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Die
Ernährungsverhältnisse
in der
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Die
Ernährungsverhältnisse
in der
Pflanzenwelt.
Mit Rücksicht auf die Landwirthschaft
er darsesteiiet
von
Carl Filly,
Lehrer der Naturwissenschaften.
Mit 2 Figurentafeln.
Weimar, 1860.
Bernhard Friedrich Voigt.
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Vorrede,
Durch die. vorliegende Arbeit will der Ver-
fasser zunächst die Lehren, welche die Pflanzen-
kunde und die Chemie in den letzten Jahrzehnten
über das Leben der Pflanzen, soweit sie die Er-
nährung betreffen, ausgebildet haben, einem grös-
sern Publikum zugänglich machen. Er hat sich
daher bemüht, den Stoff in allgemein verständ-
licher Sprache zu behandeln; in dem Bestreben,
den Gegenstand so klar wie möglich zu behan-
deln, konnte eine gewisse Breite des Ausdrucks
nicht immer vermieden werden ; eben so wenig
waren Wiederholungen zu umgehen. Neben jenem
allgemeinen Zweck verfolgt der Verfasser den
besondern, durch Verallgemeinerung der Ergeh-
nisse der Wissenschaft, tief eingewurzelte und
oft sehr nachtheilige Vorurtheile zu bekämpfen,
u VI Beur *
weil diese den wahren Fortschritt zum Bessern
hemmen.
Um jedoch dem Buche auch einigen prakti-
schen Werth zu geben, ist der Verfasser auf die
Lehre der Landwirthschaft in dem Masse einge-
gaugen, als dies in einer Arbeit möglich ist, die
nicht speziell Ackerbaukunde sein kaun und sein
soll. Es trägt daher; diese /zweite Abtheilung
auch wesentlich den Charakter einer Nahrungs-
mittellehre der Pflanzen, weshalb alle rein techui-
schen Arbeiten übergangen sind.
Schliesslich sei’ noch’ benierkt, dass die'Sehrift
kemen andern Anspruch" macht als den) "was die
Wissenschaft gelehrt,’ in weitere Kreise" zu ’tra-
sen, dadurch aber die Bildung‘ allgemeiner ‘zu
machen; nicht Jeder kaniı 'Fachwerke studiren.
Möge sie ihren Zweck erreichen‘! um
"GarFFilly.
Inhaltsverzeichniss.
Seite
Vorrede . ! & ‚ilsz ET
Erste Abtheilung.
Die Ernäbrung, ter Pflanzen
Einleitung a ENSENTE R aica sca, ae ya
Erstes Kapitel. |
‚Von den Nahrungsstoffen : i - Bee . 10
Historisches —
Der Kohlenstoff 21
064 Der Stickstoff ; ö : L . . ..
Das Wasser . . ae a Du
Die Salze, der Eike ie Schwefel SR 33
Nahrungsmittel der Schmarotzer . 41
Zweites Kapitel. _
Yon der Aufnahme der ee und ihrer
Fortbewegung durch die Pflanz 3 ö > -
‘= Vom Bau der Pflanze . a Ka nn rad . _
Die Organe der Nahrungsaufnahme ._,... hai AB
"© Die Organe der Säfteleitung im Innern der Pflanze. te,
a N
Seite
Ursachen der Aufnahme der Nahrungsstoffe und ihrer Fort-
leitung durch die ganze Pflanze
Historisches
Die Endosmose und die EBEN
Drittes Kapitel.
Von der Verarbeitung der Nahrungsstoffe
Allgemeines .
Stickstofffreie Pinbuematis
a. Indifferente Kohlenhydrate } j i e . .
Zellulose . a BE TR ß .
Stärkemehl, Inulin, Moosstärke
Gummiarten; Dextrin, Arabin . : -
Zuckerarten; Rohrzucker, Traubenzucker, Frucht-
zucker, Milchzucker . > b e .
b. Pektinkörper und Pflanzenschleim . . j 1 Po
c. Fette 2 i ; - > 5 > .
Margarin 2 } : } . .
Stearin .
Palmitin ... - 193]: . FEW
Olein ei
Olin ; ;
d. Organische Säuren . s 2 . : .
Kleesäure .
Aepfelsäure . . ; u Sa ; 2 .
Citronensäure
Weinsäure . a ; f t >
Stickstoffhaltige Varkinacheen . . . ; „oe
a. Proteinkörper . F ; : s F i ,
Kleber . - i . . . . .
Pflanzenleim .
Albumin ? . s .
Kasein ee
b. Alkaloide !
Kaffein oder Thein z r ’ ü . .
Theobromin . . . -
Historisches
Chemische Vorgänge in Fr es
Einfluss der Wärme .
Zellenbildung
36
59
62
| Viertes Kapitel.
Yon der Ausscheidung s } } ’
Die Ausscheidung tropfbar-Nüssiger Stoffe
"" Die Transpiration” . { i
Die Respiration } ? ’ ’ . - z 3 1
Zweite Abtheilung.
Der Ackerbau.
Erstes Kapitel.
Die Erde und die Atmosphäre.
Von der Erde . . . . b / j i R
Die Atmosphäre . . : . . . ; . .
Das Wasser ;
Die Wärme . . - . . . ; . .
Zweites Kapitel.
Die Bestandtheile des Ackerbodens . ’ .
Drittes Kapitel.
Von dem Einfluss des Bodeus auf die Ernährung
der Pflanzen . H ; } : - r r d
Viertes Kapitel.
Von der Bodenverbesserung oder Melioration
Entwässerung und Bewässerung . . . .
Meliorationen durch Zufuhr von Erdarten . . . .
Sand . j P . . . : P “ .
Lehm . . “ . " “ . “ . .
Humus . - . . ‘ x . “ ® .
Kalk und Mergel . . ; f . .
Fünftes Kapitel.
Von der Düngung .
Allgemeines
132
146
Seite
Analysen der Asche von Kulturpflanzen : k ; . 18
Der Stalldünger . - - - 1 3 E . 190
Die Poudrette s ’ ? . “ . . 4 . : 206
Der Guano; Knochenmehl. Zukerkohle, Rapskuchen . .: 208
Der Chilisalpeter . E R 2 . } & € .. 216
Die Düngsalze; Asche und Gips . . . . . . 218
Die Gründüngung . - . 4 E ® - . . 221
Sechstes Kapitel.
Von der Fruchtfolge . 225
Erste Abtheilung.
Die Ernährung der Pflanzen.
Filly, Ernährungsverhältnisse, 1
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Einleitung.
Wenn man vor gar nicht langer Zeit von der Pflanzen-
kunde als einer Wissenschaft sprach, so erhielt man als Ant-
wort ein mitleidiges Achselzucken. Diese Missachtung ' war
auch, wenigstens theilweise, wohl verdient, als man glaubte,
die Pflanzenkunde bestehe darin, möglichst viele Pflanzenna-
men zu kennen und recht viele Pflanzen getrocknet in Papier
aufbewahrt zu haben, jede einzelne wohl versehen mit einem
lateinischen Namen. Sejtdem hat die Pflanzenkunde gewaltige
Fortschritte gemacht; sie greift tief in fast alle Zweige der
Naturwissenschaften ein; ohne Kenntniss der Pflanzen und
ihres anatomischen Baues ist jeder Fortschritt in vielen Theilen
der Chemie rein unmöglich. Aber mehr noch als die Wissen-
schaften im engern Sinne ist der materielle Fortschritt des
Menschengeschlechts von den Fortschritten der Pflanzenkunde
bedingt; denn da die Grundlage und das Ziel jedes Fort-
schrittes auf staatlichem und gesellschaftlichem Gebiete das
Wohlbefinden des Einzelnen ist, diess aber von der Leichtig-
keit abhängt, die körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen, so
muss natürlich die Wissenschaft, von der die Landwirthschaft
1*
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lernen kann, vor allen gar mächtig auf diese Entwickelung
einwirken. ;
Aber auch ein ästhetisches Interesse treibt uns zum Stu-
dium der Pflanzen. Keiner unserer Sinne vermag wie das
Auge dem Menschen die Schönheit und Grösse der Schöpfung
zu zeigen; jedoch auch kein Gegenstand kann wie die orga-
nische Welt das Auge immer aufs Neue fesseln, aufs Neue
beschäftigen. Ueberall, wohin die Wanderlust den Menschen
treibt, in der eisigen Polarzone, wie unter den glühenden
Strahlen der Tropensonne, auf den sehneebedeckten Gipfeln»
wie in den lachenden Ebenen und Thälero, ja in den tiefsten
Tiefen des Oceans regt sich organisches Leben; während
Humboldt auf dem Rücken der Anden in Südamerika, in
einer Höhe von 18000 Fuss, geflügelte Insekten sah, hat Eh-
renberg in neuerer Zeit in Proben des Meeresbodens aus
einer Tiefe von 20000 Fuss organische Wesen entdeckt. Ist es
die Thierwelt, die das Auge besonders fesselt?.. Ist,es das
thierische Leben, das einem ‚Lande seinen, eigenthümlichen,
unauslöschlichen: Charakter verleiht? Die Kleinheit der Mehr-
zahl tierischer Geschöpfe, ihre, Minderzahl' und, Beweglichkeit
verhindern im Allgemeinen eine unmittelbare, Anschauung,
machen es unmöglich, mit einem ‚Blick der Seele, ein Ge-
sammtbild einzuprägen. ‚Die Pflanzendecke ist es, die. zuerst
und unmittelbar das Auge anzieht; die unbegrenzte, Zahl der
Einzelwesen, die starr und an den Boden gefesselt ‚dastehen,
machen es dem. Menschen möglich, mit. einem Blick ein Ge-
sammtbild zu fassen;. während das flüchtige Reh, der leicht-
beschwingte Vogel, selbst der langsame Stier dem Auge. ent-
schwinden, findet es einen sichern Ruhepunkt in einer Baum-
gruppe, in einem Gestrüpp, das dem Ufer eines Flusses folgt;
der landschaftliche ‘Charakter , hängt nur von. den :ihn- be-
deckenden Pflanzen ab. Ein anderes Bild gewährt eine Land-
schaft in der kalten Zone, wo wenige Pflanzenarten unabseh-
bare Strecken Landes bedecken, unter ihnen. besonders Flech-
ten, und Moose; anders ist es unter den Tropen, wo. ein un-
endlicher Reichthum von Formen herrscht; wo das Auge ruhe-
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los von einer Gestalt zur andern schweift, jede folgende immer
noch wunderbarer als die vorhergehende. Dennoch unterliegen
hier wie: dort die Pflanzen denselben Lebensbedingungen; ihre
Ernährung ist dort wie hier von denselben Einflüssen, nur
in verschiedenem Grade abhängig. Die Ernährung der Pflanzen
ist es, die uns hier beschäftigen soll.
Ueberall, wohin der Mensch sich wendet und seine Hütten
baut, findet er entweder die Pflanzen, die er zu seiner und
seiner treuen Begleiter Erhaltung bedarf, oder er ringt sie
gewaltsam dem Boden ab; er verändert mit tausend und aber
tausend Mitteln den Boden so lange, bis er die gewünschte
Ernte trägt. Stiller und geräuschloser, aber desto gewaltiger;
schafft die Natur nach wnabänderlichen, ewigen Gesetzen.
Wird durch vulkanische Kräfte ein neues Land’ aus dem Bo-
den‘des Meeres gehoben, — die‘ Oberfläche der. Erde ist
ewigem Wechsel, ewigen Veränderungen unterworfen, sie ist
immer im Werden und: Vergehen, — so siedeln sich bald
Pflanzen, deren Samen durch Wind und Wogen herbeigeführt
werden, auf dem zertrümmerten Gestein an, es bildet sich an
der vorher nackten Klippe eine Pflanzendecke, die Thier und
Mensch: zur Niederlassung lockt. Auf dem kahlen Gestein, ist
es-einmal der Einwirkung der atmosphärischen Luft ausge-
setzt, gedeihen zunächst Algen und Flechten, kleine unschein-
bare Pflänzchen, die der Ungeübte nicht für solche hält. Diese
dringen mit ihren Wurzeln in die feinen Spalten und Risse,
zerbröckeln das Gestein und machen so den Boden fähig,
grössern Pflanzen Nahrung und Halt zu bieten. Licht und
Luft, Feuchtigkeit und Wärme sind es, von deren Menge die
grössere oder geringere Schnelligkeit dieser Umwandlung be-
dingt ist.
Von der Fülle an Pflanzen hängt die Kultur eines jeden
Landes, hängt der Reichthum und das Wohlbefinden seiner
Bewohner ab, viel weniger von mineralischen Schätzen; denn
„wer würde seinem Sohne ‘einen Stein bieten, wenn er um
Brod bittet!“ Wo die Natur ihre Gaben karg: vertheilt, da
ist: der Mensch gezwungen,‘ durch eigene Kraft und. Thätig-
re
keit dem Boden das abzuringen, ‚was er nicht freiwillig: giebt;
diess ist zugleich sein Segen, denn Arbeit und Nachdenken
sind die Hebel seiner Kultur und seiner Vervollkommnung;
Arbeit ist das Losungswort der Kulturvölker in unserer Zeit
geworden. Wo aber der Mensch nur zu geniessen hat, was die
Natur ihm ohne sein Zuthun Alles beut, wo ein einziger Baum,
wie die Kokospalme, Nahrung, Kleidung und Wohnung giebt,
da lebt er in trägem Sinnen dahin, fühlt sich wohl und zu-
frieden, ohne Sinn und Bedürfniss für ein höheres Streben;
er bleibt in näherer Beziehung zum Thiere. Darum sind die
Geburtsstätten der Gesittung nicht jene glücklichen Himmels-
striche, wo die scheitelrechten ‘Strahlen der Sonne einen
ewigen Frühling, eine unendliche Fülle des Pflanzenlebens er-
zeugen, und wo gerade in Folge dieser Fülle Hungersnoth
nicht zu den Seltenheiten gehört; nur in den kältern Zonen,
wo der Mensch im ununterbrochenen Kampfe mi} den elemen-
taren Kräften sein Dasein fristet, dadurch aber gerade Körper .
und Geist stählt, kann Gesittung ‚und Fortschritt wohnen.
Zwar ist alle Bildung und Kultur vom mildern Orient ausge-
gangen; doch bald ist sie dort erstarrt, das Bedürfaiss war
bald befriedigt, darum die machtlosen Zustände in den orien-
talischen Reichen ; die höhere Gesiltung gedieh erst im höhern
Norden, vor allen bei den Völkern deutschen Stammes.
Das unablässige Streben, die Erzeugnisse des Bodens zu
vermehren und zu veredeln, treibt den Menschen, nach den
Bedingungen zu forschen, unter denen die Pillanzen gedeihen;
er bildet sich je nach dem Standpunkte seiner Kenntnisse
eine mehr oder weniger richtige Vorstellung davon, wie die
Ernährung der Pflanzen erfolgt, und sucht ihnen das zu bie-
ten, was sie nach seiner Meinung zu ihrem Wachsthum be-
dürfen. Wir wollen versuchen, Alles das, was man bis jetzt
darüber weiss, was Erfahrung und Wissenschaft, die Leiterin
der Erfahrung, lehren, zusammenzustellen und die für den
Ackerbau wichtigen Folgerungen daraus zu ziehen. Doch muss
gleich hier bemerkt werden, dass unsere Kenntnisse noch sehr
mangelbaft, dass Vieles nur Vermuthung und nur Weniges
TR ©
sicher erforseht ist, ‚dass wir ‚in den meisten Fällen nur m
der'Lage sind, die Aufgaben anzudeuten, nicht: sie zu lösen ;
einer -spätern Zeit muss diess vorbehalten bleiben. Auch soll
diese Schrift kein ‚Lehrbuch der Landwirthschaft. sein, - soll
keine. unfehlbaren Mittel enthalten, wie man den Ertrag ver-
zehnfachen kann; es soll einfach dazu beitragen, die Kennt-
niss der Natur zu verbreiten und falsche Vorstellungen, unter
denen leider der Wunderglaube noch eine grosse Rolle spielt,
zu bekämpfen.
Weder im Alterthum noch im Mittelalter hat man sich
damit beschäftigt, auf wissenschaftlichem Wege zu erforschen,
unter welchen Verhältnissen und Bedingungen das Pflanzen-
leben möglich sei. Tauchte ja die Frage einmal auf, so ver.
tiefte man sich in mystische. Betrachtungen, forschte gleich
nach den letzten Gründen, statt‘ das Zunächstliegende zu
prüfen, und verlor so allen Boden der Wirklichkeit. Während
wir. heute bei den Pflanzen. selbst anfragen, suchte man früher
das Leben von, einem allgemeinen Prinzip aus zusammenzu-
setzen; doch die Natur lässt sich keinen Zwang anthun; sie
will vorher erforscht sein, ehe man ‘sich an die Erklärung der
Erscheinungen wagen: darf. Indem man das Nahe und Greif-
bare übersah, traten die gedankenlosesten Behauptungen an
die Stelle ruhiger und bewusster: Prüfung, weshalb 'es denn
gar nicht zu verwundern ist, wenn. noch heute der Landmann
gar wenig Vertrauen zu den wissenschaftlichen Lehren : über
die Ernährung der Pflanzen hat. Er hat bisher immer aus
eignen Erfahrungen, die, wenn:auch ungeordnet und oft falsch
anfgefasst, doch immer. Erfahrungen waren, sein Verhalten
regeln müssen, und er ist nur schwer dahin zu bringen , ‚Et-
was anders zu machen, als es sein Urahn gemacht hat. Nur
die Macht des Beispiels kann hier wirken.
Erst Malpighi fing.an, auf. ‚wahrhaft wissenschaft-
lichem Wege das Leben der Pflanze. ‚zu erforschen, dic Thä-
ligkeit , der einzelnen Organe und ihr gegenseitiges Verhalten
zu untersuchen. ‚Aber er ‚stand: fast allein, und seine An-
regung ging für lange Zeit verloren, als man anfing, das
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Wesen‘ der Pflanzenkunde darin zu suchen, imöglichst viele
Pflanzen zu nennen, zu beschreiben und sie dann fein säuber-
lich an den richtigen Ort im System zu stellen. Es war
diess eine Zeit, in der man es für sündlich hielt, in die ge-
heime Werkstätte der Natur eindringen und das Werden und
Vergehen der organischen Wesen belauschen zu wollen; eine
Zeit, in der man singen. konnte:
„Ins Innere der Natur
Dringt kein erschaffner Geist ;
‘ Glückselig, wem sie nur
Die äussere Schale weis’t!«
worauf Goethe mit Recht antwortete:
„Natur ist weder Keru, noch Schale;
Sie ist Alles mit einem Male.
Drum prüfe dich nur allzumeist.,
Ob Kern du, oder Schale sei’st ?*
Wo sich Fragen nach dem innern Bau der Organe und
ihrer Thätigkeit bei Thier und Pflanze aufdrängten, da war-
man mit der Lebenskraft zur Hand, ,Wie geht es zu, dass
der Same nur bei Gegenwart von Feuchtigkeit und bei emer
gewissen Wärme keimt?‘“ — Das thut die Lebenskraft. —
„Warum bleichen die Pflanzen in der Dunkelheit und grünen
im Licht? — Die. Lebenskraft will es so. — So war es
überall die Lebenskraft, und Du Boys-Raymond sagt in
seinen Untersuchungen über thierische Elektrieität sehr tref-
fend von der Lebenskraft: „Die Lebenskraft ist der unüber-
steigbar breite Graben, von dem der Wettrenner auf der Balın
mit Hindernissen fälschlich ‘gehört hät, den er nun hinter
jeder Hecke wähnt und dadurch moralisch gelähmt wird.“ -
Es: ist des Menschen unwürdig, sich selbst eine unüber-
steigliche Schranke zu setzen; eine solche verhindert jeden
Fortschritt des Menschengeschlechts, während es unsere Auf-
gabe ist und bleibt, immer''weiter und weiter der Vollkom-
menheit näher zu streben, mag sie auch wunerreichbar sein;
nur ein trostloser geistiger Zustand kann ‘den Sündenfall be-
WIE U RR BER
klagen, durch den wir zum Forschen und Streben, zu gei-
stigem Leben gediehen sind.
Erst mit dem Beginne des gegenwärtigen Jahrhunderts,
des Jahrhunderts des Materialismus, wie man es so gerne
nennt, fing man an, wie die Naturwissenschaften im Allgemei-
nen, so auch die Pflanzenkunde vernunftgemäss zu behandeln,
den Lebens- und Ernährungsverhältnissen der Pflanzen nachzu-
spüren. An die Stelle geistreicher Gedankensprünge traten
ernste Untersuchungen, verknüpft mit tausend Mühseligkeiten
und tausend erfolglosen Versuchen. _ Die seitdem gemachten
Fortschritte stehen in innigem Zusammenhange mit den Fort-
schritten der Chemie. Ohne chemische Kenntnisse und Be-
trachtungen, ohne Vergleiche mit den Erscheinungen in der
anorganischen Welt ist eine auch nur annäherungsweise rich-
tige Lösung der Aufgabe rein unmöglich. Eben so wichtig ist der
Gebrauch der Mikroskope, da sich ohne sie die chemischen
Thätigkeiten im kleinsten Raume, im Innern der Zellen, nicht
verfolgen lassen. Um bei der Untersuchung der Lebens-
erscheinungen - der Pflanze nur einige Aussicht auf Erfolg zu
haben, muss man Botaniker und Chemiker zu gleicher Zeit
sein.
=
‘Erstes Kapitel.
Von den Nahrungstolfen.
Wenn man die Pflanzen. in ihre. letzten -Bestandtheile,
oder, wie man: sich wissenschaftlich ausdrückt, in ‚ihre 'Ele-
mente zerlegt, so kommt man zu dem überraschenden Re-
sultate, dass alle Theile, mögen sie auch die verschiedensten
Eigenschaften und Verrichtungen in der lebenden Pflanze ha-
ben, mögen sie von der Wurzel oder dem Stamme, den
Zweigen oder den Blättern, den Blüthen oder Früchten ge-
nommen sein, dass alle diese Theile wesentlich aus vier ein-
fachen, nicht weiter zerlegbaren Stoffen bestehen. Der Kohlen-
stoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff, in den verschie-
densten, aber doch gesetzmässigen Mengen vereinigt, setzen
jede Pflanze zusammen; und nicht nur die Pflanzen, sondern
auch die Thiere verdanken diesen sogenannten organischen
Elementen ihr Dasein, mit dem einzigen Unterschiede, dass
der thierische Leib mehr stickstoffhaltige Verbindungen be-
sitzt als der pflanzliche. Man hat deswegen diese vier Stoffe
nicht ohne Berechtigung organische Grundstoffe genannt, ob-
gleich sie theils frei, theils in Verbindungen auch in der an-
organischen Welt weit verbreitet sind, indem unter Anderm
ur er
das Wasser aus Sauerstoff und Wasserstoff besteht, die atmo-
sphärische Luft aber ein Gemenge von Stickstoff und Sauer-
stoff ist. Wir werden später sogar einsehen, dass diess Vor-
kommen jener Stoffe in der anorganischen Welt die Möglich-
keit des organischen Lebens bedingt.
- Ansser den organischen Elementen enthalten alle Pflanzen
und alle Pflanzentheile grössere ‘oder geringere Mengen anor-
ganischer Stoffe, die wir, so weit unsere Kenntnisse reichen,
für ebenso unentbehrlich für das Pflanzenleben halten müssen,
wenn gleich wir durchaus noch nicht im Stande sind, zu
sagen, auf welche Weise sich ihre Thätigkeit äussert, welche
Aufgabe sie zu erfüllen haben.
Doch unter welcher Gestalt gelangen Kohlenstoff, Stick-
stoff, Wasserstoff und Sauerstoff in die Pflanze? In welchen
Verbindungen bietet sie die Natur den Pflanzen zur Nahrung?
In den verschiedenen Entwickelungsepochen. der Wissenschaft
werden wir die sonderbarsten Antworten auf jene Fragen fin-
den, um so sonderbarer, je mehr man sich von der !ruhigen
Betrachtung des Gegebenen entfernte, je kühner man in der
Erfindung geistreicher Systeme war. Wir werden sogar ge-
stehen müssen, dass noch heute, wo man in vielen Stücken
der Wahrheit nahe gekommen ist, oft die lächerlichsten An-
sichten eine weitverbreitete Geltung haben. Schon deswegen
ist es wichtig, in Folgendem historisch zu verfahren, um er-
erbte Vorurtheile mıt Erfolg widerlegen zu können.
Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts nahm man fast
allgemein an, dass die Pflanzen einzig und allein vom Wasser
lebten. Es darf uns diese Annahme nicht in Verwunderung
setzen, wenn wir bedenken, dass man die Zusammensetzung
des Wassers eben so wenig, als die der Pflanzen, kannte, dass
man nicht wusste, wie das Wasser aus Wasserstoff und Sauer-
stoff besteht und sogar künstlich erzeugt werden kann, dass
' man mit einem Worte noch keine Ahnung von dem Wesen
chemischer Verbindungen hatte. Dagegen sprachen, so glaubte
man, ‚für die Richtigkeit der Annahme sogar darüber ange-
stellte Versuche. ‘Ein Gelehrter, Helmont,' hatte nämlich
TE wre
eine Weide in eine abgewogene Menge Erde gepflanzt und
sie. nur mit Regenwasser begossen, das er für chemisch rein
hielt; nach fünf Jahren hatte sich das Gewicht der Erde nicht
vermindert, dagegen das der Weide um i50 Pfund zugenom-
men. Andere, welche bestritten,. dass die Pflanzen vom
Wasser allein leben könnten , setzten an die; Stelle dieser Be-
hauptung ‚eben so wenig oder noch weniger begründete. So
meinte. der französische Physiolog Bonnet, das ‚Wasser. löse
die fettigen, erdigen und‘ salzigen Bestandtheile ‚des Bodens
auf, und diese Lösung sei die einzige Pflanzennahrung, wäh-
rend Münchhausen die fruchtbare Gartenerde für eine
Verbindung thierischer und pflanzlicher 'Stofle ‚hielt, deren
Auflösung. in Wasser. wie Fleischbrühe schmecken müsse.
Heute würde er eine solche Behauptung nicht aufstellen, Abmıe
diesen Auszug wirklich gekostet zu haben.
Von dem einen Extrem, das: Wasser allein ernähre die
Pflanzen, war ein leichter Sprung zum andern, nach: welchem
die Pflanzen nur von den Ueberresten organischer Körper,
von Thier- und Pflanzenleichen: ihre Nahrung bezögen, und
Theodor Saussure”s Behauptung, ‚ Wasser und Kohlensäure
seien die Hauptbedingungen des Pflanzenlebens, . wurde von
allen Seiten und mit allen Mitteln bekämpft.
Saussure’s Lehre gründete sich auf: die Entdeckung»
dass. Kohlenstoff ein Element, und dass: der Hauptbestandtheil
aller Pflanzen gerade dieser ‚Kohlenstoff ist. Die Kohle aber
als solche kann wegen ihrer Starrheit und wegen ‚ihrer Un-
löslichkeit in Wasser nicht in die Pflanzen gelangen ; dagegen
ist ‚die Kohlensäure, die sich bei allen Verbrennungs - und
Verwesungsprozessen bildet, in ‘Wasser leicht löslich ,. wie alle
moussirenden Getränke beweisen, indem die beim. Aufschäu-
men entweichende Luft eben Kohlensäure. ist. Während nun
Saussure behauptete, die'in die Pflanzen aufgenommene
und dort zersetzte Kohlensäure liefere die für ‚die Ernährung
nöthige Kohle, indem ein Thail des Sauerstofls ausgeathmet
wird, waren Andere der Meinung, der Humus wäre die einzige
Quelle ‚für den Kohlenstoffgehalt der Pflanze und ginge un-
en U
verändert in dieselbe über. Aber auch diejenigen, welche
darüber einig sind, dass die Kohlensäure den Pflanzen zum
Nahrungsmittel dient, sind verschiedener Ansicht über die
Quelle derselben, indem die Einen sie nur aus dem Boden
kommen lassen, die Andern dagegen, unter ihnen Saussure,
zu beweisen suchen, wie die Atmosphäre der hauptsächlichste
Lieferant derselben ist. /
Die Aufnahme des Wassers bestritt eigentlich Niemand;
wohl aber sind die Ansichten darüber verschieden, welche
Rolle es in der Pflanze spiele. Von der einen Seite giebt
man an, das Wasser sei einzig und allein ein Lösungsmittel
für die Nahrungsstoffe und werde vollständig wieder ausge-
schieden, nachdem die Pflanze die darin enthaltenen nähren-
den Stoffe sich angeeignet habe; dagegen stellt man auf der
andern Seite die Bedeutung des Wassers als Lösungsmittel
nieht in Abrede, behauptet aber, dass das Wasser mit andern
Stoffen wahrhafte Verbindungen eingehe und so als wirkliches
Nahrungsmittel diene. Letztere Ansicht ıst um so gerecht-
fertigter, als eine grosse Zahl organischer Verbindungen derart
zusammengesetzt ist, dass sie Wasserstoff und Sauerstoff in
denselben Mengenverhältnissen enthalten, wie sie im Wasser
mit einander verbunden sind; statt vieler Stoffe nennen wir
hier nur das Stärkemehl und den Zucker.
Gegen die Lehre, die Kohlensäure sei es hauptsächlich,
welche der Pflanze den ihr nöthigen Kohlenstoff zuführe,
macht Treviranus geltend, einerseits könne ‘die Kohlen-
säuere nicht aus dem Boden aufgenommen werden, weil die
Zersetzung des Düngers in Kohlensäure, Ammoniak und Wasser
nur an der Oberfläche stattfinde; anderseits könne sie um
deswillen nicht aus der Luft stammen, weil die Aufnahme
derselben nur im hellen Sonnenschein möglich sei; da aber
die Pflanzen weit längere Zeit im Schatten als im Sonnen-
schein lebten, so sei es überhaupt undenkbar, dass die Koh-
lensäure ein Nahrungsmittel für die Pflanzen abgäbe. Meyen
giebt zwar zu, dass die Pflanzen etwas Kohlensäure aulneh-
men; doch könne diess nur sehr wenig sein, da die At-
Bu 14 mer
mosphäre nur vier Theile von diesem Gase ‚auf zehntausend
Theile Luft enthalte. ‚Daher, ‚so. schliesst er weiter,, sind ‚es
die in. der Ackerkrume enthaltenen Stoffe, der Humusextrakt,
die. Humussäure uud die Humuskohle, welche. von den Pflan-
zen. unverändert aufgenommen und erst im Innern derselben
verarbeilel werden.
Die Ansicht, dass nur organische Stoffe den Pflanzen. zur
Nahrung dienen können, ist unter den ‚Landwirthen , selbst
unter den. einsichtsvollen, allgemein verbreitet und verhindert
leider zu, oft, dass die an der Hand der Wissenschaft 'ge-
machten Erfahrungen, in’ der Landwirthschaft die gerechte
Würdigung und Verwerthung finden.
Da man aber noch ‚nie Humussäure und ähnliche orga-
nische Stoffe ın den. Pflanzensäften gefunden. hat, so glaubt
Schultz in Berlin den Schlüssel zur Erklärung. dieses: Um-
standes entdeckt zu haben. , In seiner Schrift, ‚die den viel-
versprechenden Titel führt: „die Entdeckung ‘der wahren
Pflanzennahrung,“ lehrt er, die organischen Bestandtheile der
fruchtbaren Ackererde würden schon ausserhalb der Pflanzen
durch Berührung mit den Würzelchen derselben vorbereitet,
und..nur Gummi, Zucker und Pflanzensäuren, besonders Milch-
säure, wären den Pflanzen mundgerecht und: dienten ihnen
zur Ernährung. Der Versuch, den er zum Beweise, für diese
Behauptung anführt, ist zu interessant, um ihn hier nicht an-
zuführen. Er legte nämlich Wurzeln, besonders Mohrrüben,
in wässerige Zuckerlösungen und andere Flüssigkeiten , und
fand zu seiner grossen Ueberraschung, dass die Flüssig-
keiten sich veränderten. Die Chemiker sind allerdings unhöf-
lich genug, zu sagen, dass der ausgepresste Saft einer Mohr-
rübe denselben Erfolg gehabt haben würde; nicht die Wurzeln
seien es, welche die Veränderungen hervorrufen, sondern die
in. den Wurzeln enthaltenen Stickstoffverbindungen seien das
Ferment, und der Vorgang sei nur eine Gährung. |
Blicken wir auf die vorgetragenen Lehren zurück, so
wird auch der Unbefangenste eingestehen, dass keine der-
selben auch nur einigermassen genügenden Aufschluss darüber
giebt, welche Stoffe denn’ eigentlich von‘ den Pflanzen ver-
zehrt werden, wenn wir uns dieses Ausdrucks bedienen dürfen.
Alle ‘diese Ansichten sind entweder in der Studirstube ent-
standen, höchstens auf Versuche im kleinsten Massstabe ge-
stützt, oder sie sind der Ausfluss einer rohen, ungeordneten
Erfahrung; ‘man hat weder Rechnungen noch Vergleiche an-
gestellt. Niemand hat die organische Schöpfung in ihrer Ge-
sammtheit betrachtet, Niemand hat die Frage gestellt, wie die
Schlussrechnung ausfallen muss, wenn man das ewige Wer-
den und Vergehen in der Natur in Rechnung zieht. Erst
Schleiden und Boussingault haben auf den Gesammt-
haushalt der Natur hingewiesen und aus Versuchen im Grossen
ein "Bild ’der Pflanzenernährung in seinen Grundzügen ent-
wickelt.
Die Geologie oder die Entwickelungsgeschichte der Erde
setzt uns in den Stand, in allgemeinen Umrissen den Zustand
der Erde und ihrer Bewohner in den verschiedenen Zeiten
ihrer Entwickelung bis zu ihrem gegenwärtigen Zustande zu
erkennen oder doch mit grosser Wahrscheinlichkeit zu ahnen.
Wenn diesem Bilde auch die feineren Schattirungen fehlen,
so sind doch die Grundzüge mit unauslöschlichen Zügen ge-
zeichnet in einem Buche und mit einem Material, wo kein
Betrug und keine Täuschung möglich; das Buch ist eben die
Erde und das Material Produkte desselben Körpers. Die im
Schosse der Erde begrabenen organischen Reste, die mäch-
tigen ‚und bis jetzt nur noch zum allergeringsten Theil er-
forschten Kohlenlager, als die Ueberreste einer untergegan-
genen Pflanzenwelt, so wie die Versteinerungen aus der Thier
welt, wie sie sich in den verschiedensten Schichten des Erd-
innern finden, gewähren uns Anhaltspunkte, die Menge der
organischen Körper und somit der organischen Materie in den
einzelnen Zeiträumen der Erdgeschichte zu schätzen und unter-
einander zu vergleichen. Diese Vergleiche gewähren uns aber
gar wunderbare Aufschlüsse über das organische Leben der
Gegenwart. Wir finden nämlich, dass von einem Zeitraume
der Erdgeschichte bis zum andern, von den ältesten Zeiten
a
bis, auf .die Gegenwart, Pflanzen- und Thierwelt sich. ununter-
brochen vergrössert haben, dass also die Menge der. organi-
schen Materie zugenommen hat. Daraus geht. unzweifelhaft
hervor‘, wie ‘Unrecht diejenigen haben, welche eine’ bestimmte
Menge organischer ‚Materie, einen Urschlamm , wie Schlei-
den sagt, annehmen „.der-mit. der Schöpfung entstanden und
die alleinige Quelle alles organischen ‚Lebens. auf Erden sein
soll. Denn wäre diese Annahme richtig, so: ‚könnte: sich die
organische Materie nicht: vermehrt haben, sie müsste,sich. im
Gegentheil, wie, wir bald. beweisen werden , fort und fort ver-
mindern. In dem Gedanken, dass sich die organische Materie
vermehrt hat. und noch. vermehrt, liegt auf der andern Seite
ein. grosser Trost für ‚die Zukunft ‚des ‚Menschengeschlechts
und eine Widerlegung der Politiker, welche so gern an Ueber.
völkerung glauben und in allen Winkeln das schreckliche Ge-
spenst sehen.
Wie lässt ‘sich aber diese Zunahme erklären, ohne zu
gewaltsamen Hülfsmitteln, zu einer sich. täglich. wiederholen-
den Schöpfung aus dem. Nichts seine Zuflucht: zu nehmen ’?
Die. Untersuchungen der ausgezeichnetesten Gelehrten,
der Physiologen und Chemiker, haben unwiderleglich bewie-
sen, dass die Tbiere und unter ihnen der Mensch nur: orga-
nische Stoffe‘ verarbeiten und in Nahrungssaft verwandeln
können, dass dagegen alle aufgenommenen anorganischen Ma-
terialien entweder unverändert wieder aus dem Körper entfernt
werden, oder als Gift anf den Organismus wirken. . Sie
sind daher sämmtlich, sei es unmittelbar als Pflanzesfresser,
.oder mittelbar als Fleischfresser auf das Pflanzenreich ange-
wiesen, als der einzigen und letzten Quelle,‘ die aus unorga-
nischen Stoflen organische erzeugen: kann, indem keine andere
Annahme übrig bleibt, als dass die Pflanzen befähigt ‚sein
müssen, organische Stoffe zu schaffen, anorganische Materie in
organische überzuführen. Denn wären die Pflanzen nur. im
Stande, organische Reste neu zu gestalten, so müsste ihnen bald
das Material für diese Thätigkeit ausgehen, weil sowohl Pflanze
als Thier ‚bei ihrer Verwesung. in unorganische Produkte, in
EP le
Kohlensäure, Ammoniak und Wasser zerfallen. Würde aber
von jeder Pflanze und jedem Thier in Folge des Todes nur
ein kleiner Theil in jene anorganischen Verbindungen zerlegt,
so ginge damit immerhin der organischen Welt ein Theil der
Nahrung verloren; in Folge dessen müsste sich wegen man-
gelnder Nahrung die Zahl der organischen Geschöpfe vermin-
dern. Diess widerspricht jedoch aller Erfahrung, da sich die
Zahl der Organismen nicht nur nicht vermindert, sondern be-
deutend vermehrt hat. Weite Länderstrecken, die sonst öde
und wüste lagen, bringen jetzt unter der Hand des betrieb-
samen Menschen, wenn nicht reichliche, so doch etliche Frucht;
es hat sich in geschichtlicher Zeit in diesen Ländern die or-
ganische Materie vermehrt. Wir erinnern hier nur an die
Mark Brandenburg, des heiligen römischen Reiches Streusand-
büchse, welche noch vor hundert Jahren einen weit traurigern
Anblick gewährte, als heute, wo sie von zahlreichen Dörfern
bedeckt ist, und wo der öde Sandboden, besonders in der
Nähe Berlins, zu einer wunderbaren Ergiebigkeit gezwungen
wird. Will man dagegen einwenden, Kleinasien, Griechen-
land, Sieilien haben früher weit mehr Menschen reichlich er-
nährt, Sicilien sei die Kornkammer Roms gewesen, jetzt seien
jene Landschaften öde und unfruchibar, die verminderte orga-
nische Materie sei die Ursache der jetzigen Armuth, sv haben
wir darauf zu erwidern, dass neben einer indolenten, trägen
Bevölkerung unter traurigen Missregierungen hauptsächlich die
rohe und gedankenlose Verwüstung der Wälder, wodurch die
klimatischen Verhältnisse vollständig verändert, die Zahl der
atmosphärischen Niederschlöge vermindert wurden, den trost-
losen Zustand jener Länder hervorgerufen hat. Aehnliche
Folgen der Entwaldung zeigen uns ja schon die noch jung-
fräulichen Landstriche Amerika’s. Durch eine richtig geleitete
Kultur und eine wohlvertheilte neue Bewaldung würden thätige
Menschen unter einer gulen und umsichtigen Regierung jene
Landschaften wieder zu dem machen, was sie ehemals waren,
wenn schon nicht geläugnet werden soll, dass grosse Hülfsmittel
Filly, Ernährungsverhältnisse, >
2.0 De: TE
und eine gewaltige Ausdauer zur Vollbringung eines solchen
Werkes erforderlich sind; dennoch wird die Zukunft den
Menschen dazu zwingen. |
Obgleich wir glauben, unsere Behauptung, bei blos orga-
nischer Nahrung vermindere sich die Gesammtmenge der or”
ganischen Materie auf der Erdoberfläche, sei an sich schon
genügend einleuchtend, so wollen wir sie dennoch durch einige
Zahlenbeispiele belegen; die Ertragstabellen jedes Landwirths
können uns dazu dienen, :möge er nun für organische Nah-
rung schwärmen, oder möge er den Ergebnissen der Wissen-
schaft bei seiner Landwirthschaft Rechnung tragen. Der
französische Physiolog und Landwirth Boussingault, der
Versuche im grossartigsten Massstabe angestellt und auf zahl.
reichen Reisen in den verschiedensten Theilen der Erde be-
deutende Erfahrungen gesammelt hat, hat zuerst darauf auf-
merksam gemacht, wie nothwendig es ist, die Untersuchungen
über die Pflanzennahrung mit der Wage in der Hand zu
machen, nicht aber in der Studirstube Phantasiegemälde zu
schaffen. In Deutschland hat Schleiden die Unhaltbarkeig
der Lehre von der organischen Pflanzennahrung, wenn nicht
durch eigne Untersuchungen, so doch durch umfassende und
geschickte Zusammenstellung und Würdigung aller vorhan-
denen und ihm zugänglichen Thatsachen nachgewiesen; wir
entlehnen ihm das folgende Beispiel.
Ein Ackerpferd erhält täglich im Durchschnitt zwanzig
Pfund trockene organısche Substanz als Futter und Streu; es
liefert im Urin und Koth in derselben Zeit zehn Pfund trockene
organische Substanz. Frischer Mist verliert bis er zum Acker
geschafft ist, durch Verwesung im Allgemeinen noch ein Sechs_
theil; ‘es bleiben von jenen zelın Pfunden nur noch acht und
ein drittel Pfund.‘ Das Pferd hat also zwanzig Pfund organi-
sche Subsianz verbraucht, giebt davon aber nur acht und ein
drittel Pfund zurück; es sind demnach nicht weniger als elf
und zwei drittel Pfund oder acht und fünfzig Procent organi-
sche Substanz durch den Ernährungsprozess des Pferdes ver-
loren gegangen. Niemand wird aber behaupten wollen, das
Ben 19 BR
Pferd habe um soviel zugenommen, so dass die ganze orga-
nische Substanz unverloren sei; vielmehr ist der grösste Theil
derselben als Kohlensäure ausgeathmet und als Wasser im
Urin ausgeschieden.
Aehnliche Verluste ergeben sich, wie beim Pferde, bei
allen Thieren, ob sie nun Hausthiere sind oder frei in der
Wildniss umherschweifen; beim. Ernährungsprozess des Men-
schen ist nach genauen und umfassenden Untersuchungen der
Verlust noch bedeutend grösser als bei den Thieren.
Alle Verbrennungsprozesse, welche auf’ der Erde stattfin-
den, für den häuslichen Bedarf sowohl als zum Betriebe von
Maschinen und Fabriken, werden mit organischen Stoffen, mit
Pflanzen und Pflanzenresten unterhalten; täglich werden un-
geheure Mengen organischer Materie in unorganische auf glei-
che Weise übergeführt, wie es durch die Verwesung geschieht.
Wie sich auf der einen Seite eine ununterbrochene Kette
von Vorgängen, die auf die Vernichtung organischer Materie
basirt sind, herausstellt, — es wäre ein Leichtes, ausser den
gegebenen Beispielen, noch viele andere dafür anzuführen, —
so lässt sich auf der andern Seite anfs Schlagendste darthun,
dass sich trotzdem die organische Materie nicht nur nicht
vermindert hat, sondern sich noch heute vermehrt. Besässen
wir für die ganze bewohnte Erde Ertragstabellen, so gewähr-
ten diese ein einfaches Mittel, diese Zunahme ibrer Menge
nach festzustellen; aber kaum hat man bis jetzt in den ge-
bildetsten Länderr angefangen, solche Tabellen anzulegen, und
ihr Nutzen für die Volkswirthschaft wird nur noch selten an-
erkannt. Wir müssen uns daher mit einer allgemeinon Be-
trachtung einiger Erdstriche begnügen.
Die Pampas oder Steppen von Buenos-Ayres in Süd-
amerika, die nach den Versicherungen Darwins und aller
Reisenden dasselbe allgemeine Bild darbieten, wie zur Zeit
ihrer Entdeckung, sind weite, endlose Ebenen mit einer sehr
dünnen Humusschicht und einer ‘höchst dürftigen Pflanzen-
decke, nur aus diütrren hohen Gräsern und stachligen Kaktus-
9*
a | Nee
arten bestehend. Unmittelbar nach ihrer Entdeckung führten
die Spanier Pferde, Esel und Rinder ein, die bald verwilder-
ten und sich so ungeheuer vermehrten, dass ungezählte und
unzählbare Herden die weiten Ebenen durchstreifen und dar-
in ihre Nahrung finden. Um einen ungefähren Begriff von
der grossen Zahl dieser Thiere zu geben, wollen. wir die jähr-
liche Ausfuhr von Stoffen, die diese Herden liefern müssen,
hier in der Kürze anführen. Sie betrug im Durchschnitt
mehrerer Jahre jährlich an Ochsen- und Pferdehäuten 900000
Centner, an Pferdehaaren 95000 Centner, an Rinderhörnern
32500 Centner, also über eine Million Centner organische
Substanz, ungerechnet, was an Fleisch zur Verproviantirung
der Schiffe dient und was an Ort und Stelle verwes’t. Die
Herden, welche diese Stofle liefern, müssen mindestens
zwanzig Millionen Stück betragen, die jährlich durch den Er-
nährungsprozess über sechshundert Millionen CGentner organi-
sche Substanz vernichten. Jene ausgeführten Stoffe können
dem Boden jener Länder nicht zu Gute kommen, können
Nichts zur Erhaltung der Pflanzendecke beitragen. Dennoch
ist die Vegetation nicht ärmer geworden, sondern in der Nähe
der vereinzelten Niederlassungen und der wenigen Städte so-
gar reicher. Eingewanderte Pflanzen, unter ihnen besonders
Artischocken und andere Distelarten, bedecken weite Strecken
Landes, wo früher fast keine Spur von Pflanzen zu finden
war, und nur durch Feuer kann man ihrem Weiterdringen
Einhalt thun. Die Steppen Asiens und des südlichen Russ-
lands, weite Strecken wüsten Landes, und von nomadisirenden
Stämmen durchzogen, führen alljährlich grosse Mengen von
Fleisch, Haaren und Häuten aus, ohne dass sich bis jetzt
die schon an sich nicht reiche Pflanzendecke vermindert hätte;
auch hier gehen dem Boden (die ausgeführten organischen Stoffe
verloren, ‘ohne von aussen her ersetzt zu: werden.
Doch haben wir nicht einmal nöthig, in’ die Ferne zu
schweifen, um Beweise für die Vermehrung der organischen
Stoffe zu: finden. In den Alpen leben grosse Herden den
ganzen Sommer hindurch auf den Bergen, die ausserdem noch
ee,
das Heu für den Winterbedarf liefern müssen, um die
Thiere während der rauhen Jahreszeit in den Thälern mit
Nahrung zu versorgen. Nie werden jene Höhen gedüngt; da-
gegen werden alljährlich gewaltige Mengen Kase ausgeführt,
selbst nach Amerika, und die Ausfuhr wächst von Jahr zu
Jahr. Nichtsdestoweniger ist auch nicht die geringste Vermin-
derung oder Verschlechterung der Pflanzendecke wahrzuneh-
men; es ist eher wahrscheinlich, dass sie sich verbessert hat,
da in Folge der vermehrten Ausfuhr immer grössere Her-
den dort ihre Weide, ihr Futter finden.
Nach Durchschnittsberechnungen vieler Jahre giebt ein
"Morgen in guter Kultur gehaltenen Landes eine jährliche Aus-
beute von mehr als 2000 Pfund trockner, organischer Sub-
stanz, wogegen er im Dünger nur höchstens 800 Pfund er-
hält; der Ertrag ist also fast dreimal so gross, als der aufge-
brachte Dünger. Jedermann weiss aber, dass gut bebauter
Boden nicht ärmer, sondern reicher an Humus wird, dass die
fruchtbare Ackerkrume sich vertieft.
Seit 1849 befinden sich in einem grossen Wasserbassin
bei London Thiere und Pflanzen; die Thiere leben allein von
dem, was in dem Bassin wächst; von Zeit zu Zeit wird nur
soviel Wasser zugeschüttet, als verdunstet ist; dennoch haben
sich die Pflanzen sowohl als die Thiere ansehnlich vermehrt.
Wie wir in dem Bisherigen zu zeigen gesucht haben,
dass die Pflanzen ihre Nahrung, ihren Bedarf an Kohlenstoff,
Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff weder allein, noch zum
grössern Theile aus organischen Stoffen erhalten können,
wollen wir im Folgenden die Formen und Verbindungen auf-
suchen, in denen jene Elemente in die Pflanzen gelangen.
Bekanntlich besteht die Atmosphäre aus freiem Stickstoff zu
vier Theilen und aus einem Theil Sauerstoff. Ferner finder
sich allgemein in der Natur verbreitet die Kohlensäure, aus
Kohlenstoff und Sauerstoff zusammengesetzt; das Ammoniak;
aus Stickstoff und Wasserstoff bestehend, und endlich das
Wasser. Die allgemeine Verbreitung gerade dieser Körper,
welche die Elemente der organischen Welt enthalten, führt zu
dem Schluss, dass sie es sind, welche den Pflanzen zur Nah-
rung dienen.
Da unter diesen Substanzen nur die Kohlensäure Kohlen-
stoff enthält, so muss die Pflanze all’ ihren Kohlenstoff durch
sie erhalten; wenn Meyen dagegen anführt, dass Pflanzen,
die er in reinen kararischen Marmor oder in Schwefelblumen
gesäet und mit kohlensaurem Wasser begossen, ausgegangen
seien, so beweis’t dieser Versuch gar Nichts, und Schlei-
den sagt sehr treffend über denselben, er sei eben so sinn-
los, als wenn ein Zoolog ein Thier mit Strychnin, einem
stickstoffhaltigen, ‘sehr heftigen Pflanzengifte, füttern wolle,
um zu beweisen, stickstoffhaltige Nahrungsmittel seien schäd-
lich, während im Gegentheil ohne Stickstoff kein Thier leben
kann.
Woher nimmt aber die Pflanze die zu ihrer Erhaltung
nöthige Kohlensäure ?
Genaue und vielfach wiederholte Messungen haben dar-
gethan, dass der Gehalt an Kohlensäure in der Lufthülle,
welche die Erde umgiebt, nur 0,0004 oder auf zehntausend
Theile Lutt vier Theile dieses Gases beträgt, also ausseror-
dentlich geriag ist, und dass sich keine Verminderung oder
Vermehrung nachweisen lässt. Bringen wir dagegen die täg.
liche Kohlensäurebildung in Rechnung, so müssen wir uns
wundern, dass keine Vermehrung derselben stattfindet; dadurch
werden wir zu dem Schluss geführt, irgend ein irdischer Vor-
gang müsse durch eine wununterbrochene Aneignung, Ver-
arbeitung und Zerselzung der Kohlensäure das Gleichgewicht
erhalten.
Es giebt wohl kaum Menschen auf Erden, welche den
Gebrauch des Feuers nicht kennen; alle bedienen sich des-
selben zur Bereitung der Speisen, zum Erwärmen und bei
tausend andern häuslichen Bedürfnissen. Aber nicht genug
damit; in weniger bevölkerten Ländern werden alljährlich
grosse Strecken Waldes, weite Prairien und Steppen nieder-
gebrannt; sei es, um Boden für den Anbau zu gewinnen und
zu befruchten, sei es, um den reissenden Thieren die sichern
ee a 2
Verstecke 'zu vernichten. Es ist einleuchtend, dass man in
sjark bevölkerten Ländern, wo leicht Mangel an Brennmaterial
eintreten könnte, sparsam damit umgehen und verhältniss-
mässig weniger gebrauchen wird, als diess unter rohen Völ-
kern geschieht; daher schlagen wir den Verbrauch für die
Gesammt-Menscheit sicherlich nicht zu hoch an, wenn wir
ihn nach dem Bedarf bei uns berechnen. Nimmt man die
Gesammtbevölkerung der Erde zu 1200 Millionen an, so er-
giebt sich für die häuslichen Bedürfnisse ein jährlicher Ver-
brauch von 10800 Millionen Gentner Kohlenstoff, durch dessen
Verbrennung allein 39600 Millionen Gentner Kohlensäure gebildet
wird, da ein Theil Kohlenstoff 33 Theile Kohlensäure liefert.
Für technische Zwecke, auf Hüttenwerken, Eisenbah-
nen, in Fabriken, werden jährlich an 1000 Millionen Gent-
ner Steinkohlen, das ist 700 Millionen Gentner Kohlenstoff
verbrannt, welche 2560 Millionen Centnern Kohlensäure ent-
sprechen.
Das Athmen der Menschen und Thiere besteht darin,
dass aus der Luft Sauerstoff aufgenonnmen wird, der einen
Theil des Kohlenstoffgehaltes im Blute zu Kohlensäure ver-
brennt, die bei jedem Athemzug entweicht; die Menge der so
erzeugten Kohlensäure mag sich auf 25000 Millionen Gentner
belaufen.
Durch die Verwesung organischer Stoffe wird, wie wir
schon oben sahen, Kohlensäure gebildet, und zwar um so
mehr, je energischer der Prozess der Fäulniss erfolgt, wie in
heissen Klimaten. Aus Saussure’s in gemässigten Gegenden
angestellten Versuchen folgt, dass auf jedem Morgen Landes
im Laufe eines Jahres 9 Gentner Kohlensäure auf diese Weise
erzeugt werden. Ziehen wir von der Gesammtoberfläche des
Festlandes noch die eisigen Polargegenden und die pflanzen-
leeren Wüsten ab, so erhält man doch eine Billion Centner
Kohlensäure.
In tausend Jahren würden sich demnach 1067 Billionen
Gentner Kohlensäure in der Luft finden; da aber die ge-
sammte Atmosphäre etwa 14000 Billionen Centner wiegt, so
u SUR
müsste in dieser Zeit der Koblensäuregehalt der Luft ein „5
betragen, ungerechnet die ungeheuren Mengen dieser Gasart,
welche nach Humboldts Beobachtungen von Vulkanen und
selbst von erloschenen ausgehaucht werden. Als eine solche
Quelle der Kohlensäure ist in weitern Kreisen die Hundsgrotte
bei Neapel bekannt.
Wenn schon die gegebene Berechnung an vielen Mängeln
leidet, wie alle derartigen Mengenbestimmungen, so beweist
sie doch so viel, dass ein Zustand unserer Atmosphäre ein-
Ireten müsste, in welchem thierisches Leben unmöglich ist,
wenn nicht die Natur selbst einen Weg geschaffen hätte, auf
dem die Kohlensäure aus der Luft entfernt wird. Weil aber
das historische Alter der Erde schon über 5000 Jahre beträgt,
und ein reiches Thierleben sich auf derselben tummelt, so
dürfen wir nicht sorgen, zu viel Kohlensäure in der Luft zu
bekommen.
Auf die geschilderte Weise haben wir eine unerschöpf-
liche Quelle des Kohlenstoffs für das Pflanzenleben, und der
Reichthum der Pflanzenwelt steht in innigster Beziehung zu
der auf der Erde erzeugten Kohlensäure; mit der Zunahme
derselben vermehrt sich jener Reichthum im geraden Verhält-
niss, und das Pflanzenleben erhält den Zustand der Luft in
einem Gleichgewicht, wie es für das Thierleben erforderlich
ist. Keine Macht der Erde ist im Stande, diesen ewigen, ge-
setzmässigen Kreislauf zu stören; je mehr Vernichtung auf der
einen Seite, desto mehr neues Leben und Schaffen auf der
andern; täglich eine neue Schöpfung, jedoch ohne ein Ein-
greifen der Gottheit, nach ewigen, von ihr selbst gegebenen,
unabänderlichen Gesetzen; die Pflanze ist der grosse Erhalter
der organischen Welt.
An einigen Beispielen wollen wir nun zeigen, wie unge-
eure Mengen von Kohlensäure die Pflanzenwelt im Laufe
eines Jahres verbraucht.
In den tropischen Ländern werden jährlich etwa 60 Mil-
lionen Gentner Zucker erzeugt; darin sind 24 Millionen Gent-
ner Kohlenstoff enthalten, welcher aus 88 Millionen Gentnern
RS AA
Kohlensäure erhalten wurde. Im deutschen Zollverein allein
wird aus Rüben eine Million Gentner Zucker bereitet; darin
sind 400000 Centner Kohlenstoff enthalten, welche 13 Mil-
lionen Centner Kohlensäure erfordern; aber der Zucker ist
der bei weitem kleinste Theil der bei dieser Fabrikation ver-
brauchten Pflanzen.
Von der Westküste von Afrika werden jährlich 400000
Gentner Palmöl ausgeführt, das zur Seifen- und Lichtfabri-
kation verbraucht wird und worin 300000 Gentner Kohlen-
stoff mit 100000 Centner Wasserstoff und Sauerstoff verbun-
den sind; mehr als eine Million Gentner Kohlensäure sind
nöthig, diesen Kohlenstoff zu liefern.
Io Nordamerika allein werden jährlich 2 Millionen Cent-
ner Tabak producirt; die Pflanzen bedurften hierzu mindestens
10 Millionen Centner Kohlensäure. Mit Hülfe genauer statisti-
scher Tafeln liesse sich der Bedarf an Kohlensäure für die
Nahrungspflanzen aller kultivirten Länder berechnen , und
daraus nachweisen, wie gewaltige Mengen davon für das
Pflanzenleben nothwendig sind.
Nachdem wir so zur Genüge dargethan zu haben glauben,
dass die Pflanzen ihren Gehalt an Kohlenstoff der Hauptsache
nach aus der Kohlensäure, diese aber aus der atmosphärischen
Luft beziehen, wollen wir uns zu den übrigen organischen
Bestandtheilen derselben wenden.
Durch die genauesten und umfangreichsten Untersuchungen
ist es nachgewiesen, dass nirgends im Boden, sei es in der
Acker- und Gartenerde, seı es im Waldboden, so viel im
Wasser lösliche stickstoffhaltige Körper enthalten sind, als die
Pflanzen zu ihrer Ernährung bedürfen; auf der andern Seite
hat man gefunden, dass weder Thiere noch Pflanzen im
Stande zu sein scheinen, den Stickstoff der Atmosphäre sich
anzueignen und zu verarbeiten. Mit Bestimmtheit ist dies
für die Thiere nachgewiesen, und es scheint auch für die
Pflanzen angenommen werden zu müssen, obgleich gewisse
Versuche das Gegentheil nicht ganz unwahrscheinlich erschei-
nen lassen.
un VER
Allgemein verbreitete Verbindungen des Stickstofls, —
und nur solche, die sich überall finden, können als Nahrung
für die Pflanzen angesprochen werden, — sind die Ammoniak-
salze, die sich immer da bilden, wo organische Wesen, Thiere
und Pflanzen verfaulen. Man hat daher allgemein angenom-
men, dass Ammoniaksalze die Quelle des Stickstofls für die
Pflanzen sind, indem sie zugleich einen Theil des nöthigen
Wasserstoffs liefern. Es bleibt nur zu erörtern übrig, ob die
im Dünger enthaltenen Ammoniaksalze allein hinreichend für
den Bedarf an Stickstoff sind, oder ob nicht das Ammoniak
auf ähnliche Weise, wie die Kohlensäure zum grössten Theil
aus der Luft stammt.
Wiesen, die nie gedüngt werden, liefern vom Morgen
jährlich je nach der Witterung 20 his 30 Centner Heu; da
aber Jufttrocknes Heu bis 13 Procent Stickstoff enthält, so
sind in jenem Heu 30 bis 45 Pfund Stickstoff enthalten; je-
des Jahr wird diese Menge dem Boden entzogen, ohne je er-
setzt zu werden.
Käse ist eine sehr stickstoffreiche Substanz; die Kühe
müssen den darin enthaltenen Stickstoff mit den Pflanzen sich
aneignen. Alljährlich werden aus der Schweiz sehr grosse
Mengen Käse nach allen Erdtheilen ausgeführt, die Herden
aber auf den Alpen geweidet, die nie gedüngt werden.
Aus dem südlichen Russland wird sehr viel Rindfleisch,
besonders nach England, verschifft; Fleisch ist aber ein sehr
stickstoffreiches Erzeugniss; der auf diese Weise entführte
Stickstoff wird dem Boden nie ersetzt, mit dessen Pflanzen
die Thiere ernährt und gemästet werden.
In vielen Gegenden des mittlern und südlichen Russlands
werden die Felder eben so wenig gedüngt, als in Armenien,
weil der getrocknete Mist wegen Holzmangels als Brennmaterial
dient. Dennoch bringen die Aecker Russlands ihr Getreide,
weiden die Armenier ihre Büffelherden; in beiden Fällen
wird Stickstoff, werden Ammoniaksalze verbraucht.
Thee und Kaffee sind sickstoflreiche Substanzen und
werden in grossen Mengen ununterbrochen aus den Tropen-
A.
gegenden bei uns eingeführt; der abgegebene Stickstoff kann
dem Boden jener Länder nie ersetzt werden, da er ja ausge-
führt, dagegen aber keine stickstoffhaltige Substanz dort ein-
geführt wird.
Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu be-
weisen, dass die im Boden enthaltenen Ammoniaksalze keines-
wegs für die Ernährung der Pflanzen hinreichend sind, da
in diesem Falle alle angeführten Gegenden schon längst ohne
Pflanzendecke sein müssten, weil das Ammoniak in den ei-
gentlichen Mineralien nicht vorkommt. Aus vielen und um.
fassenden Versuchen wird es aber sogar wahrscheinlich, dass
die Ernährung der Pflanzen fast unabhängig von den im
Dünger enthaltenen Ammoniaksalzen ist. Denn bei einer Reihe
von Ernten, die auf demselben, einmal gedüngten Boden
gewonnen wurden, war der Stickstoffgehalt ganz unabhängig
von der Folge, in der die verschiedenen Ernten erhalten wur-
den, was nicht der Fall sein könnte, wenn ein solches Ab-
hängigkeitsverhältniss des Stickstoffgehaltes der Ernte von dem
des Düngers stattfände.
Man erhielt nämlich vom Morgen in sechs aufeinander-
folgenden Jahrgängen in den Ernteerträgen folgende Stick-
stoffmengen:
Bei Kartoffeln im frischen Dünger . 24,75 Pfd. Stickstoff,
-09 ı Weizen im 2. Jahr .......: 18,92
+4 Kebumı3.MJäahrimiund oe dor 45;24
„ Weizen und Rüben im 4. Jahr _ 29,93
„ Erbsen im d:1Jahr: idaia danid. 563
„ Roggen im 6. Jahr . . . 11,53. 205, +
Also im Ganzen 188,77 Pfund Stickstoff Während der
auf den Acker gebrachte Dünger nur 130 Pfund Stickstoff er-
hielt, hatte man in sechs Ernten doch 189 Pfund Stickstoff
gewonnen; man hat überhaupt die Erfahrung gemacht, dass
die Stickstofimenge der Ernte im Allgemeinen dreimal so gross
ist, als der des aufgebrachten Düngers.
Wenn es aber feststeht, der Dünger kann nicht allein
die nöthigen Ammoniaksalze liefern, so darf man mit Recht
3er
fragen, welche sonstigen Quellen des Ammoniaks es giebt,
und wo man es zu suchen hat?
Ueberall, wo organisches Leben besteht, geht dem Leben
stets der Tod zur Seite, der in seinem Gefolge die Verwesung
mit sich führt; der durchdringende Geruch, den faulende
Körper verbreiten , verdankt seinen Ursprung neben dem
Schwefelwasserstoff den flüchtigen Ammoniaksalzen, woher es
kommt, dass sich zu allen Zeiten in der Atmosphäre solche
finden, wenn sie auch ihrer geringen Menge willen oft schwierig
nachzuweisen sind. Ihre Menge in der Luft ist so gering,
weil sie, von Wasser gelöst, mit dem Regen zu Boden fallen
und von den Pflanzen gerade so wie die Kohlensäure aufge-
nommen und verarbeitet werden. Aus Mulders Untersuchun-
gen scheint ausserdem hervorzugehen, dass beim Verwesungs-
prozess nicht nur der Stickstoff der organischen Körper in
Ammoniakverbindungen eingeht, sondern dass auch der beim
Faulen frei werdende Wasserstoff sich zum Theil mit dem
Stickstoff der Luft verbindet und so die Veranlassung zum
Entstehen von Ammoniaksalzen wird. Ja der Stickstoff der
Atmosphäre scheint noch auf eine andere Weise die Bildung
von Ammoniaksalzen zu befördern. Es ist nämlich eine all-
gemein bekannte Thatsache, dass sich im rostenden Eisen
stets Ammoniak findet, was man sehr leicht erkennen kann,
wenn man das Eisen mit Kalilauge übergiesst, wodurch so-
fort der stechende Geruch nach Ammoniak entsteht. Eben
so bekannt ist es nun, dass Eisen in trockner Luft bei ge-
wöhnlicher Temperatur blank bleibt und nur in feuchter Luft
rostet; daraus scheint hervorzugehen, dass das Eisen sich
nicht mit dem Sauerstoff der Luft direkt verbindet, sondern
dass durch die Einwirkung des Wassers und der Luft Eisen-
oxydhydrat entsteht, dass dabei Wasserstoff frei wird, der sich
mit dem Stickstoff zu Ammoniak verbindet. ‘Diese Wechsel-
zersetzung kann eine unerschöpfliche Quelle der Ammoniak-
erzeugung und so der Stickstoffnahrung für die Pflanzen-
welt sein.
Kern. -
Bei der Verbrennung oder Destillation von Pflanzen und
Thierstoffen werden ebenfalls bedeutende Mengen von Ammo-
niaksalzen erzeugt; erhielt man doch früher den Salmiak oder
Chlorammonium aus Armenien und Aegypten, wo man iln
durch Verbrennung von Kameelmist, dem Brennmaterial jener
holzarmen Gegenden, als Nebenprodukt gewann. Diesem Ur-
sprungsorte verdankt auch das Ammoniak seinen Namen, in-
dem es im Handel armenisches Salz, Sal armeniacum hiess,
woraus durch Korruption Salmiak entstanden ist. In neuerer
Zeit, da die Benutzung und Bereitung von Steinkohlengas
eine grosse Ausdehnung gewonnen hat, erhält man grosse
Mengen von Ammoniaksalzen bei der Destillation dieser Stoffe
als Nebenprodukt, und es ist nicht schwer einzusehen, wie in
den Abfällen dieser Fabriken den Pflanzen viele Ammoniak-
salze geboten werden.
