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Full text of "Die Erdkunde im Verhältniss zur Natur und zur Geschichte des Menschen : oder allgemeine vergleichende Geographie, als sichere Grundlage des Studiums und Unterrichts in physikalischen und historischen Wissenschaften"

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Die Erdfunde 


von 


“fie m 
| | von 


Carl Ritter, 


Dr. und Prof. p. Ord. an der Univerfität und allgemeinen Kriegsfghule 
in Berlin, Mitglieb der Königlichen Academie der Wiffenichaften bafelbft, 
Ritter des rothen Adler⸗Drdens dritter Klaſſe, Correſpondent der Koͤnigl. 
Societaͤt der Wiſſenſchaften in Göttingen, Auswärtiges Mitglied der 
Societe asiatique in Paris, der Royal Asiat. Society of Great Britain and 
Ireland, wie der Royal Geographical Society in London, der Koͤniglich 
Oaͤniſchen Geſellſch. der — 323— in Kopenhagen, wie ber Koͤnigl. 
Gefellſch. für Rordiſche Alterthumskunde bafelbft ꝛc. 





Band IN. 


Der Eid: DOften von Hoc : Afienz deffen Waſſerſyſteme 
und Gliederungen gegen Oſten und Süden. 





Berlin, 1834. 
Gebrudt und verlegt 
bei ©. Reimer 





Die Erdfunde 
im Verhaͤltniß zur Natur und zur Geſchichte 
des Menfchen, 


oder 


allgemeine 


vergleichende Geographie, 
al®. Ä 
fihere Grundlage des — und Unterrichts in 
phyſicaliſchen und hiſtoriſchen Wiſſenſchaften, 


Carl Ritter, 


Dr. und Prof. p. Ord. an der Univerſitaͤt und allgem. Kriegkſchule in 
Berlin, Mitglied der Koͤniglichen Academie der Wiſſenſchaften daſ., Ritter 
des rothen Adler⸗Ordens dritter Kl., Wirkl. Mitgl. der Wetterauiſch. Gef. 
f. d. geſ. Naturkunde, correſp. Ehren⸗Mitgl. der Geſ. f. aͤltere Deutſche 
Geſchichtet.; Gorreſp. d. Koͤnigl. Goc. d. Wiſſenſch. in Göttingen, d. Gens 
kenbergiſchen Naturf. Gef. zu Frankfurt a. M., der Diärkich:ötonom, Geſ. 
in Potsdam, der Gef. fir Pommerſche Geſch. und Alterthumsk., des Apo⸗ 
thefersBereins in Rorb⸗Deutſchland, der Gef. für Natur⸗W. und Heilk. 
in Beibelberg und Dresten, Ausw. Mitgl. d. Soc. asiat. in Paris, ber 
Boy. Asiatic Society of Great Britain and Ireland, wie ber Roy. Geo- 
graphical Society ia London, der Koͤniglich Dänifchen — der 
Diſſenſchaften in Kopenhagen, wie der Koͤnigl. Geſellſch. f 
Nordiſche Alterthumskunde daſelbſt 2c. 


Vierter Theil. 
Zweites Bud Aſien. 
Baud I 





J 


Bweite ſtark vermehrte und umgearbeitete Ausgabe, 


Berlin, 1834. ze 
Behrudt und verlegt 
bei G. Reimer, 





„ Citius emorgit veritas ex errore, quam ex confusione.” 
| - Baco de form. calid, Aphor. X. 


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Ihro — Hoheit 
Eliſabeth Ludovike, 
Kronprinzeſſin von Preuſſen, 
der huldreichſten Seſhiden der Wiſſenſchaften, 

— 


ebrfurchtvollſter Unterthänigkeit 


gewidmet 


von 


dem Verfaffer. 





et 


Anhaltöverzeihniß und Blattweiſer. 





Aſien. Band IIL 


Erſte Abtheilung. Das oͤſtliche Hoch⸗Aflen, oder 
das Hochland von Hinter⸗ Alien. 


Wierster Abſchnitt. Der Sübrand von Hoc» Afien 
(Sortfegung). S. 1— 424 


Drittes Kapitel, M. Die Mittel-Sruppe des Himalaya⸗ 
Syftemes oder der Nepalefiſche Himalaya. S. 3—137. 


$. 71. Erläuterung 1. Das hohe Schneegebirge Repals 
oder das Repalefifhe Hoch⸗Sebirge. ©. 4-41. 
4. Höhen s Weffungen ber Hochgebirge, ber Dhamwalagiri s Gruppe, 
ber Dbayabung- Gruppe und der Salyu⸗Gruppe, im 8. in ber 
Mitte und im Oſt. S. 4— 11. 

% Der weftliche Alpen⸗Stock oder bie Diamalagiris Gruppe mit 
dem Ghanbalis Thale; Parvati Malebum, bas hehe Alpenland. 
Die Salagramiz die Handeleſtraße nad Maflangs bie Berg" 
viltr., G. 13— 9% 

3. Die weſtlichen Gebirgsgaue bis zum Kalnubbis Duti, Jayarkot 

und Yumila, das hohe Alpenland. ©, 32.0. . 

4. Der noͤrdliche Alpen⸗GStock ober bie Dhahabung⸗ Gruppe am 

Zrifuls Gange, @. 30 — 36. 
ea) nadı Fr. — Angabes b) nach Kiskpgtciäb VBeob⸗ 
achtungen. 


vom Inhaltsverzeichniß. | = 


Anmerkung 1. Die dreierlei Pilgerwege nad Rilkantha 
oder Gofaingäthan, nach Golon. Kirkpatrids Routiers, 
S. 36 — 33. 

Anmerkung 2. Gebirgspaſſage des Shinefens Heeres beim 
Ueberfall in Nepal 1792, von MunuasPhaut in Zübet über 
die Kherus Straße bucc) das Schneegebirge bis Moydlot. 
&. 38 — 42. 

8.7. Erl. 2. Die vier Nepalefifhen Stufenlandſchaf⸗ 
ten; das eigentlihe Nepal (Nepal proper). . Die Heis 
matbh der Gortha in WeflsRepal S. 42 —80.. 

1. Die viee Stufentandfchaften bes eigentlichen Repals nad) Beob⸗ 
achtung von Fr. Hamilton. S. 44—59, 

2. Das eigentliche Nepal im engern Sinne (Nepal proper); das 
Kathmandu: Thal. Eingang buch Mokwanpur. Klein ‚ind 
Groß Nepal. S. 60— 76. 

a) Eingang nach Nepal vom Süben her, durch Tariyani und 

das Hügelland von Mokwanpur nad Fr. Hamiltons Route. 

b) Klein Repal (Lahuri Nipala). c) Groß Nepal mit den Ca⸗ 

\ pitalen Kathmandu, Lalita Patang, Bhatgang. 
. 3. Die Heimath der Gorkha, ber gegenwärtigen Beherrſcher Res 
„ pald in Welt: Repal. ©. 7680. 
8. 73. Erl 3 Dſt⸗Nepalz Stklims die Nepalefen; die 
dier Zübetifhen Routen aus dem San⸗Koſi⸗Thale 
aufbas Plateauland. S. 80 — 137. 
1. Dſt⸗Nepal. S. 80 — 88. 
Anmertung. Die vier Tuͤbetaniſchen Routen aus bem Thale 
‚..ded San⸗Koſi in Oſt⸗Nepal zum Plateaulande von Tefhus 
eumbu. S. 88— 104 
2. Zerritorium bes Sikim Radja. S. 104— 109. 
3. Die Bewohner ber Repaleſiſchen Alpengebirgelandfchaften. S. 109. 
uUeberſicht. 1) Die Parbatiyas oder Prabativas; bie Eingewans 
derten unb die Umgewandelten. ©. 117. 2) Die Aboriginer Ges 
. birgss Stämme oder bie Nrfaffen; bie Newaris und ihre Nach⸗ 
37 barsZribht. ©. 100 — 126. 3) Die Bhotiyas (Bhuteas), bie 
& Urfafien des Hochlandes; bie Whotiya Literatur und Buddha⸗ 

Lehre, eine aus Indien in Nepal eingewanderte. &. 126-137. 


Bieries. Kapitel. IM. Die Of +Gruppe des Himalapg : Ep: 
ſtems, ober dee Bhutan» Affamiche Himalaya, und das 
- 0 Pateauland von Oft: Tibet. S. 137-390. 
8.7. Erl. 1. Bhutan bay Alpengebirgsiand; die Bor⸗ 
finfe von Oſt⸗Tuͤbet. ©. 137— 171. 
1. Rad den Berichten der Europder., S. 187 — 1%» 


Inhaltsoereichiß | 11 


a) Das Mieberland Tariponi. b) Hagelland, Vorbetten. e) 
Berglandſchaft. 4) Hochgebirge, 
% Rod dem Bericht des Kiſhen Kant Boſe. S. 166 — 168. 
Anmerkung. Kiſhen Kant Bofes oͤſtliche Route durch Bhu⸗ 
tan; von Bijmi Aber Cherang, Kiſhnyei, Ihargaon, Challa, 
Khodakha nach Andipur. S. 168— 171. 
£75. Erl. 2. Dfi-Züber, das Plateauland des großen 
Yarı Daangbo tfu, ober das eigentlide Tüber, 
®& 172-287. 

1. Ramen von Kübel: Wet, Dyang, Rga⸗vi, Kham, Bhodi, Deu u⸗ 
ang, Si⸗Dzang, Ttupho, Tobbat, Toͤbdt, Sure Tibet, Bas 

% Grenzen im Allgemeinen. ©. 184. 

3. Die Ofi:Brenze gegen China. Alte und neue — am · Var⸗ 
fung und am Kincha⸗ Klang. Die große Ghinefifihe Heerſtrahe 
nad, Tuͤbet. ©. 185-190. 

Anmertung 1. Route von Ta tflch iu nach vem Yaldıngs 
Bang. & 190 - Dt: 

Anmerkung 2. Route von Yalung Klang Aber Lithang nach 
Bathang am Kincha Kiang. ©. 196 — 19% 

4. Das Grenzgebirge Mangli, oder Ring tſing Schan, bie Waſſer⸗ 
ſcheide zwiſchen dem Kincha Kiang und dem Lan tſang Kiang, d. i. 
den großen Stroͤmen von Suͤd⸗Ghina und von Kambodja. Die 
neue Oſt⸗Grenze Tuͤbets gegen China, zwiſchen Bathang und 
Tfiamdo. ©. 201 — 107. v — 

Anmerkung 3. Route von Kincha Klang nach Zfambo am 
Lan tfan Kiang. ©. 202 —- 208. 

5. Rorbgrenze gegen Khu⸗khu⸗Nor, bie Gobi und Turkeſtan. 
©. 207 — 210. 

Anmerkung. Die Zübetifchen Kuagonen.. Ga fſa la niu ko 
tchu lo. ©. 210 - 211. 

6. Grenze gegen Suͤd und Suͤdoſt, gegen Alam und Blemans ber- 

fhstiche NusKiang und bie H'lokba⸗ Barbaren. ©. 211—218. 
7. Die Haupt⸗Stroͤme Tuͤbets und feine Gewaͤſſer. S. 218— 230 

2) Der große Dzangbo⸗Strom und feine Zufluͤſſe. S. WB. . 

d) Der fühliche Nu kiang, Lub nagh tfiu und — e vV. 

) Der Gakbo dzangbo tſu. ©. 224. 

Der Om tſtu. ©, 225, 

e) Der Lang thfang Kiang. ©. M. 

f) Der Rinde Klang. S. u. | 
8. Glima unb Producte. S. Wo - BT. 
9. Hraſfſa die Capitale, die Cultur⸗Mitte Tuͤbetos. S. 237 251. 
10. Die Oft» und die Beh. Otrefe n nach Staa: ©. 251 — 274. 


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x Buhelivereiheil 


Lamerkung 1. Dſt⸗Straße aus Kham von Zflamdo tee 
Hari, durch Mittel-Tübet nach H'Laſſa. &. 252 — 257. 
Anmerlung 2. Repal⸗Straße nach Zeſhu eumbu. S. ug 
bis 260. 
Bhutan Strafe nad Zeffu Sumbas na ©. Turner. ©. 260 
bis 271. 
Anmertung 3. Strafe non Teſhu Lumbu nad) Hufe, 
&. NI -MNB. 

11. Die Entſtehung der Lamaiſchen Dierarchie und der weltlichen 
Suprematie der Ghinefen uͤber das Volk der Kübeter. ©. 276 

bis 287. 

4. 7% Erlaͤut. 8 Afam, das Sand bes Brahmaputra, 

©, 287 — 399. 

4. Aſam, am Gnbe bes XVII. Yahrkunberis, zur Beit Kaiſer Aus 
rengzebs, nach Mehammed Keſſinre Alemgir Nameh. ©. 291 
bis 297. 

9. Aſameſiſche vandesgeſchichte im umriß, von der älteften bis auf 
die neuefte Zeitz nach einheimiſchen Quellen des Huliram Ohaie 
liyal Phuhkun aus Gohati (1830). &. 297-0 

3 Quellen zur Kenntniß von Aſam zu Anfang des XVIII. Jahr⸗ 

hunderts, nad) den erſten Britiſchen Wereifungsverfuchen und 
Beobachtungen, von J. Rennell 17655 Gapt. Welſh und Dr. 
ade 17933 Thom. WBood’s Survey, Fr. Hamilton 1808-1800. 
®&. 303 — 809. ’ 

4. Territorialbeſchreibung von Afam, nach Ober⸗, Mittels = 
UntersGtufe, Gobiya, Asam proper, Kamrups aus Fr. Das 
miltons Berichten im Jahre 1808 und 4809. ©. 310 - 324. 

1. Mittel» Afam. ©, 312—319. 
1. Unter Afam. S. 319— 323. 

m. Pber⸗Aſam. ©. 323 324, 

6. Produete, Gewerbe, Handel und Beivohner ı von Alams Fort⸗ 
-fegung des vorigen. ©. 824 — 335. 

Dewohner von Alam, nach Gaften und Stämmen, S. 330 
bis 335. 

6 Die Unterjschung Aſams durch die Birmanen 1821 bis 18243 
Birmanenkrieg in Afam und Befreiung Afams burch die BEN, 
1824 — 1826. ©. 335—339. 

7. Fortſchritt der Entdeckung in Ober s Alam. en bes 
sbern Brahmaputra z Spftemed, ober Lohit, bes Stromes von 
Brahma Kund und feiner Zufläffes Taluka und Taluding bie 
Quellſtroͤme; rechte Bufläffe Ziding, Digaru, Kunbil, Dikrung, 
Dibong, Dihongs Linke Zuflüffe Lung, Tenga Yant, Roh Dihing, 
Diburu, Buri Dihing, Difung, Dikho. ©. 340, 


⸗ 


Inhaltsverzeichniß. Xqi 


HSobrographle des obern Kam » Stromes, Lohtt, eahitiha, Bori⸗ 
Lohit ober Brahmaputra. ©. 8341 — 354. 

Anmerlung. Literatur» Radwellung und chronologiſcher 
Fortſchritt der neueften Entdedungen von. 1825— 1877 ie 
Ober s Alam. S. 355— 358, . 

8 Beſondere Berichterftattung ber einzelnen Expeditionen, feit 1886, 
durd) Ober⸗Aſam, und über deſſen Ethnographle. S. 358-399, 
8) Lieutnant Jones Lanbmarfch von Rungpore nad) Jeypore, im 
Mat 18255 Dikho und Bori Dihing Land, S. 358 — 360. 
») Schiffahrt den Brahmaputra aufwärts, von Rungpore bis 
Sodiya (1825. — Die Moamariyas, bie Miris nach J. Wr. 

Reufoille. ©. 360. 

Anmertung 1. Die Moamariya, Mohamary, Morans 26, 
©. 361. 

Anmerkung 2. Die Mirid. S. 362. 

©) Beſchiffung des Dihong aufwärts bis Paflal und Pafht, durch 
Bedford (1825), Wilcor und Burlton (1826). — Sage vom 
ri Lohit; die große Fluth. — Die Abor und bie Mor Abor, 
S. 362 — 367. 

Anmertung 1. Gage vom Sri Lohit und der großen Fluth. 
S. 867. 

Anmertung % Die Abors und bie Bor Abors. &. 369 

Beſchiffung des Dibong bis zu den fünf Mismis Dörfern, und 
des Ditrang aber Gurmuras Stromes, von Capt. Bedford 
18235. &. 370— 375. 

e) Der Sobiya⸗Diſtrict. — Die Khampti, Afurpatoren am Norbe 
ufer des Lohit. — Sinhphoe, Ufurpatoren im Süden des Los 
hit, ihre Coloniſation am Roh Dihing und Tenga Pani. 
©. 375. 

Anmertung 1. Khampti⸗Colonie in Sodiya. S. 876. 

Aumerkung 2. Die Sinhphos, bie Ufurpatoren von Dbers 
Alam. ©, 376— 381. 

 f) Erſte Beſchiffung des Lohit oberhalb Sodiya, und Entdeckung 
des Brahma Kund durch Capt. Bedford (1826). — Die Mie⸗ 
mis. S. 381— 385. 

Anmerkung 1. Die Mismi, ober Miſchmi, nad Wilcor, 
Bedford und Neufoille. ©. 886. 

Anmerkung 3. Die Sage von ben Kolitad. &. 387-889, 

g) Erſte Neberſteigung ber LangtansKette, aus Dber-Afam gegen 
ED. in das Bhor⸗Khampti⸗Land, aus bem Stromgediete des 
Brahmaputra In das Stromgebjet des Irawadi. Meifebericht 
(1827) von Lieutn. Wileor und Capt. Burlton, — Die Bhor 
Khampti. @. 389 - 89%. 


x ‚ Zehaltedewicuit 


Anmerkung 1. Dſt⸗Straße aus Keham vom Zfiambo über 
Hari, durch MittelsZübet nad H'Laſſa. S. 252-257. 
Anmerkung 3. Repal⸗Straße nach Zeſha Lumbu. S. 28 
bis 260. 
Bhutan» Straße nad Zeffu Eumbas nah ©. Turner. ©. 260 
bis 291. 
Anmerlung 3 Strafe non Teſhu Lumbu nad) Hufe. 
&. 1 273. 

11. Die Gntfiehung ber Bamaifchen Sierarchie und der weltlichen 
Suprematie der Ehineſen uͤber das Volk der Xübeter. S. 274 
bis 287. 

4. 76, Eriäut. 5. Alam, das Sand bes Brahmaputra, 

@. 287 — 399. 

4. Alam, am Ende bed XVII. Jahrhunderts, zur Beit Kaiſer Aus 
rengzebs, nach Mohammed Kaffe Alemgir Nameh. ©. 291 
bie 297. 

2 Aſameſiſche Bandesgefchichte im Umriß, von dee älteften bis auf 

die neuefte Zeit; nad) einheimiſchen Quellen bes Huliram Dhai⸗⸗ 
- Biyal Phuhkun aus Gohati (1830). &. 29708 

3 Quellen zur Kenntniß von Aſam zu Anfang des XVIII. Jahr⸗ 

hunderts, nach den erſten Britiſchen Bereiſungeverſuchen und 
Beobachtungen, von I. Rennell 17655 Capt. Welſh und Dr. 
Made 17935 Thom. Wood’s Survey, Er. Hamilton 18081800. 
©. 303 — 309. 

4. Territorialbeſchrelbung von Afam, nad Dbers, Mittels = 
Unter- Stufe, Gobiya, Asam proper, Kamrups aus dr. Ha⸗ 
miltons Berichten im Jahre 1808 und 1809. ©. 310 - 32. 

1 Mittel» Afam. ©, 312—319. | 
u, Unter s Afam. ©. 319 — 323. 

m. Pber⸗Aſam. 8. 323-324. 

6. Produete, Gewerbe, Handel und Benopuer ı von Aſam; Fort⸗ 
:fegurig bes vorigen. ©. 824 — 335. 

Bewohner von Aſam, nach Gaftın und Stämmen, ©. 330 
bis 335. 

6. Die Unterjschung Aſams durch die Birmanen 1821 bis 18945 
Birmanenkrieg in Alam und Befreiung Aſams durch die ii 
1824 - 1826. ©. 335 —339. 

7. Fortſchritt der Entbedung in Ober s Alam. es des 
obern Brahmaputra⸗Syſtemeſ, oder Lohit, bes Stromes von 
Brahma Kund und feiner Zuflüffes Taluka und Taluding bie 
Quellſtroͤme; zechte Zufluͤſſe Tiding, Digaru, Kundil, Dikrung, 
Dibong, Dihong; linke Zufluͤſſe Lung, Tenga Pani, Roh Dihing, 
Diburu, er Dihing, Difung, Dikho. &. 340, 


_ 


Inhaltsverzeichniß. | Xi 


Hobregraphie des obern Kam ⸗Stromes, Lohlt, Lafitiya, Bori⸗ 
Lohit ober Brahmaputra. S. 341 — 354. 

Inmertung. LitwatursRahmwellung unb chronologiſcher 
Fortſchritt der neueften SaDetungee von 1925— 1827 ie 
Ober s Alam. ©, 355—358. . 

8. Beſondere BWerichterftattung ber einzelnen Expeditionen, feit 1826, 

durch Ober⸗Aſam, und über deſſen Ethnographle. S. 358-399, 

a) Lieutnant Jones Landmarſch von Rungpore nach Jeypore, im 
Mat 18255 Dikho und Bori Dihing Land, S. 3808 — 360. 

») Schiffahrt den Brahmaputra aufwärts, von Rungpore biß 
Sodiya (1825). — Die Moamariyas, bie Miris nad I, Br. 
Reufoille. ©. 360. 

Anmerkung 1. Die Moamariya, Mohamary, Morans ze, 
©. 861. 

Anmerkung 2. Die Miris. ©. 362. 

©) Beſchiffung des Dihong aufwaͤrts bis Paſlal und Paſhi, durch 
Bedford (1825), Wilcor und Burlton (1826). — Sage vom 
Sri Lohit; die große Fluth. — Die Abor und bie Mor Abor, 
©. 362 — 367. 

Anmerkung 1 Sagt vom Sri Lohit und ber großen Fluth. 
S. 367. 

Anmerkung 2. Die Abors und bie Bor Abors. &, ‚369. 

&) Beicyiffung des Dibong bis zu den fünf Mismi-Ddrfern, und 
des Ditrang aber Gurmuras Stromes, von Capt. Webforb 
1835. &. 370— 375. 

e) Der Sobiya⸗Diſtrict. — Die Khampti, Afurpatoren am Nord⸗ 
ufer des Lohit. — Sinhphos, Ufurpatoren im Süden bes Lo⸗ 
hit, ihre GSolonifatioen am Noh Dihing und Tenga Pani. 
©. 315. 

Anmerfung 1. Khamptis Colonie in Sodiya. S. 376. 

Anmertung 2. Die Sinhphos, bie Ufurpatoren von Dbers 
Afam. &, 376 — 381. 

" f) Erſte Belchiffung des Lohit oberhalb Sobiya, und Entdedung 
des Brabına Rund burch Capt. Bebford (1826). — Die Miite 
mis. &. 381—885. 

Anmertung 1. Die Diismi, ober Miſchmi, nach MWilcor, . 
Bedford und Reufville. ©. 386. 

AÄnmertung 3. Die Sage von ben Kolitad, &. 387389, 

x) Erſte Ueberſteigung der LangtansKette, aus DbersAfam gegen 
©&.D. in das BhorsKhamptistand, aus den Stromgediete des 
Brahmaputra In das Gtromgebjet des Irawadi. Reiſebericht 
(1827) von Lieutn. Wilcor und Gapt. Burlton, — Die Bhor 
Khampti. G. 39 — 39. 


zu Inhaltsvergeichniß. 


Anmerlung. Die Bhor Khampti (Mor Apampti) .unb ihre 
Wanderſtraßen. &. 396— 309. 

Sänftes Kapitel. TV. Die öfttidhe, Hinterindiſch⸗Chineſiſche 
Sortfegung des Himalaya : Spftemes, und die Gebirgsver⸗ 
zweigung bes, Oſt-Randes von HochAfien im eigentlichen 

- China. ©. 399 — 424. 

$ 77. ueberſicht. &, 399 — 408. 

Erl. 1. Der Dfl:Rand, ober bas Meridiangebirge, ber 
große Siue Ling, d. i. der große Zug ber Schnee⸗ 
Betten, nach ben drei Haupttheilen bes füblidhen, 
mittlern unb nörblidhen Siue king. ©. A408. 

I. Der füblidhe Siue Ling, ober ber Giue Ling in Yünnan. - &. 
408— 410. 

‚U. Der mittlere Siue Ling; ber Siue Ling im eigentticyen inne 
in Szütfchuan, ober der Yun Ling, d. i. bas Wolkengebirge. 
@. 110-418. 

Anmerkung. Marſchroute von Tſching tu fu, gegen &.8. 

- bis Za tfianlu, S. 418 — 420. 

I. Der noͤrdliche Siue Ling, ober der Siue Ling von Kanſu. 
©, 4 — 424, 


— 


Zweite Abtheilung. Die Uebergangsformen des 
oͤſtlichen Hoch: Afiens zum Tieflande, oder deſſen 
Waſſerſyſteme und Stufenländer, im Often 
und Guden. 
9. 78. Ueberficht. &. 125429. z 
Erſter Abſchnitt. Stufenlaͤnder von Oft» ar ien. 
i S. 430 — 89. 
Ceſtes Kapitel.' Waſſerſyſtem des Amur. 
S. 430 —IR. 
Erläuterung 1. Die drei Stufenlandſchaften bes Imuss 
Syſtemes. S. 432 — 48. 
1. Der Dbere Lauf, bis zum Verein ber Schilka und des Kerlon 
zum Amur. ©. 432 —434 
9. Der Mittlere Lauf, Sche ſchui, bis zum Ginfluß bes Kumtong. 
©. 434 — 439. . 
3. Der Untere kauf, S. 439 — 445. 
1 Departement Helong Kieng. U. Departement Kirin, 
Anmerkung 1. Bewohner; bie Kileng unb Ketcheng (Alnos) 
und die Wiyala oder Fiaka. S. 446-448. R 


Inhaltsverzeichniß. XI 


Gr. Die problematifhe Mündung des Amurfiromes 
und das Borland ber Kinos. Taratai; Karafuto 
(Kerafta) ber Sapanır, Saghalin (Sachalin) der 
Sefniten = Karten und der Ruſſen; Infel TAſchoka 
(Shota) des ta Peyroufe ©. 448 — 40. i 

A. Entdeckung ber Wefttüfte von Taralai nebft dem Tatariſchen 
Golf durdy La Peyrouſe (1787) unb Broughton (1797).©. 461 
bis 464. 

B. Gntdedung der Suͤdkuͤſte von Tſchoka dder Tarakai, Cap Calle 
Ion und der Aniwa Bai durch La Peyrouſe (1787) und A. J. 
von Kruſenſtern (1805). ©. 464 — 477. 

Anmerkung. Die Ainos im Süben der Inſel Zaralatz 
nach v. Krufenflerns Beobachtung. &. 477 — 478. 

C. Entdeckung bes Nordendes ber Iufel Tarakai mit der Rabeshba 
Bai und der Mündung bes Amurſtromes, darch v. — 
fern (1805). ©. 478— 485. 

Anmerkung. Rotizen von Tarakai, ober æarafuto unb 
Sandan, nach den Berichten ber Iapanifchen Geographen 
Hinfifee (1765), Mogami ZTolnai und dem Gaitbeder 
Mamia Rinfco (1808). S. 485 — 490. 


Zweites Kapitel. Die Chinefifchen Steomfpfleme. 
i 8. — 


4. 79. Ertl. 1. Das Waſſerſyſtem des ————— oder des 
Gelben Stroms. ©. 491 - 531. 

1. Dberer Lauf. Alte Hypotheſe des fernen unterisbifchen Laufes; 
Jorſchungen der Chineſiſchen Kaiſer nach ben wahren Quellen 
des Hoangho Bing fu Hal, das Stern⸗Meer. &. 493 — 501. 

Anmertung Das Volt ber Sifan, nad) Kaifer Khanghis 
Memoiren im Zribunal des Aa, rebigirt — ©. 601 
bis 606. 

2 Mittler Lauf, durch Kanſu, Schenſi und Schanſi. ©, 506 
bis 509. 

3, Unterer Lauf; noch zwiſchen den Berggügen, Pe Ling, Lung 
Schan, und den Ketten von Schanſi, mit den aller Wei ho, 
Lo io, Ben bo, ©. 509-513, 

Anmertung. M. Polo's Reiferoute durch das Kipengebirge 
land Weſt Shina’s, durch bie Thaͤler des Ken be, Hoang ho 
und Weihe, auf ber Straße von Peking gegen S. W. uͤber 
Singan fu nad Iſchingtu fu in Szuͤ tidhuanz vor bem 
Jahre 1280. — Die Alpen⸗Kunſtſtraße über den Pe King; 
die Yoffage über ben Tapa Ling. ©. 513-522. 

4. Unterer Bauf, Bortfegung in ber Niederung. Die alte Miflueng, 


/ 


— Inhaltsverzeichniß. 


das Land des ueberſchwemmung, ber Ganaͤle, in Schantung and 
Kiangnan; bie Ueberfahrten. ©. 52 — 535. - 
80. Erl. 2. Die Gliederungen der Ramdchineſiſchen 
Landſchaften (Petſcheli, Schingking, Schangtung, 
Kuangſi) im Norden des Hoangho. Das Gelbe 
Meer, die Halbinſel Schantung, die Rorbhälfte 
‚des KaifersGanals, ber Golf von Petſcheli, bie 
Halbinfel Korea, S. 535—648. 

1. Das Gelbe Meer, Hoang Dal. &. 537 — 540. 

9. Die ifolirte Gebirgs⸗Halbinſel Schantung und das fie umges 

bende Blachfeld. 640-—549. 

8, Die Rorbhälfte des großen Kaiſer⸗Canals, zwiſchen Hoanghe 
md Peho gegen Peking; Geſchichte feiner Anlage und Beſchrei⸗ 
bung nad) Ehineſiſchen und Guropäifchen Autoren. & 549 
bis 565. 

4 Dre Golf von Petſcheli, deu Pehoz das aufgeſchwemmte Küftene 
land. Des Self von Leatong, der Pate! Archipel. S. 666 
bis 673. 

6, Die Gebirgs⸗ Halbinfel Korea. ©. 5 573-608, 

a) tieberficht. Erſtes Bekanntwerden von Land und Volk; But 
len und Literatur über Korea. ©. 573— 581. 

db) Landesgeſchichte und Canbesbefäireibung im Allgemeinen, e 581 
bis 602. 

©) Das Geſtadeland Koreas mit feiner Infelumgebung und Zu⸗ 
gangsverfuche der Ausländer zu biefem. &. 602 — 603. 

4) Die Infel Quelpaerts der Holländer; Tſchinlo, Ifinra, Tſin⸗ 
moura ber Japaner; Tanlo in Älterer Zeit; Nanhaitao, auch 
Tſitſcheou der Koreer und Chineſen. S. 603— 611. 

3) Die Inſel Aſu, Tſu Sima der Japaner, Tuimatao ber Chi⸗ 
neſen, bie Doppel⸗Inſel. S. 611 — 614. ’ 

8) Das Geftade Suͤd⸗Koreas. S. 614— 616. 

4) Dee Hafen Fu ſchan der Japaner und Chinefens Yufan bei 
9. Hamel; CEChoſan ober Ihofan bei Bronghton. &. 617 
bis 620. 

5) Die Oſtkuͤſte Korea’s, die Broughtons Bai. ©. 620. j 

6) Die Weftlüfte Korea's mit bem Korea⸗Archipel. S. 6%0 
bie 624. 

Anmerkung 1. Juͤngſter Eandungsverfud Eindfay’s und beB 

MWMWiſſionars Güglaff im Schiff Lord Amherſt an der Weſt⸗ 
tüfte, im Majoribanks Harhoar, 1892. ©. 624—631. 

Anmerkung 2. Das Volk der Kaolis Korat der Zapaner, 
bie Koreaner (richtiger Koreer) der Eurepaͤer. ©. 631 
bis 637. 


Inhaltsverzeihniß. xv 


Iamırtung 3. Die Koreer und der Staat von Korea im 
XVII. Sahrhundert, nach H. Hamel van Gorcums Bericht, 
nach 12 jähriger Befangenfchaft auf der Halbinfel. ©. 637 
bis 647. 

Anmerkung 4. Peking bie Keſidenz; bie große Nauer; 
literariſche Rachweiſung. S. 647. 

481. Erl. 3. Das Bafferfpfiem des Kiang, oder bes 
großen Stromes (Ta Kiang, b. hd. großer Strom, 
auch Yang tfen Kiang). Das Süd⸗Syſtem. ©. 643 
dis 729. 

1. Dberer Lauf. S. 650 —652. 

23. Mittier Lauf. S. 652— 656. 

8 Unterer Lauf bis _. Bang fu am — S. 666 
vis 659. 

4 Gäpdlide ——— des Ta Klang durch Hunan und 
Kiangfi. — Die beiden ſuͤdlichen Zuſtrdne von Nan Ling zum 
Kiang, durch bie beiden Binnen⸗Seen, den Tongking und den 
VYoyang⸗ See. S. 660 — 663. 

Die Paflage von Canton über ben Mii Ling nach Klang. 
©. 663 — 677. 

.b. Der Untere Lauf des Za Klang, ober Yangtien Klang, vom 
Yoyang s Ste zum Dean. ©. 677 - 692. 

6. Die Suͤdhaͤlfte des großen KaifersGanals zwiſchen Hoangho und 
dem fuͤdlichen Waſſerthore von Hang tſcheon fu, deſſen Suͤdende, 
als kuͤnſtliche VBerzweigung bes untern Kiang im Deltalande nach 
Ehineſiſchen und Europaͤiſchen Autoren. ©. 692 — 700. 

7. Die Hafenorte Ningpo und Schang hai, und die Tſchu Schan 
Jaſeln, nach den neueſten Britiſchen Sntbedungenz bee Hafen 
Kan phu der Araber, Gambu bei Mareo Polo, S. 700 — 712. 

Anmerkung 1. Die hydrographiſchen Doppel⸗Syſteme; Eins 
fluß ber Ghinefilhen Doppelfizdme und bes Chinefifchen 
Mefopotamiens auf Geſchichte und Cultur ber Bewohner. 

. Ium erfung % De xaiſer⸗Canal und das oeeaniſche Tief⸗ 
land am Oſtgeſtade Shinat, in ihrem Ginfluffe auf bie Be⸗ 
wohner. — Ghina eine Welt für fi. S. 70— 729. 

E82. GeL.4 Die Glieberungen der Süd»Ghinefifgen 

Eandfhaften (Hännan, Kueiſtſcheu, Knang ft, 

Kuengtung, Fukian), und das Sübgeflabevon China 

© 729-896. 

4. Die Gebirgtproving Yünnan. Marco Polo'e Steileroute Im 
ZU, Jahrhundert. Die große Querſtraße durch Ylrnan aus 

Gina noq; Awa. Neuere Nachrichten der Jefuiten. @&,730--765. 


— 


xvi Inhaltsverzeichniß. 


I. Marco Polo's Reiſeroute — Yünnan, Ente des XI. Saftr 
derts. ©. 736 — 746. 


1) Kaindu, Grenzland gegen Mien (Awa ). 2) Karaian, 
3) Karazan 4) Zarbandam ber Kintfchi (Goldzaͤhne). 

11. Die große Querſtraße aus China durch Yünnan nad Awa, 
die Route der Smbaflade, die Handelsſtraße von Yuͤnnan nad) 
Bhanmo zum Srawadi. S. 746 — 751. 

. II, Neuere Nachrichten, nach den Zefuitenberichten; flatiftifcye No⸗ 

tigen. ©. 751 — 755. 

B. Die Gebirgslandichaft im Dften von Yünnan, und bie Gebirge 
voͤlker: Miao tfeu, bie Aboriginer. Die Freien Miao fen, ing 
Miaoſſe. &. 755— 773 ° 

C. Die Käftenprovingen bes Suͤdgeſtabes von China, Fukian (Fo⸗ 
Eien) unb Kuang tung (Canton). Der Verkehr mit dem Aus⸗ 
lande. ©. 713 — 858. 

1. Die Provinz Fukian; die Fukian lang, d. i. bie Männer von 
Futian. ©. 774— 787. 

Anmerkung. Die Bewohner von Fukian (Fokien); die Fu⸗ 

Elan lang, d. i. Männer von Fukian. — Zfchin tſchu (Chin 

cheo bei Klaproth, Chin chao men bei Guͤtzlaff) der Euro⸗ 
paͤer. — Die Weltfchiffer unter ben Chineſen; die Color 
nuiſationsmaͤnner im großen Inbifchen Archipelages und feis 

"nen GBeftabeländern. S. 787 — 810. 
1) Auf Prinz Wales: Infe. 2) Zu Gingapore auf 
Malacca. 3),Auf den Sundiſchen Anfels Gruppen. 
4) Im "Birmanenlanbe , Siam. 5) In Cochin China 

und Tongking. 

1. Die Provinz Kuang tung, die Kuͤſtenfahrt nach Fukian, bie 
Landreiſe nach Hainan. Canton, Macao; ber Vecrkehr mit 
dem Auslande. S. 810— 825. 

1. Küftenfahrt des Schiffes Lord Amherſt, von Canton. bis 
: Shinghae, und der Infel Ran Gaou, der Grenzhafen gegen 
Fukian. S. 814— 818. 
j 2. Gapt. Purefoy’s Landweg auf ber Küfte von ber Inſel 
— Hainan, oſtwaͤrts, bis Canton (1804), 6. 818 — 826. 
iu. Santa, bad Welt⸗Emporium; Macao, die Europaͤer⸗Station. 
Der Verkehr der Ghinefen mit ben Fremden. G. 825 — 866. 
IV, Die. beiden Geftadsinfeln Formoſa (Zhay wan) ˖ und Hainan. 
oa Das Piratenwefen. ©. 858— 893. 
2 rn Die Snfel,Ihapwan der Ghinefen, Zormofe des Europäer 
2... .n2. Kaoemofa ‚der. Portugiefen) , &. BB BB. 
an 2. 2 Meberfichtz Geſchichte von Kosmoie, b) Meſchreibung 


Inhaltsver zeichniß. xvn 


der Inſel Formoſa. ce) Aboriginer. Die wilden For⸗ 
moſaner, die Thu fan der Chineſen. 
2 Die Infel Hainan. ©. 881 — 893. 
Anmerkung. Anhang zu Korea; Menſchenfchlag der Koreer. 
@. 893 - 806. 


Zweiter Abſchnitt. Die Uebergangsformen des oͤſtlichen 
Hoch⸗Aſiens zum Tieflande, oder deſſen Waſſerſpſteme, 
Stufenlaͤnder und Gliederungen zum Suͤden in 
Hinter⸗Indien. S. 896— 1245, 


F. 34. Erſtes Kapitel. Das Oſtgeſtadeland Hinter:Inbiens, 
Tongking, Cochin China, Cambodja. Ueberſicht des gegen⸗ 
waͤrtigen Cochin Chineſiſchen Reiches. ©. 911 — 1063. 
1. Umfang des Gochin Shinefifchen Reiches. S. 912. 
1. Das Bice⸗Koͤnigreich oder Gorwernement Kambobje, bie Sit 
Yrovinz. ©. 914— 916. 
% Die Tönigliche Provinz Cochia Chin. Die mitui⸗ Provinz. 
3 Das Bice⸗Koönigreich oder Bouvernement Zongfing. Die Nord⸗ 
Provinz. S. 919 - Ni: 
% Die Seſtade⸗Inſeln. S. 9 — 9% 
5. Clima. 6. M-—N4. 
6. Bodenbeſchafftuheit, Metalle, S. 925 — 926. 
7 Vegetation, ©, 026 — 936. 
8. Thierreich. ©. 937 — 0. 
9. Handel und Gewerbe. ©. 940 — 938. 
10. Das Gouvernement. ©. 948— 91. 
11. Einwohner nach Zahl und Abſtammung. S. 91 — 862. 
12. Die Mnamefen, d. i das Volt von Zongling und Cochin China, 
©. 963 — 972 
Anmerlung. Die älter Geſchichte von Tongking, von Go⸗ 
chin China und von Kambodija, nach Sen Annalen der Ehi⸗ 
neſen. ©. gT2 — 986. : 
A. Die Geſchichte von Zongling. B. Die Geſchichte von 
Cochin China (So tchen tching). C. Die Geſchichte von Kams 
bodja (Tchinla). 
5.85 Ertl. 2 Befondere Verhaͤltniſſe Cochin hinas in 
der Gegenwart nach ben neueſten Beobachtungen 
der Briten, Rordamerikaner und — ——— S. 
985 — 1068. 


xvın Anhaltsverzeichniß. 


1. Die evolution feit 1774 unb bie Grandung des neuen — 
ſerthums Gochin China. S. 980 — 995. 

2. Die Kuͤſtenfahrt von Cap Si. James nach der — 
©. 095 — 1002. 5 

3. Greurfion von der Turon Bai nad) Beifo (vom 22.— 24. Det. 

1822). 1002— 1005. 

4. Que ober Hus Fu, bie Gapitcle und Geichoreſidem. S. 1005 
bi3 1013. 

5. Küftenftrede zwifchen der Gapitale Hus und der Turon Bai 

nach J. Crawfurd und G. Finlayſons Landreiſe (vom 17. bis 

6. Die Geſtade⸗Inſeln Pulo Condor (d. h. Inſel der Kalebaſſen 

bei den Malayen), ober Kohnaong ber Chineſen (Isle D’Orleans 

der Frahzofen); Pulo Ubi und’ Pulo Panjangz Honcotres@ruppe 
und Phukok (oder Kohtrol) Inſel. S. 1017 — 1037. 

- 1. Pulo Sondor. II. Pulo Ubi. IM. Pulo Yanjang. IV. Ius 
ſel⸗ Gruppe Honcotre. V. Inſel Phukok; Kohtrol (Quabrole der 
aͤlteren Karten). 

7. Exturſion nach Saigun, ber Gouvernementsftabt ber Suͤd⸗Pro⸗ 
vinz Kambodja. ©. 1037 — 1039. 


3. Whites Auffahrt bis Saigun. ©. 1039. I. Crawfurde Bes 
fuh in Saigun. ©. 1047 — 1054 
8. Saigun, nad 3. Whites Aufenthalt daſelbſt im Jahte 1822. 
&. 1054 — 1063. | 
5. 86. Zweites Kapitel. Das Shödgeftabeland Hinter In= 
diens; das Königreich Siam und die Malapifche Halbinfel, 


©. 108 —145. } | 
Erl. 1. umfang des Königreichs eiam en) ©. 1063 
bis 1176. 


Ueberficht. S. 1063 — 1067. 


41. Die Oftküfte bes Golfs von Siam mit ihren Snfen — — 
Kotſchang, Tungyai, Tſchantabun, Kongkaben, Cap Lyant, 
Bangpoſae, Gruppe ber Sitſchang. S. 1067 — 1077. 

2. Die Weſtkuͤſte des Golfes von Siam; die Saͤmroihot, Cap 
Kwi, Tſchampon, Pumring und Bandon; die Inſel Tantalem; 
Ligor, Talung, Sungora, Tana bis zum Gap Patani. S. 1077 
bis 1082. 

3. Die Siamefifche. Küfte am Weftgeftabe ber Malayen Halbinfa 
von Lungu bid Pakchan. ©. 1082, 


4. Die Beſtandtheile des Königreiches Siam. ©. 1083 — 1088. 


Inhaltsvetzeichniß. Xix 


Elima. ©. 1085 — 1088. 
Bodenbeſchaffenheit und Metalle. &. 1089 — 1092. 
1. Begetation. ©. 1092 — 1100. 
8% Thierreich. S. 1100— 1111. £ 
9% Gewerbe und Handel. S. 1111 — 1123. 
10. Das Gouvernement. ©. 1123— 1129. 
11. Einwohner nad) Zahl und Abflammung. &. 11294 1138. 
12. Die Siamefen, bie Thay. S. 1138 — 1140. 
ScammtsGharacterifiit des phnfifchen Schlages der Transgange⸗ 
tifhen Völker, zwiſchen ihren Ertremen, ben Malayen und Chi⸗ 
nefen (nach Finlayſon). ©. 1140 — 1145. 
Specielle Sharacteriftil der Siamefen nad) Grawfurb und Bine 
layſon. S. 1145 —1156. 


Eprade, Literatur, Religion. G. 1186 — 1176. 


. 89. Erl. 2 Befondere Verpältniffe Stanis in der 
Gegenwart, nad ben neuefien Beobachtangen. ©, 
1176 11%. 
1. 3. Grawfurds und G. Binlapfons Beſuch in Bangkok. ©. 
1176 — 1184. 
2 Gpätere Befuche ber Briten und Miſſtonare in Bangkok, Gapt. . 
Burney (1825), K. Gutzlaff (19281830). ©. 1185 —110, 


Anmerkung, Hiſtoriſche Notiz über Siam. S. 1190 — 11%. . 


J. B. Erl. 3. Law, Lao, Laos, Land und Volk Mittels 
Laos (Jangoma, Chiangmati); Dberskaos (Lowa 
Shan, Zarut Shan, Lolos); Unterstaos (Laenbs | 
sang, Lanthfan). — Die Lam, Lawa, Lawcha, Lauho, 
eowa, Loye, Laumwen, Laos, Lolos. — Die wilden 
Lowas und Eolos. Die Shan, Shanwas; Mre Laps 
Shan, Kofhanpri, Shanmen, Zarouts Shan. 
©. 1196 — 1245. 


ucberfiht. S. 1196 — 1199. j 


1. Adtefte Nachricht bei Chineſen und Yortugiefen, bei De Barros 
und den Jeſuiten⸗Miſſionen. De Seiras feit 15225 Krlegszug 
gegen Kambodjaz bis 1598. S. 1199 — 1902. 

2% Erſte Reiſe des Engliſchen Handelsmannes Ralph Fit nach 
Laos 1587. ©. 102 — 1%04. 

8. Handel ber Holländer und Gerards van Wufthof Reife in das - 
Land ber Louwen 1641. S. 1204 - 1%08. 

4% Vincent Leblant 1667 — 16075 2a Loubere 1688 und C. Käms 
pfee (1690) über Laos. S. 1908 — 1211. 


er 


% 


xx Inhalıserrgeicheiß. 

5. Ghineien-Beridt Ver Banteitwege uni Siam Sans 
Cyine, im XV. Tabrtumbert. —— = 
a) Die Gepitale Eng. 6. 12172. 

b) Die Hauptſtadt Siem. ©. 1219. 

6. Sr. Hamilton ( Buchanand) Birmanenberidgte über vie Tänder 
— ——— Belteſte 
Verbreitung ⸗Boller, ober ber Shen, i 
ters Indien. ©. 1-1335. — 

7. 3. Grewiurbs und Gäslaffs Radpridhten von den Laos, in Ava 

en ©. 135-1200. 

Bicyarbfons Beiucdy in Laos (Ghiengmei, Zangoma 
Jahre 1890. ©. 190 — 1235. * 


- Zweites Bud. 





Band IM. 


Bitter Erdkunde IY. 


Eh nn: gen zur u 


aAfien 


Erſte Abtheilung. 


Dos oͤſtliche Hoch⸗ Aſien, oder das 
Hochland von Hinter⸗ Aſien. 


Vierter Abſchnitt. er 
Der Südrand von Hoch: Afien., 
(Kortfesung.) 
Drittes Kapitel. 
11. Die MitteleOruppe des Himalaya» Syſtems, oder 
der Repalefiihe Himalaya. 


6. 71. 
Dr weite Abthellung des Himalaya⸗Zuges, zwiſchen 
den Goggrah⸗ und Dzangbo⸗Quellen, oſtwarts, bis zu 
denen des Tiſta in Sikim (f. Aſien Bd. IL S. 587), führe 
uns nur in ben füdlichen Gliedern der Gebirgs⸗Terraſſen und 
Vorketten gegen Hinboftan zu befannteren Länbergebieten, fo weit 
nämlich die Nepaleſiſchen Landfhaften reihen; denn Als 
lb, was denfelben im Norden zunaͤchſt anliegt, und den weſt⸗ 
lichen Thell ber Tübetifchen Plateaulandſchaft, im oberen Laufe 
bes Dyangbo, von. feinen Quellen bis Dſchaſchilumbo, bes 
greift, gehört fo ſehr der Terra incognita an, daß wir daruͤber 
fa noch gar Peine Auskunft von Augenzeugen erhalten haben. 
Unfere geringen, genaueren Kenntniſſe ber oͤſtlichen Nübetifchen 
Bergs und Piateaulandfchaften fangen erſt von Dſchaſchi⸗ 
iumbo (Teſhulumbo) oſtwaͤrts an, und reichen bis zur Um: 
schung von H'laſſa, im Norben ber no. Gebirge sAbs 


4 Hoh-Aflen IV. Abſchnitt. $. 71. 


theilung, welche wir oben (ebend. S. 687) die Oſt⸗Gruppe 
bes Himalaypa⸗Syſtems genannt haben, zu welcher auch bie 
Landfchaft Bhutan gehört. Mic der Befchreibung von biefer 
werden wir daher in dem folgenden Kapitel am zweckmaͤßigſten 
unfere Unterfuchungen über das eigentlihe Tuͤbet verbinden, 
welches die Plateaulandfchaft begreift, indeg Bhutan und 
Affam von ben eigentlihen Alpen=Ketten und Alpen⸗Thaͤ⸗ 
lern, alfo dem Alpen⸗Gebirgslande des Himalaya: 
Syſtemes erfüllt werben. Wir beichränken uns demnach in 
biefem gegenwärtigen Kapitel, nur wegen Mangel umfaſſenderer 
Beobachtungen über bie ganze Naturform, welche erſt die Zw 
kunft darreichen wird, auf ben füblichen Theil derfelben, wel: 
cher Innerhalb berjenigen politifhen Abtheilung zu Liegen 
kommt, bie feit einem Ssahrhundert etwa unter dem Namen 
Nepal (Repaul) algemein bekanntes getworden iſt (f. ebend. 
©. 487). 


Erläuterung 1. 
u. hohe Schneegebirge Nepals, oder dad Nepaleſiſche 
‚Doch = Gebirge. 


. Höhen: Meffungen der Hochgebirge: der Dhama: 
— Gruppe, der Dhayabung-Gruppe und der 
Salpu⸗Gruppe, im Weſt, in der Mitte und im Oft. 


Da uns fon aus den früheren Unterfuchungen bie hiftori: 
-fhen Quellen bekannt find, aus benen unfere Kenntniß von Ne: 
pal allein hervorgehen kann (f. Afien Bd. II. ©. 486 — 49), 
und bie Rieſenkegel bed Dhawalagiri nah Zieffen: 
thaler's, Cramford’s und Colebrookes Bellimmungen und 
Meffungen (f. ebend. S. 456, 492, 687), den Hauptſtock des 
Nepaleſiſch en Himalaya ausmachen, fo wird uns dieſe co: 
loſſalſte Gebirgsgruppe der ganzen Erbe am ficherften zut 
Orientirung in einem fo weiten noch fehe unficher zu durchwan⸗ 
dernden Ländergebiete dienen können, in welchem uns bie jegt lei⸗ 
der noch fall alle beſtimmten und pofitiven, wiffenfchaftlichen 
Beobachtungen fehten, welche bie genauere Betrachtung der Well: 
Gruppe bed Himalaya, in den vorigen Abfchnitten, fo lehrreich 
für da8 Gefamtgebiet dee geographifchen Wiffenfchaften machten. 

Der Montblanc-Stod des Dhawalagiri liegt, gleich): 
artig wie ber Alpen:Stod der Jawahir-Öruppe. (f. eben. 


Himal., I. Mittel⸗Gruppe, Ohamwalagir. 5 


©. 1015) und der des Ralding⸗Kaulaſa (f. ebend. ©. 798), 
auf der Grenze des Tüberifchen Plateaulandes Im Norden und 
des Hinduſtaniſchen Alpengebirgslandes im Elben, aber doch bes 
bentend füblicher als jene, nämlich zwiſchen ben Parallelen von 
23° 30 bis 29° N. Br. Geine aftronomifche Länge iſt 83° 30 
DL. von Sc. nad) Cape. Webb’ und Blake’s Sure }). 

Die Höhmbeflimmung des Dhamalagiri, fage AL v 
Humboldt ?) in feiner critifchen Beleuchtung ber gemeflenen 
Himalaya⸗Hoͤhen, hangt bis fegt von einer größeren Zahl unge: 
wiffer Elemente ab, von der aftronomifchen Lage nach Länge 
und Breite, von ben Azimuthen und ber Refraction; dennoch ges 
ben zwei aufeinanderfolgende Deffungen, die von Capt. Webb 
und Capt. Blake angeflellt find, kaum eine Differenz von 500 
Fuß. Die Höhenmeffung, welcher v. Humboldt folge, von 
23,077 Zuß Engl. giebt = 36,344 Fuß Par; bie Höhe nad) 
Bioke’s Meffung und. Colebrooke’e Mechnung 28,000 3. 
Engl. giebt = %6,272 5. Dar.3 bie geringere Berechnung der 
Höhe = 86,225 F. Par., wie fie Grimm in feiner Hoͤhenkarte 
eingetragen. 

Dhamalagiri, ober wie Webb verkürzt nennen hörte, 
Dholagir, iſt aber nur bie allgemeine Benennung des erha- 
benſten Schnee⸗Piks, welcher insbefondere auch ben Namen 
Ghoſa Coti (Gaſah Kotee bei Blake) führt. Schon Kirkpa⸗ 
grit>) erfuhr, daß er von Dhamala, d. 3. im Sanferit „weiß,” 
und Girt, d. i. der „Berg,“ feinen Namen habe, was daher 
auch ſchon Pater Zieffentbaler mit Montes albi, nive obsiti' 
ganz richtig überfegte (f. Afien Bd. I. ©. 457). Aber mit ihm 
gugleich erblickt man im weiter Kerne, fchon aus dee Gangesebene 
Hindoftans, bei Patna *), der Hauptſtadt von Behar am Suͤd⸗ 
ufer des Ganges, der Ghandakis Einmündung gegenüber (Patna, 
unter 25° 36 N. Br. nad Reuben Burrow), auch von Bha⸗ 





!) ſ. Journal of Science and Arts Lond. XXI. 1821. p. 240. On 
tie height of the Dhawalagiri Mt., with a reduced Copy of part - 
of Capt. Blakes Survey of the Province of Goorukpoor , A. 1812 
—15, including the Position of Dhawalagiri. 2) An- 
nales des Scienc. Natur. 1825 T.V. Al. de Humboldt Män. III. 
p. 13; cf. Reduced Copy of Part of Lieutn. Wehhs Survey in 
Onde. 1812. Nr. 3. °) Kirkpatsick Account of Nepaul I. c. 

p. 287. *) Colebrooke on the height of the tn 

Meuntains in Asiatic. Researches. Calcutta 1816 4. T. XI. 

P 


6 Hech⸗ Aſlen. IV. Abſchaitt. 5.71. 


galpus und andern Orten, mit dieſer Rieſenſpitze zugleich, eine 
ganz zuſammenhangende Linie weißer Miefenböhen, bie 
fi) durch eine Länge von mehr als zwei Stricken des Compaß 
hindurch zieht, und von ba mod) über zwei SBreitengrabe entfernt | 
Uegt. Kathmandu, faſt im Norden von Patna, liegt unter 
27° 49 N. Br. nah Crawford, und die naͤchſten Himalapa⸗ 
Gipfel find von da noch am & geoge. Meilen (25 Engl. IR.) ent: 
ferner; Kirkpatrik, dee mehrere zwifchen der Hauptſtadt Kath | 
mandu unb den Himalayas Gipfeln Legende Thaͤler befuhte 
fagt, es fel noch immer einige Tagerelſen ferh vom Hochgebirge 
geblieben. Capt. Wedb 5) gab bie erſte ungefähre Meflung 
berfeiben nad den. Obfesvationen, bie ex aus bee Ebene von 
Gorakhpur am Rapti⸗Fluſſe gu machen Gelegenheit hatte, von 
wo er bdiefe mächtigen Schneegeftalten im weiter Gerne erblickte, 
und ihre größte Höhe auf wenigftens 24,000 bis 25,000 Suß gan 
richtig beſtimmte, obwol dies anfänglid) manche Zweifel erregte. 
An diefer weißen Linie ewigee Schneehöhen waren ſelbſt die Eu⸗ 
sopäer in Indien in frühesen Zeiten gedankenlos vorübergezogen, 
obne ihrer auch nur irgend wie gu erwähnen, ober auf ben Ges 
danken ihrer Rieſenhoͤhe zu kommen, welche erſt feit den Meſſun⸗ 
gen ber neueften Zeit als die colofialften des ganzen Erdballs 
wirklich anerkannt find. 

Crawford's in Ihren Details leider nicht bekannt gewon 





. denen Mefiungen (f. Afien WBb. II. ©. 492), zu Anfange bes 


XIX. Jahrhunderts gingen während feines Aufenthaltes in Kath⸗ 
mandu, ber Hauptflabt Nepals, von zwei Standlinien aus, 
an bie er Triangulirungen und Hoͤhenwinkel anfchloß, woraus 
er, mit wiederholten Beflimmungen aus Behar, zuerft auf -bie 
ethabene Lage ſowol ber Hauptſtadt als ihrer Umgebungen bins 
wies. Die verloren gegangenen Originalmeſſungen und bie vers 
fhiedene Aufnahme ber Bafen, von benen bie Berechnung ber 
Höhenmeflungen ausging (Kathmandu, Patna), haben verſchie⸗ 
dene Angaben einer Reihe von acht Hoͤhenpuncten veranlaßt, 
welche von Kathmandu aus geſehen, zu einer vorderen 
Kettes) des Dhamala'girisStods gehören (ſ. Aſien Bd. U. 
S. 609), deſſen hoͤchſte noch noͤrdlicher, ober nordweſtlicher, lies 


Ebend. im Journ, of Soience Lond. 1821. Nr. XXI. p. 240. 
: ſ. — Hamilton Acc, of the Kingdom of Nepal Kdinburg 1819. 
p· 


Himal. II. Mitte-Br., NepalsHöhenmeflungen. 


gende Pits aber Damals verdeckt geblieben ſeyn mäffen, weit fie 
in Erawford's Aufzählung (Octob. 1802) nicht erwähnt werben, 
fondern erft fpäter von Webb und Blake gemeflen wurden. 
Jene Berechnung ber VII Pils, nah Crawford, bie mit . 
Budfiaben bezeichnet 7) wurden, umter denen nur ber einzige L, 
mit dem einheimiſchen Namen Dhayabung verfehen iſt, wähs 
remb die andern namenlos biieben, hat Er. Hamilton mitge 
theitt, umd die von Gary edirte Karte 2) hat fie in Ihrer Gebitgs⸗ 
zeichnung auch Iocalifist. 
Er. Hamilton giebt Ihre selativen Höhen über nn 
mandı in Englifhen Zußen an: 
1) Berg A = 19634.83 2) Bag C = 20.114.653 
3) Berg D = 17864.25 4) Berg E = 1209.25 
6) Berg F = 14,176.23 6) Berg K = 14,549.19; 
75) Berg L, d. $ Dhayabung = 19,960.82 und 
8) Berg M= 11,346.97. Da aber Kathmandu's abfolute 
TMerresböhe hinzugerechnet werben muß, die Lage ber Stadt aber, 
nah Hamilton, 4140 $. Engl. (= 3884 8. Par.) über dem 
Zarigani, ober Niederland, nah Colebt ooke weit mehr, naͤm⸗ 
üb 3500 $. Engl. (= 3222 8. Par.) , die abfolute Lage uͤber 
der Meeresfläche alfo an 4784 8. Engl. (= 4488 8. Par.) bes 
teägt, nach der Blackerſchen Karte aber viel weniger, 3600 5. Engl. 
(= 3377 3. Par): fo iſt auch die Angabe ihrer abſoluten Hoͤ⸗ 
hen ſchwankend, bie wir bite jedoch nach ber Blackerſchen Karte, 
wo Vie 4 erften Nummern ben gemeinfamen Ramen der Sal⸗ 
pus@ebirge tragen, angnführen für hinreichend halten. Auf 
diefer hat 
a. Ve Salpu⸗Gruppe: 
2) Berg A, — 2,234 Fuß Engl. = 22,739 Fuß Par.z er 
ſpringt am weiteſten gegen Suͤd vor und llegt 
ganz im Oſt von Kathmandu. 
2) Berg ©, = 24,71% Fuß Engl. = 33189 Fuß Par. 
3) Bag D,= 2164 « ss m WEI +» = 
4) Berg E. = 16,69 »_ ss =15608 ss ⸗ 


!) Calenlation of the Alstaden. of some of the Snowy Mountains 
from the Valley of Nepal by Colon. Crawford, in Fr. Hamilton 
Account of Nepal 1819. 4. App. °) New Map of Hindostan 
er er er C. Val. Blacker Sur- . 
veyor Gen. of Indie. Lond. 1824. 6, Boct. 


8 > Kohefien. IV. Mbfihnle. 5. Zu. 


B, Die Dhadadung⸗Geuppe: 

6) Berg F, == 18,776 Fuß Engl. = 17,617 Eu Dar. -. 

6) Betg K, = 19833 0 .: —=17536 : > 

7) Berg L, = 4,50 ° .e =2304 . 0 

8) Berg M, = 1610 +», +» =14590 « + 
Dabei iſt gu merken, baß ber Berg L bei Eramford ben Ras 
men Dhapabung führt, auf Blackers wie auf Sr. Hamil⸗ 
tons 2) Karte aber auch Goſaingsthan⸗Pik heiße, im Oſten 
bee Stadt Dhayabung, nad) der wir den Alpen-⸗Stock benens 
nen, welcher zwifchen der Salpu: Gruppe im Oſten unb ber 
Dpamalagiris®ruppe im Weften gelegen ifl. Die Berge 
K und M find aber auf bee fonft fo vollflänbigen Blackerſchen 
fo wenig als auf der Hamiltonfhen nah Crawford copirten 
Karte, nicht duch, Buchfiaben, und auch ihre Höhen nicht an» 
gegeben, die wir daher aus ber Hamiltonfchen Aufzählung ergänzt 
und fomic bier, wie wir glauben, bie erſte vollflänbige Ueberſicht 
‘ gegeben haben. 

Den Dhayadung nennt Eolebrooke!n auch Dhai⸗ 
bun, nad) ihm 20,130 F. Engl. über den Gärten ber Königin 
bei Kathmandu erhaben, In R.D, der Stade gelegens er fey ders 
felbe, fagt ee, ben Colonel Kirkpatrick 10 Engl. Miles näher 
vom Berge Bhirbandi aus erblidte, und hinter welchem er, nord⸗ 
mwärts, noch höhere Schneepiks fahes doch Irge Kirkpatricks Kars 
tenfkige von Nepal, fowol ben Dhaibun wie bie andern Mache 
barberge, 3 B. den Dunda und Ghirku, bie auch Sr. Das 
miltons Map im N. Weſt bes Dhayabung angiebt, näher nach 
Kathmandu, als Crawfords Sure. 

Verſchieden von dieſen — der Vorderkette 
gegen O ſt zwiſchen Triſul Ganga und San Koft find jene Rei⸗ 
ben ber Piks des Dhawalagiri in N.Weſt von Kath⸗ 
manbu, welche duch Capt. Blake ſpaͤterhin (1812 — 1814) 11) 


gemeſſen find, und zeigen, daß ber Rieſen⸗Pik Dhawalagiri 


in feiner auferorbentlichen Exchebung nicht fo iſolirt fiche, wie der 
Helvetifche Montblanc, ſondern daß in feinen naͤchſten Umgebuns 
gen gegen Welten und Dften, in bemfelben Alpenſtock zwifchen 





°) Fr. Hamilton in Account of Nepal Map of the Dominions of 
the House of Gorkha. — t. Res. T. XIL p. 262. 

1) Capt. Blake Letter f. H Colebrooke on the h ght of the 
Dhawalagiri the White Mount of Himalaya in Journ. of So, and 
Arts Lond, 1821. Nr. XXI. p. 240 — 244. 


Oimal, UI. Mittel-®r., Ohawalsgiri-Exsd. - @ 


den Gebiegeſtrsmen Teiſul Banga Im Oſt und Goggrah Im 
Welten, noch viele feine abfoluten Höhe verwandte Rieſen ſich 
alle weit über Chimborafjos Höhe erheben, Durch Capt. Blake 
wurden in dieſer Hochkette bes Haupt⸗Stocks, in deſſen Mitte 
der Dhawalagiri thront, fünf Piks nach abſoluter Höhe im 
felgender Reihe, von W. nach O. gerechnet, gemeſſen, und deren 
£oge auch auf der oben angezeigten Kartenſkizze von ihm einge⸗ 
ragen; dennoch iſt ihre Angabe auffallender Weiſe auf der New 
Map of Hindostan ded. to L. C. Blacker by Cary Lond. 1824 
gänzlich übergangen worden. 

Capt. Blake, berichtete Colebrooke!2), habe als Sur 
veyer ſchon in ben Jahren 1812 bis 1814 die ganze Provinz 
aufgenommen, welche im Süben bed Soggrah oder Groß 
Sariyn liegt. Bei dem Dorfe Urwara, auf dem Südufer 
des Rapti⸗Fluſſes, im Süden der Stabt Banſey, entfal 
tete ſich ihm die Anficht der ganzen Schneegebirgökette aus der 
Ebene, weiche noch bis 140 Engl. Miles von jenee abſteht. 
Schon biefe außerordentliche Diſtanz der Sichtbarkeit bewies die 
coloſſale abfolute Erhebung jener Maſſen. Mit einem Troughton⸗ 
fhen Theodoliten nahm er bie Richtungen und Elevationen vom 
5 der ausgezeidmeteften Schneepiks, von denen 3 ihte Namen 
hatten, die andern beiden nicht. Diefe 3 hießen Chandragiri, 
Dhawalagiri (auch Gaſah Lori) und Setgar (auh Ny⸗ 
pal). Dei einer etwas angenaͤhertern Stellung zu Mahadeva⸗ 
diuriya war ſchon ein großer Theil dieſes ſchneereichen Hochge⸗ 
birges durch bie vordere Kette verborgen; von der Stadt Ban⸗ 
ſey hatte er noch einen prachtvollen Anblick des ſchneeweiß ſchim⸗ 
menden Dhawalagiri. Die Ebene bes Rapti⸗Fluſſes, 
oder von Gorakhpur, von mo aus biefe zweite genauere Meſ⸗ 
fung, weldye mit der Webbſchen früheren bis auf geringe Uns 
terſchiede uͤbereinſtimmt, gemacht wurde, wid von Coleb coole 
zu 400 Fuß Engl. über dem Meere beflimmt, und danach bie 
Höhe ber einzelnen Pils des DhawalagirisGtods berechnet, 
deſſen Reihe der 5 Pils von W. nach D. mit dem PIE bed Buchs 
ſtabens 1. A, ohne Namen beginnt, banın folgt 2. B, dee Chan 
dragiriz dann 3.'C, bee Dhamalagiriz; bann 4. D, der 
Swetagbar und zuletzt im Oſt 5. E, ohne Namen. Zwiſchen 





) Ebend. 


Hohe Aflem. IV. Abſchnitt. 4. 71. 


Dhamalagiri und Swetag har beicht aber das Querthal des 
Ghandaki⸗Ganga hindurch, fo daß dieſer Alpenſtock dadurch 
von Natur in zwei Hauptgruppen, eine weſtliche und oͤſt⸗ 
Side, auf dem rechten und linken Ufer, zerfaͤllt, weiche wir 
bei fpecieller Anordnung und Darflellung, die weſt liche Gruppe 
des Dhawalagiri und bie öftliche Gruppe des Swetas 
ghar, oder bes Weißen Berges und des Weißen Thurmes 
nennen werben. Dreierlei Meffungen und zweierlei Berech⸗ 
nungen berfelben nach verfchlebenen Refcacttonsannahmen, welche 
Colebrooke angiebt, führten ihn. zu dem ſchon oben angezeig- 
ten Mefultate, 28,000 $. Engl. = = 3,772 5. Dar. als abfolute 
Höhe des Dhawalagiri feſtzuſtellen. Der oͤſtliche PIEE, ohne 
Namen, gute 7 geogr. Meilen (36 Engl. Miles) im Oſten bes 
vorigen, hat noch eine Höhe von 24,108 F. Engl. = 226% $. 
Dar. hber dem Meere (bei Grimm 22,246 3. Par). Zwifchen 
beiden in der Mitte liegt der Berg 4 D Swetaghar oder 
Set⸗ghar, d. h. Weißer Thurm, auch Nepal genannt, 
in gleichem Parallel mit dem vorigen gegen Nepal vorfpeingend, 
26,261 $. Engl. = 23,702 $. Par. über d. DW. (23,327 $. Par. 
bei Grimm). Dieſe beiden koͤnnte man auch, wie beim Hel⸗ 
vetifchen Montblanc, die Adjubanten dee rechten ober oͤſtli⸗ 
hen Seite dei größten Coloſſes nennen; wenn nicht eben ber 
Querdurchbruch des Ghandaki Ganga fie als Gruppe des 
Swetaghar von jener Hauptgruppe des Dhawalagiri 
treunte. Die gemeſſenen Hoͤhen der linken oder weſtlichen 
Seite find folgende. Zunaͤchſt weſtwaͤrts des Dhawalagiri 2. B, 
ber Chanbragiri, d. 5. bee Mondberg, ein Name, den aber 
viele andere der Himalaya⸗Gipfel mit ihm gemeinfam haben (mie 
Mittagsberg, Pic du Midi ete., in ben Europäifchen Alpen), 
23,000 8. Engl. = 21,581 $. Par. (21,212 5. Par. b. Grimm) 
hoch; alfo nod immer dem Chimborafjo gleich am Rang, und 
1. A, namenlos, ber wefltichfle der gemeffenen Piks, 21,936 F. 
Engl. = 2205 5. Par. üb. d. M. erhoben, von welchem wei⸗ 
tee im Welten eine völlige Terra incognita ber Sebirgeweit be 
ginnt, bie biß zur Goggrah⸗Quelle, zur Jawahir⸗Gruppe (f. 
Afien Bd. IL S. 1016), weicht. Mehr ift von dem Rieſen⸗Pik 
bes Dhawalagiri nit bekannt, benn fein Gipfel tft natuͤr⸗ 
lich noch unerfiiegen, wol umerfleiglich, ja feine Thalgehänge find 
noch von keinem Europäer ober fonftigen Beobachter befucht. 
Al. v. Humboldt, um bie gewaltige Höhe biefes Rieſen⸗ 


Seaal., II, Mittel⸗Gr. Ofawalagii, 11 


Vega anikhautich zu machen 12), ſagt: wenn man den Puy be 
Dame auf den Chimboraffo fiel, fo hat man den Ja wa⸗ 
bir, Belle man aber ben Sc. Gotthardt auf ben Chimbos 
saffe, fo hat man bie Höhe des Dhawalagiri. Man flaunt 
aus unfen Ebenen bie Höhe bee Aipen unb Cordilleren 
am, noch mehr alfo wol bie bes Himalaya, melde aber body 

Die Hoͤhenunterſchlede ber Nivellements ber Berge auf dem Monde 

nicht erreiche. Ein Marimum der Hochgipfel ber Erde laͤßt fi 
wicht benten, fo lange wir bie elaftifchen Kräfte nicht berechnen 
Eönnen, welche vieleicht einſt die oxidirte Rinde unferes Planeten, 
vermoͤge ber Hebungstheorie, erhob, und es liegen zwifchen biefer 
Dpamwalagiris Kette und ber bes Zfungsling (f. Aſien 
Bd. IL ©. 411), oder zwifchen biefee unb der bes Ta⸗Siue⸗ 
Shan in Sifan (f. ebend. ©. 410, 416) noch höhere, aber 


smgemefjene Felſenpiks. Gegen die Mafie und Geftaltung bes 


Erdſphaͤroides bleibe jedoch auch biefe abſolute Gebirgshoͤhe immer 
nur ein wenig bedeutendes Phänomen, ungeachtet ihr gegenſeiti⸗ 
ges Verhaͤltniß Mannichfaltigkeiten genug darbietet, fo daß z. B. 
die Sipfel⸗Verhaͤltniſſe dee Pprenaͤen, Alpen, Cor⸗ 


dilleren und der Himalaya, unter ſich, in der wachſenden Pro⸗ 


greffion ſtehen, wie 1, 13, 2 und 24. Die mittlere Höhe bee 
Sipfetlinte, ober bee Kamm, auf den Anden Amerika’s, iſt 
deu hoͤchſten Yuncten dee Pyrenäen gleich; aber bie mitt, 
lere Höhe ber Sipfellinie oder des Kammes auf den His 
malaya kommt, nad A. v. Humboldts Berechnungen, ben bödhs 
ken Puncten bee AlpensGipfel gleih; denn ber Kamm 
des Himalaya, bie niedrigften Einfchnitte mitgerechnet, bieibt im⸗ 
mer noch in Montblanchöhe, ja tibertrifft- biefe hier wol noch 
In dem Dhawalagiri⸗Stock, von welhem uns noch gar 
keine Paffagen bekannt geworben find, Wenn das WVerhälts 
niß der mittleren Höhe der Bergrücken zu des dee hoͤch⸗ 
fen Gipfel auf den Pyrenden wie 1:14, in den Alpen 
wie 1:2 iſt, fo zeigt es fih, nad v. Humbold ts Berechnun⸗ 
gen, in den Anden Amerika's wie in dem Himalaya Aftens, 
ganz gleich; nämlich wie 1:1,%, obwol ihre abfoluten Höhen ber 
Bipfel wie des Paͤſſe oder Einfenkungen in beiden doch fehe vers 
ſchieden find, 





’) A, de Humboldt sur erg ee =. etc. in Mean. 
UL, 1825. Ann. de Sc. natur. — V. p — 


12 Hochs fen. EV. Abſchnitt. $. 71. 
2 Der weſtlich⸗ Alpen⸗Stock oder die Diamalagi: 
eis®ruppe mie dem Ghandaki⸗Thale; Parvatis 


Malebum, das Hohe Alpenland. Die Salagramiz 
die Handelsſtraße nah Maſtang; bie Bergvoͤlker. 


Am ſuͤdlichen Fuße des hohen Dhamalagiri fließt der große 
Strom Ghandaki Ganga, ber feine Quelle auf deſſen Sübs 
eehängen haben follz doch iſt fein Thal bisher noch unerforfcht ges 
blieben. In feinem obeten Laufe heißt dieſer Gebirgsfttom auch 
Salagrami, von den Schieferfteinen nie Ammoniten: Pes 
trefacten, bie aus feinem Flußbette gefammelt durch ganz 
Hindboftan unter dem Namen Salagrami 4) verführt und 
göttlich verehrt werben, weil bie. Schnedenwinbungen diefer Pe⸗ 
trefacte als ein Heiligtum bes Viſchnu fehe Hoch gehals 
em find. 

Der Fundort dieſer Salagrami iſt es, welcher biöher 
allein den Weg der Pilger und Reliquienhaͤndler zu den unmwirth- 
barften Hochthälern des Dhamalagiri Alpenſtocks gebahnt 
. zu haben fcheintz Eüunftige Beobachter werben vielleicht biefens bes 
ereteneren Wege bei Unterfuchung jener Riefenhöhen zuerft zu fol 


gen habenz dem wir das einzige ung bekannt gewordene Product 


derfelben verbanfen. Wir erinnerten ſchon oben bei den großen 
Muſchelbaͤnken des Plateaus von Ladakh (f. Aſien Bd. II. S. 582), 
nah U. Gerard's und Webb’s am Taklakote⸗Paß, wie 
Moorcroft’s am Niti-Paß (f. Afien Bd. II. S. 681) ges 


. machten Entdeckungen, an das analoge Vorkommen diefr Ams 
monshörner auf großen Höhen, unb an ihre heilige Bebeus 
tung als Goͤtter-Raͤder (Chakra' 8 des Viſchnu) auf weiche 


fhon die älteren Miffionäre (3. B. Pater Calmette),.wie Die 


älteren Sonchyliologen 15) aufmerkſam gemwefen find. Sie kom⸗ 
men keineswegs ausſchließlich nur auf diefen Höhen, fonbern auch 


in anbern Theilen Hindoſtans vor. In ber reihen Sammlung 


des berühmten Beteranen ber Naturforfher, Blumenbachs 


zu Göttingen ift ein folcher Salagrami, der Spurenflein eines 
Ammoniten im Innern eines eifenfhüffigen Mergelfteiines aus 
dem Gangesbette, und nah Forbes und W. Hamile 


‘ 


16) Colebrooke in Asiatic. Res. T. XII. p. 264. 


25) 3, ©, Schröter vollftänbige Einleitung in die Kenntniß und Ge= 


fchichte der ne 175%. Sh. IV. p. 8695 Sonnerat Voy._ 
Edit. 4. 1782. I. p. 173. 


Himal., II. Mittel-Gr., Ghandali Salagrami. 13 


ton %) kommen fie auch als Heilige Kiefel Im Wette ber Ner⸗ 
bubda vor (bei Dnear Mandatta, wo fie Ban Ling heis 
fen, und von Chandode an Strom aufmärts, eine darum beſon⸗ 
ders geheiligte Stelle zu Uferanfiedelungen); bie venerirteften und 
koſtbarflen fcheinen jebody bie vom Ghandaki zu fern. Selt⸗ 
ſam iſt bie Nachricht bei Tieffenchaler 7), daB dieſer Fluß 
deswegen ben Indern verhaßt fey, weil man darin die Sclagre 
finde, wahrfcheinlich wollte er das Gegentheil fagen. 

Colon. Crawford bemerkt in eine Manufaipts Note 18), 
daß fi die Salagrami-Steine in großer Menge im obern Laufe 
des Ghandaki vorfinden, der auch danach feinen gemweihten 
Namen Ghandaki Salagrami erhalte, NE. Muktinath, dem: 
berühmten Wallfahrtsorte, fänben fie, ſichz feltner aber zu Dums 
dhercund (richtige Damodur cund) noch näher an bes 
Quelle des Stromes. Gr. Hamilton!) theilt aus denn Runde 


der Pilger, die ex häufig Über, diefe Gegenden erforfchte, folgen». 


bed mit. An den Uferw des Shanbali, zu Muktinath, if 
eine ſteile Felswand, von weicher der Strom bie ſchwarzen Steine 
mit den Salagramis losſpuͤlt, welche für bie Hindu's Abbilbes 
ihrer Götter enthalten, und in Bengalen, wo man fonft nur we⸗ 
nig Idole findet, bei dem Wolke der gewoͤhnlichſte Gegenſtand ih⸗ 
zer Anbetung abgeben. Sie find von verſchiedener Art und ſtel⸗ 
len verſchiedene Götter vor Pilger, die als Augenzeugen von 
Muktinath gelten, fagten, daß man bie Steine zum Theil am 
Precipicen finde, zum Theil Im Anfage des Strombettes bei Abs 
wafchungen bes Ufers, überall nicht felten unterhalb Mukti⸗ 
nath, bis der Strom zu Sivapur, an ber Suͤdgraͤnze Nepals, 
bie Ebene Hindoſtans erreihe. Die meiſten biefer Steine, fage 
Hamilton, find Ammoniten, fall nie größer, als eine Oran⸗ 
gez von ſchwarzem Kalkftein, felten mis Adern ober Gängen 
durchzogen, oft rundlich unb immer mit einer metallifchen Subs 
kauz, wahrſcheinlich Eifen, buschdrungen, das ihnen ein großes fpes 
cifſches Gewicht und die dunkle Farbe giebt. Defter find es nur 


Schaalen audgetvitterter Ammonitenkerne, oder Abdruͤcke der Am⸗ 


moniten, welche Chakra's oder Viſchnu⸗Raͤder genannt werden; 


10) Walt. Hamilton Description of Hindostan Lond. 4, TıL p. 620; 
Forbes Oriental. Mé m. London 4. Vol. III. Bugs 

7) 9. Tieffenthaler Hindoſtan % Bernouli Th. L p. 803 

28) Asiatic. Research. T. XI. p. 264. 20) Fr. Hamilton (for- 
meriy Buchanan) Acc. N Nepal. Kainb, 1819, 4. p. 79 ete. 


14 Hohe Aſien. IV. Abſchnitt. $. 71. 


find es ganze Kugeln, fo haben fie häufig Beine Äußere Deffnung, 
laſſen aber beim Reiben an einer Seitenſtelle nicht felgen bas 
hohle Rad (Chakra), nämlich bie Ammonitencomcameration, her» 
vortreten, und biefe geheimnißvolle Eigenfchaft giebt folchen Sas - 
Ingram?’ 6, in denen fih Viſchnu bem Auge bes Hindu fo fichts 
bar offenbart, einen fehe hohen Werth. Die Pilgerlegende von 
diefem Amulet bee Viſchnudiener iſt fo abgeſchmackt, wie fo 
manche andere ber fchon früher angeführten, obwol immer ein 
Anklang an bie Waſſerbildung der Erdrinde dabel merkwuͤrdig 
bleibe. Cap, Wilford 2%) erzählt: Vifhnu, der Erhalter, fuchte, 
als ihn ber zerſtoͤrende Gott (Saturn, ob Siva? das Feuer) vom 
folgte, Hilfe bei dee Maya (Brahma's Gefährtin, der Taͤu⸗ 
fung) 21), bie ihn zum Steinberg ober Fels (d. h. Saila) 
umſchuf. Aber der Verfolger fand ihn bald aus, und fraß fih 
in Geſtalt eines MWurmes (die Ammoniten Moluske) bucch ben 
Gele. Als ber verwandelte Viſhnu dies ein Jahr lang ertragen 
hatte, begann er fo furchtbar zu ſchwitzen, daß aus der Gegend 
ber (fpäter bepilgerten) Tempel, ein zeichen, [hwarzer(Krifpna 
genannt, bee Schwarze) und ein weißer Strom (Sweta⸗ 
Ghandaki, d. i. der weiße Ghandaki), jener im Dft, die 
fee im Weſt hervorbrach. Als Viſhnu nach vollendeter Welt⸗ 
revolution wieder feine alte Geſtalt und Stelle als welterhaltende 
Gottheit annahm, gebot er dieſen Fels der Taͤuſchung (Saila⸗ 
maya) anzubeten, weil er in ſich heilig war, ein Martyrthum. 
Dieſe Fingerzeige reichen ſchon hin, uns auf dem phantaſtiſchen 
Boden "ber Salagrami, ans Alpenſtock des Dhawalagiri, ‚fo gut 
es thunlich iſt zu orientiren, bis beſſere Wegweiſer uns dahin ge⸗ 
leiten werden. Die Sucher dieſes Steines, ſagt Capt. Wilford, 
sehen bis zu einem Orte Thacca⸗koti, der am Ghandaki⸗ 
Strome am Eingange der Schneegebirge liegt (nicht Zaflacotes 
Paß, wo Webb ebenfalls Ammoniten fand, f. Aflen Bb. IL 
&. 527, 631, 683); im Süuͤben beffelben fey ein Dorf, wahrs 
ſcheinlich, meint ex, Sailapur oder Sallagram genannt, wo 
fie ſich Vorrath von demfelben holen z daher auch ber Stein und 
Fluß den Namen tragen möge. Er gründet ſich auf biefe Hypo⸗ 
thefe 2) des Dorfnamens eine zweite, daß Thon Peolemäus, 





DOCH NN Re 
v. O ° 1 O 
2°) Capt. Wilford Asiat, Bes. T. XIV. p- 48, 


« 


Himol,, I. Mittel-®r., Shandati Ratayana. 15 


der den Ghandakl nichs nennt, ihn hoch gekannt babe, teil er 
eine Stadt Selampura in jener Gegend nennt (InAcunaga, 
138° 30’ Long. 83° 20° Lat. Ptol. VI. c. 2. p. 177), beven Iden- 
deät mit Sallapur feboch ſchwerlich nachzuweiſen feyn möchte, 
De Zug Ghandaki oder Gandaca, auch Ganda⸗ 
cadati, der Condochates des Megaſthene s (Kordoryarm)?), 
fol fein Namen vom gleichnamigen Berge haben; im Lande 
freie man ihn Ghandak aus Das Volk von Nepal (d. i. 
Naypala) nenne ibn Cunbd’aci, weil er vom Cunbasfthaln, 
di den zwei Höhlen ober Einfentungen der Viſhnu⸗Tempel, 
herkommt; daher. er auch mit dem anderen Namen Vifhnu’s, in 
fo fern biefee als Narayana m den Waffen ruht (f. bei 
Bohlen das alte Sub. 1. S. M), dee Ghandaki Narayana. 
genannt wird. Er iſt der Hauptſtrom Nepals, welcher bie Mitte 
des Bandes bez Gorkha, vom Norden nach Süden, quer durch 
füneibet, und aus den beiden Hauptarmen, dem Triſul Ganga 
im Ofen und dem GhandakiGanga im Weſten, feine größte 
Vaſſermaſſe enthält. Die oberen Hochgebirgsthaͤler dieſer beiden 
Hauptarme find duch Wallfabrtsorte und Gebirgspäffe mit 
Handelsſtraßen, welche norbwärts auf Chineſiſch⸗Tuͤbetiſches 
Gebiet führen, die: befuchtefien und bekannteſten. Sie führen 
durch bie erhabenſten Schneegebirge, dad Thal bes Triſul über 
Nayakot mb Dhayabung nah Nillantha und weiter; 
bad Thal des Ghandaki über Malebum nah Muktinath 
unter den Gelshöhen bed Dhamalagiri vorüber, nah Mass 
tang in Züber. Dis Pilgernachtichten von biefen MRonten find 
die eimigen beichtenden Berichte, welche uns in dieſer Hochges 
bitzenatur orlentiren innen. | | | 
Die Kartenzeichnung *) vom obern Laufe des Ghan⸗ 
daki entwarf Colon. Crawford nad den Angaben eines Las 
wa, der den Radja von Maſt ang begleitete, als biefer den’ noch 
übermächtigen Gorkha's ben Tribut nad Kathmandu brachte, 
Grm Angaben find. beffer als bie früheren von Col. Kirkpa⸗ 
til” Dieſer berichtete 25), daß won Bini (ibentifch mit Mate: 
dum) & Tagereifen gegen N. W. der Ort Muktinath liege, in 
beſſen Naͤhe der Ghandaki den Namen Salagrami anuchmez 


—— ji 
„.) Arziani Historia Indica Cap. IV. 4. od. Schmieder p. 26. Not. 4. 
) Fr. Hamilton Account of Nepal I. c, p. 273 


4 — Account of (he Kingdom of Nepaul. London 1811. 


3)" Hoch-Aflem : IV, Abfchnien $. 71. 


Tagereifen weiter aufwaͤtto llege Damodarkund mit eine 
ühmten Quelle und einem Wafferbaſſin. Doch entfpringe ber 
handaki noch weiter norbiwärts, nicht weit von Kag⸗bini, in des 
tung von Maſtang, ein Ort von einiger Bedeutung ſchon 
DbersTübet, und 12 Tagereiſen fern von Bini ober Bis 
ſhahr (Malebum). Maſtang, auf Klaproths Karte 
afteng, liegt auf bee Waſſerſcheide zwiſchen den Suͤdzu⸗ 
sffen zum Ganges und ben Norbzufläffen- zum Djange 
tfu, ober bes geoßen Stromes von Tuͤbet, dem obern 
rahma Putras befin obere Ducligebiet an den Um⸗ 
ungen ber heillgen Doppel⸗Seen Mapang und Lanka’ (f. Aſien 
. IL ©, 660), wuͤrde als eine biöherige Terra incognita, für 
— von bier aus am erſten zu erreichen und zu Aion 


ei Hamiiton ſagt, der obere Lauf des Ghandaki heiße 
en feine Quelle hin Kat, jenen Namen erhalte er erſt gegen 
Ebene Hinboftans. Die Quelle des Kali liege aber bei 
smoburkundb, mo er das Zerritorium bed Maſtang Mabie, 
es Bhotiya Oberhauptes, durchſtroͤme, beffelben, den ex 
nfalls in Kathmandu, im Jahre 1802 fahe, als biefer feinen 
ibut noch gn bie Gotkha's zahlte, deffen Gebiet, wie dad von 
erung (ober Kheru), aber bald die Chinefen mit Gewalt an fid) 
en. Don biefem obern Thale ift uns meites nichts befannt, 
daß ber Kati bie böchften Gipfel des Emodus (f. Afien 
„u. &. 420, 508), d. & hier des Dhamalagiri, ‚vorübers 
it, und, am beffen Oſtfuße, von Often her, einen ſchmalen 
birgsſtrom aufnimmt, ber dem S. W. Abflurze des hohen 
vetaghar entquillt. Es iſt died ber meit kleinere Nara⸗ 
ni, der ſich etwas weiter unterhalb, bei Kaga⸗Koti, wit 
ı Kati vereinigt, Beide vereinte Steöme erhalten nun erſt 
Namen Ghandaki, auh Kriſhna und Salagrami, 
ı dee Menge jenee Ammonitenſteine. Denn bee Narapant 
[pringt nahe am ewigen Schnee aus den heißen Quellen 
Muktinath, dort ber beruͤhmteſte Wallfahrtsort. 

Die Pilger Legende giebt die Zahl Diefer Quellen auf 1000 
; abe Sadhu Ram, der fie befuchte, berichtete an Sr. Ha⸗ 
(tom, es feyen berem nur fieben. Die mertwürbigfte derfelben 
je Agnitund 2% Cd. h. die Feuer⸗Quelle); fie Liege in 





°) Fr. Hamilton Account of Nepal l. c. p. 272. 


Himal. II. Mittel-Ge., Reyal; Malebum. 17 


einem Tempel. Dieſe Quelle iſt nicht ſehr waſſerreich, Aber con⸗ 
ſtant, fie tritt zwiſchen Steinen hervor, von einer Flamme beglei⸗ 
tet, die einige Zoll hoch aufſteigt, ſie faͤllt in einen Brunnen oder 
in cin Baſſin ( Kund), gleich einer weiten Ciſterne Hamilton 
dergleicht dieſe Fener⸗Quelle mit dem Sitakunda bei Chittagong 
om Bengaliſchen Golf, wo das Waſſer in gae keiner natürlichen 
Verliabung mit dem fubterranen Feuer ſteht. Die Flamme wird 
duch brennbare Enft, die aus ben Felsſpalten hervorbricht, bes 
wirkt, über weiche das Waſſer duch Kunſt hinweggeleitet fen. 
Weiter unterhalb von Kaga Koti, am Zufammenfluß des Kali 
amd Narayani, liegt «ein anderes Drt, Thaka Kosi, ber 
Haupt: Markt, zwifgen Tuͤbet und Maftang, mit etwa 1000 
Haͤufern. Unterhatb deffelben if nun dee Ghandaki Salas 
grami (bier noch Narayamni genannt) nirgends mehr zu durch⸗ 
fegem. Geflochtene Holzbrüden (Sangho's) und Seilbruͤcken (Shu⸗ 
la's, ſ. Aſten Br. J. ©. 766) führen an mehreren Stellen bins 
über. : Diefee Markt Thaka Koti liegt in einem fchönen Thale, 
das von Kago Koti an, Uber Thaka Kosi abwärts, bis 
Dhaumpu fi ausbseitend, wol mit dem von Kathmandu ve 
glihen wird, doch keineswegs fo große Weitung befigt, in der 
Mitte eine fandige Ebene hat, aber sund umher von «ewigen 
Eqhnechoͤhen umkraͤnzt if. Am Weſt flarrt bee Weiße Berg 
Dhawalagiti), im Oſt dee Weiße Thurm (Swetaghar) barhber 
empor. Diefes Thal verengt fi) aber wieder etwas unterhalb 
Diumpu, und dusch diefe® Defile führt eine böfe Bergpaſſage 
nach Danakoti, auf weicher doc noch Ochſen ihre Laſten tras 
gen können, die man bi6 Kago » Koti aufwärts gebrauchen kann, 
Dech werben Hier, wie in Kafhmie und anderwärts im Hochge⸗ 
birge, foR alle Waaren auf den Schultern der Maͤnner, oder 
von Laſtſchaafen, über die Berge transportiet. 

Danakoti ift ebenfalls ein Handelsplatz; aber dee bebett 
tndfie von allen und der Hauptort bed yanzen Gebirgegaues iſt, 
tine Heine Tagereiſe weiter abwärts am Hauptſtrome des Ghau⸗ 
dafl gelegen, Malebum 2’), wo fich von der rechten Ufesfeite, 
Oder vom Wehen her, bee Mapangdi (odee Mehagdi), ein 
Schneewafler, dem Suͤdgehaͤnge des Dhawalagiri ensfirömend, 
damündet; daher die Stade Malebum auch öfter Beni Sha— 
bar (Beni odee Beniii, d. h. der Zufammenfluß) genannt 
— - 

”") Fr. Hamilton Accoumt I. o. pı 27%: 


er ardtkanve Y. 8 


+ 


18 Hoch» Aſien. W. Abſchu. $. 71. 


wird. Das befeftigte Caſtell Aber der Stade heißt Dhoralz im, 
dieſes verlegte die Dynaſtie bee Gebirgsfürften, welche früher zu 


Takan im Hochgebirge faß, ihre Reſidenz, die daher Dporat 


Ihana.genannt wird, was gleichbedeutend iſt mit Malebum 
(Malebamba), worunter auch Stadt und Burg verſtanden wird. 
Dieſe Dynaſten⸗Chefs eines der XXI Radja Territorien 
im oberen Nepal nennen ſich Brahmanen Abkoͤmmlinge, wahr⸗ 
ſcheinlich als Verzweigung eines Gautama⸗Radiputen⸗Geſchlechtes 
(vergl. Aſien Bd. II. S. 753 u. a.), das ehedem in Allahabad am 
Ganges maͤchtig war, Mac den ungeheueren Gebirgsmaſſen, 
welche ihr Gebirgeland Malebum fuͤllt, — dieſes mit Recht 
auch den Namen Parbat (Parvat, die Berggoͤttin, Shiva's 
Gemahlin), d. i. Bergland, erhalten. Das Ganze liegt unge» 
mein body cboch wenigſtens 6000 5. üb. db. M.), und ein Vier 
theil bavon, rechnet man, iſt mit ewigem Schnee bedeckt; 
es ift reich an Heißen Quellen, Schwefelminen, Zinnos 
ber, an Eifen, Kupfer und Dafta (Bint?). Das Haupts 
eintommen follen 25 Kupfer:Minen geben, welche nicht nur das 
Land felbft, wie bad benachbarte Tuͤbet, mit ihrem Erzeugniß vers 
fehen, fondern auch nod bedeutende Verfendungen in die Dins 
boftanifchen Ebenen machen. Auch zeichnet fid) dies Parbat, oder 
Gebirgsiand, duch Reichthum an ſchoͤnen Glimmern (Abrac) und 
Bergerpftallen (Phatik) aus, welche gewöhnlich von ber Größe von 
6 bis 6 Zoll gefunden werden, aber auch bis zuc Dide eines 
Mannesfchenkels vortommen. Gold wird aus dem Sande meh: 


rerer Flüffe gewafhen, zumal aus dem Kriſhna Ghandaki 


oder Narayani, aus dem Bakhagar, oder Bathugar, umb 
aus dem Mayangdi und Modi. Diefer flrömt auf dem 
linken Ufee von Oft her, aus dem Südabhange des Sweta⸗ 
har zum Ghandaki; am Zufammenfluffe beider liege Aus: 
ma, ein Handelsmarkt, der aber bie große Straße von Mal e⸗ 
bum nad) dem untern Ghandaki nicht berührt, weil biefe von 
da auf dem Weflufer deſſelben buch Gebirgsland über die große 
Stadt Baglungchaur bis Rerigat fühıt, wo der Strom an: 
fängt ſchiffbar 25) zu werden. 

Dieſer Gebirgegau Malebum, um den Alpenflod des 
Dhawalagiri, ift, außer feiner grandiofen Natur, been Probuc⸗ 
tionen bem Botaniker, Mineralogen und Phyſiker wol ein reiches 


2*) Fr. Hamilton Account }. c, p. 181. 





ul, IE. Mittel-Gr., Nepal; Gurung, Magar, 19 


Eh in Ausbeute geben wuͤrden, auch mod durch feine Beweh 
un da deſo ndern Aufmerkſamkeit werth, weil biefe, dem größten 
Veile nach, moch zur den Aborigines Stämmen ber Gebirgsvoͤlker 
Rp gehören, welche vor der Einwanderung dee Hinduslieles 
niſauenen hier ſchon laͤngſt einheimifd, waren, wenn auch ihee 
Ucſotunglichkeit daſelbſt nicht zu erweiſen iſt. Von ben 100,000 
Femilen, welche dieſen hohen Alpengau bewohnen, ſollen drei 
Siertheile zu dem Tribus dee Burung?9) gehören, neben denen, 
im Weſt und S. Weſt, in den niederen Gebirgsgauen gegen bem 
Kali⸗Fluß him, ihre gleich alterthuͤmlichen, einheimifchen Nachbarn 
bie Magars wie fie ihre alten Stammſitze behaupteten. Diefe 
beiden, Surung und Magar, gehören nebft 6 anderen Tri— 
bus der Hochgebirge Repald (Newars, Murmi’s, Kirats, 
Zimbus, Lapchas, Bhotiyas) zu ben, von ben fpäter erſt 
eingewandesten,, von Hindoſtaniſchen Geſchlechtern mit Brahma⸗ 
Cultus abſtammenden und auch jünger erſt herrſchend geworde⸗ 
zem Colonifationen verachteter und unterdruͤckten heidniſchen Ur⸗ 
ſaſſen, von deren allgemeinem Verhaͤltniß ſchon anderwaͤrts bei 
Gelegenheit der Khas, Khaſipas juund Doms (XII Xhums) 
Die Mede war (f. Aſien Sb. IL S. 1025, 1046). 
Diefe heidniſchen, naͤmlich Vor: Hinduifhen Urfaffen 

find auf der Diifeite bes Kali viel zahlreicher geblieben, als 
ins den Gebisgegauen dee Weftfeite Die Magars:O) haben 
zwar gegenwärtig auch fhon viele Gebräuche ihrer eingewander⸗ 
sem Hinduflanifhen Gebirgsnachbaren angenommen, und üben 
Fern Gaſtfreundſchaft gegen alle Rabiputen aus; aber die Prie 
ſter ihrer Altgläubigen, welche noch einem Dämonencultus anhans 
geu, heißen Dami’s, indeß auch Brahmanen und Gunnyafl’s, 
Vie Scheer dee Radjputen, bei ihnen eingedrungen find. Sie eſſen 
dabei alle Arten Fleiſch, berauſchen ſich gern, find feurig, verraͤ⸗ 
theriſch, grauſam, ein ſehr kraͤftiger Menſchenſchlag, auch geiſtig 
degabt. Die in Nepal gegenwärtig herrſchende Famille der 
Sortha, behauptet zwar aus Chitore zu ſtammen, iſt aber, nach 
Soeadu Ram, der beſten Autoritaͤt, wirklich vom Magar⸗Tribus 
abſtammend, und der Kern ihres Heeres beſteht aus dem Magar⸗ 
Tribus. Aus dem von Col, Kirkpatrick, S. 249 — 252, mit 
geteilten Vocabular de Magar⸗Sprache ergiebt ſich ſchon, 
daß es vom Sanſcrit (ober dort Prabatiya) völlig verſchieden iſt; 





2°) Ey, Hanıilton Acc. 1. c. p. 27, 274. #0) ebend, p. 26. 
| B2 


! 


s 


. 


20 Hoch· iſten. IV. Abſchnitt. 5. 71. 


am vollſtaͤndigſten iſt das von Fr. Hamilton in bee Bible 
thek dee Dftinbifhen Compagnie niebergelegte Vocabular dieſer 
Mogars Sprache, welche noch von keinem Sprachfoeſcher nähe 
anterfucht zu ſeyn ſcheint, was doch hoͤchſt erwuͤnſcht wäre. Da 
die Krieger dieſes Tribus fehe oft ihre Gebirgsthaͤler verlaſſen 
muͤſſen, um bei Hofe und im Heere zu fein, fo haben fie mei⸗ 
ſtentheils ihre Mutterfpeache vergeffen, und ihre Geſamtheit wird 
fon im kurzen, wie fo manche andere, für einen Hindu Tribus, 
oder als eine Hindu⸗Kaſte gelten, eine Anficht die ſchon zu Ha⸗ 
milton's Zeit in Kathmandu ſich ſehr verbreitet hatte, weil fie 

dem Ehrgeize ber Gewalthaber fchmeichelte, aus dem ruhmvollern 
Culturlande Hindoftads herzuftammen. Selbſt Kirk patrich 
rechnete fie daher ſchon zu der Kſchatriya oder Krieger: Kafkı: 
(S. 123). Das Gegentheil beweiſet die Magar⸗Sprache in den 

weſtlichen Provinzen zwiſchen Ghandaki und Kali, wo die Maſſt 
des Volks dieſelbe noch fpricht, und gang heidniſchen, d. i. nice 
einmal Hindoſtaniſchen Gebraͤuchen und- Geremonien anhangt, 
und ſelbſt von unter ihnen bie und da angeſiedelten Fremblin⸗ 
gen angenommen und erlernt werden mußte. Daß vor dem Ein 
dringen ber Radjputen-Geſchlechter in diefe Gebirgélandſchaften 
diefe Magars in XIL Geſchlechter (Thums, Doms) vertheilt ge 
weſen, ift ſchon anderwärts angeführt, als von der wollhaarigen 
dunkelfarbigen, verftoßenen Kafle der Doms in Kamaun bie Rebe“ 
war (f. Aſien Bd. IL. ©. 1044). Ri 
. Die Gurung, ber zweite Haupt⸗Tribus ber Urfaffen dei“ 
Hochgebirges um den Dhamalagiei, find nit weniger zahlreich 
und die oͤſtlichen Nachbarn von jenen, ihnen in Sitten nahe ven“ 
wandt. Sie bewohnen das erhabenfte Gebirgéland; alle bebün ' 
fen eines kalten Clima’s, und leben mit den Bhotiya's vermiſcht 
zu beiden Seiten der Schneepiks des Emodus (Dhawalagiri), a" 
jenen engen, eingeklemmten Hochthaͤlern, die in des Landeofpradg 
„Lagna“ heißen. Sie ſcheiden fich in die Staͤmme der Niſte 
Bhuji, Ghali, Thagſiz dieſe letzteren Leben der Schnergräug ' 
zunaͤchſt. Sie find insgefamt ein fehe thaͤtiges Volk, fleißige Ben" 
männer, thätige Handelsleute, gleich den Kanawari’s (f. Aſie 
Bd. I. ©. 760); ihe Wohlſtand iſt durch die Schaafzucht 6 
gruͤndet; ihr zahlteiches Heerdendieh gebrauchen fie zugleig ai” 
Laſtthiere; auch das Feld bauen fie mit der Hade, und fäc:: 
Gerfte, Uyal? eine Art Reis?), Darupa (Eleusine coren 
nus), Kanguni (Panicum- ialic.) und Phaphar (eine Ur, 


= —2* 
ð. h 


Himal, IE Mittel-Or. Nepal; Ourung, Aelpler. 21 


Imerantius), in dee Ebene Amardarncı gemannt. Eile gichu im 
Ermmer auf die Alpenhoͤhen, im Winter kehren fie in die Thaͤ⸗ 
in sucht; fie haben alfo 'eine Art Alpenmwirthfchaft. Zu Haufe 
when auch die Männer ihre Zeuge. Sie find kriegeriſch, und 
Yfılya die Bubbhas (Gakya) Doetrin, wie fie darin von ihren 
oa Lama's, bie aber die Tuͤbetiſche Kirchenſprache keineswegd 
verßeben, und. überhaupt bisher nichts von der Gelehrſamkeit Tuͤ⸗ 
betiichee Driefter fich aneigneten, angelernt werben. Sie bangen 
tmungeachtet ihren Lama's fchr an, und keiner von ihnen bat 
Rd noch, wie fo viele andere ihrer Nachbaren, durch Vermiſchung 
nit Hiadw’s und Annahme ihrer Brahmaniſchen Lehren zu dem 
Öange bee Khafipa’t) emporgeſchwungen, ober find Kſhatrie 
schen, bie fich den Vorrang über die anderen, unteinen; ein- 
heimiſchen Urſafſſen aneigneten. Ihe Gebirgeiand im N. und 
B. ihrer Hauptſtadt Malebum wird Seſhant, bas im ©. 
ud D. aber Kha ſaut genannt, in welchem ſchon zur Hälfte 
drahmanensKaften eindrangen, umb über den vierten Theil 
Khafipa’s und Kſhatri's wohnen. GSefhant fol, nad Fr. 
Hamilson, wichts anberes bebeuten, als ein Grenzgebiet von 
Barbatenꝰ2), ober Unzeinen, d. h. welche die Brahma:Dortein 
unefen, bewohnt, was alfo eine Benennung dieſes Landſtrichs 
hi den Brahmaniſchen Nepaleſen, aber keine einheimifche Benen⸗ 
ung ſeyn mag. Die meiften Gurungs haben biefen Theil 
str Heimaih verlaffen und fi im das Hochland, in Seſhant, 
mmgogen, wo fich zwiſchen fie bis jegt nur fehe wenige Coloni- 
'm von unzeinen Hinduſecten eindrängten. Ihre Häufer find 
at Stein gemanert und bedacht, und haben öfter zwei Stock⸗ 
uch ö S 


Malebum iſt nur ber ausgezeichnetefte von XXII Beinen 
Sbirgegauen mit einheimifchen Radja's, weiche jenen umgeben 
ad der herrſchenden Dynaſtie von Nepal unterwürfig geworden 
29; nur wenige Daten 3) find uns von ihnen zugelommen, 
ab auch diefe bei der Unvollkommenheit der Topographie und 
a Repalefifchen Karten in nicht geringer Berwirrung. Wie bes 
um uns, die Berichte dee Augenzeugen in der Zukunft er⸗ 
end, Hier nur ihre Namen anzuführen (Galkot, Rugum, 
ſtot, Jagarkot, Banghpi, Gajat, Dhama, Jahari, Mala: 


* 


EFr. Hamilton Acc. Ic. p. 19, 38 etc. 229 chend. 243. 
) tbend. p. 218 - UP. — 5 


22 

seta, Gelfgens, Dong, CHE, Vie 7 Getale, Dein Dallek, Bi: 
Isigur ud Dusi), und bemecken, dep der beitte 

Aeibes, weiter mit ven Mamers und 
Speoche ud Sicten verwandt, eu ie näher Nachbar fl, 
nämlich die Jariya’s), Vie farb von ten Grtungé das 
weit niedrigere, und noch ganz unbefaunte Bergland Veſt⸗Nepals 
Beiuohuen, mit ten BRawers gemiſcht. Zu biefen Taripa’s ge: 
Diet auih die OHerferfamitie von Dreichum, Vie aber, mit Brah⸗ 
mans vermäßlt, zehiceiche Zweige gebildet hat. 


3 Die veſtlichen Gebirssgane bis zum Kalinubbiz 
Dati, Joyartot und Dumile, bas Hohe Alpenland, 

Bchwärts des gemeſſenen Diamwalagiri: Pils dehnt fich ein 
* weites, noch wenig bekanntes Alpeniand Iber das Ducligebiet des 
dkligen Sogges (Gardin) bis zum weſtlichen Goggra 
(8a Gorıe zc., vergl. Aſien Br. IL ©. 1027) zur Ja⸗ 
wahirs®ruppe (ebend. ©. 1016) in Diver: Kamaun aus, 
deſſen Noebgrenzen gegen das Tübet- Plateon hin uns ſchon im 
den Taklakot⸗ una Utabhura:Päffen (ebend. S. 526, 546, 
1016, 1027) bekannt find. Die Berggaue, welche zunaͤchſt an 
Malebum gränzen, find noch unter dem undeſtimmten Namen 
dee Balfi Radjas, d. h. eben der XXI Gebirgsfürften (nicht 
Banfi, wie irrig dei Kirkpatrick), die collective auh Chaubifi 
Bapja’s3) genannt wurden, mitbegriffen, unter denen hier 
Jayarkot und Duti die mertwärdigften zu ſeyn ſcheinen; 
aber nordwaͤrts derſelben find die mit ben größten Schneegebirgs⸗ 
maſſen erfüllten, hoͤchſten Atpengaue, die von ums auch ſchon fruͤ⸗ 
her gemanntın Hodländer Yumila und Joyar, deren ſiegreich 
fortſchreitendes Nadjageſchlecht (f. Afien Bd. II. &. 677) in fü: 
herer Zeit, und deren thätige Handelsleute (ebend. ©. 509) wir 
(don in Beruhrung mit dem Plateau von Una:Defa, aus 
Britiſchen Berichten, kennen lernten. Diefer ganze Gebirgefirich 
IR nach dem Abſchluſſe des Friedens der Briten mit den Gorkha's 
(1815, f. Aſien Bd. II, &. 490, 520), unter Nepalefifcher Ober: 
gewolt, und daher auch von Europäern unbefucht geblieben, doch 
find dem Britiſchen Gebiete von Kamaun zunächft noch viele der 
hohen Schueegipfel (Ne, XVII bie XXVII) mit in Capt. Webb 





44) Fr. Hamilton Accl. q. p. M. 48) f, Kirkpatrick Account 
hop 83-238; Fı, Hamilton Account 1, c. p. 237 etw 


Himal., IE. Mittel⸗Gr. Nepal; Jayarkot. 23 


Rıffaungen aufgenommen werben, fo daß ihre Hoͤhen, obwol fonf 
von ihnen nichts genaueres bekannt. ift, mit in Grimms Spe— 
ciallarte des Hohen Dimalapa eingetragen werden konnten, wo 
fie don Nummern ber Webbſchen Vermeſſung 260) getzen ent⸗ 
ſyrechen, die wie daher hier nicht zu wiederholen brauchen. Sie 
ſchließen ſich ebenduͤrtig an Erhabenheit ihren weſtlichen und oͤſt⸗ 
lichen Rachbarn an, indem die 10 gemeſſenen Piks über 18,000 
guß, 3 davon über 20,000 und zwei derſelben über 21,000 Fuß 
emporſteigen; viele der an Höhe untergeosdneten Berge und auf 
bedeutenden Berghoͤhen angefiedelte Ortſchaften find auf derſelben 
Kaste nach gleicher Autoritaͤt niedergelegt. 

Die wenigen uns über dieſen Lanbſtrich bekannt gewordenen 
Nachtichten zeigen, daß er durch bie Thrannei der Gorkha's, 
welche cinſt auch zu ben Baiſi (d. i. XXU) oder Chaubiſi Radjas 
(d. A den XXIV) gehörten, furchtbare Verwuͤſtungen erlitten, und 
dieß iſt unfireitig Die Haupturfache ber allgemeinen Unkenntniß 
von bdiefem helle des Nepaleſiſchen Alpengebirgsiandes. Im 
ſuͤdweſtlichſten Diftricte, dem bes Duti Rabja?”), if bie Haupt: 
ſtadt Dipal auf der Karte verzeichnet; deſſen Herrſchergeſchlecht 
rechnete ſich zu dem Abkoͤmmlingen ober Söhnen der Sonne 
(Suryabangfi), die feit 40 Generationen bie Herrſchaft führten, 
dis es duch die Gorkha's in Gefangenfchaft entführt und fein 
Anhang vernichtet ober verjagt ward. Das Gebiet zeichte bie zum 
Kalinudi (d. i. Schwarzwaſſer) gegen Kamaun; bie Mitte 
duchfirime bee Setiganga (d. I. Weißwaſſer), an weichem ein 
ſchoͤnes fruchtbates Thal in deſſen Mitte die alte Gapitale Dis 
pal, von drei Seiten vom Strom umflofien liegt, mit etwa 400 
Hafen. Die Gorkha's fiedelten das feiner einheimifchen Popus 
lation beraubte Land mit ihren Heeren und Colonien an. 

Jayarkot?ss), der Alpıngau, flößt unmittelbar-an Male: 
vum und Muſikot; ex hatte Behertſcher von dem alten Khaſiya⸗ 
Ctamme, den Urſaſſen des Landes, die ſich aber vor der Webers 
macht der Gorkha's, aus ihrer Capitale Mathagari, zurüdsos 
gen und in feſte Aſyle verloren haben. Der berühmtefte Ort in 
diefem Gebiete iſt Dalu Bafandea, ein Heiligthum des Viſchnu, 
deſſen Quellen (Kund) dort aus feinem Kopf, Nabel und Züßen 





20) ſ. Capt. Wehb Catalogue of Places and Elevation etc in Asiat. 
Research. T. XIII. p. 306 Tuhul. 27) Tr. Hamilton Account 
. cp. 282; ®9. Zieffenthaler Sinboftan, b. Bernoulli Berlin 4. 
2.6215, °*) chem. ©. 


[4 


4 


22 Hoch⸗Aſien. EV. Abſchnitt. 6.71: 


meta, Sallyana, Dang, Chill, die 7 Satala, Dalu Dailek, Bis 
bofpur und Duti), und bemerken, daß der dritte der Urfaffen⸗ 
Tribus, welcher mit den Mawars und Gurungs zunaͤchſt im 
Sprache und Sitten verwandt, auch ihr naͤchſter Nachbar iſt, 
nämlich die Sariya’835), die ſuͤdlich von den Ourunge das 
weit niedrigere, uns noch gang unbefannte Bergland Weſt-Nepals 
bewohnen, mit den Mawars gemifht. Zu dieſen Saripya’s ge 
hört auch die, Herrfcherfamilie von Matebum, die aber, mit Brah⸗ 
mans vermählt, zahlreiche Zweige gebildet hat. 


3 Die weſtlichen Gebirgsgaue bis zum Kaltnubbiz 
Duti, Sayarkot und Dumila, das hohe Alpenland. 

Weſtwaͤrts bes gemefienen Dhawalagiri⸗Piks dehnt fi ein 
weites, noch wenig bekanntes Alpenland über das Queligebiet bes 
öftlihen Soggra (Sardju) bis zum weſtlichen Goggra 


Galinuddi, Goree 2c., vergl. Aften Bd. 11. &. 1027) zur Ja⸗ 


wahir⸗Gruppe (ebend. ©. 1016) in Ober⸗Kamaun auf, 
befien Mordgrenzen gegen das Nübet: Plateau hin uns ſchon in 
deu Taklakot⸗und Utadhura-Paͤſſen (edend. &. 526, 546, 
1016, 1027) befannt find. Die Berggaue, welche zunädft an 
Malebum gränzen, find noch unter dem unbeflimmten Namen 
dee Baifi Radjas, d. h. eben dee XXI Gebirgsfürften (nicht 
Banſi, wie irrig bei Kirkpatrid), die collective auh Chaubifi 
Rapdja’e=) genannt wurden, mitbegriffen, unter denen bier 
Japarkot und Duti die merkmirdigften zu ſeyn feheinen; 
aber nordwaͤrts derſelben find bie mit den größten Schneegebirgs⸗ 
maſſen erfüllten, höchften Alpengaue, die von und auch ſchon fruͤ⸗ 
der genannten Hodländer Yumila und Joyar, deren firgreich 


F fortſchreitendes Radjageſchlecht (f. Aſien Bd. I. S. 677) in fruͤ⸗ 


herer Zeit, und deren thaͤtige Handelsleute (ebend. S. 509) wir 
ſchon in Berührung mit dem Plateau von Una=:Defe, aus 
Britiſchen Berichten, kennen lernten, Diefer ganze GBebirgeftrich 
iſt nach dem Abſchlufſe des Friedens der Briten mit den Gorkha's 
(1815, f. Aſien Bo. II, &. 490, 5%0), unter Nepalefifcher Ober: 
gewalt, und baher auch von Europäern unbefucht geblieben, doch 
find dem Britiſchen Gebiete von Kamaun zunaͤchſt noch viele ber 
hohen Schneegipfel (Ne, XVII bis XXVH) mit in Capt. Webbs 





14) Fr. Hamilton Acc. o. p. W. a8) ſ. Kirkpatrick Account 
ko p. 283-235; Fi, Hamilton Acoaunt I. c. p. 237 etc. 


Himal., IE. Mittel⸗Gr. Nepal; Jayarkot. 23 


Aeffungen aufgenommen worden, fo daß ihre Höhen, obwol ſonf 
von ihnen nichts genaueres bekannt. ift, mit in Grimms Sp 
Galtarte des Hohen Dimalapa eingetragen werden konnten, wo 
fie dm Nummern ber Webbfchen Vermeſſung *6) getreu ent⸗ 
fprechen, die wir daher hier nicht zu wiederholen brauchen. Sie 
ſchließen fi ebenbürtig an Erhabenheit ihren weftlichen und oͤſt⸗ 
lichen NRachbarn an, indem die, 10 gemefienen Pils über 18,000 
duf, 3 davon über 20,000 und swei derſelben über 21,000 Buß 
emporſteigen; viele der an Höhe umtergeosdneten Berge unb auf 
bedeutenden Berghoͤhen angefiebelte Dxtfchaften find auf derſelben 
Kaste nach gleicher Autoritaͤt niedergelegt. 

Die wenigen und über dieſen Lanbſtrich bekannt getworbenen 
Nathrichten zeigen, daß er buch bie Tyrannei der Gorkha's, 
weiche einſt auch zu den Baiſi (d. i. XXU) oder Chaubifi Radjas 
(d. i den XXIV) gehörten, furchtbare Verwuͤſtungen erlitten, und 
dieß iR unfireitig die Daupturfache der allgemeinen Unkenntniß 
von diefem heile des Nepaleſiſchen Alpengebirgelandes. Im 
fühweftikihften Diftricte, dem des Duti Radja), iſt die Haupt: 
ſtadt Dipal auf der Karte verzeichnet; deſſen Herrſchergeſchlecht 
schuete ſich zu den Abkoͤmmlingen ober Soͤhnen der Sonne 
Suryabangſi), die ſeit 40 Generationen die Herrſchaft führten, 
bis es durch die Gorkha's in Gefangenſchaft entführt und fein 
Anhang vernichtet oder verjagt ward. Das Gebiet reichte bie zum 
Kalinudi (d. i. Schwarzwaſſer) gegen Kamaun; bie Mitte 
duchfleömt bee Setiganga (d. i. Weißwaſſer), an weichem ein 
ſchoͤnes fruchtbares Thal in deſſen Mitte die alte Capitale Dis 
pal, von drei Seiten vom Strom umflofien liegt, mit etwa 400 
Hänſetn. Die Gorkha's fiebelten das feiner einheimifchen Popu⸗ 
lation beraubte Land mit ihren Heeren und Colonien an. 

Saparloc3d), der Alpıngau, ſtoͤßt unmittelbar-an Male: 
bum und Muſikot; er hatte Behertſcher von dem alten Khafiyas 
Etamme, den Urſaſſen des Landes, bie ſich aber vor der Ueber: 
macht der Gorkha's, aus ihrer Gapitale Mathagari, zuruͤckzo⸗ 
gem und in feſte Aſyle verloren haben. Der berühmtelie Ort in 
dieſem Geblete IE Dalu Bafanden, ein Heiligthum des Viſchnu, 
befien Quellen (Kundb) dort aus feinem Kopf, Nabel und Küßen 





»*) fe Capt. Wehb Catalogue of Places anıl Elevation etc in Asiat, 
Research. T. XIII. p. 306 Tabul. 27) Tr. Hamilton Account 
lc. p. 282; 9. Tieffenthaler —— b. Bernoulli Berlin 4. 
%.6.215. 20) edeno. ©. 


⸗ 


26: Hoch⸗Aſlen. IV. Abſchnitt $. 74. 


(Kenar), ſagt ee), ſey eigentlich im einer zwiſchen ben Bergen 
gelegenen Wüfte, no 20 Meilen fern von denjenigen Bergen, 
ans welchen er in die Ebene Herabflürzt, und 30 Meilen nöch. 
Eh von Balzora oberhalb Kherighar (Keyri⸗Gheur der Engs 
den Karten. Dost fol er aus einer großen und tiefen mit 
Waſſer erfüllten Grude hervorquillen. Nach andern foll fich der 
Kenar durch firben Berge mit Gewalt einen Weg bahnen, und 
mie großem Getöfe von einen Felſen herabſchießen; ber Berg 
"aber, in deffem Bufen dee See Dulufagar liegt, aus welchem 
dee Renar hervorbreche, heiße Barein. Auf bes genannten 
Karte läßt der Pater diefen Strom aus dem Lanka⸗Dhe (db. t. 
Rawanhrad, f. Aften Bd. II. S. 662) hervortreten, und an 
Taklakot und Sarangpur, 2 Oriſchaften, durch Tuͤbet zie⸗ 
ben, dann aber an Angora Darmfalah, Antz outſchou (Augſtu 
bei Walter Map) vorüber (d. i. durch Vumilah, was er aber 
nicht nennt, mehrere Brahmanifche Dörfer erceichen, von wo aus 
er durch allerlei Fährlichkeiten, Höhlen, Engpäffe und Waſſerſtuͤrze, 
in die Monts Camaouns, d. i. die Gebirge von Kamaun, eintritt, 
und obechalb Balforah und Kherigar exit, in die Kenar⸗Cata⸗ 
raeten fich versweigend, mehrere Infeln bildet, bis er wieder ges 
fammelt an der Grenze Nepais zur Ebene Hindoſtans einfließt. 
Balzora, das wie weiter nicht kennen, nennt P. Tief 
fenthaler eine Sefte am Strom (Claustrum), undeinen Markt⸗ 
org, weicher ziwei Monate hindurch von den Bergvoͤlkern und ben 
Hindu: Kaufleuten befucht werde, welche von jenen Pferde, Fal⸗ 
ten, laͤnglichen Dfeffer(?) und andere Waaren einhanbelten; er 
liegt nad ihm 10 Meilen von denjenigen Bergen entfernt, aus 
weichen ber Kenar mit großem Ungeflüm und Getöfe hervor⸗ 
beicht, und gewaltfam Baumflämme und bie größten Steine mie 
fortreißt, dann aber fich in zwei Arme theilt und kine Inſel bil⸗ 
det, auf welcher bee Markt liegt. Noch bedeutender als Veſte 
war das weiter abwärts Legende Kherigar, das in Trümmer ver: 
fi. _ So weit Pater Tieffenthaler, der den Zuſtand dieſes 
Gebirgethales nur nach Pilgererzaͤhlungen vor dem Einſchreiten 
dee Gorkha's zu kennen fcheint. 
Jener Ausflug des Kenar ober oͤſtlichen Goggra aus 
dem Lanka⸗See ſtimmt keinesweges, wie wie fchon oben geſehen 
(Aſien Bd. II. ©. 663), mit Moorcrofts an Det und Stelle 


14) 9, Tieffenthaler b. Wernoulli 4. Ih. 1. S. %3. 


Simal., IE Mietel⸗Gt. Nepal; Yumila. 27 


cagezogenen Nachrichten; auch Webb ſagt nichts darüber, ber 
doch in Tatlakot war. Der Lama zu Dabling wiederholte aber 
diefelbe Ausfage*), nur nannte er ben hervortretenden Fluß nicht 
Kenar, fondern Mamjo Kampa, der duch Yurang firöme, 
womit ee demnach das Alpenland Yumila bezeichnete. Hari⸗ 
Baltabh, ber Berichterflatter bei Sr. Hamilton, fagte ebenfalls, 
der Fiuß, der im Oſten von ben Seen fließe (doch ft das Her⸗ 
ausfliehen aus dbenfelben dabei keineswegs beftimmt, the river 
that flows to the east from the lakes is named ete.) 6), heiße 
Karanali, er felbft babe ihn gefehen. Nachdem er nur eine 
kurze Strecke in diefer Directiom gefloffen, breche er durch bie 
im Güben quer vorliegende Kette der Schnergebirge, und bewäf: 
fm-dannı Duamila. Weiter abwärts war ihm der Lauf unbe: 
kaunt, und er wußte nur, daß er abwärts von DalusBafandra 
weiter ziehe, dort folle ee Sonabhadra oder, nad Sadhu Ram 
ihtiger, Karanali oder Saraſu heißen. Die vielerlei Na⸗ 
men dortiger Ströme feßen oft den Geographen in Werlegenheit, 
doch iſt Hier die Identitaͤt dieſes Stromes unverkennbar. Ein 
einfihtsvoflee Kaufmann aus Chinachin, der Gapitale von 
Yumila, erzählte, daB der Raramali (Renar oder Kanar bei 
Zieffenthaler) nahe an ben Sals:Gruben von Yumila 
voruͤberſtroͤme, dann aber ſich nach Welten wenbe, und im Nor: 
den von Chinachin (Jemlah der Karte?) vorüberziehe. Hiezu 
macht Fe. Hamilton die Bemerkung: in dieſem alle müffe 
dee Strom vom Rawanhrad aus erſt eine große Biegung gegen 
Dften machen, und dann abermals eine große gegen Weflen, ehe 
er Dalu Bafandra erreihen koͤnne; dies ſtimmt aber ſeht gut 
nit dee von Grimm berichtigen Kartenzeichnung. Aus dem 
Munde des fo eben genannten Handelsmannes, Etawargiri 
ans Yumila, efuhe Fe Hamilton, daß befonders ber 
Pferdehandel“) in Chinachin (Jemlah ber Karten), ber 
Gapitale des Landes, bedeutend ſey; er felbft betrieb Ihn dort; 
auch bringe man Metalle, Gewürze, Zeuge auf ben bortis 
gem Markt, hole aber dagegen von dba Kubfhweife, Satz, 
BB ollgeuge (Peruya), Mebicinalträuter, Moſchus, ins: 
befonbere aber Pferde. Salz, fagte er, fey ein Hauptproduct 
von Yumila, es komme von Murhola, einem Dre an 





*5) Herbert Survey 1819, I. o. Asiat, Reg, 1825. T. XV. p, 4241 
**) Fr. Hamilton Account I, c. pı 289. +7) chend. p· B4 


28 Hoch⸗Afſen. VE. Abſchoite. 6,71; 


_ 15 geoge. Meilen im, N.O. von ber Gapitale, aus vielen Gru⸗ 
. ben, die aber im Winter mit Schnee bededit find. Wenn biefer 
im Fruͤhling fchmilzt, fo fließt da6 Schmelzwaſſer ab, das Vich 
wird In die Gruben hineingekrieben, deren fchlammiger Boden 
dann von den Füßen durchtreten, beim Abtrocknen ſich im Som⸗ 
mer mit einer Salzeruſte bedecken fol, bie man banın leicht wege 
nehmen kann. 

Etawargiri?’s Reiferoute führte ihn von Tulaſipur 
über den Bheri⸗Fluß, einen Gebirgeſtrom in Jayarkot, deſſen 
Territor bis auf 3 Cos fich zur Capitale Chinachin ausbreitetz 
aber von Jayarkot ans dieſe Grenze zu erreichen brauchte 
er, wegen vielee Hochgebirge, 9 Tagemaͤrſche. Dann betrat er 
eine ſchoͤne Gebiegsebene mit vielen Tobeln buschfchnitten, gleich 
der von Nepal, aber ſehr gut angebaut; fie fol von N. nach 
S. 8 Cos, von O. nah W. 15 Cos fi) ausbreiten. Das 
buch Dchfen gepflügte Land giebt reichen Ertrag au Weisen, 
Berfie, Phaphar, Upaz au wilde Urid (?), Erbfen, 

Linſen, Mais und Meis, von einer Meinen Ar. Der Wins 
terſchnee hindert dafelbſt die Cultur des Zuckerrohre, des Kobo 

: (Paspalum frumentaceum Roxb.) und Chang (Cicer. arietinum 
Linn.). In biefem ebenern Landftriche iſt die Abgabe vom Adlers 
felde zehnfach gegen bie im armen Berglande. Dieſes fruchtbare 
Thal fol nah Col. Kirkpatricks Erkundigungen (f. deſſen 
Nepaul S. 292) eben fo aufgebehnt feyn, wie das von Nepal; 
abse es Liegt noch dichter am Himalaya-Gebirge, und Wi euch 
mehr mit niebern Hügeln beſetzt. Die Gebirgskette, welche fie 
dicht Im Norden begrenzt, heißt Sila pahar (Sweta pahar, 
d. & Weißer Berg) und gehört zum Hochgebirge. Der Haupt⸗ 

ort, Chinachin, iſt groß, Liegt aber ſehr zerſtreut; alle Haͤuſer 
find aus Stein ober Badftein erbaut, haben platte Dächer. Die 
beiten SHaupttempel Chanbranath und Bhaitanath find, nach 

Etawargiti, dem Shiva geweiht. Jeden Tag ift dort Macke, 
wo man verſchiedenes Geflügel haben kaun; Mandal ober 
Manal und Dhangphipa (nah Fr. Hamilton’s Med: 
nung ſehr nahe verwandte Species, deren Weibchen man nicht 
unterſcheiden kann, bie aber unter Melearis satyra Linn. und 
‚Phasianus Impeyanus im Spfteme aufgeführt find)*), auch Cha⸗ 
turi (ob Chakor, eine Art Perdix rufa) geben bie gewöhnliche 


*} Fr, Hamilton Account 1. c. p- 285; ch p- 95, idl. 


Himal., I. Mittel»©r., Nepal; Yumila. 29 


Speiſe. Roh. Kirkparrid) fol der Manal golbfachig, der 
Danpbiyu gefledt ſeyn. Auch findet man ſtets Laſt⸗Schaafe 
und Ziegen mit Salz, Moſchus, Medicinalkräutern 
and einee Saͤmerei genannt Bariyalbheta (2). Auch komme im 
des Nähe biefer Capitale fhon ber Tubetaniſche Ochs vor 
(Ya, bos gruniens, welcher in Ober : Ranamar niegends tiefes 
als 10,000 Fuß abfolute Höhe hinabfleigt, f. Afien Bd. II. ©. 
831, 801, 671 u. a. O.)3 er iſt bier ſehr häufig, fein ſchoͤner, ſel⸗ 
denhaariger Schweif Heiße Chaungri⸗cham ar ober Chang» 
wari (Chamari im Ganfceit) bei dem Volke. - 

Nach Sadhu Ram's Ausfage giebt «0 in biefem Hochge⸗ 
birge dreierlei Arten Rinder, Changwari, Lulu und Ipogeb 
— Schweife bei allem dreien von dee Wurzel an bufchig finds 

die erfleren find aber bie geſuchteſten. 

Außer diefer größten Thalebene von Chinachin Liegen im 
Dumila nody ſehr geoße aber enge Thaͤler und weitläuftige Bes 
birge, welche letztere ſeht häufig mit ewigem Schnee bedeckt 
find. Gegen Dften rechnet man 15 KWagereifen bis Bhot (d. & 
Tubet), nämlih bis Kagakoti am oberen Ghandaki⸗ oder Nas 
rayani⸗Fluß; jede Zagereife nad) Hamilton's Schaͤtzung faſt 2 
Deutſche Meilen (95 Engl. Mile). Auf halbem Wege zwiſchen 
Chinagin und Muktinath fol eine Grenzfeſte Yunılla’g 
liegen, Tidrikot, merkwuͤrdig durch einen Zempel, der Goͤttin 
Kibrifundari geweiht. Nach derſelben Diſtanzenſchaͤtzung im obis 
gen würde die Capitale Chigadyin etwa 18 geogr, Meil. nad 
Morden hin von Jayarkot entfernt feym 

Etwa ein Viertheil dee Bewohner von Yumila’O), rechnet 
man, follen Brahmanen, Rabjputen und Khaſiya's ſeyn, weiche. 
den Hindugebräuchen folgen; der zahlreichſte Stamm ber Bevoͤl⸗ 
terung iſt ber der Bhotiya's, welche nebſt den Gurungs 
und einigen andern für unrein gehaltenen Tribus, bie uͤbrigen 
drei Viertheile bes Population bilden. Sie bangen ben Lama’s, 
ihren Prieflern, ungemein an. Die Heffprache in Yumila if 
Das Khas, ſehr verfhieden von den Gorkha, Palpa und andern 
Soprachen bei Neyaleſiſchen Bilteefgafen. 


;49) Kiskpatrick Account }. e.p.i3i. 0) Fr Hamilton Account 
L c p- 23%. 


30 Hoodh⸗diſten. IV. Abſchaitt. 4. 71, 


4 Der noͤrbliche Alpen⸗Stock oderdie Dhapabung—⸗ 
Seuppeam Triſul⸗Ganga. 


| a) Nah Fr. Hamilton's Angaben. 

Als die wahren Grenzen für die Nepalefiſchen Landfchaften, 
Nepala Defa’!), eine ber 565 großen Regionen dee Hindas Geos 
graphie, giebt man vier berühmte Pilgerorte an, innerhalb berem 
der heilige Boden be Landes, Dhama genannt, liegen ſoll, 
defien Mitte Kathmandu mit dem eigentlihen Nepal 
einnimmt. Diefe Pilgerorte find: Bhimeswar 4 Tagereiſen 
gegen Of, Kalesmar 2 Tagereifen gegen W. Nateswar 3 
Tagereiſen gegen S., und Nilkantha 8 Tagereifen gegen bem 
Norden, und innerhalb derfelben, fagen die Legenden der Brah⸗ 
manen, fey das Land von 5,600,000 Bhairawas (d. i. Geis 
fiee Mahadeos) und Bhairami’s (d. 1. weibliche, feiner Ges 
malin ber Sakti) bewohnt. Das fabelhafte hiervon ergiebt fich 
von ſelbſt; niemals erfreute ſich Nepals vechtmäßiger Befland 
einier fo großen Ausdehnung, und zumal gegen den Norden hin 
gehörte, vor dee Gorkha Eroberung, bie Umgebung von Nilkantha 
Immer zu Xübet, dieſer Ort felbft iſt aber allerdings noch heute 
Der im Norden am ſtaͤrkſten von den Nepaleſen beſuchte Wall⸗ 
fahrtsort. Noch hat ihn kein Europaͤer beſchrieben; der Weg 
nah Nilk antha führt aber in die Mitte der Schneegebirge des 
Diayabung, deren Gipfel von Crawford gemeſſen wurben, 
deren wunderbarer Anblid uns auch durch deſſen Panoramanfich: 
gen 52), bie Se. Hamilton In feinem Ichrreichen Werke mitges 
theilt hat, als die einzigen jener Gegenden befannt geworben find. 
Die Zeichnung iſt In der Nähe von Ranikabag, oder aus dem 
Bärten der Königin, wo die Britiſche Embaſſade refidicte, 
aufgmommen, und bie erhabinen Gchneelegel der Dhapa⸗ 
bung: Gruppe, melde jene Landfchaft mit ihren Schneeruͤcken 
magiſch überftrahlen, find mit L, K bezeichnet. 

Nur die Nachrichten der Wegerouten?) von etwa 8 Tagen 
von Dogimara im hate’ des Triſul-Ganga aufwärts nad 
Rittantha, find uns nad) jener Nord:Direction hin duch Fe. 
Hamilton befannt worden. Die von Col. Kirkpateid al6 Au: 
genzeuge bis Nayakot gemachte Reiſeroute, ſo wie deſſen uͤbrige 


4 





> 


1) Fr. Hamilton Account I, c. p. 19. 2) ebend. p. 88 
53) ebend. pr 193 - 19. 


Himal. II. Mittel-Gr. Nepal; Nilfanıhe. 31 


Etundigungen über jene Norbpaffage werben wir jener Angabe 
als Ergänzung nachfolgen laflen. s 

Erſter Tagemarſch. Don Yogimara, das in gleicher 

Breite mit Kathmandu, aber am Ufer des Zriful liegt, dene 
felben mmtlang gegen N.D. noh Mahes Domohana (Maissey 
Dumohuna auf Cary Map), ein großes Dorf auf einer Anhoͤhe, 
des am Zufammenfluffe des Heinen Mahes, der von Oſt ben, 
von Kathmandu, aus der Ebene von Groß: Nepal fließt, zum 
Zriſul gelegen iſt. 

Zweiter Tagemarfch, über 2 bis 3 Dörfer im Thalufer 
aufwärts, nad) Devighat (Daiby Ghaut), einem geoßen Dorfe, 
an einem Hanptübergange bed Triſul, und an feinem Zuſam⸗ 
menfluffe mit dem Tadi. 

Deitter Tagemarſch. Nah 6 Stunden weiter gegen 
Norden wird Napakot eine der Hauptiiädte bes eigentlichen 
Real erzeichts fie liege auf einer Anhöhe an der Oſtſeite des 
Zrifut, und foll 12,000 Käufer haben, die wie die in Kathmandu 
aus Badfleinen erbaut find unb größtentheils von Newars bes 
wohnt werben. ‘ 

Die vierte Tagereife führt zum Dorfe Dhayabung, 
das ſchon vorzugsiveife von Bhotiya's bewohnt, auf einem hoben 
Berge am Bitrawatighat gelegen iſt. Diefee Bitrawati⸗ Fluß 
kommt 4 bi 5 Stunden vom Oſten her. ” 

Am fünften Tage gelangt man nad dem Bhotiya Dor 
Dhunchi, auf einem großen Berge füdlih von Trifuls Banga 
gelegen. 

Der ſechte Tag führt zum Bhotiya Dorfe Dhimfa, 
das den Ghorka's damals (zu Fe. Hamiltons Zeit) noch nicht 
amtnworfen war. i 

Bon da, am fiebenten Tagemacrſſche, fehlen bem Lande 
alle Einwohner bis nah Gofaingsthanz überall iſt dieſer 
Weg mit Schnee bedeckt. Drei Stunden von Dhimfa erres 
hen die Pilger Ganes Gangera, ein Idol des Ganeſa, das 
ſie anbeten. | 

Dee ahte Tagemarfch führt enblid, von ba, in 7 bis 8 
Stunden Weges nah Bara Niltantha, wo 8 Quellen ver. 
ehrt werben; eine derſelben iſt Heiß und fchickt vom ihrer Ober 
Rüde eine blaue Flamme aus. Eine Halbe Cos oͤſtlich von ihr 
if die Quelle Gauricun da, und eben fo viel weiter bie, welche 
Ouryatanda heißt. Unmittelbar hinter dieſer erhebt ſich dee 


32 Hoch⸗Aſien. IV. Abfchnitt. $. 71. 


ungeheuere Coloß Bofaingshan (der Berg Diayabung), dee 
Schneeberg, aus defien Oftfeite ein Arm bed Kauſiki ober 
Kofi: Kluß entſpringt. Im Süden deſſelben Dochberges liegt ber 
‚, Bag Mahbamandal, auf dem Glimmer in großen Platten 
bricht, auch Bergeryſtall, Blei und Zink gewonnen wird. 
Dieſer Waͤufahrtsort Nilkantha, oder au Gofaingsthan ge 
nannt, an dem zugleich mit der Pilgerzeit eine bedeutende Meſſe 
in den dort aufgefchlagenen Aramiäden gehalten wird, liegt etwas 
zur Seite gegen ben Oſten; folge man ber Handelsſtraße von 
-Dhundi direct gegen Norden, fo erreiche man die Station 
Kerung (Khiro, Kirk), welche feit dem Grenzkriege 1802 an bie 
Chinefifche Grenzhertſchaft abgetreten worden iſt. 


b) Nah Kirkpatrids Beobachtungen, ! 
Col. W. Kirkpatrid legte im Fruͤhjahr 1795 bie erfle 
Hälfte desfelden Route bis Nopakot zurüd; auf feine En» 
baſſade an den Hof der Gotkha's, der während ber Unterhandluns 
gen bei dem Einfalle bes Ghinefifhen Heeres, von dem ſchon 
oben die Rede war.(f. Afien Bd. I. ©. 487), dort feine Reſi⸗ 
benz gmommen hatte. Durch ihn al6 Augenzengen erfahren wie 
im wefentlichen Folgendes S*). Ä 
Gr durchſetzte ebenfalls den Mahbas : Fuß (Mahalfe bi 
Kirkpatrick; wie folgen bier, wo es geht, der beffern Namenfchreis 
bung Hamiltons, ber ſchon an vielen Stellen feinen Vorgänger 
“ berichtigen Eonnte), doch weiter oberhalb, am Zub des Dunas 
batfi; es war daſelbſt 40 Fuß breit. Nach Ueberfieigung eines 
ſteilen Berges hinab zum etwas höher liegenden Thale Kulpu⸗ 
baifi (Baifi, d. H. ein Culturthal im Gegenfag von Tar, ein 
wilden hal), durd weiches der Kulpu mit jenem parallel, von 
D. nah W., zum KZirful: Sanga flieht. Das Zwiſchenland iſt 
gut bebaut, lieblich, pittorest, voll blühender Waldbaͤume, aus 
den Stämmen ber Tannen tropfte durchfichtig und hertlich duf⸗ 
tend dee Terpentin, wie in Citzapſen geformt, hervor. Eis 
fengruben legen im Weſt, Eifenfhmelzen im Oſt nahe dem 
Wege, der Boden If mie Talkbloͤcken uͤberſtreut. Weiter gegen 
Morden, Veberfleigung des hohen Kumhara⸗Betges, uͤber deſſen 
felfige Klippen die Straße führt. Auf feinen Gipfel, am gleich⸗ 
namigen Dörfchen, teird noch Reis gebaut; die Aueſicht von da 


u.) Kirkpatrick Account 0 die Kingdom ofNepaul lc 9:107 147. 


6 


— 3 


Himal. I. Mittelk®r., Nepal, Royale; 33 


über das weite Kuch ar (bad untere Tuͤbet, ſagt Kirkpatrick), ges 
gen O. und W., zum ſtarren Schneekranze des weit höheren Ber 
birgtemphithenters, und hinab zu ben nächften grünenden Thaͤ⸗ 
lera mit den Schlangenwindungen bed Tirſul, Tadi unb anderer 
Bergftroͤme if großartig und anziehend. Nordwaͤrts fällt der 
Buck auf die Ruinen eines Bergeaſtells, Bailkote, und babins 
ter, hinab, in das Thal der Winterreſibenz Mopakot (Noa⸗ 
tote). Das Aufftigen sum Kumhara⸗Gipfel, 34 Engl. 
Meilen, der Hinabweg In 54, alſo in zwei flarfen Stunden, durch 
Waldung von wilden Eichen (hang), Dbfibäumen und 
anderer, bie in ſchoͤnſter Pluͤthe ſtehen, an fünf Bergſtroͤmen 
voräber, bie ſich alle in das Tiefthal des Tadi hinabſtuͤrzen. 
Der letzte Hinabweg fuͤhrt durch ſehr ſteil terraſſirtes Culturland. 
Dee Tabi⸗Fluß, von N.O. aus dem hohen Schnecgebirge kom⸗ 
mend, durchftroͤmt dad Thal von Nopakot gegen S. W., reißend 
und in großer Breite; ohne kuͤnſtliche Cindaͤmmung feiner Ufer 
würde er ſehr zerſtoͤrend ſeyn. m feinem tiefen, ſehr warmen 
Thale wuͤrden alle Fruͤchte bed tiefen Bahar gedeihen, meine 
Kirkpatrick; der bier gebaute befte Reis, Stra Serri, if 
derühmt. Mur ber hohe Berg Bhirbundy fcheidet dieſen tie⸗ 
fin Thaleinſchnitt von dem eigentlihen Nepal in SD. 
defien Ebene mit Kathmandu nach Kirkpatrick's freilich uns 
vollländiger Barometermeſſung etwa 2000 $. Par. (2205 5, 
Engl.) höher legt. Daher gedeihen hier auch noch das Zu ders 
rohr, fehr gute Ananas, Drangen (Gantola) bes trefflich⸗ 
fra Art, und andse edle Fruͤchte. Am Nordufer bed Tadi exe 
hebt fih der Berg Noyakot, auf beffen kuͤhlerer Höhe bie 
gleichnamige Stade liegt, body warm und gefchüst genug, um 
als Winterrefibenz für ben Hof der Gorkha zu bien, 
wenn bie Kälte in Kathmandu zu fchneidend wich, Hier am 
Fuße des Berges zum Tadi⸗Ufer ſchlug Kirk patrick fein Lager 
auf. Die Hitze flieg hier vom 3—17. März nad) 103 im Belt 
ongefleliten Beobachtungen zur mittleren Höhe von 17° Reaum. 
(703° Fahrenh.), zum Ertrem von IR. (98°5.), das Minis 
mum war 9° M. (54° 5.) Vom Apsil an ift dieſes Thal, wie 
das von Rampur (f. Aſien Bd. Il. S. 767), wegen ber Apul 
Owi bei Kirkp.), d. i. dee böfen Sommerluft, nicht mehr zu 
bewohnen. — 
Zur Stadt Noyakot mit einem heiligen Tempel ſteigen 
Ampnflufen hinan; bie Berghoͤhe, auf ber fie erbaut iſt, sieht 
Mitter Erdennde IV. ‘€ 


34 Hohe Aſien. IV. Abſchniit. $. 71. 


fich norbiwärts gegen ben Mahamandat, einen hohen PIE ber 
Lanbfchaft hin, Hinter welchem der Thaleinſchnitt bes Triſul⸗ 
Ganga aud von RD. gegen S. W. voräberzieht, fo daß beide 
Stroͤme, Tadi und Triful, ihn tie eine Halbinfel umfließen, 
und ſich gegen S. W. am Devighat (Daiby:Ghaut bei Kirkp.) 
vereinen. Diefe Localität giebt Nopakot eine feſte Lage, und 
am Eingange ber Päffe eine beberrfchende Stellung: denn zwi⸗ 
ſchen dem alten Gige der Sortha im Weſt und der neuen ero; 
berten Capitale Kathmandu Im S. O. liegt ed in dr Mitte, 
im Kreuzwege der Päffe, die zugleich die einzige Paf: 
fage nah Obers und Untersübet, am Triful wie am 
Ghandaki aufwärts, geflatten. Auch gegen Süb geht der 
Daß über den Kumhara nah Indien, gegen Oſt über den 
hohen Bhirbundys Bag nah Kathmandu, und gegen 
Mord unter dem coloffalen Dhayabang, ben auch das Chinefen- 
Heer bei ber Unterwerfung Nepals herabfleigen mußte (vergl. 
» 'Aftm Bd. II. &.487), führt die einzige Heer⸗ und Handels⸗ 
‚Strafe hin zum Kheru⸗Paß nad) Tuͤbet, wie etwas feitwärts 
die große Pilgerſtraße zum Wallfahresorte Nilkhent. 
Mopakot war die erſte 55) Eroberung und Reſidenz Purthi 
Merains, wo fein Sohn Radja Bahadur Sahi (ebendaf. 
S. 486) geboren wurde. Am nahen, wild romantifdhen Vereine 
«beider Gebirgöftröme, dem Devighat, iſt der Mahamal, oder 
Bhawani, der Schutzgoͤttin Nepals, ein Tempel erbaut, mit Mes 
wärs Prieflern, deren Ceremontendienft aber ganz ketzeriſche Ge⸗ 
Praͤuche (3.8. Opfer von Büffeln, die fie felbft verfpeifen) gegen 
dre Hmbufehre befolgt, Weide Stromwaſſer zwifchen Elippigen 
Felsufern find heil und klar, aber das des riful weit kälter 
als das des Ta di, weil diefer Im weiten fonnigen Thale, jener 
aber nur zwiſchen engen Selöfchluchten aus dem Gchneegebirge 
daherbrauſet; ihre Quellen liegen jedoch ganz nachbarlich neben 
«einander. Don da durchzieht der Triſul-Ganga abwärts bie 
wenig bebauten Thaͤler Gujure-Tar, Siſa⸗baiſi, Jogi⸗ 
mura; von da, mit dem Murfiangdi vereint, ergießt er ſich 
am Pilgerort Deoghat nahe dem Berge Upadrung in den 
Ghandaki. Gene reißende Gewalt während diefes Laufes (24 
geogr. Meilen), etwa 5 -Ragereifen weit, hindert jebe Art bes 
Beſchiffung. Mor der letzten Eroberungeperiobe dur Purthi 





ss) Kirkpatriek-Aceonnt of the K. of Nepaul I. c. p.116. 


” Fi 
. 
v 


* 1 


\ 


Himal., IL Mittel-Gr., Nepal, Birbundnbers. :35 


Neraln ware bee Teifut der Grenzſtram ber Sorkhalt im Mes 
Ren und ber Rewars Provinzen im Dfien. Die einzige Con 
munketiom zwifchen No pa kot und Kathmandu, der Königs 
weg ywifchen beiden Refidenzen, führt gegen S. O. über ben hohen 
Bhirbundg, ber zwax nom Safe, wie von Handelsleuten, fehr 

aͤnfig überfliegen wird, deffen Weg dennoch keineswegs fich einer 

usbeſſerung erfreut. Der Hinaufweg von Nopakot iſt fanft 
und bequem, reizend durch bie [höne Bewaldung und bie ſchoͤn⸗ 
fin Auefichten, über das Zollhaus, das auf halbes Wege auf 
feinem Rüden Liegt, wie von da zum Bhutyas Tempel auf feiner 
Höhe, die wahrfcheintihh nach Colebrooke's 56) Berechnung bes 
Barometerftandes 5511 8. Par. (= 5875 8. Engl.) beträgt. Ges 
gen Nordben zeigte fi der erhabene Dhapabung mit friſchem 
Schnee debeckt, ats Kirkpatrick bort vorkberzog, ber von ihm 
fagt, ex zeigte fih prachtvoll, wie Oſſa auf Dellon und wie 
Diymp auf dem Oſſa. Neben ihm flieg, weiter oſtwaͤrte, an ber 
Duelle des Tadi, ber noch erhabnere Jibjibia⸗Pik über alle 
feine Rachbarn in Kuchar empor, ber obwol im Winter und 
Frühling auch Schnee trägt und ſelbſt im Sommer immer fris 
hen Schneefall zeigt, doch bis auf feine Höhe bewaldet 
iſt. Die Bauern, welche in da6 Lager von Noyakot von ihm 
den frifchen Schnee herbeihoften, brauchten dazu zwei Tage und 
eine Nacht; doc fchägte man feinen Abftand nur auf 4 geogr. 
Meilen (20 Engl. Meilen), Hinter ihm thürmte fih, vom Bhir⸗ 
bundy aus geſehen, noch ein zweiter Pit empor, zur erhabenften 
Schneekette gehörig, welche. den glänzenden Zug des Hintergrune 
Des ſchmuͤckze. Won der Höhe des Bhirhundy⸗Paſſes ift ber 
Hinabweg nah Kathmandu an Felsklippen und Abflürzen 
bin weit ſteiler und befehwerticher, im Zickzack anf. Kalkſteinbaͤn⸗ 
ten, bis zum Bifhumutmp : Klug, in deſſen Windungen Bala 
Nitkd⸗nt Cb. i Klein Nithent), ber hellige:. empelort am 
Eingang der Kathmandu⸗Ebene. Hier wird ein colofſales Stein- 
biid Mahadess, tm laͤnglichen Wafferbeden auf dem Rüden ru- 
hend, ringsum von Quellwaſſern umgeben, die'aus 21 feltfam 
verzierten Steinröhren hervorrauſchen, von den Pilgern verehrt, 
die Hier ihre Ablutionen und Vorbüßungen verrichten, ehe fie. 
sum Bura Nilkhent (db. i. dem großen Nilkhent) im Norden 
von Kathmandı ziehen, welches beide jedoch nur Bleinere Reptaͤ⸗ 

56) Colebrooke Ön the height of Him. etc. in Asiat. Res. XII. p.266. 

62 


\ 


38.  Soh-Afien. IV. Abſchaitt. $. 71. 


gangtich, aber auch dann wegen dei tiefen Schners noch ſchwierig, und 
Arts faͤllt friſcher zum alten Schnee hinzu. Dee hohe Zibjibieas 
Berg, welcher Rilkaäntha im Süden gegen Nepal kin umfchließt, 
iſt noch biß zur halben Höhe mit tiefem Schnee bebedt, ungeachtet er 
zur unter 28° noͤrdl. Breite Liegt, alfo in gleichem Parallel mit dem 


Pit von Teneriffa, dem Kirkpatrick ihn an Höhe gleichſtellt. Schon 


von Dhuncho an fol das Athmen fehe ſchwer ſeyn, auch wenn man 


nicht bergan fleigt,, wegen ber Giftaushauchungen der Gewächfe unter 
. bem Schnee, die man Bhyru⸗pate, Soanspate u. a, nennt. (Berg 


Afen Bd. ll. &. 444, 533, 971 u. a. D.) Weiter als, über dem am 


SyriasKund ganz nahen Gauricund, ſagt man, ſey es unmögs 
It auf andere Weiſe als buch Zauberei der dortigen Lama's 
vorgubringen. Auf dem Gipfel bed Kerumbu, erzählt man, feyen 5 
Poakhras (d. i. Seen), die ihre Waſſer aus Quellen vom nahen 
Berge Huſtimachul erhalten; mir 23 Cos von Kerumbu. Dieſe 
Stelle ſey faſt das ganze Jahr hindurch mit Schnee bebedt, body fol 
fie noch Reis erzeugen, den aber Mahabeo Yurbutty, d. 1, der große 
Bergs Bott, ſelbſt bauen fol. Er reife dort im Monat Sawrum (db. 1. 
Juli und Auguft), ber einzige Monat, in welchen dort Reiſende paffiren 
koͤnnen. Freilich habe er nicht hinreichenden Vorrath zur Sättigung, 


aber auch nur ein paar Körner biefer Frucht gu erhalten, bieten die bes 
voteften Pilger alles auf. So weiß ber Eigennug noch am non plus 


ultra ber Himalaya⸗Piks feinen Vortheil zu ziehen. 


Anmerkung 2. Gebirgspaffage bes Chinefens Heeres 22) 


beim Ueberfall in Nepal 17M,-von Munuasphaut in 


Tübet über die Kheru⸗Straße durch das Schneeger 


birge bis Nopakot. 


Diefe merkwauͤrdige Route tft bie einzige aus Nepaleſiſchen Berich⸗ 


ten uns bekannt gewordene, welche auf diefem directen Norbwege tief in 


das Innere bes hohen Platenulaudes von Zübet, und zwar in defien 
fonft unbekanntes, weftliches Gebiet einbringt, weftwärts von H’laffa, 


Teſhu⸗Lumbu, Kuti und Aridzong, Namen von Ortſchaften, 
die. ſchon auf bekannter gewordenen Wegrouten liegen, Es werben 15 
Tage aufgeführt, von denen bie erften 9 Tagereiſen durch befannteres 
Gebiet der Himalaya» Päffe bis Kheru (nad) Angabe 141 Ghur⸗ 
zies °*), ein Ghurrie hat = 29! Minute,alſo eben fo viel Engliſche 
‚ Meilen Weges, = 84 geogr. Meilen) gehen, mit welchem Drte bie 
ebene Höhe des erhabenen Tübetiſchen Zafellandes bes 





*3) Kirkpatrick Acc. of the Kingdom of Nepaul L c. p. 0% — 808, 


er) ebend. p. 293. 


A 


Himal., II. Mittel-Ör., Nepal, Kheru-Paffage. 39 


giant. Denn von ba an, heißt es im Routier, bat man bas 
Zofelland von Zübet erreidht, und nun geben bie Wege 
auf Ebenen weiter. Kheru iſt alfo bie Grenzſtadit ber von 
da an beginnenden breiten Plateauftüfe TZübets, wie Shipke, 
Daban. a. (f- Affen II. ©. 507, 685 u. a.) Der Weg von ba bi 
Zungah (Shungagart auf Hamilton’ Map, Dihengga nad 
Klaproth) zu den Quellen des Bura Ghandaki (Beri Ganbat) 
finmt mit Hamilton und bem von Klaproth auf feiner großen Carte 
centrale de K’Asie, beren vorläufige Benugung ich der gütigen Mitthei⸗ 
Iung des berühmten Drientaliften verbanke, genau übereinz weiter gegen 
RD. fehlen darauf aber bie im Repaleſiſchen Routier angegebenen Sta⸗ 
tionen des Ghinefenherres, nämlih von Shibusgounra, etwa 10 geos 
graph. M. bis zu einer Lama⸗Reſidenz Munuapbaut, bie unter bien 
fm Kamen uns unbelannt bleibt (ob Melung, im N. W. von Aridzong ?). 
Es if diefes Routier interefjant, weil es fi) an das ber Öftlicheren Ge⸗ 
birgspaffage über Kufi anſchließt ıf. unten), und weil es mit ben ſchon 
oben gegebenen Ausfagen Shangring- Yung ’s gut Übereinflimmt (f. 
Alien I. S. 664), woraus fi ergiebt, daß die von Weſt kommende 
ManoforowarasRoute nah Kathmandu zu Kheru**) (identifch mit 
Khiru, Kirk oder Kherung) mit diefer großen Heerſtraße in Tübet 
zufammenftößt. Die einzelnen Daten finds 

1) Bon Royakot nah Dhayabung (Dayabeng bei Klaproth), 
gen R.D., 4 geogr. Meilen (20 Shurried) am Zrifuls@anga 
aufwärts; man überfegt den Bettrouillis Klug und fteigt dann zur 
Stadt hinauf, bie etwas unterhalb bed Berggipfels liegt. Man kann in 
fünf Biertelftunden hinaufreiten. Der General Thungthang, Goms 
mandeur der Ehinefifhen Armee, Lied nur einen Theil feiner Zruppen 
tiefen Berg hinabfteigen, er felbft ruͤckte nicht über bis Stadt Dhayas 
tung hineb, 

2) Rad Khabria, R.N.W., 25 geogr. Meile (12 Ghurries), wo 
ein Gefecht zwifchen Chineſen und Nepalefen vorfie, Der Weg winbet 
fi) dahinwaͤrts, doch ohne bedeutendes Aufs ober Abfteigen. 

3) Nach Ramchia (f. oben Ramchagong Route III., Sram bei 
Kiaproth), nach N.O., 2 geograph, Meilen 110 Ghurries), wovon die 
Hälfte bergan geht. 

4) Rah Sienia⸗ural in R.D., 5 geogr. Meilen (25 Ghurries); 
die erfien paar Stunden winbet fi ber Weg um ben Berg, dann geht 
es bergab nah Sisnia, wo ber Sis nia⸗kola vorüberzicht zum 
Triſul-Ganga, ber im Gebirge Lawhribinna entfpringt. Hier . 
umher find viele Berghöhlen (Ural) mit Lieblingsfigen Mahabeod; von 
einer derfelben wird der Drt benannt. (In dieſer Strecke wird, auf der 





*) Fr. Hamilton Account 1. c. p. 195, 272. 


42 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnut. 4. 72. 


6. 72. 

Erläuterung 2 
Die vier Nepalefifchen Stufenlandfchaften; das eigentliche Nepal 

(Nepal proper). Die Heimath ber Gorkha in Weſt⸗-Nepal. 
Der Genauigkeit ungeachtet, mit welcher auf unſern neuern 
Karten ſeit dem Chineſichen (1793) und dem Britiſchen Kriege 
(1815) gegen die Gorkha's (ſ. Aſien Bd. II. ©. 487, 617) 
die Grenzen des Königreichs Nepal abgeftede find, wodurch 
die flasiftifche Ausdehnung des jegigen Staates der Gorkha⸗ 


"Dynaftie, aber keineswegs die bes Landes bezeichnet wird, 


würbe «8 doch fehr fchwierig ſeyn die eigentliche Landſchaft 
Mepal zu ermitteln. Die durch die Uebermacht der Gorkha's 
feit: einem halben Jahrhundert herbeigeführte Wernichtung , Vers 
wirrung und Vermifchung fo vielerlei Pleinerer und größerer als 
pinen Staaten und Voͤlkerſchaften, deren Localverhaͤltniſſe vor 
dieſer Periode kaum den Namen nad gelannt waren, machte 
bies, felbft an Drt und Stelle einem Fr. Hamilton, zu Ans 
fange des XIX. Jahrhunderte unmöglich, und nad ihm iſt kein 
Beobachter aufgetreten, der beichrenber als er fich über jene Land: 
fhaften hätte vernehmen laſſen. Kirkpatrid 66) hat nur im 
Algemeinen und ſehr unbeflimmt die Staatsgrenzen Nepals zu 
feiner Zeit angebeutet. Wir verbreiten uns daher in unfern Bes 
ſchreibungen Nepals auch bier keineswegs nad) ber fonft be: 
Uebten geographiſchen Manier fogleich über das Ganze, das uns 
je nur feinen einzelnen hellen nach bekannter werden kann, fons 
dern befuchen zuvor nur feine befannter gewordenen Partien, wos 
bei die unbekannteren als Lüden zur Erforſchuug für die nächfte 
Zukunft von ſelbſt übrig bleiben, Nachdem wie fo im weftli- 
hen und nördlihen Königreihe Negat die hoͤhern Ge 
birgslandfehaften, fo weit die Berichterſtattung reichte, kennen ges 
lernt, ziehen wir, mit dem trefflichlien, bisher wegen ber Seltens 
heit ſeines Hauptwerkes, bei allen Geographen faſt gänzlih uns 
beachtet gebliebenen Beobachter, in die Mitte des eigentlichen 
Nepal (Nepal proper der Briten), in daB Centralland ber 
Gapitase felbft ein. 

Nepal (Nepaul) oder Nepala Defa nad ber Schreibung 
dee Brahmanen, eines der 56 gefeiesten Defa’s, d. i. Regio: 


**) Kirkpatrick Account of the Kingdom of Nepaul 1. c. p. 280. 


v 


Himal., II, Mittel-Br, Nepala Dee. 43 


nen, Hinduiſcher Purana's ſoll eigentlih Mipampal (von 
Nipam, d. i. Sanctus)67), das heilige Land heißen, und, | 
wie oben gefagt, innerhalb ber 4 Waufahrtsorte eingefchloffen 
fern. Als folches ift es natürlich ein Lieblingsaufenthatt der 
Yinbu-Bötter im Satya Yug, d. i. im goldnen Zeitalter, 
und feine Geſchichtess) ift in ben Purana's und Chroniken ein 
hiſtoriſch mythologiſches Gewebe einer lange herrſchenden Ne⸗ 
warsDpnmaftie, die aus dem vorliegenden Hindoſtaniſchen Tief⸗ 
lande in after Zeit dahin gewandert, allen Samen Hinduſtani⸗ 
fer Culture und Religion mitgebracht haben fol. So wenig dies 
auch wit der Speciaigefchichte der einzelnen Herrſchergeſchlechter 
der Newars, und der vielfach unterfchiedenen Voͤlkerſchaften ber 
einzelnen Gebirgsgaue Nepals, noch weniger mit den Gprachuns 
terſchieden und dem Meligionszuftande der Bewohner, bie mehr 
noch Bubdhas, als Brahma:Diener, und häufig keines von beiden 
find, zufammenhangt: fo iſt es doch ben Briten felbft bisher ges 
lungen, nur Hypothefen über den früheren Zuftand bes Lans 
des und Volkes von Nepal aufzuftellen, von denen anderwärts 
bie Rede fepn mag. . Das einzige pofitive Datum, das Sr. Has 
milton über die frühere Zeit zu ermitteln im Stande war, iſt⸗ 
daß die Newars 9), d. 1. J in Agricultur, Induſtrie 
und Kuͤnſten am meiſten formeſchrittene Maſſe der Nepaleſiſchen 
Population, im eigentlichen, fruchtbaren Nepal (vor den Zelten 
des Gockha Supremates, die einem einzelnen Gebirge: Aribns ans 
gehören), lange Sahrhunderte hindurch ein em Herrſchergeſchlechte 
ans ihrer eigenen Mitte unterthan waren, deſſen Glieder durch 
den Titel Mai ſich vor allen anderem auszeichnen. Cinige Zeit 
vor der Mitte des XVII. Zahrbunderts und den Eroberungen bet 
Gorkhali, hatte fich diefe Dynaſtie durch Die Spattung in drei 
Hnfchaften, bie Kathmandu, Lalita-Patan und hats 
gang hießen, geſchwaͤcht, wodurch es den Gorkha“s, einem ihe 
te abhängigen Baſallenſtaaten, um fo leichter wurde, fich 
über feine altem Gebietee emporzuſchwingen. Ranjit⸗Mal 
von Bhatgang, ber fiebente Nachfolger feines Vorfahren Zub: . 
Mat, weicher die Herrſchaft dreifach getheilt hatte, trat, mit dem 
Oberhaupt Prithwi Rarapıan dee Gorkha im Wande,:g 






*°) Fr. Hamilton Account of Nepal I. c. p.187. ) Kirk atrick 
Account etc. 1. c. Chap. VIII. p. 255— 268, . °°) Fr. Hamit- 
ton Account L c. p. 20, 186. 


x 


= 


Hohh Mm. EV. Abſchnitt. 6.72 


gen feine Vettern, die Weherrfcher von Kathmandu, in Febde 
auf, welche im Jahre 1767 mit voͤlliger Unterjochung feiner ferbft 
wie alle Newaré und ihres Zürftenhaufes, der Dal, durch 
die Gorkha's endete. Die Siege biefer jüngetn,: graufamen 
Empotkoͤmmlinge blieben nun nicht bei ber Beſitznahme der Ter⸗ 
sitorien bee Mal, des Gefchlechtes ihrer alten Lehnsherrn, fichen, 
dem Culturs Mitte Kathmandu und das eigentläcde 
Nepal war; Sondern fie breiteten ſich bald zu beiden Seiten 
ber alten Capitale Aber alle jene alpinen Landfchaften des Hi⸗ 
malayas Syftemes aus, deren Mitte von den oberm Stromlaͤu⸗ 
fin des Ghandaki und Kofi durchzogen wirds; ja fie ruͤckten 
oftwärts dis zum Tiſta in ihren Eroberungen vor, weft- 
wärte über die Goggra⸗Arme weit binaus bie zu dem 
Sſetledſch, wo wir ihre Befchräntungen ſchon anderwaͤrte ken⸗ 
nen lernten. Hier iſt es nun, wo wir durch Beobachtungen ei⸗ 
niger Britiſcher Augenzeugen wenigſtens in einem Heinen Raume 
des eigentlichen Nepal (Nepal proper), und zunaͤchſt in der 
Capitale Kathmandu und ihrer naͤchſten Umgebung uns vn 
tiren koͤnnen. 


41. Die vier Stufenlandbfhften des eigentlihen 
Nepal's, nad Beobahtung von Fr. Hamilton”). 


Bier verfhiedene Stufenlandfehaften echeben fih von 
Hatoftans Ebenen duch das Nepaleſen⸗Gebiet bis zu den Schnees 
ruͤcken der hohen Himalaya⸗Ketten, weiche in diefem öftlichen Zän- 
Sergebiete mit dem Emodus des Ptolemaͤus identifch find; drei 
Diefer auffisigenden Terraſſen durchwanderte Sr. Hamil⸗ 
ton, bie vierte konnte er in ihrer größten Erhabenheit nur aus 
Der Ferne beobachteten. Er charakterifist fie: a) als das Mie: 
derlaud; b) als bie Hügellandſchaft; c) als die Berg: 
kanbfchaft und d) ale das Hochgebirge. 

2) Das Niederland, Kariyani, Tarai ober Ketoni 
der Eingebornen (the lowland b. Hamilton), nimmt jenen ſchma⸗ 
len Saum fumpfiger Niederungen zwifchen ber Hindoſtaniſchen 
bene und den erſten Vorketten des Berglandes ein, ben wir 
and) Thon am Eingange des Lanbfchaften von Butan, Sir⸗ 
more, von Gherwal und Kamaun (f. Aſien Bd. Il. S. 483, 





7°) Fr. Hamilton Account I. c. p. 62— 100. 


Himal. IL. Mittel Sr. Royal, Riederland. 45 


614, 817, 918, 1029) kennen lernten. Gr zeichnet ſich bier vor 
jenen fehe nahe verwandten Bocalitäten durch eime verhaͤltnißmaͤ⸗ 
Sig größere Fruchtbarkeit aus, fo dag er ſelbſt dem in den ſuͤdlich 
angenunden Diſtricten des Britiſchen Compagnielandes vorzus 
nehen MB. Zahlreiche kleinere Fluͤſſe, die ihn durchſchneiden, die⸗ 
nen zur Bewaͤſſerung der Saaten für die Ernte, in ber trocknen 
Jehertzeit; vom tropifchen Regen gefüllt, werden fie ſogar ſchiff⸗ 
bat, ober dienen doc) zum Holzfloͤßen, daher auch bie Benennung 
Zariyami, d. h. „das durchſchiffbare Land.” Dieſe 
Waffe find reich am dem trefflichſten Fiſcharten, wie Karpfen 
(Cyprinus rohita), Barben (Mugil, Carsula, Hamilt.) u. a. Das 
Chma If} bafelbft ſchon bedeutend kühler als in ben tieferen Gan⸗ 
seöthäleen; 3. B. gu Patna, aber auch weit feuchter; die hei⸗ 
fen Winde fangen daſelbſt einen Monat fpäter an. Hamil⸗ 
ton brachte ein paar Monate bes günftigen Jahreszeit In dieſem 
Zaripani zu. Aber gegen den Anfang des April wird biefer 
Aufenthalt fhon zu ungefunbs das gute Trinkwaſſer ſparſam. 
Bis zur kalten Jahreszeit flellen fi) nun bie Kieber und Zerruͤt⸗ 
tungen der Eingeweide bei ben Zurudgebliebenen ein, welche bie 
Repalefen der Ayul (doul bei Pat. Siufeppe?’), d. i. Olla im 
Alphabet. Tibet., d. 4. giftige Luft, die von dem Athens geofßes 
Schlangen kommen fol) zufchreiben,, die verftändigern aber bes 
Derwefung der Pflanzen in den flagnirenden Waſſern, die waͤh⸗ 
rend ber Regenzeit vor ſich geht, weit bie Ayul erſt nach bem 
‚Anfange derfeiben beginnt. In den Wildniſſen diefes bis auf 4 
585 Stunden breiten Bürtels von Niederland beflchen bie 
Baldungen vorzäglih aus den Baumarten: Palas (Ery- 
thisa monosperma, Lamark) und Simul (Bumbax beptaphylia, 
Lam.)3 aber die Gorthati’s Haben viele derſelben gelichtet, und 
den Fruchtboden (das Kadir⸗Land, f. Afien Bd. U. ©, 848) im 
Getreideland verwandelt, das ſchon guten Ertrag giebt; auch 
guter Tabak und röchlihe Baummolle gedeihen hier fehe 
gut. Bei größerer Sicherheit bes Eigenthums wuͤrde bas Laub 
unmdiih, reich ſeyn. Bei mancher ziwifchengebauten Culture 
ſtelle iſt jedoch noch ein großer Theil in Wald dickicht begra⸗ 
ben, den bei weitem groͤßeren Landſtrich nimmt jeboch hoher 





’!) Deseript. de Nepal par le P. Guiseppe in Rech. Asiatiq. ed: 
Langles 4, T. IT. p. 348; A. Georgii Alphabetum Tibetanum etc. 
Romae 4, 1762. p. 432. 








46 : Hoh-Afien. IV. Abſchnitt. $. 72. 


Graswuché oder Binfenanger ein. Diefe werden buch 
Feuer jährlich abgebrannt, das Gras giebt nur ſchlechtes Mich 
futter, die Seuchte und Kühlung hält jedoch die Strecken immer 
gruͤn, und in der Srühlingezeit, bei zu großer Schwuͤle in ben 
tieferen Gebirgsebenen, treibt man aus ben Provinzen ber Con⸗ 
pagnie die großen Heerben in dieſe kuͤhlere Zone auf die Weide. 
Aud wählt Hier eine Binfenart Sabe (Ischoenum), Wovon 
Streit: und Seilwerk gemacht und in Menge nady Bengalen 
ausgeführt wirb. 

Diefe fieberreihe Region bee Sumpfwalbungen 
iſt, wie anderwärts, zugleich da6 große Jagdrevier ber Einhei⸗ 
mifchen; doc hat hierin ein Wechſel Etatt gefunden. Vor ben 
Eroberungen des Nepaleſen fuͤrchteten hier die kleinen Häuptlinge 
des Landes die Ueberfälle ihrer Nachbarn fo ehr, daß fie ftatt 
der Verſchanzungen hier das Wachſthum unbuschbeinglicher Wal⸗ 
dungen als ihre Grenzſicherung betrachteten; fie begnügten ſich 
mit dem Ertrag des Zimmerholzes, dee Weidung, ber 
Elepbantenjagd. Es war Potitit ber Hinduifhen Prinzen, 
den Sebirgsfürften, wenn fie auch noch fo. Elein waren, die Aue 
breitung in biefes Niederland zu geftatten, well fie doch ihren 
Veberfällen zu ſehr ausgeſetzt blieben, ohne großen Gewinn ‚von 
der Zurüdweifung aus bemfelben zu haben. Die mächtigeren 
‚ Bergfürften wurden aber dadurch nicht felten verlodt ihre Streif⸗ 
züge weit bin durch bie Ebenen fortsufenen. Seitdem aber die 
Briten mit mehr Kraft in ihren Provinzen die Wacht der 
Bergnachbaren zurüdgehätten haben, iſt diefen ber Werth diefes 
Grenzfaumes gefhwunden, deſſen Befip nur bei einem unbifcs 
plinirten Zuftande des Landes Bedeutung gewann. Die Bris 
ten baben ihre Rechte auf Theile deffelben behauptet; die Gor⸗ 
kha'ꝰs haben ihm theilweife gelichter, und buch Anflebelungen 
umgewandelt. Die Zahl des Wildes hat fi fehe verringert; 
Tiger finden ſich nur noch fehe felten darin; mehr noch ſchwarze 
Bären, Eber, Hochwild, Schakals, Sühfe, Hafen u. 
ſ. w.; auch noch Rhinoceroffe und Elephantenheerden, 
jedoch in Abnahme und von einer fchlechteren Art. Ihre Jagd 
iſt Megale der Radja's, und darum find fie noch immer zu zahl⸗ 
zeich und der Reiscultur der Privaten nachtheilig. In ber nafs 
fen Jahreszeit zerftören fie die Meisfelder, In der trodenen ziehen 
fie fich in die Vorberge zurüd. Der Chirurg von Puraniya, 
Mr. Venour, wil, nah Hamiltons Bericht, an der hiefigen 


Himal., II. Mittel-Gr., Nepal, Vorketten. 47 


Elephantenart eine Eigenthuͤmlichkeit bemerkt haben, bie fie von 
onderen unterfcheidet, nämlich eine befondere Verlängerung einer 
Iche an jedem Fuße derſelben. 

b) Das Hügelland (billy Region bei Hamilton)??), 
oder bie Vorketten, die zweite Stufenlandſchaft, bes 
grenzt jene erfte am ihrer Nordſeite, faft in gleicher Breite; und 
beſteht aus geringeren Bergen, die allmälich gegen Norden höher 
auffteigen, und von vielen Heinen Fluͤſſen bemäffert werden. Diefe 
entquellm ben Suͤdgehaͤnger des erſten hohen Bergzuges, zu wel⸗ 
hem dieſes Syſtem der Vorketten fi allmaͤllch immer höher ers 
kebt. Die Betten diefer Flüffe und Bergſtroͤme, wenn fie auch 
in feiner birecten Verbindung mit dem Hochgebirge ſtehen, find 
fit mit Rolifteinen aus Granit und Glimmerſchieferarten. 
Die Gebirgsarten der Vorketten felbft find meiftentheild Thon⸗ 
arten, mit Lagern von Sand, Glimmer, Kies u. f. w., 
und Ifolieten Felsbloͤckken, die in faft horizontalen Lagern vers 
theilt find, oder, wenn fie fi fenten, nur gegen Norden mit 
einem fanften Gefälle von weniger als einem Winkel von 259 
gegen den Horizont abfallen. An vielen Stehen finb diefe Lager 
heteregoner Schichten in Steinhärte übergegangen. 

Außer diefen beobachtete Sr. Hamitton in der Tiefe ber 
Thaͤler auch Lager von Kalkſtein, Hornftein und Conglos 
meraten aus Urgebirgämaffen, die bei einem Streichen von O. 
nah W. vertikale Schichtung zeigten; fie werben alfo wol von 
jenen auf den Höhen überlagert ſeyn (vergl. Afien Bd. 11. S. 850), 
Dil Kaltincruftate, aber keine Petrefacten, zeigten fich bier, 
diejenigen Fragmente ausgenommen, welche bee Ghandaki aus 
dem Hochgebirge als Kiefel herabwaͤlzt. Die niederen Berge dies 
fir Region mit einigen der vorliegenden Ebenen, find bie rechte 
Heimath dr SalsWaldungen (Shorea robusta, f. Aſien Bd, I. 
S. 858), ımd vieler Arten Dalbergia (Sisau) und Cedrela 
(Toon der Briten, f. Aflen Bd. U. S. 1035, Tungd in Calcutta), 
welche in den Waldungen um Puranipya, wo Sr. Hamilton 
ein paar Monate ſich aufhielt, den Namen Chilli⸗kath führt. 

Höher auf wird bie Bewaldung mannichfaltigerz in den mehr 
neben Bergen treten- bie NMadelmälber (Pinus longifolia) 
hervor, welche bie Berg: Hindns Sala nennen, und eine große 
Bınge Mimofen (Khoira), aus deren Saft thells von den Ar 


'*) Fr. Hamilton Acbount L 0.-p. 66. 


48. Hoch. Aſten. IV. Abſchnitt. $. 72. 


beitern der Compagnie, theild von den Gorkhaleſen ſehr viel Ca⸗ 
tech bereitet wird (vergl. Aſien Bd. I. S. 848, 854, 1047), 
das über Patna nad Benares gebt. Dee Ertrag davon if 
Regale, fo wie der Vogelfang in ben Wäldern, der hier wer 
gen der vielem PapageyensArten und anderer, die in ben 
Handel kommen, nicht unbedeutend ff. Die Wälder find reich 
an Vögeln, die in Menge gezähmt werben, weil fie die Mens 
fchenftimme nahahmen. Jung nimme man fie aus den Neſtern, 
und pachtet die Erlaubniß dazu von den Radja's; die Pächter 
halten ſich wieder Bekletterer der Baͤume, weiche bie jungen Voͤ⸗ 
gel ausnehmen, fie 2 Monate lang aufziehen, die Hälfte dem 
Dichter abliefern, die andere Hälfte feibft behalten, und dieſen 
Ertrag dann auch durch Kleinhaͤndler los werden, welche bie ges 
zähmten Vögel weiter in Bengalen zu Markte bring. Es 
find vorzüglich folgende Arten bie Fr. Hamilton aufjählt: 
41) Mayna (Gracula religiosa Latham), 2) Amritacdhela, 8) 
und 4) Mabna und Kajla, zwei Parakits, dem Psittacus gin- 
gianus Lath. verwandt; 5) Tetiya (Psittacus torquat. Brisson)5 
6) Chanbana, nov. spec. 3 7) Sugi (Psittac. gingianus Lath.) 
und 8) Latkan, ein Meiner kurzgeſchwaͤnzter Parakit, ähnlich 
dem Psittacus galgulus. 

Die Vorberge find an mehreren Stellen buch ſchoͤne Thaͤ⸗ 
leer, oft von großer Länge, von dem hohen Gebirge gefchleden, 
welche jedoch fchon bedeutend über ber Piaine Hindoflans erhas 
ben liegen; in den weſtlichen Sangesländern find diefe unter benz 
Namen Dun (f. Aſien Bd. U. S. 521, 846 20.) befannts obs 
wol auch in Nepal fehe fchöne, ganz analog gebildete Thaͤler ſich 
ausbreiten, fo lernte Sr. Hamilton daſelbſt für fie doch kei⸗ 
nen generifchen, auf fie pafienden Namen kennen. De Rame 
Dun war bafelbft ganz umbelannt, doc gebraucht er ihn (emts 
fprechend den Schottifchen Thaͤlern, weiche Strath heißen). Sie 
find ganz gut angebaut vom benfelben Volksſtaͤmmen, welche auch 
bad zunächft anliegende Hinboftanifche Tiefland cultivicen. Aber 
zwifchen benfelben Parallelzügen der Worketten find auch fehr viele 
Engtbäler (den Schottifchen Glens entfprechenb), welche, obs 
wol mit gutem Boden, body ſamt den umgebenden Bergreihen 
faft ganz in Einoͤde bdallegeg, wol wegen ihres ungefunben Cli⸗ 
ma's, dab jedoch eben dadurch auch noch im dieſem Zuflanbe er⸗ 

halten wird. Denn gelichtete Gegenden derſelben, wie z. B. die 
von Vijapur Chatra und einige andere, die zu dieſer Bone 


Himal,, II. Mittel-Sr., Nepal, Berglandfchaft. 49 
schien, find fehe gefunb zum wohnen. Noch find nur wenig 


Dörfer burch die Wälder vertheilt, zumal auf den Höhen. Die 


Bauern haben erfi die Wälder wegzuräumen, bann roden fie dem 
Boden mit der Hadı um, und baum nun Baummolle und 


Reis, wie Died 5 DB. bei den Garos zu Ranggapur ber Ges 


brauch iſ. Bon dem Clima bdiefer Zone, meint Fr. Hamils 
ton, koͤnne man ſich nach dem dortigen Frühling eine Vorſtel⸗ 
Ing machen. In biefer Jahreszeit flieg die von ihm —— 
277° 1 M. Br. beobachtete Wärme, Ende März, bis 184° R. 
(73° Fahth.). 

c) Die Region ber Berglandſchaft (the mountainous 
Region b. Hamitt.)?°) iſt von ber vorigen auf feine Weiſe burch 
beftinunte Grenzen geſchieden; es iſt eine erha bene Landſchaft, 


wo Berg auf Berg fo hoch auſteigt, daß bei jedem atmoſphaͤri⸗ 


ſchen Niederſchlage ihre Kuppen zur Winterszeit in kuͤrzeſter Zeit 


fich, obwol noch in ſubtropiſchen Breiten, mit Schnee 


bedecken. 


Ihre en: meiſt fehr engen Thaͤler, wechfeln in ihrer. 


Erhebung von 3000 bi6 6000 Fuß über die Zariyani Piainen, und 
baben daher ſehr verfchiedene Temperaturen. Einige haben Wäls 
dee von Iudiſchem Rohr (Ratan) und Bambus; andere 
Eichen⸗ und Pinus⸗Waldungenz "bier reifen Ananas 
und Zuckerrohr, bort nur Hirfe, Serfte und Kornarten. 
Kathmandu, die Capitale, liegt in diefer Zone, die man auch 
die der Bergebenen oder bie Plateaulandſchaft, obwol 
noch vom „Dochgebirge überragt, nennen kann. Der in biefer 
Capitale verlebte Winter, fagt Sr. Hamilton, galt für 
fehe milde; denn flatt des Regens fällt. bafelbft in ben mehrften 
Jahren Schnee. . Die mittlere Srühlingstemperastur 
gab für Kathmandn 134° Reaum. (64° Fahrh.); für Than 


tot 1140 R. (593° 8.)3 für Chitlong 104° R. (68° 5.5 


für Bhimpbedi am Verderſaume ber niedern Berge 124° R. 
(63° 5). Diefe, für ein ſubtropiſches Gehiet (zwiſchen 
27° 30 — BR 417 N. Br.) fo geringe Wärme, hängt uon der 
abſolut hohen Lage über dem Meere ab; bie Nachbarfchaft 
des fihneeseichen Himalaya, urtheilt Hamilton, trage wenig 
kazu bei, weil die Winde nur felten von ihnen. herabwehen. 


Die genaueſten Daten zue Ermittelung der ab a 





* Fr. Hamilton Account L c. p. 69. .. 


50 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnltt. 5 72%: 


Höhe des Hochthales von Kathmandu, ſagt Hamilton, 
fehlen; doch gaben bie auf längere Zeit hindurch beobachteten 
Barometerftände, für bie Capitale, eine relative Höhe 
von 384 5. Par. (4140 F. Engt.) 7*) über dem Tadiyani Nie: 
derlandes ober diefes mit Colebrooke zu 532 3. Par. abfolut 
über bem Meere geredinet, wenigſtens — 4316 5. Par. (4600 3: 
Engl.) üb. d. Meere. Denn, nad) den Beobachtungen mit einem 
zweiten Barometer wuͤrde bie abſolute Höhe von Kathmandu 
noch etwas meht, näntlih an 4488 5. Par. (4784 5. Engl.) ”°) 
betragen , weiches bie wahrfcyeintichfie Annahme nad) gleichzeitig 
beobachteten Batometerſtaͤnden mis Bengalen iſt. Die perio> 
dDifhen Regen krelchen bis Nepal, faft glei heftig und auhal⸗ 
tend wie in Behar am Ganges; nah Kirbpatrid, p. 17, 
Fangen fie fogar etwäs früher on. Waffechofen find häufig; 
ihre Erſcheinung wird allo keineswegt durch bie Mesreänähe ber 
dinge. Das Elima des Hochthales von Kathmandu if 
im Allgemeinen wol gefund, boch felbft bei den Eingebornen Fie⸗ 
ber erregend; und während dee erſten Diemate des Aufenthal: 
tes dee Breiten lag ihre Dienerfhaft krank darnieder an Sieber, 
Verſchleimungen ꝛc. Die Venusſeuche iſt hier unter allen Riaf: 
fen bes Volks algemein verbreitet. Die angefchwollenen Kröpfe 
find ſehr gemein, wie in ben Alpen; fie find norbiwärt® von 
Patua am Ganges fehe häufig, aber in Nepal fogar vor» 
berrfchend, ſelbſt da, wo es gar kein Schneewaſſer giebt, und 
die Arme des Vagmati, bie alle in dee fubalpinen Region flie- 
fen, den Haupttrank darbisten. Nur dee Ghandaki und Kau⸗ 
ſiki haben Shueewaffer. 

Die Jahteszeiten⸗Wechſel find denen in Bengalen 
gleich, doch nehmen bie periodifchen Regen einen größeren Theil 
des Sommers ein, und das Land iſt daher nicht vortheilhaft ges 
eignet zur Erzeugung vielerlei Arten von Fruͤchten. Die Fruͤh⸗ 
lin gshitze weicht niche hin fie zu veifen, bevor die Regenzeit be: 
giant, wie dies doch in Bengalen ber Gall if. Pfirſich daͤu⸗ 
me gedeihen an jedem Bade, aber bie Pfirſich⸗Frucht bleibt 
auf der einen Seite grün, während die andere vam Degen ver 
faule. An Reben fehlt. es nicht; aber ihre Trauben werben 
ohne Schutz gegen den Megen immer ſchlecht bleiben. Zwei 





7%) Fr. Hamilton Account 1. c. p: 70._ ?*) Colebröoke on the 
height of tlıe Himalaya Mis. in Asiat. Res. 1816. T. XII. p 26%. 


\ 


Himal., IL Mittel-®r., Repal, Berglandfchafe, 81 


Fruchtarten kommen jebod ger volltommeiften Meife, bie Annas - 


nas in den waͤrmern Thaͤlern, fehr fein und aromatiſch, und 
Me Drange, die nirgends beſſer gebeiht, da fie auch im Win⸗ 
ter reift. 


De Regenfülte in ber warmen Jahreszelt verwandelt bie 
abwechſelnde Dberfläche biefes hochliegenden Bodens In, ein korn⸗ 
reiches Land. Wo ed mur terraffiet werden kann, ba iſt es 
teefflich Fhe den Relsbauz dieſes Korn reift mach dem Negen, 
und die Ernte fehlt nie, da bie verſchiedenſten Abflufungen bes 
Bedens jedesmas sach Belleden bemwäffert werben können. Mit 
dieſem Neilsfelde werben bie Beſoldungen ber Armee und alles 
Diener der Krone beſtritten. In einigen Gegenden giebt daſ⸗ 
ſelbe Ackerland and; noch eine Winterernte von Weiten und 
Bere, doch nicht häufig. 

Bo Bas Land zu fleil iſt um tercaffict zu werben, da nennt 
mon es Kuripa, uub bebaut es mit bee Hacke minder forgfäls 
tig, fir Reis, Mais, Baumwolle; breirid Arten von 
Hälfenfeähten: Karthi, Bhatmaſh und Maſhkalaiß 

eine Art Senf (Fure), Weitzen, Gerſte, Zückerrohr amd 
India niſche Fardert öoͤt he (Manjit) von zweierlei Art (Rulia 
eordata Wildenow sub Rubia nov. Spec. Hamilt.). Auch eine 
font unbelannte Art Cardamomen (stößer ald Cardamom, 
mious Rumpf.), in Andoſtan Deſi⸗Elachi genannt, wird hies 
in Waffergräben viel gebautz es iſt Amomum Rozb. verwandt, 
aber doch vom Malabariſchen Carbdamom verfchieben. Auch Inge 
wer wird viel gebaut. Doch iſt die eine Hälfte aller Aecker 
in Berglaude wit Reispflanzungen bedeckt, bie andere Hälfte 
nur mit ben anderen Culturgewaͤchſen. Die Wieſen find in 
Diefes Hohen Berglandſchaft nicht fo funipfig ſauet, und das Gras 
nicht fo harſch wie Im Niedeelande; aber auch keineswegs bem 
arematifchen Deutfchen Atmen gleich, ja nach Sr. Hamiltons 
Berfiherung weit geringer, als bie Schottiſchen Anger. Daher 
wei find die Ochſen⸗ und Rinder⸗Heerden gar nicht zahlreich, 
und die Mace gleicht der Im Niederlande. Die Büffel werben 
von eben daher zum mäflın auf dis Höhe getrieben, um fie da 
zu ſcachten; aber eine Bucht Ik davon fü wenig wie von Schwei⸗ 
nen und Ziegen, obwol beide hier ganz gut gebeiben müßten. 
Die Pferde, Kanguns ober Tanpans ), eine ſehr harte, 





9 Kirkpatsick Account |. e. p» 135. N 
2 


52 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnitt. $. 72. 


ſichergehende, Meine Race, werden erſt aus Tuͤbet eingeführt: denn 
fie pflanzen ſich an der Sübfelte des Himalaya nicht fort, eben 
fo wenig als dies mit der Shamiziege und dem Dat: mit 
dem Seidenhaare (Chaungei, d. i. Bos gruniens) der Fall if, bie 
im tiefen Lande nicht fortlommen. Die einzigen zahleeichen 
Herden find die dee Schäferfiämme, der Surung und 
Limbu. Im Winter ziehen dieſe mit ihren großen Schaaf: 
heerden in bie niedern Berge und Thaͤler hinab, aber im Soms 
mer fleigen fie die Chhlern, alpinen Regionen hinauf, welche Ne 
pal im Norden begrenzen. Sie haben da, zunaͤchſt ber ewigen 
Schneefelder, ihre beftimmten Alpenweiden, die aber im Winter 
fetbft untere Schnee liegen. Die Schaafe follen ſehr groß, ihre 
Wolfe fehr fein ſeyn; fie heißen Barwal (ob Baral? f. Aften 
Bd. U. ©. 669, 763, 962 u. a. D.), geben viel Mitch, eine fehe 
feine Wolle, die, zu Tuch verwebt, feinere Stoffe giebt, als das 
Tuch von Bhotan. Ob bies Schaaf identifch iſt mit dem Lafls 
tragenden Schaafe. bed Hochgebirge®, war nicht zu ermitteln. Eine 
andere Art hiefiger Schaafe, Sans Bhera, find keine Wander⸗ 
fhaafe wie jene, und werden nie auf die Alpenweiben getrieben. 
Außer den Vögeln, wie die in Yumila, ſahe Kirkpa⸗ 
ri?) Hier eine Phafanenart, die er unter dem Namen Kiha⸗ 
Lidge abgebitdet hat; fonft bemerkte ex wenig Vögel, außer DO rs 
tolanen, wilden Bänfen, Enten und einigen andern auch 
in Bengalen einheimifchen Geflügel; boch zeigten fie Tich bier, wie 
bie Nepalefen fagten, auf ihren Wanderungen von Hindo⸗ 
fan nah Tuͤbet nur als Durchgangs⸗ ober Strich⸗Voͤ⸗ 
gel; Mitte Aprit wandern fie von dem Tieflande aus, wo fie 
brüten, und Eehren von den Himalaya: Höhen, wenn biefe zu ums 
wiethlid zu werden anfangen, auch dahin zurüd. In neuefler 
Zeit find buch Hodgfon, Reſident in Kathmandu, manche 
neue Arten von Vögeln in Nepal aufgefunden und ihre Erems 
plate nach Calcutta gefchickt, fo zumal zweierlei Xdlerarten 7), 
bee große Adler der Himalayahoͤhen, den er Aquila Nepalensis 
nennt, 64 Fuß bereit, mit ungemein ſtarken Griffen, furchtbar 
glänzenden Augen und beilbraunem Gefieder, und «ine kleine Art 
Circaetis Nepalensis; bee Buchang, Dicrurus indicus, ein unges 
mein kuͤhner, von allen Vögeln gefuͤrchtetre Räuber, ber Tag und 





ı2) Kirkpatrick Account I. c. p. 132. 718) — on Nepal 
‚ in Asiatic. Journ. New Ser 1830. Vol. IL. p 331. 


Himal., IL Mittel-Gr., Nepal, Berglandſchaft. 53 


KRadht in den Lüften umherjagt; bie Banbah wa, Columba Ne- 
palensis, eine ungemein ſchoͤne, wildfheue Walbfauben.a.m. 

An vielen Stellen, fagt Fr. Hamilton, beſtehe biefes Ges 
birgtland aus Gramitbodenz es enthalte viel Eifen, Blei, 
Kupfer, Zink (Dasta) und in ben Flußbetten auh Gold. 
“— Kupfererz kommt in einens weißen Hornfleine und in ers 
digem Quarz vor; bie. Rupferminen liegen fo nahe an ber . 
Dberfläche, daß zur Regenzeit darin nicht gearbeitet werben kann, 
da ihnen die Abzugsſtollen fehlen. Jede Deine hat ihre Beſitzet, 
Agari, die jeden Monat etwa 2 bis 4 Mans, alfo im Jahre 
H Mans an Erz graben, was auf das Jahr an 2000 Pfund 
ausmachen ſoll. Dies liefen fie ben Kami, b. i. deu Schmels 
gern, ab, die ihre eigene Procedur haben. Jeder kann im Sabre 
gegen 200 bis 500 Pfund Kupfer gewinnen; Die Hälfte davon 
erhält bee Radja. Doch ift ber Gewinn ber Bergleute bedeutend, 
wei der Werth des Kupfers hier gegen ben des Silbers weit groͤ⸗ 
fer iR als in Europa. 

Dos Eifenerz, dunkelroth = feintörnig, wird auch nahe 
an der Oberfläche gewonnen; iſt aus verfchiebeten Minen vers 
fyieden, doch mitunter To gut, daß es auch ohne befondere Stahl⸗ 
bereitung zu Meffern, Schwerdtern u. f. w. verarbeitet wird. 

Nur zwei Bleiminen werben bearbeitet, die nuch uahe an 
der Oberfläche liegen, aber von ben Beſitzern als ein Geheimniß 
dehandelt werden, um ausſchließlich davon den Gewinn zu ziehen; 
das Bleierz iſt ſehr filberhattig. 

Ach Schwefelminen ſollen häufig fun. Corundum, 
Kuran bee Gebiegsvdlker; iſt dichter wie in Bengalen, und findet 
ſich in großen Quantitaͤten: auf ben Bergen von Isma und 
Muſikot; aber auch in den naͤhern Bergen bei Kathmandu; 
immer in loſen, zugerundeten, oft ſehr großen Maſſen, 4 bis 5 
Pfand ſchwer, an ber Oberfläche llegend, als Geroͤll. Speck⸗ 
Kein (agalmatolith), maſſig in ben Bergen bei ber Capitale, 
wird in China zu Bilden, in -Ava zu Pinfelftielen unb anberm 
Geraͤth verarbeitet. Auch ſehr fhöne Talkarten find nicht feb 
en, und eine Subſtanz, Sitajit ( ein Exrböl?), weiche am 
Helen Stellen aus Feiſen fchwigt. 

Die ganze Breite biefer deitsen Terraffe des Berglan⸗ 
bes bettaͤgt, unmittelbar im N. und O. von Kathmandu, nach 
Gelon, Crawfords Obſervationen, in Horizontaldiſtanz, 6 bie 
8 geogr. Melt. (30 8U Engl. Mi); ‚weiter gegen —— aber 


54 Hohen. IV. Abſchaiu. 6. 72. 


wol mehr; doc fehlen dafeldſt genauete Angaben, de alle Die 
ſtanzen nus nach Tagereifen gefchäge find. Diefer ganı: Boden 
iſt reichlich beäffert von Maren Quellen und Bachen; die Wer 
getation?°) iſt von geößter Pracht, Schoͤnheit, Mannichfaltig⸗ 
Eeitz ber Baummuchs, auf ben Berggipfeln ausgenommen, dıbers 
aus großartig; bie Erde zu allem Jahretzeiten mit den ſchoͤn ſten 
Kräutern und Blumen bebedit, die chellweile der Flera Indient, 
weit mehr aber ber von Europa verwandt find. Das. Zims 
merbotz -beficht aus verfchiebenen Arten Eichen, Fichten, 
Walluuß, Kaftanien, Lorbeer, Eiben, Atechpalme, 
Birken, aus Gordonia, Michelias u. a, groͤßtencheil⸗ 
neuen, den Botanikern bisher un dekaumten Arten, indeß andere⸗ 
nah Ge. Hamiltons Unheil au wieder ganz hen Euro, 
päifchen zu gleichen ſcheinen, zumal Yon Den zuerſt geranssen, 
Der größere Theil derfelben giebt nur wenig Gewinn, weil bis 
Waldungen fehe ſchwer zugänglich finds fie haben die Sloca 
Indiens aber ungemein bereichert, buch 5, Buhenan® umb 
fpäterhin Dr. Wallih6%) Gammiaugen, dee nis. Beraniker 
auch bis KRathmandu vordrang, und vieltd ardnete und näher bes 
flimmte. Bon einigen ber ganz unbekannten Walbbäsme 
nennt Hamitten: Malayagiri, einen Baum mit gelbem Holz, 
wolciechend, zu feinen SHolzarbeiten dauglich; Tiamue, eine Art 
Fagaraz Sinkauri, Silkauli der Gebirg⸗Hindus, einse Axt 
Eorbeer, mit ſehr aromatiſcher Rinde und Blatt, hie man beibe 
unter dem Namen Tejpat in daß Zieflend zum Berkauf bringtz 
das Aroma des weiblihen Sinkaur iſt nur in ber Wusgefzinbe, 
die permanent buftet unb wol «im feines Ziel geben wärke. AH 
fer Baum iſt verſchieden vom einer verwandten Art, bie in Bha⸗ 
tan waͤchſt. Lalihandan, ein rothes Gembelbols, ai Bimumer- 
Holz gebraucht, wirde trefflich zum fueniren ſeyn, hat Iorbuenäheen 
liches Laub. Bon ber Daphne Ar, Setharua, Ds Pape 
p»flange, war anderwaͤrts ſchon Die Mehe (f. Afien Bd. U. &.097). 
Der Karphul, eine Art Myrica, trägt eine Pirkchenartige: Stein⸗ 
feucht.. Jumne mundroo und Chootraphul find dee Ber 
‚ beris verwandte Astım. Der officinzllen Pflaugen iſt eine groß⸗ 
Zahl; fo werden u A en, unter dem Mamas IHud, ais 


r®) Fr. Hamilton Acc. 1. e. p. s3 — 87. °e) ſ. N. Watlich 
Plantae Asiatiese ‚sariores or Description et East In 
dip Plants. Lond. HI No). fin ——ù 


Himal., II. Mittel-r., Mepal, Hochgebirge. 55 


Apotheterwaate verfauft, meiſtentheiis L.. purpuraceus und farina- 
ceus nov. sp.; aber auch andere Arten Sungermannien ıc. 
d) Das Hochgebirge ober die alpine Region macht 
die vierte Naturabtheilung bes Nepalefifhen Stus _ 
fenlande8 aus, die Fr. Hamiltgn®!) nicht als Augenzeuge, , 
wie bie vorigen, fondern nur nach Berichten Anderer kennen 
kerate; fie ſchließt die ſchon früher betrachteten Gebirgsgruppen 
und Schneepiks mit ein, Ihre Breite ſchaͤtzt er gleich, mit der. 
der vorigen Abtheilung, die Paͤſſe nad Tuͤbet führen hindurch; 
hinter ihmen, meint er, werde das Land wol dauerndem Winter 
unterworfen ſeyn, was jedoch, wie das Beifpiel von Una Defa 
und Ladakh lehrt, dar ungeheusren Höhe ungearhter, keineswegs der 
Sal zu ſeyn braucht. Nur einige der Engthäler mit deu Tuͤ⸗ 
betifhen Päffen, melde fo tiefe Einfshnitte find, daß fie, 
noch mit ber vorliegenden Wergflufe ein verwandtes Niveau has. 
ben, laſſen sinige Cultur zu, und das Cindringen mancher Proz, 
bucte von jener dritten Region. Go fol in biefen noch «ine Art 
Reis (Zalmaro bei Kirkpatrick) gebamt werden, den man 
auch für Englands Clima gedgnet halten möchte; wahrſcheinlich 
das oben in Malebum deſchriebene Ava Korn. Die Rüden. 
des Hochgebirget, faſt immer in Wolken gehuͤllt, tragen jene maͤch⸗ 
tigen Schneefelder, uͤber denen ſich nur die nackten Piks empor⸗ 
— wo bie Felſenwaͤnde zu ſteil find .den Shape zu tragen. 
Das Gühgehänge dieſeß Himalaya hat ein’ fehr verſchiede⸗ 
nes Anſehn von bem ber Helvetiſchen Alpen, weil hier die tiefe, 
hängenben periobifchen Regen. in ber heißeſten Jahreszeit ihren, 
Fuß zerreißen, indeß der Schnee über der Grenze ihres Niebere. 
ſchlages —— bleibt. Nur enige Regenſchauet. die im Win⸗ 
ter falen, fo, wie die warmen Duͤnſte, die ſich jm Anfang. des 
Sommers aus jgnen perbichteten. Wolkenſchichten der Regenzeit 
nach oben entwickeln, nur dieſe ſind es, weiche ihn ſchmelzen und. 
ein geringeres Anſchwellen der Fluͤſſe an ber ſuͤdlichen Gebirge⸗ 
feite veranlaſſen. Der Nordabfall Diefeh Hochgebirges und 
feiner. Pils: fcheint nach ben von Zr. Hamilton elngezogenen, 
Nachtichten, mehr Eurapäjfcher „Art zu ſeynz, das dortige Sand 
iR ſeht bach, nackt, aber welt davpon entfernt gebirgig,, zu 
ſeyn (is far ſrom ‚being pyguntainous) 82); alſo eine Pla- 
teaulandſchaft, im Dften der heiligen Seen, in Oſt⸗Tuͤ⸗ 





) Fr. Hamilton Aut cp p. 87. a sh p. g. 
⸗ — 


56 Hoch⸗Aſlen. IV. Abſchnitt. 9.72. 
det, wie wir fie uͤberal im Weften berfelben, am oberen. Indus 

- und Sfataden kennen gelernt. Dorthin reichen bie ſchweeren Re 
genwolten des Tieflandes fo wenig wie nad Dber-Kanamar (f. 
Afim Bd. II. S. 808 u. a. O.); die periobifchen Regen der naſ⸗ 
fen Jahreszeit fehlen, daher das periobifche Anſchwellen der Fluüſſe 
u. a. m. 

Die Kette der Schnee⸗Alpen mit ihren ſcheinbaren Kruͤm⸗ 
mungen, indeß ihr allgemeines Streichen daſſelbe bleibt, 
hat nur wenig Unterbrechungen, und ſoll daher, dem groͤßten 
Thelle nach, unuͤberſteiglich ſeyn. Mehrere auf ber Tuͤbetani⸗ 
ſchen Seite entſpringende Fluͤſſe (der Karnali, Ghandali, 
Arun, Brahmaputra nah Fr. Hamilton, alſo analog, 
wie im Weſten der Sſatadru und obere Indus, nur nicht 
von jener Bedeutung) durch brechen aber, in ihrem Querlauf, 
die Kette der Schnee Pils, in fo engen Schluchten und Spalten 
mit fo furchtbaren Felsprecipicen, daß biefe Läden im Algemei⸗ 
nen für die Denfchen impracticabel bleiden mußten. Des Ghan⸗ 
daki⸗Durchbruches iſt oben fchon erwähnt. Der Durchbruch 
des Arun, db. 1. des Hauptarms bes Kofi, iſt von allen dt 
weitefte, wo der Matgmo im W. und der Dirgu: Berg md. 
dee weiten Deffnumg zur Seite ſtehen, welche von Bergen mäßle 
ger Höhe ‚eingenommen tft, bie bes Anbaues noch fähig find. 
Doch auch da iſt der Arun fo fehr zwiſchen Gelsprechpicen einge: 
klemmt, daß man ſich ihm nur an ein paar fehr beſchwerlich zu 
bereiſenden und buch Kunſt angebrachten Engpäffen annähern 
Tann. Hinter diefem Felspaß, durch Pie Kette der Hohen Piks 
der vorderen Schneekette, iſt In dedeutender Ferne, ‘weiter gegen 
Nord, eine andere Kette von Bergen, minber hoch und we⸗ 
niger zerkluͤftet als bie erfle Kette des Emodus, aber doch fo m 
haben‘, baß fie im Winter wegen der Tiefe des Schnees ganz 
undurchgehbar iſt. Doch iſt ſonſt der Weg nicht zu beſchwerlich 
denn Laſtvich kann Ihn in der guten Jahreszeit zuruͤklegen. 

Eine aͤhnliche Ratur ſcheint die Kette-diefes Hochgebirges 
auch in ben übrigen Paſſagen zu haben, und darauf gruͤndete 
Kirkpatrid Sy fethe Hypotheſe von den gwet verſchiedenen, 
hinter einander durchziehenden Ketten, deren erſte, vordere bie 
niedere, Kugas genannt, Nepal von Tüber wm und nur 





u — Colon. Kirkpatrick Account ef the ‚Kingdom of rl: Tond, 
sn, _W Pp: 57, 292, 





Himel, Mi. Mittel Gt, NRepal, Hochgebirge. 57 


Sqhneeſtreifen trage; die zweite aber, ber iigentliche Him al⸗ 
Ich, das ewige Schneegebirge, die weit höhere, das nie⸗ 
dere Bhutan, Küchar genannt, von Tuͤbet ſcheide. Jene 
wire wa wie Ober⸗Kanawar ober Hangerang (f. Aien 
B.1L ©. 685, 710, 734, 816 u. a. D.) die Vorflufe zu Hochs 
Zübet ſeyn. Dieſes Kuchat, ober bA® niebere, vorliegende Bergs 
land, a6 niedere Bhutan, fagt er, fcheide überall die Nepa⸗ 
leſtſchen Kerritorien von Ober: Bhutan ober über, und be 
gleite die höhere Himalleh⸗Kette in großer Ausdehnung. Diefe 
werde von den Eingebornen Himaschufi genannt, weil Chult 
bei ihnen einen feharfen PIE bezeichne, in Gegenfag ber runden, 
borliegenden Bergkuppen, weldhe mit dem Namen Zumku bes 
zeichnet werden. Doch bemerkt Kirkpatrick an einer anderen Stelle, 
daß auch Kuchar oft Himalleh genannt werde, ſobald es nur 
auch große Schneeſtrecken trage. Die Veranlaſſung zu diefer Bes 
trachtungeweiſe ergab fi) dem Esfonel bei feiner Üeberfteigung 
der Lama: Dangra:Kette, wo feinem Blicke vom Paßgipfel 
uͤber Chiſapa'n i, am füblichen Eingange Nepals, bei heiterm 
Wetter, im Rorden jene Doppelzüge bie zu den bimbenden Schner⸗ 
piks vorzuliegen ſchienen. 

Fr. Hamilton dagegen glalibte nach ben vielen Berichten | 
ber Eingebornen und mehrerer ihrer Specialkarten (ſ. Erdk. Aſi ei 
Dh. 1. &.491)° zu. werheiten, ſich berechtigt, berierlei' Haupt: 
Betten ®%) unterfheiden zu dürfen, die von ber Umgebung bet 
heiligen Seen, dem Manafaromara, und dem dortigen Gene 
ttum des Emodus, mie e ſich nuddruͤckt, ausgehen möchte, 
Naͤmlich 1) die Suͤd⸗Kette, deren Gipfel bie niedrigſten feyn 
möchten, die wicht blos ſtellenweis, wie Kirkpatrkck meinte, mit 
Schneeflecken geſtreift, ſondern in großen Auedehnungen auch mit 
dauernden Gchiteemafien bedeckt wären; 2) de Nord: 
Kette, wahrſcheintich im Ganzen 1 die hoͤchſte, wei fie nirgends 
von Strömen’ durchbrochen werbe, nähere fich Hinvoſtan nur im 
Kailaſa: Pitk in Manaſarowara Caiſo was wir im obigen Pla⸗ 
teau: Ketten? nannten, f, Affen Bd. II. S. 678, 590 u. a. O.), 
ſey aber in ihren Gipfelhoͤden, oſtwaͤrts von ba; den' großen 
Kübelkrom, Brabmaputraoder Dfangbo entlang, aus 
keinem Theile der füdlichen Hindoftanifchen Landſchaften ſicht⸗ 
bar, unb fo guf- win ——— Bu 


24) Fr. Hamilton Aocount m © p. co. Era u 2 “is J: R 





5 HSeh⸗ Rhen. IV. ubſchaiet. 4,72. 


Die 3) bie Mittels Kette diefed Himalaya Bpfemes 
enbiich ſey diejenige, mit ben coloffalften Pike, weiche noch 


von ben obern Stromithälern ber in Kühe entſpringenden Stroͤ⸗ 
me durch drochen werde (mie vom Karanali, Ghandaki, 
Arun und Brahmaputra, was chen dieſe characherifirt, vergl. 
Aſien Bd. II. S. 508). Nicht immer aber ſey dieſe Central: 


von ber Suͤd⸗Kette fo volfiändig durch ehneres Zwiſchenland 


gefehieden, wie 5. B. im Taklakhar Landeam Kacnali, 


ober im Kiratastaude am Arunz fondern häufig ſeyn beide . 
gleihfem ganz verwachken, und bes gange Zwiſchenraum mit ben 
maͤchtigſten Pils und Suppen hebect. Erſt die Zukunft kann 
vollſtaͤndiger über die Natur dieſes Gebirgefpftemeg entfcheiden. — 

Die alpine Region des Südgehaͤnges hat nur wenig 
Anbau, wenig Vichherden, nur wenig Yat’s, Leine fin 
haarigen Birgen, Beine. Öolpninen, keinen Voyay m. f. w., alles 
dies find wur Produkte bie erſt dem Mordgehaͤnge ober dr 
jenfeitigen Plateaulandſchaft, angehören). Das uͤdgehaͤnge lie⸗ 
fert dagegen Salz, She fel, Talk, große Glimmerta⸗ 


fein (Abxak),, Bergeryſtail (Belor) in großen Eipftallifatis- 


nen, Blei, Zink. Das wichtigfte Wild bes Südgehäuges if 
das Moſchusthiers6), das in ‚großer Menge hier, fparfam nın 


in tieferen Gegenden, erlegt witd. Das einzjas. große Quadruped 


des Gebirges, von bem Hamilten hörte, ift eine Art wildes 
Schaaf, das ihm aber unbelnumt blieb; ſpaͤtere Mischellungn 


(1824) nennen verwandte Yrten..mit der Sauna in Kamaun ([. 


Aften Bb, II. S. 1037). (dep. sigenshbumlic ſcheint hiefem 
Hochgebirge von Nepal ber wilde Hund®) zu ſeyn, der bi 


ber unbekannt war, und das Einhorn, Antilope — 
die am Axu ne Fluſſe entbect ward, mono unten. De 
wilde. Hund, ber erfle jefeg Art, den man ſich verfchaffen 





onnte, ri der von Hedgfon, Reſidenten in Kaihmandu, an die 


ſiatiſche 


ocietaͤt in Calcutta — wurde, waydpon Mocc 


tang, einem Orte am Fuße der; Schnergebirge, recht, der ie 


NW. von Kathmandu liegt, ‚Son Kirkpatrick Igagte den Ne: 


palefifgen zahmen Hund, bes nach ihm, aber eigentlich | 


aus Tuͤbet erſt dahin gebracht, wird, von ber Groͤße des ne 


.$. £ 46 00 x : + Y —R 





8* Fr. Hamilton Acc. 1. c. pBaR ° :) Kirkplitdick: Köcount- of 
Asiatic. Journal 


the Kingdom of Nepaul L co p. 131. — 
Vol. XIX, Jan. p. 48. Ra. z 


rt Aa ” 


Himol, II. Mittel. Gr. Mepal, Hochgebirge. 50 - 


ſchen Ballenbeißers, mis dicken, langen Haaren dedeckt, der uns 
gemein wachſam ſeyn fol. Die Uebertreibung feiner wachſamen 
Ehenſchaften hatte damals das Mährchen arzeugt, die Chinsfifche 
Unser habe ſie, bei ihrem Marſche durch Tuͤbet, im letzten Kriege, 
im Schildwachen an den Pkets gebraucht, womit fie ihre Lager 
omfehten (vergl. Afien Bd. 11. ©, 623). Unter den Wögelm 
find auch hier dieſelben Arten tie in Yumila merkwuͤtbig und 
fehe nutzbar. Die Flora iſt wol noch unbekannter geblieben als 
bie der niedern Berg⸗Reglon; denn die Feindſeligkeiten im Lande 
binderten den unermuͤdeten Botaniker Sr. Hamilton fetbft Er: 
anfionen im jenes Spochgebirge gu machen. Boch lernte er burch 
feine dahin ausgefandten Boten viele feltene Gewaͤchſe kennen, 
davon wir durch ihn die erſte Nachricht?) erhalten. Z. B. zwei er⸗ 
lei nene Arten Wachholder, Dhupi, mit dem duftenden 
Hotze von Mahagoni⸗Farbe, davon geſchnittene Bretter nach The 
bet und China gehen; der Baum waͤchſt hoch, und würde für 
Europa eine angenehme Bereicherung ſeyn. Thum uripas 
Dhupi, ein dem Europälfchen Juniperus ähnlicher, wilberer 
Bafh, wit angenehm duftenden Zweigen und Blättern, zu Raͤu⸗ 
Gerungen bienlich. Eine klelne alpine Fichtenart, Hing⸗ 
walla Chhota faral, ber Pinus picea bes firdiichen Europa 
ſche aͤhnlich, mit angenehm duftenden Naben. Eine große ats 
pine Fichte, Hingwalka bara Sara, dem Eutopäifchen 
Eidenbaum fehe nahe ftehend, gleich hoch wachfend, nur mit brei⸗ 
um, gebogenen Blättern. Eine Birkenart, Shuryapatrd 
de Bhuxjapatra, mit Teiche abtösbarer Rinde, wie die Eis 
topälfche, jedoch Taflanienbraun, zu allerlei Ceremonien sind Ge: . 
tathſchaften verwendet (vergl. Aſien Bd. U. &. 943, 950). Em 
kleiner Buſch, Sanpati, eine * Rhododendron, es 
lineariſol. und ferrugineum ſeht Ähnlich, mit buftenden Blaͤttern, 
Im Veflande zu Raͤucherungen verdraucht. Ein beruͤhmtre Pars 
fün, Jatam angſi genannt; was Hamilton zu Nach pik 
unter dieſem Namen aus den Apotheken erhielt, war fent Vale- 
riana Roxb., welche Will. Jones für die Spiknarde des Aiten 
hielt, deren Del zu Sapbungen dient. Manche andere'gan; neue 
und officinelle Gewaͤchſe diefer alpinen Himalaya⸗-Flor Tote’ übe 
lupmiöfen Vegetation des Mepalefiihen Berg⸗ und Deftander 
Find felgen andy in Europa bekannt geworden und eingeführt 
‘‘) Fr, Hamilton Accopat 1. e. p. 100. : 3 


‘.. 
BR u 2, Bu 


60 Hoch⸗Aſlen. IV. Abſchnitt. $. 72. 


2. Das eigentliche Nepal im engeren Sinn (Nepal 
proper);3 das Kathmandu⸗Thal. Eingang durch 
Mokwanpur. Klein- und Groß⸗Nepal. 


In dem ſchoͤnſten Theile Nepals, und in der Mitte des gan⸗ 
zen Landes, breiten ſich zwei reizende Thalebenen aus, 
weiche durch den Berg Chandangiri, etwa von 7494 F. Par. 
(= 7989 5. Engl. nach Colebroote) 9) approrimativer, abfoluter 
Höhe, von einander geſchieden find, nämlih Groß: und Klein: 
Nepal (Eahuri Nepal), in denen alle drei Refidenzen und Ca⸗ 
pitalen der Älteren, dreifach getheilten Newar⸗Dynaſtie liegen. 
Groß⸗Nepal liegt im Norden bes Schnergebirges Cha ns 
dangiti, Klein: Nepal im Süden deſſelben; aus Groß⸗ Me⸗ 
pal fließt der Hauptſtrem Vagmati (Bagmutti) gegen Süden 
durch die Vorketten, deren höchfte, die kama⸗Dangra⸗Kette, 
er quer durchbricht nach bem Zariyani zu. Das Thal zwifchen 
den. Bergzuͤgen bes Chandangiri im. N. und des Lama 
Dangra im S. bewäffert dee Mare, reißende Panauri-Fluß, 
in mehreren Armen von Welt nah Oſt firömend, wo er in ben 
Vagmati fült. Dieſes enge Panauri⸗Thal tft Lahuri, 
oder Klein⸗Nepal, mit der Haupiſtadt Chitlong, weit ge 
finger an Umfang ald jene größere und weitere, reichere Thal⸗ 
ebene Brog: ⸗Nepals am Vagmati. 

Wie an der Nochfeite der Lamo-DangrasKette, par: 
oe. mit ihr ber Panaurt gegen Df zum Vagmati, fo fließt 
an ‚der Suͤdſeite deſſelben Gebirges der Raputi (oder Rapti), 
aber gegen Weſt, naͤmlich zum Teiful-Gangd. Der Lam a⸗ 
Dangıa if hier die alte Grenzkette zroifchen dem’ sigent: 
lihen Nepal (Nepal proper). im Norden und dem Meinen 
Alpenflaaie Mokwanpur im Süden. Motwanpur, jetzt 
and zu. den Gorkha » Staaten gehörig, und Innerhalb ber Re⸗ 
gion, ber. Hügellandf haft oder ber niedern Vorketten gelegen, 
muß aifo vom Niederland oder Tariyani aus, wenn man von 
Pa 50 ups Emporium ber Plaine, von Patna ai Ganges 

ot, hurchzogen werden, um in das eigentliche Nepal zu 
gelaugen.. Begleiten wir den beobachtenden Fr. Hamilton ®) 
Kauf Ahle großen Handelsfiraße hom Gangeslan de, aus 


5 Colehrooke on the height * che Hinialiya — 8 in ze Res. 
T.XU. 4. p. 266, 2). Fr. Hamilton Acc. L.c. —89 18-203; 
vergl, Kirkpatrick Adc."I®e. 15-61 ( 


Himal., IL. Mittel-Gr., Nepal, Mokwanpur. 68 = 


dem Gompagnies®ebiet, durch Melwanpur nah Klein und 
Groß Nepal, fo treten wir am beften vorbereitet und orlentirt in 
Sothmandu ſelbſt ein. 


2) Eingang nach Nepal vom Suͤden ber, durch Tarlyant und 
das Hügelland von Mokwanpur, nah Fr. Hamiltons Route. 


Fünf Tagemarſche führen von ber Grenze bes Briti⸗ 
fdien Compagnie-Laubes durch die Worketten des Huͤgellandes im 
das eigentliche Nepal hinein. Die beiden erfien Zagereifen, 5 
Karte geogs. Meiten (26 Engl. Meit.), gehen vom Bera⸗Fluß 
über SarsPafara nah Bichakor, und von da bie Mitte 
der dritten Tagereiſe über_bie erſte ſteile Vorkette, die Ghi⸗ 
ripa⸗Ghati⸗Berge, im Suͤden des Raputi⸗Thales. 

Die erſte Tagereiſe, 2 geogr. Meil. bis Gar⸗Paſara, iſt 
das Land offene, wenig angebaute Plaine, aber viele Pflanzun⸗ 
gen von Mangobaͤumen und ein altes Fort zeigen, daß einſt hier 
mehr Eultur war. Am Bera⸗Fluß, mit trüben, vom verwe⸗ 
feten Laube der Wälder ſchlammigen und ungefunden Waſſern, 
aufwärts, liege das Doͤrfchen Gar Paſara, mit einem Wafs 
ferbeden, und einem großen Gebäude aus Backſteinen, das ber 
ältere Rabja Singha Pratap zu feinem. Winteraufenthalte 
baute, um bem firengen Clima des höhern Stufenlandes auf dies 
fem tiefen, mildern Boden auszuweichen. 

Der zweite Tagemarſch führt nach 3 geogr. Meil. durch 
Nieberland; theils durch Graſungen mit Binfenftreden, vorherr« 
ſchend aber durch Walbungen ohne Unterholz; mitunter fiber bie 
erfien niedrigen und fleinigen Vorhoͤhen, bie in der kalten Jah⸗ 
reszeit ganz trocken liegen. Noch führte kein Fahrweg hinüber; 
nur Laftvich dient zum Transport. Auch Bichhakor, eine jes 
ner geringen Anfiedlungen im Zariyani, hat kaum ein Dugend 
Hütten, wo man das Ungeziefer fürchtet (Bichhakor, d. h. vol 
Scorpione), wo alle Cultue fehlt, befien Bewohner einige Pars 


batiyas, d. i. Gebirgs-Hindus, am das peflilenzialifche 


Clima fid) gewöhnt haben, um vom Zoll und der Herberge der 
Duchzeifenden ihr elendes Leben zu friften. Doch iſt bier bie 
Zemperatur ſchon kühler als zu Gar⸗Paſara; Temperatur einer 
Quele zu Bihhakler = 183° Reaum, (74° Fahrh.), was Has 
milton ald Anhbaltpunct für die mittlere Temperatur nimmt. 
Dritter Tagemarſch, 3 flarke geogr. Meil. nach He⸗ 
thanra, in ber Region bes vordern Huͤgellandes, die erſte Hälfte 


' | | | 
2 Hoch-Aflen. EV. Abſchuitt. $. 72. 


bed Wegets fuͤhrt durch Schichten und teockne Täter mit fie 
fen Randaferh von geringer Höhe, zwiſchen dichter Pinus : Wals 

dung hindurch. Dann führt der Weg, ber nirgends führbar, aber 
gut genug für Laſtthlere gebahnt ift, aus ben Tobeln und Thale 
ſchluchten Über eine bebeutendere Paßhoͤhe, Chiripa⸗Ghat (b. 
5. Vogels Paß), det defeftige ifE, aber auf beiden Seiten noch 
von höheen Bergen der Vorketten beherrſcht wird, bie man bier 
dns Chiriyas&hatir Gebirge (obwol unelgentlich nad Hamil⸗ 
ton) genannt hat. Der Nordabfall iſt fanft, huͤgelig auf und 
ab, von mehreren, im Fruͤhjahr trocknen, Bergſtroͤmen durccheifjen, 
wenig bewalbet, dis zur ſchoͤnen Thalebene von Hethaura, 
weiche ber Kararas Fluß Im Süben- ber Stadt, der geößere 
Mapti (oder Raputi) Aber im Norden derfeiben, beide von D. 
nach W. durchſtroͤmen, bie unterhalb des Detes auch ihre Haren 
Waſſer vereinen, um dem noch weſtüichern Ghaudaki entgegen 
zu eilen. Nur der untere Theil des Thales iſt bebaut, bie Ums 
gebung von Hethaure liegt in Dichten, ftattlichen Hech⸗ Wal⸗ 
dungen von Sat und Sakhuya ohne Unterholz. Cie werben 
auf dieſet Paſſage des Durchganges fo wenig, wie weiter im Oſten 
auf det zweiten Straße des Bhareh⸗Paſſes, gelichtet, aus Poll 
et des Gorkha⸗Gouvernements, um in ihrer Seenzwüfte eine nas 
türliche Vertheidigungszone gegen die Briten beigubehals 
ten, von wo man fonft leicht einem Ueberfau deforgen koͤnnte, 
ben hier wenigſtens gegenwärtig die Beſchwerde des Transportes 
der Kriegsbeduͤrfniffe, wie der Mangel von Vorrach an Lebens⸗ 
mitteln unmoͤglich macht. Hetha uraꝰ s Lage, meint Hamile 
ton, ſey ganz zu einem Britiſchen Eantonnement geeignet, bee 
Beſitz der Gorkha⸗Feſte Mmokwanpur, einſt die Reſidenz eines 
fehe mächtigen, weitverziveigten Rabja⸗Geſchlechtes, das die Ki⸗ 
eota” 698) beherrſchte, die nur 2 Stunden davon entfernt, ges 
gen Dften auf einem hohen Berggipfel erbaut ift, würde es ſchuͤ⸗ 
tzen, und hierdurch ließe ſich die Herrſchaft des ganzen Tarkyvani 
veſiegen. Die Hitze in Hethaura iſt ſchon gemaͤßigter, doch im 
Sommer immr noch ungefund, wahrſcheinlich jedoch uur durch 
Mangel an Andau des Bodens. Der Ort iſt unbedeutend; doch 
hat er, als Marktplat, einen klenen Bafar mit Kramiäden. 
Diele Thaͤler find durch die wiederholten Werfuche ber Weiten, 
dier die Nepatefen zu zuͤgeln (ſ. Aften Mb. II. ©. 616), dekann⸗ 





ei) Fr. Haniikon Account k 6. p. 307. 





Himal., II. Mittel-Er.,. Lahuri Rep. 63 


er geworben, welche zum er ſten male misfangen, aber zum 
jweiten male, im Frühjahr 1816, unter General D hterkony, 
nach gebrochenen Tractate vom Jahte 1816, gluͤcklicher ausfielen, 
und eigentlich erſt den Abſchluß bes Friedens mit ben Gor⸗ 
that, im März 1816, herbeifuͤhrten 2), Bo: 

Dee vierte Tagemaeſch, 34 geogr. Meil, führt auf bie 
Hoͤhe ed Lama⸗Dangra⸗Zuges, bie alte Grenzkette Nepals, 
nach Bimphsdi, auf deſſen Bergruͤcken gelegen. Im Rapti⸗ 
Thale zicht ſich der Weg zwiſchen hoben, ſteilen, dichtbewaldeten 
Bastıtten, den klippigen, reißenden Strom in fo engen Uferkluͤf⸗ 
tm aufwärts, daß bie Karawane ihn in kurzer Zeit einige zwaa nn⸗ 
zigmale buwchfegen muß. Sein Waſſer iſt zwar zur Durch⸗ 
furth ſeicht genug, aber bie fdläpfrigen Rollſteme zu mielden, 
waft man eder Baumdruͤcken hlnuͤber. Auf halbem Wege liegt 
ein Meiner Ort, Mala Paka, von wo man bas Gteilufer, 
Dstaphebi- genannt, bes Rapti emperſteigt, um den Rüden 
des Lama⸗Danugra zu erreichen, auf deſſen ſchoͤner Bergebene 
die Starten Bimphedi ſchon bedeutend aͤber Hethaura er⸗ 
haben liegt. Hier war es ſchon weit kuͤhter; die. Quellenbeobach⸗ 


tung gab 123° Reaum. (63° Fahrd.) mittlere Temperaturz 


bie doͤe Sormmeriuft (Ayut) bringt weit ſpaͤter bis hierher vor, 
Der Boben ift trockner, im Sommer ſelbſt waſſerleer; die Weges 
taden, meint Fe. Hamilton, nahm bier ſchon einen Euros 
väifhen Habitus an. Der Drt iſt übrigens, wie alle benach⸗ 
berten, unbedeutend, ein Dörfchen von Parbatiya’s (Bebirge-Hins 
7b) bewohnt, mit einigen Kornvortaͤthen. Bis hiecher find im 
burhmanderten Lande der Worberge nur wenig freie Culturſtel⸗ 
Im; bie fparfamıen Bewohner der Waldreviere gehören rohen 
Bälle: Tribus am, Welche bie Fremden ſchenen und fich auch vor 
den Gortpa’s, die fie fürchten, in ihren Didichten zu verber⸗ 
an ſuhhen. Sie find daher wenig gekannt. | 
Dee fünfte Tagemarſch führt ber den Werspaß Chis 
‚ fapani und die Rama-DangrasKette hinab in daS Pas 
nauti⸗Thal nah Ghitlong, die Hauptſtadt von Lahuri 
ee Klein Repal, 3 geogr. Meilen. Zuerſt hat man von 
Bimphedi eine gerte halbe Stunde Keil auf gu ſteigen, um das 
— EEE z 2 & ’ 
”*) Historical and Descriptive Account of British India by Hugh 
umay, James Wilson, Greyille, Jameson and oth. Edinburgh 
1832, Vol I. p. 253. | 


MM Hohdh⸗ Aſten. IV. Abſchnitt. $. 72. 


Grenzfort Nepals, die Feſte Chiſapani, etwa 6066 F. Par. 
(er 6453 J. Engl. nach Colebr.) 2) approximativer abſoluter Höhe, 
zu erreichen, um welche der Wald etwas gelichtet iſt, und wo das 
gleichnamige Beine Dorf mit einem Markte liegt. Die Backſtein 
Verſchanzungen find ganz unbedeutend, von ben naͤchſten Anhoͤ⸗ 


hen wird. die Beſatzung felbft vom Musketenfeuer dominirt; dem 


Fort fehlt Waſſer, obwol eine Viertelſtunde hoͤher auf eine klare 
Quelle am Wege liegt, vom ber es feinen Namen Chifapani 
cd, b. kaltes Waſſer) fuͤhrt; aber fie fol ungefund ſeyn. In 
gleicher Höhe Über ber Auee, iſt der Berggipfel erreicht, auf wel⸗ 
chem Ruinen älterer Hortificatienen: auf ber alten Grenze 
wilhen Mokwanpur und Nepal proper Üegen. Die Auße 
fiht von da auf das Hochgebirge iſt weit und großartig. Der 
ſehr fleile Hinabweg, der felbft für. Laſtvieh niche paflisbar iſt, 
fühet durch fchönfte Eihenwaldung voll purpurbtuͤhende Rher 
bedendron und parafitifche Gewächfe mit ‚duftenden unb pracht· 
voll farbigen Bluͤthen, in das tiefe Thal des Panauri. Die 
"fer reißende Strom, bee große Granitdloͤcke wälst; mußte zweimal 
überfegt werden, um das Darf Tam ru Khani, auf einer wahr: 
ſcheinlichen abfoluten Höhe von 6087 $. Par. (= 6488 $. Engl. 
nach Colebr. 1. c.), zu erreichen, wo eine Kupfermine Üegt 
Die Parbatiya’s waren zu eiferfüchtig um den Fremden bie 
‘ Bearbeitung ihrer Erzgruben zu zeigen; ihr That iſt ung, ihr Dorf 

am Morbufer bes Panauri von kalten Winden häufig umweht. 
Zwei gute Stunden abwärts am Hauptarme beffeiden Stromes 
Hegt Chitlong in Lahuri Nepal. ' 


b) Klein Nepal (Lahuri Nipala) ”), Ä 

Nur ben Dimenfionen nach iſt dieſes Klein Nepal von 
Groß Nepal zu unterſcheiden, keineswegs ſeiner Natur nach 
die in faſt aller Hinſicht beiden ‚gleich iſt, daher Lahuri Nepal, 
das ehedem dem NRudja vor Lalita Patzan gehörte, und auch 
Newars zu Einwohnern hat, keiner beſonderen Beſchreibung be 
darf. Das ganze Thal, von Waͤldern gelichtet, hat eine fehe ums 
gleiche Oberfläche, und iſt von zahlreichen Baͤchen, Fluͤſſen und 
Quellen herrlich bewaͤſſert, trefflich bebauet, und beingt Getreide⸗ 
überfluß. Hamilton vergleicht ben Anblick dieſes Culturlandes 


Colebrooke on the height etc. in Asiat, Res. XII. 266: 
8 Fr. Hamilton Account I. c. p. 203, 


Himal. IE Mittel-Or., Groß Nepal: 5) 


sit den Heblichflen Culturgegenden Englands, und fand hier vie⸗ 
les Hehmathliche wieder, ſelbſt das Rufen des befreundeten Kukuks 
Die Luft war anf den hoͤhern Puncten des Thales, wo die Bri⸗ 
tm fagerten, kühler als zu Kathmandu; ja fo fcharf, dag mam, 
in März, Winterkfeider trug, obwol Chitlong nur untes 
73N. Br. liege. Die mittlere Temperatur würde nad 
dee Duellenbeobachtung nur 105° Reaum. (684° Fahrh.) betra⸗ 
gen, doch iſt der Winter mie ſehr firenge, benn dann wirb fogar 
Die zweite Ernte, dee Weiten, eingebracht, indeß die Neisernte 
old die erfie des Jahres nach In bie Sommerzeit Fälle Als je 
dech Kirkpatrick 9) Ende Februars bier burchzog, waren 
ale Waſſer mie Eis bebeckt. Viel weiter ſteht Lahuri Nepak 
in finem Weidelande hinter Europa zurück; an eigentlichen Ale 
penwieſen iſt es fehe arm, boch ift ‚fein nahrhafter Sraswuch® 
befier als das Riedgras des Tariyani, und bie Rindviehzucht iſt 
Der weit beſſer als im Tieflande. Die Hauptſtadt Chitlong if 
gut gebaut, ohne große Bedeutung. Bon hier iſt trotz des raus 
hen und fihlechten Weges, in weniger. al6 zwei Stunden, das im 
Norden vorliegende Schetdegebirge Chandangiri bis zus 
Stadt Thankos überfliegen, die ſchon in Groß Nepal liegtj 
eine Herberge auf bee. Pafhöhe dient den Reiſenden beim Ueber⸗ 
gange aus dem kleineren in das größere Culturthal, In welchem 
die Capitale liegt. 


©) Geoß Nepal mis den Capltalen Kathmandu, Lallta Patang, 
Bhatgang. | 

Die Meine Stadt Thankor%) Liege auf einem Felsvor⸗ 

frrunge an der Eüdwefl:Ede von Groß Nepal, in einem noch 
erhabeneren Vorthale der Hauptebene beffelben, von toelcher 
dieſes durch eine niedere Huͤgelreihe abgefchieben if, Auf dem 
hoͤchſten Puncte dieſer Huͤgelreihe iſt die bedeutendere Stadt Kir⸗ 
tipur erdaut. Thankot, nur 14 geogr. Meilen von Kathe 
mandu, Liegt noch in wenig bebauter Thalhoͤhe, deſſen mitts 
lere Kemperatur, nah Hamiltons Quellenbeobachtung, 
114° Reaum. (594° Fahrh.) betragen würde. Noch führt von 
da keine Fahrſtraße über jene Hügelreihen zur Hauptſtadt des 
kandes Kathmandu. Das Thal von GrogNepat”), mit 
Zn | 

**) Kirkpatrick Account 1. c. p. 08. »°) Fr. Hamilton Account 

L c. p. 208. 97) ebend. p, 80-83, 205 — 209, 
Riner Erdkunde IV. E 


66 Hoch-Aſlen. IV, Abfhni. $. 72. 


dieſer Capitale, ift von kreisrunder Geſtalt, und wird von 
zahliofen Armen des Bagmati(Bagmutti), die alle an dem 
umgebenden Bergkranze entfpringen, unb tadienmäßig zur ge: 
‚ meinfamen Einfentung gegen Kathmandu herabfliefen, wo fie 


fid) alle etwas unterbalb ber Hauptſtadt sum Hauptſtrom fam: 


mein, reichlich bewaͤſſert. 

Bon da an verlaͤßt der Vagmati das größte Thal ak 
ler Nepaleſiſchen Landfchaften, und durchbricht die Vorketten 
zum Tariyani; jene hohe Thalſtufe Kathmandus aber, 
welche alfo alle Grunde und Ebenen umfaßt, die vom oberen 
Vagmati befpült werden, Ift doch nur etwa 44 geogr. Meil. von 
D. nah W. lang, und hoͤchſtens nur 4 geogr. Meil. breit von 
©. nah N. Gie wird in ihrer Ausdehnung durch Werggüge bes 
ſchraͤnkt, die uͤberall fehr fleil, und von denen einige zu ho⸗ 
ben Bergen auffteigen. Die merkwuͤrdigſten von diefen find nad 
Fr. Hamilton: 1) dee Shiva oder Siwapuri⸗Verg, im 
Norden; 2) der Nagarjun⸗Berg im W.; 8) des ſchon ge: 
nannte Chandangiri = 749 F. Par. üb. d. M. im S. W.; 
4) der Pulihu⸗Berg im S. O. und 5) der Devikot⸗Berg 
im D. Wir können auch noch den oben angeführten Bhirs 
bundy:Paß:Berg = 6611 5. Par. Gb. d. M. im N. W. ats 
ben G6ten hinzufügen. — Zwar find und nur die ungeführen Def: 
fungen von ein phar besfelben, vermuthlich von den niedern, weil 
fie eben die paſſirbaren Paßberge find, befannt geworden ; body ift 
es wahrſcheinlich, daß fie alle bei der an fi fhon abfolus bo: 
ben Lage der Ebene von Kathmandu, etwa = 4500 $. 
Dar. üb. d. M., diefelbe nicht viel mehr als der Chandangri 
überragen werben. Wir Eönnten daher das relative Aufſtei⸗ 
gen diefer Berghöben über der Kathbmandu:&bene, von 1000 bie 
3500 und 4000 Fuß (nach Kirkpatrid 1200-1400 Yards)%) 
vorläufig annehmen, bi6 wir daruͤber nähere Beleuchtung erhals 
ten; eine Lage, weiche der von Almora und deſſen Umgebungen 


(fr Afien Bd. I. ©. 1041) nahe verwandt feya möchte — Von 


biefen umgebenden Bergen, fagt Hamilton, fegen verſchiedene 
- Arme hinab zus Kathbmandu:Ebene, und ſcheiden von ihr 
wieder Eleinere Thaͤler, davon die meilten (wie 3. B. das 
von Thankot) noch etwas hoher als das allgemeine Niveau der 
Central⸗Ebene liegen. Gie ſchraͤnken biefe, flseng genont- 


°#) Kirkpatrick Acc, I. c. p. 153. 


J Himal, II. Mittel⸗Gr., Groß Nepal. 07 


men, auf einen noch etwas engern Raum als den oben angeges 
benen, auf keine volle 6 Stunden Länge fowol als Breite ein. 
Ben ihrer Mitte betrachtet, erfchien fie als eihe große Pläne, 
bei Bereifung ihrer Theile zeigt fie fih freilich nach allen Seiten 
von verſchiedenen Armen der Ströme durchfurcht und in tiefere 
(niht über 50 bis 60 Fuß) Einfentungen ausgewaſchen, 
ans denen die Wafferrinnen aber überall mit fanften Gefaͤllen, 
und mit feichten Tiefen die ſich alle durchfchreiten laſſen, dem ges 
meinfanıen Bette des Vagmati zueilen. 

Ueber bie Befchaffenheit ) dieſes merkwürdigen Hochtha⸗ 
les von Kathmandu theilt uns Fr. Hamilton folgende 
intereffante Beobachtungen mit. Dieſes ganze Thal, fagt er, iſt 
mit angefhwemmter Erde (Alluvium) überbedt, und 
men findet darin Leinen einzigen Stein von befonderer Größe, 
An einigen Stellen find ed mächtige Lager von feinem Kies und 
glimmerreichen Sand, darunter faufigroße, verhärtete Knollen vor⸗ 
kommen, die an einem Ende gewöhnlich wie durchbohrt erfcheis - 
nen, oder ganz hohl find. Die Newars nennen fie Duns 
goda; ihr Entſtehen ift unbekannt. Der größere Theil dieſes 
Alluvium iſt «in ſchwatzer, dem Thom ähnlicher Boden, 
eder Mulm, den Hamilton wenn nicht für Torf hält, doch 
für vegetabitifchen Urfprunges. Die Newars nennen ihn Kons 
Ga, graben ihn aus und düngen Ihre Felder damit; oft kommt 
er in fehe mächtigen Lagern vor, iſt weit verbreitet, und ers 
füle mit Blättern, Holzflüden, Fruchtarten und anderen vegetas _ 
biifchen Ueberreften einer der jegigen nicht unähnlichen Vegetas 
tion, Die Flußdurchſchnitte haben aus diefem ſchwarzen Boden 
die haͤrteſten Concretionen beffeiben losgefpült, und an 
den Ufern der Flußbetten in Menge abgefeht. Die Landeselns 
wohner nennen dies Ha⸗Koncha, und halten es für verwitterte 
Holzkohle, was aber [hen wegen der ungeheuren Menge unmöga 
lich wäre, Mit diefem ſchwarzen Koncha⸗Boden iſt fehe 
Hufıg eine metallreiche Erde (erdig blau Eiſenerz, Ong⸗ 
Shigulay der Newars) vermiſcht; es ſcheinen organiſche Sub» 
ſtanzen mit Eiſen durchzogen zu ſeyn; darin finden ſich z. B. 
Fichtenzapfen in allen Zuſtaͤnden, die noch zur Hälfte ihre 
vegetabile Natur beibehalten haben, indeß andere ſchon ganz im 
diefe metalliſche Erde verwandelt find; und nur noch Ihrer Form 





*’) Er. Hamilton Acoount 1, c. p. 81. ao 


⸗ 


68: Hochs Aſien. IV. Abſchnitt. $. 72. 


nach gu unterfcheiden find. Die meiften find Zapfen vom Pi- 
nus longifolia und P. strobus. Auch finden fih in demſelben 
Alluvialboden große Lager von reinem Thon und Lebm, fehr 
gut zu gebrauchen für die Töpfereien und Ziegeleien der Mepale- 
few, die vortrefftih find. Die Gebiege, melde diefen Alluvial⸗ 
boben umgeben, find grkoͤßtentheils granitiſche Gebirgs ar⸗ 
ten, deren Oberfläche ſehr flark verwittert iſt. Ganze Schichten 
des ſogenannten Seta mati, oder weißen Sandes, der Par⸗ 
batipa, haͤlt Hamilton thells fuͤr verwitterten Gramite, 
cheils für vegenerirtenz er ſah Ihn nie'in größere Stuͤcken. 

Kalkſtein iſt fo felten in biefem Gebirgslande, daB nur 
Thon -allein zum Mörtel dienen muß, nur am Nag⸗Arjun⸗ 
Berge fahe Hamilton einen einzigen Steinbruch, deffen Kalk 
gebranne zum Betel kauen und zum Anftreichen ber Häufer Dies 
nen konnte. Er bilder einen nur etwa 2 Buß breiten Gang, 
in ſenkrechten Schichten, aus kleinen rbomboebrifhen Cryſtal⸗ 
len (ob Dolomit?) beftchend, und bie andern Lager durchſe⸗ 
gend. Auch aller Bauſtein in Nepal, eine Art Kalkſtein, fein» 
koͤrnig, mit Seidenglanz, der Verwitterung trogend, kommt ebens 
falls nur In verticalen Schichten vor, und mag jenem fehr nahe 
verwandt feyn. Er foll zwar mit Säuren braufen, aber gebrannt 
‚einen Kalt geben, weil er mit zu vielen fremden Theilen ge: 
mengt if. In den niedern, die Plane unmittelbar begrenzenden 
Borbergen, finden fi große Maffen eines harten, rochen 
Thons (Lungcha ber Newars), ber zum Anftreichen dev Däufer 
dient; er fiheine wol aus en Schiefermafien ntRanden 
zu ſeyn 

Dieſe geognoſtiſche — bes Thalbodens, wie ber Au⸗ 
blick der kranzfoͤrmig gefchloffenen Hochebene, veranlafte ſchon 
Kirkpatrickn) die Plaine von Kathmandu für einen 
troden gelegten Seebobden zu halten, eine Anficht ber auch 
Damitton beipflichtet !), und verfihert, es ließe fih in allen 
Richtungen hin bie einflige Ausdehnung des erhabenen Alpenſees 
genau durch den Alluvialboden angeben, felbft feine Grenze -fey 
noch heute im Randabfage zu unterfcheiden, Über welchem gewoͤhn⸗ 
lich vegelloß geſtaltete Felſen bloͤcke vorzulommen pflegen, die 
von den benachbarten Felſen abgelöft Herabrollten, amı Seerande 


100) Kirkpatriek Account 1. e- p. 170. ") Fr. Hamilton Account 
l. c. p. 206. 


Himal., IL Mittel-Gr., Groß Nepal. 69 


iegen biieben, unb oft fehe bebeutend Tich daſelbſt anhäuften. 
. Die Sage ber Nepaleſen nennt, wie die der Kaſchmirer 
(f. Afim Bd. II. &. 1091), die Gottheit, welche den Berg fpatt 
tete, um biefem See den Ablauf zu geben. Schon Colon. Craw⸗ 
ford fammelte diefe Legenden. Mac der einen ward eine 
Incemation des Buddha in diefem Thale geboren, als «8 noch 
Gr war, und die Gottheit gebeten, ihn ablaufen zu laffen, das 
nit ſich das That mit Bewohnern füllen und die Zahl der An: 
bänger Buddha's mehren möchte. Sie gab dem Gebete Ge⸗ 
ber, und gebot Menju Dev (oder Manjunath?), der in 
Nepaleſiſchen Schriften auch als ber erfte Lehrer ber Bud b> 
basDocetrin, wie Kafpapa in denen von Kaſchmir, f. Aſien 
Br.1.&.1091, erwähnt wird), den Schnitt durch die Berge 
su machen, um bie Waſſer auszugießen. Diefer gehorchte, und 
mit einem Diebe feines Scymitar war bie Lüde ‚geöffnet, bucdy- 
weiche feitbem der Bagmati: Strom dem Hochthale entſtuͤrzt. 
Dr Genius des Sees, die große Schlange (Maga, f. Alten 
Bo. 1. S. 1093) ergrimmte, als fie uͤberall den trodinen Boden 
bervortseten ſahe; aber die Götter bildeten ihr fo viele wunder 
bare Waſſergrotten, die ſich zu einem großen Baſſin fuͤdwaͤrts 
Balita Patan vereinen, daß fie dadurch wieder befänftigt ward. 

Noch gegenwärtig iſt es unmöglich, diefe alle mit einem Blicke zu 
überfehen, und fangen die Menſchen fie zu zählen an, fo wollen 
nie ihre Summen flimmen. — Wirklich kommt in einem Budd⸗ 
stifhen Gebet buche (Naipaliya Devata Kalyana Panchavin⸗ 
fatita), das kürzlich von Hodgfon in Nepal aufyefunden und 
nad Calcutta geſchickt ift, folgende Gebetformel vor, Stange 24: 
„Mige Manjunath, der von Sirſha kam, mit feinen Schülern 
und mit feinem Scymitar den Berg zertheilen, und an ber Stelle 
des ausgetrockneten Sees eine Stadt, ben Lieblihen Wohnfig ber 
Menſchen erbauen, die den Gott anbeten, ber auf ber elementa- 
tn Lotus figt. Möge Er dir gnädig ſeyn; ich bete ihn an u. 
[m Rah Hor. Wilſon's Ueberfegung. 

Solche und andere Sagen, in benen das MMpshologifche 
mit den Maturbegebenheiten verwebt und die Buddhiſtiſche 
mit der Brahmanifhen Lehre und Vorſtellung gewaltfam 
gemifche if, find bei dem Molke und den an fehe allge: 





2) Hor. Wilson Notice on three tracts god 1 from Nepal in Asiat. 
Researches, Calcutta 1828. T. XVI. p. 468. 





70 Noh-Afen. IV. Abſchniet. $. 72. 


meins daB enge Defile beim Durchbruch bes Vagmati iſt dem 


Beobachter fo unverkennbar, wie das bei Baramute in Kaſch⸗ 
mir, und eben fo unvertennbar mußten dann, vor'diefem Durchs 
. bruche, die jegigen Hügel der KathmandusCbene, wie die bon 
Sambhunath, Pafupatinarh und andere, weiche meiftens 


theild mit Tempeln und andern Heiligthuͤmern bededt find, einft 


Infeln des großen Atpenfees feyn. Eine Panoram:Anficht die: 


fer Ebene von Kathmandu mit diefen Hügeln bat au Kirk; 
patrid!5) gegeben. 


Der iſolirte Hügel Sambhunath (ode Swayam bhu⸗ 
natch, vergl. Alien Bd, II. S. 427) *) ift der Lieblingsſitz des 
obern Landesgottes; er foll der aͤlteſte Tempel und auf ihm bie 
ältefle Architectur in Nepal ſeyn. Der gefamte Berg iſt 


eine auffleigende Terraffe, eine ganze Burg nach einander zuſam⸗ 


— 


mengebauter Heiligthuͤmer, deren Geſchichte wol groͤßtentheils un⸗ 
bekannt iſt. Das aͤlteſte iſt de Buddhatempel; auch wird 
das ganze Heiligthum gegenwaͤrtig nur von Buddhiſten, nicht von 
Btahmanen verehrt; der Dalai⸗Lama von H'Lafſa haͤlt hier 


feinen Vicar, und er ſoll von jeher das Suptemat in dieſem 


Tempel gehabt haben. Die VBefchreibung, wilde Kirfpatrid 
von ihm gegeben, iſt nah Sr. Hamiltons Urtheil nicht ganz 
genau, fo wenig als feine Zeihnung davon; Hamilton bat 
aber Reine genauere davon mitgetheilt. Wir bemerken daher nun, 
baß eine Flucht von Zreppenftufen etwa 300 Fuß hoch zum Tem⸗ | 
pelberg binaufführt, deffen zwei Spigen mit reigenden Baum: 


und Tempelgruppen geziert find. 


Am Zuße der in Felſen gehauenen Stufen ſteht ein coloſſa⸗ 
les Buddha⸗Bild; der obere Theil der Terraſſe iſt mit einem gro: 
fen, vieredig ummanterten Hoftaum bedeckt, volle Monumente, 
darunter auch eine Art großer altarähnlicher, metallener Auffag 


auf dem ein vergolbeter Bejjerban, d. I. ein flammender Blitz 


‚und Donnerkeil, Indra’s ruht. Der Tempel ſelbſt bat hohe | 


Thuͤren mie metallenen, vergolbeten Daͤchern, darin ein ewiges 
euer bragnt; er bat heilige Schriftrollen in Tuͤbetaniſchen Cha⸗ 
racteren u. dgl. in. Dieſer Tempel, meint Kirkpatrick, ſey zu 
einer Zeit erbaut, da noch eine Tuͤbetiſche Race in Nepal 


herrſchte, die einft von ben Newars nah Kuchar zurüdge 


ses) f, Kırpanick Panoramic View of the Valley of Nepanl I. c. 
:  p183. Kirkpatrick I. c. p. 147; ee 


! 


) 
Himal., 11. Mittel-Or., Groß Rep. - 71 


drängt werben, und von ihnen fchimpflih Kath Bhutias ge 
nannt worden fep, ein Name den man noch in Kathmandu 
etenune (2). Später erſt hätten fi, Brahmanen hier angefiedelt, 
und neuerlich find flatt der Newars, die Gorkhas die Bes 
berrfher geworden. Die Angabe Nepaleſiſcher Ehronologen von der 
Erkeuung diefe® Tempels durch einen Daun Deo (Mana Deva, 
wol jener Manja Dev ?), den einundfechszigften Prinzen von Nepal, 
gmannt„ift, nad) Kirkpatricks chronologifchen Hppothefen auf - 
133 Jahr vor Chtiſti geftellt, offenbar überkrieben; nahme man, 
meint $r. Hamilton, in den Mepalefifchen Chronologien der 
einkeimifchen Megenten, im Durchſchnitt für jeden derſelben 10 
Regierungsjahre an, fo würde das Alter dieſes Tempelbaues in 
dos VIII. Jahrhundert n. Chr. Geb. zu fegen ſeyn, das hoͤchſte 
das man ihm zufchreiben könne. Der zweite Huͤgel iſt groͤ⸗ 
jct, aber minder hoch, deflo berühmter unter den Veda⸗Anbetern, 
alt, Siz Sivas, unter dem Namen Pafupatinath und 
feinee Gattin Guhyismwari, welche bier zwifchen dichter Wal: 
dung ihre zwei Tempel haben. Immer ift es merkwürdig, daß 
in dem oben genannten Mepalefifch : Bubdhiftifchen Gebetbuche ©), 
in wihm Manjunath als erfter Lehrer der Buddhadoctrin 
in Repal, ganz wie der fromme Kafyapa in Kaſchmir, dar⸗ 
geſtellt ifl, gefage wird, er fey von Sirsha (d. i. Maha Ehin) 
gefommen. Die von ihm angelegte Stadt, Manju Patfan, 
exiſtitt zwar nicht mehr, die Zradition verlegt fie aber halbwegs 
vom Berge Sambhu jum Pafupati: Wald, wo oft antike 
Bauwerke aufgegraben werden. Die Wallfahrt zu biefem Paz 
ſupatinath⸗Tempel fichert dem Pilger, daß feine Seelenwan: 
derung in fein geringeres Sefchöpf, als dee Menſch, Statt finder, 
Da, wo dee Bagmati den Fuß dieſes Berges befpält, iſt er hei⸗ 
iger Strom, in dem zu flerben, oder an deſſen Ufer verbrannt 
ju werden, Seligkeit ifl. In dem Thale von Groß: Nepal, 
fügt Kirtpatrid, wol etwas ſtark Übertreibend, find fo viele 
Zemyel als Häufer, und fo viele Idole als Einwohner; kein 
Berg, keine Quelle, kein Fluß, Leine Höhle, die nicht irgend einer 
Hindu⸗Gottheit geweiht wären. Kirkpatrick 5) befchreibt einige 
zuanzig verfchiedene Tempel im Lande. Aber auch Hodafon, ſpaͤ⸗ 
thin Beritifcher Reſident in Kathmandu, betätigt 7) ihre Menge. 





*) Hor. Wilson Notice 1. c. in Asiat. Res. T. XVI. 2.470. 
) Kirkpatrick Ace. 1. c. p. 188—193. 7) Hodgson in Asiatic. 
Journal 1627. Vol. ÄXUL Jan. p. 61. j 


4‘ 


72 Hocdh Aſien. IV. abſchnut. 472 


Er ſchickte dee Galcuttas Sodetät die Zeichnungen von dielen 
hundert Buddha⸗Tempetn, bie buch das Thal von Nepal 
zerſtreut liegen, und ungemein mannichfaltig in Form ſich geigen. 
Einige berfelben gehören nur den Buddha⸗Dienern anz ander 
find cheilweife oder ganz Brahmaniſch, aber von den Buddhiſten 
aboptict, und ihren niebern Gottheiten geweiht. Diefe Zeichnun⸗ 
gen werben von ben Chitrakar, einer fehr zahlreichen und res 
ſpeetabeln Klaffe von Kuͤnſtlern, bie fi ausſchließlich diefem Ges 
werbe widmen, gefertigt, darin fie binfichelidy -der Treue und Net⸗ 
tigkeit bie geößte Vollendung unb Fertigkeit erreichen, da ihre Ue⸗ 
bung darin fhon vom 10ten Jahre beginnt. Ihre Farben find 
brillant und dauerhaft. 

Die Shägung bee Volksmenge des eigentlichen 
Nepal, bei Kirkpatrick, auf eine halbe Million, fo wie der 
Bevöikerung von Kathmandu auf 48000 bis 50000 Serien 
hält Hamilton!) für übertrieben; eben fo feine Angabe ber 
übermäßigen Häufersahlen von Kathmandu, Lalita Patan 
und Bhatgang, welche jedoch nur bie MWiebecholung derfelben 
älteren Daten wie bei P. Giufeppe) find. Doch fey das Thal 


_ außerordentlich bevölkert, mit Dörfern und Städten befegt, wors 


unter außer obigen drei Reſidenzen, als nicht unbedeutende Städte, 
noh Kimi, Kistipur, Demapatam, Sangghu, Thans 
Tot und andere zu rechnen find... Die Stadt Kathmandu if 
nicht fowol wegen ihrer Größe, ſondern mehr als Mefidenz bedeus 
tend; die Zahl von 22000 Käufern, welde man ihr zu Kirk: 
patricks Zeit gab, ſummirte zugleich die ihrer naͤchſten Umge⸗ 
bung von Dörfern und Ortfchaften hinzu, deren man einige 20 bis 
30 angicht. Kirkpatrick fchägt fie auf 4000 Haͤuſer, jebes gu 
12 Bewohnern. ihren Glanz erhält fie nur aus der Berne von 
ben vielen Zempelgebäuden und Thuͤrmen im Zübetanifchen Styi, 
alle aus Badftein mit vergoldeten Dächern Der Mefidenz: Pa: 
laft der Gorkha-Fuͤrſten iſt zwar ein weitläuftiges Bauwerk, 
aber von fo feltfamer Form, daß die Beſchreibung bavon fehmer 


- fallen würde; es ift ohne alle Pracht, und felbft geringer als die 


Schlöffer in Lalita Patan und Bhatgang. Dicht neben 
dem Palaft in Kathmandu ficht ein Tempel Zulafi Bha⸗ 
wani, mit bee Schuggottheit (Garakhanath) des regierenden Fürs 





108) Fr, Hamilton Account 1. o. p. 209, ®) P. Giuseppe Descr. 
de Nepäl in Rech. Asiat. ed. Langles T. II. p. 348 etc. 


Himal, II. Mittel-Gr., Geoß Na. 73 


Renbaufe. New ars find die eigentlichen Bewohner von Rath 
mandu, das auch Kathmaro heißes die Parbatiyas lieben fo _ 
wenig die. Städte und dicht gebauten Drtfchaften wie bie alten 
Germanen, fondern wohnen zerfireut im Lande mit ihren Kar 
milien anf ihrem Beſitzthum; ihre Hütten find aus Erbe gebaut, 
Beiß angefirichen und roth bemalt, und obreol Heiner als bie 
Haͤuſer der Newars, doch bequemer, creinlicher, netter. Außer 
ben zum Hofe gehörigen wohnt Feiner von-ihnen in der Stadt. 
Die beften Häufer der Newars, ober der alten Stadtbewohner 
Kathmandus, find in den meuern Zeiten von ben jegigen 
Hercſchern dee Gorkha's eingenommen, aud) haben dieſe neue 
Bauten aufgefühet. 

Die Stade Lalita Patanın), eine Stunde im S.o. von 
jener, auf einer Anhöhe gelegen, iſt dem Range nad) die zweite, 
und war zu ihrer Zeit, ald Capitale, in Hinſicht dee Größe, dem 
heutigen Kathmandu ned überlegen; die Angabe von 24000 
Haufern foll unftreitig auch hier deren Summe In bee Stade 
mit ihren umgebenden Drtfchaften bezeichnen, zu denen mehrere 
ganz bedentende Städte gehören. Auch. Bhatgang, 14 geoge 
Mein im S. O. von Kathmandu, die britte, Ältere Reſidenz 
ber Newars, obwol ber Häuferzaht (12000) nad geringer als 
jene beiden, übertrifft das heutige Kathmandu meit an Pracht 
und Größe feiner Ardjitectusen. Es foll der Lieblingsfig der 
Brabmanen In Nepal ſeyn, indeß ſich die größte Zahl ber 
Kſhetria, oder Krisgerlafte, in der Hoffladt verfammelt, bie ges 
drückten Newars aber ihe Afyi in Lalita Patan finden, 
Bhatgang nennt Kirkparric!!) dos Benares der Nepalefen, 
dort fey die Schule der Gelehrſamkeit, und nirgends wiürben bie 
Tempel⸗Bibliotheken für Sanferit und Buddhiſtiſche Literatur 
eine reichere Ausbeute geben als hier. In einer der dortigen Pris 
vor Bibliotheken, verfiherte man Kirkpatrick, befänden ſich ale 
kan 15000 Volumina. So fehr auch biefes übertrieben ſeyn mag, 
fo deſtaͤigt doch der jüngfte Augenzeuge ihre geoße Menge, theils 
durch feine Nachrichten darüber, theils ducch bie reichen Sendune 
gen derfeiben, die er als mehrjähriger Britifcher Mefident in Kath 
mandu, von da aus, an die Afiatifche Societät zu Calcutta gu 
machen im Stande war. Hodgfon fagt!2). aber, die große 





1°) Kirkpatrick Acconnt L, c. B- 161. . +.) ebenbaf. p 
'") B.H. Hodgson Resident of Katınandu Notices of the — 


Hoch-⸗Aſten. IV. Abſchnitt. $. 72. 


Maffe der Bücher in Nepal gehört nur der Buddha Reli: 
gion an, und ihre Hauptwr.te (fie follen fi urſpruͤnglich auf 
84000 Volumina belaufen haben, vergi. Afien Bd. 1. ©. 744 
751, 8b. I. &. 163, 354 u. a. D.) befinden fih nur in den 
Tempeln und Kidſtern; aber die unbebeutendern Schriften find 
bei den Mönchen und Troͤdlern zu kaufen, die jährlid das Me: 
paleſiſche Land der Religion. und des Handels willen befudjen (f. 
unten bei Nepaleſen). 

Noch tft von den fonft wenig gefannten &tädten Lalita 
Patan und Bhatgang zu bemerken, daß in ihnen bedeutende 
Manufacturen von Kupfer, Bronze und Glockenmetall 
(Phut) 3) ſich befinden, wie diefe Acheiten überhaupt bei den 
Buddhiſtiſchen Völkern wegen ihrer zahlreichen Metallidole nicht 
fe'ten fehr ausgezeichnet in der Technik find. Die KTübetifchen 
Glocken und Schellen find zwar beffer als die Nepalefifhen, 
dagegen find der letzteren Metallgeſchirre weit vorzüglicher, und 
werden viel nach Tuͤbet ausgeführt, eben fo geben eifernes Ge⸗ 
fire, wie Gefäße, Lampen u. dgl. aus Nepal fehr häufig auf die 
Tübetifchen Märkte. Aus den früheren Berichten!*) dee Gas 
pucinersMiffion in Nepal und Tübet (ſ. Afien Bd. U. 
©. 468), zu Anfange des XVII. Jahrhunderts, lernen wir den 
Zuſtand diefer 3 Hauptflädte vor den Zerfiörungen der Gor⸗ 
&ha’8 kennen. Damals war aber unter den 3 DBeherrfchern der: 
ſelben befländige Fehde und Erbitterung. In Bhatgang 
(Bhatgao genannt bei den Indoftanern, das bei den Mepatefen 
Kuipo heiße) war ein Capuciner Hospiz; die Patres beiwunber: 
ten vorzuͤglich bie vielen und großen Glocken der dortigen Tem⸗ 
pel; die Zahl der Bewohner gaben fie auch ſchon auf 12000 Fa⸗ 
milin an. In Lalita Patan, das bei den Nepalefen Hela 
heiße, geben fie 24000 Samilien an, und fagen, da ſey bie Zahl 
der Buddhiſten dreimal flärker als die der Brahmanen. Hier 
ſtarb Pater Hor. de la Penna, defien Denkmal hier erbaut 

ward. Kathmandu, das damals minder bedeutend erfdheint als 
gegenwärtig, follte doch 18000 Familien zu Einwohnern haben, und 
bei den Tuͤbetern Jangbu, bei den Nepatefen Johe heißen. 





Literature and Religion of the Bauddhas of et and Bhot | in 
Asiat. Researches Calcutta 1828. T, XVI. p. 419 

1222) Fr. Hamilton Account I, o. p. 232. 1) P. A. Georgü 
Alj-habetun Tibetanum etc, Rom, 1762. 4. p. 433, 436, 


Hmal,, TI. WittelCr., Groß Nepal. 75 


Zum Schluß unferer Nachrichten Über das eigentliche Nepal 
fügen wir bier die Reihe der von Sr. Hamilton beobachteten 
Eulturgemwächfe hinzu, bie in der Katbmandus&bene 
vorkommen. 

Reisbau!S) nimmt die erſte Stelle ein. Der Hanf (Can- 
Balis sativa) ift allgemein im Aderbau wucherndes Unkraut. 

Marura oder Pangdukodo (Cynosurus corocanus Linu.) 
gedeiht fehr gut. 

Sana kodo der Parbatiya's (wahrſcheinlich Paspalum cora, 
Willdenow) wird wie der Reis angepflanzt, und reift im October 
und November. 

Muccai und Muruli dee Parbatiya’s, bei den Newars 
Kaunguni, find Varietäten von Holcus sorghum, meift in klei⸗ 
nen Thälern angebaut. 

Urid oder Kala mas bei den Parbatiya’s, Map bei den 
Newars, nennt Roxb. nady dem Telinga Namen Phaseolus mi- 
nimo, In Nepal die gewöhnlichfte Hütfenfrucht, ausgeſaͤet im Juli, 
reift ſie im September. 

Gera mas der Parbatiya’s, Chica May ber Newars, iſt 
Phaseolus occultatus Roxb., reift einen Monat fpäter. 

kato, KRato oder Ruta mas bein Parbatiya's, Hayn- 
gumap bei Newars, ift Phaseolus calcaratus bei Roxb, 

Lat Mung der Parbariya’s heißt auh Hayngumay bei 
den Newars; es ift nach Roxh. Phaseolus racemosus, 

Mung der Parbatiya’s, Muk der Newars, iſt Dolichos 
mango bei Liun. 

Seta und Cala Bhot mas der Darbatiya’s, ober Muſa 
und Spa der Newars, find zwei Varietäten ber Dolichos soja 
mit gelben Bluͤthen und weißen Saamen, unb purpur Bluͤthen 
und ſchwarzen Saamen. - 

Mofuri der Parbatiya's, Moſu der Newars, iſt Ervam 
lens, Zinfe. 

Kerao der Parbatipa’s, Calgo der Newars, tft Pisum ar- 
vens., Erbſe. ' 

Sariſhi der P., Turi der Newars, Ift eine Art Senf. 

Ita ber Newars, iſt Sinapis ramosa bei Roxlı. 

Til der Parbatiya’s, Hamo der Newars, iſt Sesainum, das 
wilb wählt, aber wenig cultivire wird, 





"*) Fr, Hamilton Aceount 1. c. p. 223 — 231. 
j * 











7 Hohe Afien. IV. Abſchnitt. 5. 72. 


. Buderrobe wird im großer Wienge gebaut, und ſeht Bäufig 
eob verfpeißt, aber auch zu Zucker verbraucht; am Anfang Mai 
gepflanzt, wird e8 vom November bis Mitte Mai gefchnitten. 

Puli der Newars ift Ingwer. 

Rettiche und Gurken (Shica und Kanglari) werden in 
großer Menge gebaut und gegefien. 

Bera, Solanım melongaena, reift im October. Die ger 
meine Kartoffel, Solanum tuberosum, iſt gwar in den be 
aigen Gegenden eingeführt, giebt aber nicht fo guten Ertrag wie 
zu Patna. 

Sakarkandh (Canvolrulus hatates) gedeiht beffer, wird 
vom Detob. bis Mitte Decemb.- geerntet. Faſt alle Eucopäl:- 
(hen Kuͤchengewaͤchſe find eingeführt; aber nur in geringer 
Quantität in bie Gärten der VBornehmen. Zur Zeit von Colon. 
Kärkpatrick's Beſuch in Nepal waren die Kartoffeln dort noch 
misglückt, und man baute von Europaͤiſchen Kuͤchengewaͤchſen nur 
erſt Kohl und Vohnen ſehr ſchlechter Art. Seitdem hat man 
große Fortſchritte in der Gattencultur gemacht. 

Außer Drangen und Ananas von vorzüglicher Güte feh⸗ 
fen fonft alle guten Obſtarten. 

Da Mufabaum (Plantain) flirbt in Kathmandu bis 
suc Wurzel ab, aber diefe wird durch den Winter nicht gerftört, 
und treibt im Fruͤhjahr neue Stämme; in den niedrigern 
TIhälern, wie zu Napakot, und einfgen andern geben fie 
auch gute Fruͤchte. 

Baummolle wähft im Berglande in hinrsichender Menge, 
und Baummollengewebe verfchiedener Art (Khadi und. Changa 
- die gewöhnlichfien) find die allgemeine Tracht der niebern Volks⸗ 
klaſſe des Mittelſtandes, wenn ſchon Wolle weit beffer gegen bie 
Winterkaͤlte fhügen wücbez doch wird keine Baummolle ausge⸗ 
führt. Auch aus diefer unvollfländigen Aufzählung der Agriculs 
turprobucte geht der vegetabile Reichthum der Nepaleſiſchen Land: 
(haften hervor, und ber vielfache Gewinn, ber aus ihrer genauern 
Kenntniß und Benugung fich ergeben würde. 


3. Die Heimath der Gorkha, ber gegenwärtigen 
Beherrfcher Nepals in Weſt⸗Napal. 

Die Heimath 110) dee Gorkha Radjas Legt im Welten 

von Kathmandu, im Winkel zwiſchen dem Zuſammenfluß ber 


116, Fr, Hamilton Accoumt I. c. p. 244. 





Himal., II. Mittel-Or., Nepal, Sorkhas; 77 


beiden Hauptſtroͤme des Landes Triſul Ganga und hans 
daki, im mittleren Theile dee Berglandes gleich fern vom Hoch⸗ 
gibitge wie vom Tariyani, in waͤrmern Thaͤlern als die von es 
dal proper. Die Capitale Gorkha, der einzige Ort von Bes 
deuting im kleinen Gebiete feiner urſpruͤnglichen Beherrſcher, fon 
auf heute Peine zweitauſend Haͤuſer haben, mis einem Tempel, 
Geratpa:narh, dem befondern Schutgott der herrfchenden Zamitie 
geweiht, Der Drt, hält Fr. Hamilton dafür, habe wol ſchon 
vor Annahme der Brahmanen : Lehre Gorkha geheißen, und bie. 
Zogis oder Priefter dieſes Tempels habe bie Herrſcherfamilie das 
ſelbſt zu ihren Gurus oder Stellvertretern bei den Göttern erko⸗ 
tm. Daher die Benennung dee Ghorkas, Ghorkali's. Kein Eu—⸗ 
topäifchee Beobachter hat bis jegt diefen Ort noch das Land gife 
hen, nur Weniges ift darüber hiſtotiſch befannt, 

Diefe Sorkha Radjas, als Feine Bergfürften, waten fruͤ⸗ 
herhin ganz unbedeutend, ja unbefanntz erſt durch Verheirc thuün⸗ 
gen des ſechſsten ber bekannten Gorkha⸗-Oynaſten, des Nribhu⸗ 
dal, wurde die Familie maͤchtig. Deſſen Sohne Prithwi 
Narayan (Purthi Nerayn b. Kirkpatrick, Prithenarrain Soap 6. 
J. Srofer) +7), kuͤhn, ehrgeizig, raſtlos, unterftügt durch den krie⸗ 
geriſchen Geiſt ſeiner Unterthanen, den innern Verfall und die 
gegenſeitige Befehdung der dreifach zerſpaltenen Newar-Dynaſtle 
in Nepal, gelang es, nach langen, blutigen Kaͤmpfen und furcht⸗ 
baren Grauſamkeiten, ſich zum Ufurpator der fruchtbarſten Thaͤ⸗ 
ler bee Nepaleſiſchen Gebirgslandſchaften emporzuſchwingen. Ce 
führte zuerſt den Gebrauch dee Feuerwaffen und der Europaͤiſchen 
Dieciplin in feinen Heeren ein, und hinterließ bei feinem Tode, 
1711, feinen Söhnen und Nahfolgern die Obergewalt, die fie 
über alle Nachbarſtaaten theils durch Krieg, Liſt, oder Verheira⸗ 
thungen und Buͤndniſſe bis zum Tiſta und Sfetledſch (f. 
Afien Bd. I. ©. 488, 514 16.) ausbreiteten. Die Herrſcherge⸗ 
ſchlechter feines eigenen Stammes, deren Oberhaupt de wurde, bie 
Befiegung der vielfachen Radjaflaaten von Mokwanpur, auf 
da Sud⸗, Weſt⸗ und Dftfeite von Kathmandu, und die 
Verſchwaͤgerungen mit ben Palpa:Gefchlechtern, die am uns 
tan Ghandaki mächtig waren, befefligten und erweiterten nach 
und nach die Gorkha⸗Gewalt bis zum Enrfegen aller Nachbarn s 
—— 


— ia Journal of a Tour tlır. Himala Mis. etc. Lond. 1820. 
p. 4 


1 


70 Hoch⸗ Afıen. IV. Abſchnitt. $. 72. 


. Buderrobe wird im großer Menge gebaut, und ſehr haͤufig 
eoh verſpeißt, aber au zu Zucker verbrauhtz am Anfang Mai 
gepflanzt, wird «8. vom November bis Mitte Mai gefchnitten. 

Puli der Newars ift Ingwer. 

Rettiche und Gurken (Shira und Kangkari) werden in 
großer Menge gebaut und gegefien. 

Bera, Solanınn melöngaena, reift im October. Die ges 
meine Kartoffel, Solanum tuberosum , ift gwar In ben bers 
sigen Gegenden eingeführt, giebt aber nicht fo guten Ertrag wie 
zu Patna. 

Sakarkandh (Conrolvulus hatates) gedeiht beffer, wird 
vom Dctob. bis Mitte Decemb.- geerntet. Saft alle Europäls 
(hen Kühengewächfe find eingeführt; aber nur in geringer 
Duantität in bie Gärten der Vornehmen. Zur Zeit von Colon. 
Kirkpatrick's Beſuch in Nepal waren die Kartoffeln dort noch 
misglüdt, und man baute von Europaͤiſchen Kuͤchengewaͤchſen nur 
erſt Kohl und Bohnen fehr ſchlechter Ar Seitdem bat man 
große Fortſchritte in ber Gartencultur gemadıt. 

Außer Drangen und Ananas von vorzüglicher Güte feh⸗ 
fen fonft alle guten Obſtarten. 

De Mufabaum (Plantain) firbt in Kathmandu bis 
zur Wurzel ab, aber biefe wirb durch den Winter nicht zerſtoͤrt, 
und treibt im Fruͤhjahr neue Stämme; in ben niedrigern 
Thälern, wie zu Napakot, und einfgen andern geben fie 
auch gute Fruͤchte. 

Baummolle wählt im Berglande in hinreichender Menge, 
und Baumwollengewebe verfchiedener Art (Khadi und Changa 
- die gewöhnlichfien) find die allgemeine Tracht der niedern Volks⸗ 
klaſſe des Mitteiftandes, wenn ſchon Wolle weit beffer gegen bie 
Winterkälte fhügen wücbez doch wird keine Baumwolle ausge⸗ 
führe. Auch aus biefer unvollffändigen Aufzählung der Agriculs 
turprobucte geht‘ der vegetabile Reichtum der Nepalefifhen Land⸗ 
ſchaften hervor, und der vielfache Gewinn, der aud ihrer genauern 
Kenntnig und Benugung ſich ergeben würbe, 


3. Die Heimath der Gorkha, ber gegenwärtigen 
Beherrfcher Nepals in Weſt⸗Napal. 

Die Heimath 116) der Gorkha Radjas Kent Im Welten 

von Kathmandu, im Winkel zwiſchen bem Bufammenfluß ber 


116) Fr, Hamilton Accoumt 1. c. p. 244. 





Himal., 1. Mittel-Sr:, Nepal, Gorkhass. 77 


beiden Hauptſtroͤme des Landes Triſul Ganga und Ohans 
daki, im mittleren heile des Berglandes, gleich fern vom Hoch⸗ 
gebirge wie vom Tariyani, in waͤrmern Thaͤlern als die von Nies 
yal proper. Die Capitale Gorkha, der einzige Ort von Bes 
deutung im Beinen Gebiete feiner urfprünglichen Beherrfcher, fon 
au heute Beine zweitauſend Häufer haben, mit einem Tempel, 
Oeralgasnarh, dem befondern Schutzgott ber herrſchenden Zamitie 
geweiht, Des Drt, hält Fe. Hamilton dafür, habe wol ſchon 
vor Annahme der Brahmanen : Lehre Gorkha geheißen, und bis. 
Zogis oder Priefter diefes Tempels habe die Herefcherfamitie das 
ſelbſt zu ihren Gurus oder Stellvertzetern bei den Goͤttern erko⸗ 
ten. Daher die Benennung der Ghorkas, Ghoͤrkali's. Kein Eu— 
topdifcher Beobachter hat dis jest diefen Ort noch das Land gife 
hen, nur Weniges ift darüber hiftotifch bekannt, 

Diefe Gortha Radjas, als kleine Bergfürften, waren fruͤ⸗ 
hethin ganz unbedeutend, ja undekannt; erſt durch Verheirethun⸗ 
gen des ſechsten der bekannten Gorkha⸗Dynaſten, des Nridhu— 
pal, wurde bie Familie maͤchtig. Deſſen Sohne Prithwi 
Rarayan Purthi Nerayn 6. Kirkpatrick, Prithenarrain Soaps. 
3. Fraſer) 17), kuͤhn, ehrgeizig, raſtlos, unterftügt durch den krie⸗ 
gerifchen Geift feiner Unterthanen, den Innern Verfall und die 
gegenfeitige Befehdung der dreifach zerfpaltenen Nemar - Dynaftie 
in Nepal, gelang es, nad) langen, blutigen Kämpfen und furchts 
baren Grauſamkeiten, fich zum Ufurpator ber fruchtbarften Thaͤ⸗ 
ler dee Nepatefifhen Gebirgslandſchaften emporzufchwingen, Ce 
füßtte zuerft den Gebrauch ber Seuerwaffen und der Europäffchen 
Dikciplin im feinen Heeren ein, und hinterließ bei feinem Tode, 
1711, feinen Söhnen und Nacfolgern die Obergewalt, die fie 
über ale Nachbarftaaten theils durch Krieg, Liſt, oder Verhelra⸗ 
dungen und Bünbdniffe bis zum Tiſta und Sſetledſch (f. 
Aſien Bd. U. ©. 488, 514 10.) ansbreiteten. Die Herefcherges 
ſchuhter feines eigenen Stammed, deren Oberhaupt de foucbe, bie 
Beſiegung der vielfachen Radjaſtaaten von Molwanpue,. auf 
de Suͤd⸗, Weſt⸗ und Oſtſeite von Kathmandu, und bie 
Verſchwaͤgerungen mit den Palpa⸗Geſchlech tern, die am uns 
tan Ghandaki mächtig waren, befefligten und erweiterten nach 
and nach die Gorkha⸗Gewalt bis zum Entfegen aller Nachbarn 
era ' = 

3 J. — Journal of a Tour tlız, Himala Mis. etc. Lond. 1820. 
P 


18 Hoch» Afien. : IV. Abſchaitt. $. 72. 


denn auch gegen Zübet hinauf wie gegen Hinboftan binab, 
- fingen fie fhon an drohend zu werden, als ihnen von beiden 
Seiten her die Grenze geftede ward. 

—Gorkha gehörte zu den Berglandfchaften der collectiv ge: 
nannten ChaubifiRadjas (die XX1V), deren unthätiges Ober⸗ 
baupt-in Vumila, duch die gegenfeitigen Liguen diefer vielen 
Meinen Reguli in der Landespolitik, gleih fo manchem andern 
Kaifer, zur gänzlichen Unbedeutenheit herabgefunfen war, Pos 
lieifhe Liguen (Sarbhai) und verwandtfhaftlide Li: 
guen (Achabbai) !15) heilen das Intereſſe der XXIV, unter des 
nen die Radjas von Palpa, Tanahung, Rifing, Ghi⸗ 
ring, Sajarkot, niht nur im Welten von Kathmandu, 
fondern auch im Dften. von da, alfo in Weſt⸗ wie in Oſt⸗ 
Nepal bedeutende Ländereien befaßen. Unter den XIX andern, 
die nur in Weſt⸗Nepal anfäffig waren, herrſchte ein Zweig 
der einheimifhen Magar⸗Tribus, deſſen Ehrgeiz ihn. ans 
trieb fi den Namen dee Sonnengeſchlechter, des Pamars 
Stammes, als eines eingewanderten, von edlerer Hinduiſcher 
Abſtammung beizulegen. Der andere Zweig diefr Magars 
Tribus blieb in primitiver Barbarei, d. h. dr blieb feinen heis 
mifchen Sitten getreu, und galt daher, bei feinen die Brahma⸗ 
doctrin annehbmenden Nahbarn, für eine unreine Kaſte. Die 
Stammväter beider werden van diefem Khancha, von jenem 
Mincha genannt, deren Namen fchon in gleich barbarifchens 
Klange zeigen, daß fie nicht zu dem Hinduflamme gehören. Aus 
dem unreinen Zweige entitanden drei. Radjagefchlechese, 
Bhirkot, Gharahang, Dhor, davon das erfte wiederum 
das Oberhaupt der andern geblieben iſt, alle aber bedeutungslos 
Der reine Zweig der Min cha zerfpaltete fi in vier Haupt⸗ 
äfte, mit dltern und jüngern Linien. Der eine Radja von Nas 
yalos mit unbedeutendem Territocium, nannte den größten Theil 
feinee Unterthanen Khaſipa. Eine Seitenlinie derfeiben bes 
herrſchte die weit mächtigere Kaski, im böheen Schneegebirge, 
an die Bhotiya's grenzend, im mwärmern Eüden an Brahmani⸗ 
ſche Culturthaͤler ſtoßend, mit der Hauptfladt Kaski, deren 
Rage !?) nicht einmal genau bekannt ift. Eine andere Seitenli⸗ 
nie derfelben, Lamjun, mit der Eapitale Siklik, ſcheint vorzuͤg⸗ 





110) Fr, Hamiltön Acconnt c. p. 27 - 24. 12) Kirkpatr.ck 
Account L c. p. 200; ch Fr. —— Diaiaeı 


Himal., U. Mitte-Gr., Nepal, Berkha’s. 29 


ich durch Handel und Gewerbe mit Bhutan und Tüber duch 
den fon unbelannten Sikitt-Paf, und von da Über Tarku, 
Zanahung, Dewghat, Bakia zum Zieflande fig in Wehl⸗ 
hand verſetzt zu haben. Die dritte Seitenlinie endlich, wa⸗ 
un die Gorkha, weiche durch jene, die durch Nepal proper, 
von aller Beruͤhrung mit Tuͤbet, den Bhotipa's und-ihren ſuͤdli⸗ 
chen Nachbarn abgeſchloſſen, durchaus nicht wie ihre Verwandten 
in Bündniffe oder Liguen mit ihnen oder ihren Nachbarn traten, 
dagegen durch Vertrauen auf eigene Kraft fich endlich, freilich ohne 
jene milde Herrſchaft der Yumila Radjas, über alle andera ers 
hoben. ‚Andere, noch geringere Geſchlechter diefer Dibus, die in 
der Revolutionsperiode der Gorkha, theils geſchwaͤcht oder "gang 
untergegangen find, indeß ihre Gaue (wie Mufikot, Argha, 
Pinthana, Isma u. a.)2) das aligemeine Loos des Derfhmek 
zens mit den Shorkali» Staaten -traf, übergehen wir. . : . 

Wir übergehen ebenfalls die noch übrigen in Weit: Nepal, 
im Süden bes eigentlichen Nepal und Gorkha, liegenden klei⸗ 
nern, mehr oder weniger Independent gebliebenen Gaue des nie 
bean Berg: Radjas, wie die von Mokwanpur, Palpe, 
Butaul, Zanahung, weil wir über fie bis jetzt nur hoͤchſt 
verwortene und unbefriedigende Dasen 2!) befitzen; fie gehören .eis 
nem ganz andern Herrfcher:Stamme, dem ber Kiratas, an, ale 
defien Dberhaurt einft der Radja von Mokwanpur in Weil 
wie in Dfis Nepal. anerkannt gewefen zu feyn fcheint Wir ers 
wähnen ihrer hier nur, weil von ihnen auch in Oſt⸗Nepal wieder 
die Rede ſeyn wird, und weil fie an dem fruchtbarften Thaͤlern 
des Ghandaki und Triful Ganga, über und unter ihrem 
Aufammenfluffe Theil haben, auch durch ihre Enge zwifchen 
Gorkha und Kathmandn, und den füdlichern Indiſch⸗Bri⸗ 
tifhen Provinzen, ale Paſſagelaͤnder für Handel und Militair⸗ 
Operationen, eine intereffante Stellung einnehmen. Diefe iſt es, 
weiche fie fruͤherhin zu einer höhern Stufe dee Gultue erhob, 
warum fie aber auch feit der Gorkha Obergewalt, von biefer aus 
Eiferſucht zu Boden gedrückt wurden, warum man bis babin allen 
Zranfito abfchuitt, die ehemals gangbaren Straßen, wies B. 
von Rerighat über Kaufen, Rampur, bas füdlihe Naya⸗ 
tet und Dewghat zum Tieflande gänzlich verſperrte, bie Waͤl⸗ 





Fr. Hamilton Acconnt L c. p. 203270 ER 
Mr chend, pP. 107 — 186: S 


DB Dose. IV. Abfhnik-$7R 


ber juwachſen; die Werfunpfungen fich ausdreiten tip, und nur 
alten noch die beiden Paflagen duch Wurtauf, und die ges 
nannte Uber Bichhakot und Ehitlong gangbar erhlelt. Auf 
dieſen find die Zoll haͤuſer eingerichtes, ale andıen Verbinduns 
gen werden aber auf Schleichwegen durch bie zahlreichen Contre⸗ 
ea dennoch fehe unficher erhalten. Auch die Schiffbars 
122) des Ghandaki, abwärts von Rerighat, dab gang nahe 
1b Palpa liegt, und tert ber geößte- Marftplag, an wel 
a. 3 bis 4 Monote im Jahre eine flarte Meffe fuͤr Bho⸗ 
tipa's, wie für Hindus, tim Gange biieb, tft dadurch unudg 
geworden. Dieſer Strom kann naͤmlich auf belabenen Canoes 
bie Rerighat aufwärts defchlffe werden, eine enge Stromſchnelle 
(rapids). zwiſchen den? deiden Felfen von Gongkar ausgenoms 
men. Hier muß, etwaß oberhalb Dewghat, umgeladen und bee 
Kahn Tann nur leee hinaufgezogen werden. "Das Sperren des 
Floßholzes an dieſet Stelle wird durch querübergesogene Geile bes 
wirkt. Doch auch unterhalb Dewghat find noch 3, jedoch ges 
eingere Stromfchnellen, die leichter überwunden werden können: 
zu Khariyani unterhalb Dewghat, an dir Einmündung des 
Archung, und oberhalb Bhalaunjt, bis wohin nur die gro⸗ 
fen Flußboote aufwärts ſchiffen. Weiter hinauf können bie klei⸗ 
nern Ktußboote oder Canoes während ber trodnen Jahreszeit bins 
aufgezogen werben, boch bei hohem Waſſerſtande nicht, wegen der 
zu reißenden Gewalt des ——— 


* a oe x 73. 
Erläuterung. 

Oſt Nepal; Sikim; die Nepalefen; bie yier Tuͤbetiſchen Rou⸗ 

ten aud dem San: Kufli=Xhale auf das Plateauland. 

1. DflNepal 

Noch weit geringer ald von Weſt- ift bis jegt unfere Kennt» 
nig von Oſt-Nepal, bis zu dem unter Britifchen Schuge ſte⸗ 
henden Territorium von Sikim am Zifta: Sluffe geblieben. 
Weder feine Landesnatur, noch die Art feiner Bewohner ift uns 
genauer befannt; nur von ben Flußlaͤufen und einigen Etädten 
oder Märkter an ihnen, von denem einige Haupt: Handelsrouten 
ausgehen, haben wir einige, obwot nur verworrene und unfichere 





332) Fr. Hamilton Account I. c. p. 181. 


Oimal., I. Mittel⸗-Gr., Oft-Nepak \ ar 


Nocheicheen durch Hoͤrenſagen und Pilgerberichte. Hier das —* 
ſcheinlichſte und lehrreichſte, was ſich auf dieſen und der eben ſo 

rathloſen Kartenzeichnung über dieſen nicht unbedeutenden Land⸗ 

ſtüch ergeben möchte. | 

De San Kofi (Soan Kufi) iſt dee Hauptſtrom, melden 
in kinem Hauptthale von N. W. gegen S. O. den größten Theis 
ven Oſt⸗Nepal durchzieht, und das Hochgebirge des fchnee 
reihen Himalaya im Morben, von. ben Ketten der Vor⸗ 
berge im Süden, bie vom Triſul⸗Ganga an biß sum 
Arun⸗Fluß den gemeinfomen Namen Lama Dangra 2) 
führen, ſcheidet. Darin beficht, wie fchon Fu. Hamilton bemerkt, . 
des Eigenthuͤmliche dieſes Hochlantes von Oſt⸗Nepal, daß es 
auf einer langen Strecke eben nirgends, wie etwa im Weſten 
vom Bagmati, und fo dicht am Triſul, von irgend einem 
großen Strome durchbrochen iſt. Erſt der Kofi bahnt fih im 
Euden von Khatang, zwifhen Vijay pur und Amerapur, 
feinen Weg hindurch, und tritt als Koſa in das Britiſche 
Yindofkan ein, um fi auf der Grenze von Behar und Bene 
gal oberhalb Radjemal mit dem Ganges zu vermifchen. 

Seine waffergefühten zahlreichen Zuftxöme erhält dieſe San 
Kofi faft insgeſamt von der Mordfeitez keiner iſt uns wenig⸗ 
fine von der Suͤdſeite zu feinem rechten Ufer hin bekannt. Sie 
entfpringen meeiftentheil6 dem ſuͤdlichen Abſturze der Schnee⸗ 
kette dr Sal pu⸗Gruppe, und er ſelbſt hat an beren weſtlich⸗ 
flem Kegel feinen Urfprung; aber feine beiden größten, merkwuͤr⸗ 
digſten Iuflüffe der Bhutia Kofi im Weſt und dee Arun 
im Oft, kommen beide aus viel weitern Fernen im Norden, 
aus um Plateau von Tuͤbet herab, und durchbrechen 
wol hoͤchſt wahrſcheinlich, gleich dem Shandatli-Narayani 
ven Maftang, und dem Bora⸗Ghandak von Kheru her 
ab, das Hochgebirge des fehneereichen Himalaya. Der Bhutia 
Kofi entfpringt im Norden, 5 Zagereifen fern von Kuti (b. i. 
Nolalamı 2%) des Tübeter nach Pat. Georgi und Kiaproth), am 
Paſſe Langurphede) des Schnergebirges, von mo die Hie 
malapa-Ketten eine mehr fübliche Richtung mehmen follen. Die: 
fe Paß Langur Iphebe d. b. Berg) liegt faſt 3 geogr. Meilen 


2) Fr. Hamilton Account L c. p. 207 24) Pat. Georgi Alpla- 
Tibetanum ed. Rom. 1762. 4. p. 417. 26) Kirkpatrick 
Aceount. 1. c. ch. IX. f. Rontiers — Distances p. 316. 


Bitter Erdtuube IV. 





83 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. .$. 73. 


WE. 
im N.D. der Station Mathiegumbah. Der Kofi entfpringt 
atfo hinter der SatpusGruppe, und briht gegen Werft, 


gtoifchen ihe und dee Dhayabung⸗Gruppe, naͤmlich ywifchen 


den gemefjenen Pils E 15,603 5. Par. und F=176175. 2. 


fe oben &.7, 8), gegen Süden binduch, um ſich mit dem 


San Kofi, als deffen echter‘ Zufluß (vom N.W. her) zu vers 


einen. An dieſem Bhutia Kofi geht die merkwürdigſte 
Paffage von Kathmandu aufwärts über Kuti nah Tür 


bet, ſowol nah Teſhu Lumbu wie nad H’Raffa und China, 


deren Stationen wir weiter unten angeben werben. Beide ver 


einte Ströme (San und Bhutia Kofi) wenden fih dann 
plöglich von ihrem Süblaufe anDholaghat vorüber gegen 


Oſt herum, eben ba, wo ihnen vom Weſt her, aus dem eigent- | 
lichen Repal, in ber Direction von Kathmandu, der Dritte, 
obere Quelificom, der Rifu, zufließt, in ber Richtung ihres nun 
au. verfolgenden Laͤngenthales, parallel mit der Gebirgsbegleitung | 
zu beiden Seiten. Bon der Quelle des Rifu bei Banipaım), 
oͤſtlich von Kathmandu, über Dapcha und Dumja am du 
fommenfluß mit dem San Kofi, find 2 Tagereiſen; biee (nah 
Kirkpatrick Thon von Dholaghat an) ?7) wird diefer zus | 
exit ſchiffbar für Flußkaͤhne, bis zu feinen Wafferfälen bei 


Chatra am Eintritt zum Hindoſtaniſchen Zieflande. Don 


Du mia flrömt der San Kofi an Puchighat 2 Tagereifen vor 
über, bis er unter Mantalighat, von ber linken, fein zweites 


Eiswaſſer den Tamba Kofi aufninmt, der aus dem Schnee; 
gebirge von Nord ber, von Dudhkunda in Tüber, dann am 
Hauptmarkte Datka vorkber zu einem weiten Thale zieht, das 
bie Puchighat fih ausdehnt. Dalka fol aus Badfleinen ers 
baut feyn, 4000 Rewar: Einwohner und einen berühmten Tem⸗ 
pel bes Bhim Sem (ein Pandu) haben, der für die Oſtgrenze 
des eigentlichen Nepal gilt. Bis dahin giebt es viele Erzgruben. 
Von der Einmündung bes Tamba Kofi find über Chupalu, 
Bangnam, Feliya bis Kalefi 4 Zagereifen, wo bas britte 
Eiswaffer, der Dudh Kofi vom Norden in ihn einmänbet. 
Kalefi bat einen berühmten Siva⸗ :Tempei2), wo im Fe⸗ 

bruar eine große Meſſe ſich verfammel. Dee Dudh Kofi 





120) ſ. d. Rontier b, Fr. Hamilton Account 1. e. p. 166. 
”) ai Account l. c. p. 327. °*) Fr. Hamikon Acovant 
cp 








- 


Himal., HI. Mitte Gr., Oſt⸗Nepal. 83 


fommt 2 Tagereifen im Norden von Lamja, einem Marktort, 
der immerfort von Bhotiyas befucht wird, weil ihr ebenes Pla⸗ 
ttouland ſchon jenfeit der 2 Tagereiſen durch das Schnergebirge 
fetten Anfang nimmt. Bon ba find 2 Zagereifen nach ber Haupt⸗ 
fat Khatang, die 5 bi6 6 Cos fern vom San Kofi, aber 
sche am Arun liegt; der San Kofi wendet fi aber erſt viel 
weiter gegen Süd zur I ehe ex ben Arun 
aufnimmt. 

Ueber die Quellen des Arun hat leider Se Hamilton 
gar nichts erfahren; man berichtete ihm nur, daß von der Haupts 
ſtadt Chayenpur, die nicht fern vom öfltlichen Ufer des Arun 
tiegt, in deffen Stromthale aufwärts, ein wichtiger Handel 
nach Tuͤbet geführt werde, und daß dee Arun ſelbſt bis Hes 
dang ) (Hedagna auf Kirkpatrid Map of Nepaul, einem 
Geenzfort und der Refidenz eines Subah an der Grenze gegen 
Zübet) an feinem Weſtufer aufwärts ſchiffbar ſey. Dieſes Ges 
bang, und alfo auch das Arun-Xhal, babe zu beiden Selten 
2 Tagereiſen fern, im W. das Schneegebirge Meyangma, 
im Oft das Schneegebirge Mirgu; von ba an find aber 
auch 6 Zagereifen, an vielen Bhotiya: Dörfern vorüber, und 
an demfeiben ArunsStrome aufwärts, bis Manigumba, 
eines Dorfe, das fchon zu H’Laffa gehört. Offenbar, bemerkt 
Fr. Hamilton, bricht alfo dee Arum in biefer ganzen Strecke 
ſchon von ber Nordſeite her durch die hoͤchſte Schneekette hindurch 
und obwol ſeine Ufer ſelbſt ſo felſig ſind, daß ſie faſt nur mit 
Gefahr an gewiſſen Paͤſſen begangen werden koͤnnen, iſt doch bie 
Breite des Thals ziemlich bedeutend; nur in der Stromnaͤhe 
iſt es dauernd bewohnt, denn ſonſt werde das breite Thal nur 
im Sommer von Sgaͤfern) deſucht; offenbar weil es gu 
hoch gelegen, nur ald Sommerweide dienen kann, 

Leider gehen die Berichte des Kirata, welcher dem Britis 
(hm Botaniker die Reiferoute am Arun aufwärts mittheilte, 
nicht über Manigumba hinaus. Aus der von Kirkpatrid 
mitgetheilten, fehr ‚Intereffanten Reiſerdute 2u) des Nepale⸗ 
ſen⸗Heeres uͤber Kuti nach Teſhu Lumbu, erfahren wir 
nun allerdings daß die Duelle des Arun noch viel weiter im 
Norden zu ſuchen ſey; nämlich nicht Ferm von der Quelle bes 





2°) Pr. Hamilton Acc. 1. c. p- 165. 1, 8. »°) ebend. p. 150. 
?1) Kirkpatrick Account 1. 'c. ch. IX. p. 


- 


84 Hoch- Alien ı iv. Abſchaiu. 3.73. 


Bhutia Kofi, nur an der entgegengefegten Seite beo 
Himalaya -Pafle®, oder jenes oben genannten Lungure odes 
wol richtiger Langursphbede (d. h. Fuß des Paffes). Die 
fie Paß foll übrigens gar nicht fehe hoch zu erfleigen ſeyn, wol 
aber heben ſich die Schneepiks zur Seite befto höher empor. Die 
Duelle des Bhutia Kofi, heißt es daſelbſt, fließt erſt gegen 
W. dann gegen NR.D.; die Quelle bed Arun fließt aber 
erfi gegen N.D., dann macht er erflaunliche Arummungen ehe 
ee in den Koft fällt. Und wirklich muͤſſen dieſe felbft bedeutend 
fegn, ehe er noch Manig um ba und den Durchbruch durch jene 
Himalayas Kette von Meyangma und Miegu, welche nad) 
ber Ausfage des Kirata auch PaptisGebirge heißt, erreiche 
Dies ergiebt fi, aus dem Routier des Mepalefifchen Kriegeherree. 
Dieb legte nämlich vom Paß Langursphebe an, über Lang⸗ 
Kote 43 geogr. Meilen gegen N.O. und Tingri, 24 geogr. 
Meilen, im Tiugry⸗meidan oder der Kingris&bene, wo 
dee Arun⸗Fluß zum erſten male genannt wird, nun noch 
7 Zagemärfche 132) Immer am Arun⸗Fluſſe zurüd, bie zur 
Station Chur⸗balua. Diefer ganze Weg fcheint immer auf 
einer, wie ausbrädlich gefagt wird, ziemlich gleichen Ebene 
ohne große Beſchwerde fortzugehen. Das Strombette iſt fehr breit, 
und fen Waſſer ſehr feicht, daher leichte zu pafficen. Man muß 
fih alfo bier eine Plateaus&bene Hoch⸗Tubets denken, 
wie fie etwa ber Sfatadru von Tſchaptang bis Schipke (ſ. 
Alien Sb. I. ©. 634, 590, 735) durdläuft, fo bier der Arun 
von Tingri; aber wol bebaut mit Drtfchaften bis zu ber ges 
nannten Station, wo ee fih füdwärte wendet, und wahr: 
fiheinlich nun bald das vom Kirata genannte Manigamba 
erreicht. Die ZefhusLumbu: Straße gweigt an eben derſelben 
Stelle von dem Arun gegen Oſten ab, Hiernach wuͤrde auf 
keiner unferer bisherigen Karten der obere Lauf des Arun rich⸗ 
fig verzeichnet ſeyn. 

Bon Manigamba, diefem erſten H’LaffasDrte auf, der 
Tuͤbetiſchen Handelsſtraße, abwärts am Arun, gegen die Ne⸗ 
paleſiſche Provinz Chayenpur, find über Pokang bis zum 
Anfang feinee Sciffbarkeit, nad) Hedang, 5 Zagereifen, in de 
nen man jeden Tag an Bhotiya= Dörfer kommt, davon mehs 
rere Marktoͤrter genannt werden. Von Polang?), ber Mittel: 


133) Kirkpatrick 1. c. p. 316—317. ° 22) Fr. Hamilton, Account 
I. c, p. 199% 


Himal., II. Mittel-Gr., Oft-Repal, 85 


Karten, wird gefagt, es ſey bafelbft nicht ſehr bergig (atfo wol 
noch ebenes Tuͤbetiſches Plateauland?), aber fo hoch und kalt, 
daß ed nur im Eommer von Schaafhirten befucht werde, und 
von Handelslenten, bie bort anf den Markt gehen. Bon Hes 
bang aber, das im Thale des Durchbruch zwiſchen den Schnee⸗ 
gebiczehoͤhen zu beiden Seiten liegt, hat man mehrere Zage bins 
buch ſteile Bergwege zu weiten, und erreicht am dten Tagemar⸗ 
fhe bie Ebene von Zamlingtar, Tumling Zar auf Kirk 
patride Map of Nepaul, die zwifhen dem Arunsgiuß und ei: 
nem Heineen finden Zufluß bem Sogeya liegt; der gleichnas 
mige Ort ift der größte jener Gegend, wol mit 6000 Einwohnem, 
In einem Thale das nahe an 2 Stunden von W. nad D. breit 
und 6 Stunden von M. nah ©. ausgedehnt wärmer liegt als 
das Kathmandu: Thal, aber noch nicht fo gelichtet und bebaut. _ 
Ucher dieſes Tamlingtar nahm die Nepalefifhe Armee, 
weihe von Kathmandu am Bhutia Kofi über Kuti den Eins 
fül nad Täber, 1792, gemacht und Teſhu Lumbu beraubt hatte, 
am Arun abwärts uber Hedang (Hedagna), beutebeladen, 
den Ruͤckmarſch, wie ihn Kirkpatrick auf feiner Karte auch anges 
deutet bat. Gleich unterhalb dieſes Thales erhebt fi) das Kork 
Chayenpur, dem Dobhang am Arun ganz nahe liegt. Das 
dort Chayenpur, nad) welchem gegenwärtig die bortige Pros 
vinz des einfkigen Königreiches Lohangga, bie feit der Gorkha Er⸗ 
oberung in eine Subah verwandelt, diefen Namen erhielt, liegt 
eine gute Stumbe vom Arun gegen Oſt entferne. Don dem Culs 
turthale bei Dobhang, immer abwärts, firömt der Arun 
an 6 Tagereifen weiter, bis er ben legten, linken Seitenfluß ins 
nerhalb des Gebirges, ben Zamdar, aufnimmt, ber unter ben 
Berghoͤhen des Torte Vijaypur, an feinem Durchbruche, 
duch bie Vorketten des Lama Dangra fi einmuͤndet. Der 
Kombar entfpringt auch noch aus den Schneehöhen des Paptis 
Gebirges, und fließt durch die Schneeberge Mirgu. Die Berge 
fübwärts von diefen, auf Denen auch noch zumwellen Schnee. fällt, 
der aber bald wieder ſchmilzt (alfo die Stufe bes Berglandes in 
dieſer Gegend nicht mehe zum Hochgebirge gehörig), nannte ber 
Kirata aus Hebang, welcher Sr. Hamilton über diefe Gegen: 
den unterrichtete, Shhanglima). Da die Sclavenkarte 
(. Afien Bb. U. S. 491) aber an berfelben Stelle dad Gebirge 





#) Fr. Hamilton Account |. c. p 159. 


86 Hoch⸗ Aflen. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Phakphok nennt, und der Kirata vom noch oͤſtlichern Strome 
Kankapi (ber als Mahanada in Bengal zum Ganges faͤllt) 
an der Grenze gegen Sikim ſagte, daß dieſer auch im Mirgu⸗ 
Gebirge entſpringe, dann aber im gutbewohnten Felsthale das 
Ichhanglima-Geſbirge durchbreche, fo haͤlt Hamilton mit 
Recht dafuͤr, daß Ichhanglima und Phakphok (wahrſchein⸗ 
lich Phullak und Sankia⸗gumba, oben ©. 41) nur verſchiedene 
Benennungn deffelben Berglandes, des Vorberge der 
Schneekette Mirgu ober Papti feyn duͤrften. Auch foll die 
Quelle bed Kankapi ſelbſt Phakphok heißen, aber noch 
busch einen zweiten Schneeſtrom erſt bedeutend werben. Die 
böhfte Schneekette feste der Kirata von Hebang auf die 
Weftfeite des Arun, unter dem Namen Syamphelang!?S); 
ee meinte, ber höchfte fichtbare PIE gegen R.W. von Nathpur 
fey ein Theil diefee Berge, doch fo daß der Tarun (?) Fluß einen 
andern Schneeberg davon fcheide, den ee Meyangma nannte, 
der aber auf der Sclaven:Karte Salpa:pahar heißt. 

Bijaypur?6), die Reſidenz eines Subah Über bie Provinz, 
welche feit der Gorkha Eroberung Morang genannt wird, liegt 
auf einem Rüden bes höchften Theiles der Vorberge, der Lama 
DangrasKette, jedoch auf der Oftfeite des San Kofi; 
Durchbruches durch diefelbe. Es iſt eine Art Feſte mit Gorkha⸗ 
Befagung, und hat über den vorliegenden Thälern den Vorzug 
gefunder Luft, weil es nicht mehr von der böfen Sommerluft, 
Apul, leider. Bon ber gehrenden Luft auf der Höhe des Korte 
hat man den für Sarnifonen wichtigen Ausfpruch, dort koͤnne 
man bteimal mehr effen als in dem Tieflande. Nahe unter dies 
fer Burg, im Durchbruch bed Koſi⸗Thales Liege ein berühmter 
Wallfahrteort, Varasha Kfherra, mit einem Tempel dee 
Viſhnu, der hier in Geſtalt eines Bären verehrt wird.. Der Zus 
lauf devoter Pilger, bie fi) dort zumeilen lebendig begraben lies 
fen, um bie Gabe der Prophezeifung zu erhalten, bat, feit ber 
Gorkha-Uebermacht fehr abgenommen , die Häufer find im Vers 
fall, auch ift der Handel, der diefen Wallfahrten den eigentlichen 
‚ Schwung gab, durch die politifchen Ereigniffe der legten. Zeiten 
überall gehemmt. Vom weitern Verlauf des San Kofi durch 
die Vorketten Nepals und von feinem Eintritt als Koſa in Bens 
gal ift und nichts näheres bekannt. 


1385) Fr. Hamilton Account I. c, p. 159, 30) sbend. p. 151. 


Himal., II. Mittel⸗Sr. Oſt⸗Nepal. 87 


Wir haben im obigen bie einstige Methode aus ber Mafle 


vager und verwirrter Notizen über ein fonft gaͤnzlich unbekann⸗ 
tb Ründergebiet, doch einige pofitive Daten zu gewinnen, ge 
tueu befolgt, fo weit es unfere Vorarbeiten erlaubten, indem wir 
naͤmlich dem Lauf der Ströme wie bee Wegrouten genau 
nehfpärten; zur Vervollſtaͤndigung werben wir dieſe letzteren, 
ned ihren Stationen, beifügen, woraus ſich zumal bei * 
beſuchteſten derſelben, der Kuti⸗Straße, indem uns bie 

gleihung verfchiedener Älterer und neuerer Angaben dabei zu Ge. 


bete echt, ein gut zufammenftimmendes Bild der weſentlichen 


Natuwerhaͤltnifſe jener biöherigen 'l’erra incognita ergeben moͤchte. 

Ale fon noch über Oft: Nepal belanne gewordenen Das 
im find entweder völlig zesftreut und unklar, oder find mehr bis 
ſteriſchet Art, Wovon hier etwa das wichtigſte. Ganz Oſt⸗Ne⸗ 
pal ſtand früher unter vielen Chefs, die den vielverzweigten Ges 
ſchlechtern der Radja’s von Mokwanpur angehörten, ober ſich 
han anfchioflen; fie ſtammten, wie die Behersfcher von Yu: 
mila, von eingewanderten Dindugefchlechtern ab, die in der Pe: 
tiode dee Mohammebaner Eroberungen (f. Afien Bd. Il. ©. 424, 
4%6 u. a. m.) aus ihren Gebirgsgauen am Mande Behars und 
Bengalens verjagt , tiefer ins Gebirgoland, ſelbſt als Abenteurer 
und Eroberer einzogen. Sie follen 1306 von Chittore gekom⸗ 
men feyn und fi) bald die Deergewalt von Mokwanpur bie 
Sitim rungen, auch in jene Landfchaften als Radja's getheilt 
haben; swifchen den San Kofi und Kanlayi: Strömen, wo. 
das Volk der Kiratas wohnte, und von ihnen unterjocht ward, 
ſellen die Machfolger Lohangga’ 837), eines der vier erobernden 
Brüder, die Herrſchaft, bis zum Sturz ihrer Dynaſtie ducch bie 
Gorthaꝰs (1773— 1779) mit hartnädigen Kämpfen behauptet: 
haben. Die Saue im Wet und Sud des San Kofi ers 
Dielten in der Provinzenvertheilung der Gorkha's die Namen der 
Feſte Mokwanpur (f. oben) und der Stadt Khatang, zwis 
(den San Kofi und Arum gelegen; das Hodland am Arun 
wurde nun Chayenpur, das niedrige Bergland der Vorketten 
tie ber Tarayani: Difiriet am Kofi aber Morang genannt, zu 


welchem auch der niedere Theil ber Landſchaft Sikim, die am. 


Zifla llegt, gefchlagen wurde. In dieſen Provinzen, die keines⸗ 
wegt ihre genauen Grenzbeſtimmungen zu haben ſcheinen, fon 





#7) Pr. Hamilton Acc. I. c. p. 133. 


“on ! 


- 





88 Hoch⸗ Aſlen. IV. Abſchaiti. 6. 7% 


bern nach Gorkhaleſen Art fehr willkuͤrlich durch Statthalter oder 
Militairchefs (Subahe) verwaltet werden, und Gorkhaleſen Dffi 
ciren gehören, an weiche ber größte Theil des Landes in Dotatios 


nen für ihre geleifteten Kriegsbienfte vercheile ift, find Bolts 


bäufer (Gola), Marktorte (Hats) und Feſten vertheilt, 


‚manche Straßen nad) den Zollfiationen geöffnet, andere aber ge 


ſchloſſen. Morang fcheint völlig gegen Hindoſtan hin abgefpertt 


zu feyn. Am San Kofi aufwärts nach Nepal hin finder wol bes 


meifte Verkehr Statt, an vier feiner bebeutendften Linken Zus 
firömen fleigen aber die Tübetifhen Handelsfiraßen em⸗ 
por, deren einige auch durch militalugfche Operationen und DRifs 
fionszüge allgemeiner merkwürdig geworben find. Die Bewohner 
gesen das Hochgebirge find überall Bhotipa’ 6; Kirata's ode 
Kichaks und Lapchag find die Bewohner im Oſten des Arun, 
Limbu, Magyar, Khas und Murmis, auch Newar und 
Radjputen find die Bewohner im Weſten diefee Gebirgsiand; 
fhaften. 


Anmerkung Die vier Tübetanifhen Routen aus bem 


Ehale des San Kofi in OfleRepal zum Plateaulande 
‚von Teſhu Lumbu. 


1. Die Route von Kathmandu am BhutiakKafi aufwärts 
über Kuti und ben Langur⸗Paß nad Tübetz nad 
breierlei Quellenangaben. 


Dreterlei Quellen find es, die uns hier zur gegenfeitigen Vers 
gleichung bienens einmal bie aͤlteſten Nachrichten bes Miffios 
nars Pat, Gruber '?*) (1661, f. Aſien Bb. II. S. 453), und ber 
GapucinersMiffion in Zübet (feit 1706, f. ebend. S. 457), des 
ron Reifeberichte über diefe Route ®°), im Itinerarium Lhassense, 
oluͤclicher Weife durch ben fonft ziemlich verwirrten Gompilator bes 
Alphabetum Tibetanum body diesmal ziemlich vollftänbig mitgethellts 
jener flieg aus China kommend über H’Laffa dieſe Höhe über bie 
ganbursPaffage und Kutinadh Kathmandu hinabz biefe, bie 
Sapueiner, fliegen mehrmals aus ihren Diffionen in Nepal biefelbe 
Straße über Kuti hinauf auf das Plateauland, Doch find durch 
ihre Berichterſtatter nicht ſelten die Namen und Angaben entftellts nach 





20°) Pat. Alb. Dorville und J. Gruber Itinerar. in Ath. Kircherl 
China illustrata etc. Amstelod. fol. 1667. p. 64— 66. 

»°) Fr. Aug. Antonin. Georgii Alphabetum Tibetanum etc. Romae 
4. 1762. Itinerarium Lhassense, p, 436450, 





Himal. TI. Wittel-®r.,. OR- Nepal, Rauten. 69 


Yen Daten wurde biefe Btoute mit gleicher Momenfcheeibung wie bei 
Georgi in die Karten Hinboftans von D’Anrille und Senne, öfter ‚tus 
tig eingetragen, unb ſeitdem fat überall wieberholt. Cie waren daher 
früher faſt gänzlich unbrauchbar für ben Fortſchritt der Geographie, 
Kr aber durch ihre Wergleihung mit ber zweiten Sauptquelle ber 
von Kirktpatrid mitgetheilten Route einigen Gewinn erhält. Diefe 
Rostt if aber ebenfalls bei ben Gros und Kartosgraphen gang un⸗ 
beachtet geblieben, obwol fie die befte Autorität für fi hat, Denn es 
B bie Heiferoute des Nepalefens Heeres *°%) von Kath⸗ 
masdu auf feinem Ueberfallenadh Xefhu Eumbu (17, f. 
Aſien Bd. IL ©. 487), nad ben Zagesflationen, mit Bemerkun⸗ 
gen, welche ber Britiſche Colonel in Nepal ſelbſt mitgethellt erhielt; er 
hat fie auf feiner Map of Nepaul niebergelegt, auch noch eine zweite, et⸗ 
wah don jener abweichende Angabe ber Stationen aus einer andern 
Que zur Bergleichung mitgetheilt +1). Die britte Quellenan⸗ 
gabe zur Wergleichung bietet die Kartenzeihnung *?) Fr. Has 
miltons aus den Driginatlarten der Nepaleſen (f. Erdk. Aften Bd. IL. 
©. 491) zufammengetragen bar, auf weldyer auch bie Stationen dieſer 
Route im Allgemeinen am Bhutia Kofl aufwärts zum Arun zu verfols 
gem find, obgleich Teiber dieſer treffliche Forſcher, dem wir allein bie brei 
folgenden Souten verbanten, im Texrte nichts zur Vervollſtaͤndigung bee 
Rachrichten über biefelbe mitgetheilt hats zugleich aber auch ein merke 
würbiges Routier *:) von Kathmandu nad H'Laſſa, vom Jahre 
1850, das Hobgfon, ber Refident in Nepal, uns von noch uubelanns 
ten Reifenden mittheilt, bie aber den Vortheil hatten, zu ihrem Dolmets 
ſcher einem feit 20 Jahren dort vielfach gereifeten Kaſchmir⸗Bhu⸗ 
tia zur Begleitung zu haben. Wir werben biefes mit Hodgfons Nous 
ker bezeichnen. Wir legen die Armee⸗RKoute nad Tagereifen zu 
Grunde, ımd fügen bie andern Daten gelegentlich bei. Die Entfernuns 

pen find nach Nepaleſiſchen Shurries **) gerechnet, welche Kirkpa⸗ 
Es ben Englifchen Meilen gleich ftellt, obgleich man fie zu 224 Die 
auten zu beflimmen pflegt, zumal ba von bireeten Diftangen auf fo uns 
belanntem Terrain nicht bie RKede feyn kann, und alle Angaben fi nun 
auf Wegmeilen beziehen. 


u 


4%) Route from Kathmanda to to Diggercheh or Teshoo Loomboo by 
Kooti in Kirkpatrick Account of the Kingdom of Nepaul 1. « 
p- 315— 320. +1) ebend, Ronte from Kathmandu to Koofl 
end Shikargong etc. p. 320 — 322. 2) Map of the Domi- 
sions of the house of Gorkha. Eäinbargh; copirt nad Crawford, 
f» Fr. Hamilton Account I. c. p. 88. “2, Hodgson Notice on 
a Route to Lahassa and Tazeio, in Asiatic. Journal New Series 
ui p 245249. ) Kirkpatrick Acoount I &. 





[ HOoch⸗ Aflen. IV. Abſchaitt. 6. 73. 


2) Bon Kathmandu nad Gujt⸗Serri bei Pusputnath 
oder Deopatum. 

9) Segen DO.R.D., neh Sanku, 14 geogr. Meil. (9 Engl. M.). 
— Rad) bem Alphabet. Tibet. liegt bie Stadt Sanktu 12 Kom. Migs 
Um von Kathmanbus hier mußten ſich bamals alle Beifende aus 
Yinboftan verfammeln, bie mit ber Karawane nach Täbet gehen wollten. 
Sanku liegt nach Hodgfons Rout. noch Innerhalb bed grofen Nepal 
thales. 


3) Gegen RD. nach Deopur, 24 bis 3 geogr. Meilen (13-—15 
Shurries), für einen leichten Reiter, bergan; dicht am Ort ſtraͤnt ber 
Indiani⸗Fluß voräber, der im Schneegebirge entſpringt und ſich 
loſtwaͤrts) zum San Kofi bei Dholatsghant (wel 3 geogr. Meil. 
fern) einmuͤndet. Hamiltone Map nennt biefen Zufluß Girkha; 
das Alph. Tibet. nennt ihn gar nicht mit Namen, und flatt ber Station 
gwei andere, Langur und Koſta, wohin der Weg ſehr befdhwerlich zum 
Fluß, der zu überfhiffen fy. Hodgſons Rout, nemmt ben Fluß 
Achatuga, er ſey 40 Fuß breit, 7 Fuß tief, fließe von R. gegen D., 
die Fähre wurbe von 4 Männern geftenert, bie vom Repals Gouvernes 
ment beſtellt find. 

4) Gegen N.D. nad) Sipa, 2% geogr. Dei, (13 Ghurr.), auf 
einem Berge gelegen, wie Deopur. Bon da it der Inblanis&trom 

gu Aberfegen, auf dem 
5) nad Ihari, gegen R.O. nur 1 Stunde (3 Ghurr.) Hinabweg; 
R auf Hamiltons Map angegeben. Ä 

6) Rach Choutra (Ciopra b. Alph. Tibet.), gegen O.R.OD., 3 
kleine geogr. Meil. (14 Ghurr.) von ba auffleigen. 

DRG Kubindiah, an einem Beinen Fluſſe. 

8 Rad Bullephi, wo ein großer Strom, MiangsbiesKota, Ä 
der am Berge Duskun entfpringt, nach Rout, If. (0b Kithik⸗Fluß im 
Alph. Tibet., oder Rirkhu in Hamiltons Map ?), um aufzufleigen nad 

9) Phyria, 24 bi8 3 geogr. Meil. (12 — 15 Shure.) fern von 
Ghantra, gegen D.R.D. 3 ber Ort Hegt an ber Seite bes Laidspettis . 
Berges. — Das Rout. II. ſagt, er liege am Ufer bes Miangdia⸗ 
Eiuffes. Das Alphab, Tibet. nennt bier eine Stadt Nogliokot mit 
mehrern Kapellen dem Sciachha Tobpa (0b Lama von Tuͤbet?) geweiht, 
mit vielen Steinen, bie mit magiſchen Schriften befchrieben find; auch 
ein Tempel des Zara (db. i. Sakya), in welchem Lamadiener die Gebet⸗ 
eplinder brechen. Bon biefer Stabt wiffen andere nichts; Hamiltons 
Korte fest im W. und N.W, der Stadt Phyria bie Schnecherge Mar 
hamandal und Bofaingsthan (f. oben S. 32), im N. davon 
aber die unter F und K gemeffenen Hochgipfel (f. oben S. 8). 

10) Nach Phaldu (Paldu eine Stadt b. Alph. Tibet.) gegen R.O. N. 
an 3 geogr, Mei. (14 Ghurr.). 


_ 


Himal,, II. Mittel⸗Gr., Tuͤbet⸗Route nach Kuti. OA 


11) Rad; Laifki (Neſti b. Alph. Tibet), gegen R.D.R., 14 geog. 
Mel. (8 Ghurr.), die Heutige Grenze. Repals gegen Kuti, nady 
Kirkpatrick. — Hodgſons Rout legt biefe Grenze ſchon auf 
der Sten Tagereiſe zurüd, nennt aber die ‚vorigen Stationen anders; 
ve de it Parabafi, ein Ort von Brahmanen bewohnt, wo viele Ei⸗ 
fenarbeitee wohnen, barin bie Dauptgießerei der Gifenkugeln für die Ars 
tülerie der Gorkha's if. Auf der 5ten Station Shurkerz ift ein hei⸗ 
ſes Baffin mit S:chwefelbämpfen, das zum trefflichen Bade gegen Haut⸗ 
frantheiten dient. Auf dem Sten Tagemarſche erreicht man, nach vie⸗ 
lem Aufs und Abfteigen, ben Grenzfluß zgwifhen Nepal und 
Bhote (ni. Tübet). An der Repaleſiſchen Geite ſteht ein Srenz« 
kein mit der RagarisInfchrift „Hier ift bie Brenge des Nepal⸗ 
Zerritoriums,’ und auf der Bhotiyas Geite flcht ein gleicher mit 
der Snfchrift „Hier begiunt das Gebiet von Bhote.“ Diefen 
Strom (er tft nicht genannt, wahrfcheinlic der Bhutia Kofi) übers 
ft man auf einer Holgbrüde, um nad) 2 geogr. Meilen nad) Dum 
(d. i. Dhugna) zu kommen. — Auch das Alph. Tibet. fagt ſchon, 
Reſti (wol ein Schreibfehler) fey Stabt, Feſte und Grenzort des Koͤ⸗ 
nigreiche Repalz ein wüfles Dorf, von Tuͤbetern bewohnt, Lege unten 
am Feld. Won ba auf ber zweiten Meile ſteige man durch fehr enge, 
aus Fels gehauenen, ſich winbenben Stufen auf und ab, zum Rande 
ümmenfer Felſen, unter benen Thaͤler mit Viehweiden, Sümpfen und 
Feldern mit Reis (Huha ber Repalefen, wol Uya, He der Snboftaner, 
Bre der Zübeter) laͤgen. 

12) Rah Dhugna (Dunna bei Alphab. Tibet.) gegen N.O.N., 
2 geogr. Meilen (10 Ghurr.), von biefem Orte paffirt man ben Bhus 
tia Kofi auf einer Sifenbrüdes er tritt aus dem Himalleh, und ers 
gießt fi) bei der Stadt Yullanti zum San Kofi. — NachRout.il. 
etſoringt er am Bhag⸗Bhyru ober Bhyrub⸗Langur⸗Gebirge 
im R.O. von Kuti, auf Kirkpatrick's Karte Kala Bhyrub. — 
Das Alphab. Tibet. fagt, näher ift ein Weg gegen Norden, Dunna !*°) 
iſt eine Stadt. Die Wege in ben Felſen find Hier fehe enge, und wins 
den fi immerfort um bie hohen Berggipfel. Defter find bie Felſen mit 
hängenden Bräden uerfehen, und man muß über 12 berfelben, aus 
Zweigen geflochten, hinübergehen. Die wilden Abftlirze und Gebirgss 
firäme mit ihren Waflerfällen vermehren das Furchtbare biefer Wege, 
die an den fchlüpfrigen Stellen nicht ohne Gefahr find. Der Noho⸗ 
tha⸗Fiunß (offenbar Bhutia Kofi) durchſtroͤmt rauſchend zwei Ges 
birgez fein Bette iſt 100 Fuß breit. Eine Brüde auf eifernen Kets 
ten ſchwebend (vergl. Aſien Bb. IL S. 736) führt hinuͤberz auf dem - 
Getaͤfel fchreiten die Menſchen ficher einher und en ſich su beiden 


Rn nn —— 


t) Georgü Alphab. Tibet. Itenerar. Lhassense, L c. p. 138. 


- 











92 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Selten an ben Ketten, aber ſchrecilch iſt das Schwanken. Hobgfon's 
Routter giebt dem Ort nur 150 Stroßhütten, von Bhutiyas bewohnt; 
nahe babei ift eine furchtbare Paffage, fagt es, von 40 Schritt, von 


Bretteen, nur einen halben Fuß breit, Über eiferne Nägel gelegt, die 


man horizontal in bie ſenkrechte Felswand eingekellt hatz dieſe Paſſage 
nennt man bie Lamas⸗Eifſenſtraße. 

13) Rad Khuſa oder Kuffargambah gegen R.D., 4 Hehe 
geogr. Meilen (19 Ghurries); an biefem Zage muß man 2 bis 3 mal 
den Bhutia Kofi überfegen. — Das Alphab. Tibet. nennt biefe Stadt 


Kanfa und fagt, ber Weg gehe bahin direct gegen Rorden durch noch 
furdhtbarere Felsengen; 29 Brüden babe man über Felöfpalten gu paf 
firen, noch mehe Abgründe als vorher find zu überfteigen, und die 


Berge fangen Hier an mit Schnee bededt zu feyn. 


14) Nah EHofiong gegen R.DO.R., 24 geogr. Meile (12 Ghur⸗ 
tried), auch auf Hamilton’s Karte, wie bie vorigen Ortfchaften, am 
rechten ober nörblichen Ufer des Bhutia Kofl. — Das Alph. Tibet, 
nennt biefe Station Sciuſcha oder Chuſcha 1**), wo 20 Famillen 


wohnen; bie Gegend fen fehr kalt, von einem Fluſſe befpält, an defien 
Weftufer fi Heiße Quellen aus mehreren Brunnen zu Thermen 


vereinen. Das Bad werbe von Ginwohnern häufig gegen Gliederer⸗ 


flarrung benugt. Der Weg fey ſehr fteil und gefahrvoll, die Berge faſt 


des Weges bergenommen feyn ſoll. 


15) Rach Kuti gegen N.O.N., 25 geogr. Meile (12 Ghurries). 
An der Oſtſeite der Stadt fließt ber Bhutia Koſiz bier Fällt der 


nadt, das Aufſteigen zu den Schneegebirgen dauernd, der No ho⸗ 
tha (Bhutia Kofi) fließe tief unten in felſigen Abgruͤnden. — Des 
Rout. I. giebt zwiſchen Khufa bis zum Dorf Choſiong nur 3 ſtarke 
geogr. Meilen (16 Shurried) an, wahrfcheinlich auf einem anbern Wege, 
ber über den Bhutia Kofi fegt, und bann den Kohunniasburris 
ung *”) überfteigt, ein Rame, ber von ber außerorbentlichen Beſchwerde 


GhultiasKola zu ihm, ein Strom, ber bon. Weſt kommt. — Das 


Rout. II. giebt dieſelbe Diflanz an, nennt aber erfi bad Dorf Nantes 


'a rat oder Gupah (d. i. eine Hoͤhle, f. oben &.36), dann Auffteigen 


nah Alt Kuti, dann Aber das ftärkfte Auffleigen Bhimal Deo⸗ 


ralli nach dem eigentlichen KAuti. Der Ghultia⸗Kola, fagt biefes 


@routier, fliehe im R.W. an Kuti vorüber, das fehe hoch über tiefen 


Abgründen rings umher liege; dieſer Ghultia⸗Kola fließe aus der 
Schlucht des KalasBhyrubs Bebirges, welches in S.O. im Dimallch 
keine 2 Tagereiſen entfernt Liege. | | 
-  Diefes Kuti iſt eine wicht unbebeutende Tuͤbetiſche SHanbelöftabt, 





146) Georgii Alphabet. Tibet. Itinerar. Lhassense, I, c. p. 439. 
“7 Kirkpatrick Lc Rout, u. P. 321. 


Hiwal, IL Mittel-Or, Kutl. 93 


weihe wicberholter Gegenſtand des Grenzfebben zwiſchen Nepal unb 
Zähet gewefen zu ſeyn fcheint. Als Pater Gruber von H’Laffa - 
über den Langur⸗Paß nach Kuti kam (1661), faate ee, dic fey die 
erſte Stabt von Nepal (Necpal) *°;, von wo aus ee in 11 Tagerei⸗ 
fen Kathmandu (über Nefti (2) nad) Gabmendu) erreichte. Zur Zeit 
der Cauciner⸗Miſſion war es eine Tuͤbetiſche Stadt; Fr. Hamilton 
fprigt von dem Rampfe ber Zübeter und Gorkha's um Kutie), daß 
die Zübeter einen Shell der Provinz Kuti an fie abtreten mußten, 
nömlichh ben weftlichen Theil, woraus fie das Gouvernement Kheran 
er Kheru (f. oben &.40) noch vor 1789 bildeten. Get 1792 If 
aber Kheru wie Kuti wieder an Tübet zurüdgefallen und ein — 
thum der Chineſen geworben. Daſſelbe Kuti iſt die Handelsſtadt, mis 

welcher Kaſhmirer, die nad H'Laſſa Verkehr treiben, in beſtaͤndiger 
Verbindung ſtehen. — Nach dem Alphabet. Tibet. heißt &uti (Le 
Canis?) bei ben Tuͤbetern Gniala *°) (Rgialam auch auf Klap⸗ 
voth’8 Carte centrale de l’Asie), bei den Kaufleuten aber Tzong⸗tu, 
eise Grenzfeftung. Der Chineſiſche Verfaſſer ber neueften officiellen des 
ſchreibung von Zübet fagt ſelbſt, Gnialam *!) grenze gegen das 
and der Gortda s Rebellen, und liege daher nothwenbig auf der 
großen Heerſtraße der GShinefifhen Armee, um biefe Rebellionen zu er« 
terminin; er wolle baher audy von H'Laſſa und Tefhustumbu 
dahin die Routen in Eis (Ghinefifchın Meilen) angeben, aber mehg 
laffe fi) von biefen wenig belannten Gtretten noch nicht beibringen. Am 
umfändlichften geben die Sapuciner Miffionare Nachricht von 
Ruti oder Gnialam *?), das fie die fübliche Tubetaniſche Feſtung 
nennen, die früher zum Königreich Mepal gehörte, aber von der dreifach 
getheilten Rewar⸗ Dynaftie in Nepal an die Zübeter abgetreten worben 
joy, als dieſe zum er ſten mal ben neuen WBegbau bafetbft, nach 
Royal bin, unternahmen. Denn früher ging, nach ihnen, der Weg nach 
Zube durch Bramafcion (d. i. eine viel dftlichere Provinz, auch 
Bregiong *2) genannt, bie auf Morang und Nepal gegen Oſt folgte, 
alſo wol Sikim oder Butan ?) weit leichter und bequemer, fo daß bort 
bie Sinbeftaner in kuͤrzerer Zeit unb auf Laſtthieren ihre Waaren nach 
Zuͤbet einführen konnten. Aber es farben auf jener Route weit mehr 
Reifende an bee boͤſen Olla⸗Krankheit (d. & Ayuf, f. oben, das 
Sumpfs Fieber der Sommerluft), welche bafelbft einen großen heil bes 
Jabers hindurch wüthet, indeß man auf ben Wegen durch Nepal doch 4 
bis 5 Monate, nämlih vom November bis April, davon befreit iſt. 


a 


**) Athan Kircher China illustr. I. c. p. 65. 20) — 


94 Hoch⸗Aſien. TV. Abſchnitt. $. 73. 


Auf diefer Kutis Straße wird alles auf Menſchenſchultern gettagem 
Die Laftträger müflen auf dem Ruͤckwege nady Nepal eine Quantität 
Salz mit zurüdbringen, das biefem Lande fehlt. Bon Kuti an wird 
die Reiſe auf Ochſen und Pferben fortgefegt, benn ba ift mehr ebener 
Weg, abwol bas Land gegen Norden immer höher fleigt. 

Kuti dat melftentheild Häufer von drei Stockwerken; fm zweiten 
wohnen die Ani (d. 1. die. Nonnen), im dritten die Trabar (d. i. bie 
Möndye); in allen Häufern der Wohlhabenden ift eine Gapelle aus roths 
gefärbtem Holz mit Golbverzierungen und einer Buddha = Statue (Kaca 

N Zubpa) mit Ereuzweis untergefchlagnen Beinen, auf einer Pama, d. i. 
einer Lotosblume, ruhend, vor weldyer auf dem Altare bie Opfer ges 
bradyt werben. Die Häufer find aus gehauenen Steinen aufgeführt, mit 
Altanen, bie fie Argamoz nennen (Solarium bei Georgi); darauf errich⸗ 
ten fie an ben Eden der vier Weltgegenden Stangen, ziehen Stricke ums 
her, hängen magifche Zeichen und Giebelflaggen auf, und erneuern dieſe 
mit jedem Neujahrsſstage. Auf dem Dache haben fie auch einen Heiligen 
Opferplatz, wo fie täglidy ihren Bögen allerhand Kräuter (Sabina, Ab- 
synthium, d. i. Wermuth u, fe w.) darbringen. Bor ibren Pagoden 

ſtehen auch Maſtſtangen aus verſchiedenen Holzarten, bie mit Pflöden 
und Riemen aus wilden Vüffelhäuten feft verbunden find, zumal 4 mas 
gifche Knoten find an einem großen Seegeltuche angebradjt, das von ber 
Höhe bis herab reicht, um von den abergläubifchen Leuten Leicht erreicht 
a1 werben: benn es iſt ganz mit magifchen Characteren befchrieben. Als 
Pater Caſſianus und fein Gapuciner s Geleit hier durchzog (1754), 
farb ein vornehmer Züngling, ber mit dem Gnerba⸗Kuti, d. i. dm 
Dber s Statthalter, verwandt war. Schon am folgenden Zage war eine 
große Anzahl Shakia s Priefter, Zrabar genannt, verfammeltz bie cinen 
beteten in bem Trauerhauſe, bie anderen in ben Wohnungen der Bers 

* wandten bes Verftorbenen, noch andere in ben Pagoden und, auf den 
Straßen ber Stadt, wo fie Kurim (db. i. Progeffionen) anorbneten. Noch 
an demſelben Tage wurde die Leiche verbrannt, die Todtenfeier (Kurim) 
dauerte über 8 Tage. Sterben Prieſter ober Lhama's, fo werden ihre 
Leichen auf Bergen den Vögeln zum Fraß ausgefest. 

Den beften Aufſchluß über ben neueften Zuftand von Kuti (1830) 
giebt und Hodgfon's Routier. Rach dieſem ift es eine große Stadt, 
wo man alle Bebürfnifie in Menge vorräthig findet. Diedgroße Zahl 
der ‚Einwohner find Bhotiyas, aber auch viele Kaſhmirer, Newars 
und mehrere Ghinefen find dort als Kaufleute anfäßig. Alle gehen in 
Wolle gekleidet und fprecyen bie Bhotiya⸗Sprache. Nah phyſiſcher 

"und geograpbifcher, wie in ſprachlicher Hinficht, der Haupt 
mafle des Volks nach, iſt Hier bie Grenze von Nepal und Bhote 
(Zäbet). Es flationiren bien die Truppen bes Regenten von H%Ta fa, 
600 Soldaten mit Feuergewehr, auch Bogenfügen, mehrere Officiere 


Himal., II Mittel⸗Or. Kuti. 9 


und 4 Stuͤck grobes Geſchat. Oie Beifenben von Nepal zeigen dort - 
dem Milkairgouverneur Ihren Paß vor, ber im Bureau, zuruͤckbehalten 
wird, dafür wirb ihnen ein neuer mit beffen Unterfchrift an den Gou⸗ 
verneur von Zingri uͤbergeben; bie ift alfo bie dort durch Chinefls 
fü} Dbercommanbo in neuerer Zeit eingeführte Grenzordnung. 

Rach diefem Blick auf den Altern und jesigen Zuſtand von Kuti 
fepen wir von biefem Orte, der etwa 30 geogr. Meilen, bie man in 15 
Zogereifen zurüdtegt, von Kathmandu entfernt ſeyn mag, unſere 
Steutmangaben weiter zum obern Arum fort. 

16) Bon Kuti führt bie ArmeesNoute ber Repalefen nad) 
‚Suna-gumbah, gegen R.O., 2 flarke geogr. Meilen (11 Ghurries), 
— Das Rout. IL nennt als Zwiſchenorte no Shultiasgurry unb 
dann Bhimulsgurry; bi Sunasgumbah Aufſteigen. 

17) Nah Mathie⸗gumbah gegen R.D., 3 geogr. Meilen (18 
Ghurze.), biefe beiden legten Tagemarſche ziehen Immer nod) am Bhus 
tia Kofi aufwärts. 

18) Rach Eangursphede (db. 5. Fuß des HimalayasPafe 
ſes) gegen OR, 24 geogr. Meile (12 Ghurries). Won bier nimmt 
das Gchneegebirge eine mehr fübliche Direction an. Die 
Duclte des Bhutia Kofi fol von hier nicht mehr fern ſeyn, auch 
nicht weit von der Quelle des Arun⸗Fluſſes, ber auf ber entgegenges 
fegten Geite bes Paſſes entſpringt. Die Quelle bes Bhutia Kofi 
fließt erſt gegen 3. unb dann gegen S. S. W.; bie bed Arun erſt ges 
gen R.D., macht aber dann einen gewaltigen Ummeg gegen ben Kofi, 
Dee Pag ſelbſt, den man durchſchreitet, ift nur gering an Höhe, baber 
mäfjen ihn die Schneecoloffe gewaltig zur Seite überragen. An ber Oſt⸗ 
feite ſteigt man hinab 

19) nad Lang⸗kote gegen D. 3 flarke geogr. Weiten (17 Ghur⸗ 
ries) und gegen R.O. faſt 1 geogr. Meile (4 Ghurries). Won ba 

9) nad D. nad) Zingri, 23 geogr. Meile (123 Ghurries). — 
Das Rout. II. weicht hier von ber Armees Route etwas in feinen Anga⸗ 
ben ab, fährt aber doch wol durch biefelbe Paflage ber Himalaya s Kette 
hindurch, weiche eö aber Kala Bhyrub Langur Bhenjang nennt. 
Es fast, von Sunasgumbah !'**) gehe man etwas eben nach Tſſcha⸗ 
prang oder Suabrong-gombah, 2 geoge. Meilen, feige dann 4 
Stunden bergan, 3 gute Stunden durch Winbungen, 4 Stunden wieber 
hinab nad Dheramsfillasphebde, einer Art Herberge (Berai) ober 
Berſchanzung am Fuß der Kalas BhyrubsKette, 4 geogr, Meilen 
(21 Gharries). Bon ba aber 3 flarke geogr. Meilen (16 @hurries) nad 
Kala Bhyrub Langur Bhenjang (d. i. Höhle), Dies iſt die 
Paffage dur den Himalayas immer bergan, zum Quartier 


Rn ee 


186) Kirkpatriek Aocomt 1 ©. p. 322. 


n 
* 


8: Mocotfien. IV, Mbfhniın $. 7% 


Kam nur ine Höhle etwa dienen. Bon biefer Hohle (Bhenjang) 
dat man den Himalaya zur Rechten und Linken, bad Geficht ges 
gen H’Laffa gerichtet, den Räden gegen Kathmanbı. Die Pils 
thuͤrmen ſich dem Wanderer hoch über dem Kopfe empor. Zuweilen, 
doch nicht immer, liegt Schne da, wo man bie Höhle (Bhenjang) 
paſſirt. Die Gebirgskette zur rechten zieht fih nah Deb Raia’s 
Gebiet (Gitim), bie zus Linken nad; Kheru Yin. Rad Shikar⸗ 
gumbah find von Hier 34 geogr. Melle (17 Ghurries), der Weg if 
eben, ber Rinu⸗Fluß von R.D., von Sankie⸗gumbah kommend, 
fließt im B. von Shikarz man muß ihn überfegen, um Shikar⸗ 
Bong zu erreichen Cbiefer Hinu iſt offenbar ibentifc mit dem Xrun)s 
weiter als zu dem Bort Shilargong, in einer Ebene gelegen, führt 
diefes Routier I. nicht. — Roch anbers iſt die Beſchreibung berfels 
ben HimalayasPaffage bei den Sapncinern, welde wol vers 
ſtaͤmmelte Shinefifche Namen mit untermifchen, doch fo, daß fie bei ale 
len breien unverkennbar dieſelbe ift, welche zur hoben 
Plateau⸗Ebene vn Tingri am Arun⸗FJluſſe hinaufführt. Sie 
nennen von Kuti ben erſten Ort Mesfcingsgungh ?**), eine cs 
kung, 16 Migl., bie Berge find hier nadt, ohne Bäume, ohne Ges 
baͤſchzʒ das einzige Brennmaterial zum Kochen ift der Argali (Vieh⸗ 
Dünger). Daher wirb bas meifte Fleiſch roh, gebörrt verfpeifts man fest 
die geſchlachteten Schaafe den trocknen, Ealten Winden aus, bie es bald 
ausborren. Wit biefem Tuͤbetiſchen Hammelfleifh, dad ungemein ges 
ſchaͤzt ift, machen bie Dorffchulgen ben vorüberziehenden Reifenden ihre 
Gaſtgeſchenke; fein Werbraudy ift ungemein groß, benn es macht nebft 
gebdrrten Fiſchen bie Hauptnahrung des Volks aus, Ihre Buddhalehre 
erlaubt ihnen zwar das Toͤdten ber Thiere nicht, doch eſſen fie ihr Fleiſch3 
fie wiſſen ſich zu helfen; alle Fleiſcher, fagen die Sapuciner, find bei 
ihnen ımehrliche Kerle, Ihre Schäfer verkaufen ſtets ihre Schaafe mit 
dem Zufage, fie ja nicht zu fchlachten, und glauben dadurch ihr Gewifien 
gu bewahren, Rur auf wilde Ochſen, die auch gefpeifet werben, 
wird Sagb gemacht, auf anderes Wild nicht. Reis fehlt, Weizen 
ift felten, Serfte (wol Awa⸗Korn, |. Aften Bd. II. S. 536, 711 u.0.D.) 
haben fie im Ueberfliuß unb bereiten daraus ihren Satu (Gerftenbrei), 
der ihre Hauptnahrung ifts Bier und Thee find allgemeines Getraͤnk. 
Bon dieſer erften Feſte werben nun noch brei Gaftelle in gleichen Diftans 
zen genannt, Zankiasling, Jalap und Zulon, bis zum Berge 
Langhur, der von ungeheurer Höhe, zwei Roͤmiſche Miglien hoch, ſeyn 
fol, auf deſſen Höhe eine Herberge Yambu genannt wird, Von 
diefer Tagen die Capuciner Miffionare, daß fie theild aus Badfteinen, 
theils aus nathrlichen Steinen erbaut, und in ben Felsruͤcken bes Lans 





188) Georgi Alphabet. Tibet, etc. Itinerar. Ihnssense, p. 445. 


Himal., I M.⸗Gr., Tuͤbet⸗Route nach Tingri. 97 
ghur eingehauen ſey. Auf dieſer Höhe leiden bie Laſtthiere fo wie bie 
Menſchen ungemein an Beängfligungen, Kopfweh, Erbrechen, bis zum 
Deliriium, und winben fi in Krämpfen und Schmerzen (die böfe Eſch, 
ſ. An Bd. IL 8.633 wa. D.). Die nachtheiligen Bolgen zeigen fich 
zumal da, wo ber Berg mit Schnee bebedt iſtz bei dem Hinabſteigen 
uchmen fie ab, fo wie der Schnee zu ſchmelzen anfängt, Doch iſt bies 
fer Pa keineswegs fo hoch, wie ber weit höhere Berg Cambala (ber 
zwiſchen dem Eee Palte und der Hauptſtadt H'rLaſſa überfliegen wich, 
f. Alphabet. Tibet. L c. p. 452)53 auch iſt er nicht fo nadt und Kahl, 
wie die andern weiterhin folgenden Höhen, Beine Seiten find mit Buͤ⸗ 
fen, Pflanzen und vielen officinellen Kräutern, auch giftigen, bewach⸗ 
fen, die in Menge gefammelt an bie Hindus Aerzte und Apotheker vers 
handelt werben, zumal aber mit der Spike Narde (Gcenbatfy ber - 
Sindu? Die Beſtimmung biefer Pflanze hat, auch nad W. Jones 
Abhandlung baräber, ihre Schwierigkeit). Gine andere Herberge auf 
ber entgegengefegten (alfo Rordoſt⸗) Geile des Berges Langhur, 7 
Miglien von ber vorigen, nennen bie Capuciner Gnincò (d. i. Statio 
commiserationis)3 von da gelangt man nad) Tingri. — Das Hobgs 
fon'jche Routier ſtimmt ganz mit jenen Angaben überein, nennt 
diefen Hohen Bergpad Yelum Thungla, 4 Stunden (5 Cos) — 
mit ewigem Schnee, und eben fo viel wieder bergabz nur Maul⸗ 
tiere, Yaks und Schaafe pafliren feine ſchneidenden Kalten Höhen. Man 
beſtreut wol ben ſchluͤpfrigen Weg mit Aſche, um has Ausgleiten gu 
binden. Ein Tagemarſch ift zum Ucherfteigen nothwenbig, um an bee 
andern Geite des Berges am Fuß bie Herberge zu erreichen. 

Bon biefem Tingri fagen bie Capuciner, «8 fey ein ganz ebes 
nee, wohl bewäflertes Thal, fruchtbar, lieblich, mit Eaftellen,' zerſtreu⸗ 
ten Häufern und Wohnungen befegt, eine gute Stunde breit und nady 
ben Berfiherungen ber Bewohner über 6 Stunden lang, daher ber 
Name Zingri Zubet '*) (d. i. Dei prosperitas) biefem Landestheife 
inöbefendre, aber keineswegs ganz Kübel zukomme. Faſt alle Einwoh⸗ 
ner find bier Hirten; jebe Familie hat ihre, zahlreichen Heerden Heines 
Bich (Hol Schaafe)5 gegen ben Sommer wirb es mager, gegen ben 
Winter fett. Die Hirten gehen auch in ber größten Kälte im Freien, 
und tragen lederne Stiefeln, Zrauen wie Männer, bie fie nie auszie⸗ 
ben (2). Bon dba find mehrere Stunden weit am Wege kleine Caſtelle, 
Zongriscula, Zingrisfanna, Tzogor und uͤberhaupt bis Ger 
gargium (wol Shilarsgumbah der ArmeesRoute),' bis wohin am vors 
überziehenden Gtromufer eine lange Reihe von ſolchen Keften, von 
Städten, von Shakiamuniſchen (d. i. Buddhiſtiſchen) Moͤnche⸗ 
und Ronnen⸗Kloſtern ſich hinzieht. | 
EEE & ” 

€) Georgi Alphabet. Tibet. etc. Itin. Lhassense p. 448. 

Bitter Erdkunde IV. © 


os Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchniu. 6,73, 


Auch Dobgfon’s Routier fagt, vom Bergpaſſe an folge num 

eine Thöne grüne Plaine, 2 Gos weit, vol ber fchönften Blumen, 
darauf man fehr viele flüchtige Thiere, dem Maulthier aͤhnlich, bemerke, 
welche die Bhotiva's King neımen (ber mis Kiang verwandte Name 
koͤnnte wol an Mooreroft's wilde Pferde, f. Aften Bd. I. S. 659, ex 
innern, wenn nicht eben hier bie Antelope Hodgsonii'in Heerben lebte, 
davon fogleih die Rebe feyn wird). Zingri, das am 13ten Tages 
marfch erreicht werben Bann, wirb jest eine anfehnliche Stabt ber Bho⸗ 
tiya’s genannt, wo eine Ghineflfche Pferdepoſt (wie bie von Ghertope 

und der Gobi, f. Aſien Bd. II. S. 603) nah H'Laſſa und China 
beginnt. Die Winter find in Zingri ſehr firenge. Die gewöhnliche 
Nahrung ber Einwohner ift auch hier noch Satu, d. i. Gerftenbrei, 
mit Butter und Thee. Die KReiſenden Lönnen bier wieder Mauithiere, 
Dferbe und Kameele, bie biöher ganz fehlten, zu ihrer Reife mies 
then, um nach Shegar im folgenden Tagemarſche zu gelangen. Dieſe 
Bhotiya s Stadt Hat 9000 Häufer und viele Lama's zu Bewohnernz fie 
iſt bergan gebaut und gilt als heiliger Boden. In den Berg, erzählt 
bie Legende, führe eine golbene Pforte zu einer Golbgrube, die Don ben 
Lama's fireng bewacht werde, Die Stadt hat 1000 Daun Garnifon ber 
HLaſſa⸗Truppen. 

Das Routier der Nepaleſiſchen Armee ſagt, mit jenen Angaben ganz 
übereinftimmend, bas Tingrismeidan, d. i. das Tin gri⸗Thaleery, 
lege am Arun, und, von hier fen die weitere Straße bis nad Digs 
"serheh,d. i. Shigadze bet Teſhu Lumbu (f. Aſien WB. IL ©, 
485) ganz eben und ziemlich direct. x 

Diefe Ebene iſt es, welche erſt feit wenigen Jahren gu dee Ent⸗ 
deckung einer neuem Antelopenarst geführt hat, welche mandıe für 
das endlich aufgefundene Einhorn ber Alten zu halten geneigt waren, 
wenigftens ift es ſicher das Seru der Tuͤbeter, Kere der Mongolen 
und Kiostuan der Chinefen, das bei ihren Hiſtorikern befannt genug 
if. Gin ſolches Einhorn, Seru **), begegnete dem Weltſtuͤrmer 
Tſchingiskhan, als er auf feinem Eroberungszuge nach Hindoſtan 
( Enedket) begriffen, den Berg Diabasnaring hinaufſtiegz er hielt das 
falbe, feltfame Thier fin ben warnenden Tegri feines Waters, nicht in 
das Land ber Bogda's zu ziehen, und kehrte von feinem beabſichtigten 
Kriegtzuge zuruͤck. In dem dftliden Tuͤbet gegen China, in ber. Pro⸗ 
Yinz Kham, trägt ein Gebirgsgau ben Ramen von ihnen, Seru⸗— 
dziong, und in Oſten zwifchen H’Laffa und H’tart nennt bie 
Beſchreibung von Tuͤbet **) eine Gegend am wild füh kruoͤmmenden 


18?) Kirkpatrick Acc. p. 316. **) Sſanang Sſetſen Mongol. Ge⸗ 
ſchichte. 4. S. 89. Rote 386. #®) Description du Tibet p. P. 
Hyacinth, ed; Klaprath, p. 230. Not. | 


Himal, I. M.⸗Gr., Tuͤbet⸗Route, Einhorn⸗Antelope. 99 


Chanswan, wo fie vorkommen ſollen. Auch Sam. Zurner *°), 
ki feinem Befuche im Palaſt des Rabja von Zaffifudon, erfuhr 
von diefem, daß er ein intereffantes Thier, eine Art Pferd, mit einem 
Herne auf ber Stirn, befige, das in einiger Entfernung auf feinem 
Bandfite fen, wo ihm das Volk göttliche Verehrung erzeiges woher es 
ober kimme, Tonnte er nit Jagen. Im Tuͤbetaniſchen Manufcripten 
hate Major Latter *1), ald Sommanbirender im Zerritorium bes 
Kadja von Sikim, im Verzeichniſſe des dortigen Gebirgswildes auch j 
den Kamen dieſes Einhorns gefunden, und die Beſtaͤtigung gehört, daß 
ein ſolches ſehr wildes, ungebänbigtes Ihier, hoch glei dem Pferde, 
aber mit gefpaltnem Hufe, in Heerben wie bie wilben Büffel am Rande 
ber Büfle, einen Monat fern von H'kaſſa, lebe, und häufig gefchoffen 
und verfpeift werbe. Es wurbe ihm felbft von ſolchen, die e8 gut kann⸗ 
tn, als ein einhorniges hier abgegeichnet. Das Zeugniß der armen 
Bhutiga’s 2), welche der Handel und bie Devotion jährlid aus Nepaf 
nach Zübet führt, ſchien ebenfalls das Dafeyn dieſes Thieres zu beftätis 
gen; es lebe, fagten fie, auf ben Ebenen von B’hote (db, i. Tübet) 
jenfeit des Himalaya, zumal fn einem walbigen Landſtriche, Chaug⸗ 
dung genannt, der mehrere Zagereifen in R.W. von Digurche (d. i. 
Teſhu Lumbu) Uegt. Das Thier, Chiro ober Tſchiru (bi. 
Seru) genannt, ſey aber zu groß und kuͤhn, um es mit einfachen Waf⸗ 
fin zu erlegen ober zu fangen; die abgeworfenen Hörner ober bie ber 
umgelommenen Tſchiru's bringen fie aber zuweilen mit don ihren Pils _ 
gerseifen umb weihen ‚fie ihren Göttern. Ein foldjes gewundenes Horn, 
das im Tempel von Sambhunath bei Kathmandu aufgehängt 
war, wußte fidy ber Reſi dent. Hodgfon zu verfhaffen, und überſchickte 
es der Calcutta⸗ Societaͤt. Cin anderes aus dem Walde in N.W. von 
Teſhu Lumbu wirklich durch einen Bhotiya nach Nepal mitgebrachtes 
Horn diefer Art, nebft einer Bhotiya⸗Zeichnung des Thieres, ſchickte Mr, 
Robinfon *?) aus Nepal an Dr. Wallich, der es für eine Antelos 
penart erkannte, Später wurde ein lebendes Thier diefer Art in bie 
Menagerie des Gorkha Radja nad) Nepal gebracht, wo «8. aber ſtarb, 
weil es bie hohe Temperatur von 213° Reaum. (80° Fahrenh.) nicht 
ertragen konnte. Der Lama von Teſhu Lumbu, den fchon früher 
Mejor Latter un Mittheilung biefes Thieres erfuchte, hatte es dahin 
geſchenkt. Hodgſon ſchickte den Balg des Thieres an die Calcutta⸗ 
Societaͤt, we es von Dr. Abel nach feinem Entdeder im Syſteme ben 
Ramen Antelope Hodgsonü. erhielt. ZIegt erſt erfuhr man durch * 





) Sam. Turner re * Tuͤbet ꝛc. Ueberſ. Ham⸗ 
burg 1801. 8. S.1 r Latter commanding in the 
Rajah of Sikims a in aa — Dec. 1820. ) Hodg- 
son Asiatic. Soc. Caleutt. 7. Jul. 1824, in Asiat. Iourn. Vol. XIX. 
p: 48. 2) Asiatic, Journ. 1824 Vol. XVIIL. p. 395. 4 


2 


} 


100 ° Hoch» Aflen. IV. Wofhnitt. $. 73. 


Teſhu⸗Lumbu⸗Lama, daß der Lieblingtaufenthalt biefer Thiere die ſchoͤre 


Ebene von Zingris meidan !**) am Arun fey, unmittelbar jenſcit 


ber fchneeigen Kutis Paflage über dem Himalaya. Große Tſchiru⸗ 
Heerden ziehen fich wegen der großen Salglager bahin, weldye dort 


auf jener Hochebene verbreitet liegen. Das grazidfe Ihier hat 


ganz bie Natur ber Antelopen, mit langem, ſcharfen, ſchwarzen geringels 
ten Horne mit breifady welliger Blegungz aber fie find ungemein wild 
und flüchtig. Wie bei allen Platcauthieren jener Talten Hochebenen if 
fein zwei Zoll langes, röhrichtes Haar an der Wurzel mit jenen weichen 
Daunen verfehen, bie bei den Shawlziegen (f. Aften Bd. II. S.609) 
unb audern Thieren des Hochlandes bekannt find. Aber eine Hauptfach 


ſcheint noch immer unermittelt geblieben zu feyn, ob nicht das eine ſte⸗ 


den gebliebene Horn nicht wirklich nur ein Reſt von zweien if, 
wie dies ber Schäbelbau zu fordern ſcheint; das Abwerfen eines der 
Hörner wuͤrde die Erſcheinung eines Cinhorns leicht erklaͤren. Daher 
wird dieſes Tſchiru auch für identiſch mit einer Antelope Kemas 
Smith. *) gehalten, welche oͤfter eins ihrer Hörner abzuwerfen pflegt, 
und das wirkliche Einhorn wuͤrde erfi noch zu fuchen ſeyn. 

- Wie haben hier das Tübetifhe Plateauland nun wirklich 


erreicht, wohin wir fpäterhin zuruͤckkehren werben. Wir begleiten daher 


nur noch das Nepalefene Herz in feinem Marſche im Allgemeinen am 
Arun abwärts, um bie Direction und Diftanz von bier nach Te 
ſhu Lumbu, als einem ber wenigen firirten Punkte in biefem wenig 
befannten Ländergebiete, fpäterhin nicht wieberholen zu dürfen. 

Bon Zingri legte das Nepalefens Heer noch 7 Tagemaͤrſche am 
ArunsKluffe zurlick, etwa 12 geogr. Meilen, bis dieſer ſich fü: 
wärts wenbetz der Heeresmarfch aber wurde noch 7 Zagemärfche weis 
ter, etwa 21 geogr. Meilen, gegen N.O. bis Teſhu Lumbu fortge 
ſetzt. Die angegebenen Stationen, weldye zum heil nur mit Nepalcfis 
fhen Namen angeführt werben, find folgende: 


1) Bon Zingri**) nad) ber Station Ghultiaspyany, 34 geogr. 
“ Meilen (18 Ghurries), nad) bem ſchlechten Waffer genannt; am Arun 


bin, der ſehr ſeicht, obmol fehe breit war, als ihn das Nepalefen= Hrer 
durchſezte. Won ba 

2) nad Nika⸗pany, 1 geogr. Meile (5 Ghurr.), nach dem guten 
Waffer genannt, immer am Ufer bes Arun hin, 

3) Nah Kunasgumbah {oder Konagong),. 3 geogr. Meilen 


(16 Shurried), am Knie eines Zluffes liegend, daher die Nepaleſiſche 


NRamengebung. Der Arun fließt nördlich daran vorüber. 





10%) Asiatic Journal 1826 Vol. XXII. p. 194. es) Historic Ac- 


connt of British India by H. Murray, J. Wilson, Greville, Jame- 
son, Ainslie etc. Edinh. 8. 1832. Vol. III. p. 68, ) Kirkpa- 
trick Acc. 1. c. p. 317—319. 


. 


> 


Himal., II. DR.-Cx., Tühes-Koute n. Teffu Aumbu. 101 


4) Roh Shilarsgumbah, eine Stunde (3 Ghurries), wo das 
Repalefen s Heer am Verein: beider Fluͤſſe (daher Shikar⸗dubhan 
genannt) campirte. Hier hatten bie Gorkha's in früher Zeit ſchon 
eis eme Keftung *") gehabt, und waren in mehreren Gefechten 
fegrcch gegen H’Laffa gewefen, von dem fie einen Zribut oder Ab⸗ 
tretung ber Länder im Suͤden des Langur-Paffes verlangt hatten, 
wos bie erfte politifche Vermittlung der Chineſen zur Herſtellung des 
Friedens herbeifichrte. Da aber von ihrer und der H’Eaffenfer Seite 
das Berfprechen der Tributzahlung nicht erfüllt wurde, fagen bie Ne⸗ 
palefen, fo erfolgte darauf als Zuͤchtigung jener Raubüberfall in Te⸗ 
fh Lumbn. — Die Verhandlungen über jene frühere Periode hat Kirk⸗ 
patrid im Auszuge aus einem Memoir der Gorkha's mitgetheilt. 

5) Rah Dhain⸗baitra⸗katrakagong am fühlichen Ufer bes 
Arun, 2 geogr, Meilen (10 Ghurries). 

6) Rach Ehho⸗gumbah, 2 Keine Stunden (A Ghurre), ein ſehr 
rot Ort. 

N Rah Chur⸗balua, eine Stunde (3 Ghurr.), eine Ebene mit 
Flugſand ober Moorgrund, zwifchen ben Arun und einem anbern Bus 
fiuffe zu ibm. Der Arun wendet fich bier gegen Südz das 
Her z0g gegen Oft bis Saita-gumbah, 3 geogr. Meilen (16 Shum 
sis), das von feinem weißen Haufe biefen Ramen erhielt. Von da an 
wendete ſich aber die Route gegen ben Rorben. 

8) Rach Bhyriasgong (bie Weidenfladt), gegen R., 21 geogr: 
Meiln (12 Ghurries). 

9 Nach Sankia, 3.gesgr. Meilen (14 Shurr.), eine große Stadt 
in einem Thale mit einem Strome; ber Sig des Sankia Lama, ber 
oöttich verehrt wirb, worüber das Hodgſon'ſche Routier, welches 
die Stat Sakyn **) nennt, mehreren Auffchluß giebt (ſ. unten Tuͤbet) 

10) Rah Ekela⸗gumbah, gegen N., 34 geogr. Meilen (18 
Ghurt.), eine Repalefen-Benennung, wegen der ifolirten tage fo genannt, 

11) Rad Shanguko⸗baifi, gegen O. N.O., 3 geogr. Meilen 
(14Gharxr.), an einem großen Strome, ber aber nicht genannt iſtz aber 
die Station nannte man nach einer Holz⸗Bruͤcke, die hinüber führt, 

12) Nah Lollpehar, 2 geogr. Meilen (12 Ghurr.), nach ber 
vothen Farbe des Bodens genannts der Weg geht etwas bergan, dann 
aber auf der ſchoͤnen Plaine fort bis Diggercheh. 

13) Rad) Kaghe z⸗gumbah, 5 geogr. Meilen (25 Shurrisy 

14) Roh Diggercheh (Shigadze) ober Teſhu Lumbu, 2 
geogr. Meilen (10 Ghurr.), bavon eine Stunde im Norden abwärts 





[4 


*') Kirkpatrick Account I c. ſ. Appendix I. p. 341 etc. . 
*®) Hodgson Routier Calcutta Soc. 2, Sept, 1830 in Asiatic Journ. 
1830 Vol. L. p. 247. 


\ 


102 Hoch⸗ Aſten. IV. Abſchnitt. $.73 


der Brahmaputra vorhber römt. Dee gange Abſtand von Kath⸗ i 
mandu würbe demnach an 80 geogr. Meilen (3984 Ghurr.) betragen 

und etwa 50 von Kuti, bas an 30 geogr. Meilen von der Gapital 
Repal's entfernt iſt. 


2. Die Route !') am Tamba Koſiſaufwarts nad; Dudh⸗ 
kunda in Tübetz nach Fr. Hamilton. 


1) Lengleng liegt am Zuſammenfluß des Tamba, ber dom 


‚NRorben herabfirdmt, zum San Kofi. Die erfle Tagereife führt zum 


großen Dorfe Namari. 

2) Der 2te Tagemarſch nad Jerikampti, wo ber Gorkha⸗ 
Radja feine großen Alpenweiben hat, auf denen 10,000 bis 12,000 Kük 
auf die Weide gehen, daher biefe Gegend auch unbebant bleibt. 

3) Zu dem großen Dorfe Game, das von Bhotiya's bewohnt wide 

4) Nach Goyang, desgleichen. 

5) Zum Schneegebirge Pangmo, von wo Dudhkanda etwas 
weiter gegen N. W. in den Alpen liegt, die ſchon zu Tuͤbet gehoͤren; die 
jährliche Meſſe an dieſem Orte iſt es, welche viele Handelsleute dahin zieht. 


3. Die Route am Dudh⸗Koſi aufwärts nad Lamja ’°), 
nad Fr. Hamilton. | 

1) Bom Sivas Tempel zu Kalefi, wo eine große Meſſe gehalten 
wird, gebt bie erfie Tagereife nah Rawa, durch ſtark bewohntes 
Land; die Stadt ift anſehnlich und hat ein Fort. 

2) Dann durch gut bewohntes Lanb zum großen Dorfe Hakala. 

3) Eben fo nad) dem großen Dorfe Jubing. 

4) Vach dem Dorfe hat, welches von Bhotiya's bewohnt wich; 
des Elima ift hier für bie Parbatina’s oder Berghindus zu Kalt. 

6) Nadı dem Marktorte Lamja, der auch nur von Bhotiya's 
bewohnt wird; bie Waaren find Hier diefelhen wie anderwärts, Zoll 
wird davon nicht gezahlt. j 
4 Die Route am Arunsfluffe aufwärts von Bijaypur 

nad Pokang, Manigumbap und Tuͤbetz nad Fr. 

Hamilton 71). 

.. D on Bijaypur am erfien Zage nad Mulghat am Zams 
bar⸗Fluſſe aufwärts; dev Weg ift hügelig ‚ ohne Gebirge, das Land voll 
AdesGultur. 

2) Eben fo, uͤber ben Zambar gefept, nach Dhankuta ober 
Dhankot. 





190) Fr, Hamilton“ Acc. L c. p. 168. 10) ebenda 165. 
19) ehendafı pı 158-150, p» 168 kp 


[4 


Himal,, II. M.⸗Or., Tuͤbet⸗Route n. Manigumba. 103 


3) Dieſer Tagemarſch geht mehr durch bergiget Land, das we⸗ 
niger bebaut iſtz mehrere kleine Fluͤſſe find zu überſezen, wie der 
Nangmoyh u. a. 

der Tagemarſch, durch gut bebaute Ebene nach ber Stadt Ja- 
reſang. 

Ser Zagemarfch, Uber niedere Höhen durch ein ſchoͤnes Thal 
gem deghuy a⸗Fluß. 

6) Auf huͤgeligen Wegen durch vieles Gulturland über den Piluyas 
Flof mter dem Fort von Shayenpur vorüber nad) Dobhang, am 
Sufommenflug des Soyeya und Arun. 

Tter Zagemarfch, auf Tanftem Wege, der zum Seiten auf Pfer⸗ 
den gut geeignet iſt, nach Tamlingtar, in einem großen Thale, das 
in B. vom Aruns Fluſſe begrenzt wirdz es iſt wärmer wie das Thal 
von Kathmandu, abes weniger gelichtet. Die Stadt hat an 6000 Ein⸗ 
woher, 

Die 3 folgenden Tagemärfche über TZamling, St geya und 
tum gehen bequem burch Culturiand. 

Der 11te Tag führt, ſehr bergig und ſteil auf und ab, noch durch 
gut gebaute Gegenden nad) Supha. 

12) Rah JIholangghat am Arun⸗Fluß, über ben hier eine 
Jangebräde geht. 

13) Usber niebere Berge am Weftufer des Aruns Fluffes nach Des 
dang, dem Grenzfort und Sitz eines Subah, beffen breite Thalluͤcke zu 
beiden Seiten won den hoben Schneepils Meyangma in W. unb 
Nirgu in DO. überragt wird; das Defile am Strom hin ift felfig. 

14) Rah Kombda, einem Dorfe der Bhotiya's, ehedem bie Res, 
Renz eines Lama , der als Incarnation verehrt ward. 

16) Rah Chamtang, einem Dorf ber Bhotiya’s am run. 

16) Rah Sekſula (oder Sekfura) am Arunz ein Dorf der 
Bhotiha's zu beiden Seiten des Stromes gelegen, über ben eine von 
Zweigen geflochtene Hangebrüde führt. Zwei Tagereifen von ba, ges 
gm R.O., erreichte man Pokang in cinem Lande, das nicht fehr bers 
sig, aber fo Hoch und kalt iſt, daß es nur im Sommer von Schafhir⸗ 
ten beſucht wird, und von Handelsleuten, welche früher ven Markt 
von Pokang bezogen. 

IT) Bon Sekfula kommt man auf bem Weftufer des Arun, in 
deſſen Thale auffleigend, zum Bhotiyas Dorfe Hatiya, einem Markt 
orte, ber an die Stelle von Pokang getreten iſt. 

18) Zum BhotiyasDorfe Chipachintang, bas noch den Gorkhas 
gehört; aber nur wenig entfernt von ba liegt das Dorf Mani⸗ 
sumba, das fchon zu H'Rafle gehört ; hier ift alfo das Tuͤbetiſche, 
it Chineſiſche Grenzgebiet. Der Umfag von Chayenpur 
auf dieſer Handelsſtraße mit dem Hochlande waͤr der vielen Stoͤrungen 


\ 











an! 


104 Hohe Afien. IV. Abſchuiut. 8.73. 
und Hemmungen ungeachtet gu Ir. Hamilten’s Zeit noch immer bes 


beutend. Hatiya am Arun und Alangchang am Tamar waren 


nah bem Verfall von Pokang die Hauptmärkte geworben. Die 
Sinfupr !7?) von Tübet befteht in Schaafen, Moſchus, Mos 
Thushäuten, Büffelfhweifen, Borar, Ehinefifhen Seis 


benwaaren, Mebicinalträutern, in Gold und Silber. Von 


Chayenpur befteht bie Ausfuhr in Reis, Weizen, Maruya 


(Cynosur. corocanus), Uya⸗Korn, Del, Eifen, Kupfer, Baum 
wollenzeuge, Zub, Katehu, Harra bahara (b. i. Myrobas 
Ianen), Planken von Dhupibdäumen zu feiner Holzarbeit, Pfef⸗ 


fer, Specereien, Indigo, Zabad, Dtterfelle, Zucker, Zub | 


erfand, zuweilen Perlen u. a. m. 


. 2 Rerritorium des Sikim Nadja. 


Das oͤſtlichſte Gebiet der Nepaleſiſchen Alpengebirgslandſchaf⸗ 
ten am Tiſta⸗Fluſſe, das nad feinem Beſitzer und deffen Res 


ſidenz das Territorium bes Sikim Radja genannt wird 


gehört zu ben unbekannteſten Theilen diefer Erdgegend. Seit früs 
berer Zeit unter dem Einfluß von H’ Laſſa fiehend, duch bie 


Gorkha Revolution theilweife von diefen Machthabern zerftüdelt, 


unter ben Schug der mädtigeen Nachbarn im Oſten und Sü: 
den, des Deva Dharma Radja von Bhutan und der Bri⸗ 


. ten in Bengalen, getreten, iſt dies Land bei der eigenen, innern 


"Schwäche, der Saloufie feiner Nachbarn von allen vier Seiten 
preiögeftellt, und dadurch, wie es fcheint, in neuerer Zeit zwar 


nicht ganz unbeachtet, aber doch von Europäern unbefucht geblies 


ben, da jeber Zugang gegen den Norden für Britiſchen 
Verkehr vom Süden her, buch das Vorrüden der Chines 
ſiſchen Grenzpoften, unerfprießlich geworden wäre. Wie müffen 
uns bier nur mit dee hiftorifchen und topographifchen Notiz 7), 


bie wie duch Se Hamilton und einige officiellen neuem 


Britifchen Angaben erhielten, begnügen, weil une jeder allgemeine 


beiehrende Bericht über jenes Alpenland fehlt, . 


Das Hochgebirge, wie das vorliegende Bergland, zwis 
hen den Fluͤſſen Fankaye und Tifta, bewohnt ber Volks⸗ 
Hamm der Lapchas; Ihe Beherrſcher der Nadja von Sikim 


war ein Bhotiyaz fen Heer befand aus Bhotiya's, aus ei⸗ 





gem felgen, unteiegerifchen Volke, das ben kuͤhnen Gorkhaleſiſchen 


ı72) Fr, Hamilton «Account L c. p. 157. 78) Fr, Hamilton | 
Account 1. c. Part, II. ch. 1. Country ef Sikim p. 118 - 128. | 


Himal,, II. Mittel-Gr,, Sikim. 105 


Gebirgẽenachbarn keineswegs gemachten war. Bhotipaꝰs ums 
gaben und bewachten den Radio. Außer den Lapchas, welche 
etwa bie Hälfte ber Population dieſes Landes ausmachen, find 
no dem kleinern Antheile nad) Limbu's, dem größern nach 
Ohstipa’s die Mitbewohner deſſelben. Dee Radja, von 
dernthmer Familie aus H’Laffa abſtammend, bat den Titel 
Gelpo (richtiger Ghialbo, d. i. Rex), und in ben weltlichen 
Angelegenheiten feinen erſten Reichsverweſer und Generaliſſimus 
der Lapchas, mit dem Titel Hang, der aber erblich iſt, und das 
bet wel mehr Gewalt, als er ſelbſt, beſttzen mag. Die Herrſchaft 
der Bhotiya’s in Sikim hält Er. Hamilton baflır, fe ſchon 
alt, da fie einft fogar viel weiter gegen Süd und auf ber Oſt⸗ 
fite de6 Mahanada- Stromes bis Kriſhnagunj reichten, 
als fie ans diefen Beſitzungen busch bie frühern Eroberyngen ber 
Muſelmaͤnner (Afien Bd. U. ©. 424 ıc.) verdrängt wurden. Aus 
jener Zeit iſt wenig pofitives befannt. Die Bengalefen nanns 
ten im Jahre 1782 das ⸗Oberhaupt von Sikim, Rup Chis 
ting; feine Reftdenz war das Fort Dargiling (6771 F. Par. 
üb. d. M., f. Aſien Bb. IL, ©. 978). Wahrſcheinlich im Jahre 
1788 fielen die Gorkhali's in deſſen Land ein, und fanden, 
obwol nur mit 6000 Kriegern, nur wenig Widerſtand; denn im 
Ditober hatten fie felbft die Capitale Sikim erobert, welche meh⸗ 
‚tere Tagerriſen weiter im Norden liegt. Der Radja zog fih in 
das Zuͤbetiſche Hochgebirge zuruck, fuchte den Beifland des Höfe 
von H’Laffa und Bhutan (Taffifudon), der ihm auch 
gewährt wurde. Ex verfprach dem Nadja Deva Dharma von 
Bhutan einen Tribut, und wurde daflır durch deffen Truppen 
[don im December deffelben Jahres in feine. Capitale zuruͤckge⸗ 
fühztz denn die Gorkhaleſen wurden aus Sikim zuridgefchlas 
gen. Zugleich waren bei dem Einfalle eines Gorkha s Heeres in 
Zübet, zu Kuti Gefechte vorgefallen (f. oben ©. 98), Bald 


308 fih das Bhutan⸗Heer gegen Oft zuruͤck; ber Rabja von St: - 


fm farb, fein Sohn Kurin Namki war noch Kind; bie 
Gockhaleſen kehrten zuruͤck. Der Thronerbe floh nah Tankiya 
in Tübet; das Territorium von Sikim kam in der Nepaleſen 
Gewalt. Der Hang der Lapchas zog ſich in das wilde Ges 
birgsland zwiſchen die beiden obern Arme des Großen und 
Kleinen Zifta, wo er in der dortigen Feſte Gandhauk 
Gangdok) die Herefchafe über den fueigebliebenen Bergdiſtrict 
Sikims bis in die neuere Zeit behauptete. Von Bhutan was 


106 Hoch⸗Aſien. IV. Abfänie. 1.73, 


ren die Gorkha!s dur die Verwendung China's zuruͤckgehalten, 
die unterworfenen Lapchas, im untern Sikim, zeigten fid 
aber fo rebelliſch gegen ihre Beſieger, die Gorkha'e, daß Diefe 
Ihnen einen eigenen Statthalter aus ihrer Mitte zugeſtehen muß⸗ 
sen, dee bie beflimmten Zributgelder an fie abliefern follte. Man 
fepte nur einen Subah von Chayenpur als Militairgouver: 


neur ein, und ließ in den beiden Hauptorten Sik im' und Dar: 


siling Gorkha s Truppen als Barnifon zurüd. Get 1809 be: 
gannen mit der Ruͤckkehr bes jungen Radja, mit Bhotiya Hülfe 
aus Tuͤbet, neue Verfuche zur Reftauration feiner Hertfchaft 
an der auch Britifche Truppen Schon damals Theil nahmen. 
Das Britifhe Souvernement in Bengalen, bem 
daran gelegen war, in einem guten Wernehmen mit dem Hofe 
von H’Laffa zu bleiben, und burch diefen als Freunde des 
Friedens bei dem Hofe in Peking, in ihrem Wunfche eines 


freien Handelsverkehrs zu Lande über Tuͤbet nad) China bevorwors ' 


tet zu werben, ergriff in dem erneuerten Kriege gegen bie Gorkha's 
(1814) die gute Gelegenheit, feine Gunft dem Radbija von Si⸗ 
tim, als einem fehr nahen Verwandten der Negenten von 
H’Raffa, buch die That zu beweilen. Es verſprach ihm feinen 
Beiſtand, und übernahm bie Vertreibung ber Gorkha's aus dem 
untern Territorium von Sikim, während er felbft mit taufend 
Mann beffen Gebirgsland von feinen Feinden reinigen wollte. 
Im 6ten Artikel des Sriebenstractats zwifchen den Engländern 
und Gorkha's 17%) wurde wirklich die völlige Räumung des 
Sikim⸗Territoriums duch die Gorkhas und befien Ins 
dependenz unter bee Garantie und Protection der Bri⸗ 
ten feſtgeſtellt. Dieſe fuchten dadurch fih in dem Gebirgelande 
oftwärts vom Mitchie: Fluß (Medi ein linker Nebenfluß zum 
antern Laufe des Kankaye), welcher ald Grenze zwifhen Ne⸗ 
pal und Sikim beſtimmt warb, den Zugang zu Sitim und 
Tüber frei und offen zu erhalten und alles Tiefland ofls 
waͤrts deffelben Mitchie⸗Fluſſes, bis zu dem WBerglande von Si⸗ 
tim, wurde zugleih von ihnen ale Eigenthbum der Com⸗ 
pagnie, unb zu Bengalen gehörig in Anfpruch genommen. 

Dirie aus biefer Zeit bekannt gewordenen Nachtichten über das 


— — 
— ſJ. Siehe sieh — the u War printed in conformity to 
the Court of Proprietors of East- India Stock. 
Lond. Pre Fol. p. 265, 267. 429, 430, 835, 927. 


Himal., II. WittelGr, Sitim. 107 


Land Sikim find fehe umvollſtaͤndig geblieben. Das Hochs 
gebirge im Norden, welches dieſes Gebiet von bem Tuͤbetiſchen 
Zeritorium von H’Laffa fiheidet, wird Khawa»Karpola 
er Harpola, d. i. bie Weißen Berge, genannt; es wirb 
vom Hauptſtrome des Landes, dem Lifte, durchbrochen, der 
she bedeutend ift und viel weiter im Norden,‘ im Gebiete von 
Pkaſſa entfpringe. Nach den Tüberifhen Kalten foll es ber 
Phun tfang dzangbo tfu feyn (f. Klaprotli Carte centr. de 
Pie), Kirkpatrick fagte 75) man, er entfpringe auf dem 
Dnge Chownrigolah, einer Zortfegung des Schneegebirges 
Phunijung, eine Tagereiſe fern davon in O.S.O. Aber wo 
dieſes gelegen? bleibt uns unbelannt. Zwei Ha uptarme defs 
felben werben der Große und Kleine Tiſta genannt, und 
jwifhen ihnen im Hochgebirge liegt die Feſte Gandhauk. Oſt⸗ 
wärts des Kleinen Tifta liege Damfang, eine Fefte weiche 
dem Deva Dharma Radja, , alfo [hon zu Bhutan gehört. Das 
Gebiet von Si kim ift alfo hier nur auf eine ſehr geringe Breite 
ausgedehnt, denn im Welt ift der Kankaye im Hochgebirge 
eben fo der Grenzfluß gegen das Territorium ber Gor⸗ 
kha's, gegen die Suba von Chayenpur. Die einzige Pafs 
Tage zwifhen Sikim und Tübet, duch das Hochgebirge 
Karpola führt dur den Phakali⸗Paß, der 5 Tagereiſen im 
ND.son JSang: chim legt; da aber dirfer Zugang durch das 
Zertiterium des Deva Dharma Rabja von Bhutan führt, fo iſt 
hierdurch der Verkehr der Bewohner von Sikim flets vom bes 
nachbatten Bhutan abhängig, defien Einfluß auf diefes Land in 
den letzten Eriegerifhen Bewegungen jener Landfchaften nicht ohne 
Beteutung war. Auh-Dallimcot, eine Feſte auf dem öftlis 
chen Tiſta⸗Ufer, auf ber hoͤchſten Vorkette an feinem Durch⸗ 
bruche Dusch die Vorberge zum Tieflande, gehört ebenfalls fchon 
zu Bhutan. Sikim if alfo nur ein ſchmaler Landſtreif des 
Apengebirgelandeß, welcher wie eine Brüde, zwifchen Gorkha 
und Bhutanern im Weft und Oft, dad Territorium der 
Briten in Bengal, dom Süden her gegen Norden, über 
bas Schneegebirge mit dem Platenulande von Tuͤbet in Verbin⸗ 
dung fegt. Die einzige Beobachtung em unten Tiſta⸗Fluſſe, 
unterhalb feines Durchbruches ducch die Vorkette gegen die 





1%) Kirkpetrick Acc. I. c. p- 281. 





= 


108 SHodhsAflen. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Plainen von Hinbdoftan, von Dr. &cort!76), fagt und, baß bie: 
felden dort niedrig find, und aus verſchiedenen Lagern von Schies 
fer, Kohlenſandſtein und andern lockern Exdarten voll klei⸗ 
ner Rolikiefel- Schichten beftchen, in denen das vorherrfchende Ge⸗ 
fein überall ein ſehr glimmerreiher Sandftein iſt. 
Sitim, bie Hauptſtadt des Landes, Liege im Weſten bes 
Großen Tiſta, auf dem Weltufer des Ihamiluma (ein 
sechter vom N.W. kommender Zufluß zum Großen Tiſta), der 
aber von dem Suͤdabfalle bee Schnerkette kommt, und dieſe 
nicht, wie jener, ducchbricht. In zwei Arme getheitt umſtroͤmt er 
einen fehr hohen Berg, auf deſſen Tafelhoͤhe die Feſtung Tafi⸗ 


bing erbaut iſt. So hoch foll diefe gelegen ſeyn, daß man zum 


SHerabfleigen von berfelben nach allen Seiten zu einen halben 
Tag braude. Abwärts von Sikim, 6 Tagerelſen entfernt, da 
wo der Tiſta mit feinem vereinten Waffern bie hoͤchſte der Vor⸗ 
derketten zu bucchbrechen beginnt, liegt auf feiner Weſtſeite Dar: 
giling, welches die Hauptfeſte des Landes gewefen zu feyn 
ſcheint, ba die Gorkha's daſelbſt ihre ſtaͤrkſte Garniſon hineinge- 
worfen hatten; es iſt derfelbe Ort, von deſſen Auswahl zu einer 
Geſundheitsſtation für Bengalen ſchon anderwaͤrts bie Rede 
war (ſ. Aſien Bd. I. ©. 978). Auf mehr füdlichen Vorketten 


Hegen geringere Seften, wie Satang, ein Marktort, unter wels 


dem der Mahanada entfpringt, ber an der Stadt Sannya⸗ 
filata (Sanathygota) vorüber in das Tiefland zum ‚Ganges 
ſtroͤmt und dem Tiſta feinen Namen giebt. Eben fo, etwas nord⸗ 
weſtliche Samdung (Nagrikot der Bengaleſen), fruͤherhin bie 
Mefidenz des Lapcha Oberhauptes, welcher den Tribut für die 
Gorkhalis eintrieb, und dicht dabei Dimali oder Siumali, 
ein Zollhaus und Marktort mit dem groͤßten Baſar des 
Landes, wo die Producte des Taripani gegen bie der Berg: 
diſt riete umgefegt werden: Salz, Tabak, Baummollenzeuge, 
Biegen, Federvieh, Schweine, Eifen, Korallen, Tuch u. f. w. ges 
gen Dferde, Moſchus, Büffelfchweife, Chinefifhe Seidenwaaren, 
Rhinoceroshoͤrner u. ſ. w. Noch weiter, gegen S.W., Nagri 
und Belaſi ſchon am Kankaye, alles Puncte, weiche bie Eins 
gangsthäler zum Tariyani beherrſchen; bemm auch bier fireicht bie 





170) H. T. Colebrooke on the Geology of the Northeastern Bor- 
a en, in Transact. of the Geol, Society Sec. Ser. Vol. l. 
P- 


Himal., IE Mittel-Or., die Nepaleſen. 109 


Borkette gleichmäßig von Weſt gegen Oft, aus Nepal gegen Bhu⸗ 
tan fort, bis Aſſam, mit denfelben Naturverhältniffen. Diefe 
Berge von Dimali find nur fparfam bewohnt von dem Wolfe: 
komme dee Mech oder Dimali, die in Agricultue von Reis, 
Baumwolle u. a. ſchon ganz ihren oͤſtlichen Nachbarn den Garos 
gleichen ſollen. | 

Dee Kankape iſt der weftlihe Srenzftrom bes hohen 
Bersiandes von Sikim; er fheint nicht aus bem Hochgebirge 
ju fommen, ſondern nur dem Sübgehänge ber Diirgu (ober Phas 
phek, f. oben ©. 86) zu entquellen,. Zwiſchen zwei Bergketten 
burhfirömt er ein langes, ſehr enges Thal, das noch ganz zu 
Sikim gehört, barin oberhalb ber Marktort Majhoya, weis 
tr abwärts das ſchon oben genannte Bilafi liegt, Auf ih: 
um werden biefelben Waaren wie zu Dimali umgefegt. Wels 
ter abwärts gehört fein Thal ſchon dem Territorium des Vi⸗ 
jaypur Nadia an, bie Vorberge, fo Bein fie bier gegen bie 
Himalaya: Höhen erfcheinen,, find, nah Fr. Hamiltons Ur: 
theil, doch an Hoͤhe noch den Bergen in Wales und Schott⸗ 
land gleich. 


3. Die Bewohner der Nepalefifhen Alpengebirgss 
| Landfhaften. 

Ucberfiht. Die Nachrichten, fagt der berühmte Orienta⸗ 

9 Wirfon In Cakutta, welche Kirkpatrid und Fr 


Hamilton (Buchanan) Über die Nepalefen gegeben haben, _ 


find weit entfernt befriedigend und ſelbſt nur verſtaͤndlich zu feyn. 
Dech zeigen fie, daß es zweierlei Hauptabtheilungen!7”) 
bed Volkes in Mepal giebt: 1) die Parbatiya’s, d. i. die 
Bebirgss Hindus, weiche Anbeter bes Shiva und Viſchnu 
Mad; NM ewars, welche geößtentheild der Buddhalehre folgen, 
md die urfprüänglihen Einwohner des Landes. Jene 
Berichterfatter find unklar über diefe Völker, weil der Geiſt des 
Polytheism ſelbſt in fich unklar iſt, und weil ihnen der Zugang 
zu ben Driginalwerken fehlte Religioͤſe Formeln und Ges 
remonien werden ein Gemeingut, von deren fpäterer Er: 
ſcheinung ſich nicht auf den frühern urfprünglichen Zuftand 
zuruͤckſchließen läßt. Die häufige Mifchung des polptheiftifchen 


D 





’’) Hor. Wilson Notice of three tracis received from Nepal in Asiat 
Reseasches, Caloutta T. XVI. p. 450. 





110 Hoch-Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Cultus in Hindoftan wieberhoft fi auch in Nepal, im Cut: 
tus des Shiva und Viſchnu mit denen ber Buddhiſten; 
ihe weſentlicher Unterſchied laͤßt fi nur in den reinen, unvers 
faͤlſchten Urquellen ihrer Doctrin nachweiſen. Diefe waren fruͤ⸗ 
bee, was die Buddhalehre betrifft, unbekannt; Hodgſon, 
der Britiſche Reſident in Nepal, hat viele Werke derſelben in der 
Tübetiſchen Originalſprache In dortigen Bibliotheken auf⸗ 
gefunden, die aber bis jetzt faſt noch unverſtaͤndlich blleben. Ob 
ſie urſpruͤnglich, wie einige meinen, und was die Geſchichte der 
Tuͤbetiſchen Literatur im Ganzen wahrſcheinlich macht (ſ. unten 
Tuͤbet), nur aus dem Sanſerit in Tuͤbet Kberfegt find, laͤßt ſich 
noch nice nachweifen; im Sanſcrit erifticen wenigſtens dieſe 
Schriften nicht mehr. Ueber den Bhot Bhuddismus, d. h. 
die Geſtalt, wie dieſes Religionsſyſtem bei ben Bhotipa's in 
feiner Urfprünglichleit und jegigem Zuftanbe befteht, fagt Wil⸗ 
fon ferner, laͤßt fi auch nur erſt urtheilen, wenn diefe Doctrin 
. aus andern Ländern, wie in Ceylon, Ava, China, Mon: 
goletu ſ. w., wo fle geoßen Differenzen unterliegt, auf 
Hleiche Weiſe befannter geworben ſeyn wird. In einem Lande 
des Drients, wo aber, wie in Indien, bie Religtongverhälts 
niffe alle andern Verhältniſſe der Voͤlker und des 
Menfchen fo gaͤnzlich verfchlingen und umgeftalten, mußten nas 
türlich, auch abgefehen von andern, gleichartig wirkenden Urfachen, 
wie Beſiegung, Vermifhung, Cultivirung der Völker, eben das 
buch auch alle ethnographbifhen VBerhältniffe in Uns 
klarheit geratben. So iſt es wirklich in Nepal, wo die Ber: 
‚fchiedenheit de8 phyfifhen Menfhenfhlages nah Abs 
ftammung, durch den Unterfchied der Kaſten, der Herrſcher 
‚und der Beherrfchten fo fehr erſchwert wird, wo die Vers 
ſchieden heit der Sprachen kaum als Kriterium der Verſchie⸗ 
denheit ber Voͤlkerſtaͤmme dienen kann, ba die heiligen Spra⸗ 
hen die unhetligen, bie der Gebteter die der Gehorchen⸗ 
den verdrängen, und die Literaturfprahen allen befannt 
werden, die der Micht= Literaten aber nicht einmal beachtet 
find. Auch iſt die Geſchichte des Landes zu fragmentarifh, bie 
Kunde der Voͤlker iſt zu unvollfiändig, die Bodennatur und die 
politifche Vermiſchung zu mannigfaltig, um das ethnographifche 
Gewirre fo zahlreicher Alpinen, Berg: und Wald: Völker fo feiche 


zu entsiffern. 
Gehen wir mit bem größten Kenner ber Repatefen, mit 


4 


Himal., II. Mittel-Gr., Repalefen, Sprachen. 111 


dem Britiſchen Mefidenten in Kathmandu, Hobgfon 176), 
von dem Grunde dee Sprachen aus, fo ergiebt fi) als merk⸗ 
wirdigfies Refultat: die Sprache Nepals ift das Mewart, 
vie Sprache de6 Newar » Stammes. Diefe hat ſehr vies 
Its gemeinfam mit der Sprache von Tuͤbet oder von 
Bhot, ein Ausdrud, den man zum Unterfchiede bes füdlicheren 
Bhutan beibehalten Bann, dena dies ift hier im Himalaya⸗ 
Gebirgslande die allgemeine Benennung für Land und Volt 
des Hochgebirge 6 und ber Pimteaulandfchaften. Das Newari 
it aber ein geringerer, aͤrmerer Dialect des Bhot, der fich daher 
mehr durch Sansfcrit bereichern mußte, wie dies fchon die Vo⸗ 
cobnlarien zeigen. Dem Newari fehlen bei feines Armuth auch 
die Wörter füe allgemeine Begriffe und Ideen, 5. B. für Schoͤ⸗ 
Pfung, Sort, Menfchengefchlecht u. a., daher es fo bereit zur Aufs 
nahme des Sanfcrit war; fein Zahlenſyſtem ift wie im 
Bhotiya, eben fo in feinem Kalenter die Namen der Monate, 
Boden n, f. w.z bie der Tage find aber Corruptionen aus dem 
Eangferit, und die Schrift ift dem Devanagari nachgebildet. 

Die zweite Sprache der Nepaleſen iſt bas Parba⸗ 
tige. Aus dem Tieflande wasd duch HindusColonien ein 
Dialect der Indiſchen Prakrit (d. h. ber gemeinen Volks⸗ 
ſprache), das ParbatiyaBhafha eingeführt und fo allgemein 
verbreitet, daß es in ben Provinzen im Weſt des Gogra, oder 
dee früheren Gorkha Territorien, die einheimifhen Sprachen 
dre Himalaya⸗Bewohner gänzlich verbrängt hat. Im DOften bes 
Goggra, oder in den jegigen Borkha : Territorien, iſt es zwar 
weniger vorherrfchend geworben, doc, bat es auch da ſchon ganz 
gleiche Rechte mit dee Mutterfprache erlangt, und verdrängt diefe 
töglih mehr und mehr. Die gegenwärtigen Behersfcher des ans 
des, die Gorkha, fprechen diefen ParbativasDialect, 
und ihrem Einfluß ift deifen vorherrſchende Verbreitung in bee 
letzten Zeit vorzuͤglich zuzuſchreiben. Das Nepaleſen⸗Thal 
im engern Sinne, bemerkt Hodgſon 7°), iſt, obwol nicht ſehr 
fen von dem Hinduſtaniſchen Tieflande, doch faſt die einzige 
Gegend, wo die Mutterſprache das Volks ſich erhalten hat: denn 





'’*) B. H. Hodgson Resident st Katmandu Notices on the Lan- 
5 Literat. and Religion of the Bauddlıa’s of Nepal and Bhot, 
in Asistie Res. Calc. 1928, T. XVI. p. 409-449. cf. Journ, Asiat. 
„\ouv. Serie 1830 T. VI. p, 81-119, 257-279 av. Notes. 

) Hodgson Notices etc. L €. T.XVL. p. 416. 


| 


112 Hoch⸗Aſien. w. Abſchnitt. 6. 73, 


pas Newari, ungeachtet feiner Sansſcrit⸗Vermiſchung, ift body 
darum nicht weniger wefentlich verfchieden geblieben von allen fo 
zahlreichen Sanfcritifhen Dialecten, welche in alle Alpengebirgs⸗ 
landſchaften des Himalaya» Spilemes mehr oder weniger einge: 
deungen find, auf Wegen, bie freilich oft noch ganz unbekannt 
blieben. 

Die Erhaltung bee Musterfprade des Newari, im 
eigentlichen Nepal iſt daher eine merkwuͤrdige ethnographiſche 
Erſcheinung, ba ihre Verwandten, die Bhotiya Dialecte, wie 
die Bhotiya's ſelbſt, ſonſt überall, vielleicht nur Bhutan 
ausgenommen, nur auf die kalten Schneehoͤhen des Hochgebirges 
und des Piateaulandes beſchraͤnkt erſcheinen. Bewohnten dieſe 
auch einſt urſpruͤnglich die tiefern Thaͤler, deren Waͤrme ſie gegen⸗ 
waͤrtig ſcheuen, und wußten bie Newari’s nur, ſich beſſer im ih⸗ 
rem Urſitze zu behaupten und ihm zu aſſimiliren? oder ſind ſie 
nur eine von der Hoͤhe nach der Tiefe vorgeſchobene Colo⸗ 
nie? ober ſtehen noch gegenwärtig, was uns am wahrfcheinlichs 
fien ii, andere Völkerfhaften in gleihem Verwandts 
fhaftsverhättniffe neben ihnen? auf welche nur jene 

obigen Betrachtungen noch Peine Ruͤckſicht nahmen. 
Die Erhaltung des Newart in Nepal war wol von jes 


nen drei Urfachen vorzüglich abhängig, weile Hodgfon ans 


führt. Einmal beförderte bie Sruchtbarkeit des Thals den 


fhnelleen Anwachs ber Population, wodurch deren Sprache ihre 
Gonfiftenz erhielt; dann, fo erleichterte bie bequemere Oberfläche 


diefee Thalweitun: den häufigen und fleten gegenfeitigen Verkehr, 


der den andern Engthälern bes Alpengebirgsiandes fehlt, wodurch | 


bie Newari⸗Sprache ſich beſſer ausbildete, bereicherte und zu 
einer Ast Nationaifprache erheben konnte. Die zahlreichere Pos 
pulation nehm nun auch drittens, frühzeitig den Buddhie⸗ 
mus an, wobucd ihr compacterer Gegenfag gegen bie Hinbus 


Eindeinglinge vom Brabmanen und Kfhetria Scamme 


entſtand, der ihre Selbſtſtaͤndigkeit ſtuͤtzte, wie ihres Seindfchaft, 


gegen jene, bis auf die Gegenwart Nahrung gab. Die entgegen: 
gefegten Verhaͤltniſſe, Mangel an Population, wie an Verkehr 


und Ifolirung, wirkten in andern Gebirgegauen nachtheilig, und 
bebingten das vafchere Verſchwinden des Einheimifchen, oder bie 
leichtere Bermifchung mit bem Fremden, wenn nicht, wie bei den 
Bhotipa’s, völlige Abfonderung eintrat. Seit dem Eindrin⸗ 


gen der Hindu«Coloniften im größter Menge, wol im XV. Jahrh., 


— 





Himal., II. Mitte-Gr., Nepalefen. 113 


fonden daher eben dort Hindu⸗Sprache und Hindu⸗Glauben, bei 
den Aboriginern, dem leichteften Eingang,. die dadurch für die ſpaͤ⸗ 
te Beobachtung fin ihrer eigentlichen Abſtammung unkenntlich 
geworden find. | 

Aus den Traditionen und Hiftorien bed Landes ers 
geben fih nach Fr. Hamiltons Iehreeihen Sammlungen und 
Untefuhungen folgende Hauptdaten. Die Bewohner des heutis 
gen Oft: Nepal werden in dem Hindu-Hiſtorien der älteften 
dit Kirat (Kiratas, auh Kichak) 1800) genannt; ein Name, 
welcher auch heute noch einem geringen, bort einheimifchen Ges 
birgs: Kribus geblieben if. Die Kirat, fagt bie Hindu⸗Legende 
bewohnen alles Land zwifhen Nepala Defa und Madra 
(ein antiker Hindu-Mame für Bhutan). Diefe Kirat der ältes 
fen Zeit hatten fich durch Eroberungen auch bis über das Tas 
sipani hinaus, nah Kamrup (gegen Afam, f. Aſien Bd. H. 
©. 45) und Matfya (d. I. Rungpur und Dinajpur in 
Bengalen), in das ebene Land zwifhen Ganges und Brahmas 
putta, füdwärte von Bhutan, ausgedehnt; aber diefes Befitz⸗ 
thum längft wieder an eingedbrungene Radjputen Prinzen 
von Hindu: Herkunft verloren, die auch feitdem die Mohammeda⸗ 
niſche Zeit den Schleier in diefen Gegenden lüftete (f. Aften Bd. IL. 
©. 426, 428), die Gebieter deſſelben Volkes im Gebirgslande 
bi6 auf die neuefte Zeit blieben. Dennod wurden, zur Zeit ber 
Gorkha⸗Ueberfalle, in jenen DOfl:Provingen, die herrſchen⸗ 
den Radja's ſamt ihren Voͤlkerſchaften von den Zeitgenofien (f. 
Patet Biufeppes Bericht über die Gorkha⸗Kriege, in Asiat. 
Res, II.) immer noch Kirats, Kiratas, genannt (mie etwa Ger⸗ 
manen oder Alemannem ſtatt der Deutfhen). Eben fo wird als 
6 Rand in Weſt⸗Nepal, d. 1. im Weft von Kathmandu, 
fogar über den Sſetledſch hinaus. bis Kaſchmir, was fchon 
Sultan Babur weiß (f. Aften Bd. IL S. 451), mit dem Ras 
men Ras, deffen Bewohner mit dem allgemeinen Namen Kha⸗ 
ſipa's bezeichnet, und diefe, wie die Kiratas, werben von 
den Dindu-Autoren ſtets zu dem gottlofen, den umreinen, den ver⸗ 
achteten, ungläubigen, barbarifchen Völkerfchaften gerechnet. Dies 
ſes, nebſt dem was oben von den Sprachen geſagt war, reicht 
hin, die grundloſe Hypotheſe Kirkpatricks und anderer, daß 
hier Hinduismus erſt durch Buddhismus verdrängt ſey, 





’"°) Fr. Hamilton Acoount of Nepal p. 7, 3 
Rittıs Erdtunde IV. 





114 Hoden. IV. Abſchaitt 6,73. 


zu übergeben. Die vielen Hindu⸗Idole, Brahminifche Sanctun: 


zien und Hindu⸗Namen find kein Beweis, wie man mwähnte, für 
die Tange Eriftenz dee Brahmanen-Doctrin und de 
Hindu:Aboriginer in Nepal, weil der Buddhismus gegen 
den -Gultus dee Idole, die er nue als niebere Götter (Devatas) 
betrachtet, ganz gleichgültig bleibt, und weil bei der Metamorphofe 
dee Namen ungemein fchnell, dad Alte durch das Neue verdrängt 


wird. Als Beiſpiel biene das gaͤnzliche Verſchwinden des alten 
Mewari Namens der drei Capitalen Nepals, Yin Daife, 


Yullu Daife und Khopo Daiſe, der noch im Sabre 1767 
allgemein im Gebrauch war, aber feitbem durch die Gorkha⸗Hert⸗ 


Schaft fo fehr aus dem Volksgebrauch verfhwand, daß die Bri⸗ 


ten Sl), feit 1802, nie mehr jene Namen nennen hörten, fon: 
dern immer ftatt ihrer nur die Hinbuifchen Namen Kath: 


mandu, Lalita Patan und Bhatgang. Die ättefte 


Einwanderung de6 Brabmanen:Cultus, der fich Überall 
„wie Dfropfreifer” dem Buddha-⸗Cultus in Nepal ein: 
impfte, fand mit den Legenden von Shiva, Viſchnu, Ga: 


nefa, Hanuman m a, auh vor nicht gar zu langer 
Zeit Statt, da fih die Spuren dieſer Einwanderung, nah 
H. Wilfons 8?) Unterfuhungen, in ben Driginalfchriften der 
‚ Nepalefen, wirklich nachweiſen laſſen. Diefe Mittheilung mar 


nachbarlich, fie ging fiher von den nördlihften Provin⸗ 
zen Bengalens aus, und läßt ſich in der Literatur der Tan⸗ 
tras und Tanttika Puranas fogar nachweifen als fpeciell ausge 
hend von Kamarup (f. Afien Bd. II. S. 428), d. i. von Weſt⸗ 
Aſſam. In der 2öflen Stange eines Nepalefifchen Gebetbuches, 


wird in ber gegebenen Gebetformel der aus der Fremde von ba 


herbeigerufene Shivaskehrer, Abjapant, mit feinem beglei⸗ 
tenden Schwarme, noch heute angerufen (f. Wilfons Weberfeg. 
©. 471). Die Shiva-Form der Hindu⸗Lehre ift die vor: 
bersfchende in Nepal, fie fcheint in gleicher Art fih von Weit: 
Aſſam durch den ganzen Alpengebirgsftrih Kathbmandı- ver: 


breitet zu haben. Die Zeit biefer erſten Verbreitung beginnt nad) 
H. Wilfons Unterfuhung unter Narendra Deo im VL. Jahr- 


hundert n. Chr. ; alfo zu einer Zeit, da nach ben Zübetifchen Hi⸗ 
florien, die von Srongdzan Gambos, des Tuͤbeter Königs, 





181) Fr. Hamilton Account 1. c. p. 150. 22) H. Wilson Notice 
l. c. T. XVI. p. 470. 


a‘ 


Himal,, DI. Mittel⸗Gr., Repalefen. 115 


Bremählmg mit einer Nepaleſiſchen Königstochter fpreihen, in 
Bhalbo (db. i. Nepal bei Tübetern) der Buddha⸗Cultus noch 
den hoͤchſten Stanz hatte (f. unten Tuͤbet); eine zweite, fpätere 
Verbreitung einer befondern Form beffeiben Cultus (des Tantrika 
Rituale) ſcheint dem XII. Jahrhundert anzugehoͤren. 

In dieſelben Gegenden und in dieſelben Zeiten®), 
nämlich in da6 XU. Jahrh., feinen auch die Zraditionen der erften 
Einwanderungm von Hindu=sColonifationen, als Parbas 
tina’6, aus der Ebene in das Gebirgsland zu fallen, oder die ers 
ken Züge Eriegerifcher Hinbugefchlechter und Abenteurer, die fich 
als erobernde Radjas in den Nepaleſiſchen Landſchaften feſtſetzten, 
rauf wie ſchon an mehrern Stellen, wo von ihnen ſelbſt, oder 
von den fie verbrängenden Mohammebanern bie Rede war (f. 
Aſien Sb. IE. &. 426, 428, 432, 6775 oben bei Yumila ©. 2 
u a.), hinwiefen, fo wie da, two biefe herrfchenden Hindu⸗Haͤupt⸗ 
finge, oder die Radja's felbft als Herrfcher im Gebirgslande er⸗ 
wähnt wurden (Aſien Bd. I. &. 758, 1005, 1049 u. a.). 

Daß auch die Buddha⸗Doctrin zu irgend einer aͤltern 
Beit unter diefe Mepatefifchen Völker erſt eingeführt wurde, 
obwol wir darüber keine directe Nachricht befigen, ift aus ben 
noch vorhandenen Spuren einer frühen Local: Religion, die 
weder Buddhiſtiſch noch Brahminiſch iſt, wahrfcheintich, 
ia nach ben nähern, von H.Wilfon in dogmatiſchen Schriften 
der Nepaleſen aufgefundenen Daten faſt als gewiß anzufehen. 
Del dem verfchiebenen ‚Abtheilungen dee Nepalefifhen Voͤl⸗ 
kerſchaften der roher gebliebenen Tribus, findet fich ein eigene 
Grieferfiand, dee Zogis, und dee Particulargätter, unte 
denen die Verehrung des Bhim Sem, des Sohnes ber Pandu's 
am allgemeimften®*) verbreitet gewefen zu ſeyn ſcheint. Dies 
fen Heroen- Enltuß ber aͤlteſten vorbrahminifchen Zeit, haben 
wir (dom in den hoͤchſten Thälern des Himalaya Zuges als ans 
tkm Ueberreſt einer unbelannten dunkeln Vorzeit vorgefunden, 
fein Rafymir, am Dfhemna, am Bhagirathi San: 
80, am Kali Ganga (f. Afien Bd. IL ©. 1006, 886, 939, 
985); er fehle auch hier nie. Bhim Sem, vielleicht der fruͤ⸗ 
heſte unter dem bekannt gebliebenen Culturmännern ber fchnees 
teihen Hochthälse, iſt auch der beſchuͤtzende Liebling der altglaͤu⸗ 


") Fr. "Hamilton Account L c. p. 12 — In ne ss, chend. p: 0. 
25, 167; Kirkpatrick Account I. c. p. 281. 
92 





116 Hoch⸗ Alten. IV. Abfchnite. '$, 73. 


bigſten Nepatefifhen Bergvöfker, 3. DB. der Limbus, und no 
Im Außerfien Often, zu Khatang, hat er feinen Tempeldienſt 
beibehalten. | 
Bon der Einführung der Buddhalehre iſt hiſtoriſch nichts 
befannt, aber das ſehr compticiete Syſtem 185) derfelben in Re⸗ 
pal, und daß es Teinesmegs einfach nur auf ein paar flrrblihen 
Heroen oder Heiligen, zu Göttern erhobenen Wefen, ſich gruͤndet, 
zeigt ihre frühere Einführung und Tängere Dauer; das Nepaleſi⸗ 
fdye Pantheon iſt noch gefüllter:als das Hindoftanifche; ein The 
davon ift zwar Brahminiſch, aber ein Theil auch nicht. Dieſer, 
dem Nepal eigenthuͤmlich, iſt auch nicht blos Local, fondern 
ebenfalls weit uͤber Tubet, Lartarei bis China verbreitet, 
Scheint aber, wie vuh Sr. Hamilton) beobachtete, verfchies 
den zu feyn von dem der Thescratien der fühlichen Buddhiſtiſchen 
Landfchaften in Geplon, Ava, Siam, denen ebenfalls bie 
metapbufifch = foftematifche Seite der Lehre, welche in Nepal zu 
Haufe iſt (die der Dhyani Buddhas), fehle. Senee Manju 
Math, bee Entwäfferer des Katbmandn:-Thales, der 
Gründer der erfien Stadt Manju Pattan, der von Girfha 
kam (? f. oben ©. 69, wo wir ihn dem Kafyapa Kaſchmirs 
verglichen), ſcheint der erſte Lehrer der Bubbha:Religion 
im Nepalefen: Thale gewefen zu ſeyn. Seine Herkunft von 
Sirfha (e6 fol Mahachin ſeyn) weilet auf den Often bin. 
H. Wilfon findet aber, daß deſſen verfihiedene Namen ihm 
Attribute geben, die vermuthen laſſen, daß er mit Kriegegemalt 
Lam, Geſetzgeber ward, aber mit dem Schwerdt die Entfcheidun: 
gen gab. Wahrſcheinlich Habe Manju Nath mit feinen Schuͤ⸗ 
lern den reinen Buddhismus (in der Swabhavika oder His: 
waryka Form, welche gegen den Materialismus ſtreitet) 87) einge: 
führt. Dieſe Begebenheit ſcheint nicht übel mit Hamilton) 
chronologiſcher Hppothefe vom Stammfürften Nigam Muni 
gu flimmen, ber nach der Landes: Chronologie bie Reihe dee Ro 
genten Mepals beginnt, unter welhem ein Sakya bie Buddha: 
lehre (etwa 83 Jahre n. Chr. Geb.) in Nepal eingeführt has 
ben fol. Ä 





185) H. Wilson Notice of three tracts etc, b. Hodgson Notice of 
Lang. etc. in Asiat. Res. T. XVI. p, 468. sc) Fr. Hamilton 
Account I. c. p.32., *”) Hodgson Notice I. c, T. XVI. p. 435. 

") Fr. Hamilton Acconnt I. c. p. 10, 190 etc. 


I 





8 


Himal., IL Mittel⸗-Or., Repaleſen, Parbatiya's. 117 


Nah diefen allgemeinen Bemerkungen, Welche zum orienti⸗ 
ven in einer fo ganz verfchiebenen, orientalifh>atpinen, 
buddhikifhshbrahminifch gemifchten Voͤlkerwelt nothwendig 
ſchimen, mögen einige Beobachtungen der Einzeinheiten ſich an 
einonder reihen, fo gut fie eben bisher bekannt wurden. In 
dreierlet verfchiebene Abtheilungen, die aber mannichfaltig im 
einander greifen, zerfällt gegenwärtig durch Religionsſy ſteme, 
Abſtammung, Sprache und Politik bie Populadion bee 
Nepaleſiſchen Landſchaften, in 1) die Parbativas, 2) in bie 
Aboriginer Gebirge: Stämme, ober Urfaffen, bie 
Newars mit ihren minder berühmt getwordenen Rachbar⸗Tribus, 
und 3) im die Bhetiyas oder Urfaffen des Hochlandes. 


i) Die Porbatiya”’s ober Prabatiya’ss; bie Eingewans 
derten und bie Umgewanbelten 

Die Sprache‘ diefee Gebirge :Hindus in der Umgebung von 
Kathmandu wird Parbatiypa⸗baſha, d. h. der Gebirgs⸗ 
dialeet, genannt; im Welt: Nepal heiße fie Khas⸗baſha, 
Diakect des has Landes, wol nur eine Mundart von - 
jenem; beides Dialecte des Hindwi Hindoflane, welches hier, 
mo es Eingang fand, die rohen Dialecte der Aboriginer ſchnell 
verdrängte oder ausſterben machte . 

De Unfinn Brabminifher Kaftenetntheilung 
bat fih mit diefer Sppache, dem Religionsſyſteme unb 
dem Radjathum, gleihmäßig uͤber die Nepaleſiſchen Landfchafs 
ten verbreitet, und überall die feltfamfien Zerfplitterungen, Cor⸗ 
porationen und Abfcheidungen der gefeltigen Verhaͤltnifſe herbeis 
gefühet, was den firengften Gegenfag gegen bie Buddhiſtiſchen 
Völker bilder, bei denen nach ihrer reinen Lehre jede Kaſtenein⸗ 
theilung fehlen fell. 

Die Zahl ber reinen Beahmanen®), welche aut leben, 
um ihe ſtrenges Geſetz zu erfüllen, und dadurch dem Gebote ih⸗ 
tes Ordens genüge zu leiften, ift in den Mepatefifchen Landſchaf⸗ 
ten nur fehr gering; weil ihnen ba die Mittel des leichten Uns 
terhaltes und die vielen Pfruͤnden fehlen, die ihe befchauliches Les 
kn in Hindoſtan möglich machen. Die vorhandenen find dem 
Hulemmen nad aus dem Bangeslande von Kanodje, von 
der Secte der Gattl’s; ihr Heiliger Cober find bie Tantras. Sie 





*) Fr. Hamilton Ace. L c. p. 17. 


»* 


118 . Hoch⸗Aſlen. IV. Abſchnitt. $. 73. 


gelten für Gelehrte und Aftronomen, fie fcheiben fi in 3 Kiaf: 
fen, höherer und nieberer Art, verheirathen ſich jedoch unter ein⸗ 


ander, haben ihre eigenen Gefege in Speife, Reinigung, Tracht, 


Lebensart u. f. w., die fie von allen andern Menſchen abfcheidet, 
fie feieen außer ihren täglichen Geremonien noch 16 befondere 
Hauptfefte, die Kirkpatrick 1%) befchrieben hat, 
- _Bon diefem Culminationspuncte abwärts, beginnt bie un⸗ 
endlihe Stufenleiter immer geringerer Gradatio⸗ 
nen ber ihnen durch Verwandtſchafts⸗ und andere Deiligungss 
Stade näher oder fernftcehender Kaften, deren niedrigfte ins 
deß noch immer weit erhaben fleht über der angefehenflen Abthei⸗ 
lung Nicht: Beahminifher Abkoͤmmlinge, leiblicher ober geiftiger 
Art, die insgeſamt felbft von den unreinſten Hindu⸗Kaſten der 
Beratung preis gegeben und — biefe zu ertragen im Grande 
find. Nur wenige Beiſpiele hiervon. Alle Brahmanen dürfen 
auch mit den Wittwen ihrer Kafle, wie mit ihren Concubinen in 
Gemeinfchaft Ieben, deren Kinder titulicen fih dann Jaufts 2), 
Obgleich illegitim, fichen ſie doch über den Khas, und befaßen 
vor der Zeit der abfoluten Gorkha⸗Gewalt, alle Vortechte unb 
Sreiheiten der Brahminen : Kinder. Ein großer Theil des armen 
Gebirgsvolks, felbft die Laflträger von den fernen Schneehöhen 
um Malebum, welche bie Märkte des Tieflandes befuchten, eühm: 
: sen fi. diefe® Stammes zu feyn. Die Nachkommen derfelben 
Brahmanen mit den Weibern aus niedrigern Tribus, der Khas, 
bie ſchon unrein find, heißen dennoch Kſhatris oder Khatris, 
d. i. fie Haben den Ehrentitel zur KriegersKafte (Kfhatripas) 
gerechnet zu werben, welche den heiligen Gürtel tragen; fie zer⸗ 
theilen fich wieder in vier Abtheilungen. Die wirklichen Rab 
iputen, d.h. Prinzen von reinem Hindugeblüt, welche Mach⸗ 
kommen ber von Chittore wirklich, oder vorgeblich, eingemanders 
tee Dindugefchlechter waren, find natürlich fehr wenige; aber, bie 
meiflen dee Gebirgs-Reguli, die fih dem Hindugefeg ber 
Reinheit wirklich, oder auch nur fcheinbar unterworfen haben, wol⸗ 
len zu ihnen gezählt werden, und erhalten diefe Titulatur. Da: 
her heißen gegenwärtig alle Nachkommen ber Gebirge - Haupt: 
linge Rabjeputen, was fie keineswegs find (f. Erdk. Afien Bd. IL. 
S. 1046); fie waren im DBefig aller Kriegs: und Civilaͤmter der 





190) Kirkpatrick Account of the Kingdom of Nepaul I. c. p. 193——196. 
»ı) Fr. Hamilton Ace. I. c. p. 17—24. 


Himal., II. Mittel-Gr., Repalefen, Parbatiya’s, 119 


Gebirgẽſtaaten, bis fich deren Gewalt in der Obmacht der Gor- 
tha⸗Familie concentrirte, die ſich ebenfalld Radjputen (im Ge: 
geafog der Newars) nennt, obgleich fie entfchieden keine find. 
3. Hamilton hatte Selegenheit zu beobachten, daß durch ge: 
genfeitige Blutvermifchungen manche 'der wirklihen Radjput⸗ 
Familien gänzlich zum Schlage ber Tartaren Phyfiog: 


aomie bee Bhotiya's Übergegangen waren, indeß manche ber 


Gebirgs:Aboriginer duch Verfchwägerungen mit ben Hin- 
duabkoͤmmlingen mit ovalen Gefichtern und hohen Ablernafen be: 
gadt erfhienen. Den Gebirge :» Sürften folgte der Ge: 
birgsadel, und fo entfianden 8 bis 10 geringere Krieger: Kaften,, 
bie jebe Ihe befonbere® Abzeichen und eigenen Namen tragend 
(Thapas, Ghortis, Karkis, Majhis, Basnats, Biſhtakos, Ranos 
und Khackas), gemeinſam Khaſipas (d. i. Einwohner, von 


Khas) heißen und den Kern dee Truppen im Lande bilden. 


Die Rachkommen dieſer Kriegerkaſten mit Weibern, aus eigener 
Kaſte, oder niedrigern Tribus, haben immer noch etwas vom eb⸗ 
im Kſhatriya Blut, dürfen aber ſchon den heiligen Gürtel der 
Brahmanen nicht mehr tragen; fie fprechen jeboch, wie jene ur⸗ 
fprüngfich, auch noch die Khas⸗Sprache, treiben aber nur geringe 
SProfeffionen , unter denen bie niedrigften Rangordnungen wieder 
unter sinanber abgefonderte. Gewerbklaſſen find, wie bie Nai 
(Barbiere), Karmi und Chunra (Zimmerleute und Maurer, 
deren Lehrer gefallene und bdegrabirte Brahminen find), die Ra: 
mi (Bergleute, Arbeiter in Eifen und Kupfer), die Sarti (Ge: 
ber und Schufter), die Damai (Schneider und Mufilanten) u. 
0.m. Ale diefe bücfen Leine Prieſter oder Vertreter ihrer eige⸗ 


‘ 


nem Kaſte baben, fie gehören fchon zu dem gemeinen Volke; . 


dod würde jeder Muſelmann oder Chrift, der eine ihrer Weiber 
verführte, die Todesſtrafe erleiden müflen, obwol kein Weib auch 
dieſer, wiewol niedrigften Kaftlen, am Leben geſtraft werden 
darf. Außer Diefen befindet fih im Mepalefen: Lande nod eine 
febe zahlreiche Tribus, die Khawas, db. i. Sclaven, bie 
ſchon in Chirtore (vor ber Einwanderung) in Sclaverei waren, 
und ihren Radja' ober fonfligen Herrn ald Hausfclaven in 
das Gebingätand begleiteten. Auch fie werden noch nicht gu den 
Unreinen gezaͤhlt, ihre Weiber nicht der niebrigiten Proflitution 
übergeben (mie die der Sclaven der Gebirgs-Aboriginer, 
die Keris heißen); fie pflegen die Haushofmeifter ihrer Gebieter 
zu machen, und gewöhnten fih zum Lupus an Aborigiiner⸗ 


— ra 


120 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Gebirgsfciaven, Die fie als Diener wieder um ihre Perſon 
zu verfammeln pflegen, alfo Sclaven von Sclaven. Db biefe 
etwa Verwandte dee Doms In Ramaun find, ift uns ımbe 
kannt (f. Afien Bd. II. S. 1045). | 
Diefe Parbatiya’s oder Gebirge: Hinbus Hilt Fe 
Hamilton, ihrem Character. nach, vorherrſchend für falfch, vers 
eätherifch, anmaaßend, graufam gegen ihre Unterwworfene, felavifh 
gefinnt gegen die Mächtigern. Sie führen ein üppiges Heuchler⸗ 
leben, durchbuhlen die Nächte unter MWeibern bei Selag, Tanz 
und Muſik bis zue Erfhöpfung, warten am Tage forgfälttg dad 
seligiöfe Gerimoniel ab, oder grübeln, wie bie oberften Klaffen, | 
nad) abſtruſem Wiſſen. Dabei find fie meiſtentheils Trinker, ei⸗ 
ferfüchtig, rachfüchtig bei dem geringften Verdacht, nicht felten bie 
zum Mord, wozu ihnen das große Wieffer, das jeber zue Seite 
trägt, nur zu bereit fl. Die obern Kaften fchließen ihre Weiber 
ein, und verlangen das Lebendige. Verbrennen derfelben auf den 
Gräbern, was hier die Witwen aber ‚oft verfagen, obwol diefer 
Gebrauch der Sutti's hier noch immer haͤufiger ift, als in Ben: 
‚galen. Ihr religiöfer Stolz voll Empörung gegen die Anders: 
gläubigen geht fo weit, daß es Sr. Hamilton niemals gelang 
die Brahminen!%), mit denen er in Kathmandu Umgang 
“ hatte, bewegen zu können, mit ben gelehrteften Buddhiſten, de: 
zen Umgang er ebenfalls auffuchte, fih in ein Geſpraͤch ein⸗ 
zulaſſen. 


9) Die Aboriginer Gebirgs-Stämme ober die Urfaffen; 
die Rewari’s und ihre Nachbar⸗Tribus. 


Jene Parbatiya's haben im Weften bes Kali bie Aborls 
giner-Population des Alpengebirgslandes großentheilß zerftört oder 
gänzlich verdrängt, im Dften ©) dagegen, in ben Nepaleſiſch 
gebliebenen Landfchaften, waren diefe Aboriginers Tribus 
bis auf die Periode der Gorkha Revolution noch ſehr zahlreich 
‚vorhanden, und felbft unter dem Gorkha s Regiment und deffen 
Verwuͤſtungen iſt ihre Zahl noch anfehntich genug geblieben. Ale 
diefe in Sprache und Sitte mannichfady verfchiedenen Völker 
ſchaften, die ſich ſelbſt, gleich ihren oͤſtlichen Nachbarn in Bhu⸗ 
tan, für Aboriginer hatten, bemerkt Fr. Hamilton 9), 


198) Fr. — Account 1. e. p, 32. 22) ebend. p. 
20) ebend. p. 9. s ; — 





Himal., II. Mittel⸗Gr., Repalefen, Aboriginer. 121 


gehoͤren meiſtentheils, ihrer Geſichts bildung nah, auf das 
beſtimmteſte zu dem Tartariſchen ober Chineſiſchen 
Renſchen⸗Schlage, und haben keine Aehnlichkeit in ber 
Bidung mit den Hindus gemein. Selbſt bei vielen unter des 
zen, welche für Hinduifche Abſtammung gelten möchten, findet 
difes Statt. Bei den Newars °%) (im Nepal proper) iſt aber 
ber befondere Umſtand, daß fih die alten, aͤhten Newars Be 
hertſcher auch Radjas und Radjputen⸗Nachkommen nannten, 
die Newars, das Volk, aber völlig dieſen Urſprung leugnete 
und fih für Aboriginer anſah, auch in Sprache, Sitte, 
Gebraͤuch en ſich offenbar ganz den Bhotipa’s des Hochgebirges 
anfchliefen. Bei ihnen bemerkte Sr. Hamilton aber dennoch 
keine deutliche Spur Zübetifcher Abftammung, wol aber vor; 
fpringende Phpfiogaomie, große Augen, ovale Gefichter u, f. w. 
Deſto auffaliender fchien es ihm, daß die Murmi's im rauhe⸗ 
fin Hochgebirge von Nepal proper, mit deren Sprache bie der 
Newar in den wichtigften Punkten zufammenfält, boch eine Ges 
birges Zribus von umbezweifelt Kartarifhem Menſchen⸗ 
ſchlage find. Er faßte baher die Meinung, daß bie Newars 
sine Miſchlings⸗Ragçe wären, wirkliche Nachkommen Kübes 
tanifher Völker, bie fih aber mit Hindus vermiſchten. 
Doch herifche unverkennbar das Characteriftifche dee Phnfiognos 
mie des Tuͤbet-⸗Plateaus in ben beiden Portraits der Nemari’s 
von, weiche Kiſirkpatrick 96) mitgetheilt hat, die auch Hamils 
ton ald gut anerkennt; vor ben Eroberungen der Gotkhas fand 
diefe Bermifhung zwifhen dem Zübeter und Hindu⸗Menſchen⸗ 
[dlage, tn den Herrſcherfamilien ausgenommen, wo fie authens 
tif war, weniger Start; nachher nahm ber Hindufchlag übers 
band, weit die Hindu im Rang immer höher ſtehen und in Res 
ligion und Waffenführung fi auszeichnen, die Sitten ber Wels 
ber bei den Newars aber fehr loſe find. Schon Kirkpatrick 
hatte die Bemerkung gemacht und Hamilton 9) beftätigte fie 
als volkommen richtig, daß Kinder einer Mewars Mutter und eis 
nd Kſhetriya⸗ Vaters (eines Hindu) file MalayensPhpfios 
gnomie oder einer Mifhlingsrace zeigten, die zwifhen 
dem Chinefens, Dindus und Yraber-Schlage ſtehe; daß ferner il⸗ 





#) Fr. Hamilton Account 1. c. p. 22, 49 eic. °*) Kirkpatrick 
Acoount 1 c. p. 185 u.187. Tabul. 1. u. 2. °*) Fr. Hamilton 
Account 1. c. p. 52; Kirkpetsick Account L c. p. 186. 


€ 


122 Hoch⸗ Afien. EV. Abſchnitt. $. 73. 


Legitime Glieder der herrſchenden Gorkha⸗Familie von 
Tewar : Müttern, wenn aud) ihre Väter Radjputen hießen, doch 
noch mehr als feibft ihre Mütter dee Tartar⸗ oder Chinefen: 
‚bildung nachſchlugen, weil, füge Hamilton hinzu, die Gorkhas 
Dynaftie wirklich ein Magar⸗Geſchlecht, alfo von urſpruͤng⸗ 
Uch Tüͤbetiſcher Race (ſ. oben ©. 78) war. Die Scheidung 
Diefer Aboriginer- Tribus von ber dritten Abtheilung, den 
Bhotiya's, ift daher keine naturgemäße, urſpruͤngliche, 
fondern nur eine burch den Verlauf der Generationen. 
gewordene Es war eine Zeit, wo viele ber Aboriginer mehr 
oder weniger buch Zwang, Gewalt ober Ehrgeiz genöthigt wur: 
den, ihren alten Cultus zu berwerfen, und fi dem Hin duis⸗ 
mus, dem Shiva: Cultus!®) zu ergeben. Die Gewalt, mit 
welcher diefe Belehrung durch die füblicheren fogenannten Rabdi: 
puten : Sefchlechter betrieben worden ſeyn fol, iſt wahrſcheinlich 
von ihnen felbft im vergrößerten Maaßſtabe verbreitet, um 
fi duch ihre Intoleranz defto größeres Verdienſt bei ihren zeles 
tiſchen Hinduifchen Slaubensgenoffen zu erwerben, ums ſich ge 
gen diefe, durch ihre vorgeblihe Intoleranz gegen die uns 
gläubigen barbarifhen Nachbarn, vor den nicht unge 
gründeten Vorwürfen gleicher urfprünglicher Abflammung, 
ober fpäterhin immer fortgehender Bermifhung mit je 
nen Unreinen beflo beffer ficher zu ftellen. Sehr vorfichtig in 
diefem Punkte, auf dem freilich ihr ganzes zeitliche® Anſehen bi 
den füdlicheren Brahmanen:Kaften beruht, haben fie daher alle 
die im Mordifchen Auslande angrenzenden Nachbarn, und ſelbſt 
die in den ſchwer zugängfichflien Hochthaͤlern dee Schneegebirge 
Nepals figen gebliebenen Landsleute, ja felbft Stammes: 
wie Sprach⸗Verwandte, bie aber fih nicht zu Proſeliten 
machen ließen, mit bemfelben Namen jener, nämlid mit dem 
verähhtlihen Namen ber Bhotiya's belegt, und baburch am 
firengften gefchieden, daß es diefen nicht Länger erlaubt blieb, mit 
einem Bolt fich ferner zu verehelichen, das keinen Verkehr mit 
ſolchen Unreinen und Ungläubigen haben koͤnne. Doch 
bat dieſes nicht immer dem gehörigen Effect hervorgebracht, denn 
den Nepalefifhen Radjputen fichert nur ihre Gewalt in der Hei⸗ 
math ihr Anfehen, die füdlichen Hindoſtaner bes Tieflandes ver: | 
ſpotten dieſe ſogenannte devote Reinheit der Nepaleſiſchen Radi: 





396) Fir. Hamilton Account J. c. p. 24. 


- 





Himal, II. Mittel⸗Or. Rohaleſen, Aboriginer. 123 | 


yuten-eben fo fehr, wie fie bie Gefchlechter dee mehr weſtlichen 
Alpengebiete, die es mit den Lehren Brahmas ernfler nahmen und 
zelotiſcher bei ihren Bekehrungen zu Werke ®) gingen, lobpreiſen 
and verehren, 

Bor der Einwanderung hatte Feines biefer Aboriginer-Bölker 
Laſten⸗Eintheilung; dieſe iſt erſt nebſt vielen SectensAbtheiluns 
gm?) und mit vielerlei Variationen bei ihnen entſtanden: wol 
aber beſchraͤnkten einige der Tribus ihre Heirathen unter fich, ans 
dere liefen auch Ehen mit Fremdlingen zu; bei allen findet Frei⸗ 
beit der Wahl bei ihren Verbindungen, wie bei den Europäern, 
Statt. Im Gebirgsiande geniefen bie Frauen viele Vorrechte, 
alle find die Weberinnen bes Landes. Polyandrie ifi uns 
tee ihnen nicht im Gebrauch, wie bei ihren Tübetifchen Nach⸗ 
barn im Morden und Welten (f. Afien Bd. II. S. 623, 752). 
Dieſer allgemeinen Uebereinſtimmung ungeachtet haben bie ders 
fhiedeuen Gebirgs⸗Tribus doch fehr verſchiedene Sprachen, die 
aber erſt nur wenig durch Vocabularien !) bekannt find, welche 
aber zu flüchtig gemacht, oder zu unvollſtaͤndig find. 

Bon diefen Gebirgs⸗Urſaſſen haben fich, der Einwanderuns 
gm und Umwandlungen durch die Parbatipa’s ungeachtet, doch 
no die Spuren von vorzüglich fieben verfchiebenen Voͤlker⸗ 
Zribus erhalten. Von einigen derfelben, den Magars (wozu 
die Gorkhas gehören), den Gurungs, den Newars war fon 
oben die Rebe. Von biefen legteren, wie von den Murmis, 
den Kiratas, Limbu und Lapchas iſt noch einiges nach⸗ 
zuhelen. 

Die Newar's ?) (Newari, Nivarros, ſ. Aſien Bd. 
S. 459), find unter allen Urſaſſen am meiſten ber Agricultur 
und dem Handel ergeben, und in allen. Künften viel weiter, als 
irgend eine ihrer Nachbar⸗Tribus vorgeſchritten. Der größere 
Theil der Zahl nach hängt noch dem Bhubdhismus an, der Doc⸗ 
tin des Sakya Singha; aber dabei haben fie Kaſten⸗Unterſchiede | 





9 Fr. Hamilton Account 1. e. p. 13. 200) ebenb. p . 80. 

ı) f, Newar und Parbatiya Vocakular bei Kirkpatrick — l. o. 
p- 221— 249; Limbu und Magar (Mungur b. Kirkp. ), er 
ebend. p. 249-—- 252; ein Newar und Bhotiya Vocakul. 5 
son Notices etc. in Asiat, Res. T. XVI. p. 409— 414; "af 
mit Roten von Kiaproth in Journal Asiatiq- N. Ser. T. VE p. 82 

—92; Hamiltons Bocabularien der Murmis, Kiratas u. a, in ber 
—— in Mf. 7) Fr. Hamilton Acoount 1. c. 
p 32 — 


t 





124: Hoch-Aſten. IV. Abſchaitt. 5.73. 


angenommen, die Lama's verworfen und ſich eigne Prieſter, bie 
Bangra’s, angenommen. Schon unter der Newars Dynaftie, 
vor den Gorkhas, hatten aber viele den Shiva sCultus adoptict, | 
ohne jedoch im Wefentlichen ihre Gebräuche zu ändern. Die | 
feltfame Vermiſchung ihrer Shiva: und Buddha⸗Gebraͤuche kann. 
man umfländlih is Hamilton's Nachrichten nachfebenz; als 
Beiſpiel genügt uns bier zu bemerken, daß ihre Bangras den 
heiligen Gürtel der Brahmauen tragen, und doch audi in ben | 
Tempeln des Buddha opfern; daß fie das Fleiſch aller Thiere 
efien, daß ihre niedrigen Kaſten ſich wieder in einige 20 reine 
und unteine zertheilen, deren niebrigfle, wie bie Purla (Sifcher 
und Korbflechter), die Chamkal (Lederbereiter) und die Bala 
(Addıder), die nicht einmal in ber Nähe der Hindu fi anfies 
deln dürfen, um fie nicht zu verunreinigen, fich body noch für 
berabgewürbigter halten würden, wenn fie mit Mohammebanern 
oder Chriſten trinken und efien follten. Doch hindert fie dies 
nicht, ihre Weiber von allen Kaften als Sclavinnen an Mo: 
bammebaner oder Chriflen zu verfaufen, die dann nichts anderes 
thun können, als bie Religion ihrer neuen Gebieter anzunehmen. 
Durch dieſen Gebrauch ſind die Mufelmaͤnner, die ſehr begierig 
find Sclavinnen zu kaufen, um daducch ihre Secte zu vermeh⸗ 
ven, ſehr zahleeih im Lande geworden. Jeder Herr und Water 
Kanu fein Kind oder feinen Sclaven verfaufen, die beide eben 
daducch ihre Kaſte verlieren; da8 Sclavenmwefen 25) ift ganz alls 
gemein. Der chrifllihen Miſſion in Nepal waren, allee früher 
gehegten Hoffnungen (f. Afien Bd. II. &. 457) ungeachtet, bie 
Bekehrungen nicht auf gleiche Weife gelungen; bei ber Breiten 


. Antunft (1802) war fie blos auf einen einzigen Portugifi ifchen 


Mater reduciet, ber von Patna aus buch große Verſprechungen 
angelodt, hier wenig Erfüllung gefunden hatte, und gern wieder 
abgezogen wäre. Die Tempel der Newars find theild im Ar⸗ 
chitectur⸗Styl von Awa, heil von China aufgeführt; fie find 
gute Bauleute, und in allen Künften geübt. Sie find friedlies 
bend, aber im Kriege body tapfer; bei allem Cultur⸗Fortſchritt *) 
In Aderbau und Gewerbe doch noch ein Barbarenvollz der Danz 
del wird mehr und mehr durch die Hindu's und Bhotiya's bei 
ihnen geführs als buch fie. Ihre Todten verbeennen fie. 





$08) Jr. Hamilton Account I. €. p. 234. 
°) ebend. p. 212 — 233. 








Himal, II. Mittel-Gr., Repalefen, Aboriginer. 125 


Die Murmi?s:) machen die Hauptbevätferung in ben wil⸗ 
den Gebirgshoͤhen Nord⸗Nepals aus, und werden von vielen als 
ein Zweig ber Bhotiha's des Hochlanbes angeſehen; ihre Priefter 
fud aoch Ramaꝰ s, welche Tuͤbetiſche Sprache und Stubdien trei⸗ 
ben. Ihre Doctrin ſchien den Gorkhas fo gefährlich, daß fie un: 
in dem Vorwande, als wären es Diebe und Mörder, keinem. der . 
Nurmi's die Erlaubniß ertheilen, das geroeihte That ‘von Kath: 
mondu ju betreten. Man giebt ifnen den Spottnamen Sipe⸗ 
na Bhotipas, d. h. Bhotiyas,- die Aas eſſen, weil fie bei 
ihtem Verbot, den Ochſen als heiliges Thier su ſchlachten, bo 
die gefallenen Rinder verfpeifen follen. Daher hatten fie fich feit 
der Gorkha⸗Periode in die unzugänglichften Geblrgächäler und 
Höhen zuehdigegogen; vor bem Umſturze von Sikim hatten fie 
auch in diefem befreundeteren Lande: ein Aſyl gefumden, dus fie 
aber wieder räumen mußten, als es im. die Gewalt ihrer Wider 
ſacher kam. Die Murmis haben niemale Herrſcher abgege⸗ 
ben; fie führten nie Waffen, obgleich ein ſtarker ja robnfter Mens 
ſchenſchlag; nur das Geſchaͤft der Eultivgtoren und ber Laſttraͤger 
ift es, was fie ernährt. 
| Die Kirata's 5) (Kirat, Kichak) in Oft: Nepal find 

ſchon oben erwaͤhnt, ein kriegeriſcher Volksſtamm, Ver’ vor’ der 

Gockha Zeit in einem hohen Grade dee Independenz lebte, und 

auch den früheren Radjputen Eindringlingen- fih tapfer widerfegt 

hatte. Obwol von den Gorkha?s jur Merweifung ber Lars 

ma's genoͤthigt, und als Krieger duch den Einfluß vom'NHofe 

efter duch Brahmanen zu Profelyten gemacht, blieben fie ‚vol 

Verchtung gegen die Lama's, und find bei aller Rohheit doch nicht 

fo iNiterat, wie man mol annimmt. Gie haben neben dem Nas - 
gari auch ihre eigene Schrift, und wo noch Lama's bei Ihnen ger 

blieben, find Diefe in der Sprache Tuͤbets wol bewandert. Die‘ 
Enthaltfamkeit von Rindfleifch, worauf die zelotiſchen Gorkhals 

großen Werth legen, iſt ihnen ein großes Aergerniß; fie leben in 

Dolygamie. Ihr Erbe wird unter Weiber und Söhne gleich vers 

theilt, die Söhne der Concubinen erhalten aber ein kleineres Erb⸗ 

theil als die der Frauen. 

Die Limbu?) find zwar den vorigen, zwiſchen denen fie 
and) wohnen, ganz ähnlich, aber in Sprache verſchieden. Bel ih⸗ 





‘) Fr. Hann Aoconnt 1. €. p. 5%, *) ebend. p. 88 — 66. 
) cbenb. p. 55. 


126 Hoch-Aſten. IV. Abſchuitt. $.73. 


nen hatten bie Lama?s wenig Profelyten gemacht. Sie haben 
bei den Gorkha's aus Politid einen Vorrang über die Kirata’s 
erhalten, denn fie widerfizebten ihnen gar nicht, da fie nichts an 
fie zu verlieren hatten, wie jene. Nur ben Vertuft bes Kinds 
fleiſches zu verſchmerzen a auch Ihnen ſchwer; ihr Hauptermund 
iſt der. Aderbau. 

Die Lapchas 28) — zwiſchen dem Kankayi mb 
Tiſta, zunaͤchſt den Kiratas, werden aber von den meiſten Hinduß 
mit unter deren veraͤchtlichen Namen einbegriffen; auch find ihrt 

Gebräuche denen dee Kiratad aͤhnlich. Es iſt ein ſehr robuſttt 
Menſchenſchtag; cohe Barbaren, biren ein großer Theil durch bie 
Lamas gebändigt und beherifcht iſt. Ihre Weiber leben imme 
zuvor erft als zügellofe Gourtifanenz fie felbft verfpeifem alle An 
sen von Fleiſch und alles Unreine, find dem beraufchenden Getraͤn⸗ 
Een ergeben. Ihre Waffen find Schwert, Bogm und vergiftet 
Pfeile; Sperre bie für. ein ſtarkbewaldetes Bergland nicht von 
theithaft find tragen fie nicht, wol aber er. noch plumpe 
Musketen. | 


8) Die Bhotiya’s (Bhnten’ 6), bie urfaffen bes Hochlan⸗ 
bed; die Bhotiya Literatur und Buddha⸗Lehre, eine 
‚aus Indien in. Repal eing ewanberte, 


Die Sinwohnse von Tuübet und Bhutan (Bauten) 

werben von den Hinbu= Einwohnern Bhosipa’s (Bhutea’d) 
geuannt, ihre Laͤnder Bhotan oder Bhote, Bhot9). Abe 
„ dieſe find nicht bie einzigen dieſes Namens; denn außerhalb dis 
fe großen politifch bekannten Ländergebiete nehmen die Bho⸗ 
tiya's auch überall zwifhen Kali und Tiſta, alfe in dem 
Gorkha⸗Gebieten, die alpine Region, dicht an ben Schnee⸗ 
pits des Himalagaya⸗Zuges, ein. Und nicht nur bier, aud 
weiter im Weften, jenfelt des Kali in Kamaun, Sirmore, 
Biffahir, Kanawar, Hangerang und des Kulu Kafds 
mir Himalaya, unter ganz gleichen phpficalifhen Verhaͤlt⸗ 
niffen hinauf bis Ladakh (f. Aſien Bd. U. ©. 6%, 718, 82, 
837 ıc.) haben wir diefelben Tribus unter dem Namen bee Bhu⸗ 
tea’61) vorgefunden, welche uͤberall nicht nur unter gleichen Nas 





208) Fr. Hamilton Aceount 1. c. p. 55. ») ebend. pvp, 55 —60. 

J J. Fraser Journal of 3 Tour through Himal. etc. 1, c. p. 332 
i# 339; On Bhote Mehal in Calc. Gor. „az. in Asiatie, Journ. | 
XXIIE, p.-658 ec. | 


[4 





Himal,, H, Mittel-®r., Nepalefen, Bhotina’s. 127 


mm, fondern aud unter fehr genäherten Verwandtſchaftsverhaͤlt⸗ 
niſſin zu ſtehen fheinen, was Menfhenfhlag, Sprade, 
Rıligion und Lebens weiſe betrifft. Sehr merkwürdig wers 
dan fie ducch ihre Wohnfige, die nur zu beiden Seiten 
Verfhnechohen Riefenbäupter der Himalayas und 
Emodus- Kette vom Indus bis Brahmaputra fich. ber 
fadın; wo fonft Eeiner der andern genannten Voͤlker⸗Tribus fo 
wenig die ſtren ge Winterkaͤlte und die trodene, fcharfe, 
bünmere Lufifchicht der gewaltigen, von ihnen noc bewohnten Hös 
ben erttagen mag, als fie fetbft außer Stande find, in hen ties 
fan, wärmern, fruchtbaren, dichteren Luftfchichten auch nur bes 
vorliegenden Berg⸗ und Hügel: Landes zu gedeihen. Seibft die 
mäßige Sommerdige um Kathmandu ift ihnen fchon gu ° 
geſteigert, eben fo twie ben Quadrupeden des Hochlandes, ihren 
gefelligen Hausthieren (Shawi: Ziege, Plateau: Schaaf, 
Dat) wie dem Wild ihrer Gebirgshoͤhen (Mofhusthier, Baral, 
Antilope Hodgsonii etc.), und dem fie umgebenden Baum: 
wucht (Neoza⸗ und Kelu:Pinus, Birken, Rhododendron u. a., 
ſ. Aſien Bd. IL S. 832), die eben fo wenig, wie fie, in das Tief: 
land hinabfleigen. >" | J 

Einige jener Volks⸗TJribus, bie in der Nähe von Kath⸗ 
mandu wohnhaft geworben find, nennen fich ſelbſt Sayn, und 
tben fo wird die ganze Nation bee Bhotipa’s von ben Ne: 
wars nur Sayn genannt, denen auch ber Name Tübet oder 
Zhibet ein gaͤnzlich unbekannter geblieben ift (f. Afien Bd. IL 
6.59; Sr. Hamilton hält ihn für Perfifh, Edriſi A. 1151 
nennt ihn Zobbat). Eine allgemeine Benennung für jene, un: 
ter über bei Europäern bekannten, Landfchaften, konnte Fr. 
Hamilton bei feinen Nachforſchungen unter den Nepalefen nicht. 
halten; ein Bewohner. von H’Laffa nannte ihm deſſen Territo⸗ 
tum mit dem Namen Borka, wovon er meinte daß Bhotiya eine _ 
Corruption feyn könne (2). | 

Ale Bhotipa's, welche Fr. Hamilton in Kath:, 
mandu fahe, nicht nur aus dem Gorkha Territorium, fondern 
ud von Maftang, Kuti, Diggercheh (Teſhu Lumbu) und 
H'Laſſa, fand er fo ſchwarz von Hautfarbe wid er nur 
die Eingebornen von Canton oder Ava geſehen. Ex bemerkt. 
dabei, da alfo das Clima die Nationalfarbe nicht umaͤndere, 
daß cd aber einen größern Einfluß auf das Temperament 
dußee, und jene Kälte der Höhen. wol das melaucholifche und 


\ 


128 - SHoh-Aflen. IV. abſchnitt. $. 73. 


choleriſche in ein phlegmatifch = fanguinifche® ummandeln könne, | 
die Hige aber in ihrem dauernden Einfluffe das Gegentheil bes 


wirken möge. Hierauf fägte biefer vielgewanderte Haturbeobad;: 
tee feine Hypothefe, die gegenmättigen Bhutipa⸗Tribus 
bes Nepaleſiſchen Hochgebirges, obwol fie von berfeiben Race wie 


die: Bewohner von Tuͤbet find, doch nicht unmittelbar von bie 


fen herzuleiten ; er meint, es fey wahrfcheinlicher, daß fie einft ur: 


fprünglich die Plainen bewohnten, aber zur Zeit der Invafion dee 
gegenwärtigen Hindus ſich in die Gebirge fo weit zurüdzogen, als 
ihnen bie Temperatur noch erträglich gefchienen, eben fo wie fpäs 


terhin die Parbatiya's der Mohammiedaniſchen Intoleranz 


aus dem Tieflande in das Gebirgsland ausweihen mußten. 
Mir laſſen diefe Anficht auf ſich beruhen, bie vieleicht nuc auf 
ben Bang ihrer Cultur fi) anwenden läßt, da wir erfl weiter ges 


gen Dften nah Bhutan und Afſam fortzufchreiten haben, 
Zandſchaften die als Verfnäpfungspuncte und Vermittelungsſtu⸗ 
fen dieſer Bölkerverhältniffe mit zu beachten find. 

An einer fo weitläuftigen Region wie die, welche diefe Bho⸗ 





tiyas einnehmen, felbft nur innerhalb des Gorkha⸗Tertito⸗ 
riums, bemerkt fhon Sr. Hamilton, fey es hoͤchſt wahrfchein 


lich, daß dafelbft audy eine große Verſchiedenheit der Die: 


lecte und Gebräuce beſtehe; er felbft glaubte dergleichen 


fon bei denen, die nur den Sübabhang des Himalaya - Zu: 


ge6 bewohnen, bemerken zu koͤnnen. Aber bie eingezogenen Bes 


eichte waren nicht hinreichend genug, und während feines perföns 


lihen Aufenthaltes feuchte die Sommerhige bie Bhotipa's 
aus den wärmern Katbmanduifchen Tiefthaͤlern zurüd, fo, daß 


ihm jedes Mintel näherer Präfung fehlte. Ein Lama ber Mur: 


mi?s widerfpeach der dort vorherrfhenden Meinung, feine Landes 
leute für eine Art Bhotiyas zu halten; er behauptete daß ihre 
Sprachen wenig Berwandtfchaft unter einander hätten. Spott: 
namen wie Siyena Bhotiyas (b. h. wilde oder Wald⸗B.), Khat 
Bhotiyas (d. b. die Ans eſſen) u. a. m., bringen oft Verwitrun⸗ 
gen in die dortige Voͤlkerbezeichnung. Die Sige der Bhotiyad im 
Hochgebirge find wol die Daupturfache, daß fie in der Agricul⸗ 


tue nur wenig beivandert fepn koͤnnen; das Heerdenwefen 


and den Bergbau, welche ihnen wichtige Erwerböquellen abges 

ben, follen fie ben niebern Tribus unter ſich überlaffeh. Die An⸗ 
gefehenern unter ihnen richten ihe Hauptaugenmerk auf den Hans 
tund ihre religioͤſen Studien; nur in diefen beiden Hinz 


‘ 





N 


Himal., II. Mittel-Gr., Nepalefen, Bhotina’s: 129 


fichten finb fie ausgezeihne. Sie find m Kathmandu bie 
Unterbändler 24) mie Tübet, mit Teſhu Lumbu und 


H'kafſa, wie bie Kaſchmirer es mit Ladakh und Kaſchmir 


find, Chedem ſchickten die Lamas von H’Laffa und Teſhu 
kumbu vieles Gold und Silber in Maſſe zur Münze nad 
Kathmandu, aber da bie Gorkhas ſich erlaubten den Münz 
fuß duch Legirung zu verfälfchen, woruͤber heftige Streitigkei⸗ 
tn?) zwiſchen beiden Höfen entflanden, die endlich in Kriege 
autarteten, hörte dieſe Quelle des Gewinns in neuerer Zeit ganze 
lich auf. Die BHotiyas brachten, zu Hamiltons Zeit, auf 
den Markt nach Kathbmandn: grobe Wollenzeuge, Shawlzie⸗ 
gen, gemeine Schaafe, Ziegen, Rinder, Büffelichweife (Chowries), 
Moſchus, Salz, Ammoniak, gelben Arfenit (Hurtal), Borax, 
Quecſilber, Goldſtaub, Papier, Charas (berauſchenden Hanf) 
0 Borar und Salz brachten fie nach ihrer Ausfage von 
einem See, der, im Norden von Kathmandu, 15 Vagereifen 
jenſeit des Brahmaputra liegen folle. Zu dem Transport bebies 
nen fie fi des Lafl:Schanfes wie überall im hohen Himalaya. 
In Religionsangelegenhetten fchließen fi die Bho⸗ 
tiya6 im Algemeinen an das Lama und Buddha-We—⸗ 
fen in Züber und H’Laffe an, und verwerfen baher bas 
Kaſtenweſen ganz, nehmen aus jeber Kafle und Nation Profells 


tm in ihre Gemeinden auf. In das Einzelne ihrer metaphy⸗ 
fiſchen Grübeleien und in die Mannichfaltigkeit ihrer Differenzen . 
unter fih, wie in bie vielen Befonderheiten ihrer Sitten, Ges _ 


brände und Ceremonien 13), ober in das Detall Ihrer Literatur 
einzugeben, tolıcde bier unpaffend fepn, obwol baraus erſt «in 


vohfändigeres und anfchaulicheres Bild Ihres Voͤlkerlebens her⸗ 


vorgehen wuͤrde. Wichtig iſt es aber, der ganzen religioͤſen Denk⸗ 
weife einer fo zahlreichen Voͤlker⸗Claſſe, wie die der fonft fo we⸗ 
nig bekannten Bhotipas (f. Aſien Bd. II. ©. 684) in ihren 
weſentlichen Elementen (Religion und Literatur) nachfolgen zu 
koͤnnen, weil dadurch ihre ganze innere Welt aufgefchlaffen ers 
ſcheint, bie ſich bei dee Aufeen Armuth ihres Lebens um fo mehe 
nd Innen mit Speculationen und Satzungen zu bereichern 
ſuchte, nach denen fi wiederum ihr ganzes außeres Leben, in 
der Erſcheinung, als Voͤlkerſchaft geregelt hat. Wir koͤnnen hin⸗ 


— — 


’) Fr. Hamilton Account I. c. p. 212. 17) Kirkpatrick Acc. 


L c; Appendix p. 339 etc. *°*) Fr. Hamilton I. c, p. 66. 
Ritter Crotunde IV. 3 


\ 


130 Hoch⸗Afien. IV. Abfhnite. $. 73. 


fichtlich des Allgemeinen der Bubdhalehre auf die gehaltreiche 
- Darftellung berfelben in v. Bohlens Arbeit?!) binweifen, bie 
- wie bier als belannt vorausfegen;z einiges Specielle, die Elemente 
ber Literatur und Religionsfpfteme der Nepaleſiſchen Bhotivas de⸗ 
treffend, find erſt kürzlich aus ihren Urquellen in Kathmandu 
febft durch Hodgfon!) bekannt gemacht. Aus ihnen heben 
wir folgendes aus, was uns zugleich für die Betrachtung aller 
folgenden Buddhiſtiſchen Voͤlkerſchaften lehrreich erfcheistt. | 
Eine ber erfien und auffaliendfien Erfcheinungen diefer eigene 
thümtlichen, religiöfen Richtung der Bhotiyas ift es, bei ihnen, 
fagt Hodgſon, in einem fo wenig cultivirten Lande und bei 
einem Volke, das noch fo ſehr in Rohheit und Schmutz verfuns 
gen ift, dem noch alle jene taufendfachen Artikel ber Culture und 
des Luxus fehlen, welche nach Europaͤiſchen Ideen dem Bebarfe 
der Bücher vorhergeben mußten, doch ſchon eine ihren Beſtand⸗ 
theilen nad) fehr gahleeiche Literatur vorzufinden. Nur duch 
Buchdruckerei, bemertt Hodgfon, war dies möglich, und 
auch diefe warb hier nur erft möglich durch allgemein verbreitete 
Schrift, als Zeitausfällung der Langeweile fo vieler TZaufende von 
Priefteen und Mönchen (Lama und Gylong;,. Wahrſcheinlich er⸗ 
hielten die Bhotiya-Prieſter die Erfindung der Buchdrucker ei aus 
China; aber die allgemeinfie Benugung berfelben ift ihr eigenes 
Verdienſt. Der ärmite Menſch, der vom Norden ber das Kath: 
mandu⸗Thal befucht, iſt felten ohne feinen Pochi, und von als 
len Theilen feines Anzuges haͤngen Jantras (magiſche Schrif⸗ 
ten) in leichten Kapſeln herab, deren inneres ngte bedruckt iſt. 
Auch das Schreiben (vom Zeichnen war ſchon oben die Rede 
©. 72) ift in Bhot ganz allgemein; die Schreiblunft wird uns 
tee allen Claſſen und fehr gut ausgeübt. Alle in fo großer Menge 
‚ an bie Calcutta Societät eingefandten Handſchriften hatte Hodg⸗ 
fon von armen Leuten in Nepal aufgelauft. Zwar legt man 
auch in Indien einen gleichen Werth auf gefchriebene und gebrudte 
Werke; aber dose ift das Leben zu bewegt, zu unruhig und ge 
ſtoͤrt; die große Ruhe und der Friede, den die Bewohner von 
Bhote genießen, hat bei ihnen das Schreiben und Lefen allgemei- 
ner gemacht, Freilich iſt es nur ein Mechanismus, die Literatur 


210) 9, Bohlen das alte Indien. Königeherg 1830. 8. Th. I. S. 306 
bis 352. 18) Hodgson -Nofices l. c. in Asiatic. Research. Oal- 
cutta 1828. T. XVI. p. 419 — 445. | 








Himal,, II. Mittel-Gr., Bhotiya’s, Literatur. 131 


bat dert nue einen flatiomairen Character, der Druck iſt blos 
Holzſchnitt, wie der Chinefifche, und bie fhönfte Handfceift (alle 
auf Palmirablättern und in einer ber drei Nepaleſiſchen Schreibs 
arten) dient gemeiniglich nur zu ganz gewöhnlichen Dingen. Bels 
des foͤrdert keineswegs den geifligen Auffhwung bes Volks, wie 
dies bei den occidentalen Völkern der Fall ift, wo leider auch 
fhon der Weg zum bloßen Mechanismus angebahnt wird, Dee 
Sapalt der beften Werke ift in Nepal oft unbefannt, und nicht 
felten begnuͤgt ſich dee Beſitzer ſolcher durch Exbfchaft überfommes . 
ne Schäge damit, ihrem verfiegelten Bande ftillfchweigend bad 
Ihnen zulommende Sipfer zu bringen. 

Die eigentliche Literatur befieht bei den Bhotipas in Re 
ligionefcheiften, deren Summe man auf 84000 Rollen angiebt. 
Dieſe heißen colleetive, oder im befondern Sutra und Dhar⸗ 
ma, oder Budha vahana, d. b. Worte Buddha's. Gas 
tya Sinha war der erfle, der diefe Worte in Schrift verwan⸗ 
deite (wie Byafa, die Worte Brahma's). Dieſer Sakya fol 
nach der Ausfage ihrer alten Buͤcher der legte der fieben Ges. 
meinen Buddha's geweſen ſeyn. Darin wird er ſtets redend eins 
gefühzt zu den Hoͤrern, die Lectionen erhalten, welche ein Budbha 
frinen Bobhifatwas, d. & Schülern giebt. Einſtimmig find 
oe in Nepal und Bhot darin, dag Sakya Sinha zuerft bie 
Doctein feiner Vorgänger in die fchriftliche Form brachte; eben 
fo find die Worte Tantra und Purana, b. i. bie efoterifchen 
und eroterifchen Werke allen Buddhiſten in Nepal bekannt. Mit 
ihnen flimmen auch die Newars überein, daß von dem ur⸗ 
fprunglihen Stamm und Kern ihrer Literatur nur noch ein klei⸗ 
ner Theil vorhanden fey. Won ben noch in Nepal vorhandenen 
Schriften find unter den metaphufifchen am wichtigften: 1) bie 
Fünf Khands der Racha Bhagavati, oder bie Fünf Ra⸗ 
has; 2) die Sünf Parmitas, und 3) die Dharmas. 

Die Fünf Rachas zählen jeber 25000 Stanzenz fie finb 
ganz metaphufifchen Inhalts, mehr Philofopsıe als Religion, vol 
Skepfis, endloſe Zweifel mit wenig Auflöfungen derfeiben. Sa⸗ 
kya, von feinen Schülern umgeben, welche Argumente vorbrin⸗ 
gen, iſt ihr Moderator, zuweilen allein der Sprecher. Die untere 
fahten Thefen betreffen die großen Hauptpeincipien des Buddhis⸗ 
mn, Die Säge von 4 Hauptfchulen bee Budda Philoſo⸗ 
phit find angegeben, aber nur bie eine, Swabhavika genannt, 
wird weitlaͤuftig biscutiet. Faſt geht das Reſultat Eve Daß der 

32 





132 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Zweifel der Anfang und das Ende bed Wiſſens ſey; Dogmen | 


fehten. Die alten Buddhas fcheinen demnach, meint Hodgfon, 


mehr Steptiler als Atheiften geweſen zu feyn. 
Gleichen Inhalts find die Fünf Parmitas, welche nur 


Erweiterungen der Racha Bhagavati find. Die Neun Dhar⸗ 


ma8, zu den erzählenden Schriften gehörig, werben von den Ne 
palefifchen Buddhiſten göttlich verehrt. Faſt alle find erzählenden 


Inhalte, voll metaphyſiſcher Einftreuungen. Der achte dieſer 


Dharmas, der Lalita Viſtar, iſt die Urs Autorität für alle 
Berfionen der Hftorie des Sakya Sinha; von denen ſich fo 
manche verfchlebenartige Berichte in die Angaben ber Europäer 
eingefchlihen hatten. Hodgſon erfreute fich dieſes wichtigen 
Fundes, weil er überzeugt ift, daß nur aus deſſen Stubium das 
wahre Gebäude des Buddhiſtiſchen Spflemes gründlich erlernt 
werden kann. Aber es iſt fehr compficirt, hat feine vielen Zweige, 


feine Schulen, Doctoren, und ber Buddhismus der verfchiebenen | 


Zeiten wechfett auch das Gewand, wie ber Brahmaniſsmus der 
Dedas, der Puranas und bed Bhagavat verfchiedenartig iſt. Ob⸗ 
"wol in Nepal entbedt und erhandelt, find diefe Schriften doch 


keineswegs nur local; ihre allgemeine Gültigkeit iſt nicht dezwei⸗ 


fee. Das Sambhu Purana, fogt Hodgfon, ſey das einzige 
Wert in der von ihm an bie Calcutta Gocietät uͤberſchickten zahfs 
reichen Sammlung, welches nur von localer Bedeutung fey. Die 
oben angeführte, gewöhnliche Angabe ber 84000 Stud Buddha⸗ 
Schriften fey übertrieben; auch ift der Haß ber Buddhiſten auf 
Sankara (Philofoph des VII. Jahrh., ein Hauptfeind der 
Buddhiſten) 226) übertrieben, dee bei feinem Erfcheinen in Nepal 
kelneswegs alle, fondeen nur einige dieſer Schriften zerſtreute, 
weshalb ihn jeboch noch heute dee Fluch der Buddhiſten trifft 
Auh nah Sankaras Zeit war Buddhismus immer vorhert⸗ 
fhende Nationat-Neligion in Nepal bei Kürften, wie bei Unter 
thanen gebliäben, und ungeachtet der Gorkha Eroberung gehört 
das Volk noch Immer dem Buddhismus an. Sankara, meint 
Hodbgfon, möge wol nur einen ber Fürften ber Thäter für feine 
Lehre belehrt Haben, aber die andern waren Budd hiſten geblie 
ben und fhüsten ben Glauben ihter Unterthanen. Die Gorkha⸗ 
Zeit hat darin große Veränderungen herbeigeführt, und viele für 
das Indifche Brahmanenſyſtem gewonnen. Außer den heilig ges 





210) 9, Bohlen das alle Indien Ahr; II. 375. 


Himal. IL Mitte-®r., Bhotiya, Buddhismus. 133 


baftenen Buddha s Schriften, die man in 12 verfchiebene 
Klaſſen, nah philofopbifhen, ascetiſchen, dogmati⸗ 
(hen Inhalt einzutheilen pflegt, haben die Bhotiyas in Mes 
nl auch eine überrafchende Menge von Schriften vermifchten 
Inhalts, deſſen nähere Einfiche gewiß nicht ohne Belehrung feyn 
wire. Hobgfon führt bie Werke an, über Jurisprudenz, 
toͤttliche Weisheit, Medicin, Bauberei, Todtencul⸗ 
tus, Kriegswiffenfhaft, über die Almofen, über bie 
Kunſt zureifen, über die Vermehrung zeitlicher Gü⸗ 
ter, über Häuſerbau, Fiſchfang, über Bogelaufpticien, 
Makrobiorik, Aber Erweiterung ber Erkenntniß, über 
Sprachen u. a. m. Obwol ein gründliches Studium biefer 
Literatur in einer bisher faft ganz unbekannten Sprache noch laͤu⸗ 
rer Zeit bedurfte, fo ergab fi) doc, fchon dem reifen und um⸗ 
ſichtigen Uctheile Hodgſons, aus der vielfachen Beſchaͤftigung 
mit derfelben,, das wichtige Mefultat, bag nach Quellen und Sins 
halt, wie nach Local Tradition, Bhot feine Literatur und Schrift 


aus Indien erhielt, buch Bubbha-Miffionare und Fluͤcht⸗ 


linge aus Hindoftan. Diefe brachten in einer Zeit, da am 
Ganges noch Bhuddhathum in Blüthe war, viele ber hei⸗ 
ligen und profanen Bücher ihrer Secte mit, und mußten fie fi 
fpäter immer nachlommen laffen. Sie belehrten das Volt von 
Bhor in ihrer eigenen, nämlih in der Sanſcrit Schrift und 
Epude. In ber erfien Periode ihrer Emigration nad Bhot 
hatten fie guten Erfolg, fpäterhin machte bie Schwierigkeit der 
fremden Sanfcrit die Nachfolge einheimifher Lehrer noth⸗ 
wendig, weiche dee Bhotiym Sprache ben Vorrang gaben. 
Daher die Ueberſetzung ber vielen Sanfcrit Werke in ihre Mut: 
terſprache, weiche nach und nah die Sanferlt Sprache verbrängte 
und in gänzliche Vergeſſenheit beachte; aber die Devanagari. 
Sqhrift wurde beibehatten. 

Diefe Einwanderung bes Bubbhathums aus In⸗ 
dien a Nepal, nah Hodgſons Darftellung, gewinnt durch 
Ab. Remuſats legte wichtige Arbeit über ben Fo koue 8117): 
(die Pllgerreiſe eines Chincfifchen Bubdpiften mit feinen Schuͤ⸗ 


Ian in bie Indiſche Heimath ihres Meligionsflifters, um das 





11) Ab, Remusat Memoire sur le Fo koue ki ou Ia Relation du 


Royaune de Ko, Notic. in N. Journal Asiatig. Paris 1831. T. VII. 
pP. 236 — 240. 


\ 


“ 


124 . Hoch⸗Aſlen. IV. Abſchnitt. $, 73.0 


angenommen, die Lama's verworfen und fich eigne Prieſter, bie 
Bangra’s, angenommen. Schon unter bee Newars Dynaflie, 
vor den Gorkha's, hatten aber viele den Shiva⸗Cultus aboptict, 
ohne jedoch im Wefentlichen ihre Gebräuche zu ändern. Die 
feltfame Vermiſchung ihrer Shivas und Buddha⸗Gebraͤuche kann 
man umftändlih in Hamilton’s Nachrichten nachſehen; als 
Beiſpiel genügt uns biee zu bemerken, baß ihre Bangras den 
heiligen Gürtel der Brahmanen tragen, und body auch in den 
Tempeln des Buddha opfern; daß fie das Fleiſch aller Thiere 


eſſen, daß ihre niedrigen Kaſten fich wieder in einige 20 reine 


und unteine zertheilen, deren niebrigfte, wie die Puria (Sifcher 
und. Korbflechter), bie Chamktat (Lederbereiter) und die Bala 
(Abdeder) , die nicht einmal in ber Nähe der Hindu fi anfles 
dein dürfen, um fie nicht zu verumreinigen, ſich doch noch für 
berabgewärcbigter halten würden, wenn fie mit Mohammebanern 
oder Chriſten trinten und eſſen follten. Doch hindert fie dies 
nicht, ihre Weiber von allen Kaſten als Sclavinnen an Mo: 
hammedaner oder Chriften zu verkaufen, die dann nichts anberes 
thun koͤnnen, als die Religion ihrer neuen Gebieter angunchmen. 
Durch diefen Gebraud, find die Mufelmänner, die ſehr begierig 
find Sclovinnen zu kaufen, um dadurch ihre Secte zu vermebs 
zen, ſehr zahlreih im Lande geworden. Jeder Herr und Water 


kann fen Kind ober feinen Sclaven verkaufen, bie beide eben 


dadurch ihre Kaſte verlieren; das Sclavenwefen 203) ift ganz alls 
gemein. Der chriſtlichen Miſſion in Nepal waren, allee früher 
gehegten Hoffnungen (f. Afien Bd. I. S. 457) ungeachtet, bie 
Bekehrungen nicht auf gleiche Weife gelungen; bei der Briten 


. Ankunft (1802) war fie blos auf einen einzigen Portugififchen 


Mater rebucist, der von Patna aus durch große Verſprechungen 
angelodt, hier wenig Erfüllung gefunden hatte, und gern wieber 
abgezogen wäre. Die Tempel ber Newars find theild im Ar: 
chitectur⸗ Styl von Ama, theil von China aufgeführtz fie find 
gute Bauleute, und in allen Künften geübt. Sie find friedlie⸗ 
bend, aber im Kriege doch tapfer; bei allem Cultur⸗Fortſchritt *) 
in Aderbau und Gewerbe doch noch ein Barbarenvolk; der Hanu⸗ 
del wird mehr und mehr duch die Hindu’s und Bhotiya's bei 
ihnen geführt als durch fie. Ihre Todten verbrennen fie. 





808) Fr. Hamilton Account 1. 6. p. 234. 
*) ebenb, p. 212 — 233. 


‘ 


Himal., IL Mittel⸗Gr., Repalefen, Aboriginer. 125 


Die Murmi?s 5) machen die Hauptbevätferung in ben wil⸗ 
dem Gebirgshoͤhen Mord: Mepais aus, und werben von vielen als 
ein Zweig der Bhotiha's des Hochlandes angeſehen; ihre Priefter 
find noh Lama’6, welche Küberifche Sprache und Eiubien trei⸗ 
ben. Ihre Doctein fehlen den Gorkhas fo gefährlich, daß fie uns 


tee dem Vorwande, als wären es Diebe und Mörder, Beinen. ber . 


Rurm?s die Erlaubniß ertheilen, das gerveihte That von Kath⸗ 
mandu zu betreten. Man giebt ihnen den Spottnanien Siye: 
na Bhotiyas, d. h. Bhotiyas, die Las eſſen, weil fie bei 
ihrem Verbot, den Ochſen als heiliges Thier gu fchlächten; bo 
bie gefallenen Minder verfpeifen follen. Daher hatten fie ſich feit 
bee Gorfhas Periode in die unzugänglichiten Gedirgsthaͤler und 


Höhen zucuͤckkgezogen; vor dem Umſturze von Sikim hatten fie 


auch in dieſem befreunbeteren Lande ein Aſyl gefunden, dus fie 
aber wieber räumen mußten, als es in. die Gewalt ihrer Wider: 
ſacher kam. Die Murmi’s haben niemall Herrſcher abgeges 
ben; fie führten nie Waffen, abgleidy ein faster ja robuſter Mens 
ſchenſchlag; nur das Geſchaͤft der Eultivgtoren und ber Laſttraͤger 
ift es, was fie ernährt. 

Die Kirata's 6) (Kirat, had) in Of: Nepal find 
fon oben erwähnt, ein kriegeriſcher Voiksſtamm, Ver’ vor’ der 
Gorkha Zeit in einem hohen Stade ber Gndependenz lebte, und 
auch den frichern Radjputen Eindringlingen ſich tapfer widerfegt 
hatte. Obwol von den Gorkha'“s jur Werweifung der Ka⸗ 
ma's gendthigt, und ale Krieger‘ durch den Einfluß vom Hofe 
öfter durch Brahmanen zu Proſelyten gemacht, blieben fie voll 
Verehrung gegen die Lama's, und find bei aller Rohheit doch nicht 


fo ifiterat, wie man wol annimmt. Gie haben neben dem Na⸗ 


gari audy ihre eigene Schrift, und wo noch Lama's bei Ihnen ge: 
blieben, find diefe in ber Sprache Tuͤbets wol bewandert. Die‘ 
Enthaltfamkeit von Rindfleify, worauf die zelotiſchen Gorkhals 
großen Werth legen, iſt ihnen ein großes Aergerniß; fie leben In 
Polygamie. Ihr Eche wird unter Weiber und Söhne gleich vers 
theilt, Die Söhne der Eoncubinen echalten aber ein fleineres Erb⸗ 
theil als die der Frauen. 


⸗ 


Die Limbu)?) find zwar ben vorigen, zwiſchen denen ſie 


auch wohnen, ganz ähnlich, aber in Sprache verſchieden. Mel ih⸗ 





) Fr. Hann Account. cp. 62, 3). ebend. p. 53 —55. 
’) Bas p. 


J 


\ 


a5 





126 Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


an hatten die Lama's wenig Profelvten gemacht. Sie haben 
bei den Gorkha's aus Politit einen Vorcang über die Kirata's 
erhalten, denn fie widerſtrebten ihnen gar nicht, ba fie nichts an 
fie zu verlieren hatten, wie jene. Nur den Verluſt bes Kinds 
fleiſches zu verſchmerzen nn auch ihnen ſchwer; ihre Haupterwerd 
iR der, Aderbau. 

Die Lapchas 208) —— zwiſchen dem Kankapi und 
Tiſta, zunaͤchſt den Kiratas, werden aber von den meiſten Hindus 
mit unter deren verächtlichen Mamen einbegriffenz auch find ihre 
Gebräuche denen dee Klratas aͤhnlich. Es iſt ein fehr robufter 
Menſchenſchtag; cohe Barbaren, deren ein großer Theil durch bie 
Lamas gebändigt und beherrfche if. Ihre Weiber leben immer 
zuvor erft als zügeltofe Courtiſanen; fie felbft verfpeifen alle Ars 
sen von Fleiſch und alles Unreine, find den u. Getraͤn⸗ 
ken ergeben. Ihre Waffen find Schwert, Bogen und vergiftete 
Pfeile; Sperre bie für ein ſtarkbewaldetes Bergland nicht vor 
theithaft find tragen fie nicht, wol aber en noch plumpe 
- Dusketen. 


8) Die Bhotiya’s (Bhnten’ 9), bie usfoffen des Hodlans 
bes; bie Bhotiya Literatur und Buddha⸗Lehre, eine 
‚aus Indien in Nepal eingewanberte, 

Die Einwohns von Fübet und Bhutan (Butan) 
werden von ben Hindu: Einwohnern Bhosipna’s (Bhutea?9) 
genannt, ihre Länder Bhotan oder Bhote, Bhot?). Aber 
„ diefe find nicht bie einzigen biefes Namens; denn außerhalb dies 
‚ fee großen polisifch bekannten Kändergebiete nehmen bie Bho⸗ 
tipa's auch überall zwifhen Kalt und Tiſta, alf6 in den 
Gorkha⸗Gebieten, die alpine Region, dicht an den Schnee 
pils des Himalaya-Buges, ein. Und nicht nur bier, auch 
weiter im Weften, jonfelt des Kali in Ramaun, Sirmore, 
Biffahir, Kanawar, Hangerang und des Kulu Kafdhs 
mir Himalaya, unter ganz gleichen phpficalifchen Verhaͤlt⸗ 
niffen hinauf bie Ladakh (f. Alien Bd. U. S. 625, 713, 822, 
837 ıc.) haben wir diefelben Tribus unter dem Namen bee Bhus 
tea’s 10) vorgefunden, welche überall nicht nur unter gleichen Mas 





08) Fr. Hamilton Acoount 1. c. p. 58: ) ebend. p, 5560, 

J J. Fraser Journal of 3 Tour through Himal. etc. I. c. p. 332 
i# 330; On Bhote Mehal in Calc. Gor. ſær. in Asiatie. ‚Journ. 
XXI, p. 658 etc. 


4 


‚ 


Himal,, H. Mittel-&r., Repalefen, Bhotiya’s. 127 


men, fondern auch unter ſehr genäherten Verwandtſchaftsverhaͤlt⸗ 
niffen zu ſtehen fcheinen, was Menfhenfhlag‘, Sprade, 
Rıligion und Lebensweife betriffl. Sehr merkwuͤrdig werz 
den fie duch ihre Wohnfige, die nur zu beiden Seiten 
der f[hnecehohen Riefenbäupter der HYimalayas unb 
Emodus-Kette vom Indus bis Brahbmaputra fi. bes 
finden; wo fonft keiner der andern genannten Völker: Tribus fo 
wenig die frenge Wintertälte und die trodene, fcharfe, 
dünnere Luftſchicht der gewaltigen, von ihnen noch bewohnten Hoͤ⸗ 
ben ertragen mag, als fie fetbft außer Stande find, in den ties 
fen, waͤrmern, fruchtbaren, dichteren Luftfchichten auch nur bes 
vorliegenden Berg⸗ und Hügel: Landes zu gedeihen. Selbſt die 
mäßige Sommerhige um Kathmandu iſt ihnen fhon gu 
gefeigert, eben fo twie den Duabrupeben bes Hochlandes, ihren 
gefelligen Hausthieren (Shawl: Ziege, Plateau: Schaaf, 
Vak) wie dem Wild ihrer Gebirgshoͤhen (Mofhusthier, Baral, 
Antilope Hodgsonii etc.), und dem fie umgebenden Baums 
wuchs (Neoza⸗ und Kelu:Pinus, Birken, Rhododendron u. a., 
f Afien Bd. IL S. 832), die eben fo wenig, wie fie, in das Tief⸗ 
land hinabſteigen. =; | 

Einige jener Volld: Tribus, die in ber Nähe von Kaths 
mandu wohnhaft geworden find, nennen fich ſelbſt Sayn, und 
eben fo wird die ganze Nation dee Bhotipa’s von den Ne: 
wars nur Sayn genannt, denen auch der Name Tüber oder 
Zhibet ein gänztid, unbefannter geblieben iſt (f. Afien Bd. IL 
8.529; Fr. Hamilton hält ihn für Perſiſch, Edeifi A. 1151 
nennt ihn Zobbat). Eine allgemeine Benennung für jene, un: 
ter Zübet bei Europdern bekannten, Landſchaften, Eonnte $r. 
Hamilton bei feinen Rachforfchungen unter den Nepalefen nicht. 
ehaltenz ein Bewohner. von H’Laffa nannte ihm deſſen Territo⸗ 
tum mit dem Namen Borla, wovon es meinte daß Bhotiya eine 
Cortuption feyn könne). | 

Ale Bhotipa's, welche Fr. Hamilton in Kath: 
mandu fahe, nicht nur aus dem Gorkha⸗Territorium, fordern 
ud von Maftang, Kuti, Diggercheh (Tefhu Lumbu) und 
D’Laffa, fand er fo ſchwarz von Hautfarbe wie er nur 
die Eingebornen von Canton ober Ada gefehen. Ex bemerkt. 
dabei, dag alfo das Clima bie Nationalfarbe nicht umaͤndere, 
daß es aber einen größern Einfluß auf das Temperament 
äußere, und jene Kälte der Höhen, wol das melancholiſche und 


128 : Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


choleriſche in ein phlegmatifch = fanguinifche® ummandeln koͤnne, 
die Hige aber in ihrem dauernden Einfluſſe das Gegentheit be; 
wirken möge. Hierauf fägte dieſer vielgewanderte Naturbeobad;: 
ter feine Hopotheſe, bie gegenmwättigen Bhutiya-ZLribus 
des Nepaleſiſchen Hochgebirges, obwol fie von derfelben Race wie 
die Bewohner von Tuͤbet find, doch nicht unmittelbar von bie 
fen herzuleiten; ee meint, es fey wahrfcheinlicher, daß fie einft ur: 
fprünglich die Plainen bewohnten, aber zur Zeit der Invafiom ber 
gegenwärtigen Hindus ſich in die Gebirge fo weit zuruͤckzogen, als 
ihnen die Temperatur noch erträglich gefchienen, eben fo wie fpäs 

terhin bie Parbatiya’s dee Mohamnıedanifhen Intoleranz 
aus dem Tieflande in das Gebirgsland ausweichen mußten. 
Mir laffen diefe Anfiht auf ſich beruhen, die vielleicht nur auf 
den’ Gang ihrer Cultur fi) anwenden läßt, da wir erſt weiter ge: 
gen Oſten nah Bhutan und Aſſam fortzufchreiten haben, 
Landfchaften die als Verfnäpfungspuncte und Vermittelungsſtu⸗ 
fen diefer Voͤlkerverhaͤltniſſe mit zu beachten find. 

An einer fo weitläuftigen Region wie bie, welche diefe Bho⸗ 
tiyas einnehmen, feibft nur innerhalb des Gorkha⸗Tertito⸗ 
riums, bemerkt fhon Fr. Hamilton, fey es hoͤchſt wahrfcheins 
lich ‚” daß dafelbft aud eine große Verſchiedenheit der Dias 
lecte und Gebraͤuche befiche; er felbft glaubte dergleichen 
fhon bei denen, die nur den Südabhang des Himalaya -Zus 
ges bewohnen, bemerken zu koͤnnen. Uber die eingezogenen Bes 
richte waren nicht hinreichend genug, und während feines perfon: 
lichen Aufenthaltes fcheuchte die Sommerhige die Bhotipa's 
aus den waͤrmern Kathmanduiſchen Tiefthaͤlern zurüud, fo, daß 
ihm jedes Mittel näherer Präfung fehlte. Ein Lama der Mur: 
mi’6 widerfpeach der dort vorberrfchenden Meinung, feine Rande: 
leute für eine Art Bhotiyas zu halten; er behauptete dag ihre 
Sprachen wenig VBerwandtfchaft unter einander hätten. Spott: 
namen wie Siyena Bhotiyas (db. h. wilde ober Wald⸗B.), Khat 
Bhotiyas (d. h. die Aas eſſen) u. a. m., bringen oft Verwirrun- 
gen in die dortige Wölkerbegeichnung. Die Sige ber Bhotipas im 
Hochgebirge find wol die Haupturſache, daß fie in der Agricul⸗ 
tue nur wenig bewandert fepn koͤnnen; das Heerdbenwefen 
und den Bergbau, welde ihnen wichtige Erwerbsquellen abge: 

ben, follen fie ben niebern Tribus unter ſich überlaffeh. Die Ans 
gefehenern unter ihnen richten ihe Hauptaugenmerk auf den Hans 
dei und ihre religiöfen Studien; nur in dieſen beiden Hin⸗ 


\ 


Himal., IL. Mittel⸗Gr. Nepalefen, Bhotina’s: 120 


fihten: find fie ausgezeichnet. Gie find in Kathmandu bie 
Unterbändler 21) mie Tübet, mit Teſhu Lumbu und 
H'kafſa, wie die Kafchmirer es mir Labakh und Kaſchmir 
find. Ehedem ſchickten die Lamas von H’Laffa und Teſhu 
Lumbu vieles Gold und Silbex in Maſſe zur Münze nad) 
Kathmandu, aber ba die Gorkhas ſich erlaubten den Muͤnz⸗ 
foß durch Legierung zu verfälfchen, worüber heftige Streitigkei⸗ 
tm 12) zwiſchen beiden Höfen entflanden, bie endlich in Kriege 
ousarteten, hörte biefe Duelle bed Gewinns in neuerer Zeit ganze 
ih auf. Die Bhotiyas brachten, zu Hamiltons Zeit, auf 
den Markt nach Kathmandn: grobe Weollenzeuge, Shawlzie⸗ 
gen, gemeine Schaafe, Ziegen, Rinder, Buͤffelſchweife (Chomwries), 
Moſchus, Salz, Ammoniak, gelben Arfenit (Hurtal), Borax, 
Dunelfilber, Goldſtaub, Papier, Charas ( beraufchenden Hanf) 
0 Borar und Salz brachten fie nad) ihrer Ausfage von 
einem See, ber, im Norden von Kathmandu, 15 Tagereiſen 
ienfeit de Brahmaputra Hegen folle. Zu dem Transport bedies 
nem fie fih des KLaſt⸗Schaafes wie überall im hoben Himalaya. . 
In Religionsangelegenheiten fließen fi die Bho⸗ 
tiyas im Algemeinen an das Lama: und Buddha⸗We⸗ 
fen in Tübet und H’Laffe an, und verwerfen baher bas 
Kaſtenweſen ganz, nehmen aus jeder Kaſte und Nation Proſeli⸗ 
ten in ihre Gemeinden auf, In das Einzelne ihrer metaphye _ 
fiſchen Brübeleien und in die Mannichfaltigkeit ihrer Differenzen . 
unter fih, wie in bie vielen Befonderheiten ihrer Sitten, Ges _ 
bräude und Geremonien 23), oder in das Detail ihrer Literatur 
einzugehen, wuͤrde bier unpaffend ſeyn, obwol daraus erſt «in 
voRfländigeres und anfchaulichere® Bild Ihres Voͤlkerlebens here 
vorgehen würde. Wichtig IfE es aber, der ganzen religiöfen Denk⸗ 
weiſe einer fo zahlreichen Voͤlker-Claſſe, wie die der fonft fo we⸗ 
nig bekannten Bhotiyas (f. Afıen Bd. I. &. 584) in ihren 
weſentlichen Elementen (Meligion und Literatur) nachfolgen zu 
können, weil dadurch ihre ganze innere Welt aufgefchlaffen ers 
(heine, die fich bei der dußeen Armuth ihres Lebens um fo mehr 
nach Innen mit Speculationen und Satzungen zu bereichern 
ſuchte, nach denen fich wiederum ihe ganzes äußeres Leben, im 
der Erfheinung, als Wölkerfchaft geregelt bat. Wir können hin⸗ 


21) Fr. Hamilton Account I. c. p. 212. 33) Kirkpatrick Acc. 
L c. Appendix p. 339 etc. ss) Fr. Hamilton I. c, p. 66. 
3 


Rittee Crdkunde IV. 





130 ° Hohe Afien. IV. Abfchnitt. $. 73. 


fiyelih de6 Allgemeinen der Buddhalehre auf die gehaltreiche 
- Därftellung derfelben in v. Bohlens Arbeit ?!t) hinweilen, bie ' 
- wie bier al® bekannt vorausfegenz einiges Specielle, die Elemente 
der Literatur und Religionefpfteme der Nepaleſiſchen Bhotiyas bes 
treffend, find erſt kuͤrzlich aus ihren Urquelleh in Kathmandu 
feibft durch Hodgfon!:) bekannt gemacht. Aus ihnen heden 
wir folgendes aus, was uns zugleich für die Wetrachtung alles 
folgenden Buddhiſtiſchen Voͤlkerſchaften lehrreich erfcheiste. 

Eine der erſten und auffallendſten Erſcheinungen dieſer eigen⸗ 
thuͤmlichen, religioͤſen Richtung der Bhotiyas iſt es, bei ihnen, 
ſagt Hodgſon, in einem ſo wenig cultivirten Lande und bei 
einem Volke, das noch ſo ſehr in Rohheit und Schmutz verſun⸗ 
ken iſt, dem noch alle jene tauſendfachen Artikel der Cultur und 
des Luxus fehlen, welche nach Europaͤiſchen Ideen dem Bedarfe 
der Buͤcher vorhergehen mußten, doch ſchon eine ihren Beſtand⸗ 

theilen nach ſehr zahlreiche Literatur vorzufinden. Nur durch 
Buchdruckerei, bemerkt Hodgſon, war dies moͤglich, und 
auch dieſe ward hier nur erſt möglich durch allgemein verbreitete 
Schrift, als Beitausfällung der Langeweile fo vieter Tauſende von 
Prieftern und Mönchen (Lama und Splong:. Wahrfcheintich ers 
hielten die Bhotiya » Priefter die Erfindung dee Buchdrucker ei aus 
China; aber die allgemeinfle Benugung derſelben ift ihe eigenes 
Berdienft. Der aͤrmſte Menſch, der vom Norden ber das Kath: 
mandu⸗Thal befucht, iſt felten ohne feinen Pothi, und von als 
len Theilen feines Anzuges hängen Jantras (magifhe Schrif⸗ 
ten) in leichten Kapfeln herab, deren inneres ngtt bedruckt if. 
Auch das Schreiben (vom Zeichnen war fchon oben bie Rede 
©. 72) ift in Bhot ganz allgemein; bie Schreiblunft wird uns 
tee allen Claſſen und fehr gut ausgeübt. Alle in fo geoßer Menge 
. an bie Calcutta Societät eingefandten Handfchriften hatte Hodg⸗ 
fon von armen Leuten in Nepal aufgekauft. Zwar legt man 
auch in Indien einen gleichen Werth auf gefchriebene und gedrudte 
Werke; aber dore iſt das Leben zu bemegt, zu unruhig und ges 
ſtoͤrt; die große Ruhe und ber Friede, den bie: Bewohner von 
Bhote genießen, hat bei ihnen das Schreiben und Lefen allgemeis 
ner gemacht. Sreilich ift e6 nur ein Mechanismus, die Literatur 


210) 9, Bohlen das alte Indien. Königsberg 1830. 8. Ih. 1. &. 306 
bis 352. 15) Hodgson Notices I. c. in Asiatic. Research. Oal- 
cutta 1828. T. XVI. p. 419 — 445. 


Himal., II. Mittel-Gr., Bhotina’s, Literatur. 131 


bat dort nue einen fletionaiten Character, bee Druck ift bios 
Holsfehnitt, wie der Chinefifche, und die ſchoͤnſte Handfchrift (alle 
auf Palmirablättern und in einer. der drei Nepaleſiſchen Schreibs 
arten) dient gemeiniglich nur zu ganz gewöhnlichen Dingen. Bels 
des fördert keineswegs den geifligen Auffchwung bes Volks, wie 
bied bei den occidentalen Völkern der Fall ift, wo leider auch 
fhon der Weg zum bloßen Mechanismus angebahnt wird. Der 
Inhalt der beften Werke ift in Nepal oft unbelannt, und nicht 
felten begnüge ſich der Befiger folcher durdy Exrbfchaft überfomme . 
ner Schäge damit, ihrem verfiegelten Bande flillfchweigend bad 
ihnen zukommende Ypfer zu bringen. 

Die eigentliche Literatur beſteht bei den Bhotipas in Ras 
ligionsſchriften, deren Summe man auf 84000 Rollen angiebt. 
Dieſe heißen collective, oder im befondern Sutra und Dhar⸗ 
ma, ober Budha vachana, d. b. Worte Buddha's. Gas 
kya Sinha war der erfle, ber diefe Worte in Schrift verwans 
beite (wie Vyaſa, die Worte Brahma's). Dieſer Sakya fol 
nach der Ausſage ihrer alten Bücher der legte der fieben Ges. 
meinen Buddha's geweſen ſeyn. Darin wich er ſtets redend eins 
geführt zu ben Hörern, die Lectionen erhalten, welche ein Buddha 
feinen Bodhiſatwas, d. i Schülern giebt. Einſtimmig find 
ale in Nepal und Bhot darin, dag Sakya Sinha zuerfi bie 
Doetrin feiner Vorgänger in bie fchriftliche Form brachte; eben 
fo find die Worte Tantra und Purana, b. 1. die efoterifchen 
und eroterifchen Werke allen Buddhiſten in Nepal bekannt. Mit 
ihnen flimmen auch die Newars überein, daB von dem ur⸗ 
ſprünglichen Stamm und Kern ihrer Literatur nur noch ein klei⸗ 
ner Theil vorhanden fey. Don den noch in Nepal vorhandenen 
Schriften find unter den metaphufifchen am widhtigften: 1) bie 
Fünf Khande dr Racha Bhagavati, ober die Fünf Ras 

has; 2) die Fünf Parmitas, und 3) die 9 Dharmas. 
| Die Fünf Rachas zählen jeder 25000 Stanzen; fie find 
ganz metapbyfifchen Inhalts, mehr Philoſopoie als Religion, vol 
Skepfis, endlofe Zweifel mit wenig Auflöfungen derſelben. Sa⸗ 
kya, von feinen Schülern umgeben, welche Argumente vorbrin- 
gen, iſt ihr Moderator, zuweilen allein der Sprecher. Die unters 
ſuchten Thefen betreffen die großen Hauptprincipien des Buddhis⸗ 
mus. Die Säge von 4 Hauptfhulen der Budda Philofos 
phie find angegeben, aber nur die eine, Swabhavika genannt, 
wird weitläuftig discutirt. Faſt geht das Refultat hervor, daß der 
32 


132 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 73. 


Zweifel bee Anfang und das Ende des Wiſſens fen; Dogmen 
fehlen. Die alten Buddhas ſcheinen demnach, meint Hodgſon, 
mehr Skeptiker als Atheiften gemwefen zu feyn. 

Gteihen Inhalts find die Fünf Parmitas, welche nur 
Erweiterungen der Racha Bhagavati find. Die Neun Dhar⸗ 
mas, zu den erzählenden Schriften gehörig, werden von den Ne⸗ 
palefifchen Buddhiſten göttlich verehrt. Faſt alle find erzählenden 
Snhalts, voll metaphyſiſcher Einftreuungen. Der achte biefer 
Dharmas, ber Lalita Viſtar, ift die Urs Autorität für alle 
Berfionen ber Hiftorie des Sakya Sinha; von denen ſich fo 
manche verfchiedenartige Berichte in die Angaben der Europäer 
eingefchlihen hatten. Hobdgfon erfreute fich dieſes wichtigen 
Fundes, weil er überzeugt ift, daß nur aus deffen Studium das 
wahre Gebäude des Buddhiſtiſchen Syſtemes gruͤndlich erlernt 
‚werden kann. Aber es iſt ſehr complicirt, hat feine vielen Zweige, 
feine Schulen, Doctoren, und ber Buddhisſsmus ber verſchiedenen 
Zeiten wech ſelt auch das Gewand, wie ber Brahmanismus der 
Vedas, der Puranas und des Bhagavat verfchiedenartig iſt. Ob⸗ 
"wol in Nepal entdeckt und erhandelt, find diefe Schriften doch 
keineswegs nur local; ihre allgemeine Guͤltigkeit ift nicht dezwei⸗ 
fee. Das Sambhu Purana, fagt Hodgfon, ſey das einzige 
Wert in der von ihm am bie Calcutta Societät uͤberſchickten zahl: 
reihen Sammlung, welches nur von localer Bedeutung fey. Die 
oben angeführte, gewöhnliche Angabe ber 84000 Stud Buddha⸗ 
Schriften fey übertrieben; auch ift der Haß dee Bubbhiften auf 
Sankara (Philofoph bes VIH. Jahrh., ein Hauptfeind ber 
Buddhiſten) 216) übertrieben, ber bei feinem Erfcheinen in Nepal 
keineswegs alle, ſondern nur einige dieſer Schriften zerftreute, 
weshalb ihn jeboch noch heute ber Fluch der Buddhiſten triffe 
Auch nad) Sankaras Zeit war Bubbhismus immer vorherr⸗ 
fhende Nationat-Religion in Nepal bei Zürften, wie bei Unter: 
thanen geblieben, und ungeachtet der Gorkha Eroberung gehört 
das Volk noch immer dem Buddhismus an. Sankara, meint 
Hodgfon, möge wol nur einen der Fuͤrſten der Thäler für feine 
Lehre belehrt haben, aber die andern waren Budd hiſten geblie⸗ 
ben und fhügten den Glauben ihter Untertbanen. Die Gorkhar 
Zeit hat darin große Veränderungen herbeigeführt, und viele für 
das Indifche Brahmanenſyſtem gewonnen. Außer den heilig ge⸗ 





210) v. Bohlen das alte Indien Aha: Il. 338. 


Himal., I. Mittek®r., Bhotiya, Buddhismus. 133 


haften Bubdha» Schriften, bie man in 12 verfchiedene 
Klaſſen, nad philofopbifhen, ascetiſchen, dogmatis - 
(den Inhalt einzutheilen pflegt, haben die Bhotiyas in Mes 
: yal auch eine üÜberrafchende Menge von Schriften vermifchten 
Inhalts, deſſen nähere Einficht gewiß nicht ohne Belehrung feyn 
würde. Hodgfon führt bie Werke an, über Jurisprudenz, 
görtlihe Weisheit, Mebicin, Zauberei, Todtencul⸗ 
tus, Kriegswiffenfhaft, über die Almofen, über bie 
Kun zureifen, über die Vermehrung zeitliher Gü⸗ 
ter, über Häuferban, Fifhfang, Uber Vogelaufpicien, 
Matrobiotik, aber Erweiterung der Erkenntniß, übe 
Sprachen u. a. m. Obwol ein gründliches Studium biefer 
Literature in einer bisher faſt ganz unbelannten Sprache noch laͤu⸗ 
gerer Zeit beburfte, fo ergab fi) doch ſchon dem reifen und um» 
fichtigen Urtheile Hodgſons, aus der vielfachen Beſchaͤftigung 
mit derſelben, das wichtige Reſultat, daß nach Quellen und In⸗ 
halt, wie nach Local⸗Tradition, Bhot feine Literatur und Schrift 
aus Indien erhielt, durch Bubdha-Miffionare und Fluͤcht⸗ 
linge aus Hindoftan. Diefe brachten in einer Zeit, da am 
Ganges noch Bhuddhathum in Blüthe war, viele der Hein 
ügen und profanen Bücher ihrer Secte mit, und mußten fie fi 
fpäter immer nachlommen lafjen. Sie belehrten das Volt von 
Bhot in ihres eigenen, namlich in der Sanfcrit Schrift unb 
Sptache. In ber erfien Periode ihrer Emigration nad Bhot 
hatten fie guten Erfolg, fpäterbin machte bie Schwierigkeit ben 
feemden Sanfceit die Nachfolge einheimifher Lehrer noth⸗ 
wendig, welche der Bhotiya Sprache den Vorrang gaben. 
Dahee die Ueberſetzung der vielen Sanſcrit Werke in ihre Mut⸗ 
terſprache, weiche nach und nach die Sanferit Sprache verbrängte 
und in gaͤnzliche Vergeſſenheit brachte; aber bie Devanaz art, 
Schtift wurde beibehalten. 

Diefe Einwanberung des Buddhathums aus In⸗ 
dien in Nepal, nach Hodgſons Darſtellung, gewinnt durch 
Ab. Remuſats legte wichtige Arbeit über ben Ko koue Ei 17): 
(bie Pilgerreiſe eines Chincfifchen Buddhiſten mie feinen Schuͤ⸗ 
Ima in bie Indiſche Heimath ihres Meligionaflifters, um das 





1) Ab. Remusat Memoire mr le Fo koue ki ou la Relation du 
Royaume de Fo, Notie. in N. Journal Asiatig. Paris 1831. T. VII. 
p- 236 —240, 


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134 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. 8. 73. 


Jahr 400 n. Chr. ©.) die trefflichſte Erläuterung und Begruͤn⸗ 
dung; denn darnadı fanden Sakyamuni und feine Schüler 
den erſten Schauplag ihrer Thaten in Gentral: Indien um 
feinen Geburtsort Kapilapuer (in Dude und Lucknow), alfo 
nordwärts des Ganges, zwifchen diefem Steome und den Vor⸗ 
Leiten von Nepal, wo das Buddhathum noch im fünf: 
ten Jahrhundert in voller Blüche ſtand, unb weit auss 
gebreitet war. Daß das gebirgige Nepal, fpäterhin, dem 
duch Brahmathum verfolgten Buddhathume ein Aſyl 
werden mußte, ift demnach fchon aus ber Dertlichleit an ſich bes 
geeiftlich genug, und hiermit Löfen ſich viele bisherige Schwierig: 
keiten und Räthfel in den Nachrichten über die befondern Schids 
ſale dieſes veligiöfen Cultus von felbft auf. Die Maffe der 
Bhotiva Literatur, wie fie gegenwärtig noch iſt und ſtets 
war, ift daher wie fo mandye andere Weberfegungsliteras 
turz die Sprache ift einheimifch, die Schrift wie die Ges 
danken find Indiſch. Selbſt die Titel der claffifhen Bho⸗ 
tipabücher geben dies noch zu erfennen, und die Bhotiyas ſelbſt 
flimmen damit überein, daß alle ihre Wiffenfchaft aus Indien 
flamme. Kein Wunder, daß es auch herrfchender Trieb aller ed» 
leen Mepalefengefchlechter ift, dem Mutterlande ihrer zweimal 
zu ihnen eingemanderten Religionsfyfteme, wie allee Wiffenfchaft, 
duch wirklihe Abftammung von Hindu:-Dpnaftien, 
bie jene Güter mitbrachten, ‚angehören zu wollen. Nur unter 
ben unbedeutenderen Werken der Bhotiyas, meint Hobafon, 
möchten auch folche ſich vorfinden, bie nicht aus dem Sanſerit 
übertragen wären, wohin er 5. B. die Legenden der Lamas 
sechnet, die, wenn fchow im beften Bhotiya Dialert, zu Lafſa 
und Digarchi (Dzigadze bei Teſhu Lumbu), aber noch immer 
mit Indiſchen Characteren gefchrieben find. | 

Von dem Religionsfyfleme der Nepaleſiſchen Bhotihas 
wird es binreichen, hier nur ben aͤußerſten Umriß des Eigen: 
thuͤmlichen anzugeben, wie fie fich bafjelbe in ihren ſpeculativen 
Schriften angeeignet haben; denn die Art, wie fich daffelbe bei 


„Ihnen im wirklichen Leben ausgeprägt, ift zu mannichfaltig wech⸗ 


felnd, und noch zu fragmentariſch von ben Beobadhtern aufgefaßt, 
um wo anders als bei diefen ſelbſt im Detait218) gelefen zu werben. 





»1°) Fr. Hamilton Acc. 1. c. p. 56 etc. Kirkpatriek Acc. a. a, D.; 
Fraser Journey 1. c. p. 833 —339. 


Himal., II. Mittel-Ör., Bhotiya’g, Buddhismus. 135 


Der fpeculative Bydbhbismus begreift 4 ganz verfchie: 
dene Spfleme des Glaubens, in Beziehung auf den Urfprung 
der Welt, die Natur der erſten Urfache der Dinge, und 
auf Be Natur wie bie Beſtimmung der Seele. Dieſe 4 
Terrien werden Swabhavika, Aishwarika, Patnika 
und Karmika genannt, und dieſe haben ihre vielen Commen⸗ 
tatotren. Die erfte behauptet, die Materie fep die einzige Subs 
ſtanz und verwicft jede Eriftenz ohne Materie. Die zweite 
nimmt eine Efjenz ohne Dlaterie und einen unendlichen, intel: 
lectuelen Adi Buddha, als einzige Gottheit und Urfache aller 
Dinge an, indeß andere zugleich ein materielle Princip das mit 
ihm coexiſtire, annahmen, und aus diefem Dualismus alles 
Dafeyn ableiten. Die beiden andern Theorien Seiten ihre Nas 
men Karmila und Batnika ab, von dem Begriff der Thaͤ⸗ 
tigkeit eines ſittlichen oder eines intellectuellen Bes 
wußtfeine. Alte vier fcheinen hinſichtlich des Seelenlebens 
wit dee Brahmanenlehre darin übereinzuftimmen, daß fie eine 
Metempſychoſis, aber auch eine Abforbtion, ein Verſinken in 


Gott, annehmen, nur die einen in Brahma, die andern in 


Buddha, einen Nihilismus ıc. 
Neben dieſen befteht in dem Gultus ein unzählbares Heer 


des Bubdhiftifhen Pantheons, befien Verbindung mit 


dem fpecnlativen Theile und ſelbſt den Hauptpuncten des practi: 
ſchen Buddhismus locker genug und voll Inconſequenzen zu 
ſeyn feine. Seit langem unterſcheidet biefer die Sancti von 
ſterblichen Wefen, welche durch verdienftliche Werke fich zu 
Buddha emporſchwangen, von den Buddhas die goͤttlicher 
Abſtaumung und Urſprungs find. Zu den erſten werben bie 
7 Manushi (Menfchen), 1) Wipasyi, 2) Sikhi, 3) Vie: 
wabha, 4) Kakushſanda, 5) Kanaka Muni, 6) Ka⸗ 
ſpapa und 7) Sakya Sinha gerechnet, Die zweiten, bie 
goͤttlichen, ohne Eltern gebornen Buddha, heißen Anus 
papaduka oder Dhyani, zu dieſen gehört auch der Adi Bhudda, 
der unter den 5 verfchiebenen Formen der Weisheit fich in ber 
gegenwaͤriigen Welt kund thut, b. i. dee Pancha Bhudda 
Dyyami. Golcher Dhyani Bhuddas find fünf, denen vergängs 
lie Sreationen oder Weltfhöpfungen entfprechen, welchen 
wiederum Bodhiſatwas vorftehen. Diefe Bobhifatwas, eben 
fo viele wie jene, zu denen fie. im Verhaͤltniß ſtehen, wie ber 
Sohn zum Bater, beißen Samanthabadra, Vajra Pani, Retra 


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136 Hoch = Aſien. IV. Abſchnitt. n 73. 


Dani, Padma Pant, Viswa Pant; zu ben Manushis flchen fie 


im Verbältnig wie dee Schüler zum Lehrer. Diefe find im 
Fleiſch zu Buddhas auffleigenden, etwa gleid, den für goͤttlich 
gehaltenen Tuͤbetiſchen Lama's. Chaitya iſt ber. eigenthuͤm⸗ 
liche Name zur Bezeichnung der Wohnung des Buddha⸗Gottes; 
Vihar zur Bezeichnung der Wohnung eines goͤttlichen Buddha⸗ 
Dieners; in jenem wohnt der Gegenſtand der Verehrung in die⸗ 
ſem der Verehrer. Die Idole der Dhyani Buddhas bewohnen 


daher die Baſis der Manu Chaitya, oder die hoͤchſte Tempel⸗ 


Klaſſe in Nepal. Die Zahl aller dieſer Buddha Perſonen iſt 
aber damit keinesweges erfchöpft, und es werden noch nach ben 
Schriften 131 wirkliche Buddhas aufgezaͤhlt; in dem Tem⸗ 
peldienſt find viele hundert mehr, und in einem Verſe im Apas 
simita Dharani, den Hodgſon citirt, wirb gefagt: „Die 
Buddhas bie waren, find und feyn werben, find 
sableeicher ale die Sandktörner am Ufer des Gans 
geb.” Und doch follen davon noch bie hiftorifhen Perfos 
nen diefee Art verfchieden fen, die von andern Buddhas 
entfprangen, ober von Lotosblumen u. dal. m. Als Haupt 
leitflern, fagt Hodgfon, bleibe es jeboch, in diefer Fluch und Ber 
wirrung, daß ſtets ber oben genannte Sakya, ber 7te und legte 
dee Buddhas fey bei allen alten Buddhiſtenautoren. Aud 
füllt die Dauer diefer fieden Bubdhas (die Manushi) ſchon 
ihre ganze Chronologie aus: die 2 erften gehören dem erften 
Weltatter, dem Satya Yuga an, die andern 2 dem Kreta 
Yuga, bie dann folgenden dritten dem Dwapara Yuga 
anz aber Saktya (Sakya finha, Shakia muni) und ber Buddha, 
der einft noch kommen foll, find die Herren des Kali Yuga 
oder dee gegenwärtigen Weltperiode Nie iſt von den 
Vorgängern weiter bie Rede; aber auf die Geburt bes Sakya, 
auf feine Sprache, Thaten, Anordnungen, auf bie Sammlung 
feiner Religionsbürher u. f. w. bezieht fich der ganze gegenwaͤr⸗ 
tige Nepatefifhe und Bhotiya Bubbhiflifhe Eultus. 
Kafyapa ift fchon veraltet und tritt ſelbſt im hoͤchſten Gebirge: 
lande in den Hintergrund, Derfelbe Sakya ode Sakya⸗ 
ſin ha der Nepalefen, der nicht weſentlich verſchieden in andern 
Syſtemen, Sakya muni (Shakia muni), Shige mont, 
Gautama, Gottma u. ſ. w. heißt, ſcheint derſelbe Begrüns 
der der zuletzt in Nepal beſtehenden Form des Buddha⸗Cultus 


Himal. II. Ofb-Oruppe, Bhutan. 137 


(sch H. Wilfen aus bem VI. oder VIL Jahth. n. Chr. G.) 29) 
iu ſeyn. 


Biortes Kapitel. 


IL Die. Oft: Gruppe des Himalaya⸗Syſtems, oder 
der Bhutan» Affamfche Himalaya, und das Platenus 
laand von Oft» Zübet. 


5. 73. 
Erläuterung 1. 
Bhutan bad Alpengebirgöland ; bie Vorſtufe von Oſt⸗Tuͤbet. 


1. Nach den Berihsen der Europder. 


Dfimwärts an Nepal und Sikim fegt berfelbe Gürtel 
von Alpengebirgslandfchaften, vom Tiſta an, fort, bie 
zum Thale bed Brahmaputra; wir haben biefe unter dem 
Namen Bhutan und Affam theilweife kennen gelernt. Beide 
jiehen im Süden des Plateaulandes von Oft ober dem 
dritten Tüber bin, zu dem wir dann erſt hinaufdringen koͤn⸗ 
nen, wenn wir Bhutan erftiegen haben. Bhutan oder Boos 
tan, erft durch Me. Bogle (1774, f. Aſien Bd. II. ©. 483) 
als ein eigenes Land bekannte geworben, hörte diefer bei den Eins 
gebonen Docs Pu (Takpo iſt tin ganz allgemeiner Name für 
das füdliche Eis ber) U) nennen zes bildet die Mittelftufe zwi⸗ 
[hen dem tiefen Bengalen im Suͤden und bem hohen Tuͤbet im 
Norden; es begreift in biefer Richtung zwifchen 264 bis 28° 
R.Br,, eine Breite von etwa 35 geogr. Meilen von Süden 
nah Norden. Im Gübden duch bie Vorketten vom Tas 
ryani, zu Kutſch⸗Beſhor gehörig, gefchieden, wird es im 
Norden von der hohen Schnerkette bes Himalaya bes 
grenzt, welche nah 3. Rennelt bafelbft bei den Tuͤbetanern 
Rimola?2t) heißen fol, und den Efhamalaris Pit (24,400 
8. Par. nach Schaͤtzung) als den befannteften Schneeberg trägt, 





1°) HL. Wilson Notice of three tracts from Nepal l e. Asiat, Res. 
T. XVI. 9.455 20) P. Hyppolyte Desideri Notes in N. Journ. 
Asiatiq, 1831, T. VII, p. 118. »2) %, Rennell Hinboftan b. 
Bernoulli ©, 80. j 


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138 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnitt. 6. 72. 


von dem wir auch die Kette an dieſer einzig befannt gewordenen 
Eule umd Paflage nad) Tuͤbet nennen werben. Nur der 
(male Landſtrich auf der Hauptſtraße aus Bengalen, 
neh Zlübet, von Rungpur aus norbwärts, zwiſchen Chidyas 
corta (f. Afien Bd. I. &. 483) und ber Hauptſtadt bes Lans 
des Zaffifudon, bis Phari und Teſhu Lumbu, if uns 
durch Europäer genauer bekannt worden; von den Äbrigen zur 
Seite liegenden Sauen haben wir nur minder are Daten durch 
einheimiſche Berichterſtatter. Aber diefe zeichen bin, in einem 
Rande, das In feiner Terrainbitdung fo viel Analogie mit feinen 
wefllihen Nachbargauen bat, uns ziemlich heimifch zu machen, 
auch finden wir bier, indem wir ©. Turner (1783) auf fels 
nes Reife buch Bhutan begleiten, bie vier Stufenland⸗ 
(haften wieder, wie wie fie duch Sr. Hamilton in Nepal 
kennen gelernt. 

a) Das Niedetland Taripani. Von Rangpur, der 
lehten Stadt des Britiſchen Compagnielandes, etwas uͤber 80 geog. 
Mellen im Norden von Calcutta, beginnt jene niedere Res 
glon der Sumpfwaldbungen ?2?), welche durch eine große 
Anzahl von Bleinen Flüffen und ſtehenden Waffern während der 
beißen Hälfte des Jahres peflilenzialifch für ihre Bewohner wird. 
Bur Zelt der Monſunwechſel wird die Atmosphäre gewöhnlich 
duch furchtbare Orkane Typhon der Inder, Northwester der 
Briten, weil fie aus jenem Quartiere herbeiſtuͤrmen) gereinigt. 
Roc werden bier Reisfelder bebaut; aber dazwiſchen breiten 
fit) die ungeheuern, bis 30 Fuß hohen Waldungen der Bam: 
bus (Augheahgaus der Indoſtaner) aus, weiche einen großen 
Theil Bengalens und Nord Hindoftans mit Zimmerholz zu Ka⸗ 
noes und Hüttenbau, wie zu. dem meiften Hausgeräth verfehen. 
Aug die uͤppigſten Gehölze won Indiſchen Zeigen und 
Areca: Palmen bededen hier weithin das Land, das viele, oft 
nur fnietiefe Fluͤſſe durchziehen, bie ſich alle ſchon gegen den 
Brahmaputra hin, gegen S. O. entladen. Die .meiften kommen 
vom Suͤdabhange der Vorketten, ber einzige größere, der 
Gaddada, durchbricht fies denn er fammelt aus der mehr 
nördlichen, hohen Bergiandfchaft Bbutans die Gewaͤſſer der 





a Be len a 
en —4/5 1 . t tör t 
“eberf. Yamburg 1801. 8. Kal a ſchaftsreiſe, Deutſch. 


