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Full text of "Die Ernährungsverhältnisse in der Pflanzenwelt. Mit Rücksicht auf die Landwirthschaft populär dargestellt"

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in der 


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Die 


Ernährungsverhältnisse 


in der 


Pflanzenwelt. 


Mit Rücksicht auf die Landwirthschaft 


er darsesteiiet 
von 


Carl Filly, 


Lehrer der Naturwissenschaften. 


Mit 2 Figurentafeln. 


Weimar, 1860. 


Bernhard Friedrich Voigt. 


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Vorrede, 


Durch die. vorliegende Arbeit will der Ver- 
fasser zunächst die Lehren, welche die Pflanzen- 
kunde und die Chemie in den letzten Jahrzehnten 
über das Leben der Pflanzen, soweit sie die Er- 
nährung betreffen, ausgebildet haben, einem grös- 
sern Publikum zugänglich machen. Er hat sich 
daher bemüht, den Stoff in allgemein verständ- 
licher Sprache zu behandeln; in dem Bestreben, 
den Gegenstand so klar wie möglich zu behan- 
deln, konnte eine gewisse Breite des Ausdrucks 
nicht immer vermieden werden ; eben so wenig 
waren Wiederholungen zu umgehen. Neben jenem 
allgemeinen Zweck verfolgt der Verfasser den 
besondern, durch Verallgemeinerung der Ergeh- 
nisse der Wissenschaft, tief eingewurzelte und 
oft sehr nachtheilige Vorurtheile zu bekämpfen, 


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weil diese den wahren Fortschritt zum Bessern 
hemmen. 

Um jedoch dem Buche auch einigen prakti- 
schen Werth zu geben, ist der Verfasser auf die 
Lehre der Landwirthschaft in dem Masse einge- 
gaugen, als dies in einer Arbeit möglich ist, die 
nicht speziell Ackerbaukunde sein kaun und sein 
soll. Es trägt daher; diese /zweite Abtheilung 
auch wesentlich den Charakter einer Nahrungs- 
mittellehre der Pflanzen, weshalb alle rein techui- 
schen Arbeiten übergangen sind. 

Schliesslich sei’ noch’ benierkt, dass die'Sehrift 
kemen andern Anspruch" macht als den) "was die 
Wissenschaft gelehrt,’ in weitere Kreise" zu ’tra- 
sen, dadurch aber die Bildung‘ allgemeiner ‘zu 
machen; nicht Jeder kaniı 'Fachwerke studiren. 
Möge sie ihren Zweck erreichen‘! um 


"GarFFilly. 


Inhaltsverzeichniss. 


Seite 
Vorrede . ! & ‚ilsz ET 
Erste Abtheilung. 

Die Ernäbrung, ter Pflanzen 
Einleitung a ENSENTE R aica sca, ae ya 

Erstes Kapitel. | 
‚Von den Nahrungsstoffen : i - Bee . 10 


Historisches — 
Der Kohlenstoff 21 
064 Der Stickstoff ; ö : L . . .. 
Das Wasser . . ae a Du 
Die Salze, der Eike ie Schwefel SR 33 
Nahrungsmittel der Schmarotzer . 41 


Zweites Kapitel. _ 


Yon der Aufnahme der ee und ihrer 


Fortbewegung durch die Pflanz 3 ö > - 
‘= Vom Bau der Pflanze . a Ka nn rad . _ 
Die Organe der Nahrungsaufnahme ._,... hai AB 


"© Die Organe der Säfteleitung im Innern der Pflanze. te, 


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Seite 


Ursachen der Aufnahme der Nahrungsstoffe und ihrer Fort- 
leitung durch die ganze Pflanze 
Historisches 
Die Endosmose und die EBEN 


Drittes Kapitel. 


Von der Verarbeitung der Nahrungsstoffe 


Allgemeines . 

Stickstofffreie Pinbuematis 

a. Indifferente Kohlenhydrate } j i e . . 
Zellulose . a BE TR ß . 


Stärkemehl, Inulin, Moosstärke 
Gummiarten; Dextrin, Arabin . : - 
Zuckerarten; Rohrzucker, Traubenzucker, Frucht- 


zucker, Milchzucker . > b e . 
b. Pektinkörper und Pflanzenschleim . . j 1 Po 
c. Fette 2 i ; - > 5 > . 
Margarin 2 } : } . . 
Stearin . 
Palmitin ... - 193]: . FEW 
Olein ei 
Olin ; ; 
d. Organische Säuren . s 2 . : . 
Kleesäure . 
Aepfelsäure . . ; u Sa ; 2 . 
Citronensäure 
Weinsäure . a ; f t > 
Stickstoffhaltige Varkinacheen . . . ; „oe 
a. Proteinkörper . F ; : s F i , 
Kleber . - i . . . . . 
Pflanzenleim . 
Albumin ? . s . 
Kasein ee 


b. Alkaloide ! 
Kaffein oder Thein z r ’ ü . . 
Theobromin . . . - 

Historisches 

Chemische Vorgänge in Fr es 

Einfluss der Wärme . 

Zellenbildung 


36 
59 
62 


| Viertes Kapitel. 
Yon der Ausscheidung s } } ’ 
Die Ausscheidung tropfbar-Nüssiger Stoffe 
"" Die Transpiration” . { i 
Die Respiration } ? ’ ’ . - z 3 1 
Zweite Abtheilung. 
Der Ackerbau. 
Erstes Kapitel. 
Die Erde und die Atmosphäre. 
Von der Erde . . . . b / j i R 
Die Atmosphäre . . : . . . ; . . 
Das Wasser ; 


Die Wärme . . - . . . ; . . 
Zweites Kapitel. 
Die Bestandtheile des Ackerbodens . ’ . 
Drittes Kapitel. 
Von dem Einfluss des Bodeus auf die Ernährung 


der Pflanzen . H ; } : - r r d 


Viertes Kapitel. 


Von der Bodenverbesserung oder Melioration 
Entwässerung und Bewässerung . . . . 
Meliorationen durch Zufuhr von Erdarten . . . . 

Sand . j P . . . : P “ . 
Lehm . . “ . " “ . “ . . 
Humus . - . . ‘ x . “ ® . 
Kalk und Mergel . . ; f . . 


Fünftes Kapitel. 
Von der Düngung . 
Allgemeines 


132 


146 


Seite 
Analysen der Asche von Kulturpflanzen : k ; . 18 
Der Stalldünger . - - - 1 3 E . 190 
Die Poudrette s ’ ? . “ . . 4 . : 206 
Der Guano; Knochenmehl. Zukerkohle, Rapskuchen . .: 208 
Der Chilisalpeter . E R 2 . } & € .. 216 
Die Düngsalze; Asche und Gips . . . . . . 218 
Die Gründüngung . - . 4 E ® - . . 221 


Sechstes Kapitel. 


Von der Fruchtfolge . 225 


Erste Abtheilung. 


Die Ernährung der Pflanzen. 


Filly, Ernährungsverhältnisse, 1 


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Einleitung. 


Wenn man vor gar nicht langer Zeit von der Pflanzen- 
kunde als einer Wissenschaft sprach, so erhielt man als Ant- 
wort ein mitleidiges Achselzucken. Diese Missachtung ' war 
auch, wenigstens theilweise, wohl verdient, als man glaubte, 
die Pflanzenkunde bestehe darin, möglichst viele Pflanzenna- 
men zu kennen und recht viele Pflanzen getrocknet in Papier 
aufbewahrt zu haben, jede einzelne wohl versehen mit einem 
lateinischen Namen. Sejtdem hat die Pflanzenkunde gewaltige 
Fortschritte gemacht; sie greift tief in fast alle Zweige der 
Naturwissenschaften ein; ohne Kenntniss der Pflanzen und 
ihres anatomischen Baues ist jeder Fortschritt in vielen Theilen 
der Chemie rein unmöglich. Aber mehr noch als die Wissen- 
schaften im engern Sinne ist der materielle Fortschritt des 
Menschengeschlechts von den Fortschritten der Pflanzenkunde 
bedingt; denn da die Grundlage und das Ziel jedes Fort- 
schrittes auf staatlichem und gesellschaftlichem Gebiete das 
Wohlbefinden des Einzelnen ist, diess aber von der Leichtig- 
keit abhängt, die körperlichen Bedürfnisse zu befriedigen, so 
muss natürlich die Wissenschaft, von der die Landwirthschaft 

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lernen kann, vor allen gar mächtig auf diese Entwickelung 
einwirken. ; 

Aber auch ein ästhetisches Interesse treibt uns zum Stu- 
dium der Pflanzen. Keiner unserer Sinne vermag wie das 
Auge dem Menschen die Schönheit und Grösse der Schöpfung 
zu zeigen; jedoch auch kein Gegenstand kann wie die orga- 
nische Welt das Auge immer aufs Neue fesseln, aufs Neue 
beschäftigen. Ueberall, wohin die Wanderlust den Menschen 
treibt, in der eisigen Polarzone, wie unter den glühenden 
Strahlen der Tropensonne, auf den sehneebedeckten Gipfeln» 
wie in den lachenden Ebenen und Thälero, ja in den tiefsten 
Tiefen des Oceans regt sich organisches Leben; während 
Humboldt auf dem Rücken der Anden in Südamerika, in 
einer Höhe von 18000 Fuss, geflügelte Insekten sah, hat Eh- 
renberg in neuerer Zeit in Proben des Meeresbodens aus 
einer Tiefe von 20000 Fuss organische Wesen entdeckt. Ist es 
die Thierwelt, die das Auge besonders fesselt?.. Ist,es das 
thierische Leben, das einem ‚Lande seinen, eigenthümlichen, 
unauslöschlichen: Charakter verleiht? Die Kleinheit der Mehr- 
zahl tierischer Geschöpfe, ihre, Minderzahl' und, Beweglichkeit 
verhindern im Allgemeinen eine unmittelbare, Anschauung, 
machen es unmöglich, mit einem ‚Blick der Seele, ein Ge- 
sammtbild einzuprägen. ‚Die Pflanzendecke ist es, die. zuerst 
und unmittelbar das Auge anzieht; die unbegrenzte, Zahl der 
Einzelwesen, die starr und an den Boden gefesselt ‚dastehen, 
machen es dem. Menschen möglich, mit. einem Blick ein Ge- 
sammtbild zu fassen;. während das flüchtige Reh, der leicht- 
beschwingte Vogel, selbst der langsame Stier dem Auge. ent- 
schwinden, findet es einen sichern Ruhepunkt in einer Baum- 
gruppe, in einem Gestrüpp, das dem Ufer eines Flusses folgt; 
der landschaftliche ‘Charakter , hängt nur von. den :ihn- be- 
deckenden Pflanzen ab. Ein anderes Bild gewährt eine Land- 
schaft in der kalten Zone, wo wenige Pflanzenarten unabseh- 
bare Strecken Landes bedecken, unter ihnen. besonders Flech- 
ten, und Moose; anders ist es unter den Tropen, wo. ein un- 
endlicher Reichthum von Formen herrscht; wo das Auge ruhe- 


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los von einer Gestalt zur andern schweift, jede folgende immer 
noch wunderbarer als die vorhergehende. Dennoch unterliegen 
hier wie: dort die Pflanzen denselben Lebensbedingungen; ihre 
Ernährung ist dort wie hier von denselben Einflüssen, nur 
in verschiedenem Grade abhängig. Die Ernährung der Pflanzen 
ist es, die uns hier beschäftigen soll. 

Ueberall, wohin der Mensch sich wendet und seine Hütten 
baut, findet er entweder die Pflanzen, die er zu seiner und 
seiner treuen Begleiter Erhaltung bedarf, oder er ringt sie 
gewaltsam dem Boden ab; er verändert mit tausend und aber 
tausend Mitteln den Boden so lange, bis er die gewünschte 
Ernte trägt. Stiller und geräuschloser, aber desto gewaltiger; 
schafft die Natur nach wnabänderlichen, ewigen Gesetzen. 
Wird durch vulkanische Kräfte ein neues Land’ aus dem Bo- 
den‘des Meeres gehoben, — die‘ Oberfläche der. Erde ist 
ewigem Wechsel, ewigen Veränderungen unterworfen, sie ist 
immer im Werden und: Vergehen, — so siedeln sich bald 
Pflanzen, deren Samen durch Wind und Wogen herbeigeführt 
werden, auf dem zertrümmerten Gestein an, es bildet sich an 
der vorher nackten Klippe eine Pflanzendecke, die Thier und 
Mensch: zur Niederlassung lockt. Auf dem kahlen Gestein, ist 
 es-einmal der Einwirkung der atmosphärischen Luft ausge- 
setzt, gedeihen zunächst Algen und Flechten, kleine unschein- 
bare Pflänzchen, die der Ungeübte nicht für solche hält. Diese 
dringen mit ihren Wurzeln in die feinen Spalten und Risse, 
zerbröckeln das Gestein und machen so den Boden fähig, 
grössern Pflanzen Nahrung und Halt zu bieten. Licht und 
Luft, Feuchtigkeit und Wärme sind es, von deren Menge die 
grössere oder geringere Schnelligkeit dieser Umwandlung be- 
dingt ist. 

Von der Fülle an Pflanzen hängt die Kultur eines jeden 
Landes, hängt der Reichthum und das Wohlbefinden seiner 
Bewohner ab, viel weniger von mineralischen Schätzen; denn 
„wer würde seinem Sohne ‘einen Stein bieten, wenn er um 
Brod bittet!“ Wo die Natur ihre Gaben karg: vertheilt, da 
ist: der Mensch gezwungen,‘ durch eigene Kraft und. Thätig- 


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keit dem Boden das abzuringen, ‚was er nicht freiwillig: giebt; 
diess ist zugleich sein Segen, denn Arbeit und Nachdenken 
sind die Hebel seiner Kultur und seiner Vervollkommnung; 
Arbeit ist das Losungswort der Kulturvölker in unserer Zeit 
geworden. Wo aber der Mensch nur zu geniessen hat, was die 
Natur ihm ohne sein Zuthun Alles beut, wo ein einziger Baum, 
wie die Kokospalme, Nahrung, Kleidung und Wohnung giebt, 
da lebt er in trägem Sinnen dahin, fühlt sich wohl und zu- 
frieden, ohne Sinn und Bedürfniss für ein höheres Streben; 
er bleibt in näherer Beziehung zum Thiere. Darum sind die 
Geburtsstätten der Gesittung nicht jene glücklichen Himmels- 
striche, wo die scheitelrechten ‘Strahlen der Sonne einen 
ewigen Frühling, eine unendliche Fülle des Pflanzenlebens er- 
zeugen, und wo gerade in Folge dieser Fülle Hungersnoth 
nicht zu den Seltenheiten gehört; nur in den kältern Zonen, 
wo der Mensch im ununterbrochenen Kampfe mi} den elemen- 
taren Kräften sein Dasein fristet, dadurch aber gerade Körper . 
und Geist stählt, kann Gesittung ‚und Fortschritt wohnen. 
Zwar ist alle Bildung und Kultur vom mildern Orient ausge- 
gangen; doch bald ist sie dort erstarrt, das Bedürfaiss war 
bald befriedigt, darum die machtlosen Zustände in den orien- 
talischen Reichen ; die höhere Gesiltung gedieh erst im höhern 
Norden, vor allen bei den Völkern deutschen Stammes. 

Das unablässige Streben, die Erzeugnisse des Bodens zu 
vermehren und zu veredeln, treibt den Menschen, nach den 
Bedingungen zu forschen, unter denen die Pillanzen gedeihen; 
er bildet sich je nach dem Standpunkte seiner Kenntnisse 
eine mehr oder weniger richtige Vorstellung davon, wie die 
Ernährung der Pflanzen erfolgt, und sucht ihnen das zu bie- 
ten, was sie nach seiner Meinung zu ihrem Wachsthum  be- 
dürfen. Wir wollen versuchen, Alles das, was man bis jetzt 
darüber weiss, was Erfahrung und Wissenschaft, die Leiterin 
der Erfahrung, lehren, zusammenzustellen und die für den 
Ackerbau wichtigen Folgerungen daraus zu ziehen. Doch muss 
gleich hier bemerkt werden, dass unsere Kenntnisse noch sehr 
mangelbaft, dass Vieles nur Vermuthung und nur Weniges 


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sicher erforseht ist, ‚dass wir ‚in den meisten Fällen nur m 
der'Lage sind, die Aufgaben anzudeuten, nicht: sie zu lösen ; 
einer -spätern Zeit muss diess vorbehalten bleiben. Auch soll 
diese Schrift kein ‚Lehrbuch der Landwirthschaft. sein, - soll 
keine. unfehlbaren Mittel enthalten, wie man den Ertrag ver- 
zehnfachen kann; es soll einfach dazu beitragen, die Kennt- 
niss der Natur zu verbreiten und falsche Vorstellungen, unter 
denen leider der Wunderglaube noch eine grosse Rolle spielt, 
zu bekämpfen. 

Weder im Alterthum noch im Mittelalter hat man sich 
damit beschäftigt, auf wissenschaftlichem Wege zu erforschen, 
unter welchen Verhältnissen und Bedingungen das Pflanzen- 
leben möglich sei. Tauchte ja die Frage einmal auf, so ver. 
tiefte man sich in mystische. Betrachtungen, forschte gleich 
nach den letzten Gründen, statt‘ das Zunächstliegende zu 
prüfen, und verlor so allen Boden der Wirklichkeit. Während 
wir. heute bei den Pflanzen. selbst anfragen, suchte man früher 
das Leben von, einem allgemeinen Prinzip aus zusammenzu- 
setzen; doch die Natur lässt sich keinen Zwang anthun; sie 
will vorher erforscht sein, ehe man ‘sich an die Erklärung der 
Erscheinungen wagen: darf. Indem man das Nahe und Greif- 
bare übersah, traten die gedankenlosesten Behauptungen an 
die Stelle ruhiger und bewusster: Prüfung, weshalb 'es denn 
gar nicht zu verwundern ist, wenn. noch heute der Landmann 
gar wenig Vertrauen zu den wissenschaftlichen Lehren : über 
die Ernährung der Pflanzen hat. Er hat bisher immer aus 
eignen Erfahrungen, die, wenn:auch ungeordnet und oft falsch 
anfgefasst, doch immer. Erfahrungen waren, sein Verhalten 
regeln müssen, und er ist nur schwer dahin zu bringen , ‚Et- 
was anders zu machen, als es sein Urahn gemacht hat. Nur 
die Macht des Beispiels kann hier wirken. 

Erst Malpighi fing.an, auf. ‚wahrhaft  wissenschaft- 
lichem Wege das Leben der Pflanze. ‚zu erforschen, dic Thä- 
ligkeit , der einzelnen Organe und ihr gegenseitiges Verhalten 
zu untersuchen. ‚Aber er ‚stand: fast allein, und seine An- 
regung ging für lange Zeit verloren, als man anfing, das 


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Wesen‘ der Pflanzenkunde darin zu suchen, imöglichst viele 
Pflanzen zu nennen, zu beschreiben und sie dann fein säuber- 
lich an den richtigen Ort im System zu stellen. Es war 
diess eine Zeit, in der man es für sündlich hielt, in die ge- 
heime Werkstätte der Natur eindringen und das Werden und 
Vergehen der organischen Wesen belauschen zu wollen; eine 
Zeit, in der man singen. konnte: 

„Ins Innere der Natur 

Dringt kein erschaffner Geist ; 


‘ Glückselig, wem sie nur 
Die äussere Schale weis’t!« 


worauf Goethe mit Recht antwortete: 


„Natur ist weder Keru, noch Schale; 
Sie ist Alles mit einem Male. 

Drum prüfe dich nur allzumeist., 

Ob Kern du, oder Schale sei’st ?* 


Wo sich Fragen nach dem innern Bau der Organe und 
ihrer Thätigkeit bei Thier und Pflanze aufdrängten, da war- 
man mit der Lebenskraft zur Hand, ,Wie geht es zu, dass 
der Same nur bei Gegenwart von Feuchtigkeit und bei emer 
gewissen Wärme keimt?‘“ — Das thut die Lebenskraft. — 
„Warum bleichen die Pflanzen in der Dunkelheit und grünen 
im Licht? — Die. Lebenskraft will es so. — So war es 
überall die Lebenskraft, und Du Boys-Raymond sagt in 
seinen Untersuchungen über thierische Elektrieität sehr tref- 
fend von der Lebenskraft: „Die Lebenskraft ist der unüber- 
steigbar breite Graben, von dem der Wettrenner auf der Balın 
mit Hindernissen fälschlich ‘gehört hät, den er nun hinter 
jeder Hecke wähnt und dadurch moralisch gelähmt wird.“ - 

Es: ist des Menschen unwürdig, sich selbst eine unüber- 
steigliche Schranke zu setzen; eine solche verhindert jeden 
Fortschritt des Menschengeschlechts, während es unsere Auf- 
gabe ist und bleibt, immer''weiter und weiter der Vollkom- 
menheit näher zu streben, mag sie auch wunerreichbar sein; 
nur ein trostloser geistiger Zustand kann ‘den Sündenfall be- 


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klagen, durch den wir zum Forschen und Streben, zu gei- 
stigem Leben gediehen sind. 

Erst mit dem Beginne des gegenwärtigen Jahrhunderts, 
des Jahrhunderts des Materialismus, wie man es so gerne 
nennt, fing man an, wie die Naturwissenschaften im Allgemei- 
nen, so auch die Pflanzenkunde vernunftgemäss zu behandeln, 
den Lebens- und Ernährungsverhältnissen der Pflanzen nachzu- 
spüren. An die Stelle geistreicher Gedankensprünge traten 
ernste Untersuchungen, verknüpft mit tausend Mühseligkeiten 
und tausend erfolglosen Versuchen. _ Die seitdem gemachten 
Fortschritte stehen in innigem Zusammenhange mit den Fort- 
schritten der Chemie. Ohne chemische Kenntnisse und Be- 
trachtungen, ohne Vergleiche mit den Erscheinungen in der 
anorganischen Welt ist eine auch nur annäherungsweise rich- 
tige Lösung der Aufgabe rein unmöglich. Eben so wichtig ist der 
Gebrauch der Mikroskope, da sich ohne sie die chemischen 
Thätigkeiten im kleinsten Raume, im Innern der Zellen, nicht 
verfolgen lassen. Um bei der Untersuchung der Lebens- 
erscheinungen - der Pflanze nur einige Aussicht auf Erfolg zu 
haben, muss man Botaniker und Chemiker zu gleicher Zeit 
sein. 


= 


‘Erstes Kapitel. 


Von den Nahrungstolfen. 


Wenn man die Pflanzen. in ihre. letzten -Bestandtheile, 
oder, wie man: sich wissenschaftlich ausdrückt, in ‚ihre 'Ele- 
mente zerlegt, so kommt man zu dem überraschenden Re- 
sultate, dass alle Theile, mögen sie auch die verschiedensten 
Eigenschaften und Verrichtungen in der lebenden Pflanze ha- 
ben, mögen sie von der Wurzel oder dem Stamme, den 
Zweigen oder den Blättern, den Blüthen oder Früchten ge- 
nommen sein, dass alle diese Theile wesentlich aus vier ein- 
fachen, nicht weiter zerlegbaren Stoffen bestehen. Der Kohlen- 
stoff, Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff, in den verschie- 
densten, aber doch gesetzmässigen Mengen vereinigt, setzen 
jede Pflanze zusammen; und nicht nur die Pflanzen, sondern 
auch die Thiere verdanken diesen sogenannten organischen 
Elementen ihr Dasein, mit dem einzigen Unterschiede, dass 
der thierische Leib mehr stickstoffhaltige Verbindungen be- 
sitzt als der pflanzliche. Man hat deswegen diese vier Stoffe 
nicht ohne Berechtigung organische Grundstoffe genannt, ob- 
gleich sie theils frei, theils in Verbindungen auch in der an- 
organischen Welt weit verbreitet sind, indem unter Anderm 


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das Wasser aus Sauerstoff und Wasserstoff besteht, die atmo- 
sphärische Luft aber ein Gemenge von Stickstoff und Sauer- 
stoff ist. Wir werden später sogar einsehen, dass diess  Vor- 
kommen jener Stoffe in der anorganischen Welt die Möglich- 
keit des organischen Lebens bedingt. 

- Ansser den organischen Elementen enthalten alle Pflanzen 
und alle Pflanzentheile grössere ‘oder geringere Mengen anor- 
ganischer Stoffe, die wir, so weit unsere Kenntnisse reichen, 
für ebenso unentbehrlich für das Pflanzenleben halten müssen, 
wenn gleich wir durchaus noch nicht im Stande sind, zu 
sagen, auf welche Weise sich ihre Thätigkeit äussert, welche 
Aufgabe sie zu erfüllen haben. 

Doch unter welcher Gestalt gelangen Kohlenstoff, Stick- 
stoff, Wasserstoff und Sauerstoff in die Pflanze? In welchen 
Verbindungen bietet sie die Natur den Pflanzen zur Nahrung? 
In den verschiedenen Entwickelungsepochen. der Wissenschaft 
werden wir die sonderbarsten Antworten auf jene Fragen fin- 
den, um so sonderbarer, je mehr man sich von der !ruhigen 
Betrachtung des Gegebenen entfernte, je kühner man in der 
Erfindung geistreicher Systeme war. Wir werden sogar ge- 
stehen müssen, dass noch heute, wo man in vielen Stücken 
der Wahrheit nahe gekommen ist, oft die lächerlichsten An- 
sichten eine weitverbreitete Geltung haben. Schon deswegen 
ist es wichtig, in Folgendem historisch zu verfahren, um er- 
erbte Vorurtheile mıt Erfolg widerlegen zu können. 

Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts nahm man fast 
allgemein an, dass die Pflanzen einzig und allein vom Wasser 
lebten. Es darf uns diese Annahme nicht in Verwunderung 
setzen, wenn wir bedenken, dass man die Zusammensetzung 
des Wassers eben so wenig, als die der Pflanzen, kannte, dass 
man nicht wusste, wie das Wasser aus Wasserstoff und Sauer- 
stoff besteht und sogar künstlich erzeugt werden kann, dass 
' man mit einem Worte noch keine Ahnung von dem Wesen 
chemischer Verbindungen hatte. Dagegen sprachen, so glaubte 
man, ‚für die Richtigkeit der Annahme sogar darüber ange- 
stellte Versuche. ‘Ein Gelehrter, Helmont,' hatte nämlich 


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eine Weide in eine abgewogene Menge Erde gepflanzt und 
sie. nur mit Regenwasser begossen, das er für chemisch rein 
hielt; nach fünf Jahren hatte sich das Gewicht der Erde nicht 
vermindert, dagegen das der Weide um i50 Pfund zugenom- 
men. Andere, welche bestritten,. dass die Pflanzen vom 
Wasser allein leben könnten , setzten an die; Stelle dieser Be- 
hauptung ‚eben so wenig oder noch weniger begründete. So 
meinte. der französische Physiolog Bonnet, das ‚Wasser. löse 
die fettigen, erdigen und‘ salzigen Bestandtheile ‚des Bodens 
auf, und diese Lösung sei die einzige Pflanzennahrung, wäh- 
rend Münchhausen die fruchtbare Gartenerde für eine 
Verbindung thierischer und pflanzlicher 'Stofle ‚hielt, deren 
Auflösung. in Wasser. wie Fleischbrühe schmecken müsse. 
Heute würde er eine solche Behauptung nicht aufstellen, Abmıe 
diesen Auszug wirklich gekostet zu haben. 

Von dem einen Extrem, das: Wasser allein ernähre die 
Pflanzen, war ein leichter Sprung zum andern, nach: welchem 
die Pflanzen nur von den Ueberresten organischer Körper, 
von Thier- und Pflanzenleichen: ihre Nahrung bezögen, und 
Theodor Saussure”s Behauptung, ‚ Wasser und Kohlensäure 
seien die Hauptbedingungen des Pflanzenlebens, . wurde von 
allen Seiten und mit allen Mitteln bekämpft. 

Saussure’s Lehre gründete sich auf: die Entdeckung» 
dass. Kohlenstoff ein Element, und dass: der Hauptbestandtheil 
aller Pflanzen gerade dieser ‚Kohlenstoff ist. Die Kohle aber 
als solche kann wegen ihrer Starrheit und wegen ‚ihrer Un- 
löslichkeit in Wasser nicht in die Pflanzen gelangen ; dagegen 
ist ‚die Kohlensäure, die sich bei allen Verbrennungs - und 
Verwesungsprozessen bildet, in ‘Wasser leicht löslich ,. wie alle 
moussirenden Getränke beweisen, indem die beim. Aufschäu- 
men entweichende Luft eben Kohlensäure. ist. Während nun 
Saussure behauptete, die'in die Pflanzen aufgenommene 
und dort zersetzte Kohlensäure liefere die für ‚die Ernährung 
nöthige Kohle, indem ein Thail des Sauerstofls ausgeathmet 
wird, waren Andere der Meinung, der Humus wäre die einzige 
Quelle ‚für den Kohlenstoffgehalt der Pflanze und ginge un- 


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verändert in dieselbe über. Aber auch diejenigen, welche 
darüber einig sind, dass die Kohlensäure den Pflanzen zum 
Nahrungsmittel dient, sind verschiedener Ansicht über die 
Quelle derselben, indem die Einen sie nur aus dem Boden 
kommen lassen, die Andern dagegen, unter ihnen Saussure, 
zu beweisen suchen, wie die Atmosphäre der hauptsächlichste 
Lieferant derselben ist. / 

Die Aufnahme des Wassers bestritt eigentlich Niemand; 
wohl aber sind die Ansichten darüber verschieden, welche 
Rolle es in der Pflanze spiele. Von der einen Seite giebt 
man an, das Wasser sei einzig und allein ein Lösungsmittel 
für die Nahrungsstoffe und werde vollständig wieder ausge- 
schieden, nachdem die Pflanze die darin enthaltenen nähren- 
den Stoffe sich angeeignet habe; dagegen stellt man auf der 
andern Seite die Bedeutung des Wassers als Lösungsmittel 
nieht in Abrede, behauptet aber, dass das Wasser mit andern 
Stoffen wahrhafte Verbindungen eingehe und so als wirkliches 
Nahrungsmittel diene. Letztere Ansicht ıst um so gerecht- 
fertigter, als eine grosse Zahl organischer Verbindungen derart 
zusammengesetzt ist, dass sie Wasserstoff und Sauerstoff in 
denselben Mengenverhältnissen enthalten, wie sie im Wasser 
mit einander verbunden sind; statt vieler Stoffe nennen wir 
hier nur das Stärkemehl und den Zucker. 

Gegen die Lehre, die Kohlensäure sei es hauptsächlich, 
welche der Pflanze den ihr nöthigen Kohlenstoff zuführe, 
macht Treviranus geltend, einerseits könne ‘die Kohlen- 
säuere nicht aus dem Boden aufgenommen werden, weil die 
Zersetzung des Düngers in Kohlensäure, Ammoniak und Wasser 
nur an der Oberfläche stattfinde; anderseits könne sie um 
deswillen nicht aus der Luft stammen, weil die Aufnahme 
derselben nur im hellen Sonnenschein möglich sei; da aber 
die Pflanzen weit längere Zeit im Schatten als im Sonnen- 
schein lebten, so sei es überhaupt undenkbar, dass die Koh- 
lensäure ein Nahrungsmittel für die Pflanzen abgäbe. Meyen 
giebt zwar zu, dass die Pflanzen etwas Kohlensäure aulneh- 
men; doch könne diess nur sehr wenig sein, da die At- 


Bu 14 mer 


mosphäre nur vier Theile von diesem Gase ‚auf  zehntausend 
Theile Luft enthalte. ‚Daher, ‚so. schliesst er weiter,, sind ‚es 
die in. der Ackerkrume enthaltenen Stoffe, der Humusextrakt, 
die. Humussäure uud die Humuskohle, welche. von den Pflan- 
zen. unverändert aufgenommen und erst im Innern derselben 
verarbeilel werden. 

Die Ansicht, dass nur organische Stoffe den Pflanzen. zur 
Nahrung dienen können, ist unter den ‚Landwirthen , selbst 
unter den. einsichtsvollen, allgemein verbreitet und verhindert 
leider zu, oft, dass die an der Hand der Wissenschaft 'ge- 
machten Erfahrungen, in’ der Landwirthschaft die gerechte 
Würdigung und Verwerthung finden. 

Da man aber noch ‚nie Humussäure und ähnliche orga- 
nische Stoffe ın den. Pflanzensäften gefunden. hat, so glaubt 
Schultz in Berlin den Schlüssel zur Erklärung. dieses: Um- 
standes entdeckt zu haben. , In seiner Schrift, ‚die den viel- 
versprechenden Titel führt: „die Entdeckung ‘der wahren 
Pflanzennahrung,“ lehrt er, die organischen Bestandtheile der 
fruchtbaren Ackererde würden schon ausserhalb der Pflanzen 
durch Berührung mit den Würzelchen derselben vorbereitet, 
und..nur Gummi, Zucker und Pflanzensäuren, besonders Milch- 
säure, wären den Pflanzen mundgerecht und: dienten ihnen 
zur Ernährung. Der Versuch, den er zum Beweise, für diese 
Behauptung anführt, ist zu interessant, um ihn hier nicht an- 
zuführen. Er legte nämlich Wurzeln, besonders Mohrrüben, 
in wässerige Zuckerlösungen und andere Flüssigkeiten , und 
fand zu seiner grossen Ueberraschung, dass die Flüssig- 
keiten sich veränderten. Die Chemiker sind allerdings unhöf- 
lich genug, zu sagen, dass der ausgepresste Saft einer Mohr- 
rübe denselben Erfolg gehabt haben würde; nicht die Wurzeln 
seien es, welche die Veränderungen hervorrufen, sondern die 
in. den Wurzeln enthaltenen Stickstoffverbindungen seien das 
Ferment, und der Vorgang sei nur eine Gährung. | 

Blicken wir auf die vorgetragenen Lehren zurück, so 
wird auch der Unbefangenste eingestehen, dass keine der- 
selben auch nur einigermassen genügenden Aufschluss darüber 


giebt, welche Stoffe denn’ eigentlich von‘ den Pflanzen ver- 
zehrt werden, wenn wir uns dieses Ausdrucks bedienen dürfen. 
Alle ‘diese Ansichten sind entweder in der Studirstube ent- 
standen, höchstens auf Versuche im kleinsten Massstabe ge- 
stützt, oder sie sind der Ausfluss einer rohen, ungeordneten 
Erfahrung; ‘man hat weder Rechnungen noch Vergleiche an- 
gestellt. Niemand hat die organische Schöpfung in ihrer Ge- 
sammtheit betrachtet, Niemand hat die Frage gestellt, wie die 
Schlussrechnung ausfallen muss, wenn man das ewige Wer- 
den und Vergehen in der Natur in Rechnung zieht. Erst 
Schleiden und Boussingault haben auf den Gesammt- 
haushalt der Natur hingewiesen und aus Versuchen im Grossen 
ein "Bild ’der Pflanzenernährung in seinen Grundzügen ent- 
wickelt. 

Die Geologie oder die Entwickelungsgeschichte der Erde 
setzt uns in den Stand, in allgemeinen Umrissen den Zustand 
der Erde und ihrer Bewohner in den verschiedenen Zeiten 
ihrer Entwickelung bis zu ihrem gegenwärtigen Zustande zu 
erkennen oder doch mit grosser Wahrscheinlichkeit zu ahnen. 
Wenn diesem Bilde auch die feineren Schattirungen fehlen, 
so sind doch die Grundzüge mit unauslöschlichen Zügen ge- 
zeichnet in einem Buche und mit einem Material, wo kein 
Betrug und keine Täuschung möglich; das Buch ist eben die 
Erde und das Material Produkte desselben Körpers. Die im 
Schosse der Erde begrabenen organischen Reste, die mäch- 
tigen ‚und bis jetzt nur noch zum allergeringsten Theil er- 
forschten Kohlenlager, als die Ueberreste einer untergegan- 
genen Pflanzenwelt, so wie die Versteinerungen aus der Thier 
welt, wie sie sich in den verschiedensten Schichten des Erd- 
innern finden, gewähren uns Anhaltspunkte, die Menge der 
organischen Körper und somit der organischen Materie in den 
einzelnen Zeiträumen der Erdgeschichte zu schätzen und unter- 
einander zu vergleichen. Diese Vergleiche gewähren uns aber 
gar wunderbare Aufschlüsse über das organische Leben der 
Gegenwart. Wir finden nämlich, dass von einem Zeitraume 
der Erdgeschichte bis zum andern, von den ältesten Zeiten 


a 


bis, auf .die Gegenwart, Pflanzen- und Thierwelt sich. ununter- 
brochen vergrössert haben, dass also die Menge der. organi- 
schen Materie zugenommen hat. Daraus geht. unzweifelhaft 
hervor‘, wie ‘Unrecht diejenigen haben, welche eine’ bestimmte 
Menge organischer ‚Materie, einen Urschlamm , wie Schlei- 
den sagt, annehmen „.der-mit. der Schöpfung entstanden und 
die alleinige Quelle alles organischen ‚Lebens. auf Erden sein 
soll. Denn wäre diese Annahme richtig, so: ‚könnte: sich die 
organische Materie nicht: vermehrt haben, sie müsste,sich. im 
Gegentheil, wie, wir bald. beweisen werden , fort und fort ver- 
mindern. In dem Gedanken, dass sich die organische Materie 
vermehrt hat. und noch. vermehrt, liegt auf der andern Seite 
ein. grosser Trost für ‚die Zukunft ‚des ‚Menschengeschlechts 
und eine Widerlegung der Politiker, welche so gern an Ueber. 
völkerung glauben und in allen Winkeln das schreckliche Ge- 
spenst sehen. 

Wie lässt ‘sich aber diese Zunahme erklären, ohne zu 
gewaltsamen Hülfsmitteln, zu einer sich. täglich. wiederholen- 
den Schöpfung aus dem. Nichts seine Zuflucht: zu nehmen ’? 

Die. Untersuchungen der ausgezeichnetesten Gelehrten, 
der Physiologen und Chemiker, haben unwiderleglich bewie- 
sen, dass die Tbiere und unter ihnen der Mensch nur: orga- 
nische Stoffe‘ verarbeiten und in  Nahrungssaft verwandeln 
können, dass dagegen alle aufgenommenen anorganischen Ma- 
terialien entweder unverändert wieder aus dem Körper entfernt 
werden, oder als Gift anf den Organismus wirken. . Sie 
sind daher sämmtlich, sei es unmittelbar als Pflanzesfresser, 
.oder mittelbar als Fleischfresser auf das Pflanzenreich ange- 
wiesen, als der einzigen und letzten Quelle,‘ die aus unorga- 
nischen Stoflen organische erzeugen: kann, indem keine andere 
Annahme übrig bleibt, als dass die Pflanzen befähigt ‚sein 
müssen, organische Stoffe zu schaffen, anorganische Materie in 
organische überzuführen. Denn wären die Pflanzen nur. im 
Stande, organische Reste neu zu gestalten, so müsste ihnen bald 
das Material für diese Thätigkeit ausgehen, weil sowohl Pflanze 
als Thier ‚bei ihrer Verwesung. in unorganische Produkte, in 


EP le 


Kohlensäure, Ammoniak und Wasser zerfallen. Würde aber 
von jeder Pflanze und jedem Thier in Folge des Todes nur 
ein kleiner Theil in jene anorganischen Verbindungen zerlegt, 
so ginge damit immerhin der organischen Welt ein Theil der 
Nahrung verloren; in Folge dessen müsste sich wegen man- 
gelnder Nahrung die Zahl der organischen Geschöpfe vermin- 
dern. Diess widerspricht jedoch aller Erfahrung, da sich die 
Zahl der Organismen nicht nur nicht vermindert, sondern be- 
deutend vermehrt hat. Weite Länderstrecken, die sonst öde 
und wüste lagen, bringen jetzt unter der Hand des betrieb- 
samen Menschen, wenn nicht reichliche, so doch etliche Frucht; 
es hat sich in geschichtlicher Zeit in diesen Ländern die or- 
ganische Materie vermehrt. Wir erinnern hier nur an die 
Mark Brandenburg, des heiligen römischen Reiches Streusand- 
büchse, welche noch vor hundert Jahren einen weit traurigern 
Anblick gewährte, als heute, wo sie von zahlreichen Dörfern 
bedeckt ist, und wo der öde Sandboden, besonders in der 
Nähe Berlins, zu einer wunderbaren Ergiebigkeit gezwungen 
wird. Will man dagegen einwenden, Kleinasien, Griechen- 
land, Sieilien haben früher weit mehr Menschen reichlich er- 
nährt, Sicilien sei die Kornkammer Roms gewesen, jetzt seien 
jene Landschaften öde und unfruchibar, die verminderte orga- 
nische Materie sei die Ursache der jetzigen Armuth, sv haben 
wir darauf zu erwidern, dass neben einer indolenten, trägen 
Bevölkerung unter traurigen Missregierungen hauptsächlich die 
rohe und gedankenlose Verwüstung der Wälder, wodurch die 
klimatischen Verhältnisse vollständig verändert, die Zahl der 
atmosphärischen Niederschlöge vermindert wurden, den trost- 
losen Zustand jener Länder hervorgerufen hat. Aehnliche 
Folgen der Entwaldung zeigen uns ja schon die noch jung- 
fräulichen Landstriche Amerika’s. Durch eine richtig geleitete 
Kultur und eine wohlvertheilte neue Bewaldung würden thätige 
Menschen unter einer gulen und umsichtigen Regierung jene 
Landschaften wieder zu dem machen, was sie ehemals waren, 


wenn schon nicht geläugnet werden soll, dass grosse Hülfsmittel 
Filly, Ernährungsverhältnisse, > 


2.0 De: TE 


und eine gewaltige Ausdauer zur Vollbringung eines solchen 
Werkes erforderlich sind; dennoch wird die Zukunft den 
Menschen dazu zwingen. | 

Obgleich wir glauben, unsere Behauptung, bei blos orga- 
nischer Nahrung vermindere sich die Gesammtmenge der or” 
ganischen Materie auf der Erdoberfläche, sei an sich schon 
genügend einleuchtend, so wollen wir sie dennoch durch einige 
Zahlenbeispiele belegen; die Ertragstabellen jedes Landwirths 
können uns dazu dienen, :möge er nun für organische Nah- 
rung schwärmen, oder möge er den Ergebnissen der Wissen- 
schaft bei seiner Landwirthschaft Rechnung tragen. Der 
französische Physiolog und Landwirth Boussingault, der 
Versuche im grossartigsten Massstabe angestellt und auf zahl. 
reichen Reisen in den verschiedensten Theilen der Erde be- 
deutende Erfahrungen gesammelt hat, hat zuerst darauf auf- 
merksam gemacht, wie nothwendig es ist, die Untersuchungen 
über die Pflanzennahrung mit der Wage in der Hand zu 
machen, nicht aber in der Studirstube Phantasiegemälde zu 
schaffen. In Deutschland hat Schleiden die Unhaltbarkeig 
der Lehre von der organischen Pflanzennahrung, wenn nicht 
durch eigne Untersuchungen, so doch durch umfassende und 
geschickte Zusammenstellung und Würdigung aller vorhan- 
denen und ihm zugänglichen Thatsachen nachgewiesen; wir 
entlehnen ihm das folgende Beispiel. 

Ein Ackerpferd erhält täglich im Durchschnitt zwanzig 
Pfund trockene organısche Substanz als Futter und Streu; es 
liefert im Urin und Koth in derselben Zeit zehn Pfund trockene 
organische Substanz. Frischer Mist verliert bis er zum Acker 
geschafft ist, durch Verwesung im Allgemeinen noch ein Sechs_ 
theil; ‘es bleiben von jenen zelın Pfunden nur noch acht und 
ein drittel Pfund.‘ Das Pferd hat also zwanzig Pfund organi- 
sche Subsianz verbraucht, giebt davon aber nur acht und ein 
drittel Pfund zurück; es sind demnach nicht weniger als elf 
und zwei drittel Pfund oder acht und fünfzig Procent organi- 
sche Substanz durch den Ernährungsprozess des Pferdes ver- 
loren gegangen. Niemand wird aber behaupten wollen, das 


Ben 19 BR 


Pferd habe um soviel zugenommen, so dass die ganze orga- 
nische Substanz unverloren sei; vielmehr ist der grösste Theil 
derselben als Kohlensäure ausgeathmet und als Wasser im 
Urin ausgeschieden. 

Aehnliche Verluste ergeben sich, wie beim Pferde, bei 
allen Thieren, ob sie nun Hausthiere sind oder frei in der 
Wildniss umherschweifen; beim. Ernährungsprozess des Men- 
schen ist nach genauen und umfassenden Untersuchungen der 
Verlust noch bedeutend grösser als bei den Thieren. 

Alle Verbrennungsprozesse, welche auf’ der Erde stattfin- 
den, für den häuslichen Bedarf sowohl als zum Betriebe von 
Maschinen und Fabriken, werden mit organischen Stoffen, mit 
Pflanzen und Pflanzenresten unterhalten; täglich werden un- 
geheure Mengen organischer Materie in unorganische auf glei- 
che Weise übergeführt, wie es durch die Verwesung geschieht. 

Wie sich auf der einen Seite eine ununterbrochene Kette 
von Vorgängen, die auf die Vernichtung organischer Materie 
basirt sind, herausstellt, — es wäre ein Leichtes, ausser den 
gegebenen Beispielen, noch viele andere dafür anzuführen, — 
so lässt sich auf der andern Seite anfs Schlagendste darthun, 
dass sich trotzdem die organische Materie nicht nur nicht 
vermindert hat, sondern sich noch heute vermehrt. Besässen 
wir für die ganze bewohnte Erde Ertragstabellen, so gewähr- 
ten diese ein einfaches Mittel, diese Zunahme ibrer Menge 
nach festzustellen; aber kaum hat man bis jetzt in den ge- 
bildetsten Länderr angefangen, solche Tabellen anzulegen, und 
ihr Nutzen für die Volkswirthschaft wird nur noch selten an- 
erkannt. Wir müssen uns daher mit einer allgemeinon Be- 
trachtung einiger Erdstriche begnügen. 

Die Pampas oder Steppen von Buenos-Ayres in Süd- 
amerika, die nach den Versicherungen Darwins und aller 
Reisenden dasselbe allgemeine Bild darbieten, wie zur Zeit 
ihrer Entdeckung, sind weite, endlose Ebenen mit einer sehr 
dünnen Humusschicht und einer ‘höchst dürftigen Pflanzen- 
decke, nur aus diütrren hohen Gräsern und stachligen Kaktus- 

9* 


a | Nee 


arten bestehend. Unmittelbar nach ihrer Entdeckung führten 
die Spanier Pferde, Esel und Rinder ein, die bald verwilder- 
ten und sich so ungeheuer vermehrten, dass ungezählte und 
unzählbare Herden die weiten Ebenen durchstreifen und dar- 
in ihre Nahrung finden. Um einen ungefähren Begriff von 
der grossen Zahl dieser Thiere zu geben, wollen. wir die jähr- 
liche Ausfuhr von Stoffen, die diese Herden liefern müssen, 
hier in der Kürze anführen. Sie betrug im Durchschnitt 
mehrerer Jahre jährlich an Ochsen- und Pferdehäuten 900000 
Centner, an Pferdehaaren 95000 Centner, an Rinderhörnern 
32500 Centner, also über eine Million Centner organische 
Substanz, ungerechnet, was an Fleisch zur Verproviantirung 
der Schiffe dient und was an Ort und Stelle verwes’t. Die 
Herden, welche diese Stofle liefern, müssen mindestens 
zwanzig Millionen Stück betragen, die jährlich durch den Er- 
nährungsprozess über sechshundert Millionen CGentner organi- 
sche Substanz vernichten. Jene ausgeführten Stoffe können 
dem Boden jener Länder nicht zu Gute kommen, können 
Nichts zur Erhaltung der Pflanzendecke beitragen. Dennoch 
ist die Vegetation nicht ärmer geworden, sondern in der Nähe 
der vereinzelten Niederlassungen und der wenigen Städte so- 
gar reicher. Eingewanderte Pflanzen, unter ihnen besonders 
Artischocken und andere Distelarten, bedecken weite Strecken 
Landes, wo früher fast keine Spur von Pflanzen zu finden 
war, und nur durch Feuer kann man ihrem Weiterdringen 
Einhalt thun. Die Steppen Asiens und des südlichen Russ- 
lands, weite Strecken wüsten Landes, und von nomadisirenden 
Stämmen durchzogen, führen alljährlich grosse Mengen von 
Fleisch, Haaren und Häuten aus, ohne dass sich bis jetzt 
die schon an sich nicht reiche Pflanzendecke vermindert hätte; 
auch hier gehen dem Boden (die ausgeführten organischen Stoffe 
verloren, ‘ohne von aussen her ersetzt zu: werden. 

