies,  brauchten  aber  unge- 
wöhnlich viel  Eichenholz  zur  Garnierung  des  Getreides  und 
brachten  dazu  noch  einige  Lasten  Teer  und  Asche  oder 
Hanf  und  Flachs  in  den  Raum.  Es  war  auch  gar  nichts 
Seltenes,  daß  sich  bei  der  Ausmessung  der  Ladung  am 
Bestimmungsort  eine  größere  Lastenzahl  ergab,  als  angeblich 
geladen  war.  Alle  diese  Fahrzeuge  wanderten  mit  der 
Einführung  der  Schiffsvermessung  in  die  höhere  Klasse. 
Jedoch  kann  nur  ein  kleiner  Teil  der  Steigerung  auf 
ihre  Rechnune;  entfallen.  1620  kommt  auf  die  Schiffe  von 
über  100  Lasten  im  Sunde  die  Hälfte  aller  Durchfahrten. 
In  dieser  Höhe  hielt  sich  das  Verhältnis  über  ein  Jahrzehnt. 
1635  aber  begann  eine  neue  Verschiebung  zugunsten  der 
großen  Schiffe,  die  mit  der  fast  vollständigen  Verdrängung 
der  kleineren  endete.  In  den  drei  letzten  Jahren,  in  denen 
die  Niederländer  noch  den  dreiklassigen  Schiffszoll  zu 
entrichten  hatten ,  war  der  Anteil  der  Schiffe  von  über 
100  Lasten  folgendermaßen: 


1  Ganz  analoge  Verhältnisse  trifft  man  in  England  im  18.  Jahr- 
hundert, wo  in  der  Zeit  von  1735  bis  1775  fast  alle  Ostindienfahrer 
.495  bis  499  Tonnen  groß  waren,  kein  einziger  aber  500. 


112  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Gesamtzahl  der  Davon  entfielen  auf  Schiffe 

Durchfahrten:  von  ülier  100  Lasten: 

1642:  2036  1815 

1643:  2391  2217 

1644:  2009  1826. 

Nicht  nur  die  Rahsegel  haben  vor  den  Fleut-  und 
Pinaßschiffen  vom  Meere  weichen  müssen,  sondern  auch 
die  Bojer  und  Boote.  Die  Fahrt  nach  der  Ostsee,  der 
Versorgungskammer  aller  westhchen  Länder,  damals  die 
wichtigste  Verkehrsroute,  war  damit  in  den  Besitz  des 
neuen  Schiffstyps  gelangt. 

Die  Verbesserung  aber,  die  der  Fleutentyp  darstellt, 
zeigen  die  Durch gangszif fern  der  einzelnen  Schiffe  am 
klarsten.  1595  und  1605  sind  31  und  32  niederländische 
Schiffe  achtmal,  1595  zwei  noch  öfter  durch  den  Sund 
gesegelt.  Das  bedeutet  gegen  1585  keine  Zunahme.  1615 
aber  fuhren  85  Niederländer,  darunter  neun  von  über 
100  Lasten,  achtmal,  fünf  neunmal,  45,  unter  ihnen  zwei 
von  über  100  Lasten,  zehnmal,  eins  elfmal  und  zwei  zwölf- 
mal durch  den  Sund.  Auf  jedes  Schiff  entfielen  im  Durch- 
schnitt 41/2  Passagen  gegen  3,8  1605,  3,6  1595  und  3  1565. 
Auf  jedes  Schiff  von  über  100  Lasten  kamen  1565  2,2, 
1595  274,  1605  3,5,  1615  3,7,  1625  4,2  Durchfahrten. 

Es  war  ein  beispielloser  Fortschritt.  Gegenüber  den 
Schiffen  am  Anfang  des  16.  Jahrhunderts,  die  höchstens 
zweimal  eine  Reise  in  die  Ostsee  und  zurück  machten, 
hatten  sich  die  Leistungen  mehr  als  verdoppelt.  Aber  die 
Entwickelung  war  zu  gewaltig  gewesen.  Sie  mußte  auch 
von  schweren  Nachteilen  begleitet  sein.  Selbst  in  den 
Niederlanden  hat  es  nicht  an  Stimmen  gefehlt,  die  ernste 
Bedenken  gegen  das  Vordringen  der  Fleuten  und  die  durch 
sie  geschaffene  Umwälzung  äußerten. 

1616  haben  die  ersten  maritimen  Fachleute  der  General- 
staaten, die  Admirale  von  Holland  und  Zeeland  Opdam  und 
Haultain,  in  einem  Gutachten  über  die  zum  Schutz  der 
niederländischen  Kauffahrt  zu  ergreifenden  Maßnahmen 
sich  entschieden  gegen  die  neue  Schiffsart  ausgesprochen. 
Hierin  heißt  es,  „daß  durch  die  schädliche  Gierigkeit  einiger 


Fleute.  113 

weniger  Personen  von  Tag  zu  Tage  mehr  praktiziert  wird, 
wie  man  die  Kauffahrteischiffe  nach  Art  von  Fleuten  oder 
Gaingen  mit  den  geringsten  Kosten  und  dem  wenigsten 
Volk  in  See  bringen  kann.  Viele  sorgsame  Schiffer  werden 
dadurch  um  ihre  Nahrung  gebracht  und  dem  Dienst  des 
Kaufmanns  entzogen.  Das  Volk  läuft  ohne  Beschäftigung 
herum  und  kann  keine  ausreichende  Heuer  bekommen,  um 
ehrlich  sein  Brot  zu  gewinnen,  und  begibt  sich,  um  Weib 
und  Kind  zu  unterhalten,  auf  ungehörige  Fahrten,  in  fremde 
Dienste  und  gar  in  den  Sold  der  Feinde  des  niederlän- 
dischen Wohlstandes.  Der  Zudrang  zum  Seemannsberuf 
nimmt  ab,  da  man  dort  so  kümmerlich  ein  Fortkommen 
findet.  Ebenso  werden  viele  ehrliche  Kaufleute,  die  ihren 
Handel  mit  etwas  größerer  Sicherheit  zu  treiben  suchen, 
nicht  wenig  in  ihrem  Geschäft  entmutigt,  in  Anbetracht, 
daß  die  Güter,  die  mit  so  geringer  Beschwernis  in  Fleuten 
und  Gaingen  1  über  See  gebracht  werden,  den  gemeinen 
Markt  verderben  und  aller  Gewinn  ihnen  allein  zufällt." 
Sie  erachten  daher  zum  gemeinen  Wohl,  zur  Aufrecht- 
erhaltung des  Handels  und  zur  Auferziehung  eines  zahl- 
reichen seefahrenden  Volkes  den  Erlaß  eines  Mandates  für 
nötig,  daß  solche  Fleuten  oder  Gaingen  nicht  mehr  so 
schlecht  mit  Volk  versehen  zur  Seefahrt  auslaufen  dürfen, 
sondern  entsprechend  ihrer  Lastenzahl  gehörig  bemannt 
sein  sollen,  gemäß  früheren  darüber  gefaßten  Beschlüssen  2. 
Die  Generalstaaten  haben  das  Gutachten  gebilligt. 

Allzuschnell  war  die  Entwickelung  fortgeschritten,  all- 
zuglänzend  erschienen  dem  Niederländer  die  Verkehrsmög- 
lichkeiten, die  Aussichten,  die  sich  seinem  Handel  und  seiner 
Schiffahrt  boten.  Eine  große  Überproduktion  an  Schiffen 
war  erfolgt.  Die  fremden  Kauffahrer  hatte  man  auf  ihre 
privilegierten  Routen  beschränkt.  Nun  aber  machten  sich 
die  niederländischen  Schiffer  gegenseitig  die  Fahrt  streitig. 
Anfang    1621    berichtete    der    niederländische    Konsul    in 

1  caingen. 

2  Heeringa,  Bronnen  tot  de  Geschiedenis  van  den  Levantschen. 
Handel  I  S.  679  ff. 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen.  8 


114  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Scliiffstypen. 

Venedig  an  die  Generalstaaten:  „Die  Schiffahrt  im  Mittel- 
ländischen Meer  geht  jetzt  für  die  niederländischen  Reeder 
mit  Verlust  ab,  weil  überall  die  Frachten  verdorben  sind 
durch  die  große  Menge  der  Schiffe,  und  weil  die  Räuber- 
gefahren größer  als  vor  diesem  sind"^.  Der  staatische 
Konsul  in  Konstantinopel  warnte  auf  das  eindringlichste 
vor  der  Frachtfahrt  für  Fremde.  Die  Venezianer  hätten 
den  Levantehandel  wegen  der  Trägheit,  Ungeeignetheit 
und  Abnahme  ihrer  Schiffe  beinahe  ganz  verloren  gehabt; 
nachdem  sie  aber  angefangen  hätten,  sich  der  niederlän- 
dischen Frachtfahrer  zu  bedienen,  hätten  sie  ihn  wieder 
zurückgewonnen  und  bedrängten  jetzt  die  Niederländer  mit 
ihren  eigenen  Waffen^. 