⸗ 


Himal., IH. Ofl-Gr,, Bhutan, Niederland. 139 


Schnergebirge, die er ale Tſchin⸗tſchleu, vereinigt, in toſen⸗ 
dem Wildfturze durch die Engfchluchten der VBergterraffen umb 
Vorketten hinabfuͤhrt, und erſt im Tariyant eintretend jenen Ben⸗ 
ganſchen Namen Gaddada) erhält, ‚mit dem er ſich unterhalb 
Rangamarty?), noch innerhalb der: ‚Grenze Bengalens, in den 
Brabmaputra ergießt. 

Kuth:Behor, bid zu bem Sufe ber erſten auffleigenden 
Vorketten, in einer Breite von 4 bis 5 'geoge. Meit. iſt bee luxu⸗ 
riöfeften,, faft alles erſtickenden Vegetation ungeachtet, doch nur 
ne fehe traurige, verödete Landſchaft; von Schilfrohr, 
Tarenträuter, Riedgrad'und von Waldungen uͤberdeckt, 
bilder es bie verwilderteſte, ſchwer durchdringliche Grenze zweier 
politiſcher Herrſchaften. Die wenigen Bewohner find ein elendes 
Bolt, in armfeligen Hütten, oft in Hungersnoth; die Eitern vers 
kaufen bier ihre Kinder am liedſten zu Sclaven, und die Mütter‘ 
* bringen fie ohne Bedenken zu Markte (vergl. Aften Bd. n. 

S. 1047). Grauſen erfuͤllt hier den Wandeter, der jedoch bier 
nie fange verweilt; vor ihm gegen Mord, über bie niedern Vor⸗ 
ketten trifft jedoch‘ fein Btick im weitefter ‚Gerne bei heiterſtem 
Himmel auf einen tiefblauen Sqatten am fernſten Horizont; 
es iſt der Contour des erhabenen HimalayasZuges, der Bhu⸗ 
tan von Tuͤbet ſcheidet, und der wieder verſchwindet, wenn man 
das wechſelnde Bergland ſelbſt betritt. Aber S. Turner ers 
fonnte, von bier, auch ber Form nach fihon deutlich den PIE 
bed hohen Tfhamalari?), und gründete mit Recht darauf bie 
Schägung feiner Riefenhöhes er hatte ihn fchon von Purneah 
und Radjemal aus, am Ganges, erblickt gehabt. Die Trauer 
dieſes Tariyani mit der Fieber: Region in den Rohres 
fämpfen wirb durch die Mißgeſtaltung der bortigen Menſchen 
erhöht; denn hier beginnt die Region der Kropfbildung, 
weiche vom Ganges bis Brahmaputra alle Bewohner des Ta⸗ 
ridani⸗Landſtrichs oft In hohem Grabe verunftaltet. Die Bengas 
leſen nennen den Keopf Sheig ober Aabi, bie Bhutaner Ba 
oder Kebo, d. h. geſchwollner Hals. Turner begrenzt die Zone 
Ihres allgemeinen Vorkommens (vergt. Aflen Bd. U. &. 763, 847 
u. a. D.) in dem genannten Striche, zwifchen 27 bis 80° N. Br. 


— 


— fe Map of Assam on the same Scale as the Map of India by 
Arrowsmith Lond. 1816. = GS. Zumee Gefandtſchaftertifſe 
aD, S. 23, 233, 2. 








140 Hcch-Afien IV. Abſchaict. 6: 74. 


unb 78°:25' bis O1? DL, v. Br. Dieſes Tariyani ift au 
bier das Aſyl des Tiger und Wäffel, bee Rpinoceroten, Elephans 
ten und Bären, wie anderwärts. Der Meifende iſt öfter genöthige 
ſich erſt vermittelſt des Waldbrandes feinen Weg durch die Wilde 
niß hindurch zu dahnen; aud Burner fand auf biefe MWeife 
feinen Durchgang duch eine Piſtazienwaldung zum Brenzfort 
Chichacotta, welches bie Briten nad) jenen erſten Fehden ([. 
Afien Bd. U. S. 483) den Bhutanern zurkcgaben. Es liegt 
auf her erfim Höhe der Vorketten, von wo das Ueber: 
ſteig en berfelben feinen Anfang nimmt, bie das Thal des 
Tſchintſchieu (efhien, in Tüber tſiu, d. h. Su) im Rüden 
berfelben erreicht wirb. . 

b) Zweite Stufe, das Hügelland ber Vorketten. 
Nus dreierlei Paſſagen find uns durch dieſelben befannt 
geworden; . der befuchhtefte Paß von Chichacotta. über Buka⸗ 
dewaor (Pafſfaka der Bhutaner) nach Taſſiſudon, in ‚bes 
Dritte des Landes; der weſtliche Paß über die Sehe Del 
lamcotta (oder Dalimkote) am Tiſta, die wir ſchon oben 
erwähnten, weiche im Jahre 1778 von Gaptgin. ones 25) exo⸗ 
Bert wurde; ber oͤſtlichſte Paf aus Affam von. Goalpur 
Gowalpara), uͤber Bijni (Bisni) aufwaͤrts bis nach Van⸗ 
dipue (Anbipur); bie jegt nur durch bie, Berichterſtattung ei⸗ 
nes Eingehornen (Kishen Sant Boſe) 260) benannt, von dein wei⸗ 
wer. unten die Rebe ſeyn wird. 

Aber nur von dem mittleren Paffe, Über Bukade—⸗ 
wat, haben wir genauere Nachrichten buch Zurner?”). Von 
- Chidacotta bis Santarabarp, wo treffliche Drangen, 
fteigt man nur fanft auf; von ba erſt geht «6 ſteil durch einge 
Marmockluͤfte empor, von denen zuruͤck ber Bild in grauſenvolle 
Abſtuͤrze faͤllt, und ſich weit uͤber das Indiſche Flachland erſtreckt, 
dos mie ein weiter Ocean vor dem erflaunten Auge ausgehreitet 
liegt. Dee wildeſte Zickzack-Paß führt zwiſchen Hochwäldern im⸗ 
mes höher zu ben Bergfpigen empor, die über fie mejeflätifch her⸗ 
vorragen. Mur bie gefchicteften Bhutanifhen Tangun oder 
Tanian (von Tanguſt an der Bhutaner, d. h. das. Berglanb 
genannt, olfo Bergklepper) taugen zu biefer Erſteigung. Auf 





#38) Southern View of Dellamcotta in Rennell Bengal Atlas 1781. 
fol. tab. XVII. und Bengal Map tab. IX. 2°) Asiatic. Resear- 
ches Serampore T. XV. 1825. p. 152 — 156. 31) Aurner a. 
Q. O. ©. 35 — 67. 


x 


Himal., IL Oſt-Gr. Bhutan, Vorketten. 141 


der Höhe, nad 4 geogr. Meilen Weges, llegt Bukadewar 
(ihtiger Bakhſha Dewar) oder Paſſaka (au Paffa Gens 
tong), der Eig eines Grenz-Commandanten, Buka Subah ges 
nanntz denn der Name bes Orte heißt fo viel als Borges 
birgs-Paß (Dewar, d. b. Pas). Zur Beherrſchung deſſel⸗ 
ben ift die Ortslage ungemein geeignet, denm Bhutan ift im Süs 
den, wie im Nocben, duch natürliche Grenzmauern 
dor feinen Nachbarn trefflich geſchuͤzt, durch welche nad) den Aus 
gaben ber Bhutaner 18 Dewars?s), oder Paffagen, führen. 
Auf der Paßhoͤhe wurbe der Britifche Gefandtfchaftsreifende 
von Herolden mit Zrompetenftößen feierlich empfangen, und fünf 
Bergnpmphen mit fliegenden, fchwarzen Haaren und mit Güde 
wünfchungsgefängen , begleiteten ihn bie zu ber Citabelle, wo alle 
Diftrietsbeamten (Zinkaubs) feiner ſchon zum Empfange warteten, 
von benen ihm jeber ein weißes Zafchentuch verehrte, auch Thee 
und Chong (d.i. Reisbranntwein) vorſezte. Die Begetation 
der Höhe war nur wenig von ber im Tieflande Bengalens vers 
ſchieden, doc) zeigten ſich hier ſchon bie befreundeten Himbeer: 
-gebüfche, welche Heblih an die Europäifche Heimath erinnere 
ten, deren Productionen man ſich immer mehr zu nähern glaubte, 
je Höher man in Bhutan emporſtieg. Deſto verfchiedener wart 
bier dee Menfhenfhlag, welt [höner, flärker al ber Bens | 
le; das Geſicht breiter, die Backenknochen höher bervorfichend ; 
ke Unterſchied fo groß, fagt Turner, als wirm Bengas 
Iefen und Bhutaner zwei weit aus einander woh⸗ 
ende Voͤlkerſtaͤmme. 

Hinter Bukadewar muß zwei Stunden lang, auf ſteilfel⸗ 
figen Xreppenwegen, ber hohe Berg Peachukom erfliegen wer 
den; das Thermometer, welches am Fuße auf 214° Reaum. ge: . 
fanden, unb bis zur Höhe fih auf nahe an 19° R. erhalten 
hatte, fiel oben in wenigen Minuten auf 113°. (60° Fahrh.) 
im Scatten. Die Briten wurden von ihren Bhutanifchen Kühr 
term ermahnt, bier nicht laut zu feyn, und nur leife zu lispeln, 
um kein böfes Unwetter herbeizuziehen (f. Afien Bd. U. S. 1142). 
Noch ein Bergrüden, ber hohe Umku, ber aber noch ganz be 
waldet und von Echlingſtauden bedeckt war, mußte überfliegen 
werden, um dann im Müden ber Borketten gleich furchtbate Ab⸗ 





28) ſJ. Asistie. Reacarehe- Serampore T. XV. p. 138. 





162 Hoch-Aſlen. IV. Abſchnitt. $. 74. 


ſtuͤrze hinabzuklettern, bis zum Dorf Sygugu, In dem fm 


vorliegenden Thale des Tſchintſchien⸗Stromes gelegen. 

c) Die Berglandfhaft??9) nimmt in Bhutan, wie 
in Nepal, die größte Ausdehnung einz in ihr liegen die fruchts 
baren Etromthäler (analog ben fogenannten Dun, b. i. Vor⸗ 


thaͤlern; f. Aften Bd. IL. ©. 851, vergl. ob. ©. 48) die mehen 
fen Ortſchaften, die Reſidenzen; das Hauptthal des Tſchin⸗ 


. tfhieus Stromes durchſchneidet fie in ihrer Mitte. Untechafb 
des genannten Dorfs Sygugu iſt uns das genauere Detail bed 
weitern Verlaufs diefes Stromes unbelanntz jenes ifk viel 
mehr nur ein elenber Weiler von 5 bis 6 Häufern, aus Bam⸗ 
busbalten erbaut, mit Pifangblättern gebedt, deſſen Bewohner 
. noch Getreide und Obft ziehen: Limonien, Orangen und 
Pfirſich. Im tiefer Felskluft, unter ihnen, rauſcht und tobt 
ber wilde Gebirgeftrom, aber in fo enge Klüfte eingefchloffen vor⸗ 
über, daß Turner feinen Wafferfpiegel von ber Höhe nicht zu 
erblicken im Etande war. Die Quelle des Tfhintfhieu if 
uns noch unbekannt; er ſtroͤmt aus dem Schneegebirg, im Oſt 
des Tſchamalari⸗Pik, ſuͤdwaärts, und an ber Gapitale, oder 
vielmehr Hauptreſidenz, bes Souverains von Bhutan 
an Taffifudon vorüber, wo feine Thalſchlucht ), obwol 
bie weitefte dee Gegend, doch Feine Viertelſtunde breit if, und 
auch diefe geriüige gut bebaute Thalweitung noc keine volle 
zwei Stunden weit anhält Die Entfernung vom Dorfe Ep» 
gugu an bi8 Taffifudon, konnte Turner in teffen Chats 
ſchlucht, aufwärts, erſt in 8 Tagereifen auf kleinen Tagemaͤr⸗ 
ſchen zurüdiegen. Bon Taſſiſudon abwärts bis Pauga fals 
len diefem Hauptſtrome nur Eleinere Waſſer zu; oberhalb bie 
ſes Ortes mündet fidy in ipm, von Weſt ber, ber bedeutendſte 
Gebirgsſtrom ber Pa⸗tſchieu. Diefer entfpeingt weiter im 
N.W., am Südgehänge des Hochpafis Sumunanäl), ber 
nad Phazi und zum Schneepit Tſchamalari führt; im ſeinem 
somantifch wilden Felsthale zieht fi die Hauptroute nach 
Tuübet hinauf, über Daro, Dukka Jeung zum Grengborfe 
Sana bis zur Grenze von Bhutan und Tübet, eine muͤh⸗ 
fam zu erfleigende Wegſtrecke von & bis 5 Nagemärfhen. Won 
bee größten Höhe über der Grenze ſtuͤrzt fi der Pa⸗tſchien 





329) Zurmer a. a. D. S. 67— 115 so) ebend. ©, 115. 
21) ebend. S. 206. 


Himal., DIL Ofte®r., Bhutan, Bergland. 143 


nme als fchäumender Eataract gegen den Süden von Klippe sy 
Kippe, und von allen Seiten gießen fih ihm gleiche Gebirge« 
waſſer in Gascaden zu. Nur mit Hülfe der musculöfeften. Laſt⸗ 
traͤger im Lande tft ed dem Reifenden möglich, biefe Höhen zu 
erreichen, da alle Laft hier nur auf Menſchenſchultern transpow 
tirt werden Tann. Das Bergvolk vergleiht ©. Turner athles 
üfhen Geftalten, vol biühender Geſundheit. Erſt auf dieſen 
größten Paßhoͤhen, am Sumunan, breiten fich flatt der Enge 
ſchluchten und Steilgrhnde des Untern Stromgebietes, ſchoͤne, 
weite Graſsebenen (Almen) aus, welche im September zum 
kieblingsaufenthalt der Hirten und ihrer zahlreichen Heerden 
dimen. Auf diefee Paßhoͤhe hört aller Holzwuchs auf; eine 
Herberge, Gaſſa, dient den Vorübergehenben, zum Schutz bei 
der Kaͤlte diefer Hochalpen. In der Nacht fiel das Thermometer 
(den 13. Sept.) faft auf den Froftpunctz die Kälte war empfinde 
lich. Heerden von 00 bis 300 Tübetifhen Büffeln (Bat) 
weideten mit ihren Hirten, vom Kartarifhen Stamme, welche 
mon Dukba nannte. Sie bereiten treffliche Milch und Butter; 
der Ertrag gehört nur drei Familien als Eigenthuͤmern der Heerbe, 
die [dom feit 12 Tagen vom Norden bie hierher getrieben, am 
Sumunman weideten, aber in 8 bis 10 Tagen bei zunehmender 
Kälte noch weiter abwärts nach Suͤden vorruͤcken. Sie werben: 
von Zübetifhen Hunden bewacht. Doch rüdt der Nak hier fo 
wenig wie anderwärts (f. oben S.29, 52) in die Ziefthäler hinab, 
und bleibe ſtets ber ſchneereichen Grenzkette benach⸗ 
batt. Auch fand Turner keinen einzigen unterhalb auf ber 
Stufe der Berglandſchaft, die doch wahrſcheinlich bie Höhe von 
7000 bis 8000 Zuß üb. d. M. nicht überfleigen miag. Won dies 
fen Paßhoͤhen ſtuͤrzt der Pa⸗tſchieu durch die wildeflen Eins 
oͤden der engſten Schattenthäler in Schaumſtuͤrzen mit Donner: i 
getöfe mehrere Zagereifen weit fort, immer von neuen Zuſtroͤmen 
and deu fchneereichen Grenzkette bereichert. Nur kuͤhne Holzfleige, 
oder in Weiden geflochtene. Hängebrüden, ober Seilbruͤcken, auch 
in Eiſenketten ſchwebende, führen den Wandeser über ihn hin, 
bis er mit Waldung von Fichten und Stehpalmen ums 
ſaͤumt das erſte, noͤrblichſte Grenzdorf Bhutans, an Sana 
vorüber zieht. Bon ba weiter abwärts liegen fchon heerden⸗ 
tiere Thaͤler ihm zur Seite, in denen zumal gute Zucht Der 
Zanian (Bergkiepper) um bie ſteinerne Burg Dukka Seung??), 


22) Zurme a. a. D. ©, 214. j 


134 Hoch · Aſin. IV. Abſchnitt. 8. 73. 


Jahr 400 n. Chr. G.) die trefflichſte Erlaͤuterung und Begruͤn⸗ 
dung; denn darnach fanden Sakyamuni und feine Schuͤler 
den erſten Schauplatz ihrer Thaten in Central⸗Indien um 
feinen Geburtsort Kapilapur (in Oude und Lucknow), alſo 
nordwaͤrts des Ganges, zwiſchen dieſem Strome und den Vor⸗ 
ketten von Nepal, wo das Buddhathum noch im fünf⸗ 
ten Jahrhundert in voller Blüthe ſtand, und weit aus⸗ 
gebreitet war. Daß das gebirgige Nepal, ſpaͤterhin, dem 
durch Brahmathum verfolgten Buddhathume ein Aſyl 
werden mußte, iſt demnach ſchon aus der Dertlichkeit an ſich de⸗ 
greiflich genug, und hiermit loͤfen fich viele bisherige Schwierig⸗ 
keiten und Raͤthſel in den Nachrichten uͤber die beſondern Schick⸗ 
ſale dieſes religioͤſen Cultus von ſelbſt auf. Die Maffe der 
Bhotiya Literatur, wie fie gegenwaͤttig noch iſt und ſtets 
war, ift daher wie fo manche andere Veberfegungsliteras 
turz die Sprache ift einheimifch, die Schrift wie die Ge» 
danken find Indiſch. Selbſt die Zitel der celaffifchen Bho⸗ 
tipyabücher geben bies noch zu erfennen, und die Bhotiyas felbft 
flimmen bamit überein, daß alle ihre Wiffenfchaft aus Indien 
flamme. Kein Wunder, daß es auch herrfchender Trieb aller ed⸗ 
lern Nepatefengefchlechter ift, dem Mutterlande Ihrer zweimal 
zu Ihnen eingemanderten Religionsſyſteme, wie allee Wiſſenſchaft, 
durch wirkliche Abſtammung von Hindu:-Dynaftien, 
die jene Güter mitbrachten, angehören zu wollen. Nur unter 
den unbedeutenderen Werken der Bhotiyad, meint Hodgfon, 
möchten auch folche fi, vorfinden, die nicht aus dem Sanſerit 
übertragen wären, wohin er 3. B. die Legenden ber Lama’ 
sechnet, bie, wenn fchow im beften Bhotiya Dialert, zu H'Eaſſa 
und Digarchi ( Diigadze bei Teſhu Lumbu), aber noch immer 
mit Indiſchen Characteren gefchrieben find. 

Von dem Religionsfyfleme ber Nepatefifhen Bhotiyas 
wird es Hinreichen, hier nur ben aͤußerſten Umriß bes Eigens 
thuͤmlichen ‚anzugeben, wie fie fich baffelde in ihren fpeculativen 
Schriften angeeignet haben; denn bie Art, wie fidy bafjelbe bei 
„Ihnen im wirklichen Leben ausgeprägt, ift zu mannichfaltig wech» 
felnd, und noch zu fragmentarifch von ben Beobachtern aufgefaßt, 
um wo anbers als bei biefen felbft im Detait?!8) gelefen zu werben. 





»18) Fr. Hamilton Acc. 1. c. p. 56 etc. Kirkpatriek Ace. “a, Ds; 
Fraser Journey 1. c. p. 833 Eu. 


Himal., II. Mittel-Gr., Bhotiya’s, Buddhismus. 135 


Der fpeculative Bybbhismus begreift 4 ganz verſchie⸗ 
due Syſteme des Glaubens, in Beziehung auf den Urfprung 
der Welt, die Natur ber erfien Urſache der Dinge, und 
auf die Natur wie die Beflimmung der Seele. Dieſe 4 
Theerrien werden Swabhavika, Aishwarika, Yatnika 
und Karmika genannt, und dieſe haben ihre vielen Commen⸗ 
tatoren. Die erſte behauptet, bie Materie fep die einzige Subs 
Ranz und verwicft jede Eriftenz ohne Materie. Die zweite 
nimmt eine Eſſenz ohne Materie und einen unendlichen, intel: 
lectuelen Adi Buddha, als einzige Gottheit und Urfache aller 
Dinge an, indeß andere zugleich ein materielles Princip bas mit 
ihm coexiſtire, annahmen, und aus diefem Dualismus alles 
Dafeyn ableiten. Die beiden andern Theorien leiten ihre Nas 
mu Karmika und Batnika ab, von bem Begriff der Thaͤ⸗ 
tigkeit eines ſüttlichen ober eines intellectuellen Bes 
wußtfeine. Alte vier fcheinen hinfichtlich des Seelenledens 
wit der Brahmauenlehre darin übereinzuflimmen, daß fie eine 
Metempſychoſis, aber auch eine Abforbtion, ein Verſinken in 
Got, annehmen, nur die einen in Brabma, bie andern in 
Buddha, einen Nihilismus zc. 

Neden diefen beflcht in dem Cultus ein unzählbarese Here 
des Buddhiftifhen Pantheons, defien Verbindung mit - 
dem ſpeculativen Theile und felbft den Hauptpuncten des practis 
fen Buddhismus locker genug und voll Ineonfequenzen zu 
fon ſcheint. Seit langem unterfcheider dieſer die Sancti von 
ſterblichen Wefen, welche durch verdienftliche Werke fich zu 
Buddhas emporfchwangen, von ben Buddhas die göttlicher | 
Abſtammung und Urfprungs find. Zu den erflen werden bie 
7 Manushi (Menfhen), 1) Bipasyi, 2) Sithi, 3) Vie: 
wabha, 4) Kakushſanda, 5) Kanaka Muni, 6) Kas 
(yapa und 7) Sakya Sinha gerechnet. Die zweiten, bie 
göttliden, ohne Eitern gebornen Buddhas, heifen Anus 
papaduka ober Dhyani, zu diefen gehört auch der Adi Bhudda, 
der unter den 5 verfchiebenen Formen ber Weisheit fich in ber 
gegenwärtigen Welt kund thut, b. 1. der Panda Bhudda 
Dhyani. Solcher Dhyani Bhuddas find fünf, denen vergaͤng⸗ 
liche Creationen oder Weltfhöpfungen entſprechen, welchen 
wiederum Bodhifatwas vorſtehen. Dieſe Bodhiſatwas, eben 
fo viele wie jene, zu denen ſie/im Verhaͤltniß ſtehen, wie der 
Sohn zum Vater, heißen Samanthabadra, Vajra Pani, Retra 


136 Hoch „Aſien. IV. Abſchnitt. 73. 


Dani, Padma Pani, Viswa Pani; zu ben Manushis ſtehen fie 
im Verdhaͤltniß wie dee Schuͤler zum Lehrer. Dieſe find im 
Fleiſch zu Buddhas auffleigenden, etwa gleich den für goͤttlich 
gehaltenen Tübetifhen LZama’s. Chaltya iſt ber eigenthuͤm⸗ 
liche Name zur Bezeichnung der Wohnung des Buddha⸗Gottes; 
Vihar zur Bezeichnung der Wohnung eines göttlichen Buddha⸗ 
Dieners; in jenem wohnt ber Gegenſtand der Verehrung in dies 
ſem der Verehrer. Die Idole dee Dhyani Buddhas bewohnen 
daher die Baſis der Manu Chaitya, ober die hoͤchſte Tempel⸗ 
Klaſſe in Nepal. Die Zahl aller biefer Buddha Perfonen ift 
aber bamit keinesweges erfhöpft, und es werden noch nach dem 
Schriften 131 wirk liche Buddhas aufgegählts in dem Tem⸗ 
peldienft find viele Hundert mehr, und in einem Verſe im Apas 
simita Dhasani, den Hodgfon citirt, wird gefagt: „Die 
Buddhas die waren, find und fenn werben, find 
zahlreicher als bie Sandkoͤrner am Ufer bes Gans 
ges.” und doch follen davon noch bie biftorifhen Perſo⸗ 
wen biefer Art verfchieden feyn, die von andern Buddhas 
entfprangen, ober von Lotosblumen u. dgl. m. Als Haupt 
leitſtern, ſagt Hobgfon, bleibe es jeboch, in diefer Fluth und Vers 
wirrung, daß ſtets der oben genannte Sakya, ber Tte umd legte 
dee Buddhas fey bei allen alten Buddhiſtenautoren. Aud 
füllt die Dauer biefer ſieben Buddhas (die Manushi) ſchon 
ihre ganze Chronologie aus: die 2 erflen gehören dem erften 
Weltalter, dem Satya Yuga an, die andern 2 bem Treta 
Yuga, bie dann folgenden deitten dem Divapara Yuga 
anz aber Sak ya (Sakya ſinha, Shakia muni) und der Buddha, 
der einft noch kommen foll, find die Herren des Kali Yuga 
oder bee gegenwärtigen Weltperiode. Nie iſt von den 
Vorgängern meiter die Redez aber auf. die Geburt des Sakya, 
auf feine Sprache, Thaten, Anordnungen, auf bie Sammlung 
feiner Religionsbuͤcher u. f. w. bezieht fi der ganze gegen waͤr⸗ 
tige Nepatefifhe und Bhotipa Buddhiſtiſche Cultus. 
Kalyapa ift fchon veraltet und tritt ſelbſt im hoͤchſten Gebirge: 
lande in ben Hintergeund, Derſelbe Sakya oder Sakpa⸗ 
ſin ha ber Nepaleſen, der nicht weſentlich verſchieden in andern 
Syſtemen, Sakya muni (Shakia muni), Shige moni, 
Gautama, Gottma u. ſ. w. heißt, ſcheint derſelbe Begrüns 
des der zuletzt in Nepal beſtehenden Form des Buddha «»Gultus _ 





| Himal. III. Oſt⸗Gruppe, Bhutan. 137 


(nad H. Wilfen aus bem VI. oder VII Jahıh. n. Che. G.) ꝛim 
zu ſeyn. 


Viertes Kapitel. 


OL Die. Oft- Gruppe des Himalaya⸗Syſtems, oder 
der Bhutans Affamfche Himalaya, und das Plateau⸗ 
land von Oſt⸗Tuͤbet. 


6. 74. 
Erläuterung 1. 
Bhutan dad Alpengebirgäland ; bie Vorſtufe von Oft» Zübet. 


1. Nach den Berihsen ber Europäer. 


Dftwärts an Nepal und Sikim fest berfelde Güͤrtel 
don Alpengebirgslandfhaften, vom Tiſta an, fort, bis 
zum Thale bed Brahmaputra; wir haben biefe unter dem 
Namen Bhutan und Affam theilweife Eennen gelernt. Beide 
jiehen im Süden des Plateaulandes von Dft oder dem 
dbeitten Züber bin, zu dem wie dann erſt hinaufdringen koͤn⸗ 
ae, wenn wie Bhutan erfiiegen haben. Bhutan ober Boos 
tan, ef duch Dr. Bogle (177%, f. Aſien Bd. II. S. 483) 
als ein eigenes Land bekannt geworben, hörte biefer bei den Eins 
gebornen Docs Pu (Takpo iſt ein ganz allgemeiner Name für 
das füdliche Tuͤbet) v) nennen zes bildet die Mittelſt ufe zwi⸗ 
ſchen dem tiefen Bengalen im Suͤden und dem hohen Tuͤbet im 
Moden; es begreift in bdiefee Richtung zwifchen 264 bis 28° 
N.Br, eine Breite von etwa 35 geogr. Meilen von Süden 
nah Norden. Im Süden buch die Vorketten vom Tas 
tyani, zu Kutfh:Behor gehörig, gefchieben, wird es im 
Norden von der hohen Schneekette des Himalaya bes 
gienzt, welche nad 3. Rennell bafelbfl bei den Tuͤbetanern 
Rimola2t) heißen fol, und den Tſchamalari⸗Pit (24,400 
6. Par. nach Schaͤtzung) als den befannteften Schneeberg trägt, 


ee en 


31°) H. Wilson Notice of three tracts from ‚Nepal L e. Asiat, Res. 
T.XVL p.456. 20) $ "- Hyppolyte Desideri Notes in N. Journ. 
Asiatig. 1831. T. VID. ». 118. 21) J. Rennell Sinbopen b. 
Bernoulli S. 80. 


⸗ 


138 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. 6. 74. 


von dem wir auch bie Kette an dieſer einzig bekannt geworbenen 
Stelle und Paffage nach Küber nennen werden. Nur de 
ſchmale Landftrid auf ber Haupiftraße aus Bengaten, 
nah Tübet, von Rungpur aus nordwärts, zwiſchen Chichas 
cotta (f. Afien Bd. I. &. 483) und ber Hauptſtadt bes Lans 
bes Zaffifudon, bis Phari und Teſhu Lumbu, iſt uns 
durch Curopaͤer genauer befannt worbenz von den übrigen zur 
Seite liegenden Bauen baden wir nur minder Mare Daten buch 
einheimiſche Berichterflatter. _ Aber biefe reihen Hin, in einem 
Lande, das in feiner Terrainbitdung fo viel Analogie mit feinen 
weftlihen Nachbargauen bat, uns ziemlich beimifch zu machen, 
auch finden wir hier, indem wir S. Turner (1783) auf fes 
ner Reife duch Bhutan begleiten, bie viee Stufenland» 
(haften wieder, wie wie fie duch Gr. Hamilton in Nepal 
Tonnen gelernt. 

a) Das Niederland Taripani. Bon Rangpur, bee 
letzten Stadt des Britiſchen Compagnielanbes, etwas über 50 geog. 
Meilen im Norden von Caleutta, beginnt jene niedere Re⸗ 
gion der Sumpfwalbungen???), welche dur eine große 
Anzahl von Beinen Flüffen und ſtehenden Waſſern während der 
beißen Hälfte des Jahres peflilenzialifch für ihre Bewohner wird. 
Zur Belt der Monſunwechſel wird bie Atmosphäre gewöhnlich 
duch furchtbare Orkane (Typhon ber Inder, Nortliwester der 
Briten, weil fie aus jenem Quartiere herbeiſtuͤrmen) gereinigt. 
Noch werden bier Reisfelder bebaut; aber dazwifchen breiten 
fid) die ungeheuern, bis 30 Fuß hoben Waldungen der Bam: 
bus (Augheahgaus der Indoflaner) aus, weiche einen großen 
Theil Bengalens und Nord« Hindoftans mit Zimmerholz zu Kas 
noes und Hüttenbau, wie zu. dem meilten Hausgeräth verfehen. 
Au die üppigften Gehölze von Indiſchen Feigen und 
Areca: Palmen bededen hier weithin das Land, das viele, oft 
nur Enieriefe Fluͤſſe durchziehen, bie fih alle ſchon gegen den 
Brahmaputra hin, gegen S.D. entladen. Die meiſten kommen 
vom Südabhange ber Vorketten, ber einzige größere, bet 
Gaddada, durchbricht fies denn er fammelt aus der mehr 
wörblihen, hoben Berglandſchaft Bhutans die Gewaͤſſer der 





I} 


v2) S, Turner Embassy to the Court of Teshoo Lama j jn Tibet 
- Lond, 1800. 4. p. I- 473 ee deſſ. Eeſandtſchaftsreiſe, Beute 
. Meberf. Hamburg 1801. 8. 8.0 — 6. 


Dimal,, III. Oft, Bhutan, Niederland. 139 


Sehnecegebirge, die er als Tſchin⸗tſchüeu, vereinigt, im tofens 
dem Wildſtutze durch die Engſchluchten der Bergtertaſſen und 
Vorketten hinabfuͤhrt, und erſt im Tariyani eintretend jenen Ben⸗ 
galiſchen Namen (Gaddada) erhaͤlt, mit dem er ſich unterhald 
Rangamaty?), noch innerhalb der Genie Bengalens, in ben 
Brabmaputra ergieft. 

Kutch-Behor, bis zu dem Fuße ber erſten aufſteigenden 
Vorketten, in einer Breite von 4 bis 5’geoge. Meil. iſt der luxu⸗ 
rioͤſeſten, faft alles erflidenden Vegetation ungeachtet, doch nur 
eine ſehr traurige, verödete Landfhaftz von Schilfrohr, 
Zarenträuter, Niedgrad und von Waldungen uͤberdeckt, 
bilder es bie verwilderteſte, ſchwer durchdringliche Grenze zweler 
politiſcher Herrſchaften. Die wenigen Bewohner find ein elendes 
Bott, in armfeligen Hätten, oft in Hungersnoth; bie Eltern vers 
Eaufen hier ihre Kinder am liebften' zu Sclaven, und die Muͤttet 
felb Bringen fie ohne Bedenken zu Markte (vergl. Aften H.L. 
&. 1047). Staufen erfält Hier den Wanderer, ber jeboch bier 
nie lange verweilt; vor ihm gegen Nord, Über die niedern Vor⸗ 
ketten teiffe jedoch‘ fen Bid tm weiteſter Serne bei heiterſtem 

Himmel auf einen tiefdlauen Schhatten am fernſten Horizont; 
es iſt der Contour des erhabenen Himalaya⸗Zuget, der Bhu⸗ 
tan von Tuͤbet ſcheidet, und der wieder verſchwindet, wenn man 
das wechſelnde Bergland ſelbſt betritt. Aber S. Turner er⸗ 
konnte, von bier, auch der Form nach ſchon deutlich den PIE 
bes hohen Zfhamalari?*), und gründete mit Recht darauf bie 
Schaͤtzung feiner Niefenhöhes er hatte ihn fhon von Purneah 
und Radjemal aus, am Sanges, erblickt gehabt. Die Trauer 
biefes Taripani mit der Fieber-Region in den Rohr» 
faämpfen wird durch bie Mißgeflaltung der dortigen Dienfchen 
erhöht; denn hier beginnt die Region der Kropfbildung, 
weiche vom Ganges bis Brahmaputra ale Bewohner des Ta⸗ 
riani⸗Landſtrichs oft in hohem Grabe verunftaltet. Die Bengas 
leſen nennen den Kropf Sheig oder Aabi, bie Shutaner Ba 
oder Keba, d. h. geſchwollner Hals. Turner begrenzt die Zone 
ihee8 allgemeinen Vorkommens (vergt. Afien Bd. Il. S. 763, 847 
u. a. D.) in bem EEE Steige, swifhen 27 bis 80° N. Br. 


22 fe Map of Anaam on the same Scale as the Map of India by 
'Arrowsmith Lond. 1816. . 2°) · S. Turner Geſandtſchafterrife 
a. a. O. ©. 3, 233, 339. 


140 Soh-Afien IV. Abſchaict. 5 74. . 


und 78°.25' bis 91° D.L, v. Br. Dieſes Tariyani iſt au 
. bier das Aſyl der Tiger und Büffel, dee Rhinoceroten, Elephan⸗ 
ten und Bären, wie anberwärte. Der Weiſende iſt öfter genoͤthigt 
ſich erſt vermittelft des Waldbrandes feinen Weg durch die Wild: 
niß hindurch zu bahnen ; auch Turner fand ouf dieſe Weiſe 
ſeinen Durchgang durch eine Piſtazienwaldung zum Grenzfort 
Chich acotta, welches bie Briten nach jenen erſten Fehden (ſ. 
Aſien Bd. U. S. 483) den Bhutanern zurkdgaben. Es liegt 
auf her erſten Höbe der Vorketten, von wo das Ueber: 
ſteigen berfelben feinen Anfang nimmt, bis das Thal bes 
Iſchintſchieu (ſchles, in Tübet tſiu, d. h. Sup) im Rüden 
derfelben erreicht wich. . 
b) Zweite Stufe, das Hügelland der Vorketten. 
Mus dreierlei Paſſagen find uns durch diefelben dekannt 
geworden; der deſuchteſte Paß von Ehihacotta.über Buka⸗ 


dewar (Paffala der Bhutaner) nad Zaffifudon, in bes 


Mitte des Landes; der weſt liche Pag über die Hefte Del 
tamcotta (ober Dalimkote) am Tiſta, bie wir ſchon oben 
erwähnten, weiche im Jahre 1773 von Gaptgin. 3 0ne8.225) eros 
Bert wurde; der oͤſtlichſte Paß aus Affam von. Goalpur 
Gowalpara), uber Bijni (Bisni) aufwärts bis noch Vans 
dipur (Andipur); bis jegt nur durch die, Berichterftattung eis 
nes Eingebornen (Kishen Sant Boſe) 2°) benannt, von dem weis 
gr unten die Rede ſeyn wird. 

. Abee nur von dem mittleren Paffe, über Bukade⸗ 
wo r, haben wir genauere Nachrichten duch Zurner?). Won 
Chichacotta bis Sautarabary, wo trefflice Drangen, 
ſteigt mau nur fanft aufs von ba erft gebt es fleil dusch enge 
Marmocrkluͤfte empor, von denen zuruͤck ber Bid in graufenvolle 
Abftürze fällt, und ſich weit über das Indifche Flachland erſtreckt, 
das wie ein weiter Ocean vor dem erflaunten Auge ausgehreitet 
liegt. Dee wildefte Zickzack-Paß führt zwifchen Hochmäldern im⸗ 
mes höher zu den Bergfpigen empor, bie über fie mejeſtaͤtiſch her⸗ 
vorragen. Mur bie geſchickteſten Bhutaniſchen Tangun ode 
Tanian (von Tanguſtan der Bhutaner, d. h. das Bergland 
genannt, alſo Bergklepper) taugen zu dieſer Erſteigung. Auf 





225) Southern View ef Dellamcotta in Rennell Bengal Atlas 1781. 
fol. tab. AVIIL und Bengal Map tab. IX. ?*) Asistic. Resear- 
ches Serampore T. XV. 1825. p. 152 — 150. 37) Aurner a. 
0.8. ©. 35 — 67. 


Himal., IIL Oſt-Gr. Bhutan, Vorketten. 141 


der Höhe, nach 4 geogr. Meilen Weges, llegt Bukadewar 
(cichtiger Bakhſha Dewar) oder Paſſaka (auch Paffa Geas 
tong), dee Eis eines Grenz-Comnandanten, Buka Subah ges 
nanntz; denn der Name des Ortes heißt fo viel als Borges 
birgs: Daß (Dewar, d. h. Pa). Zur Beherrfhung deffels 
ben ift die Drtölage ungemein geeignet, denn Bhutan iſt im Suͤ⸗ 
den, wie im Norden, durch natürlihe Grenzmauern 
vor feinen Nachbarn trefflich geſchuͤtzt, durch welche nach ben Aus 
gaben ber Bhutaner 18 Dewars?s), oder Paffagen, führen. 
Auf ber Paßhoͤhe wurde ber Britiſche Gefandtfchaftsreifende 
von Helden mit Zrompetenftößen feierlich empfangen, und fünf 
Bergnymphen mit fliegenden, ſchwarzen Haaren und mit Gluͤck⸗ 
wünfchungsgefängen , begleiteten ihn bis zu dee Gitadelle, wo alle 
Diftrietsbeamten (Zinkaubs) feiner fhon zum Empfange warteten, 
von denen ihm jeder ein weißes Tafchentuch verehrte, auch Eher 
und Chong (d. 1. Reisbranntwein) vorfegte Die Begetation 
der Höhe war nur wenig von ber im Tieflande Bengalens ver⸗ 
fhieden, doch zeigten ſich bier ſchon die befreundeten Himbeer» 
-gebüfche, welche Heblih an bie Europäifche Heimath erinnere 
ten, deren Productionen man fi Immer mehr zu nähern glaubte, 
je Höher man in Bhutan emporſtieg. Deſto verfchiebener war 
bier dee Menfhenfhlag, weit fhöner, ftärker als ber Ben⸗ 
gale; das Geſicht breiter, bie Backenknochen höher hervorfichend ; 
dee Unterfchied fo groß, fage Turner, als waͤren Benga⸗ 
lefen und Bhutaner zwei weit aus einander wohr 
nende Voͤlkerſtaͤmme. 

Hinter Bukadewar muß zwei Stunden lang, auf ſteilfel⸗ 
figen Treppenmwegen, der hohe Berg Peachukom erftiegen were 
den; das Thermometer, welches am Zuße auf 214° Reaum ge 
fanden, und bis zue Höhe fih auf nahe an 19° R. erhalten 
batte, fiel oben jn wenigen Minuten auf 114°R. (60° Fahrh.) 
im Schatten. Die Briten wurden von ihren Bhutanifchen Führe 
ren ermahnt, bier nicht laut zu feyn, und nur leife zu lispeln, 


um kein boͤſes Unwetter berbeizuziehen (f. Aſien Bd. U. ©. 1142). 
Noch ein Bergrüden, ber hohe Umfu, ber aber noch gang bes 


waldet und von Schlingſtauden bedeckt war, mußte uͤberſtiegen 
werden, um dann im Müden ber Vorketten gleich furchtbare Abs 





24) f, Asintie. Roscarchen Serampore T. XV. p. 138... - . 


102° Hoch-Aſten. IV. Abſchnitt. $. 74. 


ftürze hinabzuklettern, bis zum Dorf Sygugu, in dem erſten 
vorliegenden Thale des Tſchintſchieu⸗Stromes gelegen. 

co) Die Berglandfhaft??) nimmt in Bhutan, wie 
in Nepal, die größte Ausdehnung ein; in ihr liegen bie fruchts 
baren Etromthäler (analog den fogenannten Dun, b. i. Vors 
thaͤlern; f. Afien Bd. II. ©. 851, vergl. ob. ©. 48) die mehes 
fien Ortſchaften, die Reſidenzen; das Hauptthal des Tſchin⸗ 
tfchleus Stromes durchſchneidet fie in ihrer Mitte. Unterhalb 
bes genannten Dorfs Gygugu ift uns das genauere Detail bes 
weitern Verlaufs dieſes Etromes unbelauntz jenes ifk viele 
mehr nur ein elender Weiler von 5 bis 6 Häufern, aus Bam⸗ 
busbalten erbaut, mit Pifangbiättern gededit, deſſen Bewohner 
. noch Getreide und Obſt ziehen: Limonien, Orangen und 
Dfirfih. In tiefer Felskluft, unter ihnen, raufcht und tobt 
dee wilde Gebirgsſtrom, aber in fo enge Klüfte eingefchlofien vors 
über, daß Turner feinen Mafferfpiegel von ber Höhe nicht zu 
erbliden im Etande war. Die Quelle des Tſchintſchien il 
uns noch unbelannt; er flrömt aus dem Schneegebirg, im Oft 
des Tſchamalari⸗-Pik, füdmwärts, und an der Gapitale, oder 
vielmehr Hauptrefideny, bed Souverains von Bhutan 
an Taffifudon vorüber, wo feine Thalſchlucht 3"), obwol 
die weitefte der Gegend, doch Beine Viertelftunde. breit ift, und 
auch diefe geringe gut bebaute Thalweitung noch keine volle 
zwei Stunden weit anhält: Die Entfernung vom Dorfe Gy⸗ 
gugu an bis Taffifudon, Eonnte Turner in deſſen Thal⸗ 
ſchlucht, aufwärts, erft in 8 Tagereifen auf kleinen Tagemaͤr⸗ 
fen zurüdiegen. Don Taſſiſudon abwärts bis Pauga fals 
len diefem Hauptſtrome nur Heinere Waffer zus oberhalb bie 
ſes Ortes münber fid in ihm, von Weit ber, ber bedeutenbfie 
Gebirgsſtrom der Pa⸗tſchieu. Diefer entſpringt weiter im 
NW, am Südgehaͤnge bed Hochpaſſes Sumunan!l), der 
nach Phayi und zum Schneepit Tſchamalari führt; in ſeinem 
eomantifch wilden Felsthale zieht fih bie Hauptroute nad 
. Kübet hinauf, über Parco, Dukka Jeung zum Srengborfe 
Sana bis zur Grenze von Bhutan und Tuͤbet, eine muͤh⸗ 
fans zu erfleigende Wegſtrecke von A bis 5 Tagemaͤrſchen. Von 
der größten Höhe Uber der Grenze ſtuͤrzt fh der Pastfchieu 


— 





220) Zurmer a. a. ©. S. 67— 116. 20) ebend. ©, 115. 
sı) ebend. S. 2%. — — 


x 


Himal., DIL Oſt⸗-Gr., Bhutan, Bergland. 143 


nue als ſchaͤumender Gataract gegen den Süden von Kfippe 44 

Klippe, und von allen Seiten gießen fi ihm gleiche Gebirge 
waſſer in GCascaden zu. Nur mit Hülfe dee musculöfeften. Loft 
träger im Lande iſt es dem Meifenden möglich, biefe Höhen zu 
erreichen, da alle Laſt bier nur auf Menfchenfchultern transpom 
tirt werden kann. Das Bergvolk vergliht S. Turner athles 
tiſchen Geflalten, voll blühenber Geſundheit. Erſt auf diefen 
scößten Paßhoͤhen, am Sıumunan, breiten ſich flatt der Enge 
fhluchten und GSteilgrände des uUntern Steomgebieted, fchöne, 
weite Graſsebenen (Almen) aus, welche im September zum 
Lieblingsaufenthalt der Hirten und ihrer zahlreichen Heerden 
dienen. Auf diefee Paßhoͤhe hört aller Holzwuchs auf; eine 
Heberge, Gaſſa, diene den Voruͤbergehenden zum Schuß bei 
bee Kälte diefer Hochalpen. In der Nacht fiel das Thermometer 
(den 13. Sept.) faſt auf den Sroftpunctz die Kälte war empfinde 
ih. Heerden von 200 bis 300 Zübetifhen Buͤffeln (Ya) 
weideten mit ihren Hirten, vom Kartarifhen Stamme, weiche 
man Dukba nannte. Sie bereiten trefflihe With und Butterz 
der Ertrag gehört nur drei Familien als Eigenthümern der Heerde, 
bie fhom feit 12 Zagen vom Norden bis hierher getrieben, am 
Sumunman weideten, aber in 8 bis 10 Zagen bei zunehmender 
Kälte noch weiter abwärts nach Suͤden vorruden. Sie ‚werden: 
von Zübetifchen Hunden bewacht. Doch rüdt ber Nak hier fo 
wenig wie anderwärts (f. oben S.2%9, 52) in die Tiefthaͤler hinab; 
und bleibe ſtets der ſchneereichen Grenzkette benach⸗ 
bare Auch fand Turner keinen einzigen unterhalb auf ber 
Stufe ber Berglandfchaft, die doc wahrfcheinlich die Höhe von 
7000 bis 8000 Fuß üb. d. M. nicht überfleigen niag. Won dies 
fen Paßhoͤhen flürzt der Paztf bien durch bie wildeſten Eins 
Öden der engfien Gchattenthäler in Schaumſtuͤrzen mit Donner: 
getöfe mehrere Tagereiſen weis fort, immer von neuen Zuſtroͤmen 
aus der fchneereichen Grenzkette bereichert. Nur kuͤhne Holsfleige, 
oder in Weiden geflochtene Hängebrüden, ober Seilbtuͤcken, auch 
in Eifenketten ſchwebende, führen den Wanderer über ihn bin, 
bis er mit Waldung von Zichten und Stechpalmen ums 
ſaͤumt das erfte, noͤrblichſte Srenzborf Bhutans, an Sana 
vorüber zieht. Bon da weiter abwärts liegen ſchon heerden⸗ 
veichere Thaͤler ihm zur Seite, in denen zumal gute Zucht ber 
Zanian (Bergklepper) um die fleineme Burg ER 


»3) Turner a. 0, D. ©, 214 








W 
144 Hoch-Aſien. IV. Abſchnitt. 6.74, 


die auf einem Felſen an feinem Weſtufer erbaut iſt, und den 
Tuͤbetpaß beherrſcht. Hier fiel in ber Nacht, am 11ten Gept., 
der erfte Schnee, als Turner bindurhzog Eine Zagereife 
noch weiter abwärts, am Strome, legt in einem mehr erwei⸗ 
terten, fehr fruchtbaren Xhalboden, welchen der Paztfhieu ros 
mantiſch burchfchlängelt, der Ort Paro 233) auf feinem Unken 
Ufer; der einzige bedeutende Marktort in Bhutan, wo aud 
cn fchöner Palaft des Radja von Shutan. Der Markt ift 
ſehr ſtark befuchtz jährlich geht von bier eine Hanbels-Karamane 
nah Rungpur in Bengalen. Hier find bie befien Waffenfa, 
beiten im Lande, wo Schwerdte, Dolche, Pfeile ıc. gemacht wer⸗ 
denz auch eine Manufaktur von metallenen Buddha Ido—⸗ 
ten if hier. Der Gouverneur bed Gebirgsgaues, Paro 
Dilo genannt, hat hier feine Reſidenz in einem fehr feſten Schloffe, 
das Paragong, oder auch Rinjipo heißt. Es beherrfcht durch 
feine Lage die Hauptrouten zwifchen Bengalen und Tafs 
fifubon nad Tübet. Die Würde des Gouverneurs, deſſen 
Gerichtsbarkeit ſich fübwärts bis an die Grenze Bengalens 
und bis nah Dalimcotta erfitedt, iſt daher die erfte nad 
dem Radja, und wird gewöhntich dem erften Gliede feiner Fa⸗ 
milie verlichen. Als Zutnee bindburchreifete, war ein Bruder 
des regierenden Daib Nadja, der Paro Pilo. Nur eine 
Tagereiſe abwärts von bier, oberhalb Pauga, vermifcht fich dies 
fer Pa mir dem Tſching⸗Strome (d. 1. Tſchieu), und bie 
zweite Tagereiſe von da an dem feften Schloffe von Durbi 
vorüber, unter mancher kühnen Kettens und Holy: Bräde hin: 
flärzend, mit einem dritten Strome, dem Ha⸗tſchieu vom ber 
zechten ober Weſtſeite. Nun heißen diefe brei Tſching-⸗ Pas 
und Has vereinten Tſchieu, von ihrem BZufammenfluffe am, 
Sumstfhieu, d. b. der Verein der Drei y. Das nächfte 
Dorf zunaͤchſt diefed Vereins heißt Punugga; es liegt im ties 
fen Thalſpalt, in den fi von vielen Seiten Wafferfälle hinab⸗ 
flürzen. Auf den Höhen umher fond Turner von ber Tiefe 
Bengalens herauflommend den erſten Nadelwald von Fich⸗ 
ten, er pflüdte Schluͤſſelblumen und Hedenrofen, er hörte hier 
ben Ruf des Europäifchen Kukuk s 28). Denn weiter abwärts, 
von Punugga bis zum oben genannten Gygugu, hatten bie 





828) Zurner a. a. D. ©. 97. se, ebend. S. 7% 
‚ 80) ebend. S. 77. 0: 


Simal.; TIL Dfi-®r., Bhutan, Taffifudon. 145 


boch- nach mehr den Character ber fubteopifchen als 
dee Europäifhen Berglandfchaften, ungeachtet man vo 
bier aus im Norden fchon bie fernen Schneeberge erblickte. Bei 
Chuka, ein Tagemarſch abwärts von Punugga, feine, 
nach Turners Schilderung), einer der wildeſten Felsdurch⸗ 
brüche bes ſchaͤumenden Hauptſtromes zu ſeyn, voll ſchauerlich 
romantiſcher Scenen, in deren Mitte das feſte Felſenſchloß dieſes 
Namens liegt, deſſen Anlage wie ber kuͤhne Bau einer Ketten⸗ 
brüde einem Tauſendkuͤnſtler, dem Dewta Tchuptchup zuges 
ſchrieben wird, von dem man dort im Fels auch eine Roßtrappe 
und Fußeindruͤcke fabelt, die er hinterlaſſen haben ſoll, als er auf 
der Flucht in das Land der Rachuſen (Rekſchas, d. i. Lanka, Cey⸗ 
Ion, ſ. Aſien Vd. IL S. 1104) hindurchzog. In dem Dorf— 
Morichom, das einen Tagemarſch weiter, abwaͤrts, am 
Strome liegt, fanden ſich die boͤſen Muskitos des heißeren 
Tieflandes auf eine fuͤr den Reiſenden ſehr plagende Weiſe ein, 
welche dem hoͤhern Berglanbe gänzlich fehlen. Auch iſt auf dieſe 
waͤrmeren Tiefen die Region der eigenen Art Blut⸗ 
ige13?) beſchraͤnkt, weiche von den Eingebornen ungemein, im 
Trinkwaſſer wie in jedem andern, gefürchtet werden; weswegen 
man ſtets Workehrung gegen ihre Plage zus Hand hat. Wirk⸗ 
lich kommen fie in andern noch wärmern Gebirgsgegenben, 5. B. 
Affams, in ſolcher plagenden Menge vor, daß fie Menſchen 
und Thieren das weitere Zortlommen unmöglid machen. Mu⸗ 
richom iſt fhon eins bes größern Dörfer im Lande, denn. «6 hat 
Wohnhaͤuſer, die von Stein ganz gut erbaut find; es hat viel 
Korabau, viel Pfirfih, Indiſche Zeigen und Zimmers 
helzwälder (ob Laurus cinnamom. ober cassia? das Blatt 
werde unter ben Namen Teezpout viel in Bengalen verbraucht, 
bemerkt ©. Turner). Bon da liegt das Dorf Gygugu, von 
weichem wie in ber Befchreibung des Hauptſtrom-Thales ause 
gingen, nur eine Tagereiſe weiter abwärts. Dies find die wich⸗ 
tigen im größten Thalgebiete Bhutans beobachteten Thats 
fachen, und es bleibt uns nur ber Bericht von der Refidenz und 
ihrer Umgebung übrig. 
Zaffifubon ift bie Sommerrefibenz des Daed Rabja, 
oder weltlichen Regenten Bhutans, mit welhem Turner es 
alein zu thun gehabt zu haben fcheint, da er den geiftlichen 


20) Zurner a. % > &, Ta 7, ebend, G. 79, 6 
geitter Gröfunde IV. - K 


‘ 


146 Hoch-Aſien. IV. Abſcholtt. 5, 74. 


Herrſcher des Landes, den Dharma Radja, gar nicht einmal 
als folchen genannt hat. Der Det liegt unter 27° 50° N. Br. 
in einem ungemein fhönen und fruchtbaren, aber feinem gerin= 
gen Umfange nach für die Capitale eines Königreides doch 
ſehr befchräntten Alpenthate, das der Tſchin⸗Fluß durchſttoͤmt, 
der oberhalb des Vereins mit dem Pastfhieu über dem Ort 
Pauga, einen weit mildern, fanftern Lauf durd offnere Thal⸗ 
gebiete gewinnt, als fein rechter Bruderſtrom. Die OrteNommu 
und Wangoka 28), unterhalb der Gapitale, haben in ihren wei⸗ 
ten Thaͤlern den fhönften Korn: und Obſtbauz zur. Seite 
zeigen die Höhen gute Terraſſencultur. In den Gärten giebt es 
reichlich Wallnuſſe, Aepfel, Birnen, Pfirfid, Apri⸗ 
kofen. Ende Mat war hier Kornernte, auf den bebeutenditen 
Berghoͤhen zue Seite der Thäler fahe man noch Spuren von 
Winterfchnee. - Auf allen Bergabhängen zeigten ſich Kloͤſt er grös 
ßerer und Bleinerer Art in Menge, und Einfiedbeleien. An 
allen Zufammenflüffen der Waffer, auf den Kreuzwegen, und au 
Dielen andern Stellen häufte ſich die Zahl der Beinen Bögen» 
tempel, die. oft von wehenden Gebetflaggen belebt werden. 
Häufig hatte man lange Gebetmauern erbauet, 12—15 Fuß 
lang, 6 Fuß hoch, 2 Fuß breit, an deren Selten lange mit Ge 
beten befchriebene Tafeln In halberhabener Arbeit angebracht was 
sen. Die Zahl der Wafferleitungen zur Bewaͤſſerung oder Ders 
beifüährung des Trinkwaſſers nahm zu, wie bie Zahl der Woh⸗ 
nungen. Da’ öffnete fich plöglich das Thal von Taffifudon 9, 
mit dem Sommerpalaft des Regenten, dee ganz vereinzelt faſt in 
der Mitte des Thales ſteht. Denn keine Stadt, kein Dorf Liegt 
In ber Nähe: fondern in Bleinerer oder größerer Ferne legen ans 
bere Schiöffer, Landhäufer, Kiöfter und Häufergeuppen, welche 
das ganze gruͤngeſchmuͤckte Thal anmuthig verzieren. Auch reiche 
/ Kornfelder und Obfigärten machen das Thal angenchm, fo wie 
eine große Menge blühender Kräuter und Gefträuche; Weiben, 
Tannen und Fichten ſtehen hie und da am Flußufer hin. Das 
ſo bebaute That iſt keine Meile lang, keine halbe Stunde breit. 
Die Reisfelder waren, Ende Mai, im beiten Zuftande, ſehr 
. gut bewaͤſſert, ungeachtet die Monfuns nicht bie hierher reichen, 
und bie wiewol häufigen Plagtegen zur Sommerzeit doch nie‘ 
jene MWafferfülle wie im Tieflande geben. Die Luft ift hier uns 





222) Aurner 0.0.0. ©, 82. 20) ebend. S. 84133. 


Himal, II. Oſt-Gr., Bhutan, Taffifudon. 147 


gemein Tieblih und gefund, und für die Europaͤiſchen Obſtar⸗ 
ten gedeihlich; bie Hügel waren mit Erdbeeren wie mit Roch 
uͤberdeckt. 

Der Palaſt des Daeb Radja iſt ein großer Quadratbau 
von Stein aufgefuͤhrt, der durch ſeine Groͤße und Einfachheit einen 
imponirenden Eindruck macht. Die 30 Fuß hohen Seitenmauern 
haben eine geringe Boͤſchung; die Fronte iſt um ein Drittheil 
laͤnger als die Seite der Fluͤgel; die Hauptreihe der Fenſter iſt 
in bedeutender Hoͤhe, und uͤber dieſer laͤuft eine gleiche Reihe von 
Altanen oder Erkern hin, die mit haͤrenen, ſchwarzen Matten zu⸗ 
gehaͤngt werden. Zwei Haupteingaͤnge fuͤhren in das Innere, 
eine Holztreppe zur Seite mit Eiſenplatten eingefaßt, und eine 
große Steintreppe zum Haupfportal, das zur Mitte des Palaſtes 
in bie Gitadelle einführt, darin der Ober⸗Lama, b. i. der 
Dharma, oder Dharma Rabdja %), das geiftlihe Dbers 
baupt von Bhutan, wie der Kandesgott (Buddha, bier 
Maha muni der Große Muni genannt) gemeinfam unter 
einen metallenen, reichvetgofbeten Baldachin refidiren. Diefes 
Mittelgebäude, das durch eine Gallerie mit ben andern Bauten 
communicirt, ift 7 Stod body gebaut, jedes von 15 bis 18 Fuß 
Höhe. Das flache, meite Dach iſt ſehr kunſtreich von Fichtens 
bofz Aber das ganze Gebäude ausgebreitet. Der 7te Stod, ber 
erbabenfte Raum unter dem Baldachin, ift der Tempel mit dem 
Idol, darunter hauſet der Dharma Nadja; im vierten Stod 
wohnt der Lanbesregent, der Daeb Nadja. Seine Zins 
mer waren reich geziert, mit Erkern verfehen, mit blauen Tapes 
ten, darauf die Figuren Buddhiſtiſcher Gtaubenshelden in Sit 
ber boffirt, Pfeiler und Fenſterbogen in Carmoiſin mit Vergol⸗ 
bung ıc. Die Aubienzen, im Beifeyn eines anfehnlichen Hofftans 
tes, waren ſtreng ceremoniös, ber Empfang höchft wohlwollend und 
gaftfih. Die Geitengebäube, die Flügel u. f. w. waren durch 
Drachtgallerien mit den Hauptgebäuden in Verbindung gefegt, 
vol Zimmer und Gemaͤcher aller Art, vol Keller, Pferdeſtaͤlle, 
Zempet, Cellen, hinreichend um einen guten Marftal und einen 
Clerus von 1500 Gplongs (ober Ghellongs, die Zahı iſt 
bei Zurnmer Hbertrieben 3 es find hoͤchſtens nur an 1000, f. unten) 
mit zu beherbergen. Diefe Mönde, bie Lamas und Prie⸗ 
fer machten jeben Morgen, jeden Mittag und Abend regelmäßig 


0) f. Asiafic. Researches, Serampore 1825. T. XV. p. 141. 
i 82 


\ “ 


148 Hoch⸗ Aſen. IV. Asfgnirt 6.78: 


Ihre rauſchenden Muſiken (f. Aſien So. 1. €. 678). Sm Ss 
den dieſes Palaſtes, eine Viertelftunde bavon entfernt, ift bie Mes 
fidenz eines Lama Ghaffatu, auf einer Berghoͤhe, und noch 
entfernter, auf einer größeen Höhe, das Landhaus des Daed 
Nadja, welches befondess durch Wanbgemälbe?*!) ausge 
ſchmuͤckt war. Bilder aus de Schoͤpfungsgeſchichte, und 
Dreofpecte der Stade H’Laffa, des. Kloſters Putala ber 
Reſidenz des ‚Dalai Lama, von Lapranga, der Refidenz bed Teſhu 
Lama, von Kathmandu In Nepal, und von Lalita Patan 
ſahe Turner dafelbfl, die zwar ohne Schatten und Licht, doch 
ſehr ‚gut peefpectivifch gezeichnet waren. Noch weit_ höher als biefe 
Gebäude lagen auf dem hoͤchſten zus N. W. Seite bes Thales fehr 
hoch fich erhebenden Bipfel da6 Wohnhaus eins Radja Wan⸗ 
dichy und viele Einfiedeleien, auch ein Kiofter, der Sig ehr⸗ 
würdiger Ghylongs, ganz in den Wolken. 

Zunaͤchſt dem Hauptpalais des Regenten, bemerkte Turner, 
unter ben Beinen Gebäudegruppen, eine bebeutende Fabrik von 
Metall-Idolen, vol Schmieden und Amboffe und Feuereſſen, 
wo, diefe Waare in Menge gemacht wird, die fo großen Abfag 
bei jedem Anhänger Buddhas und bem Verehrer der Lamas fin⸗ 
bet. Außer diefen wird im Thale nur noch einer Spur von 
Snduftrie erwähnt, einer Papier⸗Fabrik 2), aus Baumrinde, 
Dead, eines Gewächfes, das in Menge auf den Bergen Nepals 
wächlt (offenbar die fhen oben &. 54 und Afien Bd. I. &. 997 
angeführte Set Barua). 

Meiter gegen den Norden von Zaffifubon am Tfchin: 
tfhleu aufmärtd drang &. Turner während feiner Miſſions⸗ 
teife nicht vor, wol aber gegen N.W. und gegen NR.D. von ba. 
Gegen West über ein wildes Bergland mit hohen. Bergpaffagen, 
um das Thal des Dastfhieu bei Paro und die Tuͤbet⸗ 
fira ße wieder zu erreichen, die er, nach einem Aufenthalt Yon 
mehrern Monaten in Taſſiſudon, von wo bie Correſponden; 
wegen der Weitereife nad Tuͤbet mit dem Lama von Zefbu 
Lum bu geführt werden mußte, weiter verfolgen wollte, Er brauchte 
zu diefem Querwege nur 2 Tagemärfche*). Der erſte führte 
ſehr ſteil empor über eine fehr bedeutende Berghöhe, auf ber noch 
um Johannis viel Schnee las die eine a weite Ausfidye 


— Turner a. a. O. 8. 191. 2 ebend. e, 12. 
ebend. S. 198 - 7. 


Himal. II. Oſt⸗Gr. Bhutan, Andipur. 149 


über das Gebirgsland darbot. Auf einer noch höhern Bergkette, 
wur Geite, lag das Kloſter Phajudi, welches als ber Drt dee 
Regeneration bed Lama Rimbochay, wo er feinen Stu- 
dien oblag, bezeichnet ward; fo titulirte man den Landes- 
Regenten, ben Daeb Radja, der damals auch zugleich Ras 
mo war. Auch dee Gipfel der Bergpaffage, Pomaͤla⸗Berg 
genannt, trug fein Kloſter mit einem Lama und Gylongs, bie 
ebenfals in ben größten Einfamkeiten, faſt auf jeber Höhe dieſes 
kitfamen Bergiandes den Britifchen Wanderer überrafchten. Kein 
Bunder, das Kloſterleben gehört in dieſem Lande der Ent- 
behrungen zu den bequemiten und ehrenvollſten; es giebt bie 
beſte Erziehung, da ſchon mit dem fräheften -Knabenalter ber 
Novize in die Kloſterſchule als Diener der Dienenden eintritt. 
Mit den Gplongs und Lamas werben bie oberfien Wuͤrden 
dee Staatsbeamten befett; fie find ſtets bie Gefährten der Gro⸗ 
fen. Die Fortpflanzung iſt hier als ein niederes Befchäft der ger 
tingern Volksklaſſe Überlaffen, aus jeder Familie derfelben iſt aber 
immer der vierte Sohn wieder der Ehelofigkeit und dem geiſtlichen 
Stande geweiht. Won dieſer Kiofterhöhe des Pomaͤla⸗Bergo 
war ein ganzer Tagemarſch, über fteile Zickzackpaͤſſe, auf und ab, 
wie über zeizende Wiefenteppiche ober bebaute Terrafienflufen am 
Einfiedetrien, haͤngenden Gärten, Landhäufern hinab, nöthig, um: 

am romantiſch gelegenen Bergfchloffe Dalai Jeung vorüber 

dat Pa⸗tſich ie u⸗Thal bei Paro zu. erreichen,. wovon ſchon 

oben die Rede war. 

Die Egcurfion S. Turners gegm DR von Taſſiſu⸗ 
don nad ber Feſtung Andipur (Wandipore) und ber Wins 
terreſtdenz bes Daeb Radija nah Panukka #), wurde durch 
ben Sieg des Regenten über einen Rebellenhaufen veranlaßt, der 
dert einige Zeitlang tumultuirt hatte. Beide Orte liegen faſt im 
gleichen Breitenparaliet mie Taſſiſudon, 5 bis & geoge: Meik 
von Ihm. entfernt, aber in einem verfchiebenen Stromthale, das 
‚ am buch Heberfleigung von Seitenketten, die aber blos von uns 
tergeordneten Höhen gebilbet werden, erreicht werben kann. Mans 
tfhiensPastfchien Heißt dee Hauptſtrom dieſes öftlichen. Ge: 
birgethales, deu aus dem ewigen Schneegebirge, von- 
Ghatra im Nosden, hervortritt, und fübwärts an Panukka 
voruͤberſtroͤmt, dann aber nach einer Tagereiſe auch Andipur 





) Zur a. a. D. ©. 152 - 178. 


150 Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. $. 74. 


erreicht, wo ein zweiter Gebirgeflrom, ber Taan⸗tſchie u, von 
der linken her, fi am Fuß der genannten Feſte mit ihm vereint, 
unb von da an, sum Chaanstfchieu werdend, den vorliegen: 
den uns unbekannt gebliebenen Theil bes Bhutanifhen 
Berglandes durcheilt, bis auch er die Vorketten durchbricht, 
und auf der Grenze Affams den Bijnis (Bisni) Diſtrict 
erreicht, in defien Zieflande er fi) oberhalb Rangamaty in 
den, Brahmaputra ergieft. Ob er bier identifch mit dem 
Schampawaty ift, ober den Namen eines andern mehr oflis 
chen Fluſſes trägt, iſt uns noch unbekannt. 

Das Schneegebirge Ghasra, an der Quelle des Mans 
tfhieu, hat feinen Namen von dem SHauptorte jenes Berg: 
gaues, dem ein Jumpun (d. i. Diſtrietsgouverneur) vorflcht; 
feine weißen, mit Schnee überzogenen Rüden ſtehen im roman: 
tifchen ı Sontrafte mit den ſchwarzen Felshoͤhen und dem Gruͤn 
des Vorgrundes, auf weichen das Schloß Panukka flcht Nahe 
am Schneeberg von GhHasra entfpringen kochend heiße 
Quellen, welhe von den dortigen Gylongs als Bad ge 
braucht werben; nur ben Frommen follen fie beilbringend feyn. 
— Sehr merkwürdig fcheine die Wiederholung biefet 
—Phaͤnomens der heißen Quellen entlang den ganzen 
Zug ber Schneeketten bes Himalaya, von Kaſchmit 
(Aften Bd. U. S. 1132, 1155, 1159) über die Dfhemna und 
Ganges: Quellen (ebend. S. 902, 905, 922 u.a.) durch ganz 
Nepal (f. oben ©. 31) bis hiecher nad) Bhutan. 

Das Thalvon Panukka?*5) wird feiner nördlichen Lage 
ungeachtet für den waͤrmſten Theil dieſes Bhutanifchen Berglan⸗ 
des gehalten; daher auch das Schloß darin dem Dach Radja 
zue Winterrefidenz biemt, der auf diefen feinen Lieblingsauf⸗ 
enthalt fehr vieles verwendet hatte. Der Palaſt, ganz in dem 
Styt defien zu Taſſiſudon, mit gleicher Citabelle und Tem: 
peleinsihtung unter goldenem Baldachin, iſt noch weit geräumiger 
als jener, und fchöner ausgefhmüdt. Die weitläuftigern Gärten 
fand Zurner noh mit Drangen, Limonen, Citronem 
Granaten, Pfirfih, Apfels, Bien: und Nußbäumen 
erfüllt; doch waren die Krüchte noch unreif (8. Zul). Selbſt ein 
Mangobaum gebich Hier noch, feine Aeſte fenkten fi mit 
Fruͤchten beladen, die aber hier erſt im Auguft zur Reife tom: 





348) Turner a. q. D. S. 168. 


Hinal., II Oſt-Or. Bhutan, Panuffa. 151 


men, möährend biefe in Bengalen fhon im Monat Mai ex 
seihe if. Der relative Höhenunterfchied iſt alfo brei 
Monat Zeit-gleich zu rechnen. Auch zeigte fi der fchönfte 
Schmuck der Waſſerbaſſins in biefen Gärten, welche mit Lotus 
pflanzen (Nymphaea nilotica) 26) gefüllt waren, in voller Bluͤ⸗ 
the; dies den Göttern heilige Gewaͤchs flellt man gern ihren Ido⸗ 
len als Dpfer bin. In der Nähe von hier auf den weltlichen 
Berghöhen, gegen Telagong bin, fand Zurner ben Wald 
mir Schaaren wilder Affen *7) erfüllt, die hier, wie am Gan⸗ 
ges, heilig gebalten und gehegt werden. Er nennt fie Mali, 
mit dem Hindu Namen Hunnuwent, und nach feiner Beſchrei⸗ 
bung ift es biefelbe Art, wie die, weidhe Capt. Stinner am 
oben Bhaghirati Ganga beobachtet hat (f. Afien Bd. II. ©. 924, 
vergt. ©. 919). Es waren bie einzigen Thiere biefer Art, weiche 
Zuruer in dem an größern, wilden Quabzupeben ſehr armen 
Berglande Bhutan zu beobachten Gelegenheit hatte. Das Felde. 
ſchloß oder die Feſtung Andipur (Wanpdipore)*), einen 
Zagemarſch ſuͤdlich von dieſer Winterrefidenz, dient dem Lan⸗ 
Deöregenten nur wenige Monat im Sabre zum temporären Auf⸗ 
enthalt; es liegt In eintm an Minen reichen Gebirgélande, bas 
aber noch wicht benugt wird. Auch warme Bäder find in der 
Naͤhe. Noch lag, am 6. Juni, Schnee auf ben fernen Bergen . 
km Norden, den Scloßgarten fchmüdten Deangen, Citros 
nen, Granaten, Pfirfih, Apfel» und Mangobäumes 
als Gemüfe baute man Gurken, Bangum (ein Solanum?), 
GHiti oder Spanifchen Pfeffer u. a. Das Schloß ift (dom duch 
feine Lage auf Seifen feſt; die Architectur iſt im Styl ber vors 
hesgenannten; es foll fo. alt feyn, wie der Bau fehe kuͤnſtlichge 
umb finnseich angelegter Holsbräden, weiche hier die fleilen 
Seisufer des Chaan⸗tſchieu und feiner Zuſtroͤme gegenfeitig 
verbinden. In deren Ausführung find die Bhutaner ausgezeich⸗ 
net; freilich gehören fie in einem fo wilb ducchfchnittenen Berg⸗ 
lande zum erften Beduͤrfniß. Das Schloß, ein geheiligter Wohn⸗ 
ort, auch von fehr vielen Gplongs belebt, war erſt feit kutzem 
den Rebellen mit wenig Anſtrengung enteiffen, doch foll es fehr 
gut zu vertheidigen ſeyn. Die Kriegführung in diefem Kande mit 
undisciplinitten unb felten vorgeübten Truppen, geſchieht mehr 





*«) Turner a. a. D. ©. 173. ‘r ebend, S. 178. 
es) ven. ©. 152. er Ä 


12 Hch- An. IV. Aöfchniet. $. 74, 


durch Ueberliflung und Werrarh, und bie Entſcheidung iſt mache 
der perfönlichen Tapferkeit und dem Zufall uͤberlaſſen, als ber 
Berechnung ber Kriegskunſt. 

Die Landfchaft zwiſchen Andipur und Zaffifubon iſt 
flärker bewohnt als ein großer Theil des Übrigen, meift nur duͤnn 
bevoͤlkerten Landes; fie- zeigte die fchönften grünen Thaͤler mit 
fchlängelnden Baͤchen, und liebliche Waldungen von Buchen, 
Birken, Ahorn, Fichten, Cypreſſen und Eichen, mit 
Brombeer⸗ und andern Gebuͤſchen durchwachſen, eine freund⸗ 
liche Etinnerung an die Europaͤiſche Heimath. Von ——— 
kam in dieſem Berglande keine Spur vor. 
dh) Das Hochgebirge. Ohne alle nähere Kenntniß defs 

felben bleibt uns nur die Angabe der fernern Ueberfleigung des 
Daffes von Sumunan?*) anzugeben übrig, deſſen erfte 
Terraſſe art der Herberge Gaſſa und an der Alpenweide ber 
Buͤffelheerden wie ſchon oben erreicht haben. Steigt man 
von biefer weiter hinauf, über die Culmination bed SGumunan: 
Paſſes, fo zeigt ſich eine große Reihe non Steinhaufen auf denen 
eine lange Linie Eleiner, fladernder Fahnen mit Inferiptionen bie 
Grenze zwifhen Bhutan und Tü bet bezeichnet. Sie diene 
‚ zugleich den Einfluß ber böfen Dämonen (Dewtas) abzus 
halten, die zumal in den hoͤchſten Gegenden dieſes Gebirgslandes 
umherfchweifen, und vom Thau und Nebel durchnaͤßt, von Stuͤr⸗ 
men durchweht, ihre Unbil und Schabernad gern an den Reis 
fenden auszulaſſen pflegen (wie Kobolde und Ruͤbezahl). Won da 
hören GSteilabfälle, Thalkluͤfte, tofende Schaumbaͤche, graufige 
Felsengen, die bis dahin vorherefhend waren, ganz auf; bie 
Mateaulandſchaft Tuͤbets iſt erreicht, und nur fanft 
‚unb allmaͤlich, wenn ſchon nicht unbedeutend, hebt ſich noch 
"das Land, Auf dee erfien, nur fehr mäßig fih neigenden 
Flaͤche, im Müden des überfliegenen Pafled, liegt Phari. Che 
man nod den Det erreicht iſt ein nieberte Hügel ber Ebene, mit 
einer im Quabrat aufgeführten Mauer umzogen, als Zeichens 
hägel zur Aufnahme ber Verſtorbenen beflimmt, die bier nach 
der Landesfitte ben Raubvoͤgeln des Himmels und ben Beſtien 
dee Wüfte zum Fraß ausgefegt werden. Phari, auch Partds 
fong genannt, in einer. weiten Thalſenkung, von 4 Stunden 
Zänge und 2 kleine Stunden Breite, gelegen, nur von niedern 


ar) Turner a. a. D 8, 229 — 2%. 


Himal. DIL Oſt⸗Or., Bhutan, Paridfong, 153 


Telshügeln umgeben, iſt eine Feſtung, ſehr irregulair, aber von 
meffiven Steinmanern erbaut. Dee Boben der Ebene iſt ſtein⸗ 
teich, aber fo arm an Erddecke, daß er bes Anbaues unfähig iſt; 
ae wird von zahlloſen, fehe feichten Bachrinnen, bie aber jegt 
(14. Sept.) trocken lagen, durchzogen, die ſich nur zur Zeit dee 
Sqhneeſchmelze anfüllen. Am Weſtende der Ebene ſoll ein Bach, 
Mona genannt, entfpringen, der erſt gegen Norden abfließt, 
dann aber mit andern Armen vereint gegen S. W., das Mepales 
fin Gebiet ducchbrechen ſollz auf Arcomfmith’& Map of As- 
iR er als oberer Zufluß zum Tiſta gezogen, und biefe Zeichs 
nung hat Grimms Karte beibehalten. Klaproth's Karten 5%) 
nennen den fo entflandenen Hauptſtrom auf Rübetifcher Seite,’ 
nad Ehinefifchen Angaben, Pung tsut dzangbo. 

Chaſſa Gumbah (Gumbap, d. h. Kloſter) iſt die bei 
Phari benachbarte Reſidenz des Phari Lama, ber zwar von 
Zeſhu Lumbu abhängig iſt, aber hier als geiftlicher Vorſtand fels 
us Sumbah, und Gouverneur eines nur wenige Monde ' 
hindurch und auch dann noch fchwerzugänglichen, rauhen Berg⸗ 
Reihe, damals wenigſtens (1783) als ganz felbftfländiger Gebie⸗ 
te betrachtet wird. Sein geößtee Einfluß befand indeß außer 
bee Leitung der geiſtlichen Heerde feiner Lamen und Bylungs 
au in dem Gehorfam, den ihm die Hirten bes Landes erwies 


fen, die mit ihren zahlreichen Rinderheerden feine Gebiete befuche - - 


tea. Der chrwuͤrdige Greis nahm S. Turner, bei feiner Durch⸗ 
teife, mit großer Gaſtfreundlichkeit auf. Das, einträglichfte Wild 
feines Territoriums ſcheint das Mofchusthier, (La, der Mos 
[husbentel Lat cha) zu ſeyn. Der höchfte Gipfel ſeines Gebietes 
iſt de Tſchamalari⸗Pik, der fi nahe im N.D. Kber feiner 
Refidenz erhebt, und allgemein verehrt iſt; bis zu feinem ewig 
befhaeiten Gipfel wallfahrten die Hinbus Pilger, ihn anzubeten. 
Später Haben fi duch die Befignahme der Chinefen 
die damals noch ganz freien Berhaͤltniſſe dieſer Gegend fehr ges 
ändert; denn ſeit 1792 richteten diefe, bier, einen Militairs 
yoken Si) an der Grenze gegen Bhutan ein, der zu Pyari 
fine Garniſon hat, und feitdem jede unmittelbare Verbindung 
wiſchen Bengalen und dem Bice⸗Koͤnigreich H' Laſſa ober Tuͤ⸗ 





*°) Klaproth Carte da Cours inſerieur du Varon Dzangbo tchou. 
*») Walt. Hamilton Description of Hindostan. London 1820. #. 





154 Hoch⸗ Aſten. IV. ubſchnitt. K 74.. 
det gehemmt bat. S. Turner hatte damals noch ganz umge 


hinderten Uebergang,, und wurde bors fogar mit Gaſtfreiheit em 


Pfangen. 

Am Ende des Thales von Phari liegt ein kleines Dor 
von dem ber Weg an einer Berghoͤhe, dem Tongla, voruüb— 
gu einer zweiten Ebene führt, die noch weiter wie die vorig 
doch nicht fruchtbaren iſt, aber ebenfalls von zahlreichen Heerde 
beweidet wurde, und von Hirten gehütet, bie in Zelten aus Da: 
sen geflochten herbergten, welche man mit eifernen Pfählen ir 
Naſen befefligte. Zur linken Hand, auf weiter Flaͤche, ſahe Zur 
ner bier große Schaaren von wilden Pferden, die man ih: 
GSurkhaw nannte (ob Gorkhur? fo heißt der wilde Efel 6 
Hindu und Afghanen). Von hier gingen auch bie Fuͤhrer bi 
Karawane sum Tſchamalari hin, diefen Schnergipfel anzub 
ten, dee von biefee Hochebene aus nicht mehr fehr erhaben fi 
geigte, obwol er nur noch eine gute Stunde feitwärte vom We; 
abzuliegen fchien. Hier iſt die große Wafferfcheide, weld 
Ye Quellen bee Sangeszuflüffe im Süden von be 
BreabmaputrasZuflüffen, die bierect dem Norden zueile 
ſcheidet. Wirklich wurde am folgenden Tagemarſche, 16. Sept 
im Norden des Dorfes Teuna die Quelle des erſten Zluf 
ſes erreicht, der Painomstfchieu, welcher unterhalb Tefh 
Lumbu fih sum großen Diangbo von Tübet ergief 
Bier Echren wir für jegt, auf der Naturgrenze, nody einmal na 
Bhutan zurüd, wo das Land einen ganz andern Character aı 
zunehmen beginnt. Bei Teuna fland zwar noch ein Klein. 
Weitzen feld, das aber bier, wie zu Phari, nur noch felten zı 
Reife kommt, und nur zum Viehfutter dient. Das auffprofien 
Gras, wenn «6 vegnet, was ſparſam gefchieht, verdortt batb na 
dem Aufpören dere Regen, und zerzeibt fich auf dem Halm zw 
Sen den Fingern zu Staub, fo zehtend und trodnend wich hi 
die Plateauluft, in der nur eine neue, eigenthuͤmliche Saum 
und Flora gedeihen kann. 

Die Bhutaner, welhe ©. Turner auf dieſer ganze 
Reife zu fehen Gelegenheit hatte, characterifict er als einen wo 
gewachlenen, ſehr musculöfen,. ſtarken Menfchenfchlag 252); mi 
gende fahe er Verkruͤppelung. Alle hatten ſchwarzes Haupı 
haarz das Auge iſt klein und Rn mit mama lan 





382) Turner a. 0. D. ©. 109 


— 
\ 


Himal., I. Oft⸗Gr. Bhutaner. 155 | | 


gefpistem Winkel, wie durch kuͤnſtliche Mittel ausgebehnt Das - 
Haar an ben Augsnlisbern ift ſehr dünn, kaum fichtbarz bie Aus 
genbrauen find nur ſchwach. Unter den Augen beginnt bee 
ſtaͤrkſte Theil des Geſichts, ber mehr flach ift, und von den Bak⸗ 
kenknochen nach dem Kinn enger zugeht, eine Form die, wie Turs 
ner fagt, den Tartarifhen Stämmen gemein, bei ben Chinefen 
aber am auffaltendfien if. Ihre Haut iſt außerordentlich glattz 
viele werben ſehr alt ehe fie einen Anflug von Bart belommen, 
Lie tagen Knebelbaͤrte, aber auch dieſe find von fparfamen 
Wuchs. Ihre Haut ift nicht fo dunkelfarbig, wie bie der Euros 
pälfchen Portugifen, aber ihre Unreinlichkeit verdunkelt fi. Dig 
Gplongs, weiche zeinlicher leben, well es zu Ihren Ordensregeln 
gehört, fich täglich zu baden, find weit hellfarbiger. Sie zeigten 
den fhönften Körperbau, und die meiften erreichten bie Höhe von 
ſechs Fuß. Bon ber Stärke der Laſttraͤger warı ſchon oben 
bie Rede. 


2. Nah dem Berichte bes Kifhen Kant Bofe®) - 


Sene, gleihfam Lineare Befchreibung von Bhutan, welche 
fih nur auf die von Turner durchzogene Reiſe⸗Linie bes 
ſchraͤnken tonnte, wirb durch. eine erſt ganz neuerlich uns zu Theft 
gewordene einheimifhe Quelle, durch bis Ichreeiche Nach⸗ 
richt des Afiaten (Bengaleſe, oder Bhutaner?) Kifhen Kant 
Bofe ſehr vervolftändigt, die wir hier zum erſten male für bie 
Geographie dieſes wenig befannten Landes mittheilen können, obs 
wol bei dee Mangelhaftigkeit unferer Landkarten von Bhu⸗ 
tan, manches in diefen Angaben noch unbeſtimmt bleiben muß, 
was indeß bei dem fo fchnellen, wiffenfchaftlichen Fortſchritte der 
Zeit gewiß fchon bald verftändlichee werden wird. Manche, ja 
wir hoffen die wichtigſten Theile von Kifhen Kant Boſe?s 
Angaben, haben ſchon dur die obige Auseinanderfegung ihre 
Erläuterung und Aufklärung oder Beftätigung gefunden; viele 
bisher unbekannte Namen erhalten fhon durch das angehängte 
RR outier hinreiheride Nachweiſung und einige wenige übrig blei⸗ 
bende find vlelleicht fpäter noch’ zu ermitteln; befonders dankens⸗ 
werth fü nd audy die hiſtoriſchen und ſtatiſtiſchen Angaben übte 


€*s) Some Account of the Country of Bliuian by Kishen Kant Bose, 
ı transl. b. D. Scott Esq. in Asiat. Rescarches. Serampore 1825. 3. 
T. XV. p. 138-— 166. 





156 Hech⸗ Aften. IV. Abſchnitt. $. 74 


deſes Land, die uns bisher fo wie die über das Innere fein 
Berwaltungsweife gänzlich fehlten. Wir behalten bie A 
ordnung dee Urſchrift bei, und theilen das Weſentliche ihr 
Inhalts mit. 

Grenzen von Bhutan gegen &. an das Beitifche Tı 
sitorium dee Compagnie, und das bed Radja von Kutch B 
horz gegen S.O. an Affam, gegen N. an die H’Xafı 
Kerritorien und Digurhe (Dzigatze); gegen W. ı 
Mem(?) und Lepcha (wol das Land der Lapcha in Sikin 
Das ganze Land von D. nah W. 20 bi6 25 Tagereifen tan 
und von ©. nad NR. 10 bie 15 Tagereiſen breit, iſt gebirgi 
außer in S., S. W. und D., wo aud Ebenen find. Das Ri 
derland würde, gut Bebaut, leicht einen Gewinn von 7 gr 
Loks Rupies geben; jetzt aber liegt es meiſtentheils wähle. T 
- Jegigen Einkünfte von Bhutan beisagen, Altes in Allem, w 
mehr als 3 Lats Rupies. 

Nach dem Lamta, d. i. ber Cheonit der Dherma Kad je 
von Bhutan?), davon ſich aber nur allein Copien in den Hau 
archiven der Dhermas und Deb⸗Radjas vorfinden, die nic 
veraͤußerlich Find, fol im Morden von H’Laffa ein Land fey 
darin. vordem der Lam Sapto, d. I. ber Dherma Radj 
gefidirte ; von ba fey er aber nah H'Laſſa gezogen, und eini 
Zeit ſpaͤtet nach Punakha (Panukka bie Winterrefidenz, 
ob. S. 150) gekommen, welches damals einen Nadja vom Kotc 
Tribus (KuchsWehor, f. oben S. 139) als Regenten befa 
Bet feinem Hingange dafelbft fpielte der Dherma Radja aı 
der Flöte, nahm die Geſtalt eines Kotch an, und that ſolche M 
zafel, daß ber Kotch Radja voll Schreden famt Zamilie und Di 
nerſchaft unter der Erde verſchwand. Run z0g dee Dherm 
Radja im das leer flchende Kort ein, entzog bie überlebenb: 
Vnterthanen und Sclaven des bisherigen Radja ihrer Kafte, lehr 
fie feine eigene Religion und Gefeg (Buddhismus). Ihre Mac 
kommen leben noch zu Punakha, und machen den Tribus d 
Thep aus. Go ward der Dherma Radja der Herr von Pi 
nakha; um aber nicht ſelbſt die Laſt ber Verwaltung zu tr 
gen, ſchickte er nad H' il baß ein Tuͤbeter kaͤme und d 
Beſitz des Landes ſicherte. Diefen erhob er zu feinem erflen X 
zer, und nannte ihn Deb Radija (der jegige Landesregen 


254) Kishen Kant Bose L e. Asint. Res. T. XV. p. 131. - 


Himal. III. Oſt⸗Or., Bhutan, Regentſchaft. 157 


Daeb Radja); denn er ſelbſt behielt fich nur bie Wefchäftie 
gung mit der Religion und die Contemplation ber Gottheit vor 
Damale nun (dyeonologifch wird bie Zeit nicht näher beſtimmt) 
wurden die Grenzen, die Rechte, die Tribnte ber verſchie⸗ 
denen Radjas, Statthalter und Unterbeamten von Bhutan, fo 
geordnet, wie fie heute noch beftchen. 

Alles Volk von Bhutan fahe den Dherma Kabdja als 
ſeinen Guru (geiſtigen Leiter und Meiſter) und als eine Incar⸗ 
ton der Gottheit an, und gehorchte ihm. Kurs vor ſeinem Tode 
‚befahl er, nach feinem Heimgange, fein Wohnhaus zu verfchiies 
fen, aber fein Speiſchaus, feine Vorrathskammern, feine Sclas 
ven, feine Güter nad) wie vor zu beforgen. Sein Leichnam follte 
nicht verbrannt, ſondern in Del gefotten und in einen Sarg ges 
than werden, dem man täglich die üblihen 4 Mopizeiten mit 
Thee, Reis umb Fruͤchten vorzufegen habe, bie ‚im jener Zeit, wo 
a in H’Laffa vegeneriet vom feinem Lande wicher Beſitz neh⸗ 
men werde. Schon 3 Jahre nad) feinen Tode erhob fih in 
H’Laffa ein dreijährige® Kind, mit den Worten: „ich bin der 
Dherma Radja; mein Land ift Lulumba (d. I. Bhu⸗ 
tan), mein Haus und Gut iſt dort.’ Als ber Deb Radja 
hiervon Kunde erhielt, ließ er ihm feine Verehrung bejeugen; als 
aber der Herricher von H'Laſſa und die Eltern des Kindes dafs 
feibe nicht wollten ziehen laſſen, fchidte er große Geſchenke an 
Pferden und Gütern, bie man ihm das Kind verabfolgen ließ 
Es erkannte in Bhutan fein Eigentyum, nahm feierlich Beſitz 
vom Throne, las die Ohaſtras (das Gefegbuch), verrichtete jeden 
Cultus, Seitdem herrſchen alle regenerieten Dherma Rabjae 
bis heute in Bhutan fort. Der jegt vegierende (1820) iſt wach 
einigen der sehnte, nad) andern der eilfte, doch kann Nies 
mand es genau fogen, wie viel Fahre «6 her fen, baß der erſte 
Dherma Radja von Leuja (2) in Punakha einzog. — Nah 
Wahrſcheinlichkeitsrechnung von 10 Lebensaltern dreijaͤhriger Kin: 
der etwa 360 Jahre, von denen ba6 erfte abgerechnet etwa 315 
Jahre gäbe; 312 iſt aber bie Aera ber jetzigen Radjas van 
Kutch Behor, die feit diefer Zeit in ihr Territorium. eingewans 
dert waren; wol nach ihrer Vertreibung von Punakha. — Mur der 
letztverſtorbene Dherma Radja machtebavon eine Ausnahme, er wurbe 
nicht in H'Laſfſa regenerirt; denn vor feinem Ende fagten ihm 
der Deb Radja und bie Staatsräthe: „Du bift bisher in 
D’kaffa wiedergeborens um dich hierher zu bringen, 





158 Höch-Afen. IV. Abſchnitt. 8.74: 


müffen geoße Summen außer Landes gehen.” Gen 
Antwort warz „von nun an will ih In der. Shasheb 
Kafte zu Tongſa regenerist werden.” — Und :fo gefchahe ı 
(die Loge von Tongſa n Bhutan, oder Tangſo 255, if 
Kagereifen im Dft von Punakha, aber fonft uns gänzlich ur 
bekannt). Mahen mehrere dreijährige Kinder, mie dies me 
geſchieht, ihre Declaration als regenetirte, fo: werbden ſie von de 
Verwandten ihrer erſten Geburt zu einem Gylong, oder ſon 
einem Moͤnch, der die Welt verlaſſen dat, gebracht, oder zut 
Dherma Radja felbfl, oder an irgend einen Heiligen’ Det, w 
fie zum Gylong gemacht werden. Im Fall jene Verwandten bi 
fruͤhern Geburten fehlen, machen die Eltern des regenerirten da 
Kind ſelbſt zum Gylong. Dergleichen ed gegenwärtig (18% 
wol an 50 bis 60 in Bhuran geben. Aber nur im dritte 
Jahre finden diefe Erinnerungen der fruͤhern Exiſtenz Statt; w 
dee früher noch fpäter. "Auf gleiche Weife, fagt Kiſhen Kan 
Boſe, gehe es auch mit ber Regeneration von füttf ar 
dern Lama’s vor fih; mit dem Dalai Lama zu H’LKaffe 
mit dem Gyu Rimbichu (b.i. Lama Rimboch ay bei Tu: 
ner), bem Lama von Digerche (Dyigape), dem Penjela: 
oder Teſu Lama (von Teſhu Lumbu) und dem Herrfcher vo 
Chake, genannt Chakelam (?) (vergl. Aften Bd. I. S. 8% 
Dieſer Dherma Radja ift die Incarnation der Bhuta 
ner, aber auch ihr geiftliche® Haupt und ihre fouverainer Fuͤrſt 
nur an den inneren und Außern Angelegenheiten be 
Staates nimmt er gar feinen Antheilz biefe verwaltet gat 
ſelbſtſtaͤndig der Deb Nadia mit feinen Raͤthen (Korji), un 
nur in befondern Fällen unter dem Beiftande des Dherm 
Radja (daher hatte Turner auf feiner Geſanbtſchaftsreiſe ge 
nichts mit ihm zu verhandeln). Er muß ganz frei bleiben vp 
Staatsſorgen, und hat daher auch nur wenig Staatsdiener. ( 
erhält nach altem Herlommen täglich zu feinem Unterhalt 8 Da: 
oder 4 Pfund Reis; fein Zimpe (Zempi b. Turner, Cerem 
nienmeifter) Halb fo viel, die Gylongs feiner Suite 2616 1 Pfunt 
eben fo viel oder weniger feine Zinkaubs ( Unterbeamten 
Sanktups (Diener), feine männlichen und weiblihen Sclaven 
nur noch mit der Spelze. Auch alle andern Dienfte, bie fi 
ihr geſchehen, werben vom Deb NRabja ſalarirt. Den Han 


26y Kishen Kant Bose b cp, 140. a 


Simal, III. Oſt⸗Gr. Ahuten, Hofflaat. 458 


del, meiden der Dherma Mabia treibt, und bie Opfergas 
ben (Nezzerana), die er von den Unterbeamten erhäft, ſtehen ums 
tee der Verwaltung feines Haushofmeifterse (Lam Zimpe); 
denn er felbft iſt nur mit den geiſtlichen Pflichten befchäftigs, 
Da Zimpenum ift fein Schagmeifter. Funfzehn bis zwanzig 
Diener find in feinem Haufe, an 60 Zinkaups an dem Hauß 
that, 40 Gylongs fichen immer bereit im Dienfte zur Erfuͤl⸗ 
lung des Ritus. Das ift fein ganzer Hofſtaat. Seine Befiguns 
gen find Güter, die im Süden her Berge im tiefen Lande lie 
gen, und ihm 7000 bi6 8000 Rupies eintragen; in feinem Han 
dei fiedt ein Capital von 25 bis 30,000 Rupie. Wird ein 
Staatsdiener in Bhutan gemählt, fo erhält er fein Staatskleid 
vom Deb Radja, hat aber den Dherma Radja ein Ge 
ſchenk zu überbringen, wofle dieſer ihm ein Schnupftuch obet 
eine feidene Scherpe, 3 Zuß lang und 2 Zinger breit, als Gabe 
derreiht. Um den Hals gebunden dient biefe nun als Heilige 
thum und Zalisman. Hiervon hat ber Dherma Radia ein 
Eintommen von etwa 2000 Rupies; nod 2000 Rupies kann 
man für andere Beinere Gefälle rechnen. Er befist etwa 125 
Tanians, d. i. Pferde, 150 bis 200 Büffel und Kühe, uud 
außerdem fehr viel baares Geld. Seine Ausgaben find fehe bes 
deutend zur Erhaltung feiner Überzähligen Gylongs und Diener 
ſchaft, wie zue Auszahlung vieler Almofen, fo daß ihm am Enbe 
doch wenig übrig bleibt. Der Dherma Radja übe über feine 
Reute feine Gewalt; ee muß alles im Einverftändnig und mit 
Vorwiſſen des Kalan, eines der Staatöräthe, 'thun, der aber 
vom Dherma Rabdja feinen Gehalt beziehtz gehen bie Leute 
dei Dherma Nadja in andere Subahs, fo können fie ihren Pros 
viant, ihre Träger u. f. w. nur auf Befehl de Deb Radja 
erhalten, ER 

Ganz verfchieben iſt die Stellung bed Deb Radja, feines 
Premier: DMinifterd ober Veziers, der aber eigentlich der Landes 
Regent il. Sen Dony, d. i. der -Divan, ber Kalan, di. 
dee vom Dherma Radja befoldete Staatsrath, ber Punab, obex 
Gouverneur von Punakha, und der Thimpoab, oder Gou⸗ 
derneur von Taſſiſujon (Zaffifudon bei Turner) find 
feine 4 eberfien Staasbeamten. Zu dieſen gehören ned 4 
Gouverneure (Zimpe oder Püo) von Andipur (Wandipore 
b. Turner), Paro, Kangfo und Tagna, Yon bemfelben 
Range, ohne welche der Deb Radja keinen Beſchluß fafien Fan. 


o 


300 Hoch⸗Aſien. IV. Abfchniea k 74. 


Nuter dieſen Obern fichen: Die Unterbeamten, bie. Difieickt 
fecten, die Subahs dee Grenzpäffe u. a. m. - Der Deb Ra 
nimmt von biefen den Tribut ein, fammelt ihn im St: 
ſchatze, und vertheilt ihn an bie Beamten und zum Religi 
cultus, alles nach beflimmten Herlommen. Seine Einkuüͤr 
fließen aus fechferlei Hauptquellen (zu biefen gehört auch bie 
Ien Fabrik in feinem Haufe, die ©. Turner bemerkte, f. 
©. 148, und die Einweihung aller Idole) 256), 

Dee Hauptgouvernements 57) in Bhutan fin 
1) Punakha, 2) Kaffifujon, 3) Paro, 4 Andi 
5) Tagna, 6) Tangſo (oder Tongſa?). — Ihre Lage 
ben wie durch obige® kennen geleent, bi8 auf Tagna, das 
noch zweifelhaft bleibe. 

1) Der Punasab oder Puna Zimpe ift dee Gour 
neuer des Forts Punakha, der Winterrefidenz 
Dierma wie des Deb Radja während 6 Monaten. Alles 2 
volk umher find Bhutaner. Die Jurisdiction erſtreckt fi 
Tagereifen von ©. nah R., etwas weniger von D. nach 
Das Hort liegt in der Mitte und gewährt eine Ueberfiche ı 
umber. Die Grundbefiger haben Reis, Weigen, Gras und . 
zu liefern. Der Gouverneur hat viele Pferde und Vieh; er | 
delt mit einem Capital von 4 bis 5000 Rupies, und hat | 
Beamten wie ber Deb Nadja. Er hat den Hof ein halbes‘ 
zu ernähren, außer 14 Tagen, welche dem Gouverneur von ( 
dipur zur Loft fallen. Seine Surisdiction, die aber nicht 
zur Todesſtrafe austeicht, erfiredkt fich über „, von Bhutar 

2) De Thimpu Zimpe if dee Gouverneur 
Korte Zaffifujon ober Taſhizongz während ber 6 € 
wiermonate hat er ben Hof zu ernähren. Seine Jurisdic 
reicht 3 Tagereiſen weit gegen Norden, 7 bi6 8 gegen Suͤ 
1 bis 3 Ragereifen weit von D. nah W. Unterbeamten von 
ſtehen zu Gacha, 2 Tagereifen gegen N., zu Wakha (ob I 
gola bei Turner), 2 geoge. Mel. gegen ©; zu Shipcha, 
5 geogr. Weil. in S. W, und noch 3 Tagereiſen fübmwärts 
da der Subah von Paſſakha (ober Bakhſha Dewar, 1 
Buladewar ber Briten, f. oben ©. 140), dem das Nied 
land im Süden feinen Tribut zahlt. Diefer Gouverneur 


 Kaffifujon-hat weit mche Handel als des von Punakha 





360) Kishem Kant Bose k c. T. XV. p. 134, 87) ebend. pe 


n 


Himol,, IN. Oſt Gr, Bhutan, Gouvernements. 161 


8) Pare Pito beißt der Gouverneur von Para. ff. oben 
©. 144) 2 Tagereiſen welter weſtwaͤrts. Beine Stellung iſt won 


Bedeutung. Untere Ihm ſtehen deu Gouverneur ((Dati Zimpe)- von: 


Dalimkote (f. ob. S. 107), der Subah van Timbu Des: 
war, dee vo Duntum, ‚ber von Lakhipur und Ball« 
Dewar, auch der Einnehmer Tuma) vpu-Kyrauti wol ber 
Kiratas) dee dem Subah von Dalimkote untergeben if. Au 
gehorchen ſhm die Einuehmer von Hapgang und. Huldibari (?) 5 
und 3 Tagereifen im Norden von Paro hat er gu: Phari (b. I. 
Paridfong, f. ob. S. 152) an dee Grenze von H'Laſſa Tuͤbet, 
einen von ihm abhängigen Gonberneur, der Phari Purd dheißt; 
wahrſcheinlich -fabwärts des dertigen Chinefiſchen Grenzpoſtens. 
Ale dieſe ſtehen unter ihm und zahlen ihm Abgaben, ausgenoms 
mn dee Commandant von Dalimtote, der eine ſtärke Bars 
niſon hat, feibfiftändig und ſtets zum Kriege gerhftet iſt. Dee 
Gouverneur von Paro iſt hierdurch ſehr maͤchtig, feine Juris⸗ 
diction reicht Tagereiſen weit von N. nach ©. und 6 bis 8 
Zagereifen in die Brreite. Unter feinen Befehlen flchen 6 von 
dm 18 Dewars, ober Paͤfſon bes Landes Bhutan, und 
überhaupt 4 von Bhutan (baher biefer Poſten ſtets dem naͤch⸗ 


fin Vawandten des Deb' Radja anvertraut iſt; f. ob. S. 124).' 


4) De Andipura Zimpe commandirt in ber Zefte Ans . 


dipur (Wandipore b. Turner) 59), 4 geoge, Men. im ©, von- 


Punakha. Seine Jurisdiction reicht 1 Tagereiſe gegen W., 2, 


gegen Oſt, nur wenig Stunden gegen: M., aber 14 Tagereifen ges 


gen Saͤben. Die Breite wechſelt von”t dis 2 Tagereifen. Seine 


Mintererfideng iſt während 6 Monaten zu Andipore, und bie 
6 Monat der heißen Jahreszeit beinge er im Sort Khodakha, 
nur 3 geogr. Melt. im: S. O., zu. Unter ihm: ſtehen die © 

von Ihargaon, von Kifhnyel, Chafla und anr weit 


gegen Shden die von Chetarg‘, welche Jich bis nach —* 
und Bijni (Bisni nahe am Brahmaputra, ſ. oben S. 10) 


ausdehat. ' Dieſer Subah von Cherang: wohne im Winter 


zu Biſſur Sing, im Sommer zu Eherang. '' Dee Gomers- 


neue von Andipur hat nur den einen Paß (Dawar) zu bes 
wahren; zu Koch ubari (Tutchabary auf Amowsmilh Map -of 


Asam) Bijni und Sidi wie zu Lefhkers (?) reſtdären 6 bis 


6 Bhuteas an ſeiner Stelle; Geine Sn — ſich 


9 Kishen Kant Bei.k & T. xp. 10, 
Ritter Erdunde IV. 











Eier are 


Due Te ur 


102 . Bohn. „AV. abſchnitt. $. 74. 


nur übee „ber Bhutan Länderrien. Er zahlt in allem 1 
Nupies, und hat bie Verpflichtung den Hof auf feinem U 
nah Punakha B Tage lang zu erhalten, unb außerdem r 
nad) einem Feſte 10 Rage lang. 

6) Der Tagna Pilo oder Bouverneur von. Tasnc 
bat feine Jurisdiction zwiſchen Bakhſha (d. i. B. Den 
oder Buka Dewar, ſ. ob. S. 140), dem Borgebirgs⸗P 
und Cherang (ſ. unten das Routier über mehrere her hier 
nannten oͤſtlichen Ortfchaften), das ofimärts von brmfelben ge 
Brint liegt. Er bat 2 Dewars, ober Däffe, zu bewad 
Sein .. iſt 8 Tagereiſen long und 4 breit von D 
nad Weſten. Ex zahlt 3000 m. und beherrſqht ir bes 2 
Des Bhutan. 

6): Der Tangſo. Pie reſtdict gu Tangfo (oder Tan— 
wo die Shaſheb Kaſte und hie Regeneration bed Dherma Rab 


6 Tagereiſen im Oſten von Punakha (alfo in einer voll 


Terra incognita, wo «6 auf unfern Landkarten nur einen wei 
Fleck giebt). Sein Territorium seht von S. nah M. 12% 
reifen, aber nur 8 von O. nah WB. Er heherrſcht von B 
tan, und hat 8 Dewars ober Paͤſſe (die ums aber gaͤnzlich 
befannt find) zu bewachen. Die 6 Diftsicts,Präferten ı 
tes ihm find: a) Bagdwar oder Burra Biinuz b) Kun 
oder Phulgariz c) Dunfattha, wozu das Niederland yon S 
ſakha und Axritti gehört; dann d) Kongfigang, wozu Ra 
Dewar, genanns Hopbewar, im Niederlande gehört; e) Ro 
mi dem Chinka Dewar und ſ) Gurguna und Kyabari. 

So, fließt Kifben Kant Bafe dieſe detailirte Auf 
lung, find faft 44 des Arenies von Bhutan in den Händen I 
feg Sauperneure und Präfecten, Ober: und Unter- Beamten; 
Deb Radja, der Khas(?) beſitzt, hat =, und der Dherr 
Radija etwa „iu des Ganzen, wapß awiſchen obengenannten v 
theilt liegt. — 

Die 7 Haupt⸗Feſtungen im Lande Bhutan wert 
aufgezaͤhlt: Punakha, Anbipne (big beiden zufammenfließ: 
den. Waffer bes Maa⸗ und Paan⸗tſchieun werden hier M 
ſhu und Pu⸗ſhu genannt), Dofim (?), Kaffifujon,.® 
eagong (d. 1. bei Paro), Tangfo und Tagnaz viele and 
geringere find durch das ganze Band verchellt. Im Winter 
das Fort Taffifujon leer, weil zwifhen ben Monaten Al 
und Byſakh, alfo Im dortigen Winter, daſelbin alles Land zu be 


4 
U 


Himal. IH. Df-Cr., Bhutan, Geiſilichteit. 163 


den Seiten des Fluſſes mit Schnee bedeckt If, bee 2 dis 3 Fuß 
body die Dächer der Haͤuſer überlagert. Die zuruͤckbleibenden 
Waͤch ter heigen: dann in den Häufern ein, tragen vier: bis 
fünffache Kteider, und trinken den ganzen Tag Thee und Wein; 
die Dauselgenthümer ziehen in bie tiefer Tiegenden Thaͤler ber 
Stüffe, wo fie meiftentheils ihre Winterwohnungen haben. 

Das Thal Andipur bis Jhargaon (f. od. &. 199) in 
Jeyte bat feht große Sonnenhige, daher es im Sommer nicht 
nur vom Hofe in Punakha, ſondern aud von vielen Einwohs 
nern verlaffen wird, die nach dem kuͤhlern Taſſiſujon ziehen. ' 

Auf. den Bazars, welche in den Marktorten Paro, Zaffifujon 
und Punakha gehalten werden, verkauft man gebörrte Fifche, - 
Thee, Betel, Gemuͤſe, Butter, grobe Tuͤcher u. f. w. Aber irden 
Seſchirr, Del, Salz, Pfeffer, Reis u. a. kann man ba nicht 
kaufen. 

Die ganze waffenfaͤhige Mannſchaft im Lande Bhu⸗ 
tun beträgt nicht über 10,000 Mann; ſehr Häufig ſtehen fie Pu 
ter fich in Fehde (eine folche erlebte ©. Turner a. a. O. ©, 
133 — 150). Sie kämpfen nit in offener Schlachtordnung, ſon⸗ 
dern aus ber Ferne, greifen bes Nachts, oder aus einem Hinterhalte 
einauber an. Sie tragen Helme, Schuppenharmifche, und 3 bis 4 
Meffer.. Auch die Weiber tragen kleinere Meffer als Waffe bei 
fig. Vor jedem Angriff beraufchen fie fih. Im Gebrauch von 
Feuerwaffen find fie fehr ängfttich, ale Bogenſchuͤtzen ſehr tuͤchtig. 
Den eriegten Feinden ſchneiden fie bie Leber aus, und efien fie 
mit Butter und Zuderz aus dem Blut und Bett maden fie 
Lichter die fie vor ihten Bögen anbrennen, aus ben Knochenroͤh⸗ 
zen machen fie. Pfeifen. - | 

Die Zahl dee Gylongs (Ghellung, Gelun) if fehe 
groß; m Taſſiſujon find an 500, nebft eben fo viel geringern 
Ginkaups, Poes u. a.); in Tangſo und Paro an 700, in 
Anbipur 400, in Tagna 500, Eine nicht regenerirte Perſon 
kann vom dten bis zum 10ten Sabre Gylong werben, aber 
nicht frͤher auch wicht ſpaͤter. Die Eltern übergeben das Kind 
einem Beamten ober einem Gylong, mit’ etwas Geld, um in bei 
Drben aufgenommen zu werden. Dann wird ihm das rothe 
Kleid angethan und 'ein Stud Zeug um den Hals gelegt, worauf 
die Etern Bein Recht mehr auf das Kind haben. Es wird nun 
von dem Drben ernährt und gekleidet, im Lefen umd Bitten uns 
terrichtet. Diefe Ordentbruͤder koͤnnen a re mit dem 





168 Hoh-AMlen. IV. Abſchnitt. 9.78 


andern Geſchlechte haben, auch den Acker nicht bauenz aber fi 
dürfen Handel treiben und Staatsämter Übernehmen, Wer fid 
verführen läßt wird ausgefloßenz wer austreten will ruft es ir 
ihrer Verſammlung laut aus, und entflieht, nimmt aber all 
feine Habe mit fih. Ihr Geſchaͤft iſt der Geremonienbienft un 
Religionscultus im öffentlichen und häuslichen Leben; fie befor 
gen das Verbrennen der Zobten, und ihmen legt das Studiur 
ber heiligen Bücher ob. Ihe Oberhaupt heißt Lamkhem, biefe 
iſt dem Dherma Radja dem Range nach der nächte, iſt auc 
während eines Interregnums deſſen Verweſer und der Lehrer un 
Führer des regenerirten. Ihm folgt bem Range nach ber ar 
Dimje, telchen der Dherma Radja ernennt, und ein Rath de 
Alten. Außer den ebengenanuten Hauptorten ihres Aufenthai 
te8 finden fih an jeber Station ber untergeordneten Beamte: 
durch) daB ganze Land nur 1 bis 7 diefer Gylongs, die in Summ 
etwa 2000 betragen mögen (eine. etwas geringere Angabe als bi 
erſtere). Aber außer ihnen leben noch andere in Simpas (Gum 
babe), d. 1. in Kloͤſtern, aud als Diener, etwa 31503 fo da 
an 5000 Gylongs zu dem Clerus gehören, der unter dem Lan 
Khem fieht. Die Kiöfter find vorzüglich von den Deb Radja 


geſtiftet, bie fidy zus Ruhe begaben und refignirten. Die Güte 


der Gylongs fallen an das Gouvernement ober an bie Brüder 
Schaft, je nach ihren Würden. Ein zweimal vegenerivter erbaͤl 
zweimal fo viel, ein dreimal regenerirter dreimal fo viel Anchel 
havon ale ein anderer. Das Leben der Gylongs ift ſtrengen Re 
gein unterworfen; fie bürfen Peine Maffen tragen, fondern nu 
Meffer zum Hausgebrauchz fie dürfen Tag und Nacht wid 
I oder ruhen (2), durch Peitfchen werden fie von ihren Bruͤ 
ern ſtets wach ‚erhalten. Ohne befondere Erlaubniß dürfen fi 
the Fort nicht verlaffen, es ſey denn zum Flußbade, das in feier 
licher Proceffion unter Muſik genommen wird, Auch Kloͤſter fü 
bie Weiber giebt «6, welche das Geluͤbde der Keuſchheit thun, un 
gelbe Roͤcke tragen. 

Die Bhutaner 239), welche bier auch Bhuteas ode: Bho 
tipas genannt find, beten Idole an, und den Dherma Rabj 
als ihre Gottheit; fie ſelbſt toͤdten kein Thier, eifen aber das von 
andern gefchlachtete Viehz auch Has, von allen Thieren, nur nich 
von Tauben (7), Sie wiederholen von Kindedbeinen an Ih 





300, 'Kishen Kant Bose 1. &. T. XV. p: 146149. 


Hmal., I. OfisOr., Shuten. > 165 


Mantra, ober Gebet, das myflife ;, Om ma ni pad me hum“ 
(nah Schmide’s Erklaͤrung: der Bubdhiſtiſchen Fuͤlle Kleinod 
iſt wahrlich in der Padmablume, d. i. Lotos, geoffenbart) u), 
Ih Ow anchu (7) iſt der oberfte Gott; Labarem buche, eine 
Gottheit dem Indiſchen Rama gleich, wie Cheraji dem Kriſchna, 
Dawjitan dem Jagannathas (ſ. v. Bohlen das alte Indien, 
I. 86) und Amſumem, dem Sndifhen Chendi. Dies find die 
guten Götter; zu den böfen gehört Gonjulaa (?). Außer dies 
fen verehren fie unzählige Idole, die wie Jogi (Yogi? Buͤßende?) 
figend vorgeftelit find mit 4 emporgehobenen Armen. Das Bolt 
macht oft nur den Umgang sum'bie Rempelhaͤufer mit den Ido⸗ 
len, und fpricht dabei den Sptuch Om ma ni u. ſ. w. Eben fo 
machen fie es bei den vielen Gebetmauern (f. oben ©. 146), die 
oft von großer Länge erbaut find, eben fo bei ben Gebetfahnen. 
Die Gylongs haben 4 Faſttage im Monat; der Wein If. 
ihnen auch verboten, fie trinken ihn aber heimlich. Zu ben Thie: 
ten, welche bie Bhutaner nad) ihrem Hauptgebot nicht toͤdten fol: 
im, gehören auch die Fiſche und das Ungezlefer; doch eſſen fie, 
wie geſagt, das Fleiſch, trinken Wein, machen Roſenkraͤnze aus 
Knochen, bringen ihren Goͤttern aber keine blutigen Opfer, und 
unterfheiden ſich dadurch von den Hindu's, daß fie ſich vor ih⸗ 
ven Idolen nicht beugen ober niedermerfen, weil fie fagen „bie 
Gottheit durchdringe die ganze Natur” (Pantheismus). 
Doch fegen fie ihren Idolen Speifen vor; dem einen trodene 
Fiſchkͤpfe, denn andern Obſt und Mei, noch andern Thee, dem 
Loe ein Schwein, ober fie verbrennen einen Ochſenkopf u. a. m. 
Die neugebornen Kinder werden am erflen Tage mit wars, 
mım Waffer gewafchen, am nächften Morgen in den kalten Fluß 
getaucht, und nachher eben fo die Wöchnerinn. Die Ehen werben 
ohne Ceremonie verabredet; die Männer ziehen zu den Weibern 
ins Haus, felten umgekehrt. Dee Reihe kann fo viel Weiber 
haben als er will; bei den Armen haben oft 4 bie 5: Bruͤder 
nut eine Frau; die Kinder gehoͤren dem Aelteſten an. Alfo iſt 
bei den, Bhutanern Dolygamte und Polyandıie Es if 
kein Verbrechen für den Dann, zugleich mit andern Verwandtin⸗ 
nen umzugehen (mit der Mutter ausgenommen), unziemlic iſt 
es aber, mit einer Schtoefter oder Tochter. Faſt alle Weiber füh: _ 
von erft ein zügellofes Leben bis zum 2öften oder MOften Jahre, 


*o, d. Bohlen bas alte Indien Th. I. ©. 341. 


⸗ 


⸗ 


166 Hochs Allen, IV. Abſchnitt. $. 78, 


ehe fie einen Man nehmen. Alte Frauen haben öfter mit fı 
gen Männern Umgang, die dann die Töchter ſtatt der Mut 
ehelichen. Iſt dee Dann Älter als feine Frau, fo nennt er 
Tochter; iſt er juͤnger, ſo nenne er fie Mutter. 

Das Verbrennen ber Todten haben die Gylongs zu bef 
gen; bei den Vornehmen werden Todtenfeſte gefeiert, wobei m 
Gaſtmale hätt und fi beraufht. In der Nähe von Ta fı 
fujon und Punakha find 2 Zutina, d. h. Verbrennen 
. otte für die Todten, von Steinmauern erbaut. Die Afche w 
in eine Metallurne getban, mit Seide beiegt, in Proceffion ;: 
Fluß getragen, ſodann hineingeſtreut, die "Urne mit dem € 
denzeug dem Gylong gegeben. Ein Theil des Nachlaſſes w 
an die Gylongs vertheilt, auch twerden dieſe mit Thee und R 
bewirthet. Auf dem Haufe ber Verflorbenen werden mehrere ( 
betflaggen errichtet, um die Regeneration des Verftochenen zu 
fhleunigen. 

Man zähle unter den Bhutanern 15 verfchiedene Teib 
deren Häuptlinge ſich Sha und Waa nennen. Auch die D 
Radjas, und bie oberfien Staatsbeamten, gehörten zu dem 
ben beiden; aber der jegige Deb Radja iſt es auch alß ein- 9 
rab, wegen feiner ausgezeichneten Eigentfchaften (?). 1) Der St 

Tribus bewohnt das Land um Andipurz 2) der Wa 
Tribus das Land um Taffifujon und Walha(?). 3)9 
Darab um Parogong; 4) die Shaſheb um Tang 
aus denen gegenwärtig der Dherma Rabja regenerirt wird. 
Der Togad: Tribus um Togna. Dies find die fünf vor 
lichſten; bie andern find: 6) Sen, 7) Kapi und 8) Th 
Zeb, von geringerem Range, im Hochgebirge nörblid von 9 
nakha und Zaffifujon, mo fie als Hirtenſtaͤmme mit: Ih 
Buͤffelheerden leben, welche den Chowri-Schweif geben. 9) 3 
Dewa, welche Pan (?), Betel und Branntwein verlaufen; f 
Weiber find Freudenmaͤdchen. 10) Die Zongfob, fie find i 
gefamt Sclaven (alfo auch bier ein erblicher Sclavenſtand 
in Nepal und Kamaun, f. Afin Bd. U. ©. 1047, und o) 
&. 1195 von welcher Race fie fepn mögen?). Diefe 5 legt 
Tribus wohnen nur in bee Umgebung ber Mefidenzen von No 
Bhutan. 11) Der Toto⸗TDribus lebt um Lakhipur, a 
im S. W. in den Vorketten;- der 12) Dahbya um Cheme 
bil); bie 13) Bagbora und 14) Die in Cherang, a 
im S. O. In den Vorbergen. Alle diefe Tribus ober Kaſten fy 


Himal., III. Oſt-Gr.) Bhutan, Producte. 167 


hm die heilige Formel Om mani u. f. w., und vereheen ben 
Dherma Nadia als ihre zum Menſchen geworbene Gottheit. Aus 
ßer diefen giebt es Coch Kutch⸗Behor) Rajbanfi (wol Ne⸗ 
palefen), Muſelmaͤnnet und andere Tribus, zumal in dem 
Niederland, jede mit feinem eigenen Stauden, die alle Toleranz 
graichen. 

Mit den Nachrichten Aber das Clima, bie Produete und 
Gewerbe Bhutans machen wir den Beſchluß. Der Blitz 25) 
kommt in Bhutan nicht wie in Bengal aus den Wolken hers 
abwärts, fondern «x ſteigt von der Erde heraufwaͤrts; man 
erkennt dies an den vielen Löchern in ber Erde; wenigſtens be⸗ 
haupten dies die Einwohner allgemein; denn fehen kann man 
dies nicht (29). Auch donnert es nie in Bhutan; bie Wolken 
find nie dunkelſchwarz wie in Bengaten, nur feiner, leichter Ne⸗ 
bei ſchwebt auf den Höhen. Zu Andipur und Punakha iſt 
das ganze Fahr Gonnenfchein ‚weil fie fehe Hoch liegen; anders 
wärts mindert jenen der Nebel. Aber zu Andipur fteigt die 
Sonne am Rage erft fpät Über die nahen Berge ſichtbar hervor; 
dech faͤlt an beiden Deten nur felten Schnee, wenn ee auch ſchon 
in den andern Gegenden des Landes alljährlich nicht fehlt. 

De Aderbau giebt hier Reis, Weisen, Dhemfi (7) 
Gerße, Senf, Chenna, Murwa (2) und Indiſches Korn. 
Reis med im Monat Affar gefäet, zeift im Albin (Septem⸗ 
ber) oder Kartik (October); die andern GBetreidearten werben in 
dieſem Iepteen Donate gefäet und reifen im Jeyt (2). Die Berg- 
gehänge haben Terrafſfencultut. Das DObft der verfchiebenften 
Art veift vom Juni bis zum October, wie Pfirſich, Drangen, 
Granaten, Limonen, Chouf(?), Aepfel, Wallnüffe, Melonen. 
Aber daB eblere Obſt fehlt; nur in Punakha und Anbipur find 
ein paar Mangobäume, deren Früchte erft ini September reis 
fen (wol diefelben die Turner bort beobachtete, f. oben &. 150), 
in Ihargaon, noch tiefer abwärts, iſt ein Jackbaum, und in 
ganz Bhutan befinden fid nur 2 Dattelpalmen (?)). In Ans 
dipur wieb noch Auderrohe gebaut; auch Rettiche und Tur⸗ 
nips gedeihen da, bis zur Größe von 10 bis 12 Pfund. Alle 
Feldarbeit, außer das Pfluͤgen, wird von den Weibern ver⸗ 


tichtet. F 





. 3%) Kishen Kant Bose l. c. F. KV. r 140. 
.2; ebend. P. 146. 





168 .- Hoch-Afien. IV. Abfchaitt. $. 70. 


Die Waldungen im Tariyani und den Vorbergen find m 
‚tere Tagrreifen groß, und beftchen vorzüglich aus Gals, Gif 
Sambori: und Sida» Bäumen (ſ. oden ©. 47); erſt tiefer 
Lande, im hoͤhern Berglande, fangen die Nadelmälder und F 
‚sen an, beten harzreiches Holz auch zu Lampen oder Zadeln bis 

Die Hauptproducte Bhutans, welche in den Har 
tommen, find Zangun, oder Tanipan Pferde, Leinı 
jeuge, Mofhus, Chomeris, oder Kubfhweife, Drangı 
Wallnüffe, Manjit (eine rothe Farbe), die fie zu Rung 
umfegen gegen Wollenzeuge, grobe Baummollenzeu 
Indigo, Sandelholz, Affafdtida, Gewürze, bie 
theils in Bhutan verbrauchen, theils nach H'Laſſa fchiden. . 3 
felben Producte, mie nach Rungpur, fchiden fie auch nach 9 
‚pal und Alfam, dazu noch Steinſalz. Nah H’La 
fHiden fie noeh an eigenen Producten: Reit, Weig 
Dhemſi⸗Mehl; dagegen nehmen fie von da zuräd: Th 
Silber, Gold und Stidereien. Diefe verbrauden fü 
‚ihren Tempeln; ben Thee brauchen fie ſelbſt auf, das Sitber 
münzen fie mit Blei legiet zu Narainy Rupies. Aus dem 
riyani von Coch (Kutch Behor) holen fie Vieh, Schweine, b 
Fiſche, Betel, Tabak, grobe Baummollenzeuge. Außer den G 
‚vernementsbeamten und deren Dienerfchaft fann Niemand an 
einen Handel mit dem Auslande treiben; Leim Bhutaner € 
Tangun⸗Stuten, ohne. des Deb Nadja Erlaubniß, aus dem 2 
führen ; die Diftrictsbeamten haben das Monopof bed Ha 
‚mit Pferden und Leinen⸗Waaren. Vor ber Öefangennehm 
‚des Iesten Radja von Kutch⸗Behor gab es im Lande Bhı 
keine Münze; ſeitdem aber fchlagen fie mit den zugleich bei 
‚fm -Ueberfalle (gb jene im Jahre 1772? f. Afien Bd. IL. S. 
erbeuteten Stempeln die Narainy Nupies. Jeder Deb R 
veraͤndert aber die Stempel, auch der Dherma Radia prägt 
dies aus; un aber Niemand. 


Anmerkung, Kiſhen Kant Boſes oͤſtliche Router«s) di 
Bhutanz von Bijni über Eherang, Kifhnyei, SHE 
gaon, Ehalla, Khodakha nach Anbipur. 
Durch biefed Routier wird zum erften male bie Terra 
cognita des dftlichen Bhutan, oſtuch von ©. —— Sieifer 


263) Routier in. Asiatic, Restarchts lc. Berampere T. 
p. 152 — 106. | 


Himal., III. Oſt. Gr. Bhutan, BijnisKoute. 169 


bie man ſeitdem auf allen Karten eingelvagen ficht, von Suͤden nad 
Kor den durchſchnitten, und mit bisher ungenannten Ortſchaften ges 
füllt, von denen ſchon in obiger Landesbeſchreibung mehreres beigebracht 
it, Hier die Stationen ber Bijni⸗Andipur⸗Straße. 

Bowalpara am unten Brahmaputra, ber Britiſche Grenzort 
zwiſchen Bengalen und Allam, if dekannt; nordwaͤrts von ihm Licgt 
Bijni (Sisni), die Refibenz des Ballit Rarain, und im W., 24 
geogr, Meilen fern, liegt Bisjora (Bejura auf Arrowsm. Nap af 
Assam), an ber Grenze des Britifhen Territoriums. Nur eine halbe 
Stunde im Norden von Bisjora beginnt Bhutan mit dem Territor 
von Sidli, das Hier wie alle folgenden zum Gouvernement von Ans 
bipur gehört, Rur 2 Beine Stunden im W. von Bijni fepte bie 
Karawane über den Ayi⸗Fluß, jeht BO Ellen breitz außer der Regen⸗ 
zeit burkhgehbar. Im RW. von Bisjora liegt, 2 kleine Meilen fern, 
Sidli, die Nefidenz bes Suraj Rarain Radja biefes Diftrictes, Man 
iR bier im Riederland, voll hoher Brafung ‚und Buſchwerk; durch weis 
he der Weg führt. Aber zur Regenzeit iſt von Sidli bis zu den noͤrd⸗ 
lid) Gegenden Borketten, wie von Byſakh nad Kartik, kein Durch⸗ 
gang möglich. Im September brennt man bie Graſung ab; das grobe 
Riebgras heißt Khagrah. Das Bufchwerk bleibt immer befchwerlich 
bei Sonnenſchein ift darin bie größte Higes Abends plagen die Schwärs 
me ber Musquitos Menfchen und Vieh, und in ber Racht zeigen ſich 
bie Tiger, Elephanten, Rhinoceroten, Bären, Büffel, Affen, Eher und 
anderes Wild. 

Bon Sinti Hat man‘ 2 Heine geogr. Meilen (9 Cos) gegen N. 
zum Dorfe Bengtolli, mit 4 bis 5 Familien. Im NW. von da 
lest Shannah Gendagram, wo eine Partie Bhutaner, aber ohne 
Käufer, lebt. Daffeibe Buſchwerk (Jungle) ſetzt fort, body kommen ſchon 
enige Sals Bäume vor. Kurz vor Gendagram fegt man durch bem 
80 Glen breiten BhursYluß (wol Barally auf Arrowsmith Map 
of Assam). Bon da, 2 kleine geogr. Meilen gegen N. W., liegt das 


Dorf Zilimjhar, mit 15 bis 30 Kamilien von der Mech⸗-Kaſte (2); 


dieſe, obwol mitten im Zaripani, haben bie Gegend um ihr Dorf aufs 
gerdumt, und bauen da Reis und Baumwolle, Etwa dreiviertel Stuns 
den (1 Eos) im W. von Gendagram festen wir über ben Cham⸗ 
pamati⸗Fluß, der 20 Sllen breit, ſehr zeißend fließt, doch durchgeh⸗ 
bar #. Im W. von Ziltmihar, 2% geogr. Meilen (8 Cos), liegt 
Kadhubart (Catehnbary auf Arrowsmith Map of Assam), mit 5 ober 
6 Bhutaniſchen Haͤuſern, mit wenig Reisfelbern, in Waldung. Bis bas 


bin it Niederland, doch fon von Sidli und Biltmijhar höher ' 


anſteigendes; hier verſchwinden bie Riebgrafungen ganz. Man paſſirt 


matiz en Heißt Dalpani. „5 


m ®, von Silimibar.no-einga Fluß, fo groß wie ber Ghampas- 


168 Hoech⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 74. 


Die Waldungen im Tariyani und den Vorbergen find meh: 


rere Tagereiſen groß, und beftchen vorzüglich aus Sal⸗, Sifu⸗ 


Gambori⸗ und Sida» Bäumen (f. oden S. 47); erſt tiefer im 
Lande, im hoͤhern Berglande, fangen die Nadelwaͤlder und Foͤh 


ren an, been haczreiches Holz auch zu Rampen oder Kadeln bient 


Die Hauptproducte Bhutans, welche in den Hande 
kommen, find Tangun, oder Tanipan Pferde, Leinen 
zeuge, Moſchus, Chowris, oder Kuhſchweife, Drangen 


Wallnüſſe, Manjit (eine rothe Farbe), die fie zu Rungpu 


umfegen gegen Wollenzeuge, geobe Baummollenzeuge 


Indigo, Sandelpolz, Affafdtida, Gewürze, bie fi 


theils in Bhutan verbrauchen, theils nach H'Laſſa fhiden. Die 
felden Producte, wie nach Rungpur, ſchicken fie auch nad Ne 


‚pal und Alfem, dazu noch Steinſalz. Nah H’Laff 
fhiden fie noch an eigenen Probucten: Reis, Weigen 


Dhemſi-⸗Mehl; dagegen nehmen fie von da zurüd: Thee 


Silber, Gold und Stidereien. Diefe verbrauden fie ir 


‚ipren Tempeln; den Thee brauchen fie ſelbſt auf, das Sitber ver 


"münzen fi fie mit Blei legirt zu Narainy Rupies. Aus dem Ta 


riyani von Coch (Kutch Behor) holen fie Vieh, Schweine, duͤrr 
Fiſche, Betel, Tabak, geobe Baummollenzeuge. Außer den Gou 
„vernementsbeamten und deren Dienerfchaft kann Niemand ander 
einen Handel mit dem Auslande treiben; kein Bhutaner Fan 
Tangun⸗-Stuten, ohne, des Deb Nadja Erlaubniß, aus dem Lan 
führen; die Diftrictsbeamten haben das Monopof ded Handel 
‚mit Pferden und Leinen⸗Waaren. Nor der Öefangennehmun 
des letzten Nadja von Kutch⸗Behor gab «6 im Lande Bhuta 
keine Muͤnze; ſeitdem aber fchlagen fie mit ben zugleich bei dir 
‚Im -Ueberfalle (gb jener im Jahre 17722 f. Afien Bd. II. S.482 
erbeuteten Stempeln die ‚Navainy Rupie, Jeder Deb Radj 
veraͤndert aber die Stempel, auch der Dherma Rabja in Rr 
dies aus; Re aber Niemand. 


Anmerkung Kifhen Kant Bofes dftliche Routeren) burı 
Bhutanz von Bijni über Eherang, Kifhnyei, Ihar 
gaon, Ehalla, Khodakha nad Andbipur. 
Durch diefed Routier wirh zum erften male bie Terra in 
eognita des dftlihen Bhutan, oͤſtlich von S. Turners Reiferont 


363) Routier in Asiatic. ‚Researches L c — T. X\ 
p. 152 — 156. 


9 


Himal., HIL Oſt. Or. Bhutan, Bijni⸗Route. 169 


bie man ſeitbem auf allen Karten eingetragen fieht, von Süden nad 
Rorben durchſchnitten, und mit biöher ungenannten Ortſchaften ges 
fült, von denen fchon in obiger Sanbesbefchreibung mehreres beigebracht 
ik. Bier bie Stationen ber Biinis AndipursGtraße 

Gowalpara am untern Brahmaputra, der Britiſche Grenzort 
zwiſchen Bengalen und Alam, if dekanntz nordwaͤrts von ihm liegt 
Bijni (Bißni), die Refidenz bes Ballit Narain, und im W., 24 
geogr, Meilen fern, liegt Bisjora (Bejura auf Arrowam. Nap af 
Assam), an ber Grenze bes Britifchen Territoriums. Nur eine halbe 
Stunde im Norden von Bisjora beginnt Bhutan mit dem Territor 
von Sidli, das Hier wie alle folgenden zum Gouvernement von Ans 
bipur gehört, Nur 2 Heine Stunden im W. von Bijni fete bie 
Karawane über den Ayi⸗Fluß, jett 80 Ellen breitz außer der Regen⸗ 
zeit durchgehbar. Im R. W. von Bisjora liegt, 2 kleine Meilen fern, 
Sidli, die Nefidenz bed Suraj Narain Radja diefes Diftrictes, Man 
iR bier im Niederland, vol hoher Graſung und Buſchwerk; durch wels 
de ber Weg führt. Aber zur Regenzeit ift von Sidli bis zus den noͤrd⸗ 
lich egenden Vorketten, wie von Byſakh nah Kartik, kein Durch⸗ 
gang möglich. Im September brennt man bie Graſung ab; das grobe 
Riedgras Heißt Khagrah. Das Bufchwerk bleibt immer befchwerlichz 
bei Sonnenſchein ift darin bie größte Higes Abends plagen bie Schwärs 
me ber Musquitos Menfchen und Vieh, und in ber Nacht zeigen ſich 
bie Ziger 1. Stephanten, Rhinoceroten, Baͤren Buͤffel, Affen, Eber und 
anderes Wild. 

Em Sidli hat man 2 kleine geogr. Meilen (9 Cos) gegen NR. 
yum Dorfe Bengtolli, mit 4 bis 5 Familien. Im NW, von ba 
legt Shbannah Gendagram, wo eine Partie Bhutaner, aber ohne 
Häufer, lebt. Daffelbe Buſchwerk (Jungle) fegt fort, doch kommen ſchon 
nie Sal⸗Baͤume vor, Kurz vor Gendagram ſett man durch den 
80 Gäen breiten Bhur⸗Fluß (wol Barally auf Arrowsmith Map 
of Assam). Bon da, 2 leine geogr. Meilen gegen N. W., Liegt das 


Dorf Zilimihar, mit 15 bis 20 Zamilien von ber Mech⸗-Kaſte (9)5 


biefe, obwol mitten im Zaripani, haben bie Gegend um ihr Dorf aufs 
geräumt, und bauen da Reis und Baumwolle. Etwa dreiviertel Stuns 
den (1 Eos) im B. von Gendagram .fegten wir über ben Cham⸗ 
pamati⸗Fluß, der 20 Ellen breit, ſehr reißend fließt, doch durchgeh⸗ 
kr #. Im W. von Zilim jhar, 2% geogr. Meilen (8 Cos), Liegt 
Kadhubari (Catehubary auf Arrowsmith Map of Assam), mit 5 ober 
6 Bhateniſchen Hähfern, mit wenig Meisfeldern, in Waldung. Bis das 


Hin IE Niederland, doch ſchon von Sidli und Zilimjhar höher " 


anfteigendess hier verſchwinden bie Riedgrafungen ganz. Man paffixt 


m B. von Zilim jhar noch einen Fluß, ſo ide wis ber Shampas 


matiz eu heißt Dalpani. a Ya 


—⸗ 
— — — 


Zu‘ 


Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchaitt. 5.74. 


Bon Kachubari kommt man, nad) Q Meinen geogr. Meil. 
Pakkihagga, einem großen Stein, ber an ber Geite bes Fluſſes Ei 
an deſſen Ufer, vol Sal⸗Waldung, der Weg. über bie erfien, n 
dern Berge der Vortetten hinanfſteigt. 3 " 


-Auffteigen ve Vorketten zur Bergiandfgaft 


Nur Dreiviertelftunden von Kachubari fegten wir, fagt Kif 
über den SarabhangasFluß, 80 Ellen breit, ſehr zeißend, aber bu 
gehbar, wie alle früher genannten, bie Regenzeit ausgenommen. 
Norden, 24 geogr. Meil. (8 Eos), vom Stein Pakkühagga, liegt 
Berg Biffusfind, wo bie Winterreſidenz bes Subad. von @ 
rangz doch ift kein Dorf ba, und ber Weg geht nur über nied 
Berge duch Sal⸗Waͤlderz ex Überfegt drei Klüßhen Im N 
von Biffnsfing, an 5 geogr. Meil. (16 &o8) entfernt, liegt D' 
Ieng, wo das Haus eines Bhutaners ſteht; bis dahin fehlen bie 2 
fer; aber das Land weiter gegen Wet ift bewohnt und Liefert die ! 


träge. Man überfteigt einen ſehr hohen Berg der Vorkette; er t 


Kamli fulla, von feiner Höhe exblicdt man noch zum lehten ı 
den Spiegel bed Brahmaputra, und bie Garrow⸗Berge 
beuttich. Der Paß ift für Saumpferde noch gangbar, doch kaum 
Elle breit, dis Brüden fehlen hier. Die Bergsipfel find kahl, ihr 
und Gehänge bewachſen. 

24 geogr. Meilen im W. von Dubleng liegt Sherang, 
‚Sommerrefidenz bes Subah von Eherang, bie man fon von & 
leng aus fehen kann. Man bat nach ber erften Wiertelftunde einen 2 
auf einer Holzbrüde gu paſſiren. Dann fängt auf dem Berglande 
Fichtenwaldung an vorherrfchend cf. oben S. 143) zu werden; 
fparfam wachſen noch andere Baͤume dazwiſchen. Die Bergwege 
für Saumthiere gangbar und führen nicht ſehr Hoch, an wenigen zerſt 
ten Häufern vorüber. Auch Eherang ift kein Dorf, fondern nur 
Steinhaus von Mauern umgeben, nach Art ber Bhutaner Refidenzer 

Im NR. von Sherang, nur 3 geogt, Meilen Weges (10 
weit, Hegt Majang, deſſen directe Diftang nur 3 Cos beträgt, 
man es benn auch ganz nahe erblidt. Dennoch brachten wir don € 
nenaufgang bis 3 Uhr. Rachmittags darauf zu, es gu erreichen, wi 
der Berge und Bäche, die zu umwegen nöthigen. Während des gaı 
Tagemarſches zeigte fich Fein Haus, kein bebauter Ader, eine Gut 
Wajang iſt ein Dorf von 7 bis 8 Familien in Häufern bon Erdi 
den wohnend, weil ihnen nicht erlaubt wirb, Stein haͤuſer zu erbauen 

Bon Majang, 24 geogr. Meilen gegen R.O., liegt daraſ 
wo nur ein Haus am Bergabhange Liegt, unter welchem ber Yu 
"Muffu Fluß vorüberfirömt (gegen Süd); derſelbe, weicher vom * 
den herabbommt von Punakha und Andipur. Wir zogen an 


Himal., II. Oſt⸗Gr., Bhutan, Bijni⸗Route. 171 


nem linken Ufer (dem oſtlichen) hin, und bärten in ber Tiefe ſein Toſen, 
obwol wir ihn nicht fehen Tonnten. Außer Fichten fahen wir keine Baͤu⸗ 
me, bie Berggipfel waren ganz kahl, ber Weg immer an Aeläpräcipicen 
hin, ſehr fchlecht, nur fuͤr Bergklepper gangbar; die tiefen Thaͤler fols 
len noch für Elephanten gangbar ſeyn. Won Sonnenaufgang brauchte 
man bi 3 Uhr Racdmittags, um Haraffu gu erreichens zur rechten 
Beite blieb uns ein Fehr Hoher Berg Tiegen. 

Bon da.25 geogr. Meilen gegen N.. bu Kifhnyel, wo cm 
einzeiner Shutidar feinen Sig hat; um dahin zu gelangen muß mar 
einen Fluß auf einer Holzbruͤcke Aberfegens Häufer am Wege febhlenz 
bed; iſt dieſer beſſer als ber gehrige, für Pferde wie für Elephanten 
geeignet; um 2 Uhr war die Station erreicht. 

Bon Kiſhnyei gegen W. find 3 geoge, Meilen (10 Gos) bie 
Ihargaon, durch ddes fehr fleil aufſteigendes Gebirgsland, ohne Woh⸗ 
aungen. Man überfegt 3 kleine Fluͤſſe und einen groͤßern auf einer 
Holzbruͤcke, erreicht aber erſt um 5 Uhr bie Station, wo nur ein Haus 
für den Gouverneur (Pilo) und feine Sclaven, die etwas Reis bauen. 

Ben Jhargaon geht, wie den vorigen Zagemarfch, der Weg im⸗ 
mer am linken Ufer des Puſſu Muſſu Klufies bin, wenn ſchon in eints 
gem Abflande von ihm. Nah 34 geogr. Meilen gegen W. erreicht man 
das Dorf Challa, mit 8 bis 10 Zamitien, wo ſich weites‘ Ackerland 
gegen 5.5, ausbreitet. Auch iſt auf dem Wege bis dahin ſchon einiger 
Anbau und ein Dorf. - 

Bon Challa find 3 geogr. Meilen gegen N, [7 Khodakha, 
dr Gommervefideng‘ des Gouverneurs von Andipur. Es iſt ein Dorf 
von 60 Häufern, nebft Kiöftern und einem Fort. Die Cultur umber 
iR nur gering, weil die Kätte den Reis nicht zur Reife kommen läßt. 
Der Weg fteigt dahin immerfort bergan, und führt uͤber mehrere Holz⸗ 
brädn zu ber Hohen Plateauform auf welcher Khodakha erbaut iſt. 


Bon ie erbliet man ſchon das Bort Andipur gegen Wet, das nm - 


3 geogr, Meilen von da entfernt Uegt. Gteigt man. den Berg hinab, 
fo wird nun der Strom und bie Stadt Andipur fidhtbarz ber Weg 
geht inner fehe ſteil, kaum für Vieh gangbar, bergan, und bidyt vor der 
Statt paffirt man den Fluß Puſſu Muffe Cd, i. Pa⸗tſchieu⸗ 
Ma⸗tſchien, unterhalb Ehaanstfchiew, bei Turner). — Die Lage 
und die äbrigen Wechältnfffe dieſer Feſte find ſchon aus dem Borherge⸗ 
beiden hinlaͤnglich bekannt. 





172 HochAſlen. IV. Abfhnic, 6.75. - 


IJ 8. 7. 

Erläuterung 2. 
dĩ ⸗ibe das Plateauland des großen Varu Dyangbo 
oder das eigentliche Tuͤbet. 


Der Geographie dieſes großen Erdſtrichs (f. Afien Bo 
S. 587), im Sinne unſerer Erdkunde, welche auf Anſchai 
amd Beabachtung beruhen foll, aus welcher Verhaͤltniſſe bei 
treten können, die nicht Wortkram, fondern ben Caufaszuf 
menbang geographifcher Erfheinungen darzulegen 
mögen, ſtellen fi noch faft unüberwindliche Schwierigkeiten 
gegen, da bis jest von Ausländern faſt nur Chinefen und ! 
fionate, die Leine Beobachter jener Verhaͤltniſfe waren, das 
betiſche Hochland durchzogen haben, und die Dokumente der 
heimifchen, der Tuͤbeter nämlich, den Europäern, wegen gr 
Unkenntniß ihrer Sprache und Literatur noch faſt gänzlich 
verfiändlich geblieben find. Es werden uns daher faſt nu 
anfhauungsleeren Abftractionen und MNomenclaturen, fo wie 
leider verzettte, nur zu ſehr überfülte Landkartenbild aus ı 
micht wenig wort: und bändereichen Literatur zur Compilo 
übrig bleiben, mit den magern Notizen ſehr tveniger der gen: 
ten Berichterſtatter. Kämen uns nicht die Daten der Geſch 
der Ethnograpbie, der Probuctionen des Handels und Berl 
zu Huͤlfe, belehtte uns nicht die Analogie ber Nachbar 
biete uͤber das Tübetifhe Hochland, wir würden uns bei 
‚ moftifhen Dunkel und der vielfach entftellenden Zabel, bie fei 
nem Jahrtaufend Aber demfelben ſchwebte, kaum in feine 9 
hineinwagen. Thun wir dies dennoch, fo wird ung, wenn { 
nach dent beiten Quellen, die wir aus frühern Angaben (f. 
Bd. U. S. 434 — 481) ſchon kennen, das wichtigere Refultat 
noch oft unter. den Händen, wie ein’ Traum in Nebel, verſch 
den, und manches, was Wahrheit ſeyn follte Fabel und Srrt 
bleiben, bi6 wenn auch nur wenige in Europaͤiſcher Naturwi 
ſchaft erfahrene Beobachter und Reiſende (als Sprachforſche 
Cſoma be Koeroes bekannt, ſ. Aſien Bd. IL. ©. 584) 
ſeltſame Land, das noch keiner derſelben geſehen bat, in einge 
Richtungen, nach den verſchiedenen Himmelögegenden mit Sc 
Wi und Emſigkeit durchkreuzt haben werben, 

Bon den heiligen Doppel:Seen am Kallafa, 
Indus, Banges und Dzangbo tfu Quellen einı 


J 


Himal., M. Oſt⸗Gr. Tuͤbet, Ueberſicht. 173 


ganz benachbart liegen (f. Aſien Bd. II. S. 474, 664, 736), zieht 
fich das Hohe Plateauland Oſt⸗Tuübets (f. ebend. S. 591) 
bin, zwiſchen den Gebirgsſyſtemen des Kuenlun im Norben, 
dee dort Nord⸗Tuͤbetiſche von Suͤd⸗Turkiſchen Völkern und Zins 
dern ſcheidet (ebend. S. 410), und beim Nepal: Öhutans 
Afam: Himalaya an feiner Sübfeite, bdis zu den geoßeii 
Schnergebirgen am Khu⸗khu⸗Nor in Sifan und den 
Chineſiſchen Grenzprovinzen Szuͤtſchuan und Dunnan. 

Es wird zwiſchen dieſen ſeinen nördlichen und Judlichen 
Grenzketten, ben Zten und Ateü großen Gebirge: Spftemen, 
als die dritte fühlichfte jener drei Hohen Mittel Ebenen 
Centratl:Afiens (ebend. &.409) eingefchloffen, In mehr als 
doppelter Länge von W. nach D. (zwiſchen 99'bis 114°, „Bis 
116° D.2. v. Zero), als Beelte, von S. nah N. zwiſchen 28° 
dis 32° und 36° N.Br.,. nimmt «8 einen ungeheuern, noch tin: 
gemeffenen Zlächentaum des erhabenften Plateaulandes, In. deſſen 
füböffichfter Haͤlfte, in der Richtung der größten Axenanſchwel— 
lung des Ganzen ein (f. Afien Bd. II. S. 408 und Bd. J. S. 45). 
Aber diefer Raum iſt durch viele, jenen beiden Hauptgebirgs-Sy⸗ 
ſtemen untergeordnete, größtentheild parallele, oder nad) 
OR hin divergirende Gebirgszüge gegliebert, welche eben⸗ 
falls vocherrſchend, wie ber Lauf der zwiſchen ihnen in ben Län: 
genthälern Fortziehenden Plateauftröme , ihr Hauptflreihen yon 
D. gegen D. haben, mie jene. Seine große Breite, welche wir 
ſchon oben beitäufig mit der von ganz Deutfchland verglichen,’ iſt 
durch diefe Nebenketten wie durch fo manche andere Nebengrüp⸗ 
pen vielfach verengt und gefüllt, und. daher keineswegs als ein⸗ 
einfoͤrmige, ebene Fläche zu, betrachten, fondern voll relativer Ober: 
flͤchenwichſel. Ihre Längenthäler find auch nicht etwa genau ges 
nommen jenen ‚hohen Längenthälern zwifchen ber weſtlichen und 
oflihen Andeskette, wie AL v. Humboldtgezeigt hat (f. Aſien 
Dt. IL. S. 413), zu vergleichen. Sin allgemeinen wird aber dies 
fer Raum durch einm vocherefhenden mittleren Haupt: 
zug don Gebirgsketten, der zwifhen H’Laffa und. dem 
Zengri:Nor von W. nah D. durchziehend, im W. diefes 
End, Gangdis ri (Oneouta), wo er ſich nämlih weftwärts 
dem Rallafa zum Manafarowara anſchließt (f. Aſien Bb. IL 
©. 506, 414), dagegen im Oſten bes Tengri⸗Not aber 
DjangsBebirg heißt, in eine nördliche und eine (Adliche 
done von PlateausLandfchaften getheilt, von denen jene 





ie ei 


—38 





176 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


Hünter⸗Tüſdet (Tubet ulterier) genannt haben. Sie reid 
ſabweſtwaͤrrs bis Nia ima oder Ngialam, d. i. Kutk (f. o! 
S. 9), alſo an die Nepaleſiſchen Landſchaften; im Weſten en 
bet 2e) fie aber an den Queltlen des großen Tuͤbetiſche 
Stromes, der Yaru IZzanabo tfin (Yaro Dyangbo tfu ob: 
a beißt. 

Dee: So re tiv- Name Peu⸗U⸗ Mans, wie if Dat 
Def ideri dor mehr als“ 100 Jahren, ber dieſes game Land vo 
Wei nach⸗Oſſt/ von Leh dis SS’ Laffa (f. Afien Bo. II. € 
494), durchwandert hatte, ganz richtig mitteilt, iſt alfo kein aı 


. dere als Wet (Out) und Zzang, wie er feit der Dpnaftie, di 


Mind; %-i. nach dee Mongoienvertreibung aus China in G 
brauch kam, und auch in der neueften Ehineſiſchen Geograph 


Tuͤbets, dem Weltfang thou hy?) (f. Afien Bd. 11. S. 47: 


wiederholt iſt. Er iſt ferner: identiſch mit dem Namen Si 
u... die Geographie von Tuͤbet bezeichn 
(Sa, d. i. ber Weſten, Siyn ber Weſtlaͤnder, ſ. Alten Bb. 
©. 208). = Gebrauch gekommen iſt dieſer Name ſeit dem Sch 
veneſchiuß mit den Chineſen im-Zahre 821 n. Chr. Geb., bur 
weicher Tuͤbet feinen Tridut regelmäßig an China zuſicherte. D: 
Ehinefifhe Geſandte traf den König dee Thu⸗pho (d. i. der Ti 
beter) in feinem Sommerlager am Siafie Men Ein. In 8) (d 
aite Name fuͤr den jegigen Zzangebo, Dzangbo ober Zzang:tſi 


Rh Muß Zzang oder Beahmaputra Tuͤdets). Daher erhielt fei 


dem das Land im Weſt diefes nun bei den Chinefen Zzang g 
wanuten Stromes ben Namen Si⸗Zzanz, das Land. Im Mefte 
en Stone. :: : 

"Dee MRume: Peueu⸗f ang würde die vonſt ͤnbigſt e B 
— fir Tuͤbet genannt werden muͤſſen, wenn xsnicht ir 


-Dften von Zzang und Wei, oder den Provinzen zu dene 


Jeſhu Lunibu: und H’Loffa gehoͤrer, noch eine dritte Täbetifd 
Laupſchaft ſich vdtfaͤnde, did unmittelbar an China anſtoßend 
alſo die aͤ ſt INchſt e / welche Ke?ham ) Heißt, und nicht zu HEaff 
ober del, db ·doch zu Tobet gehoͤrt. Sie liegt nAmli im Oſte 
Deo Felt 824: ſo gotantiter Si⸗fang (Si⸗ Dzaug), deffen Betrrohn 
num. auch. bie weinen —— Ge oteidähtsu 
— . .r \ 

»e*) Weitsang * * ou Description da Tabet. die — p, "Hy 

cinthe Edit. p. Klaproth etc. Paris 1831. 8. p. 14 Not. 1. 

“r, Wei tsyng thou chy ed. ’Kläproth < c. p- 24, 39. , I een 

733. 0) ebend. p.’14: Not. 'p 16 


Himal. TI. Oſt⸗Gr., Tübet, Namen. 177 


Im Gegenſatz der Bewohner von Keham, bie Oſt⸗Tuͤbeter 
(Tub. orientaux) genannt werben, welche in den fruͤhern Jabr⸗ 
hunderten, in noch weitem Sinne auch mit zu ben Tufan 
und Tupho gerechnet find.” Denn bie Tufan, felbft die Tangut 
dee frähern Zeit, werden zu ben Tuͤbetern gerechnet, erhalten 
a8 Gebirgsbewohner wieder einen andern gemeinfamen Namen, 
den de Khiang, und follen die Stammverwanbten der Miao 
nr San Miao feyn, ‚die wie ſchon oben bis zum Hoang⸗ho 
feanen lernten (f. Afien Bd. 1. &. 192). Diefes Kham, fagt 
Pat. Deſideri 70), iſt aber jene große Provinz, von ber ‚man 
gegen Nord nach Eining (Afien Bd. J. ©. 172) geht; fie ift 
von den Tartaren durch impractleable Gebirge gefchieden, fo daß 
man im DOften ber großen Wüfte den Weg dahin fuchen muf, 
Bur Zeit der größten Religionsverfolgung und Verwuͤſtung in 
Tuͤbet, Anfang des X. Jahrh., wird das wilde Gebirgeland dies 
ſes.K?ham als das Afyi?!) gepriefen, in welches die wenigen 
fommen Buddhadiener dee damaligen Zeit mit. ihrer geringen 
Habe, zumal Gebetbüchern und heiligen Scheiften,, fich retteten, 
und alerdings bilbet es bie vermitzelnde Provinz zwiſchen 
dem elgentlichen Tuͤbet, Tangut und China. 
Dies führt uns zu der allgemeinern nnd gegenwärtig allein 
befimmtihern, aus dem Dften herſtammenden Benennung von 
Tibet, oder Tuͤbet, je nach den verfchlebenen Schreibarten vers’ 
ſchiedener Zeiten und Völker. Schon oben wurde angeführt, daß 
Ekifi unter den Orientalen fehr frühe (1154) ſchon Tobhat 
ſchreibt (f. Afin Web. I. ©. 424), daß diefer Name aber ben 
unmittelbaren Nachbarn der Tübeter und manchen unter ihnen 
felbR ganz unbekannt geblieben war (ebend. &. 529), daher wol 
die Berfuhe den Namen ans Etymologien oder Verdrehungen 
der Ausländer, wie der Araber oder Miffionare, herleiten zu wol⸗ 
Im. Die Chinefifchen Annalen ſchreiben ihn aber urſpruͤnglich 
dem Tuͤbetern feibft zu, und fegen ihn in Verbindung meit ber 
Gründung bes Reiches ber Tu fan, oder Thufan, in dem VIL 
Jahth, das gegen N,D. durch ganz Khukhu⸗Nor und Tangut 
66 Sining und Ninghia am Hoangsho reichte (f. Aſien Bd. I. 
©. 174, 176, 103, 203 u. a. ©). Der Gründer dieſes Reiches, 
nun : } u , t 
a * Desideri an etc, 2 — Dur - Zn — un 
SC. anan etfen + d, Mongolen, Neberſ. v. 
Egmt ©. 51 Kit a6 ie Seſch 2, 
Ritter Exhkunde IV. | M - 


I 


" 


— — 





178 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. 5. 75: 


Ger Anfang des VII. Jahrh. am Weſtufer des Stromes 
pusthuan (and) ein Name des Zzangdo⸗Stromes Im Si 
von H’Laffa) wohnte, nannte fein Reich feibft Thu⸗fa, 
Khpu:pbo 27), was fpätechin, fagt der Annaliſt, faͤlſchlick 
Thufan verdreht wurde (weil fan in einer veraͤchttichen Ni 
bedeutung fo viel als Fremdling bedeutet). - 

Seitdem blieb ihnen diefer Name Thu⸗phoz er wurde 
tee auch wol auf die nordoͤſtlichern Tangut übertragen, unt 
hauptete fih während der Zeit der Tſchingiskhaniden wie 
Ming 7), wo daſſelbe Thusfan und Thuspho, oder Thu 
gleichbedeutend mit Küber gebraucht wird. Die Chinefen fi 
ben, fagt Ab. Remufar?*), diefen Namen mit zwei Char 
zen, welche jene doppelte Lesart zulaffen (wie Thasta und ‘ 
tbe v. a. m.). Aus Thuspo iſt ſeitdem bei den Auslär 
duch die Namenvetdeehung, welche durch Mongolen allge 
wurde, Toͤboͤt, auh Tuͤbet, Kobut, Tebet, Tibet ent 
den. In Sfanangs Mongolifhen Annalen, welche im zu 
Abſchnitt die Tuͤbetiſche Geſchichte enthalten, wird das Land 
mer Tüber gefchrieben, in des Tuͤbetiſchen Hiſtorie des Bo 
möe 75) aber Toͤbot. Die Sefuiten: Miffionare baben 
Schreibart Fiber eingeführt, bie neueſte Chinefifhe Geogr. 
bat Tübet beibehalten, dee auch wir gefolgt find, weil fir 
dee urfprünglichen Thu=spo am meiften nähert. 

- Ein befonders zu merkender Name für den nöcblichen £ 
ſtrich Tuͤbets, der fi) noch weniger beſtimmt begrenzen läßt 
der füdliche, und den wie oben unter dem Ausdrud Kat 
oder Khor⸗Katſchi, zuſammengefaßt haben, ift für beffen ı 
weftlichen Theil Nga⸗r i 76); ber in ber Tübelifchen Geld 


fehr Häufig ale das AfyI’7) ber vertriebenen Tübetifchen 5 


zen und Slüchtlinge, gegen den Norden bin, erwähnt 
Sansfang heißt das Land um die Quellen bes großen Dzar 
Ueberſteigt man von hier ſuͤdwaͤrts die Gebirge Mersta, Th: 
la über Hiegas (dem Nepatefen Himalaya, wo Hiegar 


31%) Wei thsang thon chy 1. c. p. 26. 19) ebend. p. 37, 3 

70) Ab. Remusat Recherches sur les Langues Tartarcı. Pa 
1820. T. 1. p.391; deſſ. Nouvelles Melanges Asiat. 1829. 

. 189. ”e) &fanang Sfetfen Geſch. d. — Uebe: 

. J. Schmidt: Petersb. 1829. 4. p. FIN. 11. p. 30 ıc. 


70) Wei tsang thon chy ei. Klaprotlı 1. c. p. 42, 165. 


— een Sfetfen 1. c. p. 44, 51, 89. 


\ — 


Himal,, II. Oſt⸗Sr., Tuͤbet, Namen. 170 


Hiekar die Sauptpaffage bezeichnet), fo komme man nach 
Gnialam, d. i. Kuti (f. oben S. 92). Ueberfleigt man aber 
von Sansfang, gegen den Norden, das Gebirge Gängtes, 
bi Gangdis⸗ri, fo kommt man nad Nga⸗ri, was, nach 
Klaproth, fo viel als großes. Gebirge. Heißt. Mit diefem 
Ramen wird ein fehe weites Gebiet im N.W. von H’Laffa 
und Teſhu Lumbu (alſo von Wei und Zzang) bezeichnet, wel⸗ 
ches nebft der beitten .Kham, als die Ate Provinz von Tuͤ⸗ 
bet, in der Chineſiſchen Geographie Tuͤbets aufgeführt if. ES 
grenze dieſes Nga⸗ri, heißt es darin, an bie beiden Tribns der 
katak (Beh oder Ladakh) und Gugu⸗dze. Obwol diefe 
Inte uns wubefannt tft, fo ergiebt fi doch aus biefer Beſtim⸗ 
mung, daß Nga⸗ri, jenen großen unbelannteren Lanbfiric des 
boden Plateaulandes einnehmen muß, welcher zwiſchen Ladakh 
und dem eigentlichen Tuͤbet, und nordwaͤrts von dieſem liegt. 
Einen Begriff feiner außerordentlichen Ausdehnung: gegen W. von 
Peking giebt die Chinefifche Geographie?) dadurch, baß fie fagt, 
Nyazi nege über BIO geogr. Weiten (14000 Ki, hiee 250 Li auf 
einem Gtad gerechnet) entfernt von der Capitale bed Reiches. 
Dam gehören dre i Provinzen, daher es bei Sfanang immer 
die dei Nga⸗ri Heißt. Naͤmlich 1) dee uns bekannte ſuͤdlichſte 
Diſtrict von Kaklakhot (f. Aſien Bb. IL S. 527, wozu auch das 
uichlihe Yumila, nämlich Purang genannt, gehört, f. Grimme 
Kar), der Rga⸗eri Bonrang oder auch Purang (f. oben 
6.7) ya. Dann 2) das uns bekannte Plateanland von. 
Una Defa und Gertope, NRga⸗riSankar genannt, und 8) im 
ND, von da ein weiter, uns noch unbekannter, ſehr wuͤſter Lande 
fig, Aga⸗ri Tamo. Diefe Eintheitung war fon. ben Gas 
puciner Miffionaren 9) genau befannt; Klaptoth hat fie auf feis 
at Carte centrale de l’Asie eingetragen. Noch giebt es ein von 
Zübet abhängige Ngari⸗jo ngar, gegen VYatkend bin, was.fo 
diel als Laud der Dfungaren heißt, weiches zwiſchen Varkend 
und Taͤbet paffirt werden muß. Darkend hieß zu P. Defideris 
Beit, als unabhängiger, eigener Staat bei den Tuͤbetern, bie ſich 
daſelbſt rtabfirt hatten, Jongar inlh, der Dzongaten Staat. 

Der einzige Europäifche Reiſende, welcher biefen unbekann⸗ 
teſten Zuͤbetiſchen Landſtrich von W. gegen O., von Lech bis 
—— \ 


’) We thouchy 1. c. p. 266. 7») P, Georgi Alphabet 
Tibet, pe 47, — Pi rgl 





te - 


m 
" 


180 Hoch- Aſlen IV. Abſchuitt. 5.75: 


H'Laffa, durchzogen hat,:ift ber Pater H, Defidert Er 
brauchte 7 volle Monate, um biefe Entdedungsreife zuruͤckzuleg 
welches vom 17. Auguſt: 1715 bis zum 18. März 1716 auch 
ſchahe 200), 100 er nach ben geößten Beſchwerden diefes Marſch 
weile ihm Schnee, Eis, Kälte und Gebirge entgegenfl 
ten, in die Hauptſtadt H’Lafia eintrat (f. Aſien Bd. II. ©. : 
1c.). Leider bat der Pater Miffionar Leine nähere Beſchreibr 
biefee Route mitgetheilt, nur im Xligemeinen feinen Weg fo 
gegeben 81), Bon Leh geht man erſt zwei Donate lang o 
befchwerliche Gebirge gegen Oft, jeden Tag -8 Lieues (30 auf 
gerechnet) als Tagemarfch, gegen O. NO., bis zum großen Def 
worunter er überall unbewohntes Land, fey es bergig oder ei 
verſteht. In dieſem Defert wendet man fich gegen Norden, 
Tage lang, bis. Ngari⸗Jongar (Diungaren Land); in die 
Defert findet man fehr große Berge (?), Dann wendet man 
gegen Dit, etwa 2 Monat guten Wege, 12 Stunden täglich 
ruͤcklegend. Am Ende diefer -Zeit iſt man an der Grenze 
dritten Tübet, wo die Route ſich gegen Süd zu neigen 
ginnt. Karthoa (ob Kor, K'hor? doch bemerkte der Pe 
ausdruͤcklich, daß ihm der Ländername Gor oder Kor unbeka 
ſey) liegt am Anfange biefes Ngaris Songar, Hier in Kartt 
wie zu Noari:Fongar, liegen (oder Tagen zu P. Defii 
vis Zeit) Züberifche Sarnifonen, um die Päffe zu vercheidig 
es waren alfo wol die Grenzflädte, weile damals Nga⸗ 
Grenze gegen N. und N. W. zu vertheidigen hatten. . Bon 
kommt man in 16 Tagen nad Ngazri, dann in 18 Tag 
gegen Oft, nad) Rethoa (2); von da gegen Dft, in 10 bis 
Tagen, zum Anfange der Wohnungen, und in 30 Te 
reifen, gegen S. S. O., nah H' Laſſa. — Wahrſcheinlich ift t 
die Route, welche der Pater felbft zurückgelegt hatte. — Dies 
aber auch Alles, was wir zur Zeit über biefe Gegenden kenn 
und wir fügen nur noch die Motiz des P. Defideri über 
dort wohnenden Sopo hinzu. , So Werden in. Tübetifcher Sp 
che, fagt er, bie .Zataren im S.D. von Songar:Sembo genan 
Dies Wort, ſagt Klaproth, iſt aber identifh mit.Sogh=to 
mit den Sof, Sok-bo, f. Afien Bb. II. S. 394, 562, wel 





280) P. Desideri -Lettre etc. 1. in Lettres Edif. Nourv. Edit. P: 
1781. T. XII. p. 445. st) P, H. Desideri Notes sur le 1 
bet rec. N. Delisie in Nouv. Journ. Asiat, T. VIII. p. 119, 12 

*?2) P. H. Desideri 1. c. p. 118. Not. v. Klaprothi. . 


- 


ür 


‚ I OſtEt, Tüber, Namen. 181 


meifch mie den Khor Cebend, &, 410) Hatten, 
hner von Yarkend wurden in Gertope aud) 
t, ein Name den im Bodhimoͤr überhaupt die 
dorden von Tübet ganz allgemein erhaften, 
Bewohner von Weideländern fhabi- 
‚ womit die Tuͤbetet jene Mittel-Afiaten benen- 
vie mit Nomaden. Auch heißen fie Ghia- 
a ber Wiefen (von Sogh die Wieſen, z. B. 
id dieſelben Zur Tribus, welche wir aus frü— 
die. Horeishoei der Chinefen und Mongolen 
jeißt auch alles Weideland im Norden von Tür: 
(Pays des prai:ies), und iſt identliſch mit un: 
teppe. Es find alſo womadifhe Step: 
dahet jene Bewohner von NgastisJongae 
Fongar loulh heißen, was nichts anders iſt, 
die Steppenbewohnger, und Defiberis 
als Steppe. Gollten jene Tatarifhen Hir— 
Kener am Tſchamalari, als dem aͤußerſten 
detafchirten Dortrabe mit ihren Val: Deerden 
ihm Dutba**) genannt wurden, aud) zu jes 
hören? oder vielleicht zu jenen, weit oͤſtlichern 
Nachbarn der barbarifhen H’Lotba, von’ de: 
die Rede feyn wird? da P. Defiberi ſagt, 
Part bis Khu—khu⸗Nor ausdehnten, ſ. im: 
ke nicht hinreichend unterrichtet, um uͤberall den 
elcher zwiſchen jenen Sok=bo, wahrſcheinlich 
den Hor, wahrſcheinlich altturkifhe Stämme, 
adter, Statt finder, feft zu halten. Aus Moor 
aus Eafhmir, 8. Febr. 1823, isenen wir, 
n jenen Hor, die er Thor⸗po nennt, ein Als 
"Hatte, daß er mit 14 andern an die Calcutta 
, Er ſchreibt dabei: Thor mit dem Zufas 
czeichnet Tatatiſche Raçen, bie ein Band-an ber 
ibets bewohnen follen, nahe den Quellen bes 
‚Stromes, das von ba bid zu dee Grenze von 
u "r, | 
vey in Asiatic. Resesrches T. XV. p. 3785 Sſa⸗ 
— MB. "Dir: 
a. 105 in Asiotic, Journ. 1826. Vol. XM. 





183 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


Khotan, und auf ber N.O. Seite von der Commercialſtraße 
fhen H’Laffa dis Siningfu reiche. Dies Volk if von 
Sok⸗bo verſchieden; fie feyen, meint Moorcroft, vieleicht 
Zweig dee Deloͤth; ihre Schrift fahe der der Chinefen aͤhn 
In Sfanang Gfetien Annalen werden unter Hor 286) 

Bede Hor, Mongolen verftanden. Solche Namen dehnen 
geographifch noch viel weiter oſtwaͤrts auch bis A’hams aus, 
die Stade Sogh⸗dzung und der Fluß Soghet ſin ihre 
nennungen von demſelben Steppenlande haben. Aus der B 
kerungsoweiſe dieſer Landſchaft Nga⸗ri wird es begreiflich, v 

Pat. Defideri in feine Briefe fagse 7), die Landfchaften & 
dritten Tuͤbdet find den Einfähen der Tartaren ſehr autg 
welche ihre Grenznachdarn, nämlich im N. W., fin. Im S 
don Tuͤbet, alfo zunaͤchſt an Keh am, an deſſen Grenze wir | 
oben den Paffageort Tſiamdo, als den Schläffel zu 
bet, ein Trivium von jener Seite ber bezeichneten (f. Afien B 
©, 415), floßen unmittelbar die Landfchaften Katſchi und I 
khu⸗Nor, welche unter dem allgemeinen Namen Zangut b 
fen find, ber auch einen Zweig Tübetiſcher Voͤlker bezei 
Denn die Kangsbiang®), ein urfprünglich Täberifches ! 
das eine glänzende hifkorifche Rolle gefpielt, erhielten auch dur 
Mongolen erſt den verdichten Ramen Tangut, indem dieſe 
Tang, flatt des hiaug oder Khlang, das Beichen des $ 
goliſchen Pluralis anhingen, woraus Tangut wurde, Diefe | 
ſchaften Katſchi und Khusthu:R or liegen zwifchen jenem 2 
(d.1. Steppe) im N.W., und China im &.D. und D., und fin 
wilder Gebirgemaſſe bededit. Um in diefer Richtung, von Hye 
ans hindurchzudringen, bie nad Sining (ſ. Aſien Bo I. S. 
dem Schluͤſſel zwiſchen Khu⸗khu⸗Nor und Nord⸗China, 
man nah P. Deſideri nur zweierlei Wege) nel 
Auf dem einen, der durch unbewohnte Gegenben führt, bı 
man, nad feiner Erforfhung, 4 Monate Zeit, auf dem 3 
Gen ber weiter im Nordweſt ducch den Defest, d. i. die S 
führt, die er direct durcchfehneidet, find nur 3 Monat x 
Dies iſt vorläufig hinreichend, um biefe Localitaͤt mit früher 
betsachteten in Verbindung zu fegen. Geht man aber d 


' 900) Ofanang € Sfetfen Geld. b, Mongolen 6. ‚Shmitt ©. 339 u 
07) Lettres Edifiantes 1. c. T. Xil. p. 44 se) Ab. Re 
Nour. Melanges Asiat. 1829. T. I. p. 180. °)» P. D: 

Asiet. T. 120. 





‚ IL Oſt⸗Gr., Tüber, Namen. 183 


t Tfiambo, gegen OR nah China, fo em 
em nun nicht mehr ganz unbdelannt gebliche- 
mn Bd. U. S. 481) zunaͤchſt die Provinz Szuͤ⸗ 
sChina, und ihre erſte Capitale Tſchhing⸗ 
ſer letztern, der großen mit Stationen einge⸗ 
aße, beſitzen wir den einzigen Chineſi— 
icht. Von jenen Nordwegen durch Khu⸗ 
wir nur den ſehr kurzen Bericht des Pater 
bet erhalten (f. Aſien Bd. U. ©. 451, Bd. L 
paar Routiers ber Lama:Reifen von 
iming, ferner jened Mepatsfifche Routier, befs 
ze aus der Ueberfleigung des Nepaleſiſchen His 
en (f. oben S. 89), Pater Gruber fcheint 
j durch die Steppe, bie ee Toktokai nennt, 
en, weil er nur 3 Monate Zeit gebrauchtes; 
er von Sining aus am Khu⸗khu⸗Nor, 


hen Meere vergleicht, hinzog, dann aber ſich 


mehr und mehr entfernend, in das faſt wuͤſte 


eintrat (Desertum Kalinak bei A. Kircher) U), 


Wuͤſtenei halber, fi auch keiner ber Nachbar 
entlang an den Ufern ber Fluͤſſe von Tarta⸗ 
Sok⸗bo) bewohnt, die ein elendes Leben führs 
migen Fluſſe Toktokai (2) habe das Land ben 
in. fchöner Fluß, fo breit wie die Donau, aber 
ber Reuter und Zußgänger überall durchſetzen 
a Steppenfluß?). Dann ging er buch Tan⸗ 
bie bevoͤlkerte Landfchaft Retink (2), die ſchon 
zarantola abhängig war, ehe er in bie Ca⸗ 
nad H’Rkaffa kam. Alfo Bargntola iſt, 
chen, noch eines der vieten, nämlich ein dama⸗ 
igentlihen Tuͤbet; er iſt der gebräuchlichfie, 
[hen Miffionare, die ihn von ben Chinefifchen 
n im N.D, von Khu⸗khu⸗Nor kennen lernten, 
ehalten; fie nennen auch H’Laffa wol ins: 

Baronstha:la (i. e Urbs-ad Tatariae 


r et'D’Orville Voy. a la Chine in M. Thevenot 
y. cur. N. Ed. Paris 1696. T. IT. fol. 1. und A. 
ilustrata ete. Amstel. fol. 1667. cap: IV. 

Iplabet. Tibetan. L c. p. 44. 


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184 | Hoch⸗ Allen. IV. aAbſchnitt. 5.75. 


2, Grenzen im Allgemeinen. 


Bekanntlich wird Tuͤbet im Norden von ben weitläuft 
gen DBergwüften und Steppen der Buchariſch⸗Mongoliſchen Lanl 
ſchaften, die unter Chinefifcher Oberhoheit fiehen und bas Chi 
nefifhe Turkeſtan beißen, begeenzt; im Oſten von Chin 
im S.D. von Afam und einigen weniger befanuten Territorie 
wilder Bergvoͤlker, die weder den Chinefen, noch den Birmaneı 
noch den Afamefen oder Briten gehorchen; im Suͤden ur 
S. W. von Hindoflan, Nepal und Ladakh. Gehen wir aber g 
nauer in bie Begrenzungen ein, fo bietet die beſtimmtere B 
zeichnung der Grenzlinien fehr große Schwierigkeiten daͤr, weil | 
wirklich nicht fo vorhanden find, wie bie Europaͤiſche Dotitik | 
in. dequem zugänglichen und cultivirten Landfchaften zu ziehen y 
wohne iſt. Theils find es unüberfleigliche, aber auch minder b 
kannte, wilde Gebirgszuͤge; theils weite Wüfteneien, welche bei 
bie nathrlihen Scheidungen der Voͤlker in breiten Zonen ve 
ſelbſt darbieten 3 theils find es aber auch Weideländer, auf den 
bas Nomadenteben die Stationen der Völker und Stämme h 
und herfchiebt, und viele übergreifende Grenzverhaͤltniſſe nach 34 
ten und Umfländen herbeiführt. Endlich find es zwiſchen allı 
biefen unbeftimmteren, nur gewiffe fire Puncte und 2 
nien, die von Flußlaͤufen, von Gebirgspäffen, von aı 
gelegten Seftungen, ftntionirten Öarnifonen und theilmel 
von politifhen Verträgen abhängig find, von denen das N: 
ber Begrenzung oft ziemlich villkuͤhrlich und gemöhntich zum Worth 
ber Gewalthabenden auegefpannt wird: fo daß es in dem Gren 
tegionen oft ſehr ſchwer hält, den wahren, gegenwärtigen Star 
ber Dinge nicht nur in den Geographien, fondern in: Beftehend: 
ſelbſt zu ermitteln. Denn nicht. überallhin find noch durch Ct 
nefifche Confequenz ſolche Firpuncte nad, Außen entflanden, w 
In gewiſſen Localitäten ihrer Grenzbezirke, zu deren Seſtſtelu⸗ 
Jalouſie und Conſequenz ſie fuͤhrte. | 

‚Diefe Heftflellung der Grenzen Tuͤbets gegen Süden 
burh die Chinefen, haben wir fchon zu Phari, Kut 
Kheru (f. oben ©. 142, 92, 41) gegen Nepal; zu Zaklakı 
(Afien DB. I. 527), Nitighat (II. 508, 679, 1006), Nilan 
(1. 966), Zinchin (IL 699), Shipke (ir. 684), Chanzet 
zhing im Norden von Shalkar (II. 714), Tengdi (U. 57 
717) gegen das Britiſche Himalapaland, wie gegen den Sta 


‚ I1Ofl-©r, Tuͤbet, Grenzen. 185 


ner gelernt. Eben fo kennen wir fchon, “aus 
aben, bie Feſtſtellung ber fernften Tübetifchen 
 Chinefifhe Grenzpoften gegen Weſt nach Las 
en Indusſtrome zu Tefhigang (U. S. 607), 


. nah Yarkend zu, auf ber Kaſchmir⸗ und 


awaͤrts, am GrenzsZolamte zu Aurtang (II. 
da an, ofimärts, durch die Wuͤſteneien von 
ſchi, bis Khu⸗khu⸗Nor find uns, genauer 
Scenzbeftimmungen nicht befanntz eben fo we⸗ 


a noch fehr unbekannten Sudoſten Tubets, 


reſiſch-Birmaniſche Seite, wohinwaͤrts 
Yangbo Strom in noch unbelannte Regionen 


“ 
renze gegen China Alte und neue 
)aslung und am Kincha⸗Kiang. Die 
hineſiſche Heerſtraße nach Tuͤbot. 


en diefen Landſchaften zweier großen | 


der Erbe, bie faſt noch gänzlich zue Terra in- 
fo vielerlei Namen auch darin auf unfern Land: 
, iſt die potttifhe Grenze zwiſchen China 
ou beflimmt, und aud das hiftorifhe Vers 
übet und bie Zübeter -felbft giebt die wich⸗ 
e über diefelbez daher wir hier genauer im uud 
gehen haben. 
fifhe Geographie giebt uns hierliber die bes 
ung, denn die große Militairftraße aus 
h; H’Laffa, und zu ben Grenzen ber Bris 
,a?8 in Indien, ihrer gefuͤrchteteſten Nachbarn, 


hindurch, mie fie fchon feit ben aͤlteſten Zeiten, - 


»Tangut, wie be Mongolen, und fpds 
und Mandfhuren eine Hauptpaffage 


war. Zwei große Hauptftröme, bie hier 


nachbart, in Parallelchälten vom Norden 
eben (zwiſchen 116 bie 117° D.L. von Ferro, 
3° DE. v. Gr.) 2%), und der zwifchenlies 
[heidende Gebirgszug (ihre Waflerfheide), 


nm Karte von Hoch⸗Aſien zur Erdkunde, Berlin 1832. 


2827 Aue 5 Seren — 


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1866 Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


an deſſen Südpaß die Stadt Ba⸗thang (unter 29° N. 
on deffen Nordpaß die Stadt Tſiamdo der Schluͤſſel zu 
bet (314 N. Br.) liege, bilden hier die Hauptpuncte der 
genwärtigen, neuen Örenze, welche Tübet von der Gt 
ſiſchen Provinz Szütfhuan dem größten Theile nach fcpeit 
Die genauere Einfihe in dieſes Srenzvechältniß ı 
uns den wichtigſten Anhaltpunct zum orientiren im Often { 
bets bdarbieten, da wir zugleih damit Auffchluß über die a 
Grenze Tübers, erhalten, bie viel weiter im Oſten lag, 
bei weicher vorläufig Ta tfian tu als der Hauptert zu me 
ift, da wir ſelbſt auf die allerälteften hiſtoriſchen Verhaͤltniſſe 
rädbliden müflen, um bie der Gegenwart und dem Herg 
des Volkergeſchichten wie ihrer Entwidelungen zu verftchen. 
Sene zwei großen. Hauptflcöme find die merkwür 
fin durchbrechenden Stromſyſteme (f. Aflen Bd. 
S. 503), welche die HinterindifhsChinefifhe Fortſetzt 
des Himalaya⸗Syſtemes (f. Afien Br. IL. ©. 688), 
immer von Oſt gegen Werft ihren mannichfach gegliederten 
bis gegen Szütſchnan und Yünnan beizubehalten ſcheint 
Afien Bd, IL 417), in Tiefihälern von Norden nah Sh 
jerfpalten, Der weftiiche 2”?) diefer beiden ift dee Str 
von Kambodia, welcher direct fübwärts unter dem befan 
fien Namen Lanstfangstiang fih durd ganz Yünnan, 
von ba ale Mekon oder Maekhaun durch Hinter-In 
mehrere hundert Meilen weit zu den Siameſiſchen Gewäi 
ergießt, Der öftliche der beiden ift der noch weit größere 
berühmtere, der große Kiang (Ta Kiang) oder Kin 
Kiang, welrher ebenfalls wie jener aus dem Norden von | 
hu: Nor fich herab ſtuͤrzt, bie Ghinefifche Provinz Syüutfd: 
im Süden umſtroͤmt, und kaum Nord: Yünnan wieder 
rührt, um fih dann im mächtigen Knie gegen Oſten und N 
often plöglich gewendet, durch ganz OR: China, wo er unser 
Ramen YangtfuKiang GJang tfeKiang) den Europ 
an der Mündung am befannteften if, in die Gewaͤſſer des Tu 
Has oder des Ehinefifchen Kuͤſtenmeeres auszutaden, 
Wirklich bietet alfo die Wafferfcheide zweier Str 
bie, nur ein paar Tagereiſen auseinander, parallel 
einander, von Norden nah Süden, zwifchen den -bı 





2, Berghaus Karte don Hinter s Indien, Gotha 1832. 


8 


IL. Oft Sr, Tüber, Oſ-Grenze. 187 


m Tſiamdo bis Bathang einige 30 His 40 
em weit fleömen, dann aber in die gewaltigſten 
a und RordsChinefifhen Fernen aus⸗ 
‚ einen mertwürbigen Naturharacter 
2 Gebirgslandfchaft dar, in deren Mitte fie fich 
Sharacteriftit haben bie fcharffichtigen Chineſen 
vußt, und diefen Wafferfheibezug, Ning⸗ 
oder Dangsti, det zugleich ein gewaltis 


chneegebirge ifl, weiches aber eine merfwür 


Uebergangspaͤſſen darbietet, zu ihrer neuen 
China und ihrer abhängigen Provinz The 


eiten waren die Tuͤbetiſchen Voölkerſchaf⸗ 


eutendes weiter gegen den Oſten, über diefe 


ausgebreitet. Sie hatten zur Zeit, da ihnen im 
Süden noch felbfiftändige, den Chinefen noch 
ne Reiche biähten (wie Tangut im Norden, 
Süden), ſelbſt bedeutenden Antheil an der weſt⸗ 
jegigen Chinefifhen Provinz Szuͤtſchuan; 
ucch viele Grenzkriege wie durch bie Chinefifche 
deren politifhe Grenzbeſtimmungen 
m den Weften zurückgedraͤngt. As Marco 
des II. Jahrhunderts, von ber Hauptſtadt 
Tſchhing-tu⸗fu (Sindinfu bei M. Des 
) aus, auch nah Tuͤbet wanderte, brauchte er 
(cinque giornate), offenbar gegen Weſt, um bie 


andes zu erreichen. Er zog in deſſen oͤſtlichſtem 


6 durch die Eroberung Mangu Khan furdhts 
2 Tagereifen umber, und fahe nur zerflörte 
Seften,, ohne Einwohner, aber deſto mehr wilde 
an ihrer Stelle eingefunden hatten, Wirklich iſt 
laproth ©) bemerkt hat, die aͤlteſte Grenze 


en. Die Angaben der Chinefifchen Geographie 


8 hierüber Ichrreichen Auffchluß. . 
u liegt nach der Marfchroute der Ehinefen 11 
adweſt von jener Capitale über 56 geogr, Meilen 


aggi Ed. Conte Baldelli Boni. Firenze 1827, T.II. 
en) Kup — a eto, in 





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18 Hoch · Mien. IV. Afgnitt. $ 7 


(920 &t, bier 250 Li auf einen Grab gerechnet) entfernt, 
müßte demnach ſchon auf Tübetiſchem Boden liegen, obwe 
noch inneshalb der politifchen Grenze Szutſchuͤans eingefe 
fen if. Wirklich ſagt ber Verfaſſer der Chinef. Geographie 
auch «8 liege an ber außerſten Weſtgrenze Chinas, w 
bier die Oſtgrenze der. Weſtlaͤnder (Siyu) auf ber ge 
Marfihroute berührt. Ta tfian Iu wird durch bdieſe polis 
Weltſtellung wichtig füs die Gefchichte jener Landfeaften, 
Denen; mie wir weiter unten ſehen me bie Urgef Higte 
u... ausgeht. . 2 

ESchon der Nime ber Stadt — ihre kriegegefchich 
Role an: Xa tfian Iu beißt „die Schmiede ber Pfei 
nach einer alten Tradition im Lande, baß bier, zur Fehde g 
die Süudländer, eine Pfeilſchmiede angelegt ſey (343 
n.Chr. Geb.). Die heißen Tage find bier noch felten, das Gi 
iſt gewöhnlich alt, denn das Land umher ift voll rauher 
bitge, voll fleilee Selsklüfte, zwifchen denen in großer nn 
Waſſer fließen. Bor dem Mongolen: Einfall gehörte biefe L 


ſchaft, welche auf der. Grenze de6 Kampfs der Dpnaftien 


Shen dem Norden und Süden, wie des Oſten und 8 


ften lag, zu einem ſehr mächtigen Meiche Tali oder N 


tcha o 9), das im VI. Sahrhundert in einer der nörblichen 
theilungen des heutigen Yunnan entflanden war, aber b 
Mangu Khans Eroberungen, 1255, dem Chinefifchen R 


ber Tſchingis-⸗Khaniden mit einverleibt murbe. In biefer Per 


der Verwuͤſtung wurde e8 von bem edlen Benetianer beſucht, 


‚unter feiner Benennung von Tuͤbet unftreitig mitbegriffen. 


diefe Landfchaft hatte noch 3 hiſt oriſche Perioden ®) dı 
zumachen, ehe fie ihre gegenwärtige fladile Organiſation erf 


Als die Meangolens Dynaflie (die Yuan) vom Th 


Chinas gejagt in ihre Wiriteneien zuruͤckfloh, hatte ſich bier 
Landeshaͤuptling Ming yu schin zum Ufurpator emporgefehn 
gen , die von ihm eroberte Capitale von Szutfhüan zu fi 
Mefidenz gemacht (1362), und unter dem Titel Kaifer eine « 


Dynaſtie gegründet, welche Hia in. ben Chinefifhen Ann 


heißt. Sein Reich war * nur von kurzer Dauer, denn f 





30%) Weitsang tıou chy ed. u p- 185. *7) Klaproth 
ınarques geogr. I. c. I. p-115. *®) Wei tsang thou chy 
— p- 1%. i 


— 


I. Sfb- Sr. ’ Tüber, Ofl-Grenze. 189 


e fih den Truppen des dritten ber Kaifer der 
> Dynaftie unterwerfen (1371). Der fiegende 
tian thſan ward von feinem Raifer in dem 
das nun den Namen Ming thing erhielt; 
Rilitairgouverneur erhoben. Een Se 
fig derfelben, die die Mandfhu-Dynaftie 

Da brad um das Sabre 1700 Tchhang 


Iberhaupt einer Horde ber Fan (db. i. Tüben 


sig den Gau Ta tfion Iu an fih. Kaifer 
ern Generalgouverneur in Szutſchuͤan befs 
Die Horden bee Tübeter (Fan) unterwars 
3d wurde zu einee Enclave ber Reiches 
hkommen bes alten Militairgouverneurs wur⸗ 
ber Thu⸗ſzu (d. i. Hordenhaͤuptlinge mit 
Randarins) von Ming thing und ber 13 


a tfian Iu betätigt. Die neu unterworfenen Bi 
d. i. Sremdlinge) murben in Klaffen und 


t, zu 1000 und 100 (daher auf der unten fols 
: fo oft von 100 Familien die Rede ift), und- 
It ihren Thu⸗ſzu. So zählte man bald im 
A alte und neue Zübeter: Familien, welde 
;ribut zahlten, an Pferden oder andern Lans. 


n Geld. Obwol nun fpaterhin die Provin 


Szutfhüan nod weiter gegen Wet bie 
uf die neue Grenze hinausgeruͤckt wurde 
3-hi's Tode im Jahr 1727), fo bleibt doch 
n Ta tfian Iu bis in die neuefte Zeit: 
 tfiam Im iſt bis heute von Tübetern, ge: 
en, bewohnt, die Bubdha:Anbeten find. Drei 
ı im Dften dee Stadt, einer im MWeften und 
Jahr 1729 nach dem Kaiſer Yung thing ti⸗ 
B, Die Stade ift eine Grenzfefte, mit 
gebaut. Die nah Tuͤbet beftimmten Chines 
d DÖfficiere treten mit Ta tfian Iu aus dem 
hinaus. Die Bewohner, nun fchon längere 
Herrſchaft gewöhnt, find treue Unterthanen 
eiches, redlich, gerecht, gehorfam bie in ben 


ha: Diener, fagt der Mandarin Lou⸗houa⸗ 


ıchy l.c. p. 120. ° 


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“ Br E17 a. — » 


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100 Hohe Aflen IV. Abſchaitt. $. 75. 


thu (Afiem Bd. IL. S. 478), find fie doch im Handel unb W 
dei auf ihren Profit bedacht. Ta tſian In iſt ein Han 
markt für There, der Hier Im großes aan aus Se 
China nad außen fpediet wich. 

Ertwa 33 geogr. Meilen (376 Li) im Wer von dieſer S 
fließt der große Darlung’W) (Ya lung Kiang der Chinefen, 


Berdrehung des Tübetifchen Yar lung, d. h. Weißer Str 


und Kiang d. i. großer Strom), deſſen Stromllnie «ig 
lich jene ältere Grenzſcheide made, indem fein Oſt⸗U 
zu China, ſein Weſt⸗Ufer zu Tuͤbet gerechnet wird. 

Chineſiſche Geographie!) ſagt von ihm, an einer anl 


- Stelle, feine Quelle liege in der Gegend des Khu⸗khu⸗N 


wo ee Gniagh⸗miſo heiße; dann trete er in das wuͤſte £ 
Hortfa ein; dann vereine er fi mic dem Kincha Kia 
von feinem weiten Laufe habe er den Namen Yarlung er 
ten. Ehe man zu ihm gelangt, hat man von Ta tfian Iı 
Gtationen zuruͤckzulegen, und zwei geoße Schneegebirge 
überfleigen, zwifchen denen bie mittleen Hochgebirge dadurch « 
gezeichnet find, daß hier die-Rhabarberpflange, ein echt 
betiſches Product, welches alfo von Sining bie hier zu die 
wahrſcheinlich ſuͤdlich ſten Puncte feine Verbreitungsfphäre 
winne (f. Aften Bd. I. ©. 179), in großer Menge vorkommt 

Der merkwürdige Weg ?) von Za tfian Iu zum 3 
lung kiang wird uns fo befchrieben, daß wie ein. anſchauli 
Wild jener Landesnatur dadurch erhalten, 


Anmerkung 1. Route von Ta tflaniu nah bem 
Yalung fang 

1. Erfte Station von Ta tfian In nad Diebo, 91 ge: 

Meilen (40 &, bier, wie in dem ganzen folgenden Routier, haben 


das geringere, neuere Maaß dee Größe der Li, nicht 00 8 


15 geogr, Meilen, fondern 250 &i = 15 geogr. M. gerechnet, obg 
wir im Routier felbft darüber keinen Auffchluß finden, weil biefe ge 
gere Annahme durch die Schwierigkeit, welche bie angegebenen Difte: 
für die Zagemärfche barbieten, an ſich ſchon gerechtfertigt ſchienz: 
bem größeren Maaße ber Ei, zu 200 auf 1°, bie meiften nur | 
eirte Märfche feyn Eonnten). Alle DOfficiere der Armee, bie über 
Ehineſiſche Grenze geſchickt werben, erhalten von hier an ihre extrao— 





500) Wei tsang thou chy I. c. rn ) ebenbs p. 108. 
2) ebend. p. 187 —190. 2 e 


1 - 
⸗ 


% 


‚ Of Ör., Tüber, Tatſianlu-Route. 191 


9 der Meg geht zwar gleich, aber fehr gewunden, 
ſteile Berge und Thaͤler voll Aufenthalt, deren Wilds 
1b Eid, den Wanderer mit Schreden erfüllt. Am Fuß 
| paffiren, find Herbergen, aber feine Lebensmittel 
— 54 geogr. Meilen (85 Ei), über ſehr weite 
Rbabarberpflangen, derem Geruch dem Reie 
iſt. Man bat wilde Waldftröme zu burchfegen, 
e Schr e im Herbft und Winter, wie fein Aufthauen, 
— ‚In Antamba ift der Boden, einem 
d bar, reich und Schön, In der Ebene, welche 
fen 100 Familien von Einheimiſchen ihre Hrer« 


a ftarfe 3 geogr. Meilen (55 i), durch eine gut 
ber eine Bruͤce, zu einem Wachthaus an den Fels 
n ein Dutzend Häufer, von 100 Familien bewohnt, fins 
von Holz und Grad, weiter hin aber das Wirths⸗ 
loung hy, über 4 geogr. Meilen (75 &). Erft 
Ibes großen Schneebergs (Za Siue Schan, 
5. 416), wo man zwei tiefe, bewalbete Thaͤler paffirt, 
Dickicht die Schneepiks wie von weißem Jade fchims 
‚Man erreicht ben Tempel Kaojpau an einem See, 
inen Fichtenwald bergab zum Fels Wo loung dp 
den Drachen), wo Bohnhäufer und eine Herberge. 
bes Ya loung kiang (bie Chineſiſche Verdrehung 
ortes Var loung, db. i. ber Weiße Strom im 
e große Strom im Ehinef.), 74 geogr. Meil. (120 81). 
8 Weges geht durch ebenes, unbewohntes Land, zum 
(Da Eio leou), wo Häufer und Herbergen, zuwei⸗ 
e in Ihren Boutiquen Lebensmittel verhandeln, obwot 
verweilen. Bon da kommt man, nach eben fo viel 
ge, zu der Mittel-Furth (Tchoung tou ber 
a bjouffon der Tübeter) des Stromes, bie auch 
Mündung bes Stromes) beißt, wo man ihn im Som⸗ 
if Käbnen, im Winter und Frühjahr auf einer flie- 
efept, Die Landeseimvohner gebrauchen Schläuche von 
denen fie die Fluͤſſe wie die Enten uͤberſchwimmen. 
4 renzftrom zwiſchen Ghina und dem Zerritos 
1a im Weflen. Ein Chineſiſcher Infpector hat bier 
rnachtet er auf dem Dftufer, fo bat ihm ber Thouſzu 
einen Proviant zu liefern; mern auf bem Weſtufer, 
-_TIiIE ö 











* 


— 


102 Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 
An das Thal des Dalungs Stromes ift bie aͤlteſte € 


und der Urfprung bee Tuͤbetiſchen Herrſchaft geknüpft, wie 


Abftlammung der Sanmiao, ihrer Altvordern, an ben Hoang 


ff. Afien Bd. 1. &.192). Alle uns bis jegt bekannt getworde 


daffifchen Annalen der Tuͤbeter aus Mongolifher (S 
nang und Bodhimdr) wie aus einheimiſcher. Liter 
(Dat. Georgi nad ben Arbeiten des Hor. beila Penn 
nennen diefen Ya Jung oder Darlung (Sarlon), wie bei 
braͤern der Eupheat, als den Ausgangsftrom ihrer Gefchi 
bie fih von da Hin, gegen den Weſten, nah H’ Laffa. bei 
das aber erft weit fpäter hervortritt. 

Der erfte Sabel:König von Tubet war Gnia⸗th 
gbengo ?W), Sohn der Gemahlin Makkiaba, Könige 
Hindoftanz ee warb unter freiem Himmel ausgefegt, außerf 
der Grenze des Reihe; ein Bauer z0g ihn auf. Er floh v 
Tuͤbet; dort erfannten ihn die Hirten von Sarlung, ! 
machten ihn gu ihrem Könige. Er führte -den Aderbau, 
Künfte, bie Gebräuche des gefitteten Lebens "bei den Zäbet: 
ein. Er fol bis zu feinem Tode regiert haben (91 Jahre). J 
folgten feine Nachkommen bi8 auf Seongdfan Gambo 
ſtirbt im 3.6985 nicht Tzhon gheng Pambo, wie P. Georgi n 
einer ganz falfchen Chronologie ihn nennt) *), der den Sie 
nes. Königreichs vom Jarlong nad. bem Theile Tuͤbets verle 
wo fpäterhin die Stadt H’Laffa erbaut ward. Er ift der 
bauer ber großen Tempel auf dem Berge Putala bei H'La 
dee Einführer des Buddha: Eultus in das Schneereih Tuͤ 
wodurch über dieſes finftere Reich die Sonne der Re 
gion aufging. Diefe einfache Erzählung tritt im Bodhimoͤr 
dem Weſen nah, was die Localitaͤt betsifft, mit der wir 
hier zu thun haben, noch beflimmter hervor. Nachdem diefe ; 
betifhe Sefchichte die verfhiedenen Meinungen über die ; 
kunft dieſes erfien Kürften ber Tuͤbeter befprochen hat, | 
fie: dem fey wie ihm wolle, alle ‚diefe verſchiedenen Meinun 
feyen darin einig, daß dieſer von ben Göttern gefandte An 





303) 'P, Georgi Alphabetum Tibetan. Rom. 1762. 4. in Canon | 
gum etc. p. 296 — 297. *%) Ab. Remusat Observations 
Y’Histoire des Mongols Or. de Sanang Setsen, Paris 8. 
Ssanang Ssetsen b. Schmidt a. a. D. ©. 36. >): Rad 
Nom gharchoi todorchoi Tolli, oder dem Bodhimör, f. Not. 
(8. 23) in Ssanang Ssetsen Ueberſ. v. nr, ©. 316— 8317 


[., II. Ofl»Gr.,. Tuͤbet, Yalung. 193 


Tuübetiſchen Jahrbuͤchern Küſuͤhn Schireheu 
ee Spige bes H’Lari:Rolpa (d. h. muſiktoͤnen⸗ 
herabſtieg; er fhaute umher und fand ben ſchnee⸗ 
la⸗Schambu hoch und das Thal des Ja r⸗ 
lis er darauf vom Berge Dfantang Kungma 
bie Hirten, welche dort ihre Heerden weideten, 
en fie ihm entgegen und fragten: Woher kommſt 
Frage ſtreckte er den Zeigefinger gen Himmel. Da 
2: „Diefer iſt wahrlich dee vom Himmel gekom⸗ 
Sohn: wie alle haben einen Herm gefunden,” 
fie ihn auf einem Thronſeſſel auf ihre Achſeln, 
m KufühnsfbirehtusbertesEfen (d. 5. dee 
theonende mächtige Herrſcher!l). Ungefähr zweb⸗ 
achdem Buddha dem Sammer entivichen war (d. 
Tode), warb jener ber erfle Köniz von Toͤboͤt. — 
ſchmuͤckkt Sſanang Sſetſen 6) in feinen Mons 
m dieſe alte Sage aus, welche, wie ſchon bes 
ben aus dem Diongolifchen . bemerkt, an bie anae 
bin (Afım Bd. I. ©. 437) erinnert. Ein Wun⸗ 
ı Indien geboren, der, allen drohenden Gefah⸗ 
, gegen den Norden entflieht, nah Gangs 
ang, im Tuͤbetiſchen Schnee, d. I. in das Reich 
), ein Rame, den Tuͤbet fortwährend in bee 
torte trägt. Hier, fährt der Annaliſt weiter for, 
hbekraͤnzten Bötterberge (Meru? Himalaya?), 
tönendem Gipfel auf neunfadhen Gebirgss 
in die Thalflähe des Sarlung, und fans 
e Tempelpyramide mit vier Thoren (eine heilige 
18 ihm hier die. Berg⸗ und Thalbewohner nach 
ragten, erhob er ſtatt jeder Antwort nur den Zei⸗ 
nmel, worauf ee als Tenggel-Sohn erkannt, von 
Seſfſel von Hol zum Schneeberge Sams 
indern Kalmüdenbuhe, Var⸗hla Shamboi 
tragen ward, wo fie ihn zum Könige ausriefen, 
nze- Nation unterwarf. Dies fol, nach Mongos 
te, im Jahre 313 vor Chr. Geb, gefhehen ſeyn. 


fetfen b. Schmitt S. 21 — 233 vergl, deſſ. Verf. 
im Gebiete der Voͤller Mittels Aflens vorzuͤglich ber 
d Tuͤbeter. &t, Detertb, 1824. &. 23 — 7, — 


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14 Hoch ‚Alle. IV. Abſchnitt. $. 75. 


Er beftieg dem Thron, mit bem Titel Sfeger Sfanbal 
Khagan Tul Efen (von Sfeger, Naden, und Sfanl 
litu, Seſſel, d. i. der auf dem Naden thronende Khagan, 
L Dbers Khan) 307). Nachdem er ſich die vier verwande 
Voͤlkerſchaften unterworfen hatte, wurde er der Beherrf 
der 888,000 bes Tuübet⸗Volkes. — Unter biefen vier 1 
Berverwandten find, nah Schmidts Anficht, die vier Pro 
yon Tuüͤbets zu verfichen, wie fie Sfanange Annalen nennen: 
drei Bezirke Ngari, die vier Bezirke d Bus g Dfang, 
drei Bezirke m DosK’amgang.und H’Laffe, bie offen 
identifh mit den oben von. uns angeführten Kham, W 
Zzang und Ngari find, welche aber!in bes wirklichen Hiſt 
erſt weit ſpaͤter, im IX. Jahrhundert, als geſonderte u ber 
treten. Der Tübetifche Name des Berges Yarshia, ober 
nauer gefhhrieben Var la f[hamboi gangri®) (von Dar 
das Land des Buddha, ſchamboĩ, durch ſich ſelbſt eriftice 
gang, d. i. Schnee, ri, d. I. Berg), heißt eigentih Schn 
berg bes Buddhalandes, der buch ſich ſelbſt befte 
Nach der Chinefifchen Karte liegt er in ber Provinz Wei, c 
im centralen Tuͤbet, zwifchen dem großen Dyangbo und t 
Stüshen Muntſchu, zwifchen 29° und ION, Br. De Y 
lung, welcher in diefee Sage vorfommt, ift kein anderer 
dev oben genannte Da lungliang. In dem geogr. Diction 
@i vu thoung wen tchi wird er näher beſtimmt. Er fli 
beißt «8 da, In die Territorien von Lithang und Batbar 
und in andere, bie im Of von Kham zu Syutfhäan ge 
ven. Sein oberer Lauf heiße Niak tfo, und fo wird er a 


"nah Klaproths Verſicherung auf Kaiſer Khienlongs Ke 


vom Chineſiſchen Reihe genannt. Er komme in zwei Quell 
men (Matfhu und Mamu Zfitfirthana im W. und 
genannt) aus dem hohen Bayan Khara Gebirge, ober 

Schneekette von Sifan dem Waſſerſcheidezuge zwild 
DHoangsho und Jantſe Kiang, f. Afien Bd. I. ©. 171, Bd. 
S. 410). Er erhält erſt nach Wereinigung mehrerer, oberer : 
fiöffe den Namen Ya lung im Chinefifchen, eine Verbeehu 
des Tübetifchen Wortes Yarlung, und Rrömt eine Strecke la 





L 316. — Observatic 
Bu en  Blemire rot a Fake TOM 1820. p 4 
bis 


al., II. Of Gr., Zübet, Dalun.. 195 


Gewalt, von N. nah S., im Parallelthate mit 
pen Nachbar dem großen Kiang (Ta Kiang, 
Kiang in Szu tfhüan genannt), gewöhnlicher 
Klang (d. b. Goldfand:Strom), Mo bies 
wie ſchon oben bemerften, plöglich im Knie gegen 
mdet (etwa unter 26° N.Br.), ba ergieft ſich auch 
in denfelben, auf deſſen linkem oder nördlichen 
Dieſer Kinha Kiang {reviere du sable d’or), 
roth ausdrüdtic in feiner belehrenden Gritik 9) 
eiße im Tuͤbetiſchen Bourei tfiu, d. i. Pholais 
fifher Ausfprache, ober Ba tfchuz bie erkläre c#, 
die DVenetianer, Marco Polo, ber Ende XII. 
bis hierher vordbrang, ihn Brius nannte (che dis 
neia Caindu, nel qual fiume si truova molta quan- 
aiola) 10), Bekanntlich fpielt der Kin ha Kiang, 
nit dem Goldſande,“ zur nähern Nachweiſung 
m Lauf des grofen Dzangbo aus Tübet, als 
va, o:r als Jrawady, eine nicht unmichtige 
hier, vorläufig, an biefen Umſtand mit zu erinnern 
en. 

zum Ufer des Yalung, und buch ihm gu ber fos 
ten Grenze Chinas juruͤckgekehrt, fegen tie 
see Militair-Route, weftwärts, über bie: 
um zur neuen Grenze nad) Bathbang an 
ang felbft zu gelangen; berfelbe Weg, auf welchem 
er erfien Wiege Tübetifher Fürftenherrs 
em fhönen Thale bes Darlung, aud) die erfte 
n übers aus dem Dften nad) dem Werften 


Yalung⸗Sttrome geht es erſt, wegen ber Ger 
. W. über 3 Stationen, bie aber sufammen 18 
(295 21) betragen, nad) Lithang (f. die berichtigte 
efee Route auf Grimms Karte von Hoch-Afien), 
ber 6 Stationen gegen S. W. nad) Bathang!t), 


. € p. 809; ebenb. p. 205 Not. 1. im Weitsang thon clıy 
) Marco Polo Viaggi ed. C, Baldelli Boni. Firenze 4, 
. p- 260. Not. 451. ıt) Weitsang thon chy ed. p. 
219 — 200. 


N2 











106 Hoch⸗ Uſſen. IV. Abfchnite 473. 


Komeilung 2 Route dom Yalung Kiang äbes Eithan 
nad) Bathang am Kindha Stang. 


4: Bon bee Furth des Yalung⸗Stromes fligt der B 
gwei kleine geographiſche Meilen binauf nach Da fian bzong, x 
Steinhäufer ftehen, unb noch Fourage und Brennholz zu haben iſt. Ab 
von da an werben bie Stationen fehe lang, bie Wege werben weit ſchwi— 
riger als vorher, wegen ber vielen Deflleen, ber Hochgebirge und d 
räuber, welche dieſe Eandfchaften unficher machen. Daher vermweilt m 
gewöhnlich etwas zu Ma kian dzong, um hier bie möthigen Saur 


‚pferde und ben Neifeproylant zuſammenzubringen; daher fammeln fi 


dfter bie Reiſenden hier fo an, daß ſie nicht alle Unterkunft finden 18 
men, Kon da gebt es 24 geogr, Meil. (40 &) den großen Schnr 
berg Hinan, zur Herberge Zfian tfu warn. Oben auf ber Ber 
höbe, bie fehe ſteil ift, find peftilengialifheXuspüänfktungen 
Giftluft, die boͤſe Eich, f. Aflen Bd. IL &. 634). Nach dem Kera 


"Reigen gebt ed einen andern Berg Pho Iang fung Shan hHincı 


um zum Militairpoften (d. 5. Sin) zu kommen, wo ein Piquet Se 
daten zur Verfolgung ber Räuber und zur. Sichtrung ber Straße fiel 


Das Wirthöhaus Ngolo, das weftlidhe, Im Gegenſat eines frühe 


oſſt ichen, fteht von da nur 2 Stunden abwärts; von ber Yalun; 
Zurth aber 7 geogr. Meilen (135 Li) entfernt. Es wohnen ba an 11 
Familien dee Eingebornen, welche den Reifenden Lebensmittel und Bren 
Holz liefern; auch iſt ein Ghinefifches Wirthshaus hier, wo man 1 
Wegweifer (hier Ulahs genamt) wechfelt. 

2te Station, nah Hoſtchuſtſa, 7 geoge. Meilen (110 Ei 
Durch ein Thal, an einem mäßigen Berge bin, paffirt man ben Fi 
des großen Schneebergs, dann hinab zur‘ felfigen Waldſchluc 
fe ma la, wo ein Wirthehaus; eine durch Räuber fehr gefahrne 
Gegend. Ben da nah Mantfe, d. h. Warbarenlager, hinab zu ı 
am geringen Berge mit ber Schlucht Louan dyy Ela (d. h. Loch & 
aufgehäuften Rollſteine), und wieder bedeutend bergauf, an einem Mad 
nach Ho tchu tfa (d. h. Vachtpoſten ber feurigen Pfeik), wo cn! 
quet fteht und ein Wirthéhaus iſt. 

3. Rah Rithang- (Litentala a. D’Anrille's Carte de la Ohine 
an 3 geogr. Meilen (50%). Es geht über eine Brüde, an einem FI 
bin, gur Höhe, wo Ho chao pho liegts dann abwärts über win Plate, 
nad Lithang 222), einem Marktort von 200 Hänfern, mit Tuͤbete 
und Chinefen zu Bewohnern, Hier ſteht eine Garnifon. In den Wirtt 
haͤuſern wechfelt man für bie weitere Route feine Führer. Der Ort 
fee bebeutend, benn es wolmen hier über 1000 Tuͤbetiſche Kaufmann 
familien ; auch find mehrere Lama⸗Tempel bier, und ein Sroß⸗kama vi 


»ı9) Weitsaugihouchy 1. c. p. 194. 





ı 
‚v 


Oſt⸗Or., Tübet, Bathang-Koure, 197- 
/ 


mit der Mücke eines Rhamdu,. tat hler feine Biefi- 
ser find Budoha⸗Diener; fie haben viele Tempel ze), 
 Kuanti, ift dem beruͤhmten, legten Kaifer der 
 Romens geweiht. Jaͤhrlich, im achten Monate, 
er ber Lama ihre Schule, um nad) Szutſchnan 
ehen. Cs find ihre Vacanzen; denn im zehnten 
; ihrem Meiſter zuruͤck, zugleich bringen fit Ger ſte 
rberes Korn mit fi) in das Gebirgstand, auch an⸗ 
m Verlauf. Das Land um Lithang beingt Fein 
venig Gras, und auch bad Brennholz ft fparfam. 
t3 umber find ſehr wilbe Gebirge voll furchtbarer 
ſehr viel Schnee und Regen, und felbft im Sommer 
3 faft unaufhoͤrlich am Fuße ber Berge, wodurch bie‘ 
, Sn feüherer Zeit gehörte der Ort einer nomadi⸗ 


hfinghai, b. i. Kokos ober Khu⸗ekhu⸗NRorz 
Tüͤbet gehört, führt die große Marfhroute 


en Feſtungswerke bat man eingehen laſſen, doch hat 
U, und iſt der Sig eines Proviantmeifters und zwoier 
Civiliſten und eines Geiſtlichen. Dieſer Ort wurde 

shi, um das Jahr 70, in der Fehde gegen bie 

almädenüberfälle, unter IfosvangsArabdans 

Bd. I. S. 456),. befeftigh, und zu einem Hauptſtuͤt⸗ 
acht auf ter großen Heerfiraße na Tübet 
heimlichen Urberfaͤlte ber Feinde vom Khys thus 

aße auch über Lithang.ald cin großes rivtum 

ſiegreich zuruͤckſchlug. Um den frühen Empoͤrun⸗ 
de das Beamtenweſen ſeitdem ganz. auf CEdineſiſchen 
m Jahre 1729 erhielten bie Geiſtlichen wie bie Gie 
hre Patentes 1745 wurden ihre Grabe erhöht, unb 
erichiebenen Bebirgäs Tribus, welche das wilbe 
ohnten, vom ihnm ahaͤngig gemacht; man begreift 
ter dem gemeinſamen Namen ber vice Wa⸗chu 

owthang (ober Rungfathbangs Tübetifch Rge⸗ 
B: ſtarke geogr. Meilen (50 Li). Es geht über eine 
nr ſteilen Aloba ſang (Mangfhan- ber Chinef) 
Schneefeldern die Sonnenftrahlen fehr' glänzend ab⸗ 
tation ift nur: wenig. Holz und Fourage; bef dem 


t man Maulihiere und fonftiges Befährte, was man 


genommen, zuruͤck, und erhält. zur Deiterreiſe Fitz⸗ 
et. 
ahat, Tuͤbotiſch sera, 6% geogr. mernen 


hon chy I, e. p. 120. 








J 
X 
> 
: 











1986 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


(106 eij. Dan betritt nun einen fehe Talten Gebirgägan, wo, je ı 
tee man vorbringt, ber Citwind immer mehr alle gefrieren mc 
Weber bie WBerghöben Honang thu fang kommt man zum Kı 
hai tfu, d. 5. „zum ausgetrodneten See.’ Dann immer 

birge auf und ab, deren Felthoͤhen man in fünfmaligen Zickzackwald 
gen überfteigen muß. Der ſchmutzige Weg führt dann durch W 
darin viele Bäche zufammenlaufen, zu einem Wirthehaus, La eutha 
von da hat man ben Lamas Scan, d. 1. Berg der Lama’s (K 
krilamar b. D’Anville?) zu aberſteigen, um bie Wohnungen Lama 
zu erreichen. 

6 Bad Lyteng⸗Samba, 7 Beine geogr. Meilen (110 
Bon dem Flußufer der vorigen Station überfieigt man bie vier B 
shden Eharh’losi genannt, ein ungeheurer Haufen von Felfen, 
kein Baum waͤchſt. Aber Ienfeit kommt man in. ein Land, das 
mächtigen Baldungen, mit Gebüfchen und herrlich bewäfferten 5 
fen bebedt if; man tritt in Eul lang wang ein, wo ein verlafl 
Wirtsehaus flieht. Am Fuße des Berges folgt man dem Laufe « 
Fluſſes, paſſirt eine Plaine vor dem Thurme Thu tung tha vo 
bis zur Bruͤcke Lyteng (Samba, d. h. Brüde), wo bie Grenze 
Zerritorien von Lithang und Bathang ifl. 

7. Rad Ta fo thang, 64 geogr. Meilen (100 &i). Bon 
Bruͤcke führt ber Weg, über zufammengeftärzte Felſen, durch eine 
dichten Pinuswald, daß er die Sonnenftrahlen verbirgt; dann an © 
See vorüber. In der Ziefe am Fuße des Berges ficht man vermo! 
Bäume, theils aufrecht ſtehend, theils umgeſtuͤrzt; nie laͤßt fidy bier 
Belang eines Vogels hören. Go fteigt man aus bem Walde hinab 


Thal Über ven Fiuß Bolungba nad Ta fo thang, am Thal 


gange, wo ein Dorf mit Gteinhäufern, mit Herberge, Holz und Fou 
zu finden. 

8. Rad Siao Bathang (Klein B.), 4 geogr. Meilen (180 
Ban überfteigt in der erſten Hälfte des Weges einen ſehr fteilen 
hohen, ganz mit gefrornem Schnee bebediten Berguückenz; jenfeit h 
auf einem Bidgadwege duch Wald bi Pengtchaman, wo eine. 
berge, aber ohne Wirthöleute, Der Weg bergab wird Immer befch 
licher, bis zur Station, wo Steinhäufer, Holz und Heu, auch ar 
Begenftände von dem Ortsvorſteher zu haben find. ä 

9 Nach Basthang, 33 geogr. Meilen (545 Si) entfernt 
Lithang. Erſt im Thale hin überfleigt man eine Heine Höhe mit 
ſchiedenen Bäumen bewachſen, geht dann bergauf und ab, und burd 
anderes Thal in ben Canton von Bathang ꝛ0) ein, der, "übe 
geogr. Meilen (1000 2i) wei, eime fehdne, von Baͤchen und Quellen 


sb) Wei tmag thou ady La p. 20% re 


z 





III. Oſt⸗GSr. Tübet, Bathang. 199 


barbiefet, ‚mit leblichem Glima und klarem Simmel, 
und das Herz bes Menſchen erfreut. Der Himmel 
je im Reisti, d. i. m Inner⸗China. Aber es 


äbte und bie gemauerten Wohnungen. Doc wohnt 


j, das bei Ghinefen oft nur Ba ober Pa - (wie bei 
ı Proviantmeifter. 


von Bathang iſt hier fehe fruchtbar, fie ers 
‚ verfchiedene Obſtarten, Weintrauben, 
ofen, bie hier in folchee Menge wie in China 
4 beſchaͤftigen ſich bie Einwohner nicht mit bee 
Urſache diefee günftigen Naturdeſchaffenheit, ges 
chzogene, ungemein rauhe Hochgebirgenatur, iſt 
Einſchnitt des Kincha Kiang, der ganz nahe 
ithang voruͤberrauſcht. Aus den Bergen ragt 
über dem Thale der Ghlaga empor, der feine 
Kincha Kiang zufendet. Hier iſt ein Tas 
jeoßer Tempel 15) mit einem Erdwalle von 100 
umgeben. Der Lambo, b. 1. Ober Priefter, 
andern Lamas in Eleinen Erdhaͤuschen, welche 
ben, umher. Unter den Kloͤſtern dieſer Kamas 


welchen man keine Lebensmittel barreicht, das 


erfelben mit Lebensmitteln (wahrfcheintid vom 
ernement) verfehen. 3 
Zeiten gehörte biefer Canton dem Megenten 
affa; ein große® LamasKlofter, das hier 
amba von ber gelben Secte zu feinem Obers 
Inveflitur vom Dalai Lama erhält. Auch 
Khan von H’Laffa einen Gouverneur, einen 
n Dheba, Verweſer weltlicher Angelegenheiten, 
Rititaie s Gouverneur, f. Aſien Bd. I. S. 272, 
574) nad) einem alten Herlommen, das ſeit 


tanden hatte. Allein unter, Kalfer Kang⸗hi 


befannten Urſachen (ſ. Aften Bd. I. ©. 272) 
ein Seneraliffinus Wenphu, an der Spitze 
8, legte diefen Beamten, im Jahre 1718, Tri⸗ 
aterwarf ſich, noch weiter hit, das Land geü 
lieferten nur ſaumſelig den Proviant für dae 
g⸗his Tode (1723) vereinigte ber Mili 


om chy I-e: p. 121.. 





—E  -2 


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8 
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196 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


(106 EN). Man betritt nun einen fehe falten Gebivgögan, wo, fe 
ter man vordringt, der Eitwind immer mehr alles gefrieren m 


Weber die WBerghöben Houang thu fang kommt man zum K 
hai tfu, dd „zum ausgetrodneten See.’ Dann immer 


birge auf und ab, deren Keishöhen man in fünfmaligen Zickzackwal 
gen überfteigen muß. Der ſchmutzige Weg führt dann dur 8 
darin viele Bäche zufammenlaufen, zu einem Wirthehaus, La eutha 


von da bat man den Lama⸗Schan, d. i. Berg der Lama’s (I 


kri lamar b. D’Anville?) gu Aberfteigen, um bie Wohnungen Lam u 
gu erreichen. | 

6. Bad Eytengs Samba, 7 Beine geogr. Meilen (110 
Bon dem Flußufer ber vorigen Gtation überfteigt man bie vier 2 
shden Gharh’Losi genannt, ein -ungeheurer Haufen von Felſen, 
ten -Baum wählt. Aber Senfeit kommt man in ein Land, das 
mächtigen Baldungen, mit Gebüfchen und herrlich bewäfferten 
fen bedeckt iſt; man tritt in Eul lang wang ein, wo ein verla 
Wirtsehaus ſteht. Am Fuße des Berges folgt man dem Laufe 
Siluſſes, paſſirt eine Plaine vor dem Thurme Thu tung tha vi 
bis zur Bruͤcke Eyteng (Samba, d. h. Bruͤcke), wo bie Grenz 
Territorien von Lithang und Bathang ift. 

1. Rah Za fo thang, 64 geogr. Meilen (100 &). Kor 
Brüde führt der Weg, über zufammengeftärzte Felſen, durch ein 
dichten Pinuswald, daß er die Sonnenftrahlen verbirgt; dann an ı 
See vorhber. In der Tiefe am Fuße des Berges fieht man verme 
Bäume, theils aufrecht fichend, theils umgeſtuͤrzt; nie läßt ſich hie 
Geſang eined Vogels hören. So fteigt man aus bem Walde hinab 


ZThal über den Fluß Bolungba nah Ta fo thang, am Tha 


gange, wo ein Dorf mit Steinhäufern, mit Herberge, Holz und Fo 
au gr 

8. Nach Siao Bathang (Klein B.), 74 geogr. Meilen (12 
Man überfteigt in der erſten Hälfte bes Weges einen ſehr fteilen 
hohen, ganz mit gefrornem Schnee bebediten Bergruͤcken; jenfelt 
auf einem Bidigadwege durch Wald bis Pengthaman, wo eine 
berge, aber ohne Wirthöleute. Der Weg bergab wird immer befd 
Hier, bis zur Station, wo Steinhäufer, Holz unb su, auch co 


Gegenſtaͤnde von dem Ortsoorfteher zu haben find. 


9, Nah Basthang, 33 geogr. Meilen (545 Li) entferm 
Lithang. Erſt im Thale Hin überfleigt man eine Beine Höhe mit 
fehiebenen Bäumen bewachlen, geht dann bergauf und ab, und dur 
anderes Thal in ben Ganton von Bathang ’**) ein, ber, üb: 
arogr. Meilen (1000 2i) weit, eime fehdne, von Baͤchen und Quellen 


98) Wei mag thou hy bo p. 208 | nz 





, 


II. Oſt⸗Gr., Tuͤbet, Bathang. 199 


darbietet, mit lieblichem Glima und klarem Himmel, 
mb das Herz des Menſchen erfreut. Der Himmel 
fe in Rei⸗ti, d. i. m Inner⸗China. Aber es 


äbte und bie gemauerten Wohnungen. Doch wohnt 


, das bei Ghinefen oft nur Ba ober Pa (wie bei 
ı Proviansmeifter. 


von Bathang if hier fehr fruchtbar, fie ers 
„verſchiedene Obftarten, Weintrauben, 
ofen, die hier in ſolcher Menge wie in China 
h beſchaͤftigen fih die Einwohner nicht mit dee 
Urfache diefer günfligen Naturdefchaffenheit, ges 
hzogene, ungemein rauhe Hochgebirgsnatur, iſt 
Einſchnitt des Kincha Kiang, der ganz nahe 
thang vorüberraufht, Aus den Bergen ragt 
über dem Thale dee Ghlaga empor, der feine 
Kincha Kiang zufendee Hier iſt ein Tas 
roßer Tempel 15) mit einem Erdwalle von 100 
umgeben. Der Lambo, b. i. Ober: Priefter, 
andern Lamas in kleinen Erdhaͤuschen, welche 
ben, umber. Unter ben Klöftern biefer Lamas 


welchen man feine Lebensmittel barreicht, das 


jerfelben mit Lebensmitteln Waheſcheinlich vom 
ernement) verſehen. 

Zeiten gehoͤrte dieſer Canton dem Regenten 
afſaz ein großes Lama⸗Kloſter, das hier 
amba von der gelben Secte zu feinem Ober⸗ 
Inveſtitur vom Dalai fama erhält Auch 
Khan von H’Laffa einen Gouverneur, einen 
n Dheba, Verweſer weltlicher Angelegenheiten, 
Rititaie s Gouverneur, f. After Bb. I. S. 272, 
774) nach einem alten Herkommen, das feit 
fanden hatte. Allein unter. Kalfer Kang⸗hi 
befannten Urſachen (f. Aſien Bb. I. S. 272) 
ein Generaliffinus Wenphu, an der Spitze 
8, legte diefen Beamten, im Jahre 1718, Iris 
ıterwarf fich, noch weiter bit, bas Land geü 
lieferten nue faumfelig den Proviant für da 
18: hrs Tode (17233) vereinigte ber Miu⸗ 


ou chy-L-c. p. 128. 


















208: Nechelfien. EV. Mbfchnit. J. 75. 


Spinkfifche Marfchtoute kennen, dee wie daher auch hier Sa 
für Schritt folgen. Es ergiedt fih daraus; daß bier an E 
Pinteaubiidung mehr, wie fie in Weſt⸗Tuͤbet entfähleden ı 


| vorherrſcht (ſ. Aſien Bd. II. S. 891), zu denken tft, fon! 
vos die durchbrechenden Stromſyſteme, hier, das 9 


au Syſtem GentralsAfiens in feiner mächtigen füdöfktichen R: 
umgebung ſchon laͤngſt in ein tiefburhfurdtes Alpen 
birgstand der coloffaften Art umgewandelt haben (f. A 
Dd. IJ. Eini. S. 505 Bd. II. 416). s 

- Ma dem Routier >36) braucht man von ber Ueberf 
des Kincha Kiang bei Bathang, nordwärts,:bis Tfia 
dd am Lantfan Klang, zus Ueberfleigung der vielen Gebi 
päffe, anf ‚einer Strecke vom 84 geogr. Meilen (1406 Ei) We 
an 14 Tage Zeit, wenn man jede feiner angegebenen Stat 
Ken, was wol nicht eben, Wegen ber oft geoßen Entfernur 
Istsmer anzunehmen’ feyn mag, für einen ſolchen Tagemarſch 
en will, weswegen wie auch ben aumE er Subonen | 
Kagemärfche gewaͤhtt —— 


Anmerkung 3. Route vom Kinda — nach Ifiar 
am tan tfan Kiang. 


ı Siation, von der Stromaͤberfahrt nach Mangli, 
FR. geogr. Meilen (130 Li). Erſt zu der Berghoͤde Khung t 
ting, wo ein Wirtheheus, von wo an der Weg bergauf und ab u 
mein beſchwerlich ift, auch durch Räuber gefaͤhrlich bis Mangli 
Mangling, wo Wohnungen und Fourage. Der Dorfſchulze iſt 
Jengo ao ( Auͤbetiſcher Autel für Diebe). Hier werden bie Bäprer 
raoᷣegeſchiet. 

2. Rach Kudu, 7% geogr. Meilen (120 eh. uUeder den 2 
&ung fir Shan, ber im Winter und Frühling ganz mit Schnee 
beitt iſt. — Von hier an, weſtwaͤrts bis H’Laffa, findet ſich fehr | 
flg eine Art Pflanze vor, welche die Pferde trank macht; ſobald fie 
von freffen werden fie wie trunken und koͤnnen nicht mehr gehen (2). 
Bon dem Berge acht es nach Pangmu, wo Gteinhäufer, Wirthsi 


Nr, Holz und Grafungs vorher aber tft der Grenzberg Rt: 


ing Shan zu überfieigen, auf defien Höhe der Grenz ſtein 
ver Infeription ſteht. Weiter ſuͤbwaͤrts kommt man nach Re 
tun, einem Marktort, wo ein Chineſiſcher Tempel ſteht. 3 
Sapı, in 7ten Mond, verfammeln ſich bei ihm bie me von X 
— — 

v4) Mei tsang thou — L o. p. 20124. 


. Sr, Tuͤbet, TfamdorMoute. 203 


mbdo in fehe großer Anzahl zum Markte, nad 
um Einkauf und Verkauf. Dann tft noch ein Berg 
zur Station Kuhn, wo Wirthähäufer, Brennholz 


ınatfa, 64 geogr. Meilen (100 Li). ueber den 


ech die Region der Wolken und Rebel, wo aber ſehr 
die man zu vermeiden ſucht — offenbar die Gifte 
ht — Durch rauhe, ſteile Felswege geht es nad 
finwohner in unterirdiſchen Wohnungen haufen (wie 
. U. GS. 675, Dankhar, ebend. 722 u. a. O.). Bet 
Bebensmittel und Brennholz. Die dortigen Lamas 
roßer Theil des Volkes, unter ſchwarzen Filzzelten. 
cher Weg führt zum Wachtpoſten Klang tſa. 
‚hot, 73 geogr. Meilen (120 %)5 an bem Buß bee 
in; bann erflettert man einen andern hohen erg, 
‚ ſelbſt Mitte Sommer, Schnee trägt. Kalte Eis“ 
jebein burchbringen, herrſchen hier, bis man Rich⸗ 
inefen) erreicht, 


pankeou, 7 geogr. Meilen (110 &). : Das Land 


athan, d. i. die 8 boͤſen Stationen. Durch gut 
ber gebirgig und bewaldet nah Alathbang. Die 
ser find Hier fehr ungelehrig, grob, ſchaͤndlich. UBS 
n Heinen Schneeberge gehören, fleigt man zur Std 
ufer bes Ehypankeou, wo DehnhauſerSrag 
liefert alle fernern Beifebebürfnife. 

uthang, 5 geogr. Meilen (80 Ei), an zwei großen 


dem Han hoei thang yao und dem Chrkimy, 


ʒonnenſchimmer die Augen bienbet und "RB Sikennen 
wert. Kein Ruheplat auf diefem WegtT’iuf Um 
Lebensmittel nur auf dem Rüden mit fortbifigen 
ıthang ift ein zutes Wirthshaus und ein Piquet 
Drt gehoͤrt fon zum Zempels Territorium von 


Hiadzung, 6% geogr. Meilen (100 8). Ur 
: Mang Schan, kommt dann zum Muß, 
bend das enge Thal durchſtroͤmt nach Koeulthang; 
einen andern ruhigern Strom, und koͤmmt bergauf 
1, wo ein gutes Wirthshaus. 
ya, 5 geogr. Meilen (BO Li). Es geht an einem 
yegen, tiber fülechte Bruͤcken, den Weg hinauf, bis zu 
ie nach Rgo Iun do (Womdun) führt, wo Einwoh⸗ 
rage. Von da, gegen S. W., zur Station, wo Steine 
Fourage. Im Wirtkähaus ſchicht man bie Fuͤhrer 


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204 boqh · He, IN. Abſchaitt. .7. 


(Dula) zuroͤck. Hier zu Djaya ’*T) IR ein berkfmter Tem 
der in der. Erklärung ber Tafeln von Hoeitian, d. i. in ben DO: 
nanzen ber Mandſchu⸗MOynaſtie, ben Namen Djaya ober Ichayam 
führt. Er iſt mit einem Erdwall von 100 Klafter Umfang umge 
darin wohnen ale Eamen und ihr Oberer, bem ber .gonge Canton 
horcht. Auch wird hier in Djaya cin Tchuankingke, Tempel 
Tradition der heiligen Schriften genannt, ber vor jenem großen Zen 
liegt, in welchem bie Männer und Weiber bei Hochzeiten ihre Gefä 
recitiren. Der Brautwerber thut etwas Tſanpa (Mehlteig) in 
Haar ber Braut, und bie Che ift gefchlofien. Hier berrfchte früher 
eigener Tuͤbetiſcher Kutuchtu (f. Alten Bd. I. 8.260), der ben I 
Khan Kiao führte; als aber bie Ghinefifche Armee, im Jahre 17 
hier eindraug, wurbe das Land bem Dalai Lama übergeben, 1’ 
dieſe Gegend ganz H'Lari incorporirt, und gu Diaya nur ein Pr 
viantsInfpector eingeſezt. Das Volk umher ift (mie nicht fei 
in ber Nähe ber großen Heiligthuͤmer, 3. B. der Urga, Afien Bd. 
©. 213,232) fehr bochmüthig und wild; alle Werfuche baffelhe zu b 
digen find mislungen. Hier ift die Mitte bed Weges, ioifchen B 
thang und Zfiambo, — 
9. Nah Angti, 6 geogr. Meilen (95 Li), an den ſtarken 8 
kungen eines Fluͤßchens nah Yufuz dann gegen W. ſehr ſteil über 
wa hohen Schneeberg, beffen Schneefelder einer Silberwolke gie 
Ing. Der Nebel, den ber Berg aushaucht bringt in den menfchiid 
dypgs ein, und macht die Shinefen ungefund (mol bie böfe Sf! 
iftluft). So fteigt man auf und wieder ab bis zur Ötation, wo 
. Wistzhaufe bie Beduͤrfniſſe zur weiten Reife van den Lamas gelif 
‚ven. 3  ° 
BOHRER Beh Wangtfa, keine. volle.6 geogr. Meilen (90 Ei). 
ab wiebee ein großes Schneeberg überfliegen werben, der v 
Gteinhaufen, Felsbloͤcke und uͤbereinander gefchichtete Schneemaffen lie 
Wenn fie im Herbſt zum Theil ſchmelzen, ſtuͤrzen wuͤthende Schn 
waſſer in Gießbaͤchen herab. Der Weg ſteigt und fällt unaufhoͤrli— 
die Kälte macht bie Glieder erſtarren bis der Wachtpoſten Bang t 
t it, wo ein —— und das Ortsoberhaupt fuͤr die weit 
ſergt. 

11. Rad) Bagung, 3 gesgr. , Meilen (50 &). Man palfızt « 
Weiler Je douitbang (d. h. Abhang des heißen Fluſſes) vorüb: 
‚dann auf ebenem Wege nach San tao khia, dann über einen Berg, ı 
befien Gipfel fich der Weg hindreht, bis zum Bergort Ba gang tha 
wo ein Wirthehous. Das Ortsoberhaupt Jorge weiter, 

12. — Paotun, 6% geogr. Meilen (100 eij. ‚Immer im $ 





17) Wer tsang dan chy I. e. p. 122. 203, 209. 


III. Oſt⸗Or., Tuͤbet, Tſiamdo. 205 


tf und ab, wo man nur Schritt für Schritt geheh - 


ackte Werge zum Buß bes Khulung Schan, d.h; 
ich zeigen ſich in demfelben fehr viete Höhlen und 
ere oft gewaltigen Grotten und Hallen gleich ſehen, 
loden, Krüge unb andere hohle Gefäße erinnern, 
Zages erlimmt man auf windendem Pfade noch ei⸗ 
die Station liegt. 

ambo (Tchhangtı ber Ehinefen, Chamtou b. 
fe geogr. Meil. (150%). Man folgt einem Strome 
md große Höhen, die Brücden haben, welche in ber 


1. Der Weg iſt hoͤchſt fleil und beſchwerlich; er 
f und ab zu ben Steinhäufern von Mengpu (oben - 


ber in der Mitte einge ſehr tiefen Kluft Hegt. Von 
m, dann binanf und hinuͤber, zum Santon Klein 
ee ik mit Felfen und Baumwuchs bedeckt. Mahl 
sebräde, ber Weg tft zum reiten zu fchlecht, bis 
de von Szutfhäan (Szu tchhouan khiao) erreicht, 
ie Stadt Tſiamdo (IAchhangtu der Chineſen) 


8) hieß vor alten Zeiten K’ham, wie nod 
vinz von Tuͤbet. Die Stadt ift mit einem 
und von 200 Zamilien bewohnt. Drei Berge 
tüfle umgeben die Stadt unb fließen fie ein 
5.415), wodurch fie nebft der im Norden vor« 
btigen Kette ber Schneegebirge zum wichtigen 
chluͤſſel von Tuͤbet wird. Beide Fluͤſſe ziehen 
den Süd, und bilden In ihrem Verein den 
fang. Ueber den nördlicheren Fluß fest 
a Szutſchüan, Über den mehr [üblichen 


Yünnanz denn zu- beiden Provinzen bildet‘ 


er vom Weſten herkommt, das Eingangsthor. 
en Szutſ hüan iſt duch Wachthäufer und 
die gegen Thian, d. i. das nordweſt liche 
urch kleine Forts. 

von Tfiambe iſt eben fo. rauh und kalt wie 
er Ort gehoͤrte vordem, wie auch Djapa, ei⸗ 
Kutuchtu, mit dem Titel Chenkiao, bes 
ef der Chineſiſchen Armee, 1719,derſelben 


und daher mit Patent und nn als iR 


hoa ehy I. e. p. 214217. 





£ rm 


— — —— — 


wi ——— 


206 HachrAfin IV. Mbfhnit $. 75. 


Rutuchtu in dem geoßen Tempel zu Tfiamdo foͤrmlich inf 
ward; fein Vice⸗Kutuchtu refidirt im Tempel dee weſtliche! 
ma's zu Pianpa, im Welt von Chobando. Auch w 
‚bier, wie in andern großen und Bleinen Tempeln, Tſang 
ba's, welche die Geſchaͤfte von Civilbeamten beſorgen, ang. 
Der Groß⸗Kutuchtu tituliet fich Pakbala, der zweite 
ihm Sywanaz der erfle jener Civilbeamten Dun bdjun 
Bang, der zweite Doghing nangghie. Auch ein Pror 
Inſpectot wurde bier angeſtellt. Die Landeseinwohner fint 
alle Anhänger Buddha's; die Hälfte der Jugend ift dem £ 
Rande beftimmt. Die Gebräuche ber Einwohner von Tſia 
gleichen fehe denen von Lithangz fie efien gern alles roh. 
iſt hier einer der prachtvoliſten Tempel des ganzen Tuüͤbet 
Landes, in welchem ber kaiferliche Tempel mit der Chiffe 
Kaifers, vor idem man feine Profternation made. Er 
Jung khung fu 29) oder Shiangbalin, und befteht 
ſehr großen prachtvollen Saͤlen. Ein Kutuchtu und ein Tf 
bjuba vefldiren darin. Der Pungantang: Tempel in 
Drte ift von den Chinefen erbautz auch iſt noch ein Drac 
Tempel hier, und ein anderer, in dem bie beitigen Sd 
ertlärt werben. 

Außer diefem Lama:Gige finden fi) unmittelbare zunaͤch 
MW. und W. noch 4 andere Cantone, welde hier au 
Grenze zwifhen China in Oft und Tübet (Lant 
Khiang) in Weſt liegen, deren Bewohner den Chinefen da 
bei ihrem Einmarfhe nicht fo freundlih entgegen kamen. 
find die Cantone 2) von Rywudze, H’Lorung dzoı 
Chobando und Dorung dzoung, welche erſt gezuͤchtigt 





b, AN durch Chinefifche Magiſtrate gezügelt werden mußten, feitbem 
N ie wie der Mandarin fagt, nicht mehr ſchwer zu gouverniren w 
N A —Mach Rywudze geht der Weg aus dem ande der 
Er | fen gegen Norden nach den Steppen von Khu-Ehu:9 
M 9 der Ort iſt mit Paliſſaden und einer Erbniatiet von 1200 

| ii Umfang verfchanzt, in deren Mitte fich ein großer Tempel er 


Die Berge umher find fehr hoch, ihre Pils ſieht man aus m 

| Berne. Die dortigen Kutuchtu's waren ehedem von der gel 

8 Secke, jetzt tragen fie die rothe Muͤtze (d. h. es find € 
wa edjaba, welche dunkelrothe Klelder tragen, ſ ich den. 


...**°) Weitsang thou chy ]. e. p.122, . ?°) abend, p. 215—2 


[ 


I) 


IL. Oſt⸗Or., Tuͤbet, Nord⸗Grenza 207 


von deu andern Tuͤbetiſchen Lamas dadurch uns 
fie eben die rothe Muͤtze tragen und in der Ehe 
vohner Ieben meiſt unter ſchwarzen Filzzelten, b. 
on die Nomaden⸗Tribus an. 
Gantone im Weſten von Tſiamdo beißen 
ung, ber fih mit Rypwudze zis gleicher Zeit 
er Chiaefifhen Armee unterwarf, und Chor 
ongolifchen Teibus in Tuͤbet gehörig, two zwei 
gelben Secte find. Ihre Gebiete wurden bei 
leberfällen furchtbar verwuͤſtet, nach der Herſtel⸗ 
ng aber von dem Chineſiſchen Kaiſer an dem 
berwiefen. Auf gleiche Weiſe wurde damals 
der Gantene, im Suͤden bee letzteren, Das 
mit Tuͤbet einverleibt, fo baß alle vier ſeitdem 
ing K’ Ham, die bis gegen H’Lari weicht) ges 
d iſt außerordentlih arm und öbe, bee Boden 
ichtbat, aber die Daupturfache dieſes Zuſtandes 
a6 fehr rauhe Clima. — Die Lage muß alfe, 
. wol ſeht hoch ſeyn. 
beſtimmteſten Erläuterungen wird es nun beut. 


es in der Chinefifchen Geographie 2!) unter dem _ 


nzen heiße: Tüͤbet dehnt ſich gegen Dften bie 
han im Lande Bathangz es grenzt an bie 
chüan und an das Land Thian (d. i. N. W⸗ 


je gegen Khusthu:Mor, die Gobiund 
Zurkeflan. 
beſtimmtheit der Morbgrenze Tuͤbets bleibt und 
die fehr vage Angabe der Routen von H'Laſſa 
n keine noch lehrreich genug iſt, uns genamer zu 
Chineſiſche Geographie 22) giebt nur im 
ichtungen gegen N. und N.D. von H'kaſſa 
NW, anz auf den beiden erfleren gelangt 
n Kinchakiang, auf dem hohen Steppenlande, 
Mor und nah. Sining, auf der dritten 


a vom Hr ſ as Tempel gegen Nord, peißt * 


kouchy Le. p. I1I. 2?) ebend. 2. 4— 46. 


— J!J 











208  Hoh-Aflen IV. Abfchnita $. 75 


fo trite man aus ben Engpaͤſſen des Fluſſes Yang bad 
(3 0b ber obere Lauf des Stromes, der bei HLaſſa ſuͤdwaͤrts 
scherfließt?) heraus, paffirt die Neue Brüde (Sin Ehiao) 
teitt ein in die Plaine (mol das ebene Plateauland im 5 
ben mit dem Steppenboben). Im Weſten von biefem Pr 
beginnt Hinter: Tüber (Tſang). Weiter gegen ben No 
fegt man durch fehe weite Steppen und kommt an den | 
Muruuffu, dei. der obere Quellarm bes Kinchaki«c 


des großen Suͤdſtroms von China, wo er noch die Plateauh 


des Gebietes von Khu⸗khn⸗Nor duchfchlängelt. Dann err 


. man Barzjang:gutfcha (?) an ber u. des Landes 


See Khu⸗khu⸗Mor. 

b) Richtung nach Sining fu. Geht man gegen 9 
über den Tempel und das Kloſter Sera, keine zwei Stu 
von H'Lafſa, fo hat man von ba den Fluß Phumdo (?) 
Eifenkettsubrüden zu üderfegen. Dan kommt an ben Kiöf 
Birgundzu (m N.O. von H’Laffa gelegen) 323), an R 
jong, Dietogum vorüber, und gelangt eben fo zum Mu 
uffu und von da auf die graße Route nah Sining fı 
oben S.183,. Afien Bd. I. G. 172). 

Nur ein paar andere, hiemit zu vergleichende Kotizen 
uns bekannt geworben, welche diefelben Straßenzuͤge betre 
aber eben fo wenig wie jene Angaben mit den beſten Karten, 
auch dieſe mit jenen, binfichtlich dee Namen, fich in keine Le 


einſtimmung bringen laſſen. 


Nah H. de la Penna's Angaben 29 grenzt das DE 
Gebiet Tuͤbets gegen N. an Kiang, umb diefem gegen NR. 

Khu⸗khu⸗Nor. In diefem Kiang (richtiger K’hiang, was 
atten Zeit fletö die Nord⸗Tuͤbeter gegen den Khu⸗khu⸗ 
im Allgemeinen bezeichnete) 25) liege Dam (2), 8 Tagereiſen 
SS Laffa, wo aufer einem, königlichen Palafte und dem des © 
halter (Dux) fonft keine Häufer fiehen, denn das Volk wı 
in Zelten, meiſt Tataren, wenige find Tuͤbeter. — Hier iſt 


ſchon die Grenze des nördlichen Steppenlandes. — Zwei 


gereiſen jenfeits Dam kommt man nad Nakcihukha, 


letzten Burg: (2), aber noch nicht zu den Außerfien Grenzen 


Tuͤbeter. Nun kommen auf einer Reife von 40 Lasen e 





3923) Weitsang thou chy J, c. p. 132. 3°) P. er 
Tibet. L 0. p. 422. *®) Weitsan tkon chy I. e, p.25. 


I. fier., Süßer, Nordgrenge 200 


ſondern nur Belte, welche zue Herberge Bi« 
inwohner find dort Nomaden, bie ihre Heer⸗ 
nzählbarer Menge melden, und fid von Milch, 
 Hammelfleifh naͤhten. Nah 40 Tagen er⸗ 
i cihu (Bi tfiu, der Tuͤbetiſche Name des 
Mongolifchen oder obern Laufe des Gros 
ng ber Ehinefen), der größte Fluß, den man 
en gemacht, überfegt. Scifft man einen gaw 
indet man eine Nachtſtation auf einer Heinen 
Bon da mit der Morgendbämmerung weiter 
an gegen Mittag an das Ufer zu einem Hang 


hen Nomadenvolke (die Zangut), Dann 


Monat bis Zoloma (?),: und von da am 
usthu:Nor, an die Nordgrenze bee Tuͤbe⸗ 
lang (d. i Tangut). Von der Anwoh⸗ 
aAfſu ſagt ein eigner Artikel 2%) in ber Chi⸗ 
daß ſich Ihre Tribus bis an die Grenzen von 

Ihr Land reihe bis an das Land der. Hos 
en von Dam, wodurch unſere früher geaͤu⸗ 


yentität jener nomadiſchen Voͤlkerſchaften be⸗ | 


ich heißt es daſelbſt, daß fie auch unter eine 
und daß fie alle gleichen Urſprungs wären, 
z Mongoliſch. 

n Tuͤbet war, 1783, kam in Tefhavumbu 
ren von Khumbak (ein Kalmüdenflamm)27y 
weiche beim Lama ihre Opfer beachten, -bie in 
d einigen hundert Dferden beflanden Sie 
Ausfage, aus einer Gegend am Suklum⸗ 
u?), die 40 Tage hintere H’Laffa liege 
in 12 Tagen nah H'Eaſſa; von da nad 
offenbar Dam bei Georgi, nach Obigem), 
ie zum Sullum, ein Name, ber uns fon 


e Deiſende, deſſen Roufier wir ſchon oben 
ngri Meidan mitgetheilt haben (ob. &.98), 


von H'Laffa mad der Chinefifchen Grenze 


und Basebe wu wenig genau BERN, 


chy Li ce. p: 270. ar, Turner Emb. „a; 


« 


“ 





ZPliian. — 


[78 
In 
* 





} 


212 Hoech⸗Aſen. IV. Abfhnler. 4. 7% 


Bogasla, Sunggasia und Diasla (la, d. h. tm Tt 
fhen Paſſage). Die Sungga:la, beißt «8 an siner ar 
Stelle 333), beftehen aus aufgehäuften Seifen, die ſchwer zu 
firen find; die Dja⸗lq ftoßen daran, find jedoch zu paſſ 
die Goga⸗la aber (au Moyu⸗la) find ſehr hohe Sei 
vol Schnee und gefährlicher Nebel. Alte diefe fcheiden die 
deter ab von den Barbaren, welche zwiſchen ihnen unt 
Landfchaften Yunnan und Afam wohnen; fie heißen bei 
Tüuͤbetern H'lokba (Yo⸗yu der Chinefen) und Dijui 
(Joupa dee Chinefm). Auch werden die Tüͤbeter von i 
abgefchieden durch den (füblihen) Nu⸗Kiang, ein Fuß, 
fehe breit und zwiſchen fleiten Ufern fo reißend iſt, daß mar 
in keinem Kahne überfegen kann. Die Provinz Tuͤbets, w 
an biefes Land der wilden Barbaren flößt, heißt Gon 
Es folgt unmittelbar alfo, bag Bombo hier die füdlichfte 
vinz Zübers if. Dieſes Gombo fage Pat. Defideri, b 
Kombo ?*) nennt, für uns ſehr Ichrreich, heiße auch Ta 
ober Takpo Enier, und fey ein ſehr weitläuftige® Land, dc 
Kong tfeu und in Konghe⸗me getheilt ſey. Genauer fc 
indeß bie Unterfheidung zwifchen beiden Statt zu finden, 
Klaproth nah Chinefiihen Geographen 3°) angiebt, dat 
große Dzangbo beide Provinzen von einander fcheider, fo 
Dakbo auf feinen rechten oder füdwefllihen Ufer, Gun 
(Gombo) auf feinem öfttichen Liegen bleibt. 

In SW. >) von H’Laffa (alfo in Weſt des genan 
&om bo) grenzt Tüber an das Land Brough⸗ba, d. i. an das 
liche Aſam undeinen Theil von Bhutan oderBhraebung, t 
am Bhalbo (d. i. Ne⸗pal), über welches man nah Sipe 
d. i. die Weſt laͤnder, bier die Befigungen der Briten in In 
u. ſ. w. gehe. In der Lage jener obigen Provinz; SGombo und 
Sitze jener Barbaren kann alfo kein Zweifel obwalten. 4 
mehr ergiebt ſich dies aus der näheren Beflimmung ber Lage 
ſes NusKiangs Fluffe® (der nicht mit einem andern weit 
licheren Fluſſe deſſelben Namens verwechſelt werden darf). 1 
mar im Norden deſſelben (alfo in der Provinz Gombo g 
Of), fo komme man duch Die dang, ein Tempel am € 





”*®) Weitsang ihon chy I. c. p.11&  _ **) P. Desideri Not 

„.'e Tubet, rec, p. N. Delisle in Nenr. Journ. Asiat. T. VII. p- 
) Klaproth Mem. relat. a l’Asie. 1828, T.IIL p. 377. se), 
tsang thou ehy |. e, p, 44. 


— 


I. Oſt⸗Gr., Tuͤbet, Suͤdgrenze. 213 


Jen 9d.0-Fiuffes, welcher nothwendig aberſete 
ol davon nichts geſagt wird; dann durch das 
Senghe⸗dzong (?) über den Fluß Lans 
d. i der Strom von Zfiamdo, und gelangt 
uf die große Route von Non⸗-⸗dung (Nan⸗ 
tun), jenem befuchten Zempel und Markt⸗ 
en Oſtgrenze Tübets (f. oben S..200), 
Querſtraße durch die füdlichite Region T üe 
& jene obige, welche von Tſiamdo direct ges 
lari nah H’Laffa führe Zwiſchen beis 
uf der Nordfeite des großen Dzangbo, 
Querſtraße in füdöftlicher Richtung geben, 
tionem wir zwar gar nicht näher kennen, bie 
firhen Geographie nicht überfehen werden darf. 
H’Laffa:Tempet, heißt es, geht man von 
im Chineſ.) über das Kloſter Djugong (2) 
na Goldſand ſammelt; dann kommt man 
ch das Thal Barkathang, duch Tfium⸗ 
„das an Rywutſe grenzt, wo eine Commu⸗ 
oßen Tſiamdo⸗Straße. ‚Safe NusKiang. 
ı einer andern Stelle 77), die Südgrenze 
ei wiederholt wird, dag man ihn nicht über 
f ber Zübetifchen Karte bat ee ben Namen 
d. i. det Strom. des ſchwarzen Schlam⸗ 


unbedeutend; er entſpringt ig den Gebirgen 


f der Suͤdſeite des Palte⸗Sees, und heißt 
fe wie dieſes Gebirge. Er durchſchneidet 
oth nach Tuͤbetiſchen Angaben zeigt, das [üds 
N.W. nah. SD, als fübliher Parallelſtrom 
hen Dzangbo⸗Stromes, nimmt bei dre Stadt 
6 den Mon tfiu (Mun⸗tchu) auf, der 
ommt, und deſſen Name nun auch der Haupt⸗ 
dann tritt er in das Land ber Barbaren 
d ergießt ſich, nie Klaproth's Nota l. c. 


nad Zübetifchen Angaben verfichert, in be, ' 


o⸗Strom (alfo als rechter Zufluß zu demfel⸗ 
ſer Barbarenz «6 müßte. denn hier unte 


u diy I. o. :MZ Nat: ee Not. L. 
Carte du Tibet. 


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26 





' Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


Dzang⸗bo tfin etwa der Dihong, welcher erſt jängf 
bie Briten daſelbſt entdeckt worden iſt, verſtanden ſeyn; 
alſo jedenfalls im Norden der Terra incognita Nord⸗2 


Inden Brahmaputra und nicht in den Irawadi. 


Jene H'tok ba 39) und Djuk⸗ba werden als roh 
barenvölker gefchitdert, thierifch und dumm, ohne Ken 
der Buddhareligion. Sie effen gern Salz, bauen 
Ader, weben kein Zeug, Leiden fih im Sommer in Baı 
ter, im Winter in Xhierfelle und leben in Höhlen. Gie 


den fich Kerben in bie Lippen und färben diefe bunt, J 
ihr Hauptermerb, ſelbſt die giftigen . kriechenden Thiere ei 


Es war der Gebrauch bei den Zübetern, zumeilen bie zur 
verurtheilten Verbrecher in die Thaͤler des Nukiang⸗Fli 
ſchicken, wo dann die Horden ber H'lokba über fie h 
und fie auffraßen; gegenwärtig fällt die6 aber weg, weil d 
nefifhe Strafcoder in Zübet eingeführt if. 

Diieſelbe Notiz von den eingefchnittenen Lippen ber H 
hatte die Capuciner:Miffion ſchon mitgetheilt, die 
Drovinz Takpo zu Takpo Cini”), alfo nahe an der 
grenze gegen den Nu Kiang (Lubnaghtfiu) ein 
tiuns der Capuciner eingerichtet hatte Pat. Horace 
Penna nennt es Trogne*!), «8 liege 15 Tagereiſen 
Sid von H’Laffa; es fey A. 1717 errichtet, vorzuͤgl 
den Wein zum Abendmale zu erhalten, den man von kei 
bern Seite in Tuͤbet wolfeiler befommep koͤnne. 

Pat. Georgi unterſcheidet die Provinz Takpo (T 
wahrfcheinlich jenes von Djukba bewohnte Land), als die 
lichere und größere, zwifchen den Provinzen Wei 
Kahang im O., Dzang im W., gelegen, die in 7 
Diſtricte zerfalle, von der noch füdlicher An fie anſtoßend 
vinz Kombo (oder Gombo), welches ebenfalls gegen 
Kahang, gegen W. aber an Bregion (oder Bramat 
wahrſcheinlich Sikim) und Lhobn, gegen &. aber.an di 
kaha⸗ptra grenze (d. i. Völker mit den eingeſchnit 
kippen, von Iho, meridies, kabä, — ptra, i. e. in 


229 wei tsang thou chy I. c. p. 72, 272 - 273. 20) p. 
Alphabet, Tibetan. 1. c.. p. 423. +1) D. Anton. M. 
_ Representacion etc. a la Sagrada congregacion de Pro; 
Fide sopre el estado actual de la Mission del Thibet 
Madrid 1744. 4. p. 91: 


II. Oſt⸗Ge., Tuͤbet, Suͤdgrenze. 215 


raͤnkten fie mit rothen, gelben, Blauen Sarben, 


ihren. Kindern die Lippen nfit unauslöfchlichen 


ten. Daß diefee Name der H'Lokba oder 


Sranzöfifhen auch Lhauba gefchrieben), aber 


ie an der Südgrenze Tübers, weſtwaͤrts 
ngbo⸗Stromes wohnenden Barbaren ange 
een aud auf die viel weiter ofimärts und 
‚menden, ergiebt fich aus des fonft ſeht genauen 
Angabe, wo er fagt: im Süden von Tuͤbet 
die Völker, weiche fie Lhauba ??), das heit 
Südens nennen; es find: Barbaren die je⸗ 


riet in ihr Land vertwehren, fie treiben Handel 


die fich durch das weite Land auedehnt von 


fong? f. ob. S. 152, wo wir die Dukba⸗ 


bi nah Sining, von dem fie buch ms 
püfte Hochgebirge getrennt find, Wenn nım 
pucinee Miſſionars Hor. be la Penne von 
360:Strome (Tzhang⸗po oder Tzhang⸗ 
i) #3) fagen, daß er im Süden von H'Lafſſa 
dann nah langem-Laufe (gegen S.D,) 
opa fich ergieße, dann aber wieder aus 
ortrete und zum Ganges fließe (met- 
rum intervalla in Lacus Lopa, inde rursus 
fE damit zwar die Anfiche ber Identitaͤt des 
jengolifhen Brabmaputra auch ſchon 
rells Kartenzelchnung als die Tübetifche Lan⸗ 
wochen, wie fie auh S. Turner dort aus⸗ 
in Bd. I. &.485), aber das hier außgefprg> 
pa mergitur, läßt ſich wegen‘ ber weiten 
5 Volkes, dem dieſer Mame des Sers oder 
afferfammiung ebenfalls anzugehören fcheint, 
Locale deuten, und es ift nur zu bedauern, 
ie in ihrem Hoſpiz zu Trogne oder Takpo⸗ 
gende näher beſtimmt und auf: keiner. Karte 
bei der, größten Annäherung an biefe 


je ein Europder von bes Re edfeite — 


otes sur le Tubet en p. N. Delisie, N. Journ. 
VIII. p. 119... *°) P. Georgi re Ti 
162: 4 p- 343. 


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216 Hoch⸗Allen. IV. abſchnitt. $. 78. 


bat, nicht genauere Berichte über den Lauf bes Haupef 
im Lande eingezogen haben, oder dag und Hoc. de la Pe 
Driginals Manufcripte, die fih in Paris befinden ſollten 


nicht vollftändig mitgeheilt find. - Da fie von der bequemfl 


aus dbiefer CapucinessMiffion ihren Abendmals 
für das hohe Tübet zu beziehen, fprechen: fo muß bie Pr: 
Tatbo (Tak⸗pou⸗y auf D’Anville, Dakbo auf Kc 
Karte), welche auch einiiimmig auf allen Karten auf das 

ufer bed großen Dzangbo⸗Stromes, gegen feinen € 
lauf eingezeichnet wird, entweder ſelbſt ſchon ein warmes 2 
chima haben, was als Mittelſtufe gwifchen Tuͤbet und 

etwa dem von Mittel: Bhutan emtfpräche, wo noch Drang 
monen und Diango’s. gedeihen, oder leicht buch ben H 


> jenes Getränk von den füdlichen Nachbarn haben echalte 


‚men, bie ja wie Pat. Defideri ausdrüdtic fagte, Con 
trieben, und wol. keineswegs fo ganz barbarifch ſeyn mocht 
fie bei den Tübetern oder Bhutanern nur als Nicht⸗Budd 
Völker und Feinde verfchrien waren. Diefem Umſtande b 
lichern und verhaͤltnißmaͤßig tiefen Lage dieſes Landesthei 
wol die Benennung zuzuſchreiben, welche die Capuciner⸗ 
als von ihren brei Goͤttern herruͤhrend, nach Lamaſagen vo 
felben anführt, das Untere Tübet (Tibet inferius, Ta 
Gong-bö Khang, i. e. Regaum Prastinmo) 34), im © 
von MittelsTübet (medium), wo H’Laffa und ! 
Zumbu legen und von Ober⸗Tuͤbet (superius), w 
Nga⸗»ri gleichbedeutend erfcheint, zu welchem wir fogle 
zum Quelllanbe ‚bes Hauptſtromes aus biefem feinen umter 
gebiete auffleigen werden, wenn wie vorher nur noch ei 
iſolirt ſtehendes Datum über die Lanbfchaft A m d 
Capueiner, die an die aͤußerſte Sübofl: Grenze Tübers ı 
Oſt⸗Ufer des geoßen Dyangbo s Stromes gehört, hier, für 1 
weitere Sorfhung in feine geographilche Reihenfolge bin 
haben werden. 

In der von Hor. be la Penna mitgetheilten 
lung Tuͤbets in 10 Hauptprovinzen, deren größere Zahl t 
den Angaben der Chineſiſchen Geographie ale gut über 
mend nachgewiefen haben, wird zuletzt das Königreich Ama! 





206) P, Georg; habet- Yibelaa. 


, I. OfbCr,, Füße, Amdoa. 217 


lage fo angegeben isich. Es llege 45 Tagereiſen 
Eaffa, am der Grenze von China, alfo gegen : 


gegen Nord an Khu⸗khu⸗Nor und Kiang, 
Rahang, gegen Süd an Tonkin, oder wie 
pol an Pegu (d. i. das nördlihe Bicman) 
ina (d. i. Yunnan)z denn darüber ſey Un, 
ie Zübeter wenig von Tunkin, Pegu.und 
Es würde alfo zwifchen 27 bis 30° N. Br. fal⸗ 
döftiichfte fo problematifche Proving Tuͤbets bes 
Szutfchüan, Yunnan und dem Birma« 
Aber auch ſchon von Kahang, das gegen IB, 
Combo grenzte, ließ fih nah DH. be la Pens 
Bemühungen nichts genaueres erforfchen, mei 
darüber bei den Einheimifhen nur Misſtrauen 
e Copie der großen Zübet Landkarte (Cho- 
ılae) im Kofler zu Lapranga in Pusala 
‚ noch weniger alfo über Amdoa, bie Weſt⸗ 
on diefes Amdoa find daher wol nur fehr uns. 
deutet. Nun wird gefagt, das Regnum Am- 
ovingen, berem Namen wir, wenn fie. auch noch 
sm mögen, wie die meiften der übrigen, daher 
nnen fehe erfchweren, doch hierher ſetzen zu kuͤnf⸗ 
ung. 1) Cenis giungba, 2) Jarba, 3) Ara, 
) Tzator, 6) Tarjong, 7) Tebo, 8) Ngaba, 
10) Corluns, 11) Ciuſang, 1) Sambo, 
4) Cungbung. Wir wiſſen fie nirgends nach⸗ 
vird aber von den Bewohnern dieſes Landes ge⸗ 
per haben einen ſehr fcharfen und bucchbringen« 
fie fpsechen die Tuͤbetiſche Sprache, ihre 
e, ſehr elegant, aber auch die Chineſiſche und 


© Während der dreißig Jahre, die Pa. Horn 


in Fübet bei dee Miſſion war, bemerkte er, daß 
ber Academie, alle Haupt: Doctoren, d. i. die 
gelehtten Buddhiſtiſchen Geiſtlichkeit des Groß⸗ 
ſt die Lehrer dee jungen Lamas faſt ohne Ause 


a:Reiche ‚geboren waren, oder bach daher ſtamme 


ſehr ausgezeichnete, gebilbeted Volk im Oſten 
Bölkee ? unter gleichem Breiten⸗Parallel mit ih⸗ 
Namen und Gefhicte und; wenigſtens außte 
ae wicht brkannt iſt. ei 








218 Hoch Alm. IV. Abſchnitt. $. 75. 


Im Canon Regum et Supremorum Lhamarum #0) kom 
die Ambdoer zwar auc vor, aber nur als Confoͤderirte 
XXXII Reguli von Khusthu: Mor, unter denen auch ein 
nig vom Xmbdoa (den Patet Georgi für einen Regenten 
Hami hält), eine Role in der Geſchichte der Dyungaren U 
fälle in Tuͤbet fptelt, die jene im Jahre 1714 nach Tuͤbet be 
heiode haben follen. Beſonders merkwürdig ift dieſes Am 


noch dadurd). daß einer der berühmteften Groß: Lamas, 330 


khaba (ZTz-hon-ka-pa b. P. Georgi) 7), welcher ber gr 
Doctor feiner Zeit heißt, der Erbauer vieler Kloͤſter, Autor 
ler Schriften war und heiliger ale der Groß: Lama felbft ge 
fen wurde, von baher gebürtig war (er ſtirbt 1312), Am 


ſcheint und der füdlichfte jener mit Khu⸗khu⸗Nor verbund: 


Staaten geweſen zu ſeyn, ber durch die Chinefifchen Kriege 
zaͤhlloſen Revolutionen im Kampfe zwiſchen geiſtlicher und « 
licher Macht, in jenen Gegenden ſeine Aufloͤſung gefunden 

über welche uns aber bis jetzt die Geſchichte fehlt, wenn ſie: 
in den. leider noch duch Ab. Remuſats zu frühen Tod un 
gebliebenen Handfchriften des Pater Hor. de Ia Penna. Harer 
Augen gelegt ift, al6 in den verworrenen Gompilationen des ! 
Georgi (f. Afien Bd. II. S. 463). Da alle neuern F 
fhungen und Unterfuhungen über biefe Edge 
gen Tübets aber von der Afamefifh - Birmanifd 
Seite duch bie Britenentdedungen von da ausgegangen | 
wobuch uns auch, wie durch Hamiltons und Klapro 
unermübdete Arbeiten manche Belehrungen über jene Barbar 
fämme zw Theil wurden, mie über die Fortſetzung 


Stromlaͤufe, fo werden uns biefe bei der Afamefen & 


ſchaft zu Gute kommen; von bier aber kehren wie zu dem ob 
Tübet und dem Quelllande bes Großen Dyangborfu zu 


7. Die Haupt: Ströme Kübets und feine Gemäf 
8) Der große Dyangbo s Strom und feine Zuflüffe.. 
Sekhen wir nad) Ober: Kübet, oder Nga⸗ri, und 
das Weſtende von Dyang zuruͤch, 1 ft bien der Ghangtie 


| "se Canon ‚Regum etc. in Pat. Georgi Alpbabetum. Tibetan. | 
31334. 07) ‘Canon Rezum l. c. P- 316; ' ww. 
ou chy lc p 112 No u: n 


IT. Oft-Gr., Tübet, Hydrogtaphie. 219 


zang *) heißt im Tuͤbetiſchen Schnee, defa 
fo das Land der Schneeberge?), in enge; 
dere Karlafa, an ben heiligen Doppelfeen, dee 
Ausgangspunct unferer Unterfuhung (f. oben 
en Bd. I. 473 c.). Es liegt diefer Schnees 
Shinefifchen Geographie +9), im N.D. der Tuͤbe⸗ 
 Myasri, bat über 9 geoge. Meilen (140 &i) 
allen Seiten fteil, und von feinen ewigen Schnees 
ets unzählige Quellen herab. Er gilt für den 
ge, und wird in Hindubuͤchern Oneuta ges 
toßen die vier Thierberge (die Khababhs) 
ined Pferdes (Tam tfiogh K'habhabh), 


en (Rang tfien Eh), eines Löwen (Songs 


1056 Pfauen (Mabahia E’h) an, und dehnen 
ilen (800 Li) weit, bis zu bem Hochgebirge von 

ift alfo die ſonſt gänzlich unbelannte Not d⸗ 
en zieht ſich, als Sudkette von da, auf eine 
eogr. Meiten [1000 Li), auf der Grenze gegen 
0), das Thungzia= Gebirge, deffen Gipfel fehr 
d, deffen ungeheure Schneemaffen, die baffelbe 
3 ſchmelzen; dies iſt alfo die Nepaleſiſche His 
mit der Dhamalagiri: Gruppe. Zwiſchen 
und Süd: Ketten, im dußeriten weltlichen 
un in jenem Thier:Berge (Tamtfiogh 
aru Dzang bo ‚tfin 0), das ift der große 
5 bo, der Hauptſtrom von Zübet feine Quelle; 
gegen O. und S. O. durch ganz Tuͤbet. 


ſelbe große Fluß, der von den Anwohnern der 


Kailaſa, an den heiligen Doppel-Seen, den Na⸗ 
ampa 5!) erhielt, welcher durch Uſſang (d. i. 
oder Wei-Dzang, Ober⸗Tuͤbet) ſtroͤmt, 
von andern Tamjok genannt wurde (Kampa 
ißt dort fo viel als Fluß). Die Wegſtrecke von 
auf ebenen Wegen bie Teſhu Lumbu, wurde 

„O'Lafſa auf 34 Monat von jenen pansı 
f a’8 angegeben. 


fetfen ongol. Geſch. Rot. 3473 Weitsang hou hy 
*°) Weitsang thou chy 1. c. p. 115. 

16 Not. 1 v. Klapr, ° *') Herbeit Survey in Aniat, 

p- 309, 876, 371. 


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29 Hoch⸗diſien. IV. Mbfhaiet. $..75. 


Eelder, fügt das Wei tfang.thbou hy, außer einer N 
daß alle Ftüffe in Ngasri, bis Dſchaſchilumbo (Ti 
Lumbu) im Sommer, wenn fie bei den großen Waffern 

getreten feyen, den gemeinfamen Namen Luhai, d. i. die S 


| Meere), führten, was wol auf ihre großen Weberfchwemr 


gen hindeuten mag, nichts genaueres über diefen Hauptſtrom 
Bandes. Diefen Mangel bat, was das Topiſche diefes 
drographiſchen Syſtemes betrifft, die befannte und 
sühmte Arbeit Klaprothe über den Lauf diefes S 
mes?) und feine Identität mit dem Jrawaddy erfeht, w 


durch den Schatz ihrer geleheten Mittheilungen aus Chineft 


Tuͤbetiſchen und andern orientalifchen Quellen zeigt, wie ſeh 


Geographie dieſes Erdthelis durch ähnliche Arbeiten ber Ver 


sung noch fähig iſt. Wir innen nichts befiere® thun, ale 
Ihe die wichtigften Facta, in der Ordnung wie fie hierher geb 
entuchwmen, und werben, wa wir bie verfchisdbeuen Memoire 


. dtisen haben, fie mit Mem. J., IL und II. näher begeichnen 


wol auch das legtere derfelben die wichtigfien Angaben der b 
eifkeren, mit enthält. 

Der Name Dzangbo heißt fo viel als „rein und Ei 
afu, oder tfin, tchou, iſt der gewöhnliche Name für | 
Bolftändiger il der Name Paͤru Dzangbo tfüu 5%), 
larer Grenzſtrom bes Weftens, weil er aus Weſt⸗2 
dommt, Diefen Namen hat &. Turner in Teſhu Lun 
kerig, in Ere:hoemzsboo ausgedrüdt, wo man ihm fagt: 
autfpringe 30 Tagereifen nocdmeftlich 55) von ba, nahe 

Manafarowara, fliege aber oftwärte in en Laufe 
einen wuͤſten Boden fort, 





263) Wei tsang then ey r e p. 118. 83) I. Klaproth I. 
moire sur le Cours du Yarou Dzangbo Tchou ou du grand 1 
du Tubet in Magasin Asistique Paris 1826. T. I. p. W2- 
av. Carte; befj. IL Memoire sur les Sources. du Brahmap 
et de l’lraouaddy in Annales des Voy, Nour. Serie Tomv 
263-—-304;, deff. III. Memoire sur le Cours de la grande R 
du Tubet appelde Iraouaddy dans le Roynume des Birman 

_ Memoiren relstifs a l’Asie Paris 1828. T. UI. p. 320-417 

ar Carte de l’Asie oentrale dressee d’apres les Cartes 1 
xe de l’Eimpereur Khien Loung, par les Missionaires dı 
ing et d’apres un grand nombre de Notices exiraites et trac 
. nn —— 4— — —— 
emoiro c. p. Aurner 
& & O. & Ah 


DA-Gr., Tuͤbet, Drangbe-Etrum 227 


hinefifchen, neuern Kartenzeichnuug, bie lag 
fin Bd. II. ©. 470), entfpringt die Quelle un⸗ 
je. und 79° 35° DE. v. P., auf den Grenzen 
d. 8. Nga⸗ri) vom Berge Damtdout (d, 
. Rad) 10 Stunden Laufs nimmt'er, inte, 
der. aus einem Meinen See kommt, im Oſten 
ı (d. h. Elephantenräffel), eines Schnem 
enannt iſt, weil aus feinen Seitenſchluchten bie 
und reißend Hervottreten follen, wie aus‘ einem 

Auf ähntiche Weife hatte wor ber dortige Loͤ⸗ 
19: ge) die Zabel veranlaßt, welche man Tur⸗ 
u Lumbu erzählte, daß «6 dort !dmen' gäbe. 
uch ſchon die Gapuciner 57) gehoͤrt; Mg Asti, 
waltige Felfen, nackte Klippen und ewige Schnee 
he die Miffionare In ihren Stinerarien Eaucaſus 
ich ihren Goͤtterſchriften foll dies das Reich der 
anderer wilden Thiere vor alten Zeiten geweſen 
⸗Tuͤbet das Reich der Affen, obwot es dorf‘ 
und. weber Himmel noch Exde fie ernähren 


ebeutende Zufluß zum Hauptſtrome, Unks, iſt 
ngdo, der von N.O. kommts dann weiter un⸗ 
Gouyang, von der Nordwand des’ Himalaya, 
Maftang (f. oben &.16). Am’ Zuſammenfluß 
mpel Ghaldhan auf ber Karte verzeichnet: 
iefer Gegend von Nga⸗ri und von Garku 
m Weſten, Afien Bd. 11. &. 695) ſcheinen nach 
„wo beide zuſammengeſtellt find, gleichen 
addhadiener zu ſeyn, leider wird nur umſſlaͤndll⸗ 
leidung geſprochen. Dann ſtroͤmt er wiiter ge⸗ 
nz Dzang, tnd nimmt S bedeutende Zuftäffe: 
und eben fo viele von det rechten Geite, die 
Himalaya entquellen, auf, bis er vor Diis‘ 
dioſter Dfhafhitiumbdo (Teſhu Lumbo) vor⸗ 
©. Turner 59) erblickt hat. Ex fließt Hier in 
) breiten Bette, und drängt fi, in — 


Geſandtſchaftereiſt a. a. D, &. 33. 
Alphabet. Tibetan. p. 454. se) Weitsangthonchy 
°) * Turner a. a. O. ©, 3839. 


2. BE = — m. or 
— * 7 





229 . Noceflen. IV.’ bſchaict. $..75. 


ELEelder, fügt das Weil efang.thon hy, außer einer RN 
daß alle Flüffe in Ngasri, bis Dfhafhilumbo (Te 
Lumbu) im Sommer, wenn fie bei ben großen Waffen 
getreten feyen, ben gemeinfamen Namen Euhai, d. i. die ©. 
- Meere), führten, was wol auf ihre großen Ueberſchwemm 
gen binbeuten mag, nichts genaueres Aber diefen Hauptſtrom 
Bandes. Diefen Mangel bat, was das Topiſche diefes 

drographiſchen Syſtemes betrifft, die befaunte und 
ruͤhmte Arbeit Klaproths über den Lauf diefes St 
mes?) und feine Identität mit dem Jrawaddy erfeht, wi 
duch den Schag ihrer gelehrten Mittheilungen aus Chinefifc 
Tuͤbetiſchen und andern orientalifchen Quellen zeigt, wie ſehr 


Geogranhie dieſes Erdtheils durch ähnliche Arbeiten ber Bere 


sung noch fähig iſt. Wir können nichts befieres thun, als 
Ihe die wichtigſten Facta, in der Ordnung wie fie hierher gebe 
entnehmen, und werden, wa wir die verfchisdbeuen Memairer 
_ ditiren haben, fie mit Mem. I., IL und II. näher bezeichnen, 
wol auch das letztere derfelben die wichtigſten Angaben der be 
erfieren mit enthaͤle. 

Der Rame Djangbo heiße fe viel als „rein und BE 
afu, oben tfiu, tchou, iſt der gewöhnlide Name für F 
Vollſtaͤndiger iſ der Name Paͤru Diangbo tfüu 5), t 
klarer Grenzſtrom bes Weftens, weil er aus We: 
tommt. Diefen Namen bat S. Turner in Teſhu Lum 
terig, in Ere⸗chomaboe ausgedrüdt, wo man ihm fagte, 
autfpeinge ID Tagereifen nordweſt lich 55) von da, nahe 
Manaſarowara, fließe aber oftwärts in kaufe : 
einen wüften Boden fort, 





262) Wei tsang thon chy be ——— es) I. Klaproth I. 
moire sur ee Cours da Yarou Dzangbo Tchou ou du grand fi 
du Tubet in Magasin Asistique Paris 1826. T. I. p. 02 — 
av. Carte; befl. IL Memoice sur les Sources du Brahmapı 
et de l’lraouaddy in Annales des Voy, Nour. Serie Tom VL 
263--304;, deff. III. Memoire sur le Cours de la grande Ri 
da Tubet appelde Iraouaddy dans le Koynume des Birmans 

‚ Memagiren relatifs a l’Asie Paris 1828. T. III. p. 320--417; 
Klaproth Carte de l’Asie coentrale dress&e d’apres les Cartes le 

xe de l’Eimpereur Khien Loung, par les Missionaires de 
Eng et d’apres un grand nombre de Notices extraites et tradı 
‚de Livres Chinois, Paris 1833. 4. Sect. Klaprotli | 
Memoire e l. c. p. 37% “co, —* eſandtſchafto 


Oß Gr., Tuͤbet, Dzangbo⸗Sirem 32F 


ineſiſchen, neuern Kartenzeichnung die Maps 
ien Bd. II. &. 470), entſpringt die Quelle un⸗ 
e. und 790 35 DO.2, v. P., auf den Grenzen 
(d. i. Nga⸗ri) vom Berge Damtchouk (d, 
.Nach 10 Stunden Laufe nimmt' er, ine, 
der aus einem Eleinen See kommt, im Often 
(d.h. Elephantenräffel), eines Schnew 
nannt iſt, weil aus feinen Seitenſchluchten bie 
und relßend hervottreten ſollen, wie aus einem 


Auf aͤhnliche Weiſe hatte wot der dortige LIE 


g⸗ghey) die Fabel veranlaßt, welche man Zur 
ı Lumbu erzählte, daß «6 dort Löhuwen gäbe. 
uch fhon die Gapuciner ®”) gehörtj Moa: ei; 
waltige Felfen, nackte Klippen und ewige Schnee 
he die Miſſſonare in ihren Stinerarien Caucafus 
ch ihren Goͤtterſchriften foll dies das Reich der 
inderer wilden Thiere vor alten Zeiten‘ geweſen 
Tuͤbet das Reich der Affen, obwot es dorf‘ 
und weder Himmel noch Exde fie ernähren 


edeutende Bufluß zum Hauptſtrome, Unks, iſt 
agdo, der von R.D. kommts dann weiter une 
Gouyang, von der Nordwand bes’ Himalaya 
Maftang (f. oben &.16). Am Zuſammenfluß 
mpel Ghaldhan auf der Karte verzeichnet: 
ieſer Gegend von Nga⸗ri und von Gartku 
m Werften, Afien Bd. 11. &. 695) ſcheinen nach 
‚ wo beide zuſammengeſtellt find, gleichen 


ddhadiener zu ſeyn, leider wirb nur umfländils 


eidung gefpeochen. Dann ſtroͤmt er wiiter ge⸗ 
az Dzang, und nimmt 5 bedeutende Zuffäffe: 


und eben fo viele von der rechten Seite, die‘ 


Himalaya entquellen, auf, bis ee vor Die‘ 
Mofter Dſchaſchilumbo (Teſhu Lumbo) vor⸗ 
©. Turner?) erblickt hat. Er fließt hiee im’ 


breiten Wette, und drängt fi, ia aaa! 


Sefandtfchaftsreife a. a. D. &. 328. 
\lphabet. Tibetan. p. 454. °*) Wei Wang thonchy 
— * KTurntr a. a. D. S. 339. 


— — 


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— — 


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— — 








222 Soh«Mifin.- IV. Abſchaitt. .75. 


Axme getheilt, durch eine geoße Menge von Juſeln; der gei 
derfelden nahe am Kiofter iſt eng und ſehr tief, niemals dur 
gehbar. - Hier nimmt er, vom Süden ber, den Painom tf 
auf, einen Fluß, an welchem von feiner Quelle an, in der N: 
von Phari,. bis zu feiner Einmündung Zurners Weg ihn h 
führte Cf. unten deſſen Moutier); er beißt auch Djuangdz 
Fluß. Ueber diefen muß .man auf der Straße nah H’Eaf 
übrrfegen ; 3 es geſchieht nach jenem Berichte eines Nepal: Reif 
den 360) 200 bis 300 Schritt im Oſten der Stadt (wo der Etri 
Shure, Erkus genannt if), auf einer eifernen Brüdev 

19. Bogen, die einer ‚ber vorigen Lamas über denfelben baute, ı 


er fehe sie, und. doch 300 Schritt breit ſeyn ſollz fie heiße Sar 


na DIRT. db. 1. die oͤſtliche Brüde Bon bier an w 
rHauptſtrom mit einem andern Namen mehr genannt, 
—— tſu. An. feinem Suͤdufer geht bie Hauptſtre 
nach HEaſſa im Norden des ringförmig gezeichneten S 
kn ven ober Yamrut Dumdfo voruber, ber auf d 
arten Palte heißt; er beſpuͤlt den noͤrdlichen Fuß des hoh 
anhular (Rambala .b. P. Georgi) Berges, der zwiſch 
dem See und dem Strome liegt, und von dem nordwaͤrts über d 

Dzangbo eine eiferne Kettenbrüde 62) fuͤhrt, welche die C 
pücingr, ſchon befchrieben: haben, bie felbft auf dem Tuͤbetiſch 
Kaͤrtchen des Wei tſang thou chy eingetragen iſt. Hier, nahe u 
tzcbalb dieſer. Bruͤcke, uͤber welche der Weg nad der Capit: 
H! Lofſ, ‚führe, ergießt ſich der Dzang tfiou lau Botſic 
N 1 aus. em Ser Moutigmtſo im N.D. von H’Laffa entfpring 
‚12 Stunden. im ©. der. Stadt, in den großen Dzangb 
iefer. Zufiuß heißt auch Galdjao muren®) im Mongo 
ſchen, d. i. der. wüthende Ström, die Bewohner von Year 

an deren, ‚Stadt se üblich voruͤberſtoͤmt und den Out tfw, 
fü, Durähfchmeitet, aufnimmt, fehen ihn und nicht den nn 
u größern Quellarm der an Teſ hu Lumbu voruͤberzieht, a 


die wahre Dyelte des großen Dzang bo an. Nah ber Ci 


ie Geographie 64) find es drei Waffen, welche diefen Stro: 
»Laffa bilden, der in Booten von Holz, oder von Haͤ 
n ‚Aberfegt wird. Dee große Diangbo, welcher nun e 





er Hodgson in Asiatio. Journ. New Ser. 1830. Vol.I. p. 247. 
Weitsang thou chy L c. p. 134. °2) P. Georgi Alphab« 
: Tibetan. L.c. p. 452. ..) en 
Not. 1. p. 246. P eben. pP 115. 


Oſt⸗ Sr., Tüber, Djangbo-Strom. 223 


ed Drang» und Bo⸗tſiu den zuſammengeſeh⸗ 
zangebo⸗tſiu im eigentlihen Sinne erhält, fege 
cht bereiherten Mafferlauf weiter fort gegen«D fb; 
oahar), der zweiten-Gapitate von Efiber 
mitien vorüber, die bisher ſelbſt auf D’Auvitles 
fehlte, und erſt durch Kiaproch in ſeine orte 
sie eingetragen iſt. Nicht weit unterhalb derſel⸗ 
bie Provinz Wet oder Mittel-Tuͤbet ein, und 
n an der Stadt Sangei vorüber, von wo et fidh 
dendet. Von ba bildet er nun, in einem ſonſt 
ten Rande, die Grenze zwifhen DatboilZate 
d Gungbo (Gombo) links, fließt -zwmifchen: den 
dyung und Daelagang-bzung bindurdz am - 
mka auf dem Südufer worüber, um aus Tuͤbet 
la von Sinhghian Khialée), zwiſchen dem 
rge (Nin gangri garburi), um in das Land H'lot⸗ 
tan einzutteten, das von den milden Tribus 
aprorb'bält fie für Birmanen) bewohnt wird; — 
weitere Nachricht, und auch die Chineſiſche Kar- 
immet bier ein Ende (auf D’Ansrilles Atlas du 
e VI unter 264? N. Brez auf Klaproth Carte 
untee 234 N. Be; auf Berghaus Karte von 
, Gotha 18323, unter IHN BE): Aus Klap« 
IN. p.37% erfahren wir jedoch den Zuſatz, weichen: 
rete Ahifer Khienlongs am Rande zu dieſem 
at, Sie fagt: dieſer Fluß tritt aus dem Laka⸗ 
e gegen ©.D. ein, in Yunmwan, bei der alten 
gtdeom, amd wird ba au dem Pintanglfung 
der Arela-P atmen): — An diefes: Datum 
m zumädyt die neue Anficht ber Identitat diefi® 
dem Jramwadby Af. unten), uͤber melde Kaya. 
chungen en Licht verbreiteten. ERLITT er 
mie = tor) 3 
füptiche Ru Hang, Subnagh iu und Run bi 
ker bedeutende Strom Tuͤbets iſt der ſchon oben 
klang (f. oben S_212), der im Suͤbden des gro⸗ 
© * ihm La Bu lang patallel Richt, 








— pr " 
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2 — 


224 — IV. Abſchniit. 9. 73 


BIS de wie ſenet für weltere Kenntuiß verſchwindet. Nach Ki 
roths267) Mem. LII. iſt nicht er, ſondern fein linker Zuſtuß 
Munthu (oder Mom: auch Moun⸗tchu, Mun⸗tf 
der Hauptſtrom. Deſſen Quelle liegt im Hochgebirge Tam 


bei Neubdong, In der Provinz Weil. Er fließt gegen € 


vor dem Yarla Hamboigangri (d. h. Schneeberg 
Lanbe des durch fi ſelbſt beftchenden Gottes 


vsgruͤber, weicher der hoͤchſte Berg jener Landſchaft ſeyn fol, 


Im Süden dem eingförntigen Gere feine Grenze fest, wie 
Barbusu-(Kambala) im Norden beffelben. Diefee M 
tu: nimmt dann den Lub nagh tfiu (Ru kiang) von 
rechten, bee vom: Weſten herlommt, auf, und nachdem er 
Güdgrenze (much andern, f. oben, bie Morbofls Grenze) 
Dakbo gebilbet hat, tritt ee auch in dba Land ber H’Ie 
An, dasidie Mun bewohnen. — Hier ſcheint alfo Run 
allgemelner Name für jene Bergvoͤlker zu feyn, bie Klapr 
für nörbiihe GEbirgsbirmanen zu halten geneigt if. — 


wird in dieſer Chinefiſchen Anzeige nicht. wiederhoft, was oben 


ohne Tuͤbetiſchen Quelle von Klaproth angeführt war, 

wicht unwichtig iſt, daß. dieſer Strom fich dann auch in ben 
Sen Dzangbo ergleße, eine Verficherung, ‚bie auch ein Zufa 
Kaiſer Khientongs Karte wiederholt. In einem Auffag 
des Temps wird. die Vermuthung von Klaproth als wahrfd 
lich mitgecheilt, daß * Mom tchu ber Dihong von af 
ni möge 

N Ö De Gakbo bzangbo fu, 

L ‚Die gehen: num zu bee Nord⸗ und Oſt⸗Seite des g 
fen Dyangbo fort, um auch noch über die andern bybrogra 
ſen Hauptlinien Näbetd uns zu orientiren. Dee bei 
SHauptfirom, dem man im Dſten bes Dzangbo begeg 
ift dee Gakbo dzangbo thu 70) ober tfu, d. i. ber Ei 
Strom von Gakbo. Er entfpringt unter dem Namen Ga 
hu (Dzianlo fin) auf der Weſtgrenze der Provinz 8 
uud Wei, zwifchen den Wergen zonseles fum bo si 





242) Klaproth Men. relat, a P’Asie T. II. p. 337. ..) A 
Humboldt Mem. sur les Chaines de Mont. etc. ta Nour. An 
.d. Yoy. T. IV. 1830. p. 249. *°) Cours du Brehm: 

‘ de Ylrawaddy, im Teoibe, Paris 17: Aout 1832. Te) 

Mem JIL. in Mem. relat. a T’Asie T. IL p. 378. 


IL, I. Oſt⸗GSr., Zübet, Om tſiu. 225 


2 MBr.)> lebt gegen SD. im Weſt bes be: 
18 H’Lari 71) vorbei, der auf der großen Marſch— 
Tſiamdo und H'Laſſa im hohen, kalten Berg— 
ann fließt er_ durch das Land Gakboz erhält da, 
den großen Zuflug Bo:D;angbo, verläßt biefe 
tfelben Breite wie bee große Dyangbo, und 
Land H'Lokba. Hier verfhwindet jede weitere 
yeicht von ihm jenfeit; nur der Zufag ber Khien: 
arte ?2) beftätige dieſes legtere Datum, und fügt 
site er, gegen S.D., in Yunnan ein, fließt in 
Fort Thianthankouan vorüber,. und wird 
agtchhuankiang. Doch wird noch ein lin: 
er als Zufluß von ihm genannt, Tchot deng— 
Oſt von ihm bie Provinz Kam bducchfchneiber, 
iden Armen Mun tchu und Lo thu encficht, 
). des Schneeberges Gakla Gangri vereinigt, 
der H'Lokba ihm zufließt. — Dieſer Fluß, ber 
6 u. a. Karten aber nicht als Zufluß, ſondern 
er Paralleifluß gezeichnet ift, muß im Süden ber 
yute von Tſiamdo, über H'Lari nad H’Raffa, 
[ern Zübetifhen Berglande ent[pringen, meil er 
überfegt wird, wie doch ber folgende. Auch liegen 
f Klaproths Carte du Cours inferieur du Ya- 
nur eim geringes nördlid) von 29%; eben fo auf 
arte von Hinter-Indien, bie jener folgt; ee kann 
Aufzählung nicht zu den Hauptflüffen Tuͤbets ge» 
und nicht in gleihem Range mit den vorherigen 
den ſtehen. eine Zeichnung fcheint auf allen 
lar und problematifch zu ſeyn; wie gehen zu feis 
roͤßern Nachbar über. 


d) De Om tſiu. 
e Hauptſtrom von Tuͤbet, ber Om tchn (Om⸗ 
f der großen Marſchroute namenlos gebliebene, 
den Stationen Tſiamdo und H'lorung— 
er Brüde Samba der Tuͤbeter (Sapia bei 
pu khiao der Chinefen) 73) überfegt werden muß. 


thon chy 1. c. p-228. 72) Klaproth Mem. IILL c. 
’3) Wei tsang thou chy l. c. p- 219. 


e IV 








220 Hoch-Aſien. IV. Abfchnitt. $. 78. 


‚Auf bee Klaprothſchen Karte zum Routier I er f 
tfiou genannt, auf ber Carte centrale etc. Om tous; eb 
bei Berghaus Hinter-Indien. Auf Klaproch Carte du C 
etc. 1828 heißt er aber Dir tchon, und ein oͤſtlicher Arm 
felben Dithou. Auf D’Anvilles Karte iſt ee auh nan 
108 geblieben; aber weiter nordwärts gegen das Plateau 
von bem er aus weiter Kerne herkommt, ift eine Bruͤcke 9 
Sama, zwiſchen 82 und 33° N. Br. gezeichnet, oberhalb 
felben ber Etrom vom Weſt her, aus Steppenland, zu kon 
fheint (der Kara uffu). Unterhalb derfeiben fließt ihm 

ein linker Arm zu, den D’Anville in feiner Generalkarte 
Tübet Seri Somtou nennt, auf dem Atlas du Thibet 
aber dabei Pays de Seri Somton. Daher bei Grimme Karte 
Hoch⸗Aſien, welche diefe verfchiedenen Daten combinist bat 
obern Laufe Ser tfiu, im. mittleen Dir tſiu. Ale 8 
nad) den Chinefifchen Autoritäten find übrigens einig, den un 
Lauf diefed Fluffes gegen Yunnan bin, wo er deffen 2 
grenze bildet, Zu Kiang oder Nu Kiang zu nennen. 

Klaproths neuefter Carte .centrale de I’Asie 1832, nad 
großen Khientongfchen Driginalkarte von 110 Blatt ausgearb 
hat dieſer Strom dreierlei Hauptarme vom Norden herab 
mend, und fi einige Zagemärfche oberhalb ber Brüde Saı 
ber Marfchroute vereinigend. Der öftliche, kürzere heißt 

Soumbdou, ober Ser tfiu, d. i. Soldfluß?”%), bei D 
ville, ber weftliche gleich kurze heißt Ouſir ihu, und der ı 
lere Hauptarm, bei weitem der längere, iſt wirklich der Kc 
uffu, welcher ſchon aus dem nördlichen Steppenlande, in be 
erft (gleich dem Muru uffu) gegen N.D. und O. fließt, ei 
fi) plöglich gegen den Säden wendet, und als durchbreck 
der Strom, die ganze Breite Tuͤbets, in der Provinz Kh 
von N. nad ©. durchſchneidet. Der Kara uffu 5), I 
Schmwarzwaffer, im Mongolifhen, fließt 8 Ragereifer 
Morden von H’Laffa vorüber, wo er auf dem Wege zum 2 
ber Steppenbewohner in Booten von Häuten überfchiffe zu 
den pflegt. Die Vereinigung aller brei Hauptarme iſt es 

welche erft den Namen Dui tfiu, d. h. im Xübetifhen 
Fluß der Mitte, ne hat (ſollten Dir und Om | 





874) Wei sang a e. p. 117. Not. 2, v. Klaproth. 
’E) ebend, p. 116. 


ſt⸗Gr., Tüber, Lang thſang Klang. 227. 


hreibfehler feyn?). Bei dem Uebergange biefes 
Samba:Brüde muß fein That fchon ſehr 
a ſeyn, denn obwol zur Seite furchtbar Kalte 
fteigen,, fo ſchildert doch das Routier eben dies 
und ſchoͤn, fein Glima ’6) heiß und wenig 
ı umterer Lauf ift bei den Chinefen Nu⸗ 
‚ weil er au ber Grenze von, Yunnan das 
3 ducchfließt, weldhe Nui heißen. Auf der klei⸗ 
Riginalkarte, welche da6 Wei tfang thou hy bes 
eſer Fluß gar nicht unter "diefem Namen aufs 
t als felbfiftändiger Strom, fondern nur al 
tfang Kiang gezogen, ein Name, des feinem 
gehoͤrt. F 

e) Der Lang thſang Kiang. 2 
fang Kiang (Lan tfan Kiang), Lathou 
nu (Zotfu), ift der fünfte Hauptfirom, 
e Züber oder K'ham, gleich dem vorigen, in 
te von N. nah ©. durchfchneidetz er zieht im 
an Grenze, an ber Weftfeite des Grenzgebirs 
Scan vorüber. Es iſt derfelbe, weicher bei 
n ©. 205) fih aus dem Verein zweier Quells 
en denen dieſer wichtige Paſſageort liege. Der 
beißt Om tchu (alfo nicht mit jenem vierten 
vechfeln), der öfttiche Dzaꝰtchu oder Satchuz 
it ducchziehen weit hin gegen Süden (von 
300 N. Br., 616 zur Nordgrenze Dunnans, 
) ein völlig unbekanntes Gebiet, eine 
on der felbft die Khienlongfhe Karte nichts zu 
treten dann in Yunnan, unter dem obigen 
fang ein. Noch unverftändlich bleibe uns die 
fifchen Geographie 77), daß dee Om tfiu gegen 
0 ee Yun ho heiße, der Dza'tchu bei feinem 
Santon Kieou jou in Syutfhlan auch Tſchuͤan 
och vereint nad) Yunnan gehen follen. 


f) Der. Kin da Kiang. 
a Kiang, oder den geoßen Kiang, kann 
oben Laufe als den fehsten nnd legten 


ou chy 1. «. p. 219%. 77) ebend. p. 108. 
| P2 


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228 Hoch-Aſien. IV. Abfchnitt. 8.75. . 


Hauptſtrom Tübers, nämlich als den Strom ber ne 
Grenze aufführen, wo wir ihn als den Strom von Batt 
fhon kennen lernten (ob. &. 195,199, 202). Hier nur die Er 
rung daran, daß er tm obern Laufe durch das Stepper 
Muru uffu bei den Tartarifhen Nomadenbewohnern gen 
wird, im mittlern Laufe, in Tüber, Bourei tfiu bei 
betern (d. 1. Dholai thu dei Chinefen) Heißt, dagegen im 
teen Laufe bei Chinefen unter dem Namen Kin ha Ki 
oder ber große Kiang (Ta Kiang) allgemein bekannt. if 
Die große Anzahl dee untergeordneten Zuflüffe dieſer H 
fitöme Abergehen wir bier, fo mie die Aufzählung aller ber 
zelnen Berge, welche das Chinefifde Rei wie em Kürap 
gen follen, auf deren genaue Benennung ?78) der Chineſiſche 
graph fi etwas zu Gute thutz; wir find außer Stande fie 
in ein zufammenhängendes Bild des Tuͤbetiſchen Lanbes zu 
einen, wozu‘ wie im obigen nur die Hauptlineamente auf 
Quellenangaben mühfam zufammenzuftellen verſuchten. 
Noch ein paar Mafferbeden find in ber phnficalifchen 
graphie von Tuͤbet der Beachtung merth, ungeachtet wir t 
von ihnen erfahren; Die große Gruppe der nördlichen € 
und der Ring: See im Ehen bes großen Dzangbo. 
Durch das nördlihe Tuͤbetiſche Steppenlanb zeigen die 
ten ſehr viele Steppenfeen vertheilt; der größte von allen ij 
Tengri:Nor (f. Afien Bd. II. S. 414), der auf der © 
dee Plateau: Steppen und ber wildeſten Hochgebirge zu 1 
ſcheint, aͤhnlich den Heiligen Doppel-Seen am Kailaſa, von. 
hohen Schnees und Gletſchergebirgen umgeben. Der T— 
Dzangbo, d. i. großer Fluß (ober Dargu dzangbon 
der Khienlongſchen Karte), fließt in ihn vom Weſten herkom 
ein. Er heißt auch Thung-heu⸗Nor 7%), und der Mor 
[he Name Tengri (nicht Terkiri wie bei D’Anville) iſt gie 
beutend mit dem Chinefifhen Thian tchhi, welches beides 
Heiligkeit mit Himmels-See (Lac du Ciel) bezeichnet. 
liegt nur 9 Zagereifen im Norden von H’Laffa; noch ifl 
nichts näheres Über ihn bekannt, als daß er der größte vo 
Ien feyn fol. Der Manafaromara (Mapang) wird 
auch noch zu ben Rübetifchen Seen gezählt, weil ee am © 
bisrt Megt, er wird aber Dneuta genannt, ex ift weit kle 





278) Weitsäng thou chy 1. e. p.101—118. *0) ebenb. p.116, 


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‚ IU. Oſt⸗Gr., Tuͤbet, Palte See, 229 
Südfeite bes großen Daangbo werzeichnete, 


See”), heißt gemöhnlid Palte-See; dies fol, 
ben bemerkten, nach Klaproth eine falfche Bes 
aus Misverſtaͤndniß der im Norden anliegenden 
Bardi oder Zübetifh Baldhi); doch ſteht auf 
Driginallarte Bhaldi Yumtfos&ee; auf ber 
Karte Barbrotyumtfo. Die Form biefes 
8 zwifhen den 'gwei Hochgebirgen im Nom. 
en GGanbula und Yarladhamboigangri) 
t der großen Inſel in feiner Mitte, iſt fo feltfam, 
t für ein Kunſtproduct dee Kartenzeichner Falten 
inefifche Geographie führt ihn auch nicht unter 
ern unter dee Rubrik der Tem pel auf, wo er 
ch si) der Stadt Bedt genannt wird. Der Pa: 
phagh mo «(Sainte truie, d. i. heilige Mutter: 
6, fen daſelbſt auf dem Berge in der Mitte der. 
hönften; weiblihen Kiöfter, durch feine Regelmaͤ⸗ 
ebung merkwürdig, ähnlich gelegen: dem der Ins 
u und Phungtao (drei Sabelinfein, wahrs 
‚nah Klaproths Eırffärung die Inſeln der 
Er ift die Wohnung einer fehr berühmten weib» 
ichtu (Magnae renatae Lhamissae -"T’urcepamo 
2), weiche Dhordze phagh mo genannt wird, 
nation des Genius des großen Bären () 
ie Unruhen Ende des XVII. Jahrh. durch Teba 
ba Sanghie) in Tuͤbet erregt wurden, nahm fie 
heiligen Schweinmuttee (d. h. Phag, Samte truie) 
fih in da6 Land Drang, daher ihr Name. Die 
alefen follen fie, nad Pat. Georgi, der vieles 
on. ihr mittheift, auch als Bhadani verehrten. 
‚mbala8), im Norden des Sees, fpricht Pat. 
3 einer ungeheuern Höhes von feinem Bipfel fol 
Capuciner Miffionaren, eine neue Reihe vom 
en im Norden erbliden, gu beren Anbetung 


les d. Voy. T..IV. p..249. °) Wei tsang thou ee 
—135 Not. v. Klaproth ib. und Timkowski Voy. a 
laproth. Paris 1827..8. T. U. p. 3536 Not. 

i Alphabet. Tibetanum 1. c. p. 5. - 2) chend. 


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230 Hochs fin. IV. Abſchnitt. $. 75. 


bie Indifchen und Tuͤbetiſchen Wallfahrer dieſen Berg zu 
gen pflegen. 


8. Clima und Probucte. 


Bei dem Mangel aller Europaͤiſchen Beobachtung fi 
wie bier über. das eigentliche Tuͤbet nur: dem Chinefifchen 
graphen 35%) folgen, der deffen Clima nad dem feiner He 
beurtheilt, und bemerkt, daB dort die Wechfel der Temper 
in ben vier Jahreszeiten denen in China ganz gleich feyen. 
[hen dem März bi6 September (dem zweiten und 
Monate), iſt ihr Wetter, fagt er, ſchoͤn; Regen flellen ſich 
ein; die Winde kommen bei ihnen nicht wie bei uns zu 
Epochen (keine Monſuns); auch die Gewitter find fehr wed 
Im Allgemeinen ift Tuͤbet in feinen Plainen heiß, in feine 
hen kalt; doch wechfelt das Elima oft gar fehr in geringe 
fangen von wenig Stunden. Zu H’Laffa ſproſſen bie 
ter zu Anfang April und Maiz dann fchlagen auch die? 
ons, Ende Srühling oder Anfang Sommer ift die Ausfa« 
Kom und Erbſen; im Auguft und September (der ff 
und achte Monat) die Ernte Im Sonnens und Mon 
ift Tuͤbet China ganz gleich. Thau fällt in den Nächten, 
in den Herbfinächten. Der Schnee im Winter iſt nid 
aber Hagel ift häufig, und oft wird man dort auf ber 
und beim Fifhfang ‚von Hagelwollen umgeben. Dann 
die Tuͤbeter oft Gebete (ngäh im Tüberifchen, scheou im 
fiſchen) aus, um jene zu entfernen, die aber oft nichts 
Es find diefelben, welche nie überfegt, jene myſtiſchen 5: 
enthalten, bie wenn fie Tage lang mit großem Eifer for 
werben, ben Leib hieb⸗ und ſchußfeſt machen follm, fü 
Mandarin, 

In den Annalen bee Tuͤbetiſchen Geſchichte wich das 
Tuübets durch deſſen vorherifchende Benennung „das 
des Schnee” oder „das rauhe Schneereich Toͤboͤt 
reichend bezeichnet. Die Nepaleſiſche Prinzeſſin, welche be 
fen Könige Srongdfan Bambo (reg. von 629-698) 
die Sonne ber Religion, d, ki. des Buddhismus 
Tuͤbet, wie es im Boͤdhimoͤr heißt, aufgeben ließ, zehn 


00%) Wei tsang thou chy 1. 25) Gfanang 
Mongol. Geſch. v. —2 —8 Rot 12. ©. 833, 837 ı 





% 


nal, IL Of Er., Züber, Sina. 231 


ſtonbeſtelgung vermaͤhlt werden ſollte, hatte frellich 
een Lande Nepal, keine fo guͤnſtige Vorſtellung von 
em Lande. Der König ihr Vater hatte fie ſchon, 
m Opfer, bem Beherrfcher Tuͤbets zugeſagt. Da 
bimör, tebend eingeführt, die Prinzeſſin ſelbſt 
BVater: Großer König, mein Vater! ‘jenes rauhe 
iſt ein Land bed Grauens und Entfegens, jenes 
ie erhabene Lehre nie hinkam, ift ein mit Finfter: 
Srdrheil, Die Menſchen diefes Landes find vom 
eſchlechte der Menſchenfteſſet. Hunger, Elend umd 
m biefes Land dem Meiche ber Birid (2) gleich. 
Tochter unvermeidlih in ein ſolches Land ziehen 
ich dich, mir bie Bubbhabilder, benen du Vereh— 
acht ermeifelt, mitzugeben. Ich bitte dich um das 
bh Wadfchra, um das Abbild des freudebein: 
reja, und um bas erbarmungsvole Dſchu 
Dära fe Da Hunger und Durft im Schnee: 
h find: fo bitte ich did) um Lebensmittel und Guͤ— 
er im Schneereiche herefchenden Kälte zu wehren, 
von bie Kleidung für ein Menſchenalter, Ich bitte 
was in jenem Lande mie nöthig ift, zu meinem 
jer geruͤhrte Water antwortete tröftend: „Tochter 
Ijenes Zöböe iſt ein vor andern ausgezeichnetes 
Berge find hoch, die Luft iſt rein; majeftätifch var 
ſchtige Schneegebirge empor ; «8 ift das fühle, reis 
Zenggeri und ihe Lieblingsaufenthalt. 
würdigen Weltregion, in dieſem Reiche aus wel 
Seligkeit ausgeht, entfpeingen vier große Ströme; 
fruchttragender Bäume (ob Pinienzapfen?) ift 
2 geſchmuͤckt; es hat Ueberfluß an fünf 
an koftbaren Erzen und Steinen, an allen Gats 
g, dierfüßiger Thiere. Fehlt gleich diefem Lande 
Tatwa und bie heilige Lehre, fo herrfcht doch da⸗ 
em mächtigen Könige Gefeg und Ordnung. In 
), meine Tochter, wirft du ziehen.” Der Bater 
Tochter burd die heilige Mitgift der Götterbilber 
ji . 
m Miecredit ſtand Töböt ald ein Reich des 
8 Hunger, nad) ber Erzählung des Boͤdhimoͤr, 
bineſen, ben oͤſtlichen Nachbarn, als derſelbe 





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232 Hohe Aflen. IV. ubſchaitt. $. 75. 


König bei ihrem Kaifer um eine Prinzeffin anhielt (vergl 
bei den Ufun, Afich Bd. I. S. 433, und 'Timkowski V< 
p. 277). Die aus Löftlihem Landesproduct gefertigte Gab: 
Brautwerbers war zwar ein mit Rubinen befegter Das 
aus Lafurflein; dennoch dauerte das Widerſtreben des 8 
baufes und des Volkes Jahre lang; fe veraͤchtlich und: ve 
waren die Tübeter, fo im Argen lag Ihe Land. Und als 
dielen- Künften, gleich denen dee Gefchichte der Turandot, es 
Tuͤbetiſchen Geſandten geftattet wurde zur Kaifertochter ſage 
duͤrfen: „Mache dich bereit mit uns die Reiſe nach Toͤdoͤt 
treten,“ gab das Chineſiſche Volk hieruͤber doch noch laut 
Misvergnuͤgen zu erkennen. Erſt auf die ausdruͤckliche Ver 
sung ihres kaiſerlichen Vaters, daß der Beſchluß num unwide 
lich ſey, ergab ſich die betruͤbte Prinzeſſin in ihe Schickſal, 
ſich aber als Troͤſter den Dſchu Sakjamuni (en Abbild 
dem Leben Buddhas verfertigt, von der Groͤße eines zwoͤlf 


gen Knaben) nebſt allem, was ihr in jenem fremden und a 


Lande zur Nothdurft und zum Bergnügen dienen konnte. 

wurde ihr alles von ihrem fie zärtlich Liebenden Vater bew 
und ihre Ausfteuer war fehe reih. Mit diefer warb fie Dem 
bötifchen Gefandten übergeben. Diefem zeigte fie alle® und fı 
ob «6 in feinem Lande feine Thonerde (mol zu Porge 
Mühlfteine, Seidenwärmer gebet Als biefer nu: 
widerte, dag am alle dieſem dort Ueberfluß ſey, nur bie € 
dbenwürmer kenne man idht: fo nahm fie die Eier von 
denwürmern mit, um den Seidenbau in Zöböt einzuführen. 
Meife ward nun angetreten, aber fie ging nur langfamı von 
ten, weil ber Schusgott China's mancherlei Hinberniffe in den 
legte. Als der Zug das Toͤboͤtiſche Gebiet betrat, umd die { 
flähe Ramotfche (d. h. Ramo tfie:%),.den Beinen Bu 
Tempel im Norden von Botala bei H’Laffa) erreicht hatte, 
dev Wagen, der das Dſchu Sakjamunibild trug, im Sande ft 
und war durch nichts fortzubewegen; daher man ihn bien 
vier Säulen und ſeidenen Vorhängen umgab, d. h. einen ‘ 
pei baute. DiePrinzeffin aber ſchmuͤckte fich mit ihren 25 5 
frauen zum feierlichen Einzuge, und begab fih dann unter 

fit, Sefang und allgemeinem Jubel des Volkes, nach der T 
fläde der Maͤuſe (Chulughunain Koͤdoͤh; vielleicht weil 





ss6) Wei tsang thou ahy 1. c. p. 127. 
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‚ I. Ofle®&r,;. Zübet „Producte. 333 


d2) in der Naͤhe von H’Laffa, wo der Ock hes 
anges war. 

man, au6 den Tributen, weiche in in fel⸗ 
derten von Tuͤbet an China gezahlt wurden, ob» 
zelmäßig, während den Zeiten der Ming: Dynaſtie, 
weniges über die Naturproducte des Lanı 


es meiftentheil® veligiöfe Gegenflände, Buddhas _ 


oder Kunſtproducte waren; doch wollen wir ihre 
mittheifen. Seit dem genannten Jahre, 1648, 
tzahlung an China busch Eaiferliche Decrete fo 
nur alle drei Jahre Statt finden ſollte; ihr 
das Land Khu⸗khu⸗Nor und Scenfi,.d.t, 


nah Sining vorgefhriebenz doch gingen: fig _ 


en einmal, duch Yunnan. Die Embaffaden 
100 Perfonen beftehen, davon. 85 an ber Grenze 
d nur 15 bis in die Reſidenz vorgelaffen wurden 
. I. &. 222), doch war es den Begleitern ber 
erlaubt, gelegentlich einen Leinen Handel wit 
hne alle Zollabgabe zu treiben. Im Sabre 1664, 
he Tribute nah China gebracht: Fdole-von 
rgoldet; gemalte Bilder, Obelisken von 
rita, d. i. Reliquien; rothe Koralfen, 
oͤrner, gelbe Mügen mit Schwaͤnzen zug 
b (Phuru, eine Art Piüfch oder Tuͤbetiſcher 
e, vielfarbige Filze, Alfafoetida (Aewei 
warzes, wohlriechen des Gummi, große, 
iſcheln, Quaſten von weißer und ſchwar⸗ 
n den folgenden Jahren kamen zu dieſen Din⸗ 
ne Gebetraͤder (Khorlo, im Mongol. Kurs 


apeln bi6 8 Fuß im Duchmeffer groß find, fü 


. 676, 822) bei reihen Leuten wie Uhren in ben 
2, umd aufgezogen befländig rollen. Aber auch 
enktränze von Edelfleinen oder von gels 
auch Pelze von Thfu heou f? unbelannt), von 
arden, Luchſen; Safran; verfchiebene Zeus 
forte, Filze u. a. m. Gelt der Herefchaft der 
feit Kalfer Kanghi's Eroberung Tuͤbets, 1720, 
lich gewordenen Geſchenke des Dalai Lama an 
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zthauchy L c. p. 40, 48 - 60. 


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232 Hoch-Aflen. IV. ubſchaltt. $. 75. 


Koͤnig bei ihrem Kaiſer um eine Prinzeſſin anhielt (vergl. 
bei den Uſun, Aſien Bd. I. S. 433, und 'Timkowski Vo 
p. 277); Die aus Eöftlihem Landesproduct gefertigte Gabı 
Brautiwerbers war zwar ein mit Rubinen befegter Dar 
aus Lafurftein; dennoch dauerte das Widerſtreben des Ke 
baufes und des Volkes Jahre lang; fe veraͤchtlich und: ver 
waren bie Zübeter, fo im Argen lag ihr Land. Und ale 
dielen- Künften, gleich denen dee Geſchichte der Turandot, es 
Tübetifchen Geſandten geſtattet wurde zur Kaiſertochter fage 
dürfen: „Mache dich bereit mit uns bie Reiſe nach Röböt « 
treten,” gab das Chinefifche Volk hieruͤber doch noch laut 
Misvergnügen zu erkennen. Erſt auf die ausdrädliche Ver 
sung ihres kaiſerlichen Vaters, dag der Befchluß nun ummide 
lich fey, ergab ſich die betrübte Prinzefiin in ihr Schilfal, 
fi aber als Xröftee den Oſchu Sakjamuni (ein Abbild 
dem Leben Buddhas verfertige, Von der Größe eines zwölfi 
gen Knaben) nebft allem, was ihr in jenem fremden und a: 
Lande zur Nothdurft und zum Vergnügen dienen konnte. 
wurde ihr alles von ihrem fie zärtlich liebenden Vater _bewi 
und ihre Ausſteuer war ſehr reih. Mit diefer ward fie dem 
bötifchen Gefandten übergeben. Diefem zeigte fie alles und fı 
ob «8 in feinem Lande feine Thonerde (mol zu Porzel 
Mühlfteine, Seidenwürmer gebe? Als diefer nun 
widerte, daß am alle dieſem dort Ueberfluß ſey, nur bie-€ 
denwürmer kenne man wit: fo nahm fie die Eier von 

denwürmern mit, um den Seidenbau in Toͤboͤt einzuführen. 
reife warb nun angetreten, aber fie ging nur langfam von 
ten, weil der Schuggott China’ mancherlei Hinderniffe in ben 
legte. Als der Zug das Toͤboͤtiſche Gebiet betrat, und bie 2 
flaͤche Ram otſche (d. h. Ramo tfie?%),.den Beinen But 
Tempel im Norden von Botala bei H'Laſſa) erreicht hatte, 

ber Wagen, der das Dſchu Sakjamunibild trug, im Sande ſte 
und war durch nichts fortzubewegen; daher man ihn bier 
vier Säulen und feidenen Vorhängen umgab, d. h. einen 5 
pel baute. DiePrinzeffin aber ſchmuͤckte fi mit iheen 25 3 
frauen zum feierlichen Einzuge, und begab fih dan unter ' 
fit, Sefang und allgemeinem Jubel des Volkes, nad der TI 
flähe der Maͤuſe (Chulughunain Koͤdoͤh; vieleicht weil 


>80) Weisung thon chy I. c. p 127. 
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I. Oſi⸗Sr., Tuͤbet, Produche. 2333 


) im her Naͤhe von H’Laffa, wo ber Dry des 
nge6 wat, 

man, aus den Tributen, welche in —— 
erten von Tuͤbet an China gezahlt wuͤrden, ob⸗ 
elmaͤßig, während den Zeiten ber Ming-Dynaſtie, 
veniges Über die Naturpeoducte des. Lana 


es meiltentheil® veligiöfe Gegenſtaͤnde, Buddhas s 


oder Kunſtproducte waren; doch wollen wig ihre 
nittheilen. Seit dem genannten Sabre, 1648, 
zahlung an China durch Faiferliche Decrete fo 
nur alle b.eei Jahres Statt finden folltez ihr 
a6 Land Khu⸗khu⸗Nor und Schenſi,!b. i. 


nah Sining vorgefhriebenz doch gingen: fig _ 


n einmal, duch Yunnan. Die Embaffaden 
00 Pesfonen beftehen, davon. 85 an der Grenze 
nur 15 bie in die Refidenz vorgelaffen wurden 
l. ©. 222), doch war es den Begleiteen der 
erlaubt, gelegentlid, einen kleinen Handel mit 
ne alle Zollabgabe zu treiben. Im Jahre 1664, 
e Tribute nah China gebracht: Idole von 
goldetz gemalte Bilder, Obelisken von 
rien, d. i. Reliquien; rothe Koralfen, 
jener, gelbe Mügen mit Schwänzen zug 
(Phuru, eine Art Pluͤſch oder Tuͤbeuſcher 
vielfarbige Filze, Affafoetida (A’mwei 
zarzes, wohlriehendbes Gummi, große, 
fhein, Quaſten von weißer und ſchwar⸗ 
| den folgenden Jahren kamen zu diefen Dins 
6 Gebetraͤder KKhorlo, im Mongol. Kurs 


pein bis 8 Fuß im Durchmeſſer groß find, ſ. 


. 676, 822) bei veichen Zeuten wie Uhren in den 
‚ und aufgezogen befländig rollen. Aber auch 
ulränze von Edelfleinen ober von gels 
uch Pelze von Thſuſcheou f? unbekannt), von 
irden, Luchſen; Safran; verfchiedene Zeus 
otte, Filze u. a. m. Seit der Herifchaft ber 
it Kaiſer KRanghi?’s Eroberung Tuͤbets, 1720, 
lich gewordenen Geſchenke des Dalal Lama an 


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hou chy L c. p. 40, 48—53; 


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23H. Hoch Afien. IV. Abſchnitt. 575. 


dem Dof’von Peking, am bie Prinzen und Lamen China’ 
mal zu den kaiſerlichen Geburtsfeiern ꝛc., in: feinen Wol 
gen, Silberobrlisken, in wohlriechenden Stäbchen 


vorzuͤglich In gebruckten Büchern, die zu diefem Zw: 


großer Menge aus H’Eaffa durch die dortige Propagand 
fendet werden. Durch außerordentliche Embäüffaden werden 
Dalat Lama und andern hohen Geiſtlichen Tuͤbets auch He 
bilder, Bücher mit Goldſchrift, fünffarbige Mapiere mit P 
ſtit von 8 Gluͤcksfaͤllen, kanges Leben verleihende Binder 
Tuͤcher, einheimifche Parfums, Wollenzeüge u. a. m. verfd 
Unter den Probucten 8) der Älteren Zeit, die in d 
ſtorle dee Dynaſtie der Thang (XI. Zahrh.) angegeben n 


finder man Gold, Silver, Kupfer, Zinn, Büff 


— 


dem Seibenhaacr, trefflihe Pferde, einbudlige Kam 


die 1000 Li (d. i. 60 geogr, Meit.) in einem Rage? mache 
große Fledermaͤuſe. 
Unter ben Kuriofitäten des Landes nennt man, eine I 
über der ein fehr fanftes Wefen wie ein Hund ſchweben fo 
dem Elephanten, Löwen und andere Thiere fich mie vor dei 
nige der Thiere neigen. Auch ſchwarze Efel foll es da 
Borlche mit dem Tiger im Kampfe beftehen, und fo ſchnell 
wie jene Kameele. In ben Gebirgen find Argalis, deren 
ner bis 100 Pfund wiegen follen (im Altai von 80 Pfu: 
Afıen Bd. I. &. 927); Rhinoceroshärner,kduntelf 
fo dark, daß fie angeklopft wie Jaspis Mingen (ob Petrei: 
fie bewahren jedes Gift bei fih. Corundum (mie in! 
f. ob. S. 53) der dem Amethyſt gleicht, weder durch Stab 
euer zerſtoͤrbar iſt, aber mit dem Horn des Argali pul 
werden kann, Jener Parfüm Tuͤbets, den die Einn 
ihren Göttern darbringen, übertrifft den Lan (der Chineſer 
Eipidendron)5 ee heißt in Buddhiſtiſchen Büchern Ylan 
Es iſt ein kleines Blümchen, gleich einem Goldkorn, mit fı 
kem Dufte, daß ein Gtäubchen davon in das Haar geleg 
Schritt weit duftet, und einen ganzen Monat anhält, Sch 
Hiſtorie der Heou Han erwähnt feiner. 

Unter dem Kapitel der Producte Tuͤbets Führt bie | 
fifhe Geographie exit einige fabelhafte der Weſtlaͤnder (Siyu 
dann aber cheilt fie die Landesproducte nad den Pei 





900) Wei wang chon chy l. 0. p. 107—160.. 


, 11. Oſt⸗Gr., Zübet, Product. 235 


haften mit, wir folgen 89) ihe darin, weil uns 
indfchaften nun fchon bekannt iſt. F 

in lu giebt es graue Gerſte (Thſing hua 
vilde Ochſen mit langem Haarz Ziegen, 
e Rüben, die in China nicht wachſen, Weiß⸗ 


19, Holzſchnitt-Tafeln zum Buͤcherdruck; 
n, Taſſen aus Wurzeln einer Rebe geſchnitzt; 
ag han Baume, aus denen man Roſenkraͤnze 
utter. Das Thier, das nur im Winter eris 
mmer auf dem Berge Brang:gungsei zur Pflans 
en Narurhiftorien hat es keinen Namen, genofs 
ee Wilde Ochſen mit langem Haar; Zies 
ı Ochſenhaarenz graue Gerſte; gemeine 
ing, weiße Weintrauben, Taſſen aus Mes 
chtz Granaten, Pfirſich, Waſſermelo⸗ 
Berfte, Gerſte, Erbſen; gelbes Wachs, 
„Butter, Weißkohl, runde Rettiche, 
nia arhorescens). Natk Buͤffel, wilde Ka⸗ 
due Chineſen, mit gutem Pelzwerk; Quecſil⸗ 
an dieſen Produeten die Lage im warmen, ties 


‚graue Gerſte, Trauben, Nüffe, trockne 
gen mit feinem Wollhaar, ‚wilde Ochſenz 


do, grane Gerſte, gemeine Gerſte, runde 
bfen, Nüffe, Ingwer, Moſchus; Baͤ⸗ 
Aiye (), wilde Ochſen mit langem ee. 
on Kuhhaaren. 

dze, Biegen mit feinem Wollhaar; wilde 
ngem Haar, Filz von Kuhhaarenz; Pferde, 
Hiefhe, Huͤhner; Eifen. 

ungdzong, graue Gerſte, Dat’s, Lapis 


andho, graue Gerſte, die officinelle Pflanze 
Dchfen, Hammel, Butter. 


'thou chy L «. p. 137. , 


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236 Hoch⸗ Aflen. - IV: Abſchnitt. 5,7% - 


In Tardzong ODorung bzong), graue Gerſte, Bir 
Nüffe, Maulthiere, Pferde; Goldfand, Sitberwineg. 

In O'Lari, bie fünf Arten der Cerealien gedeihen 
nicht; man treibt nur die Zucht von Rindern und Schaa 
wilde Ochfen, Ziegen mit feinem Wollhaar. 

Zu Ghiamdho im Lande Kongbo; graue Gerfte, U 
kohl, eßbare Schilfſproſſen, Schilf zu Bogen und Pfeil, % 
lazuli; breite Zeuge Phiantan (?), Tuͤbetiſcher Sammtt, Phr 
Filze von Jiegenhaaren, Maulthiere, Hunde mit dicken Köpfi 

In H’Laf fa, zweierlei Arten Reiß, rother und gelber; 
diele Cerealien; man bewäffert das Land duch Canaͤle. 
Tuͤbeter Pflug iſt wie der Chineſiſche, aber man ſpannt in 
bet 5 Ochfen vor den Pflug. Andere Prdducte ber Agrice 
find, weiße Bohnen, Indifche Linſen, Lauch, Bohnen, rothe 
ten, Zwiebeln, Meterfilie, Weißkohl, Spinat, Saldt, Rü 
Nüffe, Weintrauben, Tuͤbetiſche Apritofen, Feigen, Tu 
Tche Ceder, Sat. 

Sm hintern Tuͤbet find bie Sihfen Diayel 
Dengstfavga, bie viel Satz hervorbringenz; auch. wirt 

“aus dem Sandboden gefammelt durch ausgraben, und zum ? 
taufch gegen andere Waaren benutzt. Tübetifhe Parfü 
zum Verbrennen, boppelter Art, viokett und gelb; ihr Rauch f 
gerade zum Himmel empor, daher werben fie fehe hoch geſch 
Parfüm Seilan. Tuͤbetiſche Seidenmwürmer, Taf 
Gammet (Phrouh), Kaſchmir Shaͤwls, feine Fitze, blur 
Zeuge. -Zübetifcher Saflor, Krapp, tothe Farbeſtoffe, Bergt 
Zimmet, Kolile (?), Holzſchaalen zweierlei Art, die das Gift 
nichten; Aſſa foetida, Pivoine, Mohn, Gerſte, Calendula, ı 
und gelbe :Kamillen, Cedern, Cypreſſen, Efhen, Myrrhe; 2 
moniaftz Lapis lazuli, Türkis, Agat, gelber Am 
Korallen (2); große Meermufceln (2); Pferde, Maulthiere, ( 
Büffel, Yaks, Argali, wilde Ochſen, wilde Ziegen mit Ian 
Haar, Ziegen mit feinem Wollhaar, fehr Meine Schweine, Ha 
Fuͤchſe, ſchoͤne Vögel, fehr Meine Hühner, gelbe, wilde Enten, 
fanen, Balken, weiße Adler, Schwäne. 

E.; Noch wird im Allgemeinen gefagt, daß In Tuͤbet kein Be 

* — bus:W) wachſe, aber es ſey daſelbſt ſehr geſchaͤtzt von den 

amten und Gelehrten, wie von Hohen und Niedern, weil q 








iM '200) Wejtsang thou chy I. c. p. 171. 


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, II. Of-©r., Züber, SLaffe. 237 


Hausgeräth aus Bambus, in China gemacht, 
obwol die Tuͤbeter Im Aflgemeinen gar einen 
auf die fremden Waaten des Auslandes legten. 
und Baͤchen, in Oft»: Tüber, findet man viele 
n gleichen, weiche nran in China Lu und Pian 


bee duch Buddha's Gefeg verboten ift, f werꝛ 


jen oder gegeſſ en. 


ie Sapitale, bie Culture Mitte Tuͤbets. 


ade) von Tuͤbet liegt in einer großen Plainr; 
Stunden von N. nad ©., und 24 bi8 30 geog. 
90 Li) von D. nah W. ausbehnt. Nach allen 
e von Bergen umgeben’; biefe Berge, fagt die 
aphie, ſchmuͤcken fie, fie find majeſtaͤtiſch, die 
rchſchneiden, find herrlich; der Acker ift fett und 
ge find eben und breit, das Ganze ift eine bes 
he Landſchaft; 28 iſt die berühmtefte von Siyu, 
der. Es ift das Land des Bubbha; fein 
Gipfel de6 Berges Botala im Weften erbaut, 
ama Reſidenz; fein Gipfel ift dem Smaragd 
en Gascaden feiner Waffer und ber Purpur⸗ 
ohen Paläfte bienden das Auge Die Vollens 
heit allee dort vorhandenen Gegenftände machen 
pundernsmerthen Aufenthalte. Vier große Kloͤ⸗ 
fe Reſidenz nach den vier Weltgegenden; fie 
ung, Sera, Ghaldan und Samie Die 
en Pavillons, die Straßen des Ortes, feine Bas 
ft bemundernswerth in diefem großen Drte, den 
1aſſa nennen. Wie diefe Befchreibung der Ges 
ſſas fih pomphaft genug ankuͤndigt, ſelbſt im 
ändere, des ſonſt alles verachtenden Chinefen, 
amen Nachrichten, welche uns Über bie .erfte 
fee noch mehr al& bie heilige Roma gepriefenen 
erſtadt, in ben einheimiſchen Annalen, naͤ⸗ 
den koͤnnten. | 
chon oben, aus der Ältern Tuͤbetiſchen Geſchichte 
der Reſidenz bee Könige Tuͤbets, vom Yars 
‚ in dieſes mehr weſtliche Gebiet, unter 


ou chy 1. c. p. 237, 239— 247. 


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238 . HodrAflen. IV. Abſchnitt. $. 75. 


Srongdſan Gambo (in der Chinefiihen Geographie wi 
weichlicher, auf Chinefiih Lungdzan genannt, fein Tit 
Ghialbo, d. i. König, er ftirbt im I. 650) ®°?), im VII. £ 
hundert angeführt. Damals wurden dort bie erften X 
Botalas erbaut, und um biefe fiedelte ſich bie Gapitale” 
Landes H’Laffa feitdem au. Diefe erften Tempel mwı 


‚unter befonderer Aufficht dee beiden Gemahlinnen des Ki 


der Nepalefifhen und Chinefifhen Prinzeffinnen ®) 
Dara Nipol, d. I. Vie Weiße, die Dara Wentd 
d. 1. die Grüne, genannt) echautz daher kam wol der Ch 
ſiſch-Indiſche Pagoden⸗Styl, der ſeitdem in Tuͤbet 
herrſchenden Architectur, welche aber dem hoben, kalten 
birg6lande des großen Schneereiches fehe verftändig angepaf 
Die Bauten jener erflen Anlage der Capitale können nicht ı 
deutend geweſen ſeyn; fie bilden den Grund aller ſpaͤtern 


werke. Die Prinzeffin von Balbo (d. i. Nepal) hieß B 


fun, fie war von roͤthlich weißer Farbe, Ihe Athem bufter 
Sandelholz, ihr Löniglicher Water ſchickte zugleich mit ihr 
durch ſich ſelbſt entflandene Buddha⸗Bilder, nd 
das belebte (d. h. eingeweihte), das lehrende (d. h. des 
rers, Tenggri und Menſchen Schakyamuni aus Erz gegoffe 
der Groͤße eines achtjaͤhrigen Knaben) und das der weißen 
ra⸗Eke (7), nebſt einer vollſtaͤndigen Sammlung aller Be 
ſchen, d. i. Nepaleſiſchen, Religionsſchriften (im Jahre 639 
Chr. Geb.). 

Daß Buddhis mus ſehr fruͤhzeitig In Nepal einhei 
geworden, haben wie oben gefehen, von da können wir alfı 
einen Weg verfolgen, von welchem aus Indiſche Civil 
tion vom Süden herauf zum Platsaulande Tuͤbets vord 
Das Boͤdhimoͤr, deſſen Erzählung von ber Brautwerbum 
Nepaleſiſchen Königstochter oben angeführt wurde, fagt fe 
der König gab feiner Tochter bie genannten Götterbilder 
fonıt den heiligen Schriften dee Lehre, damit durch alles 
die athmenden Wefen jenes Landes auf den Weg ber Ti 
gefördert werden moͤchten. Auch Schaͤtze und Guͤter, un 


202) Wei tsang thon chy l. « p. 26. * P. Georgi Alphal 
Tibetanum 1. c. p. 3005 Ab. Remusat Observations sur I’ Hi 
— — nn — 1832. 8. p. 30. Ar s., Sf 

m Mongol. Ge . mibt 6. P56 dhimör « 
Rot. 12. ©. 33 — 9 ’ — 


, II. Oſt⸗GSr., Tuͤbet, S’Laffe. 239 


m,” Wunderſchaalen von Lafurflein ı. a. m 
She Stiere trugen diefe Schaͤtze aus Nepal nad 
)rinzeſſin ritt ein weißes Maulthler; ihre, Juygs 
und viele Große im Gefolges als fie aber zu 
famen, mußten die Laſten auf andere Weiſe 


n. Die Buddhabilder follen aber felbft zu Ku _ 


Stellen überfliegen haben. Auf ben beſſern We⸗ 
ganze Zug wieber in bie befte Ordnung, unb 
Bavohnern Tübetd unter freudigem Jubel, Ges 
empfangen und zum Könige geleitet. 
ifhePrinzeffin hieß Untſching, bie Toch⸗ 
liſer Taitſong ber Thang (regiert 626 640 
von roͤthlich grüner Farbe, ihr Athens duftend 
pala Blume, eine vollkommene Schönheit, mit 
zug der vollommenen Keuntniß dee Schaſtir 
ie erhielt als Mitgift, außer jenen ſchon genann⸗ 
noch eine Sammlung aller gelehrten Schriften 
er Geſchichten. Als num auch fie, als bie zweite 
Koͤnigsſitz ankam, ließ Srongdſan Gambo 
uf dem Berge Botala, unter ihrer beſondern 
Goͤtterbilder erbauen. Die Ufer des Sees auf 
ßten eingeengt werden, erhöht, eingebämmt, und 
ten. gelang es ihm, ihnen die regelmäßige, 
zu geben. Dann wurden die Tempel felbit ers 
großen Hinderniſſen der widerſtrebenden, bösars 
ſich ihrer Errichtung miderfegten: Vier Dras 
uwara, Mahakala, Durga (Indiſche Goͤtzendie⸗ 
die indeß ihren Schutz verſprachen, wenn aud 
m Tempel mit aufgeftellt würden (dies erklaͤrt, 
sgolifche Sprachkenner Schmidt, warum in 
ein Tuͤbets auch fo viele Brahmaniſche hole 
von den Buddhiſten als fchügende Diener ihren 
werden). Die Einweihung diefer Tempel ges 
Ben Pomp und [o vielen Wundern, daß ihrer 
Boͤdhim oͤrs) ein ganzes Kapktel gewidmet iſt. 
en Könige, dem erſten Begründer von H'Laſſa, 
tfche Geographie %), uͤbereinſtimmend mit den 


jetfen Mongol. Geſch. a. a. D. S. 343. 
ou chy 1. c. p. 27 ete. 


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240 Hoch⸗ Afien. IV: — $ 75. 


Mongoliſchen Annalen, daß er feinen Bemahlinnen P 
und die Stade erbaut Habe; bei ihm bat aber. die Chi 
Peinzeſſin den Vorzug. : Sie fahe mit Ekel den bamalig 
beaud; dee Tuͤbeter, fi, die Geſichter roth zu.malen, und 
verbot der König dieſen Gebrauch bei feinen Hofleuten. € 
teug nun ſtatt ‚feiner groben Wollroͤcke ſeidene Kleide 
nahm nad und nah Chinefifhe Sitten an. Er fd 
Söhne der / Prinzen und des Adels in Chinefifhe Schule 
forderte Chinefifche Gelehrte und Poeten zu fih. Der 
gab feinem Schwiegerfohn den Titel Prinz bes Si-hai 
Meer,:d. 1. der See Khu⸗-khu-Nor). Er bat fih Se 
würmer, gefchickte Leute, die den Wein zu bereiten ve 
Dapier, Dinte, Mühlen, Maler, und nahm den C 
fifhen Kalender-an u. f. w. 

Diefe erſte Anlage H’Laffa’s, alfo im Styl u 
Bultur von Nepal und China, unter biefem Begrün 
Wohlfahrt Tuͤbets, wurde mac ber Tübetifchen Chron 
rere hundert Jahre ſpaͤter fehe erweitert, buch Seine Rad 
z. B. unter dem Könige Thifeong I Te b Dfan (x 
801-845) 37). Diefer erbaute feinen Tempelpalaſt Bin 
an Feſtigkeit und Pracht alles bisherige übertraf; er wu 
nau der Lehre gemäß eingerichtet; das untere Stockwer! 
die Tübetifhe Ordnung, das mittlere die Chine 
das obere die Indiſche Drdnung fpmbolifh dar; _er 
unter Blumenſtreuen nnd Segenswünfcen eingeweiht. 
Ende des Jahrhunderts machte einer der folgenden Könige 
Tſong⸗l Te⸗b Dfan, als Sieger gegen China, -große 
baute, wie die. Chronik fagt, dafür Taufende von Kempeln 
die Bibliothelen des Landes durch Ueberfegungen aus Fr 
Religionsfchriften, und hob durch feine grenzenlofe WVerehrr 
Geiftlichkeit die Wohlfahrt des Tuͤbetiſchen Volkes fo feh 
fie dee der Tenggri (dee feligen Geifter) felbft gleich Fam. 
dem Boͤdhimoͤr ließ diefee fromme König die bisherigen 
fegungen aud in einer neuen, verbefferten Sprache uma 
und erklären ; er ließ die Maaße, Gewichte und Münzen a 
difchen Fuß einrichten. Ex theilte die innere Einrichtung d: 
ſter und Einfiedierlebens in die drei Klaffen dee Hören 


37) Sfanang S Mon ol, Ge .a. a. O. e, 39—51. 9 


II, Df-Sr., Tuͤbet, H'Laſſa. 241 


er Ausäbung und chem fo das Lehrſoſtem 
Ten des Vortragens, des Disputirens 
on. Die Gelehrten, die Geiftlichen, die Edlen 
berſten Klaſſen feines Reiches aus. Jeder Gy⸗ 
inem Unterhalt und Bedienung 7 Hausgeſinde 
Der Koͤnig ſelbſt ſaß gern in der Mitte feiner 
an die Haarlocken der rechten und linken Seite 
eß er lange Bänder befeftigen, bie er über bie 
keit ziehen und felbige darauf ſich niederfegen 
prachwolle Tempel, und ließ aus Hin do ſtan 
cchitecten, aus Balbo (Nepal) die geſchickte⸗ 
nd Gießkuͤnſtler kommen. Ein Tempel hatte 9 
vae von auferordentlicher Höhe; die 3 unten 
ein, die 3 mittlern aus Baditein, die 3 oberiten 


den vier Eden des Shinefifhen Daches hingen 


ten herab, die bei Stuͤrmen an 4 colofjale, fleis 
fligt wurden. Sehr viele Tempel wurden von 
Großen geftiftet. Sein Ruhm war groß, ſeine 
lichkeit dehnte ee nach allen vier Weltgegenden 
e feines. Reiches ließ er chronologiſch ordnen, und 
Chinas vergleichen, dabei hauptſaͤchlich auf die 
haͤltniſſe beider Länder von Chiva und. Toͤboͤt 
snarchen fi bald verfchwägerten, bald. in Krieg 


| Z 2 2 — 
er indeß bleibt daſſelbe Süd der Tüberifchen 
dem ganzen Lande gleich hold; bie Verwilde⸗ 
reſcher, und bie darauf erfolgende Zerſtoͤrung 
. Jahrhundert, wird mit den traurigſten Farben 
ie der Strom der Fruͤhlingsgewaͤſſer, fo ſchnell 
m Tode. des. letzten fremmen Könige die Macs 
; Zübetifhen Reihe; wie aine verwitterte Schilf⸗ 
fegtiche Herrſchaft bet X verdienſtlichen Werte zus 
eine Lampe, ber das Det ausgegangen, erloſch das 
Wohlfahrt des Volkes von Toͤbdoͤt. Wie ein vers 
mreind aus finflern Regionen verbreiteten ſich dort 
eligion und die Irrlehre der ſchwarzen Ge⸗ 
Neigung zu guten Geſinnungen und Handlungen 
wie man einen Traum vergißt. Nur wenige der 


Sſetſen Mongol. Geſch. d. a. D. ©. 2 Kot, 36%. 


mie IV, 


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242 Hohe fen. IV. Abſchnitt. $. 75. 


hberlebenben Frommen beweinten ben Untergang der 8 
Lehre u. ww — 

Gewiß iſt auch damals vieles in H’ Laf fa.wieder | 
worden, wie in ben folgenden Zeiten, als die Mongolen: D 
den Chinefifhen Herrſcherthron beſtieg; d. i. durch die haͤuf 
derholten Dſungaren⸗ und Kalmücken⸗Ueberfaͤlle in 
Doch ſcheint H'Laſſa ſelbſt manche feiner Alterthuͤmer um 
hern Anlagen bewahrt zu haben, und auf den alten Grun 
wurde immer der verjüngte Ort wieder ‚aufgeführt. Ale 3 
hierfür Bann jene berühmte SteinsInfceription?®). 
mit dem Vertrag eines Kriedensfhluffes zwifhen Ci 
fen und Thuspho, am Thfing⸗chui: Fluß, über Grenzſtre 
ten, am Ki⸗-alan-Schan⸗Gebirge (f. Aſien Bd. J. S 
vom Jahre 821, welche noch vr im Tempel zu H'Laſſ 
bewahrt wird. — 

Jene Chronik⸗ Fragmente, im myſtiſch⸗ emphatiſchen | 


"haben wir nur als Beiſpiel angeführt, weil diefes faſt alle 


sichten über Tuͤbetiſche Angelegenheiten, bei weichen die reli 
Verhältniffe mit zur Sprache kommen, eigenthuͤmlich ift, um! 
er fich feibft der fonft trodinen Relationen ber Geographe 
mächtigt hat, ſowol im Styl des Chinefifchen Berichterſtatter 


des deree de Propaganda fide, die Uber ben gegenwärtige 


Hand von H’Laffa daher öfter dunkel und ganz unverſtaͤ 
werden. 

Jenes Botala (Putala, PhutoSchan ber Chu 
iſt der allgemeine Name Wu) des Berges bei H’Laffe, mi 
drei Spigen, der gleich dem Sambhunath in Karchman! 
oben ©. 70) eine ganze Tempel⸗, Klofters und Palaſt⸗Gi 
nur in. einem vergrößerten Maaßſtabe bilde. Der Gipfel 
welchen ber Palaſt, oder vielmehr das Klofler des Dataif 
fleht, Heiße Mardo⸗riz m ift mit Thhrmen und Feftung 
Ten verfehen. Nahe babei, im Welten ode Süben, if 
Dyiaghert, d. i. dee Eifenberg, wo der berühmte Zz— 
khaba aus Amdoa die Mebicin lehrte, auf welchem ber Dzi 
risbisdung erbaut If, und hinter beiden, gegen Norden 
ber dritte Bipfel, Phamori. Der Palaſt des Dalai, 


heißt Pobrang Mann: oder fchlechtweg Porun mar 


200) Weitsang thou chy I. e. p. 31. 260) ebend. p. 244 N 
v. Kispr. und p. III Not. | j 


’ I. OftOr., Tuͤbet, HLaſſa. 243 


Stadt; denn feine Gebäude find roth. 
(48) von D’Laffa gegen WM; der J— 
uptgebaͤude deſſelben hat 367 Fuß Hoͤhe, dae 
t, man zählt darin 10,000 Zimmer die voll 
Dbelisten von Gold und Silber, 
een und beiligen Dingen find: Dieß ift der 
Im Sabre 630 n. Ehe. ©. von jenem Stong⸗ 
ut ſeyn folk 
Botala, Phuto Shan ber Ghinefen, foll, 
ben Geographie, eine Höhe von 100 Ghinefis 
on; bee wahre Botala, oder Phuto, liegt 
ndeen fern im Süd:Meere, wo er einen Hims 
inem Gipfel zur Herberge ber Bodhiſatwa's 
auf ihren Weltreifen im Univerfum find. Ein 
a, bdiefer Art, liege im Meerevon China; 
e achtundzwanzigite der trefflichen Bodhiſatwas, 
8. Diefer Botala, bei H'Laſſa, iſt alfo 
efer heiligen Wurnderberge, auf dem der Kuon: 
ai Lama, der Alles ficht und Altes weiß, fi ſich 
iſch zeigt. 
pelbefhreibung !) wird dieſe Reſidenz des 
uch der Tempel des Buddha genannt, 
'hang im Züberifhen, Zatıhao fu im 
im Züberifchen, chao im Chineſiſchen und 
— ‚bezeichnen den Buddha, deſſen Haupt⸗ 
Shakig muni heißt); die Capuciner Mifs 
efe Wohnung Lapranga?) (Ka-ſa⸗prahl⸗ 
‚Georgi, & e. Terra Dei adıniranda sublimi, * 
L ©. 466); es ift dies der Tüberifche Titel 
ie Chinefen in ihrer verweichlichten Ausfprache, 
Lao mulang nennen, Diefee Bubdbhiftifche 
pel ward, nach dem Chinefifhen Geographen, 
j:Dymaftie gebaut, und ift gegen den Welten 
aptidol iſt dafjelbe der Chineſiſchen Prinzeffin, 
e Mede war. Auch fieht man Bilder darin, 
ı ihrem Gemahl, dem Ghiambo ‘(i. e. Rex, 
inb von der Balbo Prinzeffin (aus Nepal), 


chy . & p.124—128. *) P, Georgi Alphabet. 
2 300. j j 
| 212 











2 Hoch⸗Aflen: IV. Abſchnitt. $, 75; 
mb eine Menge Idole, die im Tempel alle vor dem Thro 
Majeſtaͤt des Chinefifhen Kaiſers geſtellt fi ſind. Weihrauch 


vor ihnen; Blumen und Vaſen von orientaliſcher Jade 
mern in jeder Jahtetzeit wundervoll umher. In dee SL 


des Palaſtes Liegt der Prachtſaai H’Kamo, der nad) der 


een genannt ift, darin die Zübeter ihre Adorationen - zur 
Seneeinigung mahen., Die Wandgemälde find: hiftorifche: 
halts, 3. B.-wie Yuan phoei, ber vierte der Emhaſſader 
Zhang, vote er fich heilige Schriften und heitige Idole au 


Wahrſcheinlich find hier /auch die hocograpbifdhen T 


Tuͤbets angebradht, weiche Pat. H. de la Penna gefehen ha 
von denen oben (Afien Bd. 1. ©. 466) die Rede war. U 
muthen, daß es diejenigen find, mit weichen der ſchlaue u: 
sätherifche Tubet⸗Vang zu Kaifer Kanghi's Zeit (ſ. 
Bd. I. 272), nad einer Notiz im Alphabet. Tibetan. p. 3 
dem Palaſte 16 große Wände ſchmuͤcken ließ, in dene 
einzelnen Prosinzgen Tuͤbets genau abgemalt waren 
tee den Merkwürdigkeiten dieſes Gebäudes führt der Chi 
fe Geograph au einen großen Rupferkeffel 2). 
über 100 Maaß Waffer hätt; er ift zur täglichen Bereitu 
Thees für diejenigen beſtimmt, die dort ihre Gebete recitire 
Chinefifche Autor füge zur Beſtaͤtigung dieſer Angabe hir 
babe den Keſſel mit eigenen Augen.gefehen. Bor der Pfe 


Gebäudes find die Uebercefte verſchiedener Alterthuͤmer aufb 


darunter auch det Stein mit dem Allianztractat der Than 
naſtie vom Jahre 821, Doch iſt dieſe Infcription jegt. m 
meht lesbar. Neben biefem Denkmale flchen zwei alte:2 
deren Stämme wie zwei Drachen fih um einander wind 
folen aus dem. Zeiten dee Thang herflammen. 

Mur eine halbe Li mördticher, alfo gang nahe von 
ficht dee zweite Haupttempel Sia o tchao (db. h. des 
Tchao, ober Budkha), Ra mo tfie ber Tübeter, auch a 
Beiten der Xhang (f.. oben ©. .232), der jenenv weber an 
noch Pracht etwas nachgiebt; in ihm ſteht das Bjährige B 
bild. Diefe Tempel dienten als Muferbauten für bie 
ahmung dee neuern Tempelarchitectur in dee Somme 
a Kaiſer u loug zu Je⸗hol (f. — 


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498) ng en ey Lep% 9 ebd. p. 168. 


,, II. Oft-Or.,.Züber, Heaſfa. 245 


ſem und dem Dziah⸗ri⸗diedung, auf dem 
ſter-Palaͤſte zur Aufnahme ber fremden Las 
aſelbſt ihre theologiſchen Studien vollenden wol⸗ 


bat man eine Ppramide errichtet, über weldhe 


mit dem Sig der Gottheit, defien Ruhm fi 


ſten Grenzen von Siyu (die Wefkländer, der Dcs 


, moajeftätifh erheben. Am Suͤdabhange diefee 
Dbelisten; an dem Nordabhange liegt bei 
heil, deſſen erfte Anlage auch in die Zeiten des 
ts zutuͤckgeht. Er beißt Dzundzio Iu hang. 
mu im Chinef.), bat eine halbe Stunde (4 &i) 
feiner Mitte iſt cin Palaſt im Octogon erbaut, 


bunten Badfleinen, den man das Schloß des 


s nennt. Wer dies befuhen will, muß zu ihm 
[usfiche iſt prachtvoll. Ueberhaupt iſt diefer Bu⸗ 
den Anlagen umgeben. Nur 5 Li im Weſten 
kuͤhle Sommer⸗-Park, Kadzi⸗-rtava 6), des 
mit Fiſchteichen, wo ſeltenere Blumen gepflegt 
auch der Blumengarten beißt, und nahe das 
ger Garten, Choujigang, oder Kingyuan,, 


Lama den Bandjin Lama empfängt, um 


trinken. Nur 2 Li im Norden von Botala 
umgbio, eim dichte® Bosquet von, Pfirfih und 
von Cedern und Copreffen befchattet, zur Som⸗ 
alai:&ama in feinen Mußeftunden beſtimmt. 
ſür Stabe iſt die Brüde aus Firn iß-Quas 
hiae) ?) mertmürbig, unter welcher, mit Getoͤſe, 
ing tfiu, des daher au den Mongolifchen Nas 
muren (i. e. furibundus) führt, vorüber ſchießt. 
ee dieſes Stromes haben hier) eine fhimmernde, 
bez bald zerftieben fie in Tropfen, und fallen 
große Baffins, bald wälzen fie ungeheure Fels⸗ 
dem Schlammbette entzreißenz: in’ dem Fluſſe 
, Thöne Steine, die man zu Denamenten in’ den 
In der Stade H’Laffa felbft heißt das Luſt⸗ 
Lama Tſumdze K’hang, das aber, feit ber 
e die Sigungen des Gerichtshofes Yerwendet iſt; 


on chy Lisp. DIE, 248. °- 9) eiend. pe BB. 
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246 Hoch-Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


denn bee Chinefifhe Straf:Coder*s) ift in Tuͤbet 


führt. Die Beſchreibung aller diefer Dinge, fchließt der C 
ſche Geograpb, mit der Erclamation: die glänzenden Palaͤ 
ſes Görterfiges find keineswegs Don dem des Meiche der 
(d. 4. China) verfchieden, und bier in der That iſt das 
der Sreude in Siyu (im Decidene) 9). 

Die Privatmohnungen der Stadt H’Laffa find zu 


Seiten des Stromes zerfireut, die Staͤdter 10) wohnen bier 


im Ueberfluß. Das Volk liebt «6, feine Häufer an die A 
der Berge zu bouen, um den Wäldern und Waffen # 
fern. Die Häufer werden meift aus rohen Baufteinen in 
rern Etagen übereinander gebaut, die Säle werden mit € 
sen versiertz die Sculpturll) ber Tuͤbeter erreicht be 
fien Grad der Vollkommenheit, und erregt Bewunderung 
Gebäude der Großen find oft fuͤr mehrere hundert Bewoh: 
gerichtet 3 Diefe rderden, wenn fie in der Ebene fichen, . 
nannt; die Steinhäufer an den Bergwänden aber Dong 
Die Häufer der Dhebas, oder Chefs, auch Dzong beißen, 

ben auch die Städte, wo fie ftehen, fo genannt, und Dz 
fononym mit Stadt. Die Stadt wurde, während der 

Priegerifchen Unruhen, mit einer Mauer umgeben, bie at 
Fahre 1722, bei den Weberfällen der Chinefen zerflört wur 
ihrer Stelle ward ein Steinwall 12) angelegt, der at 
Berg Botala umgiebt, und 30 Li fang iſt; er fichert fei 
gezäunten Mäume gegen bie zerftösende Gewalt bes S 
Die Tübeter nennen ihn den heiligen Damm, und in 


Monate des Jahres kommen die Lamas aus allen Gegen! 


Landes zu einer Feftfeier an demfelben zufammen, wobei | 


‚ and Steine zufammentragen und auf den Damm niebe 


dies iſt ihre einzige Arbeit, die fie im ganzen Jahre ein: 
verrichten haben. 

Im Norden von H’Laffa liegt, nur 7 Li von H’Xaf 
keine Stunde entfernt, die Stadt Djachi, welche feit 1 
heute als die Chinefifhe Sarnifonftade mie Kafer 
haut wurde; in Ihrer Nähe ift ein Tempel des Gögen K 
wo :ein Chinefifcher Altar 13) ſteht. Die Zahl der dort p 


+08) Wei tsang thou ehy I. c. p. 72. *°) ebend. p. 247. 
.s ebend. p.246. 94. 2) ebend. p» 9. 2) ebenb. 
— p. 133. — 


J 


Il. DRBL.; Züber, H'Lafı. 247 


3000 Reuter , ‚unter: 2 Chineſiſchen Geneta« 
Commando führen und mit dem Gouvetnement 
ragt find, Seit diefer Einrichtung ift der Friede 
hergeitellt, die Grenzen find gefichert, das Volt 
auf feine Acker zuruͤck, die —— — 
em angeknuͤpft, die koſtbaren Waaren wurden 
übetiſchen Märkten feilgeboten, und H’Laffa 
eber die große Capitale von Eiyu, 

at ein eigenes Marktgewicht, und feine 
fie wiegt 1 Zhfian und 5 Gen (1 France und 
hat Tuͤbetiſches Gepräge  Hauptwaaren 1) des 
find: robe Seibe bes Landes, feine Wollte, 
übetifher Sammet (Phroub), wohlrie— 
im Lande gemacht, Leinwand, Trauben, 
db u, a. Efwaaren. Weiber und Viänner fühe 
jefchäftz fie breiten ihre Waaren auf Matten 
itiquen, Seidne Zeuge werden in Tübet nicht 
em aus China, Unter den fremden Kaufleuten 
Mobammedaner (aus Indien) und Bus 
dein mit Edelfteinen, Perlen, weißen Zeugen, 
geſtickten Stoffen und Kaſchmir-Shawls. 
ingen fir aus Breoughba (d. i. Butan) und 
), Indien u. a. O. Auch Bezoars, aus Och⸗ 
foetiba wa, findet man. Immer find Dhe— 
iffeher da, zur Bellimmung dee Preife und 
Streitigkeiten, Jede fremde Nation hat bier 
delsvorſtand. Es ift im ganzen Lande ein ur: 
ffentliche Maͤrkte zu halten, ſelbſt in der Mitte 


> werben von Männern mie von Meibern bes 
eider und Schufter find u. a, Die Tiſch— 
eider und Steinfhleifer haben in H'Laſſa 
der Vollkommenheit erreihtz die Ornamente, 
riten find fo gut, ‚fagt dee Chineſiſche Geo: 
fere Chineſiſchen; ihre gemeifelten Biguren von 
flanzen abmen bie Natur fehr genau nad), unb 
verſichett, die vielen Tuͤbetiſchen Silberarbeiten 
Beſchenken des Dalai Lama in Peking gefehen, 


tom chy Ic. p. 100. ) ebend. p. 101. 











⸗ 
„ 


N 


248 Hoch ⸗Aſien. iv. Abſchnin. §. 75. 


ſeyen ausgezeichnete, wenn auch nicht die Vollendung der 
paͤiſchen erreichende Arbeiten. Moorcroft +5, will in 
der von ihm bei Tübetern geſehenen Kunſtarbeiten, 
überrafchend ſchonen Styl und ganz vorzuͤgliche Ausarheitu 
merkt haben. In den Federzeichnungen und ſter 
Abbildungen ber hiſtoriſch-mythologiſchen Figuren, zumal t 
Lamas, feyen viel Grazie und gute Draperien. Das ſchoͤnſ 
er ſahe, war ein Bild, den Tod des ſterblichen Theiles des 
kia muni vorſtellend, mit vielen Figuren ſeiner Juͤnge 
Schmerz und Trauer, eine Compoſition, die er denen in 


manns Homer zur Leite ſtellt. Tempel und Woh 


feyen mit fehr ‚vielen Schildereien geſchmuͤct, aber gute 
nicht in den Handel. 
Zu den merkwuͤrdigſten Gebäuden in H'Laſſa geht 


ſtreitig das Polen: Hospital 17), das vom Dalai La 


gen die! in Tuͤbet fo fehr gefuͤrchtete Krankpeit.der Blat 
baut iſt; aber die meiften Kranken flerben darin, weil bie 
tifhen Aerzte (Amtdy’ii), Lama's, vorzüglich nur durc 
tationen von Gebeten und duch Gefänge die Krankheit 

fcheuchen fuchen. Die Tübeter, welche nach. China gehen, 
nur den Herbft und Winter in Peking, und kehren ſtets in 
jahr aus Sucht im Tieflande diefe Krankheit zü befomn 


Ihe Hohes Land zuruͤck. Diefe Surht mag buch den R 


berühmten Teſhu Lama 18) am Hofe bes Kaiſers zu Peki— 
Jahre 1779, an den Blattern, fehr erhöht worden feyn. € 
deres Gebäude zu H'Laſſa, im Oſt des Ramotfiei Temp 
das Kloftee Moru !?), mertwürdig buch feine Drucke 
feine Idole, koſtbate Vaſen, die zum Cultus dienen, alles | 
licher Ordnung z hier treiben bie Zübetifchen Lama's ihre 
giſchen Studien, Im Welten des Kiofters iſt ein Gart 
eine Typographie, in der Bücher geavirt und ge 
werden. Nicht fern von daıficht der Tempel Garm 
auch Tſio kiong tfio Phang genannt, 14 Li im Df | 
fen Tempels von Botala. Seine Idole find furchtbar, 


‚von den Tſio kiong oder Lama⸗Magikexn bewohnt, 


Gefetz bewahren. Diefe verheirathen fi, haben Kinde 





618) Moorcrolt in Asiatie, — A Eu p. 618. 
a7) Weitsang thou chy 1. c. p. 97. 
10) ©, Turner —ãSE W. ©, 469, 434. 
3%) Weitsang thou chy ke 2.130. 


⸗ 


I, 11. Ofk®r., Tuͤbet, Sofa. 249 ° 
bitiom von Geſchtecht auf Geſchlecht, wie ber den - 
giferm. Jeden zweiten und ſechszehnten des Mo, 
a Genius nieder mit goldenem Helm und Hahn⸗ 
Rüden mit fünf Eleinen Fahnen, der ganze Koͤr⸗ 
f6, d. i. geweihten Tuͤchern, umhangen er trägt 
in Figerfell, in der Hand Bogen und Schwert. 
angelangt, verfünder eu dem Volt Gluͤck und 
er ſich zurückbegiebe geht ihm fein Gefolge in 
8 Gefpenfter, mit Fahren und raufchendem Ges 
Jeder große Tempel hat feinen Tfio fiong, 
ernehmen Weiber diefe Role. 
ent, nad) den vier Welrgegenden von H’eaffa, 
oben genannten vier merkwuͤrdigſten Haupts 
bung, Sera, Ghaldan und Samie, um: 
öffern, die man im Zübet aufzaͤhlt, die größten, 
hineſiſche Geograph ?0) fagt, in der Nähe betrach⸗ 
ollendung, in der Ferne, durch ihre Schönheit in 
Die beiden erften wurden von dem berühmten 
octor Bzong®’haba (f. ob. &. 218) erbaut; 
efte Klofter in Tuͤbet, war eine Zeit lang Rd: 
D'Laſſas Stelle. n | 
tempel Ghaldhan?!) (d, h. Beatitudo coelestis) 
Meilen im Oft von H’Laffa, auf einem Berge 
3 88 foll der Det fepn, dem die göttliche Incars 
nge’haba, Dheims des erſten Datai Lama, bes 
anern des Gebäudes ſieht man Laternen, alte 
fige Bücher, geweihte Fahnen, Eoftbare Gefäße; 
dem H’laffeistfio-® Hang. Er ift die Refidenz des 
om ber gelben Secte. 
1Bbr aebung (Brephung b. Pat, Georgi) 22) 
[0 weit im W. von H’Raffa; am ihm geht! bie- 
rüber, Er liegt an einem hohen Berge, umge⸗ 
Reine von Gebäuden in mehreren Etagen. Im 
Pavillon, in dem der Dalai Lama die Soms 
ie; er geht jedes Jahr einmal dahin, um das 
ju erflären. Sehr viele Einwohner von H’Laffa 
—— um daſelbſt ihre theologiſchen Studien 


thom chy-1. 6.‘P:119,166,246. 1) ebend. p. 120. 
Alphabet. Tibetan; l. c. p. 453, 


ä 





— 
— 
En Eee x⏑ —- En a en > 5 > 


250 Hoch⸗Aſien. I. Abſchain. $. 75. 


zu machen. (Fine: Wierteifkunds davon, gegen Süb, if bei 
der Tſio kiong, bie ſich in dieſem Kofler dadurch von 
anderer Kiöftee unterfcheiden, daß fie fich nicht verheirathen 
Zeit dee Sapucinermiffion hatte dieſes Klofter das Anfebı 
großen Stabt, es deſaß 5 Tempel, und eben fo viele Kloͤ 


Seite, mit 1500 Afceten und Magiern; die ganze Sum 


Goenobiten betrug 5000; aber ein halbes Jahehundert fruͤ 


es deren 40,000 deherbergt haben. 


Etwas über eine Stunde im Norden H'Laſſa, 
Kloſter⸗Palaſt Sera *?) an einem Bergabbange, wo 5 
vergoldete Säle von mehreren Etagen, Höhe erblickt. Dah 
der Dalai Lama, jährlich einmal, um das Buddha» Gefeg 
Mären. Hier wird ber Stempel, oder Kolben (Pilon 
betwahrt, der, nach der Verficherung ber Tübeter, aus 3 
durch die Luft nah Tübet flog, und bei ben T 
Dzor dzi, auch Gera pun dze genannt, als ein großes 
thum verehrt wird (ob ein Aörolich?). Er iſt von Eiſ 


| eine dteieckige Geſtalt, dreiviertel Ellen Länge Alljaͤhrlich 


gen ihn die Lamas aus Ihrem Kiofter in feierlicher Pr 
nad Betala, wo ibm bee Dalai Lama feine Verehrung 
dann die andern Großwuͤrdentraͤger des Reiche. Darauf e 
fie eine Seldfumme und tragen ihr Palladium wieder in i 


: fer zuruͤck, wo es von den Tuͤbetern häufig bewallfahrte 


Mech merkwürdiger erſcheint dieſes Kloſter dadurch, daß d 
techismen der Capuciner Miffionare, wie fie ver 
zu einer gewiſſen Zeit in der Mitte des vorigen Jahthund 
größte Erwedung bei den Großen des Tübetifhen Reic 
wirkten, zumal aber in dieſem Kofler Sera ?*), wo fie fo 
fentlich verlefen wurden, und wo viele der Lamen in d 


Juciner Orden aufgenommen zu werben verlangten, was 
amter den damaligen Umftänben nicht moͤglich war, 


Der Tempel Samie, oder Samyei (Gang yu 


 Chinefen), tiegt im ©.D, von H’Laffa in der Mähe det 


dhan⸗Tempels; feine Drudereien und andere Einrich 
gleichen den früher befchriebenen. Er foll fchon zu ben 


der Chang an diefer Stelle erbaut worden ſeyn, zur Bei 


23) Wei tsang thou chy 1. e. p. 129, 64. 220) D. An N 
rero Representacion hecha por el R. Procurador General 
Rel. Men. Capuoinos a la Sagrada Congregacion de Prop 
— — del Thibhet en Madrid 1744. 4. p. St 


., II. Of-Or, Züber, Safe. 251 


3 And bahin geht der Dalai Lama jähefich eins 
r Proceffion. Diefer Drt mar einft vom größerer 
r wurde das erfie Klofter 2°) in Tuͤbet durch 
hiſatwa aus Indien (Nepal?) erbaut, eine Zeit 
Refidenz der Könige von H'Laſſa nah Samie 
: war die größte theologifch = Buddhiftifche Gelehr⸗ 
fe, weil hierher der Haupt:Coder ber Buddha⸗Doc⸗ 
djur in 108 Bänden aus Indien gebracht, und 
he überfegt wurde. Ganz in der Nähe von Sa⸗ 
antite Tempel Dordzidja %), auf dem. Gipfel 
Dia yang dzung Berges, zu dem man auf einer 
e binauffleigt. Im einer Kelsgtotte findet ſich 
iße Erde, die man genießen kann, welche den 
fanpa?”) (d. i. der Mehibrei, welcher bie gewoͤhn⸗ 
der Tuͤbeter ift) hats nimmt man fie hinweg, fo 
Hinter Ihe iſt ein geoßer See, Verbrecher die 
flürgen unfehlbar hinein, daher fürchtet man ſich 
1. 

andern Merkwürdigkeiten, melde dieſe ſeltſame 
er Mitte Tuͤbets umgeben mögen, erwarten wir 
tunft die Berichte wiſſenſchaftlich gebildeter Beob⸗ 
68 fehlten, 


I: und die Well-Straße nad H’Laffa. 


biefer Gapitale mit ihren naͤchſten Umgebungen 
ibrigen Lande bes Mittlern Tübets, ober bes 


4 und eines Thelles von Dzang, nur einige, 


e großen Heerfiragen bekannt geworden, bie 
et, von Tſiamdo (f. oden S. 205) weiter weft 
Lorungdzong und H'kLari nah H’Laffea 
m Weften ber, von Phari über TeſhuLumbu 
pitafe geleiten. Da wir allein durch ihre Angaben 
Landſtriche genauer ins Auge fallen lernen, fo 


diefen Routen Schritt für Schritt unfern Wege 


er Act folgen, wie wir es theilwelfe ſchon oben 


J 


i Alphabet. Tibetan. 1. c. p. 304 etc. 
thon chy Lea. p. 13l. - a 


7 


U an EU ei I Kenn. WET Zur 


| 





253 Dich» Allen. IV. Abſchnite. 8.75 


Anmerkung 1. DR: Straße aus Kiham von ft 
über Krach, durch Mittel⸗Tuͤbet nah D’taffa 
BU U 150 geogr. Melt, 250 8 auf 1%). 


1 Erf Station. Bon Tfiamdo, nach Lang⸗t 
keou 4 geogr. Meilen (75 Ei). Ueber ‚mehrere Hängebrüden | 


welche auch, wenn man fie ald zu gefährlich fcheut, im Gebirge ı 


gen werben- können, bis zur Bruͤcke Ngo lo Ehiao, ober Goro, 
Weg bequemer wird; bis zur Gtation wo Steinhäufer, un un 
age, am gleichnamigen Fluß. 
2.Nach Ngenda thai 10 geegr. Meilen. (160.89. 
Litiothaug im Thale hin, dann bergan, auf einer. a ü 
ſcheußliches Precipice, Der. fe gefrorne Schnee macht be 
ſchluͤpfrig und fehr gefährlich, eben fo die Gifttuft (bie böfe Efd 
bedeutende Höfe). In Lagung, einem Wirthähaufe, wo Stein 
Holz und Fourage, wirb der Reifende vom Ortövorfteher bebient, 
bie Brüde Sung lokhiao (db. h. Brüde der Fichten), die no 
Territorium von Tſiamdo gehört, fteigt man bergauf, zum Kort 9 
thai, wo ein Tfangdjuba von Rywudze feine Refidenz hat. 
3. Nah We hothai 9 geogr. Meilen (150 &): Es geil 
einen Berg Lagung, zum Ufer bes Nieoufen feou, und 
ouf hundert Zickzackwegen zum Gipfel des Waho, auf dem ein A 
Die dien Nebel diefer Höhen machten es nothwendig, dafelbft, Si 


- fangen ald Wegweiſer für die Reifenden zu errichten, um ba 


irren in bem tiefen Schnee zu hindern, mit welchem ber B 


E det ift. Darum darf man bort keinen Lärm machen; fer 


darf mdn nicht, fonft ſtuͤrzen ſich Eis und Hagel mit ungeheurer | 
ligkeit herab ‘ob Lawinen?). Auf dem ganzen Berge findet mar 
Thiere noch Vögel, fondern nur Eis, während aller vier Jahre 
An feinen Abhängen ift bis auf 12 Stunden Ferne feine men 


Wohnung zu finden. Diefelbe Kette ſtoͤßt mit 4 andern Schne 


zufammen. Viele Soldaten der Chinefen und Zübeter, bie ihn | 
wollten, ftarben vor Kälte, . Zwiſchen dieſen Bergen führt audy e 
neh Yunnan hin. Weiterhin geht cd Uber ben Bergruͤcken 
Iiangz bann hinab zum Weiler WBahethang und zum feften 
Wa ho tchai, deſſen Shef abhängig ift von Rywudze. 

4. Nah der Samba-Bräde über den Omſtchu, 5 
Meilen (80 Li).. Der Weg geht gegen S. W. über Mali mit © 


‚fern, dann über einen fehr hohen und fleilen Berg, mit einem F 


Seite. Auf einer Hängebrüde, über einen wilden Abgrund zur 
Kia yn khiao, Samba, d. i. Brüde ber Zübeter, wo Gteir 





*20) Weiteangthonchy I. op 47238. 


1. Of: Gr., Tübet, SLaffa-Route. 253 


, Der Strom Duletflon ober Bu fiang, d. i. 
—— zwiſchen zwei Bergen hin; ſein Thal 


een Mögen a heiß und wenig wechfeind, alfo wol 


— 5 geogr. el (80 Bi). Bergam, 
‚einem fteilen und hohen Berg; dann wieder bergab 
ge durch Pinuswald. Der Weg wird ſteil und eng, 
ber eine Brüde zum Fuß des Pymeng Scan, und 
wo Steinhäufer, Holz, Heu und ein Wirtheiiaus, 
et ober Ehobando (Shobando), 10 
Es geht gegen S. W. auf fehe ftetem, beſchwer⸗ 
erten Bergabhang hinab. Dann paſſirt man 
en Eifenweg, wo ein gewaltiger Berg gleich 
Reigt, wo ein Wirthöhaus. Dann geht es im hate 
nach Khiutcht (oder Dpeto), wo ein großes Lamas 
Bewohner. Dann zur Station, wo ein Militairpoften, 
b febe fruchtbar und volfreih. Hier fichen 2 große 
‚mälfen von ungebrannten Badfteinen umgogen, In 
am Bergabhange nad) dem Flußufer liegen, bat man 
tet), Sie enthalten viel göttliche Dinges bie Lamas 
ie mit bem- Drud dee heiligen Schriften beauftragt 


A 64 geogr. Meil, (100 8), An einem Fluſſe 
über den Basla-Berg von geringer Höhe nach 
(bei dem Thale der Gteichheit), von ba’ auf ebenem 
185 wo Steinhäufer fehr zerſtreut zwifchen Bergens 
— rg: Bun; ———— * allen Bebürfniffen 


abze, eben fo-meit, über einen Berg noch höher al 


ben Choma⸗la, beiden Tübetern DiaEsla, wo 


sin heftig und Berge auf Berge gethurmt find. Bon 
„on einem Berge und Fluß entlang, iſt fehr tiefer 
irthehaus ift alles’ Aheuer, weil das Sand dei 
ba, 7 geoge, Meil. (110 Li). Gegen S. W. über 
ebenem Wege vor bem Berge Bydalaworüber; eine 
ph Sa der Tiefe wird der Weg'an einem wine 
man aber durchgehen Bann, fehr enge bis zum Wirths« 
er Ta zung dzong. Zwei Bergletten burchfegen 
e umgeben ihn; man hält ihn für bie ausge⸗ 









>. . der. — Weg von ba bie Sanba, 








254 Hoch⸗ Men. . IV. Anfgnin . 1. 


10. Nah Langkytſang, 6 geogr. Dell. (400 ii. 3 

des Berges Tanda fteht ein. Tempel, einem Chineſiſchen Obriften 
zen erbaut, ber aus Yunnan mit Proviant bier durchziehend ſta 
nach feinem Tode Mirakel that. Bon da bat man einen feh 
Berg zu erfiettern, den Eu Eng la (Ghar kon la Gangri ber T 
Ein Bad, flärgt in enger Schlucht herab, die im Sommer fc 
im Winter mit Eis und Schnee bebedt ift. Die Reifenden bu 
ihn mit Stangen; einer nach dem andern in einer. Reihe wie bie 
Dies ift die ſchwierigſte Stelle auf dem ganzen Wege nad H’ 
Dann gebt es bergab nach Acha lo fumbo und Lang % tfu 
Steinhäufer, Wirthahaus und Herberge. 
11. Nah Alanto, an 6 geogr. Mel. (5). Lang Ey 
heißt im Chineſiſchen Kinkeou, d. i. Gold bachz er zieht du: 
große Plaine. Man wechſelt hier die Fuͤhrer, und geht bergan, 
ner Kunſtſtraße hin, die ſich in zwei Arme theilt. Der ei 
den Berg iſt eng und ſteil, der andere folgt dem Thale und iſt ei 
gleich; nur im Sommer find hier Ueberſchwemmungen zu fürdit: 
Zawothang (Tawo, b. h. bie große Höhle) erhält man n geben 
und gebt im tiefen Thale bis zur Station. 

12. Nah Kiagung, A geogr. Meil. (70 Li). Weber 
brüden und fteile, gefährliche Bergwege und Abgründe, durch 
thai, d. h. zerftörte Wohnung, im Tübetifchen Ananta, zu 
porſtehenden Felshaufen, der Papagavenſchnabel genannt, 


welchen man den Weg hindurch gehauen hat. 


13. Nah To tung, 5 geogr. Meil. (80%). Immer am 
abhang hin, bann über eine wilde Höhe, zum Ta pan Khiao 
die große Bretterbräde, zur Station, wo keine Serberge, a 
Poſthaus, die Reifenden müflen im Freien campiren.. 

14. Rach H'rari, 84 geogr. Meil. (140 80: Man folg 
Fluffe, aufwärts, über den fehr hoben Berg Nub kon la (db. 
weftlihe Kon La), beffen Spige ſehr fchlüpfrig und mit Schnee 
M. Dann zu dem Weiler Je chouithang (d. h. die heißen Q 
wo ein See, der eine Stunde breit und anderthalb lang, im 
und Frühjahr mit einer Eisbrüde belegt, bequem paffict wird. 
dem Ger bi H’Lari find noch 4 kleine Meilen (60 Li). Hier 
Militaircommandant. In H’Lart tft ein Wirthhaus; der . 
forgt für die Reiſenden, die weitern Führer (Ulah) find von Ry 
Es iſt Hier ſehr kalt, die Berge umher find fehr ſteil. Im N. 


hebt der große Berg H'Lari (d. h. der Göttliche) *2°); ſei 


ſtalt ik die eines Drachen, Gipfel und Fuß find fehr fell, er 
ganze Jahr mit Schnee bebedt. Die Stadt Liegt zwiſchen ven 


*26) Wei tsang ihou chy I. c. p. 210. 


m. Oft St, Tüber, HLaffı-Route. 255 


Gabkbo⸗Stromes, ber ihm nahe im Welt vorüber 
1 von ihm liegen bie heißen Bäder, melde die Zi 
‚ta nennen. Der große Zempel, Tan ta miao*®*, 
em Berge und man muß mühfam emporfteigen, um ihn 
n Chine ſiſcher Obriſt aus Yunnan, der hier mit ſeinem 
sch) zog, ſturzte im eine Schneeſpalte, die Ueberwinterung 
uch noch im Fruͤhjahr im der Spalte ftehend gefunden 
Volk in Verwunberung, daß man feitvem bort Opfer 
ine Drt hat keine Mauern; er ift der Sitz eined Milie 
Fund eines Proviantinfpectors. Die Klöfter dis Gans 
ig von einem Ahambu (Talama ber Chineſen), 
eit die Gefchäfte des Dheba verficht, umd mit allen feis 
dem großen Zan ta miao wohnt. Als in früherer Zeit 
m bei ihren Ucberfällen Tübets bemächtigten, untermars 
argen Lamas biefer Gegend fcheinbar den Chineſen, 
hi für Lamas von Hetcheou (weſtliche Grenz- 
‚ Kanfu, im S. O. des Khu⸗khu⸗Nor) ausgaben. Sie 
ſchen Armee entgegen, bienten ald Führer, ins geheim 
Beute als, bie Lebensmittel derfelben zu plündern, 
vom Generaliffimus ber Weſt⸗Armee ertannt und be« 
Stelle wurben ein neuer Ober:tama Khambu) und neue & 
t, unb ber ganze Ganton für immer ben Befigungen 
1a ineorporirt, Bon Tfiambo nad H’Lari wers 
eilen (1500 Li) gercchnetz5 von H' Lar i auf dem nun 
— Wege *2), ein Drittheil weniger, naͤmlich nur 
(1010 8i) bis nach H’taffa, 
gari mad Shanmwan (Koleb ber Zübeter), 10 geogr. 
Durch enge Thäler, über einen hohen Berg mit Schnee 
nie ſchmelzen, an Abgründen bin, welche den Ziefen 
en, Oft füllt fie ber Wind mit Schnee an. Der Weg 
Steilheit öfter impracticabel. Um Wirthshaus Atdza 
an zu einem Ger, von 5 Stunden Länge, an welchem 
das Einhorn (Seru im Tübel., Kere im 
od eon im Ghinefifden, ſ. oben S. 98) findet, Im 
Herberge 
temdbo, 74 geogr. Meilen (120 %i). Auf befchwerlis 
ee Tchula gang dbzianla empor, ber voll Eis 
im irregulaͤrer Felsberg, wo bie Luft ftets kalt wie im 
hangdbo, Kein Grashalm wählt da. Ein Wirthes 
ie Einwohner haben nur Hütten aus Baumrinde, ſel⸗ 
| Raudy, der eine Wohnung verfündete- Das‘ Land 


Abou chy L. c. p. 123. at) sbenb, p. 220 288 





u "5 


256 Hoch⸗ Allen. m. Abſchaitt. $. 5. 


ik vn Ghiamda abhängig. Der Dieba forgt, fürn den 9 
Remdo. 

17. Nach Gombu Ghiamda, 5 geogr. Meilen (80 & 
Gola ſumdo iſt der Weg, im Thale Wang paſthang, ga 
Die Luft wird mildet auf der Station, wo ein Militaircomman 
ein Wirthehaus. (BGombu oder @ombo *??) ift ber Name je 


vinz, ſ. oben f. 212, die auf dem linken Ufer bes großen 


liegts; die Zübeter fegen oft zu bem Ortsnamen auch ben Ri 
Provinz, wie hier, woburd leicht Misverftändniffe entftehen.) 
@ombo wird hier, gelegentlich fehr übereinftimmend mit obigen 
bemerkt, daß es daſelbſt ſehr heiß und ein ergiebiger Reisbau 
Sinwohner von Gom bo hätten ſich fehr tapfer den Dzungare! 
fällen wiberfegt, ſehr bereitwillig aber den Chineſen unterworfe 

‚18. Nah Lummari, 10 geogr. Meilen (160 fi). & 
im 6,8, von Hari in einem breiten Thale gelegen, tft | 
Von ba geht es an einem Fluſſe weiter bis Chumbda, wo ein 
haus, immer weiter am Fluffe bin, ber fih in mehrere Arme t 
einen dichten Wald durchfließt. Nach zwei Drittheilen des W 
Berge Cum ma ri (Euma Scan ber Ehinefen), ber fehr hoch 


ſteil, aber breit iſt; die früher vorlommenten Schnee= und E 


fen, welche dem Wanderer bis dahin fo drohend und oft. bie © 
wirrend entgegen traten, konnten ihm ſogar glauben machen, b 
ſchon eine Plaine an. 

19. Nah Tuida und zum Nachtlager an dem Ufer t 
Klang, 11 geogr. Meilen (180 Li). Man fteigt durch Hd 
-Zeineswegs fleile Berges; aber dfter trifft man ſchaͤdlic 
bie im ZTübetifhen Phuga tfang heißen. Der Wind if 
aber oft fehr kalt und penetrant, nah Tuida (oder Phrug! 
wo ein gutes Wirthohaus. Weiter fort zum Fluſſe ufu Kia 
man über ein ebenes Plateau fegt, wo ein Poſthaus. D 
forgt für die Reifebebürfniffe. Won da an kommt man zu ber 
der Staaten des lebenden Buddha Zübets, und 
ein, in eine offene und bewundernswerthe Landſcha 
20. Nah Medjugung, 84 geogr. Meilen (10%). 3 
fer des Uſu Kiang fließen ruhig abs ber Weg. winbet ſich 
eben, und hat keine Gefahren wie früherhin. Zu Sin 
einem Lamaklofter, raften die Pferde, dann gur Station, wo 

tairpoften und ein gutes, Wirthshaus. 

21. Rach Detfin dzong, 74 geogr. Meilen (120 
Weg von ben Wiefen von Ghiam da kommt nun zu dem 
Ozang tfiu, ber fchon gegen Weft gen Heaſſa firämt. d 


—* Wei taang than chy I. o. p. 220,233. +) end: 


\ 





Of Ör., Tübet, Tefhu Lumbu Route. 257 


ee man überfest ihm in Kaͤhnen 
Dann gu ben Wohnungen Lamo, wo wenig Holz und 

€ liegen verſtreut und offen, das Sand iſt fehr bevölkert, 

immer ‘am Flußufer hin, über Djanda thang Bee Sta: 

fer und ein Poftbaus. 

H'taif a an 4 Meine Meilen (60 i). Meber 4 Klo⸗ 

er Beguithang), oder auch über das Dorf Kao—lao— 

ein Dheba für die Reifebebärfniffe forget. Diefer Gans 

ce einen Fluß vom Zerritorium von H’Laffa geſchie— 

nad) drei Stunden erreicht. Das Land im Norben von 

san a d. i. die Höhe ber drei Perlen. — 
ergiebt fich offenbar, daß erſt bie legten fehs ; 

ober 45 geogr, Meilen, im Oft von HLaſſa, die mehr 

e e Patraulandfchaft Zübets beginnt, daß bis dahin aber, 

Chinas Hochgebirge mit ewigen Schnee= unb 

vorherrſchend find, Alles Band, im Süden wie im 

Pe Route, a und leider noch "Terra incognita, 

— “ 0 

e aus Nepar und Bhutan über Teſhu— 

bu, dburh Dzang nad H’Raffa. 


umbu,. die Gapitale ber Provinz Dzang ober 
)e18, am großen Djangbo:Strome gelegen, ift der 
welchem HLafſa, auf einer Diſtanz von 55 geog. 
* die in 8 Tagereiſen zuruͤckgelegt werden können, 
erbindung firht. Um aber zu biefem Teſhu— 
‚früher befchriebenen Landfchaften Nepal und 
gelangen, find uns nur zweierlei Strafen: 
‚geworden, bie ſich aber beide in Teſhu Lumbu 
n gemeinfhaftlidh.von dba bie Haupt: 

ð Laſſa zu verfolgen. Es iſt vom SW. ber, 
1:Strafe über Kuti (Nialam) nah Teſhu⸗—⸗ 
ie im obigen [don bie zur Stadt Shegar 
far gumibah (Gumbah, b. i. Zempel) ober H’Io- 
119 ber Chinefen, d. i. bie weiße Stadt) kennen ges 
4 Meitfang thou chy giebt zwar aud von Kuti 
biefem Siekardzong 6) die Diftangen in 

er era 4111 geogr, Meilen) an, gefteht aber baf 
var, gi genauere Daten über diefen Theil bes Weges 
efifhen Truppen nur einmal, bei ihrem Einfalle in 





ng (bon chy 1. « p. 256— 257. 
ınde IV. R 


Digiüize 








288, Hoch⸗ Aflen. IV. Abſchaitt. 6.75. 


Nepal zuruͤcklegten) einzuziehen; daher man es ſelbſt unte 
habe die Stationen naͤher anzugeben. Aber von Siekar 
bie Teſhu Lumbu find die Stationen und Diſtanzen ve 
Ghinefen angezeigt, doch weiter Feine Terrainfchilderung 
den früher mütgetheilten Routen; bier helfen, da ken Er 
Diefen Weg zuruͤckgelegt hat, einige Motizen des Nepaleſ 
Berichterſtatters als Ergaͤnzung aus, der nach den 
ſchon angezeigten Routier (ſ. oben S. 98, 101) dieſelbe 


nach Tefhu Lumbu zog. Von Suͤden her iſt uns aber 


Bhutan⸗Straße von Phari dis nah Teſhu Lu 
welche das Wei tſang thou hy nicht kennt, durch S. Tu 
Meife bekannt geworden, den wir alfo hier begleiten werde: 
bem britten Abfchnitt c) dee Straße von Tefhu 2 
nah H’Laffa, können wir nur dem Wei tfang thou chy + 
gen, weil bie WBefchreibung dieſes Weges, ben bie Capucin: 
fion freilich oft genug gurüdiegte, dennod bei Pat. Geo: 
viel zu confus mitgetheilt iſt, um ihr fpeciell folgen zu koͤ 


Anmertluug 2. Repal⸗Straße nah Teſhu Lum 


Von Siekar, oder Siekardzong, nach TeſhuLumb 
nach den Memoiren der Kriegskanzelei Kaiſer Khienlongs 
Jahre 1788, der Weg auf 60 geogr. Meilen (1005 Li) berechr 
Stationen werben in 11 Zagemärfchen fo angegeben: 1) von € 
über Lolo nach Lagulunggu — 105 Liz 2) über Yeouguı 
GhHiatfobo = 100 Liz 3) über einen Berg nad) Dyawı — 
4) über Beghiagbigang nah Nadzu = 95 Mi; 6) üben 
badu nah Djathang (Kounthang) = 100 di; 7) über £ 


dzong (Achaidzong) nah Ghaldhan phum tfo ling am 


Dzangbo⸗Strome, an befien Sübufer gelegen, = 100 iz; 1 
Banda nah Djachigangz von nun an immer im Thale des 
Dzangbo⸗ Stromes hin, = 95 Liz 9) über Selung nad) Ra 
= 110 %; 10) über Lei nad Zar = 100 Li; 11) über Rar 
Nailang) nad Teſhu Lumbu = WM ki. Jenes Siekar Ike 
obiger Angabe (f. oben S. 101) des Routiers, nach Kirkpatrid 
nem obern Arme bes Arun⸗Fluſſes. Rach der Khienlongfche 
eentrale de l’Asie bei Klaproth wirb biefer Plateauftrom aber « 
rer Lauf zum Stromſyſteme des Tiſta gezogen, welcher bafel 


Kamm Phumtſough3zangbo hat, Bei den EapucinersMifi 





487) Wei tsang thon hy. c. p. 218 — 255. 20) P. 
Alphabet. Tibetan. 1. c. p. 448 — 454. 


Oſt Cr., Tüber, Teſhu Lumbu Koute. 259 


segargium "An dem Fluſſe Hin ſoll eine 
ihaften, Minds und Nonnen = Kıdftern erben 
juenga, wo ber Fluß ben Namen Bontfu ciame 
bentiſch mit jenem oben genannten, erhält. Die Schile 
neſtſchen Neifenden, wonach diefe Stadt (Shegar) 9000 
Garniſan von 1000 Dann Zruppen aus H'Laſſa haben 
oben S. 98) angegeben; «3 iſt in deſſen Routiers die 
Gr | berfpringt die 5 nädjften Stationen und nennt, 
fe, Bu #0), mol das Sech ia ber Gapuciner, wels 
Stabt unb Kiofter der Urkieniften (von Urkien 
a und x eines magifch = daͤmoniſchen Buddha= Cul⸗ 
m ein verheiratheter Großs Lama (d. i. vom der Secte 
Nuͤten) vorſtehe. Der Nepalefe nennt es auch eine 
ven Häufer mit ferwarzer Kople angeftrichen ſeyen. 
Töten bier, die mit dem Ghincfifchen Kaiſerhauſe vers 
göttlich verehrt werden, weil fie in firengfter Selbſt⸗ 
n von ber Melt, nur in göttliche Betrachtung verticft 
heuxer Bau, ukar, fey hier ber Todtenacker, womit 
verbunden fevenz jährlich feiere man da ein Zodtens 
der Seelen ber Berftorbenen, und ſende bie Lifte ber 
’Baf fa ein. Die Ober⸗Lamas von ba reifen jähr- 
Beate, ein Weg ben fie in 12 Tagen zuruͤcklegen; 
on dem Eivil⸗Gouverneur zefpectvoll empfangen, hals 
gang um bie Stabt, heilen Kranke, thun andere gute ” 
ı bann wieder zurüd. Bir erkennen biefen Ort nicht 
E des Chineſen; vielleicht ift es Ghaldan. — Zur fol- 
fagt der Nepaleſe, müffe man einen Strom, der 40 
bruſttief ſey, durchſttzenz dann gehe es durch bebaute 
großen Stadt Natan (ob Narthang?) mit Mauern 
Lamas. Nahe dabei komme man nad) Tefhutumbu, 
na refidires. dort jenen hundert Gumbas, b, i. Kloͤ⸗ 
auch ſeyen dort Rewars (d. i. Nepaleſen), Kaſch⸗ 
Er angefiebelt, in eigenen von ihnen erbauten Woh⸗ 
ey noch feine vorhanden gewefen zu ſeyn 
ar ſtehe da, vom Morgen bis zum Mittag 
€ nt Glode werde er aber dann gefchloffen. Nur 
* Digurgi (d. i. Dalgadze), eine ſehr große 
R. nad) ©. zieht, und wo eine neue Sprache, 
et), eginne ä 8000 Bhotiya's und 2000 Rhatai, 


gi —— Tibetan, I. c, p. 448 etc. Hodg- 
New Ser. 1830. T. L p. al, Pat, 


— DL op 448 und 302. 
R2 









200 Hoch⸗Aſien. IV. Abfchnitt. $. 75. 


d. 1. Chineſiſche Soldaten, fichen Hier in Garniſon (1830 
Kolge ber Srweiterung ber Chinefifhen Grenzen, feit dem Ne 
Erieg der Ehinefen (1792; ſ. oben &. 153) und ber Briten, 181 
verficht fich der Neifende nach HLaſſa mit frifchen. Laftthieren. 


Bhutan⸗Straße nah Teſhn Lumbu; 
nach S. Turner. 


Mir Haben die Britiſche Geſandtſchaft ſchon oben (f. € 
über Phari, bis zu den Quellen bes Painom tfchien 
fe6, auf bad Tübetiſche Gebiet von Teſhu LZumbu I 
(15. Sept.), von wo, an diefem Plateauftrome hin, i 
Süden nah dem Norden fließt, in 7 Tagemaͤrſch 
dieſe Reſidenz erreicht warb, welche ganz nahe an ber © 
dung dieſes Painom, zum großen Daangbotfu, liegt 

1. Erſter Zagemarfch, 16. Sept, zum Dorfe ( 
4 geogr. Meilen. Der Weg im Norden von Phari, 
Ebene ber wilden Pferbe vorüber, geht den ganzen Tag 
mäßig fort, an zwei großen Plateau: Seen hin. Die 
gleicht, bei dem Mangel aller Vegetation, eher einer Wuͤſte 
fahe nur etwas verwelktes Gras, Moos und Difteln; fu 
Sturmwinde, weldhe den Staub weit umhermicbeln, find | 
fürchtet, weil mit ihnen die Kälte bis 28° fleigt, wobei bie 
tobt auf dem Felde nieberfalen. Doc) zeigten fi bier & 
von Hornvieh und Ziegen; Haaſen, Rebe, Moſchudthier 
Wachteln, Phafanen und Rebhuͤhner. Drei heilſame — 
vereinigen ſich bier, und ergießen ſich, im Winkel der Eb 
einen großen See Ramztfieu, ber zwifchen wild zer 
Selsgipfeln, die reih an Eiſenocher zu ſeyn ſchienen, fi 
nem heilen Spiegel ausbreitet: Jetzt war er noch voll | 
voͤgel: wilde Enten und Gaͤnſe, Stoͤrche und ſehr große K 

die bei Annäherung des Winters von hier in mildere © 
. jiehen. Im October belegte er fi ſchon ganz mit Eis, ı 
die Briten, Ende Dezember %2), zu ihm zuruͤckkehrten, E 
Eisfpiegel die herrlichſte Schlittfhuhbahn. Die naͤchſten U 
Sees zeigten ein Salz: Incruftat, das die Einwohner, 
die Seife nicht kennen, zum Wachen ihrer wollenen Tür 
brauchen (Mateon). Zwiſchen Selfen, die über dem Sa | 


1) ©, Turner —— T a. a. o. — 266, 
2) ebend. ©. 398... — 


Oſt·Gt Zubet, Teſhu Lumbu Route. 261 


as Kloſter Lubſch Gumbah, gegenüber an ſel⸗ 
Dorf Dog al, Sein nördlicher Ausflug, ein Bad, 
e Engfluft in einen zweiten noch größern See, 
zpaſſe wurde das Lager, bei dem Dorfe Chalu, 
Hier bemerkte Turner das er ſte, gut bebaute 
ee Weitzen, wol jenes Ava-Korn (f. oben ©. 41), 
tgartig geblieben, zeifte doch, und wurde geerntet, 
ee Tagemarſch, 17. Sept., zum Dorfe Sumdta, 
rt. Der nahe große See, mit gleichem Natron: 
einen Ufern, fol ein Lieblingsaufenthalt der Tüs 
ſeyn; ans feinee Abnahme und feinem Anſchwel⸗ 
man Gutes und Böfes. Jenſeit deſſelben und 
mbhöhe folgt eine dritte, analoge Serflädhe, bie 
ze, vom ber fich eine Ausficht auf bie Grenzberge 
eröffnete, bie mit frifchgefallenem Schnee bedeckt 
gen Heiden der Ebene waren braun, die Felshoͤhen 
ſchaefallene Schnee in glänzenden Steifen bot ei⸗ 
Id dar, Der Himmel war rein und Mat, Die 
igte ſich beutlih, von ihrem alten Uferrande als 
jted Seebett, in deſſen Mitte ein Elarer fifchreicher 
nom, hindurch riefelte, der von hier bis Teſhu 
fließt. Nur Roltkiefel beveden dieſe Ebene, 
sen Weidenbäumen, bie erften welche Zurs 
Pateaulande erblickte, gefchmicdt werben. Die 
der Bauern, welche unter ihnen hie und da ſich 
ohne Moͤrtel nur von rohen Steinen ſchlecht auf: 
en wegen der Falten Winde ftatt der Fenfter nur 
ie Dächer, flache Terraſſen mit Steinen befchtwert 
wehten umzogen, hatten wehende Gebetflaggen. 
e (ker, aber wuͤthende Tuͤbetiſche Hunde, ber größs 
hien fie. Der größte Contraſt drängte fich hier 
datur in Bhutan und Tuͤbet auf. Dort ein 
© umb wechfeinder Thäler, ewig grün an Miefen 
jerggehänge alle terraffirt, bebaut von den Gi: 
6, dem ſtets reißende Waffer umfpülen; von 
3 auf die Berggipfel hinauf Anbau und Anfiedes 
haften, Kempen, Kloͤſtern, Gärten und Feldern. 
et, eine wüfte, faft des Anbaues unfähige, weite, 
ve Ebene, ohne fihtbares Grün, ohne Baum und 
n Seiten nur von nadten, wildzerſplitterten Fels⸗ 








202 Hoch-lfien. IV. Abſchaitt. $. 75. 


mauern umzogen, ohne fichtbare Anfiebfung, weil bie We 
geſchuͤtzt in Tiefen, Schluchten, ober hinter Felſen liegen, n 
Schloͤſſer und Kiöfter auf Felöfpigen, viele der Bewohne 
Kroglodpten find. Faſt gar Feine bemerkbare Wegetation 3 
gen voll edler Minern, und fehr rei qn Heerden, mann 
gen Wild und Vögeln, von denen fi) in Bhutan außer $ 
nen und jener Affenart, keine Spur weiter gezeigt hatte. 

3. Deitter Kagemarfh*%), 18. Sept, nah & 
5 geogr. Meilen. Im engen Thale am Fluß bin Liegen 
Aecker mit Exbfen und Weisen bebaut, dazwifchen aber vie 
ftörte Dorffhaften, die Folge dee BtlatternsEpidemi 
daſelbſt einige Zeit Lang große Zerflörung angerichtet hatte, 
vend welcher Teſhu Lumbu drei fahre lang ganz leer geſt 
toeil der Hof ſelbſt aus Furcht aus dieſer Gegend entfloher 
Im Drte Sangamar, auf einer Anhöhe über den Fluß 
den die Laftthiere gewechſelt; man 308 zu einem nahen wa 
Bade, das mit einer Steinmauer umgeben, mit Zelten 
dacht warz die Wärme bis 25° Fahrh., bei äußerer Luftten 
tur von 5°. Das fchmefelhaltige Wafler ſetzte weißen Sin: 
Auf den Feldern wurbe eingeerntet. Den Fluß engten au 
Seiten hohe Zelfen ein, welche mannichfaltig zerriſſen i 
feltfamften, pyramibnlifchen Klippen emporſtarren. An ein 
fer Felswaͤnde hatte man bie riefengroße Sculptur eines X 
in halberhabener Arbeit, ziemlich roh, angebracht, in der g« 
lichen Stellung mit Ereuzweis untergefchlagenen Beinen «a 
det. Hinter einer ſehr klapprigen WBrüde, die fchlecht genr 
Ballen mit übergelegten, lofen Steinen conſtruirt war, g 
zum Zeltlager Shuhu, unter ein paar Weidenbaͤumen. 

. 4. Bierter Tagemarſch nah Tehukku, 19. 
Das bald ſich erweiternde That bietet ein von Höhen umg 
amphitheatralifches Anfehn darz' in der Mitt der Ebene 
am Fuß eines Felſen, unter Weidenbäumen, das Dorf N 
dem Teſhu Lumbu gehoͤrig. Das erfte mit netten, regul 
bauten, weißen Häufern, die zoth eingefaßt ober roth gefirei 
gemalt waren, ein erheiternder Anblid, Die Gegend wir 
biee an fruchtbar, offenet, volkreicher, angenehmer durch Bei 
und einige Bäume. Auf einer hohen Kiippe, zwei Stunden 
erhebt fich ein feſtes Schuß, Jhanſu Jeung, über den 


19) e. Turner a. a. D. ©, 2353. 


‚ Dfi-©r., Tüber, Teſhu Lumbu Route. 263 


wie ein trockner Seeboden, mit Kiefelm bedeckt, ſich 
ie Sage der, Einwohner läßt durch einen Gott 
al entwäffern, um ben bamals fparfamen,, kaum 
legenien Bergbemohnern, mehr Raum zum Anbau 
Lehrer fenden zu können, fie beffer zu machen, — 
ren Plage, den man einen Garten nannte, zu Tes 
e das Bager aufgefchlagen. Diefed That ift"ausges 
die Manufacturer treffliher wollner Xücher, die 
eiß oder Barmoifimroch (die Lamafarbe), aber 
‚Elle breit gewebt werden, und eine dichte, warme 
en, ein Fabrikat, das weit im Bande verführt wird, 
ter Tagematſch, 20. Sept, nad Dufgue, 
1: Duck Weitzenfelder geht es am Fuße bes dels 
nfu bin; im einer feinee Schluchten ift ein Klo⸗ 
ihenmweis geordneten Häufern, fehr regulair erbaut, 
jiereddigen Häufer, mit weißen Wänden, hing oben 
ei Fuß breites, karmoiſinrothes Band; die Tem⸗ 
ohmung bed Oberpriefterd waren ungemein artig 
laͤnzend von Goldornamenten. Dies ganze Baus 
3 dem; Bergtuͤcken hin, von hohen mit vielen Thors 
nittenen Mauern umeingt, um bas Klofter zu 
em den Anbli des darüber ſchwebenden Schloffes 
* das ſtark bevoͤlkerte Thal ging der Weg zwi⸗ 
enfeldeen und freundlichen Doͤrfchen, am einzelnen 
bin, über Dongzi bis nad Dukque. 
ter Eagemarfd, 21. Sept, nad) Tſondue, 
en. Der Painom: Fluß ift nun ſchon zu geoß 
br zu durchſetzen; man hat Boote aus Leber zum 
uf halbem Wege liegt auf dem Felsufer das 
m, mit hohen, runden und vieredigen Thuͤrmen; 
m führt eine Bruͤcke auf 9 Pfeilern, mit Holzbals 
Steinen: belegt, die, fo ſchwankend und umficher, 
ee beften Brüden im Lande gilt, Rechts von ihr 
Dom Deal Lama geftiftetes Kiofter, in ber Nähe 
‚weiße Gebäude, Kifu, der Geburtsort des 
— ber daſelbſt, bid dahin, als zweijähriges Kind 
Weiter feitmärts, nad den Bergen zu, liegt das 
ling *) mit 300 Öplongd, als Diener des Cuk 


20.000. ©. 3. 








264 Hoch Aſin. IV. Abſchaitt. $.75. 


us, wo dem Infant Lama feine Knaben« und Stubler; 
yerleben befiimmt war. 

:- Te Siebenter Tagemarſch, 2. Sept, nad Te 
Lumbu#s),-2 geogr. Meilen. Der Aufbruch geſchah abfi 
fehr früh, um mitt dem ftrahlenden Aufgange dee Morgen 
die heilige Stade gu erreichen, die mit ihren vielen Thuͤrmen 
golbeten. Baldachinen, Thuͤrmchen und Binnen, eine folche $ 
und ‚glänzende Anficht darbot, daß Burner geflcht, er wer 
diefe zauberiſche Wirkung. vergefien. Durch eine anfte 
Steaße, führte man ihn mitten duch den Klofter:Palaft, di 
ber raufhenden Mufit dee Lamas und Gylongs bei ihrem 
gengebete ertönte,. in die für ihn bereiteten Saflzimmer, 
hoͤchſt bequem und mit Eleganz eingerichtet fand. 
Teſhu Lumbu, auh Sera fiar*), ift der Man 
Klofter : Palaftes, in welhem bee Bandjin Rimbotf: 
1714 vom Kaiſer Kanghi den Titel Bandjin Erdeni 
ſeine Reſidenz hat; richtiger ift der Name Djachi H’lı 
(prich Dijaffi lumbo) der Tübeter, oder Sin thung .ı 
ung ty pa fzu, was jenes fo viel als „Berg der gli 
hen Weiffagung” In einem myſterioͤſen, Sinn. heiße 
dieſes „Tempel .vom zweiten Range bes Friel 
Greifes, der Alte um ſich verſammelt.“ Der ? 
ber Berge und Waſſer, fagt der Chinefifhe Geograph, in 
bombaftifchen Styie, hat Hier etwas göttliche und iſt i 
ſchend; der Boden iſt fehr fruchtbar, die Gegend fehr fchör 
Kloſterpalaſt erhebt ſich majeftätifch, ſtrahlend von Sc 
Die. Abbilder des Buddha tragen das Gepräge der fieben 
barkeiten. Ueberall hört man dafelbft das Gemurmel ber ( 
und der duftende Weihrauchdampf fteigt dort. bie zu ben 
Gipfeln der Berge empor. Ich übertreibe nicht, fügt der 
fifhe Befchreiber Hinzu. Im Sabre 1447 wurde biefer € 
gründet, von Ghendun Djubbe, dem Schüler und g 
Nachfolger des berühmten Zzong k'haba, des Meifters ( 
©. 218). €3 leben in dem Prachtgebäude, voll Obeliske 
Idole in Sitber und Gold, an 2500 Lama's; über ihn 
Bochdha Bandjin, ein Kinglang Incarnat, ein diam 


Heros zur Vertheidigung Buddhas, der ſechſte große Rege 


22) S. Turner a. a. ©. S. 263. **) Weitsang thon el 
p- 119, 253 — 256. 4 


1, I. OfrOr., Tüber, Teſhu Sumbu. 205 
— der Seele dat Geſetz eingeweiht iſt, alle 
hriften verſteht und. fern von ber Eitelkeit der Welt 
‚Lama, ber feine Stubien vollendet hat, muß von ihm; 
erden, Wenn ber Dalai Lama flirbe und vom. . 
Menſchen wird, fo legt diefer Banbjin feine Megenes, 
; eben. fo der Dalai Lama ‚bei dem Abgange des; 
von Djadhi H’lumbo: fo fhügen die beiden Obere 
jenfeitig die Sagungen der gelben Refigion (d. i. der 
‚mit den gelben Mügen, denen der Kaifer von China 
mat gugefteht). Im Jahre 1642, als die Mandſchu⸗ 
gan (Afien Bd: 1. ©. 266; Bb. Il. ©. 408), fagte 
tama von Diadi H’Lumbo; „Im Diten ift ein 
eftanden,“ und er fandte, gleich dem Dalaikama 
fa, feinen Gefandten an Zaptfung, ber den Thron 
tte. Dieſer empfing dieſen mit Freuden, und ſetzte 

vor (Zeichen der vertraulichen und ehrenvollen Aufs 
ch verwandten Gaͤſten). 1714 verlieh der. Kaiſer 
em Bandjin den Titel Erdeniz 1780 ging biefer 
be Einlabung des Kaifers Khienlong nad der 
des himmliſchen Reiches, wo er mit großen ‚Ehren 
ſich verwandelte (ex flarb in Peking an den Pok⸗ 
n Bd, U. ©, 484), aber auf den, Ehron von Djachi 
egenerirt: ward, wo er nun, im elften Jahre, voll, 
inficht und Scharfſinn die Augen alfee Tübeter auf 
ies iſt berfelbe, ben S. Turner als zweijaͤhtiges Kind, 
783, noch unter dee Zucht feiner Wächter fand, Afien, 
486). — &o ‚weit die Nachricht bes Chinefihen Geos 
er feinen —— EN) im Jahre 1792, nieder 
JuF Berichte bes Beitifchen Gefandten ©. Tu en ers), 
a Teſhu Lumbu, erfahren wir über diefen Det fol⸗ 

jegt unter 29° 4 20” N.Br, und 89° 7’ DR, v. 

Durchſchnitt von ſechs beobachteten Meridianhöhen 
—— Kupferfertanten), in einer ganz flachen 
auf allen Seiten von felfigen Höhen eingefchloffen, ſechs 
on S; nach N. und zwei gute Stunden fih von O. 
uödehnt,. » Gegen ben Norden bin verengt fich biefe 
ee 


sang thon.chy 1. c, p. 255; gel. p. 13 Not, 2. 
Lurmer G- ds: D, ©, 268 — 370 


u ae 








4 


— & 


260° Hoden. IV. Abfchniet. $. 75. 


Ebene, und läßt nur eine enge Felsſchtucht, durch weic 
Painom⸗Fluß fih feinen Weg zum großen sang: € 
bahnt; ihm zur Seite bleibt nur ein enger Raum' fuͤr bie 
Straße uͤbrig. Auf dem füdlichen Vorſprung biefes Feist 


- ber dad Thal fchließt, liegt der Klofter:Palaft, Zaprangı 


in H’Lafja, gekannt; nicht fern davon etwas mörblicher lie 
Schloß (Zeung), oder die Feſte Dzigadze Seung, c 
nem Felsruͤcken, welcher den Gebirgepaß beftreicht, durch 
Tiefen die großen Straßen von hier nach allen Richtungen | 
nach Kaſchmir und Ladakh, wie nah Nepal, Bhu 
Bengalen, H’Laffa und China. Die jähen Ges 
umber, ſchwarzbraun wie von Eifenocher gefärbt, zerſplittern 
ferig in cubifche Fragmente, bis zus Kleinheit, daß fie der 
leicht entführt und den Fuß der Berge damit überfchüttet; 
furchtbare Wirbelppeamiden, die fi aus der duͤrren Ebene 
Staub und dem verwitterten Geroͤll erfuͤllt, emporſchwinger 
gen fie oft wieder bis zu den Gipfeln der Höhen zurüd, u 
dann die ſchreckliche Windsbraut in der obern, minbergep 
kuftſchicht zu eilen pflegt. Diefe Staubfäulen herrſcher 
Dctober bis Mai vor. Außerdem herrſcht hier die größte 
heit ber Luft vorz vom Morgen bis zum Abend zeige fid 
Woͤlkchen am blauen Himmel, umb die Sonne firablt mit 
biemdenden Glanz, und einer das ungewohnte Auge leicht 
denden Helligkeit. Der Srübling, im März und Mai 
fon Hige mit Gewitterwechfeln, welche mit den Regenfd 
des Sommers die Bäche füllen; vom October an aber 
diefe feuchten Niederfchläge fo ganz auf, daß ſelbſt Nebel 
find, und dee Schneefall in keinem Verhaͤltniß zur fü 
Kälte ficht, die hier vorhetrſcht. Die Wirkung ber ung 
trocknen Luft diefee Piateauhöhe, auf welcher ©. Turne 
während feines dreimonatlihen Aufenthaltes, Feine drei ı 
Tage erlebte, fand er der, ber heißen alles verfengenben $ 
Hindoftans gleich. Alles doret aus, die Pflanzen zerbrechen 
Blätter laſſen ſich zwifhen den Fingern zu Staub gem 
Keine Zuge hält zufammen; alle Bretter, Kiften und Scha 
plagten und festen durch ihr Krachen öfter in Schrecker 
Hotzfäuten , das Schnitzwerk der Balken und das der Luft 
geſetzte Gezimmer des Häufer, fuchten die Bewohner burd 


=) ©. Zurme a. a. O. ©. 898, 397208 





4 


Tr. Oft-Or., Tüber, Teſhu Lumbu. 267 


ſlenen Tuüchern gegen dad Berberften einigermaßen 
Nachtheil, den dagegen der gänzliche Mangel ber 
; aufwiege. Diefe trodine Luft macht, daß man 
zum Brechen gebörtte Hammelfleifch, als bie allge⸗ 
ig im Lande, ohne alle Zubereitung, gleichſam wie 
t genießen kann, welches ſich Jahre lang bequem 


hung des Lama⸗Palaſtes iſt, fo ſehr auch der Chi- 


ph von ihrem Heiligthum bezaubert iſt, ſehr oͤde, 
‚und nur an ber gegen Suͤden geſchuͤtzt liegenden 
m6, auf dem bee Lapranga erbaut if, zeigt füch 
station. Bon der größten Höhe, weihe S. Tur⸗ 
1 faͤlt der Blick Immer wieder nur auf oͤde Berge 


m, ober in gleichartige Thaͤlerz; nur gegen Rocket 
en durch den Spiegel des großen Dzangbo⸗Sero⸗ 


ınb imfelteich nur in geringer Ferne von ZB. nach 
itet. 

r⸗NPalaſt, Djachi H'Lumbo, beſteht aus 300 
en, von Ringmauern umgeben, mit Tempeln, 
loͤſterhoͤfen, Paldften, Pavillons und andern Bes 
ſamſten Art in feinem Innern verfehen, und, bee 
ungeachtet, find aße dieſe Raͤume in vielfache Vers 
ht. Alle Gebäude’) find aus Beuchfteinen aufs 
e Stod body, mit flachen, weit vorfpringenden Dis 
aufenden Balkonen, Erkern, Seländern aus Fach⸗ 


engeflecht, verfehen, die mit ber geifltichen Farbe, 


armoiſinroth angeftrihen find, was gegen das 
de, und bie viele Vergoldung der Zinnen, Dächer 
e der Tempel, eimen glänzenden Contraſt bildet, 
r Häufer jnd die Rüden dee Mauern find mit 
Pyramiden verziert, die man zierlich mit ſchwar⸗ 
- weißen Bändern umſchlingt; viele Dachkuppeln 
ee, und die prachtwwollſten .von ihnen verſchwende⸗ 
‚ und mit Gold verziert. Das Schloß, Las 
- da6 Wohngebäude, iſt voll Höfe mit -Colonnaben, 
 Aubiensfälen, mit mythologiſchen Wandgemätden 
# den merkwürdigſten Theil deſſelben bildet das 
52) des in Peking verſtorbenen Teſhu Lama, deſſen 


ner a. a. D. S. 336. 2) ebend. ©. M. 


“5% 5 


———o- 


x 


268: Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. 6.75. 


Leiche auf Befehl: deu Ehlneſiſchen Kalſers in einem maff 
denm. Sarge, mit ſilbernen Seitentafeln, bier beigeſetzt 
Ueber demſelben iſt ein hohes pyramidales Epitaphium er 
das auf eine phantaſtiſche Weiſe, im: ſeitſamſten Geſchmad 
den. groͤßten Koſtbarkeiten an Gold, Silber, Edelſteinen, Sc 
ren uͤberladen, ſelbſt wileder einen Tempel bildet, mit dem 
ſten Golddache, das ſich uͤber alle andern bis in die groͤßte 
des Gebaͤudes erhebt. Die Beſchrelbung iſt zu ſchwach, u 
der ſeltſamen Architectur, deren Inneres uͤberall mit Roſe 
sem, aus allen Arten. von Edelſteinen, behaͤngt iſt, einen ri 
Begriff zu geben. In der Mitte, im goldnen Sarge fi 
Leiche des verſtorbenen Lama, Im der andaͤchtigen Attituͤde 
Buddha, mit kreuzweis undergeſchlagenen Beinen. Vor 
breas. ein ewiges Feuer, und ein ewiges Gebet 
Nacht und Tag durchſtets fich abloͤſende Lamas unter 
S. Aurner hat. das Detail von alle dem genau beſch 
Am Kloſter⸗Palaſte waren, damals, obwol ber Infant⸗EKam 
nicht: bafelbft feinen Thron beitiegen hatte, fondern als K 
Kiſu lebte (ſ. oben S. 263), doch 2600 Mönche ober G 
mit dem Kirchendienfte befthäftigt, deſſen Hauptgegenfta 
feierlichen Morgen : Gebete beitand, bei dem immer am 
Tage, alle, ohne Ausnahme, verfanmelt, mit der größte m 
ſten Anftrengang der Stimme, alfo dem lauteften Geſchre 
Sefang, Das Lob der Gottheit verfünbeten, begleitet von de 
ſchendſten Muſik, von welcher der ganze Palaft erbebte. 
rechnete aber in allem 3700 Gylongs, welche in Teſhu & 
zar DVerrichtung der Cerimonials gehörten, unter des Oben 
| ficht von 4 Lamas, unter denen wieder andere, jährlich er 
AR " ‘pie. Kegwi, ftehen.  Diefe mit dem Stab in der Mechten 





N das Kohlenbeden mit dem Weihraudy in der Linken an 
Mil ſchwingend, als Zeichen ihrer Würde, ſchritten überall, b 
I Gultus, bein Gebet u. f. w., durch bie Proceffionen Hi 
1 um jedem in feinem Dienfl irgend wie etwas verfäumenbe 
N. Pl Iong einen Schlag beizubringen, ober mit bem heißen $ 


beden durch ein leichtes Anbrennen auf der Stelle zu bef 
Die befondern Gebete in ben verfchiebenen Tempeln, bie 
weifung ber Rovizen, bie Feier ber unzähligen Zefte, bie 5. 
| Droreffionen, ber Todtencultus u. f. w., geben dieſem nie 
senden Priefkerhaufen befländige Beſchaͤftigung. In einer ı 


, über, Teſhu Lumbu. 269 


ed Schloſſes ſind viele Hundert Meine Idole, aus 
und andern Maffen in Reihen anfgeftelitz +8 

'ober Heroen, die ſich ſtets vermehren: denn 

enen Lamas und Gplongs werden auf Sandels 

e Afche wird geſammelt und in dem Innern 
Ar ole aufbewahrt, deren Gießerei, nah ©. Zur: 
Deſhu Lumbu, weit vorgüglichere Fabtikate lie— 
bie ähnlichen Werkſtaͤtten in Nepal, H’Eaffa, 
a dee Art dee Proceſſionen erhaͤlt man duch ©. 
welcher bei der Derpflanzung des Infant: Lama, 
derwohnung (Kifi) im das Kiofter Terpaling, 
nabenjahre verleben follte, gegentwärtig war, eine 















lung; dies” geſchahe umter Escorte eines’ Chi: 
nen, das dazu von H’Laffa aus commandirt war. 
wurden, obwol gefürchtet als die gewaltſam auf⸗ 
Iberherem, doch, damals noch, von den Tübetern 
eine rohe, unteine Menfchenclaffe, und daher nicht 
die Ringmauern des gebeiligten Kloſter-Palaſtes 3 
ßerhalb campiren, weil ihre Gegenwart fhon ben: 
t hätte. Dieſer geiftliche, fich ſelbſt uͤberſchaͤtzende 
wor hier mit den mildeften, der Demuth ähnlichen 
f eine ſelbſt den Briten hoͤchſt liebenswuͤrdige Welſe 
gebracht, zieht mit feiner Almoſenſpende, an wirk⸗ 
agebildeten Gaben, jaͤhrlich unzählige Schwärmer, 
18, Büßende, Yogis, Wagabunden, Bettler, Abens 
en Meltgegenden, China, Indien, Sibirien u. ſ. w. 
infame, abgelegene Hochland zufammen, melde bie 
ren Befuchen, theils auf eine befchwerliche Weiſe 
18 durch ihre feltfamen Schickſale und Begebenheis 
lungen unterhielten, 
Berweſet des noch unmünbdigen Teſhu Lama, 
des zuletzt verſtorbenen Lama, den ©: Turner 
ſhu nennt, nebſt dem Mundſchenken des verſtor⸗ 
führten als die oberſten Staatsbeamten bie Regie— 
eſte ein Zuͤbeter, der zweite ein Mandſchu, beide voll 
dung und ausgezeichneter Kenntniffe in 
en die Aubienzen; und gingen In bie freundlichſten 
Emil den Briten ein, geftanden ihre Abhängigkeit 


ze Rılı)!. siytyı WE 2 
nit a a. DS #9) ebend. S. BT, 


)igitized 





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* 


270 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchuitt. $. 76. 


von China nur mit Schmerzen ein, und bie Gefahr, im | 
Wusch. die Controlle der Chinefifhen Ober: Beamten in 9 
ſchwebten. Des Regent verficherte, fein Amt ſey nur für bi 
baltung des Infantstama zu forgen, feine Pflicht fey ihm 
gnügen; der junge Lama fey Erin anderer als ber Verſto 
nur ber in ber Form eines Kindes zurudigelehete Die ( 
des Infant⸗Lama verficherten, daß. fie fi außerordentlich dc 
geehrt fänden, daß dee Bandjin Lama ihre Familie er 
babe, in berfeiben auf Erden wieder zu erfcheinen. Das 
fegte bei ‚der Audienz, bie der Beitifche Geſandte bei dem 
erhielt, durch feine verfiänbige Art, oder vielmehr durch fein 
tihtung in Verwunderung. 

Den Charactse diefer Tuͤbetaner fand Turner im 8 
ernſt und bebeutfam, alles in ein Syſtem und in Orbmun 
regelt, weiche der firengfle Gehorſam im beften ange ı 
Der fouveraine, unbefledte, unfterbliche, allgegenwärtige, « 
fende Lama ſtehe an der Spige dieſes Syſtems, ber nur in 
liebenswürbigften Lichte von feinem Wolke erblicdt werde, i 
nur wenn er in die Pflichten ber Religion verſenkt ſey, ode 
gen und Wohlthaten ſpende. Kine vollfländig geregelte 
rarch ie von oben nach unten, durch genau beflimmte Rar 
nungen (Lama, Gylong, Johba, Zuppa, Novizen u. f. w.). 
die Autorität des Lama in allen Theilen. Die Theilnehme 
fer. Hierarchie, die Geiſtlichkeit, iſt eine völlig von der a 
Hälfte des Volkes gefchiedene Abtheilung, welcher allein bi 


ſtige Wohlfahrt des ganzen Volkes übertragen bleibt, indeß 


die arbeitende Claſſe, für die Abnahme der geifligen Sorge, 
allein fi der Production und dee Sorge für alle weltlichen 
dürfniffe überläßt. Keine diefer zwei Claſſen ftört die andı 
ihren Geſchaͤfteſachen, ober greift in das Gebiet ber andern 
fie leben fo abgemieffen, daß während bie einen alle Seelena: 
genheiten betreiben, die andern nur das Land und dem Stac 
völkern, bebauen, bereichern. 

Bon dem Volke erfahren wir fehe wenig; es kommt 
für den Reifenden, außer an den Tempelorten, wenig zum 
fhein, weil es im fcheinbar wenig bevoͤlkerten Lande fehr zer 
and abgelegen in den verſteckteſten Winkeln der Thaͤler und 
fen wohnt, nicht felten in den Schluchten und. Höhlen: Zur X 
die fie in der alten Winterzeit zu ihren Afpien erwählen. 
zahlteichen Verſammlungen an Tempein und Märkten, bei 


Sr, Teſhu Lumbu Konten. S’Laffa. 271 
ndern Gelegenheiten, überzeugten die Briten das 


fei doch flärker bewohnt, als es der erfte Anſchein 


- Schon die große Zahl der Geiftlichkeit, die el: 
Antheil an jeder Familie (wo Polyandrie 
laͤßt dies vermuthen. Die Knaben treten im Als 
— ahten als Novizen ein, und erhalten dem er: 

15ten Jahre werden fie gewoͤhnlich in den 
ee; wodurch fie, nad gemadhtem 
tfte Stufe ihrer theologiſchen Cartiere erreichen. 
Gplong, kann zwifden dem 2iften und 2öften 
erden; dann kommt die Aufnahme in die Ktö- 
Fortfchreiten zu den Würden der Lamas, die fi 
ſteigern. Die bier erefchende Geiftlichkeit gehönt 
eiben Muͤtzen. 


Strafe: von Zefhutumbu nad Deaffa#t; 
‚ Meilen (900 ti) in 8 Stationen, 


— eumbu, auf ebenem Wege nah Tchhun⸗ 


große Brüde (f. oben Eifendrüde S. 222) nad 
£* Meiten (110 ©). 
endzingans nach Ghiangbze baong, 74 geogr. 


ge durch ein beſchwerliches Deſile, nach Kuſſi 
. Meilen, (140 &i), 
—* Berg, bon wo, rechts, tin Weg er Broughba 


jer Ebene nad) Nagar dzong, 7 geogr, Meilen 


Yu 

"u wo Dheba Wohnungen find, ift ber Weg eben und 
und Seffe, nad Baldhi, 63 geogr. M. (105 ki). 
| Schnee. oder Ueberſchwemmungszeit, muß man bie 
efifchen Truppen nehmen; im Frühjahr und Som⸗ 
e Seltenſtraße wählen, welche die Kaufleute zu nehmen 


— oder Bedi der Chineſen, beißt auch Harz 


ong, d. h. bie Eleine majeſtaͤtiſche Stadt 

nit dem Filzgezelte, fie Liegt am Norbufer des 

 tingförmig geftalteten Sees, der, feit ber Mifftor 

prer Sqhrebuns diefes Namens, Lacus Palte auf 
©. 29). 

rauf und abfteigend, über Diamalung, dann über 

— ——— nen man 5 Stunden gebraucht, nach 





—— am. DER > 1 ug: 


u nd dr wi ® 


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"u Ba" 


272 Hoch⸗Afien. IV. Abſchnitt. $. 75 


Samba dze, zam maftäfifchen Yaru Dzangbo tfu, über wı 
eine Wrüde in Gifenketten, aber auch Holgbarten, fuͤhren, nach Kl 
ch oui, 8} geogr, Meilen (140 Li). 

7. Ron hier buch eine große Plaine, wo bie beruͤchtigte Hoͤhl 
Seorpionen, in welche Verbrecher hinabgeſtoßen werben, nach T 
choul dzung (d. h. Canal⸗Stadt)z dann an ben Kruͤmmungen 
Fluſſes hin, durch Felder, und dreimal uͤber Steilufer, die aber 
gefährlich zu paſſiren, keine 6 geogr. Meilen (90 Li) bis Nedan w 

8 Bon bier auf ebenen Wegen, 5 geogr. Meilen (80 2), 
Fluſſe (unftreitig dem Dzang tfiou von H’kaffa) hin, über Te 
lung ang, wo Wohnungen, und bann über eine große Bruͤcke 
H'Laſſa. — 

Das ſchon oben angezeigte Nepalefen Routier +3) vom? 
4830, Iegt benfelben Weg mit etwas veränderten Stationen zurüd, 
giebt einige Daten, welche auf dortigen Fortſchritt der Cultur, feit ; 
eltern Berichten, vor ber Ghinefen= Zeit, zurüdfchließen Iaffen. 
Teſhuumbu, am erften Zagemarfche, über bie Eifenbrüde Se 
(f. oben S. 222), durch gut bebaute Ebene bis zu einem andern Fl 
über welchen eine zweite Brüde zur Station Pina (wol Bain 
führt. Diefe Stadt liegt am Fuß eines niedern Berges, beffen : 
von einem Heinen Detafchement von Bhotiyah (d. i. Tübetern) und 
nefifchen Truppen befegt ift. Der zweite-und dritte Tagen 
führt duch ſchoͤn angebautcs Land, bad Weisen, Gerfte, Erbſen reic 
probueirt. In der Stadt Kyrangbze (Ghiangbze dzon ber 
nefen, Kiangfe ber Gapuciner Miffion) **), wirb jeden Tag 
Morgen bi8 Mittag Markt gehalten; die Waaren werben aber nid 
Boutiquen ausgelegt. Hier webt man verfchiebene Arten wollene 3e 
und verfteht biefelben Zunftreich zu färben; felbft die Roſenfarbe 
man fo dem Tuche geben, daß fie der Lebhaftigkeit der Roſe felbft g 
iſt. Die Gapuciner Miffionare nennen biefes Kiangfe eine herr 
Stadt, die zu ihrem Schutz auf ber Anhöhe bes Kelfen eine Burg $ 
mit 7 Mauern und gleich viel Gräben fließenden Waffers umgeben. 
bortige Klofter fey fo groß und weitlduftig, daß es einem eigenen St 
theile gleich fehe, und einige taufend Gylongs beherberge. Won 
geht es, am vierten Zage, nad Laganche (ob Ragar by: 
der Ehinefen, ab Nagartze b. Pat. Georgi?), ein Dorf mit 200 £ 
fern, vok Bhotiyahs und wenig Chinefen bewohnt. Im Si 
diefes Ortes Liegt ein großer See Yamzu (db. i. ber Yar br 
yumtfo oder Palte-Lacus), mit 3 Felsinfeln, barauf Hirten in 
ten, große Heerden Tuͤbetiſcher Büffel (Yals) weiten. Das Waffe 





#55) Hodgson Routier in Asiatic. Journ. New Ser. 1830. 1 
p. 246—248. *6) Pat. Georgi Alphabot. Tibetan. p St. 


\ 


Oſt Et. Teſhu Lumbu Kouten. Hkaſſa. 273 
ol ſſche. Biele Fiſcher bewohnen die Inſeln; ihre 


geht es durch unbebaute Ebenen, voll Wild, 
Eſel oder Pferde), das die dortigen Bhotiyas 
große Ser, Yamzu, begleſtet den Reiſenden 









ten Tag 
ang? mie 
Bafbi, 1.6.8. Bye 8.220, Me Gtaton Ik nr 


‘wo man aber Befriedigung für alle Neifebebürfniffe 
a Poigibsante unterſucht bier bie. Päffe und bie 


a führt durch Ebene bie zum Fuß bes 
ba (Gambula) 5; biefen erfteigt man in 14 Cos, und fin 
TOP ER: Drei Eos feigt man hinab, zum Dorfe 
» eff een don Bhotivahs (db. i. Tübetern) bewohnt, 


Soldaten, zur Infpection ber töniglihen Daß 
‚oben ©. 98) )s, 
e 


muß ein fehr reißender, faft 1 Cos (4 Stunden) 
eEo hango (d. i, Yaru Dyangbo), Überfegt 
bruͤcke, ober in einer Fähre, - 
u mehrere Zagereifen (cö find deren 5, ftatt jener 2 
‚Routier) durch ein ebenes Land angegeben, wo allerlei 
chte, wie Aepfel, Pflaumen und andere wachſen, und wo 
gie noch einmal ein Blid auf ben Spiegel jenes großen 
bis man über ben Berg Lahain Lachun eine fandige 
‚in ber Nitang mit fehr vielen Ghinefifßen Kramläden 
auch Garkücyen, in benen man gebratenes Fleifc erhält, 
ber Weg am großen Klofter Putta (d. i Botala) 
it ‚pradtvollen Gebäuden, mit goldenen Dächern und ſit— 
= ſtrahlt. An gut bebauten Berggehängen vorüber, tritt 





* H’eaffa, die ſehr groß und prachtvoll mit 
a Dir Regent wohnt in ber Mitte; die 4 
an ben A Eden ber Stabt. Diefe 5 nebft 2 andern ben 

n, bilden ben Staatsrath. Die Stabt hat 5 Thore, 

1 ‚bewacht find, zumal bas Thor, weldes nad China 
ern heißen Nepali, Selungi (ob das Rorbthor?), 
imani. Um durch das China⸗Thor zu kommen braudt 
inen ganzen Tag, und dazu noch ein gutes Trinkgeld. 
er Stadt im Oſt ift ber Fluß Shanga (b.i. Daange 
‚100 Sgritt breit, in Faͤhren überfegt wird, die von 
Ehlere, mit Leber, überzogen fir | die Menfchen be⸗ 


— 








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274 Hohch⸗Aſten. IV. Abſchnitt. $. 75. 


41. Die Entſtehung der Lamaiſchen Hierarchi 


der weltlichen Suprematie der Chinefen ül 
das Volk der Tüͤbeter. 


Die Tüͤbeter haben, nach ihren eigenen Angaben, 
VII. Jahrhundert, unter Srongbfan Gambo (er ſtirbt 
Chr. Geb.) dem Stifter des Staates von H’Eaff: 
Atphabete erhälten. Ohne Schrift fehlte ihnen auch frü 
einbeimifche Geſchichte, was aus ihrer dlteen Sagenzeit | 
geworden, laͤßt fi nur mit dem vergleichen, was bie Au 
der in den frühern Jahrhunderten von ihnen berichten. | 
Annalen der Chinefen, ihrer oͤſtlichen Nachbarn, find 
darlıber den einzigen Auffchluß. Diefe nennen, vom Anfa 
Voͤlker Tübetiſcher Race an ben Weflgrenzen ihr: 
ches, in dem Gebirgelande des weftlichen a: fi und 
tſchüan, zwifchen dem oben Hoang⸗ho und Ta:kikı 
den Khu⸗khu⸗Nor, aber auch tiefer im Chinefifchen Be: 
oftwärts hinein, bis Honan und zum See Tungtin 
wir fie heut zu Rage nicht mehr ſuchen. Als dort, vor t 
„fend Jahren die erſten Chineſiſchen Colonien gegen Oſten 
"zogen, faßen dafelbft fhon an den MWeflgehängen Chinas t 
teften Tuͤbetiſchen Stammpväter, die Eanmiao #57), von 
wie oben ſchon fagten, daß fie fpäter Khiang genannt rn 
womit bie Chineſen alle jene vielfachen Tuͤbetiſchen Voͤlke 
ten, als Barbaren, ihre weſtlichen Nachdaren bezeichneten, | 
ſelbſt ruͤmten Abkoͤmmlinge des Volles der Affen 3 
(f. Afien Bd. 1. S. 192— 1%). Als einer biefer Tuͤbeti 
denden Voͤltgeſtaͤmm⸗⸗ bie Yue⸗tſchi, gleiches Scidfal n 
blonden, germaniſch redenden Usfiun theilten (f. ebend.), 


‚dee Bleinere Haufe, bie kleinen Yue⸗tſchi genannt, 


wärts verdrängt über den Nan Shan, in das Lar 
Khiang; ber zahleeichere, die großen Vue⸗tſchi, gegen 
en den Si, und von dba nad Xransoriana ,.in das Laı 
Aſi (d. i. Parther), wo fie als Inda Scythae und G 
der Alten (f. Afien Bd. I. S. 432), und De ta bei Ehinef 
nannt, am Drus, über Bactridna, Kandahar bis 
myan (Phatiyan?) ein großes gefürchtetes Reich flifte 
oſtwaͤrts biß gegen Khotan reichte; bie dies im v1. Ya 





#7) Klaproth Tableaux J—— de PAsie. Paris 1826. 4. 
e p. 10 —152; vergl, Wei tsang thou chy kep 


[., II. Oſt. Ot., Qübeter, Altefte Seit. 275 


fall, unter die Gewalt ber dort fih erhebenden Thu⸗ 
£) getiech, und ale die Araber daſelbſt in Mawars 
ndrangen, bie erſte Verbindung derfelben mit den 
Zobbas ber Arabifhen Auroren (Kdrisi, Masudi, 
iu, 4,), gegen bie Zur herbeiführte. Bon ihnen 
ticht bie Zübetifhen Stämme in Ladakh und 
‚oder Klein: Tübet, Nachkoömmlinge Tepn. 
freuten Tribus der meht ſüdlich und öft« 
Heimath gebliebenen Tübeter febten bages 
behunderte fort, ohne eine gemeinfame Nation zu 
+ den verfchiedenften Namen bei Chinefen genannt: 
jana, Ehupo, Thufan, was derfelbe Name wie 
Immer in Fehde mit ihren oͤſtlichen Nachbatn, den 
zäblten biefe, ‚unter dee Thang-Dynaſtie, 150 
ifcyen Tribus auf, die fie auch mit dem gemeins 
n ber Khiang, bi. der Barbaren, belegten. 
- fagen biefe, einer derfeiben, in der Mitte des VI. 
‚ für feine Beherefher den Titel Dian fu an, 
» ben Sitz ihrer Herrſchaft gegen Weft, an- das 
 pushhuan, oder Lo fa tchhuan (d i. Fluß 
2) 58), mo fie in Zeiten campirten, und ihre Madıt, 
br 600, bis an die Grenze der Brabmanen in 
ehnten. Einer ihrer Dyan fu, mit Namen 
a (gam duo (Seongdfan Gambo der Tübe— 
aige Kenntniß vom Buddha, und um mehr von 
nm zu erfahren, fanbte er feinen erſten Minijter, 
mbuoda, im Jahre 632, nad) Indien, um dort 
Shafia muni zu fludiren, und die heiligen Bir 
Dieſer kehrte aud nach Tuͤbet zuruͤck, und erfand 
Eübetifhe Schriftarten; fein König erbaute 
Bin zu Ehren den großen Tempel zu H’Laffa 
und als fiegreicher Herrſcher breitete er feine Wacht 
ob Afien aus, und trat fo in jene merkwürdige Ver: 
mit Mepal und China (f. oben S. 238). Nach 
(650) festen feine Nachfolger fein angefangenes 
unbert Jabre mit Gtüd fort, und fpielten bie 
herrolle in Deittel-Afien, durch ihre Macht 
nd großem Anfehn fichend mit — Indien 


ng thonchy l. € p. 25 pP: 25. 


Er 








276  SHoh-Mien. IV. Abſchnitt. 5. 7 


und ihren nörblihen Nachbarn ben Thu !hiu (Turk), 
derfelbe Periode fih gern an China anſchloſſen, um in i 
Gegengewicht gegen ihre mächtigen, füdlihen Nachbarn , t 
Deter, zu erhalten (aus diefee Periode ifl der Friedenstr 
und die Grenzbeſtimmung ber Chinefen gegen bie 
pho, vom Jahre 821, deffen Inſctiption #59) im XZempel ; 
tala bie Heute aufbewahrt wird, f. oben ©. 176, 244). 
duch das aufblühende Turk-Reich der Dia (f. Afien 
S. 162), und durch innere Spaltung geräth, feit 866, dieſe 
Reich dee Tübet in Verfall, und erneuerte Grenztriege ı 
Hia, Thukiu und Chinefen im Often, bringen bie 
fan oder Thupo, d. i. Tuäͤbeter, wenigfiens einem 
nad, dazu, im Jahre 1126 fi) als Vaſallen dem Meiche 
zu unterwerfen. Dies ift die Angabe der Altern Chinef 
Hifkotie; denn nun teitt die Sefchichte dee Mongole 
Durch welche, mit Tſchingis⸗Khan, Tuͤbet gänzlich verwuͤſtet 
ber {im J. 1253) aber noch enger durch das Band ber 
.gion (f. Afien Bd. I. ©. 261), fowol an die Monge 
Dynaftie, als fpäter nad dem Stutze der Ming, von 
an die Mandfhuifhe Dynaſtie (1642, f. Afien 
S. 236, Le.) geknüpft wird, bis in die heutige Geg 
Die einheimifhe Tüberifhe Geſchichte, weiche e 
dee Schreibetunft der Tuͤbeter, im VII. Sahrhunde 
nen biftorifchen Chararter annehmen konnte, unb den 
ſten Aufſchluß über da6 Volk bee Tuͤbeter geben wuͤ 
noch nicht in den Originalen zugaͤnglich geworden; nur ? 
aus denfelben gaben Hor. de la Penna, aber mit ve 
Chronologie), wodurch Pat. Georgi’s Ierthümer ı 
den, die Zeitgefchichte Srong dſan Gambo's, aus de 
Jahthundert n. Chr. Geb., in bie vocchriftlichen Zeiten zu 
Verlegen, woburd die davon abgeleiteten Berichterftattungen 
verführt wurden, die Gultur der Tuͤbeter in eine ſehr a 
binaufjufchrauben, da fie doch von fehr jungem Datums i 
zwar feine originalseinheimifche, fonbern eine au 
bien und China zugleid übertragene. Die nah Sfe 
Sfetfens und des Boͤdhimoͤr Mongolifhen Annalen 
tigte Nübetifche Chronologie, buch die Arbeiten Schw 





*#®) Wei tsang thou chy 1. c. p. 3l. °°) Canon Regum 
premorum Lhamarum in Alphabet, Tibetan. L e. I. p. 297. 


\ 


‚OR-Or., Tübeter, Anfang d. Cisilifarion. 277 


und Abel Remutifaté beſtaͤtigt aber jene Ans 
iR daß mit ber Verlegung. der Reſidenz aus, den 
‚nach H’Laffa, unter Strong dfan Gambo, 
tifa tion dee Tuͤbeter beginnt. Di Sm 
omi Sambuobda (oder Tongmi-Sambhoda, 
Bubdhanana, oder Samtan Poutre, bei 
‚mit 16 Gefährten nach Hindoftan, um die Doc⸗ 
doha und die Sanſctit⸗Schrif t nah Tuͤ⸗ 
gem und ber Heimath anzupaſſen, iſt der Anfang 
für die Nachwelt diefen Erfinder des doppelten Ts 
abets, al® bie Incarmation eines Gottes 
verehrt ©). Der König felbft ging bei ihm im bie 
berfehte aus dem Indiſchen, in Zeit von vier Jah⸗ 
der deei Kostbarkeiten (die pantheiftifche 
et Remuſat) #2), er ſchrieb ſelbſt eine Anleitung zur 
fe dichtete Erzählungen und machte Verfe. Er ers 
n Tempelbau den Ehrentitel Tchakravarti (ber 
bed). Seine inneren Einrichtungen im Staate für 
‚e firenge Geſetzgebung für das große Schneereid, 
ach außen hoben Land und Bolt auf eine höhere 
twicklung, und fcheinen der ganzen folgenden Pe: 
ptrichtung gegeben zu haben; denn dadurch, fagen 
ı Annalen, vernichtete er die zehn Todſuͤnden, 
bhnn verbienfflihen Werke, und fein Ruhm 
ber bie gehn Weltgegenden aus, Die Glüds 
holte von Töböt kam min dem der Tenggri ferbft 
war Freude und Wohlſtand, der König war Bas 
hanen Brüder; Jeder erlernte die Scheifit, daher 
we Buddhas fehnell verbreitet, und im ganzen 
ab «6 feinen Unterthan, der nicht fein eigenes 
ee die Früchte feines eigenen Aders af. Bor ihm, 
him dr, hatte man die geheimnißvollen, heiligen 7 
nan ni efc., nur am bie Fahnen geheftet, und das 
das dadurch dem Lande zu Theil wurde, Diefe 
) Eehre aber genauer zu erforfchen, ging jener Tuͤ— 
m ym Yanriıs nach Indien. Diele lehrten ihn 


618 —6l 2) Alı. Remusat Observations 


ot ee bie & —— der Tuͤbeter in Asint. Journ. 
— * Paris 1832. 8. p. 36. 











278 .SHohrAfen. PV. Abſhnin. $. 75. 


den Sinn ber Töne, die ber Schüler nun mit feiner 9 
ſprache 62) verglich, von ben 34 Confonanten 11 vermwarf, 
23 übrigbleibenden aber 6 neue Tübetifche binzufügte, und 
neue Tübetiſche Alphabet auf 30 Confonanten erhob. 
der Einführung dieſer Schrift im Zübetifhen % 
war der König, wie einft Karl der Große, der erfte € 
der göttlich geachteten Schreiblunft, und viele Anweifunge 
berfegungen, Lehrbücher wurden zu Tage gefördert. Die A 
Sfanang Sfetfens nennen die Sprachkundigen 
Inder, Nepalefen, Chinefen und Zübeter mit 9 
welche Damals mit den Urberfegungen bee Schrift und 
Buddhas für die Tübeter beauftragt wurden. Die 
fang der Tüdetiſchen Literatur, Religion, Cultt 
hielt buch den fechsten Nachfolger Strong dfan Sam 
einen fehr eifeigen Buddhadiener, duch den König Thi 
(Thed Dfan (reg. v. 790 — 845) die größte Erwei 
Seine Herrſchaft 5) warb wichtig durch Erbauung einiger 6 
tee Tempel, durch Einwanderung gelehrter Neligiofen au 
sen Nachdarlaͤndetn (Buddhiſatwas, Samander u. a.), 
Ueberfegungen der Religionsbücher aus dem Indiſchen; dd 
daß er das große Corpus der Doctrin Schakian 
vouftändig, in 108 Bänden (der Gandjour genannt), aus 
in Tuͤbet einführte (0b. ©. 251); noch mehr durch die Drgar 
des Prieſterſtandes und durch Einführung der Sier« 
Durch die Indiſchen Terte wurde, damals, die genauere | 
tung dee Tübetifhen Buddhalchre bewirkt; aber | 
begann der Streit, die Disputation, das Sektenweſen 
populäre Doctrin (Dote, bie äußere genannt) vu 
hersfhende in Tübet; bie Chinefifhen Buddhiſte 
ihren metapbyfifhen Abftrastionen und Symb 
rungen, bie Samiander, verfuchten ihrer efoterifchen 3 
(Gpouste.genannt) bei den Tuͤbetern Eingang zu verf 
Die Tuͤbetiſchen Religiofen fanden keinen Gefhmad an d 
nefifhen, fubtilen Gontemplation, Speculation und Dispu 
fio blieben bei der Vermiſchung ihres einheimifchen, extrava 





ses. Bodhimdr in Sſanang Sfetfen a. a. O. d. Schmidt ©. 

©. 823 ꝛc. **) Sſanang Sfetfen Mongol. Geſch. a. 

©. 86. 05) Sfanang Sfetfen a. a. O. S. 89 Not. E 

‘ Ab. Hemutat Observat. I, 0, p. 43} Kiaprotb "Tabl, histe 
p- Ib PR. Georgi Alphabet. Tibet, p. 302. 


. 


III. Oſt⸗Or., Tuͤbetet, Budohismus. 279 


mus mit dem Bubbhismus, den fie dieſem to⸗ 
ordnen wußten, und bei dem wörtlichen Verſtande 
ziſchen Traditionen ftehen, ohne fich der feinern Spe⸗ 
Hindus oder der Chinefen hinzugeben. Hierdurch 
oße Differenzen, zwifhen den Buddhadienern 
n, bie fich an die Spfteme der Suͤd⸗Indiſchen 
in Ceylon und Hinter: Indien mehr ans 
f die Tuͤbeter, duch Ausrottung des Buddha⸗ 
rd⸗JIndien (feit dem VII. Sahrhundert n. Che, 
überhbandnehmenden Brahbmaismus, ſich mehr 
n blieben, und auch dee Mongoliſch-Buddhi⸗ 
en ihnen eine verwandtere nähere Stüge 
rohere Tuͤbetiſche Volk blieb, damals fchon, bei 
ertommenen Doctrin, ohne diefelbe weis 
ickeln, ſtehen, führte aber ihre practifche Seite 
et Hierarchie auf bas Volllommenfte aus, wie 
6 Volk, wozu.die abgefhiedene Lage Tüs 
5 überhbandnehmende Moͤnchs⸗ und Kloſterle⸗ 
eutenden Theiles feiner Population, wie 
g derſelben Lehre unter nomadiſchen, nördlichen 


die Politit Mongoliſcher wie Mandſchuiſcher Herr⸗ * 


nicht wenig beitrugen. 
wiederholte orientaliſche Gebrauch, die Prinzen, 
Herrſchergeſchlechtern, wie die Meiſter und Leh⸗ 


n Docttin, aus fremden Ländern zu berufen, - 


mit der Anficht verbunden, daß nicht blos auf ih⸗ 
ever Seegen ruhe, fondern daß fie, bei dem durch⸗ 
ifchen Volksglauben der Metempſyochoſe, ſelbſt 
tionen der Heroen und, Heiligen ber Vorzeit 
Unfiht) fcheine nun auch im IX. Sahrhundert 
hen MWürdenträger der Budbha = Hierarchie Übertras 
und als fpäterhin die Ober-LKamas, feit dem 
dert, öfter die geiftlihe und weltiihe Ge⸗ 
fen® periodenweis in einer und derfelben Pers 

‚fo mag auch wol der Volksſinn diefer alten 
t nur gefolgt fepn, eben biefe Erwählten für bie 
‚nen ber Gottheit, d. i. für Buddha Sha⸗ 


musat Observat, 1. c. p. 49. 


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2785 Hoch⸗Afien. PV. Abſchnitt. $. 75. 


den Sinn der Töne, die der Schüler nun mit feiner P 
ſprache 62) verglich, von den 34 Confonanten 11 verwarf, | 
23 übrigbleibenden aber 6 neue Tübetifche binzufügte, und 

neue Tuͤbetiſche Alphabet auf 30 Eonfonanten erhob. 
der Einführung diefer Schrift im Zübetifhen 2 
war der König, wie einft Karl der Große, der erfie € 
der göttlich geachteten Schreiblunft, und viele Anmweifungen 
berfegungen, Lehrbücher wurden zu Tage gefördert. Die A 
Sfanang Sfetfens nennen die Sprachkundigen 
Inder, Nepalefen, Chinefen und Zübeter mit I 
weiche damals mit den Ueberfegungen dee Schrift und 

Buddhas für die Tübeter beauftragt wurden. Dief 


fang der Tuͤbetiſchen Literatur, Religion, Qultı 


hielt durch den fechsten Nachfolger Strong dfan Sam 
einen fehr eifrigen Buddhadiener, duch den König Thi 
1 The db Dfan (reg. v. 790 — 845) die größte Erwei 
Seine Herifchafe 5) ward wichtig durch Erbauung einiger b 
tee Tempel, durch Einwanderung gelehrter Religiofen au 
seen Nachdarlaͤndern (Buddhiſatwas, Samander u. a.), 


‚ Meberfegungen der Religionsbücher aus dem Indiſchen; d 


daß er das große Corpus der Doctrin Schakian 
vollſtaͤndig, in 108 Bänden (dee Gandjour genannt), aus. 
in Tuͤbet einführte (ob. S. 251); noch mehr durch die Organ 
des Prieſterſtandes und durch Einführung der. Siera 
Durch die Indiſchen Teste wurbe, damals, die genauere | 
lung der Tübetifhen Buddhalehre bewirkt; aber | 
begann der Streit, die Dieputation, das Sektenweſen 
populäre Doctrin (Dote, die äußere genannt) m 
hersfchende in Tuͤbet; bie Chinefifhen Buddhiſte 
ihren metapppfifhen Abftrartionen und Symb 
zungen, bie Saniander, verfuchten ihrer efoterifchen 3 
(Gpouzste.genannt) bei den Tuͤbetern Eingang zu verf 
Die Tüberifchen Religiofen fanden keinen Gefhmad an bi 
nefifhen, fubtiten Gontemplation, Speculation und Diepu 
fie blieben bei der Vermiſchung ihres einheimiſchen, extrava 





202) Boͤdhimoͤr in Sſanang Sſetſen a. a. O. db. Schmidt S. 

S. 823 ꝛc. 22) Sſanang Sſetſen Mongol. Geſch. a. 

©. Bö. 2) Sſanang Sſetſen Ar Ar D. S. 39 Not. e 

' Ab. Kemurat Observaı, 1, 0, P. 43} Klaproth Tabl, histe 
p. J4db;PM. Georgi Alphabet. Tibet, p. 302. 


- = 


il. Oſt⸗Or., Tüberer, Budohismus. 279 


nus mit dem Bubdhismus, den fie dieſem to⸗ 
rbnen wußten, und bei dem woͤrtlichen Verſtande 
iſchen Traditionen ſtehen, ohne fich der feinen Spes 
dindus oder der Chinefen hinzugeben. Hierdurch 
fe Differenzen, zwifhen den Buddhadienern 
1, die fih an die Spfteme dee Suͤd⸗Indiſchen 
in Ceplon und Hinter: Indien mehr ans 
; die Tübeter, duch Ausrottung des Buddha⸗ 
ed: $ndien (feit bem VIII. Sahrhundert n. Che, 
hberhandpehmenden Brabmaismus, fi mehr 
} blieben, und auch der Mongoliſch⸗ Buddhi⸗ 
en ihnen eine verwanbtere nähere. Stüge 
obere Tubetiſche Volk blieb, damals fchon, bei 
rfommenen Doctrin, ohne biefelbe weis 
dein, fiehen, führte aber ihre practifche Seite 
Hierarchie auf das Volllommenfte aus, wie 
Bolt, wozu.die abgefhiedene Lage Tüs 
überbandnehmende Moͤnchs⸗ und Kloſterle⸗ 
eutenden Theiles feiner Population, wie, 
derſelben Lehre unter nomadifchen, nördlichen 
die Politit Prongolifcher wie Mandſchuiſcher Herr⸗ 
icht wenig beitrugen. 
wiederholte orientalifhe Gebrauch, die Prinzen, 
Herifchergefihlechtern, wie die Meifter und Leh⸗ 


ı Doctein, aus fremden Ländern zu berufen, ' 


mit der Anficht verbunden, baß nicht blos auf ih⸗ 
ver Seegen ruhe, ſondern daß fie, bei dem durchs 
(chen Volksgtauben der Metempſychoſe, ſelbſt 
tionen der Heroen und, Heiligen ber Vorzeit 
(nfihe") fcheint nun auch im IX. Sahrhundert 
en Würdenträger der Buddha = Hierarchie uͤbertra⸗ 
und als fpäterhin die Ober: Lamas, feit bem 
ert, öfter die geiſt liche und weltlihe Ges 
n6 periodenweis in einer und berfelben Pers 
fo mag auch wol dee Volksſinn biefer alten 
nur gefolgt ſeyn, eben dieſe Erwählten für bie 
nen der Gottheit, d. i. für Buddha Sha⸗ 


nusat Observat, 1. c. p. 49. 


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230 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $, 75. 


fiamunts*7) ſelbſt, zu erfennen. Died mag vielleicht 
ftehung des Dalai Lama, und anderer als Incarnati 
trachteten , fi immer wieder regenericenden DbersLaı 
flären, wie der vielen ihrer Mepräfentanten der Kutu; 
f. w. As unter König Thisrong viel Unzufriedene u 
Großen des Landes Tuͤbet ſich gegen ‚die neugegruͤnd 
rarchie auflehnten, wurde ein berühmter Oberstan 
tien, zur Verföhnung aus Hin doſt an nad Tuͤbet 
und diefee Gebrauch der Berufung aus vinem Land: 
andere (f. Afien Bd. II. &. 228) ift bis in die neuer: 
blieben. Bon einem Dalai Lama ift aber erft meit | 
Rede. Im derfelben Zeit wurde durch einen Boddhiſat 
geringerm Range, der auch aus Indien kam, das erfte 
in Tuͤbet (Samie, f. oben S. 250) angelegt, und fei 
ginne dort erſt das Moͤnchs⸗ und Lamas Wefen, 

mehrmals arge Verfolgung erlitt. Unter einenr der gra 
Verfolger derfelben dem Könige Zarma°) (Damo d 
fen, ee reg. 902 — 925) traf Verwüftung, Brand der Te 
Bücher, Empoͤrung und Vermwilderung das ganze Land 
&. 177). Unter defien beiden Söhnen und Nachfolger: 
zung und Yumtfen, erfolgte die Theilung des f 
gefehwächten Reiches Tuͤbet, in die zwei Reiche, ı 


"Namen Wei (Duei) bas Ofl:Reih und Dyang ba 


Reich erhielten, wo in jenem H’Laffa die Refidenz 
diefem Daigadze (bei Teſhu Lumbu) zur Reſiden 
wurde, eine Scheidung , welche feitbem auch politifch 
ligioös geblieben iſt, obwol damals das Weſt⸗Reich 
nen Herrſcher verlor, und die Enkel im Oſt⸗Reiche, m 
tretender innerer Spaltungen und Streitigkeiten, auch t 
ließen und noch weiter nach Wet, nach Nga⸗ti zogen 
Brüder ihre Herrſchaft über die drei Mgasri (f. oben 
behaupteten. Das übrige Oſt⸗Tuͤbet und Thufan 
diefen Jahrhunderten in die größte innere Zerwuͤrfniß, ir 
in Barbarei, und der größere Theil feiner Bewohner E 
wie fon oben gefagt, in den Schug von China (X. 
oben S. 276). Dennoch hatte in dieſer Peuode der Ve 





Ser) Vergl. v. Bohlen das alte Indien Th. I, ©. 336. 
“*) Sfarang Sſetſen a. a. DO. ©. 515 Pat. Georgi Alp 
betan. p. 307; Kiapreth Tabl. histor. p. 150 — 153. 


Oſt⸗Gr., Zübeter, ‚erfter Dalai Lama. 281. 


öfter wiedkholten Reftauration der Bud⸗ 
a, im Zübetifhen Lande, feinen Sortgang, und, aus 
aus China, gingen Öftee neue Miffionen ber 
ommen und Lehrenden dahin; eine Zeit lang 
feibft die Provinz K'ham (f. oben S.177) in der 
zu tſchüan, wenn wir dem Bodhimoͤr 9) Glau⸗ 
dürfen, da6 Aſyl ber großen Gelehrten und Geifts 
baha Lehre geworden, die dort eine immer weitere 
ıewann, während das übrige Toͤboͤt wieder in Fins 
fen war, und ed empfingen diejenigen in K'ham, 
hen, welche von da die Religion nad) dem H’Laffa 
e zuruͤckbrachten, wohin aber zu gleicher Zeit dann 
ie Sprads und Schrift: Gelehrten aus Hin 
Nepal, weil da des Buddha sCultus forthauerte, 
e6 unterging) berufen wurden. 

ı Berflörungen Tſchingis Khanse und feiner Beits 
any: Central: Afien und Tuͤbet (f. oben S. 187), 
Tuͤbetiſche Gefchichte Leine Nachrichten mittheilt, 
bilai Khan, Ende des XI. Jahrhunderts, des 
:co Polos, der erſte gewefen zu feyn, dee Tuͤbet 
Berfall wieder aufzuhelfen verfuchte. Diefee große 


aiſer fahe, fagt dee Chinefifhe Geograph ”), 


3 und weiten Länder bee Thupho, durch ihre eis 
odenbefchaffenheit gut vertheibigt feyen. Da’er ihre 
18 wilde Krieger kannte, fo verfuchte er es, fie duch 
ı Sitten zu mildern. Er theilte das Land in 
id Diftricte, fegte Beamte verfchiedener Grade ein, 
berbefebl des Tiſzu (d. 5. Lehrer des Kaiſers), 
16 der Titel des geiſt lichen Oberhaupts geivefen, 
er fi nerköupsrnde Buddhifatwa des Shas 
oder Buddhas, galt, und. fpäter, unter dem Titel 


Rama das Supremat behauptend, als dee uns 


, immer wieder als Kind vermenſchlichende, ftet6 fi) 
„verjuͤngende Buddha, des gegenwaͤrtigen 
s allgemein bekannt ward. 

n Auszügen dee Tübetifchen Annalen, durch Soc. be 
„ergiebt fi, daß es anfünglich eines der Ober⸗ 
ag Sfetien b. Schmidt a. a, D. S. 366. 

sang thou alıy 1. op 37. | 


y 


Fi un — BE 


— 2 


34 Ran 





282 Hoch Afien. IV. Abſchnict. $. 75. 


Lamas von Sechia (Sakyu, aM ver Nepalficafe im Weſt 
von Teſhu Lumbu, f. oben ©. 258) war, und nicht vom 
H'Laſſa, welcher von Ehinefifher Seite die Anerkennung durch 
Patent und Siegel als Oberhaupt, aud als König vom Ele 
bet #') erhalten batte, Nun enrftand ein Rangſtreit zwiſchen 
mehrern ber Groß-Lamas, und mehrern ber Reguli; da erhob ſich 
ein Abkommling des alten Tuͤbetiſchen Königshaufes, eroberte bie 
Provinzen Ngari und Dyang, und nahm feine Mefidenz im 
der Feſte Dzigadze, ald Groß:Lama. Zu einem der nach⸗ 
folgenden Groß: Pamas erhebt fih rin Echüler des” berühmten 
Zzang K’haba (f. oben S. 218), alfo wahrfheinlih ein DU 
fenfer, und als biefer 1399 ftirbe, wird er regeneritt, und beftelge- 
als Kind den Thron im Klofter Bhraebung (Brepung bei 
H'Laſſa, f. oben S. 249), das von Zzong khaba erſt erbaut war 
Diefer, fagt das Canon Regum etc., ward, ba er erwachfen 
war, als oberfter Zama in ganz, Tübet audgernfen (er wird 
Kelva fedun biam 8h0 genannt), bod hatte erin ans 
dern Klöftern noch feine Macht. Aber biefe erbieltiem, da 
er im Übrigen Tuͤbet viele Kiöfter erbaute, die er von Lamas aus 
Bhraebung verwalten ließ, mit dem Recht, bie Lalen im den 
Drden aufnehmen zu dürfen, wodutch feine Macht zu uninerfels 
lem Anfehn kam. — Died ſcheint uns der Schtüffel zur Ge 
fhichte bee jüngern Hierarchie des Dalai Lama von Zübrt uw 
ſeyn. — Seitdem folgten nun lauter regenerirte Groß⸗La⸗ 
mas72), deren Sitz in HKaſſa oder Botala blieb. Dies 
ſcheint det Sieg des Rangſtreits unter den Groß—-LKan 
zu ſeyn, wie einft über das Primat der Patriarchen in der 
tholiſchen Kirche, bis fih die geiftlihe Altgemalt mit bee 
melttihen Herrfchaft zu H’Eaffa, in Mei, fefiftellte, ba 
Anſehn anderer Groß: Lamas aber neben jenem aud mod 
bielt, zumal deffen zu Teſhu Lumbu in Daang, nad be 
Spfiteme der Möglichkeit vieler Stellvertreter bed B ubbhen 
in höheren und niederen Rangorbnungen (Grofefar 
mas, Boddhifatwas, Kutudten w f. wm). Die Mönde 

wurden das flrhende Heer, das bie geiftlihe Macht ber Gropka= 
mas jtügte; im Jahre 1540, fagt das Alph. Tibet., habe sim 
den 3 Klöftern Braebung, Sera und Kaben 1000 Bl, i 


’ 




















#1) Canon Regum et Supremoram Llıamarum 6, Pat. Geörgi At- At 
phabet, Tibetan, p. 316. ° **) Alphabet, "Tibetan, Ir’, p- 326. 
Digtizeu d, Google 


* 


Oſt GEr. Tübeter, Dalai Lama. 283. 


jenes von Khubilal Khan anerkannte Las _ 
t erhielt auch den dieſer Bedeutung entfprechens 
b=ba (f. Afien Bd. 1. ©. 261), der nebit dem 
nen Dalai Lama (d. h. dem DOcean gleis. 
ſter), auch dem Haupte der Hierarchie von 
igion (d. h. der Buddha⸗Secte mit den gel⸗ 
ie außer der Ehe leben, und gegenwärtig die 

‚ verblieb; denn jener erfte Tiſzu gehörte zur. 
Roth Mügen, welche fi verheicachen dürfen 
,206), aus deſſen Urenkelgeſchlechte die heutinen 
on der rothen Secte, noch ihre Kutuchten 
ſdit von Tuͤbet iſt aber von der gelben Pro⸗ 
Inter der Ming: Dynaftie wurde jener Titel 
dem Kefpu Lama (d. i. Tiſzu Lama) vers 
fdyeint, in den eines Kue ſzu (Institutor impe- 

‚ und der königliche Zitel, Tapaofe Bang, 
gefügt mit den Patenten und Siegeln nad Chis 
eiche auch reichlich nach beſtimmter Rangordnung 
damen von Diigage, oder Teſhu Lumbu, 
im Kutudten und Khudilghane vercheilt 


Anerkennung bes P’haghsba oder Dalal Las 
die MandfhurensDynaftie, mit dem Ti⸗ 
Erdeni beehrt wurde, als geiſtliches Ober⸗ 
durch die Chineſiſche Politik, die Anerkennung des 
tönigchums von Tuͤdet, wenn fie ihnen ſchon die 
(fr Afien Bd. 11. S. 226) zugeſtanden, dennoch 


‚und das weltliche Regiment dem Kaiſer⸗ 


ing vorbehalten, das nun dort neben dem Das 
ne BicesKönige einfegte, und nur einheimis 

vom zweiten Range, d. h. keine Souve⸗ 
in nur Bafallen anerkannte In der Art dies 
g gab es jedoch viele Wechſel, Reactionen, 
n, Kaͤmpfe, z. B. zwiſchen den rothen und 
gen n 20), ehe die gegenwaͤrtige Ordnung ber Dinge 


unter Kaiſer Kanghi, ſagt der Chineſiſche Geo⸗ 


on chy Lc. p. 14) ebend. p. 240. 


38 Not. 1. 
46. 16) ©. Turner Geſandtſchaitoreiſe S. 856 Mr: 


pP 
thon chy & © p 241-244. 


i 


0 


Zrlyıan PEN 





234 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 75. 


graph #77), trat völlige Dacification unb Zitelaebung, mit b 
teflee Rangerbnung, in bie geiftlihe Dierardie, 
die weltliche Regentfhaft für Tubet, im Jahr 
ein. Weil fpäterhin unter den Eübetifhen Reguli, 
man als Statthalter einzelner Provinzen angefehen bi 
doch Mebellionen gegen bas Chinefifhe Suprematff 
ten, fo verlich Kaifer Khienlong, feit 1750, ihnen a 
Königstitel vom zweiten Mange (Kiun Bang) nid 
und fie wurden alle dem Dalai Lama untergeben. 3 
fegte der Kaifer drei Eleinere Prinzen mit dem Chinefifch: 
Su tue fung ein, einen Zaidfchi.eriter Claffe (Affen 
©. 397), vier Kalon, bie Minifter oder Rathgeber des 
Lama,'davon ber eine. ben Titel bes Fu fuer fung 5 
dieſen wurben, als Chinefifhe Beamten, noh 5 Dheib 
d. i. Militair-Inſpectore von Zzang ernannt, 3 Dheba 
früherhin Statthalter oder Wicekönig hieß, und’ ein Kam 
L Kanzler bes Dalai Lama, als erfter Gouberneur d 
ſiſtoriums, ber weltlihe Chirefifhe Beamte, ber 
gelegenheiten der Glerifei leitet. Ale diefe Reigewärd 
ger des Chineſiſchen Hofes erhalten ihre Orbres vom Li 
yuen’2),b. i. dem Minifterium ber auswärtige 
gelegenheiten in Peking (f. Alien Bd. I. S. 10% 
dies ift die beftändige, etwas befchwerliche Gontrolle, u 
‚ven Drud das ſcheinbar feibitftändige geiftlihe Suprei 
Dalai Lama von Eübet ſteht. 

Hierzu kommt die Militairgemalt zweier Ch 
fer Generale, welche in H’Laffa refidiren , fcheint 
Schuge des Dalai Lamaz aber wirklich das Megiment | 
Ihnen iſt die bedeutende Armee untergeben, welche fi 
muß, wie ber Chinefifche Geograph ’’) fagt, um Wei un! 
wit feinem Volk in Sucht zu erhalten. Die Zahl ber $ 
in über beträgt 64000 Mann; in H’Laffa find 30 
tee, in Dzang 2000, in Nga-ri 5000,-in Kobu (?) 1 
den Mongolifhen Cantonen 3000. In Mei und 
liegen 50,000 Mann Fußvolk. Bon 5 bie 10 Einwohne 
ohne Unterfchied, einer in die Armee treten, und von il 
Pferd geliefert werden. Ihre Rüftung find Helme und 





477 — 
313 vu. tsang a chy I. e. p. 46, 242. ’8), ebenb, 


Oſt⸗Gr, Tuͤbetet, Proviant- Verwaltung. 285 - 


1 Blchfhuppen, die wie Weidenbiätter über einans 
ve Waffen find: Säbel, Pike, Flinte; das Fußvolk 
Bogen und Pfeil, Schilde, Piken. Ihre Bogen find 


t Hoen Üiberzogen, ihre Pfeile von Bambus mit ' 


yaben dreikantige Spigen. Ihre Fahnen find bunt. 
tel zu Erercitien angehalten, mit Gold, Wein und 
belohnt, auh mit Stüdsfhärpen (Ghadhagh, 
e Sitte, mit weißen Tuͤchern mit Srangen, in denen 
ınt eingewebt find, fid zu befchenten). Jede 4 Mo: 
Be Poften im Lande gewechfelt, welche die Wachen 
fen haben, und bie Weidungen der Stutereien bes 


geringen Fähigkeit des hohen, Zübetifchen Landes 
u, und bei. dee Sparfamleit der Culturſtrecken, 
laͤuftiges und ſchwerzugaͤngliches Gebirgsland, mußte 
ntirung bee Provinzen, bei zunehmender Popula⸗ 
remdlinge und ihre Truppen, ein wichtige Augens 
nefifchen Regierung werden. Ohne eine Fürforge 
ı oben, möchte für China. eine Oberhohelt in Tuͤdet 
n. In den 6 Haupt:Stationen ber Chinefen- 
ıtfian iu, Lithang, Bathang, Tſiamdo, 
H'Laſſa, wurden daher auch eben fo viele Pros 
-waltungen 3%) duch Chineſiſche Beamten und 
erichtet. Einem dee Mandarine, bei dieſer Ab: 
haben wie die genauen" Angaben. dee Geographie 
verdanken, der wir biöher größtentheil® gefolgt find, 
n dieſer etſten Proviant«VBerwaltungen, 
ten jeder monatlich 60 Unzen Silber Gehalt, der zu 
er 705 jeder darf im feinem Gefolge 13 Sclaven 
tatre and Dolmerfchee haben. Das Proviant⸗ 
affa Hat einen General⸗Inſpector, und zwei 
sche, einen Wei lang und einen Thu ſzu mit 
Es gehören dazu 621 Mann vom grünen Banner, 


5; dartınter ein Colonel, ein Colonel⸗Lieutenant, ein 


kieutenant, bie Sergeanten und Gemeinen 613. Man 
alle 3 Jahrz der jährliche Unterhalt des Magazins 
40,000 Unzen Silber. Auf ähnliche Weife werden 


Te bet — im Detail angegeben; eine ſolche 


ng (bon chy L « p. 162—165. 


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286 Hoch⸗ Afien, IV. abſchnitt. $. 75. 
Einrichtung iſt das ſicherſte Mittel jeder Empörung bei : 
begegnen. _ 


Die beiden Generate In H’Laffa ernennen, nebft b 
at Lama, bie öffentlihen Beamten‘) in Tübet, 


dortigen angefehenften Familien, auch die vier Kalom, ı 


niſter deffelden, deren jeder da6 Gouvernement eines Kt 
Tübet hat. Eben-fo die Directoren (Tchakdzo) der 
men, bie. Dberrihter (Nanfo fiat), die Oberften 
lizei (Diungor), die Nehnungsrevifocen (Di 
u. a. m. Die Abgaben 82) werden in Lanbesproductten | 
ben, und dieſe im den Öffentlihen Magazinen (Cham 
aufbewahrt. Das Einfommen von Zoll und XAccife, 
Gteafgelder, find an die Lamas überwielen, 

Die Sremdlinge®) (für China, d. 1. die dem CH 
Rede zugehörigen Vafallen: Staaten), welche fi) nach dei 
geßzeiten und den 6 Seiten des Univerfums (Lubo, d 
Cardinalpuncte und das Zenich und Mabir) richten, fagt 
nefifhe Geograph, "haben feit langem den Chineſiſch 
lender angenommen, und — fügt er hinzu — mie f 
fie aud diefem Geſetze fich entziehen? (Anna 
Chinefifhen Kalenders ift, nebft der Tribut: Embaffade, 
hen der Unterwürfigkeit der Vaſallen; Umänderung des 
ſchen Staats: Kalenders iſt Rebellion und Empörung). ; 
haben die Kirbeter, im ihrer Zeitrehnung, den erften 
des Fruͤhſahrs (den Februar) zum Anfangemon 
Meujahes gemacht. Der weife Monarch Chinas hind 
Untertdanen nicht, in dem, roa6 ihrem Lande und der K 
Wärme deffelben gemäß if. Daher kommen aber di 
ſchiedenheiten der Jahresfeſte in Tüber und ( 
Die alfo nicht auf men ſchlicher Willkühr beruhen, 
in der Landesnatur begrhndet find. Die Befchreibur 
sroßen Zahl von Feſttagen *) im Lande, welche ein 
Bild des Volkalebens abgeben, muß man bei dem Ehn 
Geograppen ſelbſt nachſehen, ſo wie feine Tempelbe 
dungen 85), feine Nachricht vom Todtencultus 8), 
anſchaulichſte Bild von dem: Einfiug einer Lamaifchen v 





**1) Wei sang thou chy 1. c. Pr x * 
— pP H — & 
* abend, rg el. . 


Himal., Il. Oſt⸗Gr. Alam. 987 


a Volke zu gewinnen, Über weiches uns alle andern 
| don Alıgenzeugen bi jetzt fehlen. 

eßen mit- der Characteriſtik, weiche der Chinefis 
pbh®’) von dem geifllihen Oberhnupte Tuͤbets giebe, 
Tuͤ bet (Dzang anterior), fagt er, glaubt votzuͤg⸗ 


alai Lama; er fol aus einem Lichıftrahl herab: . 


‚ vom Leibe des Großmeiſter Kuan pn (db. i. der 
ifle, der erfhienene Bodhiſatwa) trennt, und im 
; Strong bzzan Bambo zur Incarnarion warb. 
neration vergißt er die Vergangenheit nichts feine 
| wiederholen fih, fein Eprentitet if Dalai Las 
ille der Seele und die menſchliche Vollkommenheit 
einer Religion. Die Erbarmung und die Kiebe 


machen ihre Subflanz aus. Sein Herz iſt rein, 


‚dringend; ee ift tief in feinem Gemüth, und erhas 
Geiſt. Zumeilen blickt er ganz klar in die Zukunft 
ten; aber feine Befcheidenheit ‚hindert ihn, fich das 
Wenn feine Schüler, um das Volk zu betruͤ⸗ 
r verfhiuden und Feuer fpeien, fo beſtraft er fie, 
fie. Darum vefpectist ihn das Volk uͤber Altes, 
den lebendigen Buddha. — Ueber die Lehre des 
die Bubddpiftifhe Hierarchie können wie 
he Weberficht dee gelchrten Arbeit P. v. Boh⸗ 
das alte Indien verweifen, wie auf die Epecials 
über biefelbe von Ab. Remufat, Klaprorh, 
ouenouf, Hodgfon, 9. Wilfon u. a. 


Ä S. 76. 
Erläuterung 3. 
‚das Land bed Brahmaputra. 


e Thal des Brahmaputra : Stromes, oſt⸗ 


ns, nebſt ben Gebirgshoͤhen auf deſſen naͤchſten 
Züd⸗Ufern, weiche mit den Himalaya: Ket« 
seichungslinie gegen D. und S. O. behaupten, fl, 
maufwaͤrts zue Kunde der Nahbare kam, unter 


gthodchy 1. €. 9.» Zebus das 
Königebeeg 1830: —** ©. 0686 


 .. 


IF 


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Yıaa __.. 


a.r” 
L 


1 


es8 Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. 6.76. 


dem Namen Afamı, Afdam oder Affem, Abam ı 
Ausfprache ber Einwohner, erft feit ein paar Sahrhund: 
kannt geworden. Zuerſt ald Grenzgebiet der Beherrf 
Bengaten, ale diefe zur Zeit dee Groß: Mogule, und die 
bie Verbreitung des Ielam mit Gewalt aud in das | 
putras Thal betrieben, um dort wie anderwärts den Got 
ber Hindu zu verbeängen (f. Afien Bd. IL S. 428). Zur 
ein Hoſain Schah, König won Bengalen genaunt, 
viel Reuterei, Fußvolk und auf Booten, fitomanf, den K 
Bengal gegen Aſam begann. Er felbft kehrte zwar fiegr 
Bengälen zurück; bee Nadja von Afam hatte fid in 
birgsland zuruͤckgezogen; Hofeins zuruͤckgelaſſenes He 
aber, waͤhrend der Regenzeit, in die ſchlimmſte Lage verſet 
Die anſchwellenden Waſſer auf allen Seiten von jeber Ve: 
abgefchnitten, von ben Afamefen Truppen, die vun & 
Retirade von ben Bergen herab fie Überfielen, und vom | 
demien, denen dort die Fremdlinge in dieſer Jahreszeit u 
fen find, gänzlich aufgerieben, fo, daß nur wenige die 


“wieder erblidten. Ein gleiches Schickſal fol, Mitte d 


Jahrhunderts, ein Heer von hunderttaufenb Reutern getze 
den, weiches Mohammed Shah (Togluds Sohn, ı 
bis 1375) gegen Aſam ſchickte 3%), das aber, nad, dem 


des Geſchichtſchreibers Mohammed Kaffim, eines 


Beltgenofien Kaiſer Aurengzeb6, ganz in biefem „v 
bertem” Lande umlam, fo, daß keine Mebe weiter ı 
war. Nach diefer Periode finden wie nur im Aveen A 
aus Kaifer Akbars Zeit (f. Afien Bd. II. ©. 432, g 
Jahr 1600), eine Erwähnung jener Landſchaft, wo gefa 
im Norden floße Bengalen an Kot (f. oben ©. 15 
bem auch Kamrup (Kamru oder Kamtah) angehöre, de 
wohner gewaltige Magiker feyn follen, deſſen Bewohnerir 
große Schoͤnheiten geruͤhmt werden, von deſſen Product 
wunderbare Hiſtorien erzählt. Blumen ſollen dort, wer 
gepfluͤckt, doch noch Monate fortbluͤhen, gefaͤllte Baͤume 


Stroͤme von Wolgeruͤchen ausduften, bie delicateſten 8 





420) A Description of Assam, extracted from the Alemgeı 
of Mohammed Cazim translated by H. Vansitiart from | 
Msc.: in Asiatic. Miscallany, Vol. 1. “: P- en aucı mb 
Besearcireg Vol. N. pı 17 etc. 


/ 


Himal., MI. Of-Br., Aſam. 280° 
wachſen. An Kamrup %) (Weſt⸗Aſam) grenze 


s, das Gebiet des Rabdja von Afam, der ein 
ſt ſey, in großem Glanze lebe, mit deſſen Leiche 
n Beamten, ſowol Männer als Weiber, freiwillig 
aſſen. An Afam gemze aber Tüber. 
achtichten finden ſich aus biefer Zeit über Alam 
h lange in Fabel gehuͤllt bleibt; denn jedes fpätere 
e Grenze Afams kam, fagt Mohammed Kaf: 
in panifcher Echreden, und lehrte um; bie Afas 
n aber auch nicht aus ihrem Lande heraus, daher 
iches von ihnen. Der Name Afam war indep bet 
16 ein Zauberwort in Gebtauch gelommen, das bei 
tionen angewendet wurde; vom Lande fagte man: 
feinen Fuß feße, fen gebannt und finde feinen Rück 
jeder. Jeidej Sing (richtiger Japadhwaja 
Köwe.mit der Siegesfahne), der Radja von 
den Titel Surgu (Swargu), ber Himmliſche; 
ein göttlichen Urſprungs zu feynz einer der Vor⸗ 
f einer goldenen Leiter vom Himmel auf die Erde 


ee aber das Land Afam fo fhön fand, nicht wies 


yimmel zurüd geftiegen feyn. Dennoch, fährt der 
nnalift de8 Alemgir nameh, d. b. der Ger 
Kaifer Aurengzebe, der den Titel Alemgir, 
erer, führte, fort, warb das Land mit feinen him⸗ 
en vom Heere Kaifer Aurengzebs (reg. 1659 bie 


‚ and bie Fahne des Glaubens dort aufgepflanzt, 


der Ungläubigen wurden von ben flampfenden Rofs 
igen zertreten 91). Aber fehen wie genauer zu, fo, 
: argliftige Kalfer von einem gefürchteten Feldherrn 
fern Armee, die bemfelben ergeben war, befreien, 
rſelben Gelegenheit den Ruhm des Glaubenshelden 
ee König von Afam war mit einer Flotte, den 
tea herab, in den Ganges eingefdifft, und hatte 


Akbery ed. Fr. Gladwin, London 1800. Vol. II. p. 3. 
ned Cazim 1. c. b. Vansittart p. 477; vergl. A. Dow. 
vd. Hindoſtan Th. II. p.413— 416. Fr. Bernier Voya- 
scr. des Etats du grand Mongol. Amsterdam 1699. I, 
230; — de J. B: Tavernier, a ta Haye 1718. 
176— 481. 


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290 Hoqh· Afien. IV. Abſchnitt. $. 76. 


Aid) den Landſtrich zugeeignet, ber zwiſchen dem Gange 
und dem Gebirge von Afam liege. Gegen ihn follte der 
der Raiferlichen Feldheren Mir Jumlah, genannt M 
Khan, zu Felde ziehen; er fchiffte fih in Dacca, 
Brahbmaputra, nah Afam ein. Kein Feind lief 
offenen Heide fehenz die Feſtung Azo vertheidigten fie 


“aber befiegt,; und die dortigen Grabflätten der Afam K 


denen die größten Schäge mit den Leichen. beigefegt war: 
‚unermeßliche Beute. Dann wurde der Aſameſen Koͤ 
in einer Feldſchlacht beſiegt, und feine Hauptſtadt Ki 
d. i. Ghergong (bei dem weit fpäter erbauten Rangp 
ter oberhalb im Lande’ gelegen), erobert; ex floh mit fe 


- hängern in die Gebirge von Kamrup (Namreup b. 9 


auf dee Südſeite in Dekingol, nicht wie A. Dom 

H' Laſſa). Mir Jumlah erhielt in vielen Gefechten 
Kluffe und in- den Gewäflern im Thalgebiete den S 
Meinen Feſten und Ortſchaften, am Ufer bin, fielen 
Hände: Das ganze Land wurde furchtbar verwüflet, ir 
gong ließ Mir Jumlah das Gebet der Glaͤubigen he 


Nennung des Könige der Könige, Alemgir (db. b. € 


der Welt), und ließ Münzen mit Aurengzebs Bild 


gen. Aber nun, früher ale in Hindoſtan, che fie «1 


batten, unter furchtbaren Stuͤrmen und Ungemittern, 


Regenzeit herein; bald war das Thal unter Waffe 


weiter, über Ghergong hinauf, vorgudringen war: ur 
eben fo wenig fonnte man zurüdziehen. Die Gebirge ı 
her waren mit Ungemittern und mit Zeinden erfüllt, | 
und das Vieh war dem Könige in das Gebirge nachgefe 
Heer des Gtoß-Mogul hatte große Beute und Kofkbarkei 
Seine Lebensmittel; die Wege waren von den Waffern 
Landesbeſitzern abſichtlich zeritört. Die Noch war fehr : 
nen Theil des Ruͤckweges legte jedoch Mir Jumlah 
Kändigen Scharmügeln bi zur Feſte Azo, gegen Beng 


- wol mit großem Verluft aller Art zurüd. Bel dem dorti 


enthalte. der Truppen fielen die Epidemien, die W 


des Landes, fchnell über fie her, und bald nach den Sie, 


ten traf bei Aurengzeb aud bie Zrauerbotfchaft vor 


gange des ganzen Heeres und von Mir Jumlahe 2 


So war auch biefer Befig von Afam nur temporär 
und «4 ift beareiflich, daß die dadurch gewonnene Kenn 


' 


) 2 


N 


Il. DRS, Aſam im XVII. Jahrh. 291 


+ hinfichtlich der Fremben, hoͤchſt wichtig genannt 


indeß ſie in Beziehung auf die Einheimiſchen doch 
itig und oberflächlich, und voll Irrthuͤmer blieb, eiw 
ch in den Berichten ber Geographen ein volles Jahr⸗ 
anzt, bis auf die weuere Periode der genauen Bris 
haft mit diefer Erdgegend. 
zebs Gefchichtfchreidber, Mohammed Kaffim, 
h die erſte umfländlichere Nachricht von Alam, 
ft neuentdeckten Lande, aus dem Munde feiner 
fie verdient, mancher Mebertreibungen und Wider 
htet, als authentifh für jene Zeit, und für ein 
chem der pofitiven Daten- uns noch fo wenige zu 
immer Beachtung, weil fie von einer bis bahim 


lüdlichern Periode jenes Landes fpricht, das feit je 


ößten Wechfel, innere Zerflörungen und einen gro⸗ 
6 auf die Gegenwart, erbulden mußte. 


n Ende des XVI. Jahrhunderts, zur Zeit 


urengzebs, nah Mohammed — 
Alemgir Nameh 2). 


gt im N.O. von Bengal, und wird vom Fluß 
er Grahmaputra), ber von Khita (Khatal, 
zit, Tuͤbet) 98) nach Kutch fließt (f. ob. S. 166, 
le getheilt; der noͤrdliche heiße Otercol, der 
incol, Dtercol (Utarkul, d. i. die Mords 
ginnt zu Gowahutty (Gohati n. Fr. Ha: 
i. die Grenze der Beſitzungen des Groß: Mogui 


d. i. im Weſt) es endet mit den Gebirgen, welche 


Miri Michmi bewohnen (naͤmlich im Oſt). Des 
ſhinkul, d. i. die Sudprovinz) dehnt ſich aus 
eSidea (Sodiya) bis an die Berge von SI; 
ie angefehenften Gebirge der Nordprovinz 
Juleh und Landah, in der Sübprovinz die 


P (richtiger Kamrup), die 4 Zagereifin von 


gen, in weiche der Radja ſich zurüdzog. Eine 
— 


Miscellany Vol. L 4. 1. c. 1.459 — 481; und aus ben 
Vol. II. p. 171 etc. in Sprengel und ER. Forſter 
zur Voͤller⸗ und Laͤnderkunde. Leipzig 1793. 8. > xl. 
| 22) Auen Abhery ed. Gladwin 1. c. T. . 6. 


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Minrtygan —_ 





\ 


202 Hoch- Aſlen. IV. Abſchnitt. $. 76. 


andere Bebirgskette wirb von ber Teibus ber Mana bew 
dem Nadja keine Abgaben zahlen, aber einigen feiner Be 
horchen, indeß ebenda der Stamm Zumleh (ober Dufl 


einem andern Mſer.) ganz unabhängig ifl, und das bei 


Land plündeet, fo oft ſich bie Gelegenheit dazu darbietet. 
Diefes Afam bat eine längliche Figur, von 200 
geogr. Weiten, 40 Cos = 1°) Ausdehnung (von W. n 
und von den nächtlichen zu ben füdlichen Gebirgen, 
reifen Breite. Won Gowahutty (Gohati, 91° 28 
&r.) nur bis nad) Ghergong (94° 30° D.R. v. Gr.) 
Wer nah Oſt 75 Eos (hier an 40 geoge. Meilen) Aus 
Bon Shergong find 15 Zagereifen bis Khoten, mat 
fivenz des Piran Wifeh (ein Sabelprinz ?) mar, aber | 
Heißt, die Gapitate des Radja von Pegu (hier fcheint bi 
Khotan , im Morden, mit einem ber Ava⸗Herrſchaft in 
verwechfelt zu ſeyn; doch wird Im folgenden die Ric; 
angegeben). Die erften 5 Tagereifen geht ber Weg 
KamrupsBergen über Berge und Wälder, die fleit 
ſchwerlich zu paflicen find; dann reiſet man oſtwaͤrts n 
duch ein flaches Land. Gegen Norden liegt die Eber 
tat (Khita),.die früher als die Gegend genannt wurde 
Brahmaputra entfpringt, mit welchem fich mehrere Fluͤſſ 


‚gen, bie von ben füblichen Gebirgen von Aſam herabeil 


bedeutendita dieſer füdlichen, defien in obiger Kriege 
gedacht wird, ift bee Dhonek (Dikho bei Neufvil 
fih bei dem Dorfe Luckei gereh zum großen Stror 
Brahmaputra, ergießt. Zwiſchen dieſen Fluͤſſen ift 
ſel, wohl bewohnt, trefflich bebaut, mit geräumigen, offe 
genehmen Fluren, an 50 Cos (40 Cos zu 1° gerechnet, 
Meilen) weit. . Den bebauten Theil umgrenzt ein bicht 
vol wilder Elephanten, bern man hier, und in 
andern Wäldern Aſams, jährlich wol 500 bis 600 S 
gen koͤnnte. Senfeit bes Dhonek, nah Ghergong zu, 
sen Dt, oſt waͤrts des Brahmaputra, breitet fi ei 
anmuthige Ebene aus, deren Anblid das Herz erfreut; 
ßigen Anbaues, ſtark bevölkert; nach allen Seiten eroͤf 
reizende Ausfichten, auf Saaten, reiche Ernten, Gärten, ( 
Diefe Infel liege in Dekincot (offenbar die jegige E 
Mowamarias, zwifhen Rangpur bis Sodiya). 
Die Gegend von Ghergong (abwärts, über bi 


[4 


4. Oft-Or,, Afanr in XVII. Jahrh. 293 | 


bat om m Beahmaputra) bis zum Dorfe Selage⸗ 
—** Sewlaut Chofep, auf —— — 
‚an 50 Cos, iſt ein Land voll Gärten, mit Doft: 
ifhen die Bauerhütten liegen, zwiſchen duftenden 
Gewaͤchſen. Da das Land zur Regenzeit übers 
'. fo bat man zur Bequemlichkeit dee Neifenden 
'b breiten Wegdamm von Ghergong bis Ser 
at, welches die einzige nicht bebaute Stelle dee 
wol eine Hyperbel des Perfifchen Autors, meinten, 
Sommentatoren, bie aber umffeeitig darin iretem, 
oblematifhe Selagerch für das weit entferntere 
#) bieften; wit halten beffen Lage für die bes 
machbartern Sewtaul ChoEej, bas miben Tele 
tarten am Stüdufer liegt). Hohe, ſchattige Bam: 
‚erheben. fich zu beiden Seiten, deren Gipfel fich 
ch in einander verflechten. Zu ben Landesfrüchten 
goes, Pifangs (Plantain), Djatkas, Dran: 
en, Eimomen, Ananas und Punialeh, eine - 
beide find unbefannt), mit trefflichem Gefhmad, 
an der Pflaume votzieht. Auh GCocosnüffe, 
en, Arekabdume (Betel) und Sadiji (Mae 
ee in Menge. Zuckerrohr iſt von großer 
Ge, von breierlei Farben, weiß, ſchwarz und roth. 
Faſern, wächft dort wild, und das Betelblatt in 
gebeiht was man fäct, fo fruchtbar ift das Land, 
g giebt «8 Eleine Apricofen, Yamewurzeln, Gras 
nicht vorzüglich; weil man fie wild wachfen laßt 
Die Hanpternte des Landes ift der Reiß und 
erealienert)ä Ades (eine Art Erbfe) iſt ſelten; 
erfte werden nie gefäet. Die Seide ift vortreffe 
fen aͤhnlich; aber fie verweben davon nur zum 
- Zn Blumenftidereien fehr gewandt, weben fie 
Jeuge, zu Zelten und Zeltgehängen. Salz wird 
aden, am Fuß einiger Berge; aber, e8 ift bitter, 
Sefhmad und doch theuer; bie beffere Gattung 
Pifangbaume (?) bereitst. Die Gebirge, welche ber 
ce (Manak in andern Mfc.) bewohnt, liefern 
" det beſten Aloeholzes (Agal er Kas 


ei 1324. Vol. XVII, p. 338. 








29% Hoch-⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 76. 


tambad), welches eine Geſellſchaft jährlih nad Afar 
gegen Salz und Korn. Died Volt geht übrigens na 
Kopf bie zum Fuß, und naͤhrt ſich von allen Thierarten, 
Katze und dem Hunde, bis zu Ratten, Maͤuſen, Ame 
Heuſchrecken. Auf den Bergen von Kamrup, Eivea | 
und Ludeigerech, waͤchſt die fhöne Art des Alochol 
Im Waſſer unterfintt. Auf einigen ber Berge findet 
Mofhusthier. 

Das Land an der Nordſeite bes ——— 
kul, riſt im hoͤchſten Grade angebaut, und übertrifft di 
provinz noch in Aderbau und in Bevölkerung; da 
tere aber durch Wälder und ſchwerere Zugänge geficherte 
baben fie die VBeherrfcher von Afam zu ihrer Refidenz 
gen. Die Breite von Utarkul, vom Flußufer dis 3 
der Gebirge, bie fhon zum kalten Clima gehören, u 
Schnee tragen, ift nie unter 15, nie über 45 Cos. 5 
wohner des Gebirges find ſtark, mittler Statur, ruͤſt 
ſehens; ihre Farbe, wie die aller falten Climate, tft roh ı 


Auch haben fie Bäume und Obſt, die den kältern Regie 


fprechen. Nahe dem Fort Djum Dereh, gegen Som 
zu (d. i. im nordweftlihen Afam, gegen Bhutan hin) 
Gebirgskette, welche man das Land Dereng nennt, def 
wohner alle einander gleich fehen, in Seftatt, Manier, 

fidy) aber duch Benennung ihrer Stämme und Oxrtſchafte 
fcheiden. -Auf mehreren diefer Gebirge giebt es Moſchu 
Kataus (d. i. Yaks, mit dem bufhigen Schweiß), zn 
Sattungen von Pferden, die man Buntes und To 
(ob. ©. 140) nennt. Gold und Silber gewinnt n 
Ale buch ganz Afam, aus Sandwaͤſchen, und bies 
Hauptquelle der Lörliglichen Einkünfte. Zwoͤlftauſen 
einigen fogae zwanzigtaufend Menſchen, follen fid 
fer Arbeit befhäftigen; ein jeder hat dem Radja die b 
Abgabe von 1 Zola (80 Gran, etwa 1 Rupie) Goldes 
zahlen. 

Das Volt von Afam, fagt der Mohammedanifd; 
iſt von niedriger Deylart, ohne Grundfise, ohne beftim 
ligion. Es folgt nur feinen Neigungen, überläßt fich dei 
Eennt keinen Goͤttercultus. Ihnen ift keine Steifchfpeife 
ſelbſt das Aas eſſen fies nur Menfchenfleifch nicht. Aus 
Buster (Ghih) ift ihnen zumider. Keine ihrer Frauen 


= 


‚ DfiÖr.,. Aſam im XVIL Jahr). 295 


eiber des Mabja verbergen dor Niemand ihr 
unbebsdiem Haupt und Angefict arbeiten fie in 
x Dann hat öfter vier bis fünf Weiber, bie er 
verkauft und vertaufen kann. Die Männer 
of, Bart und Knebeldatt. Ihre Sprache bat 
eit mit der Bengalefen:Spracde (ein Irre 
‚ sine Nota im - int, Res,, weil öfter junge Aſa⸗ 
Unterrichts wegen nad) Bengalen fommen, bort 
Mundart wol von ihren brabminifhen Lehrern 
em, Doch bleibt died mol noch problematic), ba 
amiltons Berichten willen, daß feit dem legten 
Bengali Sprade in ganz Afam Bolf#: 
den Afk, und bie einheimiſche Afamfprade 
An Kraft und Kühnheit find fie den meiften 
zgen; fie find unternehmen , kriegetiſch, rachſuͤch⸗ 
1. falfdy; kutz alle Tugenden werden ihnen abge⸗ 
leidung binden ſie ein Stuͤck Zeug um den Kopf, 
ıben, eins um bie Schultern; font geben fie ohne 
Schuhe und ohne Beinbteider. Es giebt bei ihnen 
ın Baditein, Etein oder Erde, die Stadtthore don 
— "ihrer Tempel ausgenomman; Reiche wie 
jre Wohnungen von Holz, Bambus und Stroh. 
ſich der Nadia, mit feinem Hofe, im prächtigen 
1, bie Angefehenen bes Landes in geringeren, in 
am hat weder Pferde Gene Tanyans gehören 
ande an), Kameele noch Eſelz body werben 
ringeführt. Sie halten gern Eſel, und Faufen fie 
em; vor Kameelen gerathen fie in Erſtaunen, 
‚bie geößte Zucht, Bor einem bewaffneten Neu: 
dest Afamefen fliehen, ober fich gefangen geben, 
Ane dieſet Afamefen wiirde doch immer uͤber zwei 
Ange im Kampfe ben Sieg davon fragen. Die 
hier des Landes find in zwei Stämme zertheilt, 
n und in Kulta mier; diefe find jenen in allem 
nommen im Kriege. Eine Leibwache von 6000 
1, mit Waffen und allem Kriegsgeräth wol ver⸗ 
1 gleich, bewacht ſtets den Aufenthalt des Radit, 





macht, ſitzt ober geht; es find feine Getreuen. 


? ıd Schwerdt, Flinte, Speer, Bogen und spfeilr 





in ihren Feftungen und Booten haben fie. auch 





1 


205 Hoch⸗Aſlen. IV. abſchnitt. $. 76. 


viele Kanonen, Drehbaflen (Serbzen) und Ramfhandfe 


in deren Bedienung fie fehr gefchidt find. 

Stirbt ein Radja, ein Oberhaupt, ein Vornehmer, f 
ben fie eine weite Höhle für den Verftorbenen, in welche fü 
Weiber, fein Gefolge, feine Dienerfchaft mitbegraben, auch ı 
von feinem prächtigften Hausgeraͤth, wie Elephanten, Goll 
Silber, Badkaſch (d. i. große Fächer), Kleider, Teppiche, L 
mittel, Lampen mit Del, einen Sadelträger u. a. zum Ge 
für das zutünftige Leben. Ueber der Grube wird ein feftet 
errichtet. Mehrere ältere dieſer Höhlen, in der Nähe der F 


Azo, die wahrfcheintih am weftlihen Eingange des Land 


der Naͤhe von Gowahutty lag, wurden von den Mo 
daner Siegern geplündert, die große Beute (an 90,000 9 
an-Werth) herausholten. In einer der goldenen dabei ge 
nen Dofen wollen fie noch grüne Berelblätter vorgefunden | 

—Die Stadt Ghergong: hat 4 Thore von Stein umt 
aufgeführt; von jebem derfelben liege des Radja Palaft 
weit entfernt, 3.00. Die Stade ift mit einem Bambut 
umzogen, innghalb deſſelben dienen hohe und breite Wegd 
während ber Regenzeit zur Bequemlichkeit der Zußgänger. 
jedem - Haufe ift ein Garten, oder ein Stud angebautes Fe 
ift eigentlich ein befeftigter Ort, der Dörfer und Acer i 
ſchließt. Der Palaft des Radia liegt am Ufer des : 


 (jegt Dikho Nuddi), der die Stade ducchfließt; er ift ar 
den Seiten mit Häufeen befegt. Auf einem kleinen Markt 


man, außer Betelverläufern, Leine, andere Kramläbden, w 
Einwohner nicht daran gewöhnt find, ſich täglich ihre Ei 
zu machen, fondern vielmehr Vorräthe anzulegen. Den- 
des. Rabja umlaͤuft ein Steindamm, zu beiden Seiten m 
tem Bambusgehege bewachfen als Verfhanzung, und das 


‚umgiebe ein Waffergraben, im Umfang von 1 Cos und 14 


ribs. Das Innere dee Mohngebäude beſteht aus hoben . 
und geräumigen Gemaͤchern, meiftentheil® von Holz, einig 


‚nur aus Stroh gebaut; mitten Inne erhebt fih der D 


Khanah, oder Aubienzfaal, 150 Ellen lang und 40 brei 
66 Holzpfellern geftüst, die 4 Ellen auseinander entfernt 
Der Sitz des Radja iſt mit Gitter und Schnitzwerk aus 
und mit Meſſingplatten, die gleich Spiegeln den Sonne: 
zuruͤckwerfen. Es follen. 3000 Zimmerleute und 12000 A 


zwei Jahre hindurch biefen Bau vollendet haben. . Wen 


\ 
[4 





„2 Sf-Or., Aſam, Hiſtorie. 297 


ifem gimmet ſitzt, werden ſtatt Pauken und From: 

ol und Dand (zweierlei Trommelarten, das letz⸗ 

gerührt. Die Nadjas von Afam, voll Ho: 
‚fgeblafenheit, fuchen ſich durch eitles Gepränge, zahls 
—— Gefolge ein Anfehn zu geben; doc) find 

vom Fremden unterjocht noch befiege worden, haben 
able, öfter aber die maͤchtigſten Heere ber MWeltero: 
em Gebiete zuehdgefchlagen, oder doch zu Schanden 
jatt das zahfreichfte Heer der Feinde in ihe Land, 
1) in ihren befeftigten Poften, und beunrubigten 
ech iR, Ueberfälle, Abſchneiden der Zufuht. Meichte 
Ya fo vermieden fie dennoch die offene Feldfchlacht, 
‚ern in das Gebirgsland, verbrannten das Getreide 
und ließen das Land leer firhen. Mit bem Beginn 
eit fingen auch ſtets ihre rachfüchtigen Ueberfälfe ges 
db an, ben gewöhnlich die Waſſer fefthielten, Hun⸗ 
 Epibemien ſchwaͤchten, und bie raftlofen, allfeitigen 
Einheimifchen fo ganz vernichteten, daß von den 
m öfter kaum eine Seele dem allgemeinen Verderben 
ante. Dies war auch das Schickſal von Kaifee Aus 
Heere, durch welches biefe erfte Kenntnig Afams 
A Sindoſtanern verbreitete. 


ſiſche Landesgeſchichte im Umeif, von der 
bis auf bie neuefte Zeit; nad) einheimifden 
bes Hulitam Dhaikipal Phuhkun aus 
® Gohatt (1830). 
u bee noch unvollendeten fpeciellen Geographie 
ch ben Berichten der Briten übergehen, wird es, bei 
Berfchiedenheit der Namen und ber Unzuverlaͤſſigkelt 
Daten, rathfam ſeyn, bie einheimiſche Landes⸗ 
fo uncritiſch fie auch noch bearbeitet ſeyn mag, in 
€ Bepiehung nicht ganz außer Acht zur laſſen; waͤre 
‚ um uns von dem Zuftande des Volks aus feiner 
gichte. eine Vorftellung zu erwerben, bie auch zum 
ber Europärrberichte über das Land nicht ohne Nutzen 
Reider befigen wie nur den erften Theil ber Arbeit, 
ſches Product aus Afam nicht wenig Interefje 
E ton biefer iſt uns aud nur erſt ein Auszug ‚zu 
den, da bie Schriften der Bengalifchen Preffe nur 








298 Hoech-Aſten. EV. Abſchaitt. $. 76. 


langſam nach Europa übergeben. Das Originalwerk iſt vo 
nem Afamefen aus Gohati (Guvahati oder Gowayı 
Im der Bengali Sprache gefchrichen, und in der einheimifchen 3 
kerei zu Calcuta, unter dem Titel Affam Boorunjp 
d. i. die Hiftorie von Aſam, erſchienen; der Verfaſſer 
Quliram Dhaikiyal Phuhkun. ie umfaßt die ü 
bis auf die neuefte Zeit, giebt feine Quellen an, und enthält. 
manche Zabel; leider find die drei folgenden Abtheilungen, n 
aud eine Geographie bes Landes, eine Belhreibung. feiner 
bucte, ber Gaftenunterfchiebe, der Sitten, der Religion un 
Adminiſtration enthalten, noch nicht befannt geworden. D 
Rorifche Theil enthaͤlt im wefentlihen Folgendes hiechergehör 

Der alte Name von Aſam (hier immer Affam gef 
ben) war,Kameupz feine Ausdehnung reichte vom Fluß 
eotoya(?) bis Sadiya, nahe dem Ditrung: Fluß (ein 
fluß der vom Norden herab in das nörblihe Ufer des DB: 
maputra, im Weſten von Eabiya, einfällt, den Dibong 
ihm im Weft parallel fließt, benachbart). Wer, in biefer 
dehnung des Landes, eine veligiöfe Handlung begeht, wird | 
Erfüllung bald inne werben; baber, fagt dee Afamefifche A 
bie Benennung Kamrupe Aus vier heiligen Diftei- 
(Teet' 586) deſteht diefes Land; fie heißen; 1) Rutnu, 
Kuruteya:Fluß bis zum Shonukohu⸗Fluß. 2) R 
von da zum Rupika⸗Fluß. 3) Swurnu, von da zum B 
envi, 4) Sumlar, von da zum Dilrung. 

Dreierlei verfchiedene, mythiſche Dynaſtien ‚gehen ber leg 
Meihe der gegenwärtigen Landesheren voraus ; jene flammen 
ben Göttern Indiens ab, und geben wenig Beitrag zur Laı 
kunde. Der erſte Radja foll von Brahma ſelbſt hzerſtam 
feine Reſidenz wird auf einen Berg dicht bei Gohati an 
ben; der legte dieſer Regentenreihe, der 2ifle, wird ein Beitge 
Vikra madityas (ob deffelben in CenttalJudien, im 1. 
hundert n. Chr, Geb.? f. Afien Bd. II. S. 1106) genannt 
hieß Surahu, und mußte fi) in das Himalaya⸗-Gebirge zu 
diehen. Eine zweite Dynaſtie, Kſhatripas von Kriegerf 





#%#) Assam Booranjy, i.e. History of Assam by Huliram I 
kiyal Phoohkun, an Inhabitant of Gooyahatee in Assam, Be 
era 1236 aus der Recenfion der India (saz. des Dindus Tarac 
uns in Asiatic. Journal New Scrie 1830. Vol’ll. p. 


al., Il. Oft-Sr., Afam, Siftorie.- 299 


m Deavirsfande (db. i. dem Norden Dekans, 
Dravada, einem Brahminenfige), nahm nun Befig 
frommeRegenten, das heißt ſolche, die an Brahmi— 
gen machten, wie aufgefundene Nagari: Fnferiptios 
fertafelm #8 bemeifen follen. Der dritte diefer Mes 
pal, wählte einen Ort, Kunyakagram, ber im 
Srabmaputra lag, zu feiner Reſidenz; deſſen Lage ift 
1%. Die dritte Dpnaftie bat den Namen ber 
tea Prinzen, wahrſcheinlich von dem erften Kö: 
‚ Arimuttu, ber durch einen Feſtungsbau, Vei—⸗ 
Kamtup, beruͤhmt war, aber von einem Ufurpator 
ı überrafcht, im der größten Gefahr befiegt zu wer: 
abflützte in den Brabmaputra-Streom. Ob 
1 einheimiſche in Aſam, oder auch fremde Er— 
Weſten ber, wie wahrſcheinlich jene erſteren, waren, 
agt. Der Ufurpator errichtete feine Capitale, Phain- 
2, die nody heute den Namen führt, ebenfalls in 
Gobati, nur eine halbe Fagereife von ihr ent: 
feinem Zobe behaupteten zwar Arimuttus Nachlom: 
im, aber mit bem dritten dieſer Regenten ſtarb diefe 
(im Sabre 1478 nach Chr. Geb.), und nun ber 
Fall des blühbenben Kamrup-Reiches, bas 
eefhaften zerfiel, und eine Zeitlang unter Xll uns 
' Häuptlingen voll inneree Unruhen beftand, 
werben einige Mobammedanifche Eroberer genannt, 
up feindlich uͤberfielen, es befesten und viele Hins 
förten. Während biefer unruhigen Zeiten der Do: 
uchs num einer ber Häuptlinge jur Haupt: 
ber nad und nad) erjtarfte, die andern befiegte 
een Theil des Kamtup-Landes, d. i. der vier 
ifteiere, eroberte. Dies ift der Anfang ber 
(haft von Afam; fie gebt nicht, wie die vorigen, 
, dom untern Gebiete des Stromes aus, fondern 
von feinem obern Thalgebiete, von der Um: 
yas, an dem Verein der drei großen Quellarme 
putta, melde die Namen Dihbong, Dibong 
der eigentlihe obere Brahbmaputra) führen, 
en des Eumar Teet' HE, des öftlichften jener 
en vier Difteicte, wahrſcheinlich, weit Brahmacul: 
re benfelben hinaus nicht vorgedrungen feyn mochte 


“ igitize 
» 





! 