Doch haben wir nicht einmal nöthig, in’ die Ferne zu 
schweifen, um Beweise für die Vermehrung der organischen 
Stoffe zu: finden. In den Alpen leben grosse Herden den 
ganzen Sommer hindurch auf den Bergen, die ausserdem noch 


ee, 


das Heu für den Winterbedarf liefern müssen, um die 
Thiere während der rauhen Jahreszeit in den Thälern mit 
Nahrung zu versorgen. Nie werden jene Höhen gedüngt; da- 
gegen werden alljährlich gewaltige Mengen Kase ausgeführt, 
selbst nach Amerika, und die Ausfuhr wächst von Jahr zu 
Jahr. Nichtsdestoweniger ist auch nicht die geringste Vermin- 
derung oder Verschlechterung der Pflanzendecke wahrzuneh- 
men; es ist eher wahrscheinlich, dass sie sich verbessert hat, 
da in Folge der vermehrten Ausfuhr immer grössere Her- 
den dort ihre Weide, ihr Futter finden. 

Nach Durchschnittsberechnungen vieler Jahre giebt ein 
"Morgen in guter Kultur gehaltenen Landes eine jährliche Aus- 
beute von mehr als 2000 Pfund trockner, organischer Sub- 
stanz, wogegen er im Dünger nur höchstens 800 Pfund er- 
hält; der Ertrag ist also fast dreimal so gross, als der aufge- 
brachte Dünger. Jedermann weiss aber, dass gut bebauter 
Boden nicht ärmer, sondern reicher an Humus wird, dass die 
fruchtbare Ackerkrume sich vertieft. 

Seit 1849 befinden sich in einem grossen Wasserbassin 
bei London Thiere und Pflanzen; die Thiere leben allein von 
dem, was in dem Bassin wächst; von Zeit zu Zeit wird nur 
soviel Wasser zugeschüttet, als verdunstet ist; dennoch haben 
sich die Pflanzen sowohl als die Thiere ansehnlich vermehrt. 

Wie wir in dem Bisherigen zu zeigen gesucht haben, 
dass die Pflanzen ihre Nahrung, ihren Bedarf an Kohlenstoff, 
Wasserstoff, Stickstoff und Sauerstoff weder allein, noch zum 
grössern Theile aus organischen Stoffen erhalten können, 
wollen wir im Folgenden die Formen und Verbindungen auf- 
suchen, in denen jene Elemente in die Pflanzen gelangen. 
Bekanntlich besteht die Atmosphäre aus freiem Stickstoff zu 
vier Theilen und aus einem Theil Sauerstoff. Ferner finder 
sich allgemein in der Natur verbreitet die Kohlensäure, aus 
Kohlenstoff und Sauerstoff zusammengesetzt; das Ammoniak; 
aus Stickstoff und Wasserstoff bestehend, und endlich das 
Wasser. Die allgemeine Verbreitung gerade dieser Körper, 
welche die Elemente der organischen Welt enthalten, führt zu 


dem Schluss, dass sie es sind, welche den Pflanzen zur Nah- 
rung dienen. 

Da unter diesen Substanzen nur die Kohlensäure Kohlen- 
stoff enthält, so muss die Pflanze all’ ihren Kohlenstoff durch 
sie erhalten; wenn Meyen dagegen anführt, dass Pflanzen, 
die er in reinen kararischen Marmor oder in Schwefelblumen 
gesäet und mit kohlensaurem Wasser begossen, ausgegangen 
seien, so beweis’t dieser Versuch gar Nichts, und Schlei- 
den sagt sehr treffend über denselben, er sei eben so sinn- 
los, als wenn ein Zoolog ein Thier mit Strychnin, einem 
stickstoffhaltigen, ‘sehr heftigen Pflanzengifte, füttern wolle, 
um zu beweisen, stickstoffhaltige Nahrungsmittel seien schäd- 
lich, während im Gegentheil ohne Stickstoff kein Thier leben 
kann. 
Woher nimmt aber die Pflanze die zu ihrer Erhaltung 
nöthige Kohlensäure ? 

Genaue und vielfach wiederholte Messungen haben dar- 
gethan, dass der Gehalt an Kohlensäure in der Lufthülle, 
welche die Erde umgiebt, nur 0,0004 oder auf zehntausend 
Theile Lutt vier Theile dieses Gases beträgt, also ausseror- 
dentlich geriag ist, und dass sich keine Verminderung oder 
Vermehrung nachweisen lässt. Bringen wir dagegen die täg. 
liche Kohlensäurebildung in Rechnung, so müssen wir uns 
wundern, dass keine Vermehrung derselben stattfindet; dadurch 
werden wir zu dem Schluss geführt, irgend ein irdischer Vor- 
gang müsse durch eine wununterbrochene Aneignung, Ver- 
arbeitung und Zerselzung der Kohlensäure das Gleichgewicht 
erhalten. 

Es giebt wohl kaum Menschen auf Erden, welche den 
Gebrauch des Feuers nicht kennen; alle bedienen sich des- 
selben zur Bereitung der Speisen, zum Erwärmen und bei 
tausend andern häuslichen Bedürfnissen. Aber nicht genug 
damit; in weniger bevölkerten Ländern werden alljährlich 
grosse Strecken Waldes, weite Prairien und Steppen nieder- 
gebrannt; sei es, um Boden für den Anbau zu gewinnen und 
zu befruchten, sei es, um den reissenden Thieren die sichern 


ee a 2 


Verstecke 'zu vernichten. Es ist einleuchtend, dass man in 
sjark bevölkerten Ländern, wo leicht Mangel an Brennmaterial 
eintreten könnte, sparsam damit umgehen und verhältniss- 
mässig weniger gebrauchen wird, als diess unter rohen Völ- 
kern geschieht; daher schlagen wir den Verbrauch für die 
Gesammt-Menscheit sicherlich nicht zu hoch an, wenn wir 
ihn nach dem Bedarf bei uns berechnen. Nimmt man die 
Gesammtbevölkerung der Erde zu 1200 Millionen an, so er- 
giebt sich für die häuslichen Bedürfnisse ein jährlicher Ver- 
brauch von 10800 Millionen Gentner Kohlenstoff, durch dessen 
Verbrennung allein 39600 Millionen Gentner Kohlensäure gebildet 
wird, da ein Theil Kohlenstoff 33 Theile Kohlensäure liefert. 

Für technische Zwecke, auf Hüttenwerken, Eisenbah- 
nen, in Fabriken, werden jährlich an 1000 Millionen Gent- 
ner Steinkohlen, das ist 700 Millionen Gentner Kohlenstoff 
verbrannt, welche 2560 Millionen Centnern Kohlensäure ent- 
sprechen. 

Das Athmen der Menschen und Thiere besteht darin, 
dass aus der Luft Sauerstoff aufgenonnmen wird, der einen 
Theil des Kohlenstoffgehaltes im Blute zu Kohlensäure ver- 
brennt, die bei jedem Athemzug entweicht; die Menge der so 
erzeugten Kohlensäure mag sich auf 25000 Millionen Gentner 
belaufen. 

Durch die Verwesung organischer Stoffe wird, wie wir 
schon oben sahen, Kohlensäure gebildet, und zwar um so 
mehr, je energischer der Prozess der Fäulniss erfolgt, wie in 
heissen Klimaten. Aus Saussure’s in gemässigten Gegenden 
angestellten Versuchen folgt, dass auf jedem Morgen Landes 
im Laufe eines Jahres 9 Gentner Kohlensäure auf diese Weise 
erzeugt werden. Ziehen wir von der Gesammtoberfläche des 
Festlandes noch die eisigen Polargegenden und die pflanzen- 
leeren Wüsten ab, so erhält man doch eine Billion Centner 
Kohlensäure. 

In tausend Jahren würden sich demnach 1067 Billionen 
Gentner Kohlensäure in der Luft finden; da aber die ge- 
sammte Atmosphäre etwa 14000 Billionen Centner wiegt, so 


u SUR 


müsste in dieser Zeit der Koblensäuregehalt der Luft ein „5 
betragen, ungerechnet die ungeheuren Mengen dieser Gasart, 
welche nach Humboldts Beobachtungen von Vulkanen und 
selbst von erloschenen ausgehaucht werden. Als eine solche 
Quelle der Kohlensäure ist in weitern Kreisen die Hundsgrotte 
bei Neapel bekannt. 

Wenn schon die gegebene Berechnung an vielen Mängeln 
leidet, wie alle derartigen Mengenbestimmungen, so beweist 
sie doch so viel, dass ein Zustand unserer Atmosphäre ein- 
Ireten müsste, in welchem thierisches Leben unmöglich ist, 
wenn nicht die Natur selbst einen Weg geschaffen hätte, auf 
dem die Kohlensäure aus der Luft entfernt wird. Weil aber 
das historische Alter der Erde schon über 5000 Jahre beträgt, 
und ein reiches Thierleben sich auf derselben tummelt, so 
dürfen wir nicht sorgen, zu viel Kohlensäure in der Luft zu 
bekommen. 

Auf die geschilderte Weise haben wir eine unerschöpf- 
liche Quelle des Kohlenstoffs für das Pflanzenleben, und der 
Reichthum der Pflanzenwelt steht in innigster Beziehung zu 
der auf der Erde erzeugten Kohlensäure; mit der Zunahme 
derselben vermehrt sich jener Reichthum im geraden Verhält- 
niss, und das Pflanzenleben erhält den Zustand der Luft in 
einem Gleichgewicht, wie es für das Thierleben erforderlich 
ist. Keine Macht der Erde ist im Stande, diesen ewigen, ge- 
setzmässigen Kreislauf zu stören; je mehr Vernichtung auf der 
einen Seite, desto mehr neues Leben und Schaffen auf der 
andern; täglich eine neue Schöpfung, jedoch ohne ein Ein- 
greifen der Gottheit, nach ewigen, von ihr selbst gegebenen, 
unabänderlichen Gesetzen; die Pflanze ist der grosse Erhalter 
der organischen Welt. 

An einigen Beispielen wollen wir nun zeigen, wie unge- 
eure Mengen von Kohlensäure die Pflanzenwelt im Laufe 
eines Jahres verbraucht. 

In den tropischen Ländern werden jährlich etwa 60 Mil- 
lionen Gentner Zucker erzeugt; darin sind 24 Millionen Gent- 
ner Kohlenstoff enthalten, welcher aus 88 Millionen Gentnern 


RS AA 


Kohlensäure erhalten wurde. Im deutschen Zollverein allein 
wird aus Rüben eine Million Gentner Zucker bereitet; darin 
sind 400000 Centner Kohlenstoff enthalten, welche 13 Mil- 
lionen Centner Kohlensäure erfordern; aber der Zucker ist 
der bei weitem kleinste Theil der bei dieser Fabrikation ver- 
brauchten Pflanzen. 

Von der Westküste von Afrika werden jährlich 400000 
Gentner Palmöl ausgeführt, das zur Seifen- und Lichtfabri- 
kation verbraucht wird und worin 300000 Gentner Kohlen- 
stoff mit 100000 Centner Wasserstoff und Sauerstoff verbun- 
den sind; mehr als eine Million Gentner Kohlensäure sind 
nöthig, diesen Kohlenstoff zu liefern. 

Io Nordamerika allein werden jährlich 2 Millionen Cent- 
ner Tabak producirt; die Pflanzen bedurften hierzu mindestens 
10 Millionen Centner Kohlensäure. Mit Hülfe genauer statisti- 
scher Tafeln liesse sich der Bedarf an Kohlensäure für die 
Nahrungspflanzen aller kultivirten Länder berechnen , und 
daraus nachweisen, wie gewaltige Mengen davon für das 
Pflanzenleben nothwendig sind. 

Nachdem wir so zur Genüge dargethan zu haben glauben, 
dass die Pflanzen ihren Gehalt an Kohlenstoff der Hauptsache 
nach aus der Kohlensäure, diese aber aus der atmosphärischen 
Luft beziehen, wollen wir uns zu den übrigen organischen 
Bestandtheilen derselben wenden. 

Durch die genauesten und umfangreichsten Untersuchungen 
ist es nachgewiesen, dass nirgends im Boden, sei es in der 
Acker- und Gartenerde, seı es im Waldboden, so viel im 
Wasser lösliche stickstoffhaltige Körper enthalten sind, als die 
Pflanzen zu ihrer Ernährung bedürfen; auf der andern Seite 
hat man gefunden, dass weder Thiere noch Pflanzen im 
Stande zu sein scheinen, den Stickstoff der Atmosphäre sich 
anzueignen und zu verarbeiten. Mit Bestimmtheit ist dies 
für die Thiere nachgewiesen, und es scheint auch für die 
Pflanzen angenommen werden zu müssen, obgleich gewisse 
Versuche das Gegentheil nicht ganz unwahrscheinlich erschei- 
nen lassen. 


un VER 


Allgemein verbreitete Verbindungen des Stickstofls, — 
und nur solche, die sich überall finden, können als Nahrung 
für die Pflanzen angesprochen werden, — sind die Ammoniak- 
salze, die sich immer da bilden, wo organische Wesen, Thiere 
und Pflanzen verfaulen. Man hat daher allgemein angenom- 
men, dass Ammoniaksalze die Quelle des Stickstofls für die 
Pflanzen sind, indem sie zugleich einen Theil des nöthigen 
Wasserstoffs liefern. Es bleibt nur zu erörtern übrig, ob die 
im Dünger enthaltenen Ammoniaksalze allein hinreichend für 
den Bedarf an Stickstoff sind, oder ob nicht das Ammoniak 
auf ähnliche Weise, wie die Kohlensäure zum grössten Theil 
aus der Luft stammt. 

Wiesen, die nie gedüngt werden, liefern vom Morgen 
jährlich je nach der Witterung 20 his 30 Centner Heu; da 
aber Jufttrocknes Heu bis 13 Procent Stickstoff enthält, so 
sind in jenem Heu 30 bis 45 Pfund Stickstoff enthalten; je- 
des Jahr wird diese Menge dem Boden entzogen, ohne je er- 
setzt zu werden. 

Käse ist eine sehr stickstoffreiche Substanz; die Kühe 
müssen den darin enthaltenen Stickstoff mit den Pflanzen sich 
aneignen. Alljährlich werden aus der Schweiz sehr grosse 
Mengen Käse nach allen Erdtheilen ausgeführt, die Herden 
aber auf den Alpen geweidet, die nie gedüngt werden. 

Aus dem südlichen Russland wird sehr viel Rindfleisch, 
besonders nach England, verschifft; Fleisch ist aber ein sehr 
stickstoffreiches Erzeugniss; der auf diese Weise entführte 
Stickstoff wird dem Boden nie ersetzt, mit dessen Pflanzen 
die Thiere ernährt und gemästet werden. 

In vielen Gegenden des mittlern und südlichen Russlands 
werden die Felder eben so wenig gedüngt, als in Armenien, 
weil der getrocknete Mist wegen Holzmangels als Brennmaterial 
dient. Dennoch bringen die Aecker Russlands ihr Getreide, 
weiden die Armenier ihre Büffelherden; in beiden Fällen 
wird Stickstoff, werden Ammoniaksalze verbraucht. 

Thee und Kaffee sind sickstoflreiche Substanzen und 
werden in grossen Mengen ununterbrochen aus den Tropen- 


A. 


gegenden bei uns eingeführt; der abgegebene Stickstoff kann 
dem Boden jener Länder nie ersetzt werden, da er ja ausge- 
führt, dagegen aber keine stickstoffhaltige Substanz dort ein- 
geführt wird. 

Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu be- 
weisen, dass die im Boden enthaltenen Ammoniaksalze keines- 
wegs für die Ernährung der Pflanzen hinreichend sind, da 
in diesem Falle alle angeführten Gegenden schon längst ohne 
Pflanzendecke sein müssten, weil das Ammoniak in den ei- 
gentlichen Mineralien nicht vorkommt. Aus vielen und um. 
fassenden Versuchen wird es aber sogar wahrscheinlich, dass 
die Ernährung der Pflanzen fast unabhängig von den im 
Dünger enthaltenen Ammoniaksalzen ist. Denn bei einer Reihe 
von Ernten, die auf demselben, einmal gedüngten Boden 
gewonnen wurden, war der Stickstoffgehalt ganz unabhängig 
von der Folge, in der die verschiedenen Ernten erhalten wur- 
den, was nicht der Fall sein könnte, wenn ein solches Ab- 
hängigkeitsverhältniss des Stickstoffgehaltes der Ernte von dem 
des Düngers stattfände. 

Man erhielt nämlich vom Morgen in sechs aufeinander- 
folgenden Jahrgängen in den Ernteerträgen folgende Stick- 
stoffmengen: 

Bei Kartoffeln im frischen Dünger . 24,75 Pfd. Stickstoff, 
-09 ı Weizen im 2. Jahr .......: 18,92 
+4 Kebumı3.MJäahrimiund oe dor 45;24 
„ Weizen und Rüben im 4. Jahr _ 29,93 
„ Erbsen im d:1Jahr: idaia danid. 563 
„ Roggen im 6. Jahr . . . 11,53. 205, + 

Also im Ganzen 188,77 Pfund Stickstoff Während der 
auf den Acker gebrachte Dünger nur 130 Pfund Stickstoff er- 
hielt, hatte man in sechs Ernten doch 189 Pfund Stickstoff 
gewonnen; man hat überhaupt die Erfahrung gemacht, dass 
die Stickstofimenge der Ernte im Allgemeinen dreimal so gross 
ist, als der des aufgebrachten Düngers. 

Wenn es aber feststeht, der Dünger kann nicht allein 
die nöthigen Ammoniaksalze liefern, so darf man mit Recht 


3er 


fragen, welche sonstigen Quellen des Ammoniaks es giebt, 
und wo man es zu suchen hat? 

Ueberall, wo organisches Leben besteht, geht dem Leben 
stets der Tod zur Seite, der in seinem Gefolge die Verwesung 
mit sich führt; der durchdringende Geruch, den faulende 
Körper verbreiten , verdankt seinen Ursprung neben dem 
Schwefelwasserstoff den flüchtigen Ammoniaksalzen, woher es 
kommt, dass sich zu allen Zeiten in der Atmosphäre solche 
finden, wenn sie auch ihrer geringen Menge willen oft schwierig 
nachzuweisen sind. Ihre Menge in der Luft ist so gering, 
weil sie, von Wasser gelöst, mit dem Regen zu Boden fallen 
und von den Pflanzen gerade so wie die Kohlensäure aufge- 
nommen und verarbeitet werden. Aus Mulders Untersuchun- 
gen scheint ausserdem hervorzugehen, dass beim Verwesungs- 
prozess nicht nur der Stickstoff der organischen Körper in 
Ammoniakverbindungen eingeht, sondern dass auch der beim 
Faulen frei werdende Wasserstoff sich zum Theil mit dem 
Stickstoff der Luft verbindet und so die Veranlassung zum 
Entstehen von Ammoniaksalzen wird. Ja der Stickstoff der 
Atmosphäre scheint noch auf eine andere Weise die Bildung 
von Ammoniaksalzen zu befördern. Es ist nämlich eine all- 
gemein bekannte Thatsache, dass sich im rostenden Eisen 
stets Ammoniak findet, was man sehr leicht erkennen kann, 
wenn man das Eisen mit Kalilauge übergiesst, wodurch so- 
fort der stechende Geruch nach Ammoniak entsteht. Eben 
so bekannt ist es nun, dass Eisen in trockner Luft bei ge- 
wöhnlicher Temperatur blank bleibt und nur in feuchter Luft 
rostet; daraus scheint hervorzugehen, dass das Eisen sich 
nicht mit dem Sauerstoff der Luft direkt verbindet, sondern 
dass durch die Einwirkung des Wassers und der Luft Eisen- 
oxydhydrat entsteht, dass dabei Wasserstoff frei wird, der sich 
mit dem Stickstoff zu Ammoniak verbindet. ‘Diese Wechsel- 
zersetzung kann eine unerschöpfliche Quelle der Ammoniak- 
erzeugung und so der Stickstoffnahrung für die Pflanzen- 
welt sein. 


Kern. - 


Bei der Verbrennung oder Destillation von Pflanzen und 
Thierstoffen werden ebenfalls bedeutende Mengen von Ammo- 
niaksalzen erzeugt; erhielt man doch früher den Salmiak oder 
Chlorammonium aus Armenien und Aegypten, wo man iln 
durch Verbrennung von Kameelmist, dem Brennmaterial jener 
holzarmen Gegenden, als Nebenprodukt gewann. Diesem Ur- 
sprungsorte verdankt auch das Ammoniak seinen Namen, in- 
dem es im Handel armenisches Salz, Sal armeniacum hiess, 
woraus durch Korruption Salmiak entstanden ist. In neuerer 
Zeit, da die Benutzung und Bereitung von Steinkohlengas 
eine grosse Ausdehnung gewonnen hat, erhält man grosse 
Mengen von Ammoniaksalzen bei der Destillation dieser Stoffe 
als Nebenprodukt, und es ist nicht schwer einzusehen, wie in 
den Abfällen dieser Fabriken den Pflanzen viele Ammoniak- 
salze geboten werden. 

Endlich darf nicht unerwähnt gelassen werden, dass Vul- 
kane und vulkanische Gegenden neben Wasserdampf, Kohlen- 
säure und Schwefelwasserstoff auch bedentende Mengen von 
Ammoniakverbindungen aushauchen, die dem Pflanzenleben zu 
Gute kommen, oder die vielmehr von den Pflanzen verarbeitet 
werden müssen, wenn die Luft athembar, d. h. in dem Zu- 
stande bleiben soll, dass Thiere darin leben können. 

So hat die Natur auch hier mit verschiedenen ' Mitteln 
gesorgt, dass die Verbindungen, : die den nöthigen Stickstoff 
den Pflanzen darbieten können, überall und in reichlicher 
Menge vorhanden sind und nach ihrer Vernichtung: immer von 
Neuem gebildet werden; es zeigt sich hier wie überall: in der 
Natur ein ewiger Kreislauf, ein beständiger Stoffwechsel, ein 
Wandern des Stoffes aus einer Verbindung in die andere, 
von einem Geschöpf zum andern. 

Obgleich die Kohlensäure und das Ammoniak den Pflanzen 
den Kohlenstoff, den Stickstoff, den Wasserstoff ‘und den 
Sauerstoff in brauchbarer Form darbieten, so wissen wir 
doch, dass keine Pflanze ohne Wasser zu leben vermag; die 
Pflanze kann aus demselben noch Wasserstoff und Sauerstoff 
aufnehmen, indem sie es zu ihren besondern Zwecken zersetzt, 


— 30 0 — 


oder indem es unverändert in die Verbindungen der Pflanzen- 
substanz eingeht. 

Die hauptsächlichste Rolle jedoch, die das Wasser bei 
der Ernährung spielt, ist die eines Lösungsmittels sowohl für 
die organischen als für die unorganischen Bestandtheile, ob- 
gleich in neuester Zeil bestritten wird, dass die Salze in Lö- 
sung aufgenommen würden. Da aber die Pflanzen keinen 
Mund haben wie die Thiere, die Nahrungsstoffe, wie wir später 
sehen werden, die Zellwand durchdringen müssen, so ist es 
schwer erklärlich, auf welche Weise die festen Stoffe in die 
Pflanze gelangen sollen, wenn nicht im Zustande feinster Zer- 
theilungen, wie diess eben in einer Lösung der Fall ist. 

Auch beim Wasser drängt sich die Frage auf, welches 
die Quellen seien, aus denen die Pflanze dasselbe erhält? 
Scheinbar ist diese Frage ganz überflüssig, indem man allge- 
mein der Ansicht ist, das Wasser falle in Gestalt von Regen 
nieder, werde von dem Boden aufgenommen, und dieser führe 
es in genügender Menge den Pflanzen zu. Betrachtet man 
diese Erklärung genauer, so genügt sie für viele Erscheinun- 
gen nicht, und man kommt schliesslich zu dem Ergebniss, 
dass sogar der grössere Theil des Wassers den Pflanzen auf 
einem andern Wege zugeführt werden müsse. 

Bekanntlich finden sich mitten in der grossen afrikani- 
schen Wüste Oasen, das sind fruchtbare Stücke Landes, in 
denen Dattelpalmen und hin und wieder auch Gräser ge- 
deihen; Regen ist hier aber eine ganz unbekannte Erschei- 
nung, weil der von der heissen Sandwüste aufsteigende Luft- 
strom die den Wasserdampf führenden Luftströme nicht nur 
nicht abkühlen kann, wodurch der überschüssige Wasserdampf 
als Regen zu Boden fiele, sondern er befähigt die Luft sogar, 
noch mehr Wasserdampf aufzunehmen, da mit der Temperatur 
die Fähigkeit der Luft, Wasserdampf aufzunehmen, sich be- 
kanntlich steigert. Aehnliche Verhältnisse gelten in den regen- 
losen Küstenstrichen des westlichen Südamerika, in Peru und 
Chile. Es könnte demnach, der gewöhnlichen Vorstellung ge- 


r a 


mäss, weder in jenen Oasen, noch an dieser Küste irgend 
eine Pflanzendecke geben. | 

Mit Hülfe des Regenmessers kann man die Menge des 
Regens, welcher auf eine Fläche von bestimmter Grösse in 
einer gegebenen Zeit fällt, bestimmen. In England fällt nach 
diesen Messungen in den vier Sommermonaten auf einen Mor- 
gen Landes höchstens eine Million Pfund Wasser in Form 
von Regen. Nach genauen Berechnungen, soweit ähnliche 
Untersuchungen überhaupt Genauigkeit gestatalten, fliessen 
davon im Mittel mindestens zwei Fünftheile durch Bäche und 
Flüsse ab; ausserdem verdunstet unmittelbar nach dem Regen 
eine höchst bedeutende Menge, deren Grösse sich aber nicht 
einmal annähernd angeben lässt, da sie von herrschenden 
Winden, der Temperatur, der Gestaltung und Bedeckung des 
Bodens abhängig ist; ihre Berechnung ist geradezu unmöglich. 
Wir glauben aber nicht zu viel zu behaupten, wenn wir an- 
nehmen, nach Abzug des Verlustes durch Abfliessen und Ver- 
dunsten verbleibe dem Boden höchstens die Hälfte des gefal- 
lenen Regens, also nur 4 Million Pfund. Die Kohlpflanzen 
eines Morgens gebrauchen aber mindestens 800000 Pfund, in- 
dem in der gegebenen Zeit diese Menge allein ausgeathmet 
wird von den Pflanzen. Wäre der Acker mit Sonnenblumen, 
Helianthus annua, bestanden, so wäre der Bedarf eine Mil- 
lion, bei Ohstbäumen zwei Millionen und bei Wiesenpflanzen 
sogar vier bis fünf Millionen Pfund Wasser, so dass jene 
Wassermengen nur 3, 3, 4 oder #4 bis „, des ausgehauchten 
Wassers geliefert hätten. Wir sehen demnach auclı hier wie 
bei der Kohlensäure und dem Ammoniak, dass die im Boden 
enthaltene Menge geradezu verschwindend klein gegen den 
wirklichen Verbrauch ist. Es folgt daraus unmittelbar, dass 
nicht die Menge des gefallenen Regens die Fruchtbarkeit einer 
Landschaft bedingt, sondern dass es die Menge von Wasser- 
dampf ist, den. die Winde einer Gegend zuführen und gerade 
dann zuführen, wenn es Sommer ist, das .heisst, die Zeit, in 
der das Pflanzenleben seine grösste Entfaltung hat. Soll also 
ein Boden fruchtbar sein, so muss er die Eigenschaft haben, 


a 


viel Wasserdampf aus der Luft anzuziehen und zu verdichten. 
Enthält demnach der Boden Salze, z. B. Thon, die begierig 
Feuchtigkeit aus der Luft aufsaugen, so wird er dadurch 
fruchtbar. Weit mehr aber noch, als Salze und eine mecha- 
nische Äuflockerung des Bodens die Anziehung des Wasser- 
dampfes aus der Luft bewirken, geschieht diess durch ver- 
wesende organische Substanzen, da sie im hohen Grade hy- 
groskopisch sind. Nicht die grössern Regenmengen, nicht die 
höhere Temperatur der Tropengegenden allein bewirken es, 
dass das Pflanzenleben jener Regionen um so viel üppiger 
ist; es ist vielmehr der grössere Wassergehalt der Luft, der 
allerdings durch die höhere Wärme bedingt wird. 

Um einen ungefähren Begriff zu geben, wie von der Art 
des Bodens die Fähigkeit abhängt, Wasserdampf aus der Luft 
zu verdichten, wollen wir hier die Ergebnisse von Unter- 
suchungen anführen, welche Schübler in Tübingen zu diesem 
Behufe ausgeführt hat. Sie wurden in der Art angestellt, dass 
er 1000 Gran Erde auf eine Fläche von 30 Quadratzollen 
ausbreitete und sie der Luft aussetzte, die bei 12 — 15° 
mit Wasserdampf gesättigt war. Es wurden an Wasserdampf 
verdichtet: 

In Stunden . . . 12 24 48 12 
von reinem Sand . . . O0 Gran, O Gran, O0 Gran, 0 Gran, 

kant. to han. noch, 355 ad, dd, 
Zrbypserde> .. 19a... bil, Li, 5; iv, 
„iketrenthon 25% 5 “uf 1a 26.4.5 28: yayı2diy 
Lehrh il .dasuahh. Diva, N 30.5 
grauem, reinem Thon 37 „42 5048 5149 „ 
feiner’ Kalkerde 1.199026, 3b ıyıı ddp! 355% 
feiner! Bittererde in. 6910, 76, 180.507 821, 
sHumusritsicn ti. 2805 3,9: ZI 02, 
5: Garlenerdeis «ol, sh 85 2406 nABiya ‚BOihad AR, 
Hökckdrerdenondiilus besl6:) z922h4iW 23 zb 231, 
4 Meigelilı „aaa. ah 24 my 2934 nnd „naukry, 

Humus verdichtet am meisten Wasser, ‚reiner (uarzsand 

gar keines. Wenn schon diese Versuche nicht unmittelbar auf 


— 3 — 


die Natun übertragen! werden‘'können,; wenigstens nicht: in 
ihrer gegenwärtigen Gestalt, da. sowohl Temperatur als Feuch- 
tigkeitsgrad' der Luft einem beständigen Wechsel unterworfen 
sind, auch: die Erdschichten ununterbrochen sich ändern, — so 
lehren‘ sie''doch ;i dass bedeutende ‚Wassermengen vom Boden 
verdichtet'werden, und dass diese Mengen vonder Art des Bo- 
demsiabhängig sind. -Wahrhaft “fruclitbar könnten aber derartige 
Untersuchungen werden: wenn sie sich. auf Erdschichten von 
verschiedener ''Dicke'; bei.' verschiedenen PR OERR und 
Rehtighnitsgraden: erstreckten. 

“ Schon’ oben’ erwähnten’ wir,: dass die Pflanzen ausser: den 
klasse organischen‘ ‚Elementen anorganische enthalten; 
natürlich müssen sie.’ aufgenommen werden. ‘Einige dieser 
Stoffe, nämlich Phosphor ‚und ‚Schwefel, verhalten sich den 
organischen Elementen ‘ähnlich, indem: sie mit jenen :Ver- 
bindungen eingehen , welche höchst wichtige Bestandtheile der 
Pflanzen und von einer noch lange ‘nicht genau ‚erkannten 
Wirkung für den: Stoffwechsel sind’; Phosphor ‘und Schwefe] 
kommen in den’ eiweissartigen Körpern , besonders: reich : im 
Samen der Hülsenfrüchte vor ;; Schwefel findet ‚sich in einigen 
flüchtigen Oelen, z.B. im Senföl, Die übrigen unorganischen 
Elemente erscheinen zwar als unentbehrlich‘ für das ‘Leben, 
fehlen jedoch in den’ eigentlichen‘ Pflanzengebilden;: sondern 
sie treten meist "in den Hohlräumen -der :Pflanzen:'in Form 
von: Krystallen: ‘oder gelöst im Zellensafte auf,. und. schon 
Malpighi fand krystallisirte unorganische Stoffe in den ver- 
schiedenen von ihm untersuchten Gewächsen. Die Halme der 
Gräser und besonders der Schachthalm verdanken ihre Festig- 
keit und Härte einzig solchen‘ in’ krystallinischer Gestalt aus- 
geschiedenen Stoffen‘, der‘ Kieselerde nämlich. 

Als’sicher nachgewiesen finden sich in den Pflanzen fol- 
gende Stoffe: Kalium, Natrium,’ Galcium, Magnesium, Alumi- 
nium, Kiesel, Silber, Kupfer, Eisen, Zink, Chlor, Brom, Jod 
und Arsenik; für die Gewinnung ‘der ‚Kalisalze und des Jod 
sind sie"bis jetzt sogar die einzige Quelle, wo sie sich in 

Filly, Ernährungsverhältnisse, 3 


der SE che 


grösserer Menge: finden. Diese: Stoffe kommen aber in den 
Pflanzen nicht im metallischen Zustande 'vor, sondern: in:-den 
mannichfachsten Verbindungen, besonders an organische Säuren 
gebunden. Solche Elemente, die sich in ‚ihren ‚Eigenschaften 
und in ihren ‚Verbindungen ‚sehr nahe stehen, scheinen ‚sich 
gegenseitig verirelen zu können, Jedoch nur in sehr-beschränk- 
tem: Masse. Bekannt ıst,. dass die 'Ländpflanzen: besonders 
reich an Kalisalzen sind, weshalb, man ‚ihre ‚Asche‘ zur Ge- 
winnung des kohlensauren Kalı’s, d. h. der Pottasche benutzt, 
während bei den Seepflanzen und in '.den.; sogenannten: Salz- 
pflanzen die Natronsalze vorherrschen;: jedoch: sind.‚auch See- 
pflanzen häufig reicher an Kalı, obgleich. ihnen ‚ Natronsalze 
in bei weitem grösserer Menge zu Gebote standen, indem 
Kochsalz den Hauptbestandtheil der festen Rückstände, des 
Meerwassers ausmacht. Schulz -Fleeth untersuchte ‚zwei 
in demselben Bache dicht nebeneinander wachsende Pflanzen, 
die Wasseraloö (Stratiotes: angustifola) und die Hottonie 
(Hottonia palustris), auf ihren Gehalt: an anorganischen 
Stoffen und fand in, der.erstern nur ‚Kali, in, der ändern; nur 
Natron, obgleich beide Alkalien in ‚ihren. Eigenschaften ‚und 
Verbindungen ausserordentlich ‚ähnlich sind. Diese Erfahrung 
gewährt uns einen Fingerzeig, warum auf..dem einen, Boden 
diese, auf dem andern jene Pflanzen. besser  gedeiben,, wenn 
auch dem äussern Anscheine nach der, eine :Boden dem an- 
dern ganz gleich ist: Zugleich. lehrt uns ‚diese Beobachtung, 
wie wichtig für die:Landwirthschaft die Bodenkunde ‚und ‚die 
Ackerbauchemie sind, und welchen Einfluss sie im. Laufe der Zeit 
gewinnen werden. : Wir: verwahren uns jedoch. gegen. die. Un- 
terstellung, als: ob ‚mit'der. Chemie allein und nur im Labora- 
torium des Chemikers der Ackerbau seiner Vervollkommmung 
entgegengeführt werden könne. Wir. wollen umsomehr vor 
derartigen einseitigen Auffassungen ‘warnen, ‚als sie. einer ‚ge- 
deihlichen Entwicklung der Landwirthschaft nur. ‚hinderlich 
sein könnten; auch deswegen, weil in. den letzten Jahren eine 
grosse Zahl von Büchern erschienen ist, die. theils nur Buch- 
händlerspekulationen ihren Ursprung ‚verdanken, ‚theils: ‚aber 


— Mb; — 

beim redlichsten' Streben‘ des Verfassers auf so einseitigem 
Standpunkte stehen, dass sie die Ergebnisse der Wissenschaft 
bei dem Landwirth in einem üblen Kredit bringen, statt den 
Landmann zu eignen Untersuchungen anzuspornen; zu der 
ersten Art gehören alle sogenannten Geheimmittel, den Ertrag 
des Bodens zu verdreifachen u. s. w., wie marktschreierischer 
Weise angekündigt wird. | 

Wenn man Pflanzen verbrennt, so befinden sich in der 
Asche alle unorganischen Stoffe, welche in der lebenden Pflanze 
vorhanden waren, freilich meist in andern Verbindungen, da 
_ beim Verbrennen z. B. alle organischen Säuren in Kohlensäure 
übergeführt wurden, weshalb die Alkalien und Erden meist 
als kohlensaure Salze auftreten. Die Menge ist im Verhältniss 
zur ganzen Pflanze immer gering; sie beträgt im Durchschnitt 
nur wenige Prozent vom Gewicht der verbrannten Substanz. 
Krautartige Gewächse und Rüben geben den höchsten, Hölzer 
den geringsten Aschengehalt. Im Stroh der Getreidearten hat 
man fünf, in den Samenkörnern zwei, im Kraut der Hülsen- 
früchte fünf, in den Körnern drei, in den Kleearten sieben 
bis zehn, in den Blättern der Zuckerrübe (Beta alba) über 
zwanzig, des Tabaks bis drei und zwanzig, in den Kartoffeln 
aber vier Procent Aschenbestandtheile gefunden. Diese bei 
verschiedenartigen Pflanzen vorkommenden Unterschiede im 
Aschengehalt erstrecken sich jedoch nicht auf Pflanzen der- 
selben Art; im Gegentheil ist bei ihnen, wenn sie auch von 
den verschiedensten Standorten untersucht wurden, der Aschen- 
gehalt ziemlich genau übereinstimmend gefunden. Dagegen 
verhalten sich verschiedene Theile derselben Pflanze sehr ab- 
weichend; die meiste Asche geben die grünen Theile und die 
Pflanzensäfte. 

Unter den einzelnen Verbindungen hat das Oxyd des 
Kaliummetalls, das Kali, die weiteste Verbreitung; es beträgt 
häufig mehr als die Hälfte der Asche, bei einigen Pflanzen, 
als den Kartoffeln und Rüben, sogar das Fünfzehnfache aller 
übrigen anorganischen Subtsanzen. Das dem Kali so ähnliche 

3* 


Natron. ist, viel weniger, verbreitet, nur.\-selten; ‚übertriffi seine 
Menge. die /des ‚Kali's... «Besonders.,ireich. \‚an, Natronsalzeni, sind 
die. versehiedenen 'Rübenarten.iund..die, Melde (Chenopodium); 
manche Seepflanzen ‚enthalten: ‚so..vie davon, dass. .manı, aus 
ihrer ‘Asche Soda. bereitet , ‚und die ‚Soda: von.;Alikante istıein 
Produkt. einer Ghenopodiumart. H sol 

Nächst dem Kalı findet sich am hänfiesten Ei Kalk, 2 
in’ vielen Fällen. das Kali ersetzen, zu ‚können! scheint, da’ seine 
Menge: zunimmt ‚wo: die.'.des erstern.,sich. vermindert...’ Am 
kalkärmsten sind die, Kartoffeln, woher es ’zu kommen. 'scheint, 
dass Menschen, die. nur.. von Kartoffeln ..leben, einen. sehwachen 
Knochenbau: haben ‚. ‚die‘, sogenannte englische ‚Krankheit ,..da 
dem Körper. mit. der...Nahrung ‚nicht. .so,,viel Kalk ‚zugeführt 
wird, als zum. Aufbau. des -Knochengerüstes nöthig ist;,,‚beson- 
ders nachtheilig. ist ‚daher, für, Kinder. .die :ausschliessliche Er- 
nährung mit: Kartoffeln... während: bei. Erwachsenen. das ı Kno- 
chengerüst schon vorhanden ist. Wollen. wir: daher. ‚ein. tüch- 
tiges Geschlecht: erziehen, so,.müssen ‚wir. dahin ‚streben‘, ‚den 
Kindern .der Armen, eine ;bessere. Nahrung zu verschaffen. 
Reich an Kalksalzen. sind dagegen. die Linsen, und sie,,können 
nicht genug als. ein Ersatz für die,mangelnde Fleischnahrung _ 
empfohlen werden, ‚um. se. mehr ,„.als‘.sie eine. den ‚Ackerbau 
gut lohnende Frucht.'sind, 5 baidoriet 

Viel ‚seltener als ‚der Kalk. ist; die aa nadı sie ‚über- 
trifft an Menge nur selten den’ erstern,.' wie in,einigen Feineider 
arten und. Rüben. vu dar 1, 

Die Thonerde . scheint. in unten Fällen. ..eber'.eine 
Verunreinigung der Asche, als wirklicher Bestandtheil derselben 
zu sein; doch finden. sich, bis vierzig. Prozent ‚derselben: in; der 
Asche des sogenannten Bärlapp. 

Kupfer und Silber finden sich nur’in. seltenen Fällen a 
nur:in geringen Mengen ;. sie scheinen‘. nicht ‚nothwendig für 
das Leben: der Pflanzen ‚zu sein. Fast eben so, selten: ist.das 
Eisen. und der Gehalt immer gering ;' dennoch ‚hat es den An- 
schein, als ob Eisen eine nicht: unwichtige Rolle bei der Er- 
nährung spiele. 


== =. 


‚Zink‘ ist bis Jetzt "in "einer einzigen‘ Pflanze, im .'soge- 
nannten"Galmeiveilchen entdeckt, /und es scheint für‘ dieselbe 
eine’Lebensbedingung zw sein, da’ man es angeblich nur an 
Omen gefunden hat, deren’ Zinkreichthum' bekannt ist. 

"Die Kieselsäure findet’sich , wie wir schon’ oben anführ- 
ten, besonders in den Halmen der Gräser;' der Röhrarten, der 
Bisen.: und ‘der Schachtelhalme ; ihre Asche: ist oft reine 
Rieselerde. Er » 950 
2 >Pas'Chlor hat'man im Safte der’ verschiedensten Pflänzen 
nächgewiesen aber oft in wechseluden Mengen‘; selbst bei 
Pflanzen von demselben Boden nnd derselben Art ,' wogegen 
Jod ünd Brom bis jetzt nur‘ in Seepflanzen entdeckt sind. 
Arsenik ist viel'verbreiteter, als man bisher glaubte,’ aber’ stets 
in so kleinen Mengen, dass der Nachweis desselben nur' bei 
ganz feinen Meihoden''gelingt; sein "Vorkommen 'scheinf nur 
dürch""seine Gegenwart in "fast “jedem Ackerboden bedingt, 
aber ohne Einfluss’auf die Ernährung ; ist seine Menge im Boden 
etwas bedeutender, so’ wirkt 'es sogar als Gift: auf das Pflanzen- 
leben, ‘wahrscheinlich in ähnlicher Weise, wie-bei den Thieren. 
"> Die anorganischen Stoffe "welche. wir als den Pflanzen 
eigen so eben angeführt haben, sind überall ein’ Bestandtheil 
des Erdbodens, dem’ sie “durch das’ 'verwitternde Gestein im- 
mer von Neuem zugeführt ‘werden. Es ist ‚jedoch einleuchtend, 
dass bei steigernder Produktion die ‘Salze dem’ Boden im- 
mer mehr entzogen werden, . dass man’ ‚daher Sorge’ tragen 
muss, die Verarmung des Bodens an diesen ‚Stoffen zu ver- 
hüten, ‘weil anderweit das Gedeihen‘'der Pflänzen nothwendig 
aufhören müsste. ‘Den grössten ‘Theil der Salze‘ kann der 
Dünger dem Boden wieder ‘geben, weil sie nicht in Gasgestalt 
entweichen, wie die 'verwesenden organischen Stoffe ; es Ist 
daher ein gar nicht ‘zu entschuldigendes Verfahren, wenn- man 
die Jauche, ‘welche den grössten ‚Theil ‘derselben gelöst ent- 
hält, wegfliessen lässt und dadurch die Strassen verpestet, statt 
sie auf den Acker zu. fahren oder noch. besser. fleissig über 
den Dünger zu.-giessen, welcher die: Salze zurückhält, während 
das Wasser: verdunstet. ‘Wenn man ‘Aecker und Wiesen ‘mit 


an 


Guano, Knochenasche, Asche, Bauschutt, Mergel bestreut, so 
hat diess wesentlich den Zweck, dem Boden die mangelnden 
Salze zuzuführen; leider sind sich die Leute ‚dessen: selten 
bewusst, und eine genaue Kenntniss des Bodens ist das. ein- 
zige Mittel, die Wahl dieser Stoffe zu bestimmen. Ein anderes, 
wichtiges Mittel, den ‚Boden ‚mit ‚Salzen zu ‚bereichern, ist ein 
tiefes Bearbeiten desselben, indem ‚dadurch die. untern ‚man 
könnte sagen noch jungfräulichen, an Salzen reichen Schichten 
an. die Oberfläche kommen.  Diess scheint. ein \'englischer 
Landwirth in. seiner ganzen Wichtigkeit erkannt. .zu ‚haben, 
der in einer Schrift, die 1856 schon fünfzehn Auflagen ‚erlebt 
hatte, wahrhaft überraschende Resultate ‚mittheilt, die‘, er bei 
der Weizenkultur durch eine Aiele Bearbeitung ‚des Bodens 
erlangt hat”). £ 

Viele Stoffe kommen im Boden: in..so sitsseronlantlich 
geringer Menge vor, dass es dem Chemiker oft) nicht gelingt, 
ihre Gegenwart an irgend einer Lokalität nachzuweisen; den- 
noch findet man sie in «den Pflanzen. Aus dieser Erscheinung 
geht hervor, dass die Pflanzen die Eigenschaft haben, ‚die 
ihnen 'nöthigea Körper, man ‚möchte"sagen, ‚aufzuspüren und 
sich anzueignen; sie sind wahre ‚Sammler solcher Substanzen 
und machen es dem Menschen. möglich, | sie in. grösserer 
Menge zu gewinnen, während man sie auf anderem Wege gar 
aicht oder’ nur mit sehr grossen: Kosten erhalten könnte. Zu 
diesen Stoffen gehören das Kali, das‘ Jod ‚und. der Phosphor, 
welchen letztern wir aus. den Knochen - der. Thiere. erhalten, 
die ihn mit der Pflanzennahrung ‘sich aneignen... Wo,‚Pflanzen 
gedeihen, muss es im Boden Phosphorsäute geben, ‚wenn man 
nicht annehmen: will, dass der Phosphor innerhalb der Pflanzen 
aus dem Nichts geschaffen werde; .aber.in den seltensten Fällen 
ist es möglich, mit ;Hülfe chemischer Mittel, ihre. Gegenwart 
in der Ackererde darzuthun. : Noch auffälliger ist es mit dem 


*) Der Titel der Schrift lautet: A Word in Season; or how to 
grow wheat with profit. Fifteenth edition, corrected; with @ 
word or tıwo more to those who have 'tried. London 1856. 