Endlich darf nicht unerwähnt gelassen werden, dass Vul-
kane und vulkanische Gegenden neben Wasserdampf, Kohlen-
säure und Schwefelwasserstoff auch bedentende Mengen von
Ammoniakverbindungen aushauchen, die dem Pflanzenleben zu
Gute kommen, oder die vielmehr von den Pflanzen verarbeitet
werden müssen, wenn die Luft athembar, d. h. in dem Zu-
stande bleiben soll, dass Thiere darin leben können.
So hat die Natur auch hier mit verschiedenen ' Mitteln
gesorgt, dass die Verbindungen, : die den nöthigen Stickstoff
den Pflanzen darbieten können, überall und in reichlicher
Menge vorhanden sind und nach ihrer Vernichtung: immer von
Neuem gebildet werden; es zeigt sich hier wie überall: in der
Natur ein ewiger Kreislauf, ein beständiger Stoffwechsel, ein
Wandern des Stoffes aus einer Verbindung in die andere,
von einem Geschöpf zum andern.
Obgleich die Kohlensäure und das Ammoniak den Pflanzen
den Kohlenstoff, den Stickstoff, den Wasserstoff ‘und den
Sauerstoff in brauchbarer Form darbieten, so wissen wir
doch, dass keine Pflanze ohne Wasser zu leben vermag; die
Pflanze kann aus demselben noch Wasserstoff und Sauerstoff
aufnehmen, indem sie es zu ihren besondern Zwecken zersetzt,
— 30 0 —
oder indem es unverändert in die Verbindungen der Pflanzen-
substanz eingeht.
Die hauptsächlichste Rolle jedoch, die das Wasser bei
der Ernährung spielt, ist die eines Lösungsmittels sowohl für
die organischen als für die unorganischen Bestandtheile, ob-
gleich in neuester Zeil bestritten wird, dass die Salze in Lö-
sung aufgenommen würden. Da aber die Pflanzen keinen
Mund haben wie die Thiere, die Nahrungsstoffe, wie wir später
sehen werden, die Zellwand durchdringen müssen, so ist es
schwer erklärlich, auf welche Weise die festen Stoffe in die
Pflanze gelangen sollen, wenn nicht im Zustande feinster Zer-
theilungen, wie diess eben in einer Lösung der Fall ist.
Auch beim Wasser drängt sich die Frage auf, welches
die Quellen seien, aus denen die Pflanze dasselbe erhält?
Scheinbar ist diese Frage ganz überflüssig, indem man allge-
mein der Ansicht ist, das Wasser falle in Gestalt von Regen
nieder, werde von dem Boden aufgenommen, und dieser führe
es in genügender Menge den Pflanzen zu. Betrachtet man
diese Erklärung genauer, so genügt sie für viele Erscheinun-
gen nicht, und man kommt schliesslich zu dem Ergebniss,
dass sogar der grössere Theil des Wassers den Pflanzen auf
einem andern Wege zugeführt werden müsse.
Bekanntlich finden sich mitten in der grossen afrikani-
schen Wüste Oasen, das sind fruchtbare Stücke Landes, in
denen Dattelpalmen und hin und wieder auch Gräser ge-
deihen; Regen ist hier aber eine ganz unbekannte Erschei-
nung, weil der von der heissen Sandwüste aufsteigende Luft-
strom die den Wasserdampf führenden Luftströme nicht nur
nicht abkühlen kann, wodurch der überschüssige Wasserdampf
als Regen zu Boden fiele, sondern er befähigt die Luft sogar,
noch mehr Wasserdampf aufzunehmen, da mit der Temperatur
die Fähigkeit der Luft, Wasserdampf aufzunehmen, sich be-
kanntlich steigert. Aehnliche Verhältnisse gelten in den regen-
losen Küstenstrichen des westlichen Südamerika, in Peru und
Chile. Es könnte demnach, der gewöhnlichen Vorstellung ge-
r a
mäss, weder in jenen Oasen, noch an dieser Küste irgend
eine Pflanzendecke geben. |
Mit Hülfe des Regenmessers kann man die Menge des
Regens, welcher auf eine Fläche von bestimmter Grösse in
einer gegebenen Zeit fällt, bestimmen. In England fällt nach
diesen Messungen in den vier Sommermonaten auf einen Mor-
gen Landes höchstens eine Million Pfund Wasser in Form
von Regen. Nach genauen Berechnungen, soweit ähnliche
Untersuchungen überhaupt Genauigkeit gestatalten, fliessen
davon im Mittel mindestens zwei Fünftheile durch Bäche und
Flüsse ab; ausserdem verdunstet unmittelbar nach dem Regen
eine höchst bedeutende Menge, deren Grösse sich aber nicht
einmal annähernd angeben lässt, da sie von herrschenden
Winden, der Temperatur, der Gestaltung und Bedeckung des
Bodens abhängig ist; ihre Berechnung ist geradezu unmöglich.
Wir glauben aber nicht zu viel zu behaupten, wenn wir an-
nehmen, nach Abzug des Verlustes durch Abfliessen und Ver-
dunsten verbleibe dem Boden höchstens die Hälfte des gefal-
lenen Regens, also nur 4 Million Pfund. Die Kohlpflanzen
eines Morgens gebrauchen aber mindestens 800000 Pfund, in-
dem in der gegebenen Zeit diese Menge allein ausgeathmet
wird von den Pflanzen. Wäre der Acker mit Sonnenblumen,
Helianthus annua, bestanden, so wäre der Bedarf eine Mil-
lion, bei Ohstbäumen zwei Millionen und bei Wiesenpflanzen
sogar vier bis fünf Millionen Pfund Wasser, so dass jene
Wassermengen nur 3, 3, 4 oder #4 bis „, des ausgehauchten
Wassers geliefert hätten. Wir sehen demnach auclı hier wie
bei der Kohlensäure und dem Ammoniak, dass die im Boden
enthaltene Menge geradezu verschwindend klein gegen den
wirklichen Verbrauch ist. Es folgt daraus unmittelbar, dass
nicht die Menge des gefallenen Regens die Fruchtbarkeit einer
Landschaft bedingt, sondern dass es die Menge von Wasser-
dampf ist, den. die Winde einer Gegend zuführen und gerade
dann zuführen, wenn es Sommer ist, das .heisst, die Zeit, in
der das Pflanzenleben seine grösste Entfaltung hat. Soll also
ein Boden fruchtbar sein, so muss er die Eigenschaft haben,
a
viel Wasserdampf aus der Luft anzuziehen und zu verdichten.
Enthält demnach der Boden Salze, z. B. Thon, die begierig
Feuchtigkeit aus der Luft aufsaugen, so wird er dadurch
fruchtbar. Weit mehr aber noch, als Salze und eine mecha-
nische Äuflockerung des Bodens die Anziehung des Wasser-
dampfes aus der Luft bewirken, geschieht diess durch ver-
wesende organische Substanzen, da sie im hohen Grade hy-
groskopisch sind. Nicht die grössern Regenmengen, nicht die
höhere Temperatur der Tropengegenden allein bewirken es,
dass das Pflanzenleben jener Regionen um so viel üppiger
ist; es ist vielmehr der grössere Wassergehalt der Luft, der
allerdings durch die höhere Wärme bedingt wird.
Um einen ungefähren Begriff zu geben, wie von der Art
des Bodens die Fähigkeit abhängt, Wasserdampf aus der Luft
zu verdichten, wollen wir hier die Ergebnisse von Unter-
suchungen anführen, welche Schübler in Tübingen zu diesem
Behufe ausgeführt hat. Sie wurden in der Art angestellt, dass
er 1000 Gran Erde auf eine Fläche von 30 Quadratzollen
ausbreitete und sie der Luft aussetzte, die bei 12 — 15°
mit Wasserdampf gesättigt war. Es wurden an Wasserdampf
verdichtet:
In Stunden . . . 12 24 48 12
von reinem Sand . . . O0 Gran, O Gran, O0 Gran, 0 Gran,
kant. to han. noch, 355 ad, dd,
Zrbypserde> .. 19a... bil, Li, 5; iv,
„iketrenthon 25% 5 “uf 1a 26.4.5 28: yayı2diy
Lehrh il .dasuahh. Diva, N 30.5
grauem, reinem Thon 37 „42 5048 5149 „
feiner’ Kalkerde 1.199026, 3b ıyıı ddp! 355%
feiner! Bittererde in. 6910, 76, 180.507 821,
sHumusritsicn ti. 2805 3,9: ZI 02,
5: Garlenerdeis «ol, sh 85 2406 nABiya ‚BOihad AR,
Hökckdrerdenondiilus besl6:) z922h4iW 23 zb 231,
4 Meigelilı „aaa. ah 24 my 2934 nnd „naukry,
Humus verdichtet am meisten Wasser, ‚reiner (uarzsand
gar keines. Wenn schon diese Versuche nicht unmittelbar auf
— 3 —
die Natun übertragen! werden‘'können,; wenigstens nicht: in
ihrer gegenwärtigen Gestalt, da. sowohl Temperatur als Feuch-
tigkeitsgrad' der Luft einem beständigen Wechsel unterworfen
sind, auch: die Erdschichten ununterbrochen sich ändern, — so
lehren‘ sie''doch ;i dass bedeutende ‚Wassermengen vom Boden
verdichtet'werden, und dass diese Mengen vonder Art des Bo-
demsiabhängig sind. -Wahrhaft “fruclitbar könnten aber derartige
Untersuchungen werden: wenn sie sich. auf Erdschichten von
verschiedener ''Dicke'; bei.' verschiedenen PR OERR und
Rehtighnitsgraden: erstreckten.
“ Schon’ oben’ erwähnten’ wir,: dass die Pflanzen ausser: den
klasse organischen‘ ‚Elementen anorganische enthalten;
natürlich müssen sie.’ aufgenommen werden. ‘Einige dieser
Stoffe, nämlich Phosphor ‚und ‚Schwefel, verhalten sich den
organischen Elementen ‘ähnlich, indem: sie mit jenen :Ver-
bindungen eingehen , welche höchst wichtige Bestandtheile der
Pflanzen und von einer noch lange ‘nicht genau ‚erkannten
Wirkung für den: Stoffwechsel sind’; Phosphor ‘und Schwefe]
kommen in den’ eiweissartigen Körpern , besonders: reich : im
Samen der Hülsenfrüchte vor ;; Schwefel findet ‚sich in einigen
flüchtigen Oelen, z.B. im Senföl, Die übrigen unorganischen
Elemente erscheinen zwar als unentbehrlich‘ für das ‘Leben,
fehlen jedoch in den’ eigentlichen‘ Pflanzengebilden;: sondern
sie treten meist "in den Hohlräumen -der :Pflanzen:'in Form
von: Krystallen: ‘oder gelöst im Zellensafte auf,. und. schon
Malpighi fand krystallisirte unorganische Stoffe in den ver-
schiedenen von ihm untersuchten Gewächsen. Die Halme der
Gräser und besonders der Schachthalm verdanken ihre Festig-
keit und Härte einzig solchen‘ in’ krystallinischer Gestalt aus-
geschiedenen Stoffen‘, der‘ Kieselerde nämlich.
Als’sicher nachgewiesen finden sich in den Pflanzen fol-
gende Stoffe: Kalium, Natrium,’ Galcium, Magnesium, Alumi-
nium, Kiesel, Silber, Kupfer, Eisen, Zink, Chlor, Brom, Jod
und Arsenik; für die Gewinnung ‘der ‚Kalisalze und des Jod
sind sie"bis jetzt sogar die einzige Quelle, wo sie sich in
Filly, Ernährungsverhältnisse, 3
der SE che
grösserer Menge: finden. Diese: Stoffe kommen aber in den
Pflanzen nicht im metallischen Zustande 'vor, sondern: in:-den
mannichfachsten Verbindungen, besonders an organische Säuren
gebunden. Solche Elemente, die sich in ‚ihren ‚Eigenschaften
und in ihren ‚Verbindungen ‚sehr nahe stehen, scheinen ‚sich
gegenseitig verirelen zu können, Jedoch nur in sehr-beschränk-
tem: Masse. Bekannt ıst,. dass die 'Ländpflanzen: besonders
reich an Kalisalzen sind, weshalb, man ‚ihre ‚Asche‘ zur Ge-
winnung des kohlensauren Kalı’s, d. h. der Pottasche benutzt,
während bei den Seepflanzen und in '.den.; sogenannten: Salz-
pflanzen die Natronsalze vorherrschen;: jedoch: sind.‚auch See-
pflanzen häufig reicher an Kalı, obgleich. ihnen ‚ Natronsalze
in bei weitem grösserer Menge zu Gebote standen, indem
Kochsalz den Hauptbestandtheil der festen Rückstände, des
Meerwassers ausmacht. Schulz -Fleeth untersuchte ‚zwei
in demselben Bache dicht nebeneinander wachsende Pflanzen,
die Wasseraloö (Stratiotes: angustifola) und die Hottonie
(Hottonia palustris), auf ihren Gehalt: an anorganischen
Stoffen und fand in, der.erstern nur ‚Kali, in, der ändern; nur
Natron, obgleich beide Alkalien in ‚ihren. Eigenschaften ‚und
Verbindungen ausserordentlich ‚ähnlich sind. Diese Erfahrung
gewährt uns einen Fingerzeig, warum auf..dem einen, Boden
diese, auf dem andern jene Pflanzen. besser gedeiben,, wenn
auch dem äussern Anscheine nach der, eine :Boden dem an-
dern ganz gleich ist: Zugleich. lehrt uns ‚diese Beobachtung,
wie wichtig für die:Landwirthschaft die Bodenkunde ‚und ‚die
Ackerbauchemie sind, und welchen Einfluss sie im. Laufe der Zeit
gewinnen werden. : Wir: verwahren uns jedoch. gegen. die. Un-
terstellung, als: ob ‚mit'der. Chemie allein und nur im Labora-
torium des Chemikers der Ackerbau seiner Vervollkommmung
entgegengeführt werden könne. Wir. wollen umsomehr vor
derartigen einseitigen Auffassungen ‘warnen, ‚als sie. einer ‚ge-
deihlichen Entwicklung der Landwirthschaft nur. ‚hinderlich
sein könnten; auch deswegen, weil in. den letzten Jahren eine
grosse Zahl von Büchern erschienen ist, die. theils nur Buch-
händlerspekulationen ihren Ursprung ‚verdanken, ‚theils: ‚aber
— Mb; —
beim redlichsten' Streben‘ des Verfassers auf so einseitigem
Standpunkte stehen, dass sie die Ergebnisse der Wissenschaft
bei dem Landwirth in einem üblen Kredit bringen, statt den
Landmann zu eignen Untersuchungen anzuspornen; zu der
ersten Art gehören alle sogenannten Geheimmittel, den Ertrag
des Bodens zu verdreifachen u. s. w., wie marktschreierischer
Weise angekündigt wird. |
Wenn man Pflanzen verbrennt, so befinden sich in der
Asche alle unorganischen Stoffe, welche in der lebenden Pflanze
vorhanden waren, freilich meist in andern Verbindungen, da
_ beim Verbrennen z. B. alle organischen Säuren in Kohlensäure
übergeführt wurden, weshalb die Alkalien und Erden meist
als kohlensaure Salze auftreten. Die Menge ist im Verhältniss
zur ganzen Pflanze immer gering; sie beträgt im Durchschnitt
nur wenige Prozent vom Gewicht der verbrannten Substanz.
Krautartige Gewächse und Rüben geben den höchsten, Hölzer
den geringsten Aschengehalt. Im Stroh der Getreidearten hat
man fünf, in den Samenkörnern zwei, im Kraut der Hülsen-
früchte fünf, in den Körnern drei, in den Kleearten sieben
bis zehn, in den Blättern der Zuckerrübe (Beta alba) über
zwanzig, des Tabaks bis drei und zwanzig, in den Kartoffeln
aber vier Procent Aschenbestandtheile gefunden. Diese bei
verschiedenartigen Pflanzen vorkommenden Unterschiede im
Aschengehalt erstrecken sich jedoch nicht auf Pflanzen der-
selben Art; im Gegentheil ist bei ihnen, wenn sie auch von
den verschiedensten Standorten untersucht wurden, der Aschen-
gehalt ziemlich genau übereinstimmend gefunden. Dagegen
verhalten sich verschiedene Theile derselben Pflanze sehr ab-
weichend; die meiste Asche geben die grünen Theile und die
Pflanzensäfte.
Unter den einzelnen Verbindungen hat das Oxyd des
Kaliummetalls, das Kali, die weiteste Verbreitung; es beträgt
häufig mehr als die Hälfte der Asche, bei einigen Pflanzen,
als den Kartoffeln und Rüben, sogar das Fünfzehnfache aller
übrigen anorganischen Subtsanzen. Das dem Kali so ähnliche
3*
Natron. ist, viel weniger, verbreitet, nur.\-selten; ‚übertriffi seine
Menge. die /des ‚Kali's... «Besonders.,ireich. \‚an, Natronsalzeni, sind
die. versehiedenen 'Rübenarten.iund..die, Melde (Chenopodium);
manche Seepflanzen ‚enthalten: ‚so..vie davon, dass. .manı, aus
ihrer ‘Asche Soda. bereitet , ‚und die ‚Soda: von.;Alikante istıein
Produkt. einer Ghenopodiumart. H sol
Nächst dem Kalı findet sich am hänfiesten Ei Kalk, 2
in’ vielen Fällen. das Kali ersetzen, zu ‚können! scheint, da’ seine
Menge: zunimmt ‚wo: die.'.des erstern.,sich. vermindert...’ Am
kalkärmsten sind die, Kartoffeln, woher es ’zu kommen. 'scheint,
dass Menschen, die. nur.. von Kartoffeln ..leben, einen. sehwachen
Knochenbau: haben ‚. ‚die‘, sogenannte englische ‚Krankheit ,..da
dem Körper. mit. der...Nahrung ‚nicht. .so,,viel Kalk ‚zugeführt
wird, als zum. Aufbau. des -Knochengerüstes nöthig ist;,,‚beson-
ders nachtheilig. ist ‚daher, für, Kinder. .die :ausschliessliche Er-
nährung mit: Kartoffeln... während: bei. Erwachsenen. das ı Kno-
chengerüst schon vorhanden ist. Wollen. wir: daher. ‚ein. tüch-
tiges Geschlecht: erziehen, so,.müssen ‚wir. dahin ‚streben‘, ‚den
Kindern .der Armen, eine ;bessere. Nahrung zu verschaffen.
Reich an Kalksalzen. sind dagegen. die Linsen, und sie,,können
nicht genug als. ein Ersatz für die,mangelnde Fleischnahrung _
empfohlen werden, ‚um. se. mehr ,„.als‘.sie eine. den ‚Ackerbau
gut lohnende Frucht.'sind, 5 baidoriet
Viel ‚seltener als ‚der Kalk. ist; die aa nadı sie ‚über-
trifft an Menge nur selten den’ erstern,.' wie in,einigen Feineider
arten und. Rüben. vu dar 1,
Die Thonerde . scheint. in unten Fällen. ..eber'.eine
Verunreinigung der Asche, als wirklicher Bestandtheil derselben
zu sein; doch finden. sich, bis vierzig. Prozent ‚derselben: in; der
Asche des sogenannten Bärlapp.
Kupfer und Silber finden sich nur’in. seltenen Fällen a
nur:in geringen Mengen ;. sie scheinen‘. nicht ‚nothwendig für
das Leben: der Pflanzen ‚zu sein. Fast eben so, selten: ist.das
Eisen. und der Gehalt immer gering ;' dennoch ‚hat es den An-
schein, als ob Eisen eine nicht: unwichtige Rolle bei der Er-
nährung spiele.
== =.
‚Zink‘ ist bis Jetzt "in "einer einzigen‘ Pflanze, im .'soge-
nannten"Galmeiveilchen entdeckt, /und es scheint für‘ dieselbe
eine’Lebensbedingung zw sein, da’ man es angeblich nur an
Omen gefunden hat, deren’ Zinkreichthum' bekannt ist.
"Die Kieselsäure findet’sich , wie wir schon’ oben anführ-
ten, besonders in den Halmen der Gräser;' der Röhrarten, der
Bisen.: und ‘der Schachtelhalme ; ihre Asche: ist oft reine
Rieselerde. Er » 950
2 >Pas'Chlor hat'man im Safte der’ verschiedensten Pflänzen
nächgewiesen aber oft in wechseluden Mengen‘; selbst bei
Pflanzen von demselben Boden nnd derselben Art ,' wogegen
Jod ünd Brom bis jetzt nur‘ in Seepflanzen entdeckt sind.
Arsenik ist viel'verbreiteter, als man bisher glaubte,’ aber’ stets
in so kleinen Mengen, dass der Nachweis desselben nur' bei
ganz feinen Meihoden''gelingt; sein "Vorkommen 'scheinf nur
dürch""seine Gegenwart in "fast “jedem Ackerboden bedingt,
aber ohne Einfluss’auf die Ernährung ; ist seine Menge im Boden
etwas bedeutender, so’ wirkt 'es sogar als Gift: auf das Pflanzen-
leben, ‘wahrscheinlich in ähnlicher Weise, wie-bei den Thieren.
"> Die anorganischen Stoffe "welche. wir als den Pflanzen
eigen so eben angeführt haben, sind überall ein’ Bestandtheil
des Erdbodens, dem’ sie “durch das’ 'verwitternde Gestein im-
mer von Neuem zugeführt ‘werden. Es ist ‚jedoch einleuchtend,
dass bei steigernder Produktion die ‘Salze dem’ Boden im-
mer mehr entzogen werden, . dass man’ ‚daher Sorge’ tragen
muss, die Verarmung des Bodens an diesen ‚Stoffen zu ver-
hüten, ‘weil anderweit das Gedeihen‘'der Pflänzen nothwendig
aufhören müsste. ‘Den grössten ‘Theil der Salze‘ kann der
Dünger dem Boden wieder ‘geben, weil sie nicht in Gasgestalt
entweichen, wie die 'verwesenden organischen Stoffe ; es Ist
daher ein gar nicht ‘zu entschuldigendes Verfahren, wenn- man
die Jauche, ‘welche den grössten ‚Theil ‘derselben gelöst ent-
hält, wegfliessen lässt und dadurch die Strassen verpestet, statt
sie auf den Acker zu. fahren oder noch. besser. fleissig über
den Dünger zu.-giessen, welcher die: Salze zurückhält, während
das Wasser: verdunstet. ‘Wenn man ‘Aecker und Wiesen ‘mit
an
Guano, Knochenasche, Asche, Bauschutt, Mergel bestreut, so
hat diess wesentlich den Zweck, dem Boden die mangelnden
Salze zuzuführen; leider sind sich die Leute ‚dessen: selten
bewusst, und eine genaue Kenntniss des Bodens ist das. ein-
zige Mittel, die Wahl dieser Stoffe zu bestimmen. Ein anderes,
wichtiges Mittel, den ‚Boden ‚mit ‚Salzen zu ‚bereichern, ist ein
tiefes Bearbeiten desselben, indem ‚dadurch die. untern ‚man
könnte sagen noch jungfräulichen, an Salzen reichen Schichten
an. die Oberfläche kommen. Diess scheint. ein \'englischer
Landwirth in. seiner ganzen Wichtigkeit erkannt. .zu ‚haben,
der in einer Schrift, die 1856 schon fünfzehn Auflagen ‚erlebt
hatte, wahrhaft überraschende Resultate ‚mittheilt, die‘, er bei
der Weizenkultur durch eine Aiele Bearbeitung ‚des Bodens
erlangt hat”). £
Viele Stoffe kommen im Boden: in..so sitsseronlantlich
geringer Menge vor, dass es dem Chemiker oft) nicht gelingt,
ihre Gegenwart an irgend einer Lokalität nachzuweisen; den-
noch findet man sie in «den Pflanzen. Aus dieser Erscheinung
geht hervor, dass die Pflanzen die Eigenschaft haben, ‚die
ihnen 'nöthigea Körper, man ‚möchte"sagen, ‚aufzuspüren und
sich anzueignen; sie sind wahre ‚Sammler solcher Substanzen
und machen es dem Menschen. möglich, | sie in. grösserer
Menge zu gewinnen, während man sie auf anderem Wege gar
aicht oder’ nur mit sehr grossen: Kosten erhalten könnte. Zu
diesen Stoffen gehören das Kali, das‘ Jod ‚und. der Phosphor,
welchen letztern wir aus. den Knochen - der. Thiere. erhalten,
die ihn mit der Pflanzennahrung ‘sich aneignen... Wo,‚Pflanzen
gedeihen, muss es im Boden Phosphorsäute geben, ‚wenn man
nicht annehmen: will, dass der Phosphor innerhalb der Pflanzen
aus dem Nichts geschaffen werde; .aber.in den seltensten Fällen
ist es möglich, mit ;Hülfe chemischer Mittel, ihre. Gegenwart
in der Ackererde darzuthun. : Noch auffälliger ist es mit dem
*) Der Titel der Schrift lautet: A Word in Season; or how to
grow wheat with profit. Fifteenth edition, corrected; with @
word or tıwo more to those who have 'tried. London 1856.
Per ge
Jod; wenn auch selten, so:'kann man doch die Phosphorsäure
nachweisen; das Jod im Seewasser zu entdecken, ist uns noch
nicht gelungen. ' Dennoch wird es in nicht: unbedeutenden
Mengen aus Pflanzen gewonnen, die im*Meere wachsen. Die
Gewinnung des Jod ist aber ‚sehr wichtig, da es eine bedeu-
tende Anwendang in: der Medizin und ‚bei der Anfertigung
von: Lichtbildern' findet. |
Was endlich nech die Form betrifft, in welcher die un-
organischen Stoffe in den Organismus der Pflanzen gelangen,
soi4st: nicht. gut eine andere ‚Möglichkeit denkbar, als dass
diess, inLösungen geschieht. Zwar hat Liebig in neuester
Zeit. dieser Annahme widersprochen, indem er sich 'auf die
Erfahrung stützt, dass Salzlösungen, ' wenn 'man sie durch eine
hohe! Schicht: Ackererde fliessen lässt, einen ‘grossen Theil: des
gelösten. Salzes an die Ackererde abgeben. Deswegen, meint
er gegen seine frühere Ansicht, ‘die Pflanzen nähmen die Salze
in «fester ‚Form auf, indem er noch als Beweismittel hinzu-
fügt, dass, die Salze immer: tieler, in ‘den Boden eindringen
müssten, also den’ Pilauzen entzogen würden, wenn das Wasser
dieselben löse..; Warum. sell die Lösung ,‚ die’ sich in den
obern Schichten ‚befindet, nicht die Salze seinem: Versuche
gemäss. dort ‚lassen, wenn. die verdünntere Flüssigkeit nach
unten dringt?. Auf, der andern Seite kann man aber aus un-
löslichen. ‚Stoffen durch ‚hinreichende Mengen Wassers nach
und nach alle löslichen auswaschen, ein Verfahren, das Liebig
nicht, minder als ‚andere Chemiker anwendet. ‚Aber abgesehen
davon, was. sich ‚vom. Standpunkte|.des Chemikers hier noch
anführen liesse, ‚ist.es absolut unmöglich, dass die Pflanzen
die Salze in fester Form aufnehmen, weil alle Oefinungen
fehlen, ‚durch ‚die feste Körper eindringen könnten, indem es
bis jetzt noch nicht, gelungen ist, ‚mit. ‚dem schärfsten Mi-
kreskope Oeffnungen oder .«Löcher ‚in der Wandung. jugend-
licher, -saftgefüllter Zellen. zu. entdecken ; die Salze finden sich
aber innerhalb der Zellen... |
Ob.Phosphor und Schwefel in Form von ‚phosphorsauren
und schwefelsauren Salzen oder als Phosphor - und Schwefel-
ze. We
wasserstoff: aufgenommen \werden;, ist‘ noch! unentschieden und
dürfte überhaupt; schwer zu entscheiden sein‘, -da ;ihre Menge
im' Verhältniss zur»ganzen Pflanze ausserordentlich gesing'ist:
Ein Morgen Erbsen'/öder Linsen, die am meisten: eiweissartige
Substanzen erzeugen ‚' daher auch ‘am meisten Phosphor: und
Schwefel gebrauchen, 'verbraucht | für eine Ernte: kaum "zwei
Pfund Schwefel und ein Pfund Phosphor. Es’ enthält‘ daher
die Annahme nichts. Widersinniges ‚''so' geringe‘ 'Mengen von
Phosphorwasserstöff und Schwefelwässerstoff fänden sich immer
in» der Luft, um: diesen geringen Bedarf zw'decken,''zumal' sich
bei jeder ‚Verwesung diese Verbindungen: bilden, und 'Sehwefel-
wasserstoff auch von den . Vulkanen‘ ausgehaucht' wird. »Ebensö
unbedenklich ist die ‘Meinung, es würden phosphorsaure' und
scwefelsäure ‚Salze :aufgenommen;, um so‘ weniger, als“ beide
Salze: ausserordentlich verbreitet sind ‘und’ ihre Säuren ‘in ‘den
lebenden Pflanzen ‘selbst: vorkommen. ' sin. Sun maynn 8
Fassen : wir noch "einmal die (gewonnenen 'Resultate”'zu-
samen, so: haben :wir einen sehr‘ einfachen: Stoffwechsel : 'die
Pflanzen nehmen ‚aus der: ’anorganischen ‘Welt Kohlensäure;
Ammoniak, Wasser. und einige Salze: auf,’ indem: sie diese
Stoffe überall‘ vorfinden. ° Sie ‘:werden verarbeitet und’ in‘or-
ganische Materie übergeführt , die©'alsdann den 'Thieren'zu
ihrer Ernährung dient; diese scheiden sie’ aber wieder als um-
organische Stoffe aus oder zerfallen:'in 'solche 'bei ihrem Tode;
und der Kreislauf derselben. ‘beginnt aufs Neue. vu un"
‘Man könnte noch 'einwerfen, der Dünger ‘wäre ber dieser
Auffassung der Pflanzennahrung ein ' ganz’ überflüssiges Ding;
wäre die Sache so, . wie »wir‘'sie 'eben KERN so hätte man
gar nicht möthig zu düngen. ww A *
Wir glauben aber nicht zu einer h solchen Auffassung‘ wi
anlassung' gegeben zu haben, denn warum 'sollte'‘der Dünger,
indem’: er in seme Bestandtheile zerfällt, nicht: mittelbar zur
Ernährung beitragen’? : Ausserdem haben 'wir"sehon angeführt,
wie er es wesentlich ist, der dem"Boden' die Salze‘ zuführt
und wie man seine Wirksamkeit in diesem Sinne noch‘ bedeu-
tend erhöhen könnte. Freilich könnte man ihn‘in dieser Eigen:
Sa De
schaft entbehren, indem man die Salze in anderer Form dem
Acker zuführte, was denn auch in der That häufig geschieht.
Unersetzbar ist aber seine Eigenschaft, Feuchtigkeit aus der
Luft zu verdichten und so den Pflanzen die nöthige Nahrung,
Wasser und die darin gelösten Stoffe, zur Aufnahme bereit zu
halten. In Wäldern und auf Wiesen, wo stets abgestorbene
Pflanzentheile vorhanden sind, ist er auch in der That ganz
entbehrlich, wenn man sie nur, besonders die Wiesen, von
Zeit zu Zeit mit den nöthigen Salzen versorgt. Es soll aber
keineswegs damit gesagt sein, der Dünger ‘wäre den Wiesen
nicht vortheilhaft;’ er kann’ im Gegehtheil dazu beitragen, eine
schlechte Wiese bedeutend zu, verbessern, besonders wenn
nah Ähh’ Hichtwie es häufig keschieht , "blos 'auf die Wiese
streut, sondern ihn;,tüchtig unterarbeitety; da er alsdann den
Boden auflockert und ihn befähigt, einerseits überschüssiges
Wasser durchzulassen, anderntheils Wasserdampf aus der Luft
zu verdichten.
Eine ganz eigenthümliche Abtheilung der Pflanzen bilden
die Schmarotzer, viele tropische Orchideen ‘und Aroideen, die
ÖOrobanchen, die Mistel, viele Pilze, Schwämme und Flechten,
die nur auf organischen Geschöpfen‘,’ auf‘ lebenden 'oder ver-
wesenden gedeihen.- Dieses Vorkömmen atf ‘andern Organis-
men," dieses Gefesseltsein an’ das Dasein 'anderer organischer
Geschöpfe, in’denen sie’wurzeln‘, scheint‘ zu beweisen, dass
sie wenigstens nur von schon örganisirten’Stoffen’lebeh 'kön-
nen. Im Gegensatz zu den ‘übrigen Gewächsen muss’ ihhen
die’ Nahrüng vorbereitet ‘sein, ‘sie können nicht''Kohlensäure
und Ammoniak 'zersetzen , ‘wie’ diess von “den "ändern “Pflanzen
geschieht. Zür 'Zeit' aber fehlt “uns” noch 'alles "Mäterial, "N#-
heres über die Ernährung der Schmarotzer anzugeben ;' auch
Verschiinideh" 'sie im‘ een Saiten der Mn Neue
Ber ER: REN MINE: Da 7
Zweites, Kapitel.
‚Von ‚der Aufnahme der Nahrungsstoffe und ‚ ihrer. Kork
bewegung durch die ——
) Vom Bau der: Pflanze:
Bevor wir von der Aufnahme der Nahrungsstoffe sprechen
können, müssen wir erst in’ wenigen ‚Zügen ein allgemeines
Bild.vom Bau der Pflanzen entwerfen; denn ohne. eine Kennt-
niss der anatomischen Verhältnisse ‚und der ‚einzelnen Theile
der Pflanzen. ist das Verständniss der Aufnahme. der. Nahrungs-
stofle und die Art ihrer Aneignung unmöglich.
Während bei den Thieren, wenigstens ‚bei den höhern,
ein. vollständiges System von Apparaten, Mund, Speiseröhre,
Magen, Darm und Blutgefässe, die, Ernährung vermitteln,
suchen wir bei den Pflanzen. vergebens nach ähnlichen Ein-
richtungen. Wenn man eine Pflanze ‚mit blossem ‚Auge oder
bei schwacher Vergrösserung betrachtet, so erscheint jeder
Theil derselben als eine vollkommen gleichartige Substanz, in
der vor allen Dingen Oeffnungen, die in das Innere führen,
ganz fehlen. Bei stärkerer Vergrösserung erscheint die vorhin
gleichartige Masse gleichsam als aus einzelnen Maschen be-
N
stehend, die dicht neben einander: liegen, ‘deren jede für sich
durch... eine‘ rings geschlossene Haut abgegrenzt. ist, und. die
verschiedene Gestalt und Grösse haben. Bei sorgfältiger: Be-
handlung kanu man die einzelnen Maschen aus der ganzen
Substanz unverletzt loslösen,, besonders wenn man das Gewebe
vorher mit Wasser oder Alkalien eine Zeit lang: .stehen lässt.
Fig. 1. zeigt diese Maschen von verschiedener Grösse im Quer-
schnitt ‚eines ‚Farrenkrautes. |
Die Grundform dieser Maschen, welche die wahren Ele-
mentarorgane der Pflanze bilden, ist. ein Bläschen von. läng-
licher‘: oder runder Gestalt; ‚eine feste Haut schliesst eine
Flüssigkeit: .ein..; Man nennt diese Bläschen ‚Zellen; stehen
mehrere Zellen. in einer: Reihe übereinander und die ‚Quer-
scheidewände sind: verschwunden, ‚so hat man die Gefässe;
sie bilden. alsdann mehr ‚oder weniger lange Röhren, an denen
man \aber immer noch unter dem Mikroskop erkennen. kann,
wo früher Scheidewände waren. Im jugendlichen Zustande 'be-
stehen daher alle Pflanzentheile aus ‚Zellen ; im weitern Ver-
laufe. des Wachsthums verschwinden an. gewissen Stellen die
Querscheidewände zwischen je zwei Zellen, es entstehen die
Gefässe.. ‚Die niedern Pflanzen, wie Algen, Flechten, Moose
und Pilze bestehen: ihr ganzes: Leben: hindurch nur aus.Zellen,
einzelne Arten sogar ‚aus einer einzigen, wie das Hefenpflänz-
chen, durch dessen Gegenwart ‚in: zuckerhaltigen Flüssigkeiten
die, weingeistige Gährung hervorgerufen und unterhalten: wird.
Die ursprüngliche Gestalt jeder Zelle ist die: Kugelgestalt,
und erst im weitern. Verlaufe. der Entwickelung ‚und ihres
Wachsthums nimmt sie die verschiedensten Formen an, theils
bedingt durch den Raum, indem sie. sich. entwickelt, theils
durch die Lage der sie umgebenden. Zellen, theils durch eine
gewisse einseitige Weiterbildung der Zellhaut. Bei ‚frei ‚sich
nach allen Seiten ausdehnenden. Zellen ist. eine unendliche
Formenverschiedenheit möglich; dagegen ist die vorherrschende
Form derjenigen Zellen, ‚die mit andern ein Gewebe. bilden,
die eines, Polyeders, obgleich. auch. hier sich andere Formen
entwickeln, z. B. sternförmige Gestalten. Fig.’ 2 zeigt ellip-
— DE
tische‘ Parenchymzellen aus dem'Blatte von Serostichon'alei-
corne, Fig. 3 rn aus’ (denk URERE der‘ Garten-
balsamine. 1 st hau Finland anal v
"Kurze, nach allen Richtungen nahezu ''gleichmässigausge-
dchnte) Zellen‘ von vieleckiger' oder“ fast 'kugeliger ‘Gestalt
bilden die Grundlage \des' Gewebes 'aller höher “entwickelten
Pflanzen, wenigstens in’ ihren’ jugendlichen Zuständen; ' bei der
erwachsenen Pflanze bestehen das Mark; die Rinde,'die 'Blatt-
substanz'und die Fortpflanzungsorgane fast ausschliesslich aus
solchen:Zellen. '-Man nennt diese Gewebe zum Unterschiede
von: den 'Gefässbündeln Parenchym', in‘ seinem ' jugendlichen
Zustände auch Kambium.' Gefässbündel dagegen-heissen’die’aus
langgestreckten' Zellen ;' die an ihren‘ Enden: zugespitzt' sind,
und ‚aus Gefässen bestehenden‘ faserigen ‘Stränge ‚' welche das
Parenchym: durchziehen und’ den ’Holzkörper bilden.» Fig.»4
zeigt gestreckte Zellen’ aus dem Stengel der Saubohnen, Fieia
Faba, Fig. 5 Gefässbündel aus ‘derselben: Ging “Fig. 6 ge
streckte,’ an”beiden: Enden ‘zugespitzte ‘Zellen. » un"
Was die: Grösse der einzelnen Zellen betritt 'so in
im’ Allgemeinen so klein, dass wir sie mit blossem Auge nicht
wahrnehmen können; nichtsdestoweniger ist ihr Volumen “aus-
serordentlich' verschieden ;:' ihr 'Durehmesser‘‘schwankt'‘bei Pa-
renchymzellen ‘zwischen 745: und 500 ‚einer Linie . "indem ’"die
Mehrzahl einen Durchmesser von’ gt: bis „#5 Linie 'hat. ‘Der
Querdurchmesser der’ gestreckten Zellen‘ ‘ist im’ Allgemeinen
noch geringer; als bei den Parenchymzellen ; desto auffallen-
der ist“ihre Längenausdehnung, die‘ zwischen # Linie und
einigen 'Zollen schwankt; Zellen jedoch, die‘ länger 'als' eine
Linie sind, sind’ sehr‘ selteny'"sie finden’ sich’ nur im -Baste
und in’einigen Haaren bei den RPENER ee _ ‚aber
bei den’ niedern häufiger. | aliSa:
' Die’ Zellenhaut ist in der'Regel starr 'und''steif,"und zwar
um so mehr, je'älter die Zelle ist; die Zellen des Schachtel-
halms' sind sogar 'so :hart''in''Folge'' darin! abgelagerter'Kiesel-
erde Hass 'sie Zum Poliren’'der Metalle dienen. " Im jügend«
lichen 'Zustande ist die’Zellhaut "sehr''weich; bei-Algen, Pilzen;
BEE, . : De
bei manchen: »fleischigen ‘Früchten und Zu attan behält:: sie
diesen Zustand. auch im ‚Alter: bei.
‘: Alle. Zellhäute werden im. Wasser aufgeweicht, um: so
leichter‘; je jugendlicher:; die‘Zellen: sind; das Wasser: durech-
dringt ‘sie. ' In «spätern ‘Zuständen ‘lagern sich ‚andere: Stoffe
darauf. ‘ab; siewerden :härter und nehmen häufig: eine «dunkle
Färbung än,,ı während: sie! früher farblos: sind.’ ‘Indem:,sich
feste Stofle ‚aus: :dem.':Zellsafte‘ ausscheiden „ lagern‘ sie sich
am Innern der Zellenwand ab :und ‚geben. zu. den : verschieden-
sten Bildungen Veranlassung, ‚da sie sich'nicht an allen Stellen
gleichmässig;;niederschlagen.; So: entsteben: unter: andern die
sogenannten -.‚Spiralgefässe.: und Treppengelässe ;'» ferner. die
Tüpfel,, ‘die dazu, Veranlassung gegeben haben, zu‘ glauben,
die Zellen seien an; diesen: Stellen durchlöchert,, welche 'Mei-
nung sich ‚bei näherer Prüfung als’ falsch. erweis’t.- Die: Zell-
haut :ist:'im ‚Gegentheil,eme gleichartige: Masse ;: ‚ohne‘ Fasern
und besondere Strukturverhältnisse. Auch: bei’ der';stärksten
Vergrösserung hat: man. eine: Struktur: eben so wenig:'als Oeff-
aungen) darin- entdecken ‚können.:\Die‘ mit: einander verwach-
senen Stellen. lassen sich: durch: Drücken und Reissen von ıein-_
ander-'trennen ,; auf) ‚die 'leichteste, Art «bei sehr säftigen -Ge-
weben; bei andern‘ Theilen der’ Pflanzen muss: man sie durch
Kochen; öder durch‘ N mit, Alkalien sunr Säuren von
einander entfernen. | Biagı L
"Da: die! Zellen nur in seltenen Fällen. mit beiadeh; End:
flächen aneinanderstossen, ‚sondern meist an-den: Enden abge-
rundet .'sind,,.iso entstehen zwischen: ihnen hohle Räume, die
nicht von einer Haut umgeben sind. .' Weil diese Hohlräume
in einänder‘ münden, so: entsteht zwischen ‘den Geweben
durch die ganze Pflanze hindurch ‘nach allen Seiten verzweigt
ein System von mehr: oder weniger erweiterten Röhren. 'Sie sind
bei: lebenden Pflanzen ' meist: mit Luft gefüllt ‚und 'heissen In-
terzellulargänge oder Interzellularräume. Bei allen Pflanzen-
theilen , die: im Innern ‘der ‘Erde ‘oder unter! dem Wasser
wachsen, sind jene Räume nach Aussen abgeschlossen, indem
an ‚diesen Theilen‘ die Oberhautzellen in ebenen Flächen an-
ie. Ein
einanderstossen. Bei den Pflanzentheilen dagegen, die der
Luft ausgesetzt sind, vor allen auf der: Unterseite der Blätter,
stehen sie mit der äussern I.uft in Verbindung, indem ihre
Ausgänge mit krummflächigen Zellen eingefasst sind; diese
Oeffnungen heissen Spaltöffnungen oder Poren. Fig. 7 zeigt
uns die untere Blattseite der stinkenden Niesswurz, Helleborus
foetidus, in welcher bei a solche Poren sich befinden.
Im Allgemeinen sind die Interzellularräume sehr eng und
zwar um so enger, je regelmässiger polyedrisch die Zellen
sind; es giebt jedoch Fälle, wo die Hohlräume eine so 'be-
deutende Ausdehnung erlangen, dass ihr Rauminhalt grösser
ist als der der Zellen, durch welche sie umschlossen: werden;
oft erweitern ‚sie sich zu ordentlichen Säcken. "Besonders auf-
fällig tritt diese Erscheinung hervor bei den Blattstielen. und
Stämmen solcher Wasserpflanzen, die auf dem Boden wurzeln,
deren Blüthen und Blätter aber auf dem Wasser schwimmen,
wie bei der Wasserrose.
Nicht selten sind die Interzellulargänge mit Substanzen
angefüllt, die von der Zellenhaut 'ausgeschieden sind, die man
Interzellularsubstanzen nennt und die "häufig als Bindemittel
zwischen den einzelnen Theilen des Gewebes dienen. Bei den
Nadelhölzern sind es Harze, bei andern Pflanzen, z. B. dem
Essigbaum, Milchsaft, bei den Doldenpflanzen und: bei‘ den
Orangen flüchtige Oele. Die an der Oberfläche der Pflanzen
liegenden Zellen scheiden nach aussen ebenfalls Interzellular-
substanzen aus, welche eine äussere Schicht um alle ‘der Luft
ausgesetzten Theile bilden. Man hat diese Schicht Kutikula
oder Oberhaut genannt.
Die Natur der Stoffe, welche den Zelleninhalt bilden, ist
nach dem gegenwärtigen Standpunkte unsrer Kenntnisse kaum
annähernd zu bestimmen, da die meisten derselben im Zell-
safte gelöst sind, ihre Menge aber fast immer so gering
ist. dass es unmöglich ist, sie durch chemische Hülfsmittel
zu prüfen. In allen jungen Zellen findet sich der Innen-
wand der Zellhaut angelegt eine dünne , körnige Haut,
die sich ablöst und zusammenzieht, wenn man die Zelle
a, : REES
mit. starkem 'Weingeist behandelt. Diese Zelle in der‘ Zelle,
welche sich mit Jodlösung gelb färbt, während die eigentliche
Zellhaut mit demselben Reagenz behandelt eine blaue Farbe
annimmt, nennt ihr Entdecker, Hugo M ohl, Primordialschlauch.
Sie enthält wahrscheinlich Stickstoff, während die äussere
Zellenmembran nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer-
stoff besteht. Ferner findet sich im Innern junger Zellen der
sogenannte Zellenkern, der oft im Verhältniss zur Grösse der
Zelle sehr bedeutend ist. Primordialschlauch und Zellenkern
sind für die Zellenbildung von der äussersten Wichtigkeit;
mit dem Alter verschwinden ‘beide Bildungen. Fig. 8 zeigt
eine mit Alkohol behandelte Zelle; «a ist die Zellhaut, 5 der
Primordialschlauch, e der Zellenkern.
Der Zellensaft, obgleich immer klar und wasserhell, selten
roth ‚oder blau gefärbt, ist. je nach der Stelle, wo: sich
die Zelle befindet, und je nach der Verarbeitung, welche
die aufgesogene Flüssigkeit schon erfahren hat, ausserordent-
lich‘ verschieden. Bei den höhern Pflanzen können nur die
reifen Samen so vollständig ausgetrocknet werden, dass aller
Zellsaft aus den Zellen verschwindet, ohne dass sie getödtet
werden; niedere Pflanzen dagegen können Jahre lang. ganz
trocken aufbewahrt werden, und sie treiben von Neuem, wenn
man sie an feuchte Luft bringt.
In ‚den meisten Parenchymzellen findet sich, wenn auch
nicht in allen’Lebensperioden der Pflanze, das Chlorophyll oder
Blattgrün, halb: weiche Körnchen, welche die Ursache der den
Pflanzen eigenthümlichen grünen Farbe sind; im Herbst: ver-
ändert sich die chemische Natur dieser Körper. Gelöst‘ im
Zellsafte kommt dieser Farbstoff nie vor. Die Hauptmasse ‘der
Körnchen ist ein Wachs; nicht selten finden sich in ihnen
Stärkekörner. |
So allgemein aber auch das Blattgrün in den Pflanzen
verbreitet ist, so sind doch die Stärkekörner noch viel ver-
breiteter, indem sie in allen Pflanzen mit alleiniger Ausnahme
der Pilze vorharden sind. Die Stärke ist jedoch nur ein
vorübergehender Zelleninhalt, indem sie wieder aufgelöst wird
BE.
und‘nur'das: Material zu! andern: Bildungen: zu liefern : scheint.
Die Stärkekörner: sind. farblos ‚und durehsichtig und bestehen
alle 'ausı übereinandergelagerten: Blättern : von: verschiedener
Dicke,! weswegen ''sie im ''polarisirten Licht prachtvolle ‚Farben-
erseheinungen ‚zeigen: Der Schichtungsmittelpunkt liegt‘ selten
in. der Mitte‘ des ;Kernes ‚ :sondern-' meist vexcentrischy'd.'h,
dem einen Ende näher! Gestalt ‘und: Grösse! dieser. Körner
ist: äusserst verschieden; und 'oft«ist. es möglich, : mit’Hülfe des
Mikroskops ‘die Pflanze zu: bestimmen, von. welcher die- Stärke
stammt.‘ : Eine verhältnissmässig: -bedeutende Grösse und eine
sehr charakteristische Form ‚besitzen die Stärkekörner der
Kartoffel, während‘ .die: des ‚Weizens' sehr: klein sind. :
Im Zellsafte gelöst.» finden sich. Gummiarten;,.'Eiweiss,
Zucker ;' in Formi-von: Tröpfchen' fette» und ‚flüchtige ' Oele,
Pflanzensäuren ,;- als ; Kleesäure ‚ - Citronensäure',;, Weinsäure,
Aepfelsäure u: »s..w;‘ sind selten im 'Zellsafte‘.gelöst ,- sönderin
meist: mit ‚anorganischen: Stoffen! zu ‘Salzen verbunden, (die: sich
häufig. ‚krystallinisch- ausscheiden, und: deren Gestalt man ‚unter
dem Mikroskope: mitunter ‚genam bestimmen kann.
9) Die Organe der Nahrungsaufnahme.
Als erste Voraussetzung hei:der Aufnahme: der‘ Nahrungs-
ihittel- müssen‘ wir annehmen , «dass die Stoffe im Wasser ge-
löst. sind, da ‘wir bei: der'Betrachtung : der‘ einzelnen‘ Theile
der Pflanze, der Organe, gesehen :haben, dass ohne Verletzung
keine festen Stoffe in die Pflanze eindringen können. Schlei-
den sucht sogar zu. beweisen, das Wasser‘ würde nur 'in
Dampfform ‚aufgenommen ; wir halten ‘diese Ansicht, abgesehen
von ‘den Gründen, die sich gegen dieselbe ‘anführen lassen,
für sehr müssig, da es für den Ernährungsprozess - höchst
gleichgültig ist, ob‘ die Stoffe luftförmig oder in. tropfbar
flüssiger Gestalt die Zellhaut ‘durchdringen. Wichtig 'ist es
nur, zu wissen, in: welcher Gestalt sie dieselben durchdringen
können; dass dies aber im flüssiger Form geschehen kann,
dafür werden wir: weiter unten Belege anführen.
Be
"Ohne ‘Frage führen ‘die Wurzeln: 'den Pflanzen das’ Wasser
zu; 'ob aber ‘auch die' Blätter’ im Stande sind, die Wasserauf-
nahme zu vermitteln, ist zur Zeit noch eine offene Frage, ‘ob-
gleich manche Thatsachen und Erfahrungen scheinbar dafür spre-
chen. 'Wenn 'man Blätter auf’ Wasser legt, so bleiben’ sie frisch,
weil‘ sie,''so' schliessen diejenigen, 'welche eine solche‘ Funktion
der Blätler‘beanspruchen,, Wasser aufnehmen. ' Dagegen lässt
sich dieses Frischbleiben auch einfach 'so erklären, dass 'das
Wasser .den: Zutritt der: Luft''zu den Blättern ‘verhindert; wenn
äber die Luft abgehalten: wird, so: kann'die: in den Zellen 'be-
findliche'; Flüssigkeit:nicht verdunsten.‘ Viele Parasiten, beson-
ders tropische 'Orchideen und Aroideen "können: durch‘ die
Wurzeln mit’ denen’ sie''an:'den‘ Pflanzen ,; auf’ denen : sie’ als
Schmarotzer leben, haften; wenig Feuchtigkeit aufnehmen;
dafür haben sie sogenannte Luftwurzeln ,' die offenbar nicht
nöthig wären, 'wenn ‘die Blätter das zur Ernährung 'nothwen-
dige Wasser‘ aufsaugen ‘könnten. ' Auf’ der ' ändern 'Seite be-
hauptet man wieder, :die sogenannten‘ Fettpflanzen; zu denen
unter andern der Hauslauch, die fette Henne; ‘der Mauerpfeffer
und die Kaktusarten ‘gehören, müssten’im° Stande’ sein ‚, durch
ihre ‚Oberfläche Wasser zu 'absorbiren‘; weil’ sie anders auf so
dürrem 'Boden;,; wie ihn gerade diese Pflanzen lieben‘, nicht
leben könnten, noch viel weniger ‘so saftstrotzend''seien, wie
sie’es: in der That sind. Wenn man jedoch’ bedenkt, dass
alle Fettpflanzen eine sehr dichte Kutikula und sehr wenig
Spaltöffnungen: haben, so ist der Schluss sehr'einfach, -sie kom-
men deswegen mit sehr wenig Wasser aus, weil’ wegen der
dichten‘'Oberhaut nur wenig Wasser verdunsten' kann.
Bei’ den’ niedern Pflanzen dagegen, die sich noch nicht
differenzirt haben, bei denen also jede Art der Wurzelbildung
fehlt, wie bei vielen Algen, ist man berechtigt und gezwungen,
zu einer Aufnahme durch die ganze Oberfläche seine Zuflucht
zu nelımen. Ausser der Unmöglichkeit, die Ernährung dieser
Gewächse anders zu erklären, spricht dafür die 'Zartheit der
Zellwandung, die in allen Theilen dem Wasser den Durchtritt
Filly, Ernährungsverhältnisse, a 4
a ER
gleich leicht. gestattet. ‚Derartige Pflanzen leben: wie die nie-
dern Thiere, denen auch jedes Organ fehlt, nur im: Wasser
oder. in: sehr feuchter Luft.
x: Wenn aber auch kein ‘Wasser durch die Blätter aufge-
nommen wird, ‚so ist es doch eine unbestreitbare Thatsache,
dass Kohlensäure aufgesögen und Sauerstoff ausgehaucht: wird,
während alle übrigen Pflanzentheile Sauerstoff: der: Luft‘ ent-
ziehen und Kohlensäure! dafür zurückgeben. Schliesst, man
Pflanzen ohne Blätter, ohne grüne Theile: in ein Quantum
Luft, dessen Kohlensäuregehalt man; kennt, ein, und seizt sie
der Einwirkung des Lichtes aus, so vermindert sich nicht nur
nicht ‘der: Gehalt: an Kohlensäure, sondern er vermehrt sich
vielmehr, während grüne Pflanzentheile und Blätter ‚unter sonst
gleichen: ‚Umständen in kurzer‘, Zeit die vorhandene Kohlen-
säure zersetzen. ' Wenn ‚man. einen ‚belaubten Zweig 'in ein
Gefäss einkittet und im direkten Sonnenlicht einen Strom
kohlensäurehaltiger, feuchter Lufl ‚langsam: durch. das Gefäss
strömen lässt, die ausströmende Luft aber untersucht, so ‚findet
man die Kohlensäure bedeutend verringert. Man fand bei einem
solchen Versuche, dass sieim Mittel nur noch ein Viertel derjenigen
Kohlensäure enthielt, die. anfangs darin war. Es ist:nicht gut
möglich, eine andere Erklärung dieser Erscheinung ‚zu geben»
als dass die Blätter die Kohlensäure aufgesogen haben. Was
dagegen die Aufnahme von Sauerstoff betrifft, so scheint, dies
Nichts weiter zu sein, als eine. Oxydation oder langsame Ver-
brennung der Oberfläche der Pflanzensubstanz, nicht ein wirk-
liches Eindringen in den Organismus der Pflanze.
Es ist ferner möglich, dass auch Ammoniak durch). die
Poren der Blätter in Jie Pflanzen dringt, aber durch keinen
Versuch bis jetzt bewiesen. Man muss sich aber wohl hüten,
bei Verfolgung der Erscheinungen in der Natur obne Noth
unbewiesene Dinge als Thatsachen hinzustellen, weil gar zu
leicht verkehrte und für die Wissenschaft nachtheilige Schlüsse
gezogen werden können.
Während eine grosse Zahl von Pflanzenphysiologen der
Ansicht ist, dass nur die äussersten, jüngsten Enden der
ee
Wurzeln, die sich fort’ und» fort neu;bilden, im 'Stande sind,
Flüssigkeiten aufzunehmen, die ältern Theile aber wegen der
Festigkeit der 'Oberhaut- diese. Thätigkeit ‚nicht mehr ausüben
könnten, wollen. andere beobachtet haben, wie ‚die ganze
Wurzel und die darauf befindlichen Härchen .die Feuchtigkeit
aufsaugen, indem Pflanzen um so länger grün und frisch
bleiben, je tiefer die Wurzeln in Wasser getaucht sind. . An-
dere wiederum haben beobachtet, dass sich auf: den Wurzeln
unendlich viele feine Härchen befinden, in welche die Spiral-
gefässe ‚enden sollen, Sie meinen, die Härchen seien es be-
sonders, durch welche. die Nahrungsflüssigkeit in die Pflanze
dringe,':: und die ‚Spiralgelässe leiteten den Saft durch die
gänze Pflanze,
Die Würzelchen sind an ihren Enden mit Papillen be-
deckt. Diese sind sehr feine, zartwandige Zellen, welche nach
allen Beobachtungen, die niit: der gehörigen Sorgfalt und ohne
vorgefasste Meinungen angesiellt sind, die Nahrungsflüssigkeit
aufnehmen und an die benachbarten Zellen abgeben. Link,
Unger, Schleiden und Schacht haben durch. vielfache
und entscheidende Versuche diese Beobachtung bestätigt. Nur
muss man sich hüten, diese Papillen für Organe zu halten,
die denen der Thiere ähnlich wären; denn ‘bei den Thieren
sind die Saugapparate stets röhrenförmige Gebilde, während
diese Papillen in ‚allen Fällen geschlossene Zellen ohne’ ‚jede
wahrnehmbare Oeflnung sind, wie ‚sich sehr leicht dadurch
beweisen lässt, dass gefärbte Flüssigkeiten durch dieselben
nicht -in die Pflanzen eindringen, wenn sie nur unverletzt
sind. Dringen derartige Lösungen ein, so sind. entweder die
Papillen vor dem Versuche verletzt, oder die Flüssigkeiten
wirken chemisch auf die Zellwandung ein, lösen sie auf und
zerstüren sie.
Sehr wichtig und für die Lehre der Pflanzenernährung
entscheidend ist die Frage, ob die im Wasser gelösten Stoffe
in demselben Mengenverhältniss, wie sie in der Lösung sich
befinden, aufgenommen werden, oder ob der eine Stoff in
4*
Pe
grösserer,,' der andere'in'geringerer'Menge ''aufgesogen wird?
Diese Frage‘ hat’ ganz entgegengesetzte Beantwortungen iert
fahren. Auf'der einen‘Seite' machte’ sich auf Grund‘ der 'von
Saussüre angestellten Versuche die Ansicht‘ geltend, die im
Wasser eiithaltenen’ Stoffe würden im Verhältniss ihrer: grössern
oder geringern Löslichkeit‘ eingesogen, ohne Rücksicht 'auf-das
Bedürfniss für dieselben, während‘ man auf der andern Seite
den 'Würzelchen ein bestimmtes vitales' 'Wahlvermögen zu-
sprach, wodurch die'Menge: bestimmt würde. Wenn man auch
die letztere Meinung nicht im''der Form ,' wie: sie. aufgestellt
ist, annehmen kann, da sie ‘mit Lebenskraft und: ähnlichen
Schlagwörtern" vertheidigt "wird, so’ steht “doch so:'viel' fest;
und viele Versuche haben es nachgewiesen, dass gesunde,
unverletzte Pflanzen gewisse Stoffe garnicht, andere>nur in
bestimmten Verhältnissen’ aufnehmen. Diese'’Erfahrung findet
ihre Erklärung in der weiterhin zu betrachtenden Endosmose. '
Aus Herth’s Versuchen, ‘die zur Erforschung der bier
geltenden ‘Gesetze mit Veronica Anagallis und mit V. Becea-
bunga angestellt‘: wurden, rag "sich folgende Schlne
folgerungen; opt il; oki Da
1) Die Pflanzen nehmen die‘ im Wassor gelösten: Stoffe
in ganz anderm Verhältniss auf, als ‘sie darin 'gelöst sind.
2)‘ Sie nehmen von verschiedenen in gleichen ‘Mengen
im Wasser gelösten Stoffen in gleicher‘ Zeit‘ von at einen
mehr, von’ dem andern weniger auf. sag
3) Verschiedene Pflanzen nehmen: verninieckend Stoffe auf,
Für die hier gegebenen 'Schlussfolgerungen' sprechen
ausser andern "noch folgende ‘Versuche, welche 'Schulz-
Fleeth mittheilt: slapaıa! „maD
Aus Mischungen von Salpeter und Kochsalz sogen Mer-
curialis annua und Chenopodium viride viel Salpeter und
wenig Kochsalz auf; Satureja hortensis und Solanum Lyeo-
persicum dagegen verhielten sich gerade entgegengesetzt, in-
dem sie wenig Salpeter und viel Kochsalz 'absorbirten. Freia
Faba eigtiete sich aus einer Lösung von Kochsalz und Salmiak
viel Kochsalz an, Mercurialis annua aber viel Salmiak.
A:
' Man’ würde: jedoch: vollständig ‚neben ‚das : Ziel \treflen,
wenn’ man aus diesen Versuchen -schliessen wollte, die Pflanzen
wären fähig ‚die‘ ihnen: ‚zusagenden: ‚Stoffe: :aufzusaugen ‚': die
schädlichen: dagegen «auszuschliessen; Man hat .!im: Gegentheil
gefunden ,. dass’ gerade: sehr schädliche! Stoffe, leicht . aufge-
nommen "wurden, indem sie :die Zellwände zerstörten. .-So
wird Kupfervitriol: aus! den :Lösungen mit ‚grosser Heftigkeit
aufgesogem, ' obgleich ‚dieses Salz 'ein: 'absolutes Gift für das
Pflanzenleben ist. Untersucht man die Würzelchen einer Pflanze;
die im’ einer! Lösung von’ Kupfervitriol gestanden’ hat, so firidet
man die zarten ‘Zellen der: Papillen vollständig aufgelöst...
>.‘
3) Die Orgalie der Säfteleitung im’ Innern
der ‚Pflanze. : Hırzajl
‘Hier wie ef de Fröjh der Ban ziert babeit
sich 'viele Physiologen: nicht: enthalten "können; nach Analogie
mit! den Thieren zu’ suchen, :und »der eifrige «Sucher ‚findet
denn auch, was:ier finden: wills: Diese Liebhaberei für Ana-
logien hat "zu den abenteuerlichsten:: Behauptungen - geführt;
die dem Wesen: der ‚Pflanze :.geradezu : widersprechen. '
'Malpighi, der überhaupt zuefst»die Lebenserscheinungen
der Pflanze’ ins Auge fasste und mit:'glücklichem.- Takt in..den
meisten Punkten las Richtige traf, huldigte zuerst :der Ansicht;
der Saft steige im: Bast. und in der Rinde: in: der Pflanze. auf:
Als er aber einem:Baume an einer ‘Stelle die Rinde rings bis
aufs Holz abgeschält hatte ‚und: nun‘ wahrnahm ‚wie dennoch
der Baum fortlebte,. ersekien: es: ihm ‚doch wiltanhenshoi dass
auch ‘das: Holz Saft führen‘ könne.
Grew giebt an, im «Frühjahr: steige. döht Saft. im "Holz
körper'auf; aber im nie geschehe dies in: der’ neugebildeten
Rindenschicht ; daher‘: ist , so schliesst er, . im ‚Frühjahr das
Holz voll: hundh nr von en im Sommer» dagegen
| yib oflsk ?
Das» Richtige ı id. ‚Wahre, ee ‚auf Beokadk
dar fussenden» Angaben enthalten ist, wurde jedoch:'bald
ei, Kr
vernachlässigt, und Phantasien traten an seine Stelle, Bald -
sollte nur die Rinde befähigt sein, ‚den Nahrungssaft den obern
Theilen der Pflanze zuzuführen , weil die Weide, wie Jeder
wisse, wohl ohne Holzkörper, nicht‘ aber ‘ohne Rinde leben
könnte; bald wurde behauptet, nur das Mark und. das aus
diesem gebildete Holz leite den Saft durch die ganze Pflanze.
Man stellte Pflanzentheile in: gefärbte Flüssigkeiten und fand
den Farbstoff nur im Holzkörper; daraus schloss man, nur im
Holzkörper könne der Saft aufsteigen. Obgleich derartige Ver-
suche gar Nichts beweisen können, da man nicht mit unver-
letzten Pflanzen arbeitete,‘ nur solche aber ein entscheidendes
Urtheil gestatten, so hat sie doch in neuerer Zeit Hartig in
Braunschweig wiederholt, und er glaubt, durch die erhaltenen
Resultate sei es über allen Zweifel erhaben, dass der Saft
nur im Holzkörper aufsteige. Anderseits hielt man wieder die
Bastgefässe für die den Saft leitenden: Kanäle, im Gegensatz
zu einer Meinung, welche diese Funktion: .den- Spiralgefässen
zusprach. ' Nachdem aber durch die. Untersuehungen‘ Bi-
schoffs festgestellt war, dass: die Spiralgefässe im grössten
Theil des Jahres mit Luft gefüllt sind (und; wie Schleiden
gezeigt hat, nur im Frühjahr ‚Saft führen;,' stellte. Dekan-
dolle die merkwürdige‘ -Behauptung auf, die. Interzellular_
räume hätten‘ die Aufgabe, den Saft durch. die Pflanzen zu
leiten. Schuitze in Berlin dagegen lässt ‘es sich nicht neh-
men, bei den Pflanzen 'ein eignes: System ‘von Lebenssaft-
gefässen, ähnlich dem Blutgefässsystem: der Thiere, entdeckt
zu haben; schade nur, dass ausser ihm Niemand diese Ge-
fässe finden und ihr Vorhandensein bestätigen kann.