300 HohsAflen. IV. aAbſchaitt. $. 76. 


in bie oberen Stromthaͤler, ſagt der Hiſtorlograph des A 
Booruünjy, lag ein Dre Rura (f. unten), unter ‘der 
[haft eines Nadja von Dfſchaingta (Chaingta). Unt 
fm Nachkommen war einer fhon im XI. Jahrhundert ( 
Eroberungen ausgegangen, und zum Orte Chuntuk(?) 
men, den er ſich zu feiner Reſibenz nahm, weil er ihm 
Chukapha, fo hieß ber glückliche Ufurpator, überliftete 
Nachbarfürften Vurahlmuran, im Süden des Brahmar 
309 deſſen Feldherren auf ſeine Seite, gab ihnen vier feiner 
ter zu Gemahlinnen, nannte ſich einen Nachkommen Ind 
unterwarf fi) auch alle anderen Gebieter im Lande, und 
von ihnen ale Ufumu, d. i. Oberherr, Souverain, aner 
Daher die fpätere Benennung Afam Rech für Kamreuj 
Sein Sohn und deffen 5 Raqfolger, deffelben Geſchl 
untertvarfen fich noch mehrere Radjas; unter andern toirl 
dee Radja von Cuchar (db. i. Kachhar oder Catcha 
füdliher Nachbar) genannt. Ein Eurzes Interreguum t 
Jahren benugte die Gewalt der Gtaatsminifter, einen an 
Zweig deſſelben Fürftenhaufes, einen Prinzen Chutaoph 
dem Otte Lahunji (?), auf den Aſam⸗Thron zu. berufen 
fie eine neue Refidenz zu Chumpaguri (2) erbauten; als 
licher Krieger befiegte ee die Ch’hutiya Fuͤrſten, deren 
[haft fich über ein weites (wok ſuͤdliches?) Gebirgeland erfi 
das nun an Afam unterthänig ward, Sein zweiter Ne 
ger feste diefe Unterwerfungen im Lande, weſtwaͤrts, bie zı 
ten Weftgrenze Kamrups, bis zum Kurutoya⸗Fluß fort. 2 
diente verfchiebenen in Hindoftan verfolgten Prinzen in be 
genden Periode zumelten zum Afyl, wodurch auch wol bie 
Aurengzebs zunächft herbeigeführt ward. Der vierzehnte 
dreizehnte nach Fr. Hamilten) Nachfolger biefer Regentenee 
Jayabhewaja Singha, derſelbe, während beffen Her 
der Einfall des Nabod Muzum Khan (es ift der oben gen 
Mir Sumtah, der Laiferliche General) Statt fand, der ſich 
nur ein Jahr im Lande halten konnte Von biefem 8 
deſſen eimheimifcher Name uns unbelannt blieb, menn er 
etwa Chutum heißt, wird gefagt, baß ee ben Hindu⸗G 
ben angenommen, baß fein Rachfolger ChakradhwajaSit 
Radja, die Feſtung Gohati erbaut habe, deffen Bruder 
der fich der Leitung eines Brahmanen ganz ergeben, und 
bie Belehrung des Volks von Afam zum Hinduismus 


al. 1. Oft-Or., Aſam, Hiſtorie. 308 


Wuth der Empörumg von bemſelben erſchlagen ſey. 
e alfo damals keineswegs der Brahmanenlehre er⸗ 


8 als unter dee Herifchaft des beiden erſten Dpnas, 


ſetzt erſcheint; vielleicht, daß durch die erobernde 
sten Dynaſtie, die vom Suͤdoſten ber gegen den 
itt, dieſer ältere Hinduismus nur gegen den Wes 
ängt war, don wo er nun von neuen wieder fein 
anen degann, und auch bald feine Beute fing. 

andene. Verwirrung wurbe erſt durch‘ den Rabja 
Singha, aus illegitimer Ehe, der Sohn. einer 


chwichtigt, deffen aͤlteſter Sohn Kana verſtoßen, der 


u Singha (Rudra'bei Fr. Hamilton) als Koͤ— 
rbauer von Rungpur 8) (nahe dem weit Ältern 
f. oben ©. 290) genannt wird, das er zu feines 
ihlte. Diefer Drt, im mittlern Afam, blieb auch 


önigreiche, bis zur jüngfien Verlegung des Königke - 


hat. In Rungpur blühte num die Herrfchaft 
Alam Könige auf, weiche das Brahmathum in 
ı, und Indiſche Eultur annahmen. Kudru 
te Tanzkunſt und Muſik, unſtreitig zum Sndifchen 


in Afam ein. Deſſen Sohn und Nachfolger, 


g ha, lud aus Bengalen ‚sinen fehr gelehrten Brah⸗ 
hnaram Nyayabufb, an feinen Hof, als feie 
‚oben &.77) herbei; ſeitdem wurden der Krifche 
2, und andere Indifhe Nituales und Geſetz⸗ 
[am eingeführt, und viele der angefehenen Aſame⸗ 
chuͤler dieſes Beahmanen, deſſen Nachkommen von 
(famefen als ihte Gurus verehrt werden. Shi⸗ 
Pramtta Singha, verbeſſerte die Geſetze und 
jinanzweſen von Aſam, wie es bis auf die neuere 
. Deſſen jüngerer Bruder, Rajeswhara Sins 
te fi mit ‚einer Tochter des Radja von Munis 
.), und trat mit biefem in Buͤndniß. Die erſte 
tefed Nachbarſtaates gegen das Birmanen Reich. 
hete Rungpur zu einer glänzenden Gapitale auf; 


feinem Minifter Baktyal Barbaraya vergiftet. 


atirt der Annaliſt den neueren Verfall von 


Booranjy ete. in As. Journ. Vol. II. 1830. 1. e. p. 300: 


Vian Frag — 


hr 


—* 


J 
— A 





302 Hoch-Aſien. IV. Abſchuitt. $. 76. 


Der juͤngſte Bruder, Latfümi Singha, wurde vı 
herefchfüchtigen Minifter zum Regenten erhoben, und befien 
Familienglieder verfolgt. Rebellionen entſtanden; es hob 
Volkshaufe, der Muran (Mahamari oder Moam 
bei Fr. Hamilton), als Hauptrebellen dabei hervor. Dieſ 
nach Lakfhimi's Tode feine Creaturen als Statthalter in 9 
pur ein, und verjagte deffen Sohn Gaurinath Ging) 
nah Gohati floh, und von dort nur durch den Beiſta 
Briten in Bengklen (im Fahre 1793) wieder zum. Befig 
Herrſchaft gelangte; aber nun Rungpur, das unbefeflic 
verließ, und Jorhat, nur eine Tagereife mehr weſtwaͤr 
feiner Refidenz erwählte, wo er im Jahre 1795 kinderlos fla 
Mebellion, Mord, Krieg, Grauſamkeit aller Art, Emtvöl 
hatten. die Herefchaft ungemein geſchwaͤcht und in Verf 
bracht; Gaurinaths erfier Minifter, Budha Gohan 
einzige Mann ber unter vielen Zeigen. Energie gezeigt (Fr 
milton nennt ihn Bura Gohaing), fegte, nur bem 9 
nad, einen Prinzen vom Gebluͤte auf den Thron, füpen 
ſelbſt, freitih al Ufurpator, die Regierung. mit große 
wandtheit fort, und gab ihre den gehörigen: Nachdruck dur 


‚ Drganifation’ eines Truppencorps, das ee aus Indiſchen 


poys warb, denen er Englifhe Montur und -Epercitiun 
brachte. Er trieb die Rebellen und Räuber zu Paaren, 
flellte die Ruhe im Lande mit großer Strenge wieder ber 
einer Verfchwoͤrung gegen ihn, 1802 und 1803, die. er noch 
jeitig genug: entdedte, ließ er 500 Männer von Rang ®) h 
ten. Als im Sabre 1810 de® Schattenkoͤnig mit Tode a 
wurde deffen Bruder, Chandratant Singha, inſtallit 
legte der Chukapha Dynaftie, welche fi den Ehrentit 


Indra Vanfha' beigelegt hattez denn baid gerieth der | 


mit feinem Major Dom in Streit, in welchen fih Bir 
nen und Briten mifchten, wodurch die neue Ordnung 
vielmehr Unorbnung der Dinge herbeigeführt ward. 

Ein Gouverneur der Feſte Pragjyotihpur fand in 
fanglihen Streite auf feines Prinzen Partheiz vor des 3 
ſters Allgewalt aber entfloh e nah Calcutta, wo er Bei 
ber Engländer fuchte. gs ihm bier nicht zu Theil 


*°T) Assam Boorunjy etc. 1. c. p. 302. ° .*®) Fr. Hamitto 
eöuat of Asam in Annals of’Orient Lit. Lond. 1820. Val. I. p 


l, DIL OſtSi., aſam, Quellen. 303 


pa, wo ihm der Koͤnig der Birmanen ein Trup⸗ 
Hüͤlfe übergab. Mit dieſem drang. er in Aſam 
te Jeypur (ein Fort am BoriDihing im DOften 
ore) und andere Orte. Als der allgewaltige Bud⸗ 
‚im Sabre 1816, farb, wurden die Birmanen 


ckgeſchickt. Aber bald erhoben ſich defien Söhne zu 


nei, fegten den Chandakant ganz ab, und einen 
tentönig, Purundur Singha, ein. Sogleich 
Birmanen Zeuppe in Afam, reflaurirte jenen 
tiefen, dee ndh Calenutta floh, und dort wieder, 
ch, um Unterflügung bat. Aber bald verſtieß der 
a feinen Schügling Chandrakant, und fette ei: 
Beguͤnſtigten Yogeſhwar Singha, an deſſen 
ih um ſelbſt die Herrſchaft im Lande zu 
Dieſer Umſtand konnte den Briten nicht gleich⸗ 
; ee wurde mit ein Beweggrund zum Ausbruch des 
bie Birmanen: im Jahre 1824, Als die Ben: 
pen in Rangun, wie in Afam, zu gleicher Zeit 
rangen, wurde die Birmanen- Gewalt aus 
t, und das Land von den Beitifhen Truppen be: 
hwar durfte fih an einen Beinen Dre in N.O. 
zurückziehen, wo er [chen im Jahre 1825 ſtarbz 
Chandrafant erhielt Kalivevara zum Auf: 
tiefen, und eine monatliche Penfion von 300 Ru: 
e Briten ausgezahlt. Purundur Singha bes 
zu feiner Reſidenz, wo er von den Gütern ſeiner 
2 | | 


n zur Kenntniß von Afam zu Anfang des 
hrhunderts, nah ben erften Britifhen 
g6verfuhen und Beobadtungen, von‘ 
17655 Capt. Welſh und Dr. Wabe 178; 
00d’8 Survey, Sr. -Hamilton 1808—1809. 


we 1765 befchiffte der Berühmte 3. Rennell, be 


gen Aufnahme”) Bengalens, den Brabmaputra 


uter), von deſſen Verein mit dem Ganges bis uns 


e. und 91° DL. v. * alſo bis zu ſeinem Aus⸗ 


mell Abhandlung über eine Karte von Sindoften, ; Ausg. 
rnoulli. Bert. 1787. % S. 77. Anhang ©. 104. 


⸗ 


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7 


— — 7 


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mtr nman. _ 


30% Hoch⸗Aſien. IV. Afchnitt. 8, 76. 


tritt aus Alam, an dee Bengalifhen Grenzes meiter zu 
"warb ihm verwehrt. Einige Europäer, die nah. Goal 
Handel trieben, drangen etwas weiter Vor; unter ander 
Chevalier, der Franzoͤſiſche Gourerneur von: Chander 
der mit Erlaubniß des Radja fhon im Sahre 1762 zur C 
vorgerüdt war, aber fo eng bewacht wurde, daß er wede 
den Lauf des Stromes, noch über das. Land Bemerkunge 
hen konnte. Nur fo viel warb daraus gewiß, daß der 
Strom 120 bis 140 geogr. Meilen (600 bis 709 Engl. 
‚weit fhiffbar fey, und vielleicht noch weiter. , Renneller 
flaunt gewefen über die Waſſermaſſe des Stromes, vor 
Bufammenfluß mit dem Ganges, wo fein Bette gewöhnlich 
6 Engl. Mile Breite, eine Seebreite, zeigt, die er fih ni 
einer einftmaligen Verbindung mit dem Ganges in einem 
Strombette zu erkläsen wußte. Er fand, daß der Strom 
twie früher die Kartenangaben zeigten, aus dem Norden, f 
aus dem Oſten fam, und diefe unerwartete Entdedlung, f 
Teitete ihn zu Unterfuchungen, bie ihm eine Nachricht von 
oberen Laufe bis auf 10 Meilen von der Stelle, wo Du 
des Karte den Dzangbo (f. oben S.223) verlieh, verfd 
Er gweifelte nun nicht länger, daß D’Anvilles früber dar; 
Verbindung befjelben mit dem Strome von. Ava irri— 
Dyangbo bee Zübeter und Brahmaputra der Af 
aber identifch fey, wozu noch bie beſtimmte Verfiheru 
Afamefen kam, „daß ibe Strom aus N.W. dur 
Gebirge von Bhutan kaͤme,“ und eine handfriftlid 
tenzeihnung des Avafluffes, ber bis auf 150 Mit 
dem Drte, wo Du Haldes Zeichnung den Lauf des N: 
nad Ava verläßt, hinauf seht, diefe Strede aber von A 
China ſchiffbar ſeyn follte. — Ob nun bdiefer letztere 
Dunnans nicht vielleicht identifch mit jenem Dzangbo fey? 
Damals noch kein Gegenſtand weiterer Forſchung. — N 
erfuhr 3. Rennell noch, daß Ghergong, die Hau 
Aſams, von der weſtlichen Grenzſtadt Soalpara 42 
Meilen entfernt liegen ſolle, and daß der Brahmaputra 
ſehr langen Lauf habe, ehe er in Afam eintrete. 

So weit gingen bie früheren fehe ungenügenden Erkun 
gen über Aſam; als, nach jemer erften Rebellion der M 
mari, die Reflaucation des verjagten Gaurinath Si 
duch Beitifchen Beiſtand, im Jahr 1798, erfolgte. Lord | 


al., 1. Oſt⸗Gr. Afam, Landkarte. 305 


| —I — Welſh, mit einem Commando von 
196, ben ſchwachen Prinzen in feine Staaten zus 
drang bie zur Capitale vor, verweilte aber nicht 
tt, Dr. Wade, ber deſſen Erpebition begleitete, 
we dort; fein umfländliches Wert, das er über 
on 9), und zur Publication nad) Europa geſchickt, 
m Vorſcheln gekommen; moͤchte es noch erfcheinen! 
bes Minifterregiments, unter Bura Gohaing 
IY “) ‚ hatten Britifche Dfficiere Eingang in 
jur Önigsrefibenz, damals Jorhat. Thomas 
a ee Capitain, nahm ben Lauf des Brah⸗ 
1, abe über Nangpur hinaus fam ee nicht, und 
eiter offwärts wurde nur durch Erkundigung eins 






Urbeit wurde bie Grundlage zu Areomfmithe 2) 
von Afam, welcher alle neuere Kartenzeihnung 
gefolgt if. 
‚1808 und 1809 hielt ſich auch der berühmte Arzt 
fee Fr. Hamilton, dem mir die wichtigffen 
; über Ada, Nepal (f. Afien Bd. I. ©, 489) 
weltlichen Afam auf, wo er zu Övalpara bie 
achte. Aus eigenen Beobachtungen, aus dem Munde 
n, bie in Aſam gewefen waren, von den Emigrans 
fen, bie zu ben Angefehenften des Landes gehörten, 
[3 wichtigſten, obwol, wie leicht zu erwarten, hie und 
mander abweichenden, Nachrichten uͤber dieſes Land; 
elle mar ein Brahman, ber zur Familie ber 
Aſameſen Rabja gehörte, den er ald Patient in 
* ‚wofür ihm. die wichtigſten Mittheilungen wur— 
die Materialien zur Bearbeitung dee Arrow: 
Karte von Aſam her, ohne daß er dabei genannt 
berichtigte aber in einem fpätern Auffage >) deffen 
g, bie nah Th. Woods Drthographie irrig eins | 
tie dieſer die Namen mad) dem Laute der Volks— 


Asia, Journal 1824. Vol. XVII. p. 337. ) Fr. 
Buchanan) Acconnt of Asam, with some Notices con- 
ouring Territories, in Annals of Oriental Litera- 
1820. Vol. I. p. 193— 278; p. 203, 213. 
sum, on the same Scale as the Map of India, the sha- 

the River Burampooter are from actual Survey, by 

London 1816.  *°) a, a. D, in Annals of Oriental 


be IV. ‚. 







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306 ° Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. 4. 76. 


fprache aufgefaßt hatte, und. wie fie feitbem leider in of 
fhreibungen von Afam uͤbergegangen find. Mir folgen 
Hamiltons Schreibung der Namen, als ber ausgezeichn 
Autorität. Er theilte zugleich die Mfcript.: Karte des 
meſen von Nogang (nicht Noyange, wie Arrowſmith fd 
mit, die ziemlich unvollkommen iſt, und eine dritte bie e 
Radja Brajasiath, aus der Löniglihen Familie, erhalten 
Die leider verloren ging. indeß die dazu gehörigen Noten f 
hielten. Die Nogang:Karte flimmte jeboh noch am 
ftien mit Thom. Wood6 Survey überein. Die aabıe: | 
hatte beffere Daten über die Nachbarländer. 

Aus diefen gemeinfamen Quellen find burh Ir. Hc 
ton bie beften Angaben über das weftlihe Afam gefan 
ja es find faft die einzigen von Werth, denn auch die neu 
bat eine beffere geliefert, fondern nur die Ensdedungen 
waͤrts, von dem damaligen Oſtpuncte der Erforfhung 
Sodiya Aus, weiter fortgefest. Sr. Hamiltons Nad 
find’ aber faft gänzlich unbeadhtet geblieben, weil fie fpät erf 
wie alle Driginal-Sammlungen dieſes unermuͤdet thätigen 
achters, in einer unguͤnſtigen etwas ſchwierig zu benu 
Form, ohne alle aͤußere Ordnung mitgetheilt find. Wir 
ſie hier zum erſten male geordnet, und wie wir glauben le 
durch die ſchon vorausgeſchickten, einheimiſchen Annalen eri 
wie durch den Fortſchritt jüngerer Entdeckung, im Folgend: 
richtigt und erweitert mit, um, wie bei Nepal, Zübet, 
tan, fo auch bei Afam, eine wahre Lüde in ber geograp 
Wiſſenſchaft auszufüllen, die der Größe der Landfchaften ı 
Michtigkeit ihrer Bewohner, und dem nicht zu verachtenden 
thum der wiewol ſehr mühfam zu vereinigenden Daten, no 
Niemand, feibft nicht von den Briten auf eine nur einiger 
befriedigendere Weife verſucht war. Ehe wir indeß zur 8 
befchreibung felbft übergehen, hier zuvor noch bie hiſto ri 


Notizen Fr. Hamiltons (Bucdanan), welche bie obig 


ſchichte Afams hie und da vervollftändigen. 

Diefe Notizen wiffen nichts von den drei frühen, ob. 
gegebenen (f. &. 298) Dynaſtien, die vielleicht zum Theil 
ſtens nur mythiſch ſeyn mögen, fie fangen erfl mit der. 
wireungss Periode der Dodekarchie Afame am. 
Samilie de6 zum Supremat (de6 Ufumu) heranwachſende 
ſchlechts, wird zwar nicht unmittelbar, tie dert, von | 


[4 
\ 


mof., II. Oſt⸗Or. Aſam, Hiſtorie 307 
Hamilton) hergeleitet, fondern von dem Gebirge 


orong>*), das im Süden von Shergong ter 


je liege, alfo offenbar identiſch mit dem heutigen 
irg. Bon diefem: Gebirge, alfo von ber jegigen Ger 
Runipurs herab, kamen zwei erobernde Bruͤder, 
md Khuntai, in das Süd: Brahmaputra : Land, 
it feinen Gefährten, nahm gegen S.D. von Rungs 
m. Lande Nora 5), welches der Dihing (Difing 
5 ber Karten im Süden des Bori Dihing) durch 


und deffen Nachkommen find bie heute, wo fie 


ge und Unreine gelten, bie Bewohner jener 
. Khuntai dagegen blich bei feinem Einzuge in 
d mehr in der Nähe des Gebirge Chorai Khos 
yehielt au den ChungsBögen in Verwahrſam, 
von feinen Nachfolgern, obwol fie fih ber Brah⸗ 
gaben, al6 Hausgöge (ähnlich wie bei den Gorkha's, 
') "feinen Ritus beibehalten hat. Daß beide vom 

ift_dem Himmel Indraꝰs, herabgefommen feyn 
nur fpätere Accommodation an bie Böttergenealo: 
Häuptlinge, Den Khuntai follen einige 40, nad 
0 Gefährten (Hatimuriyas genannt) begleitee 
id unſtreitig die Anführer der Truppen des Grobes 


denn fie beftchen noch heute, und find bie Groß - 


die Pairs des Neihe. Das Land der XII. Res 
Bhungiya genannt) erhält wirklich erſt -fpäter. 
Ffam (die Etymologie Ufum ut. [dien Fr. Hamile 
t zu fern). Das Volk von Kachhar (Catchar, 
n Aſam) behauptet, vor jener Irruption Khuntais 


hpmaputea sand ber XI ihrem Fürſten angehoͤrt 


find mehrere feinee Häuptlinge Ihnen teibutbar ges 
aoch heute in manchesiei Werwanbtfchaftsgraden mit 
m). Der Weligionsverfchiebenhelt ungeachtet, iſt es 
Sitten ber heutigen Nora's, und ihre Spra⸗ 
a gleichen, bie vordem in Aſam im Gebrauch Mas 
| Bers- ein ſehr freundlicher Verkehr zwifchen ihnen, 
ſehe häufig die Märkte der. Reſidenz Jorhat be 
 jetigen Herrſchern von Alam, .fintt findet. Hier⸗ 


milton Account of Asam I. c. p. 194. ° 5 ebend. 
re Fe En .: 
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— — — ne 


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zus Sr —  : 





zos Hoh-Afim; IV. Abſchnitt. $. 76. 


aus, daß die jüngern Hertſcher Afams aus dem Süd, 
men, wird es wol klar, warum alle ihre Verhaͤltniſſe, dahin 
Ach freundlich ‘oder Feindlich entwickeln, warum fie aber ül 
Nordſeite des Brahmaputra : Landes in weit größerer I 


fenheit bleiben, und gar Leine Verbindung zwiſchen ihne 


den nördlichen, feindlichen Gebirgsvoͤlkern, noch weniger m 
transhimalayalfhen Tuͤbetern in Gang Fam. - 
Das von Khuntai urfprügglich befegte Land ware 
Tange Inſeln, zwiſchen Sediya und Rangpur, von de 
men des Brahmaputra gebildet, nebft einigen Laͤnd 
gu beiden Uferfeiten. (ba6 mittlere ober eigentliche 2 
Asam proper, wo die dltefle Reſidenz Ghergong lag, ! 


‚ diefee Periode Rungpur «ft entfland). Erſt durch die v 


denen Einfälle der Mohammebaner, vom Weften ber, t 
Aurengzeb, wurde der Einfluß diefer Eriegerifhen D 
auch gegen den Welten vorgelodt, und fie entriffen ſelbſt tı 
tern Afam der Mohammebdaner » Herifhaft noch eini, 
ftricte, fo dag drei Yaupts®oupdernements in Afaı 
ftehen konnten: I. das Mittlere, das centrale Afan 
Asam proper; Il. im Weſten, das Untere Afam 


Kamrup, und mit ihren fortfchreitenben Eroberungen o| 
II. das Obere Afam, oder Sodiya %) Diefe Ri 


waren damals nody Berächter des Brahmaritus, aßen 9 


Schweine, tranten Wein und dergleihen, waren ohne Kal 


terfchiede. Sie verehrten ihren Goͤtzen Chung in My 
hatten alle Bücher, Bulongji genannt, in eine Schri 
der auf ihren alten Münzen gleih war (Ge. Hamilto: 
fie fir der Ava⸗Schrift verwandt), in ber Sprache gefchrieb 


früherhin die Hoffprache von Mam war; fie follen die C 


der Herrſcher enthalten. 
Bis auf geringe Differenzen flimmt die Nachticht Sr 


miltons, über die jüngere Regententeihe, mit den oben | 


nen überein, bi gu Rudra?s Zeit (Kudra bei dem A 
fhen Hiftoriker, Rubdra find mythiſche Weſen ber Shiva: 
die der Einführung des Brahmaismus günftig ward, at 
fen Regierung: Müngen:, mit dem Stempel von:169% bis 
Bekannt find. Dennoch wurden, neben den neuen Bra: 


seen, auch die alten Priefter, die Purohit“s, bei. dem 


h. h —— — d2 nn 
500) Fr. Hamikon Aceount of Asam I. e. p. 196, 213 ete. 


mal,, III. OR-Or., Aſam, Hiſtorie. 309 


Königehaufes, bei bem Chung, beibehalten. Mit 
teligion fand auch die Bengalefifhe Sprache 
Afam, unter Rudra au in Staatsgefchiften und 
3 heutzutage ift das Bengali die Hofſprache 
und das Afamefifche, das noch zu Kaiſer Aus 
zeit am Hofe gefprochen wurde, werde, meint Sr, 
‚ dafelbft faft ganz ausfierben; benn fchon jegt fey 


todte Sprache, bei antikem Ritus im Brauch; Ha⸗ 


nmelte ein Vocabular des Bengali Dialects, wie ec 
prache in Aſam war; dies wurde der Bibliothek ber 
n Caleutta uͤbergeben. 

Regierung Rudra’s und. deſſen Sohn Shiva, 
8. feit 1721 bis 1743), erhielten die Bengalifhen 
n fo geoßen Einfluß, daß der erfle Guru ſtets, wie. 
3. Hofe der Königin ift, und in feinem Gefolge 12 bie 
ihen Verwandten. bes Königs, deren einer Pu rohit 
nach ihren Prophezeihungen, „in Weiberhaͤnden ein 
Schickſal fuͤr das Land verkuͤndet ward,“ wurden 
Weiber zu Regentinnen erhoben, Seitdem vers 
lich, ſagt Se. Hamilton”), die alte Eriegerifche. 
ge und des Volks, und wie überall, wo.Brahmis- 
3 geltend wird, zeigte fi Seigheit, Verrath, 
g. Der unerträgliche Stolz dieſer Guru, und ihre 
ihrte das Unglück der. neueren Zeit herbei; denn fie 
6, welche unter dem aͤrmſten Bolt, im Oberlande, 
rary's (Mucan, f. oben S. 302), welche meift 
ad, Anhang fuchten, und jene Rebellion herbeiführs 
r ein Verwandter der Gurus, Bharat Singha, 
m Jahr 1792 auf den Thron erhoben murde, vor 


nath fliehen und fid in die Arme der Briten wer 


m feine Herefchaft wieber zu erlangen. Geringere 
E fhon der obigen hiftorifhen Skitze zur Erläutes 
heimifchen Annaliſten fogleich beigefügt; was auf 
it Bezug hat wird unten folgen; bier nun bie lehr⸗ 
ichten des Britifchen Beobachters über bie Lande 
‚ ihre Bewohner und Umgebungen. 


, p: 196; ER 


— — = 


EEE dr er oe ee ⏑—— 


(= 


Enten pe 


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j 


— 





310 Hoch Aſten. IV. Abſchnitt. $. 76. 


4. Territorialbeſchreibung von Aſam, nad O 
Mittel: und Unter⸗Stufe, Sodiya, Asam pro 
Kamrupz aus Fr. Hamiltons Derldten im SI 
1808 und 1809. 


In der Darflellung dieſes nur erft halb erkundeten £: 
gebietes, bleiben wie, da noch keine Hinweiſung auf phyfic 
Gonftruction des ganzen Umfanges, wegen Beobachtungem 
möglich ift, bei der herkoͤmmlichen, ganz dußerlihen Beſchre 
deffelden, nach den Eintheilungen von I. Mittel:, IL U: 
und II. Ober⸗Aſam ſtehen, die wir, nady Obigem, m 
einheimifhen Namen, bie im eigentlichſten Sinne diefen ? 
lungen angehören, der Kürze wegen, auh Afam, Kameu 
Sodipa (bei Fr. Hamliton, Sadiya b. Reufville, Sı 
d. Horsb. Ind. Att., Sedipa früherer Autoren) nennen. 
das letztere diefer Territorien erhalten wir erft in neueftı 
fortfchreitende Aufklaͤrung > über jene beiden aber die meiſte 
duch Hamilton, dem "wir auch Ciniges aus Dr. W 
Nachrichten) beiflgen können. 

Das ganze vom Brabmaputra durchfloffene Th: 
Afamefifhen Herefchaft, wird von der aͤußerſten Bri 
Grenzſtadt Gopalpara (Goalpara), aufwärts, an 100 
Meiten geſchaͤtzt — GGoalpara liegt, nad dem neueſten 
des: Survey ?), 90° 40° D.8. d. Gr, 65° 11’ NBr; Se 
oder Sodipa 95° 42° DR, 27° 60 N.Br.; alfo an 70 


Meilen aus einander abſtehend). Das Thal des obern B 


maputra erfirede fi) aber noch über zwei Längengrabe 
wärts hinaus, bis zur erften Quelle, bis 97° 30° DO.8, ı 
Die hohe Srenzgebirgstette gegen N. und N.W. | 
ed von Bhutanz es iſt die Schneekette, bie Fortfegu 
Mepatefifhen, Bhutaniſchen, Shb: Züberifhen Himalay 
ges (f. oben S. 137, 145, 149, 150, 170, 212 xe.). Das © 
gebirge gegen Süden und &.D. iſt minder ho, um 
im Welten wenigftens, nirgends mehr ewigen Schne 
jedoch in dem oͤſtlichſten Theile diefee Grenzkette wieder herr 
(f. unten). Es fcheidet hier Afam von den Nachbarſtaat 
Garo's, von Jynteah, Katfhar, Munipur un 
Birmanen. Die mittlere Breite des Thal⸗Landes, 1 





_&@*) On Assaın in Asiatio, Journal 1824. Vol. XVIIL p. 337 
°) James Horsburgh Indian m London in 177 Beckons; 


J 


al, 11. Ofts®r., Afam, Ueberfihe. 311 


eilen, iſt auch die des Königreichs, Nah Berg: 
mauefter Berechnung nach ben beiten Karten, hat 
feiner politifchen Begrenzung von 1826, etwa 1200 
ratmeilen Areal. Das Land ift durchſchnitten von 
Menge, Eleinerer Bergzüge, die von ſehr fruchtbaren 
eben werden, bie insgefamt ber Brahmaputta 
oter oder Brohmoputto nad) dortiger Ausſpra— 
D Wabe nennt 60 bis 70 feiner Eleinern Zus 
| die meiften für Doote hoch aufwärts ſchiffbar feyn 
Dielen andern hörte er nur reden. Die große Frucht⸗- 
pithales hängt, wie die in Indien und Aegypten, 
* n Ueberſchwemmungen ab, die mit den kleinern 
und bald das ganze Hauptthal des Brah— 
* — ſeten. Mehrere coloffate Wegbämme 
e naffe Periode jur trodnen Communication für bie 
1gelegt, wie dies (dom zu Mohammed Kaffim’s 
war (f. oben ©. 293). Diefe breiten und erhabes 
— heißen Bunds!!) bei den Eingebornen; «6 
Hocfirafen, deren Anlage man be Gabhadar 
tadja zufchreibt, der fie durch ganz Afam von 
Sod ina erbaut haben foll, wovon aber der größere 
würdigen Nationaldenkmals während eines Jahr⸗ 
‚ Verrüflungen gänzlich zerftört iſt. Doc) iſt kein 
iefer geandiofen Landes architectur, welche an Aegyp⸗ 
Merinnert. In neueſter Beit haben die Briten an 
Stellen feine Meberrefte wieder aufgefunden, und fie 
wie dergleichen habe zerftört werben können. Etwa 
Stunde im Norden von Lakhomati Bhotiya 
ein foicher Bund noch durch einen diden Wald voll - 
„im ber Direction von N. 55° D., und ſchneidet den 
a Dewar in Afam vom Duphla Diftrict, ber 
or jenem liegt, und dem Nadja der Duphla gehört. 
legt in Asam proper, hat hier 8 Fuß Höhe, 18 
uns ift an mehrern Stellen ganz uͤbetwachſen, und 








‘ — Afien; Sammlung bon Denkfchriften in Beziehung 
0: und Hydrogra bie ac. zur Erläuterung jeines Karten⸗ 
| 1. Gotha 332. 4. S. 0. ıt) Om Ronds in 
n Asiatic. Jonenal Vol. XXIl, p. 8545 aus Cnlentta Gor. 


Wilson en illustrative ol tbe Burmese 
4, —* p· V ele. 


— 


ER 











313 ° Hohr Min. IV. Abfchnitt. $. 76. 


gegenwärtig daher ungehbar, auch Liegen Beine Dörfer : 
Ohne diefe Bunde, obwol fie vielfach zerftört waren, w 
den Englifchen Truppen 1825 und 26 doch unmoͤglich 
feyn, ihre Erpebitionen zur Verfolgung der Birmanen fi 
Alam fortzufegenz unten wird von mehreren die Rede fer 

Der hoͤchſte Waſſerſtand ift bei den Ueberſchwemmur 
Lande gewoͤhnlich im May; mit dem Sinken der Waſſer 


die friſche Vegetation. Das Land bedarf nur einer ſtaͤrkerr 


lation, um eins der fruchtbarften dee Welt zu ſeyn. Di 
der Bevölkerung wohnt an den Flußufern, außer zur Rı 
ihre Hütten, alle aus Bambus gebaut, find nach der Ueber 
mungszeit ſchnell reftauriet. Die Ausbünftungen ber fi 
Waſſer machen das Clima ungefund, zu Zeiten gefährlic 
noch für den Fremdling ale den Einheimifhen. Wäre. 
der Einwohner, die das Land lichtete, größer, fo würde ı 
Nachtheil geringer ſeyn; fo aber tft das ganze Land ı 
durchdringlichen Jungles, größtentheile Bambuswaldungen 
und nur } des Bodens angebaut. Der Mangel der Bev 
ift dem verheerenden Mebellionen und Tyranneien der eg 
gentenreihe, wie den Nachlaͤſſigkeiten ihres Regimentes zu 
benz, aber audy den befländigen Fehden ber Kleinen Hä 
unter fih und den mehrmals wiederholten Weberfällen ihre 
von Südoft her. Die zahlreichen Tribus von Aſam find 
ſchieden an Character und Sitten, als die Natur des 
ſelbſt; die Gebirg6: Tribus find kühn und coh, bie 
bemohner find feig und hinterliſtig. Die teten Sein! 
ten und Verwirrungen haben durch die ganze Volksmaſſ 
und Wildheit verbreitet; deren einziger Gewinn nod) ba 
fand, daß fruͤherhin alle Verfuche von außen her dadur 
langen, Afam zu unterjochen, bis auch diefer Vorzug dei 
haͤngigkeit, auf den fie flolz waren, in der m. Bei 
dush die Birmanen) geſchwunden iſt. 


I. Mittels Afam, ode Afam im engem t 
(Asam proper). Zwar gehörte auch diefer Landestheil 
ſter Zeit mit zu Kamrup, einer der großen Provinzen t 


titk⸗Indiſchen Geographie, als dieſes Land währ 


alten Kriege, die im Mahabharatha befungen werden, ein 
titen Könige Bhagdatta untetthban war. Die Grenze 
Reiches ward im Außerften Oſten durch einen Tempel 


— 


\ 


„' 


., 11. Oſt-⸗Gr., Aſam, Hydrographia 813 


orbafini genannt wird, ber in ber Mähe von Eos 


ı Hamilton Zeit). In ber neueren Zeit wird uns 


Ramen Kawrup aber nur der weltliche, won den 


nern verwüftete Theil Aſam's verftanden, dev auch ſel⸗ 
Gouvreneur (Bara Phukon) hat, und bee 
‚m im engem Sinne, ben die Bewohner ſelbſt 
ANDEREN, it nur auf ur mittlern au 


J—— in dieſem Gebiete dient dee Lauf. des 
mes des Brahmaputra, deffen genauere Be⸗ 
zum Vetſtaͤndniß jener früheren Daten, tie dem 


urvey nah dem Birmanenfriege (1825), von. 


te Rede ſeyn wird, verdanken, wie er auf der großen 
orsburgb Indian Atlas, in 177 Sectionen: zum 
niedergelegt ift, defien Maaßen und Namengebungen 
zen. Zwiſchen den -Paralleien 26° bis 28° R.Be 
affermafje dieſes Hauptſtromes in diagonalet Rich⸗ 
odiya, ſuͤdweſtwaͤrts, durch ganz Aſam bis an die 


galens. Der Verein dee drei Quellſtroͤme, Dir 


ong, und der Etrom vom Brahma Kunb: ober 
(d. i. Brabmaputra), von been bei Dbers 


tede feun wird, findet etwa 2 geogr. Meilen unters 


a flatt, unter 27° 6 N. Br. und 90° 30 DE vo 
hier an durchſtroͤmt das große Gewaͤſſer bis nad 
(90° 40 D.8.v. Gr.; 36° 11 M. Br), an der Bens 
nze, eine Stromlinie von 75 geographifhen Meilenz 


ähligen Serpentinen mit in Rechnung zu beingen, x 


m bildet. 

n erften 18 geogr. Meiten Laufe vom Verein: dee 
S. W., erreicht er, nach unzähligen Stromfpaltuns 
nen und Bildungen von Werbern und Auen, weiche 
eis der fanften Senkung des Thales find, die Ges 
ıngpur, und fpaltet fid, unter 94° 30', in zwei 
e, welche die Inſel Majuli bilden. Rabe um 
ig, bei welcher Fr. Hamilton einen Drt Tikli⸗ 
H nennt, deffen Lage uns unbelannt iſt, segießen 
S. O. Seite, drei von dem Nora⸗Gebirge (f 


milton Aecount of Asam L. e. Annals of Or. Lit. Vol. I. | 


— ⸗ 


J ‘r 
- ⸗ 


N ze u te ⏑ ⏑ — *—575 


Fran — 





316 Hoch⸗ Aflen. IV. Abſchnitt. $. 76. 


oben S. 307), oder der Seen Fette gegen Munipt 
Satavorten herabſtuͤrzende Paralielfiröme, bie bald de 
erzeichen, und im Laufe, von Oſt nah Weft, die dort 
Ebene am Suͤdufer des Brahmaputta umziehen, fi ei 
um wenige Meilen benachbart, aber zu deſſen Suͤdufer er 
Zuerſt dee nördiichfte Zufluß Bori Dibing, an wel 
Briten ein altes Sort Ippore bemerkten, oberhalb deſſelb 
Strom befchwerlihe Steomfchnellen hat. Diefer Bori D 
it die Nordgrenze von Asa proper, bann folgt der 
Se Difung Nubddi, und dann ber dritte, füdli 

bee Ehrzere Ditho, ber au den alten Capitalen Ghergon 
Bungpur, gegen NIE, voruͤber ſtroͤmt. 

Die ſchoͤne Inſel Majuli, welche durch die neue S 
ſpaltung, im N. dieſer Einmündungen, gebildet wird, 
ſich (zwiſchen 94° SO’ bis 93° 40 DL. v. Gr.), in einer 
von 2 bis 24 geoge. Meilen, an 12 geogr. Meilen in die 


aus; der Ehdaem ber Spaltung führt den Namen Di 


uud mag als das alte Bette des Bori Dihing, vor be 
ſtehung biefer Inſel, angefehen werden; der Nordarn 
Bori Lo hit, wol als bie eigentliche. Fortfegung bes Bro 
kund⸗Stromes genannt. Im diefen ergießt fich, vom ° 
ber, der Reſidenz Jorhat gegenüber, aus der nördlichen € 
gebisgökette, dee Subunfpiri 53) Fluß, der zwar m 
27° VO N. Br. aufgenommen, und deſſen Heckunft und 
ift, den aber Einige für die Ausmündung eines Strome 
Tuͤbet (bed Montchu, ſ. oben S. 224, vergl. unten) gu 
geneigt find. Doch fcheint der fübliche Arm, der Dihing 
dam Gurvey zu urtheilen, der twafjerreichere zu feyn. J 
fen ergieße fig unter 94° 10 DE. v. Sr. von S.D. he 
ben Naga⸗Bergen kommend, ber obengenannte Di 
Fluß, am welchen die juͤngſte Reſidenz Jorhat erbaut iſt. 
Mame Deſſue, weichen ſchon Arrowſmiths Karte von Afe 
diefen Fluß angiebt, den aber Fr. Hamilton für falfche ! 

bung des Dikhoi erklärte, ift auf dem neueften Gurt 
Korte von Harshurgh Indian Atlas (mit welchem a 


erheit. 





6A3)* Asiaic, Journ. Vol, XXIII. 1837.- p. 499; ib. AXIV. 
H. H. Wilson Documents ülustrat. of the Burm. War. l. 
peud, pP Au, 





I. Oſt Or, Afam, Hodrogtaphie. 315 


—— — — Arme, an der Suͤdweeſt ſpitze der 
t ber Dhunfiri (Donfiri ober Donhiri bei 
tom, Donheeriah b. Arrowſmith), ald Hauptyus 
üben, aus unbefannter Gebirgefeene jenfeit der 
von Katar herab; die nördlichen Vorberge, aus 
orteitt, werden Kulliani genannt; fein unterer 
mündung if eeih an Golbfand, in feinem Thas 
‚ fol der Weg 4) aus Mittel: Afam nad der 
Wunipors führen, wohin zroei Pfade geben. 
bleibt der große Strom des Brahmaputta vets 
on 6 geogr. Meilen abwärts, bei der Stadt Biss 
1 DE v. Gr.), fpaltet er ſich von neuem, in eis 
n Hauptarm, und einen geringern füblichen, den 
ober Kolong), die beide eine neue große Infel 
€ ber eriten an Groͤße nichts machgiebt, da fie 17 
| gegen: S. W. langgeftredt it, und in ihrer Mitte 
> geoge. Meilen Breite hat. Ihe füdliches Ufer iſt 
ihe noͤrdliches; denn am Südufer liegt Mogang 
9), die Heimath des Zeichners der Kartenfkigge (f. 
), im deſſen Nähe von S. O. ber ergießen fich einige 
Kullung, der Kopili, Jamuna, Bur Pani, 
nzlande Rathar und Jynteah, derem Herrfcher, 
Seite, ihre Ueberfälle machen, um fi), mie si fagen, 
3, en Befig wieder zu verfchaffen. 
fel, die wir, weil fie namentlo® zu * ſcheint, 
Nennen werben, zum Unterſchiede der Mas 
Eine derfelben liegt, endet nur wenige Meilen 
er (1° WB DE. v. Er, 36° M-N.Br.), eben 
züden her die Garo⸗Berge nahe zum Brah⸗ 





inteeten. Von Gohati bis Goalpara (90°40 

das mit ihm unter gleichem Patallel liegt, 
Brahmaputta feine fühliche Richtung, und durch⸗ 
jächtiger Breite noch an 14 geogr. Milen in rein 
teetion; dann erſt wendet er ſich fubwärts zum Ben 


ntralpzaving Afams 15), zu ber wir, nach ber 

Hi 

al aan die and Asınm in Asiat. nn Vol. XXIL — 
Gaz, 20. Apr. 1826: - **) Fr. Hamilton Age 

'Asam 1. ep 213 — 215. 


- )igitized 








— 


316 . Hoch fen. IV. Abſchaitt. 76. 
Auseinanderfegung des hydrographiſchen Syſtens, zuriüd 


‚beginnt nun, nah Fr. Hamilton, an der obern 


sung, in den Bori Lohit und Dihing, mit der Off; 
Majuli Aue, und reicht mit ihren Juriebictionen bis zun 
bung bed Donhiri oder Dhunfiri, oder bis gegen d 
fang ber Oflfpige der Kulung Aue, deren Norbfeite jedo 
noch dazu gerechnet zu werben fcheint. Das Norduf 
Hauptſtrome hat im biefer ganzen Erftredung, fo weit 
Aſam gehört, den Namen Charidwarz feine Beeite 
4 dis 12: Tagereifen, innerhatb welcher bie zwei Officiant 
Bora Burya heißen, bie Abgaben eintreiben. 

.. Diefe ganze Provinz fheint fehr ſtark (damals) be 
Am Südufer de6 Brahmaputra ift die Ausbehnu: 
Alam geringer als am Nordufer. Die Majuli Aue 
Er. Hamilton eine ſchoͤne Infel, die meiftentheits mi 
Peln befegt und heiligen Männern verlichen fey. Diefe 
mittlere Afam liegt etwas höher, und hat einen beffe 
den. als Kamrup; es hat wenige oder keine Berge und 9 
Ehedem follen ® davon gut bebaut geweſen feyn, und au 
(1809) liege nur $ davon wuͤſte. Mehr als die Hälfte ( 
Eigenthum (Payil) des Königs, über ein MWiertheil der ge 
Hiifte 63) gehoͤrt den Tempeln und heiligen Maͤnnerr 


Ueberreſt (2 ) beſteht aus Grundverleihungen. In dieſen 


degstheile find keine andern Unterabtheilungen, als nur © 


d. i. Meiereien, von denen jeder Beamte eine Anzahl zu 


. gung des Volle (d. i. der Payik) erhält, das ihm unt 


HM. Nur wenige Heine, apanagirte Staaten, die zu be 
Jweigungen des Regentenhaufes gehören, find hier anſaͤſſi 


2 B. ber größte derfelben, Doyang, ber im S. W. bis 


geogr. Meilen an bie Refidenz Jorhat reicht, und ber i 
des gegenwärtigen Gouverneurs (Bara Phulon) von. 
rup gehoͤrt- der nur eine Anzahl Arbeiter dem Könige flellı 
aber dort ganz unumſchraͤnkt herrſcht. 

In diefee Mittels Provinz liegen bie älteflen unt 


‚fen Mefidenzen, Ghergong, der Heimath des Gebirge 
Nora am nädhften, am: oben Dikho (auh Dhonek), 


ganz im Verfall zu fen, feit Rudru und Shiva St 


die Stadt Rungpur etwas abwärts im bemfelben Stro 


zu Ihrer Refidenz erhoben. 


f 


mal,, IL Oft-Or;, Mittel Aſam. 317 


ur, oder Ranggapur Nagar dt), d. 5. bie 
Sreube, liegt am Dikho, 3 Stunden oberhalb 
ndung zum Hauptfirom. Es ift eine große Stadt,‘ 
ſchon für eine uralte Nefidenz des antiken Hindus 
gabatta häft, wenn «6 nicht etwa zweierlei Städte 
(6 gegeben hat, davon eine, mehr weftliche, wol uns 
ti gelegen haben mag. Der Königspalaft war, nad 
8 und Capt. Welſh, von einer Badfteinmquer,d 
1b 34 Ellen hoch, umgeben; das Haus mit dem 
ngghar) war bedacht, aber von Stämmen des Sals 
oren rohusta) getragen, bie Wände mit Bambusı 
nat. Das Ranghagbar, ein Badfteingebäube, 
'abja bazu, darin dem Publicum, zur Schau zu figen$ 
ser Tempel, ganz von Kupfer, fand. bafelbft, in wel⸗ 
uögöge Chung feine Nefidenz hatte, beffen Euttus 
heim gehalten wird. Im Süpoften diefer Capitäle, 
Togereiſen von Ghergong, liegt ber Berg Teji= 
Waͤldern, welcher zum Verwahrfam aller Pringen 
nuſes, bie niche Söhne bes regierenden Königs felbft 
ie dahin erilirt werden. Ihre Zahl war früher fehe 
ie bat durch ihre Fluchten in die Nachbarländer, bie 
mon Bewachung, welche am ben brei *5* 
„Dolaka kuriya und Kukuraſchoya, die nur 
u. häufig Statt finden, fehr abgenommen; oft 
nn mit Parteiungen zutuͤck, um ihte Anſpruͤche auf 
1 dee Hemath durchzuſeten. Es find nämlich alle 
ıhfommen Rudra Singhas fuceeffionsfähig, und 
oiche Tungkhungipaz nur irgend ein Makel am 
Rarbe, ſelbſt ſchon eine Podengrube machen unfähig 
Daher nichts bequemer, für jene ränkefüchtigen 
18 diejenigen Pringen, die man nicht zum Throne ges 
will, durch Berftümmelung an Nafe und Ohr, oder 
te Meife ihres angebornen Nechtes zu berauben: Der 
einz kann dem Verſtuͤmmelten nicht entriſſen werden, 
erhalten wieder Succeſſionofaͤhigkeit. Ununter⸗ 
—** am Hofe find die Folgen dieſer Barbatei. 
1, einige Meilen’ weiter im Weſten, ift, feit der Re⸗ 
‚buch Gaurinath Radja erſt zur Reſidenz ge⸗ 
Ku u 
lamilton Accoont of Akam Ro, p. 20. 








N} e )igitized by 


— 








320 .: Hach-Aflen. IV. Abſchnitt. 6. 76. 
Die Unterabsheilungen von Kamrup find Pergun 


‚wie fie. financtell zur Zeit der Mongolen Prinzen organi| 


zen, find. fie es auch unter dem Afams Gouvernement gel 
jedes Pergunnah wird mit feinen Abgaben auf 5 Zahre t 
tet. Cs find 13 am Norbufer, 4 am Sübufer, die zuf 
dem Schatze 3000 Rupies eindringen. Vor der Inſut 
dee Mahamaris foll nicht ganz Z des Landes durch 
Süumpfe, Wälder, Berge wuͤſte gelegen haben, und nı 
übrige, etwas mehr als 7, bebaut gewefen ſeyn, mit 80,0( 
pike, deren Einkünfte der König befaß. 

Der Gouverneur von Kamrup hält 6 N 
baten, jede zu 60 bis 100 Mann, aus verfchiebenen Völker 
Kaften, und noch 2 andere dazu. Etwa 100 Mann fir 
dern Weften Hindoflans geworben, und erhalten ihren € 
Geld. . Die Eingebornen erhalten Land zum Anbau für ih 
milie, und monatlich 2 Rupies Sol. Baldi Singh: 
Subohdar, d. i. Commandeur der Truppen, erercirte | 
Jahre 1809, nach Eucopäifcher Art. 

: Auch die Eleineen Radjas von Kamrup fichen noch ir 
felben Verhältniffen, wie zue Miongolenzeit, mit Jurisdict 
ihren Territorien, doch nicht bis zum Rechte über Leben un 
Zur Zeit 1809 wurden deren 11 Reguli namhaft gemacht, 
Verhaͤltniſſe ſehr mannichfaltig find, 

1) Der Rana von Baraduyar wohnt zu Bhogr 
Tagereiſen in S. W. von Gohati, iſt ein Garo von Hert 
auch Fößt fein Zerritorium an die Gebirge der freien Gare 
ihn. als ihr Oberhaupt betrachten. Nur für fein Zerricoriu 
Tieflande, am nörblihen Fuß der Saro: Berge, zahlt er 
Tribut an Afam. In feiner Zurisdiction Liegt der SMc 
Kurturtya, wohin die freien Garos ihr Salz bringer 
fie zu Rajhat in Jaintiya und zu Laur (oder Laour 
Gebiete Srihatta (d. i. Sylhet der Briten), einhandeln. 
Weg, den fie von Laur zu nehmen haben, geht durch das 
ritorium eines Garo⸗Chef's, genannt Koiram, das an 
fangga (Sufung b. Rennell) ſtoͤßt. Im Welt ftöge 
ram an das Territorium des Saneswara Radja (Ge 
bei Rennell), ber ein Neffe des Radia von Koropivari 

rpbary bei Rennell) if. 
2) Dee Rana von Bholagram iſt von Herkomme 
Meſch (ein Tribus der Kotch). 


I. DR-Or., Unter-Afam, Kamrup, 321 


Nana von Malrapur fige zwiſchen 1 und 2, 
anavon Pantam. 
Rabja von Lukidupar. Sein Terrltorlum im 
obati, am Kallaſi (Koilafee b. Arromfm.), 
unter ben genannten, grenzt an bie freien Garos, 
‚an den Brahmaputra; zur Zeit Mr. Woods (1808), 
—8 Chamoriya (am Mordufer?) ufurpiet, 
aro Familie, aber Brahman geworden; feine Ren 
ei, am Ufer des Kailafi. ! 
Rana von Bongram, nebft dem von dan. 
W. an Bengalen grenzend. | 
Nana von Vagaduyar ein Garo, 
Rana Beltolya, von einer Kutch Familie (f. 
1, 166), leiter fein Geſchlecht von Shiva ab, und iſt 
3 feine Reſidenz Beltofi Gelletollah) liegt nicht 
n von Gohati. 
Rana von Dumuriya (Demuru auf Hort: 
ın Atlas nach dem neuen Survey, am Sübufer des 
[uffes) Lebt jenſeit des vorigen, gegen die Garo⸗Ber⸗ 
Ibft ein Garo, und foll ein Zauberer feyn, der 
zu töbten ober naͤrriſch zu machen weiß; daher if 


Hirt, 

e Raniduyar Nadja bat fein Stammland ion 
ı Gopati, am Fuß der Garo-Bergez feine Ne: 
Moghurreeah (auf Arrowſmiths Karte, bie meuere 
eicht nicht fo weit) ſeyn. Während der Mahamari 
| IE als Ufurpator, Ländereien im MWeften von Gos 
N tra an fih. Er ift von Geburt ein Garo, 
Biſhnulehre angenommen. Pamohi foll, nad 
Marktort ſeyn, zu welchem die Garos fich einfins 
Im ihre Beute zu theilen. Er hat bie Verpfliche 
Rönige von Afam die Arbeiter von 621 Payiks zu 
re an ihn betragen 6000 Rupies an Werth. 
Garos, im Kriege an Afam Hülfsvölker ſtel⸗ 
nem ganzen Lande find nur 2000 Ader Landes, das 
3 morhwenbig find, um jene 5000 Rupies zu den Ge⸗ 
getoh "Seine größten Einkünfte erhält er von 
7  Garos, die feine Marktorte befuchen. Sie zabs 
je Abgaben, aber Geſchenke. Er giebt ihmen jährlich 

Feft, Mezu 5000 bis 6000 Garos eingeladen werden. 
umbe IV. * 










— 





nnd 2—0—— 


A une 





“4 | 





322 Hod -Aflen. IV. Abföhnise. $. 76: 


Reber bringt zum Geſchenk ein baummollen Kieid, 4 Mu 
Merth, wovon bee Radja, nach den Seftauslagen, einen ( 
von 15000 Rupied an Werth übrig behält. Im Kriege | 
Garos feine Teuppenz er muß fie jeboch fpeifen. 

Da die Garos weit tapferer find als ‚die jegigen A 
fen, fo hat diefee Madja von den Mahamaris, wähı 
zer Verwüflungsperiode im Lande, gar nichts gelitten. A 
her genannten Territorien liegen an ber Sübdfeite des 
—— 

10) Der Radja von Dorong iſt dee. einzige dieſe 
on bee Nordſeite des Brahmaputra; er iſt der bedeu 
ber am meiften Fefpectiste. In Alam wird ee Roc ($ 
genannt, da fein Ziel Rafbongſi nicht anerkannt ij 
Kette im Kriege 6000 Mann Truppen zum Afam Heere. 
Samilie iſt in 2 Zweige getheilt, deren jebe 3000 .Papik ı 
nem Verbrauch beſttzt; in dem ganzen Territorium find 
Meiereien, jede zu nicht Vollen 14 Ader Land, Nach bei 
des neuen Survey von Horsburg, zieht fidy dies reichber 


und flarfbebaute Territorium voR Ortſchaften im N.D. vor 


bath,. um das Nordweftende der Kulung Aue herur 
wich im N.W. von Bijni (f. oben ©. 169), im N. u 
von Bhutan umgrenzt, welches hier nahe an das Nor 
bes Brahmaputra herabreicht. Gegenwärtig, bemer 
Hamilton 519), reicht das Territorium von Afam uͤbe 
nirgends mehr, weder hier in der Weſt-, noch in der Dice 
vinz, bi6 an die Nordgebirge hinanz denn ber . 

Radja von Bhutan hat auf alles Territorium; das 
Bergkette, bie ihm gehört, grenzt, ebenfalls Befchlag gelegt 
iſt aber erft eine neuere Ufurpation, und feitdem, meint er 
nen auch erft die Nordvoͤlker Im öftlichen ober Ober: Afar 
Kampo Bhoteas, die Miris und Dophlas, von 
gleich die Rede feyn wird, abgefallen zu ſeyn (wie halten 
daß dies Band ſchon feit der Periode der neuen Afam-Dp 
aus obigen Gründen, ſ. ©.307 u. f. ſich gelöft hatte). Auf 
Fall herrſcht an dieſen Nordgrenzen, wie auch an den 
lichen, viel Willkuͤr, und von der gewaffneten Hand de 
bieg6:Reguli werden nicht ſelten die Ueberfaͤlle gemacht mı 
Abgaben eingetrieben, wo es nur geht. 





#10) Fr. Hamikon Account of Asam 1, c. p. 227. 


L, 11. OR-©r., Dber-Afam, Sodiya. 323 


ebproving Charidmar, melde im Oſten an Dos 
und am Nordufer des Brahmaputra durch Mittel 
st, wovon fon einmal oben die Rede war (f. oben 
heine im demfelben Zuftande der Willküt fi) zu ber 
wird zwar vom Könige beherefcht, wahrſcheinlich 
genannte zwei Bora Burya, Lönigliche Beamte 
316 , aber auch ins befondere von drei Eriegerifchen 
Sbefs, welche noch außerdem beliebig Tribut eintreks 
deei beberefchen die Völker der Kampo Bhus 
je bie hoͤchſten Gebirge der Mordketten (wol bie 

n Hoch⸗ Bhutans?) betvohnen, ferner die Miris, 
18, bie auf den niedern Bergen haufen (f. unten), 
m Painen, und bie der Dophlaß, welche die dbris 
Morberge und die Thalebene beſetzt haben, Diefes 
ht bekannte Charidiwar, foll 13 Zagerelfen lange 
Weſt nah Oſt ſich ausdehmenz es iſt der Leder 
een Aſam. 





er⸗Afam, Sediya oder Sodinag der vollſtäam 
8 dritten Gouvernements iſt Sodiya Khaoya 
(Sediya nad der Mongoliſchen Schreibart, Sus 
&burgh Ind. Aul.), Es nimmt im Dften des eigent: 
die obere Thalftufe bes Brabmaputra ein, 
in dad aͤußetſte Dftende des Reiches Aſam fi auss 
erften Periode des Einfaus von Khuntat, 
amiltom, möge der dortige Gouverneur feine Hect⸗ 
lben (f. oben ©, 307), Seine Nefidenz iſt zu So⸗ 
mdilmagar, wo der Gott Krifhna eine Schlacht 
——— (?) gehabt haben fol, Sodiha ſoll 
m Oſt der Refideng Sorbat liegen; ihm nahe im 
tronge Fluß, der das Volk der Abor im Oft 
tigt) Bon den Afamefen im Welten fcheide, Im 
5er Hamilton, daf er von diefer feenften Pros 
ges genaue habe erfahren können. Der Brah⸗ 
m jedoch ſchon ganz richtig, daß ſich die Provinz 
Imafunda ausdehne, bis dahin, mo ſich diefer 
m mörblichen Gebirge herabflürze, und daß die mei 
gen Cinwohner zu den unabhängigen Voͤlkerſtaͤmmen 











- 


milton Account of Asım 1. e. y. 226 220. 
| *2 








⸗ 


324 Hoch⸗ An IV. Abſchnitt. $. 76. 


dr Miris, Dophlas und Kampos gehörten. 7 
deud des Brahmakund iſt aber erft durch die neue 
deckungen verftändlic geworden. Das Gouvernement \ 
biya ift jedoch, nach) Hamilton Erkundigung , die klein 
Provinzen, welche nur die Hälfte von Kamrup enthäl 
ſtens gab der Brahmane die Größe von Kameup zı 
von Mittels Afam zu „;, die von Sodiya zu -% de 
Koͤnigreichs an. Der Radja Brajanath feste bie J 
auf die nördliche ober rechte Seite bes dortigen Brah 
die Kamti auf bie füdliche ober Linke Seite deſſel— 
jenfeit der Grenze von Afam, wie es fih auch heute n 
verhält. Kleinere Gouvernements in dieſer Oſtprovinz 
nur zur Belchügung der Grenze eingerichtet zu feyn. 2 
fchritt der Kenntnig gegen Dften haben erſt die neuefl 
benheiten des Birmanenkrieges herbeigeführt. 


5, Probducte, Gewerbe, Handel und Bewohr 
Aſam; Sortfegung bes vorigen. 


Bon den Naturproducten bed Landes iſt wol 
das wenigſte befannt, 
Mineralien. Soldfanb 521) wird aus dem amı 
des Dhunſiri (Donhirh) Fluſſes, nahe feiner Ein 
zum Brahmaputra, durch Wafchen gewonnen. Der S 
ſchaͤftigt dort in der Mine, die Pakerguri heißt, an 
beiter, Sondhani genannt, die unter dem Comma 
Aſameſen ſtehen. Im Asmine Monat (d. i. vom 1 
bis 15. Oct.) fangen fie an zu arbeiten; ihr Gewinn 
Rupies Gewicht Gold ſtaub, die Bezahlung gefchieht t 
weifung von Land zum Anbau; ber jährliche Gewinn 
Kronſchatz beträgt etwa 18000 Sicca Rupies. Eine 9 
wicht Goldſtaub iſt gleich 12 Rupies Silber. Das G 
legirt, in kleine Kugeln gegoſſen, die man in Goalpa 
11 Sicca Rupies für ein Gewicht der Aſameſiſchen R: 
fest. Eifen wird im S.W. von Jorhat, eine Tage 
im Zertitorium Doyaing gewonnen, und von ba 
ganze Land damit verfchen. 
Satz ift das dritte Hauptmineralz. die hedeutenbfie 
minen liegen in Sodiya, die im Sal an Krieges ı 


621) Fr. Hamilton Aceonnt of Asam I. c. p. 234, 


l., HI. Oſt⸗Or., Afam, Produete. 325 


Zuflucht für das ganze Land abgeben, aber doch 
d find. Der Mohonghat Boruva, als Bes 
Inſpection; fie bringen jährlid, der Krone 40,000 
6 wird aus einer Salzſole gewonnen, für bie 
raͤbt, in denen man das Waffer abbampft, und 
zambusroͤhren zur Refidenz zum Verkauf verführt. 
ı find verpachtet, das Salz iſt beffer als das Benz 
: a Preis (die ſpaͤtern Briten berichten hier⸗ 


e Reis?) iſt das Hauptgewaͤchs in ar am; 
Salidham, der verpflanze wirb, macht 4 alles 
z de Sommerreid, Ahudhan, unb ber 
bes Niederlandes Uribhan, nebft Fruͤhtings⸗ 
han, geben mit jenem bie allgemeinfte Nahrung, 
efte, Hirſe werben nur fehr wenig gebaut, 

ine Art Senf, iſt das zweite Hauptproduct ber 
wes liefert das Det ale Hauptſpeiſe; von Seſa⸗ 
wenig eultivirt. 

zewaͤch ſe machen «ine dritte Hauptſpeiſe aus: 
raseolus max) iſt die gemeinſte Rahrung; eben ſo 
as. minimus Rumph) 3; Kolamas (Lathyrus sa- 
ta mas (Pisum arvense) die Erbfe und Mohu 
ens) die Linſe Garo mas (Cytisus cajan) wird 
ur Erzielung des Lat Inſectes, nebft andern 
emfelben Zwei. Der ſchwarze Pfeffer wird 
m gebaut, aber nur wenig nah Bengalen aus: 
wie das Betelblatt in Bengalen gezogen werben. 
Nfefffer, und eine andere Art, Ehont, wich 
nen. Außerdem: werben genannt: Ingwer, Tur- 
n, Zwiebelarten; an ſauern Gewürzen: Tama⸗ 
engga- (Dillenia speciosa), Amra (Spondias 
‚avi (fPesinkara Hort. Malab.), Kamrangga 
nbola), und zweierlei Arten Thaikol, die größte 
Bara, und Kujt (Gäreinia pedunculata im bos 
n zu Caleutta). 

noch fehr viel Tabak, Betelr Nuß⸗ Palme, 
kel gebaut und fehr far verbraucht wird; Zuk⸗ 
llgemeines Nahrungsmittel friſch gegeflen, oder der 


iton Account of Asam I. o. p. 243— 245. 


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326 Hoch · Afen. IV, Abſchain. 8. 76. 


ausgeyreßte Saft genoſſen, ohne jedoch Zucker daraus zu I 
Cocos⸗Nuͤſſe gewinnt man nur ſehr ſparſam, Palnım 
reitet man gas nicht. Kuͤchengewaͤch ſe in den Gärten 
Bengalen; ſehr viele Drangen und Pommgranaten. 9 
wolle wird zwar von ben Bergvoͤlkern gebaut, aber wi 
braucht. Crotolaria juncea und Corchorus- werben geba 
Fiſcher brauchen zu ihren Regen und Geflechten aber mei 


De Rilke, d. 1. Urtica nivea W. — 


Thierreich. An Hausthieren fcheint Afam nicht fi 
gu ſeyn; ber gemeine Ochſe (ob der Indiſche Zebu? 
in Kamrup, wie der Büffel im eigentlichen Afam, al 
fie. Schaafe find fehr fparfam, Biegen find gan 
Dferbe giebt es nur fehr wenige, Efel gar nichtz a 
Kameel ſcheint hier völlig unbelannt. Von wilden Thie: 


“Ber den zahlreichen wilden Büffeln und Eiephanten in dei 


dusdickichten, werben Feine genannt, obwol dergleichen in 
kaum fehlen können, Eine der nüglichften Zhierarten 


der Seidenwurm 52), welcher nicht nur ben Hauptf 


Kleidung des ganzen Afamefen Volks barbietet, fondern a 
ein Hauptproduct zur Ausfuhr. Fr. Hamilton nennt 4 
dene Arten, Dee Sezjdenwurm, welher fih vom Di 
Maulbeerbaumes nährt, iſt ber am tenigfien ve 
Die zweite Art auf einem Laurus, Muga genannt, ift 
meinfte, Diefer Lorbeer wird gepflegt und gepfropft; bir 
naͤhrt fi von defien Blatt. Das Inſect, fagt man, foll 
fepn, wie Zafar (Seidenwurm) in Bengalen. Die 
iſt aber fo ſehr davon verſchieden, daß Sr, Hamilton 
einen Irtthum hält, Dan hält zweimal Ernte; die im 
bes Kartik, d, 1. ber trodinen Jahreszeit, gewonnene € 
voth, die am Ende bes Jaiſhta, d. i. des Frühlings, 
nene, iſt weiß, und fol die befte fepyn, Die dritte Ar 
danggori, kommt von einem Baume (?), und gilt als 
zuͤglichſte von allen, Die vierte Art, Erenbi, wird 
nem Ricinus gewonnen, wie in Bengalen, 5, B. zu Rı 
pur, und ift fehr gemein, Aſam ift alfo ein wahres | 
Seidenproduction, bie hier einbeimifch iſt wie ii 
galten, Dinters sndien und China, 

| stern j 


698) Pr, Hamilton Acconnt of Asam I 0, pı 845, 


wal.,/ Lil. Oft-Ör., Afam, Gewerde. 327 


rebe 24). . Obwol die Induſtrie der Afamefen Im Alte 
che gering zu. fen ſcheint, fo iſt doch das Weben 
22 ganz allgemein, ba drel Viertheile der Eine 
Bandes in Seide gekleidet gehen. Es iſt das Ge 
Beiber, durch alle Eaften und Stände von der Könie 
165 jebe Familie verfpinnt und verwebt den eigenen 
a5 eobe Seide wird nur wenig verkauft, Die Seis 
—* in ſechſerlei verſchiedenen Breiten und Groͤßen 
d auf vielerlei Weiſe; von zweierlei groͤbern Sorten 
anches ausgeführt. ‚Die Baumwollenweber find 
- Sogis und Jolas, Männer und Weiber. Dee 
ed faſt nur zu Tutbanen und Halstüchern verbraucht ; 
volle wirb viel ausgeführt. Die Weber färben auch 
3 befonbere Färber giebt es im Lande nicht, 
stallarbeiter find nicht ſehr jahleeih, Die ge» 
Hfenfhmiede, welhe bie Pflugfhaacen, Haden, 
uf. w. für das Volk fehr roh arbeiten, finden 
erall; bie Schloffer, welche feinere Arbeiten liefern, 
heilige Opfermeffer, Gewehre, find erſt von ber Kar 
e eingeführt, und gehören zu ben Neuerungen; bie 
narbeiter gehören zu den Kolitas und ben Kutch. 
inferfhmiebe, die ſeht geſchickt feyn follen, find 
en, fondern Kolitas, und die Goldfchmiebe im 
neiftentbeild Kolitas, denen man das Metall ſelbſt 
liefert, und den Lohn vom leberreft des zu vers 
dein Dietalles zahlt. 
(hneiber und Steinfchleifer find in Afam 
idt; auch Drechsler aus Büffelhorn und Elfen— 
ie Arbeiten liefern, Die Zöpfer (Horitas) ken⸗ 
ſcheibe noch nicht. Die Zimmerleute find vom 
andern Zribus; Balkenhaͤuſet und Schiffsbodte vers 
au gimmern. Aus allen Gaften giebt es im Lande 
Renge bon Bearbeiten bes Bambusrohre, bas 
ifte Anwendung erleidet; auh Mattenflehter 
derbreiteted Gewerbe, zumal von einer Act Tha⸗ 
la (Aeschynomene diflusa nad) Sr, Hamilton) u. a.; 
——— Arbeiter dieſer Art ſollen, wie einige an- 
ſifs· Künſtlet ſeyn. Die Oelberelter haben 


mißlon Acoount of Asam I. c. p. 245 — 249. 





'urw 


"7 
ä 


328 Hoch⸗ Aſen. IV. Abſchaitt. $. 76. 


auch ein ſehr allgemein verbreitetes Geſchaͤft. Dagegen 
in ganz Aſam keine Schlaͤchter, keine Baͤcker, keir 
fituriers, wie in Indien, keine Schneider, kaum 
flerz denn wer Schuhe tragen will muß bazu erft dir 
Erlaubniß des Könige einholen, ber biefe nur felten al 
befonderer Gnade ertheilt. Daher giebt es nur in ber 
einige Schuhmacher aus Bengalen, bie ihre Waare vorr 
ben, die aber nur zum größten Luxus der Vornehmen g 
den Barbieren geben ſich nur die Kolitas und Kucdh | 
Handarbeiter find fehe ſelten, fie werden mit Ger 
nem Theil der Ernte bezahlt, bie fie einbringen heifen 
muß der größere Theil der Familien das Land felbft t 
das fie befigen. Die VBereitung von Butter und 8 
gänzlich unbekannt. 

Wer Sclaven halten kann, bedient ſich ihrer zu 
alle Domeftiten in Alam find Sclaven, fie find fehe 
Einige werden auch ausgeführt, als Waare, nad) Benge 
ſtentheils die Kinder der Buhlerinnen, Die Mädchen wı 
12 bis 15 Rupies bezahlt, ein Kutch Knabe koſtet 
Markte 25 Rupies; ein Kolita Knabe das doppelte. 
ven von unreinen Caſte verkauft man an die Garot 
nah Nora verhandeln follen, von wo bie meillen w 
Ava transportirt werben. 

Handet52). Diefer kann unter fothen Umftänb 
nem ringe von. hohen Gebirgen und rohen Voͤlkerſchaf 
ſchloſſenem Lande nicht von Bedeutung ſeyn. Nur vor 
mit Bengalen erfahren wir einiges. Das Britiſche Gi 
land fchide nah Afam ale Hauptprobuct das Salz 
für 192,000 Rupie; an Muffelin für 10,000; ar 
waaren, Zumelen, Perlen etwa jedes zu 5000 5 geringer t 
ift die Einfuhr an Zuder, Korallen, Glaswaaren, Gew 
dern, zothen Lebern, Englifhen Wollwaaren, Zaffet, ©: 
denzeugen, Gold s und Siberfloffen u. f. w. Aſams 
find vorzäglih: Stid Lac (vom Infect Coccus Lacca, 
züglich auf Ficus religiosa, Varinga latifolia, Shorea ıı 
Bäumen gezogen 2%) wird), 10,000 Mans, an Werth 9: 
pies; feidene Zeuge von Muga ber Zen Art fi 


#36) Fr. Hamilton Account of Asanı 1. c. p. 232. 
the Lac Insect in Statistical Account of the Rangpore 
Fr. Buehaman Dr. in Asiatie. Journ. Vol. XIX. 1825, p 


imal,, III. Oſt⸗Gr., Aſam, Handel 329 


he Seide berfelben Art für 11,350 Rup.z Baum: 
et dem Samen 35000 Rup.; Senffamen für 
p. Außerdem (hwarger Pfeffer, Hot, Elfenbein 
Zur Berreibung dieſes Verkehrs mit Bengalen ſchlug 
itton im I. 1809 vor, zu Goalpara ein Magazin 
ollhaus anzulegen, um auf bem natürlihften Eins 
den Verkehr zu begümftigen, der bis dahin nuc im 
ben Befis einiger Afamefen war, die von ihren Mos 
ein ben Gewinn sogen, bie Preife ungemein erhöhten 
bfaß hinderten. In Solalphat (bas Fr. Hamils 
entiſch mit Sewlaul Chodeny hält, f. ob, &. 203) 
aputea war damals auf bee Grenze zwifchen Kamrup 
proper ein Bollhaus fire die Maaren, bie weiter aufs 
n folltenz; biefer Zoll war an eine Boruya Familie 
Rupies verpadhtet. Eben: fo war zu Roha, oder 
t Rulung: Fluß ein dergleichen Tranfito Zoll; des⸗ 
Dorong Bata Kutchl, eine halbe Stunde vom 
8 Brahmaputra am Monggol Doho Fluß, ber 
es verpachtet war. 

dem Verkehr von Afam mit Bhutan hatte ein Was 
9a bie Infpection, befjen Refidenz zu Simlpavarl, 
im Norden ber Wohnung des Dorong Rabja (f. ob. 
Diefer zahlte nur Gefchenke an den König. Alle Bor 
anbelöleute von Bhutan, die Diener des Deva Nadja 
S. 168), müfjen zuerſt nah Simlya gehen, wo fie 

‚ um über Afams Grenze Eingang zu finden; 
jen fie mit ihren Waaren nad dem Marktorte Haju, 
orden von Gohati liegt. (Meder Simlya noch 
d auf dem Hodsfonfhen Indian. Atlas des 
wey angegeben,) Das Vorruͤcken der Macht bes Des 
| von Bhutan gegen den Süden fhreibt Fe. Hamils 
Schwäche des Afamefen Gouvernentents zu. Kach ha⸗ 
), und andere rohe Tribus, bewohnen das Grenzgebiet 
fam und Bhutan; Vijni (Bisni) fey die Greny 
wiſchen beiden Meichen, welche von Bhutan fehr milde 
verbe. (Die Route von da nad Bhutan haben wir 
jeben, f. &. 168— 171.) Den Handelewerth zwiſchen 
ai ‚sad man (1809) 2”) auf 200,000 Rupies am, 


Hämilion Ateotnt of Asam 1: & 9: 200 








330 HahrAfer. IV. Abſchaltt. 5. 76. 


Erporten nad Bhutan find vorzuͤglich Stic Laer, 
Seſide, Zeuge und gedoͤrrte Fiſche. Impoert 
Bhutan nach Aſam: Wollzeuge, Goldſtaub, 
Moſchus, Chineſiſche Seidenzeuge, Pferde 
ſchweife (Chamor Choungri). Me 


Bewohner von Afam, nah Caſten und Stäm 


Vei dem gänzfihen Mangel an Sprachforſchung 
die Bewohner Aſams, und den ſehr verſchiedena 
fewol einheimifhen als eingewanderten Volk: 
men, zje bei dem Einbringen bee Brahminer 
trin, wodurch auch bie Zerfpaltung in Caſten 
Nepal, ob. ©. 117 u. f.) immer mehr und mehr Rau 
leicht fhon in fehe fruͤheſter Zeit (f. ob. S. 87, 71, 
insbefondere aber unter der jüngften Radja⸗Dynaſtie, 
wodurd) die allgemeine Annahme, baß bei Afamefen keine 
Antheiling Statt finde, fhon mancherlei Meobificatione 
faffen ſich nod) keine beflimmteren und genaueren Angal 
die fo große Mannichfaltigkeit ber Population 
erwarten. Da fogar die Verwirrung, Vermiſchung, Ber 
nerung der bortigen Populationsvechälmifie, feit Sr. $ 
nans Sammlungen noch zugenommen, und bie Unterf 
ohne neue gründliche Beobachtung, immer fdhreieriger ge 
fo führen wir die damalige Mannichfaltigkeit der 
ben (von 1808— 1809) 52°), went fie auch nicht befriebi, 
nannt werden kann, doch ber, Reihe nad) Hier auf, als 
tinzigen über die Ethnographie Afams, Über deſſen 
barvolker nur duch die neuern Beodochtungen meh 
ben ift. 

Afamefen machen durchaus nicht. die. Hauptbev: 
hı Alam aus, fie nehmen der Zahl nad) erfi ben vierte: 
en, wenn fie auch als Herrſcher die erſte Stelle bei 
sie Dom’s find im Lande am zahlreichſten; nad ih: 
stolitas und Kutch; nun erfl‘ folgen die Afam, bi 
Kepot, endlich die Chutiya, die im Oſten von Kolipabı 
nen, und fi in Hindu und Afam theilen follen, 

Die Dom’s, oder Nodipals, find über ganz Ka 
ımb Asam proper verbreitet; eine Colonie von ihnen 


#8r) Pr, Hamilton Accoums of. Asam |, c; p. 238 — 243. 





N 


9— IL Oſt⸗Ox., Aſam, Bewohner. 331 


a angrfiebelt, deren Sitten ben andern gleidyen fols 
‚te erfähren von ihmen nichts beſonderes. Od fie ihr 
werwandten in Kamaum (f. Afien Bd. Il. &. 1044) 
eſchlechte mach verwandte find? und ob fie etwa zu 
(6 der Magars Im Nepalefifhen (f. oben &. 20) und 
sigimer-jener Bergzlige gehören? wird uns nicht tweis 
Sie werden auch bier zu den Unreimen gerechnet} 
ellion der Mahamari, die Captain Weifb zu 
#309, waren die ftechſten der zuruͤckgeſchlagenen unter 
m die Dom’s. 

olitas und Kutch, in: Mittel: und Unter» Afam; 
eich gahteeih. Sie treiben alle Arten von Gewerbe 
3 unter beiden find bie meilten HDanbwerfer in 
verheirathen ſich gegenfeitig, führen aber mit ihren 
Mleckeres Leben. Die Kolitas fpreden das Benz 
ben die Sitten der reinem Hindu, find fehr fireng in 
> effen und teinken; bei den Brahmanen gelten fie 
udtas. Ihre Phyſiognomie ift weniger marquirt, al® 
hr ba fie fi mehr der Chinefifhen Geſichtsbildung 
iefe berfelben haben fi) aud) im Nanggapur Difttiet 
arten Bengalens angefirdbeit. Diejenigen, welche leſen 
ben Kapagthas genannt, und find religiöfe Führer 
ie bie. Unliteraten, und für viele dee Kurth. Die 
en einen Grad tiefer als diefe Kolitasz fie find 
amrup zu Haus, am bäufigften in Dorong, was 
das nähfte Grenzland der Kuth- Stämme 
Hanbes von Bhutan ift, 

fam$, ober Aham, maden bie Hauptbevölferung 
und im obern Afam aus, die Kampos, Miris 
as im letztern abgerechnet; fie find die Beherrſcher 
> Die Hegitimen Abfömmlinge, Khuntai’s, 
‚alle obern Würden im Lande; fie machen den Adel 
ollen (1809) 26 Familien diefer Art feyn: 2 Dangs 
‚A Dupara,d Dibinggas 1 Labon, 1 Son: 
20. Hatimuriyas. Der andere Theil der Afam 
ol die Nachkommenſchaft der itlegitimem Art diefer 
ons Gewiß ſind ihrer fehr viele audh Abkoͤmm⸗ 
Teuppen und: Diener, weiche ben Eroberer Khuntat, 
imivater des jegigen Rönigshaufes begleiteten. Diefe 
nge follın bel ihrem Einzuge Feine Weiber gehabt, fon: 


zedb 
R Digiti * 











332 Hehe Men. IV. Abſchuitt. $.76:- 


dern ſich erſt mie ba: Vöchteen des Landes verbunden 
Daher leitet man: aud) die häufigen Verfchwoͤrungen di 
Könige mit den Familien der denachbarten Prinzen bei 
felt dee Einführung ber Gaften befchränten fi bie Afa 
in ihren Ehen untereinander. Alle haben ſeitdem bie 
che der Bengalis angenommen, als Umgangefprache, 
effen fie. auch Bein Rinbfleifh mehr. Drei Viertheile 
ben, fagt Sr. Hamilton, find. Anhänger ber Hindu⸗ 
nach der Lehre des Madhava Acharya, geworben; m 
Viertheil von Ihnen bat keine andere Prieſter als 
bhaings, und iſt beim alten Glauben. an dem: ( 
mesgögen geblieben. Deodhainge heißen nämlich 

koͤmmlinge der Prieſter des Khuntatz ihre Zahl iſt nı 
auf 20 Männer mit Weibern und Kindern reducirt. Ih 
haupt, Deodhaing Boruya, beforgt ben Dienft beim | 
Goͤtzen, hat ale Auszeihnung koͤnigliche Inſignken, naͤm 
Schwerdt Hyangbdang und ben geheiligten Federbufch 
S. 318). Sie bewahren ihre eigene Sprache und We 
und machen ans ihrem Cultus ein Geheimniß, haben a 
vieles vom Viſhnucultus ie und fichen bein 
in großem Reſpect. 

Die frühen Deahminenlehrer find in der fpätern Ze 
bie Rarhi Brahminen, die man aus Bengalen alt 
Männer zu Gurus an den Hof bes Königs berief, v 
worden. Zwei Männer aus ihrer Caſte erhielten ſeitde 
begunftigte, da6 Monopol des Alleinhandels zwifchen Af 
Bengalen; fo wiffen alfo auch hier, wie in Mecca, und 
ſolche Heilige, die iedifchen mit den himmliſchen Vorth 
Merbindung zu fegen. Die erften geifligen Rathgeber a 
gu Aſam, und feine Priefter, dee Guru, d. i. der Brahı 
und ber Purohit, d. 1. der Chunglehre, follen in ihrer - 
getchete Männer feyn. Auch Brahm anen, bie aus $ 
kubja (Canodge am Ganges) nah Afam, auf Berar 
eines Kutch Radja eingewandert find, und, weil fie ſich ni 
durch Heirathsverbindungen aus ihrer Heimath, in volle 
heit erhalten konnten, ſondern mit dem Töchtern des Land 
neuen Wohnſitzes vermiſchten, ſich Aſameſen nennen laffı 
Burus des Volks der Aſameſen geworden. Auch Many 
rupi Vaidika Brahmanen, meiſt von der Biſhnu 
find in. Aſam; es ſollen unser ihnen gelehrte Maͤnner ſey 


imal., Il. Oſt· Or., Aſam, Aſameſen. 333 


mehrere Chauvarie, d.1. Schulen. Einige von 
n ſich ſelbſt zu niedern Rangorbnungen degradirt, um 
zu werden, umb die unreinen Stämme belehren 
‚eine Entwuͤrdigung, oder vielmehr Demuth, zu tele 
ngalen niemals cin Beifpiel befannt ift. 
ehrer bet Vifbnu:Diener, b. i. ber meiften, welche 
igion anhahmen , heißen Mahajons, und leben in 
8, eine Art Miffionen. Sie genießen ein großes Ans 
cher beefelben zählt an 10,000 bis 15,000 Beichtfinder, 
en Dienften bereit fliehen. Ihr Geſchaͤft ift in ihren 
bi Im Fall der Vacanzen ernennt ber König 
Brahminen einen Vicarius, der nun für feine ganze 
die Welt, feine Weiber und Familie zurüdtäft, ſich 
Schuͤler begiebt, die aus dem verfchiedenen Voͤlkern 
Kolitas, Kutch und andern befichen. In Kameup 
bamiltom6 folhersChhatras auf, in Asam. pro- 
ſeiſt von ——— Brahmanen, aber auch von Kolitas 
giebt es ne Wattfahrtsorte im Lande Afam 
nbupilgerz; zumal find «6 bie Tempel, deren beruͤhm⸗ 
ide find: 1) zu Kamakhya, oder Kamakſhia, 
Mamens fteht in S.W. von Gohati, einer am Oft: 
ulung Aue, und einer in ber Nähe von Sodiyaz 
'athya #29) (ob? von Kamas, Liebeegott ber Hindus) 
fe allgemeine Schußgöttin von Afam betrachtet. 2) Zu 
(2); 8) gu Gohbati; 4) zu Koliyaber in Asam 
) zu Dikkor bafini in Sobiya. 
biefen werben noch einige andere Arten ‚ber Einwoh⸗ 
1, bie entweder befondere Gaften oder Stämme ſeyn 
orüber wir nichts genaues erfahren. Die Heluya 
uen dem Ader, gelten als reine, die Keyot, Fifcher, 
» fie haben aber nicht, wie die Keyot im Bengalis 
ett, ben Jelam angenommen. Die Moriyas, [pre 
all, effen aber Nindfleifch, und. trinken berauſchende 
‚Bon dem füblichen, benachbarten Gebirgsvolfe bet 
viele Gonvertiten ‚der Hindus in Afamz fie 
gern zu ihrer unreinen ——— — * 
wett una a ie ah Me 
Wilson Documents illustr. of the ke! War. 
App c5. 





* Digitized by 





* 


3% | ‚Doheifien. IV. Ubſchnitt. §. 76, 


Hiras, Töpfer, find von unreiner Caſte. Die Mai 
bier Phulmali genannt, machen künftliche Blumen; 
Tänzer und Mufiker, zum Tempeldienſt, ſind eine rein 
Die Caſte der Waͤſcher dient nur bei Hof und den : 
nen; fie iſt rein. Die Fiſchercaſte bee Chandal ifl 
Die Baumtollenweber find erft fpäter eingezogen; «6 fi 
gis, Mohammedaner. Ueberhaupt find in Kamrup au 
Mohbammedaner aus früherer Zeit, die aber meift n 
das Heldenthum zurüdfanten. 

Ueber den Juſtiz⸗ und Finanz⸗Zuſtand 60 
Aſam erfahren wir zum Schluß noch Folgendes. Alle 
chen Beamten verwalten nicht nur die Juſtiz, ſondern 
ſich auch das executive Gtiafrecht, mit der Peitſche, obgl 
ungeſetzlich iſt; denn die Beſtrafung iſt nur das Bor 
obern Beamten und der Radjas. Faſt in allen Streitſac 
det Appellation ſtatt, an die drei Provinzialgerichte, de 
Bara Bornya, bee Bara Phukon, und der € 
Khaopa Gohaing peäfidicen. Dieſe haben freie Gew 
Leben und Tod der Verklagten, obne bethalb an den N 
gehen. Doc kann das Todesurtheil nicht ohne koͤniglid 
vollzogen werden. Beſtechungen find allgemein; daher b 
ſpringen der Schuldigen haͤufig. Der Rebelle wird aber 
— fein Urtheil ziehe den Tod feiner ganzen Fam 
fi, der Eltern, wie der Brüder, Schweſtern, Weiber, 
Die Todesſtrafen find das Kehlabfchneiden, Spiefen, 
ſchen zwiſchen zwei Gplindern, Berfägen zwiſchen zwei $ 
das Kiopfen mit — oder zermartern mit gluhent 
tem u. ſ. w. 

Es giebt nur wenig Räuber und Diebe int Bondı 
liche ihnen bie Augen aus, und fchneidet ihnen bie Kı 
entzwei, wodurch fie meiſt den Tod finden. Kieinere Di 
bie häufig genug ſind, werden fogleich durch bie Peitſche 

Schlechter als die Sriminaljuftig tft die der übrigen 
bietion beftele. Der bekannte Gebrauch der Gaben u 
ſchenke im Orient iſt hier auf den verderblichften Culminatio 
getrieben. Wenn der König vom Ader 2 Rupies Abgab 
fo often dem Bauer die. Nebengefchente 4 bis B Rupies 
3 Mann für ein Papit dem König 14 Rupies als Cr 


s22) Fr. Hamilton Account of Asam I. 6. ps 286-238. . 
: ‚ 


DOR-Or., Aſam, Birmanen-Unterjotjung 335 


les nur bas menigfte vom dem, was fie überhaupt 
v ber weit größere Thell kommt an die Adminiſtra⸗ 
Geſchenke heifen Bhetisz; fie werden an Fefltagen 
? bebeutendfirn an ben lebten Zagen der Monate 
nd Pauſh. Jeder Oberbeamte über 1600 Panik, 
tere Dffieiant erhält dann feine Geſchenke an Reis, 
‚ Del u. ſ. w. 

die Nachrichten von Afam, vor deſſen Unterjochung 
manenbeere, nad) deren Wertreibung bucch die Bri: 
Kunde von Ober: Afam oder Sobiva gegen —— 
tert. ne 


terjohung Afams burd bie Diemanız 
1824; Blemanenkrieg in Aſam und Be— 
Aſamé durch bie Briten, 1824 bis 1826. 


fadyen Befirebungen ber herfhfüchtigen Birmas 
‚ legten Jahrzihenden ihre läftigen Mebenbuhler, die 
Indien, im ihrer Ausbreitung gegen ben Dften hin 
1, bat durch den für bie Europäer glüdlihen Auss 
emanmenfrieges (1824 bie 1826), vielmehr ben 
mfluß auf die Trans: Gangetifhen Länder 
weitert, und auch das ihnen früher. verfchloffene 
glicher gemacht. Seit diefer Zeit ift im Oſten dieſer 
fen obere Xhalftufe, von Sodipa an aufwärts, 
it werben, 
‚S.D, von Afam liegende, dem Afamefifchen Koͤ— 
reundete, und im deſſen Nabjas verſchwaͤgerte Muns 
Scälüffel von Ava gegen Afam, mie gegen 
b bad untere Bengalen) war ſchon, im Jahre 1774, 
iemanen König Shembuan:t), von Ava auf, 
erjogen und unterjocht worden. Berfchiedene Vers 
noch toeiter, ſowol weflmärte, buch die Gobirges 
Jar und Jynteah, nah Sylhet und Chittas 
| en Bengalifchen Grenzprovingen des Britis 
jnielandes vorzubringen, wie norbwärts nad) O ber: 
vor 1816, f. oben &. 303) midlangen, zwar ans 
E Behorrlichteit machte fi doch * Bu —— 





u mr. 


Burmese Asini. Jonrnal Vol. XVII 1821, 


Digitized by, 











k Mn 


-; 


356 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnict. $ 7& 


von Arracan, umd felbft Afam wurde von Ihnen, Iı 
4821 dis 1824, unterjocht, die Gebirgsftanten im Suͤ 
Alam, Catchar und Jyntrah, wurden zu Unruhe 
geist. Das Britifh:Oftindifhe Compagniela 
hierdurch an feinen Oſtgrenze überall von einem fur 
Felnde bedroht: der Gefahr zuvorzulommen, wurde vom 
sal:Souverneur in Indien, am 5. März 1824, der $ 
den Hof von Ava proclamict, und mit bem bebeutendflei 
gefchwaber gegen Rangun und Pegu zur Ser, auch ber 
Erieg, aus Bengalen gegen Arracan, Munnipe 
Afam begonnen, wodurch die legtere Landſchaft, von 

nur allein die Rebe ſeyn kann, bald in die Gewalt bei 
kam. Den Biemanen gelang bie Eroberung des bi 
noch unabhängig gebliebenen Afam ®32), weil das Lar 
die inneren Parteiungen ungemein gefhwädht und entvoͤl 
weil aber auch bie alte Methode ber Afamefen, ſich v 
Ueberzuͤglern zu befreien, bei den Truppen von Ava n 
wendbar war. Durch theuererkaufte Erfahrung hatten | 
Gebirgskrieg in bdiefen Landfchaften kunſtvoll zu fi 
lernt. Mit jebem Fortfchritt auf fremden Landesgebiet 
ten fie ihte Verpallifabirungen, ihre bekannten € 
des, und verfahen biefe mit Proviant. Jeder einzelne 
jeder Haltplag am Rande von Stromufern oder Ber; 
oder fonfligen gefchugten Pofitionen, wurde von ihnen 
verſchanzt; fie ruͤckten nicht durch lange Märfche, fonder: 
leichten Stationen vor, ſchickten aber immer Recognos 
voraus, und trieben auf allen Seiten Proviant'auf mehr 
ein, der in die Stodaden gelegt ward. Alle 3 Tagemaͤr 
ten fie wieber 3 Tage, und verfhanzten fi) und recogr 
Jedem Hauptcorps fchidten fie einen Vortrab auf 1 ode 
gemärfche voran, und hinter ber vorberfien, fohnell e 
Stodade legten die Nachruͤckenden fogleich eine zweit 
an, Die Einrichtung ihrer Stodaben machte biefe viel 
voller, als veguläre Sortificationen zu feyn pflegen, man 
nen uneinnehmbar zu feyn. Golden Tactikern konnten 
gebteren, unkriegeriſch gewordenen, felgen Afamefen nid 
ſtehen. „Die Birmanen drangen als Steger. in R: 
ein, fie ereihteten überall Stockaden; fie ruͤckten bis ©: 


— — 
"s32) On Asa in Aslalse: Journ Vol. XVII. 1824, pi 35 


: Hhmal,, IL Dfl-Cr., Aſam, Birmanen-Krieg, 337 


Weſt Aſam vor, und warfen in biefen feflen Det ein: ſehe ſtarke 
Sarifon. Die Briten fanmelten, zu ihrer eigenen Sicherheit, 
an der Bengalifchen Grenzprovinz gegen Afam, zu Goyalpara, 
ein Grenzcorps; unzählige unglüdliche Aſameſen zetteten fi 
auf ige Territorium; man hinberte fie daſelbſt an allen Gegens . 
ruͤſtungen tiber ihre Werfolger; denn bee Birmanen General 
reſpectirte auf das vollkommenſte bie Britiſche Grenze. Den 
Slüchtlingen wurde nur ein Aſyl >>) zugeflanden, Eeine Huͤlfe 
gegen ihren Feind. Die:einzige Gegend, wo Afam an Beitifdie 
Befigungen angrenst, iſt das Bebiet von Gopalpara am Brabs 
maputta; denn das Britifche Territorium des benachbarten Sil⸗ 
het im Süden, iſt von Aſam gefchieden durch das Gebirgsland 
bes Radja von Jynteah, ber in ein Freumbfchaftsbändnig mie 
den Briten getreten war, um eine Stuͤtze gegen die anrhdende- 
Macht der Birmanen zu gewinnen. Der Mutagul⸗Paß, im 
Norden der Stadt Silhet, iſt die Paflage von ba, Über defien 
Gebirgeland nah Gohati, in Afamz im Weſten diefer Wer» 
bindungsfraße buch Jynteah, die damals erfi genauer bes 
kannt werden follte, liegt das Gebirgsland ber independenten - 
Garos, innerhalb der Krümmung des Brahmaputra⸗Laufes. 
Aber kaum war Anfang März der Kriegslaͤrin geſchlagen, 
fo brad ber Beitifche Brigade : General Maemorine von Gos 
galpara am Brahmaputra in Afam ein. Das Land war auf 
das furchtbarſte verheert und verwuͤſtet, keine Wege führten‘ buch 
bie dickſten Wald:, Bambuss, Gebuͤſch⸗ und Sumpfivilduiffe, 
in benen man nur Spuren vom Lagern wilder Würfel: und Ele⸗ 
phantenherrden fand; des Beiſtandes der Afamefen, mo fi 
biefe vorfanden, gegen ihren Zobfeind, die Birmanen, waren 
bie Beiten aber gewiß. Mehr war die Megenzeit zu fürchten, 
vor deren Begian man kaum das Worbringen in Mittel: Afam, 
zur Capitale, erwarten konnte, mehr noch Ihe peſtilenzialiſches 
Gefolge von Krankheiten für die Fremden. Indeß, wider alles 
Erwarten, verließen die Birmanen ihre feſteſten Pofitionen ‚und 
zegen fi oſtwaͤrts vor ben Briten zuruͤck. Schon am 2öften 
Marz chdten biefe In Bohati ein. Im Adril ging bie Arwma 
Bis zur Stadt Nougaong (Noagaong bei Wilfon), wol No. 





»:) War with the Burmese 1. s. Auiat. Jourm. Vol, XVII. 1824. 
p- 280, 3*) Hor. Hayman Wilson Documents illustrative ef 
the Burmese Wat. Calcutte 1827. 4. p. 38. 


weitter Gebkunde IV. | 9 


338 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnitt. 3. 76.- 


gang, f. oben &. 306) am Kulung der Kulung⸗Aue vor, 
die 4000 Einwohner haben folltez nur eine Tagereife weiter tm 
MD, zu Kalliabar 5), an dem Dftende diefer Aue, fand 
man ein gefundere® Clima als in ben Übrigen Stationen. Die 
Afamefen:Chefs kamen nebft den Gebirgs⸗Tribus ‚überall 
in Aufftand gegen ben Feind. Aus dieſen legtern, die alle auf 
Britiſche Seite traten, bildeten biefe Grenz: Commandos, 
weiche bei ber natürlichen Kuͤhnheit und Tapferkeit diefer Völker, 
nebſt ihrer Gabe dem Peflitenzelima Trotz zu bieten, die treffliche 
ſten Dienfte leifteten. Obwol auf der niedrigften Stufe der Bil: 
dung, ja vielmehr im größtes Roheit fchienen fie doch weit mehr 
Empfänglichleit für Bildung und Fortfchritt zu haben, als bie 
Indiſchen Unterthanen der Briten , bei denen ba Caſten⸗we⸗ 
fen, das bei dieſen Afamefifchen Gebitgetribus noch faſt gar kei⸗ 
nen Eingang gefunden haben ſoll, jedem Fortfchritte die groͤßten 
Hinderniſſe entgegenſtellt. 

Zu gleicher Zeit, mit der Eroberung von Rangun an bee 
Mündung bed Jrawadi (19. May 1824), war au das weft: 
liche Afam, oder Samrup, zu einem Alliirten der Briten ge⸗ 
worden. Bon ber Grenze Kamrups und Mittel: Afamts, 
und dem Brabmaputra, begann nun Lieum. Col. Ri- 
hard 36) feine ernauerten Operationen, um den Birmaneın Feind 
füdmwärts, gegen Munnipore zu, zurüdzjuwerfen, und durdp 
die ihnen feindlich gefinnten Gebirgeflämme der Gebirgs-Na⸗ 
gas (füblihe Nachbarn von Afam) hindurch zu jagen. Da fie 
keine Nachhülfe aus Ava erhielten, und auch zugleich ein Briti⸗ 
ſches Corps von Silhet gegen Munnipore zog, ſo war zu er⸗ 
warten, daß fie vom dieſem Im. Ruͤcken ganz abgeſchnitten nid 
von den barbariſchen Nagas ihren Erzfeinden gänzlich maſſacrirt 
werden wuͤrden. Die Birmanen zogen ſich von Kalliabar 
auch, ſuͤdwaͤrts, uͤber Mamgong zuruͤck. Die ſchnellen Korte 
ſchritte der Britiſchen Operationen ſetzten den Bura Radja, 
den Birmaniſchen Gouverneur von Aſam, in Schrecken; er floh 
mit. feinen Leuten in die Gebirge, ließ ‘alle Habe zuruͤck, und 
ſelbſt Nogang wurde fo eilig verlaſſen, daß die Briten ihren 
Geinden nicht einmal nachfolgen tonnten. Aber-die Capitale von 


( 


a2) ib. Asiat. Journ. VoL XVIH. 1. c. p- 535. 


>) — of ihe. Burmese War, in Haie Jeum: ‚Vol AR, 
1825. p. 761. © . 


.i.. 


Himal., III: OR-Br;, Mans, Birmanen-Krieg. 330 


Afam, Rungpore 7), behaupteten bie Birmanen noch, wie «6 
fcheint, bis gegen Ende des Jahres; die Belagerung ſchien ernſt⸗ 
haft zw werben; denn bie Stade hatte ſtarke Artillerie und Gars 
nifon zu ihrer Vertheibigungs doc «6 kam zur Kapitulation 38) 
Im Many. 1825 rückten bie Beitifchen Zeuppen in Ober⸗Aſam 
gegen Sobiya vor, wo noch mehrere Gefechte gegen bie Corps 
der Birmanen vorfielen, welche ſich hier beſonders damit aufs 
hielten, das ganze obere Afam feiner Population au berauben 
und als Gefangene in ihre Heimath mit hinuͤber zu ſchleppen. 
Auf dem Bori Dihing Flufſe (ſ oben) ſchiffte der Lieutes 
nant J. Br. Neufville 29 ſeine Truppen im Juni 1825 ein; 
feine Kanonen mußten die Waſſerfaͤlle des Stromes binaufgezos 
gen werden. Der Feind wurde zurüdgefhlagen bis Biſa Gaum 
(in gleichem Meridian mit Sodipa, unter 27° U N.BE.), und auch 
von da mußte er-noch aus 5 Stodaden vertrieben'merden. Da aber 
zugleich auch durch Lieutn. Pemberton bie Capitale von Mun⸗ 
nipore befegt, und fo den Bitmanen jede Communication mit Ava 
abgeſchnitten ward, fo half auch dort ihr längerer Widerftand nichts; 
fie mußten das Feld den Wiriteg räumen, und als ber Sriedenss 
tractat am 24 Gebr. 1826 zu ande kam, enthielt gleich der 
erſte Artikel?) die Verzichtleiſtuns des Königs von Ava 
auf die Königreihe Afam, Catchar, Jynteah und die Anetken⸗ 
aung des Rabjathbums von Munnipore, ale fouvrraine Staa⸗ 
ten. Daß dieſe nun in befreundete Verhaͤltniſſe mit den Briten 
traten war natuͤrlich. Dieſen aber verdankt die Erdkunde nicht 
unbedeutende Fortſchritte in der Kenntniß aller jener ſuͤblichen 
Boͤlkerſchaften und ihrer Territorien Im Suden von 
Afam, melde bei ber Unterfuhung Hinter⸗Indiens zur Sprache 
kommen, leider aber faſt gar Leine nähere Erörterung der Naturs 
und Völker: » Berhättniffe im Norben des Brahmaputras 
Stromes, weil der Krieg da nicht hinführte, nämlich gegen die 
Kette des Himalaya: Spftemes hin, welche unferer naͤch⸗ 
fen er zu Gute kommen wuͤrde; deflo mehr aber wol 
über Dber=: Afam und ben oberen. Lauf des Brabimas 
putra, über Sodipa hinaus, worüber bier das aalpMt 
wenn auch nicht Alles befriedigende, Auskunft giebt. | 


27) Progrels ete. 1. c. Vol. XX1. 1826. p. 19. es) H. AH, Wil- 
son Documents illusteative of he Burmese War Calcutta.1827. 4. 
p- 113, MA: * de; Pfogrels I; c. Vol. XXII. 1828. pı 130, 

.) ebend. p. 371, 
„2 





340 Hoch · Mien W. Abſchnitt. §. 76. | \ 


7. Fortſchritt der Entbedung in Ober: Afam. Ho: 
drographie bes obern Brahmaputra⸗ Spflemes, 
oder Lohit, des Stromes vom Brahma Kund und 
feiner Zuftüffe: Taluka undTaluding die Quellſtroͤme; 
rechte Zuflüffe Fiding, Digaru, Kundil, Dikrung, 
Dibong, Dihongz linke Zuflüſſe Lung, Tenga Pani, 
Roh Dihing, Diburun, Buri Dihing, Difung, Ditho. 


Den fo eben bargelegten Begebenheiten, ferner der ungeſaͤum⸗ 
in Venutzung der guͤnſtigen, ſehr wohlwollenden Stimmung der 
Woͤlterſta i me Ober-Aſams, für ihre Wohlthaͤter und Be⸗ 
freier von ben Grauſamkeiten der Biemanen, und dem fehe werk⸗ 
shätigen wiſſenſchaftlichen Eifer ber Britiſchen Befehlshaber, ver⸗ 
dankt die Erdkunde Im kuͤrzeſter Zeit wichtige Fortſchritte Aber 
jenen ungemein ſchwerzugaͤnglichen Winkel der Erde, ber oͤhne 
ſolche politiſche Begünftigungen der Zeit, wahrfcheintich noch fange 
gänzlich im Dunkel liegen ’geblieben wäre. Zu feiner allmaͤligen 
Entfchleierung ift nun wenigftens der Weg gebahnt, und der Aue 
fang gemacht, wenn auch dab Räthfel des Hauptfiremes 
noch keinesweges ganz gelöft, feiner baldigen Entfcheibung aber 
um viele näher gebracht iſt. Ungemein dankenswerth find die 
Eurveys der von den Beitifchen Offizieren während der Kriegt⸗ 
operation befuchten Gegenden, wodutch es möglich warb auch eine 
neue Karte von Afam 5), nah aftronomifch beftimmten 
Yuncten, wenigftens an manchen ber wichtigften Drten, gu con⸗ 
ftruiten, die erſte, welche das berichtigte Neg zu allen 
bisherigen, Indgefamt mangelhaft gezeichneten Karten dieſes 
Landes, wie die zrfte wahre Hudrographie der Aſam Etröme 
ſelbſt darbietet. Selbſt die beiten von Arromfmich 1816, 
Klaproth 1828, 3. Walker, Major Jackſon 18%, Berg⸗ 
haus 1832 und Grimm 1832, entworfenen Karten, auf denen 
auch Afam vorkommt, deren Zeichnung und Stich ſaͤmmtlich dot 
der Erſcheinung jenes Survey von J. Horsburg's und ber ge 
nannten Sectivnen des obern Brahmaputra-Laufes faͤllt, konn⸗ 
ten die nee Aufnahme nitht oder nur theilweiſe enthalten, ud 
haben daher, mitunter‘ noch ürrige Orlentirungen ber Fattem, 
auch abgefehen ton den Hypotheſen, deren hier mehrere eintreten. 





‚s4t) James’ Horsburgh Indian Attas; London ia 177 Sert. 1830. 
Sectio 124, 129, 130, 129 mit einer Klappe ımb 1905 in 
der wahren —— oder 4 Engl. Miles auf 1 Engl. Soll. 


w 


Himal, IIL Ofl-©r., Afam, oberer Stromlauf. 341 


Seimms Karte von Hod:Aflen, 1832; nähert ſich durch ſchatf 
finnige Combination ber früher burdy die Jeſuiten Kasten bes 
tanatın Daten, mit denen des Chinefifchen Routiers nad Tuͤbet 
am meifien, in ben Hauptpuncten, bem wirklichen Survey ber 
Briten, von dem auch nur erſt wenige Puncte befannt waren; 
Berghaus Specialblatt non Afam, das für eine naͤchſte Lies 
ferung, feines vortrefflichen Attas von Aſien angekündigt iſt, wird 
durch die Benugung des Survey für bie Hpbrogtaphie. des obern 
Brahmaputra, oberhatb Suddeah, vor bem fruͤhern Blatte 
Hinter⸗JIndiens, Gotha 1832, einen großen Vorzug gewinnen. 
Denn bir jegige Darſtellung iſt blos hypothetiſch, weil dee aͤußerſte 
Nordarm, des Taluka (f. unten), feine Duelle noch weiter 
im Norden des bafelbft hypothetiſch punctirten Singghion 
Khial, oder des querdurchgezogenen Goldſand⸗Stromes (des gro⸗ 
fen Kincha Kiang) nad dem Survey wirklich hat, die — 
hauſiſche Kartenzeichnung aber nach Kladroths Hoppotheſe der 
Identitaͤt des Dzangbe und des Kincha Kiang, als Jrawady, 
nach den poſitwen Chineſiſchen Daten veranlaßt ward. Auch 
Kiaproth bonnte damals, bei Herausgabe feines Iehrrsichen. Res 
mois Ill, noch eine genauern Daten 12) uͤber den Kaluda und. Ta⸗ 
luding haben; ſonſt würde. er den hypothetiſchen Lauf ſeines 
Drfiie Singghian Khial noch in einer. weit groͤßern Biegung ge⸗ 
gen Oſten haben herumziehen muͤſſen, um die durchlchneidenden 
Quellen bes Taluka zu vermeiden. 

Wis fchiden daher hier, zuerſt, bie Hpbrogeaphie nad 
dena Survey, wie oben,.aber von den Quellen bi6 zum Vers 
ein bee 3 Hauptfieäme unterhalb Sodiya (f..oben ©, 313) _ 
vosaus, um dann erfl zus Mefchreibung. ſelbſt überzugehen, bie 
überall die Thäler und Steomtäufe bes Hauptſtromes wie ber 
Zuſtroͤme, aufwärts, nur fo weit verfolgt. werben kaun, ale 
die verfchlebenen Erpebitionen vorzudringen vermochten, woraus 
fi die Un vollſtaͤndigkeit derfeiben von. ſelbſt ergiebt.. 


 Bybrogsaphie des obern Aſam⸗Stromes, Lohit, 
Lahitina, Bori Lohit, oder Brahmaputra. 
Diefe ganze. Steede des Stromlaufes, vom Verein der 
3 Hauptfiröme,. Dihong, Dibong und Lahit, unterhalb 
Soviya, bis zum noͤrdlich ſten Quellasme bes rn ober 





+) Mem. ret. a !’&sie Tom. IIL p. 407 Kot. 


* 


342 Hoch⸗ Afken. W. Abſchnitt. 4. 76. 


Brahmaputra, im Ginn ber Aſameſen, beträgt etwa 35 geogr. 
Meilen. Diefer bisher gänzlih unbelannte, möcdiihfie 
Quellerm des Lohit, heift Talukaz er entſpringt aus einem 
'Schmeeg ebürge, das unter 28° 80 N. Be. und 97° 30 O. E. 
v. Gr. liegt; alſo In gleihem Breitenparallel mit der Gruppe 
des Dhamwalagiri (f. ob. S. 5) und des ſchneereichen Tſcha⸗ 
malari (unter Me I M. Br., ſ. ob. ©. 153). Dies Schnee⸗ 
gebirge iſt alſo offendar noch der Normaldirection deſſelben 
Himalaya⸗Syſtemes angehörig, deſſen oͤſt lichen, aͤußer⸗ 
ſten Grenzpunct wir alſo durch eine pofitive Beobachtung an 
dieſer Stelle noch kermen lernen. Von da an beginnt über 
dieſes Gebltgsſyſtem hinaus, nun völlig das Feld 


der Ungewißheit, der Hppotheſe. Der Talula durch⸗ 


ſtroͤmt von feiner Quelle im Schneegebirge, das erblickt 
- 4, gu dem unmittelbar jedoch noch Fein Beobachter vorbrang, ein 
wildes Gebirgschal gegen S. S. W., 9 geogr. Meiten weit, biß er 
‚oberhalb des mit Kuemah bezeichneten Ortes, dem Sitze eines 
2ama : Bouverneurs, vom Oſt her, zur linfen, den zweiten 


Queliſtrom, Zatuding, aufnimmt. Diefer fol an Stoͤße 


jenem den Rang ftreitig machen, und aus Thdöfllicher Kerne, 
vom Namklio = Gebirge (unter 28° N. Br.), ans deffen ewi⸗ 
gen Schneehöhen entfpeingen, denfelben, von beren Suͤdgehaͤn⸗ 


gen die Briten, Seum. Wilcor und Buriton, ani 24. May ' 


1827, von Maundi aus (unter 27° 43" N. Br.), im Thale 
: des Nam Kio, diefen von ben Sinhphos fogenannten Nords 
from heradziehen fühen, ben Capt. Burlton bei den Afame 
fen Siri Serhit 59%) (ob Sti? ber Heilige Strom) nennen 
hörte, der aber nach der Verfiherung der Sinhphos, fühmärts, 
zum Lande der Birmanen ziehend zum Irawadi wird. Weiter 
gegen Nordoſten zogen ſich aber in noch größere Kernen bis 
zum 98° D.2, v. Br. hin, die Kortfegungen biefer gewaltigen 
Schnerterte, welche alſo bier dem Syſteme des Jrawadi 
im Norden und dem des obern Brahmaputra im SD. 
ihre Grenzſteine fegen, bie dee Dzangbo Tuͤbets burchbredien, 
oder noch weiter o ſtwaͤrts umſtroͤmen müßte, wenn er mit defs 
fen DOftarme Pintangktiang, wie Klaproch, nach Chindis 
fhen Quellen wenigſtens als entſchleden nachmeifet, wirklich iden- 


242) H. H. Wilson Document illustr. of the Burmese War L c. App. 
Nr. I a7 I; Asiatic. Journ. Vol. XXI. 1826. p. 52. 





Sn 


Himal., II. Oſt⸗Gr., Afaın, oberer Stromlauf. 343 


tiſch waͤre, wogegen wir immer noch einige bedeutende Zweifel, 
wie in allem Folgenden fich zeigt, fegen muͤſſen, fo merkwuͤrbig 


die Chin eſiſchen Daten an ſich auch find, und fo pofitiv fie dafuͤr 
zu fpeechen fcheinen. 

Nach dem Zufammmenfluß des Taluka und Zaluding (unter 
23 5 R.Br.; 97° H-D.8,v. Gr) im Lamalande, eine. Tage⸗ 
reife öberhalb Sieri, wo deſſen Grenze benachbart if, ſtroͤmt der 
nun vereinte Gebirgsficom des Brabmaputra, immer ges 
en S. S. W., an Lama Dörfern, im Süden an Bameya, an 
feinem cechten Ufer gelegen, vorüber, bis er, nach 8 Tagereiſen vom 
kamalande, bei Zaren (Zain) ba6 Land der Mismi reicht. 
Die erften 5 bi6 6 geogr. M., unterhalb bed Vereins, nach director 


Dikanz des Stromlaufes (denn zur Burldiegung des We: 


ged würden in dieſen Höchft wilden Selöthälern weit mehr Meilen zu 
machen ſeyn) zu rechnen, erreicht ber Strom, nad). einer ploͤtzli⸗ 
"ben Stromwenbung gegen Mord, die Stelle, 4 Zagereifen unters 
hatb-des letzten Lamadorfes, bie zu welcher Lieutnane Wilcor 
im Jahre 1826 vordrang, von wo er ſich aber wegen Mistrauens 
gegen einen dee dortigen Häuptlinge dee Mizhu Mis mi ſchnell 
zuchöjichen mußte. Don ber Süpfeite nimmt bier dee Haupt⸗ 
rom 2 linke Gebirgeſtroͤme auf, Ghulum Ti und Lar Xi. 
Aa Der - Kchmmung und Nordwendung des Thales, das dich⸗ 
tee Fichtengebirgswald uͤberragt, werben bie Dörfer Tilung, 
Jingshas, Sumleh genannt. Der Strom wendet fi, gegen 
Notden, und dann wieder eben fo weit fübwärts, durch gewaltige 
Feldengen in wilden. Gebirgéthaͤlern, bie aber reichlich mit Dorf: 
fhaften bee Mismis befegt find, bis er die Nähe des Dorfes 
Ditli, Ditling ber Karte, nach einem Stromlaufe von etwa 
8 geoge. Meilen erreicht (27° 55 N.Br., 6° 26 DL. v. Gr.), 
in deſſen Mähe der betuͤhmte Felskeſſel am Linken Stromufer 
Legt, der Brahma Kund, der Wahfahttöort, eigentlich Pruh⸗ 
du⸗Kut'har bei den Eingebornen, von weldyege ‚bee Strom 
abwärts nur den geweihten Namen Breahmapntra erhält. 
Dee Strom muß, um Becher zu gelangen, eine gewaltige Ge⸗ 
birgekette durch drechen, die fih von S.O. gegen N.W. bier 
aus dem Norden Hinter« Indiens der Tuͤbetiſchen Hochkette des 
Himalaya⸗Syſtems anveihet; es if die Langtam⸗Katte— 
Ewige Schnregebirge ſtarren im Norden dieſes Durchbruchs 
empor; aber auch im Shbojten beffelben giebt der Survey 
einen det Hochgipfel⸗ den al Bum (Bum in der Sinh⸗ 


— 


342 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnitt. $. 76. 


Brabmaputra, im Sinn ber Afamefeh, beträgt etwa 35 geogr. 
Meiten. Diefer bisher gänzlich unbelannte, nwoͤrdlichſte 
Quellarm des Lohit, heißt Taluka; ee entfpringt aus einem 
Schneeg ebirge, bad unter 28° U M.Br. und 97 3 DR, 
v. ®r. liegt; alſo in gleichem Breitenparallel mit der Gruppe 
des Dhamwalngiri (f. od. S. 5) und des ſchneereichen Tſcha⸗ 
malari (unter 2 H N. Br., f. ob. ©. 153). Dies Schnee: 
gebirge iſt alfo offenbae noch ber Noemaldirection deſſelben 
Himalaya:-Syflemes angehoͤrig, deſſen öftlichen, äußer: 
fen Gren spunct wir alfo durch eine pofltive Beobachtung an 
dieſer Stelle noch kennen lernen. Bon da an degtant über 
- diefes Gebltgsfpftem hinaus, nun völlig das Feld 
ber Ungewißheit, der Hypothefe. Der Taluka durch⸗ 
frömt von feine Quelle im Schneegebirge, das erblickt 
- Hl, zu dem unmittelbar jedoch noch Fein Beobachter vorbrang, ein 
wildes Gebirgsthal gegen S. S. W., 9 geogr. Weiten weit, bis er 
. oberhalb des mit Kuemah bezeichneten Ortes, den Sitze eines 
Lama » Gouverneurs, vom Dft her, zut linken, den zweiten 
Queliſtrom, Zatuding, aufnimmt: Diefer fol an Größe 
jenem den Rang ftxeltig machen, unb aus fhrdöftlicher Ferne, 
vom Namklio : Gebirge (unter 28° R.Br.), aus deffen ewi⸗ 

gen Schneehöhen entfpringen, benfelben, von deren Suͤdgehaͤn⸗ 
gen die Briten, Lieurn. Wil dox und Burton, an 24. May 
1827, von Maundi aus (unter 27° 23/43” N.Br.), im Thale 
: des Nam Rio, diefen von ben Sinhphos fogenannten Nords 
from herabzichen fahen, den Capt. Burlton bei ben Afames 
fen Siri Serhit 59) (ob Sri? der heilige Strom) nennen 
hörte, der aber nach ber Verſicherung der Sinhphos, fuͤdwaͤrts, 
zum Lanbe der Birmanen ziehend zum Irawadi wird. Weiter 
gegen Nordoſten zogen ſich aber in noch größere Kernen bis 
zum 98° O.8, v. Br. hin, die FSortfegungen. diefer gewaltigen 
Schnerkerte, melde alſo hier dem Syſteme des Jrawadi 
im Norden und dem des obern Brahmaputra im S.O. 
ihre Grenzſteine fegen, die dee Dyangbo Tuͤbets burchbreden, 
oder noch weiter o ſtwaͤrts umſtroͤmen müßte, wenn er mit defs 
fen Oftarme Pintangtiang, wie Klaproth, nah Chinefie 
fhen Quellen wenigſtens als entſchieden nachweifet, wirklich iden⸗ 


20 2) H. H. Wilson Document illaatr. of the Burmese War L c. App- 
Nr. I. p. II; Asiatic. Journ. Vol. XXI. 1826. p. 52. 





Sn 


Himal. 11. Oſt-Gr. Aſam, oberer Stromlauf. 343 


dit wöre, wogegen wir immer noch einige bedeutende Zwelfel, 
wie in allem Folgenden fid, zeigt, ſetzen muͤſſen, fo merkwürbig 


die Chin eſiſchen Daten an ſich auch find, und fo pofitiv fie dafür 
zu ſprechen ‚fcheinen. 

Nach dem Zuſammenfluß bes Taluka und Taluding (unter 
23 6 N.Br.; 970 6. O. E. v. Gr) im Lamalande, eine, Bage: 
reiſe oberhalb Sit, wo beffen Grenze benachbart ift, flrömt ber 
nım Vereinte Gebirgsſtrom des Brahmaputra, immer ges 
gen S. S. W., an Lama Dörfern, im Süden an Bameya, an 
feinem cechten Ufer gelegen, vorüber, biß er, nach 8 Tagereiſen vom 
Lamatanbe, bei Haren (Zain) ba6 Land der Mismi reicht. 
Die erften 5 bis 6 geogr. M., unterhalb bes Vereins, nach director 


Diſtanz des Stromlaufes (benm zur Buelidiegung des We⸗ 


ges würden in diefen Höchft wilden Felsthaͤlern weit mehr Meilen zu 
machen ſeyn) zu technen, erreicht der Strom, nad). einer plögli- 
"hen Stromwenbung gegen Nord, die Stelle, 4 Tagereiſen unter: 
halb ˖des letzten Lamadorfes, bis zu weicher Lieutnant Wilcor 
ins Jahre 1826 vordrang, von wo er fich aber wegen Mistrauens 
gegen einen der dortigen Haͤuptlinge der Mizhu Mis mi ſchnell 
zurhäzichen mußte. Bon ber Suͤdſeite nimmt bier der Haupt⸗ 
from 2 linke Sehivgeftröme-auf, Ghulum Ti und Lat Xi. 
Un Der Kruͤmmung und Nordwendung bes Thales, das dich: 
tee Fichtengebirgswald überragt, werden bie Doͤrfer Tilung, 
Jingshas, Sum loh gmannt. Der Strom wendet ſich gegen 
Norden, und dann wieder eben fo weit fübwärts, vurch gewaltige 
Felsengen in wilden: Bebirgethälsen, bie aber reichlich mit Dorf: 
"fchaften der Mismis befegt find, bis er bie Nähe des Dorfes 
Ditti, Dilling der Karte, nach einem Stromlaufe von etwa 
8 geoge. Meilen erweicht (27° 55 N.Br., 96° 26 D.8. v. Gr.), 
im deſſen Mähe der betuͤhmte Felskeſſel am linken Stromufer 
“Siege, der Brahma Kund, der Wahfahrttsort, eigentlich Pruh⸗ 
bu⸗Kut'har bei den Eingebornen, von welchen ‚dee Strom 
abwaͤrts nur dem geweihten Namen Brahmaputra erhält. 
Der Stroͤm muß, um Hierher zu gelangen, rine gewaltige Ge⸗ 
dirgekette durchbrechen, die ſich von S.O. gegen N.W. bier 
aus dem: Norden Hinter Indiens der Tuͤbetiſchen Hochkette des 
Himalapa⸗Syſtems anveihetz «6 iſt die Lnngtams Kette 
Ewige Schnregebirge flarren im Norden dieſes Durchbruchs 
empor; aber aud im Shboften deſſelden giebt der Survey 
einen det Vochgipfet, den il Bum (Bup in der Sinh⸗ 


— 


34 Sehräflen. IV. Ylhakt 5.76. 


. 950,6 prade, fo viel als Berg) zu = 18,683 Eu Par. 
(18,540 8. Engl. Ab. d. Meere) an, und an beffen S. O. Geite 
den GSebirgkpaß Phungan Baum == 10321 5. Par. (11,000 
8. Engl.), welchen Wilcor und Burton, 1827, überfliegen. 
Es biegen diefe In der Kette der Langtan Berge, derem lan 
gen und hohen Schnecgebirgezug man [dom aus weiter Gerne 
von Bobiya erblidt. Das Bebirge, welches der Brahmaputra 
bier von D, gegen W. durchbricht, If alfo hoch genug, und 
Die Luͤcke bes Gebirgsſpaltes muß ebenfalls fehr tief ſeyn, da 
Diefe aus fehe weiter Kerne im Weften gefchen, bie Lage de 
Brahma Kund den Pilgern aus Alam verkündet. Ueber dem 
Heiligen Waflerbedien, das im März; 1826 von dem erfien Euro: 
paͤerr befuche, von Gapt. Bedford für die Erbkunde entbedt 
ward, fleigt dee Gipfel des Deo Bori, d. i. Wohnung ber 
Gottheit, mil feinen wilden unbeſteigbaren, wie in gechifce 
Khürme zersiffenen Felsklippen empor. Aber im Weſten von 
bier, öffne: fi nun das Land mehe und mehr, und weitet ſich 
zu beeiter Thalebene aus 
Der Strom vom Beapmalnnd, wird von bier num all 
gemein Lohit, Luhit, Lauhit, Luſit, ober mit Sansſcriti⸗ 
fer Alliteration, um ihm in bee heiligen Sprache auch Klang 
und Bedentung zugeben Lohitiyast) (Raupitiga, ber rothe 
Strom) genannt. Oberhalb des Brahma Kunb nimmt er meh⸗ 
rere Beine Gebirgeſtroͤmo aus Seitenthaͤlern aufs; als die bebeu: 
senden find auf dem Eurvep, reches, vom Norden herab, ber Ti⸗ 
hing gezeichnet, linke, vom S. O. ber, ber Eung, der vom Schuss 
gebirge Dupha Bum herabſtuͤrzt. Bei feinem Austritt aus dem 
Gebirgoſchlunde, unterhalb des Brahma Rund, in welchem er 
alfo keineswegs feine erfle Duelle hat, wie bie Pilgerfabel in fruͤ⸗ 
herer Beit verfünbete, und dadurch manches Mißverſtaͤndniß = 
anlaft hatte, beträgt bie ganze Breite des Stroms 200 Fuß; 
ſtroͤmt mit großer Kraft und Fuͤlle (28. März 1826 nad) — 
Bedforde Beobachtung), fängt aber von hier am, zwiſchen 
vielen, mächtigen Felsbloͤcken ſich vielfach in Arme und Zweigt 
zu theilen. Von dieſem Brahma Kund abwaͤrté, durch⸗ 
ſtuͤrzt der Lohit, über viele Felsſtufen und Klippen, eine Strecke, 
von etwa 10 geographiſchen Meilen dem Waſſerlauf nach, bit 


s**2) Fr. Hamilton Acoount of Asam 1. e. p. 260; H. H. Wilson 
Doeum. illustr. of the Burmese War. App. Nr. 6. r vu, aus 
Caleutta Gor. Ger. 2. Febe, 


| 


Kimal., IE, Abx. Aſam, oberer Stromlauf. BIS 
Sobiya, welche aufwaͤrts zu ſchiffen, Capt. Bedford, Mi Rage 
Belt gebrauchte, weil er einige 40 Stromſchuellen und Cataracten 
zu: hberwinben hatte, die an nicht wenigen Stellen feinen Booten 
Gefahr drohten. Der Hauptarm, in welchen fi bee Lohie, 
deſſen Direation von bier an nur gegen Werft geeicheet bleibe, 
balb, beim exweitssten Thale, füdwärts, d. i. zur lin ken 
(nad dem Survey, ber Text 15) ſagt rechts, was wol irrig) fpals 
tet, heißt Sutato, (nah Bedbfords Aſtronomiſcher Obſerva⸗ 
sten unter 27° 517 21° NR. Be) waͤhrend der noͤrd liche, ober 
zeigte Arm, bie größene, den Namen Lobit oder Bor Lohlt 


(Borxi, oder Bari Eohit, d. h. ber alte Lohit, 5 De 


arm fo genannt 3%). Leibehaͤlt. Zwiſchen beiben‘ Aemen entficht 


hier Die er ſte, die oberſte, große, langgeſteeckte Aue oder Infol, u 


«ine Wblibung die fi bei den viel Vernreigungen bei Dan 
ſtremé, Aberall durch ‚gan, Alam, Im größeren und Hänseeh 
Maaßſtabe vistfäch wiederholt. Cie hat eine Länge von. UM 
B grage. Meilen; Direct gegen. den Weſt ausgedehnt, -IR..nur ulm 
Heibe Stunde breit, aber mit unbucchbringlicer Radelholzwab⸗ 
vany bedeckt, doch von feledlichen DiismTS. bewohnt, die-in die 
wer ziemlich anfehnlichen. Dorfihaft, Chate genannt, angeflibeit 
find; wis nennen fie die Sukato Aue Au ihrer Guide: han 
ſtenerte Capt. Bedford feine Kandes mähfam uͤber bie Steem⸗ 
fchuctlen und Kliypen hinauf. An ihrer Weſtſpitze (fa 06° O 

2. u Br.) ſtuͤrzt ſich vom Werben, sobre, herab, ein wicht 
GSerom der Dig arn, ber bicher mus auf dem Gurvey verzuhlße 
ret IM, felcher mie genaunt war, und auch bei Gapt. Wehe 
foredse 7) Entdeckung noch namenlos geblieben war. ke 
Serccke, unterhalb deſſelden, liegt am rechten Stromufer auf als 
ner Aue des Stroms, 23 geogr. Meilen, oberhalb Sodtya, der 
Neberreſt des Forts GSonapur, 8) weiches ehedem ein ſtatker 
oͤſtlicher Grenzpoſten des Aſam Gouvernements war; I: We 
Neufdille beſuchte ihn zuerſt, und ſagt, daß oberhalb deſſelben, 
der Lohit nur noch mit kleineren Kanoes zu beſchiffen ſey, ab⸗ 
waͤrts fuͤr geößere Fluſboote. Oberhalb der oberen Sri de 


2 Wilson Docum. I e. p. X. **) Fr. Hamilton Account of 

= sım L © p. 26. *°7) Asistic. Journ. Vol. XXill. 1887. 

485; H. H. Wilson Documents I: c. App..p. X. **°) Jahn 

Ge eufville D — ete. on - — Tom 
Calcutta 2826. 


eputy 
—— — — in Asiatic, 
VI. p- 206. * L 


346 Hech⸗ Aſ. EV. Mbfhehti 676. 


Gutoro Aue, alfo nahe unter dem Brahme:Kund,faggen 
die dortigen Einwohner, höre ‘aber audj .die Miglidykeit auf, den 
Btrams mit Kanoes weiter gu befahren, tergen:beu zu gefahrvollen 
mb suhleeichen Getazastınz womit au Bedfordbs Beohach⸗ 
mg fiimnite. Mon de an, aufwärts, müflen alfo bie Land⸗ 
umd Bebiegsreifen beginnen, waͤhrend von Sonmapur, abwaͤrtt, 
Der Lohit oder Dahmapaitra, durch ganz Afanı- Kine treffliche 
Daſſerverbindung zus Schiffahrt für Flothllen dar⸗ 
Aetet, dutch deren bequemen Trausport für Artillerie, Proviang 
ur Manuſcheft den Briten.die ſchaen Gang won Mom 
gingen konnte. ——— 

Dicht units Ganapır; wo bie. Reisfeider Wirth 
haft ie Afası zu beginnen ſcheint, llegt auf derſelben: Ufer⸗ 
Seite der Ort Ba ltien, Letwas weiten abwmaͤrts etgießt Kich van 
Aem · untea Ufer, von S. O., bee Tenga Pani odar Ten ga 
Rah kiägunge bei Wilcor’®), Zyeiuga bei Meufvigte?®) 
er: Spaxptfizen,. der züetfk vom Capt. Wileor beſchifft iſt 
41306), aber nicht. amd dem OMechgebirge ſelbſt; ſondern ſchon nen 
Abefſfen Meſtobfall, don der Sinth pho Colauie Enttoxa, kommt, 
uns; feiner vialen Cataracten ober vielmehr Stromſchnellen uns 
meaqhtet, mich ein · ebeneres Schr fruchtbates Band flieht, das aber 
ans dank wa Ginhphe’s-Hemätkırt iſt. 

VUnterhalb dem Krage Mani, fällt ebenfalls ein. ſehr be⸗ 
dentenn ſchiffbarer Arm ‚von der linken, von S. kommend, 
roch Dihiag (Rom Debing. kei Neuf villa) zum 
Bienhmad utra, awe geage Meilen. ↄbachalb nr diy.a ein. 
‚Mt. kommt aus welter Ferue von SD. un 20 geogr. Meiten 
Aach⸗ ſeigem Setxomlaufe ohne die Seroentinen gerechnet, berhei, 
s dem mächtigen. Schaeegebirge bes Langtan Kette, (umter 
»No 10. N. Br, 9° O. L. v. Gr.) aus dem Lande der Siuh⸗ 
5598, die auf ihrer Route, aus dem Jrawadi Thale, bei 
‚ihre Emigration aus dem alten Bifn. Saum, maͤmlich bei 
AIhren Uebirfällen nah Afam, gegen R.M., fübwärts des oben: 
eneucen Phungan Bum Paſſes, nur der Thalbildung 
dieſes Noh Dihing zu folgen brauchten, um ohne Fehl die 
Sodiya Landſchaft, bie fie in Beſitz nahmen, zu erreichen. Ein 
rechtar Zufluß ne a, Dihing, iſt des Dupha Pani, 

— N — 
240) H. Wison Docum. I. c. p. XII. co) Asialio, Besearch. 
T, Au p- 338. age Et 


\ 


Himal,, 11}. Oſt⸗Sr. Afanl, oberer Stromlauf. 847 


der am Weſt⸗Abhange, jenes Phungan Baum Vaffen. mt 
fpringt (unter 27° 30 N. Br.). Er fliege: direct von O. nach 
W., ober fiärzt vielmehr in fehe wilden Thaͤlen welche Witeor- 
und Burlton, 1827, auf’ gefahrvollen Seil⸗ nnb Hänger 
Brüden durchſetzen 5°) mußten, von einer abſotuten Sıhhe, vom 
10,321 F. Par. (11,000 8. Engl.) den⸗Phungan Par Yinckz 
dem bie -Meifenden eine relative Höhe von 0178 5. Pen 
(9782 F. Engl.) über den Ort Sodiya. geben,‘ der demnach Ih 
eine Höhe von 1134 F. Par (1218 3. Einst.) Abes dem: Mizum 
fiege, ober zu 1160 3. P. mittlere Behebung getechnet werben 
fann. Mit dent Dupha Pant verdut; bei-dogo, bis wohin 
se Noh Diking,- von den Briten, mis kieinen Yußfahees 
gen (Smal Aingies) deſchifft werben Ekonute, ſtroͤmt u Licset: un 
dos vom Sinpbo’s befehfe ebenerchamb, an einem ⸗iheer geh⸗ 
Seren Doͤrfer, an Kaſan vorlber,' die we. die Segend pure Ads 
fiedlung a neu Biſa Gaum vrreticht, Dieſer Ort lirgt zwar 
nicht dicht an Ihm, aber ganz⸗ naht feinem [lb itch en: Ufer,⸗n 
dee Wiege, oder dem Urſprung einee andern Sttoms, des Boai 
Dih ing, der hier, ſeltſam genug, dicht neben dene Tchiffäd» 
ren Noh Dahing, ja ſogar bus; Arme mit ihm noch nher⸗ 
dig verzweigt, ſeinen Wefptung nimme, als waͤre Sm Korbwuus 
dung des Noh Dihing eine jüngere, und fin Woſtzug, 
dee Bori Dihing, das Ältere, Mic nur arie der ehe von ihm 
getrennte Syauptbette, worauf viellächt felbft fein Mae Bunt, 
d. i. der alte Dihing, hindeuten möchte, wenn MI oh vielleicht :bbr 
"füngere heißen ſollte. Genug, 16 viel iſt gewiß, daß Dicken. Bari 
Dihing, der hier beginnt, ſchon urwas Arch den Moh Di⸗ 
hing genaͤhrt, bald, aber durch mehrere Inte Zuflaͤfſe verfkäckt, 
von bier, gegen W. zieht, und weit unterhalb, nahe der: Capttale 
Rungpore, zum Danptfiusn FÄnt (f. oben ©. 314), aber ven _ 
bier in feinem oberen Laufe, nach allgemeine Verſicheruug, wit 
dem Noh Dihing, eben? da connectirt, wo dieſer füh morh⸗ 
waͤrts zum Bor Lohit nach Sodiya- wendet, alb fände Hier, 
wie auch ſchon Fr. Hamilt on bemerkte, eine jener für. Aſam 
eigenthämlihen Anaſtomoſem der Brahmaputräa Ge 
waͤſſer ſtatt, die ihm die ERBE feiner Hypotheſe m. einen 





Wilcox an! — . Burlton Journal in Bor Kham a Country, 
lentta Ori:nt. — ſ. in Asiatic. Journ. Vol.) XXVI. 
1828 p. 524 — 


48 Sec) «Mfien. EV. Abſchuitt. 6.76. 


Sufommudang von Dzangdo, Frawabi durch den Lopit 
derbet, den er als den Berbinbungsficom beiber (a curious ana- 
stomosie) 52?) obwei unfdiffbar, und fi vielfach zerreißend anzu: 
ſehen geneigt ſchlen. | 
-  Gebalb der Roh Diping, ber mit feinem Norblaufe bas 
Sinhphe Tersitorium, im feiner Dritte burchfchneidet, uns 
mehalb des Fetts Sonapur und bei Ortes Balijan ben Haupt 
(item erreicht hat, ecgießt ſich ihm gegenüber, von ber rechten Ufer⸗ 
feite, nur wenigen abwärts vom Norden her, der Kundil Pani, 
sure Kundil Fluß zum Lohit, von deſſen Einmändungeiia 
den, dem Kundil Muth, Cop. Bedforde Schiffahrt auf: 
wirts tum Brahma Aund, wie Wilcor und Capt. Burls 
sons Schiffahrt zum Tenga Pant wie zum Noh Dihing 
anegiagen. Am ·Weſtufer des -Rumdil ift aber Sadipa (Ges 
Yiya) die Veſidenz der. Geuverneurs von Ober⸗Aſam gelegen. 
Dee Sem durchzieht alfe, vom Schueegebirge feine Dop⸗ 
Jelsirme.an, ein Lama Land, ban unterhalb des Vereine 
iin den :wildehen GBebirgsbucchbeücgen, bis gegen ben Brahma⸗ 
Hund, die Thaͤler der Mismi Stämme; dann, liegt ihm 
wußerhait. des Hochgebirges, durch die mehr erweiterten Ebenen, 
won der SuZato Aue fühmärt, Uber ben Tenga Dani zum 
Reh Diyowg hin, bes ufurpiete, juͤngere Colonielamd ber 
Sinzzphoe, durch die das Afam Territorium in Sodiya fehr 
‚eingeengt erſcheiat. Weſſwaͤrts, nur ein paar Stunden unter⸗ 
eWw&odiyo, noch dem qurüdigelegten Wege von etwa 35 geogr. 
Meilen, des LahitsLaufes, weten am Verein ber. drei Haupt» 
waffer, in Ober: Afam ef. oben ©. 313) vom Norden 
der, Die bedeutenbfien akles hinze, Deei in dem einen Haupt⸗ 
aeme des weftiichfien, des Dihong vereinigt, von dem fchon 
oben die Rede war. Ale Drei lommen direct vom Morden, 
der aͤſt lich ſte, der Dikrang (Gurmura bei ben. Khamptié 
genammt), iſt dee geringſte; er faͤlt in den Dibong, bat am ſei⸗ 
nes Mimbung nur 60: Ellen Breite, Capt. Bedford 553) Hat 
ihn im December 1826, nur ein paar Tagereiſen aufwärts von 
leiner Mündung beſchiffen kaͤnnen, weil er dann für Kanoes zu 
feicht warb; von Anwohneen ſahe man bier Niemand. 
Der Dibong (Dibeng oder Di peng bei Bedford), 





462) Fr, Hauilton Account. of Asam I. ce. F * E. H, 
Wilson Documents I. e, Appendix Nr. 6. p. 


, 








Simel., III. Ofb-Br., Afam, oberer Gtiomlanf. 840 


jenem ganz benachbart im Weſten, ber mittlere von dien 
dreien, wurde von Capt. Bedford, von feiner Muͤndung am, . 
vom 4. Derember 1826, , bie zum 14ten, alfo 10 Tagefahrten, 
Immer ſtromauf, durch beſtaͤndige Gitromfpaltungen, Infelm; 
Klippen, Stromſchnellen, Sandbarsen, durch unbemohntes Walde 
und Gebirgsland befchifft, in dem fich Leine Splir von Anſieb⸗ 
lung zeigte, bis gu eimer Stelle, wo ber. Strom nur noch 20 bi# 
30 Ellen Breite hat, hinter weicher eine Gruppe von 5 Dörs 
fern *), vom Mismi Stamme beweohnt, ſich zeigten, Die am 
Fuße der Hochkette des Gebirgsguges liegen, der ſich von.ba auch 
gegen M. W. gen Paſial am Dihong (unter 23 .2R.Br.) forte 
. Seht, Weiter aufwärts iſt diefer Strom, babız, nice beſucht 3 
feine Duelle kann indeß wol nicht fehe entferne Hagen, nach dee 
gingen Breite des Stroms gu urtheilen, der aber zuweilen = 
waſſerreich wich, foweit auch bie Ausfagen dee DMismis fie nach 
Norden verfchoben, aber ſelbſt geſtanden, daß fe ihnen unbes 
kannt ſey. 

Der Dihong (De heng bei Bedford) iſt dee weſtlichſte 
dr Drei Mordſtroͤme, welcher jene beiden, nahe am ſei⸗ 
nee eigenen Einmündung zum Bor Lohit, ober Brahma 
Lund Strome, dem Brahmaputra bee Afamefen, auf⸗ 
nimmt, und alfo offenbar ein von’ diefem letzteren, vom 
Dfien kommender, ganz verfhicbener Nordſtrom ſeyn 
mus, In fo fern iſt es nun ſchon entfchieben, daß, wenn et 
ſelbſt auch aus Tuͤbet herabkommen und ein Auslauf bes Dzangbo 
(f. oben S. 223) ſeyn ſollte, was man jedoch keinesweges mit 
Sersifpeit ſagen kann, dieſer Dzangbo oder der große Tuͤbetſtrom 
ein verſchiedener iſt von jenem oben vom Brahma Kund 
kommenden Brahmaputra. Dieſer Dihong warb zum erſt en⸗ 
male von ſeiner Muͤndung ‚aufwärts, im November 1826, 
vom Capt. Bedford) bis .zum Dorfe der Paſial, einem 
Aber Stamme gehörig; (unter 28° 2. M.Be). defchifft, eine 
Strecke von etwa 10 Stunden, wozu aber 4 Tagefahrten nöthig 
Waren, und das weitere Vorbringen für diesmal: von dem Aber 
Oberhaupte a‘ geſtauttet — "Dee gweite — der Be 





—— 


H. H. W — — l. ce. App. Nr. 6. Br X. p. VIII, X. 
Ebend. Nr..5. p. YyIL — Vill, am der. Cale. Got. 
2 Fehr. 1820. 





350 .;. Hoch⸗Aften. EV. Abichnick 4. 76. 


Köiffung dom Billcer und Capt. Burlton,6) 1826, ging 
gear zwei Tagereiſen den Strom weiter aufwärts, bis Pashi 
EPechee), was aber, da das Stromthal bier eine ſehr ſtarke 
Wendung ‚gegen den Weiten nimmt, nicht weiter worbwärtt 
führte, «ts bie 28° 6 N.Br., bis zu gewaltigen Stromſchnellen, 
zwifchen Selöufern, deren Beſchiffung, wie Ueberietterung, bei der 
gegenfeilig feindlichen Stinmmug des Nachbarſtaͤmme nicht rath⸗ 
ſam fehlen: Dieſe Weſtwendung des Stroms ſollte nach bet 
ee Ser. Anwohner 4 geogr. Meilen anhalten, und dann 
wilederum Die Wendung gleichweit gegen den Norden durch das 
Band dee Abiar 6. erfolgen; das Land der Lamas im Nor» 
dam (Hübeez namlich Bambo; Kombe ober Chombo mit dem 
HLetkba? f. oben ©. M4, 224 u. a.) follte von dem ihrigen 
gar wicht fern ſeyn. Die Strombreite beteug an ber verlaffenen 
Steile, von ber eine: zu ſtarke Stromſchneile (rapids) zuruͤck⸗ 
ſchreckte, noch MO Een (Yards, 300 Fuß); das Waffer über der 
Cataracte hatte einen fanften Lauf, gu beiden Seiten fliegen bie 
Belöufer ſenkrecht empor. So weit diefe Sage gebt, iſt auch der 
Survey auf J.Horeburghes Atlas angedeutet; jenfeit 28° 15 
bis. W/. M. Br., fängt alfo das Selb der bloßen Hypotheſe an. 
Mad) obigen Zahlen, wo der Dzangbo Tuͤbets verfchwindet 
ef. oben & 223.), muß man, wenigfiens J. Nennells Hypos 
theſe der Identitaͤt des Dzangbo mit bem Dihong, was 
den Breitenparallel betrifft, fuͤr volllommen angemeſſen halten; 
08 bleiht. bie Frage, ob auch bie Meridianlaͤng en gleichgut 
Kimmen? Nach Horsburge Survey iſt bie letzte Mord⸗ 
wendung des Dihong unter 96°. 10° DL. v. Br. gezeichnet 
6:92:69 DU 9. Paris). Hier fehle nun. aber im Norden 
Khbere alie aſtronomiſche Längebeobadhtung ; denn die zu Te⸗ 
ſchu Lum bu gemachte (f. oben ©. 266), 6° 3° weiter mn Wet, 
wie besinächfke ‚beobachtete Punet; alle andern Angaben find 
abis nie Obſeevatlouen ſondern WBerechuumgen, wobei jeboch bie 
Iitentenbfle,' Dte.san: Pater Gaubil berihtigte Kähge von 
DER ſifa (F. Afla Bo. H. &. 474) nicht zu uͤberſehen: enter 
25. 60 BL. von Pelleng, bi. 88? 4. DL. v. Dar. , oder 90? 
22V DR. 0. Or, wonach alfo der Abftanb des Dihong Durch⸗ 
druches bier 4° 46° oder etwa 55 geogr. — — vom 


sus) ‚Wion L c. Dir. 0. p. XIV — xv. aus Calc. Gor. ‚Gaz. 
25. Fehr. 1827; Asiatic. Journ. Vol. XXIV. p 307 





= nn 


\ Simab, IH. SC, Aſam, oberer Gtromlauf, 834 


Merldidn von’ HRaffa- abftände Mon Biefer Unfigergeit ber 
aftsonemilden "Längen: räbren . die VBerfhiebungen der - Ab 
Hände auf ‚allen: Karten feit -D’Aniges Atlas von Tuͤbet, von 
D’Lalfa oſtwaͤrtz, mac hypoihetiſchen Annahmen, ‚Wegerousen, 
Schaͤrzungen. Nah Klaproth und Berghaus werden bie 
Rängen gegen Oſten hin ungemein muegebehnt, H'Laſſa auf 
Klaproth.:Karte unter 890 80 O.R. v, Paris) um dem 
Dzangdo .mit dem Pin-lang kiang durch die: Mepfpige 
Yurinans zu identißciren. J Rennells Berechnung führte ze 
nen zur zum Oſten de Afame; die genausfle,-im. Detail, nach ds 
nem großen Maaßſtabe ausgeführte Confirution der „Rerte nach 
dem ChineſiſchenRio udier von Zfhing.tu fu: bie: HLaffa, 
. Aſ. 3b. U. ©..478), digen Details im obigen ‚hienach überall 
mitgetheitt find (f. obın.®, 190, 196, 202,.219 — 230,:02 bi - 
37) geben durch bir Zuruckdruͤngung dieſer: Laͤngen gegen 
ben Weſten Hin, die groͤßte Vebereinfiimmung: mit Pater Gau 
bils Reſultate sinb.eine [ehr große Wasrfeintichkeit, im 
der Act, wie fie Grimma Karte von Hoch Aſien7) Barlegg, 
daß der Djangbo Zübers.und ber Dihong:Afams, iden> 
aifch find, ‚vieleicht au) der Gakbo Dyangb:o identiſch mie 
dem Dibong, fall des letzteren Quelle nice wirkich im Süden 
der Himalaya Kette liegen ſollte, wofuͤr wol aud nach Obigem 
noch mehreres ſpricht. Die Hauptflüge für Klaprothe ver—⸗ 
däugerte Flußzeichnung des Dzangbo gegen Ofen iſt unſtreitig 
das Factum, das derſelbe 59) anfuͤhrt, daß nämlich die neue 
Kbdienlongſche Karte dab. Of: Ende ynd den Austritt des 
Dzangbo aus Tuͤbet, nice wie früher bie Ahanghifhe:ie 
fwiten-Karse unter 27° 80N. Vr. md: 93° 48 OR, u Pas 
(auf Duhaldes Karte fogar nus.umser 26° 40. N.iBr.), ſonders 
auf 25° 40.3: und 199° 22 RE, alfo am: 40 Minen 
oben ; Srad weiter ndch Oſten zeichne; doch ifk -Die Grage; eh 
dieſes Datum auch wirktid auf: Brabadeı wg beruhe? wouse 
keine Spur veshanden, und ob 6. hinreiche,. um dann: deu Bitronk 
ned) über 2 Grad weiter ofiwärte.z ziehen Ca bleihen /hier 
im ginftigfien Zalle immer: nad, manderich Gragen ug 
Eine Danptſchwierigkeit der Identicaͤt wirde aoch die Frage 
ee BE RER | 





er De BAER: 

#7) Karte von 2, Afı Sn. Ritters Erdkunde bearbeitet: vo 

2. 8, —— S— Sectionen. *6) — —— 
BULil. in Manns röbaks a Eile: FR BEE 7: nn 


m. > Per! 


der Wofferfälte eined fo großen Stremed wie bed Thbetifheh 
Diangbo bleiben; bo ſtimmen ale Writifhen Beobachter darin 
Aberein, daß der Dihong mehr ala noch einmal fo vie 
Waffer dur feine Mündung noch Afamı führe, als ber fo 
waffereeiche Lohit von Oſten br, Es ſcheint dies volkommen 


‚ Dinreihend zu ſeyn, sur Auslabung eines Waſſermaſſe des großen 


Dzang bo, bei befien fo langem Laufe auf einer erhabenen Pla⸗ 
teanlandfhaft, mie den trockenſten, regen⸗ und ſchneeaͤrm⸗ 
ten. Lüften (f. oben ©. 230, 266 ꝛc.), man bie fo ſche gefleigerte- ⸗ 
Abfosbtiondkraft der verduͤnnten Luftſchichten Höher liegender, dür 
zer. Hochebenen mit in Anſchlag bringen muß, worauf ſchon ans 
derwaͤrts bin vertiefen wurde (f. Aften Bd. II. ©. 681) um and 
nicht zu viel Waſſererguß zu. erwarten. Leber einige andere Um⸗ 
"Hände wirb weiter unsern noch berichtet werden; hier nur dies im 
Aligemeinen, biä wie anberwärts auch zu. den Wahrſcheinlichkeits⸗ 
gehuben Klaprothe, aus Chinefifchen Quellen, kommen, weiche 
Ehre die Identitaͤt mit dem Pinlankiang oder Irawadi (f. oben 


S. 233) ſprechen, bis ein San der wie den Quorra Central⸗Afri⸗ 


tas, fo auch den Irawadi, oder ben Dzangbo abwärts beſchiffen 
wird, was hier aus bee geographiſchen Noch am ſicherſten und 


ſchnellſten retten wuͤrde. 


- Die Ebene von Sodida, In welcher der Berein ber drei 
Hauptſtroͤme Lohit, Dibong und Dihong zu dem weitern 
Baufe des Bori Lohit oder Brahmaputra (f. oben &. 313) 
Rare findet, Tiegt nach obigen Meflungen, bie barometrifh ans 
geftellt find, auf einer mittleen Höhe von 1150 Fuß Par. üb. 


9, Meere, und wie hätten hiermit das Gefähe deq Stromes, wie 
die Senkung bed Stromthales sum Mieberlande Bengatens , das 


weiche viel über bem Meereeniveau erhaben Hegt, de bie Meeres⸗ 
Muth. aus dem Bengaliſchen Golf ſehe tief lanbein geht. Die 
Rage von Godiye iſt fhom oben näher: beſtimmt worden, auch 
Dis: nun beginnende Shbwefiwenbung bes Hauptſtromes (f. oben 
’@.:3483, 13 geogr. Meilen weit dis zur Aufnahme des größten 
Halten Zuſtromes, des Bori Dibing, von ber SD. Seite, diſ⸗ 
fen Hpbesgranhie und Hier noch hinzuzufuͤgen bleibe, che wir zum 
dam: Tpechtllen Berichterſtattungen übergehen. Hinfichtlich der Voͤl⸗ 
kerſtaͤmme erglebt ſich nun aus obigen Beobachtungen, daß die 
Mismis, dern Mizhu Mismi wie auch ſchon im Oſten bes 
Brahma Kund als Gebirgsvoͤlker Teufen lernten, und welche ſich 


als Coloniſten auf ber Sukato⸗Aue angeſiedelt haben, — im 


N 








4 


N 


Himat., IL. Oft-Gr., Afam, oberer Stromlauf. 353 


N. und N.W. von Sodiya fi; noch weiter ausbreiten, bis in 
bie Berggehänge zwifhen Dibong und Dihong. Am oben 
Dibong, zu deſſen beiden Seiten, breitet fi aber norbwärte 
gegen Tibet hin, das Gebirgevolt der Abors oder Bor Abor 
aus, und im W. von der Einmündung des Dibong, abwärts, 
am Norbufer des Brabmaputra bis zur Öftfpige der Mos . 
jauli⸗Inſel, zum Sifi:Difteiet, wohnen die Stämme bee Miri, 
welche von Sr. Hamilton noch mit ben Miemi verwechfelt 
werden, welche Neufvillesso) aber von einander ale verſchie⸗ 
dene, obwol vieleicht umter fi verwandte Voͤlker beflimme 
trennt. 

Dee heutige Urfprung bes Bori Dihing, in ber nur 
mit Hügelland umgrenzten, alleeding6 noch body liegenden Ebene 
ber Sinhphos, ganz nahe unterhalb bes bei des Station Ka⸗ 
fan noch volllommen fhiffbaren Noh Dihing, In ber. Umges 
bung des Sinhpho: Dorfes Bifa Baum, ift fchon oben anges 
führt. Dichte man fi den Noh Dihing, von Kafan an, che er 
feinen vieleicht jüngern Ami gegen N. W. ablenkte, gleich dem 
Oxus ber Alten,: gegen Well, im Bette bed Bori Dihing 
fortftrömend: fo würde der ganze Strom feine Normaldirection 
gegen W. S. W. gar nicht Ändern; er würde mit ſeinem moͤrd⸗ 
lichen Nachbar, dem Lohit, im merkwürdigen Paratleliss 
mus ſtroͤmen, und das mefopotanifche Land, zwiſchen bei⸗ 
den, würde in der Oſthaͤlfte ihres obern Laufes, von jener Lang⸗ 
tan: Kette mit bem erhabenen Dupha Bum erfuͤllt fepn, in 
der Weſthaͤlfte ihres untern Laufes aber jene waſſerreiche, mit 
frudhtbarem Boden bededte Ebene bitben, welche von’ hun⸗ 
dert Wafferabern durchſchnitten und vol ſtehender Suͤmpfe, mans 
che Zeichen früheren Anbaues barbietet, jegt aber groͤßtentheils 
unbewohnt und mit Wäldern, Bambusdidichten und Jungles 
bedeckt iſt. Es iſt dies wirklich die größte von allen jenen ſchon 
oben genannten Auen, oder von Flußwaſſern umfloſſenen Ins 
fein, da fie faſt üͤberall 5 bie 6 Meilen Breite bat, und bee 
Bori Dibing, der flo im Suͤden in gekruͤmmtem Laufe ums 
zieht, von Biſa Saum, etwa nur 2 Stunden im W. von 
Kafan, über die an feinem Ufer liegenden Orte Siro, ein 
unteres Bife u. a. m,, bi6 zum obgenannten alten Sort Seys 





®5®) J. Br. Nenfrille on the — and Population of Asara 
it Asiat. Research; Salt 1628, Tom. XVI. p. 334, 


ARittee Erbkunde IV. 


384 Hoch- Aſſen. IV. Abſchnit. 76. 


pore, an 13 geogr. M. Weges direct zuruͤcklegt, und von ba bis 
gu feiner Einmündung zum Brahmaputra auch nod) 10, zuſam⸗ 
men 22 bi6 23 geogr. Meilen. In der noͤrdlichen Hälfte 
dieſer Inſel fließt von DO. nah W. in gleicher Richtung bee Die 
buru:$luß, an dem Hauptoste Rungagora vorüberz dieſer 
eultivictere Theil dieſes meſopotamiſchen Land ſtriche der 
großen Bori Dihing Aue, iſt jenes obenbenannte Gebiet der 
Moamaripya (die frechen Mahamari⸗Rebellen, ſ. ob. ©. 309) 
Staͤmme, welches auf Horsburghe Survey den Namen Beng⸗ 
mora erhalten hat. (Sollte dieſer vielleicht etymologiſch mit 
Bung, der Erdwall, Mariya verwandt feyn? auch koͤnnten fie 
wol Verwandte der MWHatimuripas, der Großwuͤrdentraͤger des 
Reihe und ber alten Bevölkerung Aſams feyn, f. oben S. 307.) 
Der füdlihe Parallelſtrom des untern Laufe bes Bori Dis 
bing, ift der Ditho, an ben alten Gapitalen Ghergong und 
Nungpore vorüberziehenb (f. oben ©. 317), der unterhalb Bors 
bach in gleichem Vechältnig, nur in kleinerm Maaßſtabe zum 
Bori Dihing zu flehen fcheint, wie diefer zum Noh Dibing. Zum 
Schluß diefer Auseinanberfegung des Wafferneges von Ober⸗ 
Alam, die allgemeine Bemerkung, daB hier in der Mismi⸗ 
Sprache jeder Berg Teya, in dee Sinhpho Sprache aber 
Bum heißt; dee Fuß) oder Waffer, aber bei den Kampti 
Nam, bei ben Sinhpho Kha, bei den Mismi aber Di ober 
Ti. Daher alfo ale jene Namen von. Disgaru, Diskrang, 
Disbur, Disbong, Di⸗hong, Di⸗hing, Di⸗kho m. f. w., 
welche demnach meift einſylbige den Chinefifchen ſehr aͤhnliche 
Klänge baden, wie Bong, Hong, Ding, Kho, aber auch 
miter. Krang, Saru, Buru u. a.; woraus ſich zugleid ers 
giebt, daß fich bie meiften diefee Namen wol aus de Mismis 
Sprache erhalten haben, weil allen das Di ober Ti bfieb, daß 
dieſe daher in fruͤherer Zeit wol auch weiter in dieſem Strom⸗ 
ſpyſteme ausgebreitet geweſen feyn mögen, als fie es heut zu Tage 
ſind. Denn ihre Weſtgrenze finden ſie heute zwiſchen Dibong 
und Dihong, wo die Abor⸗Staͤmme auftreten; aus ben mes 
fopotamifchen Ebenen bes Noh und Bori Dihing, Im Suͤden 
ded Brahmaputra, fcheinen fie von ber Sukato⸗Ame an, abs 
waͤrts, alle auf die Nocbfeite zuruͤckgedraͤngt zu feyn, bucch 
Sinhphos, Moamaripas, Afamefın u. a. 


Himal., II. OR-Or., Ober⸗Aſam, Literatun. 355 


Anmerkung. EiteratusRahmweifung und chronologiſcher 
Kortfchritt ber neueſten Entbedungen von el 
In DObersAfam. 


Da wir Hier für die bisher nur ſehr oberflächlich —— Erd⸗ 
kunde Aſams, zum erſten male, nach jenen hiſtoriſch aͤlteren Das 
ten, auch das Geſamtreſultateeo) der zahlteichen neueften Bes 
obachtungen bee Surveyors, wie ſchon in jener Hudrographie, 
vorläufig, obwol in feiner hiſt riſch⸗geographiſchen noch unvoll⸗ 
endeten Entfaltung, mitzutheilen haben; fo ifl, bei der faft allgemei⸗ 
nern unkenntniß, ober. Nichtbenutzung berfelben, aber auch bei 
der Serftreutheit ber Driginalbeobachtungen und ihrer häufig fehr vers 
wirrten Art der Yublication **) bei bem erften Anlauf, wie ih⸗ 
sem oft nur theilweiſe oder fpäterhin auszugsweife in andern auch Deuts 
ſchen Zeitſchriften und Merken leichtſinnig wiederholten Drud, oder nur 
einfeitig angegebenen Gitaten, woburdy viele falfche Auslegungen unb 
Naifonnements entfiehen mußten, bier eine vollſtaͤndige Aufzaͤh⸗ 
Tung biefes Zweiges ber jüngften geographifchen Literatur über bies 
Land an feiner Stelle. Cs iſt dies nothwendig zur Verbrängung mans 
dyer ſchon eingefchlichener Irrthuͤmer und Werfälfchungen ber Daten, als 
pofitive Wahrheiten aus den Geographien, vor ar man fi nicht * 
nug zu huͤten vermag. 

Doch nur in ſo weit wir durch vielerlei grüßen im Otanbe gets 
fen, uns felbft in biefem Chaos zu orientiren, wird dies gefchehen können, 
ba uns doch wol noch nitht alle jene Indiſchen Driginalnacprichten gu 
Gebote ftehen, und ſelbſt bie erfie Duelle nit, die Calcutta Gou- 
vernement Gazette felt 1825, in welcher, als einer officiellen Beis 
tung, feit dem Birmanenkriege, in Calcutta, die wichtigſten Auffäge und 
Berichte eingeruͤckt wurden. Wir citiren fie mit C. G. Gaz. Gin ans 
deres Wert, Hor. Hayman Wilson Documents illustrative 
ofthe Burmese War etc, Calcutta 1827. 4. Appendix: Topogr. \ 
and statistical Notices Nr. 1—11. p. I XV, enthält aber einen Abe 
drud aller jener auf Afam bezöglichen offlciellen Artikel ber Calc. Gov. 
Gaz, bi3 zum 22. März 1827, bie wir hier mit Wilson Docum, 
App. Nr. und pag. citiren werben. 

The Asiatic. Joarnaland Foreign Register etc. Lon- 
don, feit Vol. XXI, enthält ebenfalls Abbrüde, Auszüge und Hinwei⸗ 
fungen auf jene Calo. Gor. Gaz., uber mit eigenen Railonnements bes 





sc. Nur theilweiſe auch bie und da anberwärts, z. B. Aue 
Mem relat. a l’Asie T. III. p. 405— 415. *ı) 3. 8. Capt. 
Lachlams st, und Larenaudiöre Rechesches sur le Bouran- 
poutre, in Nouv. Annales des Voyages de la Geogr. etc. p.- Byrice 
et Malte Brun. . Paris 1826. T. XXX. p. 397 — 402. 


82 


— 


—8' 


356 Hoch Aſien. IV Abſchnitt. $. 7 


Herausgebers, bie von denen der Calo. Gov. Gaz. gu unterfeheiben fine. 
Wir citiren As. Journ. Vol. 
. Dies find, nebſt einigen andern, wie die Asiatic. Researches etc., 


die HYauptfammlungen. aus denen ſich folgende Reihe des Kortfchritts ber 

GEntbedungen nadweifen laͤßt. 
3m Sahre 1825 

%, Lieutnant Buritons Letter dat. March 31 1825. river 


"Burrampooter North. Lat. 37° 54’, E. Long. 95° 24°, — Der erſte 


Biick in die nem ſich aufthuende Landſchaft Ober-Afams. ſ. Calc. Gar. 
Ghz. May 9. 18255 Wilson Doc. App, Nr, 1. p. I; Asiat. Journ. 
Vol, XXI. p. 52. \ 

9. Capt. John Bryan Neuftille Notices; über Gobiga 
bis zum Kunbil und die Sinhpho⸗Staaten; anonym (from — source) 


“mitgetheilt in Calc. Gov. Gaz. Jun. 9 18255 Wilson Doc. App. Nr. 9, 


p. I—III;, biefelben Daten finden fi fi) verarbeitet in der etwas fpäter 
herausgegebenen Abhandlung; die auch neuere, fpäter gemarhte Entdek⸗ 
Zungen enthält: Capt. J. Br. Neufrille Deputy assistant of the 
Quarter Master General, On the Geography and Population 
of Asam, in Asiatic. — Calcutta 1828. Tom. XVI. p. 331 
vis 352. 

3. Geographical Sketch of Asam, lithographirt, als Wei 
tage der Calc. Gov. Gaz. Jun. 9. 18255 nur ber Zert als Commentar 
Diefes erften Entwurfs des Survey in Wilson Doc. App. Nr. 2, p. 1; 
eben {p in Asiat. Journ. Vol. XXI. p. 186-188 und XXH. p. 713. 
4. Letter fr. Asam ohne Namen, in Asiat. Journ. Vol. XXI. 
1896. p. 491. 

5. J. Br. Neufville further intelligence ete. über bie 
Berzweigung ber obern Stronrläufe bis Brahma Kund, in Calc. Gor. 


. Gar. Jun. X. 18%; Wilson Doc. App. Nr. 3, p. IV’; verarbeitet in 


Nenfrille On the Geogr. in Asiat. Res. T. XVI. 1. c. 

%. Lieutnant Jones of the Quarter Master Generals Departe- 
ment, Route von Rungpore nad Jeypore am Bori Dir 
hing, im Day 1825, in Calc. Gor. Gaz. Jun. 33, 18255 Wilson 
Doc. App. Nr. 4. p. IV— VII. 

1. Capt. Bedford erfie Ercurfion umdb BVeſchiffung bei 
Dihong⸗Fluſſes bis Paſial (38° FNR.Br.) Im Nov. 18255 in 
Cale. Gor. Gar. Febr. 2. 18263 in Wilson Doc. App. Nr. 5. p. VII 
bis VIE anonym; Asiatic. Journ. Vol. XXU. p. 178, in Excerpten 
namenlos. 

8. Gapt. Bedford erfte Beſchiffung des Dibong bis gu den * 
Meist Dörfern, und erfte Beſchiffung bes Dikrang, im Dezember 1835. 


J 








' * 


Himal. 111. Oſt⸗Gr. Ober Aſam, Literatur 357 


Zuerſt und einzig in Wilson Doc. App: Nr. 6.. Voyage up te Dipeng 
ets. pe VII X mitgetheilt, 


Sm Iahve 1896. 

9. Gapt. Bedford erfte Schiffahrt den Bori kohit — 
und Entdeckung des Brahma Kund, im März 18965 in Calo. Gor. Gaz. 
21. Sept. 18263 Wilson Doc. App. Nr. 7. p. X— XII; Asiat. Journ. 
Vol. AA. 1827. p. 495 — 500. 

10. Lieutnant Bilcor Beſchiffung des kohit von Sodiya, erfte 
Beſchiffung des Tenga Pani zu dem Lande der Mismi, und Rachricht 
vom Sri Lohit,. Calc. Gov. Gaz. Nor. 2. ‚18263 Wilson Doc, App. 
Nr. 8 p. XII. 

. 11. ‘Notices on Mismis, and BorKhamti, Calc. Gor. 
Gaz. Nov. 6. 18255 Wilson Doc. App. Nr. 9; p. XIHI—XIV. on 
beiden Excerpte ohne Ramennemung in Asiatio. Journ. Vol. XXI. 18927 
p. 497 — 498. 

12. Lieutnant Wilcos Verſuch jenfeit bes Brahma Kund bis 
5 bis 6 Zagereifen oſtwaͤrts bis in das Land ber Mizhu Mismis, 
aber vergebliche Anftrengung weiter oſtwaͤrts zum erften Lama Dorfe 
und ben beiden Quellarmen bed Lohit vorzudringen. Aus ber Calc. 
Gor. Gaz. Sept. 21. und Noy. 23 bei Wilson 1. & p- Xi; im Auszug 
in Asiatic. Journ. Vol. XXIII. p. 499, 799 

13. On Brahma Putra, Letter dated Sediya 16. Dec. 1826, 
by an Inquirerz Raifonnement über bas pubrographifde Syſtem bes: 
Stromes; in Asiatic. Journ. Vol. XXIV. p. 44, 

13. Lieutnant Wilcos und Eapt. Burlton Excurſion und Be⸗ 
ſchiffung des Dihong, zum zweiten male, gegen Norden, über 
Paſial hinaus bis Pashi (Pashee), unter 28° 6’ N.Br,, ber Dionat 
ift nicht angegeben ‚in Calc. Gor. Gaz. 15. Nov. 18275 Wilson Doc. 
App. Nr. 160. p. XIV—XV; - Asiat, Journ. Vol. XXIV. p. 307. 

15. Raiſonnement der Calc.-Gov. Gaz. March 22. 1897, über 
das hydrographiſche Syſtem bes Brahmaputra in Beziehung auf Klap⸗ 
roths Hypotheſe, in Wilson Doc. App. Nr. 11» p. XV; in Asint. Journ. 
Vol. XXIV. p. 430. — Nachtrag hierzu- aus Calc. Gov. Gaz. March 29. 
1627, fehlt bei Wilson Doc.; aber in Asiat. Journ. Vol. —— 


Im Jahre 1827. 

‚16. Capt. Wilcor und Capt. Burlton Sournal einer 
Räfe von DObersAfom, nad dem Bor’ Khampti Lande und. 
zum Irawadi, vom 24. April bis Juni 1827, in Calc. Gov. Gaz. 
. Juli 16. 18275 _ Asiatic. Journ. Febr. 1828. Nr. CXLVI. p. 202; aus 
Caloutta Oriental Magazine, in Asiatic, Journ. ‚Vol. XXVI. — p· 531 
bis 628 — fehlt bei Wilson Documents. : 


+ 


- 


358 Koh-Afen. IV. Abſchnite. $. 76. 


Die verſqh iedenen hierher gehörigen und allein brauchbaren Karten 
von Afam, zu andern Generallarten von Iubien ꝛc. gehörig, wie ber 
neue Survey von Afam in J. Seruness Indian, Atlas find im obis. 
gen ſchon angegeben. 


8. Befondese Berihterflattung der einzelnen Er» 
peditiouen, feit 1826, duch Ober⸗Aſam, und über 
: dDeffen Ethnographie. 


a) Lieutnant Jones Lanbmarfh von Rungpore nach Jeypore 
(6.—16. May 18%); Ditho und Bori Dihing Land. 


Indeß bie Flottille der Britiſchen Zruppen nad des Gapiın 
lation von Rungpote ben Brahmaputra⸗Strom aufwärts fegelte, _ 
bis Sodiya, hatte Lirutn. Jones von Rungpore 562) fein 
Kruppen-Gorpe zu Lande dis Jeypore am mittlern Bori Dis 
ding zu führen, wodurch wir von ber Eandesnatur vom Dikho 
aus entlang am linken Uferlande des Difung, über Bor: 
hath bis Jeypore einen anfchaulidhen Begriff erhalten. Der 
ganze Weg bis Borhath an 10 geogr. Meilen direct, beträgt aber 
über 15 geoge. Meilen (62 Miles Engl. nach Wegdiftanz), we⸗ 
gen ber vielen Ummege und Kruͤmmen, eine Steede, die mit größs 
ter Anftsengung nur in 8 Zagemärfchen mit den Truppen 
zurüdgelegt werden konnte, weil faft uͤberall fchlechte Wege, viele 
Suͤmpfe und verwachfene Stellen (Jungles) vorlagen, und 5 
wilde Fluͤſſe auf erſt zu fällenden Baumbrüden ober Faͤhren 
zu überfegen waren, ba nur über einen berfelben eine Bruͤcke 
von 3 Steinbogen gebaut war. Beim Ausmarfh von Mungs 
pore (6. May) gegen Of, war der Weg bie erften 2 Stunden 
ein hoher, breiter Erbwall, ein Bung, aber biefer brach bald 
piöglih ad. ‚Am zweiten Tage ging es durch Bambusbidichte, 
nur ein paar Dörfer zur Seite, in Sumpfüngen, zum Dithes 
Flus, der 70 Ellen breit, reißend und tief auf einer Fähre, «ts 
was oberhalb ber alten Gapitale Ghergong, Überfeht warb. 
Jenſeit folgten wieder Werfumpfungen ; eine Strecke guter Hoch⸗ 
weg (Bung) 15 Zuß breit, biß gu einer Steinbrüde über den 
ZizacumaFluß. Die folgenden Tagemaͤrſche mwechfelten nun 
gute und böfe Stellen ‚auf diefelde Weife immerfort mit einan⸗ 
der ab, fo daß es ſelbſt mit den Elephanten, welche der Bun 


so e. FJonte Route ſ. ob. . Aam.S. 866 Rr. 6. 





Himal., III. Of-Cr., Ditho und Bori Dibing. 359 


port bei ſich hatte, faſt zu ſchwierig war, ſich die Wege hindurch 
zu bahnen. Einſt mochte die Hochſtraße (Bung) im beſten 
Stande geweſen ſeyn, jetzt aber war ſie an unzaͤhligen Stellen 
von den Nullahs durchbrochen, welche die weiten, waldigen, bu⸗ 
ſchigen oder mit Bambusdickichten bedeckten Ebenen mit ihren 
Verſumpfungen fuͤllten, oder oft zu beiden Seiten des Erddam⸗ 
mes ſich fliegende Waffergräben gebildet hatten. Die ganze Ges 
aend lag in Verwilderung, und bis Burhath (Bor Hath bei 
Neufville), dad am achten. Tagemarſche erreicht ward, hatte 
man nur aus ber Ferne die Ueberreſte weniger zerflörter Dörfer 
und verfaffener Aderfelder erblickt. Noch am legten Tagemarſche 
war die Hochftraße von 5 bis 6 reißenden Nullahs quer durchs 
drohen. Bon Borhath, das mitten im Waldlande, zwifchen 
mannebohen Srafungen liegt, waren nur noch alte Stodaben 
und Waͤlle, ein paar Fuß hoch übrig, der aͤußere Graben 5 Fuß 
tief und 6 Zuß breit. Der Fluß Difung (Difang bei Neuf⸗ 
ville, Deffing bei Jones) ift bier 90 bis 100 Ellen (Yards) 
breit, am 14 May war er durchgehbar; aber Tags darauf ſchwoll 
ee 3 Zuß böher an. Er kommt bier von &.D. vom Gebirg 
herab, und wendet fidy bei dem Orte im Knie gegen S. W. Nur 
ein paar Ständdhen Im S. O. ftürjt er fi), 40 bis 50 Fuß hoch, 
von Felshoͤhen herab; oberhalb iſt er nue noch für Seringas 
(Kanoes?) fchiffbar. Eben da, gegen S.O., liegen am Anfang 
der Vorberge, 70 bis 80 Kuß über ber Plaine einige Afames 
fen: Dörfer, deren Bewohner durch die ufurpatorifchen Sinh⸗ 
phos aus der fruchtbaren Ebene hierher vertrieben find. Weiter 
landein, gegen S. O., ein paar Tagereifen weit von Barhath, 
legen die erſten Dörfer bes Gebirgeammes bee Naga 6, bie 
mit den Afamefen befreundet find, 
Am 16. May wollte man vom Bette bes Difung bei 
Burbach, nah dem alten Fort Jeypore, das nur 2 flarke 
Stunden fern gegen N.D. am ganz benachbarten Bori Dis 
bing Hegt, fortruͤcken; aber die Walddickichte, die Bambusgehöfge, 
die unzähligen Zerreißungen des Bodens durch die Nullahs, mach⸗ 
ten ſelbſt den Elephanten die groͤßten Beſchwerden und Gefah⸗ 
ren; man verirrte ſich, man mußte umkehren, und ſich mit Aus⸗ 
ſendung der Spione nach dem Fort Jeypore begnügen, das 
nach ihnen halb ſo groß wie Rungpore ſeyn ſoll, von 6 Fuß ho⸗ 
hen Erdwaͤllen, die 8 bis 10 Fuß breit ſind, umgeben iſt, und 
dieſe von 15 bi6-20 Fuß breiten Waſſergraben. Dee Bori Dis 


/ 


3600 Hoch- Aſien. IV. Abſchnitt. $. 76; 


bing hat bier eine Breite von 200 bis 300 Elm (Yard), und 

ift aufwärts bis Digi Chat, nad) Neufville, ſchiffbar. Dörfer 
umher waren hier nicht ſichtbar. Zahlreiche Zufluͤſſe, ſagt Neuf⸗ 
ville 565), fließen bier von der füdlichen Gebirgslinie der 
Nagpur:Stämme (b. i. der Naga: Stämme des Grenzge⸗ 
dirges von Afam) in die linke Seite des Bo ri Dihing, waͤh⸗ 
rend feines Laufes oberhalb Jeyppore (Jappur bei Neuf⸗ 
ville); fie durchſchneiden die Birmanenflraße, bie hier, wie 
‚die Sinhphoſtraße, höher aufwärts gegen S.D. zieht, fie ers 
ſchweren den Durchmarſch auf derfelben während der naffen Zah: 
- veßzeit ungemein, auf biefelbe Weiſe wie jene von Jones bes 
ſchriebene Strecke abwärts von Jeypore. — Kin flüchtiger 
Afamefe, der bee Gefangenfchaft dee Sinhphos, die mit den 
Birmanen gemeine Sache machten, entlaufen war, erzählte, daß 
fie ihn vor. drei Monaten in feinem Dorfe weggefangen und 
nah Biſa gong (oder Bifa gaum, nah gaum, d. I. dem 
Oberhaupte, oder nach gong, d. I. dem Orte genannt), wol 10 
geogr. Meilen . weiter aufwärts zur Quslie bes Bori Dihing 
gefhleppt hätten, wo er ben Boden graben und Gras fchneiben 
mußte. Es feyen dort Kbrnvorräthe für 2000 bis 3000 Mann 
Birmanen aufgehäuft gewefen, ‚bie man als Zuzug gegen die 
Briten erwarte. Die dortige Stodade ſey 150 Een lang, mit 
6 Fuß hohen Wälen und Gräben zu beiden Seiten. 


b) Schiffahrt ben Brahmaputra aufwärts, von der Gegend ber 
Gapitale Rungpore bis Sodiya (1825). — Die Moamaripas, 
die Miris nach J. Br. Neufpville 6). 
Schifft man auf dem Brahmaputra aus der Naͤhe der 
Capitale Rung pore ſtromauf, fo fährt man die Einmüns 
dungen der. Fluͤſſe Diſung, Bori Dihing und Diburn, 


‚ bie rechter Hand gegen &.D. ober auf dem linken Ufer des 


Haupiſtromes liegen, vorüber. Diefe ganze Uferfeite ift mit es 
ner verwilberten, bufchigen, ebenen Landſchaft überzogen, aus wel⸗ 
- her bie und da Gruppen hoher Baͤume hervorragen, weiche bie 
Lage früherer Ortfchaften bezeichnen, die jegt zerflört und veröbet 
find, weit ihre Berwohner von ben Birmanen, den Sinhphos 

und andern SUMMN, die cuf nme) ausgehen, alß 


663) Asiatic. Res. T. XVI. p. 333. ° **) J. Br. Nöufrilie Asiat. 
Res, T. XVI. n 231 — 335, ſ. 2 Yan. 356 Rr. 2. 


N . 
Himal,, II. Ofb-Br.,. Sifi-Diftric, Moamariya. 361 


Selaven entführt find. Am DOftende ber Mojaulis$nfel, deren 
Spitze man hier verläßt, Tiegt zu ihrer rechten Uferfeite der Dis 
ſtrict Sift, zu Asam proper gehörig, durch gleiche Raͤubereien 
verödet. An der Spaltung des Brahmaputta zu 2 Armen, welche 
diefe Mojauli⸗Aue umfließen, liegt Solal Pal (Sotal 
Paat bei Wilson Doc.) bei Maura Muth (Mukh Heißt ein 
Anterplag), einft vol Dorffchaften, wovon jegt nue noch wenig 
Ueberrefte fih zeigen. Vom Stfi: Diflrict an und von der 
DOftfpige der MojaulisInfel liegt bas Nocbufer des Haupts 
firomes, Lohit, oder Brahmaputra, gegenwärtig ohne allen 
Anbau, nur mit Wald und Jungle bedeckt, nordoftwärts, bis zu 
bee Linie ber erſten nördlichen Worberge, bis zur Einmündung 
dee Dihong. Weitere Nachricht von diefem rechten Nordufer 
erhalten wie nicht, als daß daſelbſt zwiſchen Siſi⸗Diſtrict und 
Dibongs Einmündung das Volk der Miris feine Sige hat. 


Anmerkung i. Die Moamariya, Mohamary, Moransıc. 


Am linken Suͤdufer des Hauptſtromes bezeichnet bie Einmündung 
des Diburu (Diburu Nala) die Weftgrenze des Diſtricts, den bie 
Zribus der Moamariya einnehmen (Mahamary⸗Rebellen bei Fr, 
Buhanan)z Reufville fehreibt fie Morans (Moraus bei Wilfon), 
andere Mutteks und Mowamariasz fie find an Afam tributpfliche 
tig. She Diftrict verbreitet fi) über die große vom Bori Dihing 
im Süden, und vom Lohit im Weften bis gegen Sobiya hin ums 
floffene Aue, jene mefopotamifche von Waſſern, Sümpfen, Wäldern und 
Zungles vielfach durchzogene Niederung, welche ber Diburu, der im 
Süden von Sobiya der Kunbils Mündung gegenüber entfpringt, diagos 
nal, von D. nach W., durchſchneidet, und in eine mörbliche und füds 
liche Halbe theilt. An diefem Fluſſe Liegt die jetige Reſidenz ihres Obers 
bauptes bes Barfenapti (ber Burfiapati b. Wilfon, Senapati 
b. Reufoille heißt)s der Ort heißt Runga gora (auf bem Survey und 
bei Wilfon, Banga gora bei Neufville) und liegt im Gentro ihres 
Beſitzes; ihre früheren Gapitalen Bara und Chota Sakri, nahe am 
Urfprunge des Diburu, lagen zu nahe an ber Grenze der Sinhphos, und 
waren ihren Ueberfällen zu ausgefeht. 

Die Moamariya, fagt Neufville, find Hindus (2), oder viels 
mehr nur BifhnusDiener, aber fehr Jar in ihren Gebraͤuchen, und 
von ben Bengalis kaum als ihre Glaubensgenoſſen anerkannt (bie jünger 
bekehrten Aſameſen find von der Siva⸗Secte; vielleicht gehören biefe 
Bifkaus Diener. noch einer Alteften Hinduherrſchaft in Afam an). Den 
Afamefen. gelten fie aber eben fo raubfüchtig, wie andere Raubftlämmes 


[4 


368 Hohe Afen. IV. Abſchaitt. $. 76. 


the Oberhaupt erkennt ben Radja von Afam wol als feinen Oberherrn, 
er hat fich indeß während ber legten Kriege von Sinhphos und von ber 
Birmanen Unterjochung inbependent zu erhalten gewußt; er zeigte ſich 
ben Briten befreundet. Im Norden der MoamariyasAue, von der 
Sinmünbung bes Dihong zum Lohit an, aufwärts, beginnt, am 
Rorbufer biefes Hauptſtromes, das Gebiet dee Miſsmis; aber abs 
wärts von da gegen Weſt, bis zur Dftfpige der MojaulisInfel, find 
Wohnfige der Miris, beren Ortſchaften zwar noch kein Europaͤer be⸗ 
ſucht Hat, die aber nach Neufvil les Beobachtungen von ben mehr dfls 
chen Mismi, mit denen fie Fr. Hamilton vermifchte, gu umters 
ſcheiden find. Ron ihnen hat Mirigong (gong, b. i. Dorf) feinen 
Kamen, das etwas abwärts der Ginmündung bed Dihong Liegt, welche 
Silani mukh (mukh, d. i. Ankerplatz) heißtz ein Name, ben fie hier 
von ben zahllofen Felſtruͤmmern erhalten hat, bie hier, vom Dihong und 
Dibong herabgewälzt, umher gerfiveut Liegen. 


Anmerkung 2. Die Mirie, : 


Die Miris find ein faft barbarifdyes Bolt, ganz roh, ganz ver 
ſchieden in Sprache, Geſtalt und Sitten von deu andern Bewohnern Dfls 
Aſams. Unter ihren Dörfern iſt Motgaum bie bebeutendfle Ortſchaft, 
welche erſt Türztich von ihrem Saum (b. i. DOberhaupte) befegt if, 
ber ſich Afam unterworfen hat, weit er Schuß gegen bie Ucberfälle feis 
ner nördlichen Nachbarn, ber Abor, vom Gebirgsiande bedurfte. Wie 
diefe find auch fie treffliche Bogenſchuͤtzen; fie vergiften ihre Pfeile mit 
dem Gift einer Pflanze, bie in den Bergen ber Mismi und Abor waͤchſt; 
andy erlegen fie bamit wilde Thiere, deren Fleiſch dadurch nicht unfchäd, 
lich gemacht wird. In Freundſchaft mit‘ dem Sodiya Gohain, ober 
OARANEE von Sodiya, ſtehen ſie in Feindſchaft mit dem Sinhphos. 


N Beſchiffung des Dihong aufwärts bis Paflal und Paſhi, durch 
Bedford (1825), Wilcor und Burlton (1826) 5%). — Gage 
vom Sri Lohit; bie große Fluch. — Die Abor und bie 

Bor Abor. 


Unterhafb der Einmündung bes Dihong ift die Station 
bes Rieutnant Burlton, von woher er feinen erften Brief, vom 
g1. März 1825 (f. oben 6. Anm. &. 356 Ne. 1.), fchrieb. An 
biefer Anterftelle hatte der Hauptficom, damals, eine Breite von 
460 Fuß (150 Yarbs), im Felfenbett nur 3 bis 4 Fuß Waſſer⸗ 
tiefe; die Außerfien Ufer feiner vielen Verzweigungen gab er auf 
1800 Fuß (600 Yards) an. Von dba zum Brahma Kund rech⸗ 





ses) ſ. oben $. Anm: S. 356, 357 Ar. T. und Wr. 14. 


- 


Himal. IIR OR-Gr., Alam, Dihong. 863 


nete ee 10 Tagereiſen. Den zunaͤchſt vom Norden herad einfal⸗ 
tenden Hauptzufluß, den Dihong, befchlffte zureft im Herbſte 
deffelben Jahres, Capt. Bedford; hier das Mefultas feines Be⸗ 
richtes. 
1. Erſte Tagefahrt, 18. Nov. 1826. Die Eiafahrt 
aus dem Hauptſtrom nordwaͤrts zum Dihong iſt frei von Felſen, 
der Strom iſt mild und ruhig, der Sand hier noch ſo haͤufig wie 
im Bette des Brahmaputra. Am Üfer entlang zeigte fich viel 
Wir. Nachmittags 3 Uhr paffite man bie Einmündung des 
Dibong von ber Oftfeite, und fahe an jeber Seite deſſelben ein 
verödetes Dorf. dee Miri. Ein Afamefe hielt bier mit feinem 
Dinghi (Rance), der durch einen Arm des Kundil in den Dis 
bong gelangt war, und zwas auf einem ſehr kurzen Wege, da 

a erſt am Morgen von Sodiya abgefchifft war. 

2 Bweite Tagefahrt (19. Nov.). Ohne viel Hem⸗ 
mung flromauf gefchifftz der Sandgrund bes Bettes nahm ab, 
in gleichem Maaße nahm die Menge der Rollſteine zu. Berge 
traten von ber Dflfeite die zum Strom heran, gegen "Mord 
fahe man in dem’ Bergzuge bie Lüde, weiche dus Stempel 
herabfetzt. 

3. Dritte Tagefahrt (20. Nov.). Die Stromſchnellen 
— nahmen zu, fie fingen an ſehr beſchwerlich zu werden; 

ein Zufluß der Lali wurde vorhbergefchifft. 

4 Vierte Tagefahrt (21. Nov.) Die Zunahme des 
Streomfchnelien nöthigte zum Ausfleigen, man mußte das Boot 
fortftoßenz der Fluß war felcht, doch fehlte es nicht an Wafler 
er nimmt bier eine entfchiedbene Wendung von Nord, wie bisher 
gegen N.W. Viel Wild, Büffel in Menge zeigten fih au ſei⸗ 
nen Ufern. Auch bee Waffervogel, Kuwari, findet fich hier im 
Menge, und die Mofhus:Infecten (Musk beetle) fangen 
am fehr befchwerlich zu werden. Man kommt hier der Gebirgs⸗ 
Bette fchon fo nahe, daß man bie Bäume guf ben Worberbergen 
deutlich erkennt, und bie einzelnen Ausrottungen bee Wälder und 
bebaute Stellen; Dörfer zeigten fich aber noch nicht. 

Slnfte Zagefahre (22. Nov.) Um 4 Uhr Nachmittags 
zeigte fi) am rechten Ufer, alfo an der Weftfeite, das erſte Dorf 
Dafial, von Abors bewohnt (28° I M.Br.). Der Radja 
des Dertes erlaubte die Weiterfahrt nicht, unter dem Vorwande, 
die weiter hin wohnenden Abors ſeyen zu wild, und bie Gefahr 
vorzubringen zu groß. Man mußte fi alfo mit 2 Raſttagen in 


304 Sch = Afen. IV. Abfchniet, „$. 76. 


Daflat begnügen, und dann umkehren. Diefe Abors, geigten 
fidy als rohes aber gutmüthiges Volt, Die Berge gegen Wer 
waren von.ipnen und den Maiyeng:Abors (BorMeyong 
zrolfchen den rechten Zubächen Siom und Kola, zum Dihong, 
auf Hocsburghs Survey) in Befig genommen; die auf der. 
Dftfeite des Stromes norbwärts der Bäche Shiku und Yos 
muni, waren von den. Padow, Sillu (Eii), Mebu 
(Menbu db. Horsburgh) und Golimar bewohnt. Es beflcht 
aber Fehde zwiſchen beiden Uferfelten. Die Paſial⸗Abors 
hatten gute Waffen, Bogen und vergiftete Pfeile, auch Sperre, 
"oder ein ſchweres, ſcharfes Schwerdt, Dhao, wie die Sinhphos. 
Sie eſſen das Fleiſch von Elephanten, Rhinoceros, Schweinen, 
Buͤffeln, Wild und Waſſervoͤgeln, doc) zeigten fie Abſcheu gegen 
das Eſſen des Rindfleiſch, die einzige Spur des Hinduism bei 
ihnen. Sie trinken auch berauſchende Getränke, und zeigten große 
Begier nach Salz, Tabak, Tuch. Auch bemerkte man wenig 
> Spuren einer Religion bei ihnen. Sie ſollen einem Goͤtzen, 
Aphum,, Opfer bringen, deſſen Tempel jenſeit der Berge ber 
Abor Liegen fol. In dem Worte hum glaubten die Briten eis 
nen Anklang an die Buddhiſtiſche Gebetöformel Om mani etc. 
zu finden (f. oben ©. 167). Die Hauptkleidung diefer Abors 
befland in dem Churia, b. i. einem Zeuge aus der Rinde bes 
Ud dal⸗Baumes gefertigt, das zugleich zum Keppich dient, um 
darauf zu figen, und zum Dhoti, d. I. zum Umfchlag und zum 
Ummideln der Lenden. Es hängt vorm und hinten etwa fünf 
Viertel Fuß tief herab, gleich einen weißen, bufchigen Barte, und 
diene auch beim Machtlager al6 Kiffen, darauf zu ſchlafen. Als 
les andere ihrer Kleidung [dien nur Drnament zu ſeyn, wie bie 
Müse, der heimartige Haarputz, Zierrath von, Fellen, Halsperlen 
u.a. m. Die rothen Wollenzeuge, welche man öfter. bei 
ihnen fabe, fagten fie, erhielten fie aus einem Lande das ober 
halb der Gebitgskette Liege (karmoiſinroth und roſenroth iſt bie 
vorzuͤglichſte Faͤtbung ber Wolle bei Tuͤbetern, ſ. oben S. 263, 
7272) Dieſe Abors ‚übten das Recht des Staͤrkern ‚gegen 
ihre ſuͤdlichen Nachbarn, die feigen Aſameſen; fie forderten von 
ihnen Contribution ein, und überfielen fie, wenn fie nicht zahl 
- ten, in Raubzügen,, auf denen fie bie Gefangenen als Sclaven 
mit in ihre Gebirgéheimath fehleppten. Mehrere. diefer Altern, 
weggefangenen ˖ Aſameſen fanden die Briten bei den Paſials noch 
vor; ‚fie hatten fich in ihr Schickſal fhon fo eingewohnt, baf 


— 


+ 


Himal, III. Oſt⸗Gr. aſam, Diton. 365° 


fie keinen Drang mehr zelgten, Ihre Lage mit einee andern zu Det 
tauſchen. 


Bmweite Stromauffahrt duch Lieutn. Wilcor 
und Buriton (18%). Es fehlt der ſpecielle Tagesbericht; wit 
erfahren nur, daß fie zwel Tagereiſen weiter als das früher er⸗ 
reichte Paſial, bis zum Abor Dorfe Paſhi vordrangen (28° & 
N.Br.). Die Dorfbewohner hinderten fie an ihtem fernern Vor⸗ 
dringen nicht, ſuchten fie aber von den Gefahren und Beſchwer⸗ 
den, denen ſie ſich ausfegen würden, zurüdzubalten, verfagten ih⸗ 
nen Zührer, und leiteten fie irre durch falfche Ausfagen. Dies 
zu den Naturhinderniſſen binderte ihren Fortſchritt. Die ſteilen 
Selsufer, die Seitengebirge, ein gewaltiger Etromfall (rapid), den 
fie aicht ohne Gefahr mit ihrem kleinen Fahrzeuge hinauf konn⸗ 
ten, noch weniger herab, zwangen fie zue Umkehr. Als fie bie- 
nachften Felſen am Ufer erfletterten, ſahen fie den. Strom ohne 
Untetbrechung über dem Cataract gegen Weſt ziehen, die Kühres 
fagten 4 geogr. Meilen weit, und dann wende te fich eben fo 
weit gegen Nord. Der Weg zu bem Lande der Bor Ador 
geht hier bitect gegen ben Norden, er verläßt daher bier das 
Stromufer. Die Breite des Stromes ift hier auf 300 Fuß 
(100 Yards) rebucirtz fein Lauf iſt ſehr langſam. Da er ſich 
aber nicht verzweigt, ſo muß alles von oben herab zum Brahma⸗ 
putra gehende Waſſer Dusch diefen Canal feinen Ablauf haben. 
Dies il aber mehr als die Doppelte Waſſermaſſe des 
Brahmaputra. Die Quelle diefes Stromes, fagten bie Abor, fo 
ſehr weit entfernt liegen. An biefee zuletzt erreichten Stelle 
lebte die Tribus der Simongs; an iht Land fol das der Las . 
mas (Rübet, oder Gombo?) dicht angrenzen. Nach einer ans 
bern Ausfage 99) von Mr. Scott und Wilcor, fol die dor⸗ 
tige Ausfoge der Bewohner gewefen ſeyn, daß ihe Land an, beis 
den Ufern des Dihong fi noch 10 geogr. Weiten. (60 Miles) 
gegen N.W. ausdehne; die Volkoſtaͤmme jenfelt ſeyen ihre Feinde, 
weiter bätten fie ſelbſt keine Kunde. — Wären diefe Simongs 
fhon zu jenen H' Lokba⸗Voͤlbern zu zechuen? bie an ber Suͤbd⸗ 
grenze Gombos im Süden des Momtchu ober füdblihen Nus 
tiang (f. oben ©. 212, 214, 224) wohnen, den. Klaproth für 
dem obern Lauf dieſes Dihong zu halten geneigt iſt? von gekerb⸗ 


“es, f. oben $. Anm. S. 367 Nu. 43, Letter by an —* etc. 


306  Ho-Alen, IV. abſchnitt. $. 76. 


ten’ und befaͤrbten Lippen wirb uns frellich nichts durch die Bri⸗ 
ten erzähle. Oder follten die nordweſtlichen Feinde diefer Si⸗ 
möngs erft jene H'Lokba's feyn? — Wenn aber dieſer Mom⸗ 
hu (Montfiu, auh Lub naghtfiu) wirklich wie dies Tür 
betifhe Quellen, nad Klaproth’6 eigener Angabe (f. oben 
&. 213 Zeile 2 von unten, vergl. S. 224 Zeile 18 von oben) 
verſichern, fich in dem großen Dzangbo von Tuͤbet ergießt, fo 
kaunn dieſer Dipyong nicht blos jener Momtchu, fon 
den mußte eben darum aud die Kortfegung bes 
Dzangbo feyn. Den Tübetern ſcheint Klaproth, obwol «er 
biefe Angabe fpäterhin fallen Läßt, und nur dem Chinefenberichte 
folgt, Hier eine genauere Keuntniß ihrer Hpbrographie in ihrem 
eigenen Rande: zugutrauen, als den Chinefifhen Kartenzeihnern 
umb denen, welche jene Zufäge zu ben andern Stußläufen'(f. oben 
©. 223, 225 u. a.) der Khienlongfchen Karte hinzufügten, aber 
zu diefem nichts zu fagen wußten, jebod auch dieſes wichtige Fac⸗ 
tum nicht wiederholten. Uns iſt wenigſtens auch kein einzige® 
Beiſpiel hiſtoriſch bekannt, daß Chineſiſche Autoritäten bie zu Dies 
fer Suͤdgtenze Zübets gegen Alam vorgebsungen wären, um hier 
als Beobachter [prechen zu koͤnnen, oder ein Urtheil zu haben, im 
einem Gebirgslande, von welchem, hinabwaͤrts, bie Beurtheis 
lung ber Stußläufe feine großen Schwierigkeiten bat, Eher wuͤrde 
uns hier noch die Ausfage eine Kaufmanns aus H’Laffa 57) 
gültig ſeyn, der von ba nach China gereifet war, und dem Dir. 
©cott, der als Governor Generals- Agent in Aſam beſchaͤftigt 
‚ war, bie geoße Krümmung ihres Tübetifhen Dzangbe 
(Xfanpu) flissiet, weicher nach ihm zuletzt gegen den Säden 
ließe, ihnen ganz aus bean Augen komme, bei feinem 
Eintritt: in das Bergland der Abort und Duphlasz 
dieſelbe Anficht, weihe auch Turner in Teſhu Lumbu mitges 
theilt erhielt, ehe Curopaͤer noch etwas vom Brahma Kund erfah⸗ 
ren hatten (ſ. Aſien Bd. I. S. 485). Die Hypotheſe einiger 
Briten 8), dem Subunf hiri (f. oben ©. 314) für den Erguß 
des Momtchu zu halten, können wir eben fo wenig teilen, wenn 
dieſer, nach der Tüberifipen Autorität, ſich in ben Diangbo ers 
gießt. — 

Von dem Abors Dorfe Paſhi beſchteiben Wilcor und 


"n) f. oben Ferne an 13. Letter b "an Ingeirer etc. 


Himal., 11 Oſt⸗Or., Alam, große Fluth. 8067 


Burlton die Ausfiht als fehr großartig, ba man den Brahma⸗ 

putta⸗Lauf, von da an, ſuͤbweſt waͤrts hinab bis Sifi (f. ob. 
€. 361) erblidt, auch die Vereinigung des Dihong mit ihm ‚ges 
gen Süd, im Dft den Spiegel des Kundil und anderer Ströme, 
dahinter die hohen Schneegebirge im Oſten von Sodipa, 
aber auch hinter diefen Piks noch viel weiter gegen ©.D., das 
große wol 30 geogr. Meiten (150 Miles) ferne Schneegebirge 
der Langtan⸗K ette gegen das Stromgebiet des Irawadi hin. 
Wahrſcheinlich iſt es auf dieſer Excurſion, daß Wilcor eine 
Heine Sammlung von Gebirgsarten 9) machte, welche 
beweifen fol, baß die Nordkette von Afam, auch ben Bes 
ſtandtheilen nach, eine Kortfegung bes Himalapa-Zuges von N. W. 
ber ſey. Vorherrtſchend wie dort, fo auch hier, Thonſchiefer, 
Gneuß und Porphyegänge von eigenthümlicher Axt, die hie⸗ 
figen Sandfleinarten feinen zur Graumwadenformation zu 
gehören, die mit rothem oder primatsem Sanbftein wechfeln foll, 
in denen auch Steinkohlenlager zu erwatten feyen. 


Anmertung 1. Sagt vom Sri Lodit und der geoden 
\ Fluth. 
Neufvilles 70) Beobachtungen in Ober⸗Aſam fäeten ihn bahn, 
in biefem Dihong die Hauptader des Stromes von Afam 


(nicht im Lopit vom Brahma Kund) zu erkennen, wegen feiner Waſ⸗ 


ſerfülle ımb ber Direction feines Laufes. Diele Anficht erhielt 
einige Wefdtigung durch die Wegebenheit einer großen Waffers 
fluth, die fi vor einem halben Jahrhundert zur Zeit ber Stegierung 
Rajeswhara Singhas (f. oben ©. 301) zutrug. Es kam ploͤt⸗ 
lich eine alles uͤberſchuͤttende Fluth den Dihong herab und über- 
Idywenmte das ganze Land, rip ganze Dörfer und Diftricte- mit ſich 
fort. Sie foll fo heftig gewefen ſeyn, daß fie der ganzen Landſchaft ans 
dere Beftaltungen gab, unb den Stromlauf jelbft weſentlich veränberte, 
Diefe Fluth Hielt 14 Zage anz mit ihre wurden allerlei Geraͤth ber Agri⸗ 
eultur und Hauswirthfchaft, auch Glepbantenfallen und eine Menge ans 
derer Dinge, mit herabgeſchwemmt, die einer eivilifirteren und gefelligeren 
Population mit Ackerwirthſchaft uud Hfrtenleben angehörten. Dies bes 
weife, ſagt Neufville, offenbar eine Communication gegen Notre 
ben, entweder eine anhaltende, oder nur periodifche, vielleicht nur oeca⸗ 


fonelle, mit einem großen Strome ber nörblidy anliegenden Hoch⸗ 
plaine. Dieſer große — im Norden, wird in Aſam ſeyr allge⸗ 


29) Asiatie. Joum. New Ser. Vol. I. 1830. p. 65. - 
0) u SS T. XV1. p- 335337, 


. 


368 Koh-Aem IV. Abſchuitt. $. 76. 


mein SriLohit, der Heilige Strom genannt, ber feinen Urfprung 
von einem obern, unzugänglichen Brahma Kund nehmen fol, von dem 
in heiligen Büchern bie Rebe fey, oberhalb berfelben Gegend, wo ber 
Buri Lohit oder Brabmaputra von Afam wirklich entfpringe. 
Da alle Tribus, mit denen fi) Neufville barüber befprady, von 
diefem Sri Lohit wußten, fo meint'er, rhüffe es wol ein großer Strom 
feyn, und der Dihong müffe mit ihm in Berbinbung ſtehen. Die naͤ⸗ 
here Erfarſchung kann nur hierüber Auffchluß geben, ob ein folder heis 
liger Rordſtrom wirklich vorhanbeg fey, und in welder Direction 
er feinen Lauf habe, ober. ob er, wie Andere *72) meinen, zumal wie er 
von ben Sinhphos bei ihrer Wanberungsgefchichte (f. unten) angegeben 
wird, nicht ein blos mythologiſcher Strom = Daß ber Dihong 
den Abzugscanal einer großen WBaffermaffe gegen Süben 
bidet, daran iſt gar kein Bweifel mehr: denn er Liefert bie Haupte 
maffe bes Afamı = Stromes; es fällt alfo dieſer Haupteinwurf 12), daß 
er nicht der Tuͤbetiſche große Ozangbo wegen geringer Waffermaſſe ſey, 
fonbern nur etwa ber waſſerarme Momtchu ſeyn koͤnne, von ſelbſt weg. 
Daß biefe Waflermaffe aber weit und jenfeit der Gebirgätette herab 
tomme, tft eben fo ausgemacht, da man die Lüde feines Durchbruchs 
fon in weiter Berne aus. ber Tiefe bes Brahmaputra⸗Thales beutlich 
wahrnimmt. Der Dibong erfceint gegen ben Dihong an bee Muͤn⸗ 
dung weit geringer an Waffergehalt. 
| Fr. Hamilton flellte bie Hypotheſe auf, daß der Dzangbo in 
einen See falle, und daß ber Dihong einer feiner Ausflüſſe, jener Ana⸗ 
fomofe, ſey. Daraus, glaubten Anbere, fid das Herbeikommen jener 
großen, durchbrechenden Fluth erklären zu können. In ber kalten Jah⸗ 
reszeit fol biefer Dihong ’*) in 1 Secunde Bit, 50,000 Gubicfuß 
Waſſer entladen, 3 mal fo viel als der Dibong. Dies würde fo 
4 mal ſo viel Waffer feyn, ald ver Rhein 0) dei Bafel, bei 
feinem niebrigften Waſſerſtande fortfendet (bei 1 Fuß über 0°, 
Rheinmefier = 13,440 Gubicfuß in 1 Sekunde), aber freilich noch * 
halb fo viel, als der Rhein bei feinem Marimum von Höhe, von. 
22 Zuf über 0°, wälzt, wo ex in jeder Secunde 136,900 Gubicfuß 
Waſſer weh (vergl. oben ©. 352). : 





*’1) Wilson Doc. L e. p. XII. Asiat. Journ. XXTIE p. 499, 
Klaproth Mem. rel, a !’Asie T. Ill. p. 409 Not. 
1 Asiat, Journ. 1826. Vol, XXU. p. 713.  '*) Kscher von 
der Linth Estimation de la Masse d’Eau fournie annuellement 
le Bassin du Rhin dans la partie Suisse des- Alpes. Memoire 
Bibl Universelle Genneve Aout 1821. p. 278. 


Himal. IN. Oſt⸗Or. Aſam, Abors. 3600 


\ 


Anmerkung 2% Die Abors und die Bor Abore, 


Die Ab ors bewohnen auch die Gebirgsſtrecke, welche zwiſchen die⸗ 
fen beiden Stroͤmen ſich ausbreitet, eine rohe Gebirgeraçe, nach Neuf⸗ 
ville, zahlreich, independent, davon der maͤchtigere Theil, die Bor⸗ 
Abors, das innere, zuruͤckliegende Hochgebirge einnimmt. Von ihm ers 
langte man nur wenig Kenntniß; denn bis zu Reufvilles Abgang 
aus Sodiya hatte nody feiner von ihnen ſich bewegen Lafien, den. Briten 
einen Beſuch gu machen. Durd bie Abor⸗Berge, fagte man, folle ein 
Bergweg nad) Nepal gehen, aber Niemand konnte nähere Kustunft daruͤ⸗ 
ber geben; von einem Theile bes Abor⸗Landes erhielt Neufville eine 
Kartenfligze, aber Mangel an Drimtirung ließ fie unbrauchbar. Cine 
eiſte ber Haͤuptlinge der Abor auf ber erſten, ber vorderſten unb 
niedrigern Bergkette hat er in der Richtung von O fi nach Br mitges 
u Sie heißen: 

Zant gaom nahe im N. von Gilan mukh, zwiſchen den Bingu⸗ 
made und Salang Bergen. Gaom bezeichnet hier überall wie 
Gaum fo viel als Chef (f. oben &, 360). 
9) ZafiZaringaom, zwifchen den Salang und Dokhang Bergen, 
3) Takbang gaom, auf den Allure mah Bergen, 
4). Zalrum gaom, auf ben Bohmabi Bergen. 
6) Baffin pong gaom. 
6) Zabutgaom. 
7) Lutung gaom. 
8 Zibang gaom. 2 
9, Lalligaom. 
10) Zangufipang gaom. 
11) Mia Rekhia gaom. 
1) Tengi Pah gaom. 
13) Kungiru gaom. 
14) Zepoth gaom. 

Nach einer Ausfage dar Bor Kbors, welche Sapt.Bedforb?s) 
mittheitt, Toll der Dihong vom Weften herfließen und ein See, durch 
welchen ober aus weldhem er hervortrete, auch dem Sobunfhiri feis 
nen Urfprung geben; bie Beſchreibung, bemerkt er aber, fey faft unver⸗ 
einbar mit der Behauptung, daß auf bem norbweftlichen Wege zum 
Lama » Zerritorium, der Dihong, von D. nad) W. an dem 12ien Tage⸗ 
marjche überfegt und dann verlafien werde. 





20) Asiat. Journ. XXI. p. 490. 


Mütter Erdtunde IV. Aa 


0 "Koh Men. IV. Abſchnitt. $. 76. 


d) Beſchiffung des Dibong his zu den fünf Miemi ‚Dörfern, 
und des Dikrang oder Gurmuras Stromes, von Capt. Bed⸗ 
ford (1825) ©), 


1. Gıfhe Tagefahrt (4. Dec.) 1825. Gapt. Bebforb 
fchiffte bei klarem, fchönem Waffe über Sand und Steinboden 
in die Mündung des Dibong (Dibeng, Dipong) ein, um bem 
Survey bes Stromes zu beginnen, 

2, Zweite Tagefahrt (6. Dec.). Eine vorliegende, feichte 
Barre wurde paffict, welche durch Baumftämme , die dee Strom 
in Menge herabſchwemmt, fehr verftopft war. Der Fluß wird 
bier tief, mehrere Steomfchnellen müffen überwunden werden, 
die Fahre kann immer nur ſehr langfam von Statten gehen. 
Man fahe an den Ufern viele Büffel, Wild, Leoparden, ſelbſt 
Spuren von Elephanten, die man am Dihong nicht bemerkt 
hatte. Unter den herabgeſchwemmten Baumſtaͤmmen fand ſich 
gutes Zimmerholz zu Haͤuſerbau und Booten, zumal von den 

Saoo⸗ und Soleannas (?) Bäumen; bie Rinde des Des 
niuru.:Baumes (2) wird von den Afamefen mit Paun (?) ge: 
geflen. = 
3. und 4. Am Gten’ und 7ten December erreichte man 
eine furchtbare, bie Boote mit Zerſtoͤrung drohende Stromfchnelle, 
dann wieder feichte Bänke, Über welche man biefelben fortftoßen 
mußte. 
6. Fuͤnfte Tagefahrt (8. Dec). Das erreichte Stroms 
bette war fehr breit,” zertheilte ſich aber in viele enge, reißende 
"Arme. Am Vormittage paffite man den Bhanga nabdi, ber ' 
von Fiſchern fo genannt wird, weil fie ihn für einen Dibong⸗ 
Arm halten, der duch den Wald brechez nach andern Ausfagen 
ſoll es ein felbfifländiger Zufluß feyn, ber vom Gebirg herabfest, 
für Kanoes war er nicht fhiffbar, obwol die Breite feiner Muͤn⸗ 
dung 460 Fuß (150 Yards); bei Regenzeit wird er fehr bedeutend. 

Am 9. Dec. war Rafttag nöthig,' um das ledigewordene Boot 
(ein Dingi), durch bie mitgenommenen Sifcher ausbeffern zu laſ⸗ 
fen, die in dieſer Kunſt ſich fehr erfahren zeigten. 
| 6. Sechste Kagefahrt (10. Dec). Dee Dibong, ber 

noch immerfort Waldung durchzog, wurde immer breiter, je 
weites man aufwärts fuhr. Seltfam erfchien dies, ba feine Müns 





sre) ſ. oben $.. Anm. S. 366 Nr. 8. 


Himal., IL OfR-®r., Aſam, Dibong Beſchiffung. 371 


dung kaum ſchiffbar ſchien, hier aber feine Befahrung viel pracs . 
ticabeler ward, felbft da, wo er fich in verfchiedene Arme theilte, bie 
breitte waren, als der früher vereinte Strom. Was wird aus 
dieſer Waſſerfuͤlle, verfiegt fie im Sande, kann fie flagniren? 
Woher kommt fie? follte der Dibong im obern Theile feines Lau⸗ 
fe6 mit dem Dihong tommunicieen, und eimen Theil feiner Waſ⸗ 
ſerfuͤlle periodifch von ihm erhalten? - Gapt.' Bedfocd war ges 
neigt zu folcher Annahine, um fich diefe feltfame Erſcheinung zu 
erklaͤren. In den Waldungen ſtreiften viele Buffel, Wild⸗ 
pret, und das Geſchtei des Hullu, des kleinen ſchwarzen, lang⸗ 
armigen Affen, das man unausgeſetzt vernahm, zog die Auf⸗ 
merkſamkeit der Reiſenden auf ſich; auch das Flußufer war von 
Waſſervoͤgeln belebt. 

Am 1lten Dee. ließen zu viele Stromfpaltungen und feichte 
Stellen die Schiffer faſt nicht vom Flecke ruͤcken. 

7. Siebente Tagefahrt (12. Dee.) Nachmittags ruͤckte 
man bis zu einer Stelle vor, wo ſich der Dibong in 3 Arme 
ſpaltete, deren 2 unpractieabel waren; beim Eingange des Drit⸗ 
ten, mußte man erſt die Steine wegſchaffen, um In ihn einzu⸗ 
ſchiffen; doch rüdte man in 2 Stunden Zeit faum eine Viertel: 
flunde Weges vor, zu beiden Seiten flürzten wilde Gebirgsbaͤche 
berab, die ganze Thaltiefe war mit Slußarmen und Bufhwald 
burchzogen, dazwiſchen viele tfoliete Felsklippen zerftreut, mit klei⸗ 
nen Baldinfein, die ſich auf ihren Klippen über die Waſſerſpie⸗ 
get erhoben. 

8. Achte Tagefahrt (13. Dee.) Kaum fortzulommen ; 
man rüdte nur 21 Enge Meil. vor Am Nachmittage fegte eine 
wilde Rapide aller Schiffahrt die Grenze. Weber dieſer Cata⸗ 
zacte engte fi bie Feleklippe zur Thalkluft zuſammen. Man 
fahe zwar Spuren von Zußpfaden, und Faͤhrten von Menfchen 
und Thieren; in der Gerne flieg auch Rauch von Mohnungen ° 
auf; fie ſelbſt erblickte man aber immer noch nicht, und nur ein 
paar teilden Strelffingen war man hie und da begegnet; aber 
Reiner Anfiedlung. 

9 Am 14 DEE betrug Die Flußbreite nur noch 60 bis 
90 Fuß (20-80 Yards); das Waſſer war nicht über knietief; ſehr 
fern konnte alſo die Quelle nicht mehr liegen. Hier, am Abend, 
zeigten ſich die erſten Mismis (Miſhmis), wie es ſchien, feind⸗ 
ſelig; fie beſetzten das hohe Felsufer, das den Flußlauf beherrſcht. 
Sie hinderten die aſtronomiſchen und u. Opetatio⸗ 

a 


‚372 Hoch-Yien. IV. Abfchnitt. $. 76. 


nen bes Surveys nicht, bildeten aber nur- den Vortrab ihres 
Saum, ober DOberhauptes, von Zilli, defien Abkunft abge: 
wartet werden follte. Dies nächte Dorf Zilli follte 9 Stunden 
Weges entfernt liegen, das Dorf Mahum eine halbe Tagereiſe 
dahinter. Als Capt. Bedford meiter zu bringen verfuchte, 
mehrte ſich die Zahl der Mismis immer miche, nnd fie vers 
langten, er folle auch die Ankunft ihres Saum von Alonga 
"abwarten. Indeß beachten fie Bienenwachs, Honig, Reid, Ing⸗ 
wer u. a. zum verhandeln. Sie ſchienen keine Jäger zu ſeyn, 
wie ihre weſtlichen Nachbarn die Abors, mit denen ſie ſich be⸗ 
freundet zeigten, mit ihnen aßen, und mit ihnen von gemeinſa⸗ 
mer Abſtammung zu ſeyn, auch einen Tempel, wie jene, in weis 
ter Serne zu befuchen vorgaben. Wild war bei ihnen nicht zu 
haben, die Mismis auf dem linken Dibong Ufer, gegen Oſt 
(nad) dem Dikrang zu) fagten fie, feyen Jäger, zumal die von 
Buhbajia, aber wilde Cannibalen. Nur Jumeilen gingen die 
‚Bir Mismi auf die Elephantenjagd, erlegten dieſe mit vers 
gifteten Pfeilen, fchnitten die Wunde aus, und äfen dad. Fleiſch. 
Ihre fünf Dörfer lägen unter der erſten Bergkette, die ges 
gen Pafial zum Dihong ziehe. Sie nannten Zilli und Anuns 
— mit 30 bis 40 Familien, Mabum mit 10, Alonga mit, 
Chunda mit 105 alfo an 80 Familien, mit mehr als 500 
nn die aber jest in einer Fehde fländen mit den Abor im 
Weſt, wie mit anderen Mismi im DOften. Die mehrſten biefer 
Mismi waren In Häute gekleidet, und in ein grobes Baumwol⸗ 
Ienzeug, aͤhnlich den Abor; bei ihnen fahe man feine wollnen 
Zeuge. Aber viele von ihnen trugen Ringe unter ben Knien; 
Ohren waren durchſtochen mit Stüden von Metall und Holz, 
einige trugen halbrunde Kappen mit Rohe gerippt, ihre Waffen 
waren Dhaoͤſs, Bogen und Pfeile 
Am 17. Dec. Nachmittags erfchien der Saum.von Anuns 
dia, der refpectabelfte unter allen; vorher hatten fi ſchon die 
von Zilli und anbere gezeigt. Sie widerristhen das Weiters 
gehen, wegen der umvermeidlichen Gefahr durch die Seindfeligs 
keit ihrer Nachbarn. Sie felbft wollten nichts in den Weg legen. 
As am 18. Dec. no andere Gaums, die von Alonhpa und 
Mabum kamen, und Miene machten, die Fremdlinge als Gei⸗ 
Bel zurüd zu halten, fir einige ihrer entführten und zu Sodipa 
zurüdgehaltenen Landsleute, fo befchloß Capt. Bedford noch an. 
demfelben Abend die Umkehr. Des Dibong, hatten bie 


x 


x 


Himal., III. Ofl-®r., Alam, Dibond. 373 


Miemis ausgefagt, theile fich, dei feinem Austritt aus ben Ber⸗ 


gen, in 4 Arme, bilde aber unterhalb einen tiefen, gleichen 
Strom, bie und da mit Klippen; die Quelle fol fern liegen, 
aber wo? wie weit? Leiner der. Mismi wußte «6, fie verlaffen 


Ihre Dörfer nicht, aber, die Ausſage eines ihrer Oberhäupter, deſ⸗ 


fen Wohnfig nur‘ 5 Zagereifen vom Lama Lande abfichen 


folte, mit dem er in beftändigen Verkehr ftehe, gab folgende Das 
ten 57), die mir aus der Driginalquelle Calc. Gov. Gaz. March. 


22. 1827, ‚bier, zu fernerer DVergteihung beifügen, ohne ihre 


Wahrheit in allen Theilen nachweifen zu können. 

Der Dihong beſtehe aus 2 Armen; einer entfpringe im 
Lande des KhanaDHeba (etwa I’N.Br., 97° D,2L.0.Gr.) und 
komme von DL; er fließe ziemlich gerade gegen WB. (bis etwa 95° 20°). 
Dann vereine er fih mit dem andern Arme, welcher von 
H’taffa komme, und bier auh Laffa Chombo, oder 
Tzambo oder Laſſa⸗Fluß, oder auh Kong bong beiße (ob 
Dzangbo? Gambo? Congbo? Fluß und Land in Unter: Tüber? 
(f. oben ©. 212 ıc. 216, 223 ꝛc.). Dur die Berge hindurch 
fey dieſer Stug wegen feiner Rapiden nicht fchiffbar. Aber es 
fep dort, im Lande der Gendus (ob Gentoo? der Heiden?) 
ein großer See, aus welhem der Strom gegen Oſt fließe 
(etwa 28° 40 N. Br.; 94° 40° D.2. v. Gr.). Ob der Palte 
Ser? pder ein —— den etwa der ſuͤdliche Nukiang oder 
Zub nag tſiu und Mun tſiu (f. oben S. 223) durchſtießt, und 
dann als Dihong im SO. dieſes Sees hervortraͤte? Dieſer An» 
ficht iſt Klaproths und Berghaus Kartenzeichnung gefolgt, 
welche den Oſtarm, Kleiner Tſchambo, den Weſtarm Lafa 
Tſchombo nennen; auch mag, wahrſcheinlich nicht die Capitale 
H'Lafſa gemeint, ſondern dieſer Name mit einem dortigen 
Orte in den Bergen, ber Laſoi heiße, verwechſelt ſeyn. Aber, 
den Oſtarm kennt Riemand ; der Berichterfiatter meint, er fcheine 


ibm die Weſtwendung des großen Dzangbo zu fen, der feine 


Wendung im Norden der Lohit: Quellen und des Brahma Kund 
nehmen müfle; dann könnte er aber wol nicht der Kleine 
Tſchambo genannt werden? Er. hat aber diefen Namen, und foll 
jenfeit bei unüberfieisiihen Schneelette der Mismi liegen. 
Die Berge diefer Kette ſtreichen unter 28° 40 N. Br., parallel 


— 





#17) Calc. Gorv. Gaz. March. .22. 1827; Wilson Doe. 1. c. p. XV.s 
Asist. Journ XXIV, p, 430. 


* 


In 


) 


374 Hoch „Afen. IV. Abſchain. $. 76. 


mit dem Suͤdufer des oͤſtlichen Dihong⸗-Arm, oder Kleinen 
Tſchombo, und hindern jede directe Sommunicaticn. Die Miss 
mis überfteigen fie auch nicht auf ihren Reifen in das Lama 
Rand, fondern umgeben fie, gegen Oſt, in dem fie bem Taluka 
oder Morbarme des oberen Lohit folgen, und ‘aus deſſen Thale 
bahin gelangen. Die Sage von jenem großen See hatte auch 
fhon Fr. Hamilton 578) gehöre. Iſt nun aber jene Laſſa 
Tſchom bo wirklich identifh mit dem Man tfiu oder Mom 
tchu, und fließt er mie oben, nad) Rübetifhen Quellen angeges 
ben ift (f. oben ©. 224 u. 366), fo müßte — wir wiederholen 
es hier — der öftliche Arm, ber Kleine Tſchombo wirklich doch 
wol der große Dzangbo feyn, wenn «6 nicht ein Oftzufuf zu dem⸗ 
felben wäre, dee immer als Dihong hervortreten müßte, ober, im 
Gegentheil wäre das Gitat der Tuͤbetiſchen Duelle ungegrünbet, 
wie das auch Klaproth in der letzten Ausgabe feines Mem. III. 
p. 386. in Mem. rel. a l’Asie Ill. für wahrſcheinlich haͤlt. 

Mir kehren zu den Reifenden zuruͤckk. Nur eine Heine 
Strecke oberhalb Capt. Bedfords Ankerftelle, wo ber Strom 
in ungertheiltem Bette eine nichere Berghoͤhe umfließt, war der 
aͤußerſte Punkt dee Obfervation des Surveyoss; von da kehrte 


‚ man plöglih um. Die Rüdretfe sing deſto fchnellee über 


die Rapidenz mehrere zerborfiene Flußboote fand man In Truͤm⸗ 
mern unter den Gataracten. Am 19. Dec. paffirte man einen 
Heinen Geitenarm bed Bhanga Radi, den Sitang Nabi, 
und fhon Mittags gelangte man zus Mündung des Dilrang. 


Schiffahrt auf dem Dikrang, oder Gurmura 
der Khamti's. 

Die Einmündung des Dilrang, 13 geoge. Meilen, 
(8 Meilen Engt.) oberhalb des Vereins von Didong mit dem 
Lohit, hat 160 Fuß (50 Yard) Breite; fein dickſchlammiges Wafs 
fer durchſtroͤmt hier dichte Waldung. 

20. Dec. Den Namen Gurmura führt eigentlich oberhalb 
Sodiya ein Arm bes Dikrang, deſſen Bares Waſſer über 
Sandboden gehen foll, an dem fi Nefte einer Bräde und eines 
Dorfes finden follen, auf dem Wege nad) dem Lande der Cans 
nibalen von Buhbejia. Die Schiffahrt auf dem Dikrang 
wurde am 2iften und 22flen Dec. weiter verfolgt; dann wird 


se) Fr. Hamilton Account. of Asam L. c. p. 260. 


. 


⁊ 
@ 


Himal, III. Oſt⸗Gr., Aſam, Sodiya⸗Diſtrict. 375 


der Strom zur weiteren Auffahrt zu ſeicht. Seine Waſſer hal⸗ 
sen Fiſche; die Wälder an ſeinen Ufern, trefflihe Yams und ans 
dere nahshäfte Wurzeln. Aud die Orange waͤchſt bier wild, 
ihre Frucht iſt ſaͤuerlich, nicht unangenehm, ihre Haut hellgeld, 
wie bei der Limone. Der Baum Latubunda, ber hier waͤchſt, 
hat eine Rinde mit der man Mebe, Zeuge u. a. roth färbt; fein 
Holz dient zum Ban der Kähne. Von Anwohnern iſt bier nicht 
. bie Rede. Den 24ften bie zum 26ften verwendete man auf bie 
Rüdfahrt zur Mündung des Dibong. j 


y 


e) Der Sodiya Difteiet 9). — Die Khampti, Ufurpatoren am 
Mordufer des Lohit. — Die Sinhphose, Ufurpatoren im Suͤ⸗ 
den des Lohit, ihre. Colonifationen am Noh Dibing und 
Tenga Pant, 


Oberhalb bes Territorlums der Miri und ber Dihong 
Einmündung zieht bee Brahmaputra oder Lohit, am 
Diftrict Sodiya vorüber, deſſen Hauptort gleiches Namens, 
ein paar Stunden nordwärtE vom Ufer am Kundil Rala 
Hegt. Zwar an Aſam tributair, war dieſer Diſttict, jest (1826), 
ganz vermüftet, Faft nur von Flüchtlingen der Khamptis und 
Maluks (ein Zweig der Khamptis) bewohnt, die von den 
Sinhphos aus ihrem Heimathſitze im S. O. bes Lohit vers 
jagt, waren. Ein Khampti Prinz war hier Statthalter; er 
hatte den Afamefilhen Titel Sodiya Khawa Gohain an⸗ 
genommen, nur durch feine befreundeten Gebirgstribus unter den 
Miris und Abors geſtuͤtzt, hatte er ſich hier uͤber der allgemeinen 
Verwirtung zwar erhalten, aber doch auch feinen Antheil Mit an der 
Plünderung Afams duch die Birmanen und Sinhphos gehabt. 
Er führte jedoch feine Abflammung auch auf den Indra zurüd, 
wie die Rabjas von Afam, wie die Chefs der Moamariya, 
die Shams und andere, die zu den Hinduproſelyten gehören, 
aber darum ihre Afamefifchen Kegereien nicht ablegen. Dee So⸗ 
diya=sDiftrict beſteht meißentheild aus angeſchwemmten Bo⸗ 
den, reich zum Anbau, treffliih zu Reis feldern, giebt jährlich 
2 Ernten, wird aber fo fchlecht benutzt, daß bier häufig Mangel 
und Hungersnoth einteifft. An beiden Ufern bes Stroms iſt 
bier lauter Buſchwaldung; feine Waſſer fleigen und fallen fehe 





’®) &, oben . Anmerkung ©. 357 Kr. 2 


376 HoheAfen, IV. Abſchaiu. $. 76. 


piöglichs er bat alfo ſchon bie Natur eines Gebirgefttoms, der 
aus keiner fehe großen Kerne fommt. Die hohe Lage diefer So⸗ 
dDiyasCbene gegen 1200 Fuß über d. Meere giebt ihr ein ges 
mäßigtes Clima; es war nicht felten kühl, und Anfangs 
April ,1825 ſtand der Thermometer 5%), am Morgen, oft 
nur auf nicht voll 17° Reaum. (70° Kahıh.), wenn die Tem⸗ 
peratur des Lohit, vor dem Verein mit dem Dihong, nicht 
volle 12° Reaum. (61° Fahch.) betrug. 


Anmerkung. KhamptisColonie in Sodiya, 

Die Khampti Cobonie in Sodiya iſt nur tin Zweig ber Bor 
Khampti, die viel weiter im 8.0. jenfeit ber füdlichen Grengberge 
Alam, jenfelt der Langtans Kette, zum Irawadi bin, ihre urs 
Tprünglidyen Gige Haben. Sie emigrirten aus dieſer, ihrer füblis 
heren Gebirgs⸗ Heimath „und erhielten in ber Mitte des 18ten Jahr⸗ 
hunderts unter Rajeſwhara Singhas Regierung die Erlaubniß 
ſich in Ober⸗Aſam, in den Ebenen auf der Suͤdſeite des Lohit, am 
Tenga Pant, anzubauen; ſie legten bier die Colonie Laffa bori 
an, in welcher ſie auch verblieben, bis zur Zeit, da Radja Gauri⸗ 
nath nach Gohati floh (1793), und die großen Revolutionen in Aſam 
begannen. In biefer Periode nahmen fie mit Gewalt Befig von Bobiya, 
verjagten bie damaligen Herrſcher, und machten bie Afamefen zu Scla⸗ 
ven. Sie behaupteten biefen Beſitz im Ginverftändniß mit ben Birmas 
nen auch während deren Inpafion in Aſam; body wurden fie von ben 
nachruͤckenden, erobernden. Sinhphos von ber Suͤdſeite gegen die Nord⸗ 
„ſeite Sodiyas zurüchgebrängt, Die Khamptis find von großem, fchds 

nem Menfchenfchlage; zumal ihre oberen Stände find allen fie umgeben» 

ben Tribus in der fchönen Beftaltung weit überlegen. In ihrer Relis- 
gion und ihren Obſervanzen fahe Neufville Leinen Unterfchieb von ben 

Shans ber Birmanen, die Buddhiſten find, Gautama und deſſen Schuͤ⸗ 

ter als Idole verehren, aber in ihrer eignen Religion hoͤchſt unwiſſend 

find. Diefe Khampti, wollen wiffen, baß von ber entgegengefehten 

Seite eines hoben Berges, Din fie Doi Sae Pho nennen, in Often 

von Afam, ber aus der Mitte von A anderen ungeheuren Bergen hers 

vorrage, und auf ber Grenze Afams und ihrer Heimath Liege, bie Quelle 
des Sri Lohit (des Heiligen Nord⸗Stromt), des LoHit von Aſam, aber 
auch bie des Iramadi ober Suͤdſtroms fen, ber nach Awa fließe. 


Anmerkung 2. Die Sinhphos, die Ufurpatoren von 
Ober s Afam, 


Auf dem linken Uferlande bes eohit, Sodiya im Suͤden, im 


*“°) Calc. Gov. Gaz. May 16.1825 ; Asial. Jours. Vol. XXI. p- 713. 


t 


Himal., IH. Pſt⸗Gr. Aſam, Ginhphoss.: 377 


Dften des Zerritoriums ber Moamariga, zu beiden Uferfelten bes untes 
zen Roh Dibing und des ganzen Tenga Pant, haben ſich bie Tribus 
der Sinhphos eingedrängt. Am Tenga Pani *ı) hat Lieutnant 
Wilcoz durch Beſchiffung biefes Stroms ihre Sige an bemfelben ſelbſt 
kennen gelerpt. Nachdem er auf dbemfelben an Mora, Zenga, Mars 
bar und an Diſavi vorüber gekommen war, verminderte fich der 
Strom bis zu 24 und 30 Fuß, und Baumftdmme, bie fich in das Wette 
des Fluſſe eingewühlt, hinderten die weitere Auffahrt. Wie alle Ströme, 
oberhalb Sodiya, hat auch er fehr viele Stromfchnellen, und fo ſtarke 
Befälle, daß er faft nie feine Ufer uͤberſchwemmt, obwol fie fehr flach 
find. Sein Uferland ift ungemein fruchtbar ‚ aber fyarfam bebaut, und 
fo dünn bevöttert, daß die Sinhphos bier, was fie fonft nicht thun, 
bie Hand ſelbſt an ben Pflug legen müffen. 

Wo hier das Land der Moamariya aufhört, da fängt das Land 
ber Sinhphos an. Sie verbrängten aus biefem Sande die früheren 
Untertanen Afams und bie Khamptiz feit 40 Jahren haben fie hier 
ihre Colonien gegründet, benen fie die Ramen ihrer Stammfige - 
in ihrer früheren Heimath beilegten, oder vielmehr ihrer Stammess 
oberhäupter felbft, wie Bifa Saum, Daffa Saum u. a., wels 
ches die Geſchlechtsnamen ihrer Haͤuptlinge ſind (Gaum, oder Ghaee 
Baum, h. h. Oberhaupt). Biſa gong (gong, d. i. der Ort) iſt 
von allen ber maͤchtigſte dieſer Tribus. Alle find gegenſeitig unabhäns 
"gig von einanders doch heilen fe fich, nominal, in AI Gaums, ober 
Gantons, Clans, bie in XII Herrfcher (f. oben bie Altere Dobes 
eardyie vom Oſten S. 307), ein Sollectiv-Name für. das ganze 
Bolt, dem die Zahl nicht immer entfpricht, da ber Chefs oft weit meh⸗ 
rere ſeyn follen. Nach jenen beiben genannten Gaums, find bie Saty 
Baum mb Lattora ober Lattao Saum (biefer, an der Quelle 
bes Zenga Pani) die bebeutendften. Kein politiſches Band fcheint fie 
zufammengupalten, fie Handeln ifolirt oder verbündet, je nach ben Um⸗ 
ftaͤnden; nur bei Raubzügen halten fie Bruͤderſchaft. In ihren frühes 
ren Gebirgsfigen Iebten fie nur von Raub, und auch jegt bauen fie 
den Acer nicht felbft, oder hüten ihre Heerden, fondern fie halten dazu , 
ihre Afamefen Sclaven an, gu benen fie ſich ber Zahl nach wie 1 zu 
90 verhalten follen. Bei ber Schwaͤche und Feigheit der Afamefen, has 
ben fie mit Keuer, und Schwert, ganz Ober⸗Aſam verheert, und bis 
Rangpur und Iorhat alles arme Volk in Sclaverei weggeſchleppt, 
bas ganze Land ausgeleert, Beide Steomufer find burdy fie ganz ents 
voͤlkert, und bie Zahl ihrer Sclaven fteigt ins Unglaubliche. Doch den 
« größten Theil behielten fie nicht, fonbern verhanbelten ihn an ihre Nach⸗ 
barn, bie Khamtis, bie Ehan’s und an ihre eigene rüber, bie Ge⸗ 





e2) &, oben Anmerkung S. 867 Nr, 10. . 


- 


Hoch· Men. | | IV. Abſchnitt. $. 76. 


Sinhphos im &.D. Wire Ihrer Aſameſen, bie fle als Felb⸗ 
e in Ober⸗Aſam zuruͤckgelaſſen hatten, wurden bei der Britiſchen 
tion aus der Sclaverei befreit, da bie Sinhpho⸗Colonien, weil 
ıdete der Birmanen, auch als Keinde galten. 
je früheren ige der Sinhphos waren bie fühlihen Grenz⸗ 
:ge DbersAfams, im Dften.der Ragas (f. oben ©. 369); 
Abwärts, nicht gegen Alam, fonbern gegen Ava zu. Da fie 
ten der Ava Paffage (f. oben S. 346) gewohnt haben follen, 
en. fie aus bem oberen Steomgebiete des Irawabi (db. i. be 
zerhit Armes, der Ram Kio, f. oben S. 342), wie fie ſelbſt 
nach Obers Afam binabgefliegen. 
ach ben glaubmärbigften Ausfagen bes verfländigen Chefs von 
Saum, erhielt Neufville *22) folgende Berichte über fie, 
auch mit den Ausfagen der anbern wefentlich übereinfkimmen. 
ıf ber Hochebene bed Berges Mujoi Singra Bham 
I, d. h. Berg), der zwei Monat Weges fern von Sobiya, zwi⸗ 
em Lande der Bor Khamptis und ber Grenze Chinas lies 
l, und vom Sri Lohit (b. i. heiliger Fluß), ber gegen Süden 
rawadi fließe, bewaͤſſert würbe, fagen fie, fey die Ur heimath 
inhphos (ihr Paradiesland). Dort waren fie noch unfterbe 
atten Umgang mit ben Planeten und Himmelsgeiſtern, beteten in 
it das hoͤchſte Weſen an, Aber feitbem fie in bie Ebenen hinab⸗ 
‚ traf fie das Loos ber anderen Menſchen. Sie färbten ihre 
im Blute der Menfchen und Thiere zur Selbſterhaltung und zue 
digungs fie nahmen bald ben. Gögendienft und Aberglauben ihrer 
en an. Seit diefer Zeit find 21 Generationen verſtrichen. Von 
Banberungen *22) aus jenem Parabiedlande gegen Werft ſa⸗ 
‚ hätten fie fi guerfl auf der Plaine Kund uyung niedergelaſ⸗ 
ı einem Arme bed Sri Lohit (? Dieß kann alfo ber fabelhafte 
im Norden gegen Tuͤbet nicht fepn, und hier, wie anderwaͤrts, 
nbar Sri Lohig und Siri Serhit öfter mit einander verweche 
oben S. 367). Von da feyen fie zu ben Bergen Rang breng 
zogen, bie in ©.D. von Hukhung (Bija nun yua ver Kar⸗ 
gen, im Weft von Bhanmo, und A bis 5 Tagereiſen von ber 
chen Grenze (von Yunnan?). Bon ba zogen fie zu ben Kulto 
Bergen. Bon ba zum PifaPani, im Oft von Hukhung. 
a nach Munung Pant, wo fie eine’ fiegreiche Schlacht gegen 
rmanen und Shane erfochten. Bon da erft zum Tukung Pani, 
‚ItsBifa, ober Hukhung (Bija nun yua). — Das De 
efer Angaben können wir freilich auf unfern Karten noch nicht 
) Asialic, Researches L c. T. XVL p. 339. se) Ebend. 


‚ 30. 





Himal., 111. Oſt⸗Gr., Afam, Sinhpho's. 379 


verfolgenz aber es iſt ein Fingerzeig Ihres Herkommens von S. O., da 
fie einige Kenmtniß jener Landfchaften befigens eine Auswanderung von 
ben Grenzen Chinas gegen Weſt, vor etwa 5 bis 6 Jahrhunder⸗ 
‘ ten, vielleicht aus der Periode, da Mongolengewalt bort wüthete und 

zerflörte, Wei einer ihrer Weſtwanderungen rüdten fie alſo in jened 
obere Stromgebiet des Irawadi, zum Strom vom Nam Khio⸗ 
Gebirge, bei Maundi «f. oben S. 367), zum Surung (Tus 
tung Pant) vor, der feine Quelle im Süden ber Paktoi⸗Berge 
hat, die am der Suͤdſeite der fehneeigen Langtan⸗Kette Uegen, zwiſchen 
Alam und bem Lande der Kofa Shan. Gübmwärts zieht diefer Tu⸗ 
tung (entweder iventifch mit dem Nam Khio, oder einer feiner Geb 
tenflüffe) an Hukhung ober Muthung, b. I. Mogaun der Kars 
ten, vorüber zum Jrawadi, wo der Name n Samokhtura übers 
geht. Morbwärts jenes Mogaun aber Liegt das alte Biſa Baum 
(Bin nun yua der. Karten), von welchem bie neue Solontfation 
von Bifa Baum der Sinhphos in Aſam ausging. Won der Notd⸗ 
feite der Patkoi⸗Berge entipringt aber deu Roh Dihing, dem bit 
Sinhphos entlang zogen. So ift ihre eigene Ausfage ber Emigration 
gegen R.W. Die Anführer bei biefen Erpebitionen follen die Biſa, bie 
Kultung, die Satao und bie Ranla gewefen feyn, bern Nachkom⸗ 
men gegenwärtig am weiteften verbreitet find. 

Diefe Sinhphos erhielten fich felbftfländig von ber Dbergewalt 
ber fie umgebenden Herrfchers ihre zertheilten Haͤrptlinge von gleichem 
Rang und Anfehn blieben zwar auch unter ſich unabhängig, nehmen aber 
doch fehr verfchiedenen Bang ber Entwicklung. Ihre beiden Hauptabs 
theilungen find I. die Sinhphos im engern Sinne, und IL bie Ka⸗ 
tus, won geringerer, aber body nicht ſerviler Bace. 

- Die Sinhphos yertheilen fi in 4 Zribus: Thengat, Mas 
Yang, Lubrang, Mirip. In ihrer Heimath, in alt Bife Baum, 
bauten die Aermeren unter ihnen den Reicheren den Acker, und verlaufs 
ten ſich ihmen temporär, ober auf Lebenszeit, dann erhielten fie wol auch 
bie Toͤchter ihrer Herren zu Frauen, und wurben deren: Hausſtande als 
die Gefhäftsführer ineorporirtz; ein Verhaͤltniß, das keine Erntebrigung 
wer. Die Sinhphos biefes depenbenteh Zuftandes hießen Sumtao. 

Ihre Erbſchaftsverhaͤltniſſe waren fonderbar z ber Altefle und der 
jüngfte Sohn theilten die ganze Erbſchaft; der Aeitefte nahm But 
und Zitel, der Juͤngſte bie Perfonen und bie Heerden, die mittlern Brüs 
der erhielten nichts, blieben in ihrem Unterhalt wie bei des Baters Leb⸗ 
zeiten bem aͤltern Bruder zur Lafl. So erzählten bie Gaums von 
Biſa und Satao, daß ihr gemeinfamer Ur-Ahn, Satao Gaum, vor 
7 Generationen, 3 Söhne hinterließ, von denen bie heutigen Geſchleſch⸗ 
ter ber 1) Satao, 2) Bifa und 3) Walyait Saum abflammen. 
Bon Liefen fuccebirten die Satao, in der Landeshersichaft, die Was 


t y 


380 Hoch-Afen. IV. Abſchniuu. $. 76. 


Eyait erhielten die Menfchen und Heerden, bie Biſa ohne Eigenthum, 
ſich ſelbſt uͤberlaſſen, gebrauchten ihre eigenen Kräfte, und erhoben ſich 
nun durch Thaͤtigkeit und Induſtrie bald Uber beide andere Geſchlechter. 
Auch aus der geringern Race ber Katus haben fi einzelne uns 
fer ihnen zu hoͤhern Stufen emporgefchwungens fo 3. B. ber jegige 
Saum von Satora, ein Kaku, ber in gleihem Anfehn wie bie ans 
dern Sinhpho⸗Chefs fteht, und einer der einflußreichften im Lande iſt. 
Ihre Religion fcheint ein Gemiſch der verfchiedenften Ihololatrien 
und Superftitionen ber Kationen zu feyn, mit denen fie in Berührung 
traten, ohne beflimmtes Dogma, oder Nitus, für die ganze Nation. In 
allen Dörfern findet man Priefter und Zempel des Gautama; dieſe find 
ihnen nach ihrer eigenen Erzählung von den Shans und Khamtis, alfo 
vom Süden, aus dem obern Irawadi⸗Lande, zugebracht. Zu⸗ 
gleich aber Haben fe eine Art Heroen⸗Cultus; benn fie vergötiern 
bie im Kriege gefallenen Sinhphos, und bringen ihnen Opfer als ihren 
Penaten. Einem Megh Deota, db. i. einem großen Götte, der 
Elemente, der Wolken, der Steine (Ningſchis genannt) bringen fie, “bei 
jeder Roth, wie Hunger, Krankheit u, |. w. Opfers Büffel, Schweine, 
Hähne. Die Häute der fo geopferten Büffel werden in ihren Hütten 
als Zeichen ber Frömmigkeit aufgehängt. N 
Sie haben Polygamie, unterfcheiden aber bie Kinder, bie ihnen von 
Alam: Müttern, oder von Fremden geboren werden, und bie'vom reinen 
Sinhpho⸗Gebluͤte. Den Kindermord verabjcheuen fie. 
Todtencultus. Die Armen werben fogleich begraben, bie Reichen 
dfter 1 bis 2 Jahr aufbewahrt, dann der Verweſung übergeben, aber 
die Ueberrefte in bie Wohnung zurüdgebradht, und mit allen Infignien 
ihres Ruhms aufbewahrt. Cine ſolche Leiche fanden bie Briten in einer 
eroberten Stodabe von dem Saum von Gakhind, bie ſchon feit 2 
Jahren bort fand. Später wirb für fie ein Dentmal, von Erbe mit 
Bambusmatten umgeben, errichtet. Bei einem natürlichen Zobe, fagen 
f te, die Gottheit. habe den Menſchen heimgerufen; ifl es ein gewaltſamer, 
ſo ſchlachten ſie einen Buͤffel und befeſtigen deſſen Schaͤdel an ein Kreuz. 
Ihre Waffen ſind der Dhao, ein kurzes Schwerdt, mit ſtumpfem 
Ende, ein Längliches Holzſchild, Bogen und Speer, ſelten Feuerwaffe. 
Die von ihnen befegten Nieberungen find fehr fruchtbar, gut bewäfs 
fert, zur Reiscultur trefflich geeignet, geben 2 Ernten; Zuckerrohr, Mais 
würben auch gedeihen. Der größere Theil des Landes iſt aber vermil- 
dert, uͤberwachſen, entoölkert. Nur Sclaven betreiben jegt den Aders 
baus ihr vortheilhaftes Beſizthum zu behaupten "et Reufville, 
würben bie dortigen Sinhphos aud; wol ber wieberher, ellten Ordnung 
ſich fuͤgen, und an Aſam unterwerfen. — 
So weit die Nachrichten über dieſes eingewanderte Golonievolk, dem 
wahrſcheinlich ſchon mehrere andere auf denſelben Wegen nach Ober⸗ 


- 


Himal. III. Oſt⸗Gr., Aſam, Brahma Kund. 381 | 


Afam vorbergingen, wie die, welche vor der Seit dee Dobecardhie Aber 
Nora berablamen (f. oben ©, u). 


f) Erſte Beſchiffung des Lohit oberhalb Sodiya, und Enatdecuns | 
des Brahma Kund durch Capt. Bedford (März und Apeit 
1826) 593), — Die Mismis. — 


Die früheren Erzählungen von 'einem Brahma Kund, 
ober einem heiligen Waſſer becken, aus welchem der Lohit her⸗ 
vortreten ſollte, eine Localitaͤt, welche in den Friedenszeiten Aſams 
einſt ein ſtarkbeſuchte Wallfahrtsort im Lande war, deſſen 
auch im der Hindu⸗-Legende, zumal im Kalika Purana ums 
fländlich gedacht wird, vorzüglic aber das Intereſſe der Erfor⸗ 
fung ‚der wahren Quellen dee Brahmaputra⸗Stromes, 
bahnten, nach manchen vergeblihen Verſuchen, enblich auch dem 
Weg bis zu dieſer Felswildniß im Oſten Sodipas, bie, nach 
fruͤhern Erkundigungen, an 10 geogr. Meilen, oder 6 Tagereiſen 
fern liegen follte, und von ben jegigen Landesbewohnern für ben - 
wahren Kund des Brahma gehalten wird, obwol, wie fich 
fpäter ergab, die Legendenbefchreibung keineswegs zu der Ortsbe⸗ 
fhaffenheit zu flimmen fchien, und darum einiger Zweifel übrig 
bleibt, ob der heutige Brahma Kund, bei den Iängft in Uns 
wiffenheit verfuntenen Bewohnern Ober⸗Aſams, auch — 
Brahma Kund des Kalika Purana ſey. 

Capi. Bedford, der erſte Europaͤer, der ihn erreichte, ſchiffte 
ſich am Zten März 18%, am Kundil Muth zum Brahma⸗ 
putra ein, und paffirte dieſen und die naͤchſten Tage die Muͤn⸗ 
dungen de Noh Dihing, des Tenga Pani und eines klei⸗ 
nen Sluͤßchens vom Norden her bei Balijan. Der Hauptſtrom 
ift hier zwar überall noch bedeutend breit, auch an manchen Stel⸗ 
len ſehr tief; ee wird aber von da ſtets von Helfen durchfegt, 
durch Eleinere und größere Inſeln in vielerlei Arme gefpalten, 
und diefe ffürzen ſich in unzähligen Stromfchnellen und Gataracs 
ten über die Felsbaͤnke und Stufen herab. Das klare Waſſer 
wird nur durch Regen trübe, die aber im März häufig und waͤh⸗ 
rend dieſer Fahrt fo heftig nieder flürzten, daß die Fahrt auf dem 
wüthenden Strome dadurch gefaͤhrlich wurbe, mehrere der Boote 
unter die Sluthen geriſſen und gerftört wurden, mehrere ber Schifs 
fer dabei ihren Tod fanden. Jeder Tag drohte den Meifenden 





ss) f, oben $. Anm. S. 357 Rrı 9% j 


382 Hoch⸗ Aſien. IV. Abſchnitt. $. 76. 
wit einer neuen Gefahr. Am 10m März verließ man den 


Hauptſtrom, und fhiffte in den Sukato⸗Arm ein, ber aber 
nicht weniger wie jener vielfach gerfpaltete, und von unzähligen 
Klippen und Rapiden buchhfegt wird. Die Ufer waren mit dich» 
ten Wäldern bededt, in denen man nur felten einen Vogel oder 
“ein Thier fahe, und wo ſich Beine Spur menfcylichen Leben zeigte, 
'ohwol auf der Sukato⸗Infel ein Tribus der Mismi, zu 
Chata, angefiedeie ift, der weit mildere Sitten bat, ale feine ro⸗ 
bern Gebirgsverwandten, doch find fie in Geſichts dildung, Tracht, 
Sitte im Wefentlichen nicht von Ihren Brüdern am Dibong vers 
ſchieden. Ihre Waffen find Dhas, Speer, Pfeil und Bogen, bie 
zuweilen mie Elfenbein eingelegt find. Ihre Reifetafhen-mit den 
bufchigen Faſern des Sama: Baumes überzogen, fehen wie vom 
Selen gemacht aus. Sie find in ihren Speifen nicht: lecer; ber 
Moſchuskaͤfer (? Musk beetie), ein Infect, da6 am Tage in Menge 
unter dem Schatten der Steine lauert, in der Nacht umberfliegt 
und einen widerlihen Geruch ausftößt, wird allgemein von ihnen 
zu Ihren Pfanzenfpeifen genofien. ' 

Nach 18tägiger Reife, nachdem einige 40 Rapiden überwun- 
den waren, fchiffte man aus der Werzweigung des Sukato wies 
. dee in den Hauptftrom, den Lohit, ein, bee aber hier feine 
Schiffbarkeit verliert, von engen Felskluͤften umfchtoffen wird, voll 
gewaͤlzter Felsbloͤcke liegt, aus Granit und verwittertem Seldfpath. 
Die feſtanſtehenden Schichten find horizontal, die herabgefchättele 
ten Selsbiöde find oft hausgroß, und zertheifen den Strom in 
Arme, defjen ganze Breite bier nur noch 200 Fuß beträgt. Mit 
‚großer Gewalt, mit Sprudeln und Tofen, durchbricht er hier die 
vordere Bergkette, es fihzgt von dee Höhe einer Cataracte; 
Selemaffen hemmen im Engthal ben Blick nach feinem oben 
Laufe, und dichte Walbungen von Dhak oder Kinfuta (Butea 
irondosa) machen dieſes unzugänglih. Dieſer Baum, bis zur 
Höhe. von 50. bis 60 Fuß emporwachſend, ſchmuͤckt überall das 
Ufer des Lohit, oder Brahbmaputra, duch frine ſchoͤnen, 

fharlachrothen Traubenbluͤthen, die auf das lebhafteſte mit den 
. großen, weißen, duftenden Blüthen der Schlinggewächfe und Ran: 
Een, ber Kolia contrafliten, und diefe reiche, romantiſche Wildnig 
zieren, hinter welcher der Strom wieber einen ruhigern Lauf ges 
winnen fol. Die fanftern Bergformen ſcheinen dies auch zu bes 
tätigen 3; der Strom foll da nur eine Strecke lang zwifchen Hü« 
gein mit etwas veränderter Richtung von S. O. erziehen, hinter 


Himal., II. Oſt⸗Or., Aſam, — Kund. 383 


dieſen ober eine zweite, höhere Kette auffeigen, und dahinter das 
ewige Schneegebirge. Nach einigen mislungenen Verfuchen; 
eine Paffage am Strom hin, gegen den angeblich nahen Urfprung 
des Stromes, zum, Deo Pani (Dani der Fluß‘, oder Brahma 
Kund, dem Gottesſtrome, oder Brunnen bes Brahma, zu fins 
den, und nad einigen vergeblihen Beflrebungen auch nur bis 
Gebiegsdoͤrfer zu erreichen, deren Rauch man auf den benadıbaz» 
sen Höhen auffleigen ſahe, gelang doch endlich noch eine Com⸗ 
wmunication mit den Mismi von Dilli, einem Dorfe, das 
eine Tagereiſe vom linken Stromufer entfernt Liegt, und mit 
Yem Saum (oder Tikla), d. 1. dem Oberhaupte des Brahma⸗ 
"Kund: Dorfes, umter deſſen Geleit das Baſſin, am 4. Aprit, 
beſucht ward. 

Ee liegt am linken Ufer des Lohit, und beſteht aus einen. 
vorfpringenden Felſen, ber am Flußufer binzieht, und ein ziem; 
lich großes Baffin bilder, weiches drei Bleinere, vom Gebirge bı r 
Mismt berfommende Waſſer (fie heißen Juhjung, Ziffit, 
Digaru) aufsimmt Don ber Landfeise aus gefehen, gleid t 
dieſer Fels einer gothifchen Ruine; ein Felsſpalt, der einen Durd > 
biitE wie duch ein Fenſter gewährt, vermehrt die Taͤuſchung. Auf 
ein paar Steinhänten zwiſchen Bufchwert dringt man die Opfer⸗ 
gaben; darkben, von einem Zafelfeifen.herab, gewinnt man einer 
ſchoͤnen Ueberblist uber das Felsbecken, den Strom und die Goa 
bisge umher. Auf den Gipfet der thurmhohen Zaden des gothifde: 
zertifienen Felsberges, den Deo Bari, d. i. die Wohnung bei: 
Gottheit, zu gelangen, in deſſen Schooß das große Baffin liegt, 
aber auch ein kleines etwas hoͤhergelegenes, das ſich in das groß: 
aussieht, ift unmöglich. Das Heine Kund ift nur 3 Fuß mein, 
das große 70 Fuß lang und 30 Fuß breit, Der eigentliche Namı; 
von diefem if Purbut Kat'har, ale Anfpielung auf eine Les 
gende vom Parafu Rama, ber mit einem Hiebe feines Kat’hau:- 
cd. i. Art, wie in ähnlichen Legenden in Kaſchmir, Nepal u. a., 
f. eben S. 69) dem Brahmaputen einen Weg durch die Berge 
eröffnete, Die Opfer, welche man gegenwärtig bier bringt, mas 
chen «6 fehr zweifelhaft, welcher Gottheit diefe Stelle geweiht iſt; 
denn fie. wiberfpeechen, wie 3. B. das Blut der Vögel und Kühe, 
gesadezu jedem Hindu⸗Ritus. Was der Prieſter fpeifet, glaubt 
man bier, fep auch der Gottheit angmehm.: Die Mismt, 
weiche hier wohnen, haben keinen Abfcheu vor dem Eſſen von. 
Rindfleiſch, Schweineſleiſch, Geflüge u. ſ. m Die Pilgezapl, 


38 Hoch⸗Aſten. IV. Abſchnitt. $. 76. 


Die zum Brahma Kund wandert, iſt weder wolhabend noch bebeu⸗ 
send. Der Tikla von Brahma Kund war des jüngfle vom 
8 Brüdern, bie gleichen Antheil an den hiefigen Opfergaben bee 
Piger haben. Sie nahmen den Beſuch ber Briten ohne alle 
Beſorgniß, mit größter Gaſtfreundlichkeit auf; aber der Mangel 
an Lebensmitteln hinderte dort an einem längern Aufenthalte, 
und machte ſelbſt eine eilige Ruͤckkehr nach Sodipya nothwen⸗ 
big, die auch am 11. April begann. Der träbe regnichte Himmel 
binderte jede aſtronomiſche Beobachtung; nur die Spaltung des 
Sukato vom Lohit konnte auf 27° 51’ 21 N. Br. beſtimmt, 
amd danach die Lage des Brahma Kund berechnet werden 
(57° 69 N.Br., 96° 36 D.L.v. Gr.). Das Thermometer fand, 
bei’ beftändigens Regen und fleten D. und N.O. Winden, die vom 
Sebirge herabwehten, auf 10° bis 135° Reaum. (57 bis 65° Fahr.), 
bei Sonnenſtrahl war die Hitze fehr groß. : 

Die Lage des Brahma Kund war nun entſchieden, und 
feine Unbedeutenheit ar, eben fo entfhieben, bag er keineswegs 
die wahre Quelle des Lohit fey. Aber die weitern Forſchungen 
waren mit Schwierigkeiten verbunden; fie führten nur zu folgen 
den Audfagen, die uns bie je&t leider nur fragmentarifch und uns 


vonftändig mitgetheitt find. 


Lieutnant Wilcor 5%) verfuchte es, ben Lohit weiter land⸗ 


elhmwaͤrts zu verfolgen, auch gelang es ihm, auf 5 bis 6 Tagerel⸗ 


fen Weges, jenfelt de6 Brahma Kund, weiter oflwärts vorzubrins 
gen, in das Land br Mizhu Mismt, bis dahin, wö nur noch 
4 Tagereiſen bis zum erfien Lama: Dorfe ſeyn folten. Aber 
an dieſer Stelle entftand bei der Reifepartei einiges Miötrauen 
gegen einen, ber Gebirge sChef6, und biefe zog ſich fegleich in dem 
Difteiet dee Kain Mismi wieder zuruͤck, die ihr volles Ver⸗ 
trauen einfloͤßten. Bei ben unruhlgen Banden, die umberfireife 
ten, wartete Wilcor hier einigen Belftand zum weitern Vor⸗ 
dringen ab. Er folgte dem füblichen Ufer, feiner erften Route, 
und wollte dann nach dem nördlichen überfegen. Während der 
erfien Hälfte feines Weges, war alles Kalkſteingebirge, bes 
waldet. Ienfeit der Dörfer der Tatn fand er noch Anbau und 
Graſung, die aber vor dem Nadelwald bald zurkdweicht. Die 


Foͤhren (Firs) waren überall nur ein, weiterhin follten fie wie⸗ 


der groß und weitfchattig werden. Sie haltın an im benachbar⸗ 





see) ſ. oben $, Anm. ©. 357 Re 12. 


v 
— 


Simol;, 111. Oſt⸗Gr., Afam, Brahmaputra⸗Quellen. 385 


ten Lande der. Lama, wo am Buß ber Berge mehr ebenes 
Land fi ausbreitet (alfo Plateaulandſchaft, wie oben ©. 40, 
97, 152), auf. welchem Dörfer und Städte liegen. Davon follen 
15 am nördlihen Arm des Lohit liegen, weicher Talaka 
beißt; deffen Quelle fol in unzugänglichen Gebiegen liegen. Zu 
ihm ergießt fih, von &.D., der Arm Taludbing Bon eines 
Berbindung des Tuͤbetiſchen Dzangbo mit dem Irawadi wollte 
man hier gar nichts wiſſen. 

Wahrſcheinlich aus derſelben Quelle werben auch noch fol 
gende mündliche Ausfagen 8), die in etwas von jenen abwei⸗ 
hend find, mitgetheilt. Hinter der vordern Bergkette habe bes 
Robit einen fanften Lauf von S. O., ehe ſi fih fein Thal wieder 

gegen Norden wendet, und in die beiden Quellarme Taluka 
und Taluding ausläuft. Jener fey des Eleinere (nach andern 
nicht), habe unseined Waſſer (ob Gletſcherwaſſer? was nie Har 
iſt 5 er umlaufe das Mordgebirge, feine Ufer feyen nur bünn bes 
völlert. Der Taluding dagegen (im &.D.) babe Dörfer an 
beiden Ufern feine Quelle liege im Schneegebirge im Kha⸗ 
na⸗Dheba's Lande, aus deſſen entgegengefeßter Seite der Ira⸗ 
wadi hervortrete. Der Verein des Taluka und Talubing 
ſoll noch innerhalb der Grenzen des Lama⸗Landes liegen, eine 
Zogereife jemfeit Sitti, an der Grenze, welche 8 Tagereiſen 
fern von Tain liegt, Diefes Zain ſey das dritte Dorf, auf dem 
Wege vom Mismickande zu dem LamasLande; aber dieſe 
Strecke werde öfter in einem Tagemarſche von Challa (?) aus 
am Thenga zuruͤckgelegt, auf einen befchwerlichen Pfade, der am 
Brahma Kund vorüber gehe, Laſttraͤger könnten biefen Weg aber 
nicht nehmen. Zu Zain fee man über den Strom auf eimr 
Hängebrüde von Mohr, das Vieh könne biefen kurzen Weg nicht 
nehmen, ſondern müfle dem Ummege folgen. Bameya fey bie 
Tee Station auf diefer Route (fie ift auf dem Survey auf dem 
Nordufer des Lohit, unter 28° N. Br. und 96° 55° D.L v. Gr. 
niebergelegt) ; fie wird als ein ungeheurer Berg befchrieben, dem 
man im geraber Richtung nur mit Hülfe von Striden uͤberſtei⸗ 
gen könne u. f. w. Diefe Isgtere und einige amdere unklare No⸗ 
tiyen von Gebirgswegen durch diefe Gegenden müffen erſt durch 
ſpaͤtere Surveys Ihre Erklärung und nähere Beſtimmung er⸗ 

halten. ; ‚ 


85) Wilson Doc. I. e. p. XII; Asiat, Journ. XXIII. 1827. * 498. 
Nitter Srdlunde IV. Bb 





⁊ 


380 Hoch ⸗Aſlen. IV. Abſchnitt. 5.76. 
Anmerkung 1. Die Mismi, ober Miſhmi, nad Wilecoz, 


Bedford und Reufpville 


Ueber biefes Bolt, das man auf verfchiebenen Ereurfionen von bem 
obern Dibong, oftwärts (f. ob. 8.371 u.f.), auf dem Gchirgsboben 
des obern Lohit, bis zum Lamastande, Im R.D. aber auch bis 
gu den Bhor Khampti und den obern Srawabis Quellen, an ben fübdfts 
len Vorbergen ber Langtans Kette (f. unten), verbreitet fand, konnte 
man folgende Nachrichten einfammeln. Das MismisDorf Dilli ***), 
in ber Nähe bes Brahma Kund, beftcht nur aus einem Dugend Woh⸗ 

ungen, die auf fleilen Abhängen unb auf felfigen Plateaus, von 30 bis 
\ Fuß Länge, errichtet find, wo der Fels feibft einen Theil der Behaus 
fung abgiebt, mit Vorbau, fo daß ein Ende der Balken auf Felfen rus 
bend die Hausflur trägt, das andere Ende auf Pfoften geftügt ift, in 
defien gefchüstem, unterm Raume der Viehſtall ift. Außer Schweinen 
und einheimifhen Rindern halten bie Wohlhabenderzn bier auch eine 
Heine Race aus Afam, und ben Tüubetifhen Ochſen mit dem Chowri⸗ 
Schweif, ven Yak, woraus man auf eine fchon fehr bedeutende Höhe 
dieſes Gebirgslandes ſchließen dürfte (f. oben ©. 143), da biefes Thier 
nirgends unter 8000 Fuß abfolute Höhe hinabſteigt. Zu den Lieblingss 
thieren, der Mismi gehören Hunde. Außer dem Unterhalt von ben 
Heerden machen Inbifh Korn (Mais), Marwa (?) und Yams 
die Hauptnaßrung der Dorfbewohner von Dilli aus. Reis bauen fie 
nicht mehr, wol aber noch Senf, Pfeffer, Tabak, Baumwolle. 
Aus Marwa, das ein grobes Mehl giebt, mit Indiſchem Korn vermengt 
bie Hauptnahrung, bereiten fie eine Art Branntwein. Auch effen fie bie 
Mofchustäfer (Musk beetles?) gerdftet. Die Männer find gut gebaut, 
von athletiſcher Statur, mit faft fchönen Phyſiognomien, auch bie Weis 
ber haben angenehme Bildungen und freie Manieren; fie Heiden ſich 
wie bie Khamtis und Afamefen. Das Land umher ift gut bebaut, 
Dilli iſt das angefehenfte von einigen 20 Dörfern, deren jedes von feis 
nem Baum, ober Chef, beherrfcht wird. 

Nach auch anderwaͤrts gefammelten Nachrichten *7) Haben bie Haus⸗ 
väter der Mismt bie Gewohnheit, nach ber Reihe zu Haufe ein Schlachts 
feft zu feleen, wozu dann jebesmal bie Nachbarn eingelaben werben, fo 
daß die Reihe immer um geht, und fie faft nur in Schmäufen und Yes 
fien leben. Der Schädel und die Haut bes gefchlachteten Thieres wers 
ben geſchwaͤrzt, und wie Zropden zur Erinnerung im Innern ber Hütte 
aufgehängt, bis :zum Tode des Haudvaters, zu deſſen Ehren fig als 
Signale feiner Baftirungen auf feinem Grabe aufgehäuft, und mit Pas 
Iffaden umgeben werben. "Außer ben genarinten Kornarten bauen fie 


- 8%0) Asiat. Journ. XXI. p. 497; Wilson Doc. p. XI. 
*7) Asiat. Journ. XXUI. p. 798; Wilson Dog. p. AI 


— 


Himal. HL. Oſu Gr., Aſam, Mismi. 387 


noch eine kleine Art, Bubiſſia; auch eine Art weißen, feinen Reit 
(wol Gebirgs⸗Reis). Ihre gewoͤhnliche Kleidung iſt ein dickes, grobes 
Baummollenzeug, alle beffern Kleidungsftüde erhalten fie von Afam und 
Zübet. Sie find fehr unreinlih, und kommen nur felten bazu ſich zu 
waſchen. Sie arbeiten nur roh in Gifen und Metall; ihre vorzüglichftes 
Geräth ift von Kupfer, bad fie aus dem Lama⸗Lan de erhalten, 
mit welchem ſie in einem ſehr lebhaftenBerkehr ftchen. (Mean wirb 
bier wieder an bie H'kLokba, f. oben S. 214— 215 erinnert, obgleich 
von keinen farbigen Lippen bie Rebe iſt; follten fie ihren Namen nur 
von Ehauba dem Süden, nach Defiberi, ſ. ob. S. 215, haben, und die 
Lippeneinkerbung nur ein etymologifches Maͤhrchen feyn?) Sie bringen 
vor da Tabadäpfeifen, grabe Schwerbter, gefärbte Wolle, Korallen, 
Gteinfalz, Ehowris mitz dagegen bringen fie Moſchus dahin, auch Häute, 
bittere officinelle Wurzeln, etwas Elfenbein, ehebem auch Sclaven, bie 
fie in Afam raubten. Auf ben Pfeifen fliehen Shinefifche Gharactere, 
und audy bie Korallen und Schwerdter fcheinen Chineſiſche Fabrikwaare 
zu ſeyn. Ausdruͤcklich wird verfichert, daß alle Mismis, vom obern 
Brahma Kund bis an die Quelle des Dibong, und ihre weftlihen Nach⸗ 
barn bie Abors, ingefamt Handel mit Lama Des treiben, d, i, mit 
den Lamas von H'Laſſa. 

Im Diftrict ded BrahmaKund, erfuhr Neufville, ziehe von 
B. nach O. folgende Reihe der Dorfichaften, überall von Gebirgss 
Mismis bewohnt: 1) Pabu Mismi, nahe dem Dibong im Norden, , 
DM Surai M. 3) TZamagar A) Digaru M. im Norben bes 
Brahma Kund. Ron ba gegen Dften innerhalb der Gebirgskette lieger 
5) Miſa Gaon. 6) Kurfang Myyung, ein ſehr großer, volls 
reicher Ort. Dann komme man zu dem Diftrict ber Bor Mismi, 
der mächtigen 5 dann zu dem Bufammenfluß des Mamni mit dem Sams 
tu (2), der gegen Süden fliege, durch das Khamti⸗Land nach Ava. An 
deffen Ufern Liegen die Mismis Dörfer, welche überall den Zufag Gaon 
erhalten: 1) Ramnu, 92) Darku, 3) Kundbu, 4) Bifan, 
5) Bangu, 6) Sikynet, 7) Ninkhepoh, 8) Kuful, i 
Bubding. f 


Anmerlung . Die Sage von ben Kolitas, 


Bon diefen Gebirgs⸗Mis mi erhielt Neufville noch über ihr 
Rachbarland im Norden von Sobiya, und im Oſten von Bhot, alfo 
über jene Terra incognita des Hochgebirgszuges folgende Xusfage, von 
ber er jedoch ſelbſt nicht weiß, wie er fie zu nehmen babe. Auf- ber 
Hoche bene (on the plain) jenfeit der Bergkette breite fi, das 
Land aus, das von ber mächtigen Nation ber Kolitas oder Eultas*t) 





®*) Asiat, Researches Calc. T. XVI. p. 385—35l. . 
| 8b 2 


388 Hoch-Aſien. IV. abſchnitt. $ 76. 


(06 jene Kultanier? ſ. oben &. 295) bewohnt fey, die einen fo hoben 
Grad ber Civiliſation befige, alg nur irgend eine im Dften. Die Macht 
und Herrſchaft des Kulta Rabja fol die des Afam Radja weit 
übertreffen, da biefer in feiner größten Bluͤthe ſtand. In fräherer 
Zeit (vor Kaifer Aurengzeb ) ſcheint eine Verbindung zwiſchen beiden 
Staaten Statt gefunden zu haben, bie aber fon lange unterbrochen tft. 
Diefen Kolitas follen die Gegenftände angehören, welche die Dihong⸗ 
Fluth herabſchwemmte. Aber nichts weiß man weiter von ihren Sitten, 
ihrer Religion u. ſ. w. zu Jagen, als daß fie Hindus feyen (ſchwerlich, 
fagt Neufville, weil bei den Afamefen das Wort Koet, d. i. Cafte, 
mit Kolita verwechfelt werde). Non Ober s Afam foll es einen Gingang 
in diefes Land geben, durch einen natürlichen Gang unter dem Gebirge 
(Zunnel) hindurch. Alles dies klingt fehr fabelhaft, doc ſtimmen die 
verſchiedenen Ausfagen barin überein, baß eine Golonie der Xfamefen 
unter den beiden Söhnen des Bara Gohain, vor 8 Generationen, ihr 
Aſyl im Lande der Kolitas fand, an den Ufern bes Sri Lohit, 
von wo fie, bi etwa vor 200 Zahren, mit periobifcher Unterbrechung, 
eine Verbindung mit ihrem Mutterftaate unterhielten. Der Kolita Radja 
ſoll fie gaftlidh aufgenommen und ihnen Länbereien zur Anfieblung an⸗ 
gewieſen haben, worauf fie füch dort förmlich niederließen. Seit zwei 
Sahrhunberten habe man aber keine Nachricht mehr weder von ihnen 
noch von ben Kolitas gehabt, bis auf bie Fluth bes Dihong, bie wieder 
an ihr Dafeyn erinnert habe, Hierbei ift zu bemerken, baß dieſer fabel⸗ 
bafte Siri Lohit im N.O. wahrfcheinlih mit dem Siri Serhit im 
&.D. derwechſelt iſt (Sri, d. f. Heiliges Waffer ?), wenn gefagt wird **>), 
die Bruͤder Khunlai und Khuntat hätten ben Siri Lohit überfert, und 
wären aus Tübet gelommen, da doch aus ogigem ihre Herabwanderung 
von ber Suͤdkette, aus Nora, von S. O. her, alfo vom Siri Serhit 
ef. oben &. 300, 807) herab befannt ift. Die Hochebene im Dften bes 
Kulta oder Kolita Landes, jenfelt der Mismi, fol auch wohlbebaut feyn 
ats das Land der Lamas, oder bed Yam Sinh Radjas bie Ras 
tion fey auch independent, ftehe oft in Krieg-mit ben Kolitas. Man 
ſchilderte fie als ein Reutervolk, etwas nach Europäer Art gekleidet, in 
langen, weiten Beinkleidern, geſtickten Weſten, beruͤhmt durch ihre Pfer⸗ 
dezucht (k). Ein Paß im Norden von Brahma Kund foll durch bie 
Mismi⸗Berge in 20 Tagereiſen zu dieſem Lama⸗Lande führen, bie ein 
guter Wanderer wol aud) ſchon in 17 Tagen zurädgelegt Habe, Jetzt 
ſcheint der Weg Impracticabel zu ſeyn; an zwei Gtellen muß man ſich 
an Seiten über die Felſen emporziehen. Die Route zum Lama = Lande 
durch die MismisWerge wurde fo angegeben: 1) Vom Brahma Kund 
fepe man über den Gataract des Lohit, auf einer Seilbruͤcke von Bam⸗ 





58°). Kiaprotlr Mem. rel. a FAsie T. II, p. 408, 416. 


Himal., IH. Oſt⸗Gr., Aſam, Fangtan« Kette. 389 


bass, die quer über bie Kelsenge gefpannt ift, um jenfeit 2) Philfa gaom 
zu erreichen, wohin man aber vorher noch eine zweite Seilbrüde über 
den Zidang zu überfegen bat. 3) Nah Nittingbang gaonıs 
mismis;s 4) nah Sanga gaomy 5) nah Taſi Kibang gaomz 
6) nad) Leba gaom; 7) nah Midu Arwa. Hierzu find 17 Tages 
reifen nothwendig. Won ba find noch brei Zagereifen zur- Lamas 
Stadt (?) und bem Fort, bie dieffeit des. Sri Lohit liegt, 


g) Erfie Ueberftrigung ber Langtan⸗Kette, aus Ober⸗Aſam gegen 
&.D. in das Bhor:Khampti:fand, aus dem Stromgebiete bes 
Brahmaputta in, das Stromgebiet des Irawadi. Reiſebericht 
(24. April bis 30. May 1827) von Lieutn. MWilcor und Capt. 

Burkton %. — Die Bhor Khampkl. 

1. Abreife im April 1827. Dee Berichterſtatter Wil⸗ 
cor und Eapt. Burlton ſchifften fi in Eleinen Booten (Din- 
gies), mit 10 Süfelleren ber Ahampti Truppen, und von 16 Ku⸗ 
ti6 (Laftträgern) begleitet, von Sobipa, auf dem Noh Dihing 
ein. Sie kamın am 24ften des Monats zum Sinpho⸗Dorfe 
Kafan (f. oben S. 347), mo bie Stromfahrt busch zahlloſe, 
verfuntene Bäume und Rapiden -verfperst war. Auf dem Burgen 
Raume von Wakyat bis Kafan (10 Stunden Weges) warın 
fie, nach Barometermeſſung, 400 Fuß gefliegen. Die Hige war 
fehe ſtark, heftige Megen fielen. Im Dorfe ließen fie alle übers 
fluͤſſige Bagage. — 

2. Abreiſe von Kaſan am 26. Aprilz im Thale bes 
Dihing aufwaͤrts, der ſich in mehreren Betten durch eine kleine 
Plaine windet. Links lagen Huͤgel von 200 Fuß Hoͤhe, hie und 
da zeigte ſich Stellufer von Conglomeraten gebildet; die Huͤgel zur 
Rechten waren höher und bewaldet. An einem Gakken⸗-Dorfe(7) 
ging «6 norüber, nach Logo, auf Bergen gelegen, ein Ort (uns 
der 27° 30 N. Be.) aus 8 bis 10 Häufern beſtehend. 

3. Am 3. April, wurde der Dibing verlaffen, um am 
feinem nörblichen, ober rechten Bufluß, bem Tungone Rullap 
aufwärts zu gehen. Er wurde gegen Oſt überfegt, um einen 
Berg zu Überfleigen, von wo man das Dorf Pifhi erreichte, 
Gin zweiter mit jenem parallelee Zufluß, der Tungut Nulla, nur 
eine Bachrinne mit Dickicht bewachfen, wurde erreicht. Hier er⸗ 
hielten fie Vefuh von dem Bifa Saum und einigen andern 





*0) f. oben $. Anm. S. 357 Nr. 16. 


300 Hoch« Aſien. IV. Abſchnitt. $. 76. 


Haͤuptlingen. Man hoͤrte hier den Geſang eines Vogels, ber dem 
Gelaͤute einer Glocke glich. 

4. Am W. April. Zu Lande unter Regen weiter, gegen 
Oſt; an einer Stelle eröffnete ſich eine prachtvolle Anſicht des 
Schneegebirgs, gegen S.O. das auch mit Gruppen von Mas 
delholz bewachſen if. An ber Steilfeite eines Berges ſah man 
ein weißes, falziges Xhonlager, das häufig von Elephanten und 
Wild, zum Leden, befucht wird; in ber Nähe finder fih Erdöl, 
bes Berg befteht aus gelbem Sandflein. Ehe man von da, vom 
Drte Kunku, zum rechten Zufluß des Mob Dibing, dem Dus 

pba Pant hinabfteigt, eröffnet fi) noch einmal eine ſchoͤne 
Fernſicht, die felfige Ihaltiefe wird vom Dupha bucchbraufer, 
deſſen Getöfe mian anderthalb Stunden weit hören kann. Am 
Kunku war gaftlicher Empfang, die Gaums, ober Häuptlinge, 
machten Ihre Beſuche; Neid war nur wenig gu erhalten. 

5. Am 1. Mai. Der Dupha mußte, etwas oberhalb des 
Ortes, auf einer Seilbruͤcke (Sanku), von Rohr geflochten, uͤber⸗ 
ſetzt werden. Sie ſchwebt uͤber Felsklippen; der Reiſende ſetzt 
ſich In einen Korb und zieht ſich ſelbſt hinuͤber. Grauſig aber 
prachtvoll iſt der Blick aus ber Höhe in bie fleilen, hoben Klip⸗ 
pen und auf den Strom. Etwa eine Stunde oberhalb dieſes 
Hebergangs kommt der Dupha von Oft, und wendet fich bier, 
wo ein Nordarm, der Ingke, zu ihm fällt, gegen Sub, um 
nad einigen Meilen Weges fi zum Noh Dihing zu ergießen. 
Der Dupha ift hier 240 Fuß (80 Yard) breit an der engſten 
Stelle; fein ſenkrechtes Oftufer iſt Sandftein, mit Conglomes 
rat überlagert. Spät am Abend erreichte man erſt auf einer 
zweiten Bergſtufe den Ort Pafpilat, ein Dorf, im Winkel des 
Zuſammenfluſſes des Dupha und Dihing gelegen. 

6. Am 2 Mai. Man kehrte auf dem noͤrdlichen Ufer in 
das Thal des obern Noh Diping zurüd, ſetzte auf einer Bam⸗ 
busfaͤhre Über den Strom nach Phogong, wo man gaſtliche 
Aufnahme fand. Von hier an bergan, auf fruͤher von Euro⸗ 
paͤern nie betretenen Wegen, zwiſchen Voͤlkerſchaften von den ver⸗ 
ſchiedenſten Sprachen, ber ſchwierigſte Theil der Reiſe. 
Zwiſchen Sinhphos, Khamptis, Mismis, Muluts, 
Kamjauns und Birmanen (Burmeſe), wußte man ſich nur 
durch das Aſameſiſche verſtaͤndlich zu machen, das jedoch auch 
hier von den roheſten Tribus, die noch der — von Ober⸗Aſam 
nahe wohnen, verſtanden wich. 


\ 


Himal., II. Oſt-Gr. Alam, Langtan- Kette, 391 


7. Am 3. Mat. Vom füdlichen zum nördlichen, oder rech⸗ 


ten Ufer des Nob Dihing, hatte man auf: fehr befchwerlichen 
Wegen, am Flußufer, über Sandſteinklippen wegzuklettern, bie 
man am Fuß des Koke Numley Berges den Dihing ganz 
verließ. Beim Aufſteigen auf dieſen Berg, gegen N.O., wurden 
die Reifenden zum erflen male von den Siftfliegen (Dams 
duns) geplagt, bie in Afam und India unbelannt, nur auf das 
Mismi⸗-Land beſchraͤnkt zu feyn ſchienen, aber viel, fchlauer und 
Plagender als die Musquitos find, und böfe Gefchwüre verucfas 
hen. Eine andere nicht geringere und gefährliche Plage war die 
der unzähligen Blutigel, deren immer einige 20 bis 30 an ben 
Süßen fi anfogen. 

8. Am 4. Mai verirrten fi beim Beſteigen ber Höhe bie 
Zührer; als man Halt machte, gab das Barometer = 3731 Fuß 
Dar. (3500. J. Engl.) über ber Sodiya⸗Ebene (= 4865 $. Par. 
üb. d. Meere). 

9. Am 5. Mai. Am Morgen empfand man auf der Höhe 
Kühlung; um 8 Uhr Morgens ſtand das Thermom. 10° Reaum. 
(57° Sahıh.); man flieg ſteil zum Bebirgsflug Moha Dani 
Zubach, gegen Süd, zum Dihing) hinab, und jenfelt feines nicht 


geringen Waſſers, zum ſehr befhmwerlihen Wangleon: Berge . 


hinauf, der bier die Wafferfcheidelette zwifhen Dupha 
Dani im Norden und Noh Dihing im Süden und ihre 
Zubäche bildet. Der Berg beftcht aus Glimmer und Gneuß, 
die nur zwergastigen Bäume waren fehe yerfpreist in ihren mit 
Bartmooß behängten Veraͤſtelungen; über dichtene Buſchwerk fiel 
ber Blick anf weit höhere Pils. Am Haltplag auf der Paßhoͤhe 


zeigte da6 Barometer = 6980 Fuß Par. (7387 5. Engl) über 


Sodiya (b. i. = 8064 $. Par. üb. d. Meere). 

10. Am 6. Mai. Am Morgen bei’ Sonnenaufgang Ther⸗ 
mom. = 63° Reaum. (46° Fahrh.). Nun erſt wurde der Gipfel 
des Wangleon erreicht, den man dann wieder hinabflieg. Dicht 
unter feiner größten Höhe ift ee mit Bambusflauden bewachſen, 
bie einzeln flehen und an jedem Knoten geſtachelt find. Beim 
Hinabſteigen kam man 'an einer Buche (? beech), und an ei⸗ 
nem Geigenbaum vorbei, der ſchoͤne Fruͤchte trug; auch einige 
wohlriechende Veilchen wurden gepflüdt. Einen granbiofen Ans 


DU geroährte die lange Kette der Schneegebirge (bie 


LangtansKerte), weiche in keiner großen Kerne quer über das 
Dupha⸗Thal dahinzog (gegen N.D.). An ihrem Buße breitete 


2 dd 


392 HoehhAſlen. IV. Mbfhnite. 6. 76. 


fi eine ſchoͤne Thalebene, mit kurzer Graſung und Farrenktaͤn⸗ 
teen bededt, aus. Zu beiden Seiten fliegen auch die Gebirge 
noch zu majeflätifhen Höhen empor, bie zum Shell noch mic 
Schnee bededt waren. Halt wurde am linken, dem fübdlichen, 
Ufer des Dupha Pani gemacht, an einer Stelle, wo bäufig Wild, 
ſelbſt noch Elephanten und Affen find. Viele der Reifenden hats 
tem Fieber und gefchwollene Beine. 

11. Am 7. Mai. Am Südufer des Dupba romaufisärte, 
2 Rarle Stunden weit, bann über den Strom, ber hier eine Sucs 
ceffion von Cataracten bildet; dann nach Auffteigen einer gutem 
balden Stunde zum Haltort, dee = 4093 F. Par. (4362 8. 
Engl.) über Sodipa (alfo an == 6227 5. Par.. über dem 
este) liegt. 

12. Am 8. Mat wurbe ber hohe Phunggan Bum 
(Phungham Bum, Bum, d.i. Berg) bigaufgefliegen. Bald 
erreichte man das Niveau des Schnees, der aber nur in der Kerne 
einer guten Stunde zur Geite liegen blieb, und in den Schluch⸗ 
ten fi vorfand. Bäume wuchſen noch nad allen Richtungen 
bin, felten ſenkrecht empor, aber meiſt mit Moofen behangen. 
Buchen, Efhen, Lorbeeren, auch fehr viel Waſſercreſſe (?). 
Der linke Arm bes Dupha⸗Stromes führte zus Paßhoͤhe hinauf; 
bie Waſſer gegen Welten, fagten die Fuͤhrer, fielen zum Dis 
hing’, bie gegen Dften in den Phungban (Phung Yun des 
Survey), deſſen Waſſer fhon füboftwärts der Langtan⸗Kette dem 
Steomfpftene bes Irawadi zuellen, und in einen ber obern Arme 

dieſes Birmanenſtromes fi ergiefen. Auf der Paßhoͤhe fehte Die 

“ wilde Sturmbrapt, mit Donner und Bis, einen ganıen Wald 
in Brand, Zwei des Meifenden blichen vor Ermattung liegen. 
Das Lager, am rechten Ufer des bedeutenden Phungham⸗Stro⸗ 
mes, fand fi), nach Barometermeflung 9173 $. Par. (9782 8. 
Engl). über Sobipa (alfo = 10,341 Fuß Par. üb. d. Meere, 
nach ber Angabe bes Survey, welcher dieſer Paßhoͤhe 11000 Fuß 
Engl. üb. d. M. giebt), Dan hatte nur noch wenig Reis von 
dem einzig übrigen Proviant zur Nahrung ; die meiften der Wan⸗ 
derer litten ungemein, 

13. Am 9. Mai. Der Weg hinab war fanft, durch Sungle 
und Bambusbidicht, über mehrere Bergwaſſer, die zum Phung 
bam fallen; nur zur Tinten va fahe mah Foͤhren wachſen, 
jur rechten aber nicht. 


Himal., III. Oft-Or., Bhor Khamti Land. 393 


1. Am 10. Dal Zwiſchen hohen Bergen zog man durch 
enge Bergſchluchten; eben ſo am 

15. 11. Mai, immer unter heftigen Regenguͤſſen durch die - 
Berge bin. 

16. Am 12. Mai fegte man über den Namſiya, einen 
linken von N.W. her kommenden Zufluß zum Phungbam, der. 
nun den Namen Namlong erhält. An einer Bergfeite kam 
man nach Aleth, einem alten, von Mismis verlaffenen Docfe, 
die ſich jegt in einem Anden, am Zungore: Fluß (2), angeſiedelt 
haben, dem fie nach ihrer Gewohnheit denfelben Namen beileg« 
ten. Ban fand hier wilde Brombeese oder Himbeerduͤſche (rasp-. 
berries), _ 

17. Am 13. Mai. Zum Hauptſtrom, ber bier ſchon Name 
Long beißt, und an 90 8 120 Fuß breit iſt, wahrſcheinlich für. 
Boote fahrbatr. Burlton wurde hier vom Fieber ergriffen; von 
6 Afamefifhen Begleitern hatten ſich 2, beim Auffteigen der gro⸗ 
fen Paßhoͤhe, verisst, und kamen wahrfcheinfich um; 2 andere 
Sonnten vor Ermattung nicht weiter; noch "2 andere ließ man ‚bei 
ihnen zurück; mehrere fanden ihren Tod auf dem Wege. Der 
Strom ſchwoll in der Nacht um 3 bi6 4 Fuß hoch an, fiel’ aber 

am Morgen eber: fo ſchnell wieder. 

18. Am 14, Mai fegte man, am eechten Stromufer, ben 
Weg über ſteile Felſen fort; nach eine Beinen Stunde überfeste 
man auf einer Seilbrüde (Sakue) den Stzom, nach dem Mus 

Int: Dorfe, wo ihnen die Boten des Nadja bes Khamti ber 
gegneten, die ihnen diefer zum goftlihen Empfange entgegen ge⸗ 
fande hatte. Hier Chat. ihnen ein Mafttag Pflsge wohl Das 
Dorf hat 20 Häuferz das alte Mul uk⸗Dorf, Hupong genannt, 
fol deren 500 gehabt haben, bie aber durch bie Sinhphos entvoͤl⸗ 
tert wurden. Die Kleidung der jegigen Bewohner ift wie bie des 
Khamptis, nur roher. 

19. Am 16. Mai, durch angebautes Land zu einem zwei⸗ 
ten Muluk⸗Dorfe, Nambuk (unter 27° 30 N. Br. auf dem 
Survep). Die Bewohner hatten nie etwas von Europäern ges 
hört. Zwei Rabja-Söhne machten am Abend ihren Beſuch; fie 
waren höflich, gut gekleidet, das Dorf größer als das vorige, hatte 
gute Stodaben; war nett, veinlich, hatte viel Lebensmittel. 

2. Am 18. Mai nah Kumtong, einem Palanfenges 
Dorfe(?), eine ſtarke Meile oftwärte vom Namlong⸗Strome; 
wo ber zweite Bruder des Radja die Fremblinge befuchte. Seine 


— 


394» Doch» Aſien. W. Abſchnitt. $.76. 


Garde hatte Engliſche Musketen, vom Jahre 1780, mit dem Zei⸗ 
chen der Oſtindiſchen Compagnie. 

2. Am 20. Mai verlieh man ben Namlong⸗Strom, 
deſſen Thal fi gegen Euͤden zieht; man ſetzte in der bisherigen 
Direction den Weg gegen Oſt fort, uͤber den Kumtung Fluß, 
um bie Capitale der Khampti zu erreichen. Man hatte das 
Gebirg zu uͤberſteigen, welches das Thal des Namlong in Weſten, 
von den Gewaͤfſern und Thaͤlern das Irawadi im Oſten, ſchei⸗ 
det. Nach Ueberſteigung zweier Berge gewann man einen pracht⸗ 
vollen, weiten Fernblick auf den Irawadi Fluß, und auf die 
Gegend von Maunchi, dee Capitale ber Bor Khampti. Ob 
man ſchon am folgenden Tage dieſe Stadt erreicht, iſt nicht mehr 
deutlich aus dem Tagebuche zu fehen. Dan flieg nun hinab im 
eine große, debaute Ebene, an einem Grabe von Pukha (von 
weiß angeftrichener Erde) vorüber, mit einer rofenartig geformten, 
vergüfdeten Dachbedeckung, mit chinefifhen Seidenzeugen ums 
bangen; auch an einigen Zempeln aus Bambus und Grasgeflecht 
am man vorüber, die im Chinefifhen Styl erbauet waren. 

Shre Annäherung zue Stade warb durdy Gongs vor ihnen 
verkändet. Nahe bei Maundi kam man an 2 hohen Pukha⸗ 
Gräbern, mit Seeiffen und anderen unbelannten Figuren vers 
ziert, vorüber. Die Stadt wurde endlich erreicht. Sie iſt groß, 
kart mit Scodaden, durch Paliffaden mit Bambus verfhanzt, 
bie ingeniös gearbeitet find. - Die Häufer fiehen ganz unter den 
Dächern verborgen, nur die Hofräume mit Hühnern und Büffeln 
find fihrbar. Das Mädfa» Haus im Centro iſt von Pallifaden 
umgeben; das Mittagsefien wurde auf Birmanen: Art in lackir⸗ 
tm Schuͤſſeln ſervirt, und In dyinefifhen Schanlen auch Liqueur 
gegeben. Des Nadja Beſuch kam in vollem Pomp, mit einer 
Garde von 235 Mugsketiers, mit Schwertern und Lanzen, begleis 
tet, mit 5 Gongs; voran er felbft unter einem goldnen Chatta 
(Sonnenfchiem), eine Gabe bes Könige von Ava. Geine Sorge 
war, die Birmanen würden ihm diefen Beſuch der Briten übel 
vermerken. 

Die: beobachtete Breite von Maunchi ift = 27° 23 43" 
M.Br.; die Höhe des Landes über Afam = 1,407 5. Par. 
(1500 Engt.), alfo 2541 F. Par., oder an 2500 bis 2600 Fuß 
über dem Meere. 

’ Bon einem Befuche des Framadi bie Nam Kto (Miti 
dei Sinhphos) in feinem weſtlichſten Arme; im öfllihen Nam 


Himal., ITI. Oſt-Or., Bhor Khamti Land. 95 


Difang (Bang Kha bei Sinhphos) genannt, rieth der Badia 
ab, wegen der Gefahr, ba er im Kriege mit dem dortigen Nach⸗ 
bar Tribus ſtehe. Doch eveifeten Wilcor und Buriton am 
24. Day babin ab; fie erreichten ihm duch In 2 Stunden Zeit. 
Er zieht hier Direct, wie fein oͤſtlicher Nachbarſtrom nur wenige 
Stunden fern von der Eapitale, von Rocden nah Südens 
ee war ungeachtet ber ſtark vorgefcheittenen Schneefchmelze hier 
nur Hein, niche fo breit als dee Roh Dehing in Afams fein 
Bett fleinig, 240 Fuß (80 Yards) breit, meift durchgehbar. Etwa 
8 geogr. Meilen (30 M. Engl.) feen im Gebirge, von bem vies 
len Schneewaſſer herabrannen, ſey feine Quelle (auf dem Sur⸗ 
vey unter 8° N. Br., und unter 97° 50 D.2. 0. Gr.) Nun 
kehrte man, bei geoßer Hige, 253° Reaum. (90 Fahıh.) nad 
Maunchi zuruͤck. Diefee Nam Kio oder ber obere Ira⸗ 
wabdi Arm bi Maundi, kann alfo bie Kortfegung des Tüıs 
besifhen Dyangbo nicht ſeyn; aber Klaproths Hypotheſe 
iſt Rarum doch auch keinesweges widerlegt, wie bie erfien Briti⸗ 
fen Berichterfiatter hieraus ſchließen zu müffen glaubten, ba 
nach Klaproth 59%) nicht dieſer weftliche Quellarm des Ira⸗ 
wadi, ſondern fein Ööftlicher, der Pintang kiang, oder Fluß 
von Bhanmo, ber Große Tübetiſche Dzangdo ſeyn fol. 
Immer muß es auffallen, daß die Bewohner zu Maundi von 
der Nähe eines fo großen Stromes gar keine Kunde. hatten. 
Nach Ausfage des Radja, und feines Bruders, werben die niede⸗ 
ren Berge der Vorketten im Norden von Maundi, gegen 
die Nam Kio Quellen, von der Tribus bee Khununge bes 
mohnt, da6 höhere Gebirge von einer aͤrmeren, wilberen Race von 
Menfchen, deren Namen nicht genannt wird; fie find kaum bes 
kannt, fie follen nade gehen, und Barbaren ſeyn. Die Khu⸗ 
nungs (ein Mismi: Stamm) bringen den Khamptié Salz, 
und fehmieden bie Dhows (Speere?), die ſehr gefucht find. Won: 
einem Lu fang (Nu kiang), und anderen Chineſiſchen Strömen, 
mußten die Khamptis gar nichts. Die Ausfage, daß der Ira⸗ 
wadi (ober doch diefer bafür gehaltene Quellarm) und Lohit 
Brahmaputra nabe beifammen ihre Quellen haben, iſt 
von den Mizhu Mismi erhalten; am biefer ihrer beſtimmten 
Nachricht, fagt Wilcor, fey kein Zweifel. Die Diſtanz von 
Maunchi zur Duelle des Nam Kio, ift nicht pofitiv bekannt, 





*2?) Kiaproth Mem. IIL in Men. relat. a PAsie T. III. p 415. 


365 Hohe Aſien. IV. Abfchnlt. 6.76. 


fie fol aber dahin waͤrte, wo man majeſtaͤtiſche HS mit ewigem 
Schueemaſſen im Norden ſich erheben fahe, Siegen, und 10 Tages 
reiſen follen dahin zu gelangen noͤthig fern. — Dieß find bie 
vorläufigen Berichte über ba6 Schneege birge der Langtan⸗ 
- Kette, im S. O. von Afam, dee Waffesfheide ber ges 
nannten geoßen Stromſyſteme, und über das Bhor 
Lhampei Land, das dem aͤußecſten Shdoftvorfprunge 
des Himalaya» Öpftemes vorliegt, zu dem wir in die Mitte 
feiner, unbelannteflen Regionen zurüdeilen. Wilcor and Burlr 
ton begannen Anfangs Juni, von Mauncht, ihren Ruͤckweg 
nah Aſam auf einer kuͤrzeren Route, als dem Dinwege; aber 
über noch höhere Berge, auf denen fie an einigen Stellen, am 
4. Juni, noch 12 Fuß hohen Schnee fanden, und Enietief im 
Schnee waten mußten. Genauere Nadricht von dieſem Rüde 
wege erhalten wir nie. Noch bleibe und übrig, zum Schluß 
unferer Unterfuhung über Afam die zgerftreuten Notizen über 
bie Bhor Khamptis und ihre Manherfluafen nad Afam beie 
zufügen. 


Anmerkung Die Bhor Khampti (Bor Kpamti 2) unb 
ihre Banderftraßen. 


Das Land der Bhor Khampti, deffen Bhor Khampti Radja 
zu Maunchi reſidirt, Liegt im S.O. ber Langtans Berge, beren einige 
Schneehöhen von Soblja aus erblidt werben. Nach einer &D. Wen⸗ 
dung, in welcher diefe Gebirgskette beinahe den Irawadi erreicht, zicht 
fie füdmwärts, dem Strome parallel, bis in bie Gegend von Bhanmo. 
Diefes Sand liegt, alfo, entlang am oberen Laufe des Jrawadi, der 
nach Awa fliehtz es iſt ein Diftriet ber Birmanını Provinn Mogs 
houn, und dem Birmanifchen Phokun, ober Gtatthalter, derſelben 
teibutbar. Es ift gegen Oft von China, gegen Norden von Tülyt durch 
hohe Schneegebirge gefchieden, durch welche Lein Durchbruch eines tie⸗ 
fen großen Stromthales, fo weit die Erkundigungen reichen, bekannt iftz 
aur vom Süden ber ift es im Ichale bes Irawadi gugänglid, aber 
der Strom ift von hier an noch nicht ſchiffbar. Die naͤchſten Bewohner 
ber nördlichen Vorberge, bie Khunungs, find ein Stamm br Mismi, 
bie mit China und Tuͤbet Handel treiben. Gie finden Silber in gros 
ger Minge im R.D., und Eifen häufig im S. O. ihrer Gebirgez fie 
find gute Eifenfchmiebe, fie verfertigen die Khampti Dhaos,_bie ſehr ges 
fuche find. Die Herkunft dee Khamptis leitet man aus 8.0. von 





522) S. oben $. Anmerkung S. 357 Ar. 11. 


- Ss 


Himal., II. Oſt-Or. Bhor Khamti. 397 


dem heile von Shan (Ko Shanpri) ab, ber m ©.D. von Mog⸗ 
houn liegt. Ron dieſen Bhor Khamptis, find aber die Bhor 
Khamptis im Nordweſt ber Langtan „Kette, in Sodiya ein 
Zweig, eine bahin vorgerüdte Solonifation »2). Zwar 
find uns zweierlei Routen, von Sobiya und von Rungpore 
in Afam, vorzüglich durch fie, zu ihrer Heimath in S.O. nad) bem 

Bhor Khampti Lande und nah Moghoun mitgetheilts aber, - 

n auch in Diſtamzen der Nationen und fonftigen Details ziemlich zus 
verläffig, doch in den Ramengebungen fo verfchieben, baß noch an keine 
genauere Erklärung oder Verzeichnung derfelben auf Karten denkbar iſt. 
Als Erftlingerund einzige Fingerzeige verbienen fie indeß auch hier bes 
achtet zu werben; wie fügen fie bei, wie fie Neufville aus dem 

Munde der fehr verfchieden redenden Gebirgsvälter fid) aufnotirt hat. 
1. Route von Sobiya zum Bhor Khampti Landez die 

Heerfiraße ber Sinhphos’*). Es iſt diefelbe Route, welcher 

Wilcoz und Buriton gefolgt find, obwol die Bencnnungen fehr abs 
weichen, was bei den vielerlei, dort uͤblichen Sprachen nicht zu ver⸗ 
wundern iſt. 
1) Bon Sodiya über ben LohitsBrahmaputra zur Muͤn⸗ 
dung bes Theinga ıb. i. Tenga Pari;. 
2) Auf deffen linken ufer nah Satao Gaom. 
3) Nah Simum ©. 

4) Rad Satora ©. 

5) Rach Laffa Bari. 

6) Ueber die Fluͤſſe Tenga und Khope. 

7) Paß zwifhen den Lasheng und Chiklai Bergen (weſtliche 
Vorberge des Dupha Bum, und der Wangleo⸗Kette, zwiſchen 
Dupha Pani und Roh Dihing); über. den Khope Rala, zum 
Phukkan Nala. 

8) Paß über das Dorf Didamria Beter, über den Zumut 
und Zangut Rala (lauter Wergflüffe zum Noh Dihing). 

9) Ueber den Tappan gum Tamgut. 

10) Paß über die Namshung⸗Berge; über den Mukkotai 
Rala zum Kamku Gaom. Diefer ganze Weg geht durch 
Bergland. ö 

11) Dann überfegt man den Daffa Yani (f. oben Dupha Pant ſ. 
©. 3%); Paß über das Dorf Bujanz es werben bie Bergwafs 
fee Juki, San, Khope, Lua, Ramang überfest, und dann ber Di⸗ 
bing nad) Pha Ehung Baom und Rimna Gaom. 

12) Zum Ramfdi, 





' 


VI. 2.346; 6 — S. 306 Rr. 2. 
VI. p. 346, 35 


398 Hoch- Aſlen. IV. Abſchaitt. $.76. 


13) Rad) Suoppang. | 

14) Zu den Bhor Maluks (f. oben Muluk'. 

15) Rach den Ishang Bergen, von ba in 3 Tagen zum Lande ber 
Bhor Khampti, auf einem Wege, ber ſich gewaltig zwiſchen 
Hochgebirgen hindurch windet. 


2. Route von Mittel-Afam, von Rungpore nach Avq, 
die Heerfiraße ber Birmanen '**), 

Diefe Route Liegt im S uͤdweſten ber vorigen, und wird erft ben 
Dibing-Fluß aufwärts, bis Borhaps Chowka (offenbar Bor Hat 
Chokey, f. oben S. 359) angeführt, von wo fie gegen S.D. bem 
Bori Dihing füboflwärts, durch die Raga Berge (dur Nora) 
binduchführt, wo der erſte Vaß Namhog, für den Poften und das 
Thal Namrup gehalten wirb, welches ber lette, dort bekannte Ort 
tft (unter 37° R.Br. und 95° 40/ 9.8. v. Gr., meint Neufvillesz 
wahrſcheinlich aber noch um einen Grad öftliher zu fuhen). Dann 
werden folgende Namen ale Stationen aufgeführt. 

Tanha Kamyua, nach Reufoille, wol das alte Daffa Gaum (Dupha?}. 
Dann folgt NRuns Nun. Dann folgt Poa puo, bie Patkoi Berge 
der Afamefen, neben welchen bie urfprünglidhe Grenze zwiichen 
Afam und dem Lande der Shan beftimmt ift. 

Der Thikitaon (d. h. Hoher Berg), bei ben Khamtis Takka 
genannt. 

Thekki Nala, bei den Khamptis Tas hyait. 

Nun wird Bijanun yua, ober Hukhung der Birmanen ges 
nanntz es iſt ibentifch mit Bifa Saum, bem alten, dem Urſit unb 
der Heimath ber Sinhphos (f. oben &. 378), wo noch immer einige 
von ihnen zurüdgebliebene Reſte wohnens fie gehorchen dem dortigen 
Dberhaupte, beffen Gewalt fo weit, als bie Päffe gehen, reicht. Die 
Entfernung von Namrup nah Alt Bifa Saum wird, ber großen 
Beſchwerden bes Weges ungeachtet, nach allen Ausfagen einflimmig auf 
10 Zagereifen angegeben, bie in Zagemärfchen, vom Anbrud bes Mor⸗ 
gens bis Mittag, zurückgelegt werben. Seit einer Reihe von Jahren 
{ft diefer Weg gang regelmäßig durchzogen worben, und es follen ſich 
gegenwärtig auf dieſer Route Feine gefahrvollen Stellen mehr finben. 
Der größere Theil wird felbft als fehr gangbar befchrieben. Der Weg 
zieht um die Gebirge herum, und überfleigt nur ein bis zwei mal bie 
Hoͤhen; aber nicht fehr fteil, Waſſer findet ſich überall hinreichend, bis 
auf zwei Stationen, am vierten Tagemarſch von Namrup und auf 
der Höhe des Berges Thikitaon, wo «8 zwar nicht fehlt aber fpar« 
fam if. 





#v#) Neufrille Le. T. XVI. p. 346, 352. 


‚ Simal., ;IV. Deftlicpe Fortſekung. 300 


Nach anderen Ausfagen heißen bie 12 Gtationen von Namrup 
aus fo: 1) Khaeka, 2) Rampai, 3) RunsRun, 4) Sakyep, 5) Patkoi 
(Poa puo‘, 6) Khoi Chu, 7) Kathang, 8) Kuah, 9) Takkah (Thikitaon 
ein Berg), 10) Hatak, 11) Tashyiat (Shell), 12) Hukhung, ober 
At Biſa Saum (Bijanun yua). Hier enden bie Gebirge, ber Weg 
durchzieht nun ein fchönes, voltreiches Land. Er überfegt ben Ram peo 
und Tunkoh Nala (Thaoanka der Karten); er überfteigt den Bleinen Berg 
Shambuo (Samu Berg) geht hinab nach Khung ich, Kberjeht den Nam⸗ 
fung Nala (Nampua) und erreicht in B Tagen Mung tung, ober 
Moghaun, von wo man nun, zu Land, ober zu Schiffe, weiter bis 
Amerapura ber Gapitale des Birmanens Reiches gelangen Tann, 


- 


Sünftes Kapitel. 


IV. Die öftliche, Hinterindifch» Chinefifche Fortfegung . 
des Himalaya-Syſtems, und die Gebirgsverzwei⸗ 
gung des Oſt⸗Randes von Hoch-Aſien im 
eigentlichen China. 


5. 77. 
veberfid et 


Nachdem wir das wunderbarſte, gewaltigfte Alpengebirgss 
Cand der Erde, das In diſche, vom Querburchbruche des In⸗ 
‚dus und dem Kafhmirthale Ch Afien Bd. I. &. 588), bis nad) 
Dber: Afam, über den Brahbmalund hinaus, zur Quelle bes 
Lohit-Brahmaputra, auf ben nördlichen, namenlofen Schnees 
bergen im Ramalande, und bis zum Jrawadi:Urfprunge auf 
dem Schneezuge der Langtan: Ketten (von 92° bis 115° D.2., 
v. Serro), in feine Weft:, Mittel: und Öft:Gruppe, mübs 
fam, aber glücklich durchwandert haben, fo bliebe uns dennoch, 
außerhalb bed Himalayas, noch ein gutes Drittheil 
des ganzen zufammenhängenden Gebirgefpflemes auf gleiche Weife 
zu durchforſchen übrig. | | 
Aber hier gehen un® die Kräfte aus; denn noch Feine Beobs 
achter haben diefe Theile role jene durchforſcht. Wie Haben fie 
baber als eine Terra incognita nur unter dem Ausdruck einer oͤſt⸗ 
lichen Sortfegung des HimalayasSyfiemes zufammens 
faſſen wollen,. um fie in einer beſchreibenden Darlegung handha⸗ 


00 Hoch⸗Aſien. EV. Abſchnitt. 6. 77. 


ben zu können, bis fich diefe, vote wir oben fagten (f. Aflen Bd. UL. 
S. 588), «init mit dem Korefchritt ber Wiſſenſchaft in ihre ges - 
naueren Glieder zerlegt, über weiche wir bie jest noch gang außer 
Stande find werheilen, ja kaum nur etwas darüber berichten zu 
können. Kaum läßt fi) irgend eine beſtimmtere Vorftellung über 
die Geſtaltung biefer Fortſetzung gewinnen, alst fie irgend wie, 
etwa aus Landblartenanficht der Arbeiten der Jeſuitene⸗ 
Miffionare und aus ihren unvolllommenen Belationen her, 
vorgeht, oder aus der arithmetifchen Aufzählung des Tauſende 
von einzelnen Flüffen, Thaͤlern und Bergen, ohne alle innere 
Syſtematik oder Gonfiructionsiehre, hinfichlid Ihres Zufammens 
hanges, wie fie die Chinefifhen Geographen felbit zu ge⸗ 
ben keineswegs ermangeln. Aber da wir daraus für unfere Zwecke 
keine Feucht gewinnen, fo lafien wir diefe minutiöfe Namenges 
bung der Einheimifchen, an weiche wir keine naturgemäße That⸗ 
fachen, Leine bierhergehörigen Gedanken und Ideenreihen anzus 
tnüpfen im Stande find, auf fich beruhen, und eilen nur zu eis 
nee allgemeinften Weberfiche dieſer orographifchen Raums 
verbättniffe fort. Dies können wie um fo eher, da das Detail 
derfelben durch den fhägbaren Fleiß und die Iinguifiifche Gelehr⸗ 
ſamkeit unfers Landemannes J. Klaproth, auf das dankens⸗ 
wertheſte, durch feine Carte de l’Asie centrale und das demnaͤchſt 
su erfcheinende große Werk über China ſchon gerettet, geordnet 
unb für jebe fortfchreitende Forſchung benugbar gemacht ifl, aus 
deren früheren, frogmentarifhen Mittheilungen wir auch nur hier 
die uͤberſichtliche Nachweiſung zu geben im Stande find. Die 
einzigen, fpeciellen Beobachtungen über einen Heinen Theil 
diefee Gebirgslandſchaft, auf jener großen Chinefifhen 
Herrfizaße aus Szütſchuan nad Tuͤbet, welche innerhalb 
des wilden Gebirgölandes dieſer öfklichen Kortfegung fortfchreitet, 
haben wir fhon oben, oflwärts, Über bie bucchfchneidenden Strome 
ſyſteme Dfii:Lübers, bis zum Chineſiſchen Kincha Kiang 
und Dalung Kiang,.von H'Lari bis Tatfian [u.(f. ob. 
&. 188, 25%), kennen lernen, fo daß nur Weniges foicher Auga⸗ 
ben nachzuholen noch übrig bleibt. Es ergiebt fi daraus, nebſt 
bem oben ſchon Angedeuteten (f. Afien Bd. II. ©. 410 x.), was 
hier nicht zu wiederholen Noch thut, das Riefenmäßige auch 
biefer öftlihen Kortfegungen, bie wir Ihon im, Allgemeinen 
duch Yunnan bie zum Oſt-Ocean, Uber Canton gegen 
Formoſa Hin, und nordwärts über den Khu Khu Rer 


Himal. IV. Oeſtliche Fortſethung. 40 


und die obern Klaus: und Hoangho⸗BStroͤm⸗e kottſtreichend 
zuſammengefaßt zu denken haben. 

Es iſt hier aber dee Ort, nicht blos der oͤſtlichen Verzwel⸗ 
gung des füdlichfien der Mittelafiatifchen großen Sebirgefpfteme 
zu gedenken, fondern (vergl. Afien Bb. I. &. 173) an das Ofte 
Ende Hodh:Afiens, von defien Nordoſt⸗Ende wir vom 
Tſchang⸗pe⸗Schan, In: Shan und bis Hami fort 
ſchritten (f. Afien Bd. 1. S. 90, 186, 236), nun zu defien Sübs 
oft: Ende zuruͤckgekehrt, iſt es dee Sache angemeffen, auch einen 
Ueberblid von der Gebirgsverzweigung de6 ganzen 
Oſt-⸗Randes HodsAfiens, zwifhen jenen beiden Ges 
birgsparallelen (zwifchen 26° bis 42° N.Br.) zugleich mit 
zu gewinnen, fo gut es ſich thun laͤßt. Es wird ſich aber hieran 
unmittelbar alle Gebirgsgliederung im eigentliden 
China als natürliche Fortſetzung zugleich anfchließen, aus ber 
fich deffen bydrographifche Verhältniffe entwideln muß⸗ 
ten, zu benen mir fofort um den Oſten und Süden bes Hoch⸗ 
landes fortzuſchreiten haben, um dann zu dem Weſten des 
Erdtheiles uͤberzugehen. 

Die Oſtquellen des Lohit Brahmaputia und Ira⸗ 
wadi (Nam Khio), welche etwa im Merdian des weit noͤrd⸗ 
lichern Tfiamdo (f. oben S. 206, unter 116° D.2, v. F.) lite 
gen, find uns bekannt, eben fo der Zuſammenfluß des Yalung 
Kiang mit dem KinchaKiang (f.-oben ©.186, 196), welche 
dann vereint, im Knie, die Oftwendung nad China (f. oben 
©. 186) gewinnen, im Meridian des nördlicher gelegenen Tate 
fiantu (f. ob. 8.190, unter etwa 119° O. k. v. F.). Zwifchen bies 
fen beiden genannten Eocalitäten ift nun zwar auf den Biegun⸗ 
gen jener Heerſtraße eine Wegſtrecke von 166 geogr. Meilen 
(17% %i) zuruͤckzulegen; aber die directe Entfernung beträgt doch 
nut etwa 60 geogr. Meilen. Diefer Raum ift, füdmärts der ges 
nannten, und von uns fchon befchriebenen Heerſtraße, bie zum. 26° 
Breitenparallei, wirklich noch als Terra incogaita anzufehen, MWie 
voiffen eben nichts Näheres darüber zu Tagen, als daß hier, au 
die Moͤglichkeit der Identität des Dzangbo und Kincha Kiang / als 
dritter Durchſchnitt noch abgerechnet, jene zw ei Tuͤbetiſchen Stroͤme 
das ganze Gebirgéſyſtem gegen Süden durchbrechen follen. 
Des Omtſiun oder Dietfiu (f. oben ©. 225), und ber Dz aꝰ⸗ 
shu ode Satchun(ſ. oben S. 227), welche, ſuͤdwaͤrts, beim 
Durchdruch durch die Chineſiſche Provinz Yunnan, LuKiang 

un Erdkunde IV. Ce 


402 Hoch⸗Aſien. IV. Abfchnitt. $. 77. 
(oder Nu Kiang) und Lang thſang Klang heißen,. ehe fie 


In die Hinterindifhen Reiche eintreten, wo fie unter den Namen 


Saluaen (oder Thaluaen) und Maekhaun, an den Küften 
von Martaban und Kambodja, fih zum Dcean ergießen. 
Das Gebirgsfyftem müßte demnach hier, wenn «6 in gleicher 
Kettenbilbung, wie bis dahin, gegen S.D. fortftreichen follte, tirfe 
Düerthäler oder Einfchnitte, wie am Sfetledfh und Indus ha: 
ben, um diefen Strömen dahin ihren Ablauf zu gewähren. Daß 
bier die zu durchbrechenden Gebirgsketten noch zu dem Hochge⸗ 
birgszuge gehören, beweiſet das Vorkommen ewiger Schnee: 
gebirge in diefen ſüdlichen Breiten, die alfo noch höher 
als die Langtan und andere nördlihere Schneeberge des 
Indiſchen Himalaya emporfleigen muͤſſen. Wie viele Schnee: 
und Gletſchetmaſſen auf der großen Heerſtraße zu überftei: 
gen find, ift oben fehon angegeben (f. ob. S. 191, 196, 204, 252 
u. v. a. O.), fie ruͤcken aber noch viel weiter gegen den Süden 
vor, ‘(zwifchen 23° bis 24°), bis gegen den nördlichen Wendekreis, 
der hier in Hinter: Indien von Calcutta bis Canton hinzieht. 
Die gebirgige Natur von ganz Yunnan, in welche ſüͤdlichſte 
Provinz Chinas diefe Durchbruͤche zu liegen fommen, war zwar 
fhon früher aus P. Amioe5%) und Du Haldes China be: 
kannt; aber daß hier wenigftene 10 verfchiedene mächtige Al⸗ 
pen⸗Stoͤcke mit ewigen Schneefeldern ſich erhoben, er⸗ 
fahren wir erft nach ihrer genauen Lage aus Klaproths Ar: 
beiten ”). Sie find alle auf Grimme Karte von Hocy-Afien 
‚auf das fleißigfte eingetragen. Der Tübmwefllihfie Siue: 
(han (d. i. Schneeberg, 25 WN. Br., 96°2'D.2. 9. Par.) 
liegt mit feinen zwei Gipfeln auf dee Mordweſtgrenze Yun: 
.nans (das Departement Yung thhang fu), im Norden der Grenz: 
ftade Tengyue, gegen das Land der barbarifchen Horben ber 
Nui, im Weften des Lanthfang Kiang, ber eben von biefen 
Barbaren, hier, Nu Kiang heißen foll (weiter abwärts aber Eu: 
Kiang). Die füdlihften Schneeberge legen aber auf dem. 
Weſt- und Oſt-Ufer deffeiben Lang thfang Kiang, sort 
der DIun Scan, hier der Thian hi Schan (unter 23° W' 


m 





%%@] Amiot Des Montagnes du Thibet et de la Chise; les Chan 
et les Ling, in -Meın. concernänt les Chinois. Paris 1789. 4. 
T. XIV. p. 193 — 176, ”’),.J. Klaproth Tablenu des plus 
kantes Montagnes le la Ghine, aus. ber kaiſerl. Reicheneograpie, 


im Magasin Asiatique. Paris 1826. Tom. II. p. 133 — 160. 


| I | 
Himel,, IV. Oeſiliche Fortſezung. 403 


N. Br., 97° 4 DE v. Par. und 23° 60 N. Br. 98° 9.8 
dv. Par.), alfo ſchon der heißen Zone ganz benadhbart, dicht am 
der aͤußerſten Südgrenge Dunnans®) Go weit alfo reicht 
vom Indus und Ganges an ununterbrochen die Wohnung 
des Schnees (Himalaya, f. Aften Bd. l. Ein. &.13), und 
man kann annehmen, es fenke fih die Hochkette des gewalti« 
gen HimalayasGyftemes gegen S.O. wenigſtens bis 23° 
27 M.Br und 98° U DE v. Paris, u 
Steige man nun in denfelben Meridianen, in wels 
en diefe füdlichften alır Schneeberge liegen, gegen. N. 
und N.D, immer an den Weſtgrenzen des eigentlichen 
Chinas empor, uͤber die Oſtwendung des großen Ta Kiang 
hinweg, am rechten Ufer des Yalung Klang Stromes auf: 
wärs, im N.W. von Tatſianlu auf dee Grenze Oſt⸗Tuͤ⸗ 
bets fort, im Norden von-Zfhingtufu (f. Aften Bd I. - 
©. 479), den Min Kiang: Fluß aufwärts, am Fort Sung⸗ 
pban, bis zu defien Duelle, und von diefer, an dem Oſtende ber 
großen Schneekette von Sifan (f. Alien Bd. l. S. 171), 
wo fie China berührt (Ratchico auf D’Anville Carte de la Chine), 
noch weiter nord waͤrts über bie Quellen des Heſchul im 
RB. von Kiai, und des Weiho, bis zur Stadt Lan⸗tſcheu 
am Hoangho (36° M.Br. im Parallel des Khuſkhu Nor, 
f. Afien Bd. 1. S. 170), wo dieſer große Nordſtrom, nordwaͤrts, 
über Ninghia zum In Schan (Afien Bb. J. &. 237) zieht, 
am Lande der Ordos hin, fo hat man zugleich (zwiſchen 23° bie 
36°, alfo in einer Strede von beiläufig 200 geogr. Meilen) das 
mädtigfte Meridian:Gebirge, auf bet Grenze von 
Tüber und dem Plateau Hoch-⸗Aſiens, im Weſt, und 
dem Gebitgslande Chinas im Of; die Grenzſcheide 
beider Landſchaften der Länge nach überftiegen, auf welcher uͤberall 
faſt nut, oder doch vorzugsweiſe, die erhabenſten Schnee⸗ 
ketten, Schneepiks und Gletſchergebirge mit hundert 
vetſchiednerlei Namen genannt werben. Es ſcheidet dieſes die 
Plateaulandſchaften Oſt-Tuͤbet, Sifan und Khu thu Nor 
im Wfl, von den Chinefifhen Prorinzen Yunnan, Szu⸗ 
tſchuan, Schenfi (Kanſu gehört beiden Seiten an) im 
Oſten; oder das innere Plateauland von dem äußern 
Gebirgslande, das in taufend zerriffenen Ketten, Zweigen, 


' 


6c2 


°s) A. a. O. p- 137. 


_ 


40% | Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. 4. 77. 


Gruppen, Stufenlandſchaften, Engſchluchten und Thaͤlern in das 
Kiefland Chinas hinabſetzt. Da dieſes große ſchneereiche 
Meridiangebirge keinen gemeinfamen Namen, teeder bei 
den Chinefen, die überhaupt keine oder wenig generelle Benen- ' 
nungen der Gebirgszäge, dafür unzählige Particularbegeihnungen 
ihrer Sfolirungen haben, noch bei den Geographen überhaupt be: 
figt, andy nicht den Namen einer Kette, oder eines gefchloffenen 
Gebirgsſpſtemes verdienen kann, indem es mehrfache Durchbre⸗ 
chungen gegen Oſten erleidet, ohne daß wir ein gleichfoͤrmiges 
Fortſtreichen, wenn auch des Geſamten, boch nicht feiner vers 
ſchiedenen Sliederungen, nad innerer Natur und gleicher Welt⸗ 
gegend, mit berfelben Beftimmtheit, wie 5. B. beim Himalayas 
Syſteme nachzumeifen im Stande wären, die Stellung zum Hoch⸗ 
ande und Tieflande, im Weft und Oſt, aber Hier das 
Characteriftifhe ft, und bie abfolute gewaltige 
Schnechöhe, das Ganze hinreichend zufammenbindet, fo 
bezeichnen mir daſſelbe durch den Ausdruck Randgebirge, oder 
des Oſt-⸗Randes von Oft: Füber, Sifan und Khu Khus 
Mor gegen China. Denn es ift, fo viel wenigftens, aus dem 
Laufe der Ströme und ber Natur der Lanbfchaften gewiß, daß 
oſt waͤrts deffelben alles Land hinadſinkt in größere Tiefen, weft: 
waͤrts aber zu groͤßern Höhen, fey es in Felöfchluchten oder Pia: 
teauflächen,, binaufiteige. Man Eönnte diefen Oſt-Rand, der 
Kürze halber, auch den großen Chinefifhen Siue Schan, 
oder vielmehr SiueLing (Echan, Chan heißt einzelner Berg 
oder Bergſtock, Ling bezeichnet fehr häufig Ketten, in fo fern 
fie als Signale zu Megmweifern dienen), d. I. Schneegebirge: 
zug, nennen, wodurch dies Meridbiangebirge als Gegenfas 
des Darallelgebirges, das mit ihm faft im rechten Winkel 
gegen &.D. im aͤußerſten Yunnan zufammenftößt, nämlich der 
Himalaya, oder des Indiſchen Schneegebirgszuges, wie dieſer 
ale Süb:, fo er ale Dft:Rand hervortraͤte. Wir können 
dies nun um fo eher thun, ohne willürliche Meuerung und thö: 
eichte Vervielfahung geographifcher Benennungen zu veranlaffen, 
da wie diefen Ausdeud, Siue Ling 5), welcher ſchon dem mitt: 
lern Haupttheile diefes Zuges, dem in Szutſchuan, als dort ein- 
heimiſch dukommt, nur auf die ganze Ausdehnung zu über 





s°») Magasin Asiatig. T. IL I c. p. 141. 


Himal,, IV. Oeſtl. Fortſetzung, Siue Ling. 405 


tragen brauchen, wie dies gewöhnlich bei Gebisgöbrnennungen bee 
Fall zu ſeyn pflegt. 

Man könnte ferner bie ihm im Oſten vorliegende ſehr breite, 
Maffe, von gewaltigen, oft’ebenfalls noch ſchneehohen Gebirge: 
land haften, das große Alpengebirgsiand Mefl:Chinas 
nennen, um einen gemeinfamen Ausdrud für alle weſt lichen 
Gebirgsprovinzen Chinas, im Gegenfag des Alpengebirgslaudes 
von Mord s China, und ber öftlichen tieferfiegenden Thal⸗ 
landfhoften, ber Niederungen wie des Chinefifhen 
Gefiadelandes zu erhalten, um bei allgemeinen Betrachtungen 
die ermübdende und nuglofe, fpecielle, Chinefifche Namengebung 
zu Vermeiden. 

Im Weiten dieſes großen Siue Bing, oder Of: Rana 
bes, Liegt der obere Lauf beider Hauptſtroͤme Chinas, des gro⸗ 
fen Kiang (Ta Kiang) im Süden und ded großen Hoang 
(Heangho) im Norden; beide müflen dieſes Meridiangebirge, au 
feinen Suͤd⸗ und Nord:Enden, von Weſt nah Oſt, quer durch⸗ 
brechen, um in das oͤſtlich vorliegende Chineſiſche Alpengebirges ; 
land erſt einzutreten. Ale andern Chinefiihen Ströme entquels 2 
len nur ber DE: Seite dieſes Oſt-Randes; wir nennen fie 
daher die vorderen Gebirgsſtroͤme, im Gegenſatz von je⸗ 
nen, welche man die hinteren Gebirgsſtroͤme, b. i. die 
DiateausGtröme, nennen kann, weil ihre Quellen auf ber 
Weſt-Seite des großen Meridiangebirges, oder bes Oſt-Randes, 
liegen. - 

Ale diefe hintern Gebirgsfiröme fammeln ſich aber 
nur zu den zwei großen Strom: Syflemen bes Nord⸗— 
und des Suͤd⸗Stromes, bed Hoangho und Ta Klang 
(Jan tfe Kiang), deren Querthäler (unter 36° und. 26° N. Br.) 
das Meridion:Gebirge in Nord: YQunuan, und iu Kanfı, in wils 
den Engſchluchten durchſchneiden; ale vordern Gebirgs— 
firöme, die dern Schneemaffen jenes großen Siue Ling 
entquelien, eilen in ihren unzähligen Wafferläufen, oftwärts, 
nur ausſchließlich den Tiefthaͤlern diefer beiden, großen Chis 
nefifhen Waſſer-Syſteme in ihrem mittlern Laufe ale 
Zuflüffe zu. Nur eine einzige Ausnahme bildet hiervon, in 
feinem Dfttaufe, dee Strom von Santon, der Ta, ober 
große, Si Kiang, weldher in Yunnan (im S. O. der Gapitale 
Nunnan) im Gebirge, das den füdlihen Lan thfang Kiang. 
vom Querdurchbruch des Ta Klang im Norden ſcheidet, ent: 


406 Hoch-⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 76. 


(Hringt, unter 24°-N.Br., und faſt unter dem ſelben Parallel 
bleibend, durch Kuang fi und Kuang tung (Canton), nicht 
als Zufluß eines andern, fondern als felbfiftändiger Lands 
from, fih unmittelbar, bei Canton, Macao gegenüber, 
sum Ocean ergießt. Er macht den füdlihen Belchluß der Chine: 
ſiſchen Oft: Ströme, denn feine füdlihen Nachbar :Steöme, ber 
Strom von Tonkin (Hoti Kian) und ber Strom von Kam: 
bodja (Lang thſang Kiang), gehören ſchon den Hinterindifchen 
MWaffer-Spftemen an, bie durch ihre ſüͤdoͤſtliche Direction und 
ihre immer größer werdende Divergenz nach Ihren Muͤndungen 
zu characterifiet find, Der noͤrdlichſte der Chinefifhen, ſelbſt⸗ 
fländigen Ströme, der Strom von Peking, der nordifche 
Pepyho, tritt aber nicht. mehr aus diefem Oft: Rande hervor, 
fondern aus dem Südoft:Randgebirge der Gobi, oder dem Ge: 
birgsſaume von Petſcheli, von welchem ſchon früher die 
Rede war (f, Aſien Bd. I, S. 126), Da von biefem Oft: 
Rande, dem Meridiangebirge, von diefem großen Siue 
Ling, ber zugleich die große Scheidewand Hoch⸗Aſiens gegen 
defjen Ziefland bildet, auch zugleich, wie von ihrer gemeinfamen 
: Hauptapre der Erhebung, ale öftlihen Verzweigungen 
der untergeordneten Gebirgsketten China's ausgehen, 
und nach dieſen das hydrographiſche Syſtem des eigentli⸗ 
chen China ſich entwickeln mußte: ſo war es nothwendig, hier, 
deſſen Normalzug im Allgemeinen, im Haupt-Contour, 
feſtzuſtellen, ehe wir zu den unzaͤhligen Beſonderheiten uͤbergehen, 
über deren Detail man nur zu leicht, wie es auch bier der Kal 
war, die Sefamtconftruction zu uͤberſehen pflegt, da weder Chi⸗ 
nefen noch Sefuisifche Berichterflatter jemats barauf hingewiefen 
haben, 

Vie Hauptketten find es aber, melde wis als von bie 
fem Meridiangebirge ausgehend gegen Oft, als unter ſich 
beftehende Parallel: Gebirge, nach den Angaben der Chine⸗ 
fen genauer verfolgen und unterfchelden können; fie theilen China 
von Suͤd nach Nord in feine großen Thalgebiete, die in ihrem 
Normalzuge mit ihnen parallel, von Weft nah O ſt ziehen, 
und fih fo, wie die Gefälle der Ströme «6 zeigen, ih ihren Stu⸗ 
fentandfchaften zum Oſt⸗Ocean hinabfenten. Sie heißen: 

I, Die füdtichfle, der Jüking (unter 23° N. Br.), im 
Süden des Stromes von Canton (de Ta Si Kiang), eine Küs 
fen ; Kette. 


, 


Himal., IV. Oeſtl. Fortf., die vier Parallelketten. 407 


1. De Nan king, d. i. die Süd-⸗Kette (unter 26° 
M. Br.), oder die Kette der Miaofe, der Gebirgs⸗Bar⸗ 
baren dieſes Namens, welche zugleich die Waſſerſchride zwi— 
ſchen dem Si Kiang im Eüden, und den rechten, oder den von 
S. nah N. ziehenden Zuflüffen des Ta Kiang, oder des foge- 
nannten blauen Stromes (San tfeKiang) bildet. . 

I. Der Ta pa Ling, wir können file auch die Mitte: 
Kette nennen (unter 32° N. Br.), die noch innerhalb der Tin: 
Cen Zuflüffe des Ta Kiang, ebenfalls von W. nach D. fireicht, 
und bie politifge Greuzſcheide zwiſchen Szutſchuan in 
Süden und Kanfu im Norden bildet. 

IV. Der Pe Ling, d. i. die Nord⸗Kette (unter 34° 
N.Br. ), welche innerhalb Kanfu und Echenfi zugleidy die 
Waſſerſcheide zwifchen dem Stromſyſteme des Ta Kiang 
im ©., und des Hoangho im N., in dem Mittellaufe bilder. 

Als das fünfte Gebirge dieſer Art könnte man, im Au: 
Gerften Norden, den In Shan und den Nordfaum von 
Petſcheli (unter 41 bis 42° N. Br.) betrachten, der vom Nor: 
den her dem Waſſer ſyſtem des Hoangho feine Grenze 
fegt, wenn wir diefes im obigen nicht fchon feiner andermeitigen 
Naturverhaͤltniſſe wegen als Suͤdrand jenes Theiles des Gobi- 
Plateaus erkannt hätten, das nach den neuen Barometermefluns 
gen der Muffifchen Academiker G. Fuß &W) und v. Bunge, 
auf dem von der Mongolenftraße durchfchnittenen Wege, der uns 
ſtreitig als der mildefte und bequemfle gewählt, auch bed nied: 
rigfte ſeyn mag, über die Hälfte der gemuthmaßten Höhe, naͤm⸗ 
ich bi8 zu 4000 Fuß, und an ben tiefften Einfentungen fogar 
bie zu 2400 Zug abfoluter Hoͤhe herabgedruͤckt wird, aber in ſei⸗ 
ner weiten Ausdehnung doch immer noch eine ſehr bedeutende, 
wenn auch nicht mehr in allen Theilen ſo uͤbertrieben hohe Pla⸗ 
teaubildung im Gegenſatz der Umgebungen bleibt, zu der ſie durch 
die Jeſuiten⸗Berichte erhoben wurde. 





eoo) Rapport préalable fait a l’Acad. des Sc. de St. Potersbourg 
sur un Voyage en Chine etc. p. M. G. Fuss 1833. 


\ 





406 Loeqh⸗Aſßen. IV. Abſhaiu. 6.77. 


Erläuterung 1. 
Dear DR: Band, oder das Meribiengebirge, ber große Sine 
Eing, d. i. der große Zug der Schneeketten, nad) den brei 
Haupitheilen des füdlichen, mittlern und nördlichen 
Siue Ling. 

Außer ven 3 oben ſchon genannten füblihfien Alpen⸗ 
Köden, welche, nahe dem Wendekreiſe, ſo ifolict, dech wenig⸗ 
ſtens noch zu Montbiauchöpe ſich erheben müſſen, folgt nun, bis 
get gegen MR. uud RD., in ber Fichtung sum Hoaungho⸗ 
Durchbruch bei Lantſchen, in immer dichter und dichter ges 
Neängteser Schaar, die Maſſe ber Schnee: und Gletſcher⸗ 
BSerge, bie nad den 3 Provinzen, welche fie buschjichen, ber 
Siue Ling in Yunnan, in S;ätfhuan und in Kanfu, 
ober nach Ihrer säumlichen Aneinanberreihung, ganz identiſch 
wit jenen, der [üdliche, der mittlere und der nördliche 
Sine Ling genannt werden können. Unter diefen, der, Natur 
des Bade entfprechenden Abtheilungen hoffen wir zur Deutlich 
keit der Darflelltung des Geſamten wefentlich beizutragen, und 
die wichtigften Details Chinefifher Angaben dieſer Hauptgruppen, 
wie folgt, unterzuorbnem, 


L Der füdlide Siue Ling, ober ber Siue Ling 
In Yunnan, 


Am Ghben des Ta Kiang und feines Querdurch⸗ 
bruchs auf der Nordgrenze von Yunnan und der 
Güdgrenze von Sıüthuan, in ber Richtung von S. W. 
nach N. O., bier aufgezählt, nach jenen 3 (ob. S. 402); und zwar 
alle, nach Parifer Längen, wie fie auf der Franzoͤſiſchen Karte nach 
Khienlongs Atlas, won Klaproth citirt und demgemäß in 
Grimme Karte eingetragen find; zu denen man Überall nuc be 
kanntlich 2° 20’ zu addiren bat, um die DL. v. Gr. zu erhals 
ten. Peking, von mo aus diefe Berechnungen ber Karte ge: 
made find, ift zu 114° 2 D.R. von Paris angenommen. 

4 Der Tian thſang Shan") (Shan, d. i. Berg) 
im Well der Stade Tali (unter 25° 45 N. Br., 97° 55 DR 
v. Par), mit mehren Gipfelnz er liege auf dem Waſſer⸗ 


[4 





0!) Kiaproth Tableau des plus hautes Montagnes de Ia Chine I. & 
in Magen, Aslatı Paris 1826. 8. T. II. pP: 138 etc, 


\ 


Himal., IV. Del. Gortf., füdlicher Siue Ling. 409 


Theidegebirge, welches den Lan thfang Klang Im, ©. 


vom Ta Klang im M. trennt. 
5. bis 10. liegen alle dicht am rechten oder Suͤdufer des 


Ta Kiang (zwilhen 97° bis 101 235 D.E v. Par.). Dee . 


Yu lung, oder Siue Shan, 2 Stunden im N.W. der 
Stadt Li Riang, ein Riefenberg mit feinen ewigen Schnee⸗ 
bäuptern und mehren hoben Gletſchern gekroͤnt, die. ſchon 
aus weiter Serne fihrbar find. Der gewaltige Gebirgeftod wird 


bier vom obern Za Klang (d. 1. dem Kindya Kiang) im ties 
fen Felsthale durchſchnitten, und bat fih nun aus dem obern in 


fein mirtieres Stufenland duch viele Engen durdhzuminden. An 


dieſem Schneeberge ded Yu lung fängt der Durchbruch mit der 


Dftwendung des Stromes an. Wir fehen ihn daher als den 


erſten Grenzſtein des obern und mittlern Laufe des Ka 
Kiang oder Chinefifchen Suͤdſtromes an. Dieſes Felsdefile des 


Stromdurchbruchs Hält aber die ganze Strecke der zu nennenben ’ 


Schneehäupter, die Über dem Sübufer des Ta Kiang empor 


flarsen, an, bis Ne. 10. Daß diefer erfle Riefenberg nicht bdlos 
ein Berg, fonbern ein ganzer Alpenftod ſey, beweiſet die’ 


Angabe, daß nur fein noͤrdliches Maſſif vom Strome durchbro⸗ 


chen werde, aber daß auch no im S. W. und D. der Stadt Li 
Kiang, mehrere, obgleich minder hohe Gletſcher fiegen F in. 


Entfernungen bis zu 3 und 7 geogr. Meilen (50 bis 100 8), 


Im S. O., jenem benachbart, liege der ſchneehohe Siue⸗ 
phan tan; weiter gegen Oft, da, wo der Ta Kiang wieder ges 
gen Nord feine Wendung beginnt (99° 44° DE. v. Par.), der, 


Matheou Shan, dicht ihm zus Seite im D., ber Yungfpe 
Shan, und an, Ihn, gegen NR.D., anfloßend der Siue Shan 
cd, i. Schneeberg), mit einer Öletfheranhäufung, von fehr 
weiter Erſtreckung, on deren Nordende alfo in vollkommner 
Alpennatur die Stadt Tungtſchuan fu liegt, melde der 
gewaltige Strom des Ta Kiang am Nordweſtfuße des Alpens 


*8 


focs durchrauſcht. Von ds, gegen Mord, am Oſtufer, iſt zwar 


erſt wieder etwas noͤrdlicher ein Siue Schan (27° 59 N. Br., 
101° 26 D.R. v. Par.) genannt, im N, der Stadt Dſchao⸗ 


tbung fu, eben da, wo ber Ta Kiang wieber nach beffen 
Durchbrechung feine erfle Direction gegen Dft gewinnt; bages 
gen erheben aber auf dem ‚Gegenufer diefer Keinen Lüde von 
Schneebergen, auf der linken Uferfeite des Stromes, dicht Über 
ihm, ein paar andere Schnechaͤupter, der Luna Shan und 


. 


/ 


8 Hohh⸗dſen. IV. Abſchait. $.77. 


Erläuterung 1. 

Der Di: Rand, oder das Meridiangebirge, ber große Siue 
£ing, d. 1. der große Zug der Schneeketten, nach den brei 
Haupttheifen des füdlichen, mittlern und nördlichen 
Siue Ling, 


Außer den 3 oben fhon genannten [üblichflen Alpen⸗ 
öden, welde, nahe dem Wendekreiſe, fo iſolitt, doch wenige 
ſtens noch zu Montblanchoͤhe ſich erheben muͤſſen, folgt nun, bis 
get gegen M, und N.D., in ber. Richtung zum Hoangho⸗ 
Durchbruch bei Lantfchen, in Immer dichter und bichter ges 
deängterer Schaar, die Maſſe der Schnee⸗ und Gletſcher⸗ 
Berge, bie nad den 3 Provinzen, welche fie durchziehen, ber 
Siune Ling In Yunnan, in Szütfhuan und in Kanfu, 
oder nad ihrer räumlichen Aneinanberreihung, ganz identiſch 
wit jenen, dee fübliche, der mittlere und der nördliche 
Giue Ling genannt werden können, Unter biefen, ber, Natur 
deu Gache entfprechenden Abtheilungen hoffen wir zur Deutlich 
keit dee Darflellung des Geſamten wefentlich beizutragen, und 
bie wichtigften Details Chmefifher Angaben diefer Hauptgruppen, 
wie folgt, unterzuorbnen, 


L Der fübliche Bine Ling, oder der Siue Ling 
In Yunnan, 


Am Süden des TaKiang und feines Querdurch⸗ 
bruchs auf der Mordgrenge von Yunnan unb der 
Güdgrenze von Szütchnuan, in ber Richtung von S. W. 
nach N. O. bier aufgezählt, nad) jenen 3 (0b.-&.402); und zwar 
alle, nach Pariſer Längen, wie fie auf der Franzoͤſiſchen Karte nad) 
Khlenlongs Atlas, won Klaproth citirt und demgemäß in 
Grimme Karte eingetragen find; zu denen man überall nur bes 
kanutlich 20’ zu addiren hat, um die O.L. v. Gr. zu erhals 
ten. Peking, von mo aus diefe Berechnungen ber Karte ges 
mat find, ift zu 114° 2 DE, von Paris angenommen. 

4. Der Zion thfang Shan WI) (Shan, d. i, Berg) 
Im Weſt der Stade Tali (unter 25° 45° N. Br., 97° 55° DE, 
v. Par), mit mehren Gipfeln; er liege auf dem Waſſer⸗ 





«01, Kiaproth Tablean des plus hautes Montagnes de Ia Chine I. 0 
in Maga. Aslatı Paris 1826. 8. T. II. p. 138 etc, ı 


\ 


Himal., IV, Oeſil. Gortf., füdlicher Siue Ling. 409 


Theidegebirge, welches den Lan thfang Kiang im. S. 
vom Ta Kiang im N. trennt. 

6. bis 10. liegen alle dicht am rechten oder Suͤdufer de 
Ta Kiang (zwilhen 97° bis 101 25 DO.8 v. Par.). Der | 
Yu lung, oder Siue Shan, 2 Stunden im N.W. dee 
Stadt Li Kiang, ein Riefenberg mit feinen ewigen Schnee. 
bäuptern und mehrern hohen Gletſchern gekroͤnt, die ſchon 
aus weiter Ferne ſichtbar find. Der gewaltige Gebirgeftod wich 
bier vom obern Ta Kiang (d. i. dem Kincha Kiang) im ties 
fen Felsthale durchſchnitten, und hat fi) nun aus dem obern in 
fein mittieres Stufenland durch viele Engen durchzuwinden. An, 
dieſem Schneeberge des Du lung fängt der Durchbruch mit der 
Aftwendung des Stromes an. Wir fehen ihn daher als ben: 
eiſten Grenzftein des obern und mittlern Laufe des Ka 
Kiang oder Chinefifchen Sübftromes an. Diefeh Felsbdefile des’ 
Stromdurchbruchs Hält aber die ganze Strecke ber zu nennenden 
Schnechaͤupter, die über dem Sübufer des Ta Kiang empor 
flarsen, an, bis Nr. 10. Daß diefer erfle Riefenberg nicht blos 
ein Berg, fondern ein ganzer Alpenftod fey, beweiſet die‘ 
Angabe, daß nur fein nördlihes Maffif vom Strome durchbro— 
chen werde, aber daß aud noch im S. W. und O. der Stade Li’ 
Kiang, mehrere, obgleich minder hohe Gletſcher fiegen, in. 
Entfernungen bis zu 3 und 7 geogr. Meilen (50 bis 100 ij, = 

Sm S. O., jenem benachbart, liege der fchneehohe Siue⸗ 
phan tan; weiter gegen Oft, da, wo der Ta Kiang wieder ger 
gen Nord feine Wendung beginnt (99° 44’ DR. v. Par.), der. 
Matheou Shan, dicht ihm zur Seite im O., bee Qungfpe 
Shan, und an, ihn, gegen N.D., anfloßend dee Siue Shan 
C(d. i. Schneeberg), mit einee Gletſcheranhaͤufung, von ſehr 
weiter Erſtreckung, on deren Nordende alſo in volllommner 
Alpennatur die Stadt Tungtſchuan fu liegt, welche ber 
gemaltige Sirom dee Ta Kiang am Nordweſtfuße des Alpens 
ſtoks duchraufht, Von da, gegen Mord, am Oſtufer, ift zwar 
erſt wieder etwas nördliher ein Siue Schan (27° 55 N. Br., 
101° 25° D.L. v. Par.) genannt, im N. der Stadt Dſchao⸗ 
tbung fu, eben da, wo der Ta Kiang wieder nach beffen 
Durchbrechung feine erfte Direction gegen Oſt gewinnt; bages 
gen ‚erheben aber auf dem Gegenufer diefer Heinen Lüde von 
Schneebergen, auf der linken Uferfeite des Stromes, dicht Über 
ihm, ein paar andeze Gchnerhäupter, dee Luna Shan und 


®. 


410° Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. $. 77. 


Louan Ko Shan), im D. und N.O. ber Stadt Hoei li 
fi) empor, welche beweifen, daß wie dort am Eingange des 
Querdurchbtuches, fo auch hier am Aubgange des TaKiang, 
aus feinem ziefigen Querthale, feine beiden Uferfeiten fi zu 
ewigee Schnerhöhe emporthürmen, der Strom alfo wirklich eine 
Duerfpalte des Meridiongebirges gegen deſſen Suͤd⸗ 
ende durchbrach. Deſtlich an den Siue Schan von Dfhao- 
ſthung fu, im Oſten dieſer Stadt, reihen ſich die beiden benach⸗ 
barten Schneealpen (beide Siue Schan genannt, unter 27° 
40’; 102° 4% DL. und 27° 533 102° 65° DL. v. Par.), ale 
die Außerfien, nord oͤſtlichſten Schneemaffen, bemfelben 
Zuge anz weiter abwärts, zunaͤchſt am zechten ober ſuͤdlichen 
Ufer des großen Ya Kiangs, wird aber weiter feines ewigen 
Schneebergs mehr erwähnt, obgleih WBergzüge auch weiter of: 
wärts nicht fehlen. 

Bon diefen Schnerketten im Süden ber ſuͤdlichſten 
Windungen diefed großen Stromes, gehen, gegen Oſten, als 
von einer gemeinfamen Wurzel, jene beiden oben genanns 
ten füdlihften Parallelketten, der Shling und ber 
Nanling aus, welche buch das Thal am Urfprunge bes 
Steomes von Canton (Kieu hing bo im oben Laufe 
genannt) zwifchen den drei Staͤdten: Jun man, Tſching⸗ 
kiang und Khiu tfing (von 100° 30’ D.L. v. Par. an) aus: 
einander gehalten werben, 


I, Der mittlere Sine Ling; der Siue Ling im els 
gentiihen Sinne in Szütſchuan, ober der Yun 
Ling, d, i. das Wolkengebirge 


Die Schnechäupter des Meridiangebirges vom 
Nordufer des Ta Kiang durch die Provinz Szuͤ⸗ 
tfhuan, bis zur geoßen Schneekette von Sifan (f. 
Alten Bd, J. 8.171) und zur Oftverzweigung des Tapa 
Ling (unter 32 bis 33° N.Br.). Das Südende dieſer Abs 
theilung iſt es eben, welche den Ta Klang zu feiner mehr: 
mals wiederholten Sübwendung zwingt, che ex mblich im 
Oſten ganz durchbrechen kann. Wenigſtens dreimal wiederholt 
fig diefe Tendenz gegen ben Süden, auf eine fo entfchiedene 
Weiſe, daß man daraus auch auf dreierlei Parallelketten 





**2) Magain Asiat. T. 1.1. c. p. 165. 


I 


Himal. IV. Deftt. Fortſ., mittler Siue Ling. du 


zuruͤckſchließen moͤchte, in welche wol bei —— ——— 
das breite Meridiangebirge in ſeiner Laͤnge von S. nach N. hin 
gegliedert erſcheinen mag. Hier kennen wir nach den Chineſiſchen 
ſpeciellen Daten nur die eine, die oͤſt lich ſte dieſer Ketten, am 
Oſtufer des Yalung Kiang (ſ. ob. S. 192, 196 u. a.), ber 

fie vom N. gegen ©. ſtroͤmend von den weſtlichern abfchels 
der, die fhon mehr zu Oſt-Tuͤbet gerechnet werden. Auf Yiefen . 
Dflfeite de Yalung Kiang reihen fih von ©. nah, W, fols 
gende 10 bedeutendfte, mit ewigem Schnee bebedite Alpen⸗ 
ſtoͤcke aneinander an, melde in Ta tfian In und Tſching⸗ 
tou fa ben gemeinfamen Namen des Siune king, d. i. 
dee Schneeckette (im engern Sinne als der unfrige, uͤbertra⸗ 
gene, f. ob. ©. 404), oder au des Yun Ling, d. i. der: Wots 
kenkette, tragen; von beiden Städten aus muß ihr euhabenen 
Gebirgekranz im Süden und Norden wie im Weſten erbiidt 
werden, 

1) Dee Alu Shan?) (28° 40 N. Br.), und 2) der Ta⸗ 
fiue Schan (der große Schneeberg, 0° 13M. Br.), liegen 
noh im Süden der Station Zatfian lu (f. ob, S. 188)3 
ihe ig Nordweſt, an der alten Tübetgrenze bis über Tſching⸗ 

binauf ziehen: 3) der Ta Kai Siue Shan, und 4) ber 
Devan, d. i. die weiße Wand, auh Siue Shan genannt, 
bis zum 5) Siue Shan (327° 27 N.Br., 100° 4 DE, v. 
Dar.), eine Tagereiſe im S. W. des Forte Sungphan thing 
(Sung pan ouei b. D’Anville), und bis zum 6) Ka Sine Shan 
(32° 31. N. Br., 101° 15° D.L. v. Par.), dem großen Schnee> 
berge, welcher auch Phungpho Schan heißt, und nur, etwas 
nordöftlih von bemfelden Sort, am oberen Ming Kiang 
Fluß liegt, nur wenig oſtwaͤrts des dortigen Mititaie: Lagers, 
Thiethiyng, das füblih nahe am Fort errichtet iſt. Neben 
ihm, etwas ſuͤdwaͤrts, wird ein anderer 7) Siue Scan genannt, 
mit einem ungeheueen Gletſcher, ducchfichtig wie Cryſtall, an 
feiner Nordfeite aber der Schneeberg 8) Siue lan Shan, 

Von diefem gewaltigften Theile des Siue Ling, oder dem 
Yun Ling, der Schneekette, der Wolkenkette, "weiche 
bier das nordweftliche, wilde Hochlaud der Sifan begrenzt, 
fagen die Chinefen, daß hier das ganze Land gefpidt mit Glet⸗ 
ſchern und mit gewaltigen Maffen von Schnee bededit, daher 


2) Magasin Asiat. L. c. T. II. P. 141. 


x - 


412. Hoh-Aflen. IV. Abſchniti. $. 77. 


das Clima fehe kalt ſey. Jene Schneemaſſen, nahe ber Zefte 
Sung phan ting, werden als die öftlihften der Schnees 
- berge-ded Landes Sifan und Tufan arigefehen, welche als 
mächtige Schneekette vom ungeheuren Gebirgsknoten des 
Kuttun, oder Kuenlun⸗Syſtemes (f. Aflen Br. ll. S. 410, 
416), gegen D. und R.D., ale Scheidegebirge des Tas 
Klang: Sykemes im Süden und des Hoangho:Spfles 
mes Im’ Norden, uns ſchon unter dem Mongolifchen Namen des 
Bayan Khara, oder Bain Khara, bekannt iſt (ſ. Aflen 
Br. 1. ©. 172, 188). * 
Die Quelle des Min Klang, aus dem wilden Lande ber 
Sifan kommend, tritt bei dem Fort Huang tſching kuan auf 
Chineſifchen Boden ein, wo jenes genannte Fort, Sung phan⸗ 
ttug, in der Proviny Szutſchuan, unftreitig als die erfte 
dieſer Art gegen die wilden Grenzvoͤlker erbaute, feſte Etadt dies 
nen folte. Diefee Min Kiang ift derfeibe Gebirgsftrom, wels 
cher etwas ſuͤdwaͤrts bdiefer feſten Grenzſtadt, wie der Chinefls 
ſche Bericht Tagt, in verfhiedenen Armen, MinKiang%) 
oder Ta Kiang genannt, in ber Hochgebitgskett⸗ eine gaͤnzliche 
Unterbrechung bewirke, und ſich in ber Ebene der alten Gas 
pitafe bee Provinz, in Szütfhuan, bie einft en 
hend 5) war, zur Befruchtung des reich bebauten Thales in viele 
Candle vertheilt. Oberhald diefer Ebene ſteigt zu Reiden Ufer: 
feiten- diefes Min Kiang, wo er das Defile bildet, der Min 
Shan ein Schneeberg mit neun fehr hohen Gipfeln empor 
(31 Br N. Br., 101° 34° DE. v. Par.); daher er auch wol 
Kieouſting Shan genannt wird. Bon dieſem Bergdurch⸗ 
ſchnitt erhätt der Strom erſt feinen gleichlautenden Namen. Aber 
unterhalb der Gapitale und ihrer Culturebene, im S. O., fchließt 
fich dieſelde zu beiden Seiten des Min Kiang Fluſſes wieder 
mit einem gleichfaHß fehr hohen „ ewigen Schneeberge, dem 
Sieou kio Shan (30° 2I N Br, 101° 24 DR. v. Par.). 
Jenſeit dieſes riefenhohen, zweiten Felsſchlundes, fegt nun erſt 
der Min Kiang, über Ktating fu, ungehindert feinen Lauf 
als linker Zufluß zum Ta Kiang fort, bie zur nahen Einmüns 
dung in denfelben,, unterhalb der Stadt Siutfheu, von mo 
en nun eigentlich erſt der große Strom, ber bis dahin Kincha 





004) Magasin Asiatig. . e. Il. p. 122. 5) Du Halde Descr. de 
“ia Chine. Ed. a la Haye 1736, 4, T.I.p. 225. 


— 


Himal., IV. Oeſtl. Fortſetzung, Tſching tu fu. 413 


Kiang genannt wich, den Namen Ta Kiang (d. i. ber große 
Strom) erhält. Die Europäifden Geographen fehen zwar ben 
ZFübetifihen Kincha Kiang, die fernfte und hoͤchſte Quelle, auch 
für den Anfang des Hauptſtroms, d. i. des Ta Klang 
an, die Chinefen 6) aber niht, fondern ihnen gilt eben’ biefer 
Heinere Zufluß des Min Kiang für defien Quellſtrom; etwa 
wie in Suͤddeutſchland nicht der waſſerteichere Alpenſohn bee 
In als die Quelle der Donau gilt, fondern des Brunnen 
zu Donauefhingen, und nicht einmal die Schwarzwalbmaffer der 
Briga und Bregah. Daher nennen die Sefuiten 7) auch dem 
Min Kiang wirklich Ta Kiang obwol fie bemerken, daß er 
hier keineswegs groß oder fchiffbar fey. 

HOydographiſch merkwürdig erfcheint jene Thallüde, in weis 
her Tſching tou fu liegt, buch die Gabelung des Min 
Kiang gegen Elben in einen linken Mebenasm, der anf einem 
anderen Thalwege, ald Zu Kiang, abwärts von Siu tſcheu, 
bei der Stadt Zu tſchéu (Ru, ein Drudfehler auf Grinms 
Karte) fih zum Ta Kiang ergießt. 

Tſching tu fu, bie alte Gapitale von Szuͤtſchuan, liegt 
unter 30° 40° N. Br., und 101° 44° D.R. v. P. (12° 19 2 
Deling) zunaͤchſt am Oft: Fuße der erhabenflen, ewigen Schnees 
und Eismaffen des Yür Ling. Gie wurde [don von Marco 
Polo (f. oben S.187) befugt, aber von ihm Sindin fu ges 
nannt, als er von ihr, ſuͤdweſtwaͤrts, feine Wanderung in das 
damals verwüftete Tuͤbet anftellte. . Er war vom Norden won 
der Capitale Schenfi’s, von Singan fu, über die Parallels 
kette des Tapa Ling, auf einee Kunftfiraße dahin gelangt, von 
der weiter unten die Rede ſeyn wird.. Diefe Stade und ihre Um⸗ 
gebung möchte wöl zu den merkwuͤrdigſten alpinen Landſchaften 
Afiens gehören, die durch ihre hohe Cultur ſchon frühzeitig. deruͤhme 
geworben find, gleih Kafhmit, Katm andu, Aſam, und, a8 
Sig eigener Herrfcher und heimathlicher Givilifation, 
nice ohne Einfluß auf den Bang des Geſchichte bleiben konnten, 
wenn wir auch davon nur wenig, nadyumeifen im Stande find, 


Der Bericht Marco NoLos 8) führt uns, Ende des 13ten 





-*) J. Klaproth — sm ien Peprinoen oochdentäken de Is 


Chins « £crites $. Marco Polo, in Noar. Journ. Asiatig. Parie 
21828. T. L p. 107. ?) Du Haldo Deser. de la ChineL. c. T. J. 
p. 226. °) M. Polo Vimgki Ed. Oonte Baldelli Boni. Firenze, 
1827. T. U. p 247 — 249; Hist, Gen. de Ia Chine — 





414 Hoch-Aſien. IV. Ahfhnit, 5.77. 


Jahrhunderts, zu dieſer Stadt, welche früher ber &ig eines ei⸗ 
genen, gleichnamigen Königreiches gewefen, aber duch die Mon⸗ 
golen erobert und furchtbar verheert“worben war. Nach der Ghis 
nefifchen Hiſtorle, ward fie im I. 1236, erflürmt, wobei in der 
Gapitale eine Million und viermalhunderttaufend Menſchen ihren 
Tod gefunden haben follen, und eben fo viele in der Provinz. 
Diefer vorhergegangenen Werwäflung ungeachtet, nennt der Ve⸗ 
nezianer fie eine fehr große und herzliche Stadt, einft ber Sig 
reicher und mächtiger Könige. ‘ Dee Chinefifche Geograph, Lou⸗ 
bouasthu (f. Aſia Bd. U. ©. 478), eitirt fhon den Yu 
tung, ein berühmtes Gapitel des Schu king, ober die antike 
Beſchreibung von China (2800 3. vor Che. Geb.), um ihre hohes 
Alterthum zu ruͤhmen; fie liege untee der Conftellation dee Tfing 
und Kouai (dee Zwillinge und des Krebſes), ihre Landfchaft dedie 
die Wefländer@9) wie ein Ziegeldach auf einem ho⸗ 
= Haufe (als Schutzprovinz des inneren Chinas, wie 

Khorafan das Schild von Iran hieß). Der Ättefte Name 
der Stade IE Y efheou (im Anfang der chriſtlichen Aerq), ber 
des Landes aber Chou; im 10ten Jahrhundert heißt e8 Könige 
reich Chou, und die Stade Szuͤſtſchuan, wie fpäter die Pros 
Ding. Erſt unter der Dynaſtie der Sung (circ. 1000. n. Chr. G.) 
kommt es als Provinz zum Chinefifhen Reiche, und feit der, 
Mitte des 13ten Jahrhunderts unter die Mongolen s Kaifer. SM. 
Polo fagt, die Stade habe an 10 Stunden (20 Miglien, un: 
ſtreitig nebft den umgebenden Dorffchaften wie bei Kathmandu 
f. oben &. 72) Umfang; aber zu feiner Zeit fey fie in 3 Ab: 
theilungen duch Mauern unterfchieden, weil der letzte König des 
Landes fie unter feine 8 Söhne gethellt habe; doch umgeben alle 
3 wieder eine gemeinfame Mauer, und der Groß⸗Chan ſey jetzt 
Dort Gebieter. Viele, ‚große Waflerläufe, welche aus dem fernen 
Gebirge herablommen, umfließen ringe um die Stadt, und durch⸗ 
fehneiden fie in vielen Theilen; fie find zum Theil Vierteiftunden, 
andere nur 200 Schritt breit, ſehr tief, mit ſeht vielen, großen, 
fhönen, 8’Schritt breiten Steinbruͤcken überbaut (wie in Kaſch⸗ 
wir), die nad) der Breite der Fluͤſſe mehr oder weniger lang find. 
Au ‚beiden Uferfeiten ſtehen Marmorfäuten, welche die fchönen, 
reift roth bemalten Bruͤckendaͤcher tragen; an ben Zeiten ber 
Brüden find Die ſchoͤnſten Kramlaͤden und Boutiquen, wo leb⸗ 





*°®) Wei taang thou chy I. c. p am 


Himal., IV. Del. Fortfegung, Tſching tu fu. 415 


‚baftefter Handel und Gewerbe betrieben werben, denn hier webt man 
fehr feine Zeuge, Schleier u. bergl. In einem großen Zollhaufe 
wird von allen Pafjanten die Abgabe gefordert, weiche dem Gro⸗ 
fen Khan jeden Tag 100 Goldſt ücke (Bisanti d’Oro, 40) b. i. 
Byzantiniſche) einbringen fol. Außerhalb der Stabt vereinigen 
fidy diefe vielen Flußarme wieder, und bilden gemeinfchaftiich dem 
ſehr großen Fluß Quian (d. i. Kiang), der über 100 Tagereis 
fen weit, von da, bi6 zum Dcean ſtroͤmt — alfo, ſchon zu 
Marco Polo’& Zeit, fahe man biefen Seitenarm für den An- 
fang des Hauptfttomes, des Ta kiang, der weiter abwärts 
Dan tfe Kiang, der blaue Strom. heißt, an; unſtreitig, weil 
ee aus dem bedeutendfien Cultutthale hervortritt, indeß das 
Quellland bes Kincha Kiang außerhalb des eigentlichen 
China nur ale Land der Barbaren und der Wildniß gelten konnte, 
Das Volk diefes merkwürdigen Culturthales, der erhabenften 
Chineſiſchen Alpengebirgsiandfchaft, ſagt M. Polo ift der Idols⸗ 
latrie ergeben ; aber, an dem Ufern ihrer vielen Waſſerſtroͤme iſt 
alles bebaut, voll Städte und Caſtelle; bie Fluͤſſe ſelbſt find ſtark 
befchifft, und fchaffen viele Waaren zur Hauptfladt.e Von ba 
site M. Polo 5 Zagereifen gegen S.W., dur ein Land vol 
Thäler und Plänen, voll Häufer, Gaftelle, Flecken, wo viel Adler: 
bau und Gewerbe, bie zur Grenze von Tübet (f. oben S. 187). 
Es blieb ihm alfo das erhabene Schneegebiege immer zur rech⸗ 
ten Hand. 

Der Pate Martin Martini, 11), welcher noch aus ber 
Zeit der Ming, vor der Mandſchu Eroberung, über China Bes 
richt erflattet, und über Tſching tu fu gut unterrichtet ſeyn 
tonnte, weil in diefee Stadt eine Miffion der Sefuiten Ihren 
Sitz hatte, deren Patres erſt während ber Kriegesüberfälle ber 
Mandſchu⸗Heere fie verlaffen mußten, aber aus der furchtbaren 
Plünderung und Verheerung diefer Capitale, wie ber ganzen Pro: 
vinz, doch noch gluͤcklich mit dem Leben davon kamen, dieſer 
Pate Martini beftätigt die damalige Bedeutſamkeit diefer 
Hauptfladt des Landes, weiche ſeitdem wol als bloße Provinzial: 
fladt weniger Aufmerkſamkeit erregt hat. Sie iſt, fagt er, eine 
ſehr beſuchte Handelsſtadt; der Palaſt des Könige darin ‚war 
hertlich und hatte & Miglien in Umkreis mit 4 Thoren; ex fag 





10) M. Polo I. c. p. 249, ib. T. I. p. 37. Nota b. Er 
»*) M. Martini Nov. Atlas Sinensis 1655 fol. 69 u. 70. . .,. 


. 416 Hoch⸗Aſien. IV. Abſchnitt. '$. 77. 


mitten in dee Stadt. Vor dem Süͤbd⸗Thore zog fich eine breite 
Straße hin, mit vielen Arcaden, von Stein kuͤnſtlich gebaut. 
Durch bie ganze Stadt gehen ſchiffbare Candfe, die mit Stein» 
Quadern unb gefchnittenen Steinen zu beiden Eeiten eingefaße 
„find, duch viele fleinerne Brüden verbunden. Eieden Pagodem 
find den Heroen, und ein Tſcha einem Könige (Cancungo) ges 
weiht, zum Andenken, daß man ihm die Zucht des Seiden⸗ 
wurm® und die Byffusbereitung (ob Seidenmweberei?) dere 
banke. Der Boden der Stade, welcher 30 Gemeindeortfchaften 
zugehören, liegt auf Infeln, iſt ungemein fruchtbar, auf das 
treflichfte bewaͤſſert, und uͤberall fo bebaut, daß Fein oͤdes Räume 
hen übrig bleibe. Zumal gegen den Often bin, wandert man 
8 Tage lang durch das Iuftigfte, reich bebaute Gefilde, und hat 
wol hundert Brüden zu überfegen. Einer der Fluͤſſe To (ob 
der Zu kiang? f. oben ©. 413), fagt der Pater Martini, tft 
ein Arm, aus dem Kiang (Min Kiang) hergeleitet und abges 
foynitten, den ein Kaifer, Yvo zu graben befahl, damit er dem 
Kiang das Auslaufen und Ueberſchwemmen vermehrte. 
Daher, alfo, jene Gabelung; dieſe Anaftomofe iſt alfo 
Leine natürliche, wie die von Fr. Hamilton in Afam bes 
merkten (f. oben S. 347). Auch mehrere jener breiten Waſſer⸗ 
flächen und Seen, welche zur Umgebung der Stadtgräben dienen, 
ſagt der Pater, ſeyen erft duch die Kunſt ausgegraben. Als 
Merkwürdigkeiten der Umgebung dee Stadt führt er noch an, 
daß es auf dem dortigen Hochgebirge, Rhabarber (vergl. oben 
©. 1%), Mofhus, Yak’s mit dem fhönen Schweifen gebe. 
Auch Marco Polo fage ähnliches, führt dabei auh Bären 
und Löwen (Leoni) an, womit er aber, nad) Klaproth6t2), 
Tiger bezeichnen molte; und Gudberi, d. i. Mofhus: 
thiere. Des Pater bemerkt ferner, die Gebirge der Provinz 
feyen reich an Eifen, Zinn, Blei, Magnetfteih und 
Salz Nah dem Salze muͤſſe man aber erſt über 100 Schritt 
tiefe Brunnen graben, in Schachten, die nur hoͤchſtens 3 bie 4 
Hand breit feyen. Man bediene fih dazu einer eüſernen 
Hand, fehr ſchwer an Gewicht, die man hinab Laffe, und melde 
mir ihren Fingern immer tiefer in den Grund finte, weil man 
Ihre Kinger kuͤnſtlich fliege, fo, bag bie Erbe in Ihrer Hölung 
zuruͤckblribe, mit welcher man fie am Selle immer wieder hervor⸗ 





. #13) Nouy. Journ. Aaiat. T.L 1 c. p. 106. ' 


Himal., IV. Oeſil. Borefegung, Tſchiag tu fu. 417 


"ziehe. Dies treibe man nun fo lange, bis fie ſalzige Erbe 
und Salzwaſſer befommen. Dann laſſe man ein Gefchire 
hinab, weldyes auf dem Boden mit einem Loch⸗ und Athemfchds 
pfer (Ventil) verfehen, in die Salzſole eindringen, aber nicht wie⸗ 
der zuruͤckkehren laſſe, ziehe diefe herauf und laſſe fie verbunften, 
worauf man das fchönfte, ſchneeweiße Salz erhalte — Alfo war 
ſchon damals bei den Chinefen das Brunnenbohren nach Salz 
ſole laͤngſt bekannt. Bon den ber Stadt naͤchſten Gebirgen 
nennt Martini ‘einige wolkenhoch; einer der Cinching, 
fen über taufend Stadien groß, und ber fünfte im Range unter 
den vornehmften Bergen der Chinefen, auf dem ſich die Kin: 
fien, d. i. bie Unfterblichen verfammelten. Bon einem ans 
den, dem Berge Din, der 60 Stadien hoch ſey (36000 Fuß ?), 
'entfpringe dee Klang; von dem Ta fung Berge flürze fich ein 


n 


gewaltiger Waſſerfall herab, auf dem Berge Cung king gebe _ 


es viele Affen, an Größe und Geſtalt dem Menſchen ganz 
glei; auf Dem Berge Lunggan fehe man noch die Trümmer 
eines Sommerpalafles des Könige von Che, dir in der Som⸗ 
merfrifche bezogen werde. In dem Fluß Kin, ber an der Sübs 
feite der Stadt fliege, waſche man bie Seide, weil diefe dadurch 
den treflichſten Glanz gewinne u.a. m. Die Iefuitenberichte, 
welche in neuerer Zeit Du Halde 17) über diefe Gegend mit: 
theilt, wiederholen leider nur jene ältesen Erzählungen, laſſen uns 
aber über die gewiß ſehr merkwürdige Alpennatur dieſes mitt⸗ 
lesen Siue ling ganz im Dunkeln; fie fagen fein Wort das 
von, daß hier Schneeketten liegen. Nah ihnen ift die Stadt 


Tſching tu fu, feit den Kriegsereignifien vom 3. 1646, ihres ' 


alten Glanzes völig beraubt; doch iſt fie nody Immer bedeutende 
Hanbeisftabt. Durch bie genaue Befchreibung der großen Chis 
neſiſchen Heeresſtraße nah Züber, welche von Tſching 
tu fu, als dem Hauptſitze eines Militaitgouverneurs, ausgeht, 
und welche wie fübweflmärts nach Ta tfian Im (f. od. S. 187) 
ſchon kennen ernten, erhält diefe Stadt ein erneuertes Interefſe 
für die Orientirung, in jenen‘ wenig bekannten Landfchaften im 
äußerften Oſten Afiens. Nur die Angaben bee Marfchroute 


don Tſching su fu bis Ta tfian Inu, von 56 geogr. Mei⸗ 


‚ Im (920 &), die zu 11 Stationen (etwa zu 6 geoge, Meilen 


heber Tagemarſch 3) berechnet zu feyn ſcheinen, wwenm Diefe Im ber⸗ 





'*) Du Halde Desor. de la-Chine I, c. T. Lp- 226. 
Ritter Erdkunde IV. Do 


⸗ 
1 


418 Hoch⸗ Aſien. IV. ubſchait. $. 77. 


gigen Lande auch fchwerlih von einem Deere in Tagemaͤrſchen 
zuruckzulegen ſeyn möchten, haben wie noch kürzlich nachzuholen⸗ 
um dann zu dem mörblihfien helle des Siue Ling übers 
zugehen. 


Anmerkung Marfhroute von Tſching tu fu, gegen 
S. W., bis Ta tfian lu (WEi) 61°). 

1. Erſte Gtoation, von Tſching tu fu, nah Sim 
tfin Hian (90 Li). Man geht vom Südthore der Stadt aus, über 
3 Brüden mit Klüffen, durch überall bebautes, und gut bewäffertes, 
ebenes Land, bis zur Stadt Sin tfin (Sin tchin D’Anville). 

2%. Nah Khiang tſchéu (90 Li), über zwei Brüden der Fluͤſſe 
Zie khi (Eifenfluß) und Sie kiang, zur genannten Stadt; immer 
noch in dbemfelben ebenen: Thale fort, gegen S.W., nur mit geringen 
Hügeln durchzogen. 

3. Nach Petchun (90 Li), über die letzte Brüde der fo reich ber 
wäflerten Ebene geht es nun etwas bergan;z man tkommt zu einer 
Kunſtſtraße durch Felſen geſprengt, genannt Wan kung pho, 
die unter den Ming zur Paffage eines Heerzuges gegen Yünnen ((San⸗ 
yu’s Erpebition im 3. 1381), wo noch ein- Mongolifher Prinz die 
Herrſchaft behauptete, gefprengt war. Sie führt zur Stadt Pethan, 
wo män noch bie Ruinen einer antiten Stadt aus der Periode ber 
Zhang Dpnaflie fieht. 

4. Nach Yangan bian (90 U), über fteinigen, ungleichen Bos 
den, durch die Stadt Min fhan hian, zur Barriere Kin fi Euan, 
wo man einen kleinen Berg paffirt, auf deſſen Höhe ein Kuan ti 
Tempel (Kuang yu, d. i. die fehügende Gottheit ber Mandſchu Dy⸗ 
naftie) fleht. Dann wird ein Wald durchzogen, unb jenfeit deſſelben der 
Dying Khiang Fluß, in einer Furth, durchfegt, ber feinen Namen 
daher erhielt, weil bier der General Wuheou im dritten Sahrbundert 
das Tübeler Volt ver Khiang zum Frieden zwang (f. ob. S. 177, 
209). Bon ba zur Station. 

5. Nach Yung fing hian (90 Li), über Berghoͤhen, von denen 
man ein altes Bonzentlofter Cung hing di (Lon kin bei D’Anville) 
erblickt, wieder hinab, an einem Tempel vorüber, und wieder bergan, 
über den Thſy tfung Fluß zur Station und Stadt. 

6. Rah Zhfing Ehi hian (110 Li). Diefer Weg wirb nun 
ſchon viel befchwerlicher; man hat den großen Berg Giao kuan zu 
überfleigen, in beffen tiefe Waldſchluchten immerfort Regengüffe fallen, 
deffen Umgebungen immer mit Nebeln und Wolfen umhaͤngt find; wilde 





sr) Wei taang thou chy Lo. p- 171— 18. 


D 
J 


Dimal., IV. Del. Fortſ. Route n. Tatflan lu. 419 


Gebirgsſtroͤme entfihrgen Ihm. Aber, no ein zweiter, weis höherer 
Bergpaß, ver Siang ling iR zu überfieigen, der fih im Fruͤhling 
und Winter mit fo tiefem Schnee bebedt, daß eu dadurch unwegſam 
wird. Sein Hinabweg zur Stadt Thfing khi iſt fehe ſteil. Hier herr⸗ 
fen furchtbare Stuͤrme; Wirbelminde erheben fi) Tages oder Nachts, 
pöglich mit größter Gewalt, gerflören alles, machen die Wohnungen erbes 
benz aber bie Einwohner, fagt ber Berichterftatter, find ſchon baran gewöhnt, 
Sn der Stadt ift der große Kreuzweg, na Tübet und Yünnanı 
denn bier fpaltet ſich die Heerſtraße; durch das Saͤd⸗Thor geht fie nad 
Yünnen, dur das Weſt⸗Thor aber nah Ta tfian Iu, auch wen⸗ 
det fich hier die Route, bie biöher fübmärts ging, wirklich na Wer 
fen Hin. | 

7. Nach Riſtheou y (80 Li). Hat man das Weſt⸗Thor der 
Stadt verlaffen, fo fteigt man erft hinab zum Thfing Ehi Fluß, ben 
man überfegen muß, am auf dem gegenfeitigen Ufer einen ſehr befchwers 
lichen Zickzackweg emporzuklimmen, ber immer höher führt, bis zur Sta⸗ 
tion. Dan tommt mur buch ein Barbaren Dorf (Man thhuang) 
zur Poſtſtation Nitheny, wo aud ein Officier feinen Poften hat. An 
ben fhlechten Wegen, dem Regen, ber ungefunden und erftidenden Luft 
and Hitze, merkt man, daß man fich fchon der Ausgangs Grenze des 
bimmtifchen Reiches nähert. 

8. Rad) der Bergſtation Hua ling ping (75 Li). Beim Hin⸗ 
abfeigen vom Gebirgspoften, hat man einen Bergſtrom gu überfegen, 
ber von feiner wuͤthend ftrömenden Gewalt den Namen „zweiſchnei⸗ 
diges Schwert des Lao kiun“ (d. i. Lao tſen, der Philoſoph, 
ſ. oben Afia Bd. I. ©. 189) hat; er heißt Lao Eiun kiang. Seine 
Umgebungen bewohnt die Zribus ber Koloz ehebem ıf, oben &. 189) 
wohnten bier bie Khiang. Sf die Brüde Aber den Strom paſſirt, 
fo iR dee erſte Berg mit einem Tempel zu erfleigen, dann aber der 
zweite, gewaltige, der Keinueking, sin Niefenberg, beffen wilde, ſelt⸗ 
fom gebildete Felſen ſich faſt ſenkrecht über der Stelle an feinem Fuße 
erheben, wo zus Zeit ber Thang Dynaſtie bie Stadt Fel yue hian 
lag, von ber er ben Namen erhalten hat, Wein Fuß iſt ſtets mit Wol⸗ 
ken, fein höchfter Ruͤcken das ganze Jahr mit Schnee bebedt, der Weg 
hinüber, durch Felſen und Spalten, auf und ab, iſt eins ber ſchwierig⸗ 
Km Defile’s in China, wo nicht einmal ein Kaſtort vorkommt, bis zug 
Benannten Station, — Wirklich If Hier, alfo, bie erſte, bis in bie 
ewige Schneeregion auffteigende Bebirgspaffage bes Bine 
Sing, deſſen Vorderkette bis Thſing khi, am Skboffuße, paralla 
verfolgt ward, die aber von dieſer Station an, erſt gegen W., und num 
fe gegen R. W., bald gegen N.R. W. uͤberſtiegen werden muß, um 
Za tſian In zu erreichen, das ſchon hinter dieſer erſten Vorderkette, 
inmerhalb ber wildeſten Schluchten des Randgebirges ſelbſt liegt. 

Dde 


420 : Hech-fifien. IV. Abſchuitt. $77.. 


9. Nach Lu ting Ehiao (75 &). Auf der Stationshähe, bie von’ 
einem Sha fzu, einem Berghaͤuptling, abhängig ift, und auf weicher 


‚ ein Heiner Alpenfee Kiegt, aus weldyem alle Ginwohner ihren Yurft fhils 


Ien, gebt es auf einem fo fleiten Zickzakpfabe wieber hinab, daß biefer 





nur etwa für bie Vögel als bequem gelten möchte (nady der Ironie des . | 


Shinefen). Er führt gu bem Ylung keou⸗Strom, an welchem ber 
Drt Huating ping (Hoalining b. D’Anville) liegt. Diefer Strom 
engieht ich zum Luho, der noch zum Stromgebiete des Min Kiang 
gen SD. zieht. Zur Linken bleiben bie Alpenwiefen von Lang ty 
liegen, wo bes Commandant von Leng pian campirt. Dann kommt 
man zur Station an ber Brüde Luting Ehiao, wo das Zollbürcau 
iſt. Die Brüde hängt in Eiſenketten über den Luho (Eu tfui), 
und ift nad) Ehinefifchem Maaße 187 Buß lang, 9 Buß breit; auf 9 
Ketten liegen die Querbreiter, über bie man hinüber fohreitei Sie 
warb im Jahre 1701 gebaut; fie iſt ſehr ſicher. Eine andere Art ers 
laubte der gefährliche Strom keineswegs hinüber zu ſchlagen. 

10. Nah Theou tao Hui (70 Li). Zuerſt über die Alpenwies 
fen von Tfa Li, wo die Diftrictöbeamten ihren Stand haben; dann 
über mehrere Orte und Höhen, auf und ab, zum Fluß des Namens 
Sheoutao, ber zum Xuho mündet, welcher fleile Felsprecipicen mit 
Donnefgefdfe durchſauſet. Hinter diefer Stelle ift ein Waff erfall, 
der wie vom Himmel herabzuſtuͤrzen ſcheint, und einen prachtvollen ne 
hlick gewährt, 

11. Rach Ta tfian Inu (60 Li) immer im tiefen Stromthale = 
Luho aufwärts, beffen Ufer von Weidenbdäumen und Bambuss 
dickich ten befchattet.find, bi8 man bie große Station, jenen berühmten 
Bet bee Paflage erreicht hat. 


IH. Der nörhtige Siue king, oder der Siue Ling 
von Kanfu. 


Am Dften der Schneeberge von Sifan, um bie Quel⸗ 
Ien de Min Kiang, und im Often des Diftrictes der Grenz 
fefte Sung phan ting, behält biefelbe Kette de Bapan 
Khara, das Meridiangebirge quer durchſetzend, ihre Rich⸗ 
tung gegen Oſten bei, und ſcheidet die Provinzen Szuͤtſchuan 
im Süden von Kanfu (f. Afien Bd. J. S. 187) und Schenfl 
im Norden. Es iſt dies die gegen ben Oſten fortfchreitende, 
dritte Querkette, die wir oben den Tapa Ling genannt haben. 
Aus demfelben gewaltigen Grbirgstnoten von Sifan drängt 
fih aber dur das Zuſammenſchaaren fo vieler Gebirgemaffen 
umgeflört, auch noch weiter him, gegen den Norden, das Me 


Himal., IV. Oeſtl. Fortſ., Siue Ling in Kanſu. 421 


ridiangebirge hervor, mit etwas mehr oͤſtlicher Abweichung; 
bie zum Durchbruch des Hoangho. Auch in dieſem noͤrd⸗ 
lichen Drittheile reihet fich Schneeberg an Schneeberg an. 
Die beiden erften find der Thian men Schan (f. Aften Bd. J. 
S. 171, unter 3° 3 N. Br., 102° 17° O. L. v. Par.), nördlich 
über der Stadt Siku tſching emporfteiigend, und ber Ling fo 
Schon, jenem benachbart in N.W. (35° 5 N.Br., 100° 45. 0.8.. 
v. Par.), zwifhen denen beiden füdwärts der Hefhui Kiang- 
feine Quelle hat, bie noͤrdlichſte aller Tinten Zufluͤſſe des großen 
Ta Ktang, bem bee Heſchui direct ohne viele Kuͤmmungen 
gegen den S.D. zuſtroͤmt. Hier alſo Uegt ſchon innerhalb dev 
Proviez Konfu die große Wafferfcheide zwilchen dem gros 
Gen ſuͤdlichen und dem noͤrdlichen Stromſyſteme Chia 
nas, zwiſchen BaKiang und Hoanghoz fo wird fie auch auf 
einer Chinefifhen Generalkarte (das Deiginat in biefiger königlichen 
Bibdliothek) Ta Zen ſchui, b. i. ber große Waſſertheiler, 
wirklich genannt, der alfo hier verfchieden ift von dem mehr füha 
lichen, politifhen Brenzgebirge. Dieſer Ta Sen ſchui, 
oder große Waffertheiter, fegt aber auch oſtwaͤrts weiter 
fore, als Gebirgs zug, zwiſchen dem ſuͤdlichen Juͤn Kiang, 
der noch zum Suͤdſyſteme, und dem nörblihen Wei ho, der 
Shen zum Nord ſyſteme gehört. Eben dias iſt aber jenes 
vierte Chineſiſche Parallelgebirge, das Nörbtiche,. 
"der Peking, der fi alfo zwiſchen der He ſchui und des Doris 
bo:Quelle am Ling Io Schan abziweist, von welchem, wie 
von den übrigen Querketten, weiter unten die Rebe fepn mich, 
und hier wied nur beiläufig bemerkt, daß der He [ch ui, unterhalb 
Situtfhin und Kiei, an denen er vorüberrauſcht, die Quer⸗ 
kette des TapaLing durchbrechen muß, um an deſſen Suͤd⸗ 
ſeite den Ta Kiang' Sttom zu. erreichen. 

An den Ling lo reiben ſich unmittelbar an 4)der Scheu⸗ 
yang (34° 4%), und nordwärts: 5) der Utſchu Shang (35° 
7’ N.Be), von welchem lehtern die Quelle des Weiho ges 
gen Oſten durch Schenſi über die alte Capitale Si ugan fu 
(f. Afin Bd. I. 163), old rechter Zuflug zum mittlern Hoangho 
eilt, Auf biefen folgt der 6) Schneeberg Zu ping King (35° 
zZ Br.), weniges öftlid) von der Stadt Ey tao, am welcher 
nup fchon der Strom Jao ſchui, gegen Norden, zum oben 
Laufe des Hoangho, und zu bdefien Engſchlucht des Durch⸗ 


m 


422 Sohefifien IV. Abſchnttt. $. 77. 


\ 

beuche® (f. Aſien Bo. I. S. 171), als Zufluß, hinabſtüͤrze. 
Dann erhebt fich, dicht Aber dem Suͤdufer des Heongho : Stro⸗ 
mes, de Schneeberg Ma bian Shan (86° IF N. Be 3 
. 301” 0 D.8. v. Par), an deſſem Morbfuße die Stade Loans 
tfhew Hege, im Thale, das, wie ſchon oben gefagt, der Tyroler 
Pater Martini mit ſeinem lieben Juthale bei Inſpruk verglel⸗ 
Gen moͤchte. Noch zwei Schneeberge, weiter gegen N.O., 
binein gegen das Land dee Ordos, werden beide nur Giue 
Shan genannt, die wir ſchon anderwärts, für identiſch mic dem 
Leou pan und Altan Shan, in Tihingisthans Geſchichte, 
befprochen haben (f. Aflen Bd. I. S. 163). 

Hier nimmt der lange Schneezug des Sine Ling, bie 
zect gegen Mord, fein Ende, wo ihm das Hangho⸗Thal bei 
Ningehia die Örenze fegt, und wo jenſeit deſſelben ſich erſt wieder, 
m In&chan, die Gipfel;u ewiger Schneehoͤhe erheben. Es wen⸗ 
bet ſich aber, eden mit dem Alpenſtock des. zulegt genannten Ale 
tan Shan, bie ganze Maffe des Hochgebirgszuges, die 
nicht Durch die Plateauhoͤhe im Norden hindurchdringen konnte, 
gegen den Noedoſten, und wird hies duch das nördliche 
Schenfi, Shanfi und Pe tſcheli, über Peking binaus, 
dee vielglieheige Begleiter des Süudrandes vom Gobi⸗ 
Plateau, der in vielen feiner mehr getrennten Ketten und noch 
mehr Ifolitten Gipfel, doch auch noch öfter bis zu ewiger 
Schnechöhe emporſteigt, die freilich, Hier (unter 40° N. Br.), 
im Parallel mit Neapel, eine geringere ſeyn wird (mol Leine 
10,000 Fuß abfoluter Höhe), als die oben, in der Nähe des Wiens 
dekreiſes in Yunnan, bezeichnete. Diefe große Gruppirung 
von Gebirgsketten und Thalbildungen, welche dem 
Suͤdrande der Gobl, im engen Sinne, in geoßer Breite 
gegen das innere China, die genannten Nordprovinzen 
sum Theil füllend, noch vorliegt, Binnen wir unter dem Ges 
famtbegriff des Alpen⸗Gebirgslandes von Nord⸗China, 
naturgemäß, zufammenfaffen, im Gegenſatz jenes oben bezeichne⸗ 
ten AlpensÖcbiegslandes von Weſt⸗China. 

Diefe beiden Naturtypen, ganz verſchiedener Art von 
ben fruͤher betrachteten Altaifchen und Indiſchen Gebirgs⸗ 
formen derſelben Kiaffe, weil fie suseinandergehender, 
vielzweigiger und divergirender gegliedert find, Zins 
nen erſt, weiter unten, am zweckmaͤßigſten in Verbindung mit 


Himal., IV. Deftl. Fortſ., Siue Ling in Kanfu. 423 


den Stromfhflemen und Stufenlandfchaften Chinas 
im Befondern betrachtet werden. Auf diefe wird fpäter, aus glei⸗ 
chem Grunde der immer entfhiedenern Abfonderung un 
Iſolirung von der zufammenhängenden Maſſe des centräs 
len Hodlandes,.aud die Betrachtung be Hinter⸗Indiſchen 
Gebirgsgliederungen im Süben von Yunnan, Kübet 
und Afam, in Verbindung mit den Hinter⸗Indiſchen Strom⸗ 
fpitemen und Etufentanbfchaften, naturgemäß, eintreten, worauf 
bie des ganz gefonderten Dekan in Vorder⸗-Indien, nach 
Der Unterfuhung des Ganges⸗ und Indus-⸗Syſtemeg, bei 
einer Naturbetrachtung Oſt-Aſiens, ben Beſchluß machen 
muß, che dieſe zum Welten übergeben kann. 

Abgefehen don jener gegen den Oſten bezeichneten Kettenglies 
derung, Behrt aber die Erhebung des nördlichen Drittheiles 
des großen Siue Ling gegen den Weften, in die Maffe 
des centralen Plateaulandes von Hoch⸗Aſien felbft 
zurüd, der es als fein Randgebirge wirklich angehört, zwi⸗ 
fchen weichem keine Senkung bekannt if. Wie dies aber von 
dee Quelle des Wei bo an, vom Utfhu und Tu ping Ling 
ſich, weftwärts, gegen den oben Hoangho, erſt im gewaltigen . 
Alpenfod des Lulu Scan verzweigt, der die großen Krummuns 
gen dieſes Rieſenſtromes verurfacht, dann aber von-ihm dennoch 
vielfach durchſetzt, gegen Wet von Sining, dem Trivium, 
im Hochlande des KhuKhuMNor, fi in dem Gebirgslande 
der 13 Patriarchen, als gewaltigfier Gebirgsfnoten aus: 
breitet, und mit der Schnerkette der Sifan jenen gamalti- 
gen Grenzſtein der Völker bildet, zwifchen Sifan, Tan⸗ 
gut, Tübet, China und Gobi, aud von ber Morbfeite ber, 
im La Siue, Khilian und Nan Shan, den Plateau⸗Ket⸗ 
ten bes Bain Khara und dem Spfteme bes Kuenlun fid 
anſchließt, ift fhon aus dem Fruͤhern bekannt (f. Afien Bd. I. 
S. 171—179, 187 —19%, 204, 318, 493; Bd. Il. S. 410 10,5 . 
f. oben ©. 186, 194 u. q. D.). 

Mir wiffen aber Niemand, ber diefen noͤrdlichen Siue 
Ling irgendwo befucht, überfliegen, genauer erforfcht hätte, fo 
daß mie außer Namenregiſtern, deren Inhalt doch unbekannt 
bieibt, ſowol diefen, als ben ganzen überfichtlich befchriebenen Lands 
ſtrich des großen Meridiangebirges und der öfllihen Fortfegung 
des Himalaya⸗Syſtemes, mit ber Ueberzeugung verlafien muͤſſen, 


N; 


42 Hoch-Aſien. IV. Abſchnitt. $. 77. 


baß hier noch eine ungeheure Terra incognita für unfere Erb 
kunde wuögebreitet Liege, mit welcher wir vom oͤſtlichen Hochlande 
Aſiens überhaupt bier vorläufig, che wir zu befien Weſt⸗Rand zus 
rucckehten werden, Abfchieb nehmen, um, für jetzt, ums deſſen 
Stromſyſtemen und Stufenlandſchaften zugumenden 
, von denen wie nur im Worübergehen auf baffelbe zurudbliden 
werben. . 


Waſſerſyſteme Dft- Aſtens, Ueberſicht. 425 


N 
X 


Zweite Abtheilung. 


Die Uebergangsformen des oͤſtlichen Hoch⸗ 
Aſiens zum Tieflande, oder deſſen Waſſer⸗ 
Ednhſteme und Stufenlaͤnder, im Oſten 
IN Süden. 


Beserfiae 


$. 78. 


Dos Heoland von Oſt⸗Afien ſendet nach alten Weltgegenden 
feine Ströme aus, die zu den vollufrigſten, laͤngſten, vielzweigig⸗ 
ſten des Planeten gehören, und bie melteften, zum Theil bevoͤl⸗ 
kerteſten und eultivirteſten Stufenlaͤnder der Erde beſpuͤlen 
und bewaͤſſern (f. Aſien Bd. J. Einleit. S. 69). Wir können fie 
une, zur Ueberfiht, in die noͤrdlichen und weſtlichen, wie 
in bie öftlihen und füdlihen Gruppen vertheilen. Jene 
würben, wenn wie ihrem Laufe weiter, als im obigen gefchehen 
(Aften Bd. J. S. 683, 790, 1044, 10765 Bb. I. ©. 5, 128), 
abwärts folgen wollten, uns in ihren Stufenlanbfchaften und Nies 
derungen zu dem Sibirifhen Norden Afiens führen, der 
aber au einer andern Stelle im Bufammenhange mit dem Nor⸗ 
den ber Erbe überhaupt zu betrachten ſeyn möchte. Die weſt⸗ 
lichen Grnppen würden uns zu den Araliſch-Kaspiſchen 
und Sarmatifhen Steppen, zu ber geoßen Erdfen⸗ 
kung führen, weiche fchon auf den Weften Afiens und auf ben 
Europaͤiſchen Erdtheil hinweiſet, fie werben uns deshalb erſt weis 
tee unten, beim Uebergange zu biefem insbeſondere befchäftis 
gen. Wis verfolgen daher in diefer Abtheilung nur die Waffers 
fyſteme ber öfllihen und füdlihen Gehaͤnge des hohen 
HintersAfiens, weil diefe uns zugleich in die Kiefländer 
we ze 


426 Oſt-Aſien. II. Abtheilung. Stufenland. $. 78. 


zuruͤckführen, an deren obern Grenzfaume wir ſchon zuvor jedes⸗ 
mal wie auf der Schwelle zu ihrem Eingänge verweilten. Wir 
führen fie in derſelbdeͤn räumlichen Anocdnung wie alle andern 
tellurifhen Naturformen Afiens, vom Dften fübmärts 
‚gega Weſten fortfchreitend, nicht blos darum nad einander 
auf, weil wie uns dadurch vom Unbelannteren unb Abgelegene: 
ven, dem beimathlicdhen uns wichtigſten Erdtheile, mit einer defie 
seichern Fuͤlle von gewonnenen Refultaten und geficherten Ver⸗ 
bältnißbegeiffen, Naturformen und Anfhauungen nähern, die feis 
ner eigenen geogeaphifch = wiſſen ſchaftiſchen Unterfuhung, weldye 
uns noch im Argen zu liegen ſcheint, nicht unerfprießlich ſeyn 
werben, wie denn die Ergründung des einen Organismus ſtets 
Die des andern vorbereitet; fondern wir führen die Waſſerſyſteme 
und ihre Stufentandfchaften, auc) darum, jener angegebenen Ord⸗ 
nung gemäß vor, weil dieſe eine der ganzen Conſtruction bes Excbs 
theils aaturgemäße iſt, bei ber fich eine merkwuͤrdige Pros 
geeffion in ber immer freien und mannichfaltigern Entwids 
lung ihres Geaͤbers zeigt, die mit der Ausbildung des ganzem teils 
luriſchen Spflemes, das wir Afia nennen, in. der genaueflen Har⸗ 
monie ſteht. Was aber die Ader im thierifhen Organismus für 
Naͤhrung, Exhaltung, Belebung, Bewegung jedes Gliedes, bas 
And die Waſſer ſyſteme mit ihren characteriflifchen Eigenhei⸗ 
ten und Functionen, für die verſchiedenen Landſchaften der Erde, 
denen fie vom Anfang der Schöpfung an zugelentt wurden, nicht 
nach Zufälligkeit, Willkür, Regelloſigkeit, wie fich die ſinnloſe Erb: 
befchreibung nicht einmal träumen ließ, die doch im kbleinſten 
Schneckenhauſe Organismus fieht, aber im Planeten nur Me 
chanismus, fondern nah einem göttlichen Ober natürlidhen Ge⸗ 
fe, was gleichviel bedeutet, das ſo nothwendig feinen Canon 
im Organismus des Planeten erhielt, wie der, welchem der ben: 
kende Anatom, Phyfiolog und Künftter, im Drganismus der 
Menfhengeftatt, fey es im Leben wie in dem Ideal, ber 
Antike, nachforſcht. Noch viel weiter ſtehen wir im unferer Wiſ⸗ 
fenfchaft, als jene, auf bem Wege der Forſchung zurüd; aber fo 
viel wird ums doch auch gegenwärtig fchon klar, daß Steombifdung 
und Gebirgsbildung, ihrem Wefen nach, nur aus einem Inein⸗ 
ondergreifen der Verhältniffe begreiflich werden, weil diefen inein> 
andergreifende, plaflifchgeftaltende Kräfte vochergingen , denen ber 
Erdtheil uͤberhauot feinen Umeiß verdankt. Die centrate Maffen- 
sehebung,, det ſteile Suͤdoſtabfall gegen den Waſſerkreis (f. Afien 


Wafferfofteme, Ueberſicht. | 421 | 


We. 1. Einl. S. 53, 66), Me Dichtung ben Hauptare dee Ans 


ſchwellung, die Divergenz der Gliederung gegen den O., RD. 
und S. O. (ebend. ©. 48) gaben bier, an ber pelagifchen 
Seite des Erdringes, oder am außern Erdkranze (ebend. 
©, 66), im Allgemeinen, das Gefeg der Anordnung 
dieſer Stromſyſteme, wie den Depreſſionen der kandwelt, im Ins 
nern des Erdkranzes, gegen N. und N. W., die entgegen: 
gefege fi) fentenden Steomfpfleme folgen mußten. Die befons 
dern Verhätmiffe, und die verfchtedenen Arten-ber Entwickelung, 
traten aus ber Natur des Gefamterhebung und ihrer Gliederun⸗ 
gen hervor. 

Das Syftem des Amur⸗ Stromes, dem größten Theil⸗ 
nah Plateauſtroͤmung, iſt noeh ganz Innerhalb dee 
Pleteaubiidung, oder feiner begleitenden Gliederung ber Parallet⸗ 
zuge gegen N.O. deſangen; kein Gegenſatz, keine freie Niederung, 
dreitete fi) zu feiner Aufnahme am DOftfuße dee Maſſenerhebun⸗ 
gen N. O. Aſiens aus; dem Strome konnte baher keine Cultur⸗ 
ebene, kein Culturvolk, kein Culturſtaat angehoͤren, nue völlig 
abgeſonderte Gllederungen, Halbinſeln und Infets 
gruppen: Corea, Japan, Jeſo, Tarakai, Kurilen, 
Kamtſchatka ſollten ihm zur Seite und vorliegen; ein uns 
vollenderes Mündungsiand folte, phyſtealiſch wie 
ethiſch, erſt in fpäten Jahrhunderten zukuͤnftigen Beneras 
tionen zur Gioflifation aufbewahrt bleiben. 

Die Chineſiſchen Doppeiftröme (f. Affen Bd. 1. Eine, 
&. 60), durch Quellennaͤhe und Mändungsperein im gemeinfas 
men Deitalande, zu eineriei Syſtem auf das geoßartigfie vers 
bunden, gehören dreierlei Naturtppen an, die fie gleichartig 
durchziehen, dee Plateaubildung, ber Gebdirgsbildung, 
dee Niederung, in welche ihr oberer, mittler und untes 
rer Lauf, gleichmäßig vertbeite iſt. Micht bio® innerhalb der 
Plateaudildung und Gebirgsbildung befangen, ſondern die Rand⸗ 
und die Kettengebirge vielfach durchdrechend, und aus 
vielzweigiger Gebirgsgliederung, mie reihen Net der Zufläfle, 
von allen Seiten gefüllt, das Tiefland weithin tränkend, in dem 
fie von weitere Divergenz wieder convergirend zuſammen⸗ 
treten, mußten fie in diefen weiten zu Ebenen geneigten Thal⸗ 
fentungen, die Bafis eines Gulturbodens audmicken, der als 
time große Einheis die Thaͤtigkeit der zahlreichſten Völker zuſam⸗ 
mendand, und, defto compacter und continemtaler, weil Eine 


- 


428 Off: Afien. IL Abtheilung. Gtufenland. $.78. 


GeoRadeinfeln vorlagen, dem aͤußerſten Oſten Aſiens einen 
Kernanfag zur einheimifgen, Givilifation feiner Population 
darbot, der in mehr zerriſſenen und zerfplitterten telluriſchen For⸗ 
men (ebend. Eint. S. 29) vieler Jahrhunderte und Sahrtaufende 
mche Zeit bedurft hätte, um der Beflimmung des Erdtheiles zu 
Sute zu kommen. Hier ift die Vorlagerung, auf welche das 
Stromfſyſtem hinmelfet, bie beim Amur im Ochotzkiſchen Golf 
ned als Meeresgrund zuruͤckblieb, als weiter Frucht boden 
ſchon von Anfang an gleichzeitig wie das Nil Delta Aegyptens 
hervorgetreten, und mit der Stufenlandfchaft. verwachſen, bee im 
Norden und Eüden geringere, iſolirte Erhebungen, nicht als 
Sufen, fonbern auf bem Continente, zur Seite liegen. 
- Die Hinter: Indifhen Stromſyſteme vermin⸗ 
dern fi) der Größe, aber fie mehren fich dee Zahl nad, weil 
die auslaufende telluriſche Gliederung, dahinwaͤrts, fi) mehet, 
immer entfchiedener, unabhängiger vom gemeinſamen 
Hochlande, immer bivergirenber gegen S.O. (f. ebend. Einl. 
©. 48, 59) hervortritt, daher bier eben jene Einheit, welche biefe 
verſchiedenen Formen zufammenbänbe, fehlt, dafür die Man⸗ 
nich faltigkeit ihrer vorgelagerten, iſolirten Maſſen im etwas 
ferneren Sunda Archtpel hervortritt, auf weiche, ber untere 
Lauf von jenen wie auf feine vorgelagerten tellurifhen Tra⸗ 
banten hberali angewiefen erfheint. Daß hieraus vorherrſchend 
der Cipilifationseinftuß, bes dem Amurſyſteme faft 
gänzlich fehlt, ber aber in ben Chinefifhen Syſteme, durch 
den ganzen mittleren und untern Lauf, ſich verbreitete 
und feibft auf feine Nachbarſchaften einwirken mußte, vorher 
ſchend, oder eigentlich nut ausfchließungsweife allein auf das 
Mündungsland der Hinter-Indiſchen Stromfpfteme 
fich beſchraͤnken mußte, iſt zunaͤchſt in dee Phyfit derfeiben bes 
gruͤndet, wenn wir auch über ihren oben und mittlern Lauf uns 
ſere Unwiſſenheit geſtehen muͤſſen, aber deren Geflaltung keinen 
günſtigern Einfluß, als andern der Ast noch im Maſſengebirge 
befangenen Stromabern, zuſchreiben koͤnnen. 
Die Vorder⸗JIndiſchen Streomfpyfleme haben wie in 
ihrer monnichfaltigeen Entwidlung und freien Stellung zum 
Plateau und Gebirgslande, wie zur Senkung, Riebrung und bei 
ihrer gegenfeitigen Nähe, im reichbewwäflerten mittleren Laufe, 
als durch Cultutebenen vereint, im unteen Laufe aber ale vers 
fchiedenen Meercsbecken und Weltrichtungen zugewendet, fchon 


= 


Waſſerſyſteme, Ueberſicht. 420 


oben auch als verſchieden von jenen characterifirt (ſ. ebend. 
Einl. ©. 59). Das ihnen vorgelagerte, ſelbſtſtaͤndige, in allen 
feinen Theilen überfchaulichere, zugängliche, culturfähige, infelars 
tige Plateauland von Dekan, auf welches beide Strom⸗ 
fofteme in ihren Mündungen zunaͤchſt als auf eine neue com⸗ 
pacte, ber eigenthuͤmlichſten Entwicklung fähige Borlagerung hin⸗ 


gewieſen find, vollendet die Progreffion in ber. immtr reicher . 


Entwicklung der aufgesählten hydrographiſchen Gruppen. Die 
kutze Erinnerung an die fihlagenden Xhatfachen, daß hier die 
Canalifation, oben das verbin den de Princip, zwifhen In⸗ 
dus und Ganges, nicht, wie im Chineſiſchen Doppelſyſtem 
Im untern, ſondern im mittleren Stromlaufe (um Delhi) 
zu liegen kommt, dagegen das Mündungsland beider nicht 
einerlet Geſtade angehört, wie:das Chincſiſche in ſich ſelbſt zus 
ruͤckkehrende, fondern ſeit Alexanders Befchiffung des Indus mit 
den Maceboniern bi6 auf den neuern Auslauf der Sangesflotten 
der Briten, zu Birmanen und .Chinefen, mit dem Werften wie 
mit dem Dften der Erbe gleich vostheilhaft in Verbindung fest, 
iſt hinreichend, um die Superiorität dieſes Naturtypus 
hydrographiſcher Syſteme, in Beziehung auf innere 
Entwicklung, Stellung und Impuls für Menſchengeſchichte, im 
Gegenſatz der Gradationen jener im Allgemeinen in das Licht zu 
flletz zum Beſondern führe die folgende, nähere Unterfuchnng 
der Natur der einzelnen Gruppen der Steomfofteme mit ihren 
ifolisten vorgelagerten Maſſen, Gliedern und Räumen. 


% 


: 430 Oſt⸗Aſien. Waſſetſyſteme. I. Abſchu. $.78. 


Erſter Abſchnitt. 
Stufenlaͤnder von Oſt⸗Aſien. 


Erſtes Kapitel 
Wafferfyfiem des Amur. 


Dem Nordoſtrande von Hoch⸗Aſien entquellen zahlreiche, zum 
Theil ſchiffbare Ströme, von benen wir aber, bis jet, dem groͤ⸗ 
Seen Theile nach, nur erſt die verfchiebeneriei Namen, wenn ſchon 
mit ziemlicher Genauigkeit Eennen gelernt haben, da die Chinefis 

\  fihen Gtaatsgeographien über die Opdrographlen berfeilben, was 
bie Namengebung betrifft, ungemein genau und vollfiändig find, 
aber im übrigen fehr vieles zu wänfchen übrig laſſen. Der wich⸗ 
tigſte von allen ift der unter dem Namen des Amur, bei ben 
(Europäern, bekannte Rieſenſtrom, der erfi nach dem Verein 
vielee Quellſtroͤme aus zweierlei, vielnamigen Kluß: Gruppen, 
bie vom Norden und Süden her, von der Grenze des Bai⸗ 
Lalifhen Sibiriens und von der Grenze Koreas und 
Chinas, die Gobi umkreifend, an ihrem Mordoftrande zus 
fawımenfließen, diefen Namen eıhätt, und dann das breite, gebirs 
gige Geſtadeland der Mandfhu, oder Zungufen, gegen D. und 
R.D,, in foft unbelanntem Laufe bis zum Dcean durchzieht. 

‚ Aber wo biefe Ergießung in dem Meere Statt finde, darüber has 
ben zıng erſt die jüngeren Weltumfegier (La Peyroufe, v. Kra⸗ 
fenfleen, Brougbton) belehrt, obgleich fie die Mündung 
ſelbſt noch nicht erreichten, mehrere Meilen meerwaͤrts fein füßes 
Waffe aus der falzigen Fluth, über die es hinſtroͤmt, ſchoͤpften, 
feine füßen Fluthen felbft aber doch nicht befchiffen konnten. So 
bat der räthfeihafte Strom von je her fi) den Augen ber Beob⸗ 
Achter entzogen; denn auch die Jeſuiten, welche von Chinas aus 
einen Theil feiner Ufer bereifeten, baben an ihm rue wenig zu 
gewahren Gelegenheit gehabt. Beine Stufenlaͤnder waren nie 
von Culturvoͤlkern bewohnt, und die wenigen, begonnenen Spu⸗ 
sen des Anbanes wurden feit anderthalb Jahrhunderten ihrer Ents 
deckung durch Europaͤer dadurch völlig zerſtoͤtt, daß ihn das 


j Amur, Ueberſicht. Mal 


Schickſal zum Srenzfirom zweier Weltmonardien be 
flimmte, deren neidifhe Potitit keiner Gegenpartei den ruhigen 
Befig, Gewinn und gegenfeitigen freien Verkehr fruchtbarer, auf: 
biühender Mefopotamien und Stromthaͤler gewaͤhren wollte; das 
ber dieſes große, weithin fchiffbare Stromſyſtem, obwol phyſica⸗ 
liſch ausgebildet, doch keineswegs, fo wenig als bisher das Dos 
nauſyſtem Europas, zu feiner hiſtoriſchen Entwicklung gelangen 
tonnte. : 
Wei den Kenntniffen, welche die erſten Entdeder, die Kofas 

ten, zu Anfang und Mitte des AVil. Jahrhunderts von diefem 
Strome mit zurüdbrachten (f. Afien Bd. 1. &:89, 601, 611— 633), 
iſt es größtentheil® geblieben, weil der abgezwungene Grenz⸗ 
tractat (zu Nertſchinsok, 1689, f. ebend. &. 103, 620, 530, 546), ° 
den herrlichen Strom, von 25 geogr. Meil. an abwärts dee Con⸗ 
greßortes, bie zu weichem eine bedeutende Chinefifche Flottille 
hinaufgeſchifft war, den Chineſen zuſprach. Seitdem mußte 
Der untere, ſchiffbare Theil des Stromes, eine Strecke von 
drittehalbhundert Meilen Weges, für Europaͤer gänzlich uns 
zugängfich und verfchloffen bleiben, und nur der geringere, obere 
Theil, in fo meit ee in einzelnen Armen auf Ruffifher 
Grenze liegt, wurde näher erforfht. Die Refultate diefer For⸗ 
ſchungen find aber im Dbigen fhon an ihren Stellen von den 
" Quellen bis zu den Ruffifh:Chinefifhen Grenzpfählen mitgetheilt 
(f. Afim Bd. I. ©. 680-548, Bd. II. &. 268, 274, 292, 294, 
297-307). Wir haben hier nur an das oben gefagte zu erins 
neen, «6 nicht zu wiederholen, beffen Refultat man fich leicht zus 
fammenfaflen kann, um hier nur zur blos außerlichen, ſum⸗ 
marifhen Aufzählung des mittlern und unteren Lau⸗ 
fes des Syſtemes fortzufchreiten, wozu uns zwar bie neueften 
und topographifhen aber für unfere eigentlichen höhern Zwecke 
faſt unnügen Daten der festen Ausgabe der Chinefifhen 
Reichsgeographie (1818) zu Gebote ſtehen. Wenn fo viele 
andere Ötromfpfteme durch ineinander eingreifende, gänflige Nas 
surs und Voͤlker⸗Verhaͤltniſſe eine wahrhaft höhere, tellurifche und 
hiſtoriſche Bedeutung für das Ganze der Völker: und Menfchens 
gefchichte gewinnen mußten, [o zeigt ſich in diefem Spfleme des 
Amurfiromes, wilder Verarmung und Hemmung ber Erſchei⸗ 
nungen buch Willkuͤr und Politik der Gewalten Jahrhunderte 
hindurch unterworfen feyn Einnen. Den Chinefen bringt dee 
Strom, in deſſen Dauptbefig fie nach feinem mittlern und unten 


433 HftxAfien. Waſſerfyſteme. J. Abſchn. $. 78 


Laufe find, gar keinen beſonbern Vortheil, doch ſchließt bie be⸗ 
waffnete Macht, die ſie auf ihm halten, jeden Andern von beffem 
Befige aus; den Ruſſen allein würde die Schiffahet auf ihm 
zn einer böchfl bequemen und erwimfchten Communication 
ihres Gibirifchen Binnenlandes mit den transımarinen Colonifaz - 
tionen und dem Handel im Norden bes DOflsDceanes verhelfen 
können. 

Mach der Anficht der Europäer ift ber nördliche Haup ts 
arm des Amurfpflemes, von deſſen verfchiedenartiger Benen? 
nung fhon oben bie Rede war (f. Afien Bd. IE. &. 297), derje⸗ 
nige, welcher an Nertfhinst und Saghalien Ula vorkber 
zieht, der wahre Quellarm; man kann ihn von feinen Anwoh⸗ 
nern den Mongolifhen Arm nennen, wie nennen ihn 
AmursCtrom. Mach’ der Anficht ber Chinefen aber iſt bee 
füdlihe Arm, der Mandſchuiſche, dee Songari ula, oder 
Schingal, In der neueften Chinefifchen Reichsgeographie dem 
Namen Kuentong führend, beffen wahrer Quellarm, und 
jener Am ur der Moscoviten, den die Chinefen bei ber Stadt 
Saghalien ula den Helong Kiang (d. i [HwarzerDras 
henfiuß), die Mandſchuren aber Saghalien ula nennen, 
wäre danach nur ein linker Zufluß des Auen tong Welches 
von beiden dee waſſerreichſte Zufluß ift, ob dee ſchwarze Draz 
chenfluß, ber Ruffifhe Amur, oder dee Kuen tong, wiſſen 
wir nicht, daß aber jener, ber am weiteſten ſtromauf fchiffbarfte, 
auch wol ber waſſerreichſte ſeyn mag, iſt ſehr wahrſcheinlich; bag 
er bis zu feinen Quellen den laͤngern Lauf bat, ift gewiß. Auch 
wie bleiben alfo bei ber Europäifchen Anficht bes Suomfpflemes 
mit Recht ſtehen. 


Erläuterung 1. 

Die drei Stufenlandfchaften des Amur » Syflemes. 
1. Der Obere Lauf bes Amurſyſtems; bis zum Ver 

ein ber Schilka und des Kerion zum Amur. 
Diefee Theil liegt noch auf ber Plateaulanbfchaft, beren 
Thalfenkung bei Nertſchinsk jedoch, nad) Gmelins Beobach⸗ 
tung, ſchon unter 2000 Fuß abfolute Höhe herabgeſunken feyn 
muß, da, nach ihm, des Spiegel bes Stroms bei ber genannten 
Stadt nur 1730 Fuß 1) üb. d. M. liegt. Dreierlei Para 


2) Gmelin Flora Sibirica-T, L p. LX. 


Amar, oberer Lauf. 433 


lelſtrͤme von W. nah D. bilden hier bie Quellatme des 
Amur, bie von verfchiedener Länge fih nah und nach oftwärts 
sum Hauptbette vereinen. Der nörblihfte, Ingoda, ganz 
Nuffifcher Steom, am hohen Tſcho kondo entfpringend, länger als 
frühere Angaben (Afien Bd. Il. 269), Hat, nad unfrer Meffung 
der beften Karten, boch immer 70 geogr. Meilen Weges zu burchs 
laufen, und iſt ſchon vom legten Drittheil, von Tſchitinsk 
an, für flache Fahrzeuge ſchiffbat. Der mittlere Quellarm, 
dee Onon, am Kentei Chan auf Ehinefifchem Gebiete entfprin« 
gend (f. Bd. 1. S. 630), einft gefeierter Strom, weil an feis 
nem Ufer Tſchingis Khan geboren ward, bat erft 60 geogr. 
Meilen zu durchlaufen, ehe er bie Muffifche Grenze erreicht. 

" Dann zieht der fifchreiche Strom an ber Ruffifchen Grenz- 
fee Akſchins kaja vorüber, [hon Prahmen tragend, und bes . 
geihnet durch feinen Lauf den Nordrand der Gobifteppe (f. Aſien 
Br. I. S. 284), bis ihn das Wild⸗Gebirg, bee Adon⸗Sſcho⸗ 
ion (ebd. S. 288) an feinem Dflufer, gegen Nord hinüber 
beugt, zum Verein mit ber Ingoba, bie er. nach einem Laufe 
von 100 geogr. Meilen erreicht. 

Beide vereinten Ströme heißen nun Schilka (f. ebd. 
&. 294) und firömen bei Nertſchinsk (an 20 geogr. Meilen) 
abwärts voräber, in einer Breite von 300 bis 900 Zug, oder, 
nah der Ausſage eines Augenzeugen ?), fchon fo breit wie der 
Rhein bei Arnheim, mit einer Tiefe von nicht über 12, oft 
aur 2 Fuß, bie aber doch zur günfligen Jahreszeit hinreichend 
war, jene drohende Chinefifche Stotile von 100 Barken mit 
4500 Mann, 275 geogr. Meilen (nicht 375 nady einem Druds 
fehler Aſia Bd. I. &. 546) aufwärts, in das Binnentanb bie 
vor die Thore von NerrfchinsE zu tragen, um bort eine dro⸗ 
bende Miene anzunehmen. Abwärts, von biefer Stadt, ſtroͤmt 
de Schil ka noch 66 geogr. Meilen weit, bis zum Verein mie 
dem dritten Quellarm. 

Dee Kerlon, der ſüdlichſte und laͤngſte der zu 
ber aͤchte Steppenfluß der oberfien Bobiftufe (Aften Bb. I 
©. 623) im Süden ber Gebirgskette des Kentei Chan cf. 
Alm Br: 1. ©. 633)-entfpringend, und nach 100 Meilen Laufe 
den Dalai Nor bildend, dann, als Argun fchon fehiffbar, 
mmer mit geringem Gefälle, longfam dem Norden fi zu⸗ 

2) Abel Ghasi Hist. Generale des Tatares III. p. 232. Not. ö 

Aitur rdtunde IV. Ee io 


438 Oft-Mflen, Woferfofteme. 1. Abfchn. $. 78. 


wendend (f. Afim Bd. I. &. 300), und von Abagaltu an, 
die Reichögrenze begeichnend, über Zuruchaitu und Argunss 
koi, (2121 Fuß über dem Dieere liegend nah Gmelin), ver: 
eint fich endlich, nachdem er auf dem Plateaulande, in allem, 
fon an 260 geogr. Meilen zurüdgelegt bat, mit dem Schilta 
Fluß, von wo an die größere Wafferfülle mit dem vorherrſchen⸗ 
den Amur: Strom benannt zu werden pflegt. Don da au 
fcheint uns ber mittlere Stromlauf feinem Naturverbätt: 
niß gemäß zu beginnen. 

Wie dort die Srenzpoften von Chineſiſcher Seite befichs 
tigt werden, und wie dann die Beamten nad beendigter Grenz⸗ 
eevifion den Amur=: Strom, jähtlid, auf ihren Fahrzeugen bis 
zur Mündung binabfhwimmen, iſt oben ſchon angegeben (f. 
Afien Bd. I. ©. 307), aber kein Beobachter hat fi noch mit 
ihnen eingefhiff. Die Beflimmung der Oſtgrenze?) vom 
Gerbitſi, dem Grenzzufluſſe an, oftmärts, wie fie die Chinefis 
ſche Urkunde mitteilt, giebt auch keinen Beitrag zur näheren 
Kunde bes Stromfpflems, me der — ſeiner Pro⸗ 
vinzen. 


2. Der Mittlere Lauf des Amurſtromes, Sche fhui 
(d.h. Schwarzer Fluß ber Chinefen), vom Schilka⸗ 
und Argun: Verein, bis zum Einfluß bes Kuen: 
tong. 

Sn biefer Strecke buchbricht der Mittlere Amurlauf, 
der nun ſchon ganz Chinefifcher Strom ift, unterhalb des Ber: 
eins, in wilden Klippen, Engen und Strudeln die ſchwer zu bes 
fhiffen find, f. Afia Bd. I. ©. 89, ben gebitgigen Dftrand 
des Sobiplateaus, der über den Jalo Paß (Aſia Bd. I. 
S. 113) bis zum Amue fortziehend, unter dem Namen beb 
Khin gan (f. Aſia Bd. I. S. 101) bekannt ift, dann nord⸗ 
wärts bes Stromes, aber unter der Benennnng bed Grenzge⸗ 
birges, Khingan tuguri ober ber äußere Khingam be 
Chinefen, Jablonoi Chrebet (ein Wafferfheibegebirgs, 
f. Aſia Bd. I. 521, 613) oder Stanomwoi Gebirge bei Ruf 
fen, gegen das Ochoglifche Meer fortfireicht. Es war dieſes feit 
Haͤlteſter Zeit den nöriihen ae von der Lena her, zus 





») Klaproth de la Frontiöre Russe et Chinoise in Mem. relat, a 
FAsie T. I. pP ds etc 


e er 


vw. 


v = 


Amur, mittler Lauf.“ 438 


mal den Jakuten als ein Jagdrevier bekannt, von wo man 
bie ſchoͤnſten Zobelpelze *) erhielt, daher hieg auch der erſte Ueber⸗ 
gangsverfuch zum Amurthale. Aus Ihm kommt ber bedeutendffe, 
nördliche, oder linke Zufluß bes Amur, der Tſchikiri ober 
Seja (f. Aften BP. I. 89, 613), ber nur dadurch merkwürdig 
it, daß er in feinem Quellgebiet den Weg zu des Abenteurer 
Pojarkows Entdedung des Amurſtromes gebahnt hat, che 
Chabarom den näheren Weg auffandz den Tſchikiri aufwärts 
zu reifen, fol man 2 Monate gebrauchen 5) abwärts nur 15 Tage. 

Bevor dieſer Amur, aus feinen Engpäffen bervorbrechend, 
ben Tſchikiri aber aufnehmen kann / muß er an der. Stätte bes 
Dauriſchen Zaklfa, naher Albaſinsk, bem Zankapfel bortis 
ger Anſiedler (f. Afien Bd. I. S. 618, 622), genannt, vorüber 
eilen, wo er von feiner Oſtwendung fi gegen den Süpdoft 
richtet, und erſt nach 80 geogr. Meilen Weges bie Einmündung 
des Tſchikiri, Minds, erreicht und fogleih auch die dortige 
Hauptſtadt Saghalien Ula ( Schwarzwaffer der Mandſchu) 
oder He long kiang (Fluß der Schwarzen Drachen ber Chine⸗ 
fin), mit welcher dee Strom unb das dortige Chinefifche 
Departement gleihen Namen trägt. Won dieſer Stabt, abs 
wärts, immer gegen &.D. durchzieht dee Amur (oder She 
Shui (Schwarzer Fluß) faſt noch einmal fo viel Land, bie er 
nach Vollendung feines Mittel: Laufe vom 150 geogr. Meis 
Im, alfo von der Kerlon Quelle am bis hieher, nach 410 geogr, 
Meilen Weges, rechts, den Kuen tong (Songari, odet 
Schingal der Ruſſen), den bedeutendſten Suͤdarm, aufnimmt, 
und nun ſchon ganz im Mandſchuriſchen Tieflande eingetreten, 
feinen unteren Lauf beginnt. 

Die Chinefifhe Reihsgeographies) vom 3. 1818, 
(vergl. Afien Bd. I. S. 1059) welche diefen Mittellauf vom 
Grenzfluffe Gerbiefi (f. Afien Bd. I. ©. 623) an, genauer 
beſchteilbt, nennt jenen linken Hauptzufluß Dfhing Het, und 
fine :16 Zufluͤſſe; fie giebt biö zu ihm die Namen von 10 an⸗ 
dern Zuflüiffen des Amur an, unterhalb deffeiben die Namen‘ 
ven 18 Zuflüffen. Die Lage des Ortes Uluffu Mudan der‘ 
Kartew oberhalb feiner Einmändimg, giebt fie als Ux uſumden, 





) J. G. Gmelin Sibir. Reife Ip. UI. Vorr. *). Du Haldo Deser. 
T. IV. p.44. *) Tay Tsing hoei tien v. 3. 1818 nah, © #- 
Reumanns Ueberſetzung. 

Ee2 
\ 2 





438 Ofi-Afen. Waflerfoftense. J. Abſchn. $. 78 


an, unter 61". 21’ 36” N. Br. und 124° 25 DL. v. Paris. 
Die Lage von Helong klang, Als eine der 6 Hauptſtaͤdte be® 
Landes, unter 50° N. Br. 116° 1’ DE. v. Par. Unterhalb der⸗ 
ſelben ſagt fie, trete bee Amur in den Diſtrict San feng des 
Departements Kirin ein, bevor er ſich in bemfelben mit dem 
Kuen tong bereinige. 

Der Kuen tong, der Mandſchniſche Saͤdarm, dee 
Songari UAUla (d. i. Milchſtraͤßenfluß), oder Gung 
chua klang (dee Fichten Blüthenfluß), auch Shiugat 
der aͤlteren Ruſſen (Aſia I. 620) wird von Chineſen als Hau pt⸗ 
fluß 7) angefehen, weit ex auf ber Chineſiſchen Seite liegt, au 
ber gebeiligten Heimath ihrer Kaifer : Dynaftie, vom Tſchamg 
pe Shan (f. Afien Bd. I. ©. 90) berablommtz; weil auch «x 
groß und ſchiffbar iſt, obwol von kuͤtzerem Laufe als jene Netbe 
arm, aus dem fernen Lande der Barbaren. 

Diefee Songari, auh Song hou, entfpringt in 6 Quell- 
ſtroͤmen, welche die Reichsgeographie auch namhaft macht, auf 
dem nordweillihen Abhange bed Langen” Weißen Berges 
(Afhang pe Shan), gegenüber den Quellen des Palu (ober 
Dar), des Stromes bee mit 12 Heineren Zuflüffen gegen S. W. 

zum Hoang hai zieht, und den Quellen des Zumen, der eben 
ap gegen ND. im Norden von Korea zum ODſt⸗Ocean ſtroͤmt. 
Diefes Qucligebiet, das Vaterland des erſten Kerns8) des 
Wandſchuiſchen Volkes, wie ihrer Vorfahren dee Niutfchi oder 
ZJutfhy.und Khitan (f. Afia Bd. L S. 86, 98, 253) nach 
den neueften Chinefifhen Karten, fol bedeutend von ber D’An- 
villefhen Zeichnung abweihen. Won dem Verein diefer 6 Quell⸗ 
ſtroͤme an, erhält er erft den Namen Songari und firdmt erſt 
direct, 65 geogr, Meilen, gegen N.W., bis unter die Stadt 

-Detune, 45° 16 40° N.Br 122° 34 0" DE v. Paris 
(nad der Tabellatiſchen Längen: und Breitenbefimmung ber 
neueſten Edit. ber Reichsgeogr. vom Jahre 1818, aber 8° 37° 
D.L. v. Peking, d. i. 122° 39° D.L. v. Par.), wo er von M. W. 
ber den Nonni Ula aufnimmt. Ehe dee Songari jedoch bapin _ 
gelangt, erhält ee 15 Zuflüffe bis er die Stade Kirin erreiche. 

Die iſt die Hauptfladt bes Departements Kirin, und Legt 
nach der Chinefifchen KReichsgeographie — 41° NM. Br. 





5. Klaproth Asia Polygloten hep 292. 
°) Asia ——— p- 202. 


x 


Amur, mittler Lauf, 437 | 


(nad neueſter Angabe 49° 47° R:Br.), und 123° 8 40" OR. 
v. Naris (oder nach neueſter Angabe 10° 27° DL, v. Peking, 
d. i. 124 DR v. Par) Dann erhält dee Songari ? 
Buffiffe bis zur Stadt Ta feng Ula, und Ibis zur Holz⸗ 
Paliffade Pajan Oworo (Oforo bei D’Anville), Hierauf 
nimmt er ein Page Stüffe auf, Yon denen ber zweite, Stong, 
von der Paliffade Itong kommt, und oberhalb der Stadt Yırs 
tune in den Songari fält. Mit biefen 23 Zuflüffen dutch⸗ 
sicht ee das Land der Horde der inneren (dieffeitigen) Monge⸗ 
Im, Korlos (vergl, Afim Bd. U. S. 306 u. a. D.), wo ſich 
de Nun vom N.W. mit ihm vereint, deren beiberlei Zuſam⸗ 
menfluß nun Kuen tong heißt, ein Name, ben wir zum erſten 
mals aus der Mrichegeogsaphie der Edition 1818 kennen lernen. - 
Schon von Kirin an beginnt biefer Strom ſchiff bar zu wer⸗ 
den, und man baute daſelbſt vor 150 Jahren, als Pater Vers 
biefk (ins Sabre 16829) den Kaffee Kanghi dahin begleitete, 
fehe viele Flußbarken auf eine ganz eigene Art, bie aber nicht: - 
naͤher angegeben wird. Seitdem ift uns kein Datum von einem 
Augenzeugen oder Beobachter daſelbſt bekannt. Man hatte im 
diefee Stadt ſehr viele diefer Barken in Bereitfchaft, bemerkt bee 
Dater,. um bie Ueberfäle dee Moscoviten zuruͤckzuſchlagen 
(voor dem Nertſchinsken Tractat), welche die Anwohner hier 
haufig. bei ihren Perienfifchereien beuntuhigten. Der Kais 
fer Kanghi, welcher das Schneegebirge des Tſchang pe ſchan bes 
gruͤßt hatte, fchiffte fich bier mit feinem Gefolge auf mehr als 
100. Barken den Sungari 32 Milles abwärts, ein, bis Ula 
(wol Ta fengirla? d.h. die Stadt der Dpfer), die ſchoͤnſte 
Stadt des Landes, welche früher die Refidenz bed Reiche der Tar⸗ 
toren (ob Mandſchu?) geweſen ſey. Er wollte hier ein großes 
Fiſcherfeſt feiern; aber der Strom ſchwoll plöglich fo gewaltig. 
an, daß bie Netze zerriſſen und die Barken beſchaͤdigt wurden, ſo, 
daß ee nach einem Aufenthalt von 5 bis 6 Tagen in Ula, ohne 
feinen Zweck erreicht zu haben, nach dem Süben,. nach Leao 
tong, zuruͤckkehren mußte, 

Der Songari legt, von ſeiner Quello bis zum Verein mie 
dem Non⸗Nun, oder Nonni Ula, nur 65 geogr. Meilen 
zuruͤck; der Mon, aber, hat von feiner Quelle auf dem Berge 
Ilehort, im NW. von Merghen, bis zum Bufammenfluß 





) Pater Verbiest Voy. I. 1682, bei Du Halde I; e; T. IV. p. 82. 


+ 





438 Oſt.Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 78. 


mit ihm, 110 geogr. Meilen zu durchlaufen. Er kommt vom 
Norden gegen den Süden herab, hat 11 namhafte Zufluͤſſe bis 
er die Stade Merghen, oder Mergan, erreicht; von da bis 
Tfitficar, weiches die Reſidenz des General en Chef bes 
Departements He long klang, ober Amur, iſt (der Name 
Naun Eoten, f. Aſien Bd. I. ©. 115 wird in ber neueſten 
Meichegeographie gar nicht mehr erwähnt), fallen ihm A namhafte 
Sluͤſſe zu, und unterhalb noch ein paar, unter denen auch ber 
Das, oder Yar, (Jal, ſ. ebend. &. 114) iſt. 

Beide vereinte Fluͤſſe, wenden fi, nun, mit dem neuen 
Mamen Kuen tong, (früher Schingal) plöglich gegen Dfk, 
oder RD. in die Nocmal: Direction des untern Amur⸗ 
laufes; daher man auch wol, in diefer Hinficht, den Sübs 
arm, mit den Chinefen, als den wahren Hauptſtrom anſe⸗ 
ben könnte, wie «8 z. B. auch der Sprachgebrau bei bee Dos 
nay eingeführt bat, wo der wafferreihere In fi, ale der füds 
wärts von der Normaldicection ablentenbe Arm, zu ihe ver: 
hält, wie der. Helong Kiang zum Kuen tong, und nur als ber 
füblihe Zuftuß zum Hauptthal bee Bairiſchen und Schwaͤbi⸗ 
fhen Donau betrachtet wird. 

Dieſer Kuen tong bat bie zum Einfluß bes Chorka 
(Hurba bei D’Amville) 50, und von be, bi6 zum Verein mit 
dem Amur, wieder 50, alfo im Ganzen 100 geogr. Meilen zu 
durchlaufen. Der Südarm In feiner längften Stromlinie vom 
Mon Quell beträgt, alfo, 210 .geogr. Meilen, vom Songatri 
Quell an nur 165 geoge. Meilen; er iſt alfo offenbar um 200 
geogr. Meilen, ober um bie Hälfte kürzer ald dee Norbarm, 
baflıc aber, wie es fcheint, fruühzeitiger, fhon von Kirin an, 
fhiffbar. | 

Bon der Oftwendung an fließt der Kuen tong, an ben 
Staͤdten Lalin, Altfhuta (Nouchu Cajan nad Ruffifcher 
Karte, bei Grimm) und San feng, oder Stan hala (db. 5. 
im Mandſchu die 3 Geſchlechter 10) vorüber, bis wohin 6 Zuflüffe 
namhaft gemacht werden. Unterhalb bee Stadt San [eng 
(wahrſcheinlich eine der neueren Anfieblungen, denn: fie fehlt wie 
manche andere auf den früheren Iefuiten Karten), ergießt ſich, 
vom Suͤden her, von ber Kette des Küftengebirges, ber große Zus 
fluß Chorta (Houcha bei D’Anrille), mit BO nampaft gemachs 


10) Da Haldo Desor. 1. e, T. IV. p 16, 


Amur, unterer Lauf. 48 


ten Bufläfien an Ning guta (f. Afien Bd. I. &.94, das aber 
nicht die dort nah Du Halbe Irrig angegebene etymologifche Be⸗ 
deutung haben kann, da ningun im Mandſchu und Mongol 6, 
wicht 7 bedeutet) vorüber, zum Auentong. Dann fallen noch 
6 namhaft gemachte Fluͤſſe ihm zu, bis zur Stadt Cholun 
(ob Ouanlin Hotun b. D’Anville? wo die Jlanhala, ein Mand⸗ 
ſchu⸗Tribus, einen Diftrict bezeichnen), und wiederum 7, bie zur 
Berein mit dem Helong Ktang, wo ber untere Lauf. bes 
Amurfteomes beginnt. 


3. Dee untere Lauf bes Amurſtromes ift bis zur 
Mündung uns noch völlig unbekannt geblieben, feit der erſten 
Beſchiffung Pojarkows (1645, f. Afien Bd. I. ©. 614) bis 
auf die Gegenwart. Selbſt die Chinefifche Reichsgeographie weiß 
nichts als die Namen ber Zuflüfle aufzuzaͤhlen, welche zwar fchon 
auf dee Jefuitentarte vom Amurftrome, ber D’Anrville 
in feinem Aſien folgte, angegeben find, aber mit Benennuns 
gen und Lagen, deren Details in vielen Stuͤcken von den Anz 
gaben der neueften Edition (1818) der Reichögeographie abwei⸗ 
hen. Eine berichtigte Aufnahme dieſes Flußlaufes werden wol, 
erft künftige Jahrhunderte erleben, wenn nicht veränderte Politik, 
oder Dampffchiffahrt, wine frühere Bekanntwerdung befchleunis 
gen. So weit bie Jefuiten!!) bei ihrer Kartenaufnahme vordrans 
gen, fanden fie feine Ufer voll Höhen und mächtige Wälder, die 

oft viele Tage lange, undurchdringliche Dickichte darboten, und an 
den geeigneten Orten erſt umgehauen werben mußten, um nur 
Beobachtungen über die Sonnenhöhen mit den Inſtrumenten ans 
ſtellen zu können. Uns genügt es hier, nur.Iim Allgemeinen an: 
"zugeben, baß nach Kartenmeffung der zurüdgelegte Weg biefes 
Hauptſtromes bis zur Aufnahme ded rechten Zufluſſes, Ufuri, 
der von der Küftenkerte gegen Norden mit 3 Zuflüffen herab⸗ 
firömt, 25 geogr, Meilen beträgt, auf welchem nur. noch ein Zus 
fluß namhaft gemacht wird, dann aber, auf dee Strecke von 100 
geoge. Meilen Weges, bie zum Meere, immer in bemfelben 
Normallaufe gegen N.O., noch bie Namen von 37 Zuflüfs ' 
fen zu beiden Seiten angegeben werben, unter benen viele ſehr 
kleine Gewaͤſſer mitgetheilt feyn mögen. Die Mündung deö 
Amur fol eine Breite von 6 geogr. Meilen ”) haben, Nur eine 


‘ 23) Du Halde Descer, T. IV. p. 8, 42 etc. 12) Deguignes Hist. 
Gen. I. p. 52. “ — 





\ ’ 


440 OR-Nfien. Waſſerſoſteme. I. Abfchn. $. 78. 


Stadt, ode Feſtung, Dſchidatega, wird in ihr genannt, am 
welcher, vom Süden ber, der Zuſſuß Son (Henkon ober Hing 
Son) vorüberfließt. Beträge daher der untere Lauf bet Sy⸗ 
ſtems 125 geage. Meilen, dee mittlere und obere aber bis 
zur Kerlon⸗Quelle 410 geoge. M.; fo wäre dig ganze Stroms 
entwidelung bed Amur eine Erfitedung von 635 geogr. M., 
welche ihn mit Recht in die Claſſe bee Rie ſen ſt roͤme ber Erde 
fiellt, die man wol mit dieſem Titel, als Auszeichnung vor ans 
bern, belegen dürfte, wenn fie „, des Umfanges von einem 
größten Kreife der Erde (von 5400 geogr. M.) durchlaufen. 
Der Amurſtrom belegt fich jedes Jahr, feines reißenden Laus 
- fe6 ungeachtet, bis zu feiner Mündung mit einer Cisdecke, 
ſchon deſſen erfte Beſchiffung durch die Nuffifchen Koſaken wurde 
dadurch vielfach gehemmt und unterbrochen. 

Wir fügen die ſtatiſtiſchen, nicht unintereſſanten, allerneueſten 
Daten der Chineſiſchen Reichsgeographie (1818) über 
die beiden, bisher gaͤnzlich in dieſer Hinficht unbekannten De⸗ 
partements hinzu, weiche auf der Chineſiſchen Seite des 
Stromgebietes des Amur liegen, in derſelben Art, wie fie im 
Chineſiſchen Original mitgetheilt ſind, da uns keine naͤhern Er⸗ 
kaͤuterungen dazu zu Gebote ſtehen. ee l 


. L Das Departement HelongKiang (d. I. des 
Amur)®P). 


Grenzen gegen ©., an das Departement Kirinz gegen 
W. an das Gebiet der Kalkha Fürften (f. Afien Bd. IL &. 396); 
gegen S.W. an die Banner der innen Mongolen, Udſchu⸗ 
mutfhin, dee Kortfhin und der Dſchalat; gegen N. an 
Rußland. Diefe Iegtern Grenzen auf den Chinefifchen Karten, 
im Tay Zfing hoeitien, Buch 91. Bl. 21 — 25, find mit fchleflies 
genden Kreuzen angegeben, bie Ausdehnung des Departements 
aber ganz ſchlau viel zu weit gegen ben Norden ausgedehnt, 
zwiſchen 46 bis 62° N. Br. 

Der General en Chef des Departements sefibiet in Tſi⸗ 
tficas (Bigicar), das 81 geoge. Meilen (1072 Li) im N. von 
Kirin und 253 geoge Meilen (3377 &i) von Peking entfernt 
Uegt. Unter ihm fichen 6 Städte: 1) Tfitficae (wahr 
ſcheinlich ifE darunter Raum Koten, f. Aflen Bd. J. S. 116, 


’») Tay Teing hoci tien V. XI. 6, Edit. 1818. Peking. 





Amurgebiet, Chineſiſche Statiſtik. 44 


mitbegriffen); 2) Merghen; 8) Helong Kiang, In weichen 
beiden Städten zwei Divifionss®eneräle unter bem Ges 
neral en Chef fliehen; 4) Cholun Buirz; 5) Budecha, im 
welchen nur 2 General:Majors refidiren. 6) Cholan, wo nu 
ein Lieutnant feinen Sig hat, der Mündung des Tonken ge 
genüber, unterhalb Altf chuka (es fehlt dieſe Stadt auf dem 
Karten, wenn es nicht Tchulge b. D’Anville ſeyn fol). Die 
Truppen zur Grenzbewachung biefed Departements find 
faſt ausſchließlich Mandſchu, oder doch Solbaten, bie zu bem 
Neun Bannern gehören, darunter nur wenig Chinefen find; 
denn jene befigen das größte Vertrauen der Herzfcher. Ihre Zahl 
beträgt (1818) im Ganzen 4494 Soldaten, bavon 3312 Mann. 
Leiche berittene Gavallerie. Diefe find fo vertheile: 5 
1) in der Stade Budecha (ober Budechai?) und unter dem 
Solon liegen eu re m. -98 Mann, 
2) unter den Dachar . 6860 —* 
3) unter den Oruntſchun . 166 — 
4) unter den Nomaden um Cholun Buie im 
alten Bargu und im innen Bargu. 1176. — 
5) gegen bie Eluth (Dekoͤt h) als Grenzwache 138 — 
Summa 3312 Mann. . 
Außerdem find aber, in ben 3 oͤſtlichen Departements 
(d. h. oͤſtlich von Peking) in der eigentlichen Mandbfchuret, 
Schingking, in Kirin und HelongKiang, Überhaupt 24 Gar⸗ 
nifonen, mit 35,361 Mann, von benen im Departement 
HelongKiang!*) allein 6742 Mann fiehen. Dazu gehört auch 
bie Mannſchaft an Matrofen für bie Flottillen auf dem Strom⸗ 
ſpſteme. Sie find aus allen Waffengattungen folgendermaßen 
vertheilt. s 
1) in Zfitficar an Garniſon 204 Mann, 
en Matrofen . 683 
2) in Merghen an Sarnifon 1087 
an Matrofen . 44 
3) in YılongKiang an Garnifon . 1667 
an Mawfn  . 477 
4) in Cholan an. Sarnifon ; '500 
an Matrofen ; 40 
6742 Mann, 


1171111 





14) Ebend. Bd. 69. BL 6. 





442 Oſt⸗Aſien. Befefeme I. Abſchn. 5. 78. 


— 6742 Dann, 
Daya de sel ie nz "20 — 
Säratlihe Truppenzahl . . . . 11236 Mann, 
wovon aber die Mannſchaft ber Matrofen 1099 zum 
Dienft der Amur: Slottillen abgeht, fo daß an 
Landtruppen in Summa . = 10142 Mann 
Verwendet werben. ' 

- Unter der Rubrik angebautes Land führt bie Reichsgeo⸗ 
geaphie 165) an, Daß die Population blos aus Nomaden und 
Jaͤgern beftche; daher mag es kommen, daß kein Privat: Ader 
angegeben wird, obwol dieſes bei den vielen, feften Anſtedlungen 
und der früheren Agricuftur (f. Aſien Bb. I. ©. 116, 614 u. a.) 
immer auffallen muß, und vielleicht andere Gründe diefer Nichts 
aufzählung zum Grunde liegen. Fuͤr den Unterhalt der Chine⸗ 
Jiſchen, bewaffneten Miliz, heißt es bafeldfl, werben 81,600 
Adler Landes angebaut. 

Wirklich ſcheint, nach den mitgetheilten Liften, Bein e:ander: 
weitige, regelmäßige Mandſchubevoͤlkerung, keine Chis 
neſiſche Colonifationen fid in diefem Departement nieder: 
geläffen zu haben. In den Chinefifhen Zaͤhlungsliſten (f. 
Afien Bd. II. &. 402) vom Jahre 1811, find wenigftens keine 
aufgeführt; fondern nur folgende Völker: 1) die Solon, 2) Das 
hor (d.i.Xagor, Dauuren), 3)Dreuntfhun und 4) Buis 
far, von denen jeder Erwachſene jährlih einen Zobel als Tri⸗ 
bus zu erlegen hat. Im Sabre 1813 fammelte man in Summe 
4497 Bobel, woraus man auf eben fo viel Familien 26) zu 
vechnen hat, welche diefe Population ausmachen. An verfchiebe: 
nen Sté⸗uern wurden, in demfelben Sahre, 1813, in dee Stadt 
Tſitficar erhoben, an 1855 Unzen reines Silber, woraus 
man auf den Verkehr in diefer Nefidenz zuruͤckſchließen darf. Der 
wichtigſte Handel in allen — Staͤdten am Amurſtrome serift 
die Pelsmärkte 


I. : Das Departement Kirin. | 


Kirin, bie Refidenz des General en Chef, liegt 63 geogr. 
Meilen (845 2i) fern, im Oft. von Mukden (oder Schingfing), 
und 173 geoge. Meilen (2305 Li) fern von Peking Es be⸗ 





6) Tai Tsing hooi tien B. XL 114. 260) ebend. B. X. 2.u. I. 


Amurgebiet, Chineſiſche Statiſtil. 443 


greift 8 zugehörige Städte, und Horte, und 3 Ting (departes 
mental unmittelbar abhängige Plaͤtze), d. h. die vom Generals 
Sommandanten unmittelbar abhängig find. Diefes Städte 
find: 1) Kirin, 2) Zafeng, 3) Petune, 4) Lalin, 5) Als 
tf&hufa (Altchoukou b. D’Anrille), 6) Sanfeng oder Jlan⸗ 
chula, T)Ningguta, 8) Chontfhun im S.O. — Die 
Tirin find: 1) Kirin„?2) Pelune (ob neben jenen Städten 
liegend ?) und 3) Tſchangtſchun Cd. h. ewiger Frühling), 

Segen Leaotong, ald Grenzfiherung gegen Räuber und 
andere Uebel, bat diefes Departement feine Paliſſaden, oder. 
feine Holzverſchanzungen, durch welche, Im N.W. der Stadt 
Kirin, zwei Paffagen hindurch führen. Der Pag im Weſt 
heiße Jtong; er grenzt, weſtwaͤrts, an den Durchgang Charfu 
der Diſtrictsſtadt Kong tien fu des Departements Schingling. 
Der Paß im Oft heißt Bajan Oworo Dſchare, und flößt, 
oftwärts, an ben großen Berg (Ta Shan). An jedem biefes 
Grenzpäffe fihen OD Mann Wadhe!?). 

Die politifhen Grenzen dieſes Departements wer⸗ 
ben fo angegeben. Im S. W. bie Fong tien fu Diſtrict; im 
N. dis zu den Städten Cholan und Helong Kiang; ‚im W. bis 
zu den Kostfchin (f. Afien Bd. J. ©.116) und Gorlos. Im S. 
bis Korea, im N. und N.D. bis an dad Mer. Es reicht, dem 
Diftrict Tarakai mit eingefchloffen, nach der Angabe ber Chis 
nefifchen Reichsgeographie 18) von 122° 22 DR, v. Par. (8° 0’ 
D.8, v. Peling), bi 145° 22° D.E. v. Par. (31° 0 DO. v. Pas 
fing), und von 41° 23° bis 680 N. Br. Der Diſtrict Sanfeng 
veicht bie zur Mändung des Kuentong, oder Amurz er bat 
das Meer im Of, das fich ſeitwaͤrts nach Sub wenbet, die oͤſt⸗ 
liche Grenze des Diftrict® Ningguta befpült, dann bei ben Müns 
dungen ber Küftenflüfle Sinfen und Sumen eine weltliche 
Beugung macht. 

Verwaltung !%). Dee Gmeral en Chef dieſes Departes 
ments refidise zu Kirinz feine 4 Divifions= Generale Hegen in 
den Städten Ningguta, Petune, Altfhula und Sans 
feng. In ben 3 Städten Taſeng Ula, Chontfhun und 
Lahi, haben bie Commandanten nur den Rang von General⸗ 
Majors. 


27) Tai Taing hoei tien Bb. * J— 9. BT ebenbaf, 8. XI, 
Bu 6. ı®) Ebenda ſ. Bd. X 








444 Df:Aflen. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. & 78. 


Die Barnifonen find fo vertheilt: 
1) m Kirin . . 89774 Bann, 
: 2) bei dem Srenpafie ber Pauſſaden Itong - %0 

5 — — — — Amcdaſore 120 
4) Garniſon im Zafenguta u 700 


6) — — Ningutae . .-. : 00 — 
6) — — Chontfdyun - » ..:. 0 — 
7) — — Petune a : — 1000 — 
8) — — GBarfın . . .. 10 — 
9) — — AUÜtfdule . . . 460 — 
10) — — — . 40 — 


In Ei 10,0 Mann. 
Dazu no 303 Matroſen verwendet werben. 
Das angebaute Land der Privaten beträgt Hier: 
1,438,251 an 
das der bewaffneten Mitig . 64,000 
| Die Populationsliften von 1811 — 307,781 Yen 
fonen, ſowol Chinefen als Mandſchu. Zu biefen noch ans 
dere VöSlkerſchaften 2), zumat im Diſtriet Ganfeng: 
1) Kilerchadſchi, zu beiden Seiten bes Amurfluffee, zwviſchen 
der Mündung der Chorka und des Ufuri (ob Kileng? welche 
von den erften Ruffen Ghil ageki genannt wurden, zum Etamm 
der Ainos gehörig, f. Afien Bd. I. ©. 603), 2) die Wipaka 
(d. i. die Fiaka), jenfelt des Amur, zwiſchen den Kuͤſtenfluͤſſen 
Ogu und Tuchor u. a. 3) Lerkoje (Koje der. Karten), 4) 
Druntfhun (Orotchon b. Du Halbe), fo ſollen eigentlich 
die Anwohner ded Tſchikiri⸗Fluſſes beißen, von einer Lleinen 
Hirfhart, Dron?!), bie fie als Laftthier zu gähmen tweiffen und 
im Gebrauch haben; es iſt bekauntlich das Menthier, daher Oro⸗ 
tchon ſo viel als Renthiechalter 22), es find Tunguſen. 
5) Kiyakla (d. Diefe Fünf Völkerfhaften gefallen in 
56 Stämme, zu denen 2398 Familien gehören, deren jede einen 
Zobel jährlich als Tribut zahle. Da diefe Eintheilung nie nach 
dem Tribut gemacht iſt: fo gehören darum bie zuſammengeſtellten 
56 Staͤmme keineswegs zu einerlei Voͤlkerſchaft. 
Im Jahre 1814 hatte Kirin 33,025 Einwohner männlichen 
Geſchlechts, über 16 Jahr alt. 





20) Tai Teing hoei tien B.’XL 2. °!) Du Halde Deser. T. w. 
p. 44. * ) Asia Polyglottg l. c. p. 289. 


Amurgebiet, Chineſtſche Statiſtil. 448 


Die Steuern des gangen Departentents beachten tm Sabre 
1811 ein, als Grundfteuer 65,409 Leang ob. Ungen Silbers, 
als Kopfſteuer 6692 — 
in Abgabe an Reis 24,396 — 
an vermifchten Steuern 6118 — | 
In Summa alfo = 92,617 Leang od. Unzen Eilbert. 

Die Mündung des Amurſtromes liegt im N. der Ins 
fl Tarakai oder Tſchoka (Saghalien vom Strome genannt, 
Mord:Defo im Gegenfag der füdlichen befanntern Inſelh); doch 
bat fie noch kein Europäifchee Beobachter gefehen 2). Kruſen⸗ 
fern fand indeß auf der dortigen Küftenfahrt, ſchon 5 Meilen 
meerwärts von ihrem Geflade, das Meerwaſſer füß und vollkom⸗ 
men trinfbar 2%). Die Eübdflrömung des bertigen Küflenmeegs 
giebt der Mündung eine andere Direktion; meithin an der Nord⸗ 
weſtkuͤſte von Tarakai iſt fie ſchon merkbar. Ja der Muͤndungs⸗ 
ſtrom des ſuͤßen Waſſers wird ſchon merkbar, ſobald der Seefah⸗ 
ver das Gap Eliſabeth oder dad Nord⸗Cap der Tſchoka⸗Infel dou⸗ 
blirt hat. Hier iſt die Direktion der Stroͤmung gegen N.O. ganz 
dem Zuge des Amurſtromes zuzuſchreiben 35). Seine Waſſermaſſe 
muß alſo wol ſehr bedeutend ſeyn. 

Schon La Peyrouſe vermuthete, daß die Muͤndung 12 
bis 15 Lieues im Norden der Mantſchu⸗-Tatarenſtraße liegen 
muͤſſe; ja Fleurieu 26) hielt dafür, daß feine Ablege (atterris- 
sements) dieſe Meerenge gefuͤllt, unfahrbar gemacht und das dort 
ſtehende Küftenmeer zur Ruhe gebracht hätten. Von Kruſen⸗ 
ſtern fand hinreichende Gründe anzunehmen, daß ſogar dieſe 
vermeintliche Inſel Tſchoka durch eine jüngere Sandbank ſchon 
voͤllig mit dem feſten Lande des öftlichen Aſiens zuſammenhaͤnge. 
Dee Amur gehört alſo zu dem arbeitenden Stroͤmen. 

Es ift wahrfcheintich 27), daß das Flachland des untern Amur⸗ 
laufe® an zehn Zagereifen landeinwaͤrts reiches fo weit wenigſtens 
pflegen die Handel treibenden Ainos, von Tſchoka aus, den Strom 
aufwärts zu befahren, und fo weit kannten fie feinen Lauf fehr 
genau. Dies ift der einzige Zutritt den die eiferfüchtigen Une 
fen fremden Völkern zum Amurſyſteme —— 
ee 
) f, Alles Chinois tab. 36. 220) v. Kruſenſtern Reife. 4. Th. I. 

©. un 25) Ebend. Th. II. S. 261. **) Fleurien Obser- 


sur ia Divison u du globe etc. p. 30. 
ler La Peronse vor. T. IL p. 


—J 


— 








446 Of-Afen. Wofferfofteme. I. Abfchn. 


Anmerkung 1. Bewohner; bie Kileng unb 8 
(Kinos) und bie Wiyaka ober Fiafa. 

1. ZEribus Kileng **) Diefe Tribus bewohnt, im i 
des Amurftromes, vorzüglich deffen Norbufer, zumal das Zt 
größten Tinken Zuftromes Hinggon (Henkon Pira b, D’Ar 
zum Oſtmeere. Er nennt fi ſelbſt Kilengz bie Ruſſen 
Ghilacki (Giljaeki). Die Ehinefifhen Geographen ſchil 
ein. ſtarkes, robuftes, rohes Volk, bas von Jagd und Fil 
Männer und Weiber klelden fid) in Hirfchfelle, tragen aber i 
Kleiver von Fiſchhaͤuten. Ihr Tribut an den Kaifer beſteh 
fellen von ber erften Güte, Cie fpredyen eine befonbere Sp 
alten Ruffifchen Relationen fagen, daß die große vor ber M 
Amur liegende Infel Tarrakai (SaghalienUla b, DAr 
fall vom Volle Shilod ober Ghiloet bewohnt ſey, vo 
Nace wie die Kurilen ober Ainos. Gegen das Küfteng 
wärts bes Ufuri, fübwärts bes Amur, unb ber Snfel 3 
gegenüber, wohnt aud) eine Tribus deſſelben Volkes, werde 1 
Patres unter bem Namen ber Ketheng *?) Eennen lern 
Sprade nennen bie Mandſchu Kiatta. Sie ſcheeren ſich 
baar nicht, wie bie Mandſchu, fondern binden «8 in einen. 
fammen, und find ingeniöfer als ihre Nachbarn bie Yupi t 
beobachteten mit Sntereffe bie aſtronomiſchen Operationen i 
bei ber Kartenaufnahme, gaben auf alle Kragen über ihr 
und beftimmte Antworten, und von ihnen erfuhren die Sefuit 
fien male etwas von bem Dafenn jener Inſel Zarrakal. 
gebräuche ſahe man bei ihnen nicht. Als die Zefuiten Patre 
wahre Lehre mitzutheilen verfpracdyen, meinten fie, folder '& 
fie nicht werth, kämen fie aber doc, fo würde man fie ale & 
bem Himmel aufnehmen, Wirklich ift die Infel Tarrafai aud 
ferben Böllerftamme bewohnt, Zu ber Periode, ald Rufe 
untern Amur fid) aufbielten, zaͤhmten biefe Ghilaeki, wie 
eilen ober Ainos noch heute thun, Bären, und benußter 
Witfens Zeugniffe, felbft zum reiten. Eine Abbilbung bief 
gab Timkowski. Die Ninos find bie einzigen Fremblinge, 
Chinefen fandeinwärts der Mündung des Amurftromes, 
eine Kriegsflottille bewacht, Handel zu treiben erlauben. 

2. Die Wiyaka, oder Kiaka, find Anwohner bed 
an ber Mündung bes Amur aufivdrts bis zum Ufuri, und 
nachbarten Infeln. Jagd und Fifhfang machen Ihre N 
dem ungemein fiſchreichen Strom aus. Männer und Weiber 








2%) Timkowski Vor. en Cline ed a 
Tah. 7. Kxplicat. pı 25. De — 


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Amurgebiet, Bewohner: 447 


Bintee Kleider von Hundspelgen, im Sommer von Fiſchhaͤuten; daher 
ie Rame Yupi, oder Yupitatfe (tatfe, d. i. Zata, Tataren, 
und Yupi, d. i. Fiſchhaut im Chineſiſchen). Sie verftehen bie Kunft . 
die Fifhhäute zuzubereiten, mit 3 bis 4 verfchiebenen Karben zu färben, 
zu nähen u. ſ. w. Ihre Kleidung hat den Schnitt der Mandſchu Kleis 
bung, welche auch ber Ghinefifhe ift. Den ganzen Sommer fifchen fie, 
brennen einen Theil ihres Grtrages zu Del, den andern eſſen fies der 
dritte wird gebdrrt zu Winterfpeife. Denn während "die Ströme mit - 
Eid belegt find, Leben Menfchen und Thiere von Fiſchen Daher bat. 
das Fleifch der Thiere dort einen unertraͤglichen Geſchmack, ber es hen, 
Zefuiten Yatres, welche dort die Aufnahme der Landkarte beforgten, uns 
möglich machte, das dortige Schweinefleifcy oder anderes zu eſſen. Diefe, 
Yupi tatfe find roh, gutmüthig, Tchwerfällig im Umgange, aber tapfer 
in Gefechtenz bie Maͤnner geben mit dem Säbel bewaffnet. Ihr Tribut 
befteht in Zobelfellen. Auch fie haben eine eigene Sprache, in wie fern 
biefe von jener der Ketcheng ‚abweicht, ift uns unbelannt. Eine Abbils 
dung bat ebenbafelbft auch Timkowski mitgetheilt. Die Sefuitenmife 
fronare,, welche bie Karte bes Amurftromes aufnahmen, haben fie irrig 
wie jene unter bem Namen Fiattou oder Biatta *°) aufgeführtz fie 
vergleichen ihr Land mit Canada, fie felbft mit Irokeſen, und geftehen ih⸗ 
nen eine große Geſchicklichkeit zu, die Fiſche mit Spießen zu ftechen und 
in Regen zu fangen. Der König der Fiſche ift bei ihnen ber Stoͤr, 
der in unfäglicher Menge bort verbreitet if. Ihre Boote find aus. 
Baumrinde fehr Lünftlich gufammengenähet. | 

Bon den alten, zum großen, weitverbreiteten Zungufenftamme 
gehörigen Bewohnern bed Amurlandes, den Dauren, ift fchon oben 
( . Aſien Sb. 1. ©. 89, 116, 602, 610, 613, 616, 620) die Rebe gewes 
fen, fo wie von den Mandſchu, dem jumgen Herrfcherftamme (Afien 
Bd. II. S. 403— 406) in diefen Gebieten. In neuern Zeiten find bie 
Ufer des Amur dee Zufluchtsort 21) der unzufriedenen, rebellifchen, 
Eibirifhen Völker, zumal ber Zungufen, Baluten (deren im 3. 1787 
an 6000 dahin emigrirten) und anderer geworben, bie ſich dort mit den 
eben dahin von Peking aus ins Exil verwiefenen Verbrechern 22) unter: 
dem Scepter der Mandfchus Dynaftie, zu einem neuen Miſchlingsvolke 
bilden, welches ſchon gegenwärtig eine mächtige Vormauer gegen min 
lands Grenzreich bilden foll. 

Auch von ber Mündung bed Amur, aufwärts, war bisher wenig. 
Yoffnung, zu einer größern Kenntniß des Binnenlandes zu, gelangen. 

Die Shinefifche Politik verbot fogar ben SefuitensMiffionaren, 





7 Du Halde Descr. I. & Vol. IV. p. 12 —14.p. 43... 
) Sauer Account of an Ex edition ae p. 36. om 
REEL Br AH 








— 


448 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 78. 


ſich feiner Mändıng am Seegeſtade zu nähern. Die Holländer ®*), 
weiche ſeit mehr als’ einem Sahrhundert unausgefegt bie Jareriſcha 
Meere beſchifften, haben ihre geographiſchen und nautiſchen Entdeckungen 
immer geheim gehalten; den Japanern iſt durch ihre Landesgeſetze ſo⸗ 
gar die Schiffahrt zu dieſen noͤrdlichen Kuͤſtenmeeren ganz unterſagt, obwol 
fie neuerlich doch auch ſehr weit im Norden Anſiedlungen verfucht haben. 
Hierzu kommt noch, daß die Stromſchiffahrt auf dem Amur wegen der 
großen, dort herrſchenden Kälte, ſicher nur während einer kurzen Zeit 
im Jahre ftatt‘ finden kann, und daß bas Binnenland fehr bünn bevoͤl⸗ 
tert if. Als Kaiſer Kang⸗hi °*) im Zahre 1689 feine Leute an bie 
Dränbung bed Amurs ausſchickte, brachten fie bie Nachricht mit, das 
Land fey dort ganz oͤde und das Küftenmeer nod im Monat Juli mit 
Cs belegt gewefen. 


PORT ERETIEEE 2. 

Die problematifche Mündung des Amurftromed und das Bor 
‚land der Ainod. Tarakai; Karafuto (Karafta) der Japa⸗ 
ner, Saghalin (Sachalin) der Zefuiten- Karten und der Ruf 
fen;. Infel Tſchoka (Tchoka) des La Peyrouſe. 

Noch iſt die Mündung des Amurſtromes auf unſern 
Landkarten nur nach Wahrfcheinlichkeiten, und nach ben ungefähs 
en Angaben der Sefuiten= Karten des Chinefifchen Atlaffes eins 
getragen; denn weder La Peyrouſe noh Brougbton, weiche 
beide vom Süben ber kamen, noch v. Kruſenſtern, der vom 
Norden dicht zus Mandfchu:Küfte heranfegelte, war «8 gelungen, 
die Mündung bes Amurſtromes felbft zu erbliden, wenn dieſer 
legtere auch fein füßes Flußwaſſer fchon ans dem falzigen Waſſer 
feines vorliegenden Küften: Limans fchöpfen konnte. Es 
blieb, nach v. Kruſenſtern s Bemerkung, immer noch unmits 
telbar vor dem Erguß des Amurſtromes eine Strecke von 80 bid 
100 Seemeilen unerforfchet?). Die früherhin ganz unrichtige 
Kartenzeichnung der Lage dee Amurmündung ift zwar burd 
die Bemuͤhungen jener großen Seecapitaine in engere Gren⸗ 
zen eingefchloffen, aber doch keineswegs mit Zuverläffigkeit bes 
ſtimmt. Das Refultat ihrer vereinten Entdeckungen 35) an dies 





33) Voyage de La Peyrouse antour du Monde, | Paris 1797. T. 1. 
. 102. +) Du Halde L c. IV.’ p. 203, U. 
enftern Reife um 2 Welt, in ben Jahren - 1803 His 1806 x. 
Berlin 1811. 16. SH. IL. &, 248. ca. ©. Bl. 


mut, Borland, Tumlai "448 


ſem Puncte der Erde war, baß bie bisher für eine Inſel ges 
haltene Landſtrecke, welhe Saghalin, richtiger Tarakai heiße, 
keine Inſel, ſondern eine große Halbinſel ſey, welche durch 
eine flache Erdzunge mit dem Continente zuſammenhaͤnge, 
daß alſo der früher bei den Geographen genannte Canal der 
Tatarei, vor jener Küfte Tunguſiens, Lein Canal, ſondern 
eine im Norden gefchloffene Meeresbucht fey, welche man richtis . 
ger Golf der Tatarei zu nennen habe Es ergab ſich fers 
ner, daß die füßen Waſſer des Amurſtromes fih nicht. in diefen, 
obwol ganz dicht vorliegenden, aber im Norden durch jene flache 
Erdzunge begrenzten, Golf, alfo gar nie fübmärts ergießen 
Eonnten, fondern nur allein nordmärts ablaufen müßten, 
und daher nur das Mordende ber Tarakai Halbinfel uns 
fitömen, die man vor La Peproufe, der fie erſt ald zwei⸗ 
erlei Jaſel n >), von dem Umfange Großbritanniens 
nachwies, nur für eine von unbetannter Form und 
Größe Hppothefirt hatte. Es folgte ferner, daß das Amur⸗ 
waſſer alfo nur gegen das Dchotzkiſche Meerbecken bin abs 
fliege. Aber alle dieſe Puncte bedürfen bei aller Wahrſchein⸗ 
lichleie doch immer noch fo fehr. einer Beſtaͤtigung, daß biähee 
noch Fein Kartenzeichner, feibft die Muffifche Karte Posnia⸗ 
kows, 1825, vom Generalſtabe es nicht gewagt hat, jene Inſel 
Sachalin, als wirkliche Halbinfel zu zeichnen, und dem 
Ziman oder ber weiten Amurmündung eine andere als die bies 
. berige, bei den Jeſuiten fupponirte Geflaltung zu geben. Nur 
John Purdys Chart of the World ift darin allen andern als 
Beifpiel vorangegangen. Die Schwierigkeit ber nähern Ermittes - 
lung diefee Verhältniffe wird ſich aus ber_Entdedungsgefchichte 
und Beſchreibung Tarakais ergeben, die wir hier, als Vor⸗ 
land des Eontinents, als ein Glied deſſelben, das auf der 
feltfamen Grenze ber völligen Inſulirung oder des Wie⸗ 
»deranwachſes als Halbinfel zum Erdtheile ſteht, ges 
nauer nachzuieifen haben. 

Aus des Rufen W. Pojarkow erfler und einziger Bes 
(Hiffung de6 Amur, abwärts, bis zur Mündung (f. Aſien 
Bd. I. ©, 614) ift es gewiß, daß deffen fchiffbarer Canal nord⸗ 
waͤrts zum Ochoglifchen Meere führt; von einer möglichen 
Sqiffahrt gegen Süden. war damals nicht bie Rede. 


#’) La Peyrouse Vor. Le T. HL p. 111» - 
Kitter Erdkunde IV. Sr 








250 Dfl-Aflen.. Waſſerſyſtenie. I. Abſchn. 


Don bem Verein des Schingal(Ruentong) ı 
fagt Pojartoms Meifeberiche =), fchiffte er im 6 
Einmündung bes Ufurt; nad 4 Tagen unterhalb bef 
er noch Dutſcheri (f. oben ©. 442), Dann erſt folge 
Volk, die Matki, und enblih kam er zu den Gilae! 
die unterfte Gegend bes Fluffes inne hatten, Beide 
fhaften befaßen bamals bie Lunbfireden 14 Tager 
beide waren nod keiner fremden Macht unterworfi 
Die Bilaelen (b. i. die continentalen Ainos) 
auch Heren ber großen Schantar (dd. Infel) an 
muͤndung; fie waren elm Fiſchervoll. Diefe große € 
biete der Atademiket Fiſcher in feine Sibirifdyen G— 
die von den Mandſchuren fogenannte Sadhalim a 
(die Heutige Gruppe dee Schantar-Infeln ber 9 
diel welter im Norden, unter 55° M. Br. ofimärte 
Die Mündung bed Amurſtromes hatte bet Abenten 
weicht, aber die Hälfte feiner Mannfchaft war dabei 
men, ber Winter war bereingebrocdhen , ee mußte ibn 
Gilacki zubringen. Mit dem Fruͤhjahr 1645 ſchiffte P 
bereichert durch 12 Sorof Zobel, und 16 Zobelpelze, 
Gitneki als Tribut abgenommen, über das Yungu 
zurüd, und kam, nady 12 Wochen Zeit, zue Mündung 
Fluſſes, wo er zum zweiten male überwintern mußte, 
dritten Jahre nah Ja kutok zurüudkehren fonnte, M 
und von ber Amurmuͤndung in dieſem Berichte nicht 

As bie FefuitensParres, zu Anfang bes X 
hunderts, mit der Kartemaufnahme des Amurftromes 
waren, erfuhren fie, zum erſt en male*), von ben ( 
ober Ainos, bed Continentes, das Dafein einer großen 
münbung vorliegenden Infel, welche von einem ihr 
ffimme bewohnt ſey. Der wißbegierige Kalſer Kan 
fpäterhin eine Erpebition von Mandfhu, auf Ba 
Erforfhung dahin aus. Diefe Botſchafter erreichten fi 
fuchten mehrere Dorfſchaften ber Morbfpige der Snfel, 1 
ihren Bewohnern etwas Handel, brachten aber, was bod 
ber Sendung war, weder Meffungen, Namen, noch f 








a.) Bilder Sibir. Geſchichte Th. IE. &. 787789 
2») 9, Krufenftern Reife a, a, D. IL S. 951. 
#°) Du Halde Deser. de la Chine I. « T. IV,  H— 


en © oogle 


4 


- mr, Tarafai, Weſtkuͤſe. 4651 


rihten davon zur Kartenberiheigung surkdl, den Namen dee In⸗ 
ſel erfuhten fie nicht einmal, in jeder Anſſeblung, fagte man, fep' 
diefer ein anderer. Daher fügten die Jeſuiten Pater ihrer Karte 
die Erklärung zur Amutmuͤndung bei: Saghalien anga hata,: 
das heiße: „Klippe in der Mündung des ſchwarzen 
Stromes.” Spätere Geographen und Kartengeichner machten‘ 
daraus den falfchen Infelnamen Saghalien, Sahalin, den 
auch die Ruſſen beibehatten haben, defien fih auch v. Krufene 
fern bedient, ein Sertbum, den Klaproth mehrmals wiberlegt 
hat *), weil hata, oder Chada, nicht einmal eine Inſel im’ 
Mandſchu bezeichnen kann, fondern nur eine Klippe, und je 
wer Zufag der D’Ansillefhen Karten, vor ein paar Klippen in 
der Mündung des Amurſtromes, auf das ganze, große Borland 
Übertragen worden ift, welches niemals biefen Namen gefuͤhet hat. 

Pater Gerbitton *:) erfuhr, auf feinen Reifen, vom Gou⸗ 
verneur zu Ninguta, oſt waͤrts des Uſurl-Fluſſes, bis zum“ 
Meere, nur unbewohnte Wildniß voll Waldung ſey, vor der 
Muͤndung des Amur, die nicht uͤber Z Stunden Breite habe, je⸗ 
doc eine große Menge von Inſeln (2) liege, von denen Barken 
zu den Anwohnern des unteren Amurſtromes herüber kaͤmen. Der 
Strom fey aber tief, und für große Schiffe don der Mündung, 
bis Nertfchinet fahrbar, wenn ihn nicht Eis bedecke. J 

Weiter war die Kenntniß dieſer Etdgegend nicht vorgeruͤckt, 
als La ———— im J. 4787, die Küfte Tungufiene (f. Aften 
Bd 1. ©. 88) zum erſten male befchiffte, und die Entbedung 
des Sorfe der Tatarei machte, ie aus Beſcheidenheit ſich 
damit zu druͤſten. 


4. Entdeckung ber Weſt⸗Kuͤſte von Zaralal web 
dem Tatariſchen Golf durch La Deyconfe Ben 2 
und Broughton 1797... 


La Peyrouſe'durchſchnitt von der Rontufte Japans — 
Juni bei Jotſi ſima) die Japaniſche Ste; nordwaͤrts⸗ er 
errrichte die Oſtkuͤſte der Tatarei ſchon nach 10 Tagen, unter . 
4 4 N. Br., und ſchiffte fie nun groͤßtentheils entlang, bie 
über den 51° N. Vr. hinauf, immer fle beobachtend, f viel 





*!) Asia Polyglotta p. 301; Rinsifee San Kokf Taon ete. ou 
gen, des Trois Royaumes trad .p — du Japonais—Chineis. 
Paris 1832: Nut. p. 187 — 188. *2) Du Halde Deser. ‚de la 
Chine T. IV. p. 44. 
52 








452 Dft-Aflen. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 


die fat dauernden Mebrl der ganzen Sommerzeit bie ı 
fange Auguft es erlaubten. Unter. 45° 49 M. Br. lud 
bemerfbare Bai,ımelhe er die Bay Ternay %) nar 
Landung ein. Bis dahin fahe man aus der Ferne bat 
mit ben fhönften Waldungen bebedt, aber kein SH 
Pirogue begegnete; bie Nähe von Japans und China 
batte nielleicht von biefer fruchtbar fcheinenden Küfte jeb 
ſation dee Fremden abgehalten. Auch in ber Bai fahe ı 
Hirſche und Bären friedlih am Geftade ſich aͤßen, keir 
nur Zeihen von menſchlichen Streifzuͤgen, abgehauene 
Flechtwerk, ober «im Kifchergeräth, wahrſcheinlich von Fife 
Sägern, die zumeilen dieſe Küfte befuchen. Beim Lan 
23ften Juni, fanden ſich reizende Wiefen mit 3 bie 45: 
Srafe; das Wild war in die einfamen Wälder verfcheud) 
beigemwädhfe, Sellerie, Sauerampfer, Rofe 
Lilien wachfen in ber Ebene, bie Blumen erinnerten an 
Ihe Kormen. An bem Ufer der Bäche ftanden Weibe 
ken, Ahorn, ein paar Nußbaͤume und Apfelbiun 
Bluͤthenknoepen. Erſt tiefer landein zeigten fih auf I 
zwergartige Eichen, höher auf waren die Hügel und 2 
ſchoͤnem Nadelwald befrängt, nur wenig Vögel beme 
An einem Bach im Grafe entdedite man zwei Leichen, I 
felle gehüllt, mit feibenen Muͤtzen, am Gürtel mit Ch 
Münzen und Eleinen Ornamenten, die auf ein Manbfe 
fchließen Tiefen. Den Berftorbenen hatte man Hausge 
ein. eiſernes Beil, Kamm, Holztöffel und anderes m 
Grube gelegt. Cine verwitterte Pirogue zeigte, daß es 
ſchiffende Hanbelsleute waren, bie hier ihe Grab gefunb 
Sciefergebirge, Quarz, Jaspis, violettem 4— 
beitand das benachbarte Geftein. Das Hüftenmeer ga 
den Fifhfang, Kabeljau, Deringe, die Baͤche F 
und Salme, Yufteen mit der ſchoͤnſten Perlmutter ı 
an bie Sage ber Fefuiten, daß an bdiefen Küften Perlen 
feyn follten; aber die Menfchen fehlten, bie zu — 
in großen Schaaren unentbehrlich find, 

Die zweite Landung auf bem unbefannten G 
Eontinents geſchah unter a7 51 N.Br., 137° 5 DA 


) La Peyronss Voyage autour du Monde. Paris 1797. 
p- 11, 13, 15. * 


eoGoogle 


Tarakai, Weftküfte nach La Peyrouſe. :453 


in dee Sufften Bay **), bis dahin fenkte ſich die Kuͤſte etwas 
von ihrer bisherigen Höhe, die diden, alles zudeckenden Nebel hiel⸗ 
ten leider anz die vorher in gleichen Entfernungen von der 
Küfte ungemein großen Meerektiefen verringerten fi bike 
in dem Uferabftande von 10 Lieues (73 geogr. Meil.) von 57, 
auf 40 und 30 Braffes. Das Meer war voll Auſterbaͤnke mit 
anhängenden zweifhaaligen Muſcheln, voll großer Trompe⸗ 
tenfhneden (Buccins), Serfterne, Seeigel, Holothu: 
rien und einer Beinen, hübfhen Coralle. Dir Kabeljaufang 


gab taͤgliche Nahrung. Hier verengerte ſich fchon die Breite des 


Meeres fo bedeutend, dag man bald, unter 48° IHM. Br., gegen 
OR, die hoch auffleigende Kuͤſte bee Anfel Tarakai erblidte, zu 
des audy La Peyrauſe oſtwaͤtts überfchiffte, ums diefe neue Ent: 
dedung ihres Weſtgeſtades genauer zu ungerfuchen. Hier fchen, 
(dien «6, daß man die beiden Uferfeiten eines großen, tief 
gegen Morben ziehenden Golfes befchiffte, flatt eines gegen ben 
Morden ducchfegenden Meer: Canale. Doc, fürchtete La Pey- 
rouſe nody immer, duch die heftigen Suͤdwinde, welche hier die 
Sommermonate bindurdh anhaltend und herrſchend wehten, 
duch die vermeinttlihe Meerenge gegen ben Norden, 
wider feinen Willen in das Ochotzkiſche Meer getrieben zu wers 
ben, ohne, role es doch fein Plan war, gegen den Süden zuruͤck⸗ 
kehren zu Eönnen B)J. 
- Ka Peproufe hielt diefe ihm zur rechten Hand liegende 
Küfte fürndas Saghalien der Jeſuiten, ob Inſel ode 
Halbinſel wie Kamtfchatla ſchien ihm noch zweifelhaftz er 
nannte fie fpäter Tſcho ka (Tchoka), nad der Benennung der 
Eingebormen. Ex fchiffte quer über zu ihrem Ufer, das aus deu 
Ferne duͤrrer und nadter als die Küfte des Continents erſchien, 
und auch noch häufige Schneefleden in ben Schluchten zeigte: 
Ein heher vulcanartig geſtalteter Pic, auf derſelben, den ee Pic 
Lamanon nannte, 309 Ihn an. Der Nebel hinderte die freien 
Blicke, die Küfte entlang, die von S. nah N. hinzieht. Ans 
12ten Zuti, Abends, landete er auf ihe, unter 47° :49 R.Be, 
140° 29 DL. v. Paria. Die Bai erhielt mach. bem Aſtronomen 
ven Namen DeLangle Bat), Hier fond man endlich Hüts 
ten, und Die noch ae Staͤtte ki wupe Population; bad 
tn 

) La — Voy. l. e Tr HI. "PB u 22*5) ibenb. p. B. 
Nebend. p. 38 — 44, de | 





454 DB Afien. Wafferfufteme 1. Abſcha. 5.78. 


euderte eine Pirogue mie 7 Eingebornen herbei, biefe fegten fich 
ohne chen zu den Matroſen. Gie trugen blaue Naukin Klei⸗ 
der, dem Schnitt nach Ehinefilh, Andere lange Roben mit Gürs 
teln und Knoͤpfen, ihren Kopf hatten einige mit Bändern von 
Baͤrenfel umwunden. Stimm und Geſicht war glatt geſchoren, 
ba Hinterhaar hing fa fußlang herab. Alle trugen Stiefeln 
von Eechundsfell auf Chinefifche Art gearbeitet, Pfelle, Piken, 
Bogen, ats Bewaffnung. Zwei Sreife mit langem, weißen Bart, 
— in Baumrindenzeug gekleidet, zeichneten ſich unter ihnen aus, 
Aller Benehmen war ernſt, würdig, wolwollend. Diefelden In⸗ 
fulaner Reiten fi) am folgenden Morgen wieder ein; ihr Dorf 
lag etwas nordwaͤrts. ihnen folgte eine zweite Piroyue, aus 
den Hütten, in denen Gapt. De Langle bei einer andern Kuͤ⸗ 
Henrecognition Geſchenke hinterlaffen hatte. E68 waren in allem 
21 Mann, keine Fremdlinge, ſondern Einheimifhe, Cingeborne der 
Juſel, die fie auf Befragen mie dem Namen Tſchoka (Tchoka) 
belegten. Es waren wistlich Kinos, obwolfa Peyrouſe felbft 
diefen Namen noch nicht kennen lernte. Sie waren arm, ihre 
Pfeifen, ihr Feuerſtahl, ihre Ohrringe glichen denen der beiden 
£eihen im Grabmal ber Ternay Bali. Sir wiefen gegen 
MWeften bin, woher ihnen diefe Sachen, der blaue Nankin u. a. 
zugekommen; alfo durch die Mandſchu⸗Haändler, die zumeis 
len von dort zu ihnen gelangen. Sie fprahen deren Namen, 
Mandfchu, eben fo wie die Franzoſen aus. Indeſſen waren 
die Matrofen, an ihrer Küfle, mit dem ergledigſten Fiſchfeng bes 
ſchaͤftigt; Tauſende der Löftlichfien Sal men marfen fie auf das 
Ufer, teiner der Ainos sährte fie an, bis fie dazu aufgefordert 
wurden, Bon Ihrer ganz fremden Sprache wurde ein Wörter: 
verzeichniß aufgeſchrieben; bei der eifrigften Befragung über die 
Seftattung ihrer Infel nahm einer von ihnen den Bleiſtift in 
die Hand, wie ein Chiseſe den Pinfel, um die Kaste feines Lan⸗ 
des zu zeichnen. Kin Breis zeichnete mit feiner Pike die Kuͤſte 
der Tartarei von N. nah S. ziehend, und gegenüber im Oft, 
‚eben fo, die Hüfte Feiner Inſel, und legte zu ihrer nähern 
Bezeichnung Tadel die Hand auf feine Bruſt. Er Heß zwifchen 
beiden eine Meerenge, fahe bie Schiffe der Fremdlinge an, und 
fhien duech einen Strich, den er zog, ihre Durchſchiffbar⸗ 
keit anzudeuten. Im Sübden feiner Infel zeichnete er eine 
zweite, mit. einen Durchfahrt gegen DO ft, ale Durchfahrt für 

as Schiff, es war die Infel Peſſo, und die ſpaͤter entdeckte 


Tarakal, Weſtkuͤſte nad La Peyroufe. 


Duerfirafe zwilhen Ike und Tſchoka, feitbem Detroit be 
La Peproufe genannt Voll Sagacitaͤt errieth er die forſchen⸗ 
deu Mienen dee Fremdlinge, unb bahnte ihnen buch Kartene 
jeihn ung den Weg der Entbedung, eben fo, wie auf Capt. 
Partrys zweiter Polarfahre, die Esktimo⸗Karte Emerats *) 
(1822), zur Entdedung ber Fury⸗ und Hecla⸗Straße führte 
Da der Wind bie Linien im Sande verwehte, ergriff ein Junger, 
etwa. dreißigjühriger Mann das Papier, umd zeichnete mit bem 
Crayon feine Infel, die ee Tſchoka nannte, au ber Bach am 
dem die Zuſammenkunft war, etwa in J der Küflenlänge von 
N. nah S., auch die Mandſchukuͤſte gegenüber, ließ, wie jener, 
eine. Deffnung, und fügte zum Erflaunen der Franzoͤſiſchen 
Schiffer den Saghalien Fluß (Amur) hinzu, den er eben 
fo wie f2 nannte: Er fegte deſſen Mündung etwas Tüdlich 
von der Morbdfpige bee Tfhola Inſel, und bezeichnete durch 
7 Stiche die Zahl der Tagefahrten,, die fie in ihren Piroguen 
dahin zu gelangen gebrauchten. Ihre Küftenfchifffahet bleibt im⸗ 
me im Abftand einer Schußweite vom Ufer, legt wol hoͤchſtens 
im Tage nur 9 Lieues directe Diſtanz Juri“ fo, daß ſich das 
Mordende des Golfs auf eine Ferne von etwa 63 Lieues bes 
rechnen ließ. Der erfahrne Aino deutete auf feine Nankin⸗Klei⸗ 
der, daß fie von jener Ftußmuͤndung kämen; und bezeichnete auch 
an viefem GStrome die Zahl ber Tagefahrten, aufwärts, duch 
Striche, bis zum Handelsplag, den es ficher aus eigner Ans 
ſchauung kannte; denn feine Landsleute nidten beftätigend, ihm 
volle Beiftimmung zu. Die Meerenge gab er breiter an, ale 
die Breite der Meerrenge, an ber biefe Demenftration vor ſich 
es die Tiefe ſchien ee etwa auf eine Braſſe zu begeichnen, 

was zur Duchfchiffung ihrer Piroguen hinreihen mochte. Sich 
genau zu en war durch bloße Zeichenſproche nicht 
möglich. 

Diefe Ainos waren hier von ſtarkem Körperbau, aber nicht 
groß; meift 5 Zuß, keiner über 5 Fuß 5 Zoll hoch; von guter 
Gifichtsbiidung, harten ſtark behanste Geſichter, ihre Nägel waren. 
lang gewachſen wie bei Chineſen; fie geüßten, faßen, fpeifeten wie 
Ehinefen, warm aber in Geſtalt und Wefen völlig von dieſen 
ihten continentalen nn Ghinefen und Mandſchu verſchie⸗ 


— 


»?)C, Parry Journal of a seoond. Yoy. for the De ef a 
North -West Passage ete. Lond. 4. 1824. p. 252. 


456 ODOfts Uften. Waſſerſuſteme. L. abſcha. $, 78. 


den. Sie ließen fich wol portraititen, wollten ſich aber, aus 
Furcht vor Magie, wicht mit dem Zollſtab meſſen laſſen. Dieß 
und das ſorgfaͤltige Verbergen ihrer Frauen war das Anige Zei⸗ 
hen ihres Mißtrauens gegen die Fremdlinge. 

Ihr ganzer Reichthum beſtand nur in Baͤrenfellen, trocknen 
Fiſchen und etwas Fiſchthran, den fie wol zum Austaufch gegen 
die Zeuge, Ringe von Elfenbein oder Knochen, und weniges Putz⸗ 
wert von Sitberbrath, und vorzüglich gegen bie Tobaköblätter 
Serbrauchen mögen, bie fie in Japaniſchen Pfeifen verrauchten 5 
ven Tobak erhielten fie, wie fie fagten, von den Mandfchus. 

Die Chinefen am Bord von fa Peyrouſes Schiff, verſtan⸗ 
deu kein Wort von ber Sprache ber Aino’s&; diefe aber verftans 
- den gang gut die Mandfhufprache, in welcher 2 Handels 
leute dieſes Volks, die fo eben 8 Tagereiſen weit, vom Amur⸗ 
firom, herbeilamen, ſich mit ihnen zu verflänbigen fuchten. Ihre 
Hätten, von Holz gejimmert, mit Schiif und Stroh gedeckt, 
hatten ſehr kleine Eingänge, und ſtanden einige hundert Schritt 
vom Meere zwiſchen duftenden Rofengebüfchen ; Aderland, Vieh⸗ 
zucht fehle gänzlichs. Viele Wurzelgewaͤchſe, zumal die gelbe Li: 
tie (Saranne, Likum Martagon? wie in SKamtfchatla; vergl. 
Afia Bd. I. ©. 1136, 1089, 1090 u. a.) geben ihnen getzodnete 
MWintervorräthe, nebft Lauch, Angelica u. a., vorzüglich aber 
der Sifhfang. Aus ben Faͤden ihrer Weidentinden weben fie 
mit einer Act Weberſchiff ihre. Zeuge. Auf alles wandten fie die 
gefpanntefte Aufmerkfamteit. 

Dieſe erſte von La Peyroufe wahrgenommme Epur dee 
infularen Bevölkerung in ber Nähe dee bis. dahin völlig mens 
fhenteer fcheinenden, faſt unzugänglichen Kuͤſtenſtrake des gegens 
überliegenden -‚Gontinentes, feste den Entdeder dieſer Weſtkuͤſte 
der Ainos nicht weniger in Verwunderung, ats bei einem fo vers 
faffenen, armen Voͤlkchen, das nur von Fifhfang und agb 
feine Eriftenz kuͤmmerlich friften konnte, fo viel Würde mit Sa⸗ 
gacität des Geiſtes und den fanfteften Sitten gepaart zu finden. 
= -Barbarifce Wildheit ift- alfo keinesweges nothwendig bie ur⸗ 
Tprüungliche Entwidelung bee menſchlichen Natur. 

„Erſt fpätere Entdeckungen zeigten alerdings, daß auch die 
Suͤdſpitze der Tſchoka⸗Infel bewohnt fep. 

Sieben Tage lang ſchiffte La Peproufe immer in Nebel 
singebüllt, von der De Langle Bai am Inſelgeſtade nord: 


Tarakai, Weſtkuͤſte nach La Peytouſe. 407 


waͤrts, bis er am 19. Juli in bee Bai b’Eftaing*): landete, 
unter 48° 59 N. Br. Auch dieſe war, nur ſparſam, wie bie 
ganze Küfte bewohnt; nur 6 bi6 7 Hütten der Eingebornen fahe 
man, und zufällig einige ihrer Weiber auf der Flucht vor dem: 
Fremdlingen. Man unterſchied jedoch bei ihnen kleine Augen, 
große Lippen, und daß die Oberlippe blau tatuirt war, ihr 
Haar hing lang herab. Hier fand man Piroguen der Mand⸗ 
ſchu, die vom Soghalien, etwa 24 Mann herabgefuͤhrt hatten, 
welche hier Handel trieben. Auch ſie gaben der Inſel den Na⸗ 
men Tſchoka, und ſagten, mit gutem Winde koͤnnten die 
Fremdlinge, ſegelnd, wol in 2 Tagen ihr Nordende erreichen, auf 
Piroguen brauche man 5 Tagefahrten, bis dahin. Neben den 
Hütten waren auf einigen 20 Pfählen eben fo viele Baͤrenkoͤpfe 
old Tropaͤen glüdlicher Jagden aufgeſteckt; bie Bai wimmelte 
von Salmen. 

Beim MWeiterfchiffen gegen Norden (50° N. Br.) verengte 
ſich das bisher befchiffte Meer, gleich einem Canal bis auf 12 
bis 13 Lieues, fo, daß man beide Ufer im Often und Weften ers 
dliden konnte, was jeboch der bichte Nebel, der hier die ganze 
Sommerzeit vorherrfchte, felten erlaubte. 

Des naͤchſte Hochgipfel der JInſel erhielt ben Namen Pie 
La Martiniere, vom, Botaniker der Erpeditionz er war gruͤn 
bis zur Epige, unten mit Bäumen bewachſen. Die Küftenbäche 
waren an iheen Mündungen fo geftopft voll Salmen, daß bie 
Matrofen fie mit Stöden erfchlagen konnten, und in Zeit einer 
Stunde 1200 Stud erlegten, im offnen Meere fing man Kas 
beljau (Morues) in Menge. Die Küfte war pflangenreich;z 
Sellerie, bie erfie Kreffe, feit den Manila Infeln, wurde 
bier gepflückt, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren 
waren noch in Blüthe (22. Zuli); wenig Eichen, mehr Weis 
ben, Ahorn, Birken, Azerols und Tannen. Die Küs 
Renfahrt wurde bis 60° 64° N.Br., immer in demſelben Meris 
dian®) der De Langle Bai (140° 2%) fortgefegtzs nach. den 
Ruffifgen Karten würde die Infel auf gleiche Weife noch bis 
64° fortfegen, und demnach wie La Peyroufe bemerkt, eine der 
längften Infeln der u von Süden nah Norden gedehnt 





140) Le beytoane Voy. l. c. T. Ill p. 4. 
.*?) La Peyrouse Voy. I. c. p. 5l. 


4538 Oſt-Aſien. Waſſerſyſteme. I. Ubſchn. 4 78. 


feyn (jwiſchen 45 · die 54° N. Br., alſo am 120 geogr. Mellen 
etwa ſo lang wie Italien). 

Die Beobachtung ließ bier den erfahrnen See⸗Capltaln 
ſchen fürkıen, die fogenannte Meeresſtraße, werde den⸗ 
noch für feine großen Seeſchiffe nicht paſſirbar ſeyn; je weiter 
gen Norden, deſto feichter wurde fie und nahm die Natur 
eines gefchloffenen Golfes an. Die Käfte der Infel, zur 
dechten, hatte die Berge verloren, war zu Niederland herab 
gefunfen, zeigte nur noch Flaͤche mit Dänen überzogen, bis 
Ganbbinten gtihen. Am 23. Juli Abende, 2 Lleues vom Ufer 
ab, gab die Eunde nur noch 24. Braffen Tiefe, am 24. Zull 
nur noch 18 Wroffenz mie jeder Lieue nahm Die Sertiefe 
um 3 Broffen ab, der Seeb oden erhob ſich auf gleiche Weiſe. 
Nach dieſer Progreffton konnte das Eude des geſchloſſenen 
Golfes nur noch 6 Lieues fern fern. Wirktih demerkte mar 
au keine Strömung im Merre, die Stagnation de 
Waſſer lieh darauf zurüudfchließen, dap Bein Canal im Now 
den zum Dchoglifchen Meere führe. 

Am 26. Juli, bei nur noch 9 Braffen Tiefe und anhalten 
den Südwinde, ber ſchon feit einem vollen Monat heftig 
wehte, feine Wurzel im Chinefifchen Meere hatte, und die Ruͤck⸗ 
kehr der Schiffe gegen Süden gänzlih zu hindern, babel 
aber dem Schiff bei feiner weitem Nordfahrt zu gefahrvoll zu 
werden drohte, beſchloß La Peyrouſe die Ruͤckkehr, und lief 
quer über den Golf in bie mächfte bequeme Bai ber Küfte des 
Sontinents ein, um fein Schiff, nach langwieriger Kreuzung im 
Tatariſchen Kuͤſtenmeere mit friſchem Waſſer und Holz zu vers 
fehen. Er chat wohl daran, ungeachtet die Recognition des Nord⸗ 
endes vom großen Golf unvollendet bileb3 denn fein Best, daß 
ee bei der Umkehr ausfeste, um noch weiten gegen Norden zu 
fegein, fand ſchon nach einer Stunde Fahrt nur noch 6 Braffen 
Seetiefe, und Echrte in ber Uederzeugung, daß an Beine Durch⸗ 
fahrt fie große Seeſchiffe zu denken fey, immer in Nebel gehüllt, 
aus jener gifahrvolien Situation zum Hauptſchifſe zuräd. 

Die neuentdeckte Bai ber Küfte des Continents iſt de 
nordlichſte dort befuchte Punct deffelben, und der Mündung 
bes Amurfisome am meiften vom Süden ber genaͤhert; fie er⸗ 
hielt den Namen Baie de Caſtrieso), Tiege unter 51° 29 





20, La Peyrouss Voy. 1. c, T. TIL, p. 56. 





Tarakai, Meſtkuͤſte nach La Peyrouſe. 459 


M.Br.,.139° 41 D.E; v. Par. Ihr im Shen, 200 Llexes ante 
feent, glaubte a Peyrouſe, damals noch, ſey die naͤchſte Quer⸗ 
fraße, die Sangar Straße, das einzige Thor, um aus ber 
geſchloſſenen Japamifd) s Rorsanifchen See in den freien Dream 
zuruͤckzukehren; er fand aber, nachher, ſchon in der Hälfte dieſer 
Diſtanz, ein näheres Thor, die La Peyroufe Straße zwi⸗ 
ſchen der Tſchoka und Deffo Inſel (Defo oder Petſo, bei 
Kiaprorh nah Japaniſcher Schreibart) auf, die er damals 
noch für zufammenpängend hielt. Die Cinnahme von Waſſer 
and Holz, die Berichtigung der Gerubsen, die Aufnahme bes 
Mai machte In der Caſtries Bal einen etwas längerm Aufs 
enthalt nochwendig Wie iſt die einzige wahre Bai, weiche an 
dieſem Geſtade gefchen ward, mis Geetitfe von 12 bie 16 Braffen 
allmaͤlich gegen ihre inneres anſteigend; dieſer ganze Sergrund 
iſt mie @& eetang (Fucıs) bewachlen, der dem Waſſer die ſchoͤnſte 
grüne Fatbe gab. Zur Seite der Bai eine große Wucht, in der 
ren Hintergrund ein Tatatiſches Dorf ſich zeigte. Nach Bere 
lauf von 2 Stunden, ale Ebbe das Waſſer zuruͤckzog, war biefe 
große Buche die gegen das Dorf bin zur grimen Fucus Wiefe 
Berworden, darin die Galmen emporfprangen, bie ein reißender 
Gebirgoſtrom hberbeiführte. An demfelben Tage wurden über 
2000 Stuͤck diefer koͤſtlichen Fiſche, im Angeſicht der Dosfbrwohs 
ner, erlegt, bie, der Unerſchoͤpflichkeit gewiß, dem Fange ruhig 
zu fahen. 

Die Naturforfcher dee La Peproufefchen Erpedition fanden 
Bei ihren Wanderungen um bie Bai faſt kautee Producte der 
Seuerbildung 8), dichte und poröſe, rothe Laven, 
graue Baſalte in Zafeln und Kugeln, und Trappgeſtein, 
das ihnen in jene Laden durch Schmelzung umgewandelt ſchien, 
den Crater konnten fie aber in jener kurzen Zeit nicht ermitteln, 
Die Erde ſchien in der Tiefe noch gefroren zu feyn (28. Zul), 
und vielleicht gar wihe anfıutbaum, Die Temperatur bes 
NQuellwaſſeré bei deſſen Cinlabung, wer nur 13 Grad über 
Dem Gefrierpunctt, die der Bäche nur 4° Waͤme, bei 16° Luft⸗ 
trmperatım. Diefe nur momentane Waͤrme entfaltet bie Weges 
tation, dringt aber nicht in die Tiefe. Die Vegetation war nice 
weiter entwidelt ats fie In Paris 2 Monate früher, Mitte. Met, 
zu ſeyn pflegt, Erdbeeren und Himbeeren bilühten ef, 


&t) La Peyiouss Voy. I. e, T. M. p. 75. 


& 


486 Dft-Afien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 78. 


Kebuannisbeeren fingen an fi; etwas zu röthen, &elferie 
und Kreffe waren fehr fparfam; bie übrigen Pflanzen fchienen 
von denen ber füdlicher gelegenen Baien bes Continents, Ter⸗ 
way und Suffren nicht verfchieben zu feyn. Nur Wurzeiges 
wächfe gaben den Einwohnern Nahrung, Anbau fehlte ganz. 
Db die Europäifhen Saͤmereien, welche Collignon bier außs 
fäete, gebichen feyn mögen? Die Jäger erlegten nur Rebhuͤh⸗ 
nee, wilde Enten, Kormotane, einige neue Arten won 
Gingvögeln, einen azurblauen Stiegenfänger ; aber biefe Familien 
dee Vögel waren fehe fparfam zerfireut, die Natur fchien erſtarrt, 
wie der Anblid der Wälder dunkelſchwarz; wenige Raben, 
Adler und andere Raubvoͤgel zeigten ſich. Die Kormorane 
und Seemöven, die anderwaͤrte gefellig in großen Schwärmen 
die Ufer bedecken, faßen bier nur einfam auf den Klippen zen 
ſtreut. Nur die Uferſchwalbe (Le Martinet) ſchien hier gang 
zu Hauſe; ihre Neſter bedeckten die Felsgehaͤnge am Meeresufer, 
und dieſe, wie die Rauch ſchwalbe, weiche auch hier ſich zeigte, 
bemertt La Peyrouſe, erfhienen ihm ats die etwa allgem eins 


ſten über die Erde verbreiteten Vögel, weil er fie bisher überall 


“ 


vorgefunden. Das Meer war belebt von einer großen Menge 
von Seebewohnern, blättzige Aufternarten von den fchönften 
Karben, weingelb und ſchwatz, bedediten die Klippen, Kamm 
mufcheln, Chamiten, Bucciniten, und andere ſchoͤnfat⸗ 
bige Conchilien fifchte man auf; bie und da zeigten ſich — 
Seehunde. 

In dem Dorfe wohnte ein Voͤlkchen, das ſich ſelbſt Dre 
tſchys (Oro tfhon, d. 8. die Rennthierturgufen f. ob. 
©. 444) nannte, alfo vom. Zungufenflamme war, und fes 
nem füdlichen Nachbarn den Namen Bi tfchy6 gab, was auf 
an den Namen erinnert, weichen bie Sibirifchen Tunguſen fi 
felbft zu geben pflegen, Byes2). Wis hieher find alfo bie mehr 
infularen Yin o?6 nicht mehe verbreitet, und auch diefe Tungu⸗ 
fifhe, Anſiedlung ſcheint nicht viel weiter fübwärte, als 7 bie 8 
Lieues, nicht über die Sige jener Bi tſchys hinaus fich verbrei⸗ 
tet zu haben. Don biefen legten wur eben eine Partei in 4 Pis 
soguen im dieſer Caſtried Bai gelandet, ſie wurden ſpaͤter auf⸗ 
geſucht. 


63) Asia Polyglotta p. 289. 


Tatarenkuͤſte Orotſchys nad La Peyrouſe. 461° 


Die Drotfhp6°?) hatten ihr Sommerborf auf einer 
ebenen Landzunge ber Bai aufgefchlagen, ungemein günftig zum 
Fiſchfang gelegen, mit dem fie befhäftigt waren. Ihr Oberhaupt, 
ein wohlwollender Greis, warf fi zur Begrüßung bee Fremdlinge 
nach Chinsfifcher Art zus Erde, führte fie: ohne Scheu in die 
Hüste zu feiner Famille, breitete Matten zum figen aus, fegte 
Salmen und eine Kornart (wie es fchien eine Hirſe) als 
das Koſtbarſte in ihrem Beſitz zur Speife vor, weil biefe ihnen 
durch ein Volt, das 7 bis 8 Tagereiſen aufwärts am Gaghalin 
wohne, Mandſchu heiße (beide Worte ſprachen fie wie bie 
Sranzofen aus) und mit Chinsfen im Verkehr fiche, zugeführt 
werde. Don jenem &trome feyen auch fene 4 Piroguen ber 
Bitſchys gekommen, und hätten Nankins und Korn mitge⸗ 
bracht; dieſe mochten fie für Fiſche, Oehl, Bärenfeite, 
Elennhaͤute, Eichhornfelle, Hundefelle eingetauſcht ha⸗ 
ben, letztere bie einzigen Quadrupeden, yon denen mon bier Spus 
ven des Vorkommens bemerken konnte. Salmenfa ng sum 
Trocknen bes Wintervorräthe war ihre Hauptbefhäftigung, und 
Fiſche bie Hauptfpeife der Menfchen, wie ihrer Hunde, die ihnen 
wahrſcheinlich im Winter zum ziehen leichter Schlitten bienen, 
Ihre Sitten ſchienen nichts eigenthuͤmliches vor denen ihrer con⸗ 
tinentalen Stammesvertwandten voraus zu haben, Mn paar große 
Schnitzwerke an den Deden ihrer Hütten ſchienen Idolencultus 
zu verrathen, das Auffchreiben ihrer Vocabeln machte fie aͤngſtlich, 
als ſey es Magie. Sonſt herrſchte Gutmuͤthigkeit und Vertrauen 
vor, denn ſie ließen ohne irgend eine Unruhe die Fremdlinge ſelbſt 
in das etwas entfernte, aber ganz leer ſtehende Winterdorf- gehen⸗ 
das auf einer Berghoͤhe, am Eingange eines Waldes, lag, aus 
8 gut meublicten und beſſer gebauten Hätten als das Sommers 
Lager beſtand, auch von den Grabſtaͤtten wehrten fie nicht ab, bie 
häufig hie und da am Ufer flanden, und mit Pietaͤt von ihnen 
erhalten zu werben pflegen. Ihre Weiber find bei ihnen geachtet, 
und waren beim Abfchluß jedes Handels gegenwärtig; fie verſte⸗ 
ben die Kunft, gleich jenen Yupi ta tfe (f. oben S. 447) aus 
gegerbten Fiſchhaäuten, zumal von Salmen, fic weiche, 
ſchoͤn gefärbte Kleider zu bereiten; nur Salmen von. 30 bie 
40 Pfund Schwere können dazu dienen, die im Juli gefangenen 
wogen alle nur 3 bis 4 Pfund, waren aber.von der größten Des 





29 La Peyrouse Voy. l. © T. I. BR 61. 


402 DeAfen. Wailefofime. . Afän. 78 


licateſſe. Kleinheit der Koͤrpergeſtalt, faſt alle unter 4 Fuß 
10 Zoll, ſchlanker Ban, ſchwache aber ſchneidende Kinderſtimmen, 
vorſtehende Backenknochen, kleine ſchiefgeſchligte Triefaugen, brei⸗ 
ter Mund, platte Naſe, kurzes, faſt bartlofes Kinn, langes Haupt⸗ 
haar war allen Bewohnern dieſer Anfiediung eigen. 

Als man die Fcrempdiinge‘*) der Piroguen befcagte, nann⸗ 
ten auch fie die grgemüberlisgende Inſel Tſchoka. Be eine 
Beichnung derfelben nahmen fie aber das Biel'und zogen eine 
Rinie von ber Jaſel zum Lontinent, undgaden dadurch, 
daß fie eine ihrer Piroguen über den Sand ſchoben, zu verflchen, 
daß fie außerhalb der Flußmuͤndung des Amur ihre Embarcation 
auf gleiche Weife stur duch Fortſtoßen ihrer Piroguen 
über die Sandbarré gemacht, welche, demnach, hier die 
Snfei mit dem Gontinente verbinden Sie ziffen zus 
glei noch Seetang aus dem Meere und legten dies auf dem 
Sand, dadurch andeutend, daß die Barre noch mit Fucus bes 
wachſen ſey. Slie waren eben von daher geichifftz in ihre Aus⸗ 
fage ließ ſich kein Zweifel fegen. Der verfchiedene Bericht der 
Aino’e in der Bai De Langle mochte auch richtig fen, Ins 
dem bei Fluthzeit das Meer dort feine Paffagen bhaben mag, bie 
für ihre fladen Piroguen noch hinreichend zuc Durtfahrt find, 
Ba De,roufe hielt «6 damals feinen Zwecken unangemeſſen, 
bei fo entfchiebenen Ausfagen feine Schiffe im feichten Gewaͤſſet 
6 Tatariſchen Golfes, wie er ihn nun nannte, länger dem 
Gefahren der heftigen Suͤbwinde autsufegen, und ec verließ ibn, 
um die Shpfpige des Worlandes Tſchoka, fo bald ale möglich 
a deublieen, wo er die La Peyroufe Straße entdedte. 

Was damals in Beziibung auf diefen neuentdbedten 
Golf nur Bermuthung dei Dem ungluͤcklichen Seecapitain blieb, 
ber nicht nach Guropa zurüdkehrte, das wurde, nur 10 Jahre 
ſpaͤter, buch die Seefahrt Capt. Brongbton’s (1797) zus 
Gewißheit erhoben, und 1805 durch v. Rrufenflern aud von 
"den Nordſeite ber beſtaͤtigt. 

Bro ughton's Schiffe fegelten ebenfalls an der Wefltäfte 
wer Inſel Zefe *3) von Güden gegen Norden hin, und erreich⸗ 





8%) La Peyrouse Voy. 1. c. T. —— 72. 86) Capt. W. R. 

Broughton Voyage de Decouvertes dans la Partie septentrionale 
de l’Ocean Pacifique 1795 - 17986. Trad. frana Paris 1807. 8 
T. IL p. 173 — 177. 


Tarakai, Tatariſcher Golf nah Broughton. 493 


gen ebenfalls, fenfeir 45 bis 46’ R. Br., die Weſtkuͤſt⸗ der Tafel 
Aſchoka (Tarakai), ohne irgend einen. Namen derfeiben zu 
fennen, noch genau zu wiſſen, was «6 für ein Land ſey, ba alle 
Karten, bie fie bei ſich haaten, darüber damals noch in Unfiden 
heit ließen, und die Zapanifche Seekarte, die ihr Wegweiſer war, 
ierige Daten enthielt. Des hoͤchſt ungünfiigen Wetters ungeach⸗ 
tet, weiches zwifchen den angegebenen Parallelen keine rüufte ger 
gen Dften genau erforfhen ließ, beurtheilte Capt. Broughton 
doch ganz richtig, aus mehreren Umflünden, daß hier eine Que r⸗ 
ſtra ße (La Peyrouſe Detroit) gegen Oſten führen mußte, und 
wirkiih war auch das Suͤdende einer nördiihen Inſel dee Far 
paniſchen Karte unten 46? angegeben, Vom Hten bis 15ten 
September °°) fegelte das Schiff immes an dee che «infocmig 
von S. nach N. ziehenden Weftlüfte von Tſchoka bin; man 
fah nus wenige Borfpsünge derſelben, im Diten, landen, von 
Zeit zu Zeit hohe Berge. Wei vorgerüucter Jahreszeit und ſaten⸗ 
gerer Kälte erblidie man gegen 49° M. Br. die weltliche Con⸗ 
tinentalsKüfte ber Tatarei. Hier nahm bie Höhe de—s 
Inſel zur rechten Hand ab, und wurde flah, eben ſo verrin⸗ 
gerte ſich bie Meerestiefe, und brachte auch Broughton auf 
den Gedanken, daß ſich die vermeintliche Inſel dem. Continente 
anſchließe, und feine Fahrt in einem Golfe fortfcherite, aus dem 
er gegen Morden feinen Ausgang finden werde, alfo zuruͤck⸗ 
kehren müfie Da das Fahrwaſſer ſchon bis auf 14 Braffen abe. 
genommen hatte, zog er die Uederfahrt gegen Weſten zur 
Katarlüfte vor Hier fand er, am 14 September, nordwaͤtts, 
bald nur noch 3 Brafien Tiefe; direct gegen Norden [abe man 
nur die verlängerte Niederung, nicht höher als das Meer⸗ 
niveau, aber eigentlich kein Land, obwol zu beiden Seiten in D. 
und W. die Küften; auf dieſer letztern erhod ſich hie noch ale 
Bignal, ein Kegelberg. Hei 4 Braffen wurde der Antır aus⸗ 
geworfen, mit dem Elsinen Fahrzeug, das nur 9 Fuß ticf ging, 
noch 8 Merten weiter nordwaͤrrs geſteuert, als La Peyroufe 
vordrang. Der aͤußerſte beſchiffte Punct war, am 16. Sept, 
bis 51° 85° 7° N. Br. bie man Beine volle 2 Braſſen mehe hatte. 
Eine 3 bis 4 Meilen siefe Bat, die Chapmans Bali, wurde 
genau unterfucht, alle Seiten beftanden aus rothen und weißen 
Klippen, niederen und- üben Ufern. Eine Stelle, wo fi neh 





®*) Brougkton Voy. Le. T. IL p. 177 — 180. 


454 Oft- Wien. Wafferfofteme. I. Abfhn- $. 78, 


. eine Tiefe von 4 bis 8 Wraffen zeigte, machte den Maſter des 
Schiffes, Chapman, glauben, daß «6 body noch eine Paflage 
geben könne. Aber dee Sapitain überzeugte ſich bei feiner Aus 
Herften Nocdfahrt, die ihn wegen Ewichtigkeit zur Umkehr noͤ⸗ 
Khigte, von Gegentheil. Ganz deutlich erblidte er gegen N.D. 
nirberes Land, mit vorliegenden Sandbaͤnken, bie theils trok⸗ 
Pen lagen, an denen theils die Wellen ſich brachen. Erſt dahin⸗ 
ter, In weiter Gerne, ragte ein hohes Land herbor (wol das im 
Morden der Mündung des Amurſtromes). Der völlige Mangel 
einer Strömung entſchied, fagt Broughton, baß bier Feine 
Durchfahrt 57) ſtatt finden könne, aud Erin bedeutender 
Fluß einmünde: dennoch fügen wir hinzu, müffen die oben 
genannten 4 Piroguen der Bitfhy6 eben wol. bier, auf bie 
von ihnen felbft angegebene Art burchpaffict feyn (f. ob. S. 462). 
Die Stellung war auf fo ſeichten Grunde gefahrvoll, die Aequi⸗ 
norien waren nabe, von Einwohnern bemerkte man keine Spur, 

"bie Umkehr wurde alfo er unb zwar entlang der Küfte 
des Continentes. 


B. Entdedung der Südkuüſte von Tſchoöka ober Ta⸗ 
rakai, Cap Erillon und der Aniwa Bali dur La 
Peyroufe (1787) und A. 3. von Krufenftern (1805). 

Die genauere Erforfchung der Tatariſchen Küfte im jener 

Gegend wurde durch das böfe Wetter gehindert, bei der Ruͤckfahrt 

gegen Süden aber, unter 45° 15 N. Br. ein Pic de Lange 

auf einer andern füdlichern Inſel entbedt, und bald darauf, im 

MD, derfelben,, unter 45° 57’ N. Bt. das Suͤd⸗Capss), mit 

‚ welchen die bither Tſchoka, oder Saghalin genannte In: 
fel gegen Süden ihr Ende findetz es wurde Cap Crillon,ge 
nannte. Nun erſt war die öftlihe Durchfahrt, zwiſchen 45 und 46° 

Breitenparallel gewiß, die den Namen Detroit be La Pey⸗ 

rouſe erhielt, und die higher die für eins gehaltene Infel in zwei 

"Zheile theilte, deren nördlicher, nun, als Otu Defo, d. 5. 

Hoch⸗ oder Nord: Mefo 59)-der Iapanifgen Karten erkannt 

wurde (Üdentifch mit Tarakai), der [übliche als bie Jnſel 

Defo, derm ——— auch me genannt, durch bie 


87) Capt. en ve: Le T. U. p. 193. 7— La Peyrouse 
Voy. LcT. 5°) La Peyronuse Voy. l. c. T. IL 


p. 83, 114; v. —— Reiſe a. a. O. Th. I. ©, 63. 