Per ge 


Jod; wenn auch selten, so:'kann man doch die Phosphorsäure 
nachweisen; das Jod im Seewasser zu entdecken, ist uns noch 
nicht gelungen. ' Dennoch wird es in nicht: unbedeutenden 
Mengen aus Pflanzen gewonnen, die im*Meere wachsen. Die 
Gewinnung des Jod ist aber ‚sehr wichtig, da es eine bedeu- 
tende Anwendang in: der Medizin und ‚bei der Anfertigung 
von: Lichtbildern' findet. | 

Was endlich nech die Form betrifft, in welcher die un- 
organischen Stoffe in den Organismus der Pflanzen gelangen, 
soi4st: nicht. gut eine andere ‚Möglichkeit denkbar, als dass 
diess, inLösungen geschieht. Zwar hat Liebig in neuester 
Zeit. dieser Annahme widersprochen, indem er sich 'auf die 
Erfahrung stützt, dass Salzlösungen, ' wenn 'man sie durch eine 
hohe! Schicht: Ackererde fliessen lässt, einen ‘grossen Theil: des 
gelösten. Salzes an die Ackererde abgeben. Deswegen, meint 
er gegen seine frühere Ansicht, ‘die Pflanzen nähmen die Salze 
in «fester ‚Form auf, indem er noch als Beweismittel hinzu- 
fügt, dass, die Salze immer: tieler, in ‘den Boden eindringen 
müssten, also den’ Pilauzen entzogen würden, wenn das Wasser 
dieselben löse..; Warum. sell die Lösung ,‚ die’ sich in den 
obern Schichten ‚befindet, nicht die Salze seinem: Versuche 
gemäss. dort ‚lassen, wenn. die verdünntere Flüssigkeit nach 
unten dringt?. Auf, der andern Seite kann man aber aus un- 
löslichen. ‚Stoffen durch ‚hinreichende Mengen Wassers nach 
und nach alle löslichen auswaschen, ein Verfahren, das Liebig 
nicht, minder als ‚andere Chemiker anwendet. ‚Aber abgesehen 
davon, was. sich ‚vom. Standpunkte|.des Chemikers hier noch 
anführen liesse, ‚ist.es absolut unmöglich, dass die Pflanzen 
die Salze in fester Form aufnehmen, weil alle Oefinungen 
fehlen, ‚durch ‚die feste Körper eindringen könnten, indem es 
bis jetzt noch nicht, gelungen ist, ‚mit. ‚dem schärfsten Mi- 
kreskope  Oeffnungen oder .«Löcher ‚in der Wandung. jugend- 
licher, -saftgefüllter Zellen. zu. entdecken ; die Salze finden sich 
aber innerhalb der Zellen... | 

Ob.Phosphor und Schwefel in Form von ‚phosphorsauren 
und schwefelsauren Salzen oder als Phosphor - und Schwefel- 


ze. We 


wasserstoff: aufgenommen \werden;, ist‘ noch! unentschieden und 
dürfte überhaupt; schwer zu entscheiden sein‘, -da ;ihre Menge 
im' Verhältniss zur»ganzen Pflanze ausserordentlich gesing'ist: 
Ein Morgen Erbsen'/öder Linsen, die am meisten: eiweissartige 
Substanzen erzeugen ‚' daher auch ‘am meisten Phosphor: und 
Schwefel gebrauchen, 'verbraucht | für eine Ernte: kaum "zwei 
Pfund Schwefel und ein Pfund Phosphor. Es’ enthält‘ daher 
die Annahme nichts. Widersinniges ‚''so' geringe‘ 'Mengen von 
Phosphorwasserstöff und Schwefelwässerstoff fänden sich immer 
in» der Luft, um: diesen geringen Bedarf zw'decken,''zumal' sich 
bei jeder ‚Verwesung diese Verbindungen: bilden, und 'Sehwefel- 
wasserstoff auch von den . Vulkanen‘ ausgehaucht' wird. »Ebensö 
unbedenklich ist die ‘Meinung, es würden phosphorsaure' und 
scwefelsäure ‚Salze :aufgenommen;, um so‘ weniger, als“ beide 
Salze: ausserordentlich verbreitet sind ‘und’ ihre Säuren ‘in ‘den 
lebenden Pflanzen ‘selbst: vorkommen. ' sin. Sun maynn 8 

Fassen : wir noch "einmal die (gewonnenen 'Resultate”'zu- 
samen, so: haben :wir einen sehr‘ einfachen: Stoffwechsel : 'die 
Pflanzen nehmen ‚aus der: ’anorganischen ‘Welt Kohlensäure; 
Ammoniak, Wasser. und einige Salze: auf,’ indem: sie diese 
Stoffe überall‘ vorfinden. ° Sie ‘:werden verarbeitet und’ in‘or- 
ganische Materie übergeführt ,  die©'alsdann den 'Thieren'zu 
ihrer Ernährung dient; diese scheiden sie’ aber wieder als um- 
organische Stoffe aus oder zerfallen:'in 'solche 'bei ihrem Tode; 
und der Kreislauf derselben. ‘beginnt aufs Neue. vu un" 

‘Man könnte noch 'einwerfen, der Dünger ‘wäre ber dieser 
Auffassung der Pflanzennahrung ein ' ganz’ überflüssiges Ding; 
wäre die Sache so, . wie »wir‘'sie 'eben KERN so hätte man 
gar nicht möthig zu düngen. ww A * 

Wir glauben aber nicht zu einer h solchen Auffassung‘ wi 
anlassung' gegeben zu haben, denn warum 'sollte'‘der Dünger, 
indem’: er in seme Bestandtheile zerfällt, nicht: mittelbar zur 
Ernährung beitragen’? : Ausserdem haben 'wir"sehon angeführt, 
wie er es wesentlich ist, der dem"Boden' die Salze‘ zuführt 
und wie man seine Wirksamkeit in diesem Sinne noch‘ bedeu- 
tend erhöhen könnte. Freilich könnte man ihn‘in dieser Eigen: 


Sa De 


schaft entbehren, indem man die Salze in anderer Form dem 
Acker zuführte, was denn auch in der That häufig geschieht. 
Unersetzbar ist aber seine Eigenschaft, Feuchtigkeit aus der 
Luft zu verdichten und so den Pflanzen die nöthige Nahrung, 
Wasser und die darin gelösten Stoffe, zur Aufnahme bereit zu 
halten. In Wäldern und auf Wiesen, wo stets abgestorbene 
Pflanzentheile vorhanden sind, ist er auch in der That ganz 
entbehrlich, wenn man sie nur, besonders die Wiesen, von 
Zeit zu Zeit mit den nöthigen Salzen versorgt. Es soll aber 
keineswegs damit gesagt sein, der Dünger ‘wäre den Wiesen 
nicht vortheilhaft;’ er kann’ im Gegehtheil dazu beitragen, eine 
schlechte Wiese bedeutend zu, verbessern, besonders wenn 
nah Ähh’ Hichtwie es häufig keschieht , "blos 'auf die Wiese 
streut, sondern ihn;,tüchtig unterarbeitety; da er alsdann den 
Boden auflockert und ihn befähigt, einerseits überschüssiges 
Wasser durchzulassen, anderntheils Wasserdampf aus der Luft 
zu verdichten. 

Eine ganz eigenthümliche Abtheilung der Pflanzen bilden 
die Schmarotzer, viele tropische Orchideen ‘und Aroideen, die 
ÖOrobanchen, die Mistel, viele Pilze, Schwämme und Flechten, 
die nur auf organischen Geschöpfen‘,’ auf‘ lebenden 'oder ver- 
wesenden gedeihen.- Dieses Vorkömmen atf ‘andern Organis- 
men," dieses Gefesseltsein an’ das Dasein 'anderer organischer 
Geschöpfe, in’denen sie’wurzeln‘, scheint‘ zu beweisen, dass 
sie wenigstens nur von schon örganisirten’Stoffen’lebeh 'kön- 
nen. Im Gegensatz zu den ‘übrigen Gewächsen muss’ ihhen 
die’ Nahrüng vorbereitet ‘sein, ‘sie können nicht''Kohlensäure 
und Ammoniak 'zersetzen , ‘wie’ diess von “den "ändern “Pflanzen 
geschieht. Zür 'Zeit' aber fehlt “uns” noch 'alles "Mäterial, "N#- 
heres über die Ernährung der Schmarotzer anzugeben ;' auch 
Verschiinideh" 'sie im‘ een Saiten der Mn Neue 


Ber ER: REN MINE: Da 7 


Zweites, Kapitel. 


‚Von ‚der Aufnahme der Nahrungsstoffe und ‚ ihrer. Kork 
bewegung durch die —— 


) Vom Bau der: Pflanze: 


Bevor wir von der Aufnahme der Nahrungsstoffe sprechen 
können, müssen wir erst in’ wenigen ‚Zügen ein allgemeines 
Bild.vom Bau der Pflanzen entwerfen; denn ohne. eine Kennt- 
niss der anatomischen Verhältnisse ‚und der ‚einzelnen Theile 
der Pflanzen. ist das Verständniss der Aufnahme. der. Nahrungs- 
stofle und die Art ihrer Aneignung unmöglich. 

Während bei den Thieren, wenigstens ‚bei den höhern, 
ein. vollständiges System von Apparaten, Mund, Speiseröhre, 
Magen, Darm und Blutgefässe, die, Ernährung vermitteln, 
suchen wir bei den Pflanzen. vergebens nach ähnlichen Ein- 
richtungen. Wenn man eine Pflanze ‚mit blossem ‚Auge oder 
bei schwacher Vergrösserung betrachtet, so erscheint jeder 
Theil derselben als eine vollkommen gleichartige Substanz, in 
der vor allen Dingen Oeffnungen, die in das Innere führen, 
ganz fehlen. Bei stärkerer Vergrösserung erscheint die vorhin 
gleichartige Masse gleichsam als aus einzelnen Maschen be- 


N 


stehend, die dicht neben einander: liegen, ‘deren jede für sich 
durch... eine‘ rings geschlossene Haut abgegrenzt. ist, und. die 
verschiedene Gestalt und Grösse haben. Bei sorgfältiger: Be- 
handlung kanu man die einzelnen Maschen aus der ganzen 
Substanz unverletzt loslösen,, besonders wenn man das Gewebe 
vorher mit Wasser oder Alkalien eine Zeit lang: .stehen lässt. 
Fig. 1. zeigt diese Maschen von verschiedener Grösse im Quer- 
schnitt ‚eines ‚Farrenkrautes. | 

Die Grundform dieser Maschen, welche die wahren Ele- 
mentarorgane der Pflanze bilden, ist. ein Bläschen von. läng- 
licher‘: oder runder Gestalt; ‚eine feste Haut schliesst eine 
Flüssigkeit: .ein..; Man nennt diese Bläschen ‚Zellen; stehen 
mehrere Zellen. in einer: Reihe übereinander und die ‚Quer- 
scheidewände sind: verschwunden, ‚so hat man die Gefässe; 
sie bilden. alsdann mehr ‚oder weniger lange Röhren, an denen 
man \aber immer noch unter dem Mikroskop erkennen. kann, 
wo früher Scheidewände waren. Im jugendlichen Zustande 'be- 
stehen daher alle Pflanzentheile aus ‚Zellen ; im weitern Ver- 
laufe. des Wachsthums verschwinden an. gewissen Stellen die 
Querscheidewände zwischen je zwei Zellen, es entstehen die 
Gefässe.. ‚Die niedern Pflanzen, wie Algen, Flechten, Moose 
und Pilze bestehen: ihr ganzes: Leben: hindurch nur aus.Zellen, 
einzelne Arten sogar ‚aus einer einzigen, wie das Hefenpflänz- 
chen, durch dessen Gegenwart ‚in: zuckerhaltigen Flüssigkeiten 
die, weingeistige Gährung hervorgerufen und unterhalten: wird. 

Die ursprüngliche Gestalt jeder Zelle ist die: Kugelgestalt, 
und erst im weitern. Verlaufe. der Entwickelung ‚und ihres 
Wachsthums nimmt sie die verschiedensten Formen an, theils 
bedingt durch den Raum, indem sie. sich. entwickelt, theils 
durch die Lage der sie umgebenden. Zellen, theils durch eine 
gewisse einseitige Weiterbildung der Zellhaut. Bei ‚frei ‚sich 
nach allen Seiten ausdehnenden. Zellen ist. eine unendliche 
Formenverschiedenheit möglich; dagegen ist die vorherrschende 
Form derjenigen Zellen, ‚die mit andern ein Gewebe. bilden, 
die eines, Polyeders, obgleich. auch. hier sich andere Formen 
entwickeln, z. B. sternförmige Gestalten. Fig.’ 2 zeigt ellip- 


— DE 


tische‘ Parenchymzellen aus dem'Blatte von Serostichon'alei- 
corne, Fig. 3 rn aus’ (denk URERE der‘ Garten- 
balsamine. 1 st hau Finland anal v 

"Kurze, nach allen Richtungen nahezu ''gleichmässigausge- 
dchnte) Zellen‘ von vieleckiger' oder“ fast 'kugeliger ‘Gestalt 
bilden die Grundlage \des' Gewebes 'aller höher “entwickelten 
Pflanzen, wenigstens in’ ihren’ jugendlichen Zuständen; ' bei der 
erwachsenen Pflanze bestehen das Mark; die Rinde,'die 'Blatt- 
substanz'und die Fortpflanzungsorgane fast ausschliesslich aus 
solchen:Zellen. '-Man nennt diese Gewebe zum Unterschiede 
von: den 'Gefässbündeln  Parenchym', in‘ seinem ' jugendlichen 
Zustände auch Kambium.' Gefässbündel dagegen-heissen’die’aus 
langgestreckten' Zellen ;' die an ihren‘ Enden: zugespitzt' sind, 
und ‚aus Gefässen bestehenden‘ faserigen ‘Stränge ‚' welche das 
Parenchym: durchziehen und’ den ’Holzkörper bilden.» Fig.»4 
zeigt gestreckte Zellen’ aus dem Stengel der Saubohnen, Fieia 
Faba, Fig. 5 Gefässbündel aus ‘derselben: Ging “Fig. 6 ge 
streckte,’ an”beiden: Enden ‘zugespitzte ‘Zellen. » un" 

Was die: Grösse der einzelnen Zellen betritt 'so in 
im’ Allgemeinen so klein, dass wir sie mit blossem Auge nicht 
wahrnehmen können; nichtsdestoweniger ist ihr Volumen “aus- 
serordentlich' verschieden ;:' ihr 'Durehmesser‘‘schwankt'‘bei Pa- 
renchymzellen ‘zwischen 745: und 500 ‚einer Linie . "indem ’"die 
Mehrzahl einen Durchmesser von’ gt: bis „#5 Linie 'hat. ‘Der 
Querdurchmesser der’ gestreckten Zellen‘ ‘ist im’ Allgemeinen 
noch geringer; als bei den Parenchymzellen ; desto auffallen- 
der ist“ihre Längenausdehnung, die‘ zwischen # Linie und 
einigen 'Zollen schwankt; Zellen jedoch, die‘ länger 'als' eine 
Linie sind, sind’ sehr‘ selteny'"sie finden’ sich’ nur im -Baste 
und in’einigen Haaren bei den RPENER ee _ ‚aber 
bei den’ niedern häufiger. | aliSa: 

' Die’ Zellenhaut ist in der'Regel starr 'und''steif,"und zwar 
um so mehr, je'älter die Zelle ist; die Zellen des Schachtel- 
halms' sind sogar 'so :hart''in''Folge'' darin! abgelagerter'Kiesel- 
erde Hass 'sie Zum Poliren’'der Metalle dienen. " Im jügend« 
lichen 'Zustande ist die’Zellhaut "sehr''weich; bei-Algen, Pilzen; 


BEE, . : De 


bei manchen: »fleischigen ‘Früchten und Zu attan behält:: sie 
diesen Zustand. auch im ‚Alter: bei. 

‘: Alle. Zellhäute werden im. Wasser aufgeweicht, um: so 
leichter‘; je jugendlicher:; die‘Zellen: sind; das Wasser: durech- 
dringt ‘sie. ' In «spätern ‘Zuständen ‘lagern sich ‚andere: Stoffe 
darauf. ‘ab; siewerden :härter und nehmen häufig: eine «dunkle 
Färbung än,,ı während: sie! früher farblos: sind.’ ‘Indem:,sich 
feste Stofle ‚aus: :dem.':Zellsafte‘ ausscheiden „ lagern‘ sie sich 
am Innern der Zellenwand ab :und ‚geben. zu. den : verschieden- 
sten Bildungen Veranlassung, ‚da sie sich'nicht an allen Stellen 
gleichmässig;;niederschlagen.; So: entsteben: unter: andern die 
sogenannten -.‚Spiralgefässe.: und Treppengelässe ;'» ferner. die 
Tüpfel,, ‘die dazu, Veranlassung gegeben haben, zu‘ glauben, 
die Zellen seien an; diesen: Stellen  durchlöchert,, welche 'Mei- 
nung sich ‚bei näherer Prüfung als’ falsch. erweis’t.- Die: Zell- 
haut :ist:'im ‚Gegentheil,eme gleichartige: Masse ;: ‚ohne‘ Fasern 
und besondere Strukturverhältnisse. Auch: bei’ der';stärksten 
Vergrösserung hat: man. eine: Struktur: eben so wenig:'als Oeff- 
aungen) darin- entdecken ‚können.:\Die‘ mit: einander verwach- 
senen Stellen. lassen sich: durch: Drücken und Reissen von ıein-_ 
ander-'trennen ,; auf) ‚die 'leichteste, Art «bei sehr  säftigen -Ge- 
 weben; bei andern‘ Theilen der’ Pflanzen muss: man sie durch 
Kochen; öder durch‘ N mit, Alkalien sunr Säuren von 
einander entfernen. | Biagı L 

"Da: die! Zellen nur in seltenen Fällen. mit beiadeh; End: 
flächen aneinanderstossen, ‚sondern meist an-den: Enden abge- 
rundet .'sind,,.iso entstehen zwischen: ihnen hohle Räume, die 
nicht von einer Haut umgeben sind. .' Weil diese Hohlräume 
in einänder‘ münden, so: entsteht zwischen ‘den Geweben 
durch die ganze Pflanze hindurch ‘nach allen Seiten verzweigt 
ein System von mehr: oder weniger erweiterten Röhren. 'Sie sind 
bei: lebenden Pflanzen ' meist: mit Luft gefüllt ‚und 'heissen In- 
terzellulargänge oder Interzellularräume. Bei allen Pflanzen- 
theilen , die: im Innern ‘der ‘Erde ‘oder unter! dem Wasser 
wachsen, sind jene Räume nach Aussen abgeschlossen, indem 
an ‚diesen Theilen‘ die Oberhautzellen in ebenen Flächen an- 


ie. Ein 


einanderstossen. Bei den Pflanzentheilen dagegen, die der 
Luft ausgesetzt sind, vor allen auf der: Unterseite der Blätter, 
stehen sie mit der äussern I.uft in Verbindung, indem ihre 
Ausgänge mit krummflächigen Zellen eingefasst sind; diese 
Oeffnungen heissen Spaltöffnungen oder Poren. Fig. 7 zeigt 
uns die untere Blattseite der stinkenden Niesswurz, Helleborus 
foetidus, in welcher bei a solche Poren sich befinden. 

Im Allgemeinen sind die Interzellularräume sehr eng und 
zwar um so enger, je regelmässiger polyedrisch die Zellen 
sind; es giebt jedoch Fälle, wo die Hohlräume eine so 'be- 
deutende Ausdehnung erlangen, dass ihr Rauminhalt grösser 
ist als der der Zellen, durch welche sie umschlossen: werden; 
oft erweitern ‚sie sich zu ordentlichen Säcken. "Besonders auf- 
fällig tritt diese Erscheinung hervor bei den Blattstielen. und 
Stämmen solcher Wasserpflanzen, die auf dem Boden wurzeln, 
deren Blüthen und Blätter aber auf dem Wasser schwimmen, 
wie bei der Wasserrose. 

Nicht selten sind die Interzellulargänge mit Substanzen 
angefüllt, die von der Zellenhaut 'ausgeschieden sind, die man 
Interzellularsubstanzen nennt und die "häufig als Bindemittel 
zwischen den einzelnen Theilen des Gewebes dienen. Bei den 
Nadelhölzern sind es Harze, bei andern Pflanzen, z. B. dem 
Essigbaum, Milchsaft, bei den Doldenpflanzen und: bei‘ den 
Orangen flüchtige Oele. Die an der Oberfläche der Pflanzen 
liegenden Zellen scheiden nach aussen ebenfalls Interzellular- 
substanzen aus, welche eine äussere Schicht um alle ‘der Luft 
ausgesetzten Theile bilden. Man hat diese Schicht Kutikula 
oder Oberhaut genannt. 

Die Natur der Stoffe, welche den Zelleninhalt bilden, ist 
nach dem gegenwärtigen Standpunkte unsrer Kenntnisse kaum 
annähernd zu bestimmen, da die meisten derselben im Zell- 
safte gelöst sind, ihre Menge aber fast immer so gering 
ist. dass es unmöglich ist, sie durch chemische Hülfsmittel 
zu prüfen. In allen jungen Zellen findet sich der Innen- 
wand der Zellhaut angelegt eine dünne , körnige Haut, 
die sich ablöst und zusammenzieht, wenn man die Zelle 


a, : REES 


mit. starkem 'Weingeist behandelt. Diese Zelle in der‘ Zelle, 
welche sich mit Jodlösung gelb färbt, während die eigentliche 
Zellhaut mit demselben Reagenz behandelt eine blaue Farbe 
annimmt, nennt ihr Entdecker, Hugo M ohl, Primordialschlauch. 
Sie enthält wahrscheinlich Stickstoff, während die äussere 
Zellenmembran nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer- 
stoff besteht. Ferner findet sich im Innern junger Zellen der 
sogenannte Zellenkern, der oft im Verhältniss zur Grösse der 
Zelle sehr bedeutend ist. Primordialschlauch und Zellenkern 
sind für die Zellenbildung von der äussersten Wichtigkeit; 
mit dem Alter verschwinden ‘beide Bildungen. Fig. 8 zeigt 
eine mit Alkohol behandelte Zelle; «a ist die Zellhaut, 5 der 
Primordialschlauch, e der Zellenkern. 

Der Zellensaft, obgleich immer klar und wasserhell, selten 
roth ‚oder blau gefärbt, ist. je nach der Stelle, wo: sich 
die Zelle befindet, und je nach der Verarbeitung, welche 
die aufgesogene Flüssigkeit schon erfahren hat, ausserordent- 
lich‘ verschieden. Bei den höhern Pflanzen können nur die 
reifen Samen so vollständig ausgetrocknet werden, dass aller 
Zellsaft aus den Zellen verschwindet, ohne dass sie getödtet 
werden; niedere Pflanzen dagegen können Jahre lang. ganz 
trocken aufbewahrt werden, und sie treiben von Neuem, wenn 
man sie an feuchte Luft bringt. 

In ‚den meisten Parenchymzellen findet sich, wenn auch 
nicht in allen’Lebensperioden der Pflanze, das Chlorophyll oder 
Blattgrün, halb: weiche Körnchen, welche die Ursache der den 
Pflanzen eigenthümlichen grünen Farbe sind; im Herbst: ver- 
ändert sich die chemische Natur dieser Körper. Gelöst‘ im 
Zellsafte kommt dieser Farbstoff nie vor. Die Hauptmasse ‘der 
Körnchen ist ein Wachs; nicht selten finden sich in ihnen 
Stärkekörner. | 

So allgemein aber auch das Blattgrün in den Pflanzen 
verbreitet ist, so sind doch die Stärkekörner noch viel ver- 
breiteter, indem sie in allen Pflanzen mit alleiniger Ausnahme 
der Pilze vorharden sind. Die Stärke ist jedoch nur ein 
vorübergehender  Zelleninhalt, indem sie wieder aufgelöst wird 


BE. 


und‘nur'das: Material zu! andern: Bildungen: zu liefern : scheint. 
Die Stärkekörner: sind. farblos ‚und durehsichtig und bestehen 
alle 'ausı übereinandergelagerten: Blättern : von: verschiedener 
Dicke,! weswegen ''sie im ''polarisirten Licht prachtvolle ‚Farben- 
erseheinungen ‚zeigen: Der Schichtungsmittelpunkt liegt‘ selten 
in. der Mitte‘ des ;Kernes ‚ :sondern-' meist vexcentrischy'd.'h, 
dem einen Ende näher! Gestalt ‘und: Grösse! dieser. Körner 
ist: äusserst verschieden; und 'oft«ist. es möglich, : mit’Hülfe des 
Mikroskops ‘die Pflanze zu: bestimmen, von. welcher die- Stärke 
stammt.‘ : Eine verhältnissmässig: -bedeutende Grösse und eine 
sehr charakteristische Form ‚besitzen die  Stärkekörner der 
Kartoffel, während‘ .die: des ‚Weizens' sehr: klein sind. : 

Im Zellsafte gelöst.» finden sich. Gummiarten;,.'Eiweiss, 
Zucker ;' in Formi-von: Tröpfchen' fette» und ‚flüchtige ' Oele, 
Pflanzensäuren ,;- als ; Kleesäure ‚ - Citronensäure',;, Weinsäure, 
Aepfelsäure u: »s..w;‘ sind selten im 'Zellsafte‘.gelöst ,- sönderin 
meist: mit ‚anorganischen: Stoffen! zu ‘Salzen verbunden, (die: sich 
häufig. ‚krystallinisch- ausscheiden, und: deren Gestalt man ‚unter 
dem Mikroskope: mitunter ‚genam bestimmen kann. 


9) Die Organe der Nahrungsaufnahme. 

Als erste Voraussetzung hei:der Aufnahme: der‘ Nahrungs- 
ihittel- müssen‘ wir annehmen , «dass die Stoffe im Wasser ge- 
löst. sind, da ‘wir bei: der'Betrachtung : der‘ einzelnen‘ Theile 
der Pflanze, der Organe, gesehen :haben, dass ohne Verletzung 
keine festen Stoffe in die Pflanze eindringen können. Schlei- 
den sucht sogar zu. beweisen, das Wasser‘ würde nur 'in 
Dampfform ‚aufgenommen ; wir halten ‘diese Ansicht, abgesehen 
von ‘den Gründen, die sich gegen dieselbe ‘anführen lassen, 
für sehr müssig, da es für den Ernährungsprozess - höchst 
gleichgültig ist, ob‘ die Stoffe luftförmig oder in. tropfbar 
flüssiger Gestalt die Zellhaut ‘durchdringen. Wichtig 'ist es 
nur, zu wissen, in: welcher Gestalt sie dieselben durchdringen 
können; dass dies aber im flüssiger Form geschehen kann, 
dafür werden wir: weiter unten Belege anführen. 


Be 


"Ohne ‘Frage führen ‘die Wurzeln: 'den Pflanzen das’ Wasser 
zu; 'ob aber ‘auch die' Blätter’ im Stande sind, die Wasserauf- 
nahme zu vermitteln, ist zur Zeit noch eine offene Frage, ‘ob- 
gleich manche Thatsachen und Erfahrungen scheinbar dafür spre- 
chen. 'Wenn 'man Blätter auf’ Wasser legt, so bleiben’ sie frisch, 
weil‘ sie,''so' schliessen diejenigen, 'welche eine solche‘ Funktion 
der Blätler‘beanspruchen,, Wasser aufnehmen. ' Dagegen lässt 
sich dieses Frischbleiben auch einfach 'so erklären, dass 'das 
Wasser .den: Zutritt der: Luft''zu den Blättern ‘verhindert; wenn 
äber die Luft abgehalten: wird, so: kann'die: in den Zellen 'be- 
findliche'; Flüssigkeit:nicht verdunsten.‘ Viele Parasiten, beson- 
ders tropische 'Orchideen und Aroideen "können: durch‘ die 
Wurzeln mit’ denen’ sie''an:'den‘ Pflanzen ,; auf’ denen : sie’ als 
Schmarotzer leben, haften; wenig Feuchtigkeit aufnehmen; 
dafür haben sie sogenannte Luftwurzeln ,' die offenbar nicht 
nöthig wären, 'wenn ‘die Blätter das zur Ernährung 'nothwen- 
dige Wasser‘ aufsaugen ‘könnten. ' Auf’ der ' ändern 'Seite  be- 
hauptet man wieder, :die sogenannten‘ Fettpflanzen; zu denen 
unter andern der Hauslauch, die fette Henne; ‘der Mauerpfeffer 
und die Kaktusarten ‘gehören, müssten’im° Stande’ sein ‚, durch 
ihre ‚Oberfläche Wasser zu 'absorbiren‘; weil’ sie anders auf so 
dürrem 'Boden;,; wie ihn gerade diese Pflanzen lieben‘, nicht 
leben könnten, noch viel weniger ‘so saftstrotzend''seien, wie 
sie’es: in der That sind. Wenn man jedoch’ bedenkt, dass 
alle Fettpflanzen eine sehr dichte Kutikula und sehr wenig 
Spaltöffnungen: haben, so ist der Schluss sehr'einfach, -sie kom- 
men deswegen mit sehr wenig Wasser aus, weil’ wegen der 
dichten‘'Oberhaut nur wenig Wasser verdunsten' kann. 

Bei’ den’ niedern Pflanzen dagegen, die sich noch nicht 
differenzirt haben, bei denen also jede Art der Wurzelbildung 
fehlt, wie bei vielen Algen, ist man berechtigt und gezwungen, 
zu einer Aufnahme durch die ganze Oberfläche seine Zuflucht 
zu nelımen. Ausser der Unmöglichkeit, die Ernährung dieser 
Gewächse anders zu erklären, spricht dafür die 'Zartheit der 


Zellwandung, die in allen Theilen dem Wasser den Durchtritt 
Filly, Ernährungsverhältnisse, a 4 


a ER 


gleich leicht. gestattet. ‚Derartige Pflanzen leben: wie die nie- 
dern Thiere, denen auch jedes Organ fehlt, nur im: Wasser 
oder. in: sehr feuchter Luft. 

x: Wenn aber auch kein ‘Wasser durch die Blätter aufge- 
nommen wird, ‚so ist es doch eine unbestreitbare Thatsache, 
dass Kohlensäure aufgesögen und Sauerstoff ausgehaucht: wird, 
während alle übrigen Pflanzentheile Sauerstoff: der: Luft‘ ent- 
ziehen und Kohlensäure! dafür zurückgeben. Schliesst, man 
Pflanzen ohne Blätter, ohne grüne Theile: in ein Quantum 
Luft, dessen Kohlensäuregehalt man; kennt, ein, und seizt sie 
der Einwirkung des Lichtes aus, so vermindert sich nicht nur 
nicht ‘der: Gehalt: an Kohlensäure, sondern er vermehrt sich 
vielmehr, während grüne Pflanzentheile und Blätter ‚unter sonst 
gleichen: ‚Umständen in kurzer‘, Zeit die vorhandene Kohlen- 
säure zersetzen. ' Wenn ‚man. einen ‚belaubten Zweig 'in ein 
Gefäss einkittet und im direkten Sonnenlicht einen Strom 
kohlensäurehaltiger, feuchter Lufl ‚langsam: durch. das Gefäss 
strömen lässt, die ausströmende Luft aber untersucht, so ‚findet 
man die Kohlensäure bedeutend verringert. Man fand bei einem 
solchen Versuche, dass sieim Mittel nur noch ein Viertel derjenigen 
Kohlensäure enthielt, die. anfangs darin war. Es ist:nicht gut 
möglich, eine andere Erklärung dieser Erscheinung ‚zu geben» 
als dass die Blätter die Kohlensäure aufgesogen haben. Was 
dagegen die Aufnahme von Sauerstoff betrifft, so scheint, dies 
Nichts weiter zu sein, als eine. Oxydation oder langsame Ver- 
brennung der Oberfläche der Pflanzensubstanz, nicht ein wirk- 
liches Eindringen in den Organismus der Pflanze. 

Es ist ferner möglich, dass auch Ammoniak durch). die 
Poren der Blätter in Jie Pflanzen dringt, aber durch keinen 
Versuch bis jetzt bewiesen. Man muss sich aber wohl hüten, 
bei Verfolgung der Erscheinungen in der Natur obne Noth 
unbewiesene Dinge als Thatsachen hinzustellen, weil gar zu 
leicht verkehrte und für die Wissenschaft nachtheilige Schlüsse 
gezogen werden können. 

Während eine grosse Zahl von Pflanzenphysiologen der 
Ansicht ist, dass nur die äussersten, jüngsten Enden der 


ee 


Wurzeln, die sich fort’ und» fort neu;bilden, im 'Stande sind, 
Flüssigkeiten aufzunehmen, die ältern Theile aber wegen der 
Festigkeit der 'Oberhaut- diese. Thätigkeit ‚nicht mehr ausüben 
könnten, wollen. andere beobachtet haben, wie ‚die ganze 
Wurzel und die darauf befindlichen Härchen .die Feuchtigkeit 
aufsaugen, indem Pflanzen um so länger grün und frisch 
bleiben, je tiefer die Wurzeln in Wasser getaucht sind. . An- 
dere wiederum haben beobachtet, dass sich auf: den Wurzeln 
unendlich viele feine Härchen befinden, in welche die Spiral- 
gefässe ‚enden sollen, Sie meinen, die Härchen seien es be- 
sonders, durch welche. die Nahrungsflüssigkeit in die Pflanze 
dringe,':: und die ‚Spiralgelässe leiteten den Saft durch die 
gänze Pflanze, 

Die Würzelchen sind an ihren Enden mit Papillen be- 
deckt. Diese sind sehr feine, zartwandige Zellen, welche nach 
allen Beobachtungen, die niit: der gehörigen Sorgfalt und ohne 
vorgefasste Meinungen angesiellt sind, die Nahrungsflüssigkeit 
aufnehmen und an die benachbarten Zellen abgeben. Link, 
Unger, Schleiden und Schacht haben durch. vielfache 
und entscheidende Versuche diese Beobachtung bestätigt. Nur 
muss man sich hüten, diese Papillen für Organe zu halten, 
die denen der Thiere ähnlich wären; denn ‘bei den Thieren 
sind die Saugapparate stets röhrenförmige Gebilde, während 
diese Papillen in ‚allen Fällen geschlossene Zellen ohne’ ‚jede 
wahrnehmbare Oeflnung sind, wie ‚sich sehr leicht dadurch 
beweisen lässt, dass gefärbte Flüssigkeiten durch dieselben 
nicht -in die Pflanzen eindringen, wenn sie nur unverletzt 
sind. Dringen derartige Lösungen ein, so sind. entweder die 
Papillen vor dem Versuche verletzt, oder die Flüssigkeiten 
wirken chemisch auf die Zellwandung ein, lösen sie auf und 
zerstüren sie. 

Sehr wichtig und für die Lehre der Pflanzenernährung 
entscheidend ist die Frage, ob die im Wasser gelösten Stoffe 
in demselben Mengenverhältniss, wie sie in der Lösung sich 
befinden, aufgenommen werden, oder ob der eine Stoff in 

4* 


Pe 


grösserer,,' der andere'in'geringerer'Menge ''aufgesogen wird? 
Diese Frage‘ hat’ ganz entgegengesetzte Beantwortungen iert 
fahren. Auf'der einen‘Seite' machte’ sich auf Grund‘ der 'von 
Saussüre angestellten Versuche die Ansicht‘ geltend, die im 
Wasser eiithaltenen’ Stoffe würden im Verhältniss ihrer: grössern 
oder geringern Löslichkeit‘ eingesogen, ohne Rücksicht 'auf-das 
Bedürfniss für dieselben, während‘ man auf der andern Seite 
den 'Würzelchen ein bestimmtes  vitales' 'Wahlvermögen zu- 
sprach, wodurch die'Menge: bestimmt würde. Wenn man auch 
die letztere Meinung nicht im''der Form ,' wie: sie. aufgestellt 
ist, annehmen kann, da sie ‘mit Lebenskraft und: ähnlichen 
Schlagwörtern" vertheidigt "wird, so’ steht “doch so:'viel' fest; 
und viele Versuche haben es nachgewiesen, dass gesunde, 
unverletzte Pflanzen gewisse Stoffe garnicht, andere>nur in 
bestimmten Verhältnissen’ aufnehmen.  Diese'’Erfahrung findet 
ihre Erklärung in der weiterhin zu betrachtenden Endosmose. ' 

Aus Herth’s Versuchen, ‘die zur Erforschung der bier 
geltenden ‘Gesetze mit Veronica Anagallis und mit V. Becea- 
bunga angestellt‘: wurden, rag "sich folgende Schlne 
folgerungen; opt il; oki Da 

1) Die Pflanzen nehmen die‘ im Wassor gelösten: Stoffe 
in ganz anderm Verhältniss auf, als ‘sie darin 'gelöst sind. 

2)‘ Sie nehmen von verschiedenen in gleichen ‘Mengen 
im Wasser gelösten Stoffen in gleicher‘ Zeit‘ von at einen 
mehr, von’ dem andern weniger auf. sag 

3) Verschiedene Pflanzen nehmen: verninieckend Stoffe auf, 

Für die hier gegebenen 'Schlussfolgerungen' sprechen 
ausser andern "noch folgende ‘Versuche, welche 'Schulz- 
Fleeth mittheilt: slapaıa! „maD 

Aus Mischungen von Salpeter und Kochsalz sogen Mer- 
curialis annua und Chenopodium viride viel Salpeter und 
wenig Kochsalz auf; Satureja hortensis und Solanum Lyeo- 
persicum dagegen verhielten sich gerade entgegengesetzt, in- 
dem sie wenig Salpeter und viel Kochsalz 'absorbirten.  Freia 
Faba eigtiete sich aus einer Lösung von Kochsalz und Salmiak 
viel Kochsalz an, Mercurialis annua aber viel Salmiak. 


A: 


' Man’ würde: jedoch: vollständig ‚neben ‚das : Ziel \treflen, 
wenn’ man aus diesen Versuchen -schliessen wollte, die Pflanzen 
wären fähig ‚die‘ ihnen: ‚zusagenden: ‚Stoffe: :aufzusaugen ‚': die 
schädlichen: dagegen «auszuschliessen; Man hat .!im: Gegentheil 
gefunden ,. dass’ gerade: sehr schädliche! Stoffe, leicht . aufge- 
nommen "wurden, indem sie :die Zellwände zerstörten. .-So 
wird Kupfervitriol: aus! den :Lösungen mit ‚grosser  Heftigkeit 
aufgesogem, ' obgleich ‚dieses Salz 'ein: 'absolutes Gift für das 
Pflanzenleben ist. Untersucht man die Würzelchen einer Pflanze; 
die im’ einer! Lösung von’ Kupfervitriol gestanden’ hat, so firidet 
man die zarten ‘Zellen der: Papillen vollständig aufgelöst... 


>.‘ 


3) Die Orgalie der Säfteleitung im’ Innern 
der ‚Pflanze. : Hırzajl 


‘Hier wie ef de Fröjh der Ban ziert babeit 
sich 'viele Physiologen: nicht: enthalten "können; nach Analogie 
mit! den Thieren zu’ suchen, :und »der eifrige «Sucher ‚findet 
denn auch, was:ier finden: wills: Diese Liebhaberei für Ana- 
logien hat "zu den abenteuerlichsten:: Behauptungen - geführt; 
die dem Wesen: der ‚Pflanze :.geradezu : widersprechen. ' 

'Malpighi, der überhaupt zuefst»die Lebenserscheinungen 
der Pflanze’ ins Auge fasste und mit:'glücklichem.- Takt in..den 
meisten Punkten las Richtige traf, huldigte zuerst :der Ansicht; 
der Saft steige im: Bast. und in der Rinde: in: der Pflanze. auf: 
Als er aber einem:Baume an einer ‘Stelle die Rinde rings bis 
aufs Holz abgeschält hatte ‚und: nun‘ wahrnahm ‚wie dennoch 
der Baum fortlebte,. ersekien: es: ihm ‚doch wiltanhenshoi dass 
auch ‘das: Holz Saft führen‘ könne. 

Grew giebt an, im «Frühjahr: steige. döht Saft. im "Holz 
körper'auf; aber im nie geschehe dies in: der’ neugebildeten 
Rindenschicht ; daher‘: ist , so schliesst er, . im ‚Frühjahr das 
Holz voll: hundh nr von en im Sommer» dagegen 
| yib oflsk ? 

Das» Richtige ı id. ‚Wahre, ee ‚auf Beokadk 
dar fussenden» Angaben enthalten ist, wurde jedoch:'bald 


ei, Kr 


vernachlässigt, und Phantasien traten an seine Stelle, Bald - 
sollte nur die Rinde befähigt sein, ‚den Nahrungssaft den obern 
Theilen der Pflanze zuzuführen , weil die Weide, wie Jeder 
wisse, wohl ohne Holzkörper, nicht‘ aber ‘ohne Rinde leben 
könnte; bald wurde behauptet, nur das Mark und. das aus 
diesem gebildete Holz leite den Saft durch die ganze Pflanze. 
Man stellte Pflanzentheile in: gefärbte Flüssigkeiten und fand 
den Farbstoff nur im Holzkörper; daraus schloss man, nur im 
Holzkörper könne der Saft aufsteigen. Obgleich derartige Ver- 
suche gar Nichts beweisen können, da man nicht mit unver- 
letzten Pflanzen arbeitete,‘ nur solche aber ein entscheidendes 
Urtheil gestatten, so hat sie doch in neuerer Zeit Hartig in 
Braunschweig wiederholt, und er glaubt, durch die erhaltenen 
Resultate sei es über allen Zweifel erhaben, dass der Saft 
nur im Holzkörper aufsteige. Anderseits hielt man wieder die 
Bastgefässe für die den Saft leitenden: Kanäle, im Gegensatz 
zu einer Meinung, welche diese Funktion: .den- Spiralgefässen 
zusprach. ' Nachdem aber durch die. Untersuehungen‘ Bi- 
schoffs festgestellt war, dass: die Spiralgefässe im grössten 
Theil des Jahres mit Luft gefüllt sind (und; wie Schleiden 
gezeigt hat, nur im Frühjahr ‚Saft führen;,' stellte. Dekan- 
dolle die merkwürdige‘ -Behauptung auf, die. Interzellular_ 
räume hätten‘ die Aufgabe, den Saft durch. die Pflanzen zu 
leiten.  Schuitze in Berlin dagegen lässt ‘es sich nicht neh- 
men, bei den Pflanzen 'ein eignes: System ‘von Lebenssaft- 
gefässen, ähnlich dem Blutgefässsystem: der Thiere, entdeckt 
zu haben; schade nur, dass ausser ihm Niemand diese Ge- 
fässe finden und ihr Vorhandensein bestätigen kann. 

Wenn man die Endosmose, welche wir im folgenden Ab- 
schnitt besprechen wollen, als treibende Kraft betrachtet, durch _ 
welche die Säfte in den Pflanzen aufsteigen, so ist es ganz unthun- 
lich, irgend welchen Gefässen, deren Wandungen immer schon 
mehr oder weniger verdickt oder verholzt sind, die Säftelei- 
tung zuzuschreiben, da nur dünnwandige Zellen die Endes- 
mose einleiten und unterhalten können. Es sind daher haupt- 
sächlich ‚die jungen Zellen an: der Peripherie: des: Holzes;, .das 


Be eh 


Kambium und: Parenchym, welche den: Saft in der Art au'- 
wärts 'führen, dass jede Zelle. von: der ihr benachbarten‘ den 
Saft aufnimmt und ihn der folgenden zuführt; je: Jünger die 
Zellen sind, desto dünnwandiger sind sie auch,‘ desto lebhafter 
die ‘Saftbewegung;  Gefässe sind nicht die Ursache des Saft- 
stromes, sondern: sie sind eine Folge des lebhaften Aufsteigens, 
indem dadurch! die-Scheidewönde zwischen je zwei Zellen ver- 
flüssigt wurden. 