In  einem  Amsterdamer  Gutachten  zu  dem  Projekt 
einer  allgemeinen  Versicherungskompanie  aus  dem  Anfang 
der  dreißiger  Jahre  wird  ziemlich  unverblümt  erklärt,  daß 
mit  Reederei  kein  Geschäft  zu  machen  wäre,  es  sei  denn, 
daß  jemand  aus  Lieferungen  von  Schiffsausrüstungsmaterial 
seinen  Gewinn  zöge.  Wenn  jemand  Mittel  in  Reedereien 
stecke,  so  geschehe  es  aus  Unverstand.  Das  täten  Bauern, 
die  mit  ihrem  Gelde  nichts  Besseres  anzufangen  wüßten. 
Vielfach  geschehe  es  auch,  um  einen  guten  Freund  zum 
Schiffer  zu  befördern^.  So  offenbart  sich  neben  dem 
glänzenden  Bilde  eines  raschen  erfolgreichen  Aufstiegs 
unmittelbar  die  Not  der  wirtschaftlichen  Krisis.  Aber  trotz 
dieser  Schattenseiten  bezeichnet  der  Siegeszug  der  Fleuten 
,doch  den  Höhepunkt  der  niederländischen  Wirtschafts- 
^geschichte. 

Die  unsicheren  Verhältnisse  auf  der  See  haben  bald 
dazu  geführt,  daß  ein  großer  Teil  der  ökonomischen  Vor- 
züge des  neuen  Typs  nicht  mehr  zur  Geltung  kommen 
konnte.     Der  Wiederbeginn   des   spanisch- niederländischen 


1  Heeringa  a.  a.  (.).  S.  75. 

2  1626  Dez.  18/28.  Das.  S.  532,  533:  De  Venetiaensclie  scLepen 
sijn  seer  schars  ende  onbequaem. 

3  Vgl.  Blök,  Koopmansadviezen  aangaande  het  plan  tot  ojirich- 
ting  eener  compagnie  van  assurantie,  Bijdragen  en  Mededeelingen  van 
liet  Historisch  (renootschap  te  Utrecht  XXI  S.  48. 


rieiite.  115 

Krieges  hatte  die  Kaperfalirten  der  Dünkircher  Freibeuter 
im  Gefolge,  und  dann  reihte  sich,  bis  zum  Ende  des  Spani- 
schen Erbfolgekrieges  immer  ein  Krieg  an  den  anderen 
während  in  den  südlichen  Gewässern  bis  1830  die  algeri- 
schen Korsaren  ihr  Unwesen  trieben.  Zum  Schutz  gegen 
die  legitime  und  illegitime  Seeräuberei  hat  man  Flotten- 
fahrten organisiert  i.  Die  niederländische  Konvoiordnung  für 
die  Ostseefahrer  mit  ihrer  ausgesprochenen  Bevorzugung 
großer  gutgerüsteter  Schiffe  hat  zweifellos  stark  dazu  bei- 
getragen, daß  die  Bojer  und  Boote  aus  der  Fahrt  gedrängt 
wurden.  Bei  dem  Segeln  in  Flotten  kamen  die  Vorzüge 
der  Schnelligkeit  nicht  zur  Geltung.  Das  langsamste  Schiff 
gab  das  Marschtempo  an.  In  den  Häfen  mußte  das  eine 
auf  das  andere  warten.  Zugleich  ist  man  auf  schwermontierte 
und  starkbemannte  Schiffe  zurückgekommen.  Je  besser  ein 
Kauffahrer  gegen  Kapergefahren  geschützt  war,  desto 
leichter  wurde  ihm  wertvolles  Stückgut  anvertraut,  desto 
höhere  Frachten  konnte  er  erzielen,  um  so  niedriger  wurde 
auch  die  Versicherungsprämie  bemessen. 

Der  Typ  des  Fleut-  und  Pinaßschiffes  war  nicht  so 
beschaffen,  daß  er  einfach  von  allen  Nationen  übernommen 
werden  konnte.  Schiffe  dieser  Art  sind  an  den  Großtürken 
sowohl,  wie  an  die  nächsten  Konkurrenten  der  Niederländer, 
an  Franzosen  und  Engländer  gelangt  und  nachgebaut 
worden.  Wie  der  Amsterdamer  Senator  Witsen  ganz  richtig 
betont,  genügte  das  nicht,  um  die  Leistungen  der  Nieder- 
länder zu  erreichen.  Es  steckten  Erfahrungen  und  Kennt- 
nisse in  dem  Schiffstyp,  die  sich  nicht  einfach  abgucken 
ließen.  So  haben  die  anderen  Nationen  sich  lange  gegen 
ihn  zu  wehren  gesucht,  am  längsten  die  Spanier.  Eng- 
länder und  Franzosen  haben  nur  die  Grundzüge  sich  zu 
eigen  gemacht,  Proportionen  und  Takelung.  Sonst  zeigte 
ihr  Schiffbau  nationale  Eigenheiten.  Nur  die  Deutschen 
und  Skandinavier  haben  den  Typ  völlig  übernommen,  was 

1  Vgl.  Wätjen,  Die  Niederländer  im  Mittelmeergebiet  zur  Zeit 
üirer  höchsten  Machtstellung  (Abhandlungen  zur  Verkehrs-  und  See- 
geschichte II)  S.  196  ff. 

8* 


116  Die  Entwickelung  der  wiclitigsten  Schiffstypen. 

ihnen  auch  viel  leichter  fiel,  da  sie  in  viel  engeren  Be- 
ziehungen zu  den  Niederlanden  standen  als  die  anderen 
Nationen.  Ihr  Schiffbau  ist  seitdem  für  lano;e  Zeit  von 
dem  niederländischen  abhängig  geworden. 

Um  1618  ist  in  Lübeck  die  erste  Fleute  vom  Stapel 
gelaufen.  Es  dauerte  nicht  lange,  dann  baute  man  über- 
haupt nur  noch  Schiffe  dieser  Art.  Von  den  Nordsee- 
städten waren  Emden  und  Bremen  von  jeher  auf  den 
niederländischen  Schiffbau  angewiesen.  Hamburg  muß 
auch  sehr  schnell  zum  Fleutenbau  übergegangen  sein. 


Eine  gleichartige  Bezeichnung  hat  sich  nicht  durch- 
zusetzen vermocht.  Engländer,  Franzosen,  Spanier  nannten 
späterhin  ihre  großen  Kauffahrer  nur  „ship",  „vaisseau", 
„navio",  während  bei  den  Deutschen  und  Niederländern 
der  Name  Pinaßschiff  bis  ins  18.  Jahrhundert  herrschend 
blieb.  Als  die  Fleuten  aufkamen,  da  wurden  sie  von  den 
Italienern  weiter  als  „Bretonen"  (Bertoni),  von  Spaniern 
und  Portugiesen  einfach  als  „Holländer",  von  Engländern 
und  Franzosen  weiter  als  „Vlieboote"  bezeichnet.  Über- 
haupt scheint  man  nur  in  Holland  verstanden  zu  haben, 
eine  wirkliche  Grrenze  zwischen  Fleuten  und  Booten  zu 
ziehen.  Auch  in  Bremen  sind  offenkundig  die  Fleuten  lange 
Zeit  Boote  genannt  worden.  Während  des  spanisch-nieder- 
ländischen Waffenstillstands  haben  hier  nur  die  größeren 
Schiffe  Seebriefe  genommen.  Das  Register  von  1621  ist 
leider  nicht  vollständig.  Es  zeigt  indessen  zur  Genüge, 
wie  sich  die  Dinge  entwickelt  haben.  Ein  Gadung  von 
60  Lasten  kommt  1600  zuerst  vor,  wird  aber  in  den  folgen- 
den Jahren  als  Rahsegel  von  50  Lasten  verzeichnet.  1607 
und  1609  wird  dann  wieder  ein  Gadung^  aufgeführt. 
1614  erscheint  die  erste  Pinasse  von  75  Lasten,  die  dann 
in  allen  folgenden  Jahren  wiederkehrt.  Die  Seebriefregister 
verzeichnen : 


1  Beidemal  dasselbe  Schiff:  gadung,  gahding. 


Fleute. 


117 


Pinasse 


1619  1620  1621 

Schiffe  Lasten   Schiff e  Lasten   Schiffe  Lasten 

1  :  70  ~  _ 


Rahsegel 

— 

2  :  108 

2 

140 

Boote  .... 

14  :  806 

9:665 

21 

1280 

Bojer  .... 

1  :24 

2  :  70 

4 

160 

Witschiffe   .     . 

2  :41 

— 

1 

•28 

Kravele   .     . 

— 

— 

22 

404 

Schmacke     .     . 

— 



1 

16 

Sehraalschepeken 

— 

— 

1 

16 

Summe     .     .     . 