! 
⸗ 


Tarakai, Suͤdkuͤſte, nah La Peyrouſe. 465 


Sangar⸗Straße (unter Parallel 41°. bie 4° N. Br.) von 
dem Mordende Japans geſchieden if. Drei große, gegen ben . 
Morden lang geſtreckte Infeln ſchließen alfo bier die Tatarifche 
und Korean See ein, welche im Süben bie Sapanifche See ges 
nannt wurde, im Norden aber unbelanunt gewefen war, und fich 
nun als tiefer Golf erwieſen zu haben fchien. Mur von dee 
noͤrdlichſten biefer 3, fol hier, noch ferner, als einer zur 
Gliederung bes Continentes gehörigen, die Rebe ſeyn. 
Die Beſteigung 60) der hoͤchſten hervorragenden Spige des 
Cap Crillon beftätigte da6 Vorhandenſeyn der Querſtraße, 
wie ber ſtarken Meeresfirömung, welche aus dem offnen 
Ocean durch diefelbe gegen ben Welten bereinbrang. An den. 
vorliegenden felfigen Inſeln bes Caps bricht fih die Fluth mit 
großer Gewalt; eine derſelben 4 Lieued vom Gap wurde La 
Dangereufe genannt, noch hatte die Fahrſtraße, bei etwa 10 
bis 12 Lieues Breite, nur 3 Braſſen Tiefe; aber kaum war 
diefe Elippige Pforte boubliet, fo trat das Schiff fchon in tieferes 
Meer, die Sunde gab 50 Braſſen, man war im Ocean; bie hef⸗ 
tigen Strömungen mäßigten fih, und gegen Norden öffnete 
fi, öftlih vom Cap Crillon, im Halbmond bie große Bat 
Animasl) welche im Oſten durch ein zweites Vorgebirge, das 
Gap Aniwa, ſich begrenzt zeigte. Diefe Gegend war fhon aus 
früheren Fahrten Holländifcher Schiffer befannt, auch murde fie ' 
fpöter duch v. Kruſenſtern genauer erforfhe. Wir führen 
zur noch La Peyroufes Nachrichten über die Bewohner 
des Südendes der Tſchoka Infel, am Cap Erillon, an. 
Sie waren bie erfien Infulaner, welche auf dem Schiffe ber 
Fremdlinge einen Beſuch machten, früher hatten bie Anwohner 
des Zataren Golf zu beiden Seiten beffelben gar Leine Neugier 
gezeigt, die großen Schiffe, wahrſcheinlich die erflen die zu ihnen 
kamen, zu befehen. Die jegigen Säfte wurben bald vertraut; - 
Tobak und Branntwein hatten für fie ben größten Reiz. Ale 
einer ber Aelteften unter ihnen mit einer Flaſche Branntwein 
beſchenkt wurde, fchüttete ee exft ein paar Tropfen in das Meer, 
mit dem Bedeuten, daß dieß dem Höchften eine Libation fey. 
Von Geſtalt, fchildert fie La Peyrouſe, Eräftig, regelmäßig ja 
ſchoͤn gebaut, die Haut fhwarzbraun, wie bei den Anwohnern 





*°) La Peyrouse Voy. I. « T. III. p. 90 etc. 21) ebenbaf. 
pP 93. etc. 
Ritter Erdkunde IV. &g 


466 Dft:-Afen. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 78. 


der Berbertüfte, Arme, Hals und Rüden bei allen vollhaarig, 
der Bart bis zur Bruſt berabhängend, von Benehmen ernſt, 
amd’ nur in ihren Bitten um Gefchente zubringlich, ohne im ges 
zingften eine Spur von Dankbarkeit für das Gegebne zu zeigen, 
obmwol man nur zu gern von ihren Salmen :Vorräthen gekauft 
hätte, für bie fie aber zu enorme Forderungen machten. Die 
Sceube Über die Entdedung der Querſtraße, meint LaPeproufe, 
hätte damals die Sranzöfifchen Schiffer zu generoͤs geflimme, doch 
fed ber Unterfchied des WBenchmens diefer Infulaner und 
der großen Befcheidenheit jener Orotſchys zu auffallend geweſen, 
die fo Angftlich in der Annahme der Gefchenke waren, um nid 
zu viel Verpflichtung auf fi zu laden. Jene ragten hinſichttich 
der Moral fo weit über dieſe hervor, meint er, wie diefe jene 
in Hinficht ihres tüchtigen. Körperbaues, ihrer robuften Natur, 
ihrer Induſtrie übertrafen. Obwol von 2 verfchiedenen Racen, 
jene Zungufen, biefe unftreitig Ainos ®@), hatten fie doch 
gleiche Lebensart, gleiche Art des Baus ihrer Hütten mit rohen 
polen darin und ber Piroguen,. beide ohne Aderland, ohne 
Heerdenwirthſchaft, nur von Jagd und Fifchfang lebend, jene, 
wie Samojeden und Lappen die verfommenen Kormen der Men⸗ 
ſchengeſtalt, gleich den verkrüppelten Birken und Fichten des pos 
. ların Norbens, biefe aber, ihrem Körperban nad), felbft den 
Mandſchu, den Japanern und Chinefen an Energie unb regels 
mäßiger Bildung weit überlegen, fat mit Europaͤiſchen Zügen. 
Ihre Kleibung war von eigenen Gewebe, Ihre Häufer reinlich, ſelbſt 
elegant, twovon feine Spur bei jenen 5 ihr Hausrath faft gang 
aus Japaniſcher Fabrik; mehrere hatten ſelbſt zum Lurus 
lakirte Bafen in ihren Wohnungen fliehen, zu deſſen und ande 
ser Beduͤrfniſſe Eintaufc von ihren füblihen Nachbarn, mit bes 
nen der Verkehr nicht unbedeutend fern kann, bient ihnen ein 
wichtiger Dandelsartikel, der den Ainos an ber Weftküfte gaͤnz⸗ 
lich fehlt, der Wallfiſchthran. Ken einziger Waltfifh®) 
mar La Peproufe auf der früheren Fahrt im Tatariſchen Golfe 
begeanet; aber kaum mar der Detroit La Peyrouſe erreicht, 
fo zeigten fie fi in Heerden fo häufig, wie in ber Le Maire 
Straße, am Feuerlande; auch Seehunde, im Oeeaniſchen Ges 
waͤſſer. Das Banfifäfleifg, fagt La Peyrouſe, zerhacken fie in 


*?) La Peyrouse Voy. l, e. T. IH. p. 88, 107, 100. *°) ebmb. 
T. in. p. 87. 


4 — 


Tarakai, Suͤdkuͤſte, Aino's. 467 


Stade, laſſen in freier Luft den Thran an ber Sonne audflies 
Sen, fangen ihn in Körben von Borke und Schläuchen von See⸗ 
hundefell auf, und dieß Product giebt ihnen Reichthum. Ihr 
Boden fcheint keine Metalle zu enthalten, die Franzoͤſiſchen Nas 
turfoefcher fahen nur Bulcanproducte. Die Vegetation war 
nicht reich, aber doc, in größerer Fülle als auf der gegentiberlies 
genden Tatarifchen Küfte des Continentes. Diefe Infulaner find - 
bei ihren phyſiſchen Vorzuͤgen auch tapferer als jene Continen⸗ 
talbewohner, deren Pfeilfchüffe zu fchwach find, km Bären und 
Eiennthiere zu erlegen, daher fie ihnen nur Fallen und Schlins 
gen legen. Die infularifhen Aino's laſſen fi aber auf 
ihren Winterjagden in perfünlihe Kämpfe mit Bären ein, bie 
fie mit Pfeilen und Keulen erlegen, und babei oft Wunden da⸗ 
von tragen, auf die fie. mit Stolz hindeuteten. Ihre Piroguen 
find nur ausgebölte Rannenbäume, die 12 bis 15 Zoll tief ges 
ben, deren jebe 6 bis 7 Perfonen hält, mit denen fie Kuͤſtenfahr⸗ 
ten von 42° bis 630. N. Br. zuruͤcklegen, täglich etwa ein Dugend 
Lieues, ſich aber, bei Ueberfahrten abgerechnet, nie über Piſtolen⸗ 
fihußweite damit vom Lande entfernen, Wie fie ihren Wallfiſch⸗ 
fang betreiben, iſt noch unbekannt; felbft v. Kruſenſtern 
ſchweigt gänzlich daruͤber, führt aber auch gar nicht an, daß fie 
Waltfifhe fangen, fondern nur Wallroſſe und Seeloͤ⸗ 
wen. Sollte von biefen der Thran gewonnen werden, und La 
Depröufe fi geiret haben? v. Krufenflernt) bemerkt, daß 
aud) die Japaner, zu feiner Zeit, den Wallfiſchfang noch nicht 
einmal betrieben, fo reich au das Meer vor ber Antwa Bal 
an diefen Thieren fey. Auch ber Japaniſche Autor Rinfifee 65) 
bemerkt dafjelbe, den Fang ber Wallfiſche verſtaͤnden fie nicht, 
fehen ‚ihn aber als ihren großen Wohlthäter an, weil ee ihnen 
die anderen Fiſche in Schaaten an ihre Küfte jage. Bei Befta⸗ 
gung über ihre Infel gaben die Anwohner der Aniwa Bai gleiche 
Zeichnung von berfelben wie ihre weftlihen Stammesverwands 
ten (f. oben &. 455), markirten jede Station der Kuͤſtenfahrt, 
und gaben ihre Namen. Ungeachtet det weiten Entfernung, von 
mehr als 150 Lieues Diftanz, von der Mündung bes Amuts 
ftiuffes, hatten fie von berfelben doch, wie jene, dieſelbe ges 
nauere Kenntniß, und, buch ihren Saghalin, aud von dem 





52) v. Krufenftern Reife a. a. D. — 1.8.9. +) Rinsifee 


bei Klapı oth. Paris 1832. 8. ©. 
892... 


l 


468 oſt⸗Aſien. Waſſerſoſteme. LI. Abſchn. $. 7& 


Mandſchus. Bon dem Saghalin®), d. i. dem Amar, 
hatten alle jene umherwohnenden Völker Kenntniß, wie einft bie 
Libyer vom Nilſtrom; keinem Einzigen war er unbelannt, ein 
Zeichen feiner ſehr ſtarken Frequentirung, wenn fhon fein Muͤn⸗ 
dungsland eben fo unbewohnt fcheint, wie die Sunderbunds des 
Gangesſtromes, und der Marktort ber Kinos und Mand⸗ 
ſchus erſt 8 bis 10 Tagereiſen aufwärts am Strome legen fol 
(f. oben S. 455). Ohne biefe Communications: Ader, eine 
Hauptfunction großer Landſtroͤme, und ohne bie Kenntniß ber 
Mandſchu, welche hier allein mit dem Wehen bie Vermitt⸗ 
lex find, würden ihnen auch bie Bitſchys und Orotſchys, tie 
die Zungufen und Chinefen fo unbefannt geblieben und ihnen 
fo wenig von deren Waaren zugelommen ſeyn ald ben Canadiern 
Nord⸗Amerikas. Denn bie Küfte der Tatarel ſelbſt ift ducch den 
Amurſtrom ifoliet, und wegen ihrer unwirthbaren Hochgebirge und 
Kuͤſtenſtrecken nie, ſey es aus Unkenntniß oder Politik, weder von 
Japanern, Chineſen, noch Koreanern befucht, weder von 
der Lande und Seeſeite. Die ganz nahe Oſt⸗Kuͤſte ihrer 
eigenen Juͤſel ſchien dagegen den Ainos am Cap Crillon 
gaͤnzlich unbekannt zu ſeyn. Dagegen kennen ſie wol die ihnen 
ganz nahe im Süden vorliegende Inſel Defo (Chicha 
oder Chüca bei ihnen genannt), von ber fie natürlich noch ber 
quemer die Japaniſchen Waaren erhalten, als vom Wellen 
bee durch Mandſchu bie Chinefifchen, zumal da die Suͤd⸗ 
fpige der Defo Infel ihre eigene Japaniſche Eolonifation 
Matömape feit längerer Zeit befigt. 

Die ganze Population dee Ainos am Suͤdende ber Tſcho⸗ 
ka⸗Inſel, fo weit biefe von La Peproufe erblickt wurbe, 
Thägt ex etwa auf 3000 Perfonen, deren Sige um die Vorge⸗ 


birge an den Baien, zwifchen grünenden Höhen ımb Beinen Bis 


hen nicht unfeeunblich erfchienen z die ganze beobachtete Populas 
tion ber Tatariſchen Küfte betrug dagegen nicht fo viele Huns 
derte von Menfhenz denn, die größte Anfieblung in ber Ca⸗ 
ſtries Bay beſtand nur aus 25 bis 30 Perfonen, indeß wol 
Behntaufenhe dort ihren Unterhalt finden könnten... Das ganze 
Küftengeflade, von Korea nocbwärs zur Caftries Bay, 
ſcheint eine der geößten menfchenleeren Einösben de 


Erde noch in wirchbaren Breiten zu fepn. 





**) La Peyrouse Voy. 1. e. T. III. p. 80, 104. 


Tarakai, Suͤdkuͤſte, Aino's. 460 


Diefe Gegend der Erde, fo ſchließt der geifleeiche La Pey⸗ 
roufe 67) feine Betrachtungen, zeigt Leine große Attraction für 
den Eueopälfchen Handelsgewinn; es fehlt ihr an wuͤnſchenswer⸗ 
then Producten und an eines zahlreihen Nation, ohne bie Eein 
geoßee Handelsbetrieb moͤglich iſt; auf einer Küftenftrede von. 
tanfend Seemeilen, würbe aber bier noch. Fein Schiff. von 300 
Tonnen Loft hinreichende Waare zur Einnahme einer Ladung | 
vorfinden innen. Bon dem Loflbaren Pelzwerk der Serotteen 
was bier Hoch keine Spur; nur Sechundsfelle waren im 
Gebrauch; jene koſtbare Serotter hat die Sphäre ihrer Vers 
beeitung erſt weiter von ben nörblichen Kurilen hinuͤber nach Una⸗ 
laſchka in Nord: Amerita und Californien. 

Den Namen Defo und Diu Defo kannten bie Einwohs 
ner biefee Infel nicht. fie nannten ihre Infel auch hier Tſchoka, 
daher La Peyrouſe diefen Namen beibehalten bat. Sowol 
auf der Inſel⸗Kette der Kurilen, wie auf Yefo und 
Tſchoka hielt La Peyroufe die Bewohner für einerlei 8) 
Voͤlkerſchaft, die dem phyſiſchen Stamme und Her» 
tommen nah unters fi gleich, aber verfhieden vom 
Aſiatiſchen Continente, auch Feine Golonifation von da, 
fonbern demfelben fremd ſey. Doch bemerkt Klaproch 9, _ 
daß die Aino Sprache manche Berwandtfchaft mit der Sa⸗ 
mojedifchen und anden Nord: Aftatifhden Mundarten 
zeige. Auch der Sprachſtamm, bemerkt La Peprouſe fers 
ner, fey, der Dialeotunterfhiebe ungeachtet, nach ben gefammelten 
Vocabularien 70) Feineswegs auf Defo, Tſchoka und den 
Kurilen: verfihieden, fondem allen dreien gemeinfam,. 
und dies iſt duch Klaproths Sprachforſchungen beflätigt, wel⸗ 
her die Becabularien der Abao6, ober Kurilen 7), von 
der Südfpige Kamtſchatkas (Kurilskaja Lopatka) mit 
denen der Kurilen, und dee Kinos auf Yeſo und Tara⸗ 
Tai verglichen bat. Der. Name Aino, d. hd. Menfhen, in 
ihres Sprache, legen fie ſich felbit bei; des Name Kuril kommt, 





°7) La Peyrouse Yoy. I. c. T. III. p. 110. °s) ebend. p. 113. 

0) Asia Polyglotta 1. c. p. 302. ?°) La Peyrouse Voy. ILL c. 

P> 116—123. 7°) Asia Polyglotta p..300— 315; vergk San 

okf Tsou Ran To Sets. deRinsifee, ou Apergu Gene- 

ral des Trois Royaumes traduit de l’Original Japonais-Chinois par 

Fr J. Klaproth, Paris 1832. 8. WVocabulaire de la Langue des 
Aino, de Kamtchatka, de Tarrakai et de Yeso. p. 242 — 255. 


‘ 


470 Df-Mlen. Wafferfofteme. I. Abſcha. '$. 784 


nad Klaproths Ableitung, wahrfheintid von Kur oder Guru 
ber, was auch Menſch, oder Tribus, Stamm, bedeutet. 
Auch die hiſtoriſch-genetiſche Identität dieſes Völker: 
ſtammes, ließe fi, troß der weiten Zerfprengung, bee 
gegenwärtig über ein fo weites, ſtürmiſches Meer fo fehr 
dvereinzelten Zweige beffelben, wol nachmeifen, wenn man 
ihre bis dahin unvermifche gebliebene Herkunft, von ber fern 
ſten Kurilskaja Lopatka, oder den oͤſtlichſten Kurilen ber 
leiten duͤrfte. Auf ihren zerbrechlichen Piroguen, ſaſx La Pey⸗ 
soufe 72), fen zwar eine directe Ueberfahrt von 120 geogr. 
Meilen, vom Kamtſchatka⸗Cap bi Tſchoka, in biefem 
Meere nicht denkbar; aber doch ſey ein allmäliher Forts 
ſchritt von Infel zu Inſel, von Straße zu Straße 
länge. der Kurilens Kette ſehr wahrfheintih. Denn keine Dies 
fee Meerſtraßen im Infellranze, von Kamtſchatka bis 
Mefo, fey breiter als 11 geogr. Meilen, unb es. laffe ſich ſelbſt 
auf der Pirogue diefe Strecke ſehr gut über Defo, und da bie 
ganze Tſchoka⸗Inſel entlang, norbwärts hinauf, bis zur Muͤn⸗ 
dung des Amur zurüdiegen: fo daß felbit die Giljaeki, hier 
buch, an die Ainos, Kurilen und Suͤd-Kamtſchatker 
fih ganz natürlich anreihen. | 

Ein befonders günftiges Geſchick wurbe diefer problematifcdhen 
Inſel oder Halbinfel dadurch zu Theil, daß der große Ruffifche 
Weltumſegler v. Kruſenſtern es fich zur Aufgabe fielen konnte, 
die begonnene EIntdedung feines ausgezeichneten Vorgängers zu 
vollenden, indem er da begann, wo diefer aufhören mußte Am 
2ten Mai, 1805, lief er in die Bai am Nordende dee Inſel 
Seffo (Defo, Dego oder Dezo bei Klaproth, Infu bei 
Broughton) ein, ber er den Mamen Bai Romanzoff gab,. 
‚neben dem Cap Romanzoff??), das er zu 45H HO"M.Br 
und 218° 25’ 30" WE. v. Gr. beflimmte. Noch lag an mehs 
seen Stellen tiefer Schnee, und kein Zeichen des Fruͤhlings war 
merkbar, Fein Laub, Fein Sehn. In Kamtſchatka, fagt v. 
Kruſenſtern, fey «6 gleichzeitig wärmer, im weſtlichen Ruß⸗ 
land, meint er, müffe man bis Archangel, 18 Grad nördlicher 
gehen, um noch im April eine fo tauhe Natur zu finden, wie 
bies Anfang Mai. Hier famen ein paar Japaner zum Schiffe, 





72) La Peyrouse Voy. I, co. T. IH. p. 114— 115. ?°°) v. Kru⸗ 
fenfteen Reife a. a. O. Th. II. ©. 59, 69. 


. Tarakai, Suͤdkuͤſte, nad v. Kruſenſtern. 471° 


und drohten mie dem Ueberfalle einer Kriegsflotte aus Matfmaje 
(dem Südenbe der Defo:Infel, wo eine Japaniſche Colonifation), 
wenn das Ruſſiſche Schiff nicht fogleich abfegeln, würde. Wirk⸗ 
Sich Hatte die Ruffifhe Expedition, die kuͤrzlich erſt Japan 
verlofien (am 16. Aprit 1805), und ihren Plan bafelbft ausges 
fprochen hatte, zwifchen Japan und Korea hinzufegeln, die Eis 
ferſucht der Sapanifchen Regierung erfahren müffen”*). Die Dols 
metfcher waren beauftragt worden, ihnen die Unmöglichkeit einer 
Duchfhiffung der Sangar: Straße (zwiſchen Japan und 
Defo) vorzufpiegeinz fie fen ganz mit Klippen befegt, und nut 
3 Sapanifche (1 Holländifdhe) Meilen breit und zu gefahrvoll. 
‚Zugleih war ein fchriftlicher, Eaiferlicher Befehl für bie Ruffen 
ausgefertigt, daß fie fich nirgends der Sapanifchen Küfte nähern 
dürften; nur im Fall ber Noth, bei Eturm u. f. w., würde man 
innen beiftehben. Dennoch hatte v. Keufenftern flillfchweigend 
die Erlaubniß erhalten, die N.W. Kuͤſte von Japan behufs feiner 
fihern Weiterfahrt zu unterfucdyen, dagegen mußte er verfprechen, 
auf der Rüdreife von Kamtfchatla nad Rußland, Japan fich 
nicht wieder zu nähern. Daher hier-an dee Romanzoff Bat 
die fervile Sorge des Japaners, der mit einigen Gollegen hier 
als Wächter des Handels beftelle war, und auf feinem Pos 
ſten weber.ein Geſchenk, noch auch nur einen Japaniſchen Sakky 
(ein beliebter Echnap6) anzunehmen überredet werben konnte, um 
feiner Beamtenwürbe nichts zu vergeben. Er gab folgende geos 
graphifche Ausfagen. 

Den Diftrict, wo er feinem Doften an ber Mordfpige von 
Defo vorftand, nannte er Nogamdbu (oder Notfambu, ſprich 
Mofjabu nach Klaproth) 75), einen füdlichern von da aber Soya. 
Das Infelhen im Welt, mit dem Pic de Langle, melden 
La Deyroufe irrig für einen Berg auf Peſo angefehtn hatte, 
die aber ſchon Broughton als das Infelhen Timo Spi ’°), 
und ihr flacheres, noͤrdliches Nachbarinfelhen als Ti⸗Shi ers 
kannt hatte, nannte ber Japaner Rii Shery und Refunis 
Shery. Ihre früher irrig angegebene Lage hatte v. Krufens 
ſt ern berichtige 77), auf 45° 11’ N.Br., 218° 47° 45" VE. v. Sr. 
Die vorliegende Straße, meinte der Japaner, fey keine 5 geogr. 


74) v. Keufenftern Reife a. a. O. Th. IL. S. 8, 75) Des Ja⸗ 
paners Rinsif6e San Kokf Tsou etc. I, c. p.183. *) Brough- 
ton Voy. l. c. T. IL p. 174. 17) 9, Krufenſtern Reiſe a. a. 
O. Th. U. S. 75. 


472 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. L Abſchn. $. 78. 


Meilen (18 Seemeilen) breit, und Defo eben fo weit von ber Ins 
ſel Rarafato 3) entfernt, weiche fie ſchon ſehen wuͤrden, men 

‚der Himmel nur beiter würde. — Dies war zum erflen male bie 
Trennung biefed Namens, der in Tapanifhen Karten und Bes 
fchreibungen mancherlei wechfelnde Anwendungen erhalten hat. 
Hier unftreitig war Karafuto tdentifh mit dem von La Pey⸗ 
rouſe genannten Tſchoka. Auch im Norden von Karafuto, 
fügte der Japaner, fey wieder ein Land, durch eine enge Strafe 
von dieſem Karafuto gefchieden. Seinem Dafürhalten nach, ſey 
Karafuto nur halb fo groß wie Yeſo, doc kenne er dem 
- nördlichen Theil defielben, ben bie Ainos Sandan nennen folls 
ten, nicht, weil die Japaner nur deſſen füblihen Theil genaner 
unterſucht hätten. Da fey eine kaiſerliche Wache; auch zeigte ex 
die Lage von Matsmaye (im Süd), und nannte gegen N.O. 
4 KRurilen Snfeln mit Namen (diefeiben wie Larmann im 
J. 1792), welche auch noch zu Japan gehörten. Mod, anbere 
. Caps, Fluͤſſe u. f. w. nannte er, mit Namen, bie man auf Sas 
panifchen Karten findet. Die urfprünglihen Bewohner diefer Ins 
fein, die bei den Ruffen haarige Kurilen heißen, fagte ber 
Japaner, nannten fich felbft Aino, fie bewohnten aber nur bas 
Nordende der Infel Yeſo ’9), denn das Südende hätten bie Ja⸗ 
paner in Matsmapye innez unter DEu Yeſo, d. i Groß 
Defo, d. i. ber Nord⸗Inſel, verfländen diefe Ainos bie fädlichen 
Kurilen. 

- Meder bier, noch fpäterhin in der Aniwa Bali, waren, yadı 
v. Keufenflerns Erkundigungen, die von La Peyrouſe es 
kundeten Namen Chica oder Tchoka befanntz biefes Tchoka 
bezeichnet baher vielleicht nur die Weſtkuͤſte, mit ber De Langle 
Bai, Karafuto das Sübende mit der Antwa Bali, Sans 
ban bei den Ainos nur das Nordende derfelben Inſel, welche bei 
dem Ruffifchen Sercapitain den frühern Namen Sachalin beis 
behalten bat. Er erfuhe noch von dem SSapanifhen Handels: 
inſpector, daß die Aino6 ber Nordſpitze Defos nur Fiſche, 
ſchlechtes Pelzwerk, Fuchs und Wolfsbälge liefern koͤnn⸗ 
ten, dagegen Pfeifen und Taback, Reis und Hausgeraͤth, allerlei 
tackitte Waare von den Japanern eintaufchen, baß biefer Markt 





10) 9, ala ar Reife a. a. O. Th. I. © 66. 75) ebend. 
©. a 3 NR in San Kokf Tsou ete. ed. Klaproth Not. 
p- une 


Zarafal, Guͤdkuͤſte, nach v. Krufenftern. 4173 


der nur Im Sommer gehalten werde, und baß er ſelbſt, der Han⸗ 
deibinfpector, dann den Winter zu feiner Kamille in Matsmaye 
zuruͤckkehre. 

Doch wir ſegeln mit v. Arufenſtern über die Meerenge 
La Peyrouſe, die fih in der Mitte zu 50 Faden hinabſenkt, 
om Kap Erilton vorüber, in die fhon früher von Holländern 
befuhte Antwa Bay, auf deren Klippen eine Menge von 
Waltroffen gelagert, die Ankunft der Schiffe mit entſetzlichem, 
mweithintönendem Geſchrei verkuͤndeten. Dieſe tiefgehende Bai 
Aniwa (Tamary Anima)®) wird von den zwei Suͤdenden 
des langgeſtreckten Tar akai halbmondfoͤrmig umgeben, bie im 
das Cap Erillon im W., und Cap Aniwa im O. (a60 2 
I M.Br., 216° 29 40” W.L. v. Gr.), wie ein paar ſteile Fels⸗ 
hörner, auslaufen. In dem Innern diefer großen Bai liegt an 
der Weftfeite in ber größten Tiefe dee großen Bucht eine kleinere, 
welcher v. Arufenftern den Namen dee Salm Bai oder der 
Lachsforellen Bai gab, mit einer Factorey der Japaner (46° 
43 M. Br.). Nur wenig davon entfernt, an einem kleinern, aber 
wie es fchien 'geficherteren Hafen, liegt die große Factorey, das 
Hauptetabliffemene der Japaner Tamary Anima (46° 36 
N.Br., 217° 08 25" WR. v. Sr). Diefe Beflimmung und 
Entdeckung gehört ganz dem Nuffifchen Sercapitain an. Dusch 
ihn erfahren wir zuerſt, daß die Sapaner ſich auch bis hierher 
ausgebreitet haben. 

Die Weftfeite der Aniwa Bat ift, nach ihm, fehe gebir⸗ 
gig 81), und war damals noch fiellenweis mit Schnee bedeckt. An 
dee Salmbai ſahe man ein Japaniſches Dorf, und davor lag 
ein Japaniſcher Einmafter, mit gedöreten Sifchen beladen. 
Der FJapanifche Schiffer wiederholte, auf Befragen, diefelben geo⸗ 
geaphifchen Ausfagen wie jener Japaniſche Handeldinfpector 3 nur 
bemerkte er, ein Schiff, das 7 bis 8 Fuß tief gehe, könne im 
Norden von Sandan den Canal nicht mehr pafficen (f. oben 
©. 464). Die hiefigen Sapanifhen Beamten, fagte ex, dienten 
zur Beauffichtigung des Handels mit den Ain os, um diefe vor 
Bedruͤckungen zu ſchuͤtzen. Aber ein auf die Kurilen verfchlages 
ner Japaniſcher Schiffer verficherte 92), fpäterhin, der hieſige Han⸗ 
del fey für Nord⸗Japan ungemein mwidtig, weil ee diefen Sinfels 


59 v. Kruſenſtern Reiſe a. a. O. Th. n. ©, 75, 88, 108. 
22) ebend. ©. 82. 22) chend. ©. 56. 
a 


474 Di: Ufßen. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 78. 


theit mit feines Hauptnahrung, ben getrodineten Fiſchen, verſaͤhe; 
feüherhin fey der Handel dahin frei geweſen; erſt feit Jahren 
babe die Regierung bdenfelben als Monopol an fich geriffen, und 
dabei fo babe Preife geſtellt, daß die größte Unzufriedenheit des 
Volkes in Nord⸗Japan fich deshalb geregt habe. Die Infpection 
batte alfo wol noch andere Abfichten, obgleich v. Kruſenſtern 
die milde Behandlung der Ainos ducch die Japaner rühmt Wirk 
lich waren die Japanifchen Wohnungen alle erft neu angelegt. 
Bei. dem Befuche berfelden an der Salmbai ſahe man 8 Pad: 
haͤuſer an einem Fluͤßchen erbaut, und mit trodnen Fiſchen, Salz 
und Meis gefültt. Die Sapanifchen Dffieiere waren. bei der Ans 
kunft der Fremdlinge in die größte Furcht gebracht, noch zitterten 
fiez fie fuͤrchteten unfteeitig einen Ueberfall. Nur einige 20 as 
paner und etwa 50 Ainos waren um fie verfanmelt. Im Fluͤß⸗ 
chen lagen 10 große Flachboote, in ber Mühe fahe man nur wes 
»lg Hütten der Kinos. Der biefige Handel foll jährlich 10 bis 
12 Japaniſche Küftenfohrer iu 100 bis 120 Tonnen Laſt bes 
ſchaͤftigen. 

Aber in dem Senachbarten Zamary Aniwa ſcheint ber 
Dauptfig des Japanifchen Handels zu ſeyn, mit einer beden⸗ 
tenderen Factorei; dort ſahe man über 100 Häufer der Ainos, 
und mehr als 300 derfelben waren mit Reinigung und Dörsung 
der Fiſche befchäftige. 5 beimaftete, Keine Fahrzeuge, und 1 gros 
- eb, auch ˖ fehr viele Laftboote Lagen im Hafen, der zwar klein aber 
Sicher iR. Das Thal der Colomifation war lieblicher wie andere 
Küftenflellen 5 die Dfficiere waren bier von vornehmerem Range 
old in der Ealmbatz denn fie. trugen jeber 2 Degen, an jener 
jeber nur einen. Auch waren fie keineswegs in Schrecken gefeht, 
und zeigten fich fehr gaftlich gegen bie Fremdlinge. 

. Die Baien wimmelten von Wallfiſchen, deren Zahl fo 
groß war, daß die Ruffifchen Schiffe nur mit Vorſicht in biefels 
ben einlaufen mußten; noc mehr nahm ihre Zahl im Dflen ber 
Patienee Bai zu Wahrſcheinlich wärbe hier auch der Caches 
lot großen Gewinn geben, wenn bie Japaner fi auf den Se 
. diefee Seerieſen legen wollten, was fie bisher nicht gethan, da 
Doch deren Probucte wie Wallrath und Amber in Japan 
Sehe boben Werth hoben, Die Ufer waren reich an Aufterm, 
Krebfen, Fiſchen. In beiden Factoreien wurden über 400 Ainos 
allein mit dem Reinigen der Fiſche befchäftigt; man brauchte zu 
ihrem Gange gar keine Mühe anzuwenden, ſondern fchöpfte fie 


l 


Tatakai, Suͤdkuͤſte Aniwa⸗Bai. 475 


nur wenn bie Ebbe eintrat mit Eimern, fo ungeheues war ihre 
dichtgedrängte Menge. Daher die Benennung ber Salmbai. 
Zu beiden Seiten des Flußufers erhoben fich die fchönften Kichs 
tenmwälber, welche gutes Bimmerholz zum Häuferbau und zu 
dee Schiffswerfte lieferten. 
Für eine thätige Europäifhe Colonifation, meint 

v. Kruſenſtern, würde diefe Localität ungemein geeignet feynz 
mit einem Magazin Europdifcher Waaren würde von bier aus 
dere Handel mit Sapanefen, wie mit Chinefen, leicht ins Werk 
zu feßen ſeyn. Fiſche und Pelzwerk find diefen fo unentbehrlich 
geworden, baß +6 hier an einem Markte dafür nicht fehlen koͤnnte, 
su dem Europäifche Waaren hinzukommen müßten, mit denen 
fi) dann aud) Kamtfchatla, von hier aus, am leichteften verfehen 
tönnte, obwol diefes, außer wenigem Pelswerk, keine andere Waare 
dagegen zum Umtauſch haben moͤchte. Den Englänbdern in 
Indien, den Spaniern in ben Philippinen, würde ein ſolches 
Stabliffement leicht werden, den Ruffen wegen Kamtfchatla 
aber am bequemften feyn ; jedoch bei dem Menſchenmangel Sis 
birien6 und der geringen Communication von Kronſtadt und Pes 
tersburg, mit feinen Sibiriſchen Geſtadelaͤndern, ſchwierig zu ers 
halten (Rußlands Marine bat feit 1805 aber große Fortſchritte 
fire die oceanifche Seefahrt und die Sibirifchen wie für die Nord⸗ 
weſt⸗Amerikaniſchen Geftade gemacht). Die Befignahme von 
Aniwa, meinte bee Ruffifche Seefahrer, würde keinen Tropfen 
Bluts koſten; felbft eine Sapanifche Flotte mit 10,000 Mans 
wäre durch ein paar Gutter, von 16 Kanongw mit 60 Dann, bei 
friſchem Winde, ficher überwältigt. Die Japaner hätten kein 
Recht an Sachalien; ihre Teuppenzahl in Matsmaye fep 
fehe gering, ein Landmarfch von ba ducch die Mitte der Yefos . 
Inſel, zu deren Nordfpige, ganz impracticabel wegen Mangel au’ 
Wegen in diefem Lande dee Wildniß, und im Norden von Yeſo, 
wie in ber Sactorei von Aniwa, war keine Gegenwehr zu fürdhs 
ten. (Wirklich wurde fpäterhin von NRuffifher Seite, durch dem 
Kammerherrn v. Refanoff, von Kodiak aus, eine Kriege: Ep 
pebition zur Berflörung dieſes Japaniſchen Erabliſſements ausge⸗ 
ſchickt.) ®) 

Im Dften ber Aniwa Bai erhebt ſich eine Reihe hoher 
Berge, die ſich gegen Norden zieht, und der Sufel ihre Haupter⸗ 


2s v. Kruſenſtern a. a. O. u. SG. 96. 





’ 


176 DfirAfien. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 78. 


ſtreckung in der Meridianrichtung gu geben fheint. Die Gebirge 
waren, am i6ten May, da eins der. dortigen unentbediten Borges 
birge, Kap Loͤw en oͤrn +) domblirt wurde, noch mit Schnee ber 
dedt. Hinter demſelben trat ein anderes, Gap Tonym, auf, 
und bahinter fhiffte man an ber Mordwinoff Bay vorüber 
(36° 4 N. Br). Die hiefigen Küftenbewohner, die Ainos, was 
rem beſſer gebifder, und worhabender als ihre füblichen Landoleute 
in Yefo und an der Aniwa Bat, obwol fie mit ihnen ganz gleiche 
Sprache vedeten. In Seehundsfelle gekleidet, waren fie mit dem 
Fang von Seehunden und Seelöwen befchäftigt, bie ihnen den 

Thran zum Abfag an bie Japaner in Menge liefern. Die Kactos 
rei zu Aniwa tft auf dem Landiwege, von da, durch bie Inſel, 
nur 5 geoge. Meilen entferht. Hantgeräth und Möbel waren 
bei dieſen Ainos ganz Sapanifh. Bon der Bat Mordwi⸗ 
noff an flceiht das niedrige Oſtufer der Infel direct gegen 
den Nord, dis es wieder, in der Patience Bat, in Halb⸗ 
monbgeflaft gegen Oſten vorfpringt, Im Innern der Infel zieht 
die Bergreibe gegen Norden fort, deren abgerunbete, hoͤchſte 
Kuppe, unter 47° 33 N. Br., ſchon die Holländer den Spens 
derg nannten; ein Theil war noch fchneebededt (20. Mat). Die 
geitm bekleidete, liebliche Oſt⸗Kuͤſte hatte hier holzreiche Thaͤler, 
und große Vorzuͤge, nah v. Krufenſterns Urtheil, vor dem 
Süd: und Nord: Enden ber Inſel. Am 21. Mai fchnetete es 
jedoch noch In ber Nähe der, Patience Bai ),- wo, unter 
492 13* 55”, der Anter, obwot an keiner günfligen Hafenſtelle 
ausgeworfen wurde. 

Dem Cap Patience gegen S.O. liegt ein ſehr gefährliches 
Felsriff, das Robben Eiland, von 35 geogr. Meilen Länge 
vor, an welchem fich bie Wogen bes Oceans auf das beftigfte 
brechen. Nordwaͤrts befietben fahe man, am 26. Mai, beim Vor⸗ 
überfchiffen, nur ein unabfehbares Eisfeld, befien Treiben 
durch den Zug biefer Klippen gehemmt zu werben fehlen. Die 
Brandungen gegen Oſt zeigten fi), fo weit das Auge reichte; 
das Schiff beim Voruͤberſegeln nahete ſich nur bi8 zu 39 Faden 
Tiefe. Der Wind wehete aus N.N.O., mit hohen Wogen aus 
D., bei dunklem, neblichtem Wetter; die gewaltigen Eismaſ⸗ 
fen, bie weiter oſtwaͤrts in Flotten heranſchwammen, mußten in 
O.S. O. umfegelt werden. Die Schiffahrt weiter nordwaͤrts war 


°4) v. Kruſenſtern a. a. D. I ©, 114. 29 ebend. ©, 126. 


Tarakai, Suͤdkuͤſte, Aino's. 477 


für biemal unmöglich; fchon unter 48° N. Br. war fie hier mit. 

Gefahr verknüpft. Der See⸗Capitain zog alfo bie directe Ueber: 
fahrt nad) Kamtſchatka vor, im Parallel von 480 N. Br. durch 
bie Kurilen hindurch, um in fpäterer, guͤnſtiger Sahreszeit zum 
Gap Patience zus Vollendung der Küftenaufnahme der felt: 
famen Juſel zuruͤckzukehren. Das Felsriff des Robben Ei» 
landes 5%) warb genau befiimmıt durch diefe und bie fpätere 
Fahrt, zwiſchen 48° 36’ N. Br., 215° TU. L. v. Gr., und 48° 28° 
N.Br., 215° 50 ME. v. Gr. 


Anmerkung. Die Kinos im Süden der Infet Zarakaiı 
nah dv. Krufenfterns 7) Beobadhtung. 


Ainos nennen ſich bie Bewohner am Nor dende ber Infel Yefo, 
wie am Sübenbe von Sachalin (d. i. Tchoka ober Tarakai). 
Wuchs, Geſichtsbildung, Sprade beweifen, baß beide zu einertet 
Volke gehoͤren; daher Tonnten frühe Schiffer, benen bie Querftraße 
von La Peyrufe unbefannt blieb, der Meinung feyn, beiberlei Inſeln für 
einerlei Infel zu halten, weit beibe gleichartige Voͤlkerſchaften beher⸗ 
bergen, die man, feit bes Ruſſen Spangenbergs Schiffahrt (1739), haas 
rige Kuriten genannt hatte. Von mittlerem, faft gleichem Wuchs, 
haben fie Höchftene bis 5 Fuß 2 Zoll Größe, dunkle, faft ſchwarze Ges 
ſichtsfarbe, mit ſtarkem, bufcyigem Bart, ſchwarzes, ftruppiges Haupt⸗ 
haar, ſchlicht herabhängend, das ihnen, ben Bart abgerechnet, Achnlich« 
Zeit mit den Kamtſchadalen giebts doch find ihre Geſichtszuͤge weit regel⸗ 
mäßiger. Die frühere Gage, als feyen biefe Infulaner am ganzen Leibe 
behaart, fand v. Krufenftern nicht beftätigt, und erklärt fie ald Fa⸗ 
bei, ober body als Uebertreibung. 

Die Weiber erhalten bei kohlſchwarz herabhängendem Haar, dunkler 
Gefichtsfarbe, blaugefärbten Lippen, tatuirten Händen und vielem Schmutz, 
ein häßliches Anfehn, obwol ihr Benehmen fehr fittfam tft, und in jedem 
Ausbrud etwas Edleres verräth. Herzensguͤte ift in jebem Geſichte, 
das der talentvolle Naturforfcher Zilefius portraiticte, ausgebrüdtz - 
ftatt der Habſucht und Raubſucht, bie fo allgemeihe Lafter der Bewohs 
ner ber Suͤdſee⸗Inſeln find, zeigten fie ſich ungemein mittheilend und 
wohlwollend. Ihre Kleidung beiteht aus Bellen von zahmen Hunden 
und Seehunden, ober Bärenfell. Auch ein grobes, aus Baumrinde ges 
webtes Zeug, mit blauem Tuch eingefaßt, bient ihnen zur Bedeckung 
und leichte Unterkieibung der Japaneſen. Die Männer trugen Ohrringe 
von Meffing. In, Aniwa war mehr Wohlſtand als auf Yelo. Die 
dauerpafteren Hütten in bee Romanzoff Bai waren für 8 bis 10 





20) dv. Kruſenſtern «. a. D. II. S. 18. *7).chend. ©. 97—108. 


478 DftsAfien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 78 


Derfonen mit allen Japaniſchen Gerätbfchaften verfehen, verriethen einen 
gewiſſen Wohlſtand, und waren befier ‚als bie nur temporairen Hütten 
ber Anima Bat, ober auf ben Kurilen wie in Kamtſchatka. Das allge 
meine Getränt war nur Schneewafler 3 in jebem Haufe bemerkte man 
einen jungen Bären, der da aufgezogen wurde, unb feine Stelle im 
Winkel der Wohnſtube hatte, Ungeachtet er ber unruhigfte Bewohner 
bes Hauſes zu feyn fchien, fo war doch keiner ber Hausbefiger zum Bers 
kauf feines Bären zu bewegen. Die Sage, daß bie Weiber dieſe Bären 
fäugten, mag wol wie fo manches andere blos Webertreibung feyn. 
Keine Spur von Adekban ober Viehzucht, Kein Gärtchen ift bef bies 
fen Ainos gu findenz nur Hunde allein benugen fie zu Winterreifen in 
Schlitten. Patriarchaliſche Werfaffung berrfcht bei ihnen vor. Sie wäs 
gen volllommen zufrieden über bie Sefchentevertheilung, voll Freubigkeit, 
zuvorkommend in jeber Arts fogleich unaufgefordert zu jedem Dienft mit 
den Ganots bei ber Hand, ohne den geringften Lohn bafür zu forbern. 

Ihre Anzahl, fehr gering auf der Rorbfpige von Yefo, betrug 
für die dortigen 8 Wohnhaͤuſer etwa 80 Perfonenz tiefer im Lande feh⸗ 
Ien wol bie Wohnungen, ba Kilhfang im Meere die Sauptnahrung ift. 
In der Salmıs und Aniwa⸗Bai waren, zur Zeit bes Fiſchfanges, 
300 bis 400 Perfonen verfammelt, fo daß in Summa bie ganze Popus 
lation, zu beiden Seiten der La Peyroufe Strafe, wol nicht viels 
mehr als 500 Perfonen betragen mag. 


C. Entbelung des Norcbendes der Infel Tarakai 
mit der Nadeshda Bai und der Mündung des 
‚Amurs&tromed, durch dv. Krufenftern (1805). 


Die Vollendung der Entbedung der Inſel Tarakai, buch 
ihre Norbumfchiffung, iſt das Verdienft dee Ruffen. v. Kru⸗ 
fenflern 8) Lehrte im Sommer 1805 von Kamtſchatka zur Bai 
Datience, in der Mitte des Juli, zurüd, um bie Recognosci⸗ 
rung ber weiterhin gänzlich unbelannten Oſt⸗Küuͤſte, ge 
gen den Morden, weiter zu führen. Unter ber großen Zahl der 
afteonomifhen und nautifhen Drtsbeflimmungen an ber, gegen 
Nord, ziemlich gleichartig fortlaufendenden Oft:Küfle, erhielt ein 
Say, unter 49° 35 N.Br, den Namen Cap Billingsbaus 
fen, wo fih, im Innern ber Inſel, bei heiterem Wetter eine 
Bergreibe mit fchönem Gruͤn bekleidet zeigte. Doch waren ber 
Bäume nur wenige, von geringem Wuchs, und an dem kleinen 
Baͤchen und Meeresufern ſahe man nur kurzes Geſtraͤuch, und — 


260) v. Kruſenſtern Q a. O. 1. &, 176 — Ble 


Tarakai, Oſtkuͤſte, nach v. Kruſenſtern. 479, 


keine Spur von Menſchen, bis an die außerſte Nord⸗ 
ſpitze der Inſel. Die Gleichfoͤrmigkeit ihrer Innern Erhebungen 
erleichterte keineswegs bie trigonometrifchen Arbeiten zu ihrer Küs. 
ftenaufnohme. Auf der Fahrſtraße des Schiffes betrug die Tiefe 
des Seegrundes 70 bi6 80 Zaden. Vom 50 N.Br. an wird 
der Boden der Infel flacher, bi6 Cap Ratmanoff. Dann 
treten wieder neue Bergreihen hervor; die Ufer bleiben ſchroff, 
gelb von Farbe, die Meerestiefe 2 geogr. Meilen vom Lande nur 
% Saden. Hier bemerkte man zuerfl eine Meeresfirömung 
gegen Sud. Das Land wurde fäſt immer von bdüfleree Wols - 
kendecke verborgen; dicke Nebel lagerten uͤberall, hohe Wellen aus 
Dften verfündeten Oftfturm, ber, vom 24. bis 29. Juli, ba6 
Schiff zum Städ auf einem Elippenfreien Deere herumtummelte. 
Bom Cap Delisie®) nimmt da6 hohe Gebirgoland der In⸗ 
ſel mit den zwei legten Bergen ein Ende; die Inſel wird ganz 
flach, die Dft Ufer werden fandig, mit nieberer Waldung bes 
delt, ganz ber Weſtſeite der‘ Inſel eorrefponbirend, wo La 
Deyroufe auch von 51° N.Br. an nur noh Sanddünen 
wahrnahm. Da bie Infel hier von D. nad W. nur etwa 12 
bi6 13 geogr. Meilen Breite hat, fo könnte fie wol, zwiſchen 61 
bie 67° N. Br., nur aus lauter Sanddünen befichen. Das Cap 
Butin fchien fih pur noch aus einem Sandmeere zu erhebens 
unter 51° 53° N. Br. gab ein Sandberg, welcher die Dünens 
Tpige genannt wurbe, noch eine gute Landmatke fhr den Schif⸗ 
fir. Die folgenden fünf Sandhuͤgelwellen zeigten fi wie 
eine Kette von Infeln, bie aus einem Sandmeere hervorragt. 
Das Innere der ganz flachen Infel fehlen, mit dem Teleſcop bes 
trachtet, wie mit undurchdringlichem Geſtraͤuch uͤberwachſen. Uns 
tee 62° 327 80” ſchwand die Meerestiefe bis zu 10 Faden, bei 
ſtets wiederkehrenden Stuͤrmen eine fehe gefährliche Stelle. Nach 
der langweiligſten Kuͤſtenfahrt, bei der flatt der gehofften, guͤnſti⸗ 
gen Baien und Höhen, immer nur heftige Brandungen und 
Seichten Gefahr deohten, wurde das Cap Löwenflern®%), uns _ 
tee 58° 3’ 15° N. Br. erreiche. In feiner Mähe erblidte man 2 
menſchliche Wohnungen, die erften der Oſtkuͤſte, aber and 
die legten; weiche Einfamkeit! Von bdiefem Cap wird bie 
Anſicht dee Infel, bis zu ihrem Nordende, ungemein duͤſter und 
ernſt; jede Spur der Vegetation verfchwinders Pie ganze Kuͤſte, 





*°) v. Krnſenſtern a. a. O. I. S. 194. »0) ebend. S. 24. 


480 Oſt Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 78. 


weiche in ber Sprache des Britiſchen Seemannes eine eiferne 
Küfte heißen würde, beſteht durchgaͤngig aus einer gleichartigen 
Maſſe von Granitfelfen (2), von ſchwarzer Zarbe mit weißen 
Flecken. Die Sertiefe iſt Felsdoden, und keine volle 2 Stunden 
(3 Seemeilen) vom Lande, nur 30 Faden tief. Dom Cap Loͤ⸗ 
wenftern aus konnte man noch 4 Landfpigen unterfcheiden, ats 
bas Schiff nur noch 6 geogr. Meilen (25 Geemeilen) von der 
Nordſpitze der Infel fen war. Hier, am Morgen des J0Oten 
Auguft, bei 35 Faden Tiefe, bemerkte man eine ſtarke Ver⸗ 
änderung bes Seewaſſers; es war ſchmutzig gelb. Dr. Horner, 
der treffliche Afteonom ber Erpedition, fanb es 8 Gran leich⸗ 
ter, al& das den Tag zuvor gefchöpfte Waller. Diefe Verändes 
rung konnte nur der Mündung des Amurfiromes zuges 
fchrieben werben, bie 13 Grad weiter ſuͤdwaͤrts (d. 1. ſuͤdweſt⸗ 
waͤrts) liegt, deren Erguß demnach alfo das Nordende der Ins 
ſel umſtroͤmt. Am Mittag beffelben Tages zeigte ſich das 
Mord:Cap der Inſel, und um 34 Uhr wurde es boublirt; «es 
Uegt unter 54° 24° 30” N.Br., 217° 13° 30" WE. v. Gr., und 
erhielt den Namen Cap Elifaberh A) Eine große Bat 
Legt ihm im Welten, welche den Namen, nad dem Schiffe des 
Entbeders, Bai Nadeshda exhielt (54° 10° 15” N. Br., 217° 
32 36% WR. v. Gr.) Gie wird im Meft, in einer Breite von 
34 geoge. Meilen von einem zweiten Morbhorn der Inſel, dem 
aͤußerſten Nor dweſt⸗Cap begrenzt, daB gegen das Continent 
hin gerichtet Äft, und den Namen Cap Maria erhielt (54° 17° 
30" N.Br., 217° 42 15" WL.v. Sr) Das Nord⸗Cap if 
ein abgeriffener,, Elippiger, nadter, vielfpigiger Selb, ohne Wals 
dung und Grün, bee Suͤdſpitze Kamtſchatkas, Lopatka, ähnlich; 
das N. W.⸗Cap ift’eine Hügelceihe von faft gleicher Höhe, mit 
dem Anfehn einer Ebene, die fanft gegen das Meer geneigt iſt, 
Doch liegt ihr gegen N.D. ein gefährliches Kelsriff mit Brandun⸗ 
gen vor. In der tiefen, großen Bai ward die Hoffnung, endlich 
einen guten Hafen zu finden, gänzlich getäufche. Aber in einem 
veiend geöffneten Thale fahe man ein großes Dosf von 27 Häus 
fen; 35 Perfonen fapen in einer Reihe am Ufer bin, wie es 
f&hien, in Erwartung der Dinge, die ba kommen follten. Dee 
Manufchaft, bie ſogleich vom großen Schiffe aus, auf dem Boote 
Dabingerubert, in ihrer Nähe ans Land flieg, v. LZöwenftern 


s1) 9, Krufenfieen a. a. DO U. &. 907, 09, 237. 


Tarakai, Nordkuͤſte nach v. Krufenflern. 481 


dee Lieutnant, Dr. Horner und Zilefius, der Afteonom und 
Naturforfcher, am ihrer Spige, gingen bie diei Chefs der Ver⸗ 
fammiung°?) entgegen, jeber einen Fuchsbalg In der Luft ſchwen⸗ 
kend, umb fo laut auffchreiend, daß man es auf dem fernen 
Schiffe vernahm. Sie gingen den Ruſſen mit herzlichen Umar⸗ 
mungen, wie eß fehlen, entgegen; aber das Weitergehen verweigers 
ten fi. Da hierauf fogleid alle Bewohner des Dorfes mit 
Dolhen und Saͤbeln bewaffnet herbeieilten, fo hielt man bie 
ſchnellſte Einbarkation für das Gerathenfte, um an einer andern 
Stelle zu landen. 

Hier würde die einzige Gegend, am Nordende der Infel Tas 
rakai, zur Anlage einer Ruſſiſchen Colonifation paffend fepn. 
Zwar iſt die Bai offen, fagt v. Kruſenſtern 9), doch ſcheint 
fie Vorzüge vor den Baien von Teneriffa und Madera zu 
haben, in denen: zu gewiſſen Jahreszeiten große Flotten mit Sis 
herheit vor Anker gehen können. Ihre Tiefe nimmt, von 9 Far 
den nad) 13 Seemeilen Ferne, bis zu Kabeltau Länge, vom Ufer, 
bis gu 3 Faden ab, und bietet guten Ankergrund. Im Sommer,. 
bei den feltenen Norbwinden, muß fie daher ſehr ficher feyn. Die. . 
Thalgegend des Dorfes zeigte fich, [päterhin, bei näherer Uns 
terſuchung, befonberd reizend zu einem Etabliſſement ; uͤppiger 
Gras wuchs bedeckte die Niederung, Fichten wald ſchmuͤckte 
die Anhoͤhen, in einen großen Landſee der Naͤhe ergießen ſich meh⸗ 
rere kleine Baͤche. Ein zweites, kleineres Dorf liegt in der weiten 
Bai, mehr gegen das N.W. Cap bin, bat 16 bis 18 Haͤuſer und 
60 bis 70 Perſenen zu Bewohnern, darunter man 20 bis 25 Er⸗ 
wachfene zählte. Jenes größere Dorf, bed noͤrdlichern Zheiles 
der Bai, viel volkreicher, zählte etwa 140 Bewohner. Ein 3tes 
Dorf, in dee Nordbai, hatte an 50, ein 4tes, das man 
noch im N. W. ber Bai entbedite, hatte an 100 Einwohner, und 
bie und da einzeln liegende Häufer mit etwa 50, fo daß man bie 
zanze Population dieſes Nordendes von Tarakai, auf 
400 Einwohner *) fchägen konnte. Eine ſtarke Anfledelung dies 
fer für Wettfchiffen doch, immer ſehr abgelegenen Gegend der Exbe,. 
Ne auch kuͤnftig von Seefahrern nur wenig befucht werden möchte, 

Bei einem zweiten, etwas fpäteren Befuche in biefer Na⸗ 
deshda⸗-Bai beſtaͤtigte fi die Bemerkung, welche ſich fchon 





2 v. aruſenſtern a. a. O. II. S. 210. 22) ebend. S. 211. 
20) ebend. ©, 232. - 


Bütee Erdkunde IY. | [,y\ 


483 Ofi-Aien. Waflerfofteme. 1. Abfhn. f 78. 


den Beobachtern beim erſten Zufammenteeffen aufgebrängt hatte, 
daß dies eine Katarifhe Colonie (wol Mandſchu?) fey. 
Ainos waren es nicht, von bdiefen bemerkte v. Keufenftern 
nue einen einzigen unter ihnen. Auf) gleihe Weile, von 
den Bewohnern des großen Dorfes wie das, erſte mal begrüßt, 
zeigte fich bei ihnen bald Mistrauen und Furcht vor ben Fremd⸗ 
Ungen. Ihe Häuptling hatte Über feine aͤrmliche Unterkleidung 
einen prächtigen, feidenen Talar mit Chinefifcher Blumenwirkerei 
gegogenz er wurde durch Geſchenke erfreut. Das Weitergehen ges 
gen das Dorf hin fegte die Anwefenden in Schredens fie Bis . 
derten, fehrien laut auf, fprerfgten zu den Wohnungen bin. Da 
aber kein Uebel gefchage, und das habfüchtige Oberhaupt, burch 
immer neue Gaben gekoͤrnt, mit den Fremdlingen das ganze 
Dorf durchſchritt, bis zu feiner eigenen Wohnung, fo lernte man 
Dadurch den Det näher kennen. Die Häufer wären mitunter befs 

> fee, ziemlich‘ groß, auf Pfählen gebaut, hatten Schornfleine, eis 
"nen Heerd mit eifernen Halten für den Keffel; und umher mas 
sen Kenfteröffnungen, Treppen führten Binauf; der untere Raum 
unter den Pfählen ward von den Hunden eingenommen. Die 
Kteider waren von Yundsfellen, Fiſchdaͤrmen, Serhunbsfellen, die 
Kopfbebedung Strohhuͤte, gleich den Chinefifhen. Wan fahe, 
daß der Handel der Mandſchu die Chinefifhen Waaren bis 
hierher verbreitete. Aderfelder, Gärten fehlten, Fiſchfang ſchien 
auch bier die Hauptnahrung zu geben; doch weibeten jwifchen beis 
den Dorffchaften einige Renthiere. 

Diefe Eolonte iſt wahrſcheinlich vom continentalen Amur 
bierhe® gezogen, vielleicht erſt feit kurzem, meinte.v. Kruſen⸗ 
ſtern, und hat wahrfcheintih die Ainos von dem Mordende ber 
Inſel verdrängt. Eben fo wird e6 an dem Sübende mit bes 
Sapanifchen Gotonifation gefcyehen, die ſchon gegenwärtig das 
dortige Land als Eigentum, die Aino® als Unterthanen bes 
trachtet. Ob der Hof von Peking von biefer Einwanderung der 
Mandſchu-Colonie unterrichtet iſt? Xeider verſtand von der Mufs 
fiihen Erpedition Niemand die Mandfhu Sprache, um näher 
Erfundigung bei den dort Angefiedelten einziehen zu koͤnnen; 
aber fo viel ift wol klar, daß auf diefe Weife allmälih, auf Tas 
rakai wie auf Yeſo und den Kurilen, die Voͤlkerſchaft der 
ehnedies nicht zahlreichen Kinos, immer mehr berbrängt werben 





»s) 9, Kruſenſtern a. ar D. 1. 6, 2393. » B 


Tarakai, Nordküfte nach v. Krufenften. 483 


und zuletzt ausfierben wird; and dem Mocbende bet Inſel waren 
fie ſchon alle verfhwunden. . | > 
Noch war der Canal im Weften, zwifchen dem Gap 
Maria und der Mandfehus Küfte mit der Amur: Mündung 
zu esforfchen %) übrig. Das naͤchſte Vorgebirge am dee Weſt⸗ 
kuͤſte der Infel wusde Cap Horner, nach dem hochverdienten, 
trefflichen Aſtronomen genannt; eine heftige Strömung riß bier 
das Schiff in einer Stunde drittehalb Seemeilen mit fort, der 
heftige Wind zwang im engen Ganele, der Inſel und Continent 
trennt, zu laviren, doch Eonnte dieſes wegen Nebel und Wolken 
nicht erblidt werden. Bei flarkbleibender Strömung war bie ers 
tiefe 22 bis 27 Faden. Am 12ten Auguſt wurbe In der Bat, 
am Cap Horner, Anker geworfen (unter 54° 08° 10” N. Br., 
217° 61°,30” WE. v. Gr.); genau im Dften erhob fich der YiR 
Espenberg, nad) dem Arzt ber Erpebitiom genannt. Dr. Hor⸗ 
ner hatte mehrere mal während bed Gegeins, in dem Canale, 
verſchiedene Verſuche über bie [pectfifhe Schwere des Wafs 
ſers angeſtellt. Er fand heute das Waſſer nur 78 Gran ſchwer; 
alſo 12 Gran leichter, als das Seewaſſer gewoͤhnlich in- mittlern 
Breiten ſich zeigt, und 14 Gran ſchwerer als Flußwaſſer. Ein 
ſicherer Beweis, daß man ſich dem Ausfiuffe de Amue⸗ 
mündung mehr unb mehr näherte. Bei ganz dichtem Gegeln, 
an ber Wefttüfle det Nordendes der Infel, zeigte fich, daß 
fie unendliche Vorzuͤge vor ihrem fhbweitlichen Ende barbiete, 
ie war zwifchen den Bergen bis zu den Spitzen bewaldet, in 
mehrern Thaͤlern bemerkte man üppiged Gras; die fchroffen, gels 
ben Ufer erhoben ſich mauergleich, in ipren Durchbruͤchen zeigten 
fi kleine Niederungen mit Wohnhaͤuſern, Sifcherflellen, und noch 
eine fübliche Dorfſchaft, tiefer landein, beſtand aus wohlgebauten 
Haͤuſern; ſelbſt Acketfeld nahm man dort wahr. Noch: weiter 
ſuͤdwaͤrte folgte jebody auch hier wieder niedres Sandland, 
Am idten Auguft erbiidte man zum erften male, gegenuͤber, 
das hohe Sebirgsland der Tatarei (Mandſchu⸗Land), 
dahinter, tiefer landein, zwei Bergruicken von mäßiger Hoaͤhe, mit 
eine Deffnung von hoͤchſtens zwei Stunden Breite, welche den 
Canal zu bezeichnen ſchien, der zur Mündung des Amur 
kührte. Sege fchiffte man im Abfland von nur etwa 2 ſtarken 
Stunden (5 Seemeilen) darauf 106, bis zum Tataren Gaps 


°*) 9. Rrufenfien 6. 0. D. II. ©. 2151. 
| Ä | 952 sl 


454 Oſt-Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 78. 


aber die Seetiefe fchwand, dis auf 6 Faden. Weiter durfte das 
geoße Echiff ſich nicht wagen, das ausgeſetzte Boot, unter Lieut⸗ 
nant Rombergs Befehl, follte rudernd die Weite des vereng⸗ 
ten Cavals fundiren. Aber bie heftigften Stürme erfchwerten 
Die Fahrt fo ſehr, daß biefes, nachdem es etwa die Mitte defiels 
den, im Abftande von britfehalb Seemeilen von beiderlei Ufern 
erreicht, und nur noch 34 Faden Grund übrig behalten Hatte, zu 
dem Tataren Cap in derfelden Nacht zurückkehrte. Es brachte 
einen Eimer Waſſer mis, das aus der Mitte des Canal ge 
Adyöpft war, es war vollkommen füß, nur 1 Gran ſchwerer 
als das Trinkwaſſer, das man am Bord der Nadeshba vom Pe⸗ 
ger und Paulshafen aus Kamtfchatta mit ſich führte, und genau 
eben ſo leicht wie das Trinkwaſſer aus Nangafali.. Man ſchwamm 
alſo fhon auf Amurwaffer; denn auh am Sciffevorb 
fhöpfte man Trinkwaſſer aus der See. Man lag alfo auf tans 
« talifche Weife dee Mündung des Amur vor, eine heftige 
Strömung kam aus ©. und S.S.D.; die Mündung ſelbſt 
war für jegt unerreihbarz denn außer den Stuͤrmen bielt 
Das Verbot der Inſtruction davon zuruͤck, die nahe Küfte unter 
Chineſiſcher Botmaͤßigkeit nicht in Allarm zu bringen. Die Mel 
dung der Erblidung eines Ruſſiſchen Schiffes an der Mündung 
des Amur, durch die an demſelben ſtets flationirten Chinefifchen 
Flottillen mit Grenzwachten, hätte ber Ruffifhen Miſſion zu Lande 
unter Graf Goloflin, welche damals im Begriff war von Kiachte 
nach Peking zu gehen, bei den mistrauiſchen Chinefen, ficher den 
Weg verſperrt 97) (ſ. Aften Bd. I. &. 107). Man”) mußte fid 
damit begnügen, die beiden benachbarten Caps zu beiden Seiten 
des Canals, auf der Küfte des Feſtlandes der Tatarei, Cap 
Romberg (53° 6 0" NR Br, 218° 15° 15” WE v. Ge.), 
und an der Weftlüfte dee Infel, Cap Solowarfhof (63° 30 
15" N. Br., 218° 06° 00° ML. v. Gr.), zu beſtimmen, die nad 
den dienfithuenden Schiffslieutmants genannt wurden. Der noͤrd⸗ 
lichſte Punct der Tatariſchen Küfte des Feſtlandes wurde zu Ei 
ron des kuͤhnſten Entdeders des Amurftromes, Cap Chaba: 
zaff (53° 838 N. Br., 218° 34 WE. v. Ger.) genannt. Ami 
eine, dem Norden des Cap Romberg vorliegende, Juſelchen, 
mit Borland und Mieberung, ließen «6 bei befkänbigen Stuͤrmen 
und Strömungen zweifelhaft, ob hier nicht das Vorland des Gen 
— — 


22) 9, Krufnfiem m, a. D. I. ©, 20. »2) chend. S. 381. 





Tarakai, nach Japaniſchen Berichten. 485 


tinentes nur aus einer Kette kleiner Inſeln beftche, oder ob eine 
einzige größere Inſel duch einen bahinterliegenden Canal - etwa 
vom Lande getrennt fr. Die Einfhiffung in bie Amur⸗ 
muͤndung felbft bieibt alfo noch künftigen Zeiten vorbehalten; 
und fie wird aller MWahrfcheintichkeit nah einft nur um das 
Nordende der vorliegenden Inſel oder Halbinfel Tara⸗ 
kai, denn ihre Geſtalt bleibt noch immer problematifch, voll 
führt werden Eönnen. 


Anmerkung. Notizen von Zarakai, oder Karafuto und 
Sandan, nad ben Berihten der Japaniſchen Geogra—⸗ 
phen Rinfifee (1785), Mogami Zoknaei und dem Ent⸗ 
beder Mamia Rinfoo (1808). — 


Auch die Japaner haben einige Kennmiß der Inſel Zaratat 
erlangt, welche am vollftänbigften von bem eifrigen Sapanifchen Geogra⸗ 
pben Rinfifee ’’) von Sen dai in feiner Ichrreichen Befchreibumg 
dee drei fremden, jenfeit der Meere gelegenn Königreihe (Corca, 
Lieou Khieou und Yefo), deren Zugang von feinem Vaterlande 
durch die Wogen fo befchwerlicy als gefährlih, und barum ihre Bes 
ſchreibung doppelt verbienftlich fen, ihre Kenntniß wie er fagt, aber note 
wendig wird, niedergelegt if. Hieraus koͤnnen folgende Daten, die fi 
auch auf bie nörblüchfte der von ihm befchriebenen Infeln, die er Tar a⸗ 
Tat und Karafuto nennt, beziehen, entnommen werden, denen dann 
die itingften , erweiterten Berichte bes Japaniſchen Geographen Mo⸗ 
gami Toknai und bes Entdeckers Mamia — (1808) nach 
v. Slebolds Mittheilungen folgen, 


1) Rinſifées Nachrichten von Tarakau (1785). 


Der Japaniſche Verfaſſer jener erſtgenannten Schrift bemerkt), 
daß keiner ſeiner Landsleute dieſe fernen Koͤnigreiche kenne; er ſelbſt habe 
aber die beigefuͤgte Karte von Yeſo früher gezeichnet, als er einſt ſelbſt 
dort war; auch er habe ſie nach der Beſchreibung des Doctor Fakſikf 
in Japan (Pechy der Chineſiſchen Schreibart), und nach einer zweiten 
Beſchreibung, bie der Autor Kanefori (Khaokin der Ehin. Schrift) 
rebigirte, wodurch einige Küftenpunete beftimmt wurden, verbeſſoert. 

Auch Schiffernachrichten haberer dabei benugt. Beine Entfernungtn- Fo 





#*) San Kokf Tsou Ran To Sets, on. . Apergu General: des 
Trois Royaumes, traduit de l’Original Japonais-Chinois (de Rin- 
sifee de Sendai) par Klaprotlı. Paris 1832. 8. of. Plater and Maps 
to acoompany the Saw Kokf.ete. ib. dad Original erſchien zuYebs 
in 9. 1785. *00) Rinsifee I. & b. Klaprotli Pief. p. » 


486 Oſt. Afien. Wafferfofteme. 1. Abfchn. 4. 78, 


‚Defo berechnet er, nad) Japaniſchen Ri (die Spinrffce Ei), deren ein 
Ki 49 Japaniſchen Matſi (Kiafter) gleich ſey. 

Die Yauptbefhhreibung bezieht fi nur auf die 5 Pr ovinzen ber 
Inſel Yefo, und zumal auf ihre Shdende, auf welchen bas Ter⸗ 
sitorium *°ı) bes Prinzen von Matsmanye liegt, von welchem 
man, obwol irrig, bie ganze Infel benannt hat; insbefonbere werben 
auch von ba aus bie Gingebornen, bie Kinos, unter dem Namen 
D mi Katta Yefo, d. i. Barbaren der Faiferlihen Partei, 
als Untertbanen beſchrieben, bie bem Prinzen von Matsmaye zum 
Neujahr gratulicen. Mit Dlu Yefo wird hier nicht fowol die Inſel 
im Norden von Yefo, wie es die früher genannten Scecapitaine meins 
ten, als vielmehr das ——— Defo, und der entferntere She der 
Anfel, von Matsmaye aus, begeichnet. 

Im Rorben von Yefo, fährt Rinfifse fort, Liegt aber ein ans 
deres Yand, das vom N. W. Ende Yeſos durch einn 6 bis 7 Ri 
breiten Deeresarn geichieben iſt; es beißt Karafuto iRarafto) *)3 
jedoch iſt fein wahrer Name Taraik ai, ober Tarakai. Diefe ganze 
Junſel fol 300 Ri umfang haben, und 92 Dorfichaften enthalten, doch 
weiß ih, fagt Rinſifée, dies nicht genau, ba mehrere Geographen 
dies Sand blos als In ſel der Küfte bes oͤſtlichen Tattan (b.i. ber 
Tatarei) nennen, Auf ber beigegebenen Sapanifchen DriginalsKarte ift 
dieſes Ta ra ikai in ſehr verkürgter Geftalt als Halbinfel des Gon⸗ 
tinentes im üben ber Amurmänbung gezeichnet, und braun illumi⸗ 
nirt, der Ifthmus, burd) den biefelbe mit dem Sontinent sufammens 
hängt, aber gelb illuminirt, wie das Lanb auf bem rechten Ufer bes 
Amurftsomes, und mit Wellenlinien bezeichnet, bie vielleicht jene Dünen« 
bildung anzeigen mögen. 

Vom besohnten Lande Löfet ſich, auf derſelben Sapanifchen Karte, 
ein großes Yeldvorgebirge ab, bas gegen SD. in das Meer vortritt, 
und biefes nennt der Sapanifche Doctor Fakſikf, auf feiner Wirtkarte, 
- Detfo, aber auh Karafuto und Narubeſi. Es fol wol nur das 
‚ gebirgige Suͤdende ber Infel Zarakai vorftellen, fo weit die Japa⸗ 

ner etwa don berfelben Kenntniß haben möchtens der nördliche, ihnen 
aur im Allgemeinen durch Hörenfagen bekannt gewordene, flache, fane 
dige Theil, wäre bei ihnen dann daher nur fehr verkürzt eingezeichnet, 
und ſogleich durch bie Sandduͤnenreihen mit bem Gontinente verbunden 
worben, ; 


Gegen N.W., ſagt Rinfifse, iſt biefed Tarafai mit einer Kette 
von hohen Gtellgebirgen befept, über weiche kein Fußpfad hinüber fuͤhrt; 
jenſeit dieſer Kette, im RB, liegen aber die Länder Sandan und 





) Pinaifte 1 & Not. v. Kiaprotb p. 181, 1866, *) Rinsifte 
“pl 


Zarafaı, ach Sapanifchen Berihten. 487 


dee Mantſin (d. f. be Mandſchu). Bon Sandan, fagt der 
Japaner ganz aufrichtig, wiſſe er nichts (f. unten)3 von den Mantfiu 
aber, erzählt er, brachte ihnen ein Japaniſcher Officier von ber kaiſer⸗ 
lichen Garde, der in ben Sahren 1624 bis 1643 durch Sturm gegen 
N. W. verſchlagen ward, die erfte Kunde 3u Karafuto?) taufchen 
bie Einwohner von Yefo (db. i. von Matsmaye) ihre Probucte aus, 
gegen blaue Glaskorallen (Mufinofu, bie fie von Mandſchus erhal⸗ 
ten), Ablerflägel, Tabakspfeifen, feidene Zeuge mit ge 
ſtickten Drachen (f. oben S. 482), Satins, bunten Zinnen und Baums 
wollenzeuge. Die Zabadspfeifen find von Tatarifher Arbeit, 
weil darauf ManbfhusInferiptionen find. Die Beuge find Chi⸗ 
nefifch, welche bie Mandſchu von Peling nad) Karafuto bringen. 
Auch erhält man biefelben Waaren öfter zu Matsmaye bucd bie 
. Einwohner von Yeſo. 

Sn dem Meere zwifhen Karafuto und Yefo find fehr viel vers 
ftedte Sandbänte und taufende von Klippen, welche die beiden Meeres⸗ 
fahrten, die dahin gehen, ungemein erſchweren; baber ber Handel bahins 
waͤrts immer nur gering feyn kann (ob hier nicht eine Verwechslung in 
ber Erzaͤhlung Statt gefunden, Iafien wir dahingeſtellt). Im Sabre 
1720, fährt der Japaniſche Geograph fort, zählte man auf Karafuto 
9 Velo Dörfer (d. i. von Kinos). Im Dften von Karafuto ft 
bad hohe Meer; im N. O. die Tatarei; wie weit aber davon entfernt, ift 
unbekaunt. Karafuto, fo nahe bei Yefo, tft body durch heftige 
Strömung bavon fo fehr gefchieden, daß bie Hteberfahrt dahin fehr ges 
fährlich ift. Der Prinz von Matsmaye fhidte (in den Jahren 1605 
bis 1622) einige Leute zum Dorfe Ouffiyam (Du tfou fiyam) in Ka⸗ 
rafuto, zur Verfertigung bee Karte des Landes *)3; fie konnten 
aber nicht weiter dringen und kehrten daher wieder um. Die zweite 
dahin gefanbte Expeditien übermwinterte in diefem Dorfe, und rüdte bann, 
im Fruͤhjahr, bis Raritari(?) vor; dann kehrte fie aber auch wieder 
zuruͤck, weil c8 unmoͤglich war weiter zu kommen. Duſſiyam liegt 
im R.W. von Matsmaye in Karafuto, 

Ueber: die urgeſchichte der Ainos (auf PYeſo) geſteht der Japani⸗ 
ſche Geograph ganz unwiſſend zu ſeyn; ihr Urfprung *) ſey unbekamt; 
doch erzählt er Sagen von ihnen, wozu auch bie des haarigen Leis. 
bes gehört, davon ſchon die Chinefifchen Autoren zur Beit. ber Han⸗Dy⸗ 
naftie fprechen. Seine ferneren Nachrichten ) über bie Ainos finb 
richt .auf Tarakai, ‚fondern in Yeſo eingefammelt. 





*) Rinsifee 1. e. p. 190. *) ebend. p. 192. ) abend. p. 211, 
213. ®) ebenb. p. 213 — 241. 


’ 
= 


J 
⸗ 


488 OfisAfien. Waſſerſyſteme. I. Abſchu. F. 78. 


2) Shinefifhe Reichsgeographie Edit. 1818 über Tarakai. 
Die Rachrichten, welche bie Chineſiſche Reichsgeographie 
Yd. 1818 von der Inſel Tarakai enthaͤlt, find gang unbedeu⸗ 
tend, und geben nichts als eine trockne Aufzählung von Namen ber 
Zlüffe und Berge, ohne bie geringfte weitere Belehrungz nur verbient 
daraus angemerkt zu werben, daß det Amurmündung 8 Heine Iufeln 
vorliegen follen, und daß bie geoße Infel Tarakai zum continentalen 
Diftrict San feng, ber Mandſchurei, gerechnet if. 


3) Mogami Taknai (1785) und Mamia Rinfoos (1808) Ent⸗ 
dedungen in Zaralai und Sanban. 


- Wichtiger und Ichrreicher find bie juͤngſten Nachrichten, weiche Aber 
diefe Gegend durch bes Naturforfcher v. SieboLd mehrjährigen Auf⸗ 
enthalt in Sapan, aus Japaniſchen Quellen nad) Guropa ges 
kommen find, beren Original s Mittheilung bie Wiffenfchaft begierig ente 
gegen flieht. Hier nur bie hieher gehörigen Daten, aus beffen vorläus 
figen Mittbeilungen 9°), welche beweifen, baß bie Japaner nicht 
ſtationair bleiben, und bes Geographen Rinfifee Bemuͤhung nicht ohne 
Erfolg blieb. Theils werden obige Daten, zumal uͤber bie Ain o's und 
ihren Verkehr, dadurch beftätigt, theils wird ber Europaͤiſchen Hy⸗ 
pothefe des Bufammenhanges von Zaralai mit bem Gonti⸗ 
nente gerabezu wiberfprochen, bie Gontinentals Küfte aber, unter bem 
Namen Sandan, erhält einige nähere Beftimmungen. 

Aus ben Grzählungen bes Japaners Mogami Tok'nai, ber, 
tm Sabre 1785, von Sooia, einem Handelsſscomptoir auf ber Sufel 
Veſo, eine Hanbelöreife nah Tarakai (ober Karafte) machte, und 
ihre Ofts und Weftküften, wie das gegenüberliegende Sandan, beſuchte, 
fo wie aus einer Karte bes Japaner Mamia Rinfeo, ber bie Muͤn⸗ 
dung bes Amur beſucht Hat, geht folgendes hervor, 

Das weftlihe Tarakat iſt durch eine Meerenge vom 
Sontinent geſchiedenz biefe bat Mamia Binfoo, im Jahre 
1808 befucht, und eine Karte 1°%) bavon gezeichnet. Rah ibm if 
eine eigne Kaiſerlich⸗Japaniſche Commiſſion bahin, gur Unterfuchung, 
abgefertigt worben, bie mit guten, in Curopa gearbeiteten aſtronomiſchen 
Inſtrumenten verfehen war, und Drtsbefiimmungen machte. Die Diecre 
trage wurbe nad; dem Gutbedier Mamia no feto, d. I. bie Paſ⸗ 
Tage bes Mamia genanntz fit IR gewöhnlich vom December bis 





se?) Rapport sur un Memoire relatif à l’Origine des Japonais par 
M. de Siebold ( ia 6. Juil,. 1820) p. Eyriès, Saint Martin, Klap- 
roth in Nouv. Journ, Asiatig. T. IIl. 1829. p. 385 — 405. 

vos) ebend. ©. 348. 


Tartakai, nad Sopanifgen Berichten. 489 


Marz mit Gis belegt (Hiernach wäre Taralai alfo wieber eine 
Safe). 

Sandan (von San, d. I. Shan, Berg, und dan, d. i. Bars 
baren, ober richtiger zothfarbige *), d. h. Bergbarbaren, ober 
BergsWilbe, fol das Volt und nad) ihm das gebirgige Küftens 
Land heißen, weil, bei ben Fortſchritt ber Chineſiſchen Civiliſation, am 
Amur, fid) die dortigen Völker in bie Gebirge zurüdzogen. GSandan 
(auf einer aͤlteren Karte der Japaner, die ſchon H. Reland mittheilt, 
iſt es Hanthang geſchrieben, es iſt das Ketcheng und Fiakka 
(ſ. oben S. 446) ber Sefuiten) liege zwifchen bem Dieere im Süben big 
gegen Korea hin, habe im Weften hohe Berges im Norden begrenze «8 
der große Strom (Amur), ben bie bortigen Anwohner Mankoo nıns 
nen, und ihn aufwärts befchiffen. Sie gehen von Muſi boo an der 
Meerestüfte, buch den Ki tfi hoga (Hoga, ober Halle, im Ku 
silifhen, ein See, ber Kidſi bilten bei Klaproth, irrig Kitji 
pilten bei D’Anville heißt) ober See Kitfinah Kit ſibuk, d. i. 
zum Dorf Kidzi, am rechten Amurufer, unterhalb ber Ginmünbung 
des Rempdengte (Nepterte bei D’Anville) “Bon Muſi boo 
ziehen bie Aino, und bie Sandans, ihre Boote zu Lande, bis 
gum Tabea matfi (wahrfcheinlic der Ainoname für benfelben Seitens 
fiuß, den die Mandſchu Nemdengte nennen), ſchiffen fi) dann wieder 
auf biefem Keinen Fluſſe ein, und folgen da, durch ben genannten See, 
bis zum vechten Ufer des Mankoo (Amur) Kidzi, an jenem Ser, 
ift ber Hauptort in Sandan; von ba geht es noch weiter an ‚beffen 
ufer bis nad) Deren, wo ſich ber Zufluß Dolin, zwiſchen dem 
Tſchoro und Tſindoukha, einmuͤndet. Dieſes Deren iſt der 
Marktort, wol ein neues GEtabliffement, für ben dortigen Zwiſchenhandel 
zwifchen Aino's und Mandſchu, ber lebhaft feyn fol, und, auf ber 
Mandfchufeite, vom Chineſiſchen Gouvernement betrieben wird. Auch 
ſfteht den Sanban, wie bei ben Aino’s, ein Haſata oder Kazi⸗ 
nata, d. i. ein Familienhaͤuptling vor, ber, bei jenen aber, von den 
Mandſchu ernannt wird. Nach dem Japanefen wird ferner bort der 
Handel am Amur, den ee Kon to Too (offenbar obiger Kuen tong, 
f. oben ©. 436, 437, ober auch Hoen thung kiang, ein Rame ber 
aus ſchon auf einee von Klaproth publicirten Sapanifchen Karte 
Ninfifees, ſ. oben S. 485 fi) vorfinbet '°). Mamia Rinfoo fagt, 
er fey ſeibſt bis Deren gefchifft, die Böker, mit benen bort Handel ge⸗ 
weichen werde, ſeyen; Orotsto (Orotſchi bei La Peyroufe ſ. 0b. S. 460) 
Smeren Zur (d. i. Kino im noͤrdlichen Tarakai), Sirun Aino, 
Kimun Kino, Sandan, Korbetste, Kiaky (Wiyala? oben 
S. 446), Kora, Zdaa und Kiffen (Ketfcheng? ebend.) 





: JRapport L ep. 306. 20) tbend. ©. 392 Note 1. 


490 Oft-Aflen. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 79. 


Auf der Japaniſchen Karte. macht der Amur bie Gäbgrenze ber 
Mostopitifchen Befigungen, bie roth gemalt find, wahrſcheinlich nach 
uſſiſchen Angaben, wie gerabe das Gegentheil bei Shinefen, nad; obis 
sem, ſ. S. 440. Mogami Toknai ſagt, Sandan haͤtten vordem 
Stan db. i. Khitan) geheißenz ein Chineſiſcher Poet fage, fie feyen 
zoth wie Zinnober, daher jener Rame Sandan, der auch rothe 
Barbaren heißes ein anderer Poet nenne fie Sikirok, d.h rothe 
Menfchen. Dieß wären bie Khitan, die Srünber ber Liao Dy⸗ 
naftie, 709 — 1125 n. Ehre. Geb., wovon Gata ja feinen Ramen ers 
Halt (f. oben &. 436)3 die richtige Etymologie ihres Namens, bemerkt 
mdeß Klaproth, bedeute aber „rothe Zeichen‘ was cher auf ihre 
alte Sitte, Hd zu tatuiren,, zuruͤckſchließen laͤßt, wie bie auch bei 
manchen andern Tatariſchen Völkern der Kal war. Die Sandan, am 
Amur, fand der Sapanefe wohlhatend und zahlreicher, als landein⸗ 
wärts; ihre Sitten und Lebensart glichen am untern Amurftrom ben 
Kinos, mehr oberhalb beffelben ben Mandſchu. Bei feiner Ruͤckfahrt 
vom Marktorte Deren, babe er am rechten Stromufer auf einem 
Berge 2 gelbe, aufgerichtete Steine bemerkt, welche die Sandan als 
alte Grabmale begrüßten. 


Bmstten —— 
Die Chineſiſchen Strom⸗Syſteme. 


s. 79. 

che unvollkommen bleibt alles was wir, bis jest, über bie 
größten Chinefifhen Stromfpfteme, nad einheimifchen 
Berichten, mittheilen Binnen. Europäer drangen, Marco Pole 
und wenige Jeſuiten Patres ausgenommen, nie tiefer in das 
Binneniand eins überall Feffelte der fittliche, induftrielle und pos 
litiſche Zufland des fo eigenthuͤmlich entwidelten Volkes, feit den 
wenigen Jahthunderten, daß Europäer überhaupt China zu bes 
fuchen pflegten, die Aufmerkſamkeit mehr in feinen frappanteſten 
Euiminationspuncten, als das Verhaͤltniß des räumlich Geſamm⸗ 
ten zum Beſondern in Beziehung auf Natur und Geſchichte, wel⸗ 
ches wir bier vorzugkweiſe zu verfolgen haben. Zugleich wurden 
Me Berichterſtatter in einem Staate, wie ber Chineſiſche, der eine 
fo genau ausgebildete Special: Gesgrapbie und Statiſtik, wie 
vielleicht Bein anderer großer Staat der Erde, befigt, eben dadurch 
verführt, diefe ihnen dort uͤberall vorliegenden Daten, in. der ein: 


Heangho Softem. 41 


mal ſchon bellebten Form und Methode, flatt Aigner, originale 
Beobachtungen und Unterfuchungen, nur gerabegu zu wiederholen, 
wodurd bie Europäderberichte meift von felbft den Chinefifchen 
Zufchnitt annehmen. Die mehrften, oft ſehr lehrreichen Nachrichs 
ten dee Jeſuiten Miffionare, und alle Berichte, die un® 
feit 1666 bis im die neueſte Zeit burch Europälfche Embaſſa⸗ 
den zugefommen find, befchäftigen ſich faſt ausfchließifly nur 
mit den bevoͤlkerten Oſt⸗ unb Nord» Provinzen des Reich, vom 
Canton bis Petſchely, durch welche ihre, gewoͤhnlich immer 
gleichfoͤrmig wieder betretenen -Doffteaßen nad der Refidenz 
Peking führen. Gtatt dee geographifchen Unwiffenheit, welche 
ein verjährtes, “allgemeines Vorurtheil der Europäer immer noch 
den Chinefen vorwicft, deweiſet eben das mit geographifchen Das 
ten und flatiflifchen Ueberfihten angefülite Referat der mei 
flüchtigen und ganz unvorbereiteten Reifenden in China, welche 
fie bequem genug aus der reihen Chinefifhen geographifhen und 
biftorifchen Literatur entnehmen konnten, wie Beine Nation, Aſiens 
wenigſtens, der Chimefifchen in biefem Zweige bee Eiteratur, wie 
er nan einmal dort befchaffen ift, gleich ſteht. 

Die Armuth an fidyern, für unſre Betrachtungsmelfe, wiſſen⸗ 
ſchaftlich geficherten Thatſachen und tiefer eindringenben Beodach⸗ 
tungen, bei allem Laͤnderreichthum, Wortgepränge und ftatiftifchen 
Calcul uͤber dieſes oft: afidtifche Weltreich, macht es am rathſam⸗ 
ſten, bier ſogleich die wenigen Bruchſtuͤcke über Gebirgszuͤge Stu⸗ 
fenland und Tiefland, in Bezug auf die Stromſyſteme, und auf 
die Erläuterung des Kuͤſtenſtriches zuſammenzuſtellen. 


Erläuterungl. 
Das Waſſerſyſtem des Hoangho, oder des Gelben Stroms. 


Die Duelle bes Hoangho liegt in einem birecten Abe 
ande von 280 geogr. Meilen von der Mündung zum Meere; 
feine Steomrentwidiung beträgt, aber, In feinem ganzem 
Laufe beinahe bad Doppeltez wie vechnen nad genauer Dee 
fung 540 geogr. Meilen, fo, dab alſo die Krümmungen als 
In 280 geogr. Längenmeilen betragen, wodurch ex mit feinen 
Buflüffen jenes gewaltige Strom gebiet von etwa 34,000 Qua- 
drat⸗Meilen gewiunt, das durch ihn, ber 14 mal fo lang wie bie 
Donau, ganz Eusopa von Weſten nach Oſten burchgichen 
würde, bewäfiert und großentheils defcuchtet wird. 


I‘ 


'; 


403 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 79. 


Schon aus obigem (f. Afla Wh. I. ©. 159) iſt uns ber 
‚Befpeung des Hoangho, im Allgemeinen , auf bee Alpen» 
teeraffe ber Sifan, um den Khu Khu Nor (blauer See), 
im Norden der gewaltigen Kette Bayan Khard, unb des gro⸗ 
ben Siue Shan bekannt. Um dleſes Hochgebisge winder er 
fi, erſt gegen S.D. und dann gegen RW. herum, um dann 
aus dem Gebiete von Khu Khu Nor, im Süden von Sie 
aing (Afien Bd. I. ©. 172), den durchbrochnen Siue Shan 
gegen Kanfu bei Hotſcheon, obwol in fehr engen Felsſchluch⸗ 
ten und von ſteilaufſtarrenden Klippen umfiellt, zu bucchfegen, 
und aud, wie wie oben (f. oben ©. 421) fagten, das Nordende 
des Siue Ling bei Lan tfheou zu durchſchneiden. Bis hieher, 
wo er das Hochgebirge mit: ben ewigen Gchneemaffen verläßt, 
rechnen wie feinen Dberen Lauf, eine Strecke von 175 gedgr. 
Meilen der ſeltſamſten Krummungen. Dee birecte Abfland 
von Lan tfheon bis zu feiner Duelle foll jedoch ſchon in 
- 40 Fagereiſen 1!) erreicht werden können. Gen Mittler 
Lauf von Lan tſcheou, an Ninghia vorüber, gegen Nor⸗ 
den (an 90 geogr. Meilen), dann feine Oſt bieg ung bush dem 
Vortritt des Ju Scham (f. Afia Bd. I. S. 154) gehemmt unb 
zurüdgemwiefen, dann feine Sübwendung von Khu Khu 
Khorun, um das Land ber Ordos herum, ſuͤdwaͤrté, buch 
feine gefpsengsen . Engpäffe von Long men und Hou Keou 
(ebend, I. S. 159), bis zu feinem Anie im [pigen Winkler, 
das er gegen Dften, an der Einmündung des Wei bo, von 


der rechten Seite, bilbet, beträgt eine Etrede von 230 geogr. 


Meilen. Bon da aber, im einförmigern Zuge, firönt feine 
gewaltige Waſſermaſſe, im Unteren Laufe, noch immer ber 
ganzen Länge des Rheins faſt gleich, 135 bie 140 geogr. Meiten 
weit bi zum Dfi:Dceam. Der Hoangho gehört alfo, wie 
Dre Amur, zu den Riefenfirömen der Erde, da feine Länge 
5 des Erdumfangs beträgt; nur erſt Dneps (240 Meilen) 
Dwina (160 geogr. Meilen) und Düna (140 geogr. Meilen) 
in zufammenhängenber Linie gebacht, wücden der Länge 
feines Laufes gleich kommen, welches einen Raum ber Erde 
bewäfiert, der, in Europa, ganz Spanien, Frankreich 
und Deutfhlond wit Holland uns ber Schweiz glei 
tommen wuͤrde. 





133) Da Halde Dose. de da Chine T. H. p. 188, IV. p. 52 


Hoangho⸗Syſtem, oberer Lauf, Quellen. 483 


1. Dberer Lauf. Alte Hppothefe des fernen unters 
irdifhen Laufe; Forſchungen der Chineſiſchen 
Kaiſer nah den wahren Quellen des ——— 
Sing fu Hat, das Stern⸗Meer. 


Schon ein Zahrhundert vor ber Chriſtlichen Zeitrechnung - 
von ben Quellen des Hoangho, die bis heute noch kein Eu⸗ 
ropdifcher Beobachter befucht bat, in den Ghinefifhen Annalen 
unter der Dpnaflie der Han die Rede. Als die Chinefifchen 
Handelstaramanen, damals (im J. 107 v. Chr. Geb.), bis iu 
die Länder der To ouan!l?) (d. f. Ferghana, f. Afla DB. L; 

©. 208, Bd. II. ©. 430) zogen, wurden, ſagt Sfe ma tfier 
der Hiftoriker, auch die Quellen des Ho in den Gebirgen Nu 
ti entdeckt, wo der Du Stein (f. Aſia Bd. I. ©. 210, 220; 
221) in Menge vorlommt, von bem den Han ein Vorrath mit 
zuruͤkgebracht wurde. Der Sohn det Himmels, d. i. der Kaifer, 
unterſuchte die alten Karten, und fand, daß bie Gebirge aus 
denen dee Ho (d. i. bee Hoangho) hervortritt, das Kuen Ium 
Bebirge (f. oben S. 173 hier in weiter collectioee!13) Webens _ 
tung genommen) en Eine frühere Spur diefed Vorkom mens iſt 
uns nicht bekannt, es ſey denn das Citat deſſelben Hiſtorikers 
Sfe ma tfien!!), der fagt: Nach dem Buche Du liegen bie 
Quellen des Ho. im Kuen Iun, deſſen Höhe 2500 Li (einige 
hundert Meilen, d. h. himmelhoch) betrage, da, wo Sonne und 
Mond einander ausweichen und fich verbergen, um wieder defto - 
glängender herborgutreten, da, wo eine Duelle fügen Weines und 

ein See voll Edelfteind fey, und anderes mehr, was wie hier Aber 
gehen, da jene Angaben nur mit dem Schleier der Symbollk ums 
huͤllt find. . Die erhabene Bedeutung des Namens Hoang 
90185), d. i. der Gelbe Strom, geht aber auch ſchon Aber 
2000 Jahre vor Chr. Geb. zuruͤck: denn, fhon im Shn king 
beißt Hoang, fo viel, als gelb, ift dag Emblem der Exbe, 
und Hoang ti, daher, bee Gott (Ri) auf Erden, d. i. dee 
große Beherrſcher, der Titel des Kaiſers der Chin, ale 
Stanhalter bed Shang ti (Himmilifchen — auf Erden. 


®- 


112) Se6ki des Saematsien, Livr. CXXIIL, trad. p. Brosset in Nonv. 
Journ. Asiat. T. II. 1828. Paris 8..p. 437. 20) Klaproth Ta- 
bleaux histor. de l’Asie p. 206. 1°) Sseki etc. trad. p. Bros- 
set L c. p. 489. ı5) H. Kurz Memoire sur l’etat * ue et 
religieux de In Chino 2300 ans avant nötre ?re, selon le Chon 
King ia Nourv. Joure. Asiat, Paris 1830 T. V. p, 406 








404 Oſt⸗ Afien. Waflerfoftene. I. Abichn. 4. 79. 


Die älteren Chinsfen, bemerkt fhon Deguignes ts), hal 
ven dafür, der Hoangho komme fehr weit aus dem Wehen, 
ans der fogenannten Kieinen Bucharei herbei, fließe Aber der 
Erbe ale Jerken in ben Lop Nor, und bann, unter ber 
Sandwuͤſte fig verbergend, nah D fl, wo er im dem Gebitge als 
Hoangho hervortrete. Diefe Anſicht iſt auch im der merk: 
wärbigen Chinefifh: JSapanifhen Karte von Afien, aus 
den Materialien ber Buddhiſten Pilger, vom VIL bis XV. Sabeh. 
(f. Aſia Bd. I. S. 192) graphiſch niedergelegt, biefeibe An 
fiht des Zufammenhanges ber großen Steöme, Aber ober 
unter ber Erbe, bucch große Seen vermittelt, iſt jene nralte, 
weiche ſich durch den ganzen Orient verbreitet zeigt, in dee DR eos 
feifhen Urkunde, der Phrat und Phifons im Paradiefe, im 
her Bendichze in den Zare's, in ber Bubbhas und Brah⸗ 
mas⸗Lehre in ben Bangebs, Indus, und Brahmaputra⸗Quellen 
aus den beiden heiligen Alpen : Seen bervortzetend, es iſt diefelbe 
Anfiche, die auch der Theorie des Plato, im Phaͤdon 17), 
Yon den Feuers und Waſſerſtroͤmen, weiche das Innere der Erde 
wie ihre Oberfläche durchziehen, fo unnachahmlich vorgetragen, 
zum Geunde liegt. - 

Mach jene antiken Hypothbefe 18) der Chinefen, 

die auf wine frühe Sdeenidentitdt und Einheit des 
Völkerurfprungs gegen bie gemeinfame Mitte Afiens 
gushchveifet, und nach ber genannten Kartenzeihhnung 1°), wird 
der Hoanghe aus zwei Duellarmen gebildet, bie ſich im 
Mordiveft von Khotan vereinigen. Der [übliche kommt von 
der Grenze des Landes Khie yan tho (Kho panthe), das in 
IB, von Darkend in dem Th fungling:Gebirge liegt, d. i. 
an der Grenze von Badach [han (f. Aſia Br. IL ©. 411); 
es iſt der heutige Fluß Yarland Daria. Der nördliche, 
dieſer fogenannten Quellarme, bricht aus dem Lung tſchi, bi. 
dan Drachen⸗See hervor; es iſt ber jesige Kara Kul, aus 
dem der Paman yar hervorteitt, der ben oberen hell des 
Kafhgbars Stromes im Güben der Stadt Kaſchghar bils 
dei. Alfo, fuchte man, nad jemer antiken Hypotheſe, ben 





21°) Degnigwes Hist, T. L p. 130. 119) Platonis Phaodo Räit 
stoire de la Ville de Khotan tired des Annales de la Chine trad, 
da Chin. Paris 1820. 8. p. 20, 29, 80. *''°) Kisproth Mem. 

reiatiis a l’Asie T. IL p. 412. | 





! 


Hoangho⸗Syſtem, oberer Lauf, Quellen. 405 _ 


Urſprung bed Hoangho Im aͤußerſten Wehen des heutigen 
Turckeſtans, in den beiden Kaſchghat und Varkend⸗Strö⸗ 
men, die gegen Oſt vereint, im Karim: (Zalimu) Strome 
auh Ay Shy Shoni und Yuthian (weil Ky Sky, d. h. 
Kefp, ober Kafh, der Name des Steines Yu iſt, der in dem 
Strome von Dartend vorzüglich gefunden wird) genannt, noch 
weiter, 2000 Bi weit gegen Oſt in den Lop Mor fid ergießen. 


Diefer See heißt in den Chineſiſchen Büchern Phuſtchhaug 


Hai, und diefen Namen trägt er auch. auf ber genannten Chi⸗ 
neſiſch⸗Japaniſchen Karte, =: 

Zwiſchen diefem Lob Moor, oder Lop bei Ab. Remus 
fat (unter 41? N. Br., f. Afien Bb.L, ©. 207, 363), bi6 zu dem 
wahren Quellen dis Hoangbo (unter 35° N. Br.) gegen 
S. O., breitet fig die große Sandwüfe Hanhay (Erdkunde 
Afien Bd. I. &. 502), ein alter Meeresgrund, mit furcht⸗ 
baren Sandmaſſen, Suümpfen, oͤden, nadten Klippen und Pieis 
nen voll Kiefeldtöcden, einft von Wellen gewälzt, nad dem Aus⸗ 
brud eines Chinefifchen Autors 2), aus, wo and) ein untergegans 
genes Reich, Shenchen, im Suͤden des Lep Sees, ſeit meh⸗ 
teen Saͤculn unter Flugſandmaſſen begraben zu ſeyn ſcheint 21), 
Bon da weicht fie bis zum Nordfuß des Bayan Khara und 
des großen. Sine Shan, wo die Sean Singen Hark liegen, 
Die kuͤhne Hypotheſe der Chinefen meint num, ‚zwifchen dem Lop 
N oor und diefem Sing ſuHai, beftche, im Welten des Khu 
Khu Modr, eine unteriedifche Verbindung. Unter dem 
Nomen Singfu Hat werben aber alle jene Gem, Quellen und, 
Baͤche begriffen, welche die wirkichen Quellen bed Hoanghe 
bilden. Diefe untericdifche Verbindung iſt aber, auf der 
genannten FJapanifhen Karte, von Mord nah Süd, über» 
irdiſch gezeichnet, wie fie Bergzuͤge durchſetzt, die auf derfelben 


Karte 2) Zfi fby Shan, db. b. „die Berge von Gelbe 


blöden,” genannt werden, worin die zertriimmmerte Natur jenee 
wie «6 heißt nur von „wilben Kameelen“ bewohnten Sands 
und Wüflenfirede des Erockengelegten Han Hay angebeutet 
erſcheint. Im Jahre 635 n. Chr. Geb., wird in ben Chineſiſchen 





”*) Kleproth- Tableanx historig. de l’Asle p. 182; Ab. Reimasat 
Flist. de ia Ville de Khatan p. 64, 78 ete, - ”') Tabl. hist. de 
PAsie ‚Eu p.205. 9°) Klaproth Me. rel. a Nanie'l.e. T. Il. 
P. — 


N 


496 Oft-Mfien. Waſſerſyſteme. I. Abfchn. $. 79, 


Annalen 123) erzählt, daß ein Theil des Heeres, welches der Kaiſer 
Faitfong, gegen N. W., nah Hotſcheou (f. Alien Br. I. 
©. 171) ausfandte, einen Theil der Berge des Doanghos 
DuellsZanbes durchzog, davon ein Theil vom Tingling 
( Kashghar), der andere von Vutian (d. i. Khotan) kemme; 
alfo immer aus dem fernen Wetten. Ä 
Aus dem bypothetifhen nah dem wahren Quell» 
Lande bes Hoangho, auf der Hochterraffe der Sifan 
angelangt, bleibt die genauere Beflimmung der Quellen doch im⸗ 
mer noch ſchwierig, deren Erforſchung Jahrhunderte hindurch ben 
altern Shinefifhen Herrfchern ein eben fo säthfelhafter Gegenſtand 
bfieb, als den Argpptifchen Prieſtern die Erforfhung der Nils 
quellen, den Hinbus der Ucfprung ber Gangess und Indus⸗ 
Ströme Die Kalfer ſelbſt forſchten Ihnen am meiſten nad. 
Als Kaifee Khublai fi) duch die Eroberung ShdsChinas 
bis Canton auf dem neum Throne feſtgeſetzt hatte, erzählen bie 
. Annalen der Yuan⸗Dynaſtie, wollte ee num über die Quellen 
des Hoangho genauer unterrichtet feyn, die man bis dahin in 
das Gebirge Kuenlum verlegt hatte. Er fandte im I. 1280 2%) 
den geſchickten Mathematiker Tuſchi (Touchi) aus, der 4 Monat 
Zeit gebrauchte, ınm bahin zu gelangen, und bort eine Karte 
von dem Queligebiete aufnahm, welche er bem wißbegierigen 
Kaiſer bei feiner Ruͤckkehr überreichte. Diefe Karte, bemerkt Pas 
tee Gaubil 2), im feiner Geſchichte der Dynaſtie der Mongolen, 
fep zu feiner Zeit in China nicht mehr bekannt geweſen, wei 
aber ber Commentar, der fie begleitete. Bis dahin ſey das 
dbere Quell⸗Zand bes Stromes nur ein Land. der Kabel 
geivefen. 
Die wahre Quelle des 'Hoanghe, lautete num biefer 
Bericht, liege auf der Weftgrenze des Landes Tokanſſe (Pat. 
Baubil in feiner Nota, ©. 190, fagt Tokanſeſepiz aber bie 
beiden Testen Sylben heißen Sipi, d. i. Wehkgrenze), im Ki 
nigreihe Tufan. Die Waffer, beißt es daſelbſt weiter, träten 
aus mehr ald Hundert Orten, in einem ebenen Boden 
hervor, von 8 bis 9 Stunden im Umfang, ber ganz fumpfig und 


2°) Mailla Hist. gen. de ia Chine T. VI. 4. p. 74. ad Ann. 635. 
»*) ebend. T. IX. p. 404. »5) P. Gaubil Histoire de Geat- 


ehiscan et de tonte la Dynastie des Mongous ete., tiréé ds I’hist. 
Chinoise ete. Paris 4. 1739. p. 1%. 





\ 


Hoangho⸗Syſtem, oberer Lauf, Quellen. 497 


ſthlammig von den Waffen fen, bie nad allen Gelten laufen, 
fo daß man wicht ohne Gefahr hindurch gehen könne. Sch bes 
fHıg, erzählt der Mathematiker Tuſſchi, eine Anhöhe, um diefe 
zu uͤberſchauen; fie erſchienen mie geſtellt wie Die Sterne bes 
Himmels, auch nennt man fie in der Landesfprache mit dem 
Nomen Hotun Mos, db. 1. das Stern: Meer Im Ghines 
ſiſchen heiße dies Sing SuHay, b. . Meer mit Sternen 
befäet (nad Gerbillon, den Dar Gauhil 35) citiet, Sing, 
d. i. Sten,.fou, di. Gonflellation, Hay, d. i. Meer). Diefes 
Bing:fousHay liege nur 10 Tagereiſen nad Gerbillon im: 
B. von Hotfheou-in Kanfu, bas unter 35° 43° N. Br. und 
18° 25° W.L. v. Peking fern ſey. Alle diefe Waſſer vereinen ſich 
nad) kurzem Verlauf von einer guten Stunde, oder 2000 Schritt, 
zu 2 Seen: Ala Nor auch Cara Nor (ſchwarzet See bei Pat. 
Gaubil). Ans diefen ergieße fi gegen Dft der Ausfluß, welcher 
Tihi-ping bo, d. I. der Fluß mit den rothen Ufern, heiße. 
Dieſer nimmt ˖ nun die 3 Buflüffe Pelitſchi, Holan und 
Yelitfhu ‚auf, worauf er mit dem nun erſt veränderten Namen 
Hoangho gewaltiger fortfirömt, ein Mame, den er bie zur: 
Mündung beibehält. Einige 20 Li, oder ein paar Stunden uns 
techaib jemer letztern Stelle, foll er ſich, nach des Mathematiker: 
Tuſchiꝰs Bericht, in 7 bis B Arme theilen, die fih 30 Tagerel⸗ 
fen von da am Berge Tenekllita (Knenlun der Chinefen) 
wieder vereinigen. (Mir vermuthen, daß auch dies eine hypos 
thetifhe Anficht jener Zeit fey, da auf der Jefuiten «Karte bavon 
feine Spur ift, fo wenig wie auf ber neueften Karte Kaiſer 
Khienlongs 7). Wohl aber iſt auf ber Chinefiſch⸗Japani⸗ 
fhen Karte Afiens, eben hier, im Süd des Khu Abu Nor, - 
eine foihe Stromfpaltung des Hoangho gejeihnet, und 
auf die dadurch gebildete, ringsumfloffene, geoße Infel, 
der Name San Miao) jener Aboriginer bes weſtlichen 
Chinas im Hochlande eingefchrieben, die in jener Urzeit als bie 
erſten Ehinefen Eolonien hier einzogen, von biefen untere 
jocht, ober bie ſich nicht unterwerfenden zue Auswanderung ges 
jungen wurden, worauf fie fi) in die benachbarten Hochgebirge 
zurüchzogen , weiche bost in Sifan, China von Tuͤbet ſchei⸗ 





®*) Pat. Gaubil Hisi. de Genichiscan I. e. p. 101. ?") Klaproih 
Carte de l’Asie oentrale. 25) Klaprotli Eolaircissemens sur une 
Carte etc. in Mem- relat. a VAsie T, IH. p. 414. — 
Nitter Erdtunbe IV. 38 


498 Ofl-Afien. Wafferfofieme. I. Abſcha. $. 70. 


den. Diefer Henannte Tenekülita macht einem Theil des Sine 
Shan ode bes Schnergebirges aus, bei dem Orte Koti 
oder Kotſi, im ©. de Knenlun. Diefer vereinte Strom 
durchfeht dann das Land Alipielitfchir, wo der Hauptſtrom 
ben kleinen Hoangho (})- und den Kilimasfchi aufnimmt. 
Dann fließt er gegen W., um den Kueniuns Berg herum, 
sad nun erſt gegen N.O. gewanbt, bucchbricht er nah 20 Tages 
zeifen des wildeften Laufe den gewaltigen SiueSchan, bis er 
nun das hohe Tüber, oder Ahu Khu Nor (oder die hohe 
Zerraffe. der Sifan, f. oben ©. 177 und Aſien Br. I. 
©. 177, 192 u. a. D.), verläßt, und bei dem Grenzfort Tſy⸗ 
fby:Louan in das eigentlihe China, in Kanfu, eins 
tritt (f. Afien Bd. 1. ©. 187). 

Disfelben Angaben, von dem obernkaufe bed Hoangbo, 
werden im Knang yu Li 129) wiederholt, fie Rimmen gut mit 
der im Artikel Sifan vom Pat. Amiot 20) gegebenen Ueber 
fegung aus den Chinefifhen Memgiren vom Sabre 1696. Auf 
einer Chinefifchen Weltkarte befindet ſich jedoch noch die hierher⸗ 
gehörige Notiz: daß bie Gefchichte von ber Duelle des Hoangbo, 
die in den Jahren Thupao, der. Dynaftie Yuan (mahrfcheinficdh 
obige A. 1280) herausgelommen fen, bemerke: die Duelle des 
Sing Su, d. i. de6 Fluſſes der Geſtirne, befinde fih im 
NM. des Gebirges Knenlun. Bon ba wende es ſich oſtwaͤrts, 
befpüle den Kuenlun im Süden,. wende fi) dann ploͤtzlich 
(mol gegen Wet?) und nehme dann eine norböftliche Rich⸗ 
tung an. Er umgiebt alfo, endet diefe Rotiz, ben Zuenlunm 
von dbreien Seiten in Geſtalt eines Ringes, ber nicht 
ganz if. — Dies beftätigt genau, auf eine ſehr populäre Art, 
unfere Kartengeihnung des oben HoangbosLatfes, von dem 
wir nicht vielmehr erfahren als was wir fon aus der Mongo⸗ 
lens Periode wiſſen. 

An einem Memoire, das im 9. 1704 dem Kaiſer Khangpi 
über die Hoangho⸗Quellen eingereicht warb, wurde jener 
obengenannte Hotun Nor mit dem Mongoliſchen Ramen 
Ddun Tala 3), der Odun Gen, ‚belegen (Dtontala bei 





120) f, die dltere Edit. ber Königl. — Bibliothek nach Dr. 
Schott's neberſegung im Mſer. 0) Memoires voncernant E- 
stoire etc. des ois par les Missionairee. de Pe-kin, Paris 4. 

1780. T. XIV. p. 236. 21) Maille Hist. Gen. de la Chine 

"Le T. IX, p 404. Not, 


Hoangho · Syſtem, oberer Lauf, Quellen. 400 


Maitte), und die Duuelten nnter 86° 20 Me. und 20° 207 
bis 30 WR. v. Peking (93° 4 D.L. v. Paris) feſtgeſtellt; eine 
Angabe, die auch im der neuen Khienlongſchen Karte bee 
Edinefifhen Reiched 32) beibehalten iſt. In einem eige⸗ 
nen Dempire des Kaiſer Khanghi, ſagt diefer um bie gees 
graphiſche Kenntniß feines Reiches fo eifrig bemühte -Megent 3); 
dee Hoangho hat feine Quche im See Sing dus weil bie 
Himmelsgeſtirn heißt, fo haben einige Ignoranten geglaubt, 
der Strom ſelbſt komme vom Himmel herab. Ich ſchickte des⸗ 
halb insbeſondere einen meiner Großen des Reiches aus, um im 
Weſten die wahre Quelle des Hoangho aufzuſuchen. Die— 
fer ceifete bis Singhu, weichen die Mongolen Kotun Tala 
(d. 1. Hotun oder Odun Tala, d. I. Dalal, Gr, Men) 
nennen, und fähe den Hoangho mie Gewalt, braufend von eis 
nem ſehr hoben Felſen, hervorflürzen in ben Sing fu hai, dee 
aus zwel runden Baffins beftcht, die ganz lichtglaͤnzend erſchei⸗ 
nen. Ich ferbft, fügt dee Kaiſer hinzu, auf dem Wege zu deu 
Deiöth, Bin in einer Flußbatke ben Strom hinabgefchifft von 
Ninghbia, welches außerhalb der großen Mauer liegt, bie 
zum Fluß Yutan. Diefe Fahrt, die vor mir noch Keiner (wol 
kein Kaifer?) gemacht hatte, dauerte 21 Tage, und war nicht 
ohne Gefaht. Das Wafjer des Stromes änderte fi oft ab, 
vom trübgelben dis ins goldgelbe (vergl. Aſien Bd. I. S. 166, 
168 u. ). — 

So weit damals ber Kalfer, ber in einer fpätern Ordonanz 
vom Jahre 1730, die in dem XI. Bande bes Zung bua la, 
oder’ die Manuſcript Hiſtorie der gegenwärtigen ManbfhusBynas 
fie, eingeruͤckt iſt, noch einmal auf feinen Lieblingsgegenfland bie 
Hydrographie der großen Stroͤme feines Reiches zuruͤck⸗ 
kommt, in welcher er folgende nähere Beſtimmungen giebt: Seit 
meiner Jugend, fagt ee >*), befchäftigte ich mich mie der Geogta⸗ 
phie, deshalb fandte ich auc meine Großen des Reiches aus zum 
Kuenlun und nah Sifan. Daſelbſt Haben ale die geo⸗ 
fen Ströme Chinas ihre Quellen, ber große Kiang, wie dee. 
Hoangho, der Karasruffı (Heſchui, f. oben ©. 403), der 
Kincha Kiang und ber Lanthſang Kiang. Alle große‘ 





) 1 Klopaotı Carte’ centrale de TAsie 1832, *#) Memoire d 
Kanghi in Mem. concern. l’'histoire eto. des T.WV. P 478. 
**) Kiaproth Memoires relat. & l’Asie T. IIL- £, 90 etc. 
12 


200 De Afien. Maſſerſyſteme. I. Abſchn. $.. 79. 


Gtöme Chinas trrken im S. O. herauß, aus ber großen Gebitgs⸗ 
kette Nomkhunubachi (f. Afien Bd. II. ©. 410, 415), welche 
das große, Innere Syſt em (was wie Plateau⸗Spftem ge⸗ 
nannt haben) von dem Außeren: Syſtem (unſerm Oſſt⸗ 
rande und dee Gliederung) ſcheidet. Der Urſprung des 
Hoangho liegt auch, fährt Kalfee Khamghi.fort, außerhalb ‚der 
Grenze von Sining, im Oſten bes Kulkun. Unzählige Quel: 
len. fprubein aus dem Boden hervor, an Glanz. den. Sternen 
gleih. Die Mongoien nennen diefe Odun tala, die Tübeter 
Solom, die Chineſen Sing fu hai, (Sternen : Meer). 
Der Verein biefee Quellen giebt den. Deangho, ber. bie. Seen 
Daring und Dring (oben Ala und Cara Nor genanns) bildet, 
aus denen er gegen. S. O. abflirft, dann fih nah N. und wie 
der nach O. wendet, bis er an den Korte Ruck te phu and 
Zip ſchy Kunan vorüber in China ——— durch das Territo⸗ 
. sm von Lant ſcheu. 

Mehr wiſſen wie vom obern Stromtaufe des Hoanghe 
‚ nicht zu berichten, denn der einzige Europäifche Augenzeuge, der 
früher, in dee Mongolenzeit, barüber hätte Auffchluß geben koͤn⸗ 
nen, Marco Polo gedenkt biefe® großen Stromes unter dem 
Namen Caramoran (RKasamuran, fehwarzer, d. 5. trübe 
Hleßender Steom) nur gelegentlich 135) im untern Gteomlaufe, 
eis damaligen Grenzfiromes bes Nord-Reiches, ber Kin 
(das zu erſt von ben Mongoten erobert ward), gegen das Suds 
Reich der Song, das erſt ſpäaͤter von Khublai Khan erobert 
werden konute (f. Aſien Bd. I. ©. 162, 163 u.a. D.) Die 
SefuitensPatzes haben keine genauere Unterfuchumgen über 
jenes, gewiß, duch feine Maturgaben, hoͤchſt merkwuͤrdige Hochs 
gebirgsland angefieht, an deſſen Eingang wie fchon oßen die Lage 
son Sining (f. Aſien Bb. J. S. 172—179), fo wie in deſſen 
Mitte, dee Hochterrafſe der Sifan (f, Afin Bd. IL. S. 417), 
die eigentliche Heimath des echten Rhabarber (f. ebend. Bd. J. 
©. 179—186) kennen lernten, und es bleibt uns nur noch übrig, 
dad wenige, was uns Chinefifhe Berichte von den- Bes 
wehnern des oben Honngho= Landes, aus fruͤherer Beit übers 
Uefere haben, hier mitzutheilen. . Aus bem Munde ber Chinefen, j 
bie ihre Rachbarn nur ale Barbaren betrachten, find diefe 





int) Marco Polo Firenze 4. 1827. Bar. Baldelli Boni 2 TI. Br 
T.U.p 248, 300. 


Hoangho-Shftem, oberer Lauf, Sifan.  SOL 


Nachrichten eines kuͤhmm, ebelgefinnten,' feribeltöliebenden und 
treuen, thaͤtigen Alpenvolkes im Außerften Often Aflene, dop⸗ 
peit merkwuͤrdig, auch weit bier einft die Gige der alten San 
Miao, und ganz benachbart die der Ufum, oder ber blonden 
Rage mit blauen Augen. waren (f. Afien Bd. I. S. 192 - 18), 
und 48 iſt nur zu bedauern, daß uns jede tiefer eingehende Unters 
fuhung über dieſe Voͤlkerſchaften fehlt. 


Anmerkung. Das Bolt der Sifan, nadı Kaiſer Khanghie 
Memoiren") im Tribunal des Ritus, zedigirt 1696. 


Sifan (von Si, ber Weſten, und San, der Frembling) 
war in antiker Zeit alles wilde Gebirgeland im S. W. von Ehinas Si⸗ 
fan jin heißen daſelbſt allg Wölter ohne Unterfchieb, zunaͤchſt auch die 
des wilben Schneegebirges. mit Gletſchern umhängt, um den Khu Ahu 
Ror. Die erfien :7) Bewohner Chinas nahmen, von bem jetzt foges 
nannten eigentlichen Shine, anfänglich, nux den nordweſt lich ſten, 
jenem benachbarten, milderen Theil (Shenfi und Kanfu) ein, wo, 
fe eine von ihnen verſchiedene, wilde Välkerrace dorfanden, als ſie, 
ſicher nicht lange nach ber. Noadifchen Fluth, non N... kommend, 
felbft exft dort einzogen. Denn auf den Kuenkun (auch Kullun, 
£-Afien 8b. II.S. 409) weifet ihre Mythologie, breitaufend Als 
vor Chr. Geb., ols auf das Land ihrer Vaͤter zuruͤck (f. Afien Bb. L 
Ein, &. 9, 188 u. a⸗ O.). Wie die Sanfsritredendgn Völker, 
die Hindus, den Sy ihser @ötter auf ‚bie. Schneegebirge ihres Vor⸗ 
dens, ben Himalaya, von bem fie ſuͤdwaͤrts in bie Barbarenlänber hin⸗ 
abzogen, zu finden glaubten; fo blieb den. Gpinef en, die immer wei. 
ter gegen Oft von Shenſi bis zum Oſt⸗Ocean vosrüdten, doch bie, 
Grinnerung an ben außerſten Weſten ihrex Hetkunft, und bes 
Ihnerige Kuenlun, mit beffen weſtlichen Anfange, der große 
Thfuangling (f. Aſien Bd. Ii. S. 411), ſtets ihr Meru, ihr GAt⸗ 
terberg,.bie Heimatp ihrer VBorpäter, ibe Paradiesland. 
Jene erſten EChineſiſchen Anſiedler in. den Thaͤlern he. 
Hoangho⸗Syſtemes, im nachmaligen Kanfu und Schenſi, uns 
terjochten, zerſtoͤrten, ober nerbrängten aber bie älteren, ba heimiſchen Bars 
baren Zribus (San Miao, ſ. Xfin Bd. J. S. 192. WA), und dieſe 
zogen ſich ia die Gebirge ber nahherigen Sifan unter dem 
Ramen bee Miae zuruͤck. Roc fehlen bie Vocabularien und dis ge⸗ 





Aniot Traduct. du Chinois Mem. Departement des Lienz 
:  Appelles Si Fan ‚i in Memdires concern. I’histoire etc. des Chinois 
4. Paris 1789. T. XIV. p. 127238. *7) Histoire Generale 
de.ia Chine, ou .Annales etc. ed. p. Grosier, Paris 1777. 4. T.1. 
p-1; Kiaproth Tableaux — de l’Asie- e· 29. 


th, 
⸗ 


wa Oſi.Aſien. Waſſecyſtema. I. Abſchn. 3.79. 


Stroͤme Chinas trrten im S.D. heraus, aus ber großen Gebitge⸗ 
Bette RNomkthunubachi (f. Aften Br. IL S. 410, 4415), weide 
das große, Innere Syſt em (mas wie Plateau: Spfleum ges 
nannt haben) von dem Außeren. Syfiem (unfem Oſſt⸗ 
rande und dee Gliederung) ſcheidet. Der Urfprung bes 
Hoangho liege aud, führt Kaiſer Khaunghi.fort, außerhalb ber 
Grenze von Sining, im Dften bes Kulkun. Unzählige Quel⸗ 
len: fprubein aus dem Boden hervor, an Glanz ben. Sternen 
gleih. Die Mongoien nennen diefe Ddbun tala, die Tüͤbeter 
Solom, die Chineſen Sing fu hai, (Steraen: Meer). 
Der Verein diefer Quellen giebt den Deangho, ber. die Seen 
Daring und Dring (oben Ala und Sara Nor genanns) bildet, 
aus denen er gegen. S. O. abfließt, dann fih nad N. unb wie 
der nach O. wendet, bis er an den Korte Kusi te ph, und 
Fſy fhy Ruan vorüber in China net: duch, das Territo⸗ 
rinm von Lant ſcheu. 

Mehr wiſſen wie vom obern Stromtaufe bes Hoangho 
nicht gu berichten, denn ber einzige Europaͤiſche Augenzeuge, ber 
früher, in dee Mongolenzeit, darüber hätte Auffchluß geben koͤn⸗ 
sen, Marco Polo gedenkt dieſes großen Stromes unter dem 
Namen Earamoran (Karamuram, fihwarzer, d. h. trübe 
Heßender Strom) wur gelegentlich 15) im unteren Stromlaufe, 
als damaligen Greuz ſtromes bes Nord⸗Reiches, der Kin 
(das zu erſt von den Mongoten erobert ward), gegen das Süds 
Neid der Song, das erſt fpätre von Khublai Khan erobert 
werden konute (f. Aſien Bd. I. ©. 162, 163 u. a..D.) Die 
Jeſniten⸗Patres haben keine genauere Unterfuhungen über 
jenes, gewiß, durch feine Naturgoben, hoͤchſt merkwuͤrdige Hoch⸗ 
gebirgsland angeſtellt, an deſſen Eingang. wir ſchon oben die Lage 
von Sining (f. Afien Bd. J.S. 172—179), fo wie in deſſen 
Mitte, dee Hochterrafſe dee Sifan (f, Afien Bd. I. S. 417), 
Die eigentliche Heimath des echten Rhabarber (f. ebend. Br. IJ. 
&.179—186) kennen lernten, und «6 bleibt une aur nody übrig, 
Das wenige, was uns Chineſiſche Berichte von den- Bes 
wehnern bes oben SHoangho: Landes, aus früherer Beit über 
liefert haben, bier mitzutheilen. Aus bem Munde der Chinefen, 
die ihre Nachbarn nur als Barbaren betrachten, find diefs 





las) Mareo Polo Firenze 4. 1877. kai Baldelli Boni £ I. p. > 
T. LV. p. * 300. 


KHoanghe-Shften, oberer Lauf, Sifan. SOL 


Nachtichten eines kuͤhnm, edelgefinnten, freiheltölichenden und 
treuen, thätigen Aipenvolkes tm Außerften Oſten Aflene, dop⸗ 
.peit merkwuͤrdig, auch weit bier einft die Sitze der altın San 
Miao, und ganz benachbart die der Uſun, oder der blonden 
Race mit — 5— waren (ſ. Aſien Bd. I. S. 192 - 19), 
und 46 iſt nur zu bedauern, daß uns jede tiefer eingehende Unter⸗ 
fuhung über diefe Voͤlkerſchaften fehlt. 


Anmerkung. Das Volk der Sifan, nadı Kaiſer Khanghie 
Memoiren*‘) im Tribunal bes Ritus, redigirt 1696. 


Bifan (von Gi, ber Weften, und Ban, ber Fremdling) 
war in antiker Zeit alles wilde @ebirgsland im S. W. von Chinas Si⸗ 
fan jin heißen daſelbſt alle Völker ohne Unterfchieb, zunächft aud die. 
des wilden Gchneegebirges. mit Gletſchern umhängt, um den Khu Khu 
Kox. Die erften 7) Bewohner Shinas nahmen, don dem jett ſoge⸗ 
nannsen eigentlichen Shing, anfänglidy, nur den norbweftlichften, 
jenem benachbarten, milderen Theil (Shenfi und Kanfu) ein, wo 
fe eine von ihnen verſchiedene, wilde Voͤlkerracçe dorfanden, als fit, 
ſicher nicht lange nad ber. Noachiſchen Fluth, von N.W.. kommend, 
ſelbſt erſt dort einzogen. Denn auf den Kuenlun (au Kulkun, 
ſ. Aſien Bd. II.S. 409) weifet ihre Mythologie, breitaufend Jahre 
vor. Chr. Beb., ols auf das Land ihrer. Väter zuruͤck (ſ. Afien Bd. J. 
Eint, &.9, 188 u. a. D.).. Wie bie Sanferitredenden Volker, 
die Hindus, "den Cig ihrer Goͤtter auf die Schneegebirge ihres gr =. 
dene, ben Himalaya, von bem fie fübwärks in bie Barbarenlänber, bins 
abzogen, zu finden glaubtens fo blieb den Chineſen, bie immer wei⸗ 
ter gegen O ſt von Shenfi bis zum Oſt⸗Ocean vosrüdten, doc bie. 
Srinnerung an ben duferfien Weften ihrer Heblunft, und bee 
ſchnetige Kusnlun, mit beffen weſtlichen Anfange, der guoße 
Shfungling (. Aſien Bd. Il. S. 411), ſtets ihr Meru, ihr Gäts 
terberg,.bie Heimath ihren VBorpäter, ihr Parabiesland, 
Jene erſten CHinefifhen Anſiedler in den Schälern. te 
Hoangho⸗Syſtemes, im nachmaligen Kanfu und Schenfi,, uns, 
terjochten, zerftörten, oder verbrängten aber bis älteren, ba heimifchen Bax⸗ 
baren Eribus (San Miao, ſ. Afien Bb. I. S. 192, 204), und biefe 
zogen ſich in bie Gebirge der nadhherigen Sifan unter dem 
Nanın bee Miac zurück. Roch fehlen bie Vocabularien unb bis ge⸗ 





**) P. Amiet Traduct. du Chinois Mem. Departement des Lienz 
üppelles Si Van, in Memdires concern. l’histolre etc. des Chinois 
4. Paris 1789. T. XIV. p. 127238. 37) Histoire Generals 
de.ia Chine, ou .Annales etc. ed. p, Grosier, Paris 1777. 4. T.1. 
p- 1; Kiaproth Tableaux historiq, de l’Asie p. 29. 


02 Oſp Aſlen. Wafferiofteme. I. Abſcha. $. 79. 


nauern Berichte, um zu beurtheilen, ob fie von glsidyer Rae, wie 
die in bemfelben wildeſten Gebirgätnoten der Erde daſelbſt einheimiſchen 
Khiang (f. oben ©. 177, 209) find, wie dies die Ehineſiſchen Rach⸗ 
richten vermuthen Laffen. 

Unter dem Namen ber Sifan (etwa wie Worgenlänber, 

ober wie Skythen; ein Miſchlingsnahme) Tonnten, natürlich, bei 
den folgenden Chinefifchen Autoren ,. leicht beiderlei, und noch viele 
andere Horbengefäjledhter, ihre weſt lich en Nachbarbarbaren, begriffen 
feyn , die nur ein gleiches Locale, diefelbe Gebitgeheimath umfaßte, und 
unter biefer Benennung werben fie zuerſt, zur Zeit der Regentichaft 
des Kaiferhaufes der Thang, bekannt; bie Zahl ihrer Horbenabe 
theilungen warb damals auf nicht weniger als 900 angegeben. 
.. Im Jahre 634 n. Ehr. ©., zur Zeit biefer großen Chang» Dys 
naftie, wird ber exfte König der Sifan in ben. Annalen genannt, ber 
an bie Shinefen, als Bafall, Tribut zahlte, deſſen Nachfolger immer 
maͤchtiger werbenb im bortigen Gebirgtlande eine drohende Serrfäraft 
bildeten. as diefe fpäterhin geſchwaͤcht, zumal durch die von RW. 
vordringenden Ho ey hou !**) (Dftstigurifche, Turkſche Völker, f. Nfien 
Bd. I. S. 1194), und burd bie Gewalt ber von Dft fie einengenben 
Chineſiſchen Herrſcher, ſich wieder als tributpflichtige Baſallen an bie 
Sung⸗Dynaſtie (feit dem Jahre 977) anlehnten, wurde ber von 
Staatewegen offieiefle Name, der Zufan*®*), zur Bezeichnung audı 
ihrer zahlreichen Geſchlechter wie ihrer Rachbarn, ber Khiang, unb 
deren ſuͤdlichen Nachbarn, der Tuͤbeter, eingeführt. Unter der Mon⸗ 
golen » Dynaftie werben jeme Gebirgtlandſchaften in viele neue Departes 
ments eingetheilt, Städte, Feſtungen, Grenzforts erbaut (f. ob. S. 419), 
neue Magiſtrate mit Reſidenzen creirt, das Lama Königreih Tuͤbete 
abgegrengt, die Hierarchie der Lamas ausgeblibet, denen auch ihre 
Tempel und echte, umter der damals ſehr zahlreichen, aber body kleinen 
Horde bee Sif an angewieſen wurden, bei benen der Bubbhacultus 
ſchon fruͤhe Eingang gefunden hatte (f. Afien Wh. I. ©. 176). Chen 
fo bei den Khiang, die zu einer Seit, als fie von den Tufan belegt 
und zu Iheens Reiche gefchlagen waren, in 500 Horden zerthellt ges 
weſen feyn follen, die nun erft, nachdem fie Einem Herren gehorchten, 
auch erſt anfingen Eine, mit ihren Gebietern gemeinſame Spras 
de *°) gu reden. 

Die Ortſchaften, die der Mongolen Kalfer Khublai Khan bei 
den Bifan erbaute, unterwarf er dem Dalalsfama 5' er fegte auch bei 





13°) P, Gaubil Histoire de ia Grande. Dynastie des Tang in Mem. 
oono. PHist. d. Chinois, Paris 1814, 4. T. XVI p. 223. 

205) P. Amiot I, o. in Mem. conc. l. Chin. T. XIY. p. 128, 

0) hend. p. 207. . 


n 


.Hoangho⸗Syſtem, oberer Lauf, kan. 503 


Kon een Bang (d. i. König) ein, 4 Wan bu fu (db. h. Chefs über 
10,008 Famtlien) und 17 Zfien hu fu (db. h. Chefs über 1000 Fa⸗ 
mitien), denen ex ihre Reſidenzen oder Hoflager beſtimmte. Die Regles 
ments -gue Ueberfenbung ber Zribute wiefen ihnen zweierlei Wes 
ge **), biefelben durch ihre Embaſſaden zu überliefern an, beren einer 
nah Shenſi, der andere nah Szutſchuan führte, welches hier⸗ 
aus, wie aus andern Umftänden, ber unüberfteiglichen Schneekette bes 
großen Siue Ling (f. oben &. 404) zu fchließen, bie einzig mögs 
lichen Eingänge aus Sifan nad China (f. Alten Bd. J. ©. 174, 
und oben S. 205-208, 411 u. a. D.) waren. Dies waren unftreitig 
die wirkfanften Mittel zur. Sinilificung jener ungebändigten, und ihre 
GShinefifhen Rachbarn ſtets bebrobenden, alpinen Grenzvoͤlker. 
Bei jeber groͤßern Embaffade durften nur 100 oder 50 Begleiter feyn. 
Die Pringen vom erfien Range hatten jeber Embaffabe 10 Lamas, bie 
"untergeorbneten nur 2 Lamas, jeber zum Geleit mit gu geben, bie 
aber aus einem von ber Regierung beftimmten Miaoz5 ober Tempelklo⸗ 
ker (fe z. B. obtn G. 197, 208, 204 u. a.) genommen. feyn. mußten. 
Ihr Gintritt auf bie Shineſiſche Grenze war, nah Szütfhuan, zu 
tytfhaou, ober Tien tfuen erlaubt, ober aud) in Schenfi über 
Tao tſche ou. Anderen. geringeren Embaſſaden waren wieber andere 
Eingangsorte beſtimmt; um ſich nicht in Maſſen anzuhaͤufen, und wie 
dies dennoch wei hie und ba geſchahe (ſ. Aſien Bd. I. &. 222), gu Uns 
orbnungen Weranlaflung zu geben, burfie die Zahl ber Begleiter nur 
100, 60 oder 50, jährlich, bis zur Grenze feyn, wo bie meiften zurüds 
bleiben mußten , indeß nur 10 von dieſen bei Hofe zugelaffen wurden 
‚Anderen wurbe dagegen ber Termin, ben Tribut gu bringen, nur alle 
drei Jahre geftellt. Zugleich warb, feit dem Jahre 1378, ein. eigenes 
Grenztribunal für Stfan, gur Auswechslung ber Weblirfniffe und 
für den Handel, an ber Grenze beftimmt, um den es bei biefen Kara⸗ 
wanen⸗ Embaſſaden hauptſaͤchlich zu thun war. Hier befand ber vom 
Staat eingerichtete Umſatz in Chineſiſchem Thee, der fuͤr die Pferde 
der Sifan umgetaufcht wurbe, an benen Shine Mangel hatte (ſ. Aſien 
Bb.1.©.246 u. f.). Von den Gifen, an ber Grenze. von Sining, _ 
erhielt man jährlich auf diefe Art 3500 Pferde, die her Inſpector (Tſcha⸗ 
ma fer): de Brenzteibunais in 3 Claſſen, gute,. mittlere und gemeine " 
teilte, und danach jedes Stuͤck mit 120 Pfund Thee, mit 70, ober nur 
mit 50 Pfund bezahlte. Zugleich war es babei ben 8 HorbensChefä, die 
ben Titel Bang füheten, fo wie den Lama⸗Chefs, erlaubt, Chineſiſche 
Vaaren überhaupt eingutaufthen. Gpäterhin,. im Jahre 1411, unter 
der MingsDynaftte, nahm biefer Weriehr zu, und. ein. neuer Markt 
dieſer Art wurde gu Tſchaso tſcheou etablirt, wo bee dort fich eine 
——— 
*) P. Aniot L. c. T. XIV. p. 225, 227. 





i 


‚cal beuezie es muht iumge, Te bramıdkta 
Sr Geweit, uns medien, im Setre 1453, cinem Beberiall, ber aber ned) 


gädiih surutgefdiagen werte. Im Sabre 1538 führen bie Gib: | 


ſchen Yunsien '‘?, aber ame firmüde EGmpärung ber Sifu: 


beladen heim, unb beficgien des Ghinchice Dere tetal, bad iimen euige 
gergeſchidt word, fo daß es gänzfid nernidgtet mark. Geben höcks 
bie inruben em ben Grenzen ber Gifen mub Gira midgt auf, bi 
eine neue Uchermadst gegen fir emögrfankt wurke, bern Aufhirer zw 
shfiet waren, son denen men am Etantöreih ber Ming bir Mebergen 
sung hegte, daß es unmöglich ſey, fie im iherm Laube zu befisgen mab 
su vertilgen, fonbern fie nur bucd; Drebungen ums Vehichetes für bei 


Chineſiſche Reid un ſchaͤdlich zu madgen. Dem berangichenben, m: 


Senben Ungewitter kamen 60 ber Ghbefö der Sifansperben zude, 


unterwarfen fid) und erlangten Gnade; 16 anberr, bie bei irre Gap 
gung verharrtien, wurben geſchlagen, befiegt und 370, iherr amd ben am 


gefchenern erwählten Gefangenen, zum Beifpiel für bie übrigen Kinge 
richtet. Seitdem warb ber Frieden wicber hergeſtellt, ſagt der Anmaiih, 
und gebt nun auf bie Gharacteridyäberung ber eu gu Keil 
Kyanghis Zeit (Anfang bes XVII. Sahrhunberts), ber. 
Die Gifen +?) find ein einfadhes; gutmiktäiges Wolf, ba fein fa: 
tes, oͤbes Gebirgslanb jeher andern Heimath vorzieht, und voll Eifer: 
fucht auf feine Freiheit, die Unabhängigkeit für das hochſte Gut betrade 
send. Alle find unter ſich verbunden, wie ein Ger; unb sine Gerk. 
Bel Rationalangelegenheiten werben Alle zu Rath gezogen, bie Großen wir 
die Beringen, bie Beamten wie bie ohne alle Anftellungs Jebweder gieht 
feine Meinung ab. Scheint die Sache der Berfammlung bes Wolke 
vortheilhaft, fo führt man fie aus; iſt bie Mehrzahl bagegen, fo water 
bleibt fie. Dadurch erhalten fie ſich bei Kräften. Zwar finb bei ihner 
viele Häufer, auch Staͤdte; doch ziehen fie den Lanbaufenthalt, unter eins 
fachen Belten, den Wohnungen zwiſchen Mauern und unter Dädyern 
vor, wie einft bie Germanen, Ihre Zelte von Filz, "ober Hanfleinen, 
nennen fie Fulu. Jtde Horde hält jährlich eine Generalverſammlung, 
in der ſich alle lieber derfelben unvertegliche Treue ſchwoͤren, unb ges 
genfeltigen Beiſtand, mit aller Kraft zur Aufrechthaltung und Mertheibis 
gung ihrer Gerechtſame zufichern unter ihrem Tſanpu, ober 


108) P, Amlot 1. ec. T. XIV. p. 230. *3) ebenb. p. 232 — 236. 


u 


Hoeugher Einfkim, oberer Lauf, Stfan. 505 


ig, Bon drei zu drei Jahren pflegen fie aber Verſammlungen gu 

beiten, um ſich von neuem in hen Schug ihres Sfanpu zu begeben, wos 
bei ihm ber Gib ber Treue gefchworen wird. Dabei werben bie gegen⸗ 
feitigen Streitigkeiten ber verfchiebenen Horden, durch einflimmiges Ur⸗ 


. teil ber ganzen Verſammlung entſchieden, die jeder ihr Recht ſichert. 


Bei ſolchen Verfammlungen des Volks, - weihen fidy ſtets 6 bis 6 Juͤng⸗ 
linge zum Dienſt ihres Tſanpu auf Lehen und Tod, und ſchwoͤren vor 
der Ration, daß ihr Leben nur das ſeinige ſey. Sie dienen ihm tapfer 


im Leben, und ſtirbt er, fo geben fie ſich gegenſeitig den Tod, um ihm 


auch im bie andere Welt zu begleiten. Dieſe Sifen. koͤnnen weder le⸗ 
Jen noch ſchreiben, ſagt der Chineſiſche Autor; machen fie aber unter 


ſich einen Vertrag, fo binden fie Striche an Holz ſtuͤcke mit fo viel 


geſchlungenen Knoten, als bie Zahl der getroffenen Uebereinkunft bey 
trägt (bie Auippo, oder Knotenſichrift, wis bei ben Peruanern). 


— Diefe antitsnfiatifhe Kuotenfchrift?*), Kiei eng (bei 


Shinefen, d. i. cordellettes nou&es) wird, nad Matuanlin, auch den | 
Zufan überhaupt beigelegt, und ebenfalls den Ehinefen ber Altes 
fen Zeit, nad dem Ausdrud des Sting, als biefe noch ‚nicht oſt⸗ 


waͤrts bis zum Meere fortgerinkt waren, fondern noch ihre Gige nur in 


Honan und Schenſi hatten, — Dad, Dokument jener Kyoten⸗ 
ſchrift, fogt der Chineſiſche Autor. weiter, iſt den Sifan ber -heiligfte 
Gontract. Wahrſcheinlich ift alſe biefe aͤlteſte Schriftart Gentral⸗Aſient, 
noch heute, ein Jahrhundert nach jener Berichterftattung, im — 


‚bei den Sifan. 


Die Männer von Sifan finb ungemeln- wähle, Ras, tapfer, tee 


lich geuͤbt in der Felbarbeit wie im Kriegshandwerk; fie verachten bie 


Feigen unh Schwaͤchlinge, weil fie Schwaͤche ‚bes Koͤrpers als Folge eis 
nes felgen Seele anfehen. Gin Fluͤchtling vor dem Feinde ift bei ihnen 
Zeitlebens enkehrt, und mit ihm feine ganze Kamilie; die Heldenthat giebt 
Adel, und abelt bie ganze Zamilie mit. Dem -Kelgen wird. an feine 
Müge ein Fuchsſchwanz gebundenz fo. führt man ihn vor der ganzen 
Horde vorüber, deren Geſpoͤtt ihn empfängt, und ihn, worayf er nach 
Haus geſchickt wird, bis in feine Wohnung begleitet. Cine groͤßere 
Strafe giebt es nicht, obwol fchon jedes geringe Verbrechen ſtreng geahne 
det wird, mit. Abſchneiden der Nafe, Ausreißen ber Augen, u..fe w. 
Für Wohlthaten zeigen fie fich lebenslang dankbar. * 

Ihre Kleidung iſt eine Art Tuch, das fle ſich ſelbſt weben; ihre Ge⸗ 


ſichter malen fie ſich mit gelber Farbe anz ihre Weiber flechten ſich 
ihre Haare mit Putz von Edelſteinen und Metallflitter. Ihre Prinzen 


und Großen rasen, zur — von andern, Ornamente Fi der 





9 Ab. Romusat’ Rocherches zur I Langus zu Par zen 
4 P⸗ 6 





506 OfsWfien. Waſſerſhſteme. E. Abſcha. -$. 79; 


ſindende Horbens@hef ebenfalls 3050 Pferde jährlich Hecbeigufchaffen Mid 
erbot, Noch andere Horben machten nun ein gleiches Gebet vom 7006 
Pferden. Dies war fchon ein Zeichen ber Anhaͤufung biefer Barbaren 
an ben Grenzen des Reichs, auch dauerte es nicht lange, fo brauchten 
fie Gewalt, und madıten, im Jahre 1483, cinen Ueberfall, ber aber noch 
gluͤcklich zurücdkgefchlagen wurde. Im Jahre 1530 führen die Ehineſi⸗ 
ſchen Annalen 2422) aber eine foͤrmlich Empbdbrung ber Sifens 
Horden gegen das Kaiferreich ans fie durchbrachen überall Die Gren⸗ 
‚zen von Schenſi, verheerten, berambten bas Land, zogen mit Beute 

beladen heim, und befiegten das Ghinefifche Heer total, das ihnen entges 
gengeſchickt ward, fo baf es gänzlich vernichtet ward. Seitdem hörten 
.bie Unrußen au ven Grenzen ber Sifan und Shenſts niht auf, bis 
‚eine neue Webermacht gegen fie .ansgefanbt wurbe, beren ‚Anführer zus 
glei; mit. Amneftien und Gnadenverleihungen für bisfe Barbaren ausges 
rüftet waren, von benen man im Staaterath ber Ming bie Ucbergens 
gung begte, daß es unmoͤglich fey, fie:in ihrem Lande zu beſiegen unb 
zu vertilgen, fonbern fie nur durch Duohungen und Wohlthaten für das 
Ghinefifhe Reich Unſchaͤdlich ‘zu machen. Dem beranzichenben, dro⸗ 
benden Ungewitter kamen 60 ber Chefs der SifansHarben uber, 
unterwarfen ſich unb erlangten Gnade; 16 andere, bie bei ihrer Gmapbs 
zung / verharrten, wurben gefchlagen, befiegt und 870, ihrer aus ben ans 
gefchenern erwählten Wefangenen, zum Beifpiel für bie übrigen hinge⸗ 
richtet. Geitbem ward der Frieden wieber bergeftelt, fagt dee Aunalift, 
und geht nun auf die Gharacterfchilberung ber Sifa m, gu Kaifer 
‚Khanghis Zeit (Anfang des: XVII. Jahrhunderts), über. - 

- Die Sifan *?) find ein einfaches; gutmüthiges Volk, bas fein Balz 
tes, odes Gebirgsland jeber andern Heimath vorzieht, und voll Eifer⸗ 
/ſucht auf feine Freiheit, die Unabhaͤngigkeit für das hoͤchſte Gut betrach⸗ 
tend. Alle find unter fich verbunden, wie ein Herz und eine Seele. 
Bei Nationalangelegenheiten werden Alle gu Rath gezogen, bie Großen wie 
‚bie Beringen, die Beamten wie bie ohne alle Anftellungz Iebweber giebt 
:feine Meinung :ab. Scheint dis Sache ber Berfammlung bed Bolkes 
‚portheilhaft, fo führt man fie aus; &fk bie Mehrzahl dagegen, fo unters 
bleibt fie. Dadurch erhalten fie ſich bei Kräften. Zwar find bei Ihnen 
‚viele Häufer, auch Städte; doch ziehen. fie den Sanbaufenthalt, unter eins 
fachen Belten, ben Wohnungen zwiſchen Mauern und unter Dächern 
vor, wie einft bie Germanen. Ihre Zelte von Pilz, "ober Hunfleinen, 
nennen fie Fulu. Jede Horde hält jährlich eine Generalverſammlung, 
in der fich alle lieber berfelben unverlegliche Artue ſchwoͤren, und ges 
genfeitigen Beiſtand, mit aller Kraft zur Aufrcchiheltung und Wertheibis 
gung ihrer Gerechtſame zufichern unter ihrem Tſanpu, ober 


162) P, Amlot 1. c. T. XIV. p. 230. 2) ebenb. p. 232— 236. 


\ 


⸗ 


Hoanghe⸗Syſtim, oberer Ruf, Chem. 505 


ing, Bon best zu deri Jahren pflegen fie aber Verſammlungen gu 
halten, um ſich von neuem in hen Schug ihres Tſanpu zu begehen, wos 
bei ihm ber Eid der Treue gefchworen wird. Dabei werben bie gegen, 
feitigen — der verſchiedenen Horden, durch einſtimmiges Ur⸗ 
. teil ber ganzen Verſammlung entſchieden, bie jeder ihr Met ſichert. 
Bei ſolchen Verſammlungen des Volks, - weihen fidy ſtets 6 bis 6 Juͤng⸗ 
linge zum, Dienſt ihres Tſanpu auf Leben und Tod, und ſchwoͤren vor 
dir Nation, daß ihre Leben nur das feinige ſey. Sie dienen ihm täpfer 
im Leben, und firbt er, fo geben fie fich gegenfeitig den Lob, um ihm 
auch in bie andere Welt zu begleiten. Dieſe Sifan: koͤnnen weder le⸗ 
Jen noch ſqhreiben, fagt der Chineſiſche Autor; machen fie aber unge 
‚ic einen Vertrag, fo binden fie Stride an Holzftäde mit fo via 
gzeſchlungenen Knoten, als bie Zahl der getroffenen Uebereinkunft ber 
traͤgt ie Quippo, ober Knotenſchrift, wie bei ben Peruanern). 
— Dieſt ant ik⸗a ſiatiſche Krotenſchrift #*), Kier ſcheng (bei 
Chineſen, d. i. cordellettes nouces) wird, nah Matuanlin, auch den 
Tufan überhaupt beigelegt, und ebenfalls den Chineſen der Altes 
fen Zeit, nach dem Ausdruck des Iking, als dieſe noch nicht oſt⸗ 
wärts bis zum Deere fortgerinkt waren, fondern noch ihre ige nur im 
Honan und Schenfi hatten. — Dias, Dokument jmer Kpotens 
ſchrift, fagt der Ghineſiſche Autor weiter, iſt den Sifan der heiligſte 
Contract. Wahrſcheinlich iſt alſo dieſe aͤlteſte Schriftart Gentral⸗Aſi iens, 
noch heute, ein Jahrhundert nach jener ———— im Gebrauche 
«bei den Sifan. 

Die Maͤnner von Sifan find ungemeln- raſtig, fact, Aopfer, treffe 
lich gebt in der Feldarbeit wie im Kriegthandwerk; fie verachten bie 
Zeigen und Schwaͤchlinge, weil fie Schwaͤche bed Köupers als Folge eis 
ner fiigen Sale anfehen. Gin Fluͤchtling vor dem Feinde ift bei ihnen 
Zeitlebent entehrt, und mit ihm feine ganze Familie; die Helbenthat giebt 
Abel, und adelt bie ganze Familie mit. Dem Feigen wird an feine 
Müpe ein Fuchsſchwanz gebundenz fo. führt man ihn vor ber ganzen 
Horde vorüber, beren Geſpoͤtt ihn empfängt, und ihn, worayf er nach 
Haus geſchickt wird, bis in feine Wohnung begleitet, Cine größene 
Strafe giebt es nicht, obwol ſchon jedes geringe Verbrechen fireng geahne 
det wirb, mit Abſchneiden der Naſe, Ausreifen ber Augen, u... w. 
Für Wohlthaten zeigen fie ſich lebenslang dankbar. u 

Ihre Kleidung ift eine Art Tuch, das fle fich fetbft webens ihre Ge⸗ 
ſichter malen fie ſich mit gelber Karbe anz ihre Weller flechten fidy 
ihre Haare mit Pu von Edelſteinen und Metallflitter. Ihre Deinen 
und Gzoßen Fragen, sur — von anbern, Ornamente auf der 





°) Ab, RER. SE ORTEE nr os Langen Fararon, en 
4. v 66-68, 


L l 
— 


506 Oqu. Aſten. Waſferſyſteme. I. Abſcha. 470. 


Bruß, die Prinzen von Edelſteinen, die Großen Geldplatten, die 
Beamten und Dfficiere vom erſten "Range vergofbete Silberplatten, bie 
wutern Beamten Rupferplatteh. 

Ihrt muſikaliſchen Inſtrumente find die Trommel und bie Seemu⸗ 
ſchel, zum Blaſen. Mit der Kornernte fangen fie ihre Jahresrech⸗ 
nung an, und feiern dann das Reujahrefefls die übrigen Sahreszeiten 
beflimmen fie nach dem Gpreoffen ber Saat, nad; ber Kälte, ber Bike 


wm f w. Sie haben keine Aerzte und nehmen auch Feine Arzaeien; zu 


dem Kranken wird ein Zauberer gerufen, der neben ihm ein großes Feuer 
enbremnt, Tärmt, teommelt und allerlei Hokus Pokus macht, um ben boͤ⸗ 
fen Dämon, bem fie bie Krankheit zufchreiben, zu verſcheuchen. Sie 


haben großen, Reſpeck vor Handwerkern, Künflieen und Hanbdettleuten, 


obwor fie felbft darin weit zuruͤck find. Ihr Handel beſchraͤnkt ih nur 


auf den Eintauſch einiger Gtoffe, und fonfiger geringer Werkrfuiffe, 


gegen ihre Heerden, bie vorzuͤglich in Pferden, Ochſen, Schaa⸗ 
fen beſtehen; ihre Künfte beſtehen nur darin, ſich Kleider aus Hanfge⸗ 
weben und mehrerlei Arten Tuch, auch Waffen zu machen, zumal Helme, 
Käraffe und Pfeile zu ſchnitzen. 

Ihre Nahrung befteht in Fleiſch, meift roh ober an der Somme ges 
dörrt, ohne alle Gewärze, in Früchten, dorzuͤglich aber in Mildhfpeis 
fen. An Probucten giebt ihnen ihre Land Gold, Silber, Kupfer, Binn, 
fen, Sorallen 2), Hanf, daraus fie verfchiedene Gewebe bereiten; auch 
Weisen, ſchwarz Korn (Buchweiten?), rothe Erbſen und andere Ges 
möüfearten. Sie haben treffliche Pferde, Hammel mit großen Schwaͤn⸗ 
zen, Kameele mit einem Buckel, ben Ya mit dem Seidenhaar (f. Aften 
Br, I, ©. 178). Zu ihrem Zribut bringen fie diefe tanbesprobucke, 
andy Beine Kupferidole bed Fo ımb benfeiben geweihte Metallpyra⸗ 
miben (f. oben S. 233). Ihe hoͤchſter Berg im Lande iſt der Auen 
4un, ihr größter Strom ber Hoanghos ihre beiden, mertwürbigften 
Miao, oder Tempel, Gegen ber eine gegen Schenft, ber andere ge 
gm Szutfſchüran (alfo wol an ben Gingängen- nach Ghina), beide find 
zu Ehren Shineflfcher-Beamten erbaut, fagt ber SHneffäe Annatift, bie 


Fe als ihre Wohlthaͤter verchren. 


2 Mittler Lauf, duch Kanfu, Soenfi und 
Schanſi. 

Radbem ber Hoangho kurz vor Lantſcheu ¶. ob. S. 403), 
wo er ſich gegen ben Norden nach Ninghia wendet (ſ. Aſien 
Sd. 1. S. 160.x.), und am Weſteingange der Weſtſtra ße dee 
Boͤtder (Aſien Bd. I. S. 166,171), die von der Verſchanzungs⸗ 


‚Unie der greßen Moser vertheidigt wird, den. großen, linken 


Seitenſtrom, Huangtfhui (auch Taitong Ha, ſ. Iſien Bd. J. 


‚ Benngbe-Syflem, mittir uf. 507 
©. 280), oeder Ulaw Muten, von dem wir ſonſt nichts naͤhe⸗ 
res etfahren (ſ. Aſien Bd. I. S. 187), aufgenommen hat, feh⸗ 
len. ihm, in feinem mittlern Laufe, um das Land dee Des 
dos bis zus Scade KaKhuKhotun (Afien Bb. I. &. 230) 
wo wieder ein Ulan Muren, d. i. ein Schwargwaffer, 
ihm zuelit (Aſien Bd. L ©. 164), alle linken Zuftäffe 
bon Vedeutungs Kenn eben da ift das Marimum ber Ans 
näherung des tiefen HoangbosXThales zum Plateaus 
kande, und zum hehen In: Scan, wovon fhon oben (Aften 
DB. 1. ©, 153-157, 168-161, 165--170,- R--233, 236-240) 
hinſichtiich der Natur des Stromes wie des anliegenden 
Eandes hinzeichend bie Mede war. Daß zum Uebergange über 
den Strom, auf her großen Weſt ſtraße, etwa in der Gegend 
von Laueſcheun, im frübern Zeiten, unter der Ming: Dpnaflie, 
eine Schiffbeädet%) gefhlagen war, erfahren wie aus dem 
Berichte der Embaffade Shah Rokh's (f. Aflın Bb. L 
©. 211, 224). Mo diefe einige Tagemärfche von Kantſcheou, 
vum Ufer des Rasa Wuxan, ober Hoanghe kam (im J. 1420), 
den fie, dee Größe nach, an dieſer Etelle mis dem Gihon ihre 
Bucariihen Heimath verglichen, führte fie eine Bruͤcke auf 26 
Pontons über den Strom, die duch Eifenketten zuſam⸗ 
mengefefielt und am Ufer an Eifenfäuten von der Dide eis 
nes Mannsfchenkeis befefligt waren. Die einzelnen Schiffe dee 
Bruͤcke, oder Pontens, waren noch insbefondere durch große Das 
ben gegenfeitig verbunden; fie waren mit Ballen und Bohlen 
bebrhlit, fo daß der ganze Zug der Embaflade mit größter Si⸗ 
chechut daruͤber hinweg ging zur nächflen Stadt, wo. ein. Zefls 
mahl bereitet war. In neuerer Zeit ik uns von keiner hiefigen 
Schiffbruͤke etwas bekannt. Mach einer Reife von Seatienen 
Ihres weitern Marſches wird noch einmal ein großer Strom, 
ohmwel ohne Namen, genannt, der zweimal fo breit als ber 
Gihon ſey, den man nun mit Barken überfegen mußte Wie - 
balten dieſen Webergang etwa ‚fie jemen, der-auf dem Ders 
tage, wenn das Land ber Drbdos buckhfchritten iſt, unterhalb 
Khu Khu Khotun, überſetzt werden muß; um dann weiter zur 
Reſidenz Pekin.g vorzufcheeiten, an jener Stelle 700 bie BAD 
Guß breit, wo auch die Jeſuiten Patres mit Kaifet — den 
—— — 


148) Ambessade de Schah Rokh 8. Thevenot Recaell, "Paris 1696. 
Fol T. u. fol. 8. 


508 ORAfen. Wüffriefiime. I ubſqha. $.79. 


Hoeugho Übırfeht Haben -(f. Aflen Bo. I. S. 238), ober vielleicht 
auch fer die noch befuchtere Ueberfahrt, etwas weiter abwärts am 
Strome, bei der Stadt Paoterfhen (39° EN Br., f. Afien 
Br. 1. ©. 149), wo det Hoangho ſchon- wieder zwifchen ſteile 
Sebirgeketten eintritt, und das weſt liche und nördliche Chi⸗ 
meſiſche Alpengebirelande(ſ. ob. S. MW) auf ber Grenze 
von Schan⸗ſi ud Schen⸗ſi mit feinem wilben, engen Seite 
Chalet durchſchneidet. 

Don diefer Ueberfahrt, bei der befeligten Stadt Paote, 
bie auf Felſen erbaut if, bis auf einige WStunden abwärts, 
wirb ein vorzuͤglich ſchmackhafter Fiſch, eine Karpfenart, ſagen die 
Sefuiten Wortes (Chi hoa Ip hu genannt), gefangen ‚der nur hier 
vorkommen foll, und fid) vorzüglich von einer Art Waſſerpflanze 
‚nähre, die hier zwiſchen den Flußktippen in Minge wächit. Er 
wird feiner Delicatefft wegen au ben Hof nah Peking verfens 
det. Der Strom hat Tier DO Telſen (3200 Ab-Parı) H6) Vreitt, 
und iſt ungemein reifend. Die Ueberfahrt des baiſerlichen 
Sefoiges, im Sabre 1697, konnte daher hier erſt in 3 Tagen Zeit 
VDewereſtellige werden, obwol anige DO Heu gezimmerti Backen 
Dazu: bereit ſtanden. Nar mit einem ſeht ſtarken und: guͤnſtigen 
Winde konn der Hoangho ſtromanmf beſchifft werden3 «u bie, 
tet daher bier noch keine beguane Gummunicationstinie bar, md 
wor einer regelmäßigen Schiffahrt auf bemfeiden iſt uns aus 
gaͤr nichts bekannt.“ Wenn aber der Strom erſt dur Shufs 
Tide Ketsfprengung, bei Long-men, bei Houn Keon und 
Sanu⸗men (f. Allen Bd. J. ©. 1505 die Angabe des letzte⸗ 
ten vremißt man Leider auf allen Karten, auch auf der Khiens 
tongfhen, von Klaproth ebirten Carte de PAsie centrale), 
Heine Wegbahnung und freiern Ablauf erhielt, fo mögen aud 
ch andere Stromgemmuugm bort im mittleren Steomlaufe 
a6 Hoaugho Statt finden, workber wir jedoch gas keine naͤ⸗ 
"hen Tuffchluͤſſe und bis jegt verſchaffen Bonnten. Cine einzige 

ARMDtelle in den Werichten’ ber: Jefniten giebt nur gelegentlich das 
mertwindige Datum Kbdar den Durchbruch bed Hoangho, 
zwiſchen Schanfi unb Schenfi, daß Hier:de Strom auf 
einen Berg buschfege, und einen Waffesfatt?T) bilde, den 
man wol mit den Gataracten des Nils vergleichen koͤnne. 





. 34°) Görbillon Voyi 1697. b. Du Halde T. IV. p. 485. “) Da 
Halde Descr. de Ia Chine T. IV. Hist. Abt. de la Curve p. 558. 


4 \ 
v 
J 


! 


2,3 SeangherSnften, unter Lauf. ° 300 


... Ob Hefe Beumifung. nom Pater Regis, ober dem Paten, 
Mailia,herzübrt,. bar in dieſer Gegend, mit her Kartenaufnahme, 
befchäftigt, wat, wiffen wir nicht; aber, quf jeden Fall märe es 
mänfgenyasrth. bipfeg, Naturverhaͤltniß genauer au kennen. Wie, 
Wrmuthen,. daß eben hie, der. Ho ang ho das Spfiem der Pa, 
sallsiketten be4 Chineſiſchen Alpengebitgslandes in vielen Zicke, 
zacquerthaͤlern durchbricht, um dann, im fpigen Winkel der. 
Dfibiegung, in. fein großes Laͤngenthal, zwiſchen den 
Peling (f. eben, Sae 407.) feineg ſuͤdlich en Strombegleia 
ter, und bie noͤrplichen Alpenketten ‚Chinas, einzutses 
ten, mit welchem Eintritt feine MormalsDirection gegen. 
den.D. zum, Dream, und fein unterer Lauf beginnt. ‚Yon den 

mertwürbigen Entiväfferungsarbeiten feines mittleren Stroms. 
laufes, duch Yu. zu den Beiten Yad's, ift (dom oben bie- 


* 


Rede gewefen" (f. Alla Bd. I. ©, 158-160)... 


3. Unterer kauf; noch zwifhen den Bergzuͤgen, Der 
Ling, Lung Shan, und den Ketten von Schanfi, 
mitden Bufläffen, Wei bo, 2 bo; Ken bo. 
Noch hat. der Hoangho, von.dem feltfam [pigen Win, 
kel fine Suicheugung, in welder bee Wei'ho, (Ouei ho. 
bei. Klaproth , Dogi Ho ‚bei D’Anville) fein rechter Zufluß, vom, 
Velen, vom ſchneereichen Siue Ling, aus Kanfu herkom⸗ 
mend, sinmündst (ſ. oben ©. 421), die Länge des Deutſchen 
Fheinſtroms zu durchlaufen, ehe ex den Dfkvcean erreicht. De 
Dei do iſt Hier fein waſſerreichſter Zuſirom und beffen ganze 
Nosmaldirection, von feiner Quelfe an bis zur, Mündung, 
faͤlt, feltfam genug, nus in eine und biefeibe gerade Li, 
nie, von Weftezi nah Dften, (etwa. unter 35° N.Br.), mit 
dem unteren Stramlaufe des. Hoangho zuſammen; fo, 
daß man fagen möchte, er, dee Wei ho, ſey deſſen eigentliche 
ober Slußlauf, jener, nur ein zufaͤlliger Seltenarm. Und in der⸗ 
[!!hen Parallelrichtung, etwa unter 34° N.Br, kaum eis 
nen Grad füblicher zieht, die Gebirgskette des Peking. 
(06, ©. 407, 421), gis der ſub lich e Hoanghobegfeiter, 
in tpeiter Erfttedung, von. dem Meridigggebirge des Siue Lings 
bis in die Ebene der Provinz und, Stadt Honan,.cen fo 
gleichmaͤßig auf feinem Sübufer fort. Erſt unterhalb Honan 
verläßt der Hpanghe das Bergland, und zieht duch Nies 
derung zum Mieze... Aufer.dem Mei Ho treffen im dem ſeit. 


510 Dfi-Aflen. WBafferfyfieme. I. Abſcha. $. 79. 


famen Winkel ber Kuicebeugung auf der Bronze bes mitt 
leren und unteren Laufes, an be letzteren UEmründung, 
noch zwel andere bedeutende Zuflüfle zuſammen, weiche eben da 
Vie Waſſerfuͤle des Hoangho bedeutend mehren. Won N.W. 
ber, aus dem Gebirgslande der Drbos kommend, ber geringere 
£o bo, und von N.O. der aus Schanſi ber bebeutenbere 
Sendo, an ber großen Stadt Phin yang fu vorkberfirdmmt. 
Diefer letztere koͤmmt von ber großen Dauer ber, aus dem Als 
pengebirgsiande Nord Thina’s (f. ob. ©. 405), ki. 
aus-ven noch ſchneehohen Parallelketten am Suͤdrande 
bes Gobi⸗Plateaus (ob. ©. 407, 422). 

Die beiden bebeutendiren Zufteöme Wei ho ımb Fenho, 
find durch die wahren Culturthaler, die fie ducchfirämen, und 
durch die großen und berühmten Städte Phiwyangfu, die Ca; 
pitale von Schan ſi und Singan fu, die einflige antike Befis 
denz Shihoangtis (f. Aſia Bd. L S. 1%, 154, 163), und 
vorherrfchend die Gapitale des Kaiſerreiches vor der Mongholen⸗ 
geit, zur Zeit dee Tang und dee Sung (ſ. Aſia Bd. L. &.163, 
256, 368 u. a. O.) beſonderer Aufmerkſamkeit wetth. 

A. Der Peking (Taſa Ling, Thſin Ling). De. 
Mei bo entquillt noch dem weſtlichen Syſteme der Schners 
gebirge (f. oben S. 421), eben da wo der IV, Pe Ling, bie 
Nordkette (f. oben ©. 407, 421) fid) von ihm unter dem ans 
fängiihen Namen Taſa Ling oftwärts abzweigt (au Shang 
aan Ling, und Thſing Ling genannt !®), Namen die die 
fer Südbegleiter des Wei ho bi6 zum Güben der Gapktale 
Gi ngan fu beibehätt, bis zur Quelle feines rechten Geitenflüß: 
chens, bes Da ſchui (au Lan ſchui, auf Srimmrs Karte 
irrig San ſchui gmannt), der von Süden nach Morden, an. 
der Bergſtadt Lan thian Hian-vorkber, von ihm herab, unters 
halb der Stade Singan fu, in den Wei bo einmändet. Der 
höchfte, immer mit Schnee bebedite, Gipfel dieſer Kette, dee Taſa 
Ling, liegt im Suͤdoſt der Stade Mei hian am Wei ho; e 
heiße Thai pe Shan (383° IH’ N.Br,, 106° O. E v. Par. ®) 
und in S. W. von Singan fu. Won der Quelle des Pa 
ſchui geht die Hauptkette deb Pe Ling, unter dem Namen 
Zhfin Ling, direct gegen Oſten, als Saͤdbes leiter des 


240) Klapsoth Tabl. &. — hantes Moniagnes de ia Chine etc. in 
-Magasin Asistig. Paris 3826. T. IL. p. I62. *°) ebenb. p. 148. 


Hoanghe · Syſtem, Wei ho, Pe Ling. sn 


Hoangbe, und verllert biefen- Nanıen erſt bei hern Eintsiss 
in die Provinz; Honan, wo ber Lu ho, ein rechter Zufluß 
des Hoangho gegen Norden, der an der Stadt Honan vor⸗ 
überzieht, ihrem Norbabbange entquillt. Sie fegt ihren Zug, im⸗ 
mer old Wafferfheibegebirg, zwifchen den beiden, großen 
Steomfpftemen des Hoangho und Ta Kiang, oſtwaͤrts fort, 
bis zu den Quellen des Fu hol, von mo an ihre Wendung 
erft gegen S. O. ſich abändert, bis zur Quelle des Houai he, 
die, beide vereinigt, im Mioberlande, nahe am ber Küfe den 
großen Kaifer: Ganal fpeifen. Das Oſtende diefee Waſſer⸗ 


fheidelette, des nun ſchon fehe niedrig gewordenen Dr king, 


wird nun bier, zus Grenzkette zwiihen ben Provinzen Ho» 
nan im Norden, und Hu pe im Süden, mitt dann in bie 
Kuͤſtenprovinz Ngan hoei ein, und fällt, gegen die berühmte: 
Capitale Manking flreihend, endlich ganz ab, bis auch feine 
Eunction als Wafferfcheider mit der Erreichung Bes Sees Tſch hao 
du m ND. von Ranking ein Ende nimmt. Mur erſt im, 
Südoſt diefes Gebirgszuges des Pe Ling fängt in China 
überhaupt die nördlichfte Cultur ber Theepflanze au, weis 
ter nordwaͤrts reicht fie nicht (f. Aſia Bd. II. &. 236, 244). | 

Die beiden Nordverzweigungen bed Pe Ling. "Aber an zwei 
Stellen, im Weften und im DOften bee Pa ſchui Quelle, ſen⸗ 
bet diefe Parallelkette des Pe Ling, noͤrdliche Verzwei⸗ 
gungen durch das mittlere Stromgebiet des Doangho ans, 
weiche Einfluß auf defien Configuration haben müffen, 

gung Shan‘), heiße die eine biefer Verzweigungen, bie 
ein. gewaltiger Armı des hohen Thai pe Shan gegen N.M. 
biidet, indem er den Wei ho überfegt, um fi wiederum dem 
Schneegebirge im Departement Phing lang fu, in Kaufe, 
und ber Maffe im &.D. des Hoangho bei Lan tfheu anzus 
ſchließen, die wir ſchon zu verfchiedenen malen anderwaͤrts kennen 
zu lernen Gelegenheit hatten (3. B. Leou pan, f. Aſia Bb. L 
S. 163, f. oben ©. 403, 422). Er fol ungemein fleile Gen 


birgemafien haben, und, richtiger geſagt, iſt es eigentlich ber. 


Weihe, der diefen Arm erſt unterhalb feiner Quelle von Weften 
nah Dften, gewiß in fehe wilden Felspartien durch brechen 
muß, ehe er aus Kanſu in Schanfi, bei Pao ki hian, in bas 
reiche, fchöne ee. einterten fan, in welchem weiter ab⸗ 


— en use 8 
„- 


#0) abend, p. 168. 





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52 DE Beichiem. 1 Bike L ;9: 


wu, tu Eitee Wei hiess mb Ei ngen fz Je— 
= Dis Fi IE tn m antike Lurttrzie ie, auinin 
Big, weile von br Cısrıe Ei mgzu Fr. ze Zt ie beugen 
Seitens m Eee Iiea fm. ba Pas ki, fhhete, 
Bean sie gun Ehden cities. uk aid Gekizgszeifage 
Mer Etneegebirge, ven Pe Sing ibelg zn übe Dem 
sfgung fu m tu Ai ru E;z efüman meh 
Zi@ging iu fu u gelungen Cr wur mi wiki, weil 
Darco Polo auf ihe Im Wanbaunz meh bumm Eben ges 
mecht hat; wie werten fie weiter unsen ai wie Runfiitehe 
von Ei ugen fu na Tſching ru fu miher mmem lernen. 

B. Bette von Esenfi Die aubere Beupseigung 
Bedädt von dar Pa lgui Quelle ya RE; Fe ik eb, 
weidge Vor der Diünbung des Wei do m ben Hoanghe von 
übericht, und dort das Zeischel befickben zu Dunn im der Züegs⸗ 
geſchichte 2) Tuner Chins’s berkkmen Engpef ven Ahnung 
Suan (neh Dat Gaubil Angabe 3 I R.Dr um 6° 17° 
BE v. Peking [. Aſia Dr. L ©. 164) fammenfianıt, dan 
adez auch auf das Rorbufer des Hoanghe, im der Knieben⸗ 
gung vu Schanſi, weiter gegen RD. fertfegt. Eie hat kei⸗ 
nen gemeinſchaftüchen Namen; Klaptoth nennt fir die Kette 
son Schauſiz ihr Dauptpunc, von dem fie amigcht, und 
na Schanfi binäbesfept, ik au der Südfpige jener Knie⸗ 
beugung, ber hochaufſteigende, body wicht ewigen Schnee tra⸗ 
gende Bag, Thai hua, oder Hua Shan”), (mis Dita, 
ſtatt Hua, auf Grimms Karte), weicher der weſtlichſte unter 
den Fünf Do, oder der heiligen Dpferberge der Chinefen 
iſt. Zwiſchen feiner Heilen Nordwand und dem Gübufer 
des Hoangho, an der Einmündung des Wei ho, liegt eben 
jener Eugpaß Thung Iuan. 

Nach dem Älteften Chineſiſchen Traditionen wurden anfäng> 
lich, ohne Unterſchied, auf den Bergen uͤberhaupt dem Chang ti 
(oder Tien, i. e. Coelum, das hoͤchſte Weſen 62) Opfer gebracht. 
Durch den dritten ber Ebineſen Kaiſer, durch Huangti, wur⸗ 





— Journ. Anatiqne Paris 1828. 8. T. I. p. 106. Rote 1. 
P. Gaubil Histoire de Gentchiscan et de ia Dynastie des 
ongols a 4. Paris 1739. p. 20. Tableaux historig. de PAsie 
. 216, 22) Magasin aslatig. 1. c. T. II. p. 152. 
ot. p. 1 164. ®*) Du Halde Deser, de ia Chine T. IH. 

p: 3, 7: etc, 


Hoangho · Soſtem, M. Polo's Reiferoute. 513 


den abes 4 Hohe Berge, nach ben vier Weltgegenden erwaͤhlt, zur 
feieelichen Darbtingung ber großen Opfer duch den Kaifer In 
den 4 verſchiedenen Jahreszeiten, und diefe Berge wurden Yo ges 
nannt; fpäterhin fügte man einen fünften, den Do ber Mitte 
des Reichs, ben Sung Shan, noch hinzu, der in der Pro⸗ 
vinz Honan liegt. | 

Einer jener Dpferberge iſt nun aud ber genannte Hua 
Shan; das Opfern auf ihm ift zur Antiquität geworden. Die 
nördliche Sortfegung dieſes Hua Schan wird vom Hoangho. 
buchbrochen, indem bdiefer den Suͤdlauf in den Oſtlauf 
plöglich umfegt. Die Gebirgskerte von Schanfi ſetzt aber 
ihren Zug norbofiwärts, im Oſten des Gen ho, und feiner 
Bufläffe, in: mehreren Parallelen s Öliederungen buch 
ganz Schanfi, bis nah Nord yertfcheli fort, fleigt dann 
wieder in mehreren Bipfeln!5) zu ewiger Schnecehöhe 
auf, und ſchließt fi dann dem Südfaume des Gobi: Platenus 
und defjen Randgebirge in ei von Peking an (f. oben 
©. 407). 


Anmerlung Marco Polo’s Reiferoute — das Alpen⸗ 
gebirgland Weſt China's, durch die Thäler des Ken ho, 
Hoangho und Weiho, auf ber Straße von Peking, gegen 
8.8, über Singanfunadh Zfdhingtufu in Szütfhuans 
vor dem Jahre 180. — Die AlpyensKunftfiraße über ben 
Pe king; bie Paſſage Aber den Tapa Ling. 

Im zweiten Buche feiner Mirabilia Mundi beginnt ber bee 
rühmte Benetianer, nachdem ex im erften bie allgemeine Befchreibung 
des nördlichen Mongholifchen Reiches (Gatat) beendigt hat, mit den ſpe⸗ 
eiellen Nachrichten über ven Süden des Ghinefifchen Reiches (Mangi). 

Bel genaueren Betrachtung, fagt 3. Klaproth, und damit flimmen 

auch frühere und fpätere 180) Unterfuchungen überein, ergtebt ſich, daß 

M. Polo faft überall nur diejenigen Städte nennt, die er fels 

ber befucht hats und daß bie Reihenfolge, in der er fie nennt, 

bijenige feiner eigenen Keiferöute iſt. Dieſes ſehr intereffante 

Reſultat zeigt ſich entſchieden, in der hier anzufuͤhrenden Reſhe von Da⸗ 

ten, die badurch ſehr wichtig werben, daß fie über einen, uns nut aus 

allgemeinen Gompilationen ber Jefuiten befchricebenen, fonft aber von Nefe 
fenden neuerer Beit gänzlich unbefugten, nicht unintereffänfen Strich 





"" 1 Magasin Atiatiq. T. ILL cp. 150 — 151. &°) Gonte Bal- 
Boni I Miltione di Messer M. Polo 1. © T. Il. p. 294 
Not. 619 et 


Ritter Erdkunde IV. j RK 





814 DflAfen. Wafferfoftene. I. Abſcha. 4. 79. 


des Kipengebirgsianbes von Weſt⸗China, Innerhalb des mitt 
iern Hoangho⸗Syſtemes, bie erlungen eines Guzopäifchen 
Augenzeugen, wenn ſchon aus bem Gnbe des 13tem Jahrhuntd ects mit 
theilen, die es nur bebauern laſſen, daß kein jüngerer Beobachter ihm 
gefolgt ift, und der größte Theil jener merkwürdigen Alpengaue, baber, 
aller flatiftifchen Motizen ungeachtet, bie wir daruͤber befigen, feiner wah⸗ 
zen Natur nad), boch immer noch der Terra incognita anheim Fällt. 

Bir burchwandern biefen Landfiri nad dem Texte des Bene 
tianers in ber Baldelliſchen Edition !°7) und nad dem Some 
mentare:°°®) unfers Landemannes, ber bie hier, wie es uns ſcheint, 
erdften Schwierigkeiten und Duntelbeiten, groͤßtentheils, durch feis 
nen Scharffinn und feine feltne orientalifche Gelehrſamkeit gluͤcktich bes 
fiegte und begierig macht, auf: einen fortlaufenden Commentar dieſer Art, 
zu dem beffelben in vielen Theilen nod fo [ehr bebärftigen, 
elaffifhen und einzigen Werte bes von jeher bemunberten, 
aber fo felten verflandenen, und bis heute weit mehr mißverſtandenen Aus 
tors, ber darin gleiches Schickſal, wie fruͤherhin fein Borgänger Herode⸗ 
808, theilte, 

M. Polo bemerkt ſelbſt, daß er in Aufträgen feines Gebieters und 
Hohen Goͤnners, Khublai Khan, Reiſen in weite Fernen, wol auf 
4 bis 6 Monat Zeit, in verfchiebene Provinzen von befieg Reiche zurüds 

gelegt; offenbar iſt gegenwärtiger Bericht eine derfeiben, bie von deſſen 
Mefidenn Kanbalu (Peking) ausging, und über ame Hauptorte 
Machricht giebt, 
1) Pulifaugan (Gap. AXVIL), d. i. Brüde des Sanglan 
- Stroms. Bon Kanbalu reifet man 10 Millien (italiſche) gegen 
S. W., bis zur ſchoͤnen Beide Puliſangan. Sie beſteht noch heute, 
über den Lukeouho, einen rechten Zufluß des Pey ho, der in Oft 
on Peking voruͤberzieht. Jener Fluß heißt aber auch Sang Tan ho 
Hoen ho, ober Yom tim ho bei D'Anrille).) M. Polo, bem bad 
Perſiſche, durch feinen längeren Aufenthalt in Ball und als Hofs 
foradje geläufig war, der auch wol einen Perfifchen Dolmetfcher als 
Reiſegefaͤhrten haben mochte, weil er oft Perfifche Ausdruͤcke in feiner 
Befchreibung gebraucht, nennt baher auch diefe Bruͤcke mit dem Perfi⸗ 
fehen Namen Pul i Sangkan, d. i. be Bräde des Sanglan 
- Stromes. Diefer Strom ergießt ſich zum Ocean; viele große Schiffe 
- mit Baaren fegeln ihn, fagt er; hinab. Die Brüde iſt nach M. Por 


— 


m) N Millione di Messer Marco Pole Viniziano see. ia Lezions 
Rarmasiana illustr. e eommentato dal Conte G. B. Baldelli Boni. 
Firenze 4. T. II. 3827. Libr. II: cap. XXVI — XXXVI. p. 
235 — 247. °*) J. Kliaproth Remarques geographigues sur les 
Provincer oreidentales de ia Chine decrites par M. Polo in Neur. 
Journal asiatique T. I, 1828. 8. m 97. — 307. 


j 0 
Hoangho⸗Eyſtem, M. Polo’s Reiſeroute. 515 


108 Urteil ungemein ſchoͤn, vielleicht die ſchoͤnſte der Melt. Gie iſt 
1800 Schritt lang, 8 Schritt breit, hinreichend um 10 Reiter neben ein⸗ 
ander paſſiren zu laſſen. Sie ruht auf 24 Bogen und 26 Pfeilern, bie 
im Waſſer ftehen, aus Serpentinftein ſehr kunſtteich erbaut, und reich 
mit Säulen, Marmorfculpturen ornamentirt. Am Aufgang ſteht eine 
große Säule, an bern Sockel ein großer Loͤwe liegts auf der Säule 
Kegt ein gleiches Drnament, — Die fpäteren Sefuiten nennen fie eine 
Marmorbrüde 22), mit 70 Säulen atıf jeder Seite, unb dem fchönften 
Marmorgetäfel gie Seite, mit Sculpturen von Blumenwerk und Thier⸗ 
figuren geziert. Sie fagen, die Bruͤcke folle zweitauſend Jahr alt ſeyn, 
1688 aber bei großem Waflermangel des Stroms eingeflärzt feyn. Nach 
Klaproth warb fie aber A. 1189 in 5 Jahren gebaut, und nachher 
mehrmals reparirt. 

3) Giogin, d. i. Tſcho tſcheou (Kay. XXVIII.). Bon dieſer 
Bruͤcke geht man 30 Millien (ital.) gegen Abend, immer zwiſchen ſchoͤ⸗ 
am Gebaͤuden (Palazzi‘, zwiſchen Weinbergen und bebauten Feldern 
"Hin, bis zur Stabt Giogin (Gonza bei Ramuſio). Cie heißt heute 
Tſchoſtſcheou in Petſchely (nicht Tao 5. D’Anville, und darnach auch 
irrig auf allen andern, auch auf Brimms Karte). Die Stadt iſt ſehr 
ſchoͤn, volkreich, hat viele Kiöfter mit Idolen, barin Kaufleute und Känftier 
ihre Waaren feil haben, Man webt bier ſchoͤne, feldene Zeuge, Golbe 
ftoffe und anbere Gewebe. Hier find viele Wirthshaͤuſer für die Meifens 
den, Ser fyaltet fih bie große Heerfiraße, gegen Beten 
nah Sataja, gegen Süden nad Mangiz wie bamals zu M. Po⸗ 
10’8 Zeit, fo auch noch heute, gegen W. durch Sqchanſi, segen G. 
durch Ho nan. 

3) Zaianfu (cap. XXIX), b. i. Kai van fu (Kaiyuan fu) 
M. Polo nahm den Weflweg, er ritt 10 Tage zu Pferde, immer 
durch ein Land voll Schöner Städte, Burgen, Weinberge, bebaute Fels 
der. Bon bier wirb bee Wein, fagt ex, nad Gatai ausgeführt, wo 
keine Traube waͤchſt. Die Felder ſtanden voll Maulbeerbaͤume, Seiden⸗ 
sucht war allgemein, die Einwohner wol geſittet, das Land voll Beifens 
ber, voll Verkehr. Er kam von Stadt gu Stadt, wo er überall Märkte 
doll Waaren und Handlung wahrnahm. Bis zur Hälfte des Weges, 
bis Achbaluch (ob AL baLE, d. 1. die Weiße Stadt, vielleicht der 
Rame eines Kaiferlichen Jagdſchloſſes? f. Afln Bb. I. ©. -140 14), 
seichte das Kaiferlihe Sagdrevier beö Groß: Khan, mo Nianand 
anders gu jagen wagt; daher hier bad Wilb audy zum großen Nach⸗ 
tell der Saaten und Kelder ungemein ſich vermehrt hatte. Dann wurde 
die Stabt Tal an fu, d i. Tai yan fu, bie.Capitale des Könige 
reichs (Reame), d. i. bier der Provinz als am Ken ho Bun 

0) Baldelli Boni fi Millione ete. 1. c. T. —F . 206 Notr 306° 
| \ * 2 


516 Offen. Wafferfofteme. 1. Abſchn. $. 79. 


gelegen, alfo Innerhalb des Stromgebietes bes Hoangho wirklich 
erveicht. Sie iſt fehr groß und ſchoͤn, voll Handel und Kuͤnſte. Zemal 
Waffenfabriken find bier für das Heer des Groß⸗Khan. Auch Mein 
ban in Güte und Fuͤlle, wenn ſchon nur im Stabtdiſtriet, nicht im 
übrigen Theile der Provinz, doch in folder Menge, daß Satai damit 
verſehen wird (andy die Jeſuiten, ber weit fpäteren Beit, verfahen ihre 
Miffionen in China, von biefin Weinbergen aus, mit biefem Trank) 
umher giebt es viele Früchte, Maulbeerbaͤume in Menge und ſtarke Seis 
denzudt. — Klaproth bemerkt, nad) Shineftfhen Daten, daß die dor⸗ 
tigen Eifenbergmwerke!*‘) die ergiebigften in China find, zumal bei 
ber Gapttale ſelbſt, und in ber benachbarten Umgebung‘ gegen Suͤden, 
der kleineren Stadt Siu kéu hian. Dort find heute noch die Haupts 
fabriken für Säbel, Dolche, Meffer, Meißel, Stahlarbeiten (gleichſam 
Bolinger Waaren), bie von da durch gang China und bie Mongolei vers 
banbelt werben. 

4) Pian fu (cap. XXX), d. 1. Pin Yang fu (Phing Yang fu). 
Zu diefee Stadt zu gelangen, bie gegen Süben ebenfalls an Fen ho in 
Schanſfi liegt, wurben 7 Tagereiſen zu Pferde verwendet. Der Weg bahin 
Tührte, wie vorher, durch weich bebautes Land, wo überall ‚bie ſtaͤrkſte 
Seidenzucht in Betrieb war. Nach der Chineftfchen Sage foll fie bie 
Keſidenz bed Urabnen ber Ghinefifchen Kaifer, Yao’s (f. Aften Bb. J. 
S. 189), vor drittehalbtauſend Zahren geweien ſeyn. 

5) Ahai gin (cap. XXXI), b. i. Phu tſin, in Weſt von Phu 
eſchen fu, am Hoaugho. Bon Pianfu find 7 Zagereifen dis zu 
dieſem Fort, wo ein fchöner Palaft bes König Dor, eines fonft unbe 
Tannten Begulo, von dem eine Anecbote erzählt wird. Das Fort 
Yatte, unter der Sung Dynaſtie, im 3. 1011, ven Ramen Tan Ehing 
‚erhalten, ber Ihm auch zu M. Polo's Belt geblieben war. Auf dem 
Wege zu dieſem Kort, demfelben ganz nahe, wurde von ihm eine grofe 
Stadt Cartanfu paffirt, beven Befchreibung aber, wol durch einen 
Schreibfehler der Gopiften erſt nachher mitgetheilt wird, nachdem er ben 
Caramoran Überfegt hal. Gactanfu (cap. XXXIII), Liegt aber 
auf dem nordoͤſtlichen Ufer deffelben; es iſt nach Klaproths Berich⸗ 
Agunge“) Phutfheu fu, das damals Hotſchung fu hieß, woraus 
die Mongoliſche Alteration in Cacianfu leicht erklaͤrlich ik. — Andre 
Commentatoren haben’ fie auf andere Städte geteutet, und finb daburdy 
von bir Hauptroute, die ber Wenetianer nimmt, ganz abgelenkt worben, 
ſo 3. B. auch ber Graf Baldelli Boni in ſeinem Commentar. Es 
war eine ber Hauptfläbte von Schanſi, voll Handelslente anb Künfte, 
‚wo viele Seide gezogen und viele Arten — GSewebes gemacht wurden. 





1.0) Nouv. Journ. Ariat. I. c. T. I. p:90. 
°ı) Nour. si Asntig. T. I. p. 101. „Pf 


Hoangho⸗Syſtem, M. Polos Reiſeroute. 817. 


6) Quenzanfu (cap. XXXII und AXXIV), d.h Singan fi. 
Bon Sacianfu zur biefer großen Stabt Quenzanfu, find 7 Tage⸗ 
reifen, nad) M. Polo (eben fo weis find Ahu-tfheu fu und St 
ngan fu heutzutage aus einander gelegen). 20 Millien in S. W. deq 
Forts Thai gin, fagt M. Polo, habe er ben Saramoran (br I, 
Hoangho) Überfegt, einen. Strom, der fo groß, breit und tief fey,. 
daß keine Brüde über ihn gefchlagen- werden koͤnne; auch iſt ums unter⸗ 
halb jener oben genannten Schiffbrüde (f. oben &. 507) Teine dergleia 
den abwärts beffelben bekannt. Gr firdme zum Ocean, es Tagen viele- 
Städte und Burgen an ihm; on feinem Ufer wachſen allerki Gewürze 
(Zenzero), das Land fey mit Voͤgelſchaaren bedeckt, zumal Ahafane 
gebe es bier in fo großer Menge, daß man- fie ſehr wohlfeil erhandeln 
koͤnne. In- der Nähe giebt es gewaltige Rohrwaldungen, Bam⸗ 
bua, zu 1 bis 14 Fuß Dice, dis man zu. dem widhtigften- Hausgeräth. 
und anderem verwende. — Auch heutzutage ift hier die gewöhnliche 
Meberfahrt über den Hoangho, auf der großen Route nah SE . 
nganfu. Dann gehe ber Weg immer gegen Weſten, fagt M. Polo, 
burch: viele Städte und Burgen, voll Handel und Wandel, durch Gaͤr⸗ 
ten, Felder, unter Maulbeerbäumen bin, wo viel @eibencultur. Die: 
Einwohner beten Ihole an; aber auch Shriften, Türken, Reftosianer und 
Saxacenen habe ev da getroffen, weil.bamals, zur Zeit bee Mongoliſchen⸗ 
Herrſcher, alle fremde Hanbelswelt aus dem weiten Mongholen⸗ Reiche 
freim Zutritt gu China hatte, der unter andern Regentſchaften verfperrt 
ward. Auch fey hier gute Jagd. A 

Die große Stadt Auen zan fu, die M. Polo nun erreichte, iſt 
das in aller Zeit berühmte Singan fu: (oben S. 421, 510) bie Gapi⸗ 
talg der Provinz Schen fi.. Zur Zeit. der Mongholen hieß fie King 
tſchao fu. (auch Ngan ſifu und Sfhang ganz Hian yang zu: 
Shihoangtis Zeit). Zur Zeit, der Lang hieß fie bei Arabifchen Aus: 
toren 2) auch Sumdan, Khumdan, bei Ghinefiihen Situs?), d. h. 
Beſt⸗Reſidenzz; Tang aber hieß ber große Hauptſaal bes: 
Kaiferpalaftes in diefer Stabt, daher die Dynaftie der Tang ſelbſt 
davon: ihren Titel erhielt (Lang kong), wie bie Türkifche Dynaftie zu: 
Sonflantinopel von ber Hohen Pforte, Aber, bei dem Perſiſchen 
Autoe Rachid eddin heißt fie, in defien Beſchreibung bes Mongholen⸗ 
Reiches, unter Khuklais Khan, Kin biang fu (Ken than fu‘ - 


. .,> 
4 v 


% . 





2) Renaudot Anciennes Relations des Indes et.de la Chine p. 
deux Voyageurs Mahometans etc. trad. D’Arabe. Paris. 8. 1718, 
p- 52, 72; Klaproth Tableuux historig. de LAsie p..229.. 

*°) P. Gaubil Histoire Chinoise de la Grande Dynastie des Tamg 
ia Mem. conc. 1. Chinois etc. Paris 1814. 4.. T. XVL p. 360. 
Not. 271, 2. **) Description de ia Chine song la DynastieMon- 


4 > 


' 


- 


518 Oh⸗Aſlen. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 79. 


und daher auch MR, Polo’ 8 ganz richtige Wenennumg berfelben mit ita⸗ 
Hienifcher Schreibung des Lautes, bie früher, aus Unkenntniß bed Per⸗ 
ſiſchen Autors, dem Benetianiſchen BReifenden, wie fo vieles Andre, als 
Irrt hum und Fehler aufgebürdet‘ wurde, 

j Quenzanfu war damals, nah M. Polo's Weriät, eine große 
und berühmte Stadt, mit fehr viel Handel und Gewerbe, Gelbenfabris 
Zen, wo viel Goldftoffe gewebt und alles gearbeitet wurde, was das Kai⸗ 

ſerliche Heer bedurfte, Die Waaren hatten wohlfeile Preiſe; die Gins 
wohner find Idolenanbeter. Fuͤnf Millten vor ber Stadt ſtand ein 
Prachtpalaſt des Man gala (Mangtola b. Shinefen, Mingtin b. 
> Kadid eddin), des britten Sohnes Khublai Kdans, der 9 Jahre 
hindurch von feinem. Vater zum Ngan fi Bang, d. 4. Bicekdnig, 
von Shenfi eingefegt warb, und im Sabre 1280 ſtarb. M. Polo's 
Keiſe, der ihn dort lebend fand, muß alfo, wie ſich hieraus ergieht, vor 
diefem Sabre ftatt gefunden haben 185). Diefer Palaſt war von einem 
großen Jagbreviere umgeben, in einem weitläufigen Garten mit Hainen, 
Baͤchen, Kontainen, Bogelbehäfterns eine Mauer von 5 Millien Umfang 
ſchloß diefen ein. Der Palaſt enthielt eine Menge Säle und Gemaͤcher, 
prachtvoll eingerichtet, mit Azur und Bol ausgemalt, und bem ſchoͤn⸗ 
ſten Marmor verziert. Der Prinz, fagt M. Polo, fey gleich feinem 

- Water ein gerechter Regent, bei feinen Leuten geliebt, ein Freund von 
Jagd und Bogelfang. 

Die Jeſniten⸗Berichtee) fagen in neuerer Beit, daß dieſe 
Stadt, einft Jahrhunderte hindurch bie alte Reſidenz ber Kalfer noch 
heute, naͤchſft Peking, eine ber fchönften Städte China's fey, ber Sit 

hoher Magiſtraturen. Die Mauer, mit Thuͤrmen flankirt, die Pfell⸗ 
ſchußweit aus einander fliehen, babe 4 Lieued Umfang, fiche im Vier⸗ 
ſeit und habe prachtuolle Thore. Das Innere der Stadt iſt weit ſchlech⸗ 
tee bebaut als Peking, ein Theil derfelben tft Garnifonsftabt für Mand⸗ 
Tdutruppetz auch ficht man bafelbft noch Hefte eines alten Palaſtes. 
Pater Martini *T) nennt, in dieſer Stadt, die amphitheatraliſch am 
Wei ho fer emporfitige, noch Reſte von 7 Paläften, und viele alte 
merkwuͤrdige Köntgsgräber, auch mehrere von ben älteren Kalfern 
in der Umgebung ausgegrabene Seen, zur Krtzweil mit Luftfchtöffern 
verfehen, auch mit Canaͤlen unter fich verbunden, und eihen, auf welchem 

Sr, glei) den Aoͤmiſchen Kaifern in Ihren Raumadhien und unter Waf⸗ 

fer gefegten Amphitheatern, Gcheingefechte zur Uebung ber Matrofen 


‘. 





golse traduite du Persan de Rachid-Eddin et accompagnde de No- 
ep Jal, Klaproth. Paris. 8. 1833. p. 40. 
406) Nohyv. Journ. Asiat, I. ce. T. L p. 103, 104. **) Du Halde 
Descr. do ia Chine T, I. p. 220 et. *?) Novus Atlas Sinen- 
sis 1. eo. fol, 47. etc, = 





\ 
t ‘ 


Hoangho⸗Syſtem, M. Polo's Keiferoute. 519 


nab Geetruppen veranftalteten. Das Waffer bes Wei ho if nach ihm 
Ion heil und Har, yermag aber nicht bei dem Einfluß in den Saf⸗ 
ranftrom (Croceus, d. i. ber gelbe Strom, Hoangho) biefem: 
feine Truͤbe zu nehmen. Sollte es in dieſer Stadt noch Monumente ſei⸗ 
ner fruͤhern Glangperiobe aus bem IE. Saec. vor Chr. Geb., aus ber 
Beit des zweiten Puniſchen Krieges geben? wo Bier einer ber groͤß⸗ 
ten Regenten bed Reiches, Tſhin Schihoangti (er flirbt im Jahre 
210 v. Chr. 8.) **), feinen Hof hielt, durch deſſen Thaten und Herr⸗ 
“ fhaft exrfi der Name der Thfin (Tsinae bei Ptolem, d. i. der Chi⸗ 
nefen) berähmt ward. Große Architecturen führte biefer Monarch ents 
lang am Ufer des Beiho aufs Martinis Nachricht ſcheint faft auf 
dergleichen hinzudeuten. Das Bolt in bdiefer Gegend iſt weit tüchtiger, 
sobufter und tapferer als in andern Provinzen Shinas, bit Gebirgsland⸗ 
ſchaft umher iſt ungemein angenehm, ein wildreiches Revier, 
T) Route nad Sin by fu (Gap. AXXV. und AXXVL), d. i. 
Aſching tu fu. Vom Palıfle Mangalas, fagt M. Polo, reitet 
man 5 Tage gegen W., durch gleichbebautes Land voll Städte und Bur⸗ 
gen. Dann aber tritt man in eine Landſchaft voll Gebirge und Thaͤler, 
Eundin(?) genannt. Died Gebirge if ungemein bevölkert von Idol⸗ 
anbetern, die auch das Land bauen und von Jagd Ieben, benn bei ihmen 
‚giebt es ſehr viel Wild, Ziger (Leoni, f. oben &. 416), Bären, Luchſe, 
Damhirſche, Rebe u. ſ. w. Man bat 20 Zagcreifen immerfort in die⸗ 
ſem Gebirgslande zu machen, und kommt über viele Berge, Klüffe, Thaͤ⸗ 
ber, doch überall find Städte und Herbergen, bis zur Grenze von Mangt 
(di ShdsChina, Maha Shin, groß Chin, die fpdter zu Gas 
kai gefügte Groberung KyublaiKhans, bie er der Songs Dynaftie 
entziß). Bier in einer nım beginnenden Ebene (pianura) wird wieder ein 
ſonſt unbekauntes Ach baluch genannt (f. oben. S. 5155 es muß in der 
Raͤhe, weſtwaͤrts der heutigen Gapitale Hantfhungfu von Schenſi 
gelegen haben, nach Klaͤproth der jegt zerflörte Ort Pematfching, 
d. 5. weißes Pferd). | 

- Das Land. ift Hier wieder ſehr ſtark bevölkert, Tagt M. Polos 
Überan if Yandel und Gewerbe, und Anbau. Hier waͤchſt der Zen⸗ 
zero (Ingwer ?), ber durch gang Catai verführt wird, auch Korn 
und Reis wirb in großer Menge in biefer Thalebene gebaut, bie 2 
Zagereifen anhält und dicht gebrängt iſt voll Drtichaften (es ift das _ 
Thal des obern Laufes des Han Kiang, oder Juͤn Kiang, f. oben 
©. 421). Bom Ende diefer bebanten Thalebene (ein hohes Aipenthal) 
hat man noch 20 Zagereifen bid Sindyfu gu madıen, bavon bie 
erſte Zeit ebenfalls durch viele Thaͤler, Berge und Wälder führt, bie 
aber uaͤberall bewohnt find, von Idolanbetern, bie von ihrem Kornertrag 
— — — 

)Tableanx histor. de VAsie p. 34. 


* 


520 Df-Afen Waſſerſoſteme. J Abſchn. $. 79. 


unb von Jagd leben; denn auch Hier iſt daſſelbe Wild In Menge, wie 
ſchon oben gefagt if Doch bier. fängt man auch fon Moſchus⸗ 
‚thiere, Zuletztt erſt tritt man in bie Grenze von Mangi in 
BSindyfu (Tfhingtufn, f. oben ©. 413) ein. — Die Nach⸗ 
weifung der Route durch biefen weitläuftigen Strich, jenes hoͤchſt 
merkwuͤrdigen Chineſiſchen, veihbendtkerten und reich culti⸗ 
virten Alpengebirgslandes, das auf eine ſehr fruͤhe Civiliſation 
jener Gegenden zuruͤckſchließen laͤßt, iſt allen frühern Commentatoren ber 
Berichte des Venetianers unmoͤglich geweſen. Sie laͤßt ſich aber nun, 
nach dem, was ſchon früher der hier gut bewanderte Pater Martin 
Martinite") angegeben, und nad) Kılaproths Erläuterung 7°), zu 
ber die Khienlongfihe Chineſiſche Karte 72) die vollfländigften topos 
graphiſchen Auffchlüffe giebt, auf das ficherfie verfolgen. Kon 
Singan fu geht au heute Fein graber Weg gegen S B. nad 
Aſching tu fus man würde bann ben Schneerüden bed Zai pe 
Schan, wie auf Grimms Karte von Hoch =Afien beutlich zu fehen 
ift, überfteigen muͤſſen; cben fo wenig zu M. Polos Zeit. Man reis 
fete exft im Thale des Weiho, gegen Weft, aufwärts, über Mei 
bis Pao ki hian. Diefem Orte gegenüber, auf dem Suͤdufer be 
Weiho, liegt das Fort Imenſtſchin (es fehlt bei D’Anville und 
Grimm). Mit dieſer einen Feſte beginnt eine hoͤchſt merkwürdige 
Kunftfiraße über jenes Alpengebirgsland, bie etwa 20 geogr. 
Weiten (4230 Li, bier wol zu 250 Li auf 1°) weit, über bie wildeſten 
Felshoͤhen und Gebirgsſtroͤme hinweg, zulezt am Helung Kiang 
(Kelung K. irrig bei Grimm) hinweg führt, und erfi im ©. bei dem 
Fort Kitheouluan endet, das nur 5 & im NW. von Paos 
tſching hian, ober 60 Li im N. W. ber Gapitale Hantfhungfe, 
am oben Han Kiang, in Schenfi liegt. In ber Mitte biefer Als 
penftraße,' welche an Länge bie Europdifchen, 5. 8. bie Simplon 
ſtraße, weit übertrifft, Liegt, etwa wie ber Flecken Simplon auf ber 
I@ulmination bes Paffes, fo hier die Station Sung lin ju (Gungs 
Uiny bei Grimmy)s bie abfolute Höhe über dem Meere if uns unbes 
kannt. Die Lage ift im innerften Weſtwinkel der Proving Schenfiz das 
Gebirge gehört zur Parallelkette des Pe Ling: wir können fie baher 
die Alpenfiraße bes Peking nennen. 
Diefe Kunftfiraße über den Waſſerſcheidezug zwifchen Hoang he 
und Ta Kiang (zwiſchen Weiho und Han Kiang) ward im IL 
Saec. n. Ehr. Geb. erbaut, zum Theil auf Pfellern, zwiſchen benen bie 





200) Pat. Martin Mertini Nov. Atlas Sinensis. Ed. Amsterd. Fol. 
1655. fol. 49. 7°) Nouv. Journ. Asiat. . co T. I. Not. 1. 
„2 = 21) Caite de l’Asie Contrale. Ed, p. Kiaproth 


[4 


Hoangho⸗Eyſtem, M. Polos Reiſeroute. 521. 


wilden Sebirgtwaſſer hindurchſtroͤmen. Die alten Yunbamente derſelben 
wurben, im Sabre 1392, alfo durch bie Min g⸗Dynaſtie, reſtaurirt. 
Der Pater MartmMartint bat ihre Lagp, wie eine chauffirte 
Allee, auf feiner Karte ber Provinz Schenfi, obwol roh, gezeichnet 
(bei D’Anville und auf Khienlongs Karten vermißt man fie), und 
giebt folgende, wie es ſcheint auf eigener Anfchauung berubende Nach⸗ 
richt von ihr. Zwiſchen den Sapitalen von Schenſi (Singanfuy 
und Szütfhuan (Tching tu fu) ift fo wildes Gebirgsland, voll ho⸗ 
ber Berge und tiefer Klüfte, daß man in. frühern Jahrhunderten, um 
von einer Stadt zur andern zu gelangen, gewaltige Umwege gegen S.O., 
durch Honan, zu nehmen gendthigt war, und 23000 Stadien zu umgehen 
Hatte, um bie directe Diſtanz von nur 800 Stabien zurüczulegen. Des⸗ 
halb wurde unter Lieupang (Lieoupi.beii Klaproth '?), sig 
Ufurpator, ber. fih zum Herrſcher von Chon, db. i. Weſt⸗ Szuͤtſchuan, 
“ aufwarf, und im Jahre 220 n. Ehr. Geh, feine Refidenz zu Vtſchtou 
(f. oben &.414) nahm, won einem feines Krisgöobriften (Changleang bei 
Pater Martini) diefer ‚Gebirgsmeg gebahnt, ber bazu bie Arbeit fehe 
nes ganzen Heeres von hunberttaufenb Many. verwendet haben foll, ine, 
bem er jedem Corps deſſelben die Abtragung- eine Theiles ber Berge 
und ihre Durchbrechung auftrug, fo daß ber Weg oft zwifchen fleile, 
hope Felsmauern bindurchgeführt wurde, bie ihm kaum von oben herab 
noch Tageslicht geftatteten (alfo durchgebrochene Felsgallerien, wie auf 
ber Simplon und andern Europaͤiſchen Alpenftrafen). An andern Stels. 
Ien mußten hölzerne Balken untergelegt und Brüden von einem Berge, 
zum andern über die Klüfte hinüber geführt werden. In vielen ber 
eingehauenen und- eingebohrten Felsldcher wurden de Tragebalken bes 
feftigts andere wurden gebrochen, um ben wilden Gebirgewaffern: unter 
der Straße. einen unfchädlichen Abzug zu derfchaffen. In zu breiten 
Thalkluͤften wurden Säulen und Pfeiler errichtet, unb über biefe bie 
Kunftfizaße ſchwebend hinweggeführt. Wol ein Drittheil ber Straße 
iſt über ſolche Brüden geführt. Nicht überall find fi e fo gar hoch wie 
zumeilen, wo das Hinabbliden in die Ziefe dem Wanderer ein Graufen 
erregt. Auf biefer Straße können vier Reuter nebeneinander ziehen, an 
bequemen Steffen find Dorfſchaften und Gafthäufer angelegt. Die ganze 
Straße ift mit Erbe uͤberſchuͤttet, zur Sicherheit der Reifendenz auch 
auf ben Brüden, und biefe haben zur Seite hölzerne und eiferne Lehnen, 
und hie und da Ausbaue oder Erker. Dieſe Straße ift bis deute, ſagt 
„Pat. Martini, gut unterhaltens bie Ghinefen nennen fie Gtentao, 
d. i. der Stugelmeg, die Pfeilerfiraße. Etwa B Heine Stun⸗ 
den (40 &i) dom Ende dieſer Kunftfiraße tritt der Weg etwa bei Migns 
hian (Dian auf Grimm Karte), in bie Thale bene des oben 





22) Tahleaux histor, de YAsie p. 74. 


522 Ofi:Afen. WBäfferfoflime. 1. Mole. $. 79. 


Han Klang ein, die nun, aufwärts, gegen 8.8. bis Shin fluan ju 
verfolgt wird. Dies ift bie er ſte Station, bie auf ber Suͤdgrenze 
Dee Provinz Schenfi, und am NRorbeingange, ber Provinz Sz uͤ⸗ 
tfguan liegt. 

Bon hier erhebt fidy wieder von neuem ein hohes Gebirgsland; «6 
M der Parallelzug des Zapa Ling (f. ob. &. 407, 421), deffen 
fchneereiche Höhen hier ganz in ber Nähe überfliegen werben mußten. 
Im &.8. von dem genannten Grenzorte, 3 Stunden-(40 Mi) fern, 
wird, in ber Ghinefiichen Meichsgeographie, der fehr hohe und ſteile 
Tſchhao thian Ling ?77) als Paffagedera genannt, über ber «8 
gegen S. B. zur Stadt Kiantfiheou (unter 32° R. Br.) gebt. Doch 
vorher dat man erft die Stabt Tſchao Hoa (bei D’Anville und 
Grimm) als Station zu paſſiren, die am Bingange bes Kialings 
KHiang-Ahalch liegt, deffen Strom ur He fhyui Kiang, gesen S. O., 
über Paoning fu vorüberraufht, um fih In den großen Kiang 
gu ergießen. Derſelbe Weg, wo aber Leine Kunſtſtraße meche- nach Art 
der oben genannten gebahnt zu ſeyn ſcheint, ift es, den MR. Polo, wie 
öben gefagt, zum zweiten male, auf 20 Tage durch Gebirgäland zuräd« 
legt, hoͤchſt wahefcheintih au über Paoning fu, wenn er biefe 
Stadt auch nicht insbefondere namhaft macht; und von da führt der 
Weg immer noch über Alpengebiet, wenn auc über milberes und durch 
ſtark bevoͤlkerte und bebaute Thaͤler, bis zur fruchtreichen, weitern a 
ebene von Aſching tu fu (oben S. 413). 


& Unterer Lauf, Hortfegung; in ber Niederung. 
. Die alte Bifluenz, das Land der Ucberfhwemmung, 
des Candle, in Schantung unb Kiangnanz die 

Ueberfahrten. 


Der untere Lauf des Hoaugho wird bis zur Stadt Ho⸗ 
—nman noch zur Seite von. Gebirgen begleitet; dann aber tritt 
er in Lombarbifche Ebene ein, und fängt von Kai fong fu an 
das Flachland durch gewaltige Ueberfhwemmungen zu verheeren ; 
deshalb man von hier, feit dem Alteften bis in bie neneflen Zei: 
ten, verfucht hat, feine Gewalten buch Wafferbauten alle 
Art zu bändigen, Hier beginnt das Land dee Candle 
Moch in dem obern Laufe bis zu feinem Austritt aus ber 
Chineſtſchen Mauer, fchon oberhalb Lan tfheou in Kanfu, 
. Bat der Strom wie alfe Alpengewaͤfſer ein ſehr helles, klares Wafs 
fe. Mit der Umfpütung bes Landes. der a. wird es lehmig, 





112) Nour. Journ. ‚Asiatique |. e. T. I, p. 107. ! 


— 


Hoanghe⸗Syſtem, unterer Lauf, Kai fong fu. 523 
dunkelgelb gefärbt, gleich dem STiber und Mainſtrom; ee fol da⸗ 
von feinen Chinefifhen Namen Hoang (db, b. gelb, croceus, 
daher bei.den Miffionaren auch dee Saffranftrom genannt, 
vergl. 06, ©. 495) erhalten haben, wie feinen Mongolifchen Ras * 
ra moran (von Kara, dunkel, trübe), den auch M. Polo 
gebraucht. Doc zuweilen, bei außerordentlihen Umfländen, fol 
auch das Waſſer des mittleren Laufe feine Natur Ändern. 
So zählten die Annalen 7%), daß im Jahre 1295, in Folge «dis 
nes ſehr ſtarken Erbbebens, die Waffer des Hoangho, die ſchon 
bei Lanıfdyeou srübe zu ſeyn pflegten, während 3 Tagen, auf 
einee Strecke von 300 Li, fi ganz ‚heil und Klar gezeigt ‚hätten, 
was für ein fehe gute Omen galtz daher viele Gratulationen 
bei Hofe eintiefen'; aber im fechsten Monat barauf.-fey große 
- Düne im Lande erfolgt, bie vielen Menfchen das Lebem gekoſtet. 
Die gefahrvollen Ueberſchwemmungen des Hoanghe uand 
‚feine Zerſtoͤrungen in den Provinzen von Schenfi, Schanſi 
und Honan, follen feit der frühefien Entwäfferung im dem 
Zabelzeiten dich Du, in den Beiten Yao’s (f. Afien Bd. J. 

©. 159), ungemein gemindert ſeyn. Solchen anfänglichen, tras 
ditionellen, erſten Regulieungen feines Gteomlaufes, durch 
Weyfhaffung jener Hemmungen, mögen viele andere wirkliche 
gefolgt feyn. Die Umgebung der Stadt Honan ?5), deren Rage 
im fhönften Luſtgarten Chinas, der Chineſe für die Mitte der 
Weis Hält, fcheint wegen ihres Huͤgelbodens noch nicht den per⸗ 
derblichſten Zerflörungen des Stromes unterworfen zu ſeyn, die 
ur weniges weiter, ſtromab, wie die Gefchichte erzählt, ſchon die 
Gegend dee Capitale und des legten Afpis der KinsDynaftie®) 
zerſtoͤrt Hat, diefeibe weiche früher unter dem Namen Loyang 77), 
als Mefidenz ber Dynaſtie der Goei, im Il. Saec. und dee 
Zhang, als ihre zweite Capitale, nad Singen fu (felt dem 
3. 734) 7°), beruͤhmt war, welche feit bee Dynaſtie der Ming 
aber Kai fong fu heißt. | 

Kai fong fu, eine fehe große Stadt, bie heutige Gapis 
tale von Honam, liege nur eine Heine Stunde fern vom Güde 





7%) Mailla Hist. Gen, de ia Chine T. IX. p. 464. - 
’6) Nov, Atlas Sinensis 1. c. fol. 61,65. ?*) P, Gaubil Histoire 
de Gentchiscan et de la Dyn. des Mongols 1. c, p. 80. 
 ?°) Klaproth Tabl. histor. de l’Asie p. 74, 187. _'*%) P, Gaubil 
Histoire Chinoise de la Grande Dynastie Tang ir Mem. come. 


Vhist, des Chinois T, XVI. p. 26. 


[4 


Li 
J 


—32 


624 Oſt-Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſcha. $. 79. 


afer ded Hésaungho, aber in einer fehe niedern Gegend, am els 
nem füdlichen‘ Aeme deffeiben, ben Pater Martini, Pian 
nennt (ebem” fo heißt öfter die Stadt in frhhern Zeiten). Der 
Strom dee Hoangho ſteht aber in feinem Niveau, wie dies 
die Waſſerwage, fagt Pate Martini, beweifet, viel höher 
als die Bage des Stadt; alfoe ganz fo, twie ber Po: Spiegel im 
der Lombardei höher ſteht, als die Dächer der an feinen Ufern 
entlang gebauten Städte. Daher denn, fagt dee Pater Mars 
stnt, das Stromwaſſer durch ungeheure Dämrae aus Qua⸗ 
derſteinen, mehr als 20 geogr. Meilen (300 Sittadien, 30 Lieues 
bi Du Halde) 9), am Ufer erbaut, gebändigt werden mußte. 
Diele Dämme wurden in dem Rebellionsktiege, 2642, bei einer 
lange dauernden Belagerung ber Stadt, die ein General der 
MiingDymaftie eommanbiste, thörichter Weiſe durchſtochen, weil 
4. dadutch den Rebellen Lisfeching in feine Gewalt zu bringen 
hoffe. Uber er that ſich ſelbſt den größten Schaden, drun bee 
hr Veit des Mebellenheeres , der außerhalb der Stadt fland, 
zoͤg fi bei Annäherung der Ueberſchwemmung auf die nahen 
Huͤgel zuruͤck, und nue 10,000 von ihnen kamen um, dagegen 
wurde Die ganze Stadt unter Waffer gefekt; und 200,000 Mens 
ſchen derſelben fanden in den Wellen ihre Grab. Auch Kaifer 
Kharrghi ließ, ſpaͤterhin, einmal die Uferdaͤmme dieſes Hoangho 
durchſtochen, um in Honan- einen Rebellen zu erfäufen; mit 
ihm wurde eine halbe Million Menſchen, erzähle Barrom 0, 
weggeſchwemmt, und datunter auch mehrere Miffionage, die im 
Kattong fu ihre Miſſionen hatten, daher das Sprichwort ber 
Chtnefen, die Ueberfhwenimungen des Hoangho feyen Ärger ald 
Krieg; Hunger und Peſt. Wahrfheintich hat fich ſeitdem auch 
vor Lauf. des fadlihen Arimnes bed Hoangho, der Pian, 
den Pater Martini noch auf feiner Specallatte von Ho⸗ 
man) gezeichnet hat, geändert, benn in dem fpätern Karten ber 
SefuitensYufnahme fehlt er; zu dem Hoangho.im Norden der 
Stade Katfong-fu fegte der Pater aber ausdruͤcklich die Worte: 
. Crocei fluvii pars. Leider. hat Pater Gaudi. bei ſeiner Durch⸗ 
seife durch Kai fong fu (im Fruͤhling 1723) 2), das mach jener 





37°) Du Halde Descr. de In Chine I. p. 208.  *°) Barrow Tra- 

vels in China. Lond. 1804. 4. p. 514: ®:) Honan Imperü 
Sirarum Provincia quinta, Tab. Nov. Atlas Sinens. 

°2) P, Gaubil Extr. du:Jourual de Voyage de Canton a Peking in 


Hoangho⸗Syſtem, unterer Kauf, Bifluenz. 325. 


furchtbaren Cataſtrophe ‚doch wieber aufgebaut wutde, wenn auch 


fhlecht genug, fi) nur anderthalb Tage dort aufgehalten, und 
nalh ihm hat kein Curopaͤlſcher Beobachter jene Gegend befucht. 
Er fagt bie Stadt liege unter 34° 51’ N. Br, nad feine Beob⸗ 
achtung, 13 Lieue im Süden bes Hoangho. Die Stadt fep 
ſehr groß von Umfang, aber fehlecht gebaut, wenig volkreich, das 
gegen fey 4 Lieues im Suͤden derſelden ein Marktort entflanden, 
der für eine große und fchöne Stabt gelten könne. Einige Tas 


geretfen im Norden der Stadt Katfong fu, auf dem 


Wege nah Peking zu, fen das ganze Land une ein Mo⸗ 
raſt. Im Süden von Kai fong fu, auf der Strafe nad 
Hupe, fey unabfehbare Platne, ein Land wundervoll bes 
baut, bebedt mit Ortfihaften und Städten, von unzähligen We⸗ 
gen mis Alleen begleitet durchzogen. Die Hauptftraße ziehe, 
Höher gelegen als die andern, auf Dänmen bin, und fey das 
Durch von ben andern unterfcheibbarz von Stunde zu Stunde 
bezeichnen Meilenzeiger bie zurüdgelegten Diftanzen, und 
überall find Wirthshaͤuſer, in den Städten große Hotel zue Auf⸗ 


nahme der Reifenden eingerichtet. Jedermann bringt hier fein 


Bett zum Nachtlager mit, führe der Curopaͤer auch noch feinen 
Koch bei fich, fo zeife man hier bequemer, wie felbft in der Mitte 


von Frankreich. So weit Pater Saubil, befien Schilderung 


von Honan im untern Hoangholande und Iebhaft in die fchöne 
Lombardiſche Ebene verſetzt hat, die nur einem sufommenhäns 
genden Garten gleicht. 

Bon bier, dem Niederlande, beginnt Aberhaupt ſchon bie 
fo mertwärbige Wanderung des Stromlaufes, wie beim 
Rillaufe unterhalb Memphis (f. Erb. Afıtla Th. I. ©. 814 
a. folg.), und Einiges (ehrt uns darüber auch ber Gang der Ges 
ſchichte. 

Hier war einſt die große Stromſcheibung, nach welcher 
ein Nordarm des Hoangho gegen Nordoſt zu den Zeiten 
Yu's (ſ. oben S. 600, Aſien Bdo. I. S. 169), und bis in bie 
Zeiten der Han=Dynaftie, aus Honan, über das Land von 
Tai ming fa md Ho kien fu ®) an ben er von Ten 


P. E. Souciet Observations —— —R eic, Paris 
1729. 4. p. 132, 134 

es) P. Gaubil Histoire de Gentchiscan et de la Dynastie des Men- 
gols etc. Paris 1730, 4. p. 285. 


1 


526 Dfi-Mifien. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 79. 


ding hoel, in den Golf von Perfcheli (unter 38 N. Br) Ref, 
Der gegenwärtig als folcher nicht mehr (nur in einem Theile bes 
Waſſerlaufes des Weihe, gegen M.D., der weiter nordoſtwaͤrts 
unter dem. Nomen Laotſchaug zum Syſteine des großen Kat, 
ſer⸗Canals gehört, noch Spuren geigend) eriflict, wenn er ſchon 
fehpechim der einzig befdiffte war, mie der Peluſiſche 
Hilaem, der zu Alerander des Großen Zeit, deſſen Sties 
qiſche Fiette von Phoͤniciern geleitet, nad, Memphis trug, gegen 
wöärtig aber nur noch ein Schlamm⸗Canal HE (f. Aftika Erdk. 
Bb. 1. S. 824. 825, 853), Unter Kalfee Bourti*) (ee ſtirbt 
im 53. 117 v. Che. Seh.) weiß man, aus den Annalen, daß dies 
fer Nocdarm des Hoanghe bei Caiſt ſcheon fu im Diſtrict 
Kai ming fu, in Petſcheli, vorüberſloß, den Weihe (Duei 
b. 9. Saubil), im Territorium von Tong tſchang fu, auf Schans 
tung aufnahm, und in das Meer von Petſchell zwiſchen 383-bi8 
30° R.Br. führte, 1° in D.E. v. Peking; daß man aber nad 
Kaiſer Bouti diefen Lauf bald gegen Petſcheli, bald gegen 
Schan tung abgeändert habe 
Da Südarm diefee Bifluenz des Hoangho, ber gegen: 
wärtige große, einzige Hauptarm beffelben zum Meere, 
‚gem S. O. zichend (unter 34° N.Br. zum Meere mündend), 
wird, damals, nicht befonders genannt, wol weil a micht be 
ſchifft werden konnte; denn es iſt nicht wahrfcheintich, wenigſtens 
nach der Terrainbildung, daß er ganz gefehlt haben möchte, und 
der Strom nur allein jenen nördlichen Exguf zum Golf von 
Petſcheli gehabt haben foßte. Obgleich uns darüber Beine binrels 
chende, pofitive Daten bekannt find: fo iſt «6 doch hoͤchſt wahr 
ſcheinlich, daß, damals, die jehige Provinz Shantung und der 
Suͤbtheil von Petfchely, das Delta⸗Land des Hoaugho war, 
alfo eine vorliegende Infel, deren iſolirte Gebirgsgruppe 
&hai, ringsum, von einer weiten, jlnger aufgefhtwemmtrn 
Ebene umgeben, erſt nach und nach zuſammengewachſen Ift mit 
Dean Gontinente, fo wie ber Golf von Petſcheli und das 
Deanghai, oder gelbe Meer, die früher bier größere Gol⸗ 
few bildeten, durch die mitgefuͤhrten Schuttmaffen 26 
Hoangho ausgefüllt wurden. 

Die Annalen ver Rang: Dynaftie geben uns über jenen 
Neordarm der Hoangho⸗Bifluenz Intereffante Auskunft, 


386) P, Ganbil Hist. 1. e. p. 288. 





N 


Hoangho· Soltem unterer Rauf, alter Rordarm. 1 


aus der Witte ded VII, Jahrhunderts, wo berfeibe noch volllems- 
men Beftand hatte, wodurch die Daten and der frühem „Dans 
Dynaflie volllommen beflätige werben. 


Um das Jahr 732, und bie folgende Zeit, macte dee | 


Hoangpo ‚große Ueberſchwemmungen in der Rork« 
Provinz (Potſcheli) 5). — Er durchzog alfo, damals noch, 
wie zur Zeit der Han, die Ghdgrenze diefer Provinz gegen 
Schan tung. — Wirklich ſtroͤmte er, in jener Beit, von Kais 
fong fu (in Honan) nah Kung tfhang fu (in Schan tung, 
wo jegt der Mordlauf des Canals zum Pe ho, im Morden. ber 
dortigen Eulminetion des Schleufenbanes, ſeit Ende des 
XIII. Saccul. ausgegraben 85) if), und von ba zog er. durd den 
Diſtrict He kien fu (an dee Suͤdgrenze Petſchelis), alfo gegen 


Notdaſt, und ergoß fidh in das Meer von Petſcheli. Des 


mals, im 3. 734 wellten die Kaiſer ihre Reſidenz Siäganfu 
den Hoangho⸗Strom weiter abwärts, nad) Eeyang (Kais 
fong fu, f. oben ©. 623) verlegen, weil die Schwierigkeit des 


Flußtransports, zumal des Reis (darin alle Abgaben der ſuͤbli⸗ 


chen und oͤſtlichen Provinzen in die Refideng entrichtet wurden), 
gegen den contsaicen Stromlauf immer befhwerlicher wurbe. Ein 
BGBGroß⸗ Mandarin wollte dieſem Mangel durch. verdeſſerte Fluß⸗ 
ſchiffahrt, Conalgrabung und veränderte Transportmittel 
- abhelfen, wodurch er die Barken, die mit Reis, Kupfer und 
andern Beduͤrfniſſen beladen, vorzüglih aus ber fühlichen Pros 


ninz Kiangnan (mo gegenwärtig bie Wündung des Hoanghe 


diegt) und andern Landfchaften auf diefem großen Umwege bem 
Transport zu befosgen hatten, über Zoyang bis Singan fu 
foctzuhelfen willens mar. Wirklich kamen 10 Jahre fpäter, nach 


denſelben Annalen 9), im Jahre 743, ſchon Barken mit Pros 


vians aller Art aus den fübliden Provinzen auf den Car 
„naͤlen von Kiangnan über Schantung bush Petſcheli nad 
Zovang in Honas, und von da deu Hoangho aufwärtt, zu 
Bingaufu, in bem großen See an, befien Ufer man zu ihres 
Ausladung mit Magazinen nerfehen hatte. Man ſprach von einem 
Berge, ben man durchfchnitten babe, - um einen Canal hindurch 


2) P. Ganbil Hist. Chineise de la grande — de⸗ Tang Le. 

Mem. T. XVI. p. 20. **) Klaproth Descript. du grand Canal 
es Chinois in Mem. relat. a j’Asie 
T.1L. 2828. p. 320. *:) P. Ganbil Hist. etc. des Tang 1. e. 
T. XVI. P- 3. , 


% 


“ 
> 


328. .Hp:Afien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 79. 


zu führen. Wort wird nicht gefagt. Im Sabre 765 ergoß fid 
Ye. Hangho no immer in den Golf von Peking”), 
und viele Jahrhunderte hindurch bildete dieſe Mordarm eine 
watärtihe en ber Völker und Staaten, im 
Rorden (z. B. zur Zelt dee SoeisDynaftie) von den mitt 
fern Ghinefifgpen, oft vielfach umter fich getheilten, Staaten. 
Zu welder Zeit jener Mordarm aber gleich dem Pelufi⸗ 
Then Nordoftaeme des Nie, vertümmert, mb fo verfhwin? 
Det, daß er endlih duch Canalführung gr „en Peibo und 
Weiho erſetzt, oder für die Zwecke her Rordrefideng. ums 
gewandelt, ober eingerichtet, abgelenkt, werden mußte, 
‘oder konnte, darüber finden wir eine hinreichende Auskunft, obs 
ſchon -bie Annalen der Mongolen und Chinefen darin eins 
Kimmig®) find, daß dee Anfang jener wirtfihen Ca⸗ 
waltfation Im Morben des Hoangho bis Peking, im 
Jahre 1289, dem Genichlid des großen Khubilai Khan zuzu⸗ 
ſchreiden fey. 

Nur ein einziges Factum wird ums, aus der Periobe der 
Gong, bie zwifchen der Tang. Dynaſtie und der Mongoien:Dys 
naſtie herrſchte, angeführt, nämlich daß Kaiſer Chintfong %) 
ler ſtirbt im Jahre 1084) den Nordarm des Hoangho vers 
ſtopfen lieg, warum? wird nicht gefagt. Es iſt aber Leicht 
degreiflich, daß er feinen feindlichen Norbnachbaren, den broßens 
den Gebletern von Nord s China, den damaligen Khitan umter 
Der Leao⸗Dynaſtie, jede Zufuhr abſchneiden wollte, und daber In 
der Verzweiflung bei feiner ſchon ſinkenden Herrſchaft zu dieſem 
Bettungsmittel griff. 

Nur das einzige Datum, vom Jahre 1282, das Pat, Gau⸗ 

bil im der angeführten Mongolengeſchichte mitgetheilt, möchte je 
bdoch beweifen, daß auch noch zu Khublais Zeit jener Mord⸗ 
arm vorhanden war, aber nur mit großer Noch noch zum Krauss 
port dienen konnte; denn «6 wird gefagt: der Kaiſer Khublai, 
dee feine Refidenz fchon nah Peking verlegt hatte, wohin: alfe 

aun die Hauptſchiffahrt aus dem Reiche, und aicht — wie 


102) Tableaux BE de P’Asie p. 215 und Tabula X, etc. 

- ®®) P. Gaubil Hist. de Gentchisean eto’ des Mosgots 1. c. Paris 
1739. 4. p. 196, 210; Mailla Hist. Generale de la Chine etc. 
T. IX. p, 439; Klaproth Deser. da grand Canal de la Chine 
extraite d’Ouvrages Chinois in Mem. relat. a P’Asie T. ill. p. 318. 

°0) P, Gaubil Hliat. de Gentchiscan etc. L c. p. 285. 











Hoangho⸗Syſtem, unterer Lauf, Suͤdarm. 529 


fruͤher, weſt warts, nah Gingam fur zu diefgieen war, ließ 
60 große Schiffe bauen, um aus dem füdlichen Provinzen über 
das Meer nah Derfcheli die Provifionen von Reis und aus 
dern Beduͤrfniſſen zu fhaffen. Vorher ttansporticte man fie mis 
großer Mühe, Noch und Koften auf deu Flüſſen. — Dies 
fonnte wol auf keinem andern, ale auf dem twahrfcheinlich feis 
fo vielem Jahrhunderten fehe ſeicht geworbenen und verfhlamms 
tm Rordarme gefchehen feyn. Wirklich heißt «6 weiter in Dar, 
Gaubils Note zu jener Stelle, fsüherhin hatte man die Waas 
sm aus dem Hoangho gefchifft, in den Weiho (oder Yu), 
und führte fie auf gemifchtem Land» und Flußtransport weiter> 
was aber zu Eofifpielig war, daher Khublai Khan den Meer⸗ 
transpors beghufliste. Der Weiho war alfo damals ſchon 
zum Theil an die Stelle des verfhlammten Nordar⸗ 
mes getreten; er iſt wol, in feinem untern Laufe, ebenfalls 
als eine Linke Abſpaltung bed unten Theile vom Nord» 
arme anzufehen, und jener graße Moraft, den Dat. Gau⸗ 
bit tim Norden von Raifongfu mehrere Tagereifen weit auf 
dem Wege nach Peking bemerkte, iſt wol hoͤchſt wahrſcheinlich 
als das alte Schlammbette bed Hoangho⸗lVordarmes 
anzufehen. 

Indeß hatte aber bee Suͤdarm Zeit gehabt, auf einem ets 
was kürzeren Laufe (von Kaifongfu an zum Oeean find 
75 geogr. Meilen), ale der Nordarm, alfo mit ſtaͤrkerem Ges 
: Valle, feine Stromrinne in birecter Linie, gegen S.O., mehr 
auszuarbeiten, und Dahinmärts fcheint nun die Tendenz deu 
großen Waſſerfluthen und Ueberfhwemmungen in 
den folgenden Jahthunderten Immer entfchlebener ihre Nocmals 
sihtung genommen zu haben, fo daß von einem Nordarm . 
In neueren Zeiten gas nicht mehr bie Rede ifl. Dies ift insbes 
fondere der Sal, feitdem dort das alle Kerrainverhbälsniffe 
umgefkattende große Canalfpflem, wie dies auch anderwärte ins 
Nil:Delta, an ben Po: und Rheinmündungen, und feldft in weis 
Urinerm Maaßſtabe fon auf dem Boden des alten Latium ſich 
zutrug, auch alte hydrogtaphiſchen Verbältuiffe mache 
ſeln machte. Won dem geoßen Kaiſer⸗Canal, der noch fo 
diele andese Fluß⸗Syſteme Chinas, auch das des Ta Kiang 
durchfegt, kann erſt weiter unten die Rede ſeyn. Ä 

Die fhiffbare Mündung des Hoangho iſt alfo feis 
der Ältefien Zeis bedentend gegen den Süden, von 38% bis 34°, 

Nitier Erdkunde IV. gı 


530 Oſt⸗Aſien. Wafferfufteme. 3. Abfchm. 4. 79. 


alfo um 60 Meilen Weges gewandert, und jene alte Bi⸗ 
- fiuenz bat aufgehört, wenn ber obere Lauf des Weiho nice 
etwa noch durch jene Moraftgegend, mit dem Nordufer des 
Hoangho in der Nähe von Kaifongfu oder dem benachbarten 
Dfonghien, connertirt. Es ſteht aber dem Suͤdarm wol eine 
noch füblihere Wanderung bevor, che der Kreislauf diefes 
Wandern vollendet iſt, und vielleicht mag, wie bei dem Nil, die 
Zeit der Rückkehr in die Altern verlaffenen Bahnen (f. Afrika 
Erdk. &. 853 u. f.) nicht mehr fern ſeyn. 

Kaiſer Khaunghi 19), der fi während feiner Regierung zu 
Anfang des XVII. Jahrhunderts, ſehr viel mit dem Waſſer⸗ 
Baue abmühete, weil die; wie er in feinem eigenen Memoire 
daruͤber bemerkt, zu den Pflichten eines guten Regenten gehöre, 
beabfichtigte vorzüglich den Waflern des Hoanghp nah Nor⸗ 
. den einen Abfluß zu geben, um dadurch feinen Ueberſchwemmun⸗ 
gen nah Süden hin zuvorzukommen; er ließ deshalb auch die 
Waſſer des füdlihen Tſing keou und des Sees Hungtfeu 
reguliren, folgte aber nicht dem Mathe anderer Waſſerverſtaͤndi⸗ 
gen, bie e8 für beffer hielten, dem Strom feinen natärlis 
hen Ablauf ſich ſelbſt ſuchen zu laffen, ohne ihm die 
Wege duch Daͤmme zu verſperren, weil dann mol bie Ueber⸗ 

fhwemmungen gedindert werden könnten, aber man es nicht vers 
meiden Eönne, daß dann der füdliche Nachbarfluß, dee Homaibe, 
dee vermittelnde Fluß des hydrographiſchen Syſtems zwiſchen 
Hoangho und Ta Kiang, der fo wichtig Für die Schiffahrt 
fey, bis auf 15 geogr. Meilen troden gelegt werben würde. 

Ganz neuerlich, als unter Kaiſer Khienlongs ruhmvoller 
Hertſchaft der Chineſiſche Felbherr Akoui 192) die rebelliſchen 
Miaotſe befiege hatte, wollte ee (im J 1780) nun auch die 
Fluthen bes reißenden Hoangho besähmen, bie bie zur drohen: 
den Höhe von 110 Fuß (11 Tſchang) über das Niveau ber Lan: 
desfläche emporftiegen, und nur zu oft die Landfchaft, weit und 
breit, unter Waſſer gefege hatten. Sährlid wurde Honan da: 
durch, in-der Nähe von Yfonghien (nahe der Gegend, wo die 
alte Bifluenz gewefen feyn mag, nur wenige Stunden im Of 
von Kaifongfu), umter Waſſer gefegt. Der Premierminiſter 





191) Khanglıy Mem. bei Poirot in Mem, conc. les Chinois T. IX, 
p. 192 — 196. 22) Pat. Amiot Lettre Sept. 1780. in Mem, 
eonoernant /’Hist, des Chinois. Paris 1783, T. IX. p. 23 36. 


\ 


° 


Beangho-Goftem, unterer Lauf, Eidarm. 53. 


bereiſete ſelbſt die Gegend, entwarf eine Karte vom gegenwaͤrtl⸗ 
gen Zuflande , legte diefe dem Kaiſer vor, und zeichnete vor ſei⸗ 
nen Augen mit einem Pinfel den neuen Canal ein, ben er pro⸗ 
jectirte. Er wurde genehmigt, und war ſchon nach Verlauf von 
1 Jahr und 3 Monat beendige. China erhielt dadurch einen 
neuen Strom von 15 geogr. Meilen (200 Li) Länge, der bei 
Afonghien in Honan anfängt, gegen Süd fi in Kiangnan 
mit den fichenden Waſſern des Hung tfeu hu (du, d. i Ser) 
dereinigt in dad Meer ergieht, indeß dee Hoangho ebenfalls 
ungftört wie biöhee fi) gegen DR zum Drean gieft. Aber au 
Wafferfülle hat er gas fehr verloren, denn von feinen 10 hellen 
Waſſer, fagt der daruͤber ausgefertigte officdelie Bericht, find in 
den neuen Canal geleitetz ber frühere Wafferfpiegel dee. Hoanghe 
ik von 110 Fuß (11T fang), dadurch, auf 40 Fuß (4 Iſchaug, 
auch wird dies Maas, Tſchang, in früherer Zeit, nur der Toiſe, 
6 Fuß Par. gleich geſchaͤtzt) gemindert, dadurch erblickte man wie⸗ 
der beide Ufer des Stromes, die man feit langem nicht gefchen 
hatte, und fehe vieles Land war dadurch für den Anbau gewone 
nen worden. Da jedem großen Strome der Chinefen ein eigenes 
Geiſt vorficht, der vom Kaifer ſelbſt angefleht wird, um bie Ueber⸗ 
füwemmungen abzuwenden, und feine Segnungen zu_verleiben, 
fo ift es degreiflich, wie von jeher feit den Zeiten Yu’s (f. oben 
©. 609), allee, was auf einen folhen Bezug bat, auch im dem. 
Annaten des Landes feine Stelle einnimmt. Go wurde and, 
nach der Vollendung diefed neuen Kanals, hergedrachterma⸗ 
‚Sen, darlıber von dem Kaifer ein geoßer Bericht an die Nation - 
abgeſtattet, der zugleich die Beſtimmung harte, in den Annalen 
aufgenommen und ber Nachwelt überliefert gu werben, Aus dies 
fen find diefe Daten genommen. Nach einiger Zeit berichtete der 
Gouverneur in Kiangnan (Riangfu), dem Canallande zwiſchen 
Hoangho und Kiang, daß deſſen Waſſer, durch jene Canal⸗ 
führung, um mehr als 10 Fuß in Siuſtſcheng fliegen, und 
etwa die Sälfte in Yutikloan, was ganz gut mit der abgelels 
teten Wafjerfülle aus dem Hoangho ſtimmen fol. | 
Ehe der Hoangho fih zum Meere ergießt, erhält er, noch 
ganz nahe an feiner Mündung, von der rechten Seite, b. i. 
dom Süden her, einen nicht unbedeutenden fehr waſſerreichen, 
Hast befchifften Zufluß, den fchon oben genannten Houaiho, det 
aus dem Juchoi und Houaiho, am Oſtabtzange des Peking, 
Und vielen andern Quellwaſſetn entfichend, als vorderer Lands 
212 


\ 





532 Dfirfien. Wafferfofteme.: I. Abſchn. $..79. 


rom (f. ob. &.511, 206) das Tiefland Mittel-Chinas durchzieht, 
wand zwifchen den beiden großen Stromfpfiemen, in de 
Mitte, ficher im früheren Jahrhunderten ſel bſt ſtaͤndig den Weg 
zum Dcean fand, ehe noch beider Deltalaͤnder zu einem großen 
Deltaboden zuſammen wuchſen, in welchem das reichſte 
Maſſernetz die vorgelagerte Niederung, Kiang nan's (jegt An⸗ 
boei's und Kiang ſu's), in tauſend Armen und Canaͤlen ge: 
genwaͤrtig durchſchneidet. Dieſer Houaiho ergießt ſich, 20 bie 
30 geogr. Meilen, noch ehe der Hoangho den Ocaean erteicht, 
durch den Hung tfeu See, in jenen großen Strom, im N. W. 
der großen Stadt Houaingan, bei Tſingho, wo bie Durch⸗ 
teeuzung des großen Kaiſer⸗Canales von ©. gegen N. 
ſtatt findet; daher hier auch die große Ueberfahrt auf der 
Haupt-Paſſage von Süd⸗China nach Nord-China, 
oder von Nanking nach Peking, worüber allein. die.&ures 
päifchen Reifenden, als Augenzeugen, Bericht etſtatten 
Bönnen, weil fie nur hier beider Durchfahrt den Ho angho zu 
pflegen. 

-- Des Holländifche Embaffadeur J. N. euboft%), 1656 (Afien 
Dr. 1). &.231), bei feiner Durchfahrt bemerkt, der Gelbe Fiug, 
ſtuürzend und überfchwernmend, kommt viele hundert Meilen weit 
aus fernen Bebirgen, deckt das ganze Land ‚mit: Unflat, ſchießt 
ſehr ſchnell, bis er endlich, bei der Stadt Hoaingen, mit einem 
ſchr ſtarken, tiefen Strome und großem Geräufd) (?) fich in das 
— ergießt. 

: Die Britifche Embaſſade, unter Lord Macartney (1793), 
Baffie iee #). Anfang Novembers hier glüdiih den Hoangho, auf 
ihrer Rüdzeife von Peking. Ihre Jachten ſchifften auf dem 
Kaifer:Sanal, deffen beiderfeitige Ufer weit bevölkerter wur⸗ 
den, fo wie man fich dem Hoangho vom Morden her. näherte; 
porzüglic ‚nahm die Menge der Barken und Schiffe, die hier 
Rationirten, big zum unzählbaren zu. Viele lagen hier nor Ans 
Ber waͤhrend der böfen Jahreszeit, als in dem beiten Flußhafen 
im Gentro bee Iebhaftefien Communication. An ben Üferfeiten 
des Canals, der hier Eeine volle engliſche Meile breit (nach Bar⸗ 
sow an 1000 Fuß) 8), zu beiden Seiten mit Quayen von Mar: 


ar) . Neuhof die Geſandtfchaft % Ymfterd, 1666. 4 ©. 331. 
®*) Macartney Voyage dans I’Interienr de ta Chine etc. 1792— 179. 
Trad, p. Castera. Paris 8. T. IV. p.117, 335. er J. Barrow 

. Trvvels in China. Long. EL SE 0? 508 eicı’ 


e Ko 


Hoangho⸗ Syſtem, unterei Lauf, Ueberfahrti 533 | 


mor und Graniibloͤcken eingefaßt iſt, und im Niveau einige Fuß 
höher Liegt ale die ihm bennchkarten Ader, mit einer Schnelligs 
Seit von 3 Engl. Miles in einer Stunde gegm Süd hin, liege 
die ſtarkbevoͤlkerte, weitläuffige Stadt Yang tfdafhuam 
Der reißenden Gewalt des Stromes und ber Gefahr ber Uebetz 
fahrt zu begegnen, brachten hier die Ehinefifchen Schiffer dem Ge: 
nius des Stromes erft Libation, und jedes der 30 Schiffe, aus 
welchen bie Flotte dee Embaffabe beftand, mußte dem Stroms, 
bei der Ueberfahrt, auf dem Schiffsſchnabel ein Dpfer, von bams 
pfendem Weihrauch bringen. "Der Wind war günflig, mehrere ber 
Schiffe ducchfchnitten ſegelnd gluͤcklich den Strom, andere wur 
den indeß weit hinabgeführt, und. mußten an Tauen zur. Ein— 
mündung des Canats am Südufer zurückgezogen werben. Auf 
Der Südſeite des Hoangho fchifften die Vachten der Enw 
baffabe im, Canal durch die Provinz Kiangnan meit fchnels 
ler als auf der Nordfeite, weil er hier weit flärkeres Gefälle 

und rafchern Fluß hatz er zieht im Oft des Houng tfeu Ser 
und durch ‚mehrere andere, fühmärts, zum geoßen Kiang ober - 
den blauen Strom (Iau tfe Kiang) fort. 

Dan Braam%), der in des jüngeren Deguignes Beglei⸗ 
tung, awei Sabre [päter (Anfang März 1795), hierdurch ſchiffte, 
bemerkte, daß man zur Seite des. Hoangho hier doppelte 
Damme auf jeder Seite errichtet habe, die inneren. auf. das ger 
woͤhnliche Anfchwellen ſeiner Waſſer berechnet, -die äußern zus 
Vorforge ‚bei außerordenttihen Fällen, und daß 3 Zfungtu, 
d.h. Deihauffeher, hier die Infpection anvertraut ſey. Die 
Ueberfahrt, die bei flürmifchem Wetter unmoͤglich und überhaupt 

gefaͤhrlich feyn fol, wurde, am B. März, bei guten Wetter in 
Beit einer vollen Stunde, glüdlich zurüdgelege Zu Tſing⸗ 
bo, einer großen Etadt, nahe ber Ueberfahrt, iſt der Eaiferliche 
Zoll, und daſelbſt fol auch ‚due fliegende Brüdke über das 
Waſſer gehen. An dieſer Stelle, ſagt Ban Braam, iſt der 
Sanal enger als die Amſtel bei Amſterdam, aber mit weit 
mehr groͤßern und kleinern Fahrzeugen bedeckt; die Quayen der 
Stadt, auf feſten Daͤmmen, ſind mit Quaderſteinen bemauert; 
die Waͤlle der nahen weit groͤßern Stadt Houai ngan fu, auf 


24) A. E. van Braam Houckgeeſt Reife der Gefandtfchaft der hallaͤn⸗ 
Kifchsoftindifchen Gefellfchaft. an den Hof des Kaiferd von China 
AR 1795 ıc., aus dem Franzäfifchen 8. Leipz. Ih. u. 179. 

‘ Cs 


> 


534 OfrAlen. Maflerfoflene. 1. bfchn. 5.79. 


dem Shöufer, fhienen in Verfall zu feyn. Deguignes m) 
fhägt die Breite des Stromes bei ber Ueberfahrt 3000 bis 2000 
Fuß. Auch Lord Amherſt verungtüdte Embaffade giebt uns 
Bericht Über denfelben untern Lauf be8 Hoangho (Urberfahrt 
den 6. Det. 1816) ®). 

Mach langweiliger Ruͤckfahrt auf dem Kaifers Canale, von 
Deling, durch die einförmige Provinn Schantung, zeigte fi 
mehr Mannichfaltigkeit und Wohlſtand mit dem Eintritt in die 
Provinz Kiangnan. Die nun hervortretenden Baumgruppen 
trugen viel zur Annehmlichkeit der ſtark bebauten und bevoͤlkerten 
Landfhaft bei. Der Canal in der Nähe des Hoangho hat 
febr erhöhte Uferdämme, er ift felbft 200 Fuß breit, und man eu 
blickt kutrz vor dee Stade Yang tfha fhuan, die an deſſen 
Verein liegt, zuerft den Gelben Strom. Seine Strömung 
betrug 5 Engl. Miles in einer Stunde; fie iſt zu heftig um 
gerade uͤberzuſchiffen. Die Breite der Ueberfahrt ſchaͤtzt Eriis, 
bier, über den Canal 3 Miles, und über Strom und See sm 
fie fol bei angefhiwollenen Waſſern gefährlich feyn. Am Sit. 
ufer ficht ein Tempel dem Bote der Winde geweiht (Fung⸗ 
ſchu Miao), wo der Ankerplag iſt. So übertrieben manche 
Beſchreibung von der Größe dieſes Stromes auch ſeyn mag, bes 
merkt Ellis, fo bietet er bier in der That mit allen feinen Um⸗ 
gebungen eine wirklich geandiofe Scene dar. Adel Clarke, de 
Naturforſcher der Expedition, beftätigt diefe Daten ”), und daß 
füdwärts des Stromes das Gefälle der Schleufen im füd 
fihen Sanalarme 8 bis 4 Fuß ſtark fey, alfo safchern Lauf 
babe als an deffen Nordſeite. 

Barrom?") bemerkt, das Land, welches zu beiden Uferfels 
ten des Doangho beffen Ueberſchwemmungen ausgeſetzt fep, möge 
wol dem Umfange nad fo groß wie England ſeyn; die jährliche 
Ausgabe der Schatzkammer zur Erhaltung feiner Dämme betrage, 
nad) des Kaifers eigene Angabe, 3 Millionen Unzen Siiber (1 
Million Pfund Sterling). Dennoch iſt dieſer Strom, odwol er 


197) —— se us Heting aus d. Franz. v. Müller. veipz. 
1809. 8. ©. 1 »:) H. Ellis Journal of the Proceedings 
‘of the te — to China by Lord Amherst. Lond, 1817. 4 
p- 268. °®) Clarke Abel Narrative of a Journey in .tbe Inte- 
rior of China and of a Voyage to and from the Country 1816— 
1817 eto. Lond. 1818, 4. p. 148—151. 200) J. Barrow Tra- 
vels in China. Lond. 1804. 4. p. 514. 


7 


Gliederung von Nordoſt ⸗Chinas Geſtadeland. 535 


mit ſehr großen Schiffen befahren werden kann, in China nur 
vom zweiten Range, und wird darum nicht Kiang, wie ſein 
ſuͤdlicher Nachbar, ſondern nur Ho!) titulirt. Von feine Muͤn⸗ 
dung in-.ben Ocean iſt uns keine nähere Nachricht von Beobach⸗ 
tern bekannt. 


6. 80. 
” Erläuterung % 


Die Gliederungen der Nordchinefiichen Landfchaften (Petfcheli, 

Schingking, Schantung, Kuangfi) im Norden des Hoangho. 

Das Gelbe Meer, die Halbinſel Schantung,. die Nordhaͤlfte des 
Kaifer:Canals, der Golf von Peticheli, die Halbinfel Korea. 


.. Zwiſchen dem heutigen Laufe bed untern Hoangbo, 
in Nord: China, und.dem früher betrachteten S.D.Rande des 
.Gobis Plateaus, im N.O. von Peking, im Heimathfige der 
Mandfhu, am großen Tihangpe Shan (f. Alten Bd. I. 
S. 9) bis. zu den Quellhoͤhen der Ströme Songari und Tu⸗ 
menula gegen die Koxeanifhe Küſtenkette hin (ſ. oben 
©. 436, 452‘, breitet fih ein mannich fach gegliedertes Bes 
ftadeland aus, daß durch zwei große vorfpringende Halbinfelm, 
Korea und Shantung,. und mande kleinere ausgezeichnet 
it, zwifchen denen aus dem. freien Oſt-Ocean eingefchloffenere 
Kuͤſten⸗ oder vielmehr Binnen: Meere und Golfen, tief eindrin⸗ 
gen in das Innere des Continentes, weiche den größern Räumen 
nah, das Hoangbai,:d. i. Gelbes Meex,| und die Golfen 
vorn Leaotong und Perfcheli heißen: Diefe Golfen Liegen 
‚eingefploffen von jenen beiden Halbinfeln, deren eine, Korea, 
die größere und berühmtere, weil fie ein felbftftändiges Königreich 
bildet, als eine wahre Gliederung des Hochlandes von Aften. bes 
trachtet werden muß, da fie als fürdliche Kortfegung der Gebirgs⸗ 
Bette des Tſchang pe Schan erfcheint, die andere Schans 
tung, als Chineſiſche Provinz befannt, keinesmegs wie jene mit 
irgend einem andern umgebenden Gebirgezweige irgend wie zur 
fammenhängt, fondern daducch recht characterifirt ift, daß fie wie 
eine Bebirgsinfel auf. allen Seiten mit Meeren oder mit 
niederen Flächen umgeben, als ein für fi beflehendes, ganz 





1) Memoires etc. des Clivois T. XIV. p. 176, . 


9536 Dfl-Alen. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 80. 


iſolirtes Glied in jener Mannichfaltigkeit von Formen erfcheint. 
Denn im Weften ift fie kreisfiemig von großen, fladen 
Ebenen rings umgeben, welche wahrfcheintih erſt das Pros 
duct de Schlammbildung ber alten Bifluenz bes 
- Hoangbo find, in deffen Deita, zwifhen dem Nords und 
Suͤd⸗Arm, bie Sebirgsinfel Shantungs liegt, bie das 
ber auch, ducdy den großen Kaiſer-Canal, der vom noͤrdli⸗ 
hen Peiho an zum füdlihen Hoangho⸗Arme hin, jene Flaͤ⸗ 
chen durchſchneiden konnte, völlig abgetrennt ift vom Gontinente, 
‚unb deshalb auch gegenwärtig noch, der verticalen Gliederung 
nach, eine wirkliche Infel genannt werben kann, die zwifchen dem 
Gelben Meere, bem Sotfvon Petfheli und dem Gas 
nalsSpfteme ſich emporhebt. 

In die beiden innerfien Golfen ergießen fi vorzügs 
lich zwei verhaͤltnißmaͤßig kurze, nur vordere Landfizöme, der 
Leagoho, ben wie mit den Waſſern von Mukden und im obern 
Laufe ats Lanho und Sira Muren (f. Afien Bb. I. &. 90, 
116, 132) ſchon früher kennen lernten, in den Golf von Leao⸗ 
tong; und der Peiho, der mie vielen Waſſern den Gebirgefaum 
von Petſcheli durchbrechend (f. Afien Bd. I. ©. 126 ı.) ges 
gen S.D. zum Golf diefer Provinz firömt, ehe er benfelben aber 
erreiht, an der Außenfeite jener Parallelletten des Ge 
birgsſaums, aus einer ganz andern Weltgegend, von S.W. 
her, 3 bis 4 nicht minder wafferseiche, unter fich faft parallele 
Zuflüffe erhält, unter benen der fchon oben erwähnte Weiho 
(f. oben &. 626) der größte und merkwuͤrdigſte für unfere jegige 
Betrachtung tft, meil er eben in feinem untern Laufe von Zins 
: Shfingtfheou an, buch ben Ganalbau KhublaiKhans, 

. zum Stellvertreter bes nördlichen Heangho:Armes verwendet warb, 
wodurch Hoangho⸗Syſtem und PeihosSpfiem, durch feine 
Vermittlung, zum großen Canalſyſteme verknüpft warb. 

Diefes künfttiche Canalſyſtem ift «6, dab der Nord⸗Reſi⸗ 
denz (d.h. Peking) in der aͤußerſten Nord» Provinz (db. h. 
Petſcheli) des Chinefifhen Reiche, melde von den Eroberern 
aus dem Norden, von Mongolen wie Manbfhu, vor den 
Altern Nefidenzen im Süden bed Hoangho und Kiang, we 
gen ihrer bem heimathlicdhern Plateau nähern Lage und verwand⸗ 
seen elimatifchen Verhaͤltniſſe, als Kaiſerſitz auserkoren wurde, 
zur nährenden Aber ihrer Millionen von Bewohnern und 
unmitteſbaren Nachbarn diene, ohne welche fie nicht beflchen, 


Das Gelbe Meer, Hoang Kai. 537 


uud ber Ehden Chinas nice für bie Dauer an ben Mor: 
den, Ma Chin nicht an Kathai, geknüpft zu ſeyn vers 
moͤchte. Das Canalſyſtem mürbe aber ohne die Natur ber gras 
Ben Niederung, und dieſe ohne die arbeitenden Stromſpſteme 
nicht vorhanden ſeyn, wodurch wieder das Gelbe Meer, wie ſchon 
fein Name bezeugt, feine Mobification erhielt, und die einflige 
Safe Schantung einerſeits zur Halbinſel wurde, andererfeits 
aber allein durch daſſelbe auch Korea zugänglich iſt, und wirklich 
zugangbar werden konnte. 

Dieſe gegenſeitig fich bedingenden meiſt getrennt gedachten 
Formen und Verhaͤltniſſe auch raͤumlich in ihrer Entwicktung 
und Characteriſtik nachzuweiſen, dazu möge folgendes im Zuſam⸗ 
menhang Geſagte dienen. 


1. Das Gelbe Meer, Hoang Hai. 


Dee gelbe Thonſchlamm, ben die Welten bes Hoangho 
führen, färbt weit bin das Kuͤſtenmeer, und giebt ihm ben Na⸗ 
men bee Belben See, d. i. Hoang Hai 2). In bemfelben 
offen die Schiffe, bei 6 Haben Meerestiefe, Halbe Seemeilen weit 
Spuren gelden Schlammes in ihrer Fahrlinie hinter fi auf dee 
Meeresflaͤche zuruͤck. Alle Wirbel und Meereöftrömungen werfen 
in diefem Meere, bis zu ben Infeln Tſchu Shan (ChuSan, 
I 2 NBr) hinab, und bis Korea hinauf, gelben 
Schlamm, feibit aus Tiefen von 100 bis 120 Faden (600 bie 
7% Fuß) empor; denn auch der TakKiang im Süd, und der 
Peiho im Nord, find arbeitende Ströme, wie ber Hoangbo. 
Das nähfte Küftenmeer, die Gelbe See, ſchon von bee 
Mündung det Ta Kiang (Iantfe Kiang) an, nordiwärts, bis 
Korea fo genannt, iſt jedoch nirgends über 36 Faden (nah Bas 
row, oder 42 Kaden nah Staunton, d. i. 216 bi 252 Fuß) 
tief, «6 fehle ihm alſo noch weit die Tiefe dee Europäifhen Ofs 
fee, und der Golf von Petſcheli hat nirgends über 12 Faden 
(72 Fuß) Tiefe; beide find alfo fehe feicht zu nennen, Vor bee 
Mündung des großen Kiang liegt die flache Infel Xhfungs 
mins (Tsang ming b. D’Amille) ganz aus Alluvialbos 
den, wie aus dem Schutt und Schlamm des Kiang gebildet, 





202) G, Staunton Authentical Account of Lord Maseriney Kınbassy 
to China. Landon 1797. 4. T.1. p. 438, 448, 413; in ber Tra- 
duct. ſrane. p. Caustera. Paris 8. 1798. T. Il. p. 283, 286, 290. 


⸗ 


x 
“ . 


538 Nf-Afin. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 80. 


otslieiche erſt in neuerer Zeit, da man ihre Zeichnung auf bem 
aͤltern VBenetianifchen Karten, aus M. Polos und Fra Mau: 
e08 Zeit, nicht finder), auf denen doch die Tſchu Shan Aue 
fein genannt find. Ihre Anhäufung duch die Reaction der 
aroßen Fluch aus dem Dfl Ocean gegen die Schlammwellen bed 
Kiang, feit 500 Jahren Zeit, ließe fi wol denken, und diefelben 
Urſachen wirken auf ben Anwachs bes ganzen Geſtades entlang 
auf Koften. des Gelben Meeres. Eine ſtarke Strömung würde 
jedoch, meinten die Britifchen Schiffer, bie Tfung ming Flach⸗ 
anſel eben fo leicht einmal wieder zerſtoͤren koͤnnen, wie fie als 
maͤtig als Flußriegel ſich dem Kiang vorfchob. Der Seichtigkeit 
jenes Kuͤſtenmeeres ungeachtet iſt es von einer unendlichen Menge 
von Kuͤſtenſchiffen durchſegelt, die aber nur im Angeſicht der Ges 
ſtade bleiben, und ſich nicht auf die hohe See wagen, wohin fie 
bei den hier herrſchenden, regelmäßigen Winden und Stroͤmum⸗ 
gen auch nur feltnee duch Ströme verfchlagen werden, zuweilen 
aber doch wegen dee dott vorherrfchenden, dichten Nebel abirzen. 
Diefe Mebel waren fo dicht, daB man auf bem einen Enbe bes 
SBritiſchen Schiffes, das den Englifchen Geſandten Macart ney 
wug, das andere Ende nicht fehen konnte Warum über einem 
ſe feihten Meere wie hier, wie über ber Neu Fundland 
Bank in Nord: Amerika, auch in ber Deutfhen Nord ſee 
amd anderwärts, wenn auch nicht immer +) doch vorherrfchend 
eine Nebel:Atmosphäre ſchwebe, fhien damals den Briti⸗ 

Shen Schiffern noch ſchwer erklaͤrlich 5) zu-feyn. Es ergiebt ſich 
wol eben daraus leicht, daß die Meere ſelbſt über Untiefen 
sine ältere Temperatur als die fie umgebenden Tiefen has 
Benz; daher die Eältere Temperatur der Meeresoberflaͤche 5) auf die 
über fie ſchwebende Luftſchicht zurüdwickt, und fie in Nebel Ar: 
mosphaͤre verwandelt, die dann anf dem, feichhten Deere aus ganz 
natuͤrlichen Gründen wie feR zu liegen fcheint. 

Der ganzen Küfte von Kiangnan, fagt fhon Neuhof ?), 
legen überall Sandrippen, Meerblaten, Sanbbänte 
vor, und eben an bdiefen erkennt man, felbft bei Nebel, daß man 
diefe Gegend erreicht hat; hier wechſeln bie Lothungen außerors 


203) G, Staunton Authentical Account etc. T. I, p. 453. 

*) H. Ellis Narrative 1. c. p. 64. *) Staunton Authentic. Ac- 
vount I. c. T. I. p. 456 etec.; Trad, p. Castera T. Il. p. 284. 
°, W..iams on Thermometrical Navigation Philadelphia. 8. 1790. 

?) Joh. Neuhof Sefandtfchaftsreife S. 331. 





Dos SAbe Meer, Hoang Bi. 630 


dentfich plöpfich und fchnell, von 40 auf 16 und 12 Faden (MO 
auf 96 und 72 Fuß) ) Tiefe ab; tmb in der größten Tiefe if 
immer noch Schlanmmgrund, auf den feichtern Boden breiten ſich 
gefaͤhrliche Sandbaͤnke aut. Die ungemein flach en Fadezeuge 
ber Chineſen, obwol mit großem Unterbaue verſchen; weiche in 
dicht gedrängten Flotten dieſes Kuͤſtenmeer durchkreuzen, find nter 
sum Transport über ſolchen ſeichten Gruͤnden und wechſelnden 
Seeboden, wie bier, geeignet, nicht für die hohe tiefe es (fie 
ſchiffen in der Regel nur über 2 Faden Niefe), und 'auc da noch 
fallen unzaͤhlige Schiffdruͤche Chinefifger Schiffe vor Daher 
auch, gleichſam an die heimiſche Kuͤſte gebannt, machten die Chbs 
usfifen keine Entdeckungen in dem benachbarten Oſt⸗Ocean, 
ſondern, wie Griechen und Roͤmer auf dem Mittellaͤndiſchen Meere, 
nur?) Küͤſtenſchiffer geblieben, wagen auch fie ſich nur gegen 
Korden und Süden von Küfte zu Küfle, von Inſel zu Inſel⸗ 
selbe, wofhr ihnen freilich ein fehe weites Feld eröffnet war; eb 
nerfeits gegen MD. binüber nah Rorea und Japan, und 
weiter, wem: fie woßtten, gegen S. W. aber an Cochinchina Hin 
BE Batapia und Indien 0, Diefe Schiffaher der Chineſen 
war zu befchräntt, um ibnen, die ſchon frühe Die Bouffole 
kannten, Auffchtüffe über die Geſetze dee Magnetuabel zu geben, 
und ihre Schifferkenntniß ift daher auf das Piloten: Wefen 
von Hafen zu Hafen dbeſchraͤnkt, ift dee Europaͤiſchen Nautik 
nicht zu vergleichen, wenn auch ihre Flotten ungemein zahlreich finds 
da man aus dem einzigen Hafen von Canmton!!) alein 10,000 
bie 12,000 jaͤhrlich auslaufender Schiffe rechnet, die nur allıia 
den Küftentransport der Suͤd⸗ mir den Nord: Prosinzgen beforgen. 

Dem Europäifchen tiefgehenden Schiffe iſt dagegen die Oſt⸗ 
Türe Chinas gefahrvoll, und ſelbſt der geübteſte Chineſiſche Pilot, 
dem viele treffliche Hafen und Fahrwege für feine flachen Jun⸗ 
Een bekannt find, iſt hier kein ficherer Juͤhrer. Daher das Ges 
flade des Hoang Hai fo wenig bekannt, und erſt feit den Beitis 
ſchen Sefandifchaftsreifen (von Macartney 17%, von Am⸗ 
herſt 1816) einigermaßen auch nautifch erforfchtz doch bat ſich 
noch immer Bein einziges Europäifches Schiff in der Gegend ber 
Hoangh0: Mündung deſſen Geſtade zu nähern gewagt, fo 

. / 


*) G. Staunton trad. p. Castera T. II. p. 293. ») G. Staunton 
Authent, Aocotınt. Lond. T. l. 10) Barrow Trav. in 
China l. c. p. 37, 60. 2) a p- 43. 


540 Oſt- Aſten. Waflerfofteme. L. Nbſchu. $. 80. 


daß diefe gleich der dab Am utſyſtemes noch biehet dem Btickt 
des Europaͤlſchen Beobachters verborgen geblieben iſt. Dagegen 
haben die vorſpringenden Vorgebitge jener beiden großen -Hathe 
infeln, bie und da, im neueſter Zeit, gelegentlich, einige genauere 
Beflimmungen erhalten, wo das Gelbe Meer im Den von 
Korea, and im Weſten von Schantung, fo eingeengt wich, 

‚bab-ihm zulcht nur noch eine Breite von zwei Graben ober 30 
groge. Meilen übrig bleibt, mit welcher bie innere. Gelbe Ser 
(Hang Hal) beginnt, die ats ein Atri um bes Golf von Pe: 
efcheli zu betrachten if, in den fie ſich gegen Weſten buch Bir 
noch verengtere Straße von Mea tan exgiefk.:: 


2, Die ifoliste Gebirge⸗ Haldinfel Schantung und 
das fie umgebende Blachfel d. 


- Diefe Hatbinfel iſt als die noͤrdlichſte ber ‚großen 6 Rifien 
prodingen Chinas bekannt, die im Suͤden nuch den Hoenghe 
von Riangnan, im Weſt duch den Kaiſte:Canal von Pe⸗ 
efcheti geſchieden, und bort mis ſumpfreiches Mirbeaung, vielen 
Kehenden Seen und Flußlaͤufen umgeben iſt, indeß ihre. öftliche 
Brite ringsum vom Meere umflofen wird. 

Dem idten bis Willen Juli, 1793, wurde fie von kem- Dei⸗ 
efchen Echiffe der Macartney Embaffade zum erften male 
durch Europäifche Beobachtse umfegelt, wobei .man ihre fiellen, 
oͤſtlichen Vorgebiege Innen lernte. Don bem Infeihen Kati⸗ 
200 212) fahe mar das erfle, Peile Vorgebirge, unter 35° 104 
NBr., PR 40-D.R. v. Ber.,;worauf bald zmei hohe Borgebirge 
nebft einer Inſel fi zeigten, bie fo beſtimmt wurden: 1) Cap 
Macarınep 36 HH N Br., 12° 1F DEV Se 2 Cap 
Gower 6° 57 N.Be, 122° 1 DL v. Gr. und bie zugehoͤ⸗ 
vige Infel mach dem dritten Hauptgefaͤhrten jener Empbaffade, In⸗ 
fel Stounten genannt, 36°, IT: N. Br., 120 1 28.0 Be 
Das. Cap Masarsnen zeichnete fih durch 6 hervorragende Spi⸗ 
gen beim Voruͤberfahren aus, innerhatb deren eine Bai fi zeigte, 
Die vol Schiffe lag (in NO. von Teinghnioei b. D’Anzille), 
Nabe am Cap Gower ſetzt eine Felsbank bey Vorſprung ber 
Halbinſel noch weis gegen N.D. fortz aber auch bier öffnete ſich 
eine Vai, in ber viele Schiffe vor Anker lagen, ihe Hintergrund 





»12) G. Staunton A Autbent. Acoount 460 eie z Trad. p. Oastera 
Io p- 2 


\ 


2.Die Halbiuſel Schantung. 54 


war mit einer weitläuftigen Stadt umgeben. Die hoͤchſte Stelle‘ 
des noch B Seemeilen gegen N.O. vorfpringenden Worgebitges 
twahrfcheinskh Tohin chan oei b. D’Anrille) "hatte bie Geſtalt eis 
nes abgeftumpfteri Kegels, auf defien Platte eine Spige von bee 
Geſtalt rinee Mandarinenmüge (f. Aflın Bd. 1. &.136) demerke 
wurde. Hinter bei vordern Steilkuͤſte zeigte ſich uͤberall bergige® 
Land mit den fhönften Thaͤlern durchzogen, und wie ed fchien 
auf das trefflichſte bebaut, voll Ortſchaften. 

Nach dir: Doublirung des N.O. Cap ging bie Weſtſeglung 
imme an ſteilen und felfigen aber dahinter bebauten Ufern, wes 
gem dee Seichtigkeit des Küftenmeere® aber im Abſtande von d 
BE 6 Seemeilen Hin, bis zur Bai Ki fan Seu (am Aſten Juli), 
wo neue Piloten genommen werben mußten. nt Bai hat hin⸗ 
einer Spiee, Zeu a tan, zwei ſeichte Hafen, jedoch von 4 
Baden Elfe, an der Mündung eine Fluſſes Da ma tao, bie 
voll Junken lagen, deren man überhaupt eine- große Menge in 
alten Buchten bemerkte, fo dag bie rühmenden Berichte der fruͤ⸗ 
Yen Sefuiten von der Population dieſer Halbinfel keinesweges 
übertrieben erſcheinen, und dieſe Gabotage auf einen fehr lebhaf⸗ 
ten Kuͤſtenverkehr zuruͤckſchließen läßt. Auf alien meiſt feltfans 
geflalteten, oft wie durch Knuſt geformten Uferhöhen, landen gafs 
fende Bolkshanfen, das unerhörte Schaufpiel Eusopäifcher, gro⸗ 
Ser, fegeinder Schiffe zu fehen. Altes Geftadeland ſchien trefflich 
bebaut, hinter den Vorketten am Ufer [dienen andere nadte-Bergs 
züge durch das Innere weis fortzuziehen. 

Da bier Beine tiefe Hafenftation für die Europäifchen Schiffe 
war, fo feste man die Fahrt weiter zum M.W.Cap der Halbinfel 
Schantung fort, auf welder die bedeutende Stadt Teng⸗ 
ifheou fu.) liege, dem Range nad die fünfte der Provinz, 
She Ankerplag, zwilhen 2 bdis 3 Geemeilen im N.O. der 
Stadt, hat no 7 Faden Tiefe; er ift duch Juſeln, die Mea⸗ 
ta0os®rupne, die ihm im Norden zwifchen 5 dis 10 Seemei⸗ 
den vorliegt, geſchuͤtzt; fie nehmen einen doppelt fo breiten Raum 
ein, als das dort fhon fo fehr verengte Meer. &6.bleibt. daher 
nue ein fehr engere Canal zwifchen den noͤrdlichſten dieſer In⸗ 
ſeln und dem Süd⸗Cap von Leao Tung uͤbrig, das bei ei⸗ 
nem ſpaͤtern Sutvey, bei Capt. Murray ——— Comman⸗ 


12) Staunton 1.- c. — p. Castern T.n. p- 302; ai Halde Deser! 
de ta Chme- T. }. p. 216. 


542 Ofl-Aſien. Waſſertyneme. 1. Mhfhn. (. BO - 


deur der Alcefte (1817) 21%), wegen feines ſeltſamen, lang gegen 
GS. W. vorfpringenden Geſtalt, den Namen Prince Regents 
Sword (Schwert bes Prinz Regenten) erhielt, feine 
Gädfpige aber auf der eine Chineſiſche Stadt Liehun liegt, 
nebſt einen vorliegenden Infel Gap Charlotte und Leopo1ds 
Infel genannt wurde. Mehrere Infelseiben und Klippen, 
Rieds rock, Grants Island und andere, weiche ben ges 
meinfamen Namen Company'’s Group ethielten, legen noch 
dieſer Suͤdſpize vor, zwifchen welchen, und ber Mea tao 
Gruppe, dee Canal aus dem Hoang Hai in den Golf won 
Petſcheli einführt, den man Saint Georges Canal nanute. 
Die älteren Sefuitens Karten des Chinefifyen Atlas haben hier 
mannichfache Berichtigung erhalten. 

Die aftronomifche Lage der Stadt Teng tfheou fu war 
Schon im Sabre 1711 15) von den Sefuiten Pater Regis und 
Gardofe, auf 37° 48 36" N. Br. und 4° 38 40" DE. o, 
Peking beflimmt worden, da fie bis hieher ihre geodätifchen Dpes 
sationen fortfegten. Pater Regie, Frideli und Jartour beats 
tem ſchon 1709 die im Norden liegende Stadt Liehun auf dem 
Borgebirge gegenüber, unter 33° 43° 36”. N. Br. und 4° 49 40⸗ 
O.L. v. Peking firiet, woraus ſich, aus einer revidirten Meſſung, 
weiche Kaiſer Khanghi, im Sabre 1713 in Beziehung auf Diefe 
beiden Pofitionen durch Pater Parennin vornehmen lich, Die 
Entfernung jener beiden Orte, alfo die Wreite der Merresficaße 
aus dem Gelben Meere zum Perfcheli Golf auf 20 Lieurs, aber 
15 geogr. Meilen ergab. In der Stadt Teng eſche ou fu, bie 
ſtatk ummauert, im Innern nur ſchlecht bebaut iſt, liegt, nach den 
Jeſuitenberichten 16), eine ſtarke Garnifon, und im ihren beques 
wen Hafen ſtationirt eine Kriegeflotille zur Wache am Cingange 
des Golfse zur Reſidenzſtadt von der Oceanſeite. Viel treffliche 
Fiſche, und zumal koͤſtliche Auftern, merken bier für die Tafei 
bes Kaiſerhofes gefangen. Die Umgegend iſt ſehr fendtbar, dis 
hiefigen Bambus fohen, nach den Jeſuiten, nicht zund, fonbery 





32€) Capt. M. Maxwell Sketch of Surveys in the Golß of Pe- 
tschaelu, Lea tong, Clinese Seas ete. in H. Eilis Journal L e. 
Chap. IX. p. 4609 — 472 etc. John M’Leod Voyage of R. Ma- 
jesty's Ship Alceste along the Coast of Corea etc. Sec. Kdit. 
Lond. 1818, 8. p.32 etc. 3) J. Klaproth Notice sur l’Archi- 
pel de Jean Potocki dans la mer Jaune. Avec une i 
IS20. 4. p. 2.  °*) Da Halde Daser. L. e. T. I. p. 2415.- 


Die Halbinſel Schantung. 543 


vieredig wachſen. Im der Chinefifhen Ausgabe des Kuan 
yu Ei wird wirklich unter, den Probucten von Shan tung 
(die vierte der in der Älteren Ausgabe befchriebenen Provinzen), 
en Fang dfhu,!') d. i. ein vierediges Bambus, ges 
»annt, daraus man Stäbe fertige. Don alledem fagen die vor 
uͤberſchiffenden Briten nichts; fie finden aber, daß die Küfte ſteil 
und gut bebaut iſt, das mahe Gebirge aber ein ſehr fleiles Am, 
fehn hat, daß der Ankergrund ſehr klippig, felbft dur) eine Want 
gefährtich ift, daß die Ende und Fluch durch die Mea tao Straße 
in den Petſcheli Golf Beine einfache, fondern eine zufammenges 
fegte tft, und die Fluth 1) flatt an der Meatao Straße eins 
wärte zu bringen, dort aus dem Petſcheli Golf herauswaͤrts 
deingt, um, nachdem fie von ber Nordſeite her ihren Umlauf um 
denſelben vollendet hat, eben hier in das Gelbe Meer zuruͤckzu⸗ 
kehren. = 

Die Mea tao⸗Gruppe, die aus vielen Inſeln mit eini⸗ 
gen guten Häfen für chineſiſche Junken, aber ohne alle tiefere 
Hafenbitbung für die Britifche Schiffe befunden wurde, und ih⸗ 
en Namen von dee. Gentralsnfel erhalten hat, ift, mit ber 
Mena tao Straße, als ber wahre Schlüſſel zur Einfahrt im 
den Golf von Peking anzufehen. 

Bon hier fhiffte die Britiſche Embaffade Lord Macasts 
neys (1795) direct zur Mündung des Pei ho, eben fo wie 
Lord Amherſt 19) (1816) auf dom Schiff Alcefte unım Capt. 
M. Maxwell auf demſelben Wege, nachdem diefe letzteren auch 
die Halbinſel Schan tung doublirt, und außer der naͤheren 
Recognition des einen Hafenortes Wei hae wei (Dei al sei) 
den der Schiffslieutnant Crawford aufnahm, ſtets in zu gro⸗ 
fer Entfernung hatte umfegeln müſſen, ohne nähere Beobachtun⸗ 
gen darüber anftellen zu koͤnnen. Nur Capt. Baſil Halt, 
Commandeur des begleitenden Schiffes Lyra, da® weniger tief 
im Waſſer ging, unterfuchte die weftliche Fortfegung der 
Shan tung Küfle, von Ten tfheou fu, wo noch eine 
Berghoͤhe, Mount Ellis 20), beflimmt wurbe, weſtlich, von 





ıB) Aus dem Ghinefifchen Original überfegt von Dr. Scott im 
Manufceript, !*®) Staunton 1. c. Staunton I. c. Trad. p. Castera 
T. 1. p. 302 etc. *?°) Henr. Ellis third. Conmissioner of the 
Kmbassy Journal of the Proceedings of the late Embassy to China 
by Lord Amherst, London, 4. 1817. p. 60 et, ?°) J, M’Leod 
Voyage etc, 1. c, p. 3%. 


344 Of Afen. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 80. 


dem aber das flache Ufer der Suͤdküſte des Golfe non Des 
sfheli beginne. Aus der jüngften Werfuchsreife des Schiffes 
Lord Amherſt von Canton aus, fi nene Handelswege am 
den nördlichen Kuͤſten Chinas zu bahnen (im 3. 1832), erfahren 
wir, aus Lindfays und unfers Landsmanns, des Miſſionat 
Güglaffs Berichten 221), daß auch fie das oͤſtliche Vorgebirge 
Shan tungs, nad einer Fahrt von 6 Tagen aus der Mäns 
dung des Icon tfe fiang, am 15. Juli, boublicten, und am 
Abend in jenem genannten Hafen Weihaewei (f. b. D’Anrille) 
Anker warfen, wo man feit 1816 fein anderes Europäifches 
Schiff wieder gefehen hatte, jene Voruͤberſeglung der Britifdgen 
Embaffade aber noch in frifhen Andenken war. Die Abwehr 
der Mandarinen und das Verhindern berfeiben nicht mit bene 
Volke umzugehen, machte den Aufenthalt nue ſehr kurz, von eis 
nem Tage, an welchem freilich nur wenig zu beobachten war. 
Dech wird uns gefagt, der Ort Sag im Verfall, von großen Rings 
mauern eingefchloffen, die einſt nebft 68 Thürmen an der Küfte 
von Scan tung, unter der Ming: Dpnaftie (feit 1400) gegen die 
Usberfäle Bapanifher Piraten auf Schan tung zum 
Schutze ber Halbinfel erbaut worben waren. Eine Juſeription 
auf einem Tempelbau der Ummauerung gab diefe Kunde. Die 
Stadt fhien wenig Waaren zum Handel darjubieten, das Votk 
wenig geneigt zum Verkehr zu fen. Es ſchien ſtark und kräftig, 
arbeitſam aber plump, deſto auffallender war es den Briten 
hier, auch vom gemeinen Dann bie reinfie Mandarinens 
Sprache fprehen zu hören. 

Ueber das Innere diefer gebirgigen Halbinfel Shan 
tungs find wir fo gut wie gar nicht unterrichtet: benn die Je⸗ 
‚fuiten Patres preifen nur, role gewöhnlich, im Allgemeinen 22) 
Die Sruchtbarkeit, bie 6 Provinzen, die 114 Städte, 15 Feſtun⸗ 
gen, bie Häfen, und bie vielen Probucte, die fie befige. Der große 
Kaifer:Canal, der fie im Weften umziehe, und von der Pros 
vinz Pe tſche ly abfchneide, fen mit einer unfäglichen Menge von 
Schiffen und Waaren bededit, deren Durchzug allein dem Kaifer 
als Zoll jährlich 10 Millionen (?) abwerfe. Dadurch erhalten 





. 321) Report of Proceedings on a Voyage to the Northern Parts of 

‚ China in the Ship Lord Ambherst. London, 8. 1833. p. 213 

. 72 p. 201 = 293. 2p) Du Halde Desap. I. c. T. L 
p- 212, 


Die Halbinſel Schantung. 545 


Ve Städte Shan tungs, die am Canal felbft legen, wie 
kin tſin sheou, Kong tfhang fu, Tſi ning fu, Yan 
sfheon fu, unb auch. bie entfernteren, wie die Capitale Schan 
ange, Tſi non fu, am Kuͤſtenfluß Ta tcim ho, bet gegm 
RD. zum Golf fließt, ihre große Bedeutung, ihren Wohlftand, 
ihre ſtarke Population. 

Diefe letztere, die Capitale Tſi nanfau, d. b. im Süden bes . 
Tſi Ktuffes Legend, warb von M. Polo beſucht, und. Zudin 
fu ?) genannt; fie hatte, vor der Mongholen Zeit, ihre eigene 
Sürften, und mußte von Khublai erobert werden. ie liege 
noch innerhalb. bet bergigen Landſchaft Scan tungs, von feudyts 
baren Thaͤlern, Ackerfeldern, mit heerdenreichen Weideländern, und 
fiſchreichen Seen umgeben, wie mit Bergen, reich an Eifenerze; fie 
fuͤhet ihre Probucte alle auf: bem Ganal aus. Auch M. Polo 
ruͤhmt ihre fchöne Lage zwifden Gärten und Obfipainen. Die 
Jeſuiten fagen Meis, Hirſe, Weigen, Gerſte, Bohnen u. a., viel 
Seflügel/ Wild, Fiſche, hätte die ganze Provinz in unfäglicher - 
Menge, wie Obſt aller Art, Birnen, Kaſtanien, Pfifih, Pflaus 
men, Nuͤſſe, Feigen (Setso) und Anderes fey in folhem Ueber 
fluſſe vorhanden, daß bier das wohlfeitfte Lehen flatt finde, und 
ein einziges fruchtbares Jahr fo weichen Ertrag gebe, daß die Pros 
vinz daran 10 Jahre zehren und doch nod davon ausführen 
koͤnne. Bu den eigenthümlichen Producten des Landes wicd bie 
wilde Geidensaupe?*) gerechnet, welche ihre Seidenge⸗ 
fpinnfie, auf dem Felde an den Bäumen, ſich feibft in lange 
Faͤden ziehe, die dann an allen Geſtraͤuchen und Heden hängen, und 
vom Winde hin und her geführt werden. Aus diefer Seide (im 
Kuang yu ki wild fie Sfe genannt) werden auch Zeuge ge, 
"webt (Rio tfcheou genannt), bie zwar nicht fo fein wie bie 
der Zuchtfeide find, aber deſto flärker und dauerhafter, nur von 
alcht angenehmer, wechſelnder Farbe, grau, gelblich, ober weiß, das 
ber ſehr wohlfelt. 

Die Provinz fol ihren Namen, Schang tung, von dem 
Dis Berge (Shan, der Bag, tung, des Dften) haben, bem 
Thal Shan”), einem jener fünf heiligen Opferderge 





Be. M. Polo Ed. Baldelli Boni 7. 1. Libr. II, G LII. pP» 290. 
P. Martin Martini Nor. Atlas. Simes. fol. 55 
„.) — Tableau ete, in Magasin asiatig, Dein 1826. 8: T.II. 
: pi 
‚Ritter — IV. - Mm 


340 Oft-Nflen, Woſſerlyſteme. I; Abſchn. — 80. 


(f. oben ©. 512) des antiken Ehineſen Reiches, ber hier deſſen 
öftiichfte Provinz bezeichnete. Er liegt im Süben ber Capitale 
‚ Kfinanfu, the gang nahe, zwifchen Ihe und Dantfheoufw, 
in der Mähe bee geringeren Stadt Kio feou bien (Ci ning 
bei Pater Martini), die als der Geburtsort des größten Chinefie 
fhen Weltweifen Khung fu dfü (Confucius 220) dem daſelbſt 
viele Dentmale errichtet find, claflifher Boden zu nennen ifl. 
Bon Dan tfheon fu’6 Berghoͤhen firömt gegen Wellen des 
wafferreihe Luenho (bei Staunton unb den beobachtenden Bri⸗ 
sen, Wan ho bei Momifon, Wenho in der Chinefiihen Canal⸗ 
Beſchreibung bei Klapcoth), der für das Canalſyſtem von bee 
ſonderer Wichtigkeit iſt, und etwas nördlich der Stadt Tfining 
fu. Diefe Weftfeite ber Gebisgslandfchaft von - Shan tung 
faͤlt aber hier gegen Pe tfche Iy, bald in völlige Ebene ab, im 
. jenen merlwürbigen Horizontalboden, ber von der Flach⸗ 
küſte des Golfs von Peking, von-der Einmündung bes 
Dei ho, ſuͤdweſtwaͤrts hinüberzieht, bi6 zum Hoangho, unters 
‚halb D fong und Kai fung fu (f. oben S. 530) und des⸗ 
halb als Canalland dienen konnte, 

Kommt dee Reifende vom Norden, von Peking, ein Weg, 
der ſtets auf der Fahrſtraße des großen Roifer-Canals zu Schiffe 
zurädgelegt wird, fo breitet fi ihm zu beiden Seiten des 
Sanals, von ber Hauptflation zu Tien fing am Eu bo, bis 
zur zweites Hauptflation des Canals, zufin thſing tſcheou 
am Wei ho (f. oben ©. 529), eine unabfehbare, einföre 
mige Ebene, ein wahrer Horigontalboden aus, ohne alle 
Erhöhung irgend einer Art, bebaut, vol Staͤdte, Dorfſchaſten, 
Hütten, Aderfelb; aber nur mit weihenm Altuviatboden bes 
deckt, ohne die geringfie Spur eines Steinchens. Die Langwei⸗ 
Ugkeit der Fahrt, die nur in der Nähe der Staͤdte durch ben 
feeundlicheren Gartenbau unterbrochen wird, erhält von Liug 
thſing tfheou ber erſten Stadt auf dem Kerritorium ber 
Provinz Schang tung, einigen Reiz buch Weiden, Espen, 
Eſchen, weiche die Landſchaft zieren, und durch die cypreffens 
artige Form eines neuen Baumes, Thuja orientalis, 27) 
‚db Lebensbaumes, der vom bier aus erſt anfängt ber Laub» 


Kan un ee 


2336) Du Halde Doser. de la Chine T. 213. N. Atlas Si- 
mens, ]. e, fol. 38, 27) Clarke Abel ng tive l..c. p. 142 


Die Halbinfel Schamemg.. 547 
ſchaft durch feine Gruppirung mit anbeen Laubbaͤumen wie durch. 
feine kleine Wäldchen einige Romantik zu geben. Aber, bie voll⸗ 
tommenfte Plaine bält asch auf ber weiteren, füblicheren 
Fahrt buch Schan tung an, und erſt nach 10 Tagefahrten 
(vom 14. bi6 23. October von Tien fing bis Zong tfhang 
fu bei Lord Macart meys Rüdfahrt), bemerkte der aufmerkſame 
Begleiter dee Embaffade, 3. Barrow 28), bie erften Hügel _ 
am felnen, oͤſtlichen Horizonte, denen man auf ber ferneren Fahrt 
aber keinesweges viel näher chäte (auf Grimms Karte find bas 
her diefe Erhöhungen, wie manches andere zu ſtark ausgedrädt). 
Auch auf Lord Amherſt Ruͤckfahrt von Peking:(1818), war 
mon, von Kienfing bis Kongtfhangfu, in gleicher, eins 
förmiger Horizontalfläche (vom 8. bi624. September 2) - 
ſehr Tangfam, bei feichten Waſſern, auf Junken größtentheils durch 
Leinſeile gezogen, als man zue größten Freude der Europder, und 
voll Sehnſucht aus jener Einförmigkeit erlöfet zu werden, am 
25. September, die erfien Berghoͤhen im Dften erblickte, von 
wo an etwas mehr Abwechslung in bie Landfchaft kam. Auf 
der folgenden Tagefahrt (26. September) blieben die Berghoͤhen 
noch 2 geogr. Meilen im Dften 20) des Canals fern liegen, ihre 
Kette ſchien aber mit dem Canal parallel zu ſtreichen, indeß bie 
Anhöben auf der Weftfeite des Canals Feine zuſammen⸗ 
bängenide Kette bildeten. Auf der folgenden Tagefahrt (am . 
77. September) bemerkte man, an ben Seiten des Canals, den 
Anbau von Buchweitzen (Polygon. fagopyrum), Tobak, 
Hanf (Rhicinus communis) und Sao leang (Holcus sorghum). 
Am 28. September erreichte die Flotille des Geſandten die pittos 
zeöle Stelle des Canals, wo bee Wen ho (Luen ho irrig bei 
Macartney, Wun ho bei Ellis, Wan ho bei Morcifon), 
vom Dften, von den Höhen bed Opferberges Thai Shan, - 
über Dan tfheou fu herab, zum Canal ſtroͤmt. Diefer Were 
ein if aber bie Culmination ber Paßhoͤhe der ganzen 
Nordhälfte des Kaifer-Canals, zwilhen Hoangho und 
Pei ho, von mo, bie Scheidung ul Waſſer Fer 





'? 


32) J. Barrow Travels in China I. c. 9. 449—508. Be H. Ei- 
Journal 1, c London 1817. 4. p. 208 — 249. Clarke Abel 
a ——— soyH, Ellis‘ doernel 1. oe. p 253 


„Mm? 


548, Oſt⸗Aſien. Wafferfofleme, J. Abſchn. $. 80. 


(hut?) vergl. oben S. 421) in eine Norde und Sit. 
Stroͤmung wirklich beginnt. 

Hier, ſagt G. Staunton?), liegt etwa In 3 der Länge 
des Canals feine hoͤch ſte Stelle, im Norden des Hoangho. 
Nur hier konnte einſt, dem Blick des Genies, von der Hoͤhe 
herab, die Conception zu einer ſo grandioſen Canalverbindung 
des gewaltigen Nord» und Suͤd⸗Reiches von China, durch 
die Anſchauung entgepentreten. Hier allein zeigte ſich die Moͤg⸗ 
lchkeit nach zweierlei Selten gegen Norden und Süden 
bin, durch weite Flaͤchen die größten Fernen hydrogtaphiſch zu 
verfnöpfen, indem Wafferzufluß vom den beiden andern Geis 
ten von Dften und Weften (duch den Wen ho und Weihe), 
sind nur bier allein, von milder Anhöhe herab, mögfidy war, 
um den befländigen Ablauf ber Canal: Waffer, zum Pei ho 
und Hoangho, hinreichend zu erfegen. Denn hier ſenkt fid 
die Kette ber Granitberge (?), tele ganz Scham tung 
. von feinen 'Hippigen Oſt⸗Caps gegen den Welten hin durch⸗ 
flreicht , in immer fartfterer und breiteren, feltfamer Abdachung 
hinab, bie bier wie eine Infel ihr Ende erreicht, und vieleicht 
duch Stuthenabwafhung ihre höheren Erdſchichten verlor, die 
dann den einſt tiefer eindringenden Golf von Petfche li, mit fes 
ner Ttuͤmmermaſſe zufhlämmen mußte und in Lombarbifche 
Stäche verwandelte, 

Dem fey wie ihm wolle, gewiß if es, daß von bier, von 


. Biefe Wafferfcheide, dem Sen ſchui ma thao, wie bie 


Chinefen feibft fie nennen, dee große Canalbau der Nord 
bölfte unter dem Mongholen Khan Khublai ausging, und 
daß, noch Heute, von hier, defien Waffertheilung gegen 
Norden und Süden, duch doppeltes Gefälle gegen den 
Pel ho und Hoangho, durch die vermittelnde Zuſtroͤmung 
des Wen do vom Dften her ſtatt findet. \ 
Steh im Süden diefer merkwürdigen Stelle beginnt mit 
dem erſten See, auf dem der Fiſchfang durch die abgerichteten 
Koemorane 33) weltbekannt geworden if, im fuͤdlichen 


Schan tung, bie nah Kiang nan, und zum. Delta des 


221) Klaproth Deseripion du Grand-Cansl de Is En extr. d’Ou- 
vrages Chinois, em. relat. a l’Asie T. I. p. 323 
32) G. Staunton Authentic. Account l. c. T. M. p . 381 — 392 ete. 
Trad. p. Castern T. IV. p. 4 — 98. 24) Staunton Authentie 
Ace l. e T. N. p. 400 eto.5 Trad. par Castera IV. p. 98. 


Der. Koifer« Canal, Noerdhaͤlfte. 50 | 


Hoangho Hin, jene ununterbrohene Reihe von grafen 

Seen, Lagunen und fhlammigen Moräften, durch welche 
ber künftlih erhöhte Canalbau geführt werden. mußte, um 
Gefoͤlle zu gewinnen, und unabhängig, von den Wechſeln, des 
nen jene dutch die duͤrre und naffe Jahreszeiten „ wie von. Ueber⸗ 
ſchwemmungen unterworfen find, für fi zu beftchen, damit bee 
Sanaltransport, von dem das Leben und: ber Wohlſtand vieler - 
Millionen im Nord: und Sub: Reiche abhängig iſt, uns- 
gefährdet bleibe. Nur der Umſtand, daß bie jepige Halbin⸗ 
fei und Provinn Shan tung von Aufang an bie Ratur eis 
nes abgefonderten, infularen Gliedes vom Kontinente 
erhielt, dem es erſt fpäterhin duch Auffhlämmung des 
Petſchely Bolfes und buch Anwachte eins Lombardi⸗ 
fhen Horigontalboden vermählt wurde, konnte die Sana» 
liſirung durch Flußwaſſer herbeiführen, um bie in fruͤheſter 
Urzeit deſtehende natürliche Meeresverbindung, rund um: 
die Weſtabdachung ber einfligen Inſel Shantung, durch 
Kunftmittel zur innern Commumication eines Weltreiches, auf 
anderem Wege, zu erſetzen. Wäre die Hypotheſe Du Hatdes 
- "von einer jüngeren, 'feit den Zeiten Yao's erſt entflandenen Bil⸗ 
dung des Leao tong Golfes gegründet, fo würde dieß «ine 
veränderte Betrachtungsweiſe nothmendig herbeiführen; "da biele 
Behauptung aber auf einem hiftorifhen Ittthume deruht, den 
Kiaprorh fhon widerlegt hat, fo übergehen wir fie bier 
gänzlich. J a vo 


3. Die Nordhälfte des großen KalfersCanals, swf. 
[hen Hoangho und Peho gegen Peking; Geſchichte 
feines Anlage und Befpreibung, wach Thineſiſchen 
und Europälfchen Autoren, | BIER 

Die vielen Kunſtcanaͤle in China dienen flott der bort 
nur feltnen großen Landflragen, zum Waarentronsport und für 

Reiſende; fie find mit dichtem Gedraͤnge vporuͤberxziehender Junken, 

Trauspottſchiffe, Flooße dedeckt, von Millionen Menſchen henugt, 

deren Gewerbe nur auf fie angewieſen erſcheint. Es ſind bie 

naͤhrenden Adern der Gewerbthaͤtigkeit und des Verkehrs im Lande 


s€) Du Halde Deser. de la Chine T. IV. p. 558, Klaproth Desar. 
de ia Coree, d'après Taithsing y thoung tchi.in Aperga dus Trois 
Royebmes etc. Paris 1832. 8, p. 72. - 


S 


| 


"50 Oflt Aſien. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 80. 


noch, mehe als die Stroͤme, deren ungebändigter Lauf erſt in 
dieſe mildere Kunftform umgewandelt alfeitig zur Irriggtion 


und zum Transport dienen kann. 
Der Kaifer: Canal, der größte dieſer Candle, bildet bie 


geoße Sommunicationslinie zwifhen Peking, der Nord: 


Mefidenz,, und ben mehrflen Provinzen’ ber Mitte und des Suͤ⸗ 
dens; ee verknüpft den unteren Lauf aller großen Dftftröme Chis 
nas, in dem Gebiete ber Küften: Provinzen von De tfche Iy 
die Klang fi, und Su fian (Folien), zu dem greandiofeften 
Fluß- .und Canalfpfleme der Alten Welt, dem nut das 
Ruffifge und Nord⸗ Amerikaniſche zur Seite geſtellt 
werden Tann. Zu feiner Ausführung waren viele Jahrhunderte 
hindurch die Arbeiten von Milionen der Individuen noth⸗ 
wendig. 

Die Chinefen 25) nennen biefen Canal Yunho,t. 


Tranéport-Strom; oder Jun liang bo, d. h. Erands 
zort und Waaren: Strom, Thſao ho, d. h. Kranke 


portfirom bes Hof⸗Tributs; oder au, obwol am feltens. 
fen Yu ho, d. h. Kaifers Strom, oder Kaifer:- Canal, 
Er durchfchneidet das ganze.oceanifhe oder maritime Chir 
na,d.i. (ein Geſtadeland von Hangtfheoufu (30 N. Be.) 
in Tſchekiang, buch Kiangfu, Schartung, Petſchely 
bi6 Peking. Sein erſter Zweck war den Transport. von Kom, 
Meis und anderen Producten, die als Tribut abzufiefern waren, 
zu erleichtern. " Vor Alters dienten bazu die fchiffbaren Fluͤſſe; 
wo ihre Schiffbarkeig aufhörte, vertheilte man die Waaren an 
Laſttraͤger bis zum naͤchſten Schiffplage Dieſer Beſchwerde ab⸗ 


Zubelfen, ließen ſchon die Kaiſer det Han Dynaſtie (ſ. Afım 


Bd. I. ©. 194) Canaͤle graben, um in ihre Capitale, wie 


an bie Grenzen des Reihe, Korn, Reis und anderen Pros 
viant zu trandportiren. j 


Gehe viele Arbeiter wurden jur Herſtellung dieſer Canaͤle 
verbraucht, fo, daß in ber Mitte des I. Saͤc. n. Chr. Geb., des 


Dienſt der Laflträger, der ein Frodndienſt war, im ganzen Reiche | 
aufgehoben wurde. Bett dieſer Zelt communteisten bie gtoßen 
"Ströme durch Canaͤle, und waren weithin fchiffbar. 





a. Descript. du Grand- Canal de Ia’Chine extraite d’Onvrages 
China 7 3. Klaproth in Men. relat, a Y’Asie. T. W. p. 312 


— 





! 


: Der Ka iſer⸗Canal, Nordhäffte. 551 


Sct dm Han bis zu ben Duen, b. i. bis zur Monghos 
lenherrfchaft, ward aber die Refidenz öfter in verſchiedene Pros 
vinzen verlegt; daher mußten dann jedesmal neue Communica⸗ 
tionen audgefonnen und eingerichtet werden. 

Da, feit dem Sabre 605 n. Chr. Geb., durch bie Dynafiie 
der Soul vorzüglich die Stadt Nanking die Suüd⸗Reſidenz 
(von Nan der Süden, und king die Reſidenz), am Großen 
Klang, der Mittelpunct des Meiches wurde, fo bildete ſich auch 
hiedurch zu erſt die füdlihe Hälfte des großen Kaifer:Canais, 
nämlih im Süden des Hoangho zum Kiang, und weite 
bin, zu einer gewifſen Vollſtaͤndigkeit aus, wovon weiter unten‘ 
die Rebe ſeyn wird. 

Eift als die Mongholen, nad ber Eroberung China’s, 
ihre Refidenz zu Ta tu, jegt Pe ing der Nord⸗Reſidenz (von 
De der Norden, und ing bie Reſidenz) firirten und bemerktem, 
daß die Gabotage” bei Doublirung Shan tungs buch Ste 
ſchiffe (f.- oben S. 539) immer unficher blied, um bie Capital⸗ 

-mit Ptoviant und Tribut hinreichend und ohne Stockung zu ver 
ſehen: fo beſchloß Khublai Khan”) die neue Wafferver 
bindung zu eröffnen, damit Reise, Korn⸗und Salz⸗Baur⸗ 
ken’-spne Gefahr aus den Südprovinzen in Bier Nordsee 
fidenz gelangen möchten. 

Diefer Canal kam auch unter bem Kaifer Bis zu bem Ufer 
des Hoanghbo zu Stande 7) (PD. Gaubil ſcheint dieß zu vers 
neinen, allerdings erhielt er bie heutige. Vollendung erſ fpätee 
unter den Ming) 

Im Fahre 1289 fing man bie Arbeiten Im Norden bir Sub 
——— der Paßhoͤhe (f. ob, e. 547), bei Rungphing 
tfheon £Tong pin bei D’Anville, Tung ping bei Stimm) 
an, endete fie 250 8 weit: bie Lin chfing tſcheou (Lintein 
bei D’Anville, Lin fin tchoo bei Maeariney Reiferonte)3 man 

‚ verband die Wafler des von Often hberfommenden Wenhe 
(f. oben S. 547), der damals noch gegen Suͤden zum Hoangho 
abfloß, und nach den Annalen der Mongholen diefes letzteren 
linker Zufluß geweſen ſeyn ſoll, mit dem Tſi ho (ob Tſin 
obere Ta tſin ho? fi oben S. 545) · und dieſen wiederum mit dem 


—— —— — 


2. P. Ganbil Histoire de Gentehiscan et de toute la Dynastie. des 

ongous Paris 17230. & p. 210,.216. P. Mailla Hist.. Generale 
‚de la Chine T. IX, p. 439. ?” ) Klaproth. Desaipt. 1.’ c. Mem. 

= YAsie T. II. p. 318. 


552 Oft-Afen. Bofferfofteme, 1. abſcha. $. 80. 


.geofen von S.W. herkommenden Beide (f. em S. 629), 
wodurch die Waſſerſtraße mie 31 Tſcha, ober fogenannten 
Schleuſen verfehen, zu Stande kam, welche den Namen Yu be, 
d. i. Kaiſer⸗Fluß (auch Hoei tong, d.h Verein dee 
Kommunicationen nach Pat. Mailla) erhielt. Zehn Jahre 


ſpaͤter, 1292, wurde dieſer Canalfahrt, welche durch den Wei Ho 


Pd 


in das Pei ho Syſtem führte, und biefen Strom besgauf, ges 
gen Norden, weiter befchifft werden konnte, noch in der Nähe von 
der neun Kaifers Refidenz, vom Pei hd, von Kong tfheou 
weſtwaͤrts eine Eleine Canalſtrecke nah Peking zuge 
fügt, vwoelche den Namen Juho (Kong hoei ho fpäter Ta 
tong bo bei Pat. Gaubil und Mailla >) erhielt. In dee 
Mefideng wurde eim Meiner See angelegt, ben dieſer Ju Ho mit 
dem Yu bo Syfteme (d. i. dem Pei ho bei Kong tſcheon) 
verband. Diefem wurden viele Waſſer der Provinz zw geleitet, um 
ihm für jede Jahreszeit Waſſerfuͤlle zu geben, und im Ju be 
beachte man alle 10 Li eine Tſcha, oder Schleufe an, um bei 


Ueberſchwemmungẽzeit bie Waſſer abzuleiten, zu jeder Jaheeteit 


aber den Transport ber Lebensmittel für die Mefidenz zu fichern. 
Bei der Grabung dieſes kleineren Ju ho, fagen die Mongheik 
‚Shen Annalen, habe man ſchon Spuren eines älteren Ganalek- 
zwifhen Hoen und Pe, vorgefunden. 

Unter den Mongholifchen "Machfolgeen waren noch manche 
Vervollſtaͤndigungen dieſer Candle nothwendig, und der letzte Rebe 
fer diefee Dpnaftie, Chunti, gab nad kurz vor feiner Endſchaft 
dem Mathematiter Sialu ”), der als Geometer und Nivellieug 
geruͤhmt wird (im Jahre 1348), den Auftrag, den Lauf des 
Hoangho und fen altes Bette in Petſcheli zu unterſuchen. 
Diefer entwarf eine Karte, zeigte die Daͤmme, die länge dieſemn 
Sluſſe aufzuwerfen feyen: denn fein Plan war, ben Hoangbeo 
wie ehebem wieder in feinen alten Nordarm, buch bie 
Landſchaft von Tai ming fu zu leiten, damit er fi wwieber 
zum Meere von Tien tfin oei ergoͤſſe. Obwol er an Afens 
tſun, einem Mathematiker aus Kai fong fu, Praͤſident des 
Tribunals der öffentlichen Bauten, einen Gegner hatte, ber nach 
gemachten Meflungen in jenen Gegenden bie Ausführung Liefes 





288) p, Gaobil Hist. L ce. p. 216. Mailla Hist. Gen, I. e. T. IX. 
p. 450. 230) P. Gaubil Hist. de Gentchiscan et de ia Dynast. 
— — 270, 281, 285, 286. 


[27 


‚Die Raifer- Canal, Rorthälfte,.. . 653 


Profecteb fie unthunlich hielt, — dadurch ben Ruin, dog 
Schan sung weisfagte, fo ging Kiaiu’s Vorſchlag, der von 
Mandarinen To to unterfiügt wurde, body dur, Auch wurden 
Die Arbeiten mie dem Doangb.o begonnen ; aber viele Wenfchen, 
ſagt der Annaliſt, wurden dabei zu Grunde gerichtet, neue Taxen 
wurden erhoben, vielen Landleuten wurden ihte Acker dadurch 
genommen, es entſtand ein allgemeines Murten, Bur Ausfühs 
zung kam bieß Ptoject aber wol night: denn bald erfolgte ber 
völlige Sturz der Mongholen und ihre DVerjagung aus Peking 
(1366) ), durch die Herrſchaft ber Ming. 

That tſu, der Begründer dieſer neuen Dpnafle, — 
nun feine Reſidenz nad) Nanking; man begnuͤgte ſich ‚bahıe 
nur jenen Nosd:Ganal von Zeit zu Zeit gu repariren, und ver⸗ 
- wandte mehr Aufmerkſamkeit auf die Suͤdhaͤlfte des. Koller; Ca⸗ 
nals, fuͤdwaͤrts des Hoangho zum Ta kiang. Der naͤchſte 
Nachfolger verlegte aber die Kaiſerteſidenz in den erſten Jahren 
des XV. Jahrhunderts wieder nah Peking, erkannte die Noth⸗ 

wenbigkeit des Canals, vergrößerte ihn in allem Theilen und. 
— ihn in diejenige Geſtalt, die er darauf bis heute bapal 


ten bat. 

Hören wie nun bie intereffonte Angabe ber SHinsf ihen 
Autoren über bie einzelnen Streden des Canalbanets, 
durch weiche erſt, nach obiger Zerraindarlegung, die 
neueren Beobachtungen Eusopäifcher Reifenden ihr wahres Licht 
und ihre Erklärung und Berichtigung, spie ihre —— er⸗ 
halten. 

Um die Schwierigkeit der Verbindung bes Doomape, ui 
den Zufläffen zum Peking Golf zu überwinden, baben bie 
CEhineſen damit angefangen *!) von bee Höhe dee Waſſar⸗ 
ſcheidung (f. oben ©. 648) bie Senkung des Bodens ge⸗ 
sm N.W., d. i. gegen die Ufer des Wei bo und Tſchang ho 
(ein linker Zufluß von jenem) abzumeffen, fo wie bie gegen S.y. 
gegen ben Hoanghe.. Die nördliche, bie exfle, murde zu 
© Aſch ang, (Koifen? d. i. 540 Zuß), bie ſuͤdliche zu 400 
Aſchang (d. i. 960 Zuß) befunden. Dem gemäß haben fie > 
terhalb Wen [hang hian (Voen chang bei P’Auville) das 
Lauf 6 Wen bo (f. oben ©. 647), der vom RD. u dem 
szene Äurmazn 


0) -Pat. Gasbil L c. p. 208. *1) Deseript. du: Grand-Cansl ein. 
. etz. d’ouvrages Chinois p. Kiaproth Mem. l. 0. T. Ill. p. 323. 


554 Ohfl-Aſten. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 80. 


Eanale kommt, geteilte. An diefer Stelle iſt die Landſchaft 
zu beiden Seiten des Canals, mit Waſſern bedeckt, deren See⸗ 
ſpiegel in DE Matſchang hu, Shufhandu (Chochankou 
bet D'Auville), in W. Nan wanghu heißen. Dre Wen ho (de 
Früher nach obgenanuter Stelle in den Mongholiſchen Annalen ges 
gen Suͤben abfloß, zum Hoangho), am Bufammenfluffe mit dem 
Eangl, erhielt nun kuͤnſtliche Ufer. Geiner Einmündung 
gegenfiber, an der Geite des Canals, wurde deffen Ufer mit eine 
ſolden Düuodermauer- bekleidet, um ber Gewalt der dort ans 
ſchlagenden Stromwaſſer Widerftand zu leiften. In der Mitte 
demerkte man kaum eine Bewegungs aber zu beiden Geiten, ges 
gm Horden und Süden, etablirte ſich fogleich eine zwei; 
face, contraire Greömung, derm eins sum Nord=:Golf 
"nach Hetfcheli, die andere gegen Süden zum Hoangho ärht. 
Beini Autgeaben des Canals zur Aufnahme dieſer Wafler, hatte 
man zur Seite aus der gewonnenen Exde große Hügel aufwerfen 
koͤnnen,“die mit Bäumen bepflanzt wurden, darunter auch Rhics 
us. Oleſe Stelle heist Ken fhui nan wang. Die Barken, 
welche hier (auf diefer Cuimination des Eanalfoſtems) anlegen, 
bringen im Tempel des Dradenktönigs ber Waſſerthei⸗ 
ung (Ben ſchui lung wang Miao) Mi Dpfer. Des 
Waſſer ber benachbarten Seen im Dften iſt ebenfalls durch eme, 
"große Menge Schieufen in den Canal geleitet, ber hiedurch feine 
"Opefims von der Höhe erhält. 

| Diefee wefentlichfie Theil ‚ber Enastanlene iſt ein 
j Fat, entfchieben aus bes Zeit des Mongholen: Kaifers Khubis 
yai: dem ſchen Mareo Polo, ber Venetianer, giebt uns bei 
Ber 'itonifden Kuͤrze feiner Berichte doch bie genauefte Beſchrei⸗ 
bung. diefer Stelle, die feiner Aufmerkſamkeit nicht entging, und 
"Die Treue feiner Berichte als Augenzeuge beſtaͤtigt, wenn ſchon 
An chaffifche® Werk nicht ſelten durch die Unwiſſenheit ber Abs 
Fteibee entſtellt iſt. 

Auf einer zweiten feiner großen Reiferonten durch bas 
Chineſiſche Reich. (die erſte ſ. ob. S. 513), welche mit dem Bud 
Bi Cap. 60 feines Werkes beginne, und, wie jene erfle, von 
Der Nordreſtdenz ausgeht, aber nach, dem Suͤden fortfchreitet, 
Semmt M. Pols auch, wie ſchon oben bemerkt iſt, nach ber 
Capitale von Schan sung, nah Tfinan fü (Tudan fu 
f. oben ©. 546). Von ba geht er aber, durch viele Burgen und 
Ortſchaften, buch ein Land voll Handel, Gewerbe, two gute 


f r 


Der Kaiſer⸗Canal, Nordhaͤlfte. 355 


Jagden 7 Tagereifen gegen Shen; bis zur Stadt Singui 
ma tu?), jenſeit welcher er gegen Süden einen breiten und 
tiefen Fluß paffitt, den die Einwohner bes Landes im zwei 
"Arme getheilt haben (quale dagli abitanti"e stato diviso ia due 
parti Lib. II. c. LIM.). : Der eine nimmt feinen Lauf gegen ben 
Aufgang nad Cataja, der andere gegem den Untergang nad 
Mangi (Ma Shin, d. i. Groß⸗Ehina, das Suͤd⸗Reich). Dis 
> fer Fluß wird von fo viel Schiffen befahren, daß ihre Zahl im 
glaubtich ſcheint, fie dienen dazu aus beideri Provinzen gegenfels 
tig fich alle Lebensbeduͤrfniſſe zuzuführen: Man erſtaimt, fage 
M. Polo ferner iiber die vielen, flet® vorbeiziehenben Sie, 
über ihre Größe, über ihre vollen Labungen mit den keoſtbarſten 
Handeldartiten. Von da 16 Tagereifen" weiter ſuͤdwaͤrto kommt 
‚man zum großen Garamoran (Hoangbo). Go: wett die 
Worte des Venetianers. Der vergeblichen Bemühung dee fruüͤ⸗ 
heren Commentatoren zur Ausfindung des voͤllig unbefannteh 
Dres: Namen Singui matu*) tft man buch Klaprurga 
Conjectur giuͤcklich ͤberhoben, das S fey ein Schreibfehler: Rare 
8, und Finguimatu*n) zw leſen, b:t.:das obige, Sek 
choui na tbeow, nach italiſcher Schreibart (ſyrich Yen, wie 
Tim) das helft „der Waſſertheilung Hafenort,. 
Hiemit ftimmen die neueren Britiſchen Reiſenacheichten due 
'Aberein. Der Wen ho (Luen, ireig bei Gtauntom**) ſagen 
fie, der wafferreichſte der Canalzufluͤſſe, ergießt fih transberfat 
in denſelben. Eine ſtarke Dauer fichert hier die Oſtſeite dee (Cd 
nals; an dieſe prallen bie Waſſer des Wen ho theilen ich 
amd fließen dem Canal gegen N. und S. zu, ſo daß Saqaffe 
mit ihm kommend, fogleich zweierlei Laufe folgen koͤnnen. 
Hierin Tag die Moͤglichkeit offen vor Augen, das Nord anb 
Suͤd⸗Reich hydrographiſch gu verbinden,“ da boppetfets 
- tiger Zufiuß der Waſſer von beiden Ssitenhöhen, vor 
DR (Wen 50) wie von Wet (Weib o, etwas weitet in Nor 
den) vorhunben war, und es nur dee Schleuſen zum Aufs 
Rau der Waſſer beburfte, da Wafferfuͤlle ſelbſt bei der kuͤnſt⸗ 
lien Bifluen; bie Wen bo nicht fehlte, den liche 


242 NM. Polo N Miltfone etc. ed, Baldelli Boni T. T. p. 208. * * 
= air the Travels of M. Polo Lond. 4. 1818. B, Il. el, 
f ‚ 469— 471, **) Descript. du Grand-Canal L c. T.BE. 
op «5 ) G. Staunton Au .. Acc. 1. c. T. Il. p. 381; 
rad. g: Castere i. p. 97 , Barrow Tier. 1. c. ps 50% 


1 


556 Oſt⸗Aſten. Waſſerſyſteme. I. Abichn. $. 80, j 


abzug des Ganalgefälles gegen Norden und Suden zu erfeken. 
Auch heute ficht bier noch ein — Tempel, bee dem Fluß 
gotte ebaut iſt. 

Die Begleiter des Lord Amberf haben biefe mertwebrbige 
GStelle mit keinen neuen Beobachtung bereichert ; fie fanden nur 
‚die Gegend fehr pittorest, 25) den Zufammenfluß' hörten fie 
sinen See nennen; die Zuſtroͤmung des Wen bo (Wun ho 
bei Ellis) fep fehr heftig und zeifend, man fagte ihnen er komme 
is 72 Quellen aus dem Gebirge Tai Shan im Ofen. Mans 
gel gruͤndlicher Vorbereitung der Reifenden führte au bier, wie 
‚au umzäbligen anderen, wichtigen Etellen dee Erde, nur zu oft 
deobachtungẽelos vorüber; keinem ber Reifenden auf dem Ganals 
Mufemp-iag eine Elare- Vorſtellung vor Augen, Peiner wußte 
defien matkwuͤrdigſte Puncte fpärfer zu beleuchten. 

Shen bie Chinefifhe Duelle berichtet genauer 17), daß 
de geringere Rordfentung, von 90 Ifchang, dazu nöthigee, . 
dehinwaͤrte, dem Canale u bes Waſſermaſſe des Wen bo zus 
zuleiten, weldye bush 17 Tſcha, ober Echleuſen dahin gelang⸗ 
ten; dagegen reichten bie andern Küdes Wen ho Waflers, durch 

21 Riga, oder Schleuſen geführt hin, um auf ber Härksren 
Suübdfenkung, von 160 Tſchang, den Canal zum Hoangho 
bin zu ſpeiſen. Um dieſe Vertheilung zu dewetkſtelligen, 
Haste man dem Wen ho «in neues Bette angelegt, und in 
‚bdennfelben, gegen die Einmündung in ben Canal, in ber Mitte 
Feines Laufe, einen Damm der Länge nach gezogen, ber ſich aicht 
Acher · das Flußniveau erhob. Dieſer Damm ward aber fo anges 
Jegt, daß man am zechtem ober mörblichen Ufer des Fluffes, fein 
Bette um 3 Ellen tiefer ausgegraben hatte, als dies am entgegen⸗ 
arfegten Ufer, dem Linken, Tife hatte, die daſelbſt nur 3 Cihis 
‚asfifche Toiſen Tſchang (18 Fuß?) betrug; fo mußte bean noch» 
soendig wenäger Waſſer gegen den Güben als gegen bem 
Norden abfließen. 

Gehen - wie nun biefer nörblichen. Fopefagung, des Canats 
nach, fa fagt die Chinefifche Beſchreibung, daß 4 Stum«- 
‚ben von der Einmuͤndung bes Wen bo zum Canal, derſelbe 
darch 3 Heſtſcha, di die Nosds&hleufe, gehe, und fi 
dann gegen = W. wende Unter dee Schleuſe Ngan (dam 





240) H. Ellis Journal L c. p: 256; Clarke Abel Nairstive Lep 
air 146, 0") Descript. du Grand-Oanal 1. co T. Ul. — 


Der Kaiſer- Canal, Rordhätfee. 887 


eſcha erhaͤlt der Canal, von Veſten her, der kleinen Mei ho, 
der von ber Stadt Phu tſch eou (Po tcheou bei D’Anrille) 
kommt. Bon da sieht der Canal gerade gegen Norden; in 
Dften bleibe bie Stadt Tung tfhhang fu liegen; dann teiffe 
er die Stadt Lin thſing tfcheon (f. ob. S. 647), am derſelben 
Stelle, woͤ ihm der große Wei bo) aus S. W., aus Pitſchhell 
von Tai ming fu Her zufließt. Weide vereinigt gegen M.O. 
zichend, beißen nun Yu bo und Yun do; fie laffen die Städte 
Wutſchhing hian (Voutchin bei D’Amille) und Te 
tbeou (Te bei D’Anville), auf der rechten Uferfeite in Echan 
tung liegen, und treten. unter bem Namen Dia bo, d. h. des 
Untere Fluß (Eu ho, ber Britifchen Reiſenden, wahrfcherniich 
durch Verwechslung Mit Hia bo oder Du bo, auch auf Mas 
cartneys Camalkarte fo genannt), auf dem hier keine Echleufe 
angebeadht iſt, über die Grenze nach Petſcheli. Mit nun im 
meer vermehrter, nördlicher Richtung, an vielen großen Städten 
Gorüber, nimme er links den Oſt arm des Hu tho ho auf, 
flleßt in W. von Thian tfin fu (Tieh tsin Oei) bei D’An- 
ville), in den Pe ho (Pay Io bei D’Anville), der von N. W., 
von Peking herabkommt. Mun wird diefer Pe ho Fluß zus 
Canalfahrt, den man bis Tung tſcheon befhifft, um Peking 
- gu eetehhen,. Schiffen wir biefen Canal, aus dem Peho, von 
Thien tfin fu (Zien fing foo ‚bei den Beitifhen Reiſen⸗ 
den), dis wohin -die Fluch aus dem Perfheli Golf Yinaufs 
ſteigt, gegen S. W., zu jener Enimination bee Paßhoͤhe, 
mit den neueren Reiſenden zuruͤck, ſo gewinnen tele von dem 
bucchfchifften Lande etwa folgende Anfchauung. -. 

Die Yachten dee Macarıney Embaffade, weiche von 
Groß⸗Mandarinen begleitet die Britiſchen Reiſenden von Peking 
nach dem Süden zuruͤcktrugen, etreichten Thien tſin fu (Tien⸗ 
fing) *) am 183ten Octob. 1703, und brauchten von da zur Bes 
fhiffang des canaliſirten Weiho⸗Fluffes, deſſen Lauf: ent⸗ 
gegen, bis Lin thfingefheon, 9 Tagefahrten (bis zum 22ftee 
Octob.), wo man dann erſt im ben eigentlichen; gegrabenen Gas 
nat einizat, und: von: diefem Huncte bis zum 2bften Octob., ale 
& Tage, jzu ſchiffen hatte, und den — des Canals 





) Deseript. da.Grand Canal Le T. II. p. 326. 0), G. Staun- 
- son Authenfic, Account I. c. T. M. . 81-398; nd p. Ca 
stera T. IV. p. 665— 94; Bazraw Trat. 1: ©. p. 40-506: 


538 Di Akon Bofferfofime I. Abm $. 80 
am Tempel des Drachenkoͤnigs bes Waſſertheilung zu 


en. 
— Zu Thien tſinfu, wo man den Pebo in einer Lombardi⸗ 
"Shen Freuchtebene verläßt, um in feinen rechten Zufluß den cana⸗ 
Hirten Weihe gegen Weſt einzuſchiffen, bat man vorher, aus 
Berein beider, das große Baflin zu durchſchiffen, das beide der⸗ 
bindet. Die Jachten brauchten 3 Stunden Zeit, um duch bie 
große Menge von Barken und Junken, bie bier vor Auker lager, 
Bindurchzudeingen, bis zum Eingong in den Yunleang bo. 
Hinter der Stadt breitet fich eine unabfehbare Ebene aus, die hier 
fe weit das Auge reicht mit Grabmaͤlern bedeckt if. Die Stabes 
ift voll Kaufläden und Handelsvolk, an dem Fluſſe bin ziehen 
erhaben gepflafterte Wege als Leinpfade für bie Schiffözicher., 
Hier bemerkte bie Lord Amherſt 2%) Embaffade, bei der 
Kuckfahrt (8. Sept. 1816), einen kleinen Xempel mit der In⸗ 
ſchrift Nan yuen ho, d. i. „dem fübwärtstragenden 
Fluß⸗Gotte.“ -Dan fagte den Reiſenden, eiuft fey bier ber 
Hoangho geflofien, auch das Bette des jegigen Fluß⸗Canals 
ſey vordem zweimal tiefer geweſen; grabe man in ber anliegen⸗ 
Yen Ebene nur einen Fuß tief, fo ſtoße man uͤberall auf Waſſer. 
Die Fahrt ging nun ber Stärke des Canalſtromes entgegens. 
daher brauchte jede ber Jachten 18 bis 0 Mann zum Schiffe _ 
ziehen (bie achten Lord Amberxfi’s, vom erſten Range, hats 
ten W bis 25 Schiffszieher, die vom 2ten Range 12, die Schiffe 
Beer Claſſe nur 7)5 eine ſehr mühfame Acbeit, der nicht ſelten 
Das dazu besufene arme Volt, wegen Zwanges ober übler Be⸗ 
handlung, wenn fie ſchon ihren Tagelohn erhisiten, fi durch 
plögliche Flucht entzog. Die armen Wichte, ſagt Hüttner St), 
wurden zwar, wenn man fie. wieder fing, mit dem Bambuscoße 
beſtraft; aber das Weglaufen egeignete ſich als etwas Gewoͤhmli⸗ 
ches immer wieder, und fiel gar nicht auf. Die Langſamkeit der 
Stromauffahrt wurde dadurch nur noch vermehrt, und die Schiffs⸗ 
carawane oͤfter ſehr auseinander gehalten, was die Unannehmlich⸗ 
keit einer ſolchen Fahrt nicht verminderte. Der Fluß⸗Canal iſt 
hier zwiſchen zwei habe Kunſtdaͤmme eingefaßt, auf denen 
anter Baum⸗Alleen bie ſchoͤnſten a —— die 


Re Ra chricht von den Britife —* fte ei 24 & 
v0 . pütt 
» 17. 01. — * arts r ſen u bina u 


& 


Der Kaiſer⸗Canol, Mordhälfte. : -. 359 


Gegend iſt in des Nähe, ber Ortſchaften fchs angenehm, voll Ana 
bau; Gemüfrgärteh, Reis: und Hirfes Felder, weiter ſuͤdwaͤrts 
wicd auch Weitzen und Buchweitzen (Polygon. fagopyrum ) 
gebaut. Bon halber zu halber Stunde folgen fi bie Dorfſchaf⸗ 
ten, von dem Umfange kleiner Städte, die auch oͤfter zu ganzen 
Arsondifjements fi aneinander reihen und mit hie und ba um⸗ 
mauerten Ortſchaften verbinden, die dann zu den Städten vom 
dreietlei Range gehören koͤnnen. Auch Wachtthüͤrme ſteigen 
hie und.da auf, Pagoden, den Flußgoͤttern geweiht, die un⸗ 
geachtet des lebhafte ſten Verkehrs meiſtentheils in Verfall zu fepn 
ſcheinen. Auch bewalbete Stellen am Canalſtrom zeigen fi fi mit 
MWeiden, Espen, Efhen bewachſen, und bald fangen die . 
Baumpflanzungen von Rhicinus communis an, mit denen beide 
Uferfeiten in Schautung häufig befept find. Nur durch das 
Abmühen ber Schiffsziehee wird enblih die Sudgrenze bes 
Drovinz Petſcheli erreicht. 

Lin thſing tſcheon bezeichnet ſchon den Eintritt In bie 
Provinz Schantung, wo bie beiderfeitigen Plainen am Canal 
bin vorzüglich, als Hauptproduct, mit Anpflanzungen ber jährie 
gen Baummollenftaude (Gossypium berbaceum) bededt find, 
deren Ertrag jedoch noch nicht für das Beduͤrfniß des Chinefifchen 
Volkes ausreicht, das nur in Baumwolle gekleidet geht, und daher 
noch vieler Einfuhr” dieſes Materials aus dem Süden, auch aus 
Dflindien bedarf. Hirfe, zumal Kaoleang, d. i. Holcus 
sorghusn ; Zabad und Hanf wird hier aud in Menge gebaut 
Lin thfing 52) iſt der große Stapeipiag alle Canalſchiffe, 
das große Waaren⸗Magazäin alles Canalhandels, wo Fahr⸗ 
geld, Umladung, Zollgebühren, am Zuſammenſtoß des 
Schleuſen⸗Canals und Fluß⸗Canals, bei Milionen jährs 
lichee Paflanten ein ungemeinss Völker» und Barken « Gebränge 
erzeugt, das ſich am jedes ber Canalflädte im hoͤherm ober gerin⸗ 
gem Grade zu wiederholen pflege. Ein hoher Pagoden⸗ 
Thutm 53), nach den Jeſuiten mit Porzellan (nad Ellis mit 
polisten Porphyr- Granit) bekleidet, jſt Im achteckiger Korg, 
neun Stock hoch (140 Fuß hoch), hier echsut (nad) einer In⸗ 
ſchrift im Jahre A648), zu dem, nad) Zaͤhlung der Briten die 
ihn beftisgen 183 Stufen binaufführen, iſt sewöpnlid Gegen⸗ 





#2) Du Halde Deser. de la Chine T. I. p. 314; P: Nartini Nor. 
ı Atlas Sinens. fol. 58. ‚8) H. Ellis Jqurmal 1, e. P. 243. . 


⸗ 


560 Oſt⸗Affen. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 80. 


ſtand der Bewunderung der Melfenden. G. Staunton meinte, 
er moͤge der Verbindung des Canals mit dem Fluſſe wegen hier 
zu Ehren erbaut ſeyn. Won feiner Höhe zeigt ſich «im ſchoͤner 
Blick uͤber die unermeßliche Ebene, bie dicht cuitioirt und bevoͤlkert 
ericheint, und zunaͤchſt eim dichtes Gewühl um ben Canal zu defs 
fen beiden Selten darbtetet. Eine offene Halle im groͤßern Styl 
iſt innerhalb der Stadt gegen die Stromſeite angebaut. Das 
Tribunal des Mandarins der Polizei über die Canalfahrt hat 
hier feinen Sitz. 

Die Einfahrt iſt in den eigentlihen Canal, der bier von 
- &hden her in den Weiho⸗Fluß einſtroͤmt, breit genug für Die 
größten Junken. Bon den Schleuſen (Tſcha), die nun ihren Ans 
fang nehmen, wird er auch Tſchaho, dee Schleuſen⸗Fluß?) 
genannt, zum Unterſchiede des vorher durchſchifften Canalſtromes, 
der keine Vorrichtungen biefer Act nöthig hatte. Die hohen Ufer⸗ 
daͤmme, bie Tempel, die mit Erdkegeln befegten Grabmäle von 
Driefteen zu beiden Seiten, der Wald von Maſten über den 
Dicht gedrängten Schiffen, die zur Eeite errichteten Batterien zur 
Beherrſchung des Canals, das Gedränge der Schiffer und Wöls 
fer, die anfehnliche Breite zur Paffage der geößten Schiffe, von 
denen man weiß, daß fie auf. einen kuͤnſtlichen Waflerbau meh⸗ 
vere hundett Deeilen weit aus den fernen Suͤbdprovinzen herbei⸗ 
ſchwimmen, dies alles giebt Ihm einen grandiofen Character. 
Seine ausgegrabene Tiefe foll bier 30 Fuß betragen. Hier fährt 
das Schiff durch die erfte Schleufe, in der fich der Canal bis auf 
22 Zuß verengt; fie ift von der einfachſten Art; hohe Stein pfei⸗ 
lee zu beiden Seiten aufgemauert, zwiſchen weichen das Waflers 
niveau durch eingefugte, übereinander verfchiebbäare und zu erhoͤ⸗ 
hende Querplanken zegulist werden kann. Hättner) giebt 
an, baß ed 72 ſolcher aus großen Granitwerkflüden gensbeiteter 
Schleuſen in dem Kaiſer⸗Canal gebe, bei denen kaiſerlicher Zoll 
gezahlt werbes fie feyen twegen der Enge oft wicht wenig gefaͤhr⸗ 
üh, wenn man fie bei ber Machtzeit auch mit vielen Laternen 
erleuchtet. Wenn die Fahtzeuge nicht die gute Mitte gu treffen 
wiſſen, ſollen ſich teicht Ungluͤckefaͤlle errignen, dethaib auch die 
Varter um die Stöße weniger ‚gefährlich zu machen, zu beiden 


' 


240) H. Ellis Journ. 1. c. p 246 Clarke Abel Narrative 1. c.p. 245, 


. 68. 6. Hüttners Nachricht ber 8 
— 54 x. s Radriät oo 108, — —S 


Der Kaiſer⸗Canal, Nordhalfte. S6R - 


Seiten bei der Durchfahrt der Schiffe Kiffen und Strohbuͤndel 
herablaſſen. Zur Communication der beiden Canalfeiten kann 
von Pfeiler zu Pfeiler, von oben her über ben Bahıflrom, eine 
leichte Bruͤcke übergeworfen merden. 

In ungleicher Breite, oft ſich kruͤmmend und windend, zieht 
fo der Canal mit mancher Seitenſchleuſe und Seitenver⸗ 
zweigung zumaͤchſt an der großen Stadt Tongitſchang fu 
(f. oben -&.-645) vorüber, die duch eigenthuͤmliche Acchitectue 
mit Gewoͤlben außgezeichnet ift, vor der man an einem großen 
Kornmagazine vorhberfährt, hinter welcher Haine von Lebensbäus 
men (Thuja orientalis) dad Auge erfreuen, die nun die Lands. 
ſchaft von Schantung bis zur Culmination ber Belfere 
ſcheide, wie [don oben a. ift, gieren. 

Noch bleibe und die Süͤdſtrecke dieſer noöͤrdlichen Haͤlfte 
des Kaiſer⸗Canals, vom Tempel bed Drachenkoͤnigs der 
Waſſertheilung (Fen ſchui lung wang Miao), oder dem 
fogenannten Singuimatu M. Polos an bis zum Hoangho, 
nachzuweiſen übrig. 

Auf der Höhe dieſer Wafferfcheide war ber Seitenbau von 
Gteinguadern, die man aus den benachbarten Bergen im S. O. 
berfelten zu brechen pflegt; leider war Ellis fo wenig Minera⸗ 
log, daß er niche zu beſtimmen wagt, ob es Kalkſt ein, Grau⸗ 
wade oder Feuexſtein (Flint) ſey 56). Doch zeigte fi in bors 
tigen Logerungen geneigte Schichtenftellung. 

Nah der Chineſiſchen Quellenangabe”) der Gas 
nalbefchreibung, der wir zuerft folgen, liegt 4 Li im S. bes Gens 
ſchui, die erſte Schleuſe, fie beißt Nan wangnan tfda, 
db. i die Sudſchleuſe von Nan wang Dann folgen bie 3 
Sen Nan wang hu, Shufhuhu und Matfhhang hu, 
Dort nimmt der Canal ein paar Fluͤſſe von N.O. bei Tfis 
Ringfu den Fuho und dann den Szuho von Yantfcheou 
kommend auf, und erreicht, nahe der Grenze dee Provinzen 
Schantung und Kiangfu, den See Tu ſchan hu, dene 
zu beiden Seiten durch Schleufen mit ihm in Verbindung ges 
fegt, durchzieht. Dann zieht er an Hia tfhin, und am N.O.⸗ 
Ufer des Weifhan hu⸗Sees vorüber, tritt in das alte Bette 
des Fluſſes Kiaho ein, von wo er bei bem Dorfe Yuangfins 


**) HL ‚Ellis Jonnal I. c. p- 258. — 7) Descr. du Grand Canal 
Le. T. Ill. p. 322 — 327, \ 


itier Erdtunde IV. Mn 


“ 





' 


562 Oſt-Aſien. Waflerfofteme. 1. Abſchn. $. 80. 


tſchuang und bei Phang in das fruchtbare, weite, offene Land 
der Provinz Kuangfu eintritt. Dee Canal, bier Hoei thung 
ho genannt, nähert fih nun fhon im W. von Pheitfheou 
ungemein dem Gelben Fluß; er läuft ihm von Su’thfian 
hian (Soutsien b, D’Ansille) ſchon parallel, über Xfing bo 
hian, und tritt bei Yang tſchuang Eheou in ibn ein. Auf 
Diefee ganzen Strecke paflist der Canal oft durch Seen, Teiche, 
Moröfte, davon einige ihm zum Bette dienen, andere ihm nur 
Mafferfüle geben, fo daß man auch hier, durch große, in den 
Fugen der Steinpfeilek verfchiebbare Holzthore, die Wafferver: 
bindung herfiellen ober. unterbrehen kann. Auch diefe Wor: 
richtungen werben Tſcha, d. i. Schleufen, genannt, gleidy jenen 
im Canal ſelbſt angebrachten, die defjen Lauf verengen. Diefe 
Tſcha find zumal zur Auffpeiherung der Waffer für die trodne 
Jahreszeit nothwendig, wo der Canal, wenn es wenig regnet, 
oft: nur 3 Fuß Waſſerhoͤhe haben würde, wobel die Schiffahrt 
der Raiferlihen Barken gehemmt werden würde. Sin den waſſer⸗ 
ärmern: Diſtricten hat man, daher dieſe Seiten: Tfha’6 an: 
gebracht, die dis 30 Fuß Breite haben. Nur an verhältnigmäßig 
wenigen Stellen find die Ufer diefed genannten Kaifer : Canuls 
mit Steins Quayen eingefaßt; auch fig wie die weichern Ufer des 
Canals müffen oft reparirt werden. So meit ber Chinefen Be: 
richt von den Tſcha's der Suͤdſtrecke. 
Nah den Britiſchen Geſandtſchaftsreiſen ?°9) durch dieſelbe 
folgt allerdinge, ſuͤdwaͤrts, bald eine Succeſſion von Moraͤſten 
und Seen, welche ſie bei den Chineſen die Hu, d. i. die Seen, 
nennen hörten. Der erſte Eee, der hier von Lord Macartney 
berührt wird, er nennt Ihn nicht mit Namen, iſt unffteitig der 
Nanwang, bee mit taufenden von Keinen Booten und Floo⸗ 
Ben bededt war, deren Bemannung mit der Abrichtung des Kor⸗ 
moran (Pelec. carbo) zum Fifhfang beſchaͤftigt war. Auf je: 
dem der Boote waren 10 bis 12 diefer gelehrigen Thiere, die auf 
ein Zeichen ihrer Gebieter fogleih in den Ser tauchten und mit 
Schnelligkeit die groͤßten Fiſche ihrem Herrn brachten, der ihnen 
dann beliebig Tinmal eine Speiſe gab. Innerhalb dreier Tage⸗ 
seifen, fogt Barromw, von Zfining, breiteten fih unermeßlide 





258) G. Staunton Anthentical Acc. I, c. T. Il. p. 393-416; Trad, 
p. Castera I. c. T. IV. p. 98—116; Barow Tray. in China 
p. 608 — 513. 5 


I 


[4 


® 
N - 


Der Kaiſer⸗Canal, Nordhaͤlfte. 563 


Flaͤchen mit Seen und Moraͤſten aus, deren Mitte voll Inſeln, 
gehaͤuft voll ſegelnder Schiffe und Boote, voll Fiſcherdoͤrfer, die 
mit dieſem Fiſchfange beſchaͤftigt waren. Nur Inſeln und Waſſer 
ſahe man auf dieſe Weiſe bevölkert, ſelten zeigten ſich geringe 
Landhoͤhen; uͤberall dewegten ſich Schaaren von Waſſervoͤgeln. 
Die Waſſerflaͤchen kuͤhlten am Abend und Morgen die Lufttem⸗ 
peratur ungemein ab, die Ende October bis auf 3 bi6 4 Grad 
Wärme herabſank. Nach den Altern Karten der Jefuiten, von 
Diefen Gegenden zu urtheilen, meinte ©. Etaunton, fey, feit 
jenen Zeiten, ein großer Theil des dortigen wafferreihen Bo⸗ - 
dene, der uns an die noch nicht vollendete Deltabildung deB 
Hoangho ainnern mag, neuerlich fehr trocken gelege worden; aber 
dies war offenbar nur Taͤuſchung eines ſehr dürren „Jahres; 
denn 1816, bei Lord Amherſt Durchfahrt (24flen Sept. bis 
BSten October) 59), war dieſe ganze Gegend, 4 bi6 5 Wonat vors 
ber, durch die größten Fluthen uͤberſchwemmt, zerſtoͤrt und in eine 
furdtbare Einöde verwandelt, fo daß man auch jekt nur unabs 
fehbare Seeflaͤchen wahrnahm, uͤberall üderſchwemmte Hätten, 
und von jenem zu Macartneys Zeit deobachteten kuͤnſtlichen 
Ganalbauten keine Spur. Doch binderte dies die Schiffahrt 
nicht, Einwohner ſahe man nicht, aber unzählige Junken unb 
beladene Kornfchiffe durchſchnitten die Gewaͤſſer, die fih bis am 
den Zuß der fernen Oſtberge ausbehnten. Eıft am Weifchans 
See (Weechang boo bei Ellis), der Grenze von Klangs 
zan änderte fich diefe Schredensfcene, die vorzüglich das fübs 
tihe Schantung getroffen hatte; body hoͤrte man, daß zuwei⸗ 
len die Ueberſchwemmung de6 Hoangho noch höher fleige, und 
auch bis in diefen Ser eindringe. 

Nur duch die Macartneyſche Embaffade konnten wir 
daher auf diefer Strecke über die Art des Canalbaues einige Das 
sen erhalten. Der Canal zog am Weſtufer de Nanwang, 
in einem böhern Niveau ale der See vorüber, zwiſchen gemauers 
ten Dämmen, mit Wafferabgüfien zum See, oder zu Irrigatio⸗ 
nen der Ländereien, um den Geltendrud der Canalwaſſer zu mine‘ 
dern. Sehr viele folgende Verfumpfungen der Landfchaft waren 
mit der Lien »s a, das iſt mit der im Drient bochgefeierten 





60) H. Ellis Journal L c. p. 258 — 266; Clarke Abel Narrative L e. 
p- 147148, 
Nu2 —— 


N 
J 


564 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 80. 


Eotus (Nymphaea nelumlo) bewachſen, die in herrlichſter Bluͤthe 
prangten. Ihrer naͤhrenden Wurzel wegen wird fie hier als Waſ⸗ 
ferpflanze gebaut, auf kuͤnſtlichen Erdkegeln fixirt man ihren eis 
chelgroßen Saamen um ihm im MWäffer einen Anfagpunct der 
Entwidiung zu geben (alfo ähnlih wie in Kaſchmir, f. Aften 
Br. U. S. 110— 112). Dan glaubte hier verfhiedene 
Nymphaͤen⸗Arten zu bemerken. 

"An einer folgenden Strede zog ber erhöhte Canal, ſehr weit, 
. auf Mauern fhmwebend, zwifchen 12 Fuß mädtlgen Seitenmauern 
eingeengt dahin. Diefe waren aus großen, grauen Marmorbiöf- 
Ten mit Eifenllammern verbunden und mit Mörtel überzogen. 
Der Canal erhielt bierbuch mehr die Natur eines allerdings 
grandiofen Aquaͤductus. Wo ihm trodnes Land. zur Eeite lag, 
da waren Neisfelder im Schlammboden angelegt, und dane⸗ 
ben Dörfer erbaut. Die Reisausfaat gefchleht hier, wie einft in 
Aegypten die Kornfaat, nach dee Ueberſchwemmungkzeit, unmits 
telbar in den zuruͤckgelaſſenen Schlammboden. Schr viele Tſcha's 
in biefem hohen heile des Canals ruhen alle auf Steinbogen, 

uns den Ueberfluß der Waſſer nach den Moräften zu fenden. Die 

verlomen Waſſer erhält man reichlich wieder durch die Zuleitun⸗ 

gen aus dem ungeheuren See, auf der Grenze der Provinzen, 

dem Weifhun (Were Chaung hou b. Staunton), neben 
welchen bee Canal, wie ber Ruſſiſche am Ladoga⸗See, binzieht, 
von dem Ihn eine Chauffee trennt. Die Moräfte umher find un: 
bebaut, aber die Seeufer und Infeln von unzähligen Dorfichaf: 
ten befest, feine Waffer von taufenden der Fifcherboote belebt, bie 
auf vielerlei Kunſtarten des Sifchfanges, in denen fie Meiſter 
find, ausgehen, von den zahlreichſten Schaaren mannidhfaltiger 
Waſſervoͤgel bedeckt. Erſt jenfeit, im Süden dieſes Grenafees, 
auf dem mehr hügeligen Boden von Kiangfu, beginnt wieber 
eine lieblichere, reicher cultivirte, mit Feldera, Anpflanzungen; 
Bäumen durchzogene, mit Dörfern und Städten gedrängt bes 
deckte, bevölkertere Landfchaft. Der Canal wird breiter, er nimmt 
flärkeres Gefälle an (auf 1 Stunde 2 Miles Engl.) ; er zettheilt 
fi) in mehrere Arme, zu Seitencandien. Der Anbau wird ims 
mer vorzüglicher, jeder Zollbreit iſt benupt,. überall find Gärten, 
Weigenäder, Baummollenpflanzungen, Obſthaine, Aepfel, Bies 
nen, Pflaumen, Pfirſich, Aprikoſen, Granaten werben allgemein. 
Die Menge der Dörfer und Staͤdte wird ſtattlicher; bie Zahl der 
Barken und Schiffe mehrt fi, die Annäherung gum Hoangbo 


_ 


‚Det Golf von Petfcheli, Peho: 565 


iſt unverlennbar, ber Canal mänbet in ihm ein, unb führe zus 
Ueberfahrt des gewaltigen Stromes (f. oben ©.. 632). 


4. Der Golf von Petſcheli, der Pehoz das aufge⸗ 
ſchwemmte Küftenland, Der Golf von Leaotong, 
ber, Potodi Archipel. 


. Bei einer Einfahrt duch die Straße Meatao tritt da6 
Schiff, im Golf von Petſcheli, ſogleich auf noch feichteren 
Boden ‚. defien Seetiefe anfängri noch zwifchen 90 zu 70 und 
einigen 50 Fuß werhfelt (swifchen 15, 12 und 9 Faden), bald aber 
plöglich anfteigend nur nod 54 und 36 Fuß (9 und 6 Faden) 
Waſſertiefe behält, und durch eine große Anzahl hervortretender 
Sandinfelreipen dem Schiffer Gefahr droht 2), MWarnende Vors 
baue. find auf den öftlichften dieſer Sandinſeln auf der Fahrſtraße 
zue Mündung des Peho errichtet. Aus allen Unterfuchungen ergab 
fih, daß an ber ganzen Küfte des Golfs kein guter Hafen für 
die großen Britifhen Echiffe vorhanden fey, der freilich nur an 
Steilkuͤſten, oder doch fefter Gebirgsart, zu erwarten war. Keine 
der Küften im W. und S. des Golfs zeigte dieſe Geſtalt; uͤberall 
breitete fi vom Ufer eine weithin ziehende Fläche, ein allmälich 
vom Schlamm der herbeieitenden Ströme aufgefchütteter Kuͤſten⸗ 
geund auf, überall gleichmäßig bedeckt, Überall duch Anfag wach⸗ 
ſend, wodurch die Zlüffe an den Mündungen allmälich ihr Ges 
fälle verlieren. Die großen Schiffe the Lion und Indostan - 
mußten fern vom Ufer zuruͤckbleiben, nur mit ben Heineren Briggs 
durfte man die Einfahrt in die, Mündung bes Peho wagen. 
Die ChHinefifhen größten Junken, platte Fahrzeuge von 300 bis 
400 Tonnen Luft, fegelten in unfägliher Menge den Strom 
binein, aber die Englifhe Brigg, der Jackall, obwol nur von 
100 Tonnen Laft, ſchwebte hier, wegen des tiefern Baues Euros 
paͤiſcher Schiffe, in befländiger Gefahr. Mit ihm murde jedoch 
am 5ten Aug. 1793 zum erften male die Mündung bes Peho 
gluͤcklich erreiht. Ein Flußriegel (Barre), nur 3 bis 4 Fuß bei 
Ebbezeit untır dem Meerniveau verborgen, erfchwert die Einfahrt, 
weiche jedoch durch die Fluth, die hier 5 bie 6 Fuß hoch fleigt, 
vermittelt wird. Hinter der Barre bat der Peho (Peiho bei 
®. Stäunton, d. i. Weißer Fluß) eine Breite von 500 Schritt, 





260) Staunton Authentic. Account 1. c. p. 478 et II. 10; Trad. p. 
Castera T. 11. p. 318-332, 373 — 390. 


% 


566 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. 4 80. 


Bei 18 Zuß @ Kaden) Tiefe, und von ba bis Thien tſin fu 
(Tienſing der Briten, f. ob. S. 657) richnet man nur 7 bis 10 
eoge. M. directe Diftanz, aber ba6 Doppelte auf den Krümmen 
er. Waſſerfahrt. Noch eine Peine Strecke weiter, bie oberhalb 
dieſer Stadt an der Einmündung des großen KalfırsCanals, feigt 
die Seefluth herauf. 
Zwiſchen den Scilfschrwätbern der. Münbun: fliegen ‚vers 
ſchiedene Dorfſchaften hintereinander auf dem flachen Vorlande, 
‚Rangkn, Siku, Taku und andere, die von Ku, d. h. Ftuß 
“ Mündung, ober eine Stelle, die vor Alters unter Waſſer lag, 
fort Benenmungen haben ſollen. Der erſte Eindrud der hoͤchſt 
einfdrmigen Gegend war aͤrmlich eu), obwol der Fluß ungemein 
belebt iſt; aber von elendem Wolke umwohnt, das in hoͤchſter Ars 
fnuth verfunten fchien. Es wurde mit Peitſchenhieben getrieben, 
din did aufgefchwollener, voruͤberſchwimmender, menfchlicyer Leiche 
nam erregte nicht einmal die Aufmerkſamkeit der Ruderer; Nies 
mand befünmerte fi) darumz zur Seite fahe man hier nur Erd⸗ 
ütten. und Hirſefelder. Tungku ift ein Meines Fort zur Bes 
errſchung des Eingangs. Zu Taku fleht ein Haupttempel, dem 
Meeigotte, dem Tung Hai Bang, d. b. dem Könige des 
Dfl:Dceans geweiht, deffen Figur von Porzellan, mir Eine 
Geſtalt auf Meereswogen figend, in der Linken einen Delphin 
emporhält, als Symbol der Bewohner des Oceans in der Rech⸗ 
ten, nicht einen Deeisad, fondern einen Mag net 9?) als Sym⸗ 
bol der Sicherheit feines Beſitzets. Wie frühzeitig, bemerkt ©, 
Staunton, mußte den Chinefen die Wirtung des Magneis 
bekannt ſeyn? oder aus welcher Periode koͤnnte man in der Chi⸗ 
nefifhen Acchäologie fragen, iſt diefe Darſtellung ihtes Pofeidon ? 
Erft mit dem Weiterſchiffen verbeſſert ſich der Anblick der Land: 
fhaft; der Strom windet fi, Bäume und bebaute Felder zeigen 
fih, Gärten, Hirſefelder, viele Dörfer, Sartenumzdunungen, ſtarke 
Stromwindungen. Vieles erinnerte die Briten an fo manche Ges 
gend Englands. Die gute Meinung von der Ordnung und dem 
Wohlſtande in China nahm mehr und mehr zu, fo wie man weis 
tee landein ſchiffte. Hier kamen die Statthalter der Provinz den 
Fremden zur Bewilllommnung entgegen. Für Lord Macatts 





sei) Barrow Trav. in China p. 71; Clarke Abel Narrative l. c. 
B 76. A *2) G. Btaunton Authentic, Acc, l. c. T. l. p 428; 
p. | | F 








— 


Der Peho, Fluhſchiffahrt. : 567 


neys Embaffade fanden 16 Jachten zur Stromſchiffahrt in Bes 
reitfchaft, davon die größte BO Fuß Länge hatte. Lord Amperft 
Embaffade &), aus 75 Perfonen beflehend, erhielt 10 Jachten 
für die Suite, und 20 zum Transport der kaiſerlichen Geſchenke 
. mb der Bagage; 500 Schiffszieher wurben dazu angefpannt, bie 
alle von Taku (d. h. der großen Mündung) waren. Die 
Annäherung nach 3 Tagefahrten gegen Thien tfin fu) if 
merkwürdig nicht durch Schoͤnheit, Neuheit, Pracht ber Gebäude, 
oder dergleichen 5 fondern durch das Gedraͤnge der unzähligen Jun⸗ 
ten, durch die wimmelnde Population, und die unendliche Menge 
von regulär gebauten Häufern, die, wie fhon Barrow be 
merkte 65), zu beiden Seiten des Peho, aͤhnlich wie London zu 
beiden Seiten der Themſe, jedoch nur von geringerer Art, fich 
ansinanberreiben. Als Lord Macartney bindurd zog, lagen 
bier 500 kaiſerliche Kornſchiffe vor Anker; die Amherſtſche 
Embaffade brauchte 24 Stunden zue Durchſchiffung differ Stadt⸗ 
veihe, um ihren. Ankerplatz endlich zu erreichen, der nicht fern von 
der Einmündung des Kaiſer⸗Canals von Wet her lag, wo bie 
mit gaffendern Volke bedeckte Menge der Junken unzählig fchien. 
Doch bemerkte man nirgends Hemmung und Unordnung; alles 
verlief fich wieder in Ruhe, obwol Kopf bei Kopf dicht gedraͤngt. 
Es war ’am 12. Auguft, beim prallenden Schein ber Mittags 
fonne, nahe an 25° Reaum. (88° Fahrh.) Hise im Schatten, 
und alles Volt war ohne Kopfbededlung, kahlkoͤpfig. >. 
Mur 2 geogr. Meilen oberhalb diefer Stadt hört das Eins 
dringen der Meeresfluch 66) auf, weiche die Schiffahrt im dem 
Peho ungemein erleichtert. Der Strom ift, wie feine Nach⸗ 
barn, nur im Frühling und Sommer wafjerreih und teißend, 
von der Schmelze des Schnees und Eife6 am füdlichen Rand⸗ 
gebirge ber Gobi; im Herbſt wird er ſehr ſeicht. Daher eilen 
dann unzählige Getreidebarken aus Peking gegen den Suͤden 
zurüd, fo im Septemb. und Octob., als die Englifchen Em: 
baſſaden hindurd, zogen; denn im Winter belegt ſich der Strom 
frühzeitig, wenn fon kaum unter 40° N. Br., nicht einmal tms 
————— Neapel, doch jedesmal mit Eis. Im Winter feiert 





*:) AH. Ellis Journal . c. p. 63. ©*) ebend. p. 86. **) Bar- 
sow Trav. in. China I. c. p. 71,496. **) G. Staunton Au- 
tbentic. Acc, 1. c. T. 1. p. 67, 362; Trad. p. Castera T. IV. 
p- 37. 65; Barrov —— I. c. p. p. 340. 


⸗ 


568 Oft-Aflen. Waflerfoftene. 1. Mbfhn. $. 80. 


dann alles Canalland, im Morten des Hoanghe 2°) ſogar (bi6 
gu 54° N. Br.), zu, und bei dem Mangel an Schlitten erleidet 
dann die Communication große Hemmungen. Daher, gegen den 
Herbſt, wol die große, flaunenswürdige Spedition auf dem Ca⸗ 
nalſyſteme. Jede bee voräbereiienden Barken hatte, nach ©. 
Stauntons Schägung, an 50 Dann an Bord; auf der Fahrt 
zwiſchen Thien tfin fu und dem mörblihern Kong ıfhu fu 
zäblte man wenigſtens taufend derſelben; alfo mit einer Yopu 
lation von 50,000 Gchiffsienten. Dabei unzählike andere, fo 

daß die bewegliche Menfchenmafle auf dieſer kurzen Flußſtrecke 

wenigftend zu 100.000 Menſchen gerechnet werden konnte. Die 
beiden Shds Provinzen Quantung und Fukiang allein vers 
fchen Peking, duch die Schiffahrt auf dem Peho, mit 
Salz %), wozu jähelih 2000 Junken, jede zu 200 Tonnen Laſt 
im Gebrauch find; indeß auf dem Kanal aus andern Provins 
zen dad Korn, Reis u, f. w. herbei kommt. So concentrist 


‚ fi aus vielen Provinzen bier die größte Thaͤtigkeit. 


Das Wafler des an ſich feichten Peho ift ſehr ſchlammig, 
gleich dem des Hoanghos die Anwohner verfiehen es trinkbar 
zu machen buch Abllären mit Alaun. Genen Schlamm wälgt 
se aus weiter Fläche vom Morden herbei, mit geringflem Sefaͤlle; 


denn ierſt am 1dten Tage der freilich langfamen Stromauffahrt 


von Thien tfin fu, zeigten fih bie erſten @) blauen 
Berge gegen N. W., in der Ferne, im Norden von Peking, 
bei ganz wolkenfteiem, klarem, ‘blauem Himmel. Die gange 
Strecke von Thien tfin fu bie zum Golf, abwärts, und bis 
zu jener Kaiſer⸗Reſidenz, aufwärts, hin, fagt G. Staunton, 
follte man für einen Landſtrich der alten paradififhen Erbe in 
Ihrer urſpruͤnglichen Fruchtbarkeit halten, fo ertragreich iſt jede bes 
baute Eitelle. Aber, im Gegentheil, es ift ein jzuͤngſtes Lamb, 
ein neuer VBodenanfag duch die Anſchwemmungen der Ströme 


* herbeigeführt, ohne alle Hügelbildung, vollkommene Flaͤche; ſeldſt 


im Flußbett des Peho, wie zu feinen beiden Seiten ohne Stein 


von einiger Groͤßt, keine Truͤmmerkieſel, nicht einmal Gruß, nur 
vorherefhender Sand und fruchtbaree Gchlammboden ( Slimy 
matter) ”'), mit Glimmerblaͤttchen durchzogen. Die Fluth bes 


‘ 





267) Bartow Trav. L 0. p. 513. %8) G. Staunton Authentie, 
Acc. L.c. T. IL, p. 23. *°) chend. p. 7882. **) Bam 
zowW Trav. l. & p- 460 — 492. F u 





Petſcheli, aufgeſchwemmtes Kuüftenland. 565 


Petſcheli⸗Golfs, wenn fie einmal bis zu 9 oder 10 Fuß aufs 
Reigt, fest dann zu beiden Eeiten des Peho, tief ine Land, als 
16 unter Wafler, der vielen Daͤmme und Arbeiten aller Act uns 
geachtet, welche die Anmohner zu ihrem Schutze errichtet haben, 
Im binterfien Winkel dieſes zugefhlammten Golfes (f. Aſien 
Bd. I. &. 136), auf der Grenze de6 alten Seebodens, und den 
Borhügeln des Gebirgsſaumes ber Gobi, ift dem fhiffbaren Pes 
bo nahe, zur Seite die Nordreſidenz Peking erbaut. Erſt im 
Norden diefer Dxte fängt niedere Higelbildung an. Bars 
row bemerkt, daß fi das Niveau biefer angef[hwemmten 
Fruchtebene, bei hohem Wafferfiande, nicht mehr als 2 Fuß 
über den Flußſpiegel erhebe; die Uferdaͤmme des Fluſſes und fein 
Bette beſtehen durchaus nur aus feinem, leichtverſchiebbaren 
Sande oder Schlamm. Diefe Waffe werde fihtbar zum Golf 
von Petſcheli vorgefhoben, in dem, ſeit Menſchengeden⸗ 
Pen, ſehr viele jener Sandbänke und Schlamminſeln ſichtbat 
ber deffen Niveau hervortraten. Die Progreffion des Anwach⸗ 
ſes verdoppelte fich hier, weil die Schlammmafle des Hoangho, 
durch das Gelbe Meer, dem Golf von Petfcheli zugetrieben werde, 
und daher diefe6 auf doppelte Weiſe ſich ausfülle, der flagnirende, _ 
zingsumfchloffene Golf aber den Niederſchlag der berbeigeführs 
ten Schuttmaſſe fördere, bie ihm nirgends wieder entführt werde. 
Zu M. Polos Zeiten, meint Barrom, babe nach deijen gleich: 
zeitigen Karten zu fchließen, die Stadt Thien tfin an der 
Meereskuͤſte gelegen, um fo viel müffe feitbem alfo jenes Blach⸗ 
feld angewadfen feyn, etwa 16 geogr. Meilen. 

Nach einem ungefähren Ueberfchlage 7!Y dee mittlern Breite 
und Tiefe, fendet der Hoangho, gegenwärtig, in jedweder Stunde 
ein Volumen von 418 Millionen Cubicfdß Waffer zum Meeres 
darunter (wenn auch nur zus Schlamm darin aufgelöft wäre, 
nah Bartoms Verfuhen) etwa 2 Millionen Gubicfuß Erde, _ 
in jeder Stunde, mit in das Meer geworfen werden, oder 48 
Milionen täglich. Bei Annahme einer mittlern Tiefe des Gels 
ben Meeres von 120 Fuß, würde innerhalb 70 Tagen darin eine 
Inſel von einer Engliſchen Quadratmeile aufgehäuft, und der 
Seegrund des Golfs von Petcheli und Leaotong (35,000 
geogr. Quadratmeilen ober Engliſche) in Zeit von 24,000 





11) ‚Staunton Authentic, Account 1, c. II, p. 408; Barrow Trar. In 
China L c. p. 492. 


5709: Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. g 80. 


Jahten zugefuͤllt werden können, wenn die Zuſtroͤmung ſich gleich 
bliebe, idozu bie Herdeiführung der andern Ströme des Golfes 
nur befchleunigend noch mitwirken wuͤrde. 

Die Stade Thien tlin fu, als Centralpunct der Canal⸗ 
fahrt, des Schifferteaneporiks, des Handelsverkehrs, in ber Mitte 
des neugebildeten, jüngern Slächergrundes, eben da, wo aus dem 
Peho der Canal aus dem Nord: zum fernen Suͤd⸗Reiche führt, 

ift duch Stellung und eigene Größe nicht ohne Bedeutung. Doc 
iſt nicht fie, ſondern Pao ting fu der Sig des Provinzial:Gou: 
verneurs, und die nördlicher gelegene Stade Tung tfhu fu 
(no 40 Li im Oſten von Peking), die man in 5 Tagefahrtn 
erreichen kann, iſt nicht geringer als fie. Thien tfſin fu diente 
dert Geremonienmeiftern des Kaifechofes zum gaſtlichen Empfang, 
umd zur Bewilllommnung der Emdaffaden, im Laiferlihen Som: 
merpalafte, wo ihnen ſchon Kaiferfefte bereitet wurden. In die: 
fem eleganten, mit. Colonaden gezierten Gebäude war im Geremos 
nienfaale «ine lange Reihe von Tiſchen und Gigen mit Schar⸗ 
lachdeden angebracht, darauf lager lange Rollen Seldenzeuge vom 
den glaͤnzendſten Karben, die zu. Geſchenken für die Embaffade 
beſtimmt waren; andere Sige waren mit Kiffen für die Gaͤſte 
verfehen. Jenſeit war eine Chinefifhe Wand aufyeftellt, in Ge⸗ 
ftait eines Echirmes mic vorfiehendem Zifche, mit gelbem Stoffe 
als Epmptom der kaifrzlichen Gegenwart 272) behangen, auf dem 
Schirm in Schmelzarbeie mit Edelfteinen, von den ptachtvollſten 
fhimmetnden Fatben, ein großer Weinſtock mit Ranken, Bläts 
tern und Ttauben bargeftelit, in den verfchiedenen Zuftänden des 
Wachsthums und der Reife; auf dem Zifche eine von Weihrauch 
duftende Vaſe. Wie vor dem Kaiferthrone, wurde hier die Gere; 
monie de6 Niederwerfens von den Fremden verlangt, wie fie bie 
Groß: Mantarinen des Reiches, ale £aiferliche Unterthanen, voll 
brachten. Die VB rfagung dieſer Profternation durch Lord Am⸗ 
breft vor dem fremden Eouverain, gab die DVeranlaffung zu 
den erften Discuffi ionen, an denen bald darauf die ganze (Ems 
baſſade fheiterte. 

Zu beiden Seiten bes flachen, ſtackbevoͤlkerten und bebauten 
Uferlandes, von Thien tfin fu bis Zong tfhu fu, blieb 
ſich die Landfchaft gleih; nur bemerkte man zahlreicheren Bude 





3’2) H. Ellis J surnal 1. c. p. ‚91, 131; Clarke’ Abel Narrative l. c. 
p 81 — 103. 


' 


Der Sorf von Leao tong. 571 


von Weitenbäumen, Ulmen, Efhen, Maulbeeren, 
Tbräinenmweiden, und die Üege?3) von großwüchligen Bruch: 
weiden, Salıx fragilis, befhattet. Zwei prachtvolle Heerftraßen 
mit Sranitplatten belegt, 6 bi6 16 Fuß breit und lang, deren 
jede Quader wentuftens einige Meilen vom Norden hatte herbeis 
geführt werden müffen, führten, eine von Süden bie andere 
von Oſten kommend, zur Hauptſtadt hin. Die Landfchaft bleibt 
aber einföormig, und welt in China eine Stadt wie die andere, 
ein Tempel wie der andere, ein Volksleben wie das andere aus: 
fieht, langweilig, nach dem allgemeinen Urteile der Reiſenden, 
Bis vor die Thote der Mefidenz, und wenn aud) die Dörfer und . 
Städte an Größe wachen, wie denn Tong tfhu fu eine fehe 
dedeutende ift, fo nimmt darum der Wohlſtand der Volksmaſſe 
umd die Güte bed Bodens in Nord : Derfcheli nicht zu, fondern 
eber ab; daher, fagt das Chinefifche Sprichwott 79): „Wenn 
auch Armuth außerhalb Pekings Mauern, ſo iſt doch 
innerhalb Petings Mauern Reichthum.“ 

* der oͤſtlichen Fortſetzung des Petſcheli-Golfs und 
dem Golf von Leaotong, ſind uns, außer dem ſchon fruͤher 
angeführten (ſ. Aſien Bd. l. &.96, wo Kampai Feſte zu leſen 
iſt, ſtatt Schan Day, und oben ©. 592), nur wenige Puncte naͤ⸗ 
ber befannt, duch Capt. Marmwelis’:) und Capt. Roß Spes 
eialunterfuhung im Schiff Discovery, welche die Nordoftfeite 
deſſelden recognoscirten, deſſen Suͤdweſt küſten dem Capt. 
Hall in dem Schiff Eysa zur Unterſuchung uͤberließen, wobei 
auch der oben genannte Hafen Dei gei oei, unter 57° 30 
N. Bt. und 120° 9 80° DL. v. Gr. beſtimmt wurde, und dem 
Capt. Camp beit die Erforfhung der mittlern Duschführten des 
Golfs, wodurch die erfte gute Seekarte ded Golfe mit dem St. 
GeorgssCanal zu Stande kam. 

Nur an einer einzigen Stelle oſtwaͤrts der Ueberfahrt von 
Kambai, landete man, am 1&ten Aug., Innerhalb des Beaos 
tong⸗eGolfs in dee Roß⸗Bai ’s), unte 39 33 M. Br., 





72) G. Stauhton Authentic. Account l. q. TI. 114, 168, 385: Bar- 
row Trav. p. 91. 7%) Barrow Trav. L.c p. 492, 495. 

78) Capt. Maxwell Sketch of Surveys in the Gulfs Petchely etc. in 
H. Ellis Journal I. c. Lond. 1817. 4. ch. IX. p. 8669 —479. - 
”*) H. Ellis Journal I. c. p. 470; John M’Leod Veyage of His Ma- 
jesty Ship Alceste along tıe Coast of Corea etc. Lond. 18184 'Sec., 

Edit. 8. p. 32. 





\ 


572 Oſi⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. : $. 80. 


121° 19 D.8, v. Sr., die früher unbefannt war. ' Eie liegt am 
felfigen Weſtufer der Halbinfel de$ Regents Sword, und ifl 
durch einen Wafferfall vom Gebirge herab ausgegeichnet, das die 
Küäfte entlang hinzieht, aber nackt if. Kein Baum war zu fe 
den. Der fruchtbare Boden glich den Schaafteiften in England; 
auf ebenen Feldern baute man Holcus sorghum. Gemaltige Riffe 


“in den Bergen, Tobel, ſtuͤrzende Waffer zeigten ſich als Folge 


\ 


der Schneefhmelze im Sommer. Zwar unter gleichem Breiten⸗ 
parallet mit Stalien und Sud: Frankreich iſt bier das Clima 
body weit rauher. Die Küfte foll ſehr ſtuͤrmiſch ſeyn. Die Ges 
dirgsart it Schiefer mit ſtarkem Eifengehalt. In der Bai las 
gen viele Funken vor Anker; in der Nähe ſahe man eine er 
liche Stade; Ihe Name wird nicht genannt. Die Einwohner, 
volllommene Chineſen, die Weiber mit verfrüppelten Fuͤßen, wa: 
een ungemein neugierig; fie hatten gute Wohnhäufer, kannten 
Seuerwaffen, follen aber nach ber Bemerkung der Britifhen See⸗ 
fahrer keine genaue Kenntniß vom Werth bes Silbers und Gol⸗ 
des gezeigt haben. = 
Von der Roß⸗Bai wurde das mweit gegen ©. vorfpringende 
Borgedirge Regent Sword doublirt, da aber nun das Schiff 
Alcefle immer in einiger Entfernung von der Nordkuͤſte des 
Golfes ſich halten mußte, fo blieb die Geſtalt derfelben den Eu: 
sopdern doch im Zufammenhange unbekannt. Ihnen entging das 
dee die Kenntniß einer nicht unbedeutenden Gruppe von etwa 0 
Inſeln, die fhon zwiſchen 39° bis 40° N. Br. und 1%0° bis 
121° DR. v. Paris (122° 20° bis 123° WO DR. v. Gr.), auf 
der großen Iefuiten: Karte zu Kaifer Khanghis Zeit verzeichnet 
waren, die aber au D’Anville ſchon Überfehen hatte. Da 
Klaproth in Paris in den Beſiz ber Original: Galque dieſer 
tm Eucopa fo großen Seltenheit am, fo konnte er diefe Gruppe 
für die Europäifhen Geographen, denen fie bis dahin gaͤnzlich 
smbelannt geblieben war, allerdings entdeden. Er bediente fi 
des Vorrechtes diefer Entdeckung, und nannte diefe Gruppe den 
Graf Johann Potocki Archipel?7”), nach dem verdienftnofs 
len Hiſtotiker und Diplomaten dieſes Namens, feinem Gönner, 
im deſſen Geleit er die Muffifche Geſandtſchaft nach China (f. Aſien 





917) Klaproth Notice sur l’Archipel de Jean Potocki sita€ dans la 
— — de la Mer daunc, avec une Carte. Paris 1820. 
pol: 


Die Gebirge » Halbinfel Korea. 573 


Bb. I. ©. 107) zurüdiegte. Diefe Infeln dienen ald Handels: 
flapelorte zwifchen China und Korea, find Schifferflationen, und 
gehören zum Diſtrict Mukden in der Provinz Leaotong; mache iſt 
uns darüber nicht bekannt. 

Weiter füdoftmärts, unter 37° 45 N.Br, und 124° 40. 
30” O. L. v. Gr., wurde jedoch ebenfall® eine ganz neue, bi6 da⸗ 
bin unbelannte Inſelgruppe, duch da6 Schiff Alcefte entdedi, 
der ein hohes Bebirgsiand nicht mehr fern warz aber diefe, welche 
den Namen Sir James Halle Gruppe?) erhielt, gehörte 
ſchon zur großen Halbinfel Korea, als deren weſtliche Geſtade⸗ 
infeln, von denen weiter unten bie Rede feyn wird, 


5. Die Gebirgs— Halbinfel Korea. 


a) Ueberfihe. Erſtes Bekanntwerden von Land und Volt; 
Quellen und Literatur uͤber Korea. 


Als legte Gliederung des Continentes von Afien, im N.D. 
des Hoangho:Spftemes, bleibt die Betrachtung der Koreas Halb: 
infel übrig, welche zu jenen jungfräulichen Ländern der Erde ge⸗ 
hoͤrt, die noch von keinem Auslaͤnder erforſcht ſind, ohne datum 
"ganz unbekannt geblieben zu ſeyn. Denn von Chinefen, Das 
panern und Mandſchu, zu verfchiedenen Perioden befiegt und 
unterjocht, iſt ſchon frühe in den Annalen diefer Völker von Ko⸗ 
zea, das bei Chinefen der Altern Zeit innmer Tſchao ſian 
beißt, die Rede Der Europäifche Jeſuiten Miffionar, Pater 
Math. Ricci, hörte in Nanking zmerft?9) die Halbinfel nens 
nen (Coria), weil Japaner zu feiner Zeit (1592).%), alfo gegen 
Ende des XVI. Jahrhunderts, diefelbe mit Krieg überzogen, und 
das Chinefifhe Kaoli: Vorl Korai nannten, daher Korea, 
Coria. Holländer aber, auf ihren damals häufigen Fahrten 
nach Sapan, hatten zuerft da6 Unglüd an die Kuͤſten der Kaoli 
(Korai der Japaner) a zu werden, wodurch den esflen 
——— 

22) John MLeod Voyage along the Coast of Corea etc. I. c. Sec. 
Bit, London 1818. 8, p. 42. ?9») P. Nicol. Trigautius de 
Christana Expeditione apud Sinas etc. a Soc. Jesu etc. Coloniae 
1617. 8. Libr. IV. c. 1. p. 358. 20) T’aithsing y thoung tchi 
Sect. cccuu. Edit. 1744. d. i. Ghinefifche Keichẽgeographie in 

a erg San Kokf — etc. ou Aperga Gen. des Trois Royaumes 


, Descr. de la Coree p. 37, Histoire — de la 
a er de la Chi er. IV. p. 54 


\ 
[) 


74 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 80. 


Hellaͤndiſchen Trauerberichten bort geſcheiterter Seefahrer (1663) ®*) 
auch die erſten Nachrichten über dieſes ſelten beſuchte und unbe⸗ 
kannte Land Korea mit eingeflochten wurden. 

Schon Kaiſer Khublai Khan aus der Mongolen⸗-Dynoſtie, 
bei ſeinen Projecten Japan zu erobern, wozu er mehrmals Flotten 
(z. B. im J. 1269, 181) 3?) ausruͤſtete, ſuchte ſich auch des Bei: 
ſtandes der Koreaner zu verſichern; feine dahin geſchickten Ges 
fandten famen zwar unverrichteteer Sache zuruͤck 9), hatten aber 
dod auf feinen Befch! die aftronomifche Lage von Coreac Ga: 
pitale (Kong ki tao) obfervicen müflen, was vermittelft eis 
nee 8 Fuß hohen Gnomons gefhahe. Pater Gaubil, der biefe 
Notiz aus der Aftronomie dee Mongolen ®) mittheilt, berechnete 
diefe beobachtete Sonnenhöhe für diefe Landes-Hauptſtadt zu 37° 
ZU N.Br. Es iſt der erfte, fehle Punct, von dem die weitere 
Kenntnig des Koreifhen Landes bei den Behertſchern Chinas 
autgebt. Bei M. Polo haben wir keine Spur einer Nennung 
Diefe6 Landes vorgefunden.‘ Damals wurden die Regenten von 
Korea, durch die Mongoien Kaiſer in China, mit dem _Kitel 
„Könige von Kaoli" (Korat bei Japanern, daraus die Eus 
ropaͤer Kori, Korea gemacht) dechet, dieſer mit filbernen Pas 
‚ tent und antiken Privilegien beftätigt, die vorzüglich in dem Bor: 
techte befanden, den Goͤttern der Fiäffe und Berge feierliche 
Opfer bringen zu dürfen. 

Die Mandfhu:Dpnaftie ), im Norden ber Halbinfel 
Koreas einheimifch, bekriegte und befiegte diefes Land weit früs 
ber als fie in China eingog; «6 wurde geplündert und ganz ders 
heert; es wurde von ihnen Solho Kuron, d. i. Königreich 
Solho genannt 86). Der König mußte fi von der Hatbinfel 
auf eine im Oſten vorliegende Inſel Achten. Obwol er fi um 


2 


2°!) Henr. Hamel van Gorcum Jonrngel van de ongeluckige Vo- 
yagie etc. Rotterd. 1668. 4.; f. in Réoneil des Voyages au Nord 
Kd. Amsterdam 1718. T. IV. 8. Relation du Naufrage d’an Vais- 
seau Hollandais sur la Cote de l’Isie de Quelpaerts aveo la De- 
scription du Royaume de Corde p. 1— 82. 22) M. Polo ed, 
Baldelli Boni T. I. p. 153. 22) Histoire abregee de la Coree 
‚b. Du Halle Deser. de ia Chine T.IV. p.548. **) Pat. Gau- 
bil in E. Souciet Observations Mathem. Astron. etc. Paris 1729. 
4. p.141. **) Taithsing y thoung tehi 1. c. b, Klaproth Apergu 
Gen. des Trois Roy. p, 42, u.) Pat, Regis Observations geo- 

‚ graphiques sur le Roy. de la Core etc, b. Du Hälde I. o. T.IV. 
pP 929; ebenb. p» 539. . 








- ! 
; \ 


== Korea, Quellen und Piteratur. 975 


— und große Dpfer brachte, erhob fih ſchon im Sabre 1635 


don neuem Empsrung in Korea grgen das Eupremat der 
Mandſchu/ wofuͤr das Laͤndchen durch neue Unterjochung, Ent⸗ 
voͤlkerung und viel Drangſal büßen mußte, bis "fein Herrſcher 
von neuem art. Chineſiſchen Kaiferhofe den antiken Titel Kö nig 


(Bang) von Tſchao ſian erhalten hatte, und ihm dieſer durch 


ein Patent inſt goldenem Siegel und dem Knopf in Schildkroͤ⸗ 
tenform jugeſichert ward. Seitdem erſt ſchickte der König‘ von 
Korea regelmäßige Embaſſaden mit Tribut, mit einer, Ne 
jahre» Ötatulation an den Kaiferhof nad Peking, und’ zum An- 
denken dieſer — Unterwerfung ließ der Mandſchu Kaiſer Tay 
tſung wen 

©. 266), deshalb eine, Stein?Inſcription in Korea errichten. 

Diefe Eintichtung dauerte unter Kaiſer Khangbi fürs bie⸗ 
fer ertheilte dem Könige von neuem fein Patent, im J. 16947), 
und feitdem ſchickt dieſer jährlich feine Embaſſadeurs nad Pe 
fing, zum Empfange dee’ Chineſiſcheen Kalenders, der 1e- 
desmal am erften Tage des zehnten Monats für das zukünftige 
Fapı an die Vaſallen des Reiches vertheilt roird. Won foihen 
Sefandten erhielt in neueſter Zeit (1821) der Ruſſe Zimtoms« 
ti 88), während feines Aufenthaltes in Peking, einige neuere Nach⸗ 
richten über Korea. 

Pater Regie, der vom Kaiſer Khang hi mit der Karten⸗ 
aufnahme der nordoͤſtlichen Provinzen Leao tong und der Mands 
fhurei beauftragt war (im Jahre 1710, f. Aſien Bo. If. S. 467) 
iſt naͤchſt Pater Verbieſt, 1682 (f. Afien Bd. I. &. 90, 96) 
der einzige Europäer, ale Augenzeuge, der von der Mordgrenze 
Bericht geben konnte; doch bemerkt der Pater 89) daß er nicht 
ſelbſt über die Grenze fortgefchritten ſey, die er jeboch gut’ bebaut 
gefehen. Ein Mandſchu Seigneur, fei mit Begleitung eines 
Sroß:Mandarinen, damals nah Korea abgefandt worden, and 
dieſe hätten dem Kaiſer Khang hi Bericht abgeſtattet, das Land 


ſey gut, teich an Reis, Hitſe und Korn. Sie brachten eine 


Karte von Korea mit, welche ſeitdem in dem Kaiferpatafte 
zu Peking aufbewahrt wurde. Dieſer Mandſchu⸗Geſandte 
sing abı nr nur bis zur Reſidenz des Koͤnigs von Korea, bis 


uang tn (reg. von 1627 — 164, f. Aſten Bd. I. J 


- 


#7) His istoire ahreg&e de la Coree b. Du Halde l. c. T. IV, p. 556, : 


s*) Timkowski Voyage & Peking ed. Paris 1827. 8, T. ii. 43, 
52, 91, 94 — %. 8°) Pater Regis Observations Gaogra phiquen 
sur le  Royaume de Coree, in Du Halde Deser. L 5 T.Ve ꝑ. 530, 


⸗ 


576 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 80. 


King ki'tao ber Koreaner, bie aber der Chineſe Kong Fi tao 
nennt, weil man in China keinesweges andern Königreichen und 
Refidengen dee Erde den Titel King (mie in Pe king) gefkattet, 
ein Wort das ausſchließlich nur deu Hof des Chinefifchen 
Kaiſers bezeichnen darf. Kong ki tao ift aber eigentlich nur 
die Titulatur der Reſidenz ober Hof⸗Provinz, der Hofs 
Badt, denn die Reſidenz⸗Stadt, weiche auf den Sefuiten 
Karten von Korea biefen Namen bios durch einen Irtthum der 
Franzoͤſiſchen Herauegeber des Atlas de la Chine erhalten Kat, 
beißt richtiger Han yang (nah Timkowéki und Lindfay) 
oder Hantſchhing 8) nah Minfifee, der Chinefifchen Reichs⸗ 
geogeapbie und Klaproth. Mon ber Chinefifchen Grenzſtadt 
Kon boan tfhing, dem Markt» und Paflage:Drt (f. Aften 
Bd. 1. ©. 96), wurde daher der Weg von Chinae Grenze, von 
bee dortigen Holzpaliffade (Miu teou efhing genannt, 
vergl. ob. &. 443) bis zur Reſidenz, mit dee Meßſchnur gemefs 
fen, aber weiter nicht. Bis zu diefem Son hoan tſching, dicht 
am Dftende der Paliffade Quan tong gelegen, drang auch 
Doter Regis vor, und beflimmte nady Obfervation die Lage bie 
ſes Ortes, auf 40° 30° 20° N.Br. und 7° 4’D.E. v. Peking, 
d. i. 121° 44° DR. v. Paris. Dies iſt der Firpunct, fagt der 
Mater, vom welchem alle andere Angaben pofitiver Daten für 
Korea ausgehen: denn dicht gegen Oſten an bie Stade grenzt 
deſſen Königreich. Vor der Eroberung China's durch bie Mand⸗ 
ſchu hatten diefe bei ihrer Unterjohung Korea's fchon einen lee» 


ren Raum beftimmt, den man zwifchen ber Paliffade von Lenos 


tong (f. oben ©. 443, f. Afien Bb. I. ©. 96) und der Grenze 
Korea's unbebaut laffen wollte. Derfeibe ift auf der Jeſuiten⸗ 
Karte von Korea?!) durch punctirte Linien bezeichnet. Diefe 
Karte, ſagt Pater Regis, könne er keineswegs für vollkommen 
ausgeben, da keiner von ſeinen Ordensbruͤdern Korea geſehen 
habe; doch ſey fie unter den bisherigen die befle; denn nad) ber 
genau gemefienen Breite der Nordgrenze feyen die Nachbar⸗ 
diftricte demgemäß eingetragen, und nad) ber gemefienen Wegs 
soute bes Baiferlichen Embafjadeurs, bis Kong ki tao, das Maaß 
zur Beurtheilung ber andern Diftanzangaben in der Karte des 





200) "Timkowski Voy. l. e. T, IL p. 08. Not. Lindsay Report in 
Proceedings on a Voyage of’che Ship Lord Amberst L «. p. 223 
Tai thsing etc. 1. c. p. 43. — de Corce ia DA 
ville Nouv, Atlas de la Chine Ta ‚XXI, 








Korea, Quellen und, Literatur, 577 


Könige von Korea, hie im Palaſte zu Peking niedergelegt iſt, 
fefigeftelt. Des Chineſiſche Mandarin vom mathematifchen Tele 
bunal auf Khanghis Befehl abgefandt, fand, nach Beobach⸗ 
tung, bie Lage der Refidenz von Korea unter 37° 38’ 20” 
N.Be.; daher die Länge der Hatbinfel von Nord gegen Süd 
(f. ob. &. 575) bi8 auf 5° 30° gewiß fey. Pater Gaubil giebt 
fpäterhin R) jene zu Kaiſer Khanghis Zeit beobachtete Breite, 
von Kong ti tao, auf 37° 3015” an (wahrſcheinlich durch feine 
Mevifion ber beobachteten Elemente berichtigt), und bemerkt dabei, 
Die Länge der Stade habe man nur gefhäst, auf 10° 30.8. von 
Peking (124° 32 DL. v. Par). — Obfervationn an ber Oft 
und Weft:Küfte von Korea, wie im Süden, bemerkt Pater 
Regis ausdruͤcklich, wuͤrden für die Karte noch hoͤchſt wuͤnſchens⸗ 
werih feyn. 

Obwol nun, ſeit den Zeiten Khanghis, bie Frieblichfte 
Stellung Koreas, als Vaſall gegen China, fortbeſtand, und die 
Edition der Chinefifden Reichsgeographie, vom Jahre 
1744 (Tai thsing y thoung tehi, Sectio CCCLINI). eine fehe 
vollftändige Befchreibung 9°) diefes Vaſallenſtaates gegeben hat, 
auch bie Japanefen in ihren neueften Seographien einige Auf⸗ 
merkſamkeit auf diefen Nachbarſtaat verwendeten (die Japaneſen 
Kimoura Rliemon, 1750, und Rinfifee von Senbat, 
1785, f. ob. S. 485)%*), fo haben doch diefe Geſtade der Halks 
infel, nad) dem Wunfche des Pater Regie, erſt in allerneues 
ſter Zeit auf dee Landkarte buch Europäifhe Beobachter 
ihre Berichtigung erbaften, bie freilih nur an einzelnen Puncten 
deffen ungaftliche (ein wahrer Axenus Pontus) 9%) Küften beruͤhr⸗ 
sen und nirgends weiter verfolgen, oder längere Zeit auf ihnen 
Verweilen durften. 

La Peyroufe beſchiffte zwar das Korea Meer, deruͤhrte 
aber das Geſtade nicht (ſ. oben S. 448);3 eben fo wenig Capt. 
v. —— (f. oben S. 447)3 aber Capt. Broughton 


sy. 1,6. BE. Souciet Obsorvat. mathem. astron. etc. ‘Paris 1729. F 
'p2ä441.  *®) Description de la Coréé du Tai thaing y thoung 
'tehi trad. du Chinois p. Klaproth im San Kokf Taou etc.; ou 
Apercu General des Trois Royaumes. Paris 1832. 8. p. 24-167. 
>, Rinsifeg Deser. de la Cor&e (1785) trad. de l’Original Japonais- 

“ * Chinois, p. Klaprotk lı' c. in San Kokf Tsoy 'ete. p. 11— 24. 
-#8).f, Ponti Euxini ‘et Maeotidis Paludis Periplus p. 14. in Geogr. 
eter Graec, Min. ed, O Oxon. 8.1, 


Beltiee Erdtunde V. ODo 


578 ft. Afien. Bafferffteme. I. Abſchn. $, 80, 


: (1797) auf feinee Ruͤckfahrt von dr Chapmans.Bai (f. eb. 
©. 463) erblidte wenigftens, von 42° 27 N.Br. an die DR: 
Lüfte, beftimmte die von ihm, unter 38° 55 N. Br. entdedte, 
große und daher nad ihm genannte Broughton Bat, fo wie 
weiter, ſuͤdwaͤrts, den Sechafen von Chofan 36° ?M.Be3%), 
wobuch ein Theil der OR» und der Shpn-Käfle der Halbin⸗ 
ſel, nebfl der Situation der vorliegenden kleinern Infeln bis 
Duelpaerts hin, durch ihn, berichtigt wurden. Die ganze We: 
Lüfte erhielt duch Lord Amherſts Erpedition und feine Bes 
gleiter, bie See:Tapitaine M. Marwell und Baſil Hall 
(1816 9), mit ihren vorliegenden bi® dahin gänzlich. unbelannten 
"nfel:Gruppen, bie man James Halls Arhipel, und Ko: 
rea Archipel, mit den Sgiffords und Amperfi:Sunfeln 
genannt hat, eine ganz neue Geſtaltung, da biefe Inſelgruppen 
früberhin für Theile des Continentes gehalten waren, wodurch bie 
Halbinfel eine unmäßige Vreitenausbehnung gegen den Weften 
erhalten hatte, bie nun erſt auf ihre wahre Ausdehnung reducirt 
werden konnte. Diefelben wefslihen Küflengegenden haben in 

der Nähe, nörcdlih des Sam. Halle Archipels, alfo etwa 
unter 38” N.Br., in dem Lob taou Infeln, dem benadbar: 
ten ungenannt gebliebenen Hafen, unb ber großen und tiefen 
neuentdedten Bai, welhe man Marjoribants Hatbour 
(nad dem SPräfidene des Comittee6 im Macao, von welchem bie 
Erpedition des Entdederfchiffee Lord Amherſt, im Jahre 1882 
ausgefandt war) genannt hat, allerjüngft von neuem Berichtigum⸗ 
gen und Aufllärungen erhalten, in einer Käftengegend, die nur 
noch etwa 22 bie 24° geogr. Meilen von der Refidenzftadt Korea's 
entfernt war. Leider find in den von Hugh Hamilton 
Lindfay, als Vorſtand diefer Engliſchen Erpebition °), um 


Va 


200) ne W. R. Bronghton Voy. de Decouvertes ete. Trad. Paris 
1807. 8. T. II. p. 215 — 266. ®?7) Capt. Maxwell Sketch of 
Survey’s in the Gulfs Petchealu, Leotong, Chinese 'Seas, etc. in 


H. Ellis Journal of Lord Amherst Embassade to Chinaychond. | 


1817. 4. Chap. IX. p. 471— 477; John M’Leod Vo of His 
: Maj. Ship Alceste along tlıe Coast of Corea to the Jaland,pf Lew 
chew etc. Lohd. 1818. 8. Sec, Ed. p. 42 — 60. 22 Report 
of Proceedings on a Voyage to the. Northern Ports of China, in 
. the Ship Lord Amberst. Extrarted from Papers printed by Order 
of the House of Commons, relating $0 the Trade with China. 
London. 8. 1833. A. Lindsay’s. Report, p. 215-— 250. B. 


0 Gützlaffs Report, p. 293 — 205. Bergl. Experimenta) Yoyage | 


Korea, Quellen und Siteratur. : 570 


ſich an dem Chinefiſchen Oſtgeſtaben neue Handeldwege für Bcie 
tiſche Waaren zu eröffnen, und von feinem Begleiter, dem Deuts 
fen Miffionar Guͤtzlaff aus ber Mark Brandenburg , öffents 
lichen aus den Acten des Englifchen Parlements 9) mitgetheltten 
Nachrichten, Teine genaueren DOrtebeftimmungen über die Küfte 
Korea’ 6 wie doch Über die Chineſiſche beigefügt, obwol wie nicht 
daran zweifeln, daß fie ebenfalls an berfelben gemacht find. Won 
allen ben genannten Küftenpuncten wurden aber die Europäer 
lets, alles Widerſtrebens ungeachtet, in das Junere des Landes 
vorzudringen, aus bemfelben zuruͤckgewieſen, daher die Reſultate 
Diefee muͤhſamen Anſtrengungen doch nur ſeht kaͤrglich für bie 
Wiſſenſchaft ausfielen. 

Es war daher, in ber von bem durch ſeine vielfachen Reiſen 
im Morgenlande bekannter I. S. Buckingham projectitten 
wiſſen ſcha ftlichen Entbedungseeife?W), mit Recht als eine der Haupt⸗ 
aufgaben hervorgehoben, dutch ſpeciell auf Korea verwendete 
Kraft zur Unterſuchung des Innern dieſer Landſchaft wie feiner 
Geſchichte, Lebensweiſe und dee faſt unbekannten Sprache feinee 
Bewohner, die Geographie, Geſchichte und Linguiſtik von dieſer 
drückenden Unwiſſenheit zu befreien. Denn bisher war ſelbſt die 
Sprache Korea’s in Europa gärzlih unverflänklich, und das 
ber auch deſſen einheimifche Literatur; obwol es dieſer an wich⸗ 
tigen Merken nicht fehlt, die auch kürzlih turh v. Stebolde 
Bemühungen über Japan glüdlih nad Europa gelangt find. 
Dahin gehören: «in in Korea gedrudtes Wörterbuch bee 
Korea Sprache !) in zwei Bänden, wovon feibft in Japan 





to the N.E. Coast ef China in Asiatic. "urnal New- Series, 
Lond, Vol. XIL 1833. p. 166 — 173. 3 

9°) Return to an Order of the Honor. House of Commons regui- 
ring a Copy or Extract of any Despatch which may have bees 
addresged by the Court of Directors of the East-India Company 
to the Supercargoes: at Canton, in reference to the Yoyage re- 
cently undertaken by the Ship Ambherst to the Northeast 
Coast of China; together with a Copy of any Reports or Jaur- 
nals of the said Voyage. Ordered by the House of Commons to 
be printed 19. Jun. 1833. Folio. 00, J, S. Buckingblam Es- 
quisse d’un Plan de Voyage autour du Monde etc., ayant pour 
but lea Inter&ts combines des Decouvertes de ta Civilisation et da 

' Commerce. Paris, ch Rapport sur le Projet de Voyage de Buk- 
kinglam p. Klaproth. Paris. Dec. 1830. I) Vago rouige 
mokourok, ou Dictionaire detaill& de la Langue Corsenne H 
Vol. in v. Siebolds Sammlung. 

522 


ER 


580 Df-Afen. Mofferfofieıwe. 1. fie. 5. 80. 


am 2 &rempläre exriſtirten; din Schlüſſel zur Kureafhrifte, 
durch weichen alle Koreaſchriften mad, ihrer wahren Ausſproche 
gelefen werden können, und ein, wenigſtens von einem Nachbar, 
in 5 Bänden gefchriebenes und zu Sedo in Japan, im Jaher 
4750 gedrucktes, ſehr wichtiges Wert %2), darin ſehr detailiine 
Machrichten uͤber die Gefchichte, Geographie, Sprache, Religion, 
Producte, Sitten und Gebraͤuche Korea’s fid befinden. Dos 
bis dahin Ichrreichfie vergleihende Vocabular der Korea 
Sprache nebft einigen _biftorifchen Notizen Aber die Abſtam⸗ 
mung und Geſchichte bes Volks aus Chinefifchen Autoren, iſt in 
der Aſia Polyglotta?) mitgetheilt; hiezu koͤmmt das interefs 
Tante, in der Chinefifchen Reichsgeographie gegebene, ) weiches Klap⸗ 
roth mit denen von Witfen, v. Siebold und anderen bereis 
est hat. Nehmen wir zu alle dem Sefogten noch einige wenige 
Sompilationen aus den Sefuitifhen Memoiren, hie unb da aus 
dem Klang yu Pi, die uns zu Gebote Heben, und von Chi: 
aefifden oder Sapanifihen Karten hinzu, deren neuefte 
vom Sapaner Rinſifee?) ebirt if, fo glauben wir über ein 
miemals in Europätfchen Geographien genau befcheiebenes, nicht 
ambebeutendes Land dee Erde, wenigſtens die. wichtigfien Quellen 
ſammt ber Geſchichte feiner geographifchen Literature kuͤrzlich in 
geordnete Ueberſicht gebracht zu Haben, um bier auf eine gewiffen> 
haftere Weife als bisher nicht ohne Gewinn, wenn auch mus die 
bis jegt noch geringen Mefultate vorangegangener Bemühungen, 
und mit Wenigem, aber ben Quellen gemäß, bem reichen Kranje 
geographifchen Exkenntniffe von Aften anreihen zu können. 

Wir beginnen mit den vollſtaͤndigeren Nachrichten der Chi⸗ 
nefifhen und Japaniſchen Quellen und den aͤlteren Sefuis 
tenberichten, und fügen die Iocalen Aufllärungen fpätee Eur 
paͤlſcher Beobachter hinzu. 


302) Tajoosen monogatare, tb ‚Description de la Coree 
‚par Kimoura Ri@mon, Jedo. 1750. 5 Cahiers; in v. Siebolbe 
‚Sammlung; Nouv. Journ. Asiat. T. IH. p. 404 — 408. 

2) Asia Polyglotta von Klaprotli. Paris 1825, 4. Nr. XVII Kores- 
ner. p.335—343. *) F. Apercu Gen. des Trois Royaumen. 1. c. 

.123—144. .®) Carte des huit Provinces du Tschao 
ian, in Plates and Maps te acoompany the San kokf Tsou Ran 
— ou Aperqu Gen. des Troi .—. p. Klaproth. Paris 





‚Korea, Gebirgszug. | ' 58; 


d) Bandeögefhichte und Lanbeöbefhreibung im Allgemeinen. 

" Der Cherfonefus ber Korean er ſcheidet die Fapanifche 
See von dem Hoang hat oder Gelben Meere, dem Golf von 
Petſcheli und Leao tong; er ift auf drei Seiten meerumfloſſen, 
indeß er nur mit dem noͤrdlichen Ende, wie der Italiſche an 
Europa, fo an das Mandſchuriſche Aſien geknuͤpft iſt, mit deffen 
Gobirgelande er durch die Gebirgsekette des Tſchang pe Shan 
cf. Min Bd. J. S. 90, 97). der Heimath der Mandſchu. in uns 
mittsibarer Verbindung ſteht. Die Chinefifchen Karten fegen die⸗ 
fen heiligen Berg auf ihr Gebiet, als Grenzberg, die Sapanifche 
Specialtaste von Koren nemmt ihn Tfio faë fan, aber zieht 
ihn noch zur Halbinfel, und giebt im Norden. beffelben den Pe 
heou Schan oder Peteng Scham (Fakto ſan der Sapanım) 
als Grenzberg an jenſeit deſſelben die Mandſchu mohnen: 
Beide Berge, ſagt der Japaniſche Geograph Rinſifee6), ſchlie⸗ 
ßen das Land, fo daß zur Seite kein Weg nach China vorbeis 
geht; nah China muß man ber Weſtkuͤſte folgen, bie Infeln des 
Zeao-tung entlang. 

Das Maer im Ofen ber Halbinfel,- foge- ‚die. Geographie 
ber Ming’), iſt fo fi und Bar, daß man bis 10. —— 
( Toiſen) in feine Tiefe hinabſieht. 

Anoleg, wie bie. Apennin Ketae, won den. Aupen — 
S. 2. chend, ganz. Stalien-feine Geflaltung giebt, - fo auch die 
Korea⸗Ketta ald füdlihe Berlängerung bes Tſchang 
pe-Schan, mit dem fie durch Hochgebirge verknuͤpft iſt. Ihre 
Steilfeite tritt. am hoͤchſten, wie der Apenninzug dicht zum Qſt⸗ 
geſtade der Halbinſel, weiche das gebirgige iſt, indeß ihr. gee 
gen Weſten, die fruchtbareren, groͤßeren und- beſſer bewaͤſſerten, 
auch bebauteren Thalgebiete vorliegen, das Südende. ber Halb⸗ 
infel aber. in die mildeſten, fruchtbarſten uud zugaͤnglichſten Lande 
ſchaften ſich hinabſenkt. Daher auch die Quellen aller größeren 
Fluͤſſe, der Hochkette nahe am Oſtgeſtade entſpringen, und 
ihren weiteſten Lauf gegen Weſten nehmen, Parallelfluͤſſe unter. 
ſich; nur ein: paar geringere fließen gegen Süben ab;, gegen 
Dften aber kein. einziger, fondern dahin kürzen. f ch nur a 
Gebirge baͤche unmittelbat in den Dream. 


°) Rinsifeo in San Kokf Tsou Ran To Seis 1. c, p. 12. 
7) Tai thsing y thoung tobi 1. c. in San Kekf Taou otc. ed. 
Klaproth. Paris. 1832, 1. c. p. 109. 


‘ 


582 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abfchn, 4 80. 


Erſt die Nordoſtgrenze der Halbinſel wird durch den 
großen Thu men Kiang (Tu men ula, ſ. Aſien Bd. I. 
S. 93, 97, f. oben ©. 436) gebildet, deſſen Quelle am Fuße des 
Tſchang pe Scan entfpeingt, befien Lauf gegen N.O. ziehend, 
amd die dortige Außerfte Nordoſtprovinz Korea, Hian king bis 
zum Sapanifchen Meer umſtroͤmend, duch Kaifer Khang hi, 
feit dem Sabre 1715, ale Grenzfluß bes ganzen Königreichs 
beſtimmt warb). Er ließ am demfelden alle Wohnungen zets 
Rören, um jedem Grenzftceite vorzubeugen, alle Anwohner mußs 
ten fid) von feinem Ufer entfernen, mit dem Verbot fid, dort aus 
zufiebein, ober. den Ader zu baum. Alle Communication mit 
Korea warb feitdem ſtrenge verboten, und ein Militaircors 
don von Ning guta (f. oden S. 499) dort eingerichtet. Dies 
fer Tu men ula bededt fi jährlih vom Sten bi6 zum Zten 
Monde mit 3-5uf dicker Eisbrüde, über weiche man bann mit 
Laftwagen hinwegfaͤhrt; erfl im Iten Monate wird er dann ſchiff⸗ 
Bar. Dat. Regis der, jene Gegend am unteren Flußlaufe befucte, 
bemerkt, daß die Koreaner in früheren Zeiten dort 9) gegen bie 
noͤrdlichen Tatarifchen Nachbarn eine Wauer erbaut gehabt hät: 
ten, die man jedoch wicht mit dem Dftende der großen Chinefis 
ſchen Mauer vergleichen könne: denn fie fey weder fo mächtig au 
Dice, noch fo terraſſirt wie jene, und fey auch feit einem Jahr⸗ 
hundert ſchon faſt gänzlich zerflört worden, nämlich. feit dem ers 
Ken dortigen Vorruͤcken ber ſiegenden Mandſchuvoͤlker. 

- Dos Norbwefltiche Hauptſtrom, der Palukiang, (Ya en, 
f. ob. ©. 436) vom hohen Tſchang pe Schan entfpringend, zieht mit 
12 Zuflüffen gegen S. W. zum Hoanghai, durch bie Korea: Pros 
vinz Phingngan, und bildet zwar deffen natürliche, aber nicht 


‚  bdeffen politiſche Bronze, die auf den erfien Gebirgszug feines 


Nordufers verlegt ift, von mo die wüfle Gebirgtzone beginnt, jens 
feit weicher dad Chineſiſche Grenzterritorium mit der Handels⸗ 
Rode Fung Huang efhing (Kong Hoan, d.h. der Phönir) 
als einziger Daffageort und Tranfitg Markt, zwiſchen bem 
Baſallenſtaate und den himmliſchen Reiche feftzuftellen beliebt wurde 
cf. Aſien Bd. I. ©. 96), über weichen auch die Tribut⸗Straße 
nah Peking geht. Das Waſſer des Da Iu kiang, fage bie 





205) Taf thsing etc. I. c. in San Kokf Ton etc. p. 119, 12. 
*) Pat. Regis Observations bei Du Halde T. IV. p. 531. 


f 


Kores, aͤlteſte Bewohner. | 583 


Neich6gesgeahpie !0), iſt blau, gleih den Federn ber En. 
tenktöpfe, daher fein Names «6 iſt ganz Har. Er iſt groß, 
300 Schritt breit, trägt große Schiffe zur Ueberfahrt. Er kann 
bis 10 Stunden (10081) aufwärts, von feinee Mündung in gtos 
Ben Barken .befchiffe merden, dann aber nur von Beineren bie 
25 geogr. Meilen (520 &i) bis nad Huon tu, das ſchon zwi⸗ 
ſchen den Schluchten des Hochgebirges liegt. An dieſem Stroms 
be Norbgrenze, aufwaͤrts, zog das Heer der erzuͤrnten noͤrd⸗ 
lichen Nachbarn der oͤſtlichen Khitanen, von Tunguſiſcher 
Race, unter der Leao⸗Dynaſtie (ſ. ob. S. 538, ſ. Aſien Bd. I 
©. 352), als fie, im Jahre 1012, die Eroberung Korea's begans 
nen, und im Jahre 1014 die Kaoli (d. i. die Koreaner) uns 
terjochten, wodurch die. erfle Dynaſtie der Kaoli, oder ber 
Korea Herefcher vernichtet wurde. 

Wie die Gefchichte ber Halbinfel Staliens, in die der ein« 
hbeimifchen, wenig belannten Aboriginer bes Südendes mit 
transmarinen Einzüglern der Griechen, Carthager, Ara⸗ 
bee, und der vom Norden her zu verfchledenen Perioden eins 
fallenden, continentalen Bölkerfhaften, wie be 
Etrusken, Bojer, Ketten, Gothen, Zongobarden und anderer zers 
faͤllt, ſo auch die Geſchichte Koreas, ohne welche, wenn auch 
nur im allgemeinſten Umriſſe deſſen Geogr aphie voͤllig unver⸗ 
ſtaͤndlich bleibt. 

Die Halbinſel ward in den fruͤheſten Zeiten von den Nach⸗ 
kommen einer Mittelafiatifhen Nation bewohnt, bie ehe⸗ 
mials den beſondern Sprach⸗ und Voͤlker⸗Stamm dee Siän pi 
dildete, der aber nad) manchem Raubzuge, als Zeitgenoffe ber 
Hiongnu „ [horn im V. Saecul., als ſolcher, aus ber Geſchichte 
verſchwunden iſt (f. Aſien Bd. I. S. 244). Aber, noch heute 
werden die Koreaner, bei den Japanern mit dem Namen 
Siän pi genannt; deren Vaterland im Nordweſt von Peking, 
in der Mongolei, wo der Stamm Karafchin weidet, liegt. Auch 
Kirin, oder Girint) iſt noch heute ihre Name bei Japaner 
und Chinefen, von ihren frühen Wohnfitzen am Songari 
(ſ. Stadt Kirin ob. &. 436). Zugleich ward aber in früheflee 
Zeit die füdtihe Hälfte Korea's von einem ‚andern Volke 





ee thaing * L. c. p. 116, 51, 80. 321) Rinsifse in San Kokf 
u etc. p. I Ele 


584 OB-Afen. Waflrfofene. 1. Wide. $.80. 


(vieleicht vom mehren) Ramens Chau?!?) (ober Han) ber 
wehnt, das aus 3 Staͤmmen, Ma Chan (Ma Hen), Pian 
Chan (Pian Han) und Schin Chan (Schin Han) be 
fand, die auh die San Chan, d. i. die Drei Chan ober 
Han (oder San Han) genannt wurden. Eie feheitten eigne, 
von den noͤcrdlichen Bewohnern Korea's verſchledne Sprachen ges 
fprochen, und mit ben Japanern in Bildung, Gitten und Bes 
beäuchen Achntichkeit gehabt zn Haben. Es wird an einer Seele") 
zwar gefagt, die Shin Han wären aus China verjagte Nach⸗ 
kommen der Thſin Dynaflie geweſen, die emblich, nach vielem 
Ungluͤck, ihr Aſyl Im füdtichern Theile dieſer Halbinfel gefunden haͤt⸗ 
ten. Es mag diefe etymologiſche Sage wol eine ähnliche Bewandniß 
haben, wie die Zrojanifche Anfiediung des Aeneas in Latium. 
Die Ma han follen fie bei ſich aufgenommen haben. Könige 
Durften fie als Erilirte nicht baden, diefe hatten fie aus ben Ma 
Han nehmen müſſen. Die Sprache ber Thfin hätten fie ges 
fprochen, fie ſollen ſich tatowirt haben und febe tapfer geweſen 
ſeyn. Die Pian Han follen ben Zſqhin Han in Gprade 
und Sitten ähnlich geweſen ſeyn. 

Die Chinefifhe Reihsgeographie fagt !*), die drei 
EGüd: Provinzen Koreas: Khing hang, Zhfiuanie 
- und Tchoung thfing, In denen, in bem erflen halben Jahr⸗ 
taufend n. Chr. Geb., ſich auch Kleinere, felbfifländige Königrriche, 
wie das von Sin 1015) und Pe fi aus den Völkern der Drei 
Han, die aus 78 Tribus beftanden haben follen, geflalteten, find 
Diejenigen im Lande, welche allein weite, fruchtbare, reiche 
Ebenen haben, deren Cinwohner am gefhidteften unter den 
Bewohnern Korea’s find, welhe Poeſie und Literas 
eur lieben. Khingchang, die aͤußerſte Süboft- Provinz 
gegen Japan zu, iſt aber bie antite Heimath de Shin Hanz 
Thfiuanto die aͤußerſte Südwefl: Provinz (gegen die vor⸗ 
Uegende Inſel-Gruppe der Quelpasrts) ift die der Pian 
Han, welche in Sprahe und Sitten jenen gleih find, dieſe 
Einwohner haben vieredige Köpfe, und gleichen, ſowol Mäns 
ner als Weiber, den Japanern. Tchoung thfing, die Pros 
vinz, welche im Norden an letztere grenzt, und alfo an ber Weſt⸗ 





332) Asia Polyglott p. 334. 3°) Tai thsing ds L cp. 153 
— 155. ı%) Tai Theing etc. I, c. p. 92, 98. 3>) Tai 
Ühsing etc. L e. p. 166 — 100. 


⸗ 


‘ 3 

Korea, mythifche Geſchichte. ..585 
Che der Halbinfel Liegt,“ ift aber 'nedft ihrer noͤrblich geldgenen 
Provinz Houang hai (noͤrdlich der Hof- Provinz, King, weis 
de die Mittel:Provinz Koreas iſt, mit ber Reſidenz Kingkitao), 
dis antile Helmath der Ma Han. Dies waͤren alſo die Pros 
vinzen mit den Aboriginer⸗Sitzen, zu denen wol auch die 
Beiden Mittel Provinzen Riangyuan und Kingti, die Dofs 
Provinz, gehören, von denen an einer anbern Stelle gefapt wich, 
‚daß diefe die antike Heimath der Weime 16) feyen, eines Volte⸗ 
ſtammes, den wir jedoch weiter nicht kennen. Auf jeden Fall 
ſcheint der Chin⸗ſiſche Geograph biefe "feiner gebildeten Suͤdbe⸗ 
wohner der Halbinſel, auch heute noch, von den mehr ktiege⸗ 
rifchen Einwanderern des Nordens zu unterſcheiden. Denun er 
fagt, die Bewohner der beiden ſchon zuvor genannten Nordpro⸗ 
dinzen, von Phing ngan und Hian King find dagegen gute 
Reuterund:Begenfhägenz jene iſt abe ‚Die Heis 
Math der alten: Tfhbao ſiam, biefe die Heimäath bei 
Kaoli, von derem beiderlei Supremat bie ganze Halbinfel ab> 
wechſelnd ihre Namen bei Chinefen, Sapanırn und Europfͤerm 
EKaoli, Korai, Korea) erhalten hat. Jedoch beide aͤlteſte 
kandesbewohner Sianpi wie die deei Dan und Weime,'die 
bei den Jeſniten auch wol bios Me!7) heißen, wurden ſehr früße 
jeitig mit andern’ Eindringlingen gemifcht. 
Die Japaniſche Encyclopädie (We banfen 1fat 
thou), in der Hiftorie von Korea (Toung kuẽ thung fan), citirt 
tiber ihre ‚mpthifche Periode eine Stelle, darin gefagt wird 36): 
Anfangs habe Korea Erin Oberhaupt gehabt; ein übernatürtiche® 
Weſen ſtieg aber herab (vergl. oben S. 19%, 289, 378) unter ei⸗ 
nn Sontal: Baum (Than mou); die Emmohner bes Lans 
des erhoben ihn zum Pringen, und nannten ihn Than Kliun, 
d. i. den SontalsPrinzs fein Mech ader Tſchao ſtan 
(2300 Sahe v. Chr. G.). — Sehne erſte Refidenz war zu Wangs 
hian (in der NochweflsProvinz Phing ngan), fpAter zu Peyo, 
wo fie bis zum Sabre 1317 v. Chr. ©. blieb; dann ward fie auf 
den ‚Berg Afzwta (Afftat?) verlegt. Daſſelbe fagt Rinfifee, 
ber Kotreas Geſchichte mit dem Chaos anfängt, und die Rache 
kommen des Santal Prinzen taufend Fahre herrſchen laͤßt, bis 
bie Chineſen Korea in Beſit nahmen, die einen König — 





20), Tai thain 1. c. P. 28, 81. MI) Du Balde Deser. Tom. w. 
bin abregee de a Coree p.639. ?*) San Kokf Tsou etc. Lc. 
p. 22. Nota p. Klapreth Nr. I. 


' 


586; DfisAfien. Waſſerſyſteme. I:: Kefhn. $. 80, 


(Khbi fu) sinfepen, der ſeinem Reiche ben Ehrentitel Fſio ſan 
(Khao fian, d. b. ſchoͤnes Morgenland, oder Mor⸗ 
genfriſche) ?id) glich. 

Die Chineſiſche Reichs häſto rie 0) zaͤßt auch ſchon zu 
Daos Zeiten, als China aus 9 Provinzen beſtand, die Halbinſel 
Korea durch einen van Chineſen eingeſetzten König Khit ſu (im 
3, 1122 vor Chr. G.), welcher Agricultur und Seidenzucht eins 
führt und Geſetzgeber iſt, bebersfchen,, bes eine Zeit lang von der 
‚Deoving Perfchell abhängig biieb.: Aber, gegen das Ende ber Chis 
nefiſchen Dynaſtie der. Han (reg. von 163 vor bis 221 nedy Che. 
Seh), fährt fie fort, kam von dee Nordofl:Grenze Koreas 
(aus bem aͤltern Ku yu) ein Eroberer, ber feiner Herrſchaft den 
Ehrentitel Ka o Li oder auch Kao kiun li gab, nad) dem Namen 
ah Landes ?!),. von dem er. herlam. Dies iſt die erſte, ältefle 
der dreimal ſich wiederhofenden Douaftien des naͤcdlichen Ge⸗ 
biegevoides der Kaoti (eigentiichen Korea ner n) walche aber 
demals · noch nicht zur Herrſchaft von gan Korea gelangt zu ſeyn 
ſcheint, und auch fehe bald’ wieber durch, Chinefifche Derrfchaft 
werbeinge wurde, fo daß damals ber Name Kaoli (Koral ber 
Japaner, daher das Korea der Europäer). wol ſchwerlich ſchon, 
ſondern erſt weit fpäter, allgemeiner geworden feyn mag. Denn 
Die mit China befreundeten Herrſcher zogen fpäterhin immer wies 
der. den Titel. Tſchao fian für Korea par) und nahmen, wie 
> B. ſchon König Lian, der im I. 413 n. Chr. Geb, Embafs 
fade und Tribut nach China fchicte, feine Refidenz in ber ber Chis 
neſiſchen Seite benachbauteren Gegend, zu Phing jang ??), im 
berfelben Stadt, weldye auch ſchon vor dem Einfall der Kaoli, 
untee dem Namen Wang bian, bie Ältere Refidenz geweſen war. 
Diefte König Lian vous Tſchao ſian hatte fein Reich in bie 
B-Tao ober Provinzen geteilt, welche. feitbens immer - ale 
Grund⸗Eintheilung Koreas beibehalten werden find. 


| Die aht Provinzen Koreas (Zao). 

Provinz I. Kingki (d h. Hof» Provinz, wol ein fpäter 
exft gebraͤuchlich gewordener Titel), fonft die Mittel: Provinz 
der 7 andern Provinzen genannt, oder „bie .von ben vier 
Meltgegenben geficherte," in deren Stadc Hantfhhing 





99) Tai theing ete, I. & ve Not. — >? ebend. p. 22,2 143. 
29) hend. p. 151. sr ebend. p. En 


/ 


Korea, die 8 Provinzen. 587 


erſt ein König Litan zu Anfang dee Ming⸗Zeiten (Anfang bes 
XIV. Jahrhunderte) feine Mefidenz verlegt 23) hat, ‚daher biefe 
Stadt, feitbem erſt, King ki tao bei Koreanen, Konglitae 
bei Chinefen hieß. Diefe Provinz ift mit der —— die Hei⸗ 
math der Weime. 

Provinz H. Kiangyuan (b. 4. Quelle des Fluffech⸗ 
im Oſten von jener; mit dem Kuͤſtengebirge, aus welchem bie 
Duelien des großen Fluſſee Han Klang (oder Hiung efin 
Kiang) entfpringen, der gegen Weſt firömend die Mitte ber 
Halbinſel durchfchneidet, fie in eine ſuͤbliche und nördliche Hälfte 
natürlich theilt, und Leine Stunde (102) im Suͤden?) der Mefis 
benz King iitao vorkber fließe. Ueber dieſen Fluß geht Im S. W 


der Refidenz die Furth, welche Yang hua tu (auch Linefin : 


gu) heißt, und welche vom Süden ber die Hauptzufuhr vormit⸗ 
telt. Ihre größte Provinzialſtadt heit Ktang ling fu. 

Provinz IE HDuangbat, d. h. Gelbes Meer im Row 
den der Hof: Provinz, am Weftgeftade, am Gelben Meere gelegen 
in ihre und Ihrer nordweſtlichen Nachbar Provinz, Phingngam, 
wird die Heimarh der alten Tſchao fiam angegeben, nady deren 
Herrſchern die Chinefen der diteften umd neueſten Zeit gang Korea 
tituliren. Ihre größte Provinzialſtabt heißt Huang tſcheou. 

Provinz IV. Tſchung thſing (d. h. die wahrhaft 
reine, oder bie treue Provinz), ebenfalls am Weſtgeſtade 
zum Gelben Deere gelegen, aber nicht wie die vorige im Norden, 
fondern im Süden der Hof: Provinzz «8 iſt bie antite Heimath 
dee Mahan 25);3 ihre größte Provinzialſtadt heißt Tf unge 
tſcheou. 

Provinz V. Thfiuan lo (d. h. die Suͤd⸗Proviuz), es 
iſt die Suͤdweſt⸗Provinz der Halbinſel, die antſke Heimath 
der Pian Han; fie wird das See⸗Thor gu Korea genannt; 
ihre erfie Provinzialſtadt heiße Thfiuan tfhedu. Don biefer 
führt ein Hauptpaß, zu Lande, Nanyuan genannt, dee Weſſ⸗ 
paß, zur Refidenzftabt, aber aus der vorigen Proving führk die 
zwdite Hauptpaß, ber Oſt paß, in dem Berge Uling (d. . 
Schwarzer Berg) liegend, zu derſelben Reſidenz der Miktel⸗ 
provinz. 

Provinz VI. King hang (d. h. der glüdtien Bor⸗ 





3») Tai thsing ete. 1. e. ar 43, 84) ebend. pP 109, 122, 
2%) ebend. p. 46, 9 ö = 


I 


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1 


588 Oft-Afin. Wafferfoftene. 1. Abfhn. 6. so. 


bedeutung) iſt bie Sudoſt⸗Provinz der Halbinſel, gegen 
Die Japaniſche Seite gerichtet, daher fie auch das Bollmwert??6) 
Aſchao fans gegen Japan heift.. E6 iſt die antike Heimath 
der Schin Han, und war früher das Königeeih Sinto. Ihre 
geößte Provinzialftabt heißt King tſcheou; auch liege in ihr ber 
deruͤhmte Hafın Su fhanı dir Haudtſtapelptatz der Japaner 
kei isren Meberfällen in Korea, - | 

Peovinz VH. Hian King (d. h. die. Städfetige), bie 
Rorbofts Provins, im Norden von Kiang yuanz alfo am ges 
birgigen Oſtgeſtade bis, zum: Tu men ula bin, die alte Heimath 
der Ka oli. Da dieſe Provinz, fagt die Chinefifche Reichſsgeogra⸗ 
phie,.im Nordoſten, und Tſchung thſing im Suͤdweſten, 
King Ei tao, oder bie Hof: Stadt dee Mittels Provinz, tn ihrer 
Mitte, als die beiden Hörner der Vertheidigung tn ihren Schuß 
nehmen (wie Acrocorinth. und Ichome im Nerden und 
Suͤden: die beiden Hörner des Gricchifchen Peloponnefus, bei Po: 
Ipbius u. a.) 77), fo werden beide mit dem Ramen Shians 
ling 23), d. i. die Himmels⸗Paͤſſe genannt. Die erſte Pre 
winpaikedt. heißt Hinnbing fu. 

Deovinz VII. Dhingngan. (db. h. die Friedens Pro⸗ 
die ‚äußere Nosdwef: Drovinz Koreas, die Grenz; 
provimz gegen Mukden, die Heimath dee Mandfchu, und gegen 
Bas Chineſiſche Reich. Es iſt die antike Heimath bee Tſchao⸗ 
Fiam, und ihre erſte Provinzialſtadt Phing jang auch bie ans 
tike Nord⸗Reſidenz 29) Kortas geweſen. Dieſe Provinz Rand ſtets 
am meiſten in Verbindung mit China; zur Zeit der Mongolen⸗ 
Herrſchaft unterwarf ſie ſich, im Fahre 1269, ſelbſt der Puan⸗ 
Dopnafiie-mit 60 Staͤdten; nach beren Berttribung aus China 
fiel fie aber an das Koͤnigreich Tſchao fian zuruck 
: Aber fchon weit früher war dieſe Provinz in viele Beruͤh⸗ 
zung mit China getreten, und als die mächtige Zang:-Dypnas 
Rie dee Chinefen, zum erfien male eine Herrſchaft der Kaoli 
Funte; und bie damalige Nordreſidenz Phing jang eroberte (im 
3. 668 a. Che. Geb.), sichtete fie eben daſelbſt wieder ihr neues 
Gounvernement ein, das den glänzenden Titel, Militaiecoms 
mando zur Herflellung des Friedens im Morgens 
Lande (in Tſchao ſian) erhielt. 

286) Teithsing 1. c. p. 28, 46. 2») Polybias VII. 11. 3. 'Piu- 


tarch Aratus 50, Strabo VIII. 36. **°) Taithsing L c. p. 46. 
3®) chend. p. 72. 





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- Korea, Kaoli. 8do 


So lange bie Tang⸗Dypnaſtie in China herrſchte, mar 
bie Halbinfel Korea’s flets in mehrere Künigreiche getheilt 
(die drei Han, San Han, im Süden in Sinlo. oder. Sinzg, 
und Petfi). Gie wurde aber von Norden her mehrmals von 
den aͤltern Mokho, den Khitan und Kaoli von neuem bes 
drohet, die auch theilweife darin Uebermacht gewannen. Zu Ans 
fange des X. Jahrhunderts iſt von einem Priefler des Buddha 
die Rede, dee Kungi heißt und König des Landes ward; aber 
mit dem Stun der Zang:Dpnaftie ging aud feine Horte 
Thaft zu Ende, und die jüngfte Eroberung der Nordiſch en 
Barbaren von der Race der Kaoli, Korai ber Japaner, 
unterwarf fich (im 3. 934) ganz Korea. Aus einer Notiz des 
Pater Regis 3) zu fchließen, koͤnnten diefe Eroberer auch von 
den Jutſchy (ober Niutſchi den nahmaligen Kin, die auch 
Nord: China Überfielen, f. oben &. 436 ꝛc.) aus gegangen feys, ' 
welches die alten Stammvordern, der Mandſchu find. Dody ift 
niemals von einer Verwandtſchaft ber Mandfhu und Kaoli 
(oder Koreern) die Rede. Diefe neuen Gebieter des Landes, die 


Kaoli, zahlten zwar bald auch Tribut an bie Chinefifchen Kai ' 


fer de Sung: Dynaftie, und fhidten ihr Embaſſaden; aber 
fie ſuchten zu gleicher Zeit es auch mit ben im Morden angrens 
zenden Herrſchern der Khitan (Liao) und fpäter der Kin (d. j. 
die Miuefchi-oder Altun Khan) es nicht zu verderben 31), welche 
legtece fie ftatt der übermächtigen Khitan (Seit 1014), die fie 
wieder verjagten, Ins Land gerufen hatten. Als die Mongo, 
len: Macht ſich heranwälzte, waren diefe von. der jüngern Dy⸗ 
naftie der Kaoli die erfien, die ſich ihnen frühzeitig (im Jahre 
1219) 32) unterwarfen, obwol fie auch baid wieder zebellirten und 
von Oktai Khan (im Jahre 1232) wieder zu Paaren getrieben. 
werden mußten. Als die Mocbwefl: Provinz, Phing ngan, mit 
ihren 60 Städten, wie oben gefagt, ſich ſelbſt an Khublai 
Khan unterwarf, wurde.diefe zue Mongolen : Herefchaft geſchla⸗ 
gen; doch ſicherte dies dem Kaiſer noch keinen großen Einflug 
am Hofe in King i tao zu, wo feine Geſandten nur wenig Weis 
ſtand zur projectieten Erpedition gegen Japan fanden .(f. oben 
©. 574). Als das Anſehn der Mongolen vorüber war, fandten ' 


20) B. Regis Observations ewetipen sur le Roy d 8 Corte b. 
a Halde T. IV. p. 534 etc. Hist, abregee 9— la Corde 
1. c. b. Du Halde T. IV. p. — Til. we. La. Be — 
72, %, .; .°) Taithsing ec ‚L. c- p. 36: 


— 


590 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 80. 


Die Könige von Kaoll (Koral), im Jahre 130, dem ern 
Kaiſer dee Ming: Dyhaftie Embaffade und Tribut d22), und erhiels 


tem bafüe ben Titel Tſchao ſian, wie vor alten Beiten wieder 


verliehen. 

Der Frieden Korea in der naͤchſt folgenden Periode ſcheint 
faſt nur allein ducch Japaner geftört worden zu ſeyn, bie, im 
Jahre 1592, ploͤtzlich einen Eroberungszug nach dieſer Halbinfel 
machten. Schon in weit früheren Zeiten war das ſuͤdtiche Korea 
wol ſchon einmal von ihnen erobert (von der Kaiſerin von Ja⸗ 
pan, Sin tu kwogu, reg. von 201 bis 269 n. Chr. Geb,) >), 


"und im Jahre 065 das Koͤnigreich Sinlo in der Shdofl Pros 


vinz, wie im Jahre 247 das Königreih Petfi in der Suͤdweſt⸗ 
Provinz teidurpflihtig gemacht. Diefe Herrfchaft ſcheint aud 
noch weiter weftwärte gereicht, und noch im X. Jahrhundert 3°) 
fortbauernden Beſtand gehabt zu haben, worüber uns jedoch die 
Geſchichte nichts näheres ſagt. Aus diefer Periode mag fo manche 
Sapanifche Sitte und Eultur in Korea eingetwandert ſeyn, von 
wo bagegen Buddha⸗ECultus feine Tradition vom Continent jur 
Inſelgruppe gewonnen haben mag (im 3. 652 n. Chr. Geb.) *), 

Gegen Ende des XVI. Jahrhunderts aber, darin ſtimmen die. 
Chinefifhen und Japaniſchen Annalen 7) indgefamt 
überein (das Zapanifhe Wert Tung tue chung kian, d. h. 
wahrhafter Spiegel des Oſt-Koͤnigreiches enthaͤlt bie 
Geſchichte dieſes Erpberungszuges in Korea), wurde die Hatbinfel 
sum zweiten male von den Japanern erobirt, im Fahre 
1592, dur Zide voſi (Phing fieowu Ey), der in ben Japa⸗ 
nifhen Annalen Zaito (Taiko ſama) heißt. Er war eine 
der berühmteften Seogoun 8), oder Militair:Katfer von 
Japan, und ſtarb im Jahre 1598. Die Groberung dee Halbin⸗ 
ſel, fagt der Japaniſche Annatift, machte ihm nur wenig Mühe; 
denn die Koreaner waren ſehr fanft und zeigten nur wenig Muth, 
An 3 Monaten waren alle 8 Provinzen erobert, fia wurden ver 
wuͤſtet. Der König von Korean floh über Phing jang nad 
Itſcheou, das an bee Mündung des nordweſtlichen Grenzſtto⸗ 


mes bes Ya (u Kiang liegt, und durch eine nahe Feſtung ge⸗ 


a) Taithsing ete. L. o. p. 33. 34) Rinsif6e in San Kokf Tau 
‘ eto. ed. Klaproth 1. c. p- 23. 26) Tableaux histor. de l’Asie 
Tab. 8. et 17. 2€) "Klaproth Recherches sur le Pays de Fou 
Sang 8: p. 15. 27) Rinsifde in San Kokf Tau ete. p. 23; Tai 
&hsing etc. 1. ep: 37. 9 ii reihe zu 


A | 


. 


. Rorea, Sapanifche Erpedition. -: 591 
fchuͤtzt war, er bat hier die Ming Kaifer In China um Schutz In, 
Die Ehinefifhe Armee erfchien zum Beiſtande; es kam zu meh» 
reren Srfehten, aber ohne Erfolg, die Ehinefen blieben eines, 
wegs Sieger. Als aber Taito ſtard, kehrte das Japaniſche Heer 
nach ſeiner Infelheimath zuruͤck. Nun erſt nahm die ſchwere 
Zeit, unter dee Tſchao ſian geſeufzt hatte, ſagt der Annaliſt, 
allmätig ein Ende. Dieſer Ueberfall %) Hat den kriegeriſchen 
Geiſt der Koreer erweckt, fagt der Japaniſche Geograph Rins 
fifee, fo daß fie gegenwärtig eine furchtbare Flotte befigen, 
die mit tapfern Seetruppen bemannt, von guten Dfficteren coms 
mandirt wird, und in 14 verſchiedenen, befefligten Häfen des 
Meiches auf eben fo, viel Stationen zur Sicherung vertheilt 
liegt. Das Sprichwort, fagt der Japaner Rinfifee, bes, 
währe ſich au bier: „Nach dem Regen wird der Bos 
den bar.” — “ | 
Diefelbe Supanifhe Erpedition 2), ber fiebenjäß» 
tige Krieg gegen Korea, wird in ben Ercerpten der Sefuiten 
‚aus anderen Chinefiſchen Quellen, der Zeit und ben Perfonen ' 
nach gleich, aber mit folgenden Nebenumſtaͤnden erzählt. Im 
Jahre 1592 eroberte Ky, von der Familie Phing fieou, d. 1. 
Taiko, der aus einem Japaniſchen Sclaven fi zu biefer Ges 
malt ethoben hatte, durch zwei feiner Keldheren bie Halbinſel. 
Don dem Vorgebirge der Suͤdoſt-Provinz Ring hang in Kos 
rea, erblickt das Auge ſchon die vorliegende Inſel Tfu fima 
CGui ma tao), die den Japanern gehört, und umgekehrt; es find 
dahin bei gutem Wetter, von Japan, nur 2 Tagereiſen Ueber⸗ 
fahrt. Auf dieſem Wege deſtand von jeher gegenfeitiger Verkehe 
der Bewohner von Japan und Korea, auch verheiratheten ſich 
beiderlei Nationen gegenſeitig. Der König von Korea lebte das 
mals in Luxus und Weichlichkeit. Die zahlreiche Japaner Flotte 
überfiel den Hafen Fu Schan, zog insgeheim an Lin tfin (?) 
vorüber, theitte ihre Macht in zwei Corps, und biefe eroberten bie 
Stadt Fonte (2). Der lange Friede hatte die Koreaner weichlich 
gemacht; fie vertheidigten ſich nicht, dee König floh und fuchte 
ein Aſyl Bet den Chinefen. Die Japaner Üüberfchritten ben gro⸗ 
ben Sluß, fie eroberten die Reſidenz, nahmen die Famille des Kt, 





2°) Rinsife San Kokf Tau ete. ebend, Talthsing eto, l. c. p..78. 

" 4°) Rinsifse San Kokf Tan etc. p 18. Taitbsing etc. 1. 6. p, 38. 
21 — abregẽs de la Corde b. Du Halde Deser; L'g. ’b. IV 
p. 549. — 


⸗ 


— 


502 Dfi-Afen. Mafferfofleme. I. bin. $. 80. 


nigs gefangen, plünderten den Schatz, zerſtoͤrten bie Gräber, ver⸗ 
heerten das Land, drangen bis Phing jang vor, das fie bela⸗ 
gerten, und ſchickten ſich fchom zum Uebergang über den Ya lu⸗ 


.Kiang, zu einem Einfalle in Leao tong, an. Da traf das 
„erfte Chinefenheer als Hülfe ein, e6 kam zu blutigen Gefechten; 


am PYa lu Kiang fielen 3000 Mann. Der Japaniſche Kaifer 
Tarko folgte über Tfu fima feiner Flotte, er rüdte bis in bie 
Gapitale von Korea vor, in dee er fi verfhanzte. Parlemens 
taire, welche Chinefen und Japaner twechfelten, glidhen den Streit 
nicht aus. Ein Chinefen:Heer von 70,000 Mann wasd auf bie 
Beine gebracht, «6 309 über das Grenzgebirg von Fong⸗ 
Hoan 2) (der Phönir: Stadt, Fung huang tſching, ſ. oben 
S. 582), mit unfägliher Muͤhe; ale Pferde fchwigten dabei 
Blut. Am Ufer des Ya lu Kiang angelommen, erblidte das 
Chinefens Heer die Gebirge Koreas. Hier, rief fein Feldherr aus, 
iſt dee Schauplag eurer Thaten. Nun begann ein fiebenjähris 
ger Kampf, Schlag um Schlag, Lift um Lift, der erft mit dem 


Tode des Zaito zu Ende ging (1598), worauf bie Japaniſche 
Slotte in ihre Heimath zurückkehrte und die gemachte Eroberung 


fahren ließ. , Doch fheint die Berbinbung mit Japan nie 
ganz abgebrochen worden zu ſeyn; denn die Nachbar-Inſel Tſu⸗ 
fima im -8.D. (Zul ma tao) ift der Japaner Eigenthum, 


ſeitdem immer, bis heute, geblieben, und der Militairs Commanz 


dant diefer Inſel, ſagt Rinfifee *%), hält flets, zu Zu Shan 


‚(Su fan), in dem gegenüberliegenden Haupthafen ber Südofttüfte 


Koreas einige hundert Soldaten Garnifon, die er von feiner In⸗ 


ſel dahin ſchickt, fo daß berfelbe an Japan unterworfen iſt. 


Menigftene vom Sabre 1573 bis 1619 *%) wird ausdruͤcklich ges 
fagt, daß dafelbft eine Japaniſche Garniſon gelegen, die ſich aber 


vor den Chinefen zurüdgezogen habe. In andern benachbarten Küs | 
flenftädten von ba im Oſt, wie z. B. zu Weit Schan, Chunz 


thian, und andermwärts, hatten bie Japaner fo ſtarke Feſtungen 
angelegt, daß bie Chinefen ihre Sarnifonen nicht herauszufchlagen 
im Stande waren. i 

Capt. v. Krufenfiern *) dem noch neuerlich (1805) zu 


Mangafaky derſelbe Umſtand von ben Japanern erzählt wurde, 


„»*®) Hist, abr. etc. b, Da Halde L c. T. IV. p. 551 — 5585. 


ER Rigsifee in er — Tsou etc. La. p. 18. *) Taitlsing 


"etc! 1.,c. p. 57, 6 64. ve Kr ufenftern — 
Bel — Berti Bit. 3. Th. 1. & 1 


— — 





Korea, Tributpflichtigkeit. 593 


daß fie eine Beſigung in Korea hätten, weiche durch ben Fuͤr⸗ 
fen von Tſu fima (Tfuffima bei Krufenfleen) verwaltet 
werde, hielt Died nur für eine Prahlerei jenes eingebildeten Vol⸗ 
kes; doch Eonnte dieſe Meinung meber bei feiner flüchtigen Wore " 
beifahrt dieſer Sufel, noch bei ber von Capt. Broughton näher 

ermittelt werden. Doch bemerkt dv. Krufenflern, die Menge 

bee fhönen Baien und Hafen, die er auf biefee Doppelinfet 

aus der Kerne deutlich unterfcheiden konnte, müfle den Handel 

mit ihren öftlihen und. nefllihen Nachbarn ſehr befördern, auch 

böste ee, daß bie Koree 5 ungeachtet fie alle Communication mie 

Japan ſchon feit einiger Zeit abgebrochen hätten, doch immer 

noch diefe Infel des Handels wegen befuchten. Die Chinefifche 

Reichegeographie 16) ſagt allerdings von- dieſer Küfte: ehedem 
gehoͤrte dieſelbe den Japanern, die hier auch Tribut einfor⸗ 

besten. — : ; 

Dee Japanifhe Geograph führt an *7), daß der König 
von Korea noch heute (d. 1. 1785) an Japan feinen Tri⸗ 
but in Gefchenten zu zahlen fortfahre, und feine Abhängigkeit 
von demfelben ſchon duch die Schriftzüge und Titulat ur in 
feinen Beglaubigungsfchreiben zu erkennen gebe; feine koſtbaren 
Geſchenke, die er an den Kaiſer von Japan abfende, befländen 
in dee Wurzel Rinfii (Binfeng, es ift Panax quinquefolium 
nah Lin, f. oben Aſien Bb. I. S. 94), in Tigerhaͤuten, 
Leopardfellen, geänen Maroquin, Fifhhäyten, Sa⸗— 
tin, feinen, weißen Baummwoldenzeugen, deeffirten 
Pferden und Falten. Der Sapanifche Kaifer dagegen fende 
ihm vergolbete Sacher und vergolbete Reitfättel, 
golbbefiaubte Schachteln, zu Papier, Steinen ꝛc., Sächer 
von Vogelfedern, verſchledene Sorten Thee und Andberes. 
Der erſte und zweite der Koreiſchen Embaſſadeurs erhalte dann, 
ein Jeder, 500 Beine Lingots Silber und 300 Stuͤcke Leinwand; 
ber folgende 200 Lingots Silber, und unter das übrige Gefolge 
würden noch 1000 dergleichen vertheilt. 

Wie ſich neben diefer wahrfcheinlih nur nominellen Abs 
bängigteit, von Japan, aber nach dem Verfall der Ming, felt 
der aufblühenden Macht dee Mandſchu⸗Kaiſer, zumal ſeit 
Kaifer aIaneN? energifcher Hertſchaft, das Verhaͤltniß des 





**) Tai — ete. 1. c. p. 96. 47) Rinsifee in San Kokf Taou 
etc. 1. c. p. 19, 21, 


Nitter Erdtunde IV. Pp 


594 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 80. 


Vaſallenſchaft Koreas gegen China feſtgeſtellt hat, iſt ſchon 
oben angeführt (ſ. ob. S. 575). So wie der König von Korea 
Riebt, fagt Pater Regie, ſchickt ber Kaifer von China deſſen 
Prinzen zwei Embaffadeurs, ihm den Titel Kue Vang, d. i. 
König’), zu uͤberbringen; ernennt der König ſchon bei Lebzei: 
ten feinen Nachfolger, fo bittet diefer den Kaifer um Beftätigung. 
Er empfängt die Inveftitur Enieend, und giebt den Embaffaben:s 
eine beflimmte Anzahl Gefchenke, und eine Summe Geldes, 800 
Taels an Wert, Darauf bringt der Koreanifhe Gefandte in 
der angegebenen Zeit den Tribut, und macht dabei die Gere: 
monie der Profternation mit dem Anfchlag des Kopfes auf die 
Erde, gleich den Unterthanen des Chinefifchen Reiches. Da birfe 
GSeremonien ganz genau beftimmt find, um eben fo erfüllt zu 
werden, fo, bemerkt der Pater, genieße auch Korean, fo lange «6 
fi) denfelben unterwerfe, des glüdlichfien Friedens. Die Se: 
fandten Koreas haben jedoch in Peking nicht einmal den Rang 
der Mandarine vom ten Grade, weil ihre König nur Vaſal if; 
daher auch feiner Refidenz, wie ſchon oben gefagt, nicht der Ziel 
King, fonderm nur Kong ki tao gegeben wird; denn jenen 
verwirft die Chinefifhe Diplomatie ganz, weil fie keinen gleichen 
Souverain und King: Hof mit ihrem himmlifchen Reiche gleick⸗ 
fielen zu können fih brüfte. Der Korean König übt Vorſicht 
und ſcrupuloͤſeſte Aufmerkfamteit gegen jeden Chinefifchen Em: 
bafjadeur an feinem Hofe, her, fo lange fein Aufenthalt in King: 
ki tao währt, nie allein gelaffen wird, fondern ſtets durch eine le: 
bendige Zelegraphit, eine Kette junger wachthabender Poſten *) 
mit feinem Palais in Verbindung gefegt wird, um von Wort zu 


Wort, von Minute zu Minute alles zu fignalifiten, mas derſelbe 


gethban und gefprochen hat. 
Die Geſandten Koreas, mit denen ber Ruffe Timkowski, 


im Sanuar 1821, in Peking zufammentraf, berichteten, daß fie 


jaͤhrlich 50) (nicht von drei zu drei Jahren, wie gewöhnlich ge: 
fagt wird), ihren Tridut nah Peking ablieferten (Sinfeng, 
Bobelpelze und anderes, zumal Baummwollen: Papier), 
dagegen den Kalender empfingen als Anerkenntniß der Vafallen: 
haft, daß die Laiferlichen Gegengeſchenke, die fie erhielten, abır 





»*°) Pat. Regis Observations Geograph. sur le Roy. de Corée b. 
Du Halde IV. p. 637. 0) Pat. Regis ebend. p. 532. 
#°) Timkowski Voy. 1. c. T. Ii. p. 43, %. 





- Korea, doppelt tributpflichtig. ° 505 


nur fehr gering an Werth wären. Das Koreanifche Gefandts 
fchaftspalais in Peking Itegt an einem Weſtthore der Stadt, 
in weitlaͤnftigen Gärten, ber König wird Kaoli Vang titulierz 
fein Geſandter fährt nur mit geringes Geremonie in einem eins 
fachen Wagen zu Hofe; Officiere find in feiner Suite. Sie ges 
fanden feeimüthig, daß ihre Landoleute, obwol fehe friedlich ges 
finnt, ſtets zue Empörung gegen bie Mandfchus Dpnaftie geneigt 
waͤren. Der Kaifer behandle fie Hartz fie werden genau bewacht; 
fie felbft müßten fich viele® vom Hochmuth der Chinefifchen Dans 
darinen, welche die Kor eer verachten, gefallen laſſen. Auch dem 
Japanern, beflätigten fie, bezahle Korea immerfort einen 
Tribut in Gold, und bie Eiferſucht der Japaner hindere fie 
mit andern Völkern, als Chinefen, in Verkehr zu treten. Daß 
Korea alſo durch feine Weltſtellung zwiſchen zwei herrſchenden 
Staaten, zu den doppelt tributpflichtigen (wie Ladakh, 
f. Afien Bd. Il. S. 620) Laͤndern der Erde gehört, leidet keinen 
Zweifel, dafuͤr iſt es aber in feinem Innern deſto unabhängiger 
von außen, und den ſo maͤchtigen Chineſiſchen Kaiſern iſt es doch 
eben wegen der Eiferſucht der Japaner, aller Verſuche ungeachtet, 
niemals gelungen Korea ganz in eine Chineſiſche Provinz 
ju verwandeln. 

Die fruͤhern Diftansangaben und Groͤßen ber Halbinfel ſind 
faſt bei allen Autoren St) übertrieben, weil fie die große Beſchwer⸗ 
lichkeit der Wege durch das gebirgige Halbinfelland mit in Rechnung 
brachten. Ihre Länge von N. nach ©, laͤßt fih nur zu 90 bis 
100 geoge. Meilen durch 6 Breitengrade annehmen (zwiſchen 
3° bie 40° N. Br.); die Ausdehnung des Königreiches aber bis 
zum aͤußerſten Nordende etwa noch bis 43° N. Br., alfo auf 
135 geogr. Meilen. Die Breite reduciet fi) aber, im Mittel, 
meiſtentheils nur auf 30 geogr. Meilen, und iſt nirgends über 
40, oder unter 20 geogr. Meilen. Ihe Areas kann noch Feine 
2008 Quadratmeilen betragen, wenn man auch alle Beftade: ins 
fon Hinzu rechnen wollte. Die Koreer, ſagt der auf dieſer 
Halbinſel fo lange gefangen gehaltene Buchhalter 52) des geſtran⸗ 
beten Hollaͤndiſchen Jachtſchiffes der Sperber, zeichnen ihre Land 





: 61) Taithsing etc. 1. ec. p. 24; Rinsifee in San Koukf etc. 1. c. 
p- 11; Da Halde T, IV. p. 639; Pater Regis ibid. p. 529. 
52) H. Hamel van Gorcam Deser. I. c. in Recueil de Voy. au Nurd 

: T. IV. p. Si. 
272 


598 Dfi-Wlen:! afferfofieme. 1. Abſcha. $. 80; 


wie din langgezogenes Nechteck in Geſtalt einer Spielkarce⸗ 
doch hat es viele Spitzen und Vorgebirge. 
. Das Elima von Korea iſt im Norden ſehr rauh, im 
Suͤden fehr warm. _ Daß dee Tumen ulaim N.D. jaͤhrlich 3 
bis & Monat ſich mit Eis belegt iſt oben (f. ob. ©. 582) ſchon 
gefagt. Der Holländer H. Hamel, während feiner vieljährigen 
Sefangenfchaft in Korea, hatte init ſeinen Leidensgefährten viel 
von dee Winterkaͤlte zu leiden. In dee Gebirgsgarnifon, im 
weiche er im Sabre 1662 In einer der Suͤdprovinzen eingeſchloſ⸗ 
fen war, fiel im Winter fo viel Schnee?5?), dag man ſich uns 
4er demfelben von Haus zu Haus bie Etrafe bahnen mußte; 
die. Einwohner haben hier ( wie auch in Lappland und auf den 
Alpen) den Gebrauch ſich Negreife unter die Fuͤße iu binden, 
wenn fie über Schneefelder gehen, um nicht darin einzuſinken. 
Ale Verbindung über das Gebirgsland aus Korea nah 
China if daher im Winter unmöglid, im Sommer wegen der 
wilden Beſtien gefährlih, daher man im Winter am leichteſten 
und gewöhnlichen auf bem ſtets gefrornen Küftenmeere 
nah Leaotong und China überfegt, Im Sommer dahin fehifs 
fen wuͤrde, wenn 6 erlaubt wäre. Die Käkte im Norden Kos 
reas, ſagt H. Hamel, ift fo ſtreng, daß dafelbfl weder Reis 
noch Baumwolle, fondeen nur Gerſte gebaut werben kann. Die 
Neicheren Laffen fih dort ihr Mehl aus dem Süden konmen; 
Pelztraͤcht it da allgemein. Eben da gedeiht aber auch allein bie 
Mify, oder Binfeng ff. oben ©. 693), mit berem koͤſtticher 
"Wurzel die Bergvoͤlker ihren Tribut, wie ihre Waaren, nad Ja⸗ 
yan wie nah China bezahlen. Bis zu jenen Falten Kü⸗ 
ſtenmeeren draͤngen fi gaͤhrlich noch fehr viele Walls 
fiſche aus den Polarmeeren herab (f. oben S. 466, 470, 474), 
in deren Spedihwarte man wicht felten Haxpunen und Das 
Ten der Stanzofen und Holländer eingewachſen findet, ein fiches 
res Zeichen, fagt H. Hammel, daß eine Communication ber 
Spigbergifhen und Waigaz sGewäffer durch dem 
Mocden mit bee Korea⸗See 8) ſtatt finde. Auch Capt. 
Broughton beobachtete (1797) in der Großen Bai unter 
38° 56 N. Br., au ber —— der Halbinſel, ſehr viele 


282) H. re van Gorcum deſſ. Diese: Le. Rec. de Ve au 
Nord T. IV. p. 53. s“) H, Hamel L c. p. 52. > 


‚Korea, Elima, Producte. 397 


-_ Bolififde®). Die Koreaner Schiffer haben das Sprichwort 


„gegen Norden fey das Meer ohme Grenzen.” Auch 
bemerkt der Holländifche Seemann, Hier wärben vom Decema 
ber. H6 März ſehr viele Deringe:gefangen, die im Decems. 
bes und Januar bie Größe der Hohänbifchen hatten, in ben 
Monaten Februar und März. aber Heiner wären, als bie 
Hoßändifchen von ben Monaten März. und Apeil. 
Die Kälte ruͤckt abe auch bedeutend gegen ben Saͤden 
der Halbinſel hinabz denn manchen Winter listen‘ bie Hollaͤndi⸗ 


ſchen Schiffbruͤchigen dort:an Kälte in ihrer Gefangenſchaft; im 


Jahre 1664-56) gefror- fogar der große Fluß eine Stunde im Süs 
ben. von King itao, der HanKiang.(f. ob. &. 587), daß vice; 
hundert Laftpferde uͤber feine Eisbruͤcke hinwegzogen, unde ihnen. 
bie Pelze, welche ihnen ber König. zutheilen ließ, ungemein ers 
wünfdt kamen: .Rirgenbs if irgend wo von zu großes. Hige im 
Lande. die Mede; niemals beklagen fich die flantegefangenen Hole 
länder daruͤber wie fıber die. Kälte. Die Hitzt muß mol auch im 
Süden fehr gemäßige und durch die Stellung zum Meere, in 
der füdlichen Hälfte der Halbinſel, ſehr angenehm und feuchte 
bringend- ſeyn. Ueber die Seuchtbarkeit. bee. Sübprouins 
gen. if: das Urtheil einftimmig, und. bie Hauptprobucte Reis, 
Baummolle, Hanf, beflätigen die milde Natur des Climas, 
Noch fehlt: die genauere. Kenntniß der Slora und Sauna 
ber Halbinſel: Pater Regis ruͤhmt als Haupterwerb von Nord» 
Korea, die Sinfeng: Ernte und die Zobeljagd °’”), und 
im Suͤden als Handelsartikel das fehr feſte und dauerhafte Ba um⸗ 
wollen⸗Papier aus Korsa (mol aus dem Ku fang), bd. h. 
nüglihen Sangz Sang, b. i. Maulbeerbaum, dem Morus par 
pyrifera oder. Broussonetia papyrifera, mie in Japan gemacht, 
wo: der gemeine Maulberrbaum Gang, der Papiermaulbeerbaung 
aben Tſch u heißen- fol, nady Abel Nemufar) 5). Selbſt im 
Palaſt zu. Peking wich dieſes Korea:Papier zum bekleben ber Fen⸗ 
ſter gebraucht,. und in außerordentlicher Quantität nach China ers 
portict ,. bennoch bieibt. e& aber. doch ſtets theurer im Beate als 


85) Capt. Broughton Voy. de Decouv. Trad. fr. I. c. T. I. ER we 
se) H. Hamel I. c. befj. Journal I. o. IV. p. 26. 87) P. 
Observations etc. b,. Du. Halde IV. p. 533. 8) — Re- 
eherches aur le Pays de Fou Sang Ten Livr, Chineis etc. p. 14. 
6°) Ab. Remusat Not. zur l’Encyclop. Japonaise, tn Notic, et Ex- 
tiaits de la Biblioth. du Roy. T. XI. p. 274. 


- 


598 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abfchn. $. 80. 


alles andere Papier. Auch des Seidenwurm, fagt H. Ha⸗ 
mel 20), finde ſich hler; die Koreer verfländen es aber nicht, ans 
feinem Sefpianfte Seide zu weben. Erſt ſeit 50 Jahren, fagt 
H. Hamel, das iſt ſeit' Anfang bes XVII. Jahrhunderts, feit 
dem Japaner⸗Ueberfall, wurde dee Tabacksbau und das Tas 
badtsreauden von den Japanern in Korta eingefährt, unb mit 
Leidenfhaft aufgenommens benn zu feiner Beit, fagt er, rauche 


: alles Taback, feibft Weider, und bie Kinder in Korea (dom vom 


Sten bis bten Sabre an. Das Land fey rich an Witb, Bes 
flägel, Blehheerden alkee Art. Wie Tiger (wol Panther 
arten, f. Aflen.Bb. I. S. 96), Bären, Hirfhe, Eber, Kos 
den, Dunde gebe e6 im Lande; Kapmans von 18 bis 20 
Ellen Länge in den Fluͤſſen, viele giftige Schlangen; fehe viele 
Arten von Schwaͤnen, Gaͤnſen, Enten, Stoͤrchen, Robrbommein, 
Schnepfen, Tauben, Phafanen, bühnerartigen Vögeln. Gehe 


diel Rindvieh, die Ochſen braude man zum Pflug, die 
Pferde zu den Reifen u. f. w. Noch nennen bie Sefuiten, ums 


ter den Erporten dt) aus Korea, Gold, Eifen, Steinſalz, 
Wolfſchwanzpinſel, Biderfelle, einen gelben Fieniß 
einer Art Palmbaum, der im Innern bes Landes gedeihe, ent: 
röpfelnd, und fo fchön wie Bold glänzt, wenn er trocken il. An 
ben Kuͤſten gedeihen Pinuswälder. Timkowskior) erfuhe 
in Peking, daß Baumwolle und Baumwollenzeuge die 
Hauptexporten ſeyen, welche die Korea Kaufleute, denen ihre 
Tribut⸗ Embaffade jährlich zu begleiten erlaube iſt, dort in Dans 
dei brädhten, nebft Schreibpapier (Petſchui oder Peto nach 
dem Kuanyuki), das feſt wie Leinwand fey, auch Seide und 
Seidenfoffe(?), und Pferde, zwar von einer Heinen Mace, 
aber fehe feuriger Art. In Peking nannte man das beiiebtefte 
Baumwollenzeug Daba von Kaoli. Diefe Kaufleute fand 
er Über das Mord: Afien gut unterrichtet, und meint bie Rufſiſche 
Handels: Compagnie von Nordweſt⸗Amerika möchte wol gute Ge: 
fchäfte mit Korea machen koͤnnen. Capt. Marmweiis5) Mies 
theitungen tiber bad Allgemeine von Korea, feine verbienfitichen 


Küftemobfervationen abgerechnet, enthalten bucchaus kein einziges 


/ 


200) H. Hamel van Gorcum deſſ. Deser. L co. T. IV. p. 535 —54; 
ebend. p. 78. °’) Histoire Abr. db is Core b. Du Halde 
T. IV. p. 558. **) Timkowaki Voy. 1. oc. T. I. x 96. 

#8) Capt. Maxwell Sketch of Surveys etc. in H. Ellis Journal l. ce. 
chap. IX. p» 474 476. j 


Korea, Producte. | ‘599 


neues Datum, und find feider" bloße Gomplltionen der Sefuitens 
Angaben. 

Das merkwuͤrdigſte Verzeichniß der Producte Koreas giebt 
die Chinefifhe Reichsgeographie; denn ber Sapanifche 
Geograph unterläft gänzlich ihre Aufführung, indem er fagt*)l: 
die Menfhen und bie Producte Koreas find feit Jahrhunderten 
bei uns fo allbekannt, daß es nicht der Mühe lohnt fie an⸗ 
zuführen, woraus wenigflens deutlich fich der flarke Verkehr er⸗ 
giebt, der zwifchen Korea und Japan flatt gefunden haben 
muß, wovon Europäer aber fehr wenig erfuhren. Zuerft nennt 
die Reichsgeographie 6), wie die Chrerbietung es erheiſcht, 
diejenigen Producte, die ald Tribut dem Kaifer zugeführt wers 
den. Es iſt: weiße Leinwand aus ben Fäden der Pflanze 
Tſchu (Urtica japonica nad) Klaproth; wahrfcheinlich jenes klare, 
glänzende, durchfichtige Neſſeltuch, das auch die einheimifchen 
Korea Mandaririen zu den glänzenden Talaren ihrer Seftkleider 


verwenden); ferner geflidte Zaffte, Baummollenzeuge; - 


geflochtene Matten mit, fünfklauigen Drachen geziert, wei: 
bed Satin: Papier, weißer Reis, weißes Reisſtroh; 
Hirfhhäute, Wolfsfelle, Schwerdter. — Außer biefen 
werden die andern Prodbucte Koreas genannt, aus dem Mis 
neralceih: Gold, Silber, Eifen, Bergeryſtall⸗ 
Salz, Steinfohblen, Lampen aus einem rothen und weißen 
Steine gefertigt (Schitengdfhan im Kuan yu ki). Aus dem 
Pflanzenreiche: jener gelbe Fitniß (Yuangzi im Kuan⸗ 
yu fi genannt), der die Goldfarbe giebt, Del, Fächer von Bam⸗ 
bus, Reis, Reisbranntwein (aus der Reidart Peng), 
Hirfe, Hanf, Korn, zweierlei Pinusarten (nad dem 
Kuan yu fi, bringt nur die eine die fünfblättrige Art diefer 
Pinus Feuchte), Haſelnuͤſſe, Birnen, Kaflanien, eine Art groß 
wie Birnen, und außer der officinellen Ginfeng, eine Suling 
(Radix China genannt, %), ein Pefutfu (eine Art Acconitum 
mit weißen Blüthen), und Kuen pu, d. i. der Zucker⸗See⸗ 
tang (Fucus sacharinus). Die erſte Anpflanzung von Kar: 
toffeln 66) erhielt die Küfte von Korean im Sahre 1832, duch 
Linbfape und Guglaffs Wohlwollen, mit dem Berfprechen 





°4) Rinsifee in San Kokf etc. I. c. p. 20. 65) Taithsing etc. 
1. c. p. 167. **) Lindsay Report of Proceedings oa a Voy. 
in tbe Ship Lord Amherst etc. Lond. 1833. p. 235. 


4 


1 


600 Of aſ. Wafferfofiree. I, Aſcha. 80. 


des Nandarinen Kin Fojin, für iger Cultur mac, ber Bor: 
ſcheift feiner Freunde Sorge zu tragen. Aus dem Thierreide: 
jene Heine Art Pfade, die Ro hia me gewannt werden (nah 
eines Stelle im Knan yu Ei follen fie nicht Aber 3 Fuß hoch wer 
den, fo daß der Benter von ihnen bequem das Di piikden 
Ebune, daher Ihe Name)?”7). Rothe Pantberhäute, eine 
zobelaͤhnliche Fuch sart, Hühner mit 5 Fuß langen Schweifen 
(Dſchang weiki im Knan ya fi genannt), Honig, Fiſche, 
Tſchuko, d. i. Auſtern, große Meermuſcheln, die Haiſcheng 
(eine Art Doris, eine Molutle) und das Seethter Koneiko 
( d. h. Schildkroͤtenfuß), das fonft umbelannt I, ein Name der 
nah dem Kuan m au eine Act Bambus bezeichnet. 
In die Topographie des Landes, weiche faft nichts als Namen 
lt einzelnen hiſtoriſchen und flatififchen Notizen und unzaͤhli⸗ 
gen Details enthaͤlt, gehen wie hier natuͤrlich nicht eins fie madt 
einen Haupttheil ber genannten Chinefifhen und Japani⸗ 
(den Geographien von Korea aus. Die Chinefifde 
fast: Korea habe 8 Provinzen (Tao), mit 41 Gonverne⸗ 
ments, ober Difiricten (Riun), darin 33 Tu ober Staͤdte 
vom erflen Range, 38 Tſcheou vom ten, 70 Hian vom Zten 
Ranges alfo in Summa 141 Städte (Tſchhing), von bemem, 
nach dee Provinziatbefhreibung ®), aud 58 Specials 
beſchreibungen, nebft ihren Exädtegefchichten gegeben werden. 
Der König von Korea flechtet aber in feinen Titel auch ben, 
König der 860 Städte ober nach andern ber 300 Staͤdte mit ein. 
Die 8 Tao, oder Provinzen, baden wir oben ſchon ange⸗ 
führt; es iſt die alte, ſtationair gebliebene Eintheilung bes Koͤ⸗ 
nigreiches, beren Abgrenzung aber auf ben D’Anvillefhen 
» Karten, nad den Sefuitenangaben,, fehr ungenau ®) ausfallen 
mußte. Gehe abweichend davon iſt die politifche Begrenzung dies 
fee Provinzen auf inſifées Japanifher Karte, von 
Korea, bie wir ſchon oben (&. 580) angeführt haben. Dieſer 
Japaniſche Geograph' fcheint am genaueften mit dem ſta⸗ 
tiſtiſchen Detail 70) dieſes Königreiches bekannt zu ſeyn. 





o Teithsing etc. I. c. p. 162, °®) ab: p- 4249; 49—89. 
Klaproth Not. b, Timkowski Voy. T. II. p. 98. 7°) Rin- 
sif6e in San Kokf etc. L. c. p, 13—18; — die Japaniſche 
Encyelopädie Wo han San thaai thou hoei, Lib. LXV. Nr. 15. — 
Bei Abel Remusat in Notices et Extraits de la Bibljothegue 
du, Roi. Paris 1827. T. XI, p. 27. 





Korea, Statiſtik. 601 
eine topograpbifche Aufzählungen weichen fehr von denen der 
Chineſiſchen Reichegtographie ab; denn nad ihm beftchen 3. ©. 
im Königreiche nicht 41 Kiun, oder Diſtriete, ſondern bops 
pelt fo viele, 80; dagegen 314 Abminiftrationen u. a. m. Rue 
von der HofsProvinz führen wir beifpielöweife diefe ſtatiſti⸗ 
fhe Ayfsäblung an: Kingkitao, die Provinz, ‚hat hiernach 
allein 28 Adminifirationen. In ihe werden aufgezählt: 4 Hot 
(Mou) ober große Präfecturen; 9 Su oder Departemens 
tals&tädte, 8 Koun (Kiun) oder Difkeicte, 5 Rei (Ling) - 
oder Jurisdietionen. Dann 12 Ken (Kian), d.1. Infpee⸗ 
tionen von Minen und Salzwerken, 6 Det (M oder Poſt⸗ 
Directionenz 2 Vice Admtralitäten, 9 große Kriegs» 
Schiffe, 9 mittlere Kriegsſchiffe, 1 SroßsAdmirat, 

1 Senerals Polizei: Präfeet, 2 Manco (Wan hou), d. i. 
Chefs von 10,000 Mann. Auf biefe Welle wird die Zählung 
- durch alle Provinzen fortgeführt. Hlernach werben in allem 28 
große Präfecturen; 60 Departementsfläbte oder Su 
aufgeführt; 130 Minens und Salz: Infpectionen, von 
denen bie wenigſten in den beiden Nordprodinzen aufgeführt 
werden, bie mehrſten in den 3 Suͤdprovinzen. Eben fo werben 
80 Phu oder Keftungen im Lande genannt, deren in bee Hofs 
Provinz keine bemerkt if, in den beiden Südprovinzen, 
wo bie meiften Landungen dee maritimen Feinde Fatt finden 
Sinnen, und in ber nordwefllichen Grenzptovinz gegen China, 
ader die meiften. Von Mititaie:Chefs über 10,000 Mann wers 
den 64 aufgefühet, was eine Armee von 640,000 Wann voraus: 
fegen würde, wenn die Truppen effectio Beſtand hätten, was 
wenigſtens in der Art ſtehender Heere nicht der Fall iſt. Außer⸗ 
- dem werben noch General en Chefs, in den verfchiedenen Pros 
vinzen und Commandeurs dee Marine, wie Admiraͤle, genannt. 
Die Häfen werben nicht aufgeführt, aber wol bie Zahl der gros 
Sen und Eleineren Kriegéſchiffe, jene 121, diefe 92, weis 
de zufammen eine Kriegsflotte von 213 Segeln abgeben 
würden. Hierzu kommen die eben fo beflimmten Zahlen der Pas 
tizei und Donane: Einrichtungen, fo daß biefen Angaben wahrs 
ſcheinlich der vollſtaͤndige Koreanifhe Staats: Ralenber 
zum Grunde liegen mag. Diefer eiferfüchtige, in hundert unters 
georbnete Abtheilungen abgegeenzte Verwaltungsmechaniemus ift 
ed, welcher es bisher, bei dem einmal beflehenden Landesgefege 
keinem Fremdling den Zutritt zu geflatten, auch den Europäern, 


002 DfiMfen. Weffefofieme. I Abfhe. . 80 


fo mendpee Berſuche ungeadstet., es gang unmögiih gemacht hat, 
dieſes ſtatiſtiſch· potiſcᷣe Bewer, das alle Grüade Keceas ned) 
vist bemmender als feine Klippen unb Jnſelteihen umgiebt, zu 
kuspbeingen, und den geringfien Zusritt zum Hertſcher der Halb: 
infel, oder and, uus Gehör vos ipm zu erlangen. 


ec) Das Geſtabeland Koreas mit feiner Jaſelumgebung und Zu: 
gangsverfuche der Ausländer zu diefem. 

Die Halbinfel Korea if fa anf allen Seiten mit ei⸗ 
wem Rıanze unzähliger Inſeln umd Klippen in größern oder klei⸗ 
men Gruppen und in vielfacher Zerfiseuung umgeben, von des 
nen bis jetzt nur bei weites der kleinere Theil anf unfen Kar 
tem verzeichnet erfcheint, deren Zahl und Groͤße gegen S. und 
SD. zunimmt, und endlich zu jener großartigen Infel: Gruppe 
her Japanifhen heranwächſt, zu welcher Korea das vermit 
teinde Blied mit den Gontinente zu bilden fcheint. Von biefer 
Japauiſchen ift fie nur busch bie ſchmale Koörea⸗Stra ße ge 
fieden, welche den Eingang aus dem Gelben Meere und 
der Chineſiſchen See zu ber Sapanifchen See barbiete. 
Ueber diefe Fragmente des zerrifienen Geſtadelandes, weshalb dır 
König von Korea feinem Titel audy das Epitheton „König 
der 10,000 Jaſeln“ ſchon mit einigem Recht zulegen kann, 
koͤnnen wie, dis jest, nur ſehr Fragmentariſches berichten. 

Am bekannteſten find den Seefahrern, feit früherer Zeit, bie 
beiden im S. W. und S. O. ben entſprechenden Borgebirgen 
der Halbinfel vorliegenden größern Infeln, die ven Namen 
Quelpaerts und Tſu Sima erhalten haben, welche aber nur 
den Kern von ſehr zerfplitterten Sinfel: Gruppen zu bilden ſchei⸗ 
nen, unb bi6 heute noch keinesſswegs vollftändig unterfucht find. 
Im RW. von Quelpaerts fängt, mit den Amherſt⸗In⸗ 
fein, ber gahleeihe Korea: Arcchipel an, welder, wie ein 
Sternheer, an der Weſtküſte der Halbinfel gegen Norben 
vorüberzieht und allerwenigfiens aus 1000 Inſeln 371) beſteht. 
Bwifgen Quelpaerts und Tſu Sima if dad Sübdufer 
Koreas überall mit Eleinen Küfteninfeln beſezt. Bon Tſu 
Sima der erfien Sapanifhen Befisgung fangen, weiter 
oſtwaͤrts ziehend, die Japaniſchen Inſelreihen an. 





211) v. Kruſenſtern — ur Hydrographie der groͤßern Oceane. 
Leipz. 181% 4. ee z 





Korea, Seftadeland, Quelpaerts. 083- 


Die dieherigen Jeſniten Kassen biefer Geflabelänber lies 
ßen dem größten Theil derfeiben unbeflimmt, ober gaben fie gang 
fell an; denn es fehlten bier überhaupt Obſervationen. 
In D’Anviiles Karten, erkennt La Perouſe ſeibſt wol an?2), 
fey das Moͤglichſte gefchehen 5 fie Tamen bee Wahrheit ſehr nabe, 
fo weit die Continentalbeobahtungen ber Jefuitens 
Patres gingen. Diefe reifeten aber nur zu Lande; ihnen fehle 
ten alle Details der Seefahrer, ihre Küftenzeihnune 
gen waren baher groͤßtentheils falſch. Daß die fortfchreitende 
Unterfuchung bier große Berichtigungen zu machen hatte, ſchmaͤ⸗ 
tert das mühfam erworbene Werbienft jener Borgänger nicht, und 
es wäre ungerecht, ihnen deshalb Vorwuͤrfe zu machen. Auch 
Capt. Maxwell, bei feiner wichtigen Entdeckung jenes Kos 
rea Archipels72) an der Weftlüfte, bemerkt, ba ihre fehlen 
hafte Verzeichnung des Eontinents von Korea auf ber. Je 
fuitenlarte zwar um 2° #/ zu weit gegen Weften hinüber vers 
zerre worden ſey, umd bucch ein Kuͤſtenmeer geführt, In weichem 
Myriaden von Juſeln lägen, die ihnen unbelannt biiebenz doch 
fey zu merken, daß mit Ausnahme diefee Korea Küfte, welche bie 
Sefuiten nad) Chinefifhen Angaben gegeichner zu haben aus⸗ 
druͤcklich vorgaben, Die in ihren Karten, im Petfchelis Golf und 
dem Hoang Hal gezeichnete See⸗Kuͤſte, von ihm in ſolchem Grabe 
— befunden worden 2 wie er es kaum habe erwarten 
koͤnnen. 


9) Die Inſel NQuelpaerts der Hollaͤnder; Tſchinlo, Tſinra Tſinmoura 
der Japaner; Tanlo in aͤlterer Zeit; Nanhaitao, auch —*8*— der 
Koreer und Chineſen, 


Die Inſel Quelpaerts wird zum erſten male durch das 
Scheitern der Hollaͤndiſchen Jacht, der Sperber (Sperwer) 7%), 
im Jahre 1653 befannt, der von Batavia aus über Formoſa 
nah Japan zu fegeln beflimme war, defien Wrad an ber Sübs 
Lüfte diefer Infel zerſchmetterte, von deſſen Drannfchaft 18 ihren 
Tod fanden, 86 aber an die Küfte von Quelpaerts geworfen. 
und mit wenig Trümmern des Schiffes gerettet wurden, Unter 
biefen, war auch H. Hamel, der Buchhalter dee Jacht, welcher 


13) La Perouse Voyage etc. I. c. T. II. p. 387. 73) — 
— se 
Sc ’*) H. Hamel van Gorcum Journal L c. in 

oy. au Nord, T. IV, p. 1. 


b 7 


664 Dft-Aflen: Bafferfoftene. 1. Abichn. 6. 80, 


nad) 12 jährigigen Abenteuern, zumal Langer Gefangenſchaft in 
Korea, im Jahre 1668 mit 8 feiner Gefährten über Sapan und. 
Java giädtich in die Heimath nach Amſterdam zurückkehrte, we 
das Tagebuch feiner Irefale erfchien, nebſt einer Befhreibung 
Koreas, ale Augenzeuge, nad einem zwölffährigen, dor⸗ 
gen Aufenihalt im Innern der Halbinfel, das aufer ihm 
und feinen Leideusgefährten, ſeltdem Bein Europder wieder erbtidt 
bat. Die Zweifel 76), welche wol früher gegem bie Authenticität 
diefſes Berichtes erhoben wurden, well er in einigen, obwol fehe 
wenigen Puncten von den Jeſuitenberichten abwich, und ganz 
andere Namen als deren Karten und Ausfagen mittheilt, find 
Kingft gehoben, und bie Treue ber Angaben auf eine merkwuͤr⸗ 
dige Welle, im Wefentlichen, durch alle neueren Unterfuchungen 
nur beflätigt (f. unten). E 

Seit diefer Periode iſt Quelpaerts nur ein Schrteckbild 
aller Deefahrer geblieben, und vielleicht nie wieder von Europäern 
betreten; aber von außen her vielfach umfdifft, und zur Wars 
nung für gluͤckliche Einfahrt zus Koreaſtraße, oder nad) Ja⸗ 
pan aſtronomiſch näher beflimmt worden. Am 16. Auguft 
1663, wurbeif bie Hollaͤnder Schiffbruͤchigen an das Ufer von 
Quelpaerts geworfen; die erfien paar Menſchen, die fie in ih⸗ 
rem ‚bülftofen Zuſtande mit Anbruch des Tages anfichtig wurden, 


wichen feig zuruͤck, und ließen fich ihre Feuerwaffen gewaltfam 
‚von den faſt Erſtarrten entreißen, bie fid, ein Feuer anzumachen 


für das erſte Beduͤrfniß hielten. Noch am Abend erfhienen 
100 und am folgenden Tage wol 2000 Gewaffnete, Reuter und 
Fußvolk, am Strand ber Geretteten, um ſich ihrer zu vers 
fihern. Der Buchhalter, der Pilot, der Steuermann und ein 
Scıiffsiunge, gingen dem Trupp entgegen, und fogiekh warf 
man ihnen ein Haldeifen mit einer Glocke um den Naden, und 


"zwang fie vor ben Commandeur des Haufens binzufriehen, um 
"Rede und Antwort zu geben. Die übrigen wurden auf gleiche 


Weiſe feflgenommen. Das erfie Eramen war fruchtloß, da man 
ſich gegenfeitig nicht verfland und auch durch Zeichen nicht vers 
ſtaͤndlich machen konnte. Die Anbeutung, daß das Schiff nach 
Japan deſtimmt gerbefen, verflanden fie nicht, weil fie, wie fich 





376% Capt. J. Busney Chronological History of the Voyages and 
Discoveries in the South Sea. Lond. 1813. 4 T. II. p. 19 — 
237; p. 426 - 27; Meusel Biblioth. historica T. I. 2. p. 105. 


® 





* hielten fie taͤglich 


RKorea, Quelpaerts, Schiffbruch. 605 


fpätre ergab, dieſes Reich Jeenare ober Jirpon nannten. 
Die Ungluͤcklichen wurden in ihr Zeit, das fie ſich aus geretteten 
Segeltuͤchern und Häuten eingerichtet, zuruͤckgeſchickt, und mit ges 
kochtem Reis zur Nahrung verfehen. Darauf zogen fie mit 
Stricken und Selen, fo viel fih von dem Schiffewrad ‚retten 
leß, auf den Etrandb herbei. Der Steuermann beobachtete, daß 
man 'unter 33° 89 N.Br. auf dee Infel Quelpaertsé geſtrau⸗ 
bet fey (Nah einem Mittel der ſpaͤteren nautifhen Beobachter 
iſt dieſe Nördliche Breite, nach 2a Peroufe und Capt. Brougbs 
ton, zu 33° 11’ N. Br. und 126° 24 40" DL. v. Sr. feſtzu⸗ 
fiellen, die von dem Holländer, unter den gegebenen Umſtaͤnden 
treu genug angeflehte, kommt der Wahrheit alfo fehe nahe 720). — 
Woher der Name? ift uns unbekannt. — Kiniges von Werth 
gerettete ſchenkten die Holländer an die Commandeure, ſich ihre 
Gunſt zu erwerben, und dieſe ließen auch alles Strandgut mit 
Siegeln belegen, und züchtigten die Diebe, die hie und da, etwas 
entwenket hatten, duch Baftonaden. 

Am Mittage bes 21. Aug. wurden bie Gefunben zu Pferde 
die Kranken und Verwundeten auf Tragebahren abgefuͤhrt, zum 
Staͤdtchen Tadione, das zu erreichen man 4 Stunden Zeit 
gebrauchte; eine zahlreiche Escorte führte den Zus. Am folgens 
den Zage wurbe der Marſch bis zu einem Fort, wo 2 Kriegbe 
fhiffe lagen, und Effen eingenommen wurde, fortgeſetzt, am 
Abend aber die Stadt Moggan (oder Mocro), das Ziel, er⸗ 
veicht, weil daſelbſt der Gouverneur ber JInſel feinen Sig hatte, 
Vor dem Stadthauſe flanden an 3000 Mann unter Waffen. 
Von 4 zu 4 Mann mußten die Gefangenen vor dem Comman⸗ 
danten vorbei defiliren, und hatten von ihm auf die gleiche Weife 
ein Examen über ihr Herkommen, ihre Abfihe u. ſ. w. zu befles 
ben. Darauf Su ſtarker Wache in ein Gebaͤude gefperrt, ers 

Unzen Reis ein Jeder, auch Weisen, Salz, 

Waſſer, mit dem Bedeuten, daß fie Hier die Antwort des Könige 
vow Korea abzuwarten hätten, befien Reſidenz 80 Stunden fern 
liege, um ihr Schickſal zu erfahren, das fie treffen würde Bald 
ließ der Commandant die Unglüdtichen fein Mitleid empfinden, 
er erlaube ihnen Zleifchfpeifen, und von Zeit zu Zeit einige Bes 
. wegung im Freien; ließ fie ihre Wäfche beforgen, und nahm ſich, 
wie 9. Dame ſich ausdrüdt, ihrer Kranken mit mehr Serge 


‚.) Cap J. Burney Chron. Hit, . TO p. 426. 


608 DftMfien, Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 80. 


an, ald nicht felten bie Chriſtenvoͤlker. Endlich, mach zwei lan⸗ 
gm Monaten, am 9. Dctober, langte ein Dolmetfher aus 
der Refidenz in Quelpaerts an, dem die Verungluͤckten vorges 
führt wurden, Er hatte einen tothen Bart; er fragte fie auf 
ſchlecht Flamaͤndifch wer fie wären, woher fie kaͤmen? Sie er⸗ 
sählten ihre Geſchichte und ihren Wunſch zu Landsleuten nad 
Japan Überzufchiffen. Wie erfreute 06 die Ungtüdlichen im dem 
Dotmetfcher einen Landsmann, den Jans Wettevrée ans 
Ritp in Nordholland zu erfennen, der fi ihnen kund gab, 
dab vor 26 Jahren ein gleiches Schickſal ihn wie fie getvoffen. 
Im Sabre 1627 fey er, während eines Krieges, beim Landen um 
Waſſer zu holen, neb 2 Kameraden von den Koreern gefangen 
und zuruͤckgehalten worden. Ein gleiches Schickſal werde auch fie 
treffen. Jeder Verſuch zu entkommen fey mitgluͤckt; er muͤſſe 
im der Reſidenz leben; auf jede Bitte um Freilafſung babe er 
die Antwort befommen; nur wenn er Flüͤgel hätte koͤnne 
er davon kommen: denn Landesgefen fey «6, alle 
Fremblinge die ankommen, nicht wieder frei gu lafs 
fen. — Freudiges Erkennen, eines Lridensgefährten wie eines 
Rathgebers, und traurige Botſchaft zugleich. ine Petition an 
den König warb aufgefegt: Wettevree übernahm bie Abtiefes 
sung bei Hofe Erſt Anfang Mai bes folgenden Jahres, 165%, 
kam bie Ordre von King ki tao, die Sremblinge zus Refidens 
zu teandporticen 377). Die Ueberfahrt zum Gontinent von 
Korea geſchahe auf einem Schiffe, das mit flarker Mannſchaft 
befegt war, und doch feflelte man die Gefangenen noch mit Ket⸗ 
ten an das Schiff, um jedes entfchlüpfen unmöglich zu machen. 
Dann ging die Landreife zu Pferde weiter, in die Reſidenz. Das 
Reſultat dee Beobachtung über die Infel Quelpaerté konnte 
unter diefen Umfländen nur gering ſeyn; «6 iſt aber das einzige 
von ihren innen Zuſtande. | 
Quelpaerts, ſagt H. Hamel, wirb ven den Einwoh—⸗ 
nen Se be fure genannt, und liegt: 12 bis 13 Lieues in Suͤ⸗ 
den von Korea; fie hat 14 bis 15 Lieues Umfang. In ihrer 


Mord: Bai if ein. Ankerplatz für die Barken, die vom Gontiment 


herhberfchiffenz; wegen des Klippen, mit welchen bie gange Inſel 


umfeßt wird, und bie auch in dieſer Bai micht fehlen, If ihe An: 


landen gefaͤhrlich und nur buch) Huͤlfe eines Piloten möglich. 


s17) H. Hame) van Gorcum Journal L 6. T. V. p. 17—21. 





Korea, Quelpaerts. 007 


Die Inſel hat viele Heerden, von Rindern und Pferden; fe 


muß aber fehr flaste Abgaben an. den König von Korea 'sahlen, 
die Bewohner find daher fehr arm, und werden von den contk 
nentalen Koreern fehr verachtet. Auf der Inſel if ein ſehr 
hoher Berg, reich bewaldet, an feinen Abhängen ziehen fich fehe 
viele nadte, kleine Tihäler bin, die aber doch Reisäder tragen. 
In früherer Zeit gehoͤrte Quelpaertð den Japanern, diefe ha⸗ 
ben fie ader dem Könige von Korea gegen die öfllichere, ihnen 
näher gelegene Infel Tfu Sima (H. Hamel nennt fie gang 


sichtig fhon Suiffima, oder Taymutto f. unten) umge 


taufche 78), 

La Peroufe (niht La Peyrouſe, wie irrig im obigen 
gefhrieben war), der erfte neuere Schiffer, nach feiner langfamen 
Fahrt durch das ſtets feicht befundene Chineſiſche Kuͤſtenmeer 


(im Norden von ZI N. Br., liberal! dis auf 3Lieues vom Lande ' 


bei 25 Broffes Tiefe bis Quelpaerts), wo er, wie Macart ned 
(f. oben ©. 538), ununterbrochne, dide Nebel den ganzen Mai 
Monat hindurch fand, die er mit denen an der Küfte Labrador 
erlebten vergleicht, iſt es, welcher eine erneuerte Aufmerkſamkeit 
auf die Inſel Duelpaerts gerichtet bat, obwol er bemerkt, wie 
das Ungluͤck der Mannfchaft des Sperber ibm keinesweges 
Luft gemacht babe, bei der Voruͤberfahrt das Schickſal feiner 
Leute dort auf das Spiel zu fegen 7%), Cr erblidte die Jaſel 
zuerſt am 21. Mai (1787), an ihrem Suͤdende, und näherte 
fi ihe nur fo weit, um ihre Küftentinie dufzunehmen. Einen 
ſchoͤnern Anbiid, fagt der Seecapitain, kann es nicht geben, als 
derjenige, den die Südfeite der Inſel darbietet. Ein Pit, von 
etwa 6000 Fuß Höhe (1000 Toiſen Par.), denn aus einer Ferne 
von 12 bis 15 geogr. Meilen (18 — Lieues) ift er fichtbar, ers 
hebt fi in dee Mitte: dee Inſel; von allen Seiten fenten fid 
feine Gehaͤnge fanft ab zum Meere. Die Ortſchaften und Wohn: 
ftätten zeigen fi) amphitheatraliſch an feinen Abhängen gelegen, 
die bie zu großen Höhen hinauf bebaut find. Durch bie Kern: 
röhre fahe man, meit aufwärts, die ſehr ins Kleine getheilten 
Aderfelder in den verſchiedenſten Karben, alfo mit mannichfachen 
Euteuren, was indgefamt auf eine. [ehe ſtarke Bevoͤlkerung der 


2; H. Hamel van Gorcum Deser. 1. c. Rec. d. Voy. au Nord T. 
.- p. 5l. ?°) La Perouse Voy. autour du Monde 1. '« 
ni u. 4. p. 384. 


— 


008 Oſt⸗Aſien. Waſſerſhſteme. I. Abfchn. $. 80. 


Juſel zuruͤckſchließen Tief. Einige Piroguen wäherten fi dm 
Borhberfegeinden nur aus der Ferne, unſtreitig Wachtſchiffe, um 
zu obferviren und Allarm an Korea zu geben. Won der Nordefis 
Spitze von Duelparts, gegen bie Koreas Straße zu, wird bas 
Meer wieder tiefer, bie zu 70 Brafles (420 F. Par.) nah La 
Perouſes Mefiungen. Den gangen folgenden Tag fahe dee 
Franzoͤfiſche Schiffer eine Kette von Infeln, die umunterbros 
chen dem fernen Gontinente der Halbinfel Korea’ 6, dicht im 
„SGüben, derſelben mehr als 15 Lieues weit voruͤber zog. 

Dieſe zahlreiche Infelreihe iſt es, welche Capt. Brough⸗ 
ton, zehn Jahre fpäter, im Detober (1797) auf feine Ruͤck⸗ 
fahrt von Korea’s Süboft « Hafen, Chofan (Fuſan) gegen 
S. W. bis zur Infel Duelpaerts hin, mit großen Gefahren 
zu durchſchiffen verſuchte. Er brachte darauf eine Zeit vom 22. 
bie 26. October 33), Von 34° 25 N. Br. an, hinderte fon 
biefe Gruppe vorliegender Infeln die Erbiidung des Südens 
des von Korea. Am 2dften war er auf allen Selten von Juſel⸗ 
dyen und Klippen umgeben, wodurch die. Fahrt nun hoͤchſt bes 
ſchwerlich und gefahrvoll wurde. Alle dieſe Inſelchen waren bes 
wohnt, gut bebaut, hoch bewaldet, nur durch enge Meeresſtraßen 
von einander gefchieden und ungemein von Fifcherbarten belebt. 
Am 24. Det. nahm die Zahl biefer ſtark bewohnten Inſeln vol 
Anbau und Dorffchaften fo zu, und die Candle dazwifchen was 
zen mit fo vielen Klippen und. Felſen befegt, daß ſich nur eine 
einzige Fahrſtraße hindurch nehmen ließ. Diefe hatte nur 5, 
7 bis 15 Braſſen (30, 42 bis 90 Zug) Tiefe; fie wimmelten von 
Kanodes, es war der lieblichfie Anbti der ſtets wechſelnden Sce⸗ 


nen. Am Abend zeigte fih auf eines berfelben eine Stadt, 


von welcher mehrere Boote zur Viſite an das Schiff heran Tas 
men. Die Ruderer ſchlugen im. Tact nah dem Schall der 
Trompeten, die Soldaten auf dem Ediffe, das zunaͤchſt kam, 
waren mit Saͤbeln bewaffnet, und trugen eine große Fahne von 
Seide, roth und violett von Farbe. Ein Hoher Meamter, unter 
einem Baldachin auf einem Leoparbenfell figend, von Kiffen ums 
geben, erhob fich und beflieg das Europälfhe Schiff, von deſſen 
Capitain er Beantwortung vieler Kragen und Enregriſtement als 
lee Perfonen uud Waaren am Bord mit Stolz verlängte, as 


so) W. R. Broughton Voy. de Deconvertes Trad. franc. L’c Pa- 
ris 1807. 8. T. Ik p. 252 — 266. 





i Korea, Quelpaerts. 600 


ihm dies und die Zumuthung, eine Barke ah das Ufer zu ſchik⸗ 
Een, von Capt. Broughton verweigert und überhaupt bemerk⸗ 
bar gemacht wurde, daß man fih gar nicht aufzuhalten Willens 
ſey, ſchickte er 2 Barken mit Befehlen nach verfchiebenen Rous 
ten ab, beorberte 2 andere als Wachtboote das Schiff zu obfers 
diren, und kehrte ſelbſt mit Zeichen der Verachtung gegen die 
Fremdlinge zu ſeiner Stadt zuruͤck. Ein friſcher Wind entfuͤhrte 
gluͤcklich das Britiſche Schiff jeder vielleicht heimiuckiſchen Ab⸗ 
ſicht der Beamten, die jene Juſel Choſan⸗Go zu Nennen ſchie⸗ 
nen. In gleichem Gewaͤſſer, immer auch bei den eintretenden 
Nebeln von 10 bis 12 ſichtbaren Inſelchen umgeben, deren Zahl 
fich auch bis zu 30 mehrte, alle voll Dorfſchaften und Anbau, 
und überall das Gemäfjer von Fiſcherbarken belebt, wurben ‚beide _ 
folgende Tage bis zum W. October Mittags, zuruͤckgelegt, wo die 
geößte der Infeln erblickt wurde, die Capt. Broughton ale 
Infel Quelpaerte mit dem hohen Berge erfannte. Am 27ften 
wurde an ihrer Nordſeite vorübergefchifft und ihr Weſtende er 
reicht, das niedrig, aber überall mie Klippen befegt fich zeigte. So 
weil man die Inſel in der Macht verfolgte, brannten überall _ 
Zener auf ihrz mol Signale. Das Weftende ber Inſel wurde 
noch bis zum 29. Dctober umſchifft 3). Es war überall bes 
baut, voll Ortſchaften, die Plainen vol feltfam geflalteter 
Zelfen, bie ben Gapitain an vulcanifhe Bilbungen 
erinneeten. Doc war bier kein Hafen zum Landen, aud kein 
Schifferboot zeigte fih hie. Die Höhe des PIE yon Quels 
paerts hatte La Peroufe nicht überfhäge: denn Gapitain 
Broughton erfannte ihn noch in einer Ferne Von 25 Lieue® 
(173 geogr. Meilen). 

In der Chinefifhen Reichsgeographie wird biefe Inſel Quel- 
paerts mit dem Namen Nan hai tao 32) als Juſel des 
Suͤdmeeres aufgeführt, die auch Inſel von Tſiſtſcheou ges 
naunt werde, nach der Stadt Zfitfeheou tfchhing vom 
zwiiten Range, welche auf ihe von den Königen von Korea eis 
baut worden ſey. Dies fey das vor alten Zeiten genannte Tan Io 
(hin lo, Tſin ra oder Tſin moura ber Japaner; Se 
he fuse-der Eingebornen), das ſchon im Jahre 661 in einem 





22) Capt. Broughton 1. « T. II, p. 271. 32) Tai thsing etc. 
1. c. p. 55-57, p. 163—165, vergl, bie Sapanifche Encyclopaͤdie, 
Wo han San thsai- thou boei Lib. LXV. Nr. 24. bei Abel Reinu- 
‚sat in Notices et Extraits etc. T. XI. p. 247 


Ritter Erdkunde IV. Qqa 


610 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 80. 


noch ganz rohen Zuſtande - eine Befandifchaft an bie Tang⸗ 
Dynaftie in China gefchidt habe. Nah der Japaniſchen 
- Encyelopädie, fagt die Hiſtorie Korea's, dieſes Tan lo habe 
in früheren Zeiten feinen Tribut an ben König von Pe tfi 
(f. oben S. 6584) geſchickt, nachher fey es an Sin Io gefallen; 
fein Berg fey. aus dem Meere emporgefiiegen (1007). 
Die Bewohner von Tan Io haben darüber folgende Erzählung: 
Wollen und Nebel bededten das Meer, die Erbe bebte mit Ge 
donner 7 Tage und 7 Nächte, bis die Wogen aufbrachen, und 
ein Berg über 100 Tſchang (1 Tſchang zu 10 Fuß) oder über 
1000 Fuß hoch und 40 Ri (d, i. 2 Stunden) in Umfang em⸗ 
porflieg. Er hatte weder Kräuter noch Bäume, ein dicker Rauch 
deckte feinen Gipfel der in der Ferne wie aus Schwefei su be⸗ 
ſtehen ſchien. Der Doctor Thian kung tſchi von der Hohen 
Schule Korea's, ſchiffte zur Unterſuchung zu ihm, und brachte 
eine Abzeichnung von ihm zuruͤck. Dies babe ſich im Jahre 
4007 u. Chr. Geb. zugetragen. — Broughtons Vermuthungen 
erhalten hierdurch einige Wahrſcheinlichkeit, die Specialgeſchichte >3) 
fagt, ald Korea vom Mongholen; Kaifer Khubilai Khan 
befiegt gewefen fey, Hatten bie Japaner dieſes Tan lo mit 
einer Flotte überfallen, um dee To bedrängten Sung Dyna⸗ 
ſtie beizufichen. Tm Jahre 1274 babe aber der Mongholens 
Kaifer ein Ztuppen = Corps zur Herfielung der Ordnung dorthin 
geſchickt, der Infel eine Chinefifche Adminiſtration gege⸗ 
ben, und ein MilitairsLager von 1700 Mann Grenztrup⸗ 
ven zur Bewachung dort ſtationirt. Dann ſey das Ganze in 
ein Militair: Commando mit einer Marines Station 
verwandelt. Der Tribut, den man eingefordert, babe in 100 
Stüd eines rauhen Zeugs, das man Mao hi pu naunte, be 
Randen. Im Sahre 1294 hätte man dem König von Korea aber 
auf feine Bitte diefe Inſel wieder abgetreten. Im Sabre 1301 
follen aber die Mongholen dafelbft wieder ein Milttair = Comes 
mando, und von da eine Küften : Communication bis 

zum Da Iu kiang eingerichtet haben. Gegenwärtig (db. i. im 
Jahre 1744 ),. fagt die Reich6geographie, werde biefe Inſel aber 
Tfiefheou genannt. Bei der jüngften Voruͤberfahrt an die: 
fee Infel (1839, fagt unfer Deutſcher Landsmann, der Miſſto⸗ 


220) Tai thsing etc. I. c. p. 163— 165. 





Korea, Tſu Sima. at 1 
nar Guͤ 


fs), von the, daß fie gut bebaut ſey, und mache 
darauf aufmerkſam, wie trefflih fie zum Handel gelegen fey im 
Gelben Meere, mit Korea wie mit Japan, wie mit Nord⸗China, 
und der Mandſchu Tartarei. — So weit geben unfere Nachrich⸗ 
ten über dieſe Quelpaertv Inſel, von der wir aber durchaus 
nicht anzugeben wäßten, woher fie gerade diefen Namen bei 
den Helländern fühet. | 


2. Die Inſel Tſu, Zfu Sima der Japaner, Tuimatao 
der Chinefen, die Doppel⸗JInſel. 

Diefe Inſel, bie Vermittlungeſtation zwifhen Japan 
umd Korea, ſcheint wor dem Franzoͤfiſchen SeesGapitain La Pes 
rouſe, nah von Keufenfleens Urtheil, von feinem eins 
zigen Europäffchen Schiffer als eine folche gefehen 85) oder ers 
Sannt worden zu feyn, und auch dieſer fchiffte noch an ihrer 
Nordkuͤſte voruͤber, ohne fie zu kennen: denn La Peroufe 
nannte fie noch Küfte von Japan, die ihm bei der Durch⸗ 
fhiffung dee Korean Straße) im D.S.D. (vom 2bflen bie 
2oſten Mat) Hiegen bliebz während ihn im N.N. W., wie er fagt, 
Die intereffantere Kuͤſte von Korea mit einer Küftenkarte befchäfs 
gigte. Dee Canal, welcher bier dad Continent Koreas von Ja⸗ 
pan (d. i. hier von Tſu Sima, oder Tſu Infel) trennt, an 
15 Lieunes breit, iſt bis auf 10 Lieues durch Klippen verengt, bie 
von Quelpaerts bis hieher nicht aufhörten die Suͤdkuͤſte Koreas 
zu begleiten, bis die Suͤdoſtſpitze Korea's (auf twelcher ber oben 
genannte Haupthafen Zu fhan liegt, f. oben ©. 688) dous 
blitt war. Hier erſt konnte man dem Continent fo nahe 
kommen, daß man die Balen mit Ihren Eingängen, bie Städte 
zund Wohnhäufer am Ufer, bie Burgen gleih Eurepäifchen Gas 
ftelen auf den Berggipfeln und viele, bier gegen Japan gerichs 
tere, Verſchanzungen deutlich erkennen konnte. Die fichere Gteil⸗ 
Löfte hat bier 60 Braſſen Tiefe, 3 Lieues vom Ufer fern mit 
Schlammgrund. Das gebirgige Band, in deffen Thalrinnen au 
mehreren Stellen dee Schnee noch nicht gefhmolzen war, 
(26. Mai), ſchien dürre, wenig bebaut (wol nur Taͤuſchung aus 


8°) Gützlaff Report in Report of Proceedings on a Voyage in the 
Ship Amberst etc. Lond. 8. 1833. p. 2%. *°*) v, Krufenftern 
Reife ze. a, a. D. 2. I. ©. 29. s°) La Perouse Voy. au- 
tour du Monde T. 11. p. 397 — 391. 


* 942 


2 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. §. 80. 


der Ferne), doch voll Wohnungen. Viele Schiffe mit Matten⸗ 
Segeln zogen am Ufer hin, von denen 2 zum recognosciren das 
Franzoͤſiſche Schiff einige Stunden weit begleiteten, dann aber 
zuruͤckkehrten und Allarm ſchlugen, denn an demſelben Nachmit⸗ 
tag und Abend loderten ſchon auf allen Berggipfeln der Kuͤſte 
Seurrfignale, die ficherfte Zelegrapbie zur Hut gegen einen 
anruͤckenden Send. Nach einer Fahrt von 30 Lieues durch die 
enge Strafe von Korea, ermeitert fie fih gegen Dft zur 
offnen Japanifhen Ger, in welcher das Franzoͤſiſche 
Schiff fie gegm Dften durchſtenerte, am 27flen noch die Ent: 
deckung einer einfameren Inſel machte, deren Lage unter 37° 25' 
M.Bre. 199° V DL. v. Par. beſtimmt wurde. Mac dem Ent: 
decker, dem Aftronomen bes Schiffes, wurde fie Inſel Dage⸗ 
(et397) genannt; Klaproth hält fie für die Inſel Tſchu 
8008) (d. 5. Bambus⸗Inſel) der Chinefen,. auf welcher die Ja: 
paner, während ihrer Herrſchaft in Su [hang (Anfang dis 
XVII. Jahrh.) Häufig Landungen, und von da aus Weberfälle 
"nach Roten machten. Nah La Peroufe if diefe Inſel vom 
Fuß bis zu Ihren Berggipfeln mit den fchönften Wäldern bededt, 
aber ringsum am Geftade von fleilen Kelömauern umgeben, in 
weichem nur etwa 7 Beinere Buchten, in denen Boote landen 
koͤnnen, eine Unterbrehung bilden. Nur beim VBorüberfegein an 
diefen Buchten fahe man Menſchen, fonft aber keine Wohnungen 
oder Anbaus es waren Zimmerleute mit Holsfällen und auf 
Schiffswerften befchäftige, bie wahrſcheinlich von Korea dorthin 
während ber Sommerzeit gehen, einige Boote bauen, und diefe 
auf dem Seftlande verlaufen. 

Capt. Broughton®®) iſt der erfle Schiffer der die Sufetzf u 
Sima (er nennt fie Tzima) als folhe, unter 34° 41 N.Br., 
zwifchen ‚dee Infel Niphon (?) von Japan und ber Küfte Kos 
reas, am 12. Dct. 1797, erkannte; aber er befuchte fie nicht. 
Er fabe auf ihe überall lodernde Zeuer, und ſchloß daraus, daß 
fie ſtark bewohnt fey, Sapanifche Junken fegelten vorüber. Dies 
fee Anbtid war ihm nach einer langen Serfahet an den mens 
ſchenleeren Seftaden von Tſchoka und dem Zatarifchen Golf ein 
ungemein erfreulicher Anblick. Die Mitte der Jufel ſagt er, 





»07) La Perouse Voy. I. c. T. II. p 392. **) Tai sing etc. I. c. 


. pP. 1%. »®) Capt. Broughton Voyage de Decouvertes etc. 
Trad. fr. 1. c. T. ll. p. 223 — 228. 


Korea, u Sim. . 613 


erhebt fich ziemlich hoch, die Thaͤler find bebaut, Bäume bebeden 
die Hügel, die Weſtkuͤſte ift felfig mit hoher Brandung. An ber 
Nordſpitze, wo 22 Brafies Tiefe, auf Korallengrund ift eine Bat, 
die Breite dee Merresfiraße bis Korean iſt bier 9 bis 10 
Lieuss. Dem Nordende der Inſel Liegen mehrere kleinere 
Klippen vor. Von hier lief Capt. Broughton, am 13ten 
Detober, zur Kuͤſte Korea gegenüber in bie Sandbai und in ben 
. Hafen von Chofan ein. - 
Gapt. v. Krufenftern ©) erblickte bie Inſel, bie er Tfus 
nennt, nad) feiner Ausfahrt aus dem Sapanifchen Hafen‘ von 
Nangaſaki, nordwärts fegelnd, zuerſt am 20. Aptil 1805, ihe 
im S. O. aber eine ber Sapanifchen Jnfeln wirklich, ‚die er für 
die Inſel Iki hielt. Er fegelte alfo zuerft an ber Südfeite 
von Tſu Sima hin, welche bie Koörea⸗Straße alfo in 
zwei Sanäle theilt, deren nördlicher nur von ben beiden 
vorigen Schiffern befahren war, ber ſuͤdliche alfo von ihm enta 
deckt wurde. Die Straße von Korea bat alfo nicht, wit La 
Perouſe annahm, nur 45 Seemeilen (15 Lieues) Breite, fona 
dern nah dv. Kruſenſt erns Berechnung, etwa 75 Seemeiten, 
oder am 19 geogr. Meilen, und auch biefo wird, ‚bei genaueren 
Unserfuhung, vieleicht noch um ein geringes größer anzunehmen 
fen, wenn man die vielen. vorliegenden Inſelchen Japans mis 
in Rechnung zieht. Diefe Duschfahrt warb von ben kuͤhnen 
hollaͤndiſchen Schiffbruͤchigen mit einer geringen Barke gluͤck 
lich durchſchnitten, als fie fi nach 18jaͤhriger Gefangenſchaft aus 
Korea durch die Flucht zur Gotto Inſel Weſt⸗-Japans ihra 
Freiheit wieder erkaͤmpften (ihre Ueberfahrt dauerte 8 Tage im 
Septimber 1666 %). Die Irrthuͤmer feiner Vorgänger, welche auf 
ihrem Wege ſchon Niphon ober Japan zu erbliden glaubten, 
erklaͤrt v. Kruſenſtern fi) daraus, daß auf allen. Sapanifchen Kar: 
ten die Infel Tſus weit näher an Japan gegeichnet war, als fir 
wirklich Tiegt. Die Infel lagerte fi etwa 9 geogr. M. (35 Seemets 
In) von Norden nah Süben und fchien 2bis 3 geogr, Mei⸗ 
len Breite zu haben, im inneren des Landes bergig. za ſeyn. 
De Südfpitze (34° 06° 30" N. Br.) zieht. fih gegen MD. 
(bis 34° 40 30” N. Br.), ſchien aber durch eine Duerfiraßs 
derer. Vorgebirge an ber tiefen —— nur vom Suͤden aus 





20) Kruſenſtern Reife um die Welt a. a. O. Th. 1. ©. 16-94 
»2), H Hamel van Gorcum Journal 1. c, T. IV, p. 42 — 47. 


? 


, “ 


614 Ofl-Afien. Waſſerſyſteme. 1. Abſcha $. 80. 


geſehen mit dem Namen Cap Fida Buengono belegt würde, in 
zwei Inſeln getheilt zu ſeyn. Der nordoͤſtliche Theil dieſer 
Inſel zeigte ſich gebirgiger als im Suͤdweſt, obwol auch da hohe 
Berge mit weißen Flecken ſich zeigten, die man für Schnee: 
fle@en (0. April) hielt, wenn es nicht nackte Kalkſteinwaͤnde 
waren. Ein fehe hoher, flacher Berg macht gegen N.O. den 
Beſchluß der Gebirgskette der Iufel, die, durch tiefe Thaͤler un⸗ 
terbrochen,, viele fchöne Baien und Hafenftellen dem Auge dar⸗ 
bot. In einer Kerne von 8 bis 4 geogr. Meilen gegen Of der 
Sufel; fand man bei 75 Baden (450 Fuß) einen Seegrund von 
feinem Sand, Thon und Mufcheln. 

- Schon in der älteften Zeit der Schiffahrt zwifchen China 
und Fapan, iſt bee Käftenweg, der aus dem Gelben Meere 
um das Shdende Koreas führt, durch die Koreas Straße 
binäder nah Tfu Eima:N?) der gangbare Fahrweg nach 
der Nordfeite dee Japaniſchen Snfen. Der Japanifhe Sea 
graph 2) fagt: Korea liegt im N. W. der Infel Kiufiu (mit 
Nangaſaki). Man fchifft fi dahin vom Hafen Kara fu 
( Thang tfin bei Chinefen) in dee Provinz Fizen ein. Bon 
durchſchifft 13 Ri (Li) bis zur Inſel IE. Won da, nad LOK 
(9, zur Inſel Tſu Sima; aus der Bai Wanasno ure, 
die auf diefee Inſel Liegt, zum Koreifchen Hafen Fu fden, 
zählt man 48 Ri (Li) es find deren aber nit einmal 40 Ri. — 
Die Chinefifhe Reichsgeographie fagt, die Infel Tui 
matao (d.i. Tſu Sima) gehört zu Sapanz bei gutem Winde 
kann man in einem Tage von da den Hafen Fu ſchan erreis 
en, welcher der Inſel gegenüber liegt, ehedem den Sayaneın 
“famt der Kuͤſte gehörte, die bort auch Tribut einforderten. 


3) Das Geſtade Sud⸗Korea's. 

Viele Küften Infeln om Suͤdgeſtade von Korea zwi 
[hra Tſu Sima und Quelpaertsé werden in der Chineſi⸗ 
ſchen Reichegeographie nebſt Kuͤſtenbergen namentlich gemacht 9, 
wir kennen fie aber nicht durch Europaͤiſche Obſervation; meh: 
rere bavon gehören unftreitig zu den von Capt. Brougbron 
durchſegelten Küftenktippen (f. ob. S. 608). Eine derſelben bie 


u ) Klaproth Recherches sur le Pays de Fou Sang de Livres 
Chinois.' 8, ets p. 9. 2) Rinsifee in San Kokf f'sou etc. 
op. 11. **) Tai thsing etc 1. c. p. 95 —109 


| 





Korea, Süd» Geſtade⸗ Inſeln. 615 


13te, wird ber Berg von 9 Köpfen im Meere genannt, beffen 
Sipfel mit dichter Waldung bebedit find. Ein Berg heißt Fu 
yung Scan, ber reiche, nuͤtzliche Berg, weil auf feinem Gipfel 
ein Kornmagazin angelegt if. Andere Berge heißen dort: Berg 
dee Blumen, der Geifters Berg, bee Berg der Bären 
u.f.w. Eine Snfel wird Tſu yantao, d. i. Infel der 
rothen Schwalben genannt, weil bee nfelberg und feine 
Klippen umher mit Schwalbenneftern bedeckt iſt; auf bem Gipfel 
if ein Wirthshaus. Eben daſelbſt iſt bie Inſel Ho [hang 
tap, d. i. die Inſel der BuddhasPriefter vol Klippen und 
MWaldung, auf dem Gipfel ein Tempel, De lao fu. Unter 
Mr. 32. wird eine Inſel mit 12 Mauerzinnen aufgeführt; dann 
folgt die ſchon oben genannte Bambus» Infel (Tſchuta o). 

Dann wird unter Nr. 36 ein kleines Snfeihen Hian ſchan 
tao®),d.5. Berg mit einer Dede umgeben, genannt, 
weiche an der Suͤdweſt⸗Grenze von King tfcheon, d. i. ber 
Hauptftade der Südofl: Provinz King hang, liege, und ein 
Haupthafen des Weſtmeeres in Korea ſey. Sie iſt ou 
auf Rinfifees Karte vor der Grenze ber beiden Süd⸗ 
Provinzen verzeichnet; den Europäern iſt fie unbelannt. Ihr 
gegen Welten Legt die Inſel Nan yuan fu, die fhon zu 
Thfinan lo gehört und das Äußere Bollwerk dieſer Provinz 
bildet, das einmal verloren auch die ganze Kuͤſte vertheidigunge⸗ 
los machen würde. Denn von ba kann man leicht, fagt bie 
Reichsgeographie, mit gutem Winde überfchiffen nach Petſcheli 
und Echan tung. Meben diefer Juſel liegt die Inſel Thfy 
Than tao, von ber aus erſt Hian [han am bequemfien ers 
obert werden kann, wie dies die Japaner im Sabre 1697 durch, 
nächtlichen Ueberfall bewerkftelligten. Die Chinefifchen Zruppen 
wurden damals zurüdgefchlagen, und nun konnten die Japaner 
and Nan yuan erobern. : 

Bei. der Inſel Phing hu tao im Suͤden von, King 
tſcheon (alſo auch innerhalb der Korea: Straße), wurde die 
Ziotte der Mongholen, weldye im Jahre 1281 gegen Japan be: 
ſtimmt war, durch Stürme gerſtoͤrt. 

Eine Inſel Phu fa [hen ®%), d. h. Inſel des Bob: 
hiſatwa, liegt der Süpkäfte von Thſinan Io vor, im Suͤden 
von Thfiuan tſcheou. Bei diefer, einer jener unzähligen von 


*s) Tai thsin etc. L c. p. 106. °°) Ebend. p. 106. 


616 DftsAfin. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 80. 


Gapt. Brdughton erblidten Infelhen,, wird bie grammatiſche 
Bemerkung gemacht, daß «6 hier unzählige Schen gäbe: denn 
alles, was kleiner ſey als ein Siu (Inſelchen), und mit Bäumen 
und Kräutern befebt, heiße ein Schen bei Koreern: Auch wuͤr⸗ 
den die Selfen, welche ſich wie ein Siu ober Schen aus bem 
Meere erhöben, mit dem Namen Zfiao belegt. Daher hier fo 
viele Namen mit Siu, Shen, Tſiao. 

In der Provinz Thfiuan lo am Geſtade im Meer von 
Kuang tfheou, einer Lleineren Stade, an ihrer Weſtkuͤſte, 
wird ein Ko Ehu, db. h. Auſternloch, genannt. Diefer In: 
felberg ift nicht ſehr hoch, aber berühmt, weil auf feinem Gipfel 
dem Drachen Bott, d. 1. dem Gott bes Meeres, ein Al 
tar geweiht iſt, auf dem alle Vorüberfahrenden ihre Opfer 
bringen. . 

D’e mehrſten Häfen dieſer Suͤdkuͤſte Koreas ſcheinen um 
die Suͤdoſt-Ecke, gegen Japan hin, gelegen zu ſeyn, welche 
die Chinefifhe Reichegeographie?97), das Bollwerk Korea's 
gegen Japan nennt; wenigſtens werden daſelbſt in ber Pro⸗ 
vinz King hang die mehrften namhaft gemacht. So, der Ha: 
fen Bei [han kiun, ihm im Süden der Hafen Si feng 
phu, und nahe dabei im S. W. dee Hafen Khai yun phu 
Sm Diten ber — Provinzialſtadt der Hafen Khan phu, 
und einige andere, deren Lage etwas fchwieriger zu ermitteln 
ſcheint. Der wichtigſte aber von allen ſcheint Fu (dan zu 
fepn, in Beziehung auf Japaner, die bis zu diefem Hafen eins 
laufen, aber nicht weiter gegen Weſten vorbeigelaffen werben, 
Denn, fagt bie Chinefifhe Reichsgeographie, rlaubte 
man dies, fo könnten fie fehr bald in ſchiefer Durchſchiffung des 
Weſt-⸗Meeres von Korean zum Vorgebirge von Leaotong, 
was fruͤherhin zumeilen gefchehen feyn mag (vergl. ob. ©. 544), 
gelangen. Dig Japaner müflen alfo abgehalten werden 
diefen Weg zu nehmen. Korea fliege alfo ben Seeweg 
(naͤmlich die Küftenfiraße) nah Petſcheli ab; «6 iſt alfe 
ds Schug der China- Grenze Daher it Thſiuan Io 
das Thor zu Korea und China: einen — Zugang giebt 
es a. dahin zu gelangen. 





I 297) Thai theing e eic. 1. c. p. 49, 120. 