Durch den .oft ‚wiederholten : Versuch des ‚Ringelns der 
Bäume, indem man an irgend einer Stelle, besonders an 
Zweigen, rings die Riude ‚entfernt ,' wobei ‚am: obern Rande 
der Wunde, in Folge der Vernarbung, ein: stärkerer Wulst 
entsteht, als am untern, . ist man zu. der Ansicht gekommen, 
der von unten. zu den Blättern ‚aufgestiegene rohe: Nalırungs- 
saft werde in den Blättern. geläutert ‚und verarbeitet und steige 
dann ‚durch die Rinde wieder abwärts’, ‚um nun erst. die 
Funktion der Ernährung auszuüben; denn, sagt man, wenn 
am geringelten Zweige keine Blätter sind, so findet auch keine 
Verdickung statt. Darnach wäre die Verdiekung ähnlich den 
Erscheinungen, welche eine unterbundene Vene darbietet.. Für 
die Richtigkeit der Annahme eines absteigenden Saftes schei- 
nen ferner folgende Versuche zu: sprechen; 

Man bedeckte die Ränder ‘der Wunde mit Erde m fand, 
dass sich’ nur am obern Rande Wurzeln bildeten. — Es wur- 
den Kartofielstauden - geringelt; ' dadurch wurde die Knellen- 
bildung an den Wurzeln verhindert, sie bildeten sich dagegen 
an, den Gliedern oberhalb des Ringes; 

Gegen die, Annahme ‚eines abwärts gerichteten. Stromes 
sagt nun Schleiden: „Einjährige Pflanzen sterben von unten 
nach oben ‚ab, mehrjährige‘ gehen von unten. nach oben in 
die chemische Unthätigkeit des Winters .über;, wäre ein ab- 
steigender Saltstrom vorhanden, so müsste auch das Absterben 
in. umgekehrter Richtung stattfinden, — Wird der: aufsteigende 
Strom durch Ringeln künstlich unterbrochen, so muss,. da ‚der 
Zufluss geringer ‚ist, die Verdunstung ‘sich aber.'gleich bleibt, 
der Saft in den‘ ‚.obern Pflanzentheilen konzentrirter, werden, 


Be 


somit auch bildungsfähiger. Dies erklärt das‘schnellere Reifen 
von: Früchten an 'geringelten' Aesten.“ —: Dagegen: lässt -sich 
die: Wulstbildung durch den hydraulischen Druck‘ ‘im se 
der Pflanze deuten: ulm nlaah „bue aulloN 
“Viele meinen’ auch’ deswegen einen’ abwärts: ‚steigenden 
Säftestrom /annehmen zu dürfeu, weil'jadie- durch ‘die. Blätter 
aufgenommene‘Kohlensäure: durch die: ganze: Pflanze vertiehe 
werden müsste. U yTEZ, Hl 
' Eim wirklich abwärtssteigender Säftestrom) der''' einen 
Kreislauf wie: bei den Thieren‘ bedingte ‚findet: keineswegs 
statt‘ und‘ «kann: nicht: "stattfinden; die ganze Struktur.’ der 
Pflanze widerspricht einer. solchen Möglichkeit. 'Dagegen’ kann 
man einen: Austausch der Säfte zwischen dem: Zellen nach 
allen Richtungen hin als’ sicher annehmen, 'wie dies'durch die 
Erscheinungen, welche die Endesmose‘ darbietet ‚bedingt ist; 
immerhin ist: dieser Austausch nach’ andern Die RO als 
nach‘ Oben gering. Dit Wu 


4) Ursachen der Aufnahme‘ ‘der Nihrungssaft® und 
ihrer Fortleitung durch die ganze Pflanze, 


Sahen wir schon’ beider‘ RR ‚des Weges;' den 
die’ Nahrangssäfte durch die Pflanze ‘nehmen ‚" der ‘Organe, 
durch die sie eintreten, sich ‘schen’ so ‘verschiedene Meinungen 
geltend‘ machen, oöbgleich'die: Pflanzen‘ für ‘diese Untersuchung 
noch eine 'immittelbare; wenn auch ‘schwierige Beobachtung 
gestatten, so ist dies im’noch weit‘ höherm Grade ':der"Fall, 
wein wir nach den Kräften ‘forschen, 'welche die 'Säfte’in die 
Pflanze treiben‘ und in’ derselben fortbewegen, ' weil 'die''direkte 
Beobachtung fast’ unmöglich‘, 'eine''Lösung’ daher "nur ‘von 
Schlüssen zw’ erwarten ist, die wir aus- andern ähnlichen’ Er- 
scheinungen ziehen. ‘Durch "die Entdeckung ‘der Endosmose 
sind -wir endlich , weıun auch’ noch“ fern ‘vom Absehluss;;' so 
doch auf den: richtigen Weg zur Beantwortung’ der 'Frage'‘'ge- 
leitet.‘ Wie überall in “der Wissenschaft, —’ und-das’-eben ist 
das belebende Element, ‘das '‘Anziehende derselben , '=+— hat die 


nt 7 RRFRER 


gefundene Antwort gleich‘“wieder: ‚Veranlassung zu einer '‘An- 
zahl: von‘ Fragen ‘gegeben, die ihrer Lösung noch harren. Wit 
halten es für sehr’ belehrend,,' einen möglichst vollständigen 
Abrissaller Erklärungen zw geben, die im Laufe der Zeit auf 
die:Frage'nach den Kräften;, welche. die Säfte‘ aus dem Bo- 
az in..die Pflanze heben, entstanden’ sind. | 
'Stephan''Hales sagt in seiner Statik der Cirrilliebeie 
„Wir‘'können keine ‘andere. Ursache (der: Säftebewegung: in ‚den 
Pflanzen auffinden,:als: die starke 'Anziehung: der 'saftführenden 
Haarröhrchen;, : welche : durch. die lebhaften Bewegungen der- 
selben weranlasst;iund:.durch die Sonnenwärme: verstärkt wird, 
wodürcli: der Saft: zu den höchsten Gipfeln der‘ Bäume hinauf 
geführt: und däselbst::: von den - Blättern! "ausgehaucht : wird.“ 
Diese Erklärungsweise klingt recht einleuchtend, ist aber’ nichts 
destoweniger: ganz nichtssagend,, ‚obgleich sie: sich !auf-physi- 
kalische Erscheinungen stützt, die: aber: ganz falsch angewendet 
sind..; Dennoch sind‘ die Untersuchungen: Hales' „über das 
Athnien der: Pflanzen“ ausserordentlich  werthvoll; es ist nur 
zw:bedauern, dass: seit ;hundert Jahren: es; Niemand‘ der: Mühe 
werth''gehalten hat, dieselben 'mit vervollkommneten:: Instru- 
menten zu ‘wiederholen und: zu: vervollständigen. 267 
s+Malpighi: meint, die: Ursache: ;der Baftcliowoiinene ‚sei 
der Wechsel der Temperatur ‘und: die: elastische’ Bewegung; der 
Luft ;»riehlig:ist; wenigstens,‘idass: die :Wärme ‚einen ‘bedeuten- 
den Einfluss auf die Lebhaftigkeit des Saftstromes' ausübt... 
“'Wenn man 'enge :Röhren;, sogenannte Haarröhrchen! oder 
Kapillarröhren in Flüssigkeiten: taucht;,; welche die ‘Wände: des 
Röhrchens: benetzen, so stellt 'sich die Flüssigkeit ianerhalb 
der Röhren:höher, als ausserhalb: ‚Die Kapillarität der 'Pflänzen- 
gefässe, verbunden mit dem Druck des sich durch Aufnabme 
von'»Flüssigkeit ausdehnenden: Parenchyms ‚soll «nach Grew 
die Kraft‘ -sein ; welche die Nahrung‘ in: »der Pflanze‘) in die 
Höhe 'treibt. Abgesehen ‘davon, :'dass' nicht netzende Flüssig- 
keiten :in den: }Haarröhrchen tiefer stehen ‚als ausserhalb, ist 
zu bedenken; wie -beii jenen. Kapillarerscheinungen nie ‘ein 
Ueberfliessen stattfinden kann, was durch einen einfachen Ver- 


Bee 


such zu beweisen ist. Bei den Pflanzen aber:findet ein Ueber- 
fliessen: des: Saftes gar häufig statt; wir: erinnern hier::nur': an 
das sogenannte Thränen oder: Bluten: der Weinstöcke: 
Andere glauben die Ursache des Saftsteigens in der Ei 
getithümlichkeit poröser ‚Substanzen, Flüssigkeiten aufzusaugen, 
gefunden zu haben, und: noch Andere, welche‘ den: Einwurf 
beseitigen 'wollen , dass hier ebenfalls kein Ueberfliessen-statt- 
finden kann, suchen sie in ‚einem gewissen Lebensprinzip:, /in. 
einer ' Zusammenziehbarkeit und  Ausdehnbarkeit der Gefässe, 
die ‚aber in diesem Sinne, wie: wir eben nachgewiesen: haben, 
gar: nicht vorhanden "sind, weil: der: Saft: sich - von Zelle zw 
Zelle::bewegti Scheinbar spricht für diese:'Erklärung: der::Um- 
stand, dass: die ‚Spiralgefässe' sich  zusammenziehen, wenn: man 
sie! mit: Alkohol. 'übergiesst. Alexander von Humboldt ging 
4 dieser Erklärungsweise: noch einen Schritt: weiter, indem 
der:Vorgang milder Saftzirkulation: im-thierischen Organismus‘ 
ganz übereinstimmend vorausgesetzt wurde. Er nimmt daher: 
eine Art von ;Muskelfaser an, durch deren Zusammenziehung: 
und’ Ausdehnung : die Gefässe sich abwechselnd erweitern und 
verengen; ja: sogar Nerven hält er: nicht: für, unwahrscheinlich, 
obgleich es eine Jedermann: bekannte Erfahrung: ist ‚dass die 
Pflanzengewebe sehr: starr und hart sind, und: hierin: BE 
Ihr, Unterschied vom thierischen begründet ist. E 
‘Diese Betrachtungen führten D. ekandollez zur Aufstellung 
folgen Sätze: 
+ 1) :Dureh die cities imindith tritt . Neköimgus | 
saft in die’Pflanzen ein’ und wird: durch den'von hinten ‚immer 
nachdringenden Saft fort: und fort in die Höhe getrieben. .'! 
2) Die Blätter saugen den Saft an und hauchen:den'über- 
flüssigen aus. Her 
3) Die zellige Hülle, weiche: die. Zweige usoigiahti) ‘zieht 
durch die Kraft ihrer lebenden Zellen den: Saft an sich.;, 
Mir ist es nicht möglich, in diesen Sätzen irgend eine 
Erklärung zu finden, sie sind mir sogar: unverständlich; ‚ähn- 
liche dunkle Ansichten stellen andere Physiologen: aul. 


Pr . en 


Ein englischer Physiker, Davy, meint, mittels der Ka- 
pillarwirksamkeit würde: der :Saft: aus dem Boden 'aufgenom- 
men; da. aber diese ‚allein nicht zur: Erklärung ‚aller Erschei- 
nungen‘ ausreicht); so.:fügt. er "hinzu: „Die Versuche ‘von 
Montgolfier haben gezeigt, dass man: durcli einen: geringen 
Druck Wassermengen zu einer beliebigen Höhe ‚heben kann, 
wenn man nur den Druck ‘der Flüssigkeitskeitssäule: ‘durch 
. fortgesetzte:: Theilungen vermindert... Es‘ ist: mehr als wahr- 
scheinlich, dass: Aehnliches in ‚den: -Pflanzen stattfindet.“ 

Die Frage, woher dieser, wenn:auch geringe, Druck komme, 
bleibt ‚von: Dawvy;'unerledigt; dennoch setzt ein. Druck, wenn 
er: auch noch so; gering! ist, innmerhin ‚eine: Kraft voraus. 

‚Die von: uns betrachteten‘ ‚Erklärungsweisen — und es 
giebt noch eine unendliche Zahl ähnlicher Muthmassungen — 
blieben so lange: gleichberechtigt, da‘ keine vor ‚der. ‚andern 
Etwas voraus hatte, :bis es. gelungen war, auf: dem Wege des 
Versuches ähnliche: Erscheinungen ‚hervorzurufen , : ‚wie ' das: 
Steigen: der: Säfte in! den Pflanzen... Dutrochet gelang! es im. 
Jahre. 1826 einen solchen! ‚Vorgang zu entdecken. '. ur 

Wenn man eine an beiden Seiten -offene.'Röhre an den 
einen: Ende: mit einer. thierischen‘ ‚oder: pflanzlichen Haut zu- 
bindet,! so kann iman. Wasser. in dieselbe bringen, ohne dass 
die Haut. ‚von demselben: durchdrungen würde, wenigstens nicht 
unter dem: gewöhnlichen Druck; sie wird: 'nur :angefeuchtet. 
Jede Hausfrau macht ‚von. dieser Eigenschaft 'thierischer Häute 
Gebrauch, indem. sie Flüssigkeiten. mit’ Rinder-+ oder: Schweins- 
blasen :zubindet, um das Ausfliessen earkibten und den: Zu- 
tritt der Luft. zu verhindern. 2 dersepepA 

Ganz; anders: gestalten sich: die Eukeinnient wenn:man 
in das, an einem Ende mit. Haut! zugebundene Gefäss eine Lö- 
sung von Kochsalz bringt und :'es!‚alsdann mit ‚dem untern: 
Ende in ein Gefäss. mit reinem .\Wasser taucht... Man beob- 
achtet alsdann, wie sich ‚die Flüssigkeit im obern Gefässe: ver- _ 
mehrt;; hat aber der Versuch ' lange: genug gedauert , so ent- 
hält das aufangs reine, Wasser des untern Gefässes eine nach- 


Be Eee 


weisbare Menge Kochsalz. Will man das 'Steigen der Flüssig- 
keit im :obern' Gefässe recht: anschaulich ‚machen‘; - so "stellt 
man: den Versuch etwa so''an :‘Man ‘sprengt von iernem''Arznei- 
glase den: Boden ab. und' bindet an'seine Stelle ern Stückveiner 
recht ‘dünnen ' Schweinsblase ;»' in das Glas: bringt | man' staft 
des :Kochsalzes eine : mit warmem’: Wasser‘‘bereitete “gesättigte 
Zuckerlösung; in die: obere Oeffnung‘'kittet man (luft- «und 
wasserdicht eine engere} am'iobern Theile” 'etwas!umgebogene, . 
an beiden: Enden offne: Glasröhre ein.‘ Den  $0- vorgerichteten 
Apparat hängt man in einem 'Gefäss‘-mit ‘reinem Wasser: auf. 
Nach’ einiger Zeit steigt die: Flüssigkeit in''der ‘Glasröhre "und 
fliesst. schliesslich‘ an dem: gebogenen‘ Ende: aus: und‘ zwar: so 
langey'bis sich‘ im untern ;Gefässe' ET TR eben so 
viel Zucker befindet als im: obern; > wunu sum om Konz 
»Das Steigen der dünnern Flüssigkeit durch die; Haut hin- 
durch: zur diehtern,, die‘ dadurch allmälig:' verdünnt wird) 
nennt 'man .Endosmose, die Bewegungen | im''entgegengesetzten 
Sinne Exosmose; ' beide '' Vorgänge bezeichnet: man wohl mit 
dem Worte Diffusion’; womit u erer eine- Erklärung ji Er-. 
scheinung 'angedeutet: ist. nebisd ns suis user nast 
Aber :nicht blos Scheidundnnlesi 'aus'' eigabierhehn Stoflen 
haben die Fähigkeit, den Uebergang verschiedenartiger Flüssig- 
keiten zu vermitteln ‚'sondern‘'auch 'anorganisehe Körper‘, wie 
verglühte Thonplatten,: rufen eine‘ ähnliche Erscheinung hervor. 
» Es ist natürlich, dass- diese-überraschende Wahrnehmung 
darauf ‘führen musste, : bei‘ den: ‚Pflanzen ein‘ ähnliches: "Ver- 
hältniss zu ‘vermuthen.' In der Thät ist kein . &ndosmotischer 
Apparat so vollkommen herzustellen, wie :die Pflanzen uns ihn 
bieten.‘ Zelle steht: über Zelle; in jeder'‘obern ist: der Inhalt 
dichter als-in den untern ; wie Versuche gezeigt haben,' wirken 
die Substanzen, ‘welche sich in den 'Zellen befinden, viel kräf- 
tiger 'endösmotisch, als “irgendein anderer -Stöff! Während‘ des 
Winters haben’ die Pflanzen: wenig oder gar: keine‘ Flüssigkeit 
genommen, daher: wird der'Zelleninhalt sehr konzentrirt ; 'erne 
Folge davon ist der so heftige Saftstrom ‘beim Wiedererwachen 


a Re 


des Pflanzenlebens. Ist 'durch den kräftigen Strom der: Inhalt 
aller :Zellen verdünnt, so 'mässigt sich‘ natürlicher‘ Weise ' das 
Aufsaugen «der Flüssigkeiten. «Während daher 'eine' Birke: im 
Frühjahre. angebohrt; reichlich’ Saft ‘giebt ,' geschieht‘ dies spä- 
ter':nicht mehr. . Allmälig werden aus’ ‘dem aufgenommenen 
Saltes:neue: Stoffe ‘gebildet, neue: Zellen: entstehen; ‘die: Säfte 
werden wieder: reicher: an gelösten Stoffen, indem: die höhere 
Sonnenwärme .die ‘Verdunstung durch ‚die Blätter: steigert; "es 
tritt daher» im "August zum: zweitenmal' eine kräftigere endos- 
mötische ‘Wirkung, und ein: lebhafterer :Saftstrom ein‘, der‘:das 
Material zur Bildung : der Knospen : für: das: folgende si 
. liefert. 

Anfangs ‘suchte ' man: die Dilinsiönscrosheilangiin.n mit‘ Hülfe 
der Elektricität und ‚des Galvanismus‘ zu erklären ; auch’ griff 
man wieder zur''Lebenskraft, obgleich die Vorgänge: bei den 
anorganischen : Körpern‘ entgegenstanden;, ' indem:':bei’ den’ Le- 
benskrafttheoretikern die: anorganisehen Körper: ganz andern 
Gesetzen --unterworfen sein: sollen, als ‚die orgänischen ;' wo- 
gegen:es für: uns nur’ein Naturgesetz für Thier,, ‘Pflanze: und 
Mineral pm: und jeder wi Bag Gesetz ewig fol- 
geh muss: Ioilysslai ob-sıhV 

‘Ganz: kinverständich ist es, ‘wenn 'man gi der Pflanze 
von entgegengeseizten Polaritäten und ähnlichen Dingen spricht, 
welche die Endosmose bewirken sollen. So wesenlose' Be- 
griffe ‘bedeuten gar nichts; wir 'können uns’ keine Kräfteiohne 
Objekte ihrer: Thätigkeit, ohne Materie, ‚und umgekehrt keine 
Materiesohne Kräfte denken; da demnach die Kräfte‘ nicht 
ausserhalb, sondern innerhalb der Materie‘'zu suchen sind, 'so 
wenden wir dieser unsere ganze Aufmerksamkeit ,; unser Stu- 
diüm‘ zu. Die Scheidewand zieht die Flüssigkeiten an und ihre 
Poren füllen sich‘ damit; sind die Flüssigkeiten auf beiden: Sei- 
ten derselben gleich, so werden: keine endosmotischen Wir- 
kungen eintreten, ebensowenig als man eine Mischung 'erhält, 
wenn auf das Wasser in einem Gefässe ganz behutsam Wasser 
von ganz gleichen Eigenschaften geschüttet wird. : Sind aber 


De 


die‘ Flüssigkeiten verschieden und mit 'einander‘ mischbar , - so 
wird. die’chemische Anziehungskraft :thätig,,ı sobald::sie' in‘ Be- 
rührung! kommen; ist 'sie:gross genug, so- wird: sie (durch die 
Scheidewand: hindurch wirken: und zwar so; dass die leichtere 
dünnere ‚Flüssigkeit schneller ;hindurchgeht, als die  dichtere 
und schwerere; 'daher.kommt es, dass' bei unserm obigen Ver- 
suche! die. Flüssigkeit im obern  'Gefässe: so lange ‚steigt, "bis 
beide ‚Flüssigkeiten: gleiche’ Eigenschaften haben. ‚Schüttet‘man 
in.das obere’ Gefäss ‚Alkohol, in: das untere‘ Wasser;:'so-ver- 
mindert sich im: 'obern :Gefässe! die :Menge ‚. weil: der: Alkohol 
weıüiger «dicht als Wasser (ist -und daher leichter ‚die Kuh 
wand durchdringt. 

‘Dass die chemische: Anziehung die ‘Diffusion der Säfte | in 
der. Pflanze: bewirkt, dass keine: besondere Lebenskraft zur Er- 
klärung nöthig, sogar ünbrauehbar ‘ist, geht‘'besonders aus 
solchen: Versuchen: hervor, bei denen: man: Pflänzentheile ‚oder 
ganze Pflanzen: in ‚für «das Leben derselben: giftige  Flüssigkei- 
ten tauchte. ::Der: endosmotische Process ging mit 'essigsaurem 
Eisenoxyd. ‘oder mit Kupfervitriol' ‚sogar viel :lebhafter von: stat- 
ten, als es bei unschädlichen‘ Flüssigkeiten der Fall war.‘ .Es 
wäre doch wahrhaft lächerlich, behaupten zu wollen, die Le- 
benskraft wäre derart. dass sie die :Aufnahme :giftiger: Stoffe 
ganz besonders. begünstige; sie wäre sogar mehr als :lä- 
eherlich. | 

» Recht ‘schön’ und deutlich Kaca man die ul 
Eishaitkrier wahrnehmen, wenn man: ausgetrocknete Zellen 
in reines Wasser legt; durch die Aufnahme des Wassers deh- 
nen 'sie sich aus und zerplatzen sogar häufig, weil die Ver- 
dunstung durch das von allen Seiten die Zelle umgebende 
Wasser verhindert ist. Legt man dagegen saftstrotzende Zellen 
in eine in’ der Wärme gesättigte Zuckerlösung, so geben sie 
einen Theil ihres Wassers ab und fallen in Folge dessen zu- 
sammen. | 

Es ist daher nicht mehr fraglich, dass die Aufnahme der 
Säfte durch die Pflanzen von der Dichtigkeit, von den chemi- 


1 a. 


schen‘ und physikalischen Eigenschaften. der Flüssigkeit, m den 
Zellen abhängt ;: d:ss: ferner die Aufnahme um; so lebhafter ist, 
je igrösser die chemische Verwandtschaft des Zellsaftes. zu den 
Stoffen ist, die sich ausserhalb 'der Pflanze im Wasser gelöst 
befinden, je dünnere und’ zartere Zellwandungen. den. Durch- 
gang vermitteln. Daher kommt 'es denn auch, ‚dass die Jüng- 
sten Zellen am saftreichsten sind, weil bei: ihnen der Durch 
tritt :der Flüssigkeit am :4eichtesten: ist.'- Durch diese leichte 
Aufnahme: und Abgabe der Nahrungsstoffe an benachbarte .Zel- 
len erklärt: es sich, warum die Neubildung' der Organe immer 
im jüngsten Zellgewebe stattfindet. .; Die: grössere; oder'.gerin- 
gere' chemische : Verwandtschaft des Zellinhaltes. zu den: ver- 
schiedenen Stoffen bedingt ‚denn auch das. scheinbare Wahl: 
vermögen, das ‚man ‚den Wurzeln zugeschrieben hat, 


Leider sind bis jetzt wenig Versuche angestellt, um nach- 
zuweisen, in welchem numerischen Verhältnisse die endosmo- 
tischen Erscheinungen zur Dichtigkeit der Flüssigkeit stehen, 
und wie sich die ‚Lösungen verschiedener Stoffe verhalten; 
doch geht schon aus den Untersuchungen Dutrochet’s her- 
vor, dass die Aufnahme um so grösser ist, je grösser der 
Dichtigkeitsunterschied beider Flüssigkeit sich darstellt. 


Von allen bisher untersuchten Substanzen hat Biedis 
die. stärksten, endosmotischen Wirkungen ;. Eiweiss’ .saugt. in 
derselben Zeit zwölf; Theile Wasser auf, in. der. Zucker elf, 
Gummi fünf und ein halb, Gelatine nur drei Theile hebt. Da 
sich aber in allen jugendlichen ‚Zellen eiweissartige Stoffe am 
reichlichsten finden, se ist dies noch ein anderer Grund, 
warum in ihnen der lebhafteste Saftstrom und Stoffwechsel 
stattfindet. Uebrigens wäre es sehr wünschenswerth, wenn 
diese nicht mit grossen Schwierigkeiten anzustellenden Ver- 
suche recht vervielfältigt würden, da sie uns manchen Auf- 
schluss über viele noch unerklärte Erscheinungen liefern, zur 
Lösung mancher. Streitfragen - das geeignete Material geben 
könnten. 


u Mr 


' ‘Non einer gewissen ''Seite' ‚macht man. gegen die: Lehre, 
dass’'der: Saft in den Pflanzen in Folge der-Endosmose steige, 
also ‘(durch einen Vorgang, wie ’er auch in der anorganischen 
Natur vorkommt, den: Einwurf, dass ja auch- in abgestorbenen 
Pflanzen ähnliche‘ endosmotische ' Wirkungen eintreten »müss- 
ten, 'wenn 'man -sie' nur in entsprechende Flüssigkeiten ‘tauchte, 
Dieser Einwurf‘ist' nach’ zwei Seiten hin ein ungerechtfertigter; 
denn’ in’'der That steigen‘ in jüngst 'abgestorbenen Pflanzen 
Flüssigkeiten‘:nöch reichlich‘ auf, ‘was denjenigen, die’den Ein- 
wand erhoben, nicht ‘bekannt gewesen 'zu sein: scheint; 'zwei- 
tensaber,' und dieser Punkt‘'ist' ber weitem der "wichtigere, 
ist nicht ‘abzusehen, warum 'die’- Zellenwand:''abgestorbener 
Pflanzen noch'' genau dieselben physikalischen 'und chemischen 
Eigenschaften haben soll, ‘die 'sie ‘in “der lebendigen‘ Pflanze 
hatte, Es müsste uns im Gegentheil Wunder nehmen, , wenn 
die. Eigenschaften. der, verschiedenen Pflanzentheile noch ‚die 
selben wären. 
| ‚Oder was ist der norihale "Tod anders, als eine Verän- 
derung. ‚der Eigenschaften der einzelnen Theile , ‚der Org ganis- | 
men, sei es thierischer oder pflanzlicher ? | 

Selbst die Mineralien zeigen uns, ganz ähnliche Erschei- 
nungen, indem derselbe Stoff in verschiedenen Formen auftritt 
und unter‘ verschiedenen Verhältnissen ganz‘ entgegengesetzte 
Eigenschaften haben kann. ':So ‘ist der‘ Phosphor 'in seinem 
gewöhnlichen‘ Zustande fast: farblos, ausserordentlich leicht 
entzündlich und in Schwefelkohlenstoff löslich. ' 'Schliesst''man 
ihn luftdicht in eine Glasröhre ein und setzt ihn längere Zeit 
der ' direkten Einwirkung’ des Sonnenlichtes aus oder "erhält 
ihn anhaltend bei einer Temperatur von 250 — 260 ‘Grad’ der 
hunderttheiligen Skala, so 'nimmt er eine rothe Farbe an, ent- 
zündet sich weit ‘schwieriger und ist unlöslich'' in Schwefel- 
kohlenstoff. ‘ Erhitzt man diesen sogenannten’ amorphen Phos- 
phor, welcher die Zündmasse auf den Streichpappen der als 
phosphorfreie Streichhölzer bezeichneten Zündhölzehen bildet, 
so verwandelt er sich wieder in den gewöhnlichen Phosphor. 


iu Mh a 


' sKrystallisirte"Kieselsäure, der Quarz, Amethyst und Berg- 

krystall, ist im Wasser unlöslich, amorphe':Kieselsäure ‚wie 
der Opal; ist ‘dagegen: im Wasser löslich. Eisen kann man 
in’- seinen Verbindungen ausserordentlich leicht und sicher 
‚dureh "Ammoniak entdecken; im: ET ist ‘dies nicht 
Bm. 
‘ Eisen, Kieselsäure, Phedfihoih hähdn also unter verschie- 
nen Verhältnissen ganz verschiedene, sich widersprechende 
Eigenschaften; warum sollte nicht bei der Zellenhaut ein 
Gleiches stattfinden können ? 

Derartige Einwürfe können nur von Solchen gemacht 
werden, welche ihre Behauptungen und Ansichten, seien sie 
auch tausendfach widerlegt, nicht zurücknelimen wollen, und 
die sich dann an ein Strohhälmchen klammern. In den Natur- 
wissenschaften ist man aber oft genöthigt, heute als falsch 
anzuerkennen, was gestern noch unbestriltene Wahrheit war. 

Nach Allem, was wir bis jetzt wissen, unterliegt es keinem 
Zweifel, dass die Diffusionserscheinungen und das Aufsteigen 
der Nahrungsstoffe in den Pflanzen auf denselben Ursachen 
beruhen, auf der Anziehung chemisch verschiedener Stoffe zu 
einander. Damit soll jedoch keineswegs gesagt sein, dass 
nicht andere Kräfte eine wichtige Rolle dabei spielen können, 
wenn schon die Zahl der Kräfte sich in der Neuzeit bedeu- 
tend verringert hat. 

Vor allen Dingen sind es Licht und Wärme, welche vom 
bedeutendsten Einfluss auf die Lebhaftigkeit des Saftstromes 
in den Pflanzen sind. 

Indem Licht und Wärme eine lebhaftere Ausathmung be- 
wirken, indem Licht und Wärme die chemischen Umsetzungen 
im Innern der Zelle beschleunigen und dadurch den Stoff- 
wechsel befördern — in einigen Fällen möglicherweise auch 
verzögern — wird mehr Wasser verdunstet und werden mehr 
Stoffe gebildet, die endosmotisch wirken können. Im Herbst 
nehmen in unsern Breiten Licht und Wärme ab, daher der 
geringere Saftstrom; im Winter, wo beide Kräfte das Minimum 

Filly, Ernährungsverhältnisse, 5 


u a 


ihrer ‘Wirksamkeit äussern, ist ‚der Strom ganz ‘oder doch fast 
ganz. verschwunden. | 

Auch die Elektrizität scheint nicht ohne Einfluss auf ‚die 
Ernährung zu sein; doch müssen wir unsere völlige Unwissen- 
heit: in diesem Punkte gestehen; wir müssen es der Zukunft 
überlassen, die hier einschlagenden Fragen zu erledigen: Einen 
Du-Bois-Raymond für die Pflanzen. giebt.« es zur Zeit noch 
nicht. 


Drittes Kapitel. 


Von der Verarbeitung der Nahrungsstoffe. 


Nachdem wir die Stoffe, welche den Pflanzen zur Ernäh- 
rung dienen, sowie die Wege, auf denen sie in die Pflanzen 
gelangen und in ihnen: weiter fortgeführt werden, kennen ge- 
lernt, ist: es unsre Aufgabe, zu‘ erforschen, wie diese Nah- 
rungsmittel in: der Pflanze verarbeitet und in Pflanzenbestand- 
theile umgeändert werden. | 

"Wir sind damit bei einer Frage angelangt, deren Beant- 
wortung: noch schwieriger ist, als dies bei den frühern der 
Fall war. Die betreffenden Vorgänge entziehen: sich » ganz 
unserer unmittelbaren Beobachtung, und die Versuche, die bis 
jetzt ausserhalb der Pflanze angestellt, sind entweder ganz 
unbrauchbar oder sie bieten nur eine entfernte Aehnlichkeit 
mit den Vorgängen, die in den Zellen der Pflanzen eintreten. 

Eine genügende Antwort ist schon um: deswillen nicht 
möglich, weil bisher alle Untersuchungen, die mit Pflanzen- 
stoffen angestellt sind, sich immer auf schon veränderte, theil- 
weise zerseizie, oder durch die angewendeten: chemischen 
Hülfsmittel erzeugte Stoffe erstrecken, Ganz neue Methoden 

ne 


a A 


müssen erst noch aufgefunden werden, die es uns gestatten, 
die Stoffe, die in den Pflanzen vorkommen, in ihrer Reinheit 
zu prüfen, ihre gegenseitige Einwirkung auf einander zu er- 
forschen , um der Lösung der Aufgabe näher treten zu 
können. 

Bevor wir zu den Ansichten übergehen, die man bis jetzt 
über die Verarbeitung oder Assimilation der Nahrungsmittel 
aufgestellt hat, ist es nöthig, die wichtigsten der uns bis jetzt 
bekannten Pflanzenstoffe kennen zu lernen und ihre chemi- 
schen Bestandtheile anzugeben. 

Zum nähern Verstänidniss diene. Folgendes: Man hat ge- 
funden, dass die einfachen Stoffe sich nur in ganz bestimmten 
Zahlenverhältnissen zu neuen Körpern ‚miteinander‘ vereinigen 
können. So verbinden sich acht Gewichtstheile Sauerstofl stets 
und unter allen Umständen mit einem Gewichtstheil Wasser- 
stofl zu Wasser, oder dreimal acht Gewichtstheile Sauerstoff 
mit sechszehn Gewichtstheilen Schwefel zu Schwefelsäure. Die 
Verhältnisszahien, welche jene Gewichtstheile ausdrücken, nennt 
man die Atomgewichte: der Körper. 

Man ist übereingekommen, entweder den Wasserstoff gleich 
eins zusetzen oder den Sauerstoff: gleich hundert. Wir 
wollen hier nur die Atomgewichte der: für unsern Zweck wich- 
tigen organischen Elemente anführen, indem: wir. darauf auf- 
merksam machen, dass die Bezeichnung organische Ele- 
mente eigentlich unrichtig ist, da sie auch in der unorga- 
nischen Natur vorkommen: | | 

Wasserstoff =H = 1 Phosphor = P = 32 
Kohlenstoff = G = 6 Schwefel = S = 16 
Sauerstoff =0=8 Kalium —=K= 39,3 
Stickstoff =N = 14 Natrium = Nam 22,8. 
Oder aber | 
Sauerstoff = 0 —= 100 Phosphor = P= 400 
Wasserstoff = H= 12,5 Schwefel = S=200 + 
Kohlenstoff = C —=75 Kalium —=K = 489 
Stickstoff »—= N = 175 Natrium’ = Na = 289,74) 


a a 


‘Wenn man demnach‘ sagt, der Alkohol sei gleich €$H 602, 
oder die Essigsäure: sei. gleich C?H*0*, so heisst dies, der 
Alkohol: besteht aus viermal sechs Gewichtstheilen Kohlenstoff, 
sechs Gewichtstheilen Wasserstoff und zweimal acht Gewichts- 
theilen: Sauerstoff; die Essigsäure unterscheidet: sich‘ dadurch 
vom: Alkohol, ‚dass sie zwei Gewichtstheile Wasserstoff weniger, 
aber zweimal acht: Gewichtstheile Sauerstoff mehr’ enthält; es 
bildet sieh Essigsäure. aus Alkohol dadurch, dass zwei Atome 
Wasserstoff aus der Verbindung : austreten, dafür aber’; zwei 
Atome: Sauerstoff aufgenommen: werden. Entsprechend dieser 
Verbiudung ist das Wasser gleich HO, die Kohlensäure gleich 
C02,. das Ammoniak NH?. TE 

Man pflegt die  Pflanzenstofle in stickstofffreie und:.in 
stickstoffhaltige 'einzutheilen. 


1) Stickstofffreie Verbindungen. 


Die’ stickstoflfreien Verbindungen sind die bei weitem 
zahlreichsten ‚uud ihre Menge bedeutend überwiegend, da sie 
allein es sind, welche das sogenannte Gerippe der Pflanze 
bilden. 

Die  stickstofffreien Verbindungen treten entweder als in- 
differente Stoffe, die keinerlei chemische Verwandtschaft: zeigen, 
oder: als Fette, oder als organische Säuren auf; einige: haben 
alle Eigenschaften der Basen, d.h. solcher Körper, die. mit 
Säuren Salze bilden, ähnlich wie ‚Natron und Schwefelsäure 
das Glaubersalz geben, wenn‘ man sie in den ee 
Mengenverhältnissen zusammenbringt. 


a) Indifferente Kohlenhydrate. 


”‘ Diese Körper sind nicht flüchtig, sondern 'zersetzen sich 
beim’ Erhitzen.‘ "Wasserstoff und Sauerstoff‘ enthalten sie in 
demselben Verhältniss,, wie‘ sie’im Wasser ‘miteinander veı- 
bunden sind. Sie haben weder: chemische 'Verwandtschäft zu 
Säuren, noch zu Basen, bei Gegenwart stickstoffhaltiger Körper 


eu We 


gehen sie leicht ineinander über. Beim ‘Verbrennen hinter- 
lassen sie alle Kohle, und wenn man sie’ mit Salpetersäure 
anhaltend behandelt, geben sie alle Kleesäure, die auch mit 
Alkalien verbunden in den Pflanzen selbst ‘vorkommt. - Bei 
ihrer‘ Verwesung' bilden sie die sogenannten Humuskörper, 
die sich in der Ackerkrume finden; bei der Gährung' erzeugen 
sie verschiedene Arten vom Alkoholen; wahrscheinlich ent- 
stehen aus ihnen die pflanzlichen und thierischen Fette. Ei- 
nige derselben sind löslich in Wasser. | 

Keiner dieser Körper ist bis jetzt künstlich erzeugt wor- 
den, und es ist fast gewiss, dass sie nur-'in ‘den "Pflanzen 
entstehen, während den Thieren dagegen das: Vermögen. 'zu- 
kommt, den einen in den andern überzuführen. 

Sie bilden den Hauptbestandtheil nicht ‘nur. aller unsrer 
Nahrungsmittel, sondern auch derjenigen der Thiere. Sie sind 
es, die zur Fettbildung im thierischen Körper dienen, welche 
das Material zum Athmungsprozess liefern, und welche durch 
ihre Verbrennung die thierische Wärme‘ erzeugen. : Was die 
Fettbildung: anbetrifft, so’ ist es ‘sogar gelungen, aus Zucker 
Buttersäure,; einen ‚Bestandtheil des  Butterfettes, auf  künst« 
lichem Wege darzustellen. 

Zellulose. Sie ist das Material für alle Zellenbildung, 
indem die: Wände. junger Zellen nur aus ihr bestehen;: sie 
ist gleich G1?H!001°. Durch Einwirkung :der Diastase, einer 
Substanz, ‘die in der keimenden Gerste vorkommt, wird sie 
in Dextrin, dann: in Traubenzucker: verwandelt; dieselbe Ver- 
änderung bewirken Schwefelsäure oder: Phosphorsäure. ' Mit 
starker Salpetersäure behandelt, tritt ein Theil des Wasser- 
stoffs aus und Untersalpetersäure tritt an ihre Stelle; das 
Produkt ihrer Einwirkung ist, die Schiessbaumwolle, die in 
Schwefeläther gelöst das Kollodium giebt. 

; Sie ist unauflöslich in Wasser,: wird «aber. leicht vom 
Wasser durclitränkt,' kommt immer als Haut vor, ist farblos 
und durehscheinend ; mit: Jod und. Schwefelsäure belitadal 
nimmt sie stets eine blaue Färbung an. 


Be RER 


Durch ihre Veränderung innerhalb der Pflanze bilden sich 
Pflanzenleim,, ‘Kork und Gerbstoff u. s.'w. Im ältern ' Zu- 
stande, wenn sie von allerhanıl Stoffen überlagert und durch- 
drungen ist, bildet sie das Holz; jene Stoffe, die sie durch- 
dringen, scheinen ‘mit ihr ganz gleiche Zusammensetzung zu 
haben, sind vielleicht nur in seinen physikalischen Eigenschaf- 
ten veränderter Zellstoff. 

Stärkemehl. 'Es ist nächst der Zellulose der verbrei- 
leiste Stoff im Pflanzenreich' und wird fast mit jeder Nahrung 
genossen. ' Am reichlichsten findet es sich in den Samen der 
Getreidearten ‘und Hülsenfrüchte, in den Kartoffeln, in ”den 
Manihokwurzeln, im Marke der Palmen, in den Beeren des 
Brodfruchtbaumes, in ‘den’ Bataten.' Der bedeutende Gehalt an 
Stärkemehl ist es, weswegen jene Pflanzen am häufigsten an- 
gebaut werden und als Nahrungspflanzen dienen. 

Es findet sich‘'an Stärkemehl 

im Weizenmehl  65—68''Prozent' 
im Roggenmehl 55—62 „ 
im-Rispenhafer bis 38 „ 


in der Gerste guwrzgs%,, 
im: Buchweizen „44, B 
im Mais y erie, 
'im Reis ar uhr, 
in’den Bohnen „ 38 „ 
in den Erbsen Bd, 


in den Kartoffeln „ 25 

Die chemische Zusammensetzung der Stärke ist der des 
Zellstoffs ‘gleich, also G12?H100!0, Sie findet sich meist 'or- 
ganisirt im Zelleninhalte und wird durch Diastase sowohl "als 
durch Säuren in Dextrin und Traubenzucker umgesetzt. Nach 
Mitscherlich soll durch Schwefelsäure aus Zellstoff Stärke 
erzeugt werden können. Es giebt mehrere Stärkearten , die: 
man lange Zeit als ganz verschiedene Stoffe betrachtete. 

Das gewöhnliche Stärkemehl oder Amylon kommt 
in Körnern ‚die‘ aus einzelnen Schichten bestehen , in‘ den 
Zellen der Pflanzen vor. Man kann diese Schichtung sehr 


Bu m —_ 


gut-beobachten;. wenn. man Kartoffelstärke "auf-50% ‚erwärmt 
unter ‚dem Mikroskop: betrachtet. ‚Die ‚Grösse, und Gestalt der 
Körnchen:ist 'sehr' ‘verschieden ; die‘ meisten sind kugelähnlich, 
bei. der ‚Kartoffel sehr gross, ‘bei! der Hirse; ausserordentlich 
klein... Fig. 9. stellt‘. die ‚Kartoffelstärke dar ‚Fig. 10. Stärker 
mehlkörner aus‘ der Zwiebel einer :Lilie, Fig. 11: ostindisches 
Arrowrool. ahnimwv 8 
«In. der, Wurzel. der ‚Sassaparilla ind, in. einigen andern 
Dana soll,.die ‚Stärke formlos; sein, | 

Sie. ist in, Wasser durchaus unlöslich unds bildet mit 
heissem Wasser; einen‘, Kleister, ‚indem sie ‚darin aufquillt,, 
durch. Säuren und: Alkalien. wird: sie erst verändert uni danu 
gelöst..' ‚Mit, Jod. wird sie‘ schön blau; mit Brom'gelb ‚gefärbt. 
In. Berührung : mit. thierischen: Häuten verwandelt. sie‘ sich «im 
Zucker und Milchsäure,: ‚Bis auf 100° erhitzt: giebt sie Gummi, 
Die stärkemehlhaltigen Pflanzentheile ;werden:itheils so; wie sie 
in der Natur vorkommen; verzehrt ‚'theilsı gemahlen und zu 
Brod verbacken. 28 9g2oAh mm 

Die Stärke wird, durch ee ni ‚Zucker verwandelt; 
besonders in früherer ‚Zeitwurde aus:Stärke müttelst Schwefel- 
säure Zucker im Grossen’ fabrizirt. Versetztiman:' die zucker- 
haltige Flüssigkeit in Gährung und unterbrieht/ dieselbe, bevor 
noch aller Zucker in Alkohol verwandelt ist/»so<hat man das 
Bier; lässt man die Gährung bis zw:Ende gehen,‘ d. h. ver- 
wandelt man allen Zucker‘ in Alkohel; so «erhält man den 
Weingeist. ha 

Das Inulin ‚sen! iin ist ein eihlichnmtisect] ge- 
ruchloses Pulver ‚das sich in kochendem Wasser löst, ‚ohne 
aber 'Kleister. zu bilden. » Durch Kochen: und durch Säuren 
wird‘ es leicht in Traubenzucker verwandelt, doch ‘soll Diastase, 
diese) Wirkung nicht haben; mit Jod'wird es gelb‘ oder: gar 
nicht, gefärbt. Es kann als eine Uebergangsstufe ‚vom Amylon: 
oder von, Zellulose zu "Zucker: betrachtet: werden, » Es fin- 
det sich. in! ‚vielen ‚ Pflänzen:, »besonders:: in | den’ Wurzeln der 
Korbblüthler und! ist»in. :ıder Alantwurzel;. Inula. ‚Helenium; 


7 ı, 44° 


BER N  raeen 


zuerst: entdeckt; ‚der en u ihm seine‘ nährende 
Kraft. 20 | 
‚Die Maosstiähen de das:Lichen in‘: findet ei im 
Gewebe vieler: Zellenpflanzen ‚: z.B. im: isländischen ‘Moos und 
im: 'Karraghen.;i-Sie»dst !im- kalten: Wasser 'wenig'löslich, bildet 
aber 'mit:kochendem Wasser eine::Gallerte; durch Alkohol: wird 
sie ‘aus der Lösüng' ausgeschieden.‘ Mit Jod: färbt‘ sie sich 
gelb ; ist 'Amylon‘ dabei , ‘so färbt sie sich grün. Sie'scheint 
wie das: Inulin eine Uebergangsstufe von‘ Zulmiost: ‚oder von 
Amylon zu‘ Traubenzucker: zu sein. 2 | 
"Gummiarten.'Die .‘Gummiarten het mit Wasser 
schleimige' Flüssigkeiten, die’ wirkliche Lösungen sind.‘ Sie 
sind geschmack- und geruchlos, in Alkohol und Aether' un- 
löslich und. werden durch 'Jod nicht: gefärbt. ''Im'reinen Zu- 
stande sind‘ sie farblos und ae ‚mit Säure gahbchng on 
benzucker. salonslahusäl 1abe zibe TEE 
Das Dextrin ins ‚den: Bakdielsenauek findet man im 
Safte aller lebenden Pflanzenzellen: : und es; scheint; einerseits 
das. Material‘ zur Stärkebildung und zur »Zellstoffbildung. an 
derseits'zur ' Entstehung:der 'Zuckerarten ‚zu hefern ,: wie sich 
umgekehrt: Zellstoff und» Amylon "in Dextrin: verwandeln’ 'kön- 
nen: Wenigstens’ geschieht‘ dies' durch Einwirkung: der’ Dia- 
stase oder verdünnter Säuren. Seine Lösung lenkt den 'po- 
larisirten ‘Lichtstrahl nach rechts 'ab:' : Aus ‘einer Lösung von 
schwefelsaurem Kupferoxyd ‘und ‘Kali schlägt es rotes Kupfer- 
oxydul nieder.‘ Mit Salpetersäure: behandelt, erhält man: daraus 
Kleesäure. Die chemische  Formel‘:ist (G124]100?9 "also wie 
die der Stärke und des Zellstoffs. IE} 
»DasGummi oder’ Ar abin/unterseheidet:sich’vom Döxtrin 
dadurch, dass‘ es (mit Salpetersäure» behandelt: Schleimsäure 
giebt, aus Kupfervitriollösung ‚nicht Kupferoxydul'niederschlägt 
un den: polarisirten Lichtstrahl nicht äblenkt. "Seine chemi- 
sche Zusammensetzung‘''entspricht der Formel: G12Ht1O11, 
Es: ist ‘nur wenig verbreitet ‘und kommt ag von Mimo- 
senarten in’ den ‘Handel: h 119 il | 


BEP: |  ABEURE: 


Zuckerarten. ' Die :Zuckerarten sind in den 'Pflanzen- 
säften sehr verbreitet. Sie schmecken alle süss, sind‘ im 
Wasser löslich! und ‘geben, 'mit Hefe in: Gährung: versetzt, Al- 
kohol.‘, Erhitzt man Flüssigkeiten ; in:denen sich Zucker 'be- 
findet, mit! konzentrirter Kalilauge, so: färben sie sich bei.'Ge- 
genwart von Traubenzucker 'und Milchzucker gelbbraun;;::Rohr- 
zucker muss vorher mit Säuren behandelt‘ sein, Setzt man zu 
einer ‚zuckerhaltigen Flüssigkeit’ Kupfervitriol und Kalilauge, so 
scheidet: sich beim\Kochen rothbraunes: Kupferoxydul aus. 

Der Rohrzucker ist: die Substanz, die wir im ge- 
wöhnlichen: Leben Zucker nennen. » Seine: chemische : Formel 
ist‘ näch- einigen‘; Forschern, C!?H!1011 nach. andern 
G4?H4?0*2; in Verbindung mit Basen oder längere Zeit 'auf 
100° erhitzt, ist sie gleich der der Stärke, nämlich G!?H? 0019, 
Unter günstigen Bedingungen erhält man ihn in: grossen: Kry- 
stallen, — der Kandis oder Kandelzucker —; er löst» sieh«in 
einem ‚Dritttheil' seines Gewichtes :Wasser; im: Dunkeln ‘gerie- 
ben leuchtet: er;: den polarisirten: Lichtstrahl lenkt ‚er nach 
rechts ab, und diese ‚Eigenschaft wird jetzt in allen: Zücker- 
fabriken’ angewendet, um: den Zuckergehalt einer! Lösung oder: 
des Rohrzuckers zu bestimmen. ‚Durch .: Kochen‘ ‚mit Wasser, 
mit Alkalien’:oder Säuren: verliert er..die nn zu kry- 
stallisiren.' 4! ©. | r un 

In: grösster Menge findet sich der: Rohrizucker im Zucker- 
rohr, in. den  Runkelrüben;,. in den 'Honiggefässen : vieler Blu- 
men‘, in: den Maisstengeln, im:Safte des Ahorns und 'vieler 
Palmenarten ; ‘künstlich ihn darzustellen, ist noch nicht ge- 
lungen. | 
In Indien und in: den Kolonien BREN man ‚den Aücker 
aus dem Zuckerrohre, . dessen Saft 16—20 Procent enthält, 
zum Theil auch aus ‚Palmensaft, in’ Amerika auch aus dem 
Ahorn, in Europa: seit dreissig Jahren aus den Runkelrüben;, 
welche 10 bis 14: Procent Zucker enthalten; 

" Die: Darstellung ' beruht ' überall darauf; aus dem zucker 
haltigen Salte durch Kochen und Zusätz vön Kalk möglichst 
schnell die Stickstoflverbindungen zu entfernen, weil diese ihn 


ra. - PTR 


in Gährung versetzen und dadurch den Zucker zerstören wür- 
den. Nachdem noch die Salze und Säuren entfernt sind, wird 
der Saft verdickt, durch Kohle von den Farbstoffen gereinigt, 
und dann lässt man: ihn krystallisiren. ‚Aus dem nicht kry- 
stallisirbaren Zucker des Zuckerrohres, :der' Melasse, wird Rum 
bereitet. Der Pälmenzucker führt den Namen Jaggery. 