18  :  941 

13  :  843 

52 

:  2044 

Die  Pinasse  ist  1621  zu  den  Rahsegeln  gerechnet,  ebenso 
ein  Schiff  von  70  Lasten,  das  1619  unter  den  Booten  steht, 
1620  aber  auch  als  Rahsegel  bezeichnet  ist.  Es  ist  zweifels- 
frei, daß  die  sogenannten  Boote  in  der  Mehrzahl  als  Fleuten 
anzusprechen  sind.  1620  befanden  sich  unter  den  9  auf- 
geführten allein  3  von  100  Lasten  Tragfähigkeit.  1621 
ist  allerdings  auch  eine  ganze  Anzahl  kleinerer  Boote  von 
30,  35,  40,  45  Lasten  gebucht  worden. 

Tatsächlich  waren  die  Vlieboote  die  allerersten,  die 
auf  den  Aussterbeetat  kamen.  AVitsen,  dessen  Werk  1671 
erschienen  ist,  erwähnt  sie  noch  einmal,  indem  er  erklärt, 
daß  man  an  Stelle  von  Bojern  und  Gralioten  von  70  Lasten 
besser  dreimastige  Boote  derselben  Größe  baut.  Sonst 
macht  er  keinerlei  Angaben  mehr  über  den  Typ.  Er  war 
anscheinend  damals  schon  verschwunden. 

Die  Bremer  Liste  zeigt  deutlich,  wie  sehr  die  Ent- 
wickelung  den  Bojern  Abbruch  getan  hat.  Sie  haben  sich 
auf  einigen  Routen  jedoch  noch  lange  zu  behaupten  ver- 
mocht. Reinier  Nooms  hat  auf  seinem  Stich  „De  Roo- 
waensche  Kaey"  in  Amsterdam  Bojer  an  Bojer  abgebildet. 
Auf  dieser  Route,  als  Börtfahrer  von  Amsterdam  nach 
Ronen,  kennt  und  schätzt  auch  Witsen  den  Typ  noch. 
Bei  Cornelis  van  Yk,  dessen  Nederlandsche  Scheepsbouw- 
konst  1697  erschien,  kommen  Bojer  nur  noch  als  kleine 
Binnenfahrer  vor.  Als  solche  findet  man  sie  heute  noch 
auf  der  Zuyderzee  und  auf  der  Eider. 


XXo  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

Der  Typ  ist  auch  keineswegs  im  17.  Jalirliundert 
ausgestorben,  sondern  nur  durcli  einen  völlig  wesensver- 
wandten Sprößling,  die  Galiot,  abgelöst  worden.  Es  ist 
bekannt,  daß  mit  dieser  Schiffsart,  die  nebenbei  bemerkt 
eine  große  Mannigfaltigkeit  der  Formen  umschloß,  noch 
einmal  im  19.  Jahrhundert  ein  Vorstoß  der  Kleinschiffahrt 
in  den  großen  Seeverkehr  erfolgte,  daß  Galioten  von  40 
und  50  Lasten  nach  allen  amerikanischen  und  ostasiatischen 
Häfen  ihren  Weg  fanden  und  sogar  den  Erdball  um- 
kreisten. 

Der  Name  Kravel  ward  im  Anfang  des  17.  Jahrhun- 
derts allmählich  mit  dem  Namen  Schmack^  vertauscht, 
der  späterhin  wieder  den  Bezeichnungen  Tjalk  und  Kuff 
zum  größeren  Teil  das  Feld  einräumen  mußte.  Das 
Sprietsegel  ist  seit  etwa  1620  mehr  und  mehr  durch  eine 
ebenfalls  in  friesischen  Gewässern  zuerst  auftretende  neue 
Segelform,  das  Gaffelsegel  ersetzt  worden.  Dieses  Segel 
ist  gleichzeitig  auch  auf  den  Bojern  eingeführt  worden. 
Die  niederländischen  Küstenfahrer  zeigten  übrigens  eine 
außerordentliche  Vielseitigkeit  der  Formen  und  Takelung. 
Von  größerer  Bedeutung  ist  der  Typ  der  Huker  oder 
Hoeker  geworden,  ein  Nachkömmling  der  alten  Houk- 
boote  ^,  der  seit  etwa  1630  langsam  sich  einbürgerte  und 
mit  den  Galioten  in  die  Erbschaft  der  Bojer  teilte.  Die 
Huker  des  17.  Jahrhunderts  führten  einen  großen  Mast  mit 
zwei,  gelegentlich  sogar  drei  Rahsegeln  und  zwei  oder  drei 
Stagsegeln  und  einen  kleinen  Besanmast  mit  einem  Gaffel- 
segel. Der  Typ  bewahrte  sich  aber  gleich  den  Galioten 
eine  große  Freiheit  der  Formen^. 


^  In  England  heute  noch  gültig  für  fast  alle  kleineren  Fahrzeuge. 

2  Vgl.  oben  S.  94,  Anm.  1. 

3  Brauchbare  Statistiken  über  die  Verbreitung  der  einzelnen 
Typen  in  späterer  Zeit  fehlen  gänzlich.  In  Hamburger  Verkaufs- 
protokollen der  Jahre  1687  bis  1691  werden  gelegentlich  die  Schiffs- 
arten angeführt,  so  5  Pinaßschiffe,  darunter  eins  von  107  Fuß  Länge, 
28  Fuß  Breite  und  190  Lasten  Tragfähigkeit,  2  Fleutschiffe,  1  Buys- 
schiff,  4  Galliothschiffe,  1  Galliot,  1  Huker  von  40  Lasten,  4  Schmack- 
schiffe,  darunter  1  von  40  Lasten,  1  Schute  mit  einem  Bergholz 
von  12  Lasten.     Bei  23  Schiffen  fehlt  jegliche  Bezeichnung. 


G-rundzüge  der  weiteren  Ent wickehing.  119 

Grnmdzüge  der  weiteren  Entwickeluiig. 

„De  geslacliten  van  schepen  werden  dikmael  zeer  ver-. 
mengt."  Dieser  Ausspruch  von  Witsen  kann  als  Leit- 
motiv für  die  Greschichte  der  Scliiffsformen  im  weiteren 
Verlauf  des  17.  und  18.  Jahrhunderts  gelten.  Man  war 
rastlos  tätig,  entwickelte  immer  neue  Abarten,  kombi- 
nierte und  spezialisierte.  Mode  und  äußere  Motive,  Ab- 
gaben, Subsidien  und  Prämien  übten  ihren  Einfluß  auf  die 
Formengestaltung  aus.  Der  Gesamtfortschritt  war  dabei 
aber  gering. 

So  anziehend  es  wäre,  die  Greschichte  der  einzelnen 
Typen  auch  weiterhin  zu  verfolgen,  so  ist  dies  doch  eine 
Aufgabe,  die  eine  ganz  andere  Basis  erfordert,  als  der 
bisherige  Teil  dieser  Arbeit.  Ein  außerordentlich  reiches 
Material  an  Bildern  und  Druckwerken  über  Schiffe  und 
Schiffbau  liegt  bereits  aus  dem  17.  Jahrhundert  vor.  Sogar 
brauchbare  Modelle  sind  aus  dieser  Zeit  auf  uns  gekommen, 
Bauzerter,  nach  denen  man  die  Fahrzeuge  heute  jederzeit 
nachbauen  kann,  Anweisungen  für  den  Schiffer  zur  Auf- 
takelung und  Ausrüstung  seines  Schiffes,  die  alle  Einzel- 
heiten berücksichtigen,  jeden  Block,  die  Stärke  jedes  Taus^. 
Dabei  muß  aber  doch  das  Wichtigste,  die  Kenntnis  der 
Leistungen  einer  bestimmten  Schiffsart,  erst  aus  Archivalien 
erarbeitet  werden.  Es  fehlen  die  Statistiken,  die  eine  Gre- 
schichte der  Verbreitung  der  einzelnen  Typen  einfach 
ablesen  lassen.  Und  doch  kann  eine  Darstellung  nur  Leben 
gewinnen,  wenn  sie  die  verschiedenen  Schiffsformen  in 
ihrer  Wirksamkeit  zu  erfassen  vermag,  wenn  sie  sie  mitten 
in  das  Verkehrsleben  hineinsetzen  kann.  Denn  das  wird 
jedem  klar,  der  sich  eingehender  mit  den  Schiffstypen  der 
zweiten  Hälfte  des  17.  und  des  18.  Jahrhunderts  beschäftigt, 
daß    hier    keine    gerade    Linie    des    Fortschritts    herrscht, 


1  Z.  B.  De  volmaakte  bootsman,  vervattende,    lioe  men  uit  een 
gegeven    sclieepslengte   de  voornaamste  sclieepsdeelen  zal  vinden,  de, 

bemasting Te  Amsterdam  [ohne  Jahr].     By  de  wed.  Hulst  van 

Keulen,  ein  Buch,  das  in  ungezählten  Exemplaren  abgesetzt  worden  ist. 