\ 


Korea, Hafen. Fu ſchan. 617 
4) Der PER Zu fan ber Japaner und Ehineſen; Puſan bei H. 
Hamels Choſan ober Thoſan bei Broughton. 
Su ſhan ber Hafen (Fou han ber Japaniſchen Karte be 
Rinfifee) ift der einzige von Europdera hier beſuchte Kuͤſten⸗ 
Punet Koreo’6: Capt. Broughton!%) fdiffte von Tſu Sima, 
am 14. Det. 1797 In ihm «in, und entging (während feines Auf 
enthalte® dafelbft vom 15. bis 21. October) vieleicht nue durch 
ein befondered Gluͤck dem Verderben des ungaftlihen Empfangs. 
Er Liegt nur 10 Lieues fern im Norden von Zfu, feine Eins 
fahrt iſt ſehr bequem, 2 Seemeilen im Werften eines fleiten Vor⸗ 
gebirges, dem Broughton den Namen Magnet Cap gab. 
Auf den Zefniten= Karten, unb bei D’Anville fehlt dieſer 
Name gänzlich; auf Rinfifees Karte ber 8 Provinzen von 
Tſchao Sian iſt er nahe an 37° R.Br. eingetragen, alfo faſt 
2 Srad zu weit. gegen. Norden gerüd. Denn nah Capt. 
Brougbtons Obſervation liege er unter 35° U N. Br., 129 
T' D2v. Gr. = 
Schon aus ber Ferne von Tſu Sima erblidte man bie 
Schöne offene Bat von Fu fchan, die ber Britifche Capitain, zwar 
. von ben Einwohnern nennen hörte, aber zweifelhaft blieb, ob fie 
Cho fan oder Tho fan heiße”). Kaum in derfelben gelandet, 
wurden die Sremblinge von Booten voll neugieriger Männer und 
Weiber umringt, die ganz gleichartig in Faden und weit geflts 
terten und wattirten Leinwand: Pantalone gekleidet waren, einige 
in lange Roben, alle mit Stiefeln von Leinwand und Sandalen 
aus Reieſtroh Yerfehen. Die Haare ber Männer waren auf dem 
Kopf zufammengebunden, die der Weiber um ben Kopf gewuns 
den; Schnitt der Augen und der Geſichter war ganz dhinefifdh 
Sm Innern ber Bai, aus ber man gegen Süden die Inſel Tſu 
fima eblidte, Liegen mehrere Dörfer; im Hintergrunde berfels 
ben eine große Stadt (wol Su ſchan) von einer Mauer mit 
Schteffeharten umgeben, neben welder ein Hafen vol Schiffe, 
nebſt weißen, gut ausfehenden Hafengebäuben. Ueberall war das 
regeſte Leben; Schiffe fegelten flet aus und ein. Dem Ban 
nach glihen fie Ehinefifägen Sunten, 20 minber ſorgſam einges 


2} 





22) Capt. Broughton Vor. de Decouy. L ce. Trail. fr. Paris 1807. 
T. 1. p. 228 — 246, 20) f, Esquisse du Port de Chosan p- 

‚ Broughton 1797; Jam Burney Chart of tbe Coast of China and 
of the Sea Eastward from Canton to Japan. Witli a Memoir 
Lond. 1810 in deſſen Chronological History etc. I. c. T. IE 


a8 Ofi-Afien, Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 80. 


richtet, malt Segeln von Matten verfehen. Nach ber erſten Bes 
fleigung des Landes, um den Dörfern fich zu nähern, baten die 
Koreer jedoch bald die Fremdliage wieder umzukchren, was auch 
geſchah. Man ging an Grabmaͤlern voruͤber, um welche Baͤume 
in Kreiſen gepflanzt waren. Bald traf Beſuch vornehmer Korea⸗ 
ner auf dem Schiffe ein. Sie waren in lange Talare gekleidet, 
trugen weite, ſchwarze von Pferdehaar geflochtene Hüte, die 3 Fuß 
im Durchmeſſer hatten und zugleich als Regenſchirm dienten. 
Alte hatten reich verzierte Meſſer und Faͤcher im Gürtel, -eine 
Schachtel von Siligrannarbeit mit Parfüm‘, elegant geziert, alle 
tsugen lange Bärte, ein kleiner Page forgte für ihre Tobakspfeis 
fen. Ihe Bwe war Ausforfhung der Fremdlinge. Des Hafen 
zeigte ſich auf allen Seiten vom hohen nadten Bergen umgeben, 
auf denen bie und ba ifoltete Pinien wuchſen; das Sübende die: 
fe6 Borgebirges war am beften bewaldet. Jede Unterfuchung ber 
Lanbegprobucte und. bee Landfchaft wurde unterfagt, jeder Verſuch 
vereitelt. Doch beftieg man eines Tages die nächfte Anhöhe über 
dem Hafen, um eine Ueberficht zu gewinnen: die Magnetnadel 
wurde aber gegen ben Oſten abgelenkt, und ward unnüs für Be 
fimmungen. Daher wurde bie6 das Magnet Cap genannt 
Auf dan felfigen Höhen weidere Vieh, bie Abhänge waren vol 
Kıäuter, am Fuß lagen Meisfelder. Ueberali zeigten ſich in der 
fehe angenehmen Landfchaft Dörfer an den Ufern bin, und viele 
Mohnhäufer mit Stroh gedeckt unter Baumgeuppen. An den 
Bergen war Terraſſencultur, in der Tiefe Bewäflerung für ben 
Reisbau. Weberall war das Land cultivist, und auf den We: 
dungen mit Heerden von Pferden, Schweinen, Dchfen und. Ge: 
flügel bededt. An den Abenden mehrte ſich die Zahl der Boote 
und der zum fremden Schiffe fich drängenden Waffe der Neugieri⸗ 
gen fo ſehr, daß man fich ihrer mit Gewalt erwehren mußte. 
Am 15. October trafen neue Befuche vornehmerer Manbarinen 
ein; «es waren bie Chef des Diſtricts (Kium?), ſehr elegant, in 
die feinften Stoffe gekleidet, mit Ueberkleidern von hellblauer 
Gaze (wol Neſſeltuch, von Tſchu? f. oben &. 6099); ihr gewal⸗ 
tiger Hut, bei einigen oben. mit Silber geflidt, und durch eine 
Korallenſchnur von ſchwarzen Holz oder Ambra unter dem Kinn 
befeſtigt. Militairgarden mit Pfauenfebern gefchmädt, Kleine 
ganzen mit Faͤhnlein tragend, begleiteten fie, alles wich voll Ehr⸗ 
furcht zurüd. Sie brachten ein Geſchenk von gefalzenen Fi⸗ 
(hen, Reis und Wang (Varec., wol Fuc. sacharinus, f. oben 


Koren, Hafen Fuſchan. . 619 


&. 599), thaten viel Kragen, wänfchten fehr die Fremblinge wies 
der abziehen zu fehen, geftanden auch Werabfolgung von Holz 
und Waffer zu, aber wollten: Beine von den Ochſen und Ham⸗ 
mein verlaufen, bie am Ufer weideten. Das Geld der Briten 
hatte für fie keinen Werth, andere Waaren zum Austaufch fehls 
ten; die Lage der Mannfchaft, nach fo. langer Fahrt in nordis 
ſchen, unwirthlichen Gewäflern, hier in der reichſten Naturfülle, 
aber von allem abgewehrt, war tantalifcher Art. In der Herbei⸗ 
fhaffung von Waſſer aus der beften Quelle war das Volk am 
16ten October fehr hülfreich, alles ging unter Aufficht einiger Pos 
ften fehr ordentlich und fehnell zu. Alsbald kamen neue Depus 
totionen in bie ſchoͤnſten Roben gekleidet, von glänzenden hells 
blauen, glasgruͤnen Stoffen, in filbers und goldgeflidten Pantofs 
fen u. f. w.,,um zum Abfegein zu ermahnen. Die Briten bes 
benteten, baß ihe Aufenthalt von 3 Tagen noch nothiwendig ſey; 
als fie ans Land fliegen, um ihre afttonomifchen Beobachtungen 
zu beendigen, formirte, auf Commando, fogleih ein Truppen; 
Corps einen Poften in ihrer Nähe. Am folgenden Tage, 18ten 
Detober, verabfolgte man das Holz3 es war nur vom einer eins 
zigen Nadelholzart, einer Pinus welche man „Zucsfchwanz” 
nannte. Als am. folgenden Tage Regen und Nebel eintrat, und 
Eapt. Brougbten glaubte, fih um fo unbemerkter umfehen zu 
koͤnnen, magte er eine Ercurfion nach den weißen Käufern bes 
Stadthafens. Aber bald wurde er zuruͤkgewieſen, mit dem Bes 
deuten, wenn er dieß noch einmal wagte, würde man ihn dor 
feſtnehmen und den Kopf abſchlagen. Nun wurden 4 Wacht 
ſchiffe mie Soldaten zur Auffihe zu dem Englifhen Schiffe pos 
flirt. Endlich fam die Zuräflung zur Abfahrt, am 21. October, 
zu Stande; zur größten Freude ber Koreer. Zür ihre Mühe 
beim_einioden von Hol und Waffer, ließen fie ſich keine Entfchäs 
digung geben. Alle waren beglüdkt, bie Gaͤſte Los zu werben, Aus 
- Bee einer leichten Skitze des Hafens, binderte bie firenge Bewa⸗ 
“ung jede andere Beobachtung über Land und Voll. Vielleicht, 
meinte Gapt. Broughton, hielt man fie wegen des ſehr klei⸗ 
nen Schiffes, in dem fie dort landeten, verächtli für Piraten, 
Die Fuſchaner kannten die Feuerwaffen, hatten aber ſelbſt 
keine, fie fehienen fi vor den Britifchen auch nicht zu fürchten, 
Unter den Europälfchen Dingen zogen vorzüglich bie Tücher, 
am mehrften ihre Aufmerfamleit auf ſich; doch kam es zu gar 
keinem Austauſche. 


620 Oſt⸗Aſien. Baflerfoftame. 1. Abfch. $ 80. 


5) Die Oft Küfte Korea, die. Brougktons Bai, 
Dieſes allen Berichterflattern unbekannt gebliebene Geſtade 
Korea's, tft bis jegt nur an einzelnen Puncten von Capt 
Broughton 200) auf feiner Ruͤckfahrt von der Chapmans Bai 
(f. oben S. 464) erblidt worden. Zuerſt (2. October) unter 4% 
2% .N.Br., wo fich (mahrfcheintic in der Nähe des Muͤndunge⸗ 
landes de8 Tu men Ula) nur eine niedere Küfte, jedoch im in: 
nern mit hohen, bewaldeten Bergen zeigte. Nebelwetter geftats 
tete nur einzelne Blide. Den folgenden Tag fahe man im Küs 
fienmeere viel flottirende Kräuter, die auf die Mündung einıs 
nahen Fluſſes hindeuteten. Die Küfte dedite der Nebel, die Lüfte 
tourden von Zügen wilder Gänfe durchſchnitten. Am 4. Det. 
unter 399 40' N. Br. fegelte man an einer Küfle mit hoben Ges 
biegen hin. Untere 89° 3% erblidte man zwiſchen fehr hohen Ges 
birgen in Weften, eine tiefe Lüde mit Niederung. Die Küfe 
war felfig, öde, eine weiße Klippe ſtarrte auffallend hervor. Uns 
ter 38° 65’ M. Br. öffneten fi) (am 7. Det.) die ſehr hohen Ge: 
birgskuͤſten, zwifchen 2 vortagenden Spitzen in eine ungemein 
große Bai, in. welche das Schiff bei 50 Braffen Tiefe eins 
Tief. Dies ifl die Broughtons Bai. Eine Heine Bat öffnet 
fi) in der großen, geſchuͤzt, gegen Süden von ihe, fleigen ein 
paar Berge fehe Hoc) empor. - Die Bai mwimmelte von Walls» 
fiſchen. Am 9. Det., unter 37° 13’ M. Br., zeigten bie Ges 
birge am Meeresgeſtade in ihren Selten maͤchtige Selsfpalten 5 
bie mittelhohe Küfte wird ganz öde. Unter 36° 2 N.Br. dec⸗ 
ten gelbe Erdfchichten die Küftenberge, und Heidegewächfe übers 
wucherten fie. Dann verſchwand die Küfte Koren’s wieder bem 
Bil, bis Tſu Sima und Ku [ham erreicht waren. 


6) Die Weſtkuͤſte Korea's mit dem Korea » Archipel. 

. Saft eben fo wenig wie über ben Oſten find wir über den 
Weflen Koren’s unterrichtet; denn nicht bie Küfte, fondern nur 
ber vorlitgende Küſtenſchwaärm, an 1000 Inſeln, dem 
man den Namen Korea⸗Archipel beigelegt hat, iſt bie und 
da neuerlich entdeckt worden (1817 und 1832). A 

Das Schiff Alcefle von 46 Kanonen, unter Capt. M. 
Maxwells Commando, iſt das erſte Europätfche, weiches jene 





2) zart Brongbton Voy. de Decour. L c. und. f. T. IL p. 215 


i 
e 


Korea, Welt: Geftade, Achipel. 021 


Geroäffer nach der Ruͤckkehr aus dem Petſcheli⸗Golf (ſ. oben 
S. 543) duchfhiffe. Es fegelte. aus der Mea tao Straße 
oftwärts, und fahd (am 30. Aug. 1816) die Infel:Gruppe 
auf, weiche die Jam. Halls Gruppe!) genannt wurde. Gig 
liegt unter 37 45 N.Br.; 124° 40° 30" D.8.v.6r. Bon de 
wurden die Ander an der Weſtkuͤſte des Gontinente® geworfen, 
in einer ebenfalls zum erflen mal erfundeten Bai, die man 
Baſils Bay (nad dem verdienten See: Capitain der Lyra, 
Baſil Hall) nannte. Ihre Lage, nach Obfervation, 36° 4/ 45% 
M.Br. und 126° 39 45" D.&v, Sr — Schon auf. der erfien 
Inſelgtuppe, welche unftreitig der Provinz Huang hai vorliegt, 
ſuchten die Infulaner das Landen zu hindern, verfuhren jedoch 
nicht gewaltfam. Das hohe Land ſah man, gegen Oſten, 
nicht fehr fern. Dom Zten bi8 Ateın September hatte man 
immerfort Snfelgeuppen und Klippen gu bucchfchiffen, mit 
weichen da6 Meer gefüllt war. Der Beſuch eines Koreanifchen 


Mandarinen auf der Alcefte, führte zu keinem näheren Vers ' 


fländnig, da der Chinefifhe Dolmetſcher das Koreanifche gar 
nicht verfiand. Dur das ominöfe Zeichen, mit der Hand an 
der Kehle, gaben indeß Ale zu verfichen, daß ihr Chef nach 4 Tas 
gen, wenn die Botſchaft Kin Ei tao erreicht erhaben würde, an 


deffen Weſtkuͤ ſte man unftreitig "hier vorüberfchiffte, den Kopf“ 


verlieren werde, Auch in der Baſils Bay, die nach der Ses 
fuitenkaste, deren Küfte hier fo weit gegen Weften hinausreicht 
als ber Inſelkranz vorliegt, an 30 geogr. Meilen (volle 2° 14 
zu weit gegen Meilen, nah Capt. Marmweiis Berechnung) 
völlig auf dem Trocknen, im Innern dee Halbinfel liegen würde, 
waren firenge Befehle gegeben, allen Verkehr nad) außen abzu« 
ſchneiden. Die Kleidung der. Kuͤſtenbewohner dieſer Bai, welche 
nebſt dem gleichfoͤrmigen Cap wol zur Provinz Tſchungthſin 


gehoͤren, war ſehr eigenthuͤmlich, und keine Aehnlichkeit wurde. 


zwifchen ihnen und Chinefen bemerkt. 
Bon der Bafils-Bai an, vom 2ten bi zum 10ten Seps 
tember, durchſchiffte man nun eine, unendliche Menge von In⸗ 





1) Capt. Maxwell Sketch of Surveys in the Gulfs Pe tchee lee, Leo 
tong, Chinese Seas etc, in H. Ellis Journal of Lord Amhexst. 
Kınbassade to China. Lond. 1817. 4. Append. p. 471; John 
M’Leod Voyage of His Majestys Ship Alceste- — the age 
‘of Courea etc. Lonil. 1818. Sec. Ed, 8, p. 42. 


v4 


622 Oft Afen. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 80. 


fein, bis zur Suͤd⸗Gruppe berfelben, zu den Amherſt⸗Jn⸗ 
fein, bie man mit dem Namen bes Korean Archipels be 
Yegte, weit fie biöher für das weſtliche Vorland bes Continen 
te8 der Halbinfel gegoltem hatten. Diefe reichen, von ben 
fuͤdlichſten dieſer Infeln, dee Alceſte-Inſel, unter 3 1 
R.Br., 124° 61 DL. v. Gr., weiche bei dee Hinfahrt zur Mea 
tao Straße (ob. ©. 542) no als S. W. Koreafpige, Cap 
Amherſt benannt war, nordwaͤrts bie 35° N. Br., und nehmen 
in Mpriaden Zragmenten, wie Capt. Marwelt fi ausbehdt, 
den Raum zwifchen 125 bis 126° D.2. v. Gr. ein, die biE das 
bin gänzlich, unbekannt geblieben waren. Nur bder einzige Capt. 
Broughton 2) von Ethrmen In biefen Gewäfjern umher ges 
trieben, hatte biefelbe füdlichfle Gruppe ber Alcefie: Sufel, 
mit ihren Umgebungen, voll Pik⸗Inſeln ſchon gefehen, aber nas 
menlos gelaffen, Capt. Burney hatte fie auf feiner Karte ver 
zeichnet. Die mehrften diefer Infeichen find nur halbe umd ganze 
Stunden, hoͤchſtens Meilen lang. Verſchiedene ihrer Gruppen 
umd einzelne Infeln erhielten ihre Namen; mehrere eine genauere 
Aufnahme. Man landete bei den Juſeln Shamrod und 
Thiftie in Murrays Sund. Bon dem hohen Berge der 
„SInfel, den man Montreal nannte, fahe man das fefle Land 

"von Korean wol 4 geogr. Meilen (20 Miles) in N.D. und SD, 
und Überblichte den merkwürdigen Acchipel, in bem man mit Ges 
nauigkeit an 185 Infelchen mit einem Blick zählen konnte. Meh⸗ 
rere derfelben flareten wie Zuckerhuͤte empor, z. B. Craig Yan 
riet, andere glichen, der Geflalt nach, einer Kirche mit einem 
Thurm, z. B. Huntly Lodge; andere Schloßtrtämmern, B. 
Windfor Caſtle. Der Murray Sund wurde als ein ſehr 
ficherer Hafen befunden, mit hoher Ebbe und Fluth. Alle In⸗ 
fein fhienen bewohnt, und mit friſchem Waſſer verſehen. Selt⸗ 


ſame Bildung ; ein Wort wird von ihrer Gebirgsart gefagt. Ob fie 


an die Bulcanbildungen von Quelpaert fi) anreihen ? ober viels 
mehr emporgehobene Pils find, nach Art der Zorullofegel, ober 
dee Trachptinfeln des Stillen Dreans, bier aber nicht Inſeln, 
fondern nur, wie bee Koreer fagt, Schen oder Tſiao, d. i. 
Klippen» und Inſel⸗Splittet. Die Beobachtung 3) der Bewoh⸗ 





: 403) Capt. Bronghton Voy. de Decouv. l.c, Trad, fr. T. II. p. 276 
— 9279; Capt. J. Burney Chronological Hist. etc. 1. c. * 
Chart of the Coast of China etc. 

3) J. M’Leod Voyage L c. p. 52 — 57. 


\ 


Korea, Weſt⸗Geſtade, Archipel. ... 823 


ner biefer Inſelchen konnte nur gering ausfallen, obwol fie überall 
fi) zeigten. Die Weiber flohen zwar anfänglich den Anblick der 
Fremdlinge; da fie aber bald merkten, daß ihnen nichts zu Leibe 
geſchehe, blieben fie, theilten ihre Speife mit, nahmen aud bie Ges 
Schenke wol an, die man ihnen gab, fließen aber die Männer an 
die Schultern, wiefen auf die Schiffe mit dem Bedeuten, daß fig 
dorthin gehörten. Die Männer. der Inſel nahmen nichts. an, 
oder gaben alle gefchentte wieder zuruck, und fließen die Boote 
ber Fremdlinge gewaltfam vom Lande ab. China foll jährlich 
2 bis 3 Junken zu biefen Inſulanern ſchicken, Sapan, unb 
felbft Korean, aber im gar keinem Verkehr mie ihnen. ſtehen. 

Die Chinefifhe Reihsgeographie giebt über jenes 
Weſtgeſtade Korea Leinen näheren Aufſchluß. Sie nennt 
nur, außer den ſchon eben genannten Flüffen (f. oben ©. 582), 
drei Stufen *) die gegen Wellen fi zum Meere einmüns 
den, der eine der Thſingtſchhuan Kiang (der ’Thsing Kiang 
bei D’Anville unter 40° N. Br.) im Norden der Hofprovinz, wels 


her auch Taning kiang heiße, und die Grenze ber beiden 


nördlichen Provinzen Koren’s bezeichnet; wir wiſſen nichts weiter 
von ibm; er muß ſich wol im Norden be Jam. Halls 
Gruppe sum Hoang hai ergießen. 

Die beiden andern Zlüffe Pekiang, dee Weiße Strom 
(bei D’Anville zunaͤchſt uͤber 36° M. Br. zum Meere mündenb), 
und der Tſing Kiang (bei D’Anvike zwifchen.34 und 35° R. Br. 
zum Meere mündend) durchſchneiden, fübwärts ber Hofprovinz, 
die Dalbinfel von D. nad W. Sie müffen alfo zum Gewaͤſſer 
jene® zahlreichen Korea⸗Archipel führen, den Cap. Marwelt 
entdeckte. An dee Mündung des tetztern dieſer Fluͤſſe, des 
ZT fing Kiang, nennt die Meichögeographie, im Süden der Pro» 
vinziatftadt Tſing tfiheou, den’ Hafen Kin phu 5) und ers 
zahle von ihm, daß er zur Zeit ber Mongholenherrſchaft in China, 
unter Khublai Khan, als großer Stopelort zur Verproviantis 
zung der Flotte auserfehen gemwefen. Als Japan burch die Chi: 
neſen, im Sabre 1285 erobert werben follte, ging dee Befehl aus; 


auf dem Kaifer-Bgual, auf dem Kiang und Homai, eine 
Million Gchy Reis m Hafen — ——— 





*) Tai tlısing etc. I. c. p. 111—115. 6) Tai thaing” etc. l. e. 
p- — vergl, Mailla Hist. ——— de — a . IX. pe #7, 
42 — 


* 


624 Oſt⸗Aſien. Waflerinfteme. J. Abſchn. $. 80. 


aus Korea follte aller Reis eben bahin für das Mongholenheer, 
das zur Erpebition gegen Japan beflimmt war, gebracht werden. 
Bieles ward vorbereitet, aber bie zu großen Koften hinberten die 
Ausfuͤhrung. 


Anmerkung 1. Yängftey Landungsverſuch Lindſays und 
des Miſſionars Guüͤtzlaff im Schiff Lord Amherfi an ber 
Wefttüfte, im Mejoribanks Harbour, 1832. 


Etwa in die Nähe biefes Hafens drang in menefter Zeit das Briti⸗ 
ſche Schiff Lord Amherft vor, das erfte, weldyes daſelbſt an ber Son 
tinentalfüfte Koreas .nur. 22 bis 23 geogr. Meilen (300 Li) fern von. 
der Reſidenzſtadt (Kingki), welhe Hanyang heißt (T. ob. S. 576), 
einen Landungsverfuch wagte, um wo möglich mit ben MWewoßnern in 
einen Hanbelsverfehr zu kommen, was zwar nicht gelang, aber vielleicht 

durch die merkwürdigen, begleitenden Umftänbe, doch einen allmälig ers 
wärmenben und fortglimmenben Funken menſchlicher Gefühle in dem ers 
ftarrten und furchtbaren Mechanismus des bortigen Volks» und Gtaatös 
Yebens zuruͤckließ. Lind ſay und Gutzhaff geben daruͤber folgende 
Berichte. 

Von Schantung fcifften fi fe, am 16ten Juli 1832 200), nad) Kos 
gen’ über (f. ob. S. 544), md fahen am 17ten Morgens um 10 Ur, 
etwas ndrblih von Sam. Hallo Gruppe, das erfte Land. Hinter 
ber- fteilen Felswand Einer Infel weitete fi) eine große Bai, bie gegen 
Kord offen war, Die Stpfel biefer, wie der andern Inſeln, waren auf 
der Süpfäte mit hohen Bäumen bewachſen; ſelbſt mit einem gewiffen 
Luxus der Vegetation bebedt. Die niebern Küflen am Meere trugen 
zahlreiche Dörfer, viele Heerden, Aderland. Als man am Abend 5 uhr 
landete, und bie Fiſcher auf einem ber dortigen Boote in Chinefifcher 
Schrift um ben Namen bes Drtes befragte, war bie Antwort: € hang 
Shan, Yung Schang. ‚Weiter ging das Verſtaͤndniß nicht; fuͤr 
eine Chineſiſche Schrift und ein paar bunte Knoͤpfe gab ber wolwol⸗ 
Iende Mann dagegen von feinen Zifchen. Jeder weitere Landungsverfud 
wurde von den Infulanern abgewehrt; ein alter Mann hielt besharb eine 
lange, jedoch ven Briten unverſtaͤndliche Rebe, An einem Dorfe, das 
(am 18. Zul) beim weiterfähiffen von den an das Land Geftiegenen be= 
fucht werden follte, traten an 200 feiner männlichen Bewohner in größs 
" Me Aufeegung "herbst, und nöthigten gewaltfam zur Umkehr. Ihre Sets 
chen mit dem Zeigefinger deuteten an, daß Ihrten oder uns, fagt Lind 
fay, bie Kehlen würden abgefchnitten werben, wenn wir nicht fogleich 





208) Lindsay Report in Report of Proceedings on a Voyage etc. 
London 8. 1835. 5 p 215— 259. _ 


x 


Korea, Wefltüfle, Majoribanls-Hafen. 625 


gingen. Jedes Anerbieten von Geſchenken blieb fruchtlos. Während ein 
paar Zagen ber Küftenfahrt gegen Süben war Regen unb büfteres Wets 
ter; am 2lften Juli heiterte fidh ber Himmel, man erlannte mehrere 
Inſeln, z. B. Huttons Inſel; am Mittag, fehr ſcharf marquirt, den 
auch won ben frühen Schiffeen bezeichneten Table Mount ?) und 
andere, Zwei geogr. Meilen fern von dem welligen Küftenlanbe fchiffte 
man vorüber, immer durch bichtgelegene, ſtark bevölterte Infeln, voll 
gaffender Maͤnner, Weiber unb Kinder, bis Abends am 2ften bie Bas 
fildsBai erreicht wurbe. Suͤdwinde und Nebel nöthigten bier, an ben 
LoltaousInfeln, Anker zu werfen. Das Bolt im nahen, großen 
Dorfe gerieth in großen Allarm. Ginige ber Männer befuchten jeboch, 
am Morgen bes 23ſten Juli, das frembe Schiffe Gie Liegen fi mit . 
Wein bewirtben,, im Schiffe umherführen, verftanden aber kein Ghines 
ſiſch. Sie waren artiger gegen bie Kremblinge als jene Vorgänger, und 
bewirtheten fogar die mit ihnen an das Land geftiegenen mit Reisbrannt⸗ 
wein unb Galzfifchs ſobald diefe aber Mine madıten, mit in das Dorf 
zu gehen, wiberfehten fie ſich flandhaft. 

Am Aſten Zuli erfchien-ein vornehmer Mandarin auf bem Schiffe, 
Zengno mit Kamen, als Spion zur Ausforfchung geſchickt; er vers 
fland gut Chineſiſchz er Iud ein zu dem naͤchſten fihern Hafen zu ſchif⸗ 
fen, nur 4 Stunden (80 Ei) fern. Die Reſidenz des Königs (King ke⸗ 
taou, bei’ Lindſay), fagte er, auf Befragen, heiße Hanyang, fie. Liege 
300 Li (22 bis 23 geogr. Meilen) weiter; ben Namen des Königs, um 
ben man ihn erfuchte, bürfe er aber nicht aufichreiben, er fey heilig; ber 
König fey 43 Jahr alt, fige. 36 Jahr auf feinem Thron und beherrſche 
0 Städte. Am. 2bften Juli geleitete der Mandarin, Zengno, das 
Englifhe Schiff gegen N.O., an vielen Inſeln vorüber, gu ciner fehr 
tiefen Bai, wo man, in ber Nähe eines großen Dorfes, in dem ein 
Groß- Mandarin wohnen follte, in dem Hafen, ben man Gan Keang 
(ob etwa Nganchan, ober Ranyang in der King ki tao Provinz auf 
Ninfifses Karte, in jener Gegend angegeben?) nennen hörte, vor 
Anker ging. Die Lanbungsftelle wurbe von ben Britifchen Entdeckern, 
nach dem Vorſtande der Erpebition in Ganton, Marjoribanks Har- 
:bour *®), gemanntz ihre aſtronomiſche Pofition aber. im Report nicht 
mitgetheilt, wahrſcheinlich zwiſchen 35° bis 360 N. Br. 

In dieſem Marijoribanks⸗Hafen war es, wo man, vom. 3, 
Sul bis zum 12. Auguft, unter beftändigem Hoffen und Harren irgend 
eine Verbindung und Verkehr mit bem feltfamen Wolke einzugehen, aber 
doch vergeblich, feine Zeit verlor und völlig unverrichteter Sache heim 
zu kehren genötigt war. Mehrere Junken umgaben fogleich den Lord 
Amherſt; man bebauerte das Schickſal ber Bremblinge, bie fie durch 





?) Lindsay Report I. e. p. 220. *) ebend, p. 240-250: .. 
Ritter Erdkunde IV, ERE 


% 


626 Ofi⸗Aflen. Waflerfufteme; I. Abſchn. $. 80, 


Noth gedrängt hielten. Eine Ahpreffe an den König von Koren, 
durd den Miffinar Guͤtz laff, eines Meifters im elaſſiſchen Styl bes 
Chinefifhen, in. allem landesuͤblichen Ceremoniell aufgefchrieben,, nebſt 
Geſchenken nach ber Lanbeafitte, folle durch 2 Secretatre, jenen Tengno 
und feinen Collegen Yangyih, die fi dem Schiffe huͤlfreich erwieſen, 

- ben Groß-Manbarinen zur Befdrberung nach King Ei tan übergeben wers 
den. Es war barin gefagt, daß ein Kauffahrerſchiff aus Eng. 
land, mit Waaren, Tuch, Kamlot, Calico, Uhren, Zelefcopen u. a» 
zum Abfa& gegen Silber und Lanbespröducte angelommen, und bereit 
ſey die Bollgebühren zu zahlen. : Obgleich Gagland viele Myriaden fern 
vom ruhmvollen Reiche Koreas liege, fey man body Hierher, gefchifft, im 
Vertrauen anf Gerechtigkeit, denn ber weife Gonfurtus (bie Koreer 
"Hängen feiner Secte an, f. ob. S. 546) fage: „dennoch find in- 
nerhalb der vier Meere alle Menfhen Brüder.” Rod ik, 
fo ſchloß die Abdreffe, kein Engliſches Handelsfchiff Hierher gekommen, 
giebſt du, o mächtiger König, aber Grlaubniß zum Handel, fo werde ih 
beinen Befehl meinem Könige überbringen. —— Diefem wurde ein Pam⸗ 
phlet, welches in Chineſiſcher Sprache eine kurze Statiſtik Großbritan⸗ 
niens enthielt, beigefügt, und dem Beamten im Orte zugeſchickt. As 
bald, am 26. Juli, wurde der Beſuch zweier Großs Mandarine auf 
dem Schiffe angekuͤndigtz fie kamen ˖in jenen weiten fliegenden Talaren, 
>. "mit großen breitrandigen Hhten (f. ob. &. 618), ihren Stande gemäf 
angethan. Kin Zajin, ein Greis von 60 Jahren, dem bie MWoreſſe 
an ben König überfandt war, und Le ta laou yay, ein Civilbeamter 
mit weißem Bart. Ihre vielen Fragen über. bie Kremblinge, ihre Ge 
ſchichte, ihre Abſichten über den Inhalt ber Addreſſe, bie verfiegelt war, 
und beren Inhalt nach Lind ſays Verfiherung nur den König angehe, 
und defien Verlangen, ihnen diefelbe ſo wie die Gefchenke an den König 
feiertich und öffentlich zu übergeben, ſetzte bie‘ Herzen in fo große Ver⸗ 
legenheit „Noth und Beaͤngſtigungen, in nie erfahrener 'nener Situation, 
daß fie ganz aus dem Concept kamen, und nicht mehr wußten, was fie 
ihren Secretairen, die ſtets alles zu Protokoll nehmen. mußten, nur mod 
bietiren follten. Durch Borgeigen allerlei Kleinigkeiten, Wider, Schmupf⸗ 
tabadshofen u. dergk. etwas beruhigt, und wie Kinder erheitert, zogen 
fie ſich zurüd, Lindſay bat die beiden Secretaire am Schiff zu bieis 
ben, um am Nächmittage in ihrer Begleitung am Ufer die feierliche Les 
bergabe der Geſchenke zu machen. Sie mußten ein boppeltes Verzeichnis 
der Gegenftänbe, eins zur Beilage für ben König, bas andere für ben 
Mandarin aufſchreiben. Es waren fuperfeines Broadcloth, 4 Stuck von 
" verfchiedenen Barden; Gamlot 6 Städ, Gallen 14 Stuͤck, 3 Teleſcope, 
geſchliffene Glaswaaren, Riechflafchen, 6 große Blumenvaſen, 12 Dugend 
ſchoͤne Boldindpfe u. a. m. Dazu fügte man 2 Bibeln in Ghinefifcher 
Sprache, Tractaten zumal über Geographie, Aftvonomie und andere 


Karen, Weitüfte, Majoribanks⸗Hafen. 627 


Diſſenſchaften, meift von Dr. Milne und von dem Miffiongr Guͤh⸗ 
Laff zur Verbreitung chriftlicher und Guropäifcher Ideen umter den mit 
der Chineſiſchen Literatur bewanberten Völkern, zu benen die Mandaͤri⸗ 
nen Koreas gehören, bearbeitet 02). 

Rod ehe die Briten fi) zum Beſteigen des Landes anfchidten, ka⸗ 
men Boote mit Geſchenken; Tafeln und Körbe voll Salzfiſche, Kuchen, 
Say und Liqueure zu einem Mittagseſſen. Als fie aber landeten, traten 
fie unter ein wilb aufgeregtes Bolt von Koreaneru, das ihneh überall 
fi) mit dem Zeichen des Kehlabfchneibens entgegen ftellte, und fie weit 
weg verwuͤnſchte. Auch der Secretair Yangyih war in Verzweiflung, 
und ſchrieb mit feinem Pinfel auf, bie Mandarinen ſeyen weggegangen, 
die Briten follten am folgenden Zage wieberlommen. Nur mit einiger 
Gewalt festen diele ihre Sache unter den aͤngſtlich forgfamen , ſclavi⸗ 
ſchen Feiglingen noch durch; und brachten es doch dahin, daß die Man⸗ 
darine in förmlicher Ceremonie bie Addreſſe an den König und bie Ge⸗ 
ſchenke in Empfang nahmen, und das Verſprechen ber Beſorgung gaben. 

Nun fingen aber die forſchenden Inquiſitionen von neuem an; über ben 
Brief, die Verzeichniſſe, warum fie fi) aus Za Ying (Großbritannien) 
nannten, ob e& auch Ein SeaonYing (Kleinbritannien) gebe u. dergl. 
mehr, Alles erfragte wurde zu Papier gebracht. Man erfuhr bei bies 
fer Gelegenheit 9‘, daß fie meiſtentheils Ghinefifche Bücher lefen, z. B. 
die Bücher Wu ring (? offendar Wu king, die 5 heiligen Bücher 
des Gonfucius), aber quch eine eigene Literatur in Korea Sprache haͤt⸗ 
ten, daß ihre Literaten ber Lehre bes Confucius (moralifchen Sentenzen, 
mach Art Salomoniſcher Weisheitsſpruͤche) angehörten, Tempel ihre 
Meiſters, aud feines Schülers Mencius unb anderer hätten. Am 
folgenden Zage erfchimen zwei andere Mandarinen, Kin und Le, voll 
neugieriger Befragungen im Ramen ihres Königs. Die Fremdlinge muß⸗ 
ten die Ramen aller Länder und Nationen nieberfchreiben, bie fie von 
Gagland bis Korea paffirt hatten, und vieles über Europa, Indien u, 
f. w. Auf ſtets wiederholte Anfrage ber Briten an fie, warum bindert 
ihr den Fremden den Eintritt in eure Dörfer? erfolgte nie eine pofitive 
Antwort. Ghebem, fagte man wol Einmal, war es nicht fo3 aber ſtets 
wiederholte man das Kebtzeichen, um damit das Griminalverbrechen ber 
Witretung der Wohnorte anzudeuten. Diefe Antworten wurden nicht 
anders, auch nachdem groͤßere Vertraulichkeit mit Einzelnen entſtand. 
Kin Tajin, der Greis, ſpeiſete auf dem Schiffe gu. Mittag, aber 
fetbfb gegen ‚bie kleinſten Giſchenke firäubte er ſichz nur einen Teppich 
von Bruͤſſeler Acheit zum ligen, der Ihm ungemein gefiel, nahm er an, 
Auch ein Mandbarin drisen Mafey: Kin, ein General, ſehr fein gektek 
30, feinen Eie hut mid ber Pfaurnfcher decorirt, beftiog das Schiff. tin 





0°) Lindsay Report L c. p. 229: : ?*ziehend. p. 233. " 
; Rr2 


. vr un 


Säfte nn 
ꝛen· Enblic, gelang eg yon Id, nad} vieler Beigerung, bie Gopie cu 
Korea Alphabets su erhalten, wogegen ihn ber Miſſtouar ap 
laff das Vater Unfer in Sbineſi ſcher Särift gap, welches er an 
Seanifdyer Acherfegung zuruͤckgab. her kaum war 
ben, fo überke ihn bie größte Angſt, vor dem Gedante det Rrkkh 
end, wenn dies b Mandarinen erführen, ur Berupigung fans 
the wurde ſogleich elle Schrift vor ſeinen Augen 
Verſchluß gebracht, und das Berfpredyen gegeben, dag kein Rome 
Mil Augen erbtiden werde, Unter biefen Berhonblungen derfirig 
um Tag, aber keine Antwort kam auf bie Abdrefe, Au einem iz 
Tage (38, Juli) wurde den Fremdlingen geſtattet, am ei 


einem 
friſchen €, der ſich zur Bor ergießt, Maffer *nzunchmen; f) 
Iren i Tnlos i 


Brage der Weiten „wenn wird die Antwore pay Pörige auf umfer I 
dreſſe ankommen?” wor ſtets dieſelbe Verwo 


ab, einige Tage —8 
Indeß wurde die große Bai, m welcher der Merjoriponte. 
Dafen Uiegt, doch ehmag näfer unterfadt, Der tiefe Ein i 
Kuͤſtenland iſt voll grüner, ftartbewohnter Inſeln, das Ufer vol Die 
fer, don denen eins dem andern ganz gleich erſchien. Dem don Erin 
War etwas anders als bie Dächer zu ſehen. Jebes ein 
Mistranifh nach außen mir einer hohen, beflochtenen Umpegung unge 
ben, und fo bie Banze Dorfſchaft; daher kann nirgends ö 
Slick in das Imer⸗ allen. ile Weſtgehaͤnge ber 
ſind mit der trefflichſten 


waldung bedeckt ich, die Dorzügtiches 
Simmerpolz und Terpentin tieferen, Dezfifagen Gegen @ 


is 4 Etuat en da⸗ 
voll Klippen und Sandbaͤnke ‚aber — —— * 


* bis 
——— —— 


“ı) Lindsay Report .1, ep 2%. . 


% 


a ii Korea, Weſtkuͤſte, Majoribanks⸗Hafen. 629 


aid u rinwarts theitt ſich biefe tiefe Bat in zwei Arme, die durch 2 bis 3 
: xroße Iafeln von einander geſchieden, aber überall mit Dorfſchaften bes 
* find. Das Britifche Boot ſchiffte am Weſtufer hin, ſahe auf 
gu De Bergen viele Heerden, am Ufer viel Boll, aber nur Männer. Die 
* gPai war zu tief, um ihr Ende zu erreichen. Man beſtieg daher nur 
R „Das fehr Hohe Vorgebirge einer der Infeln, von dem ſich bie ſchoͤnſte, 
f annicfachfte Sanbfaft, vol Gebirge, Golfen, Buchten, Infeln und 
Waſſerjpiegeln ensfaltete Im Innern ber Infel war alles in Aufre⸗ 
gung, man ſahe, durch die Fernroͤhre, wie überall Weiber und Kinder 
ah in Angſt und Schrecken über die neue Erſcheinung bie Flucht ergriffen, 
A und in Schaaren über bie Gebirge entflohen. Wo Weiber in den Dörs 
“ren zurücblieben, da guckten fie neugierig hinter ihren Gehegen hervor, 
' Fwurben aber nicht felten von den Maͤnnern hart zuruͤckgeſchreckt. Aus 
u per Berne gefehen ſchienen fie Kart und rüflig, in kurzer Tracht' wie bie 
rat * Selaven in Macao gekleidet, baarhaupt, das Haar in Knoten um ben. 
9 gopf gewunben, | ; 
WE Gegen ben Weſten hin fiel der Blick auf bie hohe, offene See. Der. 
NE z ſtuche Arm ber Wat zieht. ſich gegen N.R.D., der weſtliche 2 bis 3. 
z.° Stunden weiter, gegen Weſt. Nach den biöherigen Karten zu urtheilen,. 
æ ragt Linbfay, müßte die Gapitale von King Litas, von biefem 
9" Yuncte, etwa 18 bis 20 geogr. Meilen (BO Miles) gegen N.R.D. geles. 
6 F em haben, und von daher kamen auch alle Mandarinen, die das Schiff 
9" Hefucht hatten. In der nahen Waldung um die Bai, fagte man, folle. 
18 08 Aiger (?) geben. - 
Lie Sehr uͤberraſchend war am Sage nach der KRuͤckkehs von biefer Ex⸗ 
3! eurfion, am 8. Aug., ber Beſuch des Mandarinen Kin auf dem Schiffe, 
„” mit der Addreſſe an den König,. und dem Verlangen, daß Brief und 
Geſchenke zurückgenommen werben follten; am folgenden Tage wuͤrde 
4° per Geſandte des Königs felbft erſcheinen. Diefer Beſuch kam, Le, ber 
ſeit 10 Tagen abwefend gewefen,. und fidyer in der Gapitale Bericht. ges 
8” geben hatte, begleitet non Kin dem General, an ihrer Spitze aber. 
u Tajin, der Wotfchafter des Koͤnigs, 40 Jahr alt, elegant in Seide 
F gekleidet, der voll Geremonien feine Gonverfation 1?) mit Leiowefen und. 
Bedauern Über das Abmühen bee Sremblinge begann, bie aber im Fort⸗ 
72 gange nur ald ein Gewebe voll Unwahrheiten abſichtlicher Lügen erſchien. 
x: Dee Hanptpunct, Korea erkenne als fein Oberhaupt das Taſing⸗ 
7 Mei (hineſiſche Reich), alfo koͤme es ohne deſſen Erlaubniß keinen 
Berkehr mit Fremdlingen eingehen, war bloßer Vorwand. Auf ben Cin⸗ 
wurf, auch Siam und Goch in Ehina ſtehe in gleichem Verhaͤltniß, 
J war bie Antwort, aber Korea grenze fo dicht an Chinaz und als man 
ſagte, fo ſey es auch mit Cochin Ghina, und doch handelten bie Briten 





628 Oft Alien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $, 80, 


großes Gewand war die feinfte Japaniſche Seide, bunt von Warben, 
darüber das ganz weiße Oberkleſd, von feiner Leinwand. Ihm folgten 
bald 2 große Moote, mit einem vollſtaͤndigen Koreaniſchen Diner, für 
das ganze Schiffävolt; es waren Hühner, Nudeln, Schweinefleiſch, Ges 
Tat, Kuchen, Honig, Wein. Die Speifen nach Sapanifdier und Chine⸗ 
fen Sitte nahmm bie Koreer mit Stäbchen zu fi. Auch der Gerres 
tote, Yang yvih, Hatte indeß mehr Zutrauen zu feinen Gaͤſten gewons 
nen; endlich gelang es von ihm, nad) vielee Weigerung, bie Gopie eines 
Korta Atppabeis zu erhalten, wogegen ihm ber Miſſionar GE ugs 
Laff das Vater unfer in Chineſiſcher Schrift gab, weiches er in Ko⸗ 
veaniſcher neberſetung zuruͤckgab. Aber kaum war dieſe Arbeit geſche⸗ 
Sen, To überſtel ihn bie größte Angſt, vor dem Gedanken des Kehlab⸗ 
jchneidens, wenn dies bie Mandarinen erführen. Zur Beruhigung feines 
Gemuͤthe wurde ſogleich alle Schrift vor feinen Augen unter fichern 
Verſchluß gebracht, und das Verſprechen gegeben, daß Tein Koreaner es 
zit Augen erblicken werde. Unter dieſen Verhandlungen verſtrich Tag 
um Tag, aber keine Antwort kam auf bie Abdrefie. Au einem ber 
Tage (8. Juli) wurbe den Sremblingen geftattet, an einem fchönen, 
feifchen Fluſſe, der fi zur Bai ergieht, Waſſer einzunehmen; au 100 
Koreaner halfen babei ganz harmlos den Fremblingen, unb verkürzten 
ſech die Zeit bei ber Arbeit durch monotone, friedliche Geſaͤnge. Andere 
Lebensmittel für das Schiff, um die man erfucht hatte, erfchienen aber 
nicht. Die Zahl der Beſuchenden und Reugierigen nahm zu, aber ſeit 
dem 31. Auguft auch die Angft der Beamten, Auf die ftets wieberheite 
Frage der Briten „wenn wird die Antwort des Königs auf unfere Ab⸗ 
dreffe anlommen?” war ſtets biefeibe Wertuöfltung: „warte in Rude 
ab, einige Tage +7) 

Indep wurde die große Bai, in welcher ber Marjoribanks⸗ 
Hafen Liegt, doch etwas näher umterfudst. Der tiefe Einſchnitt m bad 
Küftenland tft voll grüner, ſtarkbbewohnter Inſeln, das Ufer voll Dörs 
fer, von denen eins dem andern ganz gleich erfchien. Dem von keinem 
war etwas anders als bie Dächer zu ſehen. Jebes einzelne Haus iſt 
mistrauiſch nad) außen mit einer hoben, geflochtenen Umhegung ummges 
ben, und fo die ganze Dorffchafts daher kann nirgends auch nur ein 
Blick in das Innere fallen. Alle Weftgehänge ber Inſeln und Küften 
find mit der twefflichfien Radelwaldung bedect, reichlich, bie vorzügliches 
Bimmerholz und Terpentin Tiefen. Dazwiſchen legen Grafungen und 
Wieſen vertheilt, an deren Rande, am Fuß der Berge, bie Doͤrfer er⸗ 
baut find. Die Bat weitet fi bis A Stunden gegen das unsre, ifk 
vol Klippen und Sandbaͤnke, aber doch in dem ˖ Sauptcanal ven 8 bi8 
123 Baden auch für groͤßere Geriffe augingiih, : Etwa 7. &tunbeni Tanke 


“ır) Lindsay Report · l. © pP 20. 


* 


Korea, Weſtkuͤſte, Majoribanks⸗Hafen. 629 


einwärts theitt ſich biefe tiefe Bal in zwei Arme, die durch 2 bis 3 
große Iafeln von einander gefchieben, aber überall mit Dorfſchaften bes 
beit find. Das Britiſche Boot ſchiffte am Weftufer hin, ſahe auf 
den Bergen viele Heerden, am Ufer viel Boll, aber nur Männer. Die 
Bai war zu tief, um ihr Ende zu erreichen. Man beftieg daher nur. 
das fehr hohe Vorgebirge einer ber Infeln, von bem fidy bie fchänfte, 
mannichfachfte Lanbichaft, vol Gebirge, Golfen, Buchten, Inſeln und 
Waſſerſpiegeln entfaltete Im Innern der Infel war alles in Aufres 
gung, man fahe, durch die Fernroͤhre, wie überall Weiber unb Kinder 
in Angft und Schredieh über die neue Erfcheinung bie Flucht. ergriffen, 
und in Schaaren über die Gebirge entflopen. Wo Weiber in den Dor⸗ 
fern zurüdblieben, da guckten fie neugierig hinter ihren Gehegen hervor, 
wurden aber nicht felten von ben Drännein hart zurädgefchredt. Aus 
der Kerne gefehen fchienen fie Hart und rüflig, in kurzer Tracht‘ wie bie. 
Sclaven in Macao gekleidet, baarhaupt, bad Haar " Knoten um ben. 
Kopf gewunden. : 

Gegen den Weſten bin fiel ver Blie auf bie sche, offene Se. Der. 
öftliche Arm ber Wai zieht. ſich gegen R.R.D., der weitlide DB bis 3. 
Gtunben weiter, gegen Weſt. Nach ben bisherigen Karten zu urtbeilen,. 
fagt Lindſay, müßte bie Gapitale von King. ti tao, von biefem 
Yuncte, etwa 18 bis 20 geogr. Meilen (BO Miles) gegen N. R.O. gele⸗ 
gen haben, und von daher kamen auch alle Mandarinen, die das Schiff. 
befucht Hatten. In der nahen Waldung um die Bai, fagte man, folle. 
es Ziger (?) geben. - 

Schr überrafcyend war am Tage nach der Rüdkche von dieſer Ex⸗ 
turſion, am 8. Aug., ber Beſuch bes Mandarinen Kin auf dem Schiffe, 
mit der Addreſſe an den König,. und dem Verlangen, daß Brief und 
Geſchenke zurückgenommen werben follten; am folgenden Tage würbe 
der Geſandte bes Königs felbft erſcheinen. Dieſer Beſuch kam, Le, ber 
feit 10 Tagen abwefend geweſen, und ficher in ber Gapitale Bericht ges 
geben hatte, begleitet non Kin bem General, an ihrer Gpite aber. 
Bu Tajin, ber Botſchafter des-Königs, 40 Jahr alt, elegant in Seide 
gekleidet, der voll Geremonien feine Sonverfation '?) mit Leidweſen unb 
Bedauern über das Abmühen den Fremdlinge begann, bie aber im Forts 
gange nur als ein Gewebe voll Unwahrheiten abfichtlicher Lügen erichien.. 
Dee Hanptpunct, Korea erkenne ald fein Oberhaupt das Taſing⸗ 
Reich (Shinefifche Reich), alſo koͤme es ohne beffen Erlaubniß keinen 
Verkehr mit Sremblingen eingehen, war bloßer Vorwand. Auf ben Ginz 
wurf, auh Siam und Gochin Ehina fiche in gleichem Verhaͤltniß, 
war die Antwort, aber Korea geenge jo dicht an Chinaz und als man 
ſagte, fo ſey es auch mit Cochin China, und doch handelten bie Briten 





12) Lindaay Report 1. c. p. 245. 


630 Oſt⸗Aſien. Waſſerſoſteme. I. Abſchn. $. 80. 


dahin, entgegnete man mit Hochmuthy: So “Handeln wie nicht, euer Uns 
ternehmen ift unerlaubt. 

As man ihnen nun fagte, obwol fie alfo ihren König herabwuͤrdi⸗ 
gend nur einen Vafallen nemnten, fo molle man body von biefem Bafals 
len die abfchlägige Antwort haben, nicht aber von feinen Dienern ben 
Dandarinen. Das ift den Landesgefegen zuwider, fagten fie, dem Abe 
fige darüber Vorfchläge zu machen. — Warum hat man uns benn vers 
fprochen jene Addrefſe und Geſchenke zu überlicfern ? Ber gab das Vers 
ſprechen? eben dieſe, feine beiden Begleiter, auf die man ihn hinwies, 
worauf ber Botfchafter biefen die Vorwuͤrfe von Unwiffenheit und Dumm⸗ 
heit machte, und bemerkte, dafür würbe fi e ihre Strafe bei Hofe fchon 
erreichen. 

Als nun Lindſay ſich über die 3 Wochen Verzögerung beklagte, 
mb darauf beftand, dem Könige müffe die Ankunft des Schiffes in fols 
her Naͤhe zu Ohren kommen, bie Addreſſe und bie Geſchenke, einmal 
feierlich übergeben, werde er, wenn nicht durch feierliche. Autorifation 
des Königs, nie zuruͤcknehmen: fo kam ber ſtolze Wu Zajin ganz aus 
Fer Fafſung. Die Angft ergriff ihn, der hochmuͤthige Mann machte bie 
tiefften Buͤcklinge, ergriff beflemmt bie Hände bed Fremdlings, bat, 
flehte, zeigte wie fein Widerftand ihm den Kopf koſten würde, und madıte 
die Zeichen, wie ihm bie Rippen im Leibe zerftoßen werben wuͤrden. 
Kun verlangten die Briten, bie früher verfprochenen Provifionen für 
das Schiffs in Verzweiflung nahm bie Embaffade ihren Abzug. Am 
folgenden Morgen kamen bie Boote mit den verfprodenen Provifionen, 
den Ochſen, dem Satzfify, den Gemüfen und Fruͤchten. 

Der Beſchluß des Königs war wol gefaßt, die Bremblinge nicht eins 
zulaffens aber ftatt diefe Wahrheit auszufbredhen, meint Lind ſav, habe 
der ſtolze Botfchafter Tieber alle untern Beamten Lügner und Duͤmm⸗ 
linge gefholten. Ein Verkehr ſchien für jezt unmöglich, bie Geſchenke 
zuruck zu nehmen hielt man des Verluſtes ungeachtet für confequent, 
und zur Ehre der Nation für das Beſte. Um alles aufzubieten ben 
waren Hergang ber Dinge zu den Ohren bes Monarchen zu bringen, 
Trieb der Mifflonar, Guͤtzlaff, ChHinefifch einen meifterhaften Bericht 
auf, der einſt nach Sahrhunberten wol, in ber Staatöwiffenfchaft Kos 
reas, ein wichtiges Document Ihrer Archive werben könnte. Vier vers 
ſchiedene Copien wurben davon den 4 oberften Mandarinen eingehänbigt, 
von deren Zwietracht unter fidy man wol erwarten burfte, daß es Einem 
wenigſtens, um den andern zu ſtuͤrzen, gelingen würbe, benfelben zur 
Kenntniß bes Hofes in King itao zu bringen. In dem Eingang biefes 
Schreibens nach den gehdrigen Formen hieß es: „Confucius fagt: wenn 
ein Freund aus der Kerne kommt, fo freue dich; und jegt kommt ein 
Englifches Schiff aus Myriaden Fernen, Brief und Geſchenke bringenb; 
ſollte dich das nicht freuen?" dann war nach kurzem Hergang der De⸗ 


- 


J 


Korea, Weſtkuͤſte, Majoribanks⸗Hafen. 631 


gebenheiten gefagt: nach 3 Wochen Aufenthalt werben wir zuruͤckgewieſen, 
weil man ausfagt, daß Korea bem Kaifer von China unterthan fey, und 
die Landesgefede ven Verkehr mit Fremden verbieten. Aber durch folche 
Ausſpruͤche entehrt ihr euch; denn wir kennen bie Unwahrheit bes erften, 
ba Korta zwar Trihutgeſchenke an China giebt; aber ſonſt wie Siam 
und Cochin China fteht, das eigenen Handel treibt, und weil Korea mit 
Sopanern in Verkehr flieht. Die Mandarinen fagten, fie bürften dem. 
Könige Eeinen Bericht erflattens aber die Nähe von Kink ki tao bewei⸗ 
fet, daß der König ſchon um die Sache wiflen muß. Sie haben Brief 
und Gefchente für den König angenommen, nun weifen fie beides zus 
rüd, Unſere Gefinnungen find wohlwollend gegen Korea, warum mis⸗ 
handelt ihr uns? Wir haben Bücher, Wiffenfchaften, das Evangelium 
ausgetheilt; Iefet, die Werfiändigen werben Alles dies hegreifen. Confu⸗ 
eins ſagt: imerhalb ber vier Meere find alle Menſchen Brüder, Ihr 
ehrt bie Lehre des Confucius, handelt na ihr. She fagt, ihre wollt 
eure guten, alten Gebraͤuche bewahren, thut «83 find fie.beffer wie big 
der Fremden, mit benen ihr in Verbindung tretet, fo werden biefe bie 
eurigen annehmen. Ihr fagt vielleicht, das Volk iſt arm, wie kann g3 
Handel mit Fremden treiben? aber dffnet nur die Häfen, und Reichthum 
an Silber und Gold wirb in bas Land kommen; euer Wohlftand wird 
ſchnell fich heben. Warum treiben China und Japan, eure Nachbarn, 
mit den Yremben Hanbel? warum folgt ihe nicht ihrem Beiſpiel? Zum 
Schluß, fo hat Wu Tajin die beiden Greife Kin und Le der Dummheit 
und ber Unwiffenheit beſchuldigt, unfere Lehre gebietet Ehrfurcht dem 
Alter, wir halten fie nicht für ſchuldig nach ihrem Landesgebrauch, de 
fie nicht mit Erlaubniß von oben ber fo Handeln konnten u. f. w. Zum 
Schluß die Bitte: fpäterhin kommende Englifche Schiffer, die das Uns 
glüͤck an ihre Käfte führt, mit Proviant zu Base u bie etwa Ge 
ſcheiterten nach Peling zu ſchicken. 

Man hatte naͤmlich Urſache zu glauben, daß bie Aurüdweifung bloß 
durch Giferfucht einzelner Großen des Hofes verfügt worden ſey, Dem 
reblichften ber Beamten, dem alten Kin, dem General, in tiefer By 
trübniß über bie Abreife, preßte des Schmerz bie Klage aus: „wie 
fhledt find doch unfere Geſetze.“ Die Rücdfahrt des Schiffes 
ging darauf in 2 Zagen zur Außenfeite des Inſelmeeres in bie. offene 
See nad) Quelpaert ˖und Ganton zuruͤck. 5 


Anmerlung 2. Das Volk der Kaoliz Korai ber Japaner, 
die Koreaner (richtiger Koreer) der Europaͤer. 


Kein Land Aſiens iſt vielleicht unzugaͤnglichet als Korea, ſeine Pro⸗ 
ducte ſind unbekannt geblieben, niemals nach Europa gekommen. Das 
geſehene Geſtadeland ſchien uͤberall fruchtbar, bebaut, aber doch dem 

groͤßten —— nad) uncultivirt; die erblickten Bewohner ſwohloebaut, in in 


+ 


632 Hfl-Afien. Wafferfofkene. I. Abſchn. $. 80. 


einem elenden Zuſtande lebend, zeigten anfänglich ben hoͤchſten Grab des 
Mistrauens und Wiberwillen gegen jeden Verkehr mit Fremben, wurben 
aber bei näherm Umgange freundlich, wohlwollend, harmlos, theilnchs 
mend. Ihre Abwehrung der Fremden, bie Angſt, fie in ihre Wohnungen 
eintreten gu laffen, ber Hochmuth und bie Grauſamkeit ihrer Mandaris 
nen, und fo vieles andere, mag nur Reſultat Zünftlicher Snftitutionen 
ſeyn, bie bei ihnen noch weniger Störung erlitten haben, als bei ihren 
zeicherbegabten Nachbarn, den Japanern und Chineſen. 

Ueber die Geſchichte und ben Urfprung der Koreaner — wol 
richtiger Koreer zu nennen, wenn man fi an ben Ausbrud Koral 
der Japaner halt, umd nicht nach dem Lande ben Namen bübet — aus 
den Völkern des Nordens, der Mitte und des Suͤdens ber Halbinfel, ift 
tm obigen, nach einheimifchen Geſchichten, Hinreichend die Rebe gewefenz 
bei Deguignes*!:) iſt die Chronologie genauer nachzufehen. Leber 
ihre Mifhungen und ben Einfluß bee Japaner, wie ber Ghis 
nefen, Mandfchu und anderer auf die einheimifche Civiliſation bleibt, 
bei dem Mangel der Beobachtung im Lande, bei ber Unkenntniß ber Kos 
ren Schrift und Sprache, und ber gänzlichen Unbekanntſchaft mit ber 
. einbeimijchen Literatur, das Urtheil nur ſehr ſchwankend. Alle Nachrich⸗ 
ten über dies Volk befteben nur aus ſehr flüchtigen Bemerkungen ober 
aus fehr getrübten Quellen. 

Rinſifée '*) characterifirt das Boll von Korea durch bie Mes 
merkung , fie feyen groß von Geflalt, weit nerviger ald Japaner und 
Chineſen. Ein Koreer eſſe fo viel wie 2 Iapaner, aber dabei feyen fie 
faul, liſtig, wiberfpenftig, jeder Anftrengung abgeneigt. Das Iapanifche 
Seer des Taito hätte, bei feinem Aufenthalte auf ber Halbinfel, ſtets 
auf feiner Huth feyn mäflen vor dieſem Volke. Sie haben aufer ber 
Ghinefifhen Schrift noch eine andere, welche fie Ghinb un (Mens 
wen), d. i. bie Bulgair Schrift, nennen, bavon jeber Buchſtab 
feine eigene Ausfprache erhält. Ihre Muͤnze if Kupfer, mit der Auf⸗ 
ſchrift Bio fee tſu fu (Tſchan phing thun pao), das heißt: „ewiger Friede, 
allgemeine Geltung.” Ihe Werth gleicht 123 Stüden Heiner Sapanifcher 
Scheidemuͤnze. 

Die EHinefifhe Reichsgeographie giebt folgende Anficht ih⸗ 
zer weſtlichen Nachbarn von ben Bewohnern Koreas. Gie find fanft, 
menſchlich, fie töbten nicht gern, fie beten ben Bubbha an, opfern bem 
GSonftellationen der Planeten, auch Kocalgöttern, und verehren Daͤmone. 
Sm oͤſtlichen Korea ift eine Höhle, Suiſchin, in ber fie jeben 10tem 
Monat das Opfer Tungming (d. d, der Oſt⸗Eid ober Lit des 





. 219 Deguignes Geſchichte dee Hunnen u. ſ. w. Weber fegung vd. Daͤh⸗ 
next, Greifswalde 4. Einleitung 1770. S. 168— 182. 
»4) Rinsifce in San Kokf etc. 1. 0, p. 19. 


Korea, das Bolt, Koreer. 633 


Dftens) bringen. Bel Krankheiten nehmen fie Leine Mebſcin, obwol 
fie das mediciniſche Studium von ben Ehinefen erlernt haben, ſondern 
euriren durch Gebete und Recitationen. Sie trinken, fingen und tanzen 
gern, baum gern weitiäuftige Gebäude. Ihre Waffen find fyarfam amb 
roh; ihr meiſtes Eeräth aus Bambus. Eigenthum oder Acerbeſit hat 
das Volk von Korea nichts man vertheilt bie Aecker des Landes ‚gleiche 


artig an Ale, nach ben Yamilien umb ihrer Perſonenzahl. Die Beam 


ten erhalten ihren Gold in Reis. Die Magiſtrate und Officise find 


Höffich, ernft, gerecht. Ihre Literaten treiben vorzuͤglich bie Meuflts fie 


haben Bücher und leſen gern; in ihrer Chineſiſchen Schrift mifchen fie 
zweierlei Charaetere, die Kiai hu und Liu Heißen, durch einander. 
Ihre Strafen find mild, faft immer nur Bambusftreidhe; nur Beſchim⸗ 
pfung an Vätern und Muͤttern wird mit Kopfabhauen beftraft, die Gas 
pitalverbrecher werben auf bie Tafeln exilirt. Sie legen großen 
Werth auf Kleider, tragen Pelzmuͤtzen, geſtickte und bunte toben, andy 
ſehr kurze mit weiten Aermeln, jene runde Hüte mit dem gewal⸗ 


tig breiten Rande (Dfhifung genannt, im Kuan yu Ei, das 


heißt, woran fi der Wind bricht), oder in Gehalt eines Helms; Die 
Literaten tragen daran 2 Fluͤgel (nad) Pater Regis 2 Federn). Die der 
Heiden find von Selde. Die Weiber tragen geſtickte Zaden u. a. m. 

Sn der Hofprovinz werben bie Einwohner befonders geruͤhmt, 
weit fie fleißig, genügfam, fparfam Leben; boch find Tie Dagegen ſehr 
feig, die jungen Leute eitel, zieren ſich mit filbernen Blumen an ihren 
Kleibern, die fie mit zollbreiten Treffen befegen. Perlen und Edelſteine 
haben bei diefen Elegante keinen Werth. Gleichnamige Yamitien: verheis 
rathen fich gegenfeitig nichts hier find die Einwohner Wetterpropheten, 
die fruchtbare Jahre weisfagen. Sie ziehen Seidenwuͤrmer, auch Hanf 
unb verfertigen geftidtte" Kleider. 

Bon ten Weſtprovinzen, gu beiden Seiten ber Hofprovinz, wird 
daffelbe wegen der geſtickten Kleider gefagt, ihr Haar winden fle in Kno⸗ 
ten um ben Kopf, ihre Shape find von Strohgeflecht. Cie leben nur 


in Heinen Dörfchen zerfireut, Haben keine Gteinhäufer, haben Teine Bes 


grüßung, bengen auch das Knie nicht. Sie follen dagegen fehr robuſt, 
tapfer , gute Bogenſchuͤten und Lanzenſchwinger ſeyn. Sie feleem nach 
der Beſtellung ihrer Aecker, im Sten Monat, ein Saatfeſt, burch Sram, 


Sang und Tanz, und nach der Ernte ihren Erntekranz. Bu ihren 


Taͤnzen gehoͤren 18 Männer. In allen Dörfern bringt ber Schulz ber 
Gemeinde bem Himmel und‘ der Erde Opfer dars auf einen Eleinen 


Erdhuͤgel errichtet man einen Maftbaum, und hängt bavan Schellen und. 


Zeommeln zu Ehren ber Dämone auf. 
Aus den biäher gefammelten Bocabularien '*) ber Korea 





16) Taithsin eto.1.c.p. 123-142; vgl, Asia Polyglotia p.335--343, 


- 


634 Ofi-Aflen. Waflerfufteme. 1. Wbfhn. $.80., 


GSoprache täßt ſich wentaftens fo viel entnehmen, daß zu den einheimis 
ſchen Wörtern auch fehe viele aus den Sprachen ber noͤrdlichen Grenze 
völker wit eingeflofien find, var allem aber bie Cultur ber Chine⸗ 
fen großen Einfluß auf Korea ausgeübt haben muß. Dies wird durch 
des jüngfien Beobachters, bed Miſſtonar Büslaff, Bemerkungen bes 
. PBätigt, der fi im Lande felbft als ber erſte Europäer eine Kenntniß 
der Sprache verſchaffte (f. unten”. Gebr viele Wörter find Shines 
ſiſch in der Korea Sprache, für welche biefe gar Leine heimiſchen 
Bezeihnungen bat, 8. 8. für die 4 Weltgegenden, für den Nas 
wen ber A Jahreszeiten, für Jahr, Monat, für Unfterbs 
lich keit, guter Benius, für die Metalle, wie Mold, Silber, 
Stahl, Shwefel, unb für viele aus ber Fremde eingeführte Ges 
wächfe,. Ahiere, Waaren, Künfte, Ibern und bergl. m. So ift ber Ras 
men des Löwen Chineſiſch, obwol bie füt andere bort audy nicht natus 
zolifirte Thiere, wie für. Giepbant (Koliri), für Kameel (Yalteg), für 
Pfad (Mo) einheimiſch finds Ferner Ehineſiſch ift der Name der Sein⸗ 
traube, da bie Rebe offenbar erſt aus China nad) Korea kam. Eben 
fa ver Branate, bei Rhabarber (Ifiangkon), andy des Binfeng. 
Sinsan), bes Thee (Iſcha), des Bu cters (Sathang), der Seide (Gau), 
obwol dafuͤr auch zweierlei einheimifch Koreiſche Benennungen vorhanden 
find, wis Szir und Peidaen. Kerner für Medicin, für mehrere Fat⸗ 
bernnamen, für allerlei Kleidungsflüde, für Waffen, Ge⸗ 
zäthe, we Waage, Siegel, Dinte, Kahne, für Haußgeräth, 
wie Teller, Weinflaſche, Untertaffe, Theeloffel, Blu⸗ 
mendvafe, für Künfte, wie z. B. für das Sticken (Sieon) und ntans 
ches andere, woraus fi) die Einwanderung mancher Probucte, vies 
lee Gewerbe, mancher Gebräuche und ber Wiffenfchaften aus ber Nach⸗ 
barfchaft im Weften ergiebt. Auch das Koreifche Baplenfyflem*'*) 
trägt die Spuren hiervon, Noch find wir nicht im Stande ben Ginfluf 
der Japaniſchen Cultur vom Dften her, auf gleiche Art, nachzuweiſen. 
Die Iefuiten Nahrichten.!?) geben hierzu nur eine geringe 
Nachleſe, benn die meiften ihres Notizen fcheinen fie felbft aus den Chi⸗ 
neſiſchen Reichsgeographien ober andern Gyeerpten berfelben erft copixt 
gi Haben. In den nörblichen Provinzen, fagen fie, find die Einwohner 
wait größer als in den fühlichen, ba find fie gute Waffenführer unb tapfer 
im; Kriege. Sie beftätigen das oben angeführte, wegen ber Ackerver⸗ 
Heilung, und fügen hinzu, auch ber König babe kein eigenes Aderfeld im 
Bet. Durch einen ſehr antiten Geſetzcodex, von Kitſu gegeben (f. ob. 
©. 586), ber nur 8 Geſetzartikel haben foll, fey ihnen ein fche feſt ge⸗ 





- 430) Teithsin etc. 1. c. p. M2— 144. 17) Pat. Regis Observa- 
tions geogr. sur le Roy. de la Cor6c b. Du Halde T. IV. p. 532; 
ebend. P⸗ 557 - 568. 


* 


Korea, das. Boll; Kärer. 6as 


regeltes Leben geworben, Diebſtahl und Chebruch ſey unbelannt, ſelb 
des Nachts brauche man die Thuͤren der Haͤuſer nicht zu verſchließen. 

Ungeachtet der vielen Revolutionen im Lande, welche die idylliſche Ein⸗ 

fachheit der Sitten und die Unſchuld ſehr geſtoͤrt, ſey doch noch immer 

etwas davon zuruͤckgeblieben. Wie bie Jeſuiten mit dieſem Ausſpruche 

ihre Rotig vereinen, daß bie jungen Koreer von beiberlei Geſchlecht haͤu⸗ 

fige Berfammlungen zu Luft, Tanz unb "Gefang haben, daß ihre Bene 
mifchungen und Verheiraͤthungen ahme befoubere Geremonien vor ſich ge⸗ 
ben, daß es bei ihnen viele wanbernde Dirnen (filles vagabondes) gehe, 

daß fie ungemein feig und pugkebend find, und: bei Öffentlichen Verſamm⸗ 
, Tungen nur in Kleidern von Brocarb mit DOrnamenten von Silber und 
Bold erfcheinen, und anderes mehr, tft ſchwer zu begreifen. "Gie wer⸗ 
den gerähmt im Effen und Trinken fehe mäßig zu ſeyn. Sie bettauern 
Bater ımb Mutter 3 Jahre hindurch, Brüder .3. Monat. Die Leihen 
begraben fie erfi nach 3 Jahren, legen alle Habe ber Berflörbiien und 
was ihnen Lieb war, felbft Kleider, Pferbe, Wagen neben das Grab, 

und überlaffen bie Plimderung allen denen, die. das Todtkenfeſt mitfeiern. 

Ihre Mandarine, fagen fie, affertiren ein ernſtes, firenges Weſen; ihre 
Siteraten ſtehen in großem Anſehn, alle 8 Jahre haͤlt man Dactor⸗Era⸗ 

men, und creict Baccalauren und Magiſter in Wiſſenſchaften und Kuͤn⸗ 
ſten. Auch die Sefuitch meinen, ihr Gtrafcoben ſey ſehr milde; die Eu⸗ 
ropaͤiſchen Kuͤſtenſchiffer bemerkten das Gegentheil; denn bie leinſten 
Vergehen wurden in ihrer Gegenwart durch die tyranniſche Willkuͤhr 
hochmuͤthiger Mandarine kaltbluͤtig mit Baſtonnaden gebuͤßt. Zum. Ber» 
dehr mit Chineſen und Mandſchu brauchen fie ſtets Dolmekfcher, bei ber 
gaͤnzlichen Verſchiedenheit der Korea Sprache, bie noch unbekannt tft 
aber fie gebrauchen dieſelbe Schrift wie bie Ehinefen. Daß es eine reine 
heimiſche, antike Literatur, und bavon eine nicht unbebeutenbe Bibliothel 
am Hofe des Königs gebe, über welche ber Wruber bed Königs. ftete 
Dberbibliothelar ift, wird nicht von’ Sefuiten, fondern von dem Hollaͤn⸗ 
der H. Hamel ı*) gefagt If. unten). Die Doctein bes Confneis 
iſt in Korea hochgeehrt, bas Bolt Folgt ber Lehre des Bo. Die Bonzen 
werben gering geachtet, Pagoben biefen nur außerhalb der Stäbe er⸗ 
baut werden, : &o weit die Nachrichten bee Sefuiten. — 

Korea Sprache. — uneber bie Sprache der Koreer giebt gang 
Birzlich der Miſſtonar Guͤtzzaff ?*) folgende Daten. Obwol ihre 
Mahorität die Ehinefifhe Schriftſprache leſen kann, die ihnen 
überhaupt erſt von China aus bie N überlieferte, fo haben fie — 


ss) H. Hamel van Gorcum Deser. in Rec. de Voy. au Nord. T. IV, 
12) Ch. Gütelaff on the Corean Language in Chinese 
kr Noy. f;° = Asiatic. Joun. New Ser. 1833. Vol. XI. As. In- 





636. Df-Afen, Waſſecſyſteme. 1. Abſchn. $. 80. 


dach für ihre eigene Sprache ein Alphabet angenommen, ben Welen nad) 
dem Japaniſchen SyllabarsByftem ähnlich. Die Bildung bes Korea Als 
phabett iſt hoͤchſt einfach, aber ſehr finnreih. Es bat 15 generelle 
Laute für Sonfonante, diefe zu Initialen ber Wocale und Diphthongen 
vereinigt, geben ein Syllabar von 168 verſchiedenen Gombinationen. 
Diele GSonfonanten feheinen dfter ihre Pronunciation zu wechſeln, eben fo 
Die Bocale, doch weniger, was immer nur bes Dohllauts willen geſchicht, 
dem die Koreer große Rechte einräumen. Die Korea Sprache hat fo 
wenig, wie bie andern Dftafiatifchen, Deelination und Gonjus 
gations nur Appofition und Agglutination erſett die Ins 
flexion. Die Ausſprache der: Chineſiſchen Schriftzeidgen ift fo genau 
mit ber Originals Landesiprache vermifdyt, daß die gegenwärtige Korea 
Sprache aus fehr vielen Gompofitis befteht, in denen die Wörter beiber 
Sprachen vereinigt find, um nur eine einzige Idee damit auszubrüden. 
Daher ift die Sprache fehe wortreich. Beim erften Bid ſcheint fie, vers 
fihiedener vom Ghinefifchen, den Mandſchu verwandter zu fams bei nds 
derer Ginfiht zeigt ich das Gegentheil. Das GShineſiſche ift ganz und 


gar mit demſelben durchwebt und nach dem einheimifchen Organ wie vers 


fehmotzgen, daß man den Inhalt ganzer Sentengen bes Koreifchen fchen 
aus dem Chinefifchen verfteht, wenn man fi nur an bie Toͤne ber Kos 
reer gewöhnt hat, mit denen fie die Ghineftfche Schrift leſen. Ungemein 
auffallend if aber auch bie Aehnlichkeit zwiſchen ber Korean und der Ja⸗ 
pan Sprache. Die Koreaner geben ber Guphonie ein übermäßiges 
Gewicht in ihrem Sprachſtudio, ſchieben oft Buchſtaben aus und cin, 
nur um Wohllaut zu erreichen; auch iſt ihre Sprache fehr wohlkiingend, 
weder zu hart noch zw weich, das Ehinefifche iſt dem Freiden oft uns 
verſtaͤndlich, weil ed eine Menge don Lauten enthält, bie von ihnen nur 
Halb antgeſprochen werben, bas Koreanifche ift aber voll, fonse 


and leicht verſtaͤndlich. Die Liquibe I, m, n, x, werben bei ihnen ſtets 


verwechſelt; bei ihrer natürlichen Gravität fprechen fie ſehr emphatiſch, 
dabei Find fie aber ideenarm unb nue wortreid. Alle abftracten Shen 
Yehten fie duch Ehineſiſche Worte aus. Es iB merkwuͤrdig, fagt Guͤtz 
Buff, daß nicht nur bie Ghinefen, ſondern auch alle Völker auf dern Gie 
vilifation fie sinen Einfluß gewannen, bie größte Sorgfalt auf Sprads 
bildung verwenden. Bon din Weamten Korcas wird das genauefie 
Sprachſtudium verlangt, ohne Literatur s Kenntniß kann bei ihnen Teinez 
zu hoben CEhrenftellen gelangen. Aus diefer Urfache wird in Korea auch 
die Ehineſiſche Schrift und Eipradje fo allgemein verſtanden, daß ,fie ſehr 
gut als Schtüffel des Verftändnifies mit bem Wolke bienen Tann, obs 
gleich baffelbe hinſichtlich feiner Gtoilifation weit tiefer ſteht, als das Bolt 
in China und Japan. \ 
Religion, — Aus ben Japaniſchen Annalen erfahren wir 
das interefiante Factum; ba Korea die VBermittiungsftation 


Korea, das Voll, Religion. 637 


der Verbreitung des BubbhasGultus »20) zwiſchen China und 
Ssapan war. Diefer wurbe aus dem Koͤnigreich Pethſi (Bit fai bei 
Sapanern, ſ. oben S. 684) nad) Japan gebracht, wo er im Jahre 552 
an den Hof bed Dairi kam. Aber ſchon früher hatte er, im 3. 372, 
Um mittlern Koren, und im I. 384 im fühlichen Theile der Halbinfel, 
Burg gefaßtz daher es auch wol bei dem damaligen flärkern Verkehr 
zwifchen Korea ımd “Japan möglich war, daß Buddhiemus nr ſchen 
fruͤher unter dem Volke von Japan ſich verbreitete. 

> Die chriſtliche Religion iſt früher zur Zeit ber Jeſuiten nie⸗ 
mals ?*) in Korea gelehrt worden, obwol einzelne Koreaner, in Peking, 
von Zeit zu Zeit von dieſen getauft wurden; zu einer Miſſion nach Ko⸗ 
rea haͤtte es einer beſondern Erlaubniß von China aus bedurft, die nicht 
zu erwarten war. Doch iſt, neuerlich, auch durch den katholiſchen Biſchof 
von Peking, de Govea 22), ber Anfang zu einer chriſtlichen Miſſion 
, in Koren begonnen, Die Koreanifchen Dfficiere der Geſandtſchaft, ‚welche 
Timkowski (1821), in Peking, näher kennen zu lernen Gelegenheit 
hatte, waren von mittlere Größe, zobuft, dunkelfarbig, hatten ſchwarze 
Haare, ein martiales Anſehn, gingen noch in der Tracht der Chineſen 
vor der Mandſchueroberung; denn fruͤhern Anforderungen ihrer noͤrdli⸗ 
chen Beherrſcher ſich die Köpfe zu fcheeren und Tartariſche Tracht ans 
zunehmen, hatten bie Koreer burch Rebellionen widerſtanden; fie behielten 
ihre Altern Gebräuche bei. Ihre Phyſiognomie fand Timkowski ?°) 
nidyt von ber ber Zapaner und Chineſen verfhieben, ihre Schriftzüge 
aber weit eleganter, als die ber Chineſen. Sie zeigten bie größte Auf⸗ 
merkſamkeit auf alles Reue, was ihnen vor bie Augen kam, und waren 
über Rußland, Sibirien, Kiachta, den Sibiriſchen Handel und bie norbis 
fchen Pelgwaaren gut unterrichtet, -IShe Benehmen fiel, im Gegenſatz 
der Ehineſiſchen Mandarinen, die zu ber Ruſſiſchen Miffion kamen, burdy 
Beſcheidenheit ſehr zu ihrem Vortheile aus. 


Anmerkung 3 Die Korter und der Staat von Korea im 
XVII. Jahrhundert, nah 9 Hamel van Goreums 
Bericht, nad) 12j4hriger Sefangenfhaft auf der 
Halbinſel. 

Das Schickſal des H. Hamel van Borcum, mil ſeinen = 

. Unglüdsgefägeten, in Korea, von den Jahren 1663 bis 1666, iſt lehr⸗ 

veich als ein Blick in das innere Leben des Koreifchen Staates und - 


120 Klaproth Recherches sur le Pays de Fou sang. 8. p. 15. 
»1) Pat. Regis Observations etc. L. c. p. 532. 227 Nouvellas 


'Lettres edifiantes des Missions de la Chine et des indes orientg- 5 


len... Päris I. T. V. 33) Timkowski Voy. etc; T. IL, 
.P. M. O4,. 96. — J 


638 Oſt⸗Aſlen. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 80. 


kes, und feine Notizen Aber baffelbe find mit Unrecht bisher unbeachtet 
geblieben, da fie, bei Koreas flationairem Zuftande, audy heute noch nicht 
veraltet find, mb gleiche Autorität wie jene oben angeführten haben, 
welche durch bie anfprudjlofen Angaben des redlichen Hollaͤnders beſtaͤ⸗ 
tigt ober felbft fm weſentlichen noch vervollſtaͤndigt werben, 

Rach der Ueberfahrt von Auelpaerts auf das Sontinmt (f. ob, 
S. 606), wurben bie Gefcheiterten über Tſchhang hing (Ganflang 
bei 9. Hamel, beflen Ortsnamen wie nad Rinfifees Karte größ⸗ 
tentheils zu berichtigen im Stande find), in 7 Tagen zur Propinzigls 
ftabt Thſiuan tſcheou (Ehentio b. Hamel) transportiert, bie fie eine 
große Hanbelsftabt, und bie Reſidenz bes Gouverneurs von Thſiuanlo 
(Thfitaba) nennen, welche eine Tagereiſe vom Meere abiiegt. Won ba 
ging es über Koung tfcheon ’Eonfio), der Refidenz bes Gouverneurs 
der Provinz Tchung thfing (Tiong fiando), immer gegen Norden eis 
was N.W., bis zur Nefldenz des Königreiches, bie fie 75 Lienes fern 
vom Landungsplage berechneten. Sie hörten biefe Stadt, in welcher ber 
König Hof Hielt, Sior nemmen, ein uns fonft gänztidh unbekannter 
Name. Es ift King kitao, Hier 3 Tage lang beherbergt, dann zu 
"3 und 3’ bei Chineſen in Heine Logis untergebracht, wurden fle vor ben 
König geführt, und durch Dolmetfcher ausgefragt. Ihr Fehen, fie ned 
Japan überzufchtffen, damit fie ihre Frauen, Kinder, Heimath wieder 
fähen, beantwortete der König damit, dies ſey in Korea nicht Braucqh, 
die Fremdlinge wegzulaſſen, ee werde fie mit allem verforgen. Darauf 
gebot er vor ihm allerlei Künfte zu machen, zu tanzen, gu fingen, zu 
fpringenz dann ließ er &Speife und Zeuge zu Kleidern geben. Am fod 
genden Morgen wurden fie dem General ber Miliz vorgeftellt, der ihnen 
die Aufnahme in bie Garden des Königs ankünbigte, dafür wärben fie 
jeden Monat 70 Catty Heiß erhalten. Man übergab jedem ein Patent 
von Papier, befchrieben mit feinem Namen, Alter, Profeffion, Heimath 
und feinem jegigen Poften, unterfchrieben mit Korea= Schrift und. dem 
Siegel des Königs wie bes Generals, nämlich mit einem beißen Eiſen 
geſtempelt. Jedet erhielt feine. Muskete, Pulver, Blei, und den SBefrhl 
jeden 1ften und Aten Tag des Monats vor bein Bensral eine Saboe zu 
geben, ſtets parat zum Feldzug zu feyn, mit bem Gentral auf Drbre 
Ss Abnigs. Dveimal hielt bey General jeden- Monat Revue; eben To 
viel mäl gab · er Crercitien, ein Chineſe ward der Gergeant, ber Hollaͤn⸗ 
der "Wettenrce aber Inſpecteur und Inflsuctor bes „neuen Koreaniſchen 
Garde duͤ Corps. : 

Aus Neugier, ein Hauptzug ber Koreaner, wurden bie Fremdlinge 
dei den meiften Großen zu Gaſte geladen, um bei ihnen zu’ ſchmauſen, 
zu taugen, au finger, zu fchießen u. dgl. m.; ein befonderes Feſt für 
die Beiber und Kinder, die fi "über die weiße Haut ber Kremblinge 
nicht genug wundern Eonnten. Auf ben Gaſſen, in ihren Hütten Yatten 


Korea, van Gorcums Bericht. CM 


die Armen keine Muhes ſelbſt bit freihen Sclaven der Großen gogen-fe 
aus ihren Wohnungen hervor, und ließen ihnen keine Ruhe, bis der Go⸗ 
neral durch ein Verbot bem Unweſen Einhalt that. 

Als im Augufl dieſes Jahres (1654) ber Mandſchu⸗Tartar 
ans China kam, ben Zribut für feinen Kaifer, in Korea einzuholen, 
wurde das Corps ber fremden Solbtruppen auf eine Feſtung eingefpesrk, 
fo lange der Embaſſadeur im Lande war. Die Feſte Legt 6 bis 718tun⸗ 
den im Rorden der Gapitale Sior, auf bem Berge Numabanfiang " 
(wol der San kio Shan auf Rinfifees Karte), Zum Erfleigen bier 
ſer ſtarken Feſte, die, gleich einem fächfifhen Koͤnigſtein, im Kriege, zum 
Afyl des Königs und feiner Schaglanımer dient, brauchte man 3 Stun⸗ 
den Belt. Cie ift mit Proviants Magazinen ſtets für 3 Jahre verfehen. 
Als der Embaffabeue das Land verließ, kehrten aud) bie Holländer in 
ige Quartier zuruͤck. Als er aber im März, 1655, wiederkehrte, erhiel 
ten fie Arreſt in ihren Wohnungen, und ba zwei ihrer Unglücksgefaͤhrten 
bei beffen Abmarſche dennoch zu feiner-Suite flohen, um In deſſen Schuge 
ihrem Jammerzuſtande zu entgehen, wurben fie gewaltfam zuruͤckgebracht 
and erdrofielt, dem Geſandten aber Geſchenke gemadjt, damit der Groß⸗ 
Khan nichts davon erführe, Bald barauf fcheiterte wieder. ein Schiff gu 
Quelpaerts, als Dolmetfsher wurben nun 3 von ihnen, flatt des zu als 
ten Wettenree badingefchidt. Bei ber dftern Wiederkehr des Mandſchu 
Embaſſadeurs, im Frühling und Herbſt, erhielten bie Holländer immer 
wieber Hausarreſt. Zwar geſchahen keine Reclamationen von Seiten 
des hohen Gebieters, aber die Mandarinen bei Hofe in ſteter Angſt, 
‚waren dafuͤr, die Fremdlinge ganz zu verderben. Nur ber Koͤnig ſeibſt 
und fein Bruder, ſagt H. Hamel, wollten fie gnaͤdig am Leben erhal⸗ 
-ten, und bdeſchloſſen daher fie ins Erit zu ſchicken. Dies gefſchahe im 
Sabre 1656. Sie kamen in die Sübprovingen, unb wurbeh bafb 


diefer, batd jener Kefte zugetheilt, wo fie the armſeliges Leben oft kaum 


zu friften im Stande waren. Die fleten Wechſet und Abvufungen ber 
@Bouverneure und Commandanten von ihren Poſten, bradhid fie. mit eis 
ner Menge ber verſchiebenartigſten Herren in Berührung, die bald hart 
unb graufam, bald kalt und gleichgoͤltig gegen ihr Schatkſal/ aber mehr⸗ 
mals auch ungemein wohlwollend, huͤlfteich und wohlthaͤtig ſich zeigten, 
wodurch ihre Lage nach ben Umſtaͤnden dann auch wieber Erleichterung 
gerwwann. Sie hatten ir ihren Garniſonen außer den geringen Exercitien 
ur wenig gu thun, hoͤchſtens das Gras innerhalbider Feſte auszutupfen, 
bie Pläge zu ſaͤubern, Holz von ben Bergen herbeizuholen, was. in ber 
Zalten Jahreszeit zumal ſehr beſchwerlich war, und wobei ihre. Kleidung 
gerlumpte, die ihnen nicht erfegt wurde. - Die Spelfung war fo ſchlecht, 
mei nur Reis und Salz, und wurde busc int mehrjährige eintre⸗ 
tenbe Hungersnoth im Sande 1660 bis 1663, wobei man mit Eicheln, 
Burn und Zannenzapfen vorlieb naher, To kaͤrglich, daß ſie um bie 


640 Df-Mfen. Bafferfoftene. I. Wofde. $. 50. 


Erlaubaiß anhalten mußten, fidh im Btanon der Feſteng etwas erbets 
teln zu büsfen. Dies wurbe diefer Fremd⸗ Garnifon benn auch wirk⸗ 
lich geftattet, doch mit dem Beding nur 14 Rage bis 3 Wochen auf ih⸗ 
ser Greurfion auszubleiben, nicht gegen bie Mefidenz, auch nicht gegen 
Japan zu zu gehen; und nur ber einen Hälfte wurbe dies geftattet, bie 
andere Hälfte des Gorps mußte in GBarnifon bleiben unb die Krantın 
Miigen, dad Gras anösupfen. Beim Wolke fanden fie viel Wohlwollen, 
zumal die Meugierbe gegen Fremdlinge und ihre Gryählungen von frems 
don Dingen uud ihren Schickſalen bradyten ihnen Kleiber und Lebensmüls 
tel vollauf. Zumal in den Koreiſchen Kiöftern, waren bie Moͤnche im 
Höhen Grade neugierig, hörten Tag und Radıt ven Erzaͤhlungen ber 
Eurdpoaͤer gu, und vergelten reichlich mit Gaben. In den Jahren ber 
Yungerinoth farben fehe viel Menſchen, die Straßen füllten ſich mit 
aubern, die Sclaven des Königs rebellirten, erbracdyen unb plünberten 
feine Magazine; ex batte Noth überall bie Unruhen zu dämpfen. Die 
Schwierigkeit, die Fremblinge an einem Orte gu ernähren, machte, daß 
man fie in brei Garniſonen vertheilte, von denen bie eine, bie Stadt 
Chun thian (? Sum ſchien) im ©.D., in ber Nähe im Welten bei 
Hafens von Fuſchan lag. Dieſe Verlegung, und bie Erlaubniß bie 
fie erhielten, umherzuſtreifen und ſich gegenſeitig zu befuchen, ja zu uns 
terſtuͤten, machte ihnen enblich die Flucht moͤglich. Giner ber Gonver⸗ 
neure zeigte fo viel WBohlwollen gegen fie, daß er fie bei feinen Beſchen⸗ 
Zungen bebauerte, und fogar fragte, warum fie es nicht verfuchten, bie 
Meerenge nach Japan hinüber zu fchiffen.. Schwierigkeit war es aller⸗ 
dings eine Barke zu erhalten, die zu einem. ſolchen Wngeftüd groß genug _ 
wäre. Gin Kometen⸗Jahr ***), 1664, in welchem einer, und bamn 
gegen S. O. ımb gegen S. W. noch 2 Kometen, mit einander entgegens 
fichenben Schweifen ‚die größte Angft im Lande verbreiteten, hinderte bie 
baldige Ausführung; denn fie bebrohten das Land mit einem Feindes⸗ 
Hberfall. Alle Tage mußten bie Truppen ihre Exercitien machen; Nies 
-manb burfts an ben Küften Feuer anzünben. Das Volk zehrte alle feine 
Vorraͤthe auf, um fie nit an ben Feind zu verlieren; benn als ber 
Mandſchu Zartar in Korea eingebrochen war hatte man auch gleiche 
Beihen am Himmel geichen, und vor bem Sapanerstteberfall beögleichen. 
Im Sabre 1666 wurben auf ben Bettler⸗Excurſionen Beinere Küftens 
fahrten verfucht, und im Jahre 1666 gelang es, mit einer erfauften, gro⸗ 
Sen Barke die Fahrt in die offene See gu wagen, das Freie zu gewin⸗ 
nen, und nad mühfeliger Arbeit unb Roth etwa nad vierzehn Tagen 
«im September) der Ueberfahrt von Kippe zu Klippe und Inſel gu In⸗ 
fit, über Firando and Gotto, die Hollaͤndiſche Kactorei ga 
Rangafadi und dann über Batavia die geliebte Heimath zu erreichen. 


+24) H..Hamel van Goronm L. c. p. 38. 


— 


Korea, ‚van Morcums Vericht. 64 


Uns d, Hameis Schlldereng des Koreer⸗GStaates und old find 
folgendes die Bauptverhältnifie. Der König 28) von Korea if 
Deſpot, ertkennt ſich aber ald Vaſall bes Mandſchu Kaifers an. Seine 
Großen des Neiche befigen keine Güter, Städte u. ſ. w., als Gigen« 
thum; alle ihre Einkuͤnſte erhalten fie nur von. koͤniglichen Verleihun⸗ 
gen oder aus der Arbeit ihrer Sclaven, deren Mancher mehrere hundert 
in Dienſt dat. Alte Veritcihungen fallen nach dem Tode des Belehnten 
an den König zuruͤck. Um bie Perſon bes Königs iſt in feiner Reſidenz 
eine Garde. Alle freien Leute müflen alle 7 Jahr einmal, aus ben 
Provinzen, auf 2 Monat, biefen Garbebienft beim König verrichten; fo 
daß Korea das ganze Jahr unter ben Waffen iſt, in dem alles zu Hofe 
eilt, Jede Provinz hat ihren General mit 4 bis 5 Solonels, mit 
eben fo viel Sapitaigen, bie von ihnen abhängig find. , Diefe haben 
bie Somimanbos ber Städte und Forts: jedem Dorf ſteht sin Gorporal 
oder Behnmann vor, Dieſe müffen jedes Jahr eine Liſte der warfenfäs 
higen Mannſchaft in Ihrem Diftziete einreichen, bieß giebt bie Ueberficht 
der Recrutenzahl und der Armee. 

Die Reuterei trägt Küraß, Degen, Bogen, Pfeil, Geißel mit 
Eiſenknoten, das KußwoLt hat Koller, Degen, Muskete, Pike, bie Of⸗ 
ficiere Bogen und Pfel. Die Soldaten müffen fi die Waffen ſelbſt 
ſtellen, auch die Kugelſchuͤſſe. Jede Stade Liefert außerdem eine Anzahl 
Religiofen ans ihrem Diftriet, und auf ihre Koften, um bie Feſtun⸗ 
gen, Saftelle u. |. w. in den Engpaͤſſen und auf ben Bergabhängen zu 
erhalten, wo auch die mehrſten Kloͤſter liegen. Sie werben für hie be⸗ 
ſten Soldaten gehalten, bie im firengften Gehorfam gegen bie Dfficiere 
fiehen, die aus ihrem Orden genommen find. Auch biefe müflen- ſich 
gum Kriegsdienft für den König bereit halten. Wer bas 6oſte Jahr er⸗ 
seicht bat, ift dienfifrei, fein Sohn tritt an feine Stelle. 

Die Zahl der Freien, bie nicht in ben Truppen des Königs fichen, 
unb nie Soldaten waren, machen nebft. ben Gelaven etwa die Hälfte 
der Volksmaſſe aus, Der Scladenſtand ift erblich, bei Sclaven⸗ 
muͤttern, wenn auch die Vaͤter Freie find, 

Die Flotte. — Da Korea meerumfloſſen iſt, muß ice Stadt im 
Lande sin Schiff equipixen und mit allem in Stand haltenz einen Zwei⸗ 
Mater, mit 30 bis 32 Rubern, wo zu jedem 5 bis 6 Ruderknechte ge⸗ 
hören, fo daß ˖ jedes Schiff mit Watzofen und Mannſchaft an 300 Gew 
len zählt, mit einigen Artillerieflüden. Jede Provinz hat ihren Abmis 
zal, der, jährlich, Schiffsrevyuͤe Halt, und dem Groß⸗Abmiral Bericht giebt. 
Dienftfehler ber. Dfficiere werben mit Zob und Verbannung beftraft, 
Zum Jahre: 1666 wurde ein Abmiral über 17 Schiffe verbannt, weil- eg 





®&) FL Hamel I. c. Deser. — = ee. 
kittes Erdkunde IV, . | Re er&f.:: :: 


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042 Oſt-Aſtea. Waſſerſoſteme. I. Abſcha. 6. 80, 
verfeimlichte, daß bie Pulverkammer eins Gchiffes‘ gefprıngt wer, bei 
der 5 Menſchen umgelommen waren, 

Der Staatsrath bed Könige beftcht aus den oberen Officieren, 
bie fich täglid, um ihn verfammeln, über alles berathen zu merbens fie 
wohnen bei ihm, und behalten ihre Vuͤrben bis gu ihrem Abſterben. Ale 
fubalterwen Stellen der Beamten und Officiere werben alle 3 Jahre ges 
wechſelt, fehe oft früher, weil Klagen und Strafen ſehr Häufig vorkoms 
mm: denn das Syſtem Eönigliher Spione geht durch das gange Band, 

Gintänfte, Ale Probucte aus bem Waſſer und vom Lande zah⸗ 
ken Abgaben in Naturalienz ber Behnte wird in die Magazine jeder 
Drtſchaft eingebracht. Dieſe wird bei jeber Art Ernte vorweggenom⸗ 
men. Außer dieſen muͤſſen die Lanbleute noch 3 Wonat im Jahre Frohn⸗ 

arbeiten thun, wozu man fie auch verwenden mag (vergl. oben Aſam 
S. 316, 318, 319), falls fie nicht ſchon als Soldaten einrollirt find. 

Juſt iz. Diefe if ſehr fireng. Der Rebelle wirb mit feinem gan 
gen Geſchlechte, Weibern, Kindern, Berwanbten ausgerottet, feine Mich 
nungen werben zafirt und Niemand wagt es fie wieber aufgubauen. Die 
Güter werben confisckt. Die eigne Schwägerin bed Königs, die wegen 
eingeſtickter Zaubereich in ein Gewand, bas dem Könige, wie das ber 
Deianira, wenn er es an hatte keine Stube ließ, wurde Ichenbig ver⸗ 
braunt. Gine Mörberin ihres Mannes wird Ichendig begraben s der 
@clave Bann von feinem Herren erfchlagen werben. Mer furchtbarſten 
Strafen ungeachtet it der Diebſtahl häufig. Prügel find für alle Ver⸗ 
gehen, Beamte können nur vom König zum Tode verurtbeilt werben. 
Wer dem Könige eine Schuld zahlbar bleibt, erhält alle Monat 3 mei 

” die Baſtonnade, bis er zahltz und flirbt er, fo fängt daſſelbe Mandver 
bei feinen Verwandten an. Gtehlen, Lügen und Beträgen find beunedh 
allgemeine Lafer; fie beſchimpfen aber keineswegs. 

Religion *?*). Zwar Ibole, vor benen ber PYöbel zur Grimafs 
fen ſchneidet, bie ber Große keineswegs verehrt, aber keine Religion. An 
den Beftagen geht man in bie Tempel, brennt duftende Hölzchen an, 
ſtellt fie vor das Idol, macht bie Reverenz und geht feiner Wege. Nur 
beim Zodteneultus verfammels fich bie MWerwandtenmenge. Das Gute 
glauben fie, Im Allgemeinen, werde belohnt, das Boͤſe beftaft. Ihre 
Mönche bringen täglid) ben Idolen 2 mal Rauchopfer und hallen an 
Feſttagen Proceſſionen mit rauſchender Mufie Mit Klöfkern mb 
ideen Tempeln iſt das ganze Sand erfülts fie Legen uͤberall auf Berg⸗ 
hoͤhen, ſtehen aber unter ZIurisdiction ber Stäbte, werben durch Beiträge 
von biefen unb ben Lanbleuten erbaut. Im jebem ber Kloͤſter find 

800 bis 600- Möndye, im ber Diocefe mancher Staͤdte Ichen bi 4000 


Unseren 


« in $ J 


ss.) H, Haie! van Gorcum a. a. O. ©. 64. ' - —* 


Korea, van Sorkums Bericht. 643 


Winde. Sie find in Banden gu 10, 20 618 30 gethellt. Mer Atlefit 
Pater ift der Obriſte; ihre Vergehen werben mit Prügeln abgeſtraft, 
bie gröberen Berbrecher an die Provinzialgouverneure übergeben. Jeder 
Koreer fann Mönch werben, baber ihre Zahl fo groß, zumal da jedwe⸗ 
ber auch wieder austreten Tann. Sie müflen Zribut zahlen, fchwere 
Arbeit thun, und werben nicht höher geachtet als bie Gelaven. Sind 
ihre Superioren gelehrt, fo ftehen fie in großem Anfehen, und find ben 
Sroßen des Reiche im ange gleih. Diefe heißen dann Königse 
Mönde, und tragen des Königs DOrbonnang auf ihrem Kleide. Mei 
Aufnahme im Kioftee wird ihnen das umvertilgbare Drdenszeichen auf 
den Arm angebracht, Ihre Regel ift, nichts lebendes zu genichen, nicht 
mit Weibern zu fprechen, Haar und Bart zu fcheeren. Ihre Gchäter; 
Die fie bei ſich im Lefen und Gchreiben unterrichten, koͤnnen fie wie 
Väter die Kinder als Diener behalten, fie auch beerben. ine zweite 
Gercte behält das Haupthaar, darf ſich verheirathen ı f. ob. S. 248). 
Bei Ihnen foll die Gage ſtyn, daß früher alle Menfchen dieſelbe Sprache 
geſprochen, abe erſt bei Erbauung eines Thurmes, von wo- fie ben 
Himmel beſteigen wollten, fey diefelbe in Zerwuͤrfniß gelommen (ein An⸗ 
Mang an die Wabyloniidye Sprachenverwizrung). Die Lage der Kids 
ſter iR meift veigend und Tiebli, auf den chönften Berghoͤhen des 
Landes; dahin machen bie Großen mit ihren Weltdirnen ihre Ausfläge, 
fo werben bie KAlöfter zu Lufllagern flatt zu Tempeln, zumal ba bie 
Mönche fi) auch dem Trunk bingeben. In ber Reſidenzſtadt befinden 
ſich auch 2 Ronnenklöfter, eins für den Abel, dab andere für das Volk; 
der jumge König, ber 1639 den Thron beRieg, gab den Ronnen bie Frei⸗ 
peit fid) zu verheicathen. | 
Wollsichen. Die Wohnuigen ve Neichen find prunkvoll, ein 
Corps de Logis nach vorn für Fremde und Gäfte zum Empfang un 
Logisen. Am Eingange iſt ein großer Hoftaum, zum Spiels unb Un⸗ 
ferbaltıngsplag, mit Gärten, Lauben Baffins; die Weiber haufen ii 
dem Hinterbau, Kaufleute haben neben dem Wohnhaus ihr Waarenias 
"ger, wo fie ihre Kunden mit Tobak und Arak regaliven. Die Hütten 
der Armen find fehr gering, nur mit Strob und Schilf gedeckt; ein 
Ziegeldach iR wicht jedermann erlaubt. ie ftehen auf Holzpfeilken, find 
von außen mit Holz überzogen, durch Palifjaben von einander"hetrennt, 
im Innern mit weißem Papier beklebt, die Dede mit Delpapfer, bie 
Immer nur Bein, bie Jußboͤden gewoͤlbt, von unten zu heiten, baher 
immer ſehr warm. Auf dem Lande iſt alles von Tabagien, wohin die 
Korser mit den Weltbienen zu Tanz, Gefang, Muſik und Gelag gehen; 
im Gommer in kuͤhle Wälder unb Gärten. Wirthshaͤuſer für den Rei⸗ 
fenden fehlen, auf der Hauptſtraße zur Reſidenz ausgenommen, wo hie 
Semeinde auf ihre Koftın den Reiſenden a Auf anderen Wegen 
Sr i {2 « 


6 SR-Hfien. Wafferfofteme. 1. abfen. $. 80. 


ſetzt er fi vor einer Hausthär nieder, unb die gaſtliche Sitte pesficht 
ihn hinreicheud mit Meis und Fleiſch zur Sättigung. 

Sie leben m Polygamies verbeirachen fi ſchon im Bten bis 
40ten Zahre, wo bie Zöchter in bie Häufer ihrer Schwiegervaͤter einzie⸗ 
ben. Bis in das vierte Verwandtſchaftäglied ift feine Che gültigs bie 
Frau kann vom Mann verftoßen werben,. fie muß dann die Kinder mil 
- ich nehmen und ernähren, Dadurch wirb das Land fehr flark bevoͤlkert. 
Das Verſtoßen ift ſehr häufig, die Weiber werben wie Sclaven bebans 

delt, jede Kleinigkeit führt zu Chebruch. 

Kinderliebe ift das edelſte Band das bie Korees verbindet 3 bie Sch 
ven kuͤmmern ſich iedoch nicht um ihre Kinder, weil fie willen, - dab fie 
ihnen entriffen werben, fobald ‚fie arbeitsfähig find, Die Kinder haben 
großen Refpect gegen bie Eltern. Sie find nach bem Landeögefen auch 
gegenfeitig für ihre eriminellen Hanblungen reiponfabel. "Die Freien 
und die Großen forgen gut für bie Erziehung ihrer Kinber, laſſen fie 
früh im Leſen und Schreiben unterrichten, worauf ein fee großer 
Werth gelegt wird, Der Unterridyt wird in Liebe und GSanftmuth ers 
theilt, das Verdienſt der Lehrer und Vorfahren dabei ſtets geruͤhmt, fo 
wie der Gewinn und ber Ghrgeiz als Sporn bes Erlernens benuzt. In 
der Erklaͤrung ber claffifchen Autoren macht die Jugend in ber Regel 
ſchnelle Fortſchritte. In jeder großen Stadt Hält der Adel ein Ders 
fommlungshaus für bie Sänglinge, um fie in ber Lectüre ber Staati⸗ 
angelegenheiten einzuweihen, ihnen Schriften vorzulegen, zumal bie Life 
der VBerurtheilungen der Großen für begangene Grimina tefen zu laſſen. 
Dies fcheint ihre Diplomatiſche Hohe Schule zu feyn. Außerdem kom⸗ 
men in 2 bis 3 Städten jeder Provinz biefe- Stubirenben zufanımen, um 
einen Dienſt in der Feder oder vom Leder zu ambiren, Dort werden _ 
fe von den Gouperneurs durch ihre Abgeorbneten geprüft, eraminizt; 

pad dem Refultat wird über fie ein Rapport an den König abgeflatttt. 
Eben ſo tft jaͤhrlich eine große Hof⸗Aſſemblee, wo das Betragen allır 
Beamten gepruͤft wird, dabei ſind alle Großen des Reiches, ſey es in 
Amt und Wuͤrden ober nicht; denn hier werben bie neueren Einkünfte, 
Ehren und Würden verliehen. Die Großen geben dann Geſchenke, Fe⸗ 
Kind und rujniren nicht felten ihre Finanzen, um, wenn auch nur Titel 
gu erhalten, für bie kein Opfer ihnen zu groß. fcheint. 

Dee Fode22) eines Freien wird 3 Jahre hindurch von den Kin⸗ 
dern. betrauert; dieſe leben dann in ſtrenger Enthaltſamkeit wie Moͤnche, 
Zönnen kein Amt hekleiden, nicht in ber Ehe leben; die dann gebornen 
Kinder gelten nicht als legitime. Gin langes Trauergewand von Hanf, 
daruͤber ein un don — ein en am Hut, ein große 


I 





“) H. Handl van. Gorcam L N p. 3 


. 


Roten, san :Corcums Bericht: 65 


Rohr als Stab ia bee Hand, zeigen ben Trauernden an, ber ſich dan 
nie wäfcht. Die Leiche wird, mit Geheul und Geſchrei umgeben, im 
Sommer. in eine Strohhuͤtte gelegt bis zur Meiserntey bann erſt im 
Herbſt oder, im Fruͤhjahr mit Geſang und Gchmaus hegraben· Die 
Träger fingen im Tact, bie Verwandten fchreien. Die Reichen bauen 
ſteinerne Gruͤfte und verfchen fie mit Inſcriptionen. Bei Volmoend. 
ſchneiben fie das Gras som Grabe, und bringen ein Reisopfer. Mach 
der Trauerzeit tritt der dltefte Sohn in das ganze Erbe ein, die anbes 
sen theilen nur Geringes. Der 8odährige Greis erklaͤrt ſich in Karea 
für imbecill, und cebirt fein Hab und Gut dem Sohne, der den Eltern 
eine eigne Hütte zur Pflege erbaut. 

Die ereer find im hohen Grade feig, haben große Furcht, Blut 
fließen zu fehen, öfter fehlt ihnen der Muth ſich der geſtraudeten Schiffe. 
an ihrem Ufer zu bentächligen. Bei den Ueberfällen ber Japaner und 
Mandſchu kanten weit mehr von ihnen auf der Flucht in Waͤlbern unb: 
Bergen aus Angft und Roth am, als vom Schwert im Gefecht. Sie - 
bejammern jeben, ber fich fchlagen muß, ımb die Fucht bringt bei ihnen 
teineg Schimpf. Brechen Krankheiten aus, fo wird die Angft allgemein. 
Sogleich wird ber Patient aus der Stadt auf das Feld in eine Stroh⸗ 
hütte gelegt, ein Wachtpoften wird aufgeftellt Jeden abgumeifens wenn _ 
nicht ein beſonderer Freund ſich des Ungläubigen annimmt, fo kommt er 
ſchon vor Hunger ober fonft um. WMebicin brauchen nur ‚bie Reichen. 
Die ältere Methede durch Blinde und Zauberer zu turiren, warb im 
Jahre 1662 vom neuen Könige unterfagt. , 

Die Iyrannei, der Drud durch bie Uebexfälle ber Japaner und 
Mandſchu unb deren fortgefegte Srprefiungen, fagt 5. Hamel, haben 
das ausſchweifende Leben und den Lurus ber Koreer in etwas gegügelt.. 
Der farke, drei mal im Sabre erpreßte Tribut an ben Zartarın zwingt 
fie zur Arbeit; fchlechte Jahre werden ihnen ſehr ſchwer zu tragen. 

SDanbel?®) Haben fie nur mit Sapan unb ber. Infee fu 
Siimaz bie Sopaner haben auf diefer Infel und zu Ku Than (Pus 
fan) ihre Waarenlager. Ginfuprartitel nah Korea find: Sa⸗ 
yan Holz, Pfeffer, Alaun, Büffel⸗, Hirſch⸗ und Ziegens 
baute, Holländer Artilel und Japaniſche Fabrikate, wogegen fis ihre 
eigenen umfeten. Der Handel nad) Peking if Eoflbar, weil er nur: 
zu Lande gehen kannz nur Großhändler aus der Gapitale reifen nach 
Peking, wohin man wenigftens 3 Monat Zeit gebraucht. Es giebt nur 
einerlei Maaß und Gewicht in Korea, womit aber viel Betrug getrieben 
wird, Ihr Geld ift eine Münze Caſis, bie aber nicht über die Chis 
nefifche Grenze gehts Zahlungen werben auch in Silber Lingots gemacht, 





2®)) H. Hamel van Gorcum I. c. p. 78 


} 


646 Pft-Nfien. Wafferfofteme. 2. Abſcha. $. 80. 


wie in Japan. Sie redınen bie Belt nachh Monden, alle 8 Jahr ſchal⸗ 
ten fie einen Monat dem Jahre ein, 

Irre geographiſche Kenntniß der Erbe geht nicht über Siam bins 
aus, was man imen aus größern Bernen erzählte, war ihnen Luge. 
ach ihnen beſteht die ganze Welt aus 12 Königreichen, bie fruͤherhin 
alle dem Kaiſer von GShina tributpflichtig waren, feit ber Mandſchn 
Groberung aber feel wurden. Dieſe Mandſchu⸗Tartaren nennen fie 
Zielfe und Drantay (Cd. i. Usianghai oder Nilanghai, Dfk 
Gamojedifche Stämme? Aſien Br. 1. &. 582, 590, 1007, 1047, 1060 
0. DD.) Die Portugifen, von denen fie durch Japaner Kenutuif 
erhielten, nennen fie Rampantul, Ihre Schrift ik nah H. Has 
mel dreifacher Art *°9), diejenige der Gpinefen und Japaner, bie zu 
allen bffenttichen Weldyäften und zum Drud ber Mäder dient; bie or⸗ 
dinaire Schrift zur Gorvefpondenz, die bas Volk aber möcht verficht, 
und bie dritte grobe Schrift des Poͤbels und ber Weiber, bie unge 
mein Leicht zu lernen und zu lefen iſtz alle brei werden mit dem Winfel 
veſchrieben. Dan bat im Lane viele alte Koreiſche Bäder, ge 
druckte und in Manufeript, die ſehr theuer im Preiſe ficken. Mei Hefe 
iR der Bruder des Königs Dber » Bibliothekar, und bewahrt vom feinen 
Sehaͤtzen auch GSopien und Abbifbungen in andern Gtäbten bes Bandes 
auf, um ber Berfiörung burdy Brand zuvorzukommen. Ihe Kalen⸗ 
der wirb ia Shina gemacht; fie drucken mit Formen; fie rechnen mit 
Staͤbchen; fle haben keine Buchhaltung , keine Stechnungen ; fie fchreiben 
die Preife auf die Waaren auf. Zum Büdereintauf yugt man ih unb 
besunt vorher Weihraudy an, 

An Galatagen zieht der König in voller Pompa vom ganzen Hof 
und feinen Garden und Aruppen begleitet durch die Reſidenzſtade: in 
geſtickten Gewänbern wird er auf goldenem Throne getragen. Damm 
find aber alle Häufer, Fenſter und Thaͤren geſchloſſen; Niemand wagt 
es über die Yallffeden ober Mauern der Höfe hinweg zu guden. Die 
Fehenden reichen ihre Bittſchriften hinter Bambusftäben verſtekt dar, 
die von ben Beamten abgenommen werben. Kenn ‚ber König an feinen 
Coldaten und Großen voruͤbergeht, iſt es Etiquette ihn nicht angufchen, 
fonbern den Rüden guzubrehen , das Yuften ift ‚verpönt, wie das Spre⸗ 
. Yen, und bie Soldaten Heften ih Beine Gtäddyen on ven Munb, um 
jebem Vorwurf Laͤrm gemacht zu baden vorzubeugen. Nur dem Tartar 
Embaſſadeur geht der König mit dem ganzen Hofe oͤffentlich entgegen, 
giebt ihm Muſik, Wefte, Tänze, das ganze Quartier von then bis zum 
Königspalats wird mit Garden befegtz die Poſtirten finb ſtets bameit ber 
ſchaͤftigt, die Willets aufzuheben, die aus ben Fenſtern des Cbaffabe⸗ 
hauſes berausfliegen, Boͤlletins, fur den König, um über jede 


*s®) H. Hamel van Goreum L e. p, 80. 








x Peting, Die. große Blauer: 647 


vom Botſchafter des hoͤchſten Gecieters unterrichtet gu fen. Die Eile 
quette und ber devote, Be[pest ereichen hier wol bad Maximum. — 


Anmerkung 4. Peking bie Reſidenz; bie geoſe Mauecz 
literariſche Rachweiſung. 


"Im Begriff von dem nördlichen Stromſpſteme Chinas und den 
Gliederungen ber RNordchineſiſchen Landſchaften zu denen des Suͤdens 
überzugehen, hätten wir zuvor noch, wenn wir geographiſch vollſtaͤndig 
se fen blabfichtigien , nothwendig -von ber großen Reſidenzſtadt Chinas 
ef. Ahlen: @ L ®. 96, 136 — 131, 158, 196, 19 —013 ob, &; 443, 
374) und ber berühmten Ehineſiſchen Dauer. Abriß and Bilb zu ent⸗ 
werfen.‘ De bies aber weine Kunſwerke der Bolkler and ihrer Regenten 
nd, zeiv aber weientichen,, allgemeinen Natarverhaͤltniſſen den Raum 
der Betrachtung dadutcch eniziehen wuͤrden, über jene Mrgenflänbe, die 
hier uur als Spifoden unfers Haupt: Themas anzuſehen wären, auch fchom 
binreicyende Belchrungen vorhanden find, zu denen wir keine neue Beob⸗ 
achtung hinzufuͤgen koͤnnen, fo, begnuͤgen wie uns auf dieſe nur zu vera 
weifen. Es find meiftentheils bie ſchon im Allgemeinen vielfach genanns 
ten Reiſe⸗Werke über China, die gewöhnlich nur das Alter gefagte wies 
berholen, ober meift ohne critiſche Erfosihung der Quellen nur anges 
ben, was ihnen temporär in die Augen fil. , 

Ueber die Ehinefifhe Mauer: 4. 8. Du Halde Deser. 1. e. 
T. I. p. 45, 204; IV. p. 70. Abulghasi Il. p. 118 etc. Grosier De- 
— de la Chine, Paris 1810. Vol. VL p. 316. Pater Verbiest. is 
Philosoph. Transact. 1686. p. 58. Deguignes Geſchichte dee Hunnen 
3% 1. G. 129, 130. Mailla Hist, gen. de la Chine T. II. p .373 eto. 
Staunton Authentic. Acc. T. Hi. p. 178--188. Barrow Tray. in China 
p- 334. Ab, — Melanges Asiatiq. T. L. Paris 1829. 8. 
p. 67 1. a. 

Die Schilderung von Peking in allen ‚jenen genannten Berlen, 
Als Hauptwerk aber, Pater Hyacinth Description de Peking, avoo 
un plan de cette Capitale, traduit du Chinois.en russe, par P. H., et 
du Russe en Francois p. F. de Pigny, St. Petersbourg 1829. 8. Dies 
iſt jedoch nicht Ueberfegung fonbern nur Auszug eines weit vollftänbigern 
Ehine ſiſchen Driginahuertes von dem Autor n tfhhang Yuan von 
Jinho, das den Zitel-führt Schenyäen Schy Lio. Eine fehr lehr⸗ 
weiche Ueberſicht, Literatur, chronologiſche Angabe bee Plane von Peking 
und die wichtigften Sauptmemente ihrer Beſchreibung, findet ſich ges 
wwängt in: Rappart ‚sur ie Pian de Peking publié a St. Petersbourg 
om, 1828. p. Kyrina. ot: Uaproih, in Nour, Journal Asist. T. IV. Paris 
2829. p. 366 —374;, uͤberſ. im Eritifhen Wegweifer im Gebiet 
der Landtartenkunde, Berlin 1830..8. Bd. IL &. 816-—324, auf welche 
wir vorzüglich hinweiſen. 


648 Oſt⸗Aflen. Wrfaighem. L * 4. 81. 


5 81. 
Erluterung 3. 


Das Waſſerſyſtem des Kiang, oder des großen Stromes 


a Kiang, d. h. großer Strom, auch Yang tfeu u) 
Das Suͤd⸗Syſtem. 


Die Quelle des Kiang (Dang tfeu Klang, San tfe 
Riang, der blaue Strom der Jeſuitenkarten), ober des gros 
Gen, füdlihen Stromfyflemet.von China, Uigt im eis 
nem directen Abſtande von 390 geogt. Meilen von der 
Mündung zum Möeere; feine Steomentwidiung beteägt 
aber nach Mefſſung 630 geogr. Laͤngenmeilen; alfo 90, ober faR 
um 100 Weiten mehr, ats die Länge feines nördlihen Rabatt 
Des Hoangho. Durch feine Kruͤmmungen, von brittehalb 
haunbert (240 geogr.) Deiten, bewäffert er ein Stromgebiet von 

dolen 34000 D.:Meilen. Seine Länge würde den drei anein⸗ 
ander gereihten Längen bee Wolga, des Rheins und der Wes 
fer gleichkommen; fein Stromgebiet dem der 10 größten 
wefleuropäifchen Stromfpfleme bis zu dem bee Oder und des 
Donau (diefe beiden mit — erſt an Areal gleich ſeyn. 

:; Aus obigem iſt uns bee obere Lauf. dieſes Stromes, ſei⸗ 
am Quellen zunächft, duch das Steppenland fon unte 
dem Namen des Muru uffu bei Zartarifhen Bewohnern (f. 
oben.S. 195, 199, 202, 228), alE Boureitfiun bei Zuͤbetern 
(Dholaithu gefprochen bei Chinefen) befannt; als Kin ha 
Kiang, d. i. der Fluß mie dem Goldfande, bei Chinefen, 

auch als Fluß von Bathang umb der Neuen Grenze gegen 
Tuͤbet, auf feinem Eintritte in Yunnan. Auch feinen twichtigs 
fin und befannteften linken Zuſtrom, den Yarlung, oder 
Dalung Klang, haben wir als den Strom ber Alten 
Grenze im obigen (f. oben &. 190, 1%) kennen lernen, mit 
bem jener vereint, num aucd, den Namen Min Kiang *0) ers 
hätt, bis er nur fchlechtweg dee Kiang, d.h. ber Strom vor 
‚zugsteife genannt wird, die hoͤchſte Titulatur Chinefifcher 
Ströme. Auch ben Querdurchbruch diefes bintern Stromes, 
des Min Kiangs, wo er aus- dem -wildeflen Hochlande das 
DEFEIDISRUEDIEGE des großen Siue Ling, in jenem ge 





#20) Ab. Remmsat Coup d’oeil sur la Chine eto, in Notv. Melan- 
ges Asiatig. T. L. p. 14. 





t 


Ma Mange Cnftem, Ueberſicht. 040° 


Walligen Querchale pwiſchen ewigen Schneehöhen, von 
Eingange dis zum Aufegange derſetben, durchbricht, und 
nem erſt als vot derer Strom in ſeinem Miittern Laufe 
hewvortritt; daben wie oben (ſ. oben S. 405, 410) ſchon hinrei— 
hend verfölgen körinen. ' Diefer Klang, vder Min Kiang, 
legt Thon in dieſem Obern Laufe die ungtdenre Strede von 
240 geoge: Mellen zurüd, ehe er nur den Boden bed eigentlichen 
SHina, numlich Yünnan und Szärfänan betriet. Naͤmlich 
im obern Steppenlaufe bis zu ſeinem erften Durchbruch“ bes 
wilden Bayan Kharg, im’ Süden der Hoangho-Quelle, an 
100 geoge, Meilen; von da Tabmärts bis zur Stadt Bathang 
(f. ob. S. 199), tolsder etwa 100; und’ von da an 40 geogr. M. 
Wi zum Durchbtuch ſeines furchtbaren Qu erfp liet am erſten 
glerſcherreichen Stüt Sharks. S. 409), auf der 
Grenze von Bennen und Sziſchuan: 

Der Mittlete Lauf des Kiang, von ba burch gang 
Szuͤtſchuan und Hupe, Bis oberhalb⸗ Kingtdefu, wo er 
in die Niederung Chinas eintritt, im RB. des Tungtings 
res, bält nur ch 215 geogr. Mellen; davon das wilde That 
Dis Querdurchdruchs, von den erſten RE 5. bie 10) bis 
zu den letzten oͤſtlichſten Schneebergen (101° 25° D.2, v. Par. 
f od. S. 409), an 80’ geogr. Meilen beträgt, dan da ber Stroms 
tauf DIS zur Aufnahme des Min Klang oder Ka Klang, bes 
Arten’ Bufluffes dei Siutſcheou (f. db. S. 412, 415), etwa 
35, und von da abwaͤrts bis King iſcheon fu an 100 geogr. 
Meiten. Auch iſt ded Urfprunges: bes Ta Krang, des linken 
Seitenfluſſes ſchon erwähnt, welcher dem großen Stromſyſteme 
des weit groͤßern Kin ha Kiang eiſt den TaKlang Namen, 
vieleicht auch den des Min Kiang gegeben hat, und worin dieſe 
Meberträgung, der Benennung vom Seiten arm aufden Haupt⸗ 
firom, wol ihren Grund’ haben mochte (f. ob. &. 412 — 415). 

Dee Untere Lauf nimmt bier bie kürzere Strecke von 
etwa 175 geoge. Meilen ein; von King tfheu fu bis zum 
Zungting See etwa 30, von da bis zum Nordende des Po 
yang Sees etwa 60, von da an der großen Reſidenzſtadt Ran 
Ring (45 geogr. Meilen) vorüber, und weiter bis zum Durchs 
ſchnitt des großen Kaiſer⸗Canals 55, von biefem aber bis zur 
Meeresmündung an 30 geogt. Meilen. Nur an biefee 
Mündung.ift dee Name Yangtfeu Kiang bei ben Chiuefen _ 
gewöhnlich, was die Jeſuiten irrig (Ian tfe Klang), durch Sohn 


659. Dftedjien: MWaherpiteme. .i. Amgm $. dl. 


d.2.0.Dceane*!) Adesfegt und auf.bie Benmuung deö-gangen 
Grromlaufet, wegen feiner coloſſalen Groͤße kbermagen haben, 
obwol audı Du Halde ?2; fhon am dieſer Ciymoloqie zweifelte. 
Nah Ab. Remufars Berichtigung 22) iſt diefes Mame beines⸗ 
wegs aus dem Namen des QOceans entilanden, fonbern aus dem 
Momen eines Seitenfluſſes, der fih bei Daismen zum 
Klang ergießt, feine bei Europäifhen Geographen herkömmliche 
Benennung Jantfe Riang für ben gang Strom muß alfe 
— gänzlich verlaſſen werden. — 


1 Diener — 


Wie bei dem Hoangho (f. od. S. 490), fo erhalten wie auch 
bier, das einzige, mäbere Datum üͤder die Quelle dieſes großen 
ſüdchineſiſchen Stromes nur- durch den Kaiſer Khaug⸗ 
bi). Der Min Kiang, ſagt er, entfpringe im Weſten des 
Hoangho, auf dem Gebirge Baian Ehara tfirfir (Hana (Mi⸗ 
niatthfoua bei Tübetern, Min Shan bei Chineſen, f. ob. 
©, 412); er liegt aAußerhalb der Weflgrenze von China. Die 
Waffer des Kiang treten basaus hervor. Es war vom Berg 
Neiſtſchhu Shan, daß bee Waſſerbaumeiſter Yu dieſen 
Strom dirigirte; dieſer Berg liegt außerhalb des Forts Houangs 
ıfhinglouan, an der Grenze dee jepigen Provinz Gzütfhuan 
(nämiih an der Nordgrenze biefer Provinz gegen Khu Khu Nor, 
nur weniges nördlich der Chineſiſchen Grenzfeſte Sung phan 
kquan, f. ob. ©. 403, 412). Die Alten, ſagt deu Kaifer, glaube 
ten die Quellen bee Kiatg lägen denen des Hoangho nahe, 
Der Kaiſer geht alſo auf die antike Vorſtellung ber Chinefen am 
bieſer Stelle ein, wenn er vorläufig den linken Zufluß des 
Kiang, den Min Kiang, mit ihnen, als die Quelle die Kiang 
"anzunehmen ſcheint. Er ſcheint dies hier aber nur zu.thun, ums 
feine Critik au bei der Min Kiang Ducle (etwa unter 33° 
Br. und 120° D.2. v. Ferro auf Grimms Karte) anzubringen, 
denn nachher führt er wirklich bie feruſte Quelle des Kin⸗ 
ha Kiang, welche unter 107° O.E. v. Ferro, alfo 13 Brad wei⸗ 
tee im Weflen, unter 34° bis 35° — zu ſuchen iſt, ge⸗ 
nauer on. — 





221) Du Halde Descr. de la Chine T. Il. p. 88. 8) chend, 
T. H. p. 100. *®)' Nour. Melangce Asiatig. Paris 1829. T. 1. 
—3 °*, Klapreili Mem. relat. a FAtie T. IH. p. 398 


Sa Klang, oberer Lauf... 651 


Der Katfer fagt, im Yutung ficher der Klang femme vom 
Min Shan, dies fey aber genau genommen nicht ganz rich 
tigs denn er durchbreche diefen Berg (f. ob. ©. 412, das fey 
ausgemadht. Dann fließe er bie Kouon hHian (Koen db. D’An-- 
vie im M. W. von Tihingten fu, am Aufange jener. Strom⸗ 
fpeitungen, f. ob. &. 416), wo er ih in 10 Arme theile, die fi 
bei Sin efin hian ‚wieder vereinen; von ba Yließe er zum 
Kin cha Klang, d. i zum Ta Kiang, hinab, Der Kin Ha 
Kiamg, führt bee Kaifer weiter fort, alfa ber wahre, große Haupt. 
fitem des Kiang, hat aber feine Quelle am Zuß des Berges 
Unieiin uffu (d. h. Waffer der Kuh im Mongoliſchen); 
deffen Chineſiſcher Rame if Ju nieouEchan (d. h. Berg 
Der Kuh). Der heraustretende Waſſerlauf wirt Murus uffu 
- (oder Murui uffu) genannt Gr fließt gegen S. O., in das 
Land Kam (K'ham, d. i. Oſt⸗Tübet, f. ob. ©. 176). — Die 
fee Berg der Kuh iſt auf keiner Karte angegeben; aber iden⸗ 
tiſch mit ihm (deine auf der Kbienlongfhen Karte 25), der 
Baffa dungram ula, 34° N. Br., zu feyn, aus weichem ber 
Beine Seitenarimn Murun uffu dort gegen Norden bervorteigt, 
Nach des Karte ber Chineſiſchen Reichsgeographie vom Jahre 1818, 
weihe Grimms Kartenzgeichnung >) zwiſchen 33° und 34’ N. Be, 
eintrug, iR er daſelbſt Pa ſatung Lama Shan genannt. 
Nach dieſen Chineſiſchen Originalkarten find es dad, von We 
gegen DR, auf dee Hochſteppe parallel ziehende Quelle 
Bröme, die alle Z mit dem Meongolifhen Namen Ulan mus 
zen beirgt find, davon dee Noͤrd liche duch Nam tfien, der 
Mittlere duch Toktonai, dee Suͤdliche bush Katfſi des 
zeichnet iſt. Diefer letztere erhält von Süd ber den vorbergenanns 
ten , Meinen Seitenarm Muru uffu, und vereinigte fich unter 
dieſem Namen mit feinen beiden mörblihen Parallel : Zuflüffen, 
wovon jedoch Khanghis Bericht nichts fügt. Dieb mag alfe 
fpäsere Berichtigung aus Kalfer Khientongs Zeiten feyn. 

Kaiſer Khanghi fährt aber alfo fort’): Der Murn« 
uffu duchfegt dann die Gegend Tfhungtian, teitt in Puͤu⸗ 
nam ein, bei dem Fort Tatſchhiag kouan (Taiſtſching b, 
Pe und. erhält den Namen Kin ha Kiang (Boldfands 


er Carte de l'Asie centrale eie, ed. Klaproth,. Paris 1833. 
Grimme Karte von —— Berlin 1892. °*°) Mem. 1o- 
ia. alAsie ho. T. UL p. 


. 


652 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. L Abſchn. $. 81. 


flasy. Se wie a LFiRtang (f. ob. S. 409) erreicht, erhält er 
den Namen Li Kiangz za Yung pe fu heißt er nun Ta 
beng ho, und firömt gegen DE, paffit Wuting fu und 
tritt ein In Szuͤtſchuan, wo er bei Sin tſcheu fu dm Min 
Klang auf der finten Seite vom Morden her aufnimmt. Wels 
terhin paſſirt der Klang vor Aueltfheu fu, tritt in Hu⸗ 
tuang (jetzt in Hupe) ein, dewaͤſſert Kingefheufu, und 
vereint fi vor Wan tſchhang fu mit dm Han Kiang, we 
beider Zuſammenfluß Han Kheon gmamnt wird. — Go weit 
a buhrngtaphifcnt Memolee vs Kaiſer Khyanght : — 


a Mittler kauf. 


Leider Laffen uns ale bisherigen Veſchreibungen bes Chine⸗ 
ſiſchen Reiches voͤllig rathlos über bie Natur des Dbern und 
Mittlern Laufes biefes Stromſyſtems, das wir faſt nur auf 
der Lanblartenzeichnung bi6 zum Einteltt in dig Niederung 
Ber King tfheou fu zu Verfolgen Im Stande find, ohne eine 


wirklich anſchauliche Vorſtellung davon gewinnen zu innen. Denn 


die allgemeinen sühmenden Beſchreibungen der Provinzen- Szuͤ⸗ 
tſchnan und Hupe (Huluang in früherer Zeit), welche we 
ducchfegt, bieten wenig pofitive und braudbare Maturbeobachtuns 
gem für unſere Bettacdhtungsweife dar, obwol ohne Zweifel eben 
hier ein ungemein weiches Geld der Beobachtung ſich dem Euros 
päifchen Beobachter darbieten mürbe, von dem aber neuerlich we⸗ 
nigſtens noch keiner diefe Gegenden je wieder betreten zu haben 
Rheine, SEN 

Zu Tſchungking, unterhalb ber Einmündung bes Min 
Kiang, fell der Kiang, obmol noch weit über 200 geogr. M. 


von der Mündung aufwärts, doch ſchon die Breite einer Halben 


Stunde 128) haben. Die Altern Berichte [prechen alle von den 
wilden Waſſerſtuͤrzen, weiche der große Strom Kiang zu über 
winden habe, ehe er in das ebene Land tritt. Bis Kings 


- tfhe fu, fagt Par Mare. Martini), beit der Kiang 


durch, duch krumme Thäler mit vielen Würbein und überaus 
großer Gewalt, oftmals Aber versuchte Felfen und fehredktiche 
@türze, welche die Sineſer dennoch als der Kunft und des Flei⸗ 





se.) —— no Br siat, T. I. p. 14. 29) Novus 
- Atlas Sinensis 1. ec. fol. I Neuho Ge anbtfthaftsreife zc. 
Kmfterd, 1666. S. 331. ’ 9 # BEINE 


2 Kiang, mittler * 883 


het verſſchert siädiie vorbeigehen und überfchiffen. Von King 
efgeou fu an aber flieht er allgemach etwas ſanfter. Da e⸗r 
durch dem See Tung ting gegen Mitternacht ſtreicht zum Pos 
yang See, von wo er Dang tfe Kiang beißt u, f. w, Da 
ſelbe wiederholen Neupof umd alle frühen Autoren. Der eins 
ige Portugiſiſche Pater Gabriet de Magaillans, welche 
1640 bis 1648 faſt alle Provinzen des Chinefilchen Reiches als 
Augenzeuge kennen lernte, erwähnt feiner eigenen Belhiffung - 
‚6 Kiang, von ber Küſtenprovinz Tſche Kiang aufwärtg, 
bis Zfhing en fu zur Capitale von Szütfchuan. Er brauchte 
dazu 4 Monat Zeit, vom Aten Mai bis zum 28ſten Aug. des 
Jahres 1642, wo er über 400 Lieues immer zu Waſſer, und 3 3 
Monate davon immer auf den Krummungen des Kiang ?0) 
ſchiffte. Leiden ſpricht er ſich nur über einen Punct aus, bins 
fichtlich deffen ihn dieſe Fahrt in Verwunderung ſetzte. Während 
Diefer lange danernden Flußſchiffahrt begegnete ich, ſagt er, taͤg⸗ 
lich eines ſo geofen Dienge von Jatıgen Zügen von:Sloofen 
ber verfchiehenfien Holzarten, daß fie alle in Bufammenbang ges 
bracht ficher die Länge mehrerer Tagereifen haben. wirden,, Ich 
fchiffte an falshen Flo oßen oft eine Stunde lang. bin, wenn fie 
am fir feRlagen, zuweilen brauchte man auch. wol einen halbsy 
Tag Zeit dazu, um nur vorbei zu kommen. Die reichflen Haus 
delsleute Chinas find bie Salzes und die Holz: Hämd.ler, beis 
des giebt den meiften Umſatz. Dieſes Holz Infjen fie in den Wäls 
bern von. Szütfch,uan, in dem Stromgebiete des Kiang,. fäl 
len, an der Weſtgrenze des Reiche, wo es am Eintritf"des Kiang 
auf Chineſiſchen Beben. auf. deſſen Wellen gebracht, und durch 
ihn im. die, smeiften ber übrigen Provinzen verfloßt. wird. Die 
Slooße find wur bis 10 Eußi breit, aber von fehs verſchiodener 
Länge, nach dem Vermögen des Schiffers, die laͤngſten haben et⸗ 
was über eine halbe Stunda« Sie treten 4 bie 5 Fuß uͤber 
ben Flußſpiegel hervor. Die: Ballen werden an ihren . Enden 
durch gewundene Mohrfeile. verfnüpft, und beim MWeiterfchiffen, ſo 
vote ſich die. Gelegenheit darbietet, immer mehr Holz angehängt, 
Das ganze Flooß biegt ſich, bleibt: beweglich wie die Ringe einer 
Kette, fo daß «6 alle Gefahren der Strömung befichen kann. Vorn 
ſteben 4 6 5 Steuerer, andere das ganze re —— in. ega⸗ 





2°) G. de Magaillans Nouyelle ‚Relation ‚de ig. Chine. æte. os. 
ari⸗ 1688. 4. 162 — 164. 


* — ; — 21 





654 Oſt ⸗Aſten. Waflerfofteme. 1. Abſchn. $. St. 


en Diſtanzen. Auf den Flooßen haben fie ihee Hütten aus 
Holz mit Bretten und Matten gebedit, bie fie am Außlabeost 
dann Im Ganzen loeſchlagen; barin IR ihr Küchengeſchier, Ihe 
Sorrath, Ihre Kleidung u. f. w. Außer dem Holz bringen biefe 
Flooße aber eine Menge anderer Waaren mit aus dem alpinın 
Gebirgstande, officinelle Pflanzen, Mepdicinalträuten, 
viele Papageien, Affen und anbere beliebte Dinge, die fie in 
den vielerlei Städten abſetzen, bie ihre Flooße voruͤbecziehen, von 
wo die Unterkaͤufer diefelden dann weite durch ihre Provinzen 
verbreiten. Auch die Refidenzflade Peking wird durch Fleßunz 
wait dieſem Holzbedarf größtentheifu verſehen. 

Die vielen Behden*!), in denen die Altern Herrſcher Chinas 
gegen bie felbfifländigen Heiche von Tangut, Tubet, Yännan un: 
aufhoͤrlich derwickelt waren, die barbarifchen, das heiße nicht Chi 


nefſiſchen Reiche und Wölkerfchaften, die Im ben Provinzen von 


Yınnan, Szuͤtſchnan, Kneitſchen und Hukuang bis in Die neuere 
Belt (T. oben. ©. 414) unter den Mongolen, Miug und 
Mandſchu immerfort zu befehden waren, die Opaltungen bee 
Ehineſiſchen Macht im Nord⸗ und Suͤd⸗Reiche, alles dies hin⸗ 
derte wol, nebſt dem ſeltnern Eindri Europäifge Miſſionace 
und Reiſenden in jene Weſtgeblete di. Klangſpſtemes, die mäher 
Kenntniß feiner merkwuͤrdigen Landfchaften, 

Nur nach den angeführten Probucten jeyer Begenden Fan 
man fi) allenfalls eine Vorſtelung von dem Reichthum des 
Stromgebietes des Klang mächen. Auf der Brenge ven 
Punnan und Szütſchnan, gegen die Shbpesvinn Kurs 
tſchen, gegen die Gebirge des Nanling (f. od. S. 407), bes 
gleitet eine ganze Reihe von Bedirgsfekungen das Suͤdufer 
bes Riang zur Eicherung gegen bie Ueberfaͤlle der dortigen Ges 
birgebardaren (dee Mio tfe, f. unten), da wo der Kiangs 
Strom, von Tung tfhuan fu (f ob. ©. 400), fih nerd⸗ 
wärts wendet, hat ce Wafferfälle, Strudel; an den Ufer⸗ 
feiten zeigen ſich Kaſtanienwaͤlder und bald edlore Feucht⸗ 
baͤume. Am Einfluß des Min Kiang, bei Sin tſchen (f. 
ob. S. 412), der reichen Handelsſtadt N an feinem Rerdafer, 


42) P. 'Gaubil Hist, de Tangl-in Mem. eone. le Ghime T. XVI. 
43, 43, 239, 260 etc. Ab. Remusat Remarg. = ?’Extensien 
de Pimpire des Chinois du cot& de l’Occident. p. 80 etc. 
#8) P, Mart. Martini Nov. er Du Haide 
Descr. ete. T. 1. p 225 oto. 





7 2a Klang, mittker Lauf. 6688 


And Rohrwaälder, Pomerangen, Eitronen, Limonen⸗ 
pflanzungen, die Bbafdungen v von Dhafanın, Papageien 
und Affenarten belebt. 

Mod, weiter abwärts, we vom Norden herab der Kia ling 
lang (auch Heſchui, f. ob. ©. 522) fi Aber Ktaitfheou 
und Yaoning fu (f.ebend.) zum Kiang ergießt, liegt die ſehr 
geoße, amphitheatralifch am den Uferbergen emporgebante Stade 
Xihungtingfu (d h. doppelte Freude) an befien Eins 
mündung. Ihe Rame, fagt Pater Martini, bezeichne wie wohl 
fi der Echiffer definde, der bei Ihe nun die Waſſerſtürze 
gluͤcklich Aberfchifft und der drohenden Gefahr entronnen fry. Dee 
Einf wimmie hier von Fifchen und Schildkroͤten; an den Ufern 
geben die Rohtarten da6 Material zu ben zierlichflen Flechtwet⸗ 
ken. Hier wachfe die Lörtiche Frucht Litchi, die nur dem Suͤden 
Ehinas angehört. Am Werge Feu, in der Raͤhe, fey ein fo cos 
Toffalee Buddha, figend mit Yverfhräntten Beinen und in 
den Schoos fallenden, gefalteten Dänden in Fels gehauen, daß 
man feine‘ Gefichtötheile noch in der Kerne von 2 geoge. Meilen 
gut erkennen möge. Viele Tempel und andere Gebäude, viele 
ODrtſchaften werden am RiangsUfee entlang gerhhmt, Moſchus 
und Rhabarber auf den weſtlichen Bergen, zahlteiche Heerden 
des Wollviehs, des Hal oder Bäffel mit dem Seidenhaar, 
Arzneikrauter aller Art, Erdnüffe bis zur Größe eines 
Kinderkopfes in deu Tannenwäldern,, die wahre Wurzel Sina, 
in den Thaͤlern Ucberfluß von Reis, Baumwolle, Zucker⸗ 
rohr, Seide, edlen Früchten werden gerühmt; eben fo 
Reichthum an Metallen, Salzen, Amber, Lazurfein 
n. a. m. Unter den Producten nennt biee das Kuang yu Ei 
Die verfchiedenen Arten ber Kichten, wohlriechendes Cedern? 
holz (Hiangnan), verſchiedene Arten Bambus, Juniperu 6 
Bäume (Eung dfil), Theeſtaude, unter den Vögeln viele Ars 
sen Phafane, auch weiße (Pebien), Nach tigallen (Hoe mei) 
u. a., Bienen, viele Arten Fiſche u. a. m. 

Noch mehr wird die Kruchtkarkeit, ber Reichthum, bie Lieb⸗ 
lichkeit der Provinz Huknang (Hupe), in weiche der Klang uns 
terhalb Ruck ıfheon fu *) einteitt, geruͤhmt. Diele letztere 
Stadt, am Rordufer bed Stromes gelegen, iſt eine dee reichſten 
des Landes, fie iſt am Eingang der Ebenen der große Stapel⸗ 


— 
2) Nor. Atlas Sinene foh 78. Du Halde Le, T. I. p. 228. ° 


6 OfrMien. Waflrefpfeme. I, Abſcha. $. 81. 


unb Zollort für die Wagren, die auf dem Kiang trandportist 
werden. . Sie ift zeich und berühmt, wegen ber großen Fruchtbar⸗ 
Zeit ihrer Umgebungen. Alles Land iſt bier, dis auf. das geringfie 
Fleckchen bebaut, mus das zunächft Im Mord anliegenbe Gebirge 
(Tapaling) iſt zu wild durch feine Kiefelberge und zu rauh 
dozu, auch von einem gegen Chinefen fehr rehem Bergvolke 


„bewohnt, aber zih an Salzbrunnen Die Umgebung ber 


Stade KRueitfheou fu if reich an Pommeranzen, Cie 


sonen, Limonenmwälbern. 


Dee Tapa Ling (f. oben S. 407), die Dritte. Parallele 
kette, etwa unter 82° N.Br. iſt hier der nördliche Begleis 
‚ter des Kianglaufes, anfänglih bie politifhe Grenz» 
ſcheide zwiſchen Szutſchuan und Kanfu, aber vom Hes 
ſchui⸗-Fluſſe dur hbrochen (f. ob. ©. 421); dann, weiter im 
Oſt, entquillt ihrem Nordabhange ber obere Lauf des Hans 
Kiang, und bie Kette zieht im Süden der Stabt Han« 
tſchung fu (f. oben S. 520) vorüber, wo die Pafjage füde 
wärts hinüberführt nah Pao ning fu in Szutfhuan (f. oben 
&.522). Bon da am zieht diefe Kette, dee TapaLing, nod im 
mer mit einigen Schneebergen gleichartig gegen Oft, bie in bis 
Provinz Hupe hinein, und endet dort im N.W. von Kuris 
tfheou fu, wo das ebene China begiunt, auch mit dem ſetzten 
ber Schneeberge in ihrem Zuge dem Kian u Scan), mei 
cher unter 31° 40° N. Bt. und 108° 7’ DE. v. Par, liege Die 
fer Topa Ling fälle dann völlig in niedres Vorland gegen 
&.D. ab. Auf den Gipfeln diefed Tapaking fol «6 empfinds 
lich kalt feyn, an feinem Eübfuß unerträglich bei. Erdbeer 
ven, Himbeeren und wilde Kirfhen werben ale Producte 
des Zapaking genannt. 


a Unterer Lauf bis Kieou lang fvam 
Popang⸗See. 
Pr weit mehr wird die Landſchaft bei bem Eintritt des 
Kiang in feinen unten Lauf gepriefen. Sein wilder, vafcher 


“Lauf wied bei King tfheou fu im Norden des Thung⸗ 


thing⸗Sees, dur bie ruükwirkende Gewalt ber bis zur 
Stadt Kieou — am Nordende Popang⸗Seees von 





42 Klaproth Tablean des los hautes — de -ia Chine in 
Mag. Aaiat. T, IL} c, p. 144, 155, 157, 





2a Kiang, unterer Lauf. 657 


dringenden Ebbe und Fluth des ee gebändigt. 
Die Wirkung der Fluth bringt hier über 100 geogr. Meilen tief 
landein, wodurd die ganze Niedrung, tief in dag Continent bins 
ein, dem Geſtadelande zugewielen wird. Die beiden großen 
Seen, dee Tung ting und der Poyang, find bie großen Mes 
ſervoirs für die gewaltigen MWafferzuflüffe des Kang⸗Syſtems. 
Der nun bewafferte Anfang der Ebene von Hukuang wird bei 
den Chinefen das Jumichiti (2) ober das Fiſch⸗ und Reis⸗ 
land genannt, ober bie Kornkammer von China*). Es 
iſt der Mittelpunct des Reiches, in dem bie größte Menge 
dee Waſſer zufammenfließt, der fruchtbarfte Boden ſich ausbrei⸗ 
tet, ale Theile ber Bewaͤſſerung fähig, ale bis in das kleinſte 
bebaut ſind, und daher einen unerſchoͤpflichen Reichthum von“ 
Korn, Früchten aller Art, Heerden, Kifchen, Obſt, Culturen wie 
Thee, Baummolle und anderes darbieten. Daher das Sprichwort 
der Chinefen: Kiangfi giebt wol ein Frühſtück, aber 
Huluang Speifung für ganz China. Daher gehört 
dieſer Theil des Kianggebietes zu ben bevoͤlkertſten, veichflen an 
Cultuten, Bölkerfhaften und großen Städten, bie von ba an 
länge feinen Ufern erbaut find. Es iſt zugleid die Provinz, 
weiche durch ihre centrale Lage die bequemfle und ununterbros 
henfte Communtcation mit allen übrigen durch das reiche Wafs 
ſernetz des Kiangfpftems und feiner natürlichen wie kuͤnſtlichen 
Anaſtomoſen darbietet. 

Kintfheou fu, die erſte Stadt am Eingange ber zeichen 
Ebene, am Norbufer des Stromes, iſt eine ſchoͤne und reiche 
Handelsſtadt, mit einer Zartarenflabt, in welcher die Mandſchu⸗ 
Garniſon ſteht, weil ihre Lage fie nach dem Sprichwort zung 
Schlüffel, oder zur Herrſchaft von Central: China eignet. Wels 
ter abwärts, die Doppeifäbte Vutſchang am Nord», Han⸗ 
yang am Güdufer, die beide nur durch den breiten Strom des 
Kiang gefchieden find. Jene Stadt, fagen die Sefulten 6), habe 
den Umfang der Stade Paris, djefe fey der Größe nach auch bee 
zweitgrößten Stadt in Frankreich zu vergleihen. Hier, fagt man, 
ſey die dichtgedrängtefte Population in China." Die Barkenreihen 
ziehen zwiſchen beiben Städten, mehrere Stunden lang, auf dem 
Strome ununterbrochen fort, immer könne man 8000 bis 10,000 


26) Nor. Atlas Sinens. I. c. p. 78. Du Halde Deser. I. c. T. I. 
p- 219 — 206.  **) Du Halde Deser. T. I. p. 200 - 203. 


Ritter Erdkunde IY. . / Tt 


658 Oft:Aien. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 81. 


eechnen , die hier vor Anker liegen, und von da durch das reiche 
MWofferneg nah allen Richtungen ausgehen. Die Transports 
ſchiffe, fagt der Jeſuiten Pater, hätten hier ‘die Groͤße der meiften 
Küftenfahrer, bie im Seanzöfifchen Hafen zu Nantes einfaufen. 
Der Maftenwald fege ſchon in Erſtaunen. Zum Kiang flieht 
bier, von Norden her, der nicht unbeträchtliche, fhiffbare Hans 
Fluß. Die Sem, die Candle, die Fruchtbarkeit des Bodens, die 
dichte Population, machen HYanyang zu einer der großen Hans 
‚ deieftädte des Reiches. Ganz nahe, nur weniges unterhalb, liegt 
die nicht minder große Stadt Hoang tſcheou fu, nad Pater 
Baubil Beobachtung +7), unter 30° 26' R.Br., In reizenden Um⸗ 
gebungen, von ſchoͤnen Seen mit lieblihbewalbeten Hügeln und 
Anlagen aller Art umgeben. Das Land der herrlichfien Pros 
Ductionen, gwifhen Citronen= und Drangen:Halinen, mit 
den fhönften Kaftanienwätldern und anden Obftartem 
von Hügeln mit Theep flanzungen umgeben, an den Mafs 
fern die verfchiedenfien Bambusarten, In ben Feldern die 
teichſte Kornkammer. Der gewaltige Steom iſt unendlich reich 
an Kifharten und Schitdkröͤten. Schon hier gilt das 
Sprichwort: Hat vou pin, Kiang vou ti, das Meer ift 
ohne Grenzen, der Klang ohne Sreund % Xu 
manchen Stellen, fagt man, gebe es gar keinen Grund, an ans 
dern will man etſt bei 200 — 300 Braſſen Grund finden, aber 
bie gewöhnliche Sonde der Piloten iſt nit uͤber 60 — 60 Braſ⸗ 
fen tief, und jenes offenbar Uebertreibung. Ungeachtet dee füblls 
chen und ungemein günfligen Lage biefee Gegend, erlebte Pater 
Baubit doch Hier, am 14tem Sebruar 1723, bei furchtbarem 
Sturm, eine fo ſtrenge Kälte, dag ſich die Berge umher mit 
Eis und Schnee bebeckten, und mehrere Fluͤſſe unter fo geringer 
Breite ſogar mit Eis belegten. Vierzehn Tage mußte er hier 
verweilen, um dieſe Witterung, die ihn Teibft in Wermunberung 
gefeßt zu haben fcheint, erft abzuwarten, dis er feine Nordreiſe 
weiter fortfegen konnte. Nur bis wenig unterhalb Kieous 
Klang fu, am Klang und am Nordende des Popang⸗Sees 
gelegen ‚beginnt das Auffteigen der Meeresfluth. Won 
bien iſt bee Kiang als oceanifher Strom zu betzachten. 





447) Pat. Gaubil et Pat. Jacques Fxtrait da Journal da Voyage de 
Canton & Peking, b. Souciet Observat. mathemat. astron. etc, 
Paris 1729, 4. p.132. *°) Du Halde Deser. T. Il. p. 189. 


Ta Kiang, unterer Lauf. - 65 


Einer der wenigen Augenzeugen unter den Europäifchen Reifen: 
den, die. Über diefe Gegend Bericht geben, iſt der Pater Bous 
det, bei feiner freilich nur fehe flüchtigen Duckhreife (1693) %). 
Er kam vom Norden, vom Hoangho, den ee bei Siutſcheou 
überfegt hatte, von wo er kam 20. Juli) über Sioeu tſcheou 
und Liu tfheon, durd ebene Landſchaft, die aber nur wenig 
bebaut war, vordrang (27. Juli), Noch immer, fagt er, fabe 
man damals die Koigen der Verheerungen des Landes feit dem 
Mandfchu-Ucberfällen. Suͤdwaͤrts von der I-Sten Stadt bemerkte 
er, auf der erſten Tagereife (28. Juli), das erfle Vorkommen der 
feltfamen Ealgbäume (unter 31° M. Br.), deren ſchneeweiße, 
entblätterte Frucht die Chinefen ale Lichter verbrennen. Dann 
mußte 4 Tagereiſen hindurd das Bergland, am öftlichften Kuss 
läufer des Peking, im Welten des Tſchhao⸗Sees (f. oben 
&. 511) überfliegen werden, um das Thal des Kiang zu errei⸗ 
hen. Die Berge fheinen dort keineswegs fehr hoch zu fepn, 
aber fie find öde, ſteril, undebaut, und nur die Zwiſchenthaͤler 
ſtark bevölkert, voll Reisfelder, und wo es nur möglich war if 
auch an den Bergabhängen Terrafſencultur amphitheatralifch em⸗ 
porgeführt. Mit dem Suͤdfuß der Ketten iſt die Nord⸗ 
grenze der Provinz Kiangfi erreicht, und ber bier reißende 
‚Strom des Kiang, ber eine halbe Stunde breit, ungemein fiſch⸗ 
relſch iſt, in welchem ſelbſt bei der bis dahin dringenden Neu⸗ 
und Boltmondsflurh 50) große Seefiihe, wie Dotaben, 
Delphine, Hongpu (Geibfifhe), Störe u. a. bis dahin aufs 
ſteigen. Pat. Saubil 1), der 1723 durch Kieou Klang 
paffirte, beftimmt ihre Lage, nad) Obfervation, auf 29° 66’ N.Br,, 
nennt fie eine große Stadt, aber fehe leer an Menſchen. Bon 
hier ging Pat. Bouvet am Weflende des Popang⸗Sees, 
auf dem Landwege, den auch Pat. Gaubil nahm, der buch 
viele Tiger fo unficher gemacht wird, daß man in der Daͤmme⸗ 
zung und Nächte nur bei Fackelſchein zu zeifen wagt, fübwärts 
in 2 flarten Xagereifen bie Nan tſchang fu (eine Strecke von 
30 Lieues nach P. Gaubil), zur Capitale der Provinz Kiangfh 
weiche dee Strom hier am Ihrem Nordende durchſchneidet. 





* Route du Pèere Bouvet de Peking a Canton m ” z Halde 
. I. p. 118—120. *0) Da Halde Descr. T. 1. p. 
* "Pat. Gaubil Extrait da Jonrnal etc. ,c b. — — 
math. astron. etc. p. 131;. H. Ellis Journal I @.. -p 328. 
' . 


Xt2 


U 
660 Oft⸗Aſlen. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 81. 


4. Sudliche Seitenverzweigung bes Ta Kiang tn: 
Hunan und Kiangfi. — Die beiden ſüdlichenz 
firöme vom Ran king zum Kiang, durch bie beit 
BinnemGren, den Tongting und ben PorangEı 


5 Che wir. den unterm Lauf des großen Kiang, v 
—Kieou Kiang am Nordende des Popang⸗Sees, weiten 
wärts, verfolgen, ift ein Blick auf bie beiden großen 3 
fröme rathſam, welche vom Gübden aus der Parallelkein 
bes Ranking (f. od. ©. 407) dem großen Kiang aus wi 
Gerne zugefenbet werben, und bad Gemeinfame haben, daß ie 
Waſſer erſt jedesmal dur große Binnen :Geen geklärt wem 
ebe fie unmittelbar ihren Eintritt zum Ta Kiang erhalten. 
Parallel des Ranking, ober ber Sübkette, Löfer fich, 
obigem, unter.26° N.Be. von jenen öftlihen Schneegebiegemafe 
in SD. von Dſchao thung fu, und im Of von Zune: 
tſchuan fu (f. ob. &. 409), auf der Grenze ber Provinzen Eins 
efhuan, Yünnan and Kueitfheu ab, und durchſcht bie 
Mitte diefer Iegtgenannten Provinz gegen: Off, um dam aa 
verfchledenen Namen (wie Miao Ling, und noch weite ch 
wärts Zapı), oſtwaͤrts berfelben, wiederum die fuͤdlich en Ki: 
ken: Provinzen Kuangfi und Kuangtung, von vn 
centralen, continentalen Provinzen Yunam (bie fit 
Nliche Hälfte von Yufuang) und Kiangfi zu teennen, dem 
die beiden genannten füdlichen, rechten Zuflüffe des Ta Kianz 
. angehören. Diefe Parallelkette des Nanking ift, ia be 
Mitte der Provinz Kueitfhen, gekrönt mit Gipfeln vc8 
Schnee und Gletſchern 82), bis zu den Quellen des Yuan 
Kiang. Eben da, wo biefer aus Ihren N.O. Gehaͤngen entfpringt 
find diefe wilden Hochgebirge das Aſpl und das Bollwerk ein 
antiten Aboriginer Volkes, der Miao tfeu (Miao fu 
f. Afien Bb. I. ©. 1%), das fi auf ihnen in Unabhängigkeit 
und Freiheit gegen alle Beherrfcher Chinas behauptet bat, daher 
man auch diefen Theil ber Gebirgskette den Miao Ling oder 
die Aipenkerte der Miao nennen kann. Sie beginnt mit 
den einzeln nambaft gemachten Gipfeln in ber Provinz Kuteiz: 
tfheou: 1) dem Siue Shan vol Schnee und Eis im Mon 
ben der Stadt Ta ting fu, noch auf dem Norbufer bes Uliang 


#63) Wiaproth Tableau d. Mont. de ia 
ann © e ia Chine, Mag. Asiat, I, c. 











2% 





/ 


L%s 0% Kiang, Suͤdverzweigung, Nan Ling. 661 


u zuoder Lohoang), der weiter abwärts zum TaKiang den Na⸗ 
.... men Ning Hang ho erhält, Diefer große Schneeberg liegt 27 14 
BE, 102° 44° DL. v. Paris. 2) Weiter im SD. der Le: 
tan Ling, unter 26° 34 N.Br,, 108° 17 DR v. Paris auf 
dem Suͤdufer des Ukiang. 3) Der Nieouthang Schan, 
sit IN. De, 105° 2 DR. v. Paris, alfo weiter öfklich, deſ⸗ 
"fm Südabhängen eben jener Yuan Kiang entquillt, der gegen 
* N.O. feinen Lauf zum Tong ting Ste nimmt. Ihn beglei⸗ 
eigen gegen N.D. der Zug des Schneegebirges mit 4) dem Tao 
"hing ting Schan, im RD. der Stadt Szu nan fu 8° 4 
SEM, Br., 106°7 DR. v. Dar., von dem der Schnee nur in ben hei: 
2 sGeften Sommern abfchmilze. Ihm liegt 5) der Pe fui Shan’), 
17280 26° R.Br., 106° 14° DO.R. v. Paris, ganz nahe vor. Diefer 
Mordboftzweig des Nanking, bier die Alpenkette dee 
EMiao, zieht, auf ber Örenze von S;ütfhuan und Hu⸗ 
A?nan, gegen N.D. bi6 nah Hupe, und endet im Welten, den 
Tong ting See begrengend, am Sübufer des Kiaug Stro⸗ 
Bimes, gegenüber ben letzten, öfttichften Kettenzügen des Tapa 
‚sing, wo fie eben zu beiden Geiten des TaKiang, ale Ge: 
si'genketten feiner Ufer, correſpondiren, deſſen Hochgebirgsthal mit 
„dem weitern Fortlauf oſtwaͤrts der bier gelegenen Stade Kin 
zu tfheou fu, wie oben gefagt; in das ebene Land übergeht, 
zu⸗ Die Parallel-Kette des Nan Ling ſetzt aber oſtwaͤtts 
9 ber Abtheilung, welche wie mit Klaproth den Miao Ling, ober 
4 Alpenkette der Miao nannten, unter gleicher anfänglicher 
1: Breite, nämlich unter 26° N. Br., noch weiter ofiwärts fort, 
£ wo fie ben Namen Zayuking 5%) erhält. Sie fcheidet bier forts 
.: während bas füdlihe Syſtem be Stromes von Gans 
„ton (de TaSiKiang, f. oben &. 406) von dem Strom- 
5 gebiete des Ta Kiang; benn dieſer Zayuz Kette entquel- 
; Ion, gegen Norden, in ber Provinz Hunan, ber Siangs 
+ Kiang, ber nordwärts ebenfalls zum Tong ting See eilt, 
‚ und noch weiter oflwärts, in dee Provinz Kiangfi, be Kan 
Kiang, welher den Hadptfirom zum Poyang: ee: bilder 
: Diefe Stelle der Wafferfcheide des Nanking, oder Tayu 
Ling, erhält auf der Grenze, zwifchen der Sübpropinz von , 
Kugangtung (Canton) und bee Nordprovinz von Klangfl, 
noch den befondern Namen bes Meiking (d. h. Gebirg der 





*2) Mag. Asiat. Lo. T. I. p. 144. *0) ebd. p. 158. 


⸗ 


, 


660 Oſt⸗Aſten. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 81. 


4. Suͤbliche Seitenverzweigung bes TaKiang durch 
Hunan und Kiangfi. — Die beiden ſüdlichen Zus 
firöme vom Nan king zum Kiang, durch bie beiden 
BinnenGren, den Tongting und ben Poyang:Ser. 


= Ehe wir. den unten Lauf ded großen Kiang, von 
Kieou Kiang am Morbende de Poyang: Sees, weiter ab: 
waͤrts, verfolgen, iſt ein Blick auf bie beiden großen Zu: 
firöme rathſam, welche vom Süden aus der Parallelkette 
des Nanking (f. od. S. 407) dem großen Kiang aus weiter 
Ferne zugefendet werden, und das Gemeinfame haben, daß ihre 
Waſſer erft jedesmal durch große Binnen : Seen geklärt werben, 
ebe fie unmittelbar Ihren Eintritt zum Ta Kiang erhalten. Der 
Parallel des Man Ling, oder ber Suͤdkette, loͤſet fi, nach 
obigem, unter 26° N. Br. von jenen oͤſtlichen Schneegebirgsmaſſen 
in S.O. von Dſchao thungefu, und im Oft von Tung⸗ 
tſchuan fu (f. ob. S. 409), auf der Grenze der Provinzen Szu⸗ 
efhuan, Yünnan and Kueitfcheu ab, und durchſetzt bie 
Mitte diefer legtgenannten Provinz gegen: Oſt, um dann unter 
verfchiedenen Namen (wie Miao Ling, und nocd weiter ofls 
wärts Kay), oſtwaͤrts berfelben, wiederum die füblihen Küͤ⸗ 
Ren: Provinzen Kuangfi und Kuangtung, von ben 
centralen, continentalen Provinzen Hunan (bie ſuͤd⸗ 
* che Hälfte von HuKuang) und Kiangfi zu trennen, denen 
die beiden genannten füdlihen, vechten Zuflüffe des Ta Kiang 
. angehören. Diefe Parallelkette des Nanking ift, in ber 
Mitte dir Provinz Kueitſcheu, gekrönt mit Gipfeln vol 
Schnee und Gletſchern *82), bie zu den Quellen bes Yuan 
Kiang. Eben da, wo biefer aus ihren R.D.Gehängen entfpringt, 
find biefe wilben Hochgebirge das Aſpl und das Bollwerk eines 
antiten Aboriginer Volkes; ber Miao tfeu (Miao fe, 
f. Afien Bd. L. ©. 192), das fi auf ihnen in Unabhängigkeit 
und Greiheit gegen alle Beherifcher Chinas behauptet hat, daher 
man auch biefen Theil bee Gebirgskette den Miao Ling oder 
die Alpenkette der Miao nennen kann. Sie beginnt mit 
den einzeln namhaft gemachten Gipfeln in ber Provinz Kuel⸗ 
tſcheou: 1) dem Siue Shan vol Schnee und Eis im Nors 
den des Stade Ta ting fu, noch auf dem Norhufer bes Ukiang 


Lira d. Mont. de ia Chine, Mag. Asiat, 1. c. 





! 





ga Kiang, Südvergmeigung, Pan Ling. 661 


(oder Lohoang), ber weiter abwärts zum TaKiang ben Nas 
men Ning kiang ho erhält. Diefer große Schneeberg liegt 27 14° 
N. Br., 102° 44 DL. v. Paris. 2) Weiter im S.D. bee Le: 
yan Ling, unter 26° 34 N. Br., 103° 17 O2 v. Yaris auf - 
dem Südufer des Ukiang. 3) Der Rieouchang Shan, 
277° II N. Br., 105° 29 DR. v. Paris, alfo weiter oͤſtlich, deſ⸗ 
fen Südabhängen eben jener Yuan Klang entquillt, der gegen 
ND, feinen Lauf zum Kong ting See nimmt. Ihn beglei: 
tet gegen MD. ber Zug des Schneegebirges mit 2) dem Tao 
bing ting Shan, im ND. der Stadt Szu nan fu 2804 
N. Br., 106° 7’D.8. v. Par., von dem ber Schnee nur in ben hei: 
Feften Sommern abſchmilzt. Ihm liegt 5) der de fui Shan’), 
23° 26° R.Be., 106° 14° DR. v. Paris, ganz nahe vor. Diefer 
Nordoſtzweig des Nanking, bier die Alpenkette der 
Miao, zieht, auf der Örenze von Szütſchuan und Hu⸗ 
nam, gegen N.D. bie nah Hupe, und endet im Weften, den 
Tong ting See begrenzend, am Südufer des Kiang Stros 
mes, gegenüber ben letzten, öfttichften Kettenzügen des Ta pa 
Zing, wo fie eben zu beiden Seiten des TaKiang, als Ge⸗ 
genketten feiner Ufer, correfpondiren, deſſen Hochgebirgsthal mit 
dem weitern Fortlauf oſtwaͤrts ber bier gelegenen Stade Kin 
tfheou fu, wie oben gefagt; in das ebene Land übergeht, 
Die Parallel:Kette des Nan Ling fest aber oſtwaͤrts 
dee Abtheilung, welche wie mit KRiaproth den MiaoLing, ober 
Alpentette der Miao nannten, unter gleicher anfänglicher 
Breite, nämlich unter 26° N.Br., noch weiter oſt waͤrts fort, 
wo fie den Namen Zayuking 5*) erhält. Sie fcheider hier Forts 
mwähsend das füdlihe Syſtem des Stromes von Can: 
ton (bed TaSiKiang, f. oben &. 406) von dem Strom: 
gebiete des Ta Kiang; benn biefee Tayu⸗Kette entquel- 
Ien, gegen Norden, in der Provinz Hunan, ber Siangs 
Kiang, der nordwaͤrts ebenfalls zum Tong ting See eilt, 
und noch weiter oftwärts, in der Provinz Kiangfi, be San 
Kiang, welcher ben Hauptſtrom zum Poyang: See: bilder, 
Diefe Stelle. der Wafferfcheide des Ranking, oder Tayu 
Ling, erhält auf der Grenze, zwifhen der Sübpropinz von , 
Kuangtung (Canton) und ber Norbprovinz von Kiangfl, 
noch den befondern Namen des Meiking (b. h. Gebirg der 


2) Mag. Asiat. Lo. T. I. P. IM4. *0) ebend. p. 158. 


⸗ 


662 Oſt-Aſien. Waſſenolteme. I. Abſchn. —481. 


— Pfiaumenbäume)*s), welcher den Europäern am 
bekannteſten geworden ff, weit über diefen Mei Ling die Pafs 
fage der Hauptſtraße zu Lande von dem Küftenhafen von 
Canton, über den Popang-See oder duich die Theeprovinz 
des füdwefllihen EfheKiang (f. Afien Bd. li. &. 245) nad 


‚ Nanking führt, ein Weg den Fefuiten:Mifftonare und 


Embaffaden der Briten mehrmals zurüdiegten, daher wir 
auch über ihn gut unterrichtet find. 

Od von diefen Küflenprovinzen, weitet im Weſten, uͤber 
den TayuLing, nad der Provinz Hunan, zu den beiden ges 
nannten Zuflüffen des Zong ting Sees, dem Yuan Kiang 
und dem Siang Kiang, etwa auch Paffıgen gehen? iſt uns 
gänzlich unbekannt geblieben; auf jeden Fall hat Bein Eurspäis 
ſcher Reifender diefe Uebergänge gemacht und beſchrieben, es febs 
len uns alle befondern Nachrichten uͤber diefe dortigen Zugänge 
zum Ta Kiang Thale. Auh vom Zongting Ger wiffen mir 
nur unbebeutendes. Diefer See fo weit größer als der Poyang⸗ 
Ser, wie auch die Karte ihn angiedt, 60 geogr. Meilen (800 £i) 
Breite haben, ungemein wafjerreich fepn, von fruchtbarem, fetter 


Ackerboden umgeben werden, und. au bei größter Düre im 


Rande, von ber China zuweilen Heimgefucht wird, dieſem bie 
reichſte Bewäflerung fpenden. Von Tſchang tſcha fu 5%), der 
Gapitale der Provinz am Biang Klang, im Südoften des Sees, 
wiſſen die Jefuiten wenig zu fagen, von Yo.tfheou fu, am 
Tordoftende bes Sees, rühmen fie die reizende Lage, ber große See 
fey ſtets von großen fegeinden Schiffen und Barken burchfchnits 
ten, uud biete reichen Sifchfang dar. Der fette Boden feiner Ge⸗ 
flade gebe Weberfluß, die Stadt auf Anhoͤhen und Hügeln em: 
porgebaut, werde von Citronens und Drangebäumen eingefaßt, 
auf den Berghoͤhen von Pinuswäldern uͤberragt. Eben fo wird 
Zfhangtefu eine bedeutende Etadt am Suͤdweſtende des Gert 
geruͤhmt, wo die Löftlichften Orangen gedrihen follen, indeß die 
Gipfel der Berge mit Cedern und Pinien reichlich ges 
fhmüde find. 

Beſſer find wir durch Augenzengen über bie oͤſtliche Lands 
ſchaft Kiangfi’s unterrichtet, ber den Mei king Daß, den Zus 
fluß des San Klang und bie Eqiffahtt des Doyang: Bert 





#88) Magasin Asiat. Le. T. II. p. 169. s*) Du Halde Descr. 
I. p. 204 — 206. 


Ta Kiang, Mai King Paffage. 663 


zum geoßen Klang. ‚Diefer Weg liegt in ber großen Haupt⸗ 
ſt raße zu Lande, zwifhen Nan King auf dem directeſten 
Wege duch Kiangfi zur Hafenftadt Canton; es iſt die große 
Zransport:Straße der Waaren Central: Chinas zu dieſem 
Weltmarkte, dem einzigen der für die Außenwelt geöffnet ift, 
daher auch diefe Straße die befuchteite if. Schon Neubofs 5”) 
Holländifhe Embaffade wurde, im 3. 1655, von Canton auß, 
diefe Etraße geführt; aud Pat. Saubil (1722) nahm ale Lats 
ferliher Mathematiker und Afttonom nach Peking berufen, bies 
fen Weg, und beflimmte an vielen Stellen deſſelben die Polhoͤ⸗ 
ben. Die Macartnenufhe Embaffade 1798, von ©. Stauns 
son, Barrow und Hüttner begleitet, nahm biefen Ruͤckweg 
von Peking nah Canton, die Ban Braamſche, 179, 
mit Deguignes dem Jünger, ging biefe Straße nordwaͤrts, 
und die Amherſtſche Embaffabe, 1816, wurde denſelben 
Meg von Ranking, den Kiang aufwärs, über ben Pos 
yarigs&ee, ben Kan Klang, und Über den MeiLjng Paß 
fübwäets, nah Canton zurhdgeführt; daher auch die Begleis 
ger derfeiben, Clarke Abel und 9. Ellis hier vorzuͤglich zu 


Hauſe ſind. 


Die Paffage von Canton über den Meiking nad 
Kiangfi. 


Von Cantons (Kuantung) Hafen gegm Norden, führt 
der ſchiffbare Käftenfluß Pe Kiang bis zum Süudfuße bes 
‚ MeikingPaffes; diefen Weg auf der Flußbarke, wie gewoͤhn⸗ 

Lich zuruͤckzulegen, brauchte Pat, Gaubil, vom Aſten bis zum 
A6ten Januar 58), bis Nan pong fu, und nicht viel weniger 
Zeit wird auch zue Suͤdfahrt mit dem Strome, thalein, erfor 
Derlih fern. Von Canton bi Chao theou fu (b. D’An- 
ville) ift der PeKiang tief genug, um große Barken zu tragen, 
von da an wird er feichter und nur für geringere Boote 59) fahra 
bar. Sein Lauf beträgt bis dahin, von Canton etwa 35 geogr. 
Meilen, und weiter aufwärts die noch ſchiffbare Strecke bis 
Nan vong fu, höhftene 15 geogr. Meilen. Hat man bie übers 
seich bevölterte Umgebung von Canton, die, wie ein großer Gars 





72) J. Neuhof — ꝛc. Amſterdam 1666. Fol. ©. 83. 
5°) Pat. Gaubil Extrait I. c. b. Souciet Obrervat. math. aſtron. etc. 
p-127—129, 9 G.-Staunton Voy. Trad, p. Castera T. IV. 
p. 264. 
\ 


664° Of-Afien. Wafferfofteme. I. Abſcha. $.81. 


ten mit Dbfbäumen (zumal Longyen und Litchi) vol Ort 
fhaften, fich reizend ausnimmt, und ein paae Rage in volls 
tommner Ebene*%) aufwärts anhält, verlaffen, fo ſcheint die 
große Fruchtbarkeit des Bodens ſchon abzunehmen. Das Land 
zeigt bei der Stadt Tſing yuest ſchon viele unbenugte Stellen. 
Die Ebenen zu beiden Uferfeiten find mit Mei» und Tabadfel: 
been dedeckt, die Hügel mit Baummollenpflanzungen und Camellien. 
Die Raltfkeingebiege erheben.fi aber bald in. ſteilen, oft gro⸗ 
tesken Felswaͤnden, weiche die muͤhſame Terraſſencultut dee Indus 
ſtrioͤſen Chinefen nicht überall emporfleigen kann. Daher ſtarren 
viele diefee oft feltfam zerriffenen Klippen, z. DB. die fogenannten 
Fünf Pfervietöpfe und andere nadt und grauenvoll empor. 
- Das Urtheil über die ‚Culture biefee Gegend ift daher verſchie⸗ 
den st), Die wildeften Höhen find mit Lächenbäumen (La- 
six nah Staunton), ober mächtigen Pinusarten (Pinus lan- 
ceolata, oder nach Clarke Abel Pin. inassoniana), woraus große 
Holzflooße gegimmert und ſtromab gefchifft werben, bedeckt. Stein: 
kohlenſchichten bemerkte G. Staunton in ben hiefigen Ges 
birgelagern, die auch gewonnen werden und in ben Handel 
kommen. 

Die Stadt Chao tcheon Liegt, nach Pat. Gaubil Beeb⸗ 
achtung, 24° 51 N. Br., um etwas oͤſtlich vom Meridian Gans 
tons. Die großen Schiffbarken, welche hier den Strom bedecken, 

and alle nach Canton beſtimmt find, haben meiftentheils Waa⸗ 
zen aus dem centralen China geladen, bie über den Ausgange: 
bafın nah Macao, Indien, Europa, zumal England 
beſtimmt find. Der Verkehr tft hier daher ſehr lebhaft, und Eng» 
liſche Wörter zur Benennung beliebter Chinefifchee Handasartikel, 
and den Verkehr betreffend, haben fich Hier nicht wenige auf dies 
fir Commerzſtraße in das Chinefifche eingeſchmuggelt 92). 

Dos Etromthal, ſchon laͤngſt klippig, fleinig, voll befchwers 
licher Windungen, verengt fih noch mehr von Nanyongfu, 
von wo der Fiuß auch zu feicht wird, ums ihn noch zu befihiffen. 
Diefe Stadt, bie noͤrdlichſte Grenz ſtadt der Provinz Kuang- 
tung, iR gioß, gut gebaut, fie hatte zu Pat. Gaubils Zeit, 


—— Pie Bouvet Route de Peking etc. 1693, b. Du Halde Deser. 

p, 124, *:) Barrow Tıav. L c. p- 543 etc. Deguignes 

——e * 1909. ©. 1 - 20; Clarke Abel Narrat. c. p. 191. 
—— c. T. IV. p. 264. 


— 


: 





Ta Kiang, Mei Ling Paffage. 665 


wie faſt alle großen Staͤdte auf biefer großen GSommersfitaße, ihre 
katholiſche Kicche. 

Von hier beginnt die Beſteigung dee Doffage bes Mei- 
Ling. Bon bier über die Provinzlafgeenze bis zur erſten Stadt 
Mangan in Kiangfi, rechnet Pater Gaubil, 6 Lieues, d. i. 


2 geogr. Meilen; die Britiſchen Reifenden rechnen «inige Stun⸗ 


den mehr. Dieſe Paßhoͤhe iſt zugleich Grenzhoͤhe und 
WB afferfheidenöhe.. Der Kan Klang entquilt Ihe gegen 
Norden, zum Kiangs Gebiet, der De kiang (oder Tſching 
Liang) gegen Süden, zum Golf von Can ton, und eben das 
bin ſenkt fi) weiter in &.D. das Quellwaſſer des Tun Klang. 
Die Gebirgskette des Nan Ling fendet nach verfchiedenen Sei⸗ 
ten vielerlei Gebirgezweige aus, und au vom Met Ling an, 
ſtreicht fie erſt o ſt waͤrts, dann aber gegen N. O. 8) fi wen⸗ 
dend, auf dee Grenze von Kiangfi und ber Kuͤſten⸗Provinj 
Eu kian bin, wo fie links im Bogen das Gebiet bed Popang 
Ger’8 mie deſſen Zuflüffen abgrenzt von deu -Steomgebieten der 
Außeren Küftenfiäffe, weiche fih, wie ber Han Kiang 
im Süden des Canals von Formoſa, biefer Küfleninfel gegen⸗ 
über, in das Chinefifche Meer ergiegen. Obwol bier ber oceani⸗ 
ſchen Oſtkuͤſte fehe nahe, laͤngſt von jener gewaltigen mit ewi⸗ 
gem Schnee bedeckten Rieſenhoͤhe herabgefunten, ſtarrt doch an 
diefer aͤußerſten Werzweigung, noch einmal ein GSiue fung 
Shan (unter 26° 36 N.Br, 116° 85 DE v. P.%) zu fo 
bedeutender Höhe im N.W. dee Capitale und Kuͤſtenſtadt Fu 
tfheon fu empor, daß er wenigſtens noch einen groͤßern Theil 
6 Sommers fein Schneechaupt, der Nordweſtſpitze ber Inſel 
Formoſa gegemäber, zeigt, und baber jenen Namen bes Schnee 
bergo erhalten hat; es fcheint berjenige unter allem zu ſeyn, der 
fi dem Dfigeflade Süd: China’e. amı mehrflen zu nahen wage. - 
Der Paflageberg Mei Ling (Melin bi P. Gaubil), 
fagt ber Jeſuiten Pater, ift zwiſchen ben beiden oben genannten 
Städten ein hoher Berg, zu dem ſein fehe fleiler aber gut gepfla⸗ 
ſterter Weg binaufführt; ein großes Thor ficht auf bee Grenze 
beider Provinzen; des Weg beim Durchzuge fen von fo vielen 
Laftteägern bedeckt, und ein Gedränge geweſen, daß er fich faſt in 
die Straßen von Paris verfegt glaubte. Der lebhafte Waaren⸗ 
— — 
#2) Magas. Aslat. Lo. T. AL p- 159. 64) Magas, Ass. La 
T. III. p. 181. . 


S : 
— 5 


666 Oſt⸗Aſten. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. 4. 81. 


transport uͤber den Paß, für Canton beſtimmt, ſey die Urs 
ſache, denn alle Seidenwaaren von Nan fing und Sche 
| kians, alle Porzellanwaare von Kiang fi, wie die 
Baumwolleaus Hunanund Hupe, werden auf dem Kiang 
und Kan Kiang eingefchifft, und müfien dann über den Paß 
durch Menſchen getragen werden, dis Nanyong fu, wo man 
mit ihnen erſt wieder bie Flußbarken beladen könne Am NRords 
fuße des Paßberges liege Nan gan fu, die erfie Stadt 
in Kiang fi, wo er fih wiederum auf dem Kan Kiang Fluß 
einfchiffte, der nahe ber Stadt entfpringe, und bald als bedeutens 
Dre wilder Gebirgsſtrom hinab nah Kan theou Tut) flürze, 
deſſen Lage Pater Gaubil unter 25° 659 N.Br und 2° im 
Often des Meridiand von Canmton beobachtete. Oſtwaͤrts bies 
ſes Paſſes ſcheint die Gebitgskette keine bequeme Paſſage ©) 
darzubieten. Die Britiſchen Embaſſaden vom Norden kom⸗ 
mend, ſchifften in Flußbarken auf dem Kan Kiang vom Po⸗ 
yang Gere, buch ganz Kiang fi, bie nah Man ganz hier 
wurden fie durch das Schwinden de6 Stromes, der hier nur noch 
en 30 Schritt breit iſt, zur Ueberfkeigung des Orenzpafs 
fe6 auf dem Landwege genoͤthigt. Die Quelle des Kan Kiang, 
fogt 8. Staunson, 9) kommt hier aus rauhen, fleilen, kal⸗ 
sen Sebirgen, die im Winter ſchneebedeckt, und im Sommer felbft 
öde Siegen: denn fie befichen aus einem ſchwarzen Sands 
fein, defien Horizontalfhihten an ſenkrechten Mauer⸗ 
wänden nue durch Parallelfhidten von Thonlagern und 
Quarzadern unterbrechen werden. Jedoch treten am Fuß dies 
fee Sandſteinketten au Granitmaffen hervor, und auf den 
Höhen auch Kalkſt ein⸗ und Kies: Berge. Die feltfam oft 
ganz bizare geflalteten Gipfel, zu denen man im Zickzack auf 
Saumpferden emporfteigt, feinen Wolken gleich. Auf der Pak 
Höhe ift duch fie ein tiefes Felſenthor eingehauen, das nur 
engen Durchgang geftattet. In früherer Zeit foll es bier auf dem 
Grenzgebiet dreier Provinzen, an der reichbelebten Handels⸗ 
flraße viele Raͤubereien 8) gegeben haben; in fpäterer Zeit iſt 
hier eine Douane und ein Militaicpoſten fationirt worden. Schon 


— Pat. Gaubil Extrait I. c- b. Souciet Observat. Math. astron. 

etc. p. 130. **) Du Halde Descr. T. I. p. 162. "T)G, 

Staunton Account etc. L. c. Trad. p. Castera T. IV. "Er 27 — 
260.  *®°) Du Halde Descr. T. I p. 167... 





— 
Ta Kiang, Mai Ling Paſſage. 667 


unter ber Dynaftie der Tang fol biefe Kunſtſtra Fe In Fel⸗ 
fen gehauen ſeyn, die Statue des Wegebdaumelſters, eines Mans 
darinen, wird in einem am Wege fichenden Tempel verchrt. Dee 
ganze Heraufweg fcheint künftlih eingehauen. Das Felsthor, 
im Joch des Paffes, iſt nah Pater Bouvets und Clarke 
Abel s60) Bemerkung doch nur 40 bis 60 Fuß lang, und eben 
fo hoch etwa bort die Seitenwände. Auf deffen Südfeite ra⸗ 
gen zahlloſe Pfeifer und Klippen gleichartigen Geſteins in phans 
taftifhen, grotesten Geftalten reichlich mit Lichenen uͤberkleidet 
hervor, bie noch durch die vielen losgeriſſenen Felsbloͤcke vermehrt 
werden, die ſich an den Abhaͤngen ber einander aufhaͤufen. Den⸗ 
noch ift der Blick von der Culmination des Paffes, ſuüdwaͤrts, 
gegen das Kuͤſtenland, fanfter und milder, nah Barrowe Aus⸗ 
druck wonnevoll, zunaͤchſt auf grüne Abhänge,, und Anbau voll 
Hütten, Dörfer, Städte und in weiterer Ferne auf unermeßliche 
ebenere Landfchaft mit fernen Bergreihen zu den Selten. Gegen 
Morden aber fällt der Blick in ein enggefchloffeneres, hohes Ges 
birgsland das zum Stromgebiete des Ta Kiang gehört; ein 
trauriger Ruͤckblick, ſagt Barrow, in eine Bergmüfle, von einem 
engen Hauptthale durchzogen, in deſſen Tiefe fih nur ein ſchma⸗ 
lee Silberfaden, der Spiegel bes Kan Kiang hinzieht, an weis 
chem die naͤchſte Stadt Nan gan fu einem Haͤufchen Ziegel⸗ 
- fteimen gleich erfpäht wird. Die Paß hoͤhe des Mei king 
Hegt, nach G. Staunton”), wenigſtens 1000 Fuß über dee 
Quelle de6 Kan Kiang; aber biefe hat binabwärts bie zum 
Doyang See, ein fo ſtarkes Gefälle (20-Zuß auf 1 Engl. » 
Meite deren der Strom bis zum See 300 durdy läuft), daB man 
ihre. Lage ficher auf 6000 Fuß, die Culmination alfo auf 
7000 Zuß über dem Popang Gere ſchaͤtzen muß, oder, ba dies 
fer fo weit vom Ocean auch noch 1000 Fuß Meereshoͤhe haben 
mag, gewiß an 8000 Fuß über die Meeresflaͤche ſich erhebt, was 
feiner übrigen Maturbefhaffenheit auch zu entfprechen ſcheint. 
j Wie wichtig diefer Paß Mei Ling für die Geſchichte ber 
Mord: und Suͤd⸗Reiche in China von jeher war, ergiebt fich 
fhon allein aus den Stirgebegebenheiten der Mongpolen- Exobes 


uns en 


— 


©°) Olarke Abel Narrative . op. 182 — 185; Pöre Bonyet Route 
de Peking 1693 etc. bei Du Halde Deser. T. 1. p. 124. 

10) G. Staunton m L c. Trad. p. Castera T. IV. p. 200; 
Barrow Trar. 1. o. p. 543 — 545. 


\ 


— 


— 


008 Sf: Aſten. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. 5.81. 


zung??t) des Landets. Won Nanganfu hat der Kan Klang 
eine Strecke von etwa 60, wit feinen Krümmungen an 80 geogr. 
Meilen, bis zum Popang See zurlidiulegen. Bei dieſer Stadt 
finden fi Aderfelder, weiter abwaͤrts zu Kan theou fu folk 
gen ſchon Weisenfelder und Anpflanzungen von Buder: 
woher, die noch weiter abwärts, im untern Thale zum Popang 
Ger, zu geoßen, weitläuftigen Plantationen werben, für bie mäu 
finnreiche Bewäfferungsanftalten eingerichtet dat. - 

Nur drei Stunden abwärts von Kan theon fu, bas 
durch feinen Handel mit officinellen Alpenkraͤutetn und Apotheker: 
waren berühmt it, und von den Franzoͤſiſchen Sefuiten, ber 
Größe nach, mit Rouen 72) verglichen wird, fangen jene Shepo 
tan, d. i. die Felſen mit den 18 Cataracten an, welde 
den Strom verengen und zu vielen Zickzackwegen nöthigen, um 
die gefahrvollen Stellen bei der Barkenfahet zu vermeiden. Bei 


großem Waſſer, ſagt P. Saubil?”), if bie Durchfahet gefähr: 


lich, und bie Chinefifhen Schiffer thun dann Geluͤbde, Bonzen 
haben am Eingange und am Ausgange der Klippen Pagoden 
gebaut, und benutzen dieſe Localitaͤt, um ſich Almoſen einzuſam⸗ 
meln. Barrom ’*) meint, wenn bie Chineſen dieſe Stelle auch 
wegen der Schiffbrüche fürchten, fo fey buch keiner der dortigen 
Stromſchnellen nur halb fo gefährlih, als die Schnelle der 
Themſe an der Londonbdrigde bei Mittelfluth. Clarke Abel 
fagt, daß an dieſer Stelle nodte Sranitklippen ’°), und dich⸗ 
ter ſchwarzer Schieferfels (Killas in Nordwales) das Stroms 
bette verengen, an welchen zur Geite die aufgelagerten Sand⸗ 


ſteinbaͤnke emporflarren, von denen die Gewalt des Stromes hier 


jene Klippen befreit habe. Die Gegend ſey hoͤchſt somantifch, ber 
Boden uͤberall dunkelroth, ber raufchende Strom des Ran Kiang 
klar wie Cryſtall, alle Felſen und Berghöhen mit herrlichen Pinus 
Wäldern befchattet. Die groͤßte dee zu überwindenden Stroms 
klippen wird Tien fan tan, b.i. bie Himmelspfeiler 
(Thin tfou thaan bei Van Beaam 76) genannt, Vorzuͤg⸗ 
lich duch Holzflößerei wird diefe somantifche Scene belebt. 
Die Leinpfabe mußten bier, bem Steome zus Seite, in die Fel⸗ 





*72) P. Gaubil Hist. de Gentchiscan et des Mongous etc. 1. c. p. 
181. 23) Du Halde Descr: T. I. p. 167. 22) P. 

, Extrait l. c. b. Souciet Observat. P- 130; Da Halde L ce. 

?%) Barrow Trav. L c. p- 536. 78) Clarke Abel Narrative I. c. 


p 180, 720) v. Braam Geſandtſchaftsreiſe a. a. D. I, pr 62. 








, ZaRiang, Km Kiang She. 660 


fen eingehauen werben, um das Ediffsziehen möglich zu machen. 
Unterhalb diefee Hemmungen, im witden Gebirgelanbe, fängt bie 
bebantere und bevöfkertere Kandfchaft voll Drtfchaften, Städte und- 
Anfiedlungen in, die zu einem reichenttivirten Thale um Nan 
tſchang fu, die Capitate von Kiangfi, fi) ausbeeitet. Sie 
liege nach P. Gaudil 7). Öbfernation unter 28° 35 N.Br, 
und ift' nach ihm groß, ſtark bevoͤlkert, hat Schöne Straßen, if 
vom Kan Kiang umflofien, an welhen Quays, Terraſſengaͤr⸗ 
ten, palaftähnliche Gebäude entlang aufgeführt find. Der. Strom 
ift mit einer großen Menge der ſchoͤnſten Barken bedeckt Sie 
iſt die Reſidenz eines Vicekönige. Die Zefuiten hatten hier eine 
ſchoͤne Kicche. Als die Macartneys Embaffade hindurch 
ſchiffte, lagen. an 500 kaiſerliche Barken 73) hier vor Anker, Die 
fhönfte kaiſerliche Yacht 9 fland Hier, zum Empfange des Pas 
tee Bouvet bereit, bee in des Kaifers Geſchaͤften nad) Canton 
ging (1693). Ste war ſehr, bequem eingerichtet, mit Zimmers 
und Salons, reich vergoldet, gefienißt und mit Senflern verſehen. 


. Der Dirt fol eine bedeutende Porcellan s Nieberlage haben, einer 


Waare, die ihre vorzüglichfte Kabrication an der Oſtfeite des Pos 
pang Sees hat. 

Anfang November ſproßte auf den Ackerfelbern der Flur 
um Ran tfhang fu bie Weigenfaatz auf anderen Adern 
ſahe man auf leichten Boden den Pflug von Weibern gezogen, 
während die Männer die Saat ausftreuten. Das Landvolk war 
bier von ruͤſtigem Schlage, die Weiber ohne jene anderwaͤrto her⸗ 
koͤmmliche Vertrüppelung der Füße, in voller Arbeitfamteit. Das 
Thal, bald enger bald weiter, war bier ſehr ſtark bevölkert, doch 
nur fparfam an den Bergwaͤnben hinauf bebaut, von denen oft 
große Fragmente herabzuſtuͤrzen fchienen, die den Strom Lurch 
Klippen verengten. Auf dem Fluß fahe man viele Boote wit 
Fiſchern, die durch Hälfe ihrer Kormorane ſich reichlich Mit Fi⸗ 
ſchen verſahen; .oft ſchwammen fie nur auf Flooßen umher. 
Ueberall begleitete Rohe und Bambusegebüſche) das Fluß⸗ 
uferz von letzterem zählt dee Chinefe in feinem Lande an 60 vers 
fehiedene Arten, alle in Staͤben und Zweigen, Leichtigkeit mis Fe⸗ 





17) P, Gaubil Extrait 1. c. b. Sonciet p. 131. ?*) Barrow Trav, 
. ko p. 583. Ban Braam Gefanbtfcyaftsreife a, a. D. Ih, I. p. 

71, et. ’°) Pere Bouxet de Peking etc. b, Du Halde I. 
a 


) \ „= 
’ 


670 Sf-Aflen. Waflerfnfieme, - I. Abſchn. $. 81. 


ſtigkeit vereinend, und dadurch zu unzähligen Beduͤrfniß nach allen 
feinen Formen und Theilen verwendbar. Etwas entfernter vom 
Ufer bemerkte man vorzuͤglich auch Kampher⸗ und Feigens 
bäume (Yang shu), deren Aeſte ſich horizontal ungemein weit 
verbreiteten. Hier waren bis zu dem Lande ber Cataracten 
von She po tan, bie füdblichften Theepflanzungen, bie 
von da an ihe beſtes Gedeihen finden (ſ. Afien Bb. IL S. 246). 
Wetter nordwärts von des Stadt breitet fih die große 
Ebene aus, in weicher, nach 7 bis 8' Meilen Serne, ber große . 
Spiegel des Poyang Sees erblickt wird, in weichen von allen 
Seiten manderlei Fluͤſſe zuſammenſtroͤmen. Nah Pat. Gaus 
bil’ Obfervation®d) zieht er fi, von 28° 45° b. 29° 57’ N. Br. 
din, eine Strecke von vollen 15 geogr. Meilen, und viele liebliche 
Sufeln auf ibm zerſtreut, tragen Hütten, Dörfer und Staͤdte. 

Die Stade Nan kan fu, an feinem Weſtufer, liegt unter 
9 30 N.Br., hier verengt er fid) am meiften, auf 2 Lieues. 
Am Nordende liegt Kieou Kiang fu, Erſt zieht fih der See 
son 2.D. nah M. W. an 16 Lieues in einer Breite ‚von faft 
4 Lieues; dann zieht er fih gegen M. N.O. und ergießt fi in 
den Ta Klang. Zwiſchen den beiden genannten Gtädten, 
MRankan und KieouKiang, auf feinem Weſtufer erhebt fich 
ein Sramitgebirge, der berühmte Berg La Schan (ki 
Schan bei H. Ellis), auf dem, nad) der: Erzählung, 300 Goͤtzen⸗ 
idole fichen follen, wo ein Sig vieler Bonzen if. Bon ber 
Südoftfeite ergießt fih, dicht neben der Einmündung des 
Kan Kiang zum Ger, noch ein zweiter Strom, bee Long 
fhia tong 22), der aus den hohen Brenzgebirgen gegen Su tian 


herab kommt, bei Eu ſchan Thin fhiffbar wird, auf dem von 


da die Macartney Embaffade, bei ihrer Rückeife aus dem 
Koifers Sanat auf dem Landmwege, durch einen Shell der Provinz 
Tſche klang, bie Thees Provinz (f. Aften Bd. I. ©. 246) 
fih wieber Aber die Stadt Koang finfu nah dem Sübdende 
des Popang Sees, und zum Kan Kiang einfchiffte, dem fie 
auf einem Sanale erreichte, welcher das flache Sübufer bes 
Sees umlaͤuft. Die Stadt Koang fin fu) fol fruͤherhin 
‚in jenem Gebirgswinkel ein Aſyl der Rebellen gewefen, aber durch 





212) P, Gaubil Extrait etc, b. Soucret I, c. p. 131. 22) Bar- 
165 Trav. Loop 531. e2) Du Halde Dee. La T.Lp 


\ 


| Ta Klang, Poyang See. 671 


Vertheilung voh Samifonen auf den Örenzpäffen, gebänbigt wor⸗ 
den ſeyn. Nahe diefer Einmündung des Long ſhia tong, am 
fehe flachen Dftufer des Poyang Sees, Liegt bie € tadt 
Jao tfheou fu, berühmt duch die Hauptfabriten Chis 
nefifher Porcellanmwaare Die Porcellanerde findet 
ſich hier auf dem Grenzgebiete im Oſt en des Popang-Sees, ges 
gen Kiang nan (jegt An hei). Proben hat man zu feiner Zeig 
davon an ben berühmten Phyſiker Rea umur, zum Gewinn bes 
Seanzöfifhen Kabriten mitgetheilt. Dies Porcel lan von Jao ®) 
it ſchneeweiß, gänzlih farblos, das gefchästefte in China, 
das von dem benachbarten Su kiang und das von Can ton, 
iſt geringer an Werth. Daher bier ein größter Verkehr des Por⸗ 
cellanhandels mit ganz China, und ein ſtets großer Zufammens 
flug von Kaufleuten. Der Fabrikort King te [hing ohne 
Mauern, und daher nur ein Tfching, obwol von einer Million 
Menſchen bewohnt, ein Drt außerorbentlihen Reichthums, wg 
die größten Porcellanfabriten und Kaufmannspas 
käfhe, zu Sao gehörig, Liegt diefee Stade nahe im Nordoft im 
einem Gebirgsthal nicht feen vom Popang Sen 

Die neueren Reifenden find alle nahe daran vorüber ges 
zogen, ohne diefe merkwuüͤrdige Locatität kennen zu lernen. Die 
feüheren Sefuitenberichte 8) fagen, ein Gebirgsthal amphitheatra⸗ 
liſch fish echebend, umgebe fie, von zwei fich gegen das Dftufer 
des Sees verrinigenden Fluͤſſen durchſchnitten, deren Hafenplatz 
ſtets voll dicht gedraͤngter Barken bedeckt ſey, die auf Waaren 
zum Teansport irgend wohin, durch das weite Chineſiſche Reich, 
warten. Beim Cintritt durch die Thalſchlucht in den Hafen, ers 
blide man auf einmal den ganzen weitläuftigen Fabrikort, bee 
in der Rache eher einem Feuerthale gleiche, aus dem mehrere hun⸗ 
dest Feuereſſen mit Dampfwolken leuchtend ſich erheben. Fruͤher 
habe er nur an BOO Hohe Porcellandfen zu Breunereien gehabt, 
Die Zahl ‘habe fich aber bis auf 600 gemehrt. Kein Fremder 
dürfe Nachts dort herbergen, es fey. denn, daß er im Haufe der 
Freunde aufgenommen werde, die für ihn gut ſtehen. Diefe 
Polizei⸗Ordnung ſey hier nethwendig, um von dem großen 
Reichthume, den bie Bewohner des Drtes befäßen, den Zubrang 
ei — abzuhalten und gu erſchweren, be dieſe ohne das her⸗ 

eilocken. 





*%) Du Halde Decer. I. e. T. I. p. 164. ®*) ebd. 


y; 


672 Oſt⸗Aſien. Waflerfnfteme. 1. Abſchn. $. 81. 


Die Begleiter dee Macartney Embaffabe, die am 
SD. Ufer des Popang Sees, im Süden jene Fabrikorte, 
auf Seiten⸗Canaͤlen denfelben voruberfchifften, wurden kei⸗ 
neswegs duch den Anblil des Gerd, der hier eine beſonders 
große Erweiterung gegen den Suͤbdoſten gewinnt, erfteut. Bars 
zom#80) fahe dort, im November, nur flaches Morafts 
Land, fhlammiges Waller, öde Ufer und Sandbaͤnke, ohne alle 
Menfhenmwohnung, mit Schilf und Rohrdickichten bedeckt, mit 
Binſenarten, Seirpus, Cyperus u. a. bewachſen, eine langweilige 
Einoͤde, weiche man langſam auf Canaͤlen, 4 Tage lang, bis zur 
Gapitale Ran tfhang.fu zu duchfchiffen hatte. ©. Staun: 
ten bemerkte nur, daß hie unb da auf den fchlammigen Tufeln 
das Land durch Meine Candle in Beete getheilt war, welche Fi⸗ 
fern als geſondertes Eigenthum gehoͤrten, in denen dieſe Ma⸗ 
ſtungen der ihnen zugehoͤrigen Fiſchſchwaͤrme angelegt hatten. 
Diefe werden dann leicht gefangen, geſalzen, ober eingemacht, auch 
Hebörrt und in die Weite verhandelt. Auch bier diene der Kor 
moran häufig zum Fiſchfang (f. oben &. 662). Schiffe können 
an bdiefen feithten Uferfeiten nicht landen, auch kein Boot, bie 
Fiſcher (hwimmen nur auf Flooßen hin und her, leben von den 
Fiſchen und Pflanzen, bie fie auf ihren Flooßen cultivicen: denn 
die Klachberte des Schlammbodens der Infeln und Ufer find eis 
nen großen Theil des Jahres mit Waffen, bebedit. 

Der See, fagt Barrow, fey das große Wafferbedien zum Abzug 
der Gewaͤſſer von Mittel: China, in das fich mehrere Fluͤſſe und 
Candle eins und ausgiefen, deren Mündnngen man mit Si⸗ 
cherungsanſtalten gegen größere Ueberſchwemmungen verfehen babe: 
denn Stürme bewegen nicht felten den Popang Ges, heben 
feine Wogen ſehr hoch, und machen feine Beſchiffung geſahrvol⸗ 
Ver wie ein Meer. Zu einer andern Jahreszeit wuͤrde dieſer lache 
Küftengrund, in der Blüthegeit der Lotos (Lien wha f. oben 
©. 563 ꝛe.), wahrſcheinlich einen erfreulichern Anblick bargeboten 
' haben, wenn biefe reihe Waſſerpflanze mit ihren violetten zefens 
rothen umb weißen langgeſtielten Bluͤthen, fi, zwei bis drei Ellen 
hoch, famt ihrem ſchwimmenden Blätterbidicht, wie ein Blumen: 
wald über ber ſchaukelnden MWafferfläche erhebt, und mit ihrem 
Ueblichen Duft bie Lüfte fuͤllt, In ihren mebligfleifhigen Wurzeln 





50) Barrow Trav. 1, c, p, 532. G, Staunton Aoc, I. c, Trad, p. 
Can IV 2 26. a — F s 





Ta Kiang, Poyang See. 6r3 


umd manbelfernartigen Saamen aber eine reiche Ernte verheißt, | 


und Bein Theil derfeiben für den Hausgebrauch unbenuget zurüds 
bieibt: denn auch hier ift ihe Anbau 87) auf den flehenden Waſ⸗ 
ferflächen allgemein verbreitet. 

Die weftliche inſelreiche gebirgige Uferfete, des Poyang 


Sees, die früher gänzlich unbekannt geblieben war, bot beider ° 


Rüdkehr von Lord Amherſt's Embaffade, obgleich großen⸗ 
theils Herbſtnebdel (Ende November) bie Serfläche bebediten, 
einen ganz andern Anblid dar. Won bem bortigen Hochgebirgen, 
meinte Clarke Abelss), möchten ſich wahrſcheinlich jene hefti⸗ 
gen Orkane hetabflürzen,, die den See nicht ſelten in gewaltige 


Aufsegung bringen. H. Ellis giebt von der weitlihen Um: 
fhiffung des Sees aus dem Großen Kiang Strome 
kommend, bis zue Mündung des Kan Kiang nebft betichtig⸗ 


ter Kartenzeihnung 89) deffelben folgende Nachricht. 

Bis zum nordöftlichen Ausfluffe des Sees, zum Klang, 
bemerkten bie Britifhen Reiſenden, in biefem großen Strome, 
von Nan king herfommend, das Auffteigen bee Seefiſche; 
denm hier noch begegneten ihnen Echwärme von Deiphinen 
(Purpoises%), Am 11. Nov. Abende ſchifften fie an einer felts 
fam aus dee Mitte des Stromes aufflarrenden Felsinfel vorüber, 
dem Seaou Ku Schan (d.h. der kleine Berg der Wais 
fen?), die wie ein pralligee Kegel mit faft fenkrechten Felswaͤn⸗ 
den ſich an brittehalbhusidert Fuß hoch hoͤchſt maleriſch über dem 
Stußfpiegel empochebt, deren Gehänge wolkenartig von Schwaͤt⸗ 
men der Kormorane umflattert waren. Auf dem fenkrechten 
Seisvorfprunge liegt ein zweiſtoͤckiges Kloſter mit Tempelgebaͤu⸗ 
den ; von ba fteigt die terraffirte und bebaute Kelsinfel zum Pils 
gipfel empor, der mit einem ſchwankenden Bambuswalbe gekroͤnt 


ift, aus weichem eine ſtarre Pagode, ein Tempelthurm, von bee 


Kaiferin Mutter erbaut, bervorragt, dem bie Vorüberfchiffenden 
Almofen fpenden. Bon da an nähert man fich ſchon der Aus⸗ 
Iadung de8 Poyang Sees, in den großen Kiang, befien 


Ufer hier von einer meit größeren Zahl fchöner Lanbfige und . 


Wohngebäude, und mit Bleiner aber zahlreichen und mohlhabens 


7) ri Halde Deser. T. 1. p. 163. 26) Clarke Abel, Narrative . 


e. p. 170. ®2 ) Map of the Route of tlıe British Embassy 
upon tbe river Yang tse Kiang from Kwa Choo to Nan chang 
Foo drawn by Charles Abbot. *°°) H. Ellis Journal I. c. — 
1817. 4. p. 320. 


Nitter Erdfunde IV. Uu 


J 


674 Oſt-Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abfhn. 5. 81. 


den Dorffchaften bededt find. An ein paar Städten und felfigen 
Klippen, an denen Beine Fiſcherdoͤrfchen hängen, ſchifft man noch 
vorüber, unb verläßt nun den colofjalen Kiang bei der Eins 
fahrt in den Poyang See) gegen Süden. Der Kilang 
batte eine mittlere Breite von 2 Englifhen Meilen; man batte 
auf ihm über 50 geoge. Meilen zu Schiffe zuruͤckgelegt. Seine 
Ufer hatten ſich zuletzt hoͤchſt pittoresk gezeigt, fie waren überall 
ungemeinee Cultur fähig, meift fruchtbar in hohem Grabe, voll 
zahlreicher bebauter Inſeln, zu beiden Seiten mit Städten und 
Detſchaften befegt — und boch ruft der Brite aus: wie arme 
fig! der Leib ift da, aber die Seele fehl. Um wie vieles glüdlis 
her, und wie flolz kann der Anwohner bes kleinſten Fluͤßchens 
in England ſeyn gegen ben des Kiang: denn hier fehlt bas 
wahre Lebensglüd, die Steundfchaft; bee Edelmuth, die freie Ent 
widlung u. f. w, 

- An der Einfahrt zum Popang See iſt biefer2 bis 3 Stum⸗ 
den beeitz dann kommen Selsengen, da liegt dr Ta Ku Shan 
(d. 1. dee Große Berg der Waifen) ganz ifoliet, wie ber 
obengenannte Beine, nicht fo fleil, aber von mweiterem Umfange, 
und auf ihm ficht ein großer fieben Stod hohe Pagodens 
thurm, ein paar Bleinere und mehrere Tempelgebaͤude. 

Eine Gebirgstette, dee LiSchan (ka Shan bei P. Sam 
bit), mie Tafelform und in Zaden fleil endend, hänge hoch Aber 
dem Weflufer des Sees; an feinem Fuß liegt die Stabe Ran 
tan fu. Auf den grünen Vorbergen wachſen viele aromatiſche 
Kräuter, Eihenarten und Samellien, bie Ende Novem⸗ 
bee in fchönfter weißer Bluͤthe prangten. Widrige Winde hemm⸗ 
ten hier den fchnelleren Schiffslauf. Bei heiterem Himmel ſahe 
man bie Gipfel des Li Scham fih über alle andern erheben, 
von Höhlen vielfach duschlöchert, von Meißen Streifen burchzogen, 
die man für die Bahn jegt trockner Bergſtroͤme halten tonnte, 
in den Vertiefungen mit Schneeftellen gefüllt. 

An einem Felsvorſprunge ber Bergkette if ein Molo von 
Granit, zum Schuß der anliegenden Stadt Nan.tan erbaut, 
ein gewoͤlbter Schwibbogen oder eine Bruͤckenſtraße führt zum 
Stadt: Thore. Hiee wird. dee Poyang See durdy Bergvor: 
fprünge im verfchiedene Arme getheilt. Dez bisher befchiffte Nord: 





*°?) H, Ellis Journal I, e. p. 335. : 











Ta Kiang, Poyann Se 675 
am ward Nan kan hu (db. i. bee Ser von Nantkan) 
genannt. : 

Das Innere der Stadt ) zeigte wenig Leben und Wohls 
fand, mol aber Ältere Gebäude, vor drei Jahrhunderten von 
Van ti (?) errichtet, bie frühere Bedeutung. Es follten Hallen 
des Confuchus fern, Wan miao genannt, ohne alle Sole, aber - 
mit Tafeln der Namen der Altoordeen, und Sinferiptionen, bie 
wol ihren Ruhm verherrlichen follen, an ben Wänden der Hof: 
räume aufgerichtet, two Bäder und al® Ornamente überall Loͤ⸗ 
wenfeulpturen in weißen Marmor angebracht waren. 

Im Norbweften ‘der Stade ſtuͤrzt fih von zwei Drittheil 
einer Granithöhe ein Waſſerfall. Bei einer Excurſion zu 
ihm mußte man über drei Brüden zu dem Gebirgsſtrom hinaufs 
fleigen, der jegt zwar ſehr waſſerarm, doch klar wie Cryſtall und 
in ſeinen Umgebungen ungemein reizend war. Alle bisher im 
Norden China's dürchſchifften Gewaͤſſer, des Pe ho, Eu ho, 
Hoangho und Ta Kiang waren truͤbe und erdig geweſen. Die 
Granitfelſen ſteigen hier in ſteilen Thurmformen empor, an 
ihrem Fuße lagen Truͤmmerbloͤcke, Felſstreppen fuͤhren hinauf, 
große Quarzgaͤnge durchſetzen ſiez ber verwitterte Grus iſt glim⸗ 
merreich, metalliſch glaͤnzend. Nach 14 Stunde Aufſteigen, in 
dem romantiſchen überall bebauten Felsthale, wird bie fiebens 
ftödige Pagode erreicht, in deren Nähe der Waſſerfall raufcht. 
Das Prieflercollegium,, deſſen Einfiedelei in einer Selövertiefung,. 
vor den Sthrmen gefchügt, dort romantiſch verftedt Liegt, empfing 
die Fremden gaftlih mit Theebewirthung. Ihe anachozetifches 
Leben, das Verbot ihrer Ordensregel Fleiſchſpeiſen zu genießen, 
die großartige Natur Lönnte fie” wol, wenn ihre Seele innerlich 
bewegt wäre, zu frommer Meditation führen, bie fie vorgeben, 
wenn ihnen eine Ahndung des Höchftens beimohnte. Eine Plans 
zung leicht ſchwankender Bambuswaldung (Bambusa arenacea). 
hing über dem Waſſerſturze. Dee Hinabweg war in breiviertel 
Stunden zurüdgelegt. " 

Eine zweite Erceurfion von Nan kan fu, führte (am 
18. Nov.®) noch einmal zur wildzerriſſenen Granitkette bed 
LiSchanz Gneus und Granit zeigte fi Hier ſenkrecht ges 
fhichtet im Streichen von N.O. nah. S. W. Wilde Gebirge: 





»2) H. Ellis Journal I. c. p. 338. ‚’®) H. Ellis Journal I. c. 
p- 342; Clarke Abel Narraüve I. c. p. 167. - 
; . uUu2 


676 DfAfien. Wafferfgfteme. I. Abſchn. $. 81. 


tobel wälzen die Felsfragmente zus Tiefe; neue Arten von Qner- 
cus und Laurus, camphora, Pinus: Arten, Pinas lanceolata, Ahe- 
lia chinensis und andere, bededien mit ihrer Waldung bie Ges 
hänge, amı Zuß der Hügel find Theepflanzungen in Heine» 
zen Gehegen. Im RN. von Nan tan fu befudhte H. Ellis in 
ber reizendſten Lage einen Zempelort*?*) des Confucius, bem 
einer feinee Schüler ( Choo foo tze?) zu einem Collegium mit 
Hallen, Gellen in einem wilden nur von Moofen und Farrnkraͤu⸗ 
fern bewachsnen tiefen Felsthale erbaut haben fol, wo noch jehe 
an taufend Studenten ihre Studien trieben. Es fol Pi Iu 
tung [hu yuen, db. 1. „das Collegium des Weißen 
Hirſches“ heißen. Die Phyfiognomie der dortigen Confucius 
Statue fand dee Brise ganz africanifch (?); fie fand meben 
- eitem von ihm ſelbſt gepflanzten Baume (? wahrfcheinlich ein 
Baum des Buddha?). Diele Legenden foll es von biefem Col⸗ 
legium geben. Die Gebirgsanfiche von hier war prachtvoll. 
Südwärts von Nan tan fu bielben bie Weftufer bes 
Sees noch immer ſehr maleriſch, obwol die Flachinſeln hier 
ſchon beginnen, welche dem Suͤdoſten des Sees feine einfin 
migere Natur geben. Am Sübende des Sees Hegt der Dr 
Wu tſchin, keine Stadt, aber ein fehr großer Marktort %), 
der für den Waarenumſatz zwiſchen Nord⸗ und Süd: China von 
großer Bedeutung ſeyn fol. Die Briten fanden feine Mogazine 
nicht nur mit allen Chineſiſchen Waaren der merkwürdig: 
fien Art gefüllt, fondern auch mit ſehr vielen Europäis 
[hen Artikeln, bie den bedeutenden Abfag derſelben in China 
beweiſen. Die veihen Kaufleute follen bier ihre Dauptopfer in 
dem Tempel des Wang [hin Thu, des Gögen niederlegen, 
der ein langes Leben verleihet. Der fpäten Jahreszeit war 
die geringe Zahl der Barken im Hafen dieſes Marktortes zuzu⸗ 
ſchreiben. Von hier aus geht die Schiffahrt durch einen der vie 
Ien Mündungsarme bes Kan Kiang aus dem See nad; ber 
Tapitale Tan tſchang fu, von ber fihon oben die Rede war. 
Mur die Natur in China iſt reich und mannichfaltig, die Cul⸗ 
tur iſt fi uͤberall gleich, die menſchliche Civilifation ſteht überall 
auf desfeiben mehanifhen unb vYegetativen Stufe ber 


°«) H, Ellis Journal L c. p. 343, Clarke Abel Narratire p. 168. 
»5) H. Ellis Journal 1. e. p. 344. . 


\ 


Ta Kiang, Yang tſer Kiang. "077 


Entwidtung, die noch nirgends zue wahren Humanitaͤt hin⸗ 
aufreicht. 


5. Der Unsere Lauf des Ta Kiang, oder Yang tfex 
Kiang, vom Poyang See zum Ocean. 


Wir haben fon im obigen diefe Strecke ſals bie oceanis 
ſche des Stromlaufes bezeichnet, won dee bie, Chinefen das 
Spruͤchwort haben: Hai vou pin Kiang vou ti, d.h. „das 
Meer ſey ohne Grenzen, der Kiang ohne Srund”), 
Das Auffleigen von Ebbe und Fluth, die vielen Inſeln 
und Arme, bie gewaltige Breite des Waſſerſpiegels, bie ununs 
terbrochene Cultur ber Uferfeiten, der Anbau unzähliger Orts 
fhaften, ſtark beſuchte Marktorte und großer Städte, 
Nan king bie antike berühmte Refidenz in der Mitte, der uns 
unterbrochene Zug ſegelnder Schiffe und zahlreicher Flotten 
mit Waaren aller Art, für den Süden beflimmt, beladen; bie 
langen Folgen der Holzfloͤße aus fernem gebirgigen Weften, 
wie aneinander gereihte große Infeln herabſchwimmend, die un: 
zaͤhligen Reisbarken aus dem reicheren Süden für bie Nord⸗ 
refidenz befimmt, das Leben und Weben in der bevoͤlkerteſten 
Mitte des großen Weltreiches, alles diefes vereinigt, giebt dem 
Rieſenſtrome eine fo impofante Bedeutung, daß die Reiſenden 
einftimmig nur von dem Majeflätifchen feiner Erfcheinung auf 
diefem Gebiete fprechen. Ohne uns in bie Mebertreibungen Chi: 
nefifcher Ausſagen einzulaffen, werden wir am anfchaulichfien über 
die Natur diefed Stromlaufes unterrichtet, -wenn wie mit ben _ 
Yachten der Lord Amherſt Embaffade, den einzigen unter 
den Europäern welche diefe Flußſtraße zurädiegeen, da Lord 
Macartney vom Kalfer: Canal aus, fübwärts, bie Lands 
ſtraße duch Tſche Kiang nah Kiang ft nehmen mußte, 
die Auffahrt des Kiang von Ranking bis zum Poyang See 
zurädtegen, was felbſt mit guͤnſtigem Winde den fegeinden Schif⸗ 
fen gegen den Strom hier keine Schwierigkeit hat. 

Diefe Stromauffahert?7) dauerte vom 24. October 
bis zum 14, November, und es wurden, nad) Angabe der 
Briten, in diefer Zeit 67 geogr. Meilen (950 Li wol mit allen 





®»6) Du Halde Deser. I..c. T. I. p ‚226, 11. 189. 
22) H. Ellis Journal Lo . p. 506 334; ‘Clarke Abel .Narrürve 
l. e. Pr 1697 — 167. 


678 SftAfien. Waſſerſyſteme. I. Abſchu. $. 81. 


Kruͤmmungen) guruͤckgelegt. DieAbfahrt‘%®) am 24. Dctober 
gefhahe mit ſtarkem N. W. Winde, weicher den Chinefifchen Wins 
ter herbeifuͤhrte; die ganze Normalbirection des Kiang if 
von Nan king an, bis zum Poyang See, gen S. S. W 
Die Stromauffahrt ging wegen des widrigen Windes nur ſeht 
langfam vorwärts, die Breite bed Stromes, von mehreren In⸗ 
fein getheilt, betrug in den erflen Tagen 3 bis 4 Engl. Welten, 
alfo fünfoiertel biß gute anderthalb Stunden, ein ſuͤßes Waffen 
meer. Die Anwohner fand men bier ungemein zuvorfommend, 
den Wünfchen dee Fremden nachzukommen. Bis dahin hatten 
die Breiten noch keine Spur der braunen Baumwollenſtaude 
(Hibisegs religiosus?) wahrnehmen können. Die naͤchſte Stadt 
von Bedeutung aufwärts von Nan king, Hotfheu, liegt 
am Nordufer des Stroms, auf ihren verfallnen Thormanecu 
Kammern fi, wie zu Nan king, Keigenbäume empor, 
die aus bee Serne das Anſehen von Epheumänten geben. Am 
Sübdufer, gegenhber, liege nahe bie Stadt Tai ping fu, bei 
- welcher mehrere kleine, aber dennoch ſchiffbare, Slüßchen ſich ein⸗ 
muͤnden. 

Kein Land der Erde, meint H. Ellis, ſey von fo vielen 
ſchiffbaren Fäffen nach allen Seiten durchſchnitten wie bie 
ſes China; daher auch hier, wie nirgends, die Allgegen waͤr⸗ 
tigkeit des Goupernements, und fein Eingeeifen in alle 
Verhäteniffe, daher aber auch die Einerleiheit bee Sitten, 
Gebraͤuche, Lebensart, bed Verkehrs; daher ferner bie 
uniforme Erfheinung in allen localen Verhaͤltniſ⸗ 
fen, wie das gleiche Ausfehen der Städte, der Transport: 
mittel, des Gewerbetreibens u. f.w. Bis bahin Ift der 
minjeflätifchfließende Kiang zivifchen zweien boben Erbufern 
mit feinem Bette eingefchnitten 3 oberhalb der genannten Staͤdte 
tritt en zwiſchen zweien Thon⸗ und Sandſtein⸗Bergen her 
vor, die ſteil zu ihm abfallen, der Oſt⸗ und der Weſt⸗Pfeiler 
(Tung lang Shan, Si lang Shan) genannt, und hinter 
biefen theilt eine große Inſel den Strom in 2Arme. Inſelgroße 
Holzflooße ſchwammen hier hindurch, vom Orte Wu hu fchien 
(Vouhou bei D’Anville) herab, einem belebten Marktorte voll 
Gewerbe und Kaufläben, 





/ 


*»®) f. Charl. Abbot Map of the Route of the Br. Emb. upon the 
River Yang tse Kiang from Kwa choo ta Nan chang Foo. 


Ta Kiang, Landſchaft⸗Styl. 679 


Am Siften Detober kam man an ber Einmuͤndbung des 
Zfdyhaoho vorüber, der von N.W. als großer Zufluß dem gieichs 
namigen See am Dfiende bes Peking Parallels (f. oben 
©. 511) ausladet. Am iften Non. ſchiffte man die Stadt Tis 
Kiang am Südufer vorüber, die manchen Städten in Weſt⸗ 
Aften ähnlich den Uferberg biyauf, terraffenartig, empongebaut iſt. 
Die frühere Flußſchiffahrt, durch die ebenen Provinzen Pe: 
tfheli, Shantung und feibft Kiangnan (oder Anhoei), 
hatte ungemein gelangweilt; aber hier ſchon wurden bie Ufer bes 
Kiang fehr pittorest und hielten den Beobachter in fortwaͤhren⸗ 
ber Spannung. Das Clima begünfligte ben Blick auf die lieb⸗ 
lichen Wechſel von Hügeln, Bergen, Stroͤmen, Wäldern, Ort⸗ 
ſchaften, Inſeln, die hier nach einander hervortraten,, bie Nature 
wurde ungemein zeizend und fchön, originell, nur die Dienfchen 
blieben ſich gleich geſchmacklos, und ihre moralifche Welt gleich 
ensartet. Ihre Talente aber find ihrer Landesnatur ges 
maͤß entwidelt und ausgebildet, diefe haben fie in ihren mecha⸗ 
‚ nifhen Künften mit der größten Treue nachgebildet, 
fie find bei dem wirklich flehen geblieben, was eine aͤltere aͤſtheti⸗ 
ſche Theorie einft als höchfte Aufgabe dee Kunft überhaupt feſt⸗ 
zufiellen beliebte, treue Nahabmung ber Natur. Diefer 
Landfhafts Sri. am Kiang =: Strome, mit feinem feltfamen 
Kormen, mit den fleilften, barocken Felspartien, mit ben voruͤber⸗ 
ſegelnden Booten, mit den feltfam gebogenen Bäumen und Laub⸗ 
kronen im buntfarbigften, grellſten Herbſtſchmuck, der für ein 
Europaͤiſches Clima zur völligen Unmahrheit wird u. f. w., iſt 
derſelbe ber überrafchend treu nacgebilbeten Chinefifhen 
Kunſtarbeiten, und ihr ganzer Farben ton entfpricht auf 
das frappanteſte der Faͤrbung der KiangsUfer im Zone bee 
Herbſtlandſchaft. 

Auf einer Flußinſel bei dem Dorfe fing, kya sin Pre 
merkte man zum erfien male einen merkwürdigen vegetativen 
Mepräfentanten der fübhinefifhen, bee ſubtropiſchen, 
Bone,den Talgbaum*%), Croton sebiferun Lion. (Stillingia 
sebif.), der in ber Größe eines Masholder mit den fchönen wei⸗ 
* Beeten- bedeckt war, welche die Chinefen Pi pa kwo zu 

h. Hautölfeucht) nennen, aus denen das — — Stam⸗ 

nn in Mühlen gewonnen wirbd. ; 


42) H, Eilis Journ, 1. c. p-318; Clarke Abel Narrat, L c. p.164. 


680 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchu. 6. 31. 


Das Land wurde immer maleriſcher, das hohe Ufer zeigte 
fi gefchichtet aus Dubbingftein, rothen Kiedlagern und foliben 
Felegaͤngen, ganz eigenthiimliche Gewaͤchſe der Chinefifchen cen⸗ 
tralen Flora traten immer mehr hervor. Leider gingen die bier 
-gefammelten reihen Herbarien, fpäterhin, für bie Wiſſenſchaft, 
durch den Schiffbruch in der Sundaſtraße gaͤnzlich verloren. 

Die bergige Uferlanbfchaft erinnerte die Briten an ihre Hei: 
math in Effer und Hertforbfhire; bie Eichen, neue Spe⸗ 
cies, wuchfen aber nur in der Höhe der Gebüfche, hohe Pin us: 
Arten bekteibeten bie Bergabhänge. Das culturbare Aderland mit 
den freumblihfien Baumgruppen, Dorfſchaften, Wohnhaͤuſern bes 
fegt, von einem Wolke im Wohlftande belebt, ſchien in weit klei⸗ 
nere Befitzthuͤmer parcelliet zu ſeyn (mie dies überhaupt im Ge: 
birgslande der Kal zu feyn pflegt), wie in den früher durchſchiff⸗ 
ten, ebenen Landfchaften. Bald hoben fich bedeutendere zadige 
Selsgipfel empor, geößere Waldungen hingen von den Bergwaͤn⸗ 
den herab, auf Felsvorſtufen hatte man tegittäre Leinpfade zur 
Bequemtichkeit des mühfamen Schiffziehens in das Geſtein aus: 
gehauen. Hier wird das Grab eines Bögen (KeuhwaSſchand) 
verehrt. Die Stade Tung ling bien (Kung, d. $. Kupfer?) 
liegt in biefer pittoresten, für den Botaniker an neuen Gewaͤch⸗ 
fen Höchft productiven Stelle. Doch fcheint ber ſtark verwitterbare 
DuddingfleinsBoden nicht eben befonders fruchtbar zu ſeyn, 
‚nad bee dortigen‘ Söbrenwaldung zu urtheilen. Das Land if 
Bier weniger durch Uebervoͤlkerung und Fruchtbarkeit, ale buch 
Schönheit ber Natur und Fleiß bee Bewohner gehoben, und im 
Wohlſtand. 

In der Naͤhe der Stadt Tung ling hien bemerkten bie 
Briten der Lord Amherſt Embaſſade, welche nicht wie bie 
dee Macartney Embaffade, bie Theeprovinz Tſche fang 
durchzogen, bei einee Ereurfion auf einen der benachbarten Berge, 
im vorliegenden Thale, die er ſten Pflanzungen der Theeſtau⸗ 
den (f. Alm Bd. Il. S. 245), die ihnen, Myrthenbuͤſchen aͤhn⸗ 
lich, den Heblichen Duft ihrer gelben Biüthen (6. Nov.) ents 
gegenwehten, boch waren «6 nur Peine Anpflanzungen. Das 
Syſtem der Terraſſencultur mis Irrigationsanſtalten äft bier 
alfgemein. Die Panoramausficht von ber erfliegenen Berghöhe 
bot über Fels auf Fels, buch unzählige wilde und bebaute Thaͤ⸗ 
ler mit den freundlichſten Wohnungen und Meieseien, bie zu un« 
endlichet Feene einen Blick in dem fchönften Gebirgeftyi bar. 


N 


. ‚ 


Ta Klang, Ranking. — :681 


Die Berge find Hier voll Eiſen bergwerke und Eiſeüſchmel⸗ 
zen, Eihenarten mit loorbeerartigem Laubemachten 
bie vorherefchende Waldung aus. Wo man ſich den Wohnun⸗ 
gen der Landleute näherte, empfingen diefe die Fremdlinge mit 
lautem Geſchrei, und bewirtheten fie als ihre Säfte mit Thee. 
Fleiß und Wohlſtand erhöhten De Reize der Landfchaft. 

Am Tten Nov. ſchiffte man durch ben öfter durch Inſeln 
gefpaftenen und vielfach fi) windenden Strom, am Üfer voruͤber, 
wo Tſchütſcheou fu (b. D'anville und Grimm, Chee choo- 
foo b. H. Ellis) liegt, das aber am Suͤdufer hinter Bergen vet: 
ſteckt bleiht. Die Schiffahrt an den vielen Inſeln vorliber wird 
für gefährlich gehalten; fie werben öfter überfchwenmt, man Bes 
merkte auf ihrem Flachboden, Felder mit Reis, Baumwolle, 
Buhmeisen bebaut. Am folgenden Tage (9. Nov.) hatte mat 
das Stromufer zwiſchen dichter zufammentretenden Bergen’ zu 
durchſchiffen, bis man bie Weitung des Thales erreicht, in welcher 
Ngankin fu (Gankingfoo b. 9. Ellis), eine große’ bedeu⸗ 
tende Stadt, erreicht, die einen bedeutenden Handel treibt.‘ Sie 


iſt voll Kaufmannsiäden, in denen man febe koſtbare Waaren 


feil hielt, wie Porcellanwaare, Achat⸗Vaſen, Halsbänder: von eb⸗ 


len Steinen, Ornamente allerlei Art von Corundum (ſ.' oben 


S. 53) und Schnitzwaaren allge Art in Holz und Stein. Auf: 


"wärts von diefem großen Tranfito find die Ufer de Ktang' mit: 
"der pittoresk, bis fie im dieſer Art mit ber Annäherung an den 


Seaou Ru Shan und den Popang⸗See ihre maleriſche 
Natur wieder gewinnen, von wo uns die Socatieät (nad) obigem 
ſ. ©. 6735) ſchon bekannt iſt. — 

Nanking, d. h. Suͤd⸗Reſibenz, dee Ditel, mit Mas 


mm Kiangning fu, ift bie größte und berühmtefte: Stadt 


des Tüdlichen Chinas, weil in ihe die einheimifchen ers 
[her des Sud⸗Reiches 5) Häufig ihren Hof hielten. AIR 
V. Saecul. heißt fie Kian hang, oder Tan yangz feil dem 
VII. Saecul. Klang ning, oder Kilang nang, wie ſpaͤter de 
Provinz; unter bee Ming» Dpnaftie, nad der Mongholen Veri 
teeibung, Ringfzu oder Nanking, als ſuͤdliche Hofftadt, 
im Gegenſatz der Norbdrefidenz Peking, weiche die der Mongho⸗ 
len getwefen war und bie bee Mandſchu wurde, im welche jes 
doch auch die Ming bald ihren Hof zurüdverlegten. Nans 





s0°) P, Ganbil Hist, de Gentchiscan eic. 1. © p. 316. 


‘ 


82 Ofi-Aſten. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 81. 


king wurde aub Ding thian fu gegannt. Die Chinefen nem 
‚nn fie die ſchoͤnſte Stade der Welt. Zwei Reitee am frühen 
Mosgen zu bemfelben Thore in Galopp, aber nad) den Gegen; 
.feiten, um die Stadtgrenze reitenb, follen erfl am fpdten Abend 
wieder zufammen kommen. Nach Meſſung bes Gtabtplanes, ver» 
fihern die Jeſuiten 1), habe die Stadtmauer gegen 6 Stunden 
(67 &) Umfang, und Lege eine halbe Stunde im Norden ab 
vom. Ufer des Kiang, zu welchem aber Flußarme und Candle 
gedrängt voll Warten und Schiffe die Verbindung erhalten. Der 
Flußhafen von Nan king war ginft berähmt wegen ber Tiefe 
und Breite des Stromes in ber. Nähe der Stadt. Die Haupt: 
macht der Dpnaftie dee Song befland hier in ihren Flotten 2) 
auf dem Kiaug, mit denen fie noch lange Zeit den Mongholen 
Eroberern Widerſtand leiſteten. Hier, fo nahe am Meere, unb 
dem ſtark bevoͤlkerten oceanifhen Küfenfirihe Suͤd⸗GChinas, war 
her Mittelpunct ihrer Marine. Als das Kaiſerhaus dee Gong 
in den Meereswellen erfäuft war (1280), verfuchten noch die Ue⸗ 
berteſte der Marine, bie unter Anführung von Eee:Corfaren ſich 
an ber Kiang Mündung, auf der Infel Tfongming, einen 
Waffenplatz, Schiffswerfte und Admiralität fchufen, 
wieberholt diefes Hafens von Nanking fi zu bemaͤchtigen, und 
dem damals furchtbaren Seehelden, Tſchin tſchi kong, gelang 
ed, mit 800 Segeln. auch noch einmal bis zu demſelben vorzu⸗ 
deingen, um bie große Stabt Nan king zu belagern. Seit ber 
Zeit ſcheint es Politik der Nordherrſcher geblieben zu ſeyn, 
dieſe ‚Verbindung zu hemmen, den Hafen zu ſperren, wodurch er 
fi auch verſtopft zu haben ſcheint; gegenwärtig laͤuft wenigſtens 
kein Schiff ein. Im April und Mai iſt die Zeit der großen 
Fiſchereien im Kiang, nahe ber Stadt; bie koͤſtlichſten Fiſche 
Loͤnnen bann noch in Barken, oben mit Eis belegt, feifch, durch 
bie Provinzen des Reiches (etwa wie bie Cis⸗-⸗Zander) verfandt wer⸗ 
den, was zumal in bedeutenden Ladungen nach Peking geſchieht, 
wohln, mit Schiffer-Relais, der Weg auf ber kuͤrzeſten Canolfahet 
in 8 bis 10 Tagen zurüdgelegt werden kann. 

Die Stadt war einft eine Kaiſerſtadt, fie iſt es aber nicht 
mehr, feit den Weberfällen ber Mandfchueroberung iſt fie in Ber: 





sot) Du Halde Descer. l. co T. 1. 150 —152; Pere Fontaney 
Yoy. a Nan King, 1688, ib. T. 1. n 113. >) P, Gaubil I. c. 
p. 123, 137, 156, 161, 187. 


Ta Riang, Nanfing. 683 
fol, Palaͤſte und Tewpel find zerſtoͤrt und nicht wicher aufge 
bautz ein Drittheil kiege innerhalb ihrer Mauern in Wuͤſte. 
Eine ſtarke Mandſchu⸗Garniſon hätt fie in Baum 5. fie iſt der Sig 
bes Bicekönigs ber Provinz Ihre Straßen find weit enger 
vote bie in Peking, größere öffentliche Gebäude, Pläge u. f. w. 
fehlen ihr, ungeachtet fie noch ein. Hauptfig dee Manbaris 
nen, ber Doctoren, ein Sig ber Gelehrſamkeit, des 
VTempeldienſtes, des Handels und der Fabriken if. 
Die größten Bibliotheken, bie befien Buchhandlungen, 
die Drudereien, welche bie fchönften Drude auf dem beſten 
Papiere Uefern, find hier in Nan king. Die Chinefhen 
Tuſche (ihre Dinte), deren vorzüglichfie Qualität im Süden bes 
Hauptſtadt zu Hoei tfheou in Kiangnan fabricirt wird, hat 
bier in Nan-ting iheen Hauptmarkt und Vertrieb, in allen 
Größen und Formen für das ganze Reich und das Ausland, die 
ganze Weltz eben fo die Waaren von ben Seidenſtuͤhlen, 
den Blumen fabriken und unzaͤhligen andern eigenthuͤmlichen 
Fabrikaten. 

Die Begleiter der Lorb Am herſt Embaffade find die 
füngften Augenzeugen die über dieſe Stadt Bericht geben, fie bes 
baupten feit hundert Jahren bie erſten zu fepn, welche in Euros 
päifher Kleidung fih in Nan king fehen ließen, aber bas 
buch auch eine fo ‚große Aufregung unter der gaffenden Volke⸗ 
menge veranlaßten, daß fie auch aus den Vorſtaͤdten ſchon ſich 
zuruͤckziehen mußten. Sie näherten fi, vom Kaiſer⸗Canale, von 
Peking kommend, über Kuatfcgeou biefer Hauptſtadt, wurs 
‚den aber buch widrige Winde gar fehe aufgehalten, fo daß fie 
erſt Abends am Ziften Dcto.bes die Mauern und Thuͤrme der 
Stadt. 3) erbliden konnten. Am folgenden Morgen gewannen: 
fie von einer Anhöhe eine Ausſicht über bie ganze Stabt und 
ihre bebaute Umgebung mit ben bahinter gegen Weſt fich erhe⸗ 


benden Bergreihen, ein uͤberraſchender Anblid, den weithin bee 


Spiegel des Kiangfiromes mit feinen JInſeln verherrlicht. 
Der Umfang de Stadtfeldes, von etwa 12 Stunden (30 
Mites?), umfaßt einem Raum von vielen gepflafterten Wegen, 
ehebem Straßen, zwiſchen Hügeln von 300 bis 400 Fuß Höhe 
hindurchziehend, voll Bambuspflanzungen und vielen zerſtreuten 





2) H. Eilis Journal 1. e. p. 208305; Clarke Abel Narrat: L. c 
p- 157. oto. x 


684 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. 5.81. 


"Wohnungen, Gaͤrten, Eulturfeldern, Hainen, Tempeln u. f. w. 
In dem frreguläcen Polggon diefe® Gefildes, nimmt einer ber 
Winkel, in ver Weite von etwa 2 Stunden den Theil der bes 
"wohnten Stadt ein, aus dem auch einige Porcellanthuͤrme herz 
"Yorragen, von denen einer als ber "geößte Chinas fo berühmt if. 
‘ Um:von dem Öftlihen Flußthoͤre, zu welchen die Briten eintras 
ten, den bewohnten Theil der Stadt zu erreichen, war-eine gute 
"Stunde Zeit nothwendig. Nahe dieſem Oſt⸗Thore liegen 2X ems 
. *pelz der eine dee Kwanjin geweiht, heiße Tfing hai ge (d. i. 
die feieblihe Sees Schuler) Er ift mit mehr als 20 Sta⸗ 
tüen der auögezeichneteften Ghinefifchen Philoſophen geſchmückt, 
und mit Heiligenſtatuͤen, die‘ alle im verfhiedenen Situationen 
"des Nachdenkens begriffen find: Die Gedankenmacht de Einem 
iſt durch eine wilde Beſtie vorgeftellt, die fi zu feinen Süßen 
windet; der Einſt des Anderen iſt durch bie ungeheuern Brauen 
ſtiner Augen angedeutet, deren’ Haarbüfchel ee mit den Händen 
ftuͤzen muß u. a. m. Kwanpin ſelbſt if gleich eines Dea Syria, 
ober Alına mater, vorgeftellt, wie in ihrer Schöpfung, von allen 
“Thieren, Bögen u. f. w. umgeben. Zwei Metallvaſen duften 
"por ihr von’ Weihtauch, deren Eleganz und Form ganz etruss 
eifch zu ſeyn fihien, aber eine Juſchrift nannte fie als das Merk 
eines Weiſen, bei vor: drittehalb hundert Jahren lebte und als 
Geſandter (?) da® Ferne Indien und die Weſtlaͤnder durchteiſete 
In der Nähe dieſes Tempels fiel den Briten ein Dampfbad 
auf, als die einzigen heißen Bäder, bie fie: in China be 
merkten. Die Mauern der Stadt find aus dem Kalkſtein er 
"baut, der häufig in der Umgebung vorkommt. Alle Verſuche zur 
Pewohnten · Stadt vorzudringen, in welcher. ber Porcelanthurm 
ſteht, mislangen, weil Soldaten und Volk fie zuruͤckhielten, und 
Terdft das Gedraͤnge bed gafjenden Volkes fie hinderte. Von eis 
ner Anhöhe gefehen wird dieſer bewohnte Stadtteil von 4 gro⸗ 
Zen Hauptſtraßen in rechten Winkeln durchſchnitten, auch von 
mehrern Canaͤlen durchkreuzt. Der hoͤchſte der Thhenze zeigte 
fich ans der Ferne ach teckig, mis 9 Etagen (nach den Jeſuiten 
200 Fuß hoch, und Ta genannt vom ſeiner Groͤße), oden mit 
goldener Kugel geſchmuͤckt. Sie hörten ihn Luli paouta, oder 
DBaolingefu nennen, er folle im Jahre 1411 n. Chr. Geb, 
alfo unter der Ming : Dypnaftie, in Zeit von 19 Jahren, mit 
100,000 Tael (d. i. 800,000 Pfund Sterling) erbaut ſeyn; fie 
bielten feine Bekleidung nicht, für Porcellan, fondern für meiße 


) 
e 


Sa Kiang, Tſchingklang. 685 


Ziegel. Diefer Geſchmack, aus der Zeit der Ming: Dynaſtie, er⸗ 
innert an den der Cinquecentiſten in Europa; ſchon Kaiſer 


Khangũs gefunder Sinn wußte ihn gehörig zu wuͤrdigen (ſ. After 
Br. I. S. 359), So Vielartiges auch den weite Anblid bee 
großen Nanking barbot, fo leer, fo fade, bemerkt H. Ellis, 
blieb doch eigentlich die dargebotene Anfiht. Es fehlte an al 
len großartigen Sruppirungen, an Erinnerungen an eine 
alte claffifche,. oder do an eine mittelalterliche, ro⸗ 
mantifche Zeit, es fehlte an Bauwerken, die das Gepräge gros 


fer Ideen an ſich tragen, wie fie in Rom, in Athen und. | 


andern Truͤmmerſtaͤdten des Abendlandes nicht fehlen. Hier iſt 
tein Forum, keine Maͤrtyrſtaͤtte, kein Denkmal des Hes 
roismus oder eines Patrioten, keine antike, Beine große 
moderne Erfcheinung, kein Contraſt diefee Art, weil Beine fo 
mannichfache Entwicklung, Bein folche® Leben des Volks ober der 
Individuen zum Grunde lag. Ueberall nur Wiederholung der 
immer gleichartigen Productionen genereller Civiliſation 
ber Bölkermiaffen, ohne Freiheit der Geſtaltung, ohne Innern 
Adel, ohne aͤußern Geſchmack, ohne individuelle Cultus 
sure Humanität, 

Von Nanking abwärts verläßt der Strom feine nörbliche 
Richtung, und wendet ſich in immer größerer Breite gegen Oſten 
duch Klangnan, bis er unterhalb Tſching kiang, dem 
Schlüffel bes Reiches von ber Seefeite her, bald den Ocean 
- erreiht. Zunaͤchſt oberhalb dieſes Iegtgenannten Ortes iſt «6, wo 
ber Kalfer: Canal vom Norden her, vom Hoangho koms 
mend (f. ob. ©. 533), diefen Hauptſtrom erreicht, daher eben bis 
hierher aud) die Europäifche Beobachtung gebt. 

Von diefem Theile des Kaiſer-Canals, zwiſchen beiden 
Hauptſtroͤmen, fagen die Chinefifhen Autoren %), daß das 


alte Bette des Thfian feou Fluſſes, oder bes Ruanho, 


dazu verwendet worben fey, ber vom Norden kam. Er fließe 


bei Honingan fu vorbei, dann fübwärts am Dftufer bes " 


großen Gere Kao yeou hin, wo er zwifgen zwei Steins 


dämme von Duabern eingefaße fer. Diefe Cinfaſſung 


wurde in den Jahren 1490 und 1584 zu Stande gebracht. Er 


ziehe zwifchen biefem See, ben Städten Pao yng ler und : 





#»*)' Klaproth De de grand Canal de la Chine in Mem. reist. 
l.« T. II. p. 320. 


\ 


686 Oſt⸗Aſien. Waflerfofteme. I. Abſchn. $. 81. 


i ⸗ 

Kaoyeoutfheou hin, umfließe im N.O. die Stadtmauern 
von Dang tfheou fu und theile ſich dann in 2 Arme, von 
denen einer, direct gegen Sud, nah Kuatfheou fi mit dem 
Klang vereine, den die Shbbarken gehen, welche aus ben Süd> 
Drovinzen des Reichs ben Tribut nad Peking bringen, dages 
gen auf dem andern, alfo wol gegen S.W., die Fahrt zum obern 
Laufe des Kiang nah Nanking geht, woher die Reisbarken 
kommen. Diefe Verzweigung mehr gegen Yang tfheou fu ift 
eine jüngere Anlage; jene direct nah Süd, welche zur Webers 
fahrt des Kiang bei Tſching Fang fu Führt, iſt die ältere. Im 
Morden tritt aber der Canal von Hocaingan fu, buch Wers 
mittlung der Waſſer de Ho ai⸗Fluſſes, defien Lauf vom We⸗ 
ſten her mancherlei Abaͤnderungen erlitten bat, am Oſtende des 
Hong tſeu Sees zum Hoangho. 

Auf dem Nordufer des Stromes liegt nach den Beobachtun⸗ 
gen Europaͤiſcher Reiſender, am Canaleintritt, die Stadt 
Kuatſcheon, mit vielen Erdhügeln und Gräbern, von fließen⸗ 
den Waſſern infelartig umgeben, in einer ſehr pittoresten Rand» 
ſchaft, zu deren Schmuck die große, bedeutenbe Stadt nicht wenig 
Deiträgt. Die Infel, auf der fie erbaut iſt, Hat ein paar Stunden 
im Umfang. Ihr zunähft im Norden am KaifersCanal 
llegt DYangtfhu fu, bis zu welcher ununterbrochen Wohnorte 
führen, eine fo volkreiche Handelsſtadt, die nach den (ficher übers 
triebenen) Angaben .der Jeſuiten, mit ihren Vorflädten und Ums 
gebungen, 2 Millionen 516) Bewohner haben fol, eine Notiz, weidye 
die Jeſuitenpatres jeboc während ihres dortigen längern Aufents 
haltes wol Hätten ermitteln können. Sie war in früheren Jahr⸗ 
Hunderten die Hauptſtadt diefer Provinz, und Reſidenz ber Gous 
Vernenze, und wird baburch beſonders merkwürdig, daß in ihr der 
Venetianer Marco Polo ©) eine Zeit lang dieſen hohen Po: 
ſten bekleidete, der fie Dangui nennt, dabei au Nanghin 
im Weften obwol nur erwähnt. 

Die Breite des mefopotanifchen Landes giebt Bars 
ro w, bier, zwifhen Hoangho und Kiang, in der Richtung 
des von ihm bdurchfchifften Canals von Nord nah Suͤd nur auf 
4 geoge. Meilen (19 Miles) 7) an, und fagt, daß fie biefe Strede 





5085) Route des Peres Bourvet, Fontaney, Gerbillon etc., 1687, b. 
Du Halde T.L p. 82, ) Maroo Polo ed, Marsden Ed. Lond. 
ee u ’) 3. Barrow Trav. 


Ta Kiang, Kaifer- Sanal. 687 . 


“auf ihren Jachten in 3 Tagefahrten zurücklegten. Der Gas 
nal habe dort eine mittlere Breite von 200 Zuß, und liege öfter 
% Zuß erhaben über dem Niveau des Landes, fo daß bie Zins 
nen der Stadtmauern der nahen Städte im Niveau des Fluß⸗ 
fpiegel® liegen, auf dem man hinſchifft. Auch iſt z. B. die Stadt 
Hoaingan fu in fister Gefahr uͤberſchwemmt zu werben. Die 
Strömung des Canals iſt bier „weit flärker als im Nord des 
Hoangho, nämlih 3 Engl. Miles in 1 Stunde, daher hier auch 
mehre Tſcha's angebracht find. Das Land fey wenig angebaut, 
aber doch voll Detfchaften und Städte, die vom Fiſchfang und 
von Waffercuitur leben. Die dortigen großen Seen, wie der 
Hongtfe, dee Kao yeou und ber Pao yang an dem ber Cas 
nal vorüberzieht, find mit dee Lotos (Lien wha) bewachfen, 
unb vielen auf Flooßen ſchwimmenden Gartenbeeten bebaut, von 
Fiſchern belebt, die bier die Kormorane zu ihrem Zifchfange abs 
richten, und aus biefee Pflanzfchule viele Gegenden Chinas mit 
ihren abgerichteten Vögeln verfehen. Die benachbarten Reise 
felder in diefem Morafllande follen von Schlangen wims- 
mein, zumal von zweierlei Arten, einer längern von 6 Fuß Länge, 
die kürzere nur 18 Zoll lang Gehe viele Muſcheln von ber 
Ast Paludina, nor. spec, Palludina sinensis genannt, werben an 
den Ufern ausgeworfen. Die wichtigſte Eultue ber Waflerpflan« 
zen der dortigen amphibifchen Bewohner, fagt EL. Aber 9), 
beſtehe vorzüglich in Nelumbium (Lotus), Trapa bicornus , der 
Tr. europaea ähnlich, und Scirpus tuberosus, weiche als Semüfe 
auf allen dortigen Märkten feilgeboten werben. 

Die geringere Cultur biefee mefopotamifhen Strecke 
im Deltaboben, ift der zu geoßen Waflerfülle, welche auch vom 
Weiten her noch der Houaiho⸗Fluß 9) vermehrt (f. oben 
©. 631, 632), an dem vorzüglich viel Weideland ſich ausbreitet, 
zugufcheeiben. Diefee natürlichere Anbiid des Landes, fagt H. 
Ellis !%), thut dem Auge bed Reifenden, das durch bie ununs 
terbrochene Sorgfalt der Landesbenugung faſt ermuͤdet iſt, ordent⸗ 
Ich wol. Suͤdwaͤrts von Vang tfhu fu nimmt aber dieſer 
forgfältigfte Anbau des Bodens in der Nähe des Kiang ' 





1. c. p. 514; ſ. G. Staunton Auth. Aco etc. Trad. p. Castera l.c. - 


T. 136. 

”) Clarke Abel Narrative I: c. p. 194. ®) Päre Fontaney Voy. 
1688. v. Du Halde T. I, p. 112. 20) H. Ellis Journal l. ©. 
p- 278, s & 


688 :, Oft:Afien. Wafferfofieme. ‘I. Abfchn. $. 81. 
wieder zu, weil da Dämme und Hügel bie Wafferfülle wieder ber 


 berifchen können; da wird die Landfchaft, mit der Verzweigung 


bes Canals zum Klang, und mit dem Anblid der im Wellen 
auffteigenden Gebirgslinien pittorest, wenn man vom Morben 
kommt. In Dang tfhu fu fahe Ellis, in einem der großen 
Zempel.des Fo, das colofjalfte Idol deſſelben errichtet, das 
er bie dahin erblidt hatte; nahe am Eingang des Tempels fand 
ein heilige Bambuswald, des gewöhnlich die Nähe der Tem: 
pel umgiebtz aus der Ferne ſahe man gegen &.D. fon den 
Gipfel der malerifchen Felsinſel aus dem Etrome bes Kiang 
emporragen, die unmittelbar im Often der Canaleinfahrt und Us 
berfahrt über den Kiang zu deſſen Sübufer, fih aus feinen Waſ⸗ 
fern erhebt. 

Es ift der fhon zu Marco Polos Zeiten berühmte Kin 
Schan, oder bee Goldberg 511), weicher mitten inne zwifchen 
den genannten Städten Kuatfheou am Nord- und Zfdying 
Kiang am Süd:Ufer, etwas unterhalb beider Städte Liegt. 
Die Lage diefes Infelchen® am Eingang der großen Bat, an wel 
her biefe leztere große Stadt erbaut iſt, ihre Form, ihre Culture 


macht eine frappante Wirkung. Es iſt eine wahre Zauberinfel, 


fagen die Sefuiten. Einige Zelte und Gebäude flehen der Inſel 
gegenüber, am Suͤdufer auf Berghöhen, wo eine Mandfchu:Gar: 
nifon ihr Lager hat; denn Granitgebirgsketten begleiten ſuͤdwaͤrts 
bie große Bai des Kiangfluffes, fo weit das Auge reichen kann. 


Ein pittorester Infelz Fels neben dem Kin Shan heißt Yin 


Shan, d. i. der Sitberbierg; die Jaloufie der Chinefen ers 
laubte die Befchiffung von beiden nicht. Aber bei der Ueberfahrt 


fieht man die Eteilufer bes Kin Schanz Gärten und Luſthaͤu⸗ 


fer find die Terraſſen hinaufgeführtz fie gehören dem Kaifer ber 
dort einen großen und fchönen Palaft erbaute, der ein Lieblinge: 
aufenthalt Khien longs war. Auf den hoͤchſten Höhen der 
Selsinfel find verfchledene Pagoden errichtet. Der Kiang iſt 
bier an bee Ueberfahrt breiter als der Hoanghoz et fließt gwar 
langſamer wie jener, in einer Stunde nur 2 Engl. Miles; aber 
er iſt weit tiefer, und feine Wogen find wie im Meere, daber 
man aud von der Beſchiffung des —— die Schiffe mit 





— Staunton 1. c. Trad. p. Castera. T. IV. p. 146; Du Halde 
. p. 82; H. Ellis Journal 1; .p 287; Marco Polo Ed. 
Marsden p- 498-500. _ 





za Klang, Kaifet⸗Canal. . 689 


andern wechſelt, wenn man auf ben feegleichen Wellen des Kiaug 
weiterſchifft. Seine Breite fol 2 Engl. Miles betragen. Pates 
Sontaney giebt ihm hier eine Tiefe von 36 Tfchang (360 Tſche 
ober Fuß) 12). Weit er fo fanft fließt, fo bringen die furchtſamen 
Chinefen,, bei der Ueberfahrt auf ihm ben Göttern kein ſolches 

Opfer, wie bei der Fahrt uͤber den Hoangho. | 

An Tſching kiang fu, am Sübufer bed Klang und der 
großen Bai, nur noch 2 Eleine Tagereiſen vom Meere, bee 
Shlüffel des Reiches von der Seeſeite genannt, find die 
Britiſchen Embafjaden ohne «6 zu fehen vorüber gefegelt; Lorb. 
Macartney gegen Oſt auf bem Kaiſer⸗Canal nah Sutſchu— 
fu, Lord Amherſt gegen Weft, den Kiang aufwaͤrts nad 
Nanking. Die Jeſuiten 15) fagen, «6 ſey ein wichtiger Kriegſ⸗ 
platz, zus Vertheidigung ber Flußeinfahrt, hier liege eine flarke 
Bamifon, ein Mandſchu General ift Commandeur; «ine flarfs 
Batterie beherefche den Strom. Die Breite des Klang, nad) 
einer Meffung vom Kin Shan aus gemacht, betrage eine 
halbe Lieue. Der Stadt wird eine ungeheure Population geges 
den, fie ift eine der wichtigften Handelsſtaͤdte des Reichs, ihr Has, 
fen ift mit Junken gefüllt, mit einem Maſtenwald bedeckt; von 
den naͤchſten Anhöhen fol die Ausficht über das Ganze fehr große 
artig ſeyn. Tſchin kiangfu iſt wahrfcheinlich das Gaingust‘, 
bei Marco Polo, dafſelbe das er gleich nachher als Chawa 
gian fu näher befchreibt, 

Bon der Unkenntniß ber Gutopäifden Geographie über viele 
Theile Afrikas und Amerikas ift nicht felten die Rede, aber üben 
das längft bekannte Afien täufcht man fih nur zu oft mit feineg 
ſchein baren Kenntniß. Die Münbungen ber beiden größten Aſia⸗ 
tiſchen Stromfpfieme, diefer Chineſiſchen, hat noch kein Ertopaͤer 
geſehen, Peiner genau erforſcht; ihre Kartenangabe ift nur hypo⸗ 
thetiſch, denn auch die der Sefuiten ſcheint auf keine» pofitiven 
Obſervation zu beruhen, fondern, wie alles was bie masitime 
Seite ihrer Arbeiten betrifft, ohne biejenige Genauigkeit zu feyn 
ſcheint, die fie wol anderwaͤrts bewicfeg haben (f. ob. &. 603). Die 
großen Hauptſtaͤdte, welche zunäcft der Mündung des Kin ng 
Viegen, and welche als Hafenorte, Gmposien, und us — vie⸗ 





12) Père Fontaney Voy. 1688. b. Du Halde T. I. p. 113. F 

22) Route des Pères Bouvet, Fontaney, Gerbillon etc. 1687. b. Du 
Halde T. 4. p. 815 tbend. p. 154 et 226. 22) Mi:Pols Ed. 
Marsden L. c. p. 498 - 50 


Mitter Gedkunde IV. xX 


600 fi- Men, Waßfeerſyfteme. 1. Abfchn. $. 81. 


len Hunberttaufende, ja Millionen ihrer dicht gebrängten Popu⸗ 
lationen, wie durch die ununtschrochene Reihe von Culturland⸗ 
ſchaften die fie umgeben, buch ben Zudrang ber Seeſchiffe und 
Flußſchiffe, durch die gefkeigertefle Induſtrie ihrer Bewohner, zu 
den erſten Weltſtaͤdten gerechnet werden müffen, find gänzlich um: 
befannt, oder doch nie befucht, nie beachtet, ja ganz außerhalb der 
Sperulationen bes Europäifchen commerciellen wie wiffenfdyaftti: 
hen Interreſſes legen geblieben. Bon ber großen Stadt Tong: 
tfhu fu, an dee aͤußerſten Mündung des Kiang, weiß Niemand 
etwas zu fagen. Auch bie jüngften Schiffer an diefem Geſtade, 
Lindfay und Süglaff, im Schiff Lord Amherſt, vom Gapt. 
Nees gefeuert, konnten Beine dieſer Mündungen befuchen. Gehe 
richtig, ſagte umfer Landsmann Güglaff 515)5 viele uubedeu: 
tende, oft kaum bewohnte Infelchen und Klippen ber Sübdfee und 
anberwärtd, haben von der erſten Entdeckung der Seefahrer an, 
bie heute, die größte Aufmerkſamkeit auf fich gezogen, find Immer 
wieder von neuem befuche, aufgenommen, befchrieben, aber bad 
Münpdunglonb der beiden Hauptſtroͤme Chinas biieb unbe 
kannt, obwol es eine der gedrängtefien Populationen und eine 
der gefleigerteften Culturen ber Erbe aufzumeifen ‚vermag. Mies 
mand ſuchte fie auf, die Küfte blieb ungemeſſen; bie ſtark bevoͤl⸗ 
Berte Inſelgruppe Tfungming, weiche der Mündung vorliegt 
(f. oben S. 637), bileb bis auf die Sefuiten: Berichte faſt umbe 
kannt, fie wurde, wie bie Lage ihrer Umgebungen, auf allen Kar: 
ten irrig niedergelegt. Gapt. Rees nahm von biefem Geſtade 
eine neue Karte aufz biefe iſt bie jet bei der Engliſchen Admi⸗ 
salitäc geblieben. Guͤtzlaff und Lindfay beſuchten diefe In; 
fel, von Schanghai aus, im Juli 18325 daher des neueſte 
Bericht Aber fie von Augenzeugen. 

Die Infel Tſungming, fagten die Sefulten 16), Liege 
6 Lienes vom Lande ab; fie werde auch Kiangche, d. h. Fluß⸗ 
unge, megen ihrer Lage, ihrer Geſtalt, ober weil ber Fluß fie 
su feiner Mündung hinaus ſchwemmte, genannt; Sie fey nur 
ſchmal, aber langgeſtreckt, der Strömung entlang, fey früher öbe 
und beſchilft gewefen, banız zum Erit ber Verbrecher geworden, 
nach und nad) bebaut, und habe 20 Lieues Länge, 5 Lieues Breite, 
ſey vol Tandle und Dämme, vol Sue, Campagnen, Baum⸗ 





518) Gützlaffe Report in — of Proceing L c. p: 290. 
3*) Du Halde Desor. T. I. p. 160. 


e a Klang, Inſel Tfungming. 7,008 


pflongungenz voB Ageicuftus und Handel; Gefluͤgel, Büffet 
Schweine, etwas Obſt, Orangen, Citronen, Apricofen, Pfirſich 
werden daſelbſt gezogen; auf dreierlei Bodenart vielerlei Koen und 
Gewmuͤſe gebaut; aus einer völlig vegetationsleeren Erdſchicht, 
aber dicht neben. dem pflanzenreichſten Humus, fehe vieles und 
gutes Salz getwonnen, 

Wie fchifften, erzähle Mr. Bindfap, am iften Jull 183% 
von Shanghai in Kiangfu hinuͤber. Wie fanden die füdliche 
Einfahrt zur Hauptinfel Zfungming unter 31° 80 N. Br. 17 
alfo etwas fübdlicher als auf der Karte ber Jeſuiten. Abde jaͤhr⸗ 
lich nimmt bie Infel an Umfang zu; fie wählt. Sie hat gegen⸗ 
wärtig über 15 geogr. Meilen (60 Engl. Miles) Länge, und 8 
geoge Meilen und mehr (15 bis 18 Engl. Miles) Breite. Es 
geigt ſich auf. diefem Eilande, einem bloßen Alluviaibeben, 
eine der dichteften Populationen in China. Die Chine⸗ 
fen meinten, in der legten Hälfte der DuensDpnaftie (Mongho⸗ 
tens Hersichaft) ſey hier Leine Cultur gewefens biefes unterſtuͤtzt 
die von G. Staunton (f. oben ©. 638) geaͤußerte Hypotheſe 
ihrer jüngern Bildung. Die Infel fol eine halbe Mikion Eins 
wohuer beherbergen. Gie ift zugleich Die freieße Inſel Chinas 
ohne dort wohnende Mandarinen. 

Von SW. her kommend ſteuerte man wiſchen zwel großen 

Sandbaͤnken zu ihr hin, die ſicher in 100 Jahren einen neuen 
fruchtbaren Inſelanſatz gebildet haben werden, in jenem, zu ſol⸗ 
chen Auſchlammungen fo geneigten, Gelben Meere. Das 
Waſſer umher zeigte ſich nur fehe ſeicht von 14 bis 4 Faden, 9 
dis 24 Fuß, indeß doch an andern Stellen Bis 6 Faden Tiefe war, 
wo große Junken vor Anker liegen konnten. 

Die Inſulaner waren ungemein willig beim Anlanden bet 
Briten; fie zeigten den Weg zur Stadt, bie fie Sinkae obdet 
Sinkaou nannten, 3 Miles fen vom Landbungsorte. Der Bo⸗ 
den der Inſel iſt ungemein teih und fruchtbar für Anbau‘ von 
Reis, Baummolle, Hirfe, allerlei Gemüfen. Die ganze - 
Inſel wird nach allen Richtungen Hin von Candien und Daͤm⸗ 
men zur Bewaͤſſerung durchzogen. Nicht in Dörfern, wie auf 
dem Gontinens, fondern in Welleen und zerſtreuten Häufern und 
Huͤtten wohnen die Infulaner, Sshee Zahl feste in Keflaunen ; 
fie waren fehe rtuͤſtig von Geftalt, wohl genähea An manchen. 


17) Lindssy Report in Report of — L 5 p: 191-200. 
jr i F 





694 Di Afen. Mofferfofieme. L Abſcha. $. 81. 


Ganalumgehungen gerkhut wirds lange ſchoͤne Diuays find derch 
den Tet Hin aufgeführt. Dann sicht der Canal durch einfürmige 
Ebene nah Kia hing fu (Kiching bei D’Anville umd 
Grimm), und erhält den Namen Sitchfao ho. Hier heilt 
ex fi in 3 Arme, ber ſüͤdliche, der öftlihe, ber nörbliide 
Arm, melden letztere bie eigentliche mörblidye Fertfegung det 
" großen Kaiſer⸗Kanmals bis zum Kiang !N) bilde. Die ein⸗ 
zelnen Benennungen der Seitenfpfleme, deren ſehr viele find, 
da hier das Land voll Populationen umd großer Städte, die alle 
mit dem Haupt:Canale in Verbindung fichen, wie geſagt, übers 
gehen wir, fo wie auch die Benennungen der einzelnen Ga⸗ 
saiftsreden, beren unzählige find, zu deren Verſtaͤndniß ges 
nauete Karten, als bis jegt die unfrigen , gehören. In dieſem 
Lombarbifchen ober Hollänbifchen, Babyloniſchen ober Bengalis 
‚Shen Canallande und Waſſernetze der Binnenſchiffahrt, 
auf das genauefle orientiert zu ſeyn, iſt bie erfle Pflicht des Chir 
neſiſchen Mandarinen, der jenen Localitäten angehoͤrt; uns ge 
pügt es, geographiſch, nur die Hauptlinien des großen, außer⸗ 
dordentlichen Verkehrs und Zransportes jener Millionen von 
Einwohnerfhaften nachgewiefen zu baden. Man bebenfe, daß 
nach den jüngften Zaͤhlungéliſten Chinas, im 18ten Regierungsd: 
jahre Kaifer Kea Kings, d. i. im Jahre 1813,die Hier vom 
Ganallande und ben beiden Hauptſtroͤmen durchzogenen 
Provinzen, in runden Summen folgende Maſſen von Wörter: 
ſchaften beherbergen; bie Provinz Petſiche li 28 Millionen, 
Schantung 29, Honan 3, Anboei #4, Kiangfk 37; 
Tſchekiang 26 Milionen, alfo 177 Millionen, auf dem ges 
nannten Raume, mehr als zwei Drittheile ber Population 
von ganz Europa. — 

Nah Europäifhen Reiſenden anf biefer Linie er⸗ 
fahren wir folgendes. Lord Macartneys Embaffabe legte 
dleſen Weg vom Norden her, zu Schiffe, vom Kiang bi6 nad 
Hangtfhrou fu?0) zuräd, und ein Theil feiner Begleiter (Co: 
lonel Benfon und Capt. Mackintoſh) auch noch von ba 
gegen Oſt, bie zum Meere bei Lutſchong, wo fie Küftendarten 
bie Ningpe deſtiegen, um ihr an ben Tſchu Schan Juſeln 


81°) Mem. relat. I, c. T. III. p. 816. 9 G. Staunton Authent, 
3 a Castera T. IV, p. 1447 19h Barrow Trav. hc, 
p- 516—523. 


Der Kaifer- Canal, Suͤdhaͤlfte. 695 


(. od. &. 637) ſtationirtes Schiff, den Indoſtan, zus Ruͤckfahre 
zu erreichen, indeß ber Geſandte Lord Macartney ſelbſt mit 
‚feinen Begleitern H. Staunton, Barrow u. a., bie Lands 
reiſe gegen W. durch bie Theeprovinz (f. Aſiend Bd. IL. &. 245, 
oben S. 670) nah Canton zurüdiegte. Fruͤher fhon einmal 
hatten die Jeſuiten Patres ihre Route (1687) 2!) auf derfelben 
Wafferfiraße, von Mingpo gegen Norden über Hangs 
tfheou fu bis zum Kiang, obwol nur ſehr kurz, befchrieben. 
Das füdliche Ufer des Kiang, bei ber Stadt Tſching⸗ 
tiang (f. oben ©. 689) aus Sranithöhen befichend, welche die 
große Bai einfchließen, hebt ſich fübwärte mehr und mehr, und 
mußte zum Behuf des Canals, der an biefer Etadt vorüber zum 
Süden zieht, mehrmals bi6 zu einer Tiefe von 80 Zuß in den 
Fels eingefchnitten werden. Daher ift er hier mitunter enge, nus 
zuweilen 12 Fuß breit, mit hohen Felsufern oder Quadern eins 
gefaßt und Bruͤcken überbaut, aus demfelben rothen Granitſtein 
Die erſte geoße Stadt, die er durchſchneidet, iſt Tſchang⸗ 
tfheou fu, ein großer Handeldort von Bedeutung. Dann 
führt der Canal dur vollkommen ebene Flaͤche, als wäre hier 
einft ein Geefpiegel gewelen, nah Su tfhu fu. Um die Vors 
ftädte diefer gewaltigen Stadt zu duchfchiffen, brauchten bie Sachs 
ten der Britifhen Embaffade 3 Stunden Zeitz auf allen Seiten 
von Gandlen durchſchnitten, wurden fie an Venedig erinnert. 
Die ungeheure Wenge, der hier vor. Anker liegenden Barken, feste 
fie in Verwunderung. Auf einem ber Schiffswerfte waren fo 16 : 
Barken, jede zu 200 Tonnen Lafl, eben in Arbeit, Der Canal 
fegt unter den Bogen ber Stadtmauern hinduch, in berfelben 
Urt wie biefe von den Holländern in Batavia angebracht find. 
Die Stadt erfhien freundlich „.. gut gebauf, die Bewohner belebt, 
Dicht gedrängt, wohlhabend, meiftentheils in Seide gekleidet, Nur 
konnten fie es nach ein paar Jahthunderten noch nicht ohne 
Schmerz uͤberwinden, daß ihnen durch die Mandſchu die Naͤhe 
dar Reſidenz in Nanking enttiſſen und der Hof nach Peking 
verlegt ſey. Sie nennen ihr Sutfhufu das Paradies von 
Ehina), wenn auch nicht im Himmel, dach gerade unter 
dem Himmel, nach ihrem Sprichworte, auf der Erde. Die⸗ 


ı. 


21) Route des Peres Bouvet, Fontaney, Gerbillon, Le Comte et 
‚..Visdelou de Ningı vo a Peking 1087. % Du Halde L c. T. I. 
p- 73— 81. fe Du Halde T. 1. p. 152. 





699 Oſt⸗Aſſen. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 81. 


fee Sprichwort iſt ſchon Marco Polo22), bes biefe Stabt 
Singui in Mangi nennt, bekanntz ſchon zu feiner Zeit war 
diefe Stade von der größten Bedeutung, buch Handel, Seiden⸗ 
mwaaren, Gewürze, Doctortn, Phitofophen, oder vielmehr — 
und Teufelskuͤnſtler aller Act, wie er bemerkt. 

Im Suͤbden des Kiang, bis hierher, bemalt man num 
Ihon Theepflanzungen, vom Kiang fübwärts bucch biefen 
ganzen Strich erblidte man jeme gelblihe Karbe der Baums 
wolle auf den Baummollpflanzungen, welche dem übrigen China 
fremb ift, und ungefaͤrbt hier dem befannten Gewebe die eigens 
thuͤmliche Farbe giebt, das von ber Gegend, Nanking, bei den 
Ausländern genanne wird; die Särbung ſchreibt man der Natur 
des hieſigen Bodens zu, und fagt bei der Verpflanzung in am 
dere Santone begenerice fie. Die Bildung des Menſchen⸗ 
ſchlages im Süden des Kiang fanden bie Briten weit von 
theilhaſter, als im Norden deſſelben, zumal die Bildung ber Weis 
ber, fügt Barrow, fey hier Thöner, dee Ausdrud ihrer Gefichts⸗ 


Bildung fanfter und lieblicher, als in allen nörblicern Provinzen. 


Maulbeerpfianzungen bedecken hier das Land, und Seide 
iſt hier die allgemeine Volkstracht. Nahe der Stadt im 
Weſt breiter fich der prachtvolle Spiegel des Taihn⸗Seees mit 
pittoreöfen Hügeln umkraͤnzt aus, ein fifchreiche® Waſſer, ein 
Luftort des Wortes, wohin unzählige Luftfahrten ber dortigen 
Städten ſtets auf Barken in Bewegung find, an denen auch bier 
das weibliche Geſchlecht Antheil nehmen darf. Diefer See liegt 
auf bee Grenze ber Provinzen Kiangfü im Morden, und 
Tſcheklang im Suͤden. Suͤdwaͤrts von demfelben fängt das 
Gebiet des Croton sebiferum bes merkwuͤrdigen Salgba ums 
(f. ob. S. 659,679) an, der mit feinem purpurfarbnen Laube 
und den ſchneeweißen Früchten, wie mit Schnee überfchäts 
set, den merkwuͤrdigſten Gontraft mit andern grünen Laub: 
bäumen bildet, und auf weite Strecken bin die beiben Seiten 
der Ganalufer befchattet. eine vegetative Zone gehört uur dem 
Süden von Chin (fuͤdwaͤrts von 81° Breite) am. 

Der Kaifer: Ennal, [üdwärts von Su tfhu fu, Burda 
zieht in einer vielfach wechſelnden Breite, zuweilen von 60 bis 
100 Toiſen — an einer Stelle ward eine Bruͤcke auf 90 Bogen 





673) Maroo Palo ka, Marsden Lib: 67. p. | 
a i Ih ed. 7. p-006 etc, ed. Bal- 


l 


De Kaiſer⸗Canal, Hang hu fu, 097 


üben Ihn gefchlagen) ein ungemeln reich. bebautes Land, über. 
Kia bing fu bis Hangetſchang fu, Kin Verzeichniß ber 
Pflanzen, die von . bier nordwaͤrts buch Kiang nam und 
Shan tung vortommen, hat Staunten 2%) mitgetheil. Kia 
hing iſt eine ungemein große und reiche Kaufmannsſtadt, abes- 
um und neben ihr iſt alles auch voll ameinanderhängender Dixte 
ſchaften. 
Bet der etwas fühlichern großen Stabt Hang tfhu fu 
(Quin sai bei Marco Poto) endet ein fehr großes Baſſin 
den Kaifer- Canal, dem aud, die Waffer des großen Ser’s 
im Weften der Stadt zufließen; ein Canal umläuft biefe ganze: 
Stade und verzweigt ſich von da aus in viele andere; auch durch⸗ 
Schneider fie pe Schen tang Fluß, ber fih 15 geogr. Meilen 
gegen Oſten zum Meere ergießt, in bem die Fluth bis zur Stadt 
in großer Breite aufſteigt Hang tfhu fu Bonnte daher bes 
Stapelort der Umladung aller Prodbuete aus ben Suͤdpro⸗ 
Yinzen auf dem Seewege werben, die auf dem Canal⸗ unb Fluß⸗ 
wege ben Central» und Nord Provinzen zugeführt werben ſol⸗ 
len, Sie iſt dies fchon feit vielen Jahrhunderten, Dargo Polo 
bat fie ſchon unter dem Namen Quin [al oder Kinfai (d.h. 
Himmelsftade) als die größte und merkwuͤrdigſte Stadt des 
Were 25) voll Schönheiten und Annehmlichkeiten befchrieben, in 
der er fich ſelbſt fehr haufig aufgehatten, wahrſcheinlich in jener 
Deriode, da er Gouverneur der Eapitale Hang tſchu fu war. 
(f. oben ©. 686) ; die Bewohner, fagt ex, hielten fie ſelbſt fuͤr 
das Paradies der Erde. Von biefer Stadt hat der eble 
VWenetianer Die umſtaͤndlichſten und genauefien Nachrichten hin⸗ 
terlafien, welche das fiationgaire der Ehinefifchen Vers 
bäteniffe, ſeit mehr als einem halben Sahrtaufend, auf das 
mertwürbigfte beurkunden. | 

Die merkwürdige Lage hat Hang tfhu fu von jeher zum. 
Ihrer Bedeutung verholfen, zu einer Population, welche. ©, 
Staunton 5) der von Peking gleich ſchaͤtzt (über eine Mil⸗ 
Kon Bewohner) ; bie Häufer find meiſt nur einftödig, aber der 
Umfang der Stadt iſt ungemein ‚groß. Die Straßen find. eng 





Marco Polo Ed, Marsden Lib. IL ch. 68. pag. 5608-54. ei, 
Batdelli Boni T, I P. 138 — 144; T. IL BR 322 4 — 
“GC Stanoten ho W. p. 17 — 191, Ä — 


— — es 
9— G. Staunton 1. c. ed, Castera T. IV. p. 160—165, 


698° Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 81. 


wie alle Chineſiſchen, aber ale Häufer mit Boutiten, Magazinen, 
Kaufläden verfehen, von denen die Engländer fagen, daß fie de 
nen in London an Glanz und Fülle nicht nachfichen. Die 
Jeſuiten Pater65275 vergleichen das Gedraͤnge der Stadt mit bem 
von Paris, nur fehe man kein weibliches Weſen auf ber 
Straße; born zeigen bie Häufer ihre Läden, auf der Ruͤckſeite 
ziehen an jedem Haufe, jeder Straße, Canaͤle zum Aus: und 
Einladen der Waaren vorüber. Schon Marco Polo ward, 
feines Kapitele von der Stadt Quin fai, ber Auffchneidereien 
wegen, als Meſſer Million verſchrien; durch die Vergleichungen 
der juͤngeren Beobachter, die hier nur den Maaßſtab von Pa⸗ 
ris und London, Vergleichungsweiſe ſich verſtaͤndlich zu mas 
chen, anzugeben wiſſen, iſt der edle Venetianer zu ſeiner Zeit 
vollkommen gerechtfertigt. Das Spruͤchwort, auf welches M. 
Polo feine Angabe von der paradiſiſchen Lage der Stadt gruͤn⸗ 
det, heißt im Chinefifhen: Kang yeu tien tang, Dia yeu 
Su Hang, d. h. oben iſt das Paradies, unter dbemfels 
ben liegen bie Städte Su (Sutfhufu) und Hang (Dang 
tſchu fu) nah Klaproths Mitcheilung. 

Die Garnifonftadt, in welcher die Mandfchutruppen Liegen, 
ſagten die Sefniten, ſey aͤrmlichz die Paters lernten fie nur 
kennen, weil daſelbſt au ber Chriftlihe Kirchhof lag, denn 
auch ‚bier beſtand (1687 ) eine, der Zahl nach wenigſtens bedeu⸗ 
tende chriſtlich⸗ Fasyölifche Gemeinde, mit einer Kische, in beren 
Angelegenheit fie „hier länger verweilten. Gegenwärtig wird da⸗ 
von wol faum noch eine Spur vorhanden fepn. Der wichtigite 
Kandel, welcher hier betrieben wird, ift in & eidenwanren als 
lee Art, in Pelzwaaren, auch Engliſch Tuch wird hier viel umge 
fegt, für das kaͤltere Clima. Der Handel ift übrigens heutzutage 
aur Landhandel nide Seehandel, obwol die Stadt am 
Hauptfluß der Provinz liegt, der, wie fi, Sche frang (aud) 
Tſintangkiang 23) genannt) heißt, und eine weite Mündung 
bat, in welcher auch bei niederer Ebbe noch 6 bi6 8 Faden Tiefe 
bieibt, der Seehandel wird dagegen in unten von den Seeſtaͤd⸗ 
ten Ring pp und Schang bat betrieben. . Das Straßenge⸗ 
draͤnge in Hang tfcheou fu wird buch die Emfigkeit ber Ges 
fHäftsteute ungemein erhöht, in allen Boutiten find nur Männer 





a7) Da Halle l. 0. T. I. p. 75. 4) Lindsay in Report of Pro- 
ceedings 1. c. p. 153, 164. ' 


Der Kaifer-Canal, Hang tſchu fu. - 099 


in Thaͤtigkeit, die Weiber follen in unzählbaree Dienge mit ben 
Stidereien der Seiden und anderer Zeuge vorzugsweiſe beſchaͤf⸗ 
tigt fepn. Zu ben berühmteften Luftparthien, die von hier aut: 
gemacht werden, gehören die nah dem nahen See hu (Si hu 
bei Pater Martini), einem reizenden Seebecken im Werften ber 
Stadt, defien Schilderung [don Marco Polo?) einen eignen 
Abſchnitt in feinem reichhaltigen Werke gewidmet hat, woraus 
man fiche, wie dort alte und neue Zeit ſich gleich fehen. Mit 

bem klarſten Waffer Über Ktesgeund iſt diefee Eee ungemein 
fifchreih, von keiner Stunde im Durchmeffer, aber von maleri⸗ 
fhen Bergen umgeben, immer von Gondeln belebt. Ein kaiſer⸗ 
liches Sommerfchloß, Tempel, Budbhiftenktöfter auf Berggipfeln, 
Luftpäufer und Gärten ber Mandarinen an ben Gehängen und: 
Ufern, viele elegante Bruͤcken über bie einfallenden Fluͤßchen und 
Bäche gebaut, ſchmuͤcken das Seegeſtade von alten Selten; das 
rund umber mit Grabſtaͤtten in zierlichen Anlagen mit Cypreſſen⸗ 
hainen umgeben tft, weil hier der Kirchhof der großen Stadt fich. 
ausbreitet,. der fiet6 von feidtragenden Samilien befucht iſt, bie 
bier in bee Stille ihre Todtenfeſte feieen, Blumen’ pflanzen, 
Weihrauchopfer bringen, "mit bunten Papieren und Zeugen bie 
Grabmaͤler, wie zu M. Polo?s Zeit, fo noch heute, zieren u. [.w. 

In Süden und Suͤdweſt der Stadt breitet ſich ein reiches Ges 
müfefeld aus, das die Briten mit denen in der Nähe von Lons 
don vergleichen. Da, wo die Berge dichter zufammen treten, bes. 
ginnt Teraſſencultur, malerifche Thaͤler fhmüden fih zumal im 
S. W. der Stadt, mit den prachtvolften Kaflanienbäu« 
men 20), deren Art ſich dur ein befonders großts Laub aus⸗ 
zeichnet, auch mit dem Lozbeergrün bes Kampferbaumes, bie 
einzige LZaurus Art, die in diefem Theile China's wächft, aber 
auch in ſolcher Fülle und Vollſtaͤndigkeit, daß fie das befte Bau⸗ 
holz zum Häuferbau und Schiffsmaſten giebt. Außerdem ift 
auch hier noch der recht heimathliche gebeihliche Boden des Talg⸗ 
baums (Croton sehif.) mit feinem Purpurlaube, Dieſelbe 
landſchaftliche Natur Hält von der Hauptſtadt Haug tſchu fi, 
welche zugleich der Sig des Vicekoͤnigs der Provinz Tfhe kiang 
it, mit gleicher — und une vn — die 


des PX] 


20) Marco Polo ed. Marsden . c. bꝛa ed. Baldelli Bon! T. I. 
p. 140, T. IL. p. 330. 20) G. Staunton I, c, Trad. f, Ga- 
wiera *. IV, P. 190. ee Aid 





700. Dft:Afien. WBafferfofteme. 1. Adfchn. K 81. 


gange Provinz, und oſtwaͤrts auf des Seitenverzwelgung des Ga- 
nales an, bis zur bergigen Küfte bei N die in 3 Ta: 
ostaheten erteicht wird. 


. Die Hafenorte Ringpo und Schang hal, und die 
TſchuSchan Infeln, nah den neueften Britiſchen 
Entvedungen; der Hafen Kan phu berg Araber, 
Sambu bei Marco Polo. 


Der Fluß, der an der Stadt Ningpo durch liebliche Berge 
zieht und zum Deere mündet, hat unterhalb derſelben die Breite 
Des Themſe zwifhen London und Woolwich. Bor dem 
Hafen von Ning po liegen die Tſchu San Iufeln, von 
welcher Schon Lord Macartneys Embaffade, auf der Hinreiſ⸗ 
nach Peking, einigen Bericht gegeben hatte. 

Die Archipel dr Tſchu Shan?) (Chu San, von 
29° 27 N. Br. noͤrdlich, ſ. oben ©. 537) gehört zu den unzaͤh⸗ 
Ugen Küfteninfeln, die dem zerrifienen Oſtmeer-Geſtade China'o 
vorliegen; fie reihen ſich nordwaͤrts der Gruppe der Hey fan 
(28° 55 N. Br.) und Duifan (bi 9 IN.DBr) Inſeln an, 
amd find von fehr vielen Canaͤlen zerfchnitten, die flet6 von un⸗ 
zähligen Fiſcherbarken belebt find. Gin Raum von etwa 300 
QDuabdratmeilen, der ihre Gruppe einnimmt, meint Barrow, 
zähle an 400 Jnſelchen, nah ©. Staunton nur an 300, bie 
losgeriſſenen Trümmern vom Continent ähnlich fehen, weiche 
Dusch heftige Strömungen davon wie abgeitennt erfcheinen, indeß 
die weichern, zwifchen liegenden Erdſchichten, einfl davon wegges 
fhwemmt ſeyn möchten. Alle fehen ſich gleih, von globularer 
- Korm, durch tiefe Canaͤle gefchieden, ihre Maſſen fiheinen Gras 
mic oder Porphyr zu feyn (dann würden es cher emporgeho⸗ 
bene Klippen ſeyn); auf keinen Fall find fie, wie einſt bie 
Tſung ming Infeln, nur Alluvialboden. Ihre Bildung 
ſcheint eher der des Koren Archipels, an deſſen Weſtgeſtade (f. ob. 
©. 621), zu entſprechen. Viele find fehr Lieblic, bebaut, haben 
gute Hafen, ſehr fihere Anterpläge, fo daB diefe Vorzüge nebſt 
ihrer bequemen Lage gegen Ming pu, und in bee Nähe von 
Koree, Japan, Formoſa und den Lieou Ehieou Safe, 
qhnen ein reges Leben und ſtarken En ſichern. Jaͤhrlich ſol⸗ 





ı)Q. Stanntın Ic. 'p.18l. 22) G, Staunton Authentic. 
amount L c. T. L. p. Bassow Tier. p. 


x 


Seegeſtade von Tſche tiang, Tſchu San Anfelm OR 


fen, aus einem einzigen fhree Säfen, vllein 12 Schiſſe ward 
Japan auslaufen, um von dort Kupfer gu holen. . "2. 
Die jüngfte Britifhe Erpedition, im Schiffe Lok Au 
berft (1832), fleuerte von dem Hafen Ring po art ver Web 
feite diefee Tſchu San Infeln vorüber, in einer neu eutbeck 
ten Fahrſtraße die den Namen Amherſt Paffage An "erbite} . 
man fahe nur die nwoͤrdlichſte Inſel biefer Gruppe, Dat bau: Ti 
Anker warfen, fie erhielt den Namen Guͤtzlaffo Tufery m 
fleigt felfig und kühn empor, Die Eleineren Kiippen des Ari) 
pels ſtehen, durch ihre öde Wildniß, in ſtarkem Gontraft: mil bem 
grünen, ſuͤblichern Seftabeinfein. Rue wenige ſchienen bebdnf 
zu feyn. Die noͤrdlichſte Ankerflelle haͤtte nur 4: Faden TEN, und 
mar von vielen Sandbaͤnken umgeben, Biinedwege geſchützt; Aug 
den unzähligen Sifcherbooten, welche hier das Meer burchfchuehrrem 
ten, meiftentheil® Schiffer aus bee Provinz Zo kien, mit-We 
faͤßen von 100 bis 150 Tonnen, jebed mit 20 dis 30 Mann 
Eautpage, fuchten fie ſich erfahre: Piloten zur Beſchiſuu⸗ = 
Hoang hat oder Gelben Meeres aus. 
Ming po und nod etwas weiter mörbfi Sans ya 
(Chanhai bei D’Anville), wurden ebenfalls bei dieſer Erpebition 
von Lindfay und Guͤtzhaff befuicht, wodurch wie don His As 
jüngften friſchen Berichte uͤber dieſes Geſtade von If chetianq 
md Kiang fu an dem Mündungsiande des Kiangeund 
Teinee Sanalverzweigung, erhalten haben, worüber ums fruͤ⸗ 
ber nur Werichte aus der Zeit ber Araber, im IX, Saec., und 
dur) Marco Polo, am Ende des XIIL, zugelommen waren, 
denn zwifhen Ring po und Shan hai mitte ihne,- ak der 
Dſtkuͤſte des Meeres, lag einft hier In der Nähe des jehigen Hat 
yan hian (Hai yen bei D’Anville), unter 30° 28° N. Br. und 
117° 85’ D.2. v. Par. Der autile Hafenott Kan phu, oder 
Kan fu) (Bam pu bei M. Polo), der Hafen der . Stade 
Hang tfheou fu, der Capitale von Tſche Hang, der etwa 
2 Stunden von ihr, gegen O. N.O., in jenen früheren Zeiten uns 
gemein blühend war, feitbem aber verfandete, und etwa8 
Stunden fübwärts von Hal van hian lag. Die Meinung dee 





22) Lindsay Report ih Re rt of Proceedings ete. I. c. London 
1833. 8. p. 166 ‚Tableau histor. de VAsio ps 227. Not, 
Klaproth N echerches sur les Ports de Gampou et de Zaithoum 
in Mem. reletifs & V’Asie T. IL p. 200-210. . 


v2 Of Afen. Wafferfofieme, 1. Wilde 4. 81. 


Sehen Sommentatorn Marco Polo’s, wie Marsben und 
Gardinal Zurla, da6 heutige Ning po felbft für jenen anti 
ser. Hafen Kan phu zu halten, iſt irrig: denn Ning po hieß 
ws M. Polo's Beit Khing yuan, in früheren Zeiten abes 
Ming ifheou fu, und echielt erſt, im Jahre 1381, zur Zeit 
der Wing Dpmaftie, alfo an 100 Jahre nah M. Polo, den 
beutigen Namen Ning:po, d. 5. Friedliche Wogen, ben 
die eriten Portugiefen wie De Barros Limp 053) oder Nimpo 
(anieben, 

Kanfu befand fich an der Mündung des Fluffes Tſchekiang 
(oder Thfiang thang klang), von welchem bie ganze Pros 
vinz den Namen srhielt; vor ihm liegt die Paflage Wutu men, 
gwifchen zwei Klippen ber Bai — bies fagt die Chinefifche Reichs⸗ 
geographie. — Dieſer Hafen war ſchon im Jahre 306 u. Chr. 
Geb. bekannt, die Chang Dynaſtie verlegte bahin den Sig 
einez Admiralitätz bie Mongholen errichteten daſelbſt eine 
Danbelstammer ober. Dandelsgeriht, vom Hafım if 
nichts mehr als ber Name in einem Heinen Flecken daſelbſt übrig, 
Die Asabifhen Autoren behnten beffen Namen aud auf feine 
zugehörige Capitale, auf Hang tfheou fu aus, diefe neun 
jedoch DM. Polo, wie gefagt, Quin fais aber beffen, wie er 
fagt, ungemein fchönen Hafen, Sam pu%) (db. i. Kan fu), 
wohin täglich feine Schiffe ein und ausliefen, und mit Waaren 
beladen: in großer Menge in’ alle Welt gingen. Es war ber 
Dauptankterplag der Arabifhen Schiffer in Früheren Zeiten, 
wie einftimmig die Alteften Arabifchen Geographen 37) ausfagen, 
Ein Kabi fungirte dost als Conful der Mohammedaner in den 
Dandeltangelegenheiten mit den Chinefen. Auch Ebdrifi und 
Abulfeda nennen diefen Hafenort Kan phu (Can fu), bes 
aber jetzt nicht mehr exiſtirt, ben man früher irrig mit Canton 
verwechſelt hatte. | 

Ting po’& Hafen (d. h. Friedliche Wogen) iſt dage⸗ 
gen an bie Stelle getreten, und in ihm landen heute bie Junken 
der Kuͤſtenfahter. Durch Lindfay und Guüͤtzlaff haben wir 
hiegüber ganz feifche, ja bie einzigen Nachrichten erhalten, nach⸗ 





— Journ. New Ser, 1831. Vol. V. p. 143, 2°) M. Polo 
=? 5423 ed. Baldelli Boni T. ALp. 839. 

2) — nciennes Relations des Indes e&& de la Chine etc. 

Paris, 1718. 8. ps 51; P. Gaubil Hist, des Zn) it Mem. d. 


Seegeſtade von Tſche kiang, Ning po. 708 


dem der Verkehr babin mit Portugiſen, ſeit Macao's Auf, 

blühen längft aufgehört hatte, und ou die Engländer, die 
bie zum Sabre 1759 ſich noch ihres Privilegiums, bis Ning po 
directen Handel zu treiben, bebienten, darauf gänzlich Verzicht 
geleiftet. hatten, wodurd die Europäer feitdbem in fo gänzlicge Un⸗ 
wiſſenheit über diefe Localitaͤt verſanken, daB ale Kuͤſtenkarten 
jenes Geſtades, von denen der Sefuiten bis auf Dalrymples 
Blaͤtter, fchlecht hießen, und duch Capt. Rees den Commanbeus 
des Schiffes. Ford Amherſt (1832 ) neu. ——— — 
mußten. 

Ting er liegt am Ta hea oder Ta hae =) Fiuß (Sin 
der Sefuiten), aber an 3 geogr. Meilen (14 Miles Engl.) auß 
waͤrts, defien Lauf erſt gegen S. W., dann W., dann N. W. gehk 
An der Muͤndung des Fluſſes, die eine halbe Engliſche Meile 
Breite, und Über dee Barre noch 6 bis 7 Faden Tiefe hat, liegt 
die Stadt Chin hae, hinter der-eine Plaine fi) ausbreitet, ne⸗ 
ben welcher auf der Landſpitze sein Hort in Verfall liegt; Nie 
Uferfeite des Fluſſes ift mit Quadern trefflich vermauert. Nach 
Capt. Rees Beobachtung, liegt dieſe Stadt Chin hae, 'nebft 
der vorliegenden Zihu Schan Infel, unter 29° 54 N.Br, 
121° 5247 O.8, v. Gr. (nah Dalcymple unter 30° 1 NHBr,, 
nad) den Sefnitenlarten 30° H' N. Br.). Der Ta bea,.an 15 
geogr. Meilen lang, ift wafjerreich, durch feinen Hafen und feine 
Schiffbarkeit dis Ning po bedeutend; höher auf iſt eres micht 
mehr. Die Mündung des Fluſſes, meint Lindfay, müfe.far 
100 Sahzen tiefier-getworden feyn, ba ſich im Jahre 1767 bie 
Englifhen Schiffer beklagt haben, daß die Einfahrt fo ſchlecht, 
ja unmöglich ſey, wovon jetzt keine Spur. Die größten beladenen 
Schiffe fahren gegenwärtig bequem ein und aus. ‚Es iſt dies 
dee öftfichfte von drei Fluͤſſen, die in den Solfvon She 
fiang sinfallen, und alle drei Sang kiang genannt werden. 
Hang tfhu fu liegt an 20 geogr, Meilen fern von Ningpos 
Cha fu oder Cha pu, ein anderer guter Hafenost (der uns 
fonft unbekannt, und faft an das alte Kanphu erinnern moͤchte), 
liegt im Norden von Ning po, an ber Mordfeite der Bat 
von Rſche kiang, er bat, ſagt Guͤtzlaff e0), dem Varzug des 





2°) Lindsay Report I. c. p. 98, 162 — 164. 
3°) Gützlaff Report }. c. p. 286 etc. 








roe Oſt⸗Aſien. Wafferſyſteme. I. Abſchn. $. 81. 
Handels Monopolé mit Japan, alſo mit dem Oſt lande 


we Canton mit den Weſtlaͤndeen. 


An ber Mündung des Tahae Fluſſes*0) kamen zwar viele 
dort ſtationirte Junken dem Britifchen Schiffe, Lord Amherſt, 
entgegen, um es von der Weiterfahrt zuruͤckzuweiſen; aber be 
Vs. aus ohnmaͤchtige Demonftrationen ohne Nachdruck waren, 
fo riäten die fchom dreiſter gewordenen Reifenden, ſtromauf, bis 
vor die großen -Mauern ber Stadt, Ianbeten und eilten fchnellen 
SEchrittes, um jebem abmehrenden Mannöver ber Polizei zuvor⸗ 
zukommen in bie Mitte dee Stadt, wo fie nad dem Palaſt des 
Sche fa (des Gouverneurs) fragten. Das Volk rief ihnen 
zwar, ‚bie gegen Europäer uͤblichen Schimpfworte, Hat kwae 
(6b h. Schwarze Zeufel) und Hung maon (Rothhaa⸗ 
sige) entgegen; als fie aber aus Chinefifhen Pamphlets mit 
Ratiftifchen Nachrichten über die fremden Länder (f. ob. &. 626) 
erfuhren, daß es Engländer feyen, von denen fie als Hans 
belsleute aus früherer Periode noch Erinnerung zu haben fchier 
nen, war das Wort Ka ying kwojin In alle Mund, und 
ihre Neugler auf das Hoͤchſte gefpannt. Groß war das Erſtau⸗ 
wen ber Briten, über das Menfchengebränge in der weiten biüs 
henden Stade. Sie drangen tief durch biefelbe in den großen 
Hoftaum des Palaſtes des Schefu ein, in dem man an 2000 
Bänke zu Sign fand. Es mar die Halle des Confus 
eins, in welcher jährlich die großen Staatseramina aller 
Doctoven, Giviliften und Beamten der Provinz abgemadıt zu 
werben pflegen. Der überrafchte Sche fu gab bald eine Aubienz 
in voller Eriquette, nahm die Anforderung der Fremdlinge jedoch 
arſt in reifliche Ueberlegung, wieß ihnen in einer öffentlichen Halle 
einſtweilen ein Rachtquartir an. Die Mandarinen waren hier 
fehr Höftich, fie hatten eine Erinnerung früherer Zeiten, die fie eine 
gute nannten, wo man mit Fremden gehandelt hätte. Die Stadt 
fehäste Lindfay auf 250,000 bis 300,000 Einwohner; auf eis 
wem halb fo großen Raum wie Canton. Der Fluß flanb dicht 
gebrängt vol Junken, größtentheils Schiffer und Hanbeldieute 
aus bee Tirblichen Provinz Fo kien, mit denen Lind ſay umb 
Säptaff Then von fruͤherem Beſuche befreunbeter waren. Ih⸗ 
sem Einfluffe was wol bie hier civilese Aufnahme in bes Stadt 


540) Lindsay Report I c. dp. 97 — 160; 








Geegeftade von Tſche kiang, Schanghal. 705 


zuzufchreiben, In die fie eigentlich mit größter Dreiſtigkeit einge⸗ 
Drungen waren, und eben dadurch, und zwar abfichtlich, die Feig⸗ 
heit der Chinefifchen fo fchlauen Mandarine überliftet und in bie 
größte Verlegenbeit gefegt hatten, weber das Herkommen, noch 
das Laiferliche Geſez nach bie Etiquette und die Anfprüce auf 
böftichen Empfang von Gäften, wofuͤr dee Chinefe mehr Sinn 
als für Wahrheit und Treue zeigt, zu verlegen. Das Wohlwol⸗ 
Ien des Dolls war allgemeins aber dies hinderte bie Liſt bee 
Mandarinen nicht, bei allen Bädlingen, buch Placate Eaifers 
licher Geſetze die Fremdlinge officiell mit dem gehäfflgen Nas . 
men Barbaren zu belegen, ihr Eindeingen zu verabfcheuen; 
jedes Umgang mit ihnen zu verbieten, und den Uebertretern 
mit den ſtrengſten Strafen ber Verſuͤndigung gegen den kal⸗ 
ferlihen Beſehl zu drohen. Durch bie peinlichſten Zugeſtaͤnb⸗ 
niffe, Remonftrationen , Retractationen, Anbersauslegungen bes 
Mortceremonien, Eriquetten, polizeiliche Einengungen, Abhaltun⸗ 
gen Anderer von ihnen, und durch offenbaren Verdot des Ver⸗ 
kehrs nach langen Zoͤgerungen, kutz, durch Raͤnke und Kniffe al⸗ 
ler Art, zwangen fie die Briten endlich doch, mit ſamt ihren 
Waaren, zue Ruͤckkehr, nachdem fie vom 2öftlen Mai bis zum 
13ten Juni immer in Haren unb Hoffen dort ihre Zeit, wenn 
auch nicht ganz, doch in Beziehung auf ihren Handelszweck ver⸗ 
Loren hatten. In den Kaufläden hatte man Englifche 
Woll⸗Waaren zu denfelben Preifen verlaufen fehen, wie weis 
tee im Süden zu Zu tfheou fuz die Kaufleute hätten gern 
bie alten Hanbelöverbindungen wieber angelnüpft, nur das Ges 
ſetz des Kaiſers binderte baranz zum Schmuggelhandel waren 
ſelbſt die Mandarinen geneigt. Einer der mohlmollenderen oberen 
Beamten hatte body Muth genug zu verfprehen (er war ein 
Mobammebaner, aus Kaſchghar) die Petition ber Britifchen Hatte 
dei6leute, um freien Verkehr auch außerhalb Canton, wie z. B. 
mit Ning po, nadı Peking zu Hofe zu fördern. 

Schang hae, oder Schang hai (Changhai bei D’An- 
ville) iſt hier die zweite, biäher gaͤnzlich für Curopaͤer unbekannt 
gebliebene, Hauptfladt, die wir duch Lindbfay und Guͤtzlaff 
näher kennen lernen. Um dieſe nördlicher dee Mündung. bes 
Kiang ganz benachbart gelegene weit geößere Handelsftade 
zu erreichen, mußte man im Weften die Tſchu Shan Juſel⸗ 
geuppe durch jene Amherſt Paſſage hindurch ſchiffen, bie we 

Ritter Erdkunde IV. Yp 


= 


: 7086 Oſt.Aſien. Wafferfofteme. 1. Abſchn. $. 81. 


Mündung des Wu fing Stuffes’*), an welchem etwas fand» 
einwaͤrts bie Stadt in einer der günfligften Lagen für ein großes 
Emporium erbaut if. Zu beiden Gelten der. Slufmünbungen 
Kegen ein pane Forts, bavon das nördliche im befieen Buflande, 
durch eine Baſtion mit 8 Kanonen anf einer Plattform, vers 
flärkt war. Beide Teuerten blind, um zu ſchrecken, auf das Bri⸗ 
tiſche Schiff, als dies, ohne fi) irre machen zu lafien, am 21. 
Juni, mit bee Seefluth durch bie Mündung ſtromauf ging. 
Es landete nad) der erſten, Bleinen, halben Etunde, bei dem Flek⸗ 
ten Wu fung, wo alle Schiffe aus, umd einlaufen; mehtere 
Dandarinen, in Junken ihnen entgegen ſchiffend, Eonnten fie 
wicht zuruͤckwehren. Dee Wind trieb das Schiff mit vollen Se 
gein in den fchänften, fiherfien Hafenort. Mur der früher, 
fhmale Zugang bes feichten. Deere, zwifchen bee Güstaff und 
der Tſung ming Infel machte die Zufahrt aus bee Gerne 
duch) viele Sandbänte beſchwerlich; aber, bei genauerer Karten: 
aufnahme ficher nicht gefährlich 22). Bis dahin hatte noch nie 
ein Europaͤerſchiff diefe Serwäfjee befahren, nie dahin Handel ges 
trieben ; vielleicht, daB fie durch die engen Canaͤle zwifchen den 
vielen vorgelagerten Sandbaͤnken auch fchon in früheren Beiten 
dort zurüdgefcheucht worden find, doch follen dazwiſchen regu⸗ 
Loire Sundirungen flatt finden. Die Barte war gut 
zu überfchiffen, ſelbſt zur Ebbezeit bebätt fie noch 4 Faden Tiefe 
Oberhalb Wu fung hat der gleichnamige Fluß noch von 8 bie 
3 Faden Tiefe, und dreiviertel Engl. Meilen Breite. Das Land 
"zur Seite iſt flach, 'eingedeicht mit Gräben, reich cultiviet und erins 
nert an Hollands Niederungen. Nah 3 Stunden Einfahrt zum 
Strome, landete man an einer Stelle, wo das Landvolk eine 
reihe Weigenernte (21. Juni) einbrachtez jede Zamilie war 
bei der Beinen Gütervertheilung auf Ihrer Parcelle mit der Exnte 
in Froͤhlichkeit befhäftig. Da man das Schiff vor Anker ließ, 
und «6 fpäter hier längere Zeit flationiete, fo lernte man bie Umges 
gend genauer kennen. Das ganze Land ift dicht mit Ortſchaften 
befegt, die Dörfer liegen-in Baumgruppen verſteckt, die Populas 
tion iſt ungemein gebeänge. Das Landdolk iſt wohlgeſtalt, ge 
funb, wohlgenaͤhrt. Weitzen iſt die Hauptnahrung, in Kuchen 
ober Vermicelli. Nach der Weitzenernte, bie eben vorüber war, 
u ‚Eindey Report L c. p. 168 — 213. 48) Gützlaff Repert 
“p 





Seegeftade von Tſche Eiang, Schanghai. 707 


fürte man ſogleich auf dbemfelben Adır Reis aus, ber im Sep⸗ 
temmber geerntet wird. An nahrhaften Lebensmitteln kann es 
unter ſolcher climatiſcher Begüunftigung, bei ſolchem Fleiß, auf 
ungemein fruchtbaren Boden nicht fehlen. Doc) follen die Wins 
ter ſehr ſtrenge feyn, der Schnee öfter über einem Monat mehs 
rere Fuß hoch aufgehäuft Liegen (unter 30° N.Br.) Dos Eis 
kann den ganzen Sommer hindurch aufbewahrt werden. Neben 
ihrem Getreide: Acer bat hier jede Kamille ihre Baummollens 
pflanzungz fie geböcen zu ben berühmteflen in China. - Die _ 
Molle bat auch hier die gelbe Nanking:Sarbez das bekannte 
Baunmwollenzeug wird bier zum Beduͤrfniß der Familie in jedem 
Haufe ſelbſt gewebt. Die Lebensmittel find ungemein gut und 
wohlfeil. Viele Gemuͤſe werden hier gebaut, Obſt aller Art; 
weit fhmadhafter als das weiter im Süden, zumal Pfirſich, 
Nectarinen, Loquals(?) kleine Acpfel, Arbutus u. a. 
waren jetzt (Ende Juni) in voller Reife. 


Von diefem Borhafen bi Wu fung ift das große Empa 


tum Schang hbue*) in wenigen Stunden ſtromauf erreicht; 
es liegt am linken Ufer des Fluſſes, der hier eine Viertelflunde 
Breite hat. Die Menge der Junken, der Maftenwald, bie gros 
ben Waarenhaͤuſer am Hafen, an denen bie größten Schiffe aus⸗ 
und einladen, die weitläuftigen‘ Schifföwerfte, das Gedraͤnge ber 
emfig bewegten Volksmenge, alles dies machte felbit auf die Bri⸗ 
tifhen Seefahrer einen granbiofen Eindeud, Der ſchoͤne Hafen, 
bee fchiffbare Strom, durch welchen die Stadt fo nahe an der 
Mündung des Ta Kiang wirkiih zum großen See: und 
kandhafen wich, die günftigfte Lage zu einem Welt:Empos 
rium, in der Nähe von Hang efheou fu, Sutfhu fu, 
Nanking und anderen Städten ber erſten Größe, wie fie kein 
anderes Land der Erde in fo dichtem Gedränge darbietet, Allee 

bies bleibt nicht ohne Wirkung, ohne Eindeud, zumal wenn dies 
die Entbedung einer Terra incognita if. Dies halt Lindſay 
für das Haupt: Emporium von Oft: Afien. Der einher 
mifche Verkehr ward hier bei weiten größer befunden, als in 
dem meltbelannten Canton. Der Anblick der ſtets einfegeinben 
großen Junken frappirte hier auf dem Fluſſe fo fehr, daß Kind: 
fay fie zählen ließ, und in Zeit von 7 Tagen waren es übsr 
400 Zunfen, zu Zu bis 400 anne Loft, welche a dieſem 





*5 Ligdsay EEE ci p 172, 206. 
YH2L 


N 


708 Dfi- Men. Wafferfofleme. I. Abſchm $. 81. 


Seewege dee Hafenflabt zueilten (fuͤr das Jahr %0,000 Junken) 
die meiſten kamen aufaͤnglich von den Nordküſten Chinas 
umd den verſchiedenen Häfen dee Mandſchu Tatarei, ſpaͤter⸗ 
hin vorherrſchend die Junken der Fokien Schiffer, aus dem 
©üben, jeden Tag etwa 30 bis 40 Segel, bie ihre Waaren aus 
Canton, von ber Infel Formoſa, aus Cochinchina, Siam 
Sincapore und den verſchiedenſten Stationen des Off Ars 
chlpels ober dee Sunda: Gruppe herbei führten. 
| Die Briten Iandeten bei einer Pagode, bie ber Koͤnigin bes 
Himmels einee allgemein verehrten Küftengottheit, geweiht if; 
Tempel find bier die Verfammiungshäufer und die Herbergen. 
Eine Theatervorfiellung, die Darin gegeben wurde, fprengte fchuel 
auseinander, weit bie Sremblinge ein neues, intereflanteres Schau⸗ 
ſpiel darboten. Das Volk machte überall rechts und links Dias, 
wo fie vorfheitten. Man trat buch das Stadtthor, das fich in 
der Eile nicht ſchließen Tieß, in die engen Saflen der Stabt ein, 
die nach Hollänbifcher Art gut, mit Fließen (clinkers) gepflafteet 
find. Bu beiden Seiten Laden an Ladenz neben ben Chinefifchen 
Waaren aud) viele Europälfche. Mit Schnelligkeit drang man ix 
das Poligeibureau (ded Ton tae) ein, die Häfcher waren zu Lange 
ſam gewefen, vor den rafchfchreitenden Sremdlingen die Thore zu 
fhließen. Die Ueberrafhung mar ber Zuruͤckweiſung zuvorgekom⸗ 
men; man mußte ins Tempel Quartier geben. Das Volk war 
mwohlwollend und über bie Verlegenheit ber Mandarine erfreut; 
die Manbarine in Verlegenheit geſetzt, wurden empört umd vers 
gaßen fich bis zur Grobheit. Sie wiefen die Briten aus ber 
Stadt, in ben pel, dann auf ben Fluß zwifchen bie Junken 
zuruͤck, wo 15 ihrer drohenden Kriegsfchiffe lagen, bie aber bei 
ihrer Erbaͤrmlichkeit und Unbrauchbarkeit nur Lichein erregten, 
denn es waren elende Boote zu 80 Tonnen, in der Mitte mit 
einer Tiſchplatte, auf der eine Kanone ſtand, im ſchlechteſtem Zus 
ſtande. Die Briten appellisten in ihrer Petition, Erlaubniß ei» 
ned feelen Handels mit den handelsluſtigen Bewohnern ber Stade 
zu erhalten, an die oberfle Behörde, an den Tſchung teb,b.i 
ven Vicekönig von Nanking; bie Antwort abzuwarten wurde 
befchloffen. Die Briten zogen fi) fo lange auf ihre bequemere 
Echiffsſtation bei Wu fung zurüd. 
Der Wu fing SFluß, erkundete Lindfay, kommt ans dem 
Zabu, db. i dem Großen See (Tai hou bei D’Anville), 
durchſetzt den Großen Kaifer-Canal, bush den er mit Ran king 








Sergeftade von Tſche kiang, Schanghai. 709 


und dem Kiang communlcirt; et fließt dann durch einen zwei⸗ 
un Ger, den Pang ſchan, dann an Su tfhu fu vorüber 
verzweigt ſich von da mit mehreren Ktüffen und Seiten⸗Canaͤlen, 
Bieter alfo die bequemfle Fahrſtraße der Binnenſchiff⸗ 
fahrt, als VBermittelung zwifchen dem Seegeſtade im 
Süden und Norden, tie mit dem Centralen China, 
dem Deltaboden, bem Großen Caualfyfleme dar. Die 
Bortheile einee Britiſchen Factorei für Wanrenabfag, für eine 
unermeßliche Population, weicher das fcharfe Winterclima (f. ob. 
©. 658, 682) Europaͤiſche Wollwaaren bei ihres Sommer⸗ 
tracht in Seide zum erwuͤnſchten Beduͤrfniß macht, wären unbe 
rechendar, wenn freier Verkehr hier geſtattet wuͤrde. Die einzige 
Zufuhr dieſer Waaren von Canten (gegenwärtig etwa 800,000 
Engliſche Ellen Tuch jaͤhrlich), ſchwellt wegen des Transportes 
und der vielen Zoͤlle im Preiſe ſo hoch an, daß die Nachfrage 
danach nur gering ſeyn kann, und gar nicht zum Gebrauch dee 
MWoltemaffe komme, fondern nur für die Reichen. Lindfay 
fagt, jegt komme bei der Populalion des Reiches von 360 Mit 
tionen Einwohnern nur auf etwa 460 Individuen eine einzige 
Elle Engliſches Tuch, da hingegen der Abfag, wenn der Handel 
frei wäre, bald das vierfache, ja das zehnfache betragen wuͤrde. 
Diefe Ausficht begeifterte ihn zus Durchführung feiner kuͤhnen Ents . 
deckerverſuche. Die Population, ſagt er, ift hier doppelt fo groß, 
vote die von ganz Europa, eine Seeküfte von mehr als 500 geoge. 
Meiten, überali mit fchiffbaren Fluͤſſen, and den ſchoͤnſten Häfen 
der Welt verfehen. An allen Häfen und Fluͤſſen liegen dichtge⸗ 
Brängte Staͤdte vom erflen, zweiten und dritten Mang und 
Marktorte, belebt von einem Volt voll Induſtrie, Handels: Uhs 
gernehmungsgeift, und dem größten Reichthum, ein Volk base 
überall den freien Verkehr mit der Fremde fegnen würde; denn 
feibft die engherzigen Mandarinen erkannten dies an, und nur 
die Willkuͤhr einer misoerfiandenen Politik, die gegenwärtig Über 
vierhundert Millionen Seelen gebietet, ſchließt biefe von dem Ver⸗ 
Lehr mit der übrigen Welt ab. Das firenge Exeluſionsſyſtem 
beftand unter den früheren Dynaftien keinesweges, noch der große 
Kaiſer Khanghi gab alle Häfen feines Reiches mie bee Fremde 
freiz fie find alle auch nur fcheinbar gegen das Ausland gefchlofs 
fen, die Anflalten dazu find ungenügend, die bort errichteten Küs 
flenforts zur Verteidigung find in Truͤmmern zerfallen, die 
Kriegsſchiffe ſind gegen eine-Europäifhe Marine völlig unwirk⸗ 


710 DfrAfien. Waſſerſyſteme. L. Abſcha. $. 81. 


ſame Splelwerke. Die Europäer haben durch eigene Vernachlaͤſ⸗ 
figung jenes Geftade verlaffen, durch hohle Mandate von Manz 
barinenfagungen geſchreckt, die gegenwärtig in ihrer Nichtigkeit bei 
dem Chinefifchen Volke wie bei den Ausländern anerlannt find, 
deren Inconfequenz und Ohnmacht, ja deren Unmöglichkeit der 
Ausführung bie Mandarinen ſelbſt an vielen Puncten aner⸗ 
tennen mußten, wo bie Kuͤhnheit der Fremdlinge fi um bie 
popiernen Placate nie kümmerte. Diefer Zuſtand kann au 
fein Ende bald erreichen 3 die Unteraehmungen des Schiffes Lord 
Amberft tragen wahrfcheintich dazu bei, die Krifis zur Entſchei⸗ 
dung zu bringen. Der hoͤchſt günftige Umſtand, bei einer zwei⸗ 
sen neueſten Verſuchsfahrt des Schiffe Splph, im Winter 
1832 bis 1833, bis 40° N. Br., an denfelben Ofttüflen Chinot, 
welche dee unermübete Miffionae Süslaff wiederum begleitete, 
durch weichen bie Briten einer Anzahl gefcheiterter Chiwefifcher 
Matrofen das Leben retteten, und diefe gluͤcklich zu ihrer Heimath 
zuruͤckſandten, bat nad) einer Eabinetsordre von Peking, vom 
8. Januar 1833 datirt 5), die Aufmerkfamtelt des Kaifers ges 
gen das kreuzende Schiff erregt, und feine Gefinnung in Milde 
gegen die Fremdlinge verwandelt, bie feinen Unterthanen Wohl⸗ 
thaten erzeugten ; daher feine Befehle, nah Can ton, nicht mit 
Drohungen gegen die Barbaren und Pieaten, wie früber,. fondern 
mit dem Aufteage nad genauen Erforfhungen über die wohl 
thuenden Fremdltinge erfüllt find, 

Der Miffionar Guͤtzlaff8) ſagt in ſeinem Berichte über 
jenen Befuh in Schang hae: Ein neuer Canal zu großem 
Waarenabſatz war an einem Hauptempotium entbedt, das nod 
fein Europäe früher gefehen oder erkannt hatte. Aber wie engs 
herzig, wie unwiſſend fand man bier die Mandarinen. In frös 
been Zelten war Exlaubniß des Fremdhandels in allen Häfen 
Chinas, damald war der Briten Handel in feiner Kindheit, und 
er wußte fich dieſer Vortheile nicht zu bemaͤchtigen. Wir erlaus 
ben den Chinefifchen Junken überall in allen Häfen de6 Britifchen 
Meiches freien Butritt, überall freie Colonifation, uns verfagt 
man gleiches Recht im Himmliſchen Meiche Die allgemeine 
Antwort ber Verſtaͤndigern, bie diefe Verkehrtheit einfahen, und 


844) Asiatio. Journ. New. Ser. Vol, XII. 1833. p. 183. 
*#) Gützlafl Report I. c p. 288. 








\ 


Seegeftade von. Zjche kiang, Schanghai. 711 


N\4.8 

Beſſeres wünfchten, war, fchidt eure Befandten von eurem Koͤ⸗ 
nige zu unferm Kaiſer, damit diefe die Sache in Ordnung bringen. 

Die Mandarinen, in großer Sure vor den Sremdlingen, 
hatten Ihre Zruppen und Zelte zu beiden Seiten des Fluſſes, in 
ein Lager aufgeſtellt. In ben officdelien, für das. Volt anges 
klebten Placaten fagten fie, dieſe martiale Stellung fey gegen die 
Abwehrung ber Barbaren getroffen; in den bipfomatifchen Unter: 
bandtungen mit den Briten wichen fie, auf deren Beftagen, das 
mit aus, daß fie fagten: hieß gefchehe nur für den Tetah, den 
Gouverneur, da man St. Excellenz entgegen fehe, die Revuͤe zu 
haltenz berfelbe fey ein Freund ber Briten. Aber weder erfchien 
berfeibe, noch gab er Beweiſe des Wohlwollens. Zwei al& Uns 
terbänbien vom Gauvernement beſtimmte Mandarinen gaben es 
zu. die Sache der Briten auf dem Sciffe.Lorb Amherſt, um 
freien Handelsverkehr zu erfuchen, ſey gerecht, fie fey aber den 
Geſetzen im Himmtifchen Reiche zuwider; doch wollten fie bie 
Sache dem Deputirten des Gouverneurs tapportiren, ber dann 
‚darüber weiter berichten werde. Die Petition felbit verfagte aber , 
derfelbe, der Taoutae nämlich, angunehmen, und nachdem er 
fie doch bei dringenderer Zumuthung angenommen, verwarf ex fie 
wieber und promulgirte ein Schmähedict, die Fremdlinge einzu: 
ſchuͤchtern. Da dies nicht gelang, und biefe dreift ſich auf feine 
erften Zufagen beriefen, ihm aber, in einer für die Fremdlinge fo 
soohlwollenden Volksmenge, bie Wacht fehlte, mit Gewalt zu vers 
fahren, fahe er ſich genörhigt, das Schmähedict von ihnen zuruͤck⸗ 
zufordern, und ducch ein höflicheres zu erfegen, aus bem Ihm kein 
Vorwurf dee Grobheit und ber Vergebung feiner Würde heraus . 
commentirt werden konnte, wenn man ſich befien als Document 
bei einer höhern Behörde etwa bedienen möchte Ja er fand es 
angemefien, fich felbft noch wegen des erſten zu entfchuldigen. 
Gewonnen war dadurch für den Hauptzweck boch- freilich noch 
nichts: man erhielt zwar ſcheinbar die Zufüge Proviflonen und 
Seide einzuhandeln; als es aber wirklich: dazu kommen follte, 
wurden alle Chinefifhen Unterhaͤndler mit Gewalt und durch 
Furchtmittel von dem Englifchen Schiffe zurüdgehalten. Die 
Mandarinen, felbft in Angſt gerathend, das fremde Schiff möge 
noch tiefer in den Fluß einfegeln, thaten Alles, um es fi nur 
aus den Augen zu fchaffen. Selbſt die angefehenften Kaufleute, 
die nach ihren wiederholten Aeußerungen nur zu gern unter ber 
Hand Geſchaͤfte mit den Fremdlingen gemacht hätten, unterlagon 


712 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. 9.81. 


der Vigilanz der Mandarinen, die das Schiff umſchwaͤrmten, und 
um auch durch Schrecken zu fchügen, wurde ein reicher Kauf⸗ 
mann fegenommen, von dem man die Rüge verbreitete, ex habe 
die Fremdlinge verrätherifch herbeigerufen. Ob das Vermögen 
diefe® Unglüdlichen etwa eine Beute der Behörden wurde, blieb 
den Weiten unbekannt ; denn des Harrens uͤberdruͤſſig, verliehen 
fie am Sten Juli den Hafen, wo fich indeß die allgemeine Gage 
verbreitet hatte, es ſey eine Engliſche Kriegeflotte zur Nordkuͤſte 
von China aufgebrochen, wovon dies nur der Vorlaͤufer ſey. Das 
Geruͤcht ward mit ſolcher Beſtimmtheit verbreitet, daß ſelbſt den 
Briten bei den damaligen Spaltungen in Canton deſſen Moͤg⸗ 
Uchkeit wahrſcheinlich wurde. Sie ſegelten daher ab nach Shans 
tung, um dort ſich uͤber das Ankommen der Schiffe, die allein 
dieſen Weg nehmen konnten, zu unterrichten (f. oben ©. 5448). 
So wie fie den Flußhafen von Shanghae verliefen und eine 
gute Serecke ſchon in See waren, kam auch bie Chinefifche Kriegs⸗ 
flotte, mit ihren Junken, in Ceremonie, ihnen nachgeſchwom⸗ 
men, fegte das Geſtade und vollführte burch Ranonenfalven dat, 
was nad ihrem gefeglichen Kunſtausdruck „die Austreibung 
der Barbaren“) Heiße. 


Anmertung 1. Die hydrographiſchen Doppel Syfleme; 
Einfluß der Ehinefifhen Doppelftröme und des Shine 
ſiſchen Mefopotamiens auf Geſchichte und Gultur ber 
Bewohner. ’ 


Die Quellen bes Hoangho und Kiang entfpringen in analogen 
Verhältnifien (wie etwa Ganges und Tſampu, als Brahmaputra frühes 
rer Kartenzeichnung gedacht) einander benachbart, auf einer und ders 
felben Hochterraffe, dem Plateaulande der Sifan. Wie jene beiden nad 
W. und D. am Sübrande, fo nehmen biefe am Oſtrande, nad 
N. und S., anfangs einen bireet entgegengefegten Lauf, bis fie in einer 
Entfernung von 15 Breitengraden, vom Hochgebirge in rechten Winkeln 
zweimal zurückgeworfen, plöglich umlehren. Nun treten fie da, we fie 
ſich bis auf 4 Breitengrabe einander genähert, wieber in rechten Wins 
Teln plöglich aus dem Alpenlande hervor, und eilen in convergirens 
der NRormalbirection dem Dcean zu. Nach einem ‚weit längern Laufe 
als Sanges und Burremputer, treten ſie, laͤngſt benachbart, doch nun 
erſt durch Sandle und Arme in Verbindung, ohne fich jedoch aus einem 
runde in das Metr zu ergießen. 





Urs) Lindsay Report L « p. 213. 











% @ 


Hydrographiſche Doppels Syſteme. 213 


Kimmt man gum Längenmaafe als Ginheit ben Lauf ber Themſe 
an 827), fo verhält fich dagegen Ganges unb Burremputer wie 94, 
Hoangho wie 134, Ta Kiang wie 154, fo daß diefen auf bee ganzen 
Erdoberflaͤche nur ber Amazonenfirom um weniges an Länge übertrifft, 

Da dieſe beiben Hiefenfirdme mit Anfang und Ende faft zuſam⸗ 
menfollen, gleiche Quellhoͤhe auf der Sifan⸗Terraſſe, gleiche Wiege am 
Oſtrande Hoch Afiens, gleiche Directiop der Hauptlängenthäter im oberen 
Laufe, gleiche Rormalbirection nad) D. im mittleren, und im untern 
Laufe durch Stromfcheibung und verbindendbe Candle (wo ber große Kals 
ſerkanal beide burchfchneibet, tft das Delta zwiſchen beiden Strömen nux 
drei Zagerelfen breit), gleichen Waſſerpaß haben, auch ihre Mündungen 


nur zwei Breitengrade auseinander Legen, und gu einem unb bemfelden . 


Syſteme gehören, das gleichartig durch Ebbe und Fluth vom Meere wie 
durd, Wind und Wetter von ber Atmosphäre influencirt wirb, ſo muß 
man fie mit Net das dritte Niefenpaae der Swillingsftröme Aſiens 
nennen. Denn diefe characteriftiiche Korm bee Waſſerſyſteme, welche 
Suͤd⸗ und DftsAften eigenthuͤmlich ift, wiederholt fich zum zweiten und 
britten male im Euphrat und Zigris, und bildet in’ allen breien die 
größten Mefopotamien oder Duabs, auf welchem mit bie aͤlteſte Cultur⸗ 
geſchichte der Reiche in Afien einheimifch geworben. 

Bet allen dreien wiederholt fich daſſelbe Geſet, daß diejenige gerade 
£inie, die zwifchen den Zwillingsfirömen von den Winkeln ihrer größten 
gegenfeitigen Entfernungen gezogen wird (wie gwifhen Moſul und ° 
Samofataz zwiſchen der Beugung bes Tſanpu in Aſam und der 
des Ganges oberhalb Strinagurs zwifchen ber des Hoangho im Lande 
ber Ortos und ber fühlichen bes Santfekiang bei Tong⸗tſchuen) 
aud in ber Hauptbirection ber Alpenländer legt, die Hoch⸗Aſten 
an ben genannten Rändern umgürten, baß eben biefe Conſtruktion bie 
Urſache ihrer größten gegenfeitigen Entfernungen iſt. Sobald biefe Bars 
zieren durchbrochen find, folgen die drei Paare der Zwillingsſtroͤme 
in der Normaldirection einem gemeinfchaftlichen Ziele, und fchon bevor 
fie diefes ‚erreichen, werben fie durch natürliche und Lünftliche Stroms 
Tcheidungen und Candle mit einander verbrübert, In allen breien treibt 
Ebbe und Meeresfluth tief landeinwaͤrts, erweitert alle Fluͤſſe am flas 
hen Käftenftriche zu Meeresarmen. So bübek ſich hier eine dharacteris 
ſtiſche Form der Erdoberfläche aus, welche weber rein continental nody 
rein oreanifch iſt, fonbern gu beiden Gebieten gehört, ein Mittelglied, 
Bas wie oceanifher Küftenftrich nennen können, im Gegenſat ans 
derer Meereskuͤſten, in welche bie Ratur bed Oceans nicht auf gleiche, 
Weiſe eingreift. 

Hierzu mögen wir den groͤßern Theil der Oſtkuͤſte Chinas von 





807), Rennell Mem. p. 337. 


714 Dft-Mfien, Wafferſyſteme. I. Abſcha. $. 81. 


Leaostong fühmärts bis zu hen Tſchu⸗ſan⸗Inſeln rechnen (unter 30° 
N. Br. in dem Parallel ber Pos yangs und Zondstings Seen); zumal 
aber bilden Honan und Kiangnan zwifchen beiben Strömen dad 
große Chineſiſche Blachfeld ***), ein von zwei Riefenfirömen ge 
bildetes Delta, von taufend Flußarmen, Sandlen burchfchnitten, voll 
Ragunen, Moraͤſte, Seen, vofl denen bie von Dongstfe, Kao⸗ye⸗ou, und 
Je vicle andere, nur Hefte chemgliger Vereinigungen, Stromſcheibungen, 
amd wahrſcheinlich fehr großer nun gefüllter Meerbepälter und Meerbus 
fen find. Disfe Nıturform, die größte ihrer Art in bem alten Gontis 
mente, deren Gigenthümlicdykeit durch die darüber hin ſchwebende atmos⸗ 
phärifche Welt (fe Paffetwinde) und durch bie Weltſtelung zum Ofls 
Drsan (f. Meeresſtroͤmungen und Meeresfluth) noch characteriftifdyer 
ausgewirkt wird, konnte nicht ohne den größten Ginfluß auf die Ent⸗ 
widiungögefchichte feiner Bemohner bleiben, und auch bie wenigen Ans 
deutungen, die wie bier nur zu geben im Gtanbe find, werten fdhon 
darauf hinweifen, wenn gleich und ber Aufammenhang ber Chinefifchen 
Bölkergefchichte noch viel weniger ala ber der aͤgyptiſchen bekannt ift, aus 
ber body Monumente zu uns fprechen, die bier gänzlich fehlen. 
- Die Eulturgefhichte Chinas führt in biefes flache Zweiſtromland 
(Honan, das nörblihe Hou⸗quang und Kiangnan), weldes ein Dritthel 
bes ganzen Reiches ausmacht, zurüd, geſetzt auch, daß der Flug Ifcim 
in Ferduſi nicht dee Hoangho ſeyn follte *°) Gr die neuere Periode 
bat alle Aufmerkfomteit von ba weg nad) dem Norden, nad) Peking, 
als die Refidenz ber nichtschinffifchen Dynaſtien aus Hoch⸗Aſien gezogen. 
Aber Honan, das meſopotamiſche Land (34° Ad R. Br. unb 
130° 15’ D.E.) wird bei den alten Chineſen für ben Mittelpunct ber 
Erde *0) gehaltens wie biefer befchaffen ift, fo bildete das geographiſche 
- Gpften ihrer Gelehrten auch die ganze Erde als ein flaches Rechteck 
singsum mit Kuͤſtenſtrichen ( Dwipas der Brahminen), ohne weiter auf 
die Dimenftonen zu feben, fo wenig wie dies bei dem Entmurf ber Ins 
difchen Weltkarte geſchah. Dies ättefte Chineſiſche Reich ſchreiben fie 
LIT), und nennen es das Teich oder die Blume der Mitte (Tſchong⸗kue 
ober Tſchong⸗kuni)3 umher als Peripherie liegen die übrigen 15 Shine 
filden Provinzen, jede vom Umfang eines Europäifchen Koͤnigreiches, 
und bilden faft einen Kreis; denn China ift offenbar im Sinne der neus 
europäifchen Politik die am beſten arronbirte Monarchie ber Erde, und 
zugleich wenn auch nicht das aͤlteſte, doch das volkreichfte und größte 
BGeltreich, mag es auch weber das kult virteſte noch das aluͤcklichſte ſeyn. 
Dieſes Meſopotamien, ſamt dem ſuͤdlich anliegenden Delta des Kiang, 





s.8) Atlas de la Chine Nr. 5. Prov. de Kiangnan; Staunton' Acc. 
T. II. p. 417. 3 .W. ‘Jones Disc. anniv. 1790. in Rech. As. 
T. IL. p #01. °°) Du Halde Auf. T. V. p. 32, 40. 


‘ 





Mefopotamien, Deltaland, Reich der Mitte. 715 


ift das wahre Maha⸗Tſchin *2) (Matchyn der Indiſchen, Man⸗tſchi 
oder Man⸗dzy der GShinefifchen Hiſtoriber, Man⸗gi bei M. Polo) oder 
Groß⸗China (Maha im Sanferit f. v. a. „‚groß’), welches von den 
Anwohnern ded Ganges diefen Namen zuerſt erhielt, im Gegenfag ber 
6 nördlichen Provinzen von Katai, fo wie auch ber Heineen Gchirgspros 
vinzen gegen Afam, welche die Hindu Pandits in Menus Gefegen, auch 
Tſchin nennen (ein Diftrict bes Chinefifchen Alpenlandes ,- der an Yüns 
nan, ftößt), aber bavon fagen, daß fie nur den zehnten Theil on Maha⸗ 
Afchin ausmache. 

Ehen diefes Reich ber Mitte iſt ber fruͤheſte Sit der Chinefi⸗ 
ſchen Gultur, und weiterhin das Biel aller Eroberungen ber Nachbar⸗ 
borden, und wahrſcheinlich das erfte lockende Ziel für bie Ghinefen ſelbſt, 
wie einft Baber für die Brahminen geweſen, da fie noch am obern Hoangho 
Barbaren und Höhlenbewohner warm. . . 

Aus einer genauern Critik der Altern Annalen ®?) ber ſich felbf 
beroundernden Chineſen ergiebt ſich, daß alles, mad ſich auf ihre gepries 
fene Geſchichte vor Schihoangti (213 J. v. Chr. Geb.) bezieht, nur auf 
ein bleines, unbedeutendes, barbariſches Gebirgsvolk hinweiſet. Das am 
obern Hoangho, im jetzigen Schen⸗ſt, nberhalb dieſes Meſopotamiens, am 
Eingang in das Land der Paͤſſe (ſ. Aften Bd, I. ©. 186) in Höhlen 
wohnte, fi in Leinwand. und Schaafpelze Tleibete, weber Baumwolle, 
voch Seide, noch Häufer kannte, fondern Viehzucht trieb, auf bie Jagd 
ae und noch das warme Blut der Thiere trank. 

Nur ein kleiner Gau von Schenfi wurde zuerft durch ihre Horbens 
anführer,, die bei den Iefuiten in den Chinefifchen Annalen ald mächtige 
Kaifer eines Chinefifchen Reiches glänzen, angebautz aber noch zogen viele 
Saͤgervoͤlker zwifchen den ungeheuern. Waldungen und Einoͤden des höhern 
Landes umbers in benen reißenbe Beſtien haufeten, inbeß bie Ziefländer, 
bas Mefopotamien und das Delta, mit Sümpfen, Moräften, Waſſern 
bedeckt und unzugaͤnglich waren. Erſt nach und nach wurben biefe aus⸗ 
getrocknet und zugänglich gemachts ſolche gewonnene Reviere wurden 
Aſcheou genannt, deren 9 vorkommen, welche von ben Chineſiſchen Hi⸗ 
floriographen nach ihrer Wergrößerungsmetbobe zu Reichsprovinzen ges 
macht wurben. Erft mit der Dynaſtie der Tſin, wurden biefe verſchie⸗ 
denen Gebiete durch Schihoangsti zu Einer Herrſchaft vereinigt (Q13 vor 
Chr. Geb.), feitdem erft wird auch bas Flachland im Sub bes Kiang 
ganz mit Menfchen bewohnt bezeichnet. In dieſer frühern Zeit zeigte 
ſich nirgenda eine Spur hoher Cultur im Hochlande Chinas, und damit 





sı) z Jonee q. a. O. T.II P. 401, 108. Müller Hist. Kathaica 
p 12; Fischer Quaest. Petrop- p. 85 u. a. ?) De Guignes 
le fie Retlexions sur les anciennes Observations astronumiques 
dee Diimois ot:wur Fütat de leur empire dans les tems les plus 
reou 


116 Vfl-Aien. Waſſerſyſteme. 1. Abſcha. $. 81. 
ſtimmt auch bie Symbolik der Ghinefifchen Sprache und Gährift Aber 


. ein, in welcher allein fih Monumente aus diefer Altern Zeit erhalten 


haben. 

Die Culturgeſchichte ber Shinefen tritt aber’ durchaus erſt tm Tiefs 
Lande auf, ohne daß wir beftimmten Auffchtuß darüber erhalten hätten, 
Die Ganferitanifägen Gefegbücdyer bes Mienu. behaupten °**), daß ein 
Sweig der Kriegerkafte (Kfchatriya) als Abtrünnige von den Webas ber 
Brabmanen vom Ganges auögegangen, eine Zeit lang im N.O. von Bens. 
galen umhergezogen, dann Über das Grenzgebirge geftiegen und fidy im 
Delta von Maha⸗Iſchin angefiebelt Hätten (mie die ähnliche Geſchichte ber 
Krieger⸗Colonien aus Aegypten nach Aethiopien). Jeboch abgefehen von 
diefen und andern Meinungen **), die außer dem Gebiete biftorifcher 
Grörterung zu Legen feheinen, fo iſt es merkwuͤrdig, daß wir im Chine⸗ 
fifchen Wiefopotamien und Deltalande beim erften Blick, den wir hinein⸗ 
werfen koͤnnen, ‚bort ſchon ein Rinive und Babel an beiden Strömen 
erbliden, und daß fchon big größte Verfeinerung feiner Bewohner voran 


u gefchritten. war. 


Beim erſten Einfall Tſchingiarhan⸗ (1213) **), jenſeit dee großen 
Mauer, hatten zwei Donaftien, bie ber Kin und ber Song das Redis 
ment in Nord» und Suͤd⸗GChina, Kataja und MasTfhin (ober 
Mandzy, Nak⸗tſchin), im Norden des Hoangho und im Suͤden beffelben. 
Das erftere, etwa ein Drittheil des Ganzen, warb zuerft von dem Boll 
des Hochlandes in Befig genommen, und gleich im erften Feldzuge 9 
Gtäbte darin verwüflet. Erſt Dlotais Khan (1229 bis 1240) behnte 
feine Herrſchaft über das Mefopotamien bis zum Kiang aus, und fchte 
fi in Befig von Szuͤtſchuan. So wie nun Kataie ſich nach Süden 
bin erweiterte, fo wuchs auch ber Reichthum bes Landes, Städte Tagen 
bei Städten, und ber Tribut bes Tieflandes an bie neuen, rohen Mon⸗ 
gholenkaiſer beftand in ungeheuern Summen von Siiber, Reis und Geis 
denzeugen, Die Macht der Kin im Rordreich iſt bald geftürzt, bie 
der Song im Shöreide wird zwar durch Mangu (1251 bis 1258) 


"aus dem Chinefifchen Alpenlande vom obern Kiang und aus Szuͤtſchuan 


_ 


und Puͤnnan verdrängt, concentrirt ſich aber in ben waſſerreichen, bes 
voͤlkerten Provinzen bes Zweiftromlandes, wo bie Reſidenzen Rats 
fongfu in Honan am Hoangho, Nangkin am Klang und Hang⸗ 
tcheou in Zfcheliang am Meere liegen. Hier erſchweren bie zahlrei⸗ 
den Kriegsflotten, die auf allen Klüffen, Canaͤlen und Seen umbers 
ſchwimmen und die Hauptfläbte ſchuͤgen, ben barbariſchen Mengholen, bie 


L 


ss), W, Jones a. 0. D. s*) De Guignes Mem. Paris 1759. 
5), P. Gaubil Histoire de Gentchiscan et de toute la Dynastie des 
Mongous ses guccesseurs etc. tir6e de Fhist. chinoise. Paris 1739. 
* p. 21, 56, 123, 137, 150, 161, 180, 188. 





Das Zweifttomland, hifkorifcher Einfiuß, 717 


mit dem feuchten Clemente noch wenig vertraut find, den leg. Aber 
Kublais Khan (1259 6i8 1294) ſetzt raftlos die Erobezungen, bie feine 
Vorgänger angefangen haben, fort, und den weichlichen, feigen Suͤd⸗Ghi⸗ 
nefen bleibt keine Zuflucht ‚als ihre Flotte übrig. Gang vom feften Lande 
verdrängt, hat fidy die Iegte Partei ber Song und bie Eaiferlichen Fa⸗ 
milie felbft auf 800 Schiffen zufammenbegebenz und da auch biefe von 
toren Ankertauen abgefchnitten werben, und ber Muth fehlt ſich der ho⸗ 
den See anzusertrauen: fo erfäuft fi ber ganze Haufe an 100,000 
Menſchen; bie Ger war mehrere Zage lang mit Leichen bedeckt. 


&o endete die Dynaftie der Song (1280), bie Herrfcher bes uͤbexr⸗ 


enltivixten Deltalandes, und die neue. Mongholens Dynaftie des 
Yuen gelangte nun auf 164 Jahre zur Alleinherrſchaft. Zulett erſt 
waren bie gebirgigen Suͤdprovinzen Fokien und Gantong ben Mon⸗ 


gholen gugefallen, nachdem fie vorher die Herren bez Mitte bed Landes 


geworben waren. 

Slitiecger und Beſiegte **), Hochlaͤnder und Tiefländer, von 
Kataja und Mangi, ober Mongholen und Ehinefen, blieben bei allen Be⸗ 
mähungen ber Beherrfcher, fie in Einen Staatskorper zu vereinen, den⸗ 
nody getrennt, und Mangi war jenen, wie biefen Tatax, ein allges 
meiner Schimpfnames der Haß erbte bier fort. wie in Gog und Magog, 
Iran und” Zuran, umb bie Gegenfäge der Naturverhältniffe zwiſchen 
Docs und Ziefland,_dbe und unfruchtbar, troden und feucht, bare 
barifcy und eultivirt, haben immerfort auch in ben Voͤlkerverhaͤltniſſen 
und in ben politifchen des Nord⸗ und Suͤd⸗Reiches Gegenfäge erzeugt, 
- aus benen der beftändige Dynaftienwechfel hervorgehen mußte. 

Das Rorbreid hat von jeher ben Hoangho, zur Suͤdgren⸗ 
ge 67) gehabt; fo wie dieſer überfchritten ward, fiel auch das ganze 
Suͤdreich (obgleich zwei Drittheile von China) bem noͤrdlichen Drittheile 
zu; das Südreich hatte den Mittelpunkt feiner Macht und Hülfsmite 


tet im Ghineſiſchen Mefopotamien und im Delta bes Kiangz fo zu M. 


Polos Zeit, jo 300 Jahre fpäter als Portugifen zuerſt beffen Hüften bes 
fchifften, ja, fo auch in dee Sitte des 17ten Sahrhunderts zur Zeit bee 
Mandſchu. Diefen fielen als ben Herren der Mitte dieſes Landes 


auch bie füdlichen Provinzen Fokien, Ganton und Yınnan fall 


von felbft zu. Nach wenigen Feldzuͤgen war bas Heid) im Norden bes 
Hoangho erobert und zerftört, menfchenleer und zur Gindbe geworden 
(feit 1250) *2)3 fpäter wieberholte fich biefelbe Begebenheit umter ben 





se) Fischer Quaest, Petrop. p. 85; Langles Rech. As. II. p. 47; 
Baht Borbers und Mittel-Afien I. p. 421. u. a. 87) M. Polo 
b. Ramusio T. II. fol. 41; De Barros Dee. I. Lib. IX. cap. 1. 
fol 109 b. ‘ **) Gaubil Hist. p. 108; Mailla vom Urſprung 
der ——— b. Du Halde Zuſ. 4. 1766. ©. 355 Barrow trav. 


® 


— 


718 OfrMfien. Waflerfofteme. I. Abfn. 5.81. 


Mandſchu (1685), und bei allem Ruhm, den Petfcheli feitbem vors 
zuͤglich durch dis Rordreſidenz erlangt hat, ift doch China im R. bes 
Hoangho, fo weit es bekannt geworden, auch jest ein armes, oͤdes Land, 
M dem nur bie Nachbarfchaft um Peking und einige Stäbte und Gandle 
ihrer Gultur wegen gepriefen werben Eönnen, 

Das Sübreidy, ober eigentlidy das Mefopotamien und Deltalanh 
des Kiang hat dagegen, feit den Alteften Beiten, ein hoͤchſt merkwürbis 
ges Schaufpiel dargeboten, Webervölkerung, Lanbs und Waſſercultur, 
und jene Städtemenge, die in Verwundrung fest, wovon oben feit M. 
Polos Zeit bis heute hinreichende Auskunft gegeben ift. 

Der zweite Blick, den uns bie Gefchichte nach der Mongholen⸗Ero⸗ 
‚berung in biefes Zweiſtromland thun läßt, fällt in bie Mitte bes 17ten 
Jahrhunderts. Sobald die Mandſchu bie Reſidenz ber NRorbreiches, 
Peking, erobert und bort die Dynaftie der Ding geftürzt (1642) has 
ben, bildet ſich das Sudreich, wie immer, im Deitalanbe °*°) aus. 
Da it noh Ranking bie neue Refldenz des Gegenkalfers, und wiewol 
auf kurze Zeit der Mittelpunct ber Chineſiſchen Macht. Der Hoanghe 
bildet wieder bie natürliche Grenze der Reihe von Yeling und Rans 
Ting, vom R. und &., von Kitai und Zidin, bee Mandſchu und 
der Dynaftie Wing. Diefelbe Erfcheinung wiederholt fich wie zur Mon⸗ 
golenzeit. Der Uebergang über den Hoangho iſt auch biefesmal ein 
ſchwieriges Unternehmen, fo wie ihn Aber die Mandfhu einmal übers 
fegt Haben, fo verbreitet fih auch allgemeiner Schreden unter bie Gb 
nefen von Mangi, und bis vor bie Thore von Nanking wieberholte ſich 
das Feldgefchrei: „Mandſchu! Schwerdt ber Mandſchu!“ Go wie die 
lehte Barriere vor biefer Stadt, der Ktang, paffirt wird, ift auch das 
Suͤdreich geſtuͤrzt, und für die Partei der alten Dynaftie bleibt Beine 
andere Zuflucht als ber oceanifche Küftenftrich. Dies find bie durch bie 
Natur bedingten Hauptmomente bei ben politifchen Weränberungen Chi 
nas, bei Befiegung ber mehr. als 100 Millionen verweichlichten, felgen 
Ehineſen, an deren Spige ein entnervtes Kaiſerhaus unter dem Schuge 
von 6000 Sunuchen ftand, durch das harte Bergvolk der Mandſchu, bes 
ven Baht nur auf 80,000 flieg. In den letten *°) 20 Jahren ift biefer 
Küftenftri wieberum ber Schauplah ber Smpdrung durch Seeraͤuber⸗ 
Flotten geworben, die Ehrzlich erſt (1810) mit Särfe der Portugiefen in 
Macao gebämpft werben Eonnten. 

Bwiſchen dem Menſchenſchlage im Norden und Säben be 
Ghinefifchen Zweiftromlandes ſcheint große Differenz zu ſeynz im Pes 
tſchelien) plumpe, kurze Geftalten, nichts weniger als ſchoͤn, die Köpfe 





430). Mallla vom Urfprung d. Mandſchu b. Du Halbe V. p. — 35, 
: 84, 88. °°) Asiatic. Annual Register. T. Xil. Bengal. Occ. 
p- * 1) Hickeys bei Staunton Acc. IL p. 365, 429; Bar- 





Das Zweiſtromland, hiſtoriſcher Einfluß. 710 


der Weiber groß und rund, bei Männern Stumpfnafen, hohe Backen⸗ 
knochen, große Lippen, dunkelfarbig, finſter ausſehend, und das Haas 
ſchwarz, hart, dicht. Die Bewohner bes Suͤdreiches werben mit dem 
Gebiete des Kiang von weit fchönerer Bildung, zumal bie Frauen, weis 
fer, ſchͤn von Haut unb Bliebmaßen. Aber ſchon M. Polo bemerkt 
zugleich, daß bier im Deltalanbe ber Goͤtzen dienſt aufs aͤußerſte getries 
ben fey, daß hier ein überaus fleißiges, induftriöfes, in jeber technifchen 
Hinſicht überaus vervolllommnetes Volk lebe, das aber zugleich feig, 
unterwürfig, ſelaviſch gefinnt Tey und in Ausſchweifungen verfimten *), 
feine Töchter des Landes den Beherrſchern als Zribut überlaffe. Ihr 
heibnifcheß Leben beftätigen die Reuern nur gu ſehr. Hier, wo alles in 
ber uͤppigſten Fuͤlle gebeiht, und bie Menſchen wie in Heerben und Maſ⸗ 
fen beifammen Ieben, und bad Land wie bas Wafler von ihnen wimmelt, 
wie nirgenb auf ber Erbe, hat bas Menſchenleben den nichrigften Wierths 
das ſchwaͤchere Geſchlecht ift da zur Maare geworben, bie man mit jes 
der Schminke ( Mobelaltur) zur Schau fell. Gustichusfu und bie bes 
nachbarten Städte find bie Hauptmaͤrkte dieſes —— Menſchen⸗ 
handels für das ganze Reich. 
Das flache Zweiſtromland und das Delta wird am Sthu⸗ See im 
S. von Han⸗tſchn⸗fn und im S. des Poyang von ben erſten Bergzügen 
begrenzt 2). Da beginnt mit dem Gebirge Meilin (26° R. Br.) auf 
der Grenze zwiſchen Kiangfi und Ganton, die Gebirgslandfchaft von 
Güd: Shina (fe oben ©. 660), ba zeigt fiih wieder Terraſſencultur des 
Bodens; nordwaͤrts nirgends im weiten Flachboden. 
Die ganze Wegetation und Landcultur bed großen Reiches, vichtet 
fi) nach den drei Hauptabfchnitten im Norden bes Hoangho, im Zwei⸗ 
firomlande, unb in dieſem füblichen Drittheil. Dieſes lettere allein ift 
das romantiſche Land, die Wildniß, das Waldrevier; dazwiſchen hochcul⸗ 
tioirte Thaͤler, der Kampferbaum, der Theeſtrauch. Im mittlern 59 
Drittheil iſt Reisbau, Seidencultur in den Maulbeerplantagen, Baum⸗ 
wollenbau (Nanking), Zuckerrohr u, ſ. w. in unſaͤglicher Menge, vor⸗ 
herrſchend. Im naoͤrdlichen Drittheil iſt dies alles minder einheimiſch, 
oft mus kaͤrglich zu finden, wenig Weiten; Reis und Thee in Petſchelb 
ſchon gar nicht mehe (zwiſchen 30° bis 40° N.Br.), fo wenig als in 
Gngland ; bagegen anbere Getreidearten, Grasfluren, Ulmen, Yappeln, 
Weiden, Die graße Sinförmigteit dieſer zwei nörblichen Drittheile, bie . 
wirklich die Geſtalt eines Vierecks bac wie bie Chineſiſchen Geogra⸗ 
row trav. p. 816. und A. E. van Braam Voyage de PAmbassade 
de la Comp. etc. vers P’Empereur .de ia Ohine, 1794, pabliee par 
Morcau de St, Mery. Philadelphia 1797. 4. T: I I. p. 353, 

62) M. Pele b, Ramusie II. fol. 15. b. 33— 41. 62) Barrow” 
trar. P. 622, 531. *.) % a. D. P. 620, 500; Staunton Acc. 
IL P» 379, 425, 430. u R on — 





720 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 3. Abſchn. $. 81. 


phen Ihre Landkarte davon zeichnen, If zugleich ber Phoftognomie der 
dandſchaft nach, ſehr auffallend; durch bie größte Gultur warb aus die⸗ 
fem Raume faft jebes wilde Gewaͤchs verdrängt, kein wilbes Thier iſt ba 
beobachtet worden. ie im Aegyptiſchen Thalboden bat auch hier ” bie 
Cultur der Ratur ihre freie Vegetation gang außerordentlich beſchraͤnkt. 
Die Pflanzen haben gleiches Schickſal mit den Menſchen erbulbet. 


Anmerkung 4 Der KalfersGanal und das ocreanifde 
Ziefland am Dftgeftabe Chinas, in ihrem Ginfluffe 
auf die Bewohner. — China eine Welt für ji, 


Der Kiang fteht, felt ber Mongolenzeit, mit bem Hoangho, 
und dieſer durch den Ganal norbwärts mit dem Weiho und Peho m 
Berbinbung bis Tienfing, am. Golf von Petſcheli, und bis Peking. Aber 
auch ſuüdwaͤrts breitet fich daſſelbe Canalſyſtem Längs bes ganzen Küs 
Stenlanbes, auf einer Strecke von 700 Legoas aus, weldye gleich anfangs 
bei ihrer erſten Entdeckung die Portugieſiſchen Seehelden in Erſtaunen 
fegte *85). Im Meſopotamien der Chineſiſchen Zwillingsſtroͤme reicht es 
nur am tiefſten Tanbeinwärts, und bat da in den Hauptadern und gro⸗ 
Sen Seen und Waſſerſammlungen den Wittelpunct feiner Virk⸗ 
ſamkeit. Wenn Herodot biefen Landſtrich geſehen hätte, er würde ibn 
mit UntersAegypten verglichen und ein großes Werk dieſer Doppelftröme 
genannt haben. Auch beutet Bir Ghinefifche Geſchichte und die Ratur 
bes Bodens felbft darauf hin; daß biefes ungeheuer weite Blachfeld viele 
Leicht der vierte Theil.**) bes ganzen Landes, erft feit Menfchengebenken 
von dem Gontinente bem Dcean abgewonnen tft (f. oben S. 636 u. f.), 
eine Erfcheinung, welche auf der ganzen Oſtkuͤſte Aſiens audy nad Suͤ⸗ 
den bis Zumlin und Gochin China und Giam bei bem Küftenvork fig 
betätigt *7). 

Der große Bug bes Dflmeeres und beffen Strömungen finden 
ſudweſtwaͤrts gegen bie Philippinen ihre Fluthenthore, aber an Chi 
nad Küften den größten Fluthen damm. Alle Merresfluth feigt an 
den Oſtkuͤſten der Sontinente höher als an ben entgegengefehtenz; der 
eonftante Puffatwind weht die oceanifche Atmosphäre über Chinas Flaͤ⸗ 
chen Hin, das Meerwaffer dringt bei Fluthzeit mehr als 100 Meilen tief 
(bi8 Kianstiang) in das Land ein (f. Meer; Atmosphäre). Diefes Wiers 
teil von China iſt mit Meerbuchten, Strömen, Seen, Gandien, Sims 
yfen, Moräften und Waſſerſtrecken aller Art überbedt und durchzogen; 
bie periodifchen Wechſel von Luft und Ocean üben auf digen Kuͤſtenſtrich 





668) De Barros Asis Dec. I. Lib. IX, c 2. — 11l; Hamilton 
new Account of East India Il. p. 235. 26) Du Hoide, Barrow 
p. 565. °') De la Bissachere Etat actael de Tunkin etc. Pa- 
ris 1812. T. I. p. 48. et De ia Loubere Deser. de Siam. Am- 
sterd. 1717. 8, 1 L p. 27. 





‘ 


Chinefifcher Kuſtenſtich 721 


und auf deſſen Millionen von Menſchen (China hat nach der mittlern 
Angabe 333, nach Amiot **) 198, nad ber maͤßigſten Annahme 104 
Millionen Einwohner) einen Einfluß aus, wie in keinem andern „Lande 
der Erbe, Denn felbft die vereinigten Staaten von Nord⸗Amerika, das 
einzige Gebiet, weldyes font in vieler Hinficht unter aͤhnlichen Werhälts 
niſſen fteht wie China, und auch nicht felten damit paralelifirt *°*) wors 
den ift, unterfcheidet ſich dadurch wefentlich, daß der ganze Zug des 
Nordatlantiſchen Deeans nicht zu ihm Hin, fonbern. von ihm weg, nad 
Dften, gegen Europa, gegen die Britifchen Infeln führt (f. Meeredſtroͤ⸗ 
mungen). ' 

Diefe Weltſtellung des Chinefifchen Kuͤſtenſtriches iſt daher ganz 
haracteriftifch und einzig auf der Rordhalbkugel dee Erbes auf ber ſuͤd⸗ 
Tihen iſt ihe mar von fern die von Braſillen zu vergleichen. Das nas 
türlihe Ganalfyftem diefes oceaniſchen Gebietes von Ghina, iſt durch ein 
Zünftiiches zu einem folchen Zuſammenhange gebiehen, daß ihm kein ange 
beres auf ber Erde gleich Tommt. Cine Binnenſchiffahrt (inland nari- 
gation) konnte dadurch zu Stande kommen, weldhe bier von bem fonders 
barften Einfluffe auf hundert Millionen Menſchen werden, mußte, weil 
Gberall die auflöfende Kraft der flüffigen Form der fcharfen Individua⸗ 
liſirung entgegentritt, und felbft auf Menſchen⸗ und Voͤlkercultur für 
eine niebere Sphäre jebesmal generatifivend einzuwirken pflegt. 

1) Der Kaiſer⸗-Candl. Alle Flüffe Chinas kommen wie die 
Bwillingsftröme vom Hochlande, und fließen im Paralleliemus van W. 
nach O. in den Dceanz bie künftliche Canalkommunikation0) zur Wins 
nenfdjiffahrt-aber geht von N. nad) &. un fchneidet alle dieſe Syſteme 
ber Küftenfirdme in rechten Winkeln. Die Heinen Klüffe füllen bie 
Candle mit Waffen, die drei großen Ströne aber :Guho, Hoangho und 
der Kiang) leiten die Ueberwucht in ben Ocean. Den ganzen Küftens 
ftridf durchlaͤngt von R. nach &., vom Golf von Petfcheit ſuͤdwaͤrts bis 
gum Alpenfee Sihu an ber erften, ſuͤdlichen, hohen Gebirgskette in S. 
von DHangstfhusfu, der mächtige Hauptflamm (the trunk) deg Canal⸗ 
ſyſtems, zu dem alle andern wie Aefte und Zweige fich verhalten. Dies 
iſt der, Große oder Kaiſer⸗Canal, ber in Europa bie DOftfee mit . 
dem Abriatifchen felbft mit bem Schwarzen Deere verinüpfen würde, . 
Die Briten, bie ihn in feiner größten Länge Tennen lernten, fagen, ber 
Ganalbau verhalte ſich zu diefem Canalſyſteme, dem größten ber Melt, 
wie ein einer Teich zu einem großen See. Gr ift ein Gegenſtuͤck gu 


der großen Mauer, deren cubifcher Inhalt mehr Backſteine hält, als alle 





2) Barrov trav. p. 575; Mem. eto. des Chinois T. IX, p. 440. 
und v. Krufenftern Reiſe Th. Il. p. 380. *°) Fleurieu b. Mar+ 
chand IV. p. 40; Mem. of.the Americ. Society of Philadelphia 
T.L.pref.p II, 70) Barrow tr. p. 335, 622, 496, 43; Staun- 
ton Acc, T. Il. p. 381, 392. - . 


Aitter Erdtunde IV. 34 


722 Oft-Aflen. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 81. 


Wohnhäufer (1,800,000', von ganz England und Schottlands doch Abere 
trifft fein Rupen und die Zweckmaͤßigkeit feiner Einrichtung jene bei weis 
tem. Rur in einem Lande, wo über Millionen Danblanger despotiſch 
disponirt werben fonnte, war es möglich, beide zu bauen; nur in einem 
Sande von fo gleichfdrmigem Niveau wie hier (der Unterfchieb der vers 
ſchiedenen Wafferpäffe auf jener Durchlängung von R. nach &., ſcheint 
nie über 60 bis 70 Fuß zu betragen) war e8 möglich, einen folchen Ries 
ſen⸗Ganal ohne eine einzige Unterbrediung zu Stande gu bringen. Gr 
ift von allen Europäifchen ſehr verfchieden, weil er ſich nach der Natur 
des Landes richtet, fich oft windet, von verſchiedener Breite ift, bald 200, 
bald 1000 Zug weit, und faft nie ſtillſtehendes Waſſer hatz fein Gefälle 
beträgt dfter 2 bis 3 Buß auf eige Engl. Meile; bald iſt er tief in 
Berge eingefchnitten, bald Läuft er auf erhoͤhetem (bit 20 Fuß hoͤhern) 
-Damme, mit Granitquabern eingefaßt, über Seen und Woräfte pon uns 
geheuree Ausdehnung weg. Seine zahliofen Schleufen, Brüden, bie 
Cultur an feinen: Ufern, die unzählige Menge von Städten, die ihm ent⸗ 
Tang oft tiefer als fein Bette liegen, wie bie Lombarbifchen am Po hin, 
und die beftändig auf ihm bin und ber fegelnden Flotten von Iranis 
portfchiffem, die zahllofen ſchwimmenden Dörfer und Fiſchervolker, die 
auf und an ihm, auf feinen Zu⸗ und Ab⸗Leitern haufen, ſetzen den Reis 
fenden in Erſtaunen; wir haben bie damen Stationen im obigen Era 
‚nen lernen. 

Der größte Einfluß dieſes Ganals iſt wol der, daß er nicht nur alle 
‚einzelnen Provinzen unter ſich, ſondern auch das ganze Süb- China 
‚mit. Rorde China in den lebhafteſten Verkehr feat; nur durch ihm if 
es möglich geworben, das kornarme Petſcheli und Peking mit dem Reis 
überfluß bes Deltalandes zu verfehen. Die Unficherheit der Kuͤſtenſchif⸗ 
fahrt, bie untiefen, Sandbaͤnke und Stroͤmungen der gelben See mr 
Dat), der fchlechte Bau der Ghineſiſchen Junken zur Meeresfahrt, bie 
geringe Kenntniß der Chineſiſchen Schiffer im Gebraud ber Magnetna⸗ 
: det, ihre Furcht vor dem freien Ocean und ber Region der Typhone ea 
‚fing) an ihrem Küftenmeere (f. Winde), hat es gemacht, daß Kublai 
Khans Aufforderung zum Küftentransport des Proviant3 aus ben Häfen 
"von Fokien, Tſchekiang und Kiangft (im 3. 1292) *”*) nad) bem Golf 
von Petfcheli, Erinen großen Fortgang haben Eonnte. Nie find bie Chir 
nefen erfahrne Böeltfehiffer geworden; im Jahre 1430 kannten fie bir 
Inſel Kormofa kaum, die nur 20 Meilen don ihrer volkreichften 
Küfte entfernt liegt. Im Jahre 1794 Tonnten die Briten kaum. einen 
Lootfen finden, ber von den bevdlkerten Ifchufan » Infeln bie Fahrt bis 
gum Golf von Petſcheli nur gekannt hatte. 


- 





871) Gaubil H. des M. p. 196. er Brup Ännales A. vm. p. 345. 
Ende und Staunton Ace. T. I, p. 441. Barrow p. 60, 37. 


Chinefiiche Niederlande, Bewohner. 723 


Die CShinefen find nur Fluß⸗ und Küftenfchiffer, und haben 
daher nie die großen Verhaͤltniſſe, über welche ber Ocean Auf⸗ 
ſchluß giebt, Tennen gelernt (|. oben Seite 539), Unzählige von ben 
Schiffen, welche unter Kublaie Khan 7?) den Zribut an Reis und 
andern Dingen nach dem Golf von Petfcheli auf dem Meere transpor⸗ 
tiren mußten, litten Sciffbruhz aus dem einzigen Hafen von Gans 
ton rechnete man zu jener Zeit 10 bis 12000 Seefahrer, bie im 
Meere untergingen. Wenn Seeräuberflotten, was fehr häufig geſchah, 
bie Küftenfahrten unterbrachen s fo entfland Hungersnoth in Nord» China, 
Dies waren bie naͤchſten Weranlaffungen für die Nachfolger ber Mon⸗ 
gholenkaiſer, die Binnenlaͤndiſche Sanatfdjiffahet zu vervolllommnen, 
Sie ſcheint gegenwärtig im hoͤchſten Flor zu feyn Am’ Norbende 7°) 
bes Kaijerkanals fanden (1794) 500 kaiſerliche Kornfchiffe im Winters 
quartiers auf ber kurzen Fahrt von Tien fing, das am Peiho wie Lone 
bon an der Themſe liegt, bis Tong tfchu fu, begegneten bie Briten an 
1000 Getreidebarken mit 50000 Menſchen und unzählige andere, fo daß 
auf einem einzigen Seitenzweige des Canalsſyſtems eine bin und her 
ſchwimmende Population von hunberttaufend Menſchen ſich zeigte, die 
alle von Peking zurüdfehrten. Zwiſchen dem Hoangho und Santfeiang, 
unb weiter fübwärts, folgten Flotten auf Flotten. 

* Man rechnet, daß der Kaifer zum Korntransport 7*) auf dem Ca, 
nale 9999 Schiffe hält, jedes mit 20 Schiffeen, alfo mit 200000 Mann, 
bie immer in Thaͤtigkeit find, ihm ben Tribut me Unterthanen zuzus 

Tchiffen. 

2). Die Niederlande und ihre Bewohner. Dev Kaifers 
Canal ift nur der Hauptſtamm ber unzähligen Glieder, bie ſich durch 
das ganze Land verbreiten; die Probinz Kiang nan iſt das Centrum 
der Binnenfchiffahrt und des Transportes für das ganze Reich 7°); 
der vierte Theil von China ſteht unter Wafler, ifE Sumpf, Moosboben 
( peat mols) ober faurer Boden und ber Gultur unfähig. Auf alle 
dieſe Landftriche wirkt die Zeit der jährlichen Ueberſchwemmung wie im 
Ganges und Nillande, wenn au Fein Tropfen Regenwaſſer bafelbft 
nieberfiele, und von ber andern Seite das periodifche Steigen und Fal⸗ 
Ien der täglichen Ebbe und Meeresfluth. Die Kenntniß des Wafs 
ferterrains und ber Candle ift daher in dieſem ungeheuern Reiche von 
gleicher Wichtigkeit, wie fie es in den Niederlanden Europas nur immer 
ſeyn kannz fie macht hier den nothwenbigen Theil der Kenntniß eines 
gebilbeten Staatsbeamten ”°) aus, und die Erbauung jebes Canals 
wirb in ben aunalen verzeichnet, und bringt Ruhm bei ben a 





132) Gaubil Hist, p. 196, 287. 13) Barrow fr. p. 7, 4%. 
Staunton Acc, T. II. p. 67, 362. '*) V. Braam oy. de "PAm- 
bassade. T, 1. p. 525, 307. . '%) Barrow p. 560, 78) Mem. 
conc, Fhist, des Chinois. T. IX. : P. 27, 464. 


3,2 


\ 


⸗ 


724 oft Aflen. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 81. 


men. Jedem Strome ſteht ein eigner Genius vor, ber feine Tenel 
hat, dem vom Kaiſer ſelbſt geopfert wird, um bie Ueberſchwemmungen 
abzuwenden; fie ftehen auch den Gandien vor. Aber außerdem find no 
mit der Erhaltung der Gandle bie erfien Staatsbeamten beauftragt. 
Der Kaifer felbfi flattet eigenhändig Berichte über dig Beendigung von 
Gandien an bie Ration ab. Eben fo werben gegen bie Ueberſchwem⸗ 
mungen wie gegen feindliche Ueberfälle, politiſche unp ernſte Maaßregeln 
genommen. Die größten Anflrengungen ber Regierung und oft tyran⸗ 
nifche Gebote bringt der Ganaltau in den dhinefifchen Niederlanden mit 
fi: denn von ihm hängt, wie in Holland, bie Selbfterhaltung bes gans 
zen Volkes ab. Nur gilt es hier bie Aufficht über einen zehn mal 
größern Flaͤchenraum. In bes Reichtgeographie jeder Provinz nimmt 
das Kapitel über die Candle einen wichtigen: Theil eins in ber vom 
Schenſi begreift die Beſchreibung ihrer 350 großen Candle 65 Blätter, 
und doch gehört fie zu den aͤrmſten an Waſſerverbindungen. Kein Mans 
barine Tann in China auf die Würbe eines Gelehrten Anfprücdhe machen, 
ohne die genauefte Kenntniß ber Gandle in feiner Provinz, und bie Gous 
verneure berfelben muͤſſen alles inne haben, was zur Geſchichte, Aus⸗ 
meffung und Berechnung ber Dämme, Schlafen, Brüden, Gasik 
u. ſ. w. gehört. Die Glieder des Kaiſerlichen Staatsrathes find in dem 
minutidfen Detail diefes Syſtems fo bewanbert, wie wol mandyer Res 
turforfcher in dem der Inſectologie ober Conchiliologie. Solchen Ein⸗ 
fluß übt dieſe fonderbare Bildung des Landes auf ben höhern Stand feis 
ner Bewohner aus. Weit auffallender greift er in bie Lebensweiſe der 
erwerbenden Volksklaſſe ein. 

Statt aller andern Produkte, deren Gultur von biefer Wafferfüle 
und beren gehdriger Wertheilung abhängen, erinnern wir bier nur an 
das erſte Bebürfniß aller der. 300 Millionen Menſchen, die unter dem 
Scepter des Beherrſchers von China ftchen, an den Reisbau*””), der 
aur in Süden bes ‚Hoangho, und gang befonders im oceanifchen Küftens 
firiche gebeihet. In diefem giebt der Ader regelmäßig zwei Sruten, im 
Mat und October, im Norbreiche von Petfcheli, Schen ſi und Schanf 

wird ſex gar nicht gebaut, oder nur wenig, wie an manchen andern 
Stellen, wo es an Waſſer und an Canaͤlen mangelt. Nicht nur Süd 
und Nord⸗China, die Nefidenz Peking, fondern aud die Mantſchu und 
Wiongholen ber nahrungsarmen Gobi bis zur Sibiriſchen Grenze Hin, 
müffen von hier aus damit verforgt werben. Die ungeheuer zahlreiche 
chinefifche Armee, alle Beamte ber Regierung, erhalten ihre Bezahlung 
sur Hüfte in Reis, vom erſten Manbarinen hinab bis zum gemeinm 


— — — 


577) Mem, eto. des Chinois T. XIV. p: 549; Da Halde I. p. 216 
und II. p. 78; V. Braam Voys L pP» 326; Staunton Acc. T. IL 
P. 202; V tr. P. 47. 


Dreantiches Tiefland, Bewohner. 725 


Soldaten, Gekochter Reis (Fau) iſt das erſte und Hauptbebärfniß je⸗ 
des Ghinefen, und alle Gpeifen (Tſao fan 3. B. heißt Fruͤhſtuͤck u. ſ. w.) 
haben davon ihre Namen. 

Allee Tribut an den Kaiſer — in Reis, der auf ſo vielen 
tauſend Junken ihm zugefuͤhrt werden muß. Reishandel iſt daher 
die Baſis alles Handels im chineſiſchen Reiche, und das Delta wie der 
oceaniſche Kuͤſtenſtrich, in denen das Steigen und Fallen ber Canaͤle bie 
außerordentlichſte Reisproduktion bewirken, find daher der Sitz ber groͤß⸗ 
ten Population, ber bevolkertſten Städte, der Mittelpunct der Schiffahrt 
und das Gentrum ber Macht, bie Mitte des Handels und Wandels der 
ganzen inbuftridfen Nation geworden. Died iſt ber ernährende Magen 
des ungeheuren- Reiches, und wie die Chinefen fagen, bie Blume der 
Mitte. ı Darum ift hier der Grund und Boden zu eineni Werte geſtie⸗ 
gen und der Menſch zu einer Sulturmafchine, zu einem Sklaven feiner 
Erdſcholle geworben, wie fonft nirgends in der Welt. Sein Gewinn ift 
hier gewiß und unausbleiblich, weil die etwanigen ungänftigen Wechſel 
der Atmofphäre (doch ift Hier ein fehr Tonftantes Clima) durch die Res 
gelmäfigkeit der oceanifchen Ginflüffe und durch das kuͤnſtliche Bewaͤſſe⸗ 
rungsfuftem compenfirt werben.  Zritt dennoch einmal Mißwachs ?*) 
ein (wie 1326, 1334, 1342, 1351), dann fterben viele Millionen weg. 
In neuern Zeiten ift von feiner Hungersnoth dort die Rebe gewefen. 

Nicht alle Chineſen find hier fo glücklich auf dem Lande zu leben, 
viele müffen fi) damit begnügen, Wafler- Nomaden zu feyn, in einem 
fo ungeheuern Flaͤchenlande, das unfehlbar no im Mittelzuftande awis 
fchen Gontinent und Dcean ſteht. 

Sehr viele Wafferftredden, Seen, Sümpfe, $lußarme find hier mit 
Schiffen und Wohnungen wohl eben fo fehr bebedit als der fefte Boden. 
So n 8. das Land non Schan tung und Kiang nang ?°), wo Fifchers 
dörf an Dorf, auf Suͤmpfen und Infeln, und auf⸗ und abſchwimmend. 
Alle Waſſer ſtehen jedermann in Shina zur Benugung frei, zu Fiſchfang 
und Eultur allee Art, Seen wie Klüffe und Gandles Kein ‚Zoll, keine 
Abgabe irgend einer Art, wird davon gegeben. Daher ziehen ganze 
Kifchervälker auf ihm in Fahrzeugen umher, ohne Vaterland, ohne Haus, 
ohne eignen Grund; hinter ben Schiffen, die in, Dorfſchaften ziehen, 
fchleppen fie Heine Gärtchen auf Bambusfloßen nad, darauf Schweines 
zucht und Schaaren von Enten, Ein armfeliges Volk, elend und mager, 
von Fiſchfang und Vogelfang ſich naͤhrend. Auf andern Waſſerflaͤchen 
flottiren kuͤnſtliche Inſeln in Menge, init Gemuͤſe und andern Gewaͤch⸗ 
"fen bepflanztz auf' den Suͤmpfen und Moraͤſten ſelbſt werben vielerlet 
Gewaͤchſe, zumal Lienwha (Nymphaea lotos) bie Lotosblume, kultivirt. 





0) Gaubil p. aa 272, 278 288. 7%) Barrow tr. p. 500 
und 558, 


726 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 81. 


ueberall bietet das Waſſer Hier fo vielartigen Erwerb und Communica⸗ 
tion dar, daß man feine Oberflächen in dkonomiſcher und finanziiller 
Hinſicht fo hoch anfchlagen muß, ald bie des fruchtbaren Ackerlandes. 
In feiner Naͤhe Legen fogar dafür weite Landſtrecken ganz oͤde. 

Diefes möge dinreihen, um den großen Einfluß ber charakterifi: 
ſchen Raturform auf den Menfchen, des Typus, ben wir occaniſcher 
" Küftenftricy genannt haben, anzubeuten. Er tritt bier in fo koloſſaler 

Ausdehnung auf, wie fonft faft nirgends, wenigftens im alten Continent; 
und auch feine Weltftellung iſt einzig, wiederholt ſich nirgends fonft auf 
der Erde wieder, Im Norden das ungugängliche Hochland, in W. umd 
©. das fchwer zugängliche chinefifche Alpenland, in DO. der Ocean, der 
nirgends von ber Küfte abs ober weoführt, fonbern immer wieber zu 
ihr zuruͤck. Bier bildete ein von der Übrigen Welt abgefondertes Volk, 
fih wie Infulaner, mit einem fich felbft bewundernden Egoismus, auf 
eine fo hoͤchſt eigenthüntliche Weife, zu.einer fo foharfen und großen Per: 
ſoͤnlichkeit aus, daß die Indioibualität bed einzelnen Menſchen ba aufrı: 

ordentlich zurüdgedrängt werben mußte, Der Character bes Gefamten 
hat den bes Individuums verfchlungen. Die flüffige Form, das Waffer, 
‚ die Ströme, der Dcean, regen überall durch den Wechfel und Kampf, 

in den fie binreißen, bie Kräfte der Völker früher (fon um bes Gegen 
fages willen mit dem Feſten) zu einer böhern Gultur auf, doch nur 
von ber generellen Art, zur Befriedigung der Triebe des irbifchen Mens 
fihen, ohne den höhern Sinn. Diefer Einfluß reiht nicht bis zu einer 
Eultur der Ideen; das oceanifche Gebiet wirkt überall als gleichfoͤr⸗ 
mig anregende Kraft auf die Menſchen als eine Mafleneinheit, auf den 
Leib , nicht auf den Geift der Völker, Daher bedingt es überall, wo 
es wirkt, Entwidlung ber untergeorbneten Geiftess und Körperträfte, 
fhärft die Sinne, führt zu Fertigkeiten, SInduftrie, wedt den Handel 
und Wandel der Völker. Der Ausbildung des Menfchen, als Indiovi⸗ 
duum, wie bei vielen Inſelvoͤlkern, oder feiner ibeellen Entwidlung, 
ſcheint der vorwaltende Einfluß des oceanifchen Gebietes nicht günftiz 
zu ſeyn. Deſſen Raturgewalt bannt die Völker mädjtig in feinen Zau⸗ 
berkreis. 

Nicht aus der Menſchenraçe, der Polygamie, der Religion, der Ge⸗ 
ſehgebung, ber Despotie, der Induſtrie der Chineſen u. ſ. w. laͤßt ſich 
allein ihre Geſchichte und ihr gegenwaͤrtiger Zuſtand erklaͤren; dieſe und 
alles andre, was eben da ſich erzeugte, erhielt ſchon jenes eigenthuͤmliche 
Gepraͤge zur Mitgift, deſſen Grundurſache wir eben nicht entziffern 
koͤnnen. Nur ſo viel laͤßt ſich abnehmen, daß jene Erſcheinungen ins⸗ 
geſamt nicht außerhalb des Kreiſes der Lokalitaͤt ſtehen, in der ſie auf⸗ 
treten, und daß ber Naturtypus mit zu dieſem Ganzen ber Erſcheinung 
gehört. China ift eben eine Welt für ſich, in ahofilalifcher, wie in 
anthropologifcher und politifcher Hinfiht, wenigſtens bis jept geweſen. 


x 


Oceaniſches Tiefland, Bewohner. 727 


Sehr einförntig In ſich, ſehr genau verbunden unter ſich, ſehr abgeſon⸗ 
dert und gefchieden von allem Uebrigen, in jeder Hinficht zu Lande und 
zu Waffer ſehr fehwer zugänglich für alles Fremde. So einartig wie 
die Phufiognomie der großen Provinzen bes Reiche, To einförmig fcheis 
nen Flora und Bauna, Glima und.Art bed einzelnen Menſchen, nach 
Phyſiognomie, Geftatt, Bildung. Eben fo einartig find ‚über ein fo un: 
geheures Areal diefelde Gartens und Aderkultur verbreitet, biefelben 
Induſtriezweige und Fabrikate, diefelben Sitten und Manieren, derſelbe 
Bolkscharakter von einer Grenze des Reichs zur andern, Eben fo ein: 
ſylbig iſt ihre Sprache, fo beengt und doch in fich vollendet die Bear⸗ 
beitung ihrer Künfte, ihrer Wiffenfchaften, fo abgefchnitten und befchräntt ' 
ihr ganzer Ideenkreis. Ihre Phllofopbie beficht nur aus Marimen der 


Moral und Politik, voll bes feinften Calculs: ihre teligionsparteien - 


Eönnen ohne große Differenzen neben einander befiehen. Drahommebaner, 
Lamadiener, Buddhiſten, Heiden aller Art und ſelbſt Europdifche Jeſul⸗ 
ten find dort zu Achten Chinefen geworben. Nicht bloß das Plateau von 
Hoch⸗Aſien, das fie von drei Seiten umfchließt und von der übrigen 
Melt in ber That ganz abfondert, auch ihre Sprache und Schrift bil⸗ 
bet eine eben fo unzugängliche Barriere zu ihnen, wie ihre Gelühlamelt, 
unb daß es eben fo mit ihrem Ideenkreiſe feyn mag, haben alle bie vers 
unglüdten Geſandtſchaften binlänglich bewiefen. So ſcharf gefchnitten 
wie ihre Phnfiognomie, deren Form ſchon Ormes dadurch bezeichnet, 
daß ſie ſo breit als lang ſey, iſt auch die Phyſiognomie und Form des 
Bandes, viereckig, und ihr Selbſtbewußtſeyn zu einer Schärfe geſteigert, 
bie in Erſtaunen fegt. Ueberhaupt macht e8 nur bie geivonnene Einheit 
und Harmonie ihrer Gultur mit ihrer Natur begreiflich, wie fie in fich 
befriedigt, in allem am Alten hängen, alles Reue und Fremde für übers 
flüffid halten, ein ftationaires Volk bei einer früh gewonnes 
nen Eultur geblieben find, wie kein anderes auf der Erbe, 

Nur ein einziger Gegenfag herrſcht bei ihnen vor, der des Nor⸗ 
dene und des Südens, bes Tiefs und bes Hochlandes; diefer bringt ih⸗ 
nen bie größten Sontrafte im Clima (ſ. Stimalehre) und bie politifchen 
Stürme, bie jedesmal Millionen Menfchen koſten. Wenn dieſer Gegen⸗ 
ſat zut Ruhe gebracht ift, wie feit der Mandſchu⸗Dynaſtie, dann 
herrſcht tiefer Zrieden im Lande bis zu einer neuen Cataſtrophe, bie ſich 
immer wieder im Norben vorbereitet, wie daher auch alle Hauptftärme 
ber Atmosphäre kommen. Nie ift, fo weit unfre Kennzaiß reicht, China, 
vom ©. oder W. her, in Unruhe gebracht worden. 

Nur vom Norden ber iſt Chinas Boden für Landheere einigermas 
Ben zugänglich, von den andern Seiten gar wichts feine Leichte Waſſer⸗ 
tommunitation hat es gemacht, daß dieſer ungcheuren Länberftrede alle 
Landtommunilationen fparfam zugetheilt find, wenn fie auch nicht gängs 
lich fehlen. Die Nähe um Peking und ein paar Gebirgspaͤſſe zwiſchen 


728 DftsAflen. Waſſerſyſteme. J. Abfchn. $. 81. 


Canton unb Kiang fl, bie beengten Paflagen nach Zübet Hin, und c& 
‚nige Kaiferfiraßen ausgenommen, bat China. wenige oder Teine Lands 

firaßen **°), Leine Wirthshaͤuſer. Im fehr vielen Provinzen ift es für 
eine Armee unmoͤglich, nur einzubringen, weil durchaus nur enge Fuß⸗ 
pfabe hindurchfuͤhren. Dies erfuhr bie hollaͤndiſche Geſandtſchaft zu ih⸗ 
ser großen Befchwerbe, als fie zu Lande nach Peking reifen mußte, weil 
die Fluͤſſe mit Gisfchollen gingen (f. Elima). 

So lange die Horben des trocknen, waflerarmen Hoch⸗Aſiens, bie 
Mongholen, wie die Mändfchu *:) nur ihre Lanbheere, Reuterfchaaren 
hatten, konnten fie bei aller Tapferkeit von ihrer Seite und aller. Feig⸗ 
beit von „Seiten ber Chinefen, noch. nicht zum völligen Befige von China 
gelangen. Der oceanifche Küftenftrich blieb in der Gewalt ‚ber Altern 
Beherrfcher, beren Parteien ober deren Corfarenflotten, bie biß gegen 
das Ende des Jahrhunderts ſich darin hielten, und Überall tief landein⸗ 
wärts ihre feindlichen Einfälle machen Tonnten. Die Wongholen, wie bie 
Mandfchu, mußten es lernen, Klotten zu bauen. So mußten die Sie⸗ 
ger immer zu den Beflegten in die Lehre gehen. Es wurde politiſche 
Marime des Hofes von Peling, den Conttaſt zwifchen ben Sitten ber 
Hochlaͤnder und Ziefländer, der Gontinentalen und ber Waffermänner 
gu verwifchen, bie Sitten und Gebräuche der harten, unbiegfamer Rorbs 
länder mit denen bed weichlichen Suͤdvolkes zu verſchmelzen, und fo fi 
diefen durch Vermiſchung des Blutes, der. Lebensweife, ber Tracht, ber 
Gelege -u. ſ. w. zu nähern. _ So wie aber die Macht ber Zatarifchen 
Herren und der Glaube an ihre eigene Sicherheit wuchs, pflegten fie 
diefe wieber zu vernadhläffigen, und fo den alten Groll zwiſchen beiben 
Parteien zu nähren, der nie aufhörte. Auch die jegige Dynaſtie =), 
glaubt man, wird dem Schickſal der Fruͤhern aus gleihem Grunde nidt 
entgehen. 

Das Chinefifche Land bildet zwar wie das Volk eine große uniforme 
Raſſe, beide jeboch find wieder auf gleichfoͤrmige Weiſe in unzählige 
Beinere Gruppen infulirt, geteilt, von einander getrenntz bie Menſchen 
durch den Egoismus, ben Rang, bie’ Verfchiebenheit der Religionen und 
den Mangel des gefelligen Umgangds das Laub durch bie unzähligen Gas 
näle und Waflerfireden. In wiefern bier gegenfeltiger Einfluß Statt 
finden Tonnte, bleibe bahin geftellt; merkwuͤrdig iſt es aber, daß fich Hier 
feine dieſer Menſchengruppen um bie andere Eümmert. „Die Miktelgruppe 
des Ganzen, bad große Delta unb feine Peripherie zeichnet fih dadurch 
befonders aus, daß in ihm, dem ‚Sig der aͤlteſten Gultur auch bie gebil 
dete e hinefiſche Sprache am — geſprochen wird. ah ift bie ges 





seo, V. — T. I. p. 247. °:) Mailla b. Du Halde T. V. 
p. 92, 04 22) Staunton Ace. II. p. 49, 243, 270. Bar- 
Bow te p at 2.00. 











Süd» Chineſiſche Landſchaften. 720 


lehrte Sprache bes ganzen Reiche, und ſtieg zu biefem Rang ala Hofe 
.. fpradhe in ber Suͤdreſidenz. Die andern Provinzen fprechen entiveder 
wirklich von ihe ganz verſchiedene Hauptfprachen, ober bie vulgaire chi⸗ 
nefifche Volksſprache, die in jeder Provinz verfchieden ift, weil fie durch 
artitulirte Worte nicht gefchrieben wird. So verftehen bie Bewohner von 
Peking eben darum, weil dieſe. Sprache in befländiger Kluctuation ift **), 
bie von Santon oder Fokien nicht, und dies iſt ein neuer Grund, ber 
bie Vdlkergruppen in China noch mehr iſolirt. 

Die Volksſprache ſoll in ſo außerordentlicher Verſchiedenheit ſchon 
von einem Orte zum andern, ja oft von Dorf zu Dorf ſtatt finden, 
und dies ſcheint wol eben mit in der inſulariſchen Lage derſelben ſeinen 
Grund zu haben: denn ein großer Theil bes Chineſiſchen Continentes 
ift in der That einem Archipel mit ungählbaren bicht aneinander gedrängs 
ten Flachholmen zu vergleichen, deren Bewohner fchon barum wie alle 
Snfulaner mehr der Selbftgenügfamteit und dem Egoismus ergeben find. 
Es gicht daher Keinen größern Gontraft, als die immer wieberfehrende 
Unterjodhung biefes infularifchen Volkes durch ein Nomadenvolk aus eis 
nem Hochlande bes trockenſten Climas ber altın Welt; daher bie ſchroff⸗ 
ſten Gegenſaͤtze von Weichheit und Härte, von Verfeinerung und Bars 
barei, von Givikfation und Wilbheit, von Unterwerfung und Despotie, 
von Feigheit und Trog. 


s. 82. 
| Erläuterung 4 - 
Die Gliederungen der Suͤd⸗Chineſiſchen Landbichaften ( Yüns 


non, Kuei tfchen, Kuang fi, Kuang tung, Zulian), und 
das Suͤdgeſtade von China. 


Ueber die fünf füblichen Provinzen Chinas, von denen bie 
zwei öftlihen zu den Geftabelandfhaften (Fukian, 
Kuang tung), die drei wefllichen zu ben continentalen 
Alpengebirgslandfhaften (Kuangfi, Kueiſtſcheu, 
Dünnan) gehören, find wir noch fehe wenig unterrichtet, wenn 
es auch vielbändige, flatiflifche Originalwerke über diefelden giebt, 

und die Europder feit Jahrhunderten an ihren Gefladen hin⸗ 
und herfhifften. Nur ein paar Landbwege find :s (f. oben 
&. 663), und ein einziger Seehafen, die immer wieder von 
Europaͤern auf die ſelbe Weife deſucht wusden, von wo aus 





a Il. p. 268° 275; W. Jones 0. a. O. und Barrow tr. 
SET | 


730 Oft-Afien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. 832. 


der beſchraͤnkte Blick, zumal bei dem Mangel aller Naturforſchung, 
das übrige, weitläuftige Gebiet keineswegs in ein helleres Licht 
fegen konnte; daher der größere Theil, trotz der Namengebung, 
uns doc) geographifch och im Dunkeln liege. Doch ſagen uns 
Die wenigen Daten, baß der ganze Landſtrich durch eine vos 
mantifche Gebirgenatur, bie nur ſtreckenweiſe cultivirt iſt, ſich 
auszeichnet, daß bier wenig oder gar kein, flaches Geſtadeland, 
Bein weiter Ziefboden, fondern nur ſchmaler, meift Elippiger Küs 
ſtengrund fih an dDoppelten Bebirgsfpfiemen,an den Pa⸗ 
sollelkerten des Ih Ling und Nan ging (f. oben ©. 406, 
660 — 662) gegen Oſt und NR.D. von Dünnan bie Fukian 
binzieht, die oflmärts gegen den großen Dcean in viele Vorge⸗ 
birge und Buchten auslaufen, und unter fi) buch das enge 
Längenthal des Ta, oder bed großen SiKiang (f. ob. &.205, 
661) von einander gefchieden find. Die Natur dieſes Geftades 
landes, durch doppelte Gebirgéparallele von den übrigen Chinefis 
ſchen Landfchaften im Norden gefondert, fcheint auch im vieler 
Hinſicht von denſelben verfchieden zu ſeyn; wirklich bat es von 
jeher in der Gefchichte eine eigne Rolle gefpielt, und konnte ims 
mer nur erſt zulegt von den Norderoberern gebändigt werden. 
An den älteften Chinefifhen Annalen bis auf die Zeitgefchichte 
Alerander des Großen, bildet diefer ganze Suͤdſt rich, im Ge 
genfag des übrigen Chinefifchen Reiches, das Land ber Barba> 
sen von Yuez fpäter wird es das von dem Chinefifchen Reiche 
abhängige Nan yue, oder das Yue des Südens, bany wird 
es der Sig eigner Kuͤſten⸗Dynaſtien im Süden, der Du (feit 
232». Chr Geb.) und des Tſchin (feit 566 n. Chr. Geb.), bis 
es umter dee mächtigen, erobeenden Dynaſtie der Thang 
(feit 632 u, Che. Geb.), die auch gegen Süden ihre Herrfchaft 
duch Ausbildung der Marine bi6 Hintsrindien ermweis 
tert, näher und für. immer an das Schickſal bed grüßen Chine> 
fifhen Reiches der Mitte und des Nordens geknüpft 
wird. So,,unter ben Sung, ben Puen, ben Ming, und 
der gegenwärtigen Mandfhu Dynaſtie. 
So verfchiedenartig und eigenthuͤmlich daher auch die Ras 

sur und die Bevoͤlkerung dieſer Sudp-Chinefifhen Se» 
birgt: und Geſtadelandſchaft, nach ihren urfprünglichen 
Verhaͤltniſſen von jenen befhaffen fepn mag, fo ift doch überall 
durch Eroberung und Ueberlieferung das Chinefifhe Cultur—⸗ 
element, bie Verwaltung, die Sitte, die Religion, bie Sprache 











Sad⸗ Chineſiſche Landſchaften, Ueberſicht. 731 


hindurch gedrungen, und hat ſich der Herrſchaft des einheimiſchen 
Elementes, das unterdruͤckt wurde und theilweiſe untergegangen 
iſt, auch Überall bemeiſtert, dag dieſes in den continentalen 
Theilen indeß nicht vollſtaͤndig geſchehen konnte, beweiſen die Ue⸗ 
berteſte der dortigen Aboriginer Völker, dee Miao tfe 
(f. oben ©. 654, 660) im Miao Ling, gegen welche von Zeit 
zu Zeit einheimifche Vertilgungskriege zu führen, politiſches Sy⸗ 
fiem der Regenten war; daß es in ben Geflabelandfchafs 
ten eben fo wenig möglich war, bie ganze einheimifche Popula⸗ 
tion der Culture: Mitte und dem Norden bed Chinefifchen Reiches . 
gleich zu ſtellen, bemeifen bie völlig von dem DMandarinen:Chines 
ſiſch abweichenden Volksſprachen von Kuan tuug und Fukian, 
und die allgemeine nationale Abneigung dee Bewohner Suͤd⸗Chi⸗ 
nas gegen die fiegende Obmacht dev Meichsbeherrfcher, der Diands 
fhugebieter, die gleich den Mongholen vom Norden kamen, und 
eben fo wenig, wie diefe, zur Nationaleinheit mit den Suͤdvoͤl⸗ 
fern zuſammenwachſen Eonnten. 

Nur die Küfienentwidlung, bie günftige Hafenbitbung, 
der Seeverkehr, die Cabotage oder der Küftentraneport, das Zuns 
kenleben, die Chineſiſche Kriegsmarine, auf welche ſeit der Herr⸗ 
ſchaft der Thang und der Sung, auch durch die Ming und 
Norderoberer, die Mongholen und Mandſchu, vie Kraft 

verwendet werden mußte, um bie Gebieter der Geſtadelaͤnder zu 
werben, alles dies gab erſt von ber Seefeite her die Mittel zue 
Seftanfchließung dieſer Suͤdgeſtade an das Stanteintereffe ber 
Mitte und bed Nordens, von dem aber bas Mölkerintereffe ziem⸗ 
lich fern geblieben iſt, wovon die Seibftfländigkeit der Miaotfe 
und die Auswanderungsluſt der Fo tienlang (db. i. der Mäns 
nee von Sollen), den frappanteften Beweis giebt. Zugleich kam 
das Piratenwefen, und dee Welthandel der Barba⸗ 
ven aus dem Si yu, db. 1. der Europäer aus den Wefts 
Ländern mit ihren GColonifationss und HDanbelsverfus 
hen, welche auf diefed Südgeflabe felbit, direct (mie in 
Fukian und Canton), theils indirect, durch Verlockung 
ſeiner Bewohner zu Handelsfpeculationen und Niederlaſſungen 
in den Portugieſiſchen, Bataviſchen und Britiſchen Colonielaͤn⸗ 
dern, Vorder⸗ und Hinter⸗Indiens, den größten Einfluß von 
der Seefeite her gewannen. Allerdings wurden Großhandel 
und Weltverkehr hieducch mit immerhin fortfchreitender Eivi⸗ 
Iifotion, ‚auf die wenigen lichten Puncte der Geftadelinie, bie 





732 oft ·Aſlen. Baffafofteme I. Abſchn. 6. 82, 


allein zu Eingangspforten dienen follten, concentrirt, und 
diefe. werben für eine nahe Zukunft nicht ohne Einfluß bleiben, 
indeß im fchroffften Contrafte, die innen Thaͤler und Höhen ber 
Berglandſchaften und dee vom Meere abfichenden Laͤnder⸗ und 
Bötkergebiete, unberührt von dem Fortſchritt der Zeit auch den 
Europäern gänzlich unbekannt blieben, und hier kaum zu nen⸗ 
nen ſeyn werben. | . 


4. Die Gediegeprovinz Yünnan. Marco Polo’s 
Neiferoute im XU. Jahrh. Die große Querfiraße 
duch Dünnan aus China nah Awa. Neusre Nach⸗ 
richten ber Jeſuiten. R 

Die Lage der Provinz Yınnan im Often bes Muffang 
und LangthfangKiang, wie im Eden bes Kincha Kiang, 

und ihre bebeutendfien Schneegebirgstetten (f. ob. S. 27 

36, 402 xc.), fo wie deren Doppelverzweigungen gegen Oſt 


‚In die Rankings: und Suling: Parallele (f. ob. ©. 206), 


und des Ranking weiteres Streichen gegen Oft, als Miao 
Ling, bis zur Folian = Kette (f. oben S. 660, 665), fiab 
aus dem obigen fo weit bekannt, als unfere genauen Angaben 
überhaupt reihen. Als Grenzprovinz an ber alten und neuen 
Grenze, gegen Tibet, gegen das Land ber Birmanen, theib 
weife durchſchnitten vom weſtlichen KinhaKiang (oder Pins 
langRiang), vom Nu Kiang und Lanthfan Kiang, im 
Süden an Laos, Anam oder Tonkin floßend (f. od. S. 195, 
216, 223, 225, 351, 401 x.), würde bie genauere Erforfchung dies 
fee Landfchaft, im welche der große Wendepunct der Ges 
birgsfpfieme und Stromſyſteme gegen Oſt, Nord und 
Süd fo characteriſtiſch fuͤr das Ganze hervortritt, auch lehrreich 
fuͤr die Betrachtung des Ganzen ſeyn. Aber, wenn ſchon die An⸗ 
gaben ihrer einzelnen Localitäten mit Marco Polo's Wande⸗ 
rungen beginnen, ſo ſind alle folgenden Nachrichten uͤber ſie nur 
Einzelnheiten geblieben, die man nur ben drei Perioden der 
Eroberung und Zerſtoͤrung durch die Mongholen, der Eroberung 
durch die Mandſchu, und’ der Landlartenaufnahme durch die Je⸗ 
ſuiten verdankt, denen die Sroßartigkeit und Mannichfaltigkeit ber 
Naturverhaͤltniſſe und bie Schwierigkeit ber bortigen Voͤlkerver⸗ 
haͤltniſſe aber keine Mare Einficht, Leinen Meberblid über ein fo 
merkwuͤrdiges Länbdergebiet-geflattete, 

Aus ben Annalen der —— — erfahren wir, daß dieſes 


- 








Alpenland Dünnan. 733 


Gebirgsland in Früheften Zeiten feinen eigenen Gebirgsfuͤrſten ges 
börchte, unabhängig von dem Chinefifchen Reiche, daß in der antiken 
Sprache feiner Gebirgsbarbaren Tſchao fo viel als König heiße, 
6 folher Efhao’s, oder Bebirgsfürften, beherrfchten dies 
Land; ber König im ſuͤdlich ſten Gebiete beffelben nannte ſich 
ſelbſt Mongſche, die Chinefen gaben ihm, wegen der Lage den 
Namen Nantſchao (d. i. der Süd:König 5%), das Suͤd⸗ 
Reich, f. 0b. S. 187). Diefee unterwarf fih im VIN. Jahrh. 
n. Chr. Geb. vier der übrigen Tſchaos, und huldigte dann 
dem, Chinefifchen Kaifer, der ihm ben Titel Kouey⸗y verlich 
Diefer König von Nan tſchao (denn diefen Namen behielt das 


mals daſſelbe Land, bis gegen die Mongholenzeit, feit welcher es 


erſt Yünnan genannt wird), hieß Pilo Lo, nahm feine Des 
fivenz zu Tapho iſching, von der man heute nur noch Truͤm⸗ 


mern in dee Mähe der großen Stadt Ta lifu zwifchen dem 


gleichnamigen Alpenfee, und dem vielgipflign Schneeberge, 
der fih im Welten diefes Gerd unter 25° 49 N.Br. (1. oben 
©.:408) emporhebt, wahrnehmen fol. Dieſes Ta lifu wurde 
erſt weit fpäten (1267) von ben Mongholen zur Gapitale der 
Provinz Yünnan erhoben (f. unten). Auf einemrbiefer nahen 
- Berge 85), auf weichem ein unergruͤndlicher See liegen fol, leiſte⸗ 
sen die Könige von Mantfchao feirdem an China ben Eid. bee 
Freue. Das Gefchlecht des Könige Pi lo ko war in dem Ga 
birgsgau der Barbaren (db. h. Fremdlinge in bee Sprache ber 
Ehinefen) zu Haufe, die man Gailad nanntez diefe erhoben 
viele Fehden gegen China; eben fo bie benachbarten Tufan 
(Tuͤbeter), die felbft Lieber bas Supremat über diefe Berglands 
Schaft behauptet hätten. Der häufigen Unruhen und Anfechtuns 
gen ungeachtet, kehrten bie Nachfolger Pi lo kos, weil fie dem 
Drud ber Tüberifchen Nachbarn zu- entgehen fuchten, boch zur 
Ergebenheit gegen China zurück). Bei einer folchen Gelegenheit 
wird gefagt, daß diefe nebft dem Zribut den Chinefifchen Kaiſern 


auch die Landkarte ihres Königreiches übergeben hätten. 


Schade daß uns diefe nicht aufbewahrt if; Mit ihnen waren 
auch ihre füblichen Nachbaren die Barbaren von Ngannan 


(d. i. Tunkin, welches nad) jener von Europaͤern veränderten 





ss+) P. Ganbil Histoire de la Dyn. des Thang in Mem. conc. P’Hist. 
‚des Chinois. Paris 1814. T. XVI. p. 43. 26) ebend. p. 143. 
e) ebend. P⸗ 142. 


—* 


738 Sf Men. Waſſerſhſteme. 1. Abfhn, $. 82, 


Ausſprache *87) auch unter dem Namen Anam genannt wird), 
den Chinefen tributbar geworden 5; ba diefe aber dieſer Oberherts 
ſchaft überbrhffig waren, begaben fie fi) unter den Schug des 
Könige von Nantſchao, der aus gleichen Urfaden, um das 
Jahr 858, den Chinefen den Tribut auffagte und das nördliche 
Szuͤtſchuſan mit Krieg uͤberzog, ſich felbft aber den Titel Kai⸗ 
ſer 8) anmaßte. Er befegte auch Ngan nan und defien Capis 
tale Kinotfchi (Kesho), obwol ex aus diefer durch die Chinefen 
im 3. 866 wieber zurüdgetrieben wurde, Gegen ben Norden fcheint 
er in Szuͤtſchuan fiegeeicher geblieben zu ſeyn, denn die Rantſchao 
Heere uͤberſchritten ſelbſt den Ta Kiang und gingen uͤber dortige 
Gebirgspaͤſſe 8o). Doch gelang es ihnen nicht ſich zu Gebietern ber 
Gapitale von Tſching tu fu (f. ob. ©. 413) zu mahen. Der 
‚Verfall der Herefhaft bee Thang, durch das eingeführte Eunus 
dhenregiment, erhob zu Ende ihrer Zeit, in faft allen Provinzen 
‚des. Chinefifchen Reiches ſelbſtſtaͤndige Mititaichefd und Dyna⸗ 
fien ®), die auch unter ihren nächften Nachfolgern mehr oder 
somiger unabhängig bleiben, bi6 die Kin im Norden, unb bie 
BSong:Dynaftie im Süden von China (964 bis 126€) wie 
«der ihre Herrſchaft feflftellten. So auch hier, in Szuͤtſchuan (f. 
zob. &. 414), und deſſen füdlichen Nachbarprovinzen, die jedoch, 
nach dem Sturze bee Song, bei ber Eroberung duch die Mons 
gholen auf das fuchtbarfte verheert wurden. Dieſes Könige 
reich Nantſchao wurde, nachdem unter Mangu Khan, deſſen 
Feldherr, Uriangkhotai, Tübet verwuͤſtet hatte, von demſel⸗ 
ben Oberfeldherrn, dem auch der Prinz Khublai mit 100,000 
‚Mann beigegeben war, überfallen und im Jahre 1255 91) vers 
heert. Diefe Eroberungen gegen den Süden wurden den Mon: 
gholen nicht Leicht, weil das wilde Gebirgsland, noch mehr aber 
das heiße und ſchwüle Clima diefes ſchon fubtropifhen Suͤ⸗ 
dene, den Norberobereen fehr verberblich ward; von jenen 100,000 
Mann kamen nur 20,000 mit bem Leben davon. Doch wurbe 
dies Land, das nun mit der Hauptfladt Yünnan gleihen Ras 
‚men erhielt, wirklich den Mongholen unterworfen, und zue 
Provinz gemacht; aber bie Feldzüge des nachmaligen Khubs 
ai Khans gegen das benachbarte Ngan nan CTunkin) mise 


507) P. Gaubil ebend. p. 194. **) ebend, p. 239. 2 wer 
p. 260. °°) Klaproth Tableaux histor. de PAaio p. 231 
8* Nouv. Journ. Aiatiq. T. L p- 116 Not. 


Alpenland Yuͤnnan. | 735 


fangen, drei mat, bald hintereinander, im Jahre 1280, und die 
beiden folgenden male, 1285 und 1287, mo fie von Yünnan ”) 
aus unternommen wurden. Zu raſch buch die Gebirgsdefilcs 
Vordeingend, wurde ihnen der Ruͤckweg abgefhnitten, die Hige 
rieb die Norbländer auf, und der größte Theil ihrer Truppen 
ging verloren. Die Könige von Mientien (b. i. das heutige 
Birmanen⸗Reich in Awa) mögen damals nad) früher ges 
habter Fehde als ſuͤdweſtliche Nachbarn von Puͤnn an befreun⸗ 
det worden ſeyn mit den Mongholen (auf dem Wege über 
Bhanmo, am obern Irawady), oder ihnen von neuem unters 
würfig 5 denn vom Jahre 1297, fagen die Chinefifhen Annaten, 
habe der König von Mientien?) (ec hieß Fitipa) feinen Prins 
zen-(Sinhobati) mit Tribut an den Kalfechof der Mongholen ges 
ſchickt, wo «er fehr gnäbig aufgenommen ward. Einen frühen . 
Feldzug Khublai Khans aus dem ſuͤdweſtlichen Yinnen im 
Fahre 1272 gegen Mien (d.-t. damals das Königreich Ava) auf 
der großen Hauptſtraße bahin gegen Bhanmo hat M. Polo bes 
ſchtieden; duch welchen Mien ſchon frühe tributpflichtig an bie 
Duen ward. 

Dies iſt die merkwürdige Periode, in welcher, kurz vorher, ber 
erfte und einzige Europaͤiſche Beobachter, eben der Venketianer 
Marco Polo, jene Gegenden bereifet, unb als Augenzeuge zum 
erſten male Über bie Lanbfehaften von Yünnan Bericht ges 
geben hat, doch ohne fie noch mit dieſem Namen zu nennen, 
Daher nur erſt ein gelehrter Commentar, und zwar auf:Kennts 
niß der einheimifhen, orientalifhen Spraden und 
Geſchichtsquellen begründet, diefen Bericht erläutern, vor 
bypothetiſchen Erklärungen befreien und für Geographie nutzbar 
machen konnte. Dies ift durch Klaprothe Bemuͤhung gluͤcklich 
gefchehen, weiche die hifkorifche Treue und Genauigkeit der Erzaͤh⸗ 
lungen de6 edlen Venetianers, noch nach einem halben Jahrtau⸗ 
fend feiner vielfachen Verkennung auch auf den dunkelſten Erd⸗ 
räumen in das hellſte Licht fegen. Hier das Reſultat derfeiben 
nebſt einigen weitern Erläuterungen. j 





2) P. obil Histoire de Gentchiscan et des Mongons etc. .c. 
p-. 194, 203, 207. 22) Mailla Histoire Generale de la Chine 
T. IX. p. 468. 


736 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. bin. $. 82. 


2 Marco Hoto?’s Reiferoute durch Vünnan Ende 
bes XII. Jahrhunderts. 


Nachdem M. Polo auf dem oben bezeichneten Wege (ſ. ob. 
S. 513 — 522) die Capitale Tfhingen,fu erreicht hatte (f. ob. 
S. 413), und von da, gegen S. W., bas verheerte Tuͤbetiſche 
Land, WTagereiſen, bis zur Suüͤdgrenze durchzogen hatte (f. ob. 
©. 187), fügt er: am dieſes Tüͤbet ſtoße die Provinz Kain: 
du 5%), deren Hauptfladt, am Anfange ber Provinz 
legend, heiße eben fo. ” 


1) Kaindu (06 Kiangtheon, Hentha?), Grenzlanb gegen. 
; Mien (Awa). 
Be der Hauptſtadt Kaimdu liegt, führe M.Polo fort, ein 
geoßer Salzſee, in bem eb viele Perlen giebt, die weiß von 
Sarbe, jedoch nicht rund. find, und in fo großer Menge, daß iht 
Preis fehr bald herabfallen würde, wenn «6 jedermann erlaubt 
wäre, diefelben zu fiſchen. In defien Nähe llege, fagt er, ein 
Berg mit Türkis, deffen Minen ebenfalls nur mit Exrlaubaif 
des Groß: Khans bearbeitet werden burfien. Diefe Provinz habe 
"Früher ihre eigenen Fuͤrſten gehabt, fey aber gegenwärtig dem 
Groß: Khan unterworfen, dee dort feinen Gouverneur einfege. 
Die Einwohner von Kaindu find Idolanbeter; bei ihnen 
iſt dieſelbe Sitte, den Gäften die Rechte bed Hausvaters abzutre: 
ten wie in Hami (f. Afien Bd. I. S. 60-361); fie glaubten 
dadurch teiche Ernten zu gewinnen. Ihe Gelb fi nd Goldſtau⸗ 
gen nach dem Gewicht, ihre Leine Münze find Salztafeln, 
und Xäfeichen, die ſie aus dem Abfub der Salzquellen gewinnen, 
die von den Laiferlichen Beamten geflenıpelt werden, davon dad 
Stud nur 2 Pence, 80 Stud einen Saggio- Gold (d. i. + Uage 
Venetianiſch) Werth haben, deren Preis aber durch das Gebirde 
verführt fleigt (mie in Habeſch, ſ. Afrika Tb. I. &. 300, 1038). 
Hier wird Goldſtaub und Mofhus u. a. dafür eingehandelt, was | 
den reifenden Kaufleuten großen Gewinn bringt. Die Landſchaft 
Kaindu if voll Staͤdte und Caſtelle; im Gebirge umher giebt 
es viel Tiger, Bären, Hirfche, Antelopen, viel Geflügel, Moſchut; 
in dem See viel Fiſche. Aus Weigen und Reis machen bie Ein 
wohner mit Gewürz einen Weintrank, von ſehr gutens Geſchmoc. 


se#) M. Polo ed. Marsden Lib. II. ch. 38. p. 419— 422. ed, Ra- 
musio Tom. IL Lib, I, cap. 38. ed. Venet, 1583, fol. 34. 





Yünnan, Kaindu, Orenzland gegen Awa. 737 


Das Land bat viele Gewürznelken (Garodali), Zimmt 
(Canella, d. i. Cassia), Ingwer (Zinzerp) und. viele andere Ges 
mürze, von denen, fagt M. Polo, niemals weihe nah Eus 
ropa gebracht worden find. Jener Garofalo⸗Baum iſt klein, 
bat Zweige und Biätter wie dee Lorbeer, jedoch find diefe länger 
und ſchmaͤler; feine Bluͤthen find weiß und Elein, wie die Garo- 
Jali, werden aber dunkelgefärbt. (die des Caryophyll. aromaticus 
find nicht weiß von Farbe, fondern ſchwarztoth). — 

Diefeb Land Kaindu mit Sicherheit zu beſtimmen, möchte, 
bis jegt noch, feine Schwierigkeit haben, ba jene ganze Region am 
Südweflende ber Chinefifchen Provinz Vuͤnnan, gegen das 
alte Königreich Ama [Mien), noch ven keinem Beobachter bes 
ſchrieben ift, und jene Angaben Marco Polo’s fi nur hie 
und da an etwas bekanntes anfchließen. Am nächften trifft wol 
Klaproths 5) Erklärung, obgleich uns auch diefe noch hypo⸗ 
phetifch erfcheint, und. manches dunkel laͤßt. Kaindu ift, nach 
ihm, das nördliche Land der Birmanen, nordwärts vor -- 
Awaz die Stadt deſſelben Namens werde zur Mongholenzeit 
Kiangtheou genannt; fie lag 10 Tagereifen von der Grenze 
im S. W. von. Dünnan. Klaprorh Hält fie für das heutige 
Hentha, am Oſtufer des Jrawadi (unter 22° 55° N. Br.), 
welcher, auf dem Weſtufer bed Steomes gegenüber nicht fern ein 
großer Ser, der Nando Kando des Karten, legt, der uns ins 

deß fonft unbekannt blieb. Denn Crawfurds Reife, die dort 
von Ama am weiteften gegen Norden vordrang, erreichte nur 
‚ die Nähe fübwärts von Monchabo %) am Südende jmes Sees 
bee 10 Stunden von Ama entfernt, und an 12 Stunden lang 
feyn fol. Ehe man diefes Suͤdende erreichte, kehrte man bei den 
Reka⸗Bergen aber ſchon wieder um, vor. denen fid) allerdings 
aber nur ein kleiner See ausbreitet, weiher Bitter: Waffer 
“in dee Lanbesfprache heißt. Won blauen Kalkſteinklippen umge⸗ 
ben iſt dieſer wirklich falzreich, auch bereiten die Dörfer umber 
Salz aus ihm umd Boden aus ˖ det benachbarten Erbe Salz. 
Diefre See, ſagt aber Craiwfued, ift der einzige- feiner 
Art” im Lande. Soute diefes wirklich deu gran Lago ſeyn, ˖ den 
Mares Polo! nt; ſchwerlich; von jenem großen iſt es aber 





»5) Klaproth Remasques geogr, sur les Provinces occideninles de 
la Chine deorites, p. M. Polo in Nouv. Journ. Asiät. T. I. 1828, 
p- 109-119. John Crawfurd Journal of an Embassy to 

die Court. of Ava 1827. London 1829. 4. p. 200, 400. 


Nitter Erbfuche IV. Aaa 


8 


—2 





738 Dft-Afien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


nicht befaunt, daß er falsig, noch weniger, daß er fo perlenreich 
ſey. Die Angabe der Gewuͤrzpflanzen, die man jedoch nicht für 
‚bie bekannten Arten, fondern nur für analoge halten kann, weis 
&e auch M. Polo nur nergleichungsweife angiebt, Yaffen- alles 
dings ſchon auf ein heißeres Clima in einem teopifhen Tiefthale 
fhließen , daß hier offenbar an einem jener großen Suüͤdſtroͤme 
fhon auferhasb ber Dochgebirgeketten von Yünnam legen 
mußte. Wenn M. Polo, bier, mit Kaindu jene Localität ges 
gen das Königeeih Ama wirklich bezeichnet, fo iſt es auffallend, 
daß er fie nicht näher als Grenzprovinz, bie offenbar fchen 
zu dem Koͤnigreiche Wien (d. i. Awa⸗Reich) gehört, genauer aus 
giebt oder ihrer fpäter noch einmal erwähnt, da er boch weiter 
unten noch einmal auf Diefeibe Gegend zurückkommt, wo er 
den Feldzug feines Groß⸗Khans und die Schlacht gegen dem Koͤ⸗ 
nig von Mien, im Sabre 1272°7), genau deſchreibt. Verlaͤßt 
man bie Stadt Kaindu, fo find es 15 Tagereiſen bie zur ent- 
gegengefesten Grenze der Provinz (ob im Mord oder 
Oſt, oder N.D.?), auf dem ganzen Wege ift alles voll anſehnli⸗ 
her Wohnungen, vol fefter Poſten, Sagdreviere ; die Bewehnet 
haben biefeiben Sitten, wie oben gefagt. Am Ende dieſer 15 
Zoge (leider giebt M. Polo gas keine nähere Richtung der Weit⸗ 
gegend an), gelangt man zum großen Fluß Brius, der die Pros 
vinz begeenzt, fich in den Ocean ergießt, und fehe viel, Gold⸗ 
Raub waͤlzt (alfo ein Kincha Kiang, hier, bann nicht der im 
Norden, der Ta Kiang, fondern ein mehr füdweftlicher, ob ber Ira⸗ 
wadi? f. #6. 8,196), Daß es zwei Kincha Kiang, d. h. Fluͤffe 
gebe die Goldfand wälzen, ſagt ausbrüdiih, nah Klap⸗ 
roths ) Gitat, die Chinefifche Reichsgeographie, die man nicht 
mit einander verwechfeln dürfe, den nördlichen den KaKtang 
in Dünnan, und den fübwefllihen ben Itawadi in Ama. 
Sollte es nicht deren noch mehrere geben, die Goldwaͤſchen darbies 
ten zwiſchen diefen beiden? es wird ja von M. Polo feib in 
allen jenen Provinzen Yınnan de zwifchen beiden ausdrkdiich 
von Goldreichthum in den beiden folgenden Kapiteln gefprochen, 
und: ed könnte eben fo gut einer: der mehrexen zwifchen jenen dei⸗ 
den Ertremen gelegenen ſuͤdlichen Stroͤmen mit dem Namen 


9* M. Polo ed. — e. ch. 42. p. 441. ed. Ramusio L «. 
‚ D. c. 42. fol. 38. h. ”e) Taithsing y thoung tchi coexxvim. 
fol 2. b. Klaproth Mem. Lt. T. L p. 110. 


! 


Dünnan, Kuraiin, bei M. Polo. 739 


Gold ſt rom belegt feyn, wie etwa der Nu Kiang oder Lange 
thſangKiang (f. ob. S. 226), die auch direct zum Dean abe ' 
fließen. Diefen Fluß Brius mit dem Goldſande (Welcher 
berfelben es unter den dortigen problematifchen gegen die Awa⸗ 
Seite ziehenden Grenzfluͤſſen Yuͤnnans auch ſeyn mag), paſſirt 
nun M. Polo (ob gegen Oſſt oder Nord iſt nicht geſagt), und 
dann tritt er ſogleich in die Provinz Karaian ein, die fo groß 
if, daß fie in 7 Gouvernements vertheilt warb. 


2 SKaraian, das Land der Karain, oder der Thfouan man der 
Ehinefen; daB heutige S. W Yünnan, mit der Capitale Jack, 
db. i. Thſu hiung fu. 


— ſagt M. Polo M), iſt weſtlich gelegen, die Ein. 
wohner ſind Idolanbeter, der Groß⸗Khan hat ſeinen Sohn Can⸗ 
temme (richtiger Efentemur anderer Mfe.) zum Vicekoͤnig 
eingefegt,, der wie fein Vater mit Weisheit und Gerechtigkeit bie 
Herrſchaft führt. Reiſet man von diefem Fluß 5 Tage gegen 
Weft (e partendosi dal sopradetto fiumne' si cammina verso Ro- 
neate, bei Ramufio. — Diefe Stelle widerſpricht eben jener Ans 
nahme den ſehr wefllichen Scawady für den Brius, ber den Golds 
fand waͤlzt, ‚gelten zu laffenz in allem folgenden flimmen wir mit 
Klaproch6 Commentar überein), fo paffict man durch ein Land 
vol Bewohner und feſter Burgen. Die Einwohner nähren fi 
von Fleiſch und Fruͤchten. Die ihnen eigene Sprache (hanno 
linguaggio da per se) iſt ſchwer zu erlernen. Sie haben die bes 
fien Pferde. Nah 5 Tagen erreicht man bie Gapitale des Koͤ⸗ 
nigreichs; fie heißt Jaci, iſt groß und wohlhabend, vol Kauf: 
leute und Künftler, mit gemifchter Population von einheimifchen 
Idolanbetern, Neſtorianiſchen Chriften und Mohammedanern; 
doch machen die erſteren die Mehrzahl aus. Als Geld curficen 
bei ipnen weiße Porcellanmufcheln (Porcellana b. M. Polo, 
Sauries, f. Erdk. Afrika I. S. 149, 324, 422, 1088), die auch 
zum Echmud dienen; 80 Etüd haben den Preis von 1 Saggio 
Silber (gleich 2 Venttian. Groffi), und 5 Sitber Saggie find 
gleich 1 Saggio Gold. Die Salzquelien geben hier dem Koͤ⸗ 
nige große Einkünfte. Die Gaſtſitte gegen die Fremden if hier 
wie in Kaindu Hier iſt ein Su über hundert Mislin in 





’*2,M. Polo ed. Maredgn II. ch, 30 p. 424—420; ed. Ramunio 
Il. cap. 39. fol. 35 
Aaa2 


740 Oſt⸗Aſien. Wafferfofteme. I. Abſcha. $.82. 


Umfang, fehr reich an Fiſchen, auch an großen. Die Einwohne 
effen rohes Fleiſch von Vögeln, Echafen, Rindern, Büffeln, nur 
geſalzen und gewürgt, un Poͤkelfleiſch — So weit De. Polos 
Beide. — 

Diefe Landfchaft Karasin im weſtlichen China gelegen, 
hatte wirklich Eſentem ur zum Vicckoͤnig, es iſt der Defian 
Tim ur der Chineſiſchen Annalen o), aber nicht Sohn, ſondern 


Enkel Khublai Khans; fein Vater war Khogatſchi, fünfte 


I} 


2 


Sohn Khublais. Er wurde,im Jahre 1250 zum Bang (Bis 
cefönig) von Yünnan erhoben, und blieb daſelbſt bis 1307, 
wo er anderd beorbert ward. Vor ihm war fein Water König 
von Yünnan gewefen. Yuͤnnan heißt noch heute bei den Mo⸗ 
bammebanern Gentrals Afins Karayan, nah den Einge 
bornen des Landes, Diefe find von einer andern Abſtam⸗ 
mung als die Chinefen, ihre Sieger; diefe Karayam (ober Ka⸗ 
rain) find eben fo im Birmanenlande verbreitet, wo fie no 
heute Karain heißen, und ihre Stammpgenoffen haben fi 


meit gegen den DOften durch Suͤd⸗China ausgebreitet, wo fie einem 
bedeutenden Theil der alpinen Miaotfe ale Bewohner de 


Miaoking ausmachen. Es ift- für Ethnographie hoͤch ſt wich⸗ 
tig, daß mie den Sig dieſes Aboriginer Volkes in feine 
Heimath durch DM. Dolo kennen lernten, vor befien weiter 
und vielfacher Zerfireuung 1), die wie ohne den Mittelpunct 
und Urfig factiſch zu kennen, ſchwerlich Gerauögefunden haben 
würden. Diefe Provinz umfaßte den füblichen Theil von 
Yünnan, das Land der Thfouan man der Chinefen, die fih 


ſelbſt Karain nennen (ihre weite Verbreitung f. unten). De 


Gapitale, welche M. Polo Jaci nennt, nad italiſcher Schreit» 
art, heißt Goei thfu zur Beit Khublai Khans (Batſi nad 
Mongholifcher Ausfprache, die der Venetianer genau wiedergiebt); 
fie war ſchon in frühern Zeiten bee Song: Oynaſtie die bedeutend: 


Hauptſtadt bes Landes, und erhielt erſt fpätee den heutigen Na⸗ 


men Thſu hiung fu (Tchou young 5. D’An-ville, Tſchu⸗ 


jüng b. Stimm, im Welt ber heutigen Capitale Yünnas 


*°°, Lie’tai ki sza nian pao Kiv. XCIV. Tabl. Geneal. und Kir. 
XCVIR fol. 1. vers. nady Klaproth Remarg. 1. c. p. IM. 

- 2) Marsden Not. in M. Polo Ed. 826. p. 425; 9. Berghaus Afta, 
Sammlung von a in Beyihung auf * Geo⸗ und Ho⸗ 
en: 3 f. Th. J. Gotha 1832. A, Heft, I a 


\ 


—— — bei M. Polo, Talifu. 741 


gelegen), bei welcher bie Chineſiſche geichegeographie 2) auch Beute 
nod 4 Hauptgruben nennt die ſchwarzes Salz geben, aus 
denn das Gouvernement großen Gewinn zieht. Der große, fifchs 
reihe Ser, von dem M. Polo fpriche, iſt unftteitig ber Eul⸗ 
bai, der im Weſten die Mohnfige bee Thfouanman oder 
Karain von denen dee Duman oder Raradjang fcheidet, 
zu denen M. Polo nachher fortfchreitet. Er hat nach dee Chis 
nefifhen Neichsgeographie über 22 geogr. Meilen (300 Li) Um» 
fang, etwa die Größe des größten Deutfchen, bes Bobdenfers ; dee 
koͤſtlichſte Fiſch, dem man darin fängt, der bis 1 Fuß lang wich, 
heißt Koungpuz bie Chinefen nennen ihn „den erflen der 
Fiſche.“ Marsdens Auslegung Jaci (das er Jacchi fchreibt) 
für Pechu oder Talifu zu nehmen, iſt daher unbegruͤn⸗ 
dete Vermuthung >). 


3) Karazan, b. i. Karadjang, mit der Stadt Tat fu; das Land 
der Ouman, d. i. der ſchwarzen Barbaren. 


Marco Polo nimmt nun, in der Fortſetzung ſeiner Be⸗ 
ſchreibung von Yunnan, durch welche wir den fruͤheren Zus 
Rand dieſer, ſeitdem ſehr veränderten, Chinefiſchen Grenzprovinz 
kennen lernen, eine direet weſtliche Route, und kehrt noch 
einmal an. bie Weſtgrenze gegen Mien, b. i. das Awa⸗. 
Reich zuruͤck, von dem ex nach obiger, fruͤher geſtellter Angabe 
des Laubes Kaindu, ſich alſo weithin gegen Oſten bin hatte erſt 
entfernen muͤſſen. Dieſer Schwierigkeit des Zuſammenhanges, 
die uns noch nicht ganz Mar aufgeloͤſt ſcheint, ungeachtet, iſt nun 
Marco Polos weftliches Vorfchreiten, won der Capitale 
der. Rarain aus, ganz Bar. 

Verlaͤßt man bie Capitale Jaei (Goei thſu, d. i. Thſu⸗ 
biung fu) und reiſet 10 Tage gegen Weſt: fo erreicht man bie 
Drovinz Karazan *), bie fo wie ihre Hauptfladt heiße. Dis 
Einwohner find Gögendiener, das Land gehört dem Groß: Ahan, 
deſſen Sohn Kogaein Vicckoͤnig ifl. In den Ztüffen finder 
man hier das Gold in Beinen und geoßen Stüden, auch bavon 
ganze Adern im Gebirge. Wegen des viclen Goldes hat dort ein 
Saggio Gold den Werth von 6 dergleichen Silber. Auch haben 


2) Tai thaing ythoung chi Kiv. CCCXX, b, Klaproth Le. B 178. 
3) M. Polo ed. Marsden I. o. Not. 830. p. 427. *) M.Po 
Marsden Lib. H. ob. 40, p. 429 — 434; ed. Ramusio T. u. 


ch. 40. ſol. ol. 35. ° 





742 SDfl:Afien. Waſſerſyſteme. J. Abſcha. 5. 82. 


fie biefelben Porcellanmuſcheln als Münze, bie ihnen aus Im 
dien zugebracht werben. Bei ihnemPgieht es große Schlangen bir 
410 Spannen in Umfang haben, 10 Schritt lang find, umd fa 
große Rachen Haben, daß fie einen ganzen Dann verflingen 
koͤnnen; dieſe verbreiten großen Schreckenz man geht aber auf 
ihre Jagd aus. Die Pferde find bier von einer größern Art; 
als Folen werden fie nad Indien ausgeführt; man entnervt ih⸗ 
nen die Schweife (eine Ast anglifircen, das M. Polo gemaun 
beſchreibt, iſt hier alſo uralter Gebrauch). Die Gteigbägel der 
Reuter find hier lang, nicht mehr kurz wie bei Tataren, die beim 
Bogenſchießen ſich darin jedesmal emporrihten. Die Einwohner 

haben volle Rüftung von Büffelleder; Lanzen, Schllder, Arm: 
brüfte (palestre), ihre Pfeile ſind vergiftet. Sie ſeibſt find ſchnel 
bei der Hand, im Fall der Gefahr, fi ferbft zu vergiften. Ber 
der Unterwerfung an bie Mongholen hatten fie die graufe Ge 
wohnheit, vornehme Gäfte, die bei ihnen im Haufe übermachteten, 

zu ermorden, nicht um ihee Guͤter zu baden, fondern ihren DE 
mon, den fie dadurch an ihre Familie zu fefleln glaubten, wei 
derfeiben Heil bringen fol. Das Haus, das ein folder Geil 
eines Großen zur Herberge erhalten, wird gluͤcklich gepriefen; bes 
ber fielen nicht felten Ermordungen bei ihnen vor, aber dieſe furcht⸗ 
bare Sitte, fagt M. Polo, iR durch den Groß: Khan weit Ber 
wait ausgerottet, — So weit des Benetianers Bericht. Aus 
Klaprorh 8 Unterfuchungen erglebt fi, daß dieſes Karazan, 
das Karadjang bei dem Perſer Rachid⸗eddin WS), abe 
auch der Chinefifhen Annalen iſt, welche den Namen mit On: 
man überfegen, d. d Schwarze Barbaren (es gab auch 
Weiße Barbaren, Peman, Tſchaghandjang der Mongholes, 
die bei Rachid⸗eddin mit jenen identiſch oͤfter erwähnt werden). 
An einer Stelle, wo der Perfifhe Autor aus der Regierungszeit 
Mangu Khans von dem Feldzuge des damaligen Prinzen 
Khublai Bericht giebt, dradt er jih fo aus: Dies Land heißt 
in dee Kataier Speache Dailion (d. h. des großen Könige), in 
dee Suͤdſprache Kandarmi (oder Kenbermi, d. i. großes 
Land), in feiner eigenen Sprache Kandahar. Es grenze an 
Tübet, Tangut, auch mit andern Provinzen und Gebirgen Din 





sos) Description de la Cliine sous le Regne de la Dynastie Mos- 
fe trad. Persan de Rachid-eddin ar. an p. Kiaproth, Paris 
p. 3 











Münnan, Karadiang, Tal, Nantſchao. 743 


boflans und an das Land bee Zardandam (f. unten), Man⸗ 
gu Khan befahl Khublah dahin zu ziehen. Diefer verheerte 
- das Land, plünderte es im Monat Mopharrem des Jahres 1256 
n. Chr. ©. (654 der Hegra), nahm deffen König, Mah⸗arar 

(d. 5. größer Here), als Gefangenen mit ſich, und Lehrte von dem 
Here zuruͤck. Der Verfaffer des Tarikh Haideri 6) beſtaͤtigt 
dieſe Namen, indem er ſagt: in S. W. von Maharſchin, in der 
Naͤhs von Tuͤbet iſt das Land Dar liou der Chineſen, das bie 
Mongbolen Karadjang, die Hindus Kenbhur, wir, bie Per⸗ 
fer, Kandhhar nennen (welches aber ein anderes als das uns 
benachbarte Kandahar iſt). Ein anderer Perſtſcher Annalliſt im 
Tatik Hafidz abrou füge feiner Nachticht noch hinzu: „die⸗ 
fes Land Karadjang liege zwiſchen Hindoſtan und Tuͤbet, im 
deſſen einer Haͤlfte ſind die Einwohner ſchwarz, in der andern 
weiß; die weißen nennen die Mongholen Tſchaghandjang. 
Die Hiſtorie ber Thang ſagt genauer: der öftliche Theil 
dieſes Zanded wird von den Du Wan, oder (dwargen Bars - 
baren, bewohnt, ber weitliche von ben Weißen. 

Diefes Katadjang (Dailicu der Chineſen bei Rachid⸗ 
eddin) ift aber das alte, mächtige Reh Tall oder Nan⸗ 
aſchao (I. oden S. 733), das, wie oben geflagt, im Jahre 1255 
gerfkört und in eine Mongholiſche Provinz verwandelt war. Dar⸗ 
aus, daß der Feldherr Urlangkhotai damals von ZTübet 
aut, zu gleicher Beit, in-einem Feldzuge, bie Länder Kar 
radjang (d. i. dee Duman), Tſchagau djang (d. i. des Pe⸗ 
man), wie die der Lolos, der Abe und Alu «f. oben S. 2Do, 
227,00 die Lu oder Nu u. a., f. unten), durchziehen und vers 
heeren tonnte geht hervor, daß diefe wilden Geblrgsvoͤlkor 
und Gebirgsgaue nahe sufammengrenztem & 00 
derte, fogen die Ehinefifchen Aunaten, im -So hung fan iu 7), 6 
Feſtungen, 8 Su oder geoße Städte, 4 Kiun, d. i. Herrſchaf⸗ 
ten, und beficgte 37 barbarifche Ustbns, die mit geöftes 
Tapferkeit täglich Gefechte veranlaßten; -das ungefunde Glima 
raffte fehe viele der Mongheien hinweg. - 

As. Marco Poto etwas fpäter diefe verheerten Bantfhaf 
‚im — u. fein hoher Goͤnner der Kaifer jenes eigenen 





°) Klaproth — l. c. in Nouv. Journal Asiat. T. 1. 18238. 
pP ne ir ) Kiaproth Remarg. I. c. Nonv. Journ. Asiat. T. 1. 
p. ot. 


744 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


Sohn Kogacin,dafeibft ſchon im Jahre 167 zum Bang 
oder Vicekoͤnig erhoben; die Chineſey nennen ihn Khogatſchi. 
Gene Reſidenz nahm er zu Talifu, die ſeitdem ‚zu einer ber 
XH Gapitaten des Monghpolifhen Kaiferchums erhoben ward. Die 
große Schlange, von der M. Polo ſpricht, iſt unflreitig bie 


bekannte Boa (Mai tbeou che der Chinefen), die durch ganz Sübs 


China, zumal aber in Yünnam fehe häufig if, öfter 25 bis 30 
Fuß fang, an 4 Fuß im Umfang wird, und felbft Rothwild wie 


ehe x. verfehlingen fol. Ihe Fleiſch wird allerdings ats Delis 


cateſſe gegefien , spie ber Wenetianer berichtet, ihre Balle wird ges 
wocnet, als Mediein theuer verlauft, aus ihrer Haut macht man 
Trommeln, Säbel: und Dolchfcheiden. Von ihren vielen Wins 
dungen, bie. fie bei ihren Bewegungen macht, wird fie auch Sans 
be, oder San Jan, genannt, aber auch Nanche die Süd: 
Schlange, weil fie fih nur fuͤdwaͤrts des. großen Ranking 
Daralleis, 26° N.Br. (f. oben ©. 407, 660) vorfinder. Die 
Loge von Ta li fu if aus obigem (ſ. oben ©. 733) belannt. 


4) Zardandam mit der Stadt Unciam, d. i. das Land ber- Kin 
tſchi, deu Goldzaͤhne, mit ber Stadt Yung. tfhang fu. 


M. Dolo führt uns in feines Belchreibung. noch 6 Tagerei⸗ 
fen weiter gegen. Wet von Ta lifu, in bie Provinz, bie « 
Zardandam (Kardandam) CS) nennt, mit ber Gapitafe Uns 
eiamı (nis Vociam, Vochang u. a;, was falfche Ledart); aud 
fie gehört dem Groß-⸗Khan. Hier wird Gold nach Gewicht als 
Münze verbraucht, wie bie Potcellanen (Kausies).. Eine Unze 
Gold ift gieih 5 Unzen Silber ; haber die Kaufleute, weiche bie: 
ber Silber einführen, das im Lande febe felten ift, großen Ge 
winn machen. Wänner und Weiber diefee Provinz haben ben 
Gebrauch ihre Zähne mit Goldplaͤttchen zu überziehen, die 
fie damit. ſehr kluͤnſtlich zu belegen wiffen, und. ſtets damit .bebedit 
laffen. Die Männen setowiren ſich Arme und Beine, mit ſchwat⸗ 
zen Streifen als Chrenzsichen. Reiten, Jegen, Waffenuͤbungen 
find ihr Hauptgefchäft, den Weibern uͤberlaſſen fie die Hauswirth⸗ 
ſchaft nebſt den Sclaven, die fie auflaufen, oder als Kriegsge⸗ 
fongenen behalten. Ihre Lebensweiſe iſt den früher genannten 
gleich ; Tempel und Idole fehlen ihuen, fie verehren ihre Vorvaͤ⸗ 





es) M, Polo ed. Marsden I. c. ch. 41. p. 44440; ed. Rane- 
“Ti. c. u. i x0.. 


— 





% 


Münnan, Zardandam bei M. Polo, Geldichae 745 


ger, denen: fie alles, was fie Haben’ verdanken (Herden cut tu). 
Daß fie keine Sthrift haben, kann in einem fo wilden und- ans 
ben Gebirgslande, voll dichter Waldungen, "mit einem ſchweren 
Himmel bedeckt, nicht auffallen. Im Sommer muͤſſen die Frem⸗ 
ben und bie Kaufleute das Land verlaſſen, um nur dem Tode zu 
entgehen. Aerzte Haben fie nicht, ſondern fie laffen zum Kranfen 
ihre Zauberer kommen, wie die Völker vom Katai und Manjl 
Maha Zfchin), um bucch rauſchende Mufit und Tanz. die böfen 
Dämone gu deſchwoͤren (Shamanendienft). Bel Unterhands 
langen, Sontracten, Schuldverſchreibungen haben fie ben Gebrauch, 
einen Holzfpan in zwei Theile zu fpalten, und darauf bie Sunis 
men durch Kerben oder Zeichen zu begeichnen, um als Documente 
zu dienen, die nach Löfung ber Schuld ausgetauftht werden (ſen oꝛ 
tenſchrift, f. oben bei Sifan &. 505, oder Schrift mie Kerbs 
hölzern, wie bei den Tukhiu, f. Afien Bd. 1. ©. 1131, eine 
unfteeitig antike Miethode, die bis heute, nad Marſdens: Ver⸗ 
fiyerung ſogar noch bei gewiffen Berechnungen im British Ex- 
chequer. im: Gebrauch -ift; f. Marsden ed. M. Polo l. c. P- 40: 
Not. 859). — &o weit M. Polos Bericht. — - - 

Nah Klap eoth 2) Heißt Zardan dam im Perfifchen, — 
M. Polo nicht ſelten folgt (ſ. oben S. 514), fo viel als Gotd: 
sähne, was die Shinefifchen Annaliſten durch Kintfiht uͤber⸗ 
feten, womit ſſe Suͤd weſt⸗Y lnmn amn beleihnen. Die Stadt 
Unciam,- welches von den vieſen abweichenden Schreibideifen 
der Monufeipte die einzig richtige Lesart iſt, bezeichnet, wie ſchon 
der Pate Mare Martini 10) guet richtig dargethan, die 
Sadt Yungtfhang. (Yung tehang $. D’Anville) in G. W. 
von Talifu, auf dem Wege gegen Awa hia. Auch Abdsallah 
Beid hawl, in feiner Hiſtorie von Khatai, fpriht von dem Volke 
mit den goldnen Zähnen. Zwiſchen Khatai, fagt ee, und 
Karadjang, find wehrere Laͤnder, jedes von feinem befondern Koͤ⸗ 
ige behereſcht. In einem derfelben haben die Einwohner den 
Gebrauch: ſich die Zähne mit Goldplatten zu bedecken, die fie abs 
nehmen, wenn fie eſſen wollen. — Dies ift aber auch bie legte 
Provinz Wel:-Yünnans, die M. Polo nennt; in allen feis 
nen Angahen, bie frühre ihm, wie ähnliches auch Herodot und 
Pytheas von Maffilia traf, nur a veranlaßten, fins 





. 9) zuren Remar 1. e. in Noar. Jonrn, Asiat, T. I. un > 
ı0) P. M. Martini Dar Atlas Sinens, I c. fol. 170. 


N 


v 


746 Sft-Afien. Waſſerſyſteme. I. Abfchn. $..82. | 


ber fich die gewiffenhaftefle Treue, durch bie verſchiedenartigſten 
Bengnifie der Autoren, dere Chinefen, Mongheolen, Derfer, 
Araber und andere auf das merkwuͤrdigſte beflätist, und das 
miühfanıe Beſtreden des gelchrten Drientatiften, unfers Deutfchen 
Landsmann, zur Ehrenrettung, des Venetianers, um ihn vor 
leeren, oberflächlichen Hypotheſen und Willluͤhrrn der Commentas 
toren zu bewahren, worin ihm auch Pater Gabe. be Magail⸗ 
land, P. Bart. Martini, Marsden, Zurla und Anden 
nad) ihren Methoden, aber ohne oriemtalifche Philologie vorher⸗ 
gingen, If für Afiatifhe Erdkunde mit meniger ver⸗ 
dienſtlich. 

Das Factum ber ſeltſamen Goldplattirung ber Bühne 
bei Völkern Malaiſchen Stammes, die fie häufig, wie. Pat. Mar 
tini auch von den Kintſchi fagt, ſchwarz firniffen und dann 
mit Goldplatten theilweiſe Ylatticen, um zumal Abends bei Fak— 
Belfhein dem Redenden in Verſammlungen, einen Effect bei feis 
nen Zuhörern zu fihern, iſt durch die Beobachtung Mars: 
den 661) hei Malaifchen Stämmen auf Sumatra noch heu⸗ 
tiges Tages außer Zwiifel geſtellt. 


IL. Die große Querſtraße aus China duch Dinner 
nach Awa, die Route der Embaſſade, pie Handels⸗ 
raße von Yünnan nah Bhanmo zum Irawabi. 
Unmittelbar nach der Befchreibung diefee O aidweſt⸗Pro⸗ 
vinz Yünnans, mit der Capitale Yungifihang, theilt DR. 
Polo bie Geſchichte des. Feldzuges Kyhublai Keine, im 
Jahrte 127232), aus Yünnan gegen Awa, offenbar als Au: 
genzeuge mit, woraus fi fein Hinabfleigen von ber Ber 
birgss Provinz Zardandam, zum Meflande von Mien 
oder Ama ergiebt, und das Suͤdende der Gebirgefandfchaft zum 
Tieflande des Irawadi, den er jedoch nicht bei ber Capitale 
von Mien (d. i. Ama) nennt, mit ihren goldenen, pyramibalen 
Koͤnigsmauſoleen, die Ahublai Khan, ohne fie zerſtoͤren zu lafs 
fen, in Bells nahm. Nur durd ein ſehr ſtarkes Hinab⸗ 
fleigen (grandissima discesa) 2) von 2 und einem halben 
Tage, aus der en von —— tan man, 


l 


on Marsden History of Sumatra — 3. p- 52; deſſ. Kd. Marco 
Polo 1. c, p-438 No. 13) M, Polo od. Marsden 1. c. ch, #2. 
p- 441 —446. 12) ebend. ch. 43. p. — Not 872. 











Münnen, Hinabfteigen gen Mien, 747 


fagt er, ohne irgend wo Drtfchaften zu finden, In bie vorlie« 
gende Ebene gegen Mten (Pianura ampla e spatiosa) gelans 
gen, wo, alfo am Suͤd⸗Fuß des Gebirgefaums, wahrfcheintid, im 
Thale des heutigen Nu Kiang, der nochwendig überfent ugrdeg, . 
muß, um zum Irawadi⸗Thale gegen Awa vorzudringen, ein Markie 
Verkehr zwifchen ben Bewohnern der Ebene und des Gehisgee 
landes gehalten zu werden pflegt; es iſt offenbar der Grenze. 
markt und Grenzumfag zwifchen dem AmasReihe un» 
dem Chinefifchen, oberhalb Bhanmo, ben auch Colon. Sy⸗ 
mes bei feiner erſten Geſandiſchaftsreiſe dort erkundete. Hier, 
in der Nähe war es, wo die Schlacht geliefert wurde, die dem 
Groß⸗Khane den Sieg gab. Hiervon wich weiter unten bei Awa 
die Rede ſeyn. Uebrigene, fagt M. Polo, braudhe man von. 
bier noch 15 Tagemärfche, um die Hauptſtadt von Mjen (Ama) 
zu erreichen. Bu biefem Kapitel bes M. Polo bat ber Pater 
M. Martini erinnert +), daß alfo die Yuan⸗Dynaſtie der Mon⸗ 
gholen, von Mittag ber, zu erſt in Sina eingebrochen und 
daſelbſt die erſte Staffel zu dem ganzen Sinifhen Kais 
ferchum gelegt habe (erſt 1280 wurden die Song in Maha⸗ 
Chin vernichtet‘. = Re 
Kehren wir zu bem hoben Alpenlande von Yınnan surüd, 
fo fehen wir, daß diefelben Drte, wie fie M. Polo von D, 
nach W. beſchrieben hat, in dee Richtung dee großen 
Heerſtraße liegen, wie man fie von Peking kommend, im 
Süden des großen Kiang-Ötrom aufwärts gehend, durch Yüns 
aan zu berühren pflegt, wenn ‚man die Straße nah Ama 
nehmen mil. Das Routier des Birmanifhen Gefand» 
ten, bes Zabua, aus dem berühmten Biimaniſchen Grenze 
markte, eben jenem Bhanmo, an der Sübmefigreme Yin 
nans gebärtig, der Chinefifh fprach und von einer Embafade 
aus China zuruͤckgekehrt, dem SBeitifchen Gefandten, Colon. Sy⸗ 
mes in Awa, und defien Begleiter Dr. Sr. Hamilton), im 
Reiſeſtizze und Erklärung treue Auskunft gab, beweifet dieſes. 
Sie beiraten, von Dft ber kommend, die Grenze ber Proving, - 
und kehrten in der heutigen Gapitale, in Yinnanfy din, ein - 
gen von da aber in 15 bis 18 Tagereiſen, duch Bergland, 





14%) Pat M. Martini Nov. "Atlas Sin. fol. 170. 16) Fr. Hamil- 
ton Account of a Map of the Route between Tartary and Ama- 
rapura by an Ambassador from tbe Court of Ava to the Eıwperon 
of-China. Edinburgh. Philos. Journ. 1820. Vol. Il. p. 32. 


! 


\ 


743 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abfchn. 4. 82. 


48 gesgr. Meilen directen Abſtand zurücklegend, nah Yung» 
Hhangfu. Der gewöhnliche Meg Führt über Thfubiungfu, 
Zalifu und Yungtfhangfu; biefe beiden legten Etationen 
rechnet man 7 Zagerrifen weit auseinander. Che man diefe letz⸗ 
(exe Stade erreichl, muß man den Kiulong⸗Fluß 616) (d. i. der 
Lanthſang Kiang, f. oben S. 227) überfegen, den ber Bir 


mamniſche Sefandte, Zabun, ba Maekhaun nennt. Es if 


der Strom von Rambodija, einer der gewaltigften Ströme, 
der ganz Dünnan von Morden nah Süden durchſchneidet, von 
bem wir aber ‚nur wenig erfahren. Nach einer neuen Karten: 
mittheilung heißt er bei den Chinefen dee Neun⸗Drachen⸗Fluß 
(Keuſ lung Kiang bei Fr. Davis) 17), und erhält ſehr viele Zu: 
ſtroͤme fhon in Yınnan, che er noch weiter im Suͤd die Pros 
vinz verläßt und durch das Land ber wilden Lo los in Kambobia 
eintritt. In Yünnan gefchahe feine Ueberfahet in einem Holje 
kaſten an eifernen Ketten hängend, die quer über den Strom 
reichen, und durch Stricke zuruͤckgezogen werden (eine At Spule, 
wie- zu Rampur über den Sſetledſch, f. Aſien Bd. II, S. 757). 


- &r:ift alſo unftreitig ſehr räßend, und das Thal noch «eine Ge 


birguenge. Bon Yungtfhang fu (Wunzhaen nach ber Wer 
ſtuͤmmelung der Birnianen Ausfprache) wird nach 5 Tagereiſen 
Tıngjuetfahu (Fengye b. D’Anrille), 10 geogr. Meil. fern, 
erreicht, das am Shäfuge des dis jegt befarmten fübwef lich 
Ken; ewigen Schnetfeldes (f oben S. 402) auf der Grenze 
des Chinefifchen Reiches liegt. Auf dieſem Wege muß ber Eus 
Klang (oder Nu Kiang, ſ. oben ©. 226) überfegt werben, wel⸗ 
Gew der Birmaniſche Befandte Saluaen nannte, der bei Mar⸗ 
tmban.in das Meer falle, aber weit Eieiner an Wafler als der 
Jrawadi fep. Die Schnelligkeit hindere jeden Bruͤckenbau. Der 
Kiutong weit länger ald der Eu Kiang fliege um beffen 
Quellen herum (running round its sources). Diefer legtere 
Ausdruck wiberfpriht allen. bisherigen Kartenzeichnungen , bie 
Duelle des Zu Kiang koͤnnte demnach nicht fo weit gegen ben 
Morden hinaufreichen,, als die bes Kiulong, die beide tief aus 
Küber hergelekter werben. Bon biefem Zengyuetfhu find 3 
Zagmeifen gegen S. W. nach einem Orte, den ber Birmanen 





. te) Pr. Hamilton Account I, e. p. 34. 11) Fr. Davis Geogr. 

: Notioe of the F'rontiers ol the Burmese and Chinese Empires in 

. "Transact. of the Roy. Asiat. Soc. of Great..Brit, etc. VoL I. 
P. Lk 1820. p- 9. ’ & 


0} 





Minen, Handeleftraße über Bhanmo. 749. 


Gefandte Mainti nannte (Mantaentfan her Chrarfan), 
- beide Namen find unbekannt. Aber zur rechten Hand: blieb 
Innen ein kleiner Fluß Panmo Khiaum der Birmanen 
(Sing goi Aho der Chinefen); ohne Zweifel ba6 kleine, ungenannt 
gebliebene Fluͤßchen bei D’Anville, welches bei Santa, obm 
Tſanta, oder Xfenta 12) der Chinefen, unter 25° M. Ge., auf 
Walkers Map nach Crawfurds Nachrichten vorbeifließt. Tengz 
jur liegt auch am Ufer eines von deffen Zuflüffen. Das Santa 
D’Anvilles heißt bei den Birmanm Mole Zanda!);-c6 liegt 
2 Dain, d. t. faft eine geographifcke Meile, jenfeit des Fluſſeg, 
alſo außerhalb der gewöhntihen Monte, weiche hier zugleich bie 
große Haupt:Hanbeisituaße nach Bhanmo und Awa 
ik. Bon Mainti, was alfo ganz in ber Nähe von Santa 
 (Xfenta) liegt, geht es nach Mourin (ober Mowan, Lounſoen 
b, Chinefen), der legten Chinefifhen. Grenzſtadt, die zwar auf kei⸗ 
‚nee Karte angegeben ift, aber mit einem jener Grenzorte Koen 
(oder Kuan, d. i. Feftung) genannt zufammenfallen mag, was 
Ge Hamilton für- ibensifh mit dem Birmaniſchen Kaen 
hält, womit dort em Grenzzollhaus, sine Grenzftätte bezeich⸗ 
net wird. ‚Vier Chinefifhe Reifenbe, deren Route Sr. ' 
Hamilton mit ber angegebenen vergleicht, gebrauchten vom 
Zengjuetfhu 5 Tage, um den legten Dit auf Chineſi⸗ 
[den Boden in ber Provinz HYünngn zu erreihen. Sie 
nennen ihn nicht, ſagen aber, daß eine Sarnifon da liege, und 
Bolt gezahlt werde (mahrfcheinlich diefed Mourin). Hier fchiffs 
ten fi bie 4 Chinefifhen Reiſenden ein, und erreichten 
auf der Waſſerfahrt, in 21 Zagen, bie Reſidenz Ana (Marce 
Polo zu Lande rechnet 16 Tagemaͤrſche). Wahrſcheinlich, bes 
merkt Fr. Hamilton, ſchifften fie ſich auf dem Fluß bei 
Santa (Tſenta) ein, des nach Crawfurdé Karte von Ama, 
weicher hier Grimme Karte- gefolgt iſt, aber erſt In der Nähe 
. vom. engine entfpringt und Pinlang beißt. Won. jener Sta⸗ 
tion Maurin (oder. Mowund. brauchte der Birmanifche Ges 
fandte Zabua aber drei Tage, bis ex bie Stadt Nanmo, 
d. i. Bhannte, erreichte, am Jrawadi, mo der Strom vom 
Santa (Tſenta) oder Tenghue, dee auch Steom von 
Bhanmo auf des Geſandten Sabua Routier Karte heißt, und 





2) Fr. Daris Geogr. Notice-L.c. p. 9.- 1°) Fr. Hamilton 
Account 1, c. Edinb. Phil. Journ. It, p- 3% — 


% 


750 Oſt⸗Aſien. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 82. 


als Elriner, linker Zufluß des großen Jeawadi gezeich 
ner iſt, ſich in dieſen großen Hauptſtrom ergießt. Wenn biefer 
kleine Strom von Bhanmo wirklich ibentifch iſt mil dem 
Pinlang Kiang, fo würde dieſer Pin lang (Strom der 
Areka⸗Palme) wenigſtens keineswegs jener geoße Haupts 
ſtrom des Jrawadi genannt werden können (f..ob. S. 223, 
086), noch tweuiger koͤnnte er der Große Strom (Dyangbo aus 
Tabet) ſeibſt ſeyn, womit ihn bie Khienlongſche Karte duch 
eine Randglofſe ibentificiet. Wie bleiben bis jegt bei des Autori⸗ 
tät des Birmaniſchen Geſandte Babua flchen, der hier einheis 
miſch iR, zu Panmo, ober Bhaumo, dem nörblichfien gro» 
Im: Handelsmarke dee Birmanengtenze (f. Aſien Bd. I. 
©. 238) gegen China, von dem weiter unten bei Awa die Rebe 
ſeyn wird. Mit dieſer Anfiyt flimme die neueſte von den Brh 
ten herausgegebens Karte von China 6%), die und fo eben zu Ges 
fit kommt, Adtrein, die auch, ſchon auf Grimms Karte von Hody 
‚Aften niedergelegt wurde. Die 4 Chinefifhen Reifenden 
ſthifften fig nicht eher ein, als bis fir an die Grenze ihres 
Reiches kamen, und ſcheinen fi auch bann nur eines Arms 
des Awaſtromes bedient zu haben. Wäre frücher ein ſchiff⸗ 
Barer, großer Strom buch Vuͤnnan gegangen, ber nad 
Ama Führt, wie ed der Daangbo (bier Pin fang Kiang ge 
Rannt, nämlich dem Irawadi identiſch, an welchem Zfante ges 
zeichnet wich), nach ber Khienlongfhen Karte, nach Klap⸗ 
roth's Anfihe und Berghaus Karte von HintersIndien, 1832, 
ſeyn fol: fo würden fi die 4 Chinefen gewiß ſchon früher 
ber bequemen Wafferftraße als der Landftrafe bebient has 
. ben. Auch iſt niemals davon die Rede, Daß der Waarentrante 
port von Bhanmo zu Waffer auf einem großen Strome 
ad, der Provinz Puͤnnan geführt werde, fondem duch Lands 
tranbpott. Er. Hamilton?!) fagt austbehdtih, nach ſeinen 
ta Ardır angeftellten Erkunbigungen, der Birmaniſche, hier einheis 
miſche Yedmte, ZaBbun, wußte genau, daß der Jrawadi (obes 
Kiangiiga) nie In bie Yrovinz Yännan einwitt, fondern 
# feße- toeit in er biefde, da die ganze Provinz Bhanmo 





*0) Map of China and the adjacent Conntries drawn from the la- 
test surveys and other authentic Documents etc. by Parbury Allen 
London 1883. »:) Fr. Hamilton Account 1. c. Edinb, Phil 
Journ. Il. p. 36. 


Minnan, Awa⸗Straße. 751 


dazwiſchen liegt 22), Eben fo wenig konnte er, mit dem oͤſtli⸗ 
chen LuKiang verwechfelt werden, wie bie® früher duch 3. 
Rennel!l gefhehen war, was fhon Fr. Hamilton twiderlegte, 


So viel über die große Awa⸗Straße aus China burh Yüns- 


nan, worüber unten, bei dem Birmanen: Händel, noch eis 
nige neuere Nachweiſungen. Hier auf dem nocd fo problematis 
ſchen Grenzgebiete der Steomfofleme des TaKiang, Irawadi 
und Burremputer, auf der Scheidung des Hoch⸗ und Tiefs 
landes gegen Dfien, Süben und Weften, auf ber poli⸗ 
tifhen Grenze zweier, großer Meiche, des Chinefifhen 
und Biemanifthen, war e6 nothwendig bie einzig erforſche 
. bare Linie, die Durhgangslinie der Heeres: und Hans 
dels⸗Straße?), weiche zugleich bie einzige ber Civilifas 
tion und der Cultur zu ſeyn fcheint, an welcher auch bie Hans 
delsmärkte, Sapitalen und Refidenzen erbaut find, nad 
den vorhandenen Quellen genauer nachzuweifen, als ins unbes 
ſtimmte uns mit den oberflächlichen, allgemeinen Provinzialbes 
fhreibungen, die wir bei den Jeſuiten und ihren Nachfolgern fin⸗ 
den im generellen zu ergeben. Möchten wir bald aus Chinefls 
fchen Driginalquellen die Landesbefchreibung ſchoͤpfen können, oder 


noch beſſer neben biefen auch aus bem Drunde feifcher, wifiene 


fchaftlichgebilbeter Reiſender. 


IH. Neuere Nachtichten, nach den Jeſuitenberichten; 
ſtatiſtiſche Notizen. 


Die neuen Nachrichten über Yünnan hätten erſt mit 
der Kartenaufnahme bes Chinefifhen Reiches auf Kalfer 
Kthanghis Befehl (ſ. Aſien Bd. II. S. 466 ıc.) beginnen koͤn⸗ 
nen; aber dieſe Provinz konnte nur den geringern Gewinn 
davon tragen, weil von den beiden Jeſuiten⸗Patres Fridelll 
amd Bonfjour, die mis der Aufnahme dieſer Provinz insdeſon⸗ 


””) Vergl. Marsden in 'Edit. Marco Polo I. c. p. 448. Nota 873; 


roth Deseript.. du SiDzang ou Tubet d’apres la grande geogr. 
Imperiale de. la Chine et le Dictionaire Geogr. de PAaie centrale 
. gubli6 a ‚Peking 1775. in Magas. Asiat. T. If. Art. IX. p. 251 — 
257; Asia, Sammlang von Denkſchriften ıc. Gotha 1832 
4. ©. 6i, wa sine Ueberficht der verſchiedenen Anfichten nadıaufes 
ben von ©. 55 —65. ss) J. Fıano, Davis G Notioe 
of the Frontiers in Transact. of the Roy. Asistic. —— — 
Brit. eto. Vol. I. P.L 1829. p. 92. 


Es 


252 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abfchn. $, 82. 


dere ) beauftragt waren, ber Iehtere daſelbſt ſtarb, und auch ber 
erſtere krank darniederlag, weshalb Pater Regis im Jahre 1715 
deauftragt wurde, ihre Arbeiten zu beendigen. Da dies aber 
ſchon in demfelben Jahre berverkitelligt werden mußte, weil man 
fm folgenden zur Vermeffung der öftiich angrenzenden fortzufchreis 
ten hatte, fo iſt es begreiftih, daß die in der Provinz felbſt ges 
madıten Beobachtungen zur Kenntniß von Land und Volk kei⸗ 
nen großen Beitrag geben konnten. Auch die Specialkarte von 
NMünnaen, wie fie D’Auville nach den Angaben der Biffier 
are bearbeitet hat, möchte noch viel unvolllommner aufgefallen 
fion, wenn dieſe, wie fie ſeldſt fagen, nicht ſchon überall bei den 
SMandarinen und ben Einheimifchen biefer Provinz Bie ältern 
Karten?) des Landes in den Kribundien vorgefunden hätten 
(die Karten aus der Zeit ber Ming: Dynaftie), von ber die ih⸗ 
tige nue wenig abmeichenb wurde, wie diefes fih aus Marti⸗ 
nis Atlas ergiebt, der jenen erfleren nachgebildet wurde, vor ber 
Beit Kanghie. Daher tft die Kenntniß von Yünnan 26) fo ge 
eing und ganz unbedeutend geblieben, zumal, weil auch vor bie 
fer Periode, wie Pater M. Martini ausdrädtic 27) fagt, kei⸗ 
ner der Miffionare nah Yünnan gefommen, und bort ncd 
Beine Miffion eingerichtet werden konnte. Wir übergehen daher 
jene nur im Allgemeinen lobpreifenden, mefft aus Altern Chinefi: 
ſchen Ercerpten copierten Städtebefchreibungen, und fügen nur die 
neueften duch den Pat. Amiot 23) erhaltenen Notizen, die vor⸗ 
zuͤglich die einheimiſchen Bewohner betreffen, bei. Amiot, der ei⸗ 
nige dreißig! Jahre in Peking reſidirte, erhielt dieſelben von einem 
Officier, einem Tartaren, der im Jahre 1767 mit der kaiſerlichen 
Armee einem Feldzug durh Yınnan gegen die Birmanen 
mitgemacht hatte, aus welchem wegen ber Ungefunbheit bed Cti⸗ 
mas nur wenige (von den nad Col. Symes Angabe 50,000 
Mann) gluͤcklich zuruͤckgekehrt waren. Zumal das weftlidhe 
Dünnan foll hiernach ſehr ungefund feyn. Erſt in den letztern 





“= 


*2+) Du Halde Deser. I. c. T. 1. Pref. p. XL. 25) Grosier 
“ -Deser. Gener. de la Chine 3 Ed. Paris 1819. Vol, VI. p. 108; 
‘Du Halde Descr. 1. c. T. IV. p. 585. 26): Du Halde L c. L 
p. 247 —263. :° 27) P. M. Martini Atlas Nov, Sinens. 1. c. 
fol. 161. 32).5ı Fr: Davis Geograph. Notices. of tlıe Frontier 
„'ef the Barmese and’ Chinese Empires in Transact. of the Roy. 
— — of Great-Brit. etc. Lond. Vol. IL P.1. 1829. 4. p.43 


D = 


> 


Yuͤnnan, neuefter Zuftend. 753 


Zeiten geficht derſelbe, fep dieſe Provinz nach ben hartnädigften 
Kämpfen unterjocht worden. Das böfe Clima, die Gebirge, die 
Tapferkeit der Gebirgsvoͤlker, weiche die Chinefen an Ruͤſtigkeit 
und Muth weit übertreffen, war die Urſache hieruon. Man ruͤhmt 
bie Namen der Helden, bie ſich in diefen Kämpfen hervorgethan, 
Unter ben frühern Dynaflien dauerten die Kriege immer fortz 
exit in ber neueften Zeit ift Friede und Chinefifches Gefeg einge: 
führt. Jede Behauptung eigener Selbfifländigkeit gegen das 
Himmliſche Reich wird Empoͤrung genannt. Die Chinefen laffen 
ſich keine Mühe verbrießen, bie Völker diefee Provinz buch ihre 
Einrichtungen, Künfte, Sitten zu civilificen. Der Vicekoͤnig 
(Zfungtu) von Yünnan iſt zugleich Gouverneur ber öfklichen 
Nachbarprovinz Kueitſcheou; außerdem bat die Provinz noch 
ihren befondern Gouverneur (Seunfu) für fih. Die Pros 
vinz 2%) ift in 13 Departements eingetheilt, fie hat 5 Grenzcom⸗ 
mondanturen, und mehrere noch unabhängige Cantone, z. B. 
Yungpe, Meng hoa, Kingtung, und Gebiegsfürften, die nur uns 
ser dem Schuge des Kaiſers fichen, dabei erbliche Herzöge 
ipzer Stämme geblieben find. 

. Diefe ſelbſtſtaͤndigen und unabhängigen Völker 
fimme feinen vorzüglich im füdlichen Theile Dünnans, im 
Grenzgebiet gegen Dber:2ao6 und Birma ihre Sitze zu 
haben, wo man fie zu den wilden Lowas ober Lolos ”) 
rechnet. 

Verſchiedene Voͤlker dieſer Art wohnen 20 bis 30 Tagereiſen 
im S.W. der Capitale Yünnan, wo überhaupt die alte Heis 
math, das Vaterland ber Bewohner von Puͤnnan zu fuchen 
iſt. Ihre Erbfuͤrſten ertennen gegenwärtig die Oberherefchaft des 
Kaiſers an, und zahlen ihren Tribut, aber oft ‚giebt es Fehde. 
Das Spftem fie durch Colonifation zu gewinnen, foR ſchon in 
ſehr frühen Zeiten begonnen haben, fon unter bee Han⸗Dyna⸗ 
ſtie; viel wird von alten Denkmalen bdafelbft gefprochen, wovon 
jedoch nichts näheres bekannt if. Die Einwohner find von vers 
ſchiedenen Stämmen, die noch jegt nicht ohne Macht find. Die 
geoße Fruchtbarkeit der Provinz, ihe Goldertrag und Mes 
a 2! hat die Chinefifhen Herrſcher, ber größten 





20 Ab. Remusat Coup doeil sur la Cline in Nouv. Mel. Asiat. 
T. I. 1829. 8. p: 52 etc. *°) Du Halde Descr. T. IV. p. 68. 


BRitteg Erdtunde IV. Bbb 


154 Oſt-Aſien. Waflerfofteme. I. Abihn. $. 82. 


Kämpfe ungeachtet, ſtets zu ihrer Beherrſchung und Behauptung 
angelockt. 

Ueber den Metallreichthum an Silber, Gold, Kupfer 
(Petung), Zinn ift nur eine Stimme, und wenn bie Chin:fen 
Bergwerke zu bauen erlaubten, würden fie, fagt man, große 
Schöge gewinnen. Ob die edein Steine, die als Producte ge 
nannt werden, wie Lazur, Rubine, Saphyre u. a., dort 
einheimiſch find, oder durch den Handel dahin kommen, läßt fid 
nicht genauer ermitteln. Auch Agate, Marmor, Bernftein, Amber, 
koſtbare Gummiarten werden gerühmt; Medicinalkraͤuter, viele 
Baumarten, teeffliche Pferde, Sagbthiere wie Rhinoceroten, Ta⸗ 
pire, Elephanten, Perlen, Seide, Moſchus u. a. 

Außer den ſchon früher genannten wird die Stadt Yän- 
nan, die heutige Capitale, wegen ihrer lieblichen Lage, auf einer 
hiigelreichen Ebene am Nordufer eines ſchoͤnen Alpen ſees, von 
dem Canaͤle in die Stadt gehen, geruͤhmt. Da das Clima febe 
gemäßige ſeyn fol, fo Tann man unter dem 2öflen Breitenpars 
aHel dabei nur an eine Vergebene benten. Im Diftrict von 
Yung tfhang fu hörte Pat. Amiot einige jener Cantone ber 
unabhängigen Cingebornen ı nennen, deren Afple von ben Chis 
nefen vefpectict- werben. In dem füdlichfien Theile Yünnans, 
‘auf ber Oftfelte des Lan thfan Kiang, wird gegen Laos und 
Tungktin ein folces freies Gebiet als eine Stadt Pueul 
(Pu urh fu bei dem Tartaren) 531) genannt (Po et bei Berg: 
haus, Phu kuͤl bei Grimm), welche 4 Li Umfang haben, und 
größtentheild von Eingebornen bewohnt ſeyn fol, die wenig ges 
kannt find. Der gleihnamige Berg wird als berühmt genannt, 
weil er eine befondere Art Thee liefert, ber dem Kaifer nad 
Peking, in Kugeln oder in Tafeln, als Ertract gebracht wirt. 
Bon ihm iſt ſchon als eines wichtigen Handelsartikels oben bie 
Mede gewefen (f. Afien Bd. U. &. 238). Nach der Angabe bes 
Tartaren⸗Officiers fol das Culturland der Proving Vuͤn⸗ 
nan, 83,603 fing (db. i. 1 Zfing = 900 Mow, 1 Wow — 1 
Chinefifhen Ader Landes), die Verpachtung der Domainen des 
Souvernementd 9280 Tſing betragen, unb außerdem follen noch 
824 Tſing Ländereien vorhanden feyn, die den Chinefen nicht ums 
terworfen find. Nach den ſtatiſt iſchen Daten, weile Klap⸗ 


es1) J. Fr. Davis Geogr. Notic. 1. o. p. WM. 





Münnan, Kneitfcheou, Kuangſi. 755 


e0t6??) aus Chinefifchen Quellen über Yännan, vom Sabre 
179%, mittheilt, die wir hier zum Schluß beifügen, hat biefelbe 
21 Departements. Gie grenzt gegen Süden an bie Königreiche 
Annam oder Tunkin, an Loao tfhua, db. i. Zao6, und 
Mian, d. i. Awa; im Welten an Mian, aber auch an die 
Länder der Barbaren Lyſu und Nui, von denen auch ſchon 
die Jeſuiten Patres fprechen (Life, Nou y}?), die jenfeit des 
NuKiang wohnen follen. As Abgaben der Provinz wer⸗ 
den, von den Aderbauern, angegeben 209,851 Liang (Unzen Sil⸗ 
bers), und an Getreide und Reis in Naturalien 227,626 
Spy’). Die Population von Dünnan wirb auf 2,255,459 
Serien angegeben. Die Armee zur Sicherung der Provinz auf 
63,000 Mann. Die Grenzflationen gegen Welten mit Gars 
nifonen werden Tus ze genannt; auch Koan bezeichnet Grenz⸗ 
feſtungen von Vünnan. Die Ausgaben für dieſe Armee 
murden auf 892,678 Taels berehnetz die Befoldung von 389 
Civilbeamten in 14 Städten vom iften Range, 4 vom 2ten, 27 
vom dten und 39 Diftcicten, auf 204.821 Taels. — Nach ber 
Zählung’) vom Jahre 1813 fol Yünnan 6,61,320 Eins 
wohner haben (ſ. Tay thaing etc. libr. XI.). 


B. Die Gebirgslandſchaft im Oſten von Yüinnan, 
und bie Gebirgsvölker: Miaotfeu, die Aboriginer. 


An die Oflfelte Dünnans grenzen unmittelbar die Ges 
birgsiandfchaften Kuei tfheou und Kuang fi, die mit den 
Zügen des MiaoLing und Ju8ing erfüllt find; beide were 
den durch das Thal des Kuͤſtenſtromes Ta, oder Si Kiang 
gefchieden, ber direct degen Oſten ziehend, duch die Provinz 
Kuang tung, bei der gleichnamigen Stadt, Canton ber Eus 
ropder, den Ocean erreicht. Noch weniger als über Vuͤnnan find 
wir über diefe wilden und rauhen VBergprovinzen unterrichtet, bie 
zwar in fi in jeder Hinficht productenreich gefchildert werben, 
aber doch faft nie von Europäern befucht wurden, und nur ale 
das Kriegstheater gegen bie empoͤreriſchen Bergvoͤlker genannt 





82) Apergu statistigue de la Chine tir& de Documens originaux p. 
Klaproto p. 12; überf. in Hertha X. Bb. S. 286 x. 
s3) Du Halde Descr. T. 1. p.64; T. IV. p. 585. 
34) Siatistice of China by Pet. Perring Toms, Macao etc. Asiat. 
dourn. 1825. Vol, XX. p. 204 — 299. 85) Asiat. Journ. New 
Ser. 1833. Vol. XI. p. 278, 
Bbh2 








154 DfteAfien. Waſſerſyſteme. I. Abfhe. $. 82. 


Kämpfe ungeachtet, ſtets zu ihrer Beherrſchung und Behauptung 
angelodt. 

Ueber den Metalleihthum an Silber, Gold, Kupfer 
(Petung), Zinn ift nur eine Stimme, und wenn bie Chin:fen 
Bergwerke zu bauen erlaubten, würden fie, fagt man, große 
Schäge gewinnen. Ob die edein Steine, die als Probucte ge: 
nannt werden, wie Lazur, Rubine, Saphyre u. a., dort 
einheimiſch find, oder durch den Handel bahin kommen, läßt fi 
nicht genauer ermitteln. Auch Agate, Marmor, Bernftein, Amber, 
koſtbare Gummiarten werden geruͤhmt; Medicinalkraͤuter, viele 
Baumarten, treffliche Pferde, Jagdthiere wie Rhinoceroten, Tas 
pire, Elephanten, Perlen, Seide, Mofhus u. a. 

Außer den ſchon früher genannten wird die Stade Yün-: 
nan, bie heutige Capitale, wegen ihrer lieblichen Lage, auf einer 
biigelreichen Ebene am Nordufer eines fhönen Alpen ſees, von 
dem Canaͤle in die Stadt gehen, gerähmt. Da das Clima fehe 
gemäßige ſeyn fol, fo fann man unter dem 2öften Breitenpar⸗ 
aHel dabei nur an eine Vergebene denken. Im Diftrict von 
Yung tfhang fu hörte Pat. Amiot einige jener Cantone ber 
unabhängigen Eingebornen nennen, deren Afple von dem Ghis 
nefen vefpectirt werden. In dem fuͤdlichſten Theile Yünnans, 
‘auf ber Oftfelte des Lan ıhfan Kiang, wird gegen Laos und 
Tungkin ein ſolches freies Gebiet als Kine Stadt Pueul 
(Pu urh fu bei dem Zartaren) 631) genannt (Po el bei SBerg: 
haus, Ahu kül bei Grimm), welche 4 Li Umfang haben, umd 
geößtentheils von Eingebornen bewohnt ſehn fol, die wenig ges 
tannt find. Der gleichnamige Berg wird als berühmt genannt, 
weil er eine befondere Art Thee Liefert, der dem Kaiſer nah 
Peking, in Rugeln ober in Tafeln, als Extract gebracht wird 
Bon ihm iſt ſchon als eines wichtigen Handelsartilels oben bie 
Rede geweſen (f. Afien Bd. II. &. 238). Nad) der Angabe bes 
Tartaren⸗Officiers fol das Gulturland ber Provinz Vuͤn⸗ 
nan, 83,603 fing (d. i. 1 Zfing = 900 Mow, 1 Mow = 1 
Chinefifchen Ader Landes), die Verpachtung der Domainen bes 
Souvernementd 9280 Tſing betragen, und außerdem follen no 
824 Tſing Ländereien vorhanden feyn, die den Chinefen nicht uns 
tesworfen find. Nach den ſtatiſt iſchen Daten, welche Kiaps 


*ıı) J. Fr. Davis Geogr. Notic. 1. o. p. 9. 





Münnan, Kneitfcheou, Kuangfi. 755 


e0t532) aus Chinefifchen Quellen über Yinnan, vom Jahre 
41790, mittheilt, die wir bier zum Schluß beifügen, bat diefelbe 
21 Deportemente. Sie grenzt gegen Süden an bie Königreiche 
Annam oder Tunkin, an Laotfhun, db. i. Laos, und 
Mian, d. i. Awa; im Wellen an Mian, aber auch an bie 
Länder der Barbaren Lyſu und Nui, von denen auch fon 
Die Jeſuiten Patres fprechen (Life, Nou y} 3), die jenfelt des 
Nu Kiang mohnen folln. As Abgaben der Provinz ters 
den, von den Aderbauern, angegeben 209,851 Liang (Unzen Sil⸗ 
bere), und an Getreide und Neid in Naturalien 227,6% 
Spy’). Die Population von Yünnan wird auf 2,255,459 
Seelen angegeben. Die Armee zur Sicherung der Provinz auf 
63,000 Wann. Die Grenzflationen gegen Welten mit Gars 
nifonen werden Tus ze genannt; auch Koan bezeichnet Grenzs 
feftungen von Vünnan. Die Ausgaben für diefe Armee 
wurden auf 892,678 Taels berechnet; die Beloldung von 389 
Civilbeamten in 14 Städten vom iften Range, 4 vom 2ten, 27 
vom dten und 39 Difteicten, auf 204.821 Taels. — Nach dee 
Zählung’) vom Jahre 1813 fol Yünnan 6,661,320 Eins 
wohner haben (f. Tay thsing etc. libr. XI.). 


B. Die Sebirgslandfhaft im Often von Yüinnan, 
und bie Gebirgsvölker: Miao tfeu, die Aboriginer. 


An die Oſtſeite HYünnans grenzen unmittelbar bie Ges 
birgstandfchaften Kuei tfheou und Kuang fi, bie mit den 
Zügen des Miao Ling und JuͤLing erfuͤllt find; beide wers 
den durh das Thal des Küftenfieomes Ta, oder Si Kiang 
geſchieden, der direct gegen Oſten ziehend, buch die Provinz 
Kuang tung, bei der gleichnamigen Stadt, Canton der Eus 
ropder, den Ocean erreicht. Noch weniger als über Yünnan find 
wie über diefe wilden und rauhen VBergprovinzen unterrichtet, bie 
zwar in fi in jeder Hinficht productenreich gefchildert werben, 
aber doch faſt nie von Europäern befucht wurden, und nur ale 
das Kriegstheater gegen bie empoͤreriſchen Bergvoͤlker genannt 





22) Aperqu statistigue de la Chine tiréâé de Documens originaux p. 
Klaprotũ p. 12; uͤberſ. in Hertha X. Bdo. S. 286 ⁊c. 
22) Du Halde Descr, T. 1. p-64; T. IV. p. 585. 
84) Statistics of China by Pet. Perring Toms, Macao etc. Asiat. 
un 1825. Vol, XX. p. 294 — 209. 58) Asiat. Journ. New 
Ser. 1833. Vol. XI. p. 278, 
Bb62 


756 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


find, die fich eigentlich nie gänzlidy unterworfen haben. Daher 
finden wir bier, die Namen von vielen Feſtungen, Krieg 
plägen, Sarnifonen, been Kributeintreibung aber doch 
kaum hinreicht, die Subfiftenz derfelben zu ſichern. Heerdenreich⸗ 
thum, zumal Pferde, Bau von Hanf, in weichen fi die Berg⸗ 
völker Heiden, Gold, Silber, Quedfilber, die reichften 
Kupfergruben, von denen aus ein’ großer Theil Chinas mit 
feinen Rupfermünzen verfehen wirb, machen bie Hauptproducte 
von Kueitſcheoub26) aus, das zu ben rauheſten Ländern Chi 
nas gehört, deſſen Capitale felbit, Koei yang fu, nur ale ein 
ärmlicher Ort aus Erbhütten aufgebaut, mit Ziegelfleinen gebedt, 
gefchitdert wird. Auch das weftlihe und nördlihe Kuang fi?) 
ift noch ungemein raubee, wildes Gebitgsland, das einen Schat 
von Mineralien enthält, des aber nad der Chinefifchen Pe 
litik wicht gehoben wird, weil man Rebellionen durch die Bears 
beitung der Metalle füschtet. Die Erlaubniß zum dortigen Berg 
bau wurde, auf den Vorſchlag eines Mandarinen, von ber kat: 
ferlichen Finanzkammer nur unter ber Bedingung geflattet, wenn 
‚ihe 40 Procent des Ertrags, und 5 Procent zum Unterhalt ber 
Dfficiere und Zruppen, bie zur Direction nöthig, abgeliefert wär 
den; babei behielt fie fih den Gewinn an Gold ausſchließlich 
vor, Die Bergvoͤlker ſelbſt, mit deren Hülfe ber Betrieb nur 
gefchehen konnte, werden ſtets im Kriegszuftande gehalten. Selbſt 
die zweite Stadt der Provinz, Kuei ling fu (von Kuet, eine 
gelben, weithin duftenden Blume, die dort die Wipfel der Wals 
dungen mit ihrem Blüthenreihthum überbedt), ift ringe von fol: 
hen wilden, barbarifchen Bergvoͤlkern umgeben, bie nur zum 
Theil den Mandarinen Gehorfam leiften; eben fo Kinyuin fu 
von den furchtbarſten, unzugänglichfien Gebirgegipfeln überragt, 
in deren Thaͤlern aber Goldreichthum. Eıft im untern Laufe 
des Si Kiang, unterhalb Sin tfheou fu, wird die Lands 
ſchaft lieblicher; da haben fich die Bergvoͤlker etwas mehr civi⸗ 
lifiet, da breitet ſich das Thal als weite Ebene aus, in welcher 
hinreichend Reis gebaut wirb, zur Ernährung der Bewohner, 
felbft zur Ausfuhr. Hier liegt Uefheou fu, an.ber Oftgeenze 
dee Provinz, am Durchbruch des Si Kiang, duch ein wildes 
Gebirgedefile zue Provinz Kuan tung, wozu bie Stabt dee 





: —* Dn Halde Descr. L e. T. I. p- 233250. 27) eben, 
p- 242 — 247. 


% 











. Gebirgsland, Kueitfcheou, Kuangfi. 757 


Ediaffel der Verb al und der Hauptmarkt If. Suͤdwaͤrts 
des Stromes find die wärmeren, milderen Landfchaften, gegen 
die Erenze von * kin, die ſtark mit Feſtungen und Garni⸗ 
ſonen, gegen die Grenzbarbaren, geſchuͤtzt iſt. Das Land iſt aber 
hier um die Staͤdte Tai ping, Semin u. a., am lieblichſten 
und beſten bebaut. Hier giebt es duftende Zimmetwaͤlder, 
Inſecten, die ein weißes Wachs geben, ſehr viel Seidenwürs 
mer, deren Gewebe man mit den bunten Federn der Papas 
geilen zu durchwirken verftcht, die bier in Schaaren die Wälder 
‚erfüllen, wie auch biee die Riefenfhlange, Affenarten, 
Rhinoceroten, Stahelfhweine und andere Probducte der 
Rropenzone fich zu zeigen beginnen. Deſto größer muß hier ber 
Contraſt in den Erfcheinungen bee ewigen Schneeberge fepn, 
die fi im Süden der genannten Stade Kin yuen fu, dicht 
am Nordufer des Si Kiang noch einmal erheben, im Phingy 
Shan?) unter 24° 53 N.Br. und 106° 4 öft..2. v. Par. 
Von den hiefigen Bergen wird gefagt, daß fie durch bie zerſtoͤren⸗ 
Den Regengüffe ungemein zerriffen find, und nicht ſelten die Pils 
geſtalt erhalten; daß oft ſehr waſſerreiche und zahlreiche Quellen, 
ja ganze Flüffe, aus biefen Marmorgebirgen bervorteeten, im 
derem Abgruͤnden und Abftürzen fie dann eben fo plöglich wieder 
verfhreinden, und als unterichifche Fluͤſſe in weiter Ferne erſt 


“ wieder fidhtbar werden (wie im Sura, in Krain und andern Res 


gionen verfhwindender Stroͤme). Die mannidhfaltige Farben⸗ 
pracht der dortigen Marmorarten wird geruͤhmt; das Mars 
morgebirge fcheint vorherefchend zu feyn. Vom Zuge des Miao 
Ling if ſchon früher vonftändig, fo weit unfere Nachrichten reis 
hen (f. oben &. 660, 661), die Rebe gewefen, vom Küftens 
gebirgszuge, dem Juͤ Ling (Dü Ling), erfahren wir 
nur wenige. Diefe füdlichfle der Parallelberten zweigt, ' 
unter 230 N. Br., ſchon im Schnergebirge des Juͤnnan ab, 
ale Wafferfcheidegebirg zwifchen dem SiKiang im Nor 
den und den gegen Süden nah Tun kin ziehenden Gebirgs⸗ 
firömen, Li fian und Ho fi fiang, die in Süd: Yünnan 
entfpringen, und vereinigt ben Hauptſtrom von Tun Ein mit 
dem Delta von Fin hoa bilden. Als Dſtzug fcheidet der Fü 
Ling nun alle füdliden Küftenflüffe zum Ocean von- ben nörbs 





86) Kloproih Tabl. des plus hautes Mont. etc. Mag. Asiat. l. 6 
T. p. 139. 0) ebend. p. 109. 


758 Oft Afen. Waflerfofteme. I Abſchn. $. 82. 


Uchen Zuflüffen zum Si Klang Eyfteme, beffen Hauptſiko 
in den weſtlichſten Quellen Hung ſchui heußt, dann aber viele 
Zuflüffe und wechſelnde Namen aufs und annimmt, bis er im 
ber Nähe von Canton in den Dcean fich ergießt. 


Die Miaotfeu, die Aboriginer. 


Die wenigen und unzufammenhängenden Daten über bie 
merkwürdigen Aboriginer dieſes Gebitgszuges, denen es gelun⸗ 
gen iſt, ſeit fo vielen Jahrhunderten den größten politiſchen Ge 
walten DOftsAfiene, welche die coloſſalſten Monarchien zu ſtuͤr⸗ 
gen vermochten, dennoch bis heute Widerſtand zu leiſten, und 
wenigftens theilweife ihre Seibitftändigkeit zu behaupten, verdie⸗ 
nen bier für Voͤlker⸗ und Dienfchen » Gefchichte Afiens einige 
Beachtung, wenn auch die Werichte darüber nur noch fehr unbe 
friedigend ausfallen. Bisher finden. wie über fie nirgends hin⸗ 
reichende Auskunft; wir können nur ſehr zerfiteute Daten zu 
eombinieen verfuchen. Möchte «6 für .die Ethnographie Afiens 
gelingen, nähere Auskunft über fie aus Driginalquellen, zumal 
aus ihren eigenen Sprachen zu gewinnen, bie uns bi6 jetzt gänz 
lich unbelannt geblieben find. Ä 

Die Schwigrigkeit der Unterfuhung iſt hier groß, weil bie 
gegenwärtigen Tribus dieſer Völker, die wahrſcheinlich 
zu dem verfchiedenften Abftammungen und Geſchlechtern gehören, 
wie bei Sriehen und Römern die Stythen oder Barba: 
senvölker, bei Arabern die Kafern und Gaur, bei Eu; 
sopdeen im Mittelalter die Saracenen, Rartaren, In: 
Dianer, ebenfalls von Chinefifhen und andern Autoren mit fol 
hen allgemeinen, nichts fagenden Benennungen, die oft nur 
Shimpfnamen find, bezeichnet werden, welche bie Mifch⸗ 
linge zu Nationen flempeln, und ethnographifche Verwirrun⸗ 
gen herbeiführen mußten. So iſt es gewiß, daß auch unter den 

gegenwärtigen, im Allgemeinen Miaotfeu genannten Barbas 
ven ſehr verfchiedenartige Voͤlkerſtaͤmme begriffen find. Wir wer⸗ 
deu freilich nur hiſtoriſch auf dieſes Verhaͤltniß der Gegenwart 
aus frühern Zeiten hinweifen Einnen. 

Die aͤlteſte Urgeſchichte des Chineſiſchen Volks und Meich, 
ein paar Zahrtaufende vor unferer Zeitscchnung, beginnt mit ber 
Einwanderung 6%) durch Kanfu (f. Afien Bd. I. ©. 192, oben 





440 ) Klaproth Tabl. histor, de l’Asie ete. p. 29 etc. 





Die Miao tſeu, die Aboriginer. 759 


©. 715), und ber Beſitznahme von Schenſi, Schanſi und 
Honanz fie verbreitet fi fi dann nur fo weit, als dad Land am 
Hoangho und. Ta Kiang von dem Volke der Chineſen bes 
herrſcht wird, fo daß anfänglich der gebirgige Weflen von Si⸗ 
fan, um der Süden von China, von ihnen ganz unberührt 
bleibt. Auch dauert es lange genug, ehe fie fih auf die Süd: 
feite des Stromgebietes des Ta Kiang ausbreiten. Die Läns 
der im Weſten, ſagen die Chineſiſchen Autoren der hiſtoriſchen 
Zeit, waren von den San Miao (Sifan, ſ. oben S. 501) be⸗ 
wohnt, ale Landſchaften im Süden des Nanking, ebenfalls 
von einem andern Volke als bie Chinefen, von Barbaren, von 
denen wie indeß gar Beine genauen Daten erhalten haben, ihre 
Gebiete werben die der Que und Nanſtſchao (f. ob. ©. 733) 
genannt. Ob diefe von gleichen oder verfchiedenen Volksſtaͤmmen 
waren, und fid) al Verwandte ihren meftlihen Nachbarn anrei⸗ 
beten, oder ob fie als ſelbſtſtaͤndige, für ſich beſtebende Voͤlkerge⸗ 
ſchlechter zu betrachten ſind, daruͤber fehlen alle beſtimmteren An⸗ 
gaben. Gehen wir indeß auf die aͤlteſten Documente und auf 
bie ſpaͤtern hiſtoriſchen Thatſachen zuruͤck, fo laſſen ſich doch eis 
nige Wahrſcheinlichkeiten in Beziehung auf fie verfolgen. 

Durch eine Eritifche Unterfuchung der Älteften Chinefifchen 
Annalen, ds SchuKing*i), ift wol als ausgemacht anzus 
nehmen, daß fie zu völlig, von dem herrfchend gewordenen Chines 
fen, verfhiebenen Voͤlkerſtaͤmmen gehören mußten, und 
daß anfänglich die beiderlei, im Weft und Sud mwohnenben 
Völker, nur zu einerlei Stämme von Aboriginern gehört 
haben mögen, zwifchen welche jedoch fpäterhin manche andere Ans 
fiedlungen fi eindrängen mußten. Außer den Chinefen mers 
ben zmweitaufend Jahre vor unferer Zeitrechnung in China, zu 
Abrahams Zeit, nur noch die San Miao genannt, welde in 
bee Patriarchenzeit der Stifter des Chinefifhen Etaated nad 
Sen wei vertrieben wurden, San Miao (d. i. die drei 
Miao), fagt der Commentar des Schu King, war ber Name 
bes Volks, Oder bes Königreichs, im Suͤden bes Kiang, ofls 
waͤrts bis nach Kiangnan, db. i. bis zu deſſen Mündung. Dee 
sale Chun, der Nachfolger von Dao (f. Afien Bd. J. S. 158), 


21) M. H. Kurz Memoire sur I’Etat — et relig. de la Cline 
2300 Ans avant notre &re selon le Chou — in Nouv. Journ. 
Asiatig. 1830. T. Vi. p. 415 - 40. 


| | 
760 Oſt⸗Aſien. Waflerfofteme. I. Abfchn. $. 82. 


beißt «6 im Schu King, theilte fie und verpflanzte fie vom 
Süden, wo fie wohnten, nad dem Norden oder Nordwe⸗ 
fien, d. i. in ihren Rüden, von wo fie nämlich von Paradiek 
ande des Kuenlunm (f. Afim Bd. I. ©. 192) berabgefomme 
waren. Aber auch bie, in ihren Urfigen zurüdbleibenden Gas 
Miao überließen ſich, fagt die alte Hiſtorie, ihrer Schaͤndlichkeit, 
und mußten deshalb getheilt und unterworfen werden. Spaͤten 
bin werden fie noch einmal im Schu King erwaͤhnt, daß fie fih 
nicht zur Tugend wandten, und deshalb, das Migao⸗Volk, sm 
flört werben mußte (wie bie Kananiter). Ihnen werden alle Is | 
ten ber Laſter, ber Irrlehren, Grauſamkeit, Zyrannei, Zauberi | 
zugefchtieben. | 
Die Eige der Älteflen San Miao im Weften vos 
Kanfu, von der Hoanghobeugung am In Shan und Ran 
Shan, auf ber Grenze der Indo⸗Germaniſchen Ufun, und 
der Hiongau haben wir fchon früher (a. a. O. I. 12—19) 
kennen lernen. Die Chinefifhe Sage läßt von tiefer Son 
Miao, in jener Älteften Zeit, durch Verpflanzung nad) Son 
Wei 6), di Kham, Wei und Tſang (f. ob. ©. 176), di 
Küberer abflammen. Diefe Sage fiimmt mit ber Angabe de 
Annalen ds Schu King von bee Berpflanzung der verbräng 
tn San Miao Überin. Diefelben werden auh Deou Miat, 
oder. Miaomin genannt. Diefe Wohnfige der alten Miado 
haben gegenwärtig noch die Völker der Sifan inne, wahrſchein⸗ 
lich ihre ſtammverwandten Völker, ba fie mit den Khiang iden: 
sifh zu ſeyn fcheinen. Bon ihnen war früher umſtaͤndlich die 
Rede (f. ob. ©. 601— 506). Aus andern hiftorifhen Daten wiſ⸗ 
fen wir, daß Tübetifhe Völker, in frühern Zeiten, in dem 
Gebirgslande des Nanking wohnten, und weit hin, oftwärte, 
bis zum Fluſſe Siang, ber fi in den Tungting-⸗See in Ho: 
nan ergießt, heimiſch waren (f. ob. &. 177, 27%. Waheſchein⸗ 
lih wurden diefe in ben Altern Annalem mit dem Ausdruck der 
Yeou Miao belegt, was nad) H. Kurz Hppotheſe fo viel hei⸗ 
fen mag, ale: bie surüdgeblichenen Miao, alfo bie nicht 
verpflanzten, die‘ innerhalb des Chinefifchen Reiches anfäffig ges 
dliebenen, die Aboriginer. Dahingegen, die außerhalb der 9 
großen Provingen des Chinefifhen Reihe verpflanzten und An: 





a2) Weitsang thou chy ou Descr. du Tubet p. P. Hyacinth Ed. 
Klaproth I. c. p. 24. 


Di“ 


ur TR MD.NMN 


Die Miao tfeu, die Aboriginer, 761 


gefiedelten, die Namen dee Man) und Y, oder der F remd? 
linge im Süben und im Norden erhielten (wie ah Si⸗ 
fan, die Fremdlinge oder Barbaren im Welten, im Lande 
Ho fi, d. i. das Weſtland oder Tangut, gleichbedeutend mit 
Khiang oder Oſt⸗Tuͤbety +). Die merkwürbdigfte Veftätigung dies 
fee Angaben der älteftien Annalen des Schufing, finden 
wir darin, daß, bi6 auf den heutigen Tag, ein von den Chinefen 


ganz verfhiedenes Volk, das nicht erft durch Clima oder 


Mangel der Civilifationefortfchritte, als ein von dem Herrſcher⸗ 
ſtamme degenerictee Tribus betrachtet werden kann, den Süden 
Chinas bewohnt. Es beweiſet dieſes, daß die Chineften die 
Eingewanderten wirkiic find, fie aber die Aboriginerz 
denn feibft den Namen Miao tfeu (oder Miaotfe) hat dafs 
felbe kriegeriſche Volt in feinen Wild-⸗Alpen behalten, in des 
nen es alfo, feit vier Sahrtaufenden, von dem aͤlteſten und 
colofjalften Eulturftaat der Erde, niemals hat’ befiegt werden koͤn⸗ 
nen. Sie find aber in Sitte und Sprache, felbfi nah Ans 
gabe der Ehinefen, ein von ihnen völlig verfchiedenes Barbarens 
volk, und gehören nad) Ihrer Sprache, obwol biefe fo wenig alg 
die der Sifan, noch genauer drmittelt zu ſeyn fcheint, zu den 
Tüberifhen Voͤlkerſchaften. Ihre Sige find im Süden 
des Ta Kiang diefelben geblieben wie zu Vaos Zeiten. — Uns 
ſtreitig eine der merkwürbigften Thatſachen in den Völkergefchichs 
ten Aſiens. Nur in Afrika wäre es vielleicht möglich, noch ein 
ähnliches Factum in dee noch ungebändigten Gewalt einzeiner 
Acthiopifcher Voͤlkerſtaͤmme, ſeit den aͤlteſten Annalen der Seſo⸗ 
ftriden Zeiten, nachzuweiſen. 

Bon dem großen Kaiſer ber Thſin⸗ Dpnaftie, bee bie 
neun Tſcheou oder Herrfchaften zu einer Univerfalmos 


narchie vereinigt (f. oben ©. 519, 715, vergl. Aſien Bd. J. 


S. 199, wo ein Irrthum zu berichtigen; fein Tod fält nämlich 


- 210 vor Chr. Geb.), fagen die folgenden Annalen, baß er ber 


erſte war, ber es verfuchte, diefe Völker im Süden der Kette 
bes Ranking *) feinem Gcepter zu unterwerfen. Es waren 
Hal bwil de, gänzlich ungefhlachte Völker, bie auf ihren Hochs 


N 


gebirgen und zwiſchen ihren Strömen wie auf natürlichen Boll⸗ 





22) M. H. Kurz Memoire sur etc. Ic — L c. T. Vi. p. 426. 


**) Kiaproth Mem. rel. a TAsie T. II. 1826. p. 306. **) Tabl 
histor. de PAsie p. 35. 


762 Oſft. Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


werten gefhüst, bei der Bekämpfung viel Arbeit machten; body 
beißt ed, wurden fie befiegt, unb es behnte der Eroberer Schi⸗ 
boangti feine Herefhaft wie im Oſten fo aud im Süden ChHis 
nas bis zu ber Grenze bed Meeres aus. Hierdurch werden 
die Südprovinzen erſt an die Nordprovinzen des Reiches 
gefefiel. Die Han: Dynaftie (feit 202) fegte das begonnene 
Merk fort, fie foll, wie oben gefagt, die erſten Colonifations: 
und Civilifations = Verfuche unter jenen Bergvoͤlkern im Süden 
eingeleitet haben, Die wol nothwendig waren, um eine wilde 
Enclave nicht zum eignen Verderben zu behaupten; doch moͤ⸗ 
gen diefe nur ſehr allmälig fortgefchritten fen. Die inneren 
Spaltungen und Theilungen der Chinefifchen, einheimifchen Dy⸗ 
naftien, die beftändigen Kämpfe mit den wefllihen Nachbarn den 
Tangut, Tufan, Tübet, Sifan (f. ob. ©. 185 ıc., 502 2c.). 
die Gemwältigung dee ſelbſtſtaͤndigen Königreiche in den Gebirge: 
provinzen von Szuͤtſchuan (Chou, f. ob. S. 414) und Yan: 
nan Nantſchao, f. od. S. 733), und die Chinefirung des 
Geftadelandes wie deſſen Civilifiruug durd das Schifferteben und 
den Verkehr aus der Fremde, der auch fhon mit der Periode ber 
Han⸗Dynaſties6) fehe einflugreich zu werden beginnt, mußten 
vorhergehen, ehe diefe Miaotfeu zu von andern Völkern und 
ſelbſt unter ſich abgefchnittenen Völker: Infeln werden konn— 
ten, wie fie heute beftchen. Bon unzähligen Kämpfen diefer Art 
find uns keine fpeciellen Daten bekannt. Won den Croberungen 
und Verheerungen der Mongholen, von Tſchingis-Khan 
bis auf Khublai-Khan im Süden bes Chinefifhen Reiches 
iſt früher die Mebe geweſen; feit 30 Jahren, fagen die Annalen, 
waren unter dem legtern Regenten fehr große Eummen und viele 
Menſchen In den unglücklichen Kriegezügen, zu Waffer gegen Sa: 
pan, Java, Liquejo, zu Lande gegen Tunkin, Eodin: 
China und Papefifu aufgeopfert worden. Der nachfolgende 
Mongholen Kaifer, Tſchingtſong (Timur VI.), verfuchte ei: 
nen andern Weg; er theilte feinen Kriegeen Ländereien in 
den füblichen Provinzen feines Reiches mit der Verpflichtung aut, 
die Miaotſeu ?) im Zaum zu halten. Diefe lebten damals 
noch als unabhängige Völker in ben Provinzen Szuͤ⸗ 
tſchuan, Kueitſcheou, Hukuang (d.i. Hunan) in Kuangſi 





°“4) P. Gaubil Hist. de Gentchiscan et des Mongous etc. p. 19%. 
“7 ebend. pP» 215. 


Die Miao tſeu, Papefifu. 763 


und Kuangtong, von gleichem Alter wie die Chinefen, mit 
eigenen Geſetzen, eigener Sprache. Aber gegen die Papeſifu 
ließ man ſich noch einmal durch den Rath eines Chineſiſchen Ge⸗ 
nerals, der ſpaͤter fuͤr deſſen ungluͤcklichen Ausgang mit ſeinem 
Kopfe buͤßen mußte, zu einem Kriege, im Jahre 1300, verleiten, 
Dapefifu, fage der Bericht, iſt ein große® Land, zwiſchen 
Dünnan und Bengal gelegen, mit böfem Clima, böfer Luft, mie’ 
einem armen, barbarifhen Volke. Das Mongholenhere kam aber 
bei diefem Feldzuge fajt ganz vor Hunger um, und auch Düne 
non litt fehrz; denn dies Grenzvolk, das bis dahin ſich ruhig ges 
halten hatte, geiff nun zu den Waffen, überzog bie an China uns 
terroorfenen Provinzen, und brachte fo aud) die Miaotfeu in 
neue Bewegung. Der Krieg wurde babucch fehe ernfihaft, und 
konnte erſt im Jahre 1303 gedämpft werden. 

In diefer großen Aufregung der ſüdlichen Barbarens 
Völker des ganzen Chinefifhen Alpengebirgsliandes, 
von den Außerften Weftgrenzen Yünnans an, bis zu dem oͤſt⸗ 
lichſten Miaotfeu, treten gleichzeitig wie bie Papefifu noch 
ſehr viele andere, neue, bis dahin gänzlich unbefannte Namen 
derfelben auf, und es ſcheint dies eine Periode ihrer theilweiſen 


-Umfiedlungen, Vermiſchuugen, Ausrottungen, neuen Abfonderuns 


gen geworden zu feyn. 
Die Chinefifhen Annallen fagen folgendes: Unter Timur 


"Khan folte, im Jahre 1300, ein Heer von zweimalhunderttaus 


fend Dann das Königreih Papefifu*) im S. W. erobern; 
aber das böfe Clima zaffte mehr als die Hälfte derſelben dahin; 
Dünnan hatte dabei großen Drud zu ertragen. Da entftand 
eine allgemeine große Empörung, viele Miaotfen, Laotſe und 
andere Barbaren: Völker, verfammelten fi vor deu Zeftungen, 
welche die Chinefen zur Zügelung ihres Landes erbaut hatten (2. 
B. Yanghoang). Sie belagerten diefe, und die Eroberung ges 
lang; nun drangen fie in die Provinz Kueitfheou vor, unb 
nur mit Mühe gelang es dem Vicelönige von Puͤnnan, fie zu 
bändigen. Als aber das kaiferliche Heer, das zugleich gegen die 
Grenzvölter von Mientien (Awa) gefhidt war, im fiebenten 
Monate des Kriegszugs auf dem NRüdmarfche von da, das Koͤ⸗ 
nigteich dee Kintſchi (d. i. der Goldzähne, f. oben ©. 735) 
durchſtreifte, die fi auch vom Jod der Chinefen befreien wolls 





**) Mailla Histoire Generale de la Chine T. IX. p. 476. 


164 Dft-Aflen. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


ten, griffen auch diefe zu den Waffen, erfchlugen viele vom Pair 
ſetlichen Heere, und verbündeten fih mit den Papefifu. Au 
aun im folgenden Jahre, 1301, ein neues Heer gegen bie Rebel: 
len eben fo unglüͤcklich war, erfcholl gegen fie ein allgemein 
Aufgebot, durch die Provinzen Szütfhuan, Yünnan, Hu: 
tuang (Hunan). Sm Jahre 1302 traten neue Revolten diefer 
Barbaren im S. W. auf, neue Namen) werden genannt; die 
Tribus der Ufan, U mong (U Moang, ſchwarze Moang?), 
Kongtfhuen, Mang (Moang?), Uting, Duetfdu, 
Pun gan u. a., welche das Chineſiſche Gebiet plünderten. End 
lich gelang ed dem Chinefifchen Feldhetrn Lieoutuekie, fie zu 
überliften und total zu fihlagen, bei Metetfhuen (2), wo ihre 
Heldin Scherfiei gefangen und getöbter wurde, famt den uͤbri⸗ 
gen Häuptlingen, worauf fi auch das Volk unterwarf. Nach 
. 8 Jahren Ruhe wiederholten die Papefifu und die Barbaren 
von Groß und Klein Tſcheli (Tſcheli, d, b. ein Gebiet) ihre 
Raubüberfätle auf Chinas Gebiet (im J. 1309) 50); der Gou⸗ 
verneur von Dünnan ließ fih von ihnen beſtechen, fie kehr⸗ 
ten jedoch von felbft in ihre Heimath zuruͤck. Mit der Thron⸗ 
befteigung des Kaifer Gintſong t), im 3. 1311, heißt es, un: 
gerwarfen ſich auch bie tribugpflicgtigen Grenz: Königreiche von 
Tſchenting, Ngannan (Tonkin), von Parefifu, Ta⸗ 
Tſcheli und Tſchao Tſcheli (d. i. Groß und Klein Tſcheli), 
und ſchickten zum Zeichen des Reſpects Tribut, ein Rhinocetos 
und gut abgerichtete Elephanten. 

Die Jeſuiten Miffionare fagen, daß die Grenzvoͤlker ges 
gen Mien (d. i. Ama), von den Mongholen, mit dem Namen 
de P ape 52) belegt feyen; unter dieſem gemeinfamen Namen, der 
fo viel “als Land oder Gegend heiße, mögen daher viele einzelne 
zufammengefaßt fen, von denen nah M. Polo im obigen fchon 
gefondert gefprochen ward. Sie find nicht vom Chinefifchen Stam⸗ 
me, fagen fie, fondern faul, indolent, fie tatowiren ſich Über den 
Augenbrauen, fie find So: Diener, wie die Dientien. Ihr Land 
iſt ſehr feucht, har kalte Nächte, heiße Tage; fig baden fehe viel 
in den Flüffen und leben in Hütten von Bambus, Es ſcheinen 
alfo die Bewohner der wärmern, füblichen Zerraffenabfäle und 


3 Mailla Hist. Gen. |. c. so) ebend. p. 502. 
ebend. p. 807. Fe Memoires eonc. hist. des Chinois 


. AV. p. 29 





Die Miao fen, Pa phai ao. 765 


der Vorberge Yuͤnnans gegen die Hinter⸗Indiſche Halbinſel zu 
ſeyn. Aus Klaproths Sprachvergleichungen einer kleinen Woͤr⸗ 
terſammlung ſcheint hervorzugehen, daß fie ein Siamef if dee 
Volks ſſtamm 53) find, von dem man zwei Sprachbialecte, den 
bee De:i und der Paspe, unterfcheiden kann, von denen bie 
Pezi identifc find mit dem Volke, das auch Laktho oder Lok⸗ 
‚ tai genannt wird. In ihrer Sprache heißt Yünnan ber. Chi⸗ 
neſen Moangtſchauz das Volk der Kintſchi heißt bei ihnen 
Wantſchhang, ſie ſelbſt die Pe⸗i nennen ſich Loktaiz bie 
Pa⸗pe aber nennen ſich fetbit Maangpingtfhing mai, 
diefe werben aber von den Pe:i Moang pung genannt, Je 
nes Tſcheli, d. h. Gebiet oder Drt, nennen fie Moangiey 
auch Ama nennen fie Moangmanz in ihres Sprache beißt 
ein großer Strom Menan, Menan fung, bekanntlich der 
Name des großen Stromes von Siam. — 
Hiernach wuͤrden dieſe Pa⸗pe, oder Papefifu "def Bu 
ftens,. wahrfcheinlich auch identifch. mis ben Lolos 5®), einem. Ang 
dern nicht Tuͤbetiſchen Volksſtamme, einem ſanftern Siameſi⸗ 
ſchen angehoͤren, und von den eigentlichen, viel weniger civitifigg 
teen und weit wilbern Miaotfeu im Oflen, ber Abflammung 
und dem Herlommen nad, fehr verfchieden ſeyn. Auch treten ſie 
weit ſpaͤter in der Geſchichte auf, und auf einer neuern hine⸗ 
ſiſchen Weltkartess) iſt iht Name Pape ta tian, oder 
das Land der Pape, auch auf dem Gebiet ber Siamefen und 
Birmanen eingetragen. Defto auffallender ift es, auf berfeiben 
Karte, die fich ſelbſt manches Fortſchrittes vor ben frühen Chi⸗ 
nefifhen Weltlarten rühmt, auch den Namen der Paphaiyao 
viel weiter im Oſten auf den Wild: Ahpen des Nan fing, 
wo fonft nur Miaotſe genannt werben, im Weſten des Weis 
Ling Pafjes (f. oben S. 661), alfo auf bem MiaoLing ſelbſt 
eingetragen zu ſehen, mit der Beiſchrift: Pa phai vao, auch 
Yaodfhung genannt, eine auslaͤndiſche Nation, die im In— 
nern von China wohnt. Ihe Land hat 1000 Li Umfang, grenzt 
an drei Provinzen (Kuangtung, Kuangfi und Hunan)z 
es find Za, oder Große Yao aus 8 und Siao, di, 


U 





22) Klaproth Magäsin Asiat., T. II. p. 256. Not. 1. * Ab. Ro- 
musat Descr. de ia Chine in Nouv. Mel. Asiat. I p. 34. 

88) King pan thian tizinan thu, i. e. Tabula universalis Cöli Ter- 
raegue forma maxima, Peking, nad) Dr. Schotts Ueberfegung. 


706 Oſt⸗Aſien. Waflerfufteme. I. Abſchn. $. 82. 


bie Kleinen Yao, aus 29 Kribus beſtehend. — Cine Nota 
von Morrifon bemerkt, von ihnen gebe die Sage, fie hätten 
kurze Schwänze, man halte fie für ein Malayifches Bor. — Nach 
Matuanlinss6), dem berühmten Chineſiſchen Hiſtoriker der Mon: 
ghotenzeit, dee auch fagt, daß die San Miao oder Xanghiang 
von den alten Aboriginern Oſt-Chinas abflammten, daß 
fie abte von den Ehmefen nach Welt in die Gebirge Tuͤbets zu⸗ 
ruͤckgeſtoßen ſeyen, ruͤhmen fi diefe Tanghiang (nebſt ih⸗ 
ten Compattioten den Thangtſchang und Pelang) von ei 
nem Affengefhlechte herzuſtammen, wie überhaupt auch bie 
Tübeter (f. oben 8.27%. Sollten diefe Pa phai eine vom 
Weſten ber vorgebrungene Malayiſche Golonifation ber Pa:pe 
ſeyn? ober iſt dieſer Name nur zufällig auf fie übertragen, und 
bezeichnet der Zuſaz Yao Xi. e. servus, Unterthar) vielmehr um 
fo ficherer ihre Viiaorfe Abflommung, welche «ben in dem dor: 
digen Gebitgslande noch mit dem fchimpflihen Zufag MR upas 
WHiaurais sujets, nach Ab. Remuſat) 57) häufig beiege werden. 
Die Alpenvoͤlker ber Miao tſeu auf dem eigentlichen Miao 
Ling mit dem Uebelnamen MuDdao oder Yao fagt Ab. Ne: 
muſat, woͤhnen zumal im füböftlichen Gebirgewinkel von Hus 
han, auf dem Hochgebirge, zu beiden Seiten des obern Siang 
Miang, ber zum Tongting-See fält, im Süden der Gapi- 
tale Xihangefiha fu (f. ob. S. 66255 und im Diſtrict vom 
HYong Tfiheou fu noch höher auf an.demfelben füdlichen Zus 
fluffe de Ta Kiang. Aber fie werben auch eben fo noch an: 
derwaͤrts genannt, in ber Provinz Kuang tung (im Departe 
ment Khing yuan), in Kuangſi und in Kueitfheonm (im 
Departement Kuei fing). 

Daß ju ihnen auch diejenigen Alpenvölker m Kuangfi und 
an det Grenze von Knang tong gehören, weihe Tſchang⸗ 
2010059) genannt werden, iſt wol ſehr wahrſcheinlich. Diefe 
tourden‘ auch unter bee Ming: Dpnaftie auf ihren unerfleiglichen 
Wiid⸗Alpen niemals befiegt, und behaupteten ihre Freiheit bit, in 
bie neuefte Zeit. Unter Kaifee Khanghi bekamen die Rande: 
einen von Kanton mit ihnen Händel, die deren Haͤuptlinge ſtets 





* se) f, Wen hian thoung Khab Sect. cccxxzıv. fol 7. vera. b. Klap- 
roth Meın. rel. de l’Asie T. Il. ».366. *”) Ab. Remusat Noar. 
— a T. I. p.34. **) Mailla Hist. Gen. de la Chine T.XL 


P 





Die Miao tfeu, Tſchangkolao, Lolos. 767 


vergeblich vor ihre Gerichtötribundte “citieten, um ſich wegen dee 
Beleidigungen, die fie den Ortéobrigkelten äugeflgt haben foliten, 
zu vertheidigen. Als fie felbft Die zu ihnen abgeorbneten Mans 
darinen mishandelten, wurde im Jahre 1702 ein Kriegszug begen 
fie befchloffen, der auch begonnen murde, aber bald fo. nacıtheitig 
ausfiel, daß man lieber in Unterhandlungen mit ihnen ſich eins 
ließ und Ihnen Handelßvortheile zugefland, als auf ihre weitrer 
Vernichtung auszugehen. 

Jene Lolos 5) (Pape) im ſuͤdlichen Yu nnan, welche die 
Jeſuiten bei ihrer Kartenaufnahme daſelbſt kennen gu lernen Ge⸗ 
legenheit hatten, oder uͤber die fit durch Chineſiſche Handelsleute, 
die ihnen allerlei Waaren zutragen, mancherlel Berichte einziehen 
konnten, hatten einſt daſelbſt ihre herrſchenden Fuͤrſten. Um fie 
zu zuͤgeln wurden ſie mit einigen Forts umſtellt; in uncultivirte, 
ihnen benachbarte Thaͤler, wurden Ortſchaften erbaut, und fie von 
da aus durch ſtehende Garnifonen befehbet, wie dies noch heute 
in’ den Kaukaſus⸗Thaͤlern gegen Tſcherkeſſen und andere Voͤlker 
bei Ruffen der Gebrauch iſt. Bald wurden indeß die Häuptlinge 
der Lolos duch Beguͤnſtigungen gelockt, erhielten Siegel und 
Patent, mit den "Ehren Chineſiſcher Mandarine, wenn, fie fich 
dem Kaiſer ergaben, dis zu den Wuͤrden der Tſchifu und Tſchi⸗ 
efheou. Die Inveſtitur mußten fle vom Kaiſer übernehmen, 
und Gehorſam geloben, der fie darin auch als Erbfuͤrſten beſtaͤ⸗ 
tigte. So blieben fie in ihren Gebirgsgauen doch abfolute Herr⸗ 
fher, ohne in ihter Jurisdiction vom Vicekoͤnig der Provinz Yuͤn⸗ 
non abhängig ' zu werden. Ihre Dienerfchaft wird wegen ihrer 
ungemein treu” Anhaͤnglichkeit und Ergebenheit geruͤhmt; bie 
Wohnungen ihrer Fuͤrſten ſind ſtattliche Palaͤſte, mit großen Hal⸗ 
len, voll Gefolge und Dienerſchaft, Beamte und Milizen, die ih⸗ 
nen nicht geringe Ehre erzeigen. Die Fuͤrſten haben die Tatari⸗ 
fche Tracht von ſeidenen Gewändern angenommen, die Damen 
tragen weite Roben mit kurzen Maͤntelchen darüber. Die Fürs 
ftin iſt eben fo von eittem Gefolge von Hofdanten begteitet; die 
auch bei Vifiten, die fie alß treffliche Reiterinnen ſtets zu Pferde 
machen, fie immer zu Pferde umgeben, indeß die Diener zu Buße 
folgen. 