Der Traubenzucker, der ‚auch Harnzucker, Stärke- 
zucker und Krümelzucker heisst, entspricht in seiner chemi- 
schen Zusammensetzung! der‘ Formel: .C+?H?%01*,. hat also 
nur. zwei Atome- Wasser mehr als Rohrzucker. Er- bildet un- 
deutliche, warzige Krystalle‘; und ‚löst sich: erst’ in vier Dritt- 
theilen seines Gewichtes: Wasser, ist weiss und weniger süss 
als: Rohrzueker. Durch Alkalien wird: er schnell, durch Säuren 
weniger schnell in eine unkrystallisirbare: Abänderung. umge- 
wandelt. ‘Den polarisirten Lichtstrahl lenkt er nach: links (ab, 
Mit 'Käsestoff erhitzt, erzeugt er Milchsäure, später. Butter- 
säure, mit Salpetersäure aber Zuckersäure ‘und Kleesäure..:; 

Der Traubenzucker findet sich in fast allen süssen Früch- 
ten, als Ueberzug derselben, in den Wurzeln vieler Pflanzen. 
Da seine Darstellung aus Pflanzensäften ziemlich umständlich 
ist, so ‘wird er weniger ‘zum Versüssen verwendet, ist aber 
um :so:,wiehtiger durch seine ‚ indirekte-!Verwerihung; da 
alle Stoffe, aus denen man geistige, Getränke gewinnt; erst in 
Traubenzucker: verwandelt werden müssen, : wenn 'sie ihn nicht 
schon enthalten, ''bevor man die geistige  Gährung: einleiten 
kann. Zur: Zeit ‚der: Kontinentalsperre stellte man den Trau- 
benzucker als Ersatzmittel des Rohrzuckers aus Stärke durch 
Behandlung mit -Schwefelsäure im Grossen dar); Jekzt hat die- 
ser Industriezweig fast ganz aufgehört. 

Der Fruchtzucker findet sich in vielen ‚süssen Brücbs 
ten und ist unkrystallisirbar.'' 

Der Milchzucker: kommt in den Früchten. der: Eichen 
und in manchen -audern fleischigen' Samenlappen. vor.‘ 


u RAN 


„d Pektinkörper und, Pfanzenschteim. 


' Diese Körper''stehen‘ den vorigen‘ sehr iohbe ‚und unter- 
scheiden sich’ von! ihnen ‚hauptsächlich dadurch), . dass sie ‚den 
Wasserstoff: und: Sauerstoff nicht indem Verhältniss’'enthalten, 
wie'isie im.'Wasser verbunden sind.! » Ihre ‘Zusammensetzung 
scheint ‘der Formel C!?H+601°. zu sentsprechen. 'Sie haben 
theils keine chemische Verwandtschaft ; ıtheils treten’ "sie als 
schwache! Säuren’ auf. Mit Wasser bildeten’ sie‘'Gallerten , 'in 
Alkohol’ und: Aether‘ sind: sie unlöslich.  : Sie sind’geschmäck- 
und: geruchlos und ‚haben‘ keine bestimmte: Gestalt. | 

"Für die Ernährung sind sie‘ von. ‚der ’grössten;Wichtigkeit, 
da: sie sich’ in fast allen Pflanzen. finden, in grösster ‘Menge 
aber - in 'fleischigen' Früchten und Wurzeln, in; den Kartoffeln, 
Mohrrüben 'u,-s..w:' Die Fruchtgelee’s: sind BEE diese 
an IOEREREN mit»Zucker und Pflanzensäuren.; 


. Fette 


Die Fette er. in den Pflanzen sehr : eskräiikee ‚Stoffe, 
Sie treten meist als'salzartige Verbindungen einer sogenannten 
Fettsäure ‘mit’ Basen auf; deren Natur‘'noch‘ nieht genug er- 
forscht: ist.. Doch’tritt in allen diesen Verbindungen dieselbe 
Basis 'auf;.'das Glycerin, das jetzt ‘eine vielfache Anwendung 
findet, ‘ist diese Basis mit Wasser verbunden. Durch 'Alkalien 
können die Fettsäuren’ abgeschieden ‘werden; ‘in ihrer Verbin- 
dung mit Alkalien heissen sie Seifen, mit ‘schweren Metall- 
oxyden aber Pflaster. Durch mineralische‘ BEER erhält man 
aus den’ Seifen die Fettsäure rein. | vd 

Die Fette sind leichter als Wasser, tin ie aber 
löslich! in Aether’ und Kohler.wasserstoffen; 'auf Papier ''geben 
sie Fettlleeke. Bei: gewöhnlicher Temperatur sind‘ sie 'hart und 
butterartig, bei höherer Temperatur werden sie flüssig; sie 
können nicht unzersetzt verflüchtigt werden. 


A TE 


Meist kommen in ‚den Pflanzen, verschiedene Fettarten ge- 
mengt vor; da ihre Zahl sehr gross ist, müssen wir uns auf 
die’ wichtigsten beschränken. sh Isd nos? 

Margarin. Es ist eim festes, . yebbigeiteike Plsuucht: 
fett | "besönders ‘reichlich im Baumöl. ' Das Margarin schmilzt 
bei 44°: und löst sich in Alkohol, woraus es: ‘beim: ern 
sich ‘in Krystallen' ausscheidet. | 9 

Die Margarinsäure : entspricht‘ der: ‚ebleinischen Formel: 
C°3*H3303-+HO und schmilzt bei 60°. | 

'Stearin, ’Das Stearia findet sich: in «der Eakitbulter 
und im chinesischen 'Pflanzenwachse,;: ‘Es schmilzt nd 
und ist im''Aether 'nur wenig löslich. 

Die‘ Stearinsäure ' hat : die: chemische Formel cesHss08 
+HO. Sie schmilzt bei 69— 70°. 194 las 5 

Das Palmitin ist ein Gemenge des Margarin a Stearin. 

Olein. Das Olein ist 'Hauptbestandtheil der flüssigen 
‘Fette der Pflanzen, besonders reich ist es in dem Oliven. Es 
ist klar, geschmacklos, und erstarrt bei: 4° unter dem Gefrier- 
punkte. 

Die Oleinsäure hat die Rekuhelr G36H3303+H0O und wird 
an der Luft durch Aufnahme von Sauerstoff‘ leicht verändert. 
Sie ist bis 14° unter Null flüssig;' mit Salpetersäure oder 
Schwefelsäure"behandelt, geht sie leicht in die gleich zusam- 
mengesetzte Elaidinsäure über, die erst bei’ 449 schmilzt. 

Olin.: Das Olin findet sich mit dem Olein in den flüs- 
sigeu Fetten, besonders im Lein, Hanf, Mohn, Ricinus- und 
Kokosnussöl; es ist der ar der sogenannten 
trocknenden Oele. 

' Die Fette aus der Muskatbutter, die: Wachsarten und die 
ätherischen Oele sind noch viel zu wenig untersucht und ih- 
rer chemischen Natur nach erforscht, als dass wir für ihre 
Bildung in den Pflanzen nur PRSEFIRIER Anhaltepunkte fin- 
den könnten. | 


a WER 


d) Organische Säuren. 


Sabon bei den Fetten haben: wir: einige aicktign Säuren 
kennen gelernt; doch‘ kommen: sie stets mit organischen Stof- 
fen: verbunden vor, Hier handelt: es sich ‚um solche Säuren, 
die mit ünorganischen: Stoffen verbunden oder frei in den 
Pflanzen auftreten. Sie zeigen alle Eigenschaften der Mineral- 
säuren, röthen blaues Lackmuspapier ‚und aind frei stets mit 
Wasser verbunden. . OU e2} 

Die meisten dieser Säuren können ohne en ver- 
flüchtigt werden. Ihre allgemeine Verbreitung in. den Pflanzen- 
säften dentet darauf hin, dass sie bei. der Ernährung ‚der 
Pflanzen eine: äusserst wichtige Rolle spielen; jedoch. in uns 
das Wie noch verschlossen. | 

Kleesäure. Die Zusammensetzung der Kleesäuäre ist 
gleich C203+ HO.. Unter :allen- Pflanzensäuren hat sie die 
weiteste Verbreitung; besonders‘ reichlich findet sie sich im 
Sauerklee ‚und im Sauerampfer. Sie ist immer an Kalk ‚oder 
Alkalien gebunden, und der kleesaure Kalk scheint. ‚keiner 
Pflanze, selbst nicht dem Hefenpflänzchen : zu ‚fehlen; er ist 
immer: krystallisirt, meist in Nadeln. | Ausser ihrem: Vorkommen 
in. lebenden Pflanzen: ist: sie das Endprodukt der Zersetzung 
vieler: organischer Körper, besonders der Kohlenhydrate. 

Aepfelsäure. Die Aepfelsäure ist gleich C?H?0*+-HO. 
Sie: ist "einer «der; häufigsten Körper des Pflanzenreichs, aber 
stets-an Kalk oder Alkalien gebunden. Der saure Geschmack 
des unreifen Obstes rührt von den darin enthaltenen ‚sauren 
Salzen der Aepfelsäure her, während die Salze in reifen Früch- 
ten neutral sind. Unter sauren ‚Salzen versteht man die, wel- 
che auf ein Atom: Basis zwei oder mehr Atome Säure enthal- 
ten; kommt auf ein Atom Basis ein Atom Säure, so heissen 
sie neutral. | 

Citronensäure. Sie hat mit der vorigen: gleiche Zu- 
sammensetzung. Sie kommt frei und verbunden häufig mit der 
Aepfelsäure vor, ist aber besonders reichlich enthalten in den 
Orangen, Johannisbeeren, Preisselbeeren u. s. w. 


we, EEE u 


Weinsäure. Sie. ist gleich C2H20°%’+ HO. Ziemlich 
häufig in: den Pflanzensäften enthalten , » besonders aber im 
Wein, in: der Ananas, in den Gurken. Weinstein ist saures 
weinsaures Kali, gemengt mit 'weinsaurem Kalk. Sie findet 
wie: die Kleesäure und. Citronensäure eine vielfache Anwen- 
dung, besonders ‘in der Färberei und in: der Medicin. 


2. Stickstoffhaltige Verbindungen. 


Die stickstoffhaltigen Verbindungen kommen in: weit ge- 
ringerer Menge in den Pflanzen vor, dagegen sind einige noch 
verbreiteter als die stickstofffreien, und es scheint, als ob ohne 
ihre Gegenwart keine Umsetzung der Stoffe in den Zellen 
stattfinden könne; denn alle die Zellen, die keine stickstoff- 
haltigen Verbindungen mehr enthalten, verholzen und sind: für 
die Ernährung der Pflanzen ohne Werth, während alle jugend- 
lichen Zellen reich 'an Stickstoffverbindungen sind. Wir:wollen 
hier: nur die sogenannten Proteinkörper und die Pflanzenalka- 
loide betrachten. 


a) re io 


Die Proteinkörper‘ finden sich in jeder lebenden Zelle, sei 
es gelöst im Zellsafte, 'sei es als feste, körnige Masse. Sie 
entstehen vor allen Stoffen, scheinen alle chemischen Processe 
in der Zelle einzuleiten und ihren Verlauf zu bedingen; auch 
scheinen sie nur in der Pflanze entstehen zu ‘können, die 
Proteinstoffe im .thierischen Organismus dagegen 'nür Verän- 
derungen derselben zu sein. Sie liefern den Thieren das Ma- 
terial zur Muskel- und Nervenbildung. Auf welche Weise diese 
Umbildung vorgeht, ist noch nicht ausgemacht; doch scheinen 
sie alle in löslicher Form in das Blut überzugehen, und Jdar- 
aus werden sie. alsdann ‘als feste Bestandtheile ‘des Thier- 
körpers abgeschieden. 

Sie haben alle geringe oder keine chemische‘ Verwandt- 
schaft zu andern Körpern, sind nicht flüchtig und bestehen 


_— m RER 


aus Kohlenstöff;'-Waässerstoff, » Sauerstoff, ‘Stickstoff amd Schwefel 
oder Phosphor. - Alle. lösen 'sich ‘in’ Alkalien, woraus sie»dureh 
Säuren ' wieder ‘in festen;Form ausgeschieden: werden:: Mit: Jod 
färben sie sich‘ gelb. mit‘ starker Schwefelsäure violett, mit 
salpetersaurem Quecksilberoxydul roth, mit Zueker: und starker 
Schwefelsäure rosafärben ; «durch »gelbes: und: rothes Blutlaugen- 
salz werden ihre Lösungen gefällt. Wegen ihrer leichten 
Veränderlichkeit, ist ‚es, sehr. schwierig, sie zu; untersuchen. 

Die meisten Chemiker nehmen an, dass die hierischen 
und ‘pflanzlichen  Pröteinkörper gleich: sind. ' sim 

Kleber.: -Der: Kleber: ist: eine‘ sehr ie ‚faden- 
ziehende Substanz, die’ aber: wahrscheinlich ‚noch : nicht: nein 
dargestellt ist. 1 

In Wasser und Weihzeibt ist er ganz unlöslich. Mit 
Pflanzenleim bildet er einen äusserst: wichtigen Bestandtheil 
unserer Brodfrüchte, der das Mehl: fähig macht, :zuw 'Brod ver- 
backen zu werden; je weniger Kleber ‚eine; Getreideart »ent- 
hält, um so weniger: ist sie geeignet, zu :Brod verbacken ;zü 
werden. Es mögen hier einige Angaben über:den Gehalt''an 
Eiweiss, Kleber u. s. w. in den wichtigsten Nahrungsmitteln 
ihre Stelle finden. Es enthalten 100 Theile 

Weizenmehl Nr. 1 19,16 Prozent 
% a) 1355410. 


\ ee Rt 

Röggenmehl . 4 =: 11,94 AoX: | 
in is Donis218, 712 gie su 

Rispenhafer FE rege 

‚Gerste s1T8b mi zu wie moniada 
Buchweizen us BI, or 
Mais (türkisch ‚Korn) = 14,68 5 5 m 
Reis Oh 
Bohnen == 28,54 BR 

«Erbsen Br 2 1 

Kartoffeln 2 m 


Ve Stickstoffgehalt stehen Bohnen ‚Erbsen und Ps 
oben. an, weshalb ‚wir die Hülsenfrüchte: mit Recht das Fleisch 
yet! | | | sds 


2 Wr 


des':ärmen ' Mannes ‘nennen können; an: Kleber aber: sind 
‘Weizen und demnächst der. Roggen am reichsten, weshalb 
diese 'Getreidearten vor allen zur Brotbereitung geeignet sind. 
Der Nutzen des Klebers bei der Brotbereitung ist nämlich 
der, dass er mit dem Amylon einen zähen Teig bildet, der 
durch die Gährung porös wird; diese Porosität macht aber 
das-Brot: leichter \verdaulich. :Das:Mehl aus den Hülsenfrüchten 
kann“wegen des 'gänzlichen Mangels. an ‚Kleber nicht: zu. Brot 
verbacken werden; mit Roggen-'oder‘ Weizenmehl verbacken, 
giebt es immer ein -schweres, nicht leicht zu verdauendes 
Brot, das ebenso, wie Reisbrot ‘und Maisbrot schnell alt 
wird. 


 _Pflanzenleim. Er findet sich mit dem Kleber zu- 
sammen und wird von ihm durch kochenden Weingeist ge- 
trennt; er ist klebrig und geschmacklos. 


Albumin oder Eiweiss. Das Eiweiss ist in Wasser 
löslich, gerinnt aber bei 55°; ist die Lösung: sehr verdünnt, 
so) gerinnt es erst durch Kochen der ‘Flüssigkeit. Auf Zusatz 
von-‘Säuren gerinnt es leichter. Zu viel Säure, oder die. Ge- 
genwart‘von Alkalien ‘verhindert ‚die vollständige Gerinnung. 
Das Eiweiss’ ist eines der kräftigsten Nahrungsmittel und findet 
sich überall in den Pflanzen; am reichlichsten jedoch in. den 
Samen ' der Hülsenpflanzen. Es tritt theils gelöst im Pflanzen- 
safte auf, theils als Verdickungsschicht der Zellwandung, theils 
als’ Gerinsel. Das einmal geronnene Eiweiss ist entweder 
schwer oder gar nicht mehr löslich. 


‚Liebig hat entdeckt, dass aus Fleisch Eiweiss entsteht, 
und. ‚aus dieser Edeckunn geht ziemlich unwiderleglich her- 
vor, dass im thierischen Körper das Umgekehrte stattfindet, 
dass sich nämlich aus dem Eiweiss Fleischstoff bildet. 


Kasein, Käsestoff oder Legumin. Der Käsestoff 
ist! weit ‘weniger verbreitet in den Pflanzen und findet sich 
hauptsächlich in den Samenlappen der Hülsenfrüchte. 

Filly, Ernährungsverhältnisse, 6 


RT URN 


tz Br'ist löslieh im . Wasser und ::gerinnt: ‚durch Erhitzen, 
sbwie "auf "Zusatz ' von“ Säuren’'oder Kälberlab)) Non der.Art 
seiner Rang BE sein Gehalt an ren Salzen-ab. 


b) Alkatoi de. 


. 4: 
ich 


"2 /Zu‘den 'Alkaloiden geliört ‘eine. grosse Zahl sehr BR 
mengesetzter Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauer- 
stoff und Stickstoff; unter ihnen befinden sichi,die gefährlich- 
sten Pflanzengiftej!’so‘ das:'Strychnin ‚aus Sörychnos nux |vo- 
mica (Krähenaugen), Morphyn: aus dem Safte des :Mohnes; 
als wichtiges Arzneimittel das Chinin und Cinchonin aus'-der 
Chinarinde oder Fieberrinde. 

Sie haben fast alle grosse, Neigung , sich mit Säuren zu 
Salzen zu verbinden , kommen auch immer an Säuren gebun- 
den in den Pflanzen vor; sie bläuen geröthetes Lackmuspapier 
ünd einige 'entziehen sogar dem Ammoniak; die: Säure, 

1 Es liegt- ausserhalb:unserer ’Aufgabe;, .hiersauch nun'die 
wiehtigern jener Stoffe "aufzuführen; wir wollen uns daher auf 
diejenigen beschränken, welche‘ ‘wegen ihres ‚Vorkommens;. in 
Nahrungsmitteln «von allgemeinem Interesse sind, nämlich’ die 
Alkaloide‘ des''Thee, des Kaffee und der Chokolade.-; ‚Alle drei 
Substanzenenthalten ein flüchtiges Oel und: ein nahezu glei- 
ches Alkaloid'; das von besonderem Kun auf die Harnab- 
sonderung ist. © \ YibısV 2 3! Aus allsz 

'Kaffein-oder! Thein.: Didsası Alkaloid, idessem) chie- 
mische Formel G16H2?°N30#:- ist „'findet sich im: ‚Kaffee, «lim 
chinesischen Thee (Thea chinensis und Thea viridis), in 
den Blättern der südamerikanischen Stechpalme (Iex para- 
guas yensis), deren Blätter in Südamerika wie der chinesische 
Thee verbraucht werden, und in der Paullinia sorbilis, aus 
der man ein Arzneimittel, das Guarana, gewinnt. a 

Der Theestoff ist in Wasser und Alkohol löslich und kry- 
stallisirt in seidenglänzenden Nadeln, ist‘ fast geschmack- und 
geruchlos. Den: Wohlgeruch‘ des: Kaflees kann er nicht 'er- 
zeugen; dieser rührt vielmehr von‘ noch unbekannten Zer- 


nn. 


setzungsprodukten ‘her, ‘die beim Rösten des Kaffees sich 
bilden, ‘Im Thee "ist die Substanz, ‘die den Wohlgeruch 
erzeugt, schon fertig‘ gebildet vorhanden , und’ der Aufguss 
auf Thee wirkt’ mehr’ belebend, als der’ des Kaffee’s.' ' Eine 
geringere - Theesorte aus Köchinchina‘, der Ziegelthee‘, dient 
den 'wändernden Nomadenhorden Mittelasiens als wahres Nah- 
rungsmittel' und ist’ zugleich'ihre Münze, Wu mil 

iRochleder sagt vom>’Kaflee: ',;Für Arme, -die'' wenig 
stil Nahrung 'geniessen können, sondern meist nur 
Kartoffeln''haben , ist’ der Genuss ‘des Kaffee’s ein Ersatzmittel 
für’ das’ Fleisch.“ - Das’"wäre‘ ein’ theures Ersatzmittel, und 
Hülsenfrüchte‘ leisten’ jedenfalls bessere Dienste, wenn schon 
nicht zu leugnen ist, dass: der Genuss des Kaffees von 
grossem Vortheil für die Verdauung ‘ist. Leider geniessen 
aber die 'armen 'Leute Surrogate 'statt' des Kaffees, die eher 
die Verdauung hemmen, 'als sie befördern. 

Theobromin. Dieser dem Kaffein sehr verwandte Stoff 
entspricht in seiner chemischen Zusammensetzung der Formel 
€1%2H!6N80* und findet sich in den 'Kakaobohnen neben der 
sogenannten Kakaobutter. : Die‘ Hülsen, worin die Bohnen 
sitzen, sind einen halben Fuss lang und enthalten’ ein ess- 
bares" Zellgewebe. -»Das’' Theobromin schmeckt bitterlich , 
in heissem Wasser wenig, in Weingeist und Aether fast gar 
we löslich: und kıystallisirt, 6 130 

‘ Die 'Chokolade ist ein Gemisch aus 'gerösteten und ge- 
ne Kakaobohnen, Zucker und Gewürzen ) 'und sie ist 
in Folge des grossen Stickstoifgehaltes des Theobromin sehr 
nahrhaft:ı | 


Nachdem wir so die wichtigeren Bestandtheile des Pflanzen- 
körpers und ihre chemischen Beziehungen zu einander kennen 
gelernt, wollen: wir uns zur Betrachtung der Ansichten wen- 
den; die man im Laufe der Zeit über die Entstehung dieser 

3halin & dert? | 6* 


Be 


Substanzen; innerhalb‘ der Pflanzen aufgestellt hat.,.Die älteste 
Annahme ist ‚die, dass bei den Pflanzen wie bei den Thieren 
ein. allgemeiner : Nahrungssaft, eine Lymphe entstehe, welche 
den‘ einzelnen Theilen ‘zugeführt, ‚diese ernähre,, und bis in die 
neneste., Zeit, giebt es Vertheidiger für diese Ansicht. 

!;/ Die ‚erste‘ Erklärungsart der: Entstehung fester '‚Stofle im 
den Pflanzen rührt von Davy.her und lautet etwa! folgender- 
massen:;/„ Die. zuckerhaltigen,, ‚schleimigen und: eiweissartigen 
Bestandtheile im. Safte des Splintes oder ‚jungen Holzes ‚ver- 
binden - sich mit dem’ Gerb - und Extraktivstoff. der: Rinde, 
scheiden Wasser ab und gehen in organische Materie ‚über.* 
Diese Annahme glaubte er durch. den Versuch bewiesen, dass), 
wenn ‚man in den Splintsaft einen Aufguss von frischer Eichen- 
rinde, schüttet, sofort ‚ein Niederschlag entsteht. Angenommen, 
die Behauptung wäre richtig, so. lehrt sie uns. doch. keines- 
wegs, woher der Zucker, der. Schleim ‚und das Eiweiss. in den 
Splintsaft kommt. 

Die übrigen älteren Rönnsenbhitsiehisen, lehren etwa  Fol- 
gendes: , Der, rohe Nahrungssaft steigt bis ‚zu «den. Blättern, 
dort entweichen die wässerigen Theile, ‚und ‚der so entstandene 
Bildungsaft ‚strömt abwärts von den Blättern ‚in ‚alle Theile 
der Pflanze, um Zellen und andere ‚Bestandtheile: ‘zu »er- 
zeugen. 

Nach einer andern Ansicht ist die Püanzenmilch die ei- 
gentliche Nahrungsflüssigkeit, aus der alle Stoffe gebildet wer- 
den; der ‚Milchsaft 108 eben so verschieden, wie die einzelnen 
Pflanzen. | 

Duhamel sagt: „Der eigene Saft (Milchsalt): vn 
Pflanzen strömt vorzugsweise von oben nach unten; eben so 
ist es mit der Massenzunahme der Pflanzen; anderseits ist 
ein Baum krank, wenn der eigne Saft irgend wo ausströmt.“ 

Man glaubte sıch um so. mehr berechtigt, den Milchsaft 
als den allgemeinen Nahrungssaft anzunehmen, als er. der 
thierischen Milch so ähnlich sei und immer» in.der. Nähe. der 
neuen Gebilde ströme; er bilde, ‚meinte. man, ‚sicherlich ‚die 
Knospen, und daher komme es, dass die niedern Pflanzen, 


u 


die'sogenännten Kryptogamen, wozu die Farrnkräuter, Schäch- 
telhalme, ‘Moose, Pilze und 'Algen gehören, keine an- 
setzen,‘ weil ihnen der 'Milchsaft fehlt. 

Diese“Milchsaftlehre hät’ sich bis in die neueste Zeit er- 
halten, obgleich man unter den ‘mehr’ als zweihundert be- 
kannten‘ Pflanzenfamilien nur acht kennt, die Milchsaft' führen ; 
es könnte also »diese Erklärungsweise nur "auf: acht Familien 
passen, auf zweihundert aber nicht. 

. Luft, Licht, Wärme und Elektrizität, so viel’ steht Test, 
sind 'für:den Ernährungsprozess der Pflanzen nothwendig, wenn 
wir ‘auch kaum ahnen, im ''weleher Weise diese Kräfte ein- 
wirken. zu | 
Beim Keimen der Pflanzen ist die Gegenwart von Sauer- 
stoff nothwendig, da’' sich aus dem Kohlenstoff’ des’ Samens 
mit! dem Sauerstoff der Luft bei''allen Keimungsprozessen Koh- 
lensäure 'bildet; wie man durch einen einfachen Versuch nach- 
weisen kann. Eben 'so sicher ist es, dass grüne Blätter 'im 
Sonnnenlicht Kohlensäure aus der wmgebenden Luft aufneh- 
men und Sauerstoff’ dafür ausgeben, wenn schon nicht'so viel, 
als in der aufgenommenen Kohlensäure enthalten 'ist. Bringt 
man eine’ Pflanze, der man alle Bedingungen zum Leben er- 
füllt hat, in einen‘ luftleeren Raum, so stirbt sie sehr schnell 
ab; Beweis’ genug, dass sie der''Luft bedarf. 

'So unverkennbar ‘die Wirkungen des Lichtes auf das Leben 
der Pflanze sind, so‘ wenig sind wir‘bis jetzt im Stande, die 
Art’ seines Einflusses zu ''erklären. Wir wissen,’ dass das 
Licht selbst‘ bei der‘ Bildung ‘und Zersetzung unorganischer 
Verbindungen vam grössten Einfluss ist; dass z. B. durch die 
Wirkungen des Lichtes Silbersalze' zersetzt werden, auf wel- 
cher‘ Erfahrung die Anfertigung der Lichtbilder beruht; wie 
viel gewaltiger muss die Einwirkung des Lichtes im Pflanzen- 
reich sein, ‘wo bei ‘ganz’ gleicher Zusammensetzung so’'ver- 
schiedene Stoffe vorhanden sind, wo es nur des geringsten 
Anstosses bedarf, um eine Verbindung in eine andere überzu- 
führen. ‘So wird z. B. Essigsäure, in zerstreutem Tageslicht 
mit Chlor behandelt, in eine Essigsäure verwandelt, die ein 


u 


Atom ‚Wasserstoff ‚verloren hat, dafür; ein; Atom. :Ghlor aufge; 
nommen ;. ‚wirkt.,äben .‚das- Chlor | am,:direkten Sonnenlicht: auf 
die Essigsäure ein, so treten dreii.Atome ‚Wasserstoff, aus: der 
Verbindung, ‚und drei.;Atome ‚Chlor. treten 'an ihre Stelle. 

Wir. .‚wissen ferner aus vielfachen Untersuchungen ‚‚.dass 
die. ‚Pflanzen. ber gleicher Wärme in: den: Strahlen: \\der Sonne 
viel stärker‘ Wasser aushauchen ,; als’ im! Dunkeln. 

Allgemein bekannt ist ‘.das.. bleiche ‚Aussehen N 
Pflanzen, welche.im Dunkeln stehen 5: ‚werden: sie ans Licht 
gebracht,'‚so ‚werden: sie ischnell. grün. - Dieses Grünwerden |be- 
ruht auf. einer lebhaften Verbrennung: oder Oxydation von .Koh- 
lenstoff, wodurch das Blattgrün entsteht. 

Auf. der. ‚andern; ‚Seite scheint... das Licht, doch niehe. für 
jede ‚Pflanze unumgänglich: nöthig. zu. sein; Rizomorpha sub- 
corticaulis , gedeiht im Innern; von  Baumstämmen. ohne), jede 
Spur. vom: Licht, ‚und Ehrenberg hat Pflanzen‘ aus ;einer 
Meerestiefe erhalten, wohin nie ein Lichtstrahl dringen ‚kann; 
Ja. selbst zur Bildung »von Blattgrün scheint. das Licht ‚nicht 
durchaus :nothwendig zu ‚sein; | wie: sollte, man- sich sonst..die 
schöne grüne ‚Farbe, der, Samenlappen. von ‚Pistazia; ‚erklären, 
die sich in ‚einer: für: das Licht !undurchdringliehen‘Schale ent- 
wiekeln. In den. gewiss _lichtreichen;| Steppen und, :;Wüsten 
findet man keine ‚schöne \\grüne|Pflanze;;i, ste;,;haben alle ein 
bleiches; Aussehen‘, während: am tiefsten ‚Dunkel, der Wälder 
das schönste ‚Grün, besöndenrs Iher: Moosen ,-vorwaltet.. 

Was die Einwirkung der‘ Wärme::betriflt „so: wissen wir, 
dass. bei :jedem chemischen Prozess, Wärme verbraucht, oder 
Wärme erzeugt wird; wenn wir: Kochsalz ;mit,Schnee ‚mischen, 
so; will: sich: das ‚Kochsalz: im Wasser lösen ; dazu muss Schnee 
geschmolzen: werden; ‚da dies» wicht: ohne. ‚Wärme. igesdhieht; 
so» wird ' der Umgebung‘; Wärme „entzogen ;- dies: ‚isti;das, Ge- 
heimniss der künstlichen Eisbildung..« Wenn wir. Kohle‘ .in 
Kohlensäure- verwandeln, so geschieht dies unter Entwickelung 
von. Licht: und: Wärme; die ‚Kohle‘ verbrennt. Aber nicht: die 
Wärme der Luft allein ist ‘von -Einlluss' auf'.das Leben: ‚der 


a a 


Pflanzen;,; sondern in wert-höherm Grade’ scheint es: vor der 
Fähigkeit‘ des Bodens‘; 'Wärme:'aufzunehmen‘, bedingt: zu: sein: 

Nicht:»die chemischen Bestandtheile sind .es, :wovoir die 
Erwärmungsfähigloeit des ‚Bodens: abhängt;,'; sonderm- die’ Farbe 
des ‘Bödens 'ise!-vom»sallerbedeuitendsten:»Einfluss.« Da:ınun 
die schwarze Farbe: wesentlich: von der Menge. der organischen 
Reste, ' die-sich :im Acker finden, ‘abhängt, so.selien wir hierin 
eine höchst‘ wichtige Wirksamkeit des Düngers. Aus der Er: 
wärmüngslähigkeit'des Bodens lässt sich. theilweise sogar: \die 
Vertheilungsweise der Pflanzen; : das: Ngyhauisnens an bestimmten 
Rinktii ‚erklären. HT Ti F 

Wie: ver schieden die Wävihe in E ae der Luft ‘sein 
ik geht: aus folgender. Tabelle 'von‘ Beobachtungen: hervor, 
die Schübler in seinem Garten in Tübingen täglich: Mittags 
von :12—1 ‚Uhr :ein; ganzes Jahr: hindurch :anstellte. 


‚Die «mittlere: Temperatur, war «us... ; BIGYTY]) 
od an der Erdoberfläche :; : “ der; Luft Se 
gen Januarıı +! 98m. mi 113,89 | 

ip IiRebrwarsl; zur #241 5b sit | 

„ März + 30Bis1sgusT aorfilih,Bah ba 

” April::; ish rare on er ae 

„ Mai oralen 1 u TTc+ 15,7 j 

Sb&guni 5} #::47,9:53 + 19,2 
1atSJuli, ‚El + 50,8 ++ 21,9 5 
“„ucAugust + 43,6 + 16,4 {4 
4 «September + 39,0 „. £C#+:16,0 id 
'5'*Oktöber + 21,7 5 . 48 Be 

„ November + 181 R + -3,6) iunmdonints 
"5. Dezember + 12,1 iörr .1,6 (ehr: 


‘st Alexander v. Humboldt fand. .auf‘der Insel Graziosa;im 
weissen, basaltischen Sande 40°, im schwarzen dagegem 540,9. 
Zieht: man’‚Wein an Mauern, so giebt man -ihnen;geri einen 
schwarzen Anstrich; auch unterscheidet der Landmann kalt- 
gründigen und anne Boden. 
-tEinzeinejErfahrungen haben gelehrt, !dass das Wachsthum 
der Pflanzen: itheils von der Stärke der Sonnenstrahlen ‚-'von 


fi — 8 0 — 


der Intensität‘ der Wärme, : 'anderseits  von:(.der ‚Menge. .der 
Wärme‘abhöngt. Leider sind diese’ Erfahrungen noch zu: ver! 
einzelt, um allgemeine Schlussfolgerungen zuzulassen. ' 

Wir wissen, dass: unsere Kulturpflanzen in’ südlichereni 
Klimaten nicht gedeihen wollen; unsere‘ Obstsorten arten alle 
aus; der Weizen» geht nicht näher ‘an den Aequator;:als bis 
zum ‘209; jedenfalls ist die‘ Wärmeintensität zu gross. ; Unsere 
Runkelrübe erzeugt 'in wenig südlichern und nördlichern Kli- 
maten als das mittlere Deutschland und nördliche ‚Frankreich 
so wenig Zucker, ‘dass sich ihr Anbau behufs der Zuckerge- 
winnung nicht mehr lohnt; es scheint eine bestimmte Wärme* 
intensität nöthig zu ‘sein, ‘um die Zuckerbildung in der’Rübe 
zu veranlassen; 'ist'die Intensität | grösser, so werden andere 
Stoffe gebildet. | di ih 

Was den zweiten Punkt betrifft, dass auch 'eine 'bestimmte 
Wärmemenge für das Leben der einzelnen Pflanzen 'nothwendig 
ist, so hat Boussingault einige dahin ‘gehörige Beobach- 
tungen mitgetheilt, die in folgender Tabelle enthalten. sind; 
die letzte Rubrik ‘enthält das Produkt aus der Ada ‚der 
Tage und der: mittleren Temperatur. “ 

Weizen gebrauchte zur vollkommenen Reife im!‘ 


Elsass . .... 137 Tage bei einer mittleren er 
Temperatur von 15° ı.2055° 
Bags. Auosl£. +40» Tele 13,4 112161 
Alais. 0 OL #46: 0% A 14,4 .172092 
Kingston ‘. (4.04 122 „ gi 17,2 19”2098 
Cincinnati «+. 137 „ 3 15,7''02151 
Quinchuqui (Süd- vol 
amerika) .: . 181 „ 4 14,0: 2534 
Turmerosi,) loan) 9 9AuuyH gümuli., 2405212208 
Trüsilleıs 2a 6.432: OB yusz. 22,3 .u2230) 
Mark Brandenburg 168 - „. gun 13,0.:,172192% 
„Defeie, BED SUCHE IWW Ken sale 
Elsass . . . „122 Tage A .7149;0:41,1708° 


Alais. nidetasonso1 37 5 ® 111 3,11611795 


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ee u 003550 90 Tage bei einerimittleren >) 

non o070= „s'Temperatur' von’ "219,0: 18909 
Kingston. u trorkenn 2 ging, mmisıhsr 290 01738 
Funchal (1.020.168: 95, 5b; 20T 7 
Santa-Fei).oil! 192 sihnoy, deülay  noboglg, Ti 4709er 
Mark Brandenburg 122: | 5 lan zer 709 


E Der Mais oder das türkische Korn. er 


Bisase!! obs 122 Tage - y;  1200.9,24400 
Alais' ie ü 1E3Beitymunonszigg 20! "22,75 3068 
Kingston. .n. ‚122. y gras, zub Zei reg 
Neu-Granada „11092 yo murpoin u 197,52: 2580N 
aaegon Mar) BET 3 WI2LHN 28T 
Santacb6ı’ sb. ‚188 ah ab „eus Jobii 40 09745 


23h sh bat 
"Kartoffeln. gebrauchten n listen. in BA Ser ee 


Elsass! is el 6DFagen: 1802 .1929440 
Be ei ei nglgpilsmeiliite 21082285 
Venezuela. „: 142019]  ayesıiswlol 2555 2,3060 

Santa-Fe ..... 0. . 200 raljuns „mobinl14475 2930 
Merida +1,10. 2,276: iubegpsachi or 20 SFT 
Bomasqui'.»1220 „2200: ones ara ige 


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„Die Indigopflanze 


Yerienkekiu ws 280 Tagen, audi #in 270,4 22000 
Marakay Is . 20 92m Idomsdgit mov DB 5rrolg34gie 
Koromandel .....,1°901 yo! 0 ya) um 124,622%17. 
wg. Gegend 1 zip 3 & een 2385: 
ta} dan 5 sloklobuw. TiotalleX on oh 

.ı Vergleicht man! die Produkte; 'aus dör Anzahlı ‘der ‘Tage 
er den »mittlern ''Temperaturgraden‘, s6 findet:'man’*sie‘'bei 
den: einzelnen -Pflanzen:' nahezu gleich 5)" die‘ geringen»‘Unter- 
schiede liessen sich wohl ausı der verschiedenen eneinige 
keit, der ee oe - — u. 8 wi ‚leicht 
erklären. N ı | 


Be 


Mit dem Wasser nimmt ‚wie: wir’ gesehen haben; die 
Pflanze Kohlensäure und; Ammoniak, sowie anorganische Salze 
auf;iyon diesen scheinen ‚einige für..di&'Verarbeilung der-Nah# 
rung nolhwendig, andere ‚scheinen nuräufgenommen Zu:'sein; 
weilysie im.!Boden gelöst yorhanden.. waren. Die .Pflanze wählt 
sighrihre Nahrung nicht aus, aber .die““Chemisches'und‘ipliysit 
kalische Beschaffenheit der ‚Zellenhaut und des Ze leninbaltes 
bewirken es, dass von dem“ einen Stoff mehr, von dem an- 
dern wenigercaufgenommen wird. »Die aufnehmende Zelle-ver+ 
arbeitet einen‘ Theil der aufgenommenen‘ Stoffe je nach ihrehi 
besandern «Bedürfniss; das_Uebrige wird Yon den. benachbarten 
Zektem angezogen, um wiederum theils werarbeitet, theilsı weitet 
geführt zw. werden. | l 2 sie 

“+ TBie Zelle bildet aus,, ale Kohlenssüte,. dem Amihoniak 
und dem Wasser mit Beihülfe des Phospbors und Schwefels, 
welche Stoffe sie aus ihren anorganischen Verbindungen aus- 
scheidet, «die eiweissartigen Verbindungen) einerseits, anderseits 
aber auch jdie stärkemehlartigen. .. isLA 

Aus dem: fortwährenden ra Bee letztere 
in; he Zeile: erleiden, entstehen die Harze, .Oele,. Fette;':die 
Farbstoffe <und die Pflanzensäuren, welche die überflüssig; vort 
handenen ‘mineralischen Basen binden ;t:äus. erstern: werded 
die Alkaloide. 

Die stärkemehlartigen Stoffe gehen jeicht, TE NL über, 
umso leichter, als ihre Zusammensätzung sehr ähnlich. ist; 
sip! gehen; bald vom Stärkemehl zum“PDextrin . und Zuckeiy 
bald-umgekehrt vom Zucker zu ne undiZelk 
stoßl über. Yeizzimsd 

Aus dem Zellstoff wird Holz und Korkstoff ‚ieh theil- 
weise Entziehung des Sauerstofls;;‘' verschwindet | dieser’ noch 
mehr;; ;so: entstehen die Wachs -: und Feitärten; viele flüchtige 
Oele: ibestehen: ‚nnr;|,ausı' Kohlenstoff;: undx:Wasserstoff: Durch 
Auftahme von.iSamerstofl-, werden umgekehrt die. ann: 
Oele! in,Harz verwandelt. «5 slnnlilenunamee is 

In dieselbe Reihe der Produkte, gleichzeitig a bil 
gebildet, gehören die Säuren und das Blattgrün, die ihrerseits 


=—- u = 


wiellerum', in landere' Stöffe | rückverwandelt werden können: 
Die, stickstoffhältigen Verbindungen. sind: theils ‚die; Vermittler 
dieser ‚ewigen : Wandlungen der 'Stofle,,; theils:'gehen - sie ‚selbst 
mit in: die Verbindungen: ein, ! theils+ erleiden ‚sie »selbsti fört- 
während: - Veränderungen! , : und. gerade: die!» ausserordentlich 
leichte : Veränderlichkeit derselben ‚ist. es, welche- auch: die 
Umsetzung bei! den ‚andern Stoffen hervorruft. ri 
Bei: der ‚Bildung: stärkemehlhaltiger Stoffe: aus: Kahlen- 
säure: und Wasser muss) Sauerstoff! frei : werden; \ wie die-Zu- 
sammensetzung  jener- Stoffe. lehrt; daher athmen die‘ Pflanzen 
bei Tage Sauerstoff aus und zwar um so mehr, je'lebhafter 
der Ernährungsprozess vor: sich. geht; im»der: Nacht dagegen 
ist,Iwegen ‚Mangel ‚anı'Licht der‘ Lebensprozess, wenn‘ nicht 
unterbrochen, so doch: ‚weniger lebhaft, .die> aufgenorhimene 
Kohlensäure: wird. nicht !werarbeitet ‚i! daher »ausgeafhmet; Zur 
Bildung 'der- sauerstoflreichern Verbindungen; z. B: der: Säuren; 
muss! wieder ‚Sauerstoff aufgenommen! werden,» sei es als sol 
eher;,' sei 'es!;in- seinen: Verbindungen :'als :Kohlensäure- und 
Wasser. us zienönds buswasilsX sh astsıde 
nl Wennssdie: (Stickätoßiverhinilugen! dus. seiner‘ Zelei ver- 
söhwinden ‚so verschwindet 'auch- der: Zellsaft''atis ‚derselben, 
dadurch das wahre  Lebenselement;»da! nur--im Wasser lösliche 
Stoffe: von: :einer''Zelle der: rer ne rag werden en 
die; Zelle: stirbt. : Tr lidastloX sib manıhai 
‚Im: Fruchtlager: der: Flechten kai san“ ja iräkteh 
Bellini des Zellstoffes in Flechtenstärke beobachten;-'und 
Blon.dieau: hat  gefimden ‚dass beimieifen der';Oiven! Zell- 
stoff: am Fett umgewandelt wird‘ Nur-vwerholzter und verkorkter 
Zellstoff; ;:gehen keine Veränderungen mehr ein, weswegen ver- 
hölzte und 'verkerkte Zellei für: dasıLeben der Pflanze, wicht 
mehr vorhanden sind; sie;'bilden dagegen das: feste! Gerüst«.»- 
'» Die Pflanze zerlegt » nicht)inur: organische Stofle} sie zer- 
setzt auch . die stärksten: mineralischems' Verbindungen ;, ‘ihren 
Gehalt an Phosphor und Schwefel ‘kann’ sie nur‘ aus 'phosphor- 
sauren und schwefelsauren Salzen ‚.;oder''aus Phosphorwasser- 
stoff und Schwefelwasserstoff erhältem;> sie muss zu dem Eude 


Gin 


jene Verbindungen’ 'zersetzen.' Die Alkalien 'und Erden'geben 
ihre: Säurem'ab und’ verbinden "sich 'mit den'''Pflänzehsäuren) 
welche‘erst'im Innern der 'Zelle'gebildet werden: Kieselsäure 
und' Kalk’scheinen bei» vielen’ Pflanzen  ein’'nothwendiger Be- 
standtheil':der''Zellehhaut 'zu: sein;' z..B. beiden: Gräsern." Die 
in zu ‘grosser‘'Menge 'in’‘den' Pflanzen enthaltenen Salze'wer- 
den krystallinisch' ausgeschieden. © Nach'dem: Bedürfniss’ der 
einzelnen Zellen findem’;sich in (derselben Pflanze die verschie- 
dehsten ‘Stoffe; im den:' Fruchtspelzelzen: der: Getreidearten 
z.B. viel Kieselsäure,:'im Sameneiweiss: nn — 
saüre ‘Salze. z Zaun 
„Das Gewebe der’ Pilze Bann pröchten, eine besiiderd Ab- 
art: der: Zellulose;\ liefert "andere Produkte, 'alsındie Zellulose 
der‘ Algen, diese jandere‘(als die’ ‘Parenchymzellen‘ der höhern 
Bilanzen. Der:-Pilzzellstoff. geht nicht in‘ Amylon "über, 
findet'sich in den‘ Zellen:;kein Blatigrün, ‘eben: so; wenig ''in 
dem ‚Fadengewebe der‘ Flechten; ' die Entstehung des‘ Blatt- 
grüns»scheint:'von den chemischen und physikalischen .— 
schaften der Zellenwand abhängig zu sein. nzas H 
is Das: Kambium, d. h:>die jüngsten: Parenchyinzellen ;/ kann 
allein neue Zellen bilden;'; sein Inhält: ist reich an. Stickstofl- 
verbindungen. ’ Dieser: Reichthum, ' Abwesenheit: der Luft'in 
den: Interzellularräumen und::Zärtheit der Zellenwandsind''die 
Bedingungen für die Zellenbildung; die bei der 'Umbildung 
der Stoffe : ausgeschiedene Luft‘ ED endosmotisch in > 
Gefässe. y6dusd 310 Ey TEE 
» Die Bildung deti Zellen Keht: in. Fr Weise‘ vor sieh, dei 
sich die stickstoffhaltigen  Bestandtheile ' zuerst: organisiren, 
und dass’ sich erst später (die aus: Zellulose bestehende’ Häut 
bildet, »und zwar entstehen neue Zellen stets nur innerhalb 
schon vorhandener‘; ‘niemals :in den: Zwischenräunien 'alter 
Zellen.- Entweder: entstehen die Zellen durch "Theilung alter 
Zellen, oder: sie bilden sieh: frei: in: der: Höhlung aus. ''Im 
ersten: Falle faltet sich zunächst der: Primordialschlauch:im 
zwei ‘oder: mehr Abtheilungen, und es setzt sich "auf©der 
Aussenseite desselben eine Haut aus : Zellulose an, so; dass 


a 


endlich in: der‘ Mutterzelle ‚sich melirere: vollkommen: durch 
Zellwand abgeschlossene Zellen finden; in:vielen Fällen ‘geht 
der Theilung des! Inhaltes eine Theilung des Zellkernes -inso 
viele neue:.' Zellkerne ';vorauf: oder eine: Bildung neuer; als 
später. ineue ‚Zellen entstehen. ‘Bei: dem: weitern‘'Wachsthum 
der Tochterzellen dehnt: sich :entweder die Mutterzelle weiter 
aus, oder sie wird aufgelöst: und: von den: Tochterzellen  auf- 
gesaügt..,.Häufig werden ‚sogar ganze»Gewebe -verflüssigt und 
aufgesaugt oder :resorbirt. « Fig. :12 bis 14 stellt :den' Vorgang 
der Zellenbildung durch Theilung: in ‚seinem Verlaufe im Pollen 
von: Althaea  rosea, dar. Fig. 12 ‘den Anfang der: Theilung 
des Inhaltes, vier. Zellenkerne' sind sichtbar; Fig. 13 zeigt 
schon den Beginn: .der Zellulosebildung; bei Fig. 14 sind die 
vier.Zellen. deutlich getrennt. 