120  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypen. 

sondern  ein  Auf  und  Ab.  Einmal  gilt  dieses,  dann  wieder 
jenes  Prinzip.  In  einigen  Jahrzehnten  erlangen  die  kleinen 
Schiffe  größere  Bedeutung,  um  dann  in  anderen  wieder 
zurückzutreten. 

Ganz  bezeichnend  ist  die  versteckte  Polemik  Cornelis 
van  Yks  gegen  seinen  Vorgänger,  den  gelehrten  Amster- 
damer Senator  Witsen,  der  ein  eifriger  Fürsprecher  von 
schmalen,  scharfgebauten  Schiffen  war.  Van  Yk,  der  sich 
Witsen  gegenüber  gern  als  den  Praktiker  aufspielt,  was 
ihn  jedoch  nicht  hindert,  seitenweis  seinen  Vorgänger  aus- 
zuschreiben, erklärt  u.  a.:  „Wie  man  hierzulande  mit  allzu 
eng  gemachten  Schiffen  viele  Jahre  lang  hat  ,worstelen' 
und  Ungemach  und  großen  Schaden  erleiden  müssen,  werden 
die  noch  wohl  im  Gedächtnis  haben,  deren  Schiffe,  als  sie 
bei  einer  Marssegelkühlte,  d.  h.  einem  Winde,  bei  dem  man 
die  Marssegel  noch  beibehält  und  nur  die  Bramsegel  birgt, 
in  See  kamen,  auf  die  Seite  fielen  und  wieder  binnen  ge- 
bracht werden  mußten,  worauf  die  sonst  wohlproportionierten 
Masten  und  Rahen  verkürzt  und  ,verdünnt',  die  Ladung 
umgestaut,  halbe  oder  ganze  Decks  abgebrochen,  ja  ein 
Bauch  um  die  Seiten  zur  Verbreiterung  des  Schiffs  gebaut 
wurde."  Breite  Schiffe  sind  nach  ihm  das  einzig  Emp- 
fehlenswerte für  die  niederländischen  Gewässer,  weil  man 
dann  den  Tiefgang  verringern  konnte^. 

Später  ist  man  wieder  anderer  Meinung  geworden. 
So  wechselten  die  Auffassungen.  Die  besten  technischen 
Leistungen  wurden  auf  dem  Gebiet  des  Kriegsschiffbaus 
erzielt.  Hier  brauchte  man  nicht  auf  die  Kosten  zu  sehen, 
wenn  es  nur  gelang,  den  Gegner  zu  überholen.  Für  den 
Kauffahrer  aber  war  die  Rentabilität  das  wichtigste.  Daher 
haben  viele  bei  Kriegsfahrzeugen  erprobte  Neuerungen  bei 
der  Kauffahrteiflotte  keinen  Eingang  gefunden.  Die  großen 
Linienschiffe  konnten  ihre  Segelfläche  bei  ruhigem  Wetter 
durch  Lee-  oder  Stagsegel  außerordentlich  vergrößern. 
Der  Frachtfahrer  mußte  rechnen,  ob  sich  die  Anschaffung 
und  Mitnahme  solcher  Segel  auch  lohnte. 

^  Cornelis  van  Yk,  De  Nederlandsche  Scheepsbonwkonst  open 
gestelt  (Delft  1697)  S.  14. 


Grundzüge  der  weiteren  Entwickelung.  121 

Große  Umwälzungen  gab  es  erst  im  19.  Jahrhundert 
wieder.  Mit  der  Einführung  der  Fleuten  war  ein  Höhe- 
punkt erklommen;  man  hatte  eigentlich  erreicht,  was  sich 
mit  den  Materialien,  aus  denen  die  Schiffe  und  ihre  Takelung 
bestanden,  schaffen  ließ,  ohne  die  Rentabilität  in  Frage  zu 
stellen.  Auch  insofern  hat  die  Folgezeit  keine  Änderung 
gebracht,  als  der  Typ  des  dreimastigen  Schiffes  herrschend 
blieb,  wenn  auch  seine  wirtschaftliche  Bedeutung  Schwan- 
kungen unterlag.  Der  Name  Pinaßschiff  ist  im  Anfang  des 
18.  Jahrhunderts  durch  die  Bezeichnung  Fregattschiff  ab- 
gelöst worden.  Im  19.  Jahrhundert  nannte  man  die  erst- 
klassigen Dreimaster  nur  „Schiff",  späterhin  Vollschiff. 
War  der  Besanmast  nicht  voll  getakelt,  d.  h.  mit  Rahsegeln 
versehen,  so  wurden  sie  Bark  oder  Barkschiff  genannt. 
Es  soll  hier  wenigstens  der  Weg  vom  Pinaß-  zum  Voll-  oder 
Barkschiff  skizziert  werden.  Anfang  des  18.  Jahrhunderts 
sind  unter  englischem  Einfluß  die  ansteigenden  Decks  durch 
wagerechte  ersetzt  worden.  Das  Mastchen  auf  der  Spitze 
des  Bugspriets  wurde  abgeschafft,  dafür  das  Bugspriet 
durch  eine  Stenge,  den  sogenannten  Klüverbaum,  verlängert 
und  mit  dreieckigen  Stagsegeln  an  Stehe  der  Bovenblinde 
besegelt.  Etwas  später  ist  die  Blinde  in  Fortfall  ge- 
kommen. Um  1720  begann  man  statt  des  lateinischen 
Besansegels  ein  Gaffelsegel  anzubringen.  Damit  war  auch 
die  Möglichkeit  gegeben,  den  Besanmast  unten  mit  einem 
Rahsegel  auszustatten.  Nelson  endlich  hat  den  viereckigen 
Abschluß  des  Vorderschiffs  beseitigt  und  die  Bordwand 
bis  zur  Galion  fortgeführt,  um  den  schweren  Verlusten 
vorzubeugen,  die  eintraten,  wenn  eine  Kugel  die  dünne 
gerade  Wand  durchschlug  und  nun  das  ganze  Deck  abfegte. 

Bis  1770  hat  bei  den  Kauffahrern  keine  wesent- 
liche Größensteigerung,  sondern  eher  ein  Rückgang  statt- 
gefunden. Nur  ausnahmsweis  war  ein  Handelsschiff  im- 
stande, mehr  als  300  Lasten  zu  laden.  Dann  aber  schritt 
man  allmählich  zum  Bau  von  größeren  Schiffen.  Zur 
napoleonischen  Zeit  hatten  die  größten  britischen  Ost- 
indienfahrer ein  Fassungsvermögen  von  1200  Tonnen. 
Das    ist    auch    nicht    mehr,    als    im    16.    Jahrhundert    die 


122  Die  Entwickelung  der  wichtigsten  Schiffstypeu. 

größten  spanischen  und  italienischen  Karacken  laden 
konnten.  Immerhin  war  die  Durchschnittstragkraft  der 
überseeischen  Kauffahrer  etwas  größer  als  damals.  Die 
Maße  der  Linienschiffe  allerdings  gingen  beträchtlich  über 
das  hinaus,  was  das  16.  Jahrhundert  bei  seinen  mächtigsten 
Schiffen  hatte  leisten  können. 

Im  Laufe  des  19.  Jahrhunderts  hat  der  Segelschiff- 
bau noch  einmal  große  Fortschritte  gemacht.  Man  hat 
die  Proportionen  geändert.  Die  Schiffe  sind  länger,  schmaler, 
vor  allem  größer  geworden  und  viel  reicher  besegelt.  Die 
wichtigsten  Anregungen  dazu  sind  nicht  mehr  von  Europa, 
sondern  von  den  Amerikanern  ausgegangen,  deren  Handels- 
flotte zur  Zeit  der  napoleonischen  Kriege  einen  gewaltigen 
Aufschwung  nahm  und  vielfach  für  die  europäischen  Schiff- 
bauer vorbildlich  wurde,  zunächst  durch  ihre  Schuner 
und  seit  den  vierziger  Jahren  durch  ihre  Klipper,  scharf- 
geschnittene, tiefladende  Fahrzeuge  mit  vier  oder  fünf 
Eahsegeln  an  jedem  Mast.  Das  Aufkommen  dieses  Types 
hat  zeitweilig  sogar  eine  regelrechte  Krisis  im  englischen 
Schiff baugewerbe  hervorgerufen,  bis  die  Briten  selbst  die 
Formen  nachahmten  und  weiter  entwickelten.  Aber  der 
Abstand  der  berühmten  Teeklipper  von  den  Fleuten  ist 
doch  längst  nicht  so  groß,  wie  es  der  der  Fleuten  von  den 
Rahsegeln  war. 

Man  hat  den  Viermaster  wieder  eingeführt  und  sogar 
Fünfmaster  gebaut  mit  sechs  Rahsegeln  an  jedem  Mast. 
An  Stelle  des  Holzes  ist  Eisen  und  später  Stahl  verwendet 
worden.  Hilfsmaschinen  sind  eingebaut.  Trotzdem  scheint 
heute  das  Verschwinden  des  Segelschiffs  aus  dem  großen 
Seeverkehr  nur  noch  eine  Frage  kurzer  Zeit  zu  sein. 