Wenn man die Endosmose, welche wir im folgenden Ab-
schnitt besprechen wollen, als treibende Kraft betrachtet, durch _
welche die Säfte in den Pflanzen aufsteigen, so ist es ganz unthun-
lich, irgend welchen Gefässen, deren Wandungen immer schon
mehr oder weniger verdickt oder verholzt sind, die Säftelei-
tung zuzuschreiben, da nur dünnwandige Zellen die Endes-
mose einleiten und unterhalten können. Es sind daher haupt-
sächlich ‚die jungen Zellen an: der Peripherie: des: Holzes;, .das
Be eh
Kambium und: Parenchym, welche den: Saft in der Art au'-
wärts 'führen, dass jede Zelle. von: der ihr benachbarten‘ den
Saft aufnimmt und ihn der folgenden zuführt; je: Jünger die
Zellen sind, desto dünnwandiger sind sie auch,‘ desto lebhafter
die ‘Saftbewegung; Gefässe sind nicht die Ursache des Saft-
stromes, sondern: sie sind eine Folge des lebhaften Aufsteigens,
indem dadurch! die-Scheidewönde zwischen je zwei Zellen ver-
flüssigt wurden.
Durch den .oft ‚wiederholten : Versuch des ‚Ringelns der
Bäume, indem man an irgend einer Stelle, besonders an
Zweigen, rings die Riude ‚entfernt ,' wobei ‚am: obern Rande
der Wunde, in Folge der Vernarbung, ein: stärkerer Wulst
entsteht, als am untern, . ist man zu. der Ansicht gekommen,
der von unten. zu den Blättern ‚aufgestiegene rohe: Nalırungs-
saft werde in den Blättern. geläutert ‚und verarbeitet und steige
dann ‚durch die Rinde wieder abwärts’, ‚um nun erst. die
Funktion der Ernährung auszuüben; denn, sagt man, wenn
am geringelten Zweige keine Blätter sind, so findet auch keine
Verdickung statt. Darnach wäre die Verdiekung ähnlich den
Erscheinungen, welche eine unterbundene Vene darbietet.. Für
die Richtigkeit der Annahme eines absteigenden Saftes schei-
nen ferner folgende Versuche zu: sprechen;
Man bedeckte die Ränder ‘der Wunde mit Erde m fand,
dass sich’ nur am obern Rande Wurzeln bildeten. — Es wur-
den Kartofielstauden - geringelt; ' dadurch wurde die Knellen-
bildung an den Wurzeln verhindert, sie bildeten sich dagegen
an, den Gliedern oberhalb des Ringes;
Gegen die, Annahme ‚eines abwärts gerichteten. Stromes
sagt nun Schleiden: „Einjährige Pflanzen sterben von unten
nach oben ‚ab, mehrjährige‘ gehen von unten. nach oben in
die chemische Unthätigkeit des Winters .über;, wäre ein ab-
steigender Saltstrom vorhanden, so müsste auch das Absterben
in. umgekehrter Richtung stattfinden, — Wird der: aufsteigende
Strom durch Ringeln künstlich unterbrochen, so muss,. da ‚der
Zufluss geringer ‚ist, die Verdunstung ‘sich aber.'gleich bleibt,
der Saft in den‘ ‚.obern Pflanzentheilen konzentrirter, werden,
Be
somit auch bildungsfähiger. Dies erklärt das‘schnellere Reifen
von: Früchten an 'geringelten' Aesten.“ —: Dagegen: lässt -sich
die: Wulstbildung durch den hydraulischen Druck‘ ‘im se
der Pflanze deuten: ulm nlaah „bue aulloN
“Viele meinen’ auch’ deswegen einen’ abwärts: ‚steigenden
Säftestrom /annehmen zu dürfeu, weil'jadie- durch ‘die. Blätter
aufgenommene‘Kohlensäure: durch die: ganze: Pflanze vertiehe
werden müsste. U yTEZ, Hl
' Eim wirklich abwärtssteigender Säftestrom) der''' einen
Kreislauf wie: bei den Thieren‘ bedingte ‚findet: keineswegs
statt‘ und‘ «kann: nicht: "stattfinden; die ganze Struktur.’ der
Pflanze widerspricht einer. solchen Möglichkeit. 'Dagegen’ kann
man einen: Austausch der Säfte zwischen dem: Zellen nach
allen Richtungen hin als’ sicher annehmen, 'wie dies'durch die
Erscheinungen, welche die Endesmose‘ darbietet ‚bedingt ist;
immerhin ist: dieser Austausch nach’ andern Die RO als
nach‘ Oben gering. Dit Wu
4) Ursachen der Aufnahme‘ ‘der Nihrungssaft® und
ihrer Fortleitung durch die ganze Pflanze,
Sahen wir schon’ beider‘ RR ‚des Weges;' den
die’ Nahrangssäfte durch die Pflanze ‘nehmen ‚" der ‘Organe,
durch die sie eintreten, sich ‘schen’ so ‘verschiedene Meinungen
geltend‘ machen, oöbgleich'die: Pflanzen‘ für ‘diese Untersuchung
noch eine 'immittelbare; wenn auch ‘schwierige Beobachtung
gestatten, so ist dies im’noch weit‘ höherm Grade ':der"Fall,
wein wir nach den Kräften ‘forschen, 'welche die 'Säfte’in die
Pflanze treiben‘ und in’ derselben fortbewegen, ' weil 'die''direkte
Beobachtung fast’ unmöglich‘, 'eine''Lösung’ daher "nur ‘von
Schlüssen zw’ erwarten ist, die wir aus- andern ähnlichen’ Er-
scheinungen ziehen. ‘Durch "die Entdeckung ‘der Endosmose
sind -wir endlich , weıun auch’ noch“ fern ‘vom Absehluss;;' so
doch auf den: richtigen Weg zur Beantwortung’ der 'Frage'‘'ge-
leitet.‘ Wie überall in “der Wissenschaft, —’ und-das’-eben ist
das belebende Element, ‘das '‘Anziehende derselben , '=+— hat die
nt 7 RRFRER
gefundene Antwort gleich‘“wieder: ‚Veranlassung zu einer '‘An-
zahl: von‘ Fragen ‘gegeben, die ihrer Lösung noch harren. Wit
halten es für sehr’ belehrend,,' einen möglichst vollständigen
Abrissaller Erklärungen zw geben, die im Laufe der Zeit auf
die:Frage'nach den Kräften;, welche. die Säfte‘ aus dem Bo-
az in..die Pflanze heben, entstanden’ sind. |
'Stephan''Hales sagt in seiner Statik der Cirrilliebeie
„Wir‘'können keine ‘andere. Ursache (der: Säftebewegung: in ‚den
Pflanzen auffinden,:als: die starke 'Anziehung: der 'saftführenden
Haarröhrchen;, : welche : durch. die lebhaften Bewegungen der-
selben weranlasst;iund:.durch die Sonnenwärme: verstärkt wird,
wodürcli: der Saft: zu den höchsten Gipfeln der‘ Bäume hinauf
geführt: und däselbst::: von den - Blättern! "ausgehaucht : wird.“
Diese Erklärungsweise klingt recht einleuchtend, ist aber’ nichts
destoweniger: ganz nichtssagend,, ‚obgleich sie: sich !auf-physi-
kalische Erscheinungen stützt, die: aber: ganz falsch angewendet
sind..; Dennoch sind‘ die Untersuchungen: Hales' „über das
Athnien der: Pflanzen“ ausserordentlich werthvoll; es ist nur
zw:bedauern, dass: seit ;hundert Jahren: es; Niemand‘ der: Mühe
werth''gehalten hat, dieselben 'mit vervollkommneten:: Instru-
menten zu ‘wiederholen und: zu: vervollständigen. 267
s+Malpighi: meint, die: Ursache: ;der Baftcliowoiinene ‚sei
der Wechsel der Temperatur ‘und: die: elastische’ Bewegung; der
Luft ;»riehlig:ist; wenigstens,‘idass: die :Wärme ‚einen ‘bedeuten-
den Einfluss auf die Lebhaftigkeit des Saftstromes' ausübt...
“'Wenn man 'enge :Röhren;, sogenannte Haarröhrchen! oder
Kapillarröhren in Flüssigkeiten: taucht;,; welche die ‘Wände: des
Röhrchens: benetzen, so stellt 'sich die Flüssigkeit ianerhalb
der Röhren:höher, als ausserhalb: ‚Die Kapillarität der 'Pflänzen-
gefässe, verbunden mit dem Druck des sich durch Aufnabme
von'»Flüssigkeit ausdehnenden: Parenchyms ‚soll «nach Grew
die Kraft‘ -sein ; welche die Nahrung‘ in: »der Pflanze‘) in die
Höhe 'treibt. Abgesehen ‘davon, :'dass' nicht netzende Flüssig-
keiten :in den: }Haarröhrchen tiefer stehen ‚als ausserhalb, ist
zu bedenken; wie -beii jenen. Kapillarerscheinungen nie ‘ein
Ueberfliessen stattfinden kann, was durch einen einfachen Ver-
Bee
such zu beweisen ist. Bei den Pflanzen aber:findet ein Ueber-
fliessen: des: Saftes gar häufig statt; wir: erinnern hier::nur': an
das sogenannte Thränen oder: Bluten: der Weinstöcke:
Andere glauben die Ursache des Saftsteigens in der Ei
getithümlichkeit poröser ‚Substanzen, Flüssigkeiten aufzusaugen,
gefunden zu haben, und: noch Andere, welche‘ den: Einwurf
beseitigen 'wollen , dass hier ebenfalls kein Ueberfliessen-statt-
finden kann, suchen sie in ‚einem gewissen Lebensprinzip:, /in.
einer ' Zusammenziehbarkeit und Ausdehnbarkeit der Gefässe,
die ‚aber in diesem Sinne, wie: wir eben nachgewiesen: haben,
gar: nicht vorhanden "sind, weil: der: Saft: sich - von Zelle zw
Zelle::bewegti Scheinbar spricht für diese:'Erklärung: der::Um-
stand, dass: die ‚Spiralgefässe' sich zusammenziehen, wenn: man
sie! mit: Alkohol. 'übergiesst. Alexander von Humboldt ging
4 dieser Erklärungsweise: noch einen Schritt: weiter, indem
der:Vorgang milder Saftzirkulation: im-thierischen Organismus‘
ganz übereinstimmend vorausgesetzt wurde. Er nimmt daher:
eine Art von ;Muskelfaser an, durch deren Zusammenziehung:
und’ Ausdehnung : die Gefässe sich abwechselnd erweitern und
verengen; ja: sogar Nerven hält er: nicht: für, unwahrscheinlich,
obgleich es eine Jedermann: bekannte Erfahrung: ist ‚dass die
Pflanzengewebe sehr: starr und hart sind, und: hierin: BE
Ihr, Unterschied vom thierischen begründet ist. E
‘Diese Betrachtungen führten D. ekandollez zur Aufstellung
folgen Sätze:
+ 1) :Dureh die cities imindith tritt . Neköimgus |
saft in die’Pflanzen ein’ und wird: durch den'von hinten ‚immer
nachdringenden Saft fort: und fort in die Höhe getrieben. .'!
2) Die Blätter saugen den Saft an und hauchen:den'über-
flüssigen aus. Her
3) Die zellige Hülle, weiche: die. Zweige usoigiahti) ‘zieht
durch die Kraft ihrer lebenden Zellen den: Saft an sich.;,
Mir ist es nicht möglich, in diesen Sätzen irgend eine
Erklärung zu finden, sie sind mir sogar: unverständlich; ‚ähn-
liche dunkle Ansichten stellen andere Physiologen: aul.
Pr . en
Ein englischer Physiker, Davy, meint, mittels der Ka-
pillarwirksamkeit würde: der :Saft: aus dem Boden 'aufgenom-
men; da. aber diese ‚allein nicht zur: Erklärung ‚aller Erschei-
nungen‘ ausreicht); so.:fügt. er "hinzu: „Die Versuche ‘von
Montgolfier haben gezeigt, dass man: durcli einen: geringen
Druck Wassermengen zu einer beliebigen Höhe ‚heben kann,
wenn man nur den Druck ‘der Flüssigkeitskeitssäule: ‘durch
. fortgesetzte:: Theilungen vermindert... Es‘ ist: mehr als wahr-
scheinlich, dass: Aehnliches in ‚den: -Pflanzen stattfindet.“
Die Frage, woher dieser, wenn:auch geringe, Druck komme,
bleibt ‚von: Dawvy;'unerledigt; dennoch setzt ein. Druck, wenn
er: auch noch so; gering! ist, innmerhin ‚eine: Kraft voraus.
‚Die von: uns betrachteten‘ ‚Erklärungsweisen — und es
giebt noch eine unendliche Zahl ähnlicher Muthmassungen —
blieben so lange: gleichberechtigt, da‘ keine vor ‚der. ‚andern
Etwas voraus hatte, :bis es. gelungen war, auf: dem Wege des
Versuches ähnliche: Erscheinungen ‚hervorzurufen , : ‚wie ' das:
Steigen: der: Säfte in! den Pflanzen... Dutrochet gelang! es im.
Jahre. 1826 einen solchen! ‚Vorgang zu entdecken. '. ur
Wenn man eine an beiden Seiten -offene.'Röhre an den
einen: Ende: mit einer. thierischen‘ ‚oder: pflanzlichen Haut zu-
bindet,! so kann iman. Wasser. in dieselbe bringen, ohne dass
die Haut. ‚von demselben: durchdrungen würde, wenigstens nicht
unter dem: gewöhnlichen Druck; sie wird: 'nur :angefeuchtet.
Jede Hausfrau macht ‚von. dieser Eigenschaft 'thierischer Häute
Gebrauch, indem. sie Flüssigkeiten. mit’ Rinder-+ oder: Schweins-
blasen :zubindet, um das Ausfliessen earkibten und den: Zu-
tritt der Luft. zu verhindern. 2 dersepepA
Ganz; anders: gestalten sich: die Eukeinnient wenn:man
in das, an einem Ende mit. Haut! zugebundene Gefäss eine Lö-
sung von Kochsalz bringt und :'es!‚alsdann mit ‚dem untern:
Ende in ein Gefäss. mit reinem .\Wasser taucht... Man beob-
achtet alsdann, wie sich ‚die Flüssigkeit im obern Gefässe: ver- _
mehrt;; hat aber der Versuch ' lange: genug gedauert , so ent-
hält das aufangs reine, Wasser des untern Gefässes eine nach-
Be Eee
weisbare Menge Kochsalz. Will man das 'Steigen der Flüssig-
keit im :obern' Gefässe recht: anschaulich ‚machen‘; - so "stellt
man: den Versuch etwa so''an :‘Man ‘sprengt von iernem''Arznei-
glase den: Boden ab. und' bindet an'seine Stelle ern Stückveiner
recht ‘dünnen ' Schweinsblase ;»' in das Glas: bringt | man' staft
des :Kochsalzes eine : mit warmem’: Wasser‘‘bereitete “gesättigte
Zuckerlösung; in die: obere Oeffnung‘'kittet man (luft- «und
wasserdicht eine engere} am'iobern Theile” 'etwas!umgebogene, .
an beiden: Enden offne: Glasröhre ein.‘ Den $0- vorgerichteten
Apparat hängt man in einem 'Gefäss‘-mit ‘reinem Wasser: auf.
Nach’ einiger Zeit steigt die: Flüssigkeit in''der ‘Glasröhre "und
fliesst. schliesslich‘ an dem: gebogenen‘ Ende: aus: und‘ zwar: so
langey'bis sich‘ im untern ;Gefässe' ET TR eben so
viel Zucker befindet als im: obern; > wunu sum om Konz
»Das Steigen der dünnern Flüssigkeit durch die; Haut hin-
durch: zur diehtern,, die‘ dadurch allmälig:' verdünnt wird)
nennt 'man .Endosmose, die Bewegungen | im''entgegengesetzten
Sinne Exosmose; ' beide '' Vorgänge bezeichnet: man wohl mit
dem Worte Diffusion’; womit u erer eine- Erklärung ji Er-.
scheinung 'angedeutet: ist. nebisd ns suis user nast
Aber :nicht blos Scheidundnnlesi 'aus'' eigabierhehn Stoflen
haben die Fähigkeit, den Uebergang verschiedenartiger Flüssig-
keiten zu vermitteln ‚'sondern‘'auch 'anorganisehe Körper‘, wie
verglühte Thonplatten,: rufen eine‘ ähnliche Erscheinung hervor.
» Es ist natürlich, dass- diese-überraschende Wahrnehmung
darauf ‘führen musste, : bei‘ den: ‚Pflanzen ein‘ ähnliches: "Ver-
hältniss zu ‘vermuthen.' In der Thät ist kein . &ndosmotischer
Apparat so vollkommen herzustellen, wie :die Pflanzen uns ihn
bieten.‘ Zelle steht: über Zelle; in jeder'‘obern ist: der Inhalt
dichter als-in den untern ; wie Versuche gezeigt haben,' wirken
die Substanzen, ‘welche sich in den 'Zellen befinden, viel kräf-
tiger 'endösmotisch, als “irgendein anderer -Stöff! Während‘ des
Winters haben’ die Pflanzen: wenig oder gar: keine‘ Flüssigkeit
genommen, daher: wird der'Zelleninhalt sehr konzentrirt ; 'erne
Folge davon ist der so heftige Saftstrom ‘beim Wiedererwachen
a Re
des Pflanzenlebens. Ist 'durch den kräftigen Strom der: Inhalt
aller :Zellen verdünnt, so 'mässigt sich‘ natürlicher‘ Weise ' das
Aufsaugen «der Flüssigkeiten. «Während daher 'eine' Birke: im
Frühjahre. angebohrt; reichlich’ Saft ‘giebt ,' geschieht‘ dies spä-
ter':nicht mehr. . Allmälig werden aus’ ‘dem aufgenommenen
Saltes:neue: Stoffe ‘gebildet, neue: Zellen: entstehen; ‘die: Säfte
werden wieder: reicher: an gelösten Stoffen, indem: die höhere
Sonnenwärme .die ‘Verdunstung durch ‚die Blätter: steigert; "es
tritt daher» im "August zum: zweitenmal' eine kräftigere endos-
mötische ‘Wirkung, und ein: lebhafterer :Saftstrom ein‘, der‘:das
Material zur Bildung : der Knospen : für: das: folgende si
. liefert.
Anfangs ‘suchte ' man: die Dilinsiönscrosheilangiin.n mit‘ Hülfe
der Elektricität und ‚des Galvanismus‘ zu erklären ; auch’ griff
man wieder zur''Lebenskraft, obgleich die Vorgänge: bei den
anorganischen : Körpern‘ entgegenstanden;, ' indem:':bei’ den’ Le-
benskrafttheoretikern die: anorganisehen Körper: ganz andern
Gesetzen --unterworfen sein: sollen, als ‚die orgänischen ;' wo-
gegen:es für: uns nur’ein Naturgesetz für Thier,, ‘Pflanze: und
Mineral pm: und jeder wi Bag Gesetz ewig fol-
geh muss: Ioilysslai ob-sıhV
‘Ganz: kinverständich ist es, ‘wenn 'man gi der Pflanze
von entgegengeseizten Polaritäten und ähnlichen Dingen spricht,
welche die Endosmose bewirken sollen. So wesenlose' Be-
griffe ‘bedeuten gar nichts; wir 'können uns’ keine Kräfteiohne
Objekte ihrer: Thätigkeit, ohne Materie, ‚und umgekehrt keine
Materiesohne Kräfte denken; da demnach die Kräfte‘ nicht
ausserhalb, sondern innerhalb der Materie‘'zu suchen sind, 'so
wenden wir dieser unsere ganze Aufmerksamkeit ,; unser Stu-
diüm‘ zu. Die Scheidewand zieht die Flüssigkeiten an und ihre
Poren füllen sich‘ damit; sind die Flüssigkeiten auf beiden: Sei-
ten derselben gleich, so werden: keine endosmotischen Wir-
kungen eintreten, ebensowenig als man eine Mischung 'erhält,
wenn auf das Wasser in einem Gefässe ganz behutsam Wasser
von ganz gleichen Eigenschaften geschüttet wird. : Sind aber
De
die‘ Flüssigkeiten verschieden und mit 'einander‘ mischbar , - so
wird. die’chemische Anziehungskraft :thätig,,ı sobald::sie' in‘ Be-
rührung! kommen; ist 'sie:gross genug, so- wird: sie (durch die
Scheidewand: hindurch wirken: und zwar so; dass die leichtere
dünnere ‚Flüssigkeit schneller ;hindurchgeht, als die dichtere
und schwerere; 'daher.kommt es, dass' bei unserm obigen Ver-
suche! die. Flüssigkeit im obern 'Gefässe: so lange ‚steigt, "bis
beide ‚Flüssigkeiten: gleiche’ Eigenschaften haben. ‚Schüttet‘man
in.das obere’ Gefäss ‚Alkohol, in: das untere‘ Wasser;:'so-ver-
mindert sich im: 'obern :Gefässe! die :Menge ‚. weil: der: Alkohol
weıüiger «dicht als Wasser (ist -und daher leichter ‚die Kuh
wand durchdringt.
‘Dass die chemische: Anziehung die ‘Diffusion der Säfte | in
der. Pflanze: bewirkt, dass keine: besondere Lebenskraft zur Er-
klärung nöthig, sogar ünbrauehbar ‘ist, geht‘'besonders aus
solchen: Versuchen: hervor, bei denen: man: Pflänzentheile ‚oder
ganze Pflanzen: in ‚für «das Leben derselben: giftige Flüssigkei-
ten tauchte. ::Der: endosmotische Process ging mit 'essigsaurem
Eisenoxyd. ‘oder mit Kupfervitriol' ‚sogar viel :lebhafter von: stat-
ten, als es bei unschädlichen‘ Flüssigkeiten der Fall war.‘ .Es
wäre doch wahrhaft lächerlich, behaupten zu wollen, die Le-
benskraft wäre derart. dass sie die :Aufnahme :giftiger: Stoffe
ganz besonders. begünstige; sie wäre sogar mehr als :lä-
eherlich. |
» Recht ‘schön’ und deutlich Kaca man die ul
Eishaitkrier wahrnehmen, wenn man: ausgetrocknete Zellen
in reines Wasser legt; durch die Aufnahme des Wassers deh-
nen 'sie sich aus und zerplatzen sogar häufig, weil die Ver-
dunstung durch das von allen Seiten die Zelle umgebende
Wasser verhindert ist. Legt man dagegen saftstrotzende Zellen
in eine in’ der Wärme gesättigte Zuckerlösung, so geben sie
einen Theil ihres Wassers ab und fallen in Folge dessen zu-
sammen. |
Es ist daher nicht mehr fraglich, dass die Aufnahme der
Säfte durch die Pflanzen von der Dichtigkeit, von den chemi-
1 a.
schen‘ und physikalischen Eigenschaften. der Flüssigkeit, m den
Zellen abhängt ;: d:ss: ferner die Aufnahme um; so lebhafter ist,
je igrösser die chemische Verwandtschaft des Zellsaftes. zu den
Stoffen ist, die sich ausserhalb 'der Pflanze im Wasser gelöst
befinden, je dünnere und’ zartere Zellwandungen. den. Durch-
gang vermitteln. Daher kommt 'es denn auch, ‚dass die Jüng-
sten Zellen am saftreichsten sind, weil bei: ihnen der Durch
tritt :der Flüssigkeit am :4eichtesten: ist.'- Durch diese leichte
Aufnahme: und Abgabe der Nahrungsstoffe an benachbarte .Zel-
len erklärt: es sich, warum die Neubildung' der Organe immer
im jüngsten Zellgewebe stattfindet. .; Die: grössere; oder'.gerin-
gere' chemische : Verwandtschaft des Zellinhaltes. zu den: ver-
schiedenen Stoffen bedingt ‚denn auch das. scheinbare Wahl:
vermögen, das ‚man ‚den Wurzeln zugeschrieben hat,
Leider sind bis jetzt wenig Versuche angestellt, um nach-
zuweisen, in welchem numerischen Verhältnisse die endosmo-
tischen Erscheinungen zur Dichtigkeit der Flüssigkeit stehen,
und wie sich die ‚Lösungen verschiedener Stoffe verhalten;
doch geht schon aus den Untersuchungen Dutrochet’s her-
vor, dass die Aufnahme um so grösser ist, je grösser der
Dichtigkeitsunterschied beider Flüssigkeit sich darstellt.
Von allen bisher untersuchten Substanzen hat Biedis
die. stärksten, endosmotischen Wirkungen ;. Eiweiss’ .saugt. in
derselben Zeit zwölf; Theile Wasser auf, in. der. Zucker elf,
Gummi fünf und ein halb, Gelatine nur drei Theile hebt. Da
sich aber in allen jugendlichen ‚Zellen eiweissartige Stoffe am
reichlichsten finden, se ist dies noch ein anderer Grund,
warum in ihnen der lebhafteste Saftstrom und Stoffwechsel
stattfindet. Uebrigens wäre es sehr wünschenswerth, wenn
diese nicht mit grossen Schwierigkeiten anzustellenden Ver-
suche recht vervielfältigt würden, da sie uns manchen Auf-
schluss über viele noch unerklärte Erscheinungen liefern, zur
Lösung mancher. Streitfragen - das geeignete Material geben
könnten.
u Mr
' ‘Non einer gewissen ''Seite' ‚macht man. gegen die: Lehre,
dass’'der: Saft in den Pflanzen in Folge der-Endosmose steige,
also ‘(durch einen Vorgang, wie ’er auch in der anorganischen
Natur vorkommt, den: Einwurf, dass ja auch- in abgestorbenen
Pflanzen ähnliche‘ endosmotische ' Wirkungen eintreten »müss-
ten, 'wenn 'man -sie' nur in entsprechende Flüssigkeiten ‘tauchte,
Dieser Einwurf‘ist' nach’ zwei Seiten hin ein ungerechtfertigter;
denn’ in’'der That steigen‘ in jüngst 'abgestorbenen Pflanzen
Flüssigkeiten‘:nöch reichlich‘ auf, ‘was denjenigen, die’den Ein-
wand erhoben, nicht ‘bekannt gewesen 'zu sein: scheint; 'zwei-
tensaber,' und dieser Punkt‘'ist' ber weitem der "wichtigere,
ist nicht ‘abzusehen, warum 'die’- Zellenwand:''abgestorbener
Pflanzen noch'' genau dieselben physikalischen 'und chemischen
Eigenschaften haben soll, ‘die 'sie ‘in “der lebendigen‘ Pflanze
hatte, Es müsste uns im Gegentheil Wunder nehmen, , wenn
die. Eigenschaften. der, verschiedenen Pflanzentheile noch ‚die
selben wären.
| ‚Oder was ist der norihale "Tod anders, als eine Verän-
derung. ‚der Eigenschaften der einzelnen Theile , ‚der Org ganis- |
men, sei es thierischer oder pflanzlicher ? |
Selbst die Mineralien zeigen uns, ganz ähnliche Erschei-
nungen, indem derselbe Stoff in verschiedenen Formen auftritt
und unter‘ verschiedenen Verhältnissen ganz‘ entgegengesetzte
Eigenschaften haben kann. ':So ‘ist der‘ Phosphor 'in seinem
gewöhnlichen‘ Zustande fast: farblos, ausserordentlich leicht
entzündlich und in Schwefelkohlenstoff löslich. ' 'Schliesst''man
ihn luftdicht in eine Glasröhre ein und setzt ihn längere Zeit
der ' direkten Einwirkung’ des Sonnenlichtes aus oder "erhält
ihn anhaltend bei einer Temperatur von 250 — 260 ‘Grad’ der
hunderttheiligen Skala, so 'nimmt er eine rothe Farbe an, ent-
zündet sich weit ‘schwieriger und ist unlöslich'' in Schwefel-
kohlenstoff. ‘ Erhitzt man diesen sogenannten’ amorphen Phos-
phor, welcher die Zündmasse auf den Streichpappen der als
phosphorfreie Streichhölzer bezeichneten Zündhölzehen bildet,
so verwandelt er sich wieder in den gewöhnlichen Phosphor.
iu Mh a
' sKrystallisirte"Kieselsäure, der Quarz, Amethyst und Berg-
krystall, ist im Wasser unlöslich, amorphe':Kieselsäure ‚wie
der Opal; ist ‘dagegen: im Wasser löslich. Eisen kann man
in’- seinen Verbindungen ausserordentlich leicht und sicher
‚dureh "Ammoniak entdecken; im: ET ist ‘dies nicht
Bm.
‘ Eisen, Kieselsäure, Phedfihoih hähdn also unter verschie-
nen Verhältnissen ganz verschiedene, sich widersprechende
Eigenschaften; warum sollte nicht bei der Zellenhaut ein
Gleiches stattfinden können ?
Derartige Einwürfe können nur von Solchen gemacht
werden, welche ihre Behauptungen und Ansichten, seien sie
auch tausendfach widerlegt, nicht zurücknelimen wollen, und
die sich dann an ein Strohhälmchen klammern. In den Natur-
wissenschaften ist man aber oft genöthigt, heute als falsch
anzuerkennen, was gestern noch unbestriltene Wahrheit war.
Nach Allem, was wir bis jetzt wissen, unterliegt es keinem
Zweifel, dass die Diffusionserscheinungen und das Aufsteigen
der Nahrungsstoffe in den Pflanzen auf denselben Ursachen
beruhen, auf der Anziehung chemisch verschiedener Stoffe zu
einander. Damit soll jedoch keineswegs gesagt sein, dass
nicht andere Kräfte eine wichtige Rolle dabei spielen können,
wenn schon die Zahl der Kräfte sich in der Neuzeit bedeu-
tend verringert hat.
Vor allen Dingen sind es Licht und Wärme, welche vom
bedeutendsten Einfluss auf die Lebhaftigkeit des Saftstromes
in den Pflanzen sind.
Indem Licht und Wärme eine lebhaftere Ausathmung be-
wirken, indem Licht und Wärme die chemischen Umsetzungen
im Innern der Zelle beschleunigen und dadurch den Stoff-
wechsel befördern — in einigen Fällen möglicherweise auch
verzögern — wird mehr Wasser verdunstet und werden mehr
Stoffe gebildet, die endosmotisch wirken können. Im Herbst
nehmen in unsern Breiten Licht und Wärme ab, daher der
geringere Saftstrom; im Winter, wo beide Kräfte das Minimum
Filly, Ernährungsverhältnisse, 5
u a
ihrer ‘Wirksamkeit äussern, ist ‚der Strom ganz ‘oder doch fast
ganz. verschwunden. |
Auch die Elektrizität scheint nicht ohne Einfluss auf ‚die
Ernährung zu sein; doch müssen wir unsere völlige Unwissen-
heit: in diesem Punkte gestehen; wir müssen es der Zukunft
überlassen, die hier einschlagenden Fragen zu erledigen: Einen
Du-Bois-Raymond für die Pflanzen. giebt.« es zur Zeit noch
nicht.
Drittes Kapitel.
Von der Verarbeitung der Nahrungsstoffe.
Nachdem wir die Stoffe, welche den Pflanzen zur Ernäh-
rung dienen, sowie die Wege, auf denen sie in die Pflanzen
gelangen und in ihnen: weiter fortgeführt werden, kennen ge-
lernt, ist: es unsre Aufgabe, zu‘ erforschen, wie diese Nah-
rungsmittel in: der Pflanze verarbeitet und in Pflanzenbestand-
theile umgeändert werden. |
"Wir sind damit bei einer Frage angelangt, deren Beant-
wortung: noch schwieriger ist, als dies bei den frühern der
Fall war. Die betreffenden Vorgänge entziehen: sich » ganz
unserer unmittelbaren Beobachtung, und die Versuche, die bis
jetzt ausserhalb der Pflanze angestellt, sind entweder ganz
unbrauchbar oder sie bieten nur eine entfernte Aehnlichkeit
mit den Vorgängen, die in den Zellen der Pflanzen eintreten.
Eine genügende Antwort ist schon um: deswillen nicht
möglich, weil bisher alle Untersuchungen, die mit Pflanzen-
stoffen angestellt sind, sich immer auf schon veränderte, theil-
weise zerseizie, oder durch die angewendeten: chemischen
Hülfsmittel erzeugte Stoffe erstrecken, Ganz neue Methoden
ne
a A
müssen erst noch aufgefunden werden, die es uns gestatten,
die Stoffe, die in den Pflanzen vorkommen, in ihrer Reinheit
zu prüfen, ihre gegenseitige Einwirkung auf einander zu er-
forschen , um der Lösung der Aufgabe näher treten zu
können.
Bevor wir zu den Ansichten übergehen, die man bis jetzt
über die Verarbeitung oder Assimilation der Nahrungsmittel
aufgestellt hat, ist es nöthig, die wichtigsten der uns bis jetzt
bekannten Pflanzenstoffe kennen zu lernen und ihre chemi-
schen Bestandtheile anzugeben.
Zum nähern Verstänidniss diene. Folgendes: Man hat ge-
funden, dass die einfachen Stoffe sich nur in ganz bestimmten
Zahlenverhältnissen zu neuen Körpern ‚miteinander‘ vereinigen
können. So verbinden sich acht Gewichtstheile Sauerstofl stets
und unter allen Umständen mit einem Gewichtstheil Wasser-
stofl zu Wasser, oder dreimal acht Gewichtstheile Sauerstoff
mit sechszehn Gewichtstheilen Schwefel zu Schwefelsäure. Die
Verhältnisszahien, welche jene Gewichtstheile ausdrücken, nennt
man die Atomgewichte: der Körper.
Man ist übereingekommen, entweder den Wasserstoff gleich
eins zusetzen oder den Sauerstoff: gleich hundert. Wir
wollen hier nur die Atomgewichte der: für unsern Zweck wich-
tigen organischen Elemente anführen, indem: wir. darauf auf-
merksam machen, dass die Bezeichnung organische Ele-
mente eigentlich unrichtig ist, da sie auch in der unorga-
nischen Natur vorkommen: | |
Wasserstoff =H = 1 Phosphor = P = 32
Kohlenstoff = G = 6 Schwefel = S = 16
Sauerstoff =0=8 Kalium —=K= 39,3
Stickstoff =N = 14 Natrium = Nam 22,8.
Oder aber |
Sauerstoff = 0 —= 100 Phosphor = P= 400
Wasserstoff = H= 12,5 Schwefel = S=200 +
Kohlenstoff = C —=75 Kalium —=K = 489
Stickstoff »—= N = 175 Natrium’ = Na = 289,74)
a a
‘Wenn man demnach‘ sagt, der Alkohol sei gleich €$H 602,
oder die Essigsäure: sei. gleich C?H*0*, so heisst dies, der
Alkohol: besteht aus viermal sechs Gewichtstheilen Kohlenstoff,
sechs Gewichtstheilen Wasserstoff und zweimal acht Gewichts-
theilen: Sauerstoff; die Essigsäure unterscheidet: sich‘ dadurch
vom: Alkohol, ‚dass sie zwei Gewichtstheile Wasserstoff weniger,
aber zweimal acht: Gewichtstheile Sauerstoff mehr’ enthält; es
bildet sieh Essigsäure. aus Alkohol dadurch, dass zwei Atome
Wasserstoff aus der Verbindung : austreten, dafür aber’; zwei
Atome: Sauerstoff aufgenommen: werden. Entsprechend dieser
Verbiudung ist das Wasser gleich HO, die Kohlensäure gleich
C02,. das Ammoniak NH?. TE
Man pflegt die Pflanzenstofle in stickstofffreie und:.in
stickstoffhaltige 'einzutheilen.
1) Stickstofffreie Verbindungen.
Die’ stickstoflfreien Verbindungen sind die bei weitem
zahlreichsten ‚uud ihre Menge bedeutend überwiegend, da sie
allein es sind, welche das sogenannte Gerippe der Pflanze
bilden.
Die stickstofffreien Verbindungen treten entweder als in-
differente Stoffe, die keinerlei chemische Verwandtschaft: zeigen,
oder: als Fette, oder als organische Säuren auf; einige: haben
alle Eigenschaften der Basen, d.h. solcher Körper, die. mit
Säuren Salze bilden, ähnlich wie ‚Natron und Schwefelsäure
das Glaubersalz geben, wenn‘ man sie in den ee
Mengenverhältnissen zusammenbringt.
a) Indifferente Kohlenhydrate.
”‘ Diese Körper sind nicht flüchtig, sondern 'zersetzen sich
beim’ Erhitzen.‘ "Wasserstoff und Sauerstoff‘ enthalten sie in
demselben Verhältniss,, wie‘ sie’im Wasser ‘miteinander veı-
bunden sind. Sie haben weder: chemische 'Verwandtschäft zu
Säuren, noch zu Basen, bei Gegenwart stickstoffhaltiger Körper
eu We
gehen sie leicht ineinander über. Beim ‘Verbrennen hinter-
lassen sie alle Kohle, und wenn man sie’ mit Salpetersäure
anhaltend behandelt, geben sie alle Kleesäure, die auch mit
Alkalien verbunden in den Pflanzen selbst ‘vorkommt. - Bei
ihrer‘ Verwesung' bilden sie die sogenannten Humuskörper,
die sich in der Ackerkrume finden; bei der Gährung' erzeugen
sie verschiedene Arten vom Alkoholen; wahrscheinlich ent-
stehen aus ihnen die pflanzlichen und thierischen Fette. Ei-
nige derselben sind löslich in Wasser. |
Keiner dieser Körper ist bis jetzt künstlich erzeugt wor-
den, und es ist fast gewiss, dass sie nur-'in ‘den "Pflanzen
entstehen, während den Thieren dagegen das: Vermögen. 'zu-
kommt, den einen in den andern überzuführen.
Sie bilden den Hauptbestandtheil nicht ‘nur. aller unsrer
Nahrungsmittel, sondern auch derjenigen der Thiere. Sie sind
es, die zur Fettbildung im thierischen Körper dienen, welche
das Material zum Athmungsprozess liefern, und welche durch
ihre Verbrennung die thierische Wärme‘ erzeugen. : Was die
Fettbildung: anbetrifft, so’ ist es ‘sogar gelungen, aus Zucker
Buttersäure,; einen ‚Bestandtheil des Butterfettes, auf künst«
lichem Wege darzustellen.
Zellulose. Sie ist das Material für alle Zellenbildung,
indem die: Wände. junger Zellen nur aus ihr bestehen;: sie
ist gleich G1?H!001°. Durch Einwirkung :der Diastase, einer
Substanz, ‘die in der keimenden Gerste vorkommt, wird sie
in Dextrin, dann: in Traubenzucker: verwandelt; dieselbe Ver-
änderung bewirken Schwefelsäure oder: Phosphorsäure. ' Mit
starker Salpetersäure behandelt, tritt ein Theil des Wasser-
stoffs aus und Untersalpetersäure tritt an ihre Stelle; das
Produkt ihrer Einwirkung ist, die Schiessbaumwolle, die in
Schwefeläther gelöst das Kollodium giebt.
; Sie ist unauflöslich in Wasser,: wird «aber. leicht vom
Wasser durclitränkt,' kommt immer als Haut vor, ist farblos
und durehscheinend ; mit: Jod und. Schwefelsäure belitadal
nimmt sie stets eine blaue Färbung an.
Be RER
Durch ihre Veränderung innerhalb der Pflanze bilden sich
Pflanzenleim,, ‘Kork und Gerbstoff u. s.'w. Im ältern ' Zu-
stande, wenn sie von allerhanıl Stoffen überlagert und durch-
drungen ist, bildet sie das Holz; jene Stoffe, die sie durch-
dringen, scheinen ‘mit ihr ganz gleiche Zusammensetzung zu
haben, sind vielleicht nur in seinen physikalischen Eigenschaf-
ten veränderter Zellstoff.
Stärkemehl. 'Es ist nächst der Zellulose der verbrei-
leiste Stoff im Pflanzenreich' und wird fast mit jeder Nahrung
genossen. ' Am reichlichsten findet es sich in den Samen der
Getreidearten ‘und Hülsenfrüchte, in den Kartoffeln, in ”den
Manihokwurzeln, im Marke der Palmen, in den Beeren des
Brodfruchtbaumes, in ‘den’ Bataten.' Der bedeutende Gehalt an
Stärkemehl ist es, weswegen jene Pflanzen am häufigsten an-
gebaut werden und als Nahrungspflanzen dienen.
Es findet sich‘'an Stärkemehl
im Weizenmehl 65—68''Prozent'
im Roggenmehl 55—62 „
im-Rispenhafer bis 38 „
in der Gerste guwrzgs%,,
im: Buchweizen „44, B
im Mais y erie,
'im Reis ar uhr,
in’den Bohnen „ 38 „
in den Erbsen Bd,
in den Kartoffeln „ 25
Die chemische Zusammensetzung der Stärke ist der des
Zellstoffs ‘gleich, also G12?H100!0, Sie findet sich meist 'or-
ganisirt im Zelleninhalte und wird durch Diastase sowohl "als
durch Säuren in Dextrin und Traubenzucker umgesetzt. Nach
Mitscherlich soll durch Schwefelsäure aus Zellstoff Stärke
erzeugt werden können. Es giebt mehrere Stärkearten , die:
man lange Zeit als ganz verschiedene Stoffe betrachtete.
Das gewöhnliche Stärkemehl oder Amylon kommt
in Körnern ‚die‘ aus einzelnen Schichten bestehen , in‘ den
Zellen der Pflanzen vor. Man kann diese Schichtung sehr
Bu m —_
gut-beobachten;. wenn. man Kartoffelstärke "auf-50% ‚erwärmt
unter ‚dem Mikroskop: betrachtet. ‚Die ‚Grösse, und Gestalt der
Körnchen:ist 'sehr' ‘verschieden ; die‘ meisten sind kugelähnlich,
bei. der ‚Kartoffel sehr gross, ‘bei! der Hirse; ausserordentlich
klein... Fig. 9. stellt‘. die ‚Kartoffelstärke dar ‚Fig. 10. Stärker
mehlkörner aus‘ der Zwiebel einer :Lilie, Fig. 11: ostindisches
Arrowrool. ahnimwv 8
«In. der, Wurzel. der ‚Sassaparilla ind, in. einigen andern
Dana soll,.die ‚Stärke formlos; sein, |
Sie. ist in, Wasser durchaus unlöslich unds bildet mit
heissem Wasser; einen‘, Kleister, ‚indem sie ‚darin aufquillt,,
durch. Säuren und: Alkalien. wird: sie erst verändert uni danu
gelöst..' ‚Mit, Jod. wird sie‘ schön blau; mit Brom'gelb ‚gefärbt.
In. Berührung : mit. thierischen: Häuten verwandelt. sie‘ sich «im
Zucker und Milchsäure,: ‚Bis auf 100° erhitzt: giebt sie Gummi,
Die stärkemehlhaltigen Pflanzentheile ;werden:itheils so; wie sie
in der Natur vorkommen; verzehrt ‚'theilsı gemahlen und zu
Brod verbacken. 28 9g2oAh mm
Die Stärke wird, durch ee ni ‚Zucker verwandelt;
besonders in früherer ‚Zeitwurde aus:Stärke müttelst Schwefel-
säure Zucker im Grossen’ fabrizirt. Versetztiman:' die zucker-
haltige Flüssigkeit in Gährung und unterbrieht/ dieselbe, bevor
noch aller Zucker in Alkohol verwandelt ist/»so<hat man das
Bier; lässt man die Gährung bis zw:Ende gehen,‘ d. h. ver-
wandelt man allen Zucker‘ in Alkohel; so «erhält man den
Weingeist. ha
Das Inulin ‚sen! iin ist ein eihlichnmtisect] ge-
ruchloses Pulver ‚das sich in kochendem Wasser löst, ‚ohne
aber 'Kleister. zu bilden. » Durch Kochen: und durch Säuren
wird‘ es leicht in Traubenzucker verwandelt, doch ‘soll Diastase,
diese) Wirkung nicht haben; mit Jod'wird es gelb‘ oder: gar
nicht, gefärbt. Es kann als eine Uebergangsstufe ‚vom Amylon:
oder von, Zellulose zu "Zucker: betrachtet: werden, » Es fin-
det sich. in! ‚vielen ‚ Pflänzen:, »besonders:: in | den’ Wurzeln der
Korbblüthler und! ist»in. :ıder Alantwurzel;. Inula. ‚Helenium;
7 ı, 44°
BER N raeen
zuerst: entdeckt; ‚der en u ihm seine‘ nährende
Kraft. 20 |
‚Die Maosstiähen de das:Lichen in‘: findet ei im
Gewebe vieler: Zellenpflanzen ‚: z.B. im: isländischen ‘Moos und
im: 'Karraghen.;i-Sie»dst !im- kalten: Wasser 'wenig'löslich, bildet
aber 'mit:kochendem Wasser eine::Gallerte; durch Alkohol: wird
sie ‘aus der Lösüng' ausgeschieden.‘ Mit Jod: färbt‘ sie sich
gelb ; ist 'Amylon‘ dabei , ‘so färbt sie sich grün. Sie'scheint
wie das: Inulin eine Uebergangsstufe von‘ Zulmiost: ‚oder von
Amylon zu‘ Traubenzucker: zu sein. 2 |
"Gummiarten.'Die .‘Gummiarten het mit Wasser
schleimige' Flüssigkeiten, die’ wirkliche Lösungen sind.‘ Sie
sind geschmack- und geruchlos, in Alkohol und Aether' un-
löslich und. werden durch 'Jod nicht: gefärbt. ''Im'reinen Zu-
stande sind‘ sie farblos und ae ‚mit Säure gahbchng on
benzucker. salonslahusäl 1abe zibe TEE
Das Dextrin ins ‚den: Bakdielsenauek findet man im
Safte aller lebenden Pflanzenzellen: : und es; scheint; einerseits
das. Material‘ zur Stärkebildung und zur »Zellstoffbildung. an
derseits'zur ' Entstehung:der 'Zuckerarten ‚zu hefern ,: wie sich
umgekehrt: Zellstoff und» Amylon "in Dextrin: verwandeln’ 'kön-
nen: Wenigstens’ geschieht‘ dies' durch Einwirkung: der’ Dia-
stase oder verdünnter Säuren. Seine Lösung lenkt den 'po-
larisirten ‘Lichtstrahl nach rechts 'ab:' : Aus ‘einer Lösung von
schwefelsaurem Kupferoxyd ‘und ‘Kali schlägt es rotes Kupfer-
oxydul nieder.‘ Mit Salpetersäure: behandelt, erhält man: daraus
Kleesäure. Die chemische Formel‘:ist (G124]100?9 "also wie
die der Stärke und des Zellstoffs. IE}
»DasGummi oder’ Ar abin/unterseheidet:sich’vom Döxtrin
dadurch, dass‘ es (mit Salpetersäure» behandelt: Schleimsäure
giebt, aus Kupfervitriollösung ‚nicht Kupferoxydul'niederschlägt
un den: polarisirten Lichtstrahl nicht äblenkt. "Seine chemi-
sche Zusammensetzung‘''entspricht der Formel: G12Ht1O11,
Es: ist ‘nur wenig verbreitet ‘und kommt ag von Mimo-
senarten in’ den ‘Handel: h 119 il |
BEP: | ABEURE:
Zuckerarten. ' Die :Zuckerarten sind in den 'Pflanzen-
säften sehr verbreitet. Sie schmecken alle süss, sind‘ im
Wasser löslich! und ‘geben, 'mit Hefe in: Gährung: versetzt, Al-
kohol.‘, Erhitzt man Flüssigkeiten ; in:denen sich Zucker 'be-
findet, mit! konzentrirter Kalilauge, so: färben sie sich bei.'Ge-
genwart von Traubenzucker 'und Milchzucker gelbbraun;;::Rohr-
zucker muss vorher mit Säuren behandelt‘ sein, Setzt man zu
einer ‚zuckerhaltigen Flüssigkeit’ Kupfervitriol und Kalilauge, so
scheidet: sich beim\Kochen rothbraunes: Kupferoxydul aus.
Der Rohrzucker ist: die Substanz, die wir im ge-
wöhnlichen: Leben Zucker nennen. » Seine: chemische : Formel
ist‘ näch- einigen‘; Forschern, C!?H!1011 nach. andern
G4?H4?0*2; in Verbindung mit Basen oder längere Zeit 'auf
100° erhitzt, ist sie gleich der der Stärke, nämlich G!?H? 0019,
Unter günstigen Bedingungen erhält man ihn in: grossen: Kry-
stallen, — der Kandis oder Kandelzucker —; er löst» sieh«in
einem ‚Dritttheil' seines Gewichtes :Wasser; im: Dunkeln ‘gerie-
ben leuchtet: er;: den polarisirten: Lichtstrahl lenkt ‚er nach
rechts ab, und diese ‚Eigenschaft wird jetzt in allen: Zücker-
fabriken’ angewendet, um: den Zuckergehalt einer! Lösung oder:
des Rohrzuckers zu bestimmen. ‚Durch .: Kochen‘ ‚mit Wasser,
mit Alkalien’:oder Säuren: verliert er..die nn zu kry-
stallisiren.' 4! ©. | r un
In: grösster Menge findet sich der: Rohrizucker im Zucker-
rohr, in. den Runkelrüben;,. in den 'Honiggefässen : vieler Blu-
men‘, in: den Maisstengeln, im:Safte des Ahorns und 'vieler
Palmenarten ; ‘künstlich ihn darzustellen, ist noch nicht ge-
lungen. |
In Indien und in: den Kolonien BREN man ‚den Aücker
aus dem Zuckerrohre, . dessen Saft 16—20 Procent enthält,
zum Theil auch aus ‚Palmensaft, in’ Amerika auch aus dem
Ahorn, in Europa: seit dreissig Jahren aus den Runkelrüben;,
welche 10 bis 14: Procent Zucker enthalten;
" Die: Darstellung ' beruht ' überall darauf; aus dem zucker
haltigen Salte durch Kochen und Zusätz vön Kalk möglichst
schnell die Stickstoflverbindungen zu entfernen, weil diese ihn
ra. - PTR
in Gährung versetzen und dadurch den Zucker zerstören wür-
den. Nachdem noch die Salze und Säuren entfernt sind, wird
der Saft verdickt, durch Kohle von den Farbstoffen gereinigt,
und dann lässt man: ihn krystallisiren. ‚Aus dem nicht kry-
stallisirbaren Zucker des Zuckerrohres, :der' Melasse, wird Rum
bereitet. Der Pälmenzucker führt den Namen Jaggery.
Der Traubenzucker, der ‚auch Harnzucker, Stärke-
zucker und Krümelzucker heisst, entspricht in seiner chemi-
schen Zusammensetzung! der‘ Formel: .C+?H?%01*,. hat also
nur. zwei Atome- Wasser mehr als Rohrzucker. Er- bildet un-
deutliche, warzige Krystalle‘; und ‚löst sich: erst’ in vier Dritt-
theilen seines Gewichtes: Wasser, ist weiss und weniger süss
als: Rohrzueker. Durch Alkalien wird: er schnell, durch Säuren
weniger schnell in eine unkrystallisirbare: Abänderung. umge-
wandelt. ‘Den polarisirten Lichtstrahl lenkt er nach: links (ab,
Mit 'Käsestoff erhitzt, erzeugt er Milchsäure, später. Butter-
säure, mit Salpetersäure aber Zuckersäure ‘und Kleesäure..:;
Der Traubenzucker findet sich in fast allen süssen Früch-
ten, als Ueberzug derselben, in den Wurzeln vieler Pflanzen.
Da seine Darstellung aus Pflanzensäften ziemlich umständlich
ist, so ‘wird er weniger ‘zum Versüssen verwendet, ist aber
um :so:,wiehtiger durch seine ‚ indirekte-!Verwerihung; da
alle Stoffe, aus denen man geistige, Getränke gewinnt; erst in
Traubenzucker: verwandelt werden müssen, : wenn 'sie ihn nicht
schon enthalten, ''bevor man die geistige Gährung: einleiten
kann. Zur: Zeit ‚der: Kontinentalsperre stellte man den Trau-
benzucker als Ersatzmittel des Rohrzuckers aus Stärke durch
Behandlung mit -Schwefelsäure im Grossen dar); Jekzt hat die-
ser Industriezweig fast ganz aufgehört.
Der Fruchtzucker findet sich in vielen ‚süssen Brücbs
ten und ist unkrystallisirbar.''
Der Milchzucker: kommt in den Früchten. der: Eichen
und in manchen -audern fleischigen' Samenlappen. vor.‘
u RAN
„d Pektinkörper und, Pfanzenschteim.
' Diese Körper''stehen‘ den vorigen‘ sehr iohbe ‚und unter-
scheiden sich’ von! ihnen ‚hauptsächlich dadurch), . dass sie ‚den
Wasserstoff: und: Sauerstoff nicht indem Verhältniss’'enthalten,
wie'isie im.'Wasser verbunden sind.! » Ihre ‘Zusammensetzung
scheint ‘der Formel C!?H+601°. zu sentsprechen. 'Sie haben
theils keine chemische Verwandtschaft ; ıtheils treten’ "sie als
schwache! Säuren’ auf. Mit Wasser bildeten’ sie‘'Gallerten , 'in
Alkohol’ und: Aether‘ sind: sie unlöslich. : Sie sind’geschmäck-
und: geruchlos und ‚haben‘ keine bestimmte: Gestalt. |
"Für die Ernährung sind sie‘ von. ‚der ’grössten;Wichtigkeit,
da: sie sich’ in fast allen Pflanzen. finden, in grösster ‘Menge
aber - in 'fleischigen' Früchten und Wurzeln, in; den Kartoffeln,
Mohrrüben 'u,-s..w:' Die Fruchtgelee’s: sind BEE diese
an IOEREREN mit»Zucker und Pflanzensäuren.;
. Fette
Die Fette er. in den Pflanzen sehr : eskräiikee ‚Stoffe,
Sie treten meist als'salzartige Verbindungen einer sogenannten
Fettsäure ‘mit’ Basen auf; deren Natur‘'noch‘ nieht genug er-
forscht: ist.. Doch’tritt in allen diesen Verbindungen dieselbe
Basis 'auf;.'das Glycerin, das jetzt ‘eine vielfache Anwendung
findet, ‘ist diese Basis mit Wasser verbunden. Durch 'Alkalien
können die Fettsäuren’ abgeschieden ‘werden; ‘in ihrer Verbin-
dung mit Alkalien heissen sie Seifen, mit ‘schweren Metall-
oxyden aber Pflaster. Durch mineralische‘ BEER erhält man
aus den’ Seifen die Fettsäure rein. | vd
Die Fette sind leichter als Wasser, tin ie aber
löslich! in Aether’ und Kohler.wasserstoffen; 'auf Papier ''geben
sie Fettlleeke. Bei: gewöhnlicher Temperatur sind‘ sie 'hart und
butterartig, bei höherer Temperatur werden sie flüssig; sie
können nicht unzersetzt verflüchtigt werden.
A TE
Meist kommen in ‚den Pflanzen, verschiedene Fettarten ge-
mengt vor; da ihre Zahl sehr gross ist, müssen wir uns auf
die’ wichtigsten beschränken. sh Isd nos?
Margarin. Es ist eim festes, . yebbigeiteike Plsuucht:
fett | "besönders ‘reichlich im Baumöl. ' Das Margarin schmilzt
bei 44°: und löst sich in Alkohol, woraus es: ‘beim: ern
sich ‘in Krystallen' ausscheidet. | 9
Die Margarinsäure : entspricht‘ der: ‚ebleinischen Formel:
C°3*H3303-+HO und schmilzt bei 60°. |
'Stearin, ’Das Stearia findet sich: in «der Eakitbulter
und im chinesischen 'Pflanzenwachse,;: ‘Es schmilzt nd
und ist im''Aether 'nur wenig löslich.
Die‘ Stearinsäure ' hat : die: chemische Formel cesHss08
+HO. Sie schmilzt bei 69— 70°. 194 las 5
Das Palmitin ist ein Gemenge des Margarin a Stearin.
Olein. Das Olein ist 'Hauptbestandtheil der flüssigen
‘Fette der Pflanzen, besonders reich ist es in dem Oliven. Es
ist klar, geschmacklos, und erstarrt bei: 4° unter dem Gefrier-
punkte.
Die Oleinsäure hat die Rekuhelr G36H3303+H0O und wird
an der Luft durch Aufnahme von Sauerstoff‘ leicht verändert.
Sie ist bis 14° unter Null flüssig;' mit Salpetersäure oder
Schwefelsäure"behandelt, geht sie leicht in die gleich zusam-
mengesetzte Elaidinsäure über, die erst bei’ 449 schmilzt.
Olin.: Das Olin findet sich mit dem Olein in den flüs-
sigeu Fetten, besonders im Lein, Hanf, Mohn, Ricinus- und
Kokosnussöl; es ist der ar der sogenannten
trocknenden Oele.
' Die Fette aus der Muskatbutter, die: Wachsarten und die
ätherischen Oele sind noch viel zu wenig untersucht und ih-
rer chemischen Natur nach erforscht, als dass wir für ihre
Bildung in den Pflanzen nur PRSEFIRIER Anhaltepunkte fin-
den könnten. |
a WER
d) Organische Säuren.
Sabon bei den Fetten haben: wir: einige aicktign Säuren
kennen gelernt; doch‘ kommen: sie stets mit organischen Stof-
fen: verbunden vor, Hier handelt: es sich ‚um solche Säuren,
die mit ünorganischen: Stoffen verbunden oder frei in den
Pflanzen auftreten. Sie zeigen alle Eigenschaften der Mineral-
säuren, röthen blaues Lackmuspapier ‚und aind frei stets mit
Wasser verbunden. . OU e2}
Die meisten dieser Säuren können ohne en ver-
flüchtigt werden. Ihre allgemeine Verbreitung in. den Pflanzen-
säften dentet darauf hin, dass sie bei. der Ernährung ‚der
Pflanzen eine: äusserst wichtige Rolle spielen; jedoch. in uns
das Wie noch verschlossen. |
Kleesäure. Die Zusammensetzung der Kleesäuäre ist
gleich C203+ HO.. Unter :allen- Pflanzensäuren hat sie die
weiteste Verbreitung; besonders‘ reichlich findet sie sich im
Sauerklee ‚und im Sauerampfer. Sie ist immer an Kalk ‚oder
Alkalien gebunden, und der kleesaure Kalk scheint. ‚keiner
Pflanze, selbst nicht dem Hefenpflänzchen : zu ‚fehlen; er ist
immer: krystallisirt, meist in Nadeln. | Ausser ihrem: Vorkommen
in. lebenden Pflanzen: ist: sie das Endprodukt der Zersetzung
vieler: organischer Körper, besonders der Kohlenhydrate.
Aepfelsäure. Die Aepfelsäure ist gleich C?H?0*+-HO.
Sie: ist "einer «der; häufigsten Körper des Pflanzenreichs, aber
stets-an Kalk oder Alkalien gebunden. Der saure Geschmack
des unreifen Obstes rührt von den darin enthaltenen ‚sauren
Salzen der Aepfelsäure her, während die Salze in reifen Früch-
ten neutral sind. Unter sauren ‚Salzen versteht man die, wel-
che auf ein Atom: Basis zwei oder mehr Atome Säure enthal-
ten; kommt auf ein Atom Basis ein Atom Säure, so heissen
sie neutral. |
Citronensäure. Sie hat mit der vorigen: gleiche Zu-
sammensetzung. Sie kommt frei und verbunden häufig mit der
Aepfelsäure vor, ist aber besonders reichlich enthalten in den
Orangen, Johannisbeeren, Preisselbeeren u. s. w.
we, EEE u
Weinsäure. Sie. ist gleich C2H20°%’+ HO. Ziemlich
häufig in: den Pflanzensäften enthalten , » besonders aber im
Wein, in: der Ananas, in den Gurken. Weinstein ist saures
weinsaures Kali, gemengt mit 'weinsaurem Kalk. Sie findet
wie: die Kleesäure und. Citronensäure eine vielfache Anwen-
dung, besonders ‘in der Färberei und in: der Medicin.
2. Stickstoffhaltige Verbindungen.
Die stickstoffhaltigen Verbindungen kommen in: weit ge-
ringerer Menge in den Pflanzen vor, dagegen sind einige noch
verbreiteter als die stickstofffreien, und es scheint, als ob ohne
ihre Gegenwart keine Umsetzung der Stoffe in den Zellen
stattfinden könne; denn alle die Zellen, die keine stickstoff-
haltigen Verbindungen mehr enthalten, verholzen und sind: für
die Ernährung der Pflanzen ohne Werth, während alle jugend-
lichen Zellen reich 'an Stickstoffverbindungen sind. Wir:wollen
hier: nur die sogenannten Proteinkörper und die Pflanzenalka-
loide betrachten.
a) re io
Die Proteinkörper‘ finden sich in jeder lebenden Zelle, sei
es gelöst im Zellsafte, 'sei es als feste, körnige Masse. Sie
entstehen vor allen Stoffen, scheinen alle chemischen Processe
in der Zelle einzuleiten und ihren Verlauf zu bedingen; auch
scheinen sie nur in der Pflanze entstehen zu ‘können, die
Proteinstoffe im .thierischen Organismus dagegen 'nür Verän-
derungen derselben zu sein. Sie liefern den Thieren das Ma-
terial zur Muskel- und Nervenbildung. Auf welche Weise diese
Umbildung vorgeht, ist noch nicht ausgemacht; doch scheinen
sie alle in löslicher Form in das Blut überzugehen, und Jdar-
aus werden sie. alsdann ‘als feste Bestandtheile ‘des Thier-
körpers abgeschieden.
Sie haben alle geringe oder keine chemische‘ Verwandt-
schaft zu andern Körpern, sind nicht flüchtig und bestehen
_— m RER
aus Kohlenstöff;'-Waässerstoff, » Sauerstoff, ‘Stickstoff amd Schwefel
oder Phosphor. - Alle. lösen 'sich ‘in’ Alkalien, woraus sie»dureh
Säuren ' wieder ‘in festen;Form ausgeschieden: werden:: Mit: Jod
färben sie sich‘ gelb. mit‘ starker Schwefelsäure violett, mit
salpetersaurem Quecksilberoxydul roth, mit Zueker: und starker
Schwefelsäure rosafärben ; «durch »gelbes: und: rothes Blutlaugen-
salz werden ihre Lösungen gefällt. Wegen ihrer leichten
Veränderlichkeit, ist ‚es, sehr. schwierig, sie zu; untersuchen.
Die meisten Chemiker nehmen an, dass die hierischen
und ‘pflanzlichen Pröteinkörper gleich: sind. ' sim
Kleber.: -Der: Kleber: ist: eine‘ sehr ie ‚faden-
ziehende Substanz, die’ aber: wahrscheinlich ‚noch : nicht: nein
dargestellt ist. 1
In Wasser und Weihzeibt ist er ganz unlöslich. Mit
Pflanzenleim bildet er einen äusserst: wichtigen Bestandtheil
unserer Brodfrüchte, der das Mehl: fähig macht, :zuw 'Brod ver-
backen zu werden; je weniger Kleber ‚eine; Getreideart »ent-
hält, um so weniger: ist sie geeignet, zu :Brod verbacken ;zü
werden. Es mögen hier einige Angaben über:den Gehalt''an
Eiweiss, Kleber u. s. w. in den wichtigsten Nahrungsmitteln
ihre Stelle finden. Es enthalten 100 Theile
Weizenmehl Nr. 1 19,16 Prozent
% a) 1355410.
\ ee Rt
Röggenmehl . 4 =: 11,94 AoX: |
in is Donis218, 712 gie su
Rispenhafer FE rege
‚Gerste s1T8b mi zu wie moniada
Buchweizen us BI, or
Mais (türkisch ‚Korn) = 14,68 5 5 m
Reis Oh
Bohnen == 28,54 BR
«Erbsen Br 2 1
Kartoffeln 2 m
Ve Stickstoffgehalt stehen Bohnen ‚Erbsen und Ps
oben. an, weshalb ‚wir die Hülsenfrüchte: mit Recht das Fleisch
yet! | | | sds
2 Wr
des':ärmen ' Mannes ‘nennen können; an: Kleber aber: sind
‘Weizen und demnächst der. Roggen am reichsten, weshalb
diese 'Getreidearten vor allen zur Brotbereitung geeignet sind.
Der Nutzen des Klebers bei der Brotbereitung ist nämlich
der, dass er mit dem Amylon einen zähen Teig bildet, der
durch die Gährung porös wird; diese Porosität macht aber
das-Brot: leichter \verdaulich. :Das:Mehl aus den Hülsenfrüchten
kann“wegen des 'gänzlichen Mangels. an ‚Kleber nicht: zu. Brot
verbacken werden; mit Roggen-'oder‘ Weizenmehl verbacken,
giebt es immer ein -schweres, nicht leicht zu verdauendes
Brot, das ebenso, wie Reisbrot ‘und Maisbrot schnell alt
wird.
_Pflanzenleim. Er findet sich mit dem Kleber zu-
sammen und wird von ihm durch kochenden Weingeist ge-
trennt; er ist klebrig und geschmacklos.
Albumin oder Eiweiss. Das Eiweiss ist in Wasser
löslich, gerinnt aber bei 55°; ist die Lösung: sehr verdünnt,
so) gerinnt es erst durch Kochen der ‘Flüssigkeit. Auf Zusatz
von-‘Säuren gerinnt es leichter. Zu viel Säure, oder die. Ge-
genwart‘von Alkalien ‘verhindert ‚die vollständige Gerinnung.
Das Eiweiss’ ist eines der kräftigsten Nahrungsmittel und findet
sich überall in den Pflanzen; am reichlichsten jedoch in. den
Samen ' der Hülsenpflanzen. Es tritt theils gelöst im Pflanzen-
safte auf, theils als Verdickungsschicht der Zellwandung, theils
als’ Gerinsel. Das einmal geronnene Eiweiss ist entweder
schwer oder gar nicht mehr löslich.
‚Liebig hat entdeckt, dass aus Fleisch Eiweiss entsteht,
und. ‚aus dieser Edeckunn geht ziemlich unwiderleglich her-
vor, dass im thierischen Körper das Umgekehrte stattfindet,
dass sich nämlich aus dem Eiweiss Fleischstoff bildet.
Kasein, Käsestoff oder Legumin. Der Käsestoff
ist! weit ‘weniger verbreitet in den Pflanzen und findet sich
hauptsächlich in den Samenlappen der Hülsenfrüchte.