: Die Bildung freier Zellen ist viel lie siächildich sich 
im Embryosack der »Planerogamen., In: der Regel: ‚bilden 
sich zuerst Zellenkerne, indem:sich die stickstoffhaltigen Be- 
standtheile in. : einzelnen::Punkten :-anhäufen:: und zu‘: einem 
durchseheinenden' Kern verdichten... Um- diese‘ Kerne als Bil- 
dungsmittelpunkt lagern ‘;sich: die :stickstoffhaltigen: Stoffe, die 
d.nn bald eine Zellenhaut ausscheiden. ‚Aber: nicht.blos'im 
Innierüi ‚alter: Zellen ist die Art ‚der Bildung möglich, ‚sondern 
auch ‚unabhängig von :Mutterzellen- in bildungsfähigen :Säften, 
wie z.B. die‘ Hefenzellen‘ und: die: Pilze, welche sich bei der 
Zersetzung organischer Substanzen bilden. Fig»-45  und:.16 
stellt_die freie. Zellenbildung im Embryo von Orchis dar. 

«In seinem: andern Theil des dünnwandigen. Parenchyms 
bildet sich ‚nur Stärke, keine. neuen Zellen; in: den’ Inter- 
zellularräumen findet sich. nur ‚Luft: Die Gegenwart von 
Stärkemehl: ist ‚unter allen Umständen ein Beweis‘, dass die 
Zellenbildung aufgehört hat; verschwindet es, so: können sich 
wieder: neue Zellen bilden..: Innerhalb des Parenchyms‘ kann 
sich ‚das 'Stärkemehl weiter in Harz umwandeln, und nur im 
Pareuchym bilden sich Krystalle; ‚Blattgrün findet sich meist 
nur :in-den an der Oberfläche gelegenen Zellen. Das Paren- 
chym führt die anorganischen: und ‚organischen Salze, es bildet 


Te EEE 


die: Pflanzensäuren und Farbstoffe; es verbraucht mehr Kohlen- 
stoff, Wässerstofl ‚und Sauerstoff‘, das Kambitim- dagegen: mehr 
Stickstofl.; Eine Parenchymazelle::: arbeitet '' gleichsam: für die 
andere;:: das -Parenchym - des  Staubbeutelfaches' bereitet die 
Nahrung: ‘für die ‚Mutterzellen .des' »Blüthenstaubes; das! des 
Knospenkerns liefert sie für’ den : 'Keimsack; (die RES 
sorgen‘ für: dem jüngen Pflanzenkeim. jı 
«« Die -Holz’- und Gefässzellen. bilden : weder neue‘ Zellen 
noch: Stärkemehl;- sie nehmen, wenigstens -im "weitern''Verlauf 
des: Wachsthums, die: von: den: Parenchymzellen 'ausgeschiede- 
nen :Luftarten auf, /da:sie ‚ ausser im jugendlichen‘ Phstande 
und: im ' Frühjahr, immer mit Luft’ gefüllt. sind: | 

‚Die Bastzellen bilden ebenfalls keine neuen Zellen, uchlop 
Stärke, noch seltener Blattgrün, wie‘ beim Flachs; dagegen’ ist 
der Milchsaft: einzig. und 'allein ein Erzeugniss re und 
wahrscheinlich eben so alle ‚Pflanzenalkalien. | 

‘ «Die''Oberhaützellen: bilden‘ zwar neue Zellen, rn nur 

in :sehr:beschränktem:: Masse; ' indem:: die 'Kutikula Aufnahme 
und Abscheidung: ‚gasförmiger'' Produkte: 'verhindert, und nur 
die Spaltöflnungen‘ leiten: dieselben aus dem. Innern des nr 
Beh nach :aussen. dos: “ ii 

Der . Kork verdichtet durch‘ seine lückerk Beschaffenheit 
Gase’ und Dämpfe, wie dies ‚auch: durch die äussere Zellschicht 
der :Luftwurzeln: vieler Wanne oB.: der Oechidden: an 
Aroideen geschieht. ‘ ir 

Die Blätter vergrössern '' Kr Oberfläche Eu Pilanib,; wo- 
dureh der‘ 'Einwirkung:'der Luft, des Lichtes und der Wärme 
mebr Berührungspunkte ‘dargeboten werden. : Deswegen haben 
Pflanzen ‘ohne Blätter, wie die Kaktusarten und die blattlosen 
Wolfsmilcharten, nur’ stellenweise eine verdichtete Oberhaut. 

Durch: chemische Prozesse im Innern .der Pflanze wird 
Wärme erzeugt; doch ist hierin noch gar wenig untersucht; 
aber es steht so viel''fest, dass im Innern: der Pflanze‘ im 
Winter die Temperatur immer etwas höher‘ ist, als in der 
umgebenden Luft.: Ob die Pflanzen selbstthätig Elektrizität 
entwickeln, ist :zur) Zeit noch nicht entschieden, obschon es 


u Er 


nicht unwahrscheinlich ist, dass die chemischen Prozesse zu 
elektrischen Strömen, oder dass elektrische Ströme Veran- 
lassung zu chemischen Prozessen geben, da ja die Gegenwart 
elektrischer Ströme in den thierischen Nerven durch Du- 
Bois-Reymond nachgewiesen ist, nach dessen klassischen 
Untersuchungen die ganze Nerventhätigkeit auf diesen Strömen 
zu beruhen scheint. 


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) \ 47319; z e fi (19 ED 15 > sol fts, g , ji 


Viertes Kapitel. 


Von der Ausscheidung. 


Wenn von der Ausscheidung der Pflanzen die Rede ist, 
muss man sich gleich von vornherein vergegenwärtigen, dass 
dieser Vorgang bei den Pflanzen einen durchaus andern Ver- 
lauf nimmt und eine durchaus andere Bedeutung hat, als bei 
den Thieren. Denn während bei den Thieren neben der Ab- 
scheidung unverdaulicher Stoffe ein ununterbrochener Stofl- 
wechsel in der Art stattfindet, dass der organisirte Stoff zer- 
setzt und die Zersetzungsprodukte weggeführt werden, wo- 
gegen auf der andern Seite die eben zersetzten Organe aus 
der aufgenommenen Nahrung immer neu organisirt werden, — 
ist bei den Pflanzen nur eine Ausscheidung der ersten Art, 
ein Entlassen der unbrauchbaren Stoffe vorhanden; nur bei 
den wenigen Milchsaft führenden Pflanzen könnte man im ge- 
wissen Sinne, jedoch nur in sehr beschränktem Massstabe, 
von einer Art Stoffwechsel sprechen. Bei den Thieren giebt 
es gemeinsame Abführungskanäle, die keine andere Aufgabe 
haben, als die unbrauchbaren und die verbrauchten Stoffe aus 
dem Körper zu leiten; dagegen führt in der Pflanze jede Zelle 
ihre Ausscheidung selbstständig aus. 


er a, 


Der Uebersichtlickeit willen wollen: wir in Folgendem die 
Ausscheidung tropfbar flüssiger Stoffe, die dampfförmiger Stoffe 
oder‘die Transpiration, und die Ausscheidung gaslörmiger 
Substanzen oder das Athmen gesondert betrachten. 


1) Die Ausscheidung tropfbar flüssiger Stoffe. 


Unter allen ausgeschiedenen: -Säften ist: der ausgezeich- 
netste und auch: bekannteste der Milchsaft, der: am leichtesten 
eine Beobachtung zulässt, da er in den meisten Fällen weiss 
oder gelb gefärbt ist, wodurch .er sich von allen. übrigen 
Pflanzensäften. unterscheidet. | [512 

Der 'Milchsaft ist schen in. ‚den ältesten Zeiten bekannt 
gewesen, und hat zu allen Zeiten Veranlassung zu den aben- 
teuerlichsten Ansichten über seine Bedeutung für das Pflanzen- 
leben gegeben, daher nicht minder zu den hartnäckigsten 
Streitereien und Kämpfen, besonders deswegen; weil'man ihm 
trotz seiner geringen Verbreitung im Pflanzenreiech eine wich- 
tige Bedeutung beilegen wollte. 

Man verglich die Milchsaftgefässe mit den Blutgefässen 
der Thiere und glaubte sie in ähnlicher Weise, wie die Adern, 
verästelt. Nach Andern sollen sie in der Jugend ungegliedert 
sein, im spätern Alter ‚aus verzweigten Röhren. bestehen, 
während wieder Andere die Existenz eigner Milchsaftgelässe 
ganz und gar bestritten und annahmen,: der 'Milchsaft finde 
sich nur in. den Interzellulargängen, in die er von den Zellen 
ausgeschieden werde. Dann sollte er sich wieder in einem 
zusammenhängenden System: runder: Schläuche ‚bewegen, die 
keinerlei Querscheidewand besitzen; die Vertheilung dieser 
Gefässe sollte sich nach der Vertheilung der Holize und Ge- 
fässbündel richten. So viel scheint für jetzt fest zu ‚stehen, 
dass der Milchsaft einzig und allein ein Erzeugniss der Bast- 
zellen ist und sich in ihnen befindet; möglich ist es, nur 
schwer zu beweisen, dass er sich auch in den: Interzellular- 
gängen findet. | | 

Filly ,Ernährungsverhältnisse, a 


Pe es 


Wie man in frühern Zeiten ein eignes Gefässsystem für 
für den Milchsaft hatte, so musste er auch einen Kreislauf 
besitzen; und während man auf der einen Seite als bewe- 
gende Kraft die Wärme betrachtete, suchte man auf der an- 
dern Seite die Ursache des Kreislaufes in der Wechselwirkung 
der einzelnen Massentheilchen gegen die Gefässwände. Statt 
aber die Ursache des Kreislaufes zu erforschen, hätte man 
besser gethan, nachzuweisen, dass ein solcher stattfindet. 
Wenn man Theile von Milchsaft führenden Pflanzen unter dem 
Vergrösserungsglase betrachtet, so nimmt man allerdings eine 
Bewegung des Saftes wahr, da ja der Saft an der offenen 
Stelle ausströmen kann; drückt man gar etwas auf die unter- 
suchte Pflanze, so strömt der Saft nach allen Richtungen- 
Betrachtet man dagegen unverletzte Pflanzen und vermeidet 
irgend einen Druck auf einen Theil derselben auszuüben, so 
ist es unmöglich, eine Strömung zu sehen, wenn man sie 
nicht gerade sehen will; bei mikroskopischen Untersuchungen 
ist aber Nichts gefährlicher und veranlasst Nichts leichter op- 
tische Täuschungen, ais vorgefasste Meinungen, wie denn über- 
haupt Vorurtheile in den Naturwissenschaften vom allergrössten 
Nachtheil sind. 

So war es denn auch erklärlich, dass man den Milchsaft 
als die wahre Pflanzennahrung, als das Blut der Pflanzen be- 
trachtete, während es als ächte Ausscheidung, sogar als Gift 
für das Pflanzenleben angesehen werden muss. 

Die Milchsäfte der Pflanzen sind in neuerer Zeit von der 
grössten Bedeutung für Handel und Industrie geworden, und 
einige derselben dienen schon lange gewissen Stämmen als 
ein gesundes und gesuchtes Nahrungsmittel. 

Je nach den Stoffen, die sich in den Milchsäften finden, 
sind sie sehr verschiedener Art, und diese Verschiedenheit 
ist in der Regel durch verschiedene Pflanzenfamilien bedingt, 
obgleich jene Familien nach äussern Kennzeichen von den 
Pflanzenkennern gebildet sind. Bei den wolfsmilchartigen 
Pflanzen (Euphorbiaceen) und den Mohnpflanzen (Papave- 
raceen) sind der Hauptbestandtheil des Milchsaftes Harze und 


2 e. 


Gummi ;, ausserdem‘ enthält. er, Wachs, etwas Kautschuk und 
Stärke, bei den letztern noch Opium. ‚Der Milchsaft der fei- 
genartigen Pflanzen (Ficoideen), der Wachsblumen (Ascle- 
piaedeen) und der Jpocyneen enthält. besonders Kautschuk 
und Visein. Im Milchsaft des Kuhbaumes (Galactodendron 
ulile und Carica Papaya) ist hauptsächlich Pflanzeneiweiss 
und Wachs enthalten; ausserdem sind Zucker und Magnesia- 
salz in dieser Milch gefunden, und nach, A. v. Humboldt 
sind jene beiden Bäume für-die Ernährung der Menschen von 
der grössten Wichtigkeit, da ihre Mich «die unsrerer. Haus- 
thiere vollkommen ersetzt. } 

Ausser: dem Milchsafte werden von den Pflanzen noch 
Gummi, Harze, ätherische und fette Oele, in den Drüsen der 
Nesselpflanzen (Urticeen) ätzende Säfte, auf den Blättern, 
Früchten und in den Honiggefässen vieler Pflanzen Zucker, 
bei. /Nepenthes und Saracenia Wasser, bei andern Farbstoffe 
der. verschiedensten Art und ähnliche Substanzen ausgeschie- 
den; doch sind wir über die Entstehungsart aller dieser Dinge 
noch gar wenig unterrichtet, und viele bilden sich erst, wenn 
wir, Pflanzentheile mit chemischen Mitteln behandeln. Ob das 
Blattgrün auch als eine Ausscheidung zu betrachten ist, oder 
ob dasselbe wieder in Pflanzennahrung umgewandelt werden 
kann, wie dies beim Zucker, dem Stärkemehl und den Protein- 
stoffen der Fall ist, ist uns zur Zeit noch unbekannt. 

Bevor wir uns zu dem folgenden Gegenstande unserer 
Betrachtung wenden, muss hier noch ein weit verbreiteter 
Irrthum erwähnt und so viel an uns ist, berichtigt werden. 

Man hatte die Beobachtung gemacht, dass an den Würzel- 
chen der Pflanzen, wenn man sie aus der Erde zog, etwas 
vom, Erdreich, hängen blieb; auch bemerkte man an den 
Wurzelenden einer im Wasser gezogenen Pflanze eine braune 
Substanz. Daraus glaubte man den Schluss ziehen zu müssen, 
dass die Pflanzen auf ähnliche Weise durch die Wurzeln, wie 
die Thiere durch die betreffenden Organe, Exkremente aus- 
scheiden. Man stützte diesen Schluss noch durch die be- 

ar 


— 10 — 


kannte Erfahrung, dass Buchweizen und Ackersperk wie viele 
andere Pflanzen nicht neben einander fortkommen, indem man 
eine Erklärung für diese Erseheinung darin zu finden glaubte, 
dass die eine jener Pflanzen die Exkremente der andern nicht 
vertragen könne. Besonders gestützt erschien diese Annahme 
der Ausscheidung durch die Wurzeln, als man fand, dass aus 
der Erde gezogene Pflanzen, mit ihren Wurzeln in Wasser ge- 
setzt, das Wasser mit Pflanzensäften verunreinigten. 

Da aber weder in den Wurzeln irgend welche Oeffnun- 
gen, durch die eine derartige Ausscheidung, wie bei den 
Thieren, stattfinden könnte, vorhanden sind, noch bei dem 
Herausziehen der Wurzeln aus der Erde eine Verletzung der- 
selben zu vermeiden ist, also ein Austreten des Saftes 'noth- 
wendige Folge, so ist an eine der thierischen ähnliehe Aus- 
scheidung gar nicht zu denken; zum Ueberfluss ist ‘noch 
durch sorgfältig angestellte Versuche nachgewiesen, dass man 
keine durch die Wurzeln ausgeschiedenen Stoffe finden 'kann) 
Wahrscheinlicher ist eine Ausscheidung auch dureh die Wur- 
zelzellen, wie bei allen übrigen , in Folge des endosmotischen 
Vorganges, wodurch die Säfte aus dem Boden in den Pflanzen 
aufsteigen; doch sind die auf diese Weise ausgeschiedenen 
Stoffe in Rücksicht ihrer Menge so unbedeutend, dass sie 
kaum je werden nachgewiesen werden können. 


2) Die Transpiration oder Ausscheidung gas- 
förmiger Stoffe. 


Schon früh hatte man bemerkt, «lass die Pflanzen wäh- 
rend ihrer Lebenszeit Wasserdämpfe aushauchen, aber erst 
Stephan Hales stellte in der Mitte des vorigen Jahrhunderts 
eine Reihe zusammenhängender Versuche an, welche jene Be- 
obachtung nieht nur bewiesen, sondern welche auch die Menge 
der Verdunstung feststellten. Eine Sonnenblume, Helianthus 
annua, von 3% Fuss Höhe, hauchte in zwölf Tagesstunden 
1 Pfund 4 Unzen Wasser aus; nimmt man an, dass auf 
einem Morgen Landes 10000 solcher Pflanzen stehen können, 


— bi — 


so werden von ihnen während ihres Wachthums 1,500000 
Pfund Wasser verdunstet. Ein Kohlkopf gab in einem Tage 
1: Pfund 3 Unzen und eine Orange in derselben Zeit nur 6 
bis 9 Unzen. Aus diesen Versuchen ergiebt sich, dass der 
Wasserverbrauch bei Pflanzen mit immer grünen Blättern weit 
geringer ist, als bei solchen mit abfallendem Laube; dies 
findet seine Erklärung darin, dass letztere viel schneller wach- 
sen, die Aufnalıme also weit grösser sein muss; mit der Ein- 
nahme steigt aber natürlich auch die Ausgabe. 

Bei weitern Beobachtungen, die Hales mit einer Banane 
anstellte, ergab sich, dass die Transpiration Vormittags bedeu- 
tend grösser sei, als Nachmittags; Nachts wurde fast gar 
nichts ausgehaucht. Aber nicht blos zu verschiedenen Tages- 
zeiten, sondern auch in den verschiedenen Jahreszeiten ist 
die Transpiration eine verschiedene; sie ist abhängig von der 
Spannung und der Bewegung der Luft, von der Wärme und 
von dem Lichte. Bei einem Schneeball mit immer grünen 
Blättern, Yiburnum Tinus, betrug die Menge des verdun- 
steten Wassers in zwei Wintermonaten nicht mehr, als in 
zwei Tagen des Sommers, 

Das ausgehauchte Wasser ist weder durch den Geruch, 
noch durch den Geschmack von reinem Wasser zu unter- 
scheiden, aber es soll schneller faulen, als jenes; bei der 
chemischen Untersuchung will man einen Rückstand darin 
gefunden haben. Da wir wissen, dass bei der heftigen Ver- 
dunstung einer Flüssigkeit leicht etwas von dem darin ge- 
lösten Steffe, wenn er auch an sich nicht leicht flüchtig ist, 
mit verflüchtigt wird, so hat jene Annahme nichts Unwahr- 
scheinliches. 

Wenn man aber daraus, dass das ausgehauchte Wasser 
nicht vollkommen rein ist, den Schluss ziehen zu können 
glaubt, dass die Ausdünstüng ein wirklicher Lebensprozess sei, 
bei dem die Pflanze handelnd auftrete, so ist dieser Schluss 
mindestens voreilig. 

Wir halten die Aushauchung von Wasser für eine rein 
physikalische Erscheinung, bei der sich die Pflanze durchaus 


— 102 7°— 


leidend verhält, und meinen, zu einer solchen Ansicht um so 
mehr berechtigt ‘zu sein, weil die Erscheinung ganz ver-+ 
schwindet, wenn ‘die umgebende Luft vollkommen 'mit 'Wasser- 
dünsten 'gesättigt ist, oder wenn die Temperatur erniedrigt 
wird. Man hat zwar angegeben, ' Pflanzen, deren Blätter mit 
Oel oder Firniss bestrichen seien, stürben bald; dies beweist 
uns jedoch ‘weiter Nichts, als dass jene wasserdichte Schicht 
die Verdunstung ' des in der Pflanze überflüssigen Wassers 
verhindert; dadurch bleiben die: Säfte so verdünnt, dass nicht 
neue Flüssigkeitsmengen, worin die Nahrungsstoffe gelöst sind, 
aufgenommen werden können; wenn aber die Ernährung auf- 
hört, hört selbstverständlich das Leben auf. 
Fragen wir noch nach den Wegen, ‘auf welchen dis 
Wasserdämpfe aus dem Innern der Pflanze in: die’ Luft 'ge- 
langen, so bleibt eigentlich keine andere Annahme übrig, als 
dass dies durch die Spaltöfinungen' geschieht; dafür spricht 
nicht nur der Umstand, dass mit Spaltöffnungen versehene 
Blätter und Rinden mehr Wasser aushauchen, als solche: ohne 
derartige Poren, sondern auch die Erfahrung, dass Weinblätter 
nur auf der Unterseite Wasser verdunsten, wo sich allein, wie die 
mikroskopische Untersuchung ergeben hat, Spaltöffnungen be- 
finden. Zwar wird dagegen angeführt, dass ja auch Pflanzen 
ohne 'Spaltöffnungen, wie die fleischigen Pilze, grosse Wasser- 
mengen :aushauchten; dieser Widerspruch lässt sich aber 'da- 
durch ‚heben, dass die genannten Pflanzen eine ausserordent- 
lich dünne Oberhaut haben, daher der Spaltöffnungen: wohl 
nicht bedürfen. Der Mangel vieler Spaltöffnungen ist” es ge- 
rade, der da bewirkt, dass: Fettpflanzen ohne Nachtheil eine 
anhaltende Dürre ertragen können, da bei ihnen wenig: Wasser 
verdunsten kann; dafür spricht auch‘ das bekannte langsame 
Wachsthum dieser Pflanzenarten. lov- } 
Anders stellt sich die Frage bei solchen Pflanzen; die 
unter Wasser leben; sie haben ‘gar keine. Oberhaut , daher 
auch keine Spaltöffnungen; das überflüssige Wasser muss 
auch bei ihnen ausgeschieden werden, jedenfalls aber auf eine 
andere Art; nur haben wir bis jetzt‘ noch' keine ‘Vorstellung 


— 18 — 


von diesem Vorgange, um so weniger, als eine Untersuchung 
fast unmöglich ist, da man sie nicht unter Wasser anstellen 
kann. Es wäre aber fehlerhaft, wollte man von Landpflanzen, 
die unter ganz andern Bedingungen leben, auf die Wasser- 
pflanzen schliessen. 

Wichtig für die Erklärung des Ernährungsprozesses ist 
endlich noch das Verhältniss, in welchem die Menge des auf- 
genommenen Wassers zu der des ausgehauchten steht. Wäre 
es möglich, hier genaue Resultate zu erlangen, so liessen 
sich wahrscheinlich sehr wichtige Rückschlüsse auf die chemi- 
schen Vorgänge im Innern der Pflanze ziehen, und die Frage 
über die Verarbeitung der Nahrungsstoffe würde um ein Be- 
deutendes ihrer Lösung näher geführt werden. Leider ist die 
Anstellung darauf bezüglicher Versuche mit zur Zeit noch un- 
überwindlichen Schwierigkeiten verknüpft, und alle Werthe, 
die man bis jetzt erhalten, sind nur näherungsweise wahr. So 
will Woodword gefunden haben, dass die Pflanzen höchstens 
100—200 mal, und wenigstens 46—56 mal so viel Wasser 
aushauchen, als sie wirklich zu ihrer Ernährung gebrauchen, 
also unmittelbar mit andern Stoffen in organische Verbin- 
dungen überführen. 

Bei der Münze, Mentha, hat man gefunden, dass sich 
die Menge des aufgenommenen Wassers zum verdunsteten wie 
3 zu 2, an sehr heissen Tagen wie 15 zu 13 verhielt. Am 
wenigsten wurde verhältnissmässig von einer Sonnenblume 
verdunstet, da von 14 Theilen Wasser, welche die Pflanze 
aufnahm, nur drei Theile verdunsteten. 

Vergleicht man die letzte Angabe mit den übrigen, so 
giebt sie zu gerechifertigtem Bedenken gegen ihre Richtigkeit 
Veranlassung, indem dann täglich über 1 Pfund Wasser von 
einer Sonnenblume in organische Substanz verwandelt werden 
müsste; eine solche Annahme widerstreitet aber allen: Erfah- 
rungen, die wir über die Massenzunahme der Pflanzen in 
einer gegebenen Zeit besitzen. 


A 


3) Die es 


‘Wie man bei ‘allen Erscheinungen, welche be Pflanzen- 
leben darbietet, versucht ist, sie mit den bekannten Vorgängen 
im thierischen Leben zu vergleichen, so hät man es auch mit 
der Respiration gethan, ' obgleich hier wie in allen übrigen 
Fragen der Ernährung derartige Vergleichungen ‘ eher nach- 
theilig auf das Resultat der Forschungen gewirkt haben, als 
vortheilhaft. Wir müssen gleich: von vornherein erklären, dass 
wir nur Einzelheiten, nichts Zusammenhängendes: kennen: 

‚Pristley' machte zuerst die Entdeckung, dass grüne 
Blätter unter Wasser gebracht bei der Einwirkung des Sonnen- 
lichts 'eine'Gasart aushauchen; diese ‚Gasart war: der‘ Sauer- 
stoff. Die. Entdeckung wurde nicht nur bald bestätigt ,' son- 
dern ''zugleieh ‘in der ‘Art vervollständigt, dass man fand, wie 
in der''Dunkelheit die sogenannte fixe Luft oder‘ die Kohlen- 
säure ausgehaucht' würde. Saussure hat: gefünden, dass’'bei 
einer ' Aufnahme ‘von drei‘ Theilen Kohlensäure zwei Theile 
Sauerstoff ausgeathmet werden, und dass die Menge‘ der in 
der Dunkelheit entlassenen Kohlensäure nur sehr gering (ist. 
Der keimende Same nimmt Sauerstoff auf, und Kohlensäure 
wird entbunden; ‘Aehnliches findet bei der Entwickelung der 
Staubfäden und beim Nachreifen der Früchte statt. 

Fast alle: Pflanzentheile scheinen sehr wenig Stickstoff 
aufzunehmen und auszuathmen. So hat Boussingault'durch 
eine dreimonatliche Beobachtung eines 'Rleefeldes' die‘ Erfah- 
rung gemacht, dass aus der umgebenden Luft eine bedeutende 
Menge Stickstoff 'eingeathmet wurde. ' Ebenso weiss manmit 
Bestimmtheit, dass die Blüthen Stickstoff: ausathmen: 

‘Pilze sollen nach A. von Humboldt’s Beobachtungen 
Wasserstoff an die Luft abgeben. 

In’ welcher Art: ist 'nun ‚aber eine Respiration bei de 
Pflanzen denkbar? u ai 

Flüssigkeiten nehmen von Gasen eine imma Menge 
auf, indem sich die Gase in der Flüssigkeit lösen; die Menge 


— 105 — 


ist abhängig von der. 'Art des Gases, von der. Temperatur der 
Flüssigkeit und ‚von dem Druck, unter: dem dieselbe: steht; 
verändert sich die Temperatur ‘oder der Druck ‚. oder. endlich 
beides, so. .wird.'von dem Gase, wenn es vorhanden, ‚noch 
mehr ‚aufgenommen, oder aber, ‚bei Erhöhung der. Temperatur 
und bei, Verminderung des Druckes, ein. Theil’ der gelösten 
Gase steigt in Bläschen aus; der Flüssigkeit ‚auf... Tritt eine 
neue Gasart. zur: Flüssigkeit, so wird auch ‚davon :aufgenom- 
men; dafür. entweicht aber ein Theil: des gelösten Gases. 

So..nimmt Wasser von Null Grad und unter..einem Druck 
von einer Atmosphäre 65 Tausendtheile seines Volumens Sauer- 
stofl, . 106 Tausendtheile Kohlensäure ‚und: 42;, Tausendtheile 
Stickstoff auf; es ergiebt sich‘ zugleich ‚aus. diesen. Zahlen, 
dass die. Kohlensäure. am leichtesten, im Wasser: löslich: ist. 

Alle festen Körper, ‚besonders aber poröse,. verdichten ‚an 
ihrer ‚Oberfläche Gase ; am meisten «kommt ‚diese, Eigenschaft 
dem Platinschwamm und der: Kohle zu. 

In den Zellen ‚der Pflanzen finden ununterbrochen che- 
mische. Prozesse statt, bei. denen offenbar ‚auch ‚Gase ausge- 
schieden werden. ‚Ist die Flüssigkeit, die sich in den Zellen 
befindet, vollkommen mit Gasen. gesättigt, so ‚müssen sie’ durch 
die Zellwand, die mit: der: Flüssigkeit getränkt ist, sich ‚daher 
gerade so, wie ‚die Oberfläche derselben: verhält, entweichen; 
dies: geschieht in die Spiralgefässe und. in. die. Interzellular- 
gänge,. die 'in, Folge. dessen jederzeit, wie ‚wir. :oben. sahen, 
mit Luft: gefüllt sind... Mit ‚den ‚Wasserdämpfen ' zugleich ent- 
weichen die Gase ‘durch ‚die Spaltöffaungen in die atmosphäri- 
sche Luft;, ‚denn. bestreicht man ‚ein. ‚Blatt ‚mit. einem: luft- 
dichten  Firniss,, so ‚entwickelt. es auch: im. .hellsten  Sonnen- 
licht unter. Wasser keine Luftblasen ; die Spaltöfinungen sind 
nun verstopft... | 


Ueberblicken wir noch einmal. die Ergebnisse, ‚welche man 
bis jetzt gewonnen hat, die Vorstellungen, welche man sich 


— 106 — 


von der Ernährung der Pflanzen nach‘ diesen Ergebnissen 
machen kann, so ergiebt sich, ' dass bei weitem das Meiste 
noch zu thun, bei weitem die wichtigsten Fragen auch nur 
der annähernden Lösung noch harren. Trotz dieser Erkennt- 
niss kann aber nicht geläugnet werden, dass doch ein hüb- 
sches Stück Arbeit gethan , und dass der Weg gezeigt, auf 
dem man weiter zu gehen hat, um dem Ziele näher zu” kom- 
men. “Wir haben absichtlich die Umwege und Irrwege ange- 
geben, um zu zeigen, wie trotzdem der menschliche Geist 
sich immer wieder zurückfindet; um aber auch zu beweisen, 
wie in‘ unserer viel geschmähten Zeit doch das Meiste ge- 
schehen ist zur Erklärung’ der Pflanzenernährung, wie es auch 
in’vielen andern Fragen der Fall ist. 

Für denjenigen, dem die Wissenschaft an sich keine 
Freude bereitet, der in allen Dingen fragt: Was nutzt es, 
was bringt es ein? wollen wir noch auf: die praktischen Folgen 
in der Kürze aufmerksam machen. 

Noch vor fünfzig Jahren war an keine naturgemässe Be- 
wirthschaftung des Bodens zu denken; der Sohn bebauete 
sein Feld, wie der Vater es gethan hatte, und dieser hatte es 
getrieben wie der Urahn. Allerhand abergläubische Ansichten 
hatten tief Wurzel gefasst, das Vernünftige und Richtige, das 
in vielen 'Bauernregeln enthalten und das die Erfahrung ge- 
lehrt hatte, suchte man auf geheimnissvolle ‘Ursachen zurück- 
zuführen. Durch eine theilweise Kenntniss der Lebensbedin- 
gungen der Pflanze, wie wir sie in diesem Jahrhundert erlangt 
haben, ist endlich die Dreifelderwirthschaft und Brachwirth- 
schaft in fast allen gebildeten Ländern verschwunden, 'und 
die Wechselwirthschaft an ihre Stelle getreten; dadurch ist 
aber ‘die Ertragsfähigkeit: des Bodens erhöht, und dasselbe 
Stück Land ist jetzt im Stande, mehr Menschen zu ernähren 
als ehedem. Das Gespenst der Uebervölkerung Europa’s ist 
auf lange verdrängt, indem man weiss, dass schon bei dem 
jetzigen Stande der Kenntnisse Europa noch viel mehr Men- 
schen zu nähren' vermag, als jetzt darin ‘wohnen. 


— 107 — 


Bleibt die Untersuchung auf dem eingeschlagenen Wege, 
nur aus Thatsachen und Versuchen Schlüsse zu ziehen, so 
berechtigt sie zu den schönsten Hoffnungen. Zwar sind auch 
jetzt schon viele systematische Ackerbaulehren erschienen und 
sind verunglückte Versuche geblieben, weil man sich zu weit 
wagte; dennoch sind sie nicht ganz ohne Erfolg gewesen, 
die Landwirthe zu Versuchen im Grossen anzuspornen, und 
sie haben so mittelbar zur Erweiterung der Wissenschaft bei- 
getragen. 

In einer zweiten Abtheilung wollen wir uns mit der An- 
wendung der bisher gewonnenen Kenntnisse auf die Land- 
wirthschaft beschäftigen und versuchen, sie zu einem allgemei- 
nern Versändniss zu bringen. 

Hauptsächlich sollen uns die Entstehung des Acker- 
bodens, seine Bestandtheile und die Mittel für seine Ver- 
besserung beschäftigen. 


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Erstes Kapitel. 


Die Erde und die Atmosphäre. 


1) Von der Erde. 


Als die nothwendigen Bedingungen des Pflanzenlebens 
haben wir die Erde und die sie umgebende Luft kennen ge- 
lernt; die Erde als den Träger, in welchem die Pflanzen 
wurzeln, die Luft, indem sie den Pflanzen die Hauptbestand- 
theile der Nahrung, Kohlensäure und Wasser zuführt. Wollen 
wir uns daher mit den Hauptaufgaben der Landwirthschaft be- 
schäftigen, so müssen wir zunächst die Erde und die Atmo- 
sphäre in den Kreis unserer Betrachtungen ziehen. 

Keine menschliche Wissenschaft ist im Stande, mit un- 
bedingter Gewissheit zu sagen, wie und wann die Erde ent- 
standen sei; nur so viel wissen wir bestimmt, dass sie weit 
älter ist, als das Menschengeschlecht. Zahlreiche Beobach- 
tungen und Vergleiche gestatten uns jedoch, eine möglichst 
wahrscheinliche Entstehungsgeschichte der Erde zu entwerfen. 
Alle Verhältnisse sprechen für eine Lehre, wie sie der Mathe- 
matiker Laplace, aufstellte aus der Beobachtung  nebliger 
Massen mit einem ‚leuchtenden Kern im Innern, welche man 


— 112 — 


noch mit keinem Fernrohr als einzelne Himmelskörper zu er- 
kennen vermocht hat, die an vielen Stellen den Weltenraum 
erfüllt; Herschel hat diese Lehre weiter ausgebildet. 

Unser Sonnensystem bestand nach dieser Lehre ursprüng- 
lich aus einer Dunstmasse, die sich mindestens so weit im 
Weltenraum erstreckte, wie gegenwärtig Jer entfernteste Pla- 
net, den wir kennen, der Neptun; diese ganze Masse befand 
sich in Folge einer Ursache in einer drehenden Bewegung 
von West nach Ost. In dem ungeheuren Dunstmeere schied 
sich zuerst die Sonne als Mittelpunkt der Umdrehung und als 
grösste Masse aus; denn sie. hat-800 mal so viel Masse, als 
alle bis jetzt bekannten Planeten zusammengenommen haben. 
Indem dieser. Nebel: sich’ fort und fort weiter abkühlte, bil- 
deten sich um die Sonne konzentrische Ringe, die bei weiterer 
und an verschiedenen Punkten ungleicher Abkühlung zer- 
sprangen. Die Bruchstücke gestalteten sich in Folge der 
Schwerkraft zu kugelförmigen Massen, den Planeten; auch 
um die Planeten bildeten sich Ringe, die theils blieben, wie 
beim Saturn, theils sich zu Monden zusammenballten. 

Wenn man Gase heftig zusammenpresst, so wird Wärme 
frei. ' Als sich jene dunstförmigen Massen zusammengezogen, 
wurde so viel Wärme entbunden, dass anfangs alle diese 
Körper sich im feurig-flüssigen Zustande befanden. Dass: die 
Erde einst''eine feurig-Nüssige Masse gewesen sein muss, ist 
unzweifelhaft, mag die so eben gegebene Erklärung der Ent- 
stehung des Sonnensystems und mit demselben der. Erde un- 
richtig sein oder nicht. In dieser feurig-füssigen: Masse 'ord- 
neten' sich 'die einzelnen Bestandtheile sowohl nach dem Gesetz 
der chemischen Anziehung, als auch nach dem der Schwere, 
so dass die leichtern Körper sich an der Oberfläche 'befan- 
den. "Bei der Erstarrung der 'äussern Schicht, wie sie bei 
weiterer Abkühlung eintreten musste, bildeten sich‘ die ein- 
zelnen Mineralien theils als glasige Masse, theils in: krystalli- 
nischer Form, wie ‚wir es noch heute bei den: Lavamassen 
der Vulkane beobachten können. Dagegen enthielt die. Luft 
immer noch alle diejenigen Stoffe, welche bei der herrschenden 


— 13 — 


Temperatur ‘der Erdoberfläche 'Gasform behielten; im Anlange 
dieses Zustandes hatten’ noch alles Wasser und ‘selbst die Al- 
kalien Dampfgestalt , ‘und erst'nach und nach konnte es sich 
auf der weiter abgekühlten Erdoberfläche in tropfbar-flüssiger 
en niederschlagen. 


In Folge einer solchen une konnte die Erde nur 
eine glasige, und krystallinische Oberfläche haben; jede Tren- 
nung der. Stofle . in kleinere Theile tehlte. Wenn aber ge- 
schmolzene Substanzen. erstarren, aus dem feurig- flüssigen 
Zustand in den festen übergehen, so ziehen sie. sich zusam- 
men. und bekommen um so mehr Risse und Sprünge , je un- 
gleichartiger die einzelnen Substanzen sind. So erging es der 
Erdoberfläche; die feste, starre Rinde drückte auf den flüs- 
sigen, Kern, und die breiartige, glühende Masse drang durch 
Risse. und Sprünge an die Oberfläche, wodurch die er- 
sten Gebirge entstanden; je dicker. die Rinde schon gewor- 
den war, um so gewaltiger wurde der Druck, um so höher 
wurden die Gebirge, so dass die höchsten derselben auch die 
jüngsten, d. h. die am, spätestenen entstandenen sind. 


Aber nicht allein die Gebirge: verdanken aha Zusam- 
menziehung ihre‘ Entstehung; das gewaltsame  Hervorbrechen 
der- feurig-flüssigen Masse zerriss und zerbarst die Rinde: nach 
tausend Richtungen; 'es entstand Trümmergestein, in allerdings 
immer noch mehr oder minder grossen Felsblöcken. Als: sich 
endlich die Wasserdämpfe auf der Erde niederschlugen und ih 
den niedern Theilen ‘der Oberfläche ' ansammelten, drang das 
Wasser: durch Risse "und: Spalten im das: Innere. der. Erde, 
traf auf die glühenden Massen und: gab’so: zu den «gewaltsam- 
sten Erschütterungen’ Veranlassung, . wodurch die Theile » der 
festen Erdrinde‘ zertrümmert und weit umhergeschleudert' wur- 
den. ' Die in-Folge der Erschütterungen‘ heftig: bewegten Ge- 
wässer 'zerkleinerten ‘und zerbröckelteiv diese: Trümmer noch 
mehr und führten sie'nach allen Richtungen fortzl.die, grössern 
Stücke und »Sschwereren 'Massen ''senkten sich zuerst ‘/aul den 
 Filly‘, Ermährungsverhältnisse. ıı ul ou wridu 8 ann: 


— 114 — 


Boden der: Wässer, (die: leichtern ‚später. , Indem sich..diese 
Ereignisse oft ‚wiederholten, entstanden auf dem Boden .der 
Meere ‚Schichten von Schutt und Schlamm, die um so mäch- 
liger wurden, je: länger die Bedingungen zu ihrer Bildung 
andauerten. | 

Durch die ungleiche Zusammenziehung des Innern und 
der Rinde blieb aber die Erde beständigen Zuckungen unter- 
worfen, und noch heute beweisen uns die Erdbeben, dass 
dieselben ihre Endschaft bisher nicht erreicht haben; der 
frühere Meeresboden wurde an die Oberfläche gehoben, das 
frühere Festland senkte sich unter die Oberfläche des Was- 
sers. Auf der trocken gelegten Erde fand sich nun geschich- 
tetes Gestein, das, im Allgemeinen einer bei weitem leichtern 
Zerkleinerung unterworfen, später den Boden für die Pflanzen- 
decke lieferte. Die Zertrümmerungen, die Hebungen und Sen- 
kungen, die Ablagerung der verschiedenartigsten Stoffe im 
ewig wechselnden Zustande der Zerkleinerung, dies Alles wie- 
derholte sich im Laufe der Jahrtausende immer wieder und 
wieder, und so wurde die Erde zu dem heran gebildet, was 
sie gegenwärtig ist; doch währt ihre Umbildung noch immer 
fort, wenn auch weniger merklich. 

Aber nicht allein auf so gewaltsame Weise wurde. der 
Boden bereitet, in welchem später. die Pflanzen : wurzeln: soll- 
ten; viel weniger heftig auftretende, aber desto dauernder 
wirkende Kräfte veränderten nach und nach das Gefüge, ‚der 
Erdrinde. Durch die Anziehungskralt des Mondes und der 
Sonne, vereint mit der täglichen Drehung der Erde um ihre 
Achse, werden die offenen Meere in ewiger Bewegung erhal- 
ten. Der beständige Wechsel von Ebbe und Flut und die da- 
durch hervorgerufene Brandung wäscht und wühlt im ‚Gestein 
der Küsten, zertrümmert es und häuft das: weggeführte Ma- 
terial an andern Sellen auf. : Wie bedeutend diese Wirkungen 
sind, beweist die Insel Helgoland, welche der Gefahr ausge- 
setzt ist, bald ganz weggespült zu werden. 

Mehr noch als die gewaltsame Arbeit ‚der Meere: ist ou 
chemische Wirkung der Luft und des Wassers wirksam; ihr 


Pe - Ya: 


vermag auch das härteste Gestein’ nicht zu widerstehen. Durch 
die Verwitterung, so nennt man: diese: Art der Zerirümmerung,; 
wird die‘ Oberfläche der: Mineralien angefressen; die, Tage- 
wässer spülen ' die Erdschicht fort und ‚bieten der Wirkung 
der Luft immer: frische Flächen: dar. ‚‚ Je; kohlensäurereicher 
die Luft, je mehr Wasserdampf in ‚derselben enthalten , desto 
wirksamer arbeitet die Verwitterung an. den Gesteinen, die 
sowohl nach ihrem’ mehanischen Gefüge, als nach: ihrer che- 
mischen ‘Zusammensetzung verschieden leicht zerfallen. . Je 
grobkörniger ein Gestein ist, je mehr lösliche Verbindungen 
es enthält, desto leichter unterliegt es der Vewitterung. In 
frühern Epochen der Erdgeschichte, als die Luft. noch reicher 
an Kohlensäure und von höherer Wärme war, musste die 
Verwitterung ungleich schneller stattfinden. Gegenwärtig wird 
sie besonders durch den Wechsel der Temperatur und durch 
die Vegetation unterstützt; : bei einer Temperatur. unter dem 
Gefrierpunkt erstarrt ‘das in die feinen Spalten und Risse ein- 
gedrungene: Wasser, dehnt sich aus und sprengt seine, Hülle; 
niedere Pflanzen, Algen und Flechten,  siedeln sich auf dem 
Felsen an, 'dessen Verwitterung kaum begonnen;, sie dringen 
in die feinen Risse und drängen gewaltsam das Gestein aus- 
einander. r | 

Endlich dürfen wir die Gletscher nicht unerwäbnt lassen 
und die Wirkung, welche sie auf die Zerstörung der Felsen 
ausüben. Indem der Fuss derselben beständig fortschmilzt, 
sinkt die ganze gewaltige Eis- und Schneemasse langsam nach, 
während am obern Theile sich immer neue Mengen aufthür- 
men. Dürch diese fortschreitende Bewegung wird das darunter 
liegende Gestein zertrummert und zerrieben, die Trümmer und 
der Schlamm ‘werden aber von dem Wasser, fortgeführt ; daher 
findet sich in einiger Entfernung von dem Fusse eines jeden 
Gletschers ein Kranz von Felstrümmern, deren Grösse mit der 
Entfernung vom Gletscher abnimmt. ‚Wo, wie in hohen Brei- 
ten, sich die Gletscher bis in das Meer erstrecken, werden 
die 'Felsentrümmer auf dem Boden des Meeres ausgestreut. 
j B,* 


— 16 — 


Bei spätern Hebungen des Meeresbodens findet: man alsdann 
Gesteinsmassen, deren Ursprung von keinem der benachbarten 
Gebirge abzuleiten 'ist.: Solche Findlingsblöcke von Granit sind 
durch die ganze norddeutsche Ebene verbreitet; ‚dieser Granit 
ist ganz verschieden -von dem des Harzes  und..der Sudeten, 
stimmt ‘aber vollkommen mit dem der ‚schwedischen ‚Gebirge 
überein. Es ‘ist kaum: zweifelhaft, dass jene Gesteine. aus 
Schweden mit Eisblöcken hierher geschwemmt wurden, ‚als 
Norddeutschland noch ' Meeresboden war. .: Unter :Anderm ist 
die grosse Vase vor dem Museum zu Berlin. aus ‚einem: solchen 
Findling angefertigt. | ' 

Ohne Zweifel gab es eine Zeit, da die Teimperitiin. A 
Erde noch jedes Thier- und Pilänzenlebeh unmöglich :machte 
und da ‘die Oberfläche derselben Nichts darbot, als ‚nacktes; 
theils zertrümmertes Gestein. Als aber die Wärme allmälig 
&esunken war, da entstanden die ersten Pflanzen ‚und in ihrem. 
Gefolge die ersten Thiere, und zwar zunächst. die’ niedrigsten 
Formen derselben, wie uns die in den verschiedenen: Schichten 
der Erde aufbewahrten ‚Reste lehren; :von. Pflanzen waren es 
besonders FEIERN, rer und gewisse. ‚Pal- 
menarten. a | 

Die Pflanzen nahmen die Kuhlenesune und das Ammoniak 
auf, verwandelten beides iin organische Materie,’ die »theils den 
Thieren zur Nahrung diente, theils sich: dem Boden beimischte, 
so dass nach und nach eine Schicht 'von :Dammerde entstand, 
worin höher organisirte Pflanzen - wurzeln konnten... Wo aber 
unter dem Spiegel des Wassers, das’ den Zutritt: der: Luft und 
dadurch eine vollständige Verwesung verhinderte, ein-Pflanzen- 
geschlecht über dem ‘andern aufgehäuft‘ wurde; lagerten sich 
gewaltige Massen von Kohlenstoffe, in Folge: unvollkommener 
Zersetzung, als Steinkohlen und Braunkoblen: ab, eine Quelle 
grossen Reichthums für künftige -Geschlechter. [32 

"Wie also auf der einen’ Seite durch’ die Bertrimmering 
der Gesteine die 'erdigen Bestandtheile‘ des Ackerbodens ent- 
standen, 'so bildeten sich durch ‘die Zersetzung ‘organischer 
Körper, besonders der Pflanzer, welche die in der Atmosphäre 


— 17 — 


damals in ungeheurer Menge enthaltene Kohlensäure sich‘ an- 
eigneten, die sogenannten Humusbestandtheile desselben. ı 

Alle: bisher: 'betrachteten Erscheinungen und . deren -Wir- 
kungen''dauern‘ noch heute fort, wenn auch ‚in verändertem 
Massstabe: Die Flüsse führen die durch Verwitterung und 
Frost losgelösten Felstrümmer mit sich fort; ‚durch. die Rei- 
bung derselben im Flussbett und durch: den Sturz: der Ge- 
wässer wird’ dieses mehr und mehr vertieft. Mit der Schnellig- 
keit des Stromes‘ 'steigt ‘die Menge der fortgeführten Sub- 
stanzen; in der Ebene, wo der Lauf sich verlangsamt , fallen 
zunächst die grössern Trümmer zu Boden, bis endlich auch die 
feinen Schlammtheile nicht mehr getragen werden: können; 
darum hat der brausende Gebirgsstrom ein steiniges, der läng- 
sam durch die Erde dahinschleichende Fluss ein schlammiges 
Bett. Tritt der Fluss endlich ins Meer, so wird sein Lauf 
gehemmt, er lässt die letzten Reste des mitgeführten Erdreichs 
fallen und bildet vor seiner Mündung die sogenannten Belta’s. 
So wird durch den Nil, der im Juli über‘ die Ufer tritt, ganz 
Niederägypten überschwemmt; ‚er lässt dabei eine Schlamm- 
schicht zurück , welehe das Thal messbar erhöht, so dass Denk- 
mäler früherer Jahrtausende tief verschültet sind; seine Mün- 
dung rückt durch das von ihm gebildete Vorland immer weiter 
ins Meer hinaus, und Alexandrien hat mehr durch diese Natur- 
thätigkeit, als durch politische Verhältnisse seine Bedeutung 
für den Welthandel ‘verloren. Weit bedeutender noch zeigt 
sich die Bildung ' eines solchen 'Vorlandes an den Mündungen 
des Ganges, am: Atrato in Gentralamerika und am Missisippi; 
meilenweit von der Mündung des Missisippi ist das Land ein 
solches Sumpfland, entstanden durch die ungeheuren Massen 
von Schutt und Schlamm, welche der Missisippi mit seinen 
grossen Nebenströmen dem Meere zuwälzt. 