Sachregister. 


Abgaben  119. 

Abtreiben  86,  96. 

Achter  -deck  104,  -schiff  104,  105, 

-Steven  71,  74,  86. 
Anker  15,  22,  34,  61,  66,    -hebe- 

balken  30,  -Ordnung 49, -stock 86. 
Armada  100. 

Armierung  61,  85,  s.  Geschütze. 
Aufbauten  7,  14,  16,  30,  35,  38,  42, 

46,  74,  75,  76. 
Anfenthaltsraum  84 — 86. 
Ausrüstung  16,  119. 

Bagger  21. 

Baken  21. 

Bakstag  14,  80. 

Ballast  25,  88. 

Batteriedeck  64,  104. 

Bauzerter,  -vertrage  37,  39,  71,  84, 

119. 
Bedienung  der  Segel,  s.  das. 
Beplankung  3,  10,  55,  56,  58,  59, 

s.  Klinker,  Kravel. 
Bergholz  56,  68,  74,  84,  86,  99,  118. 
Besan-,  s.  Mast,  Eah,  Segel,  Spriet. 
Besatzung,  Bemannung  18, 19,  29, 

39,  40,  60,  62,  83,  85,  93, 108, 113. 
beschotten  86. 
Bier  47. 

Bünde,  s.  Rah,  Segel. 
Block  54,  55,  119. 
Boden  84. 


Bonnets  14,  20,  39,  61,  62,  63,  67, 

80,  83. 
Bootsleute  16. 
Bord,  Bordwand  4,  14,  121. 
Bram-,  s.  Eah,  Segel,  Stenge. 
Brassen  14,  55. 
Breitfock-,  s.  Rah,  Segel. 
Brustwehr  14,  16. 
Bug  7,  14,  30,  34,  35,  75,  80,  105. 
Bugspriet  15,  30,   61,  62,   66,  85, 

86,  95,  99,  106,  121. 
Bulienen  55. 
bussebank  (Geschützbank)  86. 

Cogge  (Koog)  49. 
Cogsculd  23,  24. 
Cokingi  23. 

Deck  14,  38,  39,  40,  61,  67,  68,  75, 

84,  85,  96,  105,  120,  121. 
Durk  84—86.      ' 

Eisen,  iserwerck  86,  122. 

Fahrwasser  21—24,  53,  55,  76—79. 

Feuerbaken  22,  44. 

Feuerwaffen  32. 

Fischerei.  Fischfang  89,  92,  94,  95. 

Fingerlinge  15. 

Flaggenspiel  72. 

Flaschenzug  54. 

Fock-,  s.  Mast,  Rah,  Segel. 

Fracht  45,  48,  114,  115. 


124 


Sachregister. 


Tührung  16. 
Fußboden  5. 

Galerie  71. 

Galion  70,  71,  105,  121. 

Garnierung-  111. 

Geer  80. 

Geländerwerk  95. 

Geschütze  61,  84—86,  104,  109. 

Geschwaderfahrt  27,  87. 

Getreide  35,  91,  95. 

grope  61. 

Groß-,  s.  Mast,  Eah,  Segel. 

Hafen,  -Verhältnisse  21,  22,  23, 
-Ordnung  83. 

Halsen  55. 

Haut  55,  56,  74,  84,  85. 

Heck  7,  15,  27,  30,  34,  35,  70,  80, 
-auf bau  51,  -bord  71,  -rüder 
(Steuer)  7,  27,  28,  30,  80. 

Heringsfang  92,  93,  s.  Last. 

Heuer  37,  39,  113. 

Heures  de  Turin  79. 

Hilfsmaschinen  122. 

Holzfahrt  72,  93. 

Hütte  5. 

Kajung  22,  83. 

Kalefatern  77. 

Kamele  77. 

Karren  16. 

Kastell  14,  30,  42,  46,  50,  51,  61, 

62,  64,  75. 
Kabeljau  81,  92,  95. 
Kiel  3  —  5,  14,  34,  67,   68,  70,  71, 

73,  75,  76,  86,  87,  96,  -bank  60, 

-länge  106,  107. 
Klinker,  -beplankung,  -werk  3,  13, 

56,  58,  64,  80,  90. 
Klüver,  s.  Segel,  Stenge. 
Konvoi  48,  68,  79,  115. 
Korsaren  32. 
Kravelsbeplankung   9,  56,   58,  59, 

64,  65,  74. 
Kreuzzüge    15,  25,  26,   31,  33,  36, 

37,  39. 


Krumholz  74. 
krutze  14. 

Laden  21,  77,  83;  Ladefähigkeit  8, 
16—18,  21,  27,  44,  54,  61,  72,  75, 
79,  88,  89,  97,  107,  117,  121, 
-marken  53,  -räum  5,  104,  105. 

Landmarken  21. 

loningen  86. 

Last,  Herings-,  Kommerz-,  Rog- 
genlast 8,  16—19,  44,  53,  93,  97, 
99. 

Lastadie,  Lastadienbücher  53,  91, 
106. 

Laterne  21,  75. 

Leistungsfähigkeit  20,  21. 

Lotsengeld  78. 

Löschen  21,  77,  83. 

marke  22. 

Mars  14,  16,  59,  Gefechts-  42. 

Maße,  Schiffsmaße  3/4,  14,  16,  17, 
61,  68,  70-76,  83—86,  118. 

Mast  4,  5,  7—9,  14,  20,  37,  44,  49, 
54,  59,  61-63,  72,  80,  82,  91, 
93—96,  106,  107,  120-122,  -fuß 
67,  -korb  14,  Besan-  62,  63,  82, 
86,  91,  94,  105,  107,  118,  121, 
Fock-  62,  63,  67,  75,  94,  99,  105, 
107,  Groß-  63,  64,  66,  70,  72,  85, 
86,  94,  99,  105,  107,  118. 

Miniaturen  6,  51,  79. 

Modelle  119. 

Münzen  4,  6. 

Naturvölker  1. 
Nock  55. 

Oberbauten  72. 
Oxhofd  16. 

Passagiere  16,  17,  39,  75. 

Pfundzoll  17—20,  78,  101. 

Pipe  65. 

Planken  3,  5,  13,  56,  58. 

Plattform  16. 

Prämien  119,  s.  Versicherung. 


Sacliregister. 


125 


Proportionen  27,  103,  105—107, 
115,  122. 

Proviant  16,  50,  74. 

puddavel  (=  Poldavel,  grobes  Se- 
geltuch) 86. 

pumpkakers  76. 

Back  14. 

Rah.  5,  7,  14,  34,  38,  52,  55,  62, 
63,  73,  80,  85,  86,  105,  107,  120, 
-band  63,  Blinde-  86,  Breitfock- 
86,  Fock-  71,  Groß-  71,  73,  Top- 
segel- 86. 

Eaom  16,  84—86. 

Peeder,  Reederei  59,  72.  114. 

Peef ,  -bände,  -seisinge  14,  15,  55. 

Peeiing  7. 

Peisenzahl  20,  21,  83.  101,  112, 
115. 

Pentabilität  120,  121. 

Piemen  4,  5,  8,  11,  20,  32,  44,  95. 

Pippen  3,  56. 

Poles  d'Oleron  25,  33. 

Poof  85,  96,  104,  105. 

Puder  (Steuer)  3,  5,  11,  13,  15,  27, 
38,  61,  71,  -gat  61,  -pinne  15, 
42,  -zoll  91,  Seiten-  30. 

Puderbänke  3. 

Puderer  32. 

Pumpf  10,  39,  51,  64,  95. 

Salz,  Salzmaß  19,  45,  52,  54,  72,  89. 
Scbelfiscli  81. 

Schiffbau  40,  41,  46,  50,  52—55, 
58,  59,  65-70,   76,  84  —  86,  91, 

97,  104,  110,  115,  116,  120,  122. 
Schiffer  8,  53,  87,  88,  -bücher  98. 
Schiffrecht  25,  63. 
Schiffsbestand   (Statistik)  88,   89, 

98,  101,  117. 
Schiffsbezeichnungen ,     Typenna- 
men 7—10,  99. 

Auslieger  59. 

BaHnger,  balinger,  baleiniere 
46,  57,  59. 


Bardze,     Bärge,     bargia     32, 

44—46,  57,  59,  75. 
Bark,  Barkschiff  8,  121. 
Barkantine  8. 
Barke  8. 
Bergantino  7. 
Berton  74,  116, 
Binnenfahrer ,     Einnenlands- 

fahrer  47—50,  117. 
Bojer  10,  48,  57—59,  81—92, 

96  —  99,   106,  112,  115,  117, 

118. 
Boot  9.  16,  59,  61,  83,  88,  89, 

92, 94—99, 101, 102. 104—107, 

112,  115-117. 
Bordiug  22. 
Börtfahrer  117. 
Brigantine  8. 
Brigg  8. 
bucca,    bucia,    buscia,    hussa, 

butium ,     buza    38,    92,     s. 