Filly, Ernährungsverhältnisse, 6
RT URN
tz Br'ist löslieh im . Wasser und ::gerinnt: ‚durch Erhitzen,
sbwie "auf "Zusatz ' von“ Säuren’'oder Kälberlab)) Non der.Art
seiner Rang BE sein Gehalt an ren Salzen-ab.
b) Alkatoi de.
. 4:
ich
"2 /Zu‘den 'Alkaloiden geliört ‘eine. grosse Zahl sehr BR
mengesetzter Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauer-
stoff und Stickstoff; unter ihnen befinden sichi,die gefährlich-
sten Pflanzengiftej!’so‘ das:'Strychnin ‚aus Sörychnos nux |vo-
mica (Krähenaugen), Morphyn: aus dem Safte des :Mohnes;
als wichtiges Arzneimittel das Chinin und Cinchonin aus'-der
Chinarinde oder Fieberrinde.
Sie haben fast alle grosse, Neigung , sich mit Säuren zu
Salzen zu verbinden , kommen auch immer an Säuren gebun-
den in den Pflanzen vor; sie bläuen geröthetes Lackmuspapier
ünd einige 'entziehen sogar dem Ammoniak; die: Säure,
1 Es liegt- ausserhalb:unserer ’Aufgabe;, .hiersauch nun'die
wiehtigern jener Stoffe "aufzuführen; wir wollen uns daher auf
diejenigen beschränken, welche‘ ‘wegen ihres ‚Vorkommens;. in
Nahrungsmitteln «von allgemeinem Interesse sind, nämlich’ die
Alkaloide‘ des''Thee, des Kaffee und der Chokolade.-; ‚Alle drei
Substanzenenthalten ein flüchtiges Oel und: ein nahezu glei-
ches Alkaloid'; das von besonderem Kun auf die Harnab-
sonderung ist. © \ YibısV 2 3! Aus allsz
'Kaffein-oder! Thein.: Didsası Alkaloid, idessem) chie-
mische Formel G16H2?°N30#:- ist „'findet sich im: ‚Kaffee, «lim
chinesischen Thee (Thea chinensis und Thea viridis), in
den Blättern der südamerikanischen Stechpalme (Iex para-
guas yensis), deren Blätter in Südamerika wie der chinesische
Thee verbraucht werden, und in der Paullinia sorbilis, aus
der man ein Arzneimittel, das Guarana, gewinnt. a
Der Theestoff ist in Wasser und Alkohol löslich und kry-
stallisirt in seidenglänzenden Nadeln, ist‘ fast geschmack- und
geruchlos. Den: Wohlgeruch‘ des: Kaflees kann er nicht 'er-
zeugen; dieser rührt vielmehr von‘ noch unbekannten Zer-
nn.
setzungsprodukten ‘her, ‘die beim Rösten des Kaffees sich
bilden, ‘Im Thee "ist die Substanz, ‘die den Wohlgeruch
erzeugt, schon fertig‘ gebildet vorhanden , und’ der Aufguss
auf Thee wirkt’ mehr’ belebend, als der’ des Kaffee’s.' ' Eine
geringere - Theesorte aus Köchinchina‘, der Ziegelthee‘, dient
den 'wändernden Nomadenhorden Mittelasiens als wahres Nah-
rungsmittel' und ist’ zugleich'ihre Münze, Wu mil
iRochleder sagt vom>’Kaflee: ',;Für Arme, -die'' wenig
stil Nahrung 'geniessen können, sondern meist nur
Kartoffeln''haben , ist’ der Genuss ‘des Kaffee’s ein Ersatzmittel
für’ das’ Fleisch.“ - Das’"wäre‘ ein’ theures Ersatzmittel, und
Hülsenfrüchte‘ leisten’ jedenfalls bessere Dienste, wenn schon
nicht zu leugnen ist, dass: der Genuss des Kaffees von
grossem Vortheil für die Verdauung ‘ist. Leider geniessen
aber die 'armen 'Leute Surrogate 'statt' des Kaffees, die eher
die Verdauung hemmen, 'als sie befördern.
Theobromin. Dieser dem Kaffein sehr verwandte Stoff
entspricht in seiner chemischen Zusammensetzung der Formel
€1%2H!6N80* und findet sich in den 'Kakaobohnen neben der
sogenannten Kakaobutter. : Die‘ Hülsen, worin die Bohnen
sitzen, sind einen halben Fuss lang und enthalten’ ein ess-
bares" Zellgewebe. -»Das’' Theobromin schmeckt bitterlich ,
in heissem Wasser wenig, in Weingeist und Aether fast gar
we löslich: und kıystallisirt, 6 130
‘ Die 'Chokolade ist ein Gemisch aus 'gerösteten und ge-
ne Kakaobohnen, Zucker und Gewürzen ) 'und sie ist
in Folge des grossen Stickstoifgehaltes des Theobromin sehr
nahrhaft:ı |
Nachdem wir so die wichtigeren Bestandtheile des Pflanzen-
körpers und ihre chemischen Beziehungen zu einander kennen
gelernt, wollen: wir uns zur Betrachtung der Ansichten wen-
den; die man im Laufe der Zeit über die Entstehung dieser
3halin & dert? | 6*
Be
Substanzen; innerhalb‘ der Pflanzen aufgestellt hat.,.Die älteste
Annahme ist ‚die, dass bei den Pflanzen wie bei den Thieren
ein. allgemeiner : Nahrungssaft, eine Lymphe entstehe, welche
den‘ einzelnen Theilen ‘zugeführt, ‚diese ernähre,, und bis in die
neneste., Zeit, giebt es Vertheidiger für diese Ansicht.
!;/ Die ‚erste‘ Erklärungsart der: Entstehung fester '‚Stofle im
den Pflanzen rührt von Davy.her und lautet etwa! folgender-
massen:;/„ Die. zuckerhaltigen,, ‚schleimigen und: eiweissartigen
Bestandtheile im. Safte des Splintes oder ‚jungen Holzes ‚ver-
binden - sich mit dem’ Gerb - und Extraktivstoff. der: Rinde,
scheiden Wasser ab und gehen in organische Materie ‚über.*
Diese Annahme glaubte er durch. den Versuch bewiesen, dass),
wenn ‚man in den Splintsaft einen Aufguss von frischer Eichen-
rinde, schüttet, sofort ‚ein Niederschlag entsteht. Angenommen,
die Behauptung wäre richtig, so. lehrt sie uns. doch. keines-
wegs, woher der Zucker, der. Schleim ‚und das Eiweiss. in den
Splintsaft kommt.
Die übrigen älteren Rönnsenbhitsiehisen, lehren etwa Fol-
gendes: , Der, rohe Nahrungssaft steigt bis ‚zu «den. Blättern,
dort entweichen die wässerigen Theile, ‚und ‚der so entstandene
Bildungsaft ‚strömt abwärts von den Blättern ‚in ‚alle Theile
der Pflanze, um Zellen und andere ‚Bestandtheile: ‘zu »er-
zeugen.
Nach einer andern Ansicht ist die Püanzenmilch die ei-
gentliche Nahrungsflüssigkeit, aus der alle Stoffe gebildet wer-
den; der ‚Milchsaft 108 eben so verschieden, wie die einzelnen
Pflanzen. |
Duhamel sagt: „Der eigene Saft (Milchsalt): vn
Pflanzen strömt vorzugsweise von oben nach unten; eben so
ist es mit der Massenzunahme der Pflanzen; anderseits ist
ein Baum krank, wenn der eigne Saft irgend wo ausströmt.“
Man glaubte sıch um so. mehr berechtigt, den Milchsaft
als den allgemeinen Nahrungssaft anzunehmen, als er. der
thierischen Milch so ähnlich sei und immer» in.der. Nähe. der
neuen Gebilde ströme; er bilde, ‚meinte. man, ‚sicherlich ‚die
Knospen, und daher komme es, dass die niedern Pflanzen,
u
die'sogenännten Kryptogamen, wozu die Farrnkräuter, Schäch-
telhalme, ‘Moose, Pilze und 'Algen gehören, keine an-
setzen,‘ weil ihnen der 'Milchsaft fehlt.
Diese“Milchsaftlehre hät’ sich bis in die neueste Zeit er-
halten, obgleich man unter den ‘mehr’ als zweihundert be-
kannten‘ Pflanzenfamilien nur acht kennt, die Milchsaft' führen ;
es könnte also »diese Erklärungsweise nur "auf: acht Familien
passen, auf zweihundert aber nicht.
. Luft, Licht, Wärme und Elektrizität, so viel’ steht Test,
sind 'für:den Ernährungsprozess der Pflanzen nothwendig, wenn
wir ‘auch kaum ahnen, im ''weleher Weise diese Kräfte ein-
wirken. zu |
Beim Keimen der Pflanzen ist die Gegenwart von Sauer-
stoff nothwendig, da’' sich aus dem Kohlenstoff’ des’ Samens
mit! dem Sauerstoff der Luft bei''allen Keimungsprozessen Koh-
lensäure 'bildet; wie man durch einen einfachen Versuch nach-
weisen kann. Eben 'so sicher ist es, dass grüne Blätter 'im
Sonnnenlicht Kohlensäure aus der wmgebenden Luft aufneh-
men und Sauerstoff’ dafür ausgeben, wenn schon nicht'so viel,
als in der aufgenommenen Kohlensäure enthalten 'ist. Bringt
man eine’ Pflanze, der man alle Bedingungen zum Leben er-
füllt hat, in einen‘ luftleeren Raum, so stirbt sie sehr schnell
ab; Beweis’ genug, dass sie der''Luft bedarf.
'So unverkennbar ‘die Wirkungen des Lichtes auf das Leben
der Pflanze sind, so‘ wenig sind wir‘bis jetzt im Stande, die
Art’ seines Einflusses zu ''erklären. Wir wissen,’ dass das
Licht selbst‘ bei der‘ Bildung ‘und Zersetzung unorganischer
Verbindungen vam grössten Einfluss ist; dass z. B. durch die
Wirkungen des Lichtes Silbersalze' zersetzt werden, auf wel-
cher‘ Erfahrung die Anfertigung der Lichtbilder beruht; wie
viel gewaltiger muss die Einwirkung des Lichtes im Pflanzen-
reich sein, ‘wo bei ‘ganz’ gleicher Zusammensetzung so’'ver-
schiedene Stoffe vorhanden sind, wo es nur des geringsten
Anstosses bedarf, um eine Verbindung in eine andere überzu-
führen. ‘So wird z. B. Essigsäure, in zerstreutem Tageslicht
mit Chlor behandelt, in eine Essigsäure verwandelt, die ein
u
Atom ‚Wasserstoff ‚verloren hat, dafür; ein; Atom. :Ghlor aufge;
nommen ;. ‚wirkt.,äben .‚das- Chlor | am,:direkten Sonnenlicht: auf
die Essigsäure ein, so treten dreii.Atome ‚Wasserstoff, aus: der
Verbindung, ‚und drei.;Atome ‚Chlor. treten 'an ihre Stelle.
Wir. .‚wissen ferner aus vielfachen Untersuchungen ‚‚.dass
die. ‚Pflanzen. ber gleicher Wärme in: den: Strahlen: \\der Sonne
viel stärker‘ Wasser aushauchen ,; als’ im! Dunkeln.
Allgemein bekannt ist ‘.das.. bleiche ‚Aussehen N
Pflanzen, welche.im Dunkeln stehen 5: ‚werden: sie ans Licht
gebracht,'‚so ‚werden: sie ischnell. grün. - Dieses Grünwerden |be-
ruht auf. einer lebhaften Verbrennung: oder Oxydation von .Koh-
lenstoff, wodurch das Blattgrün entsteht.
Auf. der. ‚andern; ‚Seite scheint... das Licht, doch niehe. für
jede ‚Pflanze unumgänglich: nöthig. zu. sein; Rizomorpha sub-
corticaulis , gedeiht im Innern; von Baumstämmen. ohne), jede
Spur. vom: Licht, ‚und Ehrenberg hat Pflanzen‘ aus ;einer
Meerestiefe erhalten, wohin nie ein Lichtstrahl dringen ‚kann;
Ja. selbst zur Bildung »von Blattgrün scheint. das Licht ‚nicht
durchaus :nothwendig zu ‚sein; | wie: sollte, man- sich sonst..die
schöne grüne ‚Farbe, der, Samenlappen. von ‚Pistazia; ‚erklären,
die sich in ‚einer: für: das Licht !undurchdringliehen‘Schale ent-
wiekeln. In den. gewiss _lichtreichen;| Steppen und, :;Wüsten
findet man keine ‚schöne \\grüne|Pflanze;;i, ste;,;haben alle ein
bleiches; Aussehen‘, während: am tiefsten ‚Dunkel, der Wälder
das schönste ‚Grün, besöndenrs Iher: Moosen ,-vorwaltet..
Was die Einwirkung der‘ Wärme::betriflt „so: wissen wir,
dass. bei :jedem chemischen Prozess, Wärme verbraucht, oder
Wärme erzeugt wird; wenn wir: Kochsalz ;mit,Schnee ‚mischen,
so; will: sich: das ‚Kochsalz: im Wasser lösen ; dazu muss Schnee
geschmolzen: werden; ‚da dies» wicht: ohne. ‚Wärme. igesdhieht;
so» wird ' der Umgebung‘; Wärme „entzogen ;- dies: ‚isti;das, Ge-
heimniss der künstlichen Eisbildung..« Wenn wir. Kohle‘ .in
Kohlensäure- verwandeln, so geschieht dies unter Entwickelung
von. Licht: und: Wärme; die ‚Kohle‘ verbrennt. Aber nicht: die
Wärme der Luft allein ist ‘von -Einlluss' auf'.das Leben: ‚der
a a
Pflanzen;,; sondern in wert-höherm Grade’ scheint es: vor der
Fähigkeit‘ des Bodens‘; 'Wärme:'aufzunehmen‘, bedingt: zu: sein:
Nicht:»die chemischen Bestandtheile sind .es, :wovoir die
Erwärmungsfähigloeit des ‚Bodens: abhängt;,'; sonderm- die’ Farbe
des ‘Bödens 'ise!-vom»sallerbedeuitendsten:»Einfluss.« Da:ınun
die schwarze Farbe: wesentlich: von der Menge. der organischen
Reste, ' die-sich :im Acker finden, ‘abhängt, so.selien wir hierin
eine höchst‘ wichtige Wirksamkeit des Düngers. Aus der Er:
wärmüngslähigkeit'des Bodens lässt sich. theilweise sogar: \die
Vertheilungsweise der Pflanzen; : das: Ngyhauisnens an bestimmten
Rinktii ‚erklären. HT Ti F
Wie: ver schieden die Wävihe in E ae der Luft ‘sein
ik geht: aus folgender. Tabelle 'von‘ Beobachtungen: hervor,
die Schübler in seinem Garten in Tübingen täglich: Mittags
von :12—1 ‚Uhr :ein; ganzes Jahr: hindurch :anstellte.
‚Die «mittlere: Temperatur, war «us... ; BIGYTY])
od an der Erdoberfläche :; : “ der; Luft Se
gen Januarıı +! 98m. mi 113,89 |
ip IiRebrwarsl; zur #241 5b sit |
„ März + 30Bis1sgusT aorfilih,Bah ba
” April::; ish rare on er ae
„ Mai oralen 1 u TTc+ 15,7 j
Sb&guni 5} #::47,9:53 + 19,2
1atSJuli, ‚El + 50,8 ++ 21,9 5
“„ucAugust + 43,6 + 16,4 {4
4 «September + 39,0 „. £C#+:16,0 id
'5'*Oktöber + 21,7 5 . 48 Be
„ November + 181 R + -3,6) iunmdonints
"5. Dezember + 12,1 iörr .1,6 (ehr:
‘st Alexander v. Humboldt fand. .auf‘der Insel Graziosa;im
weissen, basaltischen Sande 40°, im schwarzen dagegem 540,9.
Zieht: man’‚Wein an Mauern, so giebt man -ihnen;geri einen
schwarzen Anstrich; auch unterscheidet der Landmann kalt-
gründigen und anne Boden.
-tEinzeinejErfahrungen haben gelehrt, !dass das Wachsthum
der Pflanzen: itheils von der Stärke der Sonnenstrahlen ‚-'von
fi — 8 0 —
der Intensität‘ der Wärme, : 'anderseits von:(.der ‚Menge. .der
Wärme‘abhöngt. Leider sind diese’ Erfahrungen noch zu: ver!
einzelt, um allgemeine Schlussfolgerungen zuzulassen. '
Wir wissen, dass: unsere Kulturpflanzen in’ südlichereni
Klimaten nicht gedeihen wollen; unsere‘ Obstsorten arten alle
aus; der Weizen» geht nicht näher ‘an den Aequator;:als bis
zum ‘209; jedenfalls ist die‘ Wärmeintensität zu gross. ; Unsere
Runkelrübe erzeugt 'in wenig südlichern und nördlichern Kli-
maten als das mittlere Deutschland und nördliche ‚Frankreich
so wenig Zucker, ‘dass sich ihr Anbau behufs der Zuckerge-
winnung nicht mehr lohnt; es scheint eine bestimmte Wärme*
intensität nöthig zu ‘sein, ‘um die Zuckerbildung in der’Rübe
zu veranlassen; 'ist'die Intensität | grösser, so werden andere
Stoffe gebildet. | di ih
Was den zweiten Punkt betrifft, dass auch 'eine 'bestimmte
Wärmemenge für das Leben der einzelnen Pflanzen 'nothwendig
ist, so hat Boussingault einige dahin ‘gehörige Beobach-
tungen mitgetheilt, die in folgender Tabelle enthalten. sind;
die letzte Rubrik ‘enthält das Produkt aus der Ada ‚der
Tage und der: mittleren Temperatur. “
Weizen gebrauchte zur vollkommenen Reife im!‘
Elsass . .... 137 Tage bei einer mittleren er
Temperatur von 15° ı.2055°
Bags. Auosl£. +40» Tele 13,4 112161
Alais. 0 OL #46: 0% A 14,4 .172092
Kingston ‘. (4.04 122 „ gi 17,2 19”2098
Cincinnati «+. 137 „ 3 15,7''02151
Quinchuqui (Süd- vol
amerika) .: . 181 „ 4 14,0: 2534
Turmerosi,) loan) 9 9AuuyH gümuli., 2405212208
Trüsilleıs 2a 6.432: OB yusz. 22,3 .u2230)
Mark Brandenburg 168 - „. gun 13,0.:,172192%
„Defeie, BED SUCHE IWW Ken sale
Elsass . . . „122 Tage A .7149;0:41,1708°
Alais. nidetasonso1 37 5 ® 111 3,11611795
nr ER
Fr
e
ee u 003550 90 Tage bei einerimittleren >)
non o070= „s'Temperatur' von’ "219,0: 18909
Kingston. u trorkenn 2 ging, mmisıhsr 290 01738
Funchal (1.020.168: 95, 5b; 20T 7
Santa-Fei).oil! 192 sihnoy, deülay noboglg, Ti 4709er
Mark Brandenburg 122: | 5 lan zer 709
E Der Mais oder das türkische Korn. er
Bisase!! obs 122 Tage - y; 1200.9,24400
Alais' ie ü 1E3Beitymunonszigg 20! "22,75 3068
Kingston. .n. ‚122. y gras, zub Zei reg
Neu-Granada „11092 yo murpoin u 197,52: 2580N
aaegon Mar) BET 3 WI2LHN 28T
Santacb6ı’ sb. ‚188 ah ab „eus Jobii 40 09745
23h sh bat
"Kartoffeln. gebrauchten n listen. in BA Ser ee
Elsass! is el 6DFagen: 1802 .1929440
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Venezuela. „: 142019] ayesıiswlol 2555 2,3060
Santa-Fe ..... 0. . 200 raljuns „mobinl14475 2930
Merida +1,10. 2,276: iubegpsachi or 20 SFT
Bomasqui'.»1220 „2200: ones ara ige
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„Die Indigopflanze
Yerienkekiu ws 280 Tagen, audi #in 270,4 22000
Marakay Is . 20 92m Idomsdgit mov DB 5rrolg34gie
Koromandel .....,1°901 yo! 0 ya) um 124,622%17.
wg. Gegend 1 zip 3 & een 2385:
ta} dan 5 sloklobuw. TiotalleX on oh
.ı Vergleicht man! die Produkte; 'aus dör Anzahlı ‘der ‘Tage
er den »mittlern ''Temperaturgraden‘, s6 findet:'man’*sie‘'bei
den: einzelnen -Pflanzen:' nahezu gleich 5)" die‘ geringen»‘Unter-
schiede liessen sich wohl ausı der verschiedenen eneinige
keit, der ee oe - — u. 8 wi ‚leicht
erklären. N ı |
Be
Mit dem Wasser nimmt ‚wie: wir’ gesehen haben; die
Pflanze Kohlensäure und; Ammoniak, sowie anorganische Salze
auf;iyon diesen scheinen ‚einige für..di&'Verarbeilung der-Nah#
rung nolhwendig, andere ‚scheinen nuräufgenommen Zu:'sein;
weilysie im.!Boden gelöst yorhanden.. waren. Die .Pflanze wählt
sighrihre Nahrung nicht aus, aber .die““Chemisches'und‘ipliysit
kalische Beschaffenheit der ‚Zellenhaut und des Ze leninbaltes
bewirken es, dass von dem“ einen Stoff mehr, von dem an-
dern wenigercaufgenommen wird. »Die aufnehmende Zelle-ver+
arbeitet einen‘ Theil der aufgenommenen‘ Stoffe je nach ihrehi
besandern «Bedürfniss; das_Uebrige wird Yon den. benachbarten
Zektem angezogen, um wiederum theils werarbeitet, theilsı weitet
geführt zw. werden. | l 2 sie
“+ TBie Zelle bildet aus,, ale Kohlenssüte,. dem Amihoniak
und dem Wasser mit Beihülfe des Phospbors und Schwefels,
welche Stoffe sie aus ihren anorganischen Verbindungen aus-
scheidet, «die eiweissartigen Verbindungen) einerseits, anderseits
aber auch jdie stärkemehlartigen. .. isLA
Aus dem: fortwährenden ra Bee letztere
in; he Zeile: erleiden, entstehen die Harze, .Oele,. Fette;':die
Farbstoffe <und die Pflanzensäuren, welche die überflüssig; vort
handenen ‘mineralischen Basen binden ;t:äus. erstern: werded
die Alkaloide.
Die stärkemehlartigen Stoffe gehen jeicht, TE NL über,
umso leichter, als ihre Zusammensätzung sehr ähnlich. ist;
sip! gehen; bald vom Stärkemehl zum“PDextrin . und Zuckeiy
bald-umgekehrt vom Zucker zu ne undiZelk
stoßl über. Yeizzimsd
Aus dem Zellstoff wird Holz und Korkstoff ‚ieh theil-
weise Entziehung des Sauerstofls;;‘' verschwindet | dieser’ noch
mehr;; ;so: entstehen die Wachs -: und Feitärten; viele flüchtige
Oele: ibestehen: ‚nnr;|,ausı' Kohlenstoff;: undx:Wasserstoff: Durch
Auftahme von.iSamerstofl-, werden umgekehrt die. ann:
Oele! in,Harz verwandelt. «5 slnnlilenunamee is
In dieselbe Reihe der Produkte, gleichzeitig a bil
gebildet, gehören die Säuren und das Blattgrün, die ihrerseits
=—- u =
wiellerum', in landere' Stöffe | rückverwandelt werden können:
Die, stickstoffhältigen Verbindungen. sind: theils ‚die; Vermittler
dieser ‚ewigen : Wandlungen der 'Stofle,,; theils:'gehen - sie ‚selbst
mit in: die Verbindungen: ein, ! theils+ erleiden ‚sie »selbsti fört-
während: - Veränderungen! , : und. gerade: die!» ausserordentlich
leichte : Veränderlichkeit derselben ‚ist. es, welche- auch: die
Umsetzung bei! den ‚andern Stoffen hervorruft. ri
Bei: der ‚Bildung: stärkemehlhaltiger Stoffe: aus: Kahlen-
säure: und Wasser muss) Sauerstoff! frei : werden; \ wie die-Zu-
sammensetzung jener- Stoffe. lehrt; daher athmen die‘ Pflanzen
bei Tage Sauerstoff aus und zwar um so mehr, je'lebhafter
der Ernährungsprozess vor: sich. geht; im»der: Nacht dagegen
ist,Iwegen ‚Mangel ‚anı'Licht der‘ Lebensprozess, wenn‘ nicht
unterbrochen, so doch: ‚weniger lebhaft, .die> aufgenorhimene
Kohlensäure: wird. nicht !werarbeitet ‚i! daher »ausgeafhmet; Zur
Bildung 'der- sauerstoflreichern Verbindungen; z. B: der: Säuren;
muss! wieder ‚Sauerstoff aufgenommen! werden,» sei es als sol
eher;,' sei 'es!;in- seinen: Verbindungen :'als :Kohlensäure- und
Wasser. us zienönds buswasilsX sh astsıde
nl Wennssdie: (Stickätoßiverhinilugen! dus. seiner‘ Zelei ver-
söhwinden ‚so verschwindet 'auch- der: Zellsaft''atis ‚derselben,
dadurch das wahre Lebenselement;»da! nur--im Wasser lösliche
Stoffe: von: :einer''Zelle der: rer ne rag werden en
die; Zelle: stirbt. : Tr lidastloX sib manıhai
‚Im: Fruchtlager: der: Flechten kai san“ ja iräkteh
Bellini des Zellstoffes in Flechtenstärke beobachten;-'und
Blon.dieau: hat gefimden ‚dass beimieifen der';Oiven! Zell-
stoff: am Fett umgewandelt wird‘ Nur-vwerholzter und verkorkter
Zellstoff; ;:gehen keine Veränderungen mehr ein, weswegen ver-
hölzte und 'verkerkte Zellei für: dasıLeben der Pflanze, wicht
mehr vorhanden sind; sie;'bilden dagegen das: feste! Gerüst«.»-
'» Die Pflanze zerlegt » nicht)inur: organische Stofle} sie zer-
setzt auch . die stärksten: mineralischems' Verbindungen ;, ‘ihren
Gehalt an Phosphor und Schwefel ‘kann’ sie nur‘ aus 'phosphor-
sauren und schwefelsauren Salzen ‚.;oder''aus Phosphorwasser-
stoff und Schwefelwasserstoff erhältem;> sie muss zu dem Eude
Gin
jene Verbindungen’ 'zersetzen.' Die Alkalien 'und Erden'geben
ihre: Säurem'ab und’ verbinden "sich 'mit den'''Pflänzehsäuren)
welche‘erst'im Innern der 'Zelle'gebildet werden: Kieselsäure
und' Kalk’scheinen bei» vielen’ Pflanzen ein’'nothwendiger Be-
standtheil':der''Zellehhaut 'zu: sein;' z..B. beiden: Gräsern." Die
in zu ‘grosser‘'Menge 'in’‘den' Pflanzen enthaltenen Salze'wer-
den krystallinisch' ausgeschieden. © Nach'dem: Bedürfniss’ der
einzelnen Zellen findem’;sich in (derselben Pflanze die verschie-
dehsten ‘Stoffe; im den:' Fruchtspelzelzen: der: Getreidearten
z.B. viel Kieselsäure,:'im Sameneiweiss: nn —
saüre ‘Salze. z Zaun
„Das Gewebe der’ Pilze Bann pröchten, eine besiiderd Ab-
art: der: Zellulose;\ liefert "andere Produkte, 'alsındie Zellulose
der‘ Algen, diese jandere‘(als die’ ‘Parenchymzellen‘ der höhern
Bilanzen. Der:-Pilzzellstoff. geht nicht in‘ Amylon "über,
findet'sich in den‘ Zellen:;kein Blatigrün, ‘eben: so; wenig ''in
dem ‚Fadengewebe der‘ Flechten; ' die Entstehung des‘ Blatt-
grüns»scheint:'von den chemischen und physikalischen .—
schaften der Zellenwand abhängig zu sein. nzas H
is Das: Kambium, d. h:>die jüngsten: Parenchyinzellen ;/ kann
allein neue Zellen bilden;'; sein Inhält: ist reich an. Stickstofl-
verbindungen. ’ Dieser: Reichthum, ' Abwesenheit: der Luft'in
den: Interzellularräumen und::Zärtheit der Zellenwandsind''die
Bedingungen für die Zellenbildung; die bei der 'Umbildung
der Stoffe : ausgeschiedene Luft‘ ED endosmotisch in >
Gefässe. y6dusd 310 Ey TEE
» Die Bildung deti Zellen Keht: in. Fr Weise‘ vor sieh, dei
sich die stickstoffhaltigen Bestandtheile ' zuerst: organisiren,
und dass’ sich erst später (die aus: Zellulose bestehende’ Häut
bildet, »und zwar entstehen neue Zellen stets nur innerhalb
schon vorhandener‘; ‘niemals :in den: Zwischenräunien 'alter
Zellen.- Entweder: entstehen die Zellen durch "Theilung alter
Zellen, oder: sie bilden sieh: frei: in: der: Höhlung aus. ''Im
ersten: Falle faltet sich zunächst der: Primordialschlauch:im
zwei ‘oder: mehr Abtheilungen, und es setzt sich "auf©der
Aussenseite desselben eine Haut aus : Zellulose an, so; dass
a
endlich in: der‘ Mutterzelle ‚sich melirere: vollkommen: durch
Zellwand abgeschlossene Zellen finden; in:vielen Fällen ‘geht
der Theilung des! Inhaltes eine Theilung des Zellkernes -inso
viele neue:.' Zellkerne ';vorauf: oder eine: Bildung neuer; als
später. ineue ‚Zellen entstehen. ‘Bei: dem: weitern‘'Wachsthum
der Tochterzellen dehnt: sich :entweder die Mutterzelle weiter
aus, oder sie wird aufgelöst: und: von den: Tochterzellen auf-
gesaügt..,.Häufig werden ‚sogar ganze»Gewebe -verflüssigt und
aufgesaugt oder :resorbirt. « Fig. :12 bis 14 stellt :den' Vorgang
der Zellenbildung durch Theilung: in ‚seinem Verlaufe im Pollen
von: Althaea rosea, dar. Fig. 12 ‘den Anfang der: Theilung
des Inhaltes, vier. Zellenkerne' sind sichtbar; Fig. 13 zeigt
schon den Beginn: .der Zellulosebildung; bei Fig. 14 sind die
vier.Zellen. deutlich getrennt.
: Die Bildung freier Zellen ist viel lie siächildich sich
im Embryosack der »Planerogamen., In: der Regel: ‚bilden
sich zuerst Zellenkerne, indem:sich die stickstoffhaltigen Be-
standtheile in. : einzelnen::Punkten :-anhäufen:: und zu‘: einem
durchseheinenden' Kern verdichten... Um- diese‘ Kerne als Bil-
dungsmittelpunkt lagern ‘;sich: die :stickstoffhaltigen: Stoffe, die
d.nn bald eine Zellenhaut ausscheiden. ‚Aber: nicht.blos'im
Innierüi ‚alter: Zellen ist die Art ‚der Bildung möglich, ‚sondern
auch ‚unabhängig von :Mutterzellen- in bildungsfähigen :Säften,
wie z.B. die‘ Hefenzellen‘ und: die: Pilze, welche sich bei der
Zersetzung organischer Substanzen bilden. Fig»-45 und:.16
stellt_die freie. Zellenbildung im Embryo von Orchis dar.
«In seinem: andern Theil des dünnwandigen. Parenchyms
bildet sich ‚nur Stärke, keine. neuen Zellen; in: den’ Inter-
zellularräumen findet sich. nur ‚Luft: Die Gegenwart von
Stärkemehl: ist ‚unter allen Umständen ein Beweis‘, dass die
Zellenbildung aufgehört hat; verschwindet es, so: können sich
wieder: neue Zellen bilden..: Innerhalb des Parenchyms‘ kann
sich ‚das 'Stärkemehl weiter in Harz umwandeln, und nur im
Pareuchym bilden sich Krystalle; ‚Blattgrün findet sich meist
nur :in-den an der Oberfläche gelegenen Zellen. Das Paren-
chym führt die anorganischen: und ‚organischen Salze, es bildet
Te EEE
die: Pflanzensäuren und Farbstoffe; es verbraucht mehr Kohlen-
stoff, Wässerstofl ‚und Sauerstoff‘, das Kambitim- dagegen: mehr
Stickstofl.; Eine Parenchymazelle::: arbeitet '' gleichsam: für die
andere;:: das -Parenchym - des Staubbeutelfaches' bereitet die
Nahrung: ‘für die ‚Mutterzellen .des' »Blüthenstaubes; das! des
Knospenkerns liefert sie für’ den : 'Keimsack; (die RES
sorgen‘ für: dem jüngen Pflanzenkeim. jı
«« Die -Holz’- und Gefässzellen. bilden : weder neue‘ Zellen
noch: Stärkemehl;- sie nehmen, wenigstens -im "weitern''Verlauf
des: Wachsthums, die: von: den: Parenchymzellen 'ausgeschiede-
nen :Luftarten auf, /da:sie ‚ ausser im jugendlichen‘ Phstande
und: im ' Frühjahr, immer mit Luft’ gefüllt. sind: |
‚Die Bastzellen bilden ebenfalls keine neuen Zellen, uchlop
Stärke, noch seltener Blattgrün, wie‘ beim Flachs; dagegen’ ist
der Milchsaft: einzig. und 'allein ein Erzeugniss re und
wahrscheinlich eben so alle ‚Pflanzenalkalien. |
‘ «Die''Oberhaützellen: bilden‘ zwar neue Zellen, rn nur
in :sehr:beschränktem:: Masse; ' indem:: die 'Kutikula Aufnahme
und Abscheidung: ‚gasförmiger'' Produkte: 'verhindert, und nur
die Spaltöflnungen‘ leiten: dieselben aus dem. Innern des nr
Beh nach :aussen. dos: “ ii
Der . Kork verdichtet durch‘ seine lückerk Beschaffenheit
Gase’ und Dämpfe, wie dies ‚auch: durch die äussere Zellschicht
der :Luftwurzeln: vieler Wanne oB.: der Oechidden: an
Aroideen geschieht. ‘ ir
Die Blätter vergrössern '' Kr Oberfläche Eu Pilanib,; wo-
dureh der‘ 'Einwirkung:'der Luft, des Lichtes und der Wärme
mebr Berührungspunkte ‘dargeboten werden. : Deswegen haben
Pflanzen ‘ohne Blätter, wie die Kaktusarten und die blattlosen
Wolfsmilcharten, nur’ stellenweise eine verdichtete Oberhaut.
Durch: chemische Prozesse im Innern .der Pflanze wird
Wärme erzeugt; doch ist hierin noch gar wenig untersucht;
aber es steht so viel''fest, dass im Innern: der Pflanze‘ im
Winter die Temperatur immer etwas höher‘ ist, als in der
umgebenden Luft.: Ob die Pflanzen selbstthätig Elektrizität
entwickeln, ist :zur) Zeit noch nicht entschieden, obschon es
u Er
nicht unwahrscheinlich ist, dass die chemischen Prozesse zu
elektrischen Strömen, oder dass elektrische Ströme Veran-
lassung zu chemischen Prozessen geben, da ja die Gegenwart
elektrischer Ströme in den thierischen Nerven durch Du-
Bois-Reymond nachgewiesen ist, nach dessen klassischen
Untersuchungen die ganze Nerventhätigkeit auf diesen Strömen
zu beruhen scheint.
ey
We
Keiig
) \ 47319; z e fi (19 ED 15 > sol fts, g , ji
Viertes Kapitel.
Von der Ausscheidung.
Wenn von der Ausscheidung der Pflanzen die Rede ist,
muss man sich gleich von vornherein vergegenwärtigen, dass
dieser Vorgang bei den Pflanzen einen durchaus andern Ver-
lauf nimmt und eine durchaus andere Bedeutung hat, als bei
den Thieren. Denn während bei den Thieren neben der Ab-
scheidung unverdaulicher Stoffe ein ununterbrochener Stofl-
wechsel in der Art stattfindet, dass der organisirte Stoff zer-
setzt und die Zersetzungsprodukte weggeführt werden, wo-
gegen auf der andern Seite die eben zersetzten Organe aus
der aufgenommenen Nahrung immer neu organisirt werden, —
ist bei den Pflanzen nur eine Ausscheidung der ersten Art,
ein Entlassen der unbrauchbaren Stoffe vorhanden; nur bei
den wenigen Milchsaft führenden Pflanzen könnte man im ge-
wissen Sinne, jedoch nur in sehr beschränktem Massstabe,
von einer Art Stoffwechsel sprechen. Bei den Thieren giebt
es gemeinsame Abführungskanäle, die keine andere Aufgabe
haben, als die unbrauchbaren und die verbrauchten Stoffe aus
dem Körper zu leiten; dagegen führt in der Pflanze jede Zelle
ihre Ausscheidung selbstständig aus.
er a,
Der Uebersichtlickeit willen wollen: wir in Folgendem die
Ausscheidung tropfbar flüssiger Stoffe, die dampfförmiger Stoffe
oder‘die Transpiration, und die Ausscheidung gaslörmiger
Substanzen oder das Athmen gesondert betrachten.
1) Die Ausscheidung tropfbar flüssiger Stoffe.
Unter allen ausgeschiedenen: -Säften ist: der ausgezeich-
netste und auch: bekannteste der Milchsaft, der: am leichtesten
eine Beobachtung zulässt, da er in den meisten Fällen weiss
oder gelb gefärbt ist, wodurch .er sich von allen. übrigen
Pflanzensäften. unterscheidet. | [512
Der 'Milchsaft ist schen in. ‚den ältesten Zeiten bekannt
gewesen, und hat zu allen Zeiten Veranlassung zu den aben-
teuerlichsten Ansichten über seine Bedeutung für das Pflanzen-
leben gegeben, daher nicht minder zu den hartnäckigsten
Streitereien und Kämpfen, besonders deswegen; weil'man ihm
trotz seiner geringen Verbreitung im Pflanzenreiech eine wich-
tige Bedeutung beilegen wollte.
Man verglich die Milchsaftgefässe mit den Blutgefässen
der Thiere und glaubte sie in ähnlicher Weise, wie die Adern,
verästelt. Nach Andern sollen sie in der Jugend ungegliedert
sein, im spätern Alter ‚aus verzweigten Röhren. bestehen,
während wieder Andere die Existenz eigner Milchsaftgelässe
ganz und gar bestritten und annahmen,: der 'Milchsaft finde
sich nur in. den Interzellulargängen, in die er von den Zellen
ausgeschieden werde. Dann sollte er sich wieder in einem
zusammenhängenden System: runder: Schläuche ‚bewegen, die
keinerlei Querscheidewand besitzen; die Vertheilung dieser
Gefässe sollte sich nach der Vertheilung der Holize und Ge-
fässbündel richten. So viel scheint für jetzt fest zu ‚stehen,
dass der Milchsaft einzig und allein ein Erzeugniss der Bast-
zellen ist und sich in ihnen befindet; möglich ist es, nur
schwer zu beweisen, dass er sich auch in den: Interzellular-
gängen findet. | |
Filly ,Ernährungsverhältnisse, a
Pe es
Wie man in frühern Zeiten ein eignes Gefässsystem für
für den Milchsaft hatte, so musste er auch einen Kreislauf
besitzen; und während man auf der einen Seite als bewe-
gende Kraft die Wärme betrachtete, suchte man auf der an-
dern Seite die Ursache des Kreislaufes in der Wechselwirkung
der einzelnen Massentheilchen gegen die Gefässwände. Statt
aber die Ursache des Kreislaufes zu erforschen, hätte man
besser gethan, nachzuweisen, dass ein solcher stattfindet.
Wenn man Theile von Milchsaft führenden Pflanzen unter dem
Vergrösserungsglase betrachtet, so nimmt man allerdings eine
Bewegung des Saftes wahr, da ja der Saft an der offenen
Stelle ausströmen kann; drückt man gar etwas auf die unter-
suchte Pflanze, so strömt der Saft nach allen Richtungen-
Betrachtet man dagegen unverletzte Pflanzen und vermeidet
irgend einen Druck auf einen Theil derselben auszuüben, so
ist es unmöglich, eine Strömung zu sehen, wenn man sie
nicht gerade sehen will; bei mikroskopischen Untersuchungen
ist aber Nichts gefährlicher und veranlasst Nichts leichter op-
tische Täuschungen, ais vorgefasste Meinungen, wie denn über-
haupt Vorurtheile in den Naturwissenschaften vom allergrössten
Nachtheil sind.
So war es denn auch erklärlich, dass man den Milchsaft
als die wahre Pflanzennahrung, als das Blut der Pflanzen be-
trachtete, während es als ächte Ausscheidung, sogar als Gift
für das Pflanzenleben angesehen werden muss.
Die Milchsäfte der Pflanzen sind in neuerer Zeit von der
grössten Bedeutung für Handel und Industrie geworden, und
einige derselben dienen schon lange gewissen Stämmen als
ein gesundes und gesuchtes Nahrungsmittel.
Je nach den Stoffen, die sich in den Milchsäften finden,
sind sie sehr verschiedener Art, und diese Verschiedenheit
ist in der Regel durch verschiedene Pflanzenfamilien bedingt,
obgleich jene Familien nach äussern Kennzeichen von den
Pflanzenkennern gebildet sind. Bei den wolfsmilchartigen
Pflanzen (Euphorbiaceen) und den Mohnpflanzen (Papave-
raceen) sind der Hauptbestandtheil des Milchsaftes Harze und
2 e.
Gummi ;, ausserdem‘ enthält. er, Wachs, etwas Kautschuk und
Stärke, bei den letztern noch Opium. ‚Der Milchsaft der fei-
genartigen Pflanzen (Ficoideen), der Wachsblumen (Ascle-
piaedeen) und der Jpocyneen enthält. besonders Kautschuk
und Visein. Im Milchsaft des Kuhbaumes (Galactodendron
ulile und Carica Papaya) ist hauptsächlich Pflanzeneiweiss
und Wachs enthalten; ausserdem sind Zucker und Magnesia-
salz in dieser Milch gefunden, und nach, A. v. Humboldt
sind jene beiden Bäume für-die Ernährung der Menschen von
der grössten Wichtigkeit, da ihre Mich «die unsrerer. Haus-
thiere vollkommen ersetzt. }
Ausser: dem Milchsafte werden von den Pflanzen noch
Gummi, Harze, ätherische und fette Oele, in den Drüsen der
Nesselpflanzen (Urticeen) ätzende Säfte, auf den Blättern,
Früchten und in den Honiggefässen vieler Pflanzen Zucker,
bei. /Nepenthes und Saracenia Wasser, bei andern Farbstoffe
der. verschiedensten Art und ähnliche Substanzen ausgeschie-
den; doch sind wir über die Entstehungsart aller dieser Dinge
noch gar wenig unterrichtet, und viele bilden sich erst, wenn
wir, Pflanzentheile mit chemischen Mitteln behandeln. Ob das
Blattgrün auch als eine Ausscheidung zu betrachten ist, oder
ob dasselbe wieder in Pflanzennahrung umgewandelt werden
kann, wie dies beim Zucker, dem Stärkemehl und den Protein-
stoffen der Fall ist, ist uns zur Zeit noch unbekannt.
Bevor wir uns zu dem folgenden Gegenstande unserer
Betrachtung wenden, muss hier noch ein weit verbreiteter
Irrthum erwähnt und so viel an uns ist, berichtigt werden.
Man hatte die Beobachtung gemacht, dass an den Würzel-
chen der Pflanzen, wenn man sie aus der Erde zog, etwas
vom, Erdreich, hängen blieb; auch bemerkte man an den
Wurzelenden einer im Wasser gezogenen Pflanze eine braune
Substanz. Daraus glaubte man den Schluss ziehen zu müssen,
dass die Pflanzen auf ähnliche Weise durch die Wurzeln, wie
die Thiere durch die betreffenden Organe, Exkremente aus-
scheiden. Man stützte diesen Schluss noch durch die be-
ar
— 10 —
kannte Erfahrung, dass Buchweizen und Ackersperk wie viele
andere Pflanzen nicht neben einander fortkommen, indem man
eine Erklärung für diese Erseheinung darin zu finden glaubte,
dass die eine jener Pflanzen die Exkremente der andern nicht
vertragen könne. Besonders gestützt erschien diese Annahme
der Ausscheidung durch die Wurzeln, als man fand, dass aus
der Erde gezogene Pflanzen, mit ihren Wurzeln in Wasser ge-
setzt, das Wasser mit Pflanzensäften verunreinigten.
Da aber weder in den Wurzeln irgend welche Oeffnun-
gen, durch die eine derartige Ausscheidung, wie bei den
Thieren, stattfinden könnte, vorhanden sind, noch bei dem
Herausziehen der Wurzeln aus der Erde eine Verletzung der-
selben zu vermeiden ist, also ein Austreten des Saftes 'noth-
wendige Folge, so ist an eine der thierischen ähnliehe Aus-
scheidung gar nicht zu denken; zum Ueberfluss ist ‘noch
durch sorgfältig angestellte Versuche nachgewiesen, dass man
keine durch die Wurzeln ausgeschiedenen Stoffe finden 'kann)
Wahrscheinlicher ist eine Ausscheidung auch dureh die Wur-
zelzellen, wie bei allen übrigen , in Folge des endosmotischen
Vorganges, wodurch die Säfte aus dem Boden in den Pflanzen
aufsteigen; doch sind die auf diese Weise ausgeschiedenen
Stoffe in Rücksicht ihrer Menge so unbedeutend, dass sie
kaum je werden nachgewiesen werden können.
2) Die Transpiration oder Ausscheidung gas-
förmiger Stoffe.
Schon früh hatte man bemerkt, «lass die Pflanzen wäh-
rend ihrer Lebenszeit Wasserdämpfe aushauchen, aber erst
Stephan Hales stellte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts
eine Reihe zusammenhängender Versuche an, welche jene Be-
obachtung nieht nur bewiesen, sondern welche auch die Menge
der Verdunstung feststellten. Eine Sonnenblume, Helianthus
annua, von 3% Fuss Höhe, hauchte in zwölf Tagesstunden
1 Pfund 4 Unzen Wasser aus; nimmt man an, dass auf
einem Morgen Landes 10000 solcher Pflanzen stehen können,
— bi —
so werden von ihnen während ihres Wachthums 1,500000
Pfund Wasser verdunstet. Ein Kohlkopf gab in einem Tage
1: Pfund 3 Unzen und eine Orange in derselben Zeit nur 6
bis 9 Unzen. Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass der
Wasserverbrauch bei Pflanzen mit immer grünen Blättern weit
geringer ist, als bei solchen mit abfallendem Laube; dies
findet seine Erklärung darin, dass letztere viel schneller wach-
sen, die Aufnalıme also weit grösser sein muss; mit der Ein-
nahme steigt aber natürlich auch die Ausgabe.
Bei weitern Beobachtungen, die Hales mit einer Banane
anstellte, ergab sich, dass die Transpiration Vormittags bedeu-
tend grösser sei, als Nachmittags; Nachts wurde fast gar
nichts ausgehaucht. Aber nicht blos zu verschiedenen Tages-
zeiten, sondern auch in den verschiedenen Jahreszeiten ist
die Transpiration eine verschiedene; sie ist abhängig von der
Spannung und der Bewegung der Luft, von der Wärme und
von dem Lichte. Bei einem Schneeball mit immer grünen
Blättern, Yiburnum Tinus, betrug die Menge des verdun-
steten Wassers in zwei Wintermonaten nicht mehr, als in
zwei Tagen des Sommers,
Das ausgehauchte Wasser ist weder durch den Geruch,
noch durch den Geschmack von reinem Wasser zu unter-
scheiden, aber es soll schneller faulen, als jenes; bei der
chemischen Untersuchung will man einen Rückstand darin
gefunden haben. Da wir wissen, dass bei der heftigen Ver-
dunstung einer Flüssigkeit leicht etwas von dem darin ge-
lösten Steffe, wenn er auch an sich nicht leicht flüchtig ist,
mit verflüchtigt wird, so hat jene Annahme nichts Unwahr-
scheinliches.
Wenn man aber daraus, dass das ausgehauchte Wasser
nicht vollkommen rein ist, den Schluss ziehen zu können
glaubt, dass die Ausdünstüng ein wirklicher Lebensprozess sei,
bei dem die Pflanze handelnd auftrete, so ist dieser Schluss
mindestens voreilig.
Wir halten die Aushauchung von Wasser für eine rein
physikalische Erscheinung, bei der sich die Pflanze durchaus
— 102 7°—
leidend verhält, und meinen, zu einer solchen Ansicht um so
mehr berechtigt ‘zu sein, weil die Erscheinung ganz ver-+
schwindet, wenn ‘die umgebende Luft vollkommen 'mit 'Wasser-
dünsten 'gesättigt ist, oder wenn die Temperatur erniedrigt
wird. Man hat zwar angegeben, ' Pflanzen, deren Blätter mit
Oel oder Firniss bestrichen seien, stürben bald; dies beweist
uns jedoch ‘weiter Nichts, als dass jene wasserdichte Schicht
die Verdunstung ' des in der Pflanze überflüssigen Wassers
verhindert; dadurch bleiben die: Säfte so verdünnt, dass nicht
neue Flüssigkeitsmengen, worin die Nahrungsstoffe gelöst sind,
aufgenommen werden können; wenn aber die Ernährung auf-
hört, hört selbstverständlich das Leben auf.
Fragen wir noch nach den Wegen, ‘auf welchen dis
Wasserdämpfe aus dem Innern der Pflanze in: die’ Luft 'ge-
langen, so bleibt eigentlich keine andere Annahme übrig, als
dass dies durch die Spaltöfinungen' geschieht; dafür spricht
nicht nur der Umstand, dass mit Spaltöffnungen versehene
Blätter und Rinden mehr Wasser aushauchen, als solche: ohne
derartige Poren, sondern auch die Erfahrung, dass Weinblätter
nur auf der Unterseite Wasser verdunsten, wo sich allein, wie die
mikroskopische Untersuchung ergeben hat, Spaltöffnungen be-
finden. Zwar wird dagegen angeführt, dass ja auch Pflanzen
ohne 'Spaltöffnungen, wie die fleischigen Pilze, grosse Wasser-
mengen :aushauchten; dieser Widerspruch lässt sich aber 'da-
durch ‚heben, dass die genannten Pflanzen eine ausserordent-
lich dünne Oberhaut haben, daher der Spaltöffnungen: wohl
nicht bedürfen. Der Mangel vieler Spaltöffnungen ist” es ge-
rade, der da bewirkt, dass: Fettpflanzen ohne Nachtheil eine
anhaltende Dürre ertragen können, da bei ihnen wenig: Wasser
verdunsten kann; dafür spricht auch‘ das bekannte langsame
Wachsthum dieser Pflanzenarten. lov- }
Anders stellt sich die Frage bei solchen Pflanzen; die
unter Wasser leben; sie haben ‘gar keine. Oberhaut , daher
auch keine Spaltöffnungen; das überflüssige Wasser muss
auch bei ihnen ausgeschieden werden, jedenfalls aber auf eine
andere Art; nur haben wir bis jetzt‘ noch' keine ‘Vorstellung
— 18 —
von diesem Vorgange, um so weniger, als eine Untersuchung
fast unmöglich ist, da man sie nicht unter Wasser anstellen
kann. Es wäre aber fehlerhaft, wollte man von Landpflanzen,
die unter ganz andern Bedingungen leben, auf die Wasser-
pflanzen schliessen.
Wichtig für die Erklärung des Ernährungsprozesses ist
endlich noch das Verhältniss, in welchem die Menge des auf-
genommenen Wassers zu der des ausgehauchten steht. Wäre
es möglich, hier genaue Resultate zu erlangen, so liessen
sich wahrscheinlich sehr wichtige Rückschlüsse auf die chemi-
schen Vorgänge im Innern der Pflanze ziehen, und die Frage
über die Verarbeitung der Nahrungsstoffe würde um ein Be-
deutendes ihrer Lösung näher geführt werden. Leider ist die
Anstellung darauf bezüglicher Versuche mit zur Zeit noch un-
überwindlichen Schwierigkeiten verknüpft, und alle Werthe,
die man bis jetzt erhalten, sind nur näherungsweise wahr. So
will Woodword gefunden haben, dass die Pflanzen höchstens
100—200 mal, und wenigstens 46—56 mal so viel Wasser
aushauchen, als sie wirklich zu ihrer Ernährung gebrauchen,
also unmittelbar mit andern Stoffen in organische Verbin-
dungen überführen.
Bei der Münze, Mentha, hat man gefunden, dass sich
die Menge des aufgenommenen Wassers zum verdunsteten wie
3 zu 2, an sehr heissen Tagen wie 15 zu 13 verhielt. Am
wenigsten wurde verhältnissmässig von einer Sonnenblume
verdunstet, da von 14 Theilen Wasser, welche die Pflanze
aufnahm, nur drei Theile verdunsteten.
Vergleicht man die letzte Angabe mit den übrigen, so
giebt sie zu gerechifertigtem Bedenken gegen ihre Richtigkeit
Veranlassung, indem dann täglich über 1 Pfund Wasser von
einer Sonnenblume in organische Substanz verwandelt werden
müsste; eine solche Annahme widerstreitet aber allen: Erfah-
rungen, die wir über die Massenzunahme der Pflanzen in
einer gegebenen Zeit besitzen.
A
3) Die es
‘Wie man bei ‘allen Erscheinungen, welche be Pflanzen-
leben darbietet, versucht ist, sie mit den bekannten Vorgängen
im thierischen Leben zu vergleichen, so hät man es auch mit
der Respiration gethan, ' obgleich hier wie in allen übrigen
Fragen der Ernährung derartige Vergleichungen ‘ eher nach-
theilig auf das Resultat der Forschungen gewirkt haben, als
vortheilhaft. Wir müssen gleich: von vornherein erklären, dass
wir nur Einzelheiten, nichts Zusammenhängendes: kennen:
‚Pristley' machte zuerst die Entdeckung, dass grüne
Blätter unter Wasser gebracht bei der Einwirkung des Sonnen-
lichts 'eine'Gasart aushauchen; diese ‚Gasart war: der‘ Sauer-
stoff. Die. Entdeckung wurde nicht nur bald bestätigt ,' son-
dern ''zugleieh ‘in der ‘Art vervollständigt, dass man fand, wie
in der''Dunkelheit die sogenannte fixe Luft oder‘ die Kohlen-
säure ausgehaucht' würde. Saussure hat: gefünden, dass’'bei
einer ' Aufnahme ‘von drei‘ Theilen Kohlensäure zwei Theile
Sauerstoff ausgeathmet werden, und dass die Menge‘ der in
der Dunkelheit entlassenen Kohlensäure nur sehr gering (ist.
Der keimende Same nimmt Sauerstoff auf, und Kohlensäure
wird entbunden; ‘Aehnliches findet bei der Entwickelung der
Staubfäden und beim Nachreifen der Früchte statt.
Fast alle: Pflanzentheile scheinen sehr wenig Stickstoff
aufzunehmen und auszuathmen. So hat Boussingault'durch
eine dreimonatliche Beobachtung eines 'Rleefeldes' die‘ Erfah-
rung gemacht, dass aus der umgebenden Luft eine bedeutende
Menge Stickstoff 'eingeathmet wurde. ' Ebenso weiss manmit
Bestimmtheit, dass die Blüthen Stickstoff: ausathmen:
‘Pilze sollen nach A. von Humboldt’s Beobachtungen
Wasserstoff an die Luft abgeben.
In’ welcher Art: ist 'nun ‚aber eine Respiration bei de
Pflanzen denkbar? u ai
Flüssigkeiten nehmen von Gasen eine imma Menge
auf, indem sich die Gase in der Flüssigkeit lösen; die Menge
— 105 —
ist abhängig von der. 'Art des Gases, von der. Temperatur der
Flüssigkeit und ‚von dem Druck, unter: dem dieselbe: steht;
verändert sich die Temperatur ‘oder der Druck ‚. oder. endlich
beides, so. .wird.'von dem Gase, wenn es vorhanden, ‚noch
mehr ‚aufgenommen, oder aber, ‚bei Erhöhung der. Temperatur
und bei, Verminderung des Druckes, ein. Theil’ der gelösten
Gase steigt in Bläschen aus; der Flüssigkeit ‚auf... Tritt eine
neue Gasart. zur: Flüssigkeit, so wird auch ‚davon :aufgenom-
men; dafür. entweicht aber ein Theil: des gelösten Gases.
So..nimmt Wasser von Null Grad und unter..einem Druck
von einer Atmosphäre 65 Tausendtheile seines Volumens Sauer-
stofl, . 106 Tausendtheile Kohlensäure ‚und: 42;, Tausendtheile
Stickstoff auf; es ergiebt sich‘ zugleich ‚aus. diesen. Zahlen,
dass die. Kohlensäure. am leichtesten, im Wasser: löslich: ist.
Alle festen Körper, ‚besonders aber poröse,. verdichten ‚an
ihrer ‚Oberfläche Gase ; am meisten «kommt ‚diese, Eigenschaft
dem Platinschwamm und der: Kohle zu.
In den Zellen ‚der Pflanzen finden ununterbrochen che-
mische. Prozesse statt, bei. denen offenbar ‚auch ‚Gase ausge-
schieden werden. ‚Ist die Flüssigkeit, die sich in den Zellen
befindet, vollkommen mit Gasen. gesättigt, so ‚müssen sie’ durch
die Zellwand, die mit: der: Flüssigkeit getränkt ist, sich ‚daher
gerade so, wie ‚die Oberfläche derselben: verhält, entweichen;
dies: geschieht in die Spiralgefässe und. in. die. Interzellular-
gänge,. die 'in, Folge. dessen jederzeit, wie ‚wir. :oben. sahen,
mit Luft: gefüllt sind... Mit ‚den ‚Wasserdämpfen ' zugleich ent-
weichen die Gase ‘durch ‚die Spaltöffaungen in die atmosphäri-
sche Luft;, ‚denn. bestreicht man ‚ein. ‚Blatt ‚mit. einem: luft-
dichten Firniss,, so ‚entwickelt. es auch: im. .hellsten Sonnen-
licht unter. Wasser keine Luftblasen ; die Spaltöfinungen sind
nun verstopft... |
Ueberblicken wir noch einmal. die Ergebnisse, ‚welche man
bis jetzt gewonnen hat, die Vorstellungen, welche man sich
— 106 —
von der Ernährung der Pflanzen nach‘ diesen Ergebnissen
machen kann, so ergiebt sich, ' dass bei weitem das Meiste
noch zu thun, bei weitem die wichtigsten Fragen auch nur
der annähernden Lösung noch harren. Trotz dieser Erkennt-
niss kann aber nicht geläugnet werden, dass doch ein hüb-
sches Stück Arbeit gethan , und dass der Weg gezeigt, auf
dem man weiter zu gehen hat, um dem Ziele näher zu” kom-
men. “Wir haben absichtlich die Umwege und Irrwege ange-
geben, um zu zeigen, wie trotzdem der menschliche Geist
sich immer wieder zurückfindet; um aber auch zu beweisen,
wie in‘ unserer viel geschmähten Zeit doch das Meiste ge-
schehen ist zur Erklärung’ der Pflanzenernährung, wie es auch
in’vielen andern Fragen der Fall ist.
Für denjenigen, dem die Wissenschaft an sich keine
Freude bereitet, der in allen Dingen fragt: Was nutzt es,
was bringt es ein? wollen wir noch auf: die praktischen Folgen
in der Kürze aufmerksam machen.
Noch vor fünfzig Jahren war an keine naturgemässe Be-
wirthschaftung des Bodens zu denken; der Sohn bebauete
sein Feld, wie der Vater es gethan hatte, und dieser hatte es
getrieben wie der Urahn. Allerhand abergläubische Ansichten
hatten tief Wurzel gefasst, das Vernünftige und Richtige, das
in vielen 'Bauernregeln enthalten und das die Erfahrung ge-
lehrt hatte, suchte man auf geheimnissvolle ‘Ursachen zurück-
zuführen. Durch eine theilweise Kenntniss der Lebensbedin-
gungen der Pflanze, wie wir sie in diesem Jahrhundert erlangt
haben, ist endlich die Dreifelderwirthschaft und Brachwirth-
schaft in fast allen gebildeten Ländern verschwunden, 'und
die Wechselwirthschaft an ihre Stelle getreten; dadurch ist
aber ‘die Ertragsfähigkeit: des Bodens erhöht, und dasselbe
Stück Land ist jetzt im Stande, mehr Menschen zu ernähren
als ehedem. Das Gespenst der Uebervölkerung Europa’s ist
auf lange verdrängt, indem man weiss, dass schon bei dem
jetzigen Stande der Kenntnisse Europa noch viel mehr Men-
schen zu nähren' vermag, als jetzt darin ‘wohnen.
— 107 —
Bleibt die Untersuchung auf dem eingeschlagenen Wege,
nur aus Thatsachen und Versuchen Schlüsse zu ziehen, so
berechtigt sie zu den schönsten Hoffnungen. Zwar sind auch
jetzt schon viele systematische Ackerbaulehren erschienen und
sind verunglückte Versuche geblieben, weil man sich zu weit
wagte; dennoch sind sie nicht ganz ohne Erfolg gewesen,
die Landwirthe zu Versuchen im Grossen anzuspornen, und
sie haben so mittelbar zur Erweiterung der Wissenschaft bei-
getragen.
In einer zweiten Abtheilung wollen wir uns mit der An-
wendung der bisher gewonnenen Kenntnisse auf die Land-
wirthschaft beschäftigen und versuchen, sie zu einem allgemei-
nern Versändniss zu bringen.
Hauptsächlich sollen uns die Entstehung des Acker-
bodens, seine Bestandtheile und die Mittel für seine Ver-
besserung beschäftigen.
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Erstes Kapitel.
Die Erde und die Atmosphäre.
1) Von der Erde.
Als die nothwendigen Bedingungen des Pflanzenlebens
haben wir die Erde und die sie umgebende Luft kennen ge-
lernt; die Erde als den Träger, in welchem die Pflanzen
wurzeln, die Luft, indem sie den Pflanzen die Hauptbestand-
theile der Nahrung, Kohlensäure und Wasser zuführt. Wollen
wir uns daher mit den Hauptaufgaben der Landwirthschaft be-
schäftigen, so müssen wir zunächst die Erde und die Atmo-
sphäre in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen.
Keine menschliche Wissenschaft ist im Stande, mit un-
bedingter Gewissheit zu sagen, wie und wann die Erde ent-
standen sei; nur so viel wissen wir bestimmt, dass sie weit
älter ist, als das Menschengeschlecht. Zahlreiche Beobach-
tungen und Vergleiche gestatten uns jedoch, eine möglichst
wahrscheinliche Entstehungsgeschichte der Erde zu entwerfen.
Alle Verhältnisse sprechen für eine Lehre, wie sie der Mathe-
matiker Laplace, aufstellte aus der Beobachtung nebliger
Massen mit einem ‚leuchtenden Kern im Innern, welche man
— 112 —
noch mit keinem Fernrohr als einzelne Himmelskörper zu er-
kennen vermocht hat, die an vielen Stellen den Weltenraum
erfüllt; Herschel hat diese Lehre weiter ausgebildet.
Unser Sonnensystem bestand nach dieser Lehre ursprüng-
lich aus einer Dunstmasse, die sich mindestens so weit im
Weltenraum erstreckte, wie gegenwärtig Jer entfernteste Pla-
net, den wir kennen, der Neptun; diese ganze Masse befand
sich in Folge einer Ursache in einer drehenden Bewegung
von West nach Ost. In dem ungeheuren Dunstmeere schied
sich zuerst die Sonne als Mittelpunkt der Umdrehung und als
grösste Masse aus; denn sie. hat-800 mal so viel Masse, als
alle bis jetzt bekannten Planeten zusammengenommen haben.
Indem dieser. Nebel: sich’ fort und fort weiter abkühlte, bil-
deten sich um die Sonne konzentrische Ringe, die bei weiterer
und an verschiedenen Punkten ungleicher Abkühlung zer-
sprangen. Die Bruchstücke gestalteten sich in Folge der
Schwerkraft zu kugelförmigen Massen, den Planeten; auch
um die Planeten bildeten sich Ringe, die theils blieben, wie
beim Saturn, theils sich zu Monden zusammenballten.
Wenn man Gase heftig zusammenpresst, so wird Wärme
frei. ' Als sich jene dunstförmigen Massen zusammengezogen,
wurde so viel Wärme entbunden, dass anfangs alle diese
Körper sich im feurig-flüssigen Zustande befanden. Dass: die
Erde einst''eine feurig-Nüssige Masse gewesen sein muss, ist
unzweifelhaft, mag die so eben gegebene Erklärung der Ent-
stehung des Sonnensystems und mit demselben der. Erde un-
richtig sein oder nicht. In dieser feurig-füssigen: Masse 'ord-
neten' sich 'die einzelnen Bestandtheile sowohl nach dem Gesetz
der chemischen Anziehung, als auch nach dem der Schwere,
so dass die leichtern Körper sich an der Oberfläche 'befan-
den. "Bei der Erstarrung der 'äussern Schicht, wie sie bei
weiterer Abkühlung eintreten musste, bildeten sich‘ die ein-
zelnen Mineralien theils als glasige Masse, theils in: krystalli-
nischer Form, wie ‚wir es noch heute bei den: Lavamassen
der Vulkane beobachten können. Dagegen enthielt die. Luft
immer noch alle diejenigen Stoffe, welche bei der herrschenden
— 13 —
Temperatur ‘der Erdoberfläche 'Gasform behielten; im Anlange
dieses Zustandes hatten’ noch alles Wasser und ‘selbst die Al-
kalien Dampfgestalt , ‘und erst'nach und nach konnte es sich
auf der weiter abgekühlten Erdoberfläche in tropfbar-flüssiger
en niederschlagen.
In Folge einer solchen une konnte die Erde nur
eine glasige, und krystallinische Oberfläche haben; jede Tren-
nung der. Stofle . in kleinere Theile tehlte. Wenn aber ge-
schmolzene Substanzen. erstarren, aus dem feurig- flüssigen
Zustand in den festen übergehen, so ziehen sie. sich zusam-
men. und bekommen um so mehr Risse und Sprünge , je un-
gleichartiger die einzelnen Substanzen sind. So erging es der
Erdoberfläche; die feste, starre Rinde drückte auf den flüs-
sigen, Kern, und die breiartige, glühende Masse drang durch
Risse. und Sprünge an die Oberfläche, wodurch die er-
sten Gebirge entstanden; je dicker. die Rinde schon gewor-
den war, um so gewaltiger wurde der Druck, um so höher
wurden die Gebirge, so dass die höchsten derselben auch die
jüngsten, d. h. die am, spätestenen entstandenen sind.