Aus diesem allmäligen ‘Vorrücken der Mündungen grosser 
Ströme, sowie aus dem periodischen Steigen ‘und Fallen der 
Flüsse erklärt es sich, "wie sich an derselben Stelle Erd- 
schichten verschiedener Art übereinander bilden können. Lehm 
und Thon erhalten sich am längsten im Wasser schwebend, 


— 18 — 


Sand! fällt früher und zwar: um so: zeitiger, je. grobkörniger 
er ist.  Rückt die Mündung eines Flusses ‘vor, so wird sich 
da, wo'sich früher Thon , dann der‘Kalk zu: Boden  senkte, 
nun ‘zunächst der feine, rückt: sie noch mehr ‚hinaus‘, der 
grobe Sand ablagern. ‘Im Frühjahr, wenn 'die‘Schnee- und 
Eismassen des 'obern Laufes aufthauen und mit ihren Wässern 
den Strom verstärken, werden‘ die Erdmassen weiter ins Meer 
hinausgeführt, als im Sommer, wo der: Lauf träger ist; ‚daher 
die Uebereinanderlagerung verschiedener Substanzen. 

Während in frühern Zeiten die Pflanzen ungeheure Koh- 
lenlager bildeten, geben sie jetzt Veranlassung zur Entstehung 
von Torfmooren, Brüchen und Wiesen, deren Aufbau wir hier 
in der Kürze betrachten wollen. I 

In ebenen Gegenden, wie im nördlichen Deutschland, 
sammeln sich auf demthonigen Boden, der das ‚Wasser nicht 
durchlässt, zunächst Tümpel an. Bald bedecken sie sich mit 
Pflanzen, unter denen besonders zwei: Moose, Sphagnum: und 
Hypnum, eine wichtige Rolle spielen. Diese haben nämlich 
die Eigenschaft, Wasserdampf aus der Luft in grossen Mengen 
zu verdichten, wodurch die von ihnen bedeckten Landstrecken 
stets nass erhalten werden; ausserdem wachsen aus den obern 
Theilen der unten abgestorbenen Moose diese immer lustig 
weiter, neue Wurzeln und Stengel treibend, so dass die Moore 
sich immer mehr erhöhen. Dadurch wird die Gestaltung der 
Erdoberfläche nicht unbedeutend verändert.. An den ‚gegen- 
überstehenden Rändern des grossen Torfmoores von les Ponts 
im Kanton Neuenburg liegen Dörfer, auf kahlen Kalkhügeln 
erbaut; durch historische Dokumente ist es festgestellt, dass 
man im Mittelalter von dem einen  Dorfe das andere sehen 
konnte; jetzt sind sie nicht mehr einander sichtbar, der da- 
zwischen liegende Torfmoor verdeckt sie. Ohne Zweifel hat 
sich der Torfmoor zwischen beiden Dörfern erhoben; da aber 
die Torfmoose nur bei Gegenwart von reichlichem Wasser 'ge- 
deihen, so ist dies nur möglich gewesen, indem die Moose 
hinreichend Wasser aus der Luft verdichteten und festhielten. 


—. 19 — 


So erklärt 'es sich auch, wie Torfmoore ganze Strecken Lan- 
des überwuchern können, wo früher kein Torf vorhanden war. 
Die abgestorbenen Schichten des Torfmooses verwandeln 
sich allmälig unter dem’ Einfluss des Wassers und des Druckes 
der‘obern Schichten in humusartige Substanzen und bilden 
so den eigentlichen Torf. Endlich bildet er nur noch eine 
schwärzliche, dichte Masse, in der selten pflanzliche Reste zu 
erkennen sind. | 
"Die Torfmoore finden sich nur in den nördlichen Theilen 
der 'gemässigten Zone, weil die sie bildenden Pflanzen nicht 
überall vorkommen; die Ebenen sind besonders zu ihrer Bil- 
dung‘ geeignet, in Gebirgen nur solche Senkungen, wo das 
Wasser keinen Abfluss hat.‘ Die wellenförmigen Thäler Irlands, 
Schottlands, Norwegens, Schwedens und der Alpen, sowie die 
weiten Niederungen Deutschlands an den Küsten der Nord- 
und Ostsee sind reich an derartigen Torfmooren, die in holz- 
armen Gegenden ein höchst brauchbares Brennmaterial liefern. 
Bei allen Landseen und Teichen, wie sie sich besonders 
im nordöstlichen Deutschland , in Preussen und im westlichen 
Russland finden, macht sich eine eigenthümliche, überall mehr 
oder weniger gleichmässige Vertheilung der Pflanzen bemerk- 
lich. Am weitesten in das Wasser hinein erstreckt sich ein 
Gürtel gewisser Binsenarten, der sich je nach dem geringern 
oder stärkern Abfall des Ufers mehr oder weniger weit in das 
Wasser zieht, da diese Pflanzen nur bei einer bestimmten 
Wassertiefe gedeihen können. Wenn im Winter die Oberfläche 
des Wassers zu Eis erstarrt, so brechen im. Frühjahr die 
Binsen in dieser Höhe ab; zwischen ihnen schiessen neue 
hervor. So bildet sich allmälig ein fester Wall gegen den 
Stoss des bewegten Wassers. Hinter diesem Wall sammeln 
sich nach und nach Pflanzenreste und Geröll an, und auf dem 
so im Laufe der Zeit erhöhten Boden finden andere Gewächse 
einen Platz, besonders Moose und Rietgräser. Weiterhin bei 
fernerem Wachsthum bildet sich eine reiche Humusschicht, 
die befähigt ist, mehr und neue Pflanzen zu erzeugen, deren 
Samen vom Ufer aus zugeführt werden. Durch diese Vorgänge 


— 


wird endlich: das: ganze Vorland' trocken gelegt, und die ‚Wiese 
ist ‚fertig... Am schnellsten «und am. meisten. gesichert. ist! diese 
Bildung: in’ Einschnitten, ‚deren Ufer durch. Wald vor dem herr- 
schenden Winden geschützt sind. Gern siedeln sich :auf sol- 
chem | Wiesenboden - Erlen und Rhamnusarten an; der: ganze 
Spreewald: in. der Lausitz ist: eine solehe Bildung... «.! 

» Nicht. ‚minder wichtig ‘für die Gestaltung der Erdober- 
fläche sind die niedern Thiere und Pflanzen, welche sich mit 
einem festen: Panzer: umgeben. : Aus..den im. Wasser gelösten 
festen Stoffen, aus: Kalk’ und Kieselsäure,, bilden sie ihre. Decken, 
die: bei. der unglaublich schnellen : Vermehrung ;dieser Geschöpfe 
Veranlassung zu 'gewaltigen- Kiesel - ‚und ‚Kalkablagerungen  ;ge- 
ben.. Die bis. zu.:bedeutenden. Höhen, wie auf’ der Insel Rügen, 
abgelagerte Kreide :besteht nur: aus den. Resten: solcher Thieres 
deren Skelett ‚auskohlensaurem Kalk bestand ;: ‚ganz Potsdam 
und ‚Berlin'‚stehen ‚auf ‚einem Lager von «Kieselerde ‚ das nach 
Ehrenberg Infusorien, nach Andern Pflanzen ‚seine Ansamm- 
lung verdankt. Der Biliner. Polirschiefer; ist: nichts weiter, als 
die ‚Panzer .‚solcher :niedern Thiere,, ‚oder;,.‘ wenn .man lieber 
will, Pflanzen, ‚die ein Skelett aus Kieselerde besasseni.:: 


2) Von der 1. 


Wie wir oben gesehen. haben, ist es tehrscheiolich; dene 
die Erde ‚aus. einer. dunstförmigen Masse durch eine ‚allmälige 
Abkühlung entstanden ist ;;. diese Abkühlung. ist jetzt so weit 
vorgeschritten , dass: ein: Zustand des Gleichgewichts eingetre- 
ten zu: sein ‚scheint, dass‘: nämlich: die Erde: im Laufe ‚eines 
Jahres von der’Sonne gerade soviel Wärme empfängt, als: sie 
in. derselben "Zeit durch ‚Ausstrahlung verliert;  dafür-sprechen 
alle. Erscheinungen, die wir seit: 3000 ' Jahren kennen. Zu 
Moses Zeiten erzeugte Palästina wie heute ‘Weizen, ‚Oelfrüchte 
und Wein; /daraus folgt,‘ dass sich. das Klima dort nicht we- 
sentlich verändert. .haben ‚kann. Es ‚würde. uns: hier «zu weit 
führen , auf die wahr:cheinlichen Ursachen dieses Gleichge- 
wichtszustandes tiefer einzugehen. 


—. Mi: — 


Es giebt. aber ‚Stofle, die bei der gegenwärtig auf Erden 
herrschenden Teinperatur und bei dem Drucke, welchen die 
Schwerkraft ausübt, nur: im ‚gasfürmigen Zustande: bestehen 
können; sie haben ‚das Bestreben, sich immer weiter auszu- 
dehnen: und werden allein’ durch die Schwerkraft an die Erde 
gefesselt. Daher ist:die:Erde im ihrem: ganzen: Umfange mit 
einer gasförmigen Hülle'umgeben, ‘die ‘wir Atmosphäre nennen. 
Die ‚Dichtigkeit .derselben: vermindert sich mit .der- Entfernung 
von: der Erde, theils; weil: die entferntern Theile weniger stark 
angezogen werden: von: der: Erde, theils, weil die. obern Luft- 
schichten auf die untern drücken. und: sie mehr zusammen- 
pressen. ' Auf‘ dieser ‚mit der Höhe 'abnehmenden Grösse - des 
Luftdruckes beruht:die Höhenmessung mittelst! des Barometers. 
Die: Atmosphäre esstreckt''sich nicht 'ins-Unendliche, sie findet 
ihre. Grenze. da, wo die: Anziehungskraft der Erde und das 
Ausdehnungsbestreben der Gase gleich: ‚gross: sind; aus ver- 
schiedenen Beobachtungen hat man: ihre Höhe auf .acht bis 
neun geographische Meilen: berechnet. 

' Diese Dunsthülle ‘besteht wesentlich: aus zwei: Gasen, dem 
Stickstoff: und: dem Sauerstoff; ‘es finden'' sich in :100.' Mass 
trockner  atmosphärischer:Lnft! 79,19 Mass Stickstoff und 20,81 
Mass Sauerstoff. . Das Mischungsverhältniss ist überall auf dem 
Festland dasselbe,  aufi.den höchsten Alpengipfeln ‘wie '-am 
Strande des Meeres,. in dichtbevölkerten Orten wie in: ofinen, 
den Winden: ausgesetzten Gegenden. Auf dem offnen Meere 
dagegen ist der Sauerstofigehalt: etwas geringer, weil das 
Wasser mehr ‚Sauerstoff als Stickstoff absorbirt; dual ist der 
Unterschied sehr geringfügig. | 

Ferner enthält die Luft noch Kohlensäure und' zwar vier 
Theile auf.je 10000 Theile Luft; obgleich dieselbe schwerer 
ist, als jedes der beiden andern Gase, .so ist doch ihre Ver- 
theilung in der Höhe und in der Tiefe: gleichmässig,, ja: nach 
Einigen soll sich sogar in den obern Regionen ' mehr: davon 
finden. Anders verhält es sich mit ihrer horizontalen‘ Verbrei- 
tung; etwas mehr ist da vorhanden, wo Vulkane beständig 
grosse Mengen derselben aushauchen ‚: weniger dagegen, wo 


— 123 — 


grosse Wasserflächen das leicht lösliche Gas aufnehmen; auf 
hohem Meere ist fast gar keine zu finden. \/Wir haben sehon‘ 
früher darauf aufmerksam gemacht, dass dieser gleichbleibende 
Gehalt der Luft an Kohlensäure überraschen: müsste‘, wenn 
nicht die Pflanzenwelt die’ Aufgabe hätte, die immer neu er- 
zeugten gewaltigen Mengen von Kohlensäure aulzunehmen und 
zu verarbeiten, wodureh der Sauerstoff, welcher zur Bildung 
der Kohlensäure : verbraucht war, der‘ Atmosphäre ' zurück- 
erstattet wird. Aus allen Untersuchungen ‘scheint hervorzu- 
gehen, dass das ‘gegenwärtige Weltalter ein: derartiges ist, 
in welchem vollkommenes Gleichgewicht zwischen der  Erzeu- 
gung der Kohlensäure und ihrem Verbrauch durch die Pflanzen- 
welt herrscht. Dagegen weisen andere Verhältnisse unwider- 
leglich darauf hin, dass in frühern Epochen der Kohlensäure- 
gehalt der Luft weit bedeutender war, und dass durch diesen 
Umstand die üppige und gewaltige Pflanzenwelt der Kohlen- 
zeit bedingt war, durch welche ihr Gehalt an Kohlenstoff im 
Innern der Erde aufgespeichert wurde. 

Neben der Kohlensäure spielt der Wassergehalt der Luft 
eine bedeutende Rolle bei der Ernährung der Pflanzen. Die 
Menge des Wasserdampfes ist sehr wechselnd, und eine grosse 
Zahl von Erscheinungen, welche die Atmosphäre‘ darbietet, 
werden durch denselben bedingt. Woher stammt dieser Was* 
serdampf und wovon hängt seine Menge ab? Die Hauptquelle 
desselben ist die Verdunstung, deren Grösse wiederum 'einer- 
seits von der Temperatur, anderseits von der Ausdehnung der 
verdunstenden Wasserfläche bestimmt wird. An der Oberfläche 
‘ grosser Wasserbecken, wie bei Meeren und Landseen , findet 
man die Luft fast stets mit Wasserdampf gesättigt, d. h. es 
ist so viel Wasserdampf darin enthalten, dass sofort ein’ wäs- 
seriger Niederschlag entsteht, sobald die Temperatir nur we- 
nig erniedrigt wird; denn je heisser die Luft ist, desto‘ mehr 
Wasserdampf vermag sie aufzunehmen. Allgemein bekannt ist 
die Erscheinung, wie sich die Fensterscheiben eines warmen 
Zimmers inwendig mit Wassertropfen beschlagen, wenn die 
die Luft draussen sich abkühlt; die warme Zimmerluft "hat 


— 123 — 


durch ‚den: Athmungsprozess der ‚Bewohner - viel Wasserdampy 
aufgenommen; trifft sie nun die. kältern: Scheiben ‚. so: ver- 
dichtet sich‘ «ein Theil desselben zu Wasser, im Winter zu Eis. 
Nieht selten tritt: die umgekehrte Erscheinung ein, dass man 
auf der Aussenseite der Scheiben ‘einen wässerigen Nieder- 
schlag erhält; alsdann ‚ist. die Luft. draussen wärmer und 
feuchter: 

Die Mechaniker yerfextign ‚verschiedene Abldn von Hy- 
grometern zur Bestimmung :der: Feuchtigkeit der Luft. 

Aus den oben angegebenen Ursachen ist der: Wassergehalt 
der Luft am Aequator bedeutender, als’in: unsern Breiten, im 
Sommer, bei Tage und in Tiefebenen grösser, als im Winter, 
bei Nacht ‚und auf hohen: Bergen; den geringsten 'Wasserge- 
‚halt hat die Luft im Allgemeinen Morgens bei Sonnenaufgang. 
Wie die Menge des‘ Wasserdampfts ‚der: Luft . bei: ‚erhöhter 
Temperatur sich steigern kann, möge‘ folgende kleine Tabelle 
zeigen, welche für einen Luftdruck | von 760 ‚Millimetern gilt. 
Hundert Theile Luft können ‚enthalten 

bei : '0°.C. 0,30 Theile Wasserdampf, 


U ir oh je 
er er ä 
BASEL A ; 


Die Verdunstung wird um ‚so geringer, je feuchter die 
Luft bei einer gegebenen Temperatur, d. h. je näher sie dem 
Sättigungspunkte ist; im Sommer, erscheint uns die  Lnft 
trocken, welche weit mehr, Wasserdampf enthält,. als sie im 
Winter aufnehmen könnte, während umgekehrt Winterluft mit 
weit geringerem Wassergehalt ‚oft feucht 'erscheint, 

Die Zonen zwischen den Wendekreisen: vereinigen. in ia 
alle: Bedingungen, ‚durch. Verdunstung in. kürzester Zeit den 
meisten Wasserdampf zu liefern; die‘ ‚erwärmte und durch den 
Wasserdampf leichter gewordene Luft steigt in. die Höhe und 
fliesst nach beiden Polen zu ab, während von: Norden und 
Süden her stets kalte und trockne Luft zuströmt,. Die Abküh- 
lung, welche der aufsteigende Luftstrom in den obern Regio- 
nen erfährt, veranlasst die täglichen, zur bestimmten Stunde 


— 14 — 


eintretenden‘ tropischen Regen; das Eintreffen derselben ist 
in einigen  Gegenden::so bestimmt, dass man z.B: Ausflüge 
für die Zeit vor: oder ‘nach dem Regen 'festsetzt: Der 'ge- 
sammte Wassergehalt‘ wird der ‚Luft: auf: ihrem Wege nach 
den: Polen zu nach und nach entzogen, sei es» in Form von 
Regen, Schnee oder Hagel, ''sei es als Nebel, Thau oder Reif: 

Die Luftströme, welche von den Polen nach dem Aequator 
wehen,, 'enthalten wenig ‘Wasserdampf, weil''sie ‘kalt’ sind; sie 
bringen weder Regen :noch' Schnee ; die warmen: Winde 'da- , 
gegen ‚ 'welclie' von den Wendekreisen 'nach‘ den Polen hin 
wehen, 'sind reich: an’ Wasserdämpfen und 'sie sind 'es, die un- 
sere' Felder befruchten.: In Folge’ der‘ Achsendrehung der Erde 
wird ‘der Polarstrom: bei’ uns zu einem Nordost, ‘der Aequa- 
torialstrom zu 'einem ' Südwest. Der Feuchtigkeitszustand eines 
Landes wird also dadurch’ bedingt, ob die Nordost- oder die 
Südwestwinde vorherrschen. 

In einigen wärmern Ländern, 'wo dir Himmel ewig klar 
und heiter ist, regnet es selten ‚oder nie, und der Thau er- 
setzt den Regen. In ‘der Nacht strahlt der Erdboden gegen 
den unbedeckten Himmel die Wärme aus und zwar um so 
mehr, wenn er mit Pflanzen. bedeckt ist; dadurch wird der 
Boden so bedeutend abgekühlt, dass. die ihn trefienden Luft- 
schichten nicht allen‘ Wasserdampf mehr "halten können; er 
hängt sich in Form‘ von Tröpfchen an’ die Spitzen der Pflanzen 
und befeuchtet so’ den Boden: in | 

Es ist nicht möglich, die ganze'Menge des Wisserdsaiiee) 
welche an einem bestimmten Orte in einer gegebenen Zeit als 
Thau, Regen oder Schnee gefallen ist, zu messen; dies ist nur 
mit dem Regen möglich. Man bedient sich zu diesem Zwecke 
eines Gefässes, das die Verdunstung verhütel, und in welchem 
man ‘die ganze Menge‘ des auf eine Fläche von bekannter 
Grösse gefallenen Regens sammelt. Man: giebt die Regenmenge 
in’ der Art an, dass man sich das Wasser in einer gleich- 
mässigen Schieht auf einer ebenen Fläche "ausgebreitet denkt 
und die Höhe der Schicht ınisst. Die so gemessenen Regen- 
mengen 'sind in den verschiedenen Gegenden ausserordentlich 


— 125 — 


verschieden; am. geringsten. ist. ‚der Niederschlag. im: Innern 
des Festlandes, indem die Luft, welche‘ die Winde, über.‚das- 
selbe. führen, schon.‘ in der Nähe .der: Küsten den gsässien 
Theil..ihres. Wassergehaltes abgegeben hat, 


Zum nähern Verständniss mögen hier einige Zahlen- 
angaben folgen. Im Durchschnitt beträgt die jährliche Regen- 
menge zu | BEN Ai NE wege a 
rare Lissabon . 25,4 Pariser Zoll 
er. 

Genua . . 44,4 
Bordeaux . 24,3 

"Marseille . 20,6 » 
Paris Ege 20,8 „ | ar 
Liverpool . 32,3 ,„ „ 
Dover . . 441 ” » 
iu, are Seil ne 
"Glasgow en ZUR „ „ 
Mannheim . 21,0 „ „ 

“ Göttingen . 249 „ = 

On 4 
eg 

INOTRESENT Be men 

Stockholm .. 122 „‘ 
"Petersburg . 1717, , 
2 er ten  e 
Sierra Leone 80,9, 
Rio Janeiro 55,6 „ 
St. Domingo 100,9 „5 
Havanna . "O0. , = 
Grenada 105, 0 > | »” 


.» 


3.33 3: 
S$ 


Ausserdem: wird die: Regenmenge aa bedingt dc die 
Jahreszeiten. und; durch. die Erhebungen,.! welche‘, der, Boden 
darbietet. ‚In: Deutschland... sind ..die.iSommerregen. . ;vorherr- 
schend, ‚und in. .den ‚Alpen fällt. um ‚deswillen. so... viel ‚Regen; 
weil. der ‚warme, feuchte ‚südliche Luftstrom bei seinem, Stoss 


— 16 — 


gegen die hohen, : mit‘ Schnee bedeckteni Ba eine »beden: 
tende‘ Abkühlung erfährt. . 

--Ein grosser Theil’ ‘des ‘auf die Erde ditsdergesdkiugtee 
Wasserdampfes verdunstet' unmittelbar wieder‘, ‘ein "anderer 
Theil ‚wird von den Pflanzen aufgenommen und, verarbeitet 
oder durch die Blätter ausgeathmet, der Rest endlich dringt 
durch das poröse Erdreich in die Tiefe bis auf eine Schicht, 
die für Wasser undurchdringlich. ist. Sand und Geschiebe 
lassen das Wasser leicht durch, feste Gesteine ‚gestalten nur 
einem beschränkten Theile deh Durchgang, und, Thon oder 
Mergel halten das Wasser ganz auf. Indem das. Wasser auf 
diesen Schichten nach unten fliesst, speist es -Quellen und 
Flüsse, die da entstehen , wo. ‚die Thonschichten zu Tage 
treten. ap 

In Fig. 17 sei a eine Sandschicht, welche an der Erhe- 
bung das Wasser aufnimmt; d ‚eine Tbonschicht,; eben so ec; 
durchbricht man die obere Thonschicht, A kapn hier das 
Wasser hervorquellen. 

Endlich sei hier noch erwähnt, dass ausser durch die 
Verdunstung noch Wasserdampf | in die Atmosphäre gelangt 
durch die Fäulniss - und Verbrennungsprozesse , durch das 
Athmen der Thiere und Pflanzen, durch die Vulkane und die 
heissen Quellen. ; = | | 

Nicht minder wichtig für ‚die Verbreitung der Pflanzen 
ist die Vertheilung der Wärme in-der Atmosphäre. Die mitt- 
lere Jahrestemperatur eines Ortes ist hauptsächlich abhängig 
von der Lage desselben zum Aequator und von seiner Erhe- 
bung über die Ebene des Meeres., Die Wärme. nimmt ab, 
wenn man sich vom Aequator -entfernt und wenn man sich 
über das Meer erhebt. Verbindet. man alle Orte, welche eine 
gleiche mittlere Jahrestemperatur haben, so erhält man die 
sogenannten Isothermen, und zwar Breitenisothermen, wenn 
man nur die Entfernung‘ vom Aequator,  Höhenisothermen, 
wenn man nur die Erhebung über 'das’Meer berücksichtigt: 
Diese Linien stimmen aber keineswegs mit den Breitenkreisen 
und‘ mit’den Linien gleicher Höhe’ überein. -Man hat gefun- 


— 191° — 


den, dass auf der nördlichen Erdhälfte nicht ‘der kälteste 
Punkt der Pol ist, sondern dass es: zwei Kältepole giebt, deren 
einer in Sibirien unter 794° N. Br. liegt, der andere. in Nord- 
amerika an der Barrowstrasse unter 78° N. Br. Ebensowenig 
fällt der Wärmeäquator ‚mit dem Erdäquator zusammen; er 
liegt vielmehr nördlich von demselben, weil sich auf der nörd- 
lichen Erdhälfte mehr Land befindet ,' dieses aber: die Wärme 
weit.'besser absorbirt, als das: Wasser. - Im’ Meridian von Lon- 
dom 'und Paris erstrecken sich die Jahresisothermen am wei- 
testen nach Norden. | 
Bedeutender noch sind: die Abweichungen bei den Höhen- 
isothermen; ''bei grossen Gebirgsmassen fällt die Temperatur 
weit schneller, als bei einzeln liegenden Bergen. Wenn man 
alle Punkte, deren mittlere Jahrestemperatur ‘unter Null liegt, 
mit einander verbände,: so  erhielte man eine kügelähnliche 
Oberfläche, die an den Polen’ ungleich mehr ' abgeplattet ist, 
als die Erde. Man nennt (diese Fläche die .Schneegrenze;, die 
aber ‚durch lokale: Bedingungen ganz unregelmässig ‘gestaltet 
ist; sie: steigt höher auf Hochebenen;, als in Thälern‘,an ein- 
zeln stehenden Bergen und an der Sonnenseite höher ‚ als in 
massigen Gebirgen und auf der Schattenseite; sie erhebt sich 
weiter. über nackten Felsenflächen, als über mit Pflanzen be- 
decktem Boden. 
Folgende Tabelle enthält einige interessante Punkte für 
die Höhe der Schneegrenze. 
Küste von Norwegen . . ... 7148 N.Br. 720Meter 
Inneres von Norwegen . 2.709 1072 


br] 
Islauicdhii® 125. 110505 „or hust ., n6BR - 936 ; 
Dal 1llr AnsroiasT rin BIO io 
Kamitschatka . 2 20.0.1205. 56040 °„ 1600 „ 
Alpen. ar wd.:; 212. 11 Isgaoı69 y’ 12708119, 
Pyrenäen en nn... 424 —4309 „327282 z 


Nördl. Abhang N A 
a | des Himalaya 303—31 Mreee " 


Magellanstrasse . . . . 53—54%  S,Br. 1130 „ 


— 1 — 


Auf die Vegetation‘ von’ besonderem Einfluss und: daher 
hauptsächlich: wichtig . ist‘ die Kenntniss «nicht der Jahresiso- 
thermen, sondern: der: Isothermen | der verschiedenen Jahres: 
zeiten. Wir verstehen in‘ Folgendem: unter 'dem Winter die 
Monate :Dezember,, Januar’! und: Februar,';unter dem Sommer 
den Juni, Juli :und August.‘ In-Sibirien’ wird bei einer mittlern 
Jahrestemperatur von‘9,7. Grad unter‘Null,;'wo der Boden: in 
einer :Tiefe:von :3 Fuss beständig gefroren ist, in dem kurzen 
aber heissen: Sommer Roggen: gebaut‘; während - auf! der‘ Insel 
Island bei einer bedeutend höhern mittlern'Jahrestemperatur 
Niemand: an den Anbau des’ Getreides denken’ kann, da die 
niedrige Sommertemperatur'es nicht zur Reife bringt.‘ 

Königsberg: in: Preussen liegt’ mit ‘dem: nördlichen Irland 
unter gleicher Breite; selten gefriert ‘hier. das Wasser, und die 
schönsten Myrthengebüsche grünen im Freien wie: in  Süd- 
europa, während ‚das Klima ‘von’ Königsberg ein rauhes ‘und 
unfreundliches: ist. In: Devonshire 'kultivirt' man’: Orangen, 
Kamelien und: Fuchsien im offnen Lande , und der Winter‘ ist 
nicht. kälter als: in: Florenz‘; aber der Wein’ gedeiht: nicht in 
England „ weil die Sommerwärme nicht: ‘hoch genug: ist, "die 
Trauben zu reifen. Bei Astrachan dagegen‘, „dessen mittlere 
Jahreswärme fast mit'der des-Nordkaps von Norwegen zusam: 
men fällt, und in Ungarn, dessen Winter kälter: sind ‚als ım 
nördlichen ‘Schottland, wo weder Obst, noch Buche und Eiche 
gedeiht, wird der herrlichste, feurigste‘ Wein gewonnen. ' 

(Im«den Ländern , 'wö bedeutende Unterschiede zwischen 
der. Sommer- und Wintertemperatur stattfinden, ruht während 
des Winters die Vegetätion,. und sie erwacht .erst wieder "in 
den Monaten, in welchen“die mittlere. Temperatur. nicht unter 
5° ist; der Pflaumenbaunı blüht, wenn. die Mitteltemperatur 
8° erreicht; die Birkeiöknospet bei 11°; bei uns ‚geschieht 
dies gewöhnlich, im Anfang des Mai, im südlichen Schweden 
aber erst Mitte Juni. (ganddh ihrıdf 

" Was 'hun die Ursachen * dieser üngleichen Wärmdveiiihäi- 
lung betrifli, sö veranlasst \.die Gestaltung der ‘Land = und 
Wassermassen eine ungleiche Erwärmung, indem das Land 


— 129 — 


sich. schneller und bedeutender erwärmt, als das Meer. Die 
dadurch bedingten Luft- und Meeresströmungen nähern die 
niedrigere Temperatur der Pole dem Aequator und umgekehrt. 
Ausserdem spielen noch ‚eine wichtige Rolle die. Farbe des 
Bodens, die Richtung der herrschenden ‘Winde, ‘die Gebirgs- 
züge; mit einem Worte, eine Summe: gar vieler Ursachen be- 
stimmen das Klima einer Gegend. 

Weil das: Meer weniger schnell 'erwärmt und ‘abgekühlt 
wird, so ist das Klima der Küstenländer ein mehr gleich- 
mässiges als im Innern grosser Kontinente; man spricht daher 
auch von einem Landklima und von einem Seeklima. Während 
auf dem Nordkap unter 71° 10“N. Br. die Sommertemperatur 
6,4 Grad über Null, die Wintertemperatur 4,6 Grad unter 
Null ist, also nur um: 110 schwankt, ist sie in Irkuzk in 
Sibirien unter 62° 1° N. Br., also 99 südlicher, im Winter 
— 38,9 Grad, im Sommer + 17,2 Grad, schwankt ‘daher 
um 58°, 2 

Der Einfluss des Meeres auf das Klima eines Landes 
wächst mit der Ausdehnung der Küsten im Verhältniss zu seiner 
Oberfläche; daher hat Europa unter allen Ländern gleicher 
Breite das beständigste und vortheilhafteste Klima. Die herr- 
schenden Winde in der nördlichen gemässigten Zone sind der 
Nordost und der Südwest. Der Nordost, der von den Polen 
herweht, bringt über Europa kalte Luftströme ; dagegen trifft der 
warme südwestliche Aequatorialstrom aufdie Westküsten Europa’s 
und Amerika’s, weswegen die Ostküsten Amerika’s und Asiens 
— Europa kann man als die Westküste des letztern Erdtheils 
betrachten — bei weitem kälter sind, als die Westküsten unter 
gleichen Breiten. Endlich wird das Klima Westeuropa’s noch 
gemässigt durch den Einfluss des sogenannten Golfstromes, 
der aus dem westindischen Meere, ‘wo die Temperatur des 
Wassers :bis 30° steigt, warme Wässer bis an das Nordkap 
führt. | 

Bisher haben wir nur der Luftwärme Erwähnung gethan, 
aber noch nicht der Wärme der obern Bodenschichten , die, 

Filly, Ernährungsverhältnisse, | I9n6 ö 9 


Br ee 


wie wir schon früher sahen, von nicht geringem Einfluss auf 
das Pflanzenleben ist. Zwischen der Luftwärme und der Bo- 
denwärme kann oft ein bedeutender Unterschied stattfinden. 
Ein kahler, steiniger Boden von schwarzer Farbe wird‘ unter 
den Strahlen der Sonne weit höher erwärmt, als ein solcher 
von heller Farbe oder gar ein mit Pflanzen bedeckter. Letzterer 
bleibt nicht nur bei Tage kühler, weil ihn die Sonnenstrahlen 
nicht direkt treffen können, und weil die Pflanzen die Wärme 
zur Verdunstung des Wassers gebrauchen, sondern er kühlt 
sich auch in der Nacht durch Strahlung ‘mehr ab, weil die 
Pflanzen gute Wärmeleiter sind, wie es denn allgemein be- 
kannt ist, dass eine Metallläche weit schneller kalt wird, als 
eine solche aus Stein. Während daher in dem: Sande der 
Sahara die Wärme oft 30° über die: Lufttemperatur steigt, 
sinkt sie auf Wiesen nicht selten 89 unter dieselbe. 

Die Wärme der obern Bodenschichten kann sich durch 
Leitung nur langsam den untern Schichten mittheilen, und 
umgekehrt bleiben dieselben bei der Abkühlung länger warm; 
daher erklärt es sich, dass die Wärmeänderungen schon bei 
geringer Tiefe unbedeutend sind, und dass sie bei einer ge- 
wissen Tiefe ganz aufhören; diese- Tiefe wird bedingt theils’ 
von der Grösse des Wärmeunterschiedes in der heissen und 
kalten Jahreszeit, theils von der Leitungsfähigkeit des Bodens- 
Im mittlerna Europa ist die Temperatur bei einer Tiefe von 
etwa 75 Fuss unveränderlich, in Südamerika in der Nähe‘ des 
Aequators bei 15 bis 2 Fuss uuter der Oberfläche. 

Schliesslich sei hier noch einer Eigenschaft des Wassers 
gedacht, welche für das gesammte organische Leben von der 
grössten Bedeutung ist. Bekanntlich ziehen sich alle Körper 
bei der Abkühlung zusammen und zwar um so mehr, je weiter 
die Temperaturerniedrigung fortschreitet; vom diesem Gesetz 
macht das Wasser eine Ausnalıme. Dieses zieht sich nur zu- 
sammen, bis es auf 4° abgekühlt ist; wird ihm die Wärme 
weiter entzogen, so dehnt es sich wieder aus, und gar manche 
Hausfrau hat die Nichtbeachtung dieses Gesetzes mit zerspreng- 
ten Flaschen zu bezahlen. Daher ist das Eis leichter, als 


— 131 — 


Wasser von 4° und schwimmt auf demselben. Im Winter wird 
das Wasser der obern Schicht abgekühlt; ist die Temperatur 
auf 4° gefallen, so senkt sich die schwere Wasserschicht zu 
Boden und die leichtere wärmere tritt an die Oberfläche; 
dies setzt sich so lange fort, bis alles Wasser nur noch 4° 
Wärme hat. An der obern Schicht sinkt die Temperatur fiefer; 
da aber das Wasser sich nun wieder ausdehnt, so senkt es 
sich nicht, sondern es bildet sich schliesslich eine Eisdecke, 
unter der sich wärmeres Wasser befindet. Ohne dieses ab- 
weichende Verhalten des Wassers wäre esıgar nicht denkbar, 
wie in Flüssen und Seeen ein organisches Leben bestehen 
könnte; verhielte sich das Wasser wie die andern Körper, so 
würden die Gewässer von unten auf erstarren und alles Leben 
würde zerstört werden. 


3” 


- Zweites Kapitel. 


Die Bestandtheile des Ackerhodens. 


Nachdem wir gesehen haben, wie durch die Zertrümme- 
rung des im Anfange aus feurigem Fluss erstarrten Gesteines 
die Erdoberfläche sich verändert hat, und der Ackerboden 
nach und nach entstanden ist, wollen wir hier die verschie- 
denen Bestandtheile, aus welchen die Ackerkrume bestehen 
kann, näher ins Auge fassen; offenbar können dies nur solche 
Stoffe sein, wie sie die ursprünglich feste Erdkruste schon 
enthielt, oder wie sie aus der Einwirkung des Wassers und 
der Atmosphärilien aus ihnen hervorgingen. 

Die weiteste Verbreitung unter allen Mineralien haben der 
Quarz mit seinen Verwandten, die verschiedenen Feldspath- 
arten, wie sie in den granitischen, trachylischen und porphyr- 
artigen Felsarten vorkommen, nebst den Glimmerarten, der 
kohlensaure Kalk und die kohlensaure Magnesia; ferner finden 
sich überall, wenn auch in geringern Mengen, die schwefel- 
sauern, phosphorsauern und Haloidsalze nebst den Eisenver- 
verbindungen. 

Der Quarz ist Kieselsäure, d. h. er ist aus Kieselmetall 
und Sauerstoff zusammengesetzt und verbindet sich, freilich 


x 


==. : —— 


nur bei erhöhter Temperatur, : mit den Alkalien, dem Kalke, 
der Thonerde und dem Eisen zu Salzen. Die Verbindung des 
Kiesels mit dem Sauerstoff, die Kieselsäure, kann nür äusserst 
schwierig: zersetzt werden. Daher findet eine‘ Verwitterung 
des Quarzes nicht’ statt, sondern nur eine mechanische Zer- 
trämmerung und Zerkleinerung; 'aber selbst diese 'Zerkleine- 
rung ist ‘eine ‘sehr beschränkte, da der Quarz durch seine 
Härte‘ derselben einen’ bedeutenden Widerstand‘ ‘bietet, In 
kleinen rundlichen Körnern bildet er das, was wir im gewöhn- 
lichen Leben kurzweg Sand nennen, obwohl 'Quarzsand rich- 
tiger wäre. | | 

Aus dem früher Gesagten geht zur Genüge hervor, dass 
der' Quarzsand allein keinen brauchbaren Ackerboden abgiebt, 
da’ er keinerlei Nahrungsmittel ‘enthält und nicht im Stande 
ist, 'wie dies aus den Untersuchungen Schüblers hervorgeht, 
Wasser aus der Luft zu absorbiren; selbst das als Regen auf 
ihn gefallene Wasser lässt er schnell’ durch und verdunstet er 
schnell.‘ Dagegen’ ist 'er eine’ werthvolle, man kann sagen un” 
entbehrliche Beimengung für andere Erdarten, wenn sie frucht- 
bar sein 'sollen. 

Der Quarz ist im Wasser unlöslich, aber der Opal und 
andere Varietäten der Kieselsäure lösen sich, wenn auch nur 
schwierig, im Wasser, besonders wenn es Alkalien enthält; 
nur in (dieser löslichen Form kann die Kieselsäure in die 
Pflanzen eindringen: | | 

Wird der Quarz durch ein kalkiges oder thoniges Binde- 
mittel’ 'zu grössern Massen vereinigt, oder durch’lösliche Kiesel- 
säure verbunden, so bildet er den Sandstein,’ der nach "der 
Natur (des Bindemittels mehr oder weniger fest ist und häufig 
durch beigemengtes Eisenoxyd roth,- durch Eisenoxydul blau- 
schwarz gefärbt erscheint. Der Sandstein ist nicht ein ur- 
sprüngliches ‘Gestein, sondern "eine sekundäre’ Bildung "und 
findet 'sich nicht auf der ersten Lagerstätte des Quarzes. 

Die Feldspathe sind 'sämmtlich Verbindungen ‘der 'Kiesel- 
säure mit’ “Thonerde ‘und Kali oder Natron; alle enthalten 
eiwas Kalk, einige’ weniger Alkalien und an deren Stelle mehr 


— 134 — 


Kalkerde;; seltem. fehlen Eisen, Mangan;,..und..Magnesia. ‚darin. 
Im Gemenge. mit Quarz.und den, Glimmerarten bilden, ‚sie ‚die 
ältesten krystallinischen ‘Gesteine, als. ‚da. sind ‚der Granit.,..der 
Gneuss, ‚der Porphyr, ohne Quarz den. Trachyt;, kurz, ‚sie, ‚sind 
ein‘ Gemengtheil,,fast aller, Gebirgsarten. :. Der: Einwirkung des 
Wassers ‘und .der Kohlensäure . ausgesetzt, .verwittern; sie, leicht 
und. zwar.'um.,so schneller, je:reicher sie,;an Alkalien sind. 
Die kohlensauren Wasser ‚entziehen..ihnen,das Kali.zum.grossen 
Theil. und: mit,, demselben -etwas: Kieselsäure ‚. welche, sich: mit 
dem. Kali im. Wasser löst, wie ‚das. Wasserglas, ‚das, ja. eine 
Verbindung von Kali oder Natron mit Kieselsäure ist.. 

Bei. dieser Zersetzung bleibt eine. Verbindung. von Kiesel- 
säure, ‚Thonerde ‚und Wasser. zurück,. welche man Thon..nennt. 
Ist. diese Verbindung frei. von, fremden, Beimengungen. . und 
findet. sie, ‚sich an: ihrer-ursprünglichen. Bildungsstätte, so; heisst 
sie Kaolin ‚oder. Porzellanerde;; : sie: dient, alsdaun zur ‚Fabri- 
kation .des ächten Porzellans;;, . es, finden, ‚sich unter. andern 
solche Lager. ‚von ‚vorzüglicher (Qualität ‚zu :Morl bei Halle, und 
Aue bei. Schneeberg in Sachsen. 

Selten ist jedoch die Verbindung rein, WR, at Ya 
Quarzsand gemengt. Ist. der Gehalt an Sand gering, so‘ heisst 
der Thon fett, weil das. Wasser nicht durch. ihn. .hindurch- 
dringen kann, und weil. er. sich. leicht. kneten..und ‚formen 
lässt; mit viel. .Quarzsand untermischt. führt: er, den Namen 
Lehm. Ausserdem findet sich im Thon noch. ein Theil. der 
Alkalien und. Erden des ursprünglichen Minerals,. Eisen, un- 
zersetzter Feldspath‘ und Glimmer, der. nur äusserst ‚langsam 
verwittert. . Die gelbe oder röthliche Farbe des Thones rührt 
vom: Eisenoxyd , die. blaue vom Eisenoxydul oder von organi- 
schen Beimengungen her. 

Ausser, aus. ‚den., Feldspathen entsteht. noch Thon Ash 
Verwitterung des 'Glimmers, der, Augite, der Hornblende und 
vieler andern, Gesteine von ‚ähnlicher Zusammensetzung ; man 
fasst sie unter. dem. Namen: der. Thonerdesilikate zusammen. 

Die, Entstehungsweise des Thones ‚bedingt es: schon, .dass 
er ‚sich im: Zustande der äussersten Zerkleinerung befindet, ‚da 


— 135 — 


er ‚gleichsam ‚Atom für Atom aus dem Mineral ausgewaschen 
wurde., Daher. schwebt: er leicht im Wasser und findet: sich 
oft weit ab von dem Orte seiner Entstehung, in Gegenden, 
wo weit und breit kein Gestein ansteht, welches das Material 
zu seiner, Bildung liefern konnte. Der wellige Boden Nord- 
ostdeutschlands ist an: vielen Stelien reich an Thon, oft an 
sehr fetten; dieser muss ‚aus fernen Gegenden von den Ge- 
wässern hierher geführt und abgelagert sein. 

Der Kalk, welcher im Ackerboden vorkommt und für das 
Gedeihen vieler. Pflanzen, z. B. der sogenannten Schmetter- 
lingsblüthler , ‚höchst wichtig ist, verdankt zum Theil seinen 
Ursprung zersetzten kryslallinischen Gesteinen, zum bei weitem 
grössern Theil jedoch geschichteten Lagern von dichtem oder 
körnigem. Kalkstein, welche überall verbreitet sind. Häufig 
haben sich diese Lager nur aus Resten von Thieren aufge- 
baut, welche den in dem kohlensauren Wasser gelösten kohlen- 
sauren Kalk aufnahmen und Muscheln und Schalen daraus 
bildeten; die Kreide hat nur diesen Ursprung. 

Ein beständiger Begleiter des Kalksteines ist die kohlen- 
saure Magnesia; in ihrer Verbindung mit dem Kalkstein bildet 
sie bedeutende Felsmassen, welche den Namen Dolomit führen 
und sich durch ihre schroffen und bizarren Kuppen auszeich- 
nen. Auch giebt es kohlensaure. Magnesia in einer Anzahl 
anderer Mineralien, durch deren Zersetzung sie in den Acker- 
boden kommt. 

Der  wasserhaltige schwefelsaure Kalk bildet als Gips 
massenhafte Ablagerungen, und die schwefelsaure Magnesia, 
bekannt unter dem Bittersalz, ist ein Bestandtheil des Meer- 
wassers und vieler Mineralquellen. 

Da der fein zertheilte kohlensaure Kalk mit dem Thon 
die. Eigenschaft theilt, sich lange im Wasser schwebend zu 
erhalten, so sind solche Bodenarten nicht selten, in welchen 
beide Erden innig gemengt vorkommen. Man nennt das Ge- 
menge Mergel. 

Das Eisen kommt in fast allen Mineralien vor, sei es als 
Oxyd, sei es als Oxydul, und wird bei ihrer Zersetzung frei; 


— 156 — 


auch findet es sich als:Oxyd oder als kohlensaures Salz, -der 
sogenannte Spatheisenstein, in’ bedeutenden Lagern, die be- 
hufs der: Eisengewinnung. abgebaut werden. Wichtig für die 
Vegetation ist noch das Vorkommen des Eisens als Schwefel- 
kies. Dies ist überall verbreitet und hat die Eigenschaft,‘ fein 
zertheilt an: der: Luft leicht zersetzt zu werden. Es bilden 
sich Eisenoxyd und Schwefelsäure, welche letztere mächtig zur 
Zersetzung der Gesteine‘ Seiträgt und die Erden, indem sie 
sich mit ihnen verbindet; löslich macht, ihnen also‘ eine Form 
giebt, wie sie indie Pflanzen gelangen können. 

Phosphorsäure' ist ‘ein Bestandtheil mehrer Mineralien, 
welche in dem verschiedenen oben‘ erwähnten Gebirgsarten 
vorkommen, wenn auch‘ nur in geringer Menge; unter andern 
ist die Phosphorsäure ein Bestandtheil des Apatits, des Phos- 
phorits und des :Phosphorocaleits. "Reiner phosphorsaurer Kalk, 
der sogenannte Knochenstein, findet sich in einigen Gegenden 
in grössern Lagern, unter andern -am Fichtelgebirge. Da der 
phosphorsaure Kalk im Wasser unlöslich 'ist, so ist "gerade 
für ihn die vorhin erwähnte Quelle der Schwefelsäure wichtig; 
diese verwandelt ihn nämlich in ein 'saures Salz und macht 
ihn auf solche Weise löslich. 

Chlor ist in mancherlei Mineralien enthalten, in grösster 
Menge aber im Chlornatrium, dem Steinsalz; dies findet sich 
bekanntlich zum Theil in grossen Lagern, wie in Gallizien, 
England, Deutschland, zum Theil in Quellen und im Meere; 
das Meerwasser enthält ‘neben demselben noch ehloekalium 
und Chlormagnesium. 