Mittelmeerlastschiff. 
Büse,    buisses,   buvsschip  45, 

57,  88,  89,  92—95,  118. 
ceol  43. 

Dampfschiffe  32. 
Dreidecker  70. 
Dreimaster     38,     62,    63,    83, 

89—91,  105,  121. 
dromunda  38. 
Doggboot  92,  97,  99. 
Einbaum  2,  3,  43,  44. 
Einmaster  62. 
Esping  16,  61. 
Ewer,    eever,    envare,    yver, 

ghrotever  28,  44,  57. 
Filucca  7,  8. 
Fischerboot,  -fahrzeug  10 — 12, 

23,  24,  28,  45,  48,  57,  95. 
Fleute,  Fliete,  Fluite,  Fleut- 

schiff    102—110,    112—118, 

121. 
Frachtfahrer  17,  88. 
Fredekogge  32. 
Fregatte,   Fregattschiff  8,  9, 

121. 


126 


Sachregister. 


Fünfmaster  122. 

Furblasen  88,  89. 

Gadiing,  Gaing  95,  102,  103, 

113,  116. 
Galeasse  7,  8. 
Galeere,    galea    7,  8,   11,   32, 

34—37,  40,  41,  57,  60,  62. 
Galeon  66,  67,  75,  76,  109. 
Galeotta,  Galiot  7,  8,  96,  104. 

117,  118. 
Gokstadboot  4,  5,  11. 

Hering-sfänger  89,  92 — 94. 

Heuden  47. 

hoicbort  94. 

Holländer  116. 

Houkeboote,   hukboet  44,  80, 

94,  97,  118. 
Hoye  83,  89,  91. 
Huker,  Hoeker  118. 
Hulk,  Holk  7,  20,  41,  43—46, 

50—52,  57,  58,  64,  67,  83,  88, 

89,  93,  107. 

Jacht  83. 

Kaag,  Kaghe,  cage  49. 

Kahn  3,  9. 

Karacke  9,  42,  43,  45,  46,  52, 

57,  66,  67,  76,  122. 
Karavele  9,  56—58,  90. 
Kauffahrteischiff  98,  120. 
kiel  43. 

Kirchgängerboot  12. 
Kleinschiffahrt  40,  47,  81,  83, 

90,  91,  118. 
KUpper  122. 

Kogge  10,  12—16,  18-31,  34, 
36,  37,  39—50,  55,  57,  62, 
100,  kleine  K.  Binnenkog- 
gen ,   koggeschepen  47 — 50. 

Koggenpleyte  46. 

Korvette  9. 

Kraier  9,  44,  57,  58,  88,  89. 

Krake  66. 

Kravel  9,  10,  57—61,  63—65, 
68,  70—74,  83,  85,  89,  90, 
98,  99,  117,  118. 


Kravelshoye  89. 
Kriegsschiffe,  -fahrzeuge  32, 

33,  66,  68,   70-72,  92,  100, 

105,  120. 
Kuff  8,  9,  118. 
Küstenfahrer  9,  10,  45,  48,  86, 

93,  118. 

Langschiffe  4. 

Lastschiff  2,  10,  24,  25,  27,  28, 

30,  31,  33-40,  43-45,  47,49, 

62,  66,  78,  83. 
Leichter,  Leichtern,  9,  22,  23, 

77,  83,  84. 
lignum  cohopertum  40. 
Linienschiffe  120,  122. 
Lotsmannsboot  97. 

Mittelmeerlastschiff  36—40. 

Nachen  9. 

Nao  9,  43,  66,  67. 

Nave  9,  43,  62,  66,  110. 

navicula  43. 

Navio  116. 

Navis  12,  26,  38,  40,  43. 

Nef  9,  24-31,  34,  41—43,  57, 

58. 
Nydamboot  3,  4,  11. 
Panzerfregatte  8. 
Pinasse,  Pinaßschiff  104,  105, 

107,  110,  112,  115-118,  121. 
Pinke  9,  81,  89,  90,  94. 
Pleyte,  pleiteschip  44,  45,  49. 
Prahm  22,  83. 

Rahbojer  85,  89,  98. 
Eahsegel  58,  74, 75,  83,  87—89, 

91 ,     97  —  99  ,      101  —  103, 

105-107,  110,  112,  116,  117. 
Eheinschiffe,    rijnscepen    48, 

81. 
Puderboote,  -fahrzeuge  3 — 5, 

7,  8,  10—13,  24,  31,  32,  36, 

45.     ■ 

Schaluppe  8. 

Schiff,  schip,  ship  8,  9, 19,  26, 
29,  45,  46,  49,  75,  121. 


Sachregister. 


127 


Schmack,  smack,  smackzeyl  8, 

48,  58,  83,  87,  117. 
Schmalschiff,  smalschip  10, 89, 

117. 
ScLinicke.   snicke   19,   32,    59, 

80. 
Schmier,  Schooner  8,  122. 
Schute  20,  32,  44,  47,  49,  87, 

89—91,  98,  99,  118. 
Seeschiff  10,  44,  48,  50. 
Snake  29. 
soyen  44,  49. 
tarida  40. 
Teeklipper  122. 
Tjalk  9,  82,  90,  118. 
Tonnenbojer  85,  86. 
Tonneuschiff  80. 

Überwattfahrer  18,  78,  79,  81, 

82,  86,  90. 
urca  75,  100,  s.  Hulk. 
Vaisseau  9,  57,  121. 
Viermaster  66,  68,  105,  122. 
Vheboot  97,  99,  102,  116. 
Vollschiff  121. 
Avaterscepen  48. 
Weitschiff,    witschip    10,   89, 

98,  99,  117. 
Zweimaster  62. 

Schiffsbilder  6,  7,  50,  84. 

Schiffsgrößen  18,  19,  27,  29,  40, 
42,  44,  52—54,  64,  65,  72,  89,  92, 
93,  97—99,  101,  105—107,  111, 
118,  121,  s.  Ladefähigkeit. 

Schiffsinventar  61. 

Schiffsnamen  7,  8,  45,  46,  52,  65, 
66,  69,  70,  71 ;  das  große  Kravel 
59—61,  63,  64,  68,  75,  100,  105; 
der  große  Adler  von  Lübeck  71, 
72,  74,  75. 

Schiffsordnung  44,  77. 

Schiffsschraube  108. 

Schiffsvermessung  16,  17,  111. 

Schiffsvolk  40. 

Schiffswert  18.  19. 


Schiffszoll  111. 

Scholle  81. 

Schoten  14,  80. 

Schwerter  86,  87. 

Schwimmdock  77. 

Seebrief,  -register  49,  92,  97,  98, 

111,  116. 
Seerecht  25,  33. 
Seetonnen  22. 
Seezeichen  21,  22. 
Segel  4,  5, 11, 14,  20,  34,  43,  55—57, 
61,  63,  64,  73,   96,  99,  107,  108, 
120,  122. 
Besan-  61-63,  66,  67,  85,86, 

105,  121. 
Elinde    65,    85,    86,    99,    106, 

120. 
Bovenblinde  106,  121. 
Bram-  67,  105,  107,  120. 
Breitfock  86. 

Fock-  49,   61,  64,   66,  67,  80, 

85,  86,  105,  107. 
Gaffel-  118,  121. 
Groß-  61-64,  66,  67,  73,  105, 

107,  108. 
Klüver  80. 
Kreuz-  105. 

lateinisches  Segel  8,  9,  38,  39, 
57,  62,  63,  82,  85,  121. 

Lee-  120. 

Mars-  67,  105,  107,  120. 

Rah-  5,  14,  39,  54,  67,  80,  83, 
85,  95;  105,  106,  118,  121, 
122. 

Schmack-  80,  81. 

schonefarers-  61,  64. 

Spriet-  49,  80—83,  85,  86,  118. 

Stag-  85,  118,  120. 

Top-  66,  67,  85,  86,  99. 
Segelbedienung    39,    54,    55,    73, 
-leistungen  15,  83,  92,    -macher 
86. 
Siegel  6,  7,  10—16,  27,  28,  30,  31, 
41,  50,  51,  64. 


128 


Spanten  3,  13,  34,  74. 

Spiegel  105. 

Spriet  80,  Besan-  86,  Bug-,  s.  da- 
selbst. 

Stag  14,  80. 

Stallungen  39. 

Stenge  86,  121,  Bram-  72,  große 
72,  Klüverbaum  121. 

Steuer,  s.  Ruder. 

Steuerbord  11,  12,  27,  28,  39. 

Steuerung  5,  15,  27. 

Steven  3—5,  11,  12,  71. 

Stückgut  115. 

Subsidien  119. 

Takelung,  -werk  10,  14,  27,  54,  55, 
62-64,  66,  72—74,  80,  84-86, 
95,  96,  105—107,   115,  118,  119. 

Tauwerk  61,  119. 

Tiefgang  21,  22,  34,  53,  54,  72,  75, 
76,  78,  82-84,  86,  99,  103,  106, 
107,  120. 