Aber nicht allein die Gebirge: verdanken aha Zusam-
menziehung ihre‘ Entstehung; das gewaltsame Hervorbrechen
der- feurig-flüssigen Masse zerriss und zerbarst die Rinde: nach
tausend Richtungen; 'es entstand Trümmergestein, in allerdings
immer noch mehr oder minder grossen Felsblöcken. Als: sich
endlich die Wasserdämpfe auf der Erde niederschlugen und ih
den niedern Theilen ‘der Oberfläche ' ansammelten, drang das
Wasser: durch Risse "und: Spalten im das: Innere. der. Erde,
traf auf die glühenden Massen und: gab’so: zu den «gewaltsam-
sten Erschütterungen’ Veranlassung, . wodurch die Theile » der
festen Erdrinde‘ zertrümmert und weit umhergeschleudert' wur-
den. ' Die in-Folge der Erschütterungen‘ heftig: bewegten Ge-
wässer 'zerkleinerten ‘und zerbröckelteiv diese: Trümmer noch
mehr und führten sie'nach allen Richtungen fortzl.die, grössern
Stücke und »Sschwereren 'Massen ''senkten sich zuerst ‘/aul den
Filly‘, Ermährungsverhältnisse. ıı ul ou wridu 8 ann:
— 114 —
Boden der: Wässer, (die: leichtern ‚später. , Indem sich..diese
Ereignisse oft ‚wiederholten, entstanden auf dem Boden .der
Meere ‚Schichten von Schutt und Schlamm, die um so mäch-
liger wurden, je: länger die Bedingungen zu ihrer Bildung
andauerten. |
Durch die ungleiche Zusammenziehung des Innern und
der Rinde blieb aber die Erde beständigen Zuckungen unter-
worfen, und noch heute beweisen uns die Erdbeben, dass
dieselben ihre Endschaft bisher nicht erreicht haben; der
frühere Meeresboden wurde an die Oberfläche gehoben, das
frühere Festland senkte sich unter die Oberfläche des Was-
sers. Auf der trocken gelegten Erde fand sich nun geschich-
tetes Gestein, das, im Allgemeinen einer bei weitem leichtern
Zerkleinerung unterworfen, später den Boden für die Pflanzen-
decke lieferte. Die Zertrümmerungen, die Hebungen und Sen-
kungen, die Ablagerung der verschiedenartigsten Stoffe im
ewig wechselnden Zustande der Zerkleinerung, dies Alles wie-
derholte sich im Laufe der Jahrtausende immer wieder und
wieder, und so wurde die Erde zu dem heran gebildet, was
sie gegenwärtig ist; doch währt ihre Umbildung noch immer
fort, wenn auch weniger merklich.
Aber nicht allein auf so gewaltsame Weise wurde. der
Boden bereitet, in welchem später. die Pflanzen : wurzeln: soll-
ten; viel weniger heftig auftretende, aber desto dauernder
wirkende Kräfte veränderten nach und nach das Gefüge, ‚der
Erdrinde. Durch die Anziehungskralt des Mondes und der
Sonne, vereint mit der täglichen Drehung der Erde um ihre
Achse, werden die offenen Meere in ewiger Bewegung erhal-
ten. Der beständige Wechsel von Ebbe und Flut und die da-
durch hervorgerufene Brandung wäscht und wühlt im ‚Gestein
der Küsten, zertrümmert es und häuft das: weggeführte Ma-
terial an andern Sellen auf. : Wie bedeutend diese Wirkungen
sind, beweist die Insel Helgoland, welche der Gefahr ausge-
setzt ist, bald ganz weggespült zu werden.
Mehr noch als die gewaltsame Arbeit ‚der Meere: ist ou
chemische Wirkung der Luft und des Wassers wirksam; ihr
Pe - Ya:
vermag auch das härteste Gestein’ nicht zu widerstehen. Durch
die Verwitterung, so nennt man: diese: Art der Zerirümmerung,;
wird die‘ Oberfläche der: Mineralien angefressen; die, Tage-
wässer spülen ' die Erdschicht fort und ‚bieten der Wirkung
der Luft immer: frische Flächen: dar. ‚‚ Je; kohlensäurereicher
die Luft, je mehr Wasserdampf in ‚derselben enthalten , desto
wirksamer arbeitet die Verwitterung an. den Gesteinen, die
sowohl nach ihrem’ mehanischen Gefüge, als nach: ihrer che-
mischen ‘Zusammensetzung verschieden leicht zerfallen. . Je
grobkörniger ein Gestein ist, je mehr lösliche Verbindungen
es enthält, desto leichter unterliegt es der Vewitterung. In
frühern Epochen der Erdgeschichte, als die Luft. noch reicher
an Kohlensäure und von höherer Wärme war, musste die
Verwitterung ungleich schneller stattfinden. Gegenwärtig wird
sie besonders durch den Wechsel der Temperatur und durch
die Vegetation unterstützt; : bei einer Temperatur. unter dem
Gefrierpunkt erstarrt ‘das in die feinen Spalten und Risse ein-
gedrungene: Wasser, dehnt sich aus und sprengt seine, Hülle;
niedere Pflanzen, Algen und Flechten, siedeln sich auf dem
Felsen an, 'dessen Verwitterung kaum begonnen;, sie dringen
in die feinen Risse und drängen gewaltsam das Gestein aus-
einander. r |
Endlich dürfen wir die Gletscher nicht unerwäbnt lassen
und die Wirkung, welche sie auf die Zerstörung der Felsen
ausüben. Indem der Fuss derselben beständig fortschmilzt,
sinkt die ganze gewaltige Eis- und Schneemasse langsam nach,
während am obern Theile sich immer neue Mengen aufthür-
men. Dürch diese fortschreitende Bewegung wird das darunter
liegende Gestein zertrummert und zerrieben, die Trümmer und
der Schlamm ‘werden aber von dem Wasser, fortgeführt ; daher
findet sich in einiger Entfernung von dem Fusse eines jeden
Gletschers ein Kranz von Felstrümmern, deren Grösse mit der
Entfernung vom Gletscher abnimmt. ‚Wo, wie in hohen Brei-
ten, sich die Gletscher bis in das Meer erstrecken, werden
die 'Felsentrümmer auf dem Boden des Meeres ausgestreut.
j B,*
— 16 —
Bei spätern Hebungen des Meeresbodens findet: man alsdann
Gesteinsmassen, deren Ursprung von keinem der benachbarten
Gebirge abzuleiten 'ist.: Solche Findlingsblöcke von Granit sind
durch die ganze norddeutsche Ebene verbreitet; ‚dieser Granit
ist ganz verschieden -von dem des Harzes und..der Sudeten,
stimmt ‘aber vollkommen mit dem der ‚schwedischen ‚Gebirge
überein. Es ‘ist kaum: zweifelhaft, dass jene Gesteine. aus
Schweden mit Eisblöcken hierher geschwemmt wurden, ‚als
Norddeutschland noch ' Meeresboden war. .: Unter :Anderm ist
die grosse Vase vor dem Museum zu Berlin. aus ‚einem: solchen
Findling angefertigt. | '
Ohne Zweifel gab es eine Zeit, da die Teimperitiin. A
Erde noch jedes Thier- und Pilänzenlebeh unmöglich :machte
und da ‘die Oberfläche derselben Nichts darbot, als ‚nacktes;
theils zertrümmertes Gestein. Als aber die Wärme allmälig
&esunken war, da entstanden die ersten Pflanzen ‚und in ihrem.
Gefolge die ersten Thiere, und zwar zunächst. die’ niedrigsten
Formen derselben, wie uns die in den verschiedenen: Schichten
der Erde aufbewahrten ‚Reste lehren; :von. Pflanzen waren es
besonders FEIERN, rer und gewisse. ‚Pal-
menarten. a |
Die Pflanzen nahmen die Kuhlenesune und das Ammoniak
auf, verwandelten beides iin organische Materie,’ die »theils den
Thieren zur Nahrung diente, theils sich: dem Boden beimischte,
so dass nach und nach eine Schicht 'von :Dammerde entstand,
worin höher organisirte Pflanzen - wurzeln konnten... Wo aber
unter dem Spiegel des Wassers, das’ den Zutritt: der: Luft und
dadurch eine vollständige Verwesung verhinderte, ein-Pflanzen-
geschlecht über dem ‘andern aufgehäuft‘ wurde; lagerten sich
gewaltige Massen von Kohlenstoffe, in Folge: unvollkommener
Zersetzung, als Steinkohlen und Braunkoblen: ab, eine Quelle
grossen Reichthums für künftige -Geschlechter. [32
"Wie also auf der einen’ Seite durch’ die Bertrimmering
der Gesteine die 'erdigen Bestandtheile‘ des Ackerbodens ent-
standen, 'so bildeten sich durch ‘die Zersetzung ‘organischer
Körper, besonders der Pflanzer, welche die in der Atmosphäre
— 17 —
damals in ungeheurer Menge enthaltene Kohlensäure sich‘ an-
eigneten, die sogenannten Humusbestandtheile desselben. ı
Alle: bisher: 'betrachteten Erscheinungen und . deren -Wir-
kungen''dauern‘ noch heute fort, wenn auch ‚in verändertem
Massstabe: Die Flüsse führen die durch Verwitterung und
Frost losgelösten Felstrümmer mit sich fort; ‚durch. die Rei-
bung derselben im Flussbett und durch: den Sturz: der Ge-
wässer wird’ dieses mehr und mehr vertieft. Mit der Schnellig-
keit des Stromes‘ 'steigt ‘die Menge der fortgeführten Sub-
stanzen; in der Ebene, wo der Lauf sich verlangsamt , fallen
zunächst die grössern Trümmer zu Boden, bis endlich auch die
feinen Schlammtheile nicht mehr getragen werden: können;
darum hat der brausende Gebirgsstrom ein steiniges, der läng-
sam durch die Erde dahinschleichende Fluss ein schlammiges
Bett. Tritt der Fluss endlich ins Meer, so wird sein Lauf
gehemmt, er lässt die letzten Reste des mitgeführten Erdreichs
fallen und bildet vor seiner Mündung die sogenannten Belta’s.
So wird durch den Nil, der im Juli über‘ die Ufer tritt, ganz
Niederägypten überschwemmt; ‚er lässt dabei eine Schlamm-
schicht zurück , welehe das Thal messbar erhöht, so dass Denk-
mäler früherer Jahrtausende tief verschültet sind; seine Mün-
dung rückt durch das von ihm gebildete Vorland immer weiter
ins Meer hinaus, und Alexandrien hat mehr durch diese Natur-
thätigkeit, als durch politische Verhältnisse seine Bedeutung
für den Welthandel ‘verloren. Weit bedeutender noch zeigt
sich die Bildung ' eines solchen 'Vorlandes an den Mündungen
des Ganges, am: Atrato in Gentralamerika und am Missisippi;
meilenweit von der Mündung des Missisippi ist das Land ein
solches Sumpfland, entstanden durch die ungeheuren Massen
von Schutt und Schlamm, welche der Missisippi mit seinen
grossen Nebenströmen dem Meere zuwälzt.
Aus diesem allmäligen ‘Vorrücken der Mündungen grosser
Ströme, sowie aus dem periodischen Steigen ‘und Fallen der
Flüsse erklärt es sich, "wie sich an derselben Stelle Erd-
schichten verschiedener Art übereinander bilden können. Lehm
und Thon erhalten sich am längsten im Wasser schwebend,
— 18 —
Sand! fällt früher und zwar: um so: zeitiger, je. grobkörniger
er ist. Rückt die Mündung eines Flusses ‘vor, so wird sich
da, wo'sich früher Thon , dann der‘Kalk zu: Boden senkte,
nun ‘zunächst der feine, rückt: sie noch mehr ‚hinaus‘, der
grobe Sand ablagern. ‘Im Frühjahr, wenn 'die‘Schnee- und
Eismassen des 'obern Laufes aufthauen und mit ihren Wässern
den Strom verstärken, werden‘ die Erdmassen weiter ins Meer
hinausgeführt, als im Sommer, wo der: Lauf träger ist; ‚daher
die Uebereinanderlagerung verschiedener Substanzen.
Während in frühern Zeiten die Pflanzen ungeheure Koh-
lenlager bildeten, geben sie jetzt Veranlassung zur Entstehung
von Torfmooren, Brüchen und Wiesen, deren Aufbau wir hier
in der Kürze betrachten wollen. I
In ebenen Gegenden, wie im nördlichen Deutschland,
sammeln sich auf demthonigen Boden, der das ‚Wasser nicht
durchlässt, zunächst Tümpel an. Bald bedecken sie sich mit
Pflanzen, unter denen besonders zwei: Moose, Sphagnum: und
Hypnum, eine wichtige Rolle spielen. Diese haben nämlich
die Eigenschaft, Wasserdampf aus der Luft in grossen Mengen
zu verdichten, wodurch die von ihnen bedeckten Landstrecken
stets nass erhalten werden; ausserdem wachsen aus den obern
Theilen der unten abgestorbenen Moose diese immer lustig
weiter, neue Wurzeln und Stengel treibend, so dass die Moore
sich immer mehr erhöhen. Dadurch wird die Gestaltung der
Erdoberfläche nicht unbedeutend verändert.. An den ‚gegen-
überstehenden Rändern des grossen Torfmoores von les Ponts
im Kanton Neuenburg liegen Dörfer, auf kahlen Kalkhügeln
erbaut; durch historische Dokumente ist es festgestellt, dass
man im Mittelalter von dem einen Dorfe das andere sehen
konnte; jetzt sind sie nicht mehr einander sichtbar, der da-
zwischen liegende Torfmoor verdeckt sie. Ohne Zweifel hat
sich der Torfmoor zwischen beiden Dörfern erhoben; da aber
die Torfmoose nur bei Gegenwart von reichlichem Wasser 'ge-
deihen, so ist dies nur möglich gewesen, indem die Moose
hinreichend Wasser aus der Luft verdichteten und festhielten.
—. 19 —
So erklärt 'es sich auch, wie Torfmoore ganze Strecken Lan-
des überwuchern können, wo früher kein Torf vorhanden war.
Die abgestorbenen Schichten des Torfmooses verwandeln
sich allmälig unter dem’ Einfluss des Wassers und des Druckes
der‘obern Schichten in humusartige Substanzen und bilden
so den eigentlichen Torf. Endlich bildet er nur noch eine
schwärzliche, dichte Masse, in der selten pflanzliche Reste zu
erkennen sind. |
"Die Torfmoore finden sich nur in den nördlichen Theilen
der 'gemässigten Zone, weil die sie bildenden Pflanzen nicht
überall vorkommen; die Ebenen sind besonders zu ihrer Bil-
dung‘ geeignet, in Gebirgen nur solche Senkungen, wo das
Wasser keinen Abfluss hat.‘ Die wellenförmigen Thäler Irlands,
Schottlands, Norwegens, Schwedens und der Alpen, sowie die
weiten Niederungen Deutschlands an den Küsten der Nord-
und Ostsee sind reich an derartigen Torfmooren, die in holz-
armen Gegenden ein höchst brauchbares Brennmaterial liefern.
Bei allen Landseen und Teichen, wie sie sich besonders
im nordöstlichen Deutschland , in Preussen und im westlichen
Russland finden, macht sich eine eigenthümliche, überall mehr
oder weniger gleichmässige Vertheilung der Pflanzen bemerk-
lich. Am weitesten in das Wasser hinein erstreckt sich ein
Gürtel gewisser Binsenarten, der sich je nach dem geringern
oder stärkern Abfall des Ufers mehr oder weniger weit in das
Wasser zieht, da diese Pflanzen nur bei einer bestimmten
Wassertiefe gedeihen können. Wenn im Winter die Oberfläche
des Wassers zu Eis erstarrt, so brechen im. Frühjahr die
Binsen in dieser Höhe ab; zwischen ihnen schiessen neue
hervor. So bildet sich allmälig ein fester Wall gegen den
Stoss des bewegten Wassers. Hinter diesem Wall sammeln
sich nach und nach Pflanzenreste und Geröll an, und auf dem
so im Laufe der Zeit erhöhten Boden finden andere Gewächse
einen Platz, besonders Moose und Rietgräser. Weiterhin bei
fernerem Wachsthum bildet sich eine reiche Humusschicht,
die befähigt ist, mehr und neue Pflanzen zu erzeugen, deren
Samen vom Ufer aus zugeführt werden. Durch diese Vorgänge
—
wird endlich: das: ganze Vorland' trocken gelegt, und die ‚Wiese
ist ‚fertig... Am schnellsten «und am. meisten. gesichert. ist! diese
Bildung: in’ Einschnitten, ‚deren Ufer durch. Wald vor dem herr-
schenden Winden geschützt sind. Gern siedeln sich :auf sol-
chem | Wiesenboden - Erlen und Rhamnusarten an; der: ganze
Spreewald: in. der Lausitz ist: eine solehe Bildung... «.!
» Nicht. ‚minder wichtig ‘für die Gestaltung der Erdober-
fläche sind die niedern Thiere und Pflanzen, welche sich mit
einem festen: Panzer: umgeben. : Aus..den im. Wasser gelösten
festen Stoffen, aus: Kalk’ und Kieselsäure,, bilden sie ihre. Decken,
die: bei. der unglaublich schnellen : Vermehrung ;dieser Geschöpfe
Veranlassung zu 'gewaltigen- Kiesel - ‚und ‚Kalkablagerungen ;ge-
ben.. Die bis. zu.:bedeutenden. Höhen, wie auf’ der Insel Rügen,
abgelagerte Kreide :besteht nur: aus den. Resten: solcher Thieres
deren Skelett ‚auskohlensaurem Kalk bestand ;: ‚ganz Potsdam
und ‚Berlin'‚stehen ‚auf ‚einem Lager von «Kieselerde ‚ das nach
Ehrenberg Infusorien, nach Andern Pflanzen ‚seine Ansamm-
lung verdankt. Der Biliner. Polirschiefer; ist: nichts weiter, als
die ‚Panzer .‚solcher :niedern Thiere,, ‚oder;,.‘ wenn .man lieber
will, Pflanzen, ‚die ein Skelett aus Kieselerde besasseni.::
2) Von der 1.
Wie wir oben gesehen. haben, ist es tehrscheiolich; dene
die Erde ‚aus. einer. dunstförmigen Masse durch eine ‚allmälige
Abkühlung entstanden ist ;;. diese Abkühlung. ist jetzt so weit
vorgeschritten , dass: ein: Zustand des Gleichgewichts eingetre-
ten zu: sein ‚scheint, dass‘: nämlich: die Erde: im Laufe ‚eines
Jahres von der’Sonne gerade soviel Wärme empfängt, als: sie
in. derselben "Zeit durch ‚Ausstrahlung verliert; dafür-sprechen
alle. Erscheinungen, die wir seit: 3000 ' Jahren kennen. Zu
Moses Zeiten erzeugte Palästina wie heute ‘Weizen, ‚Oelfrüchte
und Wein; /daraus folgt,‘ dass sich. das Klima dort nicht we-
sentlich verändert. .haben ‚kann. Es ‚würde. uns: hier «zu weit
führen , auf die wahr:cheinlichen Ursachen dieses Gleichge-
wichtszustandes tiefer einzugehen.
—. Mi: —
Es giebt. aber ‚Stofle, die bei der gegenwärtig auf Erden
herrschenden Teinperatur und bei dem Drucke, welchen die
Schwerkraft ausübt, nur: im ‚gasfürmigen Zustande: bestehen
können; sie haben ‚das Bestreben, sich immer weiter auszu-
dehnen: und werden allein’ durch die Schwerkraft an die Erde
gefesselt. Daher ist:die:Erde im ihrem: ganzen: Umfange mit
einer gasförmigen Hülle'umgeben, ‘die ‘wir Atmosphäre nennen.
Die ‚Dichtigkeit .derselben: vermindert sich mit .der- Entfernung
von: der Erde, theils; weil: die entferntern Theile weniger stark
angezogen werden: von: der: Erde, theils, weil die. obern Luft-
schichten auf die untern drücken. und: sie mehr zusammen-
pressen. ' Auf‘ dieser ‚mit der Höhe 'abnehmenden Grösse - des
Luftdruckes beruht:die Höhenmessung mittelst! des Barometers.
Die: Atmosphäre esstreckt''sich nicht 'ins-Unendliche, sie findet
ihre. Grenze. da, wo die: Anziehungskraft der Erde und das
Ausdehnungsbestreben der Gase gleich: ‚gross: sind; aus ver-
schiedenen Beobachtungen hat man: ihre Höhe auf .acht bis
neun geographische Meilen: berechnet.
' Diese Dunsthülle ‘besteht wesentlich: aus zwei: Gasen, dem
Stickstoff: und: dem Sauerstoff; ‘es finden'' sich in :100.' Mass
trockner atmosphärischer:Lnft! 79,19 Mass Stickstoff und 20,81
Mass Sauerstoff. . Das Mischungsverhältniss ist überall auf dem
Festland dasselbe, aufi.den höchsten Alpengipfeln ‘wie '-am
Strande des Meeres,. in dichtbevölkerten Orten wie in: ofinen,
den Winden: ausgesetzten Gegenden. Auf dem offnen Meere
dagegen ist der Sauerstofigehalt: etwas geringer, weil das
Wasser mehr ‚Sauerstoff als Stickstoff absorbirt; dual ist der
Unterschied sehr geringfügig. |
Ferner enthält die Luft noch Kohlensäure und' zwar vier
Theile auf.je 10000 Theile Luft; obgleich dieselbe schwerer
ist, als jedes der beiden andern Gase, .so ist doch ihre Ver-
theilung in der Höhe und in der Tiefe: gleichmässig,, ja: nach
Einigen soll sich sogar in den obern Regionen ' mehr: davon
finden. Anders verhält es sich mit ihrer horizontalen‘ Verbrei-
tung; etwas mehr ist da vorhanden, wo Vulkane beständig
grosse Mengen derselben aushauchen ‚: weniger dagegen, wo
— 123 —
grosse Wasserflächen das leicht lösliche Gas aufnehmen; auf
hohem Meere ist fast gar keine zu finden. \/Wir haben sehon‘
früher darauf aufmerksam gemacht, dass dieser gleichbleibende
Gehalt der Luft an Kohlensäure überraschen: müsste‘, wenn
nicht die Pflanzenwelt die’ Aufgabe hätte, die immer neu er-
zeugten gewaltigen Mengen von Kohlensäure aulzunehmen und
zu verarbeiten, wodureh der Sauerstoff, welcher zur Bildung
der Kohlensäure : verbraucht war, der‘ Atmosphäre ' zurück-
erstattet wird. Aus allen Untersuchungen ‘scheint hervorzu-
gehen, dass das ‘gegenwärtige Weltalter ein: derartiges ist,
in welchem vollkommenes Gleichgewicht zwischen der Erzeu-
gung der Kohlensäure und ihrem Verbrauch durch die Pflanzen-
welt herrscht. Dagegen weisen andere Verhältnisse unwider-
leglich darauf hin, dass in frühern Epochen der Kohlensäure-
gehalt der Luft weit bedeutender war, und dass durch diesen
Umstand die üppige und gewaltige Pflanzenwelt der Kohlen-
zeit bedingt war, durch welche ihr Gehalt an Kohlenstoff im
Innern der Erde aufgespeichert wurde.
Neben der Kohlensäure spielt der Wassergehalt der Luft
eine bedeutende Rolle bei der Ernährung der Pflanzen. Die
Menge des Wasserdampfes ist sehr wechselnd, und eine grosse
Zahl von Erscheinungen, welche die Atmosphäre‘ darbietet,
werden durch denselben bedingt. Woher stammt dieser Was*
serdampf und wovon hängt seine Menge ab? Die Hauptquelle
desselben ist die Verdunstung, deren Grösse wiederum 'einer-
seits von der Temperatur, anderseits von der Ausdehnung der
verdunstenden Wasserfläche bestimmt wird. An der Oberfläche
‘ grosser Wasserbecken, wie bei Meeren und Landseen , findet
man die Luft fast stets mit Wasserdampf gesättigt, d. h. es
ist so viel Wasserdampf darin enthalten, dass sofort ein’ wäs-
seriger Niederschlag entsteht, sobald die Temperatir nur we-
nig erniedrigt wird; denn je heisser die Luft ist, desto‘ mehr
Wasserdampf vermag sie aufzunehmen. Allgemein bekannt ist
die Erscheinung, wie sich die Fensterscheiben eines warmen
Zimmers inwendig mit Wassertropfen beschlagen, wenn die
die Luft draussen sich abkühlt; die warme Zimmerluft "hat
— 123 —
durch ‚den: Athmungsprozess der ‚Bewohner - viel Wasserdampy
aufgenommen; trifft sie nun die. kältern: Scheiben ‚. so: ver-
dichtet sich‘ «ein Theil desselben zu Wasser, im Winter zu Eis.
Nieht selten tritt: die umgekehrte Erscheinung ein, dass man
auf der Aussenseite der Scheiben ‘einen wässerigen Nieder-
schlag erhält; alsdann ‚ist. die Luft. draussen wärmer und
feuchter:
Die Mechaniker yerfextign ‚verschiedene Abldn von Hy-
grometern zur Bestimmung :der: Feuchtigkeit der Luft.
Aus den oben angegebenen Ursachen ist der: Wassergehalt
der Luft am Aequator bedeutender, als’in: unsern Breiten, im
Sommer, bei Tage und in Tiefebenen grösser, als im Winter,
bei Nacht ‚und auf hohen: Bergen; den geringsten 'Wasserge-
‚halt hat die Luft im Allgemeinen Morgens bei Sonnenaufgang.
Wie die Menge des‘ Wasserdampfts ‚der: Luft . bei: ‚erhöhter
Temperatur sich steigern kann, möge‘ folgende kleine Tabelle
zeigen, welche für einen Luftdruck | von 760 ‚Millimetern gilt.
Hundert Theile Luft können ‚enthalten
bei : '0°.C. 0,30 Theile Wasserdampf,
U ir oh je
er er ä
BASEL A ;
Die Verdunstung wird um ‚so geringer, je feuchter die
Luft bei einer gegebenen Temperatur, d. h. je näher sie dem
Sättigungspunkte ist; im Sommer, erscheint uns die Lnft
trocken, welche weit mehr, Wasserdampf enthält,. als sie im
Winter aufnehmen könnte, während umgekehrt Winterluft mit
weit geringerem Wassergehalt ‚oft feucht 'erscheint,
Die Zonen zwischen den Wendekreisen: vereinigen. in ia
alle: Bedingungen, ‚durch. Verdunstung in. kürzester Zeit den
meisten Wasserdampf zu liefern; die‘ ‚erwärmte und durch den
Wasserdampf leichter gewordene Luft steigt in. die Höhe und
fliesst nach beiden Polen zu ab, während von: Norden und
Süden her stets kalte und trockne Luft zuströmt,. Die Abküh-
lung, welche der aufsteigende Luftstrom in den obern Regio-
nen erfährt, veranlasst die täglichen, zur bestimmten Stunde
— 14 —
eintretenden‘ tropischen Regen; das Eintreffen derselben ist
in einigen Gegenden::so bestimmt, dass man z.B: Ausflüge
für die Zeit vor: oder ‘nach dem Regen 'festsetzt: Der 'ge-
sammte Wassergehalt‘ wird der ‚Luft: auf: ihrem Wege nach
den: Polen zu nach und nach entzogen, sei es» in Form von
Regen, Schnee oder Hagel, ''sei es als Nebel, Thau oder Reif:
Die Luftströme, welche von den Polen nach dem Aequator
wehen,, 'enthalten wenig ‘Wasserdampf, weil''sie ‘kalt’ sind; sie
bringen weder Regen :noch' Schnee ; die warmen: Winde 'da- ,
gegen ‚ 'welclie' von den Wendekreisen 'nach‘ den Polen hin
wehen, 'sind reich: an’ Wasserdämpfen und 'sie sind 'es, die un-
sere' Felder befruchten.: In Folge’ der‘ Achsendrehung der Erde
wird ‘der Polarstrom: bei’ uns zu einem Nordost, ‘der Aequa-
torialstrom zu 'einem ' Südwest. Der Feuchtigkeitszustand eines
Landes wird also dadurch’ bedingt, ob die Nordost- oder die
Südwestwinde vorherrschen.
In einigen wärmern Ländern, 'wo dir Himmel ewig klar
und heiter ist, regnet es selten ‚oder nie, und der Thau er-
setzt den Regen. In ‘der Nacht strahlt der Erdboden gegen
den unbedeckten Himmel die Wärme aus und zwar um so
mehr, wenn er mit Pflanzen. bedeckt ist; dadurch wird der
Boden so bedeutend abgekühlt, dass. die ihn trefienden Luft-
schichten nicht allen‘ Wasserdampf mehr "halten können; er
hängt sich in Form‘ von Tröpfchen an’ die Spitzen der Pflanzen
und befeuchtet so’ den Boden: in |
Es ist nicht möglich, die ganze'Menge des Wisserdsaiiee)
welche an einem bestimmten Orte in einer gegebenen Zeit als
Thau, Regen oder Schnee gefallen ist, zu messen; dies ist nur
mit dem Regen möglich. Man bedient sich zu diesem Zwecke
eines Gefässes, das die Verdunstung verhütel, und in welchem
man ‘die ganze Menge‘ des auf eine Fläche von bekannter
Grösse gefallenen Regens sammelt. Man: giebt die Regenmenge
in’ der Art an, dass man sich das Wasser in einer gleich-
mässigen Schieht auf einer ebenen Fläche "ausgebreitet denkt
und die Höhe der Schicht ınisst. Die so gemessenen Regen-
mengen 'sind in den verschiedenen Gegenden ausserordentlich
— 125 —
verschieden; am. geringsten. ist. ‚der Niederschlag. im: Innern
des Festlandes, indem die Luft, welche‘ die Winde, über.‚das-
selbe. führen, schon.‘ in der Nähe .der: Küsten den gsässien
Theil..ihres. Wassergehaltes abgegeben hat,
Zum nähern Verständniss mögen hier einige Zahlen-
angaben folgen. Im Durchschnitt beträgt die jährliche Regen-
menge zu | BEN Ai NE wege a
rare Lissabon . 25,4 Pariser Zoll
er.
Genua . . 44,4
Bordeaux . 24,3
"Marseille . 20,6 »
Paris Ege 20,8 „ | ar
Liverpool . 32,3 ,„ „
Dover . . 441 ” »
iu, are Seil ne
"Glasgow en ZUR „ „
Mannheim . 21,0 „ „
“ Göttingen . 249 „ =
On 4
eg
INOTRESENT Be men
Stockholm .. 122 „‘
"Petersburg . 1717, ,
2 er ten e
Sierra Leone 80,9,
Rio Janeiro 55,6 „
St. Domingo 100,9 „5
Havanna . "O0. , =
Grenada 105, 0 > | »”
.»
3.33 3:
S$
Ausserdem: wird die: Regenmenge aa bedingt dc die
Jahreszeiten. und; durch. die Erhebungen,.! welche‘, der, Boden
darbietet. ‚In: Deutschland... sind ..die.iSommerregen. . ;vorherr-
schend, ‚und in. .den ‚Alpen fällt. um ‚deswillen. so... viel ‚Regen;
weil. der ‚warme, feuchte ‚südliche Luftstrom bei seinem, Stoss
— 16 —
gegen die hohen, : mit‘ Schnee bedeckteni Ba eine »beden:
tende‘ Abkühlung erfährt. .
--Ein grosser Theil’ ‘des ‘auf die Erde ditsdergesdkiugtee
Wasserdampfes verdunstet' unmittelbar wieder‘, ‘ein "anderer
Theil ‚wird von den Pflanzen aufgenommen und, verarbeitet
oder durch die Blätter ausgeathmet, der Rest endlich dringt
durch das poröse Erdreich in die Tiefe bis auf eine Schicht,
die für Wasser undurchdringlich. ist. Sand und Geschiebe
lassen das Wasser leicht durch, feste Gesteine ‚gestalten nur
einem beschränkten Theile deh Durchgang, und, Thon oder
Mergel halten das Wasser ganz auf. Indem das. Wasser auf
diesen Schichten nach unten fliesst, speist es -Quellen und
Flüsse, die da entstehen , wo. ‚die Thonschichten zu Tage
treten. ap
In Fig. 17 sei a eine Sandschicht, welche an der Erhe-
bung das Wasser aufnimmt; d ‚eine Tbonschicht,; eben so ec;
durchbricht man die obere Thonschicht, A kapn hier das
Wasser hervorquellen.
Endlich sei hier noch erwähnt, dass ausser durch die
Verdunstung noch Wasserdampf | in die Atmosphäre gelangt
durch die Fäulniss - und Verbrennungsprozesse , durch das
Athmen der Thiere und Pflanzen, durch die Vulkane und die
heissen Quellen. ; = | |
Nicht minder wichtig für ‚die Verbreitung der Pflanzen
ist die Vertheilung der Wärme in-der Atmosphäre. Die mitt-
lere Jahrestemperatur eines Ortes ist hauptsächlich abhängig
von der Lage desselben zum Aequator und von seiner Erhe-
bung über die Ebene des Meeres., Die Wärme. nimmt ab,
wenn man sich vom Aequator -entfernt und wenn man sich
über das Meer erhebt. Verbindet. man alle Orte, welche eine
gleiche mittlere Jahrestemperatur haben, so erhält man die
sogenannten Isothermen, und zwar Breitenisothermen, wenn
man nur die Entfernung‘ vom Aequator, Höhenisothermen,
wenn man nur die Erhebung über 'das’Meer berücksichtigt:
Diese Linien stimmen aber keineswegs mit den Breitenkreisen
und‘ mit’den Linien gleicher Höhe’ überein. -Man hat gefun-
— 191° —
den, dass auf der nördlichen Erdhälfte nicht ‘der kälteste
Punkt der Pol ist, sondern dass es: zwei Kältepole giebt, deren
einer in Sibirien unter 794° N. Br. liegt, der andere. in Nord-
amerika an der Barrowstrasse unter 78° N. Br. Ebensowenig
fällt der Wärmeäquator ‚mit dem Erdäquator zusammen; er
liegt vielmehr nördlich von demselben, weil sich auf der nörd-
lichen Erdhälfte mehr Land befindet ,' dieses aber: die Wärme
weit.'besser absorbirt, als das: Wasser. - Im’ Meridian von Lon-
dom 'und Paris erstrecken sich die Jahresisothermen am wei-
testen nach Norden. |
Bedeutender noch sind: die Abweichungen bei den Höhen-
isothermen; ''bei grossen Gebirgsmassen fällt die Temperatur
weit schneller, als bei einzeln liegenden Bergen. Wenn man
alle Punkte, deren mittlere Jahrestemperatur ‘unter Null liegt,
mit einander verbände,: so erhielte man eine kügelähnliche
Oberfläche, die an den Polen’ ungleich mehr ' abgeplattet ist,
als die Erde. Man nennt (diese Fläche die .Schneegrenze;, die
aber ‚durch lokale: Bedingungen ganz unregelmässig ‘gestaltet
ist; sie: steigt höher auf Hochebenen;, als in Thälern‘,an ein-
zeln stehenden Bergen und an der Sonnenseite höher ‚ als in
massigen Gebirgen und auf der Schattenseite; sie erhebt sich
weiter. über nackten Felsenflächen, als über mit Pflanzen be-
decktem Boden.
Folgende Tabelle enthält einige interessante Punkte für
die Höhe der Schneegrenze.
Küste von Norwegen . . ... 7148 N.Br. 720Meter
Inneres von Norwegen . 2.709 1072
br]
Islauicdhii® 125. 110505 „or hust ., n6BR - 936 ;
Dal 1llr AnsroiasT rin BIO io
Kamitschatka . 2 20.0.1205. 56040 °„ 1600 „
Alpen. ar wd.:; 212. 11 Isgaoı69 y’ 12708119,
Pyrenäen en nn... 424 —4309 „327282 z
Nördl. Abhang N A
a | des Himalaya 303—31 Mreee "
Magellanstrasse . . . . 53—54% S,Br. 1130 „
— 1 —
Auf die Vegetation‘ von’ besonderem Einfluss und: daher
hauptsächlich: wichtig . ist‘ die Kenntniss «nicht der Jahresiso-
thermen, sondern: der: Isothermen | der verschiedenen Jahres:
zeiten. Wir verstehen in‘ Folgendem: unter 'dem Winter die
Monate :Dezember,, Januar’! und: Februar,';unter dem Sommer
den Juni, Juli :und August.‘ In-Sibirien’ wird bei einer mittlern
Jahrestemperatur von‘9,7. Grad unter‘Null,;'wo der Boden: in
einer :Tiefe:von :3 Fuss beständig gefroren ist, in dem kurzen
aber heissen: Sommer Roggen: gebaut‘; während - auf! der‘ Insel
Island bei einer bedeutend höhern mittlern'Jahrestemperatur
Niemand: an den Anbau des’ Getreides denken’ kann, da die
niedrige Sommertemperatur'es nicht zur Reife bringt.‘
Königsberg: in: Preussen liegt’ mit ‘dem: nördlichen Irland
unter gleicher Breite; selten gefriert ‘hier. das Wasser, und die
schönsten Myrthengebüsche grünen im Freien wie: in Süd-
europa, während ‚das Klima ‘von’ Königsberg ein rauhes ‘und
unfreundliches: ist. In: Devonshire 'kultivirt' man’: Orangen,
Kamelien und: Fuchsien im offnen Lande , und der Winter‘ ist
nicht. kälter als: in: Florenz‘; aber der Wein’ gedeiht: nicht in
England „ weil die Sommerwärme nicht: ‘hoch genug: ist, "die
Trauben zu reifen. Bei Astrachan dagegen‘, „dessen mittlere
Jahreswärme fast mit'der des-Nordkaps von Norwegen zusam:
men fällt, und in Ungarn, dessen Winter kälter: sind ‚als ım
nördlichen ‘Schottland, wo weder Obst, noch Buche und Eiche
gedeiht, wird der herrlichste, feurigste‘ Wein gewonnen. '
(Im«den Ländern , 'wö bedeutende Unterschiede zwischen
der. Sommer- und Wintertemperatur stattfinden, ruht während
des Winters die Vegetätion,. und sie erwacht .erst wieder "in
den Monaten, in welchen“die mittlere. Temperatur. nicht unter
5° ist; der Pflaumenbaunı blüht, wenn. die Mitteltemperatur
8° erreicht; die Birkeiöknospet bei 11°; bei uns ‚geschieht
dies gewöhnlich, im Anfang des Mai, im südlichen Schweden
aber erst Mitte Juni. (ganddh ihrıdf
" Was 'hun die Ursachen * dieser üngleichen Wärmdveiiihäi-
lung betrifli, sö veranlasst \.die Gestaltung der ‘Land = und
Wassermassen eine ungleiche Erwärmung, indem das Land
— 129 —
sich. schneller und bedeutender erwärmt, als das Meer. Die
dadurch bedingten Luft- und Meeresströmungen nähern die
niedrigere Temperatur der Pole dem Aequator und umgekehrt.
Ausserdem spielen noch ‚eine wichtige Rolle die. Farbe des
Bodens, die Richtung der herrschenden ‘Winde, ‘die Gebirgs-
züge; mit einem Worte, eine Summe: gar vieler Ursachen be-
stimmen das Klima einer Gegend.
Weil das: Meer weniger schnell 'erwärmt und ‘abgekühlt
wird, so ist das Klima der Küstenländer ein mehr gleich-
mässiges als im Innern grosser Kontinente; man spricht daher
auch von einem Landklima und von einem Seeklima. Während
auf dem Nordkap unter 71° 10“N. Br. die Sommertemperatur
6,4 Grad über Null, die Wintertemperatur 4,6 Grad unter
Null ist, also nur um: 110 schwankt, ist sie in Irkuzk in
Sibirien unter 62° 1° N. Br., also 99 südlicher, im Winter
— 38,9 Grad, im Sommer + 17,2 Grad, schwankt ‘daher
um 58°, 2
Der Einfluss des Meeres auf das Klima eines Landes
wächst mit der Ausdehnung der Küsten im Verhältniss zu seiner
Oberfläche; daher hat Europa unter allen Ländern gleicher
Breite das beständigste und vortheilhafteste Klima. Die herr-
schenden Winde in der nördlichen gemässigten Zone sind der
Nordost und der Südwest. Der Nordost, der von den Polen
herweht, bringt über Europa kalte Luftströme ; dagegen trifft der
warme südwestliche Aequatorialstrom aufdie Westküsten Europa’s
und Amerika’s, weswegen die Ostküsten Amerika’s und Asiens
— Europa kann man als die Westküste des letztern Erdtheils
betrachten — bei weitem kälter sind, als die Westküsten unter
gleichen Breiten. Endlich wird das Klima Westeuropa’s noch
gemässigt durch den Einfluss des sogenannten Golfstromes,
der aus dem westindischen Meere, ‘wo die Temperatur des
Wassers :bis 30° steigt, warme Wässer bis an das Nordkap
führt. |
Bisher haben wir nur der Luftwärme Erwähnung gethan,
aber noch nicht der Wärme der obern Bodenschichten , die,
Filly, Ernährungsverhältnisse, | I9n6 ö 9
Br ee
wie wir schon früher sahen, von nicht geringem Einfluss auf
das Pflanzenleben ist. Zwischen der Luftwärme und der Bo-
denwärme kann oft ein bedeutender Unterschied stattfinden.
Ein kahler, steiniger Boden von schwarzer Farbe wird‘ unter
den Strahlen der Sonne weit höher erwärmt, als ein solcher
von heller Farbe oder gar ein mit Pflanzen bedeckter. Letzterer
bleibt nicht nur bei Tage kühler, weil ihn die Sonnenstrahlen
nicht direkt treffen können, und weil die Pflanzen die Wärme
zur Verdunstung des Wassers gebrauchen, sondern er kühlt
sich auch in der Nacht durch Strahlung ‘mehr ab, weil die
Pflanzen gute Wärmeleiter sind, wie es denn allgemein be-
kannt ist, dass eine Metallläche weit schneller kalt wird, als
eine solche aus Stein. Während daher in dem: Sande der
Sahara die Wärme oft 30° über die: Lufttemperatur steigt,
sinkt sie auf Wiesen nicht selten 89 unter dieselbe.
Die Wärme der obern Bodenschichten kann sich durch
Leitung nur langsam den untern Schichten mittheilen, und
umgekehrt bleiben dieselben bei der Abkühlung länger warm;
daher erklärt es sich, dass die Wärmeänderungen schon bei
geringer Tiefe unbedeutend sind, und dass sie bei einer ge-
wissen Tiefe ganz aufhören; diese- Tiefe wird bedingt theils’
von der Grösse des Wärmeunterschiedes in der heissen und
kalten Jahreszeit, theils von der Leitungsfähigkeit des Bodens-
Im mittlerna Europa ist die Temperatur bei einer Tiefe von
etwa 75 Fuss unveränderlich, in Südamerika in der Nähe‘ des
Aequators bei 15 bis 2 Fuss uuter der Oberfläche.
Schliesslich sei hier noch einer Eigenschaft des Wassers
gedacht, welche für das gesammte organische Leben von der
grössten Bedeutung ist. Bekanntlich ziehen sich alle Körper
bei der Abkühlung zusammen und zwar um so mehr, je weiter
die Temperaturerniedrigung fortschreitet; vom diesem Gesetz
macht das Wasser eine Ausnalıme. Dieses zieht sich nur zu-
sammen, bis es auf 4° abgekühlt ist; wird ihm die Wärme
weiter entzogen, so dehnt es sich wieder aus, und gar manche
Hausfrau hat die Nichtbeachtung dieses Gesetzes mit zerspreng-
ten Flaschen zu bezahlen. Daher ist das Eis leichter, als
— 131 —
Wasser von 4° und schwimmt auf demselben. Im Winter wird
das Wasser der obern Schicht abgekühlt; ist die Temperatur
auf 4° gefallen, so senkt sich die schwere Wasserschicht zu
Boden und die leichtere wärmere tritt an die Oberfläche;
dies setzt sich so lange fort, bis alles Wasser nur noch 4°
Wärme hat. An der obern Schicht sinkt die Temperatur fiefer;
da aber das Wasser sich nun wieder ausdehnt, so senkt es
sich nicht, sondern es bildet sich schliesslich eine Eisdecke,
unter der sich wärmeres Wasser befindet. Ohne dieses ab-
weichende Verhalten des Wassers wäre esıgar nicht denkbar,
wie in Flüssen und Seeen ein organisches Leben bestehen
könnte; verhielte sich das Wasser wie die andern Körper, so
würden die Gewässer von unten auf erstarren und alles Leben
würde zerstört werden.
3”
- Zweites Kapitel.
Die Bestandtheile des Ackerhodens.
Nachdem wir gesehen haben, wie durch die Zertrümme-
rung des im Anfange aus feurigem Fluss erstarrten Gesteines
die Erdoberfläche sich verändert hat, und der Ackerboden
nach und nach entstanden ist, wollen wir hier die verschie-
denen Bestandtheile, aus welchen die Ackerkrume bestehen
kann, näher ins Auge fassen; offenbar können dies nur solche
Stoffe sein, wie sie die ursprünglich feste Erdkruste schon
enthielt, oder wie sie aus der Einwirkung des Wassers und
der Atmosphärilien aus ihnen hervorgingen.
Die weiteste Verbreitung unter allen Mineralien haben der
Quarz mit seinen Verwandten, die verschiedenen Feldspath-
arten, wie sie in den granitischen, trachylischen und porphyr-
artigen Felsarten vorkommen, nebst den Glimmerarten, der
kohlensaure Kalk und die kohlensaure Magnesia; ferner finden
sich überall, wenn auch in geringern Mengen, die schwefel-
sauern, phosphorsauern und Haloidsalze nebst den Eisenver-
verbindungen.
Der Quarz ist Kieselsäure, d. h. er ist aus Kieselmetall
und Sauerstoff zusammengesetzt und verbindet sich, freilich
x
==. : ——
nur bei erhöhter Temperatur, : mit den Alkalien, dem Kalke,
der Thonerde und dem Eisen zu Salzen. Die Verbindung des
Kiesels mit dem Sauerstoff, die Kieselsäure, kann nür äusserst
schwierig: zersetzt werden. Daher findet eine‘ Verwitterung
des Quarzes nicht’ statt, sondern nur eine mechanische Zer-
trämmerung und Zerkleinerung; 'aber selbst diese 'Zerkleine-
rung ist ‘eine ‘sehr beschränkte, da der Quarz durch seine
Härte‘ derselben einen’ bedeutenden Widerstand‘ ‘bietet, In
kleinen rundlichen Körnern bildet er das, was wir im gewöhn-
lichen Leben kurzweg Sand nennen, obwohl 'Quarzsand rich-
tiger wäre. | |
Aus dem früher Gesagten geht zur Genüge hervor, dass
der' Quarzsand allein keinen brauchbaren Ackerboden abgiebt,
da’ er keinerlei Nahrungsmittel ‘enthält und nicht im Stande
ist, 'wie dies aus den Untersuchungen Schüblers hervorgeht,
Wasser aus der Luft zu absorbiren; selbst das als Regen auf
ihn gefallene Wasser lässt er schnell’ durch und verdunstet er
schnell.‘ Dagegen’ ist 'er eine’ werthvolle, man kann sagen un”
entbehrliche Beimengung für andere Erdarten, wenn sie frucht-
bar sein 'sollen.
Der Quarz ist im Wasser unlöslich, aber der Opal und
andere Varietäten der Kieselsäure lösen sich, wenn auch nur
schwierig, im Wasser, besonders wenn es Alkalien enthält;
nur in (dieser löslichen Form kann die Kieselsäure in die
Pflanzen eindringen: | |
Wird der Quarz durch ein kalkiges oder thoniges Binde-
mittel’ 'zu grössern Massen vereinigt, oder durch’lösliche Kiesel-
säure verbunden, so bildet er den Sandstein,’ der nach "der
Natur (des Bindemittels mehr oder weniger fest ist und häufig
durch beigemengtes Eisenoxyd roth,- durch Eisenoxydul blau-
schwarz gefärbt erscheint. Der Sandstein ist nicht ein ur-
sprüngliches ‘Gestein, sondern "eine sekundäre’ Bildung "und
findet 'sich nicht auf der ersten Lagerstätte des Quarzes.
Die Feldspathe sind 'sämmtlich Verbindungen ‘der 'Kiesel-
säure mit’ “Thonerde ‘und Kali oder Natron; alle enthalten
eiwas Kalk, einige’ weniger Alkalien und an deren Stelle mehr
— 134 —
Kalkerde;; seltem. fehlen Eisen, Mangan;,..und..Magnesia. ‚darin.
Im Gemenge. mit Quarz.und den, Glimmerarten bilden, ‚sie ‚die
ältesten krystallinischen ‘Gesteine, als. ‚da. sind ‚der Granit.,..der
Gneuss, ‚der Porphyr, ohne Quarz den. Trachyt;, kurz, ‚sie, ‚sind
ein‘ Gemengtheil,,fast aller, Gebirgsarten. :. Der: Einwirkung des
Wassers ‘und .der Kohlensäure . ausgesetzt, .verwittern; sie, leicht
und. zwar.'um.,so schneller, je:reicher sie,;an Alkalien sind.
Die kohlensauren Wasser ‚entziehen..ihnen,das Kali.zum.grossen
Theil. und: mit,, demselben -etwas: Kieselsäure ‚. welche, sich: mit
dem. Kali im. Wasser löst, wie ‚das. Wasserglas, ‚das, ja. eine
Verbindung von Kali oder Natron mit Kieselsäure ist..
Bei. dieser Zersetzung bleibt eine. Verbindung. von Kiesel-
säure, ‚Thonerde ‚und Wasser. zurück,. welche man Thon..nennt.
Ist. diese Verbindung frei. von, fremden, Beimengungen. . und
findet. sie, ‚sich an: ihrer-ursprünglichen. Bildungsstätte, so; heisst
sie Kaolin ‚oder. Porzellanerde;; : sie: dient, alsdaun zur ‚Fabri-
kation .des ächten Porzellans;;, . es, finden, ‚sich unter. andern
solche Lager. ‚von ‚vorzüglicher (Qualität ‚zu :Morl bei Halle, und
Aue bei. Schneeberg in Sachsen.
Selten ist jedoch die Verbindung rein, WR, at Ya
Quarzsand gemengt. Ist. der Gehalt an Sand gering, so‘ heisst
der Thon fett, weil das. Wasser nicht durch. ihn. .hindurch-
dringen kann, und weil. er. sich. leicht. kneten..und ‚formen
lässt; mit viel. .Quarzsand untermischt. führt: er, den Namen
Lehm. Ausserdem findet sich im Thon noch. ein Theil. der
Alkalien und. Erden des ursprünglichen Minerals,. Eisen, un-
zersetzter Feldspath‘ und Glimmer, der. nur äusserst ‚langsam
verwittert. . Die gelbe oder röthliche Farbe des Thones rührt
vom: Eisenoxyd , die. blaue vom Eisenoxydul oder von organi-
schen Beimengungen her.
Ausser, aus. ‚den., Feldspathen entsteht. noch Thon Ash
Verwitterung des 'Glimmers, der, Augite, der Hornblende und
vieler andern, Gesteine von ‚ähnlicher Zusammensetzung ; man
fasst sie unter. dem. Namen: der. Thonerdesilikate zusammen.
Die, Entstehungsweise des Thones ‚bedingt es: schon, .dass
er ‚sich im: Zustande der äussersten Zerkleinerung befindet, ‚da
— 135 —
er ‚gleichsam ‚Atom für Atom aus dem Mineral ausgewaschen
wurde., Daher. schwebt: er leicht im Wasser und findet: sich
oft weit ab von dem Orte seiner Entstehung, in Gegenden,
wo weit und breit kein Gestein ansteht, welches das Material
zu seiner, Bildung liefern konnte. Der wellige Boden Nord-
ostdeutschlands ist an: vielen Stelien reich an Thon, oft an
sehr fetten; dieser muss ‚aus fernen Gegenden von den Ge-
wässern hierher geführt und abgelagert sein.
Der Kalk, welcher im Ackerboden vorkommt und für das
Gedeihen vieler. Pflanzen, z. B. der sogenannten Schmetter-
lingsblüthler , ‚höchst wichtig ist, verdankt zum Theil seinen
Ursprung zersetzten kryslallinischen Gesteinen, zum bei weitem
grössern Theil jedoch geschichteten Lagern von dichtem oder
körnigem. Kalkstein, welche überall verbreitet sind. Häufig
haben sich diese Lager nur aus Resten von Thieren aufge-
baut, welche den in dem kohlensauren Wasser gelösten kohlen-
sauren Kalk aufnahmen und Muscheln und Schalen daraus
bildeten; die Kreide hat nur diesen Ursprung.
Ein beständiger Begleiter des Kalksteines ist die kohlen-
saure Magnesia; in ihrer Verbindung mit dem Kalkstein bildet
sie bedeutende Felsmassen, welche den Namen Dolomit führen
und sich durch ihre schroffen und bizarren Kuppen auszeich-
nen. Auch giebt es kohlensaure. Magnesia in einer Anzahl
anderer Mineralien, durch deren Zersetzung sie in den Acker-
boden kommt.
Der wasserhaltige schwefelsaure Kalk bildet als Gips
massenhafte Ablagerungen, und die schwefelsaure Magnesia,
bekannt unter dem Bittersalz, ist ein Bestandtheil des Meer-
wassers und vieler Mineralquellen.
Da der fein zertheilte kohlensaure Kalk mit dem Thon
die. Eigenschaft theilt, sich lange im Wasser schwebend zu
erhalten, so sind solche Bodenarten nicht selten, in welchen
beide Erden innig gemengt vorkommen. Man nennt das Ge-
menge Mergel.
Das Eisen kommt in fast allen Mineralien vor, sei es als
Oxyd, sei es als Oxydul, und wird bei ihrer Zersetzung frei;
— 156 —
auch findet es sich als:Oxyd oder als kohlensaures Salz, -der
sogenannte Spatheisenstein, in’ bedeutenden Lagern, die be-
hufs der: Eisengewinnung. abgebaut werden. Wichtig für die
Vegetation ist noch das Vorkommen des Eisens als Schwefel-
kies. Dies ist überall verbreitet und hat die Eigenschaft,‘ fein
zertheilt an: der: Luft leicht zersetzt zu werden. Es bilden
sich Eisenoxyd und Schwefelsäure, welche letztere mächtig zur
Zersetzung der Gesteine‘ Seiträgt und die Erden, indem sie
sich mit ihnen verbindet; löslich macht, ihnen also‘ eine Form
giebt, wie sie indie Pflanzen gelangen können.
Phosphorsäure' ist ‘ein Bestandtheil mehrer Mineralien,
welche in dem verschiedenen oben‘ erwähnten Gebirgsarten
vorkommen, wenn auch‘ nur in geringer Menge; unter andern
ist die Phosphorsäure ein Bestandtheil des Apatits, des Phos-
phorits und des :Phosphorocaleits. "Reiner phosphorsaurer Kalk,
der sogenannte Knochenstein, findet sich in einigen Gegenden
in grössern Lagern, unter andern -am Fichtelgebirge. Da der
phosphorsaure Kalk im Wasser unlöslich 'ist, so ist "gerade
für ihn die vorhin erwähnte Quelle der Schwefelsäure wichtig;
diese verwandelt ihn nämlich in ein 'saures Salz und macht
ihn auf solche Weise löslich.
Chlor ist in mancherlei Mineralien enthalten, in grösster
Menge aber im Chlornatrium, dem Steinsalz; dies findet sich
bekanntlich zum Theil in grossen Lagern, wie in Gallizien,
England, Deutschland, zum Theil in Quellen und im Meere;
das Meerwasser enthält ‘neben demselben noch ehloekalium
und Chlormagnesium.
Jod kommt an Alkalien gebunden in einigen Minerakquellen
und im Meerwasser vor, ist aber nur' für a von
Wichtigkeit. ö
Salpetersäure bildet sich da, wo organische Bubsiähe
bei ungehindertem Luftzutritt und bei Gegenwart von Alkalien
oder alkalischen Erden verfaulen; auch mag 'sie sich in ge-
ringen Quantitäten aus der atmosphärischen Luft erzeugen bei
elektrischen Entladungen, das heisst bei Gewittern. Salpeter-
saures Kali, gewöhnlich Salpeter genannt, und salpetersaurer
— 131 —
Kalk finden sich in grössern Mengen in Ostindien als Boden-
ausschwitzungen und auf der Insel Ceylon in den sogenannten
Salpeterhöhlen; der 'Chilisalpeter,, salpetersaures Natron, 'in
neuerer Zeit vielfach zur Düngung verwendet, ist in einigen
grossen Lagern in Südamerika, besonders in’ Chile, entdeckt
worden. Die Salpetersäure ist wie die Schwefelsäure um des-
willen für den Ackerbau ‘von besonderer Bedeutung, weil sie
wie diese zur Zersetzung’ der Mineralien beiträgt und sie lös-
lich macht. JE
‚Alle bisher erwähnten Stoffe kommen "noch mit dem
Dünger in die Ackerkrume. | i |
Quarzsand, Thon und Kalk bilden also ‘die Hauptmasse
der feuerbeständigen Beständtheile der meisten Ackererden, 'in
denen sich die übrigen von uns betrachteten 'Stofle in 'grös-
serer oder geringerer Quantität finden müssen, wenn Pflanzen
ın einem Boden gedeihen sollen. we 2
Von allen Stoffen dürfen Alkalien, schwefelsaure und phos-
phorsaure Salze nie fehlen, oder sie müssen’'von aussen 'her-
beigeschafft werden. Die Gegenwart derselben in den ver.
schiedenen Bodenarten ist leicht erklärlich, da sie gleichzeitig
mit den obigen Substanzen durch die Zersetzung. der Minera-
lien sich gebildet haben und sich noch täglich neu bilden
durch Verwitterung der in den Ackererden vorkommenden
Bruchstücke unzersetzter Gesteine. Wenn auch die Alkalien
in Folge ihrer grossen Löslichkeit im’ Wasser ileicht fortgeführt
werden, so wird doch immer noch ein Theil: derselben vom
Thon und Humus, weniger vom Quarzsand ,''der' sehr leicht
aufgewaschen wird, mit grosser Hartnäckigkeit zurückgehalten.
Eine andere Reihe von Stoffen, welche in der frucht-
baren Ackererde enthalten sind,‘ verdanken: ihre Entstehung
der Zersetzung organischer Substanzen; man bezeichnet sie
mit dem Gesammtnamen der Humuskörper ‘ohne über: ihre
Zusammensetzung, die. Art und Reihenfolge ihrer Bildung bis
jetzt etwas Sicheres, Bewiesenes zu wissen. Alle diese Sub-
stanzen unterliegen einem ewigen Wandel, ‘einer stets wech-
selnden Zusammensetzung und Zersetzung; nur'so viel können
— 138 —
wir: mit Sicherheit‘ behaupten. ‘und durch. Thatsachen ;nach-
weisen, dass. das Endresultat aller, dieser Wandlungen ‚dass
die letzten sich bildenden Stofle in allen ‚Fällen. Kohlensäure,
Ammoniak und Wasser: sind.: Die in: vielen Lehrbüchern über
den: Ackerbau‘ angeführten Stoffe, als. da sind Humin, ‚Gein,
Quellsäure, Quellabsatzsäure und dergleichen sind durch künst-
liche Zersetzung in den: Laboratorien erzeugte Substanzen,
deren. Gegenwart; im Ackerboden noch. nicht mit Sicherheit
nachgewiesen ist.
Schon in der ersten Abtheilung haben wir von den ’Quel-
len der Kohlensäure und des Ammoniaks und: von ihrer. mas-
senweisen Bildung hinlänglich gesprochen, weshalb wir. darauf
verweisen, um so mehr, als sie weniger als ein ‚Bestandtheil
der Ackerkrume ‚zu ‚betrachten: sind, /
Die Reste organischer Körper zerseizen sich unter ‚ver-
schiedenen Umständen gar verschieden, sowohl was die Zeit,
als was die Art: der Zersetzungsprodukte betrifft, so ‚dass durch
dieselben dem Boden bald diese, bald. jene Eigenschaft in
einem höhern Grade mitzetheilt wird. Abgesehen davon, dass
selbst die Pflanzenart nicht. ohne Einfluss auf. die Zersetzungs-
produkte ist,. werden. dieselben ‚noch durch andere Umstände
viel hervortretender bedingt: Kein Körper kanu verwesen ohne
genügende Feuchtigkeit, den, Zutritt der Luft und. eine ‚nieht
zu geringe Wärme. ‚Wie wichtig gerade das. letzte Agens ist,
beweist der Umstand, dass selbst thierische Leichen ‚in. Ge-
genden, wo: der!iBoden beständig gefroren ist, ‚sich. mit ‚Haut
und Haar unverletzt erhalten; . auf diese Weise konservirte
Mammuthe sind in Sibirien gefunden worden. ‚Unter den
Tropen finden: sich für die Verwesung die: günstigsten Bedin-
gungen, 'und.:gefallene Thiere sind. innerhalb 24. Stunden im
Zustande der! vollkommensten Fäulniss, ‚weshalb: in wärmern
Ländern die Leichen Gestorbener viel schneller ‚beerdigt werden
müssen. Die schnelle Verwesung ist ‚es, welche. das. tropische
Klima besonders an den Mündungen grosser, Ströme, wo un-
geheure Massen organischer Substanzen ‚angebäuft werden. und
verfaulen, für den. Europäer so gefährlich. macht.
3 WE
Die Feuchtigkeitsmenge ist. nur. 'bis zu. einem gewissen
Grade: der Verwesung. förderlich, nämlich. nur soweit ‚als sie
den Zutritt des atmosphärischen ‚Sauerstofls ‚nicht ‚behindert,
da dieser sich mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff der orga-
nischen Substanzen verbinden muss, um: Kohlensäure und
Wasser zu bilden; es verliert die verwesende Masse im Allge-
meinen mehr Stickstoff und Wasserstoff nebst Sauerstoff, so
dass der zurückbleibende ‚Theil. reicher an Koblenstoff : wird.
Wenn ‚dagegen die. organischen | Reste ‚ganz mit Wasser. be-
deckt sind, so erhält. nur so viel Sauerstoff zu ihnen Zutritt,
als von: demselben im ‚Wasser löslich ist; die Fäulniss 'ist in
ihrem Verlauf; viel langsamer; es entweichen neben wenig
Kohlensäure Kohlenwasserstoffarten, — das sogenannte Sumpf-
gas — und reines ‚Wasserstoffgas. :Fängt man..die. Luftblasen
auf, . die aus . dem. Wasser entweichen, 'wo ‚organische Sub-
stanzen unter. demselben verfaulen, so lassen sie sich entzün-
den;.. Kohlensäure und Wassergas sind unbrennbar. Ausser-
dem bilden sich unter solchen Umständen. saure Körper, wel-
che das Wasser gelb färben und auf die Kulturpflanzen ‚wie
Gifte wirken. ; Unter gewissen Umständen kann das Wasser
die Verwesung fast ganz verhindern.
Verfaulen die organischen Körper bei ungehindertem Luft-
zutritt, so bilden sie das, was man. Lauberde oder Moder
nennt, der stets von:dunkler, schwarzbrauner Farbe ist und
kaum ‚noch ‘daran erinnert, dass er.:von Pflanzen stammt;
torfige Massen erhält man dagegen, wenn die Verwesung unter
Wasser geschieht. Im Torf ist mehr. oder weniger die Struk-
tur. der Pflanzen erhalten. Doch wollen wir: nicht unerwähnt
lassen, dass beide Verwesungsarten auch durch die Natur der
Pflanzen bedingt werden, ‚indem die Moose gern Torf, Kräuter,
Laub und Gräser gern Moder bilden; versetzt man jedoch den
Torf unter günstigere Bedingungen , so schreitet auch: in: ihm
die Zerselzung weiter fort, und ier bildet eben so gut als jene
Substanzen: Moder.
Was. die Ackererde' betrifft,. so ist:es einleuchtend, dass
hier. weniger eine Torfbildung. eintreten kann, weil beim Acker-
— 140 —
bau nicht nur' Moose, die 'sich etwa ansiedeln wollten‘, fern
gehalten werden j" sondern weil auch’ solcher‘ Boden, der’ so
viel Feuchtigkeit enthält, dass eine Torfbildung 'stattfinden
könnte, für''den Ackerbau ungeeignet 'ist. Wollte man ’sol-
chen Boden’ als’ Acker benutzen‘, "so müsste man zunächst
Sorge tragen, durch geeignete Mittel das über schüssige Wasser
zu entfernen. ode ion
Ausser den bisher Yeiptodirehln festen Bestandtheilen des
Ackerbodens haben 'wir noch’ einen flüssigen, nämlich’ das
Wasser, 'in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen; da
sowohl seine Menge, als seine Vertheilung 'vom allerbedeutend-
sten Einfluss auf die’ Fähigkeit: desselben ist, überhaupt''eine
Pflanzendecke zu’tragen und im: Besondern für den Ackerbau
dieser oder jener Kulturpflanze geeignet zu sein.
Während die’ Quantitäten der festen Bestandtheile 2
Ackers nur einem allmäligen Wechsel ‘unterworfen sind, ist
die Menge des Wassers darin in unaufhörlichen Schwankungen
begriffen, bedingt durch die atmosphärischen Niederschläge;
dagegen ist der Wassergehalt, der der Haarröhrchenanziehung
aus benachbarten Flüssen und Seen oder‘ den ai seinen
Ursprung verdankt, weniger veränderlich.
Wenn ‘man ein Stück‘ Zucker nur ‘zum Theil in den
Kaffee oder sonst in eine ihn’ 'netzende Flüssigkeit taucht, ''so
dringt dieselbe in dem ‘Zucker weiter hinauf, ° weil die einzel-
nen 'Zuckertheilchen anziehend auf die Flüssigkeit wirken.
Diese Anziehung zwischen den Zuckertheilchen und der Flüs-
sigkeit ist grösser, als die Kohäsion, welche Wassertheil an
Wassertheil hält; es durchdringt die’ Flüssigkeit die feinen
Poren ‘und bildet ' gleichsam ‘um jedes Molekül eine ‚Hülle.