Das Volk der Lolos iſt einfach gekleidet, in kurze Unter: 
beinkleider, Leinwandwefte, Steöphut und auf Sandalen gehend; 


5%) Du Halde Desct. T. I. p. 65. 


768 Oſt· Mor. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. 4. 82. 


Sie Ind gut- gebaut, weit abgehärteter als bie Cbineſen; ſie find 
gute Reiter ,. ihre Pferde von der kleinen Race der Klepper (bie 
von Bhutan oſtwaͤrts durch ganz Aſien fi) ausbreitet, f. oben 
S. 140), aber tuͤchtig. Sie haben Eifen» und Kupfer: 
Minen, und ſchmieden fi ihre Waffen ſelbſt. Chinefifche 
Dandelsleute ſuchen gern Zutritt zu den Höfen ihrer Haͤuptlinge, 
wo fie guten Gewinn maden. Auch die Bonzen aus Awa 
baden, von der andern Seite her, bei ihnen Eingang gefunden 
und den Eultus des Fo unter ihnen verbreitet. Bei den Lolos 
im, oͤſtlichen Dünnen, iſt es dieſen gelungen, mit deren Reichthüs 
mern, viele und große Tempel ihren Gögen zu errichten. Die 
bei ihnen herrſchende Sprache iſt ganz von der Chineſiſchen ver⸗ 
ſchieden und ihre Schrift iſt die der Prieſterſchaft in Awa und 
Pegu. Ob fie mit den Laos, Laochoua, Laofe, Lowas, 
bielleicht auch 2’ hokbas, zu gleichem Voͤlkerſtamme gehören, die 
außerhalb Yuͤnnan in verfchiedenen. Hochthaͤlern Hinter Indiens 
zerſtreut wohnen, iſt wahrſcheinlich, aber für jeöt ſchwerlich genau 
au. ermitteln. 

AAuch die eigentlien Miaotfeu des Miaoking, in 
ben Süd: Proninzen China, oftwärts von Yünnan, be 
ben nicht befiege werden können, wenn fie auch öfter zu Paaren 
getzieben worden find. Der Feſtungbau tings an dem Ein: 
Hängen ‚ihrer Felsthaͤler, und vor den Höhen ihrer Wild = Alpen, 
hat die größten Geldfummen geloftetz doch gelang es dadurch den 
Verkehr zwifchen ihnen und ihren Nachbarn völlig abzufhneiben. 
Sie werden baper. auf ihren verfhiebenen Alpenfiöden, 
die fie im größeren oder weitern Umfange befi igen, wie auf Ins 
fein, (f. auf D’Anvilles, Grimms, Berghaus Karten, 
die Song Miao, Tchang Colao u. a) blodire Dieſes 
Syſtem Chinefifcher. Politik hat wenigftens die Ruhe in ben um: 
liegenden Landſchaften gefichert, die nur’ felten von ihnen geftär 
wird." Sie haben zwar auch ihre Gebirgsfürften, aber dieſe find 
als foiche nicht vom Gouvernement anestannt, wie bei ben Los 
1065 fie gelten für unterworfen, wenn fie ih ruhig von 
halten... Zuweilen machen fie jedbod mit ihren Reiterſchaares 
Streifzüge auf Chinefifhen Boden zue Plünderung ober zut 
Rache; dann begnuͤgt man fi damit, fie in ihre wilden Fels⸗ 
gebirge zuruͤckzuwerfen. Vor ein Chinefifches Tribunal geladen, 
erfchienen fie nie, und niemals hat fchlauefle Weberrebung fie zu 
ſolchem Schritte vermochte Die Fuͤrſten haben ihre Wafallen: 





2. Die Mine tfeu, die Unterworfenn. 780 


Haupuinge, bie ihnen ihee Iapferu „Truppen In des Gefahe zufühs 
ven. Ihre Wohnungen find. ſo trefflich eingerichtet, wie bie Chi 
nefifsenz ihre Hauptkraft beftcht in ihrer Reiterei. Ihre treffli« 


Hm Bergklepper find unvemwüftlih, fie galoppisen die ſteilſten 


Bergwände hinauf und hinab, und dies gehört, zum Exercitium 


ihrer Govallerie, fo wie das Ueberfpringen bee wildeſten Fluͤſſe 


und Sturzbäce, oder ber Gräben, in welche Feuer angemacht 
wird, deſſen rauchende Feuerſaͤule durchſetzt werden muß, u. a m, 
Sie reiten auf engen und hohen Saͤtieln. Die Miao tſeu in 
der Mitte und im Süden der Provinz Kusitfheon follen von 
den übrigen am bedeutendften verfchieden ſeyn. Die Chinefen 


geben ihnen die verfchiedenfien Namen als fremde Goloniften, 


oder ald von den Eroberern oder Kaifern Ungefiedelte, oder als 
Schimpfnamen oder dgl., worüber jedoh wenig Sicheres. Die 
Sefyiten Miffionarew) theilen fie in Unterworfene 
und in Freie Miggtfen. Die Unterworfenen find wie 
Der doppelter Art; die Einen gehorchen den Cpinefifchen Obrig⸗ 
Eeiten, und gehören ſchon ganz zum Chineſiſchen Volke, von dem 
ſie ſi ih nur nod duch einen befondern Kopfpug unterfcheiden, 
Die Andern haben aber ipre eigenen erbliden Mandari⸗ 


‚zen, die ihre Herkunft von aͤltern kaiſerlichen Kriegsbeamten 


N 


herſchreiben, welde zum Lohn ihrer Verdienfte mit den DOrtfchafs 
ten (öfter 6 bis 10) dee befiegten Miaotfen, einft, bes 
Jehnt wurden. Diefer eingefegte Kriegsadel erhielt zu feiner Stüge 
Sarnifonen und Anlagen von Ottſchaften. Ihre Untergebenen 
gewoͤhnten ſich an. das.neue Joch, nahmen die fremden Gchieter 
nach amd nach als jbre eigenen auf. Diefe.vergaßen aber ihre 
Abtyunft nicht, und rühmen ſich ihrer Ahnen, gewöhnlich bie in 
Bas Ate und 16te Geflecht (man fagt. bis auf Kaifer Kongo, 
Ständer der Ming Dynaftie). Sie find wohlhabend, ihre Woh⸗ 
aumgen. find geräumig; ihre Jurisdiction {ft nur auf engere Gaup 
beſchroͤnkt, auch koͤnnen ſie nicht uͤber Leben und Tod verfügen 

ihr Recht iſt nut dad der Iſchihien; von ihnen geht bie — 


- Tation an die Chineſiſchen Iſchifu, die in ben Städten tohnen, 


Von diefen Unterworfenen Miaotfeu erhielten bie Sefais 
ten Diffionare, bei ihrer Kartenaufnahme in Kueitfiheon, 
Die Nachrichten über. die Freien Miaotſeu, von denen fie 
waͤhrend ihres Aufenihaltes daſelbſt, wo ſie doch alle noͤrdlichen 


*«°) Da Halde Descr. de la Chine 5 I. p. 67. 
Ritter Erdkunde IV. Cec 


2 


[4 


170 OfMflen. MWafferfofieee. 1. Anfdın. .$. 82. 


Geenzſtationen und Feſten gegen berem Bebiet zu vermeffen bat: 


ten, dennoch keinen einzigen zu fehen bekamen. 
Die Freien Miaotfeu it), Sing Miasffe. 


Die Chinefen nennen fir Sings oder YesMiaoffe, d. i 


wilde Miao. Ihre Wohnungen find, wie bei den Unterworfe: 
nen, einftödige Häufer aus Backſteinen aufgeführt; im umtern 
Naume find ihre Viehſtaͤlle für Rinder, Schaafe, Schweine, da: 
ber es unteinlich bei ihnen hergeben fol. Pferde haben fie nicht 
In ihren Dorffchaften leben fie fehe einig unter ſich; fie bauen 
den Ader, weben eine zohe Art Leinwand, ſchlechte Muſſeline, 
und fertigen gute, buntfacbige, quatitte Teppiche, die ihnen gu 
Decken dienen. pre Kleidung iſt eine kurze Hofe, und eine Art 
Mantel, oder weiter Rod, der vorn ſtark gefaltet den Leib bebedk. 


Sie leben ganz abgefchnitten von ihren Umgebungen ; doch fuden 
Chinefifhe Holzhaͤndler, durch Vermittlung des Untermorfenn 








Miastfeu, mit diefen Freien in Verkehr zu treten. Diefe (di 


gen dann die Wälder auf ihrem Gebirge, und lägen ihnen das 
Holz zu, das jene, unten, am Ausgange der Xhäler, in Empfang 
nehmen, zu Flooßen zimmern, und dafür meiſt Ochſen und Bäf: 
- fel bezahlen. Aus dem Rinbdleder dieſer Thiere verfertigen die 
rein Miaotfeu ihre Küras, die fie mit Eifen und Kupferblech 
belegen, woburd fie zwar eine ſchwere, aber fehe zweckdienliche 
Ruͤſtung erhalten. — 

Die Freien Miaotfeu, auf ber Grenze zwiſchen Yan; 
nan und Kieutſcheou, werden von ben Chinefen Mulae 
(d. h. Holzeatten) genannt. Gie find in eine Art Sad aus 
Hanf gekleidet, mit breiten Aermeln und einem Schlig am Halfe, 
Darunter tragen fie eine bunte Welle. Die Naͤthe des Kleides 
find mit Heinen Muͤſchelchen verziert. Ste find muſikaliſch, und 
haben eine Floͤte, die Heblicher iſt als die Chinefifhe; ihre Taͤnze 
Mind rhytmiſch, vol Ausdruck der Trauer oder Freude, mit Be: 
gleitung einer Art Guitarre und einer Zrommel. Bel ihnen ba: 
ben die Bonzen des Fo noch keinen Eingang gefunden, und 
Hat. Regie meinte, fie würden wol noch empfänglicher ſeyn für 
das Ehriftenchum als die Chinefen. - 

-Die soheften, wilbeflen unter den Freien Miao— 
tfeu feinen bie ſchon oben genannten, auf ber Grenze ber 





es) Du Halde L c. T. I. p. 68— 72. 


” 





: Die Miao tfeu, die Freien. | 771: 


drei Provinzen zu. feyn, weiche bie Chinefifhe Karte Pas 
phal vao nenntz die Sefuiten fagen, fie würden Yaoffe bei 
den Chinefen genannt, au Ligin; auch Patſchai (6 Dörfer) 
auf der Grenze von Kuang tong, und Lurfhai auf ber Grenze 
von Kuangfi (8 Dörfer); wie es fcheint, meiſtentheils verſchieden⸗ 
Schimpfnamen. Doch follen fie die Jurisdiction ber mächften 
Mandarine von Yongifheou fu (f. oben ©. 766) anerken⸗ 
wen, ihnen auch Zribur zahlen, den fie aber ale freie Babe . 
dringen, nur wenn «6 ihnen beliebt. Sie erlauden feinem Dans 
Darinen ihr Territorium zu berühren, und würben ihn, wenn er 
es beteäte, ſogleich todt ſchiagen. Barfuß follen fie bie ſteitſten 
und wildeſten Felswaͤnde fluͤchtig emporklettern, uͤber die wildes 
ſten Steinklippen mit unglaublicher Schnelligkeit hinweglaufen. 
Ihre Weiber zeichnen ſich durch dem groteskeſten Kopfpug aus; 
ein Schub langes und halb fo breites Bretichen, das fie auf den - 
Kopf legen, umfclingen fie auf allen Zeiten mit ihrem Haare 
wuchs, unb Heben dieſen mit Wachs fo feft, daß fie nur drei bis 
viermal im Jahre, den Kopfpus am Feuer, um das Wachs zu 
ſchmelzen, wieder zu entwisren und nes aufzubauen - brauchen, 
Es find permanente Hüte, die fie tragen, Die trotz bee Beſchwer⸗ 
lichkeit beim Gehen zwifchen Gebuͤſch und Felſen, oder beim 
Schlafenlegen, bei der jungen Welt in Mobe bieiben. Zumeltew 
follen fie fidy dazu verfichen Geißeln zu flelen, wenn fie mit ih⸗ 
zen Nachbarn gern in Handelsgeſchaͤfte treten moͤchten. Noch 
anbere Miaoffe, in Knangſi, follen urfprüunglic won Chine⸗ 
fen abflammen, die aber mit Mebellen als Confpisirte gemeinfame - 
Sache machend, fi gegen die Grenze von Tonkin in die 
Gebirge zuruͤckzogen, in beren Nähe bie berühmte, metallene 


Grenzfäule fichen fol, welche die Bronze des Reiches von - 


China und Tunkin bezeichnet, mit einer Inſcription, deren 
Alter man auf 1600 Jahre zurüd datist. Sie heiße: Kong tſchu 
tſchi tſche Kio tſchi tſchi mie, b. d. bie Tunküneſen werben‘ 
vernichtet werben, wenn fie dieſe Brenzfäute über⸗ 
ſchreiten. Die Tunkineſen fehen diefe Säule ſelbſt ats ein 
Deutmal ihres alten Adels als Souveraine an, und bei dem 
Wahn, daß mit dem Untergange dieſer Saͤule ihr eigener verbuns 
ben ſey, ſuchen fie dieſelbe vor jeder Unbill zu fchügen. Diefe 
Grenz: Miaoffe haben Ländereien, Truppen, Feuerwaffen, find 
ſehr kriegeriſch, ſtehen immer unter ſich ſelbſt In Fehde, weil Buß 
sache bei tunen BIS auf die Enkel ar t. Ra Chineſiſchen 
cc 


: me: Oſt⸗Aſien. Waiferfoftenie_ I. Abfchn. $. 82. 
Mandarine opfirn ſich nie auf, un unter ihnen Frieden au 


n. * J 
Die Sprache dr Miaoſſe in Sıutfhuan, im Weit 
von Hunan, and im Norden von Kueitſcheon, ſchien dem 
Dater Regie dieſelbe zu ſeyn, und unter fih nur nad Dialecten 
verfrhieben. Um Liping fu fol ſie mit Chinefifhd fo gemifcht 
ſeya, daß fi die Bewohner der Provinz dort gegenfeitig verſte⸗ 
ben. Auf ber Grenze dee drei Provinzen follen die wii» 
deften Micnoffe, nad Ausfage der unterworfenen 
Mianffe, die Sprache ihrer nöchlih anwohnenden benachbar: 
tm Miagaoſſe nicht ‚verftchen. Obwol diefe Völker alle in den Au: 
gen der Ghinefen nur Diebe und Spisbuben find, fo bemerkte 
Pater Regie bei feinem dortigen Aufenthalte unter den unters 
mworfenen Diaoffe, keine Epur-biefer Laſter; ſie bewährten ſich 
überall als ungemein dienfleifeig, fie zeigten fehe viet Fleiß und 
Thaͤtigkeit, und die größte Treue in dem ihnen nor ben. Patres 
anvertrauten Gute. Daß fie die Chinefen, die- fie feit fo vielen 
Jahrhunderten mit den 'graufamften Kriegen überzogen, und ib⸗ 
nen Alles entzifien haben, nicht lieben, iſt begreiftich 5 der Haß ill 
gegenſeitig watienal geworden. re H 
"Der Bersilgungstrieg, den Kaiſer Khienlong, neh 
in den Jahren 1775 &18.1776, gegen zwei deu tapferiten Volker: 
fchaften ber Miaotfeu in Szuatfhuan. führte, welche den 
Canton Meino am Fluffe Kintſchhuan bewohnten, unb bie 
Großen und Kleinen Kintfhhuan genannt wurden, zegt 
von der einen Brite den tief eingewurzelten Haß beider Natie⸗ 
nen, rom der andern Seite die erfiaunendwärdige Tapferkeit die: 
16 Volkes, in Behauptung. feiner Freiheit, bie kühn den berkhm: 
teften Woffenthaten antiker Griechifcher und Römifcher „Helden 
zur Seite geflellt. twerden kann, und durch bie Größe des Patrio⸗ 
tismus, wie der Charactere, den Kämpfen der Schweizer, der Zr: 
zoler, der Mainoten und anderer Europdifcher Alpenvoͤlker zu ver: 
gleichen iſt. Da dieſe Begebenheit ganz ber Gefchichte angehorz, 
und umfändlid in ben Chinefifhen Annalen 2) und andem 
Memoiren nechgelefen werden kann, fo übergehen wir fie hier, 





**2) Mailla Hist. Generale de la Chine Tom XI. 4. p. 588 — 597; 
Grosier Deser. de la Chine T. VI. p. 414. Dalrymple Orient 
—— P. II. Nr. 2; 3. H. Plath die Voͤlker der Mand⸗ 
fchurey, oͤtting 1831. 8. Th. IL ©. 673 — 687. 





20.3 Gübgefiade von-Ehine- : . 773 


unb bemerken aur, dab Ab: Memufas‘):diefe AMtheilung Dir 
Miaotſen für Tchberifchen Geſchlechtes ‚hielt, dagegen bie mehr oͤſt⸗ 
Vchen, oben genannten, wilden Miaotfeu für einen von ihnen 
mach verfhiedenen Voͤlkerſtamm zu halten: geneige- ſchien, obmal 
er: hierüber keine nähern Gruͤnde mittheilt,. bie. und: vermöchten 
an: ber fruͤher gegebmen Anfiht, nach H. Kurz Unterfuchuns 
gen, abzuweichen. Diefer Bernichtungsttieg im Werften hat fpäs 
terhin andete Minotfen, im Often, nit abhalten können, ihre 
Freiheiten: an J. 1795 und 1796) mit gleiches Muthe gegen 
ztneuente Angriffe der ‚Chinefen zu vertheidigen. 

Im Juni 1833 erregten in Canton) äintge aus dem Ins 
nern der Gebirgeprovinz auf 2 feltfamgebauten Booten, den gro» 
Ben Strom herabgeſchiffte Gebirgsleute, die noch keine Chi 
nefiſche Tracht angenommen hatten, die allgemeine Neugierde. 
Sie waren ſehr ſtark und -Eräftig gebaut, aber ſehr verſchieden 
vorn den Chineſen in Canton; ihr Kopf war nicht geſchoren, ihr 
Haar oben in Knoten zufammengebunden mit einer Art Zurban 
bedeckt. Dolmetſcher begleiteten fie, fie fchienen mit Mandarinen 
Geſchaͤfte zu baben. Sehr wahrfcheintich waren ed wol einige 
jener Unterworfnen Miao ffe, die es fich gefallen laſſen 
mußten, daß das Volk ihnen die Worte Pun te fan kwei, 
d. i. „Chineſiſche fremde Zeufel” im Gegenfag der ges 
woͤhnlichen Begruͤßung dee Guvopäifhen Fremdlinge entgegenties 
fen. Sie find hier eine ungemein feltene Erſcheinung. 


C. Die Kuͤſtenprovinzen des Eübgeflades von Chis 
na, Fukian (Fokien) und Kuang tung Senn 
.. Dei Verkehr mit dem Auslande. 


Das Geſtadeland von Suͤd-⸗-China dehnt fi) von N.D. * 
gen S. W., von Süd Tfche.kiang entlang, der Kuͤſtenprovinzen 
Sulion.(oder Fokien) und. Kuan tung (Canton), an 200 
geogr. Meilen bis zur Grenze von Zun fin aus, von einem 
breiten Saume unzähliger, Eleinerer Klippen und größerer Inſeln, 
„die. unmitfslbar das Geſtade umguͤrten, begkeitet, und vom gtos 
sen Nan Hai, oder dem Süd: Meere, befpült. Aber zwei 
groͤßere GSeſtadeinſeln ſind es, Formoſa — und 


—F — 2% 





2) Ab Remusat Conp @oeil "sur Ih Chine in Nouv. Melang. Asiat. 
T.1.p.33.  °*) Nouvelles-Lettres Edif. T. II. p. 184, 246 etc. 
6%) Aaiat. Jougn. New Sosied‚Vol-X1l. 1834. 8. in As. Intel, p. 113. 


nn} 


774 DfteAfien. Waſſerſyſteme. 1. Abjcha. $. 82. 


Halnan, weldye zu beiden Enden, im Dften und Wehen, unter 
bem 121ften und 107ten Meridiane v. Ferr., alfo an 14 Längemgrade 
gegenfeitig von einander abſtehend, nur durch enge Meeres ſtraßen, 
den FZuliansCanal, oder die Formoſa⸗Straße, und bes 
Hainan Canal, ober bie. Strafe der Junten, vom Gos 
&inente getrennt find, das durch fie eine wicht geringe oceanifcdh 
Erweiterung erhalten hat, während es feibfi durch eine große Aus 
sah! von fhiffbaren Flußmündungen und günfligen Hafen bil: 
dungen, Buchten und Ankerſtelten, vielfach zertheilt und 
bereichert ward, die aber von der Serfeite biöher völlig um beſucht 
"geblieben, und oft feibft den Namen nad den Eutopaͤern unbe 
Sannt find. 


L Die Provinz Zulianz die Sulianlang, 6. & ‚bie 
| Männer von Fukian. | 


Verfolgen wir von den zuletzt genannten ſuͤdlichſten Hafen⸗ 
orte Ning po (nad neueſter Beflimmung unter 29° 33. 17" 
M. Br.) das Geſtade bis Sultan, fo werden uns hier vom den 
neueren Britiſchen Berichterflattern 6%) noch Drei andere, nit 
werthloſe Hafenflädte der Provinz Tſch ekiang genannt: Schih⸗ 
pu (Sit po nad dem Landesdialect) al6 der befte Hafen, ber 
aber fonft nicht befanne If; Zaetfhu fu, 28° 31 M. Br. in 
großer Handelsort, der aber nie von Europäern .befucht ward, und 
Wantfhufu, unter 28° N.Br., mit einem zwar nur feihten 
Hafen, aber doch fehe reichen Handelsleuten als Anwohnern, | 

In dee Provinz Zu fian werden neuerlich 7 bebemtende 
Hafenftädte in folgender Meihe von Norden nach Ehden 
aufgeführt, bie alle in dem eigenthümlichen Fukian⸗Dialect, de 
fo fehe von dem Mandasinen :Chineflid abweicht, ihre eignen 
. Ramm haben, bie wir in Klammern beifügen, 

1) Sub ning tfyu (Fou nhing bei D’Anrille, Hot ing 
tſchu nach dem Sukian = Dialect), unter 26° 5 N. Br., niemals 
von Europaͤern befucht. 

2) Futſchu fu (Foutcheon bei D’Anville; Hol tſchu hu 
tm Fukian⸗Dialect), unter 26.27 24° N. Br.; 4 bis 6 geegt. 
Meilen aufwaste am Min Fluß, die Capitale ber Provinz, in 
welcher der befle Schwarze Thee waͤchſt; größer als Canton. 
Die Anterflation an der Mündung des Fluſſes heißt Wu hu 


0) Asiatio Journal New--Ser. Vol, XIIL 1834. p. 205 eis. - 





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Provinz Gukian, Fu cſchu fu. 775 


(Bao haen im Fukian⸗ODialect). GEtwas gegen N.O. liegt ber 
ſichere und gute Hafen Ting hae, unter We 10° N. Br. Dies 
fee Dafenort wurde neuerlih von Lindfay, 1832, befucht. 

8) Ding bwa fu (Hing hoa fu bei D’Anville; Hing 
hoͤa hu, im Fukian⸗-Dialect) unter 25° 25 22” N.Be., ein ſehr 
ſchiffreicher Hafen, der aber nie von Eurepdern befucht iſt. 

4) Hwup gan heön (wol-Hoei ngan bei D’Anvillez 
ut da im Zulians Dialect), unter 25° 3° N. Br., ein fehe ficherer 
Hafen, aber mit ſchwieriger Einfahrt. 

5) Zfiuentfhu fu (Siuen tscheou bei D’Anville; 

Eldan ıfhu im Fukian⸗Dialect; das Zaitum ber Araber 
und M. Polos, bei Europäifhen Schiffen Tſchin tſchu⸗ 
Epin deu), unter 24° 36° 12° N. Br., ein ſehr großes Empor 
rium, deſſen Hafeneingänge fih aber mit Sandbaͤnken belegt 
haben. 
6) Hea mun (Hia men,: ober Euöiy bei D'Anville, 
Emop oder Amoy ber Europäer; Hamop im Fulians Dias 
lect), unter 24° 27° 36 N. Br., ein trefflidher Hafenort mit den 
seichfien. Kaufleuten, neuerlich von Lind ſay befudht, 1832. 

7) Sihang tfhu fu (Tchang teheou bei D’Anville) 
unter 24° 31 N. Br. 

2. Su tfhu fu (Fu giu bei M. Poto67) die Capitale von 
Fukian. Durch die Erpedition des Schiffe Lord Amherſt, 
1832, werden wie auf das anſchaulichſte in diefem Emporium 
orientist, das faſt feit einem Jahrhundert aus dem Gedächtaiß 
dee Europäer verfhwunden war, mun aber auf eine ermeuerte 
Weiſe die größte Aüfmerkfamkeit der Britifchen Handelswelt er 
regt. Die früheren Zefuitenberichte übergehen wir, weil fie bier ſehr 
übertwieden befunden mwurben, und wir folgen ausfchließlicd Lin d⸗ 
fays und Guͤtzlaffs Betichten 8). Beide fegelten von For⸗ 
mofa gegen N.W., zus Mündung de6 Min Zluffes, und lies 
Sen ſich duch Piloten aus Fukian, bei ſehr dichten Nebelwetter, 
nicht ohne Gefahr, mit vieler Vorſicht durch die vorliegenden 
Sandbaͤnke zum Flußhafen fuͤhren, wo ſie in der Naͤhe des 
Dorfes Hu Keang Anker warfen. Der Zudrang des Volks zu 





ort of Proceedings'on a Voyage to the northern Parts of China 
the Ship. Lord — Lond. 1833. 8. p- 40-97. Gütr- 
ati Hop. ebend. p. 260, 


"er Polo ed. Marsden L c..p. 55l etc. *°*) Lindsay in Re- 


716 DfAfien efferfeßeme. I. Aafge. 5. 82. 


den; Schiffe der Keemben, war bad fo gruß, daß man cha Beil 
um deu Maſt uud das Takelwerk ziehen munfte, um ih zu bins 
dern; Riemand überſchritt Died. Der Mifiener Säglaff ven 
fra), anf einem ausgeſtellten Tafelchen mit Chincfifger Bold: 
fgeift, den Krauken, bie ſich meelden-würben umentgeitiich Axzmeien 
ausjutheilen. Die Zreude über die feinen Säfte war unverlenz: 
bar groß, und bie angefehenen benach batten Dorfbewohner bewin 
theten fie in ihren Wohnungen mit Thee, auf das wehtmellendftr. 
Defür erhielten fie allerlei Heine Tractätchen in Ghinefifcher 
Schrift gedrudt (f. eben &.626), von denen man hoffte, daß fir 
die den Chinefen eigne Wißbegier und Aufmerkſamkeit im Anı 
ſpruch nehmen würden, wiſſenſchaftlichen, geographifdyen , meras 
üfhen SSuhalıs, z. DB. gegen das Lügen, gegen die Spieler, Lob 
Der Redlichkeit, auch Morriſens Bibelüberfebung u. a. ma. 

Die Copitale Fu tfhu fu liegt von der genannten Anker⸗ 
ſtelle nahe dem Dorfe Hu Keang, noch 6 bis 8 geogr. Meilen 
fen. Die ohnmaͤchtigen Kriegsboote an der Etation Mingan, 
im der brittehaib Stunden breiten Flußmündung poflise, bes 
mühten fidy vergeblich das fegeinde Schiff zurück zu halten; 
Kriegsfchiffe aber fehlten hier. Capt. Rees nahm eine Karte von 
diefee Einfahrt auf, aus weicher dann eine mit ein paar verfals 
lenen Forts befegte, engere Einfahrt (wie die Bocen Tigris zu 
Canton) zur Sapitale von Fukian führe. Eine gute Stunde 
oberhalb Mingan führt ein Arm des Fluſſes zwifchen dem frucht⸗ 
barflen Ufern zu diefer Hauptſtadt. Das Schiff Lord Amperf 
fegelte diefen Stromarm aufwärts, etwa 5 geoge. Meilen zeit, 
als man dur den gewaltigen Maftenwald der Junken üben 
‚safcht wurde, dem zur Seite auf dem Ufer fhöne Pagoden fid 
geigten, und auch bie duch die Sefuitenberichte fchon berühmt 
Bruͤcke, die über den Strom führt. Die Stadt war num erreicht, 
dile vielleicht 00,000 Bewohner (die Einwohner fagten 800,000) 
bat, und zwei Drittheile bed Umfangs von- Canton einnimmt. 
Ungeachtet die Beſchreibung der Brülle bei den Jeſuiten, nad 
Lindfays Urtheil, fehe übertrteieben ift, fo bleibt Tre doch mit 
ihren 33 Bogen merkwürdig genug Sie Heißt Wan, bat eine 
Länge von 420 Ellen und 14 Fuß Breite. Die Bogen ruhen 
auf großen Granit: Pfeilern, die aus facettirt behauenen Qua⸗ 
derbloͤcken aufgemauert find, Die Bruͤcke ift mit vielen Kauflaͤ⸗ 
den beſetzt; der Minfluß iſt hier ñ bie 4 Faden tief, fehe reis 
ſend, Hat kaum bemerkbare Ebbe und Fluth. Der Vruͤckenban 








.. . . Brosinz Fukian, Gufbufe . - 3977 


3° jibach, bei grüßen Dauerhaftigkeie ſehr roh: Man ſchrͤtt wait 
groher Schnelligkeit eine gute halbe Stunde durch die Stadt, zum 
VPalaſt des Vieekoͤnige, und uͤberraſchte die Herrn im deſſen Buͤ⸗ 
zrau, bie ſich, durch Drohungen und Deeiftigkelt der Fremblinge, 
Die Erfaubnißyis einem freien: Handelsverfehr mir ders Stadtbes 
wohnen Abttogen- liegen. Zwar .erichlenen auch hier die officlels 
Ben. Dincate und: Anfchläge, in denen, wie in allen Edicten und 
Antworten. der Mandarinen, nue von den Englifhen Bars 
baten die Rebe war, die man zuruͤkwelſen muͤſſe, indeß boch 
taͤglich viele Hunderte der angelchenfien Bewohner von Futſchu 
fuan Bord: des Schiffs dieſer Barbaren Samen, um mit ihnen 
zu bandainz und indeß der Mititanir-Dfficter das Schiff 
aus dem Hafen zuruckwies, fchloß dar öbere Civil⸗Officier, 
auf demfelben,; einen Handel über Waaren von 10,000 Dollar 
Werth ab. Als mãn ſich uͤber die Boſchimpfung beklagte, Fremde 
Barbaren:(Kantuei) genannt zu werden, erhielt man bie 
ſchtiftliche Verfiherung von dem Taon tae, dies fey Teiln 
Schimpfname, fondern die allgemeine Bezeihnung für Fremde. 
In den aͤlteſten -Diplomen des Himmliſchen Reiches dee Mitte, 
würden die ſaͤdlichen Länder alle Man (d. h. wilde Bars 
baren, womit man auch in der Ehinefifchen Statiſtik alle Eus 
zopder bezeichnet), die weftlichen alle, Jung (d. 5. Krieg 
Enchte), die oͤſt lichen alle E, die nördlichen alle Feih (d. 5. 
feuriger Hund, d. i. die Tattaren-Voͤlker) genannt Dies 
fegen die Ausdruͤcke ihre® Vorväter, fo würden felbft große Schuͤ⸗ 
ber des Sonfäcitis, die aus dee Fremde waren, und den Chinefen 
als große Weſſe gelten, genanntz dies könne alfo nicht ſchimpf⸗ 
Lich ſeyn, und die Vorftelung dieſes Schimpfes liege nur allein 
in ber Einbildung der Briten. Mehr war nicht zu errkichen, 
man wär: über fehe bereitwillig, einen bedeutenden - Abfag von 
Thee zu machen, obwol Lindfay eben jekt nicht darauf einge 
ben wollte. -Thee, Zimmerholz, Tobak, Baummolle 
foQ die Hauptausfuhr der Stade ſeyn, die in einem blühenden 
Zuftande fich befindet. - Sn den innern Cantonen ber Provinz 
Fukian iſt der Sig der vorzüglichften Plantationen (3. B. zu 
Kia ning fu, f. Aſien Bd. I. S. 244), aus denen der 
Schwarze Thee, über Fu tfhu fu, hauptſaͤchlich in dem 
Handel kommt, und es würde der Directe Bezug deſſelben bier 
große Vorcheile vor dem Einkauf in Canton habenz als g rin 
ner Theemarkt wuͤrde Dagegen das wördiichene Ming po für _ 


‚18 Oſt⸗Aſien.Waſſerſyſtene. di. Wopipn. 1. 02. 


Erropaͤiſche Ehiffe : zum diercten Verkche neh. befise geeigmet 
ion. . Der Fluß Din, an welchem bie Stadt Uegt, ift zwar 
ſehr Mein gegen feinen Nachbar, den großen Kiang, doch als tief 
‚ Iambein ſchiffbarer Küftenfluß für die Provinz Fukian nicht ums 
bedeutend; bis 2 geogr. Meilen vor die Stadt Tann: er die groͤß⸗ 
sen Seeſchiffe tragen, und ber mit Maſten bedeckte Hafen ber 
Stadt beweift feine Beſchiffung mit den größten Ghinefifchen 
unten. Diefee Min flieht aus drei Quellarmen, aus dem 
Dftende ber Kette des Man Ling, wa dieſer, als Örenzgebiuge, 
Fukian, Tſche fiang umd Kiang fi (f.:oben &,665) ſchei⸗ 
det. Er fol dem Diſtrict Si tfhu fu in Tſche fing entquel⸗ 
im, Vie Wu E Berge von Kia ning fu durchſeten, woher 
aller feine Schwarze There kommt. Daun vereint er fi wit 
zwei anderen Armen, bie in Kiang ſirentſpringen, und udans 
dert dann am Fuß der Berge von Din ping, Ting tfdho, 
Shaen wu und Yung efhun, bie Zutfhu fu, zur Ga 
pitale: dee Provinz Gulion, für welche fe auch das Haupt: 
Emporium if. Am 17. Mai, 1832, verließen Lindfayp und 
Büstaff im Schiff Lord Amherſt diefe Stadt, um gegen Not 
den nah Ring po zu fchiffen, wohin fie ihre Küſtenfahrt durch 
eine große Menge Bleinee Geſtadeinſeln hindurchführte, wovon bis 
Ketow, der Elephant und der Tower, die Ta Seap Shan, 
Me Gongphas Jnſel und andere genannt werden, die in ib 
sen Details wit dem Küfenfaume nad den gemachten Küſten⸗ 
anfnahmen des Gapt. Rees, wol größtentheil® einer veränderten 
Karienztichnung zu bedürfen feinen, wie dies mit dem ganjen 
Käüftencour Chinas, den wir durch die bieherigen Jeſuiten⸗ 
Karten beſaßen, der Fall ſeyn moͤchte (ſ. oden S. 608, 571, 606 
608, 612, 617, 620, 625, 689, 691, 708, 707). wi: 

6. Zfiuen tſchu fu, das große Emporium, wird bei 
den Britiſchen Schiffen Tſchin tſchu (Chin deu) genannt, 
eine Verdtehung ber Fukian Ausfprache: leider haben Gchrme 
das Schiff Lord Amherſt hier 669) vorübergeiagt, fo daß kein 
neuerer Augenzeuge dieſes in früherer Zeit wichtige Emporium 
für da6 Ausland, feit angeln wieder zu ſehen dekam. 

Wie in den früheren Sahıhunderten dee Arabifchen 
Schiffahet in der Blüthezeit des Chalifats der Hafen Kan: 
phu dad Haupt:Emporium Chinas (ſ. oben ©. 702) im 





| 84%, Lindeay in Report of Proosedinge L c. p. 39. 








Provinz Fulian, Sakun. : ° "799 


Werkche mit dem Autiande war, fo im Mittelalter zu Marcy 
Dolos (1290) und Ebn Batutas Zeit (1340), der Hofen 
Battun, als Mongbolen⸗Kaiſer ned, dort berrfhten. Obpool 


die Rage biefed.Z aitun früberhin umbelannt war, und bie in 


die neueſte Zeit auf verfchiedue Küftenflädte gedeutet wurde, 
wie noch zulegt von dem berühmten und fo hoch verdienten Erg: 
lfchen Commentator des Marco Pole, von Marsdew’') auf 
Amoy, von dem Staltener von DE. Zurla ?!) auf Tſchang 
efchu fu, von Par. Gaubil und Deguignssrauf Tfiuen 
sfhu fur), von andern auf Canton: fo iſt dach. ganz kuͤrz⸗ 
lich erſt, durch Klaproth, bie Hppotbefe von Deguignes und 
Dat. Gaubil ale Wahrheit erwiefen, und die Schreibart des 
Zertes dei Ramufio??) (Zaitum, flatt Zarten, Zartam, Zais 
ten, Zaizen, Gapcan u. a.) auf das beſte gerechifertige worden, . 

Abulfeda?*), der gelehrte Arabiſche Geograph (1345), bes 
merkte in feinem Kapitel von Sina, dieſes Zaitum fey «in 
berühmms Emporium der Sinen, nach ben Erzählungen der Reis 
fenden, an einem ſtark befchifften Golfe, am einfallenden Flufſe 
: gelegen. Die Ausſprache des Namens ſey gang wie bei Arabern 
die Benennung der Diive (Zaitum)z die Lage feut die Tafel 
des Arabers unter 114° & DR, und 17° 8N. Br., freilich [che 
iecig. Aber fhon vor ihm war Epn Batuta (f. Afien Bd. U. 
S. 425) auf feiner Sefandifhaftsreife von Indien nad China 
in bdemfelden Hafen, dem er im Arabifhen Et Zaitun’) 
Bennt, gelandet, und er bemerkte ausdruͤcklich, daß es da Peine 
Oliven gebe, wie man vielleicht dem Namen nach wel zu. wähs 
nen geneigt ſeyn moͤchte. Allerdings fehlt der Delbaum, ber bie 
Diiven trägt, in ganz Oſt⸗Aſien. Es war eine große Stadt, wo - 
man damals die koͤſtlichſten, bunten Gedenzeuge und Gatias 
webte, die man allen andern im Handel vorzog. Der Hafen ſey, 
fogt Ebn Batuta, einer der fhönften der Welt, Hundert große 
Junken lagen bort vor Anker, und unzäplige kieinere Schiffe. 


20) Marsden ed. M. Polo L c. p. 561. Not. 1110. Te) Abb. 
Pi. Zurla M. Polo e degli altri Yinggiatori Veneziani etc. 
Venez. fol. 1818. T. I. p. 1063, 354. 72) Pat. Gaubil Hist. 
de Gentchiscan eto, 1. c. p. 146. ’s) M. Polo ed. Ramusio 
Lib. III. e. 2 u c. 6.-T. 11. fol 50 u. 5l. 1%) Abilfedae 
Tabulae Geographicae Tabul XV. ed. J. J. Reiske bei Büsching 
Hiſtor. .4 IV. p. 275 '8) Ibn Batuta Travels transl. 
&. Arabic. b. 5. Lee et London 4. 3829. p. 2Ll, 215, 221. 


TED Oſt⸗Aſien. Waſſerfyſteme. J. Abſchn. $. 82. 


Tief Tige die Hafenbucht laudein, dis zur Einmuͤnbung des Fiuf: 
fe6, an dem bie Stadt, bie zwiſchen lauter Gärten liegt, erbaut 
iſt; eine ſtatke Muſelmaͤnniſche Kaufmunnfchaft, und ihr Scheitt, 
erndfing- Fibre Haflli den deruͤhmten Glaubensgenofien. In tem; 
felbert Hafen fhiffte ey Eon Batuta zu feiner Ruckkehr nad 
Indien wieder auf einem Meohammedaner Ediffe ein. Unge: 


achtet die Notiz von Ebn Batutas Flußſchiffahrt, von hie 
nicht ganz mit der ‘Karte flimmt, fo zweifeln wir doch nicht, daß 
fem Ei ZaM un: ivenuifch ifl, mit dem des Abuifeda umd des 
Marco Polo, von dem In foäreren Jahrhunderten. ung jede 


genauere &5) Kunde vesfhwindet: denn Ebn Batutas Bericht 


if nur Fragment und Ercerpt feines umſtaͤndlichern noch nicht 
edirten Keiſetagebuchs. Aus einer Tuͤrkifchen Geographie 


theitt jedoch Jaubert nach eine Notiz über Zait un mit, be 


aber mehrere Itthuͤmer enthätt, obwol fie einige Daten aus Abul⸗ 


feda und M. Polo eompllirt zu haben fcheint. 

Nach der Chinefifhen Reichſsgeographie 77) heißt 
die heutige Stadt Thſinan theon fu, aber wirklich zugleich 
auch Tfeu chung, ein Mame, den fie erhielt, weil man zer 
Zeit ihrer Ummauerung dort außerhalb der Stadt Thfen, bi. 
Dornengebäfh und bie Baumart Thung, d. i. Bignoria 
tomeritosa, -anpflanzte. Daher der Name Tfeu chung, de 
Vulgaitname der Stadt ‚geblieben, den der Venezianer damals 
ganz richtig burch fein Zaitum wieder gab, 

M. PoLo befuchte felbft diefes Emporium’3), das nah 
Ihm in der Provinz Su giu (Su Elan) liest; er fam von Ve 
Alert Ber, Dusch ein wolbebautes, ſtatk mit Stäbten und Drefcaf: 


ten-befegtes Land, und bemerkte, zumal unter ben Laubwälen 


im dieſer Lemdfchaft, eine große Menge von KRampferbäumen 
(Laurus Camphora) mit glänzendem, lorbeerastigen Laube. De 
"Hafen dieſes Baitum ift, fagt er, fehe berühmt und voll Mae: 
zen, die von hier duch ganz Manji (Suͤd⸗China) weiter ver 
theilt werden. Zumal wird Pfeffer in folcher Menge biche 
gebracht, daß der auf den Markt von Aleraudeia in Aegpp⸗ 





u) Du Halde Deser. I. c. T. I. p. 172. 27) Klaproth Rerler- 
‘ches sür les Ports de Gampou et de Zaithoun de M. Palo in 
: Men. rel. al’Asie T. II. p. 208, 209. 78) M. Polo ed. Ra- 
muxio ns ; ed. Märsden Lib. U. a 77 und ch. 2. p. 559 ki: 


566, 67 





: Bus Zain vach? Me Poln- ın 781 


un —E weh nicht den bundartſten Theil von, hiefem. Huse 
wacht. :Man- konn. fi von: des Menge ber Waaten die. auf 
dieſem Emporium zuſammen. kommen, keine Boritelung” machen, 
Der Groß⸗Khan erhaͤtx hievon Fehr. bedeutende Sinkünfte, da die 
Abgabe von ‚jeder, Waate 10 Proc, beträgt. Die Kaufleute haben 
aber der großen: Abgaben ungeachtet den größten Gewinn ‚davon; 
die Schiffe, wendan norzuͤglich? beladen mit feiner Waare aller 
Yet, wit. Dfæzfer, Aloeholte Samdelholz Vetzigens ha⸗ 
ben die Kinweligenalle moͤglicht Vequebꝛlichkeiten bee Lebens, fie 
find. Sche frichfestiger Mose, weihlih, Ippig, RubLgi,, dee 
Groß⸗Khon, ungemzin begierxig dabzreiche Inial- Königreih Bis 
pangu (Iepen, d. . Japan) feiner Hescfhaft "ejoguveriele 
ben, ruͤſtete aime fehr ;aroße Groberungsflotte dazu. aus, die von 
den beiden Häfen, dieſem Baitun. und Quin fai (f. oben '&; 
697) auslief, und den Deean zu jenem, Inſelteiche burchſegelte. 
Die Mongholiſchen Annalen?9) beſtaͤtigen dies, und nen⸗ 
nen das Jahr 1281, als das der erſt en Erpedition biefer At, 
und das Jahr 1283 in welchem eine zeite Flotte zu gieichem 
Zwecke geruͤſtet mard.;, daß aber dieſe seite Erpedition nicht jur 
Ausführung kam (ſ. oben S. 633), Im Jahre 1252 erfreute 
es den KaiſerKublai Khan ungenuin,„ald ihm gemeldet wurde, 
daß die Könige on. Indien (Kulang bei P. Gaubil, Kiulan 
bei Mailla) ihm eins Flotte mit. Befandten. und Tribut Beide 
der aus Shwarsen Affen,.noaber Größe, Menſch en, 
und Edelſteinen beſtehend, in dieſem Hofen won Fukian (Tſuen 

sfhequ) gelandet, ſey. Ueberhaupt waren damals die Häfen 
Chinas den. Fremden nicht verfchloffen, wie in der fpäteten Zeit 
der. engherzig gemarbengn Politik gegen das Ausland; 'es kamen 
die Schiffe. der Indier, Perſer⸗ Araber dort ini reichen 
Welts Emporium, zufammen. Im Jahre 1286 waͤrd der Bericht 
bei Heferingsreicht, daß dafelbft Schiffe auf neunzig X?) vs 
ſchiedenen fernen Koͤnigreichen von. Genlg N,. Bengalen, end 
lacca, Sumatra eingslaufen mwigen, wodurch der Handet und 
die Marine, die ſchon unter der frühen Sung:Dynaftie nicht 
wenig gehoben, war, einen neuen Schwung zu erhaften (dien. 
Diefelbe Angabt bat Mailta!") in feinen . Angaten 





—22224 


70) P.-Gaubil ‚Hit. de’ Gentehiscan etc. L c. p. 196, 197, 19, 
— :; ®°) Mailla Hist. Generale de la Chine T, IX. 4 
p- 429. 


KR — EN 


382 Offen, Waſſerſyſteme. I Mbihn. $, 82. 


ſo überfegt tolebergegeben, indem er P. Gaubils Ueberfegung 
tadelt: Es kamen die Schiffe aus 10 Koͤnigreichen der verfchtebens 
fien Gegenden, die alle ihren Tridut nah Tſuen tſcheon 
brachten, nämtich aus ben Königreihen Mapar (Indien) Su; 
menna, Sengkiti (Eeylon), Nanvouli, Malanson, 
Navang, Tinghbar, Lailar, Kilanitai, Sumuru (SG 
matra), deren Erklärung indeſſen dee Ueberfegee unterlaffen har 
Derfelde Hafen muß wol damals das HYaupt-Centrum bed 
oceanifhen Verkehrs geweſen fern; dem Kublai Khan 
befonders "viel verdanken möchte Dieſem Kalſer war es umge: 
mein darum zu thun, mit den Fremden in den maunidhs 
faltigften Verkehr zu tretenz ja die Geſchichtſchreider machen 
es ihm ſeldſt zum Vorwurf, daß er feiner Leidenfchoft zu fehe 
nachgehängt in der Fremde zu glänzen, wobei er vorzüglich fein 
Augenmerk auf Indien richtete. Er umterwarf ſich wicht nur 
Korea und Tunkin (Ngan nan), und wollte au Japan 
erobern, fondern bereitete aud) noch andere klein⸗ Untermehmuns 
gen vor. Er ſchickte in alle Provinzen feines weiten Reiche Ge 
lehrte aus, zumal auch nad Tuͤbet, Lamas, nm da ihre Stu: 
dien zu machen. Andere (unter diefen war auh M. Pole=) 
fandte er nah Mapar (d. 1. Hind, d.i. Surate in Se 
dien ), woher damals fo viele Schiffe In China einliefen, um 
dort alle Arten Handwerker, Künftter, Sprachkenner zu Dot: 
metſcher für die fremden Sprachen, dann auch Dffictere fir 
Lands und Ger» Truppen zu engagiren, und fie nad) China 


, überzuführen. Da einer feiner Mandarinen vom Könige von 


- 


Kuaoua (Java oder Hinterindien ?) gemißhanbelt wat, fo wurde 
eine Rache: Stotte mit 30.000 Mann Befagung in den Küfm 
provinzen ausgerüftet, bie im Jahre 1292 mit taufend Schiffen 
vom Lande abfegelte, einen Streifzug machte, und nad; 68 Ta: 

mit Beute beladen zu demſelben Hafen Tſuen ef. eou in 
Kukian (d. i. Tſluen tfhu fu, oder Zaitun) zuruͤckkehere, 
von dem fie ausgelaufen war. Pat. Gaubil haͤlt dieſes Ruaoua 
für die Inſel Botnee. Auf diefer Fahrt warb eine tele des 
Meeres Hoentun (d. b. unermeßlihes Chaos, nach Per 
Gaubfls Ueberfepung 9) genannt, was bei Kuſtenbeſchiffern, 





1) M. Polo ed Marsden Lib. T. ch. 1. Sect. V. p. 26; Net, 56 
p- 32, 685 efc. . *°) P. Gaubil a, a, 8, p 213. 
*s)P. Gaubli & &. .p 218 


e 2 











Proving Fullan, Amon... - 983 


die immer nur am Lande hin zu fahren gewohnt waren: (ſF oben 
©. 539), viellelcht eim ſchauervollet Ausdruck für den Dream fern 
108-100 fie keia Land mehr faben, keinen Grün meht fanden 
Die ostugifen ‘waren es, die bei ihrem erften- VBeſuche an 
der uͤſte Chinas‘; unter Feen. Perez. D’Andıaba Bi 
fehl, 1617, außer dem Hafen von Canton, au weiter im 
Dſten durdy den Gapitain Jorge Masra renhas dieſen Hafen 
(Tſchimeſcheo bei De Barros) St) beſuchten, und daſelbſt Le 
ſern Verkehr fanden als in Canton, weil derſeibe, weniger 'befucht 
die einhehnifchen Waaren wolfejler gab, indeß die auslänkifcgen 
daſeldſt theurer bezahlt wurden. Mur ihre eigene Schuld war «6 
die ihnen ſpaͤter diefen Hafen verfchloß. Kann «6 hady dieſen 
Vorgängen noch in Verwunderung fegen, wenn auch beuts.nodp 
Die Küftendewohner von Fuklan die Freifinnigflen unser bes 
Chinefen, bie beften Seeleute und Kenner der Fremde, die wohl: 
wollendften Freunde der Ausländer, die Coloniſten find, bie Sp 
Tele Jahrhunderten zu mehrern Diikionen in der Kremde ungefie 
delt haben, burch den ganzen maritimen Drient, und vielleicht bfe 
erſten ſeyn werben, durch welche Europaͤiſche Ideen und Etwitrſa· 
tion in das ſonſt verſiegelte China einwandern mag. 

6) Amoy, ober Emopy der Europaͤiſchen Schiffer, Hear 
mun in der. Mandarinen Sprache, Hamoy in dem Dialect der 
Einwohner von Fukian, ift die dritte und legte Stadt in dieſer 
Provinz, uͤber welche wie Berichte von jungen Augenzeugen bes 
figen. Ihre Lage, direct der Inſel Thay wan (Tai ouan:be 
D’Anrille), oder Formoſa, und der swifchen liegenden Gruppe 
der Ponghu, bd. i. die Pescadores:Infeln der Europden, 
gegenhber,, weiche reich an Ankerflationen für die Worlberfegeits 
den dur) den Formoſa⸗Canal, auf der Strafe von Hinter⸗ 
Indten nad Sapan, find, hat ihr in den Augen der Europdifchen . 
Schiffer in fehherer Zeit, da dieſe auf jenen Geſtabeinſeln ige 
Stationen zu firiren fuchten, einen befondern Mierth -gegeben, 
Dortugifen, die längere Zeit in Ningpo (f. oben S. 70 
ihre Geſchaͤfte führten, ſcheinen Amoy mie beſucht zu haben; 
aber Hoitdn bes (120— 1662) und ———— res 


24) De Barros T. IA. Libr. Il. Indiz. eapı & ueßef, u ten 
&. 74 ı..  *®),Pot. Auber Secretary to the Hon. the Conrt of : 
Directors of tha.East India Comp., an Outline of China of the 
—— Laws and Policy eic. Londoz 1634; 8. p- 33, 





184 Of Afem -Moflerfaileme. I. Abſchn. . 3A 


yitig auf Fonipo ſa ſich nlederließen, wählten dieſes Amo y zum 
Gtopeipine ihwe Eins und Verkäufe. As die Hallänber, 
durch: den Pireten Saringa, aus. ihrem Kort in. Garmafe 
nerjagt waren, biieb.den Cugliſchen Kaufleuten .norh eine 
Beit lans der Hafen von Ampy zugänglich, ‚bis. biefe Gtabs, im 
Zapıe 1681, von den Mandſchu Eroberern beſetzt wurde, und 
e6.der damaligen Engliſch⸗Oſtindiſchen Compagnie raͤthli⸗ 
qher ſchien, ſich wit ihren 4 Chinafahrern an die Portugis 
fen m Macao anzuſchließen. Dennoch wurden, im Jahre 
1700 die drei Engliſchen Handelsſchiffe noch immer auch nad) 
Ningpn und Tſchuſan (f. oben ©. 703), oder wenn fie bis 
bahin nicht vordringen konnten, ſtets nach Amop beordert. Der 
vielen Schwierigkeiten ungeachtet, welche bie dortigen, Ingalen Au⸗ 
coritaͤten dem Verkehr entgegenfegten, waren die Kackpreien im 
der Mitte des XVII. Zahrhunderts, daſelbſt, noch, nicht ganz auf 
gegeben, dies geſchahe erſt im Jahte 17355, und, noch. 1755 ma 
zen nuie Verſuche zur bequemen Bahnung des Britifchen Der 
kehrs daſelbſt gemacht, van wo aus bie, Engaͤndaer zuerfi ben 
Thee nad Europa gebracht hatten, als im Jahre 1757, ‚vom 
Kaiſer Khien long, dee Handel mis den Auslaͤndern durch 
ein neues Edict fahr eingeengt und in den Haͤfen von Ningpo— 
Tſchuſan und Amoy. gänzlich vermehrt 56) ward. Um ibn 
ausſchleßlich auf Canton zu concentriren, wo ,man ihn beſſer 
eonwollisen zu. können ‚hoffte, wurden jene öfligen Hafen» 
Häpte, buch Vermehrung der Bölle zugleich fehr helaſtet, un) 
ige. Vertehr dadurch auf die bisherige Weile mit dem Auslande 
fo. gus wie gehemmt. Nur von. den Manillas aus: follen jaͤhr⸗ 
Kb noch ein paar Schiffe nach Amoy gehen, „die Spaniex aber 
bei · dieſem Verkehr koinen befondern Gewinn haben... - - . 

Seit dieſer Periode find Lindſay und Guͤtzlaff bie erſten 
Eutepden, welche die ſen Hafen vom Heaman 5”), ober Amoy 
(9 moi der Eingebornen) wieder befjicht haben. Sie ankerten 
am LApiil 1832, nur eine, halba Stunde von, her Stadt, bie an 
einem: ber deſten Geſtade der Ghinefighen See liegt. Es 
febin.ihm alle eigenqn-Draducte zug Arefuhr z.er behazf. babır 
dieſer Theil der Landihaft Fukian seht ſehr des Ueberfluſſes 
ſeiner Nachbar⸗Inſel, Fo r77n o ſa, welche bie vorliegende Korn: 
‚‚s#&) Pet, Auber Chins an Vntine 1. c. p. 170. ] Lindsay 
“ Koport I... p. 13—345" Gützlaff Rep. p. 271-273. , 


Provinz Sufian, Amoy. 785 


kammer für Fukian if; wie Sieilien für Calabrien. 
Ohne Formoſa, fagt Guͤtzlaff, würde bie geoße Populas 
tion von Fukian verhungern müffen. Bei alter Armuth des 
Bodens der Provinz iſt Amoy doch von den reichſten Kaufs 
leuten bewohnt, deren Beſitzthum fi über Sormofa, und weit 
über fehe viele Stationen des öftlichen, großen Archipelagus, ober 

dee Sun da⸗Gruppe verbreitet, wohin bie meiften der unzaͤh⸗ 
‚ ligen dahin und zurüdfegeinden Junken, bie Zfingtu (db. h. 
die Gruͤn⸗Koͤpfe) gehen, nämlich die den Amoy Kaufleuten 
gehören. Sie find am Bogſpriet gruͤn bemalt, woher ber 
Name, im Gegenfag ber roch gefächten, dee Hungtu (b. h. die 
Roth: Köpfe), welche den Sciffeen von Canton gehören, 
Großes Aufſehn erregte, in bem Hafen von Amoy, das Erſchei⸗ 
nen des fremden Schiffes, Lord Amherſt, und gleich in dee 
erfien halben Stunde ſtellten ſich dreierlei Mandarinen als 
Examinatoren ein, der Civilbeamte, der Militairbeamte und 
der Hoppo oder Kaufbeamte. Sie fragten hoͤflich nach dem 
Zwecke, und da man erklaͤrte, daß man freien Handel mit den 


Kaufleuten wuͤnſchte, wurde vom Militair⸗Chef fogleih die Eins - 


fprache getban, daß dies gefegwibrig ſey. Ein Goldatencorpe 
wurde am Ufer aufgeflelltz; Die Hins und Herreben zmifchen den 
Stemdlingen auf ihrem Schiff und den Mandarinen vom vers 
fhiebenften Range, die fogleich in dem naͤchſten Tempelgebaͤude, 
am Hafen der Ankerſtation des Schiffes gegenüber, ihre Woh⸗ 
nung auffchlugen, wurden nach herkoͤmmlichem Geremoniel begons 
nen, und das Refultat war nur immer, tie anderwaͤrts (f. oben 
S. 705, 713): fort, fort mit den fremden Barbaren! 
Lebensmittel, bie fie bebürften ‚wolle man ihnen gratis verabrei⸗ 
chen laſſen, and Land fleigen burften fie nicht, und je ſchneller 
Die Abfaher, deſto beffer. — Am folgenden Tage hatten fich mehs 
rere Kriegsfchiffe, die im Hafen lagen, um das Schiff Lord 
Amhe eſt poſtirt, um es dichter zu bewachen. Alle Verſuche, in 
Verkehr zu treten, mislangen, bie Geſchenke an bie Mandarinen 
wurden zuruͤckgewieſen. Doc) gelang e6 Einzelnen die Stadt zu beſu⸗ 
hen, und zu ducchfleeifen. Der Empfang des Volks war voll Wohl⸗ 
wollen, der Zudrang der Kaufleute und des Volks groß, und die 
Sreude flieg, wie das Vertrauen, als fie den Miſſionar Guͤtz⸗ 
Laff fo geläufig in ihrer eigenen Mundart und fo eindeings 
lich fprechen hörten. Er hatte bei feinem früheren Aufenthalte in 
Siam, als Mifftonar, mit ſehr vielen dort angeſiedelten Emi⸗ 
Nitter Erdtunde V. D dd 


e 


4 


- 


j 786 Oſt⸗Aſten. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. 6. 82. 


granten aus Sultan Gelegenheit gehabt ihre Sprache, Sitte und 
Weiſe auf das genauefte zu fludiren. Sie klagten allgemein über 
den Drud unter dem fie fländen, und daß man fie abhalte bie 
Fremden auf ihrem Schiffe zu befuchen. 

Die Blockade gegen das Handelsfhiff, den Lord Amberft, 
wurde Indeß in den folgenden Zagen, durch mehrere Kriegsfchiffe, 
die mit dem Admiral (dem Zfungping von Kinmun) ange 
kommen waren, immer enger, und ein Placat enthielt Die Ordre 
für das Barbarenſchiff abzuſegeln. Ein Mandarin erfchien auf 
dem Schiffe mit der Ordonanz bed Tetuh ber Provinz, und des 
Zfungping, wor es hieß: das darbariſche Keapan (b. 
h. Schiff der Barbaren, nah bem Malayiſchen Wort Ka⸗ 
Pal gebildet, womit man die Fremdſchiffe betitelt) müffe aus; 
getrieben werden, nach ber kaiſerlichen Drdre (diefes 
Edict Kaifer Kea Kings war in Folge ber Zwiſtigkeiten gleich 
nach Lord Amberft’s Embaffabe, f. 0b. S. 570, gegeben, und 
nach Canton geſchickt worden, aber nicht in Ausübung gebradt). 
Bei der legten Gonferenz mit ben Mandarinen war es, wo dr 
Tſungping, ber aus Canton gebürig und ben Engländern 
ſehr feindfich gefinnt war, fi) bei den fchlagenden Gegenteden 
Guͤtz laffe, in der (dichten Behauptung’ feiner eigenen Sache 
nicht anders zu helfen wußte, als damit, daß er den Engländern 
fagte, er verachte fie®®8), und zu dem Mifflonar fi wendend, er fey_ 
rin Eingeborner aus Sultan, das höre man wol, er ſey ein 
Verraͤther des Bandes, der ben Barbaren diene. Das größte Lob 
für das Sprachtalent Guͤtzlaffs. -Während des ſechstaͤgi⸗ 
gen Aufenthaltes in Amoy hatten Lindſay und Guüͤttz laff 
täglich die Stadt befuchtz der Tegtere oft von vielen Hunderten 
der Zuhoͤret umgeben, hatte durch feine Beredſamkeit in ber Sus 
Han Sprache, und durch bie genaueſte Kenntniß der Volke 
fitte, die höchfte Theilnahme erregt,‘ wie durch feine Studien im 
Mundarinen Chinefifh, und bie fehlagende Anwendung 
dee Eaffifhen Sentengen und Sprühmörter ihrer Philofophen 
und Welfen, zumal des Confucins, auf wichtige Gegenſtaͤnde 
der Betrachtung, bei den Gebilbetern, denen eine große Sagacitaͤt 
und Empfaͤnglichkeit für Argumente eigenthuͤmlich If, großen Ein; 
druck gemacht. Die biöherige, in der That ſchimpfliche Unwiſſen⸗ 
heit der Englifhen Chinafahrer und Chinabeamten in ber Volks⸗ 

*s8) Lindsay Report 1. c. p. 26. 


eo ' 
DL 2 . Pr - 


Fukian lang, Männer von Fuklian. 787 


und Mandarinen: Sprache, woburd fie ſtets in Abhängigkeit von 
ihren Dolmetſchern gebifeben, hatte, bavon überzeugte man ſich 
immer mehr, unzählige Jrrthuͤmer herbeigeführt, und nicht wenig 
zur Verachtung ber Chinefen gegen die Fremblinge beigetragen, 
die ja in der That bei ihrem erften Auftreten an diefen Geftaden 
als Barbaren und Piraten gehandelt. hatten. Man fand hier, 
fo nahe an Canton, wo Briten feit Jahrhunderten ihre Role 
fpielten, auch in den oberen Claſſen der gebildeten Chinefen die 
größte Unwiſſenheit über die Fremdlinge. Noch immer nannten 
ſie die Englaͤnder, hier, nur Hungmaou (red bristled na- 


tion, d. i. die Rothhaarigen, d. 1. die Blonden), des Namens 


Barbaren bedienten ſich nur bie obern Manbarinen, weil bies 
der officielle Ausdruck der Raiferlichen Edicte ift, um damit ben. 
Fremdlingen ale Laſter anzuhängen, die ſich das Chinefifhe Work 
mit diefer Bezeichnungsweiſe in feiner Beſchraͤnktheit verbindet. 

Da indeß die Küfte ein immer mehr Erlegerifches Anfehn ges 
wann, ſchon paradirten 500 Monn Truppen am Ufer, man hatte 
Kanonen aufgepflanzt, und weil doch kein Geſchaͤft zu Stande 
kam, fo fegelte das Engliſche Schiff, am 8. April, aus dem Has 
fen von Amoy, und bie 12 dort flationirten Kriegs-Sunten uns . 
terließen es nicht die Austreibung der Barbaren (f. oben 
©. 712) mit lebhaften Kanonaden nacteäglich zu feiern. Von. 
bier fegelte das Schiff über den Canal nad Formoſa und von 
ba nad Ningpo dem Norden zu. R 


Anmerlung Die Bewohner von Kutian (Fokien); bie 
Fukianlang, d. i. Männer von Fukian — Zfhin tfhu 
(Shindheo b. Klaproth, Shin dao men b. Guͤtzlaff) der 
Europder, — Die Weltſchifſer unter ben Shinefens bie 
Golonifationsmänner im großen Indiſchen ArOpelae 
gus unb feinen Geftabelänbern, z 


Die Dynaftie ber Maadſchu if bem SBeifpiele ber Dynaftie der 
Mongholen nicht gefolgt; fie hat die Fukianlang (oder Kokiens 
Lang), d. 1. bie Männer von Fukian (f. ob. S. 731), nicht uns . 
terftügt; dieſe haben dagegen durch ben Drud ihrer Defpoten, 
nothgedrungen, eine höhere, allgemeinere, für bie Geſchichte 
der Menschheit wihtigere Bedeutung gewonnen, als fie ohne 
das errungen haben würden, ein merkwürbiges Seitenftüd zu dem ' 
analogen Schidfal der Hollaͤnder, deren freie Colonifation und ber 
Handelsſchwung in den Sftindifchen Gewaͤſſern erſt mit der Sperrung 
des Hafens \oon Liffabon (des Pamaligen Markiortes für ven 

." Ddv2 


788 DfteNfien. Wafferfofteme. I. Abſchu. $. 82, 


Drient), auf Befehl Philipp IT. (1594) begann, worauf fon im 
Jahre 1640, an 40 Batadifche Handelsfchiffe nach den Indiſchen Gerwäfe 
ſern fegelten, und nur 50 Jahr fpäter fie ſchon bie Herrfcher beffelben 
‚ warn. — Die Zulianlang, bie legten von den Manbfhu-Be- 
Tiegten, fagt Lindſay, würden die erften feyn, welche bereit wäs 
ven das Zoch der Mandſchu abzuſchütteln, das ſchwer auf ber Hans 
bel treibenden Claſſe Laftet, die Hier tms WUebergewicht gewonnen hat. Es 
war ihr foftematifcher Plan, ben fleigenden Wohlftand von Kufian, 
und zumal von Amoy, zu hemmen, durch Abfhneibung alles 
Fremdhandels, und durch Belaſtung der einheimifhen Schiffe mit 
hoben Abgaben aller Art. 

Schon gar Beit, da Holländer ſich auf ber Inſel Formoſa, 
gegenüber, zu Thaywan, auf einem Heinen vor der Hauptſtadt Tiegen- 
den Infelchen ihr Fort Zelandia (gan ping tfhing ber Chin 
fen) ***) bauten, wanderten ſehr viele Einwohner von Fukian aus, 
umb ließen ſich dert als Soloniften nieder. Eben fo tft im S. B. 
die Infel HYainan von ihnen colanifirt worden; auch bie Panghu 
ober Pescabdores-Inſeln, eine Gruppe von 3 großen und 18 klei⸗ 
nen Snfeln, nad) einer Specialfarte im Hai tuo bien Bien lu, die Prof. 
Reumann anführt, welche der Kormofa =» Infel im Weiten vorliegen, 
und einft ebenfalld von Hollänpern befegt und befefligt waren, we⸗ 
durch dieſe fi zu einer faft ausſchließlichen Herrfchaft über bie dert 
fegelnden Junken erhoben hatten, und biefe zum erclufiven Handel mit 
ihnen ſelbſt zu zwingen im Stande waren. Diefe Emigrationen 
Haben aber in neuerer Zeit ungemein zugenommen, und ber heimiſche 
Druc ihrer Locals Mandarinen hat nicht wenig bazw beigetragen. DE 
ihrer ſtarken Anfieblung und ihrem Anbau auf Formoſa, bemerft 
@üglaff *°), der auch dieſe letztere Infel befuchte, ift der Wohlftand 
von Am oy fehr geftiegen, beffen Kaufteute auf ber Infel ihre Gapitss 
tien in Plantationen: von Reis, Zuderrohr und Kampfer angı 
legt haben. Auch verfehen ihre Junken diefe Infel mit ihren Beduͤrfniſ⸗ 
fen aus der Fremde. Selbſt viele der reichften Kaufleute find, im ber 
legten Beit, dadurch zur noch -fernern Auswanderung gebracht, md 
haben fih in Shanghai, nordwärts, ober in Ganton, fü» 
wärts, angefievelt, wo fie nun mit Junken und Matrofen am 
‚ ihrer Heimath, ihren Handel, bis jegt unter geringern Oruck fortferen 
konnten. Die Aermern haben ih dur den ganzen fundis 
Then Ardhipelagus ausgebreitet und angefiedelt. Sie 
find unter allen Ghinefifchen Tribus derjenige, ber fih am weiteften 
außerhalb des Chinefifhen Reiches zii bat. 

Ba nn 2. nn U 
*s°) P, Mailla, Lettre, 1715, in Lettres edif. et ouriesses Nour. Rd, 
Paris 1781. 8. T. XVIII. p.435. °°) Gützlaff Rep. I. c. p. 271, 


S 


Fu kian lang, die Auswanderer. 280 


Die Diftricre, aus denen die meiften Emigrationen °') 
Gtait finden, Liegen am Küftengeftade, zwifchen den Hafenftädten 
Amoy und Sutfhufus fie heißen der Reihe nach von Sub nad 
Nord: Thangtfhufu, Zongnganfu, Tfiuentfhufu und 
Ding hoa fu, zwiſchen 24° bis 26° R.Br. Die Bewohner der dfls 
richen Hälfte der Provinz Canton unterfcheiben fich in Sprache und 
Sitte nur fehr wenig von ihnen; daher fie von ben Curopaͤern oft mit 
unter den Su jan lang begriffen. werden. Alle Chinefifhe Emi⸗ 
stanten, bie in fo großer Baht im Sundifchen Archipekag, wie 
in Gohin&hina und Siam gefunden werden, flammen aus biefem 
Gebiete der Tſchin tfhu, d. i. der Fokien⸗Leute, ober aus 
Kuangtung, d. i. Canton, her. Jene find ber gahlreihere 
> Shell, dieſe find die Wohlhabenderen. Alle Gechafen des Indie 
ſchen und Chinefifhen Meeres werben von ihnen und ihren Schiffen 
durchfchwärmt, fie find die Seele des Seehandels und der großen 
Unternehmungen. Sie find ein ſtolzes entfchtoffenes Wort, oft heftig und 
graufam, aber aud) generds und vol Ehrgeiz. M. Polo hat fie, zu 
feiner Zeit, unter bem Namen ber Fugiu *?), ala eine fehr wilde Voͤl⸗ 
kerſchaft befcgrieben, wenn damit nicht, wie es wahrfcheinticher iſt, bie 
Eriegerifchen Bergooͤlker ( Miaotfen) gemeint find, bie damals fich wol 
noch weiter im Gebirgslande gegen bag Südgeflade ausbreiten moch⸗ 
ten, wie heut zu Tage. Bon ihnen fagt er, daß fie Menfchenfleifch efs 
fen, in den Kriegen furdtbar find, unb das Blut der Feinde trinken. 
Doch werben diefe Fu fian lang auch heute nech von ihren närblichen 
Nachbarn gefürchtet, die fie verachten, unb oft infultiren. Der Aermfte 
unter ihnen ift ſtolz auf den Namen eines Fu kian lang, und wird 
durch, jede andere Benennung beleidigt. Dabei And fie abergläubifch, 
Haben viele Bubbhapriefter bei fi) aufgenommen, hunderte von Tempeln 
ihrer Landesgotthelt, „der Königin bes Himmels,’ errichtet, und‘ 
anbere Pagoden in Menge. Fifherei und Schiffahrt iſt thr Haupts 
gewerbe, barin find fie allen andern Chinefen überlegen, in Hand⸗ 
werten und Induſtrie ftehen fie cher Hinter ihnen zuruͤck. Sie find, in 
ihrer Heimath wenigſtens, fchlechte Agricultoren, auch iſt ihe Land ſtei⸗ 
nig und duͤrr, und es lohnt ber Acker kaum feinem Bebauer zur Nah⸗ 
zung einer Bamilie. Daher geht alles, was nicht ganz unentbehrlich ift, 
zur See und in bie Fremde. Bei ihmen ift ber fchaͤndliche Gebrauch bie 
neugebornen Kinder zu tödten,, viel allgemeiner als bei den andern Ghis 
nefen, fie wollen ben Werth der Überlebenden dadurch erhöhen, 

Da bie BORSTENDR von Fukian nach ben Zaͤhlungsliſten, er 


4 





“) — Reg. 17. Jun, 1833. f. in Asiatic. Journ. Vol. XIII. 
1834. pag. 14-115. on the Chin choo or Fo keon men. 
> M. Polo ed. Marsden Lib. II. ch. .73. p. 551 —563. 


x 


> 
[4 


790° Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abfchn. ; 82. 


in ber kaiſerlichen Reichsgeographie, Edit. 1790, als offlciel mits 
getheilt find, nahe an 19 Millionen **?) Seelen beträgt, nady dem Gens 
fus von Kaifer Kea King, im Jahre 1813‘, aber, bei einiger Verrin⸗ 
gerung, weldye wol der fehr flarfen Emigration mit zugefchrieben wers 
den muß, doch noch beinahe 15 Millionen »2) ausmacht; ſo kann ihre 
Lanbesfprade, bie ſich Ceinige Diftricte bes dftlichen gleich ſtark 
bevoͤlkerten Kuanatung mit eingerechnet) über einige 20 Millionen 
Menfchen erftredt, fhon barum wol nicht ald ein blos localer Dialect 
des Chinefifchen angefehen werben. Sie iſt vielmehr eine Schwefters 


ſprache derfelben, die aber ihre eigenthämliche Ausbildung gewonnen 


⸗ 


bat, Wenn dieſe ſuͤdlichen Kuͤſtenodiker, wie es wahrſcheinlich iſt, 
von verſchiedenem Stamme, als jene Tübetiſchen oder Miao tſe, 
centralen Gebirgsvoͤlker, gleich anfaͤnglich waren, fo find fie zunädk 
vielleicht eher Stammoerwandte der Malayen,?*), die, feit dem Ende 
des II. Zahrhunderts, ben Chineſen unterworfen, mit benfelben' zufanıs 
menfchmolgen, deren Sprache annahmen, aber eigenthuͤmlich ausbildeten, 
während fie bie ihrige vergaßen. 

Auch in der Fukian Sprade **) herrſchen verfihledene Die 


> jecte. Sie ift ſehr verfchieden von ber Mandarin Sprache der Ghines 


‚ fen, und biefe wird von ben Zuliang nicht geläufig gefprocdken. Gh 


haben iht eigenes Woͤrterbuch; es ift nicht fehr reichhaltig, aber gut und 
fehr beſtimmt. Ihre Töne find rauher, aber für das Guropäifche Otx 
weit unterfcheibbarer als bie des Mandarin s Chinefifch, weil ihr Spftem 
ber Intonation fehe Mar und beſtimmt iſt, und fie babei fehr confequent 
verfahren. Sie haben mehrere Initialen, die der Mandarin Sprade 
fehlen, und eine größere Zahl von End⸗Conſonanten. Sie Iefen bie Chi⸗ 
neſiſche Schrift, bie audy fie haben, anders, fie drücken. bie Ideen, die der 
Chine ſiſche Schrifccharacter enthält, in der Rede durch andere Laute, 
durch ein verfchiebenes Wort aus; Fin in ber Shrift heißt ein Dann, 
Lang aber in ihrer Sonverfationsfpracye daſſelbe. In ihrer Rebefprache 
ift große Armuth an Partikeln, felbft die fonft nothwendigften Gonjuno 
tionen und Praͤpoſitionen laſſen fie aus, 
Des Miffionae Güglaff genaue Kenntnig Ihrer Sprache wandte 
ihm ihr ganzes Vertrauen zu. Der Verkehr mit ben Fremden war ih 
nen ungemein erfreulich auf biefe festen fie die Hoffnung ihrer eigenen 
Verbeſſerung. Ihr Eieblingsthema ift bie Golonifation der Briten in 
dem öftlichen Archipel, und das liberale Gouvernement berfelben,, unter 
deſſen Schug fie in allen ihren bortigen Anſiedlungen wie im Handel und 


22) Apercu statistig. de la Chine p. Klapröth Tabl. p.17..cf. Hertha 
x. p. 275 etc. ®&) Asiat. Journ. New Ser. Vol. XI. "1833, 
p. 278. -*°*) Kiaproth Asia Polyglotta p. 356; f. dad Vocabular 
C:inchoo p. 368—379.  °*) Asiatic, Jouin. I. a Vol, XIU. 
p. 114. Ab. Remusat in Nour. Mel. Asiat, T. 1. p. 52. 


- 


- 


Fukian lang, die Schiffer. a9 


Wandel mehr Rechte genießen, als in ihrer eigenen Heimath. Die gros 
fen Geldſummen, welche die bahingezogenen Emigranten, jährlid, in ihre 
Heimath (wie Savoyarden, Graubündter, Tyroler) von ihrem gemach⸗ 
ten Gewinn an ihre zurüdgebliebenen Familien zuruͤckſchicken, tragen 
nit wenig dazu bei, bie Zuruͤckgebliebenen in die Ferne zu loden. Es 
fehlt ihren. Schiffahrt nur die verbeflerte Structur ihrer Chinefifch ges . 
bauten Junken, bie blos zur Küftenfahrt taugen, und bie Europäifche. 
Disciplin, und fie würden bis zum Cap ber guten Hoffnung, ja bis in. 
das Dollarstand, d. i. Europa, fegeln. Aber fie müffen ſtatio⸗ 
nair bleiben; fie dürfen nichts verbeffern. Der Jalouſie der Chinefifchen 
Mandarine entgeht die Heinfte Aenderungram Schiffsbau nicht. So⸗ 
bald en anderes etwa in Siam gebautes Schiff an ihrer Küfte 
erfcheint, müffen die Eigenthuͤmer eine fehr hohe Abgabe geben, ja es 
wiürbe, wenn bie Abweichung zu ſtark wäre, gänzli aus dem Hafen 
als ein Fremdes profcribirt werden. Jeder Ku kian lang ift zus 
gleich Schiffer und Handeldmann, von Kinhesbeinen an. Ihre 
kuͤrzeſten Fahrten find die zum Gegengeftgde nah Formoſa, um bort 
den Ueberfluß von Reis und andern Lebensmitteln, zur Cönfumtion in 
der Heimath zu holen. Nur bie Reisbarken geben einen fehr mäßigen 
- Zoll, alle anderen Waarenfchiffe fehr hohe Abgaben. Die Eleinfte Junke, 
von 2000 Pekul (db. i. an 75 Tonnen Laft), muß, nah Güstlaffs?”) 
Erkundigung, faft 1000 Dollar regulaire Abgabe an Hafengelbern zah⸗ 
Im, und noch außerdem einen Tribut, beim jedeömaligen Einlaufen in- 
den Hafen, an eßbaren Bogelneftern u, odgl. 
Die SW. und N.O. Mon fune find hier die wahren Dirigenten 
ihrer Kuͤſtenſchiffahrt (f oben ©. 539). Bei S. W. Monfun beladen 
die Fu kian lang ihre Schiffe in Amoy vorzüglid mit Zuder und 
andern Probucten, für bie fie in den ndrdlichen Häfen zu Ningpo, 
Shanghai, Thientfin, Sutfhufu und Tfhufan (f. oben 
&. 701, 705, 570, 695, 703) den ftärkften Abfag finden, fo wie in den . 
neuaufblühenden Häfen ver Mandfhu Tatarenkuͤſte, m 
Golf von Leaotung, wo nad den neueften Nachrichten der Testen 
Entdedungsfahrt, des Schiffes Lord Amherft, bedeutende Markts 
orte in ben Küftenftädten Kinſcho w (41° 8 R.Br., Kingtcheou 
b. D’Amille) und Kae how (40° 30! N. Br. Caitcheou b, D’An- 
ville) im Aufblühen begriffen find, feitbem das Voll von Shantung 
die Erlaubniß erhalten hat, fidy in diefem Lande in Colonifatios . 
nen ®*) nieder zu laffen. Dahin wird, ſeitdem, jährlich, ſchon von vie⸗ 
Ien hundert Zunten eine fehr lebhafte Küftenfahrt, auch durch die Fu⸗ 
kian Jang betrieben, bie aus bem dort fehr fruchtbaren, temperirten Kür 
ſtengeſtade, als aus ihrer zweiten Kornlammer, vorzüglih Hüls 


» 





97) Lindsay Report L c. p. 14. **) ebend. p. 200. 


* 
\ 


- 


\ 


792 DfiMfien. Waſſerſhſteme. I. Abſcha. $. 82. 


fenfrüchte und Argneiträuter in ihre vegetationsarme Heimat 
zurüdbringen. Der N.O. Mon ſun führt ihre Schiffe gegen W. nad) 
Ganton, von wo durch die Fukian Gapitaliften ***) der Groß Danke 


gegen den Weften geführt wird, zumal bebeutend mit ben Manillas, 


obwol der Zoll bafelbft ungemein brüdend feyn fol, mit Zun Ein um 

Cochin Shina mäßig, und Siam bedeutendz fo rechnet man ven 
Amonp bahin allein jaͤhrlich an 40 Zunten, die zu Bangkok der Cu 
pitale von Siam einlaufen. Die Zulian Zunten, bie bis Borneo, 
Macaffar, Batavia, zu ben Sulu⸗Inſeln ſchiffen, finb bi 
größten ihrer Claſſe, halten nahe an 12,000 Pecul, d. i. nahe an 800 
Zonnen Laſt; fie nehmen dort große Ladungen von den Probucten bes 
dftlihen Arhipels und der Malacca-GStraße (Eastern Islands, 
Straits produce) ein; fie‘ beleben vorzüglidd ben Markt bes Kreihafens 


Bingapore, wo fie fi mit Opium und den Britiſchen Manufarturs | 


waaren für China verfehen. 

Augenzeugen haben bie Zahl der außerhalb China, in der 
Hinterindifhen Halbinfel, zumal in Siam, Codin China, Mas 
Iacca unb auf ben Inſeln bes Sundifchen Archipels verbreiteten Chine⸗ 
fifhen Solonifationen, auf wenigftens drei Miflionen Mäns 
ner 790) gefchäßt, von denen ‚ber größere Theil aus Männern von 
Fukian, und noch ihnen aus ihren Nachbarn ber un Kuang⸗ 
tung beſteht. — 

Ueber dieſe Chineſiſchen Emigranten befigen wir durch 
Beobachter in ihren verfhiebenen Anfieblungen mehr Nachrichten, als 
über bie in ihrer Heimath zurüdgebliebenen Fu tianlang. 

1) Auf Prinz Wales Snfel, ober Pulo Penang, unter 
5° WIN Br, im Weften ber Malacca s Straße, findet ſich in fo weiter, 
wol mit ber weftlihften Entfernung von ber Heimath noch cine 
fehe bebeutende Shinefifhe Colonie unter Britifcher Oberhoheit, 
die größtenteils aus Landeigenthuͤmern, Feldarbeitern, Krämern aller 
Art. und Handwerkern befteht, unter denen aud) große Kaufleute ſich ers 
hoben Haben, Dean zählte im Zahre 1821, als J. Srawfurd:) fe 
‚befuchte, 8595 Männer, bie feitbem wol zu 10,000 herangewachſen rm 
mögen, die alle aus den Provinzen Canton und Fukian dadi ge⸗ 

.kommen waren, und zwar Fukianlang, non dieſen waren under⸗ 
heirathet geblieben, ſtanden in bee Kraft ber Jahre, und konnten bins 
ſichtlich ihrer gFroßen Arbeitſamkeit einer andern Population von 
37,000 Seelen gleichgeſchaͤzt werden; ja man rechnete, daß bie Arbeit 





*°®) Lindsay Report 1. e. p. 14. 106) Keumann ‚ die Shinefen 
unb bie Englaͤnder in Allgem. prenf. Staatözeitung 1832. Ar. 34 
©. 138 bi8 Wr. S. 162. 4) J. Crawfurd Journal of an 


Embassy to the Courts of Siam = Cochie China lc. London 
1928. & p. 20. 


Chineſiſche Coloniſation, zu Singapore. 703 


von 80,000 Malayen, bie, weit hinter ber Thaͤtigkeit ber Chinefen zu⸗ 
ruͤckſtehen, ber ihrigen nicht gleich Tommen wuͤrde. Kinlayfon *) giebt 
dem Fleiße dieſer Chineſiſchen Eoloniften vor den Malayfchen und 
Bengalifchen das ausgezeichnetefte Lob, fie fchienen ihm in allen ihren 
Handwerken, ihren Plantationen, und ihrer Handelsinduſtrie, noch mit 
den Guropdern zu wettelfern. Reinlichkeit und Eleganz zeichnet ihre 
Wohnungen aus, fie finb ungemein bequem eingerichtet, Wohlftand ift bei 
allen zu Haufe, fie leben gut, find Teineswegs geizig, und erwerben body 
bald Wohlftand, dfter Reichthum. Mit ihrem Gewinn ziehen fie häufig 
in thre Heimath zuruͤck. Die Arecapalme, bie Kokosnuß, alle Arten Ges 
müfe, Obft, bauen fie hier; thre Lieblingsfpeifen find Enten und Schwei⸗ 
nefleifch. Ihren Rationatftblz behalten fie beis während ber Mas 
laye und Bengale ſich vor jedem ——— buͤckt, wird dieſer ki kei⸗ 
nem Chineſen begrüßt. 

9) Bu Singapore auf Malacca. In dieſem jungen — 
fen dee Briten⸗Colonie hatten’ ſich, im Jahre 1819, ſchon 6088 Shis 
nefifche Soloniften *) angefiebelt, die etwa bie Hälfte ber ganzen 
Population bildeten, beſtehend aus Einwohnern von Macao und ans 
bern Snfeln der Kuͤſte von Canton, vorzüglich aber aus Handelsleu⸗ 
ten von Fukian, und Fiſchern des bortigen Seegeflabes, bie unter 
dem Ramen Aya bekannt find, Dazu kamen, im Jahre 1895, aus 
China direct noch 3500 Emigranten, und im Jahr 1826, beren 5500, 
bie freifich nicht alle dort blieben, fonbern ſich auch von ba weiter zer⸗ 
fireuten und ihre Unterkommen fuchten. Die Chinefenftgbt bilbet 
einen ber brei Haupttheile biefer neuen Golonifation, neben der ber Gus 
rvpaͤer und Malayen. " 

Diefe Anftebelungen ber Chinefen auf der Suͤdſpitze bes alten, 
berühmten Reiches Malacca find keineswegs erſt neu. Es iſt gar 
nichts feltenes unter ben Trümmerhaufen der antiken Stadt Singas 
puras viele Terra Cottas und andere Fragmente, zumal au Müns 
gen, als Zeichen einheimifcher und chinefifcher Gultur vorzufinden. Die 
Chinefifhen Kupfermüngen *) find größtentheil aus bem X. 
und XI. Jahrhundert, aus der Beit der Dynaftie der Sung. Gefeht 
auch, daß diefe bios als Chinefifches Geld bei ven Malayen fhon Curs 
gehabt hätten: fo fanden doch die Portugtefen, als fie Malacca 
eroberten (1511), ſchon eine fehr bebeutende Chineſiſche Eolonifa« 
tion *) in diefem bamals beruͤhmteſten Emporium vor, bie Handel 





3) G. Finlayson Journal of the Mission to Siam and Hu 1821 — 
1822. London 1826. 8. p. 14. 2) J. Crawfurd Journal I. o. 
p- 550. *) ebend. *) Hpistola potent. ac. invictier 
ini Emannelis Regis —e— eto. ad Dominum Leonem X. 
Aa — b. Simon Grynaeus Noras Orbis etc, Basil, 159. 


j 


794 Oſt⸗Aſlen. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


trieben, große Reihthämer befaßen und mit ben Groberern in freund⸗ 
ſchaftliche Handelsverträge eingingen, wie dies aus einem merkwürdigen 
"Schreiben des Königd Emanuel von Portugal an Pabft Leo X- 
hervorgehrt. Ueber breihundert Sabre hat fich dieſe Golonifation 
daſelbſt ſchon erhalten, fie hat nur in ber jüngften Zeit einen neuen 
Auffhwung erhalten, i —— 
Die meiſten nach Singapore gehenden Schiffe und zwar die be⸗ 
Sen, wenn auch ‚nicht die größten, kommen aus ben Häfen von Fu⸗ 
Tian ’°*), zumal aus Amoyz bie größten fommen aud ben Häfen ber 
Provinz Canton, bie Eeinften und der Zahl nach gerinaften kommen 
von der Inſel Hainan. Im Jahre 1821 liefen in Singapore an 
‚ großen Junken (Hainam nicht mitgerechnet) nur 4 ein; aber mit 
jedem ber folgenden Jahre bid 1825 eine mehr; bis 1826 deren 10 ein⸗ 
liefen. Sie brachten Tdpferwaaren, gebrannte Fließe zum beles 
gen ber Hausfluren, Regens und Sonnenfdirme Schuhe, Pas 
 pter, Weihraud, Stabwert, getrodnete Früchte, Cons 
fituren, Budercanbis, Nankins, Golddrath, There, Mes 
dicinalwaare und eine Menge Kleiner Artikel. Die Ladung einer 
einzigen Junke von Fukian pat öfter ben Werth von 100,000 Dollar, 
bie von Canton gewöhnlich 20,000 bi 80,000 Dollar. Die Reife von 
Ganton nah Singapore wird in 10-bid 12, von Amoy in 12 bis 
15 Zagen zurüdgelegt, und iſt ſehr ſicher. Dagegen nehmen fie fchr 
mannichfache Probucte ald Ruͤkfracht 7), die fie dann wieder weiter 
gegen den Norden verbreiten, Die Borke von zweierkei Arten Rhizo- 
yhora (Mangrove), eine SeesAlge Agar agar ber Malayen), für 
Chineſiſche Fabriken: Adlerholz, Ebenholz und anderes Schwals 
bennefter, Holothurien (Tripang), Haififhflooße, Schitd—⸗ 
 strdtenfhaalen, Binn, Pfeffer, Gewürznelken, Arecas 
Rüſſe, Muscatnüffe, Opium, Häute, Hörner, Britifche 
. GEifen und Baummollens auh Wollwaaren. Der Werth bie 
- fee Erporten betrug, im Zahre 1823, an 928,000 Dollar, davon bie 
letztern Artikel und Opium bad Uebergewicht hatten. Seitdem bat biefer 
‚Handel ungemein zugenommen. 


a 


Aus biefen weftlichen Moelayiſchen Häfen iſt das Malayifde 


Wort Jung *) (fprich Dſchunk), womit jedes große Fahrzeug bezeich⸗ 
net wird, durch die Europder in Junke verwandelt, auf bie Chinefis 
fen Schiffe von eigenthuͤmlichem Baue übertragen worden; es ift 


Zeineswegs Chineſiſch, obwol allgemein in Gebraudy gekommen. Diefe i 


Chineſiſchen Junken find alle nah einem Modell gebaut, alle 
gleich ungeſchikt und plump, auch ohne allen Vorzug Europäifcher Baus 





00) J. Crawfurd Journal L c, p-. 6539. ) etbend. p. 540. 
0) ebend. pP» 48. 








Chineſiſche Coloniſation, zu Singapore. 795 


art, eher einem oblongen Haufe, meint g inlayfon, und bem Bau 


» einer Arche Noah zu vergleichen. Aber ein Verbrechen würbe es in den 


Augen der Chineſiſchen Polizei feyn, wie ſchon oben bemerkt wurde, 


bavon abzuweichen. Sie find, fagt Sramfurd, felbft unpaffender als 
die Flooße ber roheflen MalayensZribustes Sunda Archipels ges 
baut, bie in maritimen “Dingen mandherlei Verbefferungen annehmen, 


Diefes gezwungene flationaire Wefen ift bei Chineſen, gegenwärtig „ 


das größte Hinderniß fi zu einer weltfhiffahrenben Handels— 
nation zu erheben. Aller Induftrie, ihrer großen Intelligenz und ihres 
Unternehbmungsgeiftes ungeachtet, fefjelt fie died an ihr beſchranktet Ge⸗ 
ſtadeland. 

- Diefe Junken werben, ber Länge bes Schiffes nach, durch Wände 
in mehrere Räume getheilt, deren Zahl wechfelt, je nachdem die Aſſocia⸗ 
tionen der Echiffsheren. Eine große in Cochin China von ben us 
kian lang gebaute Junke, hatte nur 6 bergleichen, eine in Fukian 
gebaute fogar bis 15 abgefonberte Raͤume, bie alle wafferdicht find, um, 
falls das Schiff an eine Seite led wird, die Waaren- in ben andern 
Räumen zu fihern, da fie den Gebrauch der Pumpe biß heute nody nicht 
tennen, und nur das eingebrungene Waſſer ausfchöpfen. 

Jede biefer Junken hat ihren rohen Compaß mit 24 Abtheilungen 
her Windroſe, und ſteht in’ einer Meinen Capelle, einem bloßen Verſteck, 
in der Nähe des Steuerrubers, bie dem Goͤten des Meeres und der 
Winde geweiht iſt. Bei Stürmen bringen fie diefen Idolen Opfer, und 

pflegen in bie flürmifchen Wellen zur Befänftigung oft eine Menge 
Goldpapier *) zu werfen. Aber ihnen fehlen alle Inftrumente zur 
Beobachtung des, Geſtirnlaufes, zur Berechnung des Schiffslaufes, fie 
führen kein Schiffertagebuch, fie koͤnnen nur mil gutem Winde fortkom⸗ 
men, und doch fegeln fie nie ftärker als 5 Engliſche Meilen in ber 
Stunde, während ber gewoͤhnlichſte Englifche Kauffahrer deren zugleich 


8 zurädtegt, der befiere Schiffer aber das Doppelte bes Weges. Der . 


Gapitain der Junke ift gewoͤhnlich auch ber Eigenthuͤmer des Schifs 
fes, dem auch, wie ben meiften Gliedern des Schiffsvolks ein Theil deu 
Ladung gehoͤrt, doch ift er nicht felbft der Steuermann. Nur erſt wefts 
wärts von Singapore, haben bie Shinefen bei den variablen Wins 
den angefangen, fi ſich anderer Fahrzeuge zu bedienen, mit denen fie ober 
ihre Heimath nit begrüßen bürfen. 

Aus ihrem heimifchen Gewäfler pflegen fi ie, in ihren Junken, mit 
dem jebesmal guͤnſtigen Monſunen, im Angeſicht der Kuͤſte, bis zu ges 
wiſſen Landmarken zu ſegeln, von denen ſie dann die breitere Chine⸗ 





* Journal Kept during. a Voyage from Singapore to Siam etc. 
ur = = "Te mlin) Printed at the Missionary Press, Singapore. 


.tf 


\ 


x. 


796 Dfi-Afien. Waſſerſoſteme. I. Abfhn. '$. 82. 


ſiſche See, nach einem gewiffen Galcul quex durchſteuern, bis fie 
die Gegenkuͤſte erreicht haben, worauf fie hoͤchſtens nur 10 bis 12 Tage 
Beit rechnen. Diefe Querreiſe machen fie aber nur einmalim Jahre. 
Auf der Rüdfahrt gehen fie bie Kuͤſte entlang, und ziehen, in ihrer Hei⸗ 
matb angelangt , ihre Junke auf bas Ufer, belegen fie mit Stroh ober 
Schilf, und warten fo die Hädyfte Jahreszeit ab. 

Sinlayfon’s Beobachtungen zu Singapore 710) (4821 und 
182%) beftätigen obige Angaben. Er bemerkt, während hier bie Mas 
Layen gewöhnlich bie Holzhauer find, welche die Wälder fällen‘, find «s 
Ghingfen, welche den gerobeten Boben aufräumen, durch Afcyebrand 
böngen, und mit Pfefferplantagen bebauen, in benen fie fogleich ſich ihre 
ſehr geringen, meift nur temporairen Hütten, aber fehr nett und rein⸗ 
lich einzurichten wiffen. Ihre Gärten, in benen fie mehrere. Arten 
Musa, Amomum, Arum, Manihot (Jatropha Manih.) und ans 
bere Wurzeln und mandjerlei Gcmüfe bauen, umgeben fie mit Bambus⸗ 
gehegen. In Kleidung nur aͤrmlich einhergehend, thun fie fich in ihrer 
Küche gütlich, ohne in dee Wahl der Speifen ekel zu feyn, denn fie vers 
Tpetfen auch Hunde, Ratten, Affen, Alligators und- Schlangen, Seemols 
Insten, Holothurien, Scpien, kurz alles was nur Fett und Fleiſch auf 
den Knochen anlegt, In Ausdauer und Muger Verfolgung ihrer Zweck 
thun fie es allen andern Aftatifchen Völkern zuvor, bleiben aber bei bem 
einfachſten, mechaniſchen Verfahren ftehen, fobald es nur, winm auch 
langſam, zum Ziele fuͤhrt. Keine Anſtrengung iſt ſeinem ſtarken Arme 
zu groß, und nicht blos an dem Beduͤrfniß iſt ihm gelegen, er ſorgt fuͤr 
die Bequemlichkeit und den Ueberfluß. Dabei zeigt er ſich ſehr genuͤg⸗ 
ſam, ehrlich, ordentlich, bürgerlich, ruhig und gehorſam gegen bie Lan⸗ 
beögefepe, erfüllt die Pflichten des Hauss und Familiens Baters, unb 
bieibt doch voll Anhaͤnglichkeit an fein Vaterland, voll blinden Gehor⸗ 
fams gegen feine Landesgebräuche und Geſetze. Bei alledem find fie nur 
kalte Wefen, ohne Spur eines noblern, fittlichen Befühls, ohne Sinn für 
Moral ohne zeligiöfe Ahndungen; nur ein gemeiner, ganz gefühllofer 
Xberglaube, durch die Furcht eingeptägt, begleitet ſiez Teine Spur einer 
fompathetifhen Empfindung. Das Gefühl des Wohlthuns ift ihnen ım= 
bekannt; fie ſchachern nody mit bem, der sben in Gefahr zu ertrinten 
tft, um den Preis feiner Errettung. Hunger, Peftilenz und Anderes 
find ihnen erwuͤnſchte Dinge, meil bie Heberlebenben bavon Gewinn has 
bin, Kalter Eigennug iſt die Iriebfeder Ihrer Handlungen. Ihre Ins 
duſtrie if nur das Refultat fleigender MWefriebigung unmittelbar durch 
ſich ferbft delohnter, finnlicher und thieriſcher Genuͤſſe. 

Alles. dies macht dieſe Chineſen in ſtatiſtiſcher Hinſicht zu der zo⸗ 





*ı®) Finlayson Journal of ihe Mission to Siam and Hund, London 
1826. 8. p. 62. 


. 
X 


Ehineſiſche Coleniſatiem, auf der Sundas®ruppe. 107 


nähft nuͤglechſten Population !*) in ber Jadiſchen Ser, ober ben 
Gewaͤſſern des Deftlichen Archipels, weit ihre Colonien uͤberall fies 
aufbluͤhen und die drei Staͤnde, des Randmanns, bes Handwer⸗ 
kers und des Handelsmanns mit ben thaͤtigften Gliedern verfehen, 
Selten ſind ſie, gleich den andern, einmal dem Laſter des Trunkes erge⸗ 


_ben, deſto mehr dem Hazardſpiele, das fie mit gleicher Leidenſchaft wie 


ihre oft ſehr kuͤhnen Handelsfpeculationen betreiben. Weber biefe, 
Art der geiftigen Thätigkeit, weiche bei ihnen ſtets einen mechanifchen 
Eharacter annimmt, gehen fie aber auch nicht hinaus, und daher hält fie 
Finlapyſon, ihrer geiftigen Gapacktät nach, doch nir für ein den an⸗ 
dern Afiaten, 4 B. ſelbſt den Malayiſchen Voͤllern, untergeochnetes 


Geſchlecht. 


Ihre Emigration iſt in der That auch nur fheinbars und 
dbwol ihren Nachbar⸗Nationen überoll an Civiliſation, Sabuftrie, Zahl 
und phyfiſcher Stärke überlegen, haben fie body niemals biefe ſchwaͤchern 
Umgebungen ſich zu unterwerfen gefucht, wie bies bei Handelsvolkern 
des Alterthums, Phoͤniciern, Sarthagern, Griechen, oder ans 
deren ber neuern Belt, Arabern, Malayen, Portugiefen, Hois 
Iänbern, Briten body immer der Fall war. Im Himmlifchen Beide 
iſt ihnen die Erlaubniß zur Auswanderung nur unter ber Mobification 


des Ermerbes willen gegeben. Jede Emigration iſt nur auf eine 


temporäre beſchraͤnkt; jeder Ehinefe gedenkt in’ feine Heimath zuruͤck⸗ 
zulchren. Ihre Weiber und Kinder erhalten keine Exrlaubniß ven Haus⸗ 
vaͤtern zu folgen. Daher haben fie auch Feine eigentligen Colo⸗ 


‚nien im inne bes Alterthums, ober der Guropdes gegruͤndet, wozu 


ihre Lage, Geſchaͤftsrichtung, und ihre’ Weltftellung ganz befonbers güns 
flig geweſen wäre. Ihnen genügt es nur, überall ohne SHindernig. im 
Auslande ihrem Gewerbe nachgeben, und. zuletzt mit einem Gewinn am 
Gelb wieder heimgiehen zu können, nur Umftände halten fie davon zu⸗ 
ruͤck. Dennod bilden fie in allen Sanbelsnieberlaffungen des Sunbifchen 


Archipels die zahlreichſte Population, und fliehen felbft in mehreren Ma⸗ 
‚tayenflaaten, binfichtlich der Population zu den Malapiſchen 


Unterthanen, wie 3 gu 1, obwol die Malayen biefe ihre angefie= 
deiten Gäfte fiberall verachten. Diefe maritime Population, Gbineſiſcher 
Emigranten giebt, wie fuͤr Singapore, ſo auch in allen jenen uͤbri⸗ 
gen Inſelſtaaten, wie auf den Continentalgebieten, vorzugsweiſe, außer 
der Provinz Canton, die von Zu kian. 

3. Auf den Sundifhen Inijels Gruppen Unter allen 
fremden Coloniſten machen auch in dieſem Archipel der Tauſend Inſein, 
welchen man mit dem claſſiſchen Crawfurd den Indiſchen Archi⸗ 





at) Finlayson Jona 1. c. p. 66. 


n 
. 


798 -OR-Afien. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 82. 


pelagus nennen kam, die Chineſiſchen Anſtedler ?”'?), der 
Zahl nach, die größte Maſſe aus. Sie find insgefamt nur Ausgewan⸗ 
derte aus ben beiden Sübprovingen Canton und Zulianz die Fu⸗ 
"Yan lang find die zahlreichſten, fie Haben binfichtlich ihres Gharacters 
den Vorzug vor den übrigen, find nicht, wie .bäufig bie übrigen, bles 
aus der unterſten Volksclaſſe, minber roh und verworfen wie jene, 
In größerer Zahl finden fie fih, zumal auf den groͤßern Inſcin 
Sava, Sumatra, Borneo, aber in geringerer Anzahl unb in 
dingelnen Kamilien find fie überall durch den ganzen Jnſelkreis 
gerſtreut, und zwar ſchon felt älterer Zeit. „ Wahrfcheinlich find es ſchon 
ihre Zunken gewefen, die Anfang deB VI Jahrhunderis nach Chriſti Ges 
burt aus bem Lande Tſinitza kommend, d. 1. Süd⸗Ghina, nody 
viel weiter weftwärts verfchlagen, zu Sopatrus Zeit nad Cos⸗ 
mas Inbtcopleuftes 1°) Berichte, bie Sinifhen Waaren, zumal 
Seide und Gewürze bis Geylon (Beledivn bei Cosmas) verführtenz 
deeſelben, welche zur Blüthenzeit bes Khalifenzeiches, nach bem Bericht ber 
Xrabiichen Autoren aus dem IX Jahrhundert 1*), ihre Waaren felbit 
wen Bäfın des Perſiſchen Golf, nach Ormuz, Karaman, Siraf, 
mit eignen. Schiffen zgufährten, zumal auch ben Zimmt, ber daber 
ſeitdem Wei Werfern den Namen Dar Schini Seilani 16) (Ghineſeſche 
Winde don Eeyion) erhalten hatte. Es find, obwol jene Dr. Bins 
etnt 20) nur für Arabiſche Schiffer halten wollte, unftreitig biefelben, 
wege zu Ebn Batuta 8 Zeit (1342) mit ihren Junken noch bie Suͤd⸗ 
foide von Gap Comorin umfegeiten, und bis in ben Hafen von Ka⸗ 
8 ritot 27) (auch in Kawlan, d. i. Coulan) einliefen, um ihren Ganbel 
zu treiben, auch Geſandtſchaften dahin brachten, aber einen der noͤrd⸗ 
uchern Haͤfen Walabars befuchten, wie Ebn Batuta ausbrädlic 
verſichert, und daß fie fpäterhin au von ba verfhwanden, als bie 
Portaglefiſche Macht vorbrang (Vasco de Gama's Landung im Galicut 
2498) iſt begreiflich. Aber im Archipel ſelbſt hatten fie feſtere Sta⸗ 
tionen gewonnen; wie zur Portugleſenzeit, nach obigem, in Mas 
lacea (1611). In Bantam !*), am Rordweſtende ber Infel Iava, 
dem größten Marktort jener Zeit, wo im VII Jahrhundert bie Facto⸗ 





12) J, Crawfurd History of the Indian Archipelage. Edinburgh 
1820. 8. Vol. I. p. 134 — 137. 12) Cosmae Aegypti Mon. 
christ. Topographia etc. de Mundo in B. de Montfaucon Colleo- 
tio Nova Patram et Script, Graec. Paris. 1707. fol. T. IL Lib, IL 

. fol, 137. etc. 14) (Renaudot) Anciennes Relations des Indes 
et de la Chine etc, trad. d’Arabe etc. Paris. 1718. 8. p. 10, 141 

eto. 18) V. Ouseley Travels Londons 1819. 4. Vol. I. p. . 
ef. p. 175. 18) Dr. Vincent Periplus of the Erythr. Sea. 4. 
Vol. IE. p. 432. 17) The Travels of Ibn Batuta trans. from 
Arab. Msc. by S. Lee London 1829. 4. p. 169. '*) P. Auber 
China au Ontline etc. Lond. 1834. 8. p. 127, 146. 


- 


! 





04 


N 


Chineſiſche Colonifation, auf Java. 708 


zei und ber Sitz ber Britiſch Dftinbifchen. Handels» Eompagnie war, ehe 
er nad Surate verlegt warb (1682), lernte fie Thom Herbert, 
der Reiſende (1626 und 27 *°) kennen, obwol er in feiner Beſchrei⸗ 
bung weniger durch fie eingenommen, ihnen doch bie größte Gewanbräeis 
und Schlauheit in ihren Hanbelsunternehmungen zugeſteht. Auf der 
Nordweſtſpige von Sumatra lemte fie ber berühmte Dampies 
(1688, 89 20) daſelbſt, bei feinem mehrmaligen Aufenthalte gu Achfu 
genauer kennen. Man ficht, aus feinem Berichte, wie fie damals ars 
fingen ſich an ben von ihnen beſuchten Orten heimiſch zu- machen. Jaͤhr⸗ 
lich, fagt er, kommen 10 bis 12 Schiffe in diefen Hafenort, bringen 
Neid und andere Produete zum Verlauf, anb nehmen ihre Wohnung wm 
Ende ber Stadt, in ben aͤußerſten Häuferreihen, biefe nennt man den 
Ehina=- Markt, wo fie ihre Waaren teil haben. Mit Ihnen dommen 
Bimmerleute, Tiſchler, Dealer, die ſogleich ihre Werkſtaͤtte auffchlagen, 
und allerlei Chineſiſche Waaren fertigen, bie fie in Buben zum Vertauf 
auöftellen, und während 2 MS 3 Monaten Ihres Aufenthaltes ein ſot⸗ 
ches Bufammenftrömen von Volk und Käufern verantafin, daß Eine or⸗ 
dentlihe Meffe entfteht. Alles ift ihnen dann feils felbft ihre Schiffe 
geben fie ab wenn fle Käufer finden, fönft Toren fie im Septembes 
auf denſelben wieder heim, um in der naͤchſten Jahreszeit Ihren Kran 
von neuen aufzuſchlagen. | E — 
Auf ber Inſti Java 21) beſuchten, nach den Jadaniſchen Km 
nalen, gleichzeitig mit den Arabiſchen Schiffern, au Chines 
fifhe Emigranten, ſchon im IX Jahrhundert, dieſes alte ECultur⸗ 
Eiland; und noch heute zeigt fich in gewiffen Javeniſchen Bürger ” 
ſchlechtern, in ihrer Geftaltung und Phyſiognomie, eine frühe Bermi⸗ 
ſchung mit dtefen Anfteblern aus dem fernen Oſten. BBiele der 100,000 ° 
Ghinefen, welche dieſe Inſel nah Stamford Raffles Zählum— 
gen, im Jahr 1812 beherbergte, ſtammten Aus ˖ fraͤheren Seitch ber, Sie 
leben dörzugsweife in den Drei Haupfftäbten Batabid, Gamma 
rang, Surabayaz-aber auch überall auf ber Inſel in andern 
Staͤbten zerſtreut. Sic Haben hier ihre eigenen Gefehe, ihte eigenen Deich 
ter und Behoͤrden, die ihnen vom Gouvernement geftattet finds fie Ichen 
ſtets geſchieden von den Gingebornen, und verheirathen ſich nur wieher 
mit Töchtern bes Landes, aus früherer Ehineſiſcher Vermiſchung mit den 
Eingebornen, wodurch fi) der Chineſiſche Menſchenſchlag ſtets 
erhält. Denn hieher bringen fie, wie nirgends, ihre Landemaͤn⸗ 
ninmen als Weiber mit. wDiefe, ihre Nachkoͤmmlinge, werden von ben 


[2 





2°) Thom Herbert Travels in the East. London 4. 1634. p. 364. 
. 32) G. Dampier Suite du Voyage’ autour du Monde Rose: 8. 
1723. p. 217. *1) Thom. Stamford Raffes Use History of Java 
London 4. 1817. Vol. I. pı 190, 60. 2 


LU 


800 Oſt⸗Aſien. Waflerfofteme. 1. Abſchu. $. 82, 


Zavanern mit dem Namen Pernakans belegt. Sie find alleıt anbern 
einheimifchen Bewohnern ber Inſel an Intelligenz, Arbeitfamteit und 
Subuftrie, wie. an Wohlſtand überlegen. Sie finb die Seele bed Java⸗ 
wifhen Handels, in ben Provinzen der Javaniſchen Eingebornen, und 
Kind daſelbſt noch Heute bie Pater, die Einnehmer, die Finan⸗ 
eters ber Fuͤrſten; ihr Einfluß hat indeß feit ber Mitte des XVIN 
Jahrhunderts durch heftige Kämpfe der Holländer gegen fie, in Batas 
via im Jahre 1742, fehe abgenommen. Jaͤhrlich kommen aber neue 
Eoloniften gu der alten Chineſiſchen Population hinzuz fie wuͤrden 
bei ganz freiem Hanbel ımb Anbau fidy bald verzehnfachen, durch 
VJortpflanzung und Nachrüden von Einwanderern. In Batavia red)s 
net man allein jaͤhrlich an 1000 folder neuer Anfiedler, bie obne 
Geid und But anlommen, fid) aber durch ihre Induſtrie bald fortheifen 
und in kurzem wohlhabend, felbft ‚reich werden. Viele von biefen kehren 
dann nach Ehina zurüd. Rach ber Zählung, vom Sabre 1813, lebten 
in Batavia 11,854 Shinefen, in Kramang 200, in Rembang 
585, in Surabaya 3074, in Madura 1144 u. a. m. 

Auf der Inſel Banca, im RN.W, ber GSunbaftraße, einer gebir⸗ 
gigen Kortfegung ber Sumatra s Ketten 722), haben bie erft feit dem 
Zahre 1710 entbedten Zinn Minen, bie reichten bes ganzen äftis 
‚hen Archipeld (wie bie Golbminen bie Europäer nad) Peru), fo bie 
ShHimefen **) nach biefer Inſel verlodt, Chineſen find die Pächter 
dieſer Minen; fie find die einzigen Bearbeiter berfelben, welche ven 
Bergbau, das Schlaͤmmen, das Schmelzen betreiben, und jährlich an 
2000. Tonnen Zinn daraus gewinnen fellen, ein Gewinn ber früher 
noch größer war, und gegenwärtig ben Hollänbern ?*) wieber zu 
gute kommt, obgleich fie die Chineſiſchen Bergleute beibehalten 
haben. 

.Auf Borneo, worüber wir weniger genau unterrichtet find, fchägt 
Th. Raffies ?*) die Zahl der dortigen Shinefifchen Goloniften 
noch über 100,000, weil fie ſich bafelbft in jebem regulirten Staate eins 
fanden, Crawford ?*) giebt 7 verfchiedene Golddiſtricte auf 





722) Will, Jack on the Geolögy and Topography of the Island of 
: Sumatra etc. in Transact. of the Geological Society Sec. Ser. 
i  Lond. 1824, Vol. I. P. 1. p. 408. 2°) J. Crawfurd History 

of the Indian Archipelago etc. Vol, II. p. 450 — 466. Memoir 

„of the Life of Sir. Thom Raffles Lond. 1830. p. 255. 

3*) Baron Yan: der Capellen in Asiatic. Journ. 1826, Vol. XXI. 

p. 726; John White Voyage to Cochinchina Lomd. 1824. p. 23, 
25) Th. Raffles on the Establishment of a Malayan College at Sin- 
gapore. in Asiat. Journ. 1824. Vol. XVIIL p. 13. 
20) J. Crawfurd History of the Indian Archipelago Vol. II. p. 40 
.. —— 485; .Finlaysen Journal. London 1826. 8, p. 67 etc. 


Chineſiſche Coloniſation auf Vome. 801 


Hefer an Gold und Edelſtein zeichen Infel an, in weikhen biefe Schaͤte, 
zwar auch von ben Gingebornen gefucht, aber nur atlein von ben 
Shinefen auf eine tunfimäßige Weife geivonnen werben. Einer 
der bedeutendften tft der Golddiſtriet von Montrapat, an ber 
Weſtkuͤſte Borneos, wo eine faſt ſelbſtſtaͤndige Shinefifhe Popu⸗ 
Lation von 36000 Chineſen ımit 4000 Weibern), In tributairer Ab⸗ 
haͤngigkelt vom benachbarten Staate des Rabja von Sambas Iebt, 
untere denen etwa 6000 Bergleute mit den Goldwaͤſchereien unb 
den übrigen Proceffen zur Gewinnung biefes ebein Metalles befhäftige 
find, indeß bie andern fi durch Handel und Agricultur in jener Berg⸗ 
wertsregublit erhalten. Nicht blos hier, fondern auch auf allen andern 
Gebieten des Indifchen Archipelagus, hat ber Golbs und Diamans 
tensReihthum, wo er ſich zeigt, uüͤbe rall dieſes Volk herbeigelockt. 
Sie haben aber auch von ben herrlichen Wäldern der Infel einen wich⸗ 
tigen Gebrauch zu machen gewußt, und bier bedeutende Schiffswerfte 
durch ihre eignen Zimmerlente begründet, die Thon frühe die Auf⸗ 
merkfamkeit ber Engländer erregt hatten. Mr. Jeſſe 27) fabe im 
Sabre 1775 hier, am Fluß Borneo, ben Kiel eines Junkenbaues, 
der Anfang May begonnen und fon Ende May beendigt wars alles 
Eiſenwerk hatten bie Arbeiter aus China mitgebracht, wodurch ber Bau 
fo wohlfeil wurde (die Tonne etwa 30 Schilling, da das ganze Schiff 
nur A250 Dollar koſtete), wie nach des Beobachters Bemerkung auf Teile 
ner andern Schifföwerft in der Welt. Auf der Infel Born eo ſcheint 
es für das Wachtthum ber Chineſiſchen Population feine Grenzen gu 
geben, da fie auch mit den noch halbwilden Gingebornen fi zu vers 
ſtaͤndigen wiffen, und diefe für bie Civiliſation, bie von diefen Ch i⸗ 
nefifhen Anfichlern ausgehen kann, empfänglicdy gu feyn fcheinen, 
obwol diefe voll Submiffton, offenbar des Gewinnſtes wegen, gegın ihre 
Gebieter find. Doch mag ber Kampf, den die Holländer feit — 
Wieberbefignahme ihrer Indiſchen Solönien mit ihnen führen mußten, «is 
nige Veränderungen herbeigeführt haben. Der Hollandiſche Genes 
zalgouverneur Ban der Capellen bemerkte bei ber Abſchlede⸗ 
rede von feinem hohen Poſten im Jahre 1826, daß feine Beamten In je⸗ 
nen Bergwertspiftricten auf Borneo großen Wider ſtand ges 
funden hätten, bei einem fchändlichen Ehinefenvolte?*), das gartz 
independent habe leben wollen, das man habe .abftrafen muͤſſen, voller 
Turbulenz, das ſich indeß ‚endlich doch wieder zur Unterwerfung neigt, 
nad deſſen Befiegung jene Küfte dem Staate Holland große Vortheilt 





27) Aec. of Borneo proper aus Singapore Chronicle in Aslat. Journ. 
Vol. XX. p. 203. 2*) Van der Capellen in Asiat. SOnEn, 
3826. Vol. XXI. P. 725. 


Nkittee Erdtunde IV. Er 


a] 


802 DR-Afen. Wofferfofteme. L Abſchu. $. 82, 


verſpreche. Nähere Nachrichten über biefe Empörung ber ſonſt fo füg» 
famen Ghinefen, hat die Singapore Chronik ’**) mitgetheilt. 

.  Diefe Daten, wenn wir fie auch Hier nicht weiter im Speciellen, 
über die mehr Öftlichen und kleinern Infen und Infelgeuppen, wo 3.8. 
auch in Macaffar °°) der Handel biefer Infel mit dem Golf von 
Sarpentaria, ganz in ben Händen der Ghinefen iſt, unb fo 
a. a. D., verfolgen können, find an ſich ſchon hinreichend, um auf bis 
große Bedeutung ber Shinefifhen Golonifation auf biefem gan, 
gen zerriffenen Snfelgebiete Hinzubeuten. 

4. 3m Birmanenlanbe, zumal in Siam, zu Bangkok 
Hdchſt merkwürdig iſt auch die Anfieblung der Fukian lang auf bem 
Sontinente ber Hinterindiſchen Halbinfel, in den unmittel 
baren Chineſiſchen Grenzflaaten, wo fie am bebeutendften in Siam ers 
fheint. Im Birmanenlande iſt bie Emigration ber Shine: 
fen bisher nur auf die nädy fie Umgebung ber Königsrefideng, und auf 
die Rordproving von Bhanmo (f. oben ©. 735) das Grenzland 
gegen Yünuan, befchränkt geblieben. 3. Gramfurb”t), bei ſememn 
Befuche in ber Refideng Amerapura, im Königriih Awa (1826) 


erfuhr, daß in allem an 3200 Ehinefen in diefem Reihe wohnten, 


admlich 3000. in der Reſidenz felbft, und 200 in ber Älteren Königee 
ſtadt Awa, zu Sagaing unb anderen Stäbten, wo etwas Handel, 
und außerdem noch mehrere in ben Silberbergwerten ber Birs 
m.anen befchäftigt feyen, Das potitifche gegenfeitige Mißtrauen biefer 
Nachbarſtaaten hat unftreitig Einfluß auf biefe geringe Anfieblung ges 
Habt, die größtentheils aus ber Provinz Vunnan eingewanbert 
feyn fol, und faft nur aus Handelsleuten beftcht, die aber auch 
nicht die Emſigkeit und ben Unternebmungsgeift befiten, wie ihre öfts 
lichen, maritimen Landsleute aus ben Küftenprovinzen, von denen 
nur einige wenige unter den Goloniften in Ava fid) befinden, bie 
über Malacca und Rangun bis bahin wanderten, nody che die Gu- 
ropaͤer bis zu den Birmanen vorgebrungen waren. Diefe zulegt ges 
nannten Chineſen find häufig Zimmerleute, die in der ſelben 
Beit (von einem Monat), wie ber Birmanifche Handwerfämann , beim 
Schiffs ober Häuferbau 3 mal fo viel Arbeit liefern, und wenn 
jene nur 5 Tical, dann 15 Zical verdienen. ; 

Außer dieſen Tollen jedoch jährlid) etwa 4 bis 5000 Ghinefen aus 
Yannans ??) Gebirgslande hinabſteigen nad) Nord⸗Ava, und bis 


7 





12°) Singapore Chronjcle 29. Oct. 1824; f. Asiat. Journ. 1825. 
Vol, XIX. p. 852. 3°) Singapore Chronicle it Asist. Journ. 
1825. Vol. XX. p. 153, s1) J. Crawfurd Embassy to the 
Kingdom of Ava ete. London 1829, 4. p. 471. 22) Calcutta 
Governement Gaz. 3. Jul. 1827; f. Asiat. Journ. Vol. XXIIL p. 66, 











Chinefifhe Colonifation in Siam. 803 


zum Hauptemporium an ber Grenze bis Bhanmo, aud bis 
Midai nur wenige Meilen im Norden von Amerapura vorbringen, 
wohin ihnen die Birmaniſchen und bie Mohammedaniſchen Kaufleute aus 
ber Reſidenz entgegen kommen, und wo fich ein fehr lebhafter Waaren⸗ 
umfag ausgebildet hat. Die Chineſen legen ihren Weg auf kleinen 
Pferden gurüd, und follen 2 Monate Zeit zu ihrer Keife beduͤrfen. 
Was fie für Landsleute find wird nicht geſagt. Ihre Waaren, bie fie 
zu Markte bringen, find Kupfer, Auripigment, Quedfilber, 
Binnober, Gifengeldirr, Silbverwaare, Rhabarber, 
Thee, töfliher Honig, Moſchus, Seidenwaare, Lis 
queure, frifches und getrocknetes Ob ft u. a. m. 

Sn Bangkok und Stam ift die Eolonifation bee Chineſen ſchon 
ganz anders fortgefchritten. Bangkok, die Känigsftabt, ift das, Cen⸗ 
trum bed Shinefifhen Handels in Siam, und. biefer ift der 
wicdtigfte bed ganzen Landes, in bem nur noch wenig anbere Häfen 
find, wie Sungora und Ligor, in denen jährlich etwa nur ein paar 
unter ſich vor Anker legen. Die bei weiten größte Population 
der Siamefifhen Hauptſtadt Bangkok, bie nad) einer Zählungsr 
Lifte vom Zahre 182822), welche ein Siamefifcher Staatsbeamte bem 
Portugieſiſchen Conſul dafelbft mittheilte, 401,300 Seelen betrug, machen 
Die SHinefen aus. Raͤmlich Siamefen nur 8000, 93,300 anbere 
Fremdlinge; aber Ehinefen 310000, und Nachkommen ber Chi⸗ 
nefen 60,0003 alfo zuſammen eine Maffe von 360,000. Die erfies 
zen, bie Ghinefen, zahlen jeber für feine Perfon alle 3 Jahre 3 Dols 
Ior Gewerbfteuer, wofür ihnen ganz freier Handel. und Ge⸗ 
werbe geftattet iſt. Der größte Theil von biefen find Fukian Lang. 
Während feines 6 monatlichen Aufenthaltes und Umganges mit ihnen 
(1838) ſtudirte der Miffionae Guͤtlaff bie Sprache und Bitte 
Diefes Volkes, woburdy er im Umgange mit ihnen, beim Beſuch in ihrer 
Heimath, To viel Vertrauen und Wohlmollen erwarb (f. ob. ©. 785). 
Die Shinefen, fagt der Milfionar Zomlin**), ber Gefaͤhrte & lies. 
Laffs, find bie ausgezeichneteften Bewohner von Bangkok; man‘ 
glaubt dort eher in einer Ghinefifchen als in einer Siameſiſchen Stabt 
zu feyn. Auch im Innern des Landes Siam find viele Chineſiſche 
Anfiedlungen,. von denen man jedoch keine Bählungen hat; eben fo laͤngs 
der Siameſiſchen Küfte, an welcher Mifflonare Teicht Zugang haben 
konnten. Die Junken, melche von bier nach Ehina und wieder zu⸗ 
rüd, an Cochin⸗China vorüber gehen, geben eine gute Gelegenheit 





#3) Journal kept during a Voyage from Singapore to Siam and 
white residing 9 M®.tbs in that Country by J. T(omlin), printed 
at the Mission Press in Si re 3828. 8. p. 67. 

s‘)J. Tomlia Journal l. c. p. 61. 

z Eee?2 


,; 


+ 


804 DftsAfien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82, 


gur Verbreitung chriftlicher Schriften. Man kann jaͤhrlich 150 biefer 
Junken rechnen, indeß wieber andere, wie es fcheint, nicht viel wenis 
gre Bangkok mit dem Sundiſchen Archipelag in Verkehr fegen. Der 
Sulauf dieſer Shinefen gu den Miffionaren -war in Bangkok fo 
geoß, daß er ben Phra Elang (Minifter) und das Gouvernement in 
Schrecken ſetzte, und einen Aufruhr befürchten ließ, benn nicht bios aus 
ber Stadt ?**), fonbern auch vom Lande Tamen fie mehrere, 2 bie 5 
Tagereifen weit Herbeigetilt, um ſich Shinefifche Neberfegungen bes Alten 
und Neuen Seftaments und andere Chinefifche Zractätchen zu Holm, 
oder ſich vom Arzneilunbigen ber Miſſion, von Güglaff, curiren zu 
laſſen. 

Diefe merkwuͤrdige Anfiedlung iſt erſt ſeit dem Jahre 1769 fo bes 
dentend geworben, weil ber damalige Uſurpator im Lande ſelbſt von 
Shinefifcgen Halbblut war, vorher beftand zwar auch ſchon ein Ber: 
ehe, aber geringer: denn zu La Louberes, bes Franzoͤſiſchen Befands 
ten aus Louis XIV Zeit (im Jahre 1714 20), vechnete man nur 3000 
bis 4000 Shinefen in Siam, und jährlich fchifften nur ein paar 
Junken dahin. 

Bei dem großen uebergewicht bee Chineſiſchen Poputlas 
tion in bem Siameſiſchen, wie in fo mandem andern ber Walapis 
ſchen Staaten, wo bad Verhättniß dieſer Coloniſten zu ben Gi= 


. gebornen*") oft fchon fich wie Bau 1 ſtellt, ift es natürlich, daß audı 


die Chineſiſche Cultur bas Uebergewicht in biefen Landſchaften 
davon trägt, Go verdanken bie Siamefen alle Einficht, weiche fie in 
commerciellen Verhältniffen befigen, nur den Chineſen. Chen fo 
tätig und induſtrids wie anbermärts, find in Bangkok ihre Boote bie 
groͤßten; fie Haben bie längeren Ruder und Cajuͤten von Flechtwerk 
ſehr zweckmaͤßig eingerichtet. Die ſchwimmenden Wafferhäufer auf dem 
Fluſſe, weicher Bangkok durchſchneidet, find faft nur von Ehinefen 
bewohnt, der bewohnteſte Theil ber Keſidenzſtadt iſt aber desgleichen won 
ihnen eingenommen. Sie haben die Buderplantagen, bie Pflanzen 
gen von Pfeffer und Indigo, und vieler Tropengewaͤchſe zum hoͤchſten 
Ertrag gebracht, fie haben bie Keime zu dem großen Hanbelsvers 
kehr gepflegts fie haben den bebeutenben Handel von Bangkok, ber 
frühes fehlte, gefchaffen, Welches heute bad zweite Emporium jener 
Hinterindiſchen Gewaͤſſer nah Canton iſt. Das verfuntene, ſclaviſche 
Siam bot ihrer Energie ein Feld reicher Entwicklung dar, und durch 
fie wurbe zugleich bie Gultur ber Siamefen nit wenig gefleigert. 
Die Shinefifhen Unterthanen find bie beflen, der induſtridſeſte 





738) J. Tomlin Journal l. c. p- O. etc. - ie) De La Loubere 
Description du. Royaume de Siam Amsterdam 8, 1714. p. 27 etc. 
37) Finlayson Journ. London 1826. 8. p. 67, 116: 


Chinefiiche Coloniſation in Sim: . 805 
Sbell der Siamefifchen Population, wie in allen ihren Nachbarſchaften. 


Ihre Induſtrie, ihre Künfte und Gewerbe, ihre Einfichten, ihre Litera⸗ 


tur haben ihnen über alle andern Mitgenoffen, eine große Superioris 
Lät gugeben. Nur Furcht hatte die Siamefifche, wie andere Regie⸗ 
rungen, zurüdgehalten, bi6 man ben Chinefen nicht mehr politifch 
entgegen, ober felbft gleichgültiger geworben, fogar Privilegien zus 
geftand, welche bei ihrer Induſtrie ihnen ihre Eriftenz in Siam weit 
mehr, als felbft die ber Unterthanen begünftigts Bei allen Verboten 
und hemmenden Einrichtungen der Dranbarinenpolitit bes Himmlifchen 
Reiches in ber Heimath ſcheint fi nad ben Erfahrungen ber letzten 
Jahrzehende, Eeine Grenze der Emigration aus bemfelben bes 
ftimmen zu laffen, und ganz Siam wird halb in eine Chineſiſche 
Solonifation verwandelt feyn, wenn nicht anbere Mevolutionen, phy⸗ 
ficalifcher oder politifchee Art, wie fie ber Drient nicht felten barbietet, 
dazwiſchen treten. Am genaueften hat Grawfurb °°)‘ alle Beobach⸗ 
tungen an Drt und Stelle über biefe Kortfchrittsperiohe geſam⸗ 
meit, in weldyer Siam zu einem verjüngten China aufbläht, wie 
einft Sarthago zu einem erneuten Phoͤnicien, Iberien zu einem 
Neu⸗Carthago wurde und Amerika zu einem verjüngten Weſt⸗ 
Europa, Neu: Süd Wales und Ban Diemenslandb zu einem 
andern England und Irland heranreifen. 

Rah Eramfurd kann man rechnen, daß jährlich in Bangtsk 
allein wenigftens 7000 neue Shinefen old Einwanderer mit den 
Shinefifhen Junken einlaufen. Diefe kommen vorzüglih aus ben beis 
den füblihen Küftenprovinzen aus Kuang tung und Zus 
tian, nämlich aus den Häfen von Santon, Kiang mui, Tſchang 
lin, aus Amoi, aber au aus Ningpo in Afhe fiang, aus 
Schang hai und Su tfhu fu in Kiang nan, wie aus mehreren 
Häfen der Infel Hainan. Sie kommen, gewöhnlich in ber günftigen 
Monfun = Zeit, vom Ende Februar bi April; bie von Hainan 
ſchon im Januar. Manche ber Junken bat bis 1200 Paflagiere .am 
Bord. Die Hanbelsfchiffe, mit denen biefe Paſſagiere kommen, die 
einen nicht unbebeutenben Gewinn burd) ihren Transport abwerfen, fes 
gein im Juni oder Juli, bei florkem 8.8, Monfun, wieder in 
ihre Heimath zurüd, und machen demnach jährlih nur einmal biefe 
Gampagne, doch wol mit mander Zwiſchenfahrt. 

Die Waaren bie fie bringen find: Porzellan, Quedfilben, 
Thee, Bermicelti, rohe Seide, Sreps, Satin, Rankings, 
Schuhe, Faͤcher, Sonnenfhirme, Schreibpapier, geweihs 
tes Papier, Meiprane, Die Nuͤckfracht beſtehl vorzuͤglich in 





a2): 1. Crawford Journal of an Embassy to tbe Couri⸗ of Siam and 
Cochin - China L C 4. pP» 408 u 414. 


806 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. $. 82. 


ſchwarzen Pfeffer, Buder, Zinn, Carbamom, Ablerholz, 
Bapanholz, vothe Rhizophora⸗Borke, Rofenholz zum 
furniren, Reis, Areka, Häute vn Ochſen, Büffeln, Ele⸗ 
phanten, Rhinoceroten, Hirfhen, Zigern, Leoparden, 
Dttern,. Zibetkatze, m Schilbtrdten, Shwalbenneftern 
u. ſ. w. ‘ 

Bon den jährlich aus Banytok nad China fegeinden Junken, bie 
ben Siameſiſchen Handel betreiben, an 140, iſt weit über die Hälfte 
Eigenthum biefee Chineſen, und die mehrſten der Siamefen 
Schiffe find au von Ehinefifhen Zimmermeiftern, obwal 
in Siamefifhen und Cochin⸗chineſiſchen Häfen erbaut. In Bangkot 
laufen jedes Jahr 6 bis 8 große Junken vom Stapel, bie von Chi 
nefen erbaut find; bie in China aus der bortign Kieferart erbaus 
ten Schiffe find weit ſchlechter, und müffen alle vier Jahr von neuem 
separirt werden; bagegen Kiefern bie Siameſiſchen Wälder, zum Ges 
baͤlk das MarbayosHolz ber Malayen (Metrosideros Amboinen- 
sis), und zu ben Planten und bem Werbe das Tik hol z (Teak, Tecto- 
nia grandis). Der Werth biefer neuerbauten Schiffe ifk (bie 
Tonne zu 3 Pfd. Sterling .6 Schilling‘) jaͤhrlich an 76,000 bis 77,000 
Pb. Sterling. Am wohlfeilften würde ber Suntenbau, wie 
ſchon oben gefagt, auf Borneo ſeyn, wegen bes Reichthums ber WAL 
ber und des Mangels ber Goncurrenzs am theuerften ift ex in Fukian, 
zwiſchen beiden geographiſchen Diftanzen Liegen verfchiebene S ch iffe 
werfte, bie auc in ihren Preifen mechfeln, analog ber geogras 
phiſchen Diſtanz. Da Shinefen?**) überall bie Schiffbauer 
ſind, die Arbeit alſo dieſelbe iſt, ſo giebt der Preis der Junken, nach 
ben Tonnen, die ficherſte Scala für ben Werth der Nahrung, ber Arbeit 
and des Materials, in den verfchiebenen Landſchaften an, wo die Schiffs⸗ 
werfte Liegen. Arbeit und Material ſind aber, nmaͤchſt Borneo, am 
wohlfeilften in Siam und Cambodjaz m Canton fhon um 25 Pro: 
cent theurer, in Fukian um 100 Procent, Der Preis der Junke, auf 
ber Schiffewerft in Siam, tft für die Tonne im Durchſchnitt 15 
Dollar, in Cochin⸗Ghina 16 Dollar 66 _ Cent.; in Santon M 
Dokar 83 Gent.; in Fukian 30 Dollar 58 Emt. Deſto merkwuͤrdi⸗ 
ger iſt bie Erſcheinung, daß demungeachtet die Kaufleute. von Kus 
Tian, bei weiten ben allergrößten Antheil am fremden Aftatifchen 
Handel in Shina befigens es beweifet den großen Gewinn, ber 
wit der immer größeren Ausbreitung der Fukian Tang-über 
den öftligen Archipel verbunden iſt. Auf allen Chineſiſchen 


— v 





120) J. Crawford Journal —— to the Oourts ‘of Siam 
eo l. o. p 49. 


EChiineſiſche Coloniſation in Cochin China. 807 


Schiffen find nur.Chinefifhe Matrofens auf den Siame⸗ 
ſiſchen Schiffen *°) befteht ſtets die Mehrzahl aus Chineſiſchen 
Matroſen; die Siameſiſchen machen nur die Fahrten bis Canton, 
dem fie fiab eben fo, wie bie Guropder, als weftlihe Barbas 
zen, aus allen andern Häfen Chinas ausgefhloffen. Zu Chi: 
nefifhen Junken wird aber doppelt fo viel Mannfchaft gebraucht, 
als zu Europaͤiſchen; "die Junke von 500 Tonnen wirb mit 90 Matro⸗ 
fen verfehen, wegen ihres plumpen Baues, und dennoch iſt ber Gewinn 
des Kauffahrers groß genug, der noch durch bie Menge her Paffagiere, 
die flets bins und hergeben, ungemein erhöhet wird. Canton, das 
Hauptziel des Europäifchen Gommerzes, wird, hinfichtlich bes 
Intereſſes biefes einheimifhen Verkehrs mit der Shinefifhen 
Solanifation im Indiſchen Archipel, von vielen andern Shinefifchen 
Staͤdten weit Aüberboten. 

5) Sn Godin Shina und Tunkin. Auch in biefen Reichen 
madıen, unter ben Fremden, die Chinefen bei weiten die zahlreichfte 
Staffe aus, obwol der Progrefftion, ber Annäherung an ihre Hei⸗ 
math, Teineswegs die Zunahme ihrer Zahl entfpricht, was feinen Grund 
in ber Politik diefee Staaten, bie ſich zwar, wie Siam, Vaſallen 
von China nennen, aber doch nicht feyn wollen, hat, wie in ben fteten 
Kevolutionen ihrer inneren Zuſtaͤnde, in dem Drud ber Verwaltuns 
gen, und beren mehr directen Einmtfhung in alle Induſtrie⸗ 
zeige, Diefe wird bedingt, durch ihre pelitifche Ciferfucht gegen das 
nahe, fo maͤchtige China; biefer hemmende Einfluß verſchwindet jedoch 
gegen die wirklich Gingebürgerten. Die er ſten Ghmefiihen Ans 
fiedlexr *%) im Lande werden von der Gonfcription befreit, ihre Nach⸗ 
Kommen haben ben Vortheil, ftatt des Perfonatbienftes eine Abgabe zu 
zahlen (bis zu 15 Quans im Jahre). Vor Ihrer Verheirathung können 
fie dann zwar wieber in bie Heimath gehen; nach ihrer Verheirathung 
im Lande ift die Ruͤckkehr aber Teinem mehr geftattet, fo wentg, wie kei⸗ 
ner ber Gingebornen auswandern barf, In Tonkin follen 25,000 
Shinefen in den Eifens, Silber⸗ und Golbs@ruben befchäftigt 
ſeyn; in der Capitale Cach a o an 1000 Ehinefen etwas Handel trei⸗ 
ben. In der Eapitale von Sohin@&hina, zu Yu, giebt man nidjt 
über 600 Shinefen als bort angefiebelt an; dagegen ift ihre Gemeinde in 
den gröfern Sechäfen und Handelsſtaͤd ten ſehr bebeutend, 3. B. 
in $aifo 3000, in Saigun 5000, u. a. D., fo baß man ihre ganze 
Population auf 49,000 anfchlagen Tann. Dennoch machen fie eine ans 
geichene unb wohlhabende Gtaffe der Bewohner aus, öbwol’beren Han⸗ 
bel im ganzen Somiantuetiimen Reiche * an Werth UND 





“) Fi Crawfurd Journal 6f- an Fanbauey Loapdil “ij sm. 
70. 


+ 


808 Oſt⸗Aſien. Wafferiyfieme. J. Abſchn. $. 82. 


nn des Handels ber einzigen Stabt Bangkok in Siam beträgt, 
die große Menge der ‚freien Privat:Entreprifen ber Anftebler, vors 
—* ꝓas Siameſiſche 722) Gouvernement bereichert, indeß in Coch i n⸗ 
Chind die Verwaltung weit einengender gegen bie Angeſtedelten ver⸗ 
fährt, mit no mehr Willkuͤhr und Despotie, obwol mit mehr Redtich⸗ 
Kit im Benehmen. Die anfäffigen, Chineſen Kaufleute zu Sue, 
wie zu Satgun, Tamen ben Briten auf das wohlmollendfte entgegen, 
“ waren bie Vermittler zwifchen ihnen und den Beamten, und audy hir, 
wie überall, die im Handel und der Politit unterrichtetften übe 
das Land, wie die Wohlhabendſten 2°), — 

Indem wir, aus dem weiten. Umkreife des großen Indiſch en 
Archipels, über den fih die Chineſiſche Coloniſation und 
Handelswelt, wie ein vielfadh verzweigter Fruchtbaum, 
bee vom Dften, aus einem vereinten Stamme, gegen Weften 
und Südmweften über unzählige Inſeln, Geftadeländer und Wölkerr 
haften der Malayenz Welt, bis. zur Grenze ber Indifhen hin 
überbreitet, zu deffien gemeinfamer Wurzel, zum Geftabeland 
von Fukian, zurüdkehren, von wo wir ausgegangen waren kann «8 
nicht fihlen, daß und diefe ganze, bisher Kaum beachtete Erfcheinung, ik 
ihrer großen Welthiftorifhen Bebeutung entgegentritt. Wir 

moͤchten Su kian und die Fu kienlang, in ihrem maritimen und 
GCiviliſations⸗Verhaͤltniß zur Sundifchen und Hinterindifhen Sufelweit, 
im dußerfin Drient des alten Continents, zunädhft dem ber 
Phoͤnicier am Weſtende berfelben, zur Culturwelt der Ge⸗ 
ftade des Mittellänbifhen Meeres, ober Arabern, in ihren 
Gemwäffern von Aben bis Kalikut über die Malediven und bie 
Küfte Adel entlang bis Melinde, Mombaza, Mofambif und 
Madagascar vergleichen, beren Anficblungen, in Sicilien, Gars 
thago, Iberien, oder in den genannten Arabiſchen Bolonifatios 
nen, benen in Siam, Java, Borneo, Malacca u. |. w. nidt 
vnaͤhnlich, die Elemente ber Civiliſation, unter mehr zuräds 
gebliebene ober anders entwidelte Volker verbreiteten, bie 
aber, jene erften nämlich, felbft einer Regeneration für höhere, unis 
verſellere Ausbildung buch Grighen, Römer v. f. w. entgegen 
faben, wie in bee Malayiſchen Archipel⸗- und Geſtadewelt, 
theild In diſche, theila Europaͤiſche Stivilifatlonss Keime, 
ſich unter ber Chineſiſchen Eolonifation verbreiten und zu ents 
wickeln begannen, die für fich nur innerhalh ber Sphäre ber Indu⸗ 
ſtrie und des Sommerges aber um befto fiherer, vegetatin fortwus 





149) Crawfurds Missiön to Cophin China In Asiat. Jouen. Vol. XIX, 
. 4823. p. 126, «) J. Crawfurd Jouanal of an Embassy 1. c. 
r 213, 242, = D * " 











Chineſiſche Eolonifarion, welthiſtoriſcher Einfluß. 800 


cherte, um humanen und religtdfen Saamen ımb Keimen, auf einem 
ganz wilden Boden erft eine Pflanzenerbe zur Aufnahme zu bereiten. 
Bon mwelder Wichtigkeit daher auch bie gegen O. fortfchreitende Britis 
The Curopaͤiſche Civiliſation, und vielleicht auch der hier uhb 
da beginnende Rordameritanifhe Einfluß evangeliſcher und 
mercantiler Miffionen zur Ueberwindung bes materiellen Prins 
eips Chinefifher Givilifation, und für ihre Steigerung 
zu einem Gebiete des hoͤhern geiftigen Lebens fenn muß, ergiebt ſich 
von ſelbſt, fo wie ber Segen, ben in biefer Dinficht die Wirkſamkeit 
ſelbſt einzelner Männer, fey es im politifchen, commerciellen, Titeras 
zifchen , religiöfen Leben bereiten Tonnten, wie ein Stamford Raffs 
‚Les durdy feine Begründung bes Freibafens von Singapore, als Bers 
mittlungss und Eentralftation jenes lebendig anregenbeh, allges 
“ meinern Verkehrs, — ein J. Crawfurd, durch feine vielfachen, politis 
Then Miffionen und gefammelten Einſichten in biefe neue Infel und Voͤl⸗ 
kerwelt, — ein Büglaff,. durch die in der Mutterſprache Voͤlker 
ihnen an das Herz dringende, neue, menſchliche und göttliche Lehre u. 
v. m. Mir fehen in biefen Kingerzeigen bie großen Vorbereitungen ber 
göttlichen Vorfeyung,, auch den, auf dem vollendetften Egoismus eigens 
mächtig ausgeführten und zu feinem eigenen Verderben deshalb geluns 
genften, Civiliſationsverſuch, einer ber ‚größten welthiftorifchen 
Derfonen, einer Nation, die aus mehrern hundert Millionen Indivi⸗ 
duen befteht, und als ſolche einen nicht unbebeutenden Theil bes Mens 
ſchengeſchlechtes repräfentirt, allgemach, nicht verwerfenb mit menfch« 
licher Anmaßung, fondern barmherzig mit göttlichen Liebe, auf ben rech⸗ 
ten Pfad Hinzuleiten, und Gnade für Recht zu fpenden, ein erhabenes 
Muſter göttlicher Wirkfamkeit für den zelotiſchen Menſchen. Wir ſchlie⸗ 
Ben mit des ebelfinigen Sir Thom. Raffles **) Betrachtung, ber 
dafür Hält, diefer Indifhe Archipelagus ber Chineſiſchen 
Goloniewelt fey in der. Weltgefchichte dazu beftimmt, für China zu 
werden, was das erneuerte Amerika für Europa, für bad Mutters 
land feiner Golonifationen geworben fey. Die Neberfüllung der Popu⸗ 
lation der Chineſiſchen Suͤdgeſtade ſey bie unerfchöpftiche Quelle die ihre 
Gewaͤſſer gegen den Weften ausfende, und dort, in bem mannichfaltig⸗ 
ſten Boden, bie verfchiedenartigften Raturgaben, unter bem günftigften 
Stima, alle Voͤlkerſchaften befruchte und bereichere. Die größere 
KRähe an dem Mutterftaate, der geößere, innere Produkts 
tenreihthum ber Inſelwelt, die ſchon vorhandenen, aud bei 
ihnen einheimifhhen Civiliſationsfortſchritte wohrben, fagt er, 
diefe SHinefifche Solonifation aber noch um vieles mehr als bie 


Geeuepeunn \ 


%) Sir Thom. Raflles on the Estahlishment of a Malayan College 
at Singapore in Asiatic. Journ, 1824, Vol, XVIII. p. 13. 


N 


x 


« 


810 Vf Aflen. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 82. 


Europaͤiſch⸗ Amerikaniſche befchleunigen. Wenn wie auch biefes zugebm, 
ba wir an ber Auftralifchen fon das Beifpiel der progrefftven 
Schnelligkeit einer ſolchen Erſcheinung befigen, fo möchten wir bie Hoff⸗ 
‚nung nicht aufgeben, baß dennoch auch eine andere Wendung eintreten 
und durch das fleigende Uebergewicht Guropäifher Sumanifis 
rung, bier, auf ver Sunbifhen Inſelwelt nicht fo wol ein ver: 
- jüngtes Chinefien, als daß vielmehr in Chinas Geſtadewelt mit 
ihr, einft ein verjiingtes Guropa aufblühen möchte, das heißt eine 
der Curopaͤiſchen Gefittung verwandtere Chriſtliche Se⸗ 
meinde der Chineſen. 


U. Die Provinz Ruangtung, bie Kifenfaprt nad 
Sufian, die Landreife nah Hainan. Canton, 
Macao; der Verkehr mit bem Auslanbe, 


Beſaͤßen wie die einheimifhen Chinefifhen Quel⸗ 
fen, fo könnten 'wir über bie Geographie diefer Provinz ſehr ge: 
nam unterrichtet fepn. Im Jahre 1818 erfuchten der Vicekoͤnig 
und die Groß: Manbarinen ber Provinz Auangtung den Kai 
fer, um einen Befehl, eine neue Topographie 7%) derfelben 
ausfertigen zu laſſen, da bie vorhandene unpafjend und voll Feh—⸗ 
ler ſey; diefelbe follte zugleich hiftorifch verfahren, und die Maͤn⸗ 
gel der großen Statiſtik, oder der Chinefifhen Reichsges⸗ 
geaphie (des Tai Thfing y thoung chi 2c.), ergänzen. Der Kai 
fer ging auf das Geſuch ein, beflimmte fogleih 37 Mandarinen, 
von Rang und Ralent, diefe Angelegenheit unter der Leitung des 
Gouverneurs von Canton zu Stande zu dringen. Es wurden 
vier Jahre darauf verwendet dad Werk zu femmeln und zu 
drucken. Es erfchien hierauf In 100 Chinefifchen Heften oder Bin: 
"den, unter dem Titel Kuang tung thung ft, d. i. Allge: 
meine Topographie von Kuang tung. Bel ber Ausarbeis 
tung war man dem Muſter dee Topographie von Kuangfi 
gefolgt, die unter der vorigen Regierung erfchienen, und mit Lite: 
rarifchen umb biographifhen Nachrichten verbunden war. Die 
dazu gefügten Karten wurden bie volfländigfiei „unter allen 
bisher erſchienenen; bie Längen dee Orte wurden nad) dem Mes 
ridian von Peking, freilich nur berechnet, von einem Priefter 
der Taou⸗Secte, der in dee Mathematik und“ Hpdrogeaphie 
Europäer zu Kehreen gehabt, und aus ben EA ber Mil: 


—— — 
146) Ariat. Journal 1m: Vok XVIII. p. 1. 


[ 








Provinz Kuangtung, Literatur. 811 


- fionare fi) aſtronomiſche Kenntniſſe erworben hatte. Die Gebirge 
wurden auf diefen Karten ale genannt; in den letztern Abıheis 
Iungen des Werks find viele Nachrichten über den Handel 
Cantons mit dem Auslande enthalten, wie auch in den durch 
Drof. Neumann angeführten Dentwärbigkeiten über 

“das Land im Süden des Meiling⸗Gebirgs %), Canton 

. 1830. 18. Vol., auf Befehl Sr. Ercellenz Yuen, ehemaligen Gous 
verneurs von Canton, eines ber jegt lebenden größten Gelehrten 
in China, herausgegeben, wie das 67ſte Bud, eine Geſchichte 
allee füdlihen Barbaren, wozu auch die Europäer in 
Canton gehöcen, deren Ueberfegung unſtreitig für deren Ges 
ſchichte in Canten hoͤchſt erwuͤnſcht ſeyn möchte. — Noch 
ift und leider von dieſen beiden Werken keine nähere Kenntniß 
zugekommen; eben fo wenig konnten wie zue Einficht bee merk⸗ 
würdigen geaduirten Generallarte dee Provinz Kuangs 
tung gelangen, welche Sie &. Gtaunton ber Bibliothek der 
Asiat. Soc. in London zum Gefchent gemacht hat; fie ift im 
Catalog unter den Titel aufgeführt: Kwang tung tfeuen 
Sangking weite yutoo *). 

Das Innere der Provinz ift bis auf die allgemeinen Bes 
ſchreibungen s) der Jeſuiten, die auch nur aus jenen ircigen 
Ehinefifhen Angaben compilirt werden konnten, unbelannt ges 
blieben, bis auf den Hafenort Canton, und die Handels⸗ 

- fra ße über den MeiLing, von der oben fhon die Rede war _ 
(f. od. S. 663). Sie gehört zu den größten und veichften Pros: 
vinzen des Reichs, und hat wegen ihrer füdlichen Lage, ihrer gus 
ten Bewäflerung, ihrer Gebirge und Ebenen, einen großen Reichs 
thum trefflicher Productionen, eine fehr große Anzahl von bedeu⸗ 
tenden Städten, 12 Städte vom erſten, 84 vom zweiten 
und dritten ange, viele feſte Plaͤtze, und eine fehr große Menge. 
der trefflichſten Häfen, die ihe einem bedeutenden Verkehr und 
ſtarke Schiffahrt mit dem In⸗ und Auslande geftatten, dem fie 
räumlich am nächften gelegen iſt. Ihe Geftade wird noch durch 
die vorliegende, ungemein fruchtbare, große Infel Hainan und 
durch eine bedeutende Zahl kleinerer Küfteninfeln erweitert, 
unter denen ein zahlreicher Archipel dem Hafen von Caps 





se) f. in Fr. Neumann The Catechism of the Shamans etc. transl. 
London 8, 1831. p. 44. *T) Roy, Asiat. Soc. of Great Brit. 
and ireland 1827. Vol. I, 4. p, 601. **) Du Halde Descr. de 
la Chine T. I. p. 229 — 242. — 


‘ 


810 DfMfien. Waſſerſyſteme. 1. Abſcha. f. 82. 


Europaͤiſch⸗ Amerikaniſche befchleunigen. Wenn wie auch biefe® zugeben, 
da wir an der Auftralifchen ſchon das Beiſpiel der progreffiven 
Schnelligkeit einer ſolchen Erſcheinung befigen, fo möchten wir bie Hoffs 
‚nung nicht aufgeben, baß dennoch auch eine anbere Wendung eintreten 
und durch das fleigende Uebergewiht Guropäifher Humaniſi⸗ 
rung, bier, auf ver Sundiſchen Inſelwelt nicht fo wol ein ver: 
- jängtes Ehinefien, als daß vielmehr in Chinas Geftabewelt mit 
ihr, einft ein verjängtes Curopa aufblähen möchte, das heißt eine 
der Europäifhen Gefittung verwanbtere Chriftliche Bes 
meindbe ber Shinefen. i 


I. Die Provinz Kuangtung, bie Küftenfabrt nah 
Sufian, die Landreeife nah Hainan. „Canton, 
Macaoz der Verkehr mit dem Auslande. 


Befäßen wie die einheimifhen Chinefifden Quel⸗ 
len, fo könnten wir über die Geographie diefer Provinz ſehr ge: 
nam unterrichtet fepn. Im Jahre 1818 erfuchten der Vicekoͤnig 
‚ amd. die Groß: Manbarineu der Provinz, Auangtung ben Kai⸗ 
fer, um einen Befehl, eine neue Topographie 7%) derſelben 
ausfertigen zu laffen, da die vorhandene unpafjend und voll Feh⸗ 
ler fey ; diefelbe follte zugleich biftorifch verfahren, und die Maͤn⸗ 
gel der großen Statiſtik, oder der Chinefifhen Reihsgees> 
graphie (des Tai Thſing y thoung chi 2c.), ergänzen. Der Kais 
fer ging auf das Geſuch ein, beftimmte fogleih 37 Mandarinen, 
von Rang und Talent, diefe Angelegenheit umter ber Leitung des 
Gouverneurs von Canton zu Stande zu beingen. Es wurden 
dier Sabre darauf verwendet das Werk zu fammeln und zu 
druden. Es erfchien Hierauf In 100 Chinefifchen Heften oder Baͤn⸗ 
"den, unter bem Titel Kuang tung thung fi, d. i. Allge⸗ 
meine Topographie von Kuang tung. Bei der Ausarbeis 
tung war man bem Muſter der Topogtaphie von Kuangfi 
gefolgt, die unter der vorigen Regierung erfchlenen, und mit lite⸗ 
rariſchen und biographifchen Nachrichten verbunden war. Die 
dazu gefügten Karten wurden bie vollſtaͤndigſteü ‚unter allen 
bisher erfchtenenenz bie Längen der Orte wurden nad dem Dies 
ridian von Peking, freilich nur berechnet, von einem Prieſter 
dee Taou⸗Secte, der in dee Mathematit und“ Hydrographie 
Europäer zu Lehrern gehabt, und aus den Schriften der Miſ⸗ 





08) Asiat, Journal 1824. Vok XVill. p. 144 


, 


Provinz Ruangtung, Literatur, 811 


fionare fid) aſtronomiſche Kenntniffe erworben hatte, Die Gebirge 
wurden auf diefen Karten alle genannt; in den legtern Abtheis 

lungen des Werts find viele Nachrichten über den Handel 

Cantons mit dem Auslande enthalten, tie auch in den durch 

Drof. Reumann angeführten Dentwärbigkeiten über 

- das Land im Süden des Meiling⸗Gebirgs *%), Canton 

. 1830. 18. Vol., auf Befehl Sr. Ercellenz Yuen, ehemaligen Gou⸗ 
verneurs von Canton, eines ber jegt lebenden größten Gelehrten 
in China, herausgegeben, wie das 57fte Bud, eine Sefhichte 
allee füdlihen Barbaren, wozu auch die Europäer in 
Ganton gehören, deren Ueberfegung unſtreitig für deren Ges 
ſchichte in Canton hoͤchſt erwuͤnſcht feyn moͤchte. — Noch 
iſt uns leider von dieſen beiden Werken keine naͤhere Kenntniß 
zugekommen; eben ſo wenig konnten wir zur Einſicht der merk⸗ 
würdigen graduitten Generalkarte dee Provinz Kuangs 
tung gelangen, welche Sie G. Staunton der Bibliothek ber 
Asiat. Soc. in London zum Geſchenk gemacht hat; fie ift im 
Catalog unter den Titel aufgeführt: Kwang tung tfeuen 
Sangking weite yutoo‘*). 

Das Innere der Provinz iſt bis auf die allgemeinen Bes 
ſchreibungen *8) der Jeſuiten, die auch nur aus jenen icrigen 
Chinefifhen Angaben compilirt werden konnten, unbekannt ges 
blieben, bis auf den Hafenort Canton, und bie Handels⸗ 
fra Be über den Meiking,’von der oben ſchon die Mede war 
(f. od, S. 663). Sie gehört zu den größten und reichflen Pros: 
vinzen des Reihe, und hat wegen ihrer füdlichen Lage, ihrer gus 
ten Bewäfferung, ihrer Gebirge und Ebenen, einen großen Meichs 
thum trefflicher Productionen, eine ſehr große Anzahl von bedeus 
tenden Städten, 12 Städte vom erſten, 84 vom zweiten 
und dritten Range, viele feſte Pläge, und eine fehr große Menge. 
ber trefflichften Häfen, die ihe einen bedeutenden Verkehr und 
ſtarke Schiffahrt mit dem In⸗ und Auslande gefltatten, dem fie 
räumlich am naͤchſten gelegen iſt. Ihe Geftade wird noch durch 
die vorliegende, ungemein fruchtbare, große Inſel Hainan und 
durch eine bedeutende Zahl kleinerer Küfteninfeln erweitert, 
unter denen ein zahlreicher Archipel dem Hafen von Caps 





*) f, in Fr. Neumann The Catechism of the Shamans etc. transl. 
London 8, 1831. p. 44. *7) Roy. Asiat. Soc. of Great Brit. 
and — 1827. Vol, J. p. 601. 6) Du Halde Deser. de 


\ 


812 Ofi-Aſen. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 82. 


ton und der Strammuͤndung bed Ta SiKiange(ſ. ob. S. 730) 
die diefen bildet, der fogenannten Bocca Zigris, vorliegt, mit 
den für die Europäer berühmteiten Inſeln Sancian, der Be 
gräbnißort des St. Zaviers und Macao, dee Infelftas 
sion der Europäer, Lintin, Whampoa und andere Fluß⸗ 
inſeln. 

Mur von dieſen letztern Puncten haͤtte, ſeit der Port ugi⸗ 
fen Zeit (1516), dieſe Kuüſtenprovdinz näher erforſcht werden 
koͤnnen; der Blick war aber nur auf den Handel, oder feit 
Pater Math. Riccie Ankunft, der bier die erfien Wurzeln 
bee Zefuitenmiffion ia China einſchlug (1582) ®), nur 
auf die Angelegenheiten diefer Gefellfchaft und auf den groͤßern 
"Stanz von Peking gerichtet. Früher war unfteeitig, auch bier 
fhon, Handelsleben und Küftenverkehr, feit den erfien 
Jahrhunderten unferer Aera erwacht, und bie günflige Lage des 
Hafens von Canton (in aͤlteſter Zeit unter den verfchiedenften 
Namen in den Chinefiihen Aunalen aufgeführt), bat dert ſtets 
Schiffer aus den nahen Umgebungen, und aus weiterer Kerne 
angezogen. Im VII. Jahrhundert fagen dies, mit größter Be 
ſtimmtheit, die Annalen der Zhang: Dynaftie, aber auf 
‚eine Weiſe, die vorausſetzt, daB ſchon längf vorher Arabifce 
oder Perfifhe Schiffer und Handelsleute ihren Secweg 
bis zu dieſem Emporium im aͤußerſten Oſten gefunden haben 
mußten. Wie find, alfo hier, in Canton, das damals Thfings 
"has hieß, feit jener Zeit fhon auf claffifhem Boden eines 
geoßen Weltverkehrs. Die Annalen”) fogen: bie Unten 
thanen des Khalifen (ob Almanfor, oder Abußigfur 
der Abaffide?) verbunden mit Derfifhen Truppen, benups 
ten die damaligen Uncuhen im Chinefifhen Gouvernement, umd 
plünderten, im Jahre 758 u. Che. Geb., die Magazine von 
Canton, verbrannten die Häufes der Kaufleute, und zogen 
fi dann uͤber das Meer zuruͤck. So lautet das ganz ifoliet fies 
hende Factum der Annalen, an welches fi aber die Thatſache 
anfchließt, welhe Sr. Neuman bei feinem Beſuche in Canton, 
bei einem ber bortigen Mobammedanifhen Geiſtlichen 


19°) Niool, Trigautins de Christiana Expeditione apud Sinas etc. 
Colon. 1617. 8. Lib. II. c. 3. p.163 etc. _ °°) P. Gaubil Hist. 
de, la grande Dynastie des Tang in Mem. conc. hist. des Chi- 
nois T. XVI. p. 84; Kiaproth Tabl, histor. dc l’Asie p. 217. 


Provinz Kuangtung, Canton ein altes Emporium, 813 


erfuhr, daß in der dafigen Moſchee eine Inſchrift ſey, welche 
fage, daß die Religion des Propheten aus Mecca, dahin ges 
"bracht worden fey, im Item Jahre des Eyclus Tſching yuen, d. i. 
im Jahre 787 n. Chr. Geb. — Eben der Reichthum diefes dors 
tigen Emporiume lodte, unftreitig, bald darauf die folgenden 
fo zahlreichen Schiffe dee Adaber in jene Oſt⸗Meere, die fofort 
aud die noch fernen Hafens umd Marktorte befuchten (ſ. oben 
S. 779). 
In der Nähe von Santon, im Dften des Hafenortes, 
dem Geſtade ganz nahe, in der Nähe der Stadt Polo, erhebt 
fid) ein mächtiges Hochgebirge, dee Lo fu &chan, ſeit gkeichfruͤ⸗ 
her Zeit berühmt durch feine Heiligen von dee Taou⸗Secte, 
d. 1. die Lehre Lao Tfeu’s, d. h. Greis-Kind, naͤmiich 
die das Princip der Urs» Vernunft 51) lehrte, die in ben fruͤ⸗ 
hern Jahrhunderten bei den Großen. Chinas im Rufe ſtanden, 
das Geheimniß zu verfichen, den Trank der Unſteeblich⸗ 
Zeit zu bereiten. Ats die größten veligiöfen Werfolgungen 
unter der Thang-⸗Dynaſtie gegen die fremdeingewan« 
Derten Religionen des Fo, die aus Indien fam, gegen bie : 
der Tatſin, d. i. der Neſtoörianer aus dem Bryantinifchen 
Beiche, und de Muhufu, d. I. ber Magier, nämlich: der 
Guebern feit dem Sturze Pezdegerds, Mitte des VI: Jahr⸗ 
Hunderte, aus Perfien kommend „ausbrachen, ließ fich der Kaiſer 
‚Suentfong, in feinem ſchwankenden Seelenzuftande, einen 
dieſer Heiligen vom Berge Lofu kommen, im Jahre 857, 
um von ibm das Geheimniß des Unfterblihkeitstrante 
zu erfahren. Aus defien Antwort geht hervor, daß ſchon damals 
Die geheimnißvolle Meligionsphilsfophie ihre Denker in ihrer eſo⸗ 
teriſchen Lehre des Lao Tſeu weit uͤber die Stufe der Bars 
datei erhoben hatte: Vor den Thron des Kaiſers berufen, war 
nach den Annalen 52) des Greifes ‚Antwort: „Leidenſchaf⸗ 
ten befiegen und tugenbhaft leben gewähre Ywige 
Gluͤckſeligkeit, died fen dee Unſterblichkeitstrank,“ wor 
auf der Chinefifche Diogenes feiner Zeit um die Erlaubniß hat 
auf feine Berge zuruͤckkehren zu dürfen. — Aber vor. ber Eu⸗ 





51) Abel Remusat Memoires sur la Vie et les Opinions de Lao 
sen Philosophe Chinois du VI Sidcle «.X.n. Paris 1823. 4. 
p 23. s3) P. Gaubil Hist, de la grande Dynastie des Tang 
L . T. XVI. p. 238, : 


J 


814 Oſt⸗Aſien. Waflerfufteme. J. Abfchn. $. 82. 


sopder Zeit, bleibt und dieſe ganze Lanbfchaft, mit ihren Bewoh⸗ 
nern im Dunkel legen, und ſeit derfelben find es nur einzelne 
‚ Duncte die licht werden. 

Wären die fhiffbrähigen Europäer, bie feit Jahr⸗ 
hunderten fo oft an diefen Suͤdgeſtaden fcheiterten, aber body noch 
auf dem Chinefifhen Continent gerettet,‘ von den Mandarinen 
ſtets nach dem Hafen von Canton auf dem Landwege zucuͤck⸗ 
gebracht wurden, um dort ihren Landeleuten auegeliefert zu wer⸗ 
den, Beobachter gewefen, wie H. Hamel van Gorcum (f. ob. 
©. 603, 648), oder neuerlih Capt. Purefoy in Hainan, 
ſo wäre uns _aud das Geſtadeland nad, allen Richtungen hin, 

durch Augenzeugen, bekannt worden. So aber find es nur 
zweierlei Berichte, bie uns mit einigen Datın im Oſten und 
Weften von Canton, in dem Küftenftriche als Augenzeus 
gen orientiren, da faft alle Europäer ſtets fo ſchnell als möglich 
an diefen Geftaden, beim Kommen’ ober Gehen vorüberfegein, um 
nur ihre Hauptflationen zu erreihen; nämlih: die Küftens 
fa.b.es des Schiffes Lorb Amherſt (1832), zwifhen Canton 
und Fukian, und Capt. Yurefoy’s Landtransport 
(nachdem er im Jahre 1804 auf der Infel Hainan Schiffbruch 
gelitten hatte, von berem Gegengeftade) von der —— kLui⸗ 
tſcheu an, oſtwaͤrts, bis nad Canton. 


1. Kuͤſtenfahrt des Schiffes Lord Amherſt, von Canton bie u 
hae (Tchao tcheou bei D’Auville), und der Infel Nan Gaou 
| der Grenzhafin gegen Fukian 53), 

A find nur einzelne Puncte, welche hier beruͤhrt wer: 
ben, feitbem das Schiff, am 26. Febr., ben Hafen von Canton 
verließ, und obwol es auf biefer Fahrt einen vollen Monat (bis 
zum 38. Maͤrz) zubrachte, fo wurden feine Leute doch durch hoͤchſt 
ſtuͤrmiſche Witterung und Wedel gehindert, viele wichtige Beob⸗ 
achtungen zu machen, boc waren die meiflen Puncte, die man 
erblickte, neue Entbedungen, biöher von gie unbeobachtet 
gebliebener Stationen. 

Am 3. Febr. ſchiffte man am Cap Sing und ſchoͤ⸗ 
nen Hafen Camtung vorüber, in dem ein Detaſchement eines 





es) Lindsay Report © f Procoedingg on a Voyage to the Northera 
Ports of China etc. Load. 1833. 8, p- 1—13. Gätzlafis Report 
ebend. p. 269 —271. 





Kuangtungs Geſtade, Chin Tſeun. -815 


Britifchen Kriegsſchiffes, während: einiger Discuffionen mit ben 
Mandarinen, im Jahr 1829, feinen Poiten genommen. Der Has 
fen foll einer der fchönften dee Welt ſeyn, trifflihe Ein: und 
Ausfahrt, und. in jeder Hinfiht Schug gewähren. Aber für Eu: 
. zopäer blieb er bisher wie alle folgenden verſchloſſen. Stuͤrme 
trieben das Schiff hin und her. 

Vor Hae fung been (Haifong hien b. D’Anville) wurde 
man, am 5. März, in eine offene Bay. durch Sturm getrieben, 
in der man eine Menge Junken vor der Stadt Toſhame lie⸗ 
gen ſahe, und dann von der genannten Stadt Haifanghien, 
gegen die Küfte, nah Hwaytfchufu. An diefem Geftade was 
zen die Sprache, die Sitten, die Charactere ber Eins 
gebornen fhon ſehr verfhieden von denen in Canton. 
Sa, den SantonsDialect verfiand man bier nicht mehr. 
Die Sprache fland der von Fukian ſchon fehr nahe. Das 
Volk zeigte fi ſehr arm, aber wohlwollend und herzlich fogag, 
gegen Guͤtzlaff, der fi ihnen verfländigen konnte. 

Cupſchi im. Landes: Dialect, Keatze in der Mandarinens 
fprahe (Kia tse so 6b, D’Anville), wurde, am 9. März, erreicht, 
die Küfte bis dahin überall öde und büre befunden, mit keinem 
oder nur wenig Reisbau, wol aber Weigen, Barbadoes⸗ 
Hirfe, Zuderrohr, Gemuͤſebau. An allen Kuͤſtenorten iſt 
Gewinnung von Seeſalz ein Haupterwerb, Diefe Stadt Kia⸗ 
tfe fo if ummauert, ziemlich groß, ber Hafen voll Junken; das 
Volk ungemein zuvorlommend, die Mandarinen zuclctweifend, 
weil, wie fie ſelbſt ſagten, die Seeundfchaft mit den Fremden’ ih⸗ 
nen nur Degradation bringe. Auch hier, ſo nahe an Canton, 
und noch naͤher bei dieſer Stadt, haßte das Volk die Freniden 
nicht, obwol «6 dieſelben Barbaren nennt. Man erwarb ſich 
bier zwar keinen Handel, aber überall Freunde, | 

Spin Zfeun (Chin suense b. D’Anville) im Dften, 
nur eine Tagereife von ber vorigen Stabt entfernt, iſt eine ums 
. manerte Stadt, am Ufer eines großen Fluſſes, zu dem eine Barre 
den Eingang verwehrt. Hunderte von Fiſcherbooten lagen bavor 
Hier mußte man, vom 17. bi6 22. März, vor Anker liegen. Kuͤrt⸗ 
lich hatte hier ein anderes Englifhes Schiff, das Dpiu m trug, 
einen Monat lang flille gelegen, die Unterhändter hatten das 
Landvolt von jebem Beſuche des Schiffes zurüdgehatten. Auf 
. einigen Landexcurſionen, bie Lindfay und Güglaff unter bie 
nahen Dorfbewohner gelangen, fanden fie —— viel Neu⸗ 





‘ 


816 Oſt⸗Aſien. Wafferfufteme, I. Abſchn. $. 82. 


gierde, Wohlwollen, Gaſtfreundſchaft, Mitthellung; Dankbarkeit 
für gegebene Arzueien und gelungene Curen führte bie Landleute 
mit Geſchenken auf das Schiff der Fremdlinge, obwol diefe Keine 
derſelben annahmen. Aus diefem Grenzdiftrict der Provinz 
Kuangtung gegen Fukian iſt die ſehr ſtarke Auswande: 
sung nah Malacca, dem Sunda Archipel, vorzüglich zu 
den Goldwälderein auf Borneo. Das hieſige Volt ſoll ſehe 
widerfpenflig und empörerifh Tepn gegen die Mandarinenhert⸗ 
(daft, au fahe man am Ufer entlang viele Kortificationes, ob: 
wol in Verfall. 

Oſtwaͤrts ber Stade, bis zu den Elippigen Vorinfeln, welche 
die Briten Breaker Point nennen, unter deren Schug fi 
Sunten bergen können, iſt die ganze Küftenflrede nur Sand; 
zwei Dünen, an 400 Fuß ho, find damit bededt, und fahen 
den Schiffern wie Windſchnee aus. Nordoflwinde wehen 
Diefen von einer nahen Landzunge herbei, auf der fein Brashatm 
waͤchſt. Man befuchte in der Nähe einige Dörfer, deren Bewoh⸗ 
ner nie Europäer ſahen; fie begleiteten ihre feltenen Säfte bis 
zum Ufer zurüd. Stürme jagten bier das Schiff bin und ber, 
und führten «6 an einer großen Stade Haemun, die fonft ums 

bekannt, vorüber, die man nur aus der Kerne liegen ſahe. 

Am 2%. März Morgens erblidte man das Hochland der 
vorliegenden Inſel Nan Gaou (Namo der Eingebörmen), und 
den ganzen Meereshorizont überall mit Fiſcherbooten bedeckt, 
don denen man vom Edjiffe aus wenigftens bis 1200 zählen 
konnte; am Nachmittage erblidhte man am Ufer die Stabt Ching- 
hae (Ting hae der Eingebomen, Ching hai bei D’Anville), 
welche auf einer der Inſeln, an der Mündung eines großen Kuͤ⸗ 
ſtenfluſſes liege, der ſich nach der Jefuiten: Karte unterhalb der 
Gapitale Tchao tcheou b. D’Anville, zum Meere ergießt. Aber 
Bindfay und Güglaff?‘*) nennen nicht diefe, fondern Ching 
bae bie Sapitale dieſes Diftricte®, mit mehr als 200,000 Ein: 
wohnern, eine ber erften Handelsflädte von Kuangton, nad 
Canton bie zweite, an ber Oſtgrenze der Provinz, unter 23” 23° 
MN Br. 88). Der Fluß, welcher die Stadt burchfchneibet, nimmt 
Schiffe von 300 bis 400 Tonnen Laſt auf. Die Stade treibt 
auf ihren zahlreichen Junken einen fehr bedeutenden Handel, nad) 


. 36%) Lindsay Report 1. c. p. 7. | 88) Aslat, Journ. New Ser. 
Vol, XIIL 1894. p. 105. 


Ruang tungs Geftade, Inſel Nan Gaou. 817 


dee Inſel Hainan, nach ben noͤrdlichen Chineſiſchen Häfen, 
und nad) den Coloniſationen im Sundiſchen Archipelagus. 
Jaͤhrlich gehen von hier fehr ſtarke Emigrationen nach dem Wes 
ſten, die gewöhntih in Wohlſtand und mit Reichthum heimkeh⸗ 
ren. Sm Localdialect heißen diefe Einwohner Zaytfhulang 
d. 1. Männervon Zaytfhu. Sie find durch ganz China 
berühmt durch ihren Unternehmungegeift und ihre Ausdauer ; dee 
Miffionar Güglaff:6) kannte ihrer fehr viele in Stam, wo er ihren 
Dialect fprechen lernte, die er hier in Chinghan als Bekannte wicher 
traf. Da der Zoll des Fremdhandels hier ſehr hoch ift, fo ans 
tern viele Junken in einee Beinen Bucht der Borinfel Namo 
(Namao oder Nan Gaou), von wo Ihre Waaren leicht einges - 
fhmuggelt zu merden pflegen. In der Etade find fehe große, 
reſpectable Hanbelshäufer, doch wurde fie diesmal nicht befucht. 
Das Hauptlandesproduct zu Erporten ift Zuder. 
Die Inſel Nan Gaou (oder Mamo):”) ift faſt 3 Meilen 
lang und über 2 Stunden breit, hat an der Mordfeite zwei tiefe 
Baien mit großen Dörfern und Aderland. @ie ift bergig, aber 
öde; doch wird auch hier der Fleiß Chinefifcher Culture fihtbar, 
Der Mandarin refidirt in der Oſt⸗Stadt, die Nan tfze heißt, 
und nur zur Hälfte in der Provinz Kuangtung, zur andern 
Hälfte fhon in Fukian liegt. Es iſt der zweite Kriegsha⸗ 
fen in der Provinz Kuangtung. Hier iſt die Refidenz eines 
fung ping Ban (Admirat), mit einer nominellen Macht von 
5237 Mann Soldteuppen. Davon 4078 zu Canton, 1159 zu 
Fukian gehören, der geößte Theil aber nur auf Papierliften ſteht. 
Man konnte nur 7 bis 8 Meine Kriegs-Junken, von dem Gehalt 
der Beinen Kauffahrer aus Fukian, erbliden. Zwei Forts, je 
des mit 6 bie 8 Kanonen befegt, follen ben Eingang zur Bai 
beherifchen. Die Fremden erhielten einen Zutritt auf den Krieges 
ſchiffen. Es fiel dore fehe auf, von Barbaren ihre Mutterſprache 
fo gut fprechen zu hören, Kenntniffe ihrer Inftitutionen, Literas 
tur ihsee Heimath vorzufinden. Die Herten von bee Kriegsflotte 
ließen fich nicht ausreden, dag ber Miffionar Guͤtzlaff ein Eins 
geborner des nahen Amoy fey. Der Admiral hatte offenbare 
Ungft vor dem Ueberfalle einee Englifhen Kriegsflotte. Die 
naͤchſte Sahrt von dieſer Station Namo (Nanngotching 





se) Gützlaff Report l. c. p. 271. #7) Lindray Report I. e. p. 8. 
Bitter Erdkunde IV. Ssff 


' \ 


818 DfMflen. Bafefoftenie. I. Abſchn. 5. 82. 


bei D’Anville) führte an mehreren fhönen Häfen vorüber nah 
%moy (f. oben ©. 784). 


2, Capt. Purefoy’s Landweg auf der Küfle von der Snfl 


Hainan, oftwärts, bi6 Canton (1804). 
Das Echiff des Handelshauſes Abbot und Maitland ia 


Madras, the Friendship,: auf der Rüdfahrt von Macao 


nach dem. Hafen Zuron in Cochin China, hatte, unter Capt 
Durefoy’s Commando, das Ungluͤck aı:- der Küfle ber Inlel 
Hainan, durd einen jener dort nicht feltenen Zpphbome, am 
11. Nov. 1804, gu ſcheitern; doch wurde die Mannſchaft auf der 
Inſel gerettet, und von da durd die Mandarinen Polizei nad 
Canton zurüdgeführt, bei welcher Gelegenheit der ganze Ki: 
ftenftrich, welcher zwifhen der Juſel und biefem Hafen liegt, 
von den Verungluͤckten während ihres Landtransportes näher er 
kannt wurde. Es iſt dies der. erfte, friſche Blick in jene bis 
dahin den Europäern faſt unbekannt gebliebene Küftenlandfchaft. 
Dom Tage des Schiffbrude an, bis zum 16ten Januar 1805, 
“ mußten die Seretteten, von Drt zu Ort, bis zur Norbküfte und 
zur Capitale Khiungtfheu fu (Kiuntcheou bei D’Annille), 
welche Gapt. Purefoy 75%), wahrfheintih nach dem Landesdia- 
lect und Englifcher Schreibart Huſh eon nennt, vorrüddend, auf 
der Inſel Hainan verweilen. Erſt an diefem Tage Fans bie 
fongerwartete Ghinelifche Kriegeflotte, welche in den dortigen Ge- 
wäffern gegen die Küften: Piraten, bie in großem Aufrube 
“waren, hatte kreuzen müffen, zum Norbhafen von Hainan, 
um die dafige, Handelsflotte zur Ueberfahrt nach der Küfte von 
Canton zu ebcortiren. Sie befreite auch bie gefcheiterte Schiffe: 
mannfchaft aus ihrem Eril, indem fie diefelbe aus dem Fluͤßha⸗ 
fen von Khiung tfcheu fu über den. Canal, der bie Ir: 
ſel Halnan vom Gontinent fcheidet, und gewöhntih Canal 
. der Junken genannt wird, zur naͤchſten Hauptſtadt Lui⸗ 
tſcheu fu kouchdeu van bei Purefop, Loui tcheou bei 
D’Anville) überfegte. Dies geſchah am 15ten Sanuar, am 
Bord von 5 Junken, auf denen aud mehrere ber Cochin Chine 
fifchen Piraten als Gefangene eingeſchifft waren, die in Canton 





758) Capt. Jam. Purefoy Diary of a Journey from Manchao on the 
Sonth Coast of Hainau to Canton, 1804 and 1805. Asiat. Joum. 
Vol. XX. 1825. p. 521 - 627, 621 — 627. 


— 


2 


Purefoys Kuͤſtenweg von Hainan nad) Canton. 819 


hingerichtet werden ſollten. Die Junke, auf bee Capt. Pure⸗ 
fon fchiffte, Hatte 300 bis 400 Tonnen Laſt. Die Zurüdbleibens 
den am Ufer nahmen mit Herziichkeit Abfchieb von ihren veruns 
gluͤckten Gaͤſten; die Mannſchaft der Escorte betrug ſich fehe 
wohlwollend gegen die ihnen Anvertrauten.. Die Flotte paffirte 
Die Flußbarre, und durchſchiffte, in fehr vegulärem Zuge, ben der 
Chinefifye Commodore durch Eignale dirigirte, den feichten Ca⸗ 
nal, welcher dem Capt. Purefoy, deſſen Berichte wir hier fol⸗ 
gen, viel breiter erfhien, als er auf den bekannten Landkarten 
zuiedergelegt iſt. Hier fol einft Pertenfifherei5?) geweſen 
ſeyn, und in vielee Hinficht fcheint diefe Hainans Straße 
auch dee Manar: Straße bei Ceylon analog gebildet. Bald 
erblidte man die Küfte von China, flah und fanbig mit eis 
nem Riff gegen Oſt flreihend, Man ankerte in der Nähe eines 
runden Küftenforts, das die Einfahrt von Kuitfheu fu bes 
ſchuͤtzt. Eine Menge von FSlachbooten umfchwärmten ſogleich, 
von der Küfte her, die Flotte, und boten Lebensmittel aller Art, 
Betelnüffe, Salz, Zuder u. a. zum Berlauf. 

Bon Luitfheu fu begann, am 16ten SSanuar, bie Lands 
reife des Schiffervoiles, 55 Mann‘ an der Zahl, wobei aber 
auch bie gefangenen Piraten, die in Ketten in Bambuskäfigen 
transportiert wurden, mitgezählt find; daher der Zug nur langſam 
fortſchritt, und einen vollen Monat Zeit gebrauchte, che er dem 
Golf von Canton erreichte, obwol bazwifchen viele Raſttage eins 
traten. Eigentlich waren es nur. 15 Tagereiſen, die man von 
dee Stade Luitfcheu fu erſt gegen N. und N.W., dann gegen 
MD. und D. im großen Bogen um die gekruͤmmte Geftadelinie 
zu Lande zurüdiegte, bi man am 1. Febr. die Stadt Chaek⸗ 
lone(?) an einem fhiffbaren Küftenfluffe erreichte, von welcher 
man wieder auf Ju nken theils den Fluß abwärts, theils durch 
viele Inſeln hindurch, und wieder über kurze Landſtrecken 14 Tas 
gereifen weit teansportist wurde, dis man endlich, am 16. Febr., 
die Englifche Saktorei in Canton erreichte, nachdem man in 
allem 20 ummauerte Städte und 256 Drtfchaften berührt Hatte, 
Der Bericht, zumal über diefen letzt eren Theil des Weges, zeigt, 
wie unvolltommen unfere bisherige jefuitifhe Karten⸗ 


zeihnung von biefem Theile der Provinz Kuantong fen 
muß, indem es unmöglich iſt, fi nad dem angegebenen Rou⸗ 





s°) Da Halde Deser. T. I. p. 237. 
Ä | örf2 


‘ 


J 


820 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


tier auf derfelben in jenem vielfach zerriffenen Küflens mb In⸗ 
feigeftade, welches der Süudmweftfeite von Canton vorliegt, 
zu orientiren. Hier nur bie Mefultate des Berichte, durch dieſen 
ungemein bevoͤlkerten, bebauten, mit vielen Ortſchaften dichtbefeg: 
ten Kuͤſtenſtrich, duch welchen die große, bis dahin unbefannt 
gebliebene, ſtarkbefahrne Heer⸗ und Handelsſtraße gegen 
Südweften, offenbar nah Hainan und Tunkin gebt, von 
der und auch fonft gar nichts weiter bekannt worden if. Die 
Schreibart der Namen, nach des Briten Tagebuch iſt, wahrſchein⸗ 
lich im Landesdialect, gewiß ſehr fälfchlicy wiedergegeben, und nur 
an wenigen Eteflen mit den befannten Drtfchaften zu identifici⸗ 
zen, doch führen wie fie in Ermangelung des Beſſeren folgender 
maßen auf: 

1fte Tagereife’®), Bon Luitfheu fu, gegen N.W., 
durch ein ganz flaches Land, mit röthlihem Boden, bee trefftich 
bebaut if. Die Straßen gut befchattet von 2 Baumalleen; an 
mehrern großen Städten vorüber, zur Stadt Hoion. 

2te Kogereife Nah Lockun, 6 geogr. Meil. weit, durch 
teeffliches Adler: und Weideland, viel Zuderrohrpflanguns 
gen, von ausgezeichneter Schönheit. 

‚ Ite Kagereife Nah Hoch⸗un, eben fo weit, durch uns 
abfehbare, ebene Selder, auf Fahrſttaßen für Karren mit gehaue 
nen Steinen gepflaftert; über einen ſehr breiten Käftenfluß, zu 
‚ der gleihnamigen Stadt, die ſtark bevölkert, viele große Schiffe 
- Im Flußhafen vor Anker hatte. Die Straßen der Stabt über 
eine Englifhe Meite laͤng, breit, vol Waarenlager, in denen man 
auch einige Ballen Baumolle von Bombay bemerkte; in ber Mitte 
des Stadt eine Pagode, 200 Fuß hoch. Diefe Stadt iſt auf 
D’Anvilles Specialkarte der Provinz Kuangtung nicht an 
gegeben, 

Ate Tagereife, 18. Ian., nah Hoihun, gegen N.MW., 
ducch ebenes Land, ohne alle Hügel; alles gräm überzogen von 
Weiden und Feldern. Das Landvolk, noch nengieriger als 
auf ber Infel Hainan, begleitet den Zug dee Fremdlinge auf weite 
Steeden; es zeigt fehe große Berfchiedenheit von den Infulanern, 
iſt nicht fo gut, ja fo ſchoͤn gebildet, und weniger gut geklei⸗ 
Det als fie. 

Ste Tagereiſe, 19. San., nah 4 geogr. Meilen Weges 


70°) Capt. Pureſoy Diary of a Journey I. e Vol. XZX. p. Gl. 











4 


Murefons Kuͤſtenweg von Hainan nach Canton. 821 . 


zur Stadt Suifi (Sui ki hien b. D’Anville)5 über eine große 
Ebene, davon ein Drittheil grünes Weideland,. das übrige 
mit Anbau von Reis und Zuderrohr bedeckt. Bon ba an 
aber veränderte fich die Landfchaft, und nun erft fleigen fanfte 
Hügel auf mit einen Geldern und Gärten bedeckt; der Boden 
wird fleinig, und verliert von feiner bisherigen großen Ftuchtbar⸗ 
keit. Die Zeichnung der ſchmalen Halbinfel, die fich nach der 
Jeſuitenkarte gegen Süd, nad) der Hainansnfel als ein Hoch⸗ 
gebirgsland, ganz mit Bergen befegt vorſchiebt, iſt alfo 
bier eine völlig falſche Vorflellung der Kartenzeichnung, nach 
der betiebten Hppothefe, überall die Bergketten zwifchen ben Fluß⸗ 
zügen wie Rippen der Erde auslaufen und ihre Borfprünge bil⸗ 
den zu laſſen. Diefe niebere, flache Halbinfel, Hainan 
gegenüber, fcheint in biefer Hinficht eher denen von Florida oder 
Jütland verwandt, aber in ihrer Art weit feuchtbarer und bes 
voͤlkerter, bebauter zu ſeyn; der von Norbholland analog, Die 
Stadt Suiki ift im Lande beruͤhmt, wegen des feltfamen Hans» 
dels mit weiblihen Schönheiten, die aus den fernften Provinzen 
hierher ganz jung gebracht werden, um fie in Muſik, Geſang und 
Tanz zu unterrichten, wie in allen Künften zu gefallen und zu 
bezaubern. Daher die hiefige Miederlage für die reichen und hoͤ⸗ 
bern Stände, das ganze Reich mit Concubinen diefer Axt verforgt. 
‚ bte Tagereife, 21. Ian. Nah Sudfung (wol Hoa 
tcheou.b. D’Anville), durch eine fchöne grüne Ebene von weiter 
Ausdehnung, auf braunen Sandboden, ber in der zweiten Tages: 
hälfte überall Reisbau zeigte, dazwiſchen aber Wäldchen von 
Pinus und Pfifihbäumen. Uberall, in beflimmten Diftanzen, 
zeigten die Kaifershbäufer, d. i. NRaftbäufer ober Kara⸗ 
wanferais, vom Gouvrernement für die Reiſenden und die 
Truppenzuͤge erbaut, daß man eine Kaiſerſtraße betreten hatte. 
Meitenzeiiger, 7 Fuß hoch, mit angenagelten Brettern, gaben 
Die genaue Entfernung der Stationen und die Namen der Haupts 
orte an. Bei jeder Iren Li (3 Engl. Miles nah Purefoy) 
iſt eine Heine Barade errichtet, mit Wachtthurm und Signals 
ftange; in der Gerne warın 3 weiße Pyramiden (mol Pagoden?) 
erlennbar. In der Stadt Sudfung, mit mehr al6 70,000 
Einwohnern, die am Fuße einer großen Gebirgskette (uns 
fireitig der Sübabhang des Fü King, f. oben S. 730) liegt 
wurde man in einen Miao, oder Tempel, einquartict. Die 
Mauern der Stadt, die an einem Berge emporgebaut find, ſchlie⸗ 


822 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchu. $. 82. 


Sen außer den Häufeen aud noch Pinuswälder, Gärten, Teiche 
u. f. w. ein. Die Steaßen der Stadt find enge, aber alle ge 
pflaftert, zeinlich; der Marke mit Lebensmitteln gefüllez Zuk⸗ 
fer und Dei aus einer eigenen Mußart bereitet, find berühmte 
Landesproducte. Der Civilgeuverneur dee Stadt, ein gelebrter 
Mandarin, war abwefend, der Militaircommandeur der Sarnifor 
ſehr artig, Iud den Capitain zur Mittagstafel ein, an welcher 
auch die Damen Theil nahmen, die ihren Spaß’an der Unge 
ſchicklichkeit des Briten im Gebrauch der Eßſtoͤckchen hatten, aber 
zugleich Wohlwollen genug, ihm Löffel bringen zu laſſen. 

7te Tagereife, 2. Ian. Nah dee Stadt Sun: 
nong 61) im Gebirgslande einer füdlihen Verzweigung des Fü 
Ling. Ein fruchtbares, ſtark bevoͤlkertes Thal, ducchſetzt zwei 
Bergketten, die noch eine Stunde weit auseinander bleiben; 
in dieſem Thale geht der Weg bis zur Stadt Sunnong (?), 
weiche durch den ſtarken Durchgang der Fremden als Paffageort 
bedeutend wird. Die Zahl der Wirthshaͤuſer tft hier fehr groß; 
eins besfelben, in welches Gapt. Purefoy eintrat, war zwar nur 
einftödig, aber 300 Fuß lang, mit Tiſchen, Baͤnken, Kochſtaͤtten, 
Bädern u. ſ. w. verſehen. In allen Wirthéhaͤuſern haͤlt man 
hier warmes Waſſer zum erquicklichen Fußbad, für die vielen ans 
kommenden Fremden bereit. Man erhält in dieſen fletö vollen 
Meftaurationen alle Speiſen, die man verlangt, auf das treifs 
lichſte bereitet; der Marqueur wartet auf, und bringt die Karte 
. zur Bahlung der meiſt ſehr billigen Zeche. Als der Capitain Pus 
sefop für fih und die Seinigen zahlen follte, kam einer ber 
Säfte zu Hülfe, und fand die Rechnung su groß. Er ſchalt den 
Wirth, daß er die Fremden übertheure, und fagte ihnen, was 
zechtmäßiger Weife ihre Zeche fey. 

Ste Ragereife, 24 San. Zur Stadt Fa theon on 
(wol Kao tcheou fu bei D’Anville), nur 3% geoge. Meile fern, 
gegen N.N.D., auf ziemlihen Wegen, durch eih bergiges, rauhes 
Zand, deffen Thäler jedoch noh gut mit Berg⸗Reis bebaus 
find ; die Berggehaͤnge mit vielen Farrnkraͤutern und Gebüfch bes 
dedt, das von Gold: und Silder-Phaſanen wimmelt. 
Hier über dieſen Gebirgepaß zogen fehr viele Fuhrleute mit ih: 
sen Waaren auf beladenen Raͤderkarren. In der Stabt, die an eis 
nem Bergabhange erbaut iſt, und ein antike Anfehen hat, 





„e2) Capt. Purefoy Diary I. c. p. 623. 











% 
i) 


Purefoys Kuͤſtenweg von Hainan nad) Canton. 823 


\ n 

2 Stunden im Umfang mit verfallnen Stadtmauern umgeben, 
wurde der Zudrang des, ungemein neugierigen, obgleich immer 
fehr wolmollenden Volks, doc fehe beſchwerlich. Die mit großen 
rothen Backſteinen (18 Zoll ins Gevierte) gut gepflaſterten, rein⸗ 
lichen Straßen ber Stadt, hatte man gegen ben heißen Sonnen⸗ 
ſtrahl mit Schugdeden von ben verfchiedenften, bunten Tarben 
überfpannt. | i 

Hte Tagereiſe, 2. Ian. Ueber ben ſchiffbaren Fluß 
Sui fan min, gegen N.O., durch ein ungemein pitoreskes, 
romantiſches Gebirgsiand, das von vielen Baͤchen bewaͤſſert, tref⸗ 
Lich cultivirt iſt, vol reicher Gärten und zerſtreuter lieblicher Land⸗ 
fige, bis zue Stadt Nam [hing ‘) (wol Yangtschun hien 
bei D’Anville),. Hier erblidte man das erſte Weigenfeld 
mit feinen Halmen ganz regulate in Linien gepflanzt. 
Das Wirthehaus in diefer Stadt, die an 75,000 Einwohner hat, 
war fo groß, daß jede der 55 Perfonen, bie daſelbſt einquartirt 
wurden, ihr eignes Zimmer hätte einnehmen ‚tönnen. 

10te Tagereife, 25. Ian. Nah Cautheom (7) gegen 
O. N.O. 4 geogr. Meilen. Seht große und hohe Gebirge era 
blickte man in weiter Ferne (dee Juͤ Ling im Norden? f. oben . 
S.757). Die große Straße fühefe durch eine fhöne Ebene, 
vol Aecker, die mie Reis, Weigen, Tobak, füßen Pata⸗ 
ten, Rübe (Turnips) bedeckt waren. Die Stadt, mit weit: 
läuftigen Vorſtaͤdten und 80,000 Einwohnern, liegt am Weſtufer 
eines großen ſchiffbaren Fluſſes; das Wirthshaus war mit allen 
moͤglichen Bequemlichkeiten fuͤr die Reiſenden verſehen. Unge⸗ 
achtet die Stadtmauern ſich 30 Fuß hoch, aus Backtſteinen auf: 
gebaut, erheben, hält Capt. Purefoy doch dafuͤr, daß bie6 
ganze Land fuͤr ein Britiſches Heer von 10,000 Mann, nur eine 
Leichte Eroberung feyn würde. | 

1ite Kagereife, 277. Ian. Segen N.N.O. und O. N. O. 
an mehreren Bergen mit roͤthlichen Felſen voruͤber, zur Stadt 
Tiſi, wo man mit einquartirten Chineſiſ Len Dfficieren zufam: 
mentraf, die ſich die ganze Nacht mit Kartenfpiel unterhielten. 

120e Tagereife, 8. Jan. Gegen D.S.D. 4 geogr. Meis 
len durch wohlbebautes Land, fanfte Hügel, weitläuftige Bambus⸗ 
wälder, über, 2 Fluͤſſe, bis zur Stade Sui Hong (3) deren Um⸗ 
gegend durch Ayuäducte, die von Waſſermuͤhlen verforgt werden, 





.2) Capt. Purefoy Diary I c. p- 623. 


824 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


weit und breit bewäflert und befruchtet wird. Die Waſſerraͤder, 
12 bie 14 Fuß im Durchmeſſer, find aus Bambusrohr gebaut 
mit irdnen Schaufelgefchirr an den Querbrettern zum ausfchöpfen 
bes Waſſers. 

13te Zagereife 9. San. Nach einer kurzen Strede durch 
fandigen, fhlechten Boden, trat man wieder in deſto bebauteres, 
fruchtbares Gelände ein, das an der Morbfeite, zur Linken, von 
einer felfigen Bergreihe begleitet wird, die mehrere Hare Gewaͤſſet 
herabgießt, auch einige warme Quellen erzeugt. Ducch mehrere 
Ortſchaften, von Bambuswäldern umgeben, nah Zimpod (?) 
eine große Handelsſtadt am einer tief einfegenden Meeresbucht ge: 
legen, mit 2 guten Häfen, einem inneren und einem dußern, 
benen mehrere Infeln vorliegen. Diele große Junken ftationirten 
bier; fie führen bedeutende Ladungen von Salz nad Macao. 
und Canton. Die Stadtmauern haben 4 Engl. Weiten ind 
Sevierte, find 35 Fuß hoch, treflich erhalten, mit umlaufenden 
Graben; die Thore find mit Eifenbarren verfehen. Die Güfte 
wurden in einen Miao einquartirt, in welchem einige SO Idole 
geößtentheil® Trunkene und Beraufchte vorftelten, in den unans 
ſtaͤndigſten Situationen, 

1406e Tagereife, 30. San. Gegen O. N. O., durch abmed: 
felnde Hügel und Ebenen, zwiſchen ein paar oben Bergen hin, 
43 geogr. Meilen weit, zu einem Wirthshauſe, dem größten feis 
mer Art, in dem an 800 Dienfhen Raum fanden. 

15te Kagereife, Z1. Jan. Durch wohlbebaute Thäler, und 
gutes aber holzarmes Weideland ; über 3 Stüffe geſetzt, bis man 
nach 5! geoge. Meilen die Stadt Thipong (?) erreichte. 

16te TZagereife, 1. Febr. An diefem Tage fam man zur 
Stade Chuck Io ne, am Ufer eines fchiffbaren Stromes, wo 
bie ganze Geſellſchaft eingefchifft wurde. 

Die folgende Reife’) vom 2. bis 16. Sebruar, über ein 
von Fluͤſſen und Meeresarmen fo durchſchnittenes Terrain, das 
dad feicht, fandig, ſunpfig, aͤrmlich, bald wieder fruchtbar und 
ſtark bebaut war, und in folhen Krummungen, daß die Berichte 
erflattung daruͤber nur ſehr ungenügend erfcheint, und keine ges 
nauere Örfentirung erlaubt, als eben nur das allgemeine Reſful⸗ 
tat, daß die Speciallarte der Provinz Kuangtung, Tab. XV, 
der Jeſuiten, bei D’Anville, in defjen Atlas de la Chine, biedurch 





?e2) Capt. Purefoy Dissy L c. p. 624 — 627. 


u 
[4 








Canton, das Welt» Emporium. 825 


in Ihrer großen Duͤrftigkeit erſcheint. Won ben bort genannten 
großen Städten Dung cone, Yung tcheo, Thy.wone, 
Sun hung, Su hung, Sam fut, Sinam (die 150,000 
Einwohner haben fol) und Bacon (mit 1,000,000 Einwohner) 
iſt keine Spur auf derſelben zu finden, noch weniger von den 
vielen Heineren namenlos gebliebenen Städten, Feſtungen, Haͤ⸗ 
fen, Flüffen, Gebirgen, Kornmagazinen u. ſ. w. die bier paffict 
werden mußten. Daß nicht einmal eine Stadt, wie Facon (ob 
Fo chan bei D’Anville?) fo bicht in Weften, volkreicher als 
Canton, ben Europäern bekannter feyn fol, würbe in jedem 
andern Lande, wie Ckina, kaum glaublich ſeyn. Capt. Pures 
foy finder die Angabe der legteen, von einer Million Einwohner 
nicht übertrieben, da feine Leute mit ihm 8. Stunde Zeit ges 
brauchten, um fie von Weften nah Often zu durchziehen, 
Die Häufer waren zweiftödig, nett, mit Glasfenſtern verfehen, 
den Europäifd;en ſehr ähnlich, voll Gewerbe und Fabriken. Der 
Fluß, 2 Engl. Meilen breit, war. gebrängt vol Junken, auf des 
nen Überall die Handwerker ihre Werkſtaͤtten aufgefhlagen hats 
ten. Unter ben unten bemerkte man ſehr viele große, reich ges 
fhmüdte Schiffe mit Zimmern, bemalt und vergoldet, in dem 
Straßen viel Tempel, voll Sänger, Ränzerinnen u.f.w. Nach⸗ 
dem fie das öftlichfte Ende diefee Stadt verlaffen hatten, erbiids 
ten fie ſchon in Zeit von einer halben Stunde in weiter Ferne 
die Flagge dee Britifchen FSactorei in Canton; in Zeit von ei⸗ 
ner Stunde landeten fie, und wurden von ihrem Chef: Zupers 
eargo, damals Mr. Drummond, mit großer Leutfeligkeit em⸗ 
pfangen. 


BI. Canton, das Welt-Emporium; Macao, die Eus 
ropaͤer⸗Station. Der Verkehr der Chinefen 
mit den Sremben. 


Die Portugiefen verloren zwar buch eigne Schuld ihre 
Niederlaſſungen in den öftlichen Chmmefifchen Häfen in Fukian, 
Tſche kiang u.f. w. erwarben aber durch die Umftände begüns 
figt, einen feften Punct zu Ihrem Handel mit China und 
Japan, auf der felfigen Infel Macao, die dem Hafen bes 
Emporiums von Canton, außerhalb ber Mündung des Ta . 
Sikiang vorliegt. Unter dem Schutze der Portugiefen 
blühte feit ihrem beginnenden Verfall, duch ihre Kämpfe mit 
der Holändifhen Marine, bier, ber Handel verfchiedener Matios 


- 


825 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


nen, zumal der Engländer wie ihrer Colonieflaaten 
auf. Diefes Infeihen Macao wurde durch feine Weltftelung, 
im SIndifh:Auftratifh:Chinefifhen Orient, zum Anfagpuncte 
eines Handelskeimes, ber fich feit ein paar Jahrhunderten, 
auf das großartigfte zu einem mädtigen Fruchtbaume entwidelt 
bat, der Millionen in Bewegung fest, und Millionen Gewinn 
giebt; auf defien Verzweigungen fi der Saamen des Verkehrs 
erzeugte, der feitbem den ganzen Erdball umflogen, und die com: 
mercielle Thaͤtigkeit aller feiner Bewohner in ein den ganzen 
Welthandel umſchlingendes Netz verwebt hat. Das SSuterxcfie 
aller feefahrenden Völker Europas, wie Nordamerikas und 
vieler Indiſch-Auſtraliſchen der Welteultut entgegen zeifens 
den Völker und Golonifationen, war und ift an diefes Weit: 
Emporium gelnüpft, weil ihm eine Population von mehr als 
800 Millionen Menſchen, das heißt ein faft verboppelte® Europa, 
im Rüden liegt, zu der es bisher nur die einzige Eingang 
pforte bildete. Das Monopol der Engliſch-Oſtindiſchen 
Handeis:Compagnie, welche feit einem halben Jahrhundert 
Bewerberin dieſes Verkehrs geworden war, bat, in Beziehung auf 
den China: Handel, feitdem nah dem Beſchluß des Parla⸗ 
mentes, nach dem 1. April 1834, fein Ende erreiht. Es beginnt 
alfo feitdem ber freie Handel der Briten und ihrer Colonien 
mit China von ihrer Seite; ob den kühnen und minder con- 
fequenten Unternehmungen Eünftigee Privaten, denen die präs 
paratorifchen Verfuchsreifen-des Schiffes Lord Amherſt vorber: 
gingen, es gelingen werde fih mehrere Eingangspforten 
für den Europäerhandel mit dem Himmlifhen Reiche der Mitte 
zu bahnen, und auch einen freiern Handel von der Chines 
fifhen Seite wirklich zu erringen, wird bie Zukunft Ichren. 
Wie der Theehandel den Nordamerikaniſchen Freiflaäten bie 
Veranlaffung zu ihrer veränderten politifchen Geſtaltung gab, 
follte daffelbe Intereffe des Theehandels, der feltfam alle 
civilifieten Völker der Erde umfchlingt, vielleicht eine ruͤck⸗ 
wirkende Kraft, auh auf die Heimath feiner Erzeugung 
(f. oben S. 777) auszuüben beſtimmt feyn, und die Männer 


von Fukian wie von Tſche fiang von ihrem Mandarinens 


joche befreiend, zum felbfiftändigen Verkehr mit dem Art: 
lande führen. Die Zukunft wich dies lehren. Wie bleiben bier 
vorzüglich, nach einer officiellen Quelle, bei einem kurzen Abriß 





Canton, daß Welt» Emporium. 827 


der Verhättniffe 769 flchen, bie Cantone geographiſche 
Stellung zum MWeltverkehr überhaupt, im Verlauf der Jah 
hunderte, bis zue Aufiöfungsacte des monopoliſirten Chinahans 
dels durch das Englifhe Parlament, gewonnen hat. : 
Die Portugiefen waren zwar fchon Im Jahre 1517 vor 
dem Hafen Canton, bei der Inſel Tamang (oder Tamu), 
. dei Meilen fern vom Feſtlande gelegen, unter Fern. Perez) 
und fpäter unter defien Bruder Simon Perez vor Anker ges 
gangen 3 fie hatten in ben folgenden Jahren, durch Sefandte, 
Unterbandfungen mit dem Kaiferhofe. zu einem Handelsverkehr 
mit China Über Canton begonnen. Aber Im Sabre 1520 waren 
fie, da fie bei dem erfolgten Tode des Kaiſers fih nicht dee 
Zanderfitte fügen wollten, nach welcher dann alle fremden 
Schiffe in der Trauerzeit die Chineſiſchen Häfen verlaffen müffen; 
mit Gewalt durch ein mörderifches Gefecht aus bem Hafen von 
Canton herausgejagt worden. Won der Erfüllung ihres Ge 
fuches, dort eine Factorei anlegen zu dürfen, konnte alfo nun 
nicht mehr die Rede ſeyn, und fie wurden als verbäctige 
Barbaren, bie nuc auf Groberungen, wie fie es in Indien ges 
macht, aud in China ausgehen wollten, und ale eine Art Pis 
raten, welche von jeher jenen SüdsEhinefifchen Geſtaden gefähre 
lich geweſen find, fie übten auch ‚wirklich Gewalt gegen Chinefls 
ſche Kaufleute aus, und machten junge Chinefen zu Schiven, 
gänzlich zurüdgemiefen. — Dies ift die erfte Bekanntſchaft 
der Ehinefen zu Canton mit Europäern, bie in ihren Fols 
gen Jahrhunderte nachgewirkt Hat. Alle folgenden Verſuchs⸗ 
anſiedlungen in ben oͤſtlichen Häfen Chinas, waren bei dem ins. 
eonfequenten und willtührlihen Benehmen der Portugiefen nur 
temporät, dennoch ließen fie ſich auch von bem Verkehr mit 
Canton oder vielmehr deffen Uferlande, nicht ganz zurüdfcheus 
en; fie wagten es fogar auf einer ber vorliegenden Sinfeln auf 
Sanchoan (Chang tehuen bei D’Amville, Sancian der 
Jeſuiten 66) auch St. John ber Briten) im S. W. bes heutigen 


70%) Pet. Auber, Secretary to the Hon. the Court of Directors 

. of the East India Campany, China an Outline uf its Govern- 

ment, Laws and Policy, and of the-Britisı and Foreign Em- 

bassies to, and.Intercourse with, that Empire. London! 

8. 1834. 419 pag. *#) De Barros Asia b. Soltau Th. I. 

p- 71, 203 etc. °°) P. Atlıanas. Kircher China illustrata Am- 
atelod. 1669 iol. lib. I. c. VIE. p. 96. 


828 Oſt⸗Aſten. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


Macao, einige Hütten? zu errichten, bie zwar öfter zerſtoͤrt wur: 

den, die fie aber Immer wieder erbauten, weil ihre vorüberfegeius 
den Schiffe dieſelbe gem zu ihrem Erfriſchungkotte erwählten. 
Sie wurde von geößerer Bedeutung als 1542, Ant. de Mota 

mit feinen Gefährten, buch Sturm gegen N. O. verfhlagen, Sa: 
Jan entdeckte, bas reiche Zipangu (Dfhepen) DM. Polos, 
das nun zahlreichere Schaaren von Schiffen, Handelstens 
ten, und die Jeſuiten mit ihren Miffionuen, auf jene flarkbes 
völkerten Culture» Infeln lodte, bie am aͤußerſten Oſtende Afiens 
in diefer Periode wie hellglaͤnzende Puncte im Kranze feiner zahl⸗ 
zeichen maritimen Gliederungen hervortreten. Als der ſchwaͤrme⸗ 
riſche Ordensgefährte Ign atio Loyolas, naͤmlich Sranciss 
cus Xavier, der Apoſtel Indiens genanat, von feinen ſtuͤrmi⸗ 
ſchen Miffionen im Drient (1542 — 1552 97) durch den Tod zur 
Nuhe gebracht, auf der Inſel Sancian fein Scab fand, blühte 
diefe als Daffageflation und ale MartyrersSnfel noch 
mehr wie vorher auf, obwol bie Chinefen alles anmwendeten, fie zu 
verdraͤngen, ober auf andere Klippen (3. B. auf Sampas 
cao) uͤberzufiedeln. Das Fifher: und Piratenieben vieler 
dortigen Gefladenbewohner, führte öfter den Einwohnern vor 
Canton kritiſche Momente herbei. Im Sabre 1557 hatte 
Dee Corſaren⸗Admiral Thunfilao (Ichang filao bei Du 
Dale) alle dortigen Küften und Juſeln verheert; er bedrohte 
auh Canton und zwang deſſen Behörden, bei den Portugies 
fen Beifland zu fudyen, bie ihn, im mehreren Gefechten verfols 
gend, auf der Küfteninfel Macao auch vernichteten (nad) einem 
Manufeript im GSenathaufe in Macao, das im Canton : Regis 
ſter bekannt gemacht it 8) Zur Belohnung diefes Beiftandes 
wurden fie dem Vicekoͤnige von Canton vorgeflellt, und uns 
tee dem Borwande, ihre Ammunition und Vorraͤthe trocknen zu 
müfien, blieben fie an der damals noch unbewohnten unb üben 
Inſel Macao, richtiger Ama Sao, nah einem Gögenbilde 
genannt, bie ihnen zur Belohnung ihres Beiſtandes gegen Abs 
gaben von Tribut und Zoll von den Waaren, unter dem eif: 
sen Kalfer dr Ming: Dynaftie, Chitfong ober Klatſing 
(ex ſtirbt 1567), auch uͤberlaſſen blieb. Dort erbauten fie Häus 





’e?) N, Trigautii de Christiana Expeditione apud Sinas etc. Col. 
1617. p. 163. °*) Asiatic Jonrnal N. ser, 1831. Vol, V. p. 
J43; Du Halde Deser. de is Cbine T. I. p. 241, 


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‘ 


Canton, das Welt Emporium. 829 


fer, Capellen, und fuben ihre Landsleute zur Anfieblung von den 
Verſuchsſtationen, zumal von Sancian, dahin ein. So bluͤhte 
nun Macao fhnel auf, zum Haupt: Emporium der Portugies 
fifchen Marine; in dem eben damals ‚der claffifche Heldendichter - 
der Portugiefen, Camoens, einige Jahre in der Serbannung 
lebte. 

Als die blutige Portugieſenverfolgung in Japan, zu An⸗ 
fang des XVII. Jahrhunderts, gegen ihre dortigen habſuͤchtigen 
und verbrecheriſchen Miſſionen zum Umſturz der einheimiſchen 
Dynaſtie begonnen hatte, blieb ihnen als naͤchſtes Aſyl ihrer See⸗ 
unternehmungen, ſeit 1639 60), im aͤußerſten Oſten nur Macao 
übrig. Sancian ſank ſeitdem wieder zur einſamen Inſel einiges 
Fiſcherdoͤrfer 7U) herab, auf der nur noch eine St. Kaviers 
Gapelie, von ben Portugiefen am Grabe ihre® Heiligen erbaut, 
ſteht; aber auh Macao erlitt den verderblichſten Schlag durch 
die völlige Vernichtung des einträglichen Handels mit Japan, deu 
feit der Mitte des XVII. Jahthunderts ausfchließlich in bie Hänbe 
der Holtänber, dee mit en vorzüglich in die der Englaͤnder 
überging. 

As nun in ber Mitte biefes Jahrhunderts aber in China 
dee Verfall der Ming: Dynafie begann, unterflügten bie 
Dortugielen, von Macao aus, die fliegende Partei bes 
Mandfhus&roberer gegen bie Patrioten, die der eins 
heimiſchen Dynaſtie getreu bleibend, fih an die Suͤdgeſtade Chis 
nas zuruͤckzogen, wo fie den Mandſchu, die noch Feine See⸗ 
macht hatten (die feit 1658 ihre erften Flotten zu bauen bes 
ginnen konnten) auf ihren Schiffen den laͤngſten Widerſtand 
zeigten. Hler wurden fie unter dem Namen dee Piraten vers 
folgt, und das breite Geſtadeland Länge dem Meere verheert und 
verwuͤſtet, um ihnen jede Stüge und Vorrath abzufchneiden. 
Auf Vorbitte bee Fefuiten?!) fol bamals Macao erhalten 
und der Belig den Portugiefen von dem Mandſchu⸗Kaifer be⸗ 
ſtaͤtigt worden ſeyn. 

In jener Periode (1698) ſahe der beruͤhmte Weltreiſende 
Gemelli Eareri?2) bie anni von Macaoz er giebt 





er) E. Kämpfer Gedichte und ———— von Japan, Yubgpı 
dv. Dohm, Lemgo un ah 4 ©, 66. 
.Descr. de la Chine T. I. p. 2 1) Zufäge gu Da Halle 
"1756. Ih. V. p. 150. Gemelli Careri Giro dei Mondo 
ed. Venezia i719. 8 T. V. p. b ete. 


\ 


830 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abfchn. $. 82. 


ibe 5000 Portugiefifhe und 15,000, Chinefifche Einwohner, das 
GSpinefifhe Gouvernement geflatte ihnen, gegen jährlichen Tribut 
von 600 Tael, zwar eigne Gerichtsbarkeit, aber legte ihrem Dan: 
dei und Wandel gewaltige Laflen auf. Er nennt, außer dem 
Jefuiten⸗Collegium, daſelbſt noch 6,andere Chriftliche, zum 
Theil ſehr geſchmackvolle Kirchen; doch meint er, die Stadt ſey 
ſehr arm bei ihrem Drud vom den Mandarinen, bie fie ſtets zu 
verpflegen haben, wenn fie auf Macao erfheinen, durd ihre Ab: 
bängigkeit von Goa, gegen deſſen Vicekoͤnig fie oft rebelliſch ver⸗ 
führen, und dadurch, daß fie Eeinen Fuß breit Ader befigen und 
nur allein vom Meere leben müflen. Ihr Verfall ſchritt mit 
dem Berluft ihres Handels auf Japan fort, und dee Handelt 
neid von ihrer Station auf Macao alle andern Europdifchen 
Nationen ausſchließen zu: wollen, ja fie bei den Chinefen ſtets 
als Piraten anzufhmwärzen, hat ihnen auch keine Frucht gebradt 
Die Engländer, bie noch unter Königin Elifabeth ?2) (in 
den im Jahre 1596 von Sir Rob. Dudley ausgefandten 
Schiffen, in bemfelben Zahre, wo ber Holländer Barenz bie 
Nordoft:Paffage nah China fuhee, und auf Nova Zem⸗ 
bla einfror) den Weg nad) China nicht hatten finden kön 
nen, und nad) vielen Jerſalen endlich nad Weſtindien verſchla⸗ 
gen taten, Mo faft die ganze Mannſchaft elendiglih umkam, 
machten bald Fortſchritte in der Indifhen Marine; eben biefe 
noch unfcheindaren Nebenbuhler der Holländer, die bamals 
einander fehe feindlich entgegen flanden, nahmen die Portugie 
fen jeboch eben darum durch einen Sreundfhaftstractat 
ſchon im Jahre 1635 7*) in Macao mit auf, wo fie der jungen 
Engliſch Oſtindiſchen Compagnie geſtatteten, ihre Schiffe 
zu ſtationiren, die mit China Handel treiben wollten. Diefer 
Tractat wurde 1654 duch Diiv. Cromwell zum Bellen des 
Britiſchen Handels erneuert, und 1664 erhielten dieſe auch ihr 

erſtes Haus in Macao, womit ihr Fortſchritt begann. Die 
Hortugiefen, bie fi wie ſouveraine Gebieter gerieten, wur⸗ 
den von den Chinefen jedoch angetviefen, guch ben Holiändern 
Haͤuſer daſelbſt zu geflatten, und zu manchem andern verpflichtet, 
was wol zeigte, dab Macao, nad) Chinefifher Anfidt, 
keineswegs als ausfchließliches Eigenthum des Portugiefen anges 





772) Dav. Maopherson Annals ofCommerce London 1805. 4. T. U. 
p. 210. - '*) P. Auber China an Outline L c. p. 135. 


- — 








Canton, das Belt - Emporium, 831 


fehen werde, fondern bie zur anbung der Fremden übers 
‚haupt von Chinefen beflimmte Inſel ſey, falls biefe mit China 
Handel treiben wollten, :wie audy Documente in den Factoreien 
anderer Nationen in Macao’5) dies befiätigen. Daß aber 
hieraus viel Feindſchaft und Misverhältnig unter rivalifirmden 
Handelsmächten entftchen mußte, die alle dem Commando ber - 
Mandarinen : Polizei und dem früher feflgewurzelten Druck der 
Portugiefen nicht ausmweihen konnten, - wenn ihnen ihr Vortheil 
lieb war, ift begreiflih; Macao blieb indeß des fchönen Namens 
einer infularen Refidenz ber Fremden an der Pforte des Himm⸗ 
Ufhen Reiches ungeachtet flete nur im Angefiht von Canton, 
ein von Mandarinen umflelltes, weites Gefaͤngniß, vol Bewegung. 
für mercanfite Thaͤtigkeit, die zu erweitern das Embaffadens. 
weſen der Europäer nad Peking begann, welches die Quelle 
zur nähern Kenntniß der Chinefen, und des Chinefifchen 
Landes und Staates murde, abet im Allgemeinen fiets 
fruchtlos für den Hauptzweck ablief, und faſt gar Beine vor. 
theilhafte Ruͤckwirkung auf den freiern Handel in Macao 
oder Canton ausübte, 

Portugiefifhe Geſandtſchaften 6) gingen nad; ber 
erſten verunglüdten, von Thom. Perez unter Fern. Perez, 
im 3. 1520 und 21, nur noch vor Goa aus, im Jahre 
1660, die aber nicht einmal bis zur Reſidenz vorbeang, und 1754 
eine von ben Portugiefifhen Prieftern in Macao, zu ihren Brä- 
bern in Peking abgefandt, die mit geiftlichen auch für mercantile 
Intereſſen unterhandeln follte, aber fo ſehr ohne allem Erfolg 
blieb, daß bie Portugiefen kurz nachher in Macao nur no 
mehr gedruͤckt wurden, durch Einfchränkung ihrer Gerichtsbarkeit, 
durch Proceffionen von Gögenbildern u. a.m. Die Holläns 
ber, bie fi Früher damit begnuͤgt hatten, die Krämer det Ins 
bifhen ‚und Chineſiſchen Waaren zu fepn, welche fie von den 
Portugiefifhen Weltſchiffern auf ben Gewuͤrzmarkt zu Lifs 
fabon auflauften, und dann buch Europa vertheilten, eben 
diefe rüfteten, feit dem Verbot Philipp des II. als König von 
„ Poetugal, auch ihnen den Hafen von Liffabon zu ſchließen 


⸗ 





78 ) History of the Pirates who infested the China Sea transl. from 
the Chinese Original whitch Notes bs Ch. Fr. Neumann, Lond. 
nn 8.. E VIII 26) P. Auber China on Outline L o. 
De. — } 


x 


- 


⸗ 


832 Dft-Aflen. Waſſerſhſteme. I. Abſchn. $. 82. 


(im Sabre 1594) ,. ihre eignen Handelsfhiffe nah Oſtin⸗ 
dien und China aus, die von jeder einzelnen Stade ber 
7 Bereinigten Republiken bald in fo "großer Anzahl in den In⸗ 
difchen Gewaͤſſern umherſchwaͤrmten, daß fie fi felbft nur ge: 
ſchadet hätten, wenn fie nicht durch die Generatffaaten bazu vers 
anlaßt, feit dem Sahre 1602, in die Eine Oflindifhe Coms 
pagnie zufammen getreten wären, bie nun freilih allen andern 
Mitbewerbern des‘ Gewinns ein um fo mächtiger Dorn im Auge 
‚werden mußte. Ihre Verfuche, directen Handel mit China zu 
gewinnen, mislangen, feit 1607 eben fo wie die der andern Eu: 
ropaͤer; von ihrer Anfiedfung auf Formoſa 1624, wurden fie 
4661 wieder mit Gewalt duch dem Piraten Coringa audges 
trieben; ihe Verein mit Portugiefen auf Diacao konnte nidt 
gedeihen, dieſe Hochmögenden Herrn Hatten andre Hauptnaͤrkte 
in Batavia und Nangafakti in Japan, in denen fie fi 
eben fo abfıhloffen wie jene Shre Geſandtſchaften 7) zur 
Huldigung ber neuen Dynaſtie bes Mandſchu⸗Kaiſers, von 
Canton ausgehend, buch Pet. de Goyer und Jac. de Kaps 
fer 1665 bis 1656 ausgeführt, die 3. Neuhof befchrieben hat 
(f. Afien Bd. U. S. 231), welche mit der Moscovitifchen des 
Deter Baikow, vom Norden ber zufammentraf (f. Afien 
Br. I. S. 549), blieb ganz feuchtlos, obwol fie fih ber neunma: 
ligen Proſternations-Ceremonie unterwarfen, an welcher die Lord 
Amherſtſche Embaffade fcheiterte (f. ob. ©. 570); ihre Gefchente 
wurden ald Tribut angefehen, und ihnen, wegen ihrer großen 
Entfernung, nur erlaubt, alle 8 Jahr einmal mit biefem Tribut 
ſich wieder bei Hofe einzuftelen. Died Refultat, das ihnen die 
Verlaͤumdungen ihrer Feinde, ber Sefuiten in Peking, melde 
fie als Keger und Handelönebenbuhler haften, zugezogen haben 
follen, brachte keine Veränderung in ihrem beengten Handel mit 
China hervor, und nachdem fie ihre Feftungen auf Formoſa 
verloren hatten, brachten ihnen ihre wiederholten Embafjaden 
nad Fukian, 1661, und die glänzenderen nad Peking, 1664, 
durch Pet. von Hooen keinen größeren Erfolg, eben fo wenig 
wie die Embaffade zur Statulation ber 60 jährigen SFubelfeiee 
Khien longs 179, von Ih. Tiging, welche Ban Braam 
und Deguignes befchrieben haben. Die Ruffifchen Sefanbts 
ſchaften find immer auf den Norden Chinas beſchraͤnkt gebfieben, 


\- 





217) P, Auber China L co. p. 85 —123. 





Canton, das Welt: Emporium 833 


und bad erfte Erfcheinen Ruffifiher Schiffe im Hafen von 
Canton (dad aus Kamtfchatla entflohene Schiff, unter bed 
Abenteurer Benjowstis Commando, ſtatlonirte im Sept, 
1771 nur n Macao, um: mit Franzoͤſiſchen Schiffen weiter 
nach Europa zu ſegeln), unter Capt. 9. Kruſenſterns Befehl, 
erregte die größte Verwunderung am Pelinger Hof, über das 
Vordringen jenes Polarvolkes, der Goloſe, d. i. Ruſſen, im. 
Süden, und das Kaiferliche Edict, welches diefer Nation, bee 
fih China von ber Landfeite öffnete, den Zutritt von dee Sees 
feite gänzlih unterfagte. Indeß waren die Breiten in 
Indien, feit einem Jahrhundert zu einer fouverainen Macht 
im Drient herangewacfen, unb ihr Handel hatte fich vers 
zehnfacht. Wenn im Jahre 1747 die Zahl 78) ber. Europdis 
fen nad China handeinden Schiffen das hoͤchſt ſchwache Vers 
haͤltniß, feeitich zu einer Kriegszeit, darbot, da Srankeeih und 
Großbritannien in Fehde flanden, nämlid in Summa nur 20 
Ghinafabrer nah Canton, davon 2Daͤniſche, 4 Schwes 
diſche, 6 Hollaͤndiſche, 8 Engliſche: fo mar baffelbe 
nach 42 Jahren bedeutend gefliegen. Im Jahre 1789 zvechnete 
man dahin 86 Chinafahrer: davon 1Franzoͤſiſches Schiff, 
1 Dänifhes, 3 Portugieſiſche, 5 Holländifche, 15 der 
Vereinigten Staaten von Nord-Amerika, 21 dr Enge 
liſch⸗Oſtindiſchen Compagnie, und 40 Schiffe von Bris 
tifhen Uhterthanen in Indien; fo daß alfo 61 Schiffe 
unter den Cantonfahrern Britifhen Unterthanen ges 
hörten, davon 21 der. Oftindifhen Compagnie, überhaupt 
die größten Kauffahrer des Derans, und von dem übtis 
gen 40 viele berfelben ihnen an Groͤße zunächft flehend, von. 
dem Reſte aber noch 15 duch Britiſche Abkoͤmmlinge in 
Nord⸗Amerika, und ein Theil davon noch mie Beitifhen Ca⸗ 
pitafe geführt wurden; daß Englands Macht dadurch, geſtuͤtzt 
duch ihre Herrſchaft vom Indus über den Ganges zum 
Burremputer und der Mündung des Jrawadi, über Cey⸗ 
lon bis Singapore, den Vorkauf in Canton behauptete, 
und den Verfchleuß der Chinefifchen Waaren für die übrigen Erd⸗ 
theile faft ausfchtleglich gewinnen mußte, ergiebt ſich hieraus von 
ſelbſt. Daher auch. deſſen größte. Anfirengungen buch Embofe - 


’ 


70) Dav. Macpberson Annals of Commerce l. c. TI p- 259, 
T. IV. p. 19%. 


Aiter Erdtunde IV. ws ©99 


J 








834 Hft-Aflen. Wafferfufteme. 1. Abfchn. $. 82. 


fabden (Lord Macartney 1792— 179 und Lorb Amherſt 
1816 — 1817 779) wie durch Unterhbandlungen aller Art, fi 
feeier in feinem Verhaͤltniß zu China zu bewegen, und endlich 
die Reihe von Viisverftändniffen, bie feibft in Schden ausarteten, 
und die neue Berfuchsreifen, flatt ded einen Eingangs fich buch 
Kuͤhnheit und Gegenlift, neh mehrere derfelben zum Waaren⸗ 
abfag zu erringen. 

Die völlige Öppofition An der Entwidlung des Driem 
tes und Occidentes tritt zwifchen den beiden größten Don: 
delsftaaten ber Alten Welt Cbei dem gewinnreichfien 
Verkehr, der auf der ganzen Erbe auf keinen andern Punct 
derfelben wie bier concentrirs erfcheint) eben bier, in unab 
weichbar feflgewurzelten Landesgefegen®®) und Landesges 
bräuden auf eine fo ſchlagende Weife hervor, daß eben diefe 
ununterbrochenen Migverfiändniffe nur allein duch den großen 
Gewinn wieder ausgeglichen werben konnten, den beide Thetie 

dadurch umverfennbae genießen. Die Zeit wird bier” allmaͤlich 
‚vollführen, wa6 weder das Beſtreben der Chinefen nad ber Eu- 
sopder unmittelbar ins Wert zufen kann... . 
Der Handel: der Briten in Canton), gefichen bie 
Beamten bdiefer Nation ſelbſt, beruhte nie auf Rechten und Pris 
vilegien oder Troctaten, die zwifchen ‚beiden Nationen aud nur 
wie die Gapitulationen mie der Tuͤrkiſchen Mächten flipufirt we: 
zen, fondern nur auf Conceffionen und Hetrkommen 2), Nie 
if ein Handelstract, nie ein Uebereintommen über die Zoll⸗ 
gebühren, über die Zulaſſung der Chinefifhen wie der Europüis 
ſchen Handelsleute abgefohloffen worden. Man kann daher au 
ſtreng genommen, fo lange man die Selbftkändigkeit des Chine— 
fiſchen Reiches anerkennt, keine Fordeyungen machen, und China 
bat daher in feinen Augen immer und ewig Recht; was es thut 
ift rein nur Gnade gegen frembe Barbaren, oder väterliche Wohl: 
that feines Beherrſchers gegen laͤſtige Fremdlinge, die nicht felten 
durch ihr Europäifches Benehmen als freche Rebellen, als fremde 





17°) P. Auber China an Outline p. 193 — 202; 254 — 280. 

"= 80) Sir. G. Staunton Penal Code of China ; deſſen Miscella- 
neous Notices relating to China, and our commerczal Interconrse 
2 Ed. Lond. 1822. 8. ec. _*:) H. Eis Jonroal of tlıe Pro- 
ceedings of the late Embassy to China etc. Lond, 1817. 4. p. 43. 
*2) Abel Remusat sur le commerce des Anglais d’apres le Che- 
valier George Staunton in Nonveaus Melanges Asiatig. Paris > 
1829. T. I. p. 309 — 324, 


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4 


Eanton, das Welt Emporium. 835 


Pd ', 
Barbaren gegen das Chinefifche Reich erſchlenen, und auch als 
olche noch mit Milde behandelt werden. Als Beifpiel nur hier 
3er Anfang ber Streitigkeiten, welhe der Embaffade des 
2ord Amperft die nächte Veranlaffung gab, Die Handlung 
eines Engliſchen Sſchiffscapitains des Kriegefhiffe Doris, der 
ein Amerikaniſches Schiff innerhalb der Grenzgewaͤſſer des Chis 
nefifchen Gebietes, naͤch den Grundfägen des⸗Britiſch⸗Europaͤi⸗ 
ſchen Seerechtes caperte, empörte die Megierung zu Canton.. 
Sie verlangte von dem Select Comittee der Britifhen Supers 
cargoes biefen Raub zu hindern, das Schiff (ein Kriegsſchiff 
der Königlichen Marine) nad Europa zurüdzufhiden, und vers 
fagte Zufuhr von Lebensmitteln, und bedrohte die Briten, fie mit 
Gewalt aus dem Hafen von Kanton zu vertreiben. Die Ants 
wort, daß eine Handels: Compagnte nicht für das Krieges 
ſchiff ihres Könige refponfabel gemacht werden könne, war na⸗ 
türtih für einen Tſung tu, das heißt fo viel als Generals 
gouvetneurin.Canton, un’aßlih, und die Europäifch ges 
feumäßige Form hinderte wiederum den Borftand der Oftindifchen 
Sompagnie, das „ſchuldig“ über die Caperei eines Capitains der 
Königlihen Marine auszufprehen. Nun wurde allen Chinefen 
der Dienft bei den Rebellen der Englifhen Factorei verboten; der 
Chineſiſche Linguift (Dolmetſcher), der für bie Compagnie das 
Portrait des Prinz = Megenten zum Gefchent an den Minifter 
Sung ta jin nach Peking gebracht hatte, wurde wegen feines vers 
trauten Umganges mit den Fremden Barbaren geprügelt, und in 
das Gefängniß geworfen 5 der Handel flodte, alle Remonſtratio⸗ 
nen halfen Nichts, ‚großer Verluſt entfland auf beiden Seiten 
— bis nad) einiger Zeit der Gouverneur zur Werföhnung geneigs 
= ter, den Vorflellungen Sir G. Stauntons Gehör zu geben, 
und alle zur alten Ordnung zuruückzukehren fchien. Aber des 
Tfong-tu Berihe fchwärzte bie Briten, und das Recht war 
nah Chinefifcher Anfiht auf feiner Seite, bei dem Kalfer in 
Peking anz der Erfolg (den man erſt durch die Embaſſade in 
Peking 1816 ſelbſt erfuhr) zeigte fich in erneuerten fulminiren⸗ 
den Edicten des Kaifers gegen die Chinefen, die mit Chriften in 
nähere Verbindung traten, und in Ktitifirung der Methode ber 
Hondeisführung in Canton. Die jüngeren Hong Kaufleute foll⸗ 
ten, weil ihnen Capitalien fehlten, vom RO mit den Briten 
° entlaflen werden, Sit &. Staunton feh ald zu genauer Kens 
mer der Innern Angelegenheiten bes Chinefifhen Staates untee 
-&99 2 


en 


836 Oft-Afien. MWaflerinfteme. I. Abſchn. $. 82, 


firengere polizeiliche Surveillance zu flellen u. a. m. Unter bie 
fen ungünftigen Umftänden‘ wurde die legte Embaffade Lord 
Amherſts 80) (die aber von bem verläumberifchen Berichte de3 
Gouverneurs noch keine Ahndung hatte), nah Peking, in ber 
Adfiht gefhict, die Wahrheit bei Hofe geltend zu machen, 
und die Mittel anzugeben, woburd die Hemmungen bes Verkehrs 
in Canton vermindert werden moͤchten, ja man fchmeichelte ſich 
feibft, die Erlaubniß eines Englifhen Refidenten in Peling (mir 
die Ruffifhe Miffion) und den directen Handel dahin, über den 
Golf von Perfcheli,.zu erlangen, wurde aber durch das gänzliche 
Mislingen des Unternehmens, wovon die obflinate Berroeigerung 
der neunmal wiederholten Ceremonie ber Profternation (ans 
Ewei kew kow, oder das Kotom nad Clarke, richtiger Kheous 
theom ber Chinefen nach Abel Nemufat) 8°), nur dem Schein 
nach als Urfache angegeben war, völlig enttäufcht. Bei der Ruͤck⸗ 
kehr des Schiffs Alcefte, welches den Sefandten nad Peking 
getragen hatte, wurde ihm Behufs der Ausbefferung deffelben, 
bie Einfahrt in den Fluß von Canton verfagtz der Capt. Mars 
well aber, dieſe Verfagung ber perfönlichen Feindfchaft des 
Tſongtu von Canton zufchreibend, achtete fie nicht, und beachte 
das Chinefifhe Feuer der Kriege-Junken, wie des Forts, an dee 
Einfohrt, durch eine einzige Salve aus feinem Geſchuͤtz fchnek 
‚zum Schweigen 8); hiermit blieb es beim alten Zuſtande. 

Die Stadt Canton (Kuangtfheou fu), bie Gapitafe 
der Provinz, liegt, nad Pat. Gaubils Beobachtung 8), unter 
23 12 N. Br. und 109° 20 DO.2. v. Par. (nad) Engl. Aufnahme 
113° 16° D.2.v. Gr.) ®), faſt einen Breitengrad im Norden von 
ber Infel Macao (unter 220 12N. Br), bis zu welcher fidh die 
Mündung des großen Si Kiang in 2 Hauptarmen direct gegen 
Süden ergilft. Zwifhen dem nörblihen Hauptarm Tſchu⸗ 
kiang (d.h. Tigrisfluß, Bocca Tigris bee Europäer), und 
dem Pekiang, oder Tſchhing kiang, ift die Stade Gans 
ton, nahe dem Wendekreiſe erbaut. Die Vorſtaͤdte und 
Gärten liegen im — Suͤd und Weſt, die eigentliche Stadt im 


133) Abel Remusat sur ——— du Lord Amherst a ia Chine 
en 1816. in Melanges — T. I. p. 431 - 451. 24) Clarke 
Abel Narrative 1. c. dı. p 93-97, 108 etc. 85), ebent, 
p. 207. 20) P. — Plan de Canton ia Sondet Obserrat. 
Math. Astron. eie, Paris 1729. 4. p. 123 - 125. °?) Chart of 
the Canton River constr. b. J. — red. b. Auber. 














Canton, das Welt» Emporium. 837 


DfE mit Ummauerung iſt duch eine Quermauer, bie von Oft 
nad Wet parallel mit dem Fluß läuft, in zwei Hälften getheitt, 
Die Chinefenftadt am Ufer bes Stromes liegend, die Ta⸗ 
tarenflade ihr im Norden vorgelagertz die Breite von beiden 
ift eine halbe Stunde, ihe Umfang 4 Stunden. In der Tas 
tarenſtadt refidirt der Tſang kiun, MilitaiesChef der Pros 
vinz, in welcher 20,000 Mann Truppen flationict ſeyn follen. 
Diefer Stabteheil war damals (1723) ſchlecht bewohnt, und hatte 
noch viele leere Räume : Die Chineſenſtadt iſt dagegen gut 
gebaut, mit fhönen Straßen, Zriumphbogen, Promenaden, Tem⸗ 
peln und Palafigebäuden, in denen Gonfuciuß verehrt wird, wo 
die Gelehrten⸗Schulen find, die Staatseramina gehalten toerben, 
wo der Rfongtu oder Generalgouvemmeur, we der Militair⸗ 
Commandant wohnt und andere mehr. Die meiſten Wohns 
haͤuſer find einftödig, die Straßen nicht fehr breit, aber dicht 
gebrängt voll Mrenfchen, bei einee Bevoͤlkerung, die man 
auf 800,000 Seelen, alfo fo groß wie in Paris angiebt. Im 
Sabre 1822 zerflörte eine Feuersbrunſt in kuͤrzeſter Zeit 10,000 
Mohngebäube, und ließ 70,000 Menfchen ohne Obdach; aber 
nah 2 Jahren war bes unberechenbaren Verluſtes ber Chinefi⸗ 
{hen Waarenmagazine ungeachtet faſt alles wieber aufgebaut. 
Canton), ale Gapitale der Provinz, als Grenzfeſte 
des Reiche, als Haupt: Emporium mit dem Ausfande, als 
Fluß- und Ser: Hafen ift eine der bebeutendften Städte Chi⸗ 
nase. ‚Bu ihrer Menge dee Wohnhäufer, die in ihren untern 
Räumen faft insgeſamt nach vorn, oft mit den beilfanteften Kauf: 
däden in Porcellan, Steinfhneibereien, Minerals 
farben, Glaswaaren, Apothelerwäaren, Kupfer, 
Opium, Taback, Seidenzeuge, Büchern, Mora u. dal. 
verfehen, nach hinten Waarenmagazine für das Chineſiſche Reich 
find, kommt, den ſchiffbaren Etrom und deſſen Hafen, 2 Stun« 
den entlang, dee Wald von Maften, bie dicht gebrängte Schif⸗ 
ferſtadt, in welcher Schiff an Schiff in allen Größen, in fans 
gen Linien aneinander gereiht liegt, die zwifchen fih nur ſchmale 
Gaſſen zum bins und herfahren der Junken übrig laſſen. Man 
rechnet, daß wenigftens 10,000 Fahrzeuge aller Art bier vor Ans 
ker legen, unter ihnen lange Straßen von Chinefifchen Gaſthaͤu⸗ 





“) Macartney Voy. ed. Castera Tom IV. p. 286 etc. H. Ellis 
Jourhal 1. c. p. 410; Clarke Abel Narrat. L c. p- 207 etc. 


dð 


838 Dft-Afien. Wafferſyſteme. L. Abſchn. $. 82. 


fen auf Schiffen, bie des Nachts auf das glaͤnzendſte erleuchtet 
und beſucht find. Hunderttaufende von buntgefärbten Lampen 
erleuchten bes Nachts diefe Schifferſtadt wie die Straßen inne: 
halb der Mauern 
Ein fehr flarker Theil der Population von Canton, mk 
feinen Familien, wohnt bier auf dem Waſſer, und betrier felten, 
oft nie das Land. An ber Tiußfeite des Tſchu Kiang, gegen 
Süd, liegt die Vor ſtadte mit den Gebäuden und Magazinen 
ber Europdifhhen und anderer Afiätifhen Factozeien; 
fie contraftiren durch ihren fchönen Bau und die Anordnung in 
geraden Straßenlinien, mit Hallen und Promenaden, wie durch 
bie wehenden Wimpel ber verſchiedenen Nationalfinggen, gar ſehe 
mit der Chineſenſtadt. Nur allein hier Tann jedes Europai⸗— 
(he Hanbdelsgefhäft mit den Chinefifhen Handels; 
leuten abgemacht werden, wie eimft nur einzig in der Milefi⸗ 
ſchen Hafenſtadt, Naukratis CHv 08 Tonakugv gover ı 
Navxpurıg Eunögiov, xırl GAAo dudEv» Aryönztov. Herodot Lib. 
U. © 179,78), an der Canopifchen Nilmuͤndung, jebes Geſchaͤft 
der Griechiſchen mit der Aegpptiſchen Handelsmele 
Hier iſt aber das merkwuͤrdigſte und emfigſte Getuͤmmel und Ge 
draͤnge aller Nalionen der Weit, aller Sprachen, alır 
Religionen. Die feefahsenden Nationen Europas (b.i 
Golopa nad; Chinefifher Ausſprache), aller In diſchen Gewaͤſ⸗ 
ſer, von Arabien buch Inder und Malapen bis Siam, 
CochinChina, Tunkin, über die Sunda-Inſeln und Me: 
niten bie zu den Liquejo's, und nah Auftralien, hierzu 
bie Amerikaniſchen Seeſchiffe. Man zähle in diefer 
Vorſtadt am Flußufer entlang die 13 Schyfan bang, ode 
Faktoreien, Logen, Comptoice, der verſchiedenſten Nationen, 
die jede ihre Mamen haben, der Engländer, der Holländer, 
ber Parfen, der Moros ober Araber, dee Schweden 
( Tſchenkwo), Dänen (Tan), Sranzofen (Solangi), Por; 
tugifen (Bu kiuh ya), Manillabewohner, Amerikaner, 
ſelbſt Deftreich har hier fein Ma yng hang, oder Ma ping 
bong, d. h. Comtoir des Doppel-Adlers, "die im Sabre 45 
Kaiſer Klakings, d. i. im Jahre 1781, zum erflen male nad 
Chineſiſcher Statiſtik hierher gekommen feyn follen, defien Kaufı 





"»®) J. Rennell the Geographical System of Herodotus etc. 2 Ed. 
. London 18%. 8. T. Il. p. 162 166. 


— 


n 


Canton, das Welt» Emporium. ' 839 
eute Tatſchen (Teutſche) genannt werden, bie die Religion des 
Dersm bed Himmeld angenommen haben, und Brüder find des 
Tanying, oder einfachen Abler: Königreich (d. 1. Preu⸗ 
ten), bie auch in neuefler Zeit dosthin Handel zu treiben kom: 
nen. Hierzu die alles überbietende Zahl einheimifher Schif⸗ 
'er, Gefchäftsleute und Junken aus Chinas Häfen, oder aus 
einen woritzerfirenten Golonien im Archipel. Jedes diefer fremd 
ren Europdifchen Erabtiffements beftcht aus vier und mehreren 
Haͤuſern, aus gewaltigen Magazingebaͤuden, Gärten u. ſ. w. Das 
Beben und Weben gehört, bier, buch die feltfamften Gontrafte, ' 
wie durch die Größe der Gefchäfte und Munnichfaltigkeit der Nas 
tionen aus allen Theilen det Erde, unſtreitig zu den großartigs 
Ren Gemälden menſchlicher Gewerbthaͤtigkeit. 

Unterhalb der Stadt, zwifchen vielen Flußarmen und durch 
Ganäle bewaͤſſerten Reisfelbern, liegt die Snfet Whampu, oder 
Whampoa (Huangpbu der Chinefen), im Fluß von Can⸗ 
ton, dem Tfhufiang, wo die Douanen für die Europaͤiſchen 
Seeſchiffe find, die den Strom (Bocca Tigrid der Europäer) nicht 
weiter auffegeln dürfen, und daher hier vor. Anker liegen bleiben. 
Zwei Forts auf den Inſeln, und drei Forts an den Flußſeiten, 
follen die Stadt vor Ueberfällen fihern. Suͤdwaͤrts, unterhalb 
Wpampu, eröffner fi) die Mündung des Sluffes Von Cans 
ton immer mehr, und wird allmälih zu einer weiten Meeres⸗ 
bucht, der fehr viele, zerſtreute, größere und kleinere Inſeln vors 
liegen, deren eine auch die an fich unbedeutende Macao (Ama 
Sao bei Gemelli Careri, Sao mun in ber — Schif⸗ 
ferſprache) iſt. 

So wie ein Europäer Schiff") zwiſchen dieſen Inſeln er⸗ 
ſcheint, welche ber Einfahrt vorliegen, zeigt ſich fogleich ein Pilot, 
"der es in die Macao: Strafe geleiten fol. Die Einfahrt iſt 
ohne alle Gefahr, auch fegein die meiften Schiffer weiter, ohne 
den Piloten abzumarten, ber bei fchlechtem. Wetter zuweilen an 
Bord kommt. Deffen Name wird aber im Keun min fus:Büs 
reau, bei Macao, aufgezeichnet, und für die Licenz der Ein: - 

fahrt hat das Schiff 600 Dollar zu sahlen. Der Pilot ift haͤu⸗ 
fig aus ein gemeiner Fiſcher, zur Metbung beim Buͤreau beftellt, 
das nun den. Maß auszufertigen hat, weicher zur Einfahrt in bie 





vo) P, Auber China an, Ontlins eh. IV. British — with | 
China p. 123 ete, : 


⸗ 


840 Oſt Aſien. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 82. 


Bocca Kigris, wie überhaupt die breite Mündung bes’ Gap: 
ton-Fluffee von den Europaͤern genannt wird, und nach WB bh am: 
pu nothiwendig if. Auch die Griechiſchen Schiffer mußten, wenn 
fie in irgend einem andern Hafen ber Aegpptifchen Küſte ertappt 
wurden, fhwören, daß nur widrige Winde fie dahin getrieben, 
und ſich fofore zum Einlauf nah NRaufratis bequemen , wir 
alle Eurgpäer Schiffe nah Whampu. Einen Beſitz kanm kein 
Europaͤer weber hier noch in Canton haben, fondern jede Etek: 
if dort nur von ben Chinefm gemiethet. Die Fremden fon: 
nen bier keineswegs mit jedem ECingebornen nad) Belieben ver 
kehren, nicht von ben Probucten bes Landes nad, Belieben Lau: 
fen, nicht im Lande umhergeben wie fie wollm. "Sie find überall 
beſchraͤnkt, gehemmt, bewacht 792), wie «6 in der platomifchen 
Republik, nah den Staatseinrichtungen der Epidamınier, 
’al6 Muſter galt, daß der Staat ſelbſt den für den Handel um 
Austaufch der Producte nothwendigen Betrieb in Händen behalte, 
Damit die Sitten der Bürger durch den Verkehr mic den Fremd 
Ungen nicht verberbt würden. | 

Jedes Europäer Schiff muß fogleih einen Pao hing, bt 
einen Sicherheits-Raufmann ?), von Staatswegen ann 
men , einen Linguiften ( Doimetfcher) und einen Maͤkler, che es 
ausladen darf; es muß eine gefchriebene Deelaratior, in Dupks 
cat, über feine Waaren abgeben, und oftenfibel bezeugen, daß es 
kein Opium enthalte (das officiel als Contrebande gilt, aber dis 
nen Hauptartikel des Verkehrs mit China ausmacht), Dom welcher 
Erklärung nur bie Compagniefchiffe audgenommen find. Der 
Linguift beforgt alle kleineren Geſchaͤfte, und echält von jedem 
Schiff, dem er gedient, vor befien Abfahrt 173 Dollar. Dee 
Pao hing iſt refponfabel fe jede Pflihterfüllung, fowol bins 
ſichtlich der wichtigen Abteagung ber Zollgebühren und Abgaben, 
als auch für das übrige gehorfame und ordentliche Betragen bes 
Mannfchaft des ihm zugetheilten Schiffes. Die Hengs find 
aber Die einzigen Kaufleute in Canton, welche bucch das Eais 
fertihe ausſchließliche Priviiegium bes Chincahan: 
dels mit den Frembden, dad Momopol biefes Verkehrs im gan» 
zen Befig haben. Hong, bang heißt im Chinefifchen Handel 
tseiben, ‚und bezeichnet zugleich ‚bie Zrlviligizte Chimefifche 


301) Reumann, die Shinefen ımb die Engländer a. a. O. S. 149. 
»2) P. Auber a. 0. D. 
V 





Canton, das Welt · Emporium. 841 


DandelöCompagnie, welche im Auftsag des Staats den 
Europaͤiſchen Compagnien entgegen teil. - 
Der erſte Verſuch von Seiten der Chinefen biefes Monopol 
In die Hände eines einzigen Falferlihen Raufmanne (Hops 
po) 23), der große Summen dafür an den Staat zahlen mußte, 
niederzulegen, batirt fich exfl vom 3. 17025 er wurde damals von 
dem Supercargoes der Europäer das Handels Monftrum 
genannt, und man hoffte auf feinen baldigen Sturz. Auch fahe 
er fi bald genöthige Andere an feinem Gewinn Theil nehmen 
zu laſſen; zur Führung bdeffelben kamen nad) und nach beflimmte 
Megulirungen. Bei Befleigung bes Throne zeigte Kalfer Khiens 
Long ein Beſtreben, den Handel mit den Fremden auf eine ges 
rechte Weife zu ordnen (im Jahre 1736). Den Englifchen Schifs 
fen wurde beim Ausladen der Waaren zu Whampu der Zoll 
von 10 Procent Abgaben durch ein kaiſerliches Edict erlaffenz 
Dagegen bie Auslieferung ber Kanonen und Amunitionen wähs 
send des Aufenthaltes anbefohlen. Die Manbarinen proclamies 
ten das Edict 9%) öffentlich, und verlangten von den Briten das 
bei, wie von den Chinefen, die Ceremonie der neunmaligen Pros 
ſternation, als vor einem Act ber kaiſerlichen Gnade. Da dies 
von den Briten verweigert wurde, erließen bie Beamten auch bie 
Befreiung vom Zoll nicht, und die Engländer unterliegen es, ihr 
Geſchuͤtz auszuliefern. Die baldige Erfheinung des berühmten 
Englifhen Commodore Anfon, mit dem erften Britifchen Einige 
lichen Keiegsſchiffe, im Hafen von Canton (im J. 1741 
und 1742), um bafjelbe zu verprovianticen und auezubeflern, 
führte neue Misverftändniffe herbei; fein Andenken wurde in der 
Benennung dee Anſons⸗Bay, in einer Slußverengung unter 
halb dee Whampoa⸗Inſel, erhalten. In jener Periode (1757) 
wurde jeder Verkehr der Ausländer in den andern, mehr öftlichen ' 
Häfen, durch neue Edicte völlig abgefchnittenz alle Verſuche ber 
Engländer , fich noch anderweitige Stationen auszuwirken, mits . 
taugen. Die Kaufleute von Canton thaten alles, fi birs 
Monopol zu erhalten, und bie Generalgouverneute der Provinz 
Hatten ihre guten Gruͤnde ebenfalls beim Gouvernement da fuͤr 
zu ſtreiten. 
Außer dem taiſe rlichen Kaufmann, fuͤr den das Ges 
ſchaͤft mit den Fremden allein zu beſtreiten unmoͤglich ward, Heß 





92) P. Anber u & p IM. »% hend, p- 102, 16... . 


842 DfteAlien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


die Chineſiſche Staateverwaltung ein neues vaͤterlich Tautendes 
Edict ergehen: Angeſehene, reiche, treffliche Männer ſollten ber 
vortreten, denen dieſer Handelszweig übertragen werden koͤnne, bie 
zugfeich die Bürgfhaft übernehmen Tönnten und wollten, für 
alle dabei etwa vorfalfende Unbill. So entſtand bie urfprünglid, 
aus XU Mitgliedern befichende Yangbingfhang (Yang 
hing nad der Gantoner Ausſprache hang, daher die Hong 
Kaufleute ded Oceand), d. 1. die priviligirte Chinefifche 
Gompagnie für ben auswärtigen Handel), die zwar, 
in Coipore, für das gefebliche Betragen der Sremdlinge Bürgs 
‚Schaft leiften muß, die aber den Pao hings wiederum für das bes 
fondere Schiff Buͤtgſchaft auferlegt. Mit irgend andern Nichte 
peivilegieten Leuten zu handeln, iſt gefegwidrig; die Dong 
fegen daher ganz mad; Belleben die Preife der Waaren feſt; bie 
Gontrebande wurde daher nothwendig, um biefe Privilegirten 
zu zähmen, und ben Marktpreiſen nur einigermaßen näher zu 
rüden. Die dortige Contrebande, d. h. der Handel mit Nicht⸗ 
privilegirten, iſt aber eben fo unficher als gefährlich, weil den 
Chinefifien Banqueroteur und Betrüger zwar bie Strafe teifft, 
ber dem Fremden Fein Recht nah Klage und fein Erſatz dei 
Verluſtes; denn die Eonfiscation der Wearen gefchieht zum Wer 
xheil des Chinefifhen Fiscus; der Verluſt ift jebesmal auf Seite 
des Fremden. Die eigenchümlichen Einrichtungen ber Chineſiſchen 
Staatswirthſchaft gegen die Fremden, haben in unuͤberwindliche 
Schwierigkeiten verwickelt. Die Bürgfhaft der Pao hing für 
die Schiffewelt einer fremden Marine, voll roher, unfittlicher Sees 
‚leute und Hanbetevolt, das am Geſtade von Canton nur auf 
‚feinen größtmöglichften Gewinn ausgeht, iſt, im Verhältnift zu eis 
mer fo mistrauifchen Polizei und eines’ fo eigennügigen einheimi⸗ 
gehen Gouvernements, eine fo gefährliche Aufgabe, daß fih nur 
‚felten bazu wohlhabende und dabei rechtlichgeſinnte Männer vers 
fi chen werden; wer aber einmal dazu vereidet ift, kann fih nad 
G hinefifcher Staatspraxis nie wieder bavon loßfagen, und er muß 
ſieh von feinen eignen Staatsbehoͤrden alle nur möglihen Ernie 
derigungen gefallen laffen, die ben wenig: geachteten KRaufmanııde 
find in China überhaupt treffen, zumal bem mit dem Ausland 
in Verkehr tretenden, daher: in biefem Werpältniß alled voll Lug 


und Zeug. 


wos) Reumann, bie Spinefen und die Engländer a. 4, D. ©. 142-162 


‘ 











’ 


“Canton, das Welt» Emportum. 843 


‚ Die Europäer verlangen. vofi- ben Chinefen, einem 
freien Handel, keine privilegirte Monopoliſten, fie wollen ihre 
Proceſſe von den Chinefifchen Landesgerichten, nicht von ber 
Handelskammer (Kongfo) ded Hoppo ober ZdNHops 
p0%), fo heiß: in neuerer Zeit die Behörde, welcher die Genes 
tale Intenbanz Über den Sechandel Übertragen wurde, und 

dee Hong gefchlichtet fehen. Aber die Mandarinen fügen: 
Keineswegd; die Gnade des Kaifers vergönnt euch fremden, 
‚Barbaren bie Producte des Mittel:Reiches einzutanfchen, ohne 
die ihe nicht leben koͤnnt. In ihrer väterlichen Fuͤrſorge weiſet 
fie euch die ehrenwerthen Männer zu, mit denen ihe handeln follt 
And müßt; mit euch Barbaren fetbft will fie nichts zu thun has 
ben. Wir kennen euch nicht; ihr folle euch auch nicht um uns 
befümmern, nicht um unfern Staat, um unfere Sprache und 
" Riteratur, deshalb geben wir euch bie Tongſſe (bie Lingui⸗ 
fen), die eure. Sprache verftehen. Für euer gefegliche® Betra⸗ 
gen“bürgen und unfere Hong. — 

Wirklich iſt es ſtrenges Verbot, den Fremden in der Chines 
ſiſchen Sprache Untercicht zu geben, es iſt ſtrenges Verbot, für 
die Fremden in der Chinefifhen Sprache”) ihre Petitios 
nen an bie Behörde des Hoppo am Thore von Canton ſelbſt 
abzugeben, die® kann nur in ihrer eigenen Mutterfprache gefches 
ben, aus ber fie von ben Linguiften erſt überfegt wird, und nur 
allein der Präfident der Britiſch-Oſtindiſchen Compagnie kat, feit 
1814, dieſes große Vorrecht, in Chinefifher Sprache feine 
Detitionen einreihen zu dürfen erhalten. Es ift ferner ſtrenges 
Verbot irgend ein gedrudtes Chinefifches Wert an die Frem⸗ 
den zu verlaufen. Prof. Neumanns in Canton mit ſelte⸗ 
nem Eifer zufammengebrachte, reihe, Chinefifhe Biblios 
thet, deren wohlwollender Mittheilung mancher ihrer Schaͤtze 
auch wir in gegenwärtigee Arbeit manches intereffante Datum 
verbanten, Eonnte nur unter der Rubrik als‘ „Ballen weißes. 
nicht bedrucktes Papier” durch die Thoͤre von Canton mit gro: 
fer Gefahr ausgeführt werden. Ihnen ift es Herabwuͤrdigung, 
wie den Byzantiniſchen Griechen, ihre erhabenen Geiſteswerke den 
Barbaren in die Hände zu geben. Andere Artikel find aus Staates 





*) Two Edicts from the Hoppo of Canton to the Hong Merchants 
20. Oct. 1825. transl, b, Davis in Transact, of the ee As. 
Soc. Vol, I. p. HI. ”) ebenb. p. 544. 


- 


\ 


844 De Aſien. Wafferfofeme. J. Wfhn. $ 82. 


genden auszuführen verboten, wie... B. das Eiſen, wie kai 
Römern, wo Todesſtrafe darauf ftand, obwol das Chinefifche Eis 
fen ſchlecht IfE und beffen Ausfuhr nur mit Bambusfireichen bes 
ſtraft wird. Nur Tauſchhandel (Mob ih) iſt erlaube, d. b. 
die Fremden dürfen baares Geld mitbringen und damit zahlen, 
abır Beine Wechfelgefehäfte, keine Geldanleihen machen; edle Me: 

alle, wie Gold und Siffe, d. i. reines Silber (Siffe 
heißt eigentlich fehe feine Seide, in Canton ifl dafür der Aue⸗ 
druck Wanpin gebraͤuchlich) auszuführen, iſt fireng verboten. 
Dem ungeachtet wird nirgends mehr gewuchert mit Gelde als hier; 
Curopaͤiſches Geld wurde häufig zu ſehr hohen Procenten, in 
Canton meift 12 bis 18 Procent, an bie Hong Kaufleute ſelbſt 
untergebracht, wobei die Europäifchen Wucherer fehr große Capita⸗ 
lien gewannen, ober wenn Unglüd fie traf auch wieder verloren, 

ein Hozarbfpiel, das dazu beitrug bie Hongs zu verderben, und 

ihre Banquerote zu mehren, bie In ber neuen Zeit ungemein jus 

"genommen haben. Gegenfeitige Erbitterungen, Streitigkeiten, Zant 

und Hader nahmen natürlich hierdurch immmer mehr zu, fo mie 

dee Vorwurf ber Europäer gegen bie Chineſiſche Falſchheit, daß 

fie die Betrüger nicht dor Gericht zögen, ihnen ben Aufenthalt im 

Ganton nicht: verweigerten, den fie doch ben Europäern verfagten ; 

daß fie ſtatt der falirten Hougs keine neuen, honetten lieber 

in diefe Affociation oufnähmen u. del. mehr. 

Wirklich ift die Stellung dee Hong, bei der privilegirs 
zen Compagnie, keine bes nationalſtolzen Chinefen würdige; 
das Chinefifge Kaufmannshaus jedoch, daß den großen Geminn 
derſelben zu theilen begierig iſt, laͤßt das unbrauhbarfte und 
dümmfte Glied feiner Familie in die Hong: Compagnie ein⸗ 
fchreiben, über biefe bricht nun in ben vorfommenden Misverhäfts 
niffen, an denen es nie fehlen kann, ber ganze Zorn und das 
Unwetter, alle Schmähreben der Gouverneure, Groß: Mandarine 
und Ercellenzen los, wenn die Barbaren irgend wie empoͤreriſch 
und vebellifch erfcheinen. Alle nominelle Hongs, welche dieſe 
Compagnie wenigfiend repraͤſentiren, rechnet man zu den bomics 
teften der Chinefen, und nur ein paar Schlaukoͤpfe follen «6 ums 
ter ihnen feyn, die ſtets bie Angelegenheiten leiten. 

Diefe privilegiste Compagnie der Yang hing (hang) ſchang, 
erhebt den Zoll der Staatsverwaltung von bem ‚Handel 
dee Fremden; aber außerdem auch noch befondere Abgaben von 
den vorzuͤglichſten Handeldartikeln, wie von Tuch, Baumwoll⸗ 


- 


Canton, das Welt⸗ Emporium: 845 


waaren u. a, um davon die Squlden der einzelnen Glieber dee 
G ompagnie zu beden, die etwa falllten ; auch unterftügen fie da⸗ 
mit die Summen, die fie für ihr Privitegium zu geben has 
ben, den jäßrlichen Beitrag, den fie zur Befoldung der Are 
mee liefern, oder noch auf außerordentliche Meife beitragen’ (f. 
Aften Bd. I. S. 471), die Abgabe die ihnen zus Ausbeffes 
eung der Uferbauten des Hoangho auferlegt iſt, das bes 
Deutende Sahresgefhent an den Kaiſer u. f.w. Durch die 
Falliſſements der Hong Kaufleute, die in biefer Corporation nicht 
felten find, verringert ſich natürlich Ihre Zahl Immer mehr, bie 
GConcurrenz vermehrt fih wie der Gewinn ber Zuruͤckbleibenden, 
aber zugleich auch die Abhängigkeit und der Verluft ber Fremden, 
wodurch unzaͤhlige Urſachen zu Klagen entſtehen mußten. 
Die Verſuche dee Briten gingen in neuerer Zeit 'bahim; 
fi von biefer Abhängigkeit zu befreieny nicht mehr fir Barba⸗ 
ren zu gelten, und nicht wie Piratengefindel behandelt zu wer⸗ 
den; fie wollten eine neue Handels⸗ und Fremden⸗Ordnung von 
den Chineſen erzwingen (a fundamental reformation of the old 
Systeın) 7%); alle andern Nationen ſchloſſen fih, in ihren des⸗ 
falfigen Eingaben, an fie an; nur bie Nordamerikaner nicht, bie 
ſchlau einen Bruch der Briten mit Chinefen erwarteten, ber auch 
nahe genug ſchien, um babei ihren Vortheil zu ziehen. Der Ges 
neralgouverneur, Li Ercellenz, in Canton gab in kalter Mäßis: 
gung die Antwort: er, Lönnte wol die Petitionen ber Fremden, 
ihnen, mit Verweis zuruͤckſchickken; aber als Zeichen feiner Partels 
Tofigkeit gegen bie Fremden, fende er fie nad, Peking. Doch gebe 
er ihnen zu bedenken, wie voll ber Herbſt in China fey, wie reich 
feine Berge und Thäler, wie uͤberſtroͤmend fen Nationalſchatz, 
tote ärmlich der Zufchuß dee Abgabe ber Fremden zu folder Fülle, 
wie wenig Werth koͤnne fein Kaifer darauf legen. An den Kais 
fer berichtete Li: Wir haben in Canton Amerjlaner, Inder 
(Tientſchu), Parfen, Engländer aus Indien (Keang eo oder 
Ktang heo, d. i. Englifhe Schiffe aus Indien), Spanier (Schi⸗ 
pa niya, auch Liufon von der Manilla »Infel Lucong), Hol⸗ 
länder (Holan ober Hungmaou; d. h. Rothhaarige, naͤmlich 
Blonde), Granzof en (Fo lang ki, d. i. Franken), Portugiſen 
(Pu kiuh yu) u. a. m. Obgleich deren Betragen insgeſamt in 
Biziehung auf Ruhe und Unterwürfigkeit vieles zu ne 





79%) Canton Register 1829. 





848 DfiAfen. Wafferfofteme. I. Abſcha. $. 82. 


hbrig laͤßt: fo find fie bach bei weitem beffer als bie Englän: 
ber (Ting titt). Die Herrſchſucht und Unverträglichkeit dieſes 
Volke ift nicht auszuhalten; das bemeifen die Vorfälle unter ber 
Megierung bes vorigen Kaiſers ( Kea King) Sie geigen nur 
nah Gewinn; obwol nun von ihnen nichte zu fürdten iſt, fo 
muͤſſen wie body vorbereitet ſeyn, fie tönnten wol einmal wiebe 
Macao angreifen 790) (e6 ift bie Einnahme von Macao duch 
Admital Drury 1807 gemeint). Der kaiferlihe Sof ließ einige 
mitdernde Negulative ergehen; er vermehrte die Zahl ber Beiſitzer 
des Handelsgerichts (Kongfo), befahl Auszahlung von Schuiben 
an bie Fremden, fegte ben boden‘ Gold der Linguiften und Mäb 
ler herab, erlaubte nad) gelöften Päffen den Fremdlingen mit eb 
. genen Booten von Canton nad Macao zu fegeln u. a. m. Die 
heftigften Streitigkeiten ſchienen zu ruhen, als die Englifchen Han⸗ 
deisherren duch Mitnahme ihrer Frauen aus Macao, in ihre 
Kactoreigebäude nad Canton, während ihrer bortigen Handels⸗ 
gefchäfte im September 1830, ohne darum bei den Chinefifden 
Stantsbehörden um Erlaubniß anzgufragen, die freilich nicht gege 
ben worden wäre, von neuem als Empörer gegen das Himmli⸗ 
fche Reich erfchienen. Denn in, deffen Gefegen if den Sanfu, 
db. i den Weibern ber Barbaren, jeder Zutritt zu demſel⸗ 
ben abgefchnitten, aus Furcht, es möchte buch Vermiſchung ber 
felben mit den Eingebornen eine antinationale Bevölkerung ent 
ftehen, weil fie nach ihrem officielen Ausbsud ſchon Mäuler 
genug haben, und weil ohne das bei bez übermäßigen Popula⸗ 
tion, und dem Ueberfluß von Meibern, jährlich ein großer Theil 
dee neugebomen Mädchen im Lande ausgefegt wird. Dem Ber 
brechen der eingefhwärzten, fremden Frauen, das bem Chi⸗ 
nefen um fo barbarifcher erfcheint, da niemals Chinefifche Kaufs 
leute ihre Familien mit in die Fremde nehmen können, bie fich 
(naͤmlich 'die angefehenen Engländerinnen) auch in den Gärten 
der Englifhen Sactorei in Canton fehen ließen, wurde ſogleich 
durch ein ſcharfes Piacat begegnet, in welchem ber Befehl aus⸗ 
ging, die Barbaren: Weiber auszutreiben (derfelbe Ause 
druck im Chinefifhen, womit man das Austreiben der Thiere aus 
dan Meisfeldern bezeichnet). Zwar kam es nicht zu Thaͤtlichkei⸗ 
un; nad) ber Ruͤckkehr ber Britiſchen Gefchäftsieute aus ihrer 





ı 19%) Canton Register Nr. 7. 1830. 


‘ $4 


Santon, das Welt» Emporium. B47 


Canton Factorei nach Macao, begnügte man fidy nur damit, die - 
Factoreigebäude zu befhimpfen, und Staketen ber Gärten einzus - 
reißen ; bie Erbitterung wuchs durch diefe und andere Scenen, 
Die Kaufleute von Macao trugen in bdiefer Spannung beim 
"Parlamente darauf an, weil in dem Factoreiſaale auch bad Pore 
trait des Könige duch den Gouverneur befchimpft worden war, 
— er hatte fih ihm mit dem Rüden vorgefegt, — fie aus bies 
fen unerträglichen Zwange zu befreien, mit Gewalt zu verfah⸗ 
ven, eine Infelftation ale Eigentbum an der Chinefifchen 
Küfte zu erobern. Sie ſchlugen dazu die Infel Einting von 
die im N.D. von Macao, in der Mitte der Mündung des Gans 
ton: Sluffes liegt, und als Kriegöftation deſſen ganze Einfahrt 
beherrſcht. Andere der Vorſtaͤnde der Oſtindiſchen Compagui⸗ 
gingen auf neue Verſuchsſreiſen aus (nad Marjoribanfe 
Borfchlage, wie Lindſay im Schiff Lorb Amherſt, f. ob. S. 814), 
um andere Handelseingänge in das Rei fih auf Privatwegen 
zu eröffnen. Noch Andere, denen Canton von allen Orten, 
wegen ber Entfernung vom Centrum bed Reichs, von dem Thee⸗ 
provinzen, und den Fabriffläbten, wie von ber Mordrefidenz, dee 
unpaffendfte zu feyn ſchien, ſchlugen bie Häfen von Zus . 
kian und Tſchekiang vor, um dort. den Handel zu erzwingen, 
ober wie Urmflon 3%), die Befignahme ber Tſchuſan⸗JIu⸗ 
fein, zur Uebertragung bee Engliſchen Factorei von Macao 
dahin, um jenem Hauptcentrum dee Seiden⸗JInduſtrie und 
der There: Erzeugung am nähften zu ſeyn. Man technete 
dabei wahrſcheinlich auf die Zuſtimmung ber Zufianlang usb 
der Tſche kian lang; auf die Theilnahme ber ungebändigten Berg⸗ 
voͤlker, von denen ſich diejenigen aus der Provinz Kuangfi die 
vor einiger Zeit in Canton geweſen fepn follen, noch Mings 
(hin, d. i. Leute dee Ming Dpnaftie nannten (f. ob. ©. 773) 5 
ferner auf den Haß der Chineſen überhaupt gegen die Oberge⸗ 
walt der Mandfhu, auf den Gewinn der Nation und ihre 
Einfiht in ihren eigenen Vortheil, auf den Beifall ber zwar 
unter Kaiſer Keaking verfolgten, aber keineswegs [yon qusge⸗ 
sotteten, reformicsnden Secte dee Sauhbo hwuj, d. b. der 
Trias⸗—Societaͤt (die drei Principe: Thien, Te und Jin, find 


»°°) Jam. Brabazon Urmston late President of tie East India Factor. 
'at China, Pamphlet, Lond. 1834. ſ. ig Asiat. Journ. N. Ser, 1834. 
VoL XII. p;120 


j 


- 


‘ 


848 OfrMfem Waflerfofteme 1. Abſcha: $. 82; 


Himmel, Erde, Menſch) coh), die in viele den Sreimaum 
orden verglihenen Beüderfchaften vereint, buch das Bin⸗ 
nenland von China wie duch feine Colonifationen bi 
Java flark verzweigt ſeyn foll, und auf Anderes mehr. Denn 
tine gewaltfame Verlegung des Chincfifhen Territoriums 
würde nicht ohne Erwiberung bleiben, und bie Befisnahme der 
Heinften Infel, könnte nur mit einem Kriege gegen bie ganze Da 
naſtie enden. 

Ob diefe Briten den Gewinn ihres Handels, bee für fie 
führe groß iſt, nicht bei dieſem Calcul zu hoch für das Chineſiſche 
Reich anfhlagen, und dadurch zu falfchen Specufationen gelans 
gen, und ob das Ehinefifhe Gouvernement, das fich durch feine 
ſtabile Conſequenz nue allein ſcheint flügen und halten zu koͤn⸗ 
nen, deshalb auf Ausnahmen eingehen würde, die es bisher gän;- 
Uch von ber Hand wies, find andere Fragen, deren Beantwor: 
tung nuc aus der nahen Zukunft hervorgehen könnte, in melde 
der freie, von den Sagungen der Oftindifhen Compass. 
nie entfefjelte, Britiſche Handel allerdings’ eine neue Hera herbei⸗ 
führen mag. Ob ein freigegebener Britifcher Handel nach Chin 
aber eine bieffere Hera deffelben herbeiführen wird, wird eben 
falle von den bisherigen erfahrenen, obern Leitern bes Compag⸗ 
niehandels wenigſtens bezweifelt. Auf jeden Fall, fagt man, wird 
er nur ſchlecht ern Thee für höhere Preife liefern. Das bie⸗ 
herige Handelsfyftem der Oſtind. Compagnie brachte 4* 
Millionen Pfund Sterling Revenuͤen ein, und beſchaͤftigte eine 
Flotte mit 2500 Seefahrern; es war in ſich trefflich organiſttt, 
nach der Erfahrung von zwei Jahrhunderten, und durch das Be⸗ 
duürfniß fo entſtanden wie es iſt). Die Amerikaner hats 
ten alle Vortheile im Handel mit China duch das Englifde 
Syſtem erhalten, fie hamdelten in China, bisher, unter Englands 
Schutze, und deſſen Feſtigkeit und Oppofition gereichte auch ihnen 
zum Vortheil bei ihren Unternehmungen. Bei einem freien Bew 
kehr von Seiten ber Briten, muß diefes Verhältniß ein anderes 
werden, bie Stellung ber königlichen Beamten in Macao wird 
ganz andere Aufgaben zu Löfen haben, und bie größte Energie zu 
zeigen genöthige fepnz- es iſt die Trage, ob ſich Chinefifche Dong 


so) On the Triad Society ia Transact. of the Roy. Asiat. Soc. of 
Gr. Br. Lond. 1826. Vol. I. P. II.; und Asiat. Jourm. Vol XXI, 
1826. p.378.  ®) J. Fr. Davis Mem. concern. the Chinese L. c. 
in Transactions of the Roy. Asiat. Soc. T. I. p. 16. . 


x 








‚Canton, das Weit⸗Emporium. 849 


aufleute finden werden, die ſich fuͤr die Privatſchiffer der 
remden bel ihrer Regierung In der Art verbuͤrgen werben, wie 
es bei dem Hanbel mit den Compagniefchiffen der Fall war. 
Ein frifcher, unbefangener Beobachter und Forſcher der fo 
genthuͤmlichen Natur und Literatur diefer Chinefen, unfer verehr⸗ 
e Freund, Prof. Fr. Neumann, dem wir, in Beziehung auf 
‚anton, das er fich eine längere Zeit zu feinem Beobachtungs⸗ 
uncte wählte, fhon manche der oben mitgetheilten Intereffanten 
dotizen verdahlen, bemerkt, bag in biefem Lande nicht ber Zur 
all, fondern die Vorſchrift die Lenkerin der Dinge ſey; baß die 
Ipnaftien zwar wechfeln aber die Politit in China, wie beins 
tömifhen Stuhle, biefelbe bleibe; Fremde bleiben Ihnen Fremdb⸗ 
inge. Sie erkennen zwar wol auch andere civitifirte Staa⸗ 
en (Wai kue) an, ja fie ruͤhmen fie in Ihren Schriften; aber 
sbina, fi id) feibft genügend, reich) an allen Producten, Fabricaten 
md an einer nach ihrer Anficht claffifhen Bildung bedarf ih⸗ 
er nicht. Wollen fie aber, ducch ihre Unterthanen mit der Mas 
eftät des Himmtifhen Reiches Verbindungen 3) eingehen, fo müfs 
en fie vor allen Dingen ihre bacbarifche Widerfeglichleit ablegen 
und fchweigenden Sehorfams fih an die tributbringenden 
Staaten anteihen: denn Chinas Grundgefeg, in feiner aus⸗ 
waͤrtigen Politik, ift e8, nicht mit unabhängigen Staa⸗ 
ten zu verkehren, denn die Chinefifhe Sprache hat 
Fein Wort für Voͤlkerrecht y. Der Europäifch: diplomati⸗ 
(he Ausdruck Fariat, in einem frühern Schreiben, den König vor 
Portugal einen Bruder des Kalfers von China zu nennen, ers 
regte eihft bie größte Wuth ber Chinefifhen Mandarine. Die 
fremden Geſandten ber Völker haben bis heute erſt bei dem Late 
ferlihen Sitten: Kribunale (dem Lipu) anzufragen, ob 
und wie fie zugelaffen werden können, und dann können fie 
nur tributbringend erfcheinen; ſelbſt von der glängenbften 
der Britiſchen Geſandſchaften, die von dem Kaiferhofe auf das 
allergnädigfte "empfangen wurde, aber doch für bie Verhältniffe 
des Handel® ohne Erfolg blieb, heißt «6 in den gefammels 
ten Satungen der regierenden Dynaſtie ( Tay tsing hoei tien 
Lib. CCCXCY. p. 12), daß: Ma ſcha or ni (d. 1. Lord Mas 





8) Abel Remust # sur l’Ambassäde da Lord Amherst 1816. in Me- 
langes — Paris 1828. T. I. p. 431— 461. *) & Neu⸗ 
mann, bie Chineſen und die Engländer a. a. O. 1832. ©. 138. 

Ritiee Erdkunde IV. Sb 


a, 


850 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abfchn. $. =. 


cartney) fein Piano (d. i. untertbäniges Schreiben 
ehrfurchtsvoll Eniend überreiht habe. 

Es ift in China Princip den Srembhandel, aus Staat: 
zweden, zu erſchweten ; die Chinefifchen Staatswirche vr 
Phitoſophen fagen: Thee und rohe Seide, zur Mahrer: 
und Kleidung dem Lande unentbehrlich, werden ausgeführt «=: 
China, indeß die Bedürfniffe des Volks durch die fremden Er: 
tenheiten (Uhren, Spielwerke, Bilder u. a. m.) nur vermekz, 
und die guten, alten Sitten verdorben werden. Der ausmär: 
tige Handel, von dem bee Schleihhandel (zumat c: 
Opium) unzertrennbar, bringt China’ nur Nachtheil; das Lan! 
ift übervölkert, der Boden weicht kaum für bie Nahrung bin, tie 
Regierung muß daher zuerfi für ba8 Nothwendige und Mus: 
liche forgen. Zeemdichiffe mit Reistadungen find daher zu 
allen Zahreszeiten frei von Abgaben, ja diefe Zufuhr von Cochin 
China und ben Philippinen ſucht man ‚auf alle Weife zu för: 
dern. Die Importen aus Indien und Europa beſtehen aber fa 
insgeſamt aus Luxusartikeln, wozu auch dad Tuch gerechnet wer: 
den kann; denn bie Chineſen brauchen Bein fo feines, engliſces 
Tuch, im Süden gar keines, und im Norden Chinas kann man 
daſſelbe aus Tuͤbet beziehen, wo genug MWollenzeuge gewebt mir: 
den. Die Einfuhe von Eifen und Zinn find vielleicht die ein- 
zigen dem Lande twahren Vortheil beingenden' Probücte, Als im | 
"Sabre 1831 die Britifhen Erporten nah China im Banm: 
wollengarn (Cotton Twist) 805) fehe zugenommen hatten, ba 
richteten die Supercargoes den Directoren der Oftindifchen Com: 
pagnie, daß in drei Diftricten ber Umgebung von Canton ba: 
‚über bei dem Volke Empörung ‚ausgebrochen ſey. Sie klagten 
laut,’ daß man ihren Weibern und Kindern den Nahrungsjmeiz 
nehme, ben fie bisher durch das Spinnen gehabt, und ihr Ent: 
ſchluß fey, alles fremde Garn, das man ihnen zuführen werd, 
hinfuͤro zu verbrennen. | 

Bei einer immenfen Poptlation, bei einer unter aıı 
Arten der Climate und auf dem verfchiebenfter Boden fehe 
weit gediehenen Agriculture, bei einer faſt auf das hoͤchſte gu 
fleigerten Induſtrie, in den verfhiedenartigfien Bebürfniffen, bei 
dem Ueberfluffe fo vieler der koͤſtlichſten Producte, bei dem Um: 
"fange eines Reiches duch alle Climate und Productionen, das ' 





205) P.' Anber China an Outline I. c. p. 68. 


f 








! 


Canton, das Welt Emporium. 851 


fi feiner geograpbifhen Lage und Beſchaffenheit 
nah vollkommen felbfi genügen Tann), in allem was 
Waſſer und Land, Berg und Thal, der Norden und Süden dar: 
bieten kann, zwiſchen 20° bi6 50° N.Br., und bei einem außer⸗ 
ordentlichen, unermeßlihen Binnenhanbel nach allen Direc⸗ 
tionen, ſey es zu Lande, von Korea bis Klachta, Sti, 
Kodjend, bi Yünnan, Ama, Afam, H’Raffa, Ins 
dien, Kaſchmir und Bodhara, oder buch Binnenſchiff⸗ 
fahre auf den Fluß: und Canal⸗Syſtemen, oder duch | 
Cabotage an dem teihentwidelten Küftenfaume, von ben Ja⸗ 
panifch: Koreanifhen Gewäffern, hin, bis Tunkin und Siam, — 
bei allen dieſen Vortheilen eines Staates, wie ber Chinefifche, 
kann man wol in den anmafend fheinenden aber wahren Aus⸗ 
ſpruch deſſelber mit einftimmen, er bedarf wirklich der Waa⸗ 
ven ber vier Meere, d. 1. des Auslandes nicht, fo we: 
nig wie fo manche andere, reich begabte, füdliche Länder der Erde - 
(3. B. auch Japan, Indien u; a.) derfelben keineswegs bebürftig find, 
Das Beduͤrfniß des Chinefifhen Handels iſt daher mehr 
auf der Europäer Seite, denen auch bie eingebildeten Bebürfniffe, - 
wie There, Tuſche, Seide u a. m, zu wirklichen geworden 
find, wie dies bei den Chinefen bis jegt noch nicht mit ben Eng» 
liſchen Waaren (nur eine, das Opium ausgenommen) ber Fall 
war, es ‚aber mit der Beit wol werden könnte, Der Gewinn 
an Zollabgaben von einigen 100,000 Taels, fagt aber, das Ta 
Hoppo Edict?) vom 20. Oct. 1826, wäre für den Chinefifchen 
Schatz eine zu große Kleinigkeit, um ihn nicht leicht entbehren zu 
Eönnen. Der Wegmeifer der Provinz Kuangtong (Lanton) 
giebt zwar die Einnahme bed Seezolles, dafelbfi, nur auf 
48000 Unzen reines Silber (Zeang) an, dies iſt freilich viel 
zu wenigs aber auch noch fo hoch tarist wird fie ſtets gering blei⸗ 
ben, gegen die Stante:-Einnahme des ganzen Chinefifhen Reiche, 
bie. Neumann, nad den neueften Autoritäten auf 60 Millio⸗ 
nen Leang anſchlaͤgt (nach der Chinsfifhen Staattgeographie 
vom Jahre 1790, an 40 Millionen) 8). 
Das junge Beduͤrfniß des Theetrinkens ber Europäer, 
feit dee Mitte des XV. Jahrhunderts, und der zum Beduͤtfniß 


*) J. Fr. Davis Memoir concerning the Chinese (May 1823) in 
Transactions of the Royal Asiat. Society of Gr. Br. etc. Lond. 
1824. Vol I. p. 1—18. 2) ebend. p. 541. °) Klaproth 
Apergu statistiqus de la Chine tir€ de Docum. Origin. I. e. p.17. 


Ä 95h 2 


N 


852 Oſi⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


gewordene Verbrauch bes beraufchenden Opium, bei ben Chi: 
nefen, iſt die Hauptangel des Chinahandels in den Getoäffcre 
von Canton geworden, deſſen fi vorzugsmeife die Briten in 
Indien und in Europa bemäditigt haben. Wenn auf der Met 
zu Nifhnei Nowgorob, im Sept. 18233, in Rußland ®", 
ducch den Landhandel, auch für 12 Million Rubel Thee um: 
gefegt wurden, und ber directe Theehandel der Nordameci: 
taner!0) mit China nicht ohne Bedeutung (obwol die Qualitaͤ⸗ 
ten geringer find) ſeyn ann, da fie auch noh buch Sch Leid: 
handel, noch im Jahre 1823, das Britifhe Ober⸗ und Un: 
ter:Canaba mit »% feines ſehr großen Theebebarfes verfehen 
Tonnten, den diefes doch direct von Canton zu beziehen autorifirt 
iſt, ſo ſteht die Summe diefes Verkehrs dennoch in Eeinem Ber: 
glei) zu dem Umfag an Thee, deffen fi der Handel der Eng» 
liſch-Oſtindiſchen Compagnie bemädtigt hat. 

Folgende ftatiffifhe, vergleihende Angaben über den Handel 
von Canton aus ber Reihe ber Iekten Jahre, möge zum Be 
ſchluß dieſes Abfchnitts in runden Summen eine gedrängte Ueber 
ficht der hier herrſchenden Thätigkeit gewähren. In den Sabhım 
18233, 18%9, 1830 wurde biefee Handel der Ausländer in 
Ganton betrieben, von 162, 205 und 146 Schiffen, davon was 
sen im legten biefer Jahre 1830: Compagnie-Schiffe 21, 
Englifhe Schiffe aus Indien 50, Nordamerikaner B, 
Spanifhe Schiffe W, Poreugififhe 11, Franzoſen, 
Holländer, Dänen, Preußen, Hanfesten zufammen 
12, Sandbwihs:Infulaner 1 Schiff. Die großen Dflin- 
dVifhen Compagnie⸗Schiffe laden aber in der Regel 3 bie 
£ mal fo viel als bie Übrigen dreimafligen Schiffe; die Engik 
fhen Schiffe aus Indien bringen zwar Ladungen, nehmen aber 
meift nur Ballaſt zuruͤck, bie Spaniſchen find nicht direct aus 
Europa, fondern von ben Manilas y. dgl. m. Schon Hierans 
ergebe ſich das Uebergewicht dee Verkehrs in ben‘ Händen ber. 
Briten; noch mehr geht bie aus dem Werte de Waarın der 
Eins und Ausfuhr hervor. 

Nach Durchſchnittszahlen, Im Fahre 1826, betrug von Nord⸗ 
ameritanern der Werth der Geſamt⸗Einfuhr in Can: 
ton, nahe an 4 Millionen Dollar, wovon die Hälfte (1,841,165 





209) Asintie, Journal 1824. Vol. xvu. p- 213. “) ebenb. 
Vol. XVIL. p- 5% a 


| 








Canton, das Welt - Emporlum. 853 


Silber in Span. Piaffern), . dagegen die Gef amtsAusfupe 
3,731,000 Dollar, bavon faſt 2 Milionen an Thee, das übrige 
vorzüglih an Nankings u. a. Waaren, auch fehe vieles nach 
Europa, und Sübamerita verfhifft wurde. Die Holländer 
führten in Canton, im 3. 18%, ein, für 300,000 Dollar, und 
aus, für 450,000; auf Spanifhen Schiffen werben jährlich. 
6 bie 700,000 Dollar an Werth umgefegt, auf anderen Schiffen 
weniger. 
Dagegen ift bie Gefamtfumme der Britifhen Einfuhr in 
Ganton % bis 23 Millionen Dollars an Werth, darunter in 
neuerer Zeit, Opium, ſtets die Hälfte beträgtz die Ausfuhr 
aber diefelbe, zur Hälfte auf Schiffen der Compagnie, zue 
andern Hälfte auf Privatfchiffen mit Erlaubnif der Com: 
pagnie, nah England, Indien und anderen Drten, wobei ber 
Thee, Silber und Seide die Hauptſache ausmacht. 
Die Einfuhr des Opiums in China und bie Ausfuhr des. 
Silbers aus China find im diefem Lande bei Todesſtrafe vers 
boten, und faft alle Monate werden diefe Verbote in ber Hof⸗ 
zeitung von Peking erneuert; dennoch findet biefer Handel im 
weiteften Umfange flatt und nimmt täglih zu. Das Opium’ 
wird im Drient nicht bloß als Medicin, fonbern, zumal bei Chis' 
nefen, zum Nauden und zum Berauſchen in großen Maflen . 
eingenommen, was bei Europäern ein Gift ift, wird bei Afiaten 
burch Angewöhnung zum täglichen Beduͤrfniß ber Wolluſt. Schon: 
bie Aſſaſinen beraufchten, wahrſcheinlich, damit ihre Novizen zu 
den Mordthaten; die fo, berühmte Sultanfamilie der Baburis 
den, felbft Kaifer Albar, waren dem Lafter des Opium: Raus 
ſches ganz ergeben !!); es verbreitete fi aus Perfien durch Ins 
dien nah China, und wurde dort, erſt feit einem halben 
Sahrhundert, weit allgemeiner, als im Occident dad Tabadraus 
chen, das Biet und Branntweintrinfen, aber weit zerſtoͤ⸗ 
sender für die menfchliche Drganifation. Doch ſchon ber Pore 
tugife Barbofa !2), auf feiner Indiſchen Reife (1519), meldet, 
dag die Chinefen aus Indien, als Ruͤckfracht, in Ihren Jun⸗ 
ten (con gran navi che chiamiamo giunchi) ſehr viel Opium 
(Ansiam, che noi eliamiamo Opio) —— Roch im 





11) Kasim. Ferishta Hist. of the Mahomed. Power in India Transl. 
b. Briggs, T. II. 83, 253 u. a. 32) Libro di Odoardo Barbosa . 
b, Ramusio Delle Navigaz. Ed. III. Venezia 1563. T: 1. fol. a 


854 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


Sabre 179% ſchickten die Engländer aus Subien nur efws 
200 Kiften (Chest) 813) Opium bireet nad China; früher ver! 
ben die Portugifen Canton mit dieſer Waare. Im Indies 
aber trat die Dflindifhe Compagnie an die Stelle der Rufe: 
männifhen Eroberer, weldhe den Dpiumbandel als Mega 
befaßenz; auch die Cempagnie behielt ſich dieſes Monopol ver, 
und verfleigerte auf den jährlihen Opium: Märkten im Pac: 
na, Malwa, Benares, die Ernten an die Meiftbietenden, 
die nun bireet ihren reichiten Abfas in Chima fanden, we ir 
N Waare bald die größte Nachfrage fand. Das Chinefifcye Ger: 
dernement verbot zwar auf das firengfte die Einfuhr dieſer Waarı, 
als die Geſundheit zerflörend, bei den ſchwerſten Strafen; abır 
nad einem Durdfchnitt der 5 Jahre, 1821 bis 1826, war bie 
mittlere Confumtion von Opium!) in China ſchen 
auf 7180 ſolcher Kiften (Chest), 8 Millionen Dollar an Werth, 
gefliegen, fo daß damit der größte Theil der Summe der Zahlunz 
der Chinefifhen Waaren aufgewogen ward, denn „manche die 
Kiften Opium kann bei hohen Preifen zu einem Werte don 300 
— + di6 4000 Dollar fleigen. Seit mehrern Jahren legt ſchon en 
ganze Dpiumflotte, von 20 bis 5 Schiffen, zu 400 bis 50 
Tonnen jedes an Gehalt, mit jener Waare, die nur als Con: 
trebanbe in China eingefhmuggelt werden kann, jühn 
lich an der einen Kelsinfel Linting an, die in dee Mitte rer 
ber Bocca Tigris liegt, und von dort aus ihre Waare unterbringt. 
Die Oftindifche Compagnie hat von jeher den Chinefen erklaͤn, 
daß fie an diefem ungefeglihen Handel Beinen Antheil me&me, 
daß ce nur von Privarhändiern geführt werde, und direct iſt dies 
auch ber Fall; aber indirect iſt fie die alleinige Beſitzerin des 
Opium-Monopols in Indien geweſen. Die 500 bis 6 
Chineſiſchen Kriegsſchiffe, die fletS auf der Bocca Tigris Preuzen, 
und oft bis zu 800 vermehrt werden, koͤnnen doch diefer Contte 
bande nicht fleuern; denn die Groß: Mandarine der Ghine 

; fen find dabei felbft am meiften intereffirt, Die Pracht und Zahl 
dee Schiffe der Dpiumflotte und der Schmuggierboote, nimmt 
jährlich zus China wird mit der verderblichften, feine Popula 
tion entnervenden Waare vergiftet, und die Zahlung geſchieht 
gtoͤßtentheils in Chinefifchem Silber, auf befien Ausfuhr doch 


*13 Asiat. Journal 1826. Vol, X. p. 430 - 33. 24) 
Chronicle Jun. 1826. 8. Asiat. — Vol. XXI. p. 40. 


\ 


d ⸗ 





Canton, das Welt: Emporium, 855 


odesſtrafe ſteht; bies trägt zur Verarmung bes Chinefifchen 
olkes, das diefem Luxus ergeben iſt, nicht wenig bei, 

In der Chinefi [hen Raturgefichte dem Pen tfao, Cap. XXIIT. 

. 23, beißt diefer Raufhtrant Ya pien, er komme aus Per: 
en und war feit langem in China verboten. Dan nennt ihn 
aber auch unter dem Volke nicht bei feinem Namen, fondern 
sit Spignamen, ze B. Yen hoa, was auch Tobad heißt, aber 
3 den Volksliedern zu Marao wird das Opium unter biefem 
Ramen befungen. Das Opium fleigt und fällt im Werth, je 
sahdem die unten aus dem Innern bes Chinefifchen Landes 
‚erbeifommen, mit mehr oder weniger Nachfrage und Hemmung 
ım diefe Conteebande abzuholen; feine Preife vertreten die Stelle 
»er Suropdifhen Staatspapiere in Macao und Canton, 
©o, wenn gleichzeitig mehrere große Contrebandier Junken erfcheis 
nen, die Kragen nad den Preifen des Opiums von Malwa, 
Patna, Benares, Zurkei uf. w., die Mäkter eben fo in 
Bewegung fegen, wie die Papiere an den Europäifchen Boͤrſen. 
Den Werth diefes verbotenen Handels, der jährlich unter dem 
Augen der Chincfifhen Regierung geführt wird, ſchlaͤgt man auf 
wenigftens 3 Millionen Pfund Sterling an.. Mach Angaben 
eines der erften Intereſſenten in dieſem Gefchäfte, des Capt. 
Gower in Macao, betrug er in den Jahren 1826 bis 1827 
faft 10,000 Kiften zu nahe 10 Million Dollar an Werth, war 
aber im Jahre 1828 bie 1829 geſtiegen, zu 13,132 Kiften an - 
Werth 13,533115 Dollar. 

Die There: Eusfuhr aus China war dagegen bieher nach 
England ausſchließlich Monopol der Oſtindiſchen Com: 
pagnie; ein freier Handel damit, iſt die ziemlich allgemeine Ans 
figt, würde in Europa molfeileren aber auch fchlechteren Thee, 
und zwar weniger reine Sorten, fondern viele Berfälfchungen vers 
breiten. Wenn früher Thee in Europa die größte Seltenheit 
war (f. Anmer. Theeverbreitung Afıen Bd. II. ©. 229 — 256), 
im 3.1785 die Verladung bes Thees nach Europa nur etwa auf 
19 Milionen Pfund berechnet wurde, nah Robertfon, fo be: 
trugen die einregiftrirten Summen in England im Jahre 1826 - 
30 Millionen Pfund, 1827 30,600,000 und 1828 31 300,000, 
‚Man rechnete jährlich auf 32 Milignen Pfund Thee, indeß z. B. 
im Jahre 1830 in Canton noch 4 mehr, naͤmlich 40 Millionen - 
Pfund Thee verladen wurden. Die Berzollung in England 
vom Thee, gab im Jahre 1830 eine reine Einnahme ven 


® 


856 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abſchn. 9.9. 


8.268.202 Pfund Sterling, und bazu ber Zoll auf rohe Chine 
fif he Seide, mit jenem eine Summe von 3! Milionen Pfun) 
Eterling Einfommen, welche das Engliſche Budget im Fall eine 
künftigen Ausfalls, bei veränderten freien Chinas Handel, faun 
würde verſchmerzen können. 

Die Heine Inſel Macao, der Punct, der durch feine Lig 
einen fo merfwürbigen Einfluß. auf den-Gang der commercielle 
Meltangelegenheiten herbeigeführt bat, iſt an fich ganz unberm: 
tend; bdie/urfprünglichen Befitzer deſſelben, die Poreugiefen, fie 
gaͤnzlich verarmt, feitdem ihren Händen auch der Opiumhantk 
entfhlüpft iſt. Nach der Zählung. vom Jahre 1822 815) harte die 
Inſel zu Einwohnern nur Freie Leute 60%, desgleichen unter 15 
Jahren 47335 Sclavm 637 5 Frauen 2693; Chinefen' mit Fam 
lien 45,000 Belt ber Vertreibung der Jeſuiten⸗Miſſien 
aus China find auch bie Firchlichen Inſtitute der Portugiefen in 
Macao In Verfall, die Englifchen Gompagnie Herren, ihr Cu 
mittee, die Präfidenten, flimmfähige Mitglieder, Secretaite, Com: 
mis und die Kaufherren mit ihrem Anhange haben dort dem Bor 
rang. Sie leben während des Sommers in Macao; eiſt ait 
dem Herbſt fangen ihre Geſchaͤfte in der Englifchen Factoriis 
Canton an. Sie haben ihr Englifches Leben auch auf Macao 
verpflanzt, das feine Quellen, Bibliotheken, fein Britiſches Du 
feum und andere intereffante Anftaiten beſitzt. Cine der nur: 
würbigften iſt unftreltig "die evangelifhe Miffion und de 
Chinefifhe Preſſe, durch deren vorzügliche Gönner und Dit 
arbeite Sir ©. Staunton, Fr. Davis, Dr. Morriſon 
Miffionar u. a., das Studium der Chinefifchen Literatur und 
Der Kenntniß Chinas von hier aus nicht wenig gefördert if. 
Statt vieler Heineren Unternehmungen nennen wir hier nur Dit 
große, die Herausgabe von Dr. Morrifons Chinefifgen 
Woͤrt erbuch 16) bdeffen Leitern hier mit Unterflägung und un 
tee der Oberaufficht des Comittees der Compagnie gefchnitten tur 
den, das bier in 3 Foliobaͤnden geordnet, von 1814 bis 1824 9° 
druckt und herausgegeben ward. Die Prefje wurde feitdem aus 
zur Förderung anderte Literarifchen Werke beibehalten, von benm 
Dei den Verſuchsreiſen des Schiffes Lord Amderſt, mander 
in Anwendung kam CH oben. ©. 627, 704. 776). 


215) Canton Register 1830. Nr. 1. 20) P, Auber Clins a0 
Outline I. c. p. 252. 





. . 4 


Eanton, das Welt-Emporium. 857 


Der früher gehegten, zumal buch Sir Stamford Raf⸗ 
fle 6 ausgefprohnen Hoffnung, bie Befchwerlichkeiten des Gans 
ton⸗Handels, durch die Anlage des Freihgfens von Sins 
gapore zu umgehen, indem durch bie Coto nifation der Chi⸗ 
nefen umd ihre fleigende Junken-Schiffahrt der Handel 


nicht bios von Canton, fondern aud von Fu kian, von den ' 


Suͤd⸗Geſtaden Chinas auf diefen Britifchen Freihafen zu Mas. 
Iacca übertragen werden koͤnnte, fanden zu große Schwierigkei⸗ 
ten entgegen, um den dir eeten Handel mit Canton etwa zum 
Vortheil jener Bermitttiungsftation in Singapore auf 
zugeben. Go fehr auch Singapore im Aufblühen fich zeige, 
und fo ſtatk au die Junkenfahrt der Chintfen, dahins 
waͤrts in Schwung gekommen iftz fo wäre doch ber geringe 
Tonnengehalt ihrer heimiſchen Fahrzeuge, deren, wenigftens 
3 bis 4 auf jeden Oſtindienfahrer zu rechnen find, unfähig, auch 
nur fürs erfle den Bedarf Englands an Thee und Seide dahin 
gu fchaffen. China könnte auf keinen Fall, fo ſchnell die Baht 
feiner Kauffartheifchiffe vermehren, als das WBeblicfniß es echeis 
fen wurde, und bie Chinefifche Staatdverwaltung würde einer 
zu ſtarken Zunahme bald genug Hinderniffe in den Weg legen, 
Die Chinefifhen Junken, welde bis jegt jene Fahrten ma» 
hen, find nicht bJ08 mit Waaren, fondern auch mit Bebürfnif: 
fen und Prodiane für die Cofonifationen und felbft mit Colonis 
fien fhon hinreichend beladen. So bedeutend die Zahl der Chi⸗ 
nefifhen Junken, die den Auswärtigen Handel betreiben, 
auch für bie Chinefifche Geftadepopulation iſt, fo gering iſt fie 
doch in Beziehung auf das unermeßliche Chinefifche Reich, und 
auf den Welthandel mis Europa. Ihre jährliche Zahl, aus den 
3 füdlichen Küftenprovinzgen Tſchekiang, Fukian, Kuang⸗ 
song, beträgt: etwa 40 Junken nah Japan, 15 nach den 
Philippinen, A nah den Sulu-Infeln, 2 nad Celebes, 
7 nah den Moluden, 11 nah Borneo, 3 nad Jav a, 10 
nah Suntatra und Banca, 10 nad Singapore, 6 nad 
de Malayen Halbinfet, 12 nah Siam, 10 nah Cochin⸗ 
China, Cambodja u.f.w.; in allem in runder Summe 
etwa 300 Junken, bie meift an Bangkok hin und her voruͤber⸗ 
gehen (f. oben S. 860). Die nah den vorliegenden Halbinſeln 
Korea und den InfelnLieu £hieu, Koemofa und Hainan 
find aber nicht zu zechnen, weil fie zum Binnenhandel des Chi⸗ 
neſiſchen Reiches gegähle werden müflen, fo wenig wie die Jun⸗ 


A 





858 Of AR ien. Waſſerſyſteme. I. Abſchu. $. 82. 


ken, welche in ber Regel bios bie Cabotage an dem SHinrfi: 
ſchen Geſtade beſorgen. 


IV. Die beiden Geſtadeinſeln Formoſa (Thay wan) 
und Hainan. Das Piratenweſen. 


Zwei Geſtadeinſeln Formoſa, Hetmoſa oder Hormoſa, 
die ſchoͤne Inſel, von den Portugieſen ſeit ihren erſten Vor⸗ 
uͤberfahrten genannt, weil ihr Anblick auch ſchon In der Ferne 
durch ihr Hochgebirge und ihr fruchtbares Gruͤn dem Auge er⸗ 
freulich ſchie, und Hainan, beide von nicht geringem Um: 
fange, find dem Sübgeftade Chinas fo nahe vorgelagert, daß fie 
als unmittelbar in deſſen Bereiche liegend, aud als maritime 
Fortfegungen und Gliederungen defjeiben angefehen werden müfß 
fen; ihre Geſchichte iſt auch an die des volkteichen continenta- 
len Geftades, das wit bisher betrachtet haben, nothiwendig ges 
tnüpft, und fletö von bemfelben mehr oder weniger abhängig ge: 
weſen; doch find beide anderthalb hundert Meilen weit außeins 
ander gerudt, und fliehen gegenfeitig unter fid) nur in geringer 
näheren Beziehung oder Verbindung, 


1. Die Infel Thay wan der Shinefen, Formoſa ber 
Europäer (Hormofa der Portugiefen). 
a) Ueberfidhtz Geſchichte von Formofa- 

Diefe Infel, welche nad Angabe der Holländers!?) bei 
den Eingebornen Pekan oder Pak ande genannt wird, zwi⸗ 
fen dem Gontinent von Zu tian und der Gruppe der Ma- 
nilla& Inſeln gelegen, wird von beiden buch Meerengen 
getsennt, die von der Juſel ihre Namenwerhalten; im Süden, 
gegen Lucon, der Kormofa : Canal; im Norden die For: 
mofas&traße, welche legtere man audh den Canal von 
Fukian nennt. Diefer, an 15 bis 20 geogr. Meilen breit, muß 
von Amoy, oder einem anderen Hafenorte von Julian aus 
überfchifft werden, um Formoſa zu erreihen. Zwijchen beiben 
eine Eleine Zagefahrt im Weſten von Formofa, liegt im Canal 
die Gruppe der Leinen Pong hu oder Pheng hu, oder Pes⸗ 


— 





#17) Besehryvinge van Tayouan, of Formosa en onzen Handel al- 
daar, in Francois Valentyu Beschr, van den Handel en Vaart der 
Niederlanders of Tsjina, Vierde Bock fol. 33 — 94. in Tom. IV. 
Amsterd. 1726. 





Geſtade⸗ Inſel Formoſa. 859 


cab — b. i. Fiſcher⸗Inſein, der aͤltern Europaͤlſchen Seefahrer, 
welche zu ſi cheren Hafenſtationen für die Ueberfahrt dienen, 

— Erſt unter Kaiſer Khanghi wurden biefe Infeln im Sahre 
1714 durch die Sefuiten Patres für die Kartenaufnahme des Chi 
nefifchen Reichs vermefien, und ihre Hauptpuncte aſtronomiſch 
beflimmt; Pat. Mailla 18) gab hieruüber den erften genaueren 
Bericht; aber die Inſel war vorher den Chinefen kängft. bes 
kannt. De Matlia glaubte zwar im Sabre 1430, unter der 
Ming: Dynaftie fey diefe Infel zum erften male 10) von den 
Ehinefen entdedit worden, während eines Sturmes, der einen kai⸗ 
ferlichen Eunuchen, Duan fan pao, dahin verfchlug, welcher nur 
Barbaren dort vorfand, aber veich beladen mit Arzneipflan⸗ 
zen von feinem Abenteuer zurhdtehrte, die er feinem Gebieter 
übergab, und die feitdem noch bei Ehinefen in Gebrauch bfieben. 
Diefem Srrthum, der fid) feitdem immer wiederholte, hatte zuerſt 
Capt. Burney 2) widerfprohen; Ktaproch?!) hat ihn zuerſt 
widerlegt: denn ſchon den älteren Annalen iſt diefe Infel wos 
bekannt, obwol fie unter andern Namen vorkommt, und nur 
feiten einmal von ihr die Rede ift. 

Schon feit langer Zeit kannten die Chinefen den Archipel 
ber Pong hu oder Pheng hu (Pescadores Inſeln), bee zwi⸗ 
(den :Sutian und Formoſa liegt, von dem man bei heiterem Wet: 
ter den Rauch auf beiden Ländern kann auffteigen fehen. Die 
Einwohner von Formoſa, fagten die Chinefen, hätten einen 
ſehr großen Abfcheu vor der Schiffahrt und dem Fiſchfang; fie 
begnügten fi nur mit ihren Flußfiſchen, obwol ihre Meer fehe 
fifchreich fey._ Es fcheint alfo wol nicht, daß die Formoſer nady 
Phenghu kamen, und daß dort etwa die Belanntfchaft. der Chine- 
ſen mit ihnen gemacht. ward. Aber auch die Chinefen waren nicht 
ſehr begierig die Formoſa-Inſel zu befuchen, been ganze Weit: 
Lüfte mit Klippen und Zelfen bedeckt iſt. Nach der großen Chis 


18) Lettre du Pre de Mailla au Päre dg Colonia, Aug. 1715; in 
Lettres edifiantes et cur. Nouv. Edit. Paris 1781, 8. T. XVIL 
p: 413 — 467. Rebſt Carte des Isles de Ponghau, und Carte da 

\ ce gai appartient à l’Eiınpereur de la Chine dans Ylsle de For- 
mose, faite par Ordre de l’Eınpereur Kamlıi Tab, p. 424. 

1%) De Mailla l. c. p. 449. 30) Jam. Burney Chronological 
History of the Discoveries in the South Sea. London 4. 1803. 

ED. Pi 375. 23) Klaproth sur la Langue des — de 
— Formosa in Journal — Paris 1822, T. 1. p 19 
— 1 


860 Oſt⸗Aſten. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. & 82. 


nefifhen Heihsgeographted2??) machte Formoſa che 
dem einen Theil von Huang fu aus; unter den Han, ' fur 
vor der Zeit vos Chrifli Geburt war fie unter dem Colleetiv⸗Ma⸗ 
men Man sp, d. i. das Land der Barbaren im Süden 
mitbegeiffen. Unter den MonghotensKaifeın (1278 — 1368) 
nannte man bie Einwohner von Formoſa mir dem Mamen 
Kung fan, d. h. öfliche Fremde (wie Si fan Weftlide 
Fremde). Unter den Ding, die jenen folgten, wurbe fie Ky 
lung genannt, nach einem Hafen (Que long, fpäterhin bei 
den Holländern) und einem darüber emporragenden Berge 
Ky lung Shan?), der an bee Nordſpitze dee Juſel Liegt, 
und die Landmarke für ale Schiffer ift, die von Sapan bier 
her fegelnz berfelbe Hafen hieß in früheren Zeiten Pe kiang, 
B. 1. der Nordhafen. Allerdings war alfo die Inſel den Chi— 
nmeſen wol fchon vor bem Sahre 1430 bekannt; fie wurbe nur 
von ihnem felten genannt, weil man ihre Bewohner für Barba⸗ 
zen hielt, bie den Chinefifhen Kaiſern Leine Geſchenke, einen 
Iribut zahlten, fo dag alfo ihe Infel: Königreich nicht zur den 
Staaten gehörte, die das Gtüd genofien, den Sohn des Himmels 
su ihrem Gebieter Ju haben. Im Sabre 1564, alfo 134 nad 
jener vermeintlichen erflen Entbedung der Formoſa-Inſel, duch 
Duan fan pao, foll unter Kaifer Kia tfing, fein Abmical, 
Yutayeon?*), zum erfien male fellen Fuß auf der Jnſel 
gefaßt haben. Er Ereuzte gegen den Gorfaren Hauptmann Lin 
tao kien, ber fi in jenen Gewäflern der Dong hu⸗Inſeln ber 
mächtige hatte, bei dieſen befiege wurde, und auf feiner Flucht 
nah Sormofa vom Admirale verfolgt, wieder einmal Chinefen 
auf dieſe große Rachbarinfel führte, die triumphitend mit bies 
fer Wiederentdeckung nad Canton zuruͤckkehrten; aber fluchbe⸗ 
laden: denn bie Barbaren der Inſel, fo viel fie ihrer nur hatten 
habhaft werden Lönnen, hatten fie gefchlachtet, und ber Admiral 
hatte mit iheem Blute die Schiffe anftreichen laſſen. Bon Bes 
bauptung ber Jnſel ift noch keine Rede. 

Aber Japaner 2), die im Mittelalter noch auf Streifsüge 
in jenen Merten ausgingen , feinen öfter Erpeditionen an bie 





*2?) Klaproth Description de l’Isle de Formose u de Liyres 
Chinois, in Memoires relatifs a l’Asie Paris. 1826. T. Lp. 
21 — 353. 22) ebend. p. 333. ?*) De Mailla Lettres edi£ 


3 
1. c. T. XVII. p. 449. Pas Klaproth Description de Formose 
L c. Mem. T, IL p. 324. ir 


Geſtade⸗Inſel Formoſa 8BG1 


Nordſpitze von Formoſa geſchickt, und zubetzt, im’ Jahre 1621, 
ſich eines Theils der Jnſel bemaͤchtigt zu haben. Zu gleicher Zeit 
wurden Holländer, nahdem fie auf den Phenghu Eober 
Ponghu) Infeln ſich bie heften Hafenſtellen ausgefucht, und 
on ihnen, mit Chinefifchen Kriegegefangenen, Feſtungen echaut 
hatten, um den Handel 26) der Portugifen, wie ber Spar 
nier, zwifhen Macao, den Manillas, China und Ja⸗ 
pan zu unterbrechen und fich felbft zuzueignen, auf einer ihrer 
Japanfahrten durch Sturm auf dieſelbe Küfte von_Formefn 
geworfen, und erhielten nach mancher: Unterhandlung bie anfaͤng⸗ 


ti von ben erſten Japaniſchen Befitzern vertveigerte Erlaubniß, 


ſich auf eine ber Juſelchen am Eingänge des Hafens, der Tha y⸗ 


wan hieß, niederzulaſſen und ein. Comptoeir zu: errichten. Im 
Jahre 1634 bauten ſie daſeldſt das Fort Zelandia auf. Die 
Japaner zogen ſich kurz darauf, wie aus allen ihren außwaͤrtj⸗ 
gen Anfiedlungen, fo auch von Kormofe ganz zuruͤck, und nun 
ſahen fi die Holtänder als big Herren der Inſel an. Sje 
errichteten am der Mordfpige ein befeſtigtes Comtoir, und ein pgar 
Heine Korte auf den Phenghu JInſeln. Das Fort Zelans 
dia 27) diente ihnen zur Unterhaltung eines ſehr vortheilhaftes 
Handels mit China, zumal mit Fukian, von woher, bei. den 
damaligen Kriegszeiten im Chinefifhen Lande, ſehr große, Ayss 
wanderungen nach Formoſa flatt fanden, weiche bie Hollaͤnder 
feeudig aufnahmen. So ſiedelten ſich gleich in. einem des˖ erſten 


Kriegejahre 25,000 Familien aus Fukian im Hollaͤnder Gebiet 


auf’ Formoſa an. Die Holländifche Befigung wuchs daher, mit 


jedem Sahre an Bedeutung Auf bee andern Seite bes Kor - 


bauten fie ein zweites feſtes Haus mit 4 — nn * 
bis heute ſtehen blieb u. a. m. 

Indeß hatte ſich durch ganz China dee furchtbarie Arieg 
ausgebreitet, dusch weichen enblicd die Ming: Dynaftie: von 
den Mandfhu gefärt warb. Das Unglüd: wälzse fi) wie 
eine Lawine dem Süden zu, und feste auch Formoſa in Brand. 
Die Küftenprovingen von Tſchekiang, Fukian und Canton 
waren das Isgte Aſpl ber treuen Anhänger dr Ming: D.yp« 
nafie, und ale mit dem Tode des legten Kaifers : kein feſter 
Stand meht fuͤr die en auf dem Eoyrinent zu finden war, 





2 Jam. Burney Chronoleg. Hist 1. c. Tom UL. 1818. p- 44. 
9 Plan du Fort de Zelande bei De. Mailia Letir. tabula p. 436. 


864 MeAfien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 87. 


zu De Maillas Zeit, mit dem Titel eineg Grafen, unter dem 
Gefolge bei Hofe bewacht wurde. Dieſe Erwerbung ber Jnuſel 
ſahe der Mandſchu Kaiſer für ein fo wichtiges Ereigniß an, daß 
ee am Ende feiner fait 50 jährigen Herrfchaft, in einer Rede, 
mit Stolz fagte: feit 49 Jahren bin ich auf dem Throne, id 
‚habe die Rebellen zerſchmettert, Formofa erworben 83), bie 
Ruffen unterworfen. — 

Die Infel blieb als Provinz bem Tſongtn von Fukian 
zugetheilt. Dieſer erhob die Ortſchaft mit dem Hollaͤnder Fort 
Zelandia zu einer Stadt vom erſten Range (Fu), und 
gab ihr den Namen Thay wan fu, d. i. die Stadt ber 
Bai der hohen Gipfel?iy, ein Name, bee ſeitdem von ber 
Capitale auf die ganze Inſel übertragen (Thbayman) iſt. 
She Hafen erhielt den Namen Ta yuan kiang. Die Snfel 
wurde in 3 Diſtricte (Hian)) getheilt, in Thay wan hian im 
ber Mitte, Sung Shan hian am Südende der Snfel und 
Tſchulo hian im Narben bes Haupthafens, den Ponghu⸗ 
Inſeln gegenuͤber, wozu, im Jahre 1723, noch im nörblichften 
Theil derfelben, ein vierter Difteiet, Tſchang hua hian, Hinzu 
Tam, defien Bewohner aber ſehr zu Empörungen geneigt blieben. 
Dieſer Chinefifche Antheil bee Infel, die Weſtſeite ders 
felben, welche durch eine fehr hohe, wilde Sebirgstette von 
der Dftfeite gefchieden iſt, und zwifchen 22° 8° bi 25° ON. Br. 
fih, nad) Pat. De Maillas Angabe, vom Suͤdcap Zam aki⸗ 
teou bis zus Mosbfpige bei Kilungefchai (Quelung) ausdehnt, 
wurde, im Sabre 1714 im April und Mai, von ben Sjefniten 
Patres zum erfien male aflronomifch aufgenommen und verzeich⸗ 
net 35), desgleichen die Gruppe ber Ponghu⸗Inſeln (Pescabos 
res) mit dem Haupthafen, unter 23° 28° 10” N. Br. und 3° 9 
50” DR. v. Peking, und zugleich eine Beſchreibung ber Juſel 
gegeben, welche durch frühere Angaben ber Holländer, über bie 
Meftfeite der Inſel, vorzüglich aber fpäterbin durch die Chines 
fifgen Driginat-Befhreibungen berictigt worden if. 
Die Europaͤiſchen Seefahrer haben ſich in neueren Zeiten kaum 
nur ar Eurze Zeit, bort aufgehalten, ober find blos baran vors 


“ss, Abel Remusat Melanges Asfat. T. I. p. 444. **) Klaproth 
Descript. de Formosa I. c. Mem. rel. T. i. p. 325; Joum. Asiat, 
l.c. T. I. p. 193. 25) De Mailla Lettres edif. et cur. L c. 
T. XVIII. p. 424 








- Seftade= Infel Formoſa. | 865 


ürbergefegelt; wie Commobore George Anfon (1742) %), La 
DPD eroufe (1787)2), Capt. Brougbton (1797)3%), Capt. 
Beechey (1827)39), Lindfay und Güglaff (183%) %); aber 
Durch ihre Umfchiffung ift die Ausdehnung ber Seflade von For⸗ 
mofa mehr und mehr berichtigt, wenn auch nicht überall be: 
ftimmt. Die Außerfle Norbfpige ber Infel ragt nämlich weis 
ter al8 De Mailla angab, bis 25° 18 N. Br. vor, 121 21° 
D.L. v. Gr.; das aͤußerſte Suͤdende, nah La Peroufe und 
Broughton, aber 21° 53° 30" N.Br. und 120° 57’ DR v. 
Gr. Die Juſel wird dadurch langgeſtreckter, die Oſtkuͤſte kann 
aber bis jegt nur noch hypothetiſch nach frühern Holändifchen . 
Angaben eingetragen werden. Die Klippe Vele Rete!), bie 
- in der Geſtalt eines fegelnden Schiffes dem Suͤdende der Infel . 
vorliegt, und für alle Schiffer, die von den Manillas kommen, 
das Signal für die Nähe von Formoſa ift, aber in einem 
fo gefahrvollen Meere bi dahin ganz irrig niedergelegt war, wurde 
erft von Capt. Broughton genau auf 21° 5’ N.Br. beſtimmt; 
das gegen S. W. vorliegende, gut bewohnte Sinfelhen Lamay 
auf 22° 2% N.Br.; gegen Wet die Gruppe der Ponghu:= 
Inſeln, wurde vielmehr von D, gegen W. ausgebreitet gefuns 
den, als dies früher gezeichnet war, und ihre äußerfien Nord: und 
Südfpisen, nah La Peroufe 2), zmwifhen 23° 1% und 23° 25° 
NM. Br. feftgeftele. Den Canal zmwifchen ihnen und Formofa 
fand 2a Peroufe nicht über 4 Lieues breit, und die vielen 
'feichten Gründe und Klippen, die Formofabänke (Banks of 
Forınosa), im S. W. diefer Inſel-Gruppe, welche die Einfahrt 
des Formoſa-Canals von ©.M. fo gefahrvoll, und bei 
herrſchenden N.D.Monfunen die Duchfahrt, nad La Pes 
roufes und Gapt. Broughtons *) Erfahrungen, ganz un: 
möglich machen, in frühern Zeiten viele Schiffbrüche verurfacht 
hatten, zeichnete Gapt. Burney nad ältern Holländifhen Kat 





86) G. Anson Voyage round the World ed. R. Walter. Lond. 1748. 
4. p. 346. #7) La Perouse Voyage antour du Monde. Paris 
1797. 4. T. II. p. 368— 375. 38) W. R. Broughton Voyage 
de Decouv. Trad. fr. Paris 1807. 8, T. II, p. 13 — 17, 283. 

39) T. W. Beechey Narrative of a Voyage to the Pacific. etc. Lond. 
1831. T. II. p. 129. *°) Lindsay Report 1.’c. p. 35; Gützlaff 
Report p. 271. #1) Broughton Voy. I. c. T. I. p. 15, 26; 
Capt. Beechey Narrat. II. 1. o. p. 129. 43) La Porouse Voy. 
lc T.I.p.375. *2) La Perouse Voy. 1. c. II. p. 368, 374; 
Broughton Voy, L c. II. p. 12. A 


Mitten Erdtunde e . gti 


| 


‚866 Oſt⸗Aſien. Wafferofleme, I. Abfchn. Cde 


ten (J. Van Keulens Oast Indien Zee Fakkel, wo eine t 
tige Karte Farmoſas, wie auch bei Fr. Balentyn), un k. 
tigendben Beobachtungen der neuern Seefahrer, wieder in: 
eritiſche Karte) der Chimefiihen Geſtade ein. Die Cr 
gigkeit dee Duchfchiffung des Sormofa: Canal und he! 
walt der Monſune und Stürme innerhalb deſſelben, melde: 
hiefige Beſtimmungen fo fehr erfhwerten, fchreibt ©. Sur 
ton 8), dee engen Meeresgaffe zmifchen ben beiden: 
‚gebirgsterten von Fukian und Formoſa zu, jet 
welche diefe zufammengepreßten Winde, in ihre Norr: 
direction, ſowol N.D. wie S.W.Dionfune recht ey. 
gefangen tverden, und fi) dann nur, zumal in ber Periede % 
Umfegung, buch gewaltige Wirbel, Stürme und Meter & 
Art, entladen und Luft machen können. 

















b) Befchreibung der Inſel Formoſa. 

Die aͤußerſte Sudfpige der Inſel iſt zwar nur ein flo 
fandiges Borland *5), aber daneben fleigen am Ufer überal it 
lite, geoße, fchwarze Klippen besvor, und fo wie das Ufn® 
hebt, wird es fruchtbar, grün, bewachfen, felfig, und übe & 
richtet fich fogleich die Kette der Hochgebirge empor, die der Ju 
in der Ferne von allen Seiten ihr ſchoͤnes Anfehn giebt, von !s 
fie bei den erften Europaͤiſchen Schiffen den Namen (Hormil: 
Formoſa, die Schöne) bis heute behalten hat. 

‚ Diefes Hochgebirge, TaSchan, d. 5. großes dr 
birge dee Ghinefen, kann man mit Al. v. Humboldt”) a 
die Außerfte öftlihfte Verlängerung des Himaları 
Spitemes, in deſſen Normaldirection es wenigſtens v® 
Hindu Khu an bis zum Nan king gegen S. O. ausyeftf 
liegt, betrachten (Afien Bd. 1. ©. 45, Bd. II. S. 417; [. ein 
©. 665), eine Linie, die dann buch 73 Längengrate von Bei 
nad O ſt diehend, der halben Länge der Andes⸗Kette gleich kommt 
und nur die einzige Lüde des Formoſa⸗Canals darbietet, die at 


- 





°44) Memoir Explanatory of a Chart of the Coast of China 181. 
etc., Appendix in J. Burney Chronol. Histor. Vol. II. p. 49 hl. 

*#) G. Staunton Authentic. Account, etc. I. c. T. I. p. 401. 

%e) C. Broughton Voy. I. q. II. p. 16— 17. a7, 0. Hm 
boldt über die Bergketten und Vulkane von InnersAften; Pogge 
dorf Annal. der Phyſ. 1830, Bd. 94, ©, 3265 Not. in Kaprou 
Annal. de Voy. IV. p. 306. Ä 

! 


‚3% | Infel Formoſa, Gebirge. 867 


"durch mancheriel Kiippen und Untiefen ausgefüllt wird. Da die 
fer La Shan auf Formofa, glei dem Gchnechanpte gegen. 
am. Pr büber in Sutian {f. ob. ©. 665), den größern Theil des Som⸗ 
sa.mer6 hindurch mit Schnee bebedt bleibt, fo laͤßt dies, nad AL. 
zug, Humboldes Berechnung, für diefes maritime Gebirgs⸗ 
"ii glied, auf eine abfolute Erhebung von 11,400 Fuß (1900 Täif.), 


etwa Aetnahoͤhe, zuruͤckſchließen. Aber dieſer Ta Scan fol - | 


er bie ganze Inſel Formoſa von ©. nah N. durchſetzen, fie m 
Sn eine Oſt⸗ und Weſt-Haͤlfte thellen, von dee nur bie Ichtere 
: einigermaßen bekannt und civitifire iſt, die oͤſt iche als Terra 
„= incognita noch von Wilden bewohnt wird, fo daß alle Kenntniß 
u. Formoſas nur auf der wefllichen, ber Chinefifchen Geite 
=. beruht, die weniger bergig, fruchtbaren, bevoͤlkerter iſt als jene. 

Der Ka Scham befteht jedody nicht aus einer Kette, ſon⸗ 
dern aus mehreren Gebirgejügen, unter benen der Mu fang . 
Shan (d. h. Wald berg) *) der merkwuͤrdigſte, fehr ſteil, ſich 

x hoch in die Wolken erhebt, mit denen er faſt ſtets gekroͤnt iſt; 
» nach ihm wird auch oͤfter das ganze Gebirge benannt, die wilden 
 Snfulaner, die ihn bewohnen, heißen bei den Chinefen Thufan. 
- Diefee Mu kang liegt im N.D. von Thay wan hian, und 
» zieht fi bis zur Grenze von Tfhulohian (unter 23° 27° 
: 86° N.Be). Viele der einzelnen Bergnamen, in weichen bie 
‚ Chlmefen die Geſtalten von Menſchen oder Goͤtterfiguren zu ſe⸗ 
hen glauben uͤbergehen wir. Doch ſind einige der von ihnen am 
Suͤdende ber Inſel angeführten duch die vulcaniſchen Er⸗ 
ſcheinungen *%) merkwuͤrdig, die fie begleiten. Der Tfchye 
fang, d. h. dee Rothe Berg im Suͤden der Stadt Zunge 
ſchan hian (db. h. Phönirftade), die noch ſuͤdwaͤrts des Ha⸗ 
fens Thay wan liegt, hat Früher Feuer gefpien, und noch. 
ift ein Eee mit heißem Waſſer auf ihm zu fehen. 

Der Phunan my Shan im SD. derſelben Stadt, fehe 
hoch mit fhönen Pinus bewachſen, ſtrahlt des Nachte einen 
Glanz wie Feuer aus, und iſt vieleicht ein nur ruhenber 
Bulcan, auf fenem Nachbarberge follen bie Blätter der großen 
Asunpflanze bie Größe eines Haufes erreichen. Der Kialaos 
Berg ber Eingebornen, jenem zue Seite liegend, Khuey luy⸗ 





**) Xlaproth —* de Plale de Formose extr. de Livres Chi- 
nois 1. c. Mem. T. I. p. 32, #9) Nouvelles Annales de Voy. 
T. IV. Not, p. 306; ' Di de Formoas Mem. T. J. p. 329-334, 


Sii2 


868 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


Scham ber Chinefen, ift ihe Grenzberg gegen bie wilden Sn 
fulaner im Den, Seine Gipfel ſteigen hoch in bie Lüfte, find 
meift woltenbededit, werden aber bei klarem Himmel ats Land: 
marken fon auf den Ponghu (Phenghu) Inſeln unterfchie 
ben, und find im einzelnen benannt. Eben fa liegt der S cha: 
makytheu Schan, in der aͤußerſten Sübfpige der Su 
fel, noch 17 geogr. Meilen im S.D. von Sung (dam biaz, 
fell emporragend, wie eine Mauer, den Schiffern, die von ben 
Manillas kommen, aus welter Ferne zum Signal dienend. 
Ihm zur Seite ſteigen, bei niederm Meere, Klippen aus demfel: 
den hervor, welche das Anfehn von Pferden haben follen. 


Im N. O. dee Stade Fung (han hian fpringt am Fuße 


bes Knenſſchuy Schan, d. h. Berg der kochenden Waf: 
fer, auf einer Heinen Plaine mit Heftigkeit eine hei ße Schwe: 
felquelle hervor, die einen See von ein bie zwei Stunden bil: 
det, der ringsum von Bergen eingefchloffen ift, in welchem brei 
dicht bewaldete Infelchen liegen. Das biäulichweiße Waſſer bieat 
zur Bewäflerung der Selber. | 

Aber auch weiter gegen die Mitte ber Inſel werben in da 
Bebirgen noch andere vulcanifhe Erfheinungen aufge 
führe. So z. B. liegt dee Ho Scan, d. h. der Feuerberg, 
im S.D. von Thu lo hian, mit Klippen bedeckt zwifchen be: 
nen Quellen fließen, aus deren Waſſern beſtaͤndig Flammen 
emporfhlagen (vielleicht firömende Naphthaquellen?); ber 
-Liroubuang Shan, ,d. h. ber Schwefelberg, noch nord⸗ 
licher dehnt ſich zwifhen den Städten Tſchang hua hian bis 
Tanſchuptſchhing aus; ſtets ſieht man Flammen aus ſei⸗ 
nem Fuße hervorbrechen, und die Schwefeldaͤmpfe ſind ſo 


ſtark, daß ſie Menſchen erſticken koͤnnen. Auf dem Gipfel des 


Palifen Shan, im Welten der zuletzt genannten Stadt, 
fol nach den Einwohnern eine aus Eifen gefhmolzene Koge 
(ob ein Meteoreifenbiod ?) liegen, deren Berührung Krankheiten 
erzeugt. In der Nähe diefee Solfataren, aus denen fehr viel 
Scwefel gefammelt wird, der in den Handel koͤmmt, liegt der 
Panſian Schan im S.D. der Stadt Tſchang huahian, 
wo früher eine Chineſen⸗Colonie die fruchtbaren Felder bebaute, 
und die Rampferbäume und Maronen, bie jene Gebirge 
tragen, zue Production, ihre Baumftämmg zum Schiffbau, 
zu Maſten benugte; fpäter fiedelten fi da re an. ' Am 
hohen, unzugaͤnglichen Scan tfchao Schan Im . "berfeiben 


Inſel Formoſa, Fluͤſſe. 869 


Seqadr, haben ſich 36 Dorfſchaften der wilden Inſulaner an = 


Defjen Südgehänge angefiedelt, die auch noch in bem andern 
Bergtevieren zerfireute Wohnungen haben. 


An der aͤußerſten Nordfpige ber Inſel enbet ber Rp | 


Iu ny Shan, im Süden bes gleichnamigen Hafens (Quelong 
der. Holländer), der 20 bis 30 Seefchiffe faffen kann, als hohe 
Landmarke für die JSapan= und EChinafahrer, ben maͤch⸗ 


tigen Gebirgszug Formoſas; und ihm zur Seite, in Welten, - 


liegt ein zweiter Berg, der Kin pao Ivy Shan mit ausgezeich⸗ 
neten Zelfen, bie Fahnen⸗Klippen genannt, bie [Ben aus 
weiter Berne vom Echiffer erblickt werden koͤnnen. 

Von fo hoben: Gebirgen ziehen eine Menge Ströme und 
B aͤche 860), gegen Welten, hinab zum Meere, und bewäflern: 
reichlich das vorliegende, fruchtbare Erdreich, zerftören aber auch: 


das Land nicht wenig, zumal die Wege durch die Infel, die ei⸗ 


ner ſteten Reparatur bedürfen. Der Fluß, der fi) zu dem Haupt⸗ 
hafen Thay wan ergießt, gehört zu den geringern der Inſel; 
der größte foll in der Mitte derfeiben, der Rieou tſchhao Khp. 
feyn, deſſen Mündung ſuͤdwaͤrts der Stadt Thu lohia aber 
feicht und durch eine Sandbarre verfperst if. Dagegen if dee 
Tan ſchuy Khy (d.h. Süßgaffern im N.O. von Tſchang 
hua hian, gegen N.W., zur Tan ſchuy Kiang Bai flie 
ßend, an 80 Fuß tief, mehrere Tagereiſen aufwärts 
ſchiffbarz feine Ufer find. mit wilden Ur: Palmenmwäldern bes; 
fhattet; in feinen Waſſern fängt man den Hung fin pu 
(Rothherz), einen Fiſch ber ‚bis 10 Fuß Lärige erreicht. Auch: 
fehle es der Infel nicht an Seen; einer derfeiben, Lian. hua 
tſchy (db. b. der See der Lotosblume). im Gebirgslande, in 
N. von Zfchang hua hian liegend, bat eine non wilden. Infulas . 


nern bewohnte Jufel, die auf derſelben treffliches Getreide ernten.: - 


Auffallend ift die Verficherung ber Chinefifchen, wie dr Je⸗ 
fuitifchen 51) darin übereinflinnmenden Nachsichtn, daß die 
Dueklen und Waffer der Inſel im Allgemeinen nicht gut. 


und für die Fremden ſegar ‚nachtbeilig und giftig ſeyn follen.. 


Ob dies von der vulkanifchen Natur des. Bodens hetruͤhrt? 
in der Capitale uhap.wan allein wirb das Beunenmwaffes 





‚98°, Klapeotir Descer. de Fiormose a Men. Lo. TI. p. 334 — 
37 2) Desci. de Formoastl. c. T. I. 329, De Mailln Let- 
tre 1. c. T. XVIIL p. 430. 


) 
—* 


870 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


geruͤhmt. Beobachtungen über diefe Quellen, beiten Erdbes 
ben, welhe Formoſa öfter heimfuchen follen, würden Ichrreich 
ſeyn; bis jegt fehlten fi. Im Fahre 1782 wurde die ganze In⸗ 
fel ducch ein fucchebares Erdbeben verwüſtet, auch im gan 
in Canal von Formoſa hob fi das Meer fo gewaltig, daß 
bie Ebenen der Infel während 12 Stunden unter Waſſer vers 
fegt, und ein großer Theil der Capitale zerflört ward, Mehrere 
hundert Schiffe im Hafen wurden gaͤnzlich zerfchmettert, und ein 
paar Kriegsſchiffe ganz von ben Wogen verfhlungen, 

Die Küfen von Formoſa find meift ſteil und felfigz bie 
Weſtkuͤſte hat viele Seine Baien und einige größere Häfen, bie 
jedoch denen der Pong hu Infeln, binfichtlich ber Tiefe, micht 
gleih kommen. Des beſte Toll der Hafen der Gapitate Thay 
wan fepn, der Ta yuan Kiang genannt wird, und fruͤherhin 
2 Einfahrten hatte, bavon aber die größere Sa Kiang, ben bie 
Holländer durch ihr Sort Zelandia beherefchten, verfander iſt; ber 
geringere Lu eul men, 3 Stunden (30 Li) von der Stabt, bat 
bei Fiuth nur 9 bie 10 Fuß Tiefe, kann alfo nur für Chineſi⸗ 
fe Junken zus Einfahrt dienen, berem fünnen aber wol 3000 
darin ficher vor Anker liegen, 

Der Hafen Tan ſchuy Klang im N.W. kann einige 100 
Schiffe beherbergen; auch bier hatten die Holländer ein Fort das 
1683 zerſtoͤrt ward, Diefen Hafen beſtimmt La Peroufes), 
obwol et ibn nicht mit Namen nennt, unter 28° 29 M. Be, 
10: Lines in N, vom Thap warn Hafen; denn er befindet 
fi an der Mündung eines großen Fluſſes (des Tan ſchup 
Khy I. oben ©. 869) und bier fahe er bie große Chineſiſche 
Kelegseflotte den ganzen Hafen füllen, und auch noch einen Theil 

‚bes Fluſſes bebecken, welche damals (1787) zur Dämpfung einre 
Mebellion in Formoſa eingelaufen war, Der Nordhafen 
Pekiang, jegt Kyp lung genannt, gilt gegenwärtig (unter 25° 
16° 8 N. Br. 53) für den einzig guten und iſt eine Hauptſta⸗ 
tion des Chinefiichen Marine, .wo ein frifcher Handel betrieben 
wird, Aber die Strömung im S. O. dieſes Hafens ift fo ſtark, 
bag die Chinefifhen Schiffer 5t) bier fih eben fo wenig 
weiter ſuͤdwaͤrts an ber Oſt ſe ite ber Juſel hinzufchiffen wagen, 


. 868) Ja Peronse Voy. I. © T. II. p. 372 08) Asiat. Joum, 
New. 8er. Vol,,X1ll, 1834. p. 107. 64) Klaproth Deser. de 
Formose l. c. T. I p. 339. 


Inſel Formoſa, Vegetation. | ‚871 


die einft die Araber fübwärts des Cap Corsientes von Zans 
zibar°:) und Madagascar, oder die Portugiefen um 
das Cap Nun (Non plus ultra) am ber Weſtkuͤſte Afrikas; doch 
geht hier an der ganzen Oſtküuſte von Formoſa die ſehr bef: 
tige Steömung nicht gegen Süden, ſondern von ©. gegen N. 
von des Infel Botol Kobaco big Pepheng, mit größter. 
Heftigkeit. Hiezu kommen noch fehe häufige Wirbelſtuͤrme und 
Waſſerhoſen, Typhone, die ſich in die Formoſa See hinabſtuͤrzen. 
Nach den aͤltern Nachrichten der Holländer ſoll die Oſtkuͤſte von 
Formoſa tiefere Haͤfen und Fahrwaſſer haben; wahrſcheinlich 
iſt dort, wo die Gebirge ſich hoͤher heben, auch die hafenreichere 
Steilkuͤſte; aber fie iſt nie unterſucht worden. 

Das Clima ber Inſel iſt ungemein lieblich, die Lüfte 
find gefund umd rein, bie tropifche Hitze unter dem Wendekreiſe 
wird durch die Gebirge, und dur das Spiel der Land= und 
Seewinde ſehr gemildert. Das Land tft trefflich bewaͤſſert, der 
Boden ift fruchtbar, kurz bie Infel, fagt De Mailla, verdiene. 
den Namen Kormofa, den fie erhalten hat. 

Die Infel ift die Körnkammers) für Fukianz fie 
giebt reiche Ernten an Reis, zumal einer Art Bergreiß, trefflis 
her Artz aber auh Korn, Hirfe, Mais, Semüfe aller 
Art, Trüffeln. Kine Colocafia, eine Art Arum mit eBbaren 
Wurzeln ift in Innern der Infel eine Dauptnahrung, Yu bei 
Chinefen genannt, Sniama bei Europaͤern. Zuderpflans 
zungen find bier in Menge, fie geben einen fehr guten Zuder, 
der einen wichtigen Ausfuhrartikel abgiebt, und felbft bis Peking 
verführt wird. An allen Obflarten bat die Infel Ueberflug, 
an einheimifhen und hieher verpflanzten, Alle Indiſchen 
Agrumi find bier, wie Drangen, Ananas, Goyave, 
Cocos, Arecanüffe, der Jacquier (Po lo mie der Chi: 
mefen, wol Artocarpus integrifolia? Mangua der Spanier, 
Dagua dee Portugiefen); abge auh Curopaͤiſche Obſtar⸗ 
zen wie Pfirfih, Aprilofen, Seigen, Weintrauben, 
Melonen, Sranaten, Kaflanien find Hier in den ſchoͤn⸗ 
fien Anpflonzungen über bie Felder verbreitet, die babucch das 
Anfehen des Gärten gewinnen; fie bringen die trefflichfien Fruͤchte. 
De Baum Sian, bei ee genannt, mit einer nierenförs 


1 
[7 1} 


ss) M. Polo ed. Marsden B. III. ch. 36. p. 706. s#) Klaproth 
Descer. de Formoxe I. c. T. I. p. 326 — 329. 


- 
⸗ 





N 


, 
— 


872 Dft-Aflen. Wafferſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


migen Frucht, bie in 3 Varietiten vorfommt, buftenb, holz 
und fleifchtg, fol nad) ibnen, von den Portugiefen, aus Sapın 
bieher verpflanzt feun. Rur grüner Thee wird auf Sormofa 
gezogen, von wo er viel ausgeführt und in China auch ale Me 
Dicament verbraucht werben foll (ob eine andere Art als der Chi: 
nefifche?). Bon dem wilden Jasmin (San yeou hua br 


Chineſen) ſchickt man die Bluͤthen aus Kormofa nach Ehins, 


um dem Thee einen lieblihen Duft zu geben. Au Kamp feı, 
Toback, Pfeffer, Aloe und Zimmerholz aus-ben Wal: 
dungen, an benen vorzüglich die nörbliche Hälfte der Infel ſeht 
reich ift, liefern wichtige Ausfuhrartifel. Aud Kaffee, Baum: 
wolle, Seide follen bier gewonnen werden. An Tieren nennt 
man Rinder, Büffel, Pferde, Efel, Ziegen, wenig 
Schaafe und Schweinez fehr viel Geflügel, Phafanen, Af⸗ 
fen, Dirfhe und anderes Wild; zu diefem zählt De Mailla 
auf der Dfifeite der Inſel auch reifende Thiere, wie Wölfe, 
Ziger, Leoparden, bie aber ber Weſtſeite fehlen ſollen. 
Salz und Schwefel, der vorzüglich feit dem Fahre 1819 nad 
China zur Pulverfabrilation verfendet ward, find die Hauptpre 
ducte aus- dem Mineralreihe; von Gold iſt zwar immer wir 
die Rede geweſen, aber von den Gruben nichts bekannt. Es fol 
fih auf dee Dfifeite der Inſel finden, und die Chinefen wol⸗ 
len fhon vor ihrer Beſitznahme Formoſas von ihrem Gold⸗ 
reichthumſess7) gewußt haben. Da fie nun auf der Wefſtſeite 
dieſes edle Metall nicht fanden, rüfteten einige ihrer Abenteurer 
eine Junke aus, es auf der Oſtſeite aufjufuchen. Doc, fanden 
fie auch da keine Goidminen, wol aber in einigen Hütten ber 
Inſulaner Soldbarren, auf die jene jedoch nur wenig Werth legten; 
der gaftlichen Aufnahme bei diefem gutmüthigen Voͤlkchen ungead;: 
tet, beraufchten fie diefelben kurz vor ihrer Ruͤckfahrt, erſchlugen die 
Hüttenberwohner, um ihnen dieſes Gold zu rauben, und eilten auf 
die MWefkfeite der Infel zuruͤck. Die Folge dieſes Räuberüberfal: 
les, war feitdem Rachekriege zwiſchen beibsrfeitigen Bevoͤlkerungen. 
Zu De Maillas Zeit lebte noch der grauſame Anführer jenes 
Morduͤberfalles ungeſtraft. Die Schiffer der Lieoufhieou Sus 
feln 53), fagt man, follen mit deu oͤſtlichen Formoſanern 


*57) De Mailla Lettre l. c. T, XVII. p. 425. ss) Kiaproth 
Deser. de Formose L, c. T. I. p. 377. 





Inſel Formofa, Handel.  ° 873 


in. Verkehr fichen, und von Ihnen bie Gold⸗Lingots gegen 
allerlei Producte eintaufchen. 

Dee Handei Kermofas nit China. ift fehe bedeutend; 
mit Reis, Zucker und andern Lebensmitteln verficht es Fukian 
und eine große Stredde des Chinefifchen Geftadelandes; China bas- 
gegen ſchickt der Infel There, Seide, Wollmaaren und alleriei Fa⸗ 
britwadsen. eben Monat rechnet man, daß aus den Häfen 
von Fukian über 100 Junken durt landen; die Ueberfahrt tft 
leicht, die Anfiediung Fark, das Leben auf der Infel wolfeil, das 
Gouvernement erleichtert die Anfiedlung durch Abtretung von 
Ländereien 59); doch bemerkte De Mailla, daß zu feiner Zeit 
obne Paß Niemand aus Fukian heriiber gelaffen wurde, und def 
Diefe dem doetigen Gouverneur viel einhraͤchten; eben fo aber laufe. 
der Angelommene auf Formoſa, wenn er den dortigen Mans 
darinen nicht neue Summen zahle, Gefahr bald wieder zuruͤck⸗ 
geſchickt zu werden. Eine Urfache diefer doppelten Controlle ſoll 
Die Furcht des Mandfchus Gouverneurs vor Rebellionen fepn, die 
wirgends Leichter. als in diefen füblichen Colonifationen ausbres 
chen. Daher lag damals, 1714, eine Sarnifon von 10,000 Manz 
AShinefifchere Truppen unter einem Tſong ping oder Generallieuts 
nant, mit 2 $utfiang und vielen DOfficieren auf der Inſel, bie 
alle 3 Sabre abgemwechfelt werden. Späterhin hat China 16,000 
Mann infanterie dahin verlegt, weil die Pferde der Inſel für 
Eavallerie zu ſchlecht find; ber Generaliffimus und der Admiral 
der dort flationirten Flotte haben beide ——— 1600 Unzen 
Silber Gehalt. 

Die Einkünfte des Chineſiſchen —— von Fox 
. mofa®) find fehr gering in Beziehung auf die doch ziemlich 
ſtarke Population des unterworfenen Theiles der Infel. Nach 
den Lilten vom Fahre 1820 waren es nur in allem Aus den 4 
Difteicten 143,917 Chy\ Korn (1 Chy = 5 Pinten Engl.), und 
7341 Unzen Silber. Bor 1740 wareh die Einkünfte bebeutens 
der, aber nach einer furchtbaren Verheerung ber Infel duch Or⸗ 
Zane milderte Kaifer Kpien Long die Abgaben um ein ſeht bes 
deutendes. Die Staatsausgaben zur Beflreitung ber Verwal⸗ 





s560) Klaproth Descr. de Formose I. c. T. I. p. 340; De Mailla 
Lettre 1. c. T. XVIH. p. 433. .) —* Descr. de For- 
mose q. a. D. p. 343. 


874 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abſchn. $. 82. 


tungstoften der Inſel betragen 90,856 Chy Kom unb 65000 Uns 
zen Silber. 

Die Stadt Thay wan fu) (Tac wan fu im Fukiau 
Dialect) unter 33° N. Br. gelegen, am Haupthafen, ift mit ei⸗ 
nem Wall, 10 Fuß mächtig, umgeben, und mit Graͤben; ber 
Wall aus boppelten Mauern, im Innern mit Schutt ausgefüllt, 
bat-8 Thote mit Thuͤrmen und MWadhthäufern, ſeit 1725 erbaut, 
De Stade bat 10.000 Dann Garnifon. Noch ſteht Innerhalb 
eine alte Hollaͤndiſche Kiehe. Die Hauptſtraßen durchſchneiden 
ſich in rechten Winkeln, 30 bie 40 Fuß breit, und find während 
der beißen Zahreszeit mit Tuͤchern zeltartig uͤberdekt. Die mel: 
ften find voll Kaufhäufer und Läden, in denen alle Arten Waa⸗ 
ren auf das elegantefte fell fichen. Das zu große Gebränge 
macht fie als Promenade beſchwerlich. Das fhönfle Gebäude 
der Stadt ift das Comptoit aus ber Holländer Periode; es ifl 
fehe groß, deeifködig, und wird von 4 Halbbaflionen vertheibdigt. 
Bon zwei Haupttempeln ift einer dem Schuggotte des Acker⸗ 
baues gewidmet, ber andere ber Göttin Hian fey beou, ber 
Beſchuͤtzerin der Schiffes; ex ſteht im Norden der Stadt. Der 
Handel der Einwohner mit China iſt ganz frei, wer aber eine 
Erpedition nad) Siam, Cochinchina, gu den Indiſchen oder Ja⸗ 
panifchen Inſeln machen will, bat bazu erfl von Hea mun (f. 
oben &. 784) ſich die Erlaubniß und bie Paͤſſe zu holen, weit 
Formoſa nur als Provinz unter dem Zfongtu von Fu Man 
ſteht. Die übrigen Städte auf Formoſa haben nur als Dafens 
flationen durch ihre Schiffahrt, oder durch Meine Fortificationen 
einigen Werth, find aber an fich unbedeutend. Die Lage von 
Wu teaou kiangs?), in welher Lindſay und Gügtaff 
(1832) zwei Tage flationirten, nachdem fie von Amoy abgefegelt 
waren, ift uns nach früheren Angaben nicht bekannt. Eie fol auf 
einer öden Sandtüfte unter 3° 38 N.Br., und 123° 18 OR. 
v. Ge. liegen, und einen ſtarken Zubrang von Volk zeigen; übe 
Hafen lag roll von Junken aus Fukian. Aus dem Innern 
der Infel, über dem man die Gebirge aber ohne Spur von Be 
getation emporragen fahe, brachten ſehr viefe Ruderkarren mit 





sei) De Mailla Lettre I. c. T. XVII. p. 432 — 436; Klaproth 
Descr. de Formose 1. c. T. I, p. 346, 346; Asiatie Journ. New 
Ser. 1834. Vol. XIII. p. 107._ *°) Lindsay Report I. c. p. 35; 
Gützlaff rn p» 271. 


Inſel Formoſa, die Aboriginm.. .. 87% 


Bäffen. befpannt die Landesproducte herbei, dien Mahaziuen 
von Bambus mit Masten umhängt und gedeckt, aufgehänft, bamst; 
auf die Junken verladen wurden, zumal, Reis und Anden 
Man verfprah fih in Handel mit den Fremden einzutaflen;: 
aber «6 gefchahe nicht, obwol hier kein Mandarin. war. Die Chi‘ 
neſiſche Anfieblung, hörte man, follte zur Rebellion geneigt ſeyn; 
als 2a Peroufe. bier gelandet war (178763) ‚Hand bie-ganze: 
Jaſel in Aufeupe gegen China. Bon ben Aboriginern. der 
Oſtkuͤſte, die bis heute ihre Independenz rt hbekam N 
laff keinen zu erbliden. 


e) Aboriginer. Die wilden Formoſaner, die Thu fan ber — — 


Schon vor längerer Zeit ſchaͤtzte man die Zahl ber Chine⸗ 
fifhen Anfiediung in Formoſa, auf mehr ald eine halbe 
Mil lion st), meift Emigranten and den: verfchiedenften Provin⸗ 
zen. Chinas, welche der Gewinn hieher gegogen,- vorzüglich aber 
aus Fukianz fie find, wie überall, fo auch Hier ihrer einheimi⸗ 
[hen Sitte getreu geblieben. Ungeachtet ihrer Zahl und der ſtar⸗ 
ten Mannfcaften, die zu ihrem Schuge.auf der Infel garmifos 
nicen, und ſtets in Fehde mit den Urbewohnern ber Infel 
ſtehen, haben fie diefe doch dis jetzt noch nicht bändigen ober übers 
wältigen können. Zwar follen fie täglich mehr feſten Fuß ges 
winnen; dennoch iſt aber die ganze öftliche Hälfte der Infel, 
noch immer frei und independent vom Joch ber Chineſen ges. 
blieben, 

Diefe Freien Abariginer ber Dffeite, find von den: 
Aboriginern der Weftfeite zu unterfheiben, welche unter 
das Soc der Chineſen gebracht find, Bon jenen Freien. 
Aboriginern iſt wol nur fehr wenig bekannt. De Mailia 6) 
der fich im füdlichen Theile der Infel einige Zeit auf ihrem Grenz⸗ 
gebiete, behufs feiner Kartenvermeſſung verweilen mußte, und des⸗ 
halb zu feinem Schuge eine Escorte von 200 Soldaten mit fi: 
führte, erblickte zwar in bee Ferne ihre Hütten auf dem Gebirge, 
auch fahe er deren 30 dis 40 von ber Höhe mie Pfeil und Bo⸗ 
gem herabfleigen, doch wagten fie ed nicht gegen bie uͤberlegene 
Baht weiter ren Er hörte, daß bie Grenzfehde dort. 





2 ER La — Hr h 6 TU p. 371. **) Journal Aslatig. 
) De Mailla Leite I. c. T. XVII. 
3 * — Br ae 


876: Oſt⸗Aſten. Waflerfofteme. 1. Abſchn. 9. 82. 


fun fat 20 Jahren anumterbecchen beſtehe, und dag gar Keine 
Communication zroifchen ‚beiben Inſelſeiten flatt finde. Sie fol 
ion. Hin wildes, unbebauted Bergland bewohnen, von Jagd und 
Fir faug. leben, und im Wildheit etwa ben Irokeſen, die De 
IM ailia aus igurr Erfahrung kannte, glei, aber doch weniger 
brutal fepn, weit Teufcher als die Indianer Ieben, und von Ra; 
tureli weit fanfier als jene, und ftiedlicher ſeyn. Gie- follen ge 
genfeitig ſehr wohlwollend fich zeigen, fi unter einander beiſte⸗ 
hen, nichts weniger als habfüchtig, wie ihre Chinefifche Nachbarn, 
feyn, keinen Werth auf Gold und Silber legen u. a. m. Dage 
gen aber ohne Geſetz, ohne Regierung, ohne Polizei, ohne alle 
Kenntniß von Gott, ohne Religion leben, ader über Die Maaßen 
fich ihrer Rachſücht uͤberlaſſen. 

Die Un ter w orfonenAborigineriemte DeMaitia®) 
nm ale Diener, oder als Sclaven der Chinefifhen Anſiedlet 
Tonnen. Sie And, fagt er, in 45 Abtheilungen, die man Che 
nennt (bourgades, Sieden), gebracht, davon 36 in dem nörblis 
chen, 9 in dem füdlichen Theile dee Inſel liegen. jene wohnen 
in Käufern wie die (Shinefen, diefe nur in Hüsten von Bambus 
mit Strohdaͤchern, auf Eſtraden erbaut, in der Mitte mit’einem 
—Heerd, aber ohne alle Meubles. Reis, Kom und Wildprett if 
ihre Hauptnahrung. Das Wild fangen fie oft als Meiſter im 
Laufe. Sch fahe fie, fage De Mailla, fohneller als die: Pferde 
rennen (diefe find in Formoſa untauglid für Die Gavallerie). 
Die Chinefen geben als Grund dieſer Gewandtheit an, daf fie 
ſich in der Jugend die Knie and die Hüften eng zufanımens 
ſchnuͤren (?). Ihre kurzen Langen werfen fie 70 bis 80 Schritt 
witz mit Pfeil und Bogen erlegen fie den Phaſan im Kluge. 
Beim Eſſen, ganz nach der Art der’ Affen mit den Händen, find 
fie ſehr unreinlich; das Fleiſch genießen fie halb roh, nur etwas 
geroͤſtet. Ihre ganze Kleidung beficht in einem Leinwandſchurz, 
von den Hüften bis zu den Knien. Sie ſchlafen auf einem Las 
ge von friſchem Laube. she Hauptſchmuck befteht in den tatos 
wisten Figuren ihrer Haut; aber nur den Siegen und Bor 
kaͤmpfern jedes Che, im aan und auf der Jagd, iſt dieſe Aus: 
zeichnung erlaubt. 

Ihre Geſtalt ift ſchlant, beweglich, ihre Hautfarbe ollven⸗ 
farbig, ſchwaͤtzlich wie die dee Malayen; ihre Züge find den 


266) De Mailla a. a. O. p. 437— 445. 


Inſel Formoſa, die Aboriginer. 817 


Chinefifcden verwandt, ihe Haar hängt ihnen die Schalten lang 
herab. Sie tragen Ohreinge, Armringe, auf dem Kopf eine Art 
Krone, aus Saamenkömern mit bunten Federn geſchmuͤckt, oder 
- in der nördlichen Hälfte bee Infel von Bananenbiättern geflach⸗ 
‚ten; da behängen fie fi auch mit Hirſchfellen. | 

Obwol den Chinefen unterworfen, ‚haben fie boch nod eis 
nige alte Einrichtungen unter fi beibehalten. Jeder Che abıe 
Sieden, wählt 3 bis 4 feiner Aelteſten zu Häuptliingen, 
die alle Streitigkeiten fchlichten, und den ſtrengſten Gehorſam ges 
nießen ; fie zeichnen die beiten Läufer und Jäger durch, die Er⸗ 
laubniß des Tatowirens aus, ober daß fie ihre Zähne ſchwarz fir 
niſſen (f. ob. ©. 746) in den Ohten Muſcheln oder Edelſteine 
fragen dürfen, u. ſ. w. Ihre Hochzeiten find ein einfaches Aue 
fammentreten 5° die Braut verläßt aber nicht das elterliche Haus, 
fondern der Schwiegerfohn zieht in die Hütte des Schwiegerva⸗ 
hers, um dieſen bei feinen Arbeiten zu unterſtuͤzen; daher geben 
die Eitern hier den Toͤchtern den Vorzug, umgekehrt wie bei den 
Chineſen. 

Die Chineſen ſagen ihnen zwar nach, daß fie insgeheim bei 
ihren Verſammlungen Tannibalifche Gebräuche hätten, Menſchen⸗ 
fleiſch aͤßen u. a. m.; aber De Mailla67) widerfpricht diefem 
and fagt, unter ihnen fey kein Betrug, kein Diebſtahl, kein Pros 
ceß; fie zeigen fich fehr befonuen und gehorſam ‚gegen ihre Wors 
gefegten. Nur die Dolmetſcher find ihnen ein Dom im Auge, 

_ amd ihre häufige Revolten gehen dahin, ſich von deren Drud zu 
befreien, Bei De Mailla's Anweſenheit hatten fih 3 von 
412 Che auf der Südfeite dee Inſel empdet, und zahlten ſchon 
feit 3 Jahren keinen Tribut mehr; fie hatten fih an die Freien 
Aboriginer angefchloffen. Die Chinefen fordern naͤmlich; Tri⸗ 

- but von ihnen in Kom, Reis u. a. m. Deshalb wird in jedem 
Che ein Chinefe als Einnehmer des Gouvernements befiells, ‚der 
zugleid) die Sprache der Eingedornen erlernen muß, um al6.D.ols 
metfcher für fie in’ Beziehung auf bie Dianbarinen zu fungis 
zen, Diefe Dolmetſcher fpielen nun die Wolle der Tyran⸗ 
nen auf der Inſel, die auch gegen die Mandarinen hochfahrend 
ſich benehmen. Ihre Grauſamkeiten und Erpreſſungen ſind es, 
welche die haͤufigen ua auf der Jaſel veraulaſſen. 


.. — “ 
4 





1 De Mailla Letiee Le, Te XVII. DM. un an. 


v⸗ 


878 Ofttfen, Waſſerſyſteme. I. Abſchn. $. 82. 


De Maillasss) erwähnt, daß man ihnen zu feiner Zeit 
in Fukian gefagt hatte, «6 gäbe auf Formaſa Chriſten; nicht 
unter den Chinefen, ſondern unter den Aboriginern, aus ber Pe 
riode dee Holländer Herrſchaft. Der Jefuit bemerkt, «6 faͤndes 
fi unter ihnen noch mehrere (im Sabre 1714) bie Hollänbis- 
ſche Bücher laſen, auch mit deren Schrift ſchreiben koͤnnten, 
Abfchen vor dem Gögendienfl zeigten, aber kein Gebet hatten, dog 
einiges von der Teiaität, dem Eündenfall, der Taufe zu fagen 
wüßten. Mehr Spuren von Religion zeigten fie aber nidyt, and 
koͤnne ihnen von China aus kein Hell kommen; er ſpricht den 
Wunſch aus, daß die Miſſion fi einen Hafın an dr Oſt kuͤſte 
der Inſel auderſehen möchte, zu Ihrem Werke des Heils. Dies 
ft aber nicht gefchehen. 

Aderdings haben bie Holländer während ihres kurzen Bes 
figes fih) auch mit Bekehrungen dee Aboriginer ©) abge 
geben; ihre Nachrichten darüber find zwar veraltet, durch fie abe 
bie Sprache berfelben befannt geworden. Nach ben Unterſu⸗ 
ungen und DBergleihungen Klaproth mit den Dceani: 
[ben Sprachſyſtemen von Madagascar bis zum Stillen 
Oeean und bem continentalen Sübdoften Afiene, gehören dieſe 
Aboriginer zu dem großen Malapifhen Spread ſtamme, 
der von bem Juſelgeſtade Oftafritas bis zu dem Infelgeflade 
Weſtamerikas über Aufkealafien, von Madagascar und Malacta 
bis zu den Sandwich: Diarquefas Infeln und Neu⸗Seeland ver 
beeitet lebt. Hiemit ſtimmt auch der große Kenner biefer Voͤlker⸗ 
fhaften W. Marsden 70) überein, der bemerkt, fie gehören zu 
dem Polynefifhen Dienfhenfchlagez fie würden auf ben Moluk⸗ 
ten zu ben Haraforas nad Geſtalt und Eitte gerechnet wer: 


den; Ihe Vocabular beftätigt, daß fie nicht, wie man früher wol 


annahm, zur Race der Auſtralneger gehörten. Viele ihrer Aus 
druͤcke, wie Aulong ffatt Drang, d. Mann, Menſch; Apoci 
Rott Api, d. i. Zeuer u.a. m. entfprehen ganz dem Malayi⸗ 





gr De Mailla Lettre . « T. XV. pe» 445. 
!’Formulier des Christendoms, met de Verklaringen van dien, 
ade ee Formosaansche tale. Door Dan. Gravius 
in 4. f. Klaproth Mem. relat. a P’Asie T. I. 
p. 353; veffiben Vocabnlaire Formosan p. 354 — 368; deſſelben 
Phrases en Formosan p. 369 — 374. 1°) will Marsden Mis- 
cellaneous Works; On the Polynesian or East Insular 
London 1834. 4, pr 67 eto. | 


N i ä x 


— 


Inſel Formoſa, die Aboriginer. 879 


fhen Vocabular. Jede Tribus ſoll indeß auf der Inſel 
ihren eignen Dialect ſprechen. 
Dennod) bleibt die Bemerkung der Holländer, die auch 
Ge Valentyn?) anführt, immer zu beachten, daß es in den . 
Gebirgen der Inſel audy eine ſehr große Schwarze Race ber. 
Aboriginer geben fol, deren Sprache von ber der übrigen 
Formoſaner ganz verſchieden ſey; doch ſcheint man über 
fie nicht genauer unterrichtet zu ſeyn. Ob diefe auch gegentvaͤr⸗ 
tig dort noch vorhanden, iſt gaͤnzlich unbekannt. Kein Europäer 
bat feit De Mailta das Innere von Formoſa gefehen. Die 
Holländer fanden die Soemofanifhen Aboriginer noch 
in ihren mehr einheimiſchen Eigenthuͤmlichkeiten, die ſich ſeit der 
Unterjochung unter die Chineſen ſehr vermiſcht haben moͤgen. 
Sie geben von ihnen manche auffallende Berichte. Die Maͤn— 
ner find ſtaͤrk, groß, ihre Farbe zwifchen gelb und fchwarz, fie 
gehen 3 Monat im Jahre, nach altem Gebraudy, ganz 'nadt, den 
Goͤttern zu Ehren, die ihnen fonft feinen Regen ſchicken würden. 
Die Frauen find alle klein von Statur, did, ſtark von Wuchs, 
waſchen fi täglich 2 mal vor ihren Thuͤren mit heißem Waſſer, 
find treu, fleißig, fanfle Polygamie iſt bei ihnen gebräuchlich 
und leicht wechfelnde Ehe. Die Maͤnner dürfen fi) erft mit dem 
zwanzigften Jahre verheirathen, die Weiber dürfen erſt mic dem 
Zoſten Jahre Kinder gebären, früher aber müffen fie ihre Frucht 
durch Prieſterinnen, die ihnen den Leib kneten, abtreiben laſſen. 
Sie verehren viele Goͤtzen, darunter 22 die vorzuͤglichſten ſind. 
Der eine, Tamagiſangae, bat feine Wohnung im Süden 
der Inſel; feine Gemahlin Zecarocpoda wohnt im Oſten 
berfelben ; jenen beten die Männer an, dieſe die Weiber. Den 
Morden der Infel beherrſcht Sarifang, der Böfe, der die 
Menfhen durch Blattern haͤßlich macht; andere find Kriegesgoͤt⸗ 
ter u. ſ. w. Ihre Prieſter ſind Weiber, ſie heißen Juibus, 
wahre Schamanen ſie verrichten die Opfer, verdrehen die Augen, 
werfen ſich nieder, haben Entzüdungen, Erfheinungen, Ohnmach⸗ 
‚sen, erzittern, erzählen ihre Vifionen, prophezeihen Gluͤck, Sturm, 
vertreiben böfe Geifter u. ſ. w., bie Todten legen fie sach einigen 
Tagen auf Gerüfte, doͤrren fie durch darunter angemachtes Feuer, 





1 


21) Fr, Valentyn Bescaryvinge van Tayouan of Formosa etc. l. e. 
T. IV. Malte Bran Analyse de quelques Memoires Hollandais sur 
YIsle de Formose Annales de Voyages. Paris. T. VIII p- 344,.etc. 


830 Oſt-Aſien. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 82. 


und bewahren fie, ähnlih den Eübfee- Infulanern, für fpätere 
Jahre zu Leichenfeiern auf. Die Böfen, nach dem Tode, ger:: 
then nach einen verpefteten Pfuhl, bie Guten fhreiten daruͤber 
hinweg, in ein ſchoͤnes Land. Ihre Hauptſuͤnden ſind Verletzung 
äußerlichee Vorſchriften, wenn fie z. B. zu unrechter Zeit Seide 
oder Leinwand getragen, Auſtern zue unrechten Zeit geholt, ober 
etwas unternommen haben ohne vorher den Gefang ber Voͤzel 
darüber zu berathen, die Weiber wenn fie vor ber erlaubten Zit 
Kinder geboren haben u. a, nı. Der Diebflahl wird nur dadurqh 
beftraft, daß der Beſtohlne mit feiner Partei fih aus dem Hau’: 
des Diebes fein Eigenthum, und was ihm fonft beliebt, gemalt: 
ſam wieber holt. Bor ber Ankunft der Chinrfen hatten die Sn: 
fulaner einen Rath aus 12 Maͤnnern, Quatys genannt (cd 
Kadi? Richter, durch frühen Einfluß, der bis dahin etwa ver: 
deingenden Mufelmänner? f. ob. ©. 812, 779); fie wurten 
noch zus Holländer Zeit ermäblt. wechfelten alle 2 Sabre, mußt: 
von gleichem Alter fepn. Sie richteten mit Milde und beſtimm⸗ 
ten die Strafen; fie hatten das Vorrecht zur Jahreszeit, wenn 
der Reis halbwüchfig geworben, fi berauſchen zu dürfen; abe 
geroiffe Speiſen zu genießen war ihnen verfagt, weil fonft bie 
Hirſche und Eber ihre Meisernten zerſtoͤren würden. Todesſtra⸗ 
fen kannten fie nicht, aber Rachektiege; ihre Wohnungen fchmüd: 
ten fie mit Gebeinen von Pferden und mit den Schäbeln und 
Haaren Ihrer erfchlagenen Feinde. Statt des Eidſchwures brechten 
fie einen Steohhalm, Und das dabei gethane Verfprechen iſt ihnen 
heilig. Von den Chinefen haben fie vieles Ftemdartige ange: 
nommen. 

Die Heine Infel Lamay (f. ob. ©. 865), Lang !hiao ’’) 
der Chinefen, die dem Suͤdende Formoſas gegen S. W. vorliegt, 
und leichtes Anlanden darbietet, wird aud) von Aboriginern 
bewohnt, die ſtarke Schaafzucht haben. Die Luft ſoll dort den 
Fremden nachtheilig ſeyn, die Chineſen ſollen die böfen Daͤmon⸗ 
dieſer Inſel fürchten. 

Die Ponghu oder Phenghu Infeln ?), Pescadores 
‚der Portugifen, im Weiten Formoſas, deren Lage ſchon oben be 
‚ zeichnet wurde, ſtehen unter der Jurisdiction von Thay wan. 
Sie find von jeher den Chinefen dekannt gewefen, weil man fchon 





872%) Klaproth Descr. de Formose 1. c T. I. p. 352, 73) ebend. 
p. 351 — 352; De Mailla LetseL c. T. XVIL p. 417 —424. ı 


x 





Die Geſtade⸗Inſel Hainan. 881 


von Amoy and In ber Kerne ihre Berge bei helterm Better er⸗ 
biiden kann. Im Jahre 1387 wurden bie Ponghu-Snfue 
Laner von den Chinefen tiberfallen, aus ihrer Heimath wegge⸗ 
führt, ihre Infelgruppe aber verwuͤſtet. Sie wurden dann daB 
Afpl dee Piraten, welche von jeher dieſe Gewaͤſſer gefahrvoll 
gemacht haben; diefe wurden von den Holländern unterjocht, 
welche aber nicht weniger wie auch die Portugifen ben Chines 
fen in ihrem Benehmen als Seeräuber erfhienen, und daher 
auch, feitdem in ihren Hiftorien mit zu dieſer Claffe der Barba⸗ 
zen gerechnet wurden, Seit Kaiſer Khanghi erhielten fie Gars 
aifonen dee Mandfhutruppen und Feſtungsanlagen, um 
Diefe wichtige Station zur Ueberfahrt nach Formoſa zu behaupe 
ten; doch zuweiltn haben biefe Inſeln wieber zue Aufnahme der 
Raubgeſchwader jener zahlreichen Piraten gebient, welche von Zeit 
zu Zeit dem Küftenhandel jener Gewaͤſſer fo ſehr gefährlich were 
den, und bie und dba Empörungen bee Geflsdeanmwohner vers . 
anlafien. Es follen, nah De Mailla, 36 gsößere und Kleinere 
Inſeln feyn, deren größte einen fehe guten Hafen von mehs 
als 8 Fuß Waffertiefe hat, der zum Anlanden der Canalübers 
fahrt, die bei hohem Meer und Seeflürmen, oder während bez 
bier fo heftigen Monfune und ihrer Umſetzzeit, für Kauffahrer 
wie für die Kriegsflotten ber Chinefen, und für bie unzähligen 
Fiſcherbarken, die flets in diefen Gewaͤſſern umberfchwärmen, nicht 
felten durch Typhone gefahrvoll wird, unentbehrlich iſt. In dies 
fem Hofen fand De Mailla nur noch bie Erinnerung an bem 
einfligen Befig der Holländer, in dem Namen Hung mans 
tſch ai (d. h. Rothhaare) zur Bezeichnung der Hafeneinfahrt. 


2. Die Inſel Halnan, 
Diefe Seftabeinfel Hailam, eine bloße Verſtuͤmmlung 
bdes Wortes Sainan, d. h. Infel im Sübmeer (fübwärts 

zwiſchen 18° 10’ bis 20° N.Br.) 7), wurde unter Kalfer Vuti 
der Han⸗Dynaſtie gegen das Jahe 108 vor chriftlicher Zeit 
rechnung, von den Chinefen entdedt, und dem Reiche unterwors 
fen. Später kam fie unter bie Gewalt dee Du (f. ob. ©. 743), 
feit 971 an die SungsDynaftie, 1381 wurde fie unter den 
Ming bem Gouverntment von Kuangtung unterworfen, und 





?*) Klaproth Carte de FIle de Hainan formant le Departement Chi- 
nois de Khioung tcheou fu. Paris 1827. p. Fremin ct Berthe. 


Ritter Erdkunde IV. Kt 
‚ ’ 


882 Dft-Afien. Wäfferfufteme. I. Abſchn. $. 82. 


bitdet, in 13 Diſtriete getheilt, ein Departement deſſelben, bas 
von ber Gapitale dee Infel von Khiungtfheou den Mamen 
erhält. 
Hainan 85) fließt gegen &.D. den Golf von Tunkin, 
und iſt nur durch eine 4 Stunden breite Meeresfiraße, Ga: 
nal der Junken, von der Halbinfel Luitfheon, der aͤußer 
flen Südfpige des Chinefifhen Continentes getrennt (ſ. oben 
©. 818), der aber noch mit vielen niedrigen Jnſeln bedeckt if. 
In der Nähe der genannten Capitale liegt das aͤußerſte Nord⸗ 
Gap der Inſel unter 20° 24 N. Br. Die aͤußerſte Südfpige 
Mungkotfui (db. b. der Papagaien-Schnabel) ragt bi 
18° 9 35” N. Br., 167° 14° 16” DL. v. Par. von Die duferk 
Länge der ovalgeflatteten Infel von N.D. gegen S. W., beträgt 
45 geogr. Meilen, und 27 bis 28 geoge. Meilen Breite, vor 
SD. gegen NW. Ihre N. W. Kuͤ ſte, welche Zunkim fchüs, 
iſt niedrig, flach, mit Sandbaͤnken und Untiefen belagert, bie weit 
in den Golf hineinreichen; bie Oſt kuͤ ſte iſt meiſt ſteil und fer 
fig; die Kuͤſte gegen Süd mannichfacher entwickelt, gegen bie 
N.O. Monſfune gefchägt, und mit trefflihen Hafın und Bairz 
ausgeftatte. Die Oberfläche der Infel beficht aus fandigen Ete 
nen, oder bewäfferten Grafungen, Samwannen, bie und ba mi 
Kiippenzügen durchſetzt, mit nur wenigen fruchtbaren Tpälem, 
aber die ganze Mitte bee Inſel ift mit hoben Urgebirgsbilbun 
gen erfüllt. 

Dieſes ventrale Hochgebirge, ber Tattfhi Scan, 
d. 1. das geoße Utſchi⸗Gebirge, bis in die Wolken aufſtei⸗ 
‘gend, verzweigt fih von ber Mitte aus, in vielen Armen duch 
die ganze Infel, und füllt biefe mit Thälern,-fender nach allen 
Richtungen rablenartig feine Ströme aus, die an Größe unbeden⸗ 
tend doch oft ungebändigte Waffer find, und keiner befondern En 
wähnung verbienen. Ihre Thaͤler find zum Theil noch wilb, und 
wenn auch nicht unbewohnt, doch zum Theil un debaut, viele 
ſollen ſteril ſeyn. | 

Das an fich Heiße Clima wird durch die Seewinde fehr ges 
mildert, haͤufige Nebel, ſehr ſtarker Thau geben ſtete Feuchtigkeit 





— Klaproth Descr. de !Iie de Hainan extraite des auteurs Chi- 
nois in Nouv. Annales des Voy. VI. 145 etc.; Dict. Geogr. Univ. 
Paris 1828 T. IV. p. 635; isle Hainan in Singapore 
1825. 3 Mars, in Asiat. Journ, Lond. 1826. T. XXL p. 15; Da 
Halde Descer, de la Chine IL, c. T. I. p. 237 —241 etc, 


* 








Inſel Hainan, Producte. 883 


und halten bie Gewaͤchſe friſch; auch hier find Orkane, Ty⸗ 
phone an den Geſtaden gefuͤrchtet, wie in der Formoſa⸗See. 
Die oͤſtliche Seite der Inſel Hainan, die oceaniſche, 
ſoll ſehr ſteril ſeyn; groͤßtentheils mit Areca-Waldungen 
bedeckt; die Weſt ſeite dagegen ſehr fruchtbar, mit Reis: und 
Kornfeldern, die dreimalige Ernten im Sahre geben. Auch 
viele Obftarten, Zuckerrohr, Taback, Indigo, Baums 
wolle werben hier gebaut. Die füßen Pataten (Convolvu- 
us batatas) maden bie Hauptnahrung des Volkes aus, Ein 
HauptreichthHum der Inſel befteht in den Waldungen der Ges 


dirge, die das trefflichfte Baus und Zimmerhofz liefern, und 


viele eblere Baumarten enthalten. Sie liefern Sandelholz, 
Brafitholz, Ebenholz, Cocos, Buhsarten, Rofens 
holz, Drachenblut und Aloe fo trefflich, daß man es Pfund 
für Pfund mit Silber aufwiegt (f. unten), den Brafilbalfam, 
die Frucht Po Lo mi (Artocarpus integrifolia, wie in Formoſa? 
{. od. ©. 871), die von außerordentlicher Größe einen Honigfaft 
geben foll, deſſen Duft eine ganze Wohnung parfuͤmirt. Auch 
werden Hai thfi, d. i. Meerfirniß, genannt, und fehr viele 
Medieinalkraͤuter, auh Siftpflanzen verfchiedener Art. 

Diefelben Wälder und Gebirge find das Aſyl der wilden Raub: 
thiere, der iger, bee Rhinoceroten u. a, deren Zahl fi 
jedoch fehe verringert Hat, der Affen, darunter eine Art von dee 
Größe des Drang Utang, ber großen Hirfharten, vieet 
Schlangen, 3. DB. der Boa, vieler Infectenarten. Schr 
ftarte Bienenzuht im Lande giebt reiches Wachsproduct zut 
Ausfuhr; eine Snfectenart, Pelatſchhung, preducitt ein weis 
ßes Wachs, das in der Gapitale Khiung tſcheou Im Lichtes 
ziehereien ſtatk verbraucht und ausgeführt wird, 

Die Küften find fiſchreich; man fiſcht Perlmuſcheln, 
fhöne Schmuckcorallen, viele Schildkroͤten mit trefflichem 
Schildpatt. Die Fluͤſſe wälzen Goldſand; ımter der Thang⸗ 
Dpnaftie zahlten vier Diſtricte des Landes (Mars, Tſchin⸗, 
Tan⸗und Wanan:tfheou) ihre Abgaben in Bold. Das 
male fol es auh im Difteit Wancenztfheon, jest Wan⸗ 
tfheou genannt, Silberminen gegeben haben. Die Sa: 
Linen bes Landes geben reichen Ertrag. Du Halde und Gros 


fier führen in den nördlichen Theilen ber Inſel Lazurſtein an, 


der nach China zur blauen Porcellanmalerei verbraucht werben 
Kte2 


884 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. J. Abfchn. $. 82. 


ſoll; dies wirb, wie manche andere jheer unverbürgten Nachtich 
gen jeboch neuerlich bezweifelt 876). 

Die Einwohner von Hainan, obwol den Chinefen a 
Bitte, Gebraͤuchen, Ausſehn fehe aͤhnlich, fprechen doch eine gaͤnp 
lich derſchiedene Sprache; es ſcheint dieſer Menſchen⸗ 
ſchlag von dem Continentalbewohner der Provinz Kuangtung 
ganz verfchieden zu ſeyn, der aber durch alimälige Beſitgunz 
und Beherrſchung ihre Givitifation annahm. Bon den Ah 
originern follen jedoch noch viele unbeſiegt und umgebäntig 
im hoben Gentraigebirge bee Inſel leben. So weit die Briti⸗ 
ſchen Sciffbrüdigen, mit Cape. Purefoy, die Bewohner dr 
Juſel, auf ihren Ercurfionep bis 15 geogr. Meilen in das In⸗ 
nere kennen lernten, fanden fie an ihnen ein fehr harmloſes Val, 

_ ohne allen Widerfland, meift auf ödem Boden; den Landmans 
in großer Armuch und Furchtſamkeit lebend, das Land volkeit, 
die Menge der Weiber, davon viele mit Heinen Süßen, doch gab 
arbeit thuend; überall eine Menge von Kindern und Hundıt, 
nirgends Woffen beim Volk, oder Vertheidigungsmittel grir 
Meberfälle, die vielen Städte und Drtfchaften mit alten, verfılt 
nen Mauern, mit Epheu bewadfen, ohne allen Schug. Ti 
find fie den Piratenüberfällen, von Tunkin und | 
Soemofagemwäffer, fehe ausgeſetzt. Sie find fehr gefprädi, 
gaſtlich, hoͤflich; Betel und Areca iſt allgemein bei ihnen im Ge⸗ 
brauch, und wirkt ſehr zerſtoͤrend auf ihre Zaͤhne. Ihre Lust 

‚IR Chineſiſch. Seitdem dee Handel ſich durch die Fukian⸗ 

Coloniſation an ihre Geſtade verbreitet hat, ſo wie der Ein⸗ 

fluß des Piratenweſens daſelbſt vorherrſchend zu werden au—⸗ 
fing, ſollen ihre alten, guten Sitten ſehr veraͤndert und fie fell 
zu Mebellionen mehr geneigt feyn. 

Nach einer Zihlung vom Jahre 1823, foll die Infel, ohne 
die wilden Aboriginer des Gebirgslandes, eine Population 
von 987,725 Individuen, alfo mit jenen weit über eine Bil: 
lion Einwohner haben. Der Gouverneur der Inſel iſt nut 
ein Civisbeamter des General-Gouverneurs von Canton; ma 
zaͤhlt auf der Infel 14 ummauerte Städte, von denen Khiuns: 
tfheou, am Mordgeflade, am unten: Canal gelegen, die be— 
beutendfte if. Won ihrem Hafen, wie von einigen andem rt 








878) Singapore Chronicl. L c. Asiat. Journ. Vol. XXI. p. 15. & 
155 — 156. 


— 15 


\ 


Infel Hainan, Khiung fen. 888 


Inſet, wird ein ziemlich bebenteflter Seehandel getrieben mit 
Canton, Tunkin, Cochin China, Siam, und feit den 
legten Jahren auch mit Singapore. Nah Tunkin und eis 
nigen Norbhäfen Cochin Chinas werden zu allen Jah⸗ 
zedgeiten Fahrten gemacht; aber fübmärts von Hainan kann 
dies nur mit Hülfe dee Monfune, halbjährig, gefchehen. 
Nach Siam rechnet man jährlid etwa 40 dahin fegelnde Jun⸗ 
ten, nah dem [üblichen Cochin China etwa 25, nach dem 
nördlihden Cochin China und Tunkin etwa 505 ihre Groͤße 
tft jedody nur von 100 bi6 150 Zonnen Gehalt; bis jegt noch 
bie aͤrmlichſten unter den einhelmifchen Chinafahrern. 

Bon der Sapitale Khiung tfheon giebt Capt. Purefoy 
als Augenzeuge, während feines dortigen Aufenthaltes (vom 7ten 
Der, 1804 bis 1öten Jan. 1805, f. ob. &. 818) folgende Nach: 
richt. Er nennt fie ſtets Hufbeon 77), wahrfcheinlich nach dem 
Landesbialect; es iſe die größte Stadt ber Infel, mit 40 Fuß hos 
ben, fehr dicken Badfteinmauern umgeben. Gie ift ſchoͤn gebaut, 
Die Landfchaft umher fchön, reich cultivirt, dicht gedrängt voll Bes 
wohner. Bon den Stadtwällen zählte Purefoy mit bem Pers 
fpectio 11 Städte und Dorffchaften. Die Einwohner der Stadt 
find ſehr induſtrioͤs; ſehr gefchidt in_Bereitung der Kokoonuß⸗ 
fchanten, bie fie mit Silberarbeit einfafen und poliren, zu Thee⸗ 
Tannen und allerlei Arten von Gefäßen. 

Die Stadt, mit den Vorftädten, hat fiher an 200,000 Eins 
mohner, alle gut gekleidet; kein Bettler war zu fehen, bie aͤrm⸗ 
fen woren beſſer gekleidet als die Armen in England. Die Pos 
lizei im beſten Zuftande, mit jeder Abendglode Punct 8 Uhr wurs 
den alle Stabtthore, alle Straßenthore verfchloffen, und Patrouils 
len zogen bie ganze Macht um jede Communication ber Einwoh⸗ 
ner zu hemmen. Aber mit bem Signal des Kanonenfhuffes am 
frühen Morgen, öffneten fi ale Thore zugleich, mit Gekrach, 
das bei fo viel Hundert Thoren der Wirkung des fernen Donners 
gleicht. Nun beginnt das Gewerbe und der Handel, ohne Lärm, 
ohne Steeit. Unter ben Waaren die zur Speife zu Markte ges 
bracht wurden, fahe man auch Froͤſche, Schlangen (Coluber 
aquaticus? die man beöhalb in Zeichen nährt und für Delicateffe 





77) Capt. Purefoy Diary of a Journey from Manchao on the South 
Coast of Hainan to Canton 1804—1805. in Asiat, Journ. Vol. XX. 
1825. p. 525. . 


\ 


836 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. 1. Abfchn. $. 82. 


‚HN, Schneden, Mufheln, getrocknete Häute einer Berg⸗ 
ſchlange werden pulverifirt al6 Arznei verkauft. Unser den Kauf: 
\täden fielen dem Engländer vorzüglich einige große Budhhband:s 
lungen mit einer Menge fehr netter Bücher auf, die in Son 
men gefchnittene aber eine den Stereotupen ſehr aͤhn liche Schrifi 
haben, Eine Academie mit den fhönften Gebäuden, Büren 
Baͤdern geichnete fih aus. Vor der Stadt ficht eim ſehr große 
Miao, oder Tempel, mit einem coloſſalen weiblichen Idol, rei 
dergoldet, mit 64 Armen, deren jeder ein anderes Spmbol trägt; 


" in der Nähe eine andere Pagode im Zwölfed, 130 Fuß bodh ge 


* 


baut, 12— 14 Fuß im Durchmeſſer, mit 6 Fuß maͤchtigen DMauerz, 
in deren Mitte eine fleinerne Wendeltreppe auf bie Döhe füher 
Ihre Idole find unzaͤhlbar; deſto gleichgüͤltiger fcheinen fie gegen 
dieſelben zu ſeyn. Sie erlaubten den Englaͤndern, die mehrmals 
in die Tempel einquartirt wurden, ſtets bei ihren Opfern gegen: 
waͤrtig zu ſeyn, auch von den Speiſen mit zu eſſen. Als einige 
der Matroſen, in einem der Tempel, einem der Goͤtzen, durch Un: 
dorfichtigkeit mit Pulver bie Hinterbaden weggeſchoſſen hatten, 
wurden fie nicht böfe, ſondern ‚brachen in ein lautes Gelaͤchte 
aus. Sie find voll Aberglauben, fehen auf glüdlihe Rage un 
gute Dmina. Ihre Priefier werfen Bambusfläbchen, die mit 
Characteren befchrieben find; wie diefe fallen, fo beuten fie fih 
Die Worte und Zeichen, nad) ihren Büchern und Kalendern. Sphre 
Lieblingsfpagiergänge find zu den Grabmälern ihrer Vorfahren, 
deren Sufchrifien fie gern frifh anmalen, das Unkraut umher 
ausgaͤten u. f. w. Eine Unterhaltung für diefe Städter war ein 
muficalifhes Pfeilſchießen; fünf Fuß lange Pfeile mit 
hohlen Köpfen und Loͤchern verfehen, bie eigenthuͤmliche wech⸗ 
felnde Toͤne in den Lüften beim Aufs und Abfleigen von ſich 
geben. — 

Keine zwei Stunden von biefer Capitale entferne, Liege die 
Reſidenz bes Gouverneurs von Hainan, auf einer lau 
gen, engen, gut verfchanzten Halbinfel, die mit einem Molo un) 
Zollhaus verfehen iſt, ber mehrere Infeichen vorliegen. Capt. Pu: 
zefoy nennt fe Homwihomw, «8 if wol Hai&heou fo da 
Chinefen , eine Stabt die nach ihm nicht viel größer als die Cas 
pitale (alfo auch mit 200,000 Einw.), aber von böherm Alter if. 
Einige der gepflafterten Straßen fand Gapt. Purefoy ander 
halb Englifhe Meiten lang, fie waren bei dem beißen Sonnen: 
ſtrahl mit Tuͤchern überfpannt, die Häufee gweiftödig, ungemein 





Infel Hainan, die Keiferoute. 889 


bevölkert. Die Lebensmittel fehr wohlfeil, in Weberfluß; es fol 
die erfle Handelsftade der Inſel Hainan feyn. Ihre Aus: 
fuhr befieht in Zuder, Berel, Kokos, Kokosöl, Salz, 
gegerbten Häutenz ihre Einfuhr in Baummollenzeus 
gen, Englifhen Zeugen, Seuerflein, Opium, Chis 
nefifhen Waaren. Die Junken, melde bier die Labuns 
gen einnehmen, fegeln im Mat und Juni ab; die Handels; 
ſchiffe kehren Hier mit dem legten R.O.Monfun ein, und fe: 
gein mit dem erfien SW. Monfun wieder ab. Aber bie, 
Piraten flören bier oft diefen Verkehr, plündern die Geſtade, ents 
führen die Weiber, Eben diefem Umftande war der längere Aufs 
enthalt der Englifhen Schiffbruͤchigen bier zuzufchreiben (f. oben 
©. 818). Der Gouverneur, der von ben Wundern ber Zelefcope 
gehoͤrt hatte, die ihm gegen die Annäherung ber Piraten fehr nügs 
lich zu feyn fchienen, Iud den Capt. Purefoy fehe freundlich 
zu fi ein. Die Piraten, fo fagte man hier, Flüchtlinge aus 
Tunkin und Cohin China, waren zwar 1802 befiegt, ſchie⸗ 
nen aber in ben Jahren 1804 und 1805 wieder die Gebieter 
der Hainan-See zu werden. Ihre Flotte, 370 Schiffe flark, 
großer und Meiner Art, lauerte hier den Kauffahrern im Hainan⸗ 
gewaͤſſer auf, und zwang nicht .felten — Junke ſich zu ihrer 
Partei zu ſchlagen. 

In dieſer Zeit wurde eine Prinzelſin, Tochter des Gouver⸗ 
neurs, feierlich vermaͤhltz die Eltern ſchließen die Ehen ohne bie 
Berlobten zu befragen, die fih am Hochzeittage zum erfien male 
zu fehen bekommen. Hier herrſcht Polygamie. Wei der Abfahrt 
aus dem Daupthafen zeigten die Eingebornen die größte Theil⸗ 
nahme beim Abfchiede der Sremdlinge (f. ob. ©. 819). | 

Die Reiferoute des Capt. Purefoy, welche bie Stiche 
Hälfte der Infel vom Süden nadı Norden durchzieht, vers 
fegt uns in einen Theil bes Innern dieſer merkwürdigen Infel, 
wie es Beine der bisherigen allgemeinen Beſchreibungen zu thun 
vermochte. Die Schwierigkeit die Engländer von Station zu 
Station zu begleiten, Liege in ihrer wahrfcheiniih Hainanes 
fifden Namengebung ber Ortſchaften, ganz verfchieden von 

der wie fie auf der Chinefifhen Karte eingetragen find. 
Mir glauben fie auf folgende Weife, was bisher bei iheen Mit: 
theilungen unterlafien blieb, nachweiſen zu koͤnnen 878), 





ı10) Capt. Purefoy Diary I. c. Vol. XX. p. 521. 


4; 


888 Oſt⸗Aſien. Wafferfofteme. I. Abſchn. $. 82. 


Das Schiff ſcheiterte an der Sübofllüfle von Halnan; 
He Mannfchaft wurde von dem Uferfitande in einem Boote zur 
sahen Stadt Mantſchao (wol Wan.bei D’Anville und Seimm, 
Wantſcheu bei Berghaus) übergefchifft, genau ausgefragt, di 
Lifte ihrer Namen dem Gouverneur der Inſel überfchickt, fie feltk 
wurden in «einen Miao einquartiet. Ein vierfeitiges Gebäude, 
150 Ellen im Quadrat, ward die Wohnung der 55 Gefcheiterten, 
darin ein gigantifches, figenbes Idol in einer Capelle mic grün 
feldenen Vorbängen, und vor ihm zwei Reihen allmälig imme 
Heiner werdender Gögenbilder. Zur Nahrung erhielten fie Reis 
und etwas Münze Die umher Ereuzenden Piratenflotten bins 
derten ihre frühere Kortfhaffungz fie mußten in dieſer Stadt 
MWantfcheu 20 Fage verrwellen, ehe der Befehl kam, fie weiten 
gu transporticen. Das Land umher mar ungemein gut bebaut, 
voll Dörfer und Ortſchaften. Gegen N. W. ſteigt eine hope Gr: 
birgstette empos-( das Gentralgebirge, der Utſchi), deffen hoͤchſte 
Spitze fih als Doppelpik zeigte. Die Stadt. alt, mit 18 bis 
20 Suß hohen Badftenmauern umgeben, mit 4 Thoren nad) ben 
4 Weltgegenden, war einft weit größer, ein Drittheil davon Lirgt 


"In Ruinen. Die Männer fand PDurefoy beffer geftaltet ais 


bei den Chinefen, die Weiber aber nicht. Die Sprache der Hai⸗ 
naneſen iſt ganz verfchieden von der Chinefifhen, obwol fie die 
CHinefifhe Schrift gebrauchen, wie bies bei allen Völkern, 
ihrer verfhiedenen Sprachen ungeadtet, von Korea, Zar 
pan, Sormofa, Tunkin, Cochin China und Kambodja 
ber Gebtauch iſt. Die Engländer hatten volle Freiheit umher zu 
freifen wohin fie wollten; die Einwohner fehr gutmäthig, barm: 
506, wurden Ihnen nur durch ihre zu große Neugierbe befchwers 
lich. Alte Dorfbewohner nahmen ben größten Antheil an ihrem 
Ungluͤck, und zumal die Weiber riefen ihnen traurig nah: Ta 
Io ug hune (d. b. arme, gefcheiterte Männer!). Der ſehr feucht: 
bare Boden ber Etadtumgebung, aus ſchwarzem Thon, mit wei: 
Ben verwitterten Granitkoͤrnern, giebt jährlich 2 Ernten. Wild: 
pet und fchöngefiederte Vögel, Schnepfen, Strandläufer, wilde 
Enten und Zauben:Atten, fah man in Menge, bit Loxia orzzi- 
vora (Hung tzoy ber Chinefen), Krähen u.a. m. 


‚ Abreife von Wantcheu gegen N. nah Khiungtfheon. 


1ſte Zagereife (1. Dec. 1605). Mit Führern und Paͤſ⸗ 
fen verſehen ging der Zug gegen N. N. O. drittehalb geogr. Meilen 





Iunnſel Hainan, Purefoys Querreife. 880 


an einem fehr großen See hin, ber nur burch ſchmale Landſtrei⸗ 
fen vom Meere getrenne iſt. Ueberſetzen über mehrere ſeichte 
Fluͤſſe, die nicht über 5 Zuß tief Wafjer haben, durdy 4 Städte 
amd mehrere Dörfer, durch ein ebenes, waſſerreiches, ſtark bevoͤl⸗ 
Lertes, mit Reis und Pataten bebautes Land. Die Wege fo dicht. 
am Geftade hin.ziehend, daß man bie Brandung bes Meerce 
glaubte raufchen zu hören, waren fchlecht, das Landvolk ſehr freund⸗ 
lich, voll Neugier. 

2te Zagereife (2. Dec.). Weiter gegen M.O., an 6 geogr. 
Meilen, durch 10 Ortſchaften, über 3 Fluͤſſe, auf ſchlechten We⸗ 
gen, aber durch flarkbevölkertes, bebautes Land, wo kein Fußbreit 
unbenugt liegen bleibt, bis zue Stadt Lodhoi (? ob Lungs 
kuen fzu der Karte). Einquattirung in das Frembenhaus 
(Wirthehaus). Die große Stadt gut ummauert, mit Wällen 
Thoren, bat wol an 80 bis 90,000 Einwohner. Die Straßen 
gut gepflaftert, mit zweiſtoͤkigen Backſteinhaͤuſern, ſind vol Kauf⸗ 
laͤden und Waarenlager. 

ste Tagereiſe (3. Dee). Um 10 Uhr Morgens Abmarſch 
gegen Nord, um 5 Uhr Ankunft in der Stade Hoithun (?—, 
Lohortihian) Nachtquartier im Fremdenhaͤus; bie Stadt 
ummauert, groß, volkreich. 

Ate Tagereiſe (4. Dec). Sehe frühe am Morgen wel⸗ 
ter, gegen N., auf Faͤhren uͤber mehrere Fluͤſſe, durch 5 Staͤdte 
und Doͤrfer; durch ein ſehr bebautes und bevoͤlkertes Land, wo 
man mehreren Reiſenden, in bequemen Palankinen von Bambus 
und auf Raͤderkarren, begegnete, bis zur Stadt Tiſee (? Hoei⸗ 
thung hian). — Wenn wir die Straße richtig gedeutet haben: 
fo iſt dieſes bie legte Stabtr- weiche die Reifenden nahe der Ofls 
kuͤſte der Inſel auf ihrem Küftenmwege berührten, und von da 
aus, wie es ihre Angabe nothwendig macht, durchſchnitten 
fie, gegen N.N. W., oͤ ſtlich vom Gentralgebirge, die Mitte dee 
Inſel um die Capitale im Nocden und den Nordhafen 

zur Ueberfahrt nach Canton zu erreichen (f. ob. S. 886). 
Ste Tagereiſe (5. Dec.). In der Richtung gegen N.N.W. 
durch ein fehr fchönes, herrlich cultivirte® Land, voll von Cotos 
und Betelnuß: Bäumen, reihenweiß in Zelder gepflanzt, und 
wie in Gärten vertheiltz Reisfelder dazwifchen, ein geordnete Eus 
ropaͤiſches Ausfehn (ein Lombarbifches?). WBorzüglich baute man 


eine Art rothen Bergreis, Dams, füße Pataten, aber auch 


viele den Europaͤern unbekannte Gewaͤchſe. Auf dem Wege dam 


800 Oſt⸗Aſien. Bofferfofieme. I. Abſchn. |. 82. 


man an vielen Neiumphpforten voräber, bie zum Andenken ve: 
wdienter Männer errichtet werden. Dan führt fie nach 5 verfäie 
denen Claffen auf: 1) für hundertjährige Greiſe; 2) für Kin 
der, die Beweiſe großer Elternliebe gegeben 5 3) fire Frauen jum 
‚ Ruhm ihrer Keuſchheit; 4) für Mandarine voll Treue und Gr 
techtigkeit; 56) für Erfinder oder Befoͤrderer des öffentlichen Wohlt. 
Man zog duch 3 bedeutende Städte, 12 Dörfer, an einm 
ſehr großen Todtenacker vorüber, und erreichte nach Zurüciegung 
eines Weges von beinahe 7 geogr. Meilen die Stadt Thung— 
ung (?, Zingngan hian). Einquartisung in einem Mia 
voll Goͤtterbilder. Die Stadt iſt ſehr groß, bat 10,000 bis 12,000 
Hänfer, iR ganz Chineſiſch gebaut, hat viel Märkte und Lebent: 
mittel. Don dem erften Tage des Ausmarfches bis hierher für: 
den die Reifenden überall Speifebäufer, Reſtaurationen in dt 
Hetſchaften, und felbft am Wege erbaut, in denen man für eis 
Beringes vollkommen an Speiſe befriedigt ward. Ueberall konnt 
man Pferde, Palankine, Raͤderkarren, auf eine wohlfeile Art mie 
. then. Die Wege find nur mittelmäßig und würden für eigen 
liche Kutſchen nicht fahrbar ſeyn, deren es bier aber auch fein 
giebt. Der plumpe Raͤderkarten legt in einer Stunde beittehall 
Engliſche Meiten zuruͤck. 
6te Tagereiſe (6. Dec.). Nach einem kurzen Macſche 
durch die Stadt, unter Begleitung eines Pfeifers und eine 
Krommiers, deren Getöne die neugierige Menge berbeilodte, kom 
man zum Ufer eines Fluſſes, auf dem die Geſellſchaft eingeſchifft 
wurde. Der Fluß, deffen Name nicht genannt wird (offentar 
der Ta Kiang, ber gegen Nord nah Khiung tfcheou flrk 
umd ſich bei dieſer Etadt in den Junken⸗Canal ergieht) 0) 
hoͤch ſtens eine halbe Englifche Meite an feiner breiteften Weitung 
giebt gegen N.W. und N. Man fchiffte die Nacht buch, fi 
aber öfter mie den Barken auf den feichten Grund. Seine ſau⸗ 
'Digen Ufer waren ausnehmend gut bebaut, überall mit Hecen 
umzogen, und die Räume wie in England eingehegt. Am 7 ten 
December erreichte man die Capitale Khiung tfcheon du 
deren Sübthor man einzog (f. ob. ©. 885). | 


*®®) Klaproth Carte de Vlsle de, Hainan. Paris 1827. 





Hrfel Hainan, Aborigine. 591 


Die wilden Aboriginer im Gebirgsland der Safe! 
und die Piraten an ihren Geſtaden. 


‚Mit der kurzen Hinwelfung auf diefe doppelten Feinde ber 
Givilifation, welche den Frieden von Hainan nicht.felten flören, 
befchließen wie unfere unvolltommnen Angaben über biefe. Infel, 
über die Chinefifhen Gebiete der beiden großen Steomfpfleme und 
der denfelben zugetheilten, weit verbreiteten SORUNRIGHN, wie mas 
ritimen Gliederungen, 

Die Aboriginer von Hainan werben LiE0) genannız 
die civilifisten derfelben bei ben Chinefen Jeli, die noch in Wilds 
niß lebenden aber SengLi; bie Zahl der Dorffhaften, von 
denen, welche die Chinefifhe Oberhoheit anerkennen, wirb auf 
1203 angefchlagen. Diefe Aboriginer find klein von Geſtalt, 
wöchlich von Farbe, haben eine von den Chinefen gänzlich vers 
fhiedene Sprachez weicher ift aber unbelanne Sie follen 
vor der Chinefen Ankunft ſchon einen gewiffen Grad der Civill— 
fation gehabt haben. In das Innere ihrer Gecebirgsfige, 
bie auf der Chinefifhen Karte überal mit dem Namen Litung 
bezeichnet find, und eine bedeutende Gruppe des Gentrals 
gebirges von Hainan einnehmen, ſcheint noch Fein Beobach⸗ 
ter eingedrungen zu fepn. 

Die Piraten, oder die zahlreichen Seeräuberflotten, 
welche feit Jahrhunderten die Gewaͤſſer der Chinefen See fo oft 
unſicher machten, haben nicht felten die für fie zwifchen China, 
Tunkin und CohinChina fehr günflig gelegenen Häfen 
der Inſel Hainan und Ihrer naͤchſten Umgebung, zu ihren Aſy⸗ 
len und ihren Schlupfmwinteln gewählt, von denen auß fie, 
wie von den Ponghu⸗Inſeln, am fchnellften die vorüberfes. 
geinden Junken überfallen und die Nachbargeflade ungeahndet 
plündern Eonnten. Die Gefhichte der von den Mongholen 
deſiegten Sung: Dynaftie, wie die Gefdichte der von. den 
Mandfchu überwältigtn Ming: Dynaftie, endet damit, daß 
Die gegen den Süben Verdrängten, wie überhaupt bei jeder 
kleinern, nicht feltenen Rebellion in jenen Suͤdprovinzen des 
Chinefifchen Reichs, die Verfolgten, ſich jedesmal mit ihren 
Anhängern auf das Meer begeben, wo fie noch am längften Wis 
derfiond leiſten können, wo ihre Gefchichte dann nicht felten mit 





*0) Diot. Geogr. Univ. Paris. 8. T. IV. p. 636. 


892 Dfi-Afien. Waflerfofteme, I. Abſchn. $. 82. 


bee allgemeinen Piratenhiftorie und der Fremdlinge aller Art, 
ſelbſt der Europdifhen Schiffer zufammenfält. Bon ihrer be 
ſonderen Beziehung zur Geſchichte Fukiane und Kormofas 
iſt ſchon oben die Rede geweſen (f. ob. S. 827, 828, 829). 
Eben fo hatte die Geſchichte der Thronmechfel, in den ke 
nachbarten Reihen Tunkin und Codin China, mit dem 
Ende bes vorigen Jahrhunderts (feit 1792), eine Piratenmakt 
on den Südgeftaden Chinas, in den Gewäflen von Tunmkin, 
Hainan, Kuangtung und Fukian zur Folge, die, unte 
fi. verbunden, fo drohend wurde, daß fie nur noch durch bir 
mühfamften Anſtrengungen der Chinefen und felbf nur mit Bei: 
fand der Europäer, endlich zerſtreut werden konnte, im Sabre 


: 41810. Wöhrend zehn Jahren Ihrer Uedermacht war an dieſen 
Geſtaden an keinen Srieden zu denken, und der Verkehr laͤngs 


Der großen, maritimen Paffage zwifhen dem Dften 
und Weften, wie jene Gewäffer von Formoſa über Hair 
nan bi6 Cochin China von bdiefen Piraten genannte werden, 
völlig geſtoͤt. Es gab eine Piraten Königin, und ihr erfia 
Minifteer Changpaou, war ber gefelerte Held, Der furchtbin 
Feind ber Kriege: Mandarine, die von ihm faft in allen blutigen 
Kämpfen auf das Haupt gefchlagen wurden. Seine Herrſchett 
hatte fih in die drei Rivieren, ober Geſtade, mit ben Ki: 
ftenpaffagen, in der Mitte (von Canton bis Hainan) 
im Weften (bi Tunkin) und im Oſten (bi8 Sormofa) 
getheilt; feine 6 großen Geſchwader mit eigenen Admiralen unter 
ihm, und vielen taufend Schiffen, großer und kleiner Act, waren 
unter den Namen der rothen, ber gelben, der grünen, be 
Blauen, ſchwarzen und weißen Fahne, der Schredien der 
Küftenanmwohner und dır Seefahrer. Endlich nad) vielen Thaten 
der. Grauſamkeit, der Tapferkeit, der Verzweiflung, zerftreute fie 





Innerer Hader, Lift befiegte die Parteien, und auf den Fiäffen 


wie auf den vier Meeren, heißt es im Chineſiſchen Drisi: 
nal der Ichrreihen Geſchichte diefer Piraten SS), wurde 
Die Ruhe endlich wieder hergeſtellt. Das Volk lebte feitdem (feit 
4810) wieder in Friede und Ueberfluß. — Der Piratenheld 





ssı) History’ of the Pirates who infested the China Sea 1807— 
1810. translat. from the Chines. original with Notes by Ch. Fr. 
Neumann. London 1831. 8. p. 3, 7, ti, 66, 74, 90, 96; veral. 
— Rich, Glasspole Captivity amongst the Ladrones. p. 97 


. 


: Anhang. Korea, Menſchenſchlag. 893 


Changpaon, mit feinen Nebenheiden zerfallen, war wicht durch 
Gewalt, fondern nur durch Amneftio gewonnen 5. waͤhrend die Wi⸗ 
derfirebenden nach allen Winden zerfloben, und zumal auf den 
Manillas, In Tunkin und andermwärts ihr Hell fuchten, 
wurde er, mit Majors-Rang, in der kaiferlihen Flotte aufgenoms 
men; dies nannte man in den Edicteg Kaifır Keakings bie 
Dacification der Piraten. we 


Anmerkung Anhang zu Korea (f. oben S. 573 — 68)3 
| Menfhenfhlag der Koreer. — 


Im Begriff die bisher betrachteten Oſtgeſtade Aſiens gaͤnzlich zu 
verlaſſen, um zu ben fuͤdlichen Halbinſeln uͤberzugehen, kommt uns fo 
eben das zweite Heft von Er. v. Siebolds lehrreichen Unterſuchun⸗ 
gen und Beobachtungen über Kapan zur Sand, aus bem.wir zu 
dem oben ſchon über Korea Mitgetheilten nur wenig Erhebliches hin⸗ 
zuzufügen haben. Doc fehen wir bes Verfaſſers Beobachtungen über 


den Menſchenſchlag ber Koreer, und feine Unterfucungen über 


deren Sprache als eine fehr intereffante Bereicherung zur Kenntniß 
diefes merfwürbigen Volkes an, woraus ‚folgendes nachtraͤglich hier noch 
beigefügt werden mag. Zu 

Aus v. Siebolds Forſchung °?) in den Sapanifchen Hiftorien, 
beren Refultate fonft mit den oben gegebenen gang übereinflimmen, ers 
giebt es fi mit Gewißheit, daß fchon faft 100 Jahre vor Ehrifti Ges 
burt und die folgenden Zahrhunderte, Sapan mit bem Güben Kos 
reas (damals Mimana, oder Sinra genannt) durch Gefandtichaften wie 
durch Kriege in vielfachen Verkehr ſtandz daß, im Ihre 285 nad Chr 


| Geb., die Lehre des Gonfucius (wie bie bes Buddha, |. ob. ©. 590), 


über Korea nady Japan eingeführt warb, und baß Überhaupt dieſes 
Land .in jener früheren Zeit, für Japan als eine Schule der Sittenver⸗ 
feinerung galt, von wo ihm mehr ald aus China die Künfte und Wife 
fenfchaften überliefert wurden, Später erft ward bdiefer Verkehr durch 
blutige Kriege abgefchnitten. Jaͤhrlich werden heut zu Tage. nicht felten 
Fifcherboote und Küftenfahrzeuge mit Koreifhen Mannfchaften alles 
Art nach den Japaniſchen Küften verfchlagen, 
Die Geftrandeten *°) werben nad Rangaſaki, dem einzis 
gen den Fremden geftatteten Aufenthalte an der Zapanifhen Küfte, ges 
bracht, und daſelbſt auf Koften des Kürften von Tſu Sima, der mit 





.2, HH. Fr. v. Siebold Nippon Archiv zur Beſchreibung von Japan, 
deſſen Nebens und Schutzlaͤnder, nad) Sapanifchen und Eyropdifchen 
Schriften und eigener Beſchreibuͤng. Eeyden 1832. Heft: 1. ©. 14 

22) ebend. ft 2. ©, 3— 10. 


4 
11 


— 


804 Oſt⸗Aſien. Waſſerſyſteme. I. Abſcha. $. 82. 


Gem auswärtigen Departement Sapans für Korea beauftragt if, ir 
einem eigenen Gebäube, daß dicht ber Nieberlaͤndiſchen Kactorei Dezis 
ma, nebman liegt, verpflegt. So Eonnten bier viele dieſer Rorer: 
von den verſchiedenſten Stänben von v. Siebold beobachtet werk 
Denn fie müffen bafelbft oft längere Zeit verweilen, bis fie mit günt: 

S. O Winde, ber fih erfi im Mai zu erheben pflegt, wieter = 
ihre Heimath zurüdfegeln koͤnnen. Bis dahin bringen fie bie Zeit dari 
zu, ihre Schiffe und Schiffergeräth auszubeffern, und in Stand zu fege. 
So z. B. wurben im Mai 1828 an 36 diefer fchiffbrüchigen Kerr 
vielfach beſucht, unter denen bie Angefehenften ein Kaufmann, ein Dis 
metſch, einige Steuerleute ſehr fertig waren, ihre Gedanken in ikeır, 
Sprache und Ghinefiihen Gharacteren ſchriftlich mitzutheilen. Sir 


phyfiſche Natur wird auf folgende Weiſe von einem Raturferide 
wmeifterhaft geſchildert. 

Der Geſtalt nach iſt der Koreer größer als ber Japaner, jcdch 
felten über 54 Fuß Par. hoch. Der Körperbau ift ſtaͤrker, kraͤftiger, 
ebenmäßiger gebilbet, rüftig, behende. Das Geſicht hat die Mongoliſch 
breiten und groben Züge, ſtark vorſtehende Backenknochen, ſtarke Kin 
Laden eingedruͤckte Nafenwurgel, breite NRafenflügel, großen Mund, breitz 
&ippen, und die eigenthuͤmlich, ſcheinbar ſchiefe Augenbilbungz firaffes, 
dichtes, ſchwaͤrzliches ins rothbraune fpielendes Kopfhaar, ſtarke Augen 
brauen, dünnen Bart, rothgelbe, weisenfarbige Gefichtöfarbe,, gleich ben 
Bewohnern Rordoſt⸗Aſiens. Obwol dies bie Züge der Mehrzahl unter 
den Koreern find: fo finden ſich doch auch Spuren von zweierlei 
Worltsftämmen bei ifmen vor. Denn zumellen ift auch die RNafen⸗ 
wurzel bei ihnen erhaben, bie Raſe geradruͤckiger; dann nähert ſich tie 
Geſichtsbildung dem Typus des Kaukafifhen Schlages, und audy vie 
Augenbilbung wird mehr jener ber Europäer aͤhnlich. Die Backenkno⸗ 
hen treten dann zurüd, und bas ſcharfe Profil, weldhes der Bion: 
gholen Race überhaupt fehlt, Tommt dann zum Borfchein. Zugleich 
teitt nun audy ber flärkere Bart hervor, ber Scheitel iſt weniger zus 
fammengebrängt, bie Stirn wirb freier, geraber, und es zeigt ſich cm 
gewiſſer Abel, den man in den rohen Zügen ber Mongholen gänzlich vers 
mißt. Die gegebenen ſehr intereffanten Portraits der Koreer, dba 
erften Art: Tab. VI. VII. VIII. und bie der zweiten Art: Tab. IV. V. 
IX. erlaͤutern dies auf eine fehe lehrreiche Weiſe. — Das Benehmen dies 
fer nach Japan verfchlagenen Koreer war ernft, gelaflen, munter, freis 
muͤthig; ihr Gang ficher, behende, bie Körperhaltung verrieth. mehr 
» Gelbftftänbigkeit und Kreiheit, als bie ber Iapaner, mehr Energie, krie⸗ 
geriſchen Geift, als bei Japanern und Chinefen. Aber in Berfeinerung 
der Sitten ſteht der Koreer dem Japaner gleiches Standes fehr nad, 
ihm fehlt: bie feine Gewandheit im täglichen Leben, bie man bei bem 
Japaner mit Recht bewundert, Die Koreer find unreinlich, tächkige 


⁊ 


Anhang, Korea, Sprache : 895 
Eſſer und Trinker, in ihrer Kleidung fehr einfach, in ihrem Benehmen 
und der Mittheilung ihrer Gefühle achtungswerth. 

Am richtigſten glaubt v. Siebold ben Namen ihrer Hılmath 
Koorai zu ſchreiben. Shre altloreifhe Sprade***) ift buch 
die Aufnahme vieler GShinefifcher Wörter und der Ghinefifchen © chrifts 
zeichen nach ihnen als völlig umgewandelt unb verbrängt zu betrachten; 
eben fo wie die Satamos Sprache ober das Altiapanifche nur noch 
die Sprache ber Gelehrten, der Hiftorie, der Poeſie, der Bühne umd des 
Hofes des Mikada geblieben, und ſich allein da rein erhalten Hat. Die 
von den verſchlagenen Koreifchen Gäften mitgetheilten Schriftproben, 
Heine Auffäge und Gedichte zeigen von Empfindung und einiger lit erari⸗ 
ſchen Bildung. Unter ben im übrigen über Korea mitgetheilten Nach⸗ 
richten, ſcheint in Beziehung auf dad von uns in Obigem ſchon Aufges 
‚ führte nichts befonders Neues zu beachten, als die Notiz zweier Pros 
ducte; des Binfeng, bed Arzneigewächfes, wahrfcheinlid; eine Ko reis 
ſche Barietat von Papax quinqueſol. (f. ob. ©. 593), deren Wurzel 
fo außerordentlich Eoftbar ift, daß ‚Heine, Zoll lange Stuͤckchen berfeihen, 
in Japan mit. mehrern 100 Bulden bezahlt, und daß ein Pfund wol 
mit 4000 Gulden aufgewogen wird. Berner,‘ daß fehr viele Titge p⸗ 
und Pantherhäute (biefe leptern 4. E. von Felis Irbis Pallas) aus 
Korea nach Japan in ben Handel kommen (f. ob. ©. 693), bie Res 
zeafelle aber weit längere Haare als die der ſuͤdlichern Zonen haben. 
- Die Zelle der Königstiger. aus Korea übertreffen noch, zumal an 
Dichtigkeit des Haares, weit die von Bengalen und ben Sunda⸗Inſeln. 
Diefe fonft tropiſchen Raubthiere verbreiten ſich alfo auf diefer Halbinfer 
fehe weit gegen den Nordoften Afiens Hinauf. Alle übrigen Nach⸗ 
richten v. Sieb o1ld8 über Korea flimmen im Wefentlichen mit denen 
von und im obigen, auch fchon dfter nad Japaniſchen Quellen saltges 
theilten gut überein, 

— — 


0%) cher Sprache und Schrift der Koreer, ebend. Heft 2 ©; 10 
ne 17, Koreifches Bocabular &, 8-4. 


Oft Aſien. Hinter· Indien. IL Abfchn. $. 83 


FERIEN Abſchnitt. 


Die Uebergangsformen des oͤſtlichen Hoch:Aften 
zum Tieflande, oder deſſen Waſſerſyſteme, Etı: 
fenlaͤnder und Gliederungen zum Suͤden, in 
Hinter - Indien, 


ueberſicht. 
. 8 


Unter den Dwipas oder Halbeifanden der Indiſchen Ei 
"welt, dee Pabma (f. Eint. Afien Bd. I. S. 6), nimmt das cr 
gimentale Hinterindien, an bem Eüdoftende Afims, di 
Geftalt eines dreifach getheilten, vielfach eingefänit 
tenen Lotosblattes ein, und meifet mit der Außerften fans 
geſtreckten Eüdfpige hinüber auf die Sundiſche Snfelgrupt 
und durch diefe auf fein Verhaͤltniß zur Auſtralwelt. ® 
trennt die Chinefifhen Gemwäffer im Oſten von den Bengalifäm 
im Werften, der Sundifche Ardjipelagus lieget ihm im Süden 
‚vor; es tritt gegen den Norden in immer breiteren Zufammt: 
hange mit dem continentalen Stamme von Central⸗Aſien Fr 
vor; es fleht dort unmittelbar in Verbindung mit dem Ei 
rande des gemeinfamen Hochlandes, und dieſes fendet feine vb 
fachen Gliederungen, ſey e8 in Berg: wie in Strom:Gpyit 
men, in Bergrüden, Thalfurdhen, Abftufungen # 
mannichfaltigſten Art, durch -diefe Halbinfel aus in meridia 
nen, unter fich mehr oder weniger parallelen, oder radiern⸗ 
artig auseinander gehenden (f. oben ©. 428, und Eir 
feitumg Aften Bd. I. &.49, 53) Richtungen, gegen Süden und 
Süboften. Hiedurch, wie durch bie vielfachen Wechfel der fin 
gen und Breiten der zunter fich wieder abgefonderten horizor' 
talen Räume, fo auch nach Tiefen und Höhen ber vertica— 
len, erhält die Hatbinfel ihre plaflifhen Geftaltungen 
umd, verbunden mit ihrem Hinausragen aus ber Continentab 


. 








r 
„ 


» 


Uebergangsformen, Ueberſich. 807 


welt in die maritime, im Kranze des Geſtabegürtels 
(ſ. oben ©. 427, Einleitung Aſien Bb. I. ©. 65), wie durch 
ihre klimatiſche Verbreitung aus dem ſubtropiſchen buch das 
seopifhe Gebiet, bis zur Aequators Nähe ihre vollſtaͤndige 
geographiſche Characteriſtik. 

Der Parallel des Wendekreifes, welcher nahe über 


Calcutta und Canton binwegziehend bie ganze noͤrdliche | 


Breite dieſer Halbinfel durchſchneiden muß, giebt im allge⸗ 
gemeinen tie Grenzlinie an, von ber ſuͤdwaͤrts bie tro pi⸗ 
ſche Halbinfel fi ausbehnt, von welcher Lage auch bie ganze 
Dftfeite derfelben Zong king, CohinsChina und Kam⸗ 
bodja) untee Chineſen, bei denen der Sonnenzeiger 
(Snomon) eine fo große Rolle fpielt, fhon in antiker Beit 
den Namen Ngan nan (Génan, Anan), d. b. Süden der 
Sonne!), weil zur Sommerzeit bafeibft der Schatten füb» 
wärts zu fallen beginnt, erhielt. Folgen wir ber Direction, - 
welche bie Plaftit der Hochgebirgsketten am Güdranbe 
des Himalaya Spflemes für bie Nordgrenze diefer Halbins 
ſelbildung vorfchreibt, indem von hier an das gemeinfams 


| alpine Hochland in die gefonderten Ketten und Gruppen bes 


Halbinſellandes übergeht, fo find es unter gleichem Parallel bie 
Meft: und die Dfi- Wendungen der beiden großen Stroms 
fvfteme des Brahmaputra nah Bengalen, und bes 
Großen Kiang nach Ma Tſchin, oder Süboft- China, 


‚ nebft dem ihnen im Süden vorliegenden Paralelen dee 


Gebirgsbarrieren, bis zu denen wir, von Weften nad 
Dften, überall in feinen Einzelnheiten fchon im obigen, den 
füdlihen Grenzſaum Hoch⸗Aſiens durchforſcht haben, 
Sm Weſten, die ſuͤdliche Grenzkette Aſams (ſ. oben 
©. W2, 310, 414) von den Garowbergen (S. 321, 337) 
an, über das Bergland der Nora (S. 307), ber Nagas 
( S. 359) und bie Gebirgewand Munipurs, nad Obers 
Alam zu ber Sangen Schneelette Langtam, als dem füds 
lichſten Vosfprunge des Dimalapa:Zuges (27° 10 N.Br.), von 
wo die SramadisQuelle und bad Bhor Khampti Land 
beginnt (&. 346, 391, 396), bis zue Urheimath der Sinhph os, 





3) P. Gaubil Memofre historigne sur le Tong king extrait des Li- . 
— —— Mailla Hist. Gen, de la Chine. Paris. 4. 1783. 
. P. 


Ritter Erdkunde IV. gu 


— 


898 Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. IL Abſchn. $. 83. 


Ihrem Parabieslande, gegen die Schneeberge von Zalifu m | 


Yünnan norvöfli von Bhan mo (©. 378, 748, 750 ıc.), 
und dem Hinabwege nah Mien (©. 736) Bon da an abe, 
oftwärts, auf der Grenze von DOber:Laos und Dünnaı 
gegen Tong king, bie füblihfien Hochgebirge der Schnee 
ketten zwifhen 23 und 24° R.Br. (5. 360, 402, 753, 75) 
im Lande der problematiſchen Etromdurchbruͤche ber Hi 


Steomfofteme (f. oben &. 401) bis zum füdlichfien Gebirgepe 
raliel Süd :China’s, dem Kuͤſtenzuge des Ju Ling CS. 07 
57). Diefelbe natürliche Srenzlinie fcheidet Hier, wacht ode | 
weniger fiharf, auch die politiſchen Reiche der füblichern Birme | 


nen, Siamefen, Tungkineſen und der untergeorbnetes 
Gebirgefürften von den nördlichen Staaten Afams, Zübers, 
dem Lande der H'Lokba und Nut, fo wie China' s und dk 


Tuͤbetiſchen und Chinefifhen nörblihen Boͤlk er ſtaͤmme, 


von den füblihern Hinterindifchen, eben fo deren Spra⸗ 
hen, die Befhichten, die Sitten und Lebensweifen. 
Wie verfhieben auch die Kenntniß der NRatug umb de 
Völkergebiete im Innern dieſes Hatbeilandes ſich darlegt, 
und bei näherer Unterfuchung der Räume, wie be Sprachen, 
der Zeiten und der Schriftquellen, aus denen fie hervor 
tritt, gleich einer’ bunten Moſaik, aus den verfhiebenften Jahe 
“ hunderten, aus dem Munde ber verſchiedenſten Völker, mit den 
verſchiedenſten Augen, wenn nicht felbft Brillen ber verfdhiebens 
artigften Individuen erfpäht. zu Tage tritt: fo iſt es doch gewiß, 
daß bei allen Schattenpartien, bie noch immer viele Stellen bie 
fee Erdſtrecke bedecken, doch feit den legten Sahrzehenden eim weit 
helleres Licht über dieſelbe nach vielen Theilen, zumal gegen bie 
maritime. Gelte hin verbreitet wurde,. obwol nicht wenige derſel⸗ 
ben, zumal ber Binnenlandfchaften, noch mit einem Halbnebel 
umbüllt biieben. Diefer Zuftand macht, daß keineswegs ale 
"Theile einer gleichartigen Behandlung fähig find, daB wie ned 
nicht den ganzen organifchen Zuſammenhang biefer Plauetenſtelle 
vollkommen überfehen, nur etwa im Gegenfage ihrer weſtlichen 
Nachbarin , des Dmwipa’s von Dekan, ahnden (f. Einleitung 
Aſien Bd. I. S. 63, 9, 595 f. oben ©. 428, 808), und daher 
bie Betrachtung bes ganzen Naturtypus, fürs erfte nur eine bief 
Anßerliche nur theilweife, eine aufzählende, eine mechaniſche ſeyn 
kann, deren Intereſſe nur allein durch den hHiftorifchen Zuſam⸗ 
menhang in der Dasftellung gefleigert werden mag, fo lange ber 








Uebergangsformen, Ueberſicht. 899 


innere, bee organifche, fich noch nicht wifienfchaftlich in allen 
feinen Theilen verfolgen laͤßt. In dieſer äußeren Beziehung je: 
doch haben wir im Verfolg unſerer Mittheilungen den Vorzug 
einer ſehr dankenswerthen, hinſichtlich des kaärtographiſchen, 

kritiſchen und klaſſiſchen, fruͤher nirgends in ſolchem Umfange 
verſuchten Votarbeit, an unſers geehrten Freundes Prof. H. 
Berghaus?) trefflihen Karte von Hinterindien 1832, 
und dem dazu gehörigen geoshybrographifhen Memoir, 
welche beide im Verlauf der folgenden Betrachtungen vorzugs⸗ 
weife zu oͤrtlichen Grundlagen dienen werden, wo wir nicht 
ſpeciell unſte — bie und da davon bemerklich machen 
(wie oben 2, 351, 750 u. a. O.). Der Dank aller Freunde 
Aftatifcher Geographie kann dem unermübeten Kuͤnſtler und Fot⸗ 
ſcher hiefuͤr nicht entgehen. 

Diefe oͤſt lich ſte der drei füdlichen, großen Halbinfeln 
Aſiens (f. Einleitung Aſien Bd. L &. 63) weldhe von dem 
Standpuncte ber Dccidentalen im Gegenfage bee mittleren bie 
fee drei, der Vorder: Indifchen, eben die Hinter⸗Indiſche, 
auch die Halbinfel jenfeit des Ganges genannt worden 
ift, hat in ihrer dreifachen Gliederung des Lotosblattes, drei 
deſſen Südfpigen beseihnende Vorgedirge, die neuerlich 
folgende genauere Beflimmungen ihrer Lage nad erhielten). 
Die S. W. Spitze, gegen die Bengalifhe See vorfpringend, das 
Cop Negrais (Pagodafpige), unter 15° 68° N.Br. mit der 
vorliegenden Kette der Andaman:Infeln, als ihrer ſuͤdlich⸗ 
ſten Vorlagerung; die S.O. Spige Kambodja, 8’ 40N. Br., 
mit der vorliegenden kleinen Pulo Ubi Infel, und die aͤußerſte 
Südfpige der Halbinfel Malacca, welcher die Singapore 
Inſel mit dem gleihnamigen Sreihafen zunaͤchſt, und viele ans 
dere ungemein große, zumal das füböfllihe Ende von Sumas 
tra in etwas größerem Abflande vorliegen. Nimmt man es ges 
nau, fo ift nicht das S.D. Cap von Malacca, im Dften von 
Singapore, das ald CapRoma nia (unter 1° 22:30" N.Br.) 
bekannt, das fuͤdlich ſte von Afiens Continent überhaupt, wofür 


es früher galt, fondern das minder berühmte Cap Buros (Bu⸗ 





2) 9. Berghaus Afia, Sammlung von Denkſchriften 2c. 4. Gotha 
— Pan a Hydrographifches Memoir zur Erklaͤrung und 


GStläuterung der Karte von Hinterindin., Nr. 8. von Berghaus 


Atlas von Afien. Horsburg India Directory eto. ſ. 
Berghaus geo⸗ hydrogr. Memoir v. Hinterindien ©. 1. 
211 2 . 


— 


0 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſchu. $. 83. 


Ins oder Tanbjong Burus), im S.W. von Singapore, 
weil es unter 1 159 N.Be., alſo dem Aequator noch mehr ge: 
nähert liegt. Hier umſpuͤlt das Sädende der Malaccaı 
Straße das aͤußerſte Suͤdglied bed Erdtheils, an bem fo ebu 
der Erdgleicher vorüber ſtreicht. Die Südfpige von Decan, ia 
befannte Gap Comorin, unter 8° 5° N. Br., liegt minder fük 
lich und mit dee Kambodja⸗Spitze unter gleihem Pacıt: 
le. Diefe drei Südenden fpringen aud in breifachen Ak: 
fägen, von immer 7 bis 8 Breitengraden von einander, gegen da 
Nordoſt und Nord weſt in immer erweiterten Breiten ver, 
fo daß das felfige 2000 Fuß hohe Gap Araveili auf der Kufı 
von Codhin: China, unter 13° N.Br., dee oͤſt lich ſte Punct ta 
Halbinfel unter 107° 4° 15" DL. v. Paris liegt, die nordwiß: 
lichſten Geflade von Arracan und Dfcittagong ſich aber ii 
‚gegen den 88° zur Südwendung bes Brahmaputra und fü 
nes Vereins mit bem Ganges, ald Megna, in den Eunten 
bunds hinziehen, während Singapore (unter 101° 30° 46“ 
DL) auf der lang geflredten ZLanbzunge von Malacca ti 
mittlere Meridiantänge des ganzen Halbeilanbes bezeid: 
net. Nimmt man bie ‚beiden nördlichen Außerften bivergirentn 
Flußlaͤufe an ihren Mündungen, als Naturgrenzen der Helb⸗ 
infel an, fo find es bie Oſt⸗Ganges⸗, ober vielmehr ki 
Megna⸗Mundung unter 3 N. DB. in Bengalen, und die bi 
‚ weit Eleineren Srenzfluffes, zwifhen Kong ling und China, 
der Provinz Kuang tong, nämlih bee Ngan nan Kiang, 
unter 22° N. Br., deren gegenfeltiger birectee Abftandb, von 
Weſten nah Oſten, an 230 Deutfhe Geographiſche Längen: 
meilen beträgt, weiches die größte Breite der DHalbinfel 
bezeichnet. Weiter ſuͤdwaͤrts nimmt diefe Breite abs im Paral: 
lel des Solfes von Martaban (unter 17° N. Br.) beträgt 
fie, von Weften nad Oſten, nur noch 180 geogr. Meilen; im 
Parade des Golf von Siam (unter 14° N. Br.) nur nech 
etwas über 160 geogr. Meilen. Bon da an fchwindet fie abe 
in der noch über 200 geoge. Meilen, gegen Suͤdoſt, ausgefircd: 
ten Malayifhen Halbinfel plöglih auf ſehr geringe Di: 
menfionen zufammen: denn diefe behält nur, eine mittlere 
Breite von etwa 25 geogr. Meilen, obwol fie auch davon noch 
bis zu einem Minimum von 10 geogr. Meilen (unter PNR.BE, | 
in Ligor und der Zandenge Krah) fi verengtz das Mari: 
mum ihrer wachfenden Breite gegen das Südende, gegen Ma⸗ 





ar- 


SI. m 7m 


Uebergangsformen, Vleberficht. 901 


Lacca beträgt unter 4° 69 N.Br., an 43 Deutfche geogr. Mel⸗ - 


len. Die ganze Länge bes großen Halbeilanbdes, von bem 
großen Gebirgsknoten ber Schneeketten zwiſchen den 


Langtam und Zalif Bergen, fübwärts, bie zur Sübfpige 
: von Singapore beträgt über A400 geogr. Meilen, und man 
ſieht hieraus, daß diefe Gliederung Süboft > Afiens, In ihren ho⸗ 


" rizontalen Ausbehnungen, der weftlihfien Halbinſel 


be 24 


wa 


der Alten Welt, dem ganzen Europäifhen Gebirgslanbe 
(vom innerſten N.W. Winkel des Abriatifchen Meeres und dem 
Suͤdweſtwinkel des Baltifchen Golfes an der Travemuͤndung 


bis zur Suͤdweſtſpitze Portugals an räumlicher Größe nicht weicht. 
* Nah Berghaus forgfältigftee Berechnung ber überall berich 


tigten Kartenzeihnung, enthält der Slächeninhale*) dieſer 


: Hinterindifhen Halbinfel über 40,000 Quadratmeilen 
: (40322) und bie Matayifhe Landzunge von etwa 4000 
: Quabratmeilen abgerechnet, würde für den eigentlichen Stamm 


— —R 


derſelben noch immer das bedeutende Areal von 36,000 Quadrat⸗ 
meilen, ober die Größe von Spanien, Frankreich, Deutfchs 
land und Italien übrig bleiben, mit ber Malayifchen Land: 
junge aber noch ber Raum von England und Schottland 


hinzugerechnet werden müflen — dies zur ſtets gegenwärtig zw . 


baltenden Vergleihung der Afiatifchen mit den Europaͤiſchen Räus 
men. — 

Dier, von Süden gegen Norden, tief in ben Gontinent 
einſchneidende Golfen des Indiſchen Weltmeeres, dee Golf von 
Tong king, der Meerbufen von Siam, ber Golf von 
Martaban und bee Bengalifhe Meetbufen find es, 
weiche das Dwipa Hinterindiens theilweiſe vom Feſtlande 
oblöfen, es wieder in fih in jene drei Haupttheile, von ber 
maritimen Seite ber, fcheiden, von ber andern Seite her aber die 
berabfegenden Thalbildungen und großen wie Meinen Stroms 
fpfieme, etwa 7 bi6 8, die alle vom Norden gen Süben 
ziehen, aus ber Mitte des Continentes gleichfam hervorloden 
(Einleitung Afien Bd. I. ©. %6). Die durch dieſes Eindringen 
der Golfen bewirkte, vermannihfachte Geſtadeentwicklung 
giebt dem Halbeilandbe eine Seegrenze von nicht vollen 
1500 Längenmeilen (1467 nad Berghaus.) davon bie kürzere 





*) 9. Berghaus geo⸗hydrogr. Memoir zur Karte von Hinterindien 


dd. [2 . ‘ er 


nm 





902 Oſt⸗Aſien. HintersIndien. II. Abſchn. $. 8. 


Küftentinie von 540 Meilen ben Bengalifen Goıf 
grenzt, oder die Weftfüfte der Halbinſel einnimmt, bie fü 
gere aber, von etwa I00 Meilen, die Chinefifche Ser 
Cap Romania nordoftwärts bis zue Grenze Chinas 
läuft. Kaum 20 geogr. Meilen nimmt die Südküfle der I 
laccabalbinfel gegen die Malaccaſtraße ein. Unter 
drei Solfen, welche in die Halbinſelform ſelbſt geflaltend « 
greifen, nimmt der von Tong king in feiner Küftenkrumm 
eine Gefladelinie von 163 geogr. Meilen (vom Cap Zuron 
gur Mündung de6 Ngan nan Kiang) ein; der noch 
gefchloffene aber umfangreihere Golf von Siam bie gı 
fere, von 300 geogr. Meilen (vom Cap Patani auf der Ve 
lapen Landzunge in S. W. bis zur Landfpige Kambodja a 
M.D.), und der weflliche, mehr ſpitzwinklich zulaufende Geli 
von Martaban, die Fleinfte, nämlich feine volle 100 85 
fienmeilen, vom Cap Negrais über die Mündungen dei Su 
wadi zur Mündung des Setangfluffes im innesften Bir 
£el des Golfs, und von da bis zur Mündung bes Salusı 
Fluſſes. 

Ueberſchauen wir, da uns bis jetzt noch der Maturuͤber⸗ 
bei über das Halbeiland verſagt iſt, und ſomit die Erfenumi 
des wahren Natutzuſammenhanges fehlt, bie wohlgeordneit 
Karte dieſer Hinterindifchen Halbinſel, fo zerlegt fie ſich, ibn 
verticalen Gliederungen nach, fo weit diefe befannt geworben, in 

‚ folgende Theile, bei deren Sonderung wir den genaueren Bein 
mungen von Berghaus, als den bieher beflen, kartographiſo 
und kritiſch geordneten größtentheild folgen, wobei uns zur &: 
fparung des Raumes und der Wiederholung des fchon hin: 
hend Ausgemittelten, ber Vortheil zu Gute kommt, auf jene tr 
liche Arbeit überall zuruͤckweiſen 5) zu können. 

An das Hochland im Norden von Hinterindien (f. 5. Bag 
haus $. 6.), welches wir frühere als Suͤdrand Hochafiens in fe 
nem großen Zufammenhange durch die ganze nörblichfte Beritt 
der Halbinfel betrachtet haben, ſchließt zunaͤchſt fih im Suͤden da 
Chinefifchen Reichsgrenze der Provinzen Ruang tung, Kuangfi und 
Dft -Dünnan bas 









5) 9. Berghaus geoshpbrsge. un von Sinterbien t. Abſchn. I. 
= Drographifche Stizzen ©. 24 — Er =S ss. 15. Abfchn. II. 
KHybdrogr, Umriffe S. 53 63-75, Per 


/ 


! 


3 Ueberficht, Gebirge: und Strom⸗ Syſteme. 003 


ww. I Grenzgebirge von Tong king an, welches wol noch 
u als füdliher Parallelzug dee Zu Ling Kette betrachtit 
;. werben barf, weil bie divergente Richtung der Hauptſtroͤme Zong 
kings, zumal die a) des Sengka, (bei Crawfurd auch Sang Eoi), 
noch die Oſt⸗Richtung mit Neigung gegen SD. beibehaͤlt, 
„ weiche beiden übrigen Hauptthaͤlern ber Hinterindifhen Etröme 
von ba am gänzlich verfchwinde. Im Süden des Seng ta 
und feinet beiden nächften füdlichen Parallelſtroͤme von weit kuͤr⸗ 
zerem Laufe, flreicht noch eine kurze Querkette der Berge von 
Weſten nad Dften, welche das Königreih Tong fing in 
‚ einen füdliden und einen nördlichen Xheil ıfcheidet, von 
“welchem jedoch der Iegtere bei weitem der größere if. Wir koͤn⸗ 
nen fie die füblihe Querkette von Kong king. nennen, im 
Gegenſatz bes nörblihen Grenzparalleld, und zwifchen 
beiden breitet fich die große Ebene des Tongkineſiſchen Geftades 
landes aus. Ueber die. Gebirge Tong kings herefcht im übrigen 
noch bie größte Unficherheit (f. Berghaus S. 52). 
I. Das Cochin-Chineſiſche Küftengebirge if bie 
erfle, die oͤſt lichſte de Meridiankerten melde bie Halbs 
infel von Norden nad) Süden durchſtreichen; wo ihre Verzweigung 
im Norden vom Alpenlande Dünnans beginnt, ift unbekannt; 
wahrfcheinlih zwifhen bem QDuelllande des Seng ka oder 
Tong king Stromes im Dften, und dem oberen Lauf: des Lan 
thſan Kiang (Kiou Long oder Maekhaun f. oben ©. 748) 
gegen Welten, im Grenziande der Pape, oder. Lolos (f. oben ' 
©. 764 16. 767)3 benn eben da, wo der Meerbufen von Kong 
fing feine größte Weftbiegung (unter 18° N. Br.) gewinnt, 
ſcheint fich die Küftenkette am mehrften von ber Küfte landein⸗ 
wärts zu entfernen, und dem Hochgebirge von Sud: Yünnan 
anzufchließen. Aus dem cultivisten Xhale Long kings find 
mehrere Tagereifen, weitwärts, diefe wüften Bergzuͤge zu uͤberſtei⸗ 
gen, um bie Landfchaft Laos zu erreichen. Don diefem Nord: 
ende durchſtreicht das breite maffige Küflengebirge gegen S. S. O. 
mehrere hundert Meilen einer Landfchaft, die völlig "Terra incog- 
nita von. der Weſtſeite gegen das Hauptthal des Stromes von 
Kambodja bleibt, und dort in ihren Wildniffen von dem Nolte 
der Moi oder Ke Moy bewohnt ‚feyn fol, nur an ber oͤſt li⸗ 
hen Küftenfeite iſt fie aus der Ferne von Europäern erblidt, 
und in ihren Vorgebirgen hie und da näher erforfcht. Sie ſchei⸗ 
bet eben diefe öftliche Geſtadelandſchaft Cochin⸗Chinas von 


904 Dft-Mfich. Hintet ⸗Indien. II. Abfchn. $. 83. 


Dem Binnenlande, das vom Maekhaun durchſtroͤmt wird, und 
I befien oberen Laufe zu Laos gehört, im untern Kambobjs 
Hefe. As ſudlichen Grenzflein biefes großen Codin: 
CHinefifhen Küſtengobirges kann man im Süben bai ; 
Cap St. James anfehen, das nad Capitain No Beobach 
gungen unter 10° 16’ 4" N. Br. und 105° Hr DL. P. ( 
Berghaus $. 15.) liegt. 

11. Das Scheidegebirge zwiſchen Laos-Kam bodje 
im Often und Stam im Welten, iſt das zweite gref 
Meridiangebirge ber Halbinfel im Parallelism mi 
bem vorigen, welches aber das Längenthal b) des Rambobja 
Stromes (Maekhaun) im Dften von dem Längenthate bei 
Stam Stromes (Menam) im Welten trennt. Seine nörk 
che Wurzel legt offenbar in den füdlihfien Schweerge: 
birgen Yannans, zwifchen 23 bie 24° N. Br. (dem Dinn 
- amd dem Thian hi Shan (f. oben ©. 402), womit aud die 
aunbeflimmten Angaben von La Loubere und Valentyn 
übereinftimmen (f. Berghaus $. 14). Es breitet fih in feinm 
moͤrdlichen Verzweigungen, die aber wenig befannt find, durch bie 
Eandſchaften von Ober⸗Laos aus, in feinen mittleren Wil: 
ziffen duch die MWohnfige dee Bergvoͤlker der Kas ober Pas 
nongs, weiter füdwärs durch bie eben fo unbebauten be 
Iſchongs, und begrenzt die weite Thallandſchaft des Königreich 
Siam gegen den Dften. . Uebrigens fegt fie keineswegs ſuͤdwaͤrts 
Bis zur Kambodja⸗Spitze fort, fondern ſenkt fich fchem vid 
weiter nordwärts von da, zwifchen 12 bit 13’ N. Br. in de 
ebene Landfchaft von Zihantabon (Chantabond) zum Siam 
Golf herab, von welcher füdoftmwärts eine wol 100 Meilen 
Lange Niederung, das ebene Mändungsland, oder der 
kornreiche Deltaboden Kambobjas, dem VBerglande vorge 
Toben, und als Alluvialboden vorgelagert erſcheint. c) De 
große Hauptſtrom von Siam (Menam) ift in feiner gan 
zen Länge, deren obere Thalitufe zu Laos (Lactho, oder zum 
Lande der Zün Scham) gehört, die untere zu Siam, ber mefls 
liche Begleiter dieſes Gebirgäzuges, dis jum innerſten Winkel des 
Golfes von Siam, wo Bangkok die Reſidenz legt (f. oben 
S. 803). 

IV. Das Siameſiſche Gebirge, ober das Scheide, 
gebirge zwifhen Siam im O., und Ava im Weſten; ober 
zwiſchen dem Menam und bem Strom von Martaban, iſt 





. 


Veberficht, Gebirgs⸗ und Strom⸗Syſteme. 005 


bas dritte große Meridiangebirge bee Halbinſel, deſſen 
Wurzel im Norden ebenfalls in Shd:Yüunnan auf der Grenze 
von Ober⸗Laos, und zwar [übmärts bes Paſſageortes Yung 
sfchang fu, und Im Dften des Lu ober Nu Kiang ber Chi: 
neſen, welches dee Saluaen der Birmanen iſt (f. ob. ©. 748), 
liegen muß, umfloffen von ben nahen Quellen des Menam. 
Es find feine hemmenden Bergverzweigungen und Selsbarrieren 
in dem oberen Laufe, ber dafjelbe auf der Ofts und der Weſt⸗ 
Teite begleitenden Steomfpfieme des Menam und Saluaen 
in ihren wilden Wafferflürzen bekannt, die in letzterem bie Ka⸗ 
Layer (gegen 18° N.Br.) noch Hocgebirgslandfchaft zu durch⸗ 
brechen haben. Bon ba an, ſuͤdwaͤrts, ſtreicht dieſes Siames 
ſiſche Gebirge noch immer weiter, wenn aud, wie «8 fcheint, 
in gemilderten Sormen, jedoch immer als Scheibegebirge deu 
gegenfeitigen Gewaͤſſer, und in feinee Meribianrichtung, welche 
de Malayiſchekandzunge conftituiet, fort, bie zum 11° N. Br., 
wo fie in dem Minimum.der Breite, in dev Niederung bee 
Zandenge Krah gänzlich abfällt, und eine völlige Unterbrechung 
zu erleiden fcheint. Sie fegt alfo Beineswegs als zufammens 
bängenbe Kette noch weiter ſuͤdwaͤrts durch die Malapifche Halbe 
inſel fort, ſondern dieſe bilber für fich ein eigenes Gebirge, vos 
wir zum Unterfchiede von jenem 
V. das Malayifche Infels Gebirge nennen Tonnen, weil 
es nur geringer Meerederhöhung bebürfte, um bie Lüde der 
Ranbenge Krah mit Waffen bedeckend zus Waſſerſtraße 
Krah umzugeflaiten, wodurch die Inſularform Malaccas, 
in der gaͤnzlich veraͤnderten Richtung ſeiner Laͤngenaxe, nicht mehr 
im Meridian wie der Siameſiſche Bug gegen Suͤden, ſondern 
gegen S.O. beulich Hervortzeten, und bie Analogie, wie ber 
Daralleliem aller orogtaphiſchen Verhaͤltniſſe mit ber Nach⸗ 
barinfel Sumatra um fo mehr in das Auge leuchten wuͤrde. 
Das Siamefifhe Gebirge hat übrigens in feinem füdlichen 
Drittheite, zwifchen bem Parallel bee Saluaen-Münbung 
und dem Abfall an ber Enndenge Krah drei Uebergaͤnge 
oder Pafjagen, bie auch neuerlich bekannt geworben, und d) bar 
une Theil des Steomfpfiemes von Martaban, bee 
Salugen ift, ſeitbdem er Britifcher Befig getvorden, auch ſchon 
beſchifft und theitweife erforfcht; er wird die Wege zur weiteren 
Kenntniß des Hinterindiſchen Hoclandes im Norden von Laos 
ſchon bahnen, 


906 DfisAfien. Hinter-Indien. IL. Abſchn. $. 83. 


VI Das Scheibegebirge groifchen dem Saluaen m 
dem Jrawabi, oder dad Scheidegebirge von Ada, bi 
auch die weniger bekannten Völker dr Shanwa im Dfiı 
von den politiſch herrfchend gewordenen Meanmas (Brama 
Barmas) oder Birmanen im Wellen, und die von Pegu g 
gen S. W. in ihren frühern MWohnfigen fcheidet, iſt das viert 
große Meridiangebirge, mit vorheerfchender Richtung bire 
vom Norden gegen Süben. Es ift baffelbe Gebirge (ſ. Beig 
baus $. 10.) welches ſich im Morboften der Landescapitale voı 
Ava aus, zu 4000 bis 5000 Fuß Meereshöhe erhebt, und waͤh 
rend der lebten Britifchen Miffion, unter 3. Craw furd, im 
Sabre 1826 vom berühmten Botaniker Dr. Wallich 6) auf ei⸗ 
‚ner, für die Kenntniß dee bortigen Landesnatur, Ichrreichen wie 
wol nur zu kurzen Erpedition gefehen wurde. Weiter nordwaͤrte 
iſt «6 nur hypothetiſch befannt, bis zu feiner Anfchließung an 
die Schnergebirge im Norden von Teng jue tfchu (f. ob. 
©. 738, 402), wo feine oͤſtliche Werzweigung im Dften des 
JIrawadi und Pin lang kiang, auf der Paffage dr 
großen Handelsſtraße von Yung tfhang fu, im Weften de 
Nu Kiang über Teng juetfhu bi6 gegen Bhanmo hin, 
überfegt toerben muß, indeß die nörblide Verzweigung bi 
zect im Mord von Bhanmo fortfegend, fih als öftlicher Be 
gleiter des obern Irawadi (Nam Kio im Norboften von 
Maunchi, im Lande dere Bhor Khampti genannt, f. oben 
©. 395) an die Schneeketten von Langtan, und ber öftlichen 
Brahmakund oder Lohit Quellen anſchließt (f. S.391L 3%, 
386). Wäre dies nicht der Sal, und feste diefe Nordverzwei⸗ 
gung auf dem Weſtufer des großen Icamwabiflcomes als wei- 
lich er Begleiter befielben gegen ben Norden aa Klaptoth 
und Berghaus Kartengeihnung) fort, fo würde die Wefbie 
gung des Jrawadi, oberhalb Bhanmo, in einem gewaltigen 
Querdurchbruche erſt diefe Meridiankette durchſchneiden muͤſſen. 
um in die tiefere Landſchaft von Ava einzutreten; von, einem 
ſolchen Querthale, das in der Regel durch wilbpitoresfe Natut 
und Kelsbildung, Stromhemmungen u. f. w. ausgezeichnet zu ſeyn 
pflegt, ift ums biöher wenigfiend keine Kunde zugekommen. 

Ueber das Kortftreichen dieſes Scheidegedirges, ſuͤdwaͤrts ber 





°) Dr. Wallich Exeursion in J. Crawfurd Jourmal of an Embassy 
to the Court of Ava 1826. London 4. 1829. p. 267 «= 273. 


⸗ 





2 


Ueberficht, Gebirges und Strom⸗Syſteme. 907 


andes⸗Capitale Ava bis zum innerften Winkel des Golfs von 
Nartaban find wir ebenfalld nur Hypochetifch unterrichtet; 
‚ort führte die ältere Kartenzeichnung einen fogenannten Pegu⸗ 
irom 7) mitten durch diefe Kette hindurch, es ſcheint aber wol, 
saß bier etwa unter 20. N.Br. auf ihrem Rüden eine Eins 
"artlung liegt (f. Berghaus $. 10. ©. 38), weicher gegen 
Norden ein Sebirgsmaffer (Pan laung bei Cramfurd) 
gegen Ava entquillt, gegen S.D. der Yunzalaen (Mobia 
bei Crawfurd) zum Saluaen, gegen S.W. aber die Haupt⸗ 
quelle e) de& feinem Nachbarn parallelen, aber ibm an Länge 
weit nachſtehenden Setangflromes (auhb Pan laung im ' 
oberen Laufe. genannt), der in den innerflen Winkel des Diars 
taban Golfes fid ausweitee. Nah Crawfurds Karten 
zeihnung®) liegt in diefeer Einfattlung bee Bergfee von 
Snaungrue, den Berghaus Karte von Hinterindien nur 
Bypothetifch angiebt, und welcher zu den vielen bypothetifchen 
Ansflomofenbitldungen In den Ländern der Birmanen, nach 
den Berichten der Einheimifchen, gehört, die Er. Hamilton 
Buhanan gefammelt hat, und wovon fhon weiter In Norden 
an mehreren Stellen die Rede war (S. 347, 368, 373). Daß 
aber diefes Scheidegebirge auch ſuͤdwaͤrts von da bis gegen bie 
Meereskuͤſte am Dftufer dee Mündung des Setangſtromes fort: 
fegt, ift gewiß, da man von bem Tempel ShueModo, nach 
Sr Hamilton, in ber Gapitale zu Pegu, gegen Dften, 
defien hohe Gebirgögipfel erblickt, melche dort das Gebirge von 
Zingi genannt wird, und nah Crawfurd auf ber Strom: 
Rhede von Martaban, auf defien zechter Uferfeite das hohe Ge: 
birge von Zingai, weiches alfo zwifhen Setang und Sa⸗ 
luaen bis dicht zum Meeresgeftade vorfpringt. f) Der große | 
"Strom von Ava, ber Irawadi (f. Berghaus $. 17. ©. 65 
bie 65), der mädtige Birmanenftrom, bee fechöte ber merk 
wuͤrdigen Parallelſt roͤme, aber unter den coloſſalen For⸗ 
men derſelben, dem Kam bodja⸗, Siams und Martaban⸗ 
Strome, der vierte, (falls er aus Tuͤbet kommen ſollte, 
der wahre Rieſenſtrom Aſiens, und nur dem Ta Kiang ver⸗ 
gleichbar) bleibt aber auch bei es Quelle in ber Langtan 





1) D’Anville Seconde Partie de la Carte Knie eto. 1752. Paris. 
°) John Walker Map of tie Burman Dominions to accompany Mr. 
Crawfards Einbassy to the Court of Ava 1829. 


- 








908 HDft-Afien. Hinter-Indien. II. Abfchn, $. 83. 


Schneekette im Bhor Khampti Lande (nad Wilcor uni 
Buclton, f. oben ©. 395 10.) immer noch einer der bedeutendſten 
Ströme Hinterindiens. Er begreift das allein in feinem un: 
teren und mittleren Laufe genauer durch die Briter: = Erpebi: 
onen gegen bie Birmanen erforfchte, und problematifch in 
feinem obıren Laufe bis zu einer Quelle wenigftens befannt 
geworbene, nach Chinefifhen Angaben aber hypothetiſch noch 
weiter gegen den Norden zum Hochlande Tuͤbets in einem an 
bern Öftlihen Quellarme (Pinlan Kiang) fortgefegte hiſto⸗ 
riſch mertwürdigfie Stromſyſtem bes ganzen Halbei⸗ 
landes. 

In ſeinem mittleren Stufenlande ſind die Culturebe⸗ 
nen mit den Reſidenzen von Ava und Umerapuca bekannt 
genug geworden, in feinem unteren vielfach verzweigten Laufe 
feine Deltaniederung. Diefer zur Seite gegen Dften abe, 
im alten Königreiche Peg u, lagert fich eine gebirgige, jeboch nie 
bere Stufenlandfhaft, welhe das Land zmwifchen Ava 
und Pegu mit ihren mannichfach wechfelnden Oberflächen füllt, 
fih oſtwaärts an daB Sceidegebirge von Ava, um dm 
Duelifee des Setang mit feiner anaſtomoſen Bildung anlehet, 
gegen Weften aber, in ber Umgebung des alten Capitate Peguws, 
in die Nicderung des unteren Irawadi abfällt Wir werben 
es das niedere Plateauland von Pegu nennen ( nieberes 
Plateau von Ava bei Berghaus f. $. 11. S. 33—40). Ge 
ben wir nun enblih zur Weftfeite des Jrawadi über, fo 
tritt uns bier 

VI, in den Küftenketten von Arracan das fünfte 
der großen von N. nah ©. fireihenden Meridiangebirge 
entgegen (f. Berghaus $. 9. S. 31— 86), weldes vom Cap 
Negrais am Südende, nordwaͤrts fid) in mehreren Parallelzüs 
gen, die gegen Weiten aufänglih unmittelbar zum Meere abs 
ſtuͤrzen, dann aber zum Zhule des Arracan⸗-Fluſſes fallen, an 
das Bergland von Munipur und Nora anfhlieft. Es if 
während ber Icgten Britgn:Erpeditionen gegen die Birmanen ge 
nauer als die andern befannt geivorden, und mehrmals überflie 
gen. g) Der Strom von Arracan, Koladpng, ber fiebente 
der Parallelſtroͤme, gehört zwar nur ben kürzeren unter den⸗ 
ſelben an, ift aber darum bog nicht ganz unbebeutend, entfpringt 
in der ſuͤdlichen Verzweigung des Berglandes von Munipur, 
und ſcheidet, weiter im Nordweit, das Stufenland von 


1) 


% 


— ——— — 





Ueberſicht, Gebirgs⸗ und Strom⸗Syſteme. 900° 


Diſchittagong (f. Berghaus $. 8. S. 27 — 31), welches bie 
niedrige Berglandfhaft am Geftade des Innerfien Winkels bes 
Bengalifhen Bolfes, im Often der Sangesmündungen 
einnimmt, und das Tiefland Bengalens gegen Dften begrens 
zend, fih an die öftlihften Saromberge, und das Bergland 
im Süden von. Afam (f. Berghaus $. 7. S. 26) anlchnt, das 
im Nordweſten des Birmanenreiche® von vielen Pleinern ſeit 
Dem legten Birmanenkriege zum Theil unter Britifchen Schug 
fichenden Fürften und Herren beherrſcht wird. 
Diefe Nordweftlihe Gruppe des Berglandes fchaart fich ber 
füdlihen Srenzgebirgswand Afams mehr als eine breite plas 
teauartige Berglandfhaft an, welche der Brahmapu⸗ 
tra⸗Strom im unteren Afam, bivergirend; von allen 
andern Normalrichtungen der Hinterindifchen Parallelftröme (mie 
Der Außerfte nordoͤſtliche Tunkineſiſche Grenzſtrom, ber divergi⸗ 
rende Ngan nan Kiang ſ. oben S. 908), erſt gegen Weſten, 
und von Goalpara an (f. oben ©. 310) gegen S. W. ums 
taufenuß, um die Normaldirection jener anderen Nach⸗ 
barftröme, wenn auch nur auf kurze Strede bis zue Mündung 
in den Sunderbunds zu erlangen, eine Normalrichtung fö 
vieler cotoffaler und untergeorbneter Landſtroͤme, welche mit dee 
Syſtematik der mächtigen Meridiangebirge über einen fo 
weiten Erdraum verbreitet (f. oben S. 426), wahrhaft in Ex 
flaunen fegt, wenn man bedenkt, daß gleichartige Erfcheis. 
nungen biefer Art doch wol nur das Product gleichartig 
wirtenber, bier wol auch nue gleichzeitig entwickelter Kräfte 
feyn konnten. Sey «6 nun, daß gleich urfprüngliche gemeinfame 
Emporhebungen und Aufblähungen der centealen Plateaumafle 
Hochaſiens, an dem Suͤdoſtrande dee Hauptare der Ans 
ſchweltung (f. oben &. 427) auch diefe vorherrſchend fünf 
großen Hinterindifhen Meridian: Bebirgszüge, wie 
jene vier geoßen Chinefifhen Parallelketten (f. oben 
©. 406), an, ber fteilen, pelogifchen Seite de Erbringes (Eins 
leitung Aſien Bd. I. ©. 55), zu gleicher Zeit aus dem Schooße 
des Meeresbodens durch Dämpfegewalt mit emporriffen, und ihre 
Zwiſchenthaͤler, meerbededt, fi) mit dem Schutte und dem Nies 
derfchlage dee Meere noch füllten, und anberweit durch bie merls _ 
dianen Stromfpfteme ausgefpült wurden, oder daß aus den dadurch 
ebenfall8 von Anfang an bedingten meridianen wie patalles 
len Spalten bir Erdrinde, durch fucceffive Emportrei⸗ 





910 DfrAfien. Hinter-Indien. II. Abſcha. 83. 


bungen bee eyclopiſchen Gewalten erſt nacheinander bie ſelt 
ſamen, lang geſtreckten Gebirgsketten hervortraten, welde 
in Hinterindien nur die Fortſezungen ber ſundiſchen un) 
auftralifchen, von tobenden Reihenvulcanen noch bis heute ke 
gleiteten, wirklich infularen Gliederungen find, beren ven 
bindendes Mittelglied jene Snfularform Malaccas 
recht characteriſtiſch mit dem aflatifchen Continente zu bilden 
ſcheint — fey es auch eine biefer beiden beliebten Hppothefen der 
Bildungsweife, ober eine andere, immer wird die Gleichfoͤr⸗ 
migkeit der coloffalen Erfheinung ber Gliederung 
von Thal⸗ und Gebirgeform hier über fo weite Räume ia 
Suͤbdoſt⸗Aſien auf dem Uebergange zwifchen der zerriffen: 
fen Stelle dee Planetenrinde in/der Sunda⸗Gruppe, umd der 
compactefien Maffenerbebung derfelben, im central 
Ho Afien (f. Einteitung Afien Bd. I. S. 3, 34), zum weis 
zem Nachdenken über die Bildung bes planetarifhen Erb; 
ganzen auffordern, und der phpficalifche Character des Gran; 
diofen in ben Geflaltungen, ber uns aud in plafi» 
Shen Sormen des Drientes (ſ. Einleitung Afien Br. &. 80), 
wie in feinem ganzen Einfluffe auf Natur, Gefchichte und Gul: 
tus anfpricht, fi bewähren. Iſt auh uns am Schlufſe dire 
überfichtlichen Betrachtung dee Geftaltung des Orientes, im mei: 
ten DOften und Süden Afiens ein hingeworfener Gedanke übe 
deſſen Entftehungsperiobe bei einer Erdſchoͤpfung erlaubt, fo wäre 
es der, eben hier in dieſer grandiofen Eocalität de6 Planeten den 
Anfang des Hervortretens feinee Veſte der Alten Welt aus 
den Waſſerbedeckungen zu ahnden, weil bier die mächtigfien 
Kormen mit den mächtigften Gewalten im Conflict, in allen 
Uebergängen zu den weitefien Räumen (Plateaubildung in allen 
ſuͤdoͤſtlichen Räumen, f. Einleitung Afien Bb. I. S. 54), mit 
den größten, inneren und äußeren Kräften und Naturgaben er 
fuͤllt, herborteaten, gegen weldye nach dem Nordweften und Suͤb⸗ 
often hin die anderen Formen nur wie gegliederte NRachwirs 
Tungen buch die Alte Welt, in der Neuen aber als ge: 
gliederte gleichzeitige Gegen wirkungen erfcheinen. 

Indem wir uns hier der trodnen Aufzählung dee einzel: 
gen Hiterarifhen Quellen, die unfsrer ferueren Unterfucdyung 
vorliegen, deren gewiſſenhafter Nachweis in einer noch fo chaos 
tiſch untergeocbneten Maſſe für den wahren Fortſchritt der Wif: 
leyſchaft unentbehrlich iſt, gluͤcklicher Weiſe uͤberheben koͤnnen, ba 


Oſtgeſtadeland Hinter⸗Indiens. 9il 


bon in Berghaus Memoir eine ſehr dankensſswerthe Ueberſicht 
er wichtigſten kaärtographiſchen Materialien aus dem 
VI. und XVII. Jahrhundert wie der neueſten Zeit (f. I. Abs - 
hnitt S. 3 — 20) niedergelegt iſt, auf die wir größtentheils, ohne 
e zu wiederholen, zuruͤckweiſen, fo bleibet uns bei mehreren aͤl⸗ 
wen und’ neueren Zufägen, ober anders ermittelten Daten, bie 
ch im Verlauf ber Unterfuhung von felbft ergeben, nur noch 
a8 frifche Ergehniß der Forſchung ber neueflen Zeit über Land, 
Ratur, Bolt, Eultue und Geſchichte dieſes Hinterinbifchen Theile 
es Orients übeig, an welchen ſich dann unmittelbar bie Ins 
Yifche und bie Weſtaſiatiſche Welt anfchliegen wird. 


Erfes Kapitel 


Das Oftgeftadeland Hinter-Indiens, Tong king, Cochin⸗ 
China, Kambodja. Ueberfiht des gegenwärtigen 
Coochin⸗Chineſiſchen Reiches. | 


$. 84. 


Del den vielen Hifkorifch = politifchen Wechſeln ber Herrſchaf⸗ 
ten, wie der Population und Colonifation biefer Kuͤſtenlandſchaf⸗ 
‚en, von innen wie von außen her, denen eine eigne, einheim i⸗ 
he Hiſtorie fehlt, die aber von Europäern, feit Marco Pos 
:06 und ber erfien Portugifen Zeiten immer nur temporär, 
mit vielfachen Unterbrechungen befucht wurden, weil mercans 
tile ober Teligäöfe und politiſche Abfichten durch eigne 
Schickſale, vorzüglich aber durch unzählige, dort angefachte, innere 
Revolutionen ſtets in ihrem Kortfchritte gehemmt, zu keiner cons 
tinuielihen Reihe von Beobachtungen über Land und Volk ges 
langen Tiefen, fondern nur zerjtreute und im fich völlig unz u⸗ 
fammenbängenbe Notizen, wie wol in nicht geringer Zahl 
und Mannichfaltigkeit dacbieten -Sonnten, welche jedoch nur felten 
von wahrhaften Beobachtern, wie fie das Bebürfniß unſerer fort: 
gefchtittenen Wiffenfchaft erheifcht, überliefert find: fo halten wie 
es diedmal für das gerathenfte, dem ausgezeichneteften, jüngs 
fen der Beobachter im größten Theile dieſes Kuͤſtenſtriches, 
dem in jenen Hinterindiſchen Geftadeländern viel erfahrnen 
Sohn Crawfurd zuerfl, und vorzugsweiſe in feiner muſter⸗ 


912. Dfi-Aen. Hinter⸗Indien. II. abſchu. 4. 84. 


haften Geſamtbetrachtung zu folgen (feine Gefanbefchaft- 
veife dahin Im Jahre 1822), und an biefe erſt unfere Theil" 
betrachtungen nad einzelnen Ländberräumen, Herr: 
(haften, Zeiten, Hiftorien, oder andern Reifenben und 


Beobachtern, erweiteend und erörteınd, ummittelbae ober ſpaͤ 
terhin anzufchließen. Da ferner, erſt felt dem Anfange dei 
XIX. Jahrhunderts, alfo bee gegenwärtigen Zeit, bie in 


früheren Perioben vielfach zerfiücdelten, und unter verfchiebeuen 
Königen geſtandenen Herrfchaften, zu einem gemeinfamen, 
großen, dem Cochin Chineſiſchen Königreide verbun: 
den find, das zugleih dem gemeinfamen Ratursippus 


entfpricht, alfo potitifch wie phyficalifch arrondirt erſcheint, 
fo haben wir bei dee Einführung in daſſelbe ducch einen friſchen 


Augenzeugen ben Vortheil, mit befien ganzem Umfange 
in der Gegenwart, nad feinen verfchiebenen Beziehungen be 


kannt zu werden, und an bie Spectalbetrachtung feine 


Provinzen und Theile, die jedesmal zugehörigen ſpeciel⸗ 
Yen, in bee Vorzeit gemachten, erörternden und aufklaͤrenden 
Beobachtungen und Bemerkungen etwa noch nachfolgen lafi 
zu können. 


L Umfang des Cochin Chineſiſchen Reihes (Königrih 
Anam, Ngannan, f. oben ©. 734). 
Das gegenwärtige CohinChinefifhe Reich 9) beſteht 
aus ben fräherhin für ſich geſondert gewefenen Koͤnigreichta 
Tongking und CohinChina (vereinigt Ngannan ode 
Anam ber Chinefen), und aus einem heile des alten Königs 
reiches Kambodia, nebſt einigem kleineren Gebirgeftanten. Cs 
wird im Dft vom Ocean, im Norden von Chinas Provinzen 
Kuangtung, Kuangfi und Yännam begrenzt, im Met 
und N.W. von Siam, einem Ueberrefle von Kambobja umd 


ao, oder Laos. Es reicht von 8° 25 N. Br., ober der Küs 





fteninfet Pulo Ubi, nordwaͤrts, bis zum 23° N. Br.; gegen W. 


bis zum Kuͤſtenpunete, welcher der Inſel Kokong (10° 40' M. Br., 
1030 13/ O. E. v. Gr.) gegenüber liegt. Der letzte noͤrdüche Grenz 





°) John Crawford Envoy Journal of an Embassy from the Gover- 
nor General of India to the Courts of Siam and Cochin China 
exhibiting a View of the actual state of those Kingdoms. Lond. 
Chapt. XVI-XVIL Geography of Cochin China p. 456 

' * 


s — 


Cochin Chineſiſches Reich, Umfang. 013 


det gegen bie Chineſiſche Provinz Knangtong, wirb Kuange 
ai (?) genannt, unter IN. Br. 5 aber von den dortigen Grenzs 
aulen (f. ob. &. 771), konnte Crawfurd, in der Refideng 
Hue, keine beftätigende Nachricht erfahren. Schon Pat. Saus 
bil fage in feiner Geſchichte CGohinChinas!"), daß dieſe beis 
ven KRupferfaulen, nah den Annalen der Chinefen, 
yurch den Feldhertn Mayuen, der Tongking im Jahre 42 
nach Chr. Geh. für die HansDpnaftie eroberte, an dem bortigen 
Srenzberge beider Reihe Sen meo, zwar errichtet worben feyen, 
bag man aber ſchon in fpätern- Zeiten zur Wiederauffindung dere 
felben vergebtiche Nachgrabungen gemacht habe. 

Von Nord nah Süd beträgt bie größere Ausdehnung des 
Königreiches über 180 dis gegen 200 geogr. Meilen Länge; von 
Oſt nah Welt wechfelt fie aber nur zwiſchen 12 bis 36 geoge. 
Meilen Breite, da die Herefhaft nirgends tief landein Teiche, 
und auf der wilden, erſten Meridiankette überall ihre na⸗ 
eürliche, noch unüberfliegene Grenze zu finden fcheint. In dies 
fem Umfange nimmt das Reid, nah Crawfurds Berech⸗ 
nung ein Areal von 9800 geoge. Quadsatmeilen (98,000 Q.⸗M. 
Engi.) ein. — Nady Berghaus Kgrten- Berechnung 11) 9703 
Q.⸗M.; naͤmlich Tongking 3915 Cochin China 26413 
Champa 4505 dir Antheil von Kambodja 2905 und das 
Band Moi 416. — 

Die beiden außerſten Süd» und Nordenden biefes 
Reiches, die Landfchaften Kambodjas und Zongkings, bes 
fichen größtentheild aus einem niebern Alluvialboben, bee 
ur wenig über das Meeresniveau ſich erhebt; der centrale 
Theil, das eigentlihe Cochin China dagegen ift gebirgiger ' 
Natur, bie und da mit Thaͤlern von geringerer oder bedeutenderer 
Ausdehnung, in denen allein Fruchtbarkeit fich zeigt. 

Dieſes Cochin Chinefifhe Reich beficht gegenwärtig, 
politifh au6 den dreierlei Hauptabtheilungen, aus denen 
es urfprünglich hiſtoriſch zuſammengewachſen iſt, welche aus ders 
Phyſik der Naturabtheilungen hervorgingen. Es find bie 
beiden Vice⸗Koͤnigreiche Kambodja und Tongking, 
und die Central⸗Adtheilung CochinChina, welche von 





10) P. Gaubil Notice Historique sur la Cochin Chine extiaite des 
Livres Chinois in Histor. Generale de la Chine. Paris 1783. 4 - 
T.XU.p. 5. 11) Berghaus Dem. a. a. D. &. 88. - Ä 


Kitter Erdtunde IV. Rum 


014 Oſt⸗Aſlen. Binter- Indien. II. Abſcha. $. 84. 


dem Könige des Landes ſelbſt abminifiriet wird. Diele brei 
find in 22 Provinzen geteilt, im weiche folgender Ueberbüd 
einführt. j 


1. Das Vice: Königreich oder Gouvernement Rambobja 12), Ye 
\ Süd: Provinz. 


Es hat gegenwärtig Saigun zur Hauprftadt, und ift a 
6 Provinzen getheilt, welche in der Sprahe von Anam, b.i 
dee Cochin Chineſiſchen, folgende Namen haben, denen wir 
in Klammern die einheimifchen Namen, in ber Kambo dje 
Sprache, beifügen, 1) Ya teng (Dongnat), 2) Per fons 
(Quedouc), 3) Sonan (Sa dek), 4) Win cheng (Mike), 
6) Ho fin (Camao) und 6) Feng chong (Tek ſia). Heute find 
die eingellammerten Kambobja Namen, bei den Eingebörnen, ned 


mehr im Gebrauch, als die officdellen ber Cochin⸗ Chimefifcen | 


Statiſtik. 


Dies Gouvernement erſtreckt ſich laͤnge ber Kuͤſte, von be 


Inſel Kokong bis zum Cap St. James; ein weiter Alln: 


viatboden, flad, nur zu beiden Seiten durch einzelne Geftate 
berge begrenzt; landeinwaͤrts unabfehbar, eben; aber im Innere | 


unbelannt. Dan der Siamefen -Grenze an zeigen ſich, bie Jum 


Hauptfirome Kambodjas, nur geringere Küftenflüffe, vorm denen 
mehrere zu deſſen Deltaverzweigung gehören, aber gleich den 


Mündungsarmen des Nils wechfelnden Schickſalen, Verſchlaͤm⸗ 
mungen und Wiedereroͤffnungen unkerworfen waren. Es fin: 
1) dee Pongfom, 2) Kam pot, 3) Rang Fao, 4) Tek fia, 
5) Tek mad, 6) der geoße Strom von Kambodja, 7) be 
Strom von Saigun. 

1) Dee Pongfom, klein, ergieft fi noch mit den & fol 
genden in den Golf von Siam; feiner Mündung, unter 10° 4% 
R. Br., benachbart foll eine Stadt mit 1000 Chinefifchen Gia: 


wohnern liegen. Das Land umher iſt fruchtbar an ſchwarzen 


Pfeffer, Gummigutte (Gamboge), Cardamomen und Firniß. 

7) De Kampot (Can vot), unter 10°-43' R.Br. zum 
Meere, iſt noch kleiner; eine Stadt daſelbſt iſt von Kambodjen 
bewohnt, auch von Cochin Chineſen und etwa 1000 Malayen, die 
umher viel Reisfelder bebauen. Sie ſoll von der Capitale Kam⸗ 
bodjas, Pe nom peng (Ca lom pe), bie mehr Iandein liegt, 12 





12) J. Crawfard Journal of an Embassy L & p. 457-460. 











Cochin Chineſ ſches Reich, Suͤd⸗Prov. Kambodja. 915 


Yagereifen entfernt, und mit ihe durch eine Landſtraße durch gut 
ebautes Land verbunden ſeyn, die für Buͤffelkarren fahtbar iſt. 

3) Der Kang kao, oder Hatien-Fluß, faͤllt unter 10° 14 
N.Br. und 104° 55 O.L. v. Gr. zum Meere. An feine Muͤn⸗ 
ung ſehr weit und feiht, nur 3 Zuß Tiefe zur Ebbezeit, erhält 
e bei Fluthzeit nicht über 7 Ellen Waſſer. In dee Regenzeit 
ritt er im natuͤrlich fchiffbare Verbindung mit dem großen Kam⸗ 
yodjas&trome, welche im Jahre 1822 zu einem fchiffbaden Ca⸗ 
zal von 20 Kiafter Breite und 15 Fuß Tiefe eingerichtet wurde, 
Diefer kam während J. Crawfurds Embaflade zu Stande, 
nachdem ſeit mehrern Jahren 50,000 Arbeiter bamit in feines 
janzen Länge, von Z3 Tagereiſen und 3 Nächten Schiffahet, 
befchäftige gewelen waren. Der Hauptort an biefem Fluffe if 
Kang kao oder Hatien (Athien), an feinem rechten Ufer, eine 
Heine Stunde -von der Mündung aufwaͤtts gelegen, mit 6000 
Einwohnern, aus Kambodjen, Cochin Chinefen, einigen Chinefen 
und Malayen befiehend. Gegen Anfang des XVII. Jahth. lag an 
biefem Fluſſe ein Handelsort dee Europder, Ponteamas - 
(tichtiger Potaimat), wo ein bedeutender Fremdhandel mar, um 
die Landescapitale, bie an 15 geogr. Meil. fern am Hauptſtrome 
log, mit Waaren zu verfehen. Die Stadt war aber an ſich nie 
bedeutend, und wurde feit 1717 bei einem Ueberfalle der Siames 
fen in Kambodja zerflört. 

HY Der Tekſia⸗ Fluß bei Chineſen (Karmunſa bei 
Kambodjen, Retja bei Cochin Chineſen), unter 9° 46N. Br. 
zum Meere, iſt ein rechter Muͤndungsarm des großen Kambobja, 
dee für Beine Schiffe fahrbar iſt. Er iſt wenig bebaut, fparfans 
bewohnt, wegen der Menge der Muskitos und Blutigel, 

weiche hier eine Landplage find, Umher wird viel Bienenwachs 
gefammelt. 

5) Der Tekmao (Schwarzwaſſer in der Kambodja Eprache) 
iſt wie jener ein Muͤndungsarm, der ſich der Inſel Pulo Ubi 
gegenüber zum Meere ergießt, und für Eleine Boore ſchiffbar iſt. 
Zwei Tagereiſen an ihm aufwaͤtts, liegt eine gleichnamige Stadt, 
mit 2000 Godin Chinefifchen Einwohnern; das Land umher iff 
Doll Meisfeider, der Fluß voll Kifche, die Luft voll Muskitos. 

6) Dee Strom von,Kambodja (Mackhaun in feinem 
obern Laufe) ergießt fich hier zwifchen 9° bis 11° N.Ber. in. drei 
Hauptmündungen zum Ocean, welche bei den Europäern bie Na⸗ 
men haben: 1) Baſak (Cuo Wafak), d. I. der weſtliche nn 

Mmm 2 












916 Oſt⸗Aſlen. Hinter- Indien, IH, Abſchn. $. 84. 


Der größte, am paffendften für die Schiffahrt, mie 14 bie 18 
Tiefe, über der Barre an feinee Mündung zur Zeit der Sp 
fluchen. 2) Dee öftliche oder mittlere Arm; 3) der Ren 
arm oder der Japaneſen⸗Fluß. Nah Cramwfurbs 
tundigung follte diefer große Strom feinen Urfprung in ber 
vinz Yünnan aus einem See nehmen, und ſchon vor fa 
Eintritt in das Königreich ao (zwiſchen 22° — 23° N. Bt 
ſchiffbar ſeyn. Hiernach ſchiene dies nicht der aus weiter Ti 
tifcher Ferne bertommende Maekhaun — Kiulong — Lın 
thſang Kiang ſeyn zu kinnen (ob. ©. 748), wenn man ankı 
dem Briten das Rechte berichtet hätte. Doch wie werden were 
unten zur genauen Berfolgung des Stromlaufes zurückkehren. 
7) De Saigun-Strom Vom Kangkas bis zum 
Cap St. James, ift bie Kuͤſte gang flach, ſehr häufigen Uedem 
ſchwemmungen ausgefegt, kein Berg im Innern zu erfpähe. 
Cap St. James das erfie niebere Borgebirge, nur 300 bis 4 
Fuß bo, wenn man von Süden kommt, ald Landmarke di 
Einfahrt zum Saigun (auh Dongnat, nad) der Provinz gr 
nannt) bezeichnend. Vielleicht, ſagt Cramfurd, iſt bies fr: 
alle Europäer Schiffe die ſchoͤnſte Stromeinfahrt in Afien, benz 
Schiffe von allen Laften können Ihn ohne Piloten, 15 geogr. R 
ftromauf, beſchiffen. Wenigftene buch 2 Arme ſteht ex mit dem 
Japaneſen-Fluß, der öftlihflen Mündung des großen Kam 
Bodja-Stromes in Verbindung. Eeine Quelle if den Europäer 
unbefanntz; aber mehrere Eingeborne verfiherten, er ſey für ir: 
Flooße noch 20 TZagereifen oberhalb der Stadt Saigun auf 
wärts (hiffbar. Dies würde eine Länge des Laufe von 60 bi 
80 geogr. Meilen ergeben, und feine Quelle in das Gebirge de 
Lao verlegen. Saigun, die Gouvernementsftadt, liege 3 gesgr. 
Meilen aufwärts am Strom von feiner Meeresmuͤndung. 


2, Die koͤnigliche Provinz Cochin China 1’). Die Mittels Provinz 

Diefe Provinz, welche als das frühere Königreich beffelben 
Namens, diefen nun auf das gange Reich übertragen bat, beſteht 
gegenwärtig aus 7 Provinzen, die von ©. nad M. gerechnet in 
foigender Weife aufeinander folgen: 1) Binthuon, 2) Nha⸗ 
trang, 3) Phupen, 4J)Quinhon, 6)Quangati, 6)Quang 
aas, 7) Hue. j 


22) J. Orawfard Journal of en Embassy I. e. p. 400 — 461. 


| 





— 


= 


Tochin Chinef. Reich, Mittel-Prov. Cochin China. 917 


Das mäßig hohe Cop St. James iſt nur ber Anfang eis 
1er Gebirgskettenh, die längs ber "Küfte gegen Nord bis 
Tong king fid) ausdehnt, und für den vom Süden Herbeis 
chiffenden das erſte Signal derſelben darbietet. Diefes ganze 
SB eftade Cochin Chinas, von da an bis zur TuronBai, 
ſt ausgezeichnet durch Fühne und pittoreste Küftenformen, 
urch eine ununterbrochene hohe Gedirgskette 10), ein Na⸗— 
urmal gegen die Dceaneinbrüche, welcher die ganze Seekuͤſte bes 
ect, mit feinen Steilfeiten fo nahe, bis auf viertel und halbe, 
"eltner ganze Stunden, zum Dieere tritt, daß nur felten etwas 
mehr Raum zwifchen ihm und dem Etrande übrig bleibt, bee 
yann in ber Regel zunaͤchſt mit Sand belegt, dahinter mit frucht⸗ 
5arem aber ſchmalem Küftenfaum umzogen if. Dennoch find 
yier unzählige Lagen der fchönften Art für Dörfer und Städte, 
veil eine Menge Küftenftröme vom Gebirge berabftürzen, zu fehe 
sielen, tief eingefchnittenen Baien und Buchten, deren viele bie 
trefflichften Hafen darbieten. Eben dieſes Geſtade iſt auf einem 
kurzen Raume von 65 SÖreitengraben, zwifchen Cap St. James 
bis zur Turon Bai, beglüdt mit der reichſten Hafenform; 
nicht weniger als 9 der ſchoͤnſten Hafen 16) ber Welt, bie 
bei jedem Winde zugänglich find und fichere Meeresanfahrten ges 
ftatten, öffnen bier ihre Baſſins, welche in ihrer Mitte jedem 
Schiffen die größtmögliche Sicherheit gewähren. Terraſſenweis 
erhebt fih das Geſtade immer höher gegen das innere hin, oft 
von Elippigen, pralligen, uͤbereinander emporfleigenden Maſſen 
und Abhängen überragt, Die Steilwände und Formen, fügt des 
treffliche Beobachter Sinlapfon, fo wie bie ſterilen Höhen, lafs 
fen keinen Zweifel, daß ber größere Theil und die ganze weſtliche 
Hälfte aus Granit befiche. Gegen die Mitte werden fie weni⸗ 
ger ſteil, bleiben niedriger, ihre Formen runden ſich auf den Hoͤ⸗ 
hen; damit nimmt die Fruchtbarkeit des Bodens zu, er bedeckt 
ſich mit Waͤldern und Zimmerholz, das Land wird bewohnbarer, 
nun kaͤmpft der Anbau mit dem Boden. Zahlloſe Felder neh⸗ 
men“ da die Flanken der Berge ein, Bea große, zahlreiche 





14) John Wbite Voyage to Cochin China (1819 - 1820). London 
1824. 8. p. 31, 71. 35) G. Finlayson Journal of the Missios 
to Siam and Hu6 1821-1822. with a Memoir of the Author by 
Sir Stamford Raffles. London 1826. 8. p. 3295. te) Cochin- 
nn of Mr. Orawfurd im Asiatic. Journ, 1825. Vol. XIX. 
p 123 — — 


x 


918 Oſt Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſcha. $. &. 


Flotten von Eifer» und Hantelds Booten die Morgebirge ı- 
ſchwaͤrmen, und’ in den Buchten der vorliegenden See voll T:: 
tigkeit die flarke Depufation auf dem Lande beweifen. Ror tt 
Geftade liegen viele bebaute Inſelchen den zabllofen Bergebir: 
vor, die kuͤhn emporfleigen, wie 5.8. das Cap Avarelia, * 
Fuß body, u. a., mit denen aber die moͤgliche Sundirung dar ! 
fen zum Unergründlichen dald aufhört. Auf ſolchem Boden ;: 
ſich das Geſtadeland bin. 

1) Die Grenzprovinz Bintbuon, gegen Baigı: 
iſt nur klein, ſehr gebirgig, reih an Agila: oder Aloe-He 
Es ift die Provinz Ztamba bei M. Polo, Tfiampa. Cham;: 
der verichledenen Schreibarten. | 

2) Die Provinz Nhatrang -Raran b. de Rhobet) je 
naͤchſt iſt voll Hochgebirge, fchiecht bebaut, aber mit 2 praͤchtizn 
Häfen; dem von Camraigne (Camaigne) im M. W. det i:- 
fhen Aravella Cap, und etwas noͤrdlich davon dem Hafen Nbo 
trang, mit der nahen gleichnamigen Stadt, die durch einen ji 
mit dem Hafen in Verbindung ſteht. Die Stade iſt unter m 
legten Könige, buch Hülfe der Europäer in feinem Dienften, = 
mal des Stanzöfifhen Ingenieur⸗Officiers Olivier, im eine far 
Feſtung verwandelt. Sie enthält daB. königliche See = Arfena 

„fie ift das Centrum aller commercielfen Thaͤtigkeit im diefem fü 
Sichen Reichsgebiete. Die Provinz ift dutch die & eide mic 
Die hier gezogen und verarbeitet wird. 

3) Die Provinz Phuyen foll eine der reichſten im Lard 
ſeyn; ihre Hauptproducte find Reis, Mais, ſehr viel Hulfe: 
fruͤchte. Ihr gleichnamiger Hafen (umter 13" M. Br.), mit ke 
Baien, ſoll der ſchoͤnſte im Lande feyn. Die Provinz iſt un 
mein bevölkert und bebaut, überall fleigt die Zerrafienculnn hi 
Bergland empor, und ſelbſt der Reis wird bis auf bie Gipft 
der Berge gebaut, 

4) Quinhon gehört zu den größern Provinzen des Ir 
des; ihre Hauptſtadt gleiches Namens, ein paar Stunden WE 
Hafen landein gelegen (unter 14° N. Br.), duch einen ſchiffbats 
Strom mit ihm verbunden, iſt einer der größten Drte im Lantı 
Vor den legten Buͤrgerktiegen hatte fie fehr bedeutenden Hand; 
unter den Tyſſons, d. i. den Inſurgenten⸗Chefs der fegten Ro 
volution, war fie eine Zeit lang Bouvernementefig. Gegenwärs 
iſt fie duch Europäifche Ingenieure ſeht ſtark befeflige, und neh 
Ausfage eines berfeiben auch fehr Kart bevoͤlkert. 









Cochin Chinefifches Reich, Nord- Prov. Tongkfing. 919 


6) Die Provinz Quangai iſt ein Gebirgsland, den Ue⸗ 
verfällen eines wilden Gediegsvolkes, das ihnen im Weſten wohnt 
die Kiodain) ſehr ausgefigt,. Sie produciet ungemein viel 
zucker. 

6) Die ſehr große — Quangnan iſt durch bie 
eruͤhmteſten Häfen von Faifo und der Bai von Turon 
oder Han) merkwürdig; fie producitt ungemein viel Reis, 
zucker, Zimmet, 

7) Die Provinz Hué iſt nicht befonberd fruchtbar, at 
andige Ebenen, viel Sümpfe, liefert viel Meis, aber wenig: Zuk⸗ 
er; war in den von Crawfurd gefehenen Stellen meift öde, 
In ihe-liegt die Capitale des ganzen Königreihe Hué (Phus 
huan ber Eingebornen, Sun wha der Chineſen), ein paar 
Stunden vom Meere abwärts, langgeſtreckt am linken Ufer eines 
leichnamigen Küftenfluffes, aus guten Backſteinhaͤuſern mit Zie⸗ 
jeldbächern, meift aber aus aͤrmlichen Bambushuͤtten befichend, 
nit eines Population von 50) bie 60,000 Einwohnern nebit Trup⸗ 
enzahl. 


z. Das Vices Königreich oder Gouvernement Tongking 2), Die 
Nord: Provinz. 


Diefes weitet fi) allmätich gegen Norden in einer immer 
beeitern Ebene aus, welche den Golf von Tongking umlagert. 
Es ift der befte und bevoͤlkertſte Theil des ganzen Königreiches. 
Sramfurd fahe es nicht ſelbſt, aud die Sranzöfifchen Dfficiere 
m Dienfte des Cochin Ehinsfifchen Könige hatten es felten be: 
ucht, und wußten während Crawfurds Anweſenheit in Hué 
aur wenig darüber zu berichten. Aus früherer Zeit fehle es ung 
aruͤber nicht an Daten! 

Die Sübgrenze, siwa unter 19° 30 N.Br., wird ducch 
inen Ort Kega und gleichnamigen Küftenfluß, der von W. nach 
>, ſtroͤmt, bezeichnet. Von da am breitet ſich die große Ebene 
8, die ber Fluß von Tongking, der Songka (b. h. gros 
jee Fluß, Songkoy nad verberbter Europäer Ausfprache), in 
yiele Arme ſich zerfpaltend, bewaͤſſert. Seine Quelle foll In den 
Sebirgen von Dünnan nicht fehr fern liegen. In 2 Müns 
yungsarmen: ergießt er fi) zum Deere, unter 20° 15’ und 209 6° 
N. Br.; diefer der füdlichere, wird häufig von den Chineſiſchen 





1?) J. Crawfurd Journal of an Embassy 1. c. p. 461. 


\ 







920 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abfchn. $. 8. 


Handelsleuten mit ihren Junken befahren, jener, der möchlit 
aber, zur Zeit da noch Holländer und Portugifen mit Tengk: 
in Verkehr landen, von den Europäer Schiffen. Damalt 
die Flußbarre bei hohen Springfluthen 18 Fuß Waſſer cc: 
haben, und alfo für belabene, große Europäer Fahrzeuge ſchiẽ: 
gervefen fern. In CohinChina fagte man Cramwfurbd,! 
fer Arm babe ſich fpäter verfandet und ſey jegt mur nod '. 
Schiffe mit 300 Tonnen Gehalt fahrbar. Dies Hält Crar 
furd aber für ein verwechſeltes Darum, das fi nur auf ic 
ſtets feicheer werdenden Südarm bejiche. Doch wird es in ht 
meneſten Miffionsberichten wiederholt. Dieſer Som gka if u 
bes Mündung eine gute Viertelflunde breit, und war für grü: 
Europäerfchiffe 4 geoge. Meilen landein, wenigſtens fahrbar, r: 
fie zu ankern pflegten. Noch zu Dean, oberhalb feine S 
flueng, wo die Chinefifhen Junken vor Anker geben, 15 gu: 
Meilen landein, fagt Dampier, fei der Strom breiter as iu 
Themſe bi Graveſand, und bei der Capitale 4 geogr. Ir 
len weiter aufwärts, noch immer fo- breit wie bie SChemfe ii 
Lambeth, doch fo feicht, dag man im Sommer binburd) trüm 

koͤnne. Dennod tft er für das ganze Zongling-fand bie Hau: 

- urfache von defien großes Fruchtbarkeit, durch feine jäprlichen Ub 
berihwemmungen, und ſcheint gegen den Süben Kim eine mil 
verzweigte noch wenig befannte Binnenſchiffahrt bass 
bieten 18). 

Die Gapitale von Tongking Kecho (Kefbo, Kadas, 
Kiaotchi, Keſchi, f. ob. &.734), bei den Eingebornen Bat 
than genannt, foll, nach Ausfage der Chinefen, wei drei mallı 
groß wie Hue ſeyn, alfo am 150,000 Einwohner haben. Daum: 
pier gab ihr 20,C00 Häufer (alfo etwa an 200,000 Einwehurr) 
Der einzige Ort von Bedeutung ift Hean, aber nur vom mb 
ten Rang, der, nad Dampier, 2000 Däufer (alfo an WM 
Einwohner) hatte. Die Angaben der Provinzialabeheilun 
gen von Tongking, waren ſehr verſchieden, nah Zahl m) 
Namen, bie beide willkuͤrlichen Umaͤnderungen nicht ſelten ualı® 
worfen find. Nah Dampier 8, nah Abbe Richard Il 
nach einer Handſchrift des Franzoͤſiſchen Ingenieurs Dionf. Choiy 
weau, im Dienſt des Königs von Cochin China, 9 Provispai 











&®) Cochin China Report of Mr. Orawfurd in Asiat. Journ. Vol. XI. 
3825, p. 123. 


Cochin Chineſſſches Reich, Geſtade⸗Inſeln. 021 


nach Eingebornen die Crawfurd daräber beftagte 155 naͤm⸗ 
lich: 1) Kecho⸗2) Tenglong, 3) Waitak, 4) Sangſoi, 
5) Kingpak, 6) Singkwang, 7) Hengwha, 8) Kopeng, 
9) Leongſon, 10) Chingwha, 11) Lanam LJ., 12) La⸗ 
nam II., 18) Haipong, 14) Ankwong, 15) Mun ning⸗ 
chao. Zwei von dieſen, die an Cochin China ſtoßen, ſtehen uns 
mittelbar unter dem Könige, bie andern haben ihren Dice 
König, der in Kecho zefidier, 


4. Die Geſtabe⸗Inſeln. 


Diefem Geſtadelande liegen viele jeboch nur kleinere Geſt a⸗ 
de⸗Inſelchen vor, bis gegen N.O. die große Dainan den 
Beſchluß macht; die Meerestiefe der Sunda⸗See hatte ſich, ſcheint 
es, von der Suͤd⸗Malacca⸗Spitze, Sumatra und Java, im maͤch⸗ 
sigen Inſelkranze um bie Chinefifhe See bis zu den Manillas, 
Lucon, Formoſa, im-greößern.Abftande vom Küftenfaume, 
Durch die zablreihfleiInfelproduction ſchon erfchöpft, um auf 
Diefee Kuͤſtenſtrecke der Chinefifhen See, dicht vor dem Conti⸗ 
nente noch mehr als unbebeutende Kiippenfplitter hervorſto⸗ 
Gen zu können. Diefe begleiten nur ganz in ber Nähe den 
Küftenfaum. 

Cinige liegen bis in den innerftien Winkel bes Eiamefen 
Soft, z. B. KoKran (unter 13? N. Br.), das noch von einer 
Golonie CohimChinefen bewohnt ift, aber gleich den andern 
füdoftwärts bis zur KoKongsänfel (f. 06. &. 912) zu Siam 
gehört. Die größere Inſelgruppe von da gegen S.D. His Pulo 
UHi der Kambodja⸗Spitze gegenüber, welche den Namen des Has 
ſtings⸗Archipelagus erhalten hat, die etwas mehr in hoher 
See liegenden Pulo Panjang und PuloMWe Infeln mit ein« 
gerechnet, gehören ganz zu Cochin China. Die mehıflen find 
ein, ſteil, öde, did bewaldet, unbewohnt. Mit der fehr interefs - 
fanten Infel PuloCondore19), zu der ein Dutzend kleinerer 
Klippen gehört, beginnt auch In der Snfelbilbung die Ges 
dirgsnatur Cochin Chinas; denn es if die erſte Steil⸗ 
inſel mit Hochgebirg aus Urfels und günſtiger Hafen⸗ 
Bildung, welche die ganze Cochin Chineſiſche Steilkuͤſte aus; 
zeichnet, und bie Gebirgsart des Inſel iſt derſelbe graue Gra⸗ 





10 J. Cravfurd Journal 1. c. p. 196— 2015 G. Finlayson Journ. 
L c. p. 288— 204, J. White Voyage to Cochin China I. c. p. 30. 


* 


920 Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. II. Abſchn. $. 84. 


Handelsleuten mit ihren Junken befahren, jener, der mörblig: 
aber, zur Zeit da noch Holländer und Portugifen mit Tongkir. 
In Verkehr flanden, von den Europe Schiffen. Damals fi. 
die Flußbarre bei hohen Springflutben 18 Fuß Waffer gehst: 
haben, und alfo flr beladene, große Europäer Fahrzeuge fehifis: 
gewefen fern. In CohinChina fagte man Crawfurd, bir 
fer Arm babe fi fpäter verfandet und fey jetzt nur noch fa 
Schiffe mit 00 Tonnen: Gehalt fahrbar. Dies Hält. Gran: 
furd aber für ein verrochfelt:6 Datum, das fi nur auf de 
ſtets feichter werdenden Suͤdarm beziehe. Doch wird es in du 
neurften Miffionsberichten wiederholt. Dieſer Songka iſt as 
dee Mündung eine gute Viertelſtunde breit, und war fuͤr greß⸗ 
Europderfchiffe 4 geogr. Meilen landein, wenigſtens fahrbar, m 
fie zu ankern pflegen. Noch zu Dean, oberhatb feiner Bi 
flueng, wo bie Chinefifhen Iunten vor Anker gehen, 16 geeg 


Meilen landein, fagt Dampier, fei der Sttom breiter als ku 


Themſe bei Gravzſand, und bei der Capitale 4 geogr. Ri 
fen ‘weiter aufwärts, noch immer fo. breit wie die Themſe bi 
Lambeth, doch fo feicht, daß man im Sommer hindurch reiim 
koͤnne. Dennoch iſt er für da& ganze- Zongling-Land bie Haurs 
urſache von deſſen großer Sruchtbarkeit, durch feine jährlichen Un 
berſchwemmungen, und ſcheint gegen den Süden hin eine wiit 
Derzweigte noch wenig bekannte Binnenſchiffahrt bar 
bieten 28), oo 
Die Capitale von Tongking Kecho (Kefho, Kadas, 
Kiaothi, Kefchi, f. ob. &. 734), bei den Eingebornen Batı 
than genannt, [oll, nad) Ausfage der Chinefen, wol drei mal fü 
groß wie Hue feyn, alfo am 150,000 Einwohner haben, Dam» 
pier gab ihr 20,C00 Häufer (alfo etwa an 200,000 Einwohner?) 
Der einzige Drt von Bedeutung ift Hean, aber nur vom zwei⸗ 
ten Rang, der, nah Dampier, 2000 Däufer (alfo an 20,000 
Einwohner) hatte. Die Angaben der Provinzialabteheilum 


gen von Tongking, waren ſehr verfhieben, nah Zahl und 
Namen, bie beide wilitürlichen Umänberungen nicht felten unten | 


worfen find. Nah Dampiex 8, nah Abbe Richard il, 
nach einer Handſchrift des Franzoͤſiſchen Ingenieuts Monſ. Chaig⸗ 
nmeau, im Dienſt des Königs von Cochin China, 9 Provinzen; 





&®) Cochin China Report of Mr. Crawfurd in Asiet. Journ. Vol.XIX. | 


1825, p. 123 


Cochin Chinefifches Reich, Geftade-Snfeln. 921 


30h Eingebornen die Crawfurd darüber brfragte 155 naͤm⸗ 
ih: 1) Rede, 2) Terrglong, 3) Waitak, 4) Sangfoi, 
3) Ringpat, 6) Singkwang, 7) Hengwha, 8) Kopeng, 
) Leongfon, 10) Chingwha, 11) Lanam J., 12) Ra: 
zam I., 13) Haipong, 14) Antwong, 15) Munnings» 
ao. Zwei von dieſen, die an Cochin China floßen, ſtehen uns 
mittelbar unter dem Könige, die andern haben ihren Vice» 
König, der in Kecho reſidirt. 


4. Die Geſtabe⸗Inleln. 


Diefem Geſtadelande liegen viele jedoch nur kleinere Geſt a⸗ 
de⸗Inſelchen vor, bis gegen RD. die große Hainan ben 
Beſchluß macht; die Meerestiefe der Sunda⸗See hatte ſich, ſcheint 
es, von der Suͤd⸗Malacca⸗Spitze, Sumatra und Java, im maͤch⸗ 
tigen Inſelkranze um die Chineſiſche See bis zu den Manillat, 
Bucon, Formofa, im-geößern-Abftande vom Küftenfaume, 
burch bie zahlteichſte Inſelproduction ſchon erfchöpft, um auf 
dieſer Kuͤſtenſtrecke der Chinefifhen Ser, dicht vor dem Gontis 
nente noch mehr als unbebeutende Kiippenfplitter hervorſto⸗ 
Gen zu können. Diefe begleiten nur ganz in der Nähe den 
Kuüuftenfaum. 

Einige liegen’ dis in den innerften Winkel bes Slameſen⸗ 
Solfs, z. B. KoKran (unter 13° M. Br.), das noch von einer 
Colonie Cochin Chineſen bewohnt iſt, aber gleich ben andern 
füdoftwärte bis zur Ko Kong Inſel (f. ob. &. 912) zu Siam 
gehört. Die größere Inſelgruppe von da gegen ©.D. dis Pulo 
Ubi der Kambodja⸗Spitze gegenüber, welche den Namen des Has 
ſtings⸗Archipelagus erhalten hat, die etwas mehr in hoher 
See liegenden PuloPanjang und Pulo We Infeln mit ein« 
gerechnet, gehören ganz zu Cochin China. Die mehrften find 
ein, fleit, öde, did bewaldet, unbemwohnt. Mit der fehr interefs - 
fanten Infel PuloCondore!), zu der ein Dutzend kleinerer 
Klippen gehört, beginnt auch in der Snfelbildung die Ges 
dirgsnatur Cochin Chinas; benn «6 ift die erſte Steil⸗ 
inſel mit Hochgebirg aus Urfels und günftiger Hafens 
Bildung, welhe bie ganze Cochin Chinefifhe Steilkuͤſte aus⸗ 
zeichnet, und die Sebirgsare dee Juſel iſt derfelbe geaue Gra⸗ 





3°) J. Crawfurd Journal 1. c. p. 186— 2015 G. Finlayson Journ. 
L c. p. 288— 204, J. White Voyags to Coclin China I. c. p. 30. 


L 


922 DfbAm. SKinter-Jadien. IL Abſcha £ 81. 


aie und Syenit⸗Granit, nab Cramfurbs ua Fit 
layfone Besbedzrung, wie derjenige, weiger Ben Haxpebrfa:: 
Sprit der Gontinemtalkerte zu bilden fiheint ; chem fe we- 
leicht verwittscher wie jener, daher überall nur fyarfam mi; 
zinger Erddede überzogen, kaum mic Erbfrumme überbedt. Gi: 
astig gebildete Küftentippen diehen ih, von da, fparfam net! | 
wärte, unter denn Pulo Canton (tichtäiger Gel la Rei 
und Cham ceollae (ridtiger Col lae Cham), vor da 2:: 
ron-Bay, unb andere, nur locales Intereſſe Haben. De ic 
Der abliegende, gefahrvele, unbewohat: Klippen: Ardiptl. 
Die Paracels ”) (zuiſben 16° bis 17° R.Be. umb 111° 4 
113° D.8. v. &.), berũht duch Sıuildtrötenfang ı 
Fiſcerei, im SD. der Oainan: Zufel, vol Sandbäntı ın 
Seichten, weldhe der König von Cochin China, feit 1816, als Abd 
feinse Herrſchaft, ehne allen Widerfpeud; feine Nachbarn in De 
fie genommen hat, if ſchon nicht mehr zu den Geſtade⸗Juſh 
zu technen; fie gehören dem freien Dceane am, 


’ 6. Clima 21). 


Dvwol dem tropiſchen Gebiete angehoͤrig, aͤndert Fi 
Das Landesciima doch hinſichtlich der phyſicaliſchen Geh 
zung, des maritimen Lage und des Wechſels der Monſune, mi 
drei Dauptabiheilungen ab, 

Su der Eid: Provinz, Kambodja, zwifchen 8° dH 
21° R. Br., im Flachboden ſcheint berfelbe Verlauf der Witterung 
Rast zu finden, wie in den Mebenclimaten gleichartiger Paralık, 
wie in Siam, Bengalen, Malabar; nämlich die maffe Jah⸗ 
reszeit, mit Megenanfang Ende Mai und Anfang Juni, 
dauerud bis September; dies ift auch hier bie ſtüͤrmiſche, dx 
doͤſe Jabreszeit. Die trockne Jahreszeit nimmt die andm 
größere Hälfte des Jahres ein, mit milder, klater, heller Luft. 3 
Saigun fand gegen Ende Aug. das Thermom. im Schalte: 
6 Uhr Morgens auf 21° Reaum. (79° Fahrh.); Mittage 
über 72° R. (87° F.); 6 Uhr Abends über 21° KR. (80° 3.) 
alſo ſehr gleichmäßig. 

In der Mittel⸗Provinz Cochin China, zwiſchen 11’ 
bis 182 N. Br., wird die Hochgebirgskette, die bis im die Weller 
segton emporfteigt, auch mie die Centralkette von Dekan, von Ce 












so) 5. Crawfurd Journal I. c. p. 463. 21) chend. p. did | 


Cochin Chineſiſches Reich, Clima. 923 


ebes und andern Xropenlänbern, bie Wolkenſcheide, und des 
birkt die Entgegenfegung ber Jahreszeiten; fo daß in 
SodhinEhina, bi S. W. Monſun (der in Walabar die Res 
enzeit bringe), die trodne Jahreszeit vorherrfche, bei N.D.s 
Monfun die naffe Jahreszeit. In Cochin China fans 
en die Megen daher erft Ende October an, und dauern bis 
um März. As wir, fagt Cramfurd, Saigun verliehen 
4. Sept. 1821, dei S. W. Monfun), war bie Regenzeit dort 
ft zu Endes ehe wie Hue und Zuron verliefen (31. Octob.) 
yatte fie mit dem N.DO.Monfun, mit dem Anfange des Octe⸗ 
vers begonnen. Vom Sten bis 12tem October, bemerkt Finlay⸗ 
on 2), regnete es ſchon unaufhoͤrlich, in ſolcher Maſſe, daß bie 
Regen, die fie in der Nähe des Aequators gehabt, und in Siam 
ind Bengal, wo fie periodiſch find, wie nichte gegen diefe erfchies 
nen. Es waren, bei meift ſtarken N.D.Winden; wahre Süffe 
von wenig Bligen begleitet. Das Barometer hatte vorher faft 
zar nicht variirt, zwifchen 29° 8’ bis 29° 85’ in feiner täglichen 
Dscillation geblieben fiel e6 nun aber piöglich auf 29° 635’; das 
Thermometer darlirte zu gleicher Zeit kaum von 77° 5. Die 
ganze Landfchaft wurde unter Waſſer gefeht. Die Volkstracht 
änderte fih in jene Oberkleider und Hüte, aus dicht zufammens 
genähten Palmblaͤttern, bie einen Megentropfen hindurch 
laffen, und bei jeber Arbeit hinreichenden Schug duch Ablauf 
des Waſſers geben. Die Jacken find ohne Aermel, der Hut 24 
bis 3 Fuß im Durchmeſſer und hängt über die Schultern herab. 
Am 2bften D:ctober fiel ein furchtbarer Typphon mit Regen⸗ 
guß 22), der 82 Stunden anhielt, unb fo gewaltig war, daß er 
die ganze Turon⸗Bai, die in ihrer fihern Umſchloſſenheit ge⸗ 
gen des Sturmes Wuͤthen geſchuͤtzt blieb, mit einem Stratum 
Tüßen Waſſers bededte, aus dem man vom Schiffe Trink⸗ 
waſſer fhöpfen konnte, audy am Ufer das Vieh daraus teänkte, 
eine dem Britiſchen Beobachter unbelannte früher nie gemachte 
Erfahrung. 


Nach den Beobachtungen bes Sranzöfifchen General⸗Con⸗ 


ſuls Monſ. de Chaigneau 2%), bee 9 Jahre in Cochin China 
gelebt und in He gewohnt hatte,, war dost bie größte Soms 
merhige nicht über Bi5° Reaum. (103° Fahrh.) gefliegen, bie 





22) G. Finlayson Journal L c. p. 388. 22) 3, Crawfurd Journal 
ı & P. 292. 20) ebend. P⸗ 266. a 


‘ 


. 


924 Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. II. Abfchn. & 84. 


größte Winterkälte nicht unter 11° Reaum. (57° Zabet.) «> 
ſunken; obwol die Kälse für die Empfindung empfindiider wid 
als dee Thermometergrad fie vermuthen läßt, weil Damit zuglcä 
die Unannehmlichkeit der periodifchen Regen eintrifft. 

In dee Nord Provinz, in dem flachen Alluvialbeda 
Tongkinge, find die Jahreszeiten diefelben, wie in Som 
bobja, Bengalen und andern tropifchen 'Gontinenten Aſiens, tx 
dem directen Einfluffe der S. W. Monſune ausgeſetzt ſiad 
und nah Dampier, Rihasd, de la Biffachere, fanzu 
dort die Regen im Mai an, und enden im Augufl. Li 
Sommerhitze wird bier öfter erceffiv, bie Kälte wird im Du 
cember, Januar, Februar fehr ſcharf und befchmerlid, 
durch die bösartigen Nebel, wie dies in analoger Situation, sul 
ahnlichem Boden in UntersBengal der Fall il. Die Ertreni 
der Temperaturen, bie Contrafle meteorifcher Erfcheinus 
gen nehmen alfo hier, mit dee Annäherung gegen des 
continentalen Stamm des Erdeheils, gegen das Head 
land Central: Afiens,_ wie bied aud ber Phyſik nach p 
erwarten war, zu. Die größte Wuth dee Typhone, vn 


Orkane, zeige fi (wie in der Japaniſchen Ser) an ber Kuͤmr 


von Tongking; feltner bricht fie gegen die Küfte von Codis 
China aus, zumal unterhalb 16° N.Br.; und Kambodiı 
ift fogar ganz frei davon, denn es gehört fhon mehre ber mu 
sitimen Geite des Geftabegüistels an (f. Einteitung Afien Dh. I. 
&. 55). ben vom Gontinente unabhängigern Gliederunge, 
die in die offene See vorragen, aus welcher die Contraft 
der Continentalgone verfhwinden, und Uniformitat 
aller Erfheinungen mit der Einerleibeit bee Korm, 
der allein fluͤſſigen nämlich, nicht mehr im Contraſt mit der riyb 
den, eintritt. Pulo Sapata, eine ber brei Klippen, welche Ni 
Catwicke heißen, und der Südkette Codin Chinas zwiſchen dem 
Gap Patatan und GCap St. James im S. O. vorliegen, un 
ter 10° N. Br., werden von den Gciffern als die ſüdlichſte 
Grenze 23) bes dortigen Vorkommens der Typhonme und Lu 
kane in jenen Gewaͤſſern angefehen. Uebrigens wird das Clima 
von Gaigun, wie von Hue, von den dort angefiedelten Ex 
ropaͤern (Monſ. de Chaignean und Vannier leben an IO Jahre 
dort) als ungemein gefund gepriefen. 





25) 5. Crawfurd Journal L c. p. 204. 