Tonne  16,65,Tonnengeldbüclier98. 

Topkastell  42,  s.  Mast,  Segel. 

Tragfähigkeit,  s.  Ladefähigkeit, 
Schiffsgröße. 


Sachregister. 

Turm  21,  34. 


Überlauf  34,  42,  61,  68,  74,  84—86, 

96. 
Unterkunftsraum  50,  74. 

Versicherung  114,  115. 

voerhuys  22. 

Vorderkastell  66. 

Vordersteven  30,  42,  71,  73,  74,  95. 

Vorunter  84—86. 

Votivbild  69. 

Wagen  16. 
Wanten  14,  80. 
Webeleinen  14. 
Wein  12,  24,  25,  33,  43. 
Weinfaß  16,  17. 

Wind,  Segeln  beim,  vor  dem  usw. 
5,  15,  21,  55,  63,  76,  86,  102,  107. 
wyntkoppelen  86. 
Wracker  53. 

Zimmermann  53. 

Zollrolle,  Zollschreiber  28,  44,  88. 


Orts-  und  Personenregister. 


Accon  26. 

Ägypten  25,  37. 

Algier  109,  115. 

Almere  (Zuiderzee)  23,  24. 

Alsensund  3. 

Ameland  79,  97. 

Amerika  4,   16,   17,  109,  118,  122. 

Amsterdam  9,   21,  44,  48,  51,  73, 

77,  79,  82,  87,  91,  95,   97,  109, 

114,  115,  117,  120. 
Angelsaclisen  6. 
Antoniszoon,  Kornelis  (Planzeicli- 

ner)  87. 
Antwerpen  77,  91, 
Aquitanien  33. 
Araber  43. 
Arnemiiyden  77. 
Atlantischer  Ozean    1,  2,   25,   32, 

36,  37,  41,  83. 
Auch  33. 

Baie,  Bai  von  Bourgneuf,  Baien- 
fahrt 19,  20,  52,  54,  82. 

Barcelona  40. 

Basken  2. 

Bayeux,  -teppich  7,  11. 

Bayonne  32,  33,  39,  40. 

Been,  Hans,  lübischer  Bergen- 
fahrer 69. 

Beneke,  Paul  60. 

Bergen  11,  15,  19,  20,  47,  69. 

Hagedorn,  Die  Entwickelung  der 


Biscayen  65. 

Boeff,  Marot,  von  la  Eochelle  59. 

Bologna  51. 

Bordeaux  25,  29,  33. 

Boston  51. 

Bourbon,  Louis  de,  Admiral,  63. 

Brabant  44,  48,  49,  57. 

Brasilien  109. 

Braun  und  Hogenberg  87,  96. 

Bremen  15,  26,  48,  49,  70,  97—99, 

101,  116,  117. 
Bretagne  25,   36,  56—60,  65,  74, 

90,  116. 
Briel  22,  43. 
Bristol  30. 

Britannien  2,  35,  36. 
Brouage  52,  61,  68,  81,  83. 
Brouwershaven  47. 
Brügge  13,  44,  55,  68,  92. 
Bui'gund:  Philipp  der  Clute  45,  57, 

Maria  und  Maximilian  64,  Maria 

von  Ungarn  68. 

Cadiz  15. 

Cäsar  2,  34-36. 

Calais  28,  29,  31,  90. 

Carpaccio  64,  66. 

Casenove,  G-uillaame  de,  genannt 
Coulon  65. 
:    Castro  Urdiales  12. 
I    Civilis  2. 

wichtigsten  Schiffstypen.  9 


130 


Orts-  und  Personenregister. 


Damiette  25,  36. 

Damme  13,  28,  44. 

Dänemark,  Dänen  13, 18—21,23,  70, 
91,  96;  Könige :  Waldemar  II.  21, 
Waldemar  IV.  13,  17,  Ericli  der 
Pommer  20,  Christian  II.  48. 

Danzig  13,  16,  19,  20,  22,  45,  50, 
61,  55,  59—61,  63,  68,  70,  93,  95, 
99,  111. 

Dartmouth  30. 

DentscMand ,  Deutsche  2,  8,  12, 
15,   16,  21,   23,  25—28,    41—43, 

45,  46,  53,  67,  68,  70,  76—80,  88, 
90—93,  97,  104,  115,  116;  Kaiser 
und  Könige:  Otto  I.  23,  Otto  IV. 
26. 

Deutscher  Orden  46,  62,   55,  107. 

Dithmarschen  48. 

Doggerbank  89,  92,  94,  95. 

Dordrecht  43,  44. 

Dover  29,  30. 

Downs  63. 

Drontheimer  Pjord  1. 

Dublin  81. 

Dünkirchen  116. 

Dunwich  30. 

Eider  117. 

Elbe  23,  79,  82,  91. 

Elbing  13,  20,  41,  51,  54. 

Emden  8,   10,  49,  83,  87—93,  95, 

97,  99,  101,  111,  116. 
Ems  76,  77,  90. 
England  6,  8, 11,  14,  16, 17,  24-30, 

32,  33,  37,  41—43,  45,  47,  51,  52, 
54,  57,  69,  60,  65,  69,  70,  74, 
81—83,  91,  92,  105,  111,  115, 
116,  121, 122;  Könige:  Alfred  32, 
Aethelred  43,  Wilhelm  der  Er- 
oberer 7, 11,  Pichard  Löwenherz 

33,  38,  Johann  6,  26,  43,  Hein- 
rich III.  26,  29,  Eduard  III.  42, 

46,  Heinrich  VII.  65,  Hein- 
rich VIII.  65,  66,  69,  Elisabeth 
70. 

Enkhuizen  72,  94,  96,  97. 


Evers,  Härmen,  Hamburger  Schif- 
fer 81,  82. 

Falsterbo  21. 

Paversham  29,  30. 

Pinisterre  1. 

Plaudern  13,  15,  17,  19,  20,  24-26, 
28,  33,  39,  41,  48,  50,  62,  59,  60, 
90. 

Florenz  39. 

Polkestone  30. 

Pordwich  20. 

Pouquet,  Jean,  63. 

Prankenreich  11. 

Prankreich  16,  26,  28,  30—32,  37, 
39,  42,  45,  48,  59,  60,  63,  65,  70, 
74,  81,  83,  115,  116;  Könige: 
Ludwig  der  Heilige  37,  39, 
Philipp  IV.  37,  Ludwig  XI.  63. 
Nordfrankreich  90,  Westfrank- 
reich 24,   25,  33,  36,  36,  54,  56, 

61,  90. 
Preiburg  77. 

Priesland  2,  6,  13,  15,  23—28,  49, 

78—81,  90,  96,  97,  101,  118. 
Pünfhäfen  29,  30. 
Purttenbach,  Josephus,  7,  8,  110. 

Gtalicien  32. 

Gallien  34—36. 

Gascogne  39. 

Gast  8. 

Geldern  49. 

Gent  60. 

Genua  11,   32,   37,  39,  40,  45,  52, 

62,  66. 
Germanen  2. 
Germanicus  2. 
Gibraltar  15,  36,  39,  40. 
Gloucester,  Eichard,  Herzog  von, 

51. 
Gokstad  4. 
Gouda  10,  89. 
Gravelingen  28. 
Greifswald  22. 
Griechen  2,  110. 


Orts  -  und  Personenreoister. 


131 


G-rimaldi,  Einieri  di,  39. 
Groningen  93. 
Guernsey  51. 
Gyseke,  Bernd,  81. 

Haarlem  94. 

Hamburg  8,  18-21,  23,  44,  45,  48, 

57,  59,  63,  70,    74,    76—82,  85, 

91,  93,  95,  98,  101,  116,  118. 
Hanse  13,   15,   17,   19,  32,  46,  53, 

54,  60,  92,  109. 
Harburg  100. 
Harderwijk  13,  18,  20. 
Harlingen  79,  96. 
Hastings  29,  30. 
Haultain,    Admiral  von  Zeeland, 

112. 
Helgoland  49. 
Helsingör  100. 
Hindeloopen  96. 
Hofden  25. 
Holland  32,  41,  44,  47,  48,  50,  58, 

77,  79,  81,  90,  92,  101,  109,  112, 

116;  Graf  Wilhelm  III.  43. 
Hoorn  58,  102,  103,  108. 
Horst,  Peter  von  der  Horst,  Lübek- 

ker  Navigationsscbrif tsteller,  71. 
Hytlie  17,  29,  30. 

Ipswich  30,  41,  51. 

Irland  35,  65. 

Island  81. 

Italien  32,   36,  37,  40,   41,  43,  51, 

52,  60,  62,  66—68,  74,  116,  122. 
Jerusalem  43. 
Julian,    bretonischer   Schiffbauer, 

58. 

Kampen  22,  43,  45,  47,  59,  81. 

Kanal  25. 

Katalanen  40. 

Kelten  2,  34,  85. 

Kiel  3,  13,  18. 