Doch''ist dieses Steigen nicht endlos, sondern es’ tritt "ein
Punkt ein, wo das Bestreben der Flüssigkeiten, sich nach
unten 'zu''bewegen und’ sich horizontal "zu stellen ,’ die An-
ziehung der festen Stoffe überwindet. Je feiner nun der
Zucker ist, desto höher steigt die Flüssigkeit.’ "Aehnliche 'Er-
scheinungen 'bieten andere poröse Stoffe‘ dar, und’ am reinsten
hat man dieselben, ‘wenn man enge Glasröhren von 'verschie-
— 141 —
dener Weite. in Wasser taucht, ‚Man: nennt die Ursache ‚dieser
Vorgänge Haarröhrchenanziehung. sr
Der Ackerboden besteht wie. ‚der Zucker aus einer Menge
einzelner Körperchen, zwischen denen sich ‚mehr oder. weniger
feine.’ Poren finden. “Fällt. daher Regen, : Thau oder, Schnee
auf..das Land), ‚so dringt. ‚das, Wasser .in. die ‚Poren desselben
nur in. dem: Masse ein, ‚als: die oberhalb liegenden Schichten
mit einer genügenden Flüssigkeitsschicht umgeben sind, Erst
wenn mehr Wasser zugeführt wird, oder wenn die: Zwischen-
räume zwischen den Theilchen. grösser. ‚sind, durchdringt es
auch .die tiefern Schichten, ‚bis es ‚endlich auf Lager solcher
Substanzen kommt, die dem Wasser keinen Durchzug ge-
statten. Haben sich die Poren so ‚weit; mit Wasser gefüllt,
als durch die Anziehung der festen Theilchen bedingt wird,
‚ so sucht das Wasser, wenn es nach unten nicht entweichen
kann, einen seitlichen Ausweg; es. entstehen Quellen. Wo
der Ausweg nicht so vielem Wasser den Durchzug gestattet,
als von der andern Seite. zugeführt wird, da entsteht ein
Sumpf.
Wie wir schon. früher sahen, hat der: Thon die Eigen-
schaft, ‚das Wasser nicht .durchzulassen; ‚ausser. ihm sind. es
gewisse. krystallisirte oder glasige Gebirgsarten, soweit nicht
Risse und, Sprünge. dem Wasser Gelegenheit geben, sie zu
durchdringen. | |
Quarzsand, Kalksand, wenn er grobkörnig ist, Torf,
manche Sandsteine,. Kalksteine. und Dolomite sind für das
Wasser ‚leicht, durchdringlich; die, sogenannten Tropfstein-
höhlen sind Beweise für die Durchdringlichkeit der, Kalksteine.
Der Berg, in welchem sich. die Baumannshöhle auf dem Rübe-
land im Harz befindet, besteht aus Marmor, körnigem, kohlen-
saurem:, Kalk. Die atmosphärischen Gewässer dringen mit
Kohlensäure geschwängert ‚in. die Felsen und lösen etwas
kohlensauren Kalk; wenn sie den Felsen durchdrungen haben
und in Tropfen von: der-Decke ‚auf den Boden der Höhle
fallen, verdunstet das Wasser und der zurückbleibende kohlen-
saure Kalk bildet nach und nach die wunderbarsten Formen.
— 142 —
Die Kraft, mit welcher ein Theil des Wassers in Folge
der Haarröhrchenanziehung im Boden festgehälten wird, 'ist
abhängig von der chemischen Beschaffenheit und von dem Zu-
stande der Zerkleinerung,, in welchem sich‘ die Körper 'befin-
den; während der Humus ‘doppelt sö viel Wasser zurückhalten
kann, als sein eignes Gewicht im trocknen ‘Zustande beträgt,
ist die Menge des vom Quarzsand zurückgehaltenen sehr ge-
ring, um so geringer, je grobkörniger er ist. Letzteres gilt
übrigens für alle Erdarten. Wollte man die verschiedenen
Substanzen des Bodens’ darnach ordnen, ‘wie'sie im Stande
sind, Wasser fest zu halten, so‘ ergiebt sich ‘im Allgemeinen
folgende Reihenfolge: non |
2 '' Humus,
Kalkstaub,
Reiner Thon,
Lehm,
_ Magerer Thon,
Grober Kalksand,
Quarzsand.
Aber das Wasser wird nicht allein ‘mit verschiedener
Energie aufgesogen von den verschiedenen Stoffen, sondern es
wird auch mit verschiedener Schnelligkeit verdunstet, und
zwar verlieren die Substanzen das Wasser durch die Verdun-
stung am schnellsten, welche es am wenigsten aufsaugen.
Die Verdunstung geht in der Weise vor sich, dass die
obersten Schichten ihr Wasser an die über ihnen lagernde
trockne Luft abgeben; in Folge dessen tritt aus den tiefern
Schichten fort und fort Wasser nach oben, jedoch nicht mit
derselben ‘Schnelligkeit, wie die Verdunstung stattfindet; ' daher
nimmt im Allgemeinen mit der Tiefe die Feuchtigkeit des Bo-
dens zu. Die Verbreitung der Feuchtigkeit unterhalb der Erd-
kruste ist bedingt von dem Feuchtigkeitszustande und von der
grössern oder geringern Ungleichheit in den mechanischen
Verhältnissen ‘der verschiedenen Schichten. Liegt lockerer
Seesand 'auf einer festen Schicht, so kann bei anhaltender
Trockenheit der Sand vollkommen austrocknen, ' der nur
schwierig wieder genetzt wird, besonders wenn’ er fein: ist.
Man findet in sandigen Gegenden oft nach starkem und selbst
nicht zu kurze Zeit dauerndem Regen nur. wenig unter der
Oberfläche einen ganz 'trocknen, staubigen Untergrund.‘ 'Be-
sonders häufig zeigt sich diese Erscheinung ' in’ Nadelholzwäl:
dern und’ auf Ackerland, wo früher solche standen, indem: die
dem Sande beigemengten Nadeln sich wegen ihres 'Gehaltes
an Harz wie Feti gegen das Wasser verhalten.‘ Nur 'ein 'häu-
figes Umbrechen der Narbe kann hier Abhülfe verschaffen,
weil durch die Einwirkung der Luft und der Pouehuigkeit die
harzigen Stoffe verwesen.
Bei Bodenarten dieser Gattung: verläuft sich und verdun-
stet sehr schnell der bei weitem grösste Theil’ des Wassers,
welches durch Regen 'und Schnee zugeführt wurde; wenn nun
trotzdem in tiefern Schichten sich fortwährend’ Wasser findet,
so muss dies seinen Ursprung andern Quellen ' verdanken-
Soweit sich in den Umgebungen von Seen und Flüssen wasser-
durchlassende Erdschichten befinden, dringt das ‘Wasser jener
Ansammlungen in dieselben ein und durchtränkt sie; die
Haarröhrchenanziehung bewirkt, dass es in den’ Erdschichten
höher hinaufsteigt, als das Niveau des benachbarten wasser-
liefernden Teiches oder Flusses liegt; was an der Oberfläche
verdunstet, wird von unten wieder zugeführt. Bestehen aber
der Boden und die Uferwände aus Thonschichten, so kann
kein Wasser hindurchdringen; gräbt man ein Loch in dahinter
liegende Sandschichten, so wird man kein Wasser finden, oder
solches, das höher oder tiefer steht, als in dem benachbarten
Wasserbecken, das also nicht mit diesen, sondern mit andern,
wenn auch fernen Wasseransammlungen kommuniziren muss.
Unter sonst ganz gleichen Verhältnissen können "benachbarte
Aecker einen ganz verschiedenen Wassergehalt haben , jenach-
dem der eine durch Thonschichten vom Wasserzufluss abge-
schlossen ist, der andere nicht. Erst vor Kurzem ist uns ein
Fall der Art vorgekommen; in einem Garten musste‘ man
einen Brunnen 230 Fuss tief graben, um Wasser zu erhal-
ten; in einem 200 Schritte davon entfernten Garten, der
— 144 —
ganz gleiches ‚Niveau mit. ersterem hatte, steht. das Wasser
zehn Fuss unter: der Oberfläche. 7
Sand, Thon, :Humus 'und kohlensaurer Kalk sind bei
weitem die Hauptbestandtheile der Ackererden,; und man kann,
je‘ nachdem der: eine oder.der andere dieser Stoffe vorherrscht,
Sandboden,, :Thonboden, Kalkboden , Mergelboden und Humus-
boden unterscheiden; unter besondern Umständen führt ‚der
letztere den Namen Torf- und Moorboden.
In den Küstenländern, am Strande der Meere und grosser
Ländseen findet sich nicht selten ein fast: reiner Sandboden,
wie in Jütland ; doch rechnet man auch noch solchen: Boden
zum :Sandboden, welcher: auf 100 Theile 90 Theile ‚Sandkörner
und: 10. Theile fremder ‚Stoffe enthält... Bei einem höhern Ge-
halt anderer.! Substanzen, ‘besonders wenn diese Thon 'oder
Humus sind // verliert »ein Acker schon mehr die Eigenthüm-
lichkeiten : des; 'Quarzsandes und: wird für die Kultur geeig-
neter. Den grobkörnigen Quarzsand, der in Folge seiner
physikalischen ‚Eigenschaften ‘am leichtesten ausgewaschen
wird und frei: von fremden Beimengungen besonders am Mee-
resstrande vorkommt, . nennt man Seesand, zum Unterschiede
vom. weichen Sande, welcher durch Zertrümmerung und Zer-
setzung der geschichteten Gesteine entstanden ist.
Enthält ein :Sandboden bis 60 Prozent Thon, welchen
man vom Sande abschlemmen kann, so heisst er schon Thon-
boden; ‚steigt der. Thongehalt noch höher, so wird der Boden
bald so zäh und steif, dass er nur schwierig ‘oder gar nicht
zu kultiviren ist. Sind die Beimengungen des Thones recht
grobkörnig, oder sinkt der Thongehalt unter 60: Prozent, so
hat man den Lebmboden, der fast in allen Fällen. für die
Kultur. am meisten geeignet ist. Man unterscheidet, sandigen
Lehmboden, der nur 30 Prozent Thon enthält, vom lehmigen
Sandboden, dessen Thongehalt noch geringer ist.
Der 'kohlensaure Kalk ist allen genannten Bodenarten: ın
grössern oder geringern Mengen beigemischt und seine Quan-
tität kann bis 90 Prozent steigen; ein Boden, der aus einem
innigen Gemenge. von Thon ‚und 'kohlensaurem Kalk besteht,
— Wi
heisst Mergelboden und hat alle nachtheiligen Eigenschaften
des reinen Thonbodens. Der Mergelboden ist nur dann kultur-
fähig, wenn der Kalk grobkörnig ist, oder wenn ihm eine hin-
reichende Menge (Quarzsand beigemischt wird.
Humus ist allem Ackerboden, wenn auch nicht ursprüng-
lich, so doch in Folge der Kultur beigemengt, im Allgemeinen
freilich nur in sehr geringen (Quantitäten; bei einem Gehalt
von 10 Prozent nennt man einen Acker schon humusreich,
und die Farbe desselben ist schon ganz die des Humus. Nur
im Moor- und Torfboden, wo das Wasser den Zutritt der Luft
und dadurch die Verwesung verhindert;i'so dass die abgestor-
benen Pflanzen fast ganz darin bleiben, findet man einen
höhern, Gehalt an organischen ‚Substanzen , selbst, bis 90, Pro-
zent.
"Filly, Efnährungsverhältnisse, Ko 2 en {0 .
Drittes Kapitel.
Von dem Einfluss ‘des Bodens auf‘ die Ernährung
der Pflanzen.
Nachdem wir in dem Bisherigen die verschiedenen Bo-
denarten und ihre Entstehung kennen gelernt, müssen wir
die Frage aufwerfen, welchen Boden man einen: fruchtbaren
nennen darf?
Der Begriff der Fruchtbarkeit ist immer nur für gewisse
Pflanzenspezies ein bestimmter; ein und derselbe Boden kann
für die eine Gattung äusserst fruchtbar, für die andere ganz
unbrauchbar sein. Mit dieser Beschränkung wollen wir einen
solchen Boden fruchtbar nennen, der für eine oder mehrere
derjenigen Pflanzen, die im Grossen angebaut werden, alle
die Eigenschaften im hohen Masse besitzt, wodurch das Ge-
deihen derselben befördert wird.
Bei der Bestimmung der Fruchtbarkeit eines Bodens hat
nıan zwei Dinge ganz von einander zu trennen: die nähren-
den Bestandtheile, als da sind Salze und Wasser, soweit diese
in die Verbindungen der Pflanzensubstanz eingehen, von den
festeu Stoffen und dem Wasser, die den übrigen nur als Ge-
— 14. —
föss dienen und ausserdem den Pflanzen den nöthigen Halt
gewähren. Die von uns geforderte Trennung beweist schon,
dass durch eine chemische Bestimmung der einzelnen im Bo-
den enthaltenen Stoffe ‘der Art und Menge nach die Frage der
Fruchtbarkeit durchaus nicht entschieden werden kann, dass
vielmehr durch das Zusammentreffen aller nothwendigen Ei-
genschaften die Ertragsfähigkeit eines Bodens bedingt wird.
Unter Umständen kann ein Sandboden weit ‘fruchtbarer sein,
als ein Thonboden trotz seiner schätzenswerthen Eigenschaf-
ten, die‘ dem Sandboden abgehen; fehlen ihm die übrigen
Bedingungen der Fruchtbarkeit, so ist er von geringerm Werth
als der Sand, der alle nothwendigen Eigenschaften, nur im
geringern Masse: besitzt.
Was zunächst die wirklichen Nahrungsmittel betrifft, so
kommt es für die Frage der gegenwärtigen Fruchtbarkeit stets
nur darauf an, wie viele Nahrungsmittel im Boden gelöst oder
im löslichen Zustande enthalten sind, weil die Pflanzen nur
gelöste Stofle aufzunehmen befähigt sind; Gegenstand der Un-
tersuchung kann daher nur die Bodenflüssigkeit sein, nicht
das allerdings sehr schätzbare Kapital von zur Zeit noch un-
löslichen Stoffen, die erst im weitern Verlaufe der Kultur
fruchtbringend wirken können.
Wir besitzen zur Zeit leider noch keine Untersuchungen
darüber, welchen Einfluss die Menge der in einer gegebenen
Quantität Wasser gelösten Stoffe, mit andern Worten, welchen
Einfluss die Konzentration der Nahrungsmittellösung auf das
Gedeihen der verschiedenen Kulturpflanzen hat. Dennoch
scheint gerade diese Kenntniss eine der entscheidensten zu
sein; für die Erklärung gewisser Erscheinungen , wie sie die
praktische Landwirthschaft darbietet, giebt es kaum einen
andern Anhaltepunkt.
So geben gewisse Bodenarten. noch eine reichliche Roggen-
ernte, während sie für den Anbau des Weizens, es sei denn
nach einer sehr reichlichen Düngung, unbrauchbar sind. Die
Roggenernte enthält aber wesentlich dieselben elementaren
10*
2 u
Bestandtheile und dieselbon Verbindungen in: fast: gleicher
Quantität, wie die Weizenernte; man sollte daher glauben,
dass da, wo der Roggen diese Stofle sieh in. hinreichender
Menge aneignen konnte, auch der Weizen dazu befähigt sein
müsste. Die Erfahrung hat jedoch gelehrt, dass es nicht 'ge-
schieht; es scheint, als ob der Weizen nur dann gedeihen
könnte, wenn die Nahrungsmittel ihm in einer ‚konzentrirteren
Lösung dargeboten würden. Aehnliche Ursachen scheinen die
Veranlassung zu sein, dass die gelbe Lupine auf dem dürr-
sten Sandboden, wo kein Hälmchen Gras gedeiht, noch reich-
lich Nahrung findet, : weshalb man in neuerer Zeit‘ solchen
Boden durch den Anbau der Lupinen, die nachher unterge-
pflügt werden, für die Kultur anderer Gewächse bef:higt.
Aber: nicht allein der Gehalt der Lösung an wirklichen
Nahrungsmitteln ist von Wichtigkeit, sondern auch solcher
Stoffe, durch deren Gegenwart die andern erst löslich werden;
Die kohlensauren und phosphorsauren Erden sind in reinem
Wasser uulöslich; es müssen Ammoniaksalze, Kohlensäure
und Schwefelsäure vorhanden sein, welche jene Erden löslich
machen. Die Menge der Schwefelsäure, welche als eigent-
liches Nahrungsmittel dient, ist sehr gering, desto grösser ihr
Einfluss gerade auf die phosphorsauren Salze.
Eine in jeder Beziehung brauchbare Bestimmung der
Nahrungsmittel eines Bodens ist ausserordentlich schwierig;
deun wollte man die Ackererde auspressen, so würde man
unter allen Umständen nur einen Theil der Lösung erhalten,
und man könnte durchaus nicht bestimmen, ob die: ın der
Erde zurückgebliebene Lösung einen gleichen Grad der Kon-
zentration habe; es ist vielmehr -äusserst wahrscheinlich, dass
sie konzentrirter: ist. Zieht man aber die Ackererde mit 'ver-
dünnten Säuren aus, so erhält man die Stoffe nicht so, wie
sie im Boden enthalten sind, da die Säuren mehr oder we-
niger zersetzend auf die einzelnen Substanzen einwirken «und
sie'in ihrer Natur verändern. - Man‘ kann nur dureh eine Ver-
bindung einer ‚Reihe von Operationen. zu einem einigermasseil
entscheidendem Resultat gelangen. Nie dar! man bei diesen
— 1MI —
Bestimmungen vergessen, den wirklichen Wassergehalt der
Erden zu bestimmen, weil von demselben und der Menge der
löslichen Stoffe die Konzentration der Nahrungsmittellösung ab-
hängt. Denn wenn auch zwei Bodenarten gleich viel Nahrungs-
mittel enthalten, ‘der eine aber doppelt so viel Wasser als der
andere, so wird der eine in einer gleichen Menge Nahrungs-
Nlüssigkeit den Pflanzen immer nur die Hälfte der Nahrungs-
mittel zuführen können.
Für eine in jeder Beziehung gute Kultur ist es unum-
gänglich nothwendig, die (Quantität und Art der im Boden
enthaltenen Nahrungsmittel kennen zu lernen, weil danach der
‚Anbau der verschiedenen Kulturpflanzen sich zu richten hat.
Auf der andern Seite giebt uns diese Kenntniss die Mittel an
‚die Hand, die fehlenden Stoffe in der passendsten Form dem
Boden zuzuführen; andernfalls kann auch die reichlichste
Düngung ganz nutzlos sein, wenn sie nicht zufällig die man-
gelnden Substanzen dem Boden liefern kann. So kann man
einen sehr humusreichen Boden haben, der scheinbar alle Ei-
genschaften in sich vereinigt, eine reiche Ernte von Hülsen-
früchten zu tragen; nur ein Stoff, der Kalk, fehlt in der ge-
nügenden Menge, und alle Versuche, einen lohnenden Ertrag
zu erzielen, werden fehlschlagen, bis man den Mangel ent-
deckt und ihm abgeholfen hat. Ebenso wichtig ist es daher
auch für eine rationelle Landwirthschaft, genau die Stoffe zu
kennen, welche die einzelnen Kulturpflanzen in reichlicherer
Menge zu ihrem Gedeihen bedürfen, um sie assimiliren zu
können. So müssen z. B. in einem Boden, der Klee tragen
soll, mehr Kalisalze sein, als wenn man ihn mit Kartoffeln
bebanen wollte; denn die Kartoffeln vermögen einem Boden,
der für den Kleebau schon mit Kalisalzen gedüngt werden
muss, noch weit mehr Kali zu entziehen, als die Kleeernte
enthält.
» Wir haben weiter oben ausgeführt, dass man die. sicher-
sten Resultate erhalte, wenn man die im Boden wirklich vor-
handene Quantität Wasser, das sowohl selbst Nahrungsmittel
als auch Lösungsmittel für die’Salze ist, für jeden Fall: direkt
— WW. 1 9—
bestimme. Damit soll jedoch keineswegs gesagt sein, dass
"man die Kraft, mit welcher ein Boden das Wasser fest hält
oder es aus der Luft durch Verdichtung anzieht, vernachläs-
sigen und als gleichgültig betrachten dürfe. Ebenso wenig
darf man vergessen, die klimatischen Verhältnisse und die da-
durch bestimmte Menge der Niederschläge zu erforschen, da
von ihnen der durchschnittliche wirkliche Wassergehalt ohne
Frage bedingt ist. Es giebt für jede Pflanze und für jede
Bodenart offenbar zwei Grenzen der Feuchtigkeit, über die
hinaus die Pflanze nicht mehr gedeinen kann. Der Boden
darf weder zu viel noch zu wenig Wasser entbalten; in beiden
Fällen muss man sein Augenmerk darauf richten, dem Ueber.
fluss oder dem Mangel abzubelfen. Ein Zuviel tritt offenbar
in all: den Fällen ein für jede Kulturpflanze, wo der Acker so
mit Wasser durchtränkt ist, dass dadurch die atmosphärische
Luft am Zutritt verhindert ist.
Wie man nicht im Stande ist, in jedem beliebigen Appa-
rate aus dem rohen Zuckersaft den Zucker auf die möglichst
vortheilhafte Weise zu gewinnen, sondern genöthigt ist, den
Apparat so lange zu verbessern, bis dies erreicht wird, so
sind die wirklichen Nahrungsmittel allein noch nicht im Stande,
auf einem beliebigen Boden den grössten Ertrag zu liefern;
die Fruchtbarkeit eines Ackers hängt noch von: dem Zustande
und den Eigenschaften der übrigen Bestandtheile ab, des Ap-
parates, wie man sie nennen könnte. Abgesehen davon, dass
im Allgemeinen durch die Natur dieser Stoffe die Nahrungs-
mittel bedingt sind, sind sie es, die den Pflanzen den nö-
thigen Halt zu bieten haben, indem ihre Menge die Quantität
der Nahrungsmittel bei weitem: übertrifit. Der Boden muss
nicht nur einerseits in dem Masse zerkleinert sein, dass ihn
die Wurzeln und die Nahrungsmittellösung auf leichte Weise
durchdringen können, sondern er muss anderseits eine solche
Steifigkeit und einen solchen Zusammenhang besitzen, dass
die sich darin ausbreitenden Wurzeln insoweit befestigt wer-
den, um die Pflanzen gegen ein Umfallen und Niederstrecken
zu schützen, wenn sie irgend ‘ein Stoss, der: nicht zu mächtig
— 1 —
ist, trifft. Ein guter Ackerboden ist demnach derjenige, wel-
cher mit der nothwendigen Porosität die für die verschiedenen
Kulturpflanzen nöthige ‘Steifigkeit und Festigkeit verbindet:
Der Quarzsand stellt in allen Fällen ein mehr oder
weniger grobkörniges: Pulver dar, dessen Theile leicht gegen-
einander verschoben werden können; er hat dem Ackerbau
einerseits günstige, anderseits ungünstige Eigenschaften. Wegen
seiner Körnigkeit hat die Luft leichten Zutritt, das Wasser
kann sich ohne grosse Hindernisse darin vertheilen, die Strah-
len der Sonne erwärmen ihn leicht; Dünger und Humus ver-
wandeln‘ sich ‘mit Hülfe der-ungehindert zufliessenden Luft im
Sandboden schnell in Kohlensäure, Ammoniak und Wasser, in
wirkliche Nahrungsmittel; alles dies sind Eigenschaften, die
für‘ die Kultur in gewissem Grade nothwendig sind. Dagegen
hat der Sand eine geringe Anziehungskraft für Wasser und
die darin gelösten Stoffe; das ‘Wasser sinkt schnell in die
tiefern Schichten und der Sand tröcknet oben bald aus. Je
grobkörniger der Sand ist, desto weniger Wasser nimmt er
auf und desto schneller verliert er diese Menge; auch vermag
er durch Haarröhrchenanziehung das Wasser aus’ der Tiefe
weniger hoch zu heben. 'Nichtsdestoweniger kann es vor-
kommen, dass die Pflanzen ım feinern Sande mehr von der
Dürre leiden, weil’ der ‘darauf fallende Regen weniger tief
eindringt,, da die ‘grössere wasserhaltende Kraft das Wasser
in: den obern Schichten festhält. ' Ferner ist der Quarzsand
im: Allgemeinen sehr arm an nährenden Stoffen, da dieselben
bei seiner Entstehung wegen ihrer feinen 'Zertheilung später-
vom Wasser abgesetzt wurden, als der Sand; ausserdem wird
er noch fort und .fort ‘durch die atmosphärischen Nieder-
schläge ausgewaschen. In letzterer Hinsicht ist der feinkör-
nige :Sand vortheilhafter, weil die löslichen Bestandtheile
viel langsamer entführt ‘werden. Man bedient sich daher des
feinkörnigen Sandes zum Reinigen des schmutzigen Wasser's
mittelst Filtration, wie denn z. B. in Berlin alles: Wasser,
welches die Wasserleitung aus der Spree in die Stadt führt,
vorher in gewaltigen Becken durch Sand gereinigt wird.
—. 12 —
Während ; die! ‚leichte Zersetzbarkeit des: Humus und: des:
Düngers im“Quarzsande ein: Vortheil: für die ‚Vegetation ist,
wenn ' man'nur ‘im: Stande: ist, ‚hinreichende Mengen: frischen!
Materiales ihm zuzuführen, ‚so. ist! doch, gerade - diese: Eigen-
schaft die Hauptursache der Unfruchtbarkeit des Sandhbodens;
weil: in ‘Folge, derselben : sich, nicht ein Kapital von Humus
ansanımeln ‚'kann,,. welches ‚den ‚Boden. kulturfähiger machen
würde. | |
Ist es nicht mit zu grossen. Kosten verknüpft, dem Ba
boden eine! grössere Menge Wasser zuzuführen, oder: ist seine
Lage der Art, dass. er aus. benachbarten Flüssen und: ‚Seen
durch Haarröhrchenanziehung reichlich‘ Wasser erhält. und
damit zugleich die im. Wasser gelösten nährenden Substanzen;
so , verliert er. viele.; seiner. nachtheiligen : Eigenschaften, und
solcher : Acker wird für. gewisse. Pflanzen sogar ein frucht-
barer genannt, werden können.
Ein. Hauptvortheil ‚der , grössern RER liegt : fürı
den Sandboden in’ dem: Umstande,, dass ‚die. Feuchtigkeit (die.
schnelle Zersetzung, des. Humus und: des Düngers verzögert.
Dem: grössern. Wassergehalt hat es: mancher: :Sandboden ; in
der, Umgegend Berlins zu verdanken, ‚dass‘ er «kulturfähig ist,
wozu (freilich. noch kommt, dass: man» in‘ der ‚Nähe: einer so
grossen Stadt über reichliche Düngmittel ‚zu: verfügen: hat. An
den Ufern. der Flüsse, ‚Seen; und Teiche vermag sich ':oft: im
reinen : Sande ‚ein. vergleichsweise - üppiger. Pflanzenwuchs:: zu:
entwickeln, ‚wenn! sie ‚nur. vor: Wind: und. Wellenschlag ’ ge-
sehützt sind. Nach und. nach erzeugen hier die‘ Reste: abge-
storbener Pflanzen eine: ansehnliche Humusschicht, da das
Wasser die. ‚schnelle. Zersetzung verhindert.
Endlich, hätten: wir. noch als nachtheilige Eigenschaft des.
Sandes: zu erwähnen, dass er den Wurzeln ‚der Pflanzen nur
einen ‚geringen Halt bieten: kann ; es kommt sogar‘ nicht selten
vor, dass ein Wind die. ganze Pflanzendecke unter ‘dem: leicht:
beweglichen Sande begräbt. |
Vergleichen wir den: Thon mit dem Onasiiländih..a so. er-
giebt sich, dass »seine Eigenschaften‘ ‚denen » des’letztern“ ge-
— 13° —
radezu entgegengesetzt sind; so dass ihm die der Vegetation
günstigen Eigenschaften des Sandes fehlen, er dagegen’ die
Eigenschaften in hohem: Grade: besitzt, welche dem Sande
mangeln.': Der Thon besteht: aus sehr feinen Theilen , welche
in: die engen Poren das :Wasser mit grosser Begierde auf-
saugen, ohne. es: durchzulassen; in 'feuchtem Zustande haften
die ‚Theilchen sehr fest aneinander. Wegen ihrer Kleinheit
sind auch die Poren von geringer Ausdehnung, daher leicht
vollständig mit: Wasser angeful!t;: dadurch wird: der Zutritt
der Luft verhindert, und organische Reste, ‘welche dem Thon
beigemischt wurden, können sich: nur: äusserst langsam, nur
an. der Oberfläche in Kohlensäure und Ammoniak zersetzen,
also zu: wirklichen Nahrungsmitteln werden.
Während .der nasse Thon weich ist und leicht Eindrücke
annimmt, trocknet er. bei: anhaltend: trockener Witterung zu
einer: 'steinharten Masse: zusammen, von vielfachen Rissen und
Sprüngen. durchzogen.
Aus der: ‚Entstehungsgeschichte: des Thones ist uns be-
kannt, ‚dass 'er reich an.mineralischen Nahrungsmitteln, be-
sonders an: Kalisalzen ist,: und dass: sich Reste von Mineralien
in’ihm finden, durch deren allmälige Verwitterung jene Sub-
stanzen «immer: wieder ‘von Neuem 'erzeugt werden.
«So vortheilhaft ‚die angeführten Eigenschafen des Thones
für: die Kultur sind, so ist: dennoch reiner: Thonboden für
den. Ackerbau ganz untauglich. ‘Die Steifheit desselben ver-
hindert ‘das Eindringen der Wurzeln und erschwert die Be-
arbeitung behufs Unterbringung der Saat übermässig; und ist
die: Saat wirklich 'darinnen, so. haben die Keime nicht die
Kraft, die :zähe ‚Decke zu durchdringen. Bei nasser Witte-
rung verfaulen die Wurzeln‘, wogegen sie bei grosser Dürre,
wenn der Boden aufreisst, leicht mit zersprengt werden.
„Bei näherer Betrachtung : der erwähnten Uebelstände des
- Thones: und Sandes ergiebt sich der einfache Schluss, dass eine
Mengung beider die nachtheiligen Eigenschaften jedes einzelnen
mehr oder weniger aufheben muss. ‘Während der Sand den Thon
auflockert und-der Luft, dem Wasser und den Wurzeln das’ Ein-
— 154 —
dringen erleichtert, die Zersetzung des :Humus in Nahrungsmittel
befördert, vergrössert der Thon die wasserhaltende und wasser-
anziehende Kraft des Sandes, führt ihm mineralische Nahrungs-
mittel zu und verhindert das zu schnelle Verwesen der orga-
nischen Bestandtheile. Die Wirkung des Sandes hängt natür-
lich von seiner Körnung ab, ein grobkörniger wird offenbar
mehr verändernd auf die Konstitution eines Thonbodens wir-
ken, als ein feinkörniger. Im Allgemeinen lässt sich 'anneh-
men, dass ein Boden, der zur Hälfte aus Sand besteht, also
ein Lehmboden, für unsere Kulturpflanzen am geeignelsten ist.
Solche Bodenarten, ‘welche mehr als die Hälfte Thon‘ enthal-
ten, können zwar bis zu einer gewissen Grenze noch kultur-
fähig sein; aber die Eigenschaften des Thones werden’ bald
so überwiegend, verdecken die des Sandes so sehr, dass es
immer vortheilhafter: ist, einen Boden mit mehr als der Hälfte
Sand zu bebauen. Ein Boden, der auf neun Theile Quarz-'
sand nur einen Theil Thon enthält, ist in ‘der That immer
noch ‘ein fruchtbarer zu nennen. Der kohlensaure Kalk be-
sitzt theils die Eigenschaften des Quarzsandes, theils die ‘des
Thones, je‘ nach seiner ‘mechanischen Beschaffenheit ‚nach
seiner Körnung. Je feiner der Kalksand ist, desto "mehr
nähert er sich dem Thone; da er jedoch weniger zäh vist,
macht er-den Thon, wenn er ihm beigemengt wird, minder
bindend und feucht, ohne dass etwa reiner Mergelboden dem
Ackerbau sehr förderlich wäre. . Dem: Sande beigemengt, ver-
leiht er ihm die Eigenschaft, das Wasser fester zu halten und
mehr davon aus der Luft zu verdichten. Grobkörniger Kalk-
sand ist für sich noch weniger für den Ackerbau geeignet,
als Quarzsand, da er dessen ungünstige Eigenschaft, schnell
auszutrocknen, in noch höherm Grade besitzt... Seine Eigen-
schaft, als Gemengtheil anderer Bodenarten in seiner Lösung
ım kohlensäurehaltigen Wasser 'zersetzend auf die Mineralien
und: die Humussubstanzen zu: wirken, wollen wir an einer
andern Stelle noch näher in Betracht: ziehen.
Mitten inne zwischen dem Sand - und Thonboden RR
der Humusboden, der nach dem mehr oder weniger vorge-
— 155° —
schrittenen Zustande seiner Zersetzung und der Art seiner
Entstehung sich bald dem einen, bald dem andern mehr nä-
hert. Der Torfboden, welcher aus: wenig zersetzten Pilanzen-
stoffen besteht, trocknet bei dürrem Wetter wegen seiner
grossen Poren fast noch vollständiger: aus, als der Sand; da-
gegen ist er befähigt, aus der Luft nicht geringe Mengen
Wasserdampf zu verdichten, welche Eigenschaft dem Sande
ganz abgeht. Wie der Sand und noch leichter: wird ‚der Torf
vom Wasser vollständig ausgewaschen und so dır in ihm ent-
haltenen Nahrungsstoffe beraubt. Dagegen gleicht er dem
Thonboden darin, dass er wie dieser im Sommer sowohl als
im Winter bei anhaltender Trockenheit von Spalten und Rissen
durchsetzt wird. Ist der Humus weiter zersetzt, und besteht
er aus so kleinen Theilen, dass keine Pflanzenstruktur in dem-
selben zu erkennen ist, er also ein leichtes Pulver bildet, so
hat er unter allen Stoffen im ‘höchsten Grade: das Vermögen,
Wasserdampf aus der Luft zu verdichten; ‘das aufgesogene
Wasser nebst den Salzen kann ihm nur sehr schwierig und
ganz allmälig entzogen werden. Dies Vermögen besitzt er in
so hohem Grade, dass er in reinem Zustande für die Kultur-
pflanzen ungeeignet ist, wozu noch der Umstand kommt, dass
er wegen seiner spezifischen Leichtigkeit‘;den Wurzeln noch
weniger Anhalt zu geben vermag, als der. Sandboden.
Da durch die fortschreitende Zersetzung des Humus fort
und fort neue Nahrungsmittel erzeugt werden, so ist er ein
vortrefflicher Zusatz zum Sandboden; die: Lockerheit dieses
Gemenges macht es jedoch nur für einige wenige Pflanzen
geeignet, ‘die nur einer geringen: Stütze im Boden bedürfen.
Ganz anders verhält sich der Humus zum Thonboden, indem
durch seine Gegenwart ein Theil. des :nothwendigen Sandes
ersetzt werden kann. Wenn er nicht gar zu fein gepulvert
ist, so wird schon durch die Beimengung allein: der, Thon ge-
lockert; mehr geschieht dies aber noch durch die in Folge
der Zersetzung aus dem Humus 'entweichenden Luftarten,
welche sich gewaltsam einen Ausweg suchen; er: wirkt, wie
die entweichende Kohlensäure bei der Gährung des Brotteiges.
— 156 —
Ferner wirken die aus dem Humus frei werdenden Ammoniak-
salze und die Kohlensäure zersetzend: auf die im Thon: ent-
haltenen Mineralien. ‚die Feldspathreste und die Glimmerblätt-
chen; wodurch der Boden neue Mengen Jlöslicher Salze erhält.
Weil aber der Zutritt der Luft zu einem Gemenge von Humus
und Thon nur ein beschränkter ist, so findet die Verwesung
des Humus nur sehr langsam statt; es vermehrt sich die
Humusmenge eines solchen _Ackerbodens, statt sich zu ver-
mindern, weil nicht alle Stoppeln und aller Dünger zersetzt
werden.
Fassen wir daher noch einmal von einem allgemeinern
zesichtspunkte das einzeln Erwähnte zusammen, so ergiebt
sich, dass die Fruchtbarkeit und Kulturfähigkeit eines Bodens
dann am höchsten ist, wenn er aus einem passenden Gemenge
der genannten Erdarten besteht. Wir haben zugleich gesehen,
wie bis zu einem gewissen Punkte die einzelnen Stoffe einan-
der vertreten können, ‘wenn die andern Bedingungen, beson-
ders das Wasser, in einem günstigen Verhältnisse stehen.
Aber vergessen dürfen wir nicht, dass die Fruchtbarkeit eines
solchen Gemenges stets: durch die klimatischen Verhältnisse
mit’ bedingt ist. Ein thonreicher Boden, der in einem feuch-
ten Klima‘ oder ‘durch andere Umstände zu nass ist, kann
in einer wärmern und 'minder feuchten Gegend ganz ausser-
ordentlich‘ fruchtbar sein, ‚wie anderseits ein Sandbodeu unter
günstigen Verhältnissen, namentlich 'wenn'ihm reichlich. Wasser
zu Gebote steht, hier fruchtbar sein kann, dort dagegen, bei
einem trocknen und heissen Klima, : unbenutzt bleiben muss-
Uebrigens lässt sich als ziemlich ausgemacht annehmen, dass
ein Lehmboden in den meisten Fällen am fruchtbarsten sein
wird, ‘da er alle Eigenschaften der übrigen Bodenarten in
einem gewissen Grade in sich vereinigt.
Wir haben am Eingange dieses Kapitels darauf hinge-
wiesen, 'wie bei den verschiedenen Kulturpflanzen oft gar ver-
schiedene Bedingungen der Fruchtbarkeit an den Boden ge-
stellt werden müssen; wir wollen in Folgendem die haupt-
sächlichsten etwas näher besprechen.
— 457 —
Unter: allen Kulturpflanzen haben für uns. die. Getreide-
arten die ‚grösste Bedeutung, nächstdem die Kartoffeln, Rüben
und Hülsenfrüchte. Im Allgemeinen wird ein Lehmboden, in
welchem ein Theil des Sandes oder auch des Thones durch
Humus oder Kalk ersetzt sein kann, imıner am vortheilhafte-
sten für die Kultur der Körnerfrüchte sein. Humus und Kalk
dürfen nicht ganz fehlen, letzterer um so weniger, als er in
die Pflanzensubstanz mit eingeht; wichtig ist auch ein ge-
wisser Reichthum an Phosphorverbindungen und: schwelfel-
sauren Salzen. ‘Von allen. Getreidearten ist der Weizen am
empfindlichsten, man: könnte sagen am begehrlichsten; er
scheint einen gewissen Gehalt an Thon im:Boden nicht 'ent-
behren zu können; doch haben wir Weizenfelder im: Vogesen-
sande gesehen, :wo der Thongehalt ‘sehr gering 'war. . Dem
Weizen am nächsten steht die Gerste, und selbst der Hafer
liebt: einen nicht zu thonarmen: Boden. Am genügsamsten
ist der Roggen, der mit jedem Boden fast vorlieb nimmt;
wir haben ihn in allen Bodenarten mehr oder weniger üppig
gesehen, wenn nur die übrigen Bedingungen seines Gedeihens
erfüllt waren. Doch gedeiht auch er in einem Lehmboden
am besten, am wenigsten sagt ihm grobkörniger Mergel zu.
Den Kartoffeln ist ein reicher Thonboden nicht vortheilhaft;
die Knollen : werden zwar sehr gross, besonders in humus-
reichen, aber sie enthalten wenig Stärkemehl und werden un-
schmackhaft. ‘Am zuträglichsten ist ihnen ein lockerer, leich-
ter Lehmboden; bekanni ist, dass im ai Sande x ganz
vorzügliche Kartoffeln gedeihen.
Die Hülsenfrüchte, als Linsen, Bohnen und Erbsen, lieben
einen’ kalkreichen Lehmboden, den 'auch die Kleearten jedem
andern vorziehen, unter ihnen besonders die Esparsetie,, ‚die
geradezu nur auf einem eigentlichen rar der. Quarz-
sand enthält, gut geräth. | 119
Für die: verschiedenen 'Rübenarten . ist um ae ‚ein
sehr thonreicher Boden nicht vortheilhaft, weil er der'Ausdeh-
nung der Wurzel ‘einen zu grossen: mechanischen: Widerstand
leistet; » im Allgemeinen darf der Boden nicht zu sehr‘ dem
— 158 —
Austrocknen ausgesetzt sein. Ein grosser Ueberschuss an lös-
lichen Alkalisalzen ist besonders der Zuckerrübe nachtheilig,
da sie selbst aus einem salzarmen Boden grosse Mengen sich
aneignet, ein zu grosser Alkaligehalt aber die Gewinnung des
Zuckers erschwert.
Die Kohlarten und die Oelfrüchte lieben einen reichen
Lehmboden, doch begnügt sich der Raps auch mit einem
ärmern.
Endlich: giebt‘ es noch ‘einige Kulturpflanzen, wie .-.die
gelbe Lupine und der Buchweizen,, ‚denen ein .etwas höherer
Thongehalt sogar nachtheilig ist; der ihnen am vortheilhafteste
Boden ist der Sandboden. ‘Während in: der reichen Magde-
burger: Gegend, ‘wo: nur ‘selten ‘einmal: Buchweizen gebaut
wird, die Pflanzen niedrig und dürftig bleiben, entwickeln ‘sie
sich in nicht zu trocknen Jahren in der Altmark: ganz vor-
trefflich, wo kaum eine: andere Pflanze mit Vortheil ‘gebaut
werden kann.
Erinnern wollen wir hier noch einmal, dass mit der Be-
zeichnung „Sandboden “, „Thonboden“, nie eine einzelne Ei-
genschaft gemeint ist, dass vielmehr durch den vorwiegenden
Gehalt einer der genannten Substanzen eine ganze Summe
von: Erscheinungen bedingt wird, die in ihrer Vereinigung den
Boden zu einem fruchtbaren oder unfruchtbaren machen.
Stellen wir uns nun die Frage, welche Bedingungen 'er-
füllt sein müssen, um den’ Werth eines Ackers zu bestimmen?
Kennt man ‘durch längere Beobachtungen die klimatischen
Verhältnisse und die dadurch bedingten Niederschläge, so wie
die Vertheilung des Wassers in Flüssen, Seen und Quellen,
so’ muss man sich eine möglichst genaue Kenntniss der im
Boden enthaltenen löslichen Nahrungsmittel : zu verschaffen
suchen ‚ohne‘ die zur Zeit noch wunlöslichen Stoffe ganz zu
vernachlässigen, da sie ein Kapital für spätere Zeiten bilden.
Ferner ist es nöthig, den Zustand der Zerkleinerung der
Ackerkrume und die Fähigkeit, Feuchtigkeit und Wärme aus
der Luft aufzunehmen, genau zu erforschen. Sind diese Be-
dingungen alle erfüllt, ‚so kann man mit ziemlicher Sicherheit
— 159 —
ein Urtheil über die Fruchtbarkeit eines Ackers fällen, natür-
lich immer mit Rücksicht auf bestimmte Kulturpflanzen. So
lange dies nicht möglich, muss man die Beurtheilung Land-
wirthen überlassen, die in der Gegend zu Hause sind; ganz
falsch ist es aber, zu glauben, dass Jemand, weil er Land-
wirth ist, schon im Stande sei, jeden Acker richtig zu beur-
theilen; er kann dies nur in der Gegend, wo er zu Hause
ist und neben den Aeckern aufgewachsen, die er beurtheilen
soll. In einer fremden Gegend wird das Urtheil des prakti-
schen Landmannes .oft gar schi.f ausfallen.
Viertes Kapitel,
Von der Bodenverbesserung oder Melioration.
Der Ackerbau hat nicht allein die Aufgabe, Pflanzen über-
haupt zu erzeugen; es sollen vielmehr möglichst viele Pflanzen
der für ihre Verwendung besten Art, also Pflanzen von be-
stimmten Eigenschaften auf die vortheilhafteste Weise erzeugt
werden. Je mehr die Bevölkerung eines Landstriches zu-
nimmt, desto mehr steigern sich die Bedürfnisse, desto höhere
Anforderungen müssen an den Ackerbau gestellt werden. So
lange die Bevölkerung dünn ist, wird man nur die besten
Bodenarten bebauen; vermehrt sie sich, so muss man nicht
nur den geringern Boden auch kultiviren, sondern man wird
darauf denken, durch Verbesserungen aus der gleichen Fläche
mehr Früchte zu erzielen. Bei diesen Verbesserungen handelt
es sich vor allen Dingen um den Kostenpunkt, und bevor
man die Melioration eines schlechten Bodens beginnt, ist die
Frage zu prüfen, ob man nicht mit geringern Kosten die zu
gewinnenden Produkte aus andern Gegenden beziehen kann.
Sehr oft wird man jedoch finden, dass schon ein geringer
Kostenaufwand hinreicht, um einem undankbaren Boden die
Eigenschaften zu ertheilen, die ihn in einen recht tragfähigen
— 161 —
verwandeln. ' Wie sich durch. den: Fortschritt der. Naturwissen-
schaften. und: der ‚mechanischen Gewerbe; . unsere. Hülfsmittel
immer: mehr und. mehr. vervollkommnen, wird es.auch immer
mehr möglich, werden, bisher, unbenutzten oder. wenig. erträg-
lichen, Boden ;,in brauchbaren und: fruchtbaren ‚zu ‚verwandeln,
und auf;,diese Weise das. Gespenst der Uebervölkerung, das in
vielen. Köpfen | spukt, ‚zu .verscheuchen; es. wird. .dies um so
nothwendiger ‚'.je höher. das .Bedürfniss nach 'Pflanzenstofien
steigt. Denn wie man in einem Gefäss von bestimmter Grösse
auf einmal. nur’ eine. begrenzte ‚Menge von ‚Fleisch ‚kochen
kann, um es. geniessbar zu. machen, so kann auch. ‚auf ‚einer
begrenzten ‚Bodenfläche auf einmal nur‘ eine. ‚bestimmte Menge
von, Stoffen, ein: Maximum, in organische, Materie. verwandelt
werden, in ‚Pflanzensubstanz ;, die. Art..der. ‚Pflanzen. und. das
Klima bedingen dieses: Maximum eben. so. sehr; 'als ‘die Be-
schaffenheit ‚des: Bodens. Es ist. daher. die ‘Aufgabe, die ‚kultur-
fähige Fläche zu vergrössern. Auf der. andern Seite. kann:-man
durch Verbesserung der Apparate dennoch. auf.einmal in gleich
grossen: Gefässen mehr produziren;. eben so kann man dureh
Verbesserung des Bodens die Tragfähigkeit desselben erhöhen.
Die ‚Eigenthümlichkeiten der Pflanzen können wir ‚sehr
wenig, die des Klimas gar nicht verändern, und es. bleibt: uns
nur der. Boden ‚übrig, auf: den wir: unsere Thätigkeit ‚zu: rich-
ten haben, sei es, dass wir ihm Nahrungsmittel zuführen, sei
es,. dass wir, ihn dauernd verändern ‚durch Eingreifen ‚in die
Konstitution desselben, In dieser Beziehung unterscheidet sich
der Ackerbau durchaus nicht von andern technischen Gewerben!
In frühern Zeiten presste man durch Walzen. den Zuckersaft
aus dem Zuckerrohr und verlor dabei einen grossen Theil des
Saftes; den erhaltenen Saft kochte man in oflenen Gefässen
über freiem Feuer ein, und wiederum ergab sich ein nicht un-
bedeutender Verlust. Jetzt kocht man den Salt, den man mit
hydraulischen Pressen gewonnen hat, in; Vacuumpfannen ein,
so. dass es sogar. möglich geworden ist, ‚aus viel: zuckerärmern
Pflanzen, den Rüben, den Zucker. zu gewinnen ‚und mit dem
Filly, Ernährungsverhältnisse, 11
—- WR
Kolonialzucker zu konkurriren, weil’ wir den Vortheil der bes-
sern Apparate voraus haben. So muss auch der Landwirth
seinen Apparat, das ist’'der Acker,’ verbessern, wodurch''es
ihm möglich wird, oft‘ mehr aus seinem ärmern Boden und
in einem’ ungünstigern Klima zu erzielen, als ein ‘Anderer aus
reichem: Boden bei fruchtbarem Klima, wenn er' nicht ein
Gleiches thut. Nicht immer ist der grössere Erfolg da,’ wo
die grössern Hülfsmittel sind, sondern sehr oft da, wo' In-
ielligenz den Mangel ersetzt. Izislr
Die Arbeiten, welche auf eine dauernde Verbesserung des
Bodens gerichtet sind, insoweit sie sich also nicht auf eine
Zufuhr von Nahrungsmitteln erstrecken, welche immer wieder-
holt werden muss, pflegt man Meliorationsarbeiten zu nennen;
die hauptsächlichsten derselben 'wollen wir hier näher betrach-
ten. Die Meliorationsarbeiten haben unter allen ‘Umständen
den Zweck, dem Boden einen fehlenden Gemengtheil zuzu-
führen oder einen ihm nachtheiligen zu entfernen.
Die einfachste und Jedem von selbst einleuchtende Verl
besserung besteht darin, grössere Trümmer von Gesteinen aus
dem Boden zu entfernen, indem diese einerseits den Beacke-
rungsarbeiten hinderlich sind, anderseits den Wurzeln’ nicht
gestatten, sich nach allen Seiten frei auszubreiten. Hier hilft
immer nur ein Auslesen’ mit der Hand, und es bedarf diese
Art der Verbesserung keiner weitern Betrachtung.
Unter allen Bestandtheilen des Ackerbodens veranlasst
das Wasser die häufigsten Meliorationen, indem es bald im
Uebermass vorhanden ist, bald mehr oder weniger mangelt;
wir wollen daher diese Arbeiten zunächst einer Betrachtung
unterziehen.
Entwässerung und Bewässerung.
Die nachtheiligen Folgen des Wassermangels sind zu ein-
leuchtend, um eine weitläufigere Besprechung zu erfordern;
denn wo kein Wasser vorhanden ist, können die im Boden
enthaltenen nährenden Substanzen nicht gelöst werden; da
=. Mm
die Pflanzen aber nur gelöste Stoffe aufnehmen, so kann beı
'vollständigem Wassermangel von einer Pflanzendecke selbst-
verständlich keine Rede sein; wo aber auch kein absoluter
Wassermangel herrscht, sondern ‘die Wassermenge nur eine
geringe ist, muss die Vegetation aus Mangel an Nahrung eine
dürftige bleiben, weil den Pflanzen nur wenig Nahrungsflüs-
sigkeit zugeführt wird; es geht dann den Pflanzen , wie dem
‘Menschen, der bei mangelhafter Nahrung bald verfällt. Der
Wassermangel ist aber häufig eine Folge des schlechten Bo-
dens, und alle Mittel, welche dazu dienen, den Boden zu
verbessern, tragen mittelbar zur Vergrösserung der wasserhal-
tenden Kraft, zur Vermehrung des Wassers bei, wie umgekehrt
eine Zufuhr von Wasser einen grossen Theil der schlechten Ei-
genschaften eines Bodens minder nachtheilig machen kann.
Im Allgemeinen wird in Europa der Boden, mit Aus-
nahme der Wiesen, nicht direkt bewässert, während dies in
einigen Theilen China’s im grossen Massstabe ausgeführt wird,
weil die Kulturpflanzen der Chinesen, der Reis, eine Bewäs-
serung verlangen; auch. die Zuckerrohrplantagen werden viel-
fach bewässert.
Wo das Land gegen die benachbarten Seen und Flüsse
nicht zu hoch liegt, lässt sich oft schon durch wenige Gräben,
wenn anders das Gemenge des Bodens so beschaffen ist, dass
es kapillarisch wirken kann, eine recht vortheilhafte Bewäs-
serung herstellen. Hat man elementare Kräfte, z. B. Wasser-
gefälle zur Verfügung, sc lassen sich diese mitunter recht
vortheilhaft zur Bewässerung benutzen, und wir glauben, dass
hier noch viel für den Ackerbau geschehen kann. In den
meisten Fällen jedoch sind die klimatischen Verhältnisse die
Ursache eines in gewissen Jahreszeiten eintretenden Wasser.
mangels. Gegenden, die früher reich und fruchibar waren.
'haben mit der fortschreitenden Entwaldung ihre frühere Frucht-
barkeit mehr oder weniger eingebüsst. Die Waldungen er-
zeugen durch die grosse Verdunstungsoberfläche eine stärkere
Abkühlung; wenn nun mit Wasserdampf geschwängerte Luft-
Pi".
— :164 —
‚ströme die. Wälder: treffen, ‚so müssen sie in‘ Folge der Ab-
kühlung einen. Theil des Wassers. abgeben; ‚auf. der andern
Seite vermindern die. Waldungen,,, indem sie, die Winde, bre-
chen, .die .austrocknende Kraft ‚derselben, _Wo aber ‚die Wal-
dungen ausgerottet sind, da streichen die Lüfte ungehindert
über die Landschaft hin, ohne von ihrem Wasserreiehthum
abzugeben und die Felder zu befruchten; die trocknen ‚Winde
befördern die Verdunstung und entwässern den: Boden noch
mehr. Diesen Nabhtheilen lässt sich auf verschiedene Weise
bis zu ‘einem gewissen Grade abhelfen: Die Gemeinden und
Staaten sollten darauf sehen, dass die Wälder nur mit: der
grössten Vorsicht niedergelegt werden; ‚denn ‚nicht immer, ist
eine für den Ackerbau gewonnene Fläche, ein wirklieher. Ge-
winn für die Produktionsfähigkeit einer Gegend; was an, Fläche
gewonnen wird, kann an Fruchtbarkeit verloren gehen: Wo
die Entwaldung schon zu weit gediehen ‚ist, sollte man wieder
die Hügel bewalden. Im Einzelnen lässt sich viel: dadurch
erreichen, dass man: in den Feldmarken Hecken: anpflanzt.
Diese halten die Luftströmungen in der Nähe des Bodens auf
und vermindern so die Verdunstung, so dass dem Boden mit
dem Wasser zugleich die Wärme erhalten wird, welche zur
Verdunstung verbraucht würde; denn es ist eine bekannte
Erscheinung, dass die Verdunstung um so schneller von Statten
geht, je heftiger die Windströmungen sind. Man. erkältet ‚sich
in der Zugluft nicht um deswillen, weil, man etwa von. kalter
Luft getroffen wurde, ‚sondern weil die Zugluft die Ausdün-
stung unserer Haut befördert; bei jeder Verdunstung wird aber
durch den Dampf Wärme gebunden, die in diesem Falle un-
serem Körper entzogen werden muss.
Es ist selbstverständlich, dass man die Hecken so anzu-
legen hat, dass die herrschenden Winde rechtwinklig auf die-
selben treffen. Weil aber in unsern Gegenden die Ost- und
Westwinde ‚vorherrschen, so müssen die Hecken die Richtung
von Nordwest nach Südost. haben. Nicht zu verkennen ist
allerdings, dass die Hecken einige Nachtheile haben, indem
sie das Feld beschatten und im Frühjahr der Schnee in deren
— 165 —
Nähe etwas länger liegen bleibt; ‘duch sind diese Nachtheile
im Ganzen unerhebiich.
Endlich sei hier noch des Einflusses Erwähnung gethan,
welchen der Dünger auf den Wassergehalt des Bodens hat;
er ist wie der Humus unter allen Substanzen am meisten be-
fähigt, Wasserdampf aus der Luft zu verdichten, und kann so
eine Quelle des Wassers für den Boden werden. Ein humus-
reicher, gut gedüngter Boden hat weniger von der Dürre zu
leiden. ON
Die Nachtheile des zu grossen Wassergehaltes eines Bo-
dens beruhen im Wesentlichen darauf, dass das Wasser den
Zutritt der Luft verhindert. Dadurch wird die Zersetzung der
Humusbestandtheile eine solche, dass Stoffe entstehen, welche
nicht nur nicht als Nahrungsmittel dienen können , sondern
welche sogar auf die meisten Kulturpflanzen wie Gifte wirken;
dagegen rufen sie eine Vegetation hervor, die der Sumpf-
pflanzen, unter welcher die Kulturpflanzen ebenfalls zu Grunde
gehen müssen.
Es handelt sich hier zunächst um die Ursachen, durch
welche dem Boden zu viel Wasser zugeführt oder erhalten‘
wird, indem sich nach der Art derselben auch die Abhülfe zu
richten hat. Wird das Wasser einzig und allein durch eine
zu starke Haarröhrenanziehung in dem Boden festgehalten, sv
kann man es nicht unmittelbar entfernen; man muss auf Um-
wegen zum Ziel zu kommen suchen. Ist ein Boden sehr fein
vertheilt und besteht aus solchen "Substanzen, welche das
Wasser stark anziehen und mit grosser Hartnäckigkeit fest-
halten, wie Thon und Humus, so kann der Wassergehalt unter’
Umständen leicht zu gross werden. Hier lässt sich kaum
etwas Anderes thun, als den Boden mit Quarzsand oder grobem
Kalksand zu mengen, wodurch die Verdunstung vermehrt, die
wasserhaltende Kraft vermindert wird; ein sorgfältiges "Auf-
lockern wird ebenfalls von günstigem Erfolge sein; auch kann
die später zu betrachtende Drainirung, wenigstens in den
nassen Jahreszeiten, beitragen, einen Theil des Wassers ab-
zuleiten. |
—. ib —
Bei weiten. in., den ‚meisten Fällen ‚hat die zu . grosse
Wassermenge eines Ackers ihre Ursachen in den. Lagerungs-
verhältnissen der Bodenschichten, wo. sich die überschüssigen
Wässer oft unmittelbar durch oflene Gräben oder Drainröhren
ableiten lassen. | |
Zum nähern Verständniss wollen wir die am häufigsten
vorkommenden Lagerungsverhältnisse etwas genauer: be-
trachten. ’
Nehmen wir an, der Acker habe zu oberst eine Schicht,
welche das Wasser leicht durchlässt; unter‘ dieser ‚aber be-
finde sich. ein muldenförmiges Thonlager, welches .das.. Wasser
aufhält. Fig. 18 Tafel II möge das eben Gesagte veranschau-
lichen, indem « die 'durchlassende Schicht, 5 die Thonschicht:
bezeichnet. Alles Wasser, welches durch Regen. oder Schnee
aus der Atmosphäre, aus Quellen oder höher gelegenen Was-,
seransammlungen durch Druck in dies Becken gelangt, wird,
sich . darin ansammeln und das Becken ausfüllen, wenn die,
Verdunstung nicht gross. genug ist, eine äquivalente, Menge
zu entfernen. Liegt die Thonschicht nicht zu tief und: befindet
sich unter ihr wieder Sand, von wo aus ein Abfluss möglıch,
ist, so. ist das, einfachste und am wenigsten kostspielige Mit-
tel, die Schicht Thon an verschiedenen. Stellen mit Röhren
zu durchsetzen, so dass das Wasser durch. die Löcher in..den
unten befindlichen Sand entweichen kann. ‚Natürlich ‚müssen
diese Oeffnungen an, den. tiefern Stellen der Mulde. ange-
bracht werden. ’ |
Befindet sich aber unter der „zweiten -Sandschicht, ein;
dem. obern ähnlich gebildetes Tlıonlager, so können die. Löcher
Nichts nützen, indem sich auch die untere Sandschicht bald)
voll saugen, würde. In diesem Falle muss man. Gräben. au-
legen, welche den aufgebogenen Rand. der 'Thonmulde‘, durch-
brechen; es; ist. selbstverständlich, dass die Gräben so. zu
ziehen sind, dass sie ein Gefäll haben. ' Versieht man die
Gräben mit Schleusen, so kann man damit, den ‚Wasserabfluss
reguliren. Bei einem sehr durchlassenden” Boden kann. die
Zahl dieser Kanäle beschränkt sein, und oft wird ein einziger
— 167° —
genügen, wenn.er ‚nur so, gezogen ist, dass der Boden sich
allseitig. zu’ ihm hinneigt,..., Bei einem Boden von grösserer
wasserhaltender. Kraft ist ‘es nothwendig, verschiedene schmale
Quergräben nach dem Hauptkanal zu führen. Was die. Tiele
der anzulegenden. Gräben betrifft, so wird sie da am gering-
sten sein müssen, wo: der aufliegende Boden sehr leicht durch-
lässt, weil anders die Austrocknung bald zu weit getrieben
werden könnte. Als Regel kann man annehmen, dass eine
Tiefe von zwei bis. fünf Fuss für, alle Fälle ausreicht.
Wenn ein Ackerland am Fusse einer Erhebung liegt und
bier entspringende Quellen keinen andern Ausweg haben, als
in den durchlassenden Boden desselben, weil unterhalb eine
Thonschicht sich befindet, die horizontal liegt, so ist es oft
möglich, die Quellen am Fusse der Erhebung, von woher sie
kommen, durch einen. tiefen Graben abzuleiten; im Nothfall
verlettet. man die Wand des Grabens an: der Seite, wo der
Acker liegt.
Liegt endlich die Oberfläche nur wenig höher als der
Spiegel der nächsten Wasseransammlungen in Flüssen oder
Teichen, so nützen Gräben nur wenig, da sie allein das durch
Regen oder Schnee auf den Boden gelangende Wasser aul-
nehmen können. Hier ist nur eine Erhöhung des Bodens er-
spriesslich. Wo dies jedoch nicht durch Abfahren nahe ge-
legener Hügel ausführbar ist, kanu man noch auf die Weise
einen Theil des Bodens verwerthen, dass man gewölbte Beeie
aufwirft, indem man theilweise vertieft.
Eine andere Annahme ist die, dass die obere Schicht
aus-Lehm oder Thon bestehe, welche Erdarten das Wasser,
das in Form von Regen und Schnee auf sie fällt, nur lang-
sam aufsaugen.:: Auf solchen Aeckern bilden sich nach jedem
Regen Tümpel, in denen das Wasser tagelang steht, wenn
sonst ‚auch der. Boden Gefälle hat. In diesem Falle ist es
die erste Aufgabe, das Land beim Beackern möglichst sorg-
fällig zu ebenen und an der tiefsten Stelle flache Gräben au-
zulegen, in welche das überschüssige Wasser abfliessen kann.
Bei grössern Grundstücken hat man einen Hauptgraben nöthig,
— 168 —
in welchen die Nebengräben münden; seine Breite und Tiefe
ist durch die’ Menge des’ Wassers und durch die Neigung des
Gefälles bedingt. Je fetter ein solcher Boden ist, um so
grösser muss die Zahl der Gräben‘ werden; 'ein 'zu starkes
Austrocknen kann hier kaum eintreten, weshalb 'män'
den Hauptgraben unbedenklich vertiefen’ katin. 2
Es ist selbstverständlich , dass durch die Anlegung offe-
ner Gräben "in ‘den’ Aekern die Oberfläche, welche bebaut
werden kann, nicht unbedeutend vermindert wird,‘ und zwar
um so mehr, je’ grösser die Zahl’ der Gräben ist; ausserdem
ist aber noch die Wirkung derselben ‘oft eine sehr mängel-
hafte. In gebirgigen: Gegenden, wo ‘die’ Ackerflächen "schon
an und für sich sehr beschränkt sind, tritt dieser Uebelständ
bei nothwendiger: Entwässerung um 'so bedeutender hervor.
Daher haben die ’Landleute in solchen Gegenden schönin
frühern Zeiten mit Feldsteinen in ihren 'Aeckern unterirdische
Kanäle erbaut, versteht sich ohne Mörtel. Dadurch sind’ ih
Innern des Erdreichs grössere Hohlräume erzeugt, die das
Wasser bequem ableiten können, wenn sie, "wo nothwendig,
mit 'Gefäll angelegt sind. An den Fugen, wo die Steine ’zu-
sammenstossen,, sickert das Wasser aus dem darüberliegenden
nassen Boden in die Kanäle, und es bewegt sich in ihnen,
dem Gesetz der Schwere folgend, um so leichter abwärts, als
der Bewegung kein Hinderniss im Wege steht, ‘wie dies bei
den engen Poren des Erdreichs der Fall ist! In der Graf-
schaft Glatz’ in Schlesien haben wir derartige Kanäle .
mein verbreitet gesehen.
Weil man aber nicht überall Ne RC TETTNEDARHE Ver-
fügung hat,: auch die Arbeit viel Zeitverlust verursacht, &o “ist
die Drainirung oder Entwässerung durch Thonröhren, wel-
che in neuerer ‘Zeit in der Ländwirthschaft eingeführt und
schon weit verbreitet’ ist, bei weitem allgemeiner‘ und auch
weniger kostspielig 'ausführbar. Die Drains oder 'Thonröhren
sind überall leicht zu haben, die Arbeit ist 'schheller abzu-
thun, und die einmal ausgeführte Melioration unterliegt weniger
häufigen Störungen. " Die Dräinirung kann "natürlich nur "da
— 169 —
von Nutzen sein, wo ein nicht zu geringes Gefälle: vorhanden
ist, weil in den Röhren wegen ihrer Enge eine bedeutende
Reibung stattfindet und dadurch der Wasserstrom aufgehalten
wird. Bei der Anwendung der Drains geht keine Oberfläche
verloren, weshalb ‘man sie in unbeschränkter Zahl anwenden
kann, so dass 'sie in Folge ihrer Menge‘ auf einem Boden noch
von 'Nutzen''sein ‘können, 'wo Gräben 'gar'keinen Erfolg haben.
Allerdings werden in ‘der Regel noch einige Gräben nöthig
sein, ‘welche im Frühjahr‘ das Schneewasser wegführen, da
beim schnellen Thauen ‘das Wasser nicht rasch genug durch
den’ Boden zu den Röhren gelangt. /
' Die Drains -sind ein bis zwei Fuss lange 'Thonröhren von
drei bis sechs Zoll lichter Weite /"theils mit einer Glasur 'ver-
sehen, theils ohne dieselbe. Man legt sie ohne Bindemittel
mit ihren offenen Enden aneinander, so dass sie unterirdi-
sche Kanäle bilden.‘ Indem das Wasser durch den hydrostati-
schen Druck’ nach unten gedrängt wird, trifft es auf ‘diese
Fugen; weil hier der geringste‘ Widerstand zu überwinden
ist, gelangt es in die Röhren, durch die‘es auf der geneigten
Sohle: leicht abfliesst. : Früher ‘wendete män' allgemein nur
unglasirte Röhren an, weil‘ man ‘glaubte, das’ Wasser dringe
hauptsächlich durch die Poren des gebranuten Thones. Die
Menge des so abgeleiteten Wassers würde jedoch sehr gering
sein, und Versuche haben gezeigt, dass man. mit fast eben so
grossem Vortheil glasirte Röhren anwenden kann, welche den
Vortheil der geringern Zerbrechlichkeit "haben.