ECochin Ehinefifces Neih, Boden. - 925 


6. Bobenbefchaffenheit 7%), Metalle. 


Die Kenntniß hiervon kann bei den wenig beobachteten Kuͤ⸗ 
tenpuncten nur ſehr dürftig ſeyn; fe beginnt erft mit Craw⸗ 
'urd6 und feiner Begleiter Bemerkungen. Wo wir die Kuͤſte 
yetraten, ſagt ee, fanden wir Urfelsgebilde. Das Hauptges 
irge von Cap St. James bis Hue fheint Granit und 
Byenit zu feyn, die niedern Vorberge beftehen aus Quarz⸗ 
irten, Kaltflein, Marmor. Die Süd: Provin Kama 
dodja iſt arm an Metallen unb nur fparfem mit Eifen 
serfehen,, was daher von Tongking, wie von Siam und Eingas - 
pore, eine bedeutende Einfuhr nothwendig macht. Schon ber 
Shinefifche Geſandte, der, zu Marco Polos Zeit, von dem 
Shinefifchen Kaiſer nah Kambodja eine Miffion 27) erhielt 
1295), und von biefer einen Bericht zurüdtieß, von dem weiter 
ansen die Rede ſeyn wird, fagt: ich glaube daß dieſes Land kein 
Bold und Silber hat, denn beide haben als Waare aus China, 
den erften Werth. Auch dee Mittel:Provinz, dem eigentli⸗ 
ben Cochin China, fehlen die Metalle, obwol die Einwohs 
nee von Silber und Zinn fprechen, das fih am Cap Avas 
rella (Barella) finden fol. Dagegen erfegt bee Metallreich⸗ 
tbum der Mord: Provinz diefe Metallarmuth im Eüben. 
Tongking hat Ueberfluß an Eifen, Gold, Silber, ber 
bem Suͤdrand des Hochlandes uͤberhaupt reichlicher —— 
det ſcheint, ale’ den auslaufenden meridianen wie parallelen Glie⸗ 
berungen durch Hinter:Indien und Suͤd⸗China, und erſt auf dem 
Infular:Gedirgen (wie Malacca, Borneo, Suma⸗ 
tra, den Manillas u, ſ. w.) fich wieder in befto größerer Fuͤlle 
tinzuftellen pflegt. - 

Ein Chmefifcher Kaufmann In Yue, bee Tongking bes 
ſucht hatte, gab von deffen Erzen folgende Nachricht (alle fruͤhern 
find hoͤchſt unbeſtimmt). Die Eifen: Minen liegen 6 Tages 
reifen von Kecho, ber Capitale. Das Eifen von Tongking 
ft fo wolfeil wie das von Siam, auch wird damit bas ganze 
Cochin Ehinefifhe Reich verfehen, nur Saigun allein erhält fein 
ei aus Siam. Die Bold» und Silber» Minen liegen 


»°) J. Crawfurd Journal 1. c. p. 472 — 473. 22) f. Thin la 
Foung thpu ki, d. i. Beſchreibung bes Landes Tſchinla (db. i. Kam⸗ 
bodja), in Abel Remusat Description da Royaume > Camboge, 
Nour. Melauges Asiatiq. Paris 1820. 8. T. I. p. 1 





929 OfisAfen. Hinter⸗IJndien. II. Wöfchn. £. 84 


12 Zogereifen von da gegen Wer (alſo gegen SE Ad: Dünnı: 
und das Land der Zomas, Lolos, f. od. ©. 741, 753; 
Die Sitbers Minen follen jäbrlih 100 Pikul (213,600 Uny 
iiber) liefern; wieviel an Gold, iſt unbekannt, weil bavcn m 
großes Theil buch Schleichhandel nah dem Chinefifchen Ger; 
lande von Dünnan und Kuangfi übergeht. Mach dem $: 
ter de Marini Romain follen dieſe Silbergeuben ci 
feit 1625 bebaut worden ſeyn; fie liegen in ben Morbproviag: 
Bao und Ciucanghe. Cochin China fol Zianm 2) had 
das aber wenig bebaut wich. 

Auch hier, wie in’ andern Hinterindifhen Erzrevieren, we 
den diefe Sruben gegenwärtig nur von Chinefen bebar 
(f. ob. S. 800 u. a. D.), die aus Fukian, Kiamgnmen nl 
Hainan dahin gehen, man rechnet 20 bis 30,000 biefes Cr 
Arbeiter. 


7. Vegetation”. 


Diefe iſt zwar derjenigen Vorder: Indiens unter däpnkden 
Breiten analog, jedoch buch manche Eigenthümlichkeiten ause 


zeichnet. Das Hauptprodbuct dee Rahrung, Reis, und mw | 
nicht der Berg: Reis, fonden Sumpf:Reis, giebt auf den 


großen Ueberſchwemmungsboden des Sladhlandes von Kambodie 


und Tongking, einen fletE ungemein reichen Ertrag 3 bagesın 
an den minder bewäflerten, magern, fandigen Küftengeflaben der 
Gentral:Provinz CohinChina, nur wedhfelnde, je 


oft fhlechte Ernten, fo daß die Reis-Einfuhr aus ben Gin | 


und Mord: Provinzen in jene Mittlere das er ſte Bebürfuiß if. 
Die Reiscultur in Kongking, ſagt der Pater Horta 
(1766) 3’), erſtreckt fih auf 6 verfhiedene Arten, davon bir 
eine Art duchfcheinend und Kein im Korn, bie zweite groß 
und fang, die dritte roch von Farbe ifl; alle drei Arten be 
dürfen ſehr der Bewaͤſſerung; dagegen find die 2 Arten Trok⸗ 
ken⸗Reis für den Handel am wichtigfien; diefer giebt in Zeit 
von 3 Monaten, die Saatzeit iſt Ende December, fehe reid» 
liche Ernten. Aber aud auf hohen kalten Wergen fieht man 
Berg: Reis (wie oben S. 822) bauen. 





38) Cochin China ſ. Crawfurd Report Asiat, Journ. 1825. Vol. XD. 
p. 124. 2°) J. Crawfurd Joarnal 1. c. p. 473 - 478, 

.0) "Lettre du Päre Horta in Lettres Kdifiantes e: oaricuses 6crites des 

Missions Etrangeres Nouv. Edit, Paris 1781. 8. I. XVL p. 233. 


Cochin Shinefifches Reich, Vegetation... 927 


Die einzigen allgemeinern Nahrungsmittel, welche Craws 
furd außerdem noc bauen fahe, waren Maid, die Erdnuß 
"Arachis hypogaea), die Igname (Comvolrulus batatas); bee 
Spinefifhe Reifemde (1295) gab, nah Abel Remufat, 
em Arum esculentam den Namen der Sgname>!), er führt 
uch die Wurzel dee Nymphaͤſa, als Nahrung der Kambodjer 
ın cf. ob. ©. 672). Auch die Kokos: und Arela: Palmen 
verden viel gezogen, ihre Nüffe nach China ausgeführt. Bon 
ver Betelnuß giebt e8 in Cochin China dreierlei Arten 2), 
vie rothe, die weiße und eine Keine Sorte, die ftart nach China 
wuegeführt werden. Die beften Fruͤchte Cochin Chinas find die 
Drange (Apfelfine, der genannte Chinefifhe Reifende, 1295, fand 
ie noch fauer, f. ob. S. 658), und die koͤſtliche Lit chi (Dimno- 
arpus Jitchi, nad) Ab. Remufat, vergl. oben S. 655, 66%), welche 
eide, jumal von Salgun, im Februar und März nad 
Singapore verführt werben, und diejenigen, welche zu gleicher 
Veit aus China dahin kommen, an Güte weit übertreffen. Die 
Sttrone in Rongking?), fagt man, fol ungeſund ſeyn; 
nan gebraucht’ihte Säure dort nur zum Färben. Auffallend 
chien es Crawfurdee), die Manguflane und die Durian 
zrucht In Cohin China nicht vorzufinden, welche auf den | 
Malaiſchen Infeln und in Siam fo vielfach gebaut und fo hoch⸗ 
eſchaͤtzt iſt, und doch auch in Kambodja ein fehr paſſendes Clima 
aben würde, zumal da feit fo langen Zeiten bi8 dahin bie Mas 
ayen ihre Emigrationen ausgebreitet haben, Nur in den Kös 
iglihen Gärten zu Penompeng, fagte man, wuͤrden einige 
iefer Sruchtbäume ber Seltenheit wegen gezogen. Dee Chinefis 
he Reifende nennt, zu feiner Zeit (1295) 35), auch noch Gras» 
‚arten, Pfirſich, Indiſche Feigen und einige andere 
tüchte, bie hier wachſen, aber zugleich den Mangel, daß dort 
iele Dbflarten und andere Gewaͤchſe fehlten, welche China bes 
Ge; er führe ale mangelnd auf: Birnen, Mandeln, 
)flaumen, Kirfhen, Sujuben, die Pinus, die Cy⸗ 
veffe (Cupressus japonica), den Croton m. um, ber 


3?) Tchin la Foung thou ki, db. i. Beichreibung bes ante al 
(Rambobja) b. Ab. Remusat Nouv. Mel. Asiat. T. I. p.1 

33) Purefoy Cursory Remarks on Cochin China —8 — "826. 

Vol. XXII. p. 143.  ®*) Lettre du Tongking in Lettres Edi- 

1: T.XVL p.208. 20) 3. Crawfurd Journ. L c. p- 226. 

22) b. Ab. Remasat a. a. O. 137. 


d 


923 HDft-Aflen. Hinter-Indien. II. Abſchu. $. 84. 


alfo nue auf China befchränkt zu ſeyn fheint, f. oben ©. 679 
die Weibe, das Lan:-Schiif (Limodorum striatum) und ba 
Bimmtbaum (Laurus cinnamomum), welches legtere ein In 
thum fepn muß, nad dem was wir weiter unten durch Gren: 
furd erfahren. Dagegen ruͤhmt «er bie vielen Waflerbir 
men, und bie buftenden Bäume und Pflanzenarten mit ſchönu 
Bluͤthen. 

Der Pater Alex. be Rhodes, welcher, ſeit ben Jahrn 
1624 bis 1644, einer der 'eiftigſten Arbeiter der Jeſuitenmiſſen 
in Codin China und Zongling war, rühmt bie große Ma: 
Ananas 26), welche hort geoß wie Melonen in Menge aus ba 
Erde in Artifchoten = Beftalt hervortreten, und eine faftige aba 
erhigende Rahrung geben, dagegen die Melonen noch koͤſtlicha 
von Geſchmack, und faftig wie in Europa Muscattrauben; a 
führt einen Fruchtbaum an, aus defien Stamm nahe ber Ei 


nicht aus. den Enden der Zmeige, gewaltige, haͤutige Säde in 


vortreten, in denen ſich öfter 500 Stüd einer Eafltanienartige 
Stud finden, deren faftige Schaale man friſch genieße, ben in 
nern Kern wie bie Kaflanien Eocht und verfpeifee. Es if did 
- wol diefelbe Frucht, welche ein anderer Miſſionar 37) eine befew 


dere Art rother Feigen nennt Auch er vermiße in Codie | 


China ihm liebe, Europäifche Producte, wie Korn, Wein nal 
das Del ber Diive, dagegen rühmt er andere. 

Das Zuderrohe, fagt Pater be Rhodes, wädhfl in 
großer Menge in Cochin China, «6 koſtet fat nichts, man vn 
fpeifet es dort feifh vom Stengel, wie in Europa’ die Aepfel; « 
liefert fehe viel Zuder, der in Ueberfluß nah Sapan autge 
führt wird, doch, verfland man früherhin, im XV. Jahrhunderte 
wenigfiens, die Raffinerie befjelben noch nicht befondere. Rad 
Grawfurd 8) wird es auch heute noch fehe viel, zumal in ba 
Gentral: Provinz Cochin China, zunaͤchſt ſuͤdwaͤrts der Königs 
* Mefidenz, in den näcften Abtheilungen QDuangnan um 
Quang ai gebaut, weniger in Kambodja, und noch wenige 
in Tongking. Die CohinChinefen find beides zugleid, 


Qultivatoren und Fabrikanten des Zuders, erhalten abet 





20) Pöre Alexandre de Rhodes Divers Voyages en la Chine et as- 
tres Roiaumes de POrient etc. Edit. sec. Paris 1666. 4 L IL. 
ch. 1. p. 63. ‘ 27) Lettre du Tongkin in Lettres Edifiantes et 
curieuses etc, Nouv. Edit. Paris 1781. 8. T. XVI. p. 208. 

t®) J. Crawfurd Journal L c. p. 474, 271. 


* 





Cochin Chinefifches Reich, Vegetation. 02 


keinen Beiſtand geſchickter Chinefifiher Gemwerbleute, wie ie 
ihren Nachbarländern. Daher leitet Crawfurd bie ſchlech⸗ 
tere Qualität des Cohin:Chinefifhen Zuders ab, ber 
geringer ift al6 dee von Siam, wo ihn Chinefen bereiten, auch 
geringer als der von den Philippinen und yon Japa; denn 
er iſt dunkelfarbig und ſchlecht getönt, Doch wird der dortige 
Zuckerkand häufig zu. Geſchenken an fremde Prinzen verivenbeg, 
Die Zuders Ausfuhr folk jährlich 20 bis 60,000 Pikul beieagen, 
davon der größere Theil aus dem Hafen Saifp, nahe der Turon 
Bai, nicht mehr wie vorzüglich zu De Rhodes Zeit nah Ja⸗ 
pan, fendern nad China geht; auc in bie Europdifchen An—⸗ 
fieblungen der Malactaſtraße werden davon jährlich etwa 5000 
Pikul ausgeführt. 

Der wahre Zimmetbaum (Laurus cianamomum), deſſen 
Daſeyn früher vom Chineſiſchen Reiſenden (1295) in Kam 
bodja geläugnet ward, foll nad Crawfurd hoͤchſt wahrſchein⸗ 
ih in Cochin⸗China einheimifh?) ſeyn, ndmlih in 
deſſen trodnen und fandigen Diflricten auf den Anböhen im 
M.W. der Stade Faifo, doch wie es fcheint nur in einem bes 
ſchraͤnkten Vorkommen. Leider konnten er und ber Botaniker 
Sinlanfon dieſes Factum nicht im jener Localität genauer ves 
rificiren. Aber anf. die Märkte des Landes bringe man dieſen 
Bimmet, von dem nicht weniger al 10 Barietäten im Hans 
dei bekannt find. Ob dies aber verſchiedene Species, oder nur 
verfchiedene Eulturasten, oder ob fie von verfchiedenen Aubereituns 
gen des Bodens hessühren, war nicht zu ermitteln. Mur in klei⸗ 
ner Zahl finder fich dieſer Zimmerbaum im wilden Zu—⸗ 
fiande; ber bei weitem größere Theil dee Ertrags, der in den 
Handel kommt, iſt Produst bee Cultur. Crawfurd, des alle 
40 Varietäten auf dem Markt in Faifo fahe, von wo er. nad 
Tong king und China ausgeführt wird, fand fie alle duftend, 
seih an effentiellen Aroma und Del, Die Rinde eimiger iſt ſehr 
dan, anderer Arten wiederum ſehr dick; biefe letzteren werden 
von den Chinefen vorgezogen. Keine biefer Bimmetrinden war 
von ihrer Cpidermis befreit, mie dies mit dem aus Ceylon ges 
fhieht, in fo fers find.-fie unpafiend für den. Curopaͤiſchen Hays 
Del; leicht koͤnaten fie diefe Behandlung von den -Ghinefen, ‚bie 
damit umzugehen wiflen, erlernen: Die größte. Ausfuht geht 


27) J. Crawfurd Journal l. & p. 476, 271. ‘ 3 N er n 
Ritter Erdkunde IV. Nun 


930 Hfl-Afee. Hinter⸗Indien. II. Abfche. 1. 84. 


mad Ehina, an 2650 bis 300,000 Pfund. Dort zieht men ta 
Zimmer von Faife bem von Geylon vor. Auf fehe Men 
vorhandene QDuantitäten von einer ertra feinen Gore, bie fr 
den’ Gebrauch des Könige refervirt wird, legt men in Codie 
China einen über die Maaßen hohen Werth, und Privaren fin 
nen davon nur mit großen Schwierigkeiten erhalten. Mit dieſe 
erften Qualität Handel zu treiben, IR für den Unterthanen «u 
WModesverbrechen. Vom gemeinften Zimmet zeigte mu 
Crawfurd in Faifo 1 Pikul im Preis zu 12 Duans, di 
befferen Qualitaͤten zu 50 bis 60 Quans. ber jener fein: 
Yatte den Preis, 1 Pikul zu 600 Duans, und ausgewählte Grad 
bavon fehägte mon bis zu 1000 Spanifhe Dollar au Wert 
Und doc finder auch dieſe Lofibarfte Waare noch Abſatz im da 
Süuͤdprovinzen von Canton und Kuang fi, wo auch bie ge: 
zingere Zimmetart, Laurus Cassia, wie (f. ob. ©. 737 u. «.) 
auch auf dem Gontinente von Indien einheimifh iſt, umb von 
da flatt des Achten Zimmers öfter nach Europa eingefährt wir. 
Won dee Theekultur in Kong fing und Gedis: 
China im dortigen Berglande, If fchon früher die Mebe gewe 
fen (f. Theeverbreitung Aften Bd. U. ©. 241); ia Ca ma bobja 
fehle fie, und auch jene iſt nie hinreichend zur Wefriedigum 
des Bedärfniffes im Rande, und bedarf man nod der Theeris 
fuhr aus China. 

Schwarzer Pfeffer von guter Qualität wirb in einigen 
Theilen dee Mittel-Provinz gebaut, aber nur in geringer BReagı, 
nicht zum erportiren, feine Cultut koͤnnte ſehr erweitert werden; 
in der füdlihen Provinz Kambodjas dagegen find fehe ſchoͤne 
Cardamomen und Anis⸗—Saamen (Pimpinella Anisum) wi 
in Siam, die von Saigun aus fehr fast nah China ausge 
führt werden, die Cardamomen von Kambodja find de 
teefftichften ihrer Art w). Tong Ling dagegen product cine 
grobe Art Amomum (Chao Two im Landesdialect genanat) 
die auch nad China ausgeführt wird. Eine Wurzelaee, welche 
im äußeren ber gemeinen Ya 6 (Dioscorea alata} gleich fickt 
in Cochin⸗China und Tong king Nao, Im Canton-Diautekt abe 
Sachn leong heißt, und no nicht gennum befannt if, win 
im Lande confumirt, wo fie wild waͤchſt, geht aber auch als ein 
fehr allgemein verbreitetes co ches Faͤrbematerial mit allen Gtefs 


**) G. Finiayson Journal I. o. px 257. 


Cochin Ehineſiſches Reich, Vegetatien. 931 


m als Ballaſt ſehr Fark ins Ausland nad China. Auch für 
tucopa würde es ein gutes Färbematerial abgeben. - Eben fo lies 
ert Tong king und Kambodja das Stil Lad (Coccus lacca f. 
ben ©. 328), wie es in Siam einbeimifch iſt, und wie wir «6 
bon in .Afam kennen lernten. Auch der Firnißbaum fol in 
‚ong king no in Menge wachſen und giebt daſelbſt Firniß 
om vorzüglicer Güte, 

Baumwolle wird im ganzen Reiche gebaut, und macht 
uf den Chineſiſchen Junken einen wichtigen Handelsartikel aus; 
ie Qualität halten die Chinefen um fo vieles vorzliglicher als 
te Bengaliſche, daß fie auf dem Markt von Canton um W 
Drocene höhe ſteht. Dee Baummollenbaum, ſagt der 
Shinefifhe Meifende (1295) wäh in Kambobja haushoch. 

Einen Hauptreichthum dee Kambodja Landfhaften 
nahen die Woaldbäume*!) aus: diefes Land iſt mit gro⸗ 
em und guten Bimmesbolz reichlich verfehen, und erfebt 
adurch den faſt gaͤuzlichen Mangel deflelben in Tongking und 
SodhinsChHina, wo ber Directe Einfluß?) dee Monfune, 
vie uͤberall wo er vorherrſchend ift, die Baumvegetation verkruͤp⸗ 
yelt und fie hemmt, ja gang unterdrüden kann. Die beiden 
Dauptarten bes Zimmerholzes werden in der Anameſen wie in 
dee Chinefiihen Sprache Chan. oder Sao und Go genannt. 
Dieſes Go nennt Loureito Nunclea orientalis, es iſt hart, ſchwarz, 
nimmt eine feine Politue an, dient zu Furnituren und Geräch 
der Artı Das Chao Holz diene zum Bau der Junken und 
Häuferz; alle Kanonenlavesten in Salgun und Hue fahe Cramws 
Furd dataus gearbeitet, es iſt nach ihm nicht weicher, und doch 
ben fo dauerhaft wie das Tikholz. Der Brite Purefoy*), 
dee fih 7 Sabre in jenen Landfchaften aufgehalten, nennt in 
Dongnai daſſelbe Holz, das er Shaou fhreibt, eine Att Teak⸗ 
yolz, den Eigenſchaften nah dem Englischen Eichenholz fehr 
ihnlich; eine andere Art der Efche ähnlicher, gebe treffliche Ruder 
und Boote; auch Nadelholtz (eine Pinus) wachſe dort, Das zu 
Maften diene. Auch des bei den Portugiefen fogenannten Ro⸗ 
ſenholzes erwähnt Sramwfusd **), das die Ehinefen von hier - 


*ı) J. Crawford Journal 1. c. .p. 478. #3) G. Finlayson Journ. 
L c. p. 285, 288. 43) Purefoy Cursory Remarks on Cochin 
China Asiat. Journ, 1826. Vol. XXII. p.144. **) Cochin China 
fe Crawfurds Report in Asiat. Journ. 1825. Vol. XIX, p. 124. 


Nun2 


932 Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. IT. Abfche. $. 81. 


\ 
erporticm. Auch Ebenholz iſt hier einheimifch, davon bie ar 
Ben ſchwarzen Tafeln mit Sentenzen in Ehinefifher Schrift ei 
dem ſchoͤnſten Perimutter, wie M ofalt aufgelegt, den Hor:: 


ſchmuck ber Patdfte bilden 8). | 
Der Tentbaum, Tectonia erandis, der den WBalbdeeihit= 


von Pegu und Siam ausmacht, fol, fo weit Srawfurdes S 
faheungen reichten, völlig ein Fremdling in Tong ing und C 
in: China ſeyn, body bemerft Cramfurd, baß der Boten 


Loureiro in der Flora Cochin⸗Chinas den Chao c:: 


Sao Baum auch als Teakbaum (er nennt ihn Tektena th. 


aufführt und bemerkt, in der Sprache von Anamı Heiße er Cet 
Sad, d. i. Sao Holz, was ſynonym mit dem Malapiſche 
Jatus bei Rumphias Hort Amb. ſey. 

Eine befondere Holzart Adlerholz, von ſehr hohem Wetrde 
bei dem Volke ſelbſt, wie bei den Chineſen, weil es als Weihtaro 
verbrannt und in der Medicin verbraucht wird, iſt bios Eirw; 
Uches Monopol im Umfag, e6 wird aus einer Landſchaft © ons‘) 
gebracht, von welcher Crawfned dafür haͤlt, daß ihr Nım 
identiſch ſey mit dem Namen eimer Voͤlkerſchaft, welche die Eis 
meſen Chong nennen. 

Zweierlei ſeitſamer Bäume erwähnt Crawfurd im feat 
Ueberficht nicht, deren Heimath jedoch hier iſt, wozu auch mod 
‘der obengenannte Firnißbaum 6) kommt, dee in Kong fiz; 
"wegen feines Firniß berishmt, über nicht näher gefannt if. Die 
Gummigurtbaum (Cambosia guttilera oder Gareinia camıx- 
gia), von großem Wuchfe, deffen Früchte gegeffen werben, brirn 


Rinde aber durch Einfcyneiden jenes abtropfende gelbe Gummi | 


gutt giebt, das im Handel den Namen von der Heimath trüst 
Gamboge, und befünders in Menge in dem Siamefifcher An: 
heil an Kambodja vorzulonmen fheint (f. unten bei Sim). 
Schon der Chineſiſche Reifende am Ende des XI. Sahıhundert 
führt e6 unter dem einheimifchen Namen Kiang hoang') 
ale ein Product Kambodjas anf, und fagt, daß die Weiber di 
Sammeln und den Handel mit dieſer Waare beſorgten. Aus 
fuͤhrt er noch eine andere Harzart Kiang thin am, das nu 





26)6. ee Journ. 1, c. p. 248. .h J. Crawfurd Joorral 
L — 47) Tchinla Foung thou ki, d. i. Beſchreiburz 
— inla {x Ab, Remus, Dose. de Camboge. Nour. Mel. 45. 

. p 134. 


Cochin Chineſiſches Reich, Agila⸗Holz. 933 


In m —E Waͤldern von einem Re Sandelholzbaum⸗ 
gewonnen werde. 

Das Agila Holz; (daraus Aquita Holz, Adlerboiz 
und Akoſhodz) auch Calamba und Calambuc (Aguillaria 
. agallocha :Roxburgh ). gehört in Cochin⸗China zu ben merk: 
wuͤrdigſten Parfh ms; barkber noch manche Unbefimmtbeit, 
obwol «6 feit den älteften Zeiten bis heute als Handelswaare eine 
febe merkwürdige Rote ſpielt. Schon Dioscaribes Lib. I. 
.c: Ac tanus es, unter bem Namen üyaldoyor*), als eine koſt⸗ 
bare Mauro, die aus Indien komme; im weſtlichen Alien ift es 
unter dem Namen Lignum Aloe (oft mit dem Gaft der Ales 
verwehfelt),:EvAaror bei Aetius, als Waare durch das Mitte 
alter belaunt. In Mekka iſt es bis heute dee Hauptparfuͤm 
bei allen Feſten, und wird dur die Matayifchen Pilger, bie 
damit ihee Meifeloften decken, dahin gebracht aus Malacca, 
Sumatra u. a. O. Die Indiſchen Groß⸗Mogole, die Baburiden, 
Kaiſer Akbar an ihrer Spitze, welche immer von Salben dufteten, 
und in Parfuͤms gehäft waren, conſumirten hiervon unſtreitig eine 
ſehr große Quantitaͤt, denn in ihrem Parfuͤm⸗Office, deſſen Einrich⸗ 
tung Abul Fazil mittheilt, werden einige 3O verſchiedene Arten 
Parfümerien aufgezaͤhlt, nebſt den Zeiten und Umfhänden ihres 
Verdrauchs und den Preifen, worunter eine Hanptingsedieng bei 
den mehrften diefe® LignumAloes oder Agalloch on, Agila 
Holz if, das auch Kelumbee genannt wird. Es wisd bon 
dieſes Aloeh olz eine Baumwurzel, die in der Erde vermodert 
-fop, genamnt, welche ben Parfüm gebe, davon 12 verfchiedene 
Sorten unterfehieben werden; die befte Mendely, und wahrſchein⸗ 
lich nach' den Handelsleuten, bie fie bringen, werden aud 2 Sor⸗ 
ten Eathay und Chiny aufgeführt (f oden ©. 781, 883). 
Daß es au in Afam unter diefem Namen auf ben Bergen 
von Ramenp Sodiya befannt ift, ward oben (f S. 298) ange: 
merkt; aus Finlayſon willen wir, daß «8 auch vorzüglich in 
"der Grenzprovinz Ifhantabon (Chantibonb) von Kambodja 
am Siam Golf von vorzüglicher Güte gefunden wirb, und das . 
daſelbſt gewonnene dem von Cochin⸗China gleichgehalten ) 





*°) Forcellini Lex. et Schneider Lex. s, v. Agallochon; L. Burck- 
bardt Trav. in. Arsbia Lond, 4. 1829. p. 295; Ayeen Akbery by 
Gladwin Ed. London 3800. T, I. p. 79—85. . 96. Fin- 
hayson Journ, I. c.“ p. 258. 


x 


934 Of. Aſien. HintersIndien. II. Abſchu. $. 82. 


wird. Das in EohinsChina ſcheinen Gramfurb and Fintar 


fon niht am Baume beobachtet zu haben, wahrſcheinlich wi 
fie die Provinz nit befuchten, in der es vorzüglich einheimikt 


iſt und im geößter Güte vorkommt; doch erhielten fie, don be 


fen erſter und zweiter Qualität als Abſchiedsgeſchenke, Bagzıza 
haben fie «6. in Siam genauer kennen gelernt (f. unte: 
In feiner Heimath bat es auch fchon der edle Wenetiaw 


Marco Polo bei feiner Bereifung der Provinz Ziami: 


- 


(Zfiampa, f. oben Provinz Binthuon S. 918) kennen gelern 
von wo es nach Unterwerfung des Landes, unter ben Mongelen 
Koller Khublai Khan, als Tribut nad China ging € 
aennt e8 Alocholz Lesno d’Aloa®), In Loureiro’s Fin 
Cochinchinens, ed: Willden, Aloexylam agallocham gemannt, mil 
26 von dem Naturforfher, der lange Zeit in Codhien : Chim 
wohnte, als wur. einheimifch in deu Bergen von Kflamp:i 
(Champa) aufgefühet. Der Pater Aler de Rhodes (16W) 
bat es vorzugsweife in der Provinz Nha trang (bei ihm Kar: 
zan>t), welche an Champa angrenzt) kennen gelernt, ws d 
die koſtbarſte Sorte diefer duftenden Holzart giebe, welche der 
Calamba Heißt. Ihe Geruch iſt bewundernswürdig, fagt a 
ſtaͤrkt das Derz, verwahrt gegen viele Gifte, ift ſehr officimell, un 
fo gefchägt, daß es im Lande ſelbſt mit Goide aufgemogen wit 
Da er bemerkte, daß die Löftlichften der eßbaren Vogelneſter 
an den Felſenklippen des Nhatrang Geſtades gewonnen werden, 
wo..man: fie häufig in der Nähe der Calamıba : Bäume und wei 
wie Schnee mit dem pikanteſten Gefhmade auffanımelt, bit 
bete ex fich die Hypotheſe, jene Schwalbenart fauge wahrſcheirlich 
den Saft. der Calambadaͤume ein, vermifche diefen mit dem Mee— 
resſchaume, und baue fih damit: feine Neſter zufammen. DI 
dies eine Vorftellung der einheimiſchen Landesbewohner ſeyn mug 
laſſen wir dahin geftellt fepn. Schon die Malagyiſchen Bericht 
fagten, daß diefes Agilaholz ein vermodertes Holz ſey, id 
beim Brennen wie ein Harz zerfchmelze und in koͤſtlichen Duft 
ſich auflöfe. Der Naturforfher Finlayſon, deffen zu fruͤhes 
Tod wir fire die Wiſſenſchaften beklagen, brobachtete es in Tſchan 
ta bon und Siam; fein duftender Theil, fagt er, ſey cin 


0) M. Polo b. Ramusio L. Ill. 0.6. fol. 5l. ed. Marsden ch. 6. 
p- 586 Not. 1172. sı) P. Alex. de Rhodes Divers Voyage 
etc» I. c. p. 63, 127, 








CLochin Chineſiſches Reich, Agila⸗Holz. 835 


chwarzes, dickliches conctetes Det oder Harz, das in den Holz 
«lien dem Hotze ein ſchwarzes, geflecktes Anſehen gebe. Doch 
inde fich dieſes nicht in allen Bäumen, fondern nur bei denen, 
te im Abſterben begriffen find. Den frifch grünenden fehlt es. 
Sr hält es für einen Ausweg der Natur, auch noch die fchwache, 
bſterbende Pflanzenfaſer flügen zu wollen, wie das Blut ber 
Thiere ſich bei aͤußerſter Schwäche noch in die innen Hautge- 
äße zuruͤckziehe. Das Del diefer Pflanze bäufe fih daher im 
Innern des Baumes und in der Mähe feiner Wurzeln an; die 
Siameſen nennen es Ruga mat, ode Mai hoam (die Bes 
chreibung ber Varietaͤt Colambac in Siam bei Loureiro Flor. 
».327 fey wieder ein ganz anderer Baum). Und fo mögen denn 
uch die beeierlei bei de Rhodes aufgeführten Sorten Aquila, 
Salambous und bie koͤſtlichte Calamba noch ganz verfcier 
yenen Pflanzenarten angehören. Es ift übrigend, wie nad dem 
bin angeführten, für den Weften Aſiens, fo ebenfalls für den 
Dften dieſes Erdtheils ein ſehr wichtiges Handelsproduct, und 
durch gan; China in Gebeauch, wohin es Trübzeitig ausgeführt 
ward. Sein, Gebrauch geht in ein hohes Alter hinauf, im Tem: . 
pels und Todten⸗Cultus. Bei den Leichen der Großen wird viel - 
koftbare® Agila verbrannt, In China verbrennt «6 jeder Chinefe 
in fein.m Hausiempel; «6 wird gepulvert, mit Gummi auf Hoͤlz⸗ 
ihen geſtrichen, und diefe werden als Rauchkerzen (mie Schwe⸗ 
feihölzer, durch das ganze Chineſiſche Reich verkauft, und fo fin⸗ 
det es feinen Weg bi6 nad, Europa (von ber tropifchen- Verbrei⸗ 
tung des Agila Holzes, f. unten bei Siam). 

Die Seide gehört noch zu den Hauptprodbucten des Cochin 
Chineſiſchen Reiches. Der Chineſiſche Geſandte an den 
Hof von Kambodja (1295) bemerkte jedoch damals zu feiner 
nicht geringen Verwunderung, daß man in dieſem Lande den 
Maulbeerbaum vermiffe, und daß daher auch die Seiden⸗ 
zucht dort unbekannt fep; überhaupt, fagt es, konnten die 
Weiber in diefem Lande nicht nähen, fchneidern, keine Baum: 
wollmzeuge weben, und mußten nichts vom Seidenbau, eine große 
Barbarei nach Anficht der Thinefen (oben S. 232). Erſt feit 
kurzem, fagt er, haben Eingewandertes?) aus Siam ver; 
ſucht, den Maulberrbaum dort zu pflanzen und Seiden- 


se) Tchinla Foung thou ki, d. i. ne von qinla, b. 
Abel Remusat I. c. Nouv. Mel. As. T. 





936 Hfi-Afien. Hinter-Indien. II. Abſcha. 4.81. 


wärmer zu ziehen. In Cochin China dagegen, Kr 
ſchon de Rhodes, ift der Verbrauch dee Geide (im X 
Jahrhundert) fo allgemein, daß fie dafeibfl auch zu dem Fiſs 
neben und dem Tauwerkes2) der Schiffe verbraucht c: 
Mod heute ifk die Geidenproduction im Kambodja r:: 
deutend, in Cochin⸗China fehe bedeutend, aber am widt:;”: 
in Zong ing. Der Maulbeerbaum ( Merus alba) if: 
beiden letzteren Provinzen allgemein cultivirt, und zumal in !: 
Naͤhe der Gapitale Due, wie um alle Derfiaften, find : 
Fkimmte Diſtriete auf feine Plantationen angrısiefen, um ‘ 
Bucht des Geidenwurms willen, bie bier einen wichtigen TI: 
der Landwirthſchaft ausmacht. Die Seide von Zong kin;: 
gwar Die befle im Reiche, aber dennoch, wie alles in biriz 
Meiche, was noch einer Beihülfe ber Manipulatiom, ber Sa:z- 
genz und des Fleißes bedarf, weit hünter ber Seide der €: 


nefen zurüd, eines Volkes, das ihnen in jeder Dinfige da It 
duſtrie weit überlegen iſt. Dan wirft dieſer Seibe bie fu 
ber Straͤnge oder Doden (hank-skain) vor, woburdh fie für Sı 
sopäifhe Mafchinerie unbrauchbar werde. Auch fehlt ihr da 
Slanz und bie Schoͤnheit, weil man die Gocons in zu beim 


Waſſer abhaspelt, wodurch der natuͤrliche Glanzgummi fh ch 
löfer. Der Preis dee rohen Beide war zu Gedia: CH: 
(1822), für 1 Cattie dortigen Sewichts 3! bis 5 Quans (1 Er 
bavon, auf bem Galcutta s Markt geprüft, hatte den Werth xa 
31 Rupies, und wurde etwas beſſet als die Bengali = Seite kr 
funden, derjenigen ausgenommen , die von den Compag nie⸗ Zi: 
turen gewonnen wird). Sn Faifo, fagte man, daß diefe Sr. 
jährlich 200 Picul Seide zur Ausfuhr tiefere, Due an 60, Res: 
in Zong fing an 800 bis 1000. Auf biefen Artikel Eimmte di 
Induſtrie dee Codin:Chinefen fi mit dem groͤßten Bortder 


werfen, um ihn zu verbeſſern, wenn buch einen beichten Hr 





delsverkehr anhaltende Nachfrage darnach einttaͤfe. Die Sean 
ſiſchen Schiffe, weiche in der neueſten Zeit die Sodins Chin: 


fen Häfen befuche haben, follen bedeutende Quantitaͤten dieſet 
rohen Selbe in Europa eingeführt haben, 





"*) AL de.Rhodes Div. Voy. L €. p. 62. 9) J, Crawfard ker. 


nal lc. p. 476, Cochin-China f, Crawfards Re Asiat. Journ. 
1825. Vol. XIX p. 123, — = 


J 


Fa — Reich/ Sama - 93% 
8 Thierreich. ee En 
He — Cochin Chinad 55) Kat bie jetzt bie — 
chaft mit wenig Neuem bereichert; die bisher beobachteten Thler⸗ 
rten weichen nur wenig von denen benachbarter Indiſcher Ges 
vierte ab. Die Hansthiere der Cochin Chinefen find der Buͤf⸗ 
"et, der Och, das Pferd, Schwein, Ziege, Kae, Hund, 
3er Elephant und Geflügel verfhiedener Art. Der Buͤf⸗ 
Fer tft das allgemeinere Aderthierz der - Ochs wird nur auf leich⸗ 
tern, trocknern Boden in den Pflug gefpannt. Dee Buͤffel in 
Satgun iſt baffkide große, mächtige Thier wie im Siam und 
auf den Sunda:Sufeln; aber weiter‘ gegen dei Norden, wenig: 
ftens um Hue warb er in jeber Hinſi cht wieder geringer, ein 
Factum, ſagt Crawfurd, das die Erfahrung beſtaͤtigt, dieſes 
Thier exiſtire in feiner groͤßten Vollkommenheit nur in der Naͤhe 
des Aequators. Dee Schs iſt hier mur ein kleines Thier, ale 
von rothbrauner Farbe, ohne jenen Fettbuckel, der bei dem Rinde 
in Hindoſtan fo characteriſtiſch iſt. In Cochin China wird das 
Fleiſch redet des Ochſen noch des Buͤffels gegeſſen, auch das 
Trinken dee Milch der Heerden wird perhorrescirt; fie achten es 
für eben fo barbarifh, als da8 rohe Blut ber Thiere 86) zu 
trinken. 

Das Pferd tft in Cochin China, wie überall von Bhutan 
an oftmärts bis Kormofa (f. ob. &. 140, 768, 876 u. a.), von 
der kleinen Race der Kieppet, noch geringer in Geſtalt und 
Guͤte als bie auf den Sundiſchen Inſeln, und weder für bie 
Agricultur noch fir die Cavallerie, oder als Zugvieh brauchbar. 
Der Elephant dagegen zeigte ſich bier in feiner Vollkommen⸗ 
heit und Schönheit mie im öftlichen Bengalen. In den Waͤl⸗ 
dern bed ebenen Kambodjas ift er In’größter Zahl und von der 
beſten Qualität.‘ Der Preis eines neugefangenen fol dort nicht 
über 40 bis 60 Quans fern. Der weiße Elephant, von defs 
fen Borlommen weber in Hue noch Saigun eine Spur zu 
finden war, ift dafelbft aud) keineswegs wie in Siam, Pegu und 
Ava, Gegenſtand der Veneration. Er wird im Kriege zwar ges 
braucht, aber in jenem Lande wie es fiheint doch nur mit wenig 
Erfolg. Erſt bei feinem Ueberfall in das Koͤnigreich Tongking 
und Mien (ſ. ob. S. 734) lernte der Mongholen Kaifer, Khub⸗ 
laiKhan, den Gebrauch bes Clephanten, als Laſtthier und 





) J. Crawfurd Joarnal I, o. p. 478 - 480. 2) ebend. p. 266 











⁊ 


⸗ 


938 Dft-Mfen. Hiater-Indien. II. Abſcha. 81 


Etreitroß kennen; 1281 wurden Ihe aus Zfiampoe”), bi 
GSuͤd⸗Cochin China, 20 ſchoͤne Elephanten als Kribut gefiefet 
ſeitdem erſt, fcheint «6, nahmen Mongholen biefe Thyiere in in 
Here auf. In den Wäldern um Due $) fahe Crawfurd edi 
Spuren zahlreicher wilder Elephanten und Tiger; in Hu 
gehören bie gezaͤhmten zum lange des Hofes; der Groß⸗Man 
Darin dee Elephanten if ‚der erfie Ceremonienmeiſter. 3 


Baigun’?) gab der Gouverneur ber Güb- Provinz mad dar de 
dien; den Briten einen Tigerkampf mit ben abgerichteten Er 


Yhanten zum Bellen. In einer großen Grasebene am Palchı 
waren einige 60 fhine Elephanten in mehrere Reihen in Ps 
sade mit Soldaten aufgefleht, und. der Tiger am Pfahl an 
den Schenkel gebunden mit dem Maultkorbe, wurde nun fra ge 
lofien, die Elephanten gegen ihm geführt. Gleich ber erſte wei 
den grimmig anfallenden Tiger mit feinen Stoßzaͤhnen wi 
zwanzig Schritt weit durch bie Luft, feinen Rüffel mit Verſch 
unter dem Kinn zufammerrollend und fichernd; eben fo Die u 
dern, die. ihm folgten, dann machten bie mächtigen Coloſſe ihe 
Evolutionen, mobei fie auch im gehaltenen Gcheitte zwiſcha 
Feuerbtaͤnden durchzugehen genöthigt wurden, was jedoch nur mi 
den wenigflen gelang. 

: Dee Hund if bem von China aͤhnlich, aber Beinen Id 
un) wird bier wie dort gegeffen. Bon Ziegen har man 
Lande nur eine Meine Varietaͤt, obwol fie bäufig find, m 
Schaafen fahe man nur wenig, aͤrmliche Cremplare, bie mehe 
der Curioſi ität al6 des Nupens wegen geduldet find, ba die Bık 
innerhalb bee Tropen freilich entbehrlicher erſcheint. Dog 
find Schweine, die es im Lande überall in Menge wilb sit 
auch als zahme Zucht fehe beliebt, wie allgemein bei den Chinv 
fen. Bu Hue war äberall ihre Stallfuͤtterung eingeführt, di 
Race ift von vorzüglicher Güte und Schoͤnheit. 


Eben fo das Geflügel; nirgends fahe Craw furd fo wid 


und fchöne Hühner wie in Cochin China. Das gemeine Huhn 
if, wie dere Phaſan (Phasianus gallus), hier in Menge wild 
in den Wäldern (wie auf dem Vor Himalaya, f. Afien Bi. 1. 


SG. 975), wo Srawfurd und Fintapfon s& beobachtetin 





2) M. Polo’ Ed. Marsden Lib. IH. ch. &. p. 589. Not. 1173, Bi 


Ramusio T. II. fol. 39. **) J. Crawfurd Journal L c. 
8°) Crawfurd Journ. L c. p. 242, 248; "Finlayson Journ. p.353,317. 


& 
12 


Cochin Chineſiſches Reich, Fauna. 989 


aber auch gezaͤhme wird es in Menge gehalten, obwol weniger zur 
Verſpeiſung, als zum HahnengefechtW), das bei Ihnen wie 
bei Chinefen zur feidenfchaftlichfien Unterhaltung gehoͤrt. Au 
Waſſervoͤgeln kann es an ſolchem Geflabelande nicht fehlenz 
fir find aur wenig bekannt. Die gemeine Ente wird ſehr viel 
gezogen, und man ficht fie überall in Heerden zu Taufendenz 
Die Gaͤnſe fahe man nur allein in Saigun, aber ebenfalls 
in Menge, verfchieden von der Chineſiſchen Art, immer weiß und 
groß. Bon wilden Entenarten und andern Waſſervoͤgeln 
befuchen viele Arten das Land während der kühlen Jahrezeit als 
Strichvoͤgel, wo man fie in großen Schwärmen fi) auf 
Sluͤſſen, Gen, Suͤmpfen, zumal Reisfeldern niederlaſſen ſieht. 
Sie werden in unendlicher Menge in Netzen und Schlingen ge⸗ 
fangen, indem man ihnen kuͤnſtliche Vogelpuppen ale Lockvoͤgel 
vorſetzt u. ſ. w. 

Außer den Tigern nennt Erawfued noch nfleci⸗ Lens 
parden, Bären, Affen (dee Doue, Simia nemoris &l), einer 
Der fchönfarbigften) in zahlreichen Schaaren, mehrere Arten wils 
det Hirſche, Katzen und das Rhinoeeros, defien Horn im 
Lande ungemein geſucht iſt und auch officinell varbraucht wird. 
Zu den koͤniglichen Abſchiedsgeſchenken an die Britiſche Embaſſade 
gehörten außer dem koſtbarſten Zimmet und Elephantenzaͤhnen, 
auch 4 in Gold gefaßte Hoͤrner des Rhinoceros 62). Untee 
den Thüeren die dem Lande fehlen, nenne man ben Eſel, dem 
Dafen, den Fuchs, Jackal u. v. a. 

Der Chineſiſche Reiſende am Ende des XIII. Jahrh. (1296) 
bemerkt, daß der Singfing®), eine Affsnart (ob ber Drangs 
uitang,,ober ein Jocko?), dee Löwe und das Kameel in Ram: 
bodja nur ſeht ſeltene Thiere ſeyen; dagegen finde man bost ben 
Dfau und Papageien (Futhſoni), die in China fehlten; bie 
Dausgänfe habe man daſelbſt erſt aus China eingeführt, ber 
Storch, Kranidh, Kormoran (Louffe), Sperber u. a. Voͤ⸗ 
gel ſeyen daſelbſt wild. Die gemeine Eifter (Corvıs pica) 
ganz die Europäifhe Arc), glaubte Crawfurd zı feiner 
Bewunderung in jedem Cochin Chineſiſchen Dorfe, bas 1 a 

zog, twiederzufinden. 





s0) J. Crawfürd Journal I. c. pı 282, 480. *) ebenl. p. 283. 
*23) ebend. p. 271. *s) Thin la Foung tlıou ki b. Ab. Remusat 
„ Nour. Mel, Asiat. T. 1. p. 138. °*) J. Crawfurd Journ. 1. c. 


p. 268 


046 VOfi-Men. Hintet⸗Indien. II. Abſcha. $. 84. 


"Die Balfer find ungemein belebt, ae Seen, Flücſe 
Die Meerestäfte haben einen Weberfluß von Bewohnern allir Ir 
In jenen find überall Netze, Reufen und Fiſchfaͤnuge angeln 
An diefen fahe man, fast Crawfurd, jeden Morgen au: x 
Buchten, Baien und Häfen große Flottillen und zahlreiche Be 
ken Amd Boote aller Art mehrere Stunden weit zum $ife 
Fang in die offene See auslaufen, die am Abend mit ihrn 
Zange heimkehrten. An allen Küften auf allen vorliegenden {: 
fein tft Sifherteben®). Die Woote der Cochin Chinefen gied 
Denen dee Malapen, doch mit anderm Takelwerk, mit gıein 
Vlereckigen Segeln in bee Mitte, und einem an jedem Enbe, je 
ben gemöhntic, in Hunderten zugleich Ins Freie. Diefe Fiſcher⸗ 
Fridus, in die elmbeften Lumpen gekleidet, ben ganzen Tag ex 
den Wafjeen, mit Bequemlichkeit auf den Gang Sauernd, ebe 
alle Induſtrie, mit geringer Anftrengung, ohne Auslage von Es 
italien, von 'iheen Famillen begieitet, die ihr Dbbady auf deu 
Bodte haben, des Fanges für das naͤchſte Beduͤrfniß mil 
wrlben fie ſich Tag fhe Tag auf den Wellen am Geſtade Herzm, 
das fie kaum berühren, ein eigenes womadifhes Waſſeer leben 
führend, ohne Hütten, ohne Dörfer, ohne Heimath. Sein Bes. 
d. i. fein Haus, kann fich jeder feibft zimmern; ſtatt des mis 
fomen Xushöhlene eines Baumflammes flechtet der Cochtn Ci 
wer die Een feines Schiffes dicht und feft genug, daß ir 
Mitte des Boetes mie Matten umgeben hinreichenden Gchuget 
“ barbietet. Auf diefe® Schiff bringen fie ihre ganze Habe, un 
warbern damit von Bai zu Bali, wagen fih unter bem Ed 
hoher Felsgeſtade und Vorgebirge, oft weit in die offene See, un) 
beinzen, wo bie Oertlichkeit dazu ſich eignet, die Mächte umie 
Baͤumen sder in Felthoͤhlen am Ufer zu, ein freies, unabhäns 
:ge8, aber hoͤchſt aͤrmliches Leben führend, Sehr groß iſt Die Zahl 
an Sifcherpopulation länge des ganzen Geſtabezuges. 


9. Gewerbe und Handel. 


Aur gering iſt in dieſem Gebiete ˖der Fortſcheitt in wügfichen 
Kümſten und Gewerben, doch ſchon viel bedeutender als bi 
den Shmefen uud allen Infulanern des großen Archipels, eier 
irgend enem andern Oſtaſiatiſchen Volke, ausgenommen bei dm 







**) — Jeurnal 1. co. p. 480; G. Finlayson Journal L c 
p- 32. 


Cochin Chineſiſches Reich, Gewerl:. 241 


Hinde, den Chinefen und Japaneſen, welche in Indus 
trie oben an ſtehen. Die Bewohner bes‘. Eochin Chinsffhen 
Reiches find ferner, in jeher Hinficht der Inbufleie, nur. noch 
6 ſchwache Nachahmer weit sat den Chinefen — 
eblieben. : 

Die Agricuitur 66), fetbk in der Umgegend der. — 
kadt Hu«, obwol gut bebaut, iſt bach nicht ſehr weit vorgeſchrit⸗ 
en; wenig Aderland, weil nur wenig Alunialboden und nut 
venig Keisfelder, deren ſparſames Vorkommen ik Tropen⸗ 
Anbern immer ein Zeichen ber Arumth des Volks iſt. Auf den 
Seldern, am fhiffbaren Huc⸗Fluſſe gelegen, iſt ein. Büffel 
chon hinreihend zum Einpflügen der großen Reisausſaat. Wo 
zute Bewaͤſſerung angebracht war, ſtand die Kornfaat ſchon in 
Aehren; obwol für den hieſigen, leichten Boden ſehr gut, würhe 
fie in Java, Bengalen, Siam, doch nur für-eine ſchlechte 
Eente gegolten haben. Auch muß die Capitale aus Gaigun; 
Tongking mit Reis verfehen werben, wo zumal in latzterer 
Provinz diefe Cultur bei dortiger, dichterer Population und beffes 
zer Bewaͤſſerung des weiten Alluvialbodens auch befier feyn mag; 
Der Baummallenbau ift bei ihnen gut und erzeugt hintei⸗ 
chende Quautitaͤt; in Tongking zumal werden daraus auch fo 
Dauerhafte und wolfeile Zeuge .gewebt, ‚daß fie die Europaͤiſche 
Baumwollen⸗Waare leicht verdrängen würben, aber feinere In⸗ 
diennes haben fie nicht, und bie Kunſt bes Calico⸗Deuckes fehlt 
ihnen. Farbige Zeuge werben vom Volke nicht viel getwagen, find 
ihrem Gefchmade zuwider, fie haben Leine Faͤrbereien. Die Geis 
denzucht und bie. Seidenweberei find bie ausgebildetiie 
Kunft, aber beides, bie rohe Seide wie die Fabrikate, And weit 
geringer ale die Chineſiſche., 

Tongking war in frühem Zuten berühmt megen bed. fa⸗ 
nen Firniß und ber lackieten Maaren, zu denen-er verwen⸗ 
det ward, Der Firnißbaum, den Abbe Micharb weitlaͤuftig 
befprochen aber nicht genau befchrieben hat, in feiner Geſchichte 
von Tongking, wird dort cultivirt, umd ber Funiß nach Chins 
ausgeführt; aber audy im Lande verarbeitet. Die geringſte Sorte 
davon foh, nach Craw furds Erkundigung, ba Pieul 10 HS 
12 Quans often, bie beſte 22 bis 23. Die damit in zong: 


un Journal 1. c. p. 268; G. Finlayson Joursnl l. c. 
pP 


2 Offen. — I. Abſcha. 84 


king verfertigte Ladirte Waare67) iß daſelbſt allgemein i 
Gebrauch. Die koſtbarſte Art, mit Gold ornamentictt, oder mı 
Derimutter, wovon Tongking fehr ſchoͤne darchſichtige Actrı 
einer defondern Epecies Mya bazbietet (f. ob. S. 883), oder wi 
beiben zugleich, ift ungemein elegant. Gie bienen 5 B. zu Be 
telblchfen u. a. Diefe Arbeit haͤlt Crawfurd für noch ſchoͤrn 
aid die Jopaniſche ladirte Waare, oder wenn dieſes auch nik 
fagt Finlapſon, fo iſt fie doch dauerhafter. Sie hatten Gele 
genbeit bei ben Brofen in Huc mande biefer Tongking Wen 
zu chen, und feldft zu eriangen. 

- lt langer Beit verfichen fie wol bie Zunft bie Metall: 
ya ſchmelzen und zu dearbeiten; aber fie find darin nik 
weit genug vorgerüdt, um fich 3 B. ihre Feuerwaffen kelbſt ja 
machen, obwol fie in der KAunf de Nahahbmung wie ak 
Halbbarbaten es in mancher Hinficht ſehr weit bringen. Im de 
Kunft der Kanonengießerei im Arſenal zu Duc“®), habe 
fie es, freitich mit Hülfe der Franzoͤfſffchen Ingenieurs, bie fat 
den Zeiten dee Franzoͤſiſchen evolution, ihrer Marine, ihres 
Feſtungs⸗ und Artilleriewefen eine ganz andere Geſtalt gegeben 
baden, in neueſter Zeit am weiteften gebracht. Als Srawfatt 
im 3%. 1823, Britiſcher Reſident in Singapore war, fdhraik 
ee im Mamen des Generalgeuvernenrs von Indien, dem &reh 
Mandarin der Elephanten in Hue, ein hoͤchſt vollendbee gearb:: 
tete Muſter einer Englifchen doppelläufigen Bogellinte. Se 
wurde von Turon nah Hue, dur einen Engländer, übe 
fit; aber nach 14 Tagen wieder zurüdigegeben, meit einem as: 
dern Epemplar einer doppellaͤufigen Flinte, die In beefeiben küno 
Ken Zeit im ber koͤniglichen Werkſtatt des Arſenals fabricict wer 
fe genau nachgeahmt, daß es im erſten Augenblicke few 


war, fie zu unterſcheiden. Sie Tote ein Bewels ihrer Kun fm. 


fie wer ein Beweis ihrer Eitelkeit; denn die Identitaͤt war wu 
taͤnſchend. Denn «6 fehlt ihnen die Kunſt den Stahl gehörig m 
Härten; daher find fie ganz außer Stande gehörige Keuerwaffte 
zu arbeiten, und bei einem hoben Grade der Geſchicklichkeit Birk 
ben fie hinſichtlich des Schleßgewehrs immer von Eurspdern ab⸗ 
hangig. Ein Framoͤſiſches Schiff, das im Jahre 1819 in Gogie 


°’) J. Crawfard Joura, 1. c. p. 482; Finlayson Journ. L c. p. 3. 
Dee Tee Eule ” 


Cochin Chineſiſches Reih, Gewerbe. 943 


ina ankam, fehte dort 10,000 Stück Feuergewehreko) ab, und 
kets wird deren Etufuhr verlangt. Das sinhbeimifhe Eifen 
ft ſehr wolfelt, denmörh verbietet weder Siam mod Cochin China 
te Einfube des Europäifhen Eifens, das beim Schmieden befs 
er und dann Immer auch woffeiter als das einhelmifche if. 
Bon allen Induſtriezweigen haben bie Codyin Ehinefen bie Ans 
ange, aber nicht bie Vollendung. Etwas zu fFählen verfichen 
ie das Eiſen; aber ihre Inftrumente bleiben ſteta zu weich, ober 
vesden zu ſproͤde. Sie arbeiten daher befier mie den Kupfer: 
nfirumenten, die fie von ben Chineſen erhalten, als mit ih⸗ 
en eigenen. Stahlinfteumenten, In Gods und Silberarbeiten 
ind fie ſehr geſchickt, 3. B. in Filagran, aber ohne ihm Politur 
u geben; «6 Fehlen ihnen die gusen Modelle. In der Baus 
'unft, in der Sortification, in der Anlage:von Kornmas 
jazinen, von Putverfübeilen u. f. w. haben fie durch den Bei⸗ 
land Srampöfifcher Ingenieure große Hortfcheitte gemacht. Der 
Britiſchen Geſandtſchaft zeigte man 9 coloffale Kanonen, 
im 90 Pfund fhwere Kugeln zu: werfen, bie auf Lafetten von 
Sao⸗Holz im Arfenal zu Hué als Mufterfllidie?%) aufgeftellt 
varen, ein Denkmal, das ſich der kriegeriſche bamalige Koͤnig 
Gialong) ſelbſt hatte, zu ſeinem Ruhme, errichten wollen. Auch 
ius dem Handelsgange und der Liſte der Aus⸗ und Ein 
uhr-Artikel ergiebt fich die geringe Induſtrie des Landes. 
Sandel Die Cochin Chineſen, fo wenig als die Sia⸗ 
nefen, dürfen nice in die Fremde gehen, was fie vom 
Frembhandel haben wird nicht von ihnen betrieben, fondern 
von denjenigen Rationen, wit denen fie in Verkehr fliehen. Gie 
ind daher keine Kaufmannsnation. Doc dürfen Cochin Chines 
iſche Unterthanen wit Eicenzen 7!) verreifen, und fo befuchen 
inige von Ihnen zumal China, and feit den letztern Jahrzehenden 
ſaben fie auh Yie-Malaccaftrage und Singapore beſucht. 
Da fie ſehr kuͤhn, thaͤtig, süftig, gehorfam find, wurden fie unten 
hren Nachbarn vielleicht die deſten Seefahrer werben koͤnnen, was 
ie bei dem Mangel der Uebung bis jegt nicht find, Es emis 
‚tiren?2) auch die Cochia CHinefen nicht, wie ihre Nach⸗ 


*°) Cochin China f. Crawfurd Report Asiat. Jourml Vol XIX; 
. 125, 10) J. Crawfard Journ. 1. o. pı 489; Finlsyson Journ, 
« p. 363. ?4) Cochin China f. Crawfurd Report Asiat. 
Journ. Vol. XIX. p. 125. 72) J. Crawfard Journ, 1. e. p. 525. 





944 OfirAien. Hinter⸗Indien, IL Abſcha. 4. 84. 


barn im Often die Ehinefen, wahrſcheinlich weit eine zu cr: 
einheimifhe Population dazu nody keine Meramtafjung giebt. %:- 
auch ſtrenge Geſetze haltım fie davon zuruͤck, und bie st: 
Verehrung gegen die Gräber ihrer Vorfahren, all v 
Todtencultus, gehört. zu-den vielerlei Hemmungen ber Emi::. 
tion. Wäre aber das Leben zu ıheuer, und wärbe der Za;.:: 
"zu niedeig, meint Crawfurd, fo würden auch die Cochin Gr: 
fen, wie ihre Öflihen Nachbarn die Fukianlang, bald genus :- 
Hemmungen fpeengen, wo gleicher Aberglaube, gleiche Prohitu 
gefege nicht im Stande waren. die. zahlreichſten Emmigrarıt. 
ſchwaͤrme feit Jahrhunderten zuruͤckzuhalten (f. ob. &. 785 x. 
Obwol nun die Auswanderung verboten iſt, fo iſt der Ver 
kehr Innerhalb. ber drei großen Peoninzen, vom Güben !: 
zum Norden, nicht unbebeutend, und bietet mie ber Lribaut:Irses: 
port zus Gapitale, Hinreihhende Gelegenheit, gute maritime si: 
wandtheit zu erreichen. Der Handel Cohin Chinas, ce: 
"weit geringer als der von Siam (in Bangkok), wird bafür :ı 
defto mehrem Puncten aus betrieben. 

—Die Hauptbhandelspläge 7) in Kambodje ji: 
Kangkao (oder Hation) und Saigun; in CochinChin: 
Nathrang (oder Pathrang), Phupen, Quin best, 
Faifo und Huéz in Tongking nur die Capitale Kıcı 
(Cachao). 

Der Binnenhandel wird vorzuglich auf den greis 
Stroͤmen von Kambodja und Tongking betrieben, ober bie Eis 
tüfte entlangz dadurch wird die Capitale Que mit Meis, Lt: 
Salz, Eifen und andern Bedärfniffen der erflen Act verſeder 
Zwiſchen Saigun und ihr find fies 2000 Sumkem (bie ou: 
den Tribut fir das Gouvernement führen), mit der Küftensl: 
botage beſchaͤftigt. Sie find freilich nur gering von 3 hi P 
Tonnen Laft Gehalt, können jedoch mit Land: und See⸗Winden 
gut geleitet, zu allen Jahreszeiten bie Kuͤſtenverbindung herflcir 
und audy gegen.bie Monfune fchiffen, obwol biefe Hier ic! 

ſcharf find. 7 
. Dee Verkehr zwiſchen ber Capitale Due und ber Nord-Pie 
vinz Tongking, wird auch theild als Gabotage geführt, ti: 
aber auch auf eine Binnenſchiffahrt, nämlid auf da 
natuͤrlichen Canaͤlen dee Salz⸗Lagunen, welche dicht :: 





73) J, Crawfurd Journ. l. c. p. 5. 





Cochin Chineſiſches Kelch, Handel, 945 


er Seekuſte eine Strecke von 30 bis 40 Meilen weit hinzichen 
wovon freilih auf unfern bisherigen Karten noch Beine Spur 
u finden). . Die Cabotage auf einheimifchen Junken, zu 60 bie 
"5 Tonnen Gehalt, kann bie zur Capitale Tongkings 3 mai im 
Sabre zurhdgelegt werden; mon rechnet etwa 60 Junken mit bies 
em Transport befchäftigt, dee faſt ganz in ben Händen ber im 
Bande amgefiebelten Chinefifhen Kaufleute tft (f. ob. &. 807). 
Den Handel mit dem Auslande führt Cochin China, 
bis jegt nur mit China, mit Siam und mit den Briti⸗ 
ſchen Häfen der Malagcca⸗Straße, mit Singapore. 

Mit China, wobei Kecho vorzüglich der vermittelnde Markt 

ift, nach den 3 Süd: Provinzen, welche ihre Chinefifhen Waaren 
für die rohe Tongking⸗ Production verhandeln; doch find in ber 
letztern Zeit auf biefem Wege, von Canton aus, auch Englifche 
Waaren, zumal Dpium und Englifhes Zud ”*), dahin ges 
langt, und diefe haben Eingang gefunden. Diefee Verkehr gebe 
aus den ans obigem ſchon befannten Häfen (wie Amoy, ECans 
ton, Ningpo u. a.) nad) allen Emporien, zwifhen Kecho In 
Tongking und Salgun in Kambodja, und warb (1822) von 
Crawfurd in allem auf 116 Junken mit 20,000 Tonnen Ges 
halt angefchlagen, was jedoch noch weniger iſt, als bie Hälfte des 
Handels zwiſchen China und Siam. 

Mit. Siam ſteht Cochin China”) in — geſpannten 
politiſchen Verhaͤltniß, wobei die Jalouſie wegen der zwiſchen beiden 
Maͤchten getheilten Provinzen Kambodjas, durch jaͤhrliche Ce⸗ 
remonien Embaſſaden unterhalten, auch nicht ohne Einfluß auf 
ben Verkehr dleiden kann. Dee Handel iſt auf Bangkok 
contentritt (f. od. S. 8080);3 eu geht vorzuͤglich von Saigun 
(oder Longnai) und Faifo (oder Sinchen) aus, auch von Hud, 
iſt aber in den Händen bee Siameſiſchen Chinefen. Ge beſchaͤf⸗ 
tigt jahrlich AO bis 60 Beine Junken, die Eiſen, Eifenftans 
gen, Taback, Opium, Europder Waaren u. a., nad 
Cochin Ehina führen, und von da Matten zu Segen, vohe 
und gewebte Seide u. a. mit zuruͤckbringen; er kann ne 
geringer Bedeutung ſeyn. 

Mit der Malacca:- Straße, Singapore der Sch 
ten. ler frühere Verkehr der Holländer, Framzoſen, Caglaͤnder 


?*) Cochin China ſ. Crawfurd Report Aeiut. Journ. Vol. XIX. p« ‚12. 
?6) J. Crawfard Journ. 1. ci p. 414, 513, 


Nitter Erdkunde IV. , 8 ö . 


946 HDfl-Afien. Hinter-Indien, IT. Abſcha. $. 84. 


wit Kongling, im Berlauf des XVII. Jahrhunderts, Bette wıqı 

Der dauernden Revolutionen im Lande und anderer Außer Us 
ftaͤnde willen, in ber Mitte des XVII. Jahrhunderts, ganyit 
aufgehört. Doch wor niemals diefes Land bem Zutritt ber Jun 
den, wie China oder Japan, verfcloffen worden; eime Werke 
tung, bie ſich öfter als Itrthum in Europa verbreitet beste. Die 
Mationen hatten in der Gapitale Kecho (Cachao) ihre Kacterin 
‚gehabt; ihre Schiffe fegelten ſtromauf bis zur Stadt Dom 
(im Delta des Songka⸗Stromes liegend), 4 Reiten von ik 
Mündung, bis wohin ber feichte Strom es geflaterte. Nach Ce 
Hin China handelte man nicht Der erſte Verſuch der Wieder: 
eeneuerung des Handels, mit biefem Reiche non E:siten ix 
Briten, geſchahe im Jahre 1778, unter dem GeneralsGeuvepz 
von Indien Haflings, dur Mr. Chapman?); aber er m 
in die Mitte dortiger Bürgerkriege und miegluͤckte. Eben fo me 
nig gelang ber von 1804, unter Marquis Wellebley, um ie 


Seanzöfifche Partei aus Cochin China zu vertreiben, eine Propeb 
ston, auf welche der kluge damalige Weherrfcher des Reiches nit 
einging. 1815 und 1817 hatten au bie Franzo ſen vb 
liche Verſuche zur Erneuerung von Handelstractaten w 


macht, in denen dee Geſandte, Achille de Cargation, fh 
“anf einen Ältern von 1787 berufend, die Abtretung eines kleian 
toriums an Frankreich zur Anlegung einer Handelsloge wm 

langt hatte. Dennoch hatte Frankreich 77), in dieſer Periek, 
von einem neuen bort eingeführten Handels-Tariff allein bes 
Vortheil gezogen, und A große beindene Schiffe nad) Codyia China 
geſchickt, die einen ſtarken Abfag an Geuerwaffen, Gifen, 
au und Wollwaaeen, nebft einigen. Curiofitäten für 
Dem Hof daſelbſt gefunden, und ſtarke Ladungen an Buder un 
zohber Geide an Rüdfracht genommen hatten. Auch 182 
brachte ber neueſte Verſuch der Briten, unter J. Crawfuch 
für den Handel keinen viel günfligern Erfolg, aber die Wiffen 
ſchaft zog deko beſſern Gewinn davon. Die Negeciationen *) 
wurden ſehr freundlich. und friedlich verhandelt, man vwerfpead 
im aligemeinen den Briten SDanbelsfreibelten zu geflasten, wie 





®0) Chapman in Asiat Ann. Register 1801. Relstion d’an Voyage 

& la CochinChine in Malte Brun Annal. d. Vöy. T. VIL p 1. 
»%) Gochin China f. Crawfurd Report in Asiat. Journal Vol, XIX. 
‚,<  p126 *®) 3.Crawfürd Journ. 1. c. p. 240, 267,272; 6. 
layson Jon. L c. p. 35%, 372, 398. 








Cochin Shinefifches Keih, Handel. 947 


te dieſelben in Canton genöffen (China ift das große Vorbild 
iller oflafiatifchen Höfe). Die Audieng beim Könige wurde vers 
veigert, weil die Gefandefchaft nur von Handelsagenten (der 
Sompagnie in Indien) nicht vom Könige von England ausgehe, 
er König Cochin Chinas nehme nur Embafjeden von Königen 
n. Die Geſchenke wurden zurückgewieſen, weil bie Briten ja 


loch keine Vostheile von ihrem Handel mit Cochin China erlangt 


atten; alle Häfen des Cochin Chinefifchen Reiches follten ihnen 
ndeg zum Handel offen fliehen, man wolle ihnen die Tarife 
ıbee dis Bollgebühren aller Häfen einliefern, in denen fie gleiche 
Rechte mit allen andern Frembden haben follten, den Chinefen, 
Seanzofen, Holländern, Amerikanern. Doc feyen bie 
Zölle von den beiden legten Königen ungemein ermäßigt, und der 
Miniſter verficherte, er felbft werde fih immer bemühen die Ges 
häfte der Kaufleute fo fehe als möglich zu befchleunigen, weil eg 
ie Wichtigkeit Diefer fehnellen Beförderung 'wol kenne. As es 
ndeß zum legten Beſchluß kam, wurden bie Englifhen Handels⸗ 
hiffe nur auf die drei Häfen, Saigun und Han in ber 
Turon⸗Bai, mit Faifo und Hus befchräntt, oder vielmehr nur 
uf die beiden erfleren Emporien, da wrgen ber feichten Barte 
ie Einfahet dee Europäer Schiffe in den Dafen von Hue fo 
zut wie unthuniih if. In Tongking, fagte man nachher, 
ſeyen bie Flüſſe für Englifhe Schiffe zu feiht, auch habe der 
Rönig für dieſes erſt Eürzlich eroberte Land gut befunden, von 
yernfelben nach Chinefifcher frühere nicht gekannter Politik den 
Zuteitt der Fremden fürs erfte noch abzuhalten. Ale fırs 


aern DVerfuche, mehr zu erlangen, waren vergeblih; die Briten 


ichrieben ihr, Mislingen dem Einfluß einiger Sranzöfifhen Herren 
u, die als Ingenieurs und Groß-⸗Mandarine im Dienfte des Koͤ⸗ 
nigs, bei Hofe, in geoßem Auſehn fanden (Monf. Chaigneaup 
nd Monf. Bannier). Erſt feit 1819 mit der Gründung des 
Freihafens von Singapore hatte der Handel mit Cochin⸗ 
Thina?s) fe die dortige Briten: Golonie wieder einen Anfang 
nommen. In den Jahren vor Crawfurds Embaſſade nad 
Due, waren etwa jährlich 26 Junken (ſpaͤterhin flieg dieſe Zahl 
Jebeutend) aus Singapore mit einem Gehalt von etwa 4000 
Tonnen Ba auf Cochin Chinas Handel verwendet worden. 
Shinefen, die meiftentheil® zugleich Kaufleute und Schiffer find, 


?°) J. Crawfurd Journ. I. c. p. 513 . 
8002 


948 Dfi-Afen. Kinter-ISndien. IT. Abſcha. $. SA. 


führten fie Yin und her’; fie verladen nach Codiin China: Opium 
Katechn und Sambier (von einer Kietterpflauge Usmcara 
welche biefen Artikel giebt, der unter dem Namen "Term Ja 
nien im Handel bekannt if) CO), zur - Confumtion der Kambedie 
und Eifenz fie holen dagegen Landeöproducte für Gingayen 
Die Cochin Chinefifgen Schiffer wagten ſich bis bei 
kaum über die Grenzen ihres Landes hinaus, und nur ber Kia 
ferb hatte erſt eine Handelderpedition nah Singapore auf € 
gene Koſten ausgeſchickt. 

Bedenkt man aber bie centrale und ungemein gär: 
Rige, maritime wie zeographiſche Lage ber Hafenreide 
Küſte Cochin Chinas, die Nähe an Canton, wie an Es 
gapore und Bengalen, fo fcheint biefes unflreitig zu ciner Ber: 
mittlangsfation des Handels zwifhen Indien umb den 
fhwerzugänglihen China wie geſchaffen zu feyn (dom Turon 
nah Canton fährt man in 5 Tagen hinuüͤber). Kömmte anf 
dieſes Geſtade ber bisherige Umfag von Cantom überiregn 
werden (wovon fihon oben vorzuͤglich Hinfihtlih von Singe⸗ 
pore die Rebe war, f. oben, &. 808, 857), fo würbe es micht a 
den wichtigften ArtiteinSt) des gegenfeltigen Umfages fehle 
und Coch in China märbe eine andere Rolle in der Gultne 
fhichte des Afiatifchen Orientes, als bisher, kbernehmen; die Gi 
nefifche Emigration böte zur Realiſirung die Danb. 

Das Gewicht in Cochin China iſt wie in China, 1 Pikrl 
— 13} Pf. Av. Dup., und in 100 Theile oder Catties getheiu 
Das Geld heißt hier Sapek oder Sapeque, war früber am 
Erz, jegt ans Zink, groß wie ein Englifher Schilling, mit dei 
Könige Namen: 60 Sapet = 1 Mas; 10 Mas — 1 Km, 
600 Sapek — 1 Kwan auf eine Schnur gezogen, die Rata⸗ 
beißt. Gold und Stiberfiäde werden mit Stempeln vr 
fehen, 1 Spanifther Dollar hat den Werth von 14 Quan mah 
dem Zolltarif dee Regierung. 


10. Das Gouvernement. 


Das Gouvernemente?) im Cochin Chineſiſchen Reiche if 
ganz despotiſch in Theorie und Praris, macht aber, wie das Ch: 








**) J. Orawfurd Journ. 1. c. p.532. 1) J. Crawford Joura. 1. c. 
p. en deſſelb. Report on CochinChina in Asiet. Journ. Voh XIX. 
P. I 26 — 197. »») J. Crawfurd Journ. 1. c. p. #00 — 490. 


i 


Cochin Chineſiſches Keich, Gouvernement. "949 


füge, darauf Anſpruͤche, patriarchaliſch und vaͤterlich geſinnt zu 
ya, und ahmt jenem auch in vielen Stuͤcken nad. Das ganze 
eich foll wie eine Familie regiert werben, boch ift das Bambus 
s Hauptinfleumene dazu. Nur das alte Herlommen und bie 
urcht dor einer Inſurrection iſt das Band, welches den Herr⸗ 
ver zügelt. Der Adel ift nur Beamtenabdel, dem alle Autorität 
. guten und böfen Thaten vom Souverain zulommt; es find 
ivil⸗ und Militair-Officiere, wie in China die Manbdarine 
10 Grade getheilt, deren beide erften Claſſen den Rath bes 
oͤnigs bilden. . Es giebt nur 2 Gtaffen von Unterthanen, bas 
zolk und bie Mandarine; aber der Sohn jedes Mandarin 
tum einen Grad geringer von Adel als der Vater. Die Ab» 
en retrogradiren, die Enkel können in das Volt zurüdfinten, 
ern fie fich nicht neue Verdienſte erwerben. Bei der neuen 
tegierung find fat alle Groß: Mandarine, die Chefs, die foges 
anntn „Fuͤnf Säulen des Reihe“ u.a. m. Empor 
Immlinge aus bem gemeinen Kriegerflande, Jede Provinz bat 
zen Millteir-Mandarin zum Gouverneur, und 2 Clvil-Gouver⸗ 
eurs, weiche alle 3 zufammenmirken müflen. Jede Proninz 
ft wieder in 3 Depastements (Hupen) getheilt, jedes dieſer Hu⸗ 
ven in 2 Difteicte (Zu), jedes Ku bat feine Dörfer, deren 
5 hulzen von ben Bauern felbfl erwählt werden, und biefe 
reiben. die Abgaben ein. Ein oberfter Staatsrath yon 6 Staats⸗ 
Minifteen flieht au der Spige der Verwaltung. 

Zum Staatsdienft if, wie in Siam, fo auch bier, feit 
alter Zeit, die ganze erwachsene Population verpflichtet; daher der 
Zuftend ber Adminiſtration nicht fchlechter ſeyn kann, Jeder 
männliche Unterthan, von 18 bis 60 Jahren, fleht zur Diss 
pofition des Staats, Im eigentlihen Cochin China muß je: 
des dritte Sohn der Familie, Soldat, auf 3 Jahr werben, und 
erhält dann auf eben fo viel Jahre Urlaub; in der groderten, ber 
Mebellion mehr autgefegten, Provinz Tongking, nur alle 7 
Jahr. Dieſe Canferibirten müffen Dienfte als Soldaten thun; 
aber auch ale Schiffer, als Arbeiter im Arfenal, beim Straßen:, 
Brüdens, Häufers Bau; auch zu Bedienten der Oberen und der 


Dffisiere werden fie dieponirt, und da alte zu allem dienn 


follen, taugt Peiner zu Etras rechts daher im Lande ſchlechte Sol⸗ 
daten, ſchlechte Schiffer, ſchlechte Bauleute u. ſ. m. 

Die Kriegsmacht beſteht aus einer Koͤnigs⸗Garde von 
30,000 Mann , weiche ſtets in der Nähe des Monarchen fich be: 


— 


950 Oft⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. $. 84. 


findet. Die Armee, aus 40 Regimentern beſtehend, iſt in 5 ©. 

‚Ionnen vertheilt; jedes Regiment zu 600 Mann, jede Eoicı: 
zu 4300 Dann, mit Officieren, Elephanten und Zrof Bon tr 
800 Elephanten, die zur Armee gehören, find ſtets 130 in‘ 
Capitale fationirt. Außerdem giebt es noch 5 Legionen, jede a 
5 Regimentern, dazu die Provinzialtruppen, bie der 3: 
nach fehe varlicen, z. B. im Vicelönigriih Saigun fickn 
dieſer Regimenter. Gavallerie fehle, weil Reiterei nicht für \: 
Gebirge: und Küftenland paffen würde. Viele der Truppen m 
den zu den Öffentlichen Bauten verwendet m. f. w. Eben b 
wie die Infanterie, iſt die Marine organifirt; nur in bie S “ 
fen ftationirt. Die Flotte beftcht aus Kanonierbooten, mit } 
bis 22 Kanonen, an WO Stück, aus großem Galeen yäü 
bis 70 Rudern mit Eleinen Kanonen, an 100 Stud; aus em 
500 Galeen kleinerer Art, mit 40 bis 44 Rudern. Die Mit 
des vorigen Königs, nach der Unterwerfung von To agking fü 
aus 150,000 Mann Soldteuppen beftanden haben; bie des ige 
gen (1822, König Gnialung) foll nur, effective, aus 2 H 
50,000 Mann beftchen. She Sold iſt Sed und Ras; kt 
Kleidung leicht, Musketen ihre Waffe. Die Soldaten find ka 
von Statue, aber ſtark, activ, abgehärtet, gelchtig, gehorfam. «if 
Artillerie und Feftungebau, duch Sranzöfifhe Sngenteurs, * 
große Kraft verwendet. Dennoch, bemerkt Srawfurd, wir 
Cochin China leichter als jede andere Macht in Aſien zu befien 
fen, "weit die Provinzen Kambodja und Zongkting, zu da— 
ben Seiten, zur Rebellior fehr geneigt find. Wäre es den Frat⸗ 
jofen gelungen, wie es ihr Plan war, dieſes Reich ganz in itn 
Gewalt zu bringen, fo würde «8 freilich eine ganz andere Krei 
haben entwideln können. 

Die Einkünfte beftehen In Kopffleuer, Landtare, Freda. 
dienſt, Gontributionen und Zoll auf die ausländifhen Waarı 
Jeder männliche Unterthan, vom 19m Jahre an, zahlt in 
Kopffieuer von 1.5 Quan, der Bruch ift für die Collector, 
die Einheit. für den Schag. Die Randtare wird vom Gruat: | 
beſiz gezahlt. Die Contributionen und Wonopole fin 
geringer als in Siam; die letztern betreffen den Alleinabſatz ss 
wiſſer Woaren, wie Zimmet, Cardamomen, Adlerbeii 
u. a. Das Total der Einkünfte iſt unbekannt. Der Eöniglice 
Schatz foll groß feyn; es ſollten 30,000 Golbbarten (jede zu 233 





Cochin Chineſiſches Reich, Einwohner, Abflammung. 951 - 


Span. Doliae Werth) barin Liegen, d. i. 7,180,000 Dollar; wie 
diel an Silber u. a. m. iſt unbelannt. 

Die Geſetze, fagt Crawfurd, find wie bie in China, 
aber fchlechter ausgeführt und mit mehr Willkuͤhr. Das Bam⸗ 
»usrohr und die Baſtonnaden find in unenblicher Menge 
a6 Zuchtmittel, das überall und immer wiederkehrt. Die Eitern 
heilen fie den Kindern aus, die Männer den Weibern, die Offis 
tere ben Soldaten, die Generale ihren Officieren. Der Großs 
Mandarin der Eiephanten und erſter Miniſter, der den Briten 
ine Abſchiedéaudienz ertheilte, ließ eben bei ihrem Durchzuge feis 
ner ganzen. Schaufpieleraruppe®3), weit fie durch ihr Spiel 
hu nice befriedigt hatte, die Baflonnabe geben, Uebtigens mache 
‚a6 Geſetz zwiſchen dem Fremden und dem Einheimifchen keinem 
Unterſchied. 


11. Einwohner nach Zahl und Abſtammung. 


Ueber die Zahl der Landesbewohner giebt es nur ſehr uns 
ichere Schägungen,, bie nach den niebrigften und hoͤchſten Anga⸗ 
ben zwiſchen 10 bis 30 Millionen ſchwanken 8*). Wir folgen 
Crawfurdé Echägungen, bie noch um bie Hälfte geringer find. 

Pur De la Biffahere85) Hatte Berschnungen über bie 
Populationen mitgetheilt, er rechnet auf Tongking 18 Millios 
nen, auf Codin China 1%, auf Kambodja 1, auf die uͤbri⸗ 
gen kleinern Befigthümer 1,200,000 Einwohner 3 alſo in Summa 
on 2 Millionen Einwohner. Aber ungeachtet diefer Miſſtonar 
18 Jahre lang felbft in jenen Ländern gelebt hat, fo find feine 
Nachrichten doch, allen andern Yugenzeugen nach, ungemein übers 
trieben. Hält das ganze Reich 9800 Quadr.⸗Meilen, fo würden 
hiernach auf jede berfelben 2040 Einwohner kommen, eine Popus 
(ation die nur dem bevölkerteften Theile Europas angehört, Mont. 
de Chaigneau, der Franzöfifhe General: Confut in Cochin⸗ 
China, fhäste, nach einem an Crawfurds6) mitgetheilten ‘Dias 
nufceipt, die Population, auf 15 bis 20 Millionen. Nähme mau 
alfo das Mittel von 173 Mill., fo minderte fi die Summe bei 
deutend; Monf. WBanmier, ber Admisal ber Flotte, meinte bie 





ss) J. Crawford Journ. l. 0. p. 277. s+) G; Finlayson Journ. 
l. c. p. 387. *®) De la Bissachöre Etat actuel du Tunkin de 
la Cochin Cline et des Royaumes de Camhoge, Laos et Lactho. 
— d'après les Relat. origin. = Paris 4812. T. I. p. 7A. 
— 


Crawfurd Journ. 1. c. p. 526. 


952 Of-Afien. Sinter- Indien. II. Abſchn. $. 84. 


ganze Population könne nicht über 10 Mikienen betragen ; abe 
die Liften der Abgaben und Wifiesir-Eonferiprionen,, worauf E 
ein näheres Urtheil gründen ließe, find unbefannt gebfieben. Es | 
&uropäifcher Officier im Cochin Chineſiſchen Dienfle, gab bie Zrm 
pen feines Heeres auf 240,000 Mann an; bach ſey aus Beger 
ſtigungen + der Dienfipflichtigen ficher ausgelaffen; bie Ges: 
fcription betrage demnach alfo 320,000 Manu. Dazu de 
ganze Troß der Beamten und Officirre. Machte diefe Eifie de 
Erwachſenen über 18 Jahren etwa 4 der wahren Peopuleti 
aus, fo würde fi die Sefamtpopulation demnach nur auf em 
43 Miionen belaufen, was wieder ju wenig wäre. 

Crawfurd wählt daher einen andern Weg der Wergieihum 
mit der Dichtigleit der Population bed benachbarten Chineſiſche 
Reiches, welche er (zu 150 Mil. Einw. auf 131,000 Q.:Rdala 
vertheilt) bypotbetifh zu 1146 Einw. auf jede Q⸗Meile (114. 
41 Engl. Q.Mile) annimmt, was er der Dichtigkeit der Papak- 
tion im Beitifhen Indien gleich Fell. Nach diefer miehe aus 
kogen Berechnungsmweife würde die Summe der Population für 
auf die Hälfte von La Biffaheres Annahme, auf Leine Li} 
Millionen berabfinten. Da aber Tongking zwar flarf, aber ie 
gegen Cochin China nur fehe ſchwach bevölkert ift, fo wären uik 
Die beuölketteften Theile. Chinas durchſchnittlich im Maaßſtabe u 
nehmen, fondern die weit geringere Population der bergigen Che 
schfchen Grenzprovinzen, und hiernach würde die des Cochin Ch 
nefifchen Reiches noh um die Hälfte geringer werden, und ie 
ganze Bevolkerung, nah Crawfurdss) Berechnung, um 
etwa 65,194,000 Einwohner betragen, was demfelben eher noch ı 
viel als zu wenig erſchien., 

Gehen wie zu den Beſtandtheilen dieſer Wenditerm 
ber, fo find wehrere verſchiedene Clemente, ans been fie ber 
vorgeht. 

l. Der Stamm ber Anamefen, b. I. Tongkinefe 
and Cochin Chineſen vereinigt, mit geringen Differengen zu 
tee fih, unb mit übereiuflimmender Sprace®), bie auf 
nec in abweichenden Dialscten in verſchiedenen Zellen Ram: 
bodjas im Gebrauche if. Von ihnen rührt ber einheimi⸗ 
ſche Name Anam (Ngannan bee Chinefen), womit mas 





»’) J. Crawfurd Joura, L. o. p. 528, n f. das Anam Borabular 
in Klaproth Asia Poieio p. a2603 379 


⸗ 


Lochin Chineſiſches Reich, Einwohner, — 953 


n Tongking, fomol Tongking wie CochinChina bezefch⸗ 
tet, ber. Doch nennen fie insbeſondere ihr noͤrdliches Land auch 
Tongking, (db. h. die Oeſtliche Reſidenz, ber Titel ber 
Sapitale Kecho, ſ. oben S. 920, von Tong, oder im Chine⸗ 
iſchen Dung, d. i. der Oſten, und King die Refideny); da⸗ 
her die Schreibart ber Europäer Tonquin, Tunkin ua. 
Doc heißt es in der Anam: Sprache im Grgenfage auch 
Zong ngoai (Dang ugay bei la Biffadyere), d. 1: das Feußeir 
Land, gegen Tong traoing (Dang trong bei Ba Bifſacherr) 
d. i. das Janere oder Central Land, womit Coch in⸗Chiun 
bezeichnet wird. Denn der Name Cochtn-China iſt eine dort um: 
ter diefer Form unbelannte Benennung, die nur von den Pors 
tugiefen??) in Gebrauch, Loft, welche das weſtliche Cochin auf 
ber Kuͤſte von Malabar unterfheidend, dieſes Oftgeflade das 
Chinefifhe Cochin, oder Cochin⸗China nannten‘ ‘Die 
Etpmotogie diefes Namens fcheint bisher ganz uͤberſehen woͤrben 
zu fepn, fie ergiebt fi aber aus ber richtigen Hollaͤnbiſchen 
Schreibart bei Fr. Valeutyn (Eoestfjenstfjina®) und-aus 
der Chineſiſchen Hiſtorie. In aͤlteſter Zeit hieß naͤmlich daB 
jetzige Cochin⸗Chineſiſche Land Liny, und eben fo deffen'-Capfs 
tale (wo jest Sin ve, ober Sin bon bei D’Anville®P) liegt, 
d. i. in der Nähe von Toan hoa nördlih von Hue unter 17° 
M.Br. auf Berghaus Karte). Nach vielen Fehden im VIE. Sad 
hundert n. Chr, Geb., zwiſchen den Königen dieſes Koͤnigreichch 
Liny und ihren nördlichen Tongkineſiſchen Nachbarn, wurden 
jene vom damaligen Chineſiſchen Machthaber in Tongking, 'um 
der Nordgrenze ihres Koͤnigreiches uͤberfallen und beſiegt, weil 
ihre eignen Schlacht⸗Elephanten ihrem Heere verderblich wurden. 
Der Chinefifche General Lieoufang zog in 8 Tagemaͤrfchen, 
ſuͤdwaͤrts, bis zur damaligen Landes: Eapitate Liny (bei Sin 
hoa), und zerftörte fie. Nach ihrer Pluͤnderung, wobei 18 GSolb⸗ 
tafeln, denn San tfchi, bee damalige König, war ber 1Bte Fels 
nee Dynaſtie, aus dem Ahmenfanle des Königepalafles erbrutet 
wurden, ging der Raubzug nad China zurüd, Die gefchwächten 
Könige ſchickten nachher dorthin ihren Tribut, — aber ih⸗ 





“°) J, Crawfurd Journ, . %, p: 460, 461, Eitat aotuel du Tunkin 
etc. p. M, de La Rissachdre Paris 1812. 8. T. 1. p. 15. 

se) Fr, Valen Reschryvinge van Tongking fol. 3, in Tom IV. 
Amsterd. 1726, *ı) D’Anville Seconde Partie de la Carte de 
YAsie otc, 1752, 


954 ‚Of Afen. Hinter -Indien. IL. Abſcha. $. 84. 


sen Hof, um das Jahr 806 m. Chr. Geb., nad der Küfı: 
den Seehafen Then?) (Chin, Tſjen) neben weichem bi: St: 
Iſchen tfhing log Geitdbem erhielt das Reich den Nur: 
Tſchen ıfhing (Chinding), Da nun Kue (oder GC oe f. :: 
©. 594 u. a.) auch ber Titel eines Königreiches iſt, fe enti:: 
- dee Name der neuen Hafenteſidenz Koe Tſchen, d. L Cochr 
(fpeih Kot ſchin), dem die Portugiefen, flatt thing, dem ır 
„anbtern Anklang China zur bequemer Unterſcheidung ant:: 
gen mochten, woraus nun ber Name Cohin- China im ©. 
brauch tom. Bon Portugiefen ging diefe Benennung er 
Dis übrigen Europaͤer über, unter denen bie Holländer bir ı: 
fprüngliche richtige Echreidart Coestfjenstfjina beibehielten. Dee 
iR zu bemerken, daß aus früheren Zeiten bei Chinefen für Ton: 
Eing auch ber Name Zu nan im VI. und VIL Jahrhuntæ 
n. Che. Geb. häufig in Gebrauch war, fo wie für das heut: 
Central⸗Reich CohinsChina, von einer feiner füdlichften 2: 
ſtriete, der Rome Thſa upan, Ziampa bei MD. Polo, Ciam;; 
oder Champa ber jebigen Karten; und für Kambobdja, ta 
Name Tſinla, Tchinla (Tſchan lap), woher wahrſcheinlich de 
Gebrauch der Malayen und Hindu, der auf die fruͤheßu 
Araber überging, jenes Hinterindien, das feiner Oſthena 
wach auch den Chineſiſchen Dynqſtien in frühefler Zeit umten:« 
fen war, mit dem Nomen Tſchin, Zfhina?) ober Chin 
gu beiegen im Gegenſatz von dem noch öfllihern Ma This : 
sder Groß⸗Chiua, ein Gebrauch der aud bis auf Prolemarri 
zurüdgeht, weicher die Hinterindiſche Halbinfel und ben Golf ccı 
Tongking fon mit dem Volle der Sinae(Sıras) bevöit. 
- Diefe Namen find es aber, melde vorzugsweife in Dem diceen 
Annalen *) und Geograpbien ber Chinefen bis zum XII. Jatth 
vorkommen. Auch ergiebt fi aus denfelben Quellen, baf dr 
Name der Süd: Provinz, im Mittelalter, Kan phuſtſche 
bei ben Chinefen heißt; denn im Jahr 1387 war ber Titel biefet 
Tribut beingenden Königreichs, ber in den, Annalen verzeichnet 





62) P. Gaubil Notice historique sur ia Cochin Chine extr. des Li- 
vres Chinois in Histoire Generale de la Chine, Paris 1783. 4 . 
T. XL p 8—10. 22) Klaproth Sur les Nonws de ia Clie 
in Journal Asiat. T. X. 1827. p. 53-58. ’* , Tehınla 
Foung thou ki, ober ———— von Zchinla in Abel Remusat 
Descript. du Roy. de Camboge Nourv. Mel. As. T. L p. >>. 
77, 79. 92; f. Asia Polyglotta p. 363. 





Sochin Chineſiſches Reich, Einnichner, Kambehian. 056 


ward: Thfan lei phao pi fie-fam phu the, d. 6. Ridiz 
von Kan phu the, woraus bie Ktere Curopaͤiſche Beuennung 
ge ambodTche oder Kambodja (Camboge bei Ab. — 
&3 amboge bei Englaͤndern) in Gebtauch Sam. 

Außer dee Anam Nation’ beichen bie Shmwohner ve 
jegigen Cochin:Chineſiſchenꝰ Reichs noch ans einigen andern Wäls 
Eerſchaften, unter denen Die wichtigſten — 


11. Die Kambodjens) ſind, die eben fo bei den Dar’ 


Layen wie bei den Chinefen beißen z' bei Godin» Ehinefen 
aber Ko men, richtiger Kao men oder Kao mien, in Siam 
Rammen, und in ihrer eigenen Sprache ſich Ra mer. nens 
nen. Rah Crawfurds Erkundigang amfaßie ihe alte Gebr, 
alles Land im’ Weſten: und Süden‘ des Gaigunfluffer bis ar 
Den Golf don Siam, wördlich bis 12°; im Innen  winigftens 
die 16° N. Br. Ihre Bprache iſt verſchiedra von Ber ı Ing 
NMachbarn, nad Klaproth iſt dies jedoch nur Diatectverſchieden 
heit; in Hinſicht ihres Koͤrperſchlages, Ihrer Sitten, Gefetze, Res 
ligion, Civiliſation, ſtehen fie den Stamefen näher als aubere 
Möller. Das chematige Königreich iſt gegenwärtig unter bie 
Machbarn getheilt; zwar befteht no ein König von Kambodja, 
aber nur dem Namen nad, der Vicekoͤnag von Saigun if 


Dee Gebieter im Lande, und das Bolt feufjt unter dem Mineaie⸗ 


joche der Cochin⸗Chineſen. 


HI Das Bolt von Tfiampa (Champa), in — | 


Sprache die Loye, oder Loi) Tüber Loe, Kowa, Laos, f. 
unten) genannt, bewohnt nur eine fübliche Provinz Codyins his 
aus, nämlich das Gebiet vom St. James Cap bi Phupen, 
diefen Diſtrict mit inbegriffen. Vor ihrer Unterjochung . unter 
Cochin⸗China ‚bildeten fie einen bedeutendch Staat unter einem 
eigenen Könige, deſſen Mefidenz in der Bat Phan rye 11° 10 
M.Br. Ihre Sprache iſt ein befonderer Dialect, der vom Ana⸗ 
‚mefifchen, wie vom Kambodja, fehr abweichend fern fol. Ce 
folen nah Erawfurbs Erkundigungen einem Hinduismus, 
dem Buddha oder Jain Cultus ergeben ſeyn, und ſcheinen 
vor der Bekehrung der Favanefen zum Islam auch auf. der In⸗ 
fel Java gewohnt zu haben. Weberhaupt liege bie Gefchichte dies 
- fed Volke noch fehr im Dunkel; beffen Namen (Ziamba) wird 

aber von Marco Polo Ende des XII. Jahrhunderts bier als 





i ") J. Crawfurd Journal l. C p: 464. .) ebend, pP» 467. 


4 


056 Dfislifien. Hinter-Indien. IL. Abſcha. $. 8. 


lein vorgugämeife genannt, ‚weil er. vom Hafen Zaitun cr 
ſchiffend im Hafen von Kktampa landete, um von da ir:. 
Schiffahrt weiter nah Sumatra fortzufegen. Ob er. auter ber 
genannten Namen nur das kigentlihe Kfiampa”), © 
ganz Codie : China bezeichwmen wollte, bieibt wel zweifelbaft. © 
wennt es ſehr groß und wich, mit eigner Sprache, eignem 8: 
nige, der jährlichen ‚Tribut an Alochelz und ECifenbein an ta 
Geoß⸗Khan ſendez ausbahcdtich fagt M. Polo, ee babe den Si 
ig biefes: Landes beſucht, ker 325 Kinder hatte, deſſen Gihe 
weit tapfere Krieger waren. . 

. = Das Bell von Tfiantpa) ſcheint in früheren Zeitm u 
Verkehr mit verſchiedenen Ländern des Malapen-Acrchipel gear 
den gu heben; Mitte des:XV. Jahrh., ſagen die Chroniken v:: 
Sava, daß sine Bemahlin: des Oberkoͤnigs dieſer Inſel, eine Pie: 
deſſin von Aſiampa war. Daher kommt «4 wol, daß die Religien 
amd die Sitten dieſer beiden Voͤlkerſchaften ſich verwandt zeigen 
Ihr Buddhaiem ſoll aber von dem des benachbatten Cultus ve: 
Achleden ſeyn. Zahlreiche Tempel aus Stein gehauen, voll Hinte 
Idole, wie von Siva, Durga, Buddha find dort ebenfalls dur 
Das ganze Land zerfireut, nach Ausfage der Eingebornen und & 
niger Reiſenden, woräbee aber kaum die erflen Nachrichten ge 
nauer bekannt find. Im Sabre 1824 batte ein Wr. Diard du 
Land zwilhen Hué und Saigun bereifet, und brachte aus « 
nem jener Tempel nad) Singapore ein. 3 Fuß hohes, gut ger 
beitetes Stein⸗Idol mit, das Crawfurd ſogleich als einen Ga 
nefa (Elephantengott dee Hindu®) erkannte. Diefe mir 
tefte Oſſtgrenze der Verbreitung des Brahmacuitus, war frühe 
unbelonmt, und iſt unfirsitig hoͤchſt merkwürdig für Voͤlkerge 
ſchichte. Aus dem Hafen Kampot (Canvot anf Horsburgh⸗ 
Karte ſ. ob. S. 914) pflegen jährlich kleine Junken diefes Balls 
fhamımed der Tſiampa, die fich daſelbſt angefiedeit. und mit 
Malapen vermiſcht haben, feit 1823. und 1824 dem Freihafn 
‚von Singapore zu befuchen, wohin fie Reis, Salzfiſche un 
Bü Lack zum Verlauf. bringen. Bon daher die neuere Auf: 
merklamteit auf dieſen ee — Auch an da 


— 





7) M. Polo ed, Marsden 1. c. 17 585. Not. 1164 etc, 

*) J. Crawford Journal L °°) ebend, und Hinduim 
in Champa or Tsiompa * 1 eh Journ. ya XIX, p. 292 au; 
EWBALOFE Chronic, May 27. 1824. 





Tochin Chineſiſches Keich, Einwohner, Woi: 857 


Hieäfte von Steam, zwiſchen 11 518 12° Ne. ſcheinen fie im 
überer Zeit fi Angefirdeit und mit Malayen aus ber Halbins 
U vermiſcht zu haben, die Mohammebaner wurden, und auch 
tefe pflegen Singapore zu befuchen, wo fie beide Sprachen das 
Ralapifhe und das Tſiampa ſprechen. In berfelben Periode; 
1welcher die Cochin Ehinefen die Provinz. Bongsnai von 
tambodja abriffen ( vor 60 bie 70 Jahren) unterwarfen fie fidh 
uch diefed Kfiampa; deffen Bewohner zogen fich feitbem aber 
3 das Gebirgsland im Iunern:zurüd, fo daß das Geſta⸗ 
eland feitbern mehr von des Anamefen Race bewohnt wusbe 
e ſelbſt aber unbekannt blieben. (Eben fo hart gebrädt wie ihre 
Rachbarn die Kambodier find Fe, wie jene, zu Empoͤrungen fehr 
eneigt. Die Cochin Chinefifhen Truppen dewachen daher durch 
Barnifonen ihre Feſten, und bie Paßeingaͤnge zu ihren Gebirge 
efifeen, um fich vor ihren Ueberfällen zu fichern. Alle diefe Vers 
hanzungen follen nach den Principien Europälfgper Fortiſteation 
ufgeführt ſeyn. 

IV. Die Moi (My, Most), fogt € rawfurd, bilden auf 
Sochin= Chinefifhen Territorium eine vierte von den vorigen 
rerfchledene DeiginalsMace, bie -aber bis jegt nur dem 
Kamen nach bekannt iſt, ein fried liches Bolt W), das noch 
zeut zu Tage bie Hauptmaſſe der Population im dee Provinz 
Dongsnat, ihrem uefprünglichen Heimathſitze ausmachen fol. 

Nach Miffionarberichten wied umter dem Lande ber Mot 
un mehr innerer Gebirgsftrich von geringer Breite aber größeren 
Ausdehnung im Zuge des I. Meridiangebirges, von ©. nah N., 
verflanden, zwiſchen Coch in China und Lao, im Norden vom 
Tfiampa, wieihn Berghaus Karte ‚verzeichnet hat. Damit 
kimmen Chapmansı) Berichte überein, der Die Moys Abos 
riginer nennt, welche fih feit ber juͤngern politifchen Herrſchaft 
In das innere Gebirgsland gegen Kambobia zmrüdgesogen has 
ben; fie follen wahre Wilde feyn, ſehr dunkeifarbig, ja fhwarg 
und den Kafeen (2) in Gefichtöbitbung aͤhnlich fehen: 

Außer diefen etnheimifchen find es noch deeiertes, im 
Cochin Ehinefiſchen Reiche angeficbeite; fremde Bewohnerz 


00) J. Crawfurd Journal 1. c. p. 467. Capt. Purefoy Cursory Re- 
marks on Cochin China in Aslat. Journ. Vol. XXT. 1826. 8. 
P. 145. 2) Chapmans Relation d’an Voy.-& la Cochin .Chine in 
Asist Ann. Register 1801 ımb Malte Brun Annal. T. VII. etc. 

\ 








858 Oſt.Aſien. Hinter-Indien. II. Wöfche, $. 84. 


Chinefen, Malayven und-Europäer, unter denen tier 
ſteren die zahlreichſte Claſſe ausmachen, von denen ſchon oben! 
Nebde war (f. ob. S. 807 — 808). Sie find die Gewerbete:: 
denden 102) im Lande, die Fleiſcher, die Schneider, bie C:: 
Ditosen, die Tabuletkraͤmer, die Haudelsleute. Auf jedem B::: 
in jedes Strafeftragen fie. ihre Laſten auf elaflifchen Balken :: 
Den Schultern umher; fie find die Geldwechſsler, die Dangunic-t 
jebe6 Gefchäft geht durch Hand. Gie führen. bie Stoffe, 
Kleider, das Porcellan, den Thee, alle Mebicin, die Lalimma:: 
das Goldpapier, das im allen Tempeln bei Feftivitäten sub Tran: 
mohlen verbrannt wird, und vieles andere im Zande ein. 2: 
Malapiſchen Anfiedler find auf die Oſtküſte des ©: 
von Siam beſchtaͤnkt, zwiſchen 11 bie 12° N. Br., und zwar rn 
auf 2 Hauptpunde Pongfam und Kampot. Dies babın a 
ihre Mohammedanifche Religion beibehalten, ſprechen and ik 
Malapiſche Sprache, obwol dieſe mit vielen Efiampa vn 
Kambodja Wörtern vermifhe If. Man zählt ihrer 4 bis 5001 
Die von Crawfurd befragten, wollten aus:bem Sürfleattun: 
Johore flammen, wußten aber nichts über die Emigration ibıe 
Verfahren. Mit dieſem Lande Sohere, wie mit Pahang, K— 
lantan und Tſingano, unterhalten fie bis heute Handelsderdir 
bungen, und führen dahin GStid:Lad, grobe Wollfabeikate ırı 
Seidenwaaren. Schon vor anderthalbhundert Jahren traf te 
Sercapitain Dampier, bei ber Infel Pulo Ubi, zwei ik 
Schiffe auf ihrer Weberfahrt nach Malacca, die er fire Die heim 
und am gefchidteften geführten Schiffe unter allen erklärt, bie « 
auf dieſen Reifen getroffen hatte. Zu biefes Urtheil ſtimmt aus 
J. Eramfurd neuerlich ’) mit ein. | 
Die Europäifhen Anfiedlungen in Cochin Chin: 
und Tongking fangen mit den Stiftungen. der dortigen Mik 
fionm an, welche feitdem an ber Bekehrung ber Anamefen cha: 
Unterloß, zu arbeiten bemüht geweſen, aber zugleich einen nit 
geringen Antheil en ber. politiſchen Geſchichte des Landes genom⸗ 
men habın. Feru. Acoſta, ein Portugiefe, kam nah Berri 
ſung Cochin Chinas zu Anfang des XVi. Jahrhunderts nah 
"Macao, unb forderte die dortigen Jeſuiten (f. ob. ©. 828) ja 


102) J. White Voy. to Cochin China. London 1624 5 262. 
2) 3. Crawfurd 1 c. p. 468. _ 


- 


N 


Cochin Chineſiſches Reich, Europier-Miffionen. 959 


ner Miſſion dahin auf. Pater Sranc. Buzomi*) aus Nm 


5, von dem Pater Diego Carauaille begleitet, dee bort als 
Taͤrtyrer feinen Tod fand, ging im Januar 1615 dahin ab, und 
teb einige 20 Fahre im Lande, wo er als Apoftel von Eros 


inChina verehrt ward. Als die Pforte von Japan durch 


e dortige Ausrottung der Cheiftenmiffion gefchloffen war, ſagt 
te Dat. de Rhodes, that fi für das Chriftenthum die Pforte 
on Godhin China auf; Pat. Gabriel de Mattos, Pros 
zrator der Sıfuitenmiffion der’ Provinzen im Orient, Tchiffte mit 

Patres im Jahre 1624 von Macao nah Eohin China; 
as vom Pat. Buzomi begonnene’ Werk weiter zu führen, unb 
lesmat begleitete ihn Pat. de Rhodes, weicher feitbem bie zum 
Sabre 1645 unter den feltfamften Schickſalen einer dee eifrigſten 
lusbdreiter des katholiſchen Geremoniales in Cochin China und 
Eongfing (wohin er im Jahre 1627 ats erſter Apoftel 5) ging, 
a der Pat. Jul. Baldinoti aus Pifloja vor ihm, im Jahre 
6%, eigentlich ohne Wirkfamkeit blieb) ward. De Rhodes 
‚atte das große Verdienſt, zuerft die Anamefenfprache genau 
u erlernen, er gab daruͤber Grammatiken und Wörterbücher fhe 
Portugiefen und in fateinifher Sprache heraus, und beacbeitett 
ven Catechismus 6) für bie Propagande zu Rom, in Anus 
meſen⸗Sprache, um, wie ee fagt, das Evangelium Jeſu Chriſti 


‚us fördern ‘in einer Sprache, die bis dahin nur den Dämonen - 


zedient hatte. Beim Eintritt unter das Volk, meinte er, nur aus 
offen Munde ein Gerwitfcher, wie einen Geſang (gazouillement) 
3er Vögel zu Hören; dieſer Iöfete fih ihm aber bald in eine mos 
nofgllabifhe Sprache auf, vol wechſelnder Betonungen 
derfelben gleichlautenden Spiben, bie ee doch nad einem Jahre 


[o gur erlernte, daß er darin, und wieer meint, nicht ohne Er⸗ 


folg predigen konnte. Im Sabre 1625 waren 10 Retigiofen der 
Sefuitenmiffion, die al6 Prediger in allen Provinzen bes: Landes 
umherzogen, und vielen Eingang zumal unter dem Volke fanden, 
doch auch hie und da unter den Großen des Landes, deren Theil⸗ 
nahme jedoch immer nur auf Aeußerlichkeiten begründet war, deren 
Einfluß (wie durch Geſchenke, Benugung der Uhren mit Schlag⸗ 
werten ?), Krankheiten, Todesfälle, — Mirakel) die m übe 





2. Alex. de Rhodes — Voy. en la Chine et autres Roisumes 
etc. Paris sec. Ed. 4 . 1606, p. 66. °). ebend. 2m 
170-171. °) ebend. p. 8 70. ?) ebend. p 


960 | Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. II. Abfchn. 4. 84. 


zen Zweck ungemein eifrigen, unermuͤdlichen und kuͤhhnen Ser 
ten:Patred, klug genug zu benutzen verſtanden, aber benned > 
befländigen Anfehjungen, Hemmungen, Willtühren und In 
neien ber Minifter und Fürften nicht überwinden Zonnten, ı 
auf bie Dauer, wonach fie wol trachteten, auch die Deren z 
Lande zu bleiben. Bon Zeit zu Zeit wurden ihre DRifftenen, : 
viele Taufende ſich auch hatten taufen Laffen, und fo viele Ca 
chumenen und Guccurfalm fie ſich gebildet zu Haben ſchmeid⸗ 
ten, doch immer einmal wieder tweggeiagt, zumal wenn ihre Ba 
ven ber Polygamie ober der Verſtoßung ber Weiber 8) wie 
ſtritten, oder die allgemeine Landes dürre, und Wange cı 
Wegen, ihnen, als ben fremden Zauberern bie dem Lande I: 
heil beädyten,, zugefchrieben wurde, u. a. m., ein GSchidfal, ki 
den Pater be Rhodes fünfmal traf, bis im Jahre 1646 ir 
ganze Miffien 9), die fih ſchon in vielen Häfen und Scam 
und zumal auf dem Lande in ber untern Volksclaſſe feflzufee 
beohete, mit Gewalt aus dem Lande vertrieben wurde. Sie ;y 
fi) aber immer nur nach dem benachbarten Macao binden 
‚von woher die nahe Ueberfahrt, zu ber in ber Regel 14 Ze 
hinreichen, mit jedem Portugiefifchen Hanbelöfchiffe Leiche wire, 
durch bie beiden folgenden Jahrhunderte bis in die Gegenzei 
neue Miffionen, an denen es nie“gefehlt hat 10), weil ſtete Rue 
zungswechfel im Lande den Einfluß der Partei nehmenden Fra: 
Unge beguͤnſtigten, zurüdfühete. - 

As die Dortugiefen aus ade; und fpäter, 160 
auch aus, Malacca, mit Feuer und Schwerdt verfolgt umb ve 
jagt. wurden, fiebelte fich eine nicht unbebentende Anzahl jmz 
dort entfiandenen Mifchlingsrace Europdifcher Halbabkunft and 
an den Cochin Chinefifhen Küften an, deren Nahtommen!; 
dort noch Heute eriflicen, aber von den Landeseingebornen, weicht 
auch die Kaufe angenommen haben, kaum zu unterfcheiden fiat. 
Hollaͤnder und Engländer haben zwar auch ale Haude. 
leute ihre Sactoreien in Tongking gehabt; aber biefe nur tm 
poraͤren Verhaͤltniſſe firieten fie nicht im Lande, wie die Pertz: 








aos) Pre le Royer Superior Lettre 'Tongking 10. Jani 1700. & 
Lettres Edifiantes et curieuses des Miss. Etrang. Nour. Ed. Par: 
1781. 8. T.XVL p.-& °) P. Al. de Rhodes L c. p. 112, 115 
123, 126, 127, 140, 227, 245, 261. 10) Letires . et 
rieuses des Miss. Etrang. Lc. T. XVI. p. 2—81; 19-17. 
180-199 etc. **) J. Crawfurd Journ. I, c. p. 459. 


- 





Cochin Chineſiſches Reich, Europaͤer⸗Miſſionen. 901 
tefen aus früherer und bie Franzoſen in ſpaͤterer Zeit, bie 


ei den jüngften politifchen Revolutionen einen größern Einfluß. | 


ns Lande gewannen. -_ 

An den Miffionsbeiefen aus bee Mitte des XVII. Jahrhun⸗ 
erts giebt man die Zahl der Chriſten mit vielen Religioſen, 
veihe Tongking, das des Größe von halb Frankreich‘ vers 
jlichen wird, auf 250,000 12) an, bie ber Sapanifhen Mifs 
ion auf 120,000, bes Fremden: Miffion auf 80,000, die dee 
Meiffion dee Propaganda auf 30,000. Die Confecrationen ber 
Bifchöfe und Coadjutoren daſelbſt gehen bis in bie neueſte Zeit 
(1821); aber viel Lehrreiche® für Land und Volk ift daraus niche 
zu fchöpfen 13), Nach einem Bericht bes Pat. Joh. Koffter) 
aus Prag, waren im Mai 1742, in der Miſſion in Coins 
China, von woher er feinen Brief datirt, 6 Srangöfifche Clerici, 
2 Spaniſche Franciscaner, 5 Portugiefifhe und 4 Deutfche Je⸗ 
fuiten Miſſionare. 

Nach Crawfurds Erkundigungen (1822) 15) flimmten Ale 
darin überein, daß die Cochin Chinefifhen fogenannten Chriften 
zu des aͤrmſten und verachtetften Volksclaſſe gehörten, daß fie gar 
keinen politifhen Einfluß ausübten, und daher auch nur geduldet 
wären; Indifferentismus gegen alle Religion überhaupt, 
und die Sitte der Polygamie, legten der Verbreitung ber ka⸗ 
sholifchen. Chriften die meiften Hinderniffe in den Weg, und ih⸗ 
rer Ausbreitung wird ſtets einige Miegunſt von Geiten bes eine 
beimifchen Gouvernements entgegenſtehen müflen, weil fie das 
Eindringen ber Fremdlinge von außen, gegen bie man eifers 
füchtig ift, begünfligen. Man fagte Crawfurd, es gebe in 
Cochin China an 100,000, in Kambodja an 25,000, in 
Tongking aber an 300,000 Chriften; alfo in Summa as 
425,000, eine Zahl, bie freilich, fehmer genauer nachzumeifen ſeyn 
mag. Im Jahre 18% 16) will man in zunatins 8492, in 


13) Lettre Edif. et cur. 1. c. p. 180. 2.) 1. Beni. Eveqgue de 
Gostyne Vicaite Apostolique du Tonguin occid. Lettre Tonq. 
5. Aou 1819. in Malte Brun Nouv. Ann. d. Voy. T. XV. p. 278 
283; besgl. Precis de Nouvelles recues des Missions de Chine 
et des "Royannes Voisins en 1822 im Journ. Asiat. T. I. 1822. 

“118 — 375 etc. 10) Dat, Joh. Koffler Brief aus ber Miſ⸗ 

Cochin Shina ben 5. Mat 1742 aus einer Abschrift im Archive 

gu Glatz, im Boten aus ber Grafſchaft Slay 4. Dct. ar Kr. 403 

mitgetheilt durch einen unbelannten Breund. 16) J. Orawfurd 
Journ. 1. c. p. 469. 10) Jourm, Asia. l. co. T. I. p. 376. 


Ritter Erdkunde IV. Dyp 





962 DfteAfien. Hinter-Indien. II. Abfchn. $. 84. 


Cochin China 4682 Kinder, alfo zufammen 13,174 Kinte c 
tauft haben, und dazu in Tongking ncch 1267 Kinder !-: 
Heiden, in Cochin China 1293 desgleihen, wo gegenmärtig cri| 
12 Kiöfter durch den Bilhof von Veren, darunter aud f- 
Nonnen, errichtet fepn follen, was auf eine gleichmaͤßig Karte 3:| 
nahme fließen ließe. Einer der merfwürdigfien Dränner bier, 
Miffionen in deu neuen Zeit if der Bifhof von Abrea! 
Georges Pierre Pigneaur de Behaim (aus Brüffel er: 
aus Laon gebürtig), ein katholifher Miffionar Les Franciskar 
Drdene in Cochin China, von Geift und großem Character, wi; 
er den ausgezeichnetften Antheil an der Reftauratien k 
alten, rechtmaͤßigen Megentenflammes auf den Thron von Ce— 
hinChina hatte, und buch bie Hülfe, die er mie Frankreio 
zu vermitteln wußte, wie durch bie Umgeflaltung, die er ſelbi 
dem Cochin Chineſiſchen Staate durch Franzoͤſiſche Ingenien 
Kriegsmaͤnner, Kuͤnſtler, und durch fein eigenes Regiment ai 
Prinzenetzieher und erſter Miniſter zu geben verſtand, feinm 
Landsleuten, den Franzoſen, den größten Einfluß im Meiche ve: 
fſchaffte, und dieſem eine glaͤnzendere Bahn unter den Gtoatn 
bes Driented eröffnete (f. unter Geſchichte). Auch als Driffione 
fchreibt man ihm das Verdienſt zu, in der Gapitale gut: Sie 
ten angelegt zu haben, in denen die lLateiniſche Sprache 4 
lehrt "wird, in welcher wirklich die 3 Mandarine, dag Mordamıi 
kaniſche Schiff des’ Capt. 3. White, das im Jahre 1819 in m 
Turon-Bai einlief, eraminirten 117), weil es keinen der Bandık 
ſprache Kundigen an Bord hatte. Der. Purefoy 19) bericht, 
ein Funfzigtheil der Bevölkerung der Capitale folle roͤmiſch:kathe— 
‚lcd geworden ſeyn, und bie Miſſion, unter des Biſchof von 
Adran mürdiger Leitung, fehr gute Fortſchritte gemacht haben. 
Er’habe zugleich durch Toleranz, Wohlwollen und Gelehrſamkei 
fi fo beliebt gemacht, daß ihm neben deſſen Landſitze vom Ri 
nige ein Monument mit einer goldenen Inſcription errichtet wer: 
den fey, und daß der aufrecht flchende Grabfiein Immer mit ci 
‚nem Stud gelben Seidenzeuges behangen ſey, was nur cs 
Vorrecht der koͤniglichen Familie if. 











“ ar) J. White Voyage to CocliinChina 1. c. p. 78 eto 
1°) Mr. Purefoy Cursory Remarks on Cochia China in Asiat. Joum, 
*.... Vol, XXIL 1826, p. 144, . 


.i 


. Codin Clineſiſches Reid, die Anamefen. 963 


12. Die Anamefen, d. i. das Volt von Zongling und 
Cochin China. 


Schon im erften Cochin Chinefifhen Dorfe, das wir bes 
aten, fagt ber teefflihe Beobachter Dr. Finlayſon 1%), in 
andyu, nahe dem St. James Cap, fanden wir ſogleich 
anz anderes Volk, andere Sitten, und zu unferer $reude,: als 
isher bei Siameſen. Das Dorf liegt im Sumpfboden zwiſchen 
Nangroves (Rhyzopl:ora ꝑymnorhiza); bie Einwohner zeigten fidy 
reundlich, aufmerkfam, zuvortommend, ohne brutalen Hochmuth, 
Neugier, doch mit guter Lebensart. Sie begnuͤgten ſich nur das 
nie unfere Kleider zu berühren, obwol fie dabei ungemein gefpräs 
big, ja fhmaghaft bis zum Uebermaaße waren. Der Commans 
ant des Ortes, obwol über 60 Jahr alt, hatte ein zum Erflaus 
ren lebendiges Geficht in alle Leidenfchaften und Ausdrüde übers 
pielend bis zum Lachen, vom tiefen Ernſt zur größten Angit, und 
‚on Gedankenleere bis zur Verzweiflung; babei alle Manieren 
316 zum Raffinirten hoͤflich. Diefe Beobachtungen twieberholten 
ich durch ganz Cochin China WW), wo es befonders auffallend war, 
wie wenig die Individuen diefer Nation, unter ſich, in 
Seftatt und Geſichtsbildung differiren ; alfo geringere Individua⸗ 
lität der Entwicklung bei genereller Uebereinſtimmung des Nas 
turells und der Charactere, wie bie8 mol mehr vorheres 
ſchende Erſcheinung des Morgenlandes wie bes Abendlandes übers 
haupt if. She phyſiſcher Schlag, dem der Malapen und 
Siamefen zwar analog, flimmt jedoch keineswegs mit benfels 
ben überein, fondern zeigt fogar in vielen Puncten das Gegen» 
tbeil. Eine genauere Unterfuchung bewährt. auch ihre Abſt am⸗ 
mung von ber Race der Mongholen (Zartaren), doch als 
eine Varietaͤt jener großen, weitverzweigten Menfchen = Abtheilung. 

Die Anamefen find der Statur nad) wol der Fleinfte 
Schlag?!) dieſer Abtheilung dee Bewohmer ganz Gentral- und 
Oft: Afiens; flämmig, unterfegt, und dadurch noch geringer an 
Größe erfcheinend, ats fie wirkfich find. Unter 21 Soldaten und 
vielen vom Wolke, die Sinlayfon mefjen ließ, betrug bie mitts 
Iere Höhe nur 5 Fuß 27 Zoll Engl. von 11 Perfonen derfelben, 
war das Mittel ber Armlänge 12, 4 Zoll, vom Vorderarm 10, 15 


10) G. Finlayron Journal 1. c. p.298. 20) ebend. ch. X. p. 373 
”1) J. Crawfmd Journal.l. & p, 481; G. Finlayson Jonrnel le 


p. 876 — 374. 
Ppp2 





964 Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. II. Abſcha. $. 82. 


Zoll; ber Umfang bed Bruſtkaſtens (the girt of the chest) on 
breiteften Etelte 2 ug, 9300 Engi. Ale find binfidhtlich der Sri 
unter bem Mittelfchlage der Malayın und Siameſen; abır 
weniger fchwerfäliig und von weniger plumpen Formen wir je 
Dies find allgemeine, unterfcheidende Auffallenheiten bei den 
hin Chinefen.: Ihre Geſichts form iſt meiſt rumd, kurg, 
ſenkrechter dem transverfalen Durhmeffer faſt gie 
Diefe Slobularform des Schäbelt, der eher mach hisz 
fih ausdehnt, die faft runde Geflaltung, weihe bei Krazı 
vorzüglich bervostritt, und aud in Harmonie mit ber uͤbeige 
Körpergeflalt dort als bie größte Shoͤnheit gilt, umd iı 
—Kreisform des Sefihes, find characteriflifhe Eigenpei 
bei diefem Volksſtamme. E6 fehlt ihnen die framsver: 
fale Geſichtsbreite der. Malayen, es fehlt ihnen bie Gy: 
linderform des SiamefensGchädels, wie das ſtarke Ber: 
fpriugen ber Unterlinnläde, das bei Siamafen und als 
fi) auszeihnet, obwol auch ihr Kinn groß und beeie if. m 
Vorderkopf und ihre Stirn ift kurz und Bein, fie haben ſtarke Dab 
kenknochen, ohne baß biefe hervorträten, wie bei Mongholen; d 
fehlen ihnen die Sangs und fchiefgefchligten, angefchwollenen Is 
genlieder, welche bei den Chinefen fo characteriftifch find. Ste 
Augen find mehr rund als bie der Chinefen und GSiamecr, 
auch klein, aber lebendiger, meift dunkelſchwatz, daher ihr Anfo 
ben weit frifcher, feelenvoller. Die Naſe ii Hein, aber gut p 
bildet, nicht platt, ohne jene weite Ausbreitung ber Mafenflöxl 
ihrer füblichern Nachbarn, aud find bei breitem Munde ihre Ei 
pen nur mäßig did, ber fparfame, haͤßliche Bart ift ihnen mi 
der Mongholen-Race gemein, nur etwa mit einem Dugend fifa 
ſchwarzer Haare ift das Unterkinn beſetzt; vollſtaͤndiger tritt er a 
Schnurbart hervor. Das Haupthaar iſt hart, ſchwarz, lan, 
dicht; der Nacken kurz, die Hautfarbe wie bei Chineſen gelb, fer 
ner dunkel, die Frauen oft fchönfarbig, wie bie füblichen Cum 
päerinnen. In ihrem ganzen Habitus iſt die Affünitaͤt mi 
der Mongholen-Race noch unvertennbar, aber nicht fo ens 
fhieden wie bei Siamefen. Die Differenzen dieſes Menfhe 
ſchlages find gar nicht ſchwer im Allgemeinen aufzufaſſen, wel 
aber im Befondern bie präcifern Ausbräde und Unterſchiede gegen 
andere Abweichungen zu finden und feflzuftellen. Die fo hoͤcht 
intereffante Lehre von ber Verwandtſchaft des Körperbau ber 














Cochin Shinefifches Neich, die Anamefen. 965 
MW ötlker!??) Tiegt leider noch fehe im Dunkel, fo lange die von bee 
Bewmreinfamen Norm abweichenden Kormen, die verfchiebene Spes 
cies oder Racen heißen, auch mit den Voͤlkerverzweigungen oder 
Tribus verwechſelt und In Verbindung gefegt werden. In den 
meiſten Fällen find die Differenzen mehr ſcheinbar als reel, 
mehr imaginär ald naturgemäß, und über Urfprung, Geſchichte, 
innern Zufammenhang jedes beſtehenden, gefonderten Voͤlkerzwei⸗ 
ges iſt die Sorfhung bie jegt gewöhnlich rathloß, und muß zum 
Factum jedesmal die Hppothefe zur Ausfuͤllung dieſer Luͤcken hins 
zuthun. Wir bleiben hier bei Thatſachen flehen. 

Ein gewiffee Grab von Schönheit iſt der Form der Ges 
ſichto bildung des Cochin Chinefen, zumal den Srauen, nicht abzus 
: fpeechen, obgleich fie niemals eigentliche Schönheiten find; er zeigt 
fich mehr in dem Ausdrud, In der Haltung, in der Harmonte, 
= in einem gewiffen Grade der Munterkeit, Intelligenz, dem guten 

Humor, was man bei Chinefen und Siamefen vergeblich fucht. 

Auch ihre Leibesgeftalt zeichnet fi durch gutproportios 
—nirte Sormen, und wenn auch im Kleinen doch mwolgebildete Glie⸗ 
- der aus. Ihre Bruſt iſt breit, obwol kurz, doch von geböriger 
- Woͤlbung, in den Hüften find fie fehe breit; die obern Glieder 
: find fang, die’untern kurz und flämmig. Ihre Glieder find zwar 
: dick, doch nicht buch Fett angefchwellen, und bei ihnen überhaupt 
; die Tendenz zum $ettwerden weniger einheimifch, wie bei Chines 

fen u. a. Ihr Muscularfpflem ift weit flärker, gut ausgebildet, 

e ihre Schenkel ſtets ſtaͤmmig und gut gebildet. Die Bergbewohs 
: nee?) in der Rähe der Reſidenzſtadt Hue, welche bei der Lands 

zeife nach Turon als Träger der Palankine bienten, waren ſehr 
flämmige und flarke Naturen, deren nur 2 zu einem Palankin 

; dienten, unb mit diefem nicht ruheten, bis fie ihre Station er: 

s weicht hatten. Mit ihrer Laſt fliegen fie bergauf und ab, bie 

fteitften Höhen mit größter Leichtigkeit, Schnelligkeit, Sicherheit. 

ESie find ungemein wohlmollend, aufmerffam, neugierig, nachſichtig 

gegen Fremde, hoͤflich, mit angenehmen Manieren, lebendig, im⸗ 
mier vom beſten Humor, leicht zum Lachen erregt, und wol unter 

ı allen die ſtets am froͤhlichſten gefinnten Drientalen. 


1232) 5, C, Prichard Abstract of a comparative Review of Pbilolo- 
ea and Physical Researches as applied to the History, ’of the 
uman Species in Report of the first and sccond Meetings of the 
Brit. Assotiat, for the Advance of Science at York. Lond. 1833. 
8 p. 529—544,. °®) G. Finlayson Journ, L. c, p: 408. 


* 


maı 









9665 Oſti⸗Aſien. Hinter-Indien. IF. Abſchu. 4. &. 


Doch iſt auch bei ihrer großen Beweglichkeit der Uebergam 
Sreude zur Sorge leicht und ungemein ſchnell, oft unbeur‘ 
bis zum unfinnigen, flatterhaften, thörichten ; dieſen ſau 
Wechſel ihrer Aufmerkfamkeit und Beſchaͤftigung nad Inne⸗ 
Außen mit den Gegenfländen, ſagt Finlapſon, kinus 
nur mit ber Natur gewiſſer Affenarten vergleichen. 

Ihre Kleidung ?) ift mehr paffend und biguem alzı 
gant, bei beiden Geſchlechtern fehr ähnlich, im alten Coilim: 
Chinefen, ehe diefe genöthigt wurden die feltfame Zeadt i 
Zartarifhen Gieger anzunehmen. Dbwol im warmen Elm: 
ben fie doc) ſtets, die Seeleute ausgenommen, dekleidet, un: fd 
ber Geringſte vom Kopf bis zum Fuß; fie zeigen fidy darin ı 
anftändiger als die oft halbnackten Siameien, da fie großen Be 
auf den Pus legen, und voll Eitelkeit find. Beide Gefglir 
tragen weite, haͤngende Beinkleider, darüber 2 bis 3 loſt, &* 
gende Oberkleider, mit langen Oberärmela und Uebertänze # 
an die Hüften oder zu den Knien. Der Reiche hängt allen E: 
feidene Roben über, häufig einen ſchwatzen Geidenmaat # 
blumigem Silber. Das Haupthaar wird lang getragen, in $ 
ten geſchuͤrzt und auf den Kopf gebunden, wie vor Au 
Chinefen. Durdy die Tracht der Turbane unterſcheiden fü" 
Stände; die Männer von ſchwatzem Crep, die Weib Mm 
blauem. Die Kriegs- und Civilleute ‚tragen verſchiedent: ; 
Trauer, alle von weißer Farde. Baummollenkleider werden 1E 
feltonften getragen, auch das gemeine Wolf trägt geobe Cat 
zeuge, weiche die Cochin Chinefen ſtets ſchwarz färben. CR 
tragen nur die Reichen; ale Schmud Aumeinge, Brake 
Goldringe, Perlen, Amber, der aus Yünnan kommt und aM 
Zierrath. Zeug, mit emblematiſchen Drathen ducchwebt, IE 


“in China, nur Tracht des Königshaufes und ber Mandarse 


erſter Claſſe; weiß iſt allgemeine Trauerfarbe; doch and # 
Nationalflagge iſt weiß, die koͤniglichen Farden find auh he 
wie in China, gelb und orange. 

Dos Kauen von Areka, Betelpfeffer und ungeliſt⸗ 
Kalk, iſt ganz allgemeiner Gebrauch bei den Cochin Care 
doch thun fie keine Catehu (‘Terra Japonica) hinzu, M* ; 
Diatoyen; auch Tabad rauhen und kauen fie; jeder Bond 

*?*) J. Crawlurd Journ. 1. c. p. 486; G. Finlayson Jun 2. | 

p- 329. J. White Voyage to CochinChina. Lund. 1824 F 





Cochin Shinefifhes Reich, die Anameſen. 967 


hat die Eigarre im Munde, und jeder Trupp Volks if in Ta⸗ 
badsdampf gehuͤllt. Ihre Wohnungen find groß und bequem, 
sus Erdwüllen aufgeführt, mit Ziegen bededt, feliner mit Pulm: 
bfiürtern 3; es find nur halboffne Hallen, in denen fie ihte Ges 
Fchäfte abmachen, ihre Waaren feil bieten, die Fremden empfanz 
gen u. f. w. In dem hinteren Raume ift ihe Hausaltar, und 
Die zweite Hälfte nehmen die Wohnzimmer ein, Beide Gefchlechs 
tes fanden die Britiſchen Reifenden nicht wie die frühern Frau⸗ 
zöfifchen Berichte fie ſchilderten, fondern in aͤußern Grenzen des 
Anftandes, wenn aud ihre Sitten ſehr Loder find. Dagegen das 
Innere ihrer Wohnungen ,. wie ihre Kleidung, ſeht unreinlich, 
widerwaͤrtig, trog ihrer ſchoͤnſten Seidenſtoffe, voll Ungeziefer, wie 
bei Chineſen, Siameſen, Biemanen, und ungeachtet ihrer vielen 
Ablutionen. Dieſelbe Unreinlichkeit iſt dem Fremden Ekel erre⸗ 
gend, bei ihren Mahlzeiten, wobei fie Krokodile, faule Eier, ſchon 
halb ausgebeütete Küchlein, faule Fifchbrühen, Ungeziefer u. ſ. w. 
als Deticatefien geniegen, und an das Maturleben der Affen ers 
innerten. j 
Der Character 3: der Cochin Chineſen iſt, wie oben 
gefayt, freundlich, wohlwollend, gutmütbig, unruhig, immer ſchaͤ⸗ 
kernd, ſchwatzend, lachend, voll Humor, fanft, gelehrig u. f. w., 
als lebten fie unter der glücklichſten Regierung, und doch find fie 
das eiendefle Sclavenvoll. Dft genug muß das Volk für feinen 
Leichtſinn und feine Froͤhlichkeit duch die Boftonnaden mit beim 
Bambus büßen. Da die höhern Elaffen der Gefellfhaft den Ernſt 
der Chinefen affectiren, und Jeder vom oberen Range dem untere 
‚ihm ftehenden, Bambusftreihe aufzählen zu laſſen das Recht hat, 
dem ſich auch Jedermann mit merkwuͤrdiger Hingebung unterwirft, 
wodurch dieſes Gefchäft immerfort im Gange bleibt. Bei alledem 
find fie ungemein eitel und haltın fih für das erſte Volk ber 
Erde, nur den Chinefen laffen fie den Vorrang, das einzige Vote 
zu feyn, dem fie Hochachtung ſchuldig feyen. Die Kambodjas, 
ihre Nachbarn, fehen fie als Barbaren an, faft eben fo die Gias 
mefen; doch find ‘fie darin nicht confequent:; denn auch gegen 
Fremde find fie ſehr zuvorkommend, hülfreihz munter, gefellig, 
gaftiih, dDadingegen die Siamefen, den Briten vom Höchften 
bis zum Gemeinften unter dem Volke wie habfüchtige, freche, zus 
dringliche Bettler erfchienen. Nur die königlichen Beamten, uns 





26) I Crawfur.! Journ. 1. c. p 488; G. Finlayson I. c. p. 382. 


a 


(4 


968 OR-Afien. Kinter- Indien. II. Abichn: $. 84. 


ter den Cochin Chinefen, zeigten fi gleich raubgierig, ber geme fi 


Mann keineewegs gegen bie Scemblinge, fondern er wor f:: 

darauf bedacht, für jede auch die Bleinfte Gabe ſich durch «in ©. 
gengefhent dankbar zu bezeigen. Man giebt ihnen jedoch : 
Lande auch Schuld biebifh, raubfüchtig zu ſeyn, aber grau!:- 
Mörder find fie nit. In ihren Ehen 20) finder Treue flatt : 


ber Fehltritt wird criminell beftraft; aber die Chelofem leben | 


freieſter Vermiſchung, ohne Makel deshalb für die Zukunft dat: 





zu finden, der Vater verkauft fogar feine Toͤchter an bie Fur! 


finge auf beflimmte Zeiten, ohne daß fie diefes himbderte fpäter © 
Ehen einzugehen. Aber die kleinſten Uebertretungen der Gatıı 
gen und herkoͤmmlichen Gebräuche, wie des Mefpectes m. derc 
werden in allen biefen Verhältniffen auf das firengfke beita’. 
Me. Purefoy), der fieben Jahre lang in Cochin Chine H:r: 
delsgeſchaͤfte getrieben, giebt die fonderbare Nachricht, daß ti: 
Stauen bort ſtets viel mehr Mädchen als Anaben gebären ſelen 
man rechnet auf 5 Mädchen einen Knaben ; ſeibſt die der ra: 
heiratheten Franzoſen haben ſtets mehr Tochter zu Kindern. Di 
Eingebornen fagen, dies ſey Behexung ihrer Feinde, die ihnn 
ſtaͤrkere maͤnnliche Kriegsheere misgönnten. Nach Cramwfurt?) 
heirathen die Männer dort felten vor dem 20ften Jahre, bie Fe 
"hen ausgenommen, die «6 fhon vom idten Jahre an thun, fr 
bald fie eine Frau kaufen ober ernähren können. Der Pre 
wird an die Eltern der Braut gezahlt, bei deu Armen iſt er eft 
ſehr gering, beträgt oft nur 10 bi6 20 Kwans, bei Wohlhaben⸗ 
dern 40 bis 50, bei Reichen 100 bi6 200. Abtreibung it 
Frucht iſt kein Verbrechen (mie in Sormofa, f. oben ©. 879); 
Kindermord wird nur felten als folder angefehen. Die Wer 
ber werden nicht eingefchloffen wie in China, genießen aber barım 
doch einen groͤßern Mefpect; ber Mann kann feine rau bis auf 
ben Tod prügeln. Liebe if felten, die Weiber ziehen bie Guni 
der Fremden ber ber Einheimifchen vor, zumal die der Chine⸗ 
fen, die fie befier behandeln. Leider hat das Gonvernement burd 
‚Geiz, Stliberalisht, Despotie und flete Wechfel der Parteien, feit 
Jahrhunderten, ſehr nachtheilig auf diefen Volkech aracter einge 
wirkt; das Volk iſt dadurch gänzlich verarmt, erniebrigt, zerknick 





26) G. Finlayson Journal 1. c. p. 309, 383. 37) Mr. Purefoy 
Cursory Remarks etc. Asiat. Journ, xAIl. p- 146. ?°) J. Coar- 
furd Journal 1. c. p. 521. 


Cochin Chinefifches Reich, die Anamefen. 969 


es edlere Gefuͤhl in ihm erflidkt, duch bauernde Sclaveren 
rd harten Drud verthiert. Die Bewahrung eines gewiſſen Ges 
‚516, unter dem gemeinften Volke, gereicht ihm noch zur Ehre, 
wie fein Scharfblick, feine natürlichen Anlagen dadurch doch 
icht ganz unterdrädt werben konnten, obwol fie fihiefe Richtuns 
en erhielten. So wurden fie liftig, furchtſam, betrügeriſch, falſch, 
nmaßenb, frech, zanffüchtig, hochfahrend und tyranniſch; doc 
nponirt ihnen Ernft und Fefligkeit des Characters leicht. 
Durch das Verbot der Emigration und des Reiſens in bie 
Stemde wird das Volt in Unwiffenheit und Uniterwärs 
igkeit erhalten. Die fisengfte Etiquette und das furchtbarfte 
Spionenwefen madt fie falſch, tüdifh, boshaftz die Ent: 
icheidung in den feierlich und unter dem Schein bes echt ges 
haltenen Gerichtöhöfen gefchieht ftetd nah Beftehung, unb 
fördert die Verbrechen der Reichen ; die Armen muͤſſen kniend ihre 
Bittſchriften vor das Geficht Halten, weit fie die Richter nicht ans 
fehen dürfen, ihe Elend macht fie gleichgültig, feibft gegen die Todes⸗ 
ftrafe, die in Enshauptung befteht. Durch das Militairfyflem, 
wobei ſtets zwei Drittheile ber männtichen Unterthanen als ſchlecht⸗ 
abgelohnte Soldaten Kriegs⸗ ober Staats: Dienfte thun muͤſſen, 
wird die große Maſſe faul und untHätig, jede Induſtrie gehenrme 
und unterdruͤckt, zumal ba biefe Confeription vom 18ten Jahre 
bis zum 6Ojährigen Greiſenalter (wenn fchon viel Urlaub flatt 
findet) anhält. Daher muͤſſen bie Weiber 2) die Arbeiten thun) 
fie pflügen und fäen, bauen und befchiffen bie Flooße, find 
"Schmiede, weben die Zeuge, führen ben Handel, und der Weibers 
tagelohn wird hier eben fo bezahle wie bie Männerarbeit. Sie 
follen wahre Amazonen feyn, und felbft im Kriege mit Lanzen 
Fechten. Nur wo das Souvernemene nicht druͤckend einwirkt, wie 
3. B. auf die Käftenfifcherei, um die es fi bis jegt gar nicht 
betimmert, da zeigt fi) Induſtrie und freietes Leben; aber feibft 
die Cabotage Keht unter dem Deud 30), denn jedes Schiff muß «ine 
Anzahl Artikel, meift Reis, Peoviant, Holz u. a. für bie Trup⸗ 
pen, für den König frei transporticen und am beftimmten Orte 
abliefern, wodurch jede freie Unternehmung gehemmt wird, und 
dabei hat das Schiff doch wie jedes andere die ſchwerſten Abgas 





20) Mr. Pu oy Cursory Remarks on Cochin China I. c. Asiat. 
— — p- 146. e°) J. White Voy. to Cochin China 
c. p. 


970 Ar Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abfchn. $. 84. 


ben zu zahlen. Natuͤrlich fucht man buch Liſt dieſem Druck a: 
alle Act zu entgehen. 

Die Relügion !3!) hat nichts bazu beigetragen die Raticı 
zu heben; genauer betrachtet, fagt Sintapfon, ift fie de ta. 
ohne Religion. Es fehlt ihnen jeder religiöfe Unterricht, fie b:: 
ben feine Lehrer, Leine Priefter, keinen Stand, der dem Dei: 
vorleuchtete; jeder geht feinen eigenen Weg. Darin beſteht «- 
fehr großer Unterfchied zwiſchen Cochin China gegen Siam un: 
Hindoſtan; aber au gegen China Denn in Cochin China if 
zwar aud) alles, wie in China, voll dumme Superflicion; 
aber «6 fehlt ihnen bie Devotion, fie haben kein Dogma, 
keine Zeloten. Die wenigen Prieſter (Talapoinen) fin 
Saum der Rede werth, fie find ohne alles Anſehen. Gie haben 
unzählige, Eleine, aber elende Tempel, Capellen, Altäre, aber keine 
Zempelbauten,, keine Prieſterſchulen. Sie haben nur Schupyät: 
‚ter und Daͤmone. Der Theism der Chinefen, die Lehre des 
Confucius, dem die Literaten und Großen nach ausländifche 
TBeife folgen, iſt ganz Baltherzig, ohne alle Wärme, giebt dem 
Eiefüht gar keine Nahrung, beftcht in jenem ſchalen Senteszen⸗ 
wefen voll alter Moral, mit unfihern Pr:ncipien, im abgeriffe 
nen Sägen, und ift ohne allen Einfluß auf da6 Handeln, nit: 
gends unter das Volk eingedrungen. Der Gedanke am bie Zu: 
kunft erfüllt fie mit Furcht, es hängt fich diefer eine Maſſe von 
Alderglauben an, deffen Laft 108 fu werben, fie ihre nichtigen Opfer 
‚arıf den Altären barbringen, zumal Weihtauch, oder fie brens 
nen Kerzen, oder Goidpapier an, werfen die Schnipfel deſſelben 
ncich allen. vier Winden, beifen fich duch anheften von Zetteln, 
Schriften an die Pfoften der Wände, über die Thüͤreingaͤnge, 
wüſſen fi) aber über alle6 ‚dies niemals Rechenſchaft zu geben, 
ſondern nur um der Zucht zu entgehen, die ihnen taufend haͤß⸗ 
‚liche Fratzen vorgaukelt. Andere Gebräude dieſer Art haben bie 
Fiſcher, andere die Seefahrer, andere die Küflenanmwohner, andere 
die Landleute, die Aderbauer u. ſ. w. Nirgends bat ihre Six: 
lichkeit an dieſen Gedraͤuchen die geringfte Stuͤtze. Mur be 
Todtencultus, die Verehrung der Vorfahren und Verwand⸗ 
ten hat bei ihnen etwas Gemuͤthliches; Zodtenopfer find idnen 
Pflicht, und fo nothivendig für die Ruhe der Entſchlafenen wie 


- 


131) J. Crawfurd uns I. c. p. 499— 000; G. Finlayson Journ. 
l. c. p. 380 — 38 


x 


2 


Cochin Chineſi iſches Reich, die EN o71 


für das Seit ber noch Lebenden; doc iſt auch dieſer Cultus in 
bloßes Geremoniel- gußgeartet, welches das Herz nicht mehr bes 
zührt. - Das gemeine Volk folge der Bnpbhalehre), die ih⸗ 
nen am wahtſcheinlichſten aus China zugebracht wurde; man 
giebt das Jahr 540 n. Chr. Geb. als da6 Jahr der Einführung 
aw. Indeß macht ſich auch dieſer Cultus fo wenig fihtber, 
daß Crawfurd, waͤhrend ſeines Aufenthaltes im dortigen Lande, 
kaum etwas anderes davon wahrnehmen konnte, und ohne bie 

Buddha = hole, in den bekannten‘: fißenden Formen, kaum deſſen 

Daſeyn erfahren haͤtte. — 

Die Sprache 23) der Amameſen iſt monoſyllabiſch, in 

Ban und Character den Chineſiſchen Dialecten aͤhnlich, aber doch 

ganz verſchieden von ihnen; ſie iſt wie jene ohne Inflexionen, 

und wird leicht von Fremden erlernt, bis auf die Ausſprache. 

Diefe zu erlernen, meint Crawfurd, ſey faſt unmoͤglich, und 
‚doch ſey die nothwendig. Purefoy fagt, ihre Sprache fey an 
fib arm, erhalte aber durch ben Wechſel der Ausfpralge ihren 
Reichthum; z. B. das Wort ma gefchrieben heiße: Mutter, Haut, 
Ser, Ziege, Reis, Teufel, Geiſt, und alle diefe Bedeutungen mür: 
Den nur duch die Ausfprache unterfchieden, duch, die Modula⸗ 
tion der Stimme. Dies mache fie ſchwerer zu erlernen als das 

. Chinefifche. Ihre Schrift beficht ganz aus ben Elementarcharac⸗ 

“ seren der Chinefifchen Schrift, doc, mit Abmweihungen in ben 
Combinationn, Ein Chinefifhes Manufeript iſt dent Cochin⸗ 
Chinefen leicht verftändlich, aber nicht umgekehrt, ein Cochin Chi: 
nefiſches dem Chineſen. Eine eigene Literatur, eine eigene Schrift 
‚haben fie nicht; ihre Literaten fludiren die Schriften des Con⸗ 
futſe und die Medichn, ihre Bücher erhalten fie aus China; Chi. 
nefen find In allem ihre Lehrmeiſter. Pater Aler. de Rhodes 

gab, wie fhon oben bemerkt, daß erfie Anamefen Wörters- 

buch heraus; der Biſchof von Adran bat neuerlich ein weit 
volfländigeres großes Lericon gefammelt, das während der letz⸗ 
ten Jahrzehende in vollem Gebtauch war und im Beſitzz feines 
Nachfolgets des Bifhof von Liot geblieben if. Auch fol der: 
felbe Bifhof von Adtan einen Cochin Chinefifhen Geſetz⸗Codex 
ausgearbeitet haben und ein Werk für den König bed Landes, 
uͤder deſſen —— Der thaͤtige Mann ſtarb während 


2) J. Crawfurd Journal I. 0. p. 500. 


”2) ebend. p._ 184; Mr. 
——— c. XXII. p. 147. | 


\ 


973 Pfl-Mfien. Ninter-Indien, II. Abſcha. 4. 84. 


Der Belagerung der Stadt Quinhone. Die Cocdin Chinefiid 
Sprache har bis jetzt noch keinen genauen Korfcher befchäftie 
wie dies ganz kuͤrzlich mit ihren weſtlichen Nachbarſprachen de 
Fall war. 





Anmerkung. Die aͤltere Geſchichte von Tongking, ver 
Sodhin China unb von Kambobja, nah ben Annalen 
ber Shinefen 


Dee Zuſtand ber drei gefonderten Königreiche, welche gegemwärliz 
das Eine SohinChinefifche Reich bilden, erhält aus den Ana» 
ken der Chinefifden Geſchichte einige Erläuterung, weiche bx 

‚Gegenwart deſſelben, in feiner innern Abhängigkeit von Ghina un 
Den Nachbarn nachweiſen. 


4 Die SGeſchichte von Tongling, nah Ehinefifden 
Annalen. 


Das Konigreich Tongking (Nankiao, Yurthang ve 
älteften Zeit, das den Namen Kiaotfhi vom Kalfer Dia Wuti erhal 
ten haben foll, weil deſſen Ginwohner die Fußzehen:20) Ereugmeii 
übereinander Iiegenb haben) wirb ſchon 200 Jahre v. Chr. Ge. 
von bem Shineftfcyen Kaifer Wuti ?*), dem fünften ber Han-Demw 
ſtie (f. 06. S. 762), als eine Shinefifhe Provinz in brei di 
firicte gefbeitt, weldhe die Namen 1) Kiaotchi mit ber gleichnamige 
Stadt (jest Kecho, f. ob. S. 920), 3) Kieoutdhing mit ber Stabt 
Aſing hoa fu und 3) Genan mit ber Stadt Kouang nan fu au der 
Soͤdgrenze bed Reichs führen. Gpäterhin erhielt Tongking, tm J. 
679 1. Shr. Geb., nach Chine ſi ſcher Sitte, von der San gs Dyne ſtit 
den neuen Namen Gannan, kam aber in ben folgenden Jahrhunderten, 
wie ſchon eben gefagt iſt, als Provinz in bie Sewalt ber Piloke 
Könige von Yünnen in Za lifu (f. ob. &. 733), und erlitt mans 
cherlei werhfelnde Schickſale, bis «8 nad; dem Sturz ber Tang⸗Dy⸗ 
naftie, im 3. 907 n. Chr. Geb., fi. von Chinas Supremat locriß. 

In Anarchie verfallend, warb es, als Beute, ben Ufurpatoren ber eins 
heimiſchen Familie der Zing zu Theil, bie fi durch Tribat on 
Shina zahtend auch deſſen Anerkenntniß und den Titel Kun Bang (Rs 
nig vom ten Rang) zu verichaffen wußte. Aber nicht lange, fo tritt 
der König Li dien te A wisber m 3 . im or gegen Ghisa 


— 


*®°) Mailla Hist. Gen. I. c. T. IX. p. 120. »5) Pat. Gaubil 
Memoire Historique sor le Tongking extr. des Livres Chinois in 
Hist. Gen. de la Chine. Paris 1783. 4. T. XII. p. 10 - 60; berf. 
— Edifientes Nouv. Ed, Paris 1781. 8. T. v1. p- 270 








Cochin Shinefifches Reich, Tongking⸗Hiſtorie. 973 


af, und dringt bis Kuangfl vors Ghinefifche Heere rächen die Verwuͤ⸗ 
kung, und verheesen das Land bis zum Fu leang kiang (fo heißt in 
ven Annalen ſtets der oben genannte Sangka, f. oben ©. 920). Rad 
>ielen Fehden wird ber Friede im folgenden Jahrhundert vermittelt, und 
Likientfo wirb im Jahre 1164 ald König von Gannan (Raane 
nan) vom Ghinefilhen Kaifer anerkannt ?°), deſſen Herrfchaft aber bald, 
durch Erbſchaft, an ein anderes Haus, an bie Dynaftie ber Thin, 
aud ein Tongking Geſchlecht, überging. Run aber brady bie Mons 
gholeggewalt auch in Tong king eins nad dem Felbzuge gegen Mien 
Cim Jahre 1272, f. oben ©. 735, 746) rückte der Mongholen General, 
Hou leang hotai, plöglic, nach Beſegung von Yünnan, auch in die⸗ 
ſes Land bis zum Yu leang kiang (d. i. Songka) vor, ben er in 9 
eiligen Zagemärfchen erreichte, und bie Landes⸗Capitale, im Jahre 1275, 
damals Kongtu (b. i. Tongking, bas jegige Kecho, am Suͤdufer 
des Stromes) gänzlich zerftörte, alle Bewohner maſſacrirte, dann aber 
wegen der großen Hige zurädeilte, um mit feinem Heere in Kuangſi zur 
Heeret abtheilung Khublat Khans, m Suͤd⸗China, zu floßen, auf 
deſſen Eroberung es damals gemünzt war. 

Nach dem erfien großen Schredien, ber das ganze Land erjchütterte, 
unterwarf fich jedoch der junge König von Zongling, Tchin koua⸗ 
hing mit Ramen, im Jahte 1277, den neuen Gewalthabern. Als aber 
darauf der energifhe Khublai Khan, bie Zributzahlung auf jede 3 
Tahr in Bold, Süber, Elfenbein, Rhinoceroshorn u. f. w. beftimmte, ' 
ihm anbefahl geſchickte Medieiner, Aſtronomen, Mohammedaniſche Kaufs 
leute, Schreibkuͤnſtler und eine Landkarte Tongkings in China einzu⸗ 
reichen, und die Aufnahme eines Mongholiſchen Großen als kaiſerlichen 

Gommiſſar und Reſidenten (als Taloua), am Hofe zu Tongking ver⸗ 
langte, gerieth er von neuem in Schrecken; ſtarb jedoch bald, Sein 
Som und Nachfolger Tchin ge hiven wagte es, im naͤchſten Jahre 
ſich dem Durchmarſche eines Mongholenheeres, das zur Eroberung von 
Cochin China beſtimmt war, zu widerſetzen, und fo brachen bie drei 
Zeldzuͤge Khublai Khans über Tongking los, von denen ſchon 
oben (fe S. 734 — 735) bie Rebe wars ihre Gefchichte haben bie An⸗ 
nalen °7) verzeichnet. . Das heiße, für Wongholen unbefiegbare Clima 
und bie Tapferkeit der Tongkineſen, zwang bie Taiferlichen Heere, jedes⸗ 
mal, mit großem Verluſte zum Ruͤckzugz bie Unterthanen baten bem 
Kalfer ſelbſt, jene abenteuerlichen Feldzuͤge in die Fremde (06.6.782) 
aufzugeben, deu König von Tongking bot die Hand zur Verſoͤhnung, 
indem er als Sieger die Mongholifchen Gefangenen und Kranken, bie in 
feinem Reiche zurüdblieben, ungemein wohlwallenb behandelte, unb ‚nad 


a ns een) 


se) P. Gaubil Mem. — sur le Tongting 1 LeT.xiı. p- 22, 24, 
”) ebenb, Pr 27-3 ; 


x 


974 Oſt-Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſcha. $. 84. 


der Genefung frei mit den Waffen heimfandte, auch als Tribut cn 
Statue von Bold dem Kalferhaufe gelobte. Nach beider Tod (Tir- 


gehiven flirbt 1290, Khublai Khan 1294) wurde der Frick: ' 


hergeftellt, und diefer dauert bis zu Ende ber MongholensDnaftie, zu= 
Sahre 1368. Die Tongking Könige wurden als foldye von Gt-: 


. anerkannt, dafür ſchickten fie ihren Tribut, d. 5. ihre geringen Gefkct 


regelmäßig bei Hofe ein. Damals, fagen die Ehinefifhen Aur:: 
ven, hatte Tongking 13 Departements, mit 52 Städten vom erfic. 
und 219 Städten vom 2ten und Zten Range. 

Auch unter der MingsDynaftie, feit 1368, ſendet Tongkiez 
feinen Tribut und empfängt dagegen den Chinefifchen Kalender, wie aꝛd 
Cochin China, Siam, Korea und andere Nachbarſtaaten. De 
EStreitigkeiten, welche zwiſchen Tongking und Cochin China entflanta 
waren, fuchten bie Ming- als die Fricbensflifter beizulcgen. Da tritt, 
in Tongking, gegen das Sahr 1400 \?*), der Königemörber Li kili 


“auf; der das Geſchlecht der bisherigen Tchin Könige vernichtet, und cu 


Ufurpator die Königsgewalt an fich reißt. Nur zwei Sproffen aus 
bem Stamme der Thin flohen nah China und Laos, und flebta 
um Beiftand, der ihnen auch zu Theil warb, obmwol fie ſelbſt den Go 
winn beffelben nicht erlebten. Das Chineſiſche Laiferliche Heer deinzt 
auf zwei Straßen, aus Yuͤnnan und Kuangſi, unter den tapfern Ge 
neralen, Thangpu und Moudin, burd die Grenzpäffe und Ge⸗ 
birgsengen in Tongking, im Sahre 1406 ein, beflegt die Rebela 
und ſtellt ſchon 1407 den Frieden in Zongling ber. Da aber kein 
Sprofje der Thin: Dynaftie aufgefunden warb, ben man als remis 
Bigen Erben auf den Thron von Tongking hätte inſtalliren koͤnnen, 
fo Hiclt man es für rathfam, bad Koͤnigreich unter Ginfegung des Ghine: 
fen Tchangpus, als Generalgouverneur, in cine Provinz bes Ghis 
nefifhen Reiches zu verwandeln. So erhielt Zongking fein 
ganze Einrihtung auf Chinefifhen Fuß, feine Zribumäte, 
Mandarine, Gouverneurs von 3 Claſſen, jeine Einnehmer, Truppen, 
Commandeure, Keftungscommanbanten, feine Intendanten dee Herrfiras 
Ben, der Flotten, des Handels; 7000 junge Tongkine ſen wurden an 
den Kaiferhof nach China gefandt, um dort Ehinefiiche Bildung aller Art 
für ihre Heimath zu gewinnen. Ber Kaifer, überfühte Tongking mit 
Wohlthaten, penfionirte die Wittwen und Walfen, male ben Soldates 
reiche Geſchenke, belohnte die treuen Anhänger, die fi) vor den Rebellen 
in das Gebirgsland gegen Weft "zurücigegogen hatten, ehrte "bie Grab⸗ 
mäler der Zchin, und ber neue Vicekdnig Echangpu überreichte, im 
Jahre 1409, feinem himmilifchen Kaifer- die Landkarte von Tong⸗ 
Ting, nebft der Lifte der Einwohner und dem BVerzeichniß 
138) P, Gaubil Mein. Histor. 1. c. T. XL p. 41 — 44. 


° 


nub AO En 





Cochin Shinefifches Reich, Tongking⸗Hiſtorie. 975 


n alle dem, was er bafelbft vorgefunden hatte. Wach diefer Eifte 2°) 
rd die Ginmohnerzahl berechnet, auf 312 Duan Familien; jedes 
uan zu 10,000; alfo 3,120,000 Familien; zu jeder Kamille 3 Per⸗ 
nen gerechnet, würde 18,720,000 Individuen geben (die Angaben in ber 
Hinefifchen Geſchichte bei De Mailla weichen bavon fehr ab *%). Auch 
erden eben fo 23 Duan und 5900 Ochſen, Pferde, Elephanten u. a. 
ıfgeführt, auch 8670 Schiffe und Barken u. a. m. Cs jft dies bie 
ſte Statiftit von Tongking Der Einfluß ben China, Cſhineſiſche 
errſchaft, Civilifation und Eultur wie Literatur auf Tongking ausges 
bt Hat, wird durch diefe Hergänge hinreichend erklaͤrlich. 

Auch ift aus jener Periode die ältefte Landkarte von Tong⸗ 

ing genannt, deren Nachbildung unftreitig in der freilich etwas fpäter 
ntex Kaifer Kia Tſing (er flirbt im Sahre 1667, f. oben S. 898) 
br bie Shinefifhen Annalen umgearteiteten Beidhnung *t) 
erfetben, uns jedoch in 2 Blättern aufbewahrt ward, aber von den bis⸗ 
erigen Kartengeichnern überfehen worben ift, für jene hiſtoriſche 
Periode jedoch ſehr lehrreich bleibt. Der Chinefifche Geograph Tcho uch e 
atte, 1314 bis 1320, zu allen Provinzen des Mongholiſchen Kaiſerrei⸗ 
hes einen Atlas gezeichnet, an deſſen Ausarbeitung bie vielen Gelehr⸗ 
ten, Mathematider und Andere, bie fi aus Balth, Samartand, 
Bochara, aus Perfien, Arabien und Gonftantinopel am 
Hofe der Mongholen Kaifer befanden, vieles beigetragen haben mögen. 
Kaifer Kia Tfing ließ bei einer neuen Ausgabe beffelben, auch bie 
Landkarte von Tongking hinzufügen, bie er nach berfelben Mes 
thobe zu verfertigen befahl, Sie ift in Quadrate jedes zu 100 Li lang 
und breit (300 &i — 2 Lieues marines) getheilt, davon je 3, ber Länge 
wie der Breite nach, einem Aequatorialgrad gleich find. Hienach ift das- 
fetbft die Lage von Zongking, ber Refidenz nach Reduction beftimmt, 
auf 103° 56° DL. v. Paris, und faſt 21° N.Br. angegeben. 

Aber jene Ruhe unter Chineſiſcher Schtrmherrfchaft war nur ſchein⸗ 
barz den Tongkineſen war ber Verluft eines felbfifländigen Koͤnigs⸗ 
baufes unerträglichs Unruhen und Fehden traten überall hervor, bie 
Nachbarſtaaten Cochin China und Laos unterftügten die Rebellenhäupts 
linge; fie wiederholten fich ein ganzes Jahrhundert hindurch in Kämpfen 
mit ben Chineſen, bis e& dem fchlauen Ufurpator Lili gelang (14292) 
unter bem Scheine eines jungen Sprößlings des alten Haufes ber Thin 
fich ſelbſt die Souverainitaͤt zu erringen. Er warb unter dem Titel 





1229) P. Gaubil Mem. histor. etc. I. c. T. XI. p. 45. 0) De 
Mailla Annales de la Chine in Hist. Gen. etc. T. X. p. IM — 
166. *1) Eclaircissemens sur les Cartes du Tongking hebft 


2 Cartes.in Lettres Kdifiantes et cur. Noav. Edit. Paris 1781. 8. 
T. XVI. p 335 — 337, 


916 Dfi:Mfien. Hinter-Iudien, II. Abſchu. |. si. 


des Zirır), d. h. Souverain, Gründer einer neum Zongt: 
fifhen Königs-Dynaftie, gab feiner Refibenz Z fing bı:: 
den Titel Gitu, d. h. Weſt⸗Reſidenz, der Gapitale Fiaott- 
aber den Zitel Zong tu, oder Tongking (bei Shinefen), & }' 
DfisRefidenz, und feitvem warb au das Königreich Ngar: 
(Sannan) mit dem Namen Königreih Tongking beiegt. - 
Daus der Lili oder Li Könige behauptete den Ihronz ber fiir 
ſche Nachfolger König Lihao 1468 — 1471, machte ſich feinen 5- 


barn in Cochin China, Yünnan, Ganton furchtbar; er vet 


ganz Laos, deſſen Königshaus er vernichtete. Doch entfich cm 9: 
der Laos in das Land der Pape (f. oben ©. 762, — 
Vünnan abhängig war, und von dieſen wurde Libao mit ger 
Vertuft aus dem Gebirgslande zurüdgeworfen. Coch in China :' 
war er im Gtande durch ſtarke Flotten, zumal auch durch ben Bei 
von Malaccas Schiffen, gegen die Chineſen, die den Cochin Shinrfe !. 
guftehen verfuchten, zu entreißen und als Provinz zu behaupten. 

Bieler innerer Parteiungen ungeachtet behaupteten ſich die Li x 
dem Throne, und wurben, ba fie ihren Zribut an China ſtets regal: 
einlieferten, auch von ber Mandſchu⸗Dynaſtie ald Könige anerkanat, 
mit Diplomen verſehen. Kaifer Kanghi *°) verftanb es aber, rw 
babfüchtigen, bie ihre Grenzen gegen China gern zu erweitern ver 
ten, frühzeitig ihre Grenzen gegen das Ehineſiſche Gebiet feflzuk: 
(1683). Khanghis Sohn, Kaifer Yong thing verlieh im J. 1": 
dem König Li ouai tao von Tongking ber Tribut ſchickte, die F 
veftitur, und fandte ihm 4 Chinefiihe Charaktere eigenhaͤndig zu ce 
Ehren gefchrieben, zu, und felbft unter Kaifer Kien Tong blick 
gute Vernehmen bes Kaiferhaufes mit den Li Königen von Zor: 
Ting, die auch, wenn ſchon nur nominal, bie Herrfchaft äber Gec: 
Shina behaupteten, bis zur Revolution 1774, mit welcher das God: 
Shinefifhe Reich die Obergewalt über Tongking baven zum 
gen begann, das nachher nur eine Provinz biefes jungen Sriegerflas 
wurde. 


B. Die Geſchichte von Cochin China (Go then thing “" 
nad Shinefifhen Annalen. 


Dreibundert Jahr vor Chr. Geb, war Cochin Ehina wie Zerz 
ging ‚ noch unbefannt, von Wilben bewohnt, ohne Geſetze, ohne CK 





102) P. Gaobil Mem. histor. 1. c. T. XI. p. 51... ©) chend. 
p- W. *°) P. Ganbil Notice Historique sur la Cochin Chi. 
extr. des Livr. Chinois in Histoire Generale de la Chine Pars 
4. 1783. T. XIL p. 3— 18; f. b. Lettres Kdifiantes Nour. Ei. 
Paris. 1781. T. xYL. p- 215 — 270. 





Coca Shinefifches eich; Siftore 977 


ve Shrift. Seitdem aber Tſchin Schihoangtt (f. ob. @.519, 761), 
&. ve Nanking feine Gotonifationen beginnt, tritt auch dieſes Green 
> Se üuflinland hervor, und wird durch Shinefifche Anfiedlung alfer Att 
‚Ötfert, cultivirt und bebaut. Beide werben als zum Bouvernement von . 
1d⸗Shina (Provinz Santon) gehdrige Provinzen betrachtet, deren ſuͤdlichſte 
3 Heutige Cochin Ehina ben Namen Liny führt, und anfänglich das 
Hickfat ihren nördlichen Nachbarn theilte. Nur aus den Marfhrouten 
» GhHinefsns Heere werben diefe Länber befanntz aus ihnen geht jedoch 
vor, baß fie Ihon im I. 42 n. Chr. Geb., gegenfeltig unter ſich im 
üuden bed Hauptfiromes, des Songla (damals Zu Leang Kiang 
nannt), eben fo gefchieden waren, wie fie es auch in ber Folgezcit big 
erurte blieben (f. oben S. 919). Der Chinefifche Keldhere Mayuen 
5 dafelbft zwei Kupferfäulm als Grenzfteine feſtſtellen. Nach dem 
jerichte biefes Feldherrn, der den Ghinefen große Anſehen in jenem, 
jebteten -gu erhalten wußte, ift ex e8, der jene Grenzpaffage ges 
ahnt Hat. Er fand zwilchen dem heutigen Hing hoa fu (db. i. in 
Sin hoa In Cochin Ehina) und Konang nan fu (d. I. in Tong⸗ 
ing) fehr ſchwierige Milbniffe, deren Wälder er umhauen ließ, durch 
oelche er dann bie Wege bahnte. Die Ghinefifhe Oberhoheit dauerte, 
nit großem Uebergewidht, bis über die Mitte bes dritten Sahrhunderts 
ach Shr. Geb. fort, und war hinreichend auch ber ganzen Civiliſation 
Lochin Ehinas bad Ehinefifhe Gepräge zu geben. Im Jahre 
263 befreit ein Großer im Lande, Kulien, ber bei Chineſen ein Res 
belle heißt, fein Vaterland vom Joch der Ghinefen, unb nennt feine 
Herrſchaft das Königreih Lin y, das mit manchen Innern Kaͤm⸗ 
pfen, fich doch auch nach außen durch reguläre Tributfendung nach China, 
vor den vielen wechfelnden Dynaſtien jener Rachbarherrſchaft zu fchüpen 
weiß, bid jener Plünderungszug bes golbgierigen‘ Kaiſers der zweiten 
BouysDynaftie, Yangti, eintritt, in deſſen Folge die Reſidenz mit ihe 
ren 18 golbnen Ahnentafeln geplündert wird, und Tchen, ber Seeha⸗ 
fen, Tchentching, die neue Reſidenz, den Namenswechſel bed Reichs in 
Cochin Ehina Herbeiführt (feit 806) wovon oben fchon bie Rede war 
(f. ob. &. 954). Hierauf iſt eine große Luͤcke in den Chineſiſchen Aus 
nalen *°) über die Cochin Chineſiſche Geſchichte. 

Im Jahre 1166 bis 1170, wird ein thäliger König Tſeou vana 
von Cochin Shine genannt, dem es barum zu thun ift, feinem Wolke ei⸗ 
nen Verkehr mit China zu eröffnenz er wählt bagu die Infel Hainan 
nicht unpaffend als Mittelftation (ſ. ob. &. 881)3 aber feine Handels⸗ 
agenten werben dort zu Piraten (mol in bem Ginne, wie «8 die Por⸗ 
‚tugiefen und andere Guropder f. oben &. 897 2c. 891) zuruͤckgewieſen, 
und obwol ber König jeben Schaden zu erfegen bereit war, wurbe ihm, 





“) P, Gaubil Notice Hifter, le T. XIL p. 10. 
‚Rütee Erdkunde IV. Qaq 


‘ 







978 Dfi-Aßen. Hinder⸗Indien. II. Abſcha. €. 84. 


dem Srimbling, body jeher Zugemg zu Ehins verfagt. Er wenket 
nun als Groberez gegen Schinla (b. i. bed Rinigreih Kamber:: 
bes ex burdy Berherzung je zur Badie anfızigt, daS Fchben bis gu 


As der Monghole Kublai Khan gegen Ende bed X Tapriamie: 
über bie Songs Doungfiie den Sieg bavon rag, kam der bes: 
lige König von Cochin Ghina, Ponrou pou la teen!" - 
Jahre 1280, mit Geſandtſchaſt und Iributgefcyenfen zuvor; cefzeax: 
Aufnabene berfelben hinderte ben Kaifer jedoch nicht, wie in Zeongtı: 
fo auch in SodinGyina, Berfude zur Grriktung WRongholiidkr Ir 
Bundle unb Gouvernementteiarichtungen zn madınm. Exr ſchicce, is: 
einer feiner Embaffadeurs *’) dahin 100 Gartifien im Zigerfäuten > 
Naiform), und 1000 mit Goldfdyiben, um gute Wannszud;t zu kein 
und errichtete Infpectionen für bie Bier Meere daſelbſt, mr me 
nicht. one Brund, denn der legte Sproſſe ber Gong-Domaflic, fax ii 
Ghinefifchen Annalen **), war mit feiner Flotte nach Achen iin; 
(Sodin China geflogen, das man von Ghine aus bei gänfligem Mi 
in 15 Zagm erreichen kann Auch bier felgten biutige Krise via 
Projectenz der junge Zhronfolger rebellitte gegen dieſe Grmibrium 
Der berüßmte General des Shineſenherres Sotu, landet mu um 
Zlotte im Hafen von Then tdhing, erobert die Gapitale; bie Riuich 
vertei flieht in die Gebirge, befefligt bie bortigen Burgen mit Sülfe m 
Mobammebaner (7), ermordet durch Gewalt und Lift bie fremden Ga 
keinglinge , bie nicht müde werben mit neuen Derren immer wieber zz 
Ucberfälle zu machen, und auch das Cochin Chineſiſche wie des Zongk; 
meſiſche Land, das ihnen ben Durchgang zu verweigern fucht, za derder 
zen, bie ber Tod Khublais ben Frieden und das alte Iribwtverääh: 
nis an Ghina berbeiführt, 

Als die Ming: Dynaftie feit 1386 ben Thron beflieg, Tünbign 
der Kaiſer biefe neue Begebenheit feierlich dem König Itatahe ven 
den thing oder Godin China an, und lieh in deſſen kande zu Gr 
sen der Genien ber Mälder, ber Berge und Fluͤſſe feierliche Drpfer bria | 
gen, was früher nie gefhehen war. Erſt nach dieſer Geremonie nam 
er bie Hulbigungen des Königs an, machte große Geſchenke, und non 
bafır den Dank ber Godjin Shinefen entgegen. Itataha hatte das 
Gluͤck gehabt, kurz vorher bie Piraten, bie feine Sewaͤſſer beunsutiy 
ten zu befiegen (1373), 20 ihrer Junken als gute Prife gu gewinar, 


see) P. Gaubil Notic. Histor. I. c. T. XN. p. 11: vergl. Histeire 
Generzle de la Chine T. IX. p. —t8 428, 435 — 47. 

*’) Tehinla Foong thou ki, b. Ab. Remus. Noav. Mel. Asiat. T.L 
p- 102. *° ) Mailla Hist. Ges. de la Chine Lc, T.IX, p 32. 








Sodin Chineſiſches Reich, Kambodja- Hiſtorie. 879 


nit 70,000 Pfund eines ungemein Toftbaren Holzes (ob Aloeholz), das 
re dem neuen Kaifer zum Geſchenk machte. Derſelbe Itataha war 
ıber bd6 und verhaßt im Landes er fand, wie meiſt feine Vorfah⸗ 
en und Rachfolger, in Fehde mit Tongking, und biefe fortwährenp 
den verheerenden Kriege beider gegenseitig erbitterten Nachbarſtaaten av⸗ 
teten ſtets in bie furchtbarſten Rachekriege zum größten Werberben beie 
ber Länder und Voͤlker aus. Die vielfach wicherholten Ermahnungen 
der Shinefiihen Kaifer an dieſe beiden, von ihnen feitbem ſtets wie tri⸗ 
butaire Bafallen angefehenen Staaten zum Fricden waren natürlich vers 
gebticdh, und bald neigte fidy dic Wagfchale ihres Geſchickes, wobei auf 
vom Weſten her Kambodjas feindliche Stellung mehr oder weniger 
mit einwirkte, auf die eine, bald auf bie andere Seite. Ge wurbe, 
nad) vielen Kämpfen, endlich durch eine entfcheidende Schlacht König 
EyHao **), von Tongking, im Jahre 1471, auch Sieger, und blieb 
es über Cochin Shi na, deſſen Königshaus größtentkeild ermerhet und 
außsgerottet ward. Vergeblich war das Flehen der Cochin Chineſen Pau⸗ 
tei am Kaiferhofe zu China, um Vermittinng, um Erlöfung, um Neb 
tung aus ter ſchmaͤlichen Gefangenfchaft, Unterjochung und &claverel, 
in ber von nun an dies Küftenland feufzte. Die Shinefifhen Lar 
nalen behaupten ſeitdem völliges Stillſchweigen über biefen zur Pro⸗ 
vinz bherabgefuntenen Nachbarſtaat, unb erft nad einigen Jahrhunden⸗ 
ten tritt er mit einer Reihe von Königen von Tongkineſiſcher 
Abftammung, durch den fiebenten biefer Reihe wie sin Phoͤnix nen * 
zuͤngt aus Aſche und Staub hervor (feit 1774). 


. ©. Die Geſchichte von Kambodja (Tchinla). 


Die aͤlte ſte Geſchichte dieſes Landes vor dem VII. Jahrhunbert 
nach Ehr. Geb. iſt in den Ehineſiſchen Annaley von Funan, 
ober der Suͤdlaͤnder (wozu auch Tongking gehört, enthalten, in wel⸗ 
hen ſich wichtige Nachrichten *0) über die Einführung der Judiſchen 
Gebräuche und ber Brahmanenſchrift in daſſelbe vorfinden, wie - 
über ben Handel der In dier und ber Tha thfin Cd. j. daB dfs. 
liche Bygantinifche Reich, f. Erdkunde Afien Th. 1. S. 210, vergl, 
oben ©. 519, 798, 813 u. a,), längs bem Indiſchen Meere, um biefe 
Geftadeländer bis China, zur Beit ber Dynaftie ber Han. Diefe Funde 
grube wichtiger hiftorifch = geographifcher Forſchungen ift aber bisher nur 
erſt durch den für diefe Studien zu früh entfchlafenen, trefflihen Abe 
Remufat angedeutet, aber richt —— worden, was ar für eine 


.) P. Gaubil Notice Histor. 1. e. T. XIL p. 17. *o) am ı Pian 

Eee Band 89. und Youan kian louß han Band 233 und 234, der 

dnigl. Par. Bibl. n. Abel Remusat Desor. du Royaume de Cam- 
"boge in Nouv.’Melanges Asiat, T. I. 8, 1829. p. 75. 


Dig? 





9860 Ojf. Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſcha. $. 5. 
durqhdringendere Kenntaiß biefes Theile des Drients wur gu bei- 


Die Shineſiſchen Annalen !°') fangen, nad Abel Rı=. 
fats kritifcher Bearbeitung, ber vom Pal. Amiot fdyon Früher, :: 
ter fehlerhaften überfegten Daten, die Notizen über Kambobjz: 
dem Zahre 616 nach Chr. Sieb. an, wo zum erſt en male ber är: 
gehannt wird, ben es an China durch Gmbafladen fenbet. Damals! 
es Tchinla, und wird als abhängig von Funan (die WBerwaltung : 
Kongling) geſchildert, nad) den Annalen wohnte ber bamalige Köniz! 
Bandes in der Stadt Piche na (?) mit 20,000 Bäufern, in de 
Mitte lag die größe Audienzhalle. Man zählte 30 Gtäbte im Ları 
Sie mehrere 1000 Säufer hatten, jede mit ihrem Gouvermenr, bie gl:i:: 
ZFitel wie in Lin y (db. i. Socin Shina) führten. Alle Brei Tage e 
pfaͤngt der König, der einen ausgebilbeten Hofftaat befigt, In ber Ir 
Vienzhalle, auf einem Divan, ber mit 5 Arten Gewürzen, mit 7 Amt 
Edeifteinen geſchmuͤckt iſt; bie Säulen des Pavillons beſtehen aus geisc: 
tem Holze, bie Wände find mit Eifenbein und Goldblumen seidkar* 
ber Anblid iſt prachtvoll. Dahin zu gelangen braucht man zu Ei: 
von Jinan Kiun (ob Genan? Ryan nan Zongling) 60 Tagefahrz 
In Weften bavon liegt das Königreich Ach hi thu Cd. h. retu 
Erde, d. i. Siam), das Koͤnigreich Thſan pan (wahrfdei:iä 
Zfiampe) iſt ihm enge verbunden, aber mit Lin y (db. i. Ges⸗ 
Shine) führt es beſtaͤndig Kriege. Viele der Einwohner, bie Bein m 
Geftalt und dunkel von Farbe, folgen dem Gultus bes Buddha, c= 
dere hängen am Geſetz ber Tao [de (Taou⸗Secte f. oben S. 813); 
beibe errichten den Reifenden Herbergen mit Götterbilbern. — So ker 
esfte Bericht über das Land. - 

Auch unter ber Thang⸗Dynaſtie zahlte Thinle, bad ea 
Kimies heißt, feinen Tribut an Shine; ihr Gtaatwar, nach 713, :5 
in die Mitte des Jahrhunderts, in einen Sees und Lands Staat’) 
getheilt. Dieſer die noͤrdliche Provinz iſt Doll Gebirge und Thaͤler, ſis 
König führt den Titel Tſieĩſkhin und ſandte im Jahre 779 fern 
Bicekoͤnig mit Tribut zum Hofe nach China, mit eilf gezaͤhmten Clieyber 
ten. SIener, ber Seeſtaat, bie füdliche Provinz am Meere bin,'si 
Waſſer mit ber Capitale Pho Lo tipa (d. h. Keſidenz) ſchikte ii 
-gum Jahre 820 ebenfalls Teinen Iribut ein. 








»61) P. Amiot Notice Chronologique zur le Pays de Tchinla (i. e. 
Camboge) extr. des Livres Chinois in Mem. des Mission d, Pe- 

. king T. XIV. Introduction a la Connaissance des peuples gui om 
66 soumis a Empire de la Chine p. 111 — 121; dief. Notice 
ehronvlog. nad; Abel Remusat in Nouv. Mel. Asiat. T. L p. 7 
— 100. 22) Notice chronolog. b. Abel Remusat Nour. Me- 
langes Asiat. T. I. p. 88. 





Sohn Chineſiſches Rejich, RambodjanQifterie. sl 


Auch unter ber Sung⸗Dynaſtie ward er mehrmals eingeſandt⸗ 
te Seſandtſchaften bekichteten, es gebe dort ſehr viele Kriegs⸗Elephan⸗ 
en, das Bolk lebe in 60 Tribus und in eben fo viele Ortſchaften ver⸗ 
Heitt „ man nannte bafeldft einen kupfernen Thurm mit 94 Thuͤrmchen 
ius Kupfer, und 8 Glephantenfiguren von Metall, jede 4000 Yfunk 
viegend, als Wächter dabei aufgeftellt, 

In biefe Periode, gegen Enbe bes XII. Jahrhunderts, "fallen die 
Kriege zwifhen Tchinla und Schan thing (Godin Shina), weis 
Ges lertere von jenen eine Zeitlang erobert bleibt weghalb Tchinla den 
veraͤnderten Ramen Tchanla erhielt. Auch Shfanpan (bi 
Tſiampa), Funan (d. i. Tongking) und einige andere Staaten 
der Halbinſel (wie Tchin li? Teng lieou mei? Phukan?) waren in jener 
Bluͤt heperiode demſelben Staate unterthan. Damals galt das Spriqh⸗ 
wort „reich wie Tchinla“2) bei den Chineſen. Dies ſcheint bie 
Bluͤtheperiode Kambobjas gewefen gu feyn, Die Reſidenzſtadt follte 
70 &t in Umfang haben, der Palaft barin war ungemein prachtvoll, bie 
Zelder waren ſehr fruchtbar, bie Mädchen im Sande verheirathen ſich 
ſchon im zehnten Jahre und färben ſich Stim und Augenbrauen roth. 

Die Geſchenke, welche bie Gefanbten von ba an ben Hof von China 
brachten, waren: Clephanten, Elfenbein, Zapanholg, Pfeffer, gelbes 
Wache, Rhinoceroähörner, Ebenholz, gelbadriges Holz, ber Parfüm 
Thon kiang hoang (f. oben S. 932), Ebdelfteine und Pfauenfebern. Das 
für erhielten fie Laifekliche Patente für den König, ben Ghinefifchen 

Kalender, feibene Stoffe u. a, m. 
| In bie Periode zur Diongholenzeit in die Jahre 1295- bis 1297 faͤllt 
alfo gleich nach Khublais Tode, der Neifebericht*) be (namenlos 
gebliebenen) Chineſiſchen Geſandten, der an ben damals glaͤnzen⸗ 
den Hof von Schinla geſchickt ward, in demfelben Zahre als Marco 
Polo aus Zaitun über ZBiampa (f. oben ©. 934) durch Indien nach 
Europa zurüdtehrte, und beide Meifende hatten, wie Ab. Remuſat 
bemerkt, wol damals von ihrem Gebieter verwandte Miſſionen, gleiche 
politifche Intereffen, vielleicht daß ſeibſt beide fich auf ihrer Wanderung 
gegen Weften begegneten.. Mir beben aus dem Bericht des Chineſen, 
der und einen Blick in bie Mitte eines wieder verſchwundenen Hintere 
Indiſchen Sulturftaates vergönnt, folgende merkwuͤrdige Daten über das 
Land Tchinla hervor, befien einheimifher Name Kan phutchi 
d. i. Kambobja, durch ihn zum erſten male genannt wird, 
De Embaffadbeur fdiffte *°) von. einem SHafenoste Wen 





29 Notice ahronglag: l. c. p. 90. 54) Tchin la Foung don ki, 
d. i. Beſchreibung des Landes Zfchinia b. Abel Remusat Nour. 
Mel As. T. 1.1 c. p. 100 - 151. 5°) Tchinla ann ki, 
& & D. p . 101 — "103 





982 Oſt-Aſien. Hinter-Jwdien. IE Abſche. & &. 


tſcheon (?) der Küfe Ifhe kiang (j. ob. S. 701) ad, mad 3- 
sfhing (SodhinGhina), mo er am 1ätm Tage des drittem T. 
landete. Dur witrige Binde aufgehalten, largte ee af im 77 
Monate zum Ziel. Er lantete in der Küfen- Provinz Kamt::: 
weiche Ich ha nam heißt, wo man bie Barken wechſetlt, und »en!: 
10 Tagen viele ſcichte Stellen firomaufwärts dardidyiffend® bie ©:: 
tale des Landes erreicht. 
: Die Gapitale von Kambobja (Kan pbu ti im 5: 
4295 wol da, wo gegenwärtig Pontaipret eder Caunmef lag ı 
 Rarke Stunden (30 Bi im umfang habınz 5 deppelte There, Gr: 
Wälte, große Bräden umgeben fie. Die große Bräde kat auf: 
Seite 54 Idole Yon Stein, fehr große Etatum, Feldderru glcich zä >| 
genden Minen. Die Brücenbogen find von Strin, figurirt, mit Ei: 
gen, de 9 Köpfe haben. Jedes jener 54 Idole hält eine Schlange. 
der ben Gtabtthoren find große Baddbakdpfe in Stein gebauen, :: 
8 Geſichtern, die gegen Weſten ſchauen, das mittlere trägt eine Gert:z 
Yu beiden Seiten der Thore find Elephantenſculpturen. Au tr = 
Bern Städte haben Steingebättde und Steinmauern, auf deren t!:- 
man oͤfter Tegulde gepflangte große Bäume ( Kouanglang) wahrer = 
In einen Gegend iſt ein Goldthurm erbaut, und umher 20 Sceiate. 
end über hundert Steintaͤuſer Imol jene pyramidalen ZTempeldautn M 
Buddhacultus wie in Ava), alle gegen den Oſten gekehrt Au zu 
GSoldbruͤcke ift bier, mit golbenen Löwen unb das Palais des Kin: 
vol Goldreichthum (die Goldverſchwendung in bicfen Hmit-" 
ſchen Reichen ift bis heute für Bauwerke, wie 3. B. zum plattirem de 
Daͤcher und Ornamente aller Art, jumal aus den Ava-Reftdenier de 
kannt). Auch die Häufte der Prinzen und Mandarinen find a::5 m 
weitläuftig, aber fie find alle mit Stroh gedeckt "An einem Ex sl 
man einen Fiegenden Burdha, aus deſſen Nabel eine Quelle hernart;:a 
deit (ſ. oben S. 351. Der Könfg des Landes trägt eine Krort 2 
Wold mit Perlen und Diamanten, dfe Füße und Hände vol Ringe ::: 
HOpale, er geht barfuß, feine Zußfole iſt roch gefärbt; nur er kat ‘3 
Vorrecht fein Haupt mit geftidten Züchern zu ummwinbern. Die Dis 
darine feines Hofes find wie in China In Glaffen getheilt, doch daden & 
andere Titel und Vorrechte, wie die Abzeichen goldner Palankine, 1,3 
Oder 4 goldner Sonnenfchirme, oder nur filberne, die Don Chineſiſee 
rother Seide gefertigt find u. a. m. Sie find deeierlei Riga 
ergeben, die Pankin(?) oder Me Buddhaprieſter, Ichoufon, do 
zeh Schrift auf Palmblaͤttern, * die der Zao Be, welche bier Pa 
föe beißen. 
Das Bott iſt haͤßlich, dunkelfarbig, doch ‚giebt es unter den Fraucı 
auch Schöngeiten, heilfärdig, fagt ber Chineſiſche Embaſſadeur, wie 3:% 
pis (der freilich gewoͤhnlich ſehr dunkel ift?). Der König hat 5 Frauea 








/ 


Cowin Cpinefifches Reid, Kambpdja-fifierit 983 


> 3000 bis 5000- Gonubinm; diele gehen nie and, parfümisen: hdh 

> Santal, Moſchus u. a, m Die Töchter ber Reichen verheirathen 

ſchon ing 7 bis 9ten, die der Aermern erſt im. 11ten Jahres. vor ber ı 
@ findet: bie Sntweihung ber Jungfrauſchaft burch bie Prieſter als. 
Rbmmticher Gebrauch ſtatt. Bhre Sitten ſind rohr sum Sclapens 
e.rı ft kaufen die Reichen ſich 10, 20 dis zu-200 MRihhR, aus ben be⸗ 
&hbasten Wüften und Gebirgen. Dieſe Wilben.AA*) nennt man 

bung (cW. h. Hunde), Wenn man fie in bie Stadt führt, wagen 

‚irn ten Haus zu treten, auch bürfen fie mar in dan untern Theilen 

wfelben fach ſehen lafien. Ihre Hexen, die fie. arhandein, nennen fie 

ato (pater) ihre Gebieterin Mi (mater), den Deſtrafungin unters 

erfen fie ſich ganz demuͤthig. Niemand vermiſcht ſich mis ihnen; fie 

elten für.unrein, den einmal ˖ Entlaufenen legt man. er Ringe um _ 

ats: md "Arm. 

Die Sprache der Konppu ti tft verfjieben; - don der ber Gochin 
jhineſen und Siameſen, von benen beiden fie nicyt verſtanden werden 
Pater Alex. de Rhodes Diction. Annamiticum ſagt das Gegenthell, 
& wuͤrde die Anameſen Sprache nicht blos in Tongking mb 
Lochin China, ſondern auch ip den Nachbarlaͤndern von Sliempasn 
Kambeia, &ao, Siam verftanben, und in Kaobang). Fr 

Bon dem großen Kambodja .Strome*?), beflen Namen er je⸗ 
body nicht nennt (ſ. oben ©. 945), ſagt ber Embaſſadeur, daß er große 
Plainen voll dichter Waldungen burchziehe, in viele breite Arme getheilt 
ſey, die fih nad) allen Seiten mehrere 100 Si weit. verbreiten. Die 
Waldungen voll alter Raumftämme, Kletterpflanzen, dichte Gehege feyen . 
unzugänglic für den Menfchens man höre daſelbſt nur das Geſchrei der 
Voͤgel und der Quadrupeden. Hie und ba zeigen ſich gelichtete Stellen, 
mo Viehheerden weiden, aber kein Sulturland, Bambuswaldungen ziehen 
ſich hindurch. Das Land von hohen Gebirgen auf 4 Seltin, umgrenzt, 
ſey voll Elephanten und Rhinocerosheerden, voll feltnee Wögel und Tofts 
barer Holzarten, und an vielen Producten rei. Die nafle Bahresgeit, 
vom Mai bis October, ſchwelle alle Fluͤſſe fo Hoch an, daß äfter 

die Wipfel der Baͤume im Wafler ſtehen, und die Landbesbewohner füch 
auf bie Derghothen zuruͤckziehen muͤſen; vom Rovember, bis April 
dagegen, in ber trocknen Jahreszeit, werben die Fluͤſſe jo ſeicht, daß fie 
nur no für Heine Barken fahrbar bleiben. Das Land wird ohne Pflug 
und Hade, ohne Dünger bearbeitet, und ‚bie Ausſaat gebeiht von felbft 
ſchon unter dem Waſſer hervor. 

Dies Land Tchinta oder Kambobdja befteht aus 90 Provinzen 
ober Diftricten, deren jede ihren Commandanten hat; die Ehinefts 





180) Tchinla Foung thou ki, Le in Abel Remusat Mouv. Mel. 
Asiss T. I. p. 119. 22 ebend. T. 1. p. 131. 


972 Of-Afen. Hinter Indien, II. Abfchn. $. 84. 


Der Belagerung der Stadt Quinhone. Die Cochin Chinefifd: 
Sprache hat bis jetzt noch keinen genaueren Forfcher befchäftigt, 
wie dies gang kuͤrzlich mit Ihren weſtlichen Nachbarſprachen dee 
Fall war. 


Anmerkung. Die aͤltere Geſchichte von Tongking, von 
Godin China und von Kambodja, nach den Annalen 
ber Ghineſen. 


Der Zuſtand ber drei gefonbesten Königreiche, welche gegenwärtig 
das Eine CGochin Chineſiſche Reich bilden, erhält aus den Annas 
ken der Shinefifgen Geſchichte einige Erläuterung, welche bie 

‚Gegenwart deſſelben, in feiner innern Abhängigkeit von Ghina unb 
ben Nachbarn nachweifen. 


a, Die Gefhihte von Tongking, nah Epinefifhen 
Annalen. 


Das Kinigreid Tongking (Nankiao, Vnetchang der 
aͤlteſten Zeit, das den Namen Kiaotſchi vom Kaiſer Hia Wuti erhal⸗ 
ten haben fol, weil deſſen Einwohner die Fußzehen 120) kreuzweis 
Abereinander liegend Haben) wird ſchon 200 Jahre v. Chr. Geb. 
von dem Chineſiſchen Kaiſer Wutt **), dem fünften der Han-Dpnas 
fie (f 06. &. 762), als eine Shinefifche Provinz in brei Dis 
ſtricte getheitt,, welche bie Namen 1) Kiaotchi mit der gleichnamigen 
Stadt (jept Kecho, f. ob. S. 90), 2) Kieoutching mit ber Stadt 
Zfinghoafu und 3) Genan mit der Stabt Kouang nan fu am ber 
Südgrenze bed Weihe führen. Gpäterhin erhielt Tongking, im SI. 
679 n. Ehr. Geb., nach Shinefifcher Sitte, von ber Tang⸗Dyna ſtie 
den neuen Namen Gannan, kam aber in ben folgenden Jahrhunderten, 
wie ſchon oben geſagt if, als Provinz in die Bewalt ber Piloko 
Könige von Puͤnnan in Za lifu (f. ob. S. 733), unb erlitt mans 
cherlei werhfelnde Schidfale, bis e8 nadı dem Sturz ber Tang⸗Dy⸗ 
naftie, im 3. 907 n. Chr. Geb., fi von Chinas Supremat losriß. 
Sn Anarchie verfallend, ward es, als Beute, ben Ufurpatoren der eins 
heimiſchen Familie ver Zing zu Xheil, die ſich durch Zribkt an 
Shina zahtend auch deſſen Anerkenntniß unb den Titel Kun Bang (Rs 
nig vom en Rang) zu verſchaffen wußte. Aber nicht lange, fo tritt 
der König Li dien te ſchon wieder (im 3, 1075) in Krieg gegen Ghina 





*°#) Mailla Hist. Gen. 1. c. T. IX. p. 420. »5) Pat. Gaubil 
Memoire Historique sur le Tongking extr. des Livres Chinois in 
. Bist. Gen. de la Chine. Paris 1783. 4. T. XI. p.19—60; berf. 
— Edibantes Nouv. Ed; Paris 1781. 8. T. XVI. p. 270 


Cochin Chineſiſches Reich, Tongking⸗Hiſtorie. 973 


auf, und dringt bis Kuangfl vors Ghinefifche Heere raͤchen die Verwuͤ⸗ 
fung, und verbeeren das Land bis zum Bu leang kiang (fo heißt in 
den Annalen ſtets der oben genannte Sangka, f. oben S. 920). Rach 
vielen Fehden wird ber Friede im folgenden Jahrhundert vermittelt, und 
Likientfo wird im Jahre 1164 ald König von Gannan (Ngan⸗ 
nan) vom Ghinefifchen Kaifer anerkannt **), deſſen Herrſchaft aber bald, 
durch Erbſchaft, an ein anderes Haus, an bie Dynaftie ber Tchin, 
auch ein Tongking Geſchlecht, überging. Nun aber brach bie Mons . 
aholeggewalt auch in TZongEing einz nad dem Feldzuge gegen Mien 
(im Sabre 1272, f. oben ©. 735, 746) rüdte der Mongholen General, 
Houleang hotai, ploͤtlich, nach Beſetzung von Yünnan, auch in dies 
ſes Land bis zum Fuleang kiang (d. i. Songla) vor, den ee in 9 
eiligen Zagemärfchen erreichte, und die LandessCapitale, im Jahre 1275, 
damals Zongtu (d. i. Tongking, das jegige Kecho, am Suͤdufer 
des Stromes) gänzlich zerftörte, alle Bewohner maffacrirte, dann aber 
wegen ber großen Hige zurüdeilte, um mit feinem Heere In Kuangſi zur 
Herresabtheitung Khublai Khans, in Suͤd⸗China, zu floßen, auf 
befien Eroberung es damals gemünzt war. 

Nach dem erfien großen Schreden, ber bas ganze Land erfchütterte, 
unterwarf fich jebocdy der junge König von Zongling, Zchin koua⸗ 
hing mit Namen, im Sabre 1277, den neuen Gewalthabern. Als aber 
barauf der energifhe Khublai Khan, die Tributzahlung auf jede 3 
Jahr in Gold, Süber, Cifenbein, Rhinoceroshorn u. ſ. w. beflimmte, ' 
ihm anbefaht geſchickte Mebieiner, Aftronomen, Mohammebanifche Kaufs 
Leute, Schreiblünftier und eine Landkarte Tongkings in China einzus 
reichen, und bie Aufnahme eines Mongholifchen Großen als kaiſerlichen 
Gommiſſar und Refidenten (ald Zaloua), am Hofe zu Tongking vers 
langte, gerieth er von neuem in Schredenz ftarb jedoch bald... Gein 
Sohn und Nachfolger Tchin ge hiven wagte es, im naͤchſten Zahre 
ſich dem Durchmarſche eines Mongholenheeres, das zur Eroberung von 
Cochin Ehina beftimmt war, zu wibderfegen, und fo braden bie brei 
FZeldzuͤge Khublai Khans über Tongking los, von benen fon ' 
eben (f. ©. 734— 735) die Rede wars ihre Geſchichte haben die Ans 
nalen 27) verzeichnet. Das heiße, für Mongholen unbefiegbare Clima 
und bie Zapferteit der Zonglinefen, zwang bie Taiferlichen Heere, jebess 
mol, mit großem Verluſte zum Ruͤckzugz die Unterthanen baten den 
Kaiſer felbft, jene abenteuerlichen Keldzüge in bie Fremde (0b. ©. 782) 
aufzugeben, deu König von Tongking bot die Hand zur Verſoͤhnung, 
indem er als Gieger bie Mongholifchen Gefangenen und Kranken, bie in 
feinem Bteiche zuxuͤckblieben, — wohlwollend behandelte, und nach 
— 


se) P. Gaubil Mem. Bis sar le Tongking Let xu p: 22, 24, 
37) ebend. p 27— 33 


N 


974 Oft-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abfchn. $. 84. 


der Genefung frei mit den Waffen heimfandte, auch als Zribut ce 
Statue von Bold dem Kalferhaufe gelobte. Nach beiber Tod (This 
gehiven ftirbt 1290, Khublai Khan 1294) wurbe ber Friede 
hergeftellt, und biefer dauert bis zu Ende der Mongholens Dunaftie, zum 
Sabre 1368, Die Tongking Könige wurden als ſolche von Gt: 


. anerkannt, dafür ſchickten fie ihren Tribut, d. 5. ihre geringen Gefchern 


regelmäßig bei Hofe ein. Damals, fagen die Shinefifchen Anne: 
gen, hatte Tongking 13 Departements, mit 52 Staͤdten dom erfte, 
und 219 Städten vom 2ten und 3ten Range. 

Auh unter der MingsDynaftie, feit 1368, ſendet Zongkias 
feinen Tribut und empfängt dagegen den Chinefifchen Kalender, wie aud 
Gochin China, Siam, Korea und unbere Rachbarftaafen. Di 
Estreitigkeiten, welche zwiſchen Zongfing und Cochin Shina entflanden 
waren, fuchten bie Ming- als die Friedensſtifter beizulegen. Da tritt, 


in Tongking, gegen das Jahr 1400 '?*), der Königämörber Li kili 
auf; der das Geſchlecht der bisherigen Tch in Könige vernichtet, und als 


Ufurpator die Königsgewalt an fi reißt. Nur zwei Sproffen an 
dem Stamme der Thin flohen nah China und Laos, umb fichter 
um Beiftand, der ihnen auch zu Theil ward, obwol fie ſelbſt den Se 
winn deffelben nicht erlebten. Das Chineſiſche Eaiferliche Heer brinst 
auf zwei Straßen, aus Yuͤnnan und Kuangſi, unter den tapfern ®e 
neralen, Thangpu und Moudin, burd die Grenspäfle und Ge 
birgsengen in Tongking, im Sahre 1406 ein, beſiegt die Neben 
und ftelt ſchon 1407 den Zrieben in Zongling ber. Da aber fein 
Sproffe der Thin: Dynaftie aufgefunden ward, den man als rechtmaͤ⸗ 
Bigen Erben Auf den Thron von Tongking hätte inftalliren fünne, 
fo hielt man es für rathfam, bas Königreich unter Einſetzung bes Ghine⸗ 
fen Thangpus, ald Generalgouverneur, in eine Provinz bes Shi: 


. nefifhen Reiches zu verwanden. Go erhidt Tongking feine 


ganze Einrihtung auf Ehinefifhen Fuß, feine Zribunäte, 
Mandarine, Gouverneur von 3 Glafjen, feine Einnehmer, Truppen, 
Sommanbeure, Zeftungsceommandanten, feine Intendanten der Heerfiras 
fen, der Flotten, des Handels; 7000 junge Tongkine ſen wurden an 
den Kaiferhof nad China gefandt, um dort Ehineftihe Bildung aller Art 
für ihre Heimath zu gewinnen. Der Kaifer, überfühte Tongling mit 
Wohlthaten, penfionirte die Wittwen und Waifen, male den Golbaten 
reiche Geſchenke, belohnte die freuen Anhänger, die fi) vor den Rebellen 
in dad Gebirgeland gegen Weit“ zurückgezogen hatten, chrte "bie 2. 
mäler der Tchin, und der neue Vicekdnig Eihangpu überreichte, 
Jahre 1409, feinem himmiliſchen Kaiſer bie Landkarte von Kon = 
Ting, nebft der Lifte der Einwohner und bem Berzeihniß 
— — — 
138) P. Gaubil Mein. Histor. I. c. T. XII. p. 4l — 44. 





Cochin Chinefifches Reich, Tongking⸗Hiſtorie. 975 


von alle dem, mas er bafelbft vorgefunben hatte. Nach diefer Lifte 2°) 
wird die Ginmohnerzahl berechnet, auf 312 Duan Familien; jedes 
Duan zu 10,000; alfo 3,1%0,000 Familien; zu jeder Kamilie 3 Per⸗ 
fonen gerechnet, würde 18,720,000 Individuen geben (die Angaben in der 
Ehinefifhen Geſchichte bei De Mailla weichen davon fehr ab *°,, Auch 
werben eben fo 23 Duan und 5900 Ochſen, Pferde, Elephanten u. a. 
aufgeführt, auch 8670 Schiffe und Barken u. a. m. Cs jft dies die 
erfte Statiftit von Tongking Der Einfluß ben Ehina, Chinefifche 
Herrſchaft, Sivilifation und Eultur wie Literatur auf Tongking audges 
übt bat, wird durch diefe Hergaͤnge hinreichend erflärlidh. 
Auch ift aus jener Periode die ältefte Landkarte von Zongs 
Ting genannt, deren Nachbildung unftreitig in der freilich etwas fpäter 
unter Kaifer Kia Zfing (er flirbt im Jahre 1667, f. oben ©. 898) 
für bie Ehineſiſchen Annalen umgearteiteten Zeichnung?) 
derfelben, uns jedoch in 2 Blättern aufbewahrt ward, aber von den bis⸗ 
herigen Kartenzeichnern überfehen worden ift, für jene hiſtoriſche 
Periode jedoch fehr Iehrreich bleibt. Der Chinefifche Geograph Tcho uch e 
hatte, 1314 bis 1320, zu allen Provinzen des Mongholiſchen Kaiferreis 
ches einen Atlas gezeichnet, an deffen Ausarbeitung bie vielen Gelehr⸗ 
ten, Mathematider und Andere, die fi aus Balkh, Samarkand, 
Bohara, aus Perfien, Arabien und Eonftantinopel am 
Hofe der Mongholen Kaifer befanden, vieles beigetragen haben mögen. 
Kaifer Kia fing ließ bei einer neuen Ausgabe beffelben, auch die 
Landkarte von Tongking hinzufügen ‚ die er nach berfelben Mes 
thobe zu verfertigen befahl. Sie ift in Duuabrate jedes zu 100 & lang 
und breit (300 & — 2 Lieues marines) getheilt, davon je 3, ber Länge 
wie ber Breite nach, einem Aequatorialgrad gleich find. Hienach ift da⸗ 
ferbft die Lage von Zongking, ber Reſidenz nach Reduction beflinmt, 
auf 103° 56° DO.2. v. Paris, und faſt 21° N. Br. angegeben. 
Aber jene Ruhe unter Chineſiſcher Schirmherrfchaft war nur fcheins 
bars ben Zongktinefen war der Verluft eines felbftfiändigen Koͤnigs⸗ 
baufes unerträglis Unruhen und Fehden traten überall hervor, bie 
Nachbarſtaaten Cochin Ehina und Laos unterftüsten bie Rebellenhaͤupt⸗ 
linge; fie wiederholten fich ein ganzes Sahrhundert hindurch in Kämpfen 
mit den Ghinefen, bis e& dem ſchlauen Ufurpator Lili gelang (1422) 
unter dem Scheine eines jungen Sprößlings des alten Haufes ber Thin 
fich ſelbſt die Souverainität zw erringen. Gr warb unter dem zit 





9j p. Gaubil Mem. histor. ete. I. c. T. XI. p. 45. De 
Mailla Annales de la Chine in Hist. Gen. etc. T. X. 
166. *1) Eelaircissemens sur les Cartes du ——— ebſt 


2 Cartes in Lettres Rdifiantes et cur. Nov. "Edit. Paris 178I. 8. 
T. XVI. p. 335 — 337, 








976 HftAflen. Hinter Indien. I. Abſcha. $. 84. 


des Tite), d. h. Souverain, Gründer einer neuen Tongkine⸗ 
ſiſchen Königs-Dynaftie, gab feiner Reſidenz Tſing Hiaofı 
ben Zitel Situ, d. h. Weſt⸗Reſidenz, der Gapitale Kiaotdyeor 
aber den Zitel Tong tu, ober Tongking (bei Ghineſen), b. d. dw 
Dſt⸗Reſidenz, und feitbem warb aud das Königreich Ngan nee 
(Sannan) mit dem Namen Königreih Tongking belegt. De 
Haus der Lili oder Li Könige behauptete den Thron3 ber kriegen 
ſche Nachfolger König Lihao 1468 — 1471, madıte fi feinen Nad- 
barn in Cochin China, Yüännan, Santon furchtbar; er verheert 
ganz Laos, deſſen Koͤnigshaus er vernichtete. Doch entfloh ein Pricz 
der Laos in das Land ber Pape (ſ. oben ©. 762, 764), vor 
Yünnan abhängig war, und von biefen wurde Lihao mil grofem 
Verluſt aus dem Gebirgslande zurükgeworfen. Cochin China abe 
war er im Stanbe burd) ſtarke Klotten, zumal auch burd) den Beiſtand 
von Malaccas Schiffen, gegen die Ghinefen, die ben Gochin Chinefen ber 
guftehen verfuchten, zu entreißen und als Provinz zu behaupten. 

Bieler innerer Yarteiungen ungeachtet behaupteten ſich bie Li auf 
dem Throne, und wurben, ba fie ihren Zribut an China ſtets regulär 
einlieferten, auch von der Mandfchu = Dynaftie als Könige anerkannt, und 
mit Diplomen verfehen. Kaifer Kanghi **) verftanb es aber, dar 
habfüchtigen, die ihre Grenzen gegen China gern zu erweitern verfud- 
ten,. frühzeitig ihre Grenzen gegen das Ghinefifche. Gebiet feftzuftckn 
(1683). Khanghis Sohn, Kaiſer Yong thing verlich im J. 17%, 
dem König Li ouai tao von Tongking ber Tribut ſchickte, die Sa 
veftitur, und fandte ihm 4 Ehinefiihe Charaktere cigenbänbig zu feinen 
Ehren gefchrieben, zu, und felbft unter Kaiſer Kien long blieb dad 
gute Wernehmen des Kaiferhaufes mit den Li Königen von Zong 
Bing, die auch, wenn ſchon nur nominal, bie Herrichaft über Gochin 
China behaupteten, bis zur evolution 1774, mit welcher das Godin 
Shinefifhe Reich bie Obergewalt uͤber Tongking davon zu tra 
gen begann, das nachher nur eine Provinz biefes jungen Kriegerflaates 
wurde. 


B. Die Geſchichte von Cochin China (Go then tching *) 
nah Ehinefifhgen Annalen. 


Dreihundert Jahr vor Ehr. Geb, war GohinChina wie Tong⸗ 
Bing, noch unbefannt, von Wilben bewohnt, ohne Gefege, ohne Che, 





162) P, Gaubil Mem. histor. 1. c. T. XII. p. Sl... 22) ebeub. 
p- 60. ««) P, Gaubil Notice Historique sur la Cochin Chine, 
extr. des Livr. Chinois in Histoire Generale de la Chine Para. 
4. 1783. T. X. . 3 — 18; ſ. d. Lettres Edifiantes Nourv, Bd. 


Lg 


Cochin Chineſiſches Reich, Hiſtorie 9 


ohne Schrift, Seitdem aber Tſchin Schihoangtt (f.cb. 8.819, 161), 
im S. des Ranking feine Gotonifationen beginnt, tritt auch diefes Green! 
und Küftenland hervor, und wirb durch Shinefifche Anſiedlung aller att 
bevötfert, cultivirt und bebaut. Weide werden als zum Gouvernement von 
Sauͤd⸗Ehina (Provinz Eanton) gehörige Provinzen betrachtet, deren ſuͤdlichſte 
das Heutige Cochin Ehina den Namen Tiny führt, und anfänglich das 
Schickfal ihrer nördlichen Nachbarn theilte. Nur aus den Marfhrouten 
der GShinefens Heere werben biefe Länder befanntz aus ihnen geht jedech 
hervor , daß fie fon im 3. 42 n. Chr. Geb., gegenfeitig unter fich im 
Süden des Hauptfiromes, des Songka (damals Fu Lrang Klang 
genannt), eben fo geſchieden waren, wie fie «8 auch in der Kolgezeit bis 
heute biieben (f. oben S. 919), Der Chineſiſche Feldderr Mayuen 
ließ dafelbft zwei Kupferfäulen als Grenzſteine feftftellen. Nach dem 
Berichte dieſes Feldherrn, der den Ghinefen großes Anfchen in jenem. 
Gebieten /zu erhalten wußte, ift er es, ber jene Grenzpaffage ges 
bahnt hat. Er fand zwifchen dem heutigen Hing hoa fu (d. f. in 
Sin hoa In Cochin Ehina) und Kouang nan fu (b, 1. in Konge 
Ting) fehr ſchwierige Wilbniffe, deren Wälber er umbauen ließ, durch 


weiche er dann bie Wege bahnte. Die Ghinefifhe Oberhoheit dauerte, . | 


mit großem Uebergewicht, biß über die Mitte des dritten Jahrhunderts 
nad Chr. Geb, fort, und war hinreichend auch der ganzen Givilifation , 
Cochin Ehinas das Chineſiſche Gepräge zu geben. Im Jahre 
263 befreit ein Großer im Lande, Kulien, ber bei Chineſen ein Nee 
belle heißt, fein Raterland vom Joch ber Ghinefen, und nennt feine 
Herrſchaft das Königreih Lin y, das mit manchen Innern Kaͤm⸗ 
pfen, ſich doch auch nach aufen durch reguläre Tributfendung nad) China, 
vor ben vielen wechfelnden Dynaſtien jener Nachbarherrſchaft zu fchügen 
weiß, bis jener Plünderungszug bes goldgierigen‘ Kaiſers der zweiten 
SouysDynaftie, Yangti, eintritt, in deſſen Folge die Reſidenz mit ih⸗ 
ren 18 goldnen Ahnentafeln geplündert wird, und Tchen, ber Seeha⸗ 
fen, Echentching, bie neue Refidenz, den Ramenswechfel bed Reiche io 
Cochin China herbeiführt (feit 806) wovon oben ſchon bie Rebe war 
(f. od. &. 954). Hierauf ift eine große Lücke in den Ghinefifchen Ans 
nalen *°) über die Cochin Shinefifhe Geſchichte. 

Im Jahre 1166 bis 1170, wird ein thätiger König Ifeou pana 
von Gochin Shina genannt, dem ed darum zu thun ift, feinem Volke ei⸗ 
nen Verkehr mit China zu eröffnen; er wählt bazu die Inſel Hainan 
nicht unpaffend als Mittelftation (f. ob. S. 881)5 aber feine Handels⸗ 
agenten werden bort zu Piraten (wol in dem Sinne, wie «8 tie Por⸗ 
tugieſen und andere Guropder f. oben ©. 827 2c. 891) zuruͤckgewieſen, 
und obwol ber König jeden Schaden zu exrfegen bereit war, wurde ihm, 





45) P, Gaubil Notice Hisr. l. e. m XIL p. 10. 
‚Ritter Erdkunde IV. j Qgg 


L 


978 Dft-Mifien. -Hinter-Sadien, II. Abſcha. $. 3. 


dem Yrembling, body jebee Zugang gu China verſagt. Gr werke ſit 
nun als Groberer gegen TIchinla (b. i. das Königreich Kamberj: 
:ba8 ee durch Verheerung fo zur Rache aufreist, daß Fehden bid gun 
Ende des Jahrhunderts zwiſchen beiben Grenz ſtaaten und teilmeift 6: 
oberung Cochin Ehinas durch Kambodja bavon die traurigen Folgen fin 
As der Monghole Kublai Khan gegen Ende bes XIII. Jahrhunda. 
über die Songs Dyngftie den Sieg dadon trug, kam ihm ber dam 
lige König von Cochin China, Po veon pou la theou'*'“' u 
Sabre 1280, mit Gefandtfhaft und Tributgefchenfen zuvor; ehrumm! 
Aufnahme derfelben hinderte den Kaifer jebody nicht, wie in Zonglis: 
fo auch in Cochin China, Verſuche zur Errichtung Mongholiſchtt Zr: 
bunaͤle und Gouvernementseinrichtungen zu machen. Gr ſchicte, fa 


einer feiner Embaſſadeurs 7) dahin 100 Gardiſten im Tigethaͤuten ik 


Ainiform), und 1000 mit Goldſchilden, um gute Mannszucht zu halte, 
und errichtete Snfpectionen für bie Vier Meere daſelbſt, und wi 
nicht. ohne Grund, denn ber legte Sproſſe ber Songs Dyneflie, jagen die 
Chinefifchen Annalen *°), war mit feiner Flotte nach Tchen tdins 
¶ Cochin China geflohen, das man von Ghina aus bei günfligem Bak 
in 15 Zagen erreichen Tann Auch bier folgten blutige Kriege hide 
Projecten; der junge Thronfolger rebellirte gegen dieſe Graidrigm 
Der berühmte General des Chineſenheeres Sotu, landet mit cu 
Flotie im Hafen von Tchen thing, erobert die Capitale; bie King 
partei flieht in die Gebirge, befeftigt die dortigen Burgen mit Hülft fr 
Mohammebaner (?), ermordet durch Gewalt und Liſt bie fremden Ca⸗ 
dringlinge, bie nicht müde werben mit neuen Heeren immer wirder aut 
Ueberfälle zu machen, und auch das Cochin Ghinefifche wie bed Zeug 


neſiſche Land, das ihnen ben Durchgang zu verweigern fucht, zu mh 
zen, bis der Zod Khublais ben Frieden und das .alte Iributmerhis 


niß an China herbeiführt. 

As bie MingsDynaftie feit 1386 ben Thron beftieg, kündigt 
der Kaiſer biefe neue Begebenheit feierlich dem König Itataha me 
Zchen thing oder Cochin China an, und ließ im deſſen Lande gu Ob 
sen der Genien der Wälder, der Berge und Klüffe feierliche Opfer bru⸗ 
gen, was früher nie geſchehen war. Grft nad biefer Ceremonie na 
ex bie Huldigungen bes Königs an, machte große Geſchenke, und naha 
daflır den Dank ber Cochin Shinefen entgegen. Stataha hatte du 
GSluͤck gehabt, kurz vorher die Piraten, die feine Gewaͤſſer beunsußy 
ten zu befiegen (1373), WM ihrer Junken als gute Prife gu gewinnen, 





see) P. Gaubil Notic. Histor. 1. c. T. XII. p. 21; vergl, Bist 


Generale de a Chine T. IX. p. 414 — 422, 428, 435 — Hl. 
42) Tehinla Foong thou ki, b. Ab. Remus, Nour. Mel. Atiat. T.L 
p- 102. *°) Mailla Hist. Ges. de la Chine I. c, T. M. p. 34 


Cochin Chineſiſches Reich, Kambodja-Niftorie. 079 


mit 70,000 Pfund eines ungemein toftbaren Holzes (ob Aloeholz), das 
er dem neuen Kalfer zum Geſchenk machte. Derſelbe Itataha war 
aber bd8 und verhaßt im Landes er ftand, wie meif feine Vorfah⸗ 
ven und Nachfolger, in Fehde mit Tongking, und dieſe fortwähren _ 
den verheerenden Kriege beider gegenseitig erbitterten Nachbarſtaaten ang 
teten ſtets in die furchtbarſten Rachekriege zum größten Verderben beie 
ber Länder und Völker aus. Die vielfach wicherholten Ermahnungen 
der Shinefifchen Kaifer an diefe beiden, von ihnen feitbem ſtets wie trir 
butaire Vaſallen angefehenen Staaten zum Fricden waren natürlid vers 
geblich, und bald neigte fich dic Wagſchale ihres Geſchickes, wobei auf 
vom Weften ber Kambodjas feindliche Stellung mehr oder weniger 
mit eimwirfte, auf die eine, bald auf bie andere Seite, Bo wurde, 
nach vielen Kämpfen, endlich buch eine entfcheldende Schlacht König 
eyhao *°) von Tongking, im Jahre 1471, auch Sieger, und blieb 
es über Cochin China, deſſen Koͤnigshaus größtentheils ermordet unb ' 
ausgerottet ward, Vergeblich war das Flehen der Cochin Chineſen Pau⸗ 
tei am Kaiferhofe zu China, um Bermittinng, um Erlöfung, um Net 
tung aus der ſchmaͤlichen Befangenfchaft, Unterjochung und Selaverei, 
in der von nun an dies Küftenland feufzte. Die Chineſiſchen Au 
nalen behaupten feitbem völliges Stillſchweigen über biefen zur Pros 
vinz berabgefuntenen Nachbarſtaat, unb erſt nach einigen Jahrhunden⸗ 
ten tritt ee mit einer Reihe von Königen von Tongkineſiſcher 
Abftammung, durch den fiebenten dieſer Neihe wie ein Phönix nen Dre 
Jüngt aus Arche und Staub bervor (feit 1774). 


. ©. Die Geſchichte von Kambodja (Tıyinle), ı . 


Die Altefte Gefchichte dieſes Bandes vor bem VII. Sahehunbeng 
nach Ghr. Geb. iſt in den Ghinefifhen Annaley von Funan, 
ober ber Suͤdlaͤnder (wozu auch Tongking gehört, enthalten, in wel⸗ 
hen ſich wichtige Nachrichten *0) tiber die Einführung der Sndifhen 
Gebraͤuche und der Brahmanenſchrift in daſſelbe vorfinben, wie - 
über den Handel der In dier und der Tha thfin (d. I. das dſt⸗ 
‚Ude Byzantiniſche Reid, f. Erdkunde Afien Th. I. &. 210, vergl. 
oben ©. 519, 798, 813 u. a.), längs dem Indiſchen Meere, um biefe 
Seftadeländer bis Shina, zur Beit bee Dynaftie ber Han. Diefe Yunbe 
grube wichtiger hiftorifch = geographifcher Forſchungen ift aber bisher nur 
erft durch den für diefe Studien zu früh entfchlafenen, trefflihen Abel 
Remufat angebentet, aber richt a a morben, was wir für eine 


i 





— P. Gaubil Notice Histor. l. s, P. XIL p. 17. 50) Im Pian 

x tian Band 89, und Yonan kian louf han "Ban 233 und 234. ber 

Önigl. Par. Bibl. n. Abel Remusat Desor. du Royaumo de Cam- 
"boge in Nour.” Melangeg Asiat, T. I, 8, 1829. p. 75. 


Dgg2 


982 Oſt⸗Aſien. Hinter- Indien. 1. Abſcha. $ 84. 


tſcheon (?) der Küfte Tfhe kiang (j. ob. S. 701) ab, nach Acher 
tfhing (So chin Shina), wo er am 18ten Tage des dritten Diconzn 
Handete. Durch widrige Winde aufgehalten, langte er erft im frebent: 
Monate zum Biel. Er landete in ber Küftens Provinz Kambopdjat. 
weiche Ich ha nam heißt, wo man bie Barken wechfelt, unb von ba = 
10 Tagen viele ſeichte Stellen firomaufmärts durchſchiffend die Gap:: 
tale des Landes erreicht. 
Die Sapftale von Kambodja (Kan phuthi im Zain 
905 wol da, wo gegenwärtig Pontaipret ober Canwek Liegt) m: 
3 ſtarke Stunden (20 Ei in Umfang haben; 5 doppelte Thore, Graber, 
Mälte, große Bruͤcken umgeben fle. Die große Brüde hat auf jeder 
” Seite 54 Iole don Stein, fehr große Statum, Feldherrn gleich mit dre⸗ 
henden Minen. Die Briilenbogen find von Stein, figurirt, mit Schi: 
den, die 9 Köpfe haben. Jedes jener 54 Idole Hält eine Echlange. Ue 
bee den Stadtthoren find große Buddhakoͤpfe in Stein gehauen, mit 
d Geſichtern, die gegen Weften fchauen, das mittlere trägt eine GofpErcar. 
Ir beiden Selten ber Shore find Elephantenfculpturen. Auch bie os 
dern Städte haben Steingebäude und Steinmauern, auf deren Hltı 
Man dfter regulaͤr gepflanzte große Bäume-( Rouanglang ) webhrnime:. 
In eines Gegend iſt ein Bolbthurm erbaut, und umber 20 Gteinthürmt 
and über Hundert Steinhaͤuſer (wol jene pyramidalen Tempelbauten de} 
Buddhacultus wie in Ava), alle gegen den Dften geehrt Auch emı 
GSoldbruͤcke ift bier, mit goldenen Löwen und das Palais des Köniz ik 
vol Goldreichthum (die Goldverſchwendung in dieſen Binterintis 
ſchen Keichen iſt bis Heute für Bauwerke, wie 3. B. zum plattiren ber 
Daͤcher und Ornamente aller Art, zumal aus ben Ava-Refidenzen de⸗ 
kannt). Auch die Häufter der Prinzen und Mandarinen find groß und 
teittduftig, aber fie find alle mit Stroh gebedt. "An einem Sce zeigt 
man einen liegenden Burdha, aus deffen Nabel eine Quelle bervorfgrus 
delt (ſ. oben S. 351. Der König des Landes trägt eine Krone von 
Wold mit Perlen und Diamantın, die Füße und Hände voll Ringe um 
Opale, er geht barfuß, feine Fußſole IE roth gefärbts nur er hat a8 
Vorrecht fein Haupt mit geftickten Züchern zu umminder. Die Mans 
darine feines Hofes find wie in China In Glaffen getheilt, doch baden fie 
andere Titel und Vorrechte, wie die Abzeichen goldner Palankine, 1, 2 
oder 4 golbner Sonnenfchirme, ober nux filderne, die Don Gäinzflicer 
rother Beide gefertigt find u. a. m. Sie find deeferlei Religionen 
ergeben, die Panki (7) ober die Buddhaprieſter, Tchoukog, to 
sen Schrift auf Palmblaͤttern, ober die ver Tao Be, weiche hler Pa 
föe heißen. 
Das Bote ift haͤßlich, dunkelfarbig, doch ‚giebt ed unter den Fraucn 
auch Schönheiten, hellfarbig, fagt der Chineſiſche Embaſſadeur, wie I: 
pis (der. freilich gewöhnlich ſehr dunkel ift?). Der König hat 5 Frauen 








4‘ 


Cochin Chin⸗ſiſches Reich, Kambudia- Hiſter 083 


b 3000 bis 5000: Gomubinm; dieſe gehen nie ans, parfuͤniren ſich 
E Santal, Moſchus u. a. m Die Töchter der Reichen: verheirathen 
‚ fen. ira 7 bis Yten, bie der Aermern erft im Uten Sabre s. vor ber 
w findet: bie Gntweihung bes Jungfrauſchaft durch die Prieſter als 
tömumicher Gebrauch ſtatt. Thre Sitten ſind rohz zum Sclavens 
en ft kaufen bie Reichen fi) 10, 20 bis zu.200 ABihhg,-aus ben bee, 
harten Wüften und Gebirgen. Dieſe Wilden.IA°) nennt -man 
bung 1b..d. Hunde), Wenn man fie in die Sitpdt führt, wagen 
in ten Haus zu treten, auch dürfen fie nur in dan untern heilen 
rfetben Fach. feben laſſen. Ihre Hexen, bie fie arhandein, nennen fie 
ato (pater) ihre Gebieterin Mi (mater), den Beſtrafungin unters 
erfen fie ſich ganz demüthig. Niemand vermifczt ſich mit ihnen; fie 
ten für.ungein, den einmal- ee kt man, eu Ringe um 
ats: umb Arm. 

Die. Sprache ber Kanphu ti tft verſchieben⸗ von ron der Gochin 
hineſen und Siameſen, von denen beiden fie nidyt verſtanden werden 
pater Alex. de Rhodes Diction. Annamiticum ſagt das Gegentheil, 
3 wuͤrde die Anameſen Sprache nicht blos in Tongling und 
jſochin Eh ina, ſondern auch in den Nachbarlaͤndern von Iſiompa,. 
damboja, Lao, Siam verftanden, und in Kaobangh. * 

Von dem großen Kambodja Strome*"!), deſſen Namen er jes - 
‚och nicht nennt (f. oben ©. 915), fagt der Embaſſadeur, daß er große 
Hainen voll dichter Waldungen durchziehe, in viele breite Arme getheilt 
ey, die ſich nad) allen Seiten mehrere 100 Li weit, verbreiten. Die 
Raldımgen voll alter Baumftämme, Kletterpflanzen, bichte Gehege ſeyen 
ınzugänglich für den Menſchen; man höre dafılbft nur das Geſchrei der 
Lögel und der Quadrupeben. Hie und ba zeigen fich gelichtete Stellen, 
xo Viehheerden weiden, aber kein Culturland, Bambuswalbungen ziehen 
ih hindurch. Das Land von hohen Gebirgen auf 4 Seiten, umgrenzt, 
cp voll Elephanten und Rhinocerosheerden, voll felener Wögel-und koſt⸗ 
arer Holzarten, und an vielen Producten reih. Die nafle Jahreszeit, 
vom Mei bis October, ſchwelle alle Fluͤſſe fo Hoch an, daß oͤfter 
bie Wipfel.der Bäume im Wafler ftehen, und bie Landesbewohner fir 
auf bie Berghoͤhen zurüdgiehen muͤſſinz; vem Rovember,biß April 
bagegen, in der trocknen Jahreszeit, werben die Zlüffe jo ſeicht, daß fe 
nur no für Heine Barken fahrbar bleiben. Das Land wird ohne Yflug 
und Hade, ohne Dünger bearbeitet, und ‚bie —— gedeiht von ſelbſt 
ſchon unter dem Waſſer heryor. 

Dies Land Tchinla oder Kambopdja befteht aus 90 Provinzen 
oder Diftzieten, deren jede ihren Commandanten hat; bie @hinefis 





186, Tchinla Foung tbou ki, L.c. in Abel Remusat Mouv, Mel. 
Asia 'T. I. p. 119. 872 ebend. T. 1. p. 131. 


— N 2 
Oft Aſien⸗ Hinter- Indien, N. Abſchn. $. 84. 


‚Igen B&iffer bringen dahin fche' viele Waarın 15°), fie daten ta 
ſelbſt großen Gewinn, braͤuchen keine Kleider, verdienen leicht, verbeice 
then ſich dort, bauen ba Haͤuſer, treiben Handel und Gewerbe (alſo Eo⸗ 
loniſation auch da ſchon, ſeit alter Zeit; ſ. ob. S. 807)3 «ber guchid 
fachen Diele Ausrelßer aus China dord ein Aſol. — Dieſe und Dicke 
andere genaue Angaben über dieſes Land der Frem den beweifen, auf 
ſo mandırs oben Häufig‘ Angefuͤhrte, wie ungegründet das noch fehr all 
gemeine, nicht wenig hochmuͤthige Urkheil der’ Europäer iſt, ben Chinefa 
überhaupt, zu jeder Zeit, Mangel an Shtereffe für bie Kenntniß fremder 
Länder und Voͤller, wie geographifdje und hiftorifche umviffenheit im 
Allgemeinen, ſtets immer wieder von neuem vorzuwerfen. — ä 
Hunbert ae fpäter nad dieſen Embafladen » Berichte, als bit 
- Ming Kaifer ®°) den Thron ˖ſchon behaupteten, ſchickten fie, im Jahr 
. 41383, Ehinefifhe Manbarine nah Kambodja, mit Titeln und Paten⸗ 
ten, für beffen Koͤnig, unb dem Auftrage, jene Chineſiſchen Reifenten 
in’ diefem Königreiche zu inſpiciren. Diejenigen, deren Reifepäfle nicht 
von Chineſiſchen Mandarinen beffegelt oder fonft falfch befunden waren, 
wurden. mit Cinwilligung bed Königs der Kambodjer arretirt, und in 
Kıtten heworfen. Unftveitig waren fie von ber in die Flucht gefchlages 
nen Partei dee Mongholen, die man gu fürdten alle Urfache hatte 
Fuͤr jene Nächgiebigkeit in ihrem Xerritorum wurden bie Könige won 
Kanphutdhe, vom Ming Kaifer, durch große Geſchenke beichet, 
worunter 32 Stück goldgewirkte Stoffe und 19,000 Schaalen von Yes 
cellan genannt werden. Darauf erfolgte, von Seiten bed Könige, deſſen 
ganzer Zitel alfo-Lautete: Shfan liei phao pi fie Kan phou tche, 
ein Zribut, in 59: Elephanten und 60,000 Pfund Parfüms beſtehend, 
wofür er ein vergolbetes Sitberpatent mit Siegel, und duch die Könis 
ein große Geſchente erhielt. Seitdem, heißt «8, wurde bis zum Jahre 
1435, regelmaͤßig eo), ber Tribut an China geſandt. Das Anfehan 
ber Chineſen war damals in Kam bo dja fo ſehr geſtiegen, daß ber 
dort Gingeborne, der im Lande etwa einen Chineſen toͤdtete, bas 
für wiebee den Tod erleiden mußte; tötete aber ein Chinefe einen 
Kambodjer, fo konnte er diefen Mord mit Gold bezahlen, und wenn 
ihm dies fehlte, wurde er nur als Gclave verkauft. Aber ſpaͤter, feit 
4435, hemmten die Cochin Chinefen durch ihre Raubüberfälle und feind- 
liche Stellung gegen ihre weftlihen Nachbarn jenen regelmäßigen Bers 
kehr mit Cdina, und erſt fpäter, feit-1573, werben, die Zributfeiftuns 
gen *2) genauer regulirt und verzeichnet. Aber die Größe des Kams 
bodja Reiches iſ verſchwunden, ohne daß uns li Geſchichte genaue 


\ 





16°) Tchin la Foongthonki l. c. p. 135, 1418. 50) Notice Chre- 
nolog. b. Ab. Kemnsat Naur. Mel. Asiat. T. L p. 93 
20) ebend. p. 4 — 97. ebend p. 99, 


Kocin Shimefiches Keich, die Revolution. 085 


aß nur frapmedtanifd bekannt wäre. Grit 1717 ward es von ben Bia« 
nefen‘?) mit Krieg überzogen, nun rief e8 Cochin China zu Hülfe, 
und nad) feiner Befreiung pom weſtlichen Feinde, erfannte es ſich als 
Vaſall feines oͤſtlichen Rachbars, Gochin China. Aber fein imerer Zus, 
ſtand war in Anarchie aufgeloͤſt, bis 122) bie Cochin Ehinefen, im Jahre, 
1750, ber Propinz Dongnal und einiger benachbarten bemädhtigten, 
bie unter Saigun ſtehen (ſ. ob. S. 916). Als im Jahre 1786 der 

Koͤnig Digtons von Kambodja ſtarb, bemaͤchtigte ſich ein Officier fei3) 
nes Haufek, der fein Schwitgerfohn war’, der Negentfchaft, trat unter 

dur ded Königß von Siam, und brachte die noch unmändigen Thron⸗ 

erben nad Bangkok. So wırde Kambodja abhängig von Siam, 
bis zum Sabre 1809, wo ein Neffe bes. verfiorbenen Königs durch feine. 
Partei fiegend einen Thell des Reichs wieder an fi riß. Da nun ber. 
Mrgent vn Stamefen Beiltand erhielt, rief der Neffe die Cochin⸗ 

Shinefen als Hülfe herbei. So wurde das Königreih Kam⸗ 

bobja in zwei Thelle bis auf heute zgerriffen. Der Taikun, ober 

Bicelönig von Kambodja, mit bem Sramfurd im Jahre 18299, au 

Saigun tmterhanbelte, hatte für Cochin China den Sieg davon getras 

gen, Er befegte Kambodja mit 30,000 Manns auf feinem Marſch 
zur Gapitale traf er das Heer ber Siamefen. Diefe, außer Stand eine’ 
Schlacht zu liefern, waren zu Tractaten bereit. Kambodja blieb tris 

butair an Cochin Shina, bis auf die weſtliche Grenzprovinz Batabang, 

welche an Siam abgetreten wurde, &o blieb ber Zuſtand Kam bod⸗ 

jas, wo ber König nur dem Namen nach exiſtirt, fein Sand aber von 

ben Truppen Cochin Chinas beſetzt ift. 


6. 85. 
Erläuterung 2. 
Befondere Verhaͤltniſſe Cochin Chinas in der Gegenwart nach. 
den neueften Beobachtungen ber Briten, Nordamerikaner 
und Franzofen. 


1. Die Revolution feit 1774 und bie Grändung be# 
neuen Kaiſerthums Cochin China, 


Cochin China war bis in die Mitte des XVII. Jahrhun⸗ 
derts, nominell, tibutair an Tongking geblieben, fein König, 
Vous tſoi mit dem Zitel Caung [hung, hatte das Regiment 
in den Händen der Eunuchen gelafien, die feine Generate waren, 
Seine Vorfahren hatten fih Auhänglichkeit im Lande erworben; 





#3) % Crawfurd Jourmal ep 466 - 466, 


986. DflrAfien. Hinter-Indien. IE. Wbfchn. $. 85. 


ihte⸗Sitten waren einfäd, und patriarchaliſch; aber ‚der vide Ve⸗ 
kehr mit den Chinefen, die Entdedung von Gold⸗ und Site 
Gruben, und das Eindringen‘ von Lurus und Weichlipkeit, führte 
Ungiüd an ben Hof von Anam herbei. Die Großen blaͤheten [ih 
in Hoffahrt auf, abmten ben Stolz und bie Sitten der Chineſen 


nach, vergifteten die Herrſcher durch Verfuͤhrung und Schmeiche 


lei, und dieſe verſanken ſchnell in Lurus, Schlaͤmmerel. Die Bolt: 
minen, die neuen Taxen, reichten ſchon nicht mehr zu ihrer Hof— 





haltung hin, die neuen Abgaben wurden mit Gewalt eingetrieben, 


Tprannei nahm überhand, fie war in der Hand ber Bünftlinge 
des Hofes. Gegen biefe beach in Caungſhungs Z5ſtem Regie⸗ 
sungsjahre, eine Empörung aus, die in der Stadt Quinhon 
(f. ob. &. 918), im Jahre 1774 begann, und nach unzähligen 
Greueln und Ojährigen Kriegen die jüngite Reſtauration) 
des Staates berbeiführte. Die Rebellen riefen anfänglich 
die Tongkineſen zu Hülfe, die als Feinde ber Königeparti 
da6 Land. Überfielen, aber zurücgeworfen wurden. Die Haut 
theiinehmer der Revolution waren drei Brüder, bie Zar 
ſongs genannt (d. h. Bergleute vom Wet, nämilh auf 
dem Gebirge von Quinhon); der aͤlteſte, ein Eiſenſchmied, 
die beiden andern, tapfere Zandleute, die al6 Raͤuber fiegreid, 
Beute und. Parteien gewinnenb. die Sahne der Empörung auf 
pflanzten Barrow und White fogen, «6 fepen drei Brüde, 
ein reicher Kaufmann, ein Mandarin und ein Priefter geweſen). 
Der ältefte Bruder Nhae, oder Ignack (oder Yinyac bi 
Barrom und White), firgte in einem erſten Gefecht, wahm 
in einem zweiten den König ſelbſt gefangen, deffen Schicſal 
nicht bekannt geworden, deſſen Thron aber geftürzt und deſſen 
Familie hingerichtet wurde. Mur die Königin Mutter mar glüds 
lich in die Waldgebirge entflohen, mit itrem zweiten Geha 
Giqlong, demfelben, der duch das Unglüd zum Gruͤnder 
des neuen Cochin Chinefifhen Staates ausgebildet wer: 
den follte. Die 3 Tapſongs drangen fiegreih in Tongking 
ein, deſſen König China zu Hülfe rief; fie eroherten bald auf 
Saigun in Kambodja, wo fie. 20,000 Einwohner, bie auf 
der Seite des Könige ſtanden, Über die Klinge fpringen left 


63) J, Barrow Voyage to CochiaChine (1792 et 1793). London 
1306; f. Trad. p. Malte Brun T. il. ch. IX. p. 182 etc; !. 
WLite Voy. to Cachin Chine (1819 et 20) Lond. 1824. 8. p 9 
=; J. Crawfurd Journal (1822) etc. I. o. p. 04—510. 


Cochin Chinefifches Reich, die Revolution.“ 087 


und wo der alteſte von ihnen bie Herrſchaft uͤbernahm. Ehe 
noch Kaffee Khienlongs Huͤtfsheer t don hunderttauſend Mann 
Tongkings Grenze erreichen konnte', "hatten die 3 Tayſongs 
ſchon, durch ihre Spione davon benachrichtigt, die Wege dahin 
zerſtoͤrt, dem Proviant vernichtet, fo. daß das Chineſenheet umkeh⸗ 
een-mufßte, und ein Vertrag, den zweiten der Brüder, Long: 
1.47 ang, als König von Xongfing und Codin China anerfannte, 
drr auch feinen Tribut an China entrichtete. 

"Den Primen und die Königin hatte der poftorigche. Vicae 
von Godin China, Bifhof Adran vom Sranciscandt Deden, 
neblt noch einem "Miffionar auf ihrer Flucht degleitet; dieſer 
hatte am Hofe das Vertrauen des alten Koͤnigs genoſſen, und 
ſtand nun ale Rathgeder dem einzigen Erben des Reichs in der 
Gefahr zur Seite. Zuerſt gelang es ihnen In Saigun Anhang 
zu finden, wo die Koͤnigspartei wieder ſiegreich ward, und den 
jungen Prinzen als rechtmaͤßigen Erben des Reichs unter den 
Namm-Saungfhung, der Sohn, kroͤnte. Hier war es, wo 
damals Dir. Chapman, an der Spige dir Miffion des Briti⸗ 
fhen Gmeratgouverneuts Haftings in Bengalen, im Jahte 
1778, um Handelsverbindungen zu enüıpfen, die Provinz Dongs 
nat im Beſitz bee Koͤnigspartei Fand, die ihr Anfehn noch nicht 
ganz verloren hatte. Aber Auinhon und Huc warm in dem 
Haͤnden der Rebellen. Der Bürgerkrieg wuͤthete, nach Chaps 
man, im Lande furchtbar, die Hunger6noth zwang bie Cochin⸗ 
Chineſen Sergras zu eſſen; auf den, ‚Märkte von Sue verkaufte | 
man Menſchenfleiſch. 

Im Hafen von Saigun “ah bamatı ein Sranzöfly 
fches Krlegsſchiff, 7 Portugieſiſche Kauffahter von Macao, und 
eine Anzahl Chinefffher Junken nnd Muderboote; diefe kaufte 
Siatong, und übbrfiel mie Ihrer Hülfe die Ufurpatoren inr 
Hafen Quinhon, wurde aber (4781) zuruͤckgeſchtagen, und ' 
mußte zum zweiten nrale das Reich fliehen, Mit wenig Beglei⸗ 
tern flüchtete er zur Inſel Phukdt (Quabrol oder Kohtron) 
im Golf von Slam, wo fi zwar wieder Reiſige um Ihn fam⸗ 
melten, da ee ober einen Ueberfall der Ufurpatoren befuͤrchten 
inußte, fchiffle eu über nah Bangkok, zum König von Siam, 
der ihn wohlwollend aufnahm. Da biefer in Krieg mit den 
Birmanen serwidele war, that des koͤnigliche Saft dei ihm _ 
mehrere Jahre, mit den Seinigen, Kriegsdienfie. Indeß wirkte 
der Biſchof von Adran, zumal durch Einfluß der Europäee 


, 


ves DfbAfen. ——— IL. abſchu. $. 85. 


ie Salgun, vortheilhaft flıe bie Königspartel, und konnte je | 


ſeiner Freude dem flüchtigen Könige melden, bag er in den Sübd⸗ 


provinzen noch viel Anhang habe. Dem Biſchof hatte der um | 


flete Gialong feinen Älteflen Prinzen zur Erziehung (feit 17857) 
anvertraut, und gab ihm nun feine Einwilligung zu einer Reif, 
mit demfelben, nach Frankreich zu fegeln, um am Dofe Louis 
XVI. um Hülfe für Cochin Chinas rechtmäßigen Herrſcher zu fol 
licitiren. In Siam zeichnete fih Bialong durch Kriegäthaten 
aus; aber der König von Siam erfüllte fein gegebenes Werfpres 
den, ihm Beiſtand zu leiften, nicht; beibe entzweiten fich und 
Gialong kehrte auf fein Aſyl, nad Phukok, zuruͤck. Biſchef 


les empfangen, auch durch feinen Betrieb ein Dff> und Des 
fenfiv: Allianz: Tractat mit dem König von Codin» 
China unterzeichnet, in welchem Frankteich Hülfe und Beiſtand 
verſprach, die Wiederbefieigung des Cochin Chineſiſchen Throns 
der Vorfahren ins Werk zu fegen. Bu den geheimen Artikeln 
deffelben gehörte dafür die Abtretung eines feften Städ Lan: 
bes mit Hafengebiet an Frankreich, um eine Colonifas 
tion in Cochin China, analog den Britifchen in Bengalen, herbei⸗ 
zuführen, mit der fpäterhin noch weiter ausgeführten Abſicht 1%), 
fi ch eine große Marine, in den Indiſchen Gewaͤſſern zu ſchaffen, 
und den Handel ber Briten durch Colonialbeſitz in Chine und 
Indien wo möglich zu ſtuͤrzen. Frankteich wollte dafür M Kriegk⸗ 
ſchiffe und 6 Regimenter Franzoͤſiſcher Truppen auch 2 aus ihren 
Aflarifchen Anſiedlungen beordern, auch eine Million Dollar zah⸗ 
Im. . Zur Abtretung an Frankreich wurden bie Halbluſel 
Yan, die Bai von Turon und bie benachbarten Jnſeln be: 
dungen (zunaͤchſt die Inſel Caltao, Campello ber Europden, 
und die Nähe von Fai fo, nad) Capt. Parifh und I. Bar» 
:gom, welche Diefe Infel im I. 1793 recognoscirten) ©), Es iſt 
ein am ſich ſteriler Kuͤſtenſtrich, der 40 Meilen long und nidt 
über 6. bi6 8 breit Üt, aber hafenteich. Dazu follten 60,000 
Mann Cochin Chineſiſche Truppen flogen, und falls die Sranzos 
fen in ihren Afiatifchen Golonifationen einen Krieg zu führen haͤt⸗ 
un, ihnen das — von 40,000 ae im Codins 





‚ 30%) Barrow Histor. Sketch of CochinChina p. 268; 3. Crawford 
Journ. 1. ec. p. 867. *°®) ER Staunton Acconat I. & ed. Tmd 
‚g- Oastera. T. il. p. 100 — 198. 





| 


Adran mit feinem Prinzen wurde indeß ehrenvoll in VBerfaile 


7 Cochin Chinefifches Reich, Reſtauratlon. oso 


Eh ineſiſchen Lande geftattet fern. Günflige Handelsuerhäiuiffe 
waren mit einbedungen. Zwar kehrte der Biſchof Ahran, als 
Franzoͤſiſcher Gefandte, mit feinem Prinzen und dem Tractat 
über die Infel Mauritius und Pondihery nah CodhinChina 
zurüd, aber — die Franzoͤſiſche Revolution hinderte bie 
ganze Ausführung des Projectes; doch auch ohne biefen Beiſtand 
wurde ber vesloene Thron wieder errungen. Die beiden im. 
Freundſchaft verbundenen Männer, der Köntg und der Bis 
ſchof, zeigten große Kraft des Geiſtes und bes Willens, und ums 
ermuͤdete Thaͤtigkeit. 

Auch die Uſurpatoren ruͤhrten ſi ſih; der juͤngſte der drei 
Brüder, Longniang, nahm ben Titel eines Könige von 
Duantrung on, machte fih zum Meifter von ganz Gentrals 
und Nord: Codin China, benugte einen Bürgerkrieg in Tongking, 
und eroberte dieſes Land, 1788, als defien König er ſich ausrufen 
ließ; er ſchlug fogar im folgenden Jahre ein Chinefifches Heer 
von 40,000 Dann, daB Kaifer Khieniong feinem Wafallen dem 
Vertriebenen Könige von Tongting zu Hülfe fandte, auf das 
Daupt. 

Auch die Verhandlung bes Biſchof von Adran'blieb nicht 
ganz ohne Erfolg; er hatte Franzoͤfiſche Dfficiere als Volontairs 
im Gefolge feines Prinzen; der Vater Gialong hatte eine At⸗ 
tode auf Saigun gewagt, ex hatte ſich dort mit dem Beiftand 
feiner Partei gluͤcklich behauptet, und der Biſchof Adran ſtieß, 
dort, im Jahre 1790, mit dem Koͤnig zuſammen. Etwa 14 bis 
15 Individuen, Franzoſen, Engländer, Irlaͤndeer, ins⸗ 
geſamt Kriegsmaͤnner, ſammelten fi hier; durch ihren Bei⸗ 
ſtand erhielt Gialong bald eine Flotte, disciplinirte Truppen 
und einige Feſtungen. Seine Macht war nur klein, ward aber 
buch Taktik bald ſiegreich uͤber den Feind. Zwölf Jahre 
dauerte, von hier aus, der Kampf gegen die Uſurpatoren, die 
Rayfongs, bis zum Jahre 1802, wo fie voͤllig beſiegt wurden. 
In diefer Zeit fanden viele Franzoſen, weiche bie Franzoͤſiſche 
Revolution aus ihrer Heimath vertsichen hatte, Aufnahme und 
Stud im Cochin Chinefen Heere. 

Zuerft wurde Saigun in eine Feſtung nad; Eucopder Art 
verwandelt; dieſer folgten andere fefte Puncte; 1791 flarb ber 
Ufurpator Eongnhung zu Hué« (nah ©. Staunton 9%, 


) G, Staunton Account L „ed. Tray. p. Castere. T. IL p. 142, 


- 


99 Df-Aien, ‚Sinter- Indien. II. Abſchu. $. 85. 


bee mit der Lord Amherſt Embaſſade, im Jahre 1793, im ber 
Zuron Bali vor Anker ging, foll er Im September 1792 geſtorben 


feyn). Die Anerfennung feines 12jährigen Sohnes, in China, 


als König von Cochin China, und Tongking, . veranlaßte Febde 
zwifchen den beiden aͤltern Brüdern, wobei der ältefle Nhac im 


‚mer beſiegt und in engere Grenzen eingefchloffen warb. 1792 ge 


lang es dem König Gialong, deſſen Flotte größtencheils zu zen 
lösen, und den Hafen von Quinhon, wo er feine Reſiden; 
aufgefhlugen, wieder zu erobern. Mac deſſen Tode drang « 


auch zur Zuron=:Bai (1796) vor, und nur Huc blieb nch 


längere Zeit in der Gewalt des dritten Ufurpators, bis aud 
defien Sohn im Jahre 1802 von da vertrieben nah Zongking 
entfloh, defjen füdliche größere Hälfte jedoch aud bald mit Ge 
walt unter das Scepter Gialongs fam. &o kehrte, erfi nah 
Wijährigem Buͤrgerkriege, wenn auch nicht vollommne Ruhe 
doch der Zandfrieden mie den rechtmäßigen Thronfolgern 
in Cochin China wieder zuruͤck. Furchtbar war dag Land ver 
heert; die Population gefhwunden, Greuelthat war auf Greuel⸗ 
that gehäuft; noch immer blieb ein nicht unbebeutender Theil des 
Randes im Befig der Feinde, durch Gewalt, Lift und Juttigune, 
bis auch diefe Partei, 1809, bei Gelegenheit von Unruhen in 


- Kambobdia vernichtet, und das Reich arrondirt warb, 


as I, Barrow (1792 und 93) Cochin China befudte, 
war man voll von dem Lobe des heldenmuͤthigen Sialong; 
diefer Reifende vergleicht ihn einem Peter dem Großeny als Seid: 
here ſey er tapfıe, dabei fehr klug, human, fein, voll Achtung ges 
gen Fremde, ein treuer Anhänger der Lehre des Confutius; aber 
tolerant gegen die Chriſten, mit ber Chinefifhen Literatur ver: 
traut, feine Paffion die Marine, ungemein geregelt in feinem 
Leben und shätig. Der Bifhof von Abran war fein Leiter, 
fein Orakel; ihm vertraute er feinen einzigen Ingitimen Prinzen 
zur Leitung an, der aber nad der Ruͤckkehr aus Frankreich im 
22lten Jahre als Goüverneur von Dongnai an den Poden farb, 
im Sabre 1799, Er war zun: Leidwefen des Vaters ein befehrter 
Chrift geworden; aber ohne Energie bes Charatters, und hinter⸗ 
Ueß keine Erben. 

Auf den Math des Biſchof Adran führte Gialong viele 
Verbeflerungen in feinem Reiche ein; er legte Salpeterfabri⸗ 
ten an, ließ Straßen und Candle baum, legte Pflanzun: 
gen von Betels und Arslabäumen an, Zuckerplanta⸗ 


— 


Cochin Tpinefifches Reich, Reſtauration. 901 


gen, Pechſiebereien, ſetzte Preife für Seidenzucht ans, 
ließ Eifenminen bearbeiten, Hoheöfen anlegen, Gewebes 
fabriten, Eiſenſchmelzen, Stüdgießereien, führte Eu» 
eopäifhe Artillerie in feinem Here ein, Europaͤiſche 
Taktik, ſchuf Eh eine Marine, Kanonierbarken, legte 
Feſtungen an, und follte, nah Bareomws Angabe, im Jahre 
1800; ein Heer von 130,000 Mann haben. Er führte eine neue 
Gerichtsordnung ein, fchaffte die Tortur ab, legte Schu: 
ken an, ſchickte Miffionare unter die Bergvoͤller im Nordweſt 
- deb Landes zu den Miaotſeu und den Laos, und machte An 
ſtalt die Infel Hainan in Befig zu nehmen, weil er dem Tien 
(f. ob. ©. 512) «inen Schwur gethan, den ganzen Umfang des 
alten Cochin Chineſiſchen Meiches wieder herzuftellen. Sei⸗ 
ner vollfländigen Unterjohung Tongkinge, wo er fi auch als 
König krönen ließ, follse ein Einfall in China folgen, der aber 
unter der Hand. von Geiten des Laiferlihen Hofes durch ‚große 
Geldfummen abgekauft !67) worden ſeyn foll, um den Stisden im 
Süden des Chinefifhen Reiches aufrecht zu erhalten. 

Eben fo ıhätig war der Bifhof von Adran, bie zu 
feinem Tode 1799, der ale Mentor felbft den König immerfort 
leitete. Er üÜberfegte ein Syſtem der Europäifhen Militair⸗ 
Taktik zum Behuf der Armee feines Gebietes, und viele Arti⸗ 
kel der Sranzöfifhen Encpclopädie in die Anamefen 
Sprache. Ge forgte für Elementarfdulen des Volke, 
führte eine Lateinifhe Schule in Hue ein, und Militairs 
ſchulen für bie Armee; er Inüpfte Handelsverbindungen 
mit dem Auslande an, ließ an dem gefährlichen Küftenorten Sees 
marken für die Schiffer aufftellen, die wichtigfien Häfen und 
Buchten durch Sranzöfifche Ingenieure aufnehmen, und durch 
Sranzöfifhe Seeofficiere die Marine der Cochin Ehinefen um: 
ſchaffen. So nahm 3. B. Me. D’Ayot®), den bie Franzoͤſi⸗ 
fe Revolution nach Hinter : Indien geführt hatte, im Dienfte 
Gialongs zum Mandarin und Admiral emporgefliegen, in dem 
Jahren 1791 bis 1795 die Küſtenkarten und Häfen des 
Landes auf, deren Zeihnung er nad Frankreich ſchickte, und 
welche daſelbſt, 1818, auf Befehl Louis XVIII. in 11 Blatt 


167% Mr. Purefoy Cursory Remarks on CochinChina in Asiat. Jonrn. 
Vel. XXI. 1826. p. 145. 68) Ab. Remusat Desır. du Roy. 
de .Camboge L c. T. 1. p. 76. | 


992 SDfi-Mfien, Hinter ⸗ Indien. II; Abſchn. 4.88 


publiciet worden find. Pur zu früh flard jener aubgeriäed 
Bifhof von Adramz feinem Gebieter dem Könige Gialon; 
batte man mehr Kobfprüche gefpendet als er verdlente. Er wu 
ein Dann von Muth, Ausdauer, Verſtaud, Talent; er war gr 
Iehrig und lernte von Europäern die Führung feines Heetes. Alt 
er verfkand es befjer fein Meich wieder zu erobern, al6 das te 
berte zu regieren. Denn er blieb engherzig, egoiſtiſch, führt ® 
nen mitltairifchen Despotismus «in, drückte ſchwer fein Rolf um 


‚230g «6 vor, lieber arme als wohlhabende Unterthanen zu habt, 


weil er von diefen weniger Gehorfam erwartete. Kaum hatte n 


fi auf feinem alten Xhrone feſtgeſetzt, fo hörten alle frühen 


puren feinee Großmuth auf; er ließ die Leichen der Loy 
fong6 ausgraben, noch koͤpfen und mannichfach befhimpfn; 
ihre zahlreiche Verwandtſchaft wurde dazu verurthrilt von Ele 
planten zertreten zu werden, deren Glieder wurden om Fett 
durch das Land zerſtreut; auch Weiber und Kinder wurden de 
bei nicht verfchont. Die Britiſche Geſandtſchaft, melde in wm 
Perſon des Beitifhen Agenıen Mr. Roberts 100), im Jahr 
1808, an biefen König durch Marg. Wellestep, Genetal⸗Gur 
verneur von Indien, zur Anknuͤpfung freundſchaftlicher Verdi: 
niſſe abgeſchickt war, hatte zwar Audienzen bei ihm erhalten, abet 
keinen Erfolg, da der Franzöfifdre Einfluß dort mod vormalkt 
Auch waren feine Geſchenke die er dem Könige uͤberreichte indis⸗ 
eret genug; unter den Kupferſtichen z. B. war auch bie Berl 
lung von ber Einnahme Seringapatnams und Rip! 
Saibs Tod, bei deren Anblick König Gialong austief: „AG 
der Gouverneur von Indien will mich in Furcht fegen, Indım # 
mie dos Schickſal eines Indiſchen Zürften vorhaͤlt.“ Spaͤtt 
wurde Gialongs Herrſchaft immer verhaßter, vor feinen Ir 
verneurs büde ſich das arme Volk beim Voruͤbergehen in Ansf 
und Sclavenfian fo tief, daß fie faſt mit der Naſe die Erde ie 


“rühren, und-felbft die Mandarine müffen, wenn fie an der 


Wohnungen votuͤbergehen, ihre Sonnenſchirme hrrablaffer "). 
Der Ayrann ſtarb 1819, 63 Jahe alt, und beſtimmte feinem I 
legitimen Sohne die Krone, ber als fein Nachfolger den Dit! 
Mengmeng annahm, und im’ Jahre 1892, zu Cramfurd! 
Beit im IZften Jahre fand, Seine Thronbeſteigung geſchohe 





1*°) J. Crawfurd Journ. 1. c. p.255. *®) Mr. Purefoy CarT 
Remarks on Cuchin China in Asist. Journ, Yol, XXI. p 06% 





“ 


' 


Cochin Chinefifches Reich, Reflauration., 093 


shur Blutvergießen, Reiner feiner Verwandten wurde ermordet oder 
eingemauert, wie dies bei Thronwechſeln jener Dynaſten der Kal 
zu ſeyn pflegt (3. B. in Alam, ob. S. 317)3 er vermehste noch 
ihre Appanagen. In einem Schreiben 71) in Cochin Chinefifcher 
Sprache, meldete ex ſelbſt den Thronwechſel dem König Louis 
XVIH. von Frankreich, weiches mit ben Worten begann: Der 
große Drake (d. i. Gialoung, Zitel bes Cochin Chinefifchen 
Kaiſers, wie er fich felbft nennt, nah Chinefen Art) fey in die 
obern Regionen entflohen, er felbſt Meng menh (oder 
Minhminh, d. h. glanzvolles Ziel) habe den Thron bes 
fliegen. Diefem Schreiben war an Geſchenken für Louis 
XVIU. beigefügt: feibne Zeuge, Elephantenzähne, Rhinoceroshörs 
ner, einige 1000 Pfund Zuder von verfchiedbenen Qualitäten, 100 
Elephantenhäute, 10 Tigerfelle, 30 Rhinoceroshäute, 100 Bäffels 
bäute, 600 Hirfchhäute Abel Remufat überfegte das Schrei⸗ 
ben des Könige. Er ging im Jahre 182172) nah Tongking, 
am bort von einem Chineſiſchen Embaſſadeur von Peking bie 
Faiferliche Inveſtitue feines Reichs mit Patent und Siegel, obwol 
sıur ‚old König vom zweiten Range, entgegen zu nehmen, was 
bee Eriegerifche Sinn feines Vaters ſtets verworfen hatte. China, 
in deſſen Literatur , Gefeg, Sitte und Religion er erzogen warb, 
ift ihm wie allen jenen Orientalen da6 Mufter der Nachahmung 
geblieben; der Hof von Peking fein Ideal. Er hat fich ſeitdem 
felbft den Titel Hoangti (b. i. Imperator autocrator, f. oben 
©. 519) beigelegt. Die geheime Allianz mit dem Franzoͤſiſchen 
Hofe, und der Einfluß der Scangöfifchen Partei 73), welche uns 
ter dem Vater das Uebergewicht hatte, wurde von ihm feit ber 
Meftauration dee Bourbone abgelehnt z kein Franzoſe trat feitbem 
wieder in Dienfte bei Hofe. Schon dem Franzöfifchen Envope 
Monf. de Cargariou, Capitain der Franzoͤſiſchen Fregatte Sys 
bilfe, ber vom Kranzöfifhen Marines Minifter 1817 bedeutende 
Geſchenke an den König von Codin China überbringen, aber zus 
gleich bie Erfüllung des Tractats ”*) von 1787, unser bem Bis 
ſchof Adran ſtipulirt, verlangen follte, wurbe bie Audienz abges 
ſchlagen. Mit den beiden fchon bejahrten Krangofen Monſ. be 


71) Lettre de P’Empereur de la Cochin Chine aa Roi in Journ. Asiat, 
1822. 8. T. I. p. 117. 73) Precis de Nouvelles des Missions 
de Chine etc. in Jonrn. Asiat. 1822. T.I. 9.375. ?°*) G. Fin- 
layson Journ. I. o. p. 354, 367, 368, 370. 14) J, Crawfard 
Journ. L. c. p. 257. £ 


Ritter Erdkunde IV. Kerr 


994 Oſt⸗Aſien. Hinter Indien. H. Abtdhe. $. 85. 


Chaigneaur, Franzoͤſiſcher Beneral:Conful, und Banniıı 
Admiral der Ziotte des Könige, beide zu Groß⸗Mandarinen dr 
Gleiche erhoben, die legten von einigen 20 im Kriegedienfte Et 
hin Chinas, feit der Franzoͤſiſchen Revolution employirten Jar 
zoͤſiſchen Officieren, die nach Europa zuruͤckzukehren gefannen m: 
seny meinten bie Britifchen Reifenden, Crawfurb unb Fi— 
kayfon, die ihnen das Mislingen ihrer Erpedition umb ikır. 
Misgunſt die Zuruͤckweiſung von einer Audienz beim Könige ;ı 
ſchrieben, der fogar die Geſchenke anzunehmen abſchlug, würde tı 
Franzoͤſiſche Partei in Cochin China gänzlich ausſterben. Auch 
konnten zum Vortheile Frankreichs nichts meht erlangen. Ai 
Franzoſen kehrten im Jahre 1825 aut Cochin China, über Eic: 
gapore 175), im ihr Vaterland Frankreich zuruͤck. Die fanguinilc 
Doffuung, eine Europäifhe Reglerungsweife in Coch in Epina, 
durch Franzoͤſiſchen Einfluß feſtzuſtellen, was unfireitig eine Ne 
volution aller übrigen &tantenverhältniffe im Oſten berbeigefützt 
haben würbe, iſt feitdem gänzlich verfchwunden, der fdhrinbur: 
Fortſchritt war ſchon wieder in Ruͤckſchritt verwandelt; ein te 
Dicales Uebel aller Gouvernements des Oriens, welches kein Raid 
ihum des Bodens, kein Elima, keine noch fo gänflige age nr 
fegen kann, wodurch die Nationen bed Driente® von jedem You 
ernden Wohlftande, von jedem dauernden Fortichreiten zurkdger 
balten werden, bee Mangel der Eicherheit des Eigen: 
thums, bedingt dur die Willkühr und Des potie der 
Regenten, if ein umüberfleigliches Hinderniß der Größe nad 
des Gluͤcke jener Nationen, Seibſt das Geburterecht ſichert nur 
"wenig ben Befig der Erbfchaft, die Willkuͤhr unter dem Schein 
des Rees, reißt ſtets alle andern Verhaͤltniſſe ein, umb gegen 
Gewalt 'ift kein Recht. Ein orientalifcher Weifer fuͤhrt als Prüf: 
ſtein einer gerechten Regierung an, wenn eine ſchoͤne Frau mit 
Diamanten bededt ohne Furcht und Gefahr im Lande where: 
fen könne; aber was hätte biefer, meint 3. Barrow, von dım 
- Buftande eines Landes zu fagen, wo ſelbſt eine unmündige Woiſe 
nicht nur alles erhält und wiederfindet, was ihe Eigenthum if, 
wenn fie ermachfen iſt, fondern das Capital fogar durch die Su 
tereſſen verdoppelt. Das Exftaunen, weiches hierbei den Driente: 
len ergreifen würde, meint er, bezeichne hoͤchſt characteriſtiſch den 
Unterfhied, der zwiſchen dem Drient und Dccibent ie 


. 78) J. Crawfurd Journ. I. e. p. 202. _ 





x 


Cochin Chineſiſches Reich, Kuͤſtenfahrt. 905 


ſtehe, eine Betrachtung zu ber Ihn feine Beobachtung ſchon im 
Sabre 178 in Cochin China veranlaßte. 

Unter diefen Verbätihiffen war «6 nun, daß, im jüngfter Beit, 
das neue Königreich von Reiſenden befucht wurde, bie ihre Hans 
delsvortheile dort zu betreiben fich bemähten, von dem Morbames 
ritaniſchen Sciffecapitain John White”) in den Jahren 1819 
uud 0, ber vorzüglich in der Ehd: Provinz Kambetja zu Gais 
gun wichtige Beobachtungen einzufammeln Gelegenheit hatte, und - 
von dem Britifchen Envoys J. Cramfurd, nebft feinem Bes 
giekter, dem Arzt und Naturforſcher J. Flnlapſon 7%), 1822, 
deren wichtigſte Specialbeobachtungen wir zur Vervollſtaͤndigung 
unſerer Landeskenntniß hier nachfolgen laſſen. Wir ſchiffen zuerſt 
mit ihnen am Geſtade des eigentlichen, Cochin China zur Capitale 
Hucè hin, und kehren dann mit ihnen in ber Suͤd⸗Provinz 
Kambodja in Saigun ein, weiche den bequemſten Uebergang 
zum benachbarten weſtlichern Siam bildet. 


2 Die Küftenfahre von Gap St. James nah der 
Turon⸗Bai. 


Bon dem Hafen Saigun doublirte J. Crawfurds Schiff 
das Cap Et. James (f. ob. ©. 917), etwa In einer Stunde 
Abſtand, traf aber daſelbſt auf eine Sandbank 7%), die weder 
in Mr. Dapots noch Gapt. Roß Kuͤſtenkarten verzeichnet war; 
darauf wrieb ber Sturm noch die erſte Tagefahrt, durch die enge 
Meexresgaſſe zwifchen dr Cow>Infel und dee De Britos 


Bank hindurch, welche von einem Portugiefen, dee dort Schiffs 


bruch litt, den Namen erhalten. hat. | 
Bu Lande, von Saigun aus, kann die Meife zur Gapis 
tale Hué in 9 Tagereiſen 79) zuruͤckgelegt werben; 4 Tagemaͤrſche 
find dis zur Zwifchenflation Nhatrang (f. ob. ©. 918), und 
von da eine bis Phuyin, eine bi Quinhon, von da noch 
3 dis Hu«. Bis Phuyin follen die Wege fehr gebirgig- 
und befchiwerlih, von Phuyin (unter 18° N. Br.) bis Hue 
in mebe ebenem Geſtadeboden follen fie aber- vortrefflich ſeyn. 





te) John White Voyage to Cochin China. London 1824. 8. 

71) 3, Crawfürd Journal of an Embessy to the Courts of Siam and 
Cochin China. Lond. 1828. 4. p. 191-—294; J. Finlayson Journ: 
of the Mission to Sism and Hué 1821-— 22. with a Mem. of Sir 
Thom. Stamford Raffies etc. Lond. 1826. 8. p. 267 412. 

38) 3. Crawfurd Journ. L. c. p. 227. * ebend. p. 229. 


Rer2 






996 Oſt⸗Aſen. Hinter-Indien. II. Abfchn. $. 85. 


Bwar brachte Cramfurd vom Stun bie zum Zählen Septemle 
zu, um in die Refidenz, in Due, einzulaufenz aber fon 
ten Tage war er bis Quinhon vorgeruͤckt; am Bien hätt « 
Die Mefidenz erceichen können, wenn nicht Windſtillen und ph 
zeiliche Maaßregeln viele Raſttage verurfacht hätten. 

Auf der zweiten Tagefahrt (5. Sepe.) wurde, Mitug 
unter 11° 20° N.Be., das Cap Padaran umfdifft, das i 
diefen Gewäfjern, weil e6 wegen ber wogenden See, wegen ſein 
offenen Rage und der Windecken fchwierig Zu umfchiffen it, fü 
das Eap der guten Hoffnung der Codin Chinafaprer gik 
Hier ändert die Küfte ihre Direction plöglih von Oſt gegen Rod; | 
bie dahin flreiht vom Cap St. James an flets hohes Gr 
birgstand, immer von RD. gegen S. W.; Sandbetge lim 
nackt am Ufer, die höheren Berge. find nur ſparſam bewaldet, du 
S. W. Monſun war heftig und fcharf. 

Erſt am dritten Lage der Seefahrt (6. Sept) veria 
fi dee Monfun; an feine Stelle feßte vor der hohen und fe 
len Küfte der reguläre Landwind ein in der Nacht, und ım 
Tage dee Seewind. Die umher aufflarrenden Gebirge 
eigen ficher bis 3000 Fuß hoch. Im Norden des Cap Pabe⸗ 
van wird die Steilkuͤſte mehr und mehr durchſchnitten, darhir 
hen von Gebirgoſtroͤmen, Buchten, Einfahrten, voll treffüiche 
Hafen. Mittags war, unter 1226N. Br., die Nathraug⸗ 
Bai (Pathrang oder Raran) mit der vorliegende Jald 
Tre, bie ebenfall guten Hafen hat, vorübergefchiffe. Die Etat 
Nathrang liegt an einem ſchiffbaren Küftenfluffe, mit 7 bi 5 
Fuß tiefer Einfohrt. Die dortige Feſtung ward von dem draw 
zöfifchen Sugenieue Me. Olivier erbaut; die Stadt wird al 
wichtiger Stapelort für dem Handel jener Provinz angefehen, za 
ſoll bedeutende Seidenfabriken haben. Mach dieſem Drte m 
Me. Purefop!&), mit feinem Schiffe von Saigun and, Im 
Jahre 1802, duch Sturm verfihlagen, und daſelbſt zw einm 
dreimonatlichen Aufenthalte (vom 18. Juli bis 6. Der.) geporr⸗ 
gen. Er giebt ihm die Lage 12° HN.Br., 107° 30 DL. 
Der Hafen biete guten Ankergrund, und Sicherheit vor MP 
Winden buch Gebirgeumgebung; auch die vorliegenden Jul 
hen haben gute Ankerpläge. Das Meerufer tft öde, ehne Or 


180) Mr. Purefoy Cursory Remarks om Cochin Chiaa, it As Je: 
Vol. XXI. p. 653. 


Cochin Chinefifches Reich, Kuͤſtenfahrt. 997 - 


Bhf, mus bie Gebirgehoͤhen von Brennholz, die Thaͤter voll Reit, 
Mangoes, Fruͤchte aller Art, tropiſches Obſt u. ſ. w. Das Land 
ungemein reich an Wildprett; Rebhuͤhner, Wachteln, Phaſane, 
Kaninchen, Eber, Rehe u. ſ. w. Das Geſtade wimmelt von 
Waſſervoͤgeln; bie Jagd giebt den Einwohnern Hauptnahrung, dee 
Beſitz einer guten Bogelflinte iſt das hoͤchſte Streben jedes dorti⸗ 
gem Mandarinen. Die Stadt Nathrang iſt befeſtigt, durch 
ſtarke Batterien ber Franzoͤſiſchen Ingenteure geſchuͤtzt. Sie If 
groß, fie Liege In ber Mitte der reich / angebauten Lanbſchaft, ans 
Ende eines Thales, deſſen fleile und hohe Gebirgsketten im gegen» 
feitigen Abflande keiner vollen Stunde 6 bis 8 Stunden weit, 
parallel nebeneinander hinziehen. Der Gonverneur der Stabt 
was in Europäifchen Angelegenheiten gut unterrichtet, ee nahm 
Me. Purefoy freundlich auf. Die Lanbfhaft umher iſt pie 
toredt; das Meer und die Fluͤſſe geben trefflichen Sifchreichthum, 
gegen den man Reis vom Eüben her eintaufchen kann. Die 
Landleute der Umgegend waren ˖ voll Freundlichkeit und Gaſtfreund⸗ 
ſchft; die Dorfbewohner luden uͤberall die nie geſehenen Fremden 
zur Theilnahme an ihrem Mahle ein. Sie waren ohne Waffen, 
fie hinderten nie auch die fernſten Excurſionen in das Ge⸗ 
birge. Sie ſchienen frei vom tyranniſchen Druck, ——— 
gluͤcklich zu Leben. 

Am vierten Tage der Seefahrt (7. Ent) fegelte das 
Schiff, am frühen Morgen, am Cap Avarellast), das ſich die 
2000 Zuß hoch erhebt, vorüber, und mit einem Fels auf ber 
Hoͤhe, der einer umgeflürzten und zerbrochenen Gäule gleich ficht, 
aus weiter Ferne fchon efne merkwuͤrdige Laudmarke abgiebt. Auf 
halber Höhe des Vorgebirges, ſagt man, ſollen heiße Quellen 
ſeyn; im Innern deſſelben werden Sil bergruben bearbreitet. 
Im Norden deſſelben tritt die Kuͤſte minder hoch, als vorher, zu⸗ 
ruͤck, und. öffnet dref ihrer Haͤfen in der ſchoͤnſten Provinz Phu⸗ 
yen (Fupin), mit gleichnamiger Dauptfladt, auf bebauteſtem 
Reisgeſtade. Als Lord Matartue y82) Embaſſade (1793, im 
Monat Maj) hier vorüber ſchiffte, erregte bie prachtvolle Anficht 
der Kuͤſtenlandſchaft das hoͤchſte Intereſſe, ſo wie die Klarheit der 
Meereswellen, durch deren Eryſtall man von ber oberſten Gallerie 

des Schiffes ganz deutlich die unterfie Spitze des Steuertuders 


ot) J. Crawfurd Journal L e. p- 229. ss) G. Staunton Act 
I. c. Trad. p. Castera T. IT. p. 128. 


\ 


998 DfiMfien. Dinter-Indien. II, Abſcha. $. 85 


ertannte. Auch J. Whiteu) IF an dieſem Geſtade von dr 
Schönheit der wechfelnden Scenen der Landſchaft entzädkt. 

Auf der fünften Tagefahrt (8. Sept.) ging Gran: 
Furds Schiff am Hafen Quinhon (Kwin nyon), unter 13° 4‘ 
N. Br., vorüber, der jedoch nur Schiffe einlaufen laͤßt bie 3 x 
84 Klafter Waffer haben. Hier ward einft, in der Hauptſtatier 
die Flotte der Rebellen, dee Tayſongs, gefhlegen. WVor dieir. 
Deriode war bier ein großts Emporium; die Rage in Der Mic 
Cochin Chinas, die Zufuhr auf ſchiffbaren Fihffen, der Schutz de 
Hafıns, die Reisenitur gaben ihm Bedeutung; Crawfurd fon 
den Ort nur noch von geringer Erheblihleit. Bon da am fin 
zu Lande noch 3 Tagereiſen zur Reſidenzſtadt Hue, durch cin 
mehr niedriges Küftenland. In dem nöchlich amliegender 
Hafen der Mündung des Tangkwan⸗ Fluſſes, unter 14° 30 
N. Br., gewann der König Bialong, im Jahre 1798, bie legte 
dernichtende Seeſchlacht gegen die Rebellenhaͤupter. 

Von da traten, vom 10t en Sept. an, die Wiimkfiken, 
wechfeinden Winde umd Gewitter ein, welche die Küftenfeiffeht 
Yerzögerten.: Unter 15° 14 R.Be. fiffte man, im Canal, je: 
fhen der nun flachen’ Käfte und dem Infeihen Pulo Gentın 
(Callao Rai genannt) hindurch; die Auſicht bes Gontinemii 
bat ſich hier völlig geändert, weite, niebere Sanddünen, be 
und da mit Baumgruppen befeht, ziehen fi) weit am Ufer hie; 
nur in der Herne zeigt fidy bebautes Hochland, das Räftenmer 
voll kreuzender hin» und herſchaukeinder Fiſcherboote und große 
Handelsſchiffe verkuͤndet ein ſtark bevoͤlkertes Uferfamd 3 aber die 
an bem vorderen Bauch allee Anameſiſchen Schiffe gemalten Au: 
gen tchren, daß dennoch field Bigilanz bier eine Haupt; 
genfchaft des — ſeyn muß, um die gluͤckliche Fahet ju 
vollenden. 

Nahe bem Hafen Faifo vorüber, der einſt am ſtaͤrkſten 
von Portugiefiſchen und zumal Japaniſchen *) Gchiffers 
befucht wurde, die feit langem alle weRlichen Gewaͤffer meiden (!. 
ob. &. 880, 590 ⁊c.), Uegt die Gruppe Cham Cabao, aus! 
Inſelchen beſtehend, alle umbebaut, ſteil und oͤde, wit nadım 
Klippen und Niederwald dedeckt; wur Fiſcherbacken malt doppel 
ten und dreifachen Maſten beleben dies Gewaͤſſer, in dem cin 


129) J. White Voy. to Cochin China 1. c. p. 74. 2. P..Alex. de 
Rhodes Div. Voy. Paris 1666. 4. 2 Ba. p. 115, 1 








Cochin Chinefifches Reich, Zuren ⸗Bai. 998 


heftige Strömung von D. gegen W. die Einfahrt zus Bai von 
Turon am Turon-Vorgebirge erſchwert, auf deſſen Oſtſpitze ein 


aucgezeichneter Fels in Geſtalt wie ein liegender Löwe 85), 


der im Begriff ſcheint einen Sprung in das Meer zu machen, 
ein Wahrzeihen für ben Schiffer ift; bie Stelle, wo das Auge 
liegt, iſt durch dohrt. 


Am ibten September wurde die Turon⸗Bai erreiht, we 
auch das geoße Britiſche Schiff ber Geſandtſchaft Crawfurbs 


vor Anker liegen blieb; von da aus wurben bie Kreurfionen nad 


Saifo und zur Capitale Hue gemacht. 
Die Turon⸗Baisd), richtiger die Hans Bai, denn ſchon 
Die Lord Macartney Embaſſade bemerkte bei ihrer Einfahrt im 
Diefe Bal, daß dafelbfi die Namen Turon:Bat, mie Cochin-⸗ 
China, den dort einbeimifhen Schiffern ganz fremd #7) was 
zen, iſt ungemein weit, was ihr jedoch eher zum Machtheil ges 
zeihht, da fie dadurch den Winden mehr blog geſtellt ifl. Ihr 
Eingang ift im Morden zwifchen einer vorliegenden großen Inſel 
ud dee Walbinfel Hanz biefer Eingangecanal hat an 2 Stun: 
Ben Breite, Die Tiefe der Vai bis zum Dorfe oder zur Stadt 
Zuron, gegen Weſt, nad) der fie genannt wird, find 4 bie 6 
Stunden; ihre Breite beträgt davon zwei Drittheile. Die Halb: 
infel Han gegen Dft ift bergig, aber gegen Weſt fleigen viel 
höhere Gebirge auf. Gegen ©. und S. O. iſt niederen Sandbos. 
den. Der nur mäßig große Ankerplatz liegt in dem Nordoſtwin⸗ 
Bel der Bai, hinter einem Eleinen Vorgebirge, innerhalb der gro⸗ 
fen Bai; nur er iſt vor der heftigen Brandung geſchuͤtzt, weiche 
an bie andern Ufer der Bai anfchlägt und dort das Landen er: 
ſchwert. Wäre ihre feibft ſchwer zu erfennende Einfahrt fo leicht, 
wie ihr Inuere® am Ankerplatz ficher, fo würde fie zu dem fchön« 
fen Häfen der Welt gehören. Ihr Jnneres vergleicht Finlay⸗ 
fon) ber fhönften See, ringsum von Gebirgen umgeben ; aber, 
obwol unter 16° N.Br., doch ſchon außerhalb dee nähften 
Aequatorialnaͤhe, über welche nur allein. bie Natur ihre 
größte Nasurfülle verſchwendet. Hier fehlt daher der Vegeta⸗ 
tion ſchon jene unausfprechliche, tsopifche Energie und Producti⸗ 
vitaͤt in allen Erfheinungen, Dee Boden zeigt ſchon mehr Dede, 





ss) J. White Voy. to Cochin China I. 6. p. 78. se), J. Crawfırd 
Journal }. a. p.293. °7) G. Staunton Acc. 1. c. T. II. p.133. 
°%) G. Finlayson Journ. 1. c. p. 329. 


1000 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. EI. Abſchu. $. 85. 


ſchon erreichen bie Baumformen nicht mehr bie coloſſale Sri 
und Erhabenheit, überall iſt mindere Variation, ſchon wirt Een: 
licht hervor, wo Sanduferfireden fi hinziehen. Nur die du 
altuorfprünge bilden üppig grünende Inſeln. Dennoch fine 
auf allen Seiten die Gipfel pitoresf empor, das Waſſer wird vı 
zahlloſen Booten und Fahrzeugen hin und ber beiebt. Dbe 
im Mangel menſchlicher Wohnungen und Mangel au Adırın 
jenems walbigen Oſtgeſtade Ceylons analog, ficht das Bıls 
ſche und Reisende der dortigen Bat von Trincom ali bed md 
über der landſchaftlichen Natur der Turon⸗Bai. Aud fi 
ſichtlich ihrer Größe und Bedeutung fest fie ſchon die Lad Ri 
eartnep Embaflade, bie dort vor Anker ging, unter bie Bü 
von Rio Janeiro 139), von ber fie eben herfam. Hier bemekt 
man am Ufer nur bie und da Hütten einzelner Fiſcher; a 
fein Betel, keine Cocos, keine Palmenart if miht ib 
bar; wenige Kelder mit Reis, füßen Bataten, Sefam Sð 
samum orientale) machen bie Eulturanlagen aus. Die Flote 
der umgebenden Gebirgehöhen iſt bagegen ſehr mannidikltg um 
bereicherte mit jeder täglichen Ercurfion das Herbarium dei De 
tanikers mit neuen Entdeckungen; man merkte dem Eintritt so) 
der Arquatorials in eine neue vegetabile Subrdeguit: 
rial⸗Zone; aud liefern bie Höhen Zimmers und Bemalık 
dach von geringem Wuchſe. | 
Das Küftengebirge au ber Einfahrt (häpe Crawfurd”) 
auf-1800 Fuß Höhe, die einzelnen Piks des Gebirgkamphihars 
ters um die Bai auf 2000 Fuß; alien Fels, den man int 
Nähe wahrnehmen konnte, iſt grauer, Eieinkörniger Granit, Wi 
Stimme und Quarz. Nur die Gegend gegen ben Süden 6 
gen Zatfe, if ſtaͤrker bevölkert und bebaut, Die Gibt 2 
son (Hanfan der Eingebornen), an der Mündung ind WM 
Sqhritt breiten Küftenflüpcgene, war (1793) nur ein Mala DI 
Em, als Lord Macartneys Embaflade?!) dort vom Gum? 
nement ber Rebellen, der Tapfonge, gaflet wurde; ſie ſcha 
an biefer Flußmuündung zum erflen male den großen Ltorf⸗ 
petican, der wegen feines mnerfättlichen Gefraͤßigkeit bekam 
und wo er ſich zeigt, ein Zeichen großen Zifcjreiceume du de 


*2®) G. Staunton Acc. I, o. ed. Trad. p. Castera. T. IL p u | 
»°) J. Crawfurd Journ. I. c. p. 232. v1) G. Staunton LG 
P. 146— 153. R 








Cochin Chineſiſches Ki, Zuron-Bal, 1001 


eäffee iſt. Die Landfeite bed Staͤbichens iſt mit Waͤldchen von 

Drangen, Eitronen, Bananen, Arelabiumen gefchmüdt, und von 
Auderplantagen umgeben. Bel den dortigen Schiffbauein bes 
merkte ©. Staunton bie große Geſchicklichkeit, mit dee ſich bie 
Gohin Chinefen bei der Arbeit ihrer Fußzehen 9%), da fieſſtetd dee 
Fuß gehen und ihnen daher eine Gewandtheit der Finger beibriu⸗ 


gen innen, zu bedienen pflegen. Während fie oben mit den 


Händen arbeiten, find zugleich bie hie und her ſich Überblegenbeiz 
Fußzehen mit Flechten und allerlei Fußardeit beſchaͤftigt. Unfirels 
tig iſt dies der characteriſtiſche Zug, welcher den Kaifer Hia Wutk 
veranlaßte, den ihm fo frühe bekannt geworbenen Anameſen, je« 
nen diefe Eigenheit bezeichnenden Ranıen Kia tdi beigulegem 
(f. ob. &. 972). 

Seit Macartneys Beſuch hatte ſich dieſe Can’ Zu 
e0n®), die ſchon früher weit bebeutender gewefen, aber ducch bie 
Revolution gefunten mar, wieder fehr gehoben; 3. Wpite) 
fand ihre Bazars (1819) mit Lebensmitteln gut verfehen, und 
einmaftige Tonkineſiſche Handelsfchiffe, weiche Eifen, Köpfehnans 
zen und Zimmerholz hierher führten, um Buder, Salz nid Mes 
Dagegen zu laden. Die Stadt ift abhängig von dee nähen Goͤu⸗ 
vernementsfladt Saifo; ein Civil: Mandarin zepräfentirte aber 
hier und berichtete die Ankunft ber’ Fremden dahin,’ und von 
Faif o mußte erft die Erlaubniß äbgemwartet werben nach bet 
Capitale HYue zugehen. Zuron'hat ein Meines Kort ethalten, 
ift gut vertheidigt und gasnifonickz ein Franzoͤfiſcher Kaufmann; 
Me. Borel, der bier anfäßig war, machte feine Aufwartumg: 
Der Drt liegt zerſtreut; die netten weißen Häufer find mit Pas 
Hffadeneinfoffungen umgeben, und nur wenige mit Gaͤrten vers 
fehen. Die Heden befichen aus Jatropha curcas; Coloplıyllam 
inophyllum befchattet die Wege; einige - Convolvulus in Bluͤthe 
machten den ganzen Schmud ber Landſchaft aus (25. Sept. ; 
jener Drangenhaine, Cocos und Arelapflanzungen, erwähnt Kin" 
tayfon nid). Die gutmüthigen,, höflichen Einwohner ſchienen 
fhon an den Umgang mit Europäern weit mehr gewöhnt gu ſeyn, 
als zu Lord Macartneys Zeit. Die Erenrfionen in die Umgegend 
wurden nicht gehemmt; die Dorfbewohner umher zeigten ne gaſt⸗ 
lich gegen die Fremdlinge. 





°®) G. Staunton 1. c. p. 153. »2) J. Crawfurd I, c. p, 2333 G. 
Finlayson 1. c. p. 330 etc. »*) J. White Voy. l. c, p. 81. 


Ed 


1002 Dfi-Mien, Hinter ⸗Indien. II. Abſcha. $. 85. 


. Am 3. Sept kam bie Nachticht, dab aus ber Neiden 
Hue zwei Warten zum Geleit der Embaffade anlangem folltın, 
daß aber davon nur 12 Perſonen die Erlaubnif bättem, bi.feldı 
zu begleiten ; wach der Eriquette bed Hofes von Peking. Man 
wollte bei Hofe den Eindruck vermeiden, den der Pomp einer fs 
anfehntichen Fremd: Embafjabe auf das Volk Der Gapitale me: 

den würde Da Me Cramfurb nur Euvoye des Gen: 
Sounerneuss in Indien war, und nidt vom Könige von En; 
land kam, auch fein Schreiben deſſelben mitbrachte: fo war ber 
augemeine Borwand des Könige von Cochin China „nur mit 
Königen unterhandle ex” bequem, zur Abwehrung auch des 
Beitifchen Ginfluffes. Erſt nach der Rüdlehr von Hue wurde 
dann von Turon Bay eine Ercurfion zur Gouvernementsfadt 
Fai fo gemacht, deren Reſultat wir hier ſogleich geben Einnen. 


4 Ercurfion von ber Zuron Baynad Fai fe 
(vom 2 — 24. Det. 1822 1%), 


Die Abtheilung der Provinz Uuangnan (f. ob. S. 919), 
In welcher Hai fo liege, heiße Cham (Tſcham), und von dieſer 
gilt nicht Faifo, fondern davon etwa gegm 3 Stunden weis 
wärts gelegen, Fuchi amı (oder Fuchim) als Haupeſtadt, teil 
daſelbſt der Sig des Gouverneurs iſt; die ganze Provinz; wird, 

im S. W, der Zuron Bay, von ber Hochgebirgskette begremit, 
"und fol an 60,000 Einwohner haben. Aber Fai fo iſt der be 
ruͤhmteſte Dandelsplag, den Dr. Yurefop%) 1807 nech 
in Ruinen fand, abes mit Reſten eines Molos, von Waarenhius 
fern und andern Monumenten feiner frühen Größe. Cs liegt 
nur 7 geogr. Meilen (36 Engl. Miles) in SD. von Taron, 
eine Sterdle die auf dem Rückwege in einem Tage zuruͤckgelegt 
werden konnte. Die Dinfahet von Turon nah Hai fo gu 
ſchahe in 2 Booten, auf einer falzigen Lagune, ober einem 
nathrlihen Canal, welcher parallel mit der Küfle vons Meere 
Dusch Sandduͤnen gefchieben, das Innere dee Turon Bay mit 
Fai fo in Verbindung feht. Die hoͤhern Berge bieiben ale 3 
bis geogr. Meilen von im Wehen liegen. Aus der Ri 





iss) J. Crawfurd Journal of an Embassy I. e. p. 287 — 292, 
°*) Mr, Purefoy Cursory Remarka on Cochin China in As, Soura. 
X XXI. p. 14. 





N 


Cochin Chinefifches Reich, Fai fo. 1003 


jener Sardduͤnen aber erheben ſich ploͤrlich 6 niedrige, doch gang 
ſteile, ja ſenkrechte Berge, Klippen, nackt aus eriſtallini⸗ 
ſchen Marmor gebildet (wol Dolomite?), bie nicht ſtratificitt 
ſind, ſondern In ſenkrechten Säulen emporflarten ; ber niedrigſte 
an 212 Zus von feiner Bafis, die hoͤhern 300, ber hoͤchſte wol 
350 Fuß hoch. Oben auf dem Gipfel des einen fahe man ganz 
behaglich eine Meine Heerde von Affen umberkiettern. Im ins 
nern biefer Marmorküppen, fagte man, gebe es viele Höhlen 
und Einfiedler. Allerdings fand man die Höhlungen in dem 
hoͤchſten und breitefien Theil des Zuges, wo er dem Meere am 
nächten iſt. Die Reifenden fliegen einen fleilen Sandberg hinan, 
der die Baſis einer der Klippen bebedit, drangen dann durch eis 
wen Spalt in ihre Mitte, und waren überrafcht, dort einige Woh⸗ 
nungen und Gaͤrtchen zu finden. Durch eine halboffne Felsgal⸗ 
lerie, 180 Fuß fang, gelangte man zur Hauptgrotte, in die man 
87 Felsſtufen binabfleigen mußte, um in die mächtige Höhlung 
zu treten, ‚die nach oben an mehreren Stellen durchbrochen, mit 
yorafitifchen Gewaͤchſen uͤberwuchert war, welche bis zum Boden 
der Grotte herabhingen, Im Junern fliegen bie Felsmaſſen wie 
rohe Säuten oder Pilafter einer gothifhen Rune empor. Im 
noedöftichen Theile des Buges, war eine Tiefung der Grotte 
in einen Buddhatempel verwandelt, in dem man vergolbete Goͤz⸗ 
zenbilder erblikte. Zwei Monſtta und 2 Wächter ftanden anf 
Eingang deſſelben. Viele andere Grotten wölbten ſich jener in 
fhönen Bogen zur Seite; aus einem derſelben von amberthalb 
Hundert Fuß Umfang öffnete ſich ein uͤberraſchender Blick auf 
Die blaue Meeresflaͤche und auf die Gruppe der Cham callag 
Jaßeln. Man fehritt von Grotte zu Grotte, deren mehrere zu 
Tempeln dienten, und einer derſelben, meint Crawfurd, fey eis 
nem ber aͤcht ein heimiſchen Cochin Ehinefifhen Landeögenien 
geweiht. In der naͤchſten Umgebung dieſer ſeltſamen Felsklip⸗ 
pen; die wol aus der Tiefe emporgeſtoßene Dolomitfelfen zw 
ſeyn feinen, fahe man nur Sanddünen (wol aus ihren Dels 
witterten Umgebungen erſt entflanden?), mit Dörfern, ‚die nur 
von Fiſchervoͤlkern bewohnt find. Aus dem weißen Marm ax⸗ 
geſtein mit blauen Adern verfehen, aber ſchlechter als der Mar⸗ 
mor von Tongking, weil er zu viele Riſſe hat, und daher in keine 
große Bloͤcke zerfpaltet, ſondern leicht zerbrödele, verfichen fie jes 
doch allerlei Geraͤthſchaften zu verfertigen. Mir. Purefoy, dee 


1008 Oſt-Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſchu. 3. 85. 


ebenfalls diefe Grottenwerte 27) fahe, fast, man führe von 
da viel Marmor aus. Die Kühle in den Grotten ſey ausgezeid- 
netz auf einem der Selfen fiehe eine Pagode von’ großem Alte 
mit einer Infcheift in der Mauer, welche den Eingeborzen un: 
lesdar ſey. Crawfurd führt dies niht an. Auch im Zone 
Ling fpricht De la Biffahere®%) von vielem Höhlen, die fit 
dort in den Gebirgen, zumal von Zutbam (?) befinden felen, 
die den Einwohnern in Kriegszeiten ald Aſple ober zu Tempele 
dienen, andere ald geheime Orte verwahrt biefben. In mehreren 
berfelden ſollen große Mafferbeden von gewaltigem Amfange 
ganze Berge bucchfegen, und in das großattigfie dieſer Grotten: 
werte, in der fogenannten Gebirgswüſte, ſoll ein weitfäuftiges uns 
terirdiſches Labyeinth führen, das man auf Canaͤlen durchſchiffen 
kann. 
Eat fo”), das nur eine halbe Tagereiſe von da entferzt 
Hegt, ift ein großer Handeldortz am Weſtufer einer engen Mus 
resbucht in einer einzigen Straße erbaut, Die fehe lang am Gr 
ftade hinzieht, größtentheil® nur eine Anſiedlung von Chineſes 
öder ihren Nachkommen. Die permanente Population an 5000 
darunter an 600 Chinefifche Familien, fleigt zur Zeit der Meſ⸗ 
fen auf die doppelte Zahl, bis 10.000, we dann hier ein Zufam: 
menteeffen vieler Junken, und ein bedeutender Handel geführt 
wird. Man zeigte hier zwei hübfche Chinefifhe Tempel, 
die den Bögen dee Schiffahrt und des Handels erbaut find. 
Der bedeutendfle davon ward vor hundert Jahren von einem 
Chinefiſchen Kaufmann erbaut, der alles Material ans Chins 
mitbrachte. Darin ſahe man eine gewaltige Vaſe aus Eifen, 
8 Fuß hoch und 4 Fuß im Ducchmefler, vor dem Altar ſichen, 
eine Chinefifche Arbeit (vergl. oben S. 684), dahinter liegt eine 
Heine Quelle mit einem Baffin, darin einige 20 Beine Schin⸗ 
kroͤten. Der Buddha Tempel in Fai fo iſt der größte, den 
Gramfurd in ganz Cochin China wahrnahm. Alle hiefigen 
Buddhabilder unterſchieden ſich wefentlih von denen in Siem 
und bem wefllichern Indien; fie hatten Tartarifche oder Chincfi» 
ſche Phyſiognomien, im Gegenfag der Hindubildung von jenen; 





*?) Mr. Purefoy Cursory Remarks on Cachin China 1. c. As. Jours. 
V. XXII. p. 144. »°) De La Bissachere Etat actuel du Tun- 
kin de la Cochin Chine etc. Paris 1812. 8. T. I. p. 50. 
®a) J. Crawfurd Journ. 1. ec. p. 289. 








-- — — — — 


[j 


Wochin. Chinefifhes Reich, Hus die Capitale. 1005 


auch ein’ Gewand über beide Schultern geworfen, flatt nur Abee 
Die eine der Schultern bei den Hindu Buddhas; Im übrigen aber 
Denfelben in Attituͤde, Kopfpng, Ohrgehaͤngen u. ſ. w. ganz gleich. 
Einige diefer. Idole woren in China gemacht; Cramwfurbe da« 
‚bei aufgeflelte Hypotheſen, eines aus der Tartarei berflammenden 
Buddha, im Gegenſatz eines zweiten Hinduiſchen, fcheint uns 
gänzlich unſtatthaft, wie er ſelbſt auch bemerkt, daß fie jeder his 
ſtoriſchen Stuͤtze entbehre. Die Priefter dieſes Tempels waren 


die erſten Buddhaprieſter überhaupt, die man in Cochin China 


bemerkte; aber bie meiſten waren anf eine Pilgerfahtt, 6 bie 8 
Tagereiſen weit, in dad Gebirge gezogen. Sie find ehelos, tödten 
Bein Thier, tragen eigne Kappen und Haarput; ihre Ocdenskleie 
dung iſt roth ober gelb (rothe und gelbe Gecten,“f..ob. ©. 197, 
1%, 206, 248, 271 zumal 283). Diefe Buddhiſten in Cochin 
China verbrennen bie Leihen ihrer Priefler, aber nicht bie dee 
Loien. Daß Fai fo nur der Hauptmarktort, aber nicht bie Gou⸗ 
vernementöflads ift, fondern Fuchiam, ift ſchon oben bemerkt 
worden, ſo wie daß hier chedem ber Hauptmarkt war, den die 
Dortugiefen von Macao aus befuchten, vorzüglich aber bie 
SZapanefen?W), die Hieher den ſtaͤrkſten Handel trieben. Sole 
von ihnen etwa bes hies verſtaͤrkt erſcheinende Buddha⸗Cultus 
berrühren 3 Sei 


4. Sue ober Hue Fu, die Capitale und Reichs» 
vefidenz!). ’ 


> Am 24. Gept. kamen bie beiden Königlichen Barken aus 
Hué an, um den Sefandten Eramfurd mit den 11 Perfonen 
feines Gefolges abzuholen, unter denen auch Dr. Finlapſon 
war. Ein alter Krieger, von ſchoͤner Geflalt, war Commandeue 
ber Barken, der firenge Disciplin, und anf pünktliche Er⸗ 
fuͤllung der ihm gegebenen Befehle vom Hofe hielt. Die Baw | 
ken waren fehe enge, jede zu 60 Rudern, nur mit Flechtwetk von 
Bambus in der Mitte zum Schutz ber Paffagiere verfehen, daß 
nicht einmal hoch genug war, um aufrecht darin zu figen, ſondern 
aur zum neben einander liegen eingerichtet, hoͤchſt unſicher, wor 
bei der Schiffecommandeur als Troſt nur .im Fall bes Gefahr: 





»°) J. White Voy. to Cochin China I. e. p. 77. ) J. Crawfurd 
vurnal I. c. p. 238-— 277. G. Finlayson Journal y. 337 12. 





1006 Oſt⸗Aflen. Hinter-Indien. II. Abſcha. $. 85. 
De vielen, nahen und fihern Häfen ber Küfte prieh, in die nu 


einlaufen könne. 

Das Wetter war ungemein shnflig, Am Abend am 6 ir 
ruderte man von Turon ab, und obwei der Wind nur mem, 
in die Segel blied, fo wor am folgenden Tage, 25. Gept., fücı 
um 3 Uhe Nachmittags die Einfahrt von Due erreihe. Ei 
ganze Kuͤſtenſtrecke, gleichartig ber bisherigen ims Suͤden, mit fer 
ſtreichenden inneren Granitketten, von gleichen, kuͤhnen, wid zu 
eiffenen Formen iſt materifh, und waͤchſt norbwärts gegen dr 
Huc Fluß no an Höhe. Die Pils werden fpiger, der Anti 
iſt flerjler aber geandios, Wolkenſchichten Hängen auf halbes Hit 
die Bipfel ragen in klarem Aether empor, die hellen Gatturfıdu 
contraſtiten mic dem dunkeln Bergwaͤnden, und ſchon frühe des 
glichen die Schiffer diefen Wechſel vom dunkeln und hellen Ban 
den des gelbroͤthlichen Geſtades den dunkeln Streifen auf eintn 
belien Tigerfelle. Diele Beine Boote beleben das Geſtade; vi 
Dörfer ziehen ſich auf den Sandſtrecken dee Uferbünen bin, oa: 
Ackerboden; viele hundert Kähne auf das Ufer gezogen, nah It 
altgriechifches Flotten am Teojer —— bezeichnen das Gele 
der Küftenanwohner. 

Die Mündung des Hue Stuffes, 800 bis 1000 Fuß hit 
bat am linken Ufer ein kleines Fort, welches feine Einfahet de 
hertſcht; fie if nur eng im Verhaͤltniß zur Groͤße des Gtromt, 
‚bee in feinen inneren Theilen dis Que nicht geringer an Bıatt 

ift, als der Strom von Kambodja bei Saigun, ob de 
Strom von Siam dei Bangkok; doc weit ſeichter old 
‚beide. 

In feiner Mündung liege ein Barre harter Sand, dem ze 
beiden Seiten heftige Meeresbrandung in den Fluß dringt, um | 
weicher aber nur bei Springfluthen 12: Fuß hoch Waflır Rt 
Die Barre iR zwar nur 10 Klafter breit, was aber hinzeichend if 
zu jeder Zeit‘ den tiefgehenden Schiffen den Eingang zu erfhwem 
ja unmöglich zu maden. Einem Franzoͤſiſchen Schiff, das 12 
Fuß tief In Waffer ging, gelang es die Barre glüdtich zu übe: 
winden. Nach Außen wie nad) Innen von ber Bazce, dem Hut 
Strom aufwärts bis zur Capitale, iſt feim Waſſer zus Gabe 
tief genug, 44 Kiafter, auch für bie größten Schiffe. GERD 
Monſun ift aber die Einfahrt jeder Art ſtets gefahnel, Sm ı 

Innern der Barre nimmt dee Strom fehe an Breite gu, ex rrhil 
mehrere große Zuflüffe von feiner Weſtſeite; er erweitert fh IT | 


« 








| 


I) 


Cochin Chineſiſches Reich, Hus die Capitale. 1007 


einem großen ſuͤßen Waſſerſee, voll Inſeln, in deſſen Baſſin, ganz 


vom Meere abgeſchieden, der ſicherſte Hafen liegt von Tauſenden 
von unten und Barken, meif von Weibern gerubert, durchzo⸗ 
gen. Hier nimmt die Binnenlandſchaft einen ſehr intereſſanten 
Charakter an. Die Rubderbacken brauchten den ganzen Abend 
bie Mitternacht, um den Drt ihrer Beſtimmung zu ereeichen 3 
Thon landete die Geſandtſchaft in ihrem angerwiefenen Quartiere, 
ohne noch die Stadt, dee man ganz nahe feyn ſollte, vor Augen 
zu ſehen; Schilf und Riedwaldung umgab das Ufer, wo eine 
fhöne, weite, geräumige Wohnung, mit einer Bambusftodade 
und einer Garde von 100 Mann umgeben, bie Fremblinge mie 
Staatsgefangene aufnahm. Doch langte ſchon ein Gaſtgeſchenk 
des Groß: Mandarin der Elephanten (Ober: Stall: und 
Gexemonienmeifteg für die Fremden) an, Lebensmittel und etwas 
Geld; der Lärm der geſchwaͤtigen Mitbervopner des Hauſes ließ 
jeboch in der Nacht kaum zur Ruhe kommen. 

Es war gegen die Eriquette, daß irgend einer ber Fremdlinge 
das Haus verlaſſen konnte, ehe nicht die Audienz bei Hofe regu⸗ 
lirt war, und den Seapoys wie den Leuten, welche der Geſandte 
sur Begleitung bei ſich hatte, warb nicht zehn Schritt Wege, ohne 
Escorie, zu maden geftattet. Das feltfamfe Semifh von Res 
fpect und Mistrauen, von Güte und Häcte, von Pomp und Er⸗ 
bärmlichleit, von Ruhmfucht und Eitelkeit, zeigte ſich überall in 
der Behandlung des Geſandten ſelbſt. Jeber Reiter, bee vor dem 
Hauſe des Embaffadeurs nicht fogleih vom Pferd abflieg, um 
feinen Refpect vor dem koͤniglichen Gafte zu bezeugen, erhielt bie 
Baſtonnade. Während der Embaffadeur felbfl und Sintayfon 
wie Gefangene zu Haus figen mußten, durften die mitgenommes 
nen Chinefifhen Diener allein fi frei durch die Stade bes 
wegen. Diefer Vorzug, den die Chinefen in ganz Hinter: Indien 
genießen, gewährt ihnen die größten Wortheile, und macht fie auch 
den Europdern zu ihren Unterhandlungen smentbehelih. . Die . 
Debatten über die Bulaffung zur Audienz bei dem Könige 
machten das Hauptgefhäft aus, umd ließen waͤhrend des halbmo⸗ 
natlihen boztigen Aufenshaltes (vom 26. Sept. bis 16. Dee) 
nur wenig Zejt zu andern Beobachtungen übrig; fie wurde end⸗ 
lich doch nicht zugeſtanden; ber geringe Erfolg des Hanbelstrae⸗ 
tates iſt ſchon oben angezeigt. Der Brief des General Gou⸗ 
verneurs an den Koͤnig ſollte gegen die Etiquette verſtoßen, 
weil nur Koͤnige wit Koͤnigen unterhandelten, und alle Serupel, 





1008 Oft⸗Aſien. Hiuter⸗Indien. II. Abſchu. 5.8. 


bie man deshalb ſchon in Saigun 22) gemacht (f. unten), mır 
den bier wiederholt, ja In unehrerbietigen Ausbrüden ſey er aka: 
faßt weil darin vom vorigen Könige gefogt war, daß a wir «: 
dere Menfchentinder verfiorben fep, ber officielle Ausdruck m: 
freitich die Rückkehr des großen Drachen in den Himmel (f. ver 
S. 993) gewefen. Man bemerkte, daß allerdings das Ideal li 
nas, die Marimen bes jebigen Könige gegen bie feines Voraus: 
gers, binfichtlich der Fremden fehr verändert habe; doch vrrfprat 
der Groß: Mandarin der Elephanten fich bei dem Könige fi: 
eine Audienz der Briten zu verwenden, weil ee mol begreife, di 
ihnen dies das Höchfte feya müfle, was fie zu erzeichen hätte. 
@ie hätten aber, fügte er fpäter binzu, einen groben Refprik 
fehler begangen, indem fie dew Brief an den König, ſchon für 
ber zu Eaigun, von bem dortigen Vicekoͤnig oder Gouvernnt 
hätten eröffnen laſſen, auch war die Titulatur König von Asım 
nicht richtig, weil ihn au Kambedja und Laos unterthan int 
follen u.a.m. Die Aubdienz bei dieſem Hofceremonienmeifer ta 
Stemden von Takun, war das erfte Gefchäft am erſten Nw 
gen in Hué. Eine Escorte einer martialifch armirten Selde 
teske mit Musteten und 12 Fuß langen Langen, geleitete fie it 
defien Palais, das erft in faſt 2 Stunden, zu Schiffe tmak! 
werben konnte; eben fo weit mar bad Befanbten „Quartier WM 
ber wirklichen Stadt entfernt, bie man ganz nahe gefagt bit 
Dee Hué Strom zertheilte ſich hier in fo viele Arm 
Daß es ſehr fehwer war von ihm mehr als feine Roms 
zichtung von Meften nah Oſten anzugeben. Die Sthiffahe 
ging den Strom aufwärts, und lenkte dann rechts ein, in rin 
ſchoͤnen, kuͤnſtlichen Canal, der brei Selten der Gapitale umgieh 
und zu beiden Selten in den großen Hué Fluß ſtoͤßt, mit 
an der vierten Seite bie vordere Fronte der Stadt vorüberfuft 
An feiner engſten Stelle bat der Canal noch 40 bis 50 Ela 
Breite, ift zur Seite mit Boͤſchungen verfehen, bat meift 8 ö0) 
Tiefe, umſchuͤtzt bie ganze Stadt, und iſt trefflic gehalten. Di 
Ufer zeigten überall reizende Landſchaften; es ſchien Finlapſor 
der reizendſte der Fluͤſſe im bisher vom ihm gefehenen Afım u 
ſeyn, durch Naturfſchoͤnheit, die Kunſt hatte wenig hinjugefüst 
Die fernen Begrenzungen find uͤberall hohe, pittoreske Seit 
gipfel, die näheren Ufer find vol Pflanzungen von Cocosnuſ 





”°®) J. Crawfurd Journ. 1. c. p. 212 ete. 249, 257 u, a. 


' 


Cochin Chineſi ſches Reich, Aus die Capitale. 1008. 


unb Areca: Palmen, von Bananen, BZudersohewale 


dungz Bambusheden durchziehen das Ganze nach allen 
Seeiten hin, in Linien ihre eleganten Wipfel bins und herbeus 
gend. „Die fhönften. Allen von Hibiscus Arten und in 
“ einen Hainen, verfhönern die Nähe zahlreicher Ortſchaften, 
* Die aus netten, teinlichen Häufern beftchend, in mannichfaltigen 


u he. ME, 


Sruppen umber vertheilt Liegen. Ihre vegulaisen Ziegeldächerz 
ihre gute Badfleinmauern, bee Mörtelanwurf, die Zierbaͤume, die 


wohlgeordneten Gartenanlagen, verziehen Geſchmack und Wohle 
ſtand, auch Einflug Europäifher Induſtrie. Doch herrſchte in 


einer folhen Nähe der Capitale überall nur eine unerkiärliche 


Stille, und nur einzelne Reuter fahe man auf Beinen Kieppern 
urmherziehen. Sobald bie Barke in den Canal einfuhr, fchiffte man 
zwiſchen den 2 Forts bes befefligten Theiles der Stadt hin, welche 


—* an NA ER TETE 


Finlapſon bier eher den Städten von Delhi und Agra als 
dem Sort William bei Calcutta vergleichen möchte. Die. 
Korts, nah ben Principien Europäifcher Fortification erbaut, 
waren auf jeber der Quadratfeiten 14 Engl. M. lang, die Rens 
parts 30 Zuß body, aus Badfleinen aufgemauert, und befans 


den fi im beiten Zuſtande. Ihre Thore find im Chinefifchen 


Styl aufgeführt. Aus dem Canal ſchiffte man in den Stroms 
arm zurüd, und bier, beim Zufammenftoß B.ider, ward der lands 


ſchaftliche Blick fehr großartig, auch durch bie Mannigfaltigkeie 


des Anbaues, und die weitläuftigen Wohnungen der Groß: Mans 

darinen, bie mit Steinmauen und Bambusgehegen umgeben 

von guten Wegen durchſchnitten find. Hier warb auch nach eis 

ner Keinen halben Stunde Weges, bad Palais des Groß: Mans 

darin der Elephanten, bes Zakun erreicht, in dem bie beis 
den Franzoͤſiſchen Mandarine, Mr. Bannier der Admiral und 

M. de Chaigneaur ber Generals Conful bie Honneurs mach⸗ 

ten. Sener hatte 33 Jahre in Cochin Ehina verlebt und war eins 

genauer Kenner des Staats, ein tapfrer, nun fehr bejahrter Mas - 
zineofficier ; der legtere hatte feit 29 Jahren das Intereſſe ſeines 

Hofes In Cochin China gewahrt, und nad eines Heimreiſe im 

Sahre 1819 war er wieder dahin zuzuͤckgekehrt. 

Die Audienzhalle des Groß: Mandarin der Stephanten, des 
zugleich als Minifter mit Verhandlung ber Fremden beauftragt 
ift, und deshalb den Titel Takun führt, war zwar groß, abes 
nicht einmal fo elegant eingerichtet, wie bie Wohnungen ber Pete 
vaten in x iam. Diefer Minifter ficherte amar im Namen der 

Kitten Erdkunde IV. Sf 


— 


⸗ 


1010 Oſt-Aſlen. Hinter-Indien. II. Abſchn. {85 


Könige den Briten Handelsfreiheit für alle Häfen bes Reict 
zu, die jedoch fpäterhin nur fehe befchnitten ertheilt wurde (f. ot. 
S. 947). Nach dem eingenommenm Dinee wurden die Bif: 
im eines Barke auf der bisher noch nicht gefehenen Seite ta 
neuangelegten Stadt zuruͤckgeſchifft, um auch dieſe aufererdmt 
lien Werke, denen nichts Anderes im Drient gleich komme; ! 
munbern zu laffen. | 

Der König ließ darauf fogleich feinen Admical Bannit 
gu fid) rufen, und freute fich, daß die Fremden feine Feſtung be 
wunderten; er gab den beiden Sranzofen Befehl, diefelben om 
foigenden Tage in den Feſtungsanlagen 203) herumzufühten. Ein 
Waſſerfahrt führte zu ihrer Befichtigung von außen; man fin 





. fie meiſterhaft ausgeführt, «in Thor, in Europäer Styl, fühm 


in bie neue Stade. Diefe ift im Quadrat gebaut, ganz für fü 
abgeſchloſſen; auf 2 Seiten vom Fluß, auf zwei andern vn 
Canaͤlen umgeben, die 30 bis 40 Ellen Breite haben; die nıw 
Anlage hat 2 Stunden (5 Engl. Miles) Umfang. Dos glach 
feitige Viereck hat an jeder Kacade 1180 Zoifen (11,080 Fuß Pit) 
Länge. Unter Beiftand eines Franzoͤſiſchen Ingenieuts fol Mr 
König feldft den Plan dazu entworfen haben ; verlor aber find 
talentvollen Ingenieur ſchon im Jahre 1805 durch den Tod. Bi 
das Aeußere, fo auch ift das Innere der Anlage regulär, forzfib 
tig, geſchmackvoll, mit geraden Straßen, Canälen, Magaa 
verfehen, die dem Ganzen ein großartiges Anfehn geben, nobi 
nur die Chineſiſchen regenſchirmartigen Dächer den einzigen Le 
beiftand bilden. Doc find die Bazars nur demlid beit 
Der Bti über die Remparts, über Stadt und Land iſt von gr® 
fer Schönheit. Den größten Effect, ſcheint e6, machten die Pub 
vermagazine, bie in der Mitte von Teichen angebracht fit) 
und die großen Kornmagazine. Zu biefen, fagte man, IN 
den jährlich neue hinzugebaut, aber dadurch die Misjahre gewiß 
ſermaßen beguͤnſtigt. Auch find Hier treffliche Barracken für tim 
10,000 Dann Truppen errichtet, welche die Garniſon der If 
denz bilden. Das Arfenal, bemerkt Cramfurd, fa Ant 
duch fein Mufeum von Artillerieftüden aller Europäifchen Rote 
nen buch bie Kanonen im Lande aus Tongkineſiſchem Ey ge 
goflen, nach Europaͤiſchen Modellen , die von 4 bis 68 Pfündet 





2»s) u Crawford Journ. 1. e. p. 249; G. Finlayson JoumM. re 
». 363. 





Cochin Chineſiſches Reich, Hu die Capitale. 1011 


' die größte Zahl aber 18 Pfuͤndige Kanonen enthalte, bavon 
: Der König Gialong I Stud felbft gegoffen und mit feiner Na⸗ 
menösſchrift verfehen hat. Es befanden ſich unter ben hier einhel> 


miſch gegoffenen fchon welche mit den Sahreszahlen 1664 und 


1665 mit Portugtefifhen Inſcriptionen; aber die neueren aus der 


Franzoͤſiſchen Echute find weit vorzüglicher. Zu den 16 Baſtio⸗ 


nen des Korte follen 126 Kanonen gehoͤren, für das ganze Kort 
800 Stud; die Zahl der Vorräthe im Arfenal übertrifft jehe 
Summe Das Fort, an dem 17 Sabre lang gebaut warb, 
. würde zue Vertheidigung eine Befagung von 50,000 Mann bes 
: dürfen, und ift in ben Augen ber Drientalen allerdings ein eins 
ziges, unuͤberwindliches Werk, Auf dem meftlichen Ufer bes Fluſ⸗ 
: fe zeigte man 5 bis 6 feltfam aus Stein mit Kalk aufgebaute 
Tempel, mit geoßer Ringmauer umzogen, eine Art Pantheon, 
‚ den Manen der Mandarinen vom vorigen Könige geweiht; ein 
- Heroentempel. Es flehen barin viele Pfeiler mit den Namen 
der Helden, die ihm zur Wiedererlangung des Thrones verhalfen, 
aud die Namen eines Franzofen und eined Irlaͤnders, eines 
 Eorporals und Officiers waren babei, die ſehr tapfer gefochten 

und Lieblinge des Könige geweſen. Der erfle hatte Lieber fein 
Schiff in die Luͤft gefprengt, flatt in die Hände der Tayſongs 
zu fallen. Der Bifchof von Adran, deffen Denkmal auch dies 


ſes Mauſoleum fhmüden follte, verbat ſich diefe heldniſche Ehre; 


der Koͤnig ließ ihn 2 Stunden fern von Saigun begraben, baute 
ihm aber ein Kenotaph, ſchon bei Lebzeiten, und ſtellte dazu eine 
Wache von 200 Mann an. 

Auf dem Rüdwege von bem Feſtungsbau, bemerkt Finlay⸗ 
fon, begann es heftig zu regnen, und naß, im bejammernswers 
theften Zuftande, Bam ihr Zug vor dem Palafte der Reſidenz vor⸗ 
beiz wo eine Menge von Zuſchauern, Officiere und Perfonen von 
Rang, den demüthigen Aufzug mit anſahen, ohne ben Gaͤſten 
auch nur Regenſchirme anzubieten. Den Koͤnigspalaſt ſelbſt ſahe 
man nicht, weil ihn die Barracken der Garniſonen umgaben, bie in 
trefflichem Zuftande zu ſeyn fchienen. Die Sardiften befanden 
fih in ihren Uniformen blau mit voth, oder weiß mit roth, ges 
ſchuͤzt unter Verandahs; die Dfficiere waren durch Stidereien 
auf den Schultern und Epauletten ausgezeichnet. Der Anbiil 


flößte, für Afiaten, Refpect ein, und man glaubte hiee die Vor- 


fhule einer Exiegerifchen, kuͤhnen, orientalifchen Macht wahrzus 
‚nehmen. 
$ Sſſ2 


⸗ 


1012 Oft-Afien. Hinter-Indien. II. Abfchn. $. 85: 


Bel fpäteren Beſuchen fand man den Hauptdazat da 
Refidenzſtadt Hue nur fehr aͤrmlich mit. Kauflaͤden befegt: nu 
Chinefifhe Waaren, wie Porcellan, Iadirte Waaren, En 
denzeuge, Creps in Menge ftanden feil; dabei unzählige Mei: 
nalmwaaren, grobe Regenmäntel aus Palmblättern, Jacken de 
gleichen, grobe Eifenwaaren zu fehr theuern Preifen, vielerläi Ei. 
berarbeiten, zumal aber Maffen von buntem und Gold: Paz 
das zu den Opfern verbraucht wird; an Lebensmitteln, vorzägls 
eis, Obſt, Sage von einer Art Nymphaͤa u. a. m. 

Man beſuchte zwei Tempel; der eine war ein Chineſiſcha 
der zweite dem Gautama getveiht, beffen Idol mit Negepir 
fiognomie, traufem Haar, ganz. wie in Siam, und krumm 
untergefchlagenen Beinen ba faß, zur Seite mehrere Bubddhabib 
der; auf dem Altar ein paae Stoͤrche in Holz gefchnigt Ru 
ein Prieſter fungierte im Tempel; man bemerkte fonft gar fü 
nen in der Stadt; fie ſtehen durchaus in keinen Anfehen, wm) 
darum mögen fie bier fo fparfam feyn, was gegen ihre Echmime 
in Siam den größten Contraft dilbet. 

Bei mehreren Excurſionen in die naͤchſte Unsgebung de 
Stadt fand man viele Brüdenbauten in Europätfchem Styl, iht 
unzählige Flußarme und Candle, die Umgegend reizend und ſch 
gut bebaut; in der Kerne von ein paar Meilen von der Ref) 
einen Park und Maufoisum?r) für die koͤnigliche Zamiit 
durch Frohndienſte des Volks angelegt, der aber von Fremdes 
nicht betreten wetden darf, weil dieſe die Ruhe ber koͤnigüche 
Vorfahren flören würden. Freilich wenn bie vertrauliche Di 
theitung eines Chinefen an Cra wfurd die Wahrheit ausfprad: 
fo Eönnte man ſich biefen der Metempſychoſe verwandten Ahr 
glauben tool erklaͤren: bie Cochin Chinefen, fagte derſelbe, ſches 
euch, Engländer, mit rothen Haaren und weißen Zähnen (ft 
färben bie ihrigen ja ſchwarz), für geneigte zu Krieg und Brut 
an, weil ihr ben Tiger n dadurch gleich feht. 

Als keine Audienz bei dem Könige zu erfangen, und bie It 
des kuͤnftigen Handelsverkehrs beflimmt, auch alles Germonil 
bei den Anterbehörden befeitigt war, trat man am 17. Da. die 
Müdreife an, die bis zum Ankerplatz in der Turon Bay it 
Lande?) gehen folte, weil bie Jahreszeit die Kuͤſtenfahtt auf 


»°*) J. Crawfurd Journ, 1. s, p 260, 268. 2) G. Finlayss 
Journ. |, e. p. 391. 


Cochin Chineſiſches Reich, Landreiſe. 1013 


dem Meere ſchon zu beſchwerlich machte. Der erſte Tag follte 
Binnenfahrt auf Fluͤſſen und Canaͤlen feyn, für ben zweiten 
Tag folten Palankine für bie Säfte bereit fliehen; auch zue 
Nahrung, Ochfen, Schweine, Biegen, Enten, Reis und Zuder 
als. Proviant. bis zur Turon :Bay geliefert werden. Hie⸗ 
Durch lernte man noch einen intereffanten Theil des Küftenlans 
bes, zwiſchen beiden Städten Hué und Fai fo kennenz ber 
übrige innere Theis dieſes Küftenflriches ift fo gut wie Terra in- 
cognita zu nennen, denn nicht einmal über bie im Norden von 
Cochin China gegen Tongking auf früheren Karten gezeichnete 
fehe hypothetiſche Grenzmauer 6), deren Dafepn die früheren 
Autoren, die viel fabelhaftes enthalten, was wir hier nicht wieder⸗ 
boten, und bie felbft Chapman wie nod De La Biſſachère 
angaben, ließ fich Erkundigung anziehen, ob Be wirklich — 
den, oder nur Fiction fep. 


5. Kuͤſtenſtrecke wifsen ber Capitale Hue und ber 
Zuron Bay nad I. Crawfurd und ©. Sinlapfons 
gandreife (vom 17, bis 19. Det, 1822 7), 


Erſte Tagereife (17. Oct.). Die Rüdreife gefchahe . 
in 2 Borken für die erfte Tagefahrt, welchen ein drittes Boos 
mit Miiligairs Escorte beigegeben war. Am Morgen 8 Uhr, Ab: 
fahrt, ſtromauf an der Citadelle vorüber, dann links in einen 
Canal gegen &.D. durch eine ſehr fchöne pittoresle Landfchaft, - 
teefflich bebaut, die mehr einer Europaͤiſchen, als einer teopifchen 
gleich ficht. An den Wohnungen Löniglicher Prinzeffinnen vors 
daber, zwifchen weiten Plänen hin, mit Reisfeldern, die zu 
beiden Seiten uͤberſchwemmt waren. Der Canal, an 20 Elien 
breit, mit fhönen Sußpfaden zur Seite, auf beiden Geiten bie 
auf eine halbe Etunde breit von den Ufern ſtark bewohnt, bie . 
und da mit großen Gebäuden befegt, ward erſt vom vorigen Koͤ⸗ 
nige in eines ehedem wuͤſten Gegend angelegt, die jegt in Reis⸗ 
felder verwandelt den größten Mugen bringt, und zugleich dient 
der Canal zu einer trefflichen Communicationslinie im Innern 
des Landes. Aus der Erde, die fein Ausftich darbot, wurden bie 
Badfteine zu den Feſtungsbauten und Magazinen gewonnen. 





°) De La Bissachöre Eiat antuel du Tunkin de la Cochin Chine etc. 


Paris 1812. 8. T. I. p. 23. ) J. Crawford Journ. 1 c. p- 278 - 


= 238. G. Finlayson Journ. 1, c. p. 404 — 412. 


1014 Oſt-Aſien. Hinter-Indien. IL. Abfchn. $. 85. 


Nach den erſten 3 geoge. Meilen iſt ber Canal nur irzegul:: 
weiter geführt. Er läuft, in einen Sumpf aus, der mit Ropri: 
Sparganium , Carex Arten, Melastoma, Pandanus und ander: 
Dflanzen und Buſchwerk bewachfen if. Er endet mit einer it:- 


abfallenden Schleufe, in einen Salzwaffer See, der vielma: 


eine weite, aber durch enge Einfahrt mit dem Meere connkt- 
ende Meeres Bay if. Es iſt ein fhönee Waſſerſpiege. 
umgeben von ber fchönften Alpengebirgsmatur, mit tros: 
fher Begetation, überall mit Ortſchaften beſetzt, mehr dm 
Bay als ein See, größer als die Zuron Bay, nur abgefonber: 
durch die Meerenge, die nur 2 Klafter Tiefe hat; er beißt Mut. 
got Bay. Seine Breite gegen Süden zu durchrudern brand: 
man 2 volle Stunden, und landete dann im Dorfe Kao hai. 
in einem großen, fruchtbaren, ſchoͤn cultivirten Thale, das as 
1000 Familien als Bewohner zählt, am Südende der Bar au 
einem Zufluffe gelegen der mit Booten bebedt find. Man fa 
Meisfelder, die fchon eine Ernte gegeben, und zur zweiten 


die Ausſaat erhielten. Zur Herberge war eine Karawanſerai 


angewiefen, ſehr gut eingerichtet, In dem eine große Halle mit 
doppelter Säulenreihe, Plattformen mit Schlafitelen darbet, ve 
zen höchfte jedoch thronartig, am Ende der Halle für den Kinu 
bei feinen Durchreifen aufbewahrt wird. Durch das ganze Kat 
von Saigun über Hue bis Tongking, und bis zur Chi: 
nefen Grenze find dergleichen, alle 2 geogr. Meilen, ats Sta⸗ 
tionen für die Reifenden erbaut; in biefen hatten die fchon ver 


angeſchickten drei Dolmetſcher (ein Chinefe, ein Port 


giefe und ein Cochin Chinefifher Chriſt) das Nachtquat 
tier. vorbereitet. An diefem Tage bemerkte man, außer Wale 


voͤgeln, keine andere Thiere, und von jenen vorzüglich mur eine 


Taucherart (Fulica) in den Sumpfungen. 


Zweite Tagereife (18. Oct.). Bon Kao bai ging bit 
Meife, in Palankins, weiter, die ungemein bequem und leicht auf 


gebogenen Bambusftangen beitanden, darin Baummwollennege für 


bie Pafjagiere tingen, mit Palmblattdaͤchern; weit zweckmaͤßige 


‚bemertt Dr. Sinläyfon, der fhon als Kranker in ihnen trans 


portirt wurde, als die Bengalifchen. Die Träger zeigten fich bir 
auch weit flärker als die Hinbus, denn fie rubten auf ber ganzen 
Station von 2 Meilen nicht aus, und doch trugen nur daffelbe 2, 
was dort 4 zu thun pflegen. Diefe theilnehmenden Träger pflüd: 
ven dem Kranken zur Unterhaltung ſtets Blumen und Fruͤchte. 








Cochin Chinefifches Reich, Landreiſe. 1015 


r ' 
Bio zum Fuße des erfien niebern Bergzugs, der nur ſchmal und 
an 300 Fuß hoch, hatte man eine Stunde Weges, durch feucht 
bares, mwohlbebautes Land wo Arelapalmen, Plantains, 
Füße, Bataten, Betel, Toback, aber keine Cocos: Rüffe 
Tracy Ueberfteigung diefer erflen Hügelreihe betrat man ein wei, 
tes Thal Nut mang, (did. Suͤßwaſſer⸗Ort), ein nette® 
Dorf, wo man frühftüdte. Hier wurden bie Träger gewechſelt. 
Bon ba fegte man gegen Mittag über eine zweite, gleich niedete 
Hügellette, von der man eine uͤberraſchend ſchoͤne Ausſicht 
auf eine innere Meeresbucht, mit fleilen Waldbergen wie ein 
See umgeben, gewann; gegen Oſten war ber offene Dream, 
gegen Weften bie Hochgebirgskette und im Vorgrund das ans 
gebaute That, in das man hinabſtieg. Weiber brachten bier mit 
Sicheln, wie in Europa, die Ernte ein. Dee Boden iff aͤrmlich 
rauh, die meiſte Nahrung muß von bee Meeresſeite dutch die 
enge Einfahrt der Meeresbucht, die Bung dam (d. i. Hafen 
Dam bei den Eingebornen) heißt; in das Binnenland hereinges 
bracht werden. Die Wege find trefflih, an ihren Seiten fichen - 
viele Tempelchen mit Votivtafeln,, wie dieſe auch an den’ Fels⸗ 
Elippen angebracht find, mit Golbpapieropfern wider die böfen 
Dämonen. Um 2 Uber wurde an diefer Bay, 2 bis 4 Stunden 
breit, 14 Fuß tief, mit ſehr ſchmaler Einfahrt, durch welche von 
der Meeresfeite eine gewaltige Brandung hereinfchläge, das große 
Dorf Haimung erreicht. Hier zeigte fi auf den nahen gras 
nitifchen Berghöhen eine reiche Tropenvegetation, von 
größter Mannichfattigkeit, Hier nahm man in ben Wäldern viel 
Spuren von Elephanten und Tigern wahr; auf ben Waſ⸗ | 
fern wimmelte e8 von Eeevögeln. ' 
Dritte Tagereiſe (19. Oct.). Die ſchmale Meerenge 
wurde uͤberſchifft, jenſeit aber mußte die babe Gebirgskette 
uͤberſtiegen werden, welche die Vung dam Bay von de Zus 
ron Bay fiheibet. Bon Hue 'an bis hieher fahe man, einige 
Kalkſteine und andere Gebirgsarten in ber: unmittelbaren 
Nähe der Stadt ausgenommen, nur primitives Geſtein, 
Duarzfel®, Granit, Hornblendgeſtein. Auch biefe 
Kette, die über rauhe Felstruͤmmer fleil zu erfteigen If; beſteht 
daraus. Bei der erſten Berghöhe von 500 Fuß öffnet fih ſchon 
eine herrliche Ausficht auf die Bay, und gegen Oſten über das 
offene Meer; im Norden tritt ſelbſt noch ein Theil der Muk⸗ 
got Bay hervor, die am erſten Tage überfegt ward. Hier war, 


1016 Dft-Aflen. Hinter-Indien. IT. Abſcha. $.6; 


dent Genius bed Berges ein Tempel errichtet. Der Weß fi; 
om Meere bin, aber auf flarker Gebirshoͤhe weit über ihm; ı: 
tere Wald hemmte die Sernficht, bis auf kuͤhne, romantifde De 
biide in hochtropifche Landfchaft. Das Gemurmel der Bit: 
Quellen unterbrach häufig die Stille; zwei ſtarke Waſſerfaͤlt 
an 200 Fuß hoch, in weißen Schaum aufgelöfl, in die Tiefe 
zrepifchen Walddickichts hinabftürzen, vermehren bie Schönheit de 
Umgebung. Zwiſchen wilden Sranitbiöden zieht bie Erik 
auf und ab, zahlreiche Schaaren wilder, buntfarbiger Afft 
(Douc, Simia nemoris), und auf einer relativen Höhe von RÜ 
bis 800 Zuß bie Culture ber Theeſtaude waren überrfkıh 
Erſcheinungen (f. Aften Bd. 1. 8.242). Die Culminati:: 
Der Paßhoͤhe biefer Gebirgskette bedeckt ein nettgebautes 2:7 
mit einem guten Markte; es liegt in dem angenehmflen Eurt— 
päifhen Clima; in ben Kramläden fand man The, Ai 
und Erfrifhungen allen Art. Viele Reiſende paffirten hindern. 
alle ohne Waffen, mit größter Sicherheit und Ruhe; aud Be 
“Ber und Kinder. Die Ausfiht von da über die Bat und Hall: 
infel Turon, wie über die Bai von Faifo und biei= 
ſchen beiden Legenden Marmorfelfen, war von unbefhreitic« 
Schönheit. Diefe Paßhoͤhe liegt, nad) Barometermeſſung 15 
Fuß über dem Meere, die Hochgebirgsgipfel fleigen 1: 
Crawfurds Schägung wenigſtens bis zu 4000 Fuß m“ 
Won hier aus find man zu einer kleinen Meeresbucht hinab, = 
man ſich embarlirte, um das nahe Britifche Schiff in der zu: 
zonr Bat zu erreichen. Das Gebirge, dem Antarplage nat 
Bilder die ganze Turon⸗Halbinſel (Halbinfel Hanli 
eine lange Granitkette, auf deren groͤßter Höhe der ven 
König, nach feinen Siegen über bie Tapſonge, einen Buddhe 
sempei erbaute, obgleich ex ſelbſt kein Buddhiſt, ſondem fa 
Dolptheift, ein Confutfiusbienee war. Die bei ber Anferkation 
Bes Hauptſchiffes zuruͤckgelaſſenen Britifchen Freunde wurden alt 
im Wohlfein gefunden, fie hatten fi; im d e Zwiſchenzeit mi 
Jagd, zumal mit des Affenjagb, in. den_benachbarten Bi: 
dern Unterhaltung verſchafft. — Won bier wurde bald bie Rüd' 
fahrt nah Singapore begonnen. 


Cochin Chineſiſches Reich, Geſtade-Inſeln. 1017 - 


6. Die Geſtabe⸗Infſeln Dulo Condor (db. h. Infel 

der Kalebaffen, bei den Malayen), ober Koh naong 

. der Chinefen (Isle D’Orleans der Franzofen); Pulo Ubt 

und Pulo Panjang; Honcotre:-Öruppe und Phus 
£08 (oder Kohtrol) Inſel. 

J. Pulo Condor. | 

Wie. haben fchon oben diefer Infel:Gruppe al des fübs 

lichſten Vorſprunges und maritim abgefonberten, infularen lies 

des des meridianen Küftengebirges von Cochin China erwähnt (f. 


ob. &. 921), mit welcher die im Weſten mehr. flache, wenn 


auch immer noch bergige, aus Roth: Sand flein, Formation 
- beftehende Natur ber Geftadeinfeln bes Siam-Golfs 
aufhört, und die fleile Urgebirgsbilbung aus Granit⸗ 
maffen beginnt. Seit W. Dampiers Beſuch 208) diefer bie 
dahin außer dem Wege der Seefahrer liegen gebliebenen 
Inſel, wo er, im März und April 1687, feine Schiffe aus⸗ 
befferte, und den Well: Monfun zur Ueberfahrt nach den Mas 
nilla® abwartete, haben fie nur von Zeit zu Zeit wieder einmal 
die Aufmerkſamkeit der Seefahrer auf ſich gezogen, welche fie als 
Mittelftation in jenen Gewaͤſſern, wie ſchon Dampier bes 
merkte, und Lord Macartneys Verſuch, feinem kranken Schiffe: 
volk, auf ihr, Genefung 9 zu verfchaffen bewies, doch im hoben 
Grade verdienen. 3. Whitel!), Crawfurd und Sinlapfon!!) 
geben die neueften Nachrichten von ihr, aus der man den Forts 
ſchritt ihrer Eivitifation ſieht; aber ben laͤngſten Aufenthalt machte 
daſelbſt der gelehrte Sefuiten Pater Saubil, vom 7. Seps 
tember 1721 bis zum 1. Juni 1722, während feiner Ueberfahet 
nach China, deſſen Ichrreihen Bericht 12), fo wie, deſſen erfle 
Kartenaufnahme, die ſpaͤtern SBerichterflatter ganz übers 
fehben zu haben fcheinen. Pater Gaubil wird deshalb von 
den Neuern auch nicht einmal erwähnt. Indem wir Pater 
Gaubils volftändigere Nachrichten, welche fhon bes trefflichen 


308) G. Dampier Veyage autour du Monde, Rouen 1723. T. IL 
p- 78 — 90. ®) G. Staunton Account 1 c. ed. Trad. D- Ca- 
stera T. II. p. 113— 123. 10) J. White Voyage to Cochin- 
China L c Ip. 0 — 3. tt) J. Crawford Jonrn. 1. 0. p. 106, 
201; G. Finlayson Joura. I. c. p. 288— 294. 12) Pat. Gau- 
bil Lettre de Poulo Condor 23. Fevr, 1722. in P. E. Souciet Ob- 
servat. Mathem. Astron. ete. Paris 1729. 4. p. 100 - 122, nebft 
Plan de l’lsie d’Orleans ou de Poulo Condor. 


1018 Oft-Aflen. Hinter-Indien. II. Abſcha. 5. 85. 


Dampiers Angaben theitweife berichtigten, zu er ſt amführen, 
laſſen wie dann die juͤngern lehrreichen Zuſaͤtze der Briten übe: 
= vervoliftändigend nachfelgen. 

P. Gaubil landete auf der Infel Pulo Condor, weh: 
Damals von einigen Franzoſen, die fie wahrſcheinlich gern biefe 
. Station vindiciren wollten, Isle d’Orleans genannt wurde, 
nachdem fie erſt vor kurzem von Englindeen gefäubert war, bie 
dort früher ein Fort befefien hatten. Schon Dampier hatte 
die Antegung eines folhen Forts gerathen 213), um eine Dans 
delstoge zu fichern, welche in ber Nähe von Manila, wie er meint, 
von da aus, den trefflichſten Verkehr mit Cochin China führen 
. Tönnte. Die Infel liege auf ber directen Fahrt von den Manil— 
106 und der Sundaſtraße, nach Tongking, China, Japan, und 
zur Erholung der langen Seefahrt finde man dort Maſtholz, 
Pech zum calfateen, und frifhes Waffer, außer andem 
Vortheiten. Die Britifh: Dftindifhe Compagnie lie 
fich auch diefen Rath nicht entgehen; fie gründete dort eine Fac⸗ 
torei, deren zerſtoͤttes Fort noch bis heute 13) von hoher Wal: 
dung umwachſen übrig blieb. Aber dieſe war nur von Kar 
Dauer; 1702 erbaut, wurde das Fort von feiner eigenen Gami- 
fon zertört, an deren Spige Malayen die Meuterer waren (oder 
Macaffaren, in ihrem Dienfl flehend), weiche die Engländer 
faft alle ermordeten, diefelben, welche auch einft die Factorei der 
Tſchuſan Infeln (f. ob. S. 700, 703, 784) zu verlaffen noͤthig⸗ 
ten. Der Ueberreft biefer verunglüdten Colonifation bildete nad: 
ber die Anfiedblung von Benjermaffin auf Borneo, von 
wo fie, auch durch Unvorfichtigkeit ihre Gouverneurs, wieder vers 
jagt ward; worauf bie Flüchtlinge endlich bei dem Könige von 
Jehor auf Malacca im N.D. von Singapore Schug fanben. 

Dampier nmnt 2 größere Infeln, Pulo Condor, bie 
beide body find, und baher aus einer Serne von 14 bis 15 Lieues 
erblickt werden können. Die nörblichfle, größte, welche allein be: 
wohnt ift, fügt er, fey 4 bis 5 Lieues lang, von D. na W.; 
richtiger wie P. Gaubils berichtigte Karte zeigt, von S. W. ger 
gen N.O.; an ihrer breiteften Stelle har fie aber kaum ‘eine 
Stunde Breite. Die zweite, kleinere Infel fey etwa eine Stunde 
lang und keine halbe breit, liege, Iener im W.; richtiger im S. W 


242) Dampier Voy. lc. T. II. p. 8. 14) J. Crawfurd Journ. 
l. c. p. 196. 


x 


Sein Chinefifched Reid, Pulo Condor, 100 


vor, unb bilde mit jener eine bequente Rheebe, zu der man — 
Morden her einfahre, bie aber gegen S.O. nur eine ſchmale Pafs 
fage für Barken übrig laſſe. Andere kleinere Infelchen liegen 
gegen ©. und &.D. umher. Crawfurd beſtimmt ihre Zapf 
auf 12, und bie Dimenfionen der. bedeutendfien Infel auf-25 
geogr. Meilen (12 Engt. M.) Länge, und feine 2 volle Stunden 
(4 Engl. M.) Breite; die übrigen find nur Klippen. 

P. Gaubil fagt, die Einwohner nannten die Inſel Co⸗ 
non; Crawfurd 25), mit den Eprachen jener Infuloner ges 
nauer vertrant, fhreibt fie Kohnaong, und fügt hinzu, dies 
fey die Benennung der Anameſen; Pulo Condor, d. h. Ins 
ſel Condor (Condor, d. i. eine Kalebaffe, oder Kürbis, . 
in dee Malayen⸗Sprache), aber die Benennung bei Ma» 
Layen, dern aͤußerſte Oſtgrenze der Seefhiffahrt 
Diefe Inſel, in den Tagen ihrer Macht, geweſen zu feyn feheine; 
wahrſcheinlich vor ber Ankunft dee Europäer in diefen Gewaͤſſern, 
ehe die öftlihern Küftenanmohner von Kambodja und Cochia⸗ 
China durch fie in allgemeinere Fehden verwidelt murben, 

Die Karte von dere Inſel-Gruppe Pulo Condor, 
denn fo wird die einzelne Hauptinſel wie auch die ganze 
Gruppe) genannt, nahmen bie Eöniglichen Sranzöfifhen In⸗ 
genieure Mſſ. Didier und Verrier auf, im Jahre 1721, und 
P. Gaubil beflimmte nad) mehreren Obfervationen die Breite 
der Franzoͤſiſchen Station, am Sübende der Hauptinfel, 
an der Rheede, unter 8° 35° 14” M. Br. (oder nad) einem Mits 
tel, 8° 36)5 die Länge berechnete er auf 105° O.L. v. Paris, 
Dampiers frühere Kartenfkizze fand er falfch orientist, und die 
Breite zu hoch angegeben. Während Lord Macartneys Aufents 
halt der Schiffe Lion und Hinduſtan wurde defien Station !7) 
‚aber auf 8° 40° N. Br. und 105° 55 D.R. v. Sr. obſervirt. 
Das Centrum der großen Inſel aber nah Crawfurd auf & 
40 N.Br. und 106° 42° O. L. v. Gr., im Abſtande von 9 geogr. - 
Meilen (45 Mil. Engl.) vom weſtlichen Arm des Kambobja- 
Stromes beftimmt. F 

Der größere Theil der großen Inſel Pulo Condor iſt fel⸗ 
fig, voll ſteiler Berge, zwar mit ſchoͤnen Waldungen bedeckt, aber 





16) J. Crawfurd Jonra. L cp 198. 1°) P. Gaubil Lettre l. c. 
b. Souciet p. 111. 17) G. Staunton Ace. I. c. ed. Trad. p- 
Castera T. II. p. 113. 


1020 Oft-Ufien. Hinter-Indien. II. Abſchn. $. 85. 


von taufend Miffen und Schluchten burdzogen , das orten: 
Dee Inſel aber eine flache Ebene, mit Moräfien unb Lagune 
bedeckt, die duch Anbau in die (hönften Gärten und Felder ır- 
wandelt werden könnten. - Da könnten Reisfelder und Obfi;:: 
ten vorzüglich gebeihen. In der Mitte hat die Inſel einen er 


gm Hals, einen Iſthmus, der kaum eine Viertelffunde Bru: | 


hat; ihre Weſtſeite iſt fandig. An ber S. O. Seite liegen die be: 


den beften Häfen der Infel, neben den Ruinen bes alten Forts 


der Briten, und im Süden an ber Rhede bee Sranzefen: 
fation. Die Ebbe und Fluth fleigt Im ihnen zu 9 Fuß hes. 
Am vollftändigftn find P. Gaubils Beobachtungen über ti: 
MWirterungsverhältniffe 213) der Infel. Am 7ten Sept, 
als er dort kandete, weheten noch fehr reguläre S. W. Winde, bir 
- aber nad) dem Herbftäguinoctium Ende September aufhören. 
Dann wurden fie auf einige Wohen variabel unb hefti 
gingen dann in N. N. W., N. N.W. Über, und firietem fi enı- 
Sb uf RO, NND. und O. N.O., oder ben nun andaum: 
den R.D.Monfun. Nur im Januar und Februar wir 
den diefe duch einige S.D. Winde unterbrochen. Nach dem 
Frühliags- Aequinoetium hörten die Oft: Winde gamit 
auf, drei Wochen lang traten variable und fehe Heftige Wink, 
wie gereöhntich auf dem Uebergängen beider Monfunzgeiten, 
ein, bis fih die S. W. Winde fefifiellen, die wieder bis zum 
Herbftäquinoctium anhalten. Mit dem 1. Juni fegelte P. Gau: 
bils Schiff nad, China ab, Bel feiner Ankunft auf der Juſel 
fielen andaltende Regen bis Mitte November; bann trat 
auf 3 Wochen unfihres Werter ein, dann die ſchoͤne Jah⸗ 
zeszeit, die trodene bis zum April Nun meldeten ſich bie 
Gewitter mit heftigen Donner und Bligen, und wenig Tage ver 
gingen, fagt P. Saubil, an denen es nit gehagelt hätte. 
Mit dem Kortfchritt des Mat: Monats wurden auch die Negen 
gewaltiger; vons 10ten oder 12ten Juli an follen fie continuirlich 
werben. Ende November und Anfang December zeigten 
fi fche viele Wafferwirbel; das Meer kochte gleichfam auf, 
Die Wellen fchwollen zu runden Blaſen von 4 bis 5 Fuß Durch⸗ 
meſſer an, und dichte Dünfte fliegen daraus zu 14 bis 15 Fuß 
empor, dann preßten fie ſich im vafch fortfchreitende Waſſerſaͤulen 





91°) P. Ganbil Lettre 1. ec. p. 114. 





— 


Cochin Chineſiſches Reich, Pulo Condor. 1021 


ſammen, die 30 bdis 40 Schritt — Uefen, und nach 4 bis 8 
dinuten wieder zerrannen. | 

Ein deutlicheres Bild von ber — geben bie neuern Briti⸗ 
hen Beobachter. G. Staunton nennt fie eine Infel im 
albmondsgeſtalt mit einer Kette von Piks befetzt. Craw⸗ 
urd 19) fagt, die ganze große Infel ift nur eine zufammens 
aͤngende Bergkette, deren hoͤchſte Gipfel über 1800 Fuß auffteis 
en; wo fie dem directen Einfluffe der S.W. oder N.O. 
Dronfune ausgefegt find, da bleiben ihre Abfaͤlle öde, hoͤch⸗ 
ten® begrafet, wo aber gegen biefelben gefhüst, da iſt Wal d⸗ 
luxus, wie unter den Tropen; es find Granit: und Syenit⸗ 
wände, ſteil in Winkeln von 45° auffleigenb. 

Die Vegetation war fhon Dampier und Pater Gau⸗ 
bit überrafchend, dee Botaniker Finlayſon 20) fand bie Flora 
neu und fehr intereffant, viele Gewaͤchſe in Bluͤthe und mit 
Erüchten beladen zu gleicher Zeit. Unter dem Schutze eines ho⸗ 
ben Gebirgskette, fagt er, ankerte das Schiff in einer fchönen ges 
raͤumigen Baiz das Gebisge genauer befehen, beficht aus einer 
Anzahl werfchiebener fleiler Bergketten, bie irregulaͤr vertheilt am 
einigen Stellen halbkreisrunde Buchten bilben, an andern bes 
Meere Einfchnitte geflatten, im Innern tiefe Baffins, kleine Ebe⸗ 
nen, enge Tobel und Schluchten haben, liberal harter Urfelsbo⸗ 
den. An den Windfeiten zeige fi nur gedruͤckter, kruͤppel⸗ 
bafter Kraͤuterwuchs in gesinger Verbreitung; an ben Schugs 

feiten dagegen hoher Wuchs einer Iuzuriöfen Vegetation. Aber 
den Gipfelhoͤhen fehlt alle Pflanzenbedeckung, und als ein 
befonders auffallender Umſtand erfchien bier, wie auf allen bis das 
. gefehenen intratropiſchen Siamefifhen und Cochin⸗ 

Chinefifgen Jaͤſelchen, die geringe Menge ber Gramis 
nt en, deren Uppiger Teppich dee Hauptfhmud nnferer temperice 
ten Sontinentalzonen bildet; ein Umſtand ber fi nicht aus dem 
Einfluß der Monfune, wie jene arb.orefcente Begetationes 
verfrüppejung erklären läßt, und weicher wol cher mit bee 
Natur der Urfelsbildung des Bodens dieſer Infelfplister zufams 
minhaͤngt. Am Ufer fand die Barringtonia speciosa in voller 
Blüthenpracht, deren "Saamen Finlayſon auch fchon an den 
Küften der Malaccaſtraße angefpült gefunden hatte; aber den 


19) J. Crawfurd Journal I. c. p. 198. 20) G. Finlayson Joursal 
Le. p. 288, | 


‘ 





1022 Oſlt⸗Aſlen. Hinter-Sndien. II. Abfchn. $. 85. 


Baum fabe er bier zum erfien male, unb ihm begleiteten antız 
ſehr intereffante Pflanzenarten. In dem Walde wurde die cc: 
meine Mango (Mangifera indica) als wilder Baum mtt:ıd: 
eben da wo ſich auc eine Species wilder Rebe, eine \;.- 
Labrusca vorfand, deren Traube von ziemliher Größe angenedz 
genießbar iſt, obwol weit entfernt ber edlen Europäifchen Track 
gleich zu fen. Schon Dampier??i), der an vielen Deten \- 
diene den Mango als Culturbaum kannte, war überrafc: 
ihn hier wild zu finden, mit Pöftlihen Früchten, die im A;r: 
reif, und obwol nicht fo geoß wie die, welche er in Pegu, Sum: 
tea, Madera und andermwärts aus den Culturgaͤrten genofjen har::, 
doch eben fo wohlfchmedend wie jene waren. Er bielt dafür, b:f 
diefe wilde Feucht, wie bie hier bemerkte wilde Traubenart 
und fein Goudronbaum (ene Pinus?), ber Inſel eigentbüm: 
lich wäre. Schon P. Gaubil bemerkt, daß die wilde Mär: 
traube nur einem kleinen Buſche angehöre, unb mehr einer I: 
bannisbeerteaube zu vergleichen fey. Sinlayfon fuchte die rer: 
güglichere Art auch "vergeblich. Aber er bemerkte bagegem al: 
dinge jenen Baum mit Einfchnitten, der von Dampier mau 
feines harzigen Saftes der Theerbaum (Goudron; Pinus dar 
mara”?) genannt wurde, ben jedoch auch der Brite nicht botaniſh 
beftimmt bat. Dampier fagt, es fey der hoͤchſte Baum di 
Inſel, bee nur ihr eigen fen, er werde 3 bis 4 Fuß im Durs: 
meſſer ſtark, durch Einfchnitte entträufle ihm ein oͤliger Saft, der 
Buch Kochen’ zu Theer werde, oder auch ald Pech ſich verdide 
und in beiden Kormen trefflich zum Sciffsverbrauche diene; die 
fer ölige Saft fliege aus dem Horizontaleinfhnitten, bie man in 
den Baum mache, ein paar Monate ab, nachher erhole ſich der 
Baum wieder. P. Gaubitl beftätige biefe Angabe; ber Baum, 
fogt er, ift hoch und grade, did, hat hartes Holz, bie Blätter find 
dem Kaftanienbaume (alfo Feine Pinus?) aͤhnlich. Drei bis vier 
Fuß über der Erbe fehneidet man ein tiefes Loch in den Baum, 
Iegt Feuer an feinen Stamm, dann fließt bad Del ab, bas ans 
fänglih wie Nußoͤl ift, dann weißlich, roͤthlich, confiftene wird, 
‚wie Butter, von fehr angenehmen Geſchmack, die man das ganjt 
Jahr haben kann, Am September, Sanuar und Sebruar iſt die 
Defte Zeit des Gewinns. Auch beftreiht man damit Baumrin: 
den, die man in bie Scheibe ber wilden Aloö fledt, und teefflid 





22) Dampier Voy. Il. c. T. IL p. 81. 


Cochin Chineſſches Reich, Pulo Eondor. 23 


‚als Fackeln brennen. Derſelbe Baum giebt gute Maſtbaͤume und 
Segelflangen. Auch beſtaͤtigt P. Gaubil die Angabe Dam⸗ 


‚piers, daß die Muscatnuß 22) bier. wild wachſe, doch ſey bie 
Nuß kleiner als die der Moluden von derfelben Geftait, doch 
‚ohne das Aroma in Gerud und Gefhmad; fie wird daher wol 
auch eine andere Species feyn. Außerdem nennt P. Gau⸗ 
bil, ber fih am Längften auf ber Iufel umfehen konnte," auch 
noch viele andere Gewaͤchſe, weiche den übrigen. Beobachtern ents 
gingen; fo unter den vielen, immergrünen, hohen Bäumen aud) 


die Areka, Betel, einen Mithbaum, Ebenholzbäume 
' von verfchiebenen Arten, den Rotin, den Pigranier (?), viele 
duftende Bäume, von dern einigen Gummata abfließen., des 
zen eins bem Benzoin ſehr gleih komme. Berner viele wilde 
- Dalmenarten(?), Zamarinden, Eitsonenbäume, Po- 
' payers(?), Bananen, Aloe, Ananas, Squolante(?) 


j 


und einige Baummollenbäume, eine Menge wilder Obſt⸗ 
arten, Mandelbäume, Nefliers(?), Pignons(%, deren 


: Früchte geröftet wie Kaftanien fehmeden, und niele andere, bie 


: jedoch fchöner ausfehen als fie ſchmecken. 


Sn der Sauna führt Pat. Gaubil fehr viele Affen an, 
mit Sangen Schwaͤnzen, auch das fliegende Eihhorn, Ratten, 
Ameifen, viele Amphibien, Schlangen, Eidechfen, 5 Arten dar⸗ 
unter auh Geckos, ein 7 bis 8 Fuß langes Schuppenthier 
und viele Inſecten. Diefe und die Reptilien mehren ſich unge ' 
mein bei der Negenzeit, wo dann alles von ihnen wimmelt. Waͤh⸗ 


rend diefer Periode, die wol zwei Drittheile des Jahres gerechnet 


werden könne, meint Pat. Gaubil, fey diefe Inſelſtation ein 
teauriger Aufenthalt, bei dem fie ſehr viel zu leiden Hatten. Das 
Waſſer wird dann ſchlecht, das in der trocknen Jahreszeit ſehr 
ſparſam wird; doch bleibt In der Nähe des Hafens eine gute, 
Duelle, für da6 Bedürfnis ber Menſchen. Selbſt das Wafler 
tm Hafen fülle fih mit Würmen und Biut, welche das Holz 
ber Schaluppen zernagen. Stfche giebt es in Menge von den 
verfchiedenfien und beften Arten, viele Sardellen (Anchovis) wers 
den eingemacdht, mariniet und in Saucen (Man genannt), oder 
zu Gewürz der Meisfpeifen nach Cochin China verhandelt; aber. 
auh Haififche von außerordentlicher Größe finden fi ein. 
Meerſchildkroͤten machen einen Reichthum ber Inſel aus, 


22) P, Gaubil Lettre I. e. p. 117. 


f 


1024 Offen; Hinter-Jadien, IL. Abſcha (55 


zumal bei Df:Muffen im Tanner, Scheer, Därz iR Ike !r 
Sm Dai fanden die Schiffe bee Dracartney Embaſſade, m: 
bier vor Anker gingen, bie eben ausgekrochnen jungen Edi!!. 
ten 23), die nur noch wenige Unzen ſchwer umdb 1. Zell uch =: 
een, während bie ausgewachfenen machrere Gemtner fie mc: 
Sie geben den Einwohnern das Hauptyroduct zum Eintan': : 
ver vielen Bebürfnifie, die fie ſich vom Continent wıfe:”- 
müfien. 

Bon Vögeln, bemert 9. Saubil, daß fie ſchoͤne zı: 
haben, aber fade von Geſchmack ſeyen; es gebe wilde Kebti: 
Heraszten, große wilde Zauben u. a, auch wide Waſſet 
falten und Aare, bie auf Fiſche ſtoßen m. f. w. Dod f:- 
er auch, daß es hier viele verwilderte Hühner amd Haͤbre sc 
und — mas aud ſchon Dampier bemerkt hatte — eine Au ri. 
der Ochſen, welche bie neuern Beobachter wicht wieder ar 
gefunden haben; aber der Pater Gaubil giebt autdtidiche 
ihren Aufenthalt den fübweflichen Theil ber großen Sr 
an. Finlayfon nennt no bad ſchwarze Eichhorn, wi-! 
Schweine und viele Vögel. 

Schon Dampier erfuhr, von einem bortigen Malayild ? 
benden, daf die Bewohner der Inſel zu feiner Zeit Cedit 
Chineſen 2%) feyen; wie fie dahin gekommen, fagt er zid!: © 
bemerkt aber, daß fie ſich vorzüglich mit dem Sam meln de 
Theeres von ben Bäumen und mit dem Schild kroͤtenfaret 
befchäftigen. Er fand bei ihnen einen nieberm hölzernen Zum! 
mit Sdolen, unter benen er auch das Bild des Elephauten 5 5: 
hoch (wol ein Ganeſa, f. ob. S. 956) und ein Hleinmd ® 
Pferde bemerkte. Hie umb ba fahe ber Weltumſegler auf da 
Sufel etwas Anbau mit einer Hütte, aber nur am ifem Ei" 
ende liegt ein kleines Dörfchen mit diefer Tempelhuͤtte. Daft 
Dorf beſuchte auch P. Baubil, in der Plaine ber grohen SP 
fet, in eines Halbkreis gebaut, nahe dem einfligen Fort dee ! 
tsiebenen Engliſchen Factorei; er bezeichnet dicht dab, durh "" 
Kreuz auf feiner Karte, die Stelle der Altaͤre, welche bie Juſu 
nee Zur (db. h. Unfer Herr) nennen folien, wo fie bie Lo | 
ſtorbenen ehren, ihte Prinzen, Helden, Gelehrten (2 ob. G. IOll 
in jeder ihrer Hätten harten fie einen Altar (Thor genannt) 


333) G. Stannton Account 1. ce. ed. Trad. p. Casters T. Il PR 
”*) Dampier Voy. Lo. T. IL p. —* 


- 





Cochin Chineſiſches Reich, Pulo Condor. 1025 


me Werehrung ihrer Vorfahren; ihre Pagode, im ber ein unwifs 
ſender Bonze fungire, liege gegen N.D. der Bai, die zwar gus 
ten Ankergeund habe, aber ben furchtbarſten Oſtſtuͤrmen ausges 
est ſey. 
= Als Lord Macartnens Embaſſade dort ftationirte, fanden 
fie bei biefen Infulanern in derfelben Localitaͤt, wo ſich feitdem 
Bein Europaͤer wieder angefiebeit hatte, eine fehr wohlwollende 
Aufnahme; die beiden großen Englifhen Schiffe (Lion und 
Hindoſtan) ankerten aber nicht in diefer Bai, In weicher ein 
Korallenriff der Küfte vorliegt, und dieſe gegen die Mieeresbrans 
dung ſchuͤtzt, fo daß nur Kleine Kanots hinter dem Korallenfels 
amı Dorfesufer einlaufen koͤnnen. Auch fie fanden bei den Eins 
wohnen 25) jene Altäre, mit Idolen und allerlei monftröfen Sie 
guten, Lanzen kreuzweis geftelle u. f. w., «6 war als hätten fie _ 
dies einfame Voͤlkchen bei einer Feſtverſammlung uͤberraſcht. Sie 
waren in blaues Baumwollenzeug gekleidet, ihr abgeplattetes Gen 
ſicht, Ihre kleinen Augen, ihe ganzes Wefen zeigte fie von Chine⸗ 
ſiſcher Abflammung; es war eine Cochin Chineſiſche Colo⸗ 
niſation, Emigranten, die bei plöglichen Parteiungen und Feh⸗ 
den aus ber Heimath vertrieben hier ihr Aſyl geſucht zu haben 
ſchlenen. Auf langen Papierſtreifen, die von den Deden Ihres 
Hütten herabpingen, merkte man, daß fie Chinefif he Schrift⸗ 
zuge hatten. Hier zog man Vortheil aus dem feltfamen Ums 
ſtande, der allen jenen Völkern, welche bie allgemein verftändliche 
oder lesbate Chinefifhe Schrift?) (eine Art Pafigras 
- phie, indem fie die Objecte ſelbſt, nicht aber ihre Laute bezeiche 
nen, gleih den in allen Sprachen ledbaren Arabiſchen Zif⸗ 
fern) ſich zu eigen gemacht haben, gemeinfam zutommt (wie in 
Japan, Korea u. a., f. ob. ©. 635, 971), obwol fie eine den von 
Britiſcher Seite mitgenommenen Chinefifhen Dolmetſchern ganz 
fremde Sprache ſprachen, fih doc in dieſer Chinefifhen 
Schrift, die fie nach ihrer Sprache leſen, denſelden verſtaͤnd⸗ 
lich zu machen. Man wuͤnſchte friſche Lebensmittel zu kaufen, 
man beſtellte Ochſen, Schlachtvieh u. ſ. w.5 die gutmuͤihigen Ins 
fulaner gaben alles her, maß fie hatten, und gaben Zeichen als 


REITER 


»*) G. Staunton Accomnt 1. c. ed. Trad. p. Castera. T. II. p, 116. 
20) P, Gaubil Lettre 1. c. 5b, Souciet p. 121; G. Staunton Acc. 
h & P⸗ 117. N " 


Kite Erdkunde IV. | Itt 


1026 Dft-Afien. Hinter-Indien. IE. Abſcha. $. 85. 


würden fie mehr fchaffen. Als man am folgenden Tage tz: 
Boot zur Abholung des Proviantes abfanbte, fanb bie Manr 
ſchaft das ganze Dorf ausgeflorben; alle Bewohner waren ır: 
flohen, ihr Federvieh lief verlaffen umher; auf einen Zettel t:: 
sen fie in Chinefifher Schrift die Nachricht gegeben, daß fie : 
arm waͤren, um das Verlangte herbeisufchaffen 5 fie flehten, mı- 
möge, wenn auch alles nehmend, nur ihre Hütten nicht nice 
brennen, Trauriges Zeichen bes Schilfals, das ihnen auf diei: 
einſamen Infel mol öfter begegnen mag; das Britifche Boot |: 
ihnen einige Geſchenke mit der Nachricht zurüd, bag fie Englir: 
ber und eine civilijiste Nation wären, vor denen fie feine Zurz: 
nötdig hatten. Aber die Hoffnung der Reiſenden bier friſche Le— 
densmittel und Beduͤrfniſſe zu einer Geneſungsſtation für it« 
‚ Kranken, auf Pulo Condor, zu finden war verſchwunden, un) 
‚ die beiden Schiffe Lion und Hindoſtan muften nad Ir 
Turon⸗Bai überfahren, wo fie mehr Gelegenheit zur Erholung 
und Erquickung fuͤr ihre Patienten fanden. | 
Pat. Gaubil gab’ die Zahl der Inſulaner auf 200 Es 
800 an; aber er meint, daß fie zuweilen bis 400 anfkeige, zumi- 
len aber die Infel auch ganz menſchenleer fey, weil fie eim kin: 
und herzichendes Wanderleben fühlen; ber Mangel an eicerrn 
Mitteln made fie vom gegenüberliegenden Feſtlande abhänz:ı. 
Es find arme Fifcher, weile ihr Erben durch Fiſcherei, Einſalze 
der Fiſche, durch Schildktoͤtenfang zu feiften ſuchen, auch kart 
jenes Del und Theerſammeln, Fackeln daraus bertiten, Exit 
flechten u. a. m., und ſich fo einen Abſatz an das Gegengefiat: 
verſchaffen, von dem fie ihre übrigen Nahrungsmittel dezieden 
müffen, aber von den dortigen Mandarinen hart bedrückt werden. 
. Spnen felbft fehlt der Reisbau, die Viehzucht, das Weideland. 
Auch Pat. Gaubil erklärt fie für Cochin Chinefen Fluͤcht⸗ 
linge, unter denen zuweilen auch einmal ein Cochin Chine 
fiſcher Chriſt vorkomme. Kr fand bei ihnen den Glauben on 
die Seelenwanderung, bie Chinefifge Schrift, und 
ale zeichneten ſich durch langes, ſchwarzes Haar aus. Ihr Schid⸗ 
ſal während der naffen Jahreszeit finder er keineswegs beneidene: 
— werth. Wenn aud nicht große, fo find body einige Kortfcpritte 
feit jenen hundert Jahren auf dieſem Infelchen gemacht, das bit 
tm die neuefte Zeit nur ſehr felten einmal von Europäern befugt 
worden ifl. 


Do 


! 





- 


Cochin Chinefifches Reich, Pulo Eondor. 1027 
Außer dem Hauptdorfe von 300 Einwohnem, fand Et aw⸗ 


furdy) noch 2 andere Anfiedlungen, in alles etwa 800 Jaſu⸗ 
laner, alles Eingeborne, darunter, keine Chinefen, Beine Kam⸗⸗ 
bodjen. Sie find wohlhabend, geſünd, obwol viele von Blatter⸗ 
mnarben zerriſſen, aber ohne Zeichen eines ungeſunden Climas, gut 


gekleidet. Gegenwärtig bebauen fie Reisfelder, doch noch nicht 
hinreichend für ihren Bedarf. Keine Spur jener fruͤhern Roh⸗ 


heit fand fi) bei ihnen vor. Das Dorf an der' Bai iſt von 
zahlreichen Gocosnuß-Pflanzungen umgeben, die jedoch wegen bes 


Monfuneinwirtung nicht zur völligen Höhe emporfleigen, deren 
Frucht, fo wie die Mil, nad Finlayſons Bemerkung, einen 
bittern, fonft nicht gewöhnlichen Beigefhmad zeigte, Niedere Ger 


vduſche von Ricinus communis, von Jasmin und andern Pflans 


zungen fügen jede der Hütten, überall im Dorfe wucherte, tie 
in Indien, bie fhöne, auch in Europa beliebte Vinca rosea tny 
größten Lurus, aber nur ald gefellige Pflanze, denn außerhalb 
deſſelben, nur 100 Schritt bavon, zeigte fi ſchon keine Spur 
mehr von biefer Zierblume. Etwas Mais, Gurken, Kales 
baffen (Condor, woher ber Malayiſche Name kommen foll) 
werben gebaut, au Dams, Pumpkins, Gapsicum, is 
monenz bie Cultur iſt atfo nicht unbedeutend fortgefchsitten. 
Selbſt Büffel werdem gegenwärtig gehalten; von den wilden, 
odee wie Crawfurd meint, feit des Britiſchen Beit, 
etwa verwilberten Och ſen im Süden der Sinfel, wollten bie 
Anfulaner nicht wiſſen; mol aber wirb eine weiße und eine 
ſehr geöße geline Taube auf ber Infel genannt, welche letztere 
Crawfurd der Moludifchen Taube vergleiche. Der Haupter⸗ 
werd der Infulaner iſt auch heute noch die Einfammiung des 
Del und Pechs (Goudron; Eramfurd nennt.e8 Dammar) 
der dortigen Walbbäume, wie der Schildkroͤtenfangz mit Im 
bendigen Schildkroͤten zahlen fie heute ihren Tribut an den Koͤ⸗ 
nig von Cochin China, dem fie Unterthban find. Sie empfingen 
die Briten fehr freundlich und wohlwollend, fie feierten eben ein 
Tanzfeft, und befchenkten ihre Säfte mit frifchem Prodiant, ohne 
Geld daflır zu nehmen; Waaren waren ihnen erwünfchter. Sie 
nahmen aber nichts an ohne Gegengeſchenk; felbft unter den 
fpielenden Kindern am MMeeresfitande BiBinley[0R ihr 





229 J. Crawfard Journ. L. e. p. 197; G. Finlayson Joum. ], 6. 
P 292 ete, 2") G. Wialazson Journ. L- c. p. 292. - 
j zır2 


1028 HOft-Aflen. Hinter-Indien. IE. Abfchn. $ 85. 


anflänbiges Benehmen auf, Ihre Ucbanität, bie fie von ihren €. 
teen angenommen. Die Männer fand berfelbe von großer Lıtı- 
digkeit, und alle beſſer geftaltet al6 die mehr plumpen Siameſe 
einige ſchienen ihm darunter dem Sclage dee Malapen ir 
nahe zu fliehen. Das Oberhaupt der Kleinen Population bemit: 
daß fie fehr viele Schiffe vorüberfegein fehen, aber Eeins, j: 
ec fih erinnere, fey in ihren Hafen eingelaufen; ein. Eurez:- 
Schiff ausgenommen, das vor 5 Jahren hierher ein Boot n:: 
Erfeifhungen autgefhidt habe. Hainan-Junken 79%), fe: 
ex, führten gegenwärtig ben Verkehr zwifchen der Infel und Eiar 
amd bie Cochin Chineſiſchen Junken auf ihren Fahrten nı: 
Singapore legten gegenwärtig hier an, um Holz und Waſſer ci:: 
zunehmen. Mau war bier mit dem politifchen Zuftande des C:: 
in Chinefifchen Reiches ganz gut bekannt, und die Briten crfu:: 
ren bier zuerſt, daß der neue Kalfır in Hue als Gapitate fein 
Mefidenz aufgefchlagen habe; fein mächtigfer Guͤnſtting, Chao— 
Tun, Gouverneur der Sübs Provinz aber in Saigum refidim, 
wohin deſhald nun ihre weitere Sahıt ging. Das Oberhaupt des 
Dorfs bat fi von den Briten beim Abſchied ein Gertificat cut, 
dag er die Engländer zu ihrer Zufriedenheit gut bei fi aufge 
nommen habe; er hoffe dies würde ihm für die Zukunft v:z 
Mugen ſeyn; ein erfreuliches Zeichen bes Fortſchrittes bes Ver— 
kehrs feit Dampier Zeiten, in jenen Gewäffern, ber wol vei⸗ 
zuͤglich dee Anlage des Sreihafens von Singapore verdank 
wird. Geitdem die Engländer Befig genommen haben von t:: 
Inſel Pulo Pinang (Prinz: Wales:-Infel), und ven 
Singapore bat die Gruppe der Pulo Condor Inſel en 
: Bebeutenheit für den großen Seeverkehr verloren, und wenn bie 
Nordameritaner ?) auch früher den Plan gehabt haben m}: 
gen, fie als eine in jenen Gewaͤſſern pafiende Station, für ihten 
Handel in Befig zu nehmen, fo würde gegenwärtig jeder jünger: 
Coloniſationsverſuch daſelbſt bei ber firisten Cochin Chinefen Wacıı 
ſchwieriger feyn als vordem, 
Im N.D. von Pulo Condor Liegen drei Klippen, 
welche bie Catwids heißen, mit der Großen und Kleinen 


Pulo Sapata JInfel?!) (von Portugiefen fo genannt wegen 


ihrer dem Pantoffel ähnlichen Geftalt), welche die Schiffer als bie 


22°) J. Crawfurd Journal 1. o. p. 200. 20) J. White Voy. to 
CochinChina p. 30. ?®) J. Crawfurd Journ. I. c p.. 29. 


/ 


Cochin Chineſiſches Reich, Pulo Ubi. 1029 


ſüpflichſten Grenzen der furchtbaren Typhone anzufes 

hen pflegen. Es ſind bloße Klippen, mit Tauſenden von Schaa⸗ 
ven gewaltiger Schwaͤrme der Seevoͤgel; fie llegen auf dee diree⸗ 
ten Fahrſtraße der Europaͤiſchen Chinafahrer. In ihrer Nähe vers 
lor J. Crawfurd, bei feiner Ruͤckfahrt von Codin China nad 


„Singapore, am 6ten November, den regulären Monfun, 
‚und ‚fand feitden nur noch irregulaͤre Winde oder Wins 


ſtillen. Etwas nördlich von ihnen, gegen dad Geſtade, liegen 
zwifchen dem Cap St. James und Cap Padaran, die Uns 
tiefen der Hollandbant, der Britenbant und die mäßig 


hohe Ktippe Pulo Eiecer be Mer ?2), bie wegen ber Dienge 


der efbaren Vogelneſter, die dort angebaut werben, berühmt 
ift.. Auch wird hier Ambergris gefifcht, und viele Fiſche und eß⸗ 
bare Seemolusken (Tripang, i. e. Holothuria, Biche de mer) 
gefangen, mit ‚denen flarker: Handel nad) Cochin China getrieben 
wird. As 3. White hier. zum. zweiten. male paſſirte, am 
22. Sept., von Manila herfommend, hatte bie Strömung, welche 
Hier Anfang Juni gegm Norden ging, und au Craw⸗ 
furds Schiff im Herbſt mit Schnelligkeit gegen den Suͤden 
trug, mit dem N.D.Monfun gegen ben S. O., gewechſelt, ging 
aber mit verringerter Geſchwindigkeit. 


IL. Pulo Ubi. . | 


Im Weften von Pulo Condor, in analogen Verhält: - 
niffen wie fie, nur ſchon mehr dem flachen Delta Kambobjas vor: 
gelagert, find noch ein paar aͤhnliche kleine Inſelgruppen, wie 


Pulo Ubi (f. ob. S. 89) und Pulo Panjang, bie, wenn 


auch nicht in gleichem, Maaße, doch nice weniger in Beziehung 
auf meritime Stationen, die Aufmerkfamteit auf ſich ziehen, von 
deren letzteren Dr. Finlayſon einige intereſſante botaniſche Da⸗ 
ten bei ſeiner Ladung daſelbſt mittheilt. Sie liegen nur weiter 
weſtwaͤrts, ſonſt in gleichem Parallel mit Pulo Condor. 
Pulo Ubiz), weſtlich von einigen oͤden, ſteilen Felsklippen, 
die Brüder (Two Brothers) genannt, welche Myriaden von. 
Seemoͤven, ſchwarze Pellcane und andere Seevoͤgel umſchwaͤrmen, 
liegt recht eigentlich am Eingange des Golfs von Siam, 





32) J. White Voy. to Cochin China. p. 73, 167. 13) G. Dam- 
pier Voy. L c. T. I. p. 905 Crawfurd Journ, 1. c. p.194; Fin- 
layson Journ, p. 287. j 


1030 DOft-Afien. Hinter- Indien. II. Abfche. $. 85. 


ein® der erflen welbigen Bergeilande mit guten Wafferquellen 
wenn aud nicht von gleichen Hochgipfeln überragt wie Par 
Condorz eine andere wefllichere Klippe wird die falſche Ui 
(False Ubi, unter 8° 66 N. Br., 104° 3 DO. v. Gr.) bei in 
Schiffen genannt. Dann folge Pulo Panjang, im freien: 
‚Eingange des Golfes von Siam. Aber dichter an deſſen Di: 
kuͤſte zieht fi, gleichſam als Fortfegung der genannten zerſtres 
tm, am Küſtenſaume Kambodjas, noch eine ungezähr 
Menge von groͤßern und kleinern Geſtadeinſeln bin, die fıi 
herhin bei Europdern völlig unbefannt waren. Keim Europii: 
ſcher Schiffer, feit dem letzten Jahrhundert, haste jenes Men 
befabsen, alle Karten waren dort falfch aegeihnet und Gram: 
furds Miſſion machte (1822) von Pulo Ubi an, gegen R.W, 
bie wichtige Entdedung biefer interefianten Reihe vom Käfteniz: 
fein 2%), die freilich ’oft auch nur als Selfen mit einzelnen Baͤn⸗ 
men ſich zeigten, öfter aber auch größer find, wie Honcotre, 
Phukok u. a m. : 

Fintayfon?*), ganz uͤberraſcht von dieſer Entbedtung, fand 
dieſe zahlreichen Infeln mannichfaltig in ihren Formen, alle ber: 
gig, pittotesk, voll Vegetation, bie bei größerer Annäherung in 
den Buchten einen Iururiöfen Habitus annahm. Der Himmel 
mar ganz heiter, die See ganz ruhig, die Natur hoͤchſt reigend, 
jedes der Inſelchen erſchien ihm eine idylliſche Welt für fich. Nur 
waren manche derſelben, wegen Steilbeit ber Klippen, zu arm an 
Erde und Waſſer. Er fagt, man könne waͤhnen bier uͤber den 
Gipfeln einer untergetaudten, primitiven und, wegen 
dee ſich baranlegenden Roth⸗Sandſtein⸗Formation 36), aus 
der 3. B. die große Kohtrol (Quadrole) Inſel gebildee iſt, fe: 
eundaiten Gebirgskette binzufhiffen, von der nur nod 
einzelne Gipfel hervorragen, in ber Ditection von &.D. gegen 

N. W., der Normaldirection der Malacca » Halbinfet gleich; nur 
Ihe im Parallelismus, weiter gegen den N.O. abgerüde, 
das breite Thal des Siam-Golfes zwiſchen fih laſſend. Der 
‚beeite Inſel⸗ und Klippengürtel begleitet die Dfifeite des 
Stam:Gotfes,. wie ein ähnlicher die Oſtſeite des Bengals 
Golfes; nur mit dem Unterfchiede, daß an letzterem auch eine 





, *’*)J. Crawfrd Journ. I. c. p. 62, s#) G. Finlayson Jonrn. 
p. 89. »*) J. Crawfurd Geolegical Observations jn a Letire 
30 H. T. Colebrooke .in Transart, of the Geolog. Soc. Ser, Ser. 
Vol. I. P. 2. 1823. p. 407. 


— 


— 


e 


Soyin Chineſiſches Reich, Pulo Ubi. 1031 


gewaltige Bergkette auf dem Gontinent binzieht, bier, an bre 
Südfpige Kambodjas aber nur eine ungeheure Nieberung, 
ein weit ausgebreiteter Alluvialboden, in gleichen 
Niveau mit dem Meere, fich ausbreitet, auf dem man fich ders 
geblich nad) irgend einer Höhe umſieht. Bäume treten barauf 
wie aus dem Waflee hervor (Rhizophora, Mangroves), das 
Waffer an der Küfte von Pulo Ubi bis Camao, un dee Spige 
von Kambodja, ift fo ſchlammig wie an ber Ganges: Muͤndung 
bei Wefl:Monfun; daher nennt man den Camao: Fluß aud 
Zatmao?”), d. h. der Schlammfluß. Selbſt in ber Diftanz 
einiger Stunden vom Continent, erblidt man, vom Schiffesvers 
Det ober vom Maftbaum, auf demfelben, immer nur Bäume 
und Wald, ohne irgend einen Berggipfel im Hintergeund wahrs 
zunehmen, bagegen auf den vorliegenden Infeln body Berge . 
bis 1000 Zuß hoch auffleigen, wo ben vom Süden herkommen⸗ 
den Seefahrer das exfie Vorkommen des koͤrnigen Sranite 
freudig überrafcht. 
Auf Pulo Ubis), unter 8° HI N. Br., 104° 0 D.8. v. 
Gr., wurde zuerft von Crawfurd gelandet. Man warf Anker 
vor einer Bai, an deren Hügeln nur eine einfame Kokospalme 
und zwei Sütten flanden, vor denen ein paar Menſchen einher⸗ 
fchritten. Der eine trat aus dieſer Einfamfeit den Fremdlingen 
zefpectvoll entgegen und begrüßte fie. Dan glaubte in ihm einen 
Araber zu erblidenz aber feine Sprache verfland man nice, 
Sein Haus glich einer Art Pagode; auf einem Altar mit Mat⸗ 
ten bebhängt ſtand ein Ixdenes Idol, Machopo, eine Art Chis 
neſiſcher Amphitrite, eine. Schußgättin der Schiffer, ber die vors 
überfegeinden für Erfüllung dee Gelübde kleine Opfergaben beins 
gen. Ein ernſter Greiß, mit grauem Bart, huͤtete hier das Heiz 
ligthum, vor dem Obft, Zuder, Wachskerzen fanden, und an Faͤ⸗ 
den gereihet 20 bis 30 Brettchen mit Inſchriften lagen, mit Chis 
nefiihen Auffcheiften der Junken-Schiffer, die hier friſches Waſ⸗ 
fer eingenommen. Nur zwei Samilien berohnten bie Inſel; 8 
Cochin Chineſen und 2 Chinefen von' der Juſel Hainan, 
die ſo eben hier angekommen waren, um den gallertartigen Fucus, 
Agar agar genannt, einzufammeln, Als hohe Landmarke bies 
tet die Inſel den Smigen Schiffen ein erwünfgtes Signal 


ı) J. Crawfurd Journ. 1. c. p. 59. 32) chend. p. 60 — 61; 6. 
“ Foalayson Journ. 1. c. PB: 8 — 89. 


‚1032 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. $. 85. 


auf ihren Seefahrten bars dem ſchutenden Genins lafſen fie ei: 
Votivtafel das bemalte Bestthen mit dem MRamıen ihrer Ste 
gurüd, die einfamen Infulaner befchenten fie mit etwas Ma: 
füßen Bataten, Reis und andern Beine Gaben. Der umglädiis: 
SHausbefiger war von'der Elephantiafis geplagt; den Säfn 
fegte er Reis und Yams vor; er war fein Verbrecher ober Ba 
bannter, fonbern ein Prieſter. 
ESerin Infelchen iſt nur 2 Engl. Miles lang, feine Ködfin 
‚Berge find 800 Buß hoch; der koͤrnige Granit hat nme cin 
greinge Erbdecke, iſt nur geringen Anbaues Yibig. Die Bege⸗ 
tation erreicht kaum bie Höhe ber Waldung; die Bäume bie 
ben zwergig, unftreitig durch das Auſtoßen der Monſune. Zr 
merholz fehlt daher, aud das Buſchholz iſt ſparſam. A de 
Seckuͤſte ſieht man eine Att Pandanus häufig, defſfen einfache 
Stamm 10 Fuß hoch treibt und dadurch von Pandanus odora- 
tissima verſchieden iſt; Scaerola iſt hier gemein, wie überal an 
ber Küfle Malaccas. Die einzige Palme, die man bier ſobe, 
tar Caryota mitis nach Loureiro. Dieſe war der fdhlenfi: 
und Erythrina corallodendron in voller Bläthe der Härte der 
Bäume auf ber Inſel. Eine wilde Species dr Banane on 
Plantain, Musa sapientum (Masa troglodytarum bei Gras; 
furd), wuchs hier in Menge umber, und war eben in wein 
Bluͤthe. Eine Art Yams (Dioscorea) waͤchſt hier wild, im gre⸗ 
fer Menge, an den Bergabhängen, ausgezeichnet durch coloſ⸗ 
fale Wurzeln, 40 bi6 50 Pfund ſchwer, die beim Auégrabea 
- große Löcher in der Erde nothwendig machen; doch wird ber Um: 
fang dieſer Knollenwurzeln no ungemein von denen der 
‚eultivieten Dioscorea alata auf ben weillihern Sehangsn;: 
feln 239) übertroffen. Nur ein Hausthier, das Schwein, fa 
man hier; nur ein wildes Quadruped, eine Heine Eichhorn; 
art in Menge, und auf den Bäumen zahlreiche Schaaren wei: 
Ger Tauben, von boppelter Größe der Europäifchen, berra 
Flügel: und Schwanzenten 3 bie 4 Zoll breit ganz ſchwarz find. 
Auch die Columba litoralis, welche vielen dee Eleinen Infeln dis 
Inbiſchen Archipels eigen if. Den Namen Pulo Ubi im Ma: 
Tapifchen erhält bie Inſel von ber Yams (Ubi), die bier fo au 
gezeichnet iſt. Malayen ſtanden im alten Verkehr mit Kam: 
bobja und befuchten auch in ſpaͤtern Zeiten biefen Oſten als Pi: 





ss) 6 Finlayson Journal I, c. p. 271. 


‘ 


Cochin Chineſiſches Reich, Pulo Panjang. 1033 


raten. Beiden Kambodjen Heiße die Inſel KoTambung. 
bei Cochin Chinefen Kongui, bei den Siameſen Koman 
zaur bei Malayın Pulo Ubi, En: auch bei Portugie 
fen und Europäern. — 


r 

| R Il. Yulo Panjang. . 

Pulo Panjang*), noch weiter weſtwaͤrts, war bis jett 
moch unbekannter geblieben, eine Gruppe von 6 Inſelchen, deren 
geößte etwas über eine Stunde lang umd eine halbe breit, von 
Den andern umgeben iſt. Diefe erregte durch ihre Tafelform, 
ihre centrale Bergkette, und ihre ſteilabſtuͤrzenden Sıhmen 
Felſen ſchon aus bee Ferne Intereſſe. Bel der Annäherung 
zeigte fie fich, vom ber Mitte bis zum Geſtade, überall Bergig und : 
Elippig, aber obwol bewachſen, doch besall, wo der Monfun: direct 
eintoirkte, mit verkrüppelter Vegetation, fo daß ihe Anblid bei als 
lem Gewaͤchsreichthum doch Sterilitaͤt verkündete. Der ganze 
Inſelrand zeigte gewaltig zertruͤmmerte, übereinander aufgeſtapelte 
Sandfteinbiöde, welche die Landung obwol bei 18 Faden Mee⸗ 
sestiefe erfchwerte. Die ganze Inſel fehlen als mächtiges Sands 
fleinplatenu fi zu erheben. Da wo dee Sandſt ein anflehend 
war, zeigte er faſt horizontale Strata, aus ber Ferne mit ſchiefri⸗ 
gem Anfehn, in dee Nähe rother, weißer, gealier Sandſtein, 
grobloͤrnig ohne Petrefacten, mit eiſenhaltigen Jaspiszaͤngen 
durchſetzt, mit Truaͤmmern davon, mit Quarzkieſeln, Conglomera⸗ 
ten u. ſ. w. bedeckt. Die Inſel iſt nicht bewohnt, ihr Inneres 
Dicht dewaldet, und bis jetzt undurchdringlich. In dieſer Waldung 
bemerkte man zweierlei Palmarten, einen Gummibaum 
(eine Garcinia nov. spec,), eine fehe elegante Begonia.(pb cre- 
nata? nach Kiniapfon), die in geößter Menge zwifchen: den Fel⸗ 
ſen und-an den Bergfelten wucherte; ferner ben Pandanus, Scae- 
vola, Jcora, Momordica, Calophylium, Erythrina ganz gemeinz 
eine Art Scolopendrium von coloffaler Größe, und auf den Walbs 
Bäumen eine Art wilder Weinrebe (Vitis labruscn) 4) in 
Menge, die mit vielen Trauben bedeckt, oft 15 bis 20 Een an 
den Bäumen fortrankt; die Trauben waren noch nicht ganz 
seif (19. Augufl ), doch von angenehmen Geſchmack (ſollte nicht 
dieſelbe auch Dampiers Mebe auf Pulo Condor feyn?). 
Von Thieren ſahe man in der Waldung nur Tauben, Falken, 


‚s 





20) G. Finlayson Journ. L e. p. 283, “) cbend. p. 286. 


\ 


1036 OR-Mien. "Sinten Indien. II, Abfchn. $.85. 


1 \ , 

ehnm, dee fie malerifh und ungemein nügfich macht. Auf da 
Beftadektippen zeigte ſich eine ungewöhnlich große Menge mu: 
Seevoͤgeln, die fonft in den tropifchen Meeren minder zahle 
als in andern, zu fepn- pflegen; bier waren es vorzüglich Ları! 
(Guls) und Sterna Arten (Sterna solida; Noddies, m 
Serſchwalben genannt Swallews), die fi) ſelbſt auf den Gdife 
fangen ließen. 

An: den Ufern entlang ‚. bemerkte Dr. Sintapfon, als in 
Characteiftifhen Hauptbaum, in größter Menge den Eaſuari 
aenbaum (Casuarina- equisetilolia), wie an allen Wehlüke 
Malaceas, ber hier der Mepräfentant der PDinusarten zu far 
Scheint; Ernwfurb fahs zinen Paum, Kaſchu Nußbaus 
geñannt, ein Anacardium, den man früher nur für cams 
Bewohncr Amerikas dielt, der aber bier wild waͤchſt. Kokot⸗ 
nußbäume und Bananen ſchienen Stnlapfon erſt far fu 
zom bier angepflanzte Truchtbäume gu fepyn. Ein Haupipe 
duct der Inſel und das koſtbarſte iſt das Agilaholz (Liu 
Alos,Agnillafin agallocha Roxh., oder Aloexylum agallochum Lorr.) 
wovon man jeboch auch Hier kein Exemplar erhalten konnte, um 
er bocanifche. Beſchreihung darnach zu entwerfen. De 
Baum bildet die hoͤchſten Waͤlder der Juſel; aber an ben gun 
den Staͤmmen war kein duftendes Agilaholz (f. oben E.W) 
zu febem. Als Regale, fagten die Inſulaner, fep es ein Zu: 
Desverbrechen, es ben Fremden auch nur zu zeigen. Jah 
aem der Dörfer fahe man es aber in einem Dörfer wie zu &b 
gefpänen zerſtampfen; fo wird es dann auf Rohe oder Riedgws 
geſtrichen, um bei Opfern oder als Weihrauch zu dienen, Dik 
Waore iſt unter dem Namen Joſs ſticks bei ben Engländen 
In Handel gelommen. Bon bier an gegen W. nad Siem, und 
S. W. die Singapore wird der Baum häufiger; aber bamit fürn 
darum dieſer duftende Theil deffelben nicht in gleichem Mafe zu 
zunehmen. 

: » As. Anbau fand man fonft hier noch Obſtarten, dr: 
muͤſe und verfhiedene mehlige Wurzeln, vorzüglih Ba— 
taten (Convolvulus hatata); ia ben Wätdeen giebt es bie 
vier Wild, Eber, wilde Büffet, wilde Ochſen (?) un 
anderes, ohne Leoparden und Tiger. Die großen Anfirengung 
bei den naturhiſtoriſchen Unserfuchungen diefer Jnſel und ih 
‚umgebenden neuen Gruppen legten, Läider, bei Dr. Finlapſor— 
‚ ven Grund zu feiner Krankheit, die ibm auf feiner Rüdreift nad 











Cochin Chineſiſches Reich, Kambodie. 1037 


Europa den Tod brachte. An ber Weſtkuͤſte der Inſel ſtationirte 
eine Chinefifche Junke von der Inſel Hainan, welche den Zwi⸗ 
ſchenhandel zwifhen ihr und Siam betried. Dem Mordende 
der Phuh Lok Infel liege eine fchiffbare Meeresſtraße gegen bie 
Gontinentattüfte vor, und 3 bis 4 geogr. Meilen im N. W. eine 
neue Gruppe von 7 Inſeln, bie Hwi Su bei Siamefen ge 
nannt, die, wie viele andere folgende, zu Siam gehörigen auf dem 
früheren Karten nur auf gut Gluͤck und ganz falfch hingezeichnet 
Waren, und insgefammt neu entdeckt werden, neue —— 
neue Karttenzeichnungen erhalten mußten. | 


7. Excurſion nad Saigun, die Soupernementss, - 
lade der Sud: Provinz Kambodja. 


Am Welten bes weit vorfpeingenden Gap St. Sames (St. 
Jacques der Franzgofen 2%) f. oben &. 904, 917) dringt eine 
Bucht, def, in das Feſtland ein, mit dem Dörfhen Pungtao 
(Bung tan bei White) in einem Kokoswalde gelegen, 
von welchem fie, bei den Britifchen Seefahrern, den Namen der 
Kokosnuß Bai erhalten hat. 

Dige iſt wegen der guten Landmarke des hohen Vorgebirges 
in neuerer Zeit der allgemeine Landungsplatz der Schiffer gewor⸗ 
den, von wo man erſt gegen den Weſten mit der Fluth uͤber 
die Bas, die Erine volle 4 Stunden (9 Miles Engl.) breit iſt, 
hinäberfegt, zum Hafenort Kandyu (Canjeo bei White) au 
der Mündung des Saigun Stromes, um von ba die Etlaub⸗ 
niß zu deſſen Einfahrt zu follickticen. Das hohe Cap. St. Jas 
mes, die aͤußerſte ſuͤdliche Verlaͤngerung der Bariya 
Kette, von einer nahe landein liegenden Bergſtadt ſo ge⸗ 
nannt, iſt fehon aus weiter Ferne ſichtbar, und ſetzt dem Oft 
ufer des Saigun: Stromes feine Grenze; deſſen weſtliches 
‚oder rechtes angefhwemmtes Uferland iſt volllommen os 
rizontalboden. Bor diefem zieht, im Abftand einer guten 
halben Stunde, quervor eine Sandbank, die bei Ebbe: und Fluth⸗ 
zeit dort eigene Erfcheinungen darbietet, bie —— auch an den 





202) Carte da Pafs de Cambodge dressee et gravee d’apres Dayot 
et les Recherches de Mons. Abel Remusat p. Ambr. Tardieu zu - 
Nouv. An. d. Voy. T. I. gehörig, eine Karte, bie wieDayots Ars 
beiten von ben neueren Autoren wenig genannt wird, 

#%) J. White Voy. to Cochin China B 313 4J. Crawfard 1. © > 201; 
G. Finlayson Journ. 1. c. p. 294. 


N 


1038 Oſt⸗Aſien Hinter⸗Indien. II. Abſchn. $. 85. 


Malediven Jnſeln, doch nit im fo Harlem Maaße, wahenimm: 
Die Woſſertiefe beim Voruͤberſegeln an biefee Bank (23. Ausı: 
. 1822) war 11 Faden; dabei das Waſſer gegen das Land Ei: 
von fchlammiger Farbe, und fein Rand gleih einem feflen U‘. 
durch eine Linie bezeichnet. Auf diefee Grenzlinie fand eim Eu:- 
ger Wellenfhlag oder eine ofcllicnde Bewegung (ripp.c' 
fatt, die von einem fanften Getöfe begleitet war, aber fo ıw:. 
ſich ausdehnte, als das Auge reichte. Diefe rafhrätteind: 
Bewegung (quick motion) tückte dann feewärt® vor, unt 
Heß das Schiff in deren Mitte zuruͤck. 

Die Bai iſt ungemein fchön, im Halbkreiſe gelegen, gegen 
Dften von hohen Sranit= und Syenitgeſtade umgrenzt, ans glei 
chem Beftandtheil, wie Pulo Condor, auf gleiche Weiſe ven 
eifenreichen Sangarten burchfegt, wie dort, nur noch leichter ver⸗ 
witternd; mit Bambusufern umkränzt, mit wenigen eleganten 
Gewaͤchſen geſchmuͤckt, wie eine neue Tradescantia, Nipa fruticars 
u. 0, und auch mit Walbhöhen umgeben, aus denen das Ge 
fheei dee Krähen, der Walbhüner (5. B. Phasianus gallus) 
herabtoͤnte; Ringeltauben hörte man girren, Fiſchablet 
ſchwebten in den Luͤften, aber Quadrupeden bemerfte man 
nicht. Aus dem Dörfhen Pungtao am Kokoswald, kam ein 
Boot mit guten, höflichen, nur zu ſchwathaften, und gänziid, ven 
den Siameſen verfhiedenen Leuten, bem Schiffe Cram: 
furb6 entgegen, in-Hemden vom ſchwarzen und weißen Zeugen 
umd weiten Pantalons, mit Tuͤchern um den Kopf gebunden, ihe 
Anführer, der Drtsbeamte in Seide gekleidet, mit ſchwarzemn 
Crep⸗Turban, um den Fahrweg nah Kandyu zu zeigen, den 
Brief an den dortigen Mandarin zu befördern, aber zugleich hir 
die erſte Lifte der Equipage in Chinefifcher Schrift einzubän: 
digen. 

Auf der Weſtſeite dee Bat, dem hohen Vorgebirge von St. 
Games gegenüber, bat ſich eine mächtige Shlammbant, ein 
Alluvialbodben vorgelagest, ber noch mehr Ufer der Bai als 
der Flußmuͤndung ift, und die Einfahrt zum Fluß Salgun 
um eine gute Stunde eingeengt bat. Deſſen Mündung bat jes 
doch.gegenmwärtig noch immer über eine halbe Stunde (13 Engı. 
Miles) Breite, und Überall, weit aufwärts, eine Tiefe von 60 Zuf 
oder 10 Klaftern, fo daß er für die fiherfie Schiffahrt ei⸗ 
nen bee ſchoͤnſten Fluͤſſe der Welt bilde Die große 

Elarheit der tiefen Waffer (Mitte Auguft) dieſes maͤcht⸗ 





Cochin Ehineſi ſches Reich, Kambodja⸗Strom. 1039 


gen Stroms, durch einen weiten Alluvialboden, ſteht in dem merk⸗ 
würdigſten Contraſte mit den teuben Waſſern der Ganges⸗ 
und Menam⸗Muündung. 

-Kandbpu 2%), der Ankerplatz, iſt der Sig eines Manda⸗ 
rins, ber hier über 2000 Unterthanen gebietet, über ein niedetes 
waldiges Uferland, voll Infeln mit Bambusdididten, von Fi⸗ 
Scherdörfeen befegt. Der Hauptort des Namens hat 300 Fa⸗ 
milien, an 1000 bis 2000 Einwohner, in niederen Hütten mohs - 
nend, an einem Flußarm, bie außer ihrer Fifcherei als Hauptge⸗ 
ſchaͤft nur noch Geflügel halten, und «ine ſtacke Schweinezucht 
führen. Neben dem Drte find ein paar ärmlidhe Pagoben aus 
Backſtein erbaut, ohne alles Bildwerk, ein Ort, 100 Verbrecher 
hingerichtet werden, und ein Gottesader, Den Bazar mit vielen 
Boutiten, in denen Weiber die Gefchäfte führten, fand man 
reichlich befege. Gleich hier fiel das Characteriftifche der Cochin 
Ghinefen auf, wovon oben die Rede war (f. oben ©. 963). 
Die große Lebendigkeit, Gefprächigkeit, Geſticulation der Einwoh⸗ 
nee ſchien den gebräuhlihen Ausdruck zu rechtfertigen, welcher 
Diefe Hinterindier die Franzoſen des Dftens nennt. Dee 
Mandarin des Drtes übernahm es, den Briten, Crawfurd 
aus Saigun in 14 Tagen bie Erlaubniß bis dorthin zu fchiffen 
zu verfchaffen; auch erfüllte er das Verfprehen. Am 28ften Aus 
guft lief die Einladung bes Vicekönigs 6) nebſt 7 Mans 
barinen als Geleiter, auf 4 bequemen Muberbooten zu ibm zw 
tommen ein, und das Verfprechen, bie Fremden dort nicht uͤber 
3 Rage aufjuhalten, was ihnen wegen ihrer Weiterfahrt mit dems- 
günfligen Monfun nad Hue erwünfcdt war. 


J. Whites Auffahrt bis Saigun. 


J. White aus Salem, der Nordamerikaner, ber einige 
Jahre früher (1819) Hier zwei mal vor Anker ging (im May 
mit feinem Schiff Francklin, und nad einer Ueberfahrt in 
die Manillas zum zweiten male defjelben Jahres in Bes 
gleitung mir einem zweiten Norbamerilaner Schiff, Mars 
mion, unter Capt. Blanchards Befehl aus Boſton, wie fie 
"bofften, um defto mehr zu imponiren, im September), wae 
nit fo ſchnell befördert worden. Man hatte ihn bei der erſten 





248) J. Crawford Journ. 1. c. p. 2045 G. Finlayson Journ. p. 3 . 
**) J. Crawfurd Journ. p. 20. & Finlayson Jon. p. 508. = 


/ 


1040 Dfl-Aflen. Kinter- Indien. II. Abſchu. $. 85. 


Eandung in Kanbyu mehrere Wochen mit ber Hoffnung hin 
gehalten, ihm biefelbe Erlaubniß zu verfchaffen, und ihn zuledt 
fortſchiffen laſſen, weil der König nicht in Saigum fey, fon 
dern in Huec, und von diefem bie Erlaubniß ausgehen 
müfle. Eigentlid machte fi Capt. White bavom, weil er trer⸗ 
ofen Raub an feinem Sciffeseigentfum zu fürchten ale Us 
ſache haben mochte. Das zweite mal gelang es ihm beſſer 
fein Ziel, den Markt von Saigun, doch ohne dem vortheilb 
haften Abfag feiner Waaten zu erreichen. Diefe wiederholten 
ärgerlichen Verzögerungen gaben ihm Gelegenheit zu genauere 
Kenntniß jenes Mündungslandes am Saigun 
Strome?") 

Außerhalb der Bat Tpielten zahlreiche Schaaren von bunt 
gefleckten Deiphinen um das Schiff des Norbameritaners ; «ö 
fegelte nah Kandyu (Canjeo), wo ber Civiimandarin auf dır 
Inſel Dong tbhrang, in feiner kleinen Behaufung vol Unreins 
Uchkeit, Unosbnung im lächerlichiten Pomp feiner kleinen Größe, 
Audienz und Bewirthung gab, nebft dem Verſprechen, die Auf, 
fahrt nah Saigun zu bewirken, während der Verzögerung aber 

mit feinen Übrigen Collegen : die zubeinglichfien Bettelviſiten auf 
dem Schiffe wiederholte, um Geſchenke und berauſchende Getraͤnkt 
zu erhalten, denen er nur zu fehr ergeben war. Das Dorf Kan: 
dyu, fagt White, beftcht etwa aus 100 Bambushüätten mit 
Dächern von Palmblaͤttern gedeckt, von verfchiebenen Canaͤlen 
durchſchnitten; die Einwohner find ein unreinliches Volk, bie 
Mälder umber find voll Affen, Papagaien, Zaucher, Strandläu: 
fie und anders ſchoͤn gefieberte Vögel; die Menge der Tiger if 
hier fo dreiſt, daß fie öfter die Menfchen aus ihren Hütten im 
Dorfe wegfchieppen. Die elende Pagode in dee Waldnaͤhe er⸗ 
baut, mit einem Sanefa Idol auf der einen, und auf der 
andern Seite mit dem drittehalb Fuß langen Mobell eine Junke, 
die auf einem Altar ſtehend in ihrer Mitte in metallnen und ir 
denen Schaalen Eleine brennende Kerzen enthielt, Liegen ebenfuls 
wegen der vielem umberhaufenden Tiger halb veröde. Cine an: 
dere Pagode ganz in der Mähe des Dorfs, auf der Spige Dais 
jang, iſt dem böfen Geifte geweiht; aber fchon ihr Landungsort 
war wegen des Schlammufers und des Didichts eins Mans 
grove Waldes (Rhizophora) fehe ſchwierig. Die Kronen bies 





347) 5, White Voy. to Cochin Chisa p. 47 —58; 167-— 185. 


” 





Cochin Chineſiſches Reich, Kambodje-Gtrom 1041 


fer Baͤume find dicht ineinander verſchraͤnkt, an thren Wurzeln 
verſank man bi6 an die Knie In Moraſt und Schilficht. Die 
Bäume find nicht body, Ihre Stämme nicht mehe als mannsdick) 
aber von härteflem Holze. Aus ihren Stämmen bi6 zu Mannd⸗ 
Döhe ſtoßen fie dünne etaftifche MWafferreifee oder Wurzelrann 
Ten, jeder kaum einige 20 bis 30, horizontal bis auf 1 di6 3 Fuß 
weit vom Etamm, durch die Luft, die ſich dann ploͤtzlich nach 
unten frümmen, und im feuchten Boden Wurzel fhlagen, uns 
wieder als feibfiffändige Bäume emporzufchleßen, unb jene Ihre 
Mutterfläimme zu beſchatten, die duch fie wie durch eine Unten 
Tage von vielen Wurzeiftiämmen gehoben erfcheinen. Der Sai⸗ 
gunftrom bat außer feiner Hauptmündung hier noch viele wech» 
felnde Veräftelungen, die im kleinenn Maaßſtabe mit den Sun⸗ 
derbunds des Ganges verglichen werden koͤnnen. Am Malm os 
nat war diefed Geſtade weit und breit von Barken der Lande 
leute und Fiſcherbooten belebt, welche letztere ſtets mit reio 
chem Zange beimzukchren pflegen. Ein paae Stamefifche 
unten, von Chinefen geſteuert, warteten nur auf Erlaubniße 
fcheine, um Ihren Kram in Boutiken auszubeeiten oder ſtromauf 
zu ſegeln; bie eine hatte 200 Tonnen Lafl an Gehalt, die ane 
Dere war geringer. Etwas höher auf lag eine einheimifche Flotte 
um ihren Zell zu entrichten und dann weiter zu fchiffen; noch - 
andere Schiffe fahe man in größerer Ferne; viel commercielles 
Leben wor hier, und doch ward bie eigne Hoffnung zu Schanden. 
Im Herbft hatten zwei andere Amerikaner Schiffe, bie 
“bier vor Anker lagen, um Geſchaͤfte zu machen, das Schiff Aue 
zora vom Capt. Robert Gould, und das Schiff Beverly 
unter Capt. John Gardner, ein gleiches Geſchick, und muß⸗ 
ten, wie Gapt. 3. White, nach vergeblihem Sollicitiren, von biee 
nah den Manillas überfahren, um dort ihren Markt zu fuchen. 

Die einheimifchen hier bei, diefer Nation beobachteten 
Schiffe, bemerkt 3. White, haben einen Gehalt von 5 bis 100 
Konnen z die meiften haben die Mittelahl von 15 bis 30 Ton⸗ 
nen Laft, und werden mit großer Geſchicklichkeit geführt, Gie 
find von eigenthuͤmlicher Bauart, ſehr lang und fcharf zugefpige 
nach beiden Enden, und ſehr gute Segler. An einem der Schiffe 
von mehr als 60 Tonnen Laft Gehalt, bemerkte 3. White, daß 
es einem Boden aud Flechtwerk von Bambusftreifen 
hatte, das fi heraus nehmen ließ, um durch einen andern Bo⸗ 
den erſetzt werden zu Können, Da jedes bee Schiffe dieſer Art 

Kitten Erdkunde AV, ‚ Muu 


- 
a 2 


1042 Oſt-Aſlen. Hinter-Indien. IL. Ubfchn. $. 85. 


verengt hatte. Hier begegnete die Barke mit dem Marine - 
jähelich nur eine Fahrt mit bem Monfune macht, fo wird dann 
dieſer Boden herausgenommen, um gegen das Verberben, das ihn 
im Waſſer treffen würde, gefichert zu werden. Ihre Aufßenfeite 
if einen halben Zoll did, mit einer eigenthämlichen Maſſe, Guls 
gul gmannt, überzogen, eine DBermifhung von Det, Ped 
(Dammar, f. oben S. 1022) und Chunam (Kalk?) ein fehe 
zaͤhes elaſtiſches Gemenge, welches fir das Waſſer völlig undurch⸗ 
dringlich ift, und dem Wurmftaß widerſteht. Die Takelage bie 
ſer Schiffe iß von Goiar (d. i. Kokosfafer); fie find treff⸗ 
Ude Segler. 
Sm Herbſt, bei — zweiten Station zu Kandyn, er⸗ 
biele $. Whyte fhon nad dem fünften Tage feines dortigen 
Aufenthalts den Erlaubnißfchein, den Strom aufwärts sum Re 
fidenz: und Hafenorte Pingeh (Myabay bi. White, 
Ben nghe bei Purefoy) etwas unterhalb ber Capitale Sal 
gum zu fchiffen Ein Boot mit einem Handelsfteunde Mr, 
Yutnam unb einem Portugiefen Dr. Joachim, der in 
Siam verheirathet und anfäffig, gegenwärtig zu Saig un zum 
Beſuche fi) befand, kamen den Strom herab, um ben Morbames 
sitanifchen Capitain, auf den beiden großen Kauffahre —— 
Francklin und Marmion, bis Saigun zu begleiten, da 
Die. Joachim außer Portugeififch auch geläufig Franzoͤſiſch 
und Anamefifch (Onam, ſchreibt White) ſprach. Ein Chrif 
und Doimetfcher aus Codin China, Marianno führte als 
Pilot das Echiff aufwärts durch den Strom, den bie Portu⸗ 
giefen wegen feiner ſieben einfahbrbaren Mündungen 
(d. h. nah 3. White in ber Landesfprahe Nga bap, bie 
7 Münbdungen) den Namen „Gete Bocas” 24) gegeben ba» 
ben. Am 1. October, wo die Auffahrt begann, war die Regen; 
zeit noch nicht vorüber; der Fluß war vollufeig, goß feinen gels 
ben Steom mit geoßer Schnelligkeit zum Dcean, bie 
Fluth, weiche hier 9 Fuß hoch bei Vollmond ſtieg, konnte dem 
Stomlaufe nur momentane Stagnationen geben, innen 
balb 24 Stunden etwa nur 3 Stunden Stillſtand; an ber erfien 
. Anterftelle, in der fehr verengten Flußmuͤndung Bei der Einfahrt, 
hatte der Strom eine Tiefe von 25 Klafterz nach 2 Stunben 
Weges Auffahit aber nur nod) 11 Klafter; diefe Tiefe blieb aber 
meiſtentheils dem Strome, der ſich bier etwa auf — Miles 





248) J. Whjte Voy. to Cochin China pn. 183 — 185. 





® - 
+ 


Mandarin, der mit Bapierconvoluten umgeben, genaue Aus⸗ 
- forfhung über das Schiff, deffen Heimath, Ladung, Bewaffnung, 
Bemannung, Equipage begann, alles zu-Papiese bringen, und 
von den Liflen 13 Copien verfertigen ließ, die alle vom Schiffes 
capitain contrafigniet, ſogleich verfandt werden mußten, 4 an dem 
König nah Hus, eine an dem DVicelönig, bie anderen an Mans 
barine und Beamten. Des Bicefönig war abweiend und 
kehrte erſt ſpaͤtr nach Saigun zucd, wo ber Nord⸗ 
amerikaniſche Capitain 120) uͤbet ein Vierteljahr verweilen mußte, 
und am Ende doch ſeinen Hauptzweck, guten Waarenabſatz, ver⸗ 


fehlte. Sehr langſam ging bie Stromauffahrt vom 3. bis zum 


7. Oetober nach Saigunz man ruͤckte in der Nacht vom 2. 
zum 3. October nur mit ber Fluth um ein paar -Stunden weis 
ter ſtromauf. Hier. flofien zwei teißende Stromarme zufammen, 
und eine lange ‚Reihe von einhelmifhen Fluſſthiffen, wol eine 
Stunde lang, ber Zahl nady 60 bis 70 Schiffe, wartete bier auf 
die neue Fluch, mit der die ganze Slottille, von 10 Uhr an, weis 
ter aufwärts in ein großes, weites Baflin des Stromes geſcho⸗ 


ben wurde, welches eigentlich den Namen Nga bay ıd. I. Gete - 


Bocas der Portugiefen) führt. "Hier blies der Wind in bie 


| ‚Segel und führte dusch die Mitte der Etrommeitung, berem vos 


mantifche Umgebung dichte Hochwaldung iſt, von vielen Flußar⸗ 
men radienartig durchfchnitten‘, bie in der gemeinſamen Mitte 
bes Baſſins zuſammen treffen, und nad) allen Seiten durch die 
seichgewölbten Kronen ehrwuͤrdiger Baumeeihen, reizende Fern⸗ 
fihten über den Waflerfpiegein eröffnen. Kine bezaubernde 
Scene 50), die durch dumpfe, aus dem Bauche des Schiffes her⸗ 
aufsitternde, tiefe Drgeltöne,“dte öfter Aerolsharfenartig kamen und 


fhwanden, und wie von Glockentoͤnen begleitet, audy vom hohlen _ 


Gequake der Froͤſche accompagnirt wurden, das Seltſame des 
Eindeudes vermehrten. Man glaubte im Schiffe Vibrationen, 
wie etwa durch electrifche Schläge eines Zitterrochene oder dem 
ähnliches wahrzunehmen, und Töne an der Spige des Schiffes 
gehört, liefen dald unter der ganzen Länge des Schiffes fort. 
Den Dolmetfchern war dies. nichts ungewöhnliche6 ; fie dere 
fiherten, e6 kaͤme von den Fiſchſchwaͤrmen ber, bie hier in ben 
Sete Bocas fo häufig wären, eine Art platter Flunder (7) bie 
ſich an die Schiffe anfangen. Db dies Fiſchconcett aber durch 


*°) J. White Voy. to CochinChina p. 304. *0) ebend. p. 188. 
Uuu2 


* Eochin Chineſiſches Reich, Kambodja-Strom. 1043 


% 


% 


1044 Oſt⸗Aſien. Sinter- Indien. IL Abſchn. 5.85. 


eigne tönenbe Organe, ober nur durch Ihr Anfaugen und bie bs; 
mit verbundene Vibration der hohlen Schiffsraͤume hervorgebradt 
werde, wußten fie nicht zu erfläcen. Als das weite Baffin wie 
dee verlaffen war, hörten auch bie Töne auf. De Strom 


weicher von da an Dongnai (ober Donnat, gleichnamig mit | 


Provinz und eine Ältere Stadt) genannt wird, iſt num weit ve 
engter, nur noch 2 Furlongs weit, mit Speingfluchen. Res 
Creamwfurd21) iſt dee Dongnal, und wol richtiger, nur da 
Mame des von dee Dftfeite herkommenden Zufluſſes, der hier In 
den Hauptſtrom einzufollen ſcheint. Dicht am Ufer, im der iv 
fen Fahrſttaße, fhiffte man von Baumzweigen und Laubgmilk 
deſchattet voruͤber; die Tiefe beiträge Hier noch 13 Kiafter, di 
Stroͤmung in eines Stunde 6 Engl. Mile. In der Stmk 


Mitte ift die Tiefe nie unter 8 Klafter; die mittlere Tiefe im 


ſchen 8 bis 15 Kiafter. Das Baffin dee Sete Borcas hat} 
Bi6 17 Klafter Tiefe, man fpanns hier Ruderboote dor, und me 
Obacht haben, das Schiff nicht in eine der vielen Gritmmin 
dungen eintreten zu laffen. Die Landfchaft blieb immer dit 
flache, walbige Niederung, und über das unmittelbare Ufer reift 
der Blick nicht hinaus. Man muß den Maſtkerb befleigen, ı# 
in &.D. das Vorgebirge St. Names und die blauen But 
von Bariya im der Ferne gegen Oſten zu erbiiden, die ihn 
Pits hoch uͤber die Plaine erheben. Auf den Bäumen der Bıb 
dung fpeangen Taufende von Affen umher, und viele Vögellänt 
sen ſchmuͤckten die Laubgewoͤlde mit ihrem prachtvollen Gredt 
Diele Reihen von Junken und Barken, alle gleicher Art belebiu 
den Strom, und ſcheuchten wol die Fluß⸗Sorſaren, die fit 
nicht wenig gefürchtet werden, von ben fremden Schiffen zuräl, 
auf denen jebod auch jeden Abend Wache ausgeftelt wirden 
mußte. In der Macht auf den 4. Ottober ruͤckte man m 
dee Fluth wieder um eine gute Stunde (24 Engl. Meile) weht 
vor, und warf bei 11 Klafter Tiefe Anker, nahe dem Haupfem 
-de6 Dongnai, welher Donthrang heißt. Auf gleiche Zeit 
wurde man zum 4. October wieder eben fo weit burh W 
Stuch fortgefchoben, bis zu 8 Klafıer Tiefe; zum 5. Octobet 
um 3 Engl. Mites weiter, zu 11 Klafter Tiefe; und zum 6 Du 
tober um 4% Engl. Meilen weiter, im 11 Klafter Tiefe He 
war man nur noch eine Viertelſtunde entfernt von des Ani 


361) J. Cravfurd Journ. 1. e. p. 222, 


\ 


Cochin Chineſiſches Reich, Kanbedſe Strom. 1045 


gefahrvollen Stelle der ganzen Fiußfohet. Es iſt eine Sand» 
Bank 52) des Dongnai Fluſſes, die aus hartem Cotal⸗ 
Lenfels (?) beſtehen fol, vom Dftufer, halbwegs, quer über 
den Strom geht, Über eine halbe Etunde lang if, und bie und 
Da faft von Ufer zu Ufer ftößt, doch ſtets vom Waſſer bedeckt bieibe, 
und auch bei der niedrigſten Ebbe immer noch mit 3 Fuß Waſ⸗ 
fertiefe. Sie iſt das Aſyl unzählige Alligators, die hier un⸗ 
geftört ihre Brut haben; fie liegt auf halbe Wege bee Fahrt, 
zwifhen Kandyn und Saigun. Die Fahrſtraße am Mes 
ufer des Stromes behält zwar immer noch 7 bie 15 Klafter Tiefe, 
es bebarf bei ihrer Verengung aber größter Vorſicht, um nit 
Gefaht zu laufen. Sie wurde diesmal gluͤcklich mit dem großen 
Kauffahrer durchſchifft, und die gefährliche Stelle ward an dem⸗ 
ſelben Morgen des 6. Dctobers glücklich uͤberwunden, wo man 
nad 3 Stunden Weges (7 Engl. Miles), wieder einen großen 


Arm des Stroms erreichte, wo bie feichtefle Stelle noch 7 Klaf⸗ 


ter TiefeSbot. Eine Viertelltunde von bemfelben, aufwaͤrts, er⸗ 
blidte I. Wpite, feitbem man bie legten Wohnhäufer von 
Kandyu verlaffen, und nur eine weite Waldwildniß, analag 
den Sunberbundwalbungen bed Sanges » Deltas durchſchifft hatte, 
zum erfien male wieder bewohnte Hütten, nur eine niedrige 
links; bald darauf brei andere rechts, auf einer von Wald ent 
Blößten Stelle, wo Aderfelder mit Dflanzungen von Coco$: 
Dalmen und Ateka⸗Rußbaͤumen. 

: Nun traten bald bie und da mehr Spuren menfchliches Sul. 
tur hervor, offene Reisfelder zeigten fih. Die Ausfiche Alien 
fih gegen Weften, über jenen zweiten Stromarm, links, ber 
gleich groß mit dem, auf welchem das Schiff fegelte, unb vorn breis 
tete fid) dor den Augen noch ein eine Viertelſtunde weiter Strom 
in files Majeftät zwifchen Watdufern binays, den ber Portugie⸗ 
ſiſche Begleiter den Großen, den Rio grande, jenen bem 
Eoirap, nannte, ber wie der Fahrſtrom, auf dem das Schiff 
fih befanh, nur ein Arm jenes dritten Rio Grande feyn follte. 
Bald, mard die Vereinigung mis dieſem Rio Grande erreicht, als 
aber Bas Schiff ploͤtzlich KIN fand, bei 105 Klafter Tiefe. Nur 
mis Tauſtrengung gelag es, nach breimaligen Verfuchen, in ben . 
Großen Strom einzufhiffen; denn die heftigſte Stroͤ⸗ 
mung war, obwol mit Segel und gutem Winde, kaum zu uͤber⸗ 


ss), White Voyage to Cochin China p. 392. 


=> % 


1046 Oſt⸗Aſien. Hinter- Indien. In. Abſchn. 8.85. 


winden. Die elgmthümfihe Art bed BZufammenfluffee kitn 
Stromarme, meinte 3. White, bewirkte diefen Aufenthalt 
Am Nachmittage, nur noch eine Viertelſtunde fern vom Eingan« 
in denjenigen Steomarm, an weldem bie Stade Gaigus, 
nämlich den Saigunfluß, erbaut iſt, uͤberraſchte ein furchtbe⸗ 
rer Gewitterſturm, in deſſen ſchwarzen Dunkel man nur währen) 
Blitzen zu ſteuern vermochte. Um mit ben Maften nicht in die 
weithin fidy fpreigemden Baumzweige verwidelt zu werden, wurd 
bei 64 Klafter Tiefe Anker geworfen. Die ganze Atmeolphiu 
sollte voll Feuer; die Scene war furchtbar, der Pilot verked fit. 

Der 7.Dctober endlich, nach fo viel Abenteuern und Faͤht 
Hichkeiten der Stromfahrt, auf der fchönften der Strommündum 
gen, führte gang nahe zum Zieles man hatte am vorigen Tagt 
foft 2 geogr. Meilen (9 Eng. Miles) zurädgelegt, und an biefem 
erreichte man den Hafen von Pingeh (Banga bei White), 





unterhalb Saigun, eine Diſtanz, die 3. White vom Spt 


James bi6 dahin nur in Summe auf noch Leine volle 15 geogt. 
Meiten (594 Engl. Miles) berechnet. Die Zunahme der Hätten, 
der Zifcherboote, der Reisfelder, der Buͤffelheerden, der Pflanzur⸗ 
gen von Cocos und Areka, und noch mehr in der Ferne ein Bil) 
- von Mäftbaumen verfündeten bie Nähe ber Mefideng Ned 
14 Meilen Weges (8 Engi. Miles) wurde nur eine halbe Stunt 
unterhalb ber Stadt Saigun, da wo ber Strom bie Brrik 
einer Viertelmeile Engl. hatte, Anker geworfen. Links, gegen V. 
fahe man über das Thor der erhöht Legenden Feſtung die weit 
Fahne vehen; umher iſt die Stadt Saigun in weiter Slide 
ausgebreitet; das Ufer iſt überall mit Hütten befegt, denen zahb 
tofe Floße und Backen vorliegen, und zunächft am andern Ufe 
zeigte fich die Vorſtadt odes vielmehr ber Hafenort Pingeh 
(Banga), dem die Flotte der Siameſiſchen Handeleſchiffe ver 
lagerte. Unzählige leichte, Iuftige Boote, von einzelnen 
gerudert, malerifch, flogen an dem Fremdlingen vorüber nad alen 
Richtungen. ‚Unterhalb ihrer Etation fahen fie an beiden Ufer 
feiten die Zelimmer älterer Seftungsanlagen ſchon wirder mM 
Grün überwachen; fie ſteuerten ihe Schiff noch auf dis Hafen 
frite von Pingeh hinüber, wo fie bei 9 Kiafter Anker warfen, 
und bald bon Barken und Boten umlagert wurden. 








1 


GKochin Chineſt ſches Reich, Saigun. | 1047 


J. Crawfurds Beſuch in Saigun. 


J. Crawfurds Beſuch in Saigun war dagegen nur auf 
kürzere Zeit berechnet, und ſchon nach ei ner Woche Zeit (vom 
28. Aug. bis zum 4. Sept, 1822) beendigt; feine und G. Fin⸗ 
Layfons Berichte?) geben in kuͤrzern Umriß, bie Localitaͤten 
beftimmendere und wiſſenſchaftlicher aufgefaßte Daten, die wie 
den umfländlichern, lebendigen Schitderungen 3. Whites über 
den Ort voranfchiden, um durch jene dann das Wild biefer, wo 
etwa Luͤcken bleiben, zu vervollſtaͤndigen. 

Crawfurds Stomauffahrt eilt nur von Sandpw, 
am Abend, von 6 Uhr an die Nacht hindurch, und erreicht ſchon 
um 9 Uhr am Worgen des folgenden Tages bie Hafenflition 
von Saigunz nicht im ſchweren Kauffahrdeifchtff, fondern auf 
Leichten, ſtatk bemannten Ruderbarken; fie gab auf diefer Strecke 
weit weniger Gelegenheit zu Beobachtung. Die beiden größs 
ten jener 4 koͤniglichen Barken, bie Schiffegefellfchaft dee Frem⸗ 
den, 33 Mann, zu führen beftimmt, waren jede mit 40 Ruder 
knechten in Scharlach gelb uniformirt, und mit heimartigen Feder⸗ 
mügen gefhmüdt, bemanntz .. ein Mitlitairdbetafhemens, 
das gut bifcipfinirt und von den Mandarinen, in Seide geklei⸗ 
det, infpichet, feine Arbeit raſch vollführte. Die Britifche Fre: 
gatte blieb im Hafen zuruͤck, die fröhlichen Muderer, auf Cors 
mando, im frifhen Zact, Welle auf Welle fchlagend, durchſchnit⸗ 
ten die ganze Nacht hindurch, die Flache, tropifche Waſſer⸗ 
landſchaft im Dunkel, und ald man am Morgen umherblik⸗ 
Ben konnte, fahe man fihon mweitverbreitete Reisfelder, Huͤt⸗ 
ten, Dorffchaften. Den beſchifften Strom von Saigun, 
Saong nad der Aueſprache der Einheimiſchen 50), vergleicht 
Dr. Fintlayſon feiner Größe nah etwa dem Strome von 
Siam; Sramfurbd finder ihn nicht ganz fo groß, aber ſchiff⸗ 
bar für Schiffe aller Art, mit weniger Windungen als andere 
Ströme gleiche Größe, mit klarerem Waſſer. Seine Ufer find 
meiftentheild mit Walddickichten von Rhizophor en (Mangro- 
res) bedeckt, darunter, nad; des Botaniker Ausdrud, fehe efes 
gante, neue Arten ſich befanden. Die Cultur der Stromufer 
durch Reisfelder fängt erſt auf halben Wege zur Hauptſtadt fünf 


geoge. Meilen (25 Ba Miles) unterhalb m. ent "weit 


353) J. Crawfurd — J \c. p- 206 — 226; 6. Pinlaen Journ. 
l. c. p. 303 —- 324. s*) J. Crawfurd p. 222. 


1048 Offen. Hinter-Indien, II. Abſcha. 6. 84. 


Gefee abmärte bie falzige Fluch des Stromes, jede fühe Br 
wäfferung von Reiöfeldern hindern würde. Die VWerfhönerun 
derfelben duch gute Wege, Anpflanzungen, Baumalleen, Avenüc. 
Wohngebäude, beginnt nur erſt dicht vor berfeiben, bei der me 
ſchon um 9 Uhr am Morgen landete. Eie überrafchte bar: 
ihre Größe, vielleicht nus um fo mehr nah fo lange durchſchif⸗ 
tee Wildniß. Ehe man fie erreicht, bemerkt Crawfurd, fal 
etwa 3 geoge. Meilen (15 Engl. Miles) oberhalb Kamnd yu von 
der DOftfeite her, aus ben Bergen von Baripa, ein Linker Zu 
fluß zum Hauptſtrom, befien Name jeboch nicht weiter angegeba 
wird, ber fonf unbelannte Drt Bariya, fol Seidenweberein 
haben. Mod weiter aufwärts führt er einen zweiten Zufluf 
von berfeiben DOflfeite an, den Dongnai ber ſich oberhalb des 
Baſſins der Sete Bocas, deffen Crawfurd nicht befonkers 
erwähnt, einmünden muß; den Namen, fagt Crawfurhd, jedeh 
"habe derſelbe von der Stadt Dong nai, welhe in R.D., 2 Tos 
gereifen fern von Saigun liege, nad) welcher auch die ganje 
Provinz genannt wirb, von ber aber in neuerer Zeit gar nichts 
genauer bekannt iſt. 

Saigun, bemalt Crawfurd, line 50 Englifche Miles 
fern vom Meere, beftche aber aus zweierlei verfchiedenen 
Staͤdten, weiche etwa 3 Engl. Mils6 weit auseinander liegen; 
davon Pingeh (Ben nghe bei Purefoy, Banna ki. 
White) das Sort, der Hafenort bei dem große Junkes 
und Rauffabrdei: Schiffe vor Anker liegen bleiben, und 
die Reſidenz des Gouverneurs am Weſtufer des großem 
Stroms if, und Saigun (hai Sonne nah Purefors 
Schreibung bei den Eingebornen.) die Kaufs und Handels⸗ 
ſtadt, an einem geringen Seitenarme des Hauptfluffes gelegen, 
der jedoch, wenn auch nur für Eleinere Schiffe, doch gleich ſiche⸗ 
sen Waarentransport basbietet. Beide Städte hält Cram 
furd für gleich ſtark bevoͤlkert, ohne jedoch ihre Population 
näher beſtimmen zu tönnen (nah J. White hat Gaigun 
180,006 Einwohner), wozu ihm alle Daten, wie er fagt, fehlen. 

- Dr. Sintayfon?25) fagt, jede biefer beiden Städte fey fo greß 
wie Bangkok, bie Gapitale von Siam; Pingeh fep die er 
jünger entfiandene Stadt; beide ſeyen fehe ſtatk bevölkert, und 





265) Finlayson I, & p. 312. 








Cochin Chinefifches Reich, Saigun. 1049 


Baum begreiflich, wie fo zahlreiche Volkömaſſen bei fo 
geringem Verkehr beſtehen könnten. 

Pingehs6), die neue Reſidenz des MWicekönigs, ik ihren 
feſtungsartigem Theile nach in Geſtaͤlt eines Parallelograms 
auf Heiner Erhebung, die Umgegend dominitend, in geringer Ents 
fesnung auf dem Weftufer des Fluſſes erbaut, der fie vom 
Haupttheile der Stade abfcheibe. Die Iängfie Seite dieſes Pas 
zalleis ift wol 1 Ehgl. Meile lang; bie Anlage rührt von dem 
Stanzöfifhen Ingenieurs her, blieb aber unvollendet (weil bee 
Bifhof von Adran bier zu frühe flach, und der König feinen 
Mefidenzpalaft, der hier während bes Rebellionskriegs begonnen 
ward, fpäter nach Hue verlegte 57). Sie ift mit breiten Graben, 
Waͤllen von Erde aufgeführt, und mit Baflionen umgeben, oben 
mit Esplanaden, alles mit grünen Raſen belegt, aber ohne Ars 
tillerieſtuͤck, obwol hundert Kanonen im Arfemal liegen. Diefe 
Feſtungsanlage if ohne Gewinn; des begonnene Königspalaft iſt 
unausgebaut, unbenutztz das Innere dieſer neuen Stadt aber 
mit netten Straßen, Barracken fuͤr die Garniſonen, Wohnge⸗ 
bäuden für Beamte, Mandarine, Officiere, den Goupernaue u. a, 
durchzogen. Sie iſt nur wenig in den Verkehr bes Großhandels 
verflochten, ber feinen Hauptfig in der Stadt Saigun hat. 
In dieſer Reſidenzſtadt Pingeh nahm Crawfurd fein 
Quartier; man war ſchon mehrere Engliſche Miles weit zwiſchen 
Erdmauern, zwiſchen Haͤuſerreihen mit Ziegeldaͤchern auf Pfeilern 
von ſchwarzem Sao:Holz (f. oben ©. 932) erbaut, am netten 
Straßen und Gandlen vorübergefchifft, und noch immer in ihrer 
Mittez ihre Größe war uͤberraſchend 3) Nun erſt traten bie 
Briten nach ihrer Stromſchiffahrt aus den Barken in die Ems 
Hfonghalle, wo die Beamten und Garden fie befomplementirten 
und dann zu -dbem- Gebäude führten, das zu ihrem Cmpfange 
bereitet war. Mit Vorfiht, Klugheit und Anfland wurden bie 
genaueften polizeilichen Eraminationen angeflellt, um über, alle® 
die vollſtaͤndigſte Auskunft zu erhalten. Ein ſchlauer italiensfheg 
Miffionor, Pabre Antonio (nah J. White ein ſchlechter 
Driefter, ein lockerer Sefelle, den Weibern und dem Branntwein 
ergeben 59) machte den — in Portugieſiſcher zn 





se) J. Crawfurd hc, p ‚26 _ #7) 7. White Voy. L 0, p. 272. 
#°) G. Finlayson p. 34; Crawfurd 1, © ı& 207, $*) 5. While 
Yoy. LC. p 272, 
3 


- 1050, Ofl-Afien. Hinter- Indien II. Abſchn. $. 85. 


die Finlayfon geläufig fprad. Taufende bed meugierigen 
Works, gut gekleidet, drängten fich ale Zufchauer herbei, anflän 
dig, alle mit runden Gefihtern, klein von Geſtalt. Das Dani 
wurde Hberal mit Soldaten befegt und mit Wachen umſtelt 
Gleich vom Mittag an begannen bie Gonferenzen mit ben obern 
Mandarinen von der Juſtiz und dem Gouvernement; fie waren 
in fhwarze, feidene Moben gekleidet, mit ſchwarzen Zurbanen. 
‚ Sie freuten fi ungemein uͤber die friedlichen Beweggründe be 
Miffion, beftanden aber auf der Einfiht und Deffnung des Brief 
Inhalts vom GeneralsGouvernene von Indien an den Könis 
von Hue. Gie fingen fhon mit bem Tadel wegen feines Sıpis 
und ber Formalitäten beffelben an, womit man in Hue fortfuhr 
und endete (f. ob. ©. 1007). Das Schreiben mußte hierauf in 
die Chinefifhe Sprache nad dem Hofceremoniel überfegt 
werben, wobei allerlei langweilige und widrige Discuffionen 29) 
wegen ber Etiquette u. ſ. w. vorfielen, ‚bis über jeden Punct ber 
Proces⸗Verbal in dreierlei Sprachen, Engliſch, Portugie 
ſiſch, Chineſiſch, Triduplicate aufgenommen und <opirt wa⸗ 
ren, und das Geſchaͤft mit der Erlaubniß nach Hué zu Hofe zu 

ſegeln, deendigt ward. Die darauf erfolgende Audienz (2. Sept.) 

bei dem Vicekoͤnig, in den Gebäuden des Korte, war unge 

mein wohlmollend ; die Sonverfation freimuͤthig und ohne Foͤrm⸗ 
lichkeit, ganz frei von jener felauifchen Mteberträchtigkeit, wie man 
fie bei Stamefen erfahren hatte, wol noch eine Nachwirkung des 

Einfluffes des Sranzöfifhen Syſtemes, der Bicetönig hieß bie 
Breiten Willlommen bei fich, bemerkte jedoch, die Cochin Chinefen 
müßten fi in Indien nach Englifchen Sitten richten, alfo auch 
die Engländer hier die Cochin Ehinefifchen ſich fchon gefallen af 
fen. Der Generalgouverneur babe einen Verſtoß gemacht 
an den König zu ſchreiben, er hätte nur an ben Mandarin 
der Elephanten fchreiben dürfen. Crawfurb it) bemerkt 
dagegen, daß fein König zu entfernt von dem Orient lebe, um 
eine Eoreefpondenz mit den dortigen Königen zu unterhalten. Die 
Converfation wurde in Portugiefifheer Sprache geführt, 
‚welche auch hier in Hinterdien wie in China, Vorderindien, in 
Mofambil, Congo, Guinea u. f. w., überall aus der laͤngſt ver⸗ 
ſchwundenen Blüthezeit Portugiefifcher Handelsmacht ihren Eins 
Muß behaupter hat, Mac der Audienz ging es zur Arena bes 





260) J, Crawfurd Journ. 1. c. p 212. 1) ebend. p. 215. 








Cochin Chinefifches Keich, im 1051 


Tigerkampfes und der Elephanten (f. oben &. 938). Dee Vice 
koͤnig nahm Feine Geſchenke an, wie die Siameſen fie forderten, 
und entließ feine Säfte mit Freundlichkeit und Wohlwollen. 

Der einzige Franzoſe, den die Briten noch in Pingeh vors 
fanden, war ein reifender Arzt und Naturforfcher, Me. Diard, 
dee Bengalen, die Sunda:Infeln, Hinter⸗Indien fhon befucht, 
und feit eihem Bierteljahre in Ss aigun ſich aufgehalten hatte. 
Diele Entdeckungens2), z. B. 5 neue Arten von Affen, 
eben fo viele neue Species von Sciurus, viele neue Pogelar⸗ 
ten, wahrſcheinlich eine vierte Species bes Rhinoceros und 
andere wichtige Daten waren bie Frucht feiner Bemühungen. 
Mehrere Jahre fdyom hatte er in Cochin China verliebt, aber noch 
Beine Erlaubniß erhalten in das Innere der Länder einzudrin⸗ 
gen. Gr begleitete die Briten nah Salgunm. 

Die große Handelsſtadt Satgum liege 3 Engl. Miles 
fern von Pingeh, gegen N.W., in ihrer Art für Hinterindien, 
meint Finlapſon, eine ſchoͤne Stadt, große Häufer mit Zies 
geldächern. Die ganze Uferſtrecke bis dahin iſt mit Häufern bes 
ſetzt, das Land fehr fruchtbar, beibe Ufer bepflanze mit Cocos 
und Area’, mit Plantains, Jack und anderen Obſtbaͤumen. 
Zahlreiche Canaͤle durchſchneiden die Landflaͤche nach allen Rich⸗ 
tungen, und ſetzen die Anwohner des weiten Deltabodens in die 
leichteſte Verbindung. Auch iſt Saigun der Mittelpunct 
des Landverkehrs, ſowohl nah Außen zum Dcean, wie 
nad Innen zum Continent, bis zur alten Capitals Kambo d⸗ 
jas (Ram butſchat nah Bournpof®) Pon tai pret®), 
die viel tiefer Iandein, am Maekhaun (Mokan nad Bour« 
nouf), etwa unter 12° N.Be. liegt, aber jest in Unbedeuten⸗ 
beit herabgefunten feyn fol. Doc waren im Auguft, während 
Crawfurds Aufenthalt, fehe viele Junken auf biefer Binnens 
fahrt in das Innere von Kambodja gegen Norden und Often 
befchäftigt. Weber bie vielen ſchmalen Candle gehen unzählige, 
meift ſchlechte Stege von einzelnen Planken (fie haben zumeilen 
eine Länge von mehr als 100 Fuß aus einem einzigen Baum⸗ 
flamme gefchnitten); auf ben breiteren und den Stromarmen 
verrichten Weiber die Ruderarbeit und gewinnen das Faͤhrgeld. 


°3) Finlayson I. c. p. 410. *°®) E. Bournouf et Chr. Lassen ‚Es- 
sai sur le Pali Paris 1826. 8. p. 210. +) J. Crawfurd 1. c. 
p- 466, 223, x A . 


1052 Oft-?fien. Sinter- Indien. IL Abſchn. $. 85: 


Die Männer, fage man ſtets bei Nachfrage, find Ins Königs 
dienſt. Sn Saigun haben die Chinefen ſich weit wenica 
als in Siams Hauptfladt zu Bangkok (f. oben S. 803, 807: 
einzubrängen gewußt; der Großhandel ifl hier mehr in den Dir 
ben der CohinChinefen geblichen. Alles Hindoftanifcr 
fo wie die Hindus felbft, find bier aber fo ganz frembarti« 
Exfheinungen, daß Gramfurbs, als Garbebegleitung, mitge 
brachte Seapops bie größte Aufmerkſamkeit erregtem. 

Die Briten fhifften in die Mitte der Stabe Saigun, 
landeten, und nahmen Quartier im Daufe eines bort feßhaften 
Chinefen?5), ber fie gafllich empfing, weil er begierig mar 
mit Briten in Verkehr zu treten. Aber faft in jeder der folgen 
den Straße, die man durchzog, wurden bie Fremdlinge gafiic 
in verſchiedene Häufer eingeladen, wo man ihnen Erfriſchungen 
anbot. Dan wurde überrafcht durch dieſe Hospitalität, durch ben 
Mohiftand, durch die Eleganz (das Gegentheil von dem, was J 
White erfuhr) der Bewohner. Die Straßen fand man gerade 
und weit, die Population gedrängt, bie Bazars mit vielen ein⸗ 
heimifhen Producten und Chinefifhen Waaren gefüllte. Die 
Chinefifhen Tempel waren fchöner, die Coch in Chineſi⸗ 
Then kuͤmmerlicher und Heiner eingerichtet. 

Doch genauer befchen überzeugte man ſich bald baven, daf 
der Handel von Bangkok in Siam viel bedeutender war als 
der hiefiges der auswärtige Handel von Saigun®) ließ 
fih, nad ben angegebenen Sciffers Daten, nur auf 7000 bis 
8000 Tonnen Laft jährlich fhägen. Die biefigen Märkte um 
terfcheiden fih von denen ber Hinduſtani's im Vorderindien, 
wo die Suropäifhen Waaren fhon ben größten Theil ber 
einheimifhen Fabrikate verdrängt haben, vorzüglich ba« 


durch, daß man biefe bier, etwa bis auf ein paar Glasflaſchen 


and wenige Glaswaaren, vielleicht auch etwas grobes Tuch aus: 
genommen, noch gar nicht einmal anſichtig wird. Hier herrſcht 
noch in Allem ein anderer Geſchmack vor, obwol der einheis 
mifhen Sabricate nur fehr wenige find, die Chinefifhen 
das Uebergewiche haben, vor allem aber duch die Fülle einhei⸗ 
miſcher Naturprodbucte zürudgebrängt werden. Nur ne 
nige weiche Chinefen treiben Großhandel; ber Werth ber mei: 


868) Finlayson L c. p. 316. **) J. Crawfurd 1. c. p. 223. 





Cochin Chinefifches Reich, Seigund _ 2053 


fin Kramlaͤden 7) war ſchwerlich uͤber 40 bie 60 Dollar zu 
ſchaͤtzen; die meiften haben nicht die Hälfte des Werthes; ein 
großer Unterfchied gegen die Chinefifchen Emporien (f. oben G. 
837, 68 u. aD.) Baumwollenzeuge, Indiennes 
u. f. mw. ſieht man hier nur wenig, dagegen Creps, Satins, 
und alfe jene Seibenfloffe, die in Cochin China und Tong⸗ 
king fabrichrt werden. Don einheimifhen Fabrikwaaren kann 
man nur nennen: vorzüglich feinere und geöbere Mattenge⸗ 
flechte, zu Segeln und anderen Gebraͤuchen, KRorbflehtereien, 
ladirte Waare, vergoldete Käfichen und Buͤchſen, feidene ' 
Beutel, Sonnenfhirme grobe Eifenwaaren, Schneis 
Derwaaren, Nägel und Weniges fonft noch. Ale andere Bes 
dürfniffe von Außen werden vorzüglich gegen bie einheimifchen 
SPproducte von Reis, Zuder, Pfeffer, Betel, Elfenbein, 
Cardamomen und verfahiebene Fruͤchte eingeführt, mit denen 
die hiefigen Märkte vorzüglich reichlich verfehen find. Unter jenem 
fremden Producten fällt hier vorzüglich die Menge feidenes 
Zeuge aus dem Dften auf, das viele bunte und Goldpapiee 
unb anderes eben daher, und der grobe Chinefifhe Thee, 
Der wie Tobadsblätter auf dem Markte Tiegend, in bedeutenden 
Maſſen vertauft wird. Es war zwar, währnd Crawfurbs 
Dortſeyn (Ende Auguſt), für das Obſt, wie dann überall in 
den Tropen, die unguͤnſtigſte Jahreszeit, dennoch war außer einer 
großen Menge von Arelanüffen, füßen Bataten, jungen 
Bäambusfpeoffen, Zuder, Reis, Kabad, doch noch Ue⸗ 
berfluß von Orangen, Bananen, Pompelmufen, Cuftards 
äpfeln, von Mangoves, Litchi und vielen anderen Frucht⸗ 
“arten, mit denen jedboh Bangkok noch reichlicher verfehen iſt. 
Dos hier Manguftanen (Garcinia mangustana) und Durian 
(G. Durios) fehlen, ift fchon oben bemerkt. Auch fahe man auf 
den Bazard zugleich Ueberfluß an anderen Lebensmitteln, zumal 
on Geflügel, Schweinen, Biegen, Schaafe Büffel: 
Ochſen, trefflihe Fiſche; aud das Fleiſch von Hunden und 
Alligators wurde von den demeren Wolksclaffen aufgekauft, 
Während 3. Whites nur zwei Jahre vorhergehenden, laͤu⸗ 
geren Aufenthaltes (vom 7. Det. 1819 bis 3. Jan. 18%) in 
Saigun, zeigte fi) das Leben an dieſem Orte, deſſen Einzeln⸗ 
beiten unter den Privatieuten es genaues kennen zu lernen Gele⸗ 


°T) Finlayson I. c, p. öll. 


4 


54 Ofl-Aſlen. Hintere: Indien. IL. Abſcha. $. 85. 


heit fand, umtee wenig porthrilhaften Verhaͤltniſſen. Eben fs 
en Beſchwerden war das Geſchaͤfisleben des Kaufmanns burd 
„Gouvernement unterworfen; fo daß es begreiflich wird, wi 
‚ce orientaliſcher Willkuͤht und Unſicherheit aller Verhaͤltniſſe 
‚e einen Funken von Freiheit und Vertrauen, daſelbſt rs 
ernber Wohlſtand, auch bei den merkwücbigfien meomentann 
ſtrengungen, die hier nicht gefehls. haben, unmöglich emporblo 
könne. Ä 


Saigun, nad 3. Whites Aufenthalt baferb Im 
Sabre 1822. 


Ein Tagali Solbat aus ben Manillas, Pasquali, fet 
Jahren in Saigun buch Verheirathung mit einer Manda⸗ 
ochter von Rang eingebürgert, nahm ben Norbamerikanifden 
‚iffecapitain bei fi gafllih anf?*). Sein Haus, unter ei⸗ 
Gruppe Arelapaimen, dicht am Flußufer flehend, war wie 
eiviertheite der Wohnungen in Saigun und Pingeb 
‚richtet. . Spanifch und Portugiefifch war Hier die herrſchende 
werfationsfprache, denn bie Gapitains dee Macao ſchiffe 
Portugiefen, die vordem hieher ausſchließlich (bis 1800) 
Handel getrieben, hatten in derſelben Wohnung ſtetä ihe Ab 
jequastier gehabt. 

Zum ſteilen Flußufer führen dort hoͤlzerne Stufen hinauf, 
Piattformen von Planken belegt, bie über ber hoͤchſten 
ıth bleiben, die hier bis 12 Zuß hoch ſteigt. Holzplanken, 
einer Pforte aus Baumzweigen, führt in die Mitte bes fo 
iunten und mit Arcka bepflanzten Hofraums, in bem bad 
bnbaus ſteht. Auf Steinplatten fest mau durch bie Pfügen 
Haufe, das 25 Fuß lang, 30 Fuß tief, dritthaib Fuß über 
Erde erbaut, einftödig iſt, aus rohen Lattenwerk mit Boles 
zogen, mit Palmblätteen dedeckt, deſſen Ueberdach bis 10 Fuß 

über der Hauswand und fo tief vorfpringt, daß man ſich 
en muß, um in feinen Schutz zu-tseten. Auf Stangenges 

m vorgehängte Matten, die man herunterlaffen kann, ermeis 

diefe Wohnung wach Belieben, duch einen zweiten, vom aus 

‚ gallerieortig umherlaufenden Raum. Auf jeder Seite ber 
öthhr find 2 große Fenſter, und vor diefen find Efitaden mit 
jebreiteten Matten, Lederkiſſen mit Reisſtroh gefüllt, ber als 





°) J. White Voyage to Cochin China 1. c. p- 82. 


r ⸗ 





Cochin Chinefifches Reich, Saigun. 1055. 
gemeine Gigplag des Hausfee, die Hausflur, das Sprechzimmer, 


wo man bei den Gliedern der Familie und den Gaͤſten die mie | 


kreuzweis untergefchlagenen Beinen umberfigen, dabei Areka kauen, 
ſich niederlaͤßt, ſpricht, Thee trinke u. f. w. In der Mitte des 
Haufes find Heine Abfchläge zu Schlaffiefen, eine Keine Haus 
capelle, hier mit dee Holzſtatue einer Madonna, einigen Heiligen 
bildern, einee brennenden Ampel davor, font aber das Innere 
des Hauſes ohne alles Licht, und ohne friſche Luft. Am Ende 
des Hauſes, auf einer erhoͤhten Hausflur, einer Thontenne, die 
Kuͤche, der Ort zum Reis ſtampfen, die Stellung der Waſſerge⸗ 
faͤße, zur Sammlung bed Regens, neben dem Kochheerde die 
- Hängematten für kleine Kinder, vol Schmutz und Ungeziefer; 
ſchlimme Nachbarſchaft. Das Efien, meift Reis mit Enten und 
Vögeln gebraten, geröftete Yams und füße Bataten, ſtatt Meffes 
und. Babel, Etödchen und Stachelſchweinſtacheln zum Anſpießen 
des Fieifches, und es in Saucen zu tauchen. Das Getränk iſt Thee 
und ein Reisbranntwein; auch die Aermſten trinken den 
Three von einem großen Blatte (Cha Huc, Thee aus Que, ges 
nannt), der Chineſiſche Thee iſt für die Reihen. Pas qualis 
Tochter, 19 Zahe alt, wie alle ihres Gleichen, von Kindesbeinen 
an Betel kauend, und dadurd mit ſchwarzen Zähnen, wenn audy 
fonft gut gebildet, nahm in einer Ede der Eſtraden, am rohen 
Webſtuhle, für gewöhnlich ihren Platz ein, ein geibfeibnes, 8 Zoll 
breite® Zeug webend; eine jüngere Nichte des Haufes, ein ſechs⸗ 
zehnjähriges Mädchen ferbiste den Thee. In ſchwarzſeidene Schifs 
ferhofen gekteibet, iht Lockenhaar mit Cocosoͤl gefalbt, und gracioͤs 
auf dem Kopf über einem Turban zuſammengeknotet, voll Ges 
such und Schmus, baatfuß und am Vorfinger jeder Hand mit 
dunkeln, zwei Zoll langen Nagel, als Beihen bes Ranges, ber 
font nur noch bei Damen duch die Menge der Kleider bie 
übergetwworfen werden, ober durch die Länge derſelben bezeichnee 
wird. She ähnlich bie übrigen Weiber des Haufes, in dem in 
ollen Winkeln und Eden Geflügel, Enten, Schweine, ae 
u f. w. freien Durchgang finden. 
Bor der Wohnung immer neue, wechſelnde Scenen 9), Auf 
dem Strom immerfort vorüberfliegende, leichte Boote, aus einem 
einzigen Bauinflamme gehöhlt, meiſt von einer einzigen Stau mit 


"ee)3. White Voy. to Cochin China p. 209 eio. 


1056 Pft«Wflens Knter-Sndien. IL Abſchm $. 85. 


fangen, elaflifchen Rudern ungemein geſchickt dirigirt, mit der 
fhönften tropiſchen Srüchten gefüllt, und anderen Nabrungsmi: 
teln: Ananas, Piantaine, Bananen, Drangen der verſchiedenſter 
Arten, Limonen, Guavas, Jade, Mangors, Schaddacks oder Dom 
pelmufe, Pommegranaten, füßen Bataten, Vams, Zuckerreb: 
u. a. m. Auch Gonfitüren in Koͤrben, gelatinöfe, ſchmeeweiße Au 
chen aus Reis u. a. m. Die Drangen ‚von fo außerordentli 
her Guͤte, wie man fie früher nicht geſehen; groß, tlefgold⸗ 
farbig, ohne Kerne, fo faftreih, beim kleinſten Ritz tropfend, da; 
eine einzige Drange einen ganzen Stutzbecher mit Saft fuͤllte; 
fie follte hier, wie in Siam und Kambobja, einheinzifch fern. 
Andere Boote ähnlicher Art mit Matten body beladen, aber aud 
mit Saͤcken, in denen man laut Cha Hue, d. i. Three, zum Ber 
kauf ausbot. Fiſcherboote von verfchiedener Größe, datten 
Nee auf Stangen aufgehängt, und thaten nad) verſchiedenen 
Methoden zeichen Fang an kleinen Zifhen. Mehrere Boote ru: 
derten mit Pfeilfchnelle nach Saigun hinüber; die Art zu zubdern 
und bie Begelförmigen Muͤten aus Palmblättern der Ruder 
gelgten, daß fie vom Worgedirge St. James kamen, ben Bazır 
mit frifchen Meerfifchen zu verforgen. Sie rudern nicht allt 
zugleich im Tact, fondern in beflimmten Succeffionen und auf 
einander folgenden Tactſchlaͤgen, wodurch ihre außerordentfice 
Schnelligkeit, fo daß fie von Haufe mit einer und derſelbes 
Fluth dis Saigun vordringen. Roch andere Boote find mit 
Thongefäßen befegt, gefüllt mit Dammar (Pech von Pinus dam- 
mara), mit Theer und jenem Holzoͤl, und in der Mitte bes Ber, 
tes Lobert ſtets das Feuer, dieſes Pech zum ſchnellen Sebrauch 
warm zu halten; fie dürfen Beine Vorraͤthe auf dem Lande bar 
ben, fondern biefe nue auf die Flooße beſchraͤnken, die fir an 
Pfaͤhlen fefttnüpfen. Ungeheure Floo ße von Zimmerholz, von 
Bambus, von Brennholz, und eine große Menge neuer, in den 
"verfchiedenften Diftricten ber Provinz gezimmerter Kaͤhne liegen 
bier vorrächig. Die Boote, zu den einheimifchen Schiffen gehcrig, 
haben feltfame, lange, fhmale und fhiefgefhwungene Formen, 
und jenen fonderbaren Bau "mit dem Flechtwerk und Sulgul 
Weberzuge, find mit irbenen Toͤpfen gestert, in benen man Weis 
oder Lilienarten, Zierblumen 308, als Opfer den Wafiergeiftern. 
Die Muße denugten die Ruderwelber fich zu reinigen, ſich gegens 
feitig das Ungeziefer zu leſen, und «6, wie dort durch alle Staͤnde 
gewöhnlich, zu verzehren. Diefe, wie manche andere öffentliche 





2 — — — — — — .— — 


Cochin Chineſiſches Keich, Saigun. 1057 | 
Verſpeiſung 270) von Delicateffen, Ratten, Mäufen, Würmern, 


Froͤſchen, Alligators, die man deshalb fängt und auch im Hofe 


haͤlt, ſamt ben Eingeweiden ber Thiere, welche. bie Europäer ſonſt 
üben Bord zu werfen pflegen, erwecken dieſen nicht felten Ekel 
und Widerwillen. Im Strom fieht man nicht felten Schlans 
gen ſchwimmen, zumal die Cobra di Capello und die 
kleine grüne Viper, deren Biß toͤdtlich iſt. Tauſende von 


Slooßen und Schiffen bedecken in Schaaren die Flußufer, in.als 


len Verzweigungen und Canaͤlen. Ein Theil derſelben wird, weil 


hier der maritime Verkehr ganz buch die Monſun⸗Zeit 
regulirt ift, in den Zwiſchenzeiten abgetatelt, das Vordertheil abs 
geloͤſt, oder nur das Flechtwerk herausgehoben, theilweiſe oder 


ganz in Doden geſchoben u. ſ. w. Ein Theil ber Populas . 
tion lebt hier, wenn auch nicht in fo großer Zahl wie in China, 


doch ganz auf ben Waffern, dann führt die ganze Samilie ein 


nomadiſches Wafferleben, ihre Barke ift ihr Haus, Hof und Bars 
tenfeld, Erwerb und Magazin zugleich, und alle Flußverzweigun⸗ 


gen des weiten Deitabodens find das Gebiet, auf dem fie ganz. 


einheimifch find. Durch die Gewöhnung widerſtehen fie den Ges 
fahren der teopifhen Sonne und den naͤchtlichen Miasmaten 
Der feuchten Behauſung. Diefe Schiffer, ſtets zum Dienſt und 
Gewinnſt bereit, fprehen Anamefifh und Portugiefifc, 
dienen ald Dolmetfcher und Führer; oft find es Mutter und 


Tochter, denen ber Fremdling ſich anvertraut. Für eins dieſer 


Boote, von drei Weibern gerudert, zahlte Capt. White für dem 
Monat 15 Quan Miethe. 

Wohin die Europäer bie Stadt nur durchſchifften, ba brängte 
ſich das nengierige Volk zum Ufer herbei, mit lauter Verwunde⸗ 
zung von allen Seiten, und dem Geſchrei: Don ong olan, 


die Sremden von Weft! oder Olan ben tai, bie Weißen 


Seemdlingel In Begleitung von den gehörigen Mandarinen 
und Dolmetfchern marhten fie ihren Beſuch im Gouverneurs: Pas 
laſt, weil ber Vicefönig damals abwefend war. Beim Voruͤber⸗ 
fahren am Koͤnigepalaſt, der in ber neuen Feſtungsſtadt Pingeh 
unvollendet geblieben, aber ſich flattlih mic 4 Wachthuͤrmen an 
den 4 Eden erhob, mit glafirten Ziegeln gedeckt und im Chinefis _ 
(der Geſchmack mit drachenartigen Monftrofitäten 7!) ornamen⸗ 
tirt war, mußten bie Sonnenfchirme aus Refpect vor dem „Sohne 


- 270) J, White Voy. l. c. p. 218, 298, 311. 71) ebend. p. 220. 
Nitter Erdkunde IV. Xxx 


N 





1058 Oſt⸗Aſien. Hinter-Indien. II. Abſchu. $. 85. 


des Himmels’ niedergeſenkt werden, obgleich er ſelbſt ned w 
male denfelben betreten hatte. Der Mandarin = Gouverann gi 
die Audienz auf einer Plattform unter offener Pfellechate mi 
vorhbangendem Dad, die Pfeiler von Roſenholz ſchoͤn polirt, « 
figend mit kreuzweis untergefchlagenen Beinen, ben Bart fm 
&end, von langen Reihen der Dandarinen umgeben, und bed 
durh das ganze Gebäude von Soldaten, mit beoppelhändign 
Schwertern und glänzend gefirnißten Schildern aus Bäffelhänn 
Die Gefchenke, der Empfang, die Theebewirthung, bie Verfprehun 
gen,' boten kein neues Ergebniß dar; fondern waren im hatine 
tichen Styl des Driente. Beim Weggehen führte mom bie Fre 
den durch den Thell-der Seflungsaniage, ber das Zeughasl, 
ein Bungalo, d. i. eine Leichte, freie Bamsbushalle mit 350 Gut 
Kanonen enthielt, am Steafhaufe und der AnamelensFlagge vs 
über, um fie die Gewalt der Herrſcher anflaumen zu lafien, cd 
durch die im Eifen -gegoffenen Thore, und über Zugbrädn m) 
Anderes, was allerdings bier in Hinter: Indien einzig gms 
werden mußte, aber freilich nur das Werk jener Franjöfiän 
{ngenieure war. Altes übrige war im Styl des Zorts von du 
- (f. oben &. 1010). Auch die koͤniglichen Etephanten wurden # 
zeigt, wobei man das Blaſen der Wächter auf Hörnern bemaft 
um bie Vorübergehenden zum Austweichen zu ermahnen, wel de 
Elephanten ſelbſt nicht zum Ausweichen abgerichtet werden; bae 
gen flugten diefe Thiere, eben fo wie das neugierige Bolt, ibe 
die Kleider und die weißen Gefichter der Fremdlinge. 

Bei einem andern Ausfluge, nach dem Nordoſten dee EN 
Saigun, wurde dort an einem tiefeinfchneidenden Flußame Id 
Arfena1?272) beſucht, wo einige Kriegsfchiffe gebaut wurden 
und 2 Fregatten nach Europäifchee Art, unter dee Leitung Zum 
zoͤſiſcher Schiffsboumeifter; ein Etabliffemene fo gut mit oa 
verfehen, fagt 3. White, wie ein Europaͤiſches; weit beffer at 
mit dem trefflichfien Zimmerholz. Solche gigantiſche Wine, mt 
bie von Kambodja, find nicht häufig über die Exde vertheilt, Pier 
ten 109 Fuß lang, 4 Bol dick, aus einem einzigen Gtamst! 
Teakholzes gefägt, find bier nicht felten. Hier Kandın 10 
Galeen oder Ruderbarken von eleganter Bauart; 40 bie 100 Zei 
lang, einige mit 16 Dreipfündern befegt, andere nur mit 4 D6 6 
Kanonen, vom fhönften Metall gegoffen, unter ihrem Otbeq 


372) 5, White Voy. I. e. p. 235. 





Cochin Chinefifches Reich, Saigun. 1059 


Neben dieſen 40 andere in Bereitſchaft zur Excurſton, bie der 
BVicekoͤnig nach feiner Ruͤckkehr in die Stadt, den Strom aufs ' 
wärts zu machen beabfichtigte; die mehrfien davon mit Schnitz⸗ 
wert und vergoldet, buntgemalt, mit ihrer fröhlichen, thätigen 
Mannſchaft, ein Iebendiges, intereſſantes Echaufpiel darbietend, 
In der Wafferinduftele und dee Marine bat das Volk 
feine Stärke. Ihe Eifen 7) kommt in Metalliumpen von 
Siam, und ift trefflich zur Verarbeitung; dem fpröderen aus 
Tongking weit vorzuziehen. Von der Kanonengießerei, die unter 
dem Biſchof Adran hier in Saigun eingerichtet war, fanden 
nur noch die Ruinen, bei J. Whites Anweſenheit. Das zu 
frühzeitige Dahinfheiden dieſes Wanne wurde noch jetzt be⸗ 
dauert; einer ſeiner alten Diener, ein Eingeborner, ein Chriſt, 
Polonio *), zeigte deſſen einſtige Wohnung, feine Gaͤrten, jege 
in eine Salpeterfabrik verwandelt. Er war ein großer Liebhaber 
der Jagd gewefen. Die von ihm erbaute chriſt liche Kirche 
ftand noch; fein Grabmal im Anameſenſtyl war im Garten an⸗ 
gebracht. In der Nähe befuchte man die größte bee bortigen Pas 
goden 75), bie einzige der Art, die man fahe, ganz verfchieden vom 
den Architecturen der übrigen Stabt; 3. White meint wol ein 
ſehr antikes Werk, grandios, eine Art gothifcher Bau, an Deuidis 
fhe Zeiten mahnend, ein bewundernswerthes Aſyl von Afceten, 
die bier geaubäctig, zwifchen den feltfamflen Gruppen fcheustichee - 
Idole, die coloſſal wie Bieberträume im Zwielicht, die Phantafie 
des Belchauers in Spannung fegen, ihr Leben in Gleichgzuͤltigkelt 
vertraͤumen, während der nahende Möbel durch die vielerlei ces 
‚nen, die Coloffe, die Menge der Idole, die Thuͤrme, die Glocken, 
die Riefentrommeln, die raufhende Muſik, das geheimmnißvolle 
Dunkel in Spannung und Furcht erhalten, feinen Mefpect durch 
Geremonien und Gaben darlegt. Manche andere antike Baus 
werke mögen ſich noch in den aͤlteſten Theilen ber frühen, von 
Fremden unbefucht gebliebenen Etadt, Alt: Saigun, vorfinden, 
die feit der Periode des Buͤrgerkrieges verlaffen ward, deren Pos 
pulatien in bie neue Anlage nad der Dftfeite 7%) herüberzog, 
wo die neuern Bauwerke, Chineſiſche Pagoden, eine chriſtliche 
Kirche Staltänifcher Diiffionare und Andere aufgeführt find. Nach 
den —— des Pater Joſeph ) eine nach J. Whites 


122) J. White Voy. 1. c. p. 236. 14) ebend. p. 272. ?#) ebend, 
p» 275. 20) tbend. P- 236, 233. 27 — P⸗ «304, 233, 340. 
£:5 2 


— 


1060, Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. $. 85. 


Urtheil frommen, geleheten und ſchr mürbigen Prieſters, ber ber: 
tigen Miffton, bem er bie beflen Nachrichten über Stabe, Kir! 
und Volk verdantte, fol Saigum 180,000 Einwehmer hate, 
darunter 10,000 Ehinefen, und in der Provinz Dongmai ck 
nete et 16,000 römifch »athofifche Chriften. Auch bie verlafir: 
Weſtſeite der Stadt mag wieder neues Leben gewonmen habes 
duch GSrabung eines Cenals?%), der 1815 kaum berate 
war, und welcher ben Gaigunfluß mit einem Arme des grefßen 
Kambodja⸗Stromes, de6 Maekhaun, im Welten in Tr: 
bindung fegen folte. Durch ihn war, auf die Strecke von nic: 
vollen 5 Deutfhen Meilen (23 Miles Engl), ine neue Waſ—⸗ 
ferfiraße, welche die Einwohner Kumaigne(?) manner. 
von Gouvernement eröffnrt worden, wahrſcheinlich zicht femcl 
in mercantilifcher Hinſicht, fſondern in militaüriſcher, wel 
es ſtets das Ziel war duch Kriegäflotten und Schiffahrt, auf 
dem Kambodja: Strome, die Domaine des Reiches noch mitt 
weftwärts gegen Siam, und aufwärts gegen Laos un) 
Birma zu erweiteen. Diefee ame, im Suneen bes Laxtı: 
geführte Canal (verfchiedben von dem zum Geſtade bei Petaimat 
eswähnten, f. oben S. 915), war 12 Fuß tief, SO Fuß breit, in 
Zeit von einem Sommer, durch ungeheure Wälder und Moriic 
gezogen, two 26,000 Arbeiter, Tag und Nacht abwechfelnd, auf 
Arbeit commandi:t waren, von denen "7000 unter der Noch und 
Laſt dabei ihren Tod fanden. Aber bad Werk wurde: beent:t, 


und die Canalufer mit Alleen von Palmerias (?), dem Lieblinys: 


baum ber Anamefen, bepflanzt. 

Alter Geſchenke und Bifiten bei bem Gouverneur und 
Vicekoͤnig, aller Verfprechungen von Seiten der Mandarine, 
wie allee Bemühungen von Seiten bed Nordamerikaniſchen Schiffs 
capitain® ungeachtet, gelang es body nicht feine Waaren mit Vortheil 
abzufegen; das Schiff, Francklin, von 260 Tonnen Gehalt, ſollte 
2700 Dollar Zoll zablenz die Saigunſchen Kaufleute, weiche an 
Bord bes Schiffes kamen, fuchten auf alle Weife zu Beträgen, 
und bie Preife der einzuhandelnden Saigunſchen Waaren 
fliegen gleih am folgenden Tage, nachdem bie erſte Rundfrage 
ber Maͤkler Mine zum Beginn des Gelchäftee gemacht Batte, bei 
allen Verkäufern über 50 Procent. Diefe Unzuverlaͤſſigkeit der 
Behörden, ihre grenzenloſe Habfucht, und bie Beträgerei bes Han: 


278) 5, White Voy. I. c. p. 237. : 


Eochin Chineſſches Reich, Saigun.- 1061 


Delsvolkes macht dieſen Ort zu einem der ſchlimmſten Maͤrkte, der 
aus diefen Gründen auch ſchon laͤngſt von Japaneſen und 
SHoltändern verlaſſen worden iſt, und Bei fortdauerndem Sp⸗ 
ſteme von oben auch den juͤngſten Anſtrengungen weder ber 
Sranzofen noch der Briten Gewinn brachte. Wir uͤberlaſ⸗ 
fen den noch übrigen großen Reichthum ber einzelnen Beobach⸗ 
Lungen, die $. White an Ort und Stelle über Saigun, und 
Dortiges Leben und Verkehr mitgetheilt hat, dee fpeciellen eigenen 
Unterfuchung, mit der Bemerkung jedoch, daß feine mehr ins 
Schwarze gehende Zeichnung bed Volks in Saigun, als die feiner 
unmittelbaren Nachfolger, doch wol in Etwas durch "das völlige 
Mislingen ‚feiner dortigen Handelsfp een bedingt 
ten mag. 
Ueber das Binnenland von Saigun ind Kambodja 
weiß weder J. White noch ſein unmittelbarer Nachfolger J. 
Crawfurd das Geringſte mitzutheilen; es iſt eine wahre ‘Terra 
incognita. Auf die einzige Notiz, ben innen Lauf des Sais 
gun:&tromes betreffend, Bat fehon Berghaus 72) aufmerkſam 
gemadht, wenn man mit ihm bie Erzählung de Mendez⸗ 
into von der Belhiffung des Grenzfluſſes zwiſchen Kams 
bodja und Champa auf diefen Saigun beutet, an deſſen Muͤn⸗ 
dung er ben _fonft unbefannten Namen Catfmbaru nennt. 
In demſelben, fagt er, verproviantiete ſich ber Capttäin feines 
Piratenfchiffes (1537) Faria, und erkundigte fich nach Kand und 
Leuten. Dan ſagte ihm, der Strom entſpringe 250 Portugiefiſche 
Meilen (Eramfued fagte man, er komme aus Lass, DO Ras 
gereifen Schiffahrt) weit vom Meere, in dem Aönigeeiche Qul: 
rivan, aus einem See, Pinator genannt, der von hohen GE 
birgen umfchloffen werde. Am Fuße des Gebirges liegen 38 Dir 
fer am See. Das größte Dorf heit Schincalen, und nahe 
dabei fey ein reiches Goldbergwerk, aus dem man jährlich 22 
Millionen (?) Gold ausgrabe. Diefes Bergwerk veranlaſfe flete 
Kriege unter ben 4 Herren von gleichen Geſchlechte, die von Ge 
durts wegen gleiche Anfprüche darauf hatten: Giner berfelben, 
der Radja Hitau, habe in feinem Hofe 600 Bahars Goldſtaub 
An der Erde vergraben. Unfern von einem andern jenen Dörfer, 
Buagutrim genannt, fey eine Diamantgrube, deren Steine 
Eoftbarer wären als die von Java und Saale, u. 0 m. 





19) Berghaus Dem. 1. a. a. O. ©. 71: — oe 


+. 


‚1062. Oft-Afien. Hinter Indien. IE. Abſcha. $. 85. 


Nur von der modernen Gapitale Penom peng, oda C:: 
lompe, wo noch ein Schattentönig von Kambobje, m 
ter einem Cochin Chinefifhen Mandarinen 2), mit Sarnifon, kı 
Namen nach, feinen Sig zu haben, und ohne Einfluß zu vr: 
tiren fcheint, fagt man (ſ. ob. ©. 914), fie liege am Zuſamnn 
fluß zweier Hauptasme ded Maekhaun oder Kambot:i 
firomes, 8 geogr. Meilen (40 Engl. Mile) unterhalb der a: 
öltern Gapitale -Pontaiprer, Kambodja genannt hit: 
ältern Holländern und Portugiefen, bie 16 ‚geogr. Meilen 6 
Engl. Miles) Iandein, alfo um 8 geogr. Meilen höher from: 
In ihren Trümmern liegt und gegenwärtig zu gänzlicher Unktr: 
tenheit berabgefunten ſey. Pe nom peng foll 25.000 bis 300! 
Einwohner baden; Im N.D. derſelben liegen 2 füße Gem, ii 
bei Ueberfhwemmung 3 Klafter Tiefe haben, fie werden Zan in 
Sap, bie SuüßwaſſereSeen (Zunle, d. ti. Fluß) genomii 
bie Malayen geben ihnen den Namen. ri Rama thei;e 
Hama), und fagen, man brauche eine Zagereife um hinüter js 
fhiffen. Bon Pon taipret, oder der antiken Capitale Kam: 
bodjas, Eeauwek bei den Holländern, die ins Jahre 163, ® 
dahin ſchifften, auf welche fich unftreitig jene oben aus ben Ei 
nefifhen Annalen des XIV, Zahrhunderts mitgetheilten Rıdr! 
ten über die Refidenz und Prachtſtadt von Kan phutde kit 
ben (f. oben S. 982) ift neuerlich gar nichts bekannt wort 
Bon einer merkwürdigen Befhiffung des Maekhaun⸗Stie: 
“mes von diefer Capitale aufwärts, bis nah Laos, buch da 
Holländer Gerard van Wuftbof st), im Sabre 1641, fm 
erft weiter unten bei Laos die Rede fepn. Wir erinnern hi 
nur vorläufig an biefed merkwürdige, obwol fuͤr ſich iſolitte 3.0 
sum, wie tief man fchon in früherer Zeit dort in das Inntte Din 
zubeingen bemüht war, ohne daraus etwa große Frucht für de 
Erdkunde gezogen zu haben. Leider fehlen uns daher auch (auf 
dieſem und obigem, f. ob. S. 904, 915) von hier ans bflime 
tere Daten über den Lauf des großen KRambovnja-Htromel 
dbeſſen unserer Lauf?) nad Amber. Kardicus Karte, md 





».°) 5, Orawfürd Journ. I, 0. p. 447. ®*) Fr. Valentya Beschr 
vinge van Cambodja in Opp. T, III. Amsterdam 1726, fol Vas! 
Land der Louweh; Gerard van Wusthof Embassade 1641. fl 
55-58. °2) Carte du Pays de Camhoge drossee et grai 
daprde Dayot et los Rerberches de M. Abel Remusat p. And 

OU. 











Südgeftadeland, Siam. " 1083 


Davotrs Aufnahme, und Ab. Remuſats Chinsfifhen Que 
lenangaben, am beften zu überfehen ift. 


Zweites Rapitel. | 
Das Guüdgeftadeland Hinter⸗Indiens; das Königreich _ 
Siam und die Malayifhe Halbinfel. 


$. 86. 


Indem wir, den oben angegebenen Gründen gemäß (f. oben 
S. 911), aud hier das früher Zerſtreute nach den in der Ge⸗ 
genmwart natürlich und politifh zufammenfallenden Verhältnifs 
fen, der Leitung der jüngften, frifhen Beobachtung folgend, vers 
einigt, unter allgemeinern Geſichtspuncten betrachten koͤn⸗ 
nen, um dann die beſondern und iſolirt flehenden Beobach⸗ 
tungen ber einzelnen Länder und Voͤlkertheile anzufchließen, deren 


wahrer, innerer Zufammenhang uns aud) hier noch fo fremd if, 


wie er ed und auch dort war, fo tft es zuerft das Königreich 
Siam nad feinem jegigen Umfange, welches unfere Aufmerk⸗ 


ſamkeit auf ſich zieht, dem dann bie füblicher gelegenen Anhänge 
und Gliederungen folgen können, ehe: wie weiter zum Weſten 
fortſchreiten. 


Erläuterung 1, | 
Umfang des Königreihs Siam (T'hai). 
ueberſicht. 

Das jetzige Siamefifche Reich beſteht aus vier Haupte ' 
theiten: 1) dem eigentliher Siam von bem Volk der 
Siamefen (die fi felbft. X’Hai nennen) bewohnt; 2) aus 
großen heilen von Laos; 3) beögleihen von Kambodja, 
und 4) aus den tributairen Malayens&taaten eines 
Thelles dee Halbinfel Malacca, beren füdlichere® Enbe von 


. da theils einigem fouverainen Malayenfürften, theits 


den Briten gehört. Diefes Königreich nimmt daher recht eigent- 
lich die Mitte und den größeren Theil des Südgefladelan: 
des der Halbinfel ein. Ä 


Die Außerfien Srenzpuncte des Reichs 82); denn bie 


. 2). J. Crawfurd Journ, I, c. chapt, XV, p. 436 —455. 


x 


1064 Oft«Afien. Hinter: Indien. II. Abfchn. 8. 86, 


genauere Biehung ber Linien, bie unfere Karten 4) nur etwa br: 
pothetiſch anzubeuten vermögen, möchte ihre größere Schwierick 
haben, find im aͤußerſten Eübden, auf dem Weftufer dar R: 
layen Halbinfel, etwa unter 5° M. Br., bei dem Küftenorte Kr: 
rao; auf dem Oſtufer berfelben, nur weniges füdlicher, bei 8: 
Mmamang Die Nordgrenze ift durchaus nur conjectur:. | 
nad 3. Crawfurds Erkundigungen im Sande, wahrfdein:i | 
bis zum 21° N. Br., fo daß ſich dies Ländergebiet über 16 Br:: 
tengrade, oder an 250 geogr. Meilen von Suden nad Nor— 
den innerhalb des Tropengebietes ausdehnt. Die aͤußerſte Wer: 
grenze begreift noch bie 97° 50 D.2. v. Gr, mehrere jener ©: 
fladeinfeln, welche den weſtlichen Küftenfaum der Malayen Hat 
infel, im Norden der Malacca⸗Straße, gegen den Martaban.Ec’f 
hin, begleitenz die Oſt grenze reicht wahrſcheinlich bis an drz 


mittlern Kambodja:Strom, im Norden von Pontaiprei (f. ob. 


©. 1062) etwa unter 105° O2. v. Gr., eine Ausdehnung vca 
W. nad D. von etwa 100 geogr. Meilen. 

Die Arealgröße berechnet Cramfurd auf 11,875 (1900) 
Engl. Miles), Berghaus 85) nach feiner Kattenzeichnung anf 
13,330 Quadtat⸗Meilen; alſo noch etwas groͤßer als der ganze 
Deftreichifche Kaiſerſtaat in Europa, weit bedeutender an 
Umfang als CohinChina (f. ob. ©. 915). Davon konıma 
etwas mehr als die Hälfte auf bie unmittelbaren Landſchaftes 
des Koͤnigreiches Siam (Stam 6383 und Kambobdja 924'; 
namlih 7307 Q.⸗Meilen; von denen etwas über 7000 auf dem 
Continente liegen, das übrige der Infelbildung angehirt. 
Die tributairen Landſchaften von Laos werden auf 4916, 
aber die bei füblihern Malapenſtaaten auf 1107 A-M. 
geſchaͤzt. Die Grenznachdarn ber Siameſen find im RB, 
bie von Pegu (Mon) unter der DBirmanenhertfchaft, im Mord 
find «6 die Birmanen und Chinefen von Yünnan; im 
Oſt die Rambodjen und Cochin Chinefen. 

Der Boden, einige große Alluvial- &oenen tm innerſten 
Golf von Siam, am Strom Menam und gegen bie Kam: 
bodja:©eite hin ausgenommen, iſt wol größtentheild mie Berg: 
landſchaft, wenn auch nur von mäßiger Erhebung erfuͤllt, bie 





222) ſ. Map of the Kingdoms Siam and Cochin China to accom- 
gany the Journal of Mr. Crawfurds Missions Lond. 18285 um 
Berghaus Karte von Dinter » Indien 1852. 26) Berghaus Me: 

. moite Seft I. a. a, D. ©. 88, " 














| Königreich Siam, Üeberficht, 1063 . 


jeboch überall bis zu dem vielfach zereiffenen Geſtade und deffen 
Vorgebirgen vordringt, indeß Ihe nördlicher Zufammenhang mit 
ben oben fchon unter Nr. II: und IV. bezeichneten Meridianges 
dirgen -(f. ob. S. 904— 905), was das Innerſte des Tontinentes 
betrifft, ziemlich unbefannt bleibt. Bis gegen 18° N. Br. hin iſt 
das IV. Siamefifhe Gebirge wenigſtens ale große, primts 
tive Kette an’ mehreren Stellen bis zu 5000 Fuß abfolutet Erhes 
bung erblickt worden, und nach Ausfage der Siamefen foll gang 
Laos ein Gebirgslands) fepn. 

Kiüffe. Sehr viele Heine Küftinflüffe, von denen je 
doch bisher kaum noch die Mündungen, gefchweige ihr innerer 
Lauf, bekannt find, und drei große fchiffbare Ströme a) ber 
Kambodja⸗, b) dee Siam: und c) de Martaban: 
Strom (f. oben ©. 904— 905) , bewäfleen das Siam: Reid). 
Von jenem war fhon andermärts (f. ob. S. 915 u. f.) die Rede; 
Diefer wird mehr im Reiche dee Birmanen zue Sprache kommen, 
weil er bier nur auf einer wenig bekannten, Kleinen Strecke im 
Werten die Grenze bed Siam⸗Reiches berührt. 

Der Menam If der Hauptfirom von Siam; aber nur 
In feinem Mündungslande bekannt; fein mittler und 
oberer Lauf find, wie die feines oͤſtlichen Nachbars, noch faft 
Terra incognita. Die furze Strede von der Mündımg bie zur 
alten Eapitale, bes Reichs, keine 20 geogr. Meilen landein, 
ift er bekannt und überall befchifftz weiter aufwärts” ift feine 
Waſſerader noch unbekannter als die des Nigerſtromes In Gens 
tral= Africa. In der Provinz Yuͤnnan foll er, nach Ausfage 
der Siamefen, unter dem Namen Nankingho entfpringen, 
wie wie fhon oben angemerkt (f. ob. S. 904). Bis Chang: 
mai (Zaenmae, oder Yangoma bei Hamilton) was nad) 
Crawfurds Karte etwa unter 20° 14’ N.Br. in Ober⸗Laos 
liege, iſt ee nur für Beine Canoes fahrbar. Von vielen Zufluͤſ⸗ 
fen waſſerreich wird et nun bei der alten Gapitale Ayutbia 
(nahe 15° N. Br.) ein fchönen, fchiffbarer Etrom, und bfeibt +6 
Dis zu feiner mehrfachen Stromfpaltung und dreifahen Muͤn⸗ 
dung am inneren Golf zwifchen 13 und 14° N. Br. Sein oͤſt⸗ 
licher Mündungsarm ift, von Bangkok an, jedoch der eins 
zige für Europäifche Schiffe fahrbare, und alle Kauffah⸗ 
rer mit mehr als 250 Tonnen Ladung; es iſt dee große Haupt⸗ 


se) J. Crawfurd Journal 1. c. p. 437. SE 


⁊ 


1006 OſtiAſlen. Hinter-Indien. II. Abfchn. $. 86. 


hafen von Siam; bied if der Menam im engen Em 
Der weſtlich ſte Mündungsarm heißt nach einer an da 
Einguß zum Meere liegenden Stadt Mellong. Der mitt: 
lere Mündungsarm zwiſchen beiden, von einer bafelbfk liegen: 
den Stadt Tachin genannt, iſt durch große Zudercrohrpla:: 
tagen. und Zuderfabriten an feinem Ufer, durch bie Hau; 
fabrication des (hönften BaisGalzes an feiner Düntung mi 
welchem bas ganze Königreich verfehen wird, am bekannteſten 
Beide zulegt genannte Seitenmündungen find, wie aut 
ber größere duch Sands und Shlamm:-Barren, nur is 
hoͤhern Maaße gehemmt, fo daß fie bei geringer Waſſertiefe vor 
aue 4 bi6 6 Ellen (cubits, 8 $uß%7) bei Springfluthen, fa:! 
Crawfurd, an einer andern Stelle) keinem beladenen Europaͤtt 
ſchiffe den Uebergang geflatten. Die einheimifhen Schiffe 
paſſiren fie freilih, und finden an allen drei Puncten ihre Ha: 
fenftellen. Diefe ſchwimmen aber auch fhon aus Laos vaa 
Changmai herab, wo ber Strom vom Auguſt und Sep: 
tember an feine MWafferfülle erhält. Dann kommen Flooße mi 
Zimmerholz und Bambus, und Flachboote mit Waaren aller An— 
den Etrom herab. Um Bangkok zu erreichen brauchen fie, fast 
man, 2 Monat Zeit; dann ift bei diefem Emporium der Etrom 
mit diefen Slotten im November und December fa be 
dedt. Der Menam würde, nad der angegebenen Quelle, mit 
feinen Krümmungen nur etwa .200 geogr. Mellen Stroment⸗ 
widelung haben, und daher, wenn aud die Länge des Deutſcha 
Rheins (150 geogr. Meilen) weit übertreffen, doch nur etwa bin 
ſichtlich der Länge unter ben Europdifchen Ötrimen dem Don 
(195 geogr. Meilen) gleich feyn, an Wafferfülle ihn jedech 
weit übertreffen 3 unter den coloffalen Aflatifchen Strömen duͤrfte 
ex, feines nicht geringen Calibers ungeachtet, doch nur etwa zum 
den Strömen vom vierten Range gehören, und feinen beiden 
Nachbarn, dem Maekhaun wie dem Irawadi, ſcheint er fehe 
nachzuſtehen. Sein Name Menan (d. h. Mater aquarum bei 
den Eiamefen)®) iſt nur ein allgemeines Appellativ für großes 
after überhaupt, das ihm — beigelegt wird. Cigene 





sn) J. Crawfurds Report on the Mission to Siam etc. 1822. ih 
Asiat. Journ. Vol, XIX. 1825. p. 12. **) Descriptio Regni 
Siam per Jagocam Schoutenium qui fait in illo Director mercatu- 
rae nomine Societatis Belgicae Indiae Orientalis aliquot annis et 
anno 1636 hasc scripsit Belgico sermone transl. in Lätisum per 





= 


— Siam, Siam⸗Golf, Oft. 1067 


Flußnamen für den ganzen Lauf fehlen; feine einzelnen St 
Sen werden nad den’ anliegenden Städten benannt, wie Fluß 
Bangkok, Fluß Kampeng pet, Fluß Changmai u. a. m. 

Da Golf von Siam mit feinem Geſtadelande if 
eigentlich ber einzige näher bekannt getwordene Theil dieſes Koͤ⸗ 
nigreiches 5 von ihm geht daher zunaͤchſt deſſen geographifche 
Kenntniß aus, und wir gehen von der Befcheeibung feiner er 
on zu der der Wektäße über. 


1. Die Dftäße des Sorfe von Siam) mit ihren 
SInfeln — Kokong, Kotfhang, Zungyat, Achan⸗ 
tabun, Songtaben, Cap Ian Bangpofae, 
Gruppe der Sitfhang. 


An ber füdlihen Grenze bes Siameſen Territoriums liegt 
die Inſel KoKong (Ro, d. h. Jnſel, alſo richtiger Kong), une 
ter 10° 40° N. Br., bewohnt von Siamefen, aber auch noch 
von Chinefen, Kambodjen, Cochin Chineſen. Auf dem . 
continentalen Gegengeſtade wenig Tandeinwärts an einem Küftens 
fluß liegt die Stadt Kong, der Sie des Gouverneurs. 

Die Inſel Kotfhang (auh Kokud, Ko mal und Ko; 
maffi) liege etwas weiter noͤrblich, gleichfalls von einem Ges 
miſch verfhiedener Wölkerfchaften bewohnt. Gegenüber auf der 
Gontinentattüfte liege Diftriet und Stade Tung pai (d. h. 
große Niederung); an diefer Stelle iſt die große Kuͤſten⸗ 
Bette, die zu Kangkao (f. ob. ©. 915) beginnt, unterbrochen, 
und macht einem großen, weiten, ebenen Küftenlande Plag, bie 
nah Chantabun (Tſchan ta bon). Ein breiter Seearm führe 
nah Tung yai hinein, zur Mündung dreier Küftenflüffe, an 
denen 8 Stunden vom Meeresfteande die Stadt Zunyat liegt, 
Auch der Canal zwifchen diefer Stadt und jener vorliegenden 
Juſel iſt ſchiffbar; an feiner Continentalkuͤſte liegt das Staͤdtchen 
Nam chao, wo viele Malayen wohnen. 

Tſchanta'ban, Chantiboona, oder Chantibond bei 
Sintayfon®), Provinz und Stade, folge etwas welter nord⸗ 
waͤrts; bee ——— Plot an der Oftküfle des Golſs; nach 





Bernh. Varenium M. Dr, in deſſ. Desor. Regni Japonine 4 Siam 

8, Cantabrigae 1673. p. 107. 
280) J. Crawfurd Journ, \ op 439 — 441. 0) G, Fihlayson 

Jousn. p 250. * 


\ = 


1068 Oſt-⸗Aſlen. Hintere Indien. IT. Abſchu. $. 86. 
Eiamefenauffage 12 Stunden vom Meere lanbeinwärts gelegen 


an rinem mäßigen gleichnamigen Küftenfluffe. Ende Bes XV. 


Jahrhunderts wurden 2 Jeſuiten durh einen Sturm dakiı 


verſchlagen, wodurch dieſe Küfte befannt wurde. Der Fluß fc: 


— 


nicht tief, aber fein Ufer weit bewaldet ſeyn; viele Waldbaͤche vom 
nahen Gebirge fallen ihm zu. Die Stadt liege, von Hechmar 
ungeben, am Zuß der Gebirgskette, welhe von Shd gear. 
Mord zieht, und dort Siam im W., von Kambodja im D. 
Scheide. Die Holzplanken ber Stadt find mehg gegen die Raub— 
beftien gezogen, als gegen menſchliche Feinde. Tiefe Grafuns 
deckte dort die Wege der. Stade bis zum Commandante: Hau“. 
— Seit biefem Berichte hat fih der Ort ungemein Vergrösert 
wie auh Tungpai unb andere Küftenorte, ducch bie Chine⸗ 
fen Anfiedlungen, welche feitdem bier die Pfefferplan: 
sagen?!) ungemein ausgedehnt haben follen, Chantaban fol 
jährlich an 30,000 bis 40,000 Picul dieſes Gewuͤrzes probucitn, 
Zungpai an 10,000. Auch iſt bier der Hauptſitz des 

migutthandels. Innerhalb bee Lemfing- Spige, und an 
der Mündung des Chantabunsfluffes foll ein gut ge 
ſchuͤzter Hafen fepn, und in 5 bis 6 Faden Tiefe Ankergrund; 
aber die Siamefen laſſen eine Fremden in diefe Däfen 7) ein: 
ſchiffen. Bei Vorüͤberfahrt, unter 12° 39 N. Be. und 101° 30 
DE. v. Gr., an biefer Küfte, fahbe man im Hintergrunde zwii 
giemlih hohe Gebirgsketten emporfleigen, vorn eim breites 
Niederland, eines der bebauteflen und bevöfkerteften im Ki 
aiigreihe Siam; zumal reich an Reis, Pfeffer, Carbas 


momen, Samboge (f. ob. S. 80, 32%). Die Küfte if un: 


gemein offen, und wenig durch vorliegende Infeln geſchuͤtzt; nur 
eine Eleinere aus Granit und Quarzfels, aber unbersohnt, 
bemerkte man bierz ihre Klippen fhwärmen voll Seevoͤgel, 
ihre Waflee vol Deiphinenheerdben, Mollusten und 
Wallrath haltende Seethiere (spermacetic animaleulae). 

Sinlapfon fhildert diefe ganze Provinz Chantaban®) 
als ein befonderd ausgeſtattetes und pittoreekes Gebirgsland, 
das aber als ein Loßgerifiener Theil von Kambodia, und ge: 
genmärtig als öftliche Scenzprovinz von Siam gegen das Go: 





391) J, Crawfurd Journ. 1, c. p. 440, 68. *®) J. Crawfurd Re- 
-port etc. in Journ. Asiat. 1825. Vol. XIX, p. 12, *») G. Fia- 
layson Jourm. L c. p. 39 — 208. - 





— — — — — — — 


N 


Koͤnigreich Siam, Siam-Golf, Chantaban. 1069 


" Hin Ghinefifche Reich, großes Misgeſchick durch Verheerung in dem 


Legten Jahrhundert erlitten, feined Unglüds ungeachtet dennoch: 
besvundsenswürbdig buch feine zeichen Naturgaben fey. _ Mit 
Waͤldern, fruchtbaren Thälern und Ebenen, nur ducch eine Bergs - 
kette von Kambodja gefchieben, ſteht «6 mit deffen Gentrallande 
in maͤchſter Verbindung ; feine guten Hafen und zahlreich‘ vorlies 
genden Infeln fihern und fchügen feine Seeunternchmungen. 
Der durchziehende Fluß ift zwar, wie.bie meiften biefer Küfte, an 
der Mündung durch eine Barre verftopft, giebt aber Barken und 
Ueineren Schiffen den. Einlaf. Sein früherhin bedeutender Han⸗ 
dei ſank erſt ſeitdem die Provinz zu Siam gefchlagen warb 
denn der Directe Verkehr mit dem Auslande iſt feitdem hier 
unterbrochen und Bangkok ale Mittelſtation angewisfen. Die 
SHauptprobucte der Ausfuhe von hier find: Pfeffer, Benzoin, 
Stid:Lac, Elfenbein, Agilaholz, Rhinoceroshorn, 
Rühphäute, Büffel, Wild, auh Gamboge (Bummis 
gutt), Kardamomen, Edelfteine von geringer Qualität. 
Cramfurd”) fagt, es feyen bie ſchoͤnſten rothen unb blauen 
Saphire, die jedoch in keinem hohen Preife ſtehen. Pfeffer 
ift die Hauptcultur, aber ein Monopol des Königs, der allein 
ihn auflauft, das Pikul (f. ob. ©. 948) zu 8 Tical am Det, 
indeß er ihn zu Bangkok fchon zu dem Pirife von 18 Tikal 
für ein Picul abfegt. Eben fo iſt es mit den Kardbamomen 
und bem Agilaholz (f. ob. S. 934); die Kardbamomen, 
nicht ganz fo gut wie die von Kambobja, läßt der König am Ort 
zu 120 bi6 140 Tikal einkaufen, und für das Doppelte in Bang» 
tot, 270 bis 280 auch wol 300 Tikal verhandeln; fie gehen aus⸗ 
ſchließlich nach China. Die Pfefferplantagen find nod großer 
Erweiterungen fühl. Die Wälder llefern das trefflihfie 
Schiffsobauholz; daher hier gute Sciffswerfte, wo viele Junken 
gesimmert werben. In geringer Zerne, landein, von ber Küfte 
liegt ein fehr hoher Berg, Bombafoi, ber von feinem Gipfel, 
einen weiten Meberblid über Tſchantaban und Kambodja 
darbietet. Dem Hafın von Tſchantaban ‚Liegt das Inſelchen 
Banggacha mit gutem Hafen vor; auf ihm fol man fehe 
viele Edelfleine fammeln. Ein anderes Infelhen, Sa mas. 
ra yat, im Oſten des Hafens, ſoll Gold probucieen u. a. Mm. 


.29) J. Cravfard — Observations etc. in Transact. of he A 


Geol Soc. Sec, Serie Vol 1. P. 2. p. 407. 


1070 Offen. Hinter⸗Indien. IT. Abſcha. 8. 


Die Population dieſer Provinz wirb auf eine Min, 
nach andern Ausfagen nur anf die Hälfte angegeben 6 fa) 
KRambodjen, SohinChinefen, Siamefen, abe Eli: 
nefen der Zahl und dem Anſehn nach bei weiten bie men; 
in ihren Händen find die Landesproducte und ber Reichthum; dı 
Chinefe von Geburt war hier, als Erawfurb vorkberfhift, 
Giamefifher Gouverneur diefer Provinz. Auch fagte man, If 
bier 200 bie 300 eingeborne Chriften lebten, die zu dem Kit 
fpeengel des damals dort fungirenden Biſchofs von Metehopeit 
gebörten, eines Franzoſen, Jofepb Florens genannt 
Aboriginer: Bewohner dieſer Küftens Provinz von Tung: 
yai und Tſchantaban find ein eigenthimiicher, wenig belann 
ter Volteſtamm, die Tſchong (Ehong) 2%) genannt, die ff 
wos vor jenen jünger eingedrungenen Gewalthabern in dat is 
nere Bergland zuruͤckgezogen haben mögen, wie es aͤhnliche ie 
eiginerftämme im Dften und Norden, die Tſchampa, bie Bil | 
(ſ. ob. ©. 967), die Lao umb andere gemacht. Sie follen inf 
Beine Witde, fondern ein mehr induſtrioͤſes Voͤlkchen ſeyn, des du 
Dftlüfte des Siam⸗Golfes, zwiſchen 11 bis 12° R.Br, jumalı 
feiner Heimath bat. Nur ein einziger Mann dieſes Gtamnd 
war «6, den Sramwfurd auf einer ber Sichang⸗Inſeln als De 
fucher kennen lernte. Ex fehlen ihm in Schlag und Gef 
dung ganz verfchieben von den Siameſen zu ſeyn. Sein Hai 
war viel weicher, fein Bart ſtaͤrker, fein Gefichtscontour viel pr 
minieender, feine Hautfarbe dunkler. Ob dies aber nur ih, al 
Individuum, oder feinem ganzen Stamme eigen ſey, ließ Mi 
nicht unterfuchen; feine Sprache wich als Driginalſprache gen 
von des der Siameſen ab, und hatte nur viel von den Kambeir 
jen Geborgtes; f. Eramfurbs Vocabular a. a. O. 

Die tiefe Bat Kongkaben %), zunaͤchſt ins Nord ver 
Tſchantaban, ift die einzige, wie es ſcheint, flat bewohnt 
Küftenftelle, nordwärts dis zum weitvorſpringenden Gap Eyantı 
aber fie iſt nicht über B Faden tief und dem S. W. Monſun uk 
geſetzt; doch foll die Meeresſtraße, zwiſchen dem vortiegenden Je 
feihen Koſamet und dem Eontinent, eine gute Hafenſtelle fer, 
fie if} nicht bewohnt, Die ganze Küftenfirede bis dahin iſt ber 
gige Waldwildniß, nur dünn bevölkert, aber mit den herrlichen 





»*+) J. Cramfurd Jonmal . 440, 448, 180 *) del. 
. p Mil. 


Königreich Giam, Siam⸗Golf, Cap Lyant. 1071 
Urmwälbern geſchmuͤckt, die zwar kein Teakholz, als das befte 


Schiffsbauholz enthalten, dagegen aber eine Fülle von andern 


koſtbaren Waldbaͤumen, welche ebenfalls treffliches Bimmerholg, 
Borken, Farbhoͤtzer geben, darunter auch Roſenholz genaunt 


wird (ſ. unten). 


er 


Das Cap Eyant?”) fpeingt, nah Crawfurds Beobadıs 
tung unter 12° 36’ 30" M. Br., um ein bedeutendes (12 Engl. 
Miles) weiter im Norden vor, als es auf den frühern Karten 
angegeben war; es wurde nad 2 guten Chronometern unter 
101° 11’ O. L. v. Gr. beobachtet, alfo 16 Engl. Miles wefttie 
her als es früher geographifch verzeichnet war. Suͤdoſtwaͤrts 
liegt an demfelben ıdee etwas bewohnte Dre Rayung, und [de 
wärts ift diefem Gap, das die Siamefen Sam me fan nen—⸗ 
nen, ein Inſelchen vorgelagert, deſſen Ganalbreite vom Feſtlande 
tief genug iſt, 44 Saden, um mit großen Schiffen undden größe 
ten Junken paffitt zu werden. Die Ufer laͤngs der Durchfahrt 
find fandige Buchten, Hügelboden, nadt ober waldig, unbebaut, 
nur von Fifchern fparfam benugt, die bier aber reiche Beute an 
Schildkroͤteneiern mädhen, die ein Regale für Siam find, 
Im W. und N. W. liegen demfelben Gap ſehr viele Inſelchen 
vor, ducd welche Crawfurds Schiff überall ficher hindurch ſe⸗ 
gein konnte. Einige derſelben find bewohnt, wie z. B. Kokram, 
d. h. die Indigo-⸗Inſel, und Kohan hie bedeutendſten. Sie 
haben. ein Gemenge don Siameſen und Cochin Chinefen 
zu Bewohnern, bie fich in ihren Anfiebiungen bie fo weit gegen 
Welt ausgebreitet haben. Die Küfte des Continentes wird auch 
bier von einem Gemiſch von Siamefen, Kambodjen, 
Cochin Chineſen und Chineſen bewohnt, aber auch don 
einigen wenig bekannten rohern Voͤlkerſtaͤmmen). Ihre 
Erxiſtenz, ‚fo wie das Schickſal der Geſtadeinſeln wird fehe unficher 
gemacht durch häufige Ueberfälle von Matapifchen Piratenflotten, 
die von Tringanu und anbern Malayenkuͤſten nicht ſelten bis 
hierher verſchlagen werden. 

Don hier an nordwaͤrts Liegt an ber Kuͤſte der Ort Bang⸗ 


Po mung, der letzten Stuppe der dortigen Geftabeinfein St; 


tfhang gegenüber, von wo aus man die flach vorliegende Mies 
berung, kaum über der Meeresfläche wahınchmen kann, indeß fern 





»’) J. Crawfurd Journ. 1. c. p. 685 »*) 3. Crawford Journ. 
p. 189, 


1072,-Ofb-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. v. 


im Oſten ber hohe Berg Bang pa ſoe fi im Saunen bei fi: 


des erhebt. , 
Dieſen Namen erhält er jedoch nur nad ber Kuͤſtenſen 
Bang pa foe?), die an ber Mündung bes bedeutenden Bas;: 
pakung⸗Fluſſes liegt, der dort die Niederung dushfänett 
und nicht viel geringer ald bee Menam ſeyn foll; er hat an I: 
ner Barre wenigſtens biefelbe Waſſertiefe, und innerhalb.iui; 
ee 23 bis 3 Faden Fahrwaſſer. 

Die Stade Bang pafoe, eine Holzftodade, eine ri 
verfchanzung gegen die Cochin Chinefen, ſoll einige 1000 Einn:t; 
ner haben; ihre fruchtbare Schlammmiederung fik: 
gen Weft unmittelbar an ben aufgeſchwemmten Deltaboden Ir 
Menam; beides find Koörnkammern, flark bebaut mit Kıit 
und Zuckerrohr. Bon hier foll eine gute Fahrwaſſerſitaße, a 
Lande bis zur Grenzflation Tungpai gehen. Der Fluß Barz 
pa fung entfpringe auf dem IL. Scheidegebirge, wiſtu 
Kambodja und Siam (f. ob. S. 904); von biefer Richtung hr: 
ſcheint dee bequemſte Uebergang deſſelben flatt zu finden, mir 
ſtens hörte Crawfurd, daß dies die Direction ber dir 
resſtraße fey, auf welcher Siam flets von ben Kambobi: 
von der Landfeite her, überfallen worden ſey. Mur wenig ei 
halb der Mündung des Stromes liegt 13 Tagereiſen fen ! 
ihr dee Dit Patzgipu, wo der Gouverneur der Proving Ti 


Reſidenz hat, und nordweſtwaͤrts des Stromes fängt dab st 


flache Uferland des Menam Deltabodens an ſich anszaheetl 
bis zum Hauptſtrom, deffen Anfuhrt wegen Seichtigkeit und Mir 


. gel an Landmarken ſchwierig if. Drei Chinefifche Funken, mil 


Sramfurds Schiff dort glücklichet Weiſe vorfand, bieaten Na 
bei nur 33 Faden Fahrwaſſer im fehe verengten Giom: Gulf I 
Wegweifern. 
Die Sitfhang-Infeln?). Die legte Genppe 
.... Zufelteihen, welche bort gegen das Sunere Dil 
olfe® ihr Ende erreichen, find die fon oben im RB. 14 
Gap Lyant angegebenen Sitfhang. Sie machen dm Vo 
ſchluß derſelben gegen N.W., und find durch ihre Lage vor Dar’ 
Lot, wie duch ihr gutes Waſſer und andere Vortheile eine? 


309) 3. Crawfard Journal L. c. pe 70,441. 30%) I. Onefi 
Journ. p. 187— 183; G. Finlayson Journ. p. 26720; 1° 
ber Singapore Chronicle on Kosi Chang, |. U Asut. Joan 





- Königreih Siam, Ko Sitſchang. 1073 


Beſchiffer de Siam⸗Golfes Intereffante Entbeckung ber Eraw⸗ 
furdſchen Miſſion, welche auch eine Kartenaufnahme!) 
dieſer Inſel⸗Gruppe zu Stande brachte. 

Die beiden größten Inſeln dieſer Gruppe heißen Si— 
tfhang und Kohkam; zwiſchen beiden fand Craw⸗ 
furds Schiff eine gute Hafenflation. Als er das Emporium 
Bangkok ımb bie Mündung des Menam verlieh, um nad) 
Saigun zu fchiffen, war es wegen ber feichten Barre der Menams 
Mündung nothwenbig geweſen, fein Schiff abzutakeln und zu. ers 
Leichtern. Die vorliegende Infelgruppe bot eine gute Station 
Dar, das Schiff wieder in Stand zu fegen, und zugleich feifches 
Waſſer und Holz einzunehmen. Ein Otägiger Aufenthalt auf 
Diefer früherhin fo gut wie unbelannten Infelgeuppe (vom Zten 
bie 14ten Auguft. 1822) machte mit ihrem Naturreichthum ges 
nauer bekannt, und zeigte zuerſt ihre Wichtigkeit für bortige See⸗ 
fahrt. Der zweimonatliche Aufenthalt des Schiffes in der unges 
fundeften Jahreszeit, hatte bie Schiffögefellfchaft der Briten, bie 
aus 130 Perfonen befand, in Bangkok und bee Mündung 
bes Menam, ſo geſchwaͤcht, daß ben Genefenden ein — 
Aufenthalt auf dieſer Station ſehr erwuͤnſcht war; doch wurden 
bier’ zwei der dort Geſtorbenen begraben. 

Nur am Ende des XVII. Jahrhunderts waren dieſe Si⸗ 
tſcha ng⸗Inſeln von dem Britiſchen Schiffe Hamilton (New 
Account. of East India 1688 - 1723 Vol. I.) unter dem Namen 
der Holländer Infeln (Dutch Islands) gmannt; bie 
größte nennt er Amſterdam; waheſcheinlich biente fie ben 
Schiffen der Holländifch » Oftindifchen Compagnie, bie bei S. W. 
Monfun öfter in Siam einliefen,, zum Schugorte, auch wol zus 
weiten für Britiſche Seefahrer; aber ihre Nature wurde dadurch 
nicht näher bekannt. 

Die Stamefen nannten die ganze Gruppe, welche im Anges 
fiht der Mündung des Denam liegt, Ko Sitfhang (Inſel 
Sitfhang). Es find 8 Jnſeln, von denen jedoch nur zwel 
größere die Namen Ko Kam (oder Koſeram) und Sitſchang 
haben, welcher letztere Name von ber größten Einzelinfel auf bie 
ganze Gruppe übertragen iſt. 

Sitſchang, die Hauptinfel, fiege nah Finlapſon unter 
13° 1 N. Br., 105° 65 DE. v. Gr., nur 4 Stunden Fahrt 


t) J. Crawfard Report in‘ Atiat. Journ. 1825. Vol. XIX. ꝑ. 12. 
Mitten Erdtunde IV. Yyı 





4 


N 


107% "Df-tifen Hinter⸗Indien 11. Abfcın. $, 5b, 


fern von der Mündung des Menam gem S. S. O.; der Hıfe 
iſt dort gut und angenehm. Gie ift zwei Stunden (5 Engl. 
lang und eine gute halbe Stunde (13 Engl. M.) breit, fi. 
bergig, bis an das Meer bewaldet, faſt unangebaut. 

Die Infel Ko Kam ift nur ein Viercheil_fo-geoß wie je 
mit einem Dorfe von Siamefifhen Fiſchern bewohnt, bie au: 
Theil der Waldung gelichter und den Boden mit Mais w 
Gemäfe bepflanzt haben. 

Granit und blauer, koͤrniger Kalkſtein zeig f: 
bier und auf Sitſchang längft ber Uferfeite phantaſtiſche 9:: 
lembildung mit Stalactiten. Bei niederen Wafie b 
merkte Sinlapfon weitverbreitete Platten oder Lager groblir 
gen Granits, horizontal gefcichtet, mit fchwargem Glimme: 
und vielem Schiefer, der feiner Anſicht nach die Baſis der St 
ſel bifdet, aber fih kaum uͤber das Niveau der Meeresflähe a 
hebt, und Im Innern der Iufel gar nicht mehr wahrnehmbar ii. 
Diefen Sranitmaffen find Schichten von Quarz und kı 
nigem Kalkſſtein aufgelagert, die in Schichten äfter weils 
been Kaltflein wol öfter Dotomit if, der bie Quarzmafien 39 
gu den hoͤchſten Pils ber Gipfel emporgehoben haben mag. Zi 
PFleinern, umherzerſtreuten Inſelchen und Klippen beſtehen auf 
Quarzfels mit Gängen und negartigen Geflechten von Eifenmn. 
Die Schichtung biefer Bebirgsarten if von D. gegen W. fü 
lend gegen Nord. — 

Die wilde Flora dieſer Inſeln iſt fo reich, und zeigte fü 
fo neu für ben Europäifhen Beobachter, als ber Anbau beit 
ben gering, ja aͤrmlich genannt werden muß, doch ift die Baum 
vegetation keineswegs ausgezeichnet, die Stämme können ni 
zu Diaften verbraucht werden. Auf ber großen Inſel Sitfdar 
find nur Spuren frühen Anbauesz viele der Eleinern Kliyfn 
find nackt; die Zifcher der Infel Ko Kam bauten nur Yant 
(Dioscorea alata), Pfeffer, Bataten (Conrolrulus batats, 

einigen Indigo, Bananen, etwas Mais (Zea mais), Ur 
cum u. a. m, Die ganze Inſelgruppe zeigte keine einzige Pal 
me, obwol in ihrer Nachbarſchaft mehrere Arten deefelben get 
"ben. Die arborescenten Gewächfe herrſchen hier zwar dor, OR 
jeboch große Höhe zu erreichen. Die Tamarinde zeigte fih hir 
häufiger auf den heiden größern Inſeln; da fie jedoch nur al 
älter bebauten Stellen vorkam, fd if es wahrſchelalih 
daß fie hier nicht einheimiſch iR, ſondern einſt hielt 


® 
— 








Königreich Giam, Ko Sitfhan. 1075 


verpflangt wurdez jegt bringt fie nus wenig Frucht. Wegen 
Mangels an Alluviatboden fehlten hier gänzlich die Rhizopho⸗ 
zem (Mangroves), die den Reichthum ber Niederungen bes Ges 
gengeftades ausmachen. Dogegen bemerkte Finlapyſon bhies 
mehrere ſehr höhe Species von Ficus, eine große Zahl von 
Caprifolien, noch zahlseichere Arten Euphorbien, fehe viele 
Arovideen, die fhönften Apocyneen, darunter ungemein eles 
gante Species von Hoya u.a. m. Hierzu viele der Infelgruppe 
eigenthümlihe Asparagus Arten (nach Juſſieu), Eriehende 
SD flangen mit eleganten Kormen, feinen reihen Blättern, hin⸗ 
ouffletternd bis zu den hoͤchſten Gipfeln der Waldbäume, fie wie 
mit einem vegetativen Mantel umbüllend. Eines biefer Sewächfe, 
eine Art Vams (Dioscorea), eine neue Species, zeichnete fich 
durch die gewaltige Größe ihres Wurzelknollen aus, bie eine 
mehlartige Nahrung geben, und bei den Elamefen Paipune 
efhang, b. i. Elephanten⸗Yams, beißen Kine biefer 


Wurzeln wog anderthalb Centner,“ eine andere 350 und eine dritte “ | 


fogar 474 Pfund, fie hatte 92 Fuß im Umfang. Sie find zw 
hart, um zur Nahrung zu dienen, nur ihr Saft wirb genoffen, 
Nur ein Viercheil der Wurzel liegt unter der Erde, das andere 
über derſelben; ihr Stamm, ber-aus biefen unförmlichen Knol⸗ 
len hervorttitt, hat kaum einen halben Zoll Dicke. Diefe Pflanze 
fand man auf 3 bis 4 verfchiebenen der Infelgeuppe, immer auf 
Felsboden, nicht fern vom Meere unter dem Schatten ber Bäume, 
Das Mehl iſt bitterlich, ſonſt geſchmacklos, die Einwohner genies 
Ben es nur zur Zeit dee Roth, wenn ihnen andere Speife fehlt, 
Pulveriſirt nehmen fie von diefer Wurzel gegen Fieberanfälle ein, 
Die gebaute Yams, Dioscorea alata, bemerkte Finlayſon, 
treibe hier auch mit befonderer Energie, und verdränge andere ide 
benachbarte Sewächfez aber einheimifch fey fie nicht; er 
fand fie nirgends einfam, etwa in wilden Zuſtande; ſondern 
‚immer nur gefellig, als Heerdenpflanze, auf Cultur⸗ 
ſtellen; offenbar ift fie alfo auch bier erſt wie die Tamarinde 
eingeführe. 