Köln  26. 

Kolumbus  57,  66,  67. 

Königsberg  59. 


Konstantinopel  114. 
Kristiania  4. 

Langesuud  72. 

Laredo  51. 

Levante  114. 

Lioorne,  Pieter  Janß,  Schiffbauer 

in  Hoorn,  103. 
Lissabon  31,  72,  75,  109. 
Livland  19,  101. 
Lombarde  68. 
London  43,  60,  83. 
Lothringen  43. 
Lübeck  9,  11,  15,   18—22,   27,  44, 

46,   47,  69—73,  75,  82,  90,  106, 

109,  116. 
Lüneburg  53,  55. 
Lüttich  33. 
Lydd  30. 

Lyme  Regis  28,  30. 
Lymington  51. 

Maas  17,  22,  44. 

Marsdiep  22. 

Marseille  37. 

Mauren  32. 

Mecklenburg  19,  20. 

Melcombe  Pegis  30. 

Memling,  Hans,  60. 

Meteren,  Emanuel  van,  75. 

Meyer,  Marcus,  69. 

Middelborg  77. 

Mittelmeer  1,  2,  7,  8,  36,  37,  39—43, 

52,  53,  55,  62,  63,  65,  92,  93,  102, 

108—110,  114. 
Moine,  Eustache  le,  28. 
Mottlau  60. 
Muiden  3. 

Nantes  59. 

Napoleon  32,  121,  122. 
Nelson  121. 
Neumühlen  77. 
Neustadt  an  der  Ostsee  11. 
Neuw^erk  21. 
Newport  auf  Wight  51. 
9* 


132 


Orts-  und  Personenregister. 


Newtown  auf  Wight  30. 

New  -  Shoreham  7. 

Niederlande  23,  45,  47,  49,  67,  68, 
70,  76—80,  83,  87,  88,  90—92, 
99-102,  104,  108-116,  118,  120. 

Nieuport  28,  31. 

Nooms,  Eeinier,  genannt  Zeeman, 

49,  117. 
Nordfriesland  51. 
Nordgermanen  2,  4,  11,  12,  36. 
Nordholland  102. 
Nordmannen  4,  5,  10—12,  23,  28, 

30. 
Nordsee  2,  9,  20,  23,  24,  26,  75-80, 

90—94,  97,  116. 
Normandie  11,  36,  57. 
Nydammoor  3. 
Nyedorpper  cogge  49. 

Oberijssel  48. 

Oder  76. 

Oleron  25,  32,  33. 

Oliveira,  Fernando,  67. 

Opdam,  Admiral  von  Holland,  112. 

Oporto  109. 

Ostasien  118. 

Ostfriesland  48,  49,  87,  88,  97. 

Ostgermanen  2,  3. 

Ostindien  83,  109—111,  121. 

Ostsee  11,  12,  20,  21,  45,  47,  52, 
54,  66-68,  70,  75,  76,  79-81, 
87,  90,  91,  95,  97,  99,  101,  109, 
112,  115. 

Palästina  38. 
Pampus  77. 
Papst  76. 
Paris  31. 
Pernau  19. 
Pevensey  14,  29,  30. 
Polen  76. 
Pommern  19. 
Poole  30. 
Portinari  60. 
Portmouth  30. 


Portugal  46,  57,  65-67,  75,  89,  90, 
102,  110,  116;  Könige:  Af- 
fonso  III.  und  V.  57. 

Preußen  19,  44,  47,  50,  52,  55,  59, 
83,  101. 

Punta  Araya  108. 

Pyrenäen-Halbinsel  37,  66,  90. 

Ratzeburg  26. 
Reval  15,  19. 
Reygersberg,  Johann,  47,  48,  58, 

94,  95. 
Rhein  43. 
Riga  19,  81,  82. 
Ripen  96. 

La  Rochelle  15,  25,  26,  31,  33,  35, 

59. 
Rom,  Römer  2,  3,  4,  34—36. 
Romenhale  29. 
Romney  30. 
Rorich  23. 
Rostock  18,  19. 
Ronen  117. 

Rutland,  Edward  de,  51. 
Rye  17,  29. 

Saint  Jean  12,  26. 
Sandwich  30. 
Sankt  Helena  75. 
San  Sebastian  14,  31. 
Santander  31. 
Sarazenen  36 — 38. 
Scepper,  Cornelis,  67,  68. 
Scheide  77. 
Schiermonnikoog  79. 
Schleswig -Holstein  19,  20. 
Scholeus,  Hieronymus,  71. 
Schonen  20,  21. 
Schottland  29,  57,  65,  81,  94. 
Schweden  3,  70—72;  Gustav  Wasa 
70. 

Senomanum  26. 
Skandinavien  12,  45,  104,  115. 
Sluis  42,  57. 
Southampton  29,  30,  51. 


Orts-  und  Personenresrister. 


133 


Spanien  1,  9,  12,  16,  17,  28,  31, 
41,  42,  45,  46,  51,  52,  57,  66—68, 
74—76,  89,  102,  108  —  119, 
114-116,  122. 

Stader  Sand  77. 

Stavoren  13,  20,  41,  96. 

Stettin  51,  76,  77. 

Stockholm  19,  71,  93. 

Stralsund  13,  41. 

Stiibbekjöbing  13. 

Suionen  3. 

Sund  19,  21,  76,  99—101,  110-112. 

Syrien  38,  40. 

Tacitus  2,  3. 
Tenby  51. 
Tenterden  51. 
TerscheUing  22. 
Texelstrom  77,  95. 
Tondern  28. 
Tönning  51. 
Trave  15,  109. 
Travemünde  21. 
Türken  109,  115. 

Utrecht  23,  24. 

Veere  51,  68. 

Velins  58.  102,  103,  108. 

Venedig  11,  38,  40,  57,  66,  114. 

Viana  109. 

Villani,  Giovanni,  39. 

Vitalienbrüder  46 

VHe  77,  96. 


Vlieland  81. 
Vlissingen  50. 

W/^  66,  75. 

Wagenaer  94,  96. 

Walsinghen  50. 

Watten  2,  23,  24,  78,  79,  82. 

Weinreich,  Kaspar,  68. 

Weser  2,  79,  93,  98. 

Westfriesland  8,  32,  102. 

Westindien  83,  108,  110. 

Wierichsharde  51. 

Wieringen  77. 

Wikinger  4,  5,  11—13,  24. 

Winchelsea  29,  30,  35,  43. 

Wisby  35. 

Wismar  13,  14,  18,  26. 

Witsen    3,    73,   74,    96,    115,    117, 

119,  120. 
Workum  97. 
Wouters,  Kryn,  72. 

Yarmouth  30,  51. 

Yk,  Cornelis  van,  117,  120. 

Zeeland  32,  44,  47,  48,  58,  81,  82, 

90—91,  94,  101,  102. 
Zierikzee  68. 
Zuiderwoude  48. 
Zuiderzee  23,  24,  28,  48,  49,  79. 

117. 
Zwartsluis  48. 
Zwin  22,  45,  49,  52,  55. 


Tafelbilder. 


Tafel  I 


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Tafel  II 


Tafel  III 


Bergen  1276 


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Neustadt  an  der  Ostsee  1351 


Tafel  IV 


Lübeck  1230 


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Elbing  1242 


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Tafel  V 


Stavoren  1246 


Tafel  VI 


Wismar  1256 


Härder  wijk  1280 


Tafel  VII 


Danzig  1299 


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f^'^-y^  \ —y  ^■,'^^'. 


Stubbekjöbing  1367 


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Tafel  VIII 


Kiel  1365 


Danzig  1371 


Tafel  IX 


Stralsund  1306 


Wismar  1354 


Tafel  XI 


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Stralsund  1329 


Elbing  1350 


Tafel  XI 


Stavoren  1415 


Ipswich 


Tafel  XII 


Danzig   1400 


Danzig    1400 


Tafel  XIII 


Elbing  1424 


Wierichsharde 


Tafel  XIV 


Amsterdam  1418 


Rye 


Tafel  XV 


Tafel  XVI 


Tafel  XVII 


Tafel  XVIII 


Louis  de  Bourbon  1466 


Miniaturbild  der  Grandes  Chroniques  de  France 


Tafel  XIX 


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Maximilian  und  Maria  von  Burgund  1478 


Maximilian  als  Präfekt  von  Burgund  1493 


Tafel  XX 


Tafel  XXI 


T3   x: 


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C3 


Tafel  XXII 


Der  Untergang  des  lübischen  Bergenfalirers  Hans  Ben  14ö9 
Votivbild  der  Marienkirche  in  Lübeck 


Tafel  XXIII 


Tafel  XXIV 


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Tafel  XXV 


Talrl   WVI 


op»cnüfcpifnuiciaijfHii:c«.mu(uiu6 


Die  Mci.'i  lullt  I  ilci    I  Icili^cii 

Aus  I  Ifiircs  (If    1 III  hl 


Tafel  XXVII 


Tafel  XXVIII 


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