Je tiefer man die Röhren legt,' desto weiter‘ lassen sich
die einzelnen Stränge ‘von ’einander entfernen, um einen glei-
chen Effekt zu erzielen; ‘doch: ist es nicht rathsam, zu tief
zu gehen, besonders bei schwerem 'Boden,, weil mit der Tiefe
der Widerstand offenbar steigt, ‘den das Wasser’ im Erdreich
findet. Im: Allgemeinen bringt‘ man ‘die Drains in’ einer Tiefe
von’ drei bis zehn Füssen ‘an, je’nachdem der Boden weniger
oder mehr im Stande ist,’ das Wasser‘ durchzulassen.
'" Fassen wir noch einmal in’ 'der Kürze zusammen, ' wo-
dureh der Wassergehalt eines Bodens verändert ‘werden kann,
— Mm —
so.',geschieht dies entweder ‚durch: eine, Veränderung ‚der Mi-
schungsverhältnisse der einzelnen Erdarten desselben ,, ‚oder
durch‘ Beschleunigung, respektive ‚Verzögerung der: Verdunstung;
oder durch unmittelbares. Zuführen und. Ableiten des Wassers,
Kein. Landwirth aber: sollte. die Nothwendigkeit. derartiger, Ar-
beiten zu gering achten, da'er. oft, durch Aufwenduug ‚geringer
Mittel: grosse Strecken unfrachtbaren . Landes ‚dem, ‚Ackerbau
gewinnea und dadurch seinen: Wohlstand. heben. kann. . Aller-
dings ‚erfordern diese ‚Arbeiten mitunter ein ‚grosses, Anlage-
kapital, und die Kreditverhältnisse sind leider ‚auf. dem platten
Lande noch ganz unentwickelt,,.. Stellt’ sich, ‚aber durch! eine
sorgfältige . Prüfung ‚aller. ‚Verhältnisse, heraus, ..‚dassı die Un-
kosten ‚unter allen Umständen ‚gedeckt werden, so sollte; man
die. Molioration nie unterlassen. Eben.;so..sehr wollen. wir
aber, vor. allen .‚unüberlegten Verbesserungsarbeiten, warnen,
denn nicht selten. verzehren: dieselben. ein ‚Kapital, .das ‚der
Boden nie zu verzinsen. vermag. Vor.allen Dingen ‚hüte man
sich. vor. Pfuschern ‘und; Charlatanen, ‚die in: ihrem eigenen
Interesse die Leute zu Unternehmungen zu ‚bewegen, ‚suchen;
von denen. sie keine Vorstellung. haben; sie versprechen goldne
Berge auch da, wo man: ohne, Vortheil. Berge ‘von Gold in
den Boden stecken. muss. G oih H
Melioratiönen durch Zufuhr von Erdarten.
Häufig kann ein ‚Acker. schon durch ‚eine. geringe‘ Zufuhr
von. Erdarten dauernd verbessert werden; ‚man ‚sollte. ‚daher
diese Arbeiten, selbst wenn ‚sie etwas kostspielig erschei-
nen, nicht versäumen, da der.-Acker ‚durch, dieselben, ‚un-
gleich der Düngung. Eigenschaften für. ewige, Zeiten, erhalten
kann, die seinen Werth'.bedeutend steigern.‘ Da übrigens die
Erdoberfläche, wie wir. in ‚einem frühern: Kapitel’ gesehen 'ha-
ben, :aus ‚Schichten besteht, ‚so ist es oft-möglich, sehon. durch
eine tiefere Bearbeitung die gewünschte ',Erdart, allmälig, ‚an
die. Oberfläche zu bringen. und mit der Ackerkrume zu ımen-
gen. : Wo dagegen die. gewünschten ‚Substanzen tiefer‘ liegen,
re
kann es vortheilhaft erscheinen, ‚sie an einzelnen: Stellen ‚aus-
graben! zu lassen; wenn'sie sich aber. gar micht.; oder zu tief
in. dem. zu: verbessernden Boden befinden, so müssen sie her-
beigefahren. werden. | |
"Wenn man. einen .bindigen, sehr zähen: Thonboden hatı
welcher: die Beackerung im höchsten Grade erschwert und für
die Kultur fast unbrauchbar ist, weil weder: die Pflanzenwur-
zeln, noch die atmosphärische Luft ‚und das ‚Wasser eindringen
können, so 'wird eine Zufuhr von. Sand, den Boden ungemein
verbessern und ihn bei hinreichender Menge in: einen äusserst
fruchtbaren verwandeln könnenz;; denn der: Quarzsand ist, wie
wir, oben sahen, eine nothwendige Bedingung ‚jedes; frucht-
baren. Ackerbodens. : Da der Sand nicht erst an: der Luft: zu
verwittern braucht, so,,kann. man. diese Arbeit. zu: jeder: Jahres-
zeit. ausführen, dans sa m
‚Mitunter'kommen: Bodenarten ‚vor, die aus einem: Ääussers®
feinen ‚Kalkschlamm bestehen, welcher ähnliche. Eigenschaften
wie; der, Thon ‚zeigt; auch hier wird eine Alcasuus mit: Sand
nur vortheilhaft wirken.
In beiden von.uns erwähnten Fällen kann.;man ‚den Sand
durch . Moder ersetzen; man darf jedoch zur. ‚Verbesserung
_ eines ‚sehr schweren, bindigen Bodens;. nicht ‚sehr- zersetzten
Moder anwenden, weil. dieser die wasseranziehende Kraft noch
verstärken ‚würde, statt, sie zu schwächen. Man ‚wählt hier
solche Torfmassen,, die möglichst zerfalien und. staubig sind,
sich daher leicht uud vollständig 'mit. dem Thon on
lassen. ;
Hat, man: einen. reinen Moorboden;..; so. Ist dich zwar,
ungleich dem. reinen ‚Thonboden, für die. Kultur gewisser- Ge-'
wächse einigermassen brauchbar.‘ Eine Zufuhr. von ;Sand ver-
bessert. ihn aber ausserordentlich, und ‚ist fast mühelos, . wenn
derselbe in. der. Nähe in genügender Menge; zu. . haben. ist.
Man bedeckt den Moor während des. Winters mit, einer einige
Zollihohen Sandschicht und kann: im. Frühjahr ‚in: diese Schicht
Hafer säen, ohne weitere Beackerungsarbeiten nöthig zu haben.
Bei, etwas. grösserer Nässe des. Moores wiederholt. man,..im,
— 11 —
nächsten Winter und Frühjahr dieselben Arbeiten‘; im folgen-
den Jahre kann’ man den ‘Boden alsdann ‘umackern ‚'‘da die:
Grasnarbe : unter dem'' Sande vergangen ist, und’ kann''nun
Wintergetreide säen. Bei noch grösserer Nässe” aber! muss
der. Moorboden zuvor entwässert werden, weil anders’ 'äuf dem
nassen: Sandboden: eine: Sumpfvegetation- von Binsen, 'Rietgrä-
sern ‘und »Schachtelhalmen ' sich bilden würde, wie 'sie' ‘dem’
Ackerbau Nichts weniger 'als vortheilbaft'ist. | |
Was die Zufuhr von’ Lehm betrifft, so bewirkt sie unter
allen Umständen‘ eine Verbesserung ‘des Sandbodens, und zwar
nach .zwei ‚Seiten hin.’ ‘Denn’ theils wird derselbe’ durch ''den
zugeführten Lehm’ bindiger und erhält eine grössere wasser-'
anziehende Kraft, kurz alle die Eigenschaften‘, welche‘ einen
Acker, insofern wir ihn nur 'als Werkzeug betrachten, 'frucht-
barer machen; theils enthält aber der Lehm selbst pflanzliche
Nahrungsmittel, die zwar noch nicht zersetzt sind, sich doch
aber mit: der Zeit durch‘ die Einwirkung der Luft und’ des
Düngers ‘zerlegen und: so mittelbar den’ Acker bereichern. In-"
dem der Lehm den Boden bindiger macht, kann die’ Luft"
minder‘ leicht in: ‘den ‚Boden: dringen, daher‘ wird ‚der 'dem-
selben beigemengte Dünger weniger schnell zersetzt, ‚wie dies’
in reinem Sandboden der Fall ist. Da auf ‘diese Weise von
den’ Nahrungsmitteln weniger verloren ‘geht, ‚kann man ‘den’
Lehm, abgesehen von seinem eigenen Gehalt von zur' Zeit‘
noch: nicht verwendbaren Nahrungsmitteln, einer ‘gewissen
Menge des Düngers gleich achten; man darf diese weniger‘
auf den Acker geben, um einen eben so grossen Ertrag zu‘
erzielen, als vorher mit mehr Dünger. Eine Zugabe von’ zehn
Prozent Lehm zu dem Sandboden kann oft einen Acker 'un-
gemein verbessern und ist bei ‘weitem ‘weniger 'kostspielig,
als eine jährlich sich wiederholende Düngung mit Guano und
andern Dimgstoffen, die man: oft mit grossen Kosten 'weit über’
das Meer 'herbeiholt, während im: Acker selbst’ das nöthige‘
Material vorhanden ist, ‘womit''man ihn ertragreicher machen‘
könnte. '' Leider ‘giebt ‘es gerade’ in der Landwirthschaft ' des
Vorurtheils und des Schlendrians noch so’ viel, wie’ kaum:
— 13 —
irgend: wo ;: gegen eine Verbesserung des Bodens ' durch’ Lehm
herrscht in einigen. Gegenden: eine wahrhafte Abneigung.
‚In :vielen ‚Fällen: lässt sich: in Folge 'der Lagerungsverhält-
nisse) ‚die erwähnte‘ Verbesserung schon durch Tiefpflügen oder
durch eine tiefe Bearbeitung ‘mit: dem ‘Spaten ausführen; un-
ter, andern Verhältnissen ‚muss man nn den Lehm‘ herbei-
fahren. | u
Unter keinen : Umständen ‚darf: man: den herbeigefahrenen
Lehm sofort : über den Acker ausbreiten oder ihn gar unter-
pflügen;, er muss vielmehr: auf ‚längere ’Zeit, am besten einen
Winter und dann: einen, Sommer hindurch in nicht zu grossen
Haufen ‚liegen bleiben.;: Wenn die Haufen mässig ‘gross sind,
können die atmosphärischen Wässer und die Luft eindringen
und die eingeschlossenen organischen Reste, wenn solche vor-
handen, zersetzen. Die auf diese Weise frei werdende Kohlen-
säure wirkt theils mechanisch auflockernd, theils chemisch
zersetzend.', Im; Winter gefriert : das; eingedrungene "Wasser,
und ‘die Ausdehnung des Eises unterstützt ı die Wirkung ‘der
eingeschlossenen ‚Gasarten; das Zerfallen des Lehmes wird: be-
schleunigt und die Mengung ‚desselben mit dem Sande 'erleich-
tert. Ist’der Lehm ‚mergelartig, d.h. enthält er Kalk, so ge-
schieht die Zerkrümelung. noch schneller; wo der: Kalk fehlt,
kann man ihn zum ‚Lehm geben. Die innige. Mengung' des
Lehmes‘ mit ‚dem ‚Sande ist die. Hauptbedingung für "einen
günstigen Erfolg; man muss zu diesem: Ende die passendsten
Ackergeräthschaften wählen.
Einen ganz vorzüglichen Nutzen gewährt es, wenn man
Lehm und Moder oder Dünger in Haufen ‚liegen :und sich zer-
setzen lässt und das erhaltene Produkt dem Boden beimengt.
Die Wirkung des Düngers besteht nicht allein in der mecha-
nischen Lockerung: des Lehmes, sondern auch dar in, dass die
dem Thon beigemengten Mineralien zum: Theil zersetzt: und
löslich gemacht werden.
Die Wirkung ‚des Moders auf ‚Sandboden ist'/im Allge-
meinen ‚der des Lehmes ähnlich. Auch den:Moder darf man
nicht sofort mit dem Sande :mengen wollen, weil er unzersetzt
‚ — 14 —
‚mitunter ‚eher: ‚nachtheilig' als vortheilhaft "wirkt. Er muss
vielmehr in: mässig (grossen: 'Haufen 'aufgeschülttet ; mit: Kalk
und ‚Asche gemengt und, wenn.es sein kann, 'von Zeit zu Zeit
mit, Jauche:' hegosssen” werdeni:'':Die so behandelten’ Haufen
haben. im‘ Innern eine ‘ziemlich gleich bleibende Feuchtigkeit
und ‚nehmen in'Folge ‚der'Gährung ‘eine 'höhere Temperatur
an, welche die vollständige Zersetzung ausserordentlich ''be-
schleunigt. Die ‚Beimengung: von: Kalk‘ ist nicht allein des-
wegen wichtig, weil derselbe die Zersetzung "befördert, sondern
auch um deswillen,, weil er: die: sauren ‘Humuskörper ans
und sie so für: die Pflanzen unschädlich macht.
An Orten, wo Möder und Lehm mit gleichem Kostenauf-
'wande herbeigeschafft :werden können ‚könnte man zweifelhaft
sein, ob. die:eine ‚oder die andere Substanz vortheilhafter zu
verwenden: sei? Fassen wir’ jedoch‘ die Wirkung ' derselben
ins'Auge, so ‚lässt sich. die Frage leicht entscheiden. 'Der Lehm
vergrössert: nicht »nur: die wasserhaltende Kraft des: ’Sandes,
‚sondern er macht: ihn ‘auch bindiger, verhindert somit den
allzuleiehten:Luftzutritt und giebt den Pflanzen 'einen 'grössern
Halt im ‚Boden; der Moder vergrössert zwar auch die 'wasser-
haltende' Kraft des:'Sandes, aber: er macht unter Umständen
die Ackerkrume‘ noch: lockerer ; "daher ist von vornherein die
Zufuhr‘; von: Lehm: der von Moder'' vorzuziehen. Am vortheil-
haftesten dürfte es übrigens sein, ein Gemenge beider‘ Sub-
stanzen anzuwenden, doch mit vorherrschendem Lehmgehalt.
Die Kalkung und Mergelung des Bodens wird häufig als
eine wahrhafte Düngung: des Bodens. betrachtet, weil ihre
Wirkung .so ausserordentlich in die Augen springt. Dennoch
geht man mit dieser Auffassung zu weit, da die hauptsäch-
lichsten Kulturpflanzen, : besonders die Getreidearten, eine aus-
serordentlich geringe Menge Kalk als Nahrung bedürfen und
sehon ein sehr kleiner Kalkgehalt im Boden eine gesättigle
Lösung giebt; denn der kohlensaure Kalk’ ist sehr schwer
löslich. Mittelbar ‘wird dagegen durch den Kalk die Menge
der im Boden befindlichen Nahrungsmittel vermehrt, und hier-
in ist seine eigentliche Wirksamkeit begründet. Wenn den
Pflanzen mehr Nahrungsmittel zugeführt werden, 'geschehe dies
atich indirekt" durch‘ Stoffe, die nicht selbst Nahrungsmittel
oder doch nur in beschränktem Masse sind, so haben sie
döch die Wirkung wirklich nährender- Snbstarizen. |
Der Kalk wirkt, 'wie wir schon'öfter hervorhoben, zer-
setzend auf''die dem Boden beigemengten’ Mineralien ein und
vermehrt ‘dadurch die Quantität der löslichen Salze, er macht
die Nahrungsmittellösung 'konzenrtrirter.: Dass ‘der Kalk diese
Wirkung hat, ist eine bewiesene Thatsache; man benutzt ihn
deshalb in den chemischen Laboratorien zur Aufschliessung
mancher Mineralien, d.h. zur: Löslichmachung. ' Aber - darin
allein besteht die Wirkung des Kalkes auf den Acker nicht,
weil er selbst Bodenarten auffallend-verbessert, die wenig oder
keine Mirieralien beigemengt enthalten. Sein‘ Nutzen besteht
auch darin, dass er die humosen Bestandtheile angreift, ihre
Verwesung beschleunigt "und die sauren Zersetzungsprodukte
bindet, welche nachtheilig auf die Kulturgewächse "einwirken
würden; um also sogenanntem sauren Boden seine schädlichen
Eigenschaften zu nehmen, hat 'man kein besseres und billi-
geres Mittel als die Kalkung.
Wer aber glaubt, durch Kalk den Dung ersetzen zu wol-
len, ist if‘ einem gewaltigen Irrthum befangen; der Kalk kann
nicht andere Nahrungsmittel ersetzen, er kann sie nur 'in
einen Zustand überführen , in welchem sie für die Pflanzen
geniessbar sind. Auf einem Boden, der weder Mineralien ent-
hält, noch Dung oder Humus, wird daher der Kalk ohne allen
Erfolg sein; ein Zuviel des Kalkes tritt da ein, wo er mehr
Stoffe löslich macht, als assimilirt werden; hier zerstört er
das Stammkapital des Ackers.
An einer andern Stelle haben wir schon erwähnt, dass
der kohlensaure Kalk den Boden insofern verbessern kann,
als er in Form eines grobkörnigen Sandes den Thonboden
auflockert, als feiner Staub den Sandboden bindiger macht
und wasserhaltender.
Der Mergel, der ein inniges Gemenge von Kalk mit Thon
oder Sand ist, wirkt theils wie der Kalk für sich, theils wie
— 1716 —
der Thon .oder: Sand; ;fürieinen Thonboden wählt. man,.daher
besser :Sandmergel,- für, einen Sandboden. dagegen Leim:
mergel. |
Bei der ‚Ausführung; den Kalkung - hedient,;ı man er am
zweckmässigsten des gebrannten Kalksteines' oder des gebrann-
ten. Mergelkalkes, den man entweder ‚in: Haufen. auf, dem Acker
durch die Einwirkung. der Luftfeuchtigkeit. oder. durch Benetzen
mit wenig! Wasser: zerfallen lässt. . Man erhält dann.einen feinen
Staub,.;den ‚man leicht. verstreuen. und ‚mit der ‚Ackerkrume
mengen kann. Zwar..ist ‚der kohlensaure. .Kalk., von: gleichem
Erfolge, ‚aber in weit, geringerm. Masse, ‘und: seiner Anwendung
steht: besonders ‘der. Umstand eier ‚dass 'iman. ihn nicht
leicht fein: zertheilen. kann.
Die: Wirkung; ‚des Bauschuttes ‚ist. ‚eine Kol des Kalk
gehaltes. T
Die MER ER der Kalkmilch, in te in Gasfahrihen
das-Gas gewaschen ist, ‚wirkt;noch dadurch vortheilhafter, dass
sie’ organische Stoffe enthält.
Wo. der Kalkstein fehlt, kann man. Muscheln, wie an dex
Seeküste, in gebranntem Zustande. ‚benutzen; auch‘, kalkiger
Pflanzen , wie der Chara. foetida, ‚bedient. man.sich,.die um
so wirksamer ist, da‘sie ‚neben den ‚organischen. Substanzen
noch -Phosphorsäure ‚, ‚Schwefelsäure, Yali ‚und Natron, ‚also
wirkliche Nahrungsmittel ‚enthält.
Fünftes Kapitel.
Von’ der. Düngung.
Nachdem wir uns ‘im vorigen Kapitel: mit den Arbeiten
beschäftigt haben, welche ausgeführt werden müssen, ‘soweit
sie die Verbesserung und’ vortheilhaftere Mischung derjenigen
Substanzen ‚betrifft, welche nicht eigentliche Nahrungsmittel
sind oder solche werden, sondern welche nur als Vermittler
der Pflanzenernährung, als Werkzeug der Produktion dienen,
ist unsere nächste Aufgabe die Herbeischaffüng und. Zuberei-
tung der: Nahrungsmittel, oder, um obigen Vergleich beizube-
halten, der Rohprodukte für die Fabrikation. Die Meliorations-
arbeiten im engern Sinne haben den Zweck, den Boden wo
möglich für alle Zeiten zu verändern .und zu verbessern; die
Düngung kann dies nur auf eine beschränkte Zeit.
Dünger nennt man nur diejenigen Stoffe, welche den
Acker an wirklichen 'Nahrungsstoffen bereichern, sei es, dass
diese schon‘ in löslicher‘ Form ‘in demselben enthalten sind,
daher von den Pflanzen sofort aufgenommen und verarbeitet
werden können, sei es, dass sie durch den Einfluss des at-
mosphärischen ' Sauerstoffs ‚der‘ Feuchtigkeit und der Wärme
Filly, Ernährungsverhältnisse, | 12
—. 18 —
in nicht gar langer Zeit aus den Bestandtheilen des Düngers
entstehen. Weil aber von den Pflanzen ausser den unorgani-
schen Salzen nur Kohlensäure, Ammoniak und Wasser aufge-
nommen und verarbeitet werden, so enthält der Dünger in
dem Augenblicke, wo er auf den Acker kommt, nur wenig
fertige Nahrungsmittel; es ist daher immer eine gewisse Zeit
nöthig, innerhalb welcher jene Veränderung und Zersetzung
des Düngers erfolgt.
Die Düngung eines Ackers kann zwei ganz verschiedene
Zwecke verfolgen, ‚und es ist in jedem;, Falle für den Land-
mann von der äussersten Wichtigkeit, sieh seines Zweckes
bewusst zu werden und demgemäss die nöthigen Materialien
zu wählen; ohne die richtige Wahl sind Verluste an Zeit und
Geld unvermeidlich. Fehlen einem Acker die Nahrungsmittel,
so müssen dieselben direkt herbeigeführt und auf dem Acker
vertheilt werden; alle übrigen Arbeiten sind sonst unnütz. Ist
dagegen die Ursache der Unfruchtbarkeit die, dass sich die
dem Boden beigemischten nährenden Substanzen: in. einem
solchen Zustande befinden, wie sie nicht aufgenommen. und
verarbeitet werden können, auch wenn sie: in reichlichster
Menge zu Gebote ‚stehen, so ist die Aufgabe gelöst, wenn man
solche Stoffe auf den Acker bringt, welche die Zersetzung und
Löslichmachung der vorhandenen Stoffe bewirken; als ein
solches Mittel haben wir den Kalk kennen gelernt. Man kann
daher sämmtliche Düngmittel in zwei Arten irennen; in sol-
che, welche selbst nährende Substanzen sind, und in solche,
welche nur die Lösung der Nahrungsmittel bedingen; in der
Wirklichkeit versehen die einzelnen, Substanzen bald diesen
bald jenen Dienst, meist beide zugleich. Die eigentliche Nah-
rungsmittel enthaltenden Düngerarten sind 'theils solche, die
alle die Stolle enthalten, welche die Pflanze zu ihrer Ernäh-
rung bedarf, theils solche, welche nur einen Theil der Dal
rungsmittel liefern.
In keinem Falle dürfte wohl ein Achen aller Nohreinges
mittel entbehren; dennoch kann ‚er unfruchtbar, d. h. nicht
im Stande sein, den Pflanzen («ie nöthigen Substanzen zur
a
Bildung von organischer Materie zu bieten. Die Ursache dieser
Erscheinung ist ohne Zweifel in dem Umstande zu suchen,
dass stets eine gewisse (Quantität nährender Stoffe im Ueber-
schuss vorhanden sein muss, wenn eine bestimmte (Quantität
organischer Substanz erzeugt werden soll; die Grösse dieses
Ueberschusses ist nicht für alle Pflanzen gleich, sie muss be-
deutender sein für Pflanzen, welche eine konzentrirtere Nah-
rungsmittellösung verlangen, um gedeihen zu können. Wenn
daher ein Acker Pflanzen ernähren soll, so muss ein Mini-
mum nährender Stoffe in ihm vorräthig sein; unter diesem
Minimum findet eine Vegetalion gar nicht statt, obgleich dies
Minimum ein Vielfaches der in einer Ernte enthaltenen Stoffe
sein kann und meist auch ist. Auf der andern Seite giebt es
aber auch ein Maximum von Nahrungsmitteln, über das hin-
aus die Vegetation eben so unmöglich ist; man sagt, der Bo-
den sei geil. In beiden Fällen tritt ein krankhafter Zustand
ein, ähnlich wie beim Menschen, wenn er zu wenig oder zu
viel geniesst.
Die Düngung hat demnach die Aufgabe, einem Acker die
Stoffe zuzuführen, welche ihm durch eine oder mehre Ernten
entzogen sind; doch kann sich dies, wie wir in der ersten
- Abtheilung weitläufig nächgewiesen haben, streng genommen,
nur auf die Salze und zum Theil auf das Ammoniak beziehen,
da die Kohlensäure und ein nicht unbedeutender Theil des
Ammoniaks aus der Atmosphäre bezogen werden. Werden
durch die Düngung dem Boden mehr Stoffe beigemischt, als
ihm durch die Ernte entzogen wurde, so kann sich seine
Fruchtbarkeit verhältnissmässig erhöhen, und er wird bei
sonst gleichen Umständen die erhöhte Ertragsfähigkeit beibe-
halten, so lange in demselben Verhältniss mit dem Dürger
Nahrungsmittel herbeigeschafft werden. Zu gleicher Zeit ver-
grüässert sich damit das stehende Kapital von Nahrungsmitteln,
welches im Boden bleibt, denn nicht ‚die ganze Mehrzufuhr
wird in organische Materie umgewandelt, abgesehen von den
grössern Verlusten durch die Verdunstung und das Auswaschen
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nährender Stoffe. _ Ueberhaupt wird die Vermehrung des Dün-
gers nur 'so lange vortheilhaft sein, selbst wenn sie noch unter
dem Maximum bleibt, als durch die grössere Produktion die
Mehrkosten der Düngung gedeckt werden.
Zur Zeit kennen wir noch kein Mittel, wissenschaftlich
die Frage zu entscheiden, wie niedrig der Düngungszustand
eines Ackers sein darf, ohne ganz unfähig zu werden, über-
haupt Pflanzen zu ernähren; eben so wenig, wie hoch 'er
höchstens sein darf, wenn die Fruchtbarkeit nicht abnehmen
soll. Alle’ Beobachtungen und Angaben, “die wir in dieser
Hinsicht ‚besitzen, sind ganz werthlos, weil sie nicht auf Mass
und Gewicht basirt sind; auch widersprechen sich die meisten
derselben. Nach unserm Dafürhalten lässt sich die Frage nur
in der Art zu einem einigermassen befriedigenden Abschluss
bringen, dass man auf Versuchsteldern , ‘die genau nach ihrer
Mischung, ihrem Wassergelalt und allem dem geprüft sind,
was von Einfluss auf die’ Vegetation ist, vieljährige Reihen
von Kulturversuchen anstellt.
Wenn man die Ertragsfähigkeit eines Bodens kennt, so
lässt sich durch Analysen und Versuche ziemlich ‘genau die
Menge der Dungmittel feststellen, welche nöthig ist, um ihn
‚auf einer gleichen Stufe der Fruchtbarkeit. zu erhalten‘, ‘oder
aber dieselbe zu erhöhen.
Kennt man nämlich genau die Menge der auf einem Acker
geernteten Pflanzen und ermittelt daraus die (Quantität der
Stoffe, welche durch diese Ernte dem Boden entzogen sind,
so hat man nur die entnommenen Salze in anderer Form dem
Boden wieder beizufügen, um ihn in einen ähnlichen Zustand zu
versetzen, wie er vorher :sich befand. Wir sagten soeben, dass
wir dem: Boden die Salze zuführen müssten , weil die übrigen
Bestandtheile, Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und 'Stick-
stoff zum bei weitem grössten Theile aus‘ der Atmosphäre
stammen. Insofern aber pflanzliche Reste durch ihren Kohlen-
stoffgehalt die physikalische Konstitution des Bodens verändern
und verbessern können, muss man allerdings darauf Rück-
sicht nehmen, sie zu erselzen. Im Thon- und Lehmboden
— 181 —
geht die Verwesunig dieser Substanzen nur langsam vor sich,
sie brauchen daher nur selten ersetzt zu werden, oder viel-
mehr, die bei der Ernte im Boden verbleibenden Reste und
Stoppeln sind in vielen Fällen mehr als ausreichend zur Er-
haltung ihres Bestandes; im Sandboden dagegen zerfallen die
humosen Substanzen sehr schnell, und die Zersetzungspro-
dukte werden leicht fortgeführt, weshalb sie hier häufig er-
setzt werden müssen, wenn anders die physikalische Be-
sehaffenheit sich nicht auf Kosten der Fruchtbarkeit ver-
ändern soll. | |
Was die Aufnahme des Stickstofls betrifft, so geschieht
diese stets unter der Form des Ammoniaks; da aber die Am-
moniaksalze nicht ganz so flüchtig sind, als die Kohlensäure
und das Wasser, so kann allerdings ihre Menge, wie sie durch
den Dünger in den Boden kommt, zur Erhöhung der Frucht-
barkeit bedeutend beitragen, 'theils als Nahrungsmittel, theils
aber durch ihre Eigenschaft, Salze löslich zu machen. Doch
erinnern wir daran, dass sie sich kaum einer Rechnung wer-
den unterwerfen lassen, da das kohlensaure Ammoniak beson-
ders sehr flüchtig ist. Am wenigsten Ammoniak "wird dem
Boden durch solche Pflanzen entzogen, welche den Boden hbe-
schatten und die Thauniederschläge vermehren; diese Wirkung
haben vor allen andern die Hülsenpflanzen, zu denen die ver-
schiedenen Kleearten gehören. Obgleich eine Kleeernte . weit
mehr Stickstoff enthält, als eine Weizenernte, so’ werden doch
dem Boden durch letztere bei weitem mehr Ammoniaksalze
genommen, theils dadurch, dass die Gräser weit weniger das
Thauen befördern, und somit weniger Ammoniaksalze aus der
Luft verdichtet werden, theils dadurch, ‘dass sie den Boden
nur unvollkommen beschatten, und so dem Verdunsten ‚des
kohlensauren Ammoniaks aus dem Boden weniger Hindernisse
bereiten.
Aber nicht allein durch die zu kultivirenden Pflanzen
wird die Menge der Ammoniak bildenden Stoffe, welche im
Dünger enthalten sein müssen, bedingt, sondern sie ist auch
abhängig von der Art des Bodens; da der Thon und Lehm
— 182 —
dem Eindringen der Luft und Wärme nicht günstig ist, so
können nur wenig Ammoniaksalze verdunstet werden, während
der leichte Sandboden diese Verflüchtigung ausserordentlich
befördert.
Aus den angestellten Betrachtungen lassen sich folgende
Schlüsse ziehen: Boden von gleichen Eigenschaften muss mit
mehr stickstoffhaltigen Materialien gedüngt werden, wenn man
Halmfrüchte anbauen will, als wenn man Blattpflanzen kul-
tivirt; auf der andern Seite verlangt der Thon- und Lehmbo-
den bei gleichen Kulturen weniger. Stickstoffdüngung, als der
leichte Sandboden.
Wenn wir vorhin sagten, dass man die Früchtbarkeit
eines Bodens auf derselben Stufe erhalten könne, wenn man
die mit der Ernte ihm entzogenen Stoffe mit dem Dünger er-
setze, so kann dies nur soweit Gültigkeit haben, als sie dem
Acker in löslicher Form beigemengt werden oder doch im
Verlaufe der Vegetation löslich werden. Da dies aber bei den
im Gebrauch stehenden Düngemitteln nicht ganz der Fall,
diese vielmehr stets einen Theil der Nahrungsmittel in einem
solchen Zustande enthalten, dass sie erst durch den Einfluss
der verschiedenen Agentien zersetzt werden müssen, so ist es
einleuchtend, dass die Ertragsfähigkeit, abgesehen von den
Witterungsverhältnissen, immerhin Schwankungen unterliegen
- wird, je nachdem jene Zersetzung und Verflüssigung schneller
oder langsamer erfolgt.
Aus bekannten Analysen und aus der Menge der ge-
ernteten Substanzen lässt sich die Quantität der dem Boden
entzogenen Salze durch eine einfache Multiplikation berech-
nen; es möge daher die Zusammensetzung der Aschen der
hauptsächlichsten Kulturpflanzen folgen, wie sie Schulz-
Fleeth mittheilt.
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— 18 —
Es ergiebt sich z. B. aus der Analyse des Kohles, dass
mit 100 Pfund Kohl dem Boden 10 Pfund Salze entzogen
werden; unter diesen Stoffen sind Kali, Natron, Kalk, Phos-
phorsäure und Schwefelsäure weit überwiegend. Will man
diesen Verlust vollkommen ersetzen, so darf man nur so oft
10 Pfund jener Substanzen, in demselben Verhältniss gemengt,
dem Boden “wieder einverleiben, so oft man -hundert Pfund
Kohl geerntet hat; da man aber wohl nie in der Lage sein
wird, mit den angeführten Stoffen in ganz gleichem Verhältniss
den Acker zu düngen, so hat man dahin zu trachten, dem
richtigen Verhältniss möglichst nahe zu kommen. |
An wenigsten von allen Stoffen sind im Boden- enthalten
Ammoniak, Phosphorsäure- und Kalisalze; ein Blick auf. die
mitgetheilten Analysen lehrt uns aber, dass gerade Kali” und
Phosphorsäure sich in der bedeutendsten Quantität in- den
Aschen der Kulturpflanzen finden, in den Getreidearten ,- den
“utterkräutern und den Hülsenfrüchten; dem hohen Phos-
phorsäuregehalt der -Aschen entspricht ein hoher Stickstoff-
gehalt in der organischen ‚Substanz. Viel Kali enthalten die
Kartoffeln und die Rüben. Es ist einleuchtend, dass ein Acker
an diesen Stolfen am schnellsten verarmen muss, weshalb sie
häufiger ersetzt werden müssen. Es kann demnach eine Dün-
gung mit Ammoniak, Phosphorsäure und Kalisalzen einer sol-
chen mit allen Stoffen .gleich wirken, wenn eben die andern
Stoffe noch vorhanden sind. In den- meisten Fällen ist dies
der Fall; es kommt jedoch auch vor, dass der Gehalt an
Kalk -und Magnesia in einem Boden so weit zurücktritt , dass
man für ihre Ersetzung zu sorgen.hat. Selbst: die Kieselsäure
steht oft für Halmfrüchte nicht in genügender Menge zur Ver-
fügung, besonders im Sandboden, da der Sand ganz unlös-
lich ist, während sich im Thonboden die Kieselsäure "wohl
immer in genügender Menge in der Bodenflüssigkeit löst. Man
muss daher auch für die Zufuhr dieses Stoffes sorgen, denn
jedes Nahrungsmittelist in der Menge, wie es von
der Pflanze aufgenommen und verarbeitet wird,
sleich unentbehrlich, und keines unter ihnen
— 189 —
hat eine grössere Wichtigkeit in dem Sinne, als
ob es andere ganzTfehlende Stoffe ersetzen könnte;
wo sich keine lösliche Kieselsäure findet, kann kein Getreide
wachsen, auch wenn alle übrigen Stoffe in reichlichster Menge
und in brauchbarster Form im'Böden gegenwärtig sind.
Selten kommen Bodenarten vor, wo ohne jede Düngung
die Fruchtbarkeit 'sich lange gleich bleibt, wo fort und fort
neue Mengen Pflanzensubstanz produzirt und damit’ immer
mehr Nahrungsmittel dem Ackerboden entzogen werden. "Diese
Erscheinung kann zwei'verschiedene Ursachen haben. Wenn
ein Boden, wie frischer Waldboden in den Flussniederungen,
eine tiefe Schicht von Nahrungsmitteln enthält, so genügt die
allmälıge Zersetzung derselben, auf lange Zeit hinaus reiche
Ernten zu tragen; ‚endlich muss doch: ein Zustand eintreten,
wo die Quantität jener Substanzen zu gering geworden, um
ohne Düngung ferner Pflanzen zu ernähren. Der Ackerbau in
Amerika, der sich noch im’ Zustande des Raubbaues befin-
det, wird auf diese Weise 'betrieben; Jahrhunderte lang hat
man auf frischem Boden, den’maı durch Niederbrennen des
Waldes gesäubert, reiche Erträge erzielt, his schliesslich die
Fruchtbarkeit so sehr abgenomiıen hat, dass man neue Strek-
ken Waldes vernichtete: '' Fährt 'man so fort, so dürfte in
nicht zu langer Zeit Amerika weite Wüsten darbieten, wo
ehedem die herrlichsten ' Wälder prangten. | |
Die andere Ursache der dauernden Fruchtbarkeit gewisser
Aecker ist das. Wasser, welches ihnen "durch Haarröhren-
änziehung zugeführt wird. Quellen und Flüsse führen grosse
Mengen nährender Stoffe in Lösung mit sich; "wen solche
Wasser einem leicht durchdringbaren' Boden "reichlich zuge-
führt werden, ohne ihn gerade zu nass zu machen, so kann
die Ertragsfähigkeit desselben sich unendlich Hände’ gleich
bleiben, ohne dass er gedüngt’ wird. Duch sind diese Ver-
hältnisse nur dem Anbau gewisser Pflanzen zuträglich, welche
im Stande sind, aus 'verdünnten Lösungen die nötlıiigen Stoffe
sich anzueignen. Am vortheilhaftesten ist eine derartige Be-
wässerung, wenn sie durch Quellen bewirkt wird, die‘ dicke
m
Gesteinsschichten durchsickert haben; je länger dieser Weg’
war, um so mehr konnten sie sich mit Salzen schwängern,
Die sogenannten Rieselwiesen verdanken ihre Fruchtbarkeit
zum Theil diesem Umstande; doch sind. die Berieselungs-
wässer ebenso oft dadurch wirksam, dass sie die sauren, für
die Vegetation nachtheiligen Humussubstanzen fortspülen.
Gehen wir nun zu den verschiedenen ‚Düngungsmitteln
über, so ist ohne Frage der Stalldünger unter allen das voll-
kommenste, da er alle zur Ernährung nothwendigen Stoffe
enthält; auch ist er insofern der wichtigste, als er die allge-
meinste Verwendung findet und vom Landwirth selber ge-
wonnen wird.
1) Der Stalldünger.
Bevor wir die Behandlung und: Verwendung des Stall-
düngers besprechen, dürfte es nicht überflüssig sein, ein Bild
seiner Zusammensetzung zu entwerfen; dies kann aber nicht
besser geschehen, als wenn wir ‚die Verarbeitung und Ver-
änderung, welche die Nahrungsmittel auf ihrem Durchgange
durch den thierischen Organismus erleiden, einer nähern Be-
trachtung unterziehen; wenn wir, mit andern Worten, seine
Entwickelungsgeschichte studiren.
Die Nahrungsmittel der Thiere sind theils stickstoffhaltige,
theils stickstofffreie; ‚keines von beiden allein ist genügend,
das thierische Leben auf die Dauer zu erhalten. Die. Nah-
rungsmittel haben sowohl den Zweck, den thierischen Körper
aufzubauen, wie auch als Brennmaterial für die Erhaltung der
Wärme zu dienen, wie endlich den Stoffwechsel zu unter-
halten. -
Nachdem die Nahrungsmittel mit den Zähnen mehr oder
weniger zerkleinert sind, gelangen sie mit Speichel getränki
in den Magen; der Speichel hat die Fähigkeit, das Stärke-
mehl löslich zu machen und es in Zucker zu verwandeln.
Man kann sich davon leicht überzeugen, wenn man steifen
Stärkekleister einige Minuten im: Munde behält; er wird all-
Mur
mälig dünnflüssig und schmeckt endlich süsslich. Auf der
Innenwand des Magens: befinden sich Drüsen, welche eine
nicht danz klare, stets saure Flüssigkeit von gelblicher Farhe
absondern; diese Flüssigkeit, der Magensaft, hat die Eigen-
schaft, Eiweiss, Fleisch, Käsestoff und Knorpel aufzulösen;
das saure Prinzip ist hauptsächlich Salzsäure, ausserdem auch
Milehsäure. Neben dieser chemischen Einwirkung, die die
Speisen von dem Magensaft erfahren, hat der Magen noch
eine mechanische Thätigkeit, indem er durch seine Bewegun-
gen die Speisen mengt und den Brei mit den verschiedenen
Säften aufs Innigste durchtränkt. Die auf diese Weise durch-
einander gearbeiteten, ziemlich löslich gewordenen Speisen
gelangen allmälig in den Zwölffingerdarm, in welchen am
obern Ende die Ausführungskanäle der Gallenblase und der
Bauchspeicheldrüse münden. Erstere führt dem Speisebrei die
Galle, letztere den pankreatischen Saft zu; die Galle besteht
besonders aus Natronsalzen, doch ist über ihre Wirkung auf
die Speisen noch. Nichts sicher bekannt, während der pan-
kreatische Saft das Geschäft des Speichels fortsetzt, Stärke-
mehl und ähnliche Stoffe in Zucker zu verwandeln. Der mit
diesen Säften gemischte Speisebrei tritt in den Dünndarm
über, auf dessen Innenfläche ‚Millionen kleiner Fäden oder
Zotten stehen. Diese saugen die löslich gewordenen Bestand-
theile der Nahrungsmittel auf, und führen sie in die soge-
nannten Lymphgefässe. Die noch übrigen festen Stoffe ge-
langen in den Blinddarm und von da in den Dickdarm, von
dem sie als feste Exkremente durch den Mastdarm aus dem
Körper entfernt werden. Diese Reste enthalten die unverdau-
lichen oder unverdauten Bestandtheile der Nahrungsmittel,
Farbstoffe, Salze, Galle und Gallenharz.
Die im Dünndarm von den Lymphgefässen aufgesogene
Flüssigkeit wird mit dem venüsen Blut vermischt durch die
rechte Herzkammer in die Lungen geführt. Hier wird die
Zusammensetzung des Blutes durch den eingeathmeten Sauer-
stoff insofern verändert, als ein Theil des Kohlenstofles zu
Kohlensäure verbrennt, welche zugleich mit Wasserdampf aus-
— 112 —
geathmet wird; in Folge jener Verbrennung wird die animali-
sche Wärme erzeugt, und man kann nicht mit Unrecht’ die
Lungen “einen Feuerherd nennen. Das aus den Lungen’ zu-
rückkehrende, heller ‘gefärbte Blut tritt in die linke Herz-
kammer, von wo es durch die Arterien bis in die äussersten
Theile ‘des Körpers gepresst wird.‘ ‘Die Arterien verzweigen
sich in: ganz’ feine Haarröhrchen, die jeden Körpertheil durch-
setzen; wo sie mit den venösen Gefässen zusammentreffen,
geht ‘das Blut in diese über, um ‘den Kreislauf von Neuem
zu.'beginnen. |
Indem ‘das arterielle‘ Blut diesen Kreislauf - vollbringt,
verändert es sich ‘durch Abgabe und Aufnahme von‘ Stoffen
fort und’ fort. Alle Theile des Körpers sind in einer ewigen
Wandlung, Neubildung‘ und Zersetzung begriffen; der Tod ist
das Aufhören dieser Wandlungen , die man’'mit dem Namen
des Stoffwechsels bezeichnet hat. Der‘ aufgenommene .Nah-
rungssaft wird so lange umgebildet,, bis er‘ selbst feste Be-
standtheile des Körpers und Flüssigkeiten, wie sie der’ 'thieri-
sche: Leib ‘braucht, “ausscheidet. Sind die Stoffe auf ‘diesem
Punkte angelangt, 'so beginnt 'sofort eine Rückbildung;' nach
verschiedenen Veränderungen zerfallen sie und werden wieder
aus dem Körper entfernt, ‚sei es, gelöst‘ im Wasser, sei es'in
Gasgestalt. Das Blut ‚ welches das Baumaterial herbeiführte,
führt auch das unbrauchbar gewordene wieder hinweg in die
Ausführungskanäle.
In bestimmten: Organen yonkiert das Blut Stoffe aus, -die
noch irgend eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen haben und
sich 'erst' bei diesem Geschäft zersetzen, bevor sie aus ‘dem
Körper ausgeschieden werden. Der Speichel, die Galle, der
pankreatische Saft sollen 'auf die noch unverdauten Nahrungs-
mittel verändernd einwirken, der männliche Same soll die
Fortpflanzung vermitteln, die Milch soll die’ Jungen ernähren.
Bei dem’ Durchgange des Blutes durch die Nieren wird 'der
Harn abgeschieden, und dieser gelangt durch die Harnleiter
schliesslich in die Harnblase, von wo er durch die betreflen-
den: Organe ausgeleert wird. Er enthält ‘besonders Stickstoft-
Sn:
verbindungen, Wasser und Salze, in krankhaftem Zustande
Zucker. Ausserdem sondert der Körper an seiner ganzen
Oberfläche hautartige Bestandtheile ab, durch die Drüsen den
Schweiss. Dieser besteht aus Wasser, Ameisensäure, Am-
moniak, Salzen’ und andern Stoffen; auch wird durch die
ganze Körperoberfläche Kohlensäure ausgehaucht.
Die Exkremente bestehen demnach aus den unverdauten
Stoffen und aus denjenigen, welche ihre Aufgabe im Körper
erfüllt haben, d. h. welche iin: Folge des Stoffwechsels ent-
fernt werden; sie würden daher bei völlig. ausgewachsenen
Thieren, die nicht mehr an Gewicht zunehmen, an Menge den
aufgenommenen Nahrungsmitteln gleich sein, wenn nicht auf
andern Wegen, durch Schweiss, Verdunstung und Athmen ein
Theil derselben verloren ginge; doch ist ihre Zusammensetzung
mehr oder weniger der der Nahrungsmittel entsprechend. Die
Grösse des Verlustes lässt sich sicher auf die Weise bestim-
men, dass man die Menge der erhaltenen Exkremente von der
Gesammtmenge der Nahrungsmittel abzieht.
Es erhielt eine Kuh innerhalb 24 Stunden an Nahrungs-
mitteln:
Kartoffeln . 30 Pfd.
ii: ee h; + ke
Trinkwasser . 120 „
Diese Stofle enthielten:
Kohlenstoff . 9,62 Pfd.
Wasserstoff . 1,19
Sauerstoff . 8,07 „
Stickstoff - . 0,40 „
Wasser .. . 144,13
ae a? 1,78,»
| ‚165,19 Pfd.
In. derselben: Zeit wurden ‘an ‚Koth, Harn und Milch ent-
leert 90,3 Pfd.; diese bestanden aus: |
.Filly, Ernährungsverhältnisse, | i 13
—
HEN 2: tocken 7 I, ‚feucht
‚Koth .... 56,82 Pid. 8,00 Pfd.
‘Harn ı 2.116,40 0.000: 1,92
Milch... 17,08, RER IE: BR
90,30 Pfad.‘ 12,22: Pfd.
Die Zusammensetzung dieser Substanzen war:
Kohlenstoff . . 5,20 Pfd.
Wasserstoff . 0,66 „
Sauerstoff . . 4,16 ,
"Stickstoff ' 2. 0,35 %
Sake m 218,
Wasser . . 278,09 °
90,30° SPid
: Da aber 165 Pfd. viert waren, so ‚wurden auf an-
dern Wegen 165 — 90,30, das ist 74,7 -Pfd. ausgeschieden;
es betrug die Absonderung durch Haut und Lungen 45,23
Prozent des ganzen: Futters. : Vergleichen wir ’ die‘ einzelnen
Bestandtheile, so; finden, wir, dass an. Kohlenstoff 54,05; Pro-
zent, an Wasserstoff 55,46, an Stickstoff 87,5, an Salzen
103,37, an Wasser endlich. 54,19 Prozent. der ‚aufgenomme-
nen Nahrungsmittel im Koth, Harn und in der Milch enthalten
waren; am höchsten sind der, Stickstoff und, die Salze darin
vertreten, und der Ueberschuss, der sich bei letzteren heraus-
stellt, ist auf Rechnung der im Trinkwasser aufgelöst gewe-
senen "Salze zu setzen. Durch die Haut und die Lungen wur-
den 4,42 Pfd. Kohlenstoff, ‘0,53 Pfd. Wasserstoff und 3,91 Pfd.
Sauerstoff zum grössten Theil in Form von Kohlensäure und
Wasser entfernt. Weil aber 4,42 Pid. Kohlenstoff 11,78 Pfd.
Sauerstoff und 0,53 Pld. Wasserstoff 4,24 Pfd. Sauerstoff zur
Bildung von Kohlensäure “ und. Wasser erfordern, so reichen
jene 3,91 Pfd., die mit ausgeschieden wurden, hierzu nicht
aus; es'Müssen demnachvan 42,11, Pid. Sauerstoff ee
worden sein. | ZultZEi
Die Menge der Exkremente Yin ausser durch das Futter,
bedingt durch die Bewegung des Thieres; "steht eim' solches
Br | NDEEE
im; Stall,,s6 wird sich‘ im Dung! und in: der: Milch mehr |von
dem‘FPutter finden‘, als wenn es als Zugthier benutzt wird.
Ferner ist sie verschieden ‘bei den verschiedenen Thieren;
am‘ wenigsten athmen die Schafe aus. Ob aätich die Art des
Futters von Einfluss auf das Ausathmen ist, kann noch ‘nicht
mit 'Bestimmtheit nachgewiesen werden; doch’ dürfte 'man dies
wohl‘ ‚annehmen; . da gewisse Nahrungsmittel‘ erfahrungsmässig
die '‘Schweissbildung befördern. Nächst -den‘ Salzen ist’ der
Stickstoff derjenige Stoff, welcher dureh Haut und Lungen in
geringster Menge ahesaehe wird; es sind nur 12° bis ie
Prozent. Gi | ap
-»Die'’'Summe aller ausgeschiedenen Stoffe wird noch 'dä-
durch: ‚sermindert‘,‘ dass das verzehrende Thier bei der Pro-
duktion von Fleisch, Fett, Wolle u. s. w. einen Theil der
Nahrungsmittel’ ablagert ; ‘doch ist dies Quäntum' verhältniss-
mässig sehr gering, am bedeutendsten bei Mastschweinen, die
sehr ‘schnell ‘an ‘Gewicht zunehmen. Im Allgemeinen erhäft
der Acker in den Exkrementen diejenigen Stoffe wieder, die
ihm ‘durch die Ernte entzogen sind; die Salze noch reich-
licher, da das Trinkwasser solche liefert. Weil aber der
Dünger im Verlaufe seiner Verwesung in Kohlensäure, Am-
moniak und "Wasser zerfällt, und‘ diese Verbindungen” zum
grössten Theil verdunstet' werden, so kommen sie nur theil-
weise ‘dem Acker unmittelbar zu Gute; wir haben schon in
der’ersten Abtheilung nachgewiesen, ‘wie die Pflanzen und der
Boden’ befähigt sein müssen, das Bedürfnis an nn Stoffen
aus der Luft zu befriedigen. a
» Zar Würdigung des Gehaltes än Salzen‘ wollen’ wir "Hier
einige Analysen des Harnes und der ‘Asche der festen Exkre-
mehte"der Hausthiere nach Schulz-Fleeth mittheilen.
13"
— 16 —
Die Zusammensetzung des Harnes war in 1000 Theilen vom
Schwein Pferd Rind
Barustall , 1auahaıdassoy al 4,90 31,00 18,48
Hippursaures Kali . . . — 4,74 16,51
Milchsaures Alkali . . . — 20,09 17,16
Kohlensaure Bittererde j 0,87 4,16 4,74,
u Kalkerde . . E— 10,82 0,55
Schwefelsaures Kali... .... 1,98 1,18 3,60.
Phosphorsaures „» . .... 1,02 am —_
Kochnalz cr. „a Hip an. 1,28 0,74 1,52
Kiselerds . SHCKEWii, . \ 0,07 1,01 _
Wasser... ii dot? sansbs9IHh4 910,76 921,32
989,46 984,50 983,88
Die Aschen der festen. Exkremente enthielten vom
Schwein Rind Schaf ... Pferd
Kieselerde . . . . 13,19 62,54 50,11 62,40
N 2,91 8,32 11,30
Naram: 07 SOnTer az 0,98 3,28 1,98.
Kochsalz . ».. . ...0,98 0,23 0,14 0,03
Phosphorsaures Eisen-
DEyAL 21075 I, 8,93 3,98 2,73
Kalkerde 7, 7293 5,71 18,15 4,63
Bittererde . . .. . .2,24 11,47 5,45 3,84
Phosphorsäure ... . 0,41 4,76 IsDRih nalıd
Schwefelsäure . .. 0,90 1,77 2,69 1,83
Kohlensäure . . . 0,60 — — 1, —
Manganoxydul . .:. — ol AN
Sand 12.41 -Jof arlas@ DT en any] —
99,22 99,30. 99,64: 99,80,
Do
— 197° —
Bei einem Menschen :waren enthalten in der Asche
des Harnes grkremente
Kalı 16,19 22,32
Natron 31,96 0,99
Kalkerde . 1,44, 21,35
Bittererde 1,31 10,70
Eisenoxyd Spur 2,08
Chlor 38,75 0,37
Schwefelsäure 2,50 1,11
Phosphorsäure 4,13 30,95
Kieselsäure 70,70 1,43
Kohlensäure . — 1,07
Unlöslichess . . — 6,25
96,98 99,62
Im Laufe eines Tages wurden von einem Menschen im
Harn 8,7, im Koth nur 1,4 Quentchen Salze ausgeschieden.
Werden denn aber auch alle diese, Stoffe ohne Verlust
dem: Acker, dem sie entnommen, wieder zugeführt? Wenn
man die Aufgabe der Landwirthschaft verfolgt, so findet sich,
dass nicht blos die Bevölkerung grosser Städte, sondern auch
diejenige des flachen Landes in ärmern Gegenden mit ihren
Produkten ernährt werden soll. Hieraus ergiebt sich schon,
wie wenig ein vollständiges Ersetzen der abgegebenen Stoffe
stattfinden kann. Alle in den Brotfrüchten, in der Wolle, der
Milch und im Fleisch enthaltenen Salze werden mit jenen Sub-
stanzen verkauft und weggeführt; nur diejenigen bleiben zu-
rück, welche in den auf dem Hofe selbst verbrauchten Stoffen
enthalten sind. Auch hier giebt es noch mancherlei Verluste,
die dann am geringsten sind, wenn man ‚eine vollständige
Stallfütterung eingeführt hat. Mit den oben genannten Sub-
stanzen werden hauptsächlich Kali, Phosphorsäure und Stick-
stoff dem: Acker entführt und zwar in weit höberem Masse,
als sie in den Stoffen 'zurückbleiben, welche als Streu und als
Viehfutter dienen, :Die Weizenkörner enthalten in 100 Theilen
— 198 —
ihrer Asche 23,18 Theile: Kali und 46,36. Phosphorsäure,
während in’ der‘ des Strohes: nur 0,68 Theile Kali und 5,05
Phosphorsäure ‚gefunden werden. Die Aecker müssen daher
immer mehr und mehr verarmen und zwar am, schnellsten an
Kali, Phosphorsäure und Stickstoff, wenn ‚man nicht ‘andere
Hulfsmittel besitzt, den Verlust zu decken. |
Wo sich gute Wiesen finden, ist dieser Ersatz unschwer
zu bewerkstelligen; indem. die Whasen reiche Ernten an Heu
produziren, das dem Vieh, verfüttert wird, werden jene Stoffe
nach dem Durchgange durch den ihiderecheh Körper dem Acker
einverleibt,, aber immer an Kali und Phosphorsäure verhält-
nissmässig mehr, als an Stickstoff. Aus diesem, Grunde ist
eine Lüchtige, Viehwirthschaft überall da unerlässliche Bedin-
gung für einen ‚guten Ackerbau, wo man nicht, wie in der
Nähe grosser Städte, billige Dungstoffe beziehen kann; über-
dies ist 'die Viehzucht auch 'üm deswillen wichtig, weil viele
Pflänzenstoffe "ohne eine’ sulche' gar 'nicht 'vortheilhaft "yer-
werthet werden könnten.
Wollte "man auf demselben Acker in "ununferbrochener
Folge Getreide anbauen, so würde'sein Ammoniäkgehalt ‚schtiell
abriehmen, wenn man nicht‘ Hülfsmittel besässe ) dies zu ver-
lindern‘; diese sind entweder käufliche, stickstöffreiche Dung-
stoffe, oder 'eihe rationelle Fruchtfolge, indem man abwech-
selnd 'mit'deh' Getreideärten solche" Pflanzen anbäut, Welche
wegen ihres Blattreichthums die Fähigkeit besitzen, die Feuch-
tigkeit der ‘Atmosphäre und damit’ das "Ammoniak derselben
zu "verdichten;;, sie‘ verhindern zugleich das Verdunsten ’der
Ammöniaksalze, weil sie ‘den Boden dicht beschätten. |
"Wenden wir uns zur Behafidlung und | Verwendung des
en
"ES liegt’in der’ Natur jeder Vorder Produktion, "dass
jede Arbeit ihre "bestimmte Zeit ‚hat und dass die’ zu verar-
beitenden Stoffe ‘sich! in dem Zustande befinden , wie sie‘ sich
am vortheilhäftesten verwenden lassen; dies’ gilt‘ auch von ‘der
Verwendung des Düngers. "Die ‘im Stall gewonnenen Dung-
stoffe können” nieht ünmittelbar nach ihrer! Erzeugung auf‘ den
Ber Dahn
Acker gebracht werden; ‚sie ‚sind längere Zeit aufzubewahren
und ‚erleiden mannichfache Nerändefungen;, bevor sie.» ver+
braucht werden. ;
Unter dem. Einfluss..der Wärme, der Feichtigkeit und
des Sauerstofls 'der. atmosphärischen: Luft wird der ' Dünger,
wie alle organischen. Stofle, zersetzt; am schnellsten verwesen
die. stickstoflhaltigen Bestanıltheile, ‚die die andern Stoffe, mit
in ‚die -Gährung, hineinreissen ‚und deren Fäulniss befördern!
Bei geringer Wärme, bei rollkommener Trockenheit: oder zu
grosser Nässe wird. die. Zersetzung ‚aufgehalten;' man 'kanıi
Dünger, frisch getrocknet, ‚lange. unverändert ‚aufbewahren.
Ist. der Feuchtigkeitszustand. ein ‚passender, so: steigert: 'sich
in. Folge ‚der. Verwesung, unabhängig vonder äussern. Tem-
peratur, die, Wärme, ‚wodurch die Fäulniss in einem bedeuten-
den Grade beschleunigt wird. Der: Pferdemist ‚hat deshalb. so
hitzige Eigenschaften, ‘weil er wegen der ‚feinen Zertheilung
sehr, schnell in.‚Verwesung übergeht... Diese: Verhältnisse darf
man bei der Behandlung und Aufbewahrung ‚des Düngers, nie
aus den. Augen verlieren, denn.’ auf ‚ihrer Regulirung beruht
der Nutzen, den. (ler Dünger. gewähren: kann.
‚Da die bei ‚dieser Zersetzung sich bildenden Produkte zum
Theil flüchtiger Natur sind, se ist auf. ihre Bindung das Haupt-
augenmerk zu richten; dies betrifft: jedoch nur. das Ammoniak;
Wasserdampf‘ und ‚Kohlensäure liefert die Luft ‘in. genügender
Menge... Es ‚könnte: daher. leicht die Frage 'aufgeworfen ‚wer;
den, ‚ob. es nicht vortheilhafter ‚wäre, den Dung. frisch, dem
Acker. beizumengen, ‚statt. ihn längere Zeit auf dem: Hofe ‚auf-
zubewahren ?
Auf,.diese ‚Frage. giebt es keine allgemein gültige Ant
wort; diese, wird‘ durch die Zwecke bedingt, welche ‚man
durch die Düngung ‚erreichen will. Der. frische Dünger ent-
hält ‚wenig fertig gebildete pflanzliche Nahrungsmittel, weil der
Stickstoff sich noch in Verbindungen befindet, die ‚von den
Pflanzen nicht aufgenonuimen werden ; ebenso ist es. mit einen,
Theile der Salze. ..Desto reicher. ist ‘der. frische ' Dünger. an
Humusbestandtheilen.. ‚Letzterer Umstand könnte zu der An-
— 200 —
nahme veranlassen, frischer Dung wäre besonders für solche
Bodenarten 'nützlich, welche, wie der'Sandboden, arm an Hu-
mus sind. Fassen wir aber die physikalische Beschaffenheit
des frischen Düngers ins Auge, besonders den Umstand, dass
er mit der Streu gemengt ist, so leuchtet ein, dass’ 'er die
nachtheiligen Eigenschaften des Sandes nur noch verschlim-
mert. Weil er durch seine Beschaffenheit den an sich schon
leichten Sand noch mehr auflockert, wird dieser noch viel
leichter und tiefer ausgetrocknet. Der obenauf liegende Dünger
bleibt aus Mangel an Feuchtigkeit ganz unzersetzt und kann
Nichts zur Fruchtbarkeit beitragen; der tiefer und feucht lie-
gende wird zwar verwesen, aber die flüchtigen Produkte kön-
nen aus dem aufgelockerten Boden leicht entweichen; beson-
ders das kohlensaure Ammoniak. Auf solchem Boden gewährt
daher der frische Dung den Pflanzen nur wenig nährende
Stoffe, und der Humusgehalt wird auch nicht vermehrt, weil
die Zersetzung eine zu stürmische ist, wie wir weiter oben
nachgewiesen haben.
Auf fettem Thon und Lehmboden kann dagegen eine An-
wendung des frischen Düngers ganz vortheilhaft sein, weil er
den Boden auflockert und seine Beackerung erleichtert; indem
er sich in solchem Boden nur langsam zersetzt, bereichert er
ihn an Humusbestandtheilen. | |
Bei’ der Verwesung des Düngers vermindert sich aller-
dings seine Quantität; aber bei richtiger Behandlung erstreckt
sich diese Verminderung nur auf unwichtige Stoffe, auf Kohlen-
säure und Wasser; ‘die Stickstoffverbindungen werden fast
ganz erhalten. Dagegen hat sich die Menge fertiger Nahrungs-
mittel, wie sie ‘die Pflanzen aufnehmen können, vermehrt;
seine Wirkung auf das Wachsthum ist daher schneller und
energischer. Wo es sich also darum handelt, den an ‘Nah-
rungsstoffen verarmten Boden fruchtbar zu machen, muss ohne
Zweifel zersetzter Dünger angewendet ‘werden. Dieser findet
demnach 'seine vortheilhafteste Verwendung 'auf' leichtem Sand-
boden, am besten mit''der Saat zugleich untergebracht, natür-
lich nur in dem Falle, dass er leicht vertheilt und mit’ dem
— 2001 —
Sande gemengt werden kann. Zu beachten ist jedoch, dass
die Verwesung leicht zu weit geführt werden kann; dies ist
stets dann der Fall, wenn der Dünger anfängt, stark nach
Ammoniak zu riechen, weil alsdann die Stofle sich zu ver-
mindern anfangen, welche bisher das Ammoniak banden; erst
im Boden darf dieser Zustand des Düngers eintreten.
Im innigen Zusammenhang mit den besprochenen Ver-
hältnissen steht die Frage, ob es vortheilhafter sei, alljährlich
zu‘ ‘düngen oder für eine Reihe von Ernten auf einmal?
Obgleich nun die Vertreter der letztern Ansicht die zahl-
reichern sind, so hat doch die andere, in neuerer Zeit beson-
ders, nicht minder Anhänger gefunden. In ihrer Starrheit
können wir keiner der beiden: Ansichten beitreten; man muss
sich stets nach den gegebenen Verhältnissen richten und diesen
sich anbequemen.
Hat man fast vollständig zersetzten Dünger anzuwenden,
so ist es offenbar am vortheilhaftesten, ihn alljährlich auf den
Acker zu bringen; denn einerseits würde der Verlust durch
Verdunstung sehr gross sein, wollte man für mehre Jahre auf
einmal düngen, anderseits würde die grosse Menge fertiger
Nahrungsmittel, ‘welche mit einer Düngung für mehre Jahre
auf den Acker gebracht werden müssen, nicht nur die erste
Frucht auf Kosten der spätern ungemein begünstigen, sondern
sie könnte sogar der Vegetation nachtheilig sein. Da aber
in den meisten Fällen der Dünger immer noch viele unzer-
setzte Nahrungsstoffe enthält, die sich nur allmälig zersetzen
und zu wirklichen Nahrungsmitteln 'umbilden, so dürfte im
Allgemeinen eine Düngung für mehre Jahre vortheilhafter sein,
besonders auf fettem Boden, wo die Verwesung nur langsam
fortschreitet, und deshalb nicht leicht ein Verlust droht. Doch
darf man den Zeitraum, für ’den man düngt, nicht zu sehr
ausdehnen, weil sonst Verluste unvermeidlich sind; nach allen
Erfahrungen hat sich eine Düngung für drei Jahre am vor-
theilhaftesten erwiesen. Bei dieser Art zu düngen darf man den
Umstand nicht ausser Acht lassen, die Fruchtfolge angemessen
zu vertheilen, zumal’ ohne Zweifel im ersten Jahre der Dün-
— 02 —
gung, ‚besonders bei 'zersetztem Düngenzi,die Pflanzen reich-
licher Nahrung finden, als’:in ‚den, folgenden: Jahrgängen. ; Auf
leichtem -Sandboden. bleibt: der. Erfolg einer periodischen Dün-
gung ‚mehr: ‚oder, weniger aveilelliafig ‚es ‚dürfte. besser ‚sein,
ihn, jährlich zu‘ düngen; | lan
Die verschiedenen Dungstolle, zen ıtällen htrahieie a in
Kohlensäure, Ammoniak und Wasser; ‚während ‚die ‚Salze sich
ausscheiden ; die. ‘Aufgabe. ‚des Landwirths ist, das Ammoniak
und die. Salze zu konserviren ‚.'zw! welchem Ende ihm: ver-
schiedene ‚Mittel zur Verfügung ‚stelien. ; Die Einstreu hat
neben: der. Aufgabe „. dem. Vieh ein! ‚reinliches Lager ‚zu be-
reiten, noch. den Zweck, ‚die Jauche «möglichst: vollständig auf
zusaugen und. die Zersetzung‘ zu reguliren ; ‚daneben sell .sie
die gleichmässige Vertbeilung .der Dungstoffe. vermitteln, ‚Wollte
man den Dünger ohne Streu aufbewahren, so.würde, die Zer-
setzung; bald eine so ‚stürmische. 'werden,. dass ‚sich :bei der
hohen Temperatur, ‘wie sie eine heftige ‚chemische. Thätigkeit
erzeugt ,. das ’Ammoniak zum‘ grössten. Theil: als .;kohlensaures
Salz ‚verflüchtigte. ; Bei. solehen Düngerarten ,‚\..die. ‚in. ‚Folge
ihrer: schmierigen- Beschaffenheit, wie' der Kubdünger, ‚sich zu
festen Massen zusammenbaällen, so dass. der ‚Zutritt des :Sauer-
stoffs verhindert:'wird,, hat: ‚die, Einstreui ‚die: entgegengesetzte
Aufgabe; sie soll den. Zutritt:.der Luft: und damit die Verwe+
sung erleichtern. Ausserdem. entstehen ‚aus ‚den- Einstreuma-
terialien humose Substanzen, welche!im; hohen, Masse die Ei-
genschaft haben, das: Ammoniak anzuziehen. Da. Thon diese
Eigenschaft mit : dein‘ Humus theilt, ‚so /kann' sandiger «Thon
recht gut: einen Tlieil: der Streu ersetzen. | al
Will:man den: besprochenen Einfluss der. Streu m mög-
lichst hohen Grade erreichen, ).'so: ist. eine 'innige ;Mengung
derselben ‘mit dem ‘Dünger «unumgänglich 'nothwendig;.; Das
einfachste: und beste Mittel: für: diesen Zweck wäre,, den. Dünger;
bis ‚zu seiner: Verwendung ‚unter den: Thieren selbst liegen zu
lassen« ı Durch ihre Bewegungen‘, würd ‚nicht ‚allein: ‚eine; voll
ständige Mengung. und: ein Feststampfen erreicht; sondern ‚es
können sich ‚auch. die Blüssigen Exkremente;. die, nach, den
-— 2103 —
mitgetheilten ‘Analysen besonders reich » an währenden: Sub-
stanzen sind, gleichmässig durch: die ganze Masse: vertheilen.