So abweichend wie bie Flora, iſt auch die Sauna des 
Inſel, nur noch beſchtaͤnkter. Man fand hier nyr eine.große 
Art Ratte,und eine Art Eichhorn einen Zuß lang, milche‘ 
weiß mit ſchwarzen Pfoten, eine neue Species, In großer Menge 
unter den Saͤugethieren; unter den Vögeln, ſchoͤne ſchwarze 
Pelikane, blaue Rohrdommeln, eine weiße — befonder® 


J 


1076 Dfi-Afen. Hinter⸗Indien. IT. Abſcha. $. 86. 


abee Kaubenarten, durch welche die Infelgruppe autgegeiö. 
net iſt. Eine kleine grüne Taube mit gelber Bruſt, Colum!: 


litoralis, die allen jenen Hinterindifchen Hüften gemeinfam if: 
aber dazu noch jene große, weiße Speries If. oben &. 1077) rw: 
ſchwarzem Schwanz und Fluͤgelſpitzen, die fi auf mehrerm jecı 
Seftabeinfeln des Siam Golfes vorfindet, aber nirgends auf der 
Gontinente, und noch eine andere Zaubenart roͤthlich — 
Metallglanz, eine ganz neue Species. 

Eine ſehr fhöne grüne Eidere, zwei merkwürdige Ar 
kandkrabben, vine große Menge neue, feltfam gefaltıa 
Sifcharten und viele andere Beethiere, geben ben Einwehncn 
Nahrung. Fels a uſt ern find hier häufig, auch die efbacer 
Vogelneſter (Salanganes) an ben Meeresſeiten der Klippen. 
aber fie werden nicht regelmäßig gefucht, bleiben daher ange Bir 
gen und haben dann nicht den guten Geſchmack diefer Frifken 
Waare. An Holothurien (Biche de Mer) fehle es bie 
nicht, doc) lohnt ihre Einfammiung hier die Mühe nice Sa 
dem SFifcherbörfchen, von 10 bis 12 Hütten auf der Inſel Ko: 
tam fanden die Briten bei ihrem Beſuche eine ſeht freund» 
liche Aufnahme; aber das Völkchen war ungemein. arm. he 





Hütten waren mit Palmblättern gedeckt, man ſahe mur eicate 


Greiſe, alte Weiber, fehh gealterte Kinder, es fchienen ans poii: 
tiſchen Urfahen Verbannte gu fepn, bie in dieſem Cril in 
wohnen gezwungen waren, biefen Aufenthalt aber keineswegs als 
ein Unglüd für fi anfahen. Bei Befleigung eines Berges auf 
ipeer Jnſel gewann man eine herrlich audgebreitete Ausficht, weit 
Aber das Inſelgeſtade unb das benachbarte Continent. 

Auf dee größten Infel Si tſchang fand man eine gute 
Waſſerquelle am.Ufer, und eine zweite auf einer Anhoͤhe, 
die fih als Bach gegen S. W. zum Meere herabgieft. Eden 
auf biefee Höhe fand man einen Prachidi ober eine Pagotı 
in Thurmform erbaut, mit foliber Grundmauer 30 Fuß bock aufı 
geführt und weiß angeflrihen, aber keine Einwohner. Diefe Pas 
gode liegt auf dem Gübweltende der Inſel, und iſt um 
ſftreitig von Cochin Ehinefen Schiffern, als Landmarke und um 
den Gergöttern Votivs Opfer zu bringen angelegt; bier Ianden 
Me um Waſſer und Holz bei ihten Rüdfahrten von Bangtot 
In ihre Heimath einzunehmen. Schon hatte Crawfurd neun 
Tage auf ber Infel zugebracht, ohne Einwohner bemerkt zu be: 
den, als er zulegt moch tief im Innern deu Inſel einen Suppfch 


\ 








u 


‘ . 


Königreich Siam, Siam-Golf, WeRtüfte. 1077 


| ſahe, dieſem folgend eine idylliſch einſame Culturſtelle, auf allen 
Seiten von Berg und Wald umgeben, wahrnahm. Ein ſieben⸗ 


zigjaͤhriger Greis, ein Chinefe, und feine bejahrte Frau, ein Weib 


| aus Laos, beide ſchon halbblind, bebauten ein paar Ader Land 
‚ mit Mais, Yambs und füßen Batatenz fie fegten dieſe wol 
zum Verkauf am Geflade für vorüberfegeinde Schiffer aus, und 


u 


frifteten fo ihe kuͤmmerliches Leben „ dem Grabe fchon entgegen: 
fterbend. Sie fhienen in ben Tagen ihrer Jugend ein höher ci» 


vilifirtes Leben gewohne getvefen zu ſeyn 3 wahrſcheinlich in hiefe 
Erinſamkeit verwiefene Verbannte. | 


Zu größerer Anfiediung bieten die Sitſchang Infeln/pu 
wenig Fruchtboden und Raum dar; aber ihr geraͤumiger und ge⸗ 
ſchuͤtzter, zwiſchen beiden Hauptinſeln Hegender Hafen, bie bis 
10 Fuß ſteigende Fluth, der Etrom ſuüßen Waſſers, 


der Holzreichthum, die Vorlagerung vor dem Deltalande 


war dv 


Des Menam, wuͤrden fie für ben Zwiſchenhandel zwifchen 
Singapore, Siam und Cochin China, zu einer trefflihen 
commerciellen Station eignen, wie etwa Ormuz, Mas 


cao und andere analoge Geftabepuncte für den Kuͤſtenhandel bes 


- — — wu — — 


Orients es durch gleiche Beguͤnſtigungen geworden find, 


2. Die Weſtküſte,des Golfes von Siamz die Sam» 
roipot, Cap Koi, Tſchampon, Puwmring und 
Bandonz die Inſel Tantalem; Ligor, Talung, 
Sungora, Tana bis zum Cop Patani. 

Die weſtliche Begränzung des Golfs iſt bis jezt 
noch weniger bekannt als die oͤſtliche Mur dadurch, daß bei 
Crawfurds Schiffahrt von Doublirung der Halbinſel Malac⸗ 
cas nah Siam, erſt bei Suͤbweſt Monfun die ganze Breite 
der Chinefifhen See, zwilhen Singapore in der Dice 
tion bir Natuna⸗Inſeln, gegen N.D. bis Pulo Ubi quer durche 
Treuzt, dann aber von Pulo Ubi das Küftengeflabe der To eben 
befchriebenen Oftfeite des Siam Golfs bie zur Menam: Mündung 
befchifft warb (vom Anfang März aus der Malaccaflraße bi6 
zum 22. Mär, wo man an bee Menam » Mündung Anker 
warf *2), wurde dieſes genauer befannt. Indem man aber, von 
Bangkok zurüdkchrend, die Sitfhang Inſeln auffuchte 
(im Aug uſt), um von da nah Saigun und Hus vorzubrins 


10) J. Crawfurd Journ. p. 58, 70. 


ſchon oben befchriebene Seemarke der Schiffer, Palo Ubire 


= 


1078 OftsAflen.: Hinter Indien. IL Abſchu. $. 8. 


gen, war es am gerathenften, durch Beſchiffung ber Wehtih 
des Siam Golfs, ft Tüdmärtse, bis zum CapKwi(kr 
vorzubringen (vom 14. bis 17. Auguft W2) um dann von ba ca 
wie «6 ſchon vor 150 Jahren diefelbe Methode umd Sakıizi 
Der Hollaͤnderſchiffe *) gewefen, ben günfligen SW. Monfuns 
winnend, den Siom Golf quer zu durchſetzen (indd 
gen, vom 17. bi6 zum 19. Auguft), und zum zweiten mais 








Megmeifer zue weiteren Schiffahrt nach Cochin China ff 
zu werden. Hiedurch wurde ein Theil jener Weſtküſte 
Siam Golfs ebenfalls Gegenfland unmittelbarer Obſerrc 
der übrige Theil wurde durch fragmentarifche Ueberliefenung b 
kannt. 

Als man, am 15. Auguft, die Anker an ben Elıfdsn, 
Anfeln gelichter, fegelte man bald im Angeſicht der Wertztı 
bes Siam Golfs gegen Süden, quer über bie innerkr dt 
Die hier keine 10 Meilen (50 Miles Engl.) Breite hat © 
erblickte man, von ber Mitte der Bat aus, zu beiden Ein 
Hochland. Der Anbii warb gegen die Weſtkuͤſte uns 
pittorese, und ſehr verfchieden 5) von dem der Dfkk 
weil im Weften alle vorliegenden Inſeln fehlen, die an Ir t 
kuͤſte unzäplbar find, Ein niederer, weiter Küfengrautt 
mit dichten Waldungen bededit, zieht das Geſtade entlang; do 
find es Palmen in Denge, unter denen die Palmyra Pıls! 
am vorbersfhendfien fich zeigt. 

Auch beffer bewohnt zeige fih das Geſtade, und hintn MB 
felben feigen hohe malerifhe Gebirgsketten emp, cu 
Succeffion von Brrgsügen, die erſt am fernften Henn 
Ende zu finden ſcheinen. Es find Gipfelfpigen, die fi, 9 
Gramfurd, bis zu 3000 Fuß Höhe über die Mertfläht a 
beben, hinter denen das tiefe Langenthal des Danaſſeti⸗ 
Stromes, gegen Süden, zum Meere des Bengalifken Ger! 
zieht. Es find die Sameoipot (d. h. bie dreihundt 
Pite) der Siamefen. Cine ungemein characteriffifge Bu® 
Aung, von N. nach S. ziehend (f. oben &. 905), ſeht dad: 7 
an ihren Abfällen, in unzählige, kuͤhne Kegel aufkamend: F 








#03) J. Crawfurd I, 0. p. 19L—- 194; G: Finlayson p- 0-3 
©) E. Kämpfer Geſchichte und Beſchreibung von Japan, Ist" 
1777. 3, 1.6. 60. °) G. Finlayson Jours. LP 


. 


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N 


Königreich Siam, Siam · Golf, Weſtkäſte 1079 


Steilabfall gegen Dften, und ſanfteren gegen Weſten; alfe 
entgegengeſezt, wie die Malabariſche Ghat Kette in Dekan. 
Einzelne ber hoͤchſten Piks ſcheinen faſt ganz iſolirt zu Hegenz 
Drei berfeiben, bemerkte Sinlayfon, als ganz gefonderte, uns 
gemein fleile Kegel, ganz infelartig Hegenb, auf Meilen durch 
tiefe Luͤcken von ihren Nachbarn gegenfeitig gefchieben, aus flachen, 
wie es ſchien alluvialen, Grunde fich erhebend (ob Vulcan⸗Kegel, 
wie der Veſuvp?). 

Im Norden biefee Kette, erfuhr man, liege weſtwaͤrts 
des Menam: Deltas und feines Weflarmes, Met long, bloß 
niederer Küftenwald, bie zum Orte Difan) wo Reiscultug, 
auf einem ziemlich bevölterten Boden. Durch dieſen ergießen ſich, 
füdwärts von Difan, drei vereinte Arme eines Küfienfluffes 
bei Pripri, das eine gemauerte Feſtung haben fol, zum Gelfz - 
fie heißen Bangta bun noe, Bangta bunyoi und Bang 
Lem. Die Gegend des Mündungslanbes fol ſtark bevölkest ſeyn; 
Palmzuder gehört zu ben Haupterpoͤrten. Dee Fluß iſt zu 
feicht, um für Laftfchiffe fahrbar zu ſeyn. 

Am Süden aber von jener Kuͤſtenkette ber dreibundert 
Piks, fpringt die Epige Kwi oder Kui (anf älteren Landkarten 
Gut, in fpäteren Cin, Pointe Cin bei D’Annille), gegen S.D. 
hervor; an dieſer Stelle konnte man im N.D. die Höhen bes 
Cop Lyant erkennen. Als der deutfche Naturfosfher E. Käme 

pfer?) an biefem Gap, das er ganz richtig Kul nannte, im 
abıe 1690 (den 5. Juni) bei Regenwetter vorkberfchiffte, erine 
nerte Ihn der Anblick dieſes Geſtades an die rauhen Kormen dee 
Schwediſchen Kuͤſtz; er bemerkte fehe viele duͤrre, unbebaute und 
unbewohnte Klippen und Juſeln, wie dort, vor denen ſich bie 
Schiffer in Acht nehmen müffen, was aber hier nicht leicht ſey, 
ba von denfelben in den gewöhnlichen Seekarten bisher noch gar 
Beine Anzeige gemacht fey. Bon hier ward dee SW. Monfun 
zue Ueberfahet des Siam Golfes günftig; in 3 Tagen war hier 
Pulo Ubi bei mäßigen, fletigem Winde und wolligen Himmel 
erreicht, wobei ſtets Beine Schwalben das Schiff umfchwärmten. 
Segen den Süden des Gap Kwi oder Kui feste die Gebirge 
kette fort, fo weit das Auge reicht, aber die directe Beobach⸗ 





°) J. Crawfurd Journal 1. c. — TG. — Berta. 
und Befchreibung — „Sapan, Ausgabe dv. Ehr. W. Dohm Lem 
4. 1777 20.1. ©. . 


1080 Dft-Aflen. Binter-Indien. II. Abſchu. $. 86. 
tung börte hier auf. Es behaͤlt die Oſtkuͤſte den Gebirgächaran 


jedoch mit einigen Unterbrechungen, ſuͤdwaͤrte, bis sum Cap F: 


mania. Das Land wird aber von Gap Kwidos) am, fühmizi 
immer aͤrmlicher bewohnt. Bon dem Cap an aber begin:: 
das Vorkommen ber Zinnerze, welche das Erzgebir;: 
dieſer Malayen Halbinfel daracterifiren. 

In bee großen Einbuche fühwärts des Cap Kwi, eben hi 
wo der ganz nahe Tenaſſerim Strom feine Kuiewentı:. 
nimmt, Hegen bie Beinen. Klfienflädte Bang itam, Duan, 
lat und Muang mai, mit geringen Populationen, gamg va 


©apangebölze (Caesalpinia Sapan) umgeben. Von ber Ik 


tern Stade führt gegen Weſten zum Tenafferim nad Mer 


gui eine Militairſtraße, die vor nun etwa 49 Jahren va 


dem Siam Könige gebaut ward, um dorthin Einfälle gegen der 
Birmanın Reh zu machen. Sie fol gangbar für Troß m! 
Elephanten, felbft fahrbar ſeyn. Die Gebirgepaſſage der Meri 
diankette kann bier alfo nicht mebe ſehr bedeutend fepm, be m.a 
nur 3 Tage zum Ueberfegen derſelben gebraucht. 

Don Muang mai, fübwärss, wird das Gefladeland im 
lich und oͤdez bei Bangtapban iſt eine Golbwaͤſcheren 


und etwas weiter füblih, bei Patyn fol ſtarker Krabbenfan | 


ſeyn; diefe Thiere werben ‚für — eingemacht (ale Biladas;) 
und ausgeführt. 

Zihampon (Champen), an dem Küßenkuffe Zayunz 
heißt der nächfifolgende ganze Diſtrict gegen Süden ; eben fo die 
Stadt, die 4 Tagefahrten aufwärts an dem Fluß liegt, unb Fine, 
gutes Zimmerholz und ſchoͤne Rehre liefert. Zwiſchen Pums 
sing und Bandon wird ber Boden fruchtbarer; es if Alu 
dialland, guter Reis boden. Ein Fluß, ber nur klein, nidt 
über 12 Fuß Waſſertiefe hat, iſt doch ber bedeutendfie an jemem 
Geſtade, bat 2 vorliegende Inſelchen und guten Hafen, ber bei 
jedem Monſun eine fihere Station bietet. An dee mörblichen 
Verzweigung feiner Arme liegt der Ort Efhaiya (Chai ya) 
ber für die Waaren, die auf dem Landwege über den MRalayen 

Iſthmus kommen, zum Stapelort bientz von biefem Bandon 
Fluſſe zum Pongo Fluffe des weſtlichen Gegengeſtades ber 
Malacca Halbinfel, der Infel Junk Ceylon gegenüber, follen 
nus 2 Tagereiſen ſeyaz auf dieſem Querwege werden bie 





2°?) J. Crawfurd Joum. L’ca pı 442 — 446 


| 








Königreich Siam, Siam⸗Golf, Weſtkuͤſte. 1081 


Hrobucte von Junk Ceylon und bie Europäer Waarın quer 
über die Landenge der Halbinfel trandportiet, um vom Bandon 
Hafen oder von ———— (Chaiya) nach Bangkok geſchifft zu 


werden. 


Vom Point Lem ſui, im Norden von Pumring, ſuͤdwaͤrts 
bis Bandon, fol fih um die große, vielinfellige Bucht eine 
weite Niederung, eine wahre Schlamm: Ebene audbreiten, bie 
bei Ebbe die ganze Küfte entlang trodener Strand wird, von 
Krebsarten, Krabben, Seethiere allee Art, Mufcheln, welche ben 
Fiſchern ſtatke Belchäftigung geben. 

Weiter füdwärts liegt die große Geſtade⸗Inſel Kan talem 
der Küfte vor, bie nur durch einen tiefen Canal vom Gontinente 
getsennt wird. Es iſt die erſte bedeutendere an diefer Seite, denn 
ihe norbiwärte liegen nur ein paur kleinere: Ko famui (ober 
Pulo Carnam), meill von Siameſen aud einigen Chis 
nefen von Hainan bewohnt, desen Junken jährlich, 10 bis 16 
an der Zahl, hieher tommen um Baumwolle und Shwalben» 
Neſt er zu holen, und noch unbebeutender die Inſel Kophangan 
(Pulo Sancori der Karten), mit wenig Malayifhen Eins 
wohnen: 

Die Inſel Tantal em (wahrſcheinlich Talung lem, d. h. 
Cap oder Vorland der Provinz Talung) iſt zwar weis 
größer, aber doch weit weniger bebaus als jene, und nur an der 
gebiegigen Südfpige gegen die Kuͤſtenſtadt Sungora hin bes 
wohnt; ihe Nordende iſt Flachland, und der dort vom Gons 
tinent ſcheidende Meerescanal ungemein feicht, ſeibſt bei Fluth⸗ 
zeit niche über 2 bis 3 Fuß tief, ein unnahbares Gebiet ber 
Mos quito Schwärme, 

Im NW. ber Nordſpitze der Tantalem Jnſel liegt ki 
tributaite Malayenſtaat Ligor. Bel den Malayen wirb die das 
ſelbſt erbaute Stamefenfladt Ligor genaunt, Jo mie bee zuges 
hörige Diſtrici. Die Siameſen nennen fie aber Lakon, ber bei 
dieſer Stadt vorüberführende kleine, feichte Fluß heiße Tapang, 
er iſt nice über 3 Fuß tief, der Ligorbacd, fäht ibm zu, Die 
Stadt fol 5000 Einwohner haben, meift Malayen, Chine⸗ 
fen, vorzüglich aber Siameſen. Jährlich fegeln 2 bie I Chi⸗ 
neſiſche Junken nach Ligor, um Baumwolle zu holen, und bie 
fogenannten Malayen zn b. i. Binn, Schwarzer 
Pfeffer, Rohre. 


= 


1082 Oft-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abſcha. $. 86. 


Faltung iſt der Diſtriet, der im Wellen ber großen Jaſel 
Tantalem fi über das Continent ausbreitet; eben fo hei 
der Küftenfluß, der fi dort zum feichten Meerescanal girft. 
Einft war diefe Landfchaft ſtark bevölkert; fie ift noch immer gut 
‘bebaut, aber der Drud brachte bie Einwohner zur Emigration nad 
dee im Eüden benachbarten Inſel Pulo Pinang (Prinz 
Wales Inſel) wo fie unter Europaͤiſchem Schuge ein geſiche⸗ 
tes Eigenthum genießen. Non ber Stadt Talung, bie 6 Io 
gefahrien (?) aufwärts am Talung Fluß liegen fol, quer übt 
Die Halbinfel, find bis nah Zrang an der Weſtküſte, 6 Tage 
zeifen, die man auf Elephanten zurüdiegen kann. 

Sungora bei Malapın, Sungkla bei Siamefen, iſt end 
lich der ſuͤdlichſte Siameſen diſt riet biefer Melapen = Provinz 
weldse den Eiam: Golf umgiebt; «6 iſt auch eine Stade von ei 
niger Bedeutung mis Hafen. Der Difirict iſt arm; nur be 
Gegend der Stadt, um das Eüdende der Tantalem Juſel, 
ſcheint ſtaͤrker bevölkert zu feyn. Drei Junken, die jährlich etme 
in biefen Hafen einlaufen , holen von da Reis, Pfeffer, Sa⸗ 
panholz. 

Tana lilegt nahe dabei, es iſt die letzte Station Siame 
ſcher Anſiedlung auf der Grenze zwiſchen dem eigentlichen 
Koͤnigreich Siam im Norden, und dem daran ſtoßenden 
tributairen Malayen⸗Staaten im Süden, die mit 
Quieda Im Welten, ſuͤdwaͤrts von Trang, und im Dften 

mit bem vorfpringenden Cap Patani, das recht eigentlich bee 
Kambodja Spitze in S. W. gegenüber liegt, beginnen, 


3. Die Stamefifhe Küſte am Weſtgeſtade der Das 
layen Halbinfel von Zungu bis Pakchan. 


Diefe reicht vom 7ten bis zum 11ten Breiten: Parallele, vom 
Küftentertitorium Lungu%) länge der Malaccas Etraße bis 
nah Pakchan auf dem Tenafferim: Gebiet am Martaban Golf; 
eine Küftenftrede von mehe als 50 geogr. Meilen, größtentheils 
eine Wildniß, nur mit wenig bebauten Culturſtellen, aber mit 
einer unzähligen Menge vorliegender. Seflabeinfein. Der beden⸗ 
tendfte Dre ift hiee Ponga (Phunga oder Yunpin) mit 
8000 bi8 4000 Einwohnern, baruntes gegen 1000 Chineſen, die 





80°) J. Crawfurd Journ. p. 445. 





Königreih Slam, Beſtandtheile. 1083 


Gier, wie auf der nahen Küfteninfel, mit den Seifenwerken 
ber Zinnerze vorzüglich beſchaͤftigt find. 

Die größte vorliegende Infel ift Salang, Zunft C evion- 
Der Europder (von Ulung Salang oder Sallan der Ma 
laven, b. h. Borland Ceylon), die auch am beften bevölkert 
und der Sig eines Gouverneurs. iſt, der mit dem Titel eines 
Phda 7 Diſtriete behersfcht, zu denen auch Ponga, Bang⸗ 
meti und amdere, bis zur. Birmanen, jegt Vritifchen Grenze, bi6 
Pakchan gehören. 


4, Die Beftandtheile des Königreihes Siam. 


a). Siam, Thay, im engen Sinn, begreift vorzugsweiſe 
das Thal des Menam Stromes und fin Mündung 
land, feinen Deitaboden. Es erſtreckt fi vom innerſten 
Siam Golf nordwärte (vom 14° bis 18° N.Br.), eine Streck⸗ 
von 60 geogr. Meilen weit, bis zur unbefannten Landfchaft Pie 
tſchay (Pehai), an der Südgreenze gegen Laos, und nimmst 
nah Schaͤtzung über 6000 Quadr. Meilen Areal ein. Gegen 
Dften und Welten, duch die beiden Scheidegehbirge 
Il, des Laos Kambodja, und des IV, Ava⸗Zuges (f. ob. 
©. 903) eingeſchloſſen, ift es das große Laͤngethal des Me⸗ 
nam Strom®, ber jedoch, wenigſtens nach ben Eingebornen, 
auch gegen Dften Hin mit dem Strom von Kambodja in bys 
dographiſcher Verzweigung ſtehen fol, obwol bie Autfas 
gen darüber weder klar noch confequent find. 

As die einzig bekannten Hauptorte bes Landes nennt E rate 
 furd20) Bangkok, die moderne Refidenz, an dem Ufer des 
Menam, Über eine gute Stunde entlang gebaut, in der Breite 
einer halben Stunde, zumal am linken Stromtsufer, wo auch 
der Königepalafl. Man giebt ber Etadt 150,000 Einwohnes, 
obwot fie nach Crawfurd ſchwerlich ein Drittheil biefer Summe 
ſeiner Schägung nad haben mag. Dann bie alte Capitals 
Siams, von-gleihem Umfang, genannt Aputhia (Judja 
bei Kämpfer) die noch immer bie ſtaͤrkſte Population haben 
foll, aber tiefer landein liegt, und im neueren Zeiten unbekaunt 
it: die beften Nachrichten barüber gab E. EN im 





10) J. Crawfurd Journ. 1. e. p. 446, eg ) E. Kampfers 


Geſchichte und Japan, Ausg. v. She. W. Do Lemgo 17771. 4. 
Le 7. se 


4 


1088 Df-Mfien. Hinter-Indien. IL. Abfchn, 686. 


Jahr⸗ 160. Alt Dritte Hauptflabe mie einer Manerumen 
bung wird Piſaluk genannt (zwifchen 18 bie 1 NB. ki 
Crawfurd; zwiſchen 17 bis 18% auf Berghaus Karte. 

b) DasLanbLao oder Laos, von Einwohneen bie ein: Ei: 
meefifche Mundart ſprechen bewohnt, ſcheint gegenwärtig im 
riſſen, und zwifchen Biemanen, Chinefen und Siamefer 
getheilt zu feyn; ber Augenzeugen darüber find nur fehr wenise, 
Die Berichte find fehe verwirrend und unguverläffig,, geſchichtlich 
war dieſes an Culturwechſeln reiche Land ewig den Leberfäl 
len feiner Nachbarn ausgefegt, und fo weit in das Innere ii 
ſchwer zugänglichen Continentes hineingerüdt, daß es geographiſch 
für Europaͤiſche Beobachtung und Erfahrung noch ungemein im 
Dunkel bis heute Legen blieb (f. unten). ECramfurds jüngie 
Bericht 312) bemerkt darüber, es befiche aus Eleinen Staaten 
welche jenen brei politiſchen Grenzmaͤchten gegenwärtig (1522) 
Tribut zahlen, aber vier derfelben find ber Siameſenhettſchaft 
einverleibtz diefe heißen 1) Chang mai, 2) Lan ang, 3) 
Paſak, 4) Luang ohra bang. Ihre Oberhaͤupter find ab 
liche Prinzen. 

Chang mai (Baen mae, Zimai, JSangmai) Ki 
Jangoma früherer Hifkorien iſt eim Königreich, deffen gleich⸗ 
namige Capitale (21° 15° N. Br. n. Crawfurd, 21° R.Be ki 
Berghaus) am Menam liegt, der hier aber fo feicht iR, daß u 
nur noch für Kanoes ſchiffbar if; von Bangkok aus, fast 
man Crawfurd, braudhe man dahin einen Monat Zeit 
- Rang hang (15°4H’N.Br. bei Crawfurd, 18° 30 R. Bi. 
bei Berghaus), bemerkt derfelbe, ſey jedoch ſtets als die Capitalı 
von Lao angefehen worden; fie liege aber am oberen Kam: 
hodia Strom (Maekhaun), der bier die Breite dei Me⸗ 
nam tel Bangkok habe, die Stadt ſey volkreich wie biefe, was 
aber bei dem Mangel einer Mefibenz und eines großen Hanbels fauı 
glaublich iR. Kein Chinefe, fagte man, befuche diefe Stadt al 
Marktort, doch folle fie 3000 Anfiedler aus Dünnan haben 
weiche die Chimefen biefer Provinz Ho ober Yungfeh nennen. 

Außer diefen vier Lach Provinzen, von den beiden ander 
erfuhr Cramfurb nichts, als die Namen, fagte ein Eingebornet 
von Lao ihm noch zu Bangkok, 6 Liege dort noch 15 Tage⸗ 
seifen in NO. von Lang hang, eine fünfte Stadt Siaug 





212) J, Orawfurd Journ. I. c. p- 446. 





.. Königreich Siam, Beftandtheile, Cliua. 1083 


kwang im Laos, von ber biefer jedod nur ein Alphabet und 


einige Proben der dort gebräuchlichen Sprache vorzeigen konnte, 
die Erawfurd fehe roh zu ſeyn fchien. Die Alpbabetiiche Ord⸗ 
nung wich von der Nagari Schrife (des Sanſcrit) ab, . Die 


.Siamefen gähten auf ihren Antheil von Lao.in Summa an 


101 große und Meine Ortichaften. 

e) Vom Königreich Kambodja befist Siam bie geoße 
weſtii he Provinz, im eften bes mittleren Kambodja⸗Stromes, 
weiche Batabang heißt; der bei weiten größere Antheil deſſelben 
ift an Cochin China unterthan (f. ob. ©. 1014, 1037). Die Zerſtuͤl⸗ 
kelung biefe® Kambodjas Reiches beginne mit dem innen Buͤr⸗ 
gerkriege 1809, in welchem ein Theil die Siamefen, bie andere 
Partei die Cochin Chiriefen zu Huͤlfe rief, weiche bie Sieger des 
größeren Theiles von Kambodja blieben. Vom Siamefifhen 
Antheile ſcheint, außer dem oben bei Tfhantabum ze. ſchon 
angegebenen, nur wenig befannt zu feyn. 

.d) Die an Siam tributairen Walayın Staaten. 
beißen, an der Oftküfte der Halbinfel: 1) Patani, 2) Kar 
lantan; 3) Zeingano; an der Weſtküſte, 4) Queda; 
auch machten bie Siameſen felt Jahren Anfprüche. auf. den dor⸗ 
tigen Malayens Staat von Perak, den ˖ſie nach den mit den: 
Briten abgefchloffenen Tractaten jedoch zulegt aufgegeben haben. 
Bon Patani und Queda haben die Siameſen faſt gang bie 
Verwaltung an fich geriſſen; über bie beiden andern Staaten iſt 
ihre Herrſchaft nur nominal. Allg drei Jahre pflegen die Ma⸗! 
lapen Prinzen, als Zeichen ihrer Tributpflichtigkeit, an Siam She: 
un Baum von Gold und Silber zu fchiden, und in Kriegt⸗ 
zeiten ihre Gelder, Provifionen und Truppen einzuftelen. . 


5. Clima. — 
las, ‚biefeß bietet auf einer Ausdehnung von ber. 


| Aequatornaͤhe, von 7° bi6 zu 20° N. Br. allerdings ſehr große 


Wechſel dar; biefe werben durch Verſchiedenartigkeit des Bodens 
noch ſehr geſteigert, durch Bergland, hohe Gebirgsketten mit Ur⸗ 
waldung, durch weite Nieberungen mit Alluvlals Plainen und 
periodifchen Ueberfhmemmungen, wie durch das verfchiebenartige 
Eindsingen der Meere. Crawfurds!) Beobachtungen konn⸗ 


‚sen fi nur über das Clima von Bangkok erſtrecen. Wie 





»°) 3. Crawfard Journal 1. e. p. 416 — 417. 


1088 Dft-Afien Hinter⸗Indien. II. Abſchn. BR 


Im andern Teopenlaͤndern, fo find auch bier, fagt er, mm jnin 
kei Sahreszeiten: die Trockne und Naffe. Im Jahre 1° 
- fingen bie perlodifhen Regen früh im May an; ef litt. 
Mitte des Monats (om in Süffen, bei ſtarkem SW. Mio 
fun, wit Stärmen, Sewittern, Dief it im StamsGoff: 
der font von Stürmen feel iſt, welche andere Theile der Sal; 
ſchen See, zumal durch die Aequinoctialſtuͤrme beumruhigen, di 
einzige Zeit dortiger Stuͤrme, durch welche die Hige dann ung 
mein gemildert wird; doch flieg bei großer Schwuͤle das Therme 
meter dann von 12 bis 4 Uhe, im Schatten bis 28 un X 
Reaum. (95— 96° Fahrh. 31%). Diefer Zuftand dauerte bis Xu, 
fang Juli. Dann wurde der Himmel hell und heiter, bis Mit: 
Auguft, wo Crawfurd den Golf verlief. Im März un 
April war das ſchoͤnſte Wetters das Clima in den fühlen 
Monaten wird als gemäßige und ſehr angewehns gerähmt. Im 
December und Sanuar, den kühlften Monaten, fäht da⸗ 
Therm. bis 18° Reaum. (72° Gabe). Dieb find bie Ertremi 
von Hige und Kälte, 
Die RD. Monfune herrſchen um das Winterfolſtij vu 
De S. W. Monfune, um das Sommerſolſtiz mit den bekann 
sn 6 Wochen variabler Winde während der Wechſel ud it 
Umfegungen. Am türzeften druͤct ſich Kaempfer!5) übe du 
Zeit diefer wechfelnden Winde aus, wenn er fage: man habe jr» 
ſchen Molacca bis Japan, 4 Monat Im Sabre, beftändigen 
Wind aus © und SW, die Südibeftfaifon; dur 
wieder 4 Monat aus NM. und ND., die Nocdoffeilen 
Zwiſchen diefen beiden Perioden verlaufen etwa 2 Monalt 
da der Wind befländig wech ſelt, bis er aus feiner vorigen in 
die gerade entgegengefegte Lage fich begeben, und darin feſtgtſedt 
bat. Hienach richtet ſich die Schiffahrt. Weber bie Urſachen dir 
fre Winde fiche Dove und Kaͤm tz 160) Lehrbuch der Meteorologit. 
Bei ven Siameſen it Ende April und Way, wo bie Regen⸗ 
zeit anfaͤngt, ihr fecheter Monat. Ihe Pfingfifeft, am dien 
Tage befielben, bezeichnet ben Anfang ihres Ackerjahres; bie Bio 
ſtarkung des Regens geht buch ben Tten, zumal 8 bis 9 und 


214) J. Crawfürd_p. 157. 1°) E. Kämpfer Geſch. und Belgien 
dung von Japan. Ausg. d. Dohm Th. I. 4, ©, 59, 
u) : & Färmg Lehrbuch bes Meteorologie Haie 1831. 8 2%. I 
. U, 





4 
! 


| Königreich Siam, Clima. 1087 


10ten Monat. Mitte des 1m Monats, rechnen fie, auf den 
Eintritt vöig trodnen Himmels. Erſt mit dem 10ten Monat . 
fängt dee Menam zu Bangkok an fih zu heben, er ſchwillt 
im 11ten und 12ten bedeutend an; im erſten Monat hat er feine 
größte Höhe, an 13 Fuß, erreicht, und im 2ten beginnt ex zu 
fallen, im Aten, ten und Gten Monate des Jahres (April und 
Mat) ſteht ee am niebeigfien bei Baugkok. Weiter aufwärts 
im oberen Laufe, an des Nordgrenze bed Reiche, fängt der Me⸗ 
nam jedoch weit früher, [hen im 7een Donate, zu fleigen an.. 
Das Clima Bangkoks in der Niederung, bei periobifcher 
Ueberſchwemmung, zwilhen Suͤmpfen und Reisfeldern iſt zwar 
ſehr heiß, doch nicht ungeſund; die Einwohner ſind ſtark, ruͤſtig, 
zumal wenn man ſie mit den Hindus vergleicht. Waͤhrend des 
4 Monatlichen Aufenthaltes im Lande, ſtard dort keiner von den 
130 zur Embaſſade gehörigen Perſonen, ungeachtet fie ſchlecht ge⸗ 
nug 17) logirt waren. Denn ungeachtet des eigens fuͤr die Bri⸗ 
tiſche Geſandtſchaft zugeruͤſteten Hauſes, regnete es nach dem ers 
ſten Monate der naſſen Jahreszeit bald zur allen Enden herein, 
eine Menge Ipfecten und Reptilien wählten es zu ihrem Aſyt, 
felbft Gecko's, ließen darin ihr Gefchrel hören, und Schlan⸗ 
gen!s) big zu 14 Fuß Länge drangen in biefer Periode did zum 
Hünschofe vor, um das Geflügel zu, erbeuten, ä 
‚ Des Frauzoͤſiſche Envope La Loubere!?) der eine längere 
Reihe von Zahren/das dortige Clima prüfen konnte, fagt, daß 
die Siamefen drei Jahreszeiten unterfcheiden: 1) Nanuaou, 
d. h. den Anfang der Kälte (December und Zanyar), - 
ober ihren kurzen Winter; 2) Naron, d. 5. Anfang der Hite 
(Sebruar, März, April) ipe Kleiner Sommer; und 3). 
Maren jai,.d. h. Anfang der Großen Hige (May bis Des ' 
cember) ihr Großer Sommer, in welchem bei ihnen die 
Bäume ſich durch Werdorrung entlauben, ivie in den temperirtem 
Zonen im Winter, Ihr Winter iſt dagegen noch fo warm wie. 
der Sommer. in Frankreih. Der Kleine Sommer iſt Ihe 
Srübting, nur einen Herbſt kennen fie nichts fie koͤnnten einen 
zweimaligen Sommer rechnen, weil die Sonne zweimal ihnen 





17) G. Finlayson Journ. p. 121. - 18) J. Crawford Journ; 
p- 157. **) La Lonböre Envoy& Extraordinaire da Roy aupres 
du Roy de Siam en 1687 — 1688 Description da Royaume de . 
Siam Edit, Paris 1691. 8, T. I, p. 6671, ' 


I 


+ 


1088 OſtAſien. Hinter-Indien. II. Abfche. $. 86. 


im Zenith ſteht. Ohne die merkwürdigen, den fenkrechten Eon: 
nenſtand begleitenden Wolkenſchichten und Regengüffe, bei anhab 
tenden Windetvehen, würde dieſes tropifhe Land ficher fo unie 
wohnbar feyn, wie fi die Alten die Länder in der Aequatorsik 
unbewohnbar, wegen des Sonnmbrandes, dachten. So ala 
berrfhen im Winter, wenn bie Sonne im Süden des Acaus 
tors fleht, die Rocdwinde (RD. Muffon) und Lühlen dx 
Lüfte bi zur Seife; im Sommer bagegen, bei ſenkrechten 
Sonnenſtande, herefhen die Sübwinde (5. Muffon) ver, 
und dann iſt Regenzeit, ein Wechfel der atmosphärtfchen Be 
wegungen, den eben bie Portugiefen in diefen Indiſchen Ge 
waͤſſern mit dem ihnen eigenthümlichen Namen Moncare} 
(motiones aeris) belegt a bee ſeitbem überall im Gebrauch 
gebfieben iſt. 

Diefe Wechfel der. Winde giebt La Loubere gemauer in 
folgender Ordnung >) an. Im März, April, Map kam 
(den Suͤd-Winde in Siam, die fhon im Aprit von heftigen 
Megen begleitet werden. Im Juni beht fi) ber Wind geges 
W. oder S. W. und bie anhaltenden Regen werben am heftig: 
fen: Im Zuli, Auguft und September wirb ber Wind 
ganz Wieſt, die Waſſer übertreten ihre Ufer, bi 10 Stunden 
breit, und über 150 Lieues ſtromaufwaͤrts herrſcht Ueberfchmen: 
mung ini Menam⸗Thale, wie im Nilthale. Hohe Meeresfluthen 
deingen ein. Im Ditober bei R.W. Wind (vom Lande Hoc» 
aflena kommend) hören die Regen erft gänzlich auf, im Decems 
ber herefchte volleer Nord, mit hellem, einem Himmel; dann 
find die Meeresfluthen amt niebelgften, das Flußwaſſet erhaͤlt feine 
voblle Säge wieder, umd behält biefe ſelbſt außerhälb feiner Ruͤn⸗ 
ding auf eine Stunde weit in fonft ſalzigem Golf. Dann iſt 
die Batre des Menamfluſſes für beladene Schiffe niche zu paſſe⸗ 
en. Im Januar wird dee Wind zu O. oder RD., im Fe 
beuar fhon zu &.D.. So vollenden die Winde im Sabre ii 
ven Kreislauf um den ganzen Horizont; gefchieht dieß aber mit 
einemmale in ber Burgen Periode une Tages, fo wuͤthet ein 


Iran; ein Typhon. 


— 
830) Ne La Loubere :ebenb. Des mn et des Martes da Gol- 
- phe de Siam T. Il. p. 80 eto. 





’ 


Koͤnigreich Siam, Bodenbefchaffenheit. 1089 


6. Bodenbeſchaffenheit und Metalte 
Mur ber weite Alluvialboden zu beiden Seitmm des 


Menam⸗Ufers ift von Europaͤern genauer gefehen worden, 


— 


.. ww. 


die nächften Gebirge, die ihn umgeben, beflehen, nah Crawe 
furd 21), aus Kalkſtein, welche bie Capitale mit diefem Baus 
material verfehen. Die vielen Windungn des Menam:Stros 
mes, feine Stromfpaltungen und fein Canalland, bis Yu⸗ 


thia hinauf, zeigen allerdings das geringe Gefälle des dortigen 


Schlammbodens, ber fih tief landein und tief meerwaͤrts 


erſtreckt; denn auch noch mehrere Meilen von ber Strommüns 


dung ift dee Grund des Gotfs weicher Thon, oder Schlamm, 
mit ducchflreichenden Lehmbänten 22). Alles Niederland bes 


ſteht dort aus breiten Schlammfpigen, bie in der naſſen 
Jahreszeit weit und breis überfhwemmt werden; ja bad ganze 


Land hält La Loubere?) erſt, ähnlich dem Nildelta, feit juͤn⸗ 


gerer Zeit für aus dem Strom hervorgetretenes Erdreich, in dem 


— 


man. bis heute auch nicht das geringſte Steinchen, keinen Kieſel 
wahrnehme; deſſen weltläuftige Waldbebeckung noch zur Hälfte 
mit Moraͤſten eifuͤllt iſt, in welchem dis heute eigentlich, außer 
den Waſſern, blos die erhoͤhten Daͤmme in der Naͤhe der Fluß⸗ 
ufer dewohnt find, keineswegs aber die ganzen Ebenen. 

Die benachbarten Gebirge, weiche die Nieberungen umgeben, 
beſtchen unftreitig ans verfchiebenen Gebirgsarten, die aber noch 
unbekannt geblieben finds; nur die Metalle und einige Edel 
feine, die in ihnen vorfommen, werben genanntz aber bie Ans 


‘ gaben darüber find Höchft unvollkommen. 


— — — 


Die Zinnerze, bemerkt ſchon La Loubere?*), wurden 
ſeit ättefter Zeit bei Siameſen gebaut, und lieferten ein weiches, 
reines Zinn (Calin der Portugieſen), das im Handel dort 
ſeht beliebt ſcy; eine Miſchung davon ſey unter dem Namen 
Tutenaque befanntz aber mo es gegraben werde, fagt er nicht. 
Eben fo bemerkt er, fo reich auch der Schmud der Palaͤſte und 
Tempel in Siam an Gold fey, fo wäre doch nirgends ein reis 


ches Soldbergwert im Lande bekannt, und ein Spanier aus Mes 
rico, ein Aventürier, der zu feiner Zeit In großer Gunſt am Hofe 





21) J. Crawfurd Geolog Observ. in Transact. of the Geol. Soe. 
Sec. Ser. Vol. I, P. 2. p. 407. 22) E. Kämpfer Geld. und 
Beſchr. von Japan, Th, 1. S. 19. ®*) La Loubere Descr. du 
—— Lo T. I, p. 62. 3%) ebend. T. I. ch. V. 
P. — * * 


"liter Erdkundt IV. — 331 


1090 HDft«Afen. Hinter-Indien. IT. Abſchn. $. 86. 


zu Siam gewelen, und zwanzig Jahre lang dort mit Beffn::. 
von aufjufindenden Goldgruben getäufcht babe, endete nur > 
Auffindung einer aͤrmlichen Kupfergrube, deren geringes Er, r 
etwas Gold gemiſcht, da6 dort Tom bak genannte Metal ar 
Ein Sranzöfifher Arzt, Dr. Vincent, der auf gleiche Beife :; 
mit Metallſuchen abgab, wollte gwar Gold» und Silber-Ade 
gefunden haben, auch Stahlgruben und andere Koftbarkein 
aber «6 iſt nichts weiter davon bekannt geworden. 

Crawfurds Mittheilungen fallen etwas vollfländiger a: 
Die Zinnerze??°), fagt er, welche fletö die Granitform: 
tiom begleiten, bier viel weiter verbreitet als in ingent © 
nem andern Erdtheile, durch ſchreiten in ihrem Bängen t. 
ganze Malayifhe Halbinfel, vom Cap Romania hi : 
das Eiamefifhe Territorium, unter 19° R,Br., am Siam-G 
bie Tſchampon (ſ. oben S. 1080) und an der Bensaiiiser 
Seite bis Tavoy. In diefer ganzen Strecke fommen fie imer 
als Binnflein vor, ald Dryd in Gängen oder in Seifen: 
merken. Die reichfien find auf ber vorliegenden Inſel Suatı 
Ceylon, wie in Banca unter gleichen Verhaͤltniſſen vert:z: 
mend (f. oben S. 800), obwol minder reichhaltig. Aber and u 
den DOftgeftaden, bi6 zum Cap Kui, von Sungapere im 
Zatung, Ligor, Tſchampon, Maya, bis zum Pereii 
von Zavoy. Das ganze Binnquantum, das zur Capital 
Bangkok geliefert und von ba jährlich exportirt wird, fo 8000) 
Dikui, oder 500 Tonnen betragen. 

God, ſagt Eramfurd, habe wie das Zinn gleiches ges 
guoftifches Vorkommen, obrool nur fparfam zerſtreut, werde ser 
gewonnen zu Bangtaphban (f. oben ©. 1080) und zu Ks 
han. Weil aber hier nur Siamefen bie Erzarbeiter find, die 
induftriöfen Chinefen fih in Siam noch niche 27) wie or. 
derwaͤrts biefer Etzarbeiten bemädhrigt haben, fo finder auch nur 
noch fehr wenig Erzausbeute flattz denn die Siomefen find mist 
Arbeiter. Bon Kupfer führt Geamwfurd nur jenes Datur 
&a Louberes an, daß man es in einem niedern Buge primin 
ver Berge bei Louvo oder Nukburi, unter 15° M.Br., 
Norboft der alten Gopitale Yuthia gefunden; Blei ſchein 





#28) J. Crawfurd Journ. Le. p. 4117 - 419 20) J. Crawhırt 
Report etc. in Asia. Journ. Vol. XIX. p.13. 7) ebemb, 1835 
Vol. XIX. p. 13. 





\ 


Königreich Siam, Metalle. 1091 | 


häufiger vorzuͤommen, weiter norbiodets zu Pakprek, Im N. W. 
von Bangkok, im Gebirgslande eines wilden Lawa⸗Tridus, 
die es bebauten, und jährlih 2000 Pikul davon zum Verlauf 
bringen? eben fo finde fih Zink und Antimonium im Oftm 
des Menam, in einem Diſtrict, ben man Mapri nennt, werde 
aber nicht gebaut. Diefe Metalle würden im Lande gänzlich um: 
bekannt geblieben feyn, wenn nicht einige Gebirgstribus in dieſen 
Producten ihrem Tribut bezahlten. Eifenerze find dagegen 
die am häufigften benugten. La LZoubere nennt su Kam⸗ 
pengpet(?) berühmte Stahlgruben, aus denen das Metall 
zu den beften Waffenſchmieden gewonnen werde, zumal zu den 
Schwerdtern und Dolchen (Crid) der Siameſen; auch Magnets 
ſtein gewinne man in den Gebirgen von Louvo und auf 
Jonfalam (? wol Junk Ceplon); das Eifen zu ſchmelzen 
verfianden die Siameſen doch nur zur Noth, ihre kurze Echmieds 
waare ſey fchlecht, ihre Anker nur von Holz u. dgl. m... Eramz; 
furd verfichert, das Land fey reih an Eifen, aber bie Gruben 
lägen alle 40 bis 60 geogr. Meilen fern von der Capitale; nur 
aus dem wohlfellen Preife fchließe er, auf bie Menge feine Bow 
kommens. Die bedeutendften Eifengsuben follen alle gegen 
Norden nahe zu beiden Wferfeiten des Menam liegenz, man 
nannte fie Piſiluk, La kon fawan, Raheng und Metatß 
An dieſen wird vieles Eiſen nur unvollkommen geſchmolzen, und 
fo in die Capitale verführt, wo es weiter verbreitet wird, zumal 
duch bie finnreihen Proceſſe der Chinefen, die neuerlich in 


der Eifenfabrication 28) fehr weit fortgefchritten find. Seit⸗ FE 


dem find Eifenmwaaren zu wichtigen Erposten für Siam ges 
worden; fie geben zur Malayen-Hatbinfel nah Kamy 
bodja und Cochin China. Ä le 
Auch Edeifteine wurden fchon zu La Roubere’6 Zeit im 
Bande gefammelt, Agathe, Sapphire, Rubine, Diemanı 
ten; aber die Kalapoine, bie ihe Vorkommen wiſſen wollten, 
machten ein Geheimniß aus ihren Fundorten. Nah Cram» 
furd find die Gebirge ber Provinz Tſchantaban, an ber Oſt⸗ 
feite des Siam⸗Golfs, unter 12° M. Br., der einzige Fundort . 
derfeiben (f. oben S. 1067). Man wäfcht fie dort aus dem Al 
Iupialbohen, ber Regale if, gewinnt fie alfo wie im Genion; der 
Kies wird zur Unterfuchung nach der Gapitale gebtacht. Auch 





“ 88y J.-Erawfurd Report etc, in Asiat. Journ, 1825: Vol. XIX. p.13. 
’ | 8332 


J 


1084 Of Aſien. Hinter⸗Indien. TI. Abſcha. |. 8 


sion, Drange und Lichi. Die reichſte Obſternte fütt a 
die Monate April bis Juli. Die Mangufone (Gann 
mangustana) und Durian (G. Duria ) tragen beide in dl 
Britiſchen Befigungen Hindoſtans Beine Frucht; ja ber Bir 
kommt im weiten Oſten in Cochin China gar nit mer :s 
(f. ob. &. 927); und bier, in Siam, giebt er die reihlihk 
Seuche, ſelbſt tief landein bis Korat (zwiſchen 16 bis 17 RE) 
Beide Bäume ſcheinen, nah den Mamen, weiche die Siamea 
‚ ihnen geben, nämlih Malayifde, bei ihnen Zeemdilng 
zu ſeyn, und erſt eingeführte Culturgewächſez ducch mal 
it unbelannt. 

Die Lütchi, welhe Crawfurd (nicht wie oben augıya 
Dimnogarpus, vergl. ob. ©. 927) Scytalia Litchi nenat, die KR 
lichfte Frucht, veift bier Ende März und Anfang Apell, w 
IR aus Sübd⸗China, ihrer wahren Heimath, erſt hler rap 
führt. Da die Altern Autoren des XVII. Jabıhundend fie i 
Siam nicht nennen, fo hält fie Crawfurd erſt für eine jün 
gere Cultur, und meint auch das am Früchten reichſte In 
Siam, mußte fih doch er aus ber Fremde mit mund! 
Frucht baumen bereichern. Gegenmäctig zwar ungemein 1m 
an mannichfaltigen Obflarten, erhielt es doch feine tokfiäke 
aus der Fremde, wie die genannten; eben fo noch burd Ex 
wvaͤer, die Guajava (Psidium pomiferum), welche bei den Eir 
meſen noch Maloko, d. i. die Frucht von Malacta, 
nannt, wid, und die Carica⸗Feige (Carica papaya) aus Bra 
fitien, welche die Malayen, weil fie ihnen von Europäcn je 
geführt ward, die Kloa Farang, d. i. bie Bananı Mi! 
Franken nenne. 

Zuckerrohr iſt dort feit undenklichen Zeiten befaustı amt 
feine Cultur gur Fabrücation des Zuckers iſt ganı Künih 
erſt, zu Anfang des Zahrhunderts3*), eingeführt durh Chin 
fifhe Anfiedier, welche durch halb erzwungene KGerleihung® 
des Gouvernements und den ungemeinen ſchnellen Ertrog ſch 
aufgemuntert wurden. Im Jahre 1822 betrug bie hleſige per 
duction diefes-weißeften und been Zuders in gani St 
dien;.fdon üͤber 8 Millionen Pfund (60,000 Pitul), die Ihe 
Abfog nach China, Weſthindoſtan, Perfien und auf den Eurapl 
[hen Markt fanden, Die vorzüglichflem biefer neuen Zudrpiar 


‚ 





0) G. Finlayson Journal L c. p 167. 


Koͤnigreich Siam, Vegetation 1095 


tagen liegen alle in ber fruchtbaren Niederung des Menam, an 
en Orten: Bampafoi, Lakonchaiſe, Bangkong, Pes 
ein. Das Rohr pflanzt man im Juni, ſchneidet ed im De» 
ember, im Sanuar wird zu Bangkok der Zuder daraus 
foren. Der Siamefen bedient man ſich als Eultivatoren, 
ie Chinefen baden das Gelhäft der Fabrication. Kür 
Induſttie und Fabrication bietet Siam in visler Hinſicht noch ein 
ehr reiches, unbenugte® Terrain bar. 

Der ſchwarze Pfeffer (Piper nigrum) 39), deſſen Siame- 
(here Name Prikſthai «8 wahrfcheinlih macht, daß er im 
Siam auch einheimifch fey, wie auf der Kuͤſte Malabar, 
pisd in Siam unter ganz gleichen Verhältnifien gebaut wie bort 
uf des Weſtkuͤſte Hindoſtans, und auf der Weſtkuͤſte Malaccas, 
. B. auf der Prinz: Wales: Infel. Dee Siamefifhe Dfefs 
er ift jedoch beſſer als der Malapifche, aber auf den fremden 
Märkten ald Waare ungelannt, ausgenommen in China, wo 
e vor allem geſchaͤtt iſt. (DE derſelbe fhon zu Marco Polos 
jeit dort befanne war? f. oben S. 780) Er wird aber nuran 
rer Oſtküſte des Golfs von Siam cultivist, zwiſchen 11 bis 
20 N. Br. u Tſchantaban und Tungpyai (f. ob. &. 1067), 
vo feine Cultur gegenwärtig nur in den Händen der Chinefen 
t. Diefe Provinz produeirt 80 Millionen Pfund (60 bi6 80,000 
Ditut); davon müſſen 3 an den König von Siam abgeliefert 
yerden, der ihn dem Plantagenbefiger ablauft, ihn aber in 
zangkok um doppelten Preis wieder abſetzt. Diefe Pro⸗ 
uction iſt bad-vierfache wie bie auf der Prinz Walce-Inſel, 
ben fo viel als die ganze Production ber Weſtküſte von Su⸗ 
natra, von des man bisher mente, daß fie die Haupt: Pfefs 
erproduction Überboups in Indien bilde. Der Siameſiſche 
Niniſter verfiherte Crawfurd, dem Könige würden jährlich , 
0,000 Pikul dieſes Products als Tribut gelieferız wie dies im 
zerhaͤltniß zu obiger Angabe ſtehen mag, wiffen wir nicht. Die 
anze PDfefferproducerion auf dee Erde übesfhlägt Cra w⸗ 
urd auf 50,062,500 Pfund oder 375,000 Pikul (1 Pikul zu 
334 Pf. Ar. dup.). -Davon liefre Sumatra auf der Weſt⸗ 
ıfte 150,000, auf der Oftküfte 60,000, die Infeln der Mas 
accaftraße 27,000, die Malapifche Haldinſel 28,000, 


38) J. Crawfurd Journ. I. c. p. 423, derf. in f. Report etc. in As, 
Jouin. Vol. XIX. p. 14. 


1096 Oſt.Aſlen. Hinter Indien. IE. Abſcha. $.86. 


"Worneo %0,000, Siam 60,000 und Die Küſte Ratıt:: 
80,000 Pitul, 

Die Kardamomen (Amomum cardamomm?)?F), vı 
ſehr feiner Qualitaͤt, werden in demſelben Pfefferdiſtriet €::-ı 
und dem anliegenden Kambodja gewonnen, wie dies auch auf's 
Küſte Malabart der Fall ik. Ihr Hauptmatkt IB Chir: 
we man das Pikul bee beſten Sotte zu 500 Dollat kaii: 
Aber «6 giebt zweierlei Qualitaͤten, Deren Preis das Pilot x: 
60 bis 300 Tikal varikt. In Siam und Kambodija nennt m:: 
Die zweierlei Specles, von zwei verſchiedenen Pflanzen, Ktu 
wan und iu. Die Wälder, in denen fie wachſen, find Kr: 
und werden bewacht. Alle Verfuche fie Buch Samen nid Z:: 
gopore zu verpflanzen find bisher mislungen. Es iR neä zu 
ausgemadt, ob fie zus oben angegebenen gemeinen Art, ot rı 
ser neuen Species von Amomum angehören. Die Zmdıta's 
Der beften Species, bemerkt Crawfurd, waren weiß, usd tır 
mal größee als die fhönflen Malabariſchen Kardamemen, tı 
- &amın ungemein aromatiſch. Warum bie Ghinefen auf I 
Siameſiſchen Katdamomen einem fo hohen Werih legen, IR :* 
ganz ausgemacht, wol ihtes abfonbeslihen Geſchmacks wegen. da 
es macht, daß fie fo hohen Werth anf ben Matapifchen Kami'r 
auf bie eßdaren Vogelnefter und auf fo manches andere lan. 

Auch Taback, den die Siameſen noch vor kurzen nur il 
Java in Menge eingeführt erhielten, wird gegenmärtiy = 
ganzen Lande in Dinge gebaut, und jwar von vonisiiin 
Guͤte in den Diftsktn Tfhantabau und Bampafoi 7" 
Siamefen nennen Ihn Medicin; fie exportiten gegeniärtig fü: 
davon ſchön fehr viel neh Cochin China und im die Malarer 
länder, 

Die Baumwolle (Kai dee Siamefen), bie ſtraucheriei. 
annuelle, 0b Gossypium herbaceum ober indicum 7 wird don tt 
ſchiedenen Arten cultivirt; doch gedeiht fie nicht innerhalt 
des Niederung, welche der Ueberſchwemmung ausgefep if. An 
geringften iſt ihe Anbau in Ligor, mehr in Pak prek und an 
dein Bergdificieten. Crawfſurd ſade große Ballen davon 20 
Bangkok bringen, und aud nad der Inſel Hainan keinen; 
man fagte jährlich 20,000 Pikul. 

Der Pfeffers und Kardbamomens Difieict liefen auch 4 








| 


»»°) J. Crawfurd Jonrn. 1. 0. p. 423. 


Koͤnigreich Slam, Vegetation. 1097 | 


Summigutt and Gummata In großen Quantitaͤten, wie auch 
das Aloeholz. 

Der Guttibaum (Garcinia cambogia, Rong ber Siame⸗ 
fen, daher Rom der Portugiefen) ?’). Das belannee Pigment 
und die Medicin finder fi wie iu Kambodja (f. ob. &. 932), 
fo auch zwiſchen 10 bis 12° N. Br., in deffen benachbarten Sia⸗ 
meſiſchen Territorien. Daß es aus Rinfchnitten ber Rinde bez 
abtraͤufelt ift oben geſagt; «8 erhärtet fogleich, wie es dann in deu 
Kauf kommt, Die Provinzen, deren eigenthuͤmliches Product «6 
ift, ſammeln jährlich beſtimmte Quantitäten für Kambodja, 
Cochin China und Siam, die fie als Tribut an die breiers 
Lei Höfe abliefeen. Eine andere Art Harz, im Lande Kama 
npan (wie Matayifch Mlingend) genannt, das man im Handet 
öfter mit dem Benzoin⸗Harz verwechfelt bat, foll aus den 
Walddiſtricten weiter nosdwärts bis 20° N.Br., aus Lao, und 
gwar aus den Difiricten Rabeng, Chiangmai und Lakon 
kommen, Nach ber Befchreibung foll der Waldbaum, der es giebt, 
doch verſchieden feyn von dem Waldbaume Styrax Benzoin, der 
in Sumatra unmittelbar unter dem Aequator ben echten 
Beuzoin liefert. Doch fhon Schouten (1636) Kennt Ben- 
jovinum) (daher Benjaminum) als ein Handelsproduet 
Siameé. Der Baum muß häufig ſeyn, die Waare iſt bien 
wohlfeit; früher hielt man dies Harz blos für ein Probuct vom 
Sumatra und Borneo. 

Das Alods Holz (AgilaıHolg, Kiſna der Siamefen, Aqui- 
laria agallocha Roxburgh, f. oben ©. 933) iſt ebenfalis in jenem 
ungemein ergiebigen bergigen Walddiſtrieten von Tſchan⸗ 
sadban, und nordwärts dis 24° N. Be.; aber auch ſuͤdwaͤrts bis 
zum Aequator Hin zu Haus. In Menge und größter Wolle 
kommenhelt findet es fih auf der Dftküfte des Siam⸗Golfs und 
defien Infein, vom Golf von Bangkok, ober bei Bang pa fol 
(13° 80 M. Br.) on füdmwärts. Nur von verfaulten Bäumen 
kommt das mwohlriechende Holz, nad Boden und Glima iſt es von 
ſeht verfchiebenen Qualitäten. Daß es auch in Afam vorfomms“ 
if oben gefagtz aus der Bengatifchen Grenzprovinz Spihet (fs 
oben S. 335) verpflangte des Botaniker Dr. Rorburgh einat 


31) J. Crawfurd Journ. I. .« p: 426. 85) Jod. Scehouten Deser. 
en p 122 ia D. Vareni Desaiptio Regni Japonias et 
un I c, ; 


1098 Oft-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abſcha (86 


sangen Baum dieſer Aquilarin agallocha im den betanikdn Bu 
ten von Calcutta. Er gehört zu Decandr. monogyn. mit rs 
Umbelle als Biäche und einer Steinfrucht. Geltfam if die 9; 
menverdeehung; im Ganferit heißt er „Aguen,” boams med: 
ten die Malayen, das e im I verwandelnd, Agile (dar 
wahrſcheinlich, die Portugisfen Aquila und Aguillaria; Ablaht, 
durch Ueberfegung Bois d’aigle, Eagle Wood). 

Die Wälder?) machen einen großen Reichthum von Gina 
and, der mnflreitig noch vieles Unbefannte verbergen hält Ik 
wol die große Deltaniederung des Menam, in em dl: 
luvialboden, fo weit die Bewäflerung reicht, auch flat nis 
dirt if, fo ergiebt ſich doch aus den gemaueften Erkundigerge 
Daß der größere Theil derſelden neh mie Waldung bereki in 
weiche In den Gebirgslandfchaften uͤberall vochersfht Au € 
Kämpfer ) bei feinem Beſuche in Siam, als ber erſte wile 
ſchaftliche Botaniker jeden kurzen Anhalt feiner Barke kim 
Beſchiffung des Menam⸗Fluſſes benutzte, um die Gewoͤchſe Id 
Landes einzufammeln und zu ſtudiren, wurde er in jenen Un 
wäldern nur zu bäufig in feinen Excurfionen burd die wine 
breiteten Unterwaſſerſetzungen, oder durch die Menge dar wirt 
Tiger zuruͤckgeſchteckt. Nur durch die Waaren, welche in Mi 
Handel kommen, find einige ihrer Producte bekannt, voriaid 
außer deu oben genannten auch noch Farbdholz, Gerbddel 
oder Borken, Roſenholz, Zeakhoiz u. a. m. 

Bon diefen Höljern kam in frühern Zeiten nur ſche wenig I 
Gedrauch der Europäer; die Fardhölzer und Geedſtefſe) 
der Nordamerikaniſchen Wälder waren ben (Gurapdın ob 
gemein, biefe Hinterafiatifcdhen aber nur feit undenküiches 
Zeiten den Chineſen bekannt, und bush fir benugt; zul 
Sapans⸗Holz, ein rother Farbeſtoff, kam abin aaf Gut 
peifhen Macrkt; meuerlich erſt das gelbe Sapan⸗Holi, ım 
durch den Freihafen von Eingapore mit feinem mannitiı 
tigen Verkehr bat man erſt die Schaͤtze der Malaziſcher, 
‚Sundifhen, Siamefifhen Wälder kennen lersen, ie 
Darum nor) jedes der einzelnen Sewaͤchſe, weiche Diefe Gtoffe lie 
(een, jedesmal genau botanifch beftimmen zu können. Dan 


83%) J. Crawford Report eto. in Asiat, Jobrn. Vel. XIX. p- 33. 
" 2) &. Kämpfer Geld. und Beſch. von Japan. Th. I. &. 19. 
*') Singapore Chronicle f. Auiat. Journ. Vol. XIX. p #2 











Königreich Siam, Wälder. 1008 


jehören 4. B. die verfhiedbenen Borken jener an * Fiußuferi 
vuchernden Rbfrzobhoren (Mangrove, ſ. ob. S. 1041, 1047), 
mit deren Einſammlung Malayen und Siameſen an vielen Ge⸗ 
Raden beſchaͤftigt find, um die Chinefifchen Junken "damit su be⸗ 
laden, die fie faft überall als Ballaſt in ihre Heimath sure 
nehmen. " 

Das Sappan Farbholz (Caesalpinia Sappan), Fang) 
ver Siomefen, Faang bei Kämpfer *), die rothe Farbe 
zebend, welche duch ganz China, und vorzüglich auch nach Ja⸗ 
van eingeführt, und auch ſeit kurzem in Europa in Gebrauch 
zekommen, macht einen Haupteeichthum der Walbungen Siams 
1u6. Diefe Wälder bedecken das Land zwiſchen 10 bis 13° N.Brr5 
zie Bäume werten 50 bis 60 Fuß hoch, dis 2 Fuß di, nnd ge 
ven fehe ſtarke Erporten, zu fehr wohlfeiten Preifen, Die geöße 
en SappansWaldungen liegen an der Weftküfte bed 
Sorfs von Siam, um das. Cap Kui, au wol um Bambis 
liſol (z) in Kambodja, ſagt Kämpfer. Auf dem Güdende 
ver Malayen Halbinfel um Singapore, kommt es fhon nicht 
mehr vor, wol aber weiter weftwärts, in ben Waldungen bee 
Birmanen **), wo «6 bis jegt nur ale Brennmateriat dient. 

Auch Hölzer, die gelbe Sarbeftoffe geben find neuerlich 
us Siam und den Malayenländern bekannt geworben }'ffe wer⸗ 
ven aber noch mit dem Amerikaniſchen Setbholze ( Kustic) 
nicht felten verwechſeit. Es find vorzüglich zweierlei Arten: 
Rich der Siamefen, das biß jegt nur allein in Wäldern auf 
dee Küfte Ligor in Menge bekannt If, und auch nad, Jadien 
zusgeführt wird, wo es zu einen bauerhaften, gelben, ſehr biilans 
ten Farbe benupt wird, und das: Holz det Vackbaums (Arto- 
»arpus integrifolius), welcher das allgemeine Färbemateriat in 
Biam, das beliebte Gelb der Prieſtertracht giebtz wahrſcheinlich 
ft es der Staub dieſes gelben Holzes, mit dem die obeen Stänbe 
ser Siameſen duch Aufſtreuen ihrer obne dies gelben Haut eine 
noch erhöhteres Gelb wie durch eine befondere Schminke geben, 
0 daß Ihre Leiber dadurch oft ganz goldfarbig *) erfcheinen, 

Ein anderes Roth Holz (Red Wood im Handel), Wai⸗ 


ss) J. Crawfurd Journ. 1. e. p. 427; be — etc. l. o. p. 133 

he Chronicle {n —8 Journ. XIX. p. 424. *2) G. Kaͤm⸗ 

er Geld. und Beſchr. von. Japan. Th. I. S. 56. **) J. Craw- 

1 Embassy to Ava. London 1829. 4 p. 4451, *°) G. Fin- 
layson Journ. I. c. p. 227. 


1109 Dfl-Aflen. Binter- Indien, II. Ubſchu. 1.86. 


deng der Stameſen, iſt durch die Portugleſen unter dm 9a 
men Poa Roa, &.L.Rofenholz, bekannt geworden, ohmi 
es, nah Crawfurd, ein von dem in Europa fegenanntn 9; | 
ſenholze ganz verfchiedenes Gewaͤchs iſt; aber im botaniſchen E> 
ſteme noch undekannt. Es waͤchſt in Wäldern, zwiſchen dım i 
die 13° N. Br., um Peteiu, Rapung und Bangponm, 
eis ein ſehr hoher Baum; ſein rothgefaͤrbtes, ſeht fiir 
körniges Holz nimmt eine ſehr gute Politur om, und din 
un eingelegter Arbeit, Die Chinefen führen «3 in großer Nuz 
gu Ihren feinen Holzarbeiten nah Hainan und Canton un 

Teatholg (Tectonia grandis), von bderfelben Art wi ü 
Ava, denn bisher ſcheint vom dieſem reichen Genus enſt cine ein 
gige Species befannt-zu ſeyn (grandis oder theca), madt int 





Hauptreichthum der Siamefilden Waldungen auf, ber abn nnd 
nicht, oder doch nur wenig in ben Handel übergegangen if. Tr 
Holz wird an 50 bis 60 Meilen, aus dem Innern di ka⸗ 
des, auf dem Menam, zur Capitale hinabgeflooßt, wo «4 im dt | 
oder Ien Slamefiſchen Monat anlangt, um im Iken zu Jw 
den in Bangkok verarbeitet zu werden, deren ſtets eine An 
auf den dortigen Schiffswerften im Bau begriffen find, Di 
Eingebornen, unterfcheiden jedoch zweierlei Holzarten, eine hin 
tere Art, bie am gefuchteften ift, und im Gebitgtlande ı 
Raheng und Changmai, alfo gegen Laos waͤchſt, und W 
gweite, weichere Art im tiefern Bande zu Pifaluk. Lef 
dem Niedetlande ſelbſt fcheint nach allen Berichten bein Trab 
holz zu wachen, und feine Verbreisungsfphäre”‘) wis! 
füdwärıs des 16° N.Br. zu reichen. Ihre Werbreitung I 
Siam ſcheint gänzlich derjenigen ber trefflichſten Teatmäldt! 
in Ada ober Pegu zu correfpondiren. Wie zum Gciffeben | 
diene es auch den Siameſen vorzüglich zum Aufbau ihre Zu 
pelgebaͤude. | 


8 Thierreich. 
Auch in biefer Hinſicht it Siam noch menig unterfudh 
an Fuͤlle und Mannichfaltigkeit der Thietarten fehle es Mi 
aue find fie winig bekannt, Finlayſon *) entdeckte wäh 
feine dortigen, wiewol nur fehr Burgen Aufenthalte, doch in 0b 





20) I. Crawford Jomem. 19.427. ° 7) 6. Finlayson leen 
p- o ee " ; j 


j 
} 


j . 


Koͤnigtelch Siam, — 110% 


tem Claſſen des Natyrreiches gang neue Species. Die Hauke 
ae nehmen hier Feine fo bedeutende Stelle ein tie anders 


waͤrts. Das Schwein), Mu dei Siamefen, ift mol das am 
allgemeinſten verbreitete, duch das tropifhe Hinter:Afienz wild 
: in den Wäldern in großer Menge, und gezähm.t vorzüglich‘ Durch 
Sorgfalt der Chinefen, ſelbſt überall in den Städten (f. ob. 
. ©. 88). In Bangkok follen deren jeben Morgen 200 Stud 
geſchlachtet werden; der Sped wird von den Chinefen fehe appes 
itlich präparict und auch in bie benachbarten Europaͤiſchen An⸗ 


— — 


fiedlunge ausgefuͤhrt. 

Der Ochs (Bos Taurus) wird wird in den Wäldern Sams 
gejagt, wo fein Fleiſch, Hörner, Häute, einen wichtigen Artikel 
für den Chinefifhen Handel abgeben; aber auch als Zuchtſtier 
diene er, zumal in den nördlichen Probinzen Siam. Das Rind 
vich um Bangkok, das Crawfurd fahe, zeichnete fi buch 
Burze Beine, gebrängten Bau, Mangel on Hoͤrnern aus, war 
von Farbe meift roth oder braun, nie weiß oder grau, wie im 
Hindoſtan, auch fehle ihnen ber Fettbuckel des Hindoſtaniſcheü 
Ochſen. Die Milch iſt unbedeutend und nicht im Gebrauch; nur 
zum Aderbau dienen fie; fie zu fchlachten iſt oͤffentlich wenigſtens 
verboten. ‚Um einen Ochſen zu ſchlachten, mußten bie Briten von 
Crawfurds Cmbaffade, immer erfl ein paar Etunden von dei 
Stadt Bangkok fi %, entfernen, und das Geſchaͤft in der Race 
vornehmen. 

Der Büffel (Bos bubalus), Email ber Siamefen, Farb 
der Malayen, beides gebraͤuchliche Namen, findet ſich weit haͤufi⸗ 


ger in Siam wie jener, er paßt weit beſſer wie jener zur Agri⸗ 


cultur anf Marſch⸗ und Sumpfboden, iſt auch weit Härter, gang 


- Ibtntifh mit den Büffeln der Sundifchen Infelgruppe,. und naͤchſt 


dem Elephant und dem Rhinoceros das größte Susdtupsb 
Dinter: Indiens, 2 
Das Pferd, Ma ber Siamefen, gehört hier nur zu je⸗ 
ner kleinen Race der Klepper (ponies, unter 13 Hand hoch), 
die duch ganz Hinter: Afien verbreitet iſt (f. ob. ©. 937). 
In keinem der Tropenländer oflwärts des Bursemputer, weder 
auf Infeln, noch auf dem Continent wird irgend wo bie große, 
ausgewachſene Race des Pferdes, das im. Weſten Afiens ars 
herrſcht, gefunden; Diefe kleinere Race wird auch im Sie zus 





°0) I, Crawfürd Journ, Le. 5, 805 ° MEER 


TEN 


1107 —X Hiater⸗Indien. IT. Abſcha. $. 86. 


menin ‚gezogen, zahlreicher find fie ſchon in Laos, und uni ve 
benachbarten Chineſiſchen Yännan follen fie zumeilen dahin «: 
En werden. Das geofe Pferd’), welches bie Bat. 
efandefchaft dem König von Siam mitgebracht, erregte ſo ſa 

feine Eindifche Ungedald als größte Rarität, daß es fogleid ; 
landet werben mußte. 

Der Eſel, ber im centralen und weſtlichen, trodum dis 
fo häufig und von fo ſchoͤner Race iR, fehle dieſem Hinten: 
ſchen Waflerlande gänzlich, wie die ediere Race der großen Pie 
"Das Schaaf, Keh der Siamefen, iſt bie fo wenig mi 
in — China (ſ. oben S. 938), weder einheimiſch nech, * 
galitiet. 

"Die Ziege, Pe der Siamefen, foß ſich im einigen ber tx: 
tigen Gebirge wild finden; man ſchießt biefe ihrer Hoͤrner wiln 
die als Medicament verbraucht werden; eine Kleinere Rack it 





» + Biegen bemerkt man wol gezähmt in der Nähe der Tempelbuit 


wo fie aber nicht gefchlachtet werden dürfen; Milch geben ſi 
nur wenig. | 

"Das wichtigfte Hausrhier iſt unſtreitig auch hier der Cie 
phant, Chang’) dee Siamefen, ber in allen Zi 
Siamt vorlommt, au in den Malapiſchen, in Kander: 
und in Lao. Die fhönflen werden zwifchen 14 bis 15° RL 
im N. W. der Capitale, zu Suphan, gefunden. Die meilt! 
äber foll es in 2a085!) geben, wo der Name ber Capital: kı1 
Chang (d. h. zehn Millionen Elephanten) von dem it: 
uerordentlich häufigen Gebrauch der Clephanten als Hanstiir 
ju allen häuslichen Geſchaͤften hergeleitet wird; dies zu bekift: 
gen verficherte ein Laos, den Craw furd deshalb befragt, Wi 
ihnen dienten bie Elephanten felb zum Transport von Britt 
und Brennpolz. Dies iſt beſonders characteriftifch, wenn Mi! 
Bedenkt, daß in dee Gapitale von Siam ihr Gebrauch zu 5 
Prefonen von Rang zeferirt iſt, und daß ber Gührer des 8 
nigselephanten, wenigftend zu E. Kämpfers Zeit (1090) © 
flets ein Yeinz von Gebluͤt ſeyn mußte, dee dem beitten Könis“ 
palaſt der Capitale bewohnte, in welcher zu Jod. EgXsutın! 
Beit (1636), 3000 zahme Clephanten gehalten wınden. Sion 


Loy} Crawfırd Jours; p. 82. se) 5. Crawfard Lo. p 429, % 

— ee 81) Bergi. J. Crawfurd ‚Bimien to AN 
London 1829. 4. *2) ——— 
a Th. I. 8.39. 


Königreich Siam, der Elephant. 1103 


wird als bie wahre Heimath dieſes edeln Thleres angeſehen, Im 
der es den hoͤchſten Grad der Vortrefflichkeit erreicht, obwol die 
von Chittagong an der Grenze Bengalens und von Godin Chins 
dem Biamefifchen fehr nahe fliehen, und nah Finlapſoné 53) ' 
Bemerkung alle von ihm in Siam geſehenen doch Eleiner wa, 
sen als die in Ceylon einheimifhen. Die Siamefifche Zucht war 
einft am Hofe der Groß⸗Moghule in Deipi am meiflen gefuche, 
zumal unter Kaiſer Aurengzeb, wie Bernier berichtete (1663). 
Es fcheint, doß fie von Mergui und Tavoy (an ber Weſtkuͤſte 
der Malapenhalbinfel) damals duch Mohammedaniſche Handels 
leute nach Coromandel übergefchifft wurden, In den obern 
Landſchaften von Laos leben viele Elephantenjaͤger, welche dieſe 
Thiere der Zaͤhne willen erlegen; ihr Geſchaͤft ſoll ſehr muͤh⸗ 
ſam und gefahrvoll ſeyn. Man ſagt jedoch Elfenbein ſey ein 
Regale, doch ſcheint es nicht fireng damit genommen zu wer⸗ 
den, da dieſes jährlich nicht über 400 Pikul Elfenbein ventirt. 
Aud) die Elephantenhäute geben einen flarken Handelsarti⸗ 
tel nad) Ehina ad. Den weißen Elephanten, ber in Co⸗ 
hin China. gänzlich Fremd ift (f. oben ©. 937), nennt ſchon 
od. Schouten (1636) ale eine Merkwuͤrdigkeit in Siam, 
und der Deutfche Gotthardt Arc *), aus Danzig, ber in Dols 
laͤndiſchen Kriegsdienften in Siam ſich aufhielt, und manche fels 
nee dort gemachten Beobachtungen mittheilse, erzählt, daß zwei 
weiße Elephanten im Beſitze des Könige von Siam, im 
Jahre 1568, einen Mebesfall des damals mächtigen Könige vom 
Pegu gegen Siam veranlaßten. Diefer bot naͤmlich, weil bei 
Deguen der weiße Elephant .ein heiliges Thier war, die 
größten Goldfunsmen, um beide zu erhalten, und da fie ihm den⸗ 
noch abgefchlagen wurden, begann er einen Krieg, eroberte die Cas 
pitale von Siam, und nahm mit Gewalt was er nicht in Güte 
böätte erlangen können. Al Crawfurd und Finlapfon im 
Siani waren, und die Audienz beim Könige in Bangkok vors 
über war, gehörte «6 zur Eriquette , die Fremden nun aud zum 
Palaſte der weißen Elephanten zu fühem, bie auch ges 
genwärtig dort einen Werth haben, der nicht mit Geld zu bezah⸗ 
Im, weil fie in allen Buddhiſtiſchen Ländern, wo bie Lehre der 
Seelenwanderung gilt, al6 heilige Thiere, in deren Leiber die 





#2) G. Finlayson Journ. L co. p. 261. **) B. Varenii Desariptio 
.  Begai Siam |, c, Collecta ex als Scriptorib. etc, p. 127. 
x 
J 


1104 Oſt⸗Aſſen. Hinter Indien. IE. Abfchn. |. &6. 


Seelen großer, Töniglicher Vorfahren verwandelt tetben, Int: 
find. Sie müfjen deshalb in -den Wäldern, wo fie ſich zezu 
febe&mal eingefangen werden; fie werden zu Hofe gebradt, u 
erhalten Ihren Stall zunähft dem Koͤnigspalaſte. ran vi: 
zugleich ſich zeigen, fo gilt dies als gutes Omen für das Kcıi: 
haus. Wer das Gluͤck hat, einen ſolchen weißen Koͤnigs-Elerbr⸗ 
ten zu entdecken, echält eine Silberfrone und ein Landgut, !: 
von allen Abgaben befreit Ift, und bie in das britte Glied in ir 
Bamitie forterbt, Im Fahre 1822 woren 6 weiße Elephan 


ten?) im Köntgeflalle, mehr als je vorher, fagte man und I 


man meinte ein fehr erfreuliche® Zeichen. Vier derfeiben wurden tn 
Briten gezeigt, fie waren alle in den Provinzen von Land un 
Kambodija, aber keiner in Siam gefangen, aud die mibi. 


ten Matayenflaaten haben niemals weiße Elephantm gelictl 
Ihre Seltenheit erhöht daher ihren Werth, und mehrm Im 


Ränte begünftigen den Aberglauden, da fie, wie ed ſcheint, au i 
den höhern Urfigen der Gebirgeftämme vorkommen, we mil 
ſcheinlich auch die Stammgeſchlechter der Siameſen zu fügen In 


Geibft in der Volksmeinung hat daher jeder weiße Elephant in 
Verehrung und feinen Königstitel (Rex); der König von Ein 


felbſt reitet nie einen weißen Elephanten, weil derfelbe, wie 2 
einft einem Zefuiten fagte, eine eben fo große Majeflät ſeyn fast 
als der Regent ſelbſt. Feder berfeiben in Bangkok hat Is 
am’ eigenen Stoll, und 10 Wärter zu feiner Bedienung, Ki 
Stoßzaͤhne waren mit Goldringen armirt, und der Kopf mit 
nem Golbnege bedeckt, der Rüden mit einem Sammetliffen. 23 
wurden fie, wie ihre dunkelfarbigen Brüder, von Ihren Vinm 
für Diebereien umb andere Vergehungen beſtraft. Ihre dal 


Hatte den Ton einer hellen Fleiſchfarbe, weil, wie Crawfun | 


fagt, the Haar fo dünn war, daß man die Hant ehfid, I 


Meinfte Hatte nicht über 6 Fuß 6 Bol Höhe, fonft waren die auu 


dern von ganz gewöhnlicher Größe und vollkommen gefand. Dr 
Finlayfon fagt aber ausdrüdtich, daß es Albinos oder 8% 
kerlacken find, die alle ſehr gut genährt waren, aber ſeht fe 
nes, ſparſames, gelbliches Haar hatten, eine biäher unbekannt 
Varietaͤt der gewoͤhnlichen Species, bie. fonf identifd 
IR mit der in Dindoflan und Geyfon, Er nennt ihn Ki 
AlbinosElephanten 5); in Ava traf ihn Cramfurd I} 





+) 3. Crawfurd Le. p.0. 9) G. Finlayson Lo p.151, 861,3 








- Roͤnigreich Siam, Albino's. 1105 


ter wieder an. Doch bemerkte Flnlayſon, außer der Kleinhelt 
der Siamefifchen Elephanten, daB auch ihre Stoßzaͤhne kleiner 
und weniger gekruͤmmt feyen, als die dee Hinduftanifchen; the 
wirklicher Gebrauh in Bangkok fey, außer zum Hofſtaate, ges 
ring, weil e8 überhaupt dafelbft nur wenig gangbare Wege giebt, 
und das Waſſerleben vorherefchend ifl. Unter den weißen Ele 
phanten war aud ein am Vordertheil gefledkter, mit erb⸗ 
fengroßen, ſchwarzen Flecken; unter den dunkeln Elephanten 
fahe man viele, bie theilmeife um Kopf und Ruͤſſel weiß gefleckt 
waren. Der größte unter allen 8 Fuß hoch, war wie die weißen 
ebenfalls in den Wäldern von Laos gefangen. In den Ele⸗ 
pharitenflällen hielt man au Albino Affen”), die man in 
den Wäldern, 10 Zagrreifen am Menam⸗Fluſſe aufwärts In bes 
Gegend von Pifitut gefangen hatte, und von benen man 
meinte, ihr Zufammenteben mit den Elephanten halte von dieſen 
die Krankheiten ab. Auch unter den Büffeln bemerkte Fin» 
Layfon in Siam ſehr häufig Albinos, die dann ſtets größer 
waren als der ſchwarze Büffelz da es auch unter dem Rothwilb 
hier viele Albinos giebt, fo fcheint bie Leucaethiopifche Aus⸗ 
artung®) Hier Bei fo vielen großen Mammalien auf eine merk 
wuͤrdige Weiſe vorhersfchend geworden zu feyn, zwar in einer geo» 
graphifch fehr limitirten Sphäre, aber innerhalb derfeiben in ſehr 
vielen Individuen durch die verfhiedenften Thierclaffen. Ob auch 
beim Menſchen? davon wurde hier Bein Beifpiel befannt. Dom 
Glima, meint Sinlayfon, müffe doch wol biefe Erſcheinung bes | 
dingt feyn. - 

Affen giebt «8 in Elam außerdem fehe viele, nur find fie 
bisher wenig. bekannt geworben. Als E. Kämpfer den Menam⸗ 
Strom bie zur Gapitale Juthia (1690) befchiffte, bemerkte er, 
daß fi) in dem Uferwäldeen eine unglaublide Dienge Affen 
zeige, ſchwaͤrzliche, fage ee, fehr große, auch Bleine, graue Ars 
ten, die auf Bäumen, wie auf dem trocknen Ufer, ganz müßig 
fpagieren zu gehen feheinen, Abends aber die höchften Bäume ers 
Hettern, und deren Wipfel wie anderwärts bie Naben in Klum⸗ 
pen befegen, wobei die Weibchen zumal ihre ungen ſtets feſtge 
druͤckt an bie Brüfte bewahren. Ihre Lieblingsnahrung iſt bier 
der Tiaakbaum, d. i. der große Milchbaum (2), deffen herbe 
Fruͤchte zufammengedrüdten Aepfeln gleichen, — Weder dieſes 





57) J. Crawfurd Journ. p. 9. **) G. Finlayson Journ, p. 262. 
Mittee Erdkunde IV. - Aaaa 


3106 Dft-Afien. Hinter-Indien. IE. Abſcha. $. 86. 


Baumes noch der Affen wird von den jänafken Refatas 
waͤhnt, wahrſcheinlich weil fie zu nahe am Meerecufer geblube 
und nicht tief genug In das Binnentand vorgebrungen fl. 

Das einhörnige Nashorn (Rhinoceros indie), 8: 
der Siamefen, iſt naͤchſt dem Elephanten das größte Kant 
das ſtark gejagt wird; obmol «6 immer einzeln lebt, nie in de 
den gefunden wird wie ber Elephant, fo rechnet man bed d 
jährlih an 1000 Stuhl Höıner als Waare außer Landes 1. 
China gehen, die dort zu officinelen Zwecken verbeaudt, m 
wenn fie gewiſſe Zeichen haben zu einem fehr hohen Peeife geiz 
gert werden. Die Rhpinoceroshaut hat ſtets dem doppelten Bat 
jeder andern. 

Sonft machen Tiger: und ſchwarz gefledte Reopardır 
Häute 359%) ebenfalld einen wichtigen Ausfuhrartitei nad Chu 
aus; auch ihre Knochen, die dort zu Medicin dienen, ad 
mehr aber zermalmt zum Dünger In den Umgebungen ber grie 
Städte für die durch vielfältigen Anbau erſchoͤpften Zum be 
nutzt zu werben pflegen, um bdiefen neue Kräfte zu geben. Ti! 
Naubthiere machen bier uͤberall das Eindringen in bie Bil 
gefahrvoll; In den Nächten ruͤcken fie nicht ſelten bit in bie für 
lichen Wohnungen U) der Menſchen vor. Sie find nebſt Eds 





‚gen in den Häufern bie gefährlichfien Gäfte Aug Dir 


(früher Ursus malayanus) wie die in Borneo und ber Melım 
Halbinfel werben hier genannt; aber die Art, welche Gramfur! 
dort kennen lernte, wurde vom Dr. Horfefietd für ein nd 
Genus angefprohen und mit dem Namen Helarctos beirgt. Ist 
Hundes) fol «6 in den Siameſiſchen Wäldern im mildı! 
Buftande geben, wo man fie nicht felten im ber Art, wie geh 
oder Schakal, heulen hört. Der Haushund ift in Giam Hi 
tich, fpigohrig, groß, nur dreifarbig, ſchwarz, braun und weil, © 
iſt bäufig in Dörfern und Städten, aber eigentlich wicht geuhn 
fondern wie in den Ländern der Mohammedaner frei umher Breifee! 
gefellig, den Menfchen begleitend, ohne von ihm geſtoͤrt oder ga 
gu werden. Der Wolf, der Schakal, die Hyäne,der Fuchs ſu 
bisher noch nicht in Slam gefehen worden, und fcheinen wol hier, vi 
in allen Ländern zwiſchen Atakan und China, Fremdling eza fg! 


83°) J. Cräwfurd Journal 1. c. p. 428; beſſ. Report etc. in ken 
ee — Nee ai es 6, Fnlayan Journ. I. — 

0 “ von Japan L 
°') 3. Crawiurd Jourmal E e. p. 428. * 





m — * 


Koͤnigreich Siam, Voͤgel. 1107 


Die gemeine Katze iſt jedoch hier wild und gezaͤhmt; auch 
wilde Arten giebt es, wie die in Sumatra, 5' Fuß lang, die 
GSramfurb in die Menagerie des Oftindia Houfe nad Calcutta 


, brachte, wo fit als Felis nubilus und Fel. macroselis befchrieben 
‚ murbe. Der Hafe, das Kaninchen find gänzlih in Siam 


unbelannt ; dagegen giebt es hier mehrere Viverren, und die Vi- 
verra civetta wird von den Slamefen wegen bed Moſchus gezo⸗ 
gen. Es giebt fehr viele Eichhörner, verfchiedene Arten, an des 


‚ nen nur wenig Länder, hinſichtlich dee Arten fo reich fein mögen, 
‚ wie Hinterindien. Von Stachelſchweinen nennt Crawfurd nur 


414 a =» . wa u " ” sa 


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Wr 


Hystrix cristata, unter den zahnlofen Thieren eine Manis penta- 


‘ dactyla, deren Haut nad) China zu officinellem Verbrauch geht, 


und fehe wenige Nager, wie eine neue Species der gemeinen 
Hausmaus aͤhnlich, neue Ratten, dem Mus decumanus nahe 
fichend u. a.m., eine Flußotter Lutra leptonyx nah Horfes 
field, deren Haut nad) China geht u.a. m. Unter den Wieders 
kaͤuern einige Arten Hirſche und Rehe (Cervus elaphus? Cerv. 
Muntjac, und das Eleine Moſchushirſchchen .(Moschus pyg- 
maeus, und Javanicus), die wenigften® zur Zeit bes blühenden 
Hollaͤnderhandels mit Japan eine ſehr wichtige Ausfuhr. an 
Hirſchhaͤuten darboten, und groͤßtentheils nebſt dem Sarbes 
holz nad) Japan transportirt wurden. Gänzlih unbekannt iſt 
der Indifhe Axis Hirſch, fo wie die Antelopenarten, des 
weſtlichen mehr trodnen Aſiens. 

Voͤgel 6). An diefen fcheint Siam beſonders reich zu ſeyn; 
die Oeconomie und Vertheilung dieſer Thiere bietet hier manches 
Eigenthuͤmliche dar, und dürfte noch zu mancher wichtigen Ent⸗ 
bedung führen. An Raubvögeln fieht man bier weiße Adler, 
Habichte in Menge (Milvus) und Geier wie bie in Bengalen, 
bie hier ihren Horft auf den Siameſiſchen Tempeln haben und 
an allen Begräbnißftätten auf ihre Beute lauern. 

Die Krähen (Corius corone, und noch eine zweite Art) 


ſind hier In gewaltigen Schaaten, und zumal in den Umgebuns 


gen der Städte wie anderwaͤrts ungemein dreiſt und ungeſtoͤrt. 
Der Eiſt er erwähnt aber Crawfurd bier nicht, die in Cochin 
China fo Häufig fich zeigte (f. oben &. 989). 
Dee Hausfpag (Fringilla domestica) hat fich bis hieher 
in gleicher Menge verbreitet, ex fey dert noch familiairer wie in 





2) J. Crawfuid Journ. L c. p. 432 — 434, 
Aaaa2 


N 


1108 Oft:Afien. Hinter-Indien. II. Abſchn. $. 6. 


Europa, meint Crawfurd, mit ben Menſchen ; aber weite fi} 
wärts von Siam gehe feine Verbreitung gegen den Aedu: 
tor nicht, und vielleicht nur einzelne Kocalitäten, wo m biz 
Europäer bingebracht worden, wären von da auszunchmen. 

Die Salangane oder Schwalbe, welche bie efbatt: 
Vogelneſter baut (Hirundo esculenta), von ber ſchon oben !. 
NRede war (f. oben S. 934, 1029, 1076) findet fih aud hir 
wie an ber Oſt kuͤſte von Cochin China, und an der Dftif: 
von Bengchen, fo aud an ber Weſtküͤſte der Siam Bay (c 
Oſtkuͤſte der Maloyiſchen Halbinſel), alſo an dreletlei ce: 
tinentalen Oſtkuͤſten, aber an der oͤſtlichen Seite ber Eir 
Bai wird fie nicht gefunden. Dieß fällt Cramfurd’?) m: 
Recht als ein’ fonderbares, raͤthſelhaftes Factum binfigtiin da 
geographiſchen Vertheilung auf; beſtaͤtigt ſich aber von Ein 
bolds in Japan gemachte Entdeckung, daß dieſe eßbaren der 

‚ gelnefter nur aus einer befonderen Art eines mehlreiden 
Fucus ober Rang, gebaut werben können: fo iſt es wol ufir 
"bar, daß der marinen Vertheilung diefed Zucus had 
nur die Sphäre der Verbreitung ‘diefer Shpmaltin 
art oder ihres Nefterbaues anfcließen wirb. 

Siam iſt das Land der hühnerartigen Voͤgel und de 
Waſſervoͤgel. Der gemeine Haushahn (Phasianas lie) 
Ki der Siamefen, lebt bier wild in den Wäldern wie in Ce 
hin China (f. oben ©. 938), iſt aber auch gegähmt cin Kit 
thum des dortigen Haushalte. Eben fo mehrere Phaſaner 
arten, eine neue Species: die Crawfurd (fire backed Pi* 
sant) Phasianus ignitus nennt, die ee noch vom gemeinen .e 
Pheasant (Goldfafan?) untetſcheidet, der in. größter Denit 
Schönheit und befonderer Größe in den Malapiſchen an Eim 
tributaiten Provinzen lebe, und mol auch in Indien zu natutale 
ſiten fey: denn von der Prinz Wales JInſel verpflanjte ide 
Crawfurd in die Menagerie von Calcutta (nad Barılren. 
Desgleichen der prachtvolle Ag u 8 (Phasianus Argus) und bauen? 

‚ neue Specieß. Auch ber prachtvolle Pfau (Peacock, Paro erktit 
ift in den Wäldern Siams in Menge wild, und eine kleinere di 
mit boppeltem Sporn, die man unter dem Namen Polyplecim 
bicalcaratus als eine neue Gattung befchrieben hat. Außeiden 
finden fich mehrere neue Arten Rebhuͤhner in den Molayildt! 





202) J. Crawfurd Journ, p. 432, 











Königreich Siam, Sifche. 1109 
- Provinzen, In Siam felbft aber Feine Spur davon, ferbft nicht 
von dem Grauen Walbhuhn (Tetrao cinereus), das im dem 


freilich) weit trockneren Hindoſtan fo ganz allgemein ft; fonft 
viele neue TZaubenarten, auch die gemeine Wachte! (Tetrao 


coturnix) u. a. m. Von Papageien Raben "pls feine Er 


wähnung. 
Dagegen find Waſ feroögel (Grallae) bie F—— un⸗ 


ter allen in Siam, wie dieß feine Waſſernatur mit ſich bringtz 


(Larus) Seeſchwalben (Sterna) elitane (Onocrota- 
lus und carho, auch sula). Ob es in bem untern Siam, im 
Deltaboden des Menam, die gemeine Hausgans (Anas an- 
ser), Han der Siamefen (verderbt bom SHinduftanifchen 
Hans, d.i. Gans), und bie gemeine Haußente (Anas boschas) 
welche Pet heißt, und von den Chinefin in fo außerorbentlicher 


aber nur wenig gekannt. Die Küften. Saite vol Moͤven 


Menge gezogen wird, Kberhaupt nur gebe, wild oder im zahmen 
Buflande,tonnte Crawfurd nicht ermitteln. Dagegen war bie 


Anas moschata, deren Heimath in Amerika tft, gegenwärtig durch 
ganz Oſt⸗Aſien als Hausthier verbreitet, und wird auch in Bang⸗ 
Lot, obwol in geringer Menge gezogen, wo ihr frembee Name, 
Det: Manila, noh den Weg ihrer Einwanderung bezeichnet. 
Mur diefe wenigen Enten und die genannten Hühner füllen den 
SHühnerhof der Siamefen, fonft fehle ihnen die Zucht ber Gaͤnſe, 
Truthuͤhner, Pfauen u.a. Dagegen fehlt es ihnen nicht an 
vielen wilden Vögeln, wie Kraniche, Storharten, Pelis 
kane, Königsfifher und anderen, deren Kedernausfuhr, 
zumal die der Pfauenfedern nach China, einen bedeutenden 
Gewinn giebt. 

As Fiſchervolk fcheinen die Siamefen den Cochin Chine⸗ 
fen und Chinefen ſehr nachzuſtehen; der Menam, wie, über 
haupt bie Indiſch tropifchen Stroͤme, haben zwar viele Fiſche, 
aber alle Arten nur von geringerer Qualitaͤtz nur wenig davon, 
und ein paar Krabhenarten werben gebörrt erportirt. Vor dem 
Toͤdten ber Fiſche haben die Sinmefen, wie andere mehr weftliche 
ober nördliche Buddhiſtiſche Völker (f. oben S. 237) keineswegs 
Abſcheu; nur fangen fie erft in gewiſſer Diſtanz von ben Koaigs 
lichen Palais ihre Sifchereien 6) an. 

Ueber die Menge ber Reptilien ee alle Europäer in 


— — — 
+) J. Crawford Journal P- 435. 


‘ 


1110 Oft-Afien. Hinter-Indien. IE. Abſcha. $. &. 


Siam gellagtz zumal in der naflen Jahreszeit nimmt ihte Dix 
auf das befhwerlihfie zu. Schildkröten und Crocedi 
fand Erawfurd jeboh im Menam⸗Strome nicht fo haͤufig d 
im Banges. An den Küflen, und zumal auf ben vorlin: 
Ber und Infeln, an der Oſſt ſe ite des Golft von Ei: 
ft die Hauptflation bee großen Meer⸗Schildkroͤten; in 
Eier, ein wichtiges Regale des Könige, machen eine Yaupte:- 
sung der Siameſen aus; in vorzuͤglicher Menge findet fih !” 
Testudo Mydas nah Crawfurd. An Eideren von bar 
ſchiedenſten und fhönften Arten, wie die Geckos, if Siam: 
seich wie Java und andere tropifche Geſtadelaͤnder. Das mer: 
tone, rauhe Geſchrei zumal der Geckos (Tokai der Rılır 
Takke ausgefprochen?s5) ift den Europaͤern bie Abende und zu 
gen Nächte hindurch, eine Hauptplage. Mic der Regenjiit mi: 
zen fich dieſe Thiere und auch die Schlangen kommen hırki, N 
fie Veängen ſich bie in die Wohnungen, Küchen und Hifu m" 
dens Federvieh nachftellen. Auch giftige fol es hier geben, ır 
Gramfurbd bemerkte während feines dortigen Aufenthaltes Fit 
wol aber dreierlei Arten geoßmäuliger Sqlinget bi 
constrictor, ober vielmehr Python, berem er zwar wur von da 
Länge bis 13 Fuß fahe, die aber eine Länge bis 20 Zuf a“ 
follen. As €. Kämpfer‘) in der Capitale von Ein, # 
Juthia war (1690), wurde plöglich der Befehl in der Kur“ | 
bekannt gemacht, daß fi Niemand im Wenamglufe Kit 
auch nicht waſchen ſolle; bei näherer Erkundigung erfuhr nt, 3} 
mehrere Menſchen von giftigen, nice über Zinged ns 
Waſſerſchlangen, bie im Fluſſe leben, gebijjen und gut“ 
feyen, und daß fich dieſe Thiere etwa ale 7 bis 10 SH" 
einmal in dem Fluſſe einftellen. Doch konnte er dab dxl® 
nicht näher erörtern. 
Unter den Jnſecten übergehen bie neueren Beobadt 9 
Siam gänzlih den Seidenwurm, aud Kämpfer mi“ 
ihn nichtz aud) der Maulbeerbaum wird von feinem be Bi 
achter daſelbſt genannt, und doch fo einſt im XI. Jahthurte 
aus Siam beides nach Cochin China verpflanzt warn 11 
(f. oben ©. 935). Unter den Einfuhrartikeln nad Sian nu⸗ 





»0&) ). Crawfard Joura. p. 434, 157. eg, Kimpfe 6 
und Beſchr. von Japan a. a. D. Ih. I. E. 24. | 





Königreih Siam, Gewerbe. 11111 


J. Erawfurd dagegen als das wichtigſte bie Selbe); wir 
jlauben daraus fließen zu müflen, das Stam gegenwärtig 
zar eine Seide producirt, und feine Stoffe aus dem Ausfande 
chalten muß. Dagegen wird der rothe Faͤrbeſtoff Stid Lac, 
‚er im Handel auh Gum Lac heißt, und von einem Infect 
Coceus Lacca (dem Coccus cacti oder ber Amerikaniſchen Coche⸗ 
aille verwandt), das bei Siameſen Krang®) heißt, in Menge 
jewonnen. Seit kurzem, bemerkt Crawfurd, fep defien Werth 
uf den Märkten in Bengal ungemein durch den beſſer ermittel- 
ten Faͤrbungs⸗Proceß gefliegen, und dieſes Gum Lac aus Siam 
ei weit vorzüglicher befunden, und enthalte weit mehr färberiden 
Stoff, als daffelbe Product, das bisher aus Pegu und Bens 
zalen (Afam) In ben Handel gekommen. Sen Borkommen 
ft vorzüglih in den Wäldern von Pifaluf, von Sokotai 
und Chang mat (Zaeng mae); olfo im oberen Berglande 
jegen Laos, aber auch auf.dem Gebirge bes Iſthmus zwiſchen 
Bengalen und der Siam-Bai iſt ed einheimifch (wie in Alam 
ſ. oben S. 328, 931). In Laos fol es von der feinften Quas 
itaͤt ſeyn. Mach den Erzählungen der Siamefen mußto C raw: 
furd den Schluß ziehen, daß in einigen ber dortigen Gegenden 
dieſes Inſect nach Art des Cochenille Inſecten (Coccus 
cacti) in Mexiko gezogen werde. Man rechnete, daß jährlich 
Jon biefer Waare an 18,000 Pikul ®) es China erpor 
irt wird. 


9 Gewerbe a Handel. 


Sn allen Gewerben, wie in nuͤtzlichen und ſchoͤnen 
Rünften, haben die Siamefen nur ungemein geringe Fortſchritte 
zemadt. Bei einer Nation, die «6 fi vom Erſten bis zum Ge 
singfien zur Ehre rechnet, eine Sclave ihres deepotifchen Beherr⸗ 
ſchers zu ſeyn, iſt dies nicht anders zu erwarten; bei einem Zus 
Rande in welchem die Nation, ein Drittheil der Arbeit ihres 
ganzen männlihen Stammes, dem Frohndienft des 
härteften Gonvernements dienen muß, würde das Gegentheil un: 
möglich fegn. Ein geoßer Theil der Thätigkeit muß den Wei⸗ 
bern uͤberlaſſen bleiben, und ſremdlinge wie hier die Chineſen, 


*') J. Crawfurd Report I. c. As. — Vol. ar 
°°) J. Crawfurd Journ. 1.-c. p. 435 er Report 
l. e. As. Journ. Vol. XIX. p. 14 


11123 Oft-Aflen. Hinter⸗Indien. II, Abſchn. $. 8. 


werden den Gewinn ber Induſtrie umd bes Handels ziehen, Ic 
der einheimifche Bewohner feine Kräfte und feine Snteligen z 
Teine dauernde Weife widmen kann. So ſtellt ſich wikiid.: 
Ganzen gmommen, das Werhättnig des Siameſiſchen Bolkt, ! 
unendiichem Naturreichthume zu großer innerer Armuth. 
Jeder etwa ſich auszeichnende geſchickte Handwerker 
oder Künftier wird fogleih vom Könige ober ben Grofen (.. 
man auch bier mit dem Portugiefifchen Worte Manbdaris: 
von Mandar, Befehlen, zu nennen fidy gewöhnt hat) in Beſte 
genommen, wo fein Gefchid gewöhnlich nun für bie ganje Liben⸗ 
zeit zu bloßen Werken ber Oſtentation werwenbet wird. Di: 
WR bier bei dem Privatmann auf keine Hülfe des Handertin 
ober Kuͤnſtlers unter Stamefen zu rechnen; nur bei Chin 
Ten oder Cochin Chinefen finder man fie. 
- — Die Siamefen find in keiner Art der Fabrikation auisn 
geichnetz nicht etwa wie die Hindus in der Baumwollennehun 
oder wie fo manche andere Drientalen in der Juwelickurt 
in Gitbers und Goldarbeit, bie man hier aus China \m 
men läßt, Mur im Königspalaft finden fich geſchickte Er 
arbeiter, welche bie Löniglichen Geſchenke und die Intern 
den Echmud verferügen; aber ihre Kunft iſt ſtationgit, hr: it 
mien find invariabel, fstt La Louberes Zeit, als die Emil 
den Louis XIV. dort glänzten, bat ſich darin Nichts veräntı 
Ihbre Zink- und Erzarbeiten erhalten fie aus China. Ip Zien 
gruben und ihe Zinngeräch im Lande wird von Chinefen Butter 
tet, Ihre zeichen, einheimifchen Cifenminen find erſt durd Ci 
nefen in Schwung gefommen; biefe haben im neuerer Zeit dit 
überhaupt bie meifte Induſtrie erweckt, und fo auch viele Eiltr 
hammer, und in Bangkok auch viele Eifenmaaren: st 
brifen angelegt, die gegenwärtig einen großen Theil dee bıaut 
barten Malapiſchen Voͤlker mit ihren Eifengeräthfcaften dert 
Doch find die feinen Schneidemwanren noch ſchlecht, du 
Eeuerwaffen zu verfertigen kaum verfucht, Die Weber! 
In Seide und Baummolte ift ganz in ben Händen der Ve— 
ber geblieben, und weit geringer als ſeibſt in Java und belehn 
Eben fo ſchlecht ſteht «8 bei dem trefflichſten Farbmatetialien m! 
den Faͤebereien, und noch iſt hier gar Leine Art dr Dad! 
der Seiden⸗ oder Baumwollenzeuge nus bekannt. Die Töpft 





00) J. Crawfurd Journ. I. 0, p. 822 - 337. 


& 








Königreih Siam, Architectur. | 1113 


‚et, wenn ſchon über ein halbes Jahrtauſend das Chineflfche 
Porcellan dort eingeführt ward, ift ganz mittelmäßig geblieben, 
nd fo ſteht ed in dllem übrigen. 

Menn aud die Künfke, fheinbaren Anlauf und Protection 
ſewonnen, find fie Inn wieder in Ruͤckſtand gekommen. Als 
5. Kämpfer, im Jahre 1690, den Audienzſaal des Prah⸗ 
Hang il) (d. 4. Minifter der Auswärtigen Angelegenheiten) bei 
ver Audienz betrat, fand er ihn zwar mit den Portraits Louis 
XIV. und feines Hofes reichlich ausgeſchmuͤckt, und mit vielen 
Landkarten behangenz aber bei näherer Anfiht waren fie ſchon 
mit Staub, Spinneweben amd Schmutz zugedeckt. 

In der nuͤtzlichen Architectur find die Siameſen unge⸗ 
mein zuruͤck; ihre Haͤuſer find für das Clima theilweiſe ausrei⸗ 
hend, aber ungemein aͤrmlich und Leicht zerſtoͤrbar. Wie Leiche 
jeigt die Erzählung des Franzoͤſiſchen Sefandten La Loubere 2) 
bee der Siamefifchen Majeftäe das Schaufpiel eine Bombe wer 
fen zu fehen, verfhaffen wollte. Da bemfelben aber beim Auss 
blick aus feinen Fenſter drei Häufer feiner Unterthanen im Wege 
landen, wurde der Befehl ertheilt diefe fogleich wegzureißen; in 
sinee Stunde Zeit war ber Pla gereinigt. Im Niederland fies 
hen ihre Häufee auf Holzpfeileen von Bambus, wie bei Dias 
fapen, um von der Ueberſchwemmung nicht zu leiden; die Dächer 
find mit dem DBlatte der Nipa Palme (Nipa fruticans, Kaͤm⸗ 
pfer nennt es Gabbe Gabbe) gedeckt; Steine, Badkeine, 
Mörtel können felten angewandt werben; durch bie Ritzen und 
Fugen dringen Schlangen und Würmer ein, und die heifhungris 
gen Tiger zerren Nachts nicht felten aus biefen Fitzen72) die 
Deden oder Kieider ber entfegten Schläfer hervor. 

Die ediere Baukunſt zu üben fehlen im Lande alle Baus 
merke zum öffentlichen Wohl; «8 fehlen die Bruͤcken, die Bruns 
nen, die Deiche, die Schleufen, die Gewölbe, die Karavanſerais, 
bie Magazine u. a.m.; die Bruͤcken, die in China eine fo wich⸗ 
tige Rolle fpielen, find bier bloße Holzplanken, die Kunſtſtra⸗ 
Gen, bie dort für Deere und Handel gebahne find, fehlen hier 
gaͤnzlich. Hier find nur zwei größere Wege bekannt, bie, 
Sommunication bes neuen Capitale (Bangkok) und 








v1) E. Kämpfer Geſch. und Beſchr. v. Japan Th. I. ©. 9, x 
'2) La Loubere Du Royaume de Siam, Paris 1691. 8. T,L p-108, 
= E. Kämpfer a. a. O. Sr 5 


1114 Oft-Aflen. Dinter- Indien. IT. Abſcha. $,86. 


der alten (Juthla), und die Straße zwiſchen Tſchantebu 
nah Zungpai (f. oben ©. 1067). 

Die Wege um Bangkok werden erfegt durch dad Bar 
neg der Stromarme und Candle, das eine zeiche Binneuc“ 
fahrt darbieterz daher hat nur der Scffbau hier einigen 53 
ſchritt erlangt. Raͤderkarren, Wagen u. f. m. giebt es hie 
nicht; Elephauten find nur privilegiete Transportthiere für da 
Hof, und im Gebirgelande Laos gebräuchlich. 

Nur allem auf Tempel (die Palaͤſte bes Könige fiad n 
Chinfifhem Bauſtyl aufgeführt) iſt eine eigne Kraft dr As 
tectur verwendet, wie etwa in Ceylon und Anaz bern Zahl 4 
“Bier ſehr groß, daher bei ihrem Aufbau einige Kunſt bewieſu 
aber nur auf Anlaß des Despotiem und ber Zuperition Nu 
in dee Menge ber Tempel und dee Zap der Idole Ahern 
fie die Eeylonsfen ”*), deren Architecture und Gcaulptur von 
mehr Kunfifinn zeig. Der Siamefen Tempel fihtmit 
einem Kinderputzwerk gleich, als einem Haufe der Denon, H 
hingegen in den Tempeln auf Ceylon die finnige Vena 
von Licht und Schatten der Sculptur und Architectut visied U8 
feierlichen und ernſten Eindrud beiträge. Die Tempeimum 
und Unterbauten find von Backſteinen mit Mörtel; der Dich 
von Zimmerholz, die Ornamente und ‚zumal bie vielem Ah 
find vergoldet. Diefe Pyramiden und Spitzen find efl ap 
künſtlich, aber gefhmadios, ohne Würde. Es fehle dieſen I 
peibaftten mit ihren vielen hundert Statuen und dem site 
ſtaat, die Hoͤde, die Eleganz der Formen, das Gewölbe, de de 
gen, die Säutenwerke, die Colonnaden; in ihrer Geringfägste 
und Vergaͤnglichkeit fichen fie im größten Contraſt gegen De # 
tohrdige Größe und Dauer der Hindu und Aegppeier Ahle 
sen. Was fie auszeichnet iſt ihre 'erhabene fihöne Enge, DI 
Lünftliche aber phantaflifche Holzfhnigwerk und dir wir 
vielmehr uͤberladene Wergoldung, die doppelt zu bewunden 
ift, da die Goldminen im Lande unbelannt find. 

Noch befchränkter find die Siameſen in ber Bilbaetl. 
und gänzlich in der Maler ei zurüd geblieben; fie fertigen a" 
figende Buddha Fholez nur zwei bis drei nahm Craufrib 
aus Stein gehauen, wahr; diefe waren aber ans China AWP 
‚führt. Die meiften von jenen begnügt man fi aus das in 


220) Finlayson Joutn, p. 157, 217, 220, 








Königreih Siam, Handel. 15. 


zypsſsmaſſe zu mobelliren, bie mit Harz und Del vermengt if, 
ad mit Haaren zufammen gehalten, die dann uͤberfirnißt und 
ergoldet werden. Die beften und dauerndflen werden aus Erz 
egoffen, und darin zeigen fie die meifte Kunſt. Sie gießen bie 
heile einzeln, fegen fie dann zufammen und vergolden fie reich⸗ 
ch, oft von colofjafee Größe. Doc auch diefe follen felten dau⸗ 
ımde Monumente abgeben, ba man fie öfter umzuſchmelzen 
flegt; in den Birmanenkriegen find viele biefer Dentmale als 
Zeute aus dem Lande Siam entführt worden. Ihre Buddha⸗ 
ilder haben alle die Mongholifche Sefihtsbildung 3 ihn 
Berfertigung iſt verdienftlich. Um die Frömmigkeit des Könige 
on Siam zu beweifen, bei dem Crawfurd eine Audienz er⸗ 
ieft (1822), fagte man ihm, daß berfeibe jeden Tag mic eigner 
oher Hand ein kleines Bild des Sautama vergolde?s), daß 
r dann irgend einem Tempel zum Geſchenk mache. Indeß dies 
enigen Handwerke und Künfte, welche diefen religiöfen, buddhi⸗ 
Rifch sceremoniellen Zweden dimen, bei den Siamefen geblies 
ven find, gingen alle nüglichen Arbeiten für die Lebenszwecke im 
die Hände der Weiber und der Chinefen über, welche bie 
induſtrielle Population bes Eiamefifhen Landes ausmas 
then (f. oben ©. 803). 

Hanbel. Diefer ann alles Mangel, an Energie dee 
Bewohner ohngeachtet, bei folder Naturfülle, fo bedeutender 
Dopulation und fo gunfliger Stellung zu benachbarten 
KHandelönationen, wie zu China im Oſten, Indien im Weſten, 
und dem großen Archipel im Süden, nicht ohne Bedeutung 
feyn; zu weicher höheren Wichtigkeit könnte er fi) aber noch uns 
tee andern Werhältniffen emporfchwingen. Welches Feld ber 
Entwicklung für Völker» und Menſchen⸗Verhaͤltniſſe bietet nicht 
bie ernfte Betrachtung des Driente® dar (f. oben ©. 808), wie 
betrübt find dort fo viele verfehlte Anfagpuncte für die edlere 
Entwidelungsgefchichte der Menfchheit (f. oben bei Ganton S. 
826 1c., Cochin China 988, unten u. a. m.). 

Dee Binnenhandel wie ber Küfenpanber?‘) von 
Siam iſt aller Hemmungen ungeachtet fehr bedeutend. Die 
Hauptader des Verkehrs im Lande If der Menamfirom 
mit feinen Zufluͤſſen; auf Plattbooten und breiten Bambusfloos 
Gen werden diefe vielfach befiffu Da, wo der obere Menam 


10) J, Crawfurd Journ, p. 136. 70) ebend, p. 406 — 411. 


1116 Oft-Aflen. Hinters Indien. II. Abſcha. $. 86. 


ſchiffbar wird, in dem gebirgigen &ao06, gehen dieſe Fahr. = 
Auguft und Eeptember ab; die Boote kommen erfi im Noden 
ber und December in _ Banglof an, ma fi dann Ei 
an Schiff drängt. Korn, Salz, Baumwolle, Sapır 
holz, Dei, Zimmerholz, find die Hauptprabufte, die der Cı 
pitale zugeführt werben; nur weniges wird aus dem Bagları 
durch Elephanten traneportirt. 

Der Handel mit den fernen Binnenländern geht ns 
Nord und Shd, nah Laos, Kambodja, Yünnan m 
nach der Malapen Halbinfel; gegen Weſt zum meif fin 
felgen Pegus und Birmanen-Reiche ſcheint gar kein km 
ernder Verkehr Statt zu finken. 

Laos führt nah Siam ein: Stil Lad(Gumkacl.ı 
S. 1111), Benjovin (wol Benzoe? auch Benjamin in 
bostigen Handel genannt), etwas rohe Seide, Eifenbein, Si: 
mache, Hörner, Häute, Selle; bafür fendet Siam nah kantın 
sad: Salz, Salzfiſche, Chineſiſche, Indifche und Euzopäifge No 
nufacturwanren. 

Kambodjas Binnenhandel mit dem Innern Gim ir 
durch den Waffertrangport eines Stromes begunfligt, M 
ac) der Ausfage den Großen Kambodja Strom mit dım Fr 
nom in Verbindung ſetzt, und durchaus von einem zum anlın 
Wafferfabre >77) darbietet (alſo ein Zwitterſtrom, di 
beide verknüpft). Er wird Banpakung (am Banz:! 
foe f. ob. S. 1072) genannt; aber auf unferer Kartenzeichnre: 
entquißt es dem Gcheidegebirge zwiſchen beiden Stroͤnu IR 
Khan Radhafuma (kei Crawfurd) im Lande der Kas (ii 
Berghaus). Crawfurd fagte man, daß er in der Kıgenit! 
uͤberall 5 Ellen (Cubits) Tiefe babe, im der trocknen Jahr! 
1 bis 13 Ellen Tiefe, und für ſtark. befadene. Boote in jene N} 
ganze Jahr hindurch für Leicht-beladene diene. Auf ihm ku 
men aus Kambodja nah Sam: Gummigutte, Karbamer 
Std Lad, Firniß, Hörner, Häute, Selle. 

Der Landhandel zwiſchen Siam und China geſditt 
buch Laos und Puͤnnan, Länder welche durch ſtaike Rarıt 
barrieren von einander gefchieden: find, Gebirge und Waldun 
en über welche die Waaren muͤhſam, auf den kleinen Kir 


v 


317) 5. Crawfurd Joam. L c. p. 407. 





8 








Königreich Siam, Handıl. 4117 


yern 7), ale Saumpferden, teansportiet werben müflen. China 


endet auf dieſem Wege nah Siam: grobe Wollenwaazen, Chis 
vefifche und Englifhe Tücher, Beuge, allerlei Kyrzwanren, tafe 
Radeln, Zangen, Seräthe und Kupfer, Blei, Gold (f. ob. S. 764, 
"44, 541, 738) ec." 

Der Küften: Danbel, oder vielmehr dee Handel der 
etzigen Capitale Bangkok, weiche das einzige Centrum 
16 Seeverkehrs mit dem Auslande ift, fowol mit den Ges 
taden der Chinefen See im Oſten, wie mit den Geſtaden ber 
Malapen und des Bengalifchen Golfs im Weſten, wird dur 
»reierlei QDuerpaffagen über den Malapyiſchen Iſthmus 
‚oa O. nah W., von einem Meere zum andern ungemein ges 
oͤrdert, wodurch die Umfchiffung der langgeſtreckten Halbinfel 
‚uch die Malaccas&traße vermieden werben kann. Sie dienen 
le drei zu Waarentransporten, liegen jole drei zwiſchen 
) bie 6 N. Br 

1) Der nördlihfte Malayifhe Querpaß iſt bie 
Transportfiraße zwifhen Tſchaipa, oder Banden im 
Dft, und dem Hafenort Punpin (oder Ponga) im Weit, der 
Nordfpige der Infe Junk Ceylon gegenüber (f. ob. ©. 1083). 
Kuf ihm braucht man 5 bi6 7 Tagemaͤrſche mit Elephanten als 
taftthiere, welche hier nur allein dazu angewendet werden koͤnnen. 
Bon Bandon, oder Zfchatya, werden Die fo geförderten Waa⸗ 
en durch Cabotage weiter zur Capitale gefchifftz die beiden ans 
ern Querſtraßen Hegen fchon entfernter, wie 2) die mitts 
ere Transportftraße zwifhen Ligoe oder Talung und 
Frang (f. ob. ©. 1082), welche die befuchtefte iſt, und 3) die 
uͤdlichſte Zransportfiraße zwifhen Sungora. und 
Aueda, zwei nicht unbedeutende Hafenorte. Auf diefen Wegen 
ommt vorzüglid Zinn und Elfenbein von Junk Ceylon 
ah Bangkok, dann aber auh Dpium, eßbare Vogels 
eſt er (Salangane), Indiſche und Britifhe Baummolls 


pebereien, und einige andere Britifhe Manufacturs - 


paaren. Als der Phraklang, b..i. der Minifter der aus⸗ 
värtigen Angelegenheiten in Bangkok, feine Depefchen 79) nach 
:igoe und Queda ſchickte, konnten die Briten auf dieſer Quer⸗ 


15) Route par Terre de Siam jusqu’ a la Chine tir6e des Memoi- 
res de quelques Chinois qui en ont fait le Chemin b. Du Halde 
de la — T. I. ꝑ. 126. 20) 3. Crayfurd Journal 
PR: 





1118 Oft-Afien. Dinter- Indien. II. Abſcha. $. 86. 


Rraße ihre Briefe in kurzer Zeit nach der gegenüberliegenden Tr: 
tifhen Inſel Paulo Penang (Prinz: Wales: Juſel) zu itn 
Freunden befördesn, wobucc fie mit jenen Queryaͤſſen gmx 
befannt wurden. 

Die Hauptnachfrage’®") nah Europäifhen Waatent 
Siam beftceht vorgügiih in weißen Baummollengeuge: 
in wohlfeilen wollnen Zühern, in Zeuermaffen u 
Glasmwaarenz damit iſt bedeutender Gewinn zu machen. Zi 
halb rähmte der Prahllang oder Siameſiſche Miniſter vn: 
lich die Amerilanerz dieſe Leute, fagte er, bringen was m: 
brauchen, Feuerwaffen und Gold, und nehmen dafuͤr Ih 
ker und Landesprobucte zuruͤck; er erwarte im dieſem Jahre (157) 
noch 8 bie 10 Amerikaner Schiffe 2). Die Baummellınit: 
webe (zumal Chintzes) find von jeher dorthin eingeführt, un) 
in ber Umgebung ber Capitale von Siam wenigfiens jur ol:r 
meinen Landestracht geworben ; fie wurden früher von Batadiſten 
Schiffen und auf Chinefifchen Junken durch die Malaccafıst 
eingeführt. In der juͤngern Periode der Werwirrungen auf da 
Indiſchen Angelegenheiten, durch die Fehden während der ji: 
zöfifchen Revolution, am Ende bes vorigen und Anfang ir 
genmwärtigen SSahrhunderts, wo aller Handels verkehr der EunHt 
mit diefen fernen Staaten mehr ober weniger unterbrochen Mit 
hatten zufällig die Kaufleute von Bombay und Guratı kt 
ihre Fahrten nad Siam fortgefegt. Dährlic betrieben 2 bi) 
Surate Schiffe den Werkche mit Bangkok; die Suprun | 
derſelben waren meift Parfis oder Mohammedaner, mitt 

den Briten die Wege bahınten, wodurch diefe feit der Wieder: 
bung ihrer Sundifhen Schiffahrt, zumal durch die Begrändus; | 
von Singapore, auf mannichfaltige Weife jenen Berteie 1 
Aufnahme brachten. Auch 3. Crawfurds Embaffadı 1. 
und Capt. Burneys Miffion (18235) nad Siam haben, * 
manche andere Umftände, denfelden gehoben. Im Jahre 12 
waren ſchon auf diefen Querſtraßen, allein von PutoPinars 
ober ber Prinz: Wates:Infel nad Siam, am Zudifgen ei 
Europäifchen Waaren an Werth für 122,000 Dokar Span" | 
portist worden; einen wichtigen Anthell daran hat das Dpiuk: | 
aus Bengalen, das früher zwar im Lande nicht ganz nabrlanf 





880) J, Crawfurd Report in Asiat. Journ. Vol. XIX. p. 1 
22) J. Crawfurd Journal L c. p. 15%, 





\ 


Ringe Siam, Rüfenhanbel 1119 


rar, denn es wurde Über Ava und Laos dort eingeführt 82), defs 
n Sonfumtion aber in neuerer Zeit ungemein zugenommen bat, 
bwol es auch hier mie anberwärts (f. oben ©. 853) Contre⸗ 
ande 8) tft, die aber von Chinefenfchiffen mit größter keichtig⸗ 
rät eingefhwmuggelt wird. 

"Der bedeutendfie Küſtenhandel mit dem Auslande 
ied auf Chinefifhen Junken durch die Chinefifchen 
dandelsteute und Anſiedler geführt, deren Verhaͤltniß im 
Bangkok ſchon obm befpeochen iſt (f. oben S. 803-— 807). 
den einzigen birecten Verkehr dee Siamefen mit China 
ührt allein der König von Siam %*) felbft, der den Titel Was 
alt von China, wol nur bes Handelsvortheils wils 
en beibehätt. Jährlich ruͤſtet er u.:ter diefes Kategorie der Tri⸗ 
utzahlung 2 geoße Junken auf eigene Rechnung aus, jebe 
‚on 900 bis 1000 Tonnen Laſt, die nad Canton gehen und 
Zollfreiheit genießen. Nur geringe Geſchenke werden dabei 
ın den Vicckoͤnig von Canton gezahlt, und nur alle drei Jahr 
ber Tribut an Peking gefandt, dee in einem Baum beſteht, 
befien Blätter und Bluͤthen aus Silber gefertigt find, und in 
tinem zweiten deögleichen aus Gold gearbeitet. Weberhaupt rech⸗ 
net man, daß der König von Siam jaͤhrlich 10 bis 12 Junken 
auf biefe Weile felbfi als Handelemann in bie verfchiebenen - 
Aſiatiſchen Häfen ausfendete ; doch fol ber gegenwärtige König, 
der 1824 den Thron beftieg (Aroma Chiat), dieſes Handelsfys 
flem aufgegeben haben 85), vielleicht weil die Biamefen für ferne 
Schiffahrten durch unbelannte Meere noch zu unwiſſend find, 
Ein Beilpiel davon gab die mislungene Ausrüflung eines Ins 
dienfahrers nach Galcutta, von dem ber König den größten Schas 
den hatte, wie dies bei der Ruͤckkunft des Schiffes der Minifter 
an J. Crawfurd (1822) vorflagte 86). Die modernen Sia⸗ 
mefen, bemerkt Crawfurb 37), haben «ben fo viel Abſcheu vor 
dem Meere wie die alten Perſer, die als rein continentales Volk 
befannt find. Die Landesinftitutionen Siams find gänzlich dem 
Unternehmungsgeift in bie maritimse Fremde zerſtoͤrend. Nur 
Geiz hat fie zumellen in die Fremde getrieben, doch hoͤchſtens nue 
bie Bengalen, aber ſtets begleitete fie Ungluͤck. Den größten Ans 





s’») Du Halde 1. c« T. I. p. 129, 22) J. Crawfurd Journ. L ce. 
p: 176. °+). ebend. p. 409. . °*®) Asiatio. News Calcutia 
1827. 23, Jan. p. 406. As. Journ. °*) J. Crawfurd Journ. L.c. 
p 141. 7) ebend. p. 332. 


‘ 


1120 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. IT. Abſchn |, 8 


— ſolchen Entrepriſen haben immer Chineſen ober Chi: 
gehabt. 

Crawfurd giebt ben jährlichen Seehandel ufE: 
mefifchen und Chinefifhen Junken nad China in folgenden Er 
men an, bie er im Ganzen auf 140 unten mit 35,000 Jen: 
Loft anſchlaͤgt. Naͤmlich 1) an Siamefifhen Sunten r 
ben jährlich 3 große und 50 kleinere unten nad Canttt 
2 von mittlere Größe, wie alle übrigen nah Tfhangliun,: 
nah Fukian, 8 nah Ningpo, eine nah Sotſcheufnw 
15 nah Schanghai (f. oben S. 701). An Chineſiſtu 
Sunten von Siam eben dahin 5 nach Kiangmui in Kun: 
tong, 1 nah Tfhangliun, 2 nad Amopz und an 0 Si 
ten nah Hainanz auffallend ift es, bag mit den größten Marty 
orten wie Canton, Ningpo, Schanghai u. a. aus Siam, un: 
Chineſiſcher Flagge, kein directee Verkehr Statt finden fel. Da 
geringſten Gewinn ſoll für Siam überhaupt der Umſch in Sr 
fen von Canton barbietenz einen weit geößern In den ihn“ 
mehr oͤſtlichen. 

Die mehe einheimifhe Cabotage Bangtoli ie 
tet ſich über die Siameſiſchen Häfen im O. und W, mim 
die von Kambobdja, Codyin China und den Malayen Ardipl; | 
find bier die Haupthafen an der Oſtkuͤſte des Siam⸗GHtl 
fes: KoKong, Zungpyal, Tſqchantaban, Paflıh 
ſheh) Ropong und Banpomung zu beiden Seitn bi 2) 
Lyant (f. oben &. 1072); Bangprah, Banpakung au 
Bonpafoiz ferner die Haupthafen an ber Weſtkuͤft de 
Siam-⸗Golfes naͤmlich Tſch ampon, Tfdaiga, Bet 
don, Ligor, Sungora und Kalung. Hauptgeſchiſt if bit 
das Aufſammeln der Landesproducte für Chineſiſche em 
ten, zumal Pfeffer, Kardamom, Gummigutte, Ef! 
bein, Agilars Holz (Alocholg), Zarbhölzer, Born 
Gerbſtoffen u.a. Vorzüglich find es Eönigliche Junker, bie Bir 
Verkehr zwifchen bee DfE» und MWeft-Rüfte betreiben, dr ud 

ganze Jahr hindurch im Gange ſeyn ann, weil bie IRonfunt 
dem mehr gefchloffenen Golfe, hinter dem Winde fine 64? 
rigkeiten bei den Ueberfaheten und Küftenfahrten barbiet. — 
Küftenhandel mit Kambodja befchräntt ſich auf die Hofen 

- Dongfom, Kongkao, Telfia und Kamad, de mu ® 
Weſten des Rambodja:Deltas Legen. Die dahin geſchiffien * 
ven find Indiſche und Curopaͤiſche Manufacturwaaten, a 











Koͤnlgreich Siam, Gechandek 1121 


yelmifche Landesproducte, unter denen Eifen das wichtigſte Mi 
Bom geringen Handel mit Cochin China war oben (f. S. 945) 
bon die Rede, - B 

Der frühes ganz unbedeutende Handel mit dem Mae 
ayen Archipelss) hat fi duch die Veränderung dev Dinge 
n den Sundifchen Gewaͤſſern und der Malaccaſtraße ungemein 
jehoben und erweitert. Am bedeutendſten ift er mit ben Hafene 
yeten, deren Lage erſt weiter unten befprochen werden Tann, - 
nit: Patani, Kalanton, Zringano, Pahang, Rhio, 
Singapore, Malacca, Penang, Batavia, Gamao 
ang, Cheribon, Palembang ımb Pontisnat Die 
Srporten Siams dahin find: Zucker, Saly Del, Reis u. a. m.) 
ie Importen von da nad) Siam: Sndifche und Britifche Dias 
zufacturwaaren, Opium, Glas, einige Wollwaaren für China, 
Pfeffer, Zinn, Drachenblut, Trepang, Matten, eßbare Vogelne⸗ 
ter, Malapiſcher Kampfer u. a..m. Im Jahre 1824 kamen 24 
Diamefifhe Junken bis nah Singaporez eine früher uner⸗ 
yörte Erſcheinung; fie find freilich meift Mein, oder von mittlen 
Sröße, weit leichter bemannt als bie Chinefifhen, doch behalten - 
Te für die weitern Fahrten ſtets die Form Chinefifcher Junken 
sei. ‚Die Summe der 200 unten, bie biefen Kuͤſtenhandel be⸗ 
reibt, ſchaͤzt Crawfurd auf 28,125 Zonnen Gehalt. 

Die Zahl ber Siameſen, die in der Marine als Seeleuts 
yefchäftigt find, bevechnet derſelbe auf-10,000 bis 12,000 Mann. 
Naͤmlich für den Chinefifhen Handel, zu 24,562 Tonnen 
dadung (wobei man auf 100 Tonnen an 10 Matrofen zue Fahrt 
:echnen muß) an 4912 Matröfenz zum Kuͤſtenhandel mig 
Rambodja, CohinChina und die Malapenländer (bei 
yeringerer Bemannung der Siamefifhen Schiffe, auf 100 Zone 
ten nur 8 Mateofen), an 4500 Matrofen, was eine Summe 
‚on 9412 Matroſen giebt. - Hierzu noch auf Chinefifhen 
unten (zu 10,531 Xonnen), etwa an Siameſiſchen Matroſen 
063 Mann; vielleicht aud) mehr, was mit den Schiffsherren, 
Steuerleuten u. a. uͤber 11,000 bis an 12,000 Siamefifche 
Seeleute 8?) giebt, welche allein dem Haferiplag von Bange 
08 angehören, dee dadurch fchon jeden andern jene ofls 
sfiatifhen Häfen, Canton ausgenommen, an Bedeutung 
nbertrifft. en © 


— 





222) J, Cräwfurd Jourm L. ep. 414. 20) ebenb. p. 416. 
Ritter Erdkunde IV. Boͤbb 


1122 Oſt-Aſien. Hinter-Indien. IL. Abſchn. |. 5 


Wäre der Handel mit dieſer Capitale daher frei und fi- 
fo würde er ſehr Tchnell von Bedeutung werden, ſelbſt une! 
Laft der doppelt fo großen Abgaben, welche die Euepäilte 
Schiffe dort im Verhaͤltniß der Chineſiſchen Schiffe, feht !; 
Hainan unten, zahlen müffen. Nice die Auofhliefung ! 
Stemden und das Midtrauen, die Polizei und Politik gegen E 
ift bier, wie in Canton, das Hinderniß des Aufſchwungs; 7 
das Eigenthum bes fremden Kaufmanns iſt zu Bangtıl : 
dem Menam⸗Strome, eben ſo ficher wie In Hooghly am Gar: 
Strome, auch wuͤnſcht das Gouvernement gar fehe den Str: 
handel; aber hier ift ein anderes, gleichverderbliches Uebel, % 
Monopol:Spftem, als Eigenthum bes Könige Di: 
wenn nicht in allen, doch den wichtigfien Landesproductt 
fi felbft den Großhandel ausſchließlich vorbehalten hat, | 
wie üben ſehr viele dee Importen durch Fremde, fin Wet 
pol über den weitern Verſchleuß ihrer Waaren durch dad Sm 
land in Anſpruch nimmt, oder doch uͤberall den Vorkauf kb: 
tet, fo ift es dem Privaten unmöglih, am Fremdhantt! 
auf eine andere Weife als durch Unterſchleif Theil zu nden 
Die Gewinnſucht ift fo groß, daß man den Fremdu na 
Einkauf feiner Waaren einladet, aber ohne fein eigenn Fe 
‚ nopoifpftem aufgeben zu wollen. So entfliehen zapliofe Adv 
seien, Plodereien %), Zügen, Hinhaltungen, Berderbaiffe für | 
Ausländer, ohne Gewinn für den Einheimiſchen. Die fol 
fheinend liberale Zulaffung der Fremden, ohne einen ba 
Drud über fie auszuüben, kann bei der allgemeinen kühmn 
weiche jenes Princip für den Verkehr zur Folge haben muß, W 
her doch keine vortheilhafteren Verhättniffe für das Gany here 
führen. Bei aller Luft und Begier nach fremden aan si 
das Gouvernement feinen Stolz und Geiz in dem, was di tar 
.befigt, nicht auf; Uebertreibung dee Forderungen, bemertt di 
Layfon, fey der gemeinfchaftliche Character aller Hiateeintilt” 
Nationen; nicht Güte und Ergebenheit, fondern Enmit uu 
Trotz mache fie erft mild. Die niedrige Krieperl der Enrepit 

Nationen nad) Handelögewinn-habe fie bei jenen Wälkeen he 
werächtlich gemacht, und dieſer Nachtheil hemme ben Verleht, # 
fey nur nach und nach zu überwinden. Dr Gewinn, MM " 
Britiſche Handel ducch Crawfurds Embaffade erhielt, Mr F 





°°) J. Crawford Journ: p 375; G. Finlayson I. 0. p 168 ex 











Königreich Siam, Gouvernement. 1123 


jeeing, als daß er bie flofze und verächtliche Welfe mit ber fie bes 
yanbelt wurde, hätte aufwiegen können. Die fpätern Miffionen 
cheinen etwas mehr Vortheile erlangt zu haben 91), Man hoffte, 
He Briten würden noch gleiche —RSS wie die Chine⸗ 
en in Bangkok gewinnen. 


10. Das Gouvernement ). 


Dieſes iſt ganz Despotie, ohne den Zügel dee Satzungen 
ver Vaͤter wie bei Chineſen, ohne den ber Prieſterſatzungen wie 
ei Brahminen oder andern Bubddhiſtiſchen Völkern; denn bie 
Religionslehre und Prieſterwuͤrde bat bier durchaus keinen Eins 
Iuß auf das bürgerliche Leben gewonnen, wie dieß doch anders 
vaͤrts dev» Fall war. Wie man wol anderwärts den Namen des 
‚öchiten Wefens, der Gottheit, aus Ehrfurcht nicht auszufprechen 
vagt, fo wird kein Siamefe den Namen feines Königs zu nen⸗ 
aen verfuchen, er wird niemals gefchrieben, um ihm nicht zu 
mtweihen, ja er ift nur wenigen Gliedern feiner Familie befannt, 
Vielleicht, meint Crawfurd, hat er gar keinen Namen, als nur 
jene fucchtbaren und gewaltigen Epitheta, die feine Majeſtaͤt be 
jeichnen follen. Man darf nie fragen, wie er fich befinde; denn 
er kann nur frei feyn von Lörperlicher Gebrechlichkeit (etwas ähns 
liches f. ob. &. 317, 1008). Es wäre daher Majeſtaͤteverbrechen, 
ihm bei Lebzeiten einen Thronerben zu beflimmen, benn er iſt 
unſterblich, fo lange er herrſcht. Die Verwireungen der Throne 
folge find demnach unvermeldlih. Sein Titel, bei dem er ges 
nannt wich, iſt: Kongluang, d. i. Herr.über Alles, auch 
Unfehibarer, Allmächtiger m. a. m. Jedes feiner Glieder, wie 
feine Beine, Nofe, Mund, Ohren, dürfen nie ohne den Titel 
Phra, db. i: Heiliger Gebieter, genannt werden.“ An ibm 
ift alle8 golden; Audienz haben heißt „feine goldnen Füße 
erreihenz” er hat es gehört heißt „es ift an feine goldnen 

Ohren gelangt“ n. f. w. Der Glaube des Volke iſt es, daß 
fein Leib fhon von einer feeligen Seele bewohnt werde, und „ein 
König ſeyn“ wird auf Erden ſchon als Verdienſt einer frommen 
Seele aus frühern Perioden der Seelenwanderung ‚duch andere 
Thierformen betrachtet, Daher können auch dem weißen Elephan⸗ 


si) Capt, Burney Mission to Siam (1825) Asiat. Journ. Vol XXIk 
p. 1645 Asiatic. News Bangkok, Calcutte 1097. 23. Jan, p. 400. 
2) J. Crawfurd Journ. p. 372 — 398. 
Bb b b 2 


1124 Oſt⸗Aſlen. Hinter⸗Indien. In. Abfche. 6. &6, 


ten ähnliche Ehren zu Theill werden. Die BubbhasFigur” 
in melche nach ber Verbrennung bee Eöniglichen Leiche, die II: 
des Verflorbenen geformt zu werben pflege, wird mir 
Buddha Idol ſelbſt, göttlich verehrt. Sie wird vergoldet un: 
Tempeln aufgeſtellt. Die Etiquette am Siameſen Hofe if: 
blieben, wie vor Jahrhunderten bei der erſten Belanntihaft = 
Europäern. Es beftcht in Siam ferner kein Abel, kein ati: 
Rang (mit wenigen Ausnahmen erblicher Fuͤrſten in den $: 
vinzen), keine Ariflocratie dee Geſchlechter, oder bed Reichthar 
durch welche die koͤnigliche AUgewalt gezügele würde Die mc: 
Despotie mache Alles gleich, tritt Allee mit Fuͤßen; das gar 
Volk vom Niedrigſten bis zum Hoͤchſten üſt hier Sclane, m: 
titulirt fich auch fo. | 
Feder Erwachſene gehört der allgemeinen GConfcrir 
tion zu allen Arten des Staatsdienſtes an, ſey ed Hansi“ 
Ackerdienſt, Serdienft, Kriegedienſt. Jeder Untertban, vom Zi: 
Jahre an, aufwärts, muß ſtets z jebes Jahres (4 Monat) «> 
ven Staatedienft Leiften, und nur bie Prieſter (Talapeiut 
find davon ausgenommen, Daher der Gebrauch fi alzımcı 
feftgeftelle bat, eine Zeit lang wenigſtens dem Orden ta 2 
poine anzugehören. Mur die Chinefifchen Anſieblet = 
von diefem viermonatlichen Frohndienſte ausgenommen, mi. 'ı 
auf eine andere Weife, durch eine Kopfſteuer, ihre Schuß lein 
Ueberhaupt find die Chinefen und fremden Anfiebler dat 5: 
fligee geftelt als die Einheimifhen. Bei der Einfahrt in de 
Menam, auf einer Chinefifhen Junke, fagt ber enangi'i: 
Miffionae Zomlin*), den Güglaff bier im Jahte 1835 Ir 
-  gleitete, zahlte jeder unferes Matrofen 3 Dollar Abgabe It 
. ftemde Dann erhält beim Eintritt in Siam einen gefigeitt 
Stil um feinen Leib, den er als Zeichen feiner berichtigten < 
gabe ſtets tragen muß. Jeder Chinefe Kat biefer Abgabe N: 
zu unterwerfen. Vom Frohndienſt find außer ihnen cc 
doch die Sclaven frei; ferner alle öffentlichen Beamirt ır’ 
jeder Samilienvater, der ſchon drei bienftfähige Soͤhne Fa: 
Auch kann man fih durch Stelung don Sclaven, oda dato 
Geldſummen, von ber Verpflichtung loskaufen, und in deu Fr 











»»®) G. Finlayson Journ. p. 240. ®«) Journal Kept dans ı 
Voyage froın Singapore to Siam etc. by J. Tiomlia) Printed ı! 
the Mission Press. Singapore 182%, p. 6. 


N 


| Königreich Siam, Verwaltung. 1M5 


inzen laͤßt fib das Gouvernement abfinden durch Ablleferung. 
on Näturalien, wie Sapanhotz, Alochelz, Salpeter, Elfenbein, 
yäute u. bgl. m. Zur Zeit der Embaffaben Louis XIV., am 
ofe zu Siam (1687), fagt La Loubere), war die Hälfte des 
jahres (6 Monat) der freien Unterthbanen zu Frohndienſt 
eftimmt, da. hingegen die koͤniglichen Sclaven das. ganze Jahr 
zu genöthige waren. Der Großvater des jegigen Königs (1822) 
‚U nah Cramfurd, um ſich populair zu machen, die Hälfte 
uf ein Drittheil bes Jahres reducirt haben. 

Die dienende Volksmaſſe ift in 2 Abtheilungen gebracht, 
elche die rechte und die linke Hand bes Königs heißen; jede 
erfelben in Unterabtlreilungen von 1000, 100, 10, beten jeder 
n Natpan (über 1000), ein Mairoe (Centurio), Naifip 
Jecurio) vorftehen. Der hoben Würbenträger im Lande find 9 
‚behellungen, die burd) ihre Titulaturen 8) von einander uns 
tfchieden find: Chan, b. h. Prinz, für bie Söhne und Brüber 
es Könige, wie ‚für einige der Malayen Prinjen und etliche Gous 
erneute entfernter Provinzen in Siam und Lac. Chao Pia, 
der Phria, für den Premierminiſterz Phria für die folgen: 
en Minifter und ihre Affiftentenz Luang Khun, Muan u 
‚m. für die geringeren Nangorbnungen u. f. w. 

Die Capitale ſteht unter der birecten Verwaltung des Rds 
ig8, die Provinzen unter Vicekoͤnigen (Chaomuang), ober 
te entfernteren unter erblichen, tributairen Fuͤrſten. So heißen 
ie 4 Chefs von Lao, nämlih Chiangmai, Lanchang, Pas 
ae und Luangprahbang ſtets Vicekoͤnige; eben fo bie 
er füdlichen Provinzen Ligor und Sungora, Denfelben Ki: 
I (Chaomuang) gab der König von Siam bei ber Audienz 
em Generalgouverneur von Indien Mr. Haſtings, von dem 
jrawfurd ausgefandt war. Diefe Vicelönige, Chaomuang, 
aben Recht über Leben und Tod; die bloßen Provinzial:Gouver: 
eure 3. B. von Piſiluk, Tſchantaban und andern nähern: 
Yiftricten haben weniger, Gewalt. Die Malayifchen trfbutateen 
ücften haben, Patani ausgenompien, das zur Provinz redu⸗ 
irt it, ihre Exrbfürften behalten, mit dem Titel Phria, und 
ur dee König von Queda hat die höhere Titulatur Chao 
Dhria. Wird außer den genannten Chargen noch, was zumel: 





°s) La Loubire du Royaume de Siam. Paris 1691. 8. T.I. p. 298. 
»e) J. Crawfurd Journ. p. 376 — 377. 


1126 DftAfien. Hinter⸗Indien. IT. Abſcha. 86. 
len gefchleht, eine Art Großvezier creiet, fo wird biefee Bangıı: 


(db. 1. Re Secondo der Portugiefen) genannt. Dee 182 ur 


sende König hatte 4 Großofficiere feines Haufes ernannt, dira 
er die Titel Krom beilegt, 3. B. Krom chiat. Bei nen 
Vang⸗na erhielt ber Gapt. Burnmey >”) bei feine Rifin 
1825 (19. Dec.) eine Audienz, wobei ber weſentliche Untecien 
sur darin befland, dag von ihms flatt der 3 Büuͤcklinge vor tm 
Könige, hier nur einer durch bie Etiquette vorgeſchtieben m: 
es war ber Bruder des derftorbenen Königs, dem die Gentti 
Sntendanz über die fübtihen Giamefifchen und Me Bılı 








fen Provinzen des Reiches Übertragen war; en zeigte ſih sa 


die Europäer fehe wohlwollend. | 
Die Art der Haupteinnahmen geht auß den führt 1° 


gegebenen Verhäteniffen in Beziehung auf Zropnacbeit, It 


galien, Monopote, Antheil am Handeln. ſ. m m 
mozu noch bie vielen Arten der Abgaben, Zölse, Taren ulE 
tommen, die von dee Willkühr dictirt werben. Die Natur: 
tten, die Verpachtung der Sifchereien, die Monopolt 
Bude, Pfeffer, Benzoin, Alocholz, und faft allm Bao a 
Werth, die Fabrication des Branntweins (Aral), M 
die Chinefen deflillicen, u. a., find bie Haupteinkünfte. dit"! 
Privilegium der Arrak-Deſtillation erhält ber König jähris N 
Pikul Silber (= 723,000 Tical). Eben fo viel bringt da ſo 
vilegium der Leiphäufer ein. Jeder Ob fibaum muf in Eis 
eine Abgabe zahlen; das Verzeichniß davon führt Kinlar':? 
im einzelnen auf. Jeder Mangoebaum zahlt 1 Zun [= 
+ Zicat), jede Manguftane eben fo viel; jeder Dutieubar- 
1 Ticalz 8 Cocosbäume zahlen 1 Fuang; 100 Arkıbium ! 
Fuang; 100 Pfefferpflanzgen 1 Fuang; 100 Tabadyfanm : 
Fuang; desgleichen ein Beet Zuderrope 2 Zuang u fm F' 
Abgabe der Obſtbaͤume fol 7000 Cattis Sitder betragen. © 
neueter Beobachter in Bangkok (1825) ſchaͤtzt die Cinfhnftt r 
23 Milton Tical, die aber meift wieder an ben Hofſtaat un 
das Königehaus ausgegeben werden, zu dem man an 00 

zen zählen fol. Jede andere Ausgabe z. B. zum Ban dam ? 
gode, zu einem Kriegszug u. f. w., wird durch beſondeie Ei" 
ausgefchrieben. Aus dem von Gramfiued gemadgen U 


>) Da Barney Mission to Siam (1826) in Asist Jen. U: 


‘ 


Königreich Siam, Heeresmacht. 1127 


Hlage ©) dieſer Verhaͤltniſſe ergiebt fi, daß In Hinſicht der 

‚gricultur, Induftrie und, Giviftfation, dee Siamefe dem Sa: 
aner näher fleht, als irgend einem andern Aftaten, und daß 
san die Population Siams, nad den Abgaben, hoͤchſtens 
uf 5 Millionen Einwohner ſchaͤtzen kann. Die Zotaleins 
ahme fol zu 3,144,000 Pfund Sterling zu fchägen ſeyn, wo⸗ 
on aber gegenwärtig nur 658,000 Pf. St. an Geld gezahlt wirt 
u 8a Louberes Zeit nur 8,000 Pf. St.), das übrige in Nas 
alien. Die Einkünfte haben daher, feit hundert Jahren, bex 
eutend zugenommen; der Staatsſchatz enthält aber keine großen 
zorraͤthe, wie man gewöhnlich dafuͤr hält, nad. Stawfurds 

Schägung felten über 240,000 Pf. St. an Werth. 

Die Juſtizverwaltung kann nur fehr unvollkommen 
pn, wo Despotie iſt, kann kein Gefeg herrſchen, wenn aud für 
ie untergeordneten Verhaͤltniſſe alles regulitt erfcheint. Gerichte 
tebt es nicht, ale bei Appellationen, oder in befondern Fällen; 
yndern die Juſtiz ift in den Händen derfelben Perfonen, melde 
ie Beamten des Finanz⸗, Civil, Militaie:- Wefens find. Sie 
Ind zugleich die Magiſttate und Richter; die oberite Local: Yutos- 
ität hat auch bie erecutive Gewalt. Diebftah1‘) wird flreng 
‚efteaft, durch Wisbererftattung, Gefängniß, Einkettung und daus- 
ende Sclaverei; Ehebruc ward ehedem von dem beleidigten 
Ehelle durch den Tod gerächt, Kann gegenwärtig durch Geldftrafe: 
‚bgelauft werden u. a. m. Der Geſetzcodex foll, nach Capt. 
Fohn Lowe, der ein Studium daraus gemakht hat, allesdings 
ilt ſeyn; es find deren verfchiedene, einer vom Jahre 1053 nad 
She. Geb., und ein zweiter vom Sabre 1614, ein beitter vom 
Jahre 17735 in diefem bezieht man ih auf einen meit dltern, 
vom Jahre 561 nach Chr. Geb. 

Die Confcription des Heeres 9 ift gahfeeih, aber 
te Organiſation iſt ſehr mangelhaft; in der Taktik fichen fie 
zeit unter ihren Nachbarn, fie kennen nur Attaden und Schar: 
mügel, Mon meibet die Haltung eines großen ſtehenden Heeres 
aus Furcht vor Rebellionen, und bringe jedes Kriegsheer erft durch 
Husfchreibungen zufammen. Etwa 30,000 Mann follen mit 
Schwerdt, Eu Muskete bewaffnet ſeyn, die ihnen zumal von 


3 
25) J. Crawfurd Journ. I. c. p. 378 - 388; G. Finlayson Journ. 
p- 247. G. Finlayson Journ. p. 240. 20°) ], ‚Orawfurd 
Journ. p. 3 — 38. 


1128 OfsAfen. Hinter- Indien. II. Mofa. £.& 


Englaͤndiſchen und Amerikaniſchen Schiffen zugeführt wein 
Es iſt meiſt nur Infonterle; wenig Reiterel auf Heine Sr 
pem kann nur von Laos und Vuͤnnan aus beritten gemecht r> 
Den. Die Garden bes Koͤnigspalaſtes felbft zeigten ſich E 
ſchlecht organiſirt. E. Känıpfer, in feiner offenheigm Ar 
fagt als Augenzeuge 1), nachdem er Audienz beim Könige gi‘. 
an allen Toren uud Zugängen des Palaſtes ſchnaͤrmien wi 
aadte Kerls umher, die auf ihrer Eaftanienbraunem Hut fi 
durch eingeszte, ſchwarze, würfelartige Figuren (glei den = 
pintades, wie bie Portugiefen foldye Pilger des gelobten karte 
mit tatowirten Figuren nennm) auszeichneten. Das if die!» 
algliche Garde, das find die koͤniglichen Ruderknechte. Etat ie 
Schafen Gewehre iſt jeder mit einem. diden Knuͤppel bmaft: 
fo durchziehen fie die Stadt als Muͤßiggaͤnger. Die Fratzie 
fifden Embaffaden wiffen alles in ein refpertabland Er 
wand gu kleiden, um dem Hofe/ Louis XIV. zu ihrer Zeit dahırd 
"nicht. zu nahe zu treten, der mit dem Hofe von Siam in ditu 
Schaft zu fichen fich bruͤſten wollte. Die Mititaiemadt ſtin 
auch Eapt. Burney bei feiner Miſſion nad Siam (18%). It 
_ sanbebeutenb ?) zu feyn; man hatte Soldaten gegen die Birze 
m Grenze zu einem Streifzuge ausgeſchickt, aber dies mar 1m 
um duch Lift und Hinterhalt Gefangene zu maden tu 
Dieß iſt der ewige Grenz kreis beider Reiche von jeher ger 
Des oft mit den größten Verheerungen und Graufantiim rb 
führt wurde, und beiden Staaten hoͤchſt verberblig ward, Zi 
die mit den Briten regulirten Grenzverhaͤltniſſe der Dim 
boffte man dieſem Verderben ein Ende zu machen. 

Bon dem’ vielen in früherer Zeit gerühmten Feſtungen, mein 
Crawfurd, gebe «6 gegenwärtig etwa nur med an DE 
Waͤllen umzogene Städte in Siam; aber nad den Bahn" 
gen der Capitale Bangkge zu urtheilen, muͤſſen fie ſich in (#4 
‚sem WVertheidigungszuftande befinden; denn bie Kanencn M 
Bangkok hatten Leine Kavetten und Jagen zum Gdus st" 
das Wetter in Baraden. In der Kunſt dee Metahgeen fr 
die Siameſen wenigſtens nach dem neueſten Bericht 118%) # 
ſehr behende. Der Britiſche Werichterfiarter bemerkt, dab I IF 





“p1) E. Kämpfer Geſchichte und Beſchreibung von Sapın, T*! 
— 5) Capt. Ruruey eh Yan Asist, Journ, Al 











Königreich Siam, Einwohner. 1120 


en 2 Monate feines Aufenthaltes in Bangkok (1827) ”) 2000 
Siamefen dabei befchäftigt gemwefen, eine Metall: Kanone von 80 
pikul (Centney) zu gießen, und daß fie noch 2 Monate daran bie 
u ihrer Beendigung beſchaͤftigt ſeyn wuͤrden. 


11. Einwohner nad Zahl und Abflammung. 


Dos Siamefifche Reich wird von einer nicht geringen Zahl 
inheimiſcher, aber verfchiedenartiger Voͤlker⸗Raçen 
ewwohnt, unter welche fich viele Anfiebler aus verfchiebenen frem⸗ 
ven Nationen gemifcht haben. Zu jenen, gehören- dem Namen 
aah 1) die Siamefen, 2) die £ao, 3) die Kambodjen, 
}) die Malayen, 5) bie Karclang, 6) die Lowa, 7) die 
Ra, 8) bie Chong, 9) die Samangs, von denen freilich - 
mehrere noch fo gut wie unbetannt find, Zu den fremben 
Knfiedleen werden vorzüglich zu rechnen ſeyn, die Chinefen, 
Mohammedaner, Hindus aus dem vordern Indien, bie 
Peguaner (Mon) und die Portugiefen. Die Zahl der eis 
jentlihen Siamefen nach dem Liften, welche die Dienſt⸗ 
pflicytigen fuͤr die Staatsarbeiten verzeichnen, betrug nach Craw⸗ 
furds +) Erkundigung 300,000, was eine Population von 1,260,000 ° 
jeben wuͤrde. 

Die in Lao einheimifche Population warb dee von Sim 
gleich gefchägt, Cramwfurd, dem wie hier überall für die Gegen⸗ 
wart nur allein folgen können, [hätte ein Drittheil weniger, am 
340,000 Einwohne. Bon den Mon odır Peguanern, deren 
viele Emigranten in Siam, die aus Martaban und andern Weſt⸗ 
ländern buch Birmanen Gewalt vertrieben wurden, find ‚6000 
in den Keohndienfl > Liften verzeichnet, ihre Zahl alfo auf 25,000 
zu berechnen. Eben fo ſtark ift die Zahl der Kambodien im 
Siameſiſchen Antheil an biefem Koͤnigreiche. Die Zahl der Mas 
Layen ſcheint nicht bis zu 20,000 zu fleigen. Queda follte von 
ber Decupation durch die Siameſen, im Sahre 1821, an 60,000 _ 
Einwohner zählen, von denen aber feitbem an 10,000 in das bes 
nachbarte Britifche Territorium emigrirt ſind. Tringano und 
Kalantan an der Oſtkuͤſte dee Halbinſel, hatten, ohne die Chi⸗ 
neſiſchen Anfiebier, 85,000 Malayen zu Bewohnern. Patant, 
der größte und bevoͤlkertſte Malapenflaat auf ber Halbinfel, kann, 





®) Asiatic News Calcutta 1827. 23. Jan. Asiat. Joum, 
*) J. Crawfurd Journ. 1. © p. 448— 453 


8 


. 





1130 Dft-Aflen, Hinter-Indien. IT. Abſchu. (6. 


nad Schaͤtung, an 60,000 beherbergen. Außer biefen tehhne 
man noch aus Queda und Patanmi wenigfiens 10,000 sı 
fangene Malapen, bie man in und um Bangkok ar 
ſiedelt bat. 

Die Kariang, Lowg, Ka und Chong find mil 
Wander⸗Voͤlker. Die beiden erſteren bewohnen auch ve 
ſchiedene Diſtricte des Birmanen Meiche, wo fie heffer befanıı 
worden find als in Siam; fie find aber nur auf einige Gehirgk 
zastien von Lan beſchraͤnkt. Die Ka (d. h. Sclav dar Eis 
meſen) 405), weiche bei den Kambobdjen Panong heißen, bei; 
aen an ber N. O. Grenze Siams nur das Gebirgsland mw 
ſchen Lao und Kambodija, in roher Unabhängigkeit; von ib 
vor Heimath ift faſt gar nichts bekannt. Durch einen Ban 
disfer Race, der in Bangkok zu Cramfurd gebracht wurde, th 
fahr er, daß die Siameſen auf ihre Raub ausgehen, ud 
viele als fie deren habhaft werden können, torgfangen und al 
Selaven in die Sapftale zum Verkauf bringen. Diefeb Jun 
Daum wor dor 3 Jahren fo eingebracht; Cramfurb fr da 
Mann weit kluͤger ale er erwartet hatte, feine Gefiätedils; 
aber von des der Siamefen gänzlih verſchieden. Bahı 
Chong iſt das von ihnen bekannt getvordene ſchon oben ne 
führt (ſ. &. 1070). - 

Andy von den Samang) iſt nur fehr wenig bekannt; 1 
finden fid nur in dem ſüdlichen Malayen⸗Diſtricte vs 
Queda, wo fie zweierlei Tribus bilden, melde man 66 
mang und Bilo nennt. Sie gehören zu der kleingeſtaltein, 
wilden, fogenannten NegersMRace, bie von ben Anbamır 
Snfeln ofiwärts dis Nen:Öuinea, in fo vielem vers 
sem, bielleicht erſt dahin verdrängten, Tribus zerſtreut lebt, um 
Dur Dunkle Farbe, wie durch krauſes Wollhaar (ha 
Yırdemn Malayen papuah, d.h. kraushaarig, genannt) ’) uk 
degeiägnet, aber von den im Innern ber Malayen-Helb— 
infel lebenden, einheimifchen, wilden, gelbbraunen Walapı! 
Tribus (Jakong und Benua) völlig verfhieden K 
Die Bila, aur im Gebirgs lan de, flehen in gar feinem Dr 
Sehe mit dem Geflabelande, aber die Samang beſuchen arh 





408) 5, Crawfurd Journ. p. 448, 177, *))). Crawfürd L « p 4% 
28; G. Finlayson Tour, l. © p. 226, $7. 7) B. gun 
ie Verbindungen zwiſchen Indien und Javc. 4. 1 

26». 











Sn 


Königreich Siam, Einwohner. 1131 


yie Einwohner der Ebenen, und treiben in ihren Doͤrfern etwas 
Handel. Weide haben keine feſten Wohnungen, durchziehen die 
Wilder, leben von Jagd, eſſen alles Thierfleifh, was ihnen vors 
'ommt, Quadrupeden wie Reptilien, und find ein harmloſes, vers 
chuͤchtertes Geflecht. Im Jahre [824 wurde ein ſolcher Sa⸗ 
nang, ein junger Mann, von dem Nadja von Kalantan nach 
Singapore an Crawfurd zum Geſchenk geſchickt, der ihn 
m evangelifhen Mifftionae Me. Thomſen zum Unterricht 
ıbergab. Er bfieb in geiftigee Entwidlung und Empfaͤnglichl'eit 
jegen keinen feiner Mitfchüler zurüd. Es fcheint die Zahl die ſer 
Samangs, auf der Malayen » Halbinfel, nur gering zu fepn. 
Defto merkwürbiger iſt die nody ganz im Dunkel liegende Ge⸗ 
chichte dee Verbreitung biefee auftealifhen Negerraee 
yucch die zerflreute große Sundifhe Inſel-Welt. 

Bon den Ehinefifhen Anfiedlern iſt fchon oben "die 
Rebe gewefen (f. oben &. 803), wo vorzüglich von denem in » 
Bangkok, nad der jüngfien, obwol officiellen, jedoch wol uͤl er⸗ 
tiebenen Zählung vom Sabre 1828 gefprochen wurde. Dee in 
einen Echägungen ſehr erfahrne und befonnene Crawfurd, 
Hebt einige Jahre (1822) früher, außer ben oben angefüfrten 
aoch folgende fummarifche.. Daten. Die wenigern Ehinefl hen _. 
Smigranten gehen durch Yünnan, und bleiben in den wörbiis 
hen Theilen von Lao; die meiften kommen auf bem füblichen 
Seewege nah) Bangkok, wo fie fih häufig mit Siamefinnen 
yerheirachen, den Buddhacultus annehmen, viel Almofen zahlen, | 
Tempel errichten, öfter ſelbſt Priefter werden, ihren toftl-arern 
Todtencultus aufgeben, 'und bie ihrigen durch die Verbrennung, 
vie die Siamefen, zur Erde beftatten. Sie zahlen ihre Zolltare, 
amd behalten ihre Chinefifche Tracht bei. Dergleihen Steuer⸗ 
flichtige zählte man, 1822, in Bangkok 31.0005 wo man bie, 
Hälfte dee. Population als Chinefen annimmt, was nicht zu viel 
eun fol. Die Summe der Kopffteuer, im ganzen Siameſi⸗ 
chen Reiche, die Malayenſtaaten ausgefchloffen, gab man auf 
100,000 an, wozu eine Population von 420,000 Perfonen gehoͤ⸗ 
en würde, die man jedoch mahrfcheinlich übertrieben zu 750,000 
gab. Jene oben von ben evangelifchen Miffionaren mitges 
heilte Population dee 310,000 Chinefen (f. oben ©. 803). muß 
aher wol nicht von der Gapitale, ſondern von dem ganzen Lande 
Siam verflanden werden. Die Chinefifhe Anfleblung in den - 
Blamefifhen Malayen⸗Staaten ſchaͤtzt Crawfurd auf 20,000. 


1132 Oſt-⸗Aſien. Hinter⸗Indien. IL. Abſcha. |. ®. 


Auch viele Cohin Chinefen haben fih in neue Jr! 
Siam annefiedelt, woraus ein Siameſe ben Schluß jiha ni | 
daß ihr Negiment doch weit beſſer ale das in Dune fm. 

,Auch aus den füdlichen Theilen ber Malapea: de. 
Infet find viele Anfiedier in Siam; weniger Hinbus, di 





viele Mohammedaner (Malayiſche), von denen die an: 
reich ſten, wenn auch nicht die zahlreichflem, von der Gecte 2: 
find. Die Hindu müffen doch nicht unbebeutend gewefen Ir 
ad) den drei Tempeln zu uribeilen, die Cramfard ®) in! 
Raͤhe der Stadt Bangkok befuchte; fie waten zwat jeſt Sm: 
lich, landen aber in großen ummauerten Zempelbejirten, sed !: 


einem derfelben fahe man mod; 1500 große, ſchoͤn gearbeitete © 


terſtatüen, mit ihren Amuleten, Kronen und Attributen von © 
vergoldetz ein Mahadewa 9 Fuß hoch, eben fo Patdeti, 


Biſhnan, Pabmium ca. Der zweite Tempel wor dm br 


nefa geweiht, der dritte en Linga-Tempel. Alle Bil [> 
ten aus Vorder-Indien flammen. Ein Priefter nannte ſich dan 
Brahminen, von fünfter Abſtammung feines Vorfahen, Mt 
von der heiligen Infel Ramifferam (an der Geitonfirak) Sit 


ber verſedt ſey. Die Priefter haben zwar ihre Mutterfpuk er 


geſſen; aber fie befaßen noch ihte Sanferit:Büder ded 
war ihnen Gautama aud ein Sanctus geworben, Sie bit 
nur geringe Kenntniffe, find aber doch gegenmärtig die seh 
Aftrologen, da den Zalapoinen das Stubium ber Altı® 
gie verboten ifl. Dem ungeachtet beachte La Loubere mal 
ber, zu feiner Zeit, die Indifhen Tafeln mit nad Eu 
Diefe Priefter fagten ihr Idol fey im Jahre 1406 m. Chr. St. 
(765 der vulgaicen, Siameſen Aera) nad Siam gebradt; a 
fon volle 100. Schr vor der Ankunft der Portugiefen in 8: 
dien, beſtand ein birecter Verkehr zwiſchen Gepfon und Eian 
in Hinter: Indien. Die Mohammedan er müfen untır I 
$bolanbetenden Siameſen fhon taufendmal von ber fragt 
Befolgung der Gefege ihres Koran abmeichen. Diejenigen, TU 
che die Briten zu den Tempeln begleiteten, buͤckten ſich ſcht iw 
ſpectvoll vor den Bubdhaidolen ; gem zahlen fie den Zalapeinıt 
ihre Almoſen, um fie zu Parteigängern zue Erreichung ihre Pri⸗ 
vatabſichten zu ſtimmen, und geben ihre Toͤchter ohne Cru 
auch den Unglaͤubigen zur Ehe, ober zum Harem. Das zihlu 
— — 
ot) J. Crawfurd Joumal I. co, p. 110, 149, 150. 


⸗ 
e 








Königreih Siam, Chriſten. 1133 


300 Mohammedaniſche Famillen in Bangkok, in der als 
en Gapitale aber an 3500. Ale E. Kämpfer feine Audienzen 
um glänzenden Dofe 9) der alten Gapitale Juthia Hatte (1690), . 
varen Mohren, d. 1. Mohbammedaner und Chinefen bie 
Sroß:Mandarinen, aud heute noch find die Mohammscdaner die 
Beſchaͤftsleute des Hofes. 

Die Chriften 0) in Siam find bie Nachkommen: bort 
ruͤher angeſiedelter Portugieſen, oder ſolcher, die wenigſtens Por⸗ 
ugieſiſche Namen angenommen haben. Gleich der erſte Dol⸗ 
merfch, den die Briten, bet ihrer Einfahrt nach Bangkok ir 
hielten, war ein folder, erkennbar, fagt Finlayfon!!), an feis 
nem Hut und an ein paar Europälfchen Kleidungsftüden, womit 
ic jeder Schwarze, oder Meftize von Halbbius, fogleih den Ti⸗ 
el eines Europäer anmaßt, fonft aber duch feine Geſichtsbil⸗ 
yung und alles übrige als Siameſe characterifiet if. Doch fpres 
hen fie ziemlich geläufig Portugiefifh und gebrochen Engliſch. 
Diefe Portugleſiſchen Nachkoͤmmlinge find ganz dunkelf arbi g 
von Haut, weit ſchwaͤrzer als Siameſen und Chineſen, wahr⸗ 
ſcheinlich weil fie mit Indiſchem Blut vielfach gemiſcht, und viele 
Convertiten des Landes „unter ihnen befindli find. Don be 
Silveiro, Conſul des Vicekoͤnigs von Goa !?), hatte feit einis 
zen Fahren hier eine Portugiefifche Zactorei In Bangkok ange 
'egt und auf Schifféewerften Schiffe zu bauen begonnen, wozu 
bm'das Gouvernement Ländereien angemiefen hasse. Auch lief 
vähtend Crawfurds Anwefenheit in Bangkok ein Portugiefis 
ches Handelsfhiff aus Macao ein 22) Die Portugiefifce 
Factorei ſchien fehr von Schiffen belebt, und zumal voll Heise 
see Fahrzeuge zu ſeyn, die den Binnenhandel mit den Gens 
zalprovingen betrieben. Portugiefen!*) find die Aerzte ans 
Hofe zu Siam, wie am Hofe des Schattentönige von Kam⸗ 
odja; durch beide Wege erhielt Crawfurd lehrreiche Auf/ 

chluͤſſe Aber die Geſchichte beider Hoͤfe, in dee neueſten Zeit (die 
jeiden Reibärzte, weiche Erawfurd kennen lernte, hießen Pass 
:al Ribeiro de Alvergarias und Cajetanus Lifter, 
Bater und Sohn). Diefe Portugiefen find ai ben als 
ven Ghriften zuzuzaͤhlen. : 





») E. Kämpfer Geld. aut ‚Bl von Abe — S. 21 ꝛc. 
1°) J. Crawfurd Journ. p. 4 11) G. Finlayson Journ. p 109, - 
12) J. Crawfurd I. c. p. 10% 136. : 13). chend, p. 106. 

210) ebend. p: 180. 


1134 Dft-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. (8 


Die früheren chriſtlichen Miffionen fcheinen bat, 
deren Wirkſamkeit die ältern Berichte fo viel Aufhebens metz 
gänzlich in Stoden gerathen zu ſeyn. Nach der Verfolgs; !r 
Sranzgöfifhen Miffion, bei der Verfchmwörungsgefhikt“ 
Adenteurers Conſt. Phaulkon (f. unten Geſchichte), ſcheinte 
Sefuiten:Miffion daſelbſt ihren Todeoftoß erhalten zu hi: 
As E. Kämpfer*:) in Siam war (1690), lebten die Sefuls 
patres mis ihrem Metropolitan Bifchof Louis, daſelbſt, not: 
Gefangene in ihren aͤrmlichen Schiifhütten, nachdem ige Pı:t 
dalaͤſte bee Plünderung preis gegeben waren, in Seömmigkit, ©: 
der Deutfche fagt, und Gelafjenheit ihr elendes Leben; ade: 
Hatten ſich auch mehrere jener Sefuiten in ber Nähe ber Bad: 
tempel niedergelaffen, unter dem Vorwanbe Pati, die heilige Fr: 
ſterſprache zu lernen, aber fie waren verſchwunden; fie hit 
fagt Kämpfer, den gefhornen Kopf und bie Debeka: 
Siamefifcher Buddhaprieſter vorgezogen, und fid fo ige dm 
den Zuflande entzogen. Crawfurd fcheint wenig von dal: 
tholiſch⸗chriſtlichen Miffionen in Bangkok bemerkt zu har 
Er ſagt nur 16) die meiſten Porgugiefen find Dolmetſqet m 
beim Handelsdepartement angeſtellt; man zäh a 
etwa 2000, davon 800 in Bangkok, 700 im ber alten Erik 
und 500 in Siam Kambodja. Doch befuchte ex den kathe 
lifhen Bifchof in Siam !7), ber, aus Avignom gehlitiz, 3 
34 Jahren daſelbſt gelebt, noch vor der Franzoͤſiſchen Rost! 
fein Vatexland verlaffen, und hier wie eingebürgent war. © ° 
tulicte fi) Episcopus von Sozopolis, war aber eft chei he 
huͤlfen geblieben. Sein Episcopat ſoll feit 1659 für gan; EA 
und Molacca gegründet fepen. Er zählte in der Capkalı — 
im ‚ganzen Reiche 3000 katholiſche Chriſten. Die drei Side 1 
Bangkok, Sta Cruz, Sta Anna und Sta Afumyit! 
find aͤrmlich, und die legtere noch nicht beendigt. Aus da ger 
chen Kirche in der alten Gapitale haben die Giamefen eien 
Buddhatempel gemacht. : Der Biſchof meinte, mus film Di 
fi von feinen Ehriſten welche zum Buddhathum alt Zar" 
nen verführen, felten bekehrte ſich einmal ein Siamele gan dei 
weit ihnen, wie fie fagten, der Weg zum Himmel zu fine ſo 
Der jüngfte der Briciſchen Beobachter daſelbſt finde, ui 





12) E. Kämpfer Geſch. und Beſchr. von Zapın. SL & I 
u) ). —— — c. p. B . * ebend. ꝑ. 16% 


v 








Königreich Siam, Chriſten. 1138 


Shriften und die Chulles (Hinduſtaner) In Bangkok, dem 
yostigen Britiſchen Kaufmanne die größten Beſchwerden erregen, 
urch ihre Angeberei bei den ohne das fo mittzauifchen Be⸗ 
‚örden. Die Siameſiſchen Chriſten, ſagt ee !8), ſind der 
zabl nach etwa ein Tauſend; fie find das aͤrmſte Volk, das von 
Kifhfang lebt, indem «6 fi mit feinem Erwerbe den Reis ers 
ande. Ad Gützlaf und Komlin 9), im Jahre 18%, der. 
vangelifhen Miffion in Siam ben Weg zu bahnen vers 
uchten, mußten fie auch die Trauer erleben, von ihren Batholls 
chen Mitchriften bei den Behörden verläumbet zu werden. Da 
hr für das Evangelium begeiftertes Wirken in der Capitale einis 
je6 Auffehn und unter bem Volke feib Bewegung und Wißbe⸗ 
zier erregte, 'gerieth der Phratlang (Minifter des Auswärtigen) 
mit feinem Gouvernement in Schrecken; ee hielt ihnen ernſtlich 
ya6 Muſter der guten Padres Missionares Apostolicos vor, die 
yabfh zu Haufe fich hielten, gar feinen Aufruhr erregten, keine 
Bücher vertheilten, Leine Kranken curirten u. a. m. Die große 
Begier dee Siameſen, doch mehr noch der Chinefen, Cochin Chi⸗ 
nefen, Peguer, Laos und Birmanen ale der Siamefen, nad dem 
Büchern des alten und neuen Teflamentes, die an fie reichlich 
gertheilt wurden, aus den hoͤchſten Ständen, ben prinzlihen Ges 
chlechtern, wie von den Aermflen, und felbf von Buddhapries 
tern, Mönchen (Ralapoinen) und Nonnen, die in Dienge berbeis 
ſtroͤmten, auch von allerlei Schäden und Uebeln bes Leibes curirt 
‚u werden, war rühsend, und ein Beichen, daß bei dieſem gedruͤck⸗ 
en Volke viel Noch .und Drang nad Erloͤſung jeder Art iſt. 
Der Gmonatliche Aufenthalt der beiden trefflihen Miffionare war 
Freilich zu kurz, um mehr als nur anzuregenz bie politifchen 
Tractaten mit England waren zu .unfiher, um noch länger zu 
verweilen, ben Miffionaren bee Norbameritaner, bie fi zus 
leich dieſes Geld ihrer Ausſaat auserfehen, wuͤnſchten fie Heil ' 
nd Segen, und. fchritten von da weiter gegen ben Oſten fort. 
Die weſtlichen Nachbarn endlich, die Peguanır (Mon 
der Moan) und Birmanen find nur durch bie legten polls 
ifchen Bedraͤngniſſe nach Siam übergefiebelt, wol größtentheils 
46 Ungihdiiche, Bedrängte oder Gefangene; wenigſtens fand 


18) Asiat, News Calcutta 1827. 23. Jan. Asiat. Journ. p. 400. 
1°) J. T(omlin) Journal kept during a Voyage kom en to 
Siam etc. Bingepore at the Missions Press. p. 9, 14, 64 


1136 Oft-Yflen, Hinter- Indien. | II. Abſchu. $. 86. 


Gramwfurb*?0) viele bes letzteren In Ihren Gefängntfien im $:n 
von Bangkok noch eingekertert; den Peguern hatte man, cH 
Fluͤchtlinge aus ihrer Heimath, vos den graufamen Ueberfiia 
Ipeer wmörblichen Feinde, ber Birmanen, bier in der Nähe de 
Gapitale, gaſtliche Unterdunft gegeben, und ihnen in ber Ri: 
der unvollendet gebliebenen VBerfhanzungen, weidhe Crawfn:) 
Die Pegu Forts neunt, als Colonie anzufiebeln erlaubt. Sie ze 
gerfcheiden fich von den Siameſen leicht, durch dad lange Hau» 
Baar der Weiber, und durch bie gemalten ober tatewirten 
Schenkel?!) der Männer, deren Bruſt auch gewoͤhnlich mi 
Degufchrift, in gleicher Art, bedeckt zu feyn pflegt. Feder Brcı 
Rabe iſt zollgroß eingeägtz fie find ein gurmüchiges Wölfen 
Man ſchaͤtzt ihre Zahl auf 25,000. 

Mach diefer gefonberten Aufführung ber Bolkoamenge ia 
Siiam ergiebt ſich ihre Zabl, nadı Cramfurds Scägung, noch 
ohne die wilden Tribus, auf etwa 2,790,500 Einwohne; sit 
nah runder Summe hoͤchſtens an 3 Millionen. Zwar fir 
der jüngfte Britiſche Beobachter feine Schägung (1827) Eis arf 
5 Milionen 22), indem er für Siamefen und Laos 3Ti 
Kon, auf Chineſen fogae 14 Millionen zu rechnen ſich Ieıdı 
tigt olaubt. Dennoch würde auch diefe Summe für ein fo: 
Fed Rei nur gering feyn, und den Zuſtand einer Unenkm fa 
dem größten Theil feiner Ausbreitungen beweiſen. Im legterm 
Kalle würden anf bas Areal jeder deutfhen Quadratucut, 
Im Siams Königreich, nur 375 Bewohner kommen; mm 
ſten ale fogar nur 225 Seelen. Selbſt mit andern Afiatiſces 
Reichen verglichen, wie mit China (f. ob. S. 951) und. Iatim, 
IR dies eine ungemein drmliche Bevölkerung, und jener Gefantt 
des kleinen oder Fark bevölkerten und cultivirten Königreide Öc » 
konda in Indien, der im XV. Sahrhundert über Mergrei 
kaum die Siamefifhen Wälder und Wildniſſe bis zus Capitale 
Juthia durchdringen Tonnte, hatte wol Recht, als ein de 
Aubdienz vom König von Siam wegen bes Eleinen Reichs ten 
Golkonda geneckt ward, zu ſagen: „Ia, das Gebiet meicd 
Herren iſt Hein aber von Menſchen bewohnt, das Reid, Ex. Tin 
jeftät von Siam aber meift von Affen.” Bei dem Ratur: 
reich thum bes Landes kann die Menſchenarmuth zur ci: 





33 J. Crawfurd Jonrn. I. & p. 119. sı) ebend. p. 183. 
””) Asint, News Calcutia 1827. 23. Jan. Asiat, Journ. p. M. 








Königreich Siam, Zalapoine. - 1137 


Kolge des ‚verheerenden Nachbarkriege von außen, und des 
Deepotie, wie der verkehrten Megierungsmeife von innen feyn. 
Die durchgehende Conſcription ber rüftigften Kraft bes 
zanzen Volkes, für die despotiſchen Willkuͤhren des Etaatsbienftes, 
ie Unſicherheit des Eigenthums und aller beftehenden Verhaͤlt⸗ 
riffe, die Hemmung jedes freien Verkehrs nach innen und außen, 
find bie naͤchſten Urfahen bes Menfhenmangels und ber allge 
neinen Nrmuih. Der wohlfeilen Lebensmittel ungeachtet iſt das 
Tagelohn ſehr theuer, denn alle Kraft iſt im Dienſt der Verwal⸗ 
ung gehemmt, und dabei träge und laͤſſig. Ehen werben des⸗⸗ 
alb hier, für Afiatifches Clima, nur fehe ſpaͤt gefhloffen. Dur 
Männer felten- vor dem 2Aſten Jahre, ‚bie Mädchen nicht vor 
‚em 18ten Sabre, ausgenommen bei den Reihen. Doch ift bie 
Nahrung und das Leben, wie die Wohnung leicht zu haben und 
yeguem, weil die Natur fo ergiebig. , Eigentlihe Arme, Bettler, 
ehlen; man findet nur Kranke. Verſtuͤmmelte und alte Weiber 
Ne Almofen begehren, bei den Tempeln und Klöftern, deren 
Zahl fehr groß ift, und deren Bewohner man freilich als die pris 
yeligirten Bettler des Landes anfehen kann, bie demfelben nicht 
venig zue Laſt fallen. In Bangkok gab man die Zahl der 
Talapoinen ?) auf 5000, im ganzen Lande auf 50,000 am, 
vas etwa „ı, der ganzen Bubbhiftifhen Population betragen mag, 
yei demjenigen Theil dee Population Siams, welcher allen jener 
yerberblichen Einflüffen nicht unterworfen ift, bei der Chine⸗ 
ifchen Anfiedlung, zeigt fih die (hneilfte Vermehrung, 
kntwicklung, Bereicherung. Sie zahlen nur leichte Kopffteuer, 
ind frei von dem Mitttairdienft und der Civil⸗Conſctiption, ges 
yen ihrem freien Erwerbe nach, jeder feinem Talente gemäß, ver 
yeirathen fich früh, gewinnen Wohlſtand, Reichthum, find die Ges 
bildeteſten des Landes, haben den Verkehr mit dem Auslande in 
been Händen, und ziehen jedes Jahr eine zahlreiche Emigrantene 
haft aus ihrer Heimath zu ihrer Colonifation herüber. — 
In dem geſunden Landesclima haben ſich nur zwei Wuͤrg⸗ 
engel der ſchnelleren Bevoͤlkerung des Landes entgegengeſtellt, und 
zwar erſt in neuerer Zeit, die Pocken und die Cholera Mora 
bus. Die erſteren find feit längerer Zeit von den Siameſen Tehr 
gefuͤrchtet, ſie kommen oft Uber das Land und find bösartig, fie 
werden wie bei den Chinefen, Tuͤbetern, Koreeen (f. ob. ©. 248 





22) J. Crawfurd Journ. l. e. p: 454, 
Kitter Erdkunde IV. Ceee 


1138 Ofl-Afim. Hinter-Indien. II. Abfdn. $. 86. 


645 u a.) und anderen Aflaten, auf eine gleich ummentnti; 
Weife behandelt. 

Die Cholera ift eine jüngere Plage, die fid hier gm o 

fen male, im Aprilmonate 1820 gezeigt, nachdem fie fen fü 
ber Sndoftan drei Jahre binducch verheert hatte. 
Sie wandet!e 20) vom Suͤden ber, aus den Makriita 
Staaten über Sungora, bie Küfle entlang, ein, an bi 
Mündung des Menam, von wo fie nad) 5 Tagen fen Bar 
kok erreichte, daſeldſt mit größter Wuth nur 16 Tage vemeilt 
aber während berfeiben von 5 Lebenden einen, oder } der gan 
Mopulation wegrafften Noch ſprach man mit Schauder ven Ir 
fer Periode, im der täglich viele Lunderte der Leichen ben Zink 
des Menam übergeben wurden, in denen fie, wie Klooßhelj ann 
ander gereibt, fortirieben. Diefe Krankheit, die zerſtoͤrendſte Mi 
Menfhengefchlechtes, duchhfchritt von da gang Laos ventud 
sen, und Kambodja wie Codhin China von der aan 
Seite. Sie hatte fih von Arabien bis China über Wr 
gengrade ausgebreitet, und von Java nordwaͤtts bis 40° beim 
Himalaya hinaus, und mehrere Millionen gemäher Sn h 
Mitte des Days 18223) fing fir an mach zweijährige Ahes 
Tenheit fi in Bangkok zum erflen male wieder zw zeigen. (a 
Chinefe Äußerte fi gegen Cramfurd zu Bangkok ia fan 
Mechaniſch vegetirenden Denkweiſe darüber, er mein, il 
Kriege ausgeblieben, fo hätte die Natur eine ander Pefini 
Ihiden müflen, um das entfichende Misverhaͤltniß der Bene 
zu dem Verzehtten, der Population zu den Lebensmitteln wide 
In das rechte Gleichgewicht zu bringen, 


12. Die Siamefen, die Thap. 


Die Siameſen nennen fi feld Thap, die Birmamnım 
nen fie Shan, die Chinefen, Kambodjen und Malapın memna 
fie Scam (oder Tzjam bei Kämpfer 5), woraus dee bi E 
sopäern gebräudhlihe Name Siam ) entflanden if. 

In den Königlichen Briefen, weiche in die Ränder ber em 
ben ausgefertigt werden, wird der Name des Königäpalafird, ode 
ber Reſidenzſtadt auch dem ganzen Lande gegeben; naͤmlich G⸗ 
— — 

a Bar anal 
€. 36. "°) 3. Orawiard — Fr 7 


| 








Königreich Siam, Siamefen. 1139 


Ut'hipa, wol der Sanfcrit:Name der Indiſchen Rama 
Refidenz am Ganges, Sri Ayudhya, da die Siameſiſche 
Legende ſich eben fo wie die Hinduifche der Königgefchlechter auf 
den Ramayana und feine Daten fügt. Aus dieſem Sanfceits 
namen entftanden die Verdrehungen des Namen der alten Cas 
pitale Yutbio, Juthia, Ddia, India, Ayuthia, u.a.m. 
Schon La Zoubere bemerkte, und Dr. Leyden in feinen 
Sprachforſchungen beftätigte es, dag bie Stamefen fi) in 2 Klafs 
fen theitten, 1) die Thap pai, d. i. die Großen, ober bie aus 
titen Thay und 2) in die Thay noi, oder bie Kleinen die 
jüngere Thay. Aber bie Thay yai, bemerkt Leyden, feyen 
faft gänzlich verfhwunden, nur einige antike Bauwerke im Ins 
nern des Landes follen nach feiner Hppothefe, in welcher er das 
hohe Platenuland von Laos für den Olymp und die antike Cul⸗ 
turheimath Hfinterindiens zu halten geneigt war, noch Denkmale 
7 noch unbekannt) ihres verſchwundenen Dafeyns feyn. ‘ Aber 
diefe Hppothefe hat Widerſpruch, und bie jegt feine Stäge 28) 
m hiſtoriſchen Documenten gefunden, und die Differenz der von 
enen Thay yat aufgezeigten Sprachrefle fheint nur uns 
yedentend von ber Sprache der Thaynoi abzuweichen. Zu 
emerken tft, daß das Volk der Lao, weiches einen Siamefifchen 
Dialect fpricht, öfter mit dem Namen der Thay yai belegt wird, 
vie z. B. von den Ehinefen 29) (f. unten Laos). Da jedoch 
ie Hiftorie dee Siamefen nicht viel weiter al6 in ihre erfte 
Bekanntfchaft mit den Europäern zurüdgeht, und bie Annalen, 
peiche ih ihrem Königehaufe als Tageschroniken niedergefchrieben 
verden follen, bieher unbelannt blieben. und wenigſtens noch 
on Teinem Fremden, weber einem Chinefifhen noch einem Eus 
opäifchen Literator gefehen wurden, fo bleiben über ihre Anfänge 
ur Dermuthungen oder Wahrſcheinlichkeit übrig, die ſich nur 
us ihrem errag: und Religionsfyfleme etwa fehfießen 
‚sen. 
Die Siamefen, oder die Thay (nach La Boubare, die 
eelen; Muan Thay, das Land oder Reich der Freien ®), 





28) E. Bournouf et Chr. Lassen Essai sur le Pal on Langus sa- 
er&e de la Presquile au de ia du Gange. Paris 1826. 8. p. 65. 
2°) Route yar Terre de Siam jusqu’a la Chine, tirde des Memoires 
de quelguea — qui en ont fait je Chemin b. Da Halda 
Deser. 1. c. T. 1. p. 126. »°) La Loubere- du Royauıne * 

Siax-l.c T. p 20 etc. 
Ccec?2 


1142 Nf-Afen. Hinter: Indien. IE. Abſchu. $.86. 


daß fie hberbaupt zu einer höhere Civififation und Cultı x 
langten, welche aud dem phyſiſchen Schlage fehr mebifciste 5: 


men allmälig, von Geſchlecht zu Geſchlecht, zu übermaden 2 


Stande fey. Um zu einem entfcheldenden Urtheile zu yelanını 
müffe man ben phyfifhen Schlag der Malapen, bie it 
überhaupt erſt weiter nordoſtwaͤrts verbreitet haben, in ihres rt: 
beften Stämmen und entſcheidenſten Characteren auf Er 


matra, dem Eüden Malaccas und einigen der umgebente: 


Inſeln und Meergaffen baferbft (3. B. der wilden Jakong un 
Benua, wie ber Dranglaut %?) u. a.) ſtuditen. Finler 
fon hatte bei feiner Behauptung offenbar au dieſe im Ein 








Die er mit Crawfurd bei dem Aufenthalt in Singapore im 
nen gelernt, und welche beide wieder auf das entfcylebeufe ca 


den in ber Nachbarſchaft, ſowol im Weſt auf den Nicobet 


Infeln, als im Norden der Halbinſel Hinterindiat 


haufenden ſchwarzen, negerartigen VBöllerffömmunmn. 


dem Wollhaar (f. oben S. 1030 die Samang *) abencı 
Eintayfon ſelbſt fagt, daß er die Spuren der roheſten, wmie 
den Malayenflämme in ben Gebirgsdiſtricten ber fühlte 
Malayenſtaaten gefehen, daß aber feine Kenntniß derſelbes if 
befchränft geblieben fey, um deren Verwandtſchaft mit kr 
Nordanwohnern wirklich nachzuweiſen. Obwol e6 allgemein: ::: 
nahme ſey, exiſtire doch gar kein Beweis dafür, daß fir Urde⸗ 
wohner jenes Güdendes der Malacca : Halbinfel fen, weis; 
ſtens von Peiner der andern Partien, als jener der nad zutst:: 
Deungenen Urwaͤlder daſelbſt, ließe ſich dies behaupten, als ir 
in benen man fie noch heute als wilde Stämme vorſiade 

Aber wenn wie auch mit Finlayſon Koͤrper⸗Affini 
taͤt gugeben, fo ift doch noch von gar keine Sprach⸗Anai:⸗ 
gie zwifchen dieſen Malayen und bean nördlichen Giant 
fen und Hinterindifhen Voͤlkern die Rebe, noch weniger ci 
gemeinfame Familie nabkunft wahrſcheinlich zu machen, wei: 
dreierlei Verhältnifſe inde im einer ethaogradhiſdt: 
Syſtematik erſt auf ihren wahren Werth rebucht fega mi’ 
fen, um überhaupt nue vom Zufammengehörigen oder nis: 
Bufammengebörigen gewiffer Voͤlkerabcheilungen wit c= 
gem Grunde fprechen zu können. 


23) J. Crawfurd Joura. L. e. p. 37,42. 20) chend. p. 7. 18 
G. Finleyson p. 226 Not. v. St. Rafllen 


Siamefen, allgemeine Eharacterifti.- 1143 


&o wenig wie mit der füdlicdh anwohnenden Völker 
seuppe, konnen wir auch noch mit den noͤrdlich anwoh⸗ 
aenden, den Kübetern, Mongholen, Chinefen, unb 
ſo manchen der undekannteren Bergvoͤlker, hppothetiſchen Verknuͤ⸗ 
»fungen nachgehen, und wir bleiben für jetzt rein bei den Beob⸗ 

schtungen fliehen, bie und Finlayfon und Cramfurd mit 
heiten, ohne noch einfeitige Theorien darauf zu bauen, bie in ben 
Echnograpbien bis jegt noch nur zu herkoͤmmlich find, meil 
nan die Thatfadhen noch viel zu wenig Eennt. 

Folgende Thatfachen haben fih aber aus Finlayſons ver⸗ 
zleichender Beobachtung der vorzuͤglichſten Nationen der Hinter⸗ 
ndiſchen Halbinſel ergeben, bie benachbarten Chinefen mit inbes 
wiffen, die derſelbe als den Prototyp ber ganzen Race, wie er 
agt, anfehen möchte. Es follen jedoch nur die vorheref ch e n⸗ 
ven Züge, bie den ganzen Schlag charackteriſiren, bie 
yezeichnet ſeyn, wenn fie fich auch in Eeinem der einzelnen Indi⸗ 
ibuen auf diefe MWeife alle beifammen finden möchten, 

Die Geſtalt ift bei allen gleichartig, die dee Mongho⸗ 
en Race; die Chinefen find vielleicht-etwas ſchlanker als die 
ındern, die Malayen find etwas kleiner als die übrigen. Die 
Bröße der Individuen: in der ganzen Voͤlkerfamilie, mit 
been Ertremen, ben Chinefen im N.D., den Malayen im 
S. W., ift bei allen ſtets etwas geringer als bei den Voͤl⸗ 
teen der Kaukafifhen Race. 

Die Mittlere Höhe der Siamefen nah den Mefjuns 
jen vieler Individuen die Sinlapfon vorgenommen, giebt 5 Fuß 
3300 Engl. (glei) gering, wie. bei Anamefen, vergl. oben ©. 
363 2c.). Die Hautfarbe biefer ganzen Voͤlkerfamilie ift 
m Algemeinen heller als beiden Afiaten im Weſten bes Gan⸗ 
zes; bei ben meiften geld, bei den oberen Ständen durch gelbe 
Schminke foft zum goldfarbigen erhöht. Die Textut dee Haus 
ft fehe weich, ſanft, glänzend. Bei allen, insgefommt, iſt eine 
zewiſſe Tendenz zum Fettwerden vorherrſchend. Die nährens 
en Gefäße ‚gehen meiſt zur Oberfläche, dehnen und überladen 
das Zellgewebe mit einer großen Waffe Fett. Die Musculars 
textur ift im Allgemeinen weich, lar, fchlaff, felten feiner ge 
formt, Bei. den Arbeitern, Handwerkern, z. B. unter den Chi⸗ 
nefen erhalten die angeflrengten Muscularpartien ein großes Vo⸗ 
lumen, felten aber jene Derbheit und Efafticität, wie bei den Eus 
sopäern ; daher uͤberſchaͤtzt der Europäer, dem Ausfehen nach, ihre 


\ ⸗ 


1144 OfisAfen. Hinter: Indien. II. Abſcha. $. 86. 


Muskelkraft, und batd bemerkt er das Misverbältaif k 
Kraft zum Volumen. 

"Die Glieder find oft gleich, ja noch groͤßer als bie der Ex 
ropaͤerz die Hüften zeigen fih ſtaͤrker, jedoch nur ans eti:m 
Gründen , wodurch die ganze Körpergefialt eine unverbälmifn: 
fige Schwerfätligkeit hält, und die unterfegte, fin | 
mige Geſtalt (Squat race) bie characteriſtiſche wirb. | 

Dos Geſicht iſt bei allen fehr breic, platt, die Badukaı: 
chen breit, prominirend, fanft, gerundet. Der Zwifchenreum ji: 
ſchen den Augenbrauen (Glabellum) iſt ganz flady und ungemits 
lich breit, die Augen dagegen find Hein. Die Deffaung der Au 
genlicder ziemlich linear, bei den Malayen unb Hinter : abi; 
aber, gegen bie Naſenwurzel, fhief wintlich bei Chineſen, mi 
dem aͤußern Ende aufwärts gerichtet. 

Der Unterkiefer iſt lang, unter dem Seimt ſcht vch, 
fo daß er ein vieredige® Anfehen giebt. Die Nafe ifi mit: 
klein ale platt, die Nafenflügel find nicht befonders ausgtdebet. 
bei vielen Malayen doch gegen die Spitze zu am breitejim. Da 
Mund ift breit, die Lippen find bil, ber Bart fehe tim 
ur aus wenigen Hanren beftehend. 

Der Vorkopf if an fih ſchmal, nur nad ben Erima 
breit werbend, der Haarw uchs reiht aber befonders tirf 
herab in das Gefiht. Die Form des Schädels if Fk 
befondersz der Durchmeſſer von der Stirn ruͤckwaͤrts iſt ſehr fun, 
daher feine Cylinderform. Das Foramen occipitale ſteht fo mit 
zurüd, daß von ba zum Genid des Halfes öfter nur rine gereit 
Linie il. Der Obertheil des Schaͤdels IfE oft ganz ungewoͤhnlich 
flah. Das Haupthaar iſt did, grob, ſchlaff, bei einigen mit 
“einer Tendenz am Vorderkopfe ſich zu Eräufeln, doch iſt dies bei 
Malayen nur Insbefondere der Fall. Die Haarfarbe IR ſten 
die Schwarze. 

Die Glieder tun, bi, ſtaͤmmig, find von unvechältnih 
mäßiger Länge gegen den kurzen Koͤrper; zumal bie Arme fe 
bei den Malayen, nach Art des Baues des Affen, ſehr lang, de 
Fuß meiſt Hein, die Hand dagegen weit größer gebifbet als bi 
den Bengatlefen, wo fie verhaͤltnißmaͤßig ſeht Klein zu ſeyn pilezt. 

Der Körperfiamm ift mehr quadratiſch, fat fo beit a 
den Hüften wie in ben Bruſtmuskeln; barin der größte Hu 
ſchied von den’ Bewohnern Vorderindiens, bie durchgehende me 
gen ihren ſchmalen Taille merkwürdig find. Der Durchmeſſet ia 


S 








U 


Siamefen, fpecielle Characterifil. 2145 


Becken tft fehr breit, bie Dimenfionen der Höftungen wirden bei 
ei andern Macen groͤßer ausfallen. 

Nach dieſer Beſchaffenheit des phyſi ra en Schlages zu 
srtheiten, meint Sinlayfon, könne man fich denken, biefe Wöls 
ten fepen toeniger zu fltenger, als vielmehr zu muͤhſamer Arbeit, 
zu Verrichtung nicht geifliger, ſondern mechaniſcher Geſchaͤfte ges 
ſchaffen, bie das Loos der arbeitenden Volksklaſſe find; fie haben 
ie Geſtalt der Londner Laftträger, ohne jeboch ihre Energie und 
Kraft zu befigen. Die größere Zahl unter ihnen ift ausgezeichnet 
urch mechanifches Geſchick und Geduld in Durchführung mühfes 
liger Unternehmungen ; keineswegs durch den Klug der Imaginas 
tion, ber Gapacität und Erfindungsfraftz: dagegen iſt der andere 
Theil derfelben gaͤnzlicher Indolenz und Arbeitfcheu ergeben. - 


Specielle Charaeteriſtik der Siameſen nach Craw⸗ 
furd und Finlayfon*3), : 


Obwol der genannten Voͤlker⸗Familie, und zwar bem 
:entralen Theile derfelben, angehörig, ‚bilden dieſe Thay do 
in für fich beſtehendes, von dem übrigen buch diftinctive 
Sharactere in phyſiſchem Schlag, Sprachſtamm und 
Sulturgang für ſich perfönlich, gleihfam abgerundetes Voͤlker⸗ 
jited, das ſich ſeiner genealogifhen Verwandtſchaft nad 
nur etwa auf hiftorifhem Wege, an die Laos anzuteihen ſcheint. 
Wenn früherhin die ethnographiſche Beobachtung fo duͤrf⸗ 
tig fuͤr die Menſchenkunde ausfiel, dag ſeibſt ein Meiſter der aͤ⸗ 
teren Periode, wie E. Kämpfer es für hinreichend hielt, die 
Siameſen bei feinem Beſuche mit folgenden Morten zu ſchildern 
„die biefigen Menfhen find ſehr klein, und fehen 
alle aus wie die Meerkagen 36)” ohne das geringfie weiter 
sur Characteriſtik ihres phyſiſchen Schlages hinzuzufügen: fo muͤſ⸗ 
en wie den Fortſchritt preifen, ben die wiffenfhaftlide 
Beobachtung im neuerer Zeit, in Beziehung auf den Miens. 
‚hen, auch in dieſer Hinſicht gemacht bat, beren Mefultate wie 
auch im bisherigen, wie im folgenden auf das gewiffens 
haftefte zu verfolgen, für einen nicht unwefentlichen a unfes 
rer erdkundlichen Verſuche — 


/ 


+38) J. Crawfurd Journ. p. 300 — 318. G. Finlayson Be 103, 108, 
118, 119. 20) G. Kämpfer Geſch. und Beſchr. von 





| +: 


1146 Oſt-Aſien. Hinter-Indien. II. A 


An Geſtalt find die Thap oder Sina m e 
Ihre Nachbarn, die Chinefen und Hindu, wie bid 
größere als die Malayen. Die Mittelgeög 
als DD gemefienen Individuen, wie oben gefagt 
Engl. Die Srößten hatten nur 5 Fuß 8 Boll, Die | 
2301; die Mittelgahl ergiebt, daß fie um 1 Sou 
algs die Mittelgeöße der Malayen, um 1 
die Mittelgröße der Chineſen. 
..“ Die Gliederbildung if, wie oben bei der 
teriſtik angegeben warb, gut proportionirt, Doch 
beit, ohne ale Brazie, welde die Hindus auesgei 
doch leichter und weniger fleifhig und befier pro 
«6 bie Inſulaner des nahen Archipels find, 

Der Schädelbau iſt wie oben, im Allgemein 
beſonders außgezeichnet, durch die gerade Fläche Des 

Das Geſicht der Siamefen, ſehr verſchiede 
der Europäer oder der Hindu, ift nie prominirend, 
Bügen, fondern mehr duch feine Breite auffaltent. i 
ein, nad) vorn rund, nicht platt tele bei der Meger; 
fentöcher nicht parallel, ſondern fehe divergirend. Dei 
nicht befonders vorficehend, obwol die Lippen bil. Dir 
find klein mir ſchwarzer Iris, das Weiß des Auges ! 
gelblichen Ton, der Hautfarbe gemäß. Die Aeußeren 
winkel find mehr nad) oben gefchligt, als bei den weſtlic 
Bern. Die Augenbrauen find weder befonbers vorfich: 
marquirt. Am meiften iſt die Befihtsform characteriſ 
Die breiten, weit vorfiebenden Backkenknochen, mod 
fhöne Oval des Ideals der Abendlaͤndiſchen Völker verſe 
und die vieredige, mehr Rhombusgeſtalt (Leze 
Oſtaſiatiſchen Phyſtognomie bervortitt. Dog lü 
dieſe bei Siameſen Wohlgebitdetheit zu, obwol in ihrer ? 
mehr als bei Chinefen. Der Siamefe, zur Zeit La 8 
zes, am Hofe Lonis ÄIV., wie in neueſter Zeit zu Cea® 
Zeit in Calcutta, findet narärlich, daß Curopaͤiſche Ed 
feine Bewunderung verdiene #7). Gang deſonders eigenth 
iſt deim Siamefen die weite Verbreitung der d* 
ten Daut in das fonft glatte menfdlide Ge 
mehr, ſagt Dr. Finlayſon bei ihnen, als bei irgend ana 


enter j . 
+37) J.-Crawfurd Journ. 1. c. p. 3ll. 


— 


Wall "  Sinmefen, fpecielle Characteriſtik. u 1147 


udetuBole, ie tritt auf beiden Seiten vor, bedeckt bie ganzen 
Hiahmfen, ziehe fich bis einen Zoll über die Augenbrauen, und 
wäindets eben fo weit, bis zum aͤußern Augenwinkel. Bei einem 
aan Beſuch in Ada lernte Crawfurd (1826), bafeldft, eis 
ipigpim ganzen Geſichte langbehaarten Mann) aus 
Kinn kennen, der am Birmanenhofe die Function eines Affen⸗ 
tin Kwurſtes hatte. Dao Haupthaar der Siameſen iſt 
u zens ſchwarz, ſtraff, grob, xeichlich; auf der übrigen Haut. 
sun ſparſam, wie bei Malayen und Amerikaniſchen Aboriginern. 
ey Bart iſt daher auch nirgends als Schmuck angeſehen, und 
‚np ſtets ausgeriſſen, wie dies auch bei allen Infulanern des 
amdipels der Fall if. Die nach dem Hintergelenk und nach au⸗ 
‚m gehende Breite des Unterkiefers if bei Siamefen 
En Auf und entftellend für das ganze Gefiht, daß dieſes 
ie das Anfehn einee Kropfbildung, ober doch wie von geſchwol⸗ 
„en Mandeln erhält. Bon den Zähnen 9) diefes Volks ift 
m die Rede, ba fie biefelben ſchon in frühefter Jugend volls 
men ſchwarz und glänzend beisen, doch ohne das Email der: 
an wie die Infulaner des füdlichen Acchipel® zu zerflören, wähs 
„nd ihre Lippen ganz roth gebeizt find, vom befländigen Kauen 
Son Betel, Catechu und Kalk, was ihnen ein-fehe widriges An⸗ 
Fon giebt. Sie haben einen emtfchiedenen MWiderwillen gegen 
"oeiße Zähne (f. ob. S. 1012). Ihre Hautfarbe ift hellbraun, 
"m einem Ton nöd heiter ale bei Malayenz aber um vieles 
dunkler als bei Chineſen; niemals dem Dunkel des Hindu, 
"no weniger des Negers gleich. Die Dhyfiognomie der 
Sjamefen ift im ganzen büfter, ohne Anmuth, graͤmlich, wie 
ihre ganze Haltung träge, ſchwerfaͤllig, ohne alle Grazie; darin 
bilden fie den Gegenfag der Cochin Chinefen (f. ob. &. 964), die 
fhon, an ben Oſtgrenzen Siams, unter Iebenbigern und annehm⸗ 
lüchern Geflalten auftreten, wie ihre weftlihen Nachbarn bie Bir⸗ 
manen, und zumal die von Arcalan, Caſſay und Andere, fo wie 
fie ſich Hindoftan nähern, zwar dunkelfarbiger werden, aber 
auch mehr ſcharfes, weſtliches Profil, ſchoͤnern mehr inne⸗ 
res Leden gewinnen. 
In Kleidung) find bie Siameſen ſuſam z das Volk 





ss) J. Crawfurd Journal of an Kınbassy from the Governor Gene- 
ral in India to the Court of Ava. Lond. 1829. 4. p. 185. 

s°) G. Finlayson Journ. p. 107; J. Crawfurd Ion p. 314. 

20) J. Orawfurd Journ. p. 312, '@. Finla5sen p. IWW. 


“- 


1146 Oſt-Aſien. Hinter-Indien. II. Abſcha. 5.86. 


An Geſtalt find die Thay oder Siamefen Eärzer ok 
Ihre Nachbarn, die Chinefen und Hinbu, tie bie Enropke, abe 
größer als die Malayen. Die Mittelgröße if nad ne 
als DD gemefienen Individuen, wie oben gefagt, 5 Fuß 3. 
Engl. Die Gröften hatten nur’ 5 Fuß 8 Zoll, die Kleinfen 5 zu 
23085 die Mittetzahl ergiebt, daß fie um 1 Zoll ſchlanke fit 
als die Mittelgröße der Malayen, um 1 Zol kuͤtzet ui 
de Mittelgröße dere Ehinefen. 
. .“ Die Gliederbildung ift, wie oben bei der Geſamtchusr⸗ 
geriflit angegeben warb, gut proportionirt, doch ohne Immunit 
beit, ohne alle Brazie, welche die Hindus auszeichnet, dagezen 
‘doch Leichter und weniger fleifhig und beſſer peoportianit, alt 
es die Inſulaner des nahen Archipels find, 

Der Scchäbdelbau iſt wie oben, im Allgemeinen anzegeden 
befonders ausgezeichnet, durch die gerade Fläche des Hintatırfl 

Das Geſicht der Siameſen, ſehr verſchieden von der 
der Europäer oder ber Hindu, iſt nie prominicend, mit fl 
Bügen, fondern mehr durch feine Breite auffallend. Die Rıl! 
Bein, nach vorn rund, nicht platt wie bei dem Neger; die Pi: 
fentöcher nicht parallel, fondern ſehr divergicend. Der Rund 
nicht beſondert vorfichend, obwol die Lippen did. Die Augın 
find Hein mie ſchwarzer Iris, das Weiß des Auges het eiam 


‚gelblihen Ton, der Hautfarbe gemäß. Die Aeußeren Anger 


winkel find mehr nad) oben geſchlitzt, als bei den weſtlichen Bil: 
ern. Die Augenbrauen find weder befonbers verfichmd ved 
marquitt. Am meiften iſt die Befichtsform dpazacterifirt durd 
Die breiten, weit vorfiebenden Badentnocen, woducch di 
fhöne Oval des Ideals der Abenblänbifcen Voͤlker verſchrinder 
und die vieredige, mehr Rhombusgeftalt (Lozesge) M 
Oſtaſiatiſchen Phyfiognomie hervormitt. Dod laſt aus 
diefe bei Siameſen Wohlgebitdetheit zu, obwol In ihrer Ast un 
mehr ats bei Chinefen. Der Siamefe, zur Zeit La Loube 
res, am Hofe Louis XIV., wie in neuefter Zeit zu Geawfurd! 
Beit in Calcutta, findet natuͤrlich, daß Europaͤiſche Soiohen 
keine Bewunderung verdiene). Gang beſonders eigeathümlit 
iR beim Siamefen bie weite Verbreitung der bebast 
ten Haut in das fonft glatte menfglige Belit: 
mehr, fagt Dr. Finlayſon bei ihnen, als bei irgend einem U" 


re , 
+27) 3. Crawfurd Journ. 1. c. p. 3ll. 


— 


Sicameſen, fpecielle Characteriftit. 1147 


been Volke, ie tritt auf beiden Seiten vor, bebedit bie ganzen 
Schlaͤfen, ziehe fi) bis einen Zoll über bie Augenbrauen, und 
vorwärts eben fo weit, bis zum aͤußern Augenwinkel. Bei einem 
fpätern Beſuch in Ada lernte Cramfurb (1826), daſelbſt, eis 
nen im ganzen Gefihte langbehaarten Mann?) aus 
Laos kennen, der am Birmanenhofe die Zunction eines Affens 
Hanswurſtes Hatte. Das Haupthaar der Siamefen if 
übrigens ſchwarz, fraff, grob, xeichlich; auf ber übrigen Haut. 
aber fparfam, wie bei Malayen und Amerikaniſchen Aboriginern. 
Der Bart ift daher auch nirgends als Schmuck angefeher, und 
wird ſtets ausgeriffen, wie dies auch bei allen Inſulanern bes 
Acchipels der Fall if. Die nad dem Hintergelenk und nad) aus 
Gen gehende Breite des Unterkiefers if bei Siamefen 
fo auffallend und entftellend für das ganze Geficht, daß biefes 
dort das Anfehn einee Kropfbildung, ober doch tie von gefchtwols 
lenen Mandeln erhält. Don den Zähnen 9) dieſes Volks iſt 
Saum die Rede, da fie diefeiben ſchon in frühefter Tugend volls 
kommen ſchwarz und glänzend beizen, doch ohne das Email ders 
felben wie die Infulaner bes fürdlichen Archipels zu zerflören, wähs 
rend Ihre Lippen ganz roth gebeizt find, vom beftändigen Kauen 
von Betel, Satehu und Kalk, was ihnen ein-fehr widriges An⸗ 
fehn giebt. Sie haben einen entſchiedenen Widerwillen gegen 
weiße Zähne (f. ob. S. 1012). Ihre Hautfarbe iſt hellbraun, 
um einen Ton nöch Heiler als bei Malayenz aber um vieles 
dunkler als bei Chinefen; niemals dem Dunkel des Hindu, 
noch weniger des Negers gleich. Die Dhyfiognomie der 
Siamefen iſt im ganzen düfter, ohne Anmuth, graͤmlich, wie 
ihre ganze Haltung träge, fehwerfällig, ohne alle Grazie; darin 
bilden fie den Gegenfag der Cochin Chinefen (f. ob. &. 964), die 
ſchon, au den Oſtgrenzen Siams, unter Iebendigern und annehm⸗ 
tichern Geſtalten auftreten, wie ihre weſtlichen Nachbarn die Birs 
manen, und zumal die von Arrakan, Caſſay und Andere, fo wie 
fie fih Hindoftan nähern, zwar dunfelfarbiger werden, aber 
auch mehe ſcharfes, weſtliches Profil, fchönern Bart, mehr inne 
res Leben gewinnen. 

Zu Kleidung‘) find die Siamefen felfam; das Wort 





es) J. Crawford Journal of an Kınbassy from the Governor Gens- 
ral in India to the Court of Ava. Lond. 1829. 4. p. 185. 

s®) G. Finlayson daursn. p. 107; J. Crawfırd Journ. p. 314. 

20) J, Orawfurd Journ. p. 312, G. Fiplaysun p. 100. 


1148 Ofl-Aflen. Hinter⸗Indien. IE. Abfchn. $. 86. 


geht meiſt Halb nackt, umb auch bie hoͤhern Stände beider Gr 
fdjlechter tragen weniger Kleidung, als irgend ein anderes civil. 
firtes Volt im Oſten, die fi oft nur zu fehr damit bebängen. 
Auch die wenige Kleibung ift geſchmackloo, buriehl. Kopf un 
Süße bjeiben immer unbebedt, aber auch bie Bruſt und ber Dbes 
jeib find meift eben fo. Nur die jungen Weiber bedecken die 
Bruſt; die alten gehen auch da unbededt, und winden erſt um 
die Hüften und Schenkel ein Stud blaues Zeug; bie if bat 
Hauptkleid. Die Reicheren tragen ein Stud Seide ober Baum: 
woollenzeug, 5 bis 7 Ellen lang, das fie faltig umwickeln, bis auf 
Die Knie, die wieder frei bleiben, eine Roheit und Unanfläadiz: 
Leit in den Augen ihrer Malayifhen Nachbarn, die ihnen dieſe 
nie vergeben koͤnnen. Mur darin unterfcheiden fich vorzuͤglich bie 
Vornehmen vor ben Aermern, daß fie die Enden dieſer Zeus: 
lang herabhängen laſſen. Der Arme ſteckt fie aber zwifdgen den 
Beinen nach hinten durch, und muß bie thun, demm’ auf br 
Vernachlaͤſſigung diefes wider bie Etiquette verſtoßenden Gebrer: 
ches ſteht die Strafe der Baſtonnade. Ein sweite® Gewand if 
ferner eine blöße Schärpe, ober auch ein Oberkleid bei dem Fei⸗ 
“ern, das um die Schultern hängt und auch die Brüfte der Bi 
ber: Leiche bedeckt. Die Lieblingsfarben find ſtets dunkel ode 
ſchwarz; belle Sarben, zumal weiß, find nur felten. Weis ik 
die Trauerfarbe, und bee Ornat ber Tempeldiener wie di 
Drdens ber Bettelnonnen. Der Kopfpug iſt grotesk, ein ganı 
Zahl gefchorner Kopf iſt die geößte Eleganz, doch muß auf be 
Krone ein 3 bi6 4 Zoll großer Haarbüfchel, ins Kreife eines Zols, 
ſtruppig flchen bleiben. Die Weiber ſchneiden das Hear fuy 
ab, haben immer ein wildes Anfchn. Sie tragen flatt des Zur 
bang, mie andere ihrer Nachbarn, phantaftifdh hoch zugefpikte Ke⸗ 
gelmügen, oder gar keine Kopfbededung. Ihre wefitigen Nach⸗ 
barn in Pegu und Ava laffen ihr Haar wachen unb ınmmin 
den das Haupt mit Tuͤchern. Cine merkwürdige Sitte iſt es bei 
Kindern, am gefchornen Vorderkopf eine Haarlode, bis in 
das 1äte bis Ihte Jahr, flehen, zu Saflen, die dann mit feleriden 
Geremonien, Beſprengung von Weihwaffer unter Gebeten abge: 
ſchnitten wird, ‚ein mehr Hindu⸗Brahminiſcher als Bud» 
dhiſt iſcher Gebrauch, der auch fhon in Meunus Gefegco- 
der**!) geboten If, und gu ben mandeled Brahminifdes 


““ı) G, Finlayson Journ. p. 187; ver: Bournouf is Jourml 
des Savans 1828. 4. p AS es 


Siamefen, Sinnesart. 1149 


Bebraͤuchen gehört, bie als Antiquität bei ben Buddhi⸗ 


tifch gewordenen Siameſen geblieben find. Die Briten wur 
yen zu einer ſolchen Ceremonie (Khonchook genannt) zum Bei⸗ 
vohnen eingeladen. 

Putz und Drnamente fragen die Siamefen wenig, nur ſel⸗ 
en Ohrringe, Jumelen, von geringem Werth; aber zum Range 
gehört et, bei beiden Geſchlechtern, die Nägel lang machfen zu 
aſſen, und die Haut mit Sandelholz ober Gelbholz einzurelben. 
Des Gebrauch des Kauens von Areka und Betel, ift ganz 
gemein, noch häufiger wie bei Malayen, jedoch ohne Catechu; 


ie Mifchung babei iſt wie anderwaͤrts; dazu kommt noch häufig 


‚a8 Kauen von Taback und Tabachrauch en. Stlten, fagt 
Trawfurö, ſieht man ben Siameſen ohne Chparre im Mund, 
der hinter dem Ohre. 


Im Character der Siam eſen “) finden bie — mehr | 


Schatten als Licht, eine Folge des fclavifchen Lebens unter dem 
prannifchen Scepter ihrer Despoten. Sie find knechtiſch gefinnt, 
yabfüchtig, zaubgierig, träge, ſtumpfſinnig, feig, eitel, hochmuͤthig 
Die felavifche Unterwürfigkeit unter ihre Obern, und die einge: 
ührten, fervilen Gebräuche. entfremden fie von jedem aufeichtigen, 
naͤnnlichen Betragen, jedem Heroismus, ber fonft die kriegeriſchen 
Stärame ganz Weſt⸗Afiens auszeichnet. Ihre ganze Geſtale, ihr 
Betragen , ihre. Sinnesweife haben durch ihre Niedertraͤchtigkeit 
ebe Art von wathrlicher Freundlichkeit, Männlichkeit, Ernſt, Ans 
nuth, Grazie verloren. In der erſten Audienz bei dem Miniftee 
u Bangkok fiel den Briten die Enechtifche Unterwuͤrfigkeit *) 
einer Leute auf, die in feiner Gegenwart nur proſternirt zu 
Boben, vor ihm lagen, und ihre Antworten Baum den Kopf em⸗ 
vorhebend leiſe wisperten; nur auf ben Rnien rutſchend 
‚ürften fie vor dem Minifter die Stähle und Aiſche herbeibrins 
en, unb bob war 8 (Suri Wang Montei, b. I im Sans 
crit Gurya.Bangfa Mantri, d. h. Rath des Ges 
ch lechtes der Sonnenſoͤhne) nur in Miniſter vom fünf 
‚en Range. Er ſelbſt mußte bei einem Beſuche, den er einem 
satürlichen Sohne des Könige, dem Chroma Chit, zu machen 
atte, gleich den andern Geheime: Naͤthen, wie ein Hund krie⸗ 
ben. Egon biefe Etiquette, daß Jedweder ‚, vor feinem Obern, 


*) 3. Crawfurd Journ. I. c. p. 342: *3) G. Finlayson Journ, 
p 125— 127. Ze 


x 





1152 Dfi-tifien. Hinter Indien. II. Abſchu. $. 86. 


lang, doch bloße Curioſitaͤten find, gut gegoſſen zeit Cilbeinfccy 
tionen, die es wahrfcheinfich machten, daß fie ein von TKobam- 
medaneın in Hindoftan gegoffen waren. 

Diefe Verkehrtheit der. menfchlichen Eintichtungen bat ſie 
durch das ganze Volksleben Bahn gemacht, und bis in bie de— 
borgenfte Tiefe feſtgewurzelt. Die brutalfte Zyrannei gilt für ps 
triarchaliſch vaͤterliche Eorgfals, die Unterdruͤckung bed Volks fir 
den Willen der Gottheit; nad Zreibeit des Gedankent, oder dei 
Verkehrs, des Handels u. f. w. zu ſtreben, fällt Niemand cin. 
Auler Wechſel ber Dinge fcheint hier hoffnungslos, da der Bidet 
fireit jeder Vernunft, die gröbfte Ungerechtigkeit, bie Abfarttiı 
ſelbſt, die öffentliche Meinung für fi hat, und dem Wohlwoel⸗ 
ien, der Gemuͤthlichkeit gar Bein Raum gegeben ift. 

Dos einzige Aſyl, das für die menſchliche Empfiabung 96 
blieben, iſt das Häusliche Leben**s), die Liebe zum den Kir⸗ 
dern, der Umgang mit den Frauen. Diefe leben ohne Giferlu:t, 
von Seiten dee Männer, ohne Schleier, in freierer Sitte; obrel 
Polpgamie dort berrfht. Doch fehlt jede Verehrung welblider 
Tugend, Eheſcheidungen find leicht. Des Könige Harem har A 
Grauen zu ernähren, ihr Benehmen iſt ungenirt. Der Brite ich 
Dr. Siltie?), der nah Capt. Burneys Miffton mehrere Jadte 
fih in Siam aufhlelt (bis 1827) 9), fagt als Mefultat fine 
Beobachtung über fie: die Siamefen find fehr Friebfertig, verari 


den Zank und Streit, während meines dreijährigen Aufenthautis 


fand ich nur wenig Spuren von Diebſtahl. Aber das kuͤgen 
AM allgemein; die Verfchlechterung des Volks nimmt zw mit din 
hoͤhern Ständen. Das Alter wird allgemein geehrt; vom ihrra 
Kindern find die Stamefen auf eine Eindifche Reife eingmem: 
men.. Lefen ımd Schreiben iſt unter ihnen allgemein. 


Habſucht, Raubgier, Schaamiofigkeit nach Gewinn, find z | 


racteriſtiſche Züge von den Höchften bis zu dem niedrigſten. Die 


Habgier 7) des Könige nach dei Geſchenken ber Embaflek nit 
fo gemein und fhmusig, wie ber Mangel an Zürforge für te 


Embaffade niebeig und unanfländig Eine Dame vom Kam: 
verlangte von einem ber Engländer fein Kleid, und ba e ic 
Entfänftigung fogte, nadt könne er doch nicht heimgehen, ft 





206) J. Crawfürd Journ. p. 348. %%) Asiatic. News Cakı® 
2 — Jan, Asiat. Journ, p. 406. ⁊) G. Finlayson Jun 
p- 123. 


- 





Siamefen, Character. 1153 


meinte fie, Hemb und Welle reiche für einem fo kurzen Weg | 


fon hin. 
Aus dem Mangel jeber Induſtrie geht ſchon hinreichend die 
raͤgheit und Indolenz der Siameſen gegen ihre oͤſtlichen Nach⸗ 
barn hervor (ſ. ob. S. 963); fie kennen ben Werth ber Zeig 
nicht, es fehlt ihnen jede Art der Pünktlichkeit, der Treue. Selbſt 
der erſte Minifter, dee Prahklang, und ber Königsfohn, Chrome 
chiat, bamals der erſte Guͤnſtling bei Hofe, wurden auf Lügen 
ertappt,. Schon ber Abbe Gervaiſe, in feiner Hiſtorie von 
Siam, fagte, vor 150 Jahren, ſehr richtig: Verſtellung fen die 
Hauptkunſt dee Siameſen; als Feinde wären fie indeß nicht ges 
fährlich, weit fie feig, als Freunde nicht nüglich, weil man ihnen 
auch nicht trauen könne. Bel ihrer felavifchen Unterwürfigkeie 
und bem allgemeinen Verbot Waffen zu tragen, können fie Leine 
Heiden ſeyn; Feigheit wird ihnen allgemein Echulb gegeben, doch 
ift diefe mit Grauſamkeit gegen den Feind gepaart. Im Kriege 
machen ſio alles nieder, ober führen bie Gefangenen in Sclave⸗ 
rei. Unter ben Siamefen ſelbſt giebt «6 Leine innere Fehden; 
Beine Selbſtrache; jede- Beleidigung zeigen fie bei ber Obrigkeit 
an. Diefee Mangel biutiger Nachgier giebt ihnen einerfeitß gro» 
Ben Vorzug vor den Malayen; anbererfeits iſt er nur Folge ih⸗ 
rer Characterfchwäche. Alle ihre Tugenden find negativer Art, 
wie die Mäßigung, Seiebfertigkeit, Enthaltſamkeit, Gehorſam u. 
a. m. Nur im Trunk follen fie ausfchweifen. Doc find dieſe 
Bemerkungen über den Volkscharakter in ber Reſidenz gemacht; 
ber in den Provinzen *8) fol vorteilhafter für die Nation aus⸗ 
fallen. 

Ihres halbnackten, in allen Zweigen der Induſtrie, der Kunſt, 
der Wiffenfchaft zuruͤckgebliebenen Zuftandes ungeachtet, hält fih 
dieſes Volk, mit dem knechtiſchen Sinne, bennocd vol Verach⸗ 
tung gegen ‚andere Nationen, für das erfie ber Welt. Mufit 9) 
[cheint die einzige Kunſt zu ſeyn, im ber fie vor ihren Nachbar 
fich auszeichnen. Sie find große Liebhaber derſelben; und auch 
bie Großen fuchen darin zu ercelfiven. Ihre Mufit ift voll Les 
ben, dem Europälfchen Ohre angenehmer als jede andere Driens 
talifche, zumal ihr Sefang, den Crawfurd mit dem Schotti⸗ 
ſchen und Jriſchen vergleicht. Ihre Inſtrumentalmuſik fol ihnen 





2) J. Crawfurd Journ. p. 389.  *°) ebend, p. 332; G. Finlayson 
Journ. p. 189 — 193: a 


Seitter Erdkunde IV. DODddd, 





1154 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abfchn. $. 86. 


jedoch erſt von Peguern überliefert feyn, die fhon Symes, au 
die Erfinder mancher Inftrumente, die den Europäifdyen ſche na 
tommen, nannte. Ueberhaupt find ale Malapen⸗Voͤlker 
durch Muſik ausgezeichnet. 

Die Prieſterſchaft dei den Siameſen hat nicht cinmal. 
wie in andern Ländern des Orients, das gäünftige Vorrecht, dat 
Monopol der Einfihr und nüsficher wie gelchrter Kraus 
niffe, ausſchließlich, dor den Ubrigen Ständen im Beſißz ju har 
Ben; ihnen am Bubdhabdienern iſt jede Beſchaͤftigung mit den 
zeitlichen Dingen unterfagt. Daher find aud) bier die ihnen fon 
zufallenden Künfte, wie au Medicin, Allronomie un 
Aſtedlogie, dem Zufall überlaffen Alte Aerzte in Baugkok 
waren, zu Crawfurds Zeit, nicht Einheimiſche, ſondern And 
fander, Chineſen, Cochin Chineſen, Portugieſen. Die Aſtrole⸗ 
gie war feit langen Zeiten in Slam in den Händen ber tert 
angeſiedelten Brahminen (f. db. ©. 1132). Bon dieſen kamen 
zuerſt die Indiſch-aſtronomiſchen Zafeln nach Europa, aber nitt 
von den Siameſiſchen Prieſtern, die La Loubere 50) mitgetbeil 
dat. Und auch darin find die jegigen ganz ignorane. Ihren Rs: 
(ender machen fie nur nach dem Peking Almanach °!), Kim 
Ankunft man jährlich mit ber erſten Chinefifchen Junke, die gr 
wöhnfiy von Hainan kommt, ängfllih entgegenſieht 

Ihre Zagesrehnung?) fängt mit Sonnmaufgang an, 
der Vormittag ift in 6 Wachen getheilt, eben fo der Nakmit: 
tog bis zum Sonnenuntergang Vom Untergang bis Miütr: 
nacht find 2 Wachen, eben: fo viele bie zum Aufgang. Die Tay: 
wachen heißen Mong, die Nachtwachen Thum. For 
Woche hat 7 Tage, wie bei andern Nationen. Der Gonntsz 
Athit, Montag Chan u. f., Angkhan, Phut, Prahat. 
Sut, bis zum Sonnabend San. Ihre Monate wechſeln mil 
29 oder 30 Tagen; Ihe Jahr hat 354 Tage. Die Monataamm 
tichten ſich nach dem Zahlen. Ihrem Sonnenjahre wird jede 
deirte Sahe ein Schalt: Monat nad, dem Bien Monat zugefüst. 
Ihr Jahr fängt nicht mie dem erſten Monat an, fondern dm 


*50) Regles de l’Astronomie Sıamoise pour calculer les Mouremess 
da Soleil et de la Lune, traduite du Siamois et expliguses par 
Mons. Cassini de l’Academie Roy des Sc. b. La Louberel c. 
T. U. p. 42 —29%. 52) G. Finlayson Jourm. p. 251. 

ne Joum. p. 328— 332; G. Finlayson Journ. p. 2® 








Siameſen, Yet. 1158 


Shineftflden glädh, z. B. Ahr Sabre 1822 mit dem 1ltew Aprii. 
Ihre Chrönotogie bat einen großen Cyclus von 60 Jahren, und 
en kleinen von 12 Jahren, mit den. Thiernamenz derſelbe, 
neicher von den Hakas erfunden ſeyn fol (f. Aften Be: l. 
3. 1124), und ſich fo weit über OftsAfien verbteitet hat Auch 
n Siam heißt das dritte Jahe Tiger (Khan); dieſclben Vpkers: 
ſamen tote bei jenen kommen darin vor; auch des Affe (Mio), 
ie geoße Sthlange ober der Drade (Masong), und die Lldus 
Mafeng), was bier weniger auffallen kant, als daß auch in 
Siam daſelbſt ganz umbebeutende Thierarten, wie die Mage: 
Chuat), dee Ochs (Chats), der Hafe (Tho), das Pferd (Ma⸗ 
nia), die Ziege (Mami) darin aufgeführt find, was eben auf ne: 
Innahme beffelben aus der Fremde Hinbeutet. 

Die beiden Epochen (Sakarat) 5), nah denm Me 
Siamefen zählen, find 1) die Heilige Aera von Gantumeie: 
Lode (tm Jahre 4872 am IIten April was es die Jahretzahl 
365, alfo nach ihnen faͤllt Buddhas Tod um das Jahr 648 we 
Shr. Geb.), für ihr Rekigionsfyſtem, die Jahresdzahl der Tata⸗ 
one; und 2) bie Balgair Aera, zur Erinneuung an bie 
Sinführung des Cultus des Gautama m Siam, u i. 
m Sabre 1181 ber heiligen Aera (== 638 nad Ehe, Sch, ; nach 
iner andern Anſicht foll die Zählung erſt 3 Jake nach der Ein⸗ 
uͤhrung beginnen). Im Jahre 1822 am 11. Aprit füweb man, 
m Gefchäftsteben in Stam, das Jahr 118%. 

In der Arithmetik haben die Siamefen nur. geringe. 
denntniß, fie gebrauhen das Chinefifche Rechendrett (San pan)z: 
ie kennen das Decimalfyflem, fohreiben es mit eigenen Zei⸗ 
hen , die verfchleden find von denen in Lao, Pegu, Ava, abes 
tbereinftimmend mit Kambodja und den Sanfcifhrifien. Als 
Münze find bei ihnen die Kauris in Gebrauch, und Silber⸗ 
nünze; aber God und Kupfergeld haben fie nicht. Schon Par 
tgubere*) fagt, daß fie die Kauris, weihe E& Kämpfer 
Fowers (der Concha veneris verwandt) nennt, bei-tämew Bitte 
eigen. She Gebrauch if uns aus Marco Polos Zeit (der 
ie Porcellana nennt, f. oben &. 742) bekannt; er mag früher 
veftwärts mit Aſiatiſchen Völkern ſich dis nad Ungarn verdreitet 





32)1. — — 367. 4) La Loubère Bere oj. de 
Siam IL. co. T. 2 9. E. Kaͤm vfer Geſch. und Beſcht. Yon 
Japan, Th. 1. eh 


Dodd 2 








1156 Oſt⸗Aſien. Hinter Indien. IT. Abſchn. $. 86: 


Baden, wo bie Schlangentöpfden (Cypraea moneta) Pf 
defhmud geblieben find. E. Kämpfer und La Loubere ie 
gen, daß fie in unenbliher Menge um bie Malediven gefiſt; 
merden, van Schouten, nah Varenius *5), daß man * 
auch aus den Manillas von Borneo und den Liqueic! 
beinge. Die heutige Münze giebt 3. Cramfurb fo an: W 





Kauries oder Bia find = 1 P’hainung; 2 Phainuzz 


4 Songp’hais 2 Songp'hai = 1 Fuang; 2 Fuam = 
1.©8alung; 4 Salung = 1 Bat = 1 Zikal; 80 Zilal = 
1 Sattiz 100 Cati = 1 Pilul (= 133 Pfund Ar. D.). Ein 


Bas haben die Europäer mit den Namen Tikal belegt; die 


wirklihen Münzen find nur ſchlechtes Silberblech mit einen 
Stempel; das Gold wich zugewogen. Die Siamefifde Klafın 
beträgt 63 Fuß Englifhr Ihe Zablenſyſem 8) if nad dir 
ionfon dem Sanſcritiſchen nachgebildet. 

Die Geographäiſche Kenntniß der Siamefen H m 
gemein beſchtaͤnkt; kaum find ihnen bie Länder berjenigen Ra: 
tionen belannt, die mit ihnen Handel treibenz nur mit den 
CEhineſen chen fie in genaueren Verkehr, und erfennen derra 
höhere Civiltfation an. Won einem fehr rohen Werfuche ber Eis 
mefen zu einer einheimiſchen Kartenaufnahme, ſpricht Gran» 
furd, ohne jedoch etwas näheres baräber mitzutheilen; er füht 
nur ihr neueres Mamenverzekhniß der Fremden an, mit ben 
fie in einigem Verkehr fichen. Nach ihrer Ausſprache find rt 
folgende: Mon (Pegu), Pama (Birmen), Lao (Laos), Khe⸗ 
men (Kambobja), Cham (Aſchampa) Yuan (Anam), Tang⸗ 
tia (Kongling), Chek oder Chin (China), Vapun (Zapaz', 
Khek (Malapın), Chowa (Java), Mungnge (Gelebet), Hua⸗ 
pret (Afeilanes, Neger, d. h. Pfeffer: Köpfe), Piam (Hiade: 
Kan), Thet (Telingana, die Kuͤſte Coromandel), Lamgka (Cr: 
ion), Sarang (Franken, Europäer), Srangfie (Kramer) 
Witande (Holänder), Angkrit (Engländer), Markan (das 
Amerikaner). 


Sprache, kiteratur, Religion. 


Die Sprache und Grammatik ber Siamefen (dos Thar) 
“fo, nach Eramwfurd 97), ſehr einfach feyn, und in dem Syſten 





#38) B. Varenii Descriptio Regni Janoniae et Siam 1, c. p. 123 
0) Finlayson Journ, p. 249. 27) J. Crawfurd Journ. p. 333. 


Siameſen, Sprade. 1157 


anderer Hinterindifcher und Chinefifcher Sprachen, ohne Inflexio⸗ 
nen. Gie if voll Medensarten und Phrafeologien, die ‘aus der 
Bclaverei und dem Despotiem hervorgehen, voll Schmeichelceden 
ınd nicdhtöfagender Worte, voll Kormen, die mit dem Gebieten 
ee Despoten und dem Unterwerfen ber Sclaven zuſammenhaͤn⸗ 
ſen; daher fie für biplomatifche Negociationen eigene Schwierig: 
eiten barbietet. Das Alphabet foll 38 Confonante und fehe 
ahlreiche Vocale und Diphthonge haben; dennoch fehlen ihm 
nanche Töne, wie das Englifche Tb, die Derfifchen und Arabis 
chen Sutturaien Ed mit y und v; g und d haben fie aus dem 
veftlihen Hinduſtani entlehnt, aber «6 wird teie € und t gefpros 
benz daher fir Kanka ftatt Ganga fagen, Tewata ſtatt Des 
vata (Bott) u. a. m. 

Die geogeapbifhe Spraggrenze ®) dieſes Thay ver⸗ 
‚weiter fi) im Norden bb Yünnan, denn die Sprache von 
raos iſt identiſch mit ihe, und nur in Dialecten unterfchies 
en; gegen Dften reicht fie bis Tongking; gegen Welten bis 
u den Birmanen. Kiaprokp bielt das Idiom der Pape ober 
Det für identifch mit dem Thay, ober dem heutigen Sia⸗ 
nefifchen (f. ob. &. 765), und damit ſtimmt E. Bournoufs 
eitifche Unterfuchung der von Dr. Leyden gefammelten, und-in 
Setampore niedergelegten VBocabularien überein. Mad ihm 
ind die melften Siamefen Wörter einfilbtg, an weiche aber 
ine zweite Sylbe angehängt wieb, um bie Stellung der er⸗ 
ten in der Phraſe zu bezeichnen. Nach den in den Parifer 
Schatz der Manuferiptfammlungen niedergelegten Handſchriften, 
ſt das Thay keineswegs hom ogen, fondern mit vielen Woͤr⸗ 
‚ern der Pali Sprache gemengt, bie ſeit dem IV. Saec. aus 
Feylon nad Hinter⸗Indien fi verbeeitete. Aber zugleich enthält 
ie auch viele Sanfcritwörter, die neben dem Pati in 
ven eeligiöfen Büchern in Siam (im Berhaͤltniß des Pali zum 
Sanfcrit wie 3:7) im Gebrauche find. Eine Lifte dieſer Wörter 
yat Bournouf mitgetheilt, im Journ. des Savans, 0.0.0. Wie 
ie Sprache, fo find auch in dee Siameſenſprache die Pali und 
jie DevaNagari Schriftchararsere gemifht. Außer dem 
Indifchen find aber auch viele Chinefifche Wörter mit dem 
Siameſiſchen gemifcht, und obwol ganz verſchieden von 
ver Sprache bee Bisman und Pegu, bat das Siamefifche 





°s) E. Bournouf im Journ. des Savans, Paris 1828. 4. p. 48. 





1158 Oft-Aflen. Hinter⸗Indien. II. Abfchn. $. 86. 
doch auch mit biefen viele Wörter und Conſtructionen gemi: 


“sn, 

Der Literatur de Siamefen fehlt «6 am doͤhern ca 
thuͤmlicher Entwicklung, fie if mager, obne alle Imaginanet 
. ohne Erfindung, ohne Kraft der Mede und Gereectbeit; fir Kt. 
tief unter derjenigen der weRlihen Völker, der Hindu, Per 
fer, Araber; kaum um eine Stufe Höhen als bie fhn.d: 
Verſuche dee Infuloner des großen Hintetindiſches Atchipru 
Ihre Literaturwerke in der Bulgairſpache, dem Thay, fir 
nen Ihnen zur Unterhaltung, fie wird zu Weihandlungen us: 
Briefen gebraucht, in ihe find Geſaͤnge und Romanım, und fi 
ſtorien abgefaßt, die etwa bei Feſtlichkeiten abgefungen werde. 
. Aber auch eigentlihe Annalen, ernſte Chomiken, fagte min 
weben jedach bei Hofe gehalten; aber Niemand hat fie ned ſe 
ſehen bekonnmen. 

Berfchieden hiervon if die heilige Literatur und die 
Pali Sprache (Bali), die aber nicht bios Hier In Siam, 
ſondern durch ganz Hinter: Indien die gemeinfame Cul 
turfprache iſt, weiche fig weit dom Buddhacultus anilı: 

Lom duch das Band der Birmanen, Siamefen bu un 
verbreitet bat, und das religidfe Band der Hierarchie in 
bee Halbinfel und auf deu Inſeln bitder, wie das Eur: 
ſerit im dem mehr noͤrdlichen Eontinentalgebieten der Butk> 
diener (f. ob. ©. 133, 238, 277 u f.). "Die älteren, einden 
ſchen Boltsreligionen find dadurch fo fehr im ben Hinte: 
grund verdrängt, und ihre Spuren zum Theil fo ganz deriiiät 
worben, daß fie ſich nicht einmal mehr nachweiſen laflın; dust: 
gen if bie gange Weisheit der Buddhiſtiſchen Kloͤſter, ber Pric 
fter, ber Hinterindiſchen Phitofophie in dem Schriften ber Pali 
Sprache niedergelegt, daß fi) nur aus diefen die Religkonsi: 
ven jener Völker von Arrakan und Ava bis Tſchampa m 
Anam findiren laſſen. Freilich iſt das Studium bes Pali rl 
ganz feit kurzem aus den Driginalquelien in Curopa befenat 5" 
worden, umd darin dem Stublum der ihrem Juhalte nad wii 
verwandten, wenn auch im vieler Hinficht wieder verfdiedenm Ei: 
‚ teratux in des Tuͤbetiſchen Sprache ſchon vorangeeilt ©). | 





8°) J, Crawfurd Joum. I. 0. p. 84. *°) B. Boursouf et Ct. 
Lassen Essai sur le Pali ou Langue sscree de ia Presgiik 9 
dela du Gange, Paris 1826. 8. 











Siamefen, Pali Sprache und Schrift. 1159. 
Die Pali Sprache, welche Dr. Loyden, der zu anf 


ſie aufmerkſam machte, wie Bali auszuſprechen leherte, welche 


die Franmzoͤſiſchen Miffionare Bali ſchrieben, aber bemeskten daß 
die Eiamefen b und p verwechfelten, bot eine frappante Aehn⸗ 
ichkelt mit dem Sanfceit, bat ſich auch wie baffelbe in fich ganz 
tin erhalten, woraus man deu Schluß z09, daß fie mel auch bie 


mit ihe überlieferte Buddha » Doctein rein erhalten haben würde, 


Daß die Pati Alphabete aber erſt ihren Urfpsung aus bem 
Deva Nagari Alphabet genommen haben, und als Mitte: 
zlieder &@) zu den neueren Schriftzügen der Thap.unb 
ver Hinter⸗Indier überhaupt wie ber Tuheter und Sa: 
‚aner hinleiten, ſcheint gegenmwägtig durch philotogiſche und his 
torifche Untesfuchungen eben fo ausgemacht, wie, daß die drei 
Sprachen Dali, Prakrit und Zend, von melden legteren bei 
Border» Indien die Rede feyn wird, nur aus dem Sauſerit in 
ilter Zeit ſchon hervorgetretene Dialecte find, und bag We im die⸗ 
en Dialecten gelehiten Dogmen der Buddha⸗Doctrin ihre 
jemeinfame Heimath im Bangeeianbe, in Magabba 
‚der Behar hatten. 

Pati Sprade, Schrift und Bubbha— ⸗2Doctrin find, 
nah philologiſchen und hiſtoriſchen Argumenten zu urtheilen, 
nicht einheimifch in Hinter s Indien, im einem vegl mus ers 
achten Qulturlande nah Dr. Leydene Hppathefe, niche im 
2406 6°), deffen antile BausDentmale wenigſtens bis heute, wo 
3 noch ohne höhere Cultur ſich zeigt, von keinem dorſcher nach⸗ 


jewwiefen, oder deſſen antiker Culturfitz wieder aufgefunden wäre, 


bwol gewiffe Sagen im Munde des Volke hasüher vorhanden 
eyn mögen, und [kon Marſhman des erſte mar, welcher bie 


Verbreitung bee Buddha⸗Docttin in LKaos 822) um 300 bis 400 


Jahr vor Chr. Geb. anfeste, was jedoch allen übrigen chronolo⸗ 
jifchen Angaben der ſpaͤtern Einführung bei Proud, Bismanın, 
Stamefen u. f. w. widerſpricht. 

Aus. 9. Wilſons Unterfuhungen, deu eine Auſicht Beps 
dens unterflügte, ergiebt fich, daß diefe heilige Eipugche das Pali 
der Hinterinbifchen Länder mit. bee Buddha⸗Doctrin, eigentlich 


*ı) v. Bolen Sec. von Bournouf und Laſſen in ag für 
wiffenfhaftl. Kritik. San. 1829. Nr. 1. und 2%, Bour- 
nouf et Chr. Lassen Essai sur le Pali. p. 64 etc. ) Hor. 
Wilson in History of Buddhisn in J. Crawfurd Mission to Siaın, 
ch. XIII. p. 363 etc. 


1160 OfiARen. Hinter⸗Indien. II. Abſcha. $. &. 


Bauntamas Mutterſprache, im Magadhi dr Dir: 
lect 6%) von Magadha, d. i. das Heutige Behar, war, ii 
nicht erſt ein aus dem Sanſcrit herausgebildeter Diaiect, ſonden 
ein ſchon vorhandener ſey, der fi von dem Magabpi, cr 
Prakrit, wie fich diefes in deu Sanſerit Werten vorfindet (1x 
mal den Natach, oder den Theaterſchriften, die Wilſon fr: 
dirte) 5), nur durch feine Ausſprache unterſcheibet, bie Myelnda 
weicher iſt, bie Naſalen weglaͤßt und bie rauhen Toͤne abſchlan 
daher z. B. Sakya Sinha, Dherma Radja, Sautam: 
ſagt, ſtatt Sala Siha, Dhemma Radja, Gotama u. ſ. m. Di: 
mit ſtimmt auch v. Bolens%) Bemerkung, der bad Hali dım 
Joniſchen Dialecte des Sanſcrit vergleicht, mit dem Haus 
princip bee Aſſimiliation, worin es der Analogie neuen Ey 
den folge, die letto, scritto m, f. w., flatt lectus, seriptus etc 
ſchreiben; zus Vermeidung der Härten. Hor Wilſon ah 
es zugleich irrig, die Sprache Dali gu nennen, weil Died mur de 
Name dee Schrift fey, in ber fie gefchrieben merbe; deztzn 
fey Magadhi, oder Prakrit, des Name der Sprade, ha 
Ausdrüden Ragari (für Schrift) und Sanſcrit (für Opai) 
entſprechend. Das Dali erhalte fo erft im Gegenſat ii ds 
gari Bedeutung; es ſey die Schrift dee Palli oder Dirt; 
dagegen Ragari die Schrift der Staͤdter, von Ragar (it 
Stadt) war, wie Prakrit einen sermo rusticus und Ganitit 
eine feinere Sprache bezeichnen. 

. Diefes Pali num, das auch ſchon in Magadha gr“ 
Hm wurde, ſagt H. Wilfon am angeführten Orte, fq nu! 
nicht von bes Geplomenfifhen Pali verſchieden, vie Ba: 
hanan früher annahm, eder auch nicht erſt aus jenem Gasfcit 
Magadhas als Dialect hervorgetreten, vieleicht durch feine tk 
giöfe Verpflauzung gegen den Säden, wie dies fid and Brut: 
wouf und Laffens Unterfuchungen zw ergeben ſchiene. Tem 
ſey indefien wie ihm wolle, bean auch das Pati wirb einmal ſau 
Ausbildung erhalten gaben, fo bleibe bie Hauptſeche, far Olen 
und Hinter: Indien, worauf es uns jegt ankommt, Mil“ 
nämlich bie Merkwuͤrdigkeit ihrer Tradition aus Bardıt 
Indien nad Hinter Indien. 6 erklärt ſich baranl, mem 





23 Wine I Hd ae. Gm LO 
ec. 6. 


Siameſen, Buddha ⸗ Cultus. 1161 


Dali die Mutterſprache Gautamus (oder Buddhas) ſelbſt 
war, um fo mehr, die Heiligkeit, welche bis heute beide 
Länder Behar, wie Ceylon, in den Augen ber Bewohner 
Hmters Indiens befigen. In einer Audienz Crawfutds bei 
dem Prinzen Kromchiat, dem erſten Günflling am Hofe zu 
Siam, der für fehe devot galt, war biefer fehr begierig mit Nach 
fragen über Ceylon 67), weil biefe Infel voll der Religion Baus 
tamas, alfo Heiliger Boden ſey; der Prahklang, der erſte Mis 
nifter, forfchre beſonders nach Magadha, dem Geburtsorte Gau⸗ 
tamas in Behar, wo Budbha>:Gya®) liegt, und wuͤnſchte 
zu wiffen, ob die Briten wol den Siamefen bafin zu reifen er- 
lauben wuͤrden. = 

In welcher Zeit und auf welhem Wege aber bie 
BuddhasReligion nah Siam gelommen, und wie es zu⸗ 
gehe, daß der eine Cultus zugleich zweierlei Sprach⸗ 
denkmale, Pali und Sanſerit neben einander, in Wort 
und Schrift, in bie fomft rohgebliebene Maſſe des Hinterindis 
fchen Volks, als Culturelement, mit hinüber gebracht, war 
früher ein Kaͤthſel, deſſen Löfung, nur durch Hppothefen verfucht 
wurde. Die fortgefchrittenen philologiſchen und hiſtoriſchen Unters 
fuchungen des Studiums ber orientalifchen Literatur zeigen aber 
gegenwärtig ſchon mit Sicherheit, da Gautama Buddhas 
Tod wenigftens in den Anfang bes VI. Jahrhunderts vor Chr. 
Geb. zu fegen if, 525 v. Chr. Geb; wenn nicht fruͤher, wie bie 
Japaniſche Legende den Tod des Shakya Muni, d. I. des 
erfien Buddhas, in das Jahr 950 v. Chr. Geb. angieht. 
Es zeigt ſich aber ferner, daß die erfte Bekehrung ber Infus 
laner auf Ceylon zum Bubdhathum, in ben Anfang des IV. 
Jahrhunderts v. Chr. Geb., um das Jahr 322 v. Chr. Geb. 
fällt, we der König Deveny Paetiffe von Ceylon (ber 
IX. dee Cingaleſiſchen Gefchichte) 69) der erfie der Bekehrten 
zu Buddhas Lehre iſt, von wo bie Belehrung nad) Hinter⸗ 





°’) J. Crawfurd Joural p. 123. *°) Dr. Bnchanan Hamilton 
Description of the Ruins of Buddha Gaya in Behar Asiat. Journ. 
1826. Vol, XXI. p. 773. *s) Nach dem Lankävatäram, 
d. i. Gefch. des Avatära, ober der Incarnation von Lanka; Le livre 
revel& a Lanka (b.i. Ceylon), b. Ab. Remusat Rech. zur les Lan- 
gues Tartares etc. Paris 1820. 4. — in Melang, Asiat. T. J. 
p- 181; und Radjavali, d. i. Gefchichte von Ceylons Königen, 
nad) Sir Alex. Johnstone, in Annals of oriental..Literat. 8. T. ill. 
p» 383 eto. in Essai sur le Pali p. 42 — 72. | 


3 


1162 DfiAfien. Hinter⸗Indien. IE. Abſcha. $. 86. 


Jndlen weiter [hreitee Die Cingatefifche Geſchicble 
ertennt es aber an, daß fie ihre Dffenbarumgeichre, un 
mit dieſer ihre Civiliſation, eine Colonte Indiſchet 
Emigranten aus dem Koͤnigreiche Kalinga (Kaliugaratis 
d. ü jene Kalingapatnam, in den nmördlichen Circars; ar 
grenzend an das alte Magadha) verdanke. Wen daher zunid: 
(und wahrfcheiniich längs ber Kuͤſtenfahrt, über die Hafencrt 
Baudermehalanta an dee Mündung des Godarerp an) 
Aber Ramiffesam) ging die Buddha: WMiffion diuct nat 
Geyion, buch Verfolgung der herrfchend werdenden Brab- 
winen Kafle im Sangesiandbe. Doppelte Emigra: 
tion dee Buddhadiener gegen deu Norden zum Tübetiſchen 
Hoch launde verbseitete dorthin (f. oben &. 133) und viedridı 
fhon auf friedlichem Wege in früherer Zeit, die Genfcrit: 
fhriften dı8 Budbhachume, und gegen den Süden eben 
daſſelbe, mit des Dali Liseratur nah Ceyton, das ſeit der 
völligen, biutigen Vertilgung ber BubbhHiften durch Brat: 
"mine im Gungeslande, nach furchtbaren Religionskriegen beit 
Religionspazteien, eben fo wie Nepal im Norden, zum Aſol 
des vertriebenen Buddhathums ward, und ale das zweite Land 
ber Dffenbarung Buddhas din heiliges Lamp für ss 
Hintees Indien bis heute geltend blieb. Die Geplonenfilte 
Legende nenne einen Königsfohn Indiens, aus frommen Se 
flchte (Sohn des Dharmaſhoka, Souveraie von Jamtı: 
bwipa, ein Zeitgenoſſe des Devenyd Pactiffa, Körigt re 
Ceylon), mit Namen Mihindu Kumara (oder Mahinda 
Maha)*"), der, ſchon feit dem 18tem Jahre Priefter, ſich durd 
feine guten Werke gu einem Sanctus vom erflen Geaabe empen 
gehoben. Er wollte, heißt «6, nad; Ceylon gehen, umd fly ie 
den Himmel, weil alle Sancti feines Grades damals dieſe Gab 
hatten, prebigte dann auf des genaunten Inſel die Welisica 
Buddhas, bekehrte den genannten König, baute Dagabat 
(Dagops, d. i. Heiligthuͤmer, umter welden Reliquien, ex 
Bilder Buddha, niedergelegt werben) 7!) von Dirt zu Ort; auc 
den großen Tempel, Ziffa mehäa vihära, fie aus den 
Himmel den rechten Backenkuochen m berabfomamen (ti: 





Er = Bourne — — sur le Palı p. 
ih. 9. Dumbeldt Ueber bie Berbindun en Irdrea 
und Java Bud I. ©. 150— 168. * Bil = 


Siameſen, Buddha⸗ Cultus. 1163 


in Eeylon als Rellauie verehrte Buddha Zahn) chat Wunder, 
und kehrte nach Judien zuruͤck. Hierauf baute der König D.s: 
veny Paetiſſa an einem Orte, der vom genannten Prieſter 
den Namen zu tragen fcheint, zu Mihintata (d.h. Palaſt des 
Mihindu) einem Tempel, und flarb nad 36 Megierungsjahren. 
Ihm ſchreibt man die Erfindung ber Schreiblunft zu, und unter 
ihm wurden zum erften male die Bücher bes Buddha in.d 
HauptsAbtheilungen gebracht, da er felbft feine Lehre nigs 
mals niebergefchrieben hatte. In jene frühere Periode zu Anfong 
des IV, Saecul vor Che. Geb. faͤllt eine große geiftige Bewegung 
in Indien zur Verbreitung der Buddhalehre, und zwar nach ber 
verjingten, geläuterten Form eines großen Bobhbifatwa,& 5 
des erſten der Gotsmenfchen, vom erſten Range, ber mit Namen 
fo wenig wie olle feine Nachfolger genannt wird, aber nach dem 
Verfhwinden Shafya Munas oder Buddhas bes Stifter, 
als erſter Patriarch, als Erneuerer feiner Lehre, als Refer⸗ 
mator feiner Doctrin, als Redacteur feiner Satzungen gilt, die 
bis dahin nur den Gefahren, Verfälfhungen und Wechſeln der 
Praͤdication ausgeſetzt geweſen waren. Mancherlei Umftände mas 
chen es wahrſcheinlich, wenigſtens möglich, daß von ihm als dem⸗ 
ſelben die Rede iſt, der als der erſte, eiftige Miſſionar die neue 
Lehre nach Ceylon brachte, vielleicht war es auch nur einen ſei⸗ 
ner Beitgenofien. Seitdem fuͤllte fid), wie gefagt, die Inſel mit 
Tempeln, Kiöfeen, Reliquien; fie wurde das Seminarium fir 
die weitere Verbreitung dee Buddha: Miffionen gegen Diten, 
unb bei der Deiligkeit, welche die Inſel und ihse frommen Herr 
ſcher gewannen, wie nad) der Metempſychoſis und ber Lehre 
von ben Incarnationen (den Apataras) war es kin Mi: - 
derſpruch, wenn in der fpäter von da fidy verbreitenden Lehre hie 
Tradition ſich bildete, Buddha felbft, der Stiftes des Cultus, 
fey der Sohn eines Könige von Ceylon geweſen. 

Auf biefe erfte Hauptbegebenheit für Ceylon, bie 
Mittheilung bee Buddhalehre duch den erſten Bodhi⸗ 
ſatwa, folgt, etwas ſpaͤter, im V. Jahrhundert, eine zweite 
Hauptdegebenheit 72), welche uns Siam und Hinter⸗ 
Indien naͤher fuͤhrt. Naͤmlich die Mittheilung Buddhiſti⸗ 
(her Bücher in Pali-Sprache an Ceylon, bie Bars 
sreibung der Buddhiſten aus Indien, die Abseife des 


12) E. Boornouf et Chr. Lassen Essni sur le Pali L c. p. 62. 


° 


1164 DftsAfien. Hinter Indien. IE. Abſchn. $. 86. 


Item Buddha Patriachen aus Dindofen, feine Aut: 
wanderung nah China, und die Ankunft der Buddhi⸗ 
Rifhen Lehren und Bücher in Pegu, Siam md anden 
Drten, wo überall die Chronofogien und Annalen, for 
Geylons wie Hinter» Indien fich hierin übereiaſtimmend 
gegenfritig erläutern und begegnen. Cine nmene Domaflie, bi 
Gouryavansha, d. i das Sounengefhledt, beherrſchu 
Geplon, ale unter dem Hten biefer Königreiche, unter dem Mi⸗ 
nam Radja, zwei Prieſter, Buddhiſtiſche Bücher aus Hinde 
fan kommen ließen, die in Pali (Pautie) Sprade miıf 
waren, und in biefer eine neue Nedaction erhielten, in mei: 
er Form ihre Verbreitung nun bie allgemeine war. Zid 
geſchahe in dem Jahren 407 bis 427, wo alfo bie Pati Sptade 
ſchon in Indien Beſtand hatte. In diefeibe Periode fallen mib 
sere andere Buddhiſtiſche Wegebenheiten zugleich, welche für die 
sehtgiöfe Civilifation von ganz Hinter: Indien von bem greften 
Einflug wurden. In berfelben Zeit Lebte der fieben und 
swanzigfte dee Buddha-Patriarchen (Panjetslern 
Banneyadara in den Japaniſch⸗Buddhiſtiſchen Bergideim 
genammt) %’3), der nach dem füdlichen Indien kam, wo er is 
Ende eines Sanctus auf dem Scheiterhaufen fand, im JB: 
nad Chr. Geb. Mic feinem Tode beginne nun eine gemalizt 
Emigration, welche die Buddhiſtiſchen Miffionen ven 
neuem über das Meer, und nun auch ſicher ſchon nad Hinter: 
Junudien verbeeitete. Denn nad ihm ſchiffte ſich der legte in 
Buddha⸗Patriarchen in Indien nah China ein, m « 
Bodhi Darma genannt, ber erfie Verkünmder feiner Lit 
warb, und im Jahr 495 nach Chr. Geb. dafelbft fein Ende fand 
(f. Aſien Bb. 1. S. 234). 

Es war dies die Periode der blutigſten Berfolgun: 
gen, und ber Intoleranz wie des Triumphes ber hetrſchſuͤchtigen 
Brabminen Über die Buddhiſten, aus welcher jene Zeilen 
eines Ganfcritifchen Lobgedichtes der fiegenden Partei in Künt 
den ganzen Hergang vor Augen flellen, wo e6 heißt ’*): 
Bon der Brück' an die Schneeberg’ hin, wer die 

Bauddha's, fo reis, wie Kind, 





*75) A, Remmsat sur la Succession des Treate trois premiers Ps- 
triarches de la Religion de Böuddha in Mel. Asiat- T. L p. 14 
etc. ebend. p. 136. 120) %. W. dv. Schlegel Einltitung zu „= 
dien in feinen Hauptbezichungen, Berlin. Kalendez 18239. ©. K- 














| Siamefen, Buddha - Eultus. 1165 


Nicht erwürgt, foll erwärgt werdbenl" rief bee 
Fürft.feinen Dienern su. — 
9. Wilfon’:) hat, aus einer gewiſſen Anzahl von Monumen- 
sen, als Schauplag dieſer biutigen Verfolgung, ganz Sadien im 
V. und. VI. Jahrhundert nad Chr. Geburt nachgewiefen, weiche 
den Cultus des Buddha aus Nord: India nah Ceylon hin 
verdrängse. Die Geſchichte ſchweigt von dieſen Schandihaten, 
denn nur von den fpAtern, bie zumal auf Malabar ſehr biu« 
tig werben, die endlich im X, und XI. Jahrhundert unter Malas 
barifchen Zürften .auf Ceylon ſelbſt den Buddhiſten umbeilbare 
Wunden ſchlagen, und. von wenigen anbern iſt zerfiteut in Ans 
nalen die Rede. Aber das Rabdjavali, ober die Annalen 
Ceylons, nennen in dieſer Zeit die Ankunft dee Buddhiſti⸗ 
fhen Bücher; eben damit flimmen bie Annalen ober doch andere 
Beugniffe und Sagen anderer Hinterindifcher, Völker wenigfiene 
im Kltgemeinen überein. | 
Die DriginalsAnnalen der Birmanen find von Europäern 

noch nicht critiſch ſtudirt; aber der Neifende, Pater Carpanus, 
fagt 6), die Birmanen-HiftorieMahärazgoen (d. i. Maha 
Rabja, der Sanfcit), lafje die Buddha⸗Buücher in Pali 
Scheift aus Ceylon, bush den Brahman Budbhaghofa 
(Buddhagocha im Sanfeit, d. h. Budbhas Stimme, f. 
ob. S. 1161) im Jahre 397 fon nah Pegu einwandern, und 
da auch ſchon um das Jahr 407 diefe in Ceylon hiſtoriſch aners 
kannt ift, aber unflceitig auch ſchon früher davon dort Kunde 
vorhanden war, che die neue Redaction berfelben dort zu 
Stande kam: fo ſchließt ſich dieſes Factum dee Birmanen Hiſto⸗ 
rie (fie ſetzt von dieſer Zeit ruͤckwaͤrts den Tod Buddhas in die 





Mitte des VI. Jahrhunderts vor Chr. Geh.) ganz gut an die all- | 


gemeine Geſchichte de6 Buddha Enitus in Hindoſtan an. Das 
mals war der biutige Kampf ſchon in vollem Gange, und bald 
nachher wurde der legte Buddha Patriarch, das fichtbare Ober» 
baupt dieſes Cultus, in Indien profcribiet, und fand im fer 
nen Often fein Aſyl, in China. 

Dies ift das wichtigfte Datum, als das aͤlteſte, für die Vers 
breitung bee neuen Buddha⸗Religion nah Pegn, dem 
damals maͤchtigſten Meiche in der Halbinfel Hinters Indiens, 


”®) HL Wilson Sanscrit Diction. Pref. XX. ro), E. Bournouf 
et Chr. Lassen Essai sur le Pali I. c. p. 63. 


4 


1166 Oft-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. $. 86. 


weiche die verfolgten Budhiſten mit gleichens Ancheil gegn 
ihre Brahminiſchen Widerfacher aufnahm, wie die Meſtoriani⸗ 
ſchen Chriften bei ihrer Verfolgung aus dem katholiſch-br— 
zantinifhen Kalferthum Europas unb Weſt⸗Aſiens im 
öfttich angrenzenden Perfifhen Reihe durch vie Gaffani: 
Den empfangen wurden, wodurch die Neſtorianiſch⸗chrift⸗ 
liche Kirche durch ganz Mittels und Hinter⸗Aſien ik 
Afſyl fand (f. Aſien Bb. I. S. 285). Eine glei grofar: 
tige Begebenheit für das Menſchengeſchlecht im Afien, 
vor welchen beiben unfere biäberigen Hiſtorlen diefed Erdtbei⸗ 
166 in ihrem ganzen einflußreihen Zuſammenhange #7) kaum 
eine Ahndung zu haben pflegten, trug fidy atfo faſt gleichzei⸗ 
tig wie jene im Morden, fo biefe im Süden des Erdthei⸗ 
les zu. 

Der fpätere Britiſche Neifende, Colonel Symes, afık 

bei feinem Aufenthalte in Ava, als Beflätigung,, daß bie Fir 
manen ihren Cultus über Arakan’E) aus Gepleon (das fe 
Zehao nannten) -erhalten hatten. Kurz vor feiner Ashaft 
(1795) batte der König von Ava zwei Prieſter nach Gerica 
gefandt, um dort Driginaifchriften der Buddhiften madzuferie, 
as deren zeinere Duelle, bis heute, bei allen Hinter⸗Indiren dirſe 
heilige Lanka, d. i. Ceylon, gilt. Der Urfprung dei But: 
dhiemus in Siam ) ſcheint nun derfelbe zu fon. I 
wol die ein heimiſchen Annalen daſelbſt noch umbelannt fir} 
fo ſtimmt doch ihre Chronologie damit übereinz bemm bei alın 
Hinter⸗Indlern werben die Jahre nad dee Buddha Jera ze 
zaͤhit. Bon diefer, der Sakarat der Glamefen, war oben fürs 
Die Rede (ſ. &. 1155). Auch den GSiamefen gift bie Jr’ 
Ceylon, welche fie mit ihrem Sanfcht Namen Deva Lanfı 
nennen, als der erfte heilige Gig ihrer Religiom, obwol fie die 
Eingatefen ſelbſt erſt in einer viel mobermeren Zeit kennen lern⸗ 
em. Die Siamefen:Chronologte fetzt das Todesjabe 
Buddhas, nad weichem ihre Aera ſich richtet, in das abe 54 
vor Chr. Geb., fie leiten aber zunaͤchſt die ihnen zugefommnt 





477) C. Kitter bie a oa —— —— dor 7 
dotus. Berlin 1820. 8 
lation de l’Ambassade — — — d’Ara 1795. — 
atera. Paris 1800. 8. T. II. ch. VIII. p.163 te. **) K Bun 
mouf et Chr. Lassen Essai sur le Pali 1. c, p. 64. Crawfard Jeus 


p. 367 — 368, 


Siamefen, Buddha-Cultus. 1167 


Lehre von Kambobja und Lao her. Sie ſtimmt alſo mit bee 
Angabe der Birmanen und Cingalefen, welche das Jahr 
543 angeben; und au für‘ fie ift daher Ceylon mit allen 
übrigen Völkern Hinter: Indiens das gemeinfame Civiliſa⸗ 
tionscentrum, mit weldem, weiter im Oſten, nur China 
(f. ob. S. 971) in die Schranken tritt. Daſſelbe gilt auch Für 
Laos, wo ebenfalls das Pati die Budddiſtenfoprache wie 
in Kambodja, Siam und Degu if, nicht aber das Sau⸗ 
ferit die Buddhiſtenſprache in Tübet, woraus ſich ſchon 
von ſelbſt die Hypotheſe emer Einwanderung des Buddhis⸗ 
mus in Hinter-Indien vom Tübet: Plateau, und eines aus 
dee Tartarei ſtammenden Buddha (f. ob. S. 1006) widerlegt. 
Diefelbe Widerlegung ergiebt fih aus den Schriftharactes 
ren det Siamefen Literatur, welhe Seplonenfifh®), 
nicht aber Tüberifch find; und eben fo bat ſchon Marini des 
merkt, daB der Name Talapoin (vom Ganfcıt Wort Tala⸗ 
pat, d. h. Sonnenfhirm ober Fächer, ein Palmprablatt, 
den fie ſtets zu tragen haben), den bie Einwohner von Laos 
ihren Prieftern geben, ft aus Pegu zu ihnen eingeführt 
ift, daß ihre ganzer Cultus wol ebenfalls, wie ihre heilige Buͤcher⸗ 
ſprache und Schrift, auf demfelben Wege zugelommen feyn Mag. 
Zalapoinen heißen aber die Buddhaprieſter in Pegu wie in Siam. 
Alles vereinigt fi übereinflimmend, auch in den Volksge⸗ 
draͤuchen, zur Annahme dieſes gemeinfamen Herfom- 
mend, wie z. B. daß den Hinter: Indieen nue die Jauſel 
Seyton das Heilige Land ber Offenbarung iſt, weil bis dahin 
ihre directe Tradition gebt, nicht aber dee Gangesftrom 81), 
der dagegen den Kübetifhen Buddhiſten heiliger Strom 
blieb, weil von ihm aus, zunaͤchſt Nepal und Tüuͤbet, ihre 
Lehren erhiekten, und Benares und bie Heiligthähnr von Mas 
gadha, daher von ihnen bewallfahrtet werden, bagegen bie 
Siamefen und Hinter-Indien nur etwa Ihre Metiquien 
und Urquellen ihrer Heiligen Schriften in Ceylon aufſuchen. 
So war des Königs von Siam angelegentlichfler Wunſch, den 
er Cramfurd®2) mittheilte, den Zahn des Elephanten im 
Ceplon zu haben, ber dort ald Reliquie bes Santama ber 


.o) 3: Bournouf et Chr. Lassen Essal sur Te Pali etc. p. 67; 
N arini Voy. Au Roy. de Lao. p. 377. *t) 9. Bohlen I. c. 
°3) J. Crawfurd Journ. Wr p- 121 — 125. 


N 


1168 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſcha. |. &. 


ahrt ſey. In früheen Jahrhunderten hatten bie Könige du 
Pegu für den vermeintlichen Zahm 82) des Gautama lc 
ungeheure Geldſummen geboten. Nur ein einziger Puncti 
hierdurch noch nicht erledigt, naͤmlich das oben beelhnete Br 
Lommen der vielen Sanferie Wörter neben den Pıli 
Mörtern in dee Siamefen Sprache, melde gegeafetig un: 
alteriet, nebeneinander ihre Stellung behauptet haben. Zid 
laͤßt fi, da Leine Hifkorie darüber Auffchluß giebt eine Fr 
ziode der Einwanderung des Buddhismus in V. un 
VI. Jahrhuundert mit ber Pali Schrift, abe, hile 
zifch fi nachgewiefen zeigt, vielleicht nur durch die Auneha 
einee noch feühern, fhon einmal vorhergegangentn 
aber im Gedaͤchtniß und dem Gefchichten durch bie zweite Ril: 
fionsverbreitung wieder verdunkelten Uebertragung IH 
Buddhismus mit der Sanfcrit Sprade milim, ii 
alfo auf dem mit Tuͤbet verwandten Wege, de lin 
Ausbreitung, gefchehen feyn mag, zu einer Zeit, da Babdte 
thum und Brahmathum noch im Srieden im Gangiunt 
nebeneinander Befland hatten. Bon biefer ſchweigt jmar Di 
Geſchichte Hinter Indiens gänzlich, vielleicht aber mr mi mt 
ihre Literatur noch nicht gehörig kennen. Vielleicht daß bu Se 
(dichte der Chinefifchen Buddhiſten Pilger, Fokueki, ki mt 
aus Ab. Remufaté Nachlaß von Kladroth erwarten, his 
ber einigen Auffchluß giebt. Daß Fpäterhin biefe Balz 
verkehr zwifchen Tuͤbet und China Statt fand, if bekanu un 
daraus, daß Chinas Buddhiſtenlehre, die aus der Ganfait£ıtt 
und aus Tuͤbet wiſſenſchaftlicher nad China, and von N 
wieder zurüd nah Tongking und Cochin China ums 
ward %), als die von Ceylon in Pali nad Pegu and Sien 
leitet ſchon Fr. Hamilton bie. im Alfgeinen höher C 
vilifation dee Einwohner der Oftkuͤſte Hinter” 
diens mit vieler Wahrſcheinlichkeit her, als die der Bedtül:>® 
felben. Wenn ſchon im Jahre 292 vor Chr. Geburt Duiı 
fche Miffionen nordwaͤrts, bis Bakterien 8), van" 





ess) E. Bournouf etc, Essai sur le Pali Not p 6 "N" 
Hamilton Buchanan Account of the Maps et Bäisbert ie 
losoph. Journal Vol. II. p. 92. *#) Ab, Remuat mr In, 
Peuples da Tibet ct de ia Boukharie tir de lOnmge de". 
DB z. et trad, du Chinois in Nour, Mal Asat 7.117 


Siameſen, Buddha⸗Culius. 1160 


fo koͤnnen vor ber Dali Einwanderung gegen Oſten auch 
Sanfcritredende Budbpiften aus Behar über Arakan 
zu Eande bi6 Siam und Kambodja vorgebrungen, und vom 
ſolchem Einfluſſe geworden fepn, daß doppelt fo viel Sans 
feritwörter als Palimörter in ber Siamefenfprache (f. ob. 
S. 1157) zuruͤckblieben, daß der Attefte befannte Name des Lana 
bes am Maekhaun⸗Sttom Kan phu tiche (Kambobja, ſ. 
ob. S. 965,981) ein Name. Sanfceitifches Herkunft 9), dort eins 
heimiſch, blieb; oder folten biefe Sanſcrit Denkmale mit’ Brah⸗ 
mabdienft vor dem Buddhaeultus dorthin eingewandest ſeyn, wo⸗ 
von in Chineſiſchen Annalen (ſ. 0b. &. 979) Daten aufzuſuchen 
wären, und woraus fih dann die Altern Reſte Brahminifcher Ido⸗ 
‚atrie bis Tſiampa (f. ob. &. 966) erklären ließen, Doc iſt 
nie von einer Fortſetzung der blutigen Rache der Brahminen unb 
Bubbhiften jemals, wie in Vorder-Indien, fo in Hinter⸗Indien 
ie Rede. Die directe Verbindung Hinter⸗Indiens mit dem Sans 
critredenden Buddhiſtiſchen Vorder: Indien mußte wol mit ben 
Rachekriegen der Anhänger Brahmas gegen bie von Buddha uns 
erbrochen werden. So intereffant die Geſchichte ber Les 
jerlieferung dieſes Buddhathums und bee Heiligen, 
diteratur in ber Pali Sprache an Siam aud für die Des 
ode ber Vergangenheit fepn mag, fo gehalties IR das Beſte⸗ 
yen beider in der Gegenwart in Siam. 

Die Literatur ift nur koſtbar durch bie Äußere Pracht 
nit weiher Siamefifhe Schriften verfetige find, auf 
Palmbiätter mit Goldfirniß überzogen u. a. A., wie fie felt den 
Befandtfchaften Zouis XIV. an den Hof von Siam in die Pas 
iſer Monufeipten: Sammlungen kamen, woyon Bouenouf'®7) 
inige Befhreibungen gegeben bat. Mur auf ihre heiligen Buͤ⸗ 
ber, fagt Crawfurd 88), legen die heutigen Siameſen Werth; 
ie nennen fie Bali (nicht Pali), auch Paſa Makatta (b. i. 
Bahaſa Magadha), oder auh Kamkom (b. i. Kambobja), weil 
nan die Schrift von da her uͤberkommen habe Nah Craw⸗ 
urd iſt dee größte Theil der Paliskiteratur auf 1 bis 15 
Fuß lange Palmblätter (von Borassus flabelliformis) geſchrieben, 
uch Einrigen mit einem — Griffel, und die ne werden 





*) Journal des SBavans }. 6. 1828, p. 52. D 8, N 
Essai sur le Pali lc, — pi 100 - 210. °°) 3, Crav- 
fard Joam. I. c, p. 338. 


Bitter Erdtunde TV. | Gern 


1170 Ofl-Afien. inter Indien. EI. Akda, .8. 


durch eingeriebenes, ſchwarzes Pulver lehbar. Au seit af: 
yiremanufcripte, und jeder Tempel bat feine Bibel in di. 
Scheiften. Dit neben dem Haupttempel in Bangtat his 
®. Zinlayfon*®) ein kleines pyeamtdales Tempeigebirk, de 
zur Aufbewahrung ber heiligen Bücher beflimmt mer. Ban hat 
die Flur mit Zinn geplattet, auch die Treppenſiucht, weh 15 
ober Etage führt, war mit Zinn belegt; aber die Zahl de Bi 
her, bemerkt der Beobachter, konnte nicht grefi fegn, da fi: ık 
nur in einem Schranke verwahrt wurden, den man mit ei 
mntter außgelegt hatte. Die Schriftzuͤge zeigen vielaei Ind 
ungen, obwol baffelbe Schriftſyſtem, find die Speuwim Ir 
Siam⸗ und Eeylonfhriften fehr verſchieden, nad wire 
abweichend von denen aus Pegu, Ava, Lan, fü bafmen u: 
tee den wenig Lefenden noch weit weniger findet, welche Haft da 
ſchiedenen Schriftzuͤge zu leſen im Stande wär. Diyiak de 
Talapoinen in Siam, gegen bie ihrer Racdbaren, fir Ni +: 
lehrteren gelten, fo fand Crawfurd doch auch bei ihnen geh le: 
wiffenheit, und bei Beinem weder Pali Grammatik nıd fill 
Wörterbud. 





Die Buddha⸗Doctrin if in Siam bieſelbe, men 
len andern Buddhiſtiſchen Ländern, in Genion, Auam ii 


bet, China, Japan und der Mongolei; abe de nli: 
giöfe Euttus Kat fehe viele Abweichungen efahen Tr 
Hauptichre Üfk die der Geelenwanderung”y, wid a 
größten Einfluß auf das Leben gewinnen mußte, dahe uud M 
ausgebilbete Todtencultus der Siamefen. Daher ihe Blink ® 
wer Art von Unſterblichkeit, einer Vergeltung, Lohn ad Er" 
nad) bem Tode. Die Guten nad einer Anzahl von Zunlait: 
tionen kommen in den Himmel, in eine ersige Geglit (Ni 
pan), wo Gautama und bie Heiligen; aber die Höfen hans 
am einen Hoͤllenort. Deren giebt es aber diele; nad der dr“ 
eines Siameſen 22 Himmel, 6 obere, 16 untere, abe nur 8°" 
ten. Sie kennen kein hoͤchſtes ewiges Weſen, keinen Ei" 
und Erhalter bee Welt. Dee Dberpeiefter am Tempel dit 
Hang meinte, Sautama ſey ber hoͤchſte; aber and ſan Sat 
fey nach 6000 Jahren vorüber, die Weit burch Zufel erkare 
werde auch durch Zufall wieder vergehen und wieder entf. © 





29) G. Finlarso Jo ß : so J, Cell et 
p. 350, yson Journ. L c. 2.160 ) 


| Siameſen, Buddha⸗Cultus. 117] 


Hindu⸗Pantheon fehlt hnen, fie preiſen in ihren SEHEN nur 
ihre Eroberer, Könige, Heroen, die fie in Legenden, Romanzen 
befingen, in Tempeln, Bildern abeonterfeien, wobei ihnen bie 
Bilder der: Epinefen wie die der Inder und ber Europäer g lei⸗ 
hermafen zur Decoration dienen. Ein Giamefe fagte zu 
Cramfurd, alle jene vorgegebent Goͤtter des Hindu⸗ ‚Pantheon 
ſeyen Menſchen gewefen, einer ber Minifter, der Suri wung koſa 
fogte laut, daß die ganze Hifkorie Hamas (welche jedoch die 
Hauptfchiibereien in ihren angefehenflen Tempelhallen ausmas 
hen?) voll Lügen ſey; der König von Siam hatte, nad) 2a 
Loubdre Bericht, 'die Chrifiuss und Mabonnens Bilder, 
Die er durch die Embaſſade Louis XIV. vom Pabſt zum Gef 
erhalten, als Putz in feinen Zimmern aufgehängt, aber bie Taufe 
abgelehnt. Ihre ganze Moral iſt in dem Buddha⸗Catechtsmus 
der X Gebote enthalten. 

Der Religionscultus iſt ihnen nur Gefchäftsfadhe und 
Unterhaltung; den einzigen Ernſt zeigen fie den Todten”%). 
Deren Behandlung iſt nad dem Range fehr verſchieden. Die 
Leichen ber Aermſten werden ohne alles‘ Ceremoniel in das Wafı 
fer geworfen, die Wolhabenderen werden verbrannt, den Reſt ih⸗ 
rer Gebeine bleicht man in den Feldern, ober giebt. fie den Raub» 
thieren zum Benagen preis. Weiber, die im Buftande der 





Schwangerſchaft ftarben, werden erſt begraben, dann aber nach 


einigen Monoten noch verbrannt. Auch alle andern hoͤhern 
Stände können verbsannt werben; gewöhnlich auf pyramidal 
aufgebauten Echeiterhaufen. Gehe häufig wird aber vor dem 
Verbrennen alles weiche Zteifch abgeſchnitten, um damit den Hun⸗ 
den, Beieen und anderen Raubthieren von denen ihre Tempelpyra⸗ 
miden auf eine ekelhafte Weife voll find, ein verbienftliches Als 
mofen zu fpenden. Diefer widrige Gebrauch hat hier, wie anber: 
wärts in Buddhiſtiſchen Ländern, durch die Lehre der Metem⸗ 
pſychofe Eingang erhalten. Aber damit verbindet man -in den 
hoͤhern Ständen, wie einft bei Argpptem, das Einbalfami: 
ven”), obgleich‘ die Mumien nachher doch noch verbrannt wers 
den; dieſe Laͤuterung durch Feuer gefhahe bei den fruͤdern Bubs 
bhapattiarchen aus Froͤmmigkat im Leben (f. oben S. 1164), 


1) 6. Finlayson un p- 160 22) J. Crawford Journ. p- 315 
. 320. *s) G. Finlayson Journ. p. 231 — 240; f. J. Craw- 
furd Journ. p. 126 — 129. 


Seel? 


1172 Oft-Aften: Hinter⸗Indien. n. Abiche 1,86; 


. die ſpaͤtern Frommen haben es bequemer gefunden, diafe Eine 
sung ihree Körper nach dem Tode zu verorbnen. Mur fin 
doch zumellen, kommen noch die verbienftihn Gelbkenft 
durd Verbrennen *%*) vor; bie Hinterlaſſenen eines falda 
Märtyrer fallen den Schutze des Koͤnige anheim. Di te & 
braud) des Einbatfamirens etwa älter iR, als der ni mb 
berigen Verbrennens? feltfans iſt wenigſtens biefe Jucerſeque 
Das Einbalſamiren iſt nach Zintayfons VDeobachtang heqhl 
unvollkonmmen. Dan gießt der Leiche Queckilber aber Hosiı 1 
den Mund; bringt fie im knieende Stellung, die Hände uch vn 
ummidelt fie mit Bandagen und. preft fie, das Eükfige hau 
zubrüden. Dann wird die Mumie in ein Gefäß vor Sal, Pr 
tall, Silber oder Bold gefegtz in ben Bund und ba dfte mw 
den Bambusröhren zur Abteieung der Seuchte gefedt, bie gi 
‚melt, gekocht, mit Det verfegt wird, damit man bei einem Pie 
zen deſſen Abbild deſtreicht, das nach feinem Kobe im Asp 
aufgeſtellt wird. Diefe und andere ekelhafte Pebetdern mil 
vorher gehen, ehe die Leiche austrocknet, worauf dam ai I! 
- Verbrennung unter den Geremonien bee in gebe Kata de 
‚ beten Talopoine erfolgt. Die Afche wirb dann mit anni 
geknetet und zu einem Heinen Buddha⸗Idol gefermt, Dei MA 
vergoldet oder! gefienißt in ben Tempeln aufflelt. 
Das Prieſter⸗ und Tempeimwefen, das bei den Zum 
fen faft gänztich fehlt, hat bier im Siam, ungeachtet da W 
‚ Innere Grund ber Weihe mangelt, auf eine fee BER" 
das Vollsieben Eingang gefunden. Jebde maͤnnliche Pafıt 
im ganzen Siameſiſchen Reiche einmal), mean ud = 
temporär, in den Prieſterſtand treten, felb ber Knie url U) 
2 oder 3 Tage Talapoine fen, bie er dann zu Atmefe he 
meln verwendet. Die Minifter muͤſſen es einige Meein ot 
und «8 wird als eine Art fpirituellee Kirmelung argeſchen De 
Mann kann in ben Prieſterſtand ein: und wieder audit W 
und wern er wii. Zur Cinweihung gehören die Zonfet —8 | 
Iution, die Talapoinen halten Gebete, Proceffienen, Sekt: ja 
mein Almofen und theilen es aus an Prieſter und Am. 
Die Zalapoine leben zu 10 bis zu meheeren 100 kih® 
men in Klöftern, die flet® einem Tempel angehören, ara Du | 
fehr groß iſt. Sie find nach 6 Ramgorbnungen geil, 1 


*°%) J, Crawfurd I. c. p. 322. »26) cebend. p. 368 


.Y . Sliameſen, Prieſterweſen. 1173 


hre Peloxe, Aebte; vollſtaͤndige Discipfin. Sie muͤſſen ehelos le⸗ 
sen, alle weltliche Geſchaͤfte ganz unterlaſſen, fo daß ſie zum 
Nichtothun verurtheilt find 96) ſich des Toͤdtens alles Lebendigen 
mithalten, ber Meditation übergeben, Almoſen einſammeln, Ge⸗ 
ete, Hymen, Predigten in ben Capellen halten u. ſ. w. Ihre 
Irdenskleidung iſt biefelbe der Bubdhapriefier in Ava und Cey⸗ 
on, gelb, aus 4 Stücken Zeug beſtehend, ohne alle Kopfbedek⸗ 
lung, zu deſſen Schutze nur bee kleine Sonnenſchirm oder Faͤ⸗ 
her, Talapat, vom Palmyra Blatte dient, bes, ein nothwen⸗ 
iges Stuͤck ihrer Tracht iſt, weil fie ſich aus Demuth auch die 
Augenbrauen 7) abraſiren muͤſſen, und von dem fie den Namen 
führen. Zweimal jeden Monat ſcheeren ſich dieſe Prieſter, bei 
Reus und. bei Bollmond, Kopf und Augenbrauen, zum Zeichen 
ver Selbſtverlaͤugnung, da jeder darſelben ſich ein Stellvertreter 
bed Gautama zu fen duͤnkt. Daher Ihe Titel Phra, Herz 
nah € Bournouf aus dem Sanſcrit prah,. prior, dee 
Erfis 8), ber auch ſtets dem Bubbha-Ramen, wie oft andesen 
Würden,  B. Prah klang, Premier Minifter u. a, vorgefegt 
wird. Ihnen muß alles gehorchen; fie zahlen Beine Abgabe, bei 
weitem bie mehrſten Talapoine kehren, nach einigen Monaten 
ber Jahren ihres Lebens im Orden, in das Weltieben und zur 
She zuruͤck. Monnenktöfter fehlen bier im eigentlihen Sinn; 
aber «6 bilder fich hier ein Verein armer Weiber, Lungfi ges 
naunt, die von Almoſen (chen und fi zum Geſchaͤft machen, 
Vie Talapoine zu ‚bebienen. . 

Außer. zahlloſen Tempeln haben file auch Waltfahrtsorte 
um Prapbat.®), d. i zus Heiligen. Fußtapferw); eine 
derſelben, ähnlich den Prahbat auf dem Adamspik in Ceylon, 
ſt befenders berühmt zu Datowe (?) in Lao, auf dem Bipfel 
ines dortigen Berges an einem See; ein zweiter zwifchen 
Drinei und Mergui (ob etwa ben Weg der Einwandrung 
vom Wefen ber bezeichnend?), bee beruͤhmteſte aber liegt cine 
Tagereife im D flen der alten. Eapitale Duchig, und. heißt vos: 
ugsweiſe der Prahbat. Auch in Bangkok !) wird in einem 
Prineipales Maximes des Talapoins de Siam traduites du 
oubere I, c. T. Il. p. 36 — 57. PT) La Lou- 
« T. I. p. 45. »#) EB. Bournouf etc. Essai sur _ 
Pali 1..c. p. 19. +") €. Ritter Borhalle Europäifcher Wölz 
af. etc. 1. 0. p. 332 — 342 eto. °°9) J, Cranfurd Journ, 
360.) ebend. p. 132. - 


| 


yi 


\) 


1178 DRMRen inter: Jadien, —X (8 


GBautuma Tempel des Drabbar verchet; das Grhlak Hi 


einen Berg voß Höhlen vor, auf deſſen oberfa Giaf ſit⸗ 


Prahbat befindet, 

Don der Tempelarchitectur in Siam if ſchen oda Wei 
geweſen, und bemerkt worden, daß ihnen die Würde der kilsn 
Bauwerke anderer Rationem fehlt; wol auch mit darum, mal 
ihnen dee gefellfchaftliche Zuſtand auf keine laͤrzee Zei Du 
und Behand zulaͤßtz; bie Motive der Grhndung bancralı 
Denkmale für folgende Geſchlechter fallen weg, weil uud du br 
genthum unſicher if. Nur ber Guͤnſtling des Augendikht, an 
ſey es der Regent oder deſſen Schuͤtzling führt einen Prahih: 
auf, dee mach einen! halben Jahrhundert ſchon wieherim Bat 
iſt, weil aud der Prieſtetſchaft der innere Zufamankan In 





Die Tradition von Geſchlecht auf Geſchlecht fehlt Die main 


” Peachtbauten, bie von Europdern am Ende dei IV. Jake 


derts in Slam von ben Embaffaden Louis XIV. und da fi 
gleitenden Jeſuiten befchrieben wurden, fand Cranfurı 8 
Anfang des XIX. Jahrhunderts, in Ruinen werlaffen sad N 
Hauptidole daraus entführt, in ambere jüngere Waziı FM 
Schmuc aufgeftelit, viele andere auch zu andern Grbeand It 
gegoffen. Bon mehreren Tempeln hat Gramfurd Beat: 
gen 2) gegeben. Den SHaupttempel in Bangkok mar 
Drah chet tap pon, d. h. Tempel bes Volktz le 
pelſeite ſey 660 Engi. Fuß (100 Sigm. Klafter) tung im Cm 
gebäude ſtehe ein Bubbha⸗-Coloß 3 in einem Nebengthande, dan 
drei Reiben von einer großen Tempelmauer umzogen, —Aãñ— 
erhebe ſich ein anderes Buddhabiid, 354 Fuß hech, ars Er '* 
vergoldet, deſſen Zehen über 2 Ellen lang find a. du 
Lapfon 3) bemerkte am dieſen Idolen Immer den Ledratıpf = 
dem mild lächelnden contermplativen Ausdeuck einer Katar" 
Dopfiognomte, mit ſcharfer Mafe, dicken Lippen, fdief alt!“ 
Augenwinkeln, verfchieden von der mehr aͤthiopiſchen Baia 
fiognomie der Ceylonenſiſchen Gcutptur; 31 Thuͤrm gehen F 


‘dem Gebaͤude; an den 4 Daupteimgängen fichen jeelae! I 


weis Riefengeflalten u. f.w. An Feſttogen filt fi Dre 3# 


del mit Volk aller Art, Mänger, Weider, jung and alı Ei 


2 N 
s02) 5, Crawfurd Journal 1. c. p. 104, 107— 111, 117, BR 

142, Dr u. a. 8. vergl. G. "Finlayson Journ. 9 0, 6 
2) G. Finlayson Journ. p. MM. 





Siamefen. | 1175 


nefen, aber auch Cochin Chinefen, Kambodjer, Laos, 
shinefen, die in fröhlichen Converſatlon begriffen, ihre Weib: 
auchkerzen anzuͤnden, dabei felbft ihre Cigarre rauchen, Ifich pro⸗ 


kerniren, ihre Ceremonien machen, ohne alte Scheu umhertummeln, 


bee Opfer bringen, feidene und ‚andere Stoffe, Schleier, den Ido⸗ 
eu anhängen, ihr Goldpapier verbrennen, ein Liedchen auf einer 
Pfeife blafen u. a. m., und dann wieder abziehen. Die. Weiber 
eichnen ſich am meiften durch ihre Devotion aus, 'aud aus ben 
Bar Ständen, bieten fi) aber zugleich zu temporaͤren Ehen 

n *), Viele unzuͤchtige Schildereien dienen dem Gebaude zu 
—e—* 

Im Tempel ſieht man keinen der Talapoine, nur in der 
Lempelbibliothek zeigen fie ſich; den Gautama nennen fie ges 
hoͤhnlich Kotamo, ſeltner Puttha. Gecten haben fie nicht; 
on Kaſten wiſſen fie nichts, dach vermuthet Crawfurd, daß 
bre Verbrenner deu Kodten eine Art verfloßener Kafte 
m 5), wie dies auch in Ava ber Kal fen, Sie nennen einen ge: 
viffen Tavitat, einen jungern Bruder des Sautama, der 
egen ihn rebellict haben foll, und darum mit Dieben gekreuzigt 
vordben ſeyz bie Zalapoine bee Siameſen follen wegen dee ent⸗ 
ernten Achnlichkeit mit dem, was fie von Chriftt Tode von den 
Sefuiten gehört haben, die Chriften für beflelben Gtaubens, wie 
nen Rebellen halten, und bied fol ihnen Schwierigkeit in ber 
Innahme des Evangeliums mahen. Go erzählt Crawfurd. 
Sie ſelbſt ſollen ftolz auf ihre Convertiten feyn; doch bemühen 
te fich nicht viel darum, und find nicht eifrig genug um intole⸗ 
ant zu ſeyn. 

Die Theocratie der Talapoine bat gar keinen Einfluß 
m Lande gewonnen, um. den furchtbarſten Despotiömus der 
Souveraine zu zügeln, oder ihm ein Gleichgewicht zu bilben ; fie 
eftätigt felbft den Despoten und befeflige ihn nur in feinen Un: 
ernehmungen, da er zugleich an der Spige berfelben ſteht, indem 
e ſelbſt temporärer Priefter wird, und auch allen Prieſtern wie 
en Laien gebietet. Diefe Laien können daher auch mit allen geis 
igen Waffen von jenen zum Behorfam unter den weltlichen 
Scepter gezwungen werben, wodurch bie Autorität des Despoten 
yee furchtbare Vollendung erreicht. Daher bat die fanfte, aber 


) 3. Crawfurd Journ. p. 116. 27, Crawiurd Embassy to Ava 
Lond. 1829 4. p. 400. 2 





116 DfteAfien, Hinter⸗Indien. IE Abſcha. 187. | 


wichtige Echre der Buddha⸗MReligion, deren Berbar ii 
Biutvergiehens im rohen Mongholifgen Karen iin 
fhon Berfittlihung herbeiführen konnte, hier keine Has 
des Characters, keine Humanifirung des Wolke beisichn Kinın. 
umd es iſt Durch die Unwiſſenheit feiner Priefterfpaft, duch du 
Despotie fein! Gebleter umd die Frivollit und Ligeheftn 
feiner Richtung auf einer ſehr niedrigen Gtufe in Medanitmei 
feines Cultus, wie feines Abrigen menſchlichen Dofeyad yeri:ir 
blieben. Ihre Hiſterlen zeigen, daß fie, gleich. ihren Radkır, 
in Pegu und Ava, der fanften Buddhalehre ungeachtet jı kn 
graufamfien Völkern des Orientes gehören, und daß nigentt dx 
Leben des Menſchen verächtiicher behandelt wird ats be ibn, 
Die das niedrigſte Thier zu töbten für ſuͤndlich halten. Dis it 
es anelannt, daß der Bolkesch arakter 55) in den rein 
zen weniger Schattenſeite barbietet als in den Refidıni 
unb daß im Begenfag ber Großen hier die Glaffe des geni 
wen Volks mache zu loben iſt als jeme Zabel url. Til 
Bolk if, we eb den letzten Briten im feiner Unabhängiufrt = 
Ginfachheit begegnete, wohlwollend, teen, redlich, gegen fein: 9:3 
die es mit Eifer bedlent; es iſt aufmerkſam, zunerfommm. 5 
theilend, höflich, zeigt ſeibſt manche Lchenswärdige, aufütoh 
Seite, und lebt unter ſich friedlich. Gerd die Zalapelam vd 
netem ſich noch fchr dor den Mandarinen zu ihrem Votthei u 


& B7. 
Erläuterung 2% 
Belondere Berhäiniffe Siams in der Gegenwart, ad | 
neueflen Beobachtungen. 


⸗ 
1. J Etraufurds und ©, Zintayfons Beſaqi⸗ 
Bangkok. 

Mur wenige Zuſaͤtze zu dem vorigen blelben und pi de 
voliſtaͤndigung muferer Teuntniß, im Wegichung auf de MN“ 
Reſidenz von Bangkok, übrig, bie ft feit einem —MW 
hundert fich zu dem erheben hat, was fie gegenmärik I. ©':* 
furde Saqiff paſſirte am 25. März 1872 sind de ® 





e0) 6. Finlayson Journ. p. 268, 


Siam, Menam⸗Einfahrt nach Bangkok. 1177 


Schlammbarre, in der Münbung des Menam⸗Stromes, von 
der es bei Fluthzeit gelang wieder flott zu werben, ba fie bei 
Ebbezeit nur 6 Fuß Waſſer hatte; bei der Müdfahrt 7), Eube 


Butt, machte die Meberfhiffung diefee Barre größere Schwierig⸗ 
keit; man brauchte 7 Tage Zeit dazu, um das Schiff über den 


Schlammgrund bee Barre hinaus zu bugfiren im bie freie See, 


. ungeachtet die Sterdde nur 4 Stunden Wegs beträgt. Die Aus 


Genfelte dee Barre, fagt Crawfurd, iſt härter, als ihre weiche 
innere Schlammfelte; fie ferbft iſt nur wenig Aber 200 Yarbe 
breit. In ihren weicheren Thelle ſank das Schiff öfter 5 Fuß 
tief in Schlamm ein. Im Februar bdis September iſt bit 
größte Waſſerhoͤhe 134 Fuß; im den andern & Monaten 14 Fuß, 
2 Anhaͤufung durch S. W. Monfun, und bei flarker Regenmen» 

Nur Schiffe von 200 bis 50 Tonnen Laſt koͤnnen regel⸗ 
mäßig in den Strom einfahren. Innerhalb wird der Strom weit 
tiefer, und bleibt es auch gleichmäßig zu beiden Uferfeiten bis nuch 
Bangkok Hin, ſelbſt bis zus alten Capitale ſoll er gleich tief 
bleiben, : Die einzige unfichere Stelle iſt bei niederem Waſſer:eine 
Sandbank bei Padnam, wo man nad Crawfurde Abreife 
eine Batterie errichtet hat. 

Nur eine Stunde von der Mündung lanbein liegt Pad 
name), d. h. erſter Poften an der Flußmuͤndung, ein 
Dorf in der Waldniederung am Stroms, der hier 4 Eng. Miles 
Breite bat. Das Dorf ſteht mit feinen Häufern halb im Was 
fer, fcheint aber wohlhabend zu feyn. Der Gouverneur des Orte, 
der Aber 50,000 Seelen des Diſtrietes das Commando führt, gab 


in felnem Haufe, nah Crawfurd, efender als die Hütte änes 


Britiſchen Bauern, dem fremden Geſandten ein Diner auf Eus 
ropäifchem Geſchirr; in demfelben Bimmer lag hinter einem Vor⸗ 
hange die einbalfamirte Leiche feines Vorgänger, der vor 5 Mo⸗ 
at geflorben war Seine Inquiſition uͤber die Abſichten der 
Miffion erfhlenen mnausſtehlich; biefe halbofficiellen Verbands 
Tungen gefhahen umringt vom zubsängenben Poͤbel bes Ortes. 
Ein einziges Boot war von Bangkok zum Empfang ber Säfte 
geſchickt. Am 28. Maͤrz wurde in dem Muberboote ſchon die Gas 
pitale Bangkok erreiht. Der Strom verengt fi) von Pads 


nam fehe bald bis zur Hälfte der Breite, und erhält ſich in der⸗ 





"NL Crawford Journ. I. o. p. 186.187. .) J. Crawfurd 


‚Journ. p. 73 etc. G. Fialayson Journ. p. 101 eto. 


1178 Ofi-Afien. Hiater-Indien. 1. Abſha. (37 


felben die Bangkok. Zur Seite ziehen fid viele Weharren 
bin; es zeigte ſich flarke Population, meherre Zenıpel, bie Uin 
find waleriſch bepflanzt mit Attap (2), dahinter Vetel zul Pi 
men, bie freiwillig zwiſchen dem Saume von Schilf, Bantıt 
Kalmus und andern Sumpfgewächfen, zu tzeiben ſcheinen. 2: 
zwiſchen fahe man die Ruine eines alten vor 150 Jahten geb: 
en Holländer Geste, das gegenwärtig bei hoher Fluth unter | 
Waffer geſetzt wird. Die Kanonen einer alten Batterie, wılät 
einft die Einfahrt behertſcht hatte, waren ganz in Erde verſonle 
und unbrauchbar. Um Mittag fchiffte man an einer Stromden 
engung vorüber, ber zu beiden Seiten kleine Forts erbaut find, I 
deren Naͤhe die Golonien von Emigranten aus Pegu un 
Zas angefiedelt ind, welche die zwifhen Siam und Birmas 
Breitigen Territorien verlaffen mußten. 
Bis 5 Stunden aufwärts am Menam feheint das Ufr me 
gen Salzigkeit des Meerwaſſers, das bis dahin aufkag un) 
überfhwemmt, zut andescultur unfähig zu ſeyn; nur Ballı! 
gen von Rhizopheren und Cocos nypa, Wei Die Dit 
der zum Dach decken Siefert, breitem fich über die falzige, Der zühh 
zugängliche Niederung aus. Dann erſt folgt etwas höhere Le 
faum;, einzelne Hütten zeigen fich mit Pflanzungen von Artlt: 
Plantains, Cocos u. a. Das rechte Flußufer bieikt ge" 
die innere Deitainfel noch mit Bambusdidicht bededt; wich Dr 
get, ſchoͤne Taubemarsen, Wafferdögel, der Adjstallı 
SFalkenarten ſchweben umher, dichte unerträglige Met’ 
ſchwaͤrme, zumal bei Windftille, und giftiger 9) als ale fuhr 
erpsobten, befagsen die Schiffenden. Bald zeige ſich Eultarde 
den, wo bie Domaine des füpen Waſſers beginnt; umher“ 
Reisfelder breitem ſich aus, deren Ernte, Ende Miu ſacun 
längft eingebracht war; daher fie ein ſteriles Anfehen herbei 
Doc liegt Dorf an Dorf, in Obfigärten aneinander geil II) 
auf den vielen zwifchen gebseiteten Wieſengruͤnden weibeten Hl 
relche Bäffelheerden. Die Landſchaft warde immer leblite 
und bebauter bis zur Capitale bin. 
Bangkok), die moderne Capitale bes Königeeqes Ei" 
iſt zu beiden Geiten des Menam erbaut, und jahllofe Zi: 
chen, Spitzen, Pagoden, vdll vergoldeter Pyramiden uud Din 





s0®) J. Crawfurd Journ. p. 186. 10) J, Crawlurd km p 
G. Finlayson Journ. I. c. p. 118. 








Eiam, Bangtok die Eapitale. . 2170 


nente, zwiſchen denen die niederen Wehnuggen und Hüͤtten der 
Staͤdter ia -Polmwäldeen, yad Obſtgaͤrten, von. Banianen (Fi- 
us religigea)- übesfchastet legen, geben dem Ganzen ein uͤberra⸗ 
chendes Aeußere. Bweiftödige Wohnhaͤuſer Fehlen gaͤnzlich, weil 
van sh-gagen die Etiquette haͤlt, angeſehenern Perſonen uͤber dem 
topfe zu wohnen; alle Wohnungen auf dem Lande find auf 
Dfäten gebaut: -Unzählige Beine, Kanoes, mit einem Ruderer, 
urchkreujten, es war: Markttag, nad) allen Richtungen die Stadt, 
ınd Bubddhaprieſter mit ihren. Glatzen, im gelber Ordenstracht 
chifften dazwiſchen herum, und fammelten Almoſen ein. Seide 
Iferfeisen des Stromes waren mit, flottirenden Reihen von Wohn: 
‚utten auf. Bambusflsoßen, oder auf Barken bedockt; davor la⸗ 
‚exten. bie unzähligen Schiffe der Masktleute mit ipzem Kam, 
ın Dt, Gemuͤſen, Fruͤchten, zumal mit Betel und: 08.06 
lade. Die nertefien Wohnungen find bie flotticenden Häu⸗ 
ereeiben, von 8 bis gu einem Dutzend und, mehr, bie aus Bret⸗ 
ern aufgefchlagen, auf Plattformen aneinander gereiht find, weit 
n den Fluß hineinzagen, .nur ihn zur Sommumicationslinie has 
zen, und aus Chinefifhtn Krambuben beſtehen, in benem - 
Reis, Fcuchte, Toͤpferwaare, trockne Fiſche, Thierſpeiſen, zumal 
Schweinefleiſch, auf.bie mannichfaltigſte Weiſe feil geboten wird. 
Auch die Kramladen anderer Kaufleute und Wechséler, die Werks 
Rätten der Schneider, Schuhmacher, Binngießer, Ei: 
fenſchmiede, Lederarbeiter, Gerber, Pofamenticer 
und vieler andern Handwerker, meift Chinefen, die auch nad) 
Finlayſons Ustheil, drei Viertheile bee Population 
ausmacten (f. oben ©. 1083), find Bier; alle haben ihre 
Kanoes, ale. find Waffernomabden, bie leicht nad Zelt und 
Umftänden ihre Stellen wechſeln. Die fremden Anfiedler in’ 
Bangkok, wie bie CHeiften, Peguer, Birmanen, Mas \ 
Lapen und Laos, wohnen in eigenen Quartieren 11), Der große 
Menam⸗Strom if hier in Bangkok 4 Engl. Meile breit, ohne 
den Raum ber flottirenden Häufecbreiten mitzurechnen. Sein 
Boden hält viel weichen Schlamm; er hat. 36 bis 60 Fuß Tiefe, 
gewähet alfe ungehistderte Schiffahtrs feine Schwelligkeit iſt 3 Engl." 
Miles in 1 Stunde. Dee geößere Theil der Population [heist 
fi) hier auf dem Waſſer hin und ber zu bewegen ; bie Häuschen 
find nur Hein, 20 die 30 Zuß ins Gevierte, bie Communication, 





12) G. Finlayson Journ. p. 223. | ‚ = 





— 


1180 - Ofi-Mifien. Hinter⸗Indien. Il. Mkkı (5 


nur zu Waſſer, kann miche zur allen Zelten bequen fen, vrk 
SYaanrungen, viele Wechſel treten ein, die geringfle Payalaiı 
bebarf eines doppelt fe großen Raumes ald anf fehm Ban: 
ale Wohnungen find eng, aͤrmlich, unfier. - 

Mur ein geringer Theil von Bangkok, ein fü Ir 
ſaum, ber nicht über 100 BE 200 Schritt landeia mit, Til 
auf dem Lande, es iſt eine wahre Wafferfapdt; fe if uf 
weiten AltupialbodenSi2) erbaut, ber jedoch nicht fanyhs il; 
aber vom zahlloſen Wafferrinnen durchzogen. Eue Int Coral 
uimgiebt den Palaſt bed Könige; ein-Camal führt unter din 5% 
sificationen bin, uͤberall machten Barken bie Commeniatrn 
Am 16. April machte man eine Ereurfion anf det Bein 
des Dirnam, wo die Ruinen bes alten Portugiefildrn 
Borts13) liegen, gegenuͤber Ing dab Fort der Franeſen a 
XVI. Jabrh., das nach des Minifkee Conſt. Phaulton m 
des Frauz oͤſiſchen Generals De Farg ues Stun, zu Zink: 
XIV. zerſtoͤrt ward. Weiter aufwärts am Gteme fin di 
Ruinen der Chinefifgen Dynaſtie (Phyatak's), IM 
Megiment duch ben Vat er bes jegigen Regenten (1822) uit 
warb; die Ruinen, obwol etſt 0 Jahre alt, warn zeit b 
Hätten fie viele Jahrhunderte erieht. Schon Päyasat er 
den Ort, der früher umbebentend umb nur feines Dhfrid: 
thums wegen bekannt war zu feinem Wohnſite; biche Dit 
man auß beffen Obſtgaͤrten nur die Capitale Juchia witint 
ten verfehen. Die Einnahme und Plünderung Zuthiat icn 
die Bumanen (1760), entwölkerte bie alte Capicule, md m 
Phyataks neue Mefldenz, der hler bie Mae be yhma 
Madıt Siams von neuem um fich verfammelte. Gr bat Mi 
ein Hort am rechten Flußufer; fein Gluͤckeſtern gegen u Bi 
manen bob Bangkok, und füllte es mit Kempeln und Pal 
fin. Der jüngere Koͤnigspalaſt, der nachfolgenden BZ N" 
fhenden Dynaſtie, wurde auf dem lin ken Zinfufer, dam dir 
Yatafle Phyataks gegenüber, erbaut, auf ein 1 Oki 1" 
gem aber ſchmalen Infel, die mit einer Mauer umge won 
Auch legt ber Yeößere Theil der Stadt am linken Uſe o 
Meines Häuschen fahe man, das dem flüchtigen Prise 

Kambedia zus Wohnung amgemiefen war (f. on 6, 


*ı2) J. Crawfard p. 117, 6. Finlayson Journ. p 209-2 
ta) }. Crawfurd p. 120. 8 


- 








Sim, Bangkol die. Gapitale.- . . 1181 


Bei einer. Ercusfion den Menam Fluß aufwärts, kam man 
in einen breiten Arm deſſelben, der in ‚ber Nähe. des Koͤnigs⸗ 
palaſtes Bangkok Yai heißt, dann aber bie 3 Hauptarme bes 
Menam vereint. Auf dem bortigen Hauptarme, Bang Znang, 


‚ If ſehe ſtarker Verkehr, da auf ihm bes geoße Transport von 


Salz, Sapanholz, Teakwaldung u. a. m., aus bem 
Oberlande, zue Stadt geht. In ber Nähe des Koͤnigspalaſtes 
find im Strome buch weiße Pfeiler die Stellen bezeichnet, 
wo das Suͤndigen erlaubt zu werben beginnt; denn näher bin 
gegen den Palaſt bes Könige darf kein großes, kein kleines Thier 


getoͤdtet, kein Fiſch gefangen werden; erſt außerhalb diefes 


— — wm - Rx z + ..- - 


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frommen Weichbildes iſt das Schlachten und Zangen ber Thiere 
geſtattet. 

Bei der Schiffahrt, die In dieſem oberen Hauptarme des 
Menam bis auf zwei flarke Stunden fortgefegt wurde, fahe 
man beibe niedere Uferfeiten immer ſtark bebaut; man zählte 22 
Tempel 24) die alle von ziemlicher Größe dort errichtet find, zus 
legt den neueften, welchen der Prinz Kromchiat erbaut hatte, 
Er wurde Wat har tong, d. i. bee Tempel des golbes 
nen Sanbelbaums genannt. Er war in Styl und Nettig⸗ 
Zeit allen anbern weit überlegen, wol weil ber Prinz ale Gönner 
der Fremden, und des Fremdenhandels überhaupt, den Forts 
Schritt aller Art gu fördern 15) ſuchte. Doc war eu noch nicht 
beenbigt 5 das Hauptbild, eine coloffale Budbhaſtatue 22 Fuß 
hoch, in Metall gegoflen, lag noch in Stüden umher; viele Riffe 
des ſchlechten Gufjes machten Nacharbeiten nothwendig. In ben 
Bimmern des Priors hingen als Schmud viele Gopien englifchee 
Kupfer, von Chinefen gemalt, wie 5. B. Porträts Englifcher 
Schönheiten, Jagbſtuͤcke, ſelbſt engliſche Kupferflihe, Glaswaaren, 
kuſtres, Spiegel u. ſ. w. 

Die Wohnung dee Embaſſade 10) lag auf dem rechten Ufer 
ded Menam, binter weichem alle vo Candle mit übergelegten 
Planken flott der Brüden, vol Gelder und Obfigärten, fo weit 
der Blick reichte, vol Wohnungen und Anfieblung; eig Bias 
meſe, ber, die alte Capitale Juthia befucht hatte, die 16 geogr. 
Meilen entfernt ſeyn follte, fagte, das ganze Uferland bis dahin 
fey ſtets auf gleiche Weife bewohnt, Leider geſtattete das Mistrauen 





16) J. Crawfard ‚Journ. I, c. p. 130. ‚18) ebind. p. 85 — 88, 
se). ebend, P- 140, 143, 21 


1182 Oſt⸗Aſten. Hinter- Indien, II. Abſha. 1.97. 


der Regierung die Ausführung von Crawfurdt Wänfke mit 
dieſes Juthia zu beſuchen. 

Der geößere hell der Zeit in Bangkok (vom A in 
dis 15. Jul) verging mit dem beſchwerlichſten Negotiatit: 
wensM, die anfänglich nur durch gemeine Spione dm Drri 
ger, mit dem offenbarften Beweiſen des Hochnrche und ie Se 
tingfhägung, begonnen wurden ; viele Tage wurden nit Into 
Rimmungen des Ceremionteld bei der Audienz weisen, vi 
andere durch Die Lächertichfien und aͤrgerlichſten Kieimigkelten, vi 
durch bie zwei am Hofe herrſchenden Parteiumgen, auf ben ei⸗ 
ner bie das alte Regime begünfligte, der Prinz Ehanfa (dr 
des Himmels), der ältefle, legitime Sohn des Königs, anf de 
andern, dee Prinz Kromchiat, der Ghufling dei Sins! 
und fein nachmaliger wirklicher Nachfolger, ein Begiufign ie 
Meurrungen ber Fremden und der Prahliang der Preaimmir 
fire ſtanden. Bald ward am Hofe rin großer Gpirgel yet: 
hen 18), was ſogleich die Megociationen unterbrach; bad dritt 
der König feinen Eis in einen anderm Palaſt, wozu die Gar 
bictionen der Talapoine nothwendig waren, bafd war ea hirk 
. eb Feſt bei einem Miniſter, bald wurde eine Embeffah Mi 
neuen Königs von Gochtn China angekündigt, bald fashm 
die erfien Anzeichen ber wiederkehrenden Cholera Mecei m, 
bald brachte biefes, bald jenes Ereigniß eine Stodung In di Pr: 
handlungen, die dann let abgebrochen wurden. Die Auhien I} 
Königs geſchahe deraͤchtlich, ohne die Krone auf bem Hast: u 
Baden; die Einführenden der Briten waren nur Binat:jf 
vom fünften Grade; ihre Geſchenke wurden als da Tribet 


von den Dolmetſchern übergeben,“ die Behandlung von Geun 


des Gouvernements war Fehr ungaftfich, veraͤchtlich, fogat 97° 
rend umd ber Würde Großbritanniens unangemefim. De # 
niſter gab der Embaffade ein Diner, mit in feinem Pl 
fondern tn ber ſchlechten Behauſung des Geſandten; bi En 
fabe mußte, ats die Aüblenz zur beſtimmtes Stunde bi des 
Prinz Kromchiat angefagt war, noch mehrere Sturdes © 
&ambeiren, weil er fein Gebet verrichte; dieſer mar at Pi 
vom Aten Range, hatte aber die Handelsangelegenheiten I ie 
gen, mit den übrigen Peinzen vorm höher Runge tem un " 


sı7) G, Finlayson Journ. p. 121, 131, 163170, 16, M-# 
0) J. Crawferd Journ. p. 133, 146, 146, 151. 


Giom, ‚Bangkok die Capitale. uss 


zar Leine Beruͤhrnng. Dee Embaffade von Cohin China, 
ſchickte dagegen der Hof die prächtigfien koͤniglichen mie Farben 
und Bold pruntenden Warten zum feierlichen Einholen entgegen, 
Nie ſchon fo ſehr der Eitelkeit der Embaſſade Louis XIV. beim 
Empfange ſchmeichelten; alle Verſuche bee Briten, den Co⸗ 
hinChinefen einen Beſuch zu machen, wurden dagegen ver⸗ 
eitelt, ihre Wohnung mit Wachen umftellt, und jeber Ausweg abe 
jewwiefen. Dennoch zeigte man Begier mit den Fremblingen in 
Handel zu treten, es wurden 39 Artikel, die Crawfurd vorus 
legen hatte, mit Intereffe angehört und baräbee bebattirt. Dies 
zeſchah In Malapiſcher Sprache, weiche dort die Diplomatie 
‚che it. Dem Briefe des Gefandten wird in der Ctiquette der 
Biamefen die größte Ehre erzeigt, der Embaſſadeur gilt nur als 
jemeinee Bote; der Brief wurde daher in goldenen Vaſen üben 
reicht. Der König verfagte W) aber birect ein Antwortfchreiben 
ın den General⸗Gouverneur von Indien, von dem der 
Brief gelommen war, weil bies unter ſeiner Würde ſey. Er 
hatte früher bei der Audienz fich erkundigt, ob ber General⸗Gou⸗ 
verneur von Indien etwa ein Bruder deö Könige von Großbri⸗ 
tannien fey. J. Crawfurd dagegen erklärte, daß er keinen 
Brief von einem Miniſter an feinen Bebieter annehmen würde; 
nue zu geen drang ihm dee Prahklang aber fein Schreiben 
uf, um ſich felbft dadurch im Rang dem General: Öpuverneur 
on Indien gleich zu flellen. Ein dritter Mittelweg wurde aufs 
jefundenz ein Schreiben des Pia Radja Ehula, des Ober: 
3011: Directors, an Erawfurd warb anzunehmen belicht, 
nit den Genceffionen, welche ber Hof zu Siam ben Briten zuge⸗ 
behen wolle; es ſollte unlimitirte Bulaffung bee Britiſchen 
Hanbelöfchiffe in den Hafen von Bangkok ſeyn, und bie Ver⸗ 
ninderung bed Zoll von 8 auf 6 Procent, ſofern jährlich 6 Eng⸗ 
ifche Schiffe einlaufen würden. Aber dies wurbe bald, wieder 
verworfen. Die Minifter verlangten jederzeit fein Ver⸗ 
'auf21) für den König (d. h. für ſich, um. felbfl den Gewinn 
avon zu ziehen), und beſtanden darauf, ehe der König feinen 
Handel nicht abgefihloffen, koͤnne fein Privatmann einkaufen, und 
ben dafjelbe verlangten fie beim Werfauf. Das Handelsmo⸗ 
ropol bed Gouvernements auf die, wohlfeilſte Weiſe einzufan: 





»°) J. Crawfurd Journ, p. 171. G. Finlayson Journ. p- 179. 
”°) 3. Crawford Journ. p. 100. ?*) ebenb. p. 144, 88. 


1184 Offen. Hinter-Indien. TI Ada. {87 


fen und auf die chenerſte ihee Waate Iohgufchlagen, maj ni 
Uch jeden Frembdhandel ſtoͤren. Die Sauptferberung Dich I: 
noch immer, bie, ob zur Belohnung für dieſe wehlwollenden Ct: 
xeffionem auch bie Siameſiſchen Schiffe, bie etwa nad Cakıtı 
kommen würden, dort auch zu jeder Zeit Waffın und Di: 
nition einkaufen koͤnnten, worauf bie Antwort: Ja, abe zı: 
in Sriebenszeiten, und nmicht, wenn fir in Krig mit da 
WBirmanen den Bunbeögenofien bee Briten flänten, Hay frinck 
wege zuſagte. Asch die Nichtherausgabe des gefangan Bi: 
la yen Königs von Queſda, ber das Gaſtrecht be Pıin:: 
Wales⸗Jnſel genoß, und für deffen Befreiung man uaterhis: 
Deite, gaben nebſt allem übrigen der ganzen Embafjabe aa ver 
fehltes Refuttat. Der Embaffadeuz von CochinChina ® 
hielt feine Abfchiebsaudieng bei dem Könige von Giem, ul 


ſchiffte mit Pomp am 11. Juni im feine Hrimath zut. U 


Stawfurd, ber bie Megociotionen, bie zu fein zulla Ts 
«hellen führen konnten, abbrach, verlangte nun feine Id 
aubienz beim Könige, bie ihm auch zugefanden wurde, abe 4 


nicht er folgte, obwol fie zur Gtiguette des Hefeb shi: 


Während des Aufenthalte der Miſſion fiel, am U. Il 


Die Geier des Laternen feſtes2), Gungiram m iin 


fen, daS fie wie die Chineſen durch naͤchtllche Erieahtun dt 


Schiffe und Ufer mie Taufenden von Laternen und ae | 


Almofen an die Talapoine felern. Am 27. Ai min 
das Feſt des Dfingführens gefeiert, tie in Chan; dic 
308 auch hier der König die Adterfurche, aber dies If ſten üuz 
abgelommen, und ein Gtelvertseter bed Königs läft, Io WM 
Meisfelde, durch einen Bauer, eine Kreisfurche um Id Hi* 
Das Hauptfeft fol mit dem Jahresſchluß gefeit wei 
das Fe aller Seelen und bes Todten, wohl mn " 
Elementen, Feuer, Luft, Waffen und Erde Opfer iind, 9 
— in dem Strom wirft, und Tauſende von Fa 
| 





*»>) 1. Owl Joa. L 0, 200, 186) G Fin I 





Siam, Burney's Beſuch. 1185 


2 Spätere Beſuche ber Briten und Miſſionarte 
in Bangkok, Capt. Burney (18%), 8. Guͤtzlaff 
(1828 — 1830). 

Gapt. Burney 2) lief im Jahre 1825 auf ber Brig Guar⸗ 
bian mit einer Miſſion ähnlicher Art, wie Crawfurd, in den Golf 
von Siam ein, und erreichte am 17. Nov. die Mündung des 
Menam, die er bei Springfluth, in einer Waſſertiefe von 114 
Fuß kreuzte. Das Fort Paknam fand er ſeit Eramfurds 
Abreiſe verſtaͤrkt, und durch eine Batterle von 100 Kanonen zur 
Seite unterſtuͤzt. Die Flußkarte Kaͤmpfers, bis Bangkok, 
fand Burney ſehr eorrecrt. Am 4. December landete er zu 
Mioangmat (Meuſtadt), einem großen Dorfe, am rechten Ufer, 
von Pegu⸗Coloniſten bewohnt. Hier gefchabe die felerliche 
Embarkirung de6 Capitains mit feinen Begleitern, Capt. Macs 
farqubar und Joſe Pedrada, nah Bangkok, wo fie bei 
einem bott feßhaften englifgen Kaufmanne Me. Hunter Quar⸗ 
tiee nahmen. Schon hatte dee Prah Klang angefangen ein 
eigenes Haus für die Englifche Embaflade zu bauen, was man 
für ſehr ehrenvoll hielt. Es war in der Nähe des Chriſtenquar⸗ 
tieres errichtet, und wurde vom 10. Dec. an von der Miffion bes 
wohnt. Bei der Audienz, die in bemfelben Styie bei dem Koͤ⸗ 
nige (dem frühen Prinz Krom Chiat,,dem illegitimen Sohne, 
ber nach bem Tode des Vaters [20. Juli 1824] den Thron bes 
fliegen hatte, während der rechtmaͤßige Thronerbe fi in ein Klo⸗ 
ſter zurücziehen mußte), wie die dee vorigen Miffion, erfolgte, 
fielen Capt. Burney, unter den fremden Höflingen, wie Chis 
nefen, Cochin Ehinefen , Insbefonbere die reich gekleideten Laos 
Dfficiere auf, bie in ihrem Aeußern an die Gorkhas ungemein 
erinnerten. Die Stagen des Könige bei der Audienz waren alle 
feivoler Artz man zeigte nachher die weißen Eiephanten, einige 
Tempel, «6 erfolgte eine zweite gleich prunkvolle Audienz bei dem 
Wangna, Bruder des verftorbenen Könige, den man den zwei⸗ 
sen König nannte, dann bei dem Prinz Krom Mean Surin, 
dem Oheim des Könige, der gegenwärtig den aͤußern Handels⸗ 
verhättniffen vorfland. Alle 3 thaten diefelben Fragen; der Em⸗ 
bafjade wurde ehrenvoll begegnet, fie konnte fi unbewacht und 
In Freiheit umher bewegen, und eshielt Lebensmittel bie Fülle: 





— — Burney Mission to Siam ſ. Caleutta Gor. Gaz. Febr. 
in Asiat. Journ. Vol. XXIL p. 164 — 107, 


ilter Grökunde IV. grrr 


1186 Oft-Afien. Hinter⸗Indien. II. Abkhn. 1.87. 


Die Siege der Briten über bie Birmanen Hatten den Cam 
Reſpect eingeflößt. 

Aus dem Berichte eines ungrmannten Briten, da ned (x 
Burneys Wiffion dort in Bangkok, bi zum 1. Andi 1X 
zuch@blieb5?*), ergiebt ſich der greße Eindeud, den der giüdit: 
Ausgang des Biemanenkrieges auf das Siemeſiſche Gere 
ment gemacht hatte Die Fuccht vor aͤhnlichem Gaidial ft: 
bie laͤſſigen Siameſen in Bewegung, die Eingänge ihets Radıi 
beſſer gu fihern. Dan verfchangte die Einfahrt des gerfra Sion: 


Stromes, unterhalb Bangkot, duch Batterien; ber Prab: 


Klang ſeibſt Leitete diefe Unternehmungen. Der König inf 
citte mit einem Gefolge von 100 Prinzen die Bastın, und be 
jeugte feine Zufriedenheit. Am großen Fort zu Paknan halt 
ron 200 Kanonen von verſchledenen Kalibern amdgelahen, za) 
eben fo viele bei dem Fort Pakklaat. Dam hats ſaht Min 
Geſchuͤt in den Gießercien zu Bangkok gegaffen; abe hit 
Proben zerſpreugten die meiſten; nur wenig braucätend Dh 
übrig, und die Nachfrage nah Europäifhem Befgät ® 
fehe groß geworden. Um den Palaſt zu Bangkok hatt mi 
ben Anfang zu 18 kleinern Verſchanmzungen gemadt, in Ki 
noch feine Kanomen angebracht waren. Die Aſttologen ® 
mehrten durch ihte omindfen Deutungen in Siam bie Zudt !* 
der Zukunft; in ihren Büchern ſollte es gefdrieben Ale, WM 
die Briten einft Siam erobern würden. Aa Dame" 


der Pegugrenze wollte man Warnungttafeln vor den Din: 


fällen der Briten aufgehängt gefunden haben, und die Binde 
pore⸗Junken, die in dem Hafen von Baugkol — 
beſtaͤtigten ſolche Ausfagen. Die groͤßte Angt und Damm“ 
bemaͤchtigte ſich ber Bewohner biefer Hamprfadt. Die ſhn 
Chinefen denutzten dieſe Schwäche zu ihtem Borthel; will: 
tn die Serüchte; fie erfinden neue hinzu, um die rg da 
„ und Noch zu Abzwingung meuer Privilegien zu benuten, I PH 
ohne das aus Eiferſucht, bie ſchon gegen ihren nnd 
iſt, nicht zugeſtehen würde. Berichte zum Vortheil de Er 
ropader werden mie geglaubt, wol aber die a F 
ihrem Nachtheile, welche die Eiferſucht Chineſiſcher Handeslan 
verbreitet. 
Aus Zucht vor einem Ueberfali der dermeinllihen Fk 





63%) Asiat, News Calcutta 1827. 23. Jan. As. Journ. p MM 








Siam, Guͤtzlaffs Beſuch. 1187 


nußten, ſeit dem Auguſt 1826 beſtaͤndig 3 Slameftſche Krieges 
chiffe vor der Barre bes Siamſtroms, unterhalb Bangkok, kreu. 
en, und bei Todesſtrafe auch von der Annäherung der geringſten 
Barke Bericht geden. Das große Herbſtfeſt, Catin genaunt, 
»as mit dem Neumend im October beginnt, und eine längere 
Zeit Dauert, währemb weicher der König ſich eine -ganze Woche 
ang, öffentlich, beim Beſuche ber Tempel und Feſtungen ſchen 
u laſſen pflegte, wurde in diefem Sabre, in Beziehung auf bie 
Derfon des Könige, fahe verkuͤrzt, um bie Beit auf wichtigere Ras 
terungsgefhäfte zu verwenden. Anfang November wurde bes 
Ianınt gemacht, daß eb gelungen fey, die Mündung bes Det; 
ong zum Theil zu fperren; fo daß nur neh eine 10 
Fuß siefe Einfahrt in daſſelbe übrig bieibes eben fo fellte die 
Barre bei Paknam noch gefperet werden. Solche Augft bes 
nächtigte fich der felgen Siameſen, von denen das Gpeichwert . 
agt, ein Birmane ſchlage feine 3 bis 4 Siamefen in bie 
Flucht. Vorzuͤglich war dee neue König auf Verſtaͤrkung ſeiner 
Rıiegeflotte dedacht; er legte oberhalb feiner Capitale ein neues 
Krfenal an, in welchem 136 Kriegsboote, jebes 60 Fuß lang, 
Fuß breit, zu 30 Mann Beſatzung, ftationiren follten, und ein 
‚weites bergleichen, ganz in der Nähe feines Palaſtes, ſollte am 
Nai⸗Flufſe, wol ein Arm des Menam, angelegt werden. Die 
Kbreife dee Briten, am 1. April 1827, war dem Siamefifchen 
Bonvernement fehr erwuͤnſcht; deren Aufenthalt im Lande war 
hrem mistrauiſchem Sinne hoͤchſt beſchwerlich, weit fie fuͤrchteten, 
aß jede ihrer Unternehmungen genan ins Ausland berichtet werde. 
Die Stimefifchen Priefter follen damals mit eimer neum Webers 
etzung ihrer heiligen Bücher für den König beſchaͤftigt gewe⸗ 
en feyn. 

Aus 3. Tomlins und Guͤtzlaffs8280) noch ſpaͤterm ſechs⸗ 
nonatlichen Aufenthalte daſelbſt (18W), haben wie einige Be⸗ 
nerkungen in Beziehung auf das innere Seelenleben ſchon 
oben angefuͤhrt, uͤber den davon getragenen Sieg der Siame⸗ 


s35) J. T(omlin) Journal ker during a Voyage from Singapore 40 
Siam and while residing 9 Months in that Country. Printed at 
the Missions Press in Singapore 1829. 8.; Verslag van een 
jarig Verblifk in Siam en van eene Reize langs de Kust van 
China naar Mantchou Tartarije door Karel Gutzlaft naar. bei te 
Canton in China‘ utgegevene Engelsck). Met een Levehsberigt 
etc. Te Rotterdam 1833. 8. 

Sfff2 


1188 Ofl-Afen. Hinter⸗Indien. IE. Alſha 8. 


few über die La 08, wird weiter unten die Rebe fen. Viefe 
ven bier nur bie Populationsilifte von Banglel, m. 
4898, aus Tomlinse Bericht an, bie auf einer Zählung Im: 
het, wobel jedoch obige Stellen (f. ob. ©. 809) wicht zu uhr: 
hen find. 

Die Einwohnerzahl if anf 401,300 angıgehm, mir 
«ie ia Siam angefiedelte Chinefen auf 310,000 mligeta 
gu ſeyn ſcheinen, nebſt 50,000 Chinefifhen Abkömmiingr: 
Dieszu werben an Giamefen Einwohner, in Baugkok, u: 
getechnet 80005 Coch in Chinefen 10005 Kambodjen Bü; 
Degner 60005 Laos, die erſt feit der Septen Umteriechun ns 
gebracht find 7090, früherhin dort ſchon amgefiebein SO. Hinz 
2000 Biemanen (Bramas genannt), 5000 Zavand, M 
DM alayen und 1000 ChHrifkem (kathoüſche, einpeimifhe, Cr 
vertiten). 

Unſer Landemann Güglaff vollendete, während für 
enthaltes (1828) in Bangkoß, feine Weherfegung dab Rrart 
Teſtamentes und ter häſtoriſchen Büder det Alten Zr 
faments in die Siameſifche Sprache, beinge I 
Drad in ber Miffionspreffe zu Sincapore, und kehcn IN 
sum zweiten male nad Sianm gucke, um bafiehe fü W 
Kambedja Sprache und die Lao Eprage za dan, ml 
ihm auch umter dem treuen Beifland feiner frames Gut e 
ein Cochin Chineſiſches Wörterbuch geſammelt hatte, abe al“ 
dig farb, gelang ; worauf die heilige Begeiflerung zur Belrkt 
der Heiden, den unermübeten Miffionar, am 2. Dar 100 ni 
Macao 5%) führt, won wo wie deſſen Bewunderang mi 
Wirkſamkelt für die Verbreitung des Evangeliums If 
im obigen vielfach kennen lernten. 

Nach dreijährigen Aufenthalte in Siam gak Sir 
Laff noch einige Bemerkungen mit, in feinen für dad ittr 
weſen hoͤchſt lehrreichen Berichtem, won denen mir dm Mill 
Rändige Sammlung umd Deurfee Ueberfehunt 
Hands und Eehebuch für alle diejenigen Zängfing wir 
möchten, Die ſich zur Hei den bekehrung, im wahre! Sion 
des Evangeliums, mit derſelben Chriftlichen Let © 
Herzen, berufen fühlten, ums für ihre Auschung zu U 


520) Y ”_° - ⸗ Sam ee de In 
| u ee Saas in 





Siam, Guͤtzlaffs Beſuch. 1189 


kehrweishelt un würdigen Maasſtad zur Selbſtprüfung iu 
zewinnen, was für fo hoben Beruf vor allem in eigener ag 
und unerläßliher Erkenntniß Roth tut. 

Aus diefen Bemerkungen haben wir bier nur Weniges am 
zuführen, weil da® hierhergehoͤrige bedeutendere: ſchon im obigen 
mitgetheilt iſt. Doch zeigt fi aus dem Ganzen, daß keiner die _ 
bisherigen Beobachter der Völker der Halbinſel, non dem Zuftande 
des Verderbens derfelben, in dee Gegenwart, fo tief durch⸗ 
ungen iſt, al& diefer wuͤrdige Miffionar, keiner aber zugleich: fm 
oll Liebe, Hingebung und Hoffnung für fie mar wie er. Ca 
yatte den merkwuͤrdigſten Zugang zu den Palaͤſten der Prinzen; 
u den Herzen ber Priefter, wie zu ben drmften Hütten unk 
Schiffen bed Wolle. Diefes fand er Teichtfinnig, wankelmü⸗ 
big im hoͤchſten Grade, voll Seldſtgenuͤgſamkeit, vom König ki 
um aͤrmſten Unterthan, tolerant, vielmehr -gleichgältig gegen jede 
tehre, feibft in ihren Budbhatempeln gewährten fie Guͤtzlaff bie 
Predigt des Evangeliums, viele ließen fich jedoch auch Tag 
ınd Nacht in Gefpräche Über Religion mit ibm ein. Die Prins 
en von Gebfüt, die erſten Talapoine, der Beichtvater des Könige, 
ver oberfte Hofgeifttiche ſelbſt, beachten im Dunkel ber Mitter⸗ 
acht viele Stunden in Sefprächen über die neue Lehre, und mit 
ver MWißdegier nach den Schriften des Neuen Zeftamentes, in der. 
vefcheidenen Behaufung der Miffion zu; aber ihr Bubbhlemus, 
‚er nah Guͤtzlaff zu volllommnem Acheismus führt, erſchwerte 
hen das Verfländniß ungemein, und in ihren Herzen, fagt er, 
eigte ſich viel Widerfpenftigkeit wider bie reine Wahrheit 27), 
Dennoch wurde fo Mancher erwedt, und die auch bort fich zeis 
enden Regungen burc den heiligen Geift des lautern Evanges 
iums, werben zu feiner Zeit nicht ohne Ernte bleiben, wenn die 
veitere Ausſaat nicht fehlen wird. Noch, fügt Guͤtzlaff, Hat 
Siam diejenige Aufmerkfamleit der Europäer nicht gewonnen, 
ie es verdient. Seit 1622 haben die Portugiefen dort zwar 
ingefangen die Lehren der Chriftlichen Kirche 28) zu verbreiten, 
‚ber in einem Lande des Orientes mit weniger Erfolg; ſchon 
‚aben |fich gegenwärtig junge Stamefen gefunden, bie in das 
lusland den Evangelifchen gefolgt find, um, in den Kenntniffen 
er Europäer unterrichtet, dereinſt ihren Landsleuten Lehrer gu 
perden. 


375 ebenb, in Verslag p. 1—46. ?*) ebend. p- 28. 


1190 Ofl-Afien. Hinter-Indien. IL Ahlhe, (37 


— A Zuſatz su dem Wenigen, was wir von ver Kamben 
jens2) wiſſen, fügen wir Guͤtzlaffe Urtheil hinzu, da and ıı 
Sprache dieſes Volkes ſtudirte, und bemerkte, daß fir wirt | 
wohllautend als bie von Siam ſey, aber reicher, und mu 
reichere Literatur befige. Ihre Schriftart nennen fie ſelbii Khen 
es ſey diefelbe, weiche die Siamefen in ihren Bali Vichemn ;: 
beaudgen. Die Gultur der Kambobjen, de ſich faik Su: 
meh nennen, fagt der Miſſionar, fep, wie ſich and alen nik: 
weit älter ats Die von Slam, umb fchom im alten Ganſcit Erd 
werde des Reiches Kambodja (Kan phurfcKe) gedeht. Zii 
hiſtoriſche Etubieum dieſes, obwol gegenwaͤrtig in ſich zafalacı 
Kanigreiches, möchte daher wol von groͤßerer Wichcigten für du 
Geſchichte der Ewilſation ber ganzen Halbinſel fern, all mas 
bieher ihm gewibmet bat. Saigun, bemafı Gitzaf, rc 
- den Eingebornen Lutn ol genannt, was und bicha mie 
nut wat. 





Anmerkung Hiſtoriſche Notiz über Sien 


Die Hiftorie Siame reicht, bei dem Mangel einpeimilder "> 
raturfenntniß, kaum über bie erfte Zeit der Bekanntſchaft mit Gars: 
gurüd, Im Archive bes Königspalafte zu Bangkok jan: 
Reihsannalen °°) niedergelegt und täglich fortgeführt werte: =" 
Bein Fremder hat fie je gefehen. Man möchte dies für blos nit gs 
eebigteit halten, um es den Ghinefen gleich thun zu wollen; tan I 
ber Prahklang, und andere hohe Staatsbeamte, warn in Kit: & 
florien gang unwiffend, fo aud über ben Urfprung der Mi-® 
ſtaaten ihrer Nachbarn in Siam, oder wollten abfichtlich mh "= 
Ihre Rebe war immer, das ſey von Anfang an fo gemein 

Sie wußten nur von der Einführung der Gartama Kılit 
unter einem Könige Krek in Siam zu reden, im Jahre 6 er 
Geb. 3 von diefem an, bis auf bie Gegenwart (1824), folk 6 I: 
ben auf dem Thron gefeflen haben. Uber in feinem Lande It ©" 
teicht eine fo ungeregelte Thromfolge und fo viele Daher 
gegeben, wie in Siam, woburd allerdings auch ſchon di äh; " 
eidjös Annalen ſehr ſchwierig geworben feyn mag, In Jahr Il 
hatte der 23ſte der Siamefen Könige feine Reſidenz zu gabonte! a 
an 200 R.Br.) an ber Grenze von Lac. Wie am Riſtrent RE" 
ten vie Befidenzen auch vom Dochlande zum Deltaboden de 1: 
binab, Jm Jahre 1850 wurde, dom Arten Könige ber Aczennith 





820) Gotzlaff in Versiag p. 20) 3. Onnial ber 
— —— 


| _ Siam, Hiftorie. 1191 


‚die Gapitale Yathia (ob. &, 1088) gegründet. Im Jahre 1802 kam 

die erfte Rahricht vom SiamsHeich nad) Europa, welche von eis 
ner ungluͤcklichen Erpebition befielben gegen Malacca ſprach. Nach 
Aubukerkes Eroberung von Malacca 1511 traten die Portu⸗ 
gieſen zum erften male in Verkehr mit Stam *'), wo indeß Revo⸗ 


"Yution auf Revolution folgte. Im Jahre 1567 überfieien Birmanen 


das Reid Siam, unter fehr aͤhnliſchen Umftänden, wie 200 Jahr fps - 
ter, unb in ber neueren 3eit, behaupteten es aber nur bis 1596. Schon 


‚im Sabre 1612 fchiffte ein Engliſches Handelsſchiff bis zur Capitale 
NDut hia und Intpfte HSandelsverhältniffe an. 1621 fchidte der Vie e⸗ 
‚tönig von Goa eine Portugielifhe Miffton von Dominis 


canern und Franciscaner Mönchen nad Siam, bie ſeitdem dort 
, einbrangen, 1037 feate eine Revolution eine neue Dynaftie auf. ben 
Ahron; ber Sohn bes Uſurpators iſt der 52fte Regent in der Reihe ber 
‚ Ctamtönige, ein ausgezeichneter Regent, ber in ben Embaſſadenverkehr 
"mit Louis XIV. trat. 

Die Portugiefen hatten, ein volles Jahrhundert, während Ihrer 
Blütbenperiode in den Indiſchen Sewäflern, ben vollen Gewinn bes 
StamsHanbels bavongetragenz bie Vicelänige von Boa, bie Gou⸗ 
verneure von Malacca und ihre Gefchäftäträger, nebft ben Episcopen, 
waren dort am Hofe ſtets ehrenooll empfangen, reich beſchenkt, zu gros 
gen Ehren erhoben, fiebelten fidy an, hatten freien Handel, freie Relis 


gionsuͤbung burdy das ganze Reich, bauten Kirchen, deren Refte bis Yu⸗ 


thia und Tfehantaban *?) nody heute fichen, und auch den Bias 
‚ mefen war freier Handel mil-ben Portugiefen in Malacca ges 
ſtattet. Aus biefer Zeit datirten fi bie Anſiedlungen der Portus 


‚ gifen tm Landes Aber ihren Rebenbuhlern, den befonnenern Holläns 


dern 22), mußten fie faft überall, fo auch hier, bald weichen. Die 
Gapereien ber Portugieſen gegen Hollänbifche Handels⸗ 


ſchiffe, die fi in den MenamsGtrom hinauf wagten, zu Behauptung 
‚ Ihres Alleinhandeis in Siam, belamen ihnen ſchlecht (1624), weil bie 


| 


Siamkönige die Partei ber mehr biegfarhen Holländet gegen bie Ins 
foleng ber Portugiefen ergriffen. Es wurde von Siam auf Portugies 
ſiſche Schiffe Beſchlag gelegts bagegen erklärten bie nun mit Portu⸗ 
Hal vereinten Spanier, von den Manillas aus, den Krieg gegen 
Siam. Seitdem verloren die Portugieſen den freien Zutritt zur 
Nefidenz und zum Palaſt, ben fie früher beſeſſen; ihre Anfieblung fant 
in Armuth herab, die neuen Portugiefen blieben aus, bie Ueberreſte der 





21) Hieron. Osorii Lusit. Episo. De Rebus Emmanuelis Regis Lu- 
sit. etc. Coloniae Agrippin. 1575. 8, Lib. VII. in fin. p. 221 etc. 

33) Gutzlaff in Verslag 1. c. p. 28. 31) Jodoc. Schouten Di- 
roctor Mercaturae Descriptio Regni Siam 1636. ed. B. Vareni 
M. Dr. I. c. Cantabrigae 1673. 8. p. 124—126. 


+ 


1192 Oſt-⸗Aſien. Hinter⸗Indien. IT. Abſcha. C. 


aͤltern Luſitaniſchen Anfteblung in Siam, meiſtens Mfg, mr’ 
fi) immer mehr mit den Ginheimifchen, und wurden zu jener vr:-. 
ten Claſſe katholiſcher Chriſten, Dolmetfcher, Unterhänbier, Gpisa, =. 
che dem Europaͤer⸗Verkehr bis heute nicht zur Gmpfehlun acc: 
Die Kaufleute der Holländer gewannen Eingang in Gicn, '. 
durften in ber Capitale ein Waarenhaus erbauen, fetten ball ıc 
viele Waaren ab, zumal Zeuge und Stoffe aller Act, Baurtn si 
Siameſen Probucte, zumal Thierfelle und Sappauholz an: 
Ser Denge ein, bas fie nach Japan überführten, fo wie &e=7- 
für Java, wodurch Siam ſich zu einer wichtigen Wittelkai:: 
für ihren Verkehr zwiſchen Golonialbefig umd ihren Hanbeldiege ir do 
Oſt⸗Indiſchen Gewäſſern von Geylon bis Formoſa mi): 
pan erhob. Unter dem Director biefer Handiltlege gu Yrttie, 
Sobft Schouten®!*), der ihr 8 Jahre rühmlich voran, mei: 
fie ihre befondere Blüte. Unter ihrem Schutze war ed, da} & Ker⸗ 
pfer dort gegen Ende bes XVII. Jahrhunderts feine lehertiche 8: 
achtungen einfammelte (1690) 25). 

Die Hiflorie Siams ſelbſt if ein ſteter Wechſel innerer Tri 
zungen, Partelungen, Revolutionen, Dpnaftien, die mit gröfte E5-> 
ligteit abgemacht zu werden pflegten, ohne bem Lande und Bolk 3: 
andere Gcpräge zu geben, und mit den furchtbarſten Graufanki: x 
bunden, immer wieber in daß alte Gleis zuroͤc, aber gu zt-:! 
Despoten binführen. Doch bleibt das eigentlide Siam 8 
ſtaͤndig, ohne auf eine längere Zeit wie etwa feine Radlur== 
von andern Beherrſchern unterjocht zu werben; ein Barzy, da = 
Keich feinen natärlihen Umgrenzungen, und dem gix-2 
Intereffe feiner naͤchſten Nachbarſtaaten zu verbanken hat, di 2t:- 
eigener Schwäche ober Abhaͤnglichkeit und Parteiung nad aufn, 1°: 
wenn auch nicht immer, nemtrale Zuſchauer diefer Begrit-ti © 
ihrer gemeinfamen Mitte blieben, wie die von Laos, Sedirlt' 
na, Kambobja, Pegu, Aracan, Birman ber del nz: " 
diefe letzteren weftlichen Grenzrachbarn ihre herangewathſcu MUT 
Macht in neuerer Zeit wiederholt empfinden lichen. 

Die glänzende Periode des Franzodſiſchen Einflalled, 7 
Beit Louis XIV., war nur von ſehr Kurzer Dauer. Cu Maler 
ein Grieche, Gonftantin Phaulkon, eines Gafheirtie Ode =’ 
Gephallonien, war aus Engliſchem Seedienſt nad Yäfrigem * 
in Siam, dort, von der Stelle eines Sqiffigrertierate 








229 Jod, Schouten b. Varenias I. cp 107-129; Fr Wal 
Beschryvinge van Siam en onsen Handel aldaet. Bu tie 
ger 1726. fol Zesde Beck p. — m. 
pfer . und Beſch. von Japan, Autg. v. 

4 Sb. l. G. 19 — 68. 


. Siam, Hiftorie.: 1193 


ſchlaue Gewandtheit zur Höhe des Prahk lang, ober Premierminik 
ters, emporgeſtiegen. Er war aus einem griechiſchen Chriſten 
m England Proteftant geworden, in Siam burd die Jefuitenmiſſto⸗ 
are zum Katbolicismus übergegangen, und wurbe von biefen, we⸗ 
zen feiner erbaulichen Frömmigkeit, hoch gepriefen. Gein Ehrgeiz ging 
yarauf aus, durch Verbindung mit Guropdern fi zue hoͤch ſten Ges 
zalt zu erheben. Er wußte ben König von Siam, ber ein audges 
‚eichneter Afiatifcher Prinz, voll Empfänglichkeit und Wißbegier war, zu 
sereven, eine Siamefifhe Botfhaft nah Frankreich an ben 
uch bis in die Kerne glänzenden Hof Louis XIV. zu ſchicken (1684), 
ie auf das ſchmeichelhafteſte durch 2 Franzoͤſiſche Embaffaden 
rwibdert warb (Du Shaumont ?*), 1685 —1686, mit Guy, Tas 
hard 27) und no 5 Jeſuiten; De la Loubere ?*), 1687 — 1688, 
nit 12 Sefuiten °°) zur Ginrichtung einer koͤniglichen Sternwarte 
n Siam beftimmt); mit einer Flotte und 500 Mann Kranzdfifcher 
Truppen, unter dem Befehl des General De Kargues, bem ber Sees 
hafen von Bangkok als Schlüffel des Neichs zur Verteidigung übers 
geben ward, dort zu garnifoniren und Feſtungswerke eingurichten. Aber 
bie fchlauen Machinationen ber Sefuiten und bie Berfhwärung 
bes Betrügers Phaulkon, gegen ben König, ber an der Waſſerſucht 
krank darnieder lag, und nad) deſſen Tode die Kranzöfifche Partei das 
königliche Haus in dem rechtmäßigen Thronerben ermorden, cinen ſchwa⸗ 
chen Adoptiv⸗Sohn als Nachfolger ausrufen, den Minifter Phaulkon 
felbft aber zur Befleigung des Throns verhelfen follte, wurben ber Ges 
genpartei zu früh verrathen, und ber Abenteurer mit feinem ganzen Ans 
bange bald nad) des Gefandten La Loubere Abreife geftürzt, und 
graufam zu Tode gemartert, Der General De Fargues mit feinen 
Sruppen mußte entfliehen, bie Sefuitens Patres wurden als Gefangene 
zuruͤckgehalten, viele Mitſchuldige ober Verbächtige ber königlichen Prinzen 
mit Knüppeln von Sandelholz (aus Etiquette gegen Königliches Blut) 
gu Tode’ geprügelt. Der König ftarb vor Aerger, fein Oberſelbherr, 
N etratia, riß die Gewalt an ſich, proclamirte ſich ſelbſt 1689 zum 





26) Relation de P’Ambassade de Mr. le Chevalier de Chaumont a 
la Cour da Roy de Siam, avec ce qui s’est pass@ de plus remar- 
quable etc. Paris 1686. B. 87) Second Voyage du Pire Ta- 
chard et des Jesuites, envoyez par le Roy au Royaume de Siam. 
Contenant diverses Remarqgues d’Histoire, de Physique, de Geo- 
graphie et d’Astronomie. Paris 1689. 4. 22) Du Royaumse 
de Siam, par Mons. De la Loubere, Envoyé Fxtraordinaire du 
Roy auprès du Roy de Siam en 1687 et 1688. Vol. I. et Il. Paris 
1691. 8. °*®) Voyage de Siam des Pöres Jesuites Knvoyés par 
on — — a la Sn ner leurs Observations Astrono- 

nes et leurs Remargques de Physique, de Gcographie, d’Hydro- 
graphie et d’Histoire, Amsterdam 1688. 8. — 





1194 HftsAfien. Hintet⸗Indien. II. Abſchn. $. 87. 


Kinig von Siam, die Luftfchlöffer der Franzdfifden Partei, 
eine Herrſchaft im Drient zu gewinnen (vergl. ob. &. 988, 994), zes 
eingen , Ihe Einfluß war vernichtet, wie ber bee Portugieſen, Rt 
exholte fich auch nicht wieder; auch bie Engländer mußten bamals 
ihre Yactorei in Yuthia aufgeben, nur bie DBollänber blieben fort: 
während im Beſit beö Vertrauens bei Hofe. In biefer Periode befucht 
G. Kämpfer bie Gapitale (1690), und kann für fie ala guter Augen: 
zeuge gelten. 

Bon 1690 bis 1767 erhielt fich bie neue Dimaflie auf bem hron 
von Siam, welche nach den gemachten Erfahrungen ben Berbiabungen 
mit Guropäen nicht fehe holb ſehn Bonnie, und auch Beine nähere com 
mercielle Verhaͤltniſſe anfnäftes nicht felten führten andere innere Ber: 
haͤltniſſe Anarchie derbei. In der Mitte des XVIII. Jahrhunderts erhob 
fi) der fiegreihe Alompra °*°) als Stifter des neum Birmanens 
Reiches; er eroberte Ava unb Pegu, unb brang unter dem Bor⸗ 
‚ wanbe, daß ein Peguifcher General ein Afyt bei den Thbfichen Rachbarn 

gefucht, auch in ben Hafen Mergui ein, von we er ben Beifland ber 
Sranzofen in Pondichery ſuchte. Darauf fchritt er fiegreich zu 
Lande nad Martaban und Zavoy vor, und befeste Tenaſſerim 
das bamals unter Siamefiſcher, wie jenes unter Pegriſcher Herrſchafi 
geſtanden. Dann war es ihm leicht zur Gapitale Siams, mad Yus 
thia felbft vorzuräden (1767), wo er ben Konig zum Gefangenen 
machte, obne jedoch bie Capitale felbft einzunchmen; aber ganz Siam 
warb von ihm mit Feuer und Schwert verheert umb ausgeplünbert. 
Alompras plöglicher Lob, und ber zu große Haf der Siamefen gegen 
Ihre Nachbarn noͤthigte fie zum Nüdzuge. - 

Alompras zweiter Sohn wieberholte, 1766, Pie ä 
des Vaters; es gelang ihm, durch die Wildniſſe und Balder von 
Tavoy, Mergui, Tenaſſerim vordringend, bie Siameſen gänzs 
lich zu ſchlagen, und bie Capitale Vut hia mit Sturm gu eredern. 
Wie in Troja ward das ganze Koͤnigshaus ermordet, ſamt den Bewob⸗ 
nern ber Refidenz, ober als Gefangent und Setlaven gefeſſelt wegge⸗ 
ſchleppt, ſelbſt die Buddhatempel ihrer eigenen Confeſſion wurden nich! 
geſchont. 

Ohne irgend beſondere Vorkehrungen zur Behauptung der erober⸗ 
ten Provinz gu faflen, kehrte das Birmanen⸗Heer, im Juni bes Jabris 
1769, aus Siam gegen Weſt zurüd. Sogleich erhebt ſich in Siam ein 
allgemeine Infurrection. Ein Chineſe, der Sohn eines Kaufmanns, der 
große Reichthümer gefammelt, ſich beim Birmanen⸗Cinfall nach Tſchan 
ta ban zurüdgezogen, und durch feine Verſchenkungen bei der eintrt⸗ 





s.0) — Journal 1. e. p. WI eic.; G. Finlayson Jourmz 
P. — 2 














Siam, Hiftorie. 1195 


tenben Hungersnot, zahlreiche Wölkerichaften vom Tode gerettet haben 
ſoll, tritt an bie Spitze; verjagt die Birmanen völlig, mafjasriet ihre 
Partei, prodamirte fich feibft unter dem Namen Phiatak, abgeluͤrzt 
von Phria Metal Ch, f. Herr von Metak ober Muougtat (bei 
Binlayfon), wie bie Grenzprovinz gegen Lao heißt; PhaiaThae 
bei Zurpin, Pietidfing bei Gol. Symes), ober Pe ija tat (bei 
Finlayſon), und legte Bangkok als Zeitung unb neue Gapitale feines 
Reiches an. 

Diefer Ufurpator, fagt Grawfurb, war tapfer, verflänbig, Hug, 
er fland bem Bolke in feiner Roth bei, er unterbrüdte bie Empoͤrung 
eines Siameſiſchen Prinzen gegen ihn glüdlich, ber aus Geylon zur Bes 
bauptung feines angeftammten Ihrones zurüdtchrie. Gr befiegte und 
bänbigte die Provinzen Piſeluk umb Ligor, deren Gouverneure ſich 
während des Birmanentrieges unabhängig gemacht hatten. Nach den’ 
@iegen gegen Außen wandte er ſich zu ben Einrichtungen im Iunern, 
gab zumal feinen Landeleuten den Ehinefen große Präregative, galt 
übrigens für fehe gemäßigt, unb ala bas Muſter eines gerechten Herr⸗ 
ſchers. Der wieberholte Kriegbzug ber Birmanen gegen Siam, im 
Sahre 1771, misglüdte, durch Meuterei. Aber gegen bas Ende feines 
Lebens warb Phiatak capricids, voll Grillen, tyrannifch, geizigs man 
bielt ihn für verrüdt. Sein eigener General, Chakri (der Großvater 
des Königs, der im 3. 1822 regierte), der ein Armeecorps in Kambodja 
eommandirte, 309 wieber ihn zu Felde, zur Eapitale, flürzte ihn, ließ 
ihn Hinrichten, und bemädhtigte ſich felbft des Throns (1782). Non 
biefem neuen Ufurpator ift fonft wenig bekannt, er ſcheint felbft kurz 
darauf geflorben zu feyn, und das Reich feinem Sohn, der ihm auf dem 
Throne bis zum Jahre 1809 folgte, binterlaffen gu haben. inter ihm 
verfuchhten die Biemanen, im Jahre 1785, die Beftgnahme der Infel 
Aunts&eylon, die aber nur temporair gelangs 1786 bie Eroberung 
von Siam auf den gewöhnlichen Wegen, durch 3 ArmeesGorps, über 
Zavoy, Martaban von Wet und Ghiangmai (Baengmae, 
d. i. kaos) vom Norden, die auch zurudgewiefen wurbe, Dagegen 
blieben die Birmanen nach erneuerten, blutigen Kdmpfen, in ben Jahren 
1786— 1793, Meifter im-Befig von Zenafferim und ber ganzen 
Seekuͤſte, bie ſeitdem ihnen auch verblich. 

Sm Jahre 1809 beftieg befien Sohn, der bi 1824 vegierte, den 
Thron, derſelbe, bei dem Crawfurd Aubienz hatte. Sogleich ließ er 
117 Häuptlingen der Siameſen, meift tapfern Helden, die fich gegen bie 
Birmanen Ruhm erwarben, denen er aber nicht traute, die Köpfe abe 
fhlagen, darunter auch dem Prinzen Shao Ka (Chanpda bei Fine 
tayfon) feinem Neffen, mit dem er als Bruder zu leben noch am Tod⸗ 
bette feines Waters verſprochen hatte. Die Popularität dieſes Prinzen 
fol fein Ungluͤck herbeigeführt Haben. Der König konnte hierdurch nicht 


1196 Oft-Afien. Hinter-Indien. IT. Abſcha. $. 88. 


dellebt werden, doch zegierte er Tpäter mit Weile, unb man rührt, 
daß es unter feine Herrſchaft nur 3 Leichte SRebellionen gab. Gr küi: 
Beine feiner Provinzen ein, obwol er faft unablaͤſſig in Krieg mi ta 
Birmanen verwidelt war. Gr vernichtete, im Sabre 1810, eine wieder 
holte Attake der Birmanın auf Junk⸗Ceylon. Aud bie Malarır, 
und andere von ihm abhängige Staaten, Haben Leinen Berſuch gem:cı 
das Joch abzuſchuͤttela. Alle gemachten Kriegsgefangenen fürn 
es zur Erweiterung feiner Reſidenz, als An ſiedler nah Bangtok. 
Gr eroberte nody Batabang, bie Provinz Kambodjas zu fenem Ris 
che hinzu. Der Heine Krieg zwiſchen Siam und Birman, ber voritı 
Sc in Menſchenfang und Grenzplänberung beficht, hat mit: 
send feiner ganzen Regierung kaum einmal aufgehört. Gr flarb am 
20. Juli 1824. Seitdem hat KromsChiat als König ben Thron 
von Siam beftiegen, ein Beguͤnſtiger bes Kortfchrittes, des Handels x 
Verkehrs überhaupt mit ber Fremde. Bis auf ihn war bie mıilitairiite 
Macht des Siam sGouvernements fo gering, daß es feine eignen Unten 
thanen mehr fürdjtete als feine Keinde von Außen, unb daher Erin ſtehea⸗ 
des Her von Bedeutung zu halten wagte. 


$. 88. 
Erläuterung 93. 
Law, Lao, Laos, Land und Volk. Mittel» Laos (Jangome, 
Chiangmai); Ober⸗-Laos (Lowa Shan, Tarut Shan, Lole?‘; 
Unter⸗Laos (Laendzang, Lanthſan). — Die Law, Lara, 
Lawcha, Lauho, Lowa, Eoye, Lauwen, Laos, Lolos. — Die 
wilden Lowas und Lolos. Die Shan, Shanwas; Mre Lapı 
Shan, Kofhanpri, Shanmen, Zarout: Shan. 


Veberfide 


Denn das Geftadeland ber Hinterindifden Halb: 
Infel, wie fi aus den obigen Unterſuchungen ergiebt, und auf 
die. Folge derfelden am Bengalifhen Golfe zeigen wird, wicht 
mehr fo unbelannt genannt werben kann, wie es noch am Ans 
fange des gegenwärtigen Jahrhunderts Der Kal war, fo ik Ich 
noch keinesweges dafjelbe von dem Binnenlande derfeiben zu 
sühmen, das je weiter von jenem entfernt, in immer mecht wu) 
mehr unbefiimmbare Verhaͤltniſſe zuruͤcktritt. Dies if von 
zugẽeweiſe der Hall, mit dem Lande und Wolle, das umter Dem 
Namen Law ober Lao (Tao bei Poringiefen im Piuzal Lac 





Das Land der Laos. J 1107 


ac) Dr. Lepben) 54) oder Laos, aber duch noch unter fo man⸗ 
hen andern, wie Sangoma (Yangoma), Zangomal (hans 
map), Chiamapy, Sun und Sun Shan, Lawiang (Bau 
Shang); Laumwen, Lowa Shan, Lau Land, Thayyay, 
Moang meng, Kiangfeng, Langchang (Lantfhang) 
1. a. m., ſeit einee langen Reihe von Jahrhunderten an dem 
‚bern Laufe der Kambodja und Siamfleöme, zwifhen 
Dünnan, Tongking, Kambodja, Siam, Pegu unb 
LIva genannt wird, deffen Voͤlkerleben in die Gefchichte der Bes 
vohner aller jener Landfchaften eng verwickelt if, das aber boch 
ı0ch von keinem Europäer genauer gekannt, nur von wenigen 
yefucht, noch niemals beſchrieben iſt. 

Wenn Lao ſchon frühzeitig bie Aufmerkſamkeit ber, Shi» 
sefifchen %) wie ber Europäifhen Handelsteute auf 
ich 309, fo find doch feine Zugänge von allen Gelten, duch 
Raturpinderniffe, wie durch politiſche bee umherliegen⸗ 
von Friegerifchen, mistranifchen und fehtverzugänglichen Reiche und 
tänder, von jeher, fehe fchwierig gewefen, da auch bee größere 
Theil des Laos⸗Landes ſelbſt aus Gebirgswildniſſen, weiten 
Waldungen beſteht, und mit vielen ſtehenden Waſſern erfuͤllt iſt, 
velche durch Ueberſchwemmungen großer Stroͤme bewirkt werden, 
ie das Land, welches am Suͤdrand bes gebirgigen Yuͤnnan liege 
ob. &. 728), nad) ben verſchiedenſten Richtungen vielfach durch⸗ 
chneiden. 

Dennoch find. nicht ſelten iſo lirte Nachrichten von dieſem 
dande und ſeinen Bewohnern, weil dieſe, als Stamm⸗ 
Race mit Andern ber Halbinſel, wie z. B. Siameſen gene» 
iſch und ſprachlich entſchieden zuſammen gehören, jenes 
and, trotz feiner Unzugaͤnglichkeit, doch das Paſſageland 
‚ee continentalen Hanbeldrouten warb zwifchen China, Stamm, 
Degu und Ava, umd. auch‘ fo manches von feinem politis 
hen Zuftande bekannt geworben, weil bie Nachbar fiet® 
eine Provinzen zerriſſen und unter ſich zertheilten, wie es beum 
jegenwärtig dort von Chinefen, Birmanen und Siames 
en zerſtuͤckelt —— iſt, und vielleicht kaum irgend wie noch 


841) Dr. Leyden in Asiatio, Resoarches Vol. V. und X. in Bater: 
Sprachproben 1816. ©. * 42) 3, B. Route par terre de 
Siam jusqu’a la Chine fire des Memoires de X telques Chinois 

ai — ont ſait lo Chemin ne vor 17 in Du Einlde; 
T.L ꝑ 125 —129. 


1198 Of.Afen. Hinter-Indien. II. Abſchn. $. 88. 


PMBRRAndIG vorhanden feyn mag. Mir dben bafır auch für 


im obigen viele Hauptoechältnifie in Begichung auf die Nachbar 
ſchaften zu berühsen gehabt, und es bleibt uns bier nur, vom dem 
geographiſchen noch dunkeln Mittelpumete, bee Localltäs fell, 
de Berghaus Karte von Hinter: Indien (f. ob. ©. 89) 
zum erfien male, bypothetifch, wach den vVorhamdenen 


Daten, darzuftelen verfacht zu haben, das große Werbienfl bat, 


äbrig, das Hberali nur bekannt gewordene, zeitgemäß umb hiſtoriſch 
zufommen su Enüpfen, um duch das Refultat ans ber Ber: 
gangenheit einem Kortfhritt für De Gegenwart und 


vielleicht naͤchſte Zukunft vorzubreiten. 
Schon oben war von dem Lande Zao und dem Weile der 


Laos im Allgemeinen die Rede (od. S. 1084), vom feine 


Loge im Güten von Yünnen (732) und Tongking (754 
BE); vom Gueidegebirge der Laos: Rambodija-Kerie 
(908, 1083), ver Stromentwidiung det Kambodja⸗Stro⸗ 
mes (Naekhaun, Bebus, Atuleng, Lan thfeng fans), dei 
Siem: Gtromes (Menam, Rantinbe), und Galusen 
(Eu Ktang), weiche Dber-Lao durchſchneiben (f. ob. &. 748, 0% 
1065) 5 ferner von der Schiffahrt auf dem Menam bi Jan» 
goma (1062, 1066, 1116), von der Rage der Capitalen Chang: 
main) Langchang (1064). Es wurden die Hanpiprobuce, 
wie Stid>kak (ob. ©. 1111) von der feinſten Qualität, Bens 
- zein (ob. ©. 1097), Zeaktholz (ob. ©. 1100), vie guten 
Pferde (1102), Die dien Elephanten in den widen Bil: 
den (1102, 1104) und andere Erporten (f. 1116) genannt, bie 
darh Laos nad) Yünnan gehen, ober ald Durdigangäpreberte 
von Ava nach Siam, als Gontrebande, bad Dpium (1119), 
wie des Ehineſen Tranſitos überhaupt erwähnt (ob. S. 641,735, 
744, 754, 1117). Es wurden verwandte ober benachbarte Boͤl⸗ 
ker mie den Laotfe, die Migotſen und Papefifz genannt 
(768 u. @.), dee Lolos als Ibemeifb mit Laos, Loohue, 
Reste, Lowas erwaͤhnt (06.768), bie aͤlteſte Lage ber Wef: 
bang: dee Giamkönige (im Jahte 1187) zu Lalonzai (mut 
RD’ RB), an der ehemaligen Grenze von Laos bezeichnet 
(1190), der chriſtlichen Miffion von Cochin China unter Viſchof 
Adean nad) Lan angebeutet (f. ob. S. 991), tworäber wir leiber 
Erine nähern Nachrichten befigen. Cadlich fo iſt der Heilige Prab: 
bet auf dem Lao⸗Berge, zu Pato we, genannt (1173), und 
Die uͤberraſchende Bemerkung Capt. Burneys amgefühet, ber 


| 








Das Land der Lat. 1199 


Die Lao Dfficiete am Hofe zu Siam mit den Sorkyali (f. eb, 
©. 76-80) verglichen bat. 


1. Aelteſte Nachricht bei Chinefen und Portugieſen, 
bei De Barros und den SefuitenMiffionen. De 
Seiras feit 1622; ers gegen Kambodjaz 
bis 1698.. 


Die erfie Epur eine Bass: ⸗,KReiches, das keine unbedens 
tende politiſche Rolle Tpielt, weil es ein Afpt verbrängter Koͤnigs⸗ 
gefchlechter aus Tongking wird, finden wir in den Chinefis 
fhen Annalen, mit dem Anfange des XV. Jahrhunderts (f. 
ob. &. 974—-976);.dile erfie Erwähnung durch Europäer ges 
ſchieht bei Portugiefen zu Anfange des XVI. Jahrhunderte, 
De Bartas 5%) giebt uns die Quelle an, aud ber ihre Kennt⸗ 
niß gefloffen. Den Portugiefifhen Commandene einer Befagung - 
su Tenafferim, ben Dominges be Seiras, traf das Uns 
gluͤck, im Jahre 1622, von feinen Malayiſchen Feinden mit einfe 
gen feiner Leute aufgehoben und in Lie GSefangenfchaft nad 
Siam geſchickt zu werden, wo er 25 Jahre lang verblieb, aber 
duch feine Tapferkeit und Talente fich zum Feldheren des da⸗ 
mais fehe mächtigen Siam⸗Koͤnigs emmporfchwang. Er thelfte 
De Barros bie Gefchichte feiner Irrſale und feiner Feldzuͤge 
mit, woraus diefer auch das damalige Siam beſchreibt. Diefes 
war ein Eroberungsftaat in größter Ausdehnung, und beherrſchte 
außer Pegn, Arakan und Malacca, deu größeen Theil bee 
oͤſtlichen Halbinfel Hinter » Indiens, bie aber im Innern, wie er 
fagt, mehr von wilden Thieren als vom Menſchen bewohnt fey. 
Im W. und N. W. geayte Siam an Ava, Brema (Mran⸗ 
ma oder Birma) und Dfdangoma (Jangoma), im Moch 
aber faß das .wilde, geaufame Volk bes Dſcheos (und unben 
kannt; ob vieleicht die wilden Daunos dee Birmanen auf 
der Grenze gegen Ober⸗Laos ?)*), wit dem ber Koͤnig von Siam 
ſtets Krieg führen mußte, gegen welches auch Domingo de 
SG eiras zu Seide 30 Der nördliche Theit von Siam ‚und 
die öfttiche Grenze, fagt ex weiter, werde von den La06- Wär 
Bern umgeben, bie zwar Unterthbanen des Könige von Siam 


 fepen, jedoch nur dann umterwürfig ſich zeigen, wenn fie Schut 


22) De Barros Afa bei Bolten 2. I en ©. 57-59, 286. 
**) Crawfurd Embassy te Ara p. 273 


3200 Oſt⸗Aſien. Hinter: Indien. II. Abſchn. |. 88. 
gegen die Dfcheos bebärfen. Damals morem 9 Kimigrid: cı 


Siam unterworfen, nämlich die beiden 1) Muantn (tt 
MeuangXhap, oder der Thay, mit dem Vorfag Auans 


d. h. Land, Provinz) mir der Capitale Hudia (d.i. Juthie. 
alſo die Küftenprovinz ini Delta de6 Menam, und 2) Shan: 


mua das 2te im Norden daran ſtoßende Königreich, deſſen Nam: 
uns fonft unbefannt, wenn es nicht das Zfjamay eimChis: 
map, wie es Valentynss) wol richtig bezeichmet, veu dım 
aber De Barros fagt, daß es das eigentliche Reich Sian 


fe. Dieſes kann alſo nur das ältere meht centtale Giamt: 
fen:Reich ſeyn, wo um das Jahr 1187, zu Lakontai, di 
ältere Reſidenz war, bie (wie einſt Thebae nach Mari! 
binebrüdte) fo, um das Jahr 1350, weiter abwärts, im Ne 
namsXhale, ft nah Suthia (Gi ir’pige, Ki Er 
ſeritiſch Sti Ayudbya, f. ob. S. 1139, 1083) verlegt war. Dil 
ältere Siam⸗MReich war alfo vor der Periede der Cuecin 
in Hinter⸗Indien, den Laos weit benachbarter, au in be 
foätern Periode, woraus ſich auch fehon mit Wapıfäeiahitrt 
auf die nähere VBerwandefhaft des Geſchlechts beide! 
Völker in Sprache, Sitte umd Cultur ſchließen laͤſt, alt eri 
= gegenwärtig fo immer mehe auseinander getuͤctea mat 
ande. 


Damals, fagt num De Barros, nah Dowingitt 


Seixas Bericht, folgten nordwaͤrts von Schanmua (uf en 
obern Menam-Ötrome), die 3 Reiche von Laos hanhat W 
ihre eigene Sprache haben und von Siam abhängig ſind, BT 
U tens Dſchaugoma (Yangema), Atens Schomkta str 
kran (D und Stens Lanfcheng (Lanthfiang oder kanthſen, Ei 
von der Maekhaun⸗Strom genannt if; oder aud kanghang 
gefchrieben), welches an das Reich Kaſcho (d. 1 Zongtins 
and Cochin China, f. ob. ©. 962, 973) grenit. Den Sal 
von Siam werde es fehe ſchwer, diefe und feine andern tihr⸗ 
toiren Völker im Zanm zu halten ; damass war Siam tin Kick 
Meat. Aus derfelden Quelle haste unflreitig der Vornagieſe at 
Nachrichten gefchöpft, die ©. B. Ramufio 9) in fine Su 





&+8) Fr. Valentyn Bescryvinge van Siam. Zesde Bock 1. Cap ” 
App. T. II. fol 56.  **) Sommario di Tatti Hi Reg & 
popoli orientali con H traflichi e mercantie etc dal Mar Rex 

. fine alli popoli della China in Ramusio Delle Narigat 4 1P:# 
Ed. 3. Venit, Fol. 1563. T. I. fol. 336. 





Das Land der Laos. 1201 


liaãniſchen Ueberſetzung, in der Mitte des XVI. Jahthunderts, in 
feinee Collection mittheilt, wo er fagt, daß Pegu und Cams 
bogia in Krieg fiche mit Brema (Meanma, d. i. Birma) 
und Jangoma; Brema aber floße an ber Chineſiſchen Seite 
an Jangoma und Cambogia. Jangoma liefere ben Mo⸗ 
ſchus; Siam fchide aber dahin feine MWaaren auf Paraos 
(Desuen, db. i. Kanoes) und Lamcharas (ob Flooße?)3 .die Bes _ 
wohner feyen gute Reuter, tragen Stiefel (alle Siamefen gehen 
jetzt barfuß), haben viel Elephanten und Pferde, rohe Sitten und 
ſchneiden ihren Kriegögefangenen, zumal ben Rambobjen, die Nas 
fen ab. Gleichzeitig mit De Seixas durchzieht der Abenteurer 
Mendez Pinto *) die Gebiete diefes Jangoma als Ges 
fährte einer Embaflabe, von Ava, bie drößtentheild auf den geo⸗ 
ßen Strömen und ſchiffbaren Verbindungsarmen das In⸗ 
nere dieſer Halbinſel durchſchifft, wobei die ſeltſamſten Etzaͤhlun⸗ 
gen, denen manche Wahrheit im Hintergrunde liegt, vorkommen; 
aber bis jegt iſt es noch nicht gelungen, uns aus dem Labyrinthe 
bez fremden Namen ber Fluͤſſe, Länder, Völker und Städte feiner 
verwirsten Berichte herauszufinden. Gen Cala minha hält 
Gr. Buhanan für die damalige Gapitale von Koſchanpri 1545 
(f. ungen). 

Kurz nach der Mitte biefes Sahrhunderts führen bie 
Dortugiefifhen Miffionare einen großen Kriegszug 
biefee Laos gegen Kambodja, man möchte fagen eine Voͤl⸗ 
kerwanderung berfelben an, worüber fie in ihrer Miffion zu 
Malacca, duch eine Geſandtſchaft des jungen Königs von 
Kambodja, der fih endlich von diefen böfen Feinden durch Hülfe 
eines tapfern Porgugiefen Jacopo Veloſio befreit hatte, uns 
terrichtet wurden. ' Die beiden Jeſuiten Patres 8) flimmen in ih» 
sen Ausfagen überein, daß in den Sahren um 1570,. oder viels 
leicht noch am zehn Jahre früher (vergl. ob. S. 984), eine Pes 
riode der großen Verwuͤſtung in Kambobja eintrat, weil «6 von 
dem bazbarifchen Wolke der Laos (Lai), die am odern Mekon 


— Menbes Pinto wunderliche und ſeltſame Reifen ıc. Am⸗ 
dam 1671. 4. ©. 294 — — 315, 313 u. a. O. a. ) Exemplum 
itterarum Patris Emmanuelis Caravalli Malacca, Mense Jan. A. 
1590 in Hist. Relat. de India Orientali in Joann, Hayi de Rebus 
Japonicis, Indicis etc. Epistolae recent. Antwerpiae 1605. 8. p. 792 
— 7935 Petr. Jarrici T'holosani Soc. Jesu Thesaurus Reram In- 
dic. Colon. . Agrippinse 1615. 8, T. I. Lib. U. c. 25. p. 726—729. 


Nitter Erdkunde IV. u - 99%. 


1202 Dit-Aften. Hinter Indien. IL. Abicha. .8. 


(Maekhaun) wehrten, ſchr heimgeſucht ſey. Dice Eari a 
den weitläuftigen, ausgetretenen Waſſern des grehes En: 
mies, der 1200 Miliarten weit landein entfpringe, und an hıfa 
Stremufer fic auf Flooßen und im Holzhaͤuſern mohmten, fern da 
etrca 20 Jahren begierig gewefen, das Mecretgeſtade zu beſuche 
Kin Heer von 200,060 derſelden, fey am Strome Reifen, da 
Kambobja, wie der Nil Aegopten, überſchwemme und ka:ifeı. 
herabgewandert, und hätze dajeibfk große Verherrungen animt: 
tet. Nach zcehmjährigen Kriegenöchen, im denen auch ie $:3; 
von Kambodja umfam, gelang es emblid, dem jüngfen uhri se 
blicdenen Eprisling des Fuͤrſtenhauſes, den Them fern Tiin, 
mit Hülfe ber Portugiefen wieder zu beſteigen, und bie Lord 
ale zu erfchlagen, gm erfähfen, zu dernichten ober zu fang, It 
daf Erimer in die Heimath zuruͤckkehrte. 

Diefer junge Prinz, dem 3. Belofo zur Cette Hank [eikt 
ims (jahre 1595 eine Embaſſade nah Malacta, und bi % 
von dem Sefuiten Miffisıware aus, worüber ber Vericht med IR 
ging. Ein Pertugiefe, der bei jenen Ueberfaͤllen der Lars. a 
Kambodija, gegemmärtig geweſen, werficherte, am ihmen fe !ıl 
Shmud von Gold gefehen zu haben, daß die Kambehe 9 
durch deſſen Beute fehr bereichert hätten. Auch Eüme ni km 


Lande dieſer Laos das viele Gold erſt zu den Chun 
bis nach Peking, welches durch diefe dann erſt zu dmdunitt 


gebracht werde (f. ob. ©. 738, 741, 744, 753). Die Band fü 
der Pater Cmanuel Carvaille hinzu, find cin Boll von gu 
tee Geſtalt, einen hellern Hautfarbe (colore ad alßduen 
vergente), bei ihnen giebt es viele Gold⸗ und Silberacheun, | 
haben vieh Verkehr mit Siam umb dem Zararın, und fi} i 
viele Tribus getheilt. 


2 Erfe Reife des Englifhen Handeismanaudull! 


Fitch nad Lao® 1587. | 

Dear erſte Europdifhe Hanbelsmann, da no M 

das Land dieſer Laos, ber Geſchaͤfte wilen, pindamast 7 
der Engländer Ralph Fisch (15875), ber vom Kanrd 
Pegu, das damals fiegreich gegen Siam mar, mi ea ſon 





) The Voyage of Mr. Ralph Fitch Marchant al Led” 
Bengala, Pegu. Jamahey, Siam etc. in 1583 — 1591 I Eh F' 
klayt Collection of Narvigations Voyages eic. and Dawn“ 
the English Nation. Volame II. London 1589. 0, 





Das Land der Laos. 1203: 


oIhne große Schwierigkeit, und vermuthiih am Saluaen Strom. - 
aufwaͤrts dahin gelangte. Sch ging, fagt er in Teinem Berichte, 
ven Hackluyt aufbewahrt hat, von Pegu nah Jama hey, 
das im Lande Langeiannes (Kan ſhan?), bei den unfeigen 
Zangomes genannt wird. Dean brauht von Pegu dahin 
jegen N.D. 25 Zagereifen, durch fruchtbare und liebliche Lands. 
Ichaften, wo viel Ebenen von ſchoͤnen Strömen durchzogen wer 
den. Die Häufer find ſchlechte Hütten von Mohr, die Wälder 
find voll wilder Büffel und Elephansten. Samahey (Changes, 
mat f. oben S. 1084) ift eine ſchoͤne und große Stadt, mit 
ſchoͤnen Steinhäufern, breiten Straßen, ſtark bevoͤlkert. Die 
Männer find wohl geflaltet, gehen barhaupt und barfuß, hängen 
nur ein Zeug um, Niemand trägt Fußbekleidung. Die Weiber 
find fchöner als in Pegu. Weitzen fehlt hier, Reis ift allgemein 
In diefen Marktort, Jamahep, kommen viele Kaufleute 
aus China, und bringen große Vorraͤthe von Moſchus, Gold, 
Silber, Chinawaaren. Die Einwohner haben Ueberfluß an 
Lebensmitteln und große Vorraͤthe von Benjamin und 
Kupfer Ihre Priefter heißen Tallipoy (Ralapoin), weiche 
bei den Kranken die Nächte mit Gefängen zubringen, um bie boͤ⸗ 
fen Geifter zu verfcheuchen. Diefe thun Gelübde, und feiern nad) 
ihrer Genefung mit ihren Freunden und Verwandten Feſte, bei 
Tanz und Iärmender Mufit mit Trommeln, wobei die Freunde 
als Gaben Fruͤchte, wie Cocos, Area, Feigen u. a. bringen, und 
mit lautem Geſchrei den Teufel vollends verjagen. ‚Die Verſtor⸗ 
benen werden auf gepugten Baaren von 14 bis 16 Männern vor - 
die Stadt zum Branbplage getragen. Machher werden im Haufe 

Schmaufereien gegeben; die Weiber und Freunde gehen dann 
zum Grabe zurüd, fammeln in den Afchenreften bie uͤbrig geblies 
benen Sebeine, vergraben fie, kehren in ihe Haus zuruͤck, und lafs 
fen num: alle Trauer fahren; doch fheeren fie ale Zeichen ber 
Trauer für den Todten das Haar auf dem Kopfe, auf das fie 
fonft großen Werth legen. Dieſem erſten Engtänder find aud 
andere des Handels willen gefolgt; denn fpäter als bie. 
Könige von Pegu biefelbe Stade, welche aber nun Zango⸗ 
may 0) gefchieben wird, eroberten, wird unter den dafelbft ges 


so) Will..Methold Relation des Royaumes de Golconda, Tannassery, 

Pegu, Arecan etc. et du Commerce, que les Anglais font en ces 

uartiers IA in Melch. Thevenot Relations de div. 'Voy. curieux. 
ouv. Edit. Paris. Fol. 1696. T. l. P. II. ſol. 13 14. 


3952 


* 1208 Ofl-Afien. Hinter⸗Indien. IE Wbiche. $, 88, 


fangenen auch Dir. Samuel, ein Engländer genannt, de 
- dort große Reichthümer erworben, aber derſelben durch bie Pa 
beranbe ward. Als er darauf im Gefaͤngniß zu Pegu far, fc 
Die Kunde davon an die Englifh Oſtindiſche Compagnie, | 
durch ihren Agenten in Maſulipatam, einen gewiffen Anthe 
niffon, jene Güter auf einer Embaſſade nad Pegn als ihr €: 
genthum reclamiren ließ. Indeß erhielt fie, mie zu erwarten fun) 
nach vielen wergeblichen ſollicitiren, nur einen geringen Zheili: 
ver Effecten wieber, bie vom ihrem Agenten im Sahe 16: 
nah Mafulipatam zuruͤckgebracht wurden. Jener Eroberung Fo 
gus in Zangomay (Chang mal) war wol eine andere Erb; 
des Königes von Haua (Ava) und Laniaugh {Lanfhax) 
im Jahre 1613 vorhergegangen, ehe biefer noch Siam und Past 
308, wovon Pet. Will. Florie fpricht, woraus ſich bie Ar iu 
Berfiüdelung von Laos in jener Periode erglebt. 

WiIL Floris naͤmlich berichtetes51) ‚der Engliſch NRind⸗ 
fen Compagnie im Jahre 1651, dag beſtaͤndige Kriege henſc 
ten zwiſchen Kambodja, Zangomay und Siam, wide ia 
Handelsverkehr ungemein erſchwerten. Der König ma Cum 
der fogenannte Schwarze König, ber im Jahre Ib dad 
babe die Königreiche Pegu, Kambodja, Lauiangh, Bagemıy ud 
Ligor erobert gehabtz nach feinem Tode babe es mit dm at 
feine® Bruders des Weißen Königs (er flicht 1610) Kevoln 
tionen gegeben, zu weichen vorzüglich 280 Japaniſche Heutſen⸗ 
ven, damals wegen ihrer Tapferkeit an jenen Höfen fer beliek 
Leibwachen, bie in feinen Dienften fanden, bie Veranlaflung ge 

- geben; fie hatten den Palaſt geplündert, alles ermordet, mecꝛuf 
auch die Könige von Kambobja und. von Lauiangh ka) 
Einfälle in Siam mwagten, bie aber zuruͤckgewieſen udn 


3. Handel der Holländer und Gerards van Bufhı! 
Reife in das Land der Loumen. 16H. 


Aber nicht nur Engländer, aud Holländer made 
durch ihre Handelsloge in Siam, der Jobſt Gchauten! 
ruͤhmlich vorſtand (f. oben ©. 1192) auf bie Eine We 
,kaos aufmerkſam, die jener Hollaͤnder 52) ſelbſt als im —X 


851) Journal de Pierre Will. Floris (1651) in NMelch. Therast Br 
lations l. c. T. L P. II. p. 17, 21, 25. air 

82) Jodoc. SchoutenDescriptio Regui Siam script. 1636, el 
renii Descz. etc. L.,c. Cantabrigae. 8. 1673. p. 19%. 118, 





i 


Das Land der Laos. 1205 


liegend Jangoma, Zangu und Langsjangh nennt, bie 
fidy unter 18° N.Br. befinden. ' Da aber, wie Schouten bes 
zichtet, kürzlich die Kambodjen ald Wafallen von Siam abges 
fallen waren, fo fuchten feine Rachfolger eben durch Kambodia 
auf dem Maekhaun Strome ihe Heil zu ben Lao6, naͤm⸗ 
tich zu dem oͤſt lich en Theile derfeiben, dem Weiche von Langs 
Tiangh (au tfjang bei Fr. Valentyn) am Kambodja⸗Strome 
zu verſuchen. Es ift die einzige Nachricht, die uns auf die 
fer Stromlinie dahinmärts (alfo- dem Einfall. der Laos Voͤl⸗ 
kerwanderung entgegen) zugekommen iſt, denn alle andere Vers 
Tuche des Eindringens waren gegen das mehr weftliche Reich 
Jangoma, Tſjamay oder Chiamap am Menam: Strome 
gerichtet. Des fleißige Se. Valentyn Hat biefe Sahet in fels 
sem großen Werke uns erhalten. | 

Das Königreich der Louven (Laos), fagt 2), an 
Kambodia grenzend, fland in Handel mir feinen Landesproducten 
an Sapan, Siam, Kambobja. Im Jahre 1641 kamen zum ers 
fen male von dieſen Kaufleute nach Batavia, und ſogleich 
befchloß. die Hottändifh Oſtindiſche Compagnie eine 
Sefandefchaft zu dem Könige der Louwen (Lowa, Laos) 
abzufertigen, mit Sefchenten, um ben Handel von Siam und Te⸗ 
naſſerim dadurch zu heben. 

Gerard van Wufthof‘*). erhiele von ber Bactorei in 
Kambodja, nebſt ein paar Afliftenten, bie Leitung und fchiffte 
mit einigen Barken aus der Holländifchen Factorei in Kam⸗ 
bodja (f. oben S. 1062) den Melon (Mackhaun) Strom aufs 
wärte. Er fuhr am 20. Juli aus, und brauchte auf dee Schiffs. 
fahrt, 250 deutfche Meilen ſtromauf, zur Reife 2 Monat und 
3 Wochen um bie Capitale Winkjan der Loumen. zu errei⸗ 
chen. Der Fluß war bald fehr breit, bald verengte er fich fehr, 
wurde ſehr klippig, und nöthigte durch feine furchtbaren Waſ⸗ 
ſerſtuͤrze an mehreren Stellen, die Waaten aus ben Barken 
( Prauen) auszuladen und zu Land zu tragen, um fie dann wies 
der einzufchiffen. Diefen Fluß nennt Wufthofnun den £Zoumfe 
Rivier, der das Königreich der Loumen bucchziehe, zu 





#2) Fr. Valentyn Beschryvinge van Cambodia in Opp. T-III. Am- 
sterd. Fol. 1726. fol. 60 Van’t Land der Louwen en een toR der 
— * 8°) Gerard van Wusthof Embasasade 1041 ebend. 

l. — o 


1206 Oft«Afien.. Hinter-Indien. II. Abſcha. 8 


dem auch täglich die Peguaner mit ihren Rubinen und ©: 
feinen kamen, um dort Handel zu treiben. Bon Zeit in; 
wof Wuſthof Dörfer, Flecken, bebaute Landfchaften, kein 
Tempel. Die berührten Orte (deren wir bis jegt jedoch kicı 
zu deuten wiffen) heißen: Koim, Gockelock, Looim, Simpon. : 
großen Fleden: Sombok, Sombaboer His Baatsjır. 
an 22 Togereifen aufwärts von Kambodja, wo ver 50 Juti 
(alfo-gegen 1600) deſſen Stönig ihre Refidenz hatten. Dans hi: 
viel Wald nad) Nammoy und einigen Tagereiſen weit, :: 
bee Grenzpfahl zwifcken Kambodja und dem Louwen-Land ie 
nannt wird. Mon da Über Baſſak, Oemun, Nacwein, vi 
Fleckken Samfana. Lee Beenmoek, Gapmoen, Tapanı. 
dh Lohan (ſprich Loſchang, ob etwa gantfhang! u 
Unter Laos, das auch Loenzang gefchrichen wirh, funf ık 
auch Zandapuri Heifen Fol) eine Stadt, bie Wufke’ 
mit der Größe von Schoonhoven vergleicht, wo ein Une 
koͤnig oder Landvogt, wol eim damals an Kamdodja tribunie 
Gouverneur oder Haͤuptling refibiet, woran ja zum 
Beiten auch wol der in Unter- Laos (Lantfepang) kihflie: 
dig herrſchende König zu verſtehen ſeyn mag. Dann md dit 
foen (ob M. Zaen? auf Ze. Damiltons Kara) wma 
viel ſchoͤne Seidenzeuge ſahe, nah Meun⸗-kok (HR. 8: 
am gleichnamigen redyten Bufluffe des Hauptſtroms gelegen cher 
bafelbfi) einem großen Marktorte, wohin alle Roumen Surf 
leute Danbel treiben. 

Die und da waren auch beſchwerliche Verge zu Aberieten 
und mehreren Jaſelu vorüberzufchiffen, deren eine Sateahan 
genannt wich, bis man Anfang November die Capitale Bint: 
dam wirklich erreichte. — Diefe ganze Strecke bieibt auf adın un 
feen Karten Terra incognita. Ä ' 

Auch Winkjan kommt in keinem andern Berihte al Die 
fem, al6 Stade der Laos vorz und wie wiffen eb mr, Bun 
jene Hpposhefe won Lochan umb folgenden Drtäanmna rk! 
Wahrſcheinlichkeit hästen, mit ber öfter genannten geofen Etat 
Kiaintshaun (Winkejan?) dem Laute dei dem Hal 
Wechſel von KR und W zumal aller auch der Lage mad zu we 
gleichen. Berghaus haͤlt fie für Lant ſchang), wel cha 
— — 

)Berghaus Memoit a. a. D. ©, 74, 


[4 





Das Land der. Laos. | 1207 


ffenbar noch nicht weit genug nördlich liegt, wenn bie Fahrt bie 
Binktjan 250 deuntſche Meiten beträgt. 

In Winkjan (Kiain khaun?) der Loumen Gapitale an: 
elangt, wurde den Holländern eine flattlihe Aubienz bei dem 
koͤnige zugeſagt; fie wurden ‚in goldgeſchmuͤckten Barken am 5. 
Rov., eine Tagereiſe weit, zur Audienz geſchifft. Das Ceremo⸗ 
el, bie Proſternation wurden vorberbefiimmt. Am 16. Nov. 
zurden fie tm geoßem Pompe mis Elephanten. za Hofe gebracht, 
»o fie ihre Befchenke übergaben. Nach einem Aufenthalt von 
abe an 2 Monaten begann Wufthof, am Weihnachtötage des 
Jahres 1641, feine Rüdreife über Meunkok, und.traf nad 
ı Monat und 3 Moden in ber Holtändifchen Factorei zu Kama 
rodja, am 11. April 1642, wieder ein. 

Er fagt, viele Gefandte am Hofe der Lo uwen getroffen su 
yaben, der wieber in Sceundfchaft mit Kambodja zu treten 
uchte, aber mit Tongkuing verfeindet war, und mit Pegu ims 
ner in Fehde ſtand. Die von Siam trieben ſtarken Handel 
yabinz auf Raͤderkarren von Büffeln gezogen, führen fie ihre 
Waaren dahin, deren Transport aber 3 Monat Zeit gebraucht, 
veil fie ſchwere Gebirge zu pafficen haben. Doc fahe er ganze 
Züge von 100 ſolcher Karsen dahin gehen, deten jeber 220 Call. ' 
Waaren ladet. Der einzelne Wanberer kann denfelben Weg in 
tinem Monat Zeit zurücklegen, iſt aber den Weberfällen ber 
Tiger ansgefept. Die Siam: Gefandten werben dort fehr eng 
»ewacht. Mit dem Kaifer von China beficht feſter Friede; 
ede 2 Sabre kommen Chinefen bi6 nah Meunswae (?), 
inem großen Grenzmarkt gegen Pegu, ba hinab fie auf Barken 
Praumen) viel Mofchus und Seidenftoffe bringen. Auch mit 
Yuinam (Quinhone? f. oben ©. 918) ſtehen fie in Freund: 
haft, mit Tſiampa (S. 918) und Kambobdja treiben fie 
Schavmhandel (S. 983). Die Waaren im Lande der Loumen 
ind: Mofhus, Gold, Gummi Lak, Sclaven, Rhino- 
eroshorn, Elfenbein, Benzoin, Selle, Seide, Sei: 
enzeug, Chinefifhe Korallen, Criſtall (Yſer, Edel: 
teine?), Salz Fuͤr ein Maaß Salz geben fie ein Maaß 
Mäfchen?) Gold? — Sehr viel Gold iſt in ihren Zlüffen und 
Bebirgen, oberhalb. dem Drte (Grenzort) Namnoy, der dem 
tönige (von Kambobja?) jährlih 10 Kati Gold liefern muß. 
luch haben fie viel Fruͤchte. Der König der Louwen regiert 


— 
- 


1208 Oft: Aflen. KHimter- Indien. II. Abſcha. $. 88. 


fein Land durch drei Statthalter. De Gomenag vı 
MWintjan (Kioin:thbaun?) reſibirt im ber Capitale, mc: 
auch ber Benzoin fommt, und wo ber Oberfelbherr (Jevinia 11 
fen) feinen Gig hat. Der zweite Gouvernent hat allein in 
Ehrentitel Pra (f. oben wie Phra, Pri, d. 5. prior G. 11%, 
und ift Unterönig über die Landfhaft Nammoy. De beit: 
IR von geringeren Anfehen als beide. Das Landheer beflakt aut 
70 bis 80,000 Mann; ihr Meujahrstag iſt der 7. April (f. dm 
©. 1155). Ihe Göpendienft und Prieſterweſen ik mi 
bei Kambodjen; viele große Pyramiden (Dagobs f. eb. G. 1114) 
ſahe Wuſthof im Lande ber Louwen md diele rief 
Eine Portugiefifche Gefandefchaft von 2 Prieſtern >), bie mit 
Geſchenken in demfelben Jahre, 1641, Bis zum Hofe ber kon: 
wen vordsang, um ihrer Miſſion bort Eingang zu verſchaffen, 
wurde zuruͤckgewieſen. 


4. Bincent Leblanc 1567 — 16073 La Loubere 189 sd 
€. Kämpfer (1690) über Laot. 

Was ums die fpäteren Autoren, wie Vincent Lıblası 
Ber 40 Sahre lang, von 1567 bis 1607, ſich auf Reifen herccih 
La Loubere (1688) und E. Kämpfer (1690) von venkurt, 
wie diefelben fie fchreiben, berichten, ift aur Wiederhelunz and 
vom Hörenfagen in Siam und umbebeutender. Chiamay (nf 
Kyaim gefprocden 57), die Stadt der Laos, liegt nach da fon 
bere 15 Tagereifen auf Barken fchiffend gerechnet, ade 6) ii 
70 Lieues nordwärts von der Mozdgrenze des Königaht 
Siam. Bor 30 Jahren hörte ee (alfo vor 1670), were ft 
vom Siam Könige erobert, das Volk daraus weggelälart 
feit dem aber ward die Stadt durch den König von Ana, M 
fi) auch Pegu untertvorfen hatte, wieder bergeßeht. Cheben, 
fogt La Loubere, habe man den Menam Strom von Ill 
aus einem Bee bervortreten lafien (5. B. Mendes Pinto”) 
fagt, er ſey ſelbſt zu dem See Singapamor gekemmm, 
man insgemein Chiammanp nenne), aber der deſtehe Bidh 
oder der Strom ſey doch micht fe groß, wie man ähm frühe un 
gegeben, denn ſchon 50 Lieues, nachdem biefer in die Greg I 


6%) Ger, van Wusthof I. c. fol 55. — La Lonbere Dec. & 
Siam L. c. ed. Taiis 1691. 8. T. I. etc. 30.) R N 
dis Pinto Reifen zc. Amferdam 4. Ar 6. D. & M 





Das Rand der Laos. 1209 


Koͤnigreichs Stam eingetreten, trage er immer nur noch kleine 
Barken. Lange vor La Louber Yatte Vineent Le Blanc 
von Marfeille 59) Pegu befucht, wahrſcheinlich Ende. des XVI. 
SSahrhunderts, denn er erzählt jenen Ueberfall der Peguer in Siam, 
wegen des weißen Elephanten (im 3. 1668, f. oben ©. 1108), 
und daß fi die Siameſen fehon wieber deshalb an ihren Fein» 
dem gerächt haben. Er läßt den Strom von Martabau (Ga _ 
luaen), den er mit ben Peguern Caypumo, mit den nördlicherk 
Indern über Amucherat nennt, aus jenem Ger von Chic“ 
map, der nad ihm ſehr berühmt feyn fol, herabfommen. Dies 
fer See werde im Dft duch weite Waldungen und unburde 
sehbare Suͤmpfe und Brühe begrenzt. Diefee Martabanfluß 
bewaͤſſere und befeuchte jenes Land, wie der Nil. Er ſelbſt kam 
jedoch nicht nah Chiamay, obgleich. ee feine Wanderungen 
weit über die Nordgrenze. des damaligen Pegu Reiches fort 
fegte. Die Geſetze ber Siamefen, fährt La Loubere fort, 
ſchreiben diefe von Laos her, auch follen ihre Könige von dort 
ſtammen; aber bdafielbe, bemerkt fchon La Loubere%), fage 
man in Laos auch, und dieſes bezeuge Feine Priorität, ſon⸗ 
dern nur Identität, wie dies auch binfihtlih der Sprade . 
der Fall ſey. 
€. Rämpfertt), der doch nur ein paar Jahre fpäter in 
Siam war, hörte, daß der König zu feinen bisherigen 12 Reiches 
provinzen mod) eine dreizehnte, naͤmlich Tſjanimai (Chlangs 
mal), hinzugefuͤgt habe, die er vom Reiche Lao® abgeriſſen. Cr 
sohrde feine Herrſchaft dorthin noch mehr erweitert haben, wenn 
Der breite und damals ausgetretetene Strom (wol dee Menam) 
nicht feiner Eroberung ein Ziel geſetzt hätte. Doch fey diefe Pros 
vinz bald darauf von den Laos wieder zurüdgenommen, und 
Die Kolge eines fo Loftfpieligen Feldzuges nur Erweckung gegens 
ſeltigen Mistrauens ber Völker in Laos und Siam geweſen, 
wodurch ber früher beſtehende Handelsverkehr geftört worden 
und fi) meiſt nad) Kambodja gewendet habe. Dies iſt wahr 





6%) Les Voyages Fameux da Sieur Vincent Le Blanc Marseillois 
aux quatre parties du Monde (1567 — 1607) etc. rediges sur ses 
Mem. p. Pierre Bergeron. Paris 1668. 4. Part. I. p. 115, ch 
White of Marseilles The World Sourveyed on famous Voyages 
and Travailes 1660, aus dem a y ins Sagt. überfest, f. Asiat. 
Journ. 1825. Vol. XIX. 2 651 — 653 0) La Loubere L ©. 


T.L p. 30 etc. 1 Kaͤ fer Geſch. und Beſchr. v. 


1210 Ofl-Afien. Hinter Indien. IE. Abſcha. $. 88. 
ſcheinlich derſelbe Eroberungẽeverſuch, vom dem auch La Loubei 
ſericht. | 


Dennoch Eonnte auch Kämpfer nur wenig maus ii: 
Laos erfahren. Mit Tongking legte man es unter gleida 
Breitenparallei; durch Wälder und Einöben ſey «6 von dm Rat 
barſtaaten gefchieden und ſchwer zugänglih. Bon Juthia, ki 
Sams Refideng, dahin, brauche man einen Monat Zeit, ah: 
beide Wege feyen zu Lande wegen der hohen Menge, auf tm 
Strome vorgen Kiippen und Felfen fehr befchweriih. Die älui: 
Drauwen oder Barken baute man daher fo, daß fie zuſammen⸗ 
gelegt und beguem Aber die Höhen getzagen merben Eianten, um 
ſo die Wafferreife fortzufegen. Das Land Laos fer jede frucht⸗ 
bar, beftche meift aus feſtem Kleiboden, ber jebod im Gemmr 
fo hart und fe werde, daß er gleich einer Tenne zum Aridtt— 
fen des Reiskoras aus dem Hälfen diene, daran BAriui 
fey. Benzin, Gummi-Lak, Mofhus, edle Steirt, 
Nubine, auch Perlen (Mut in Siam genannt), fon di 
Producte des Landes, doch ſchien dies letztere Kämpfer fein 
da er nicht habe erfahren können, daß es im Lande einen Eali: 
fee gebe (ſchon oben nach M. Polo äpntices, ſiche 6. : 
738). Als Cusiofität fügen wie bier bei, daß auf der m kn 
angefüheten Chinefifhen Weltkarte (f. ob. 6. 8), * 
Dusch Prof. Reumann in unferm Befige if, In dieſer 6t 
gend von Ober⸗Laos, unter audern Brunnen, and in kun: 
pen dfing, d. i., nad bee Schotts Ueberfegung, ein Yırlı® 
Galzbrunmen verzeichnet if, was am biefer Stcle beſhercgh 
werth ſcheint. 

Die Religion und Sprache fep, ſagt Kaͤmpfet, " 
Laos wie im Siam, nur wenig verſchieden. Die Laos baus 
jedoch weber das I noch x’ atefprechen. Sie ſchreibes auf Dre 
blätter, wie ihre Nachbarn, doch ihre buͤrgerlichen Sqhtiſte af 
Papier, und behaupten, bie Siameſen hätten von iham ein 
Religion und Schrift gelernt. Au Geſtalt find fir den Sim 
few ſehr aͤhnlich, doch gelber und ſchlanker, und ein mei 
ſchoͤneres Vorl, Ihre Ohren, fagt Kämpfer, find lam sk 
Peguern und andern Einwohnern Dinter-Indiens; DM Pia! 
fogt an einer Stelle, die Leute‘ mit kurzen Ohren verglichen "' 
mit den Affen. Die Weiber tragen golbnen Dpefgmud, und 
lafſen ihre Weine, von unten nad oben, bis über Di 5 
mit ſchwarzem Laubwerk umwinden (tatowitt, ae die Bi 


[| 


— 


20. Das Land der Laos.12141 


pintaden in Siam, f. ©. 1128), zum Zeichen der Religlon und 
Männlichkeit. Ein Gangesuem, fagt Kämpfer, läuft durth 


das Lauland, ober durch Laos, der ſich hernach in den Fluß 
Kambodja verliert (alſo eine jener Anaſtomoſen? ſ. obm 


S. 907, ob eine unbeſtimmte Sage von jenem Zwitterſtrome 


Ananm, den auch Hamiltons Forſchungen beftätigen; f. unten), 


und bdiefen ſchiffvar macht; daher pflegen bie Kambodjer 
jährlich mit ihren Prauen bier ihren Handel zu führen. Die 
vornehmften Stable in Laos, das einſt an Siam Tribut 
zahlte, find Landjam (Lan tſthang) und Tſia mara 
(Ehiamapy). 


b. Ehinefen⸗Bericht der Handelsweg'e aus Siam 
durch Boos nad China, im XVII. Zapchundent, _ 


Die getoöhntid; genauen, wein auch dem Umblick nach fies 
ſchraͤnkten Berichte Chinefifher Reiſenden, deren Verkehr 


aus Dünnan, buch die Lao6sLänder, nah Siam amd 


Kambodja, wie nah Ava wei fihen in fehr Frühe Beisen zus 
südgehen mag, koͤnnten uns bier wefentlihe Belehrung geben, 
wenn uns bis jetzt ihre Quellen nur zugängficher gewefen wären. 
Daß dergleichen aber vorhanden find, beweiſen folgende Dr: ” 
ten, die aus einer Altern bisher faft ganz uͤberſehenen Ucherfegung . 
aus dem Chinefiſchen fon in Du Hatdes Compilation 5®R) 
mitgetheitt wurden, aber leider noch keine caitifche, der Chinefifchen 
Sprache kundigeReviſion in neuerer Zeit erhalten baden. Tücher 


das Werk, aus dem fie genommen find, noch die Zeit, in welche 


der Reifebericht Fällt, find uns bekannt; wie vermuthen bie 
zweite Hälfte des XV. Jahrhunderts, und glauben einiges 
Licht für den damals noch blühenden Zuſtand der Laos: Län- 


‘der daraus ziehen und vieler leider verdrehten Namen ungeachs 


tet, doch einige Erläuterungen Hinzufügen zu-bönmen, obgleich vie⸗ 
les bavon noch dunkel und aloe Sorfhern zu — 
bleibt. 

Der Weg vom Kinigeeit Siom (und zwar von deſſen 
Mordgeenze, in welche damals auch fon jenes Chiangmei 
Jangomal, das nirgends genannt wird, mit eingefchloffen ges 





5*®) Route par Terre de Siam jusqu’a la Chine tiree des Memnoi- 
res de quelques Cluinois qui en ont fait le Chemin in Du Halde 
Deser. de la Chine Ed. a la Haye, 1736. 4. T. L p. 225— 130. 


X 


1212 Oft-Mfien. Hinter Indien. IL Abſcha 6.88 


Meſen ſeyn mag), duech Laos na Mobang-Binem (N: 
bang wird jeder Ortſchaft zugefügt, daher wir and ein für ı! 
mal nur ein M. Katz deſſen vorfegen), d. I, bit am dh Chin 
ſen⸗Grente, nämlich in Sühb-Yümnan iR ch, mu in 
bier einige Notizen mitgetheilt werben. 

Die Haupterte und ſtaͤrkſten Wölkerfchaften, bie man hırl 
Heben muß, find von 1) Kianghai nach 2) Klangfeng, m 
bin 7 Tagereiſen; 5) Kemarat M. Leng, bie Gapitalı m 
2ao06, wohin 7 Tagereiſen; 4) M. Lee, wohn 8 Tagerilm; 
5) M. Meng, die Capitale eines zweiten Kans:Keidel, 
wohin 7 Xagereifen, von wo man gegen Norben gehend, nd 
411 Tagen, mit M. Vinam fehe bald die Grenze Chinu 
erreiche, da Vinam ſelbſt fon zu Yınnam gehdrig und die 
Teiche Idemtifch damit anzuſehen iſt. Auch Menz füriat un) 
" Sion zu Süd: Pünsan sum Lande ber Lolos gejegen pu [me 

Bon den Grenzen Siamt, umb von det erſten Euk 
Kianghai, 2 Wochen Weges, bis zur genannten Capkalı 3. 
Leng, fagen diefe Chinefifhen Hamdelsieute nigü ne 
ser, als daß fie durch viele Wälder umb Ortſchaften übe weh 
Glüffe kamen, Leine wilden: Beflien und Diebe, aber ud m 
ſchlechte Wege fanden, bie für Raͤderkarten unbrauchbar with 
weshalb die Meife nur zu Pferde zurückgelegt werben fan. 
Sie geben darauf nur vorzüglich Nachricht von den beidtt 
Hauptmärkten, biefe 1) Capitale Leng, zud jan 2) 
zweiten Stadt Meng, bie fie als Hauptottſhaften 
zweier verſchiedener Herrſchaften, jedoch beide I@ 
2008 angebörig, bezeichnen. Die Namen biefer beiben Exit 
welche ſonſt in fruͤhern Berichten nicht vordemmen, nakin® 
fen, macht die erſte Schwierigkeit, obwol ficy and den fahi 
Daten beftimmt ergiebt, daß Leng im Weſten, dem Bade 1 
Ama genähert und am obern Laufe des Menam, del 
dieſer dort noch nicht diefen Namen führt, alfo aM Giam⸗ 
Strome gelegen iſt; Meng aber, weiter im Oſt, dar Ehiar- 
fen» Örenze genäbert, am obern Kam bodja⸗Gtreeſ 
ſucht werben muß. 


a) Die Capitate Leng. 


Bir würden Leng, ald bie Chinefifche Benennung für be 
- fon immer Chiangmai genannte Capitale des Roches Jan 
- angefprochen baden, weun mict eime tele and Br Hin! 











Das Land der Laos. . 1213 


ton Buhanand in Ada gefammelten Rotigen, wo die Laos 
ſtets Shan genannt werben, uns belchrte, daß zu feiner Zeit bie 
Capitale von Lowa Shan, oder Ober⸗Laos, Kiaintoum 
(oder im Heiligen Dialect Kemalatsain)°%) Heiße, unter wels 
hen doppelten Benennungen ‘fie aud die Schavenkarte bes 
Thronerben von Ava verzeihnete, und Berghaus fie im feiner 
Karte von Hinter⸗Indien, etwas nördlich vom 22° N. Br. ein⸗ 
trug; biefe liege nicht, wie Arrow ſmith irrig in feiner Karte 
von Afien angab, an ber Weftgrenze, nämlih am Galunens 
Stuffe, fondern in dee Mitte des Landes, zwiſchen beiden Oſt⸗ 
und Weſt⸗Grenzen, und zwar nur 6 bis 8 geogr. Meilen 
(30 bis 40 Miles) nördlich von ber gegenmärtigen Grenze von 
Lowa Shan (ÖbersLaos); aber Leng, führt Fr. Hamil⸗ 
ton fort, und beflätigt es noch anderwaͤrts, die ehemalige Gas 
pitale dieſes Königreiches, Mitte bes XVII. Jahrhunderts, lag 
in einem abgetretenen (b. h. im Süden, abgetreten am 
Chiangmat oder Siam) Territorium befielben. Außer jes 
ner genannten, heutigen Capitale hat Lowa Shan (Öber 
206) aber auch heute noch 12 Gouvernements, oder Städte, bie 
auf der genannten Karte mit Quadraten, bie von ihnen abs 
bängigen Ruas, d. i. Diftticttorte, aber durch runde Kreife 
bezeichnet find. F ER | 
Die Chinefem geben uns alfo zuerſt Nachricht von Ober» 
Laos (Lowa Shan) im Norden von Changmal, vos 
deffen früherer Gapitale Leng, weshalb fie vom ſchlechten 
Bergwegen fprechen, die keine Raͤderkarren pafficen können, und - 
an Beine Gtromſchiffahrt denken, die uns auch nur bis Chiangs 
mai, und aud ba nur in kleinen Barken bekannt if. Da 
uns aber andere genauere Nachrichten uͤber dieſes DbersLao® 
fehlen, fo find uns die der Chinefen boppelt lehrreich. | 
Die Eapitale Leng 5*) iſt nach Ihnen von einer Holgerfchans 
zung umgeben, die 400 Gene (1 Gene hat 20 Siameſiſche Klafe 
ter) Umfang hat. Im Weſten von ihr iſt M. Coſangpii (d. i. 
weil die Chineſen kein r ausſprechen, Koſhanpeise), die Pros. 
vinz im DR von Ava), auch noch weiter im Weit dee große 


ses) Fr. Hamilton Aceount of a Map of Upper Laos or the Ter- 
sitory of Lowa Shan in D. Brewster Edinb. Journ. of Science 
Nr. L Jul. 1824. p. 72-—78. . °*) Route par Terre de Siam 
et» urés des Mem. Chinois b. Du HaldeL o. Lp. 20 - 
es) 5, Orawfurd Embassy to Ava l. o. p. 32. 





⸗ 


1214 Oſt-Aſien. Hinter-Indien. IT. Abſcha. $. 88. 


Ba Pabimapan. Einf, fagt der Chineſe, war dieſes 
Land im Weften, von den Taipai (d. I. X’pai, Giamefen) 
einem weiten Koͤnigreiche beberifcht, zu deſſen Umkreifung man 3 
Sonate Zeit. gebrauchte; jegt iſt es nur eine einzige Waldwildniß, 
Die fi) an den Wald von Pahimapan anſchließt, welcher noch 
heute im N.O. von Ava gegen Bhanmoso), auf dem Dflufre 
des Jrawadi, gegen ben obern Satuaen, denfelben Namen 
bei Birmanen führt, defien Weſtabhang von dem Botaniker Dr. 
Wallich befliegen wurde 67). 

Im DOften von Leng werden bie Irtfchaften Louan und 
Ronfaa, im Süden Kemarat, im Norden aber viele, nämlich: 
Daut, Ping, Keen, Kaam, Paa, Saas, Boonoi, Basviai, Ring 
neha, Khan und Ghintai genannt, welche. alle von ber Sapitale 
abhängig find, welche auch mit dem Zufag Kemarat begeichnet 
wird, offenbar nur jemer Ehrentitel der Heiligen Speadye, ben 
Sr Hamilton bei der neuerm Gapitale von Lowa Scan, 
Ktaintoun, das ve in I verwandelnd, Samalatsain neu 
nen. hörte, 

Diefe Capitale Leng, fagen die Chinefen ®), liege am beis 
den Ufern des Menantai (ode Menanlai), der fie bus 
ſtroͤmt, voll Klippen if, aus Norden kommt, aus dem Berge 
PDanyeng (ob Dun Shan? f. ob. ©. 904, 402), und ab> 
wärst fließt nad Kemarat (wol jene neue Capitale? Kama: 
latsain oder Kiaintoun), und dann zum Menanglong 
gegen Bankiop(?). De Strom von Stam babe feine 
Quelle im Berge Kiangbanu,. und ber von Kianghat, ober 
Kiangini, ergieße fi (und dies mögen wol jene alle als obere 
Zuflüffe, bie uns unter diefen Namen unbefannt find, auf ber 
Map of Zaenmae dee Birmanen heißen beren 2, Maele und 
Maepaen) in den Hauptfirom von Siam, der gewöähns 
ih Menam heiße. 

Wir müflen bier beamerken, daß uns Fr. Hamilton ®) ein 
zu geoßes Gewicht auf die Eiymologie de6 Menanglong zu 
legen ſcheint, indem er fagt, dies fay der Mekong (contrabir:) 
der Ehinsfen, der Maekha un des Mranmas oder Birmanın. 





se®) Fr. Hamilton (Buchanan) Accsunt of a Map:of the Ceuntsies 
subject to. the King of Ava in Ediab. Phil. Jourm. Vol 
°') Dr. Wallich Kxcassioas in J. Crawfard Enıbassy to Ava l. c 
267-273. °**%) b, Du Halde l. c. 
Fr. Hamilton Acsaumt 1: c. Vol. 1. p. 268. 


Das Land der Lan. . 1215 


Alfo, fagt er, ift ber Menantai ein Arm bed Maekhaun, 
und Leng liegt am oben Kambobja Steome und nicht am 
Siamftrome, aber, fügt er richtig hinzu, die neurre Gapitale 
Kiaintoun liege im Weſt des Siamftromes. Jene erſte Aeu⸗ 
Berung ſcheint uns aber nicht nur der folgenden Angabe des Chis 
nefen vom Siamflrome, zu weichem auch der von Kianghai, 
über welchen Drt der Heraufweg aus Siam führte, entgegen 
zu ſeyn; fondern es wiederfpeicht auch völlig dee mehe we ſt lich en 

Lage von Leng in der Naͤhe von Ava, und der Erzgruben, 
die nur 5 Tage davon im N.W. angegeben werden (ſ. unten). 
Diefen Schluß halten wir für einen fehr ſtarken Icrthum, dem 
Berghaus Karte leider gefolgt iſt, und Leng ſehr weit gegen 
Dfi an den Maekhoup, den er mit dem Menantai nah 
Hamiltons Vorgang ibentificist hat, verfegt, an biefeibe Stelle, 


wo auf Hamiltons Karte (Map of Zaenmae 1 ohne Diſtanzen⸗ 


in Edinb. Phil. Journ. Vol. X. p. 66) aber nicht Beng Capitals 
ſteht, ſondern Le, welche die zu berührende Station ift, die zwi: 


fchen dem Siamftrom und Kambodjaſtrom in OberBaos, " 


weiter unten, vortommen wird, Die dadurch entfianbene Verzer⸗ 
eung dieſer ſonſt fchönen Kaste fiheint unſerer Anfiche nad baher 
an. diefee Localicät von Ober⸗Laos weſentlichet Recifion m 
bedürfen, weshalb wir hier darauf hingewiefen haben, ' 


In dee Capitale Leng if Ucberfluß an Reiß; er If fo ‘ 


wohlfeil, daß man für 1Foua (Eleine Münze) 60 Bis 60 Pfund 
diefee Hauptnahrung erhält. Sie haben nur wenig Fiſche, aber 
der Bazar iſt immer mit Fleiſch von Büffeln und Hirſchwild ver⸗ 
fehen. In den Monaten Mai bis Juli iſt bie Obſtzeit; dann 
fieht man dort alle Obftarten wie in Siam, nur Durlan und 
Manguftane nicht (f. ob. S. 109). Auch Erawfurd fabe in 
Ava, wo «6 keine gute Drangen giebt, bie ſchoͤnſten Drangen 
aus dem Oſten durch die Laos Vapinbeingen 0), 

Die Chinefen fagen, 6 Zagereifen im Morben der Capitale 
Leng ſeyen Goldgruben, auch Silber, Kupfer, und ro⸗ 
ther ſtinkender Schwefel werbe da. gegraben. Dies Zactum erhaͤit 
duch Fr. Hamiltons gefammelte Nachrichten in Ava eine 
intereffante Betätigung, wodurch zugleich bie Lage von Leng, 
welche leider. Berghaus Kante. nicht eingetragen hat, weil ihm ber 

/ 
0) J. Crawfurd Eınbassy to Ava I. c. p. 307. 


— 


1216 Dfi-Afien. Hinter-⸗Indien. II. ubſcha. £8% 


Ghinefen Bericht, wie es ſcheint, unbekannt blich, genaut % 
ſimnt wird. 

Bobuaen, bee Bergwerksdiſtrict, mais ben raidın 
Gruben, wo Bold, Silber und Kupfer vom den Chin 
beurbeitet wird, liegt 5 Tagereiſen im Norden ber Copita: 
Leng’’i) von DbersLaos. Bodmaen liegt abe 15 Lay 
reiſen im Mordoft von Ava und 6 im Sünden von Bhanı 
me (f. eb. ©.739) Vordem gehörten dieſe Erzgruben den Chi: 
nmeſenz feit bem für China unglüdtichen Grenzkriege gern 
die Birmanen (1769-1781) blieben fie in der Gewalt ditſe 
figesichen Eroberer (dee Meanmas). Die Bewohner jeaes Er: 
gebirges, obwol unter Birmanifcher Statthalterſchaft (jur Sri 
von Colon. Symes Embaffade in Ava, 1795, den gu. da 
milton Bucdhanan begleitete) fichend, waren doch nah Shan 
(Ramse, den die Birmanen ſtets deu von den Siamefen lie 
nannten Laos geben), das Land immer zu Loma Oben, cr 
DbersLaos, gehörig, das von da gegen O ſſt am das kant Ka⸗ 
Ediaen und bie inbependenten Grenganmohner ven Jin: 
man flößt, die gegen Weſt nur dem Baba, d. i. dem Exifir: 
fien von Bhanmeo geherchen, gegen Dfi aber zu den wilden 
Lomwas gehören, welche die Chineſen mit den allgemein! 
Nanıen ber Lolos belegen (f. ob. &. 767 ıc.). Ge min iu 
wirküch die Außerfie Nordgremze der Laos ſchon gezen ta 
S. W. Saum von Dünnan, in ber Naͤhe des Jrameli 
an der Handeisfizaße von Ava über Bhanmo nad Chin, 
im Erzrediere ber wilden Lowas (Loloe) am bes Nechgutze 
von Lowa Shan, oder Ober⸗Lads, von dem Chiadadt 
richte wirklich erreicht. 

Kehren wir, nachdem dieſe Eocalitäten erörtert ſcheina, HM 
ber Berichterſtatiung ber Chinefen zuräd. Sie führen mh m 
sere Nachtichten von biefer LengsGoapitale von Dperstand 
an, das wir wei für De Seiras Reich Schomka Genie, | 
das uns ſonſt unbekannt bieibt, zu halten geneigt fen midlet 
(£ ob. ©. 1200), Nahe im NR. von Leng iſt eia defer Oi® 
druch aus dem man Rubinen holt, bie bis nufgrof Kali ac 
ein grüner Stein, ein Emaragd, fol da gefunden wehen Me’! 
oinen der König ber Laho 6 von ber Größe einer Drange Dit! 


61) Fr. Hamilton Account of a Map of the Country North Io 
Ava in Edinb, Philos. Joursal Jan. 1821, Nr. VL p 7% 





Das Land der Laos. 1217 


“ Auch andersfarbige Ebdelfteine. werden ba gefunden; ein 
ich durchſtroͤmt die Grube, fpült das Muttergeflein los, und 
bt zumeilen fo reichen Ertrag, daß man 2 bis 3 Waaß(?) das 
a einfammelt. Aus den Silbergruben zieht der König 
lich 360 Catis; Chinefen bearbeiten fie, und geben dem Mes 
E alle Sormen. Die Kaufleute bee Städte Kemarat, Lee, Mai, 
ngmag, Meng, Daa und Pan, gehen dahin zum Einhandeln. 
ie Berge umher haben 300 Senes (1 Sene zu 20 Siamefifchen 
aftern gäbe 6000 Klafter?) Höhe; die Gruben follen 100 Ges 
8 (2000 Klafter) tief und 200 Senes (4000 Klafter) fern von 
ng liegen. Wären die Eiamefifhen Klafter nur halb fo geoß, 
rich dem italiaͤniſchen Braccio, fo wären bie Berge doch immer 
ch 18,000 Fuß ho. Sie find, fagen die Chinefen, ganz mit 
räuteen bewachſen, bie der Thau ewig grün und ewig frifch 
hält, alfo alpine Höhen. Dort fammelt man bie officinelle 
zurzel Tongkouei der Chinefen, welche bie Siameſen Cot⸗ 
uaboua nennen (ob etwa Rhabarber? f. Aſien Bd. J. S. 184 
8186). Auch ein Baum VBendejang, ber fingergeoße Blu⸗ 
en trägt, und fehr wohlriechend iſt, wächft hier; bei: ihrem Aufs 
üben haben diefe verfchiedene Karben, wie roch, gelb, weiß, dun⸗ 
1, die anfegende Frucht hat die Seflalt einer Ente(?). Da, wo 
efe Bäume in Menge fich zeigen, giebt es auch den mehrften 
hau, dee diefe Bäume feifch hält. 

Die Bewohner der Eapitale Leng treiben Handel mit ih⸗ 
n Nachbarn, ohne fi) darum vom Flecke weg zu begeben. Ihre 
Baaren find: Gold, Edelfteine, Silber, Zinn, Blei, 
meiner und rother Schwefel, Baummolle, roh und ges 
yonnen, Thee, Gummi⸗Lak, Sapan: undBraſilhbolz, 
nd jene Cot houa boua⸗Wurzel. Andere Kaufleute führen 
‚nen ‚dagegen allerlei Waaren zu; fo die von Lee (liegt im 
dordoſt am obern Kambodja-Strom) bringen Elephbantenz 
ie Chinefen bringen rohe Seide, Seidenfkoffe, Biden, 
zhowries (f. ob. ©. 168), d. 1. Yakfhweife, bie zu dem 
Dug der Elephanten gehören, denen fie an ben Ohren als 
Wedel angebracht werden, die bis zur Erde hängen. Die Kaufs 
eute aus T’haipai (Siam) und dem Weſten von Pamas 
‚ang oder Haua (d. 8. Land dee Mranma, Brama, 
Birma und dem Königeeih Ava), bringen Eifenwaaren, 
selben und rothen Sander, Zeuge, Baummollenwaaren, 
unte Inbiennes (Ehing), sine rothe offücinelle Erde 

Ritter Erdkunde IV. 2559 


SB 


1218 Oft Afien. HintereJndien. II. Abſcha. 88. 


(ob Terra japonica), DpDium; überhaupt Waaten anf {nt: 
fan, um dagegen Bold, Sitber und Edelſteine an: 
dein. Die von Kemarat und Kianghai (T. eb. ©. 1}. 
bringen dahin ihre Büffel und Kühe zu Marke, und nıkm 
dafür Silber, Zinn und Schwefel zuräd. 

Diefeb Leng oder Laos iſt tributpflichtig am Hanva ch 
Damahang (Ava, oder an die Birmanen), und jährlich ic 
dem fie eine Karawane zur Abtragung ded Tributes dahin. Ei: 
fegen zwar feibft ihren neuen König ein, melden bied jedeh m: 
Ava. Der König har nur einen Miniſter; er hat 8 fi: 
Staͤdte im Lande, beren jede 1000 Mann Gornifen har. I: 
den ſchon oben genannten 360 Cati Siber, aus dem Erjje: 
birge, zieht er noch jährlidy deren 860 Catis aus feinm ganır: 
Koͤnigreiche. 

Unter der beſondern Provinz Mohang Kemarit’i 
weiche die Chineſiſchen Reiſenden als von Leng geſonden hr: 
fielen, koͤnnen fie nichts anders verfichen als den dufrics 
norbwefllichen Theil von Ober-Laogs, ham ſchon gain: 
ten Lowa Shan bei fr. Hamiiton, darin heute die Crich 
Kiaintoun oder Kemalatsain. Diefe Provinz, füa e 
Chinefen,, habe 400 Senes Umfang (?), 8 Tageteiſen Int 
nung, iſt tridutair an Ava (Hampa); ihe König muck din 
als die Chinefen hindurch reifeten, Pra tſchiao otang (!* 
Pıa, i. e. primus, f. oben S. 1125) genannt. Grin jet 
Tribut an Ava befiand in zwei kleinen Bäumden midi) 
tern und Blüthen, der eine vom Gold, der andere ma Eiht 
(f. ob. S. 1085, 1119). = 

Es werden 11 Drtfchaften als von Kemarat aim) 
aufgeführt, wie Lee im D.; Rang im W.; Kiangfeng und 
Kianghai im ©. (f. ob. S. 1212); im O. nad Ba Bun 
Moong, Lahi, Man, Laa; im RM. aber Hang umd Kroa, ie ta! 
TSagereiſe auseinander liegen, Eoep und Giang beöglehe un 
Pen. Die Einwohner diefes Kemarar haben Fenewaffen —J 
und kleine Kanonen, Musketen, Lanzen und Armdruͤſt Wu 
Mandſchu China eroberten, vertrieben die Etawohner IM gi 
nam die von Kemarat aus ihrer Stadt. Frühe bad! R 
ihnen jährlich Waaren zum Verlauf, wie Gammet Exil! 





*7) Route par Terre de Siam etc. tirde des Mn. Cie 
Halde Le. T.1.p. 129. - 


.n 


Das Land der Laos. 1219 


Samlot, Teppiche, Queckſilber, Kuhſchweife, Mützen, 
dupfergeſchirr, Dorcellan u. a., holten dagegen Baum⸗ 
vollengorn, Eifenbein, eine officinelle Ehe, Ja⸗ 
‚am genannt, ein officımelles Holz, Mahajug der Siamefen, 
Ingo der Portuaiefen (2); auch jene offieinelle Wurzel, Cotfo, 
m! Opium. Diefe Producte wurden über Ava ihnen zuges 
uͤhrt. Im Scühjahr, vom Januar an, duch Februar und 
März, holten die Chinefen ihre Waare al und brachten fie im 
(pril nach China. 


b) Die Hauptſtadt Meng. 


Aber die Chinefifhen Reifenden führen, außer Leng 


och eine zweite Laos-Provinz und Capitale, die fie beide 
Meng?) nennen, auf, von der fie fagen, baß ihr im W. Pan 
nd Kan liege, im S. Efee, im D. Tchlong und Kon, welche 
eide fegteren fhon vom Chineſiſchen Zerritorium, Vinan, 
bhängig feyen. Diefes Gebiet von Meng liege ſchon jenfeit 
es Wenbdelreifes, wo bie Sonne nie mehr fenkrecht fiche, 
bas die fehe nördliche Lage beweifet, und offenbar es zu einer 
Snclave ber heutigen Begrenzung von Yuͤnnan madıt. Die 
Provinz Meng habe von O. nah W. nur 7 Tagereifen 
Breite; aber von S. nah N. 17 Tagereiſen Länge (wol von 
ee norbwärte, am Maekhaun hin, bie nad) Yünnan hinein), 
nd 18 Städte feyen abhängig von ihrer Capitale Meng. 
sin großer Strom ducchziehe biefe Provinz, ber don dem 
Rorden von M. Zchiai komme, das bei Chinefen M. Vinan 
eiße (mahrfcheiniih Yünnan), und zum Menang Kong 
ehe (offenbar hier der obere Maekhaun, der aus Yünnan 
ervortritt, tie fi) aus dee folgenden Erzählung ergiebt). Es 
egt demnach diefed Meng nicht im Norden, fondern im DOften 
on Leng, oder Lowa Shan, ift Aber ebenfall® noch zu Obers 
aos gehörig; aber gegen das öftlihe Yünnan und Tong⸗ 
ing (Tarut Shan) gelegen‘, und der Weg von Leng muß 
‚ol die 8 Tagemaͤrſche direct oftfiäres, wenn nicht ſuͤdoſt⸗ 
arts, biß Lee, das fhon an einem Zufluffe des Maekhaun 
jegt, zw rechnen ſeyn. Diefer Zufluß wird von dem Chinefens 
erichte nicht genannt, aber auf der Birmanenkarte, die Hamils 
on mittheilt (Map of — I. I. c.), wird der linke Zufluß 





22) ‚Route par Terre de Siam etc. b, Da Halde I. c. T. I. p. 128, 
ie EN 


- 


= 


20 DftsAfien. Hinter- Indien. TI Abſchu. $ 8. 


Maekhaun, an welchem Lee angegeben if, Mackhoupgenur 
> die Lage ift faſt identifch mit Leng auf Berghaus Sur 
daher Lee ausgelafien bat. Diefe Lage kann keinem Zei, 
termorfen ſeyn, da die Chinefen fagen: hat dieſer gr: 
vom die Ortfchaften Lee, Kiangfeng (b. i. Kiainfin be 
. Hamilton, und auf Berghaus Karte am Badtic 
ſchen 21 und 2° N.Be.) und Lantchang (dafım m et: 
: Rantfankiang, d.i. Strom von Lanthfan bafhincin 
Bt, Die Capitale des oͤſtlichen LKRaos-Reiches, das and In: 
::2a08, im Gegenſatz von Lowa Shan, Ober⸗Ladh, Ki 
ı fol) paffiet, fo tritt er ein im das Koͤnigreich Som: 
dja, durchſchneidet dies und ergießt fi zum Kam 
efer Strom trägt große Barken, fagen dieſelben weitn, von 
eere an bis Kiangkong und Kiangfeng (Kiainfin be 
‚ Hamilton; Kiongkomg iſt aber Kiainfhaun af st 
ımiltons Karten, und danach bei Berghaus, geifgen 2 
21° M. Br., welches alfo mordwaͤrts von kantqhaig oe 
en, und von uns früher für das Winkjan im konnen 
ande angefprochen ift, dad &. van Wuſthof im Jap 1! 
eichte, f. od. S. 1206). Aber von Lee (dab 7 Tui 
wärts von Meng liegen muß) an nordwaͤtts MP 
ım trägt diefer Strom weder große noch Kleine Barlıt 
fo fein oberer Lauf ſchon im Randgebirge des alpinen Bu) 
d man Bann hier nur zu Lande reifen. Binde 
il dee Strom zu Bein, zu wafferarm, fo künnte Ib 
ifhe Kartenzeichnung, die den obern Maekhaun, ab ft 
ig kiang und Lan thfankiang aus weiter Gerne ala wahre“ 
tom von Oſt Tuͤbet ganz Huͤnnan durchſchneiden Kf, nt 
richtige feyn, und jener Lan thſan kiang müßte einem andtt! 
uf gegen Dften nach Tongking nehmen. Difd wi 
ere Anficht, die wie in Erdkunde erfle Ausgabe 1817. 2 Ä 
76 theilten, welche Berghaus als problematiih u in 
cht zu widerlegen fucht, obwol darin ein Jmtpum 
nn ee meint 57?), daß ihr die frühere Begründung eines Pakt: 
tät fehle. Sie ift ſogar in die Zeichnung ber oben — 
iheten aͤlteſten Originalkarte, Tchouchés, In Ar 
me von Tongking niedergelegt (f. ob. ©. M, Care 








>) 9 Se us geogr. hydro Memoir non gar a 
ae en. 





— 
— 
4 


U 


Das Land der Laob. | 1221 


Tongking |. ec) 100 ber Lan thfan eiang mit dem Ey fien> 
biang aus dem füblichen Grenzgebiete Echely (f. ob. ©. 764), 
von Dünnan kommend, vereint gegen Oſt al$ Haupt> 
rom, unter dem Namen Fu Leang Kiang, fih sum Golf 
von Tungking ergießen. Obwol wie nad allem obigen (f. 

&. 227, 748), und zumal auch nah Klaproch8”*) Mittheis 
lungen aus den Chinefifhen Annalen, wie nah Sr. Hamil⸗ 
ton®e Karte von Zarout Shan 5), kaum an ber Identität 
dieſes Lanthfangkiang und Kambodja Stromes zweis 
fein Eönnen, fo bleibt jenes Factum doch immer noch der Beach⸗ 
tung werth. Die Urfache, warum bort Leine Barken im 

obern Stromlaufe .mehr ſchiffen können, muß alfo ein anderer 

als feine Wafferarmuth, nämlich cher feine zu reißende Ges. 
walt (vergl. ob. ©. 748) und fein Tlippige® Bette fen, was 

auch auf Berghaus Karte in bee bupothetifchen Fortſetzung dies 
ſes Kambodja Stromes in Laos burch puncticte Linien und Bei: 

Schrift: angegeben if. Nah unfern Chinefifhen Reifenden bat 

ber Strom von Lee an, abwärts, feine Exiſtenz beſtimmt ale 

großer Kambodjaftrom; nur aufwärts blieb nach ihnen noch 

einiger Zweifel über die Identität ober doch Unbeſtimmtheit ber 

Angabe. 

Die Lage der Gapitale Meng felbft wird nicht genauer ans 
gegeben. Sie muß 7 Tagereifen von Lee wahrfcheintich im N. 9. 
liegen, im Rorben von. Kiangfeng (Kiainfin); wir halten fie 
für die Stade Mainkhain auf Fr. Hamiltons General- 
Map 70), im Gebiete von Lowa Shan, ober Ober⸗Laos, 
welche auf Berghaus Karte als Mainkhain ſchon zu Yuͤn⸗ 
nan gezogen iſt. 

Nur Weniges iſt es, was uns von dieſer oͤſtlichen Haupt⸗ 
ſtadi Meng noch von den Chineſen geſagt wird; man findet \ 
daſelbſt alle Srüchte, wie in Siam, außer Durlan und Mangu: 
ftanen. Segen Werft von ba liegen bie Gruben, wo Calin ober 
Zinn gewonnen wird; gegen Suͤd find bie Salzminen, ges - 


10) Memoires relatifs a P’Asie, sur le Cours dw Yarou Dzangbo 
Tchou etc. T. III. 1828. p. 393. ’s) Fi. Hamilten Account 
of a Map of the Tarout Shan Territory in Edinb. Plil, Journal 

. 3822. .Vol. VII. p. 73. °*) Fr. Hamilton Account of a Map of 

. the countries subject to the King of Ava etc. in Kdinb. Phil. 
Jouen, Vol. II, p. 89— 05, 262 —271 mit Gen. Map of the Do- 

“ minions of theKing of Ava drawn by a slave of the Kings eldest 
Son at Amerapura 1795. 


en tr vrdas 


⸗ 


ı 


1222 Oſt⸗Aſien. Hinter⸗Indien. II. Abſchn. $. 88. 


gen Nord die, wo man Silber, Kupfer, Eifen gar 
Wir find alfo fon ganz auf dem metallreichen Boden von fi: 
nans Alpenlande. Die Chinefen Kaufleute bringen ihee Ü:: 
zen auf Pferden nah Meng. Zwar fängt man arch hin D: 
fcyuöthiere, aber noch mehr deren in Yan, Taibarn :ı 
Kong, die jedoch alle 3 von Vinan (Yännan) abkıi 
find. Daß Vinam, bee veränderten Gchreibung des Nam‘ 
ungeachtet, in Ddiefem Berichte der Chinefen Yünnan fir 
möchte, bemerkten fchon die Sefuiten, am Schluſſe iheer Lehrte 
Kung deſſelben, wegen ber von da nach allen Richtungen ju de 
Meeren ausgehenden Ströme. 


6. Se Hamilton (Buhanans) Birmanenberiät: 
über die Länder der Laos (han), im Jahre! 
in Ava gefammele. Weiteſte Verbreitung der dick 
Völker, oder der Scham, durch ganz Hinterjalien. 

Die wihtigften Sammlungen zur Berichtigung da Kat: 
tenzeitbnung der Flußläufe und Binnenlandieıf: 
ten von HintersInpdien überhaupt, umd alfo auch von ft 
insbefondere, durch weldye wie zuerft zur richtigern Berk 
von Ober⸗Kaod (Lowa Shan), Mittelstand (dit 

Shan, mit Chiangmai) und Unter:Laos (Laraijett 

Shan) gelangen, dat der unermuͤbete Gr. Hamilton (Bu: 

hanam) während feines Aufenthaltes am Hofe zu Ira, YM 

19. März bis 27. Nov. des Jahres 1795, gemacht, au e Ci 

nel Symes auf feiner Cmbafſade dahin begleitete. Sa Mit 

Periode der Eroberungen der Birmanen (Mranmss) hatn Dat 

Volk ſich weit über Pegu, ganz Siam und einen geofen Ziel IM 

Ober⸗Laos als Steger ausgebreitet gehabt, und fie mar de 

her au im Befig vieler Localkenntniß jener Gegenden. Dit 

von den bort Einheimifchen gemachte Karten ffiggen zu He 

tigen brachte Fr. Hamilton 77) mit nach London, me MM 

Dalrymple zur Gonftruction dee Karte benupt wurden, IF 

Col. Symes Werk über Ava erſchien. Diefer folgte dann Ir 

sowfmith in feiner großen Karte von Aſien, uud gab De 3b 

Renumfäumungen, die Grenzen gegen China und Beyakt ® 

Allgemeinen gut, auch die erſte berichtigte Zeichnung IM ie 

de fan 


+17) Fr. Hamilton Account of a Map of the Couainea ER. 
etc. dawn by a Slave eto. Edind. Phil Joar. Vol. IL P 


Das Land der Laos. = 1223 


ınde mit dem Brahmaputra Laufe, nach Gapt. 3. Woods 
ufnahme (f. ob. S. 305), aber das Detail im Innern des Con: 
nente® der Halbinfel Hinter: Indiene blieb fehr incors 
ct. Arrowſmiths Zeichnung wurde aber in alle andern 
arten ibertragen, | 

Hierzu theilte nun Se. Hamilton auf eine zerftreute, ge 
gentliche Weife die Specialblätter der handſchriftlichen Karten⸗ 
itwürfe der Biemanen aus feinm Sammlungen mit, unb 
igte ihnen ungemein Iehrreiche, bei den Birmanen und anders 
aͤrts eingefammelte Anmerkungen Hinzu, welche durch die fort: 
festen Forſchungen der Briten im Birmanenkriege, wie auf ben 
mbaſſaden des trefflichen Geographen 3. Crawfurd, auch 
ehr Licht über den continentalen Theil Hinter⸗Indiens 
arfen, das zur Zeit ber erſten Portugiefen Entdedung bei Hins 
oftanern Chin’) (daher au die Portugiefen 3. B. Co⸗ 
in China fagen konnten) hieß, im Gegenſatz bed noch jenfeit ges 
genen MaChin, oder großen Chineſiſchen Suͤd⸗Reiches, 
yorauf die Europäer ſpaͤterhin dieſen Namen China allein bes 
chraͤnkt haben. Berghaus Karte hat das ausgezeichnete Ver⸗ 
ienft, dieſe Hamiltonfhen Materialien, deren Werth uns 
leich bei dem erſten Erfcheinen berfelben freudig überrafchte, 
uerft ald Kartograph, nach ihren wichtigſten Reſultaten ges 
‚örig gewuͤrdigt 7°), concentrirt und mit Critik zu einer beffern 
Darftelung der Halbinfel duch Fleiß und Kunſt conflruirt 
u haben. Wer die unfäglihe Müpe und die großen Schwierig⸗ 
leiten, die fich ſolchen geographifchen Arbeiten entgegenflellen, aus 
rigener Erfahrung kennt, wird fo manche Hypotheſe und Unfichers 
heit einem folchen Werke nie zum Vorwurf machen, und auch 
wir, in unſerm bieherigen, verwandten Beſtreben, fehen von Jahr 
su Jahr auch hierüber wichtigen Belehrungen freudig entgegen, . 
denn eben diefes bezeichnet den Kortfcheitt ber Forſchung un der 
Wiſſenſchaft. 

Da die wichtigern Reſultate dieſer Arbeiten, von Hamil⸗ 
ton und Berghaus, ſchon in allem Obigen vorlagen, oder 
in deſſen Generalkarte felbſt niedergelegt find, fo bleiben uns hier 
nur wenige, Laos insbeſondere betreffende Notizen anzuführen 





x 


18) Pr. Hamilton Account of a Map etc. 1. c. Edinb. Phil. Journ. 
Vol. De p- 93. 122) Berghaus geogr. hydrogr. Memoir a. a. 
D. 8. 


1224 Ofi-Ufen, Hinter-Indien. IT. Abſchu. $. 88. 


übrig, die, wie bie vorigen, vom Siamefifcdyen ober Epinef:: 
(hen, fo von dem Birmanifhen Standbpuncte aus u 
betrachten find, wie denn auch deren Ausſprache der einheimifchn 
Benennungen dabei vorherrfchend iſt, die Denn wieder vide Ber: 


Drehung im Munde der Nachbarn unb Europäer erleidet. Er 


iſt es 3. DB. eine Eigenheit, daß die Einwohner von Ava bas t 
immer zu einem y machen, und bag nur ihre Priefter bei beſen⸗ 
dere feierlichen Gelegenheiten das x ausfprechen (daber oben Ke⸗ 
marat, oder Kemalat, Kemaypatz Kofbanpei und Lo: 
fbanppi w.a.m.). Wenn fie ſelbſt ihre Gapitale Aenwa'), 
die bei Europäern Awa heißt, oder Aenwäazzit, b. t Neu; 
Ava, nennen, aber mit dem Titel Shue Pribo, b. i. geibnes 
Koͤnigshaus, in der heiligen Sprache aber Harimunza, fo nen 
nen fie auch die oben ſchon in älterer Zeit genannte Hauptitadt 
ber Laos (Chiangmai), mit Zaenmae, bie im Vulgardia⸗ 
lect auch Zimae beißt, worin Niemand ohne diefe Machweiſung 
das Portugiefiihe Dangoma wiedererkennen möchte, indeß ſie 
bei den Einheimifhen dm Titel Sunabuni (Goldſitz) bet, was 
denn auch wol nur bie frühere Benennung ber öfltichen Gapitile 
Lantfhang, am Kambodjaftrome, die [don Dalrympie mit 

Sandepora, Berghaus nah Hamilton mis Zando⸗ 
purt bezeichnet, feyn mag. Wenn. ferner bie heutigen Herzfcer 
am Irawadi⸗Strome damit affectiren, fi Mranma zu nen: 
nen, was die Nachbarn und Europäer in Barma, Burma, 
Birma, Brahma wu. f. w. verdreht haben, ſo wurde hierducch 
fhon Dr. Leyden, weil auch die Hindus fie Brabma nennen, 
verleitet, fie von einem Hinduflanifhen berühmten Barma:Ge: 

Schlechte herzuleite. Hamilton 3!) zeigt aber, daß biefer 
Name nur eine Corenption von Marama iſt, wie fie bei dem 
älteren Culturvolke dee Rakpain (d. i. Arrafan) heißen; der 
Dame Birman Empire aber, den Colonel Symes als Ge 
fandter in Ava in die Englifche Sprache und darnach das Bir: 

manen:Reid in bie Eucopäifche Geographie einführte, der Per: 

fifhe Plural von Birma, einer ganz gewöhnlichen Cerrup⸗ 

tion von Marama fey, da Col, Symes mit dem Gonverne: 

ment von Ava in Perſiſcher Soprache die diplomatiſchen 


— Fr. Hamilton Account of two Maps 5 Zaenmae or Yangıma 
in Edinb. Phil. Journ. Vol. X, 1824. p *ı) Fr. Hamiltoa 
Account of a Map ete. of the Conntries er Ara L. c. Ediab. Pl 
Journ. Vol. II. p. 265. 





F Das Land der Laos. 1225 


VBVerhandblungen betrieb. Die Aboriginer des Mranma 
Zandes vor den Einfaͤllen der Chineſen find aber waheſcheinlich 
Khiaen, deren independente Tribus auf der Weftfeite des Ira⸗ 
wadi übeig gebfieben find; von ihnen hoben die Birmanen noch 
den Gebraud beibehalten, ihre Schenkel zu tatowiren, obwol fie _ 
ide Geſicht damit nicht entfliehen. Von Ihnen kann erſt in ber 
Folge bie Rede fun. 

Sole Verwirrungen und Verſchiebungen der einh ET 
fdyen Benennungen bei diefem Wolke, in Namen ber Mefiden- 
zen, Völker, Länder, Stüffe, mehren fih aber, wenn fie fremde 
Gebiete befchreiben, und ihre Angaben dabei dem Europaͤiſchen 
Geographen zur Anordnung, wie heutzutage bie genauere 
Kenntniß des continentalen ———— offenbar von * 
ausgegangen iſt, dienen muͤſſen. 

‚Die wichtigſten Daten dieſer Art — wir den Aueſa. 
gen eines armen Mannes in Ada, ber ſich einen Sclaven 
des damaligen Eimshe Mayn, db. h. ThronsErben von 
Awa (1795) 82), nannte, dem er buch Geldſchuld verfallen zu 
fepn ſchien; denn er war von hohem Range und ausgezeichneter , 
Bildung. Er zeichnete bie intereffantefien General: und Spe⸗ 
cial-Rarten mit den Völkerfigen und ben Diftanzangaben ber Ders 
ter, wobei Fr. Hamilton fein gebildete Gedaͤchtniß zu bewun⸗ 
bern Gelegenheit haste; andere Kartenzeichnungen und Nachrich⸗ 
ten rübeten fonft noch von Birmanifchen Staatsbeamten und 
unterrichteten Männern her. . 

Als Refaltat geht aus allem die Identität bes Luklang 

amd Saluaen3) hervor, ben tie im Welt im Allgemeinen als 
die Grenze des Chiangmai, Jangoma, oder Laos, ges 
nannten Gebietes anfehen koͤnnen. Die Capitale diefes Könige 
weiches iſt es aber, welche bei ben Mranmas, db. i. Birmanen, 
Zaenmae genannt wird, und darnach verderbt Zemee auf Kar⸗ 
ten gelommen, indeß das Volk beffelben von den Birmanen bie 
Jun, odee Yun Shan, genannt wird, die im Jahre 1795 nur - 
weſtwaͤrts bis zum Saluaen reichten. Der Hauptort im mitt: 
lern Laufe des Saluaen heißt Dhanukia Beip®), bee eis 





22) Fr, Hamilton Account’. c. Edinb. Phil. Journ. Vol. II, p. 93. 
*s) Fr. Hamilton Account of two Maps of Zaenmae or Vangoma 
with a Plate, in Edinb. Phil. Journ. 1824. Vol. X. p. 60 - 63. 
BE as Account of a Map of Ko er ebend, Vol X. 

P. —4 


1226 Oft-Wfien. Hincer-Indien. II. Abſchn. $.58 


nen berühmten Flußübergang (Zeip, d. h. eine Faͤhte) Ya 
Ava gegen S. O. auf dem Wege nad; Chiangmai bilde, tu 
auch von S. W. von Peau, über Taumu, umd von Tamaı, Ir: 
und Chiangmai etwa gleich weit entfernt, im der Mitte allet kei 
Orte Hegt (unter 20° 409 N. Br. nah Sr. Hamilton). 

Eben fo entſchieden etgiebt ſich aus jenen Birmanen Dam, 
daß die Quelle des Siam: Stromes an bie Guͤdgrenze 
der Chineſiſchen Provinz Yünnan fällt, wo eim großer Theil des 
Landee zwifhen Saluaen (Lukiang) im ®., und Rarf: 
daun (Kioulongtiang) im D., von ben wilden fars’®) 
oder Lowas, Lawas, Kolos ber Chinefen, wo fie and Ch: 
neſiſches Territorium in einens großen Theile von Yınzcn ke: 
wohnen, liegt, zwiſchen 22 bis 24° M. Br., die ganze Gen mi: 
lang zwilden Birmanengeblet bis nach Tongking. Von dieſen 
ſehr großen Lande der wilden Lowas wird beriemise weißlidhe 
Theil, der von der Birmanen-Örenze und dem Salugenlluſſe ct: 
wärts bis zu den oben Quchflüffen des Siamſtromes nik. 
Die Maekhue und Diaepraen heißen, zu Ober⸗kaes ge 
sechnet, und fo weit im Sabre 1795 dort ein von den Birma 
eingefegter Militair-Chef berrfchte, Lowa Shan genumal 

Der Maepraen, der oͤſtlichſte Quellarm, behält den Ro 
men nad) dem Verein beider Quellſtroͤme bei, den Fr. Hamil: 
ton unter 20° 40 N.Br. angiebt; dann heiße er, au geht 
Strem (d. i Mrith, nod immer Maepraen, kis er ndkt fin 
oberha:b Zaenmae (Chiangmai) vom WB. der, ben la 
Macle, einem rechten Zufluß, aufnimmt, und danz af ab⸗ 
wärts als Siameſiſcher Sttom Menam (i. e. Mater ag 
rum) tituliet wird. Dieſer Quellſtrom des Maepraen ik wie 
Er. Hamilton bemerkt, der Aufmerkſamkeit der Jeſuita 9: 
tres bei ihrer Aufnahme von Yünnan (f. ob. ©. 751) mnır 
gen, wahrfcheintich weil ex eben aus dem Lande ber milden, ide 
pendenten Lolos hervorttitt. 

Dieſes Coma Shan iſt aber keineswegs ganz Dr 
Laos, dos ſich mod) viel weiter gegen Dft, auch über der Dar 
praen binaus, bie Tongking erftreckt; es iſt nur ein derh die 
Mranmas vom Oſten abgeriſſener Theil, der wien befoahit 





ses) Fr. Hamilton Acc. vol a Map of Koshanpri Le Volk. ph. 
deff. Account of a Map af Upper Laos or Ihe Tara un 
han. ia Kdinb. Journ. of Science by Dar. Bemier Voll pr" 


Das Land der Laos. 1227 
Obhut der Biemanenherrſchaft geftellt, im Fahre 1796, ſich vom 


. Saluaen’®), wo er das Chinefifche Gebiet verläßt, bis zum 
| Ma eghue und deſſen Zufammenfluß mit dem Maepraen ge 
gen Süd erſtreckt, feinen eigenen Eebfuͤrſten von Shan Race, 


weiche die Birmanen Zabuas titulicen, hatte, und an Ava Tri⸗ 
but zahlen mußte. Diefer Zabua, nebft andern tributairen Za⸗ 
buas, vom mehr oͤſtlichen Dber:Lao®, mußten zur Zeit von 


Col. Symes Embaffade (1796), am Hofe in Ava, zu ihren jähre 
lichen Huldigungen in Perfon erfcheinen, und ihren Tribut bringen. 
Der Fürft von Yan Shan aber, der von Zaenmae (Chiang- 

mai), in Mittel:2ao®, warb zwar auch nur hochmüthig von 


dem Birmanenhofe ald Zabua titulire, aber von ihnen nicht, 


wie jene, zu Hofe entboten, und warb aud von feinen Unters 
thanen ale König (Pua) genannt und refpectiet. Sein Reich⸗ 
meint Se. Hamilton, babe and ohne einen ihm durch das 
Territorium von Lowa Shan abgerifienen Antheil, damals doch 


noch die Größe etwa von Echottland gehabt. Berghaus?) 


Kartenberechnungen geben für Loma Shan in runder Summe 


etwa 650 Quadratmeilen Areal; für Mittelstao6 (Yan: 
Shan) etwa 2500, für Unter: oder Süd:Laos (Laen⸗ 
zaeng Shan) eben fo viel, fo daB ganz Laos etwa 5600 
Quadratmeilen enthielte, wozu aber ber oͤſt liche noch nicht ges 
nannte Antheil an Ober⸗Laos, ber gegen Tongking und bie 


Chinagtenze von Yünnan fält, ja zum Theil in fie hineingezo⸗ 


gen iſt, noch nicht mitgerechnet wäre. 

Jenem tributairen Chef von Ober⸗Laos, dem von 
Lowa Shan, beffen Gapitale nach obigem Kiaintoun (Ke⸗ 
malatain), blieben im Norden nod immer, im Sabre 1795, 
in einem nicht von Birmanen regulitten Zuflande, ganz inde⸗ 
pendente Stämnie ber wilden Lowas übrig, die beiden Chi⸗ 
nefen wahrfcheintih Lolo® heißen. Dem Zabua (teibutaiter, 
einheimifcher Erbfuͤrſt) in Lowa Shan wurde aber fein ſchon 
feüher befefienes Gebiet von den Birmanen gefchmälert 88), weit 
er fih in deren letztem Grenzkriege wider Yuͤnnan treulos gegen 
fie gegeigt, die Chinefifche Armee mit Lebensmitteln unterflügt zu 
baben m. wurde, weil er fich geweigert, ben Tribut zu zah⸗ 


* Deſſen berichtigter Lauf in Fr. Hamikon Acc, ot two Maps of 
Zaenmae etc. Ed. PlıilJ. X. p. 62 etc. 2) Berghaus a. a. D. 
©. 85, 88. 2”) Fr. Hamilton l. ©. Vol. pr 72— 73. 


⁊ 


| 1228 Oſt⸗Aſien. Sinter- Indien. 1. Abſchn. 48. 


len, und Haͤndel wegen bee Gold⸗ und Silber: Grube jı d 
duaen veranlaßt hatte. Won feiner damaligen Capitale Lhisis 
(Kemalatain, im Norden von Leng und Chiangmai), erfusı 
Sr Hamilton, daß fie ungeachtet ber vielen Gebirge ber or: 
dern zugehörigen Diftricte, doch in eimer großen Plaine licze, di 
nördlich noch viele Reisfelder habe, daher demm and) bett vidı 
Ortfcyaften ‚angebaut find. Dez Meraenlo:Fluf entipringe itt 
im N. W. und fliege gegen S. W., ob zum Salucn, de fd 
in den wefllichen Bergen wieder verlierend, bleibt unmtläitn 
Die Schmälerung jenes Zabua Gebietes geſchahe ſeht male 
ſcheinlich auf ber Weſt ſeite des obern Saluaen, m il 
Territorium ber Laos in älterer Zeit hinuͤberreichte zu dem 
 Erzeeviere von Bodugen (5 Tagereiſen im RB. wa tin; 

f. oben S. 1216), was die Birmanen an fich geriffen, nt da 
von ihnen ſchon längfi eroberten Provinz, de ſi du 
Ghanpris) nennen, beigefügt hatten. 

Diefed Ko Shanpri (Land der MreLap Ehan sr 
Shan Wa) liegt entlang auf dem ganzen rechten, DL mel; 
lien Ufer des Saäluaen (Martaban:Flufles), von da Ren: 
grenze Chinas (Yinnan) mit Bhanmo %), 14 Tagerrifn Ki 
Ud) von Ava, das als die Capitale von Ko Shan pi Mt 
MteLap Span und bee Shan Wa angefehen wird. Bon matt 
fübwärts bis nach Pegu hin (Junzalaen eingeſchleſſen); 4 
bezeichnet ſchon durch feinen Namen Shan, womit bie Dime 
nen alle den Laos verwandten Stämme belegen, N 
auch bier einft Laos Völker (d. i. Siamefifge Stamm 
volker, mit Siameſen Sprache) bie hertſchendes ware. 

Hierdurch erweitert fi das Gebiet ber Laos voͤlker ur 
gemein, und greift vielfach in das hiſtoriſche Gebiet arch dit 
wefllihen Seite der Halbinfel ein, worüber eiſt weite uni 
bei Birmanen bie genauere Nachweiſung erfolgen fun Hie 
aber iſt die Erinnerung daran, hinſichtlich der großen Bedenna 
weiche die Laos fir die centrale Geſchichte Hinter Jubind de 
winnen, nothwendig. Es genüge hier nur gu bemerten, da) M 
nördliche Theil diefed Ko Shan pri eben jene metall: und 
ebelfleinreiche Erzgebirge von Bodugen, mit BC 


Pi 





ses) Fr, Hamilton Account of a Map of Koslanpri in Kän. 
Journ. 1824. Vol. X. p. 246250. *°} Fr. Hamikon Ace! 
of a Map of the Ronte between Tartary and Amerapun et ar 
Vol. 11. 1820. p. 40. 











Das Land der Laos. 1229 


Silber⸗ und Rubingruben, von mädtigen Walbungen umgeben 
ift, welches beffändig den Kampfplag zwifhen China, 
Ava und Laos, wegen feiner Reichthuͤmer ‚gebildet zu haben 
ſcheint, und gegenwärtig im Belig der Birmanım iſt, daß eben 
im M. W. deffelben, einerfeite, die große Handels ſtraße zwis 
fhen Ava und Yünnan daran vorüberzieht (f. oben S. 746 — 
751); andererſeits, gegen Oſt aber. die Völker der noch wilden 
Laos Staͤmmt daran floßen, die fih von da durch Shd-Yüns ° 
nan ziehen. Gegen Suͤd aber im Territorium eines Erbfürften 
von Scinni wohnt ein Stamm ber Shan, der ih Pataum 
nennt, und in Theewäldern 1), die bort geoße Didichte bils. 
den follen (bei Birmonen Lapaek genannt, bei Portugiefen im 
Indien Champok), die Theeblätter pflüdt, um diefe nicht wie 
die Chinsfen getrocknet durch Aufguß zum Getränk zuzubereiten, 
ſondern durch Einſalzen zum Kauen, ein Gebräuch, ber durch 
das ganze Birmanenreich weit verbreitet if. Dieſe Theewäls 
der an der Nordweſtgrenze der Laos, deren Localität uns früher 
unbekannt geblieben, haben wie fchon früher angeführt (Afien 
Br. 1. S. 239 ald Laphet There); das Vorkommen würde in 
gleihen Parallel mit dem Pou eul fallen (f. ebend.). 
Suͤdwaͤrts uber von biefem walbdreichen Erzgebifge 
zieht fi) das Land der Shan oder Shanwas hin, ein Name, 
der bei Birmanen im Gebrauch, im Munde der Portugiefen (f. 
oben S. 1138) feit ättefter Zeit in Siam 2) verbscht ward, 
um das damals durch Culture ausgezeichnetefte Volk am Suͤdge⸗ 
ftadelande dee Halbinfel damit zu bezeichnen, weiches fi aber 
feibft, wie oben gefagt, den Namen Thayyal (Große Siamefen 
f. oben &. 1139) beitegte. Dieſes Shan wa Land, zwiſchen 
Irawadi und Saluaen, ſtark bevoͤlkert, it in viele Shan 
Stämme vertheilt, bie von vielen Zabuas (erblichen einhei⸗ 
mifchen Zürften) beherrſcht, gegenwärtig an die Birmanen teibuts 
pflichtig find. Als der Abenteurer Mendez Pinto im Jahre 
1545 in diefem Lande umperzog, Hält Sr. Buhanan ) dafır, 
waren alle jene verfchtebenen Erbfürften noch als Vaſallen unter 


»t) Fr. Hamilton Acc. of a Map of the Country North from Ava 

- in Edinb. Ph. 3. Vol. IV. p. 86; ebend. Vel. X. p. 250. 

*?) Fr. Hamilton Acc. of a Map 'of the Countries subject fo the 
King of Ava Ed. Phit. J. Vol. Il. p. 266; ebend. Acc. of Koshan- 
pri Vol, X. 1824. p. 247. »:) Fr. Hamilton in Edinb. Ph, 
J. X. p. 247, Vol. U. p. 266. 


J 
s 


1230 Oft-Afien. Hinter-Indien. II. Abſcha. 8 


einem Oberhaupte vereinigt, deſſen glänzende Refiden te 
feibe in Calaminha (mo gelegen?) befuchte und ſo akazır. 
lich 5%) beſchteibt. Gegenwärtig (1795) bat der Birmanıc::-; 
von denjenigen, ihm tributairen Theilen dr Shanma iin 
gen, bie Mre Lap Shan heißen, den Titel als Oberst 
(Prob Phriah, Pri) dee 9 Shan Provinzen, h.i: 


während ber temporalsen Groberung Siam durch We Liz: 
nen, war allo auch dieſes Reich, als Land der Shanme Prie 
Jen, an Ava unterthan. Die Siamefen ſelbſt unterſchieden "& 
von jenen nöchlidhern Stammesverwandten T'hay nee (Kia 
Thay f. oben ©. 1139), bei den Mran mas (Birmancn) air 
hießen fie Sudara ode Judaia von ihrer Capital, du m 
Pali-Sprache Duaramwabi heißt, oder Aputhia (f. oben S. 105 
1083, 1139). Die Birmanen betradgteten die Siamefen ard 
als Race ben Shan zugehörig; doch gaben fie ihnen nicı* 
den Ramen Jubara Shan, weil fie dieſen ſchon frühe tm 
öftlichen Nachbarn berfelben gegeben hatten, weiche die Eures 
und Chinefen Kambodjen (Kan phu tfchi) mannten. Daxid 
beißt, bei Birmanen, die Capitale von Siam Judara,Yılıiı 
Die 9 Shan Provinzen (Ko Shan pri) hatt mi 
aber vor 1795 am Hofe zu Ama, aus Mistrauen fen mie 
im 18 Gouvermements zerfchnitten %), um die Gewalt ber teibutzizn 
Babuas, die man fuͤrchtete, durch Theilung zu ſchwaͤchen, m 
auch biefe, verficherte der Sclave, welcher bie Karte Ma S 
Shan pri zeichnete, feyen bis auf 22 vermehrt, fo daß zur ® 
nige berfelben noch mächtige, andere ſehr geringe Erbfuͤrſen [rm 
unter denen, wie die von Junzalaen, Gnanngrue( la 
S. 907), auch der ſchon obengenaunte zu Kiainkonn ode Ni 
mehr Kiaintoun, in Lowa Scham mit aufgefuͤhtt mir 
Diefe Shan oder Shan men wurden in Ama alt ſeht gep 
Faullenzer ausgeſchrieen; fie follen nie arbeiten, und bie gieſtt 
Schaam fol die Frau uͤberraſchen, wenn fie ihren Dana did" 
Arbeit trifft; ex figt mur den ganzen Tag um zu rauchen, 1% 
wol ſeyn zu laſſen und zu fchlafen, indeß bie Sram die Fede 
beit verrichtet. Diefe feltfamen Cultivatoren ſollen nicht in Der 


ss“) M. Pinto Wunderliche und Seltſame Reifen. Amſterd. 4 15! 
8399 u f. »°) Fr. Hamilton |. c. in Vol IL p ZA. 
»2) Fr. Hamilton a. a. D, Vol. X. p. 248 — 250. 











Das Land der Laos. 1231 


fern, ſondern überall nur in zerſtreuten Hütten wohnen; ihre 
Häuptlinge (Zabuas) aber in den großen Ortſchaften oder 
Staͤdten, nad) denen fie fich nennen, und die fie als Exbeigens 
thum befigen. Sie zahlen ihren beflimmten Tribut an den Koͤ⸗ 
nig, werden nur felten einmal auf Klage abgefegt, haben am 
Hofe von Awa ben Vorrang vor den erfien Miniftern (den 
Wungrip), obgleich ſich ihre Autorität nicht über die Grenze 
ihtes Zerritoriums hinaus erſtreckt. Sie ſcheeren fich das Haupt 
kahl. 
In dieſem Gebiete, im N.W. von Siam, im dortigen Land 
voll Berge und Waͤlder, werden auf den genannten Sclaven⸗ 
Karten bie und da. auch noch die Namen der Lowa oder Lawa 
wahrgenommen, bie nad Sr. Hamilton aber eigentlich daſelbſt 
überalt, als bie Aboriginer 7) anzufehen find. Diefe ver 
mifchsen fich, fagt derfelbe Beobachter, mit andern, ben Chinefen 
verwandbten Völkern, wie mit Eingewanderten Tribus oder Colo⸗ 
nifationen , aus Vorderindien, und wurden fo zu der Race ber 
Shan Völker, bie bald an Siam, bald an Awa tributpflich⸗ 
tig wurden. Ihnen in Weften, auf’der Weftfeite des Ira⸗ 
wadi Stromes, wurden ſogar noch Tribus der Shan⸗Ragçe 
von den Birmanen angegeben, in S. W. bie Khiain, und in 
N.W. die Kafi Shang®), im Gebiete von Caffai oder 
' Munipore, was nad Mora hinüberreicht (f. oben S. 307, 
: 510), wovon erfi weiter unten bei Birmanen bie Rebe feyn Bann, 
doch iſt fchon hier zu bemerken, daß fie fih ſelbſt Thay Loun 
nennen, und Siamefifch fprechen (vergl. oben ©. 377), Ih: 
nen im Oſten find bie Jun Shan oder Laos von Dans 
goma (Chiangmai), deren Landesdialect”), fo viele deshalb 
von Fr. Hamilton bei feinem Aufenthalte in Ava, wohin fie 
häufig kommen, ausgeforfcht wurden, fi vom Siamefifhen 
Nnicht unterfcheider; jedes ber Worte, bie Sr. Hamilton abs 
fragte, war ganz Siameſiſch, nur ihr Accent ſchien abzumels 
‚, Gen, fonft ſchienen beide Nationen, die £ao6 von Yang oma 
und die Siamefen, hinſichtlich der Civiliſation, der Kunſt und 
Wiſſenſchaft ſich in aͤhnlichem Zuftande zu befinden. Im Nor⸗ 
den von dieſen Jun Shan aber wohnen bie Lowa Shan. 


-— — — — — 





—32 


*’) Fr. Hamilton I. c. Edinb. Phil. Journ. Vol. HM. p. 268. 
**) Fr. Hamilton 1. c Vol. X. p. 247 etc. ebenb. I. c. Vol. II. p. 
) 263 — 264. 9) Fr. Hamilton l. C Vol. X. p- 66 


U} 
[4 


= 


1232 Oft-Aſien. Hinter-Indien. IL. Abſchn. F.. 


So nehmen die Shan überall dem großen, inneren, zu 
menhaͤngenden Landſtrich ein, in welchem auch bie? 
Lowa, Lama, Lao, Lawho, Laha, Lau immer nur ı 
diefelbe Race bezeichnen, die in ihrer ganzen Ausbehnun 
weitem ben größern Theil bed ganzen continentalen T! 
Hinterindiens einnahm, unb in den verfchiedenfien Zufländen 
vermifcht und vermifcht, wild und cultivirt, indepenbent oder 
butpflichtig, felbfifländig und mächtig, oder unterwürfig und 
ſtuͤckeit duch bie ganze Hafbinfel fi erhalten Hat, aber die t 
ſchiedenſten Namen trägt, und zu den verfchieden ii 
potitifhen Herrfhaften gehört. 

Denn auch im aͤußerſten Dften der Harbinfel, in ber P 
vinz Zfiampa, find die Loy, Zope, Zoe (f. oben S. 955 
‚unter Cochin Chinefifhem Joche, nah Fr. Hamilton @), u 
bezweifelt von berfelben RaosRäce, die auch nahe im jenfei: 
gen Gebirge, nach dem Binnenlande zu ihre Sige bat, umd fi: 
duch Unter Laos, ober Laenzaen Shan, an bie noͤrdli 
dern Lao, Lolo, Pape (f. oben ©. 903, 765, 767) anreihet 
Auf der Generallarte des Birmanen⸗Sclaven, war die Stelle der 
Loy in Codin China mit dem Namen Wilde Lama, bereich: 
netz diefe gelten aber dort für die Aboriginer ud Lfiampa 
Zander. 

\ Wenn auch die Moy tiefer landein von verfchiebener Rarı 
find (f. oben &. 957), fo folgt doch im mittleren Laufe des Kam: 
bodja⸗Stromes demfelben zu beiden Seiten, das Untere Laot, 
Laenzaen Shan ber Biemanen, Lau tbfan ber Chinefen. 
oder Zanjang, Lantfhang, auh Süd⸗Eaos genannt, mi: 
der Sopitale Zandapuri, von dem uns jeboch jede neuere Rad: 
richt fehlt. In diefem Gebiete, defien Mitte ber große Kan: 
bodja Strom durchſchnelidet, foll aus diefem, der dort einhei⸗ 
mifchen Anaftomofenbildung gemäß (f. oben &. 907), jener merk: 
würdige Zwitterfitom fübmeftwärts zum Siamflrome 
hinuͤbergehen, dee ſchiffbar if, und unter dem Namen 
Anan 2) beide Stromſyſteme feitwärts mit einander in 
Verbindung ſetzt. | 
Im Sabre 1795 hieß es in Ava”), daß bie 4 grofen Shan 





e00) Fr. Hamilton Acc. of a Map of the Tarout Shan Temitory in 
Edinb. Phil. Journ. 1822. Vol. VIEL p. 75. u) ebend, Yol. IL 
p- 270. *) ebend, Vol. X. p. 66. *) ebend. Vol. IL p. 200. 


. | 
| 


Das Land der Laos. "1233 


Reihe: Yunz, Lowa⸗, Laenzaen: und Tarout⸗Shan 


von 4 Erbfürften zwar beherefcht wurden, die aber unter 2 


Birmanifhen Militair-Gouverneurs fländen, die ihre 


. Sarmifonen am Maekhaun hätten, und zu Kiainfin im 


Torben von Kiain khaun (d. i. Winkjan, f. oben S. 1206), wie 
zu Main Khain refidirten. Dieſes zulegt genannte Tarout 


Span liegt, unter allen Ländern dee Shan, am weiteſten ‚ge: 


gen N.D., und erhielt biefen Namen bei den Birmanen, welche 


die Chinefen Tatout nennen; «6 ift alfo das Chinefifche 
Span oder Chineſiſche Laos, und würde demnach mit jenem 
Ober—-Laod, an der Grenze von Suͤd-Yuͤnnan, uͤbereinſtimmen, 


zu befien Capitale der Chinefenbericht die Stabt Meng machte, 


xiſtirt, beweiſt die Karte und Erklärung des Birmanen-Belaven, - 


* — — = — — —— 


Daß ein ſolches Tardut Shan*) oder Chineſen Laos 


der es in den Norden von Laenzaen Shan auf feiner Ges 
nerallarte verzeichnete, eine eigene Specialkarte bavon entwarf, und 
Auf die Nordoftfeite des oberen Maekhaun verlegte, zwifchen 
China (Tarou Pri China Reid, bei Birmanen) und Rongs 
fing (Kiokadin, d. i. Cochin China Rei), wovon bie Capitale 
Kainrounkei war, weldhe im 3. 17% an Ava Tribut zahlte. 

Sr. Hamilton hielt dafür, daß es im N.W. von Tong⸗ 


fing die auch fonft mol genannten zwei Kleinen Reiche Laws . 


ch iwa umfaßte, welche man sichtiger Law, d. i. Lawa Shan, 
oder Laos, oder auch Laktho und Chima nennen müfle 
Den Namen Laktho oder Lacstho®) bat auch De La 
Biffahere, der in Tongking lebte, daſelbſt als ein Grenzreich 
im Norden von Lao, das er bis 18° N. Br. reichen laͤßt, alfo 
im Norden von Laenzaen Shan, oder Unter:Laos, und im Wer 
fen zwiſchen Tongking und China kennen gelernt, bemerkt aber, 
daß es in Europa noch unbelannt fen, doch weiß er felbft nichts 
befonber® Iehrreiche® darüber zu fagen, als daß es ein Gebirge: 
land ſey. 

Es iſt ſelbſt wahrſcheinlich, daß die Birmanen waͤhrend ih⸗ 
rer ſiegreichen Eroberungszuͤge in jenen obern Quellgebieten des 


Siam :, wie des Kambodja⸗Stromes gegen das Chinefiſche Vuͤn⸗ 





*) Fr. Hamilton l. c. Edinb. Phil. Journ. Vol. II. 269; deſſelben 
Acoaunt of a Map of the Tarout Shan Territory in Edinb. Phil. 
Journ. 1822, Vol. Vil. p. 71—75. *) De La Bissachere Etat 
actuel da Tunkin de la Cochin Chine etc. Paris 1812, 8. T. L 
p. 15; 23 etc. : 


Ritter Crokunde IV. - Jiti 


1 


— 





1234 DftsAfien. Hinter-Indien. II. Abfchn. $. 88. 


nan bin, fi) auch waͤhrend der ſpaͤtern Periode dee Meboiution 
in Cochin China einen Theis des nordweſtlichen obern Zongfing 
(Rio Pri, d. i. Reid Kio, gleihwie Anam Königreich) unter: 
warfen, und dieſes von ihnen mit dem Namen Zarout Sham 


beiegt ward. Dieſes Tarout, db. i. China, ſprechen fie abe 


wie Cramfurd) verſichert, Tarug, Taruk oder Tarup 
aus, je nach dem darauf folgenden Conſonannten. Die Bes 
wohner des Anam Reiches (Kio kachin Shan) bei Birma 
nem, übereinflimmend mit ber Altern Portugiefen Benennung 
(daher auch die oben angegebene Schreibatt ſ. ob. &. 953), heis 
Sen bei den Birmanen Kio; body unterfcheiben fie auch biefelben 
in 2 Abtheilungen, in die Kto:-Biain und die Kio-Dain. 
Nach der Ermannung und Reflauration bed Cochin Chinefiſchen 
Reiches (f. oben S. 991 u. a. D.), iſt es aber wol fehe wahr 
fheintich, daß jene Provinzen wieber unter die Oberhoheit ihrer 
maͤchtigern Nachbarn im DOften bee Cochin Chinefen, ode 
‚im Rosden der Chinefen, zurüdgefallen feyn mögen. In je 
ner Periode aber, wo die Zabuas ober Erbfürfen von Ta⸗ 
sout Shan an die Birmanen tributpflichtig geworben waren, 
und ihre Embaſſadeurs zu Ava erfcheinen mußten, wurden Diefe 
weit mehr als die Babuas von Lowa Shan wm Yün 
Shan geehrt; da man ihnen, gleich den Söhnen des Ava Kö- 
nigs, das Vorrecht der golduen Sonnenſchirme zugefland, 
Damals, fagt Sr. Hamilton, habe ſich eine Colonie civififiztee 
Kio, d. i. Bewohner von Tongking, unter den wildern Laos 
jenes Tarout Shan niebergelaffen, und vieles angebaut, auch 
Kiainrougri (duch Verdrehung Kiainjunghari bei den 
Mranmas gefchrieben), bie Capitale mit ihren Dependengen bevoͤl⸗ 
Eert, deren Entfernung von ber Gapitale von Unter:Laos, ober 
Bandapuri, Sr. Hamilton nad einer Kartenflizze von Kaenzaen 
Shan mit Diftanzangaben auf einen Monat Weges angieht. 
Zmwifchen beiden werden aber auch noch wilde Lawas angefühzt 
(wol zufammenhängend mit ben oye f. ob. S. 1232) wie deren, 
im Norden von Tarout Shan, die Lamas, Lowas, Eolos der 
Chinefen noch figen. Aus dieſem Gebiete ift es wol, baf der 
große Tongking Strom, ober doch wenigſtens ein ober 
Arm deſſelben (f. oben S. 206, 903, 920), ber Ee fien Kian, 
oder Epfien Kiang bervortsitt, der bier noch wide ſchiffbat 


os) J. Crawfurd.Embassy to Ara I. c. p. 76. 


ß 


en -- vu vv. - 


Nxı 


Das Land der Laos. 1235 


N 
fepn fol, was auch die Dranma Benennung eines Khiaum, 
d. i. kleiner Fluß, der erſt mit dee Megenzeit anfchwillt, zu beftäs 
tigen ſcheint. Denn bei Birmanen heißt e Main Ilmain 
Khiaun”), oder Main ma, von einer Stabt ma, die er pafs 
fieen fol. Unfere große Unkenntniß biefer entfernten Gegenden 
macht e8 noch unthunlich, die Lage jener von Chinefen genann⸗ 
ten Capitale Meng (f. oben S. 1219) in Beziehung zu biefem 
Zarout Shan oder Lac tho näher zu beflimmen, wenn es 


nicht das fhon oben vermuthete Main Khain wäre (f. oben 


©. 1221) dem bann Tarout Shan im Often, aufber Grenze 
von Tongking und Yünnan liegen, und zu biefen beiberfeitigen 
Provinzen ſelbſt gehören würde. Hiemit würde die Lage von 
Kiainfin oder Kyanfeng (füdöfllich von ihr),, ganz übereins 
flinnmen, welches nah Fr. Hamilton im Jahre 1795, die Res 
fidenz de8 zweiten Birmanifhen Militair⸗Chefs8), 
von Ober⸗Laos, ober der Lowa Shan (öftlich des er ſt ges 
nannten zu Kinin toun) war, ber zwifchen den beiben Quell⸗ 
armen des obern Kambodja: Stromes, des Maekhoup und 
Maekhaun bafelbfi, feine Sarnifonen hatte, und zugleid die 
Grenze von China (Tarout Pei) wie Tarout Shan 
(Lac echo) gegen Tongking (Klo Pri) in Saum hielt. Na 
einer, andern Ausfage follte er ſeine Reſidenz jedoch auch in Main 
Kpain?) ſelbſt aufgefchlagen haben. 


7. J. Crawfurds und Guͤtzlaffs Nachrichten von den 
Laos, in Ava und Bangkok eingeſammelt 
1827 und 1830. 


Waͤhrend J. Crawfurds Embaſſade in Ava (1827) beſtaͤ⸗ 
tigte ſich ihm die von Fr. Hamilton ſchon dargelegte Thatſache, 
daß die Shane), identifch mit den Laos Völkern, 
gleihe Sprache wie die Stamefen rebend, über die ganze 


nördliche und norböflliche Grenze des Ava Königreiches vertheilt 


wohnen; daß jedoch zwifchen ihnen noch manche andere wilbere 
Nacen haufen, die in keiner Verwandtſchaft mit ihnen flehen. 
Ein Theil der vielen Quellſtroͤme des Iraw adi ſollte aus dem 
Stüffen ber Laos zuſammenfließen, bie zur Regenzeit insgeſamt 


ıT) Fr "Hamilton Acc. of Tarout Shan 1. e. Vol. VI. p. 73. 
°) Fr. Hamilton I. c. Edinb. Phil 3. Vol. X. p- 65. 
°) Fr. Hamilton li. ©, Vol. VII. p 73. 10) 3. Oranfurd Em- 

bassy to Ava London. 4. 1829. p. 459, 463, 470. 


ii? 


1236 Oſt⸗Aſien. Hinter- Indien. II. Abſchu. $. 88. 


anſchwellen (alfo nicht fehr weit Herfommen). In dem Theile 
der Shan (db. i. von ben Bao Gebieten), bie ben Birmanen 
teibutbar geblieben, wurden ihm, als bie beiben Haupt 
marttpläße und größeren Städte, genannt: Monde, mo ta 
Sitz eines Mititate Chefs und Thing nyi, an ber Greme tes 
Siameſiſchen Antheils von Lao, bie wir jeboch beide nit mit: 
gu beflimmen wiffen. Der lebhafte Verkehr zwiſchen biefen Laos 
und der Capitale Ava, zeigte fih dem Botaniker Dr. Wallis 
bei feiner botanffchen Ereurfion in bie Waldgebirge in N.O. 
von Ava (Pa hima pan f. oben S. 1213), wo er auf 3600 —rj 
Berghoͤhe, Eihenwalbungen ſahe; Über dieſes Gebirge frz: 
die große HeerfiragesıT) von ber Ava⸗-Refibenz, oſtwaͤcts, in 
die Länder der Laos, und fletß-begegneten ihm dort Karawanen 
ber Laos, welche vorzüglich ihre treffliches Rindvieh in zahlreichen 
Herden zur Capitale führten, und die Laſtochſen zum Waaren⸗ 
transport gebrauchten. Auch fand Crawfurd viele Shan un; 
ter den Truppen des Birmanenheeres. 

Ein fpäteree Beobadnter!?) bemerkt, der Druck ber Bir 
manen gegen bie Laos ſey zu unerträglich geinorden, umb biefe 
hätten deshalb Siam um Schutz angerufen; auch Hätte dır 
Chef der Laos feine Schweſter dem Könige von Siam zur Gi 
mahlin geſchickt. Hierauf Hätten fie mit Hülfe von Bangkok die 
Birmanen verjagt, und zweimal hätten dieſe vergebtiche Verſuche 
zus Wiebererobrrung gemacht, die aber misglädt wären. Der 
oberfte Häuptling ber Laos, der Oheim von 7 Brübdern, fei: 
nen Meffen, die mit ihm verbunden waren, foll als Oberhaupt 
ben Titel Chu he wit (d. i. Herr des Lebens) gehabt, nur 
nominell on Siam untergeben gemwefen, ein Altee vom 68 Jahren 
* (vor 1830) erseicht haben und ſehr vom Wolke geachtet gemein 
ſeyn. Nicht er allein, fondern zwei Brüder, eine zu Bimmes 
(offenbar Chiangmai) und der andere zu Logan, einer jün: 
gern Stadt, hätten dad Regiment gefuͤhrt. 

Uuferd Landsmannes Guͤtzlaff Berichte au⸗ Bangkek ent: 
halten auch über die Laos neue, wichtige, mit jenen jedoch nicht 

‚in Berbindung ſtehende Daten. Als Miſſionar und Arzt, fast 
er13) am er viel mit Laos oder Shane (Chans6) in Beruͤh⸗ 


Er Crawfürd Embassy to Ava London 4. 1829. p. 267, 4 
a. O. 12) Asiatic. Journ. Vol. V. 1831. >. 162, 163. 
nYK. Gützlaff“ Versiag van een Driefarig Verblitk in Siam. 8 
Rotterdam 1833 p. nn cl. bel. Journal of a Residence is 


‘Das Land der Laos. 1837 


Ä zung, eine Motion, die in Europa fo gut wie unbekannt fit. Er 
erlernte ihre Sprache, die dee Stamefifchen verwandt iſt, und 


möchte wol der erfte Europäer ſeyn, ber die Laos Sprache flus 


dirt bat, daher fein Urtheif hier beſonders beachtenswerth iſt. Shre 
Scherift, bemerkt er, in der gewöhnlich ihre heiligen Buͤcher ges 


fchrieben find, ift jedoch von ber Siamefifchen verſchieden. Diele 


2Eaos nehmen einen: großen Theil der Mopntation ber oͤſtlichen 
Halbinſel Indiens ein, von den Nordgrenzen Siams, längs Kam⸗ 
Ar und Cochin China auf ber Oſt- wie ber Burmah auf der 


Weſt⸗Seite, und nerdwaͤrte bis zur an von China und 


Tongking. 


Nach ihrer Hautfarbe find fie in — Abtheilungen uns 


Rterſchieden, die man Lauspungkau, d. i. weiße Lau ober 
 Kaos, und in Lau:pungdbam, b. L ſchwarze obee dunkle 
" Lau oder Laos, nennt 


Sie bewohnen meiſtentheils Gebirgéẽland, treiben Adedan, 


Jagd, leben unter Herrſchaft Heiner Häuptlinge oder Erbfuͤrſten, 


nn — 


— 


die abhängig find von den Birmanen (die Jabuas), von Siam 
(die 4 zu Siam gehörigen im Jahre 1822, f. oben ©. 1084); , 


- aber auch von CohinChing (ab gegenwärtig Laenzaen Shan?) 


und von China (wol Tarout Shan und die Lolos). 

Obwol ihre Land viele Producte in Ueberfluß bat, auch viel 
Solp, fo leben die Einwohner dody in großer Armuth, elender als 
die Siamefen; nur diejenigen Laos ausgenommen, die unter bem 
Schutze Chinas flehen. 

Sie haben eine National:Literatur, ſtudiren ſie aber 
nicht beſonders; fie iſt ihnen auch keine Erkenntnißquelle; ihre 


beſten Werke find in Profa, Lebensgeſchichten, Rieſen- und Feen⸗ 


märhen. Ihre Meligtonsbuher in Bali (Pati) Sprache, 
werden von. ihren Prieſtern wenig verflanden, bie fih von den 
Talapoinen Siams nur durch noch größere Unmiffenheit unters 
ſcheiden. Guͤtzlaff fheint der oben berührten Anficht Dr. Ley⸗ 
dens beizutreten, wenn er fagt: das Laos Land ſcheint die Wiege - 
des Buddhaismus zu feyn, weil die meiſten Spusen des Sa: 
mono Kodum (Schamuni Sautma) des erſten Buddha⸗ 
Miffionars fi bei ihnen vorfinden; die dort erbauten Tempel 
gleichen denen in Siam nicht, auch find die Laos nicht fo aber: 
gläubifch wie ihre Nachbarn... Ihre Sprache iſt fehr fanft, mes 


Siam, in Chinese Repository, Asiat. Journal New - Series 1836. 
Vol Xli. p. 234 — 25. . 


Pf 


1238 DfisAfien. Hinter-Indien. IL Abſchn. $. 88. 


lodiſch, umfangreich genug, um alle ihnen angehörigen Borftellu: 
gen auszudruͤcken. 

Die Laos lichen Muſik und Tanz; ihre Orgel aus R::: 
pfeifen gehört zu ben füßeflen Inftrumenten der Afiaten, u: 
würde unter ber Hand eines Eutopäifchen Meiſters ſehr reizen“: 
Leitungen geflatten. Jeder Große bes Volks bat feine Zru::: 
von Tänzern, die ihn durch ihre Ballette und Eühnem Pan:: 
mimen unterhalten, und bei Muſik die ſeltſamſten Windunger 
Berbechungen zus Schau fielen. Ihrem Character nady find t:: 
2a08 ſehr ſorglos in allen ihren Handlungen, ihre Zemperamen: 
iſt ſtets heiter und Fröhlich geſtimmt; in ihren Sitten und Ge— 
deauchen find fie unteinlich. Ihre ſüdlichern Diſtricte treiben 
ziemlich Karken Handel mit Siam; in langem, engen Booten. 
Die fie mit Gras Überbedien, ſchiffen fie ihre Landesprobucte, mir 
Eifenbein, Gold, Zigerhäute, officinelle Kräuter, 
nah Siam, und nehmen von da Europaͤiſche und Judiſche 5:: 
britate, auch einige Siamefifche Artikel mit (vergl. eh ©1116). 

Diefee Handelsverkehr, bei dem die Siamefen Ie Fi an; 
wendeten, zum die Unterthbanen eines ber teibutairen Laos Für: 
ſten, welcher Show vin Shan (Chow vin Cham b. Gus- 
Kaff) hieß, zu betrügen, veramlafte diefem Unglücküchen, im 
Sahre 1827, Krieg und Vernichtung. Bei feinem legten Zritut- 
beſuch zu Bangkok, wurbe diefee Prinz in vergoldeten Barken 
gefchifft, und auf vergofdetem Throne zu Hofe getragen. Aber 
er fand bie Anfprüce und ben Drad dei Siamefen Gouverneur 
on der Grenzprovinz gegen fein Territerium (eb etwa nur 
eine Abtheilung von Unter:2ao6) zu unmäfig und feime ei: 
genen Revemüen gefährdend, Seine wiederholten Beſchwerden in 
Bangkok fanden kein Gehör; er fuchte ſich daher ſelbſt Net 
zächtigte den Grenzgouderneur mit gewaffneter Hand, obme des: 
halb Siam befziegen zu wollen. 

Gen Ueberfall ſetzte indeß ganz Siam in Schrecken; d33 
Aufgebot dieſes Volks zog wiber ihn zu Felde, und war fiegreich: 
der Siamefen General, Paya meh tap, voll Graufamekeit und 
Habſucht, ließ alles niedermegeln und das Land auspländen; 
man verbrannte die Ortfchaften mit den Menſchen, die ſich darin | 
befanden, oder fprengte die Wohnungen mit Pulver in die Luft 
Zahllofe Gefangene, die dem Blutvergiefen entgingen, wurden iz 
Sefleln auf Flooßen den Menam-⸗-Strom nah Siam hinabee— 
fhwemmt.. Die Refle von denen, die nicht duch Hunger un 


Das Land der Sad! 1239 


Elend den Tod fanden, wurden dort als Eclaven unter die Gro- 
Ben vertheilt, viele der Weiber in die Harems des Könige und 
der Großen geftedt. Der Prinz Shom vin Shan floh, von 
jebem Beiftande verlaffen, zu einem benachbarten Eaos⸗Chef; nur 
Cochin China vertvandte fih für ihn. Aber die Botfchafter aus 
dem Anam Reiche, welche gegen den Siamefen General wegen 
feiner Zerftörung in Laos MRemonftrationen machen follten, wur⸗ 
den mit ihrem ganzen Gefolge (an 100 Dann) verrätherifch ers 
mordet, und als darauf ber erbitterte Hof von Hué, der aber zu 
ſchwach war feiner Rache freien Lauf zu laſſen, in Bangkok 
Durch’ feitten Sefanbten die Auslieferung ber Moͤrder forderte, aus 
dem Grunde, weil Cochin China fih die Mutter ber Laos, 
Stam aber. den Vater derfelben nenne, konnte fi Siam boch 
gu keiner Ötwährung der Forderung entfchließen. Den fchlauen 
Sefanbten, den Siam zur Beilegung des Streites an ben Hof, 
von Hue fandte, ließ diefer aber nicht vor, mit ber Weifung, 
Siam und Cochin China haben aufgehört Freunde zu fepn. Dan 
fürchtete in Bangkok einen Ueberfal von Cochin China (f. oben 
&.. 1060, 1072 u. a.), und baute 100 neue Kriegsbarken; aber 
noch vor ihrer Beendigung war das Schickſal des unglüdlichen 
Laosfürften entfchteben. Er warb mit feiner ganzen Familie ver- 
zathen und als Befangener an den König von Siam ausgelies 
fert.. Nach Landesſitte (f. ob. &. 819) in einen Bambustäs 
fig gefperrt, mit dem Blick auf die vor ihn gelegten Marterins. 
ſtrumente, flach der alte Mann, fein Sohn und Erbe entſchluͤpfte 
" (ob dies etwa der oben genannte 6Bjährige Greis, Chu che wit, 
war, der in fo ehrenvollem Verhaͤltniß zu Siam geftanden hatte? 
bie Zeitfolge ift bier ſchwierig genauer zu ermitteln). Aber man 
fegte große Preife auf den Flüchtling, er ward verfolgt, man ers 
blidte ihn auf bem Gipfel einer Pagode, von der er, da jebe Ret⸗ 
tung unmöglich war, den Nachfegenden lebendig zu entgehen, ſich 
auf nahe Felſen hinabſtuͤrzend zerſchmetterte. So erloſch dieſes 
Koͤnigsgeſchlecht de Shan pung dam (der ſchwarzen Laos); 
ihr Land warb Wuͤſtenei, das Volk war erſchlagen oder an 100,000 _ 
in Sclaverei buch Siam zerſtreut; alles Widerſtrebens des Co⸗ 
hin Chinefen ungeachtet behauptete Siam das zerflörte Territo⸗ 
eium, und fuchte e8 zu Guͤtzlaffs Zeit mit Coloniften von an: 
dern Tribus zu füllen. 
Die großen Säuptlinge dieſes Laos, welche beim erſten Ue⸗ 
berfalle dee Siameſen auf deren Seite getreten waren, hielt man 


x 


1240 Oft-Aflen. Hinter-Indien. II. Abſcha. $. 88. 


m.Güpniaffe Zeit in einem großen Gebäude der Samplag 
Pagode, am Menam-EStrome, nahe bei Bangkok gefangen. _ 
Noch hofften Fle wieder In ihre Heimath zuruͤckgeſchickt zu werden. 
Büntaff befuchte fie, fand fie ſehr niedergefchlagen, aber offes: 
herzig, höflich in ihrer Unterhaltung, er ſprach ihnen Troſt eim. 
Im Allgemeinen, fagt biefer Miffionar, find diefe Laos wel 
in einem niedern Stande dee Civilifation, doch fichen «einige der 
felben in ibren wildeſten Gebirgen auf einer noch niedrigem 
Stufe der Ausbildung. Zu den friedlihfien von biefen letztern 
gehören die Kahs (ſ. oben ©. 1116, 1130, we es zweifelhaft 
ſchien, ob fie zu den Laos gehören), die wie. von GSiamfen, fe 
auch von den Laos zu Sclaven gemacht und nah Bangkok 
sum Verkauf gebracht werden. Mehrere berfeiben, bie Suͤtzlaff 
in Baugkok kennen lernte, fagten ihm, ihe Votk lebe in Frie⸗ 
den unter fi im Gebirge, baue fo viel Reis als fie brauchten, 
Sep ohne Geſetz, ohne Religion und in einem Zuſtande ber Geſell⸗ 
fchaft, der dem der Elepbantenheerben am nächflen ſtehe. 
Sie, meinte Güͤtzlaff, wärden für die Wahrheit des Evange⸗ 
Hums am empfänglichfien ſeyn, und wie zu den Otaheiten und ens 
deren, folle auch zu ihnen fidy die Miſſion verbreiten. Gr fdyeiat 
dieſes Bolk mit zu den Laos, und zwar zu ihrem roheſten Tri⸗ 
bus zu zählen; die civiliſirteſten aller Laos, welche Bäp: 
Laff szaf, waren diejenigen, welche mit Chinefifhden Man⸗ 
darinen ale Grenzbotſchafter kamen, aber bad) diefelbe Sprache 
wie andere der Laos sedeten, die ihm verftänblicdh geworben war. 


8. Dr. Rihardfon’s Beſuch in Laos (Chiangmai, 
Sangoma) im Jahre 1830. 

Endlih können wir zum Schluß unferer Unterfuchungen über 
das proteusartig ſich ſtets umgeflaltende Laos auch den jüngfien 
Augenzeugen nennen, dem es gelang die Mitte dieſes centealen 
Theiles der Halbinfel zu erreichen, obwol er nur in dem naͤchſten 
Gebiete von Unter⸗Laos oder Chiangmat zurückblieb, def 
fin Gapitale es nicht einmal zu ſehen bekam, und deſſen Bericht 
(vom Mai 1830, die Reife faͤlt wahrſcheinlich fon Ende 1829) 
zut Aufllärung fo verwickelter Bechältniffe, vom denen der Reiſende 
Beine Ahnung und keine Vorkenntniß gehabt zu haben ſcheint, auch 
nicht beſonders geeignet iſt. Im Ganzen kann derfelbe aut wenig 
lehereich genannt werben, ba er ohne Drientirungen, ohne Meſſungen, 
ohne aſtronomiſche, phpficalifche, botanifche Beobachtungen geblieben 


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Das Land dee ka. © 1241 


iſt. Bielleicht daß ausführlichere Beobachtungen nad, nachfolgen, 
"Aber auch fo bleibt die kurze Not auf ſolchem Boden dankenswerth, 
weil fie den unbefangenen Blick in eine Terra incognita giebt. | 

Vor 6 Monaten (alfo 1839), fagt Dr. Richardſon in fels 
nem Briefedl) an Major Burneys, fhidte ein Laoshäupts 
Ling ein Schreiben an das Beitifche Gouvernement in Mars 
taban (an Mr. Maingy, Civil:Commiffionae in Moul⸗ 
mein), das feit bem Friedensſtractat (1826) von den Birma⸗ 
nen an England abgetreten war, mit bem Exfuchen, Ihm einen 
Britifchen Officier zusufenden. Zu bdiefer Erpebition erhielt Dr. 
Richardfon den Auftrag. Er reifete. 4 Tage lang von Mars 
taban ben Saluaen: Strom aufwärts, dann aber gegen 
DO.N.D. Er brachte 44 Tage auf dem Hinwege, aber davon nur 
27 Rage auf dem Marfche zu, und bis zu feines Ruͤckkehr wach 
Martaban verflofien nur 3 Monat Zeit. 

Die Männer von Laos, bie ihm zum Geleit gegeben wa⸗ 
sen, fagten ihm ganz offenherzig, fie würden ihn keineswegs auf 
dem Teichteften und’ bdirecten Wege in ihre Heimath führen; denn... 
“auf diefem könne es ihm ja dann fpäter wol einmal einfallen, 
ein Englifches Here zu ihnen führen zu wollen. Ihre Pflicht 
wäre es, gleich Elephanten, ihn Uber bie beſchwerlichſten Wege zu 
führen, und nur mit bem Ruͤſſel vorher die Sicherheit des Bo⸗ 
dens auszutaſten, auf ben man ohne Gefahr den Fuß su 
fegen Haben 
Dr. Riharbfons Wegroute konnte alfo nicht fehe deut: 
lich und beichrend ausfallen. Als er bie Reſidenz des Laos» 
Haͤuptlinge erreichte, mußte ex foglelch bemerken, daß bie Eins 
ladung an Mr. Maingy ein bloßes orientafifches Compliment _ 
geweſen ſey; denn ber Fuͤrſt hatte (waheſcheinlich durch veraͤcht⸗ 
liche Vorſtellungen uͤber Europaͤer, die dort allgemein im Gange, 
Arre geführt) gemeint, es würde und koͤnne gar kein Engliſcher 
DOffieier im Stande ſeyn, eine. ſolche Reife zuruͤkzulegen. — Leis 
der wird von dieſem Haͤuptling gar keine naͤhere Kunde gegeben. 
Sollte es der Greis Show vin Shan vor ſeinem Sturze gewe⸗ 
fen: ſeyn, der darauf unmittelbar 1830 hätte erfolgen muͤſſen? — 

Die Ankunft des Ruta Phyoo (Cd. b. des weißen 
Eremblings) machte alfo tm ganzen Lande großes Auffehn, 


. ie) Dr. Richärdeon Visit to Laos, in Asiat. Soc. of Calcutta b. May 
Ir: Asiat, Journ, New. Ser. Vol. II. 1830. p. 254-266. ’ 


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1242 Oft-Afien. Hinter- Indien. II Abſcha. $, 8. 


weil die alte Gage, wie unter bem mehrflen Hinterinbiſchen Vil 
teen, fo auch bei den Laos im Gange if, daß weiße Rn: 
ner einft ihr Land erobern würden. Zu ihrem Schteder kam 
noch Hinzu, daß in Laos während ber legten Sabre gewaltist 
Ueberfhwemmungen gewefen, und bag man nad bem Valaufin 


der Gewaͤſſer einen weißen Fiſch, eine weife Kraͤhe wm | 


andere weiße Thiere (f. oben Albinos ©. 1105) daſelbſt wahr 
genommen hatte. 

Dennoch ward der Beitifche Fremdling wohlwollend empfan⸗ 
gem; aber Sedermann zeigte große Furcht vor der Gewalt, welche 
die Engländer bei Birmanen geübt, und vor ihren weitrn beim 
Abſichten. Zumal daß die Briten es micht gefcheut hatten, bit 
Stadt Martaban bei heilem, Lichten Rage anzugreifen, fhim 
ihnen bemerkensmwerth, weil fie beffer daran gethan Raqts den 
Ueberfall zu machen, wo fie dann dem ganzen Det leicht mit deſ⸗ 
fen Bewohnern in ihren Betten zugleich hätten in Brand fegen 
innen, Als Dr. Richard ſon bemerkte, die Sache ber Briten 
fey nicht Hinterhalt, fondern gradezu gingen fie auf den Feind 
108, fo entgegneten fie, „eben deswegen fürdhteten fie ſich fo ſeht 
vor ben Briten; denn kaͤmen fie krumm herum, in Schlangen: 
windungen, wie die Birmanen, fo könnten fie denſelben wol tmi: 
geben; aber da fie geradezu auf ben Zeind wie ein großes Thier 
Iotgingen, fo könne man ihnen eben nicht widerfichen. — 

Den Ort, zu welchem Dr. Richard fon, als den Eis de} 
Häuptlings gelangte, nannte man ihm Laboung (mei identiſch 
mut Süslaffs Lapung, von Lao und bung ode pung, 
was nad) obigem etwa ein Zürflenhaus, eine Reſidenz ober der 
gleichen bezeichnen Eönnte). Er liegt eine halbe Zogereife (auf 
Se. Hamilton® Map of Zaenmae I. und II. in ©.D.) vo 

der Hauptflabe des nördlichen (2) Laos, weiche die Laos Min: 

ner Ch’haing:mai nannten, die Birmanen aber Jemit 
(d. i. Zaenmae, Chiangmai, Yangoma). Seine Breite [Hit 
der Brite zwifchen 19 und 20° R.Br. (f. ob. S. 1064, mo fa 
Drudfehler zu berichtigen, naͤmlich flatt 21° lies unter 20° bi 
Berghaus Karte von Hinter-Indien). Wis hätten demnach Is 
durch die wirklich einheimische Benennung der Gapitale !" 
halten. Leider wurde dem Dr. Rihardfon die Erlandaij 
buschau® nicht geftattet, dieſelbe zu befuchen. 

Den beſten Bericht über biefe Gegend hat mach ihm Ralr! 
Sieh im XVI. Jahrhundert gegeben (ſ. ob. S. 1202); ii 


Das Land der Laos. 1243 


Angaben er beſtaͤtigt. Jener brauchte aus Pegu 25 Tage gur 
Reiſe, er 27 Zage aus Martabanz beide kamen durch viele 
angenehme, fruchtbare Landſchaften. Rihardfon war der Weg 
fehe befchwerlich, gebirgig, er fahe wenig Wohnorte, außer Las 
boung, das nad ihm nur etwa 2500 Einwohner haben mag, 
wenig Dorffchaften. | 


Dos Landes⸗Oberhaupt wurde von feinen Unterthbanen 


wie der König von Siam „Herr alles Lebens” (I. oben 
&. 1133) titulietz man verficherte ihm, ex fey keineswegs teibuts 
pfligtig an Siam, fondern ſchicke nur gelegentlid wol einmal 
Zimmerholz nah Bangkok. Aber Copt. Burney übers 
zeugte fich, wie oben gefogt, in Bangkok felbft vom Gegentheil. 
Als Richardſon in Eaboung angelommen, wurde ein’ erprefs 
fee Bote nach Bangkok gefchicdt, um die Gefchenke, weiche Me. 
Maingy dorthin für das Oberhaupt von Laos gefchide, abe 
zuholen, auf deſſen Ruͤckkehr man ungemein begierig war, 
Richard ſon fcheisit keine fehr hohe Gebirge getroffen zu has 
ben; ex fahe keinen Schnee, ſpricht nit von Froſt, obwol das 
Thermometer am Morgen 8 Uhr bie 46° Fahrh. (gegen 6° Reoum.) 
fiel, große Kühlung für jene Breiten, was wol auf bedeuten> 
bes Anfleigen des Bodens hinbentet. Doc, iſt es vol von 
Elephanten und Heerden; Weisen fahe er nicht, Hauptnabe 
zung ift eine gallertreiche Reisart, Ra 
Die £ao6 Männer [dienen von keiner befondern Größe 
ober Stärke zu ſeyn; die Weiber, fagt Riharbfon, fiad 
ausgezeichnet ſchoͤn, ohne jenen Mongolifchen oder Chinefifchen 
Character, mit großen, ſchoͤnen Augen. Die Männer tra⸗ 
gen mehr faltige Sewänder und Turbane wie Birmanınz ihr⸗ 
untere Tracht iſt diefelbe wie bei jenen, von Seide und blauges 
ſtreiften Baummollenzeugen. Die jungen Weiber gehen mit ferier, 
nadter Bruſt, aber ihre untere Tracht iſt etwas anfländiger als 
bei den Birmaniſchen Srauen. Ä 
Ihre Priefker fichen in gar keinem Anfehen, ihre Moral iſt 


ſehr weit. Die Angabe des Pater Marina, daß die Einmohe 


nee von Lanjang (oder SädsLaos) ihr Geflügel mit allen Fe⸗ 
den roͤſten und fo verfpeifen, fand Richardſon bier beſtaͤtigt, 
wo fie nicht einmal die Eingeweide der Thiere ausnehmen. 

Die Sprache iſt bei diefen Laos wie in Siam; nur eine: 
geringe (ſagt Michardbfon) Dialectv erſchiedenheit war zu 
demerken. Eben fo iſt bie Münze bier biefelbe wie in Siam. 


1244 Men. Kinter-ISndien. II. Afdn. {88 


Bon Waaren fahe man bort Baummolle, Elfenbein, 
Stick⸗ZLack, Mofhus und andere, bie jährlich eine Kara: 
wane von 1000 bie 2000 beladenen Pferden und Naulchieten 
aus China nad Laos bringen foll. Vor drei Jahren mar fie 
‚geplündert worden, und deshalb ein paar Jahre ausgrölichen, 
wurde aber wieder in Laboung erwartet. Die Chineſiſchen 
Grenztauflente, fagte man daſelbſt, hätten eine Deputarion 
an ben König von Siam mit einem Geſchenke an Gold gefüidt, 
um für die Zukunft deſſen Schug für ihre jaͤhrlich abzufertigende 
Karawane zu erhalten. 

Dr. Richardſon meint, es gebe in Laos kein Kupfer 
wol verffanden, daß fein Urcheil wicht über Unter:Laos ed 
Juün Shan, hinausreichen konnte, obmol er immer von Laut 
Am Algemeinen zu ſprechen ſcheint, was zu ganz irrigen Edi: 
fem führen würde). Allee Metall, fagte man ihm, werde von det 
China Karawane eingebracht (diefe muß aber auch Dberzfaod, 
ge es noch auf Chinefifchem Gebiete unter den Lolos, oder ar⸗ 
Gechald dee Pünnan: Grenze, nämlich Lowa Shan en 
Tacout Shan durchziehen, ehe fie Chtangmai erreichen fann). 
ber ſeht viel Eiſenerz gebe es in Laos, und defim Dem 
mer follen es verfichen ganz gute Musketen zu ſchwieden. And 
Bleierze und Zinnerze gebe «8 oberhalb Zemee (Bauen: 
mae). Die Rinder, von einer trefftichen Art, obwol von Ei 
Ver Race, find wohlfeil; 50 Stuͤck kaufte der Brite ſogleich füt 
Ye Berproviantieung der Englifhen Truppen in Martaben 
nz 300 Stud Ueß er nah Moul mein nachkommen. 

Auch vor den Birmanen zeigten bie Laos große Veſotz: 
wis und Furcht; Die graufamen Grenzfehden und ber Den: 
(Senfang (f. oben S. 1196), dem bie Britiſche Defiguahıne 
von Tenafferim, Tavoy und Martaban Aberak ein End 
gemacht hat, findet noch im Morden zwiſchen Ava gegen Each 
flat. Die erſte freundliche Annäherung ber Briten und 
®a00 ward bush Richardfons Landreife amd beffen Er: 
pebition überhaupt gebahnt; von ber Befhiffung: ven 
Martaban oder Saluaen:Fluß aufwärts, kann wf 
ee unten bie Rebe ſeyn. Möge aber dem von jeher in ſich 
gereiffenen Wolke der Bass dieſer Verkehr zum wahten Heile 6" 


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