Aber. nicht, bei allen Thieren ist dies auszuführen; auch be-
darf man dazu ‚einer bedeutenden Menge Streumaterial. Stets
anwendbar ist, diese Methode beim Rindvieh und bei den
Schafen, Einen Theil der Streu kann man durch Anwendung
sandigen Lehmes und des Laubes ersparen, welche Stoffe noch
den Vortheil gewähren, dass man eine viel innigere Mengung
und’ 'eine' vollständige Aufsangung 'erreicht, wie dies bei Stroh
allein nie der Fall sein’ kann. 'Man>hat gegen die Aufbewah-
rung des Düngers in ‚den: Ställen oft eingewendet,, ‚sie-sei für
das Vieh ungesund;' doch: ist: man die Beweise schuldig. ge-
blieben. Wir haben in solchen Ställen, woman ‘genügend
Streu und Erde angewendet hatte, nie den Geruch nach Am-
moniak wahrgenommen; dagegen ist derselbe selbst in den
Ställen nicht ganz zu, vermeiden, wo der Dung täglich ent-
fernt wird. VE
: Wo die Aufbewahrung des Düngers unter dem Vieh
nicht ausführbar ist, wie. in Pferdeställen „ muss man Dung-
gruben an einem vor der Sonne und vor "hefligem Zugwind
geschützten Orte anlegen. Der Dünger in diesen Gruben muss
oben möglichst. geehnet und festgestampft werden; ein Regen-
dach ist alsdann kaum nöthig. _ Um die Jauche gut benutzen
zu können, ist es vortheilhaft, die Grube auszumauern oder
mit. Leiten auszuschlagen, damit dieselbe nicht nach unten
abfliessen kann. Die in Röhren ‚in eine vertiefte Stelle der
Grube geleitete Jauche muss mit einer Pumpe über den Mist
gleichmässig vertheilt werden, wie es. denn überhaupt vortheil-
hafter ist, die Jauche auf diese Weise zu benutzen , | ‚als sie
für sich allein auf den Acker zu bringen. ne | |
Sammeln sich grössere Mengen von Jauche an, so muss
man‘sie durch‘ Erde oder Möder; aufsaugen lassen, wodurch
ihre 'Verwesung gemässigt wirdy aber thöricht wäre: es, Kalk
in dieselbe zu bringen, 'da' dieser ihre Zersetzung noch be-
schleunigt und solche’ Produkte‘ erzeugt, die sich sehr leicht
verflüchtigen. Bei grosser Dürre muss der Misthaufen mit
— 204 —
einer schützenden Decke von Laub oder Erde’ versehen und
von Zeit zu Zeit angefeuchtet werden.
Wenn ‚die Jauche nicht in eine besondere Vertiefung durch
den geneigten Boden der Düngergrube geleitet wird, so hat
dies den Nachtheil, dass die Zersetzung nicht überall gleichen
Schritt hält, weil die Jauche in den untern Schichten des
Düngers er Zutritt der Luft verhindert.
Wird der Dünger auf die beschriebene Weise behandelt,
so findet. kein erheblicher Verlust statt; ‘die entweichende
Kohlensäure und der Wasserdampf ist ohne Bedeutung, weil
diese Nahrungsmittel von der Atmosphäre in genügender RCOED
geliefert werden. |
Hat man den Dünger auf den Acker gebracht, so ist es
nicht gleichzültig, wie man hier verfährt. Die erste und wich-
tigste Aufgabe ist, ihn möglichst gleichmässig zu vertheilen
und mit der Ackerkrume zu mengen, wenn die Wurzeln der
Pflanzen überall die nöthigen Stoffe zur Aufnahme finden sollen.
An dem Wachsthum der Pflanzen sieht man es einem Acker
sofort an, wenn der Dünger schlecht vertheilt ist; wo Dünger-
_ klumpen liegen, da ist die Vegetation eine üppige, oft sogar
geile; an Stellen dicht daneben sehen die Pflanzen sehr schwäch-
lich und kümmerlich aus. Die grösste Sorgfalt erheischt der
leichte sandige Boden, weil man hier am besten, wie wir nach-
gewiesen haben, schon ziemlich verwesten Dünger anwendet;
dieser ballt sich aber leicht zusammen und lässt sich nur
schwierig vertheilen. Man erleichtert die Anwendung, wenn
man ein Gemenge von Erde und Dünger bereitet. Dadurch
hat man noch den Vortheil, dass weniger Nahrungsstoffe ent-
weichen können. | a
Um das Fuhrlohn für die Erde zu sparen, legt man. die
Komposthaufen auf den Aeckern selbst an; um: den. Zutritt
des Wassers abzuhalten, deckt: man sie mit ‚Rasenstücken.
Erinnern‘ wollen wir nur, dass man nicht etwa ein. Fuder
u
Kompost einem Fuder Dünger gleich achten darf; man muss
so viel Kompost mehr anwenden, als dem Dünger Erde bei-
gemischt ist.
Man hat vielfach die Behauptung aufgestellt, dass der
Dünger einen Verlust erleide, wenn man ihn längere Zeit aus-
gebreitet auf dem Acker liegen lasse, und es ist viel für und
wider gestritten worden. Die Erfahrung scheint gegen diese
Annahme zu sprechen. Wird der Dünger in einer dünnen
Schicht ausgestreut, so trocknet er bald aus und kann wegen
mangelnder Feuchtigkeit nicht weiter zersetzt werden; da-
gegen bildet er eine schützende Decke gegen die Verdunstung
aus der Ackerkrume. Doch gilt dies nur für solchen Dünger,
dessen Zersetzung noch nicht weit fortgeschritten ist; sehr
zerfallener Dünger muss sofort untergepflügt werden.
Nachtheilig und mit Verlusten verknüpft ist, ‚aber das Ver-
fahren, den unvermischten Dünger in grössern Haufen lange
auf dem Acker liegen zu lassen, weil hier alle Bedingungen
einer leichten Zersetzung gegeben sind. Muss man den Dünger
auf dem Acker liegen lassen, so mische man ihn stets mit
Erde und scheue die Arbeit nicht, um Verluste zu ver-
meiden.
Endlich könnte noch die Frage aufgeworfen werden, der
Dünger welcher Thiere den Vorzug verdiene? Aus den von
uns gegebenen Andeutungen über die Entstehung des Düngers
geht hervor , dass seine Zusammensetzung von den Nahrungs-
mitteln’ abhängt. Da sich nun das Schwein in der Regel mit
dem geringsten Futter‘ begnügen muss, mit wenig Stickstoff
enthaltenden Substanzen, so ist offenbar der: Schweinemist vom
geringsten Werth; dazu kommt das schnelle Wachsthuni des
Schweines,. so dass im Dünger wenig Stoffe wieder ausge-
geben werden. Pferd und Schaf erhalten im’ Allgemeinen das
beste ‚Futter, es kann daher der von beiden: Thieren erhaltene
Dünger am reichsten an Pflanzennahrungsmitteln sein. ' Der
Dünger dieser Thiere zersetzt sich überdem wegen seiner
— 26 —
feinen :Zertheilung :selir..leicht'»und. äussert',somit ‚den kräftig+
sten Einfluss: auf das; Wachstkum.. Im.'Schafmist sind: die
flüssigen und festen Exkremente sehr innig gemengt. ‘Inder
Mitte steht der, Rindviehmist, der wegen seiner schmierigen,
klebrigen Natur .es besonders ‚nöthig. hat, mit andern Stoffen
gemengt zu, werden, wenn er anders ich im Acker Klumpen
bilden soll.
9); Die. Pondrette. DEYEER, TIEITIEY,
‚In gr ossen Städten „. wo, ‚viele, "Menschen oe woh-
nen, ‚werden , aus allen, Theilen, des ; Landes grosse Mengen
Ihierischer und pflanzlicher Produkte ‚verbraucht, die, zum
grossen Theil wieder. in die Exkremente übergehen. „Wäh-
rend diese so kostbaren Stotie auf dem flachen Lande und in
Landstädten ihre mehr ‘oder weniger vortheilhafte Verwerthung
finden, "bleiben' sie in den grken Städten 'noch meist‘ unbe
nutzt, und noch "heute müssen 'die Häüswirthe von Berlin so-
gar dafür zahlen, dass’ män’ihnen nur den Unrath aus dem
Hause holt." Die Hauptursache dieser Vergeudung’ der für den
Ackerbau so werthvollen Stoffe liegt in dem Umstande, dass
die menschlichen Exkremente nur schwierig auf weitere
Strecken transportirt werden ‚können; ‚es ist ‚daher die! Auf-
gabe der Industrie, diese Substanzen: in. eine solche Form zu
bringen, dass sie’ sich aufbewahren ‚und leicht wegführen las-
sen.i «Dies ist, denn aueh>im ‚neuerer. Zeit »geschiehen, ‚undiiies
sind | grosse: Fabriken. entstanden;;ı: welche (sich. jene‘ Aufgabe
gestellt 'haben;, und: welche ihre‘ Erzeugnisse unter«.dem Nas
men Poudrette ; 'Erat sehr Bunselioken, Guan.| in u Handel
bringen: \a.l0u 77 Ads: 04 wich ra eg
Ausser dem ol@ngi nee ‚Umstande: des: scheu
ns findetsmam' auch nicht Selten erh Vorurtheil als.
obi die menschlichen Exkreimente dem! Acker: nachtheilig wären.
Darauf. Jässt :sich.:anführen „dass: dieselben sich in Nichts: von
dem »thierischen Dünger unterscheidem, als dädurch ‚) dass: sie
reicher an all den Stoffen sind, die zur Ernährung der
— WE —
Pflanzen dienen, weil die menschliche Nahrung im’ Allgemeinen
aus''den’reichsten und’ besten Stoffen besteht. Dazu kommt
noch, dass sich‘ die ‘menschlichen: Exkremente ‚sehr 'schneil
zersetzen; wo man daher eine nachtheilige Wirkung derselben
beobachtet hat, liegt diese iin’ dem Umstande, dass man die-
selben in’ einem zu konzentrirten Zustande ‘und in zu’ grosser
Menge angewendet hat. Deshalb hat die Verarbeitung: der-
selben zu Poudrette noch den Vortheil, dass sie durch die Ver-
dünnung mit'andern Stoffen eine bessere Anwendung gestatten.
Die nächste Aufgabe bei der Bereitung der Poudrette ist
also’ die, (die menschlichen Exkremente vor einer zu’ stürmi-
schen Zersetzung zu schützen. Diese Aufgabe 'kann: man auf
zwei‘verschiedenen Wegen erreichen, ‘Man trocknet sie ent=
weder ‘durch’ künstliche Wärme und 'bringt sie als Pulver un-
vermischt in’’den Handel, oder man vermischt sie mit andern
Substanzen ‚ welche die 'Verwesung mässigen ‘und die 'stick-
stoffhaltigen Bestandtheile binden. Weil ‘man zugleich den
Zweck verfolgt , die Stoffe ohne zu grosse Kosten weit trans-
portiren zu können, so wäre die erste Methode die bessere;
um'jedoch 'bei dem -Verdunsten des Wassers Verluste zu ver-
meiden, ist ‘es vortheilhaft, sie vor dem Trocknen ‚mit Gips
oder Eisenvitriol zu mengen. ‘Die Schwefelsäure, welche in
beiden Salzen enthalten ist, bindet’ das Ammoniak, das Eisen-
oxyd zersetzt aber den Schwefelwässerstoff, jenes giftige 'Gas,
das den Exkrementen den üblen Geruch ertheilt; ausser jenen
Salzen muss’ man’ noch etwas freie 'Schwefelsäure zur Masse
setzen. Inder Regel halten es 'aber'die Fabrikanten für vor-
theilhafter; "die Exkremente mit Eisenvitriol , "Gips; "Schwefel-
säure 'und eerdigen Substanzen’ zu 'mengen, weil sie‘ dadurch
ein grösseres Volum erhalten: Da'abei'auf‘ diese Weise dem
Uebervortheilen' Thür und Thor geöffnet ist,’ sollte jeder Land-'
wirth in der Lage sein, solche ihm zum Kauf angebotene
Poudreite auf ıhren Gehalt ‚au nähreuden Stoffen prüfen zu
können, um ihren wirklichen Werth zu bestimmen.
Wichtig ist bei der Bereitung' der!’ Poudrette,' wo möglich
allen Urin ‘der Masse einzuverleiben, da ‘gerade dieser ‚reich
— 208 —
-
an Stickstoffverbindungen und an Phosphorsalzen ist, ‚wie,.die
mitgetheilten Analysen darthun. Leider geht der Urin: noch
fast ganz ungenutzt: verloren, weil unser materielles Zeitalter
lange noch nicht materiell genug ist.
Es ist überaus: wünschenswerth, dass die Benutzung hin
menschlichen Exkremente allgemein verbreitet würde, und
dass man auf ihre Vorbereitung für den Transport die grösste
Sorgfalt, verwendete, da sie an Werth dem Guano ‘mindestens
gleichstehen. : Unter 'allen Umständen ist es, thöricht. und ver-
schwenderisch,; grosse Summen Geldes über das Meer für: Stoffe
zu. senden, so lange man. dieselben eben so. preiswürdig,. oder
noch. billiger zu Hause haben kann, ‚wie ‚es auf der ‘andern
Seite eben. so verkehrt sein würde, theure inländische Erzeug-
nisse; zu. gebrauchen, wenn sie das Ausland billiger ‚liefert. .
Allerdings hat sich auch der Schwindel dieses Industrie-
zweiges bemächtigt; aber in solchem Falle. ist es immer. die
Aufgabe des Käufers, selbst. zu prüfen und die Augen offen
zu ‚halten, um den Werth der angebotenen Waare zu. schätzen.
Eine sehr vortheilbafte Verwendung finden bei der Poudretten-
bereitung die Abfälle aus Blutlaugensalzfabriken und aus Gas-
‚anstalten, welche nicht unbedeutende Mengen von Stickstoff
enthalten, besonders die letztern.
In Flandern und in der Schweiz löst man die mensch-
lichen Exkremente in Wasser auf und düngt mit dieser Flüs-
sigkeit mit recht gutem Erfolge. Doch hat diese Art. der
Verwendung. neben der. unangenehmen Arbeit des Auflösens
noch den Uebelstand, dass man bedeutende Mengen Wasser
herbeiführen muss, was in den: seltensten Fällen ohne erheb-
liche Kosten geschehen kann, weshalb diese Düngung immer
eine. beschränkte bleiben wird. Bei anhaltender Dürre. ist sie
allerdings die beste, weil sich sonst leicht viel Dungstofle, ver-
flüchtigen.
3) Der Guano.
Die Menge: ‚des ‘Stalldüngers ist nur eine beschränkte,
abhängig von dem Viehstand und, den auf dem Hofe ‘selbst
— I —
verfütterten Substanzen; ein grösserer oder geringerer Antbeil
der Erträge muss verkauft werden, weil der Mensch von Brot
nicht allein lebt. Da man aber in vielen Fällen von seinen
Aeckern grössere Erträge erzielen könnte, wenn man nur die
nöthigen Dungmittel zur Verfügung hätte, so ist in den letzten
zwanzig Jahren die Anwendung künstlieher Düngemittel immer
mehr in Aufnahme gekommen. Unter ihnen nimmt der Guano
die hervorragendste Stelle ein, weil er gerade an den Stoffen,
welche zur Ernährung der Pflanzen so wesentlich sind, an
Phosphorsäure und Ammoniak, besonders reich ist, wenn er
anders unverfälscht und unverdorben erhalten wird.
Der Guano kann auf jedem Acker, der ausser Stickstoff
und Phosphorsäure alle übrigen Stoffe enthält, als ein voll-
ständiger Dünger wirken und nicht nur gleich reiche Ernten
liefern, wie ein entsprechendes Quantum Stalldünger, sondern
sogar höhere Erträge hervorrufen, weil die in ihm enthaltenen
Stoffe sich leichter in wirkliche Nahrungsmittel für die Pflanzen
umsetzen. Natürlicherweise kann aber der Guano und ähn-
liche käufliche Düngmittel nur so lange vortheilhaft sein, als
die übrigen Stoffe in genügender Menge vorhanden sind.
Fangen die Ernten unter sonst gleichen Bedingungen an we-
niger reich zu werden, so ist es an der Zeit, jene Stoffe auf
den Acker zu bringen. Dies kann entweder so geschehen,
dass man Stalldünger herbeiführt, oder dass man den Guano
mit Asche und andern Salzen mischt und mit dem Gemenge
den Acker bestreut. Letzteres darf jedoch nur in dem Falle
geschehen, wenn die physikalische Beschaffenheit der Acker-
krume der Art ist, dass sie alle zur Fruchtbarkeit erforder-
lichen Eigenschaften besitzt. Sie muss Lockerheit mit Festig-
keit, wasseranziehende Kraft mit Erwärmungsfähigkeit verbin-
den, alles Eigenschaften, die durch den Humusgehalt erhöht
werden. Wo der Humus fehlt, muss man Stalldünger oder
Moder vor der Düngung mit Salzen und Guano auf den Acker
bringen.
Auf fettem und schwerem Boden, wo der Stalldünger als
Lockerungsmittel dient, kann er nicht durch Guano ersetzt
Filly, Ernährungsverhältnisse, 14
— MU —
werten ; nicht zu loser und zu troekner Boden kann: durch
Guano in Verbindung mit den nöthigen Salzen Jahre hindurch
auf einer gleichen Stufe der Fruchtbarkeit erhalten: werden.
Leichter, loser: Sandboden dagegen wird den geringsten Erfolg
zeigen, weil:in ihm die hümosen Stoffe sehr schnell zersetzt
werden, und weil grosse Verluste‘ auch dadurch entstehen,
dass nicht alle: Zersetzungsprodukte des Guanos den Pflanzen
zugeführt werden, weil ‚viele derselben in Folge der starken
Verdunstung entweichen. BE: EL
Ist man: im Stande, durch den: Stallmist er Fruchtbarkeit
seiner Aecker auf einer gleichen Höhe zu erhalten; so- kann
man sie durch. Guano und ähnlich zusammengesetzte ' Stoffe
erheblich steigern; ‘denn weil sim Stalldünger. Stickstoff und
Phosphorsäure in erheblich ‘geringerer Menge vorhanden. 'sind,
als die übrigen Nahrungsmittel, ‘so muss ‘eine Vermehrung
jener,. d. h. eine verhältnissmässige Gleichstellung derselben
mit den andern, die Fruchtbarkeit ohne Zweifel erhöhen.
Daher ist die Anwendung künstlicher: Dungmittel neben dem
Stallmist nicht genug zu empfehlen; durch die: Vermehrung
der Erträge machen sie sich reichlich bezahlt. ‚Aber auch die
Strohmasse vermehrt sich und damit mittelbar die Menge des
Humus, weil man bei grössern Ernten an Stroh dem Vieh
mehr ‚Streu geben kann. Endlich gestattet : die ‘Verwendung
käuflicher, kräftig wirkender Dungmittel dem’ Landwirth ‚in
der Fruchtfolge unabhängiger zu verfahren; er kann sich: mehr
als 'bei blosser ‚Stalldüngung nach seinem Bedürfniss beim
Anbau der verschiedenen Kulturpflanzen richten. Doch hat
man. nicht: ganz freie Hand;. da nämlich der ''Guano “mehr
Phosphorsäure ‚als Stickstoff’ enthält, so ist seine Wirkung auf
Haimfrüchte, welche das Entweichen der Stickstoffverbindungen
aus dem Boden erleichtern, weniger bedeutend, als auf: blatt-
reiche Pflanzen, Rüben, Kohl u. :s. w. |
Aus vielfachen vergleichenden Versuchen, die in England’
und Deutschland, besonders in Sachsen angestellt sind, hat
sich unwiderleglich ergeben , dass ein Gentner guter Guano die-
selbe Wirkung hat, als 75 Gentner Stalimist, natürlich für ein Jahr ;
Zr.
denn obgleich die 75 Centner Stallmist weit mehr nährende
Stoffe mit sich führen, so sind sie doch im Guano in einem
aufgeschlossenen Zustande enthalten, wie sie bald von den
Pflanzen aufgenommen werden können. Im Durchschnitt dürfte
man auf den preussischen Morgen am besten einen Centner
geben, um die günstigsten Erfolge zu erzielen; mehr Guano
macht sich nur selten bezahlt.
Was die Art der Verwendung betrifft, so muss der fein-
gepulverte Guano bei feuchtem, regnerischem Wetter gleich-
mässig auf den Acker verstreut werden; bei Sommerfrüchten
geschieht dies am besten zugleich mit der Saat, doch muss
man sich hüten, dass die Samenkörner unmittelbar mit dem-
seiben in Berührung kommen, weil das kohlensaure Ammoniak
in grösserer Menge die Keime tödtet. Man verfährt daher am
besten so, dass man ihn vorher mit Erde oder Asche sorgfältig
mischt; nur bei Kartoffeln kann man ihn unmittelbar in die
Furche unter die Saatkartoffeln bringen. Bei Winterfrüchten
giebt man mit der Saat nur eine geringe (uantität und über-
streut im Frühjahr, wenn die Vegetation wieder erwacht, bei
nassem Weiter die junge Saat; schon nach sehr kurzer Zeit
bemerkt man sowohl am kräftigern Wuchs der Pflanzen, als
am tiefern, saftigern Grün seine vortheilhafte Wirkung.
Der Guano besteht aus den Exkrementen verschiedener
Arten von Seevögeln, welche auf einer Reihe kleiner, unbe-
wohnter Felseneilande in der Südsee, an der Küste von Peru
und Chile gelegen, nisten. Im Laufe der Jahrtausende haben
sich hier Schichten dieser Exkremente vor 30 bis 100 Fuss
Dicke abgelagert; sie werden schon seit Jahrhunderten abge-
bauet, schon lauge, bevor die Europäer hierher kamen, in-
‚dem die Ureinwohner Peru’s sich derselben schon als Dünge-
mittel bedienten. Die bedeutendsten dieser Inseln, die den
besten Guano liefern, sind die beiden Loboseilande und die
drei Chinchainseln, welche allein 250 Millionen englischer
Tonnen dieser Exkremente enthalten sollen.
Ausserdem findet sich Guano in Patagonien und in Chile,
aber von geringerer Qualität, ganz schlechter in der Saldanha-
14°
ee ı ı
Bay an der Westküste Afrika’s und in Australien; von einigen
Inseln des rothen Meeres holten ihn die Araber schon im
zwölften Jahrhundert unserer. Zeitrechnung.
Der beste Guano ist der peruanische; er hat eine bräun-
liche, von der Sonne getrocknete Kruste, im Innern ist er
schmutziggelb, fast geschmacklos und von starkem Geruch,
der an Baldrianwurzel erinnert. Guter Guano enthält im
Durchschnitt 16 Prozent Ammoniak und bis 20 Prozent
Phosphorsäure. Wegen seines hohen Preises ist er häufigen
Verfälschungen mit Ziegelmehl, Gips, Sand und andern Stoffen
ausgesetzt, weshalb wir die Landwirthe nicht dringend genug
vor dem Ankauf des billigen Guano’s warnen können. Die
Herren Gibbs, Sohn und Compagnie in London, welche: in
Folge eines Vertrages mit der Regierung, von ‚Peru den allei-
nigen Vertrieb des peruanischen Guano’s in Händen haben,
liefern den preussischen Gentner nicht unter 34 Thaler, wel-
cher Preis für Deutschland sich mit Transportkosten und
Spesen auf 4% Thaler erhebt. Trotzdem kaufen die. Land-
wirthe den Centner für zwei bis drei Thaler und vermeinen,
ein vortreffliches Geschäft gemacht zu haben; bei so niedrigem
Preise müssen sie aber betrogen sein. Entweder kaufen sie
australischen oder einen andern fast werthlosen Guano um so
geringen Preis, oder sie kaufen verfälschten. Der beste
Guano, ist er auf der Seereise nass geworden, kann ganz
werthlos werden. Es ist daher stets nothwendig, dass ‘der
Landwirth die Waare selber prüfe, oder einen zuverlässigen
Chemiker damit beauftrage. Eine ziemlich brauchbare Anwei-
sung für diese Prüfung findet man in einer in diesem Ver-
lage erschienenen Bearbeitung der Schrift von Nesbit: „Der
peruanische Guano.“ Die Schrift enthält ausserdem noch
einige specielle Fingerzeige, für die hier nicht der Ort ist.
In den hier mitgetheilten Analysen von drei guten Guano-
sorten ist das Ammoniak nicht alles fertig gebildet im Guano
enthalten, sondern es sind alle stickstoffhaltigen Bestandtheile,
welche sich in Ammoniak zersetzen, als solches berechnet. In
100 Theilen der untersuchten Guanoarten waren enthalten:
t: 2 3.
Ammoniak 13,16 17,35 15,55
Kali 2,16, 2,96 2,43
Natron 2,76 Spur 0,85
Kalkerde . 15,96 15,99 17,12
Magnesia 0,35 0,41 a
Chlor . 1,49 3.25 3,19
Kleesäure 15,39 17,01 16,62
Kohlensäure 1,65 0,47 1,21
Phosphorsäure . 18,08 19,98 19,13
Schwefelsäure 4,00 4,73 5,10
Wasser m 5,12 4,23 4,17
Stickstofffreie org. Stoffe 6,05 10,58 6,37
Die übrigen Stoffe waren Thon und Sand.
Der in den Analysen mitgetheilte Ammoniakgehalt ent-
spricht 10,83 und 14,28 und 12,80 Prozent Stickstoff; wenn
aber in der Roggenernte eines Morgens Acker 17 Pfd. Stick-
stoff enthalten sind, so reichen schon 157 oder 119 oder
133 Pfd. Guano aus, um den ganzen Stickstoff zu liefern.
In neuerer Zeit kommen verschiedene Substanzen als
künstlicher Guano in den Handel; es sind dies die oben er-
wähnte Poudrette, Fischreste und dergl. Unter Umständen
können diese Stoffe eben so gut sein, als Guano, worüber
aber immer nur eine sorgfältige Prüfung entscheiden kann;
bei dieser Prüfung ist jedoch nicht allein die Quantität der
Stoffe, sondern auch ihre Konstitution massgebend, d. h. ob
sie sich in einem eben so aufgeschlossenen Zustande als ım
Guano befinden. 3 |
Am besten lassen sich hier einige Dungstoffe von unter-
geordneter Bedeutung anreihen, welche dem Guano in ihren
Bestandtheilen ähnlich sind, oder doch einen Hauptbestand-
theil desselben, nämlich Phosphorsäure enthalten. Dahin ge-
hören:
a) Das Knochenmehl. Die thierischen Knochen be-
stehen aus stickstoffhaltigem Leim, aus Fett, phosphorsaurem
und kohlensaurem Kalk und etwas Fluorkalcum. Frische
— 214 —
Knochen enthalten bis 25 Prozent Phosphorsäure, aber nur
5 bis 6 Prozent Stickstofl, also weit weniger, als der Guano;
so dass bei ihrer Anwendung noch grössere Mengen von Am-
moniak hinzukommen müssen, wenn sich die ‚Phosphorsäure
verwerthen soll. Das Knochenmehl verdankt daher seinen
Haupteinfluss auf das Wachsthum seinem Gehalt,.an Phosphor-
säure, weshalb man in vielen Fällen gebrannte Knochen mit
gleichem Erfolge zur Düngung benutzen kann.
Aber auch noch in anderer Beziehung unterscheiden sich
die Knochen vom Guano; während sich nämlich im Guano die
nährenden Substanzen fast ganz fertig gebildet vorfinden, gehen
die Knochen nur sehr‘ schwer in Fäulniss über. Weil der
phosphorsaure Kalk mit dem Knochenleim ‚eine. feste Verbin-
dung bildet, so wird der Zutritt der Luft. fast gänzlich abge-
halten. Um sie daher schneller wirksam zu machen, ist es
nöthig, sie so fein: wie möglich zu zerkleinern.., Man setzt. sie
zu dem Ende der Einwirkung gespannter Wasserdämpfe. aus;
dadurch wird ihnen einerseits das Fett entzogen, das man
für Seifen und Schmieren verwerthen kann, während es auf
dem Acker Nichts nützt, im Gegentheil die ‚Verwesung der
Knochen hemmt; anderseits. werden sie dadurch‘ mürbe, ‚so
dass sie sieh leichter zerkleinern lassen. Das so erhaltene
Knochenmehl wirkt aber immer .noch langsam ; um ‚die ‚Wirkung
noch mehr zu beschleunigen, kann man es mit Erde gemengt
längere Zeit aufbewahren, indem man den Haufen ‘von Zeit zu
Zeit anfeuchtet, am besten mit. Jauche. Eine. andere Berei-
tungsweise ist die, dass man 100 Pfd. Knochenmehl mit. 20
bis 30 Pfd. englischer Schwefelsäure mengt, wodurch schwe-
felsaurer Kalk und ein saures Kalksalz der Phosphorsäure ge-
bildet wird, das sich leichter löst. Statt der Schwefelsäure
könnte man auch Salzsäure, aber mässiger, anwenden,
Auf leichtem Boden, in welchem organische Stofle leicht
zersetzt werden, kann das unpräparirte Knochenmehl ‚mit
Nutzen angewendet werden, auf schwerem, nassem Boden gar
nicht.
— 2i5 —
Einem Gentner ‚gutem »&uano' kommen etwa 2 bis 23
Gentner Knochenmehl in ihrer Wirkung gleich; doch: erhält
die Erde damit einen grossen Ueberschuss an Phosphorsäure.
Auch’ das «Knochenmehl: wird ‘vielfach verfälscht; ‘eine häufige,
aber noch nicht. die schlechteste Beimengung sind gepulverte
Koprolithen. Diese bestehen der Hauptsache nach aus phos-
phorsaurem Kalk, und man hält sie. für die. fossilen -Exkre-
mente grosser Amphibien der: Vorwelt. Sie werden besonders
häufig’ in England gefunden: und auch für’ sich allein ‚als
Dungmittel in den: Handel ‘gebracht. 'Eine andere, nicht ganz
schlechte Beimengung des Guano’s und des Knochenmehls ist
der sogenannte Knochenstein, der sich in einigen Gegenden
in Lagern findet, :z. B. am Fichtelgebirge.
b) Die Zuckerkohle. Bei der Zuckerfahrikation be-
dient man sich der gekörnten Knochenkohle zur Reinigung
des Zuckersaftes von Farbstoffen und von stickstoffhaltigen
Verbindungen, welche eine Gährung des Saftes hervorrufen
würden. Wenn sie zu diesem Zwecke nicht mehr gebraucht
werden kann, so kommt sie als ein nicht zu verachtendes
Dungmaterial in'.den Handel. Obgleich. sie in Folge der: Ver-
kohlung keinen’ Stickstofl mehr enthält, sondern nur aus! koh-
lensaurer und ‚phosphorsaurer. Kalkerde besteht, so nimmt: sie
doch aus dem. Zuckersaft solche ‚Stoffe wieder. auf. Die. im
Zuckersaft enthaltenen eiweissartigen Substanzen und das zur
Klärung: dazu gesetzte Blut ‚schlagen ‚sich in den Poren. der
Kohle nieder. Es gilt übrigens von dieser Kohle Alles, was
wir beim Knochenmehl angeführt haben, nur. dass sich die
darin . niedergeschlagenen ‚ Stickstoffverbindungen bei weitem
leichter. zersetzen. | | ig
ec), Der Rapskuchen. Nachdem aus den Rapskörnern
das Oel abgepresst'ist, enthalten die Treber noch 'alle übrigen
Stoffe, besonders die Salze und. sämmtlichen Stickstoff, welcher
dem: Boden entzogen, wurde; denn das Oel besteht: nur: aus
Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Wenn: man also den
Acker mitdem Rapsstroh und ‚den: Trebern düngt , so werden
ihm aller ‚Stickstoff. ‚alle. Phosphorsäure und: alle Salze wieder
z
— 216 —
zugeführt, welche die Ernte daraus entnahm; ausserdem ist
die Wirkung eine sehr schnelle, weil die Rapskuchen seh
leicht zerfallen ; nicht so das Stroh. |
Wir halten es jedoch im Allgemeinen nicht für vortheil-
haft, die Rapskuchen als Dünger anzuwenden, weil sie ein
sehr gutes Futter für Kühe und Schafe sind und auch gern
gefressen werden. Sie scheinen uns durch die Verfütterung
weit besser ausgenutzt zu werden, um so mehr, als das darin
zurückbleibende Oel, oft zehn und mehr Prozent der Masse,
bei der Düngung mit den Kuchen ganz ungenutzt verloren
geht.
Verwendet man dennoch Rapskuchen zur Düngung, so
ist es nothwendig, sie mit Erde zu mengen, weil sie wegen
ihrer leichten Zersetzbarkeit zu energisch auf die jungen
Pflanzen wirken; wollte man sie aber lange vor der Einsaat
auf den Acker geben, so wären Verluste unvermeidlich.
4) Der Chilisalpeter.
Der Chilisalpeter oder Würfelsalpeter findet sich in Süd-
amerika in einigen mächtigen Lagern im Distrikt von Atacama
in Peru an der chilenischen Grenze und in Chile selbst. Er
kommt zu verschiedenen Zwecken, unter andern zur 'Fabri-
kation der Salpetersäure in den Handel; er besteht nämlich
aus salpetersaurem Natron und etwas Kochsalz. Seinem 'Ge-
halt an Salpetersäure, d. h. an Stickstoff, verdankt er wohl
seine Anwendung in der Landwirthschaft.
Die Wirkung dieses Salzes auf die Kultur ist eine höchst
energische, und da es ausser Stickstoff keine eigentliche
Pflanzennahrung enthält, so muss seine Wirkung noch anderer
Art sein, als die, assimilirbaren Stickstoff zu liefern; dass
übrigens die Salpetersäure von den Pflanzen in der That auf-
genommen wird, ist durch Versuche in neuerer Zeit unwider-
leglich bewiesen.
Oft ist ein Acker reich an nährenden Substanzen‘; aber
weil sie sich in einem unlöslichen Zustande befinden , können
— 217 —
sie nicht von den Pflanzen aufgenommen werden. Durch den
Einfluss des Salpeters werden solche Substanzen leichter zer-
setzt, der phosphorsaure Kalk wird in eine lösliche Form
übergeführt, und nun wird der vorher unfruchtbare Acker
ohne jeden andern Dünger fruchtbar. Diese Wirkung des
Chilisalpeters auf die Lösbarkeit der nährenden Substanzen ist
so gross, dass er in vielen Fällen das Knochenmehl ersetzen
kann, welches man nicht deswegen auf den Acker hätte
bringen müssen, weil es an Phosphorsäure im Ackerboden
fehlte, sondern weil sie darin in unbrauchbarer Form vorhan-
den war. Eben so wenig ist der Mangel an Stickstoff immer
die Ursache der so auffälligen Wirkung des Chilisalpeters;
durch seine Gegenwart werden die im Boden vorhandenen
Stickstoffverbindungen leichter und in schnellerer Folge den
Pflanzen zugänglich.
Im Allgemeinen kann aber nur für eine kürzere Zeit
mit dem Salpeter ein günstiger Erfolg erzielt werden, da er
nur ein einziges Nahrungsmittel enthält, den Stickstoff; der
Boden muss bald an allen übrigen, zunächst an Phosphorsäure
erschöpft werden. Besonders wirksam ist der Chilisalpeter
beim Getreidebau.
Auf den preussischen Morgen gebraucht man 30 bis 100
Pfund, und zwar ist nach allen Beobachtungen sein Einfluss
bei trocknem Wetter merklicher, als bei feuchtem, weil er
wegen seiner Leichtlöslichkeit zu schnell in die tiefern Schich-
ten des Bodens geführt wird, wenn viel Wasser vorhanden
ist. Er ist ein Gegenstück des 'Guano, weil er keine flüchtigen
Bestandtheile hat.
Dem Chilisalpeter kann das schwefelsaure Ammoniak an
die Seite gesetzt werden, das einerseits Stickstoff liefert wie
jener, anderseits zersetzend auf andere Substanzen wirkt. Man
gewinnt es bei der Destillation organischer Stoffe, z. B. in
Gasanstalten, als Nebenprodukt.
— 218 —
‚2 ‚Die Düngsalze,
Ein: grosser Theil, Birlnigenn Danddhien ‘welche :man »dem
Boden ‚abgewonnen hat ;. wird. ‚verkauft und, ‚weggeführt. Die
in: diesen Substanzen enthaltenen - Salze können dem: Boden
mit dem 'Stalldünger i nicht: wieder. gegeben werden. ‚Wenn
nun ein: Boden nicht reich an Bruchstücken solcher Mineralien
„»durch' deren. Zersetzung ‘die. Salze , welche den Pllanzen
= Nahrungsmittel ‚dienen, frei werden, .so muss. der Endes
allmälig 'verarmen. |
Unter ;solchen Umständen. ist es ‚nothwendig,, die ' eih
führten Stoffe auf irgend eine ‚Weise zu ersetzen; am nölhig-
sten wird dies auf ‚Wiesen sein, die einen. moorigen Unter-
grund haben, und die sonst keine Düngung erhalten,
Das natürlichste Mittel, diese Salze‘ herbeizuschaffen,; sind
die Aschen, die man ‚bei den :häuslicben und technischen Ver-
brennungsprozessen: erhält, ‚weil: sie. .allei.die Salze ‚enthalten
müssen, welche die verbrannten Pflanzenstoffe‘‚aus dem Boden
entnommen hatten. .‚Diejenigen Aschen. werden ‘,ohne :Zweifel
die besten sein, welche reich an Kali, Magnesia. und Phosphor-
säure »sind;; da ‚aber..die: kalireichen Aschen ‚noch ‚manche an-
. dere: :vortheilhafte, ‚Verwendung haben, se stehen. sie, selten ‚der
Landwirthschaft zur Verfügung; ‚dahin. gehören ’die;Aschen von
Läubholz. : Dagegen. sind.,'die ‚‚Asehen ‚ von -Nadelhölzern ‚ ‚von
Torf::und von. fossilen Kohlen |. kaum: zu. andern. ! Zwecken:
brauchbar; aber sie enthalten‘ ;doch nahrhafte :Stofle.
Die Wirkung der Asche auf die Vegetation besteht | je-
doch nicht: allein: in ihrer 'nährenden: Kraft, ;sondern sie: wirkt
auch indirekt, indem- sie.die im Boden befindlichen: Substanzen
zerlegen. hilft, etwa vorhandene saure. Humusstoffe bindet und
saure Pflanzen ‚vertreibt, (0: aaitellitsad 6a
Am besten ist es, die Asche: mit, dem ea
auf den Acker zu bringen; nur bei Wiesen darf sie unver-
mischt aufgestreut werden. Vielfach wird die Seifensieder-
asche zur Düngung verwendet; da man aber behufs der Seifen-
Di
2 u
fabrikation fast alle Alkalien ausgezogen hat‘, so ist ihre. Wir-
kung kaum von 'der Wirkung ‘des: Kalkes verschieden, der ihr
zugesetzt ist, um das kohlensaure‘'Alkali ätzend zu machen.
Aus den Salzsiedereien kommen verschiedene Abfälle unter
dem Namen von Düngsalz: in den Handel, die theilweise alle
Salze enthalten, welche ‘von. den Pflanzen: assimilirt ‘werden.
Im Dornensteine herrscht - der Gips. vor , im 'Salzschlamm ist
besonders. Gips, Schwefelsäure-- und 'Chlorverbindungen des
Kali’s, Natrons und der Magnesia enthalten, im Hungerstein
ebenso, im Salzstein neben vielem Kochsalz an Schwefelsäure
und Chlor gebundenes Kali, Natron‘ und‘ Magnesia, 'in :der
Mutterlage Kali, Natron und Magnesia.
Im Dornenstein ist eigentlich nur ' der Gips wirksam,
dessen Einfluss wir gleich hier näher betrachten müssen, da
man ‚auch: mit reinem Gips düngt.
Der ‘Gips ist 'schwefelsaure Kalkerde, : mit Wasser ver-
bunden; ‘sowohl die Schwefelsäure, als die’ Kalkerde sind
wirkliche Nahrungsmittel. : Aber es ist: fraglich, ‘ob nur: in der
nährenden Kraft dieser beiden Stoffe die vortheilhafte Wirkung
des Gipses zu suchen: sei, oder ob der Gips auch noch durch
seine, Eigenschaften in';anderer Beziehung ‚Einfluss auf 'die
Vegetation habe? : Die: Schwefelsäure; wird: von ;den "Pflanzen
nur in sehr geringer:Menge aufgenommen; ‘man dürfte wohl
annehmen, dass in jedem gut :kultivirten Acker. mit dem’ her-
beigeführten ‚Dünger. dem: Acker dieselbe schon in "genügen-
dem: Masse mitgetheilt‘ würde. : Wir ıhaben ‚jedoch schen öfter
darauf aufmerksam: gemacht;, dass ‘wir noch: keinen Massstab
dafür haben,‘ in welchem Mengenverhältniss ein Stoff im Bo=
den verhanden sein muss, um von den Pflanzen aufgenommen
werden zu können ;so viel: steht ‚aber fest, dass zwei Pflanzen,
die. von einem beliebigen: Stoffe. gleichviel aufnehmen, doch in
demselben ‚Boden oft nur: dann-gedeihen, wenn man für die
eine: der Pflanzen. mehr: von jener ‘Substanz: auf den Acker
bringt.» Wichtiger- als’ die Schwefelsäure scheint der Kalk zu
sein, weil die schwefelsaure Kalkerde im Wasser weit leichter
löslich ist, als die kohlensaure; daher ist der Gips die Sub-
— 220 —
stanz, welche den Pflanzen den Kalk in genügender Menge
darbieten kann. Diese Annahme wird ‘noch dadurch bestärkt,
dass der Gips auf die Schmetterlingsblüther, auf Hülsenfrüchte
und Kleearten also, von besonders günstigem Einfluss ist.
Diese Pflanzen sind gerade reich an Kalksalzen, wenn wir
schon. nicht läugnen wollen, dass der Einfluss des Gipses auf
diese Pflanzen auch recht gut anders erklärt werden könnte.
Der Gips kann nämlich auch, ohne gerade selbst als
Nahrungsmittel zu dienen, in der Weise vortheilhaft wirken,
dass er die Zufuhr anderer Stoffe erleichtert und befördert.
Es ist eine allgemeine chemische Erfahrung, dass zwei. Salze
in wässeriger Lösung stets ihr& Säuren austauschen, 'wenn
sich durch diesen Austausch ein schwerer lösliches Salz bil-
den kann. Das sich in der Luft befindende Ammoniak ist
meist das sehr flüchtige koklensanre Salz; Jedermann kennt
das sogenannte Riechsalz, das wegen seiner Flüchtigkeit in
der Bäckerei und Konditorei angewendet wird. Trifft nun
dieses kohlensaure Ammoniak mit der wässerigen Lösung des
Gipses zusammen, so findet eine Wechselzersetzung statt; es
bilden sich schwer löslicher kohlensaurer Kalk und schwefel-
saures Ammoniak. Letzteres Salz ist aber sehr wenig flüchtig,
und es wird also durch die Gegenwart des Gipses dem Boden
das Ammoniak erhalten und aus der Luft zugeführt. Diese
Wirkung kann jedoch nur bei hinreichender Feuchtigkeit statt-
finden, weil: die trocknen Salze sich umgekehrt immer''so 'zer-
setzen, dass schwefelsaurer Kalk und kohlensaures Ammoniak
entstehen; nach einem andern chemischen: Gesetz setzen sich
zwei verschiedene, trockne Salze immer um,’ wenn ein flüch-
tigeres Salz dabei resultirt.
Für die hier besprochene Wirkung des Gipses sprechen
verschiedene Erfahrungen. Die Kleearten assimiliren ' nicht
allein viel Kalkerde, sondern sie‘ befördern auch unter allen
Kulturpflanzen am meisten die: Thaubildung , iso dass sie dem
Boden immer eine hinreichende Menge Wasser. zuführen, um
den Gips zu lösen. Bei trockner Witterung bleibt der Gips
fast ohne Erfolg.
— 21 —
Um jedoch zu einem endgültigen Urtheil über den Ein-
fluss des Gipses zu kommen, müssen erst noch viele ver-
gleichende Versuche angestellt werden. |
Der Gips wird am besten in Form eines feinen Pulvers
im Frühjahr auf die Pflanzen gestreut.
6) Die Gründüngung.
In frühern Zeiten bebaute man die Aecker einige Jahre
und liess sie dann ein oder zwei Jahre liegen, damit sie sich
ausruhen könnten, wie sich der Landmann ausdrückt.
Während dieser Ruhezeit überzogen sich die Aecker mit einer
Decke wilder Pflanzen; beim spätern Umpflügen wurden die
Stoffe, welche jene Pflanzen aus dem erschöpften Boden und
aus der Luft gesammelt hatten, dem Boden einverleibt, so
dass er nun wieder Kulturpflanzen zu tragen vermochte,
Besser erreicht man jedoch jetzt diesen Zweck durch den
Anbau solcher Pflanzen, welche das Vermögen haben, grosse
Mengen von Stoffen aus der Luft und aus der verdünnten
Nahrungsmittellösung eines armen Bodens in organische Sub-
stanz zu verwandeln. Unter allen bekannten Kulturpflanzen
besitzt diese Fähigkeit in so hohem Masse keine wie die Lu-
pine, welche man in neuerer Zeit auf jedem armen Sandboden
kultivirt, um durch das Unterpflügen derselben den Boden zu
verbessern; sie gedeiht sogar noch da, wo der Boden sich
kaum mit einer natürlichen Narbe schliesst. in
Woher nehmen aber die Lupinen die Stoffe, die bei
ihrem Verwesen dem Boden einverleibt werden? Die Lupinen
sind dichtbelaubte Pflanzen, welche den Boden dicht beschat-
ten, und ihn so immer feucht erhalten; deswegen wird über-
haupt eine Vegetation möglich, weil mit dem Wasser Kohlen-
säure herbeigeschafft wird, und Ammoniaksalze können aus
der Luft auf den Boden verdichtet werden. Auf diese Weise
erhalten die Lupinen ihren Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauer-
stoff und Stickstoff aus der Atmosphäre; werden sie unterge-
pflügt, so bereichern sie den Boden an Stickstoff und an
u BR
humosen Substanzen.‘ Eine Bereicherung an Salzen können
sie. nur ‚indem Falle "herbeiführen, wenn ihnen kapillarisch
Wasser zugeführt wird,' worin jene Salze sich in Lösung
befinden; :wo dies nicht der Fäll ist, muss man vor dem An-
bau der Lupinen den Boden mit’ Asche ‘bestreuen.
Aber uicht allein dann verbessern die Lupinen den Bo-
den, wenn sie untergepflügt, werden, sondern ein armer Boden
kann schon durch den blossen Anbau derselben, wenn man
sie aberntet, fruchtbarer werden. Indem nämlich das ‘dichte
Laub den ‚Boden beschattet, wird Ammoniak aus der Luft ver-
dichtet- und: die Verdunstung ' verhindert; eine ganz analoge
Wirkung haben alle die Pflanzen, welche die Thaubildung be-
fördern. Die Lupine ist ‘auf! nicht‘ ganz armem Boden eine
vortreffliche Vorfrucht für den’ Roggen.
Da aber die Lupinen auch ein ganz vortreffliches Futter-
mittel sind, so könnte die Frage aufgeworfen werden, ob es
nicht 'vortheilhafter wäre, dieselbe zu verfüttern und den ge-
wonnenen Dünger auf den Acker zu bringen?
Wie: wir eben gesehen haben, gehen bei jedem Ver-
füttern von Pflanzen Stoffe verloren; der Dünger enthält nie
alle. die Stoffe, welche mit der Ernte. dem Acker entzogen
wurden. ' Eine Düngung mit ‘den Exkrementen der Thiere
also, welchen die Lupinen gefüttert wurden , würde die Grün-
düngung nicht vollständig ersetzen. Zur Entscheidung der
oben aufgeworfenen Frage muss man ein Rechenexempel etwa
in folgender ‘Art anstellen: Der Verlust an Dungmaterial' und
die Kosten ‘des Einheimsens betragen so viel; der Gewinn,
welchen die ‘gewonnenen @Quantitäten Fleisch, Milch, Käse °
us Ss. w. abwerfen, aber so viel. Stellt sich nun der Gewinn
höher, so “ist es ‘jedenfalls vortheilhäfter, Düngmittel anzu-
kaufen. ‘Dazu’ kommt noch ‘der Umstand, dass Stalldünger,
Poudrette u. os. w. schneller zur Wirkung kommen, als die
Gründüngung’; freilich hält dafür diese auch wieder länger
vor. Endlich ist nieht zu vergessen, dass bei der Gründüngung
jedesmal eine: Ernte ausfällt. Immerhin bleibt nur ganz armer
Sandboden der‘ Gründüngung bedürftig. |
— 1 —
Nachdem wir so. die: hauptsächlichsten Dungmaterialien
und die: Art ihres Einflusses; erörtert haben, bleibt uns an
dieser Stelle nur noch: übrig, dringend vor: den zahlreichen
Schwindeleien zu‘ warnen, welche. mit dem: Anpreisen ‘von
Dungstoffen getrieben werden. Da’ liest man unter. Anderm,
wie man mit wenigen Pfunden eines: neuerfundenen Düngers
die Fruchtbarkeit seines Ackers so ‚erhöhen: kann ‚ dass: jedes
andere Düngmittel überflüssig’ ist.. Wieder ‚und immer: wieder
finden: sich Leichtgläubige,; die‘ sich: täuschen: lassen «und den
lachenden Schwindler bereichern, : Es ist: nicht nur ıein Sprüch-
wort, sondern: es-ist ‚auch: ‚ein: überall gültiges; Naturgesetz:
„Aus Nichts wird Nichts!“ So gut der Branntweinbrenner
ohne ‘Stärke keinen Zucker und ‚ohne Zucker keinen Spiritus
bereiten kann, so gut ohne Brennmaterial kein: Feuer unter-
halten werden kann, ehenso gut können: sich keine ‚Pflanzen
da entwickeln ,. wo: der Boden aller. derjenigen Stoffe ‘bar. ist,
welche die Pflanzen nur: aus ‚dem Boden ‚aufnehmen können.
In der ‚Regel: sind‘; jene Stoffe' ganz ‚werthlos ,. selbst ‚wenn sie
in»grossen Mengen angewendet würden, da diejenigen, welche
solche Anpreisungen in die. Welt ‚senden ‚oft. gar Nichts von
der Pflanzenernährung kennen, welche Erfahrung wir selbst
öfter zu machen Gelegenheit gehabt haben.
Sollen wir endlich noch einige Worte über die Bestim-
mung des Werthes der verschiedenen Düngmaterialien hinzu-
fügen, so lässt sich ganz allgemein der Grundsatz aufstellen,
dass alle Stoffe, welche von den Pflanzen aufgenommen wer-
den, von ganz gleichem Werth sind; keine Pflanze kann ge-
deihen, wenn einer dieser Stoffe fehlt. Der Werth, den nun
dieses oder jenes Düngmittel für einen Landmann hat, richtet
sich stets nach dem Marktpreise der einzelnen Stoffe und nach
dem Gewinn, welchen der Landwirth bei der Anwendung des
einen oder des andern Düngers erzielen kann. Wer in der
Nähe grosser Städte Ackerbau treibt, kann offenbar den Dünger
billig kaufen und hat daher nicht nöthig, grossen Werth auf
die Düngerproduktion zu legen, um so weniger, als er fast
alle seine Bodenerzeugnisse in der Stadt gut” absetzen kann.
ee
Weiter entfernt von solchen Orten ist ein reicher Viehstand
immer das beste Mittel, die Ackerprodukte zu verwerthen und
den Boden in guter Dungkraft zu erhalten; doch kann auch
hier, je nach dem Bedürfniss, käuflicher Dünger neben dem
Stalldünger mit grossem Vortheil verwerthet werden.
Es giebt Preistabellen für den Werth der einzelnen Dung-
stoffe; doch sind dieselben meist ganz unbrauchbar. Die besten
Hülfsmittel für eine derartige Werthbestimmung sind immer
eine genaue Kenntniss des Ackers .und seiner Bedürfnisse
und der Zusammensetzung der käuflichen Düngstoffe; ferner
die Preise der verkäuflichen Bodenerzeugnisse und der Trans-
portmitteln.
Um den grösstmöglichsten Gewinn aus dem Acker ziehen
zu können, dürfen vergleichende Versuche, auch wenn sie mit
Kosten verknüpft’ sind, nicht gescheut werden; nur dürfen’ sie
nicht ohne reifliche Prüfung angestellt werden.. Leider findet
man in der Landwirthschaft noch häufig jene falsche Sparsam-
keit, welche sich scheut, einen Dreier auszugeben, wenn auch
ein Groschen damit gewonnen werden könnte; das ist nicht
Sparsamkeit, sondern Verschwendung.
Sechstes Kapitel.
Von.der Eruchtfol-gre
Baut man eine Reihe von Jahren auf demselben Acker
immer dieselbe Frucht, so nehmen die Erträge im Allgemeinen
von. Jahr zu Jahr ab, und diese Erscheinung tritt bei keiner
Kulturpflanze so auflällig hervor, als bei den Wintergetreide-
arten. Man war früher der Ansicht, der Boden würde schwach
durch den Anbau derselben Pflanze und bedürfe. deswegen der
Ruhe; man liess ibn daher brach liegen, damit er sich erhole.
Schwach wird. er nun freilich in dem Sinne, dass er durch
den Anbau der Halmfrüchte besonders arm an Ammoniak-
salzen wird, weil diese Pflanzen ihn nicht beschatten können;
es werden keine Ammoniaksalze aus dır Luft niedergeschlagen,
desto mehr aber aus dem Boden verflüchtigt. _Aber nicht
allein an Ammoniaksalzen verarmt ein solches Land; wegen
der mangelhaften Beschattung fehlt es auch an dauernder
Feuchtigkeit, die Ackerkrume wird leicht und schnell ausge-
trocknet, daher die Zersetzung der im Boden enthaltenen Sub-
stanzen verzögert, also keine nährenden Stoffe erzeugt- Da
also von keiner Ermüdung, wie sie bei Thier und Mensch ein-
-„Filly, Ermährungsverhältnisse. 15
EN. Ze
tritt, die Rede sein kann, so bedarf der Acker auch keiner
Ruhe; man hat nur dafür zu sorgen,. dass im Boden immer-
während assimilirbare Stoffe vorhanden sind, so kann man ihn
auch ununterbrochen bebauen. Endlich werden noch durch
den Anbau derselben Pflanze die physikalischen Eigenschaften
der Ackerkrume ganz einseitig verändert, und dies ist ein
anderer Grund, weswegen dieselbe Frucht nicht längere Zeit
hintereinander gedeiht. Um den Acker immer in einem guten
Kulturzustande zu erhalten, bedarf es nach den neuern Er-
fahrungen neben ; einer, ‚passenden Düngung keines andern
Mittels, als einer richtig geleiteten Wechselwirthschaft, einer
nie fesigestellten Fruchtfolge.
Alle Erfahrungen stimmen bis jetzt darin überein, dass
für die Wintergetreidearten unter allen die Leguminosen, als
da sind Klee, Luzerne, Esparsette, Wicken, Lupinen und Erb-
sen, die beste Vorfrucht sind. Die genannten Pflanzen sind
alle sehr blattreich und-beschatten daher, wenn sie dicht und
üppig stehen‘, den Boden fast''vollständig. "Dadurch 'wird der
Boden nicht nur feucht und mürbe erhalten, sondern "ach
das Licht wird so’ sehr "ausgeschlossen, dass 'die Unkräuter,
welche besonders dem Getreide so nachtheilig' sind‘) ersticken
müssen, "weil ohne "Licht keine‘ Vegetätion’ stättfinden ‘kann.
Eine ‘ähnliche Wirkung "haben selbst ‘üppig ‘stehende Halm-
früchte, ‘wenn sie grün geschnitten werden. Die dichte‘ Be-
schattung verhindert das schnelle Verdunsten; der Boden
wird 'selbst an den heissesten Sommertagen, wehn 'änders die
Pflanzen recht dicht stehen,‘ nie "ganz trocken. " Ebensowenig
wie "das Wasser’ können die Ammoniaksalze sich 'verflüchtigen,
und während der Nacht kann weniger Wärme ausgestrahlt
werden, so dass der Boden immer warm bleibt, wodurch die
Zersetzung "der Nahrungsstoffe befördert wird. Wie schon
öfter erwähnt, besitzen 'alle blattreichen ‚Pflanzen im ‘hohen
Grade die‘ Eigenschaft, Wasser: und Ammoniak 'aus der Luft
zu verdichten, ‘sie erschöpfen daher den: Boden’ nicht nur
nicht, sondern sie bereichern ihn sogar an Ammoniak. End-
lich verhindern diese Pflanzen das 'Verhärten" des Bodens,
— 27 —
weil sie’ den’ Zutritt‘ der Luft abhalten, welcher Umstand’ be-
sönders bei zähem, schwerem Boden zu’ berücksichtigen ist,
während bei leichtem Sandboden mehr die Bereicherung an
Nahrungsmitteln von Wichtigkeit bleibt.
Aus dem eben Gesagten ergiebt sich von selbst, "wie der
vortheilhafte ‚Einfluss' jener Gewächse nur‘ dann ein’ bemerk-
barer ist, "wenn sie"'sehr “üppig ' stehen. Lässt 'man jene
Pflanzen‘ abweiden,, so dass sie nie eine vollständige Decke
bilden. können, oder lässt man''sie"bis zur vollkommenen-Reife
stehen, 'so‘ ist der Erfolg‘ weit‘ geringer; man verfährt' 'am
besten 'so, sie'zweimal im Jahre bei nicht ‘zu trocknem Wetter
grün zu schneiden. Lässt man Klee und Luzerne_ viele Jahre
hintereinander stehen, und es entstehen pflanzenleere Stellen»
so wuchert das Unkraut wieder empor, der Erfolg ist ein
mangelhafter.
Für die Sommergetreidearten sind die sogenannten Hack-
früchte, Kartoffeln uud Riben, eine gute Vorfrucht, weil bei
ihrer Kultur die Unkräuter möglichst vollständig ausgerottet
werden.
Die bessere Beschattung ist jedenfalls ein Hauptfaktor
der Erscheinung, dass die sogenannten Gemengsaaten oder
Mengefutter weit besser gedeihen, als jede der Saaten für
sich allein; doch lassen sich damit keineswegs alle Erschei-
nungen, die man dabei beobachtet hat, genügend erklären,
z. B. die nicht, dass selbst Getreidearten, die beide dieselben
Stoffe aufnehmen und beide den Boden gleich schlecht be-
schatten, wie Roggen und Weizen, im Gemenge grössere Er-
träge liefern, als jede für sich.
Es müssen noch viele Beobachtungen gemacht und Ver-
suche angestellt werden, bis wir dahin kommen können, eine
einigermassen befriedigende Erklärung zu finden. Dennoch
hat die Erfahrung schon so viel gelehrt, dass wir die Brache
ganz entbehren können; sie ist nur noch da nöthig, wo eine
mangelhafte Fruchtfolge es verschuldet, dass der schwere,
feuchte Boden verhärtet ist. Denn bei einem leichten Boden
15"
Be
kann. von. einer‘ Brachwirthschaft überhaupt. keine Rede sein,
weil ein solcher durch. die 'Brache ‚nur verschlechtert wird,
ıla dureh das 'öftere Umbrechen die schen sehr leichte: Zer-
setzbarkeit und Verflüchtigung ‚ der organisehen Reste: ‚unge-
mein vermehrt würde.
In vielen Fällen: ist selbst: in schwerem Boden allein des-
wegen. eine Brache nothwendig, weil ‚die Beackeru ngswerkzeuge
mangelhaft und. dem Boden. nicht entsprechend sind, was
theils seinen Grund in einer unzureichenden Kenntniss ‚.theils
aber «in jener falschen Sparsamkeit hat, die sich scheut,
Kosten aulzuwenden, und nicht bedenkt, dass der Verlust: weit
grösser ist.
Beim » Verleger: dieses sind erschienen - und«; in. "allen
Buchhandlungen : zu haben:
Henry Lecog, (Professor der Naturge-
schichte zu Clermont - Ferrand, Direktor des botanischen
Gartens,. Vicepräsident der Gesellschaften des Acker- und
Gartenbaues der Auvergne etc.) von der natürlichen und
künstlichen Befruchtung der Pflanzen und von der Hybri-
dation nach ihren -Beziehungen .zu der. Gärtnerei und zu
der Land - und Forstwirthschaft; oder Studien über die
Kreuzungen der Pflanzen aller vorzüglichen Geschlechter
des Ziergartens, der Gemüseländerei, des Feldes und der
Forstkultur etc., nebst Angabe der praktischen Mittel, die
Hybridation zu bewerkstelligen und neue Pflanzenarten auf
die leichteste Weise hervorzubringen. Für Deutschland mo-
dificirt von Ferd. Freiherrn v. Biedenfeld. Zweite um 3
Bogen vermehrte Auflage. Duodez. Geh. 1 Thlr. 15 Sgr.
©. E. Nesbit, (Direktor der Landwirth-
schaftsschule zu Kennington), .der Peruanische Guano, seine
Geschichte, Zusammensetzung, Prüfung und befruchtende
Eigenschaften, verglichen mit. den wirksamsten bisher be-
kannten Düngemitteln, wie Knochenmehl, Oelkuchen, Stall-
mist etc. und endlich die beste Art seiner Anwendung in
der Landwirthschaft. Nach der 14. englischen Original-
auflage und mehreren werthvollen französischen und deut-
schen neueren Materialien frei bearbeitet von Dr. Chr. H.
Schmidt. Mit einer Figurentafel. gr. 8. Geh. 123 Sgr.
M. Neumann's, (Direktor der Gewächs-
häuser des Museums der Naturgeschichte in Paris( Kunst
der Pflanzenvermehrung durch Stecklinge, Steckreiser, Ab-
senker etc. Nebst einem Anhange über Verpackung und
Transport aller lebendigen Pflanzen und Sämereien in die
entferntesten Welttheile, so dass sie viele Monate lang ge-
fahrlos eingepackt bleiben können. Von Ferd. Freiherrn
v. Biedenfeld. Zweite Auflage. Durchgesehen und ver-
mehrt von J. Hartwig, Grossherzogl. Sächs. Hofgärtner
in Weimar. Mit 31 lithographirten Abbildungen. gr. 8.
Geh. 10 Sgr.
A Laubinger, (dekonem und Draineur
in Göttingen,) einfache und populäre Darstellung der Drai-
nage als Grundlage der neuern Landwirthschaft, oder genaue
und ausführliche Beschreibung ihrer praktischen Ausführung
auf die leichteste und beste Art. Ein nothwendiges Hand-
und Hülfsbüchlein für jeden praktischen Landwirth oder
Bauersmann, der seine Felder selbst drainiren will. Mit
32 Figuren auf 8 Tafeln. 8. Geh. 73 Sgr.
Dr. HM. H. Schilling, (könig!. preuss.
Oekonomie- und Specialkommissär a. D.), Grundsätze der
landwirthschaftlichen Bodenschätzungslehre mit besonderer
Rücksicht auf die Landeskulturgesetzgebung der preussi-
schen Staaten. Zum Gebrauch bei Grundsteuer - Regulirun-
gen, Gemeinheitstheilungen, Ablösungen, Exproprialionen,
Allodificationen, Gutsübergaben und Rechtsstreitigkeiten. Für
Verwaltungs - und Auseinandersetzungsbehörden, Taxatoren,
Boniteurs, Rechtsgelehrte und alle gebildeten Landwirthe,
er. 8. Geh. 20 Ser. hr;
Dr. MW. H. Schilling, (königl. preuss.
Oekonomie- und Specialkommissär a. D.) ökonomisch-tech-
nische Grundsätze, wie solche zur Anwendung kommen bei
Schätzung von Bodennutzungen und Reallasten, bei der Ent-
wickelung des Hütungstheilungs-Massstabes, bei den Entfer-
nungs - und Sollhabenberechnungen, den Landtheilungsre-
gulirungen, Grenzbeschreibungen, Auseinandersetzungsre-
zessen, Kostenauseleichungsberechnungen und den sonstigen
Geschäften des Oekonomiekommissars bei aufzunehmender
Taxe, Uebergabe und Rückgewähr von Landgütern; mit be-
sonderer Rücksicht auf die Landkulturgesetzgebung der preus-
sischen Staaten. Zum Gebrauch für Auseinandersetzungs-
und Verwaltungsbehörden, Kreisverordnete, Feldmesser , für
die bei Gemeinheitstheilungen und Ablösungen betheiligten
Parteien und deren Sach- und Rechtsverständigen-Beistände.
or. 8. Geh. 15 Sgr.
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