Jod kommt an Alkalien gebunden in einigen Minerakquellen 
und im Meerwasser vor, ist aber nur' für a von 
Wichtigkeit. ö 

Salpetersäure bildet sich da, wo organische Bubsiähe 
bei ungehindertem Luftzutritt und bei Gegenwart von Alkalien 
oder alkalischen Erden verfaulen; auch mag 'sie sich in ge- 
ringen Quantitäten aus der atmosphärischen Luft erzeugen bei 
elektrischen Entladungen, das heisst bei Gewittern. Salpeter- 
saures Kali, gewöhnlich Salpeter genannt, und salpetersaurer 


— 131 — 


Kalk finden sich in grössern Mengen in Ostindien als Boden- 
ausschwitzungen und auf der Insel Ceylon in den sogenannten 
Salpeterhöhlen; der 'Chilisalpeter,, salpetersaures Natron, 'in 
neuerer Zeit vielfach zur Düngung verwendet, ist in einigen 
grossen Lagern in Südamerika, besonders in’ Chile, entdeckt 
worden. Die Salpetersäure ist wie die Schwefelsäure um des- 
willen für den Ackerbau ‘von besonderer Bedeutung, weil sie 
wie diese zur Zersetzung’ der Mineralien beiträgt und sie lös- 
lich macht. JE 
‚Alle bisher erwähnten Stoffe kommen "noch mit dem 
Dünger in die Ackerkrume. | i | 
Quarzsand, Thon und Kalk bilden also ‘die Hauptmasse 
der feuerbeständigen Beständtheile der meisten Ackererden, 'in 
denen sich die übrigen von uns betrachteten 'Stofle in 'grös- 
serer oder geringerer Quantität finden müssen, wenn Pflanzen 
ın einem Boden gedeihen sollen. we 2 
Von allen Stoffen dürfen Alkalien, schwefelsaure und phos- 
phorsaure Salze nie fehlen, oder sie müssen’'von aussen 'her- 
beigeschafft werden. Die Gegenwart derselben in den ver. 
schiedenen Bodenarten ist leicht erklärlich, da sie gleichzeitig 
mit den obigen Substanzen durch die Zersetzung. der Minera- 
lien sich gebildet haben und sich noch täglich neu bilden 
durch Verwitterung der in den Ackererden vorkommenden 
Bruchstücke unzersetzter Gesteine. Wenn auch die Alkalien 
in Folge ihrer grossen Löslichkeit im’ Wasser ileicht fortgeführt 
werden, so wird doch immer noch ein Theil: derselben vom 
Thon und Humus, weniger vom Quarzsand ,''der' sehr leicht 
aufgewaschen wird, mit grosser Hartnäckigkeit zurückgehalten. 
Eine andere Reihe von Stoffen, welche in der frucht- 
baren Ackererde enthalten sind,‘ verdanken: ihre Entstehung 
der Zersetzung organischer Substanzen; man bezeichnet sie 
mit dem Gesammtnamen der Humuskörper ‘ohne über: ihre 
Zusammensetzung, die. Art und Reihenfolge ihrer Bildung bis 
jetzt etwas Sicheres, Bewiesenes zu wissen. Alle diese Sub- 
stanzen unterliegen einem ewigen Wandel, ‘einer stets wech- 
selnden Zusammensetzung und Zersetzung; nur'so viel können 


— 138 — 


wir: mit Sicherheit‘ behaupten. ‘und durch. Thatsachen ;nach- 
weisen, dass. das Endresultat aller, dieser Wandlungen ‚dass 
die letzten sich bildenden Stofle in allen ‚Fällen. Kohlensäure, 
Ammoniak und Wasser: sind.: Die in: vielen Lehrbüchern über 
den: Ackerbau‘ angeführten Stoffe, als. da sind Humin, ‚Gein, 
Quellsäure, Quellabsatzsäure und dergleichen sind durch künst- 
liche Zersetzung in den: Laboratorien erzeugte Substanzen, 
deren. Gegenwart; im Ackerboden noch. nicht mit Sicherheit 
nachgewiesen ist. 

Schon in der ersten Abtheilung haben wir von den ’Quel- 
len der Kohlensäure und des Ammoniaks und: von ihrer. mas- 
senweisen Bildung hinlänglich gesprochen, weshalb wir. darauf 
verweisen, um so mehr, als sie weniger als ein ‚Bestandtheil 
der Ackerkrume ‚zu ‚betrachten: sind, / 

Die Reste organischer Körper zerseizen sich unter ‚ver- 
schiedenen Umständen gar verschieden, sowohl was die Zeit, 
als was die Art: der Zersetzungsprodukte betrifft, so ‚dass durch 
dieselben dem Boden bald diese, bald. jene Eigenschaft in 
einem höhern Grade mitzetheilt wird. Abgesehen davon, dass 
selbst die Pflanzenart nicht. ohne Einfluss auf. die Zersetzungs- 
produkte ist,. werden. dieselben ‚noch durch andere Umstände 
viel hervortretender bedingt: Kein Körper kanu verwesen ohne 
genügende Feuchtigkeit, den, Zutritt der Luft und. eine ‚nieht 
zu geringe Wärme. ‚Wie wichtig gerade das. letzte Agens ist, 
beweist der Umstand, dass selbst thierische Leichen ‚in. Ge- 
genden, wo: der!iBoden beständig gefroren ist, ‚sich. mit ‚Haut 
und Haar unverletzt erhalten; . auf diese Weise  konservirte 
Mammuthe sind in Sibirien gefunden worden. ‚Unter den 
Tropen finden: sich für die Verwesung die: günstigsten Bedin- 
gungen, 'und.:gefallene Thiere sind. innerhalb 24. Stunden im 
Zustande der! vollkommensten Fäulniss, ‚weshalb: in wärmern 
Ländern die Leichen Gestorbener viel schneller ‚beerdigt werden 
müssen. Die schnelle Verwesung ist ‚es, welche. das. tropische 
Klima besonders an den Mündungen grosser, Ströme, wo un- 
geheure Massen organischer Substanzen ‚angebäuft werden. und 
verfaulen, für den. Europäer so gefährlich. macht. 


3 WE 


Die Feuchtigkeitsmenge ist. nur. 'bis zu. einem gewissen 
Grade: der Verwesung. förderlich, nämlich. nur soweit ‚als sie 
den Zutritt des atmosphärischen ‚Sauerstofls ‚nicht ‚behindert, 
da dieser sich mit dem Kohlenstoff und Wasserstoff der orga- 
nischen Substanzen verbinden muss, um: Kohlensäure und 
Wasser zu bilden; es verliert die verwesende Masse im Allge- 
meinen mehr Stickstoff und Wasserstoff nebst Sauerstoff, so 
dass der zurückbleibende ‚Theil. reicher an Koblenstoff : wird. 
Wenn ‚dagegen die. organischen | Reste ‚ganz mit Wasser. be- 
deckt sind, so erhält. nur so viel Sauerstoff zu ihnen Zutritt, 
als von: demselben im ‚Wasser löslich ist; die Fäulniss 'ist in 
ihrem Verlauf; viel langsamer; es entweichen neben wenig 
Kohlensäure Kohlenwasserstoffarten, — das sogenannte Sumpf- 
gas — und reines ‚Wasserstoffgas. :Fängt man..die. Luftblasen 
auf, . die aus . dem. Wasser entweichen, 'wo ‚organische Sub- 
stanzen unter. demselben verfaulen, so lassen sie sich entzün- 
den;.. Kohlensäure und Wassergas sind unbrennbar. Ausser- 
dem bilden sich unter solchen Umständen. saure Körper, wel- 
che das Wasser gelb färben und auf die Kulturpflanzen ‚wie 
Gifte wirken. ; Unter gewissen Umständen kann das Wasser 
die Verwesung fast ganz verhindern. 

Verfaulen die organischen Körper bei ungehindertem Luft- 
zutritt, so bilden sie das, was man. Lauberde oder Moder 
nennt, der stets von:dunkler, schwarzbrauner Farbe ist und 
kaum ‚noch ‘daran erinnert, dass er.:von Pflanzen stammt; 
torfige Massen erhält man dagegen, wenn die Verwesung unter 
Wasser geschieht. Im Torf ist mehr. oder weniger die Struk- 
tur. der Pflanzen erhalten. Doch wollen wir: nicht unerwähnt 
lassen, dass beide Verwesungsarten auch durch die Natur der 
Pflanzen bedingt werden, ‚indem die Moose gern Torf, Kräuter, 
Laub und Gräser gern Moder bilden; versetzt man jedoch den 
Torf unter günstigere Bedingungen , so schreitet auch: in: ihm 
die Zerselzung weiter fort, und ier bildet eben so gut als jene 
Substanzen: Moder. 

Was. die Ackererde' betrifft,. so ist:es einleuchtend, dass 
hier. weniger eine Torfbildung. eintreten kann, weil beim Acker- 


— 140 — 


bau nicht nur' Moose, die 'sich etwa ansiedeln wollten‘, fern 
gehalten werden j" sondern weil auch’ solcher‘ Boden, der’ so 
viel Feuchtigkeit enthält, dass eine Torfbildung 'stattfinden 
könnte, für''den Ackerbau ungeeignet 'ist. Wollte man ’sol- 
chen Boden’ als’ Acker benutzen‘, "so müsste man zunächst 
Sorge tragen, durch geeignete Mittel das über schüssige Wasser 
zu entfernen. ode ion 

Ausser den bisher Yeiptodirehln festen Bestandtheilen des 
Ackerbodens haben 'wir noch’ einen flüssigen, nämlich’ das 
Wasser, 'in den Kreis unserer Betrachtungen zu ziehen; da 
sowohl seine Menge, als seine Vertheilung 'vom allerbedeutend- 
sten Einfluss auf die’ Fähigkeit: desselben ist, überhaupt''eine 
Pflanzendecke zu’tragen und im: Besondern für den Ackerbau 
dieser oder jener Kulturpflanze geeignet zu sein. 

Während die’ Quantitäten der festen Bestandtheile 2 
Ackers nur einem allmäligen Wechsel ‘unterworfen sind, ist 
die Menge des Wassers darin in unaufhörlichen Schwankungen 
begriffen, bedingt durch die atmosphärischen Niederschläge; 
dagegen ist der Wassergehalt, der der Haarröhrchenanziehung 
aus benachbarten Flüssen und Seen oder‘ den ai seinen 
Ursprung verdankt, weniger veränderlich. 

Wenn ‘man ein Stück‘ Zucker nur ‘zum Theil in den 
Kaffee oder sonst in eine ihn’ 'netzende Flüssigkeit taucht, ''so 
dringt dieselbe in dem ‘Zucker weiter hinauf, ° weil die einzel- 
nen 'Zuckertheilchen anziehend auf die Flüssigkeit wirken. 
Diese Anziehung zwischen den Zuckertheilchen und der Flüs- 
sigkeit ist grösser, als die Kohäsion, welche Wassertheil an 
Wassertheil hält; es durchdringt die’ Flüssigkeit die feinen 
Poren ‘und bildet ' gleichsam ‘um jedes Molekül eine ‚Hülle. 
Doch''ist dieses Steigen nicht endlos, sondern es’ tritt "ein 
Punkt ein, wo das Bestreben der Flüssigkeiten, sich nach 
unten 'zu''bewegen und’ sich horizontal "zu stellen ,’ die An- 
ziehung der festen Stoffe überwindet. Je feiner nun der 
Zucker ist, desto höher steigt die Flüssigkeit.’ "Aehnliche 'Er- 
scheinungen 'bieten andere poröse Stoffe‘ dar, und’ am reinsten 
hat man dieselben, ‘wenn man enge Glasröhren von 'verschie- 


— 141 — 


dener Weite. in Wasser taucht, ‚Man: nennt die Ursache ‚dieser 
Vorgänge Haarröhrchenanziehung. sr 

Der Ackerboden besteht wie. ‚der Zucker aus einer Menge 
einzelner Körperchen, zwischen denen sich ‚mehr oder. weniger 
feine.’ Poren finden. “Fällt. daher Regen, : Thau oder, Schnee 
auf..das Land), ‚so dringt. ‚das, Wasser .in. die ‚Poren desselben 
nur in. dem: Masse ein, ‚als: die oberhalb liegenden Schichten 
mit einer genügenden Flüssigkeitsschicht umgeben sind, Erst 
wenn mehr Wasser zugeführt wird, oder wenn die: Zwischen- 
räume zwischen den Theilchen. grösser. ‚sind, durchdringt es 
auch .die tiefern Schichten, ‚bis es ‚endlich auf Lager solcher 
Substanzen kommt, die dem Wasser keinen Durchzug ge- 
statten. Haben sich die Poren so ‚weit; mit Wasser gefüllt, 
als durch die Anziehung der festen Theilchen bedingt wird, 
‚ so sucht das Wasser, wenn es nach unten nicht entweichen 
kann, einen seitlichen Ausweg; es. entstehen Quellen. Wo 
der Ausweg nicht so vielem Wasser den Durchzug gestattet, 
als von der andern Seite. zugeführt wird, da entsteht ein 
Sumpf. 

Wie wir schon. früher sahen, hat der: Thon die Eigen- 
schaft, ‚das Wasser nicht .durchzulassen; ‚ausser. ihm sind. es 
gewisse. krystallisirte oder glasige Gebirgsarten, soweit nicht 
Risse und, Sprünge. dem Wasser Gelegenheit geben, sie zu 
durchdringen. | | 

Quarzsand, Kalksand, wenn er grobkörnig ist, Torf, 
manche Sandsteine,. Kalksteine. und Dolomite sind für das 
Wasser ‚leicht, durchdringlich; die, sogenannten  Tropfstein- 
höhlen sind Beweise für die Durchdringlichkeit der, Kalksteine. 
Der Berg, in welchem sich. die Baumannshöhle auf dem Rübe- 
land im Harz befindet, besteht aus Marmor, körnigem, kohlen- 
saurem:, Kalk. Die atmosphärischen Gewässer dringen mit 
Kohlensäure geschwängert ‚in. die Felsen und lösen etwas 
kohlensauren Kalk; wenn sie den Felsen durchdrungen haben 
und in Tropfen von: der-Decke ‚auf den Boden der Höhle 
fallen, verdunstet das Wasser und der zurückbleibende kohlen- 
saure Kalk bildet nach und nach die wunderbarsten Formen. 


— 142 — 


Die Kraft, mit welcher ein Theil des Wassers in Folge 
der Haarröhrchenanziehung im Boden festgehälten wird, 'ist 
abhängig von der chemischen Beschaffenheit und von dem Zu- 
stande der Zerkleinerung,, in welchem sich‘ die Körper 'befin- 
den; während der Humus ‘doppelt sö viel Wasser zurückhalten 
kann, als sein eignes Gewicht im trocknen ‘Zustande beträgt, 
ist die Menge des vom Quarzsand zurückgehaltenen sehr ge- 
ring, um so geringer, je grobkörniger er ist. Letzteres gilt 
übrigens für alle Erdarten. Wollte man die verschiedenen 
Substanzen des Bodens’ darnach ordnen, ‘wie'sie im Stande 
sind, Wasser fest zu halten, so‘ ergiebt sich ‘im Allgemeinen 
folgende Reihenfolge: non | 

2 '' Humus, 
Kalkstaub, 
Reiner Thon, 
Lehm, 
_ Magerer Thon, 
Grober Kalksand, 
Quarzsand. 

Aber das Wasser wird nicht allein ‘mit verschiedener 
Energie aufgesogen von den verschiedenen Stoffen, sondern es 
wird auch mit verschiedener Schnelligkeit verdunstet, und 
zwar verlieren die Substanzen das Wasser durch die Verdun- 
stung am schnellsten, welche es am wenigsten aufsaugen. 

Die Verdunstung geht in der Weise vor sich, dass die 
obersten Schichten ihr Wasser an die über ihnen lagernde 
trockne Luft abgeben; in Folge dessen tritt aus den tiefern 
Schichten fort und fort Wasser nach oben, jedoch nicht mit 
derselben ‘Schnelligkeit, wie die Verdunstung stattfindet; ' daher 
nimmt im Allgemeinen mit der Tiefe die Feuchtigkeit des Bo- 
dens zu. Die Verbreitung der Feuchtigkeit unterhalb der Erd- 
kruste ist bedingt von dem Feuchtigkeitszustande und von der 
grössern oder geringern Ungleichheit in den mechanischen 
Verhältnissen ‘der verschiedenen Schichten. Liegt lockerer 
Seesand 'auf einer festen Schicht, so kann bei anhaltender 
Trockenheit der Sand vollkommen austrocknen, ' der nur 


schwierig wieder genetzt wird, besonders wenn’ er fein: ist. 
Man findet in sandigen Gegenden oft nach starkem und selbst 
nicht zu kurze Zeit dauerndem Regen nur. wenig unter der 
Oberfläche einen ganz 'trocknen, staubigen Untergrund.‘ 'Be- 
sonders häufig zeigt sich diese Erscheinung ' in’ Nadelholzwäl: 
dern und’ auf Ackerland, wo früher solche standen, indem: die 
dem Sande beigemengten Nadeln sich wegen ihres 'Gehaltes 
an Harz wie Feti gegen das Wasser verhalten.‘ Nur 'ein 'häu- 
figes Umbrechen der Narbe kann hier Abhülfe verschaffen, 
weil durch die Einwirkung der Luft und der Pouehuigkeit die 
harzigen Stoffe verwesen. 

Bei Bodenarten dieser Gattung: verläuft sich und  verdun- 
stet sehr schnell der bei weitem grösste Theil’ des Wassers, 
welches durch Regen 'und Schnee zugeführt wurde; wenn nun 
trotzdem in tiefern Schichten sich fortwährend’ Wasser findet, 
so muss dies seinen Ursprung andern Quellen ' verdanken- 
Soweit sich in den Umgebungen von Seen und Flüssen wasser- 
durchlassende Erdschichten befinden, dringt das ‘Wasser jener 
Ansammlungen in dieselben ein und  durchtränkt sie; die 
Haarröhrchenanziehung bewirkt, dass es in den’ Erdschichten 
höher hinaufsteigt, als das Niveau des benachbarten wasser- 
liefernden Teiches oder Flusses liegt; was an der Oberfläche 
verdunstet, wird von unten wieder zugeführt. Bestehen aber 
der Boden und die Uferwände aus Thonschichten, so kann 
kein Wasser hindurchdringen; gräbt man ein Loch in dahinter 
liegende Sandschichten, so wird man kein Wasser finden, oder 
solches, das höher oder tiefer steht, als in dem benachbarten 
Wasserbecken, das also nicht mit diesen, sondern mit andern, 
wenn auch fernen Wasseransammlungen kommuniziren muss. 
Unter sonst ganz gleichen Verhältnissen können "benachbarte 
Aecker einen ganz verschiedenen Wassergehalt haben , jenach- 
dem der eine durch Thonschichten vom Wasserzufluss abge- 
schlossen ist, der andere nicht. Erst vor Kurzem ist uns ein 
Fall der Art vorgekommen; in einem Garten musste‘ man 
einen Brunnen 230 Fuss tief graben, um Wasser zu erhal- 
ten; in einem 200 Schritte davon entfernten Garten, der 


— 144 — 


ganz gleiches ‚Niveau mit. ersterem hatte, steht. das Wasser 
zehn Fuss unter: der Oberfläche. 7 

Sand, Thon, :Humus 'und kohlensaurer Kalk sind bei 
weitem die Hauptbestandtheile der Ackererden,; und man kann, 
je‘ nachdem der: eine oder.der andere dieser Stoffe vorherrscht, 
Sandboden,, :Thonboden, Kalkboden , Mergelboden und Humus- 
boden unterscheiden; unter besondern Umständen führt ‚der 
letztere den Namen Torf- und Moorboden. 

In den Küstenländern, am Strande der Meere und grosser 
Ländseen findet sich nicht selten ein fast: reiner Sandboden, 
wie in Jütland ; doch rechnet man auch noch solchen: Boden 
zum :Sandboden, welcher: auf 100 Theile 90 Theile ‚Sandkörner 
und: 10. Theile fremder ‚Stoffe enthält... Bei einem höhern Ge- 
halt anderer.! Substanzen, ‘besonders wenn diese Thon 'oder 
Humus sind // verliert »ein Acker schon mehr die Eigenthüm- 
lichkeiten : des; 'Quarzsandes und: wird für die Kultur geeig- 
neter. Den grobkörnigen Quarzsand, der in Folge seiner 
physikalischen ‚Eigenschaften ‘am leichtesten ausgewaschen 
wird und frei: von fremden Beimengungen besonders am Mee- 
resstrande vorkommt, . nennt man Seesand, zum Unterschiede 
vom. weichen Sande, welcher durch Zertrümmerung und Zer- 
setzung der geschichteten Gesteine entstanden ist. 

Enthält ein :Sandboden bis 60 Prozent Thon, welchen 
man vom Sande abschlemmen kann, so heisst er schon Thon- 
boden; ‚steigt der. Thongehalt noch höher, so wird der Boden 
bald so zäh und steif, dass er nur schwierig ‘oder gar nicht 
zu kultiviren ist. Sind die Beimengungen des Thones recht 
grobkörnig, oder sinkt der Thongehalt unter 60: Prozent, so 
hat man den Lebmboden, der fast in allen Fällen. für die 
Kultur. am meisten geeignet ist. Man unterscheidet, sandigen 
Lehmboden, der nur 30 Prozent Thon enthält, vom lehmigen 
Sandboden, dessen Thongehalt noch geringer ist. 

Der 'kohlensaure Kalk ist allen genannten Bodenarten: ın 
grössern oder geringern Mengen beigemischt und seine Quan- 
tität kann bis 90 Prozent steigen; ein Boden, der aus einem 
innigen Gemenge. von Thon ‚und 'kohlensaurem Kalk besteht, 


— Wi 


heisst Mergelboden und hat alle nachtheiligen Eigenschaften 
des reinen Thonbodens. Der Mergelboden ist nur dann kultur- 
fähig, wenn der Kalk grobkörnig ist, oder wenn ihm eine hin- 
reichende Menge (Quarzsand beigemischt wird. 

Humus ist allem Ackerboden, wenn auch nicht ursprüng- 
lich, so doch in Folge der Kultur beigemengt, im Allgemeinen 
freilich nur in sehr geringen (Quantitäten; bei einem Gehalt 
von 10 Prozent nennt man einen Acker schon humusreich, 
und die Farbe desselben ist schon ganz die des Humus. Nur 
im Moor- und Torfboden, wo das Wasser den Zutritt der Luft 
und dadurch die Verwesung verhindert;i'so dass die abgestor- 
benen Pflanzen fast ganz darin bleiben, findet man einen 
höhern, Gehalt an organischen ‚Substanzen , selbst, bis 90, Pro- 
zent. 


"Filly, Efnährungsverhältnisse, Ko 2 en {0 . 


Drittes Kapitel. 


Von dem Einfluss ‘des Bodens auf‘ die Ernährung 
der Pflanzen. 


Nachdem wir in dem Bisherigen die verschiedenen Bo- 
denarten und ihre Entstehung kennen gelernt, müssen wir 
die Frage aufwerfen, welchen Boden man einen: fruchtbaren 
nennen darf? 

Der Begriff der Fruchtbarkeit ist immer nur für gewisse 
Pflanzenspezies ein bestimmter; ein und derselbe Boden kann 
für die eine Gattung äusserst fruchtbar, für die andere ganz 
unbrauchbar sein. Mit dieser Beschränkung wollen wir einen 
solchen Boden fruchtbar nennen, der für eine oder mehrere 
derjenigen Pflanzen, die im Grossen angebaut werden, alle 
die Eigenschaften im hohen Masse besitzt, wodurch das Ge- 
deihen derselben befördert wird. 

Bei der Bestimmung der Fruchtbarkeit eines Bodens hat 
nıan zwei Dinge ganz von einander zu trennen: die nähren- 
den Bestandtheile, als da sind Salze und Wasser, soweit diese 
in die Verbindungen der Pflanzensubstanz eingehen, von den 
festeu Stoffen und dem Wasser, die den übrigen nur als Ge- 


— 14. — 


föss dienen und ausserdem den Pflanzen den nöthigen Halt 
gewähren. Die von uns geforderte Trennung beweist schon, 
dass durch eine chemische Bestimmung der einzelnen im Bo- 
den enthaltenen Stoffe ‘der Art und Menge nach die Frage der 
Fruchtbarkeit durchaus nicht entschieden werden kann, dass 
vielmehr durch das Zusammentreffen aller nothwendigen Ei- 
genschaften die  Ertragsfähigkeit eines Bodens bedingt wird. 
Unter Umständen kann ein Sandboden weit ‘fruchtbarer sein, 
als ein Thonboden trotz seiner schätzenswerthen Eigenschaf- 
ten, die‘ dem Sandboden abgehen; fehlen ihm die übrigen 
Bedingungen der Fruchtbarkeit, so ist er von geringerm Werth 
als der Sand, der alle nothwendigen Eigenschaften, nur im 
geringern Masse: besitzt. 

Was zunächst die wirklichen Nahrungsmittel betrifft, so 
kommt es für die Frage der gegenwärtigen Fruchtbarkeit stets 
nur darauf an, wie viele Nahrungsmittel im Boden gelöst oder 
im löslichen Zustande enthalten sind, weil die Pflanzen nur 
gelöste Stofle aufzunehmen befähigt sind; Gegenstand der Un- 
tersuchung kann daher nur die Bodenflüssigkeit sein, nicht 
das allerdings sehr schätzbare Kapital von zur Zeit noch un- 
löslichen Stoffen, die erst im weitern Verlaufe der Kultur 
fruchtbringend wirken können. 

Wir besitzen zur Zeit leider noch keine Untersuchungen 
darüber, welchen Einfluss die Menge der in einer gegebenen 
Quantität Wasser gelösten Stoffe, mit andern Worten, welchen 
Einfluss die Konzentration der Nahrungsmittellösung auf das 
Gedeihen der verschiedenen Kulturpflanzen hat. Dennoch 
scheint gerade diese Kenntniss eine der entscheidensten zu 
sein; für die Erklärung gewisser Erscheinungen , wie sie die 
praktische Landwirthschaft darbietet, giebt es kaum einen 
andern Anhaltepunkt. 

So geben gewisse Bodenarten. noch eine reichliche Roggen- 
ernte, während sie für den Anbau des Weizens, es sei denn 
nach einer sehr reichlichen Düngung, unbrauchbar sind. Die 
Roggenernte enthält aber wesentlich dieselben elementaren 

10* 


2 u 


Bestandtheile und dieselbon Verbindungen in: fast: gleicher 
Quantität, wie die Weizenernte; man sollte daher glauben, 
dass da, wo der Roggen diese Stofle sieh in. hinreichender 
Menge aneignen konnte, auch der Weizen dazu befähigt sein 
müsste. Die Erfahrung hat jedoch gelehrt, dass es nicht 'ge- 
schieht; es scheint, als ob der Weizen nur dann gedeihen 
könnte, wenn die Nahrungsmittel ihm in einer ‚konzentrirteren 
Lösung dargeboten würden. Aehnliche Ursachen scheinen die 
Veranlassung zu sein, dass die gelbe Lupine auf dem dürr- 
sten Sandboden, wo kein Hälmchen Gras gedeiht, noch reich- 
lich Nahrung findet, : weshalb man in neuerer Zeit‘ solchen 
Boden durch den Anbau der Lupinen, die nachher unterge- 
pflügt werden, für die Kultur anderer Gewächse bef:higt. 

Aber: nicht allein der Gehalt der Lösung an wirklichen 
Nahrungsmitteln ist von Wichtigkeit, sondern auch solcher 
Stoffe, durch deren Gegenwart die andern erst löslich werden; 
Die kohlensauren und phosphorsauren Erden sind in reinem 
Wasser uulöslich; es müssen Ammoniaksalze, Kohlensäure 
und Schwefelsäure vorhanden sein, welche jene Erden löslich 
machen. Die Menge der Schwefelsäure, welche als eigent- 
liches Nahrungsmittel dient, ist sehr gering, desto grösser ihr 
Einfluss gerade auf die phosphorsauren Salze. 

Eine in jeder Beziehung brauchbare Bestimmung der 
Nahrungsmittel eines Bodens ist ausserordentlich schwierig; 
deun wollte man die Ackererde auspressen, so würde man 
unter allen Umständen nur einen Theil der Lösung erhalten, 
und man könnte durchaus nicht bestimmen, ob die: ın der 
Erde zurückgebliebene Lösung einen gleichen Grad der Kon- 
zentration habe; es ist vielmehr -äusserst wahrscheinlich, dass 
sie konzentrirter: ist. Zieht man aber die Ackererde mit 'ver- 
dünnten Säuren aus, so erhält man die Stoffe nicht so, wie 
sie im Boden enthalten sind, da die Säuren mehr oder we- 
niger zersetzend auf die einzelnen Substanzen einwirken «und 
sie'in ihrer Natur verändern. - Man‘ kann nur dureh eine Ver- 
bindung einer ‚Reihe von Operationen. zu einem einigermasseil 
entscheidendem Resultat gelangen. Nie dar! man bei diesen 


— 1MI — 


Bestimmungen vergessen, den wirklichen Wassergehalt der 
Erden zu bestimmen, weil von demselben und der Menge der 
löslichen Stoffe die Konzentration der Nahrungsmittellösung ab- 
hängt. Denn wenn auch zwei Bodenarten gleich viel Nahrungs- 
mittel enthalten, ‘der eine aber doppelt so viel Wasser als der 
andere, so wird der eine in einer gleichen Menge Nahrungs- 
Nlüssigkeit den Pflanzen immer nur die Hälfte der Nahrungs- 
mittel zuführen können. 

Für eine in jeder Beziehung gute Kultur ist es unum- 
gänglich nothwendig, die (Quantität und Art der im Boden 
enthaltenen Nahrungsmittel kennen zu lernen, weil danach der 
‚Anbau der verschiedenen Kulturpflanzen sich zu richten hat. 
Auf der andern Seite giebt uns diese Kenntniss die Mittel an 
‚die Hand, die fehlenden Stoffe in der passendsten Form dem 
Boden zuzuführen; andernfalls kann auch die reichlichste 
Düngung ganz nutzlos sein, wenn sie nicht zufällig die man- 
gelnden Substanzen dem Boden liefern kann. So kann man 
einen sehr humusreichen Boden haben, der scheinbar alle Ei- 
genschaften in sich vereinigt, eine reiche Ernte von Hülsen- 
früchten zu tragen; nur ein Stoff, der Kalk, fehlt in der ge- 
nügenden Menge, und alle Versuche, einen lohnenden Ertrag 
zu erzielen, werden fehlschlagen, bis man den Mangel ent- 
deckt und ihm abgeholfen hat. Ebenso wichtig ist es daher 
auch für eine rationelle Landwirthschaft, genau die Stoffe zu 
kennen, welche die einzelnen Kulturpflanzen in reichlicherer 
Menge zu ihrem Gedeihen bedürfen, um sie assimiliren zu 
können. So müssen z. B. in einem Boden, der Klee tragen 
soll, mehr Kalisalze sein, als wenn man ihn mit Kartoffeln 
bebanen wollte; denn die Kartoffeln vermögen einem Boden, 
der für den Kleebau schon mit Kalisalzen gedüngt werden 
muss, noch weit mehr Kali zu entziehen, als die Kleeernte 
enthält. 

» Wir haben weiter oben ausgeführt, dass man die. sicher- 
sten Resultate erhalte, wenn man die im Boden wirklich vor- 
handene Quantität Wasser, das sowohl selbst Nahrungsmittel 
als auch Lösungsmittel für die’Salze ist, für jeden Fall: direkt 


— WW. 1 9— 


bestimme. Damit soll jedoch keineswegs gesagt sein, dass 
"man die Kraft, mit welcher ein Boden das Wasser fest hält 
oder es aus der Luft durch Verdichtung anzieht, vernachläs- 
sigen und als gleichgültig betrachten dürfe. Ebenso wenig 
darf man vergessen, die klimatischen Verhältnisse und die da- 
durch bestimmte Menge der Niederschläge zu erforschen, da 
von ihnen der durchschnittliche wirkliche Wassergehalt ohne 
Frage bedingt ist. Es giebt für jede Pflanze und für jede 
Bodenart offenbar zwei Grenzen der Feuchtigkeit, über die 
hinaus die Pflanze nicht mehr gedeinen kann. Der Boden 
darf weder zu viel noch zu wenig Wasser entbalten; in beiden 
Fällen muss man sein Augenmerk darauf richten, dem Ueber. 
fluss oder dem Mangel abzubelfen. Ein Zuviel tritt offenbar 
in all: den Fällen ein für jede Kulturpflanze, wo der Acker so 
mit Wasser durchtränkt ist, dass dadurch die atmosphärische 
Luft am Zutritt verhindert ist. 

Wie man nicht im Stande ist, in jedem beliebigen Appa- 
rate aus dem rohen Zuckersaft den Zucker auf die möglichst 
vortheilhafte Weise zu gewinnen, sondern genöthigt ist, den 
Apparat so lange zu verbessern, bis dies erreicht wird, so 
sind die wirklichen Nahrungsmittel allein noch nicht im Stande, 
auf einem beliebigen Boden den grössten Ertrag zu liefern; 
die Fruchtbarkeit eines Ackers hängt noch von: dem Zustande 
und den Eigenschaften der übrigen Bestandtheile ab, des Ap- 
parates, wie man sie nennen könnte. Abgesehen davon, dass 
im Allgemeinen durch die Natur dieser Stoffe die Nahrungs- 
mittel bedingt sind, sind sie es, die den Pflanzen den nö- 
thigen Halt zu bieten haben, indem ihre Menge die Quantität 
der Nahrungsmittel bei weitem: übertrifit. Der Boden muss 
nicht nur einerseits in dem Masse zerkleinert sein, dass ihn 
die Wurzeln und die Nahrungsmittellösung auf leichte Weise 
durchdringen können, sondern er muss anderseits eine solche 
Steifigkeit und einen solchen Zusammenhang besitzen, dass 
die sich darin ausbreitenden Wurzeln insoweit befestigt wer- 
den, um die Pflanzen gegen ein Umfallen und Niederstrecken 
zu schützen, wenn sie irgend ‘ein Stoss, der: nicht zu mächtig 


— 1 — 


ist, trifft. Ein guter Ackerboden ist demnach derjenige, wel- 
cher mit der nothwendigen Porosität die für die verschiedenen 
Kulturpflanzen nöthige ‘Steifigkeit und Festigkeit verbindet: 
Der Quarzsand stellt in allen Fällen ein mehr oder 
weniger grobkörniges: Pulver dar, dessen Theile leicht gegen- 
einander verschoben werden können; er hat dem Ackerbau 
einerseits günstige, anderseits ungünstige Eigenschaften. Wegen 
seiner Körnigkeit hat die Luft leichten Zutritt, das Wasser 
kann sich ohne grosse Hindernisse darin vertheilen, die Strah- 
len der Sonne erwärmen ihn leicht; Dünger und Humus ver- 
wandeln‘ sich ‘mit Hülfe der-ungehindert zufliessenden Luft im 
Sandboden schnell in Kohlensäure, Ammoniak und Wasser, in 
wirkliche Nahrungsmittel; alles dies sind Eigenschaften, die 
für‘ die Kultur in gewissem Grade nothwendig sind. Dagegen 
hat der Sand eine geringe Anziehungskraft für Wasser und 
die darin gelösten Stoffe; das ‘Wasser sinkt schnell in die 
tiefern Schichten und der Sand tröcknet oben bald aus. Je 
grobkörniger der Sand ist, desto weniger Wasser nimmt er 
auf und desto schneller verliert er diese Menge; auch vermag 
er durch Haarröhrchenanziehung das Wasser aus’ der Tiefe 
weniger hoch zu heben. 'Nichtsdestoweniger kann es vor- 
kommen, dass die Pflanzen ım feinern Sande mehr von der 
Dürre leiden, weil’ der ‘darauf fallende Regen weniger tief 
eindringt,, da die ‘grössere wasserhaltende Kraft das Wasser 
in: den  obern Schichten festhält. ' Ferner ist der Quarzsand 
im: Allgemeinen sehr arm an nährenden Stoffen, da dieselben 
bei seiner Entstehung wegen ihrer feinen 'Zertheilung später- 
vom Wasser abgesetzt wurden, als der Sand; ausserdem wird 
er noch fort und .fort ‘durch die atmosphärischen Nieder- 
schläge ausgewaschen. In letzterer Hinsicht ist der feinkör- 
nige :Sand vortheilhafter, weil die löslichen Bestandtheile 
viel langsamer entführt ‘werden. Man bedient sich daher des 
feinkörnigen Sandes zum Reinigen des schmutzigen Wasser's 
mittelst Filtration, wie denn z. B. in Berlin alles: Wasser, 
welches die Wasserleitung aus der Spree in die Stadt führt, 
vorher in gewaltigen Becken durch Sand gereinigt wird. 


—. 12 — 


Während ; die! ‚leichte Zersetzbarkeit des: Humus und: des: 
Düngers  im“Quarzsande ein: Vortheil: für die ‚Vegetation ist, 
wenn ' man'nur ‘im: Stande: ist, ‚hinreichende Mengen: frischen! 
Materiales ihm zuzuführen, ‚so. ist! doch, gerade - diese: Eigen- 
schaft die Hauptursache der Unfruchtbarkeit des Sandhbodens; 
weil: in ‘Folge, derselben : sich, nicht ein Kapital von Humus 
ansanımeln ‚'kann,,. welches ‚den ‚Boden. kulturfähiger machen 
würde. | | 
Ist es nicht mit zu grossen. Kosten verknüpft, dem Ba 
boden eine! grössere Menge Wasser zuzuführen, oder: ist seine 
Lage der Art, dass. er aus. benachbarten Flüssen und: ‚Seen 
durch  Haarröhrchenanziehung reichlich‘ Wasser erhält. und 
damit zugleich die im. Wasser gelösten nährenden Substanzen; 
so , verliert er. viele.; seiner. nachtheiligen : Eigenschaften, und 
solcher : Acker wird für. gewisse. Pflanzen sogar ein frucht- 
barer genannt, werden können. 

Ein. Hauptvortheil ‚der , grössern RER liegt : fürı 
den Sandboden in’ dem: Umstande,, dass ‚die. Feuchtigkeit (die. 
schnelle Zersetzung, des. Humus und: des Düngers verzögert. 
Dem: grössern. Wassergehalt hat es: mancher: :Sandboden ; in 
der, Umgegend Berlins zu verdanken, ‚dass‘ er «kulturfähig ist, 
wozu (freilich. noch kommt, dass: man» in‘ der ‚Nähe: einer so 
grossen Stadt über reichliche Düngmittel ‚zu: verfügen: hat. An 
den Ufern. der Flüsse, ‚Seen; und Teiche vermag sich ':oft: im 
reinen : Sande ‚ein. vergleichsweise - üppiger. Pflanzenwuchs:: zu: 
entwickeln, ‚wenn! sie ‚nur. vor: Wind: und. Wellenschlag ’ ge- 
sehützt sind. Nach und. nach erzeugen hier die‘ Reste: abge- 
storbener Pflanzen eine: ansehnliche Humusschicht, da das 
Wasser die. ‚schnelle. Zersetzung verhindert. 

Endlich, hätten: wir. noch als nachtheilige Eigenschaft des. 
Sandes: zu erwähnen, dass er den Wurzeln ‚der Pflanzen nur 
einen ‚geringen Halt bieten: kann ; es kommt sogar‘ nicht selten 
vor, dass ein Wind die. ganze Pflanzendecke unter ‘dem: leicht: 
beweglichen Sande begräbt. | 

Vergleichen wir den: Thon mit dem Onasiiländih..a so. er- 
giebt sich, dass »seine Eigenschaften‘ ‚denen » des’letztern“ ge- 


— 13° — 


radezu entgegengesetzt sind; so dass ihm die der Vegetation 
günstigen Eigenschaften des Sandes fehlen, er dagegen’ die 
Eigenschaften in hohem: Grade: besitzt, welche dem Sande 
mangeln.': Der Thon besteht: aus sehr feinen Theilen , welche 
in: die engen Poren das :Wasser mit grosser Begierde auf- 
saugen, ohne. es: durchzulassen; in 'feuchtem Zustande haften 
die ‚Theilchen sehr fest aneinander. Wegen ihrer Kleinheit 
sind auch die Poren von geringer Ausdehnung, daher leicht 
vollständig mit: Wasser angeful!t;: dadurch wird: der Zutritt 
der Luft verhindert, und organische Reste, ‘welche dem Thon 
beigemischt wurden, können sich: nur: äusserst langsam, nur 
an. der Oberfläche in Kohlensäure und Ammoniak  zersetzen, 
also zu: wirklichen Nahrungsmitteln werden. 

Während .der nasse Thon weich ist und leicht Eindrücke 
annimmt, trocknet er. bei: anhaltend: trockener Witterung zu 
einer: 'steinharten Masse: zusammen, von vielfachen Rissen und 
Sprüngen. durchzogen. 

Aus der: ‚Entstehungsgeschichte: des Thones ist uns be- 
kannt, ‚dass 'er reich an.mineralischen Nahrungsmitteln, be- 
sonders an: Kalisalzen ist,: und dass: sich Reste von Mineralien 
in’ihm finden, durch deren allmälige Verwitterung jene Sub- 
stanzen «immer: wieder ‘von Neuem 'erzeugt werden. 

«So vortheilhaft ‚die angeführten Eigenschafen des Thones 
für: die Kultur sind, so ist: dennoch reiner: Thonboden für 
den. Ackerbau ganz untauglich. ‘Die Steifheit desselben  ver- 
hindert ‘das Eindringen der Wurzeln und erschwert die Be- 
arbeitung behufs Unterbringung der Saat übermässig; und ist 
die: Saat wirklich 'darinnen, so. haben die Keime nicht die 
Kraft, die :zähe ‚Decke zu durchdringen. Bei nasser Witte- 
rung verfaulen die Wurzeln‘, wogegen sie bei grosser Dürre, 
wenn der Boden  aufreisst, leicht mit zersprengt werden. 

„Bei näherer Betrachtung : der erwähnten Uebelstände des 
- Thones: und Sandes ergiebt sich der einfache Schluss, dass eine 
Mengung beider die nachtheiligen Eigenschaften jedes einzelnen 
mehr oder weniger aufheben muss. ‘Während der Sand den Thon 
auflockert und-der Luft, dem Wasser und den Wurzeln das’ Ein- 


— 154 — 


dringen erleichtert, die Zersetzung des :Humus in Nahrungsmittel 
befördert, vergrössert der Thon die wasserhaltende und wasser- 
anziehende Kraft des Sandes, führt ihm mineralische Nahrungs- 
mittel zu und verhindert das zu schnelle Verwesen der orga- 
nischen Bestandtheile. Die Wirkung des Sandes hängt natür- 
lich von seiner Körnung ab, ein grobkörniger wird offenbar 
mehr verändernd auf die Konstitution eines Thonbodens wir- 
ken, als ein feinkörniger. Im Allgemeinen lässt sich 'anneh- 
men, dass ein Boden, der zur Hälfte aus Sand besteht, also 
ein Lehmboden, für unsere Kulturpflanzen am geeignelsten ist. 
Solche Bodenarten, ‘welche mehr als die Hälfte Thon‘ enthal- 
ten, können zwar bis zu einer gewissen Grenze noch kultur- 
fähig sein; aber die Eigenschaften des Thones werden’ bald 
so überwiegend, verdecken die des Sandes so sehr, dass es 
immer vortheilhafter: ist, einen Boden mit mehr als der Hälfte 
Sand zu bebauen. Ein Boden, der auf neun Theile Quarz-' 
sand nur einen Theil Thon enthält, ist in ‘der That immer 
noch ‘ein fruchtbarer zu nennen. Der kohlensaure Kalk be- 
sitzt theils die Eigenschaften des Quarzsandes, theils die ‘des 
Thones, je‘ nach seiner ‘mechanischen Beschaffenheit ‚nach 
seiner Körnung. Je feiner der Kalksand ist, desto "mehr 
nähert er sich dem Thone; da er jedoch weniger zäh vist, 
macht er-den Thon, wenn er ihm beigemengt wird, minder 
bindend und feucht, ohne dass etwa reiner Mergelboden dem 
Ackerbau sehr förderlich wäre. . Dem: Sande beigemengt, ver- 
leiht er ihm die Eigenschaft, das Wasser fester zu halten und 
mehr davon aus der Luft zu verdichten. Grobkörniger Kalk- 
sand ist für sich noch weniger für den Ackerbau geeignet, 
als Quarzsand, da er dessen ungünstige Eigenschaft, schnell 
auszutrocknen, in noch höherm Grade besitzt... Seine Eigen- 
schaft, als Gemengtheil anderer Bodenarten in seiner Lösung 
ım kohlensäurehaltigen Wasser 'zersetzend auf die Mineralien 
und: die Humussubstanzen zu: wirken, wollen wir an einer 
andern Stelle noch näher in Betracht: ziehen. 

Mitten inne zwischen dem Sand - und Thonboden RR 
der Humusboden, der nach dem mehr oder weniger vorge- 


— 155° — 


schrittenen Zustande seiner Zersetzung und der Art seiner 
Entstehung sich bald dem einen, bald dem andern mehr nä- 
hert. Der Torfboden, welcher aus: wenig zersetzten Pilanzen- 
stoffen besteht, trocknet bei dürrem Wetter wegen seiner 
grossen Poren fast noch vollständiger: aus, als der Sand; da- 
gegen ist er befähigt, aus der Luft nicht geringe Mengen 
Wasserdampf zu verdichten, welche Eigenschaft dem Sande 
ganz abgeht. Wie der Sand und noch leichter: wird ‚der Torf 
vom Wasser vollständig ausgewaschen und so dır in ihm ent- 
haltenen Nahrungsstoffe beraubt. Dagegen gleicht er dem 
Thonboden darin, dass er wie dieser im Sommer sowohl als 
im Winter bei anhaltender Trockenheit von Spalten und Rissen 
durchsetzt wird. Ist der Humus weiter zersetzt, und besteht 
er aus so kleinen Theilen, dass keine Pflanzenstruktur in dem- 
selben zu erkennen ist, er also ein leichtes Pulver bildet, so 
hat er unter allen Stoffen im ‘höchsten Grade: das Vermögen, 
Wasserdampf aus der Luft zu verdichten; ‘das aufgesogene 
Wasser nebst den Salzen kann ihm nur sehr schwierig und 
ganz allmälig entzogen werden. Dies Vermögen besitzt er in 
so hohem Grade, dass er in reinem Zustande für die Kultur- 
pflanzen ungeeignet ist, wozu noch der Umstand kommt, dass 
er wegen seiner spezifischen Leichtigkeit‘;den Wurzeln noch 
weniger Anhalt zu geben vermag, als der. Sandboden. 

Da durch die fortschreitende Zersetzung des Humus fort 
und fort neue Nahrungsmittel erzeugt werden, so ist er ein 
vortrefflicher Zusatz zum Sandboden; die: Lockerheit dieses 
Gemenges macht es jedoch nur für einige wenige Pflanzen 
geeignet, ‘die nur einer geringen: Stütze im Boden bedürfen. 
Ganz anders verhält sich der Humus zum Thonboden, indem 
durch seine Gegenwart ein Theil. des :nothwendigen  Sandes 
ersetzt werden kann. Wenn er nicht gar zu fein gepulvert 
ist, so wird schon durch die Beimengung allein: der, Thon ge- 
lockert; mehr geschieht dies aber noch durch die in Folge 
der Zersetzung aus dem Humus 'entweichenden  Luftarten, 
welche sich gewaltsam einen Ausweg suchen; er: wirkt, wie 
die entweichende Kohlensäure bei der Gährung des Brotteiges. 


— 156 — 


Ferner wirken die aus dem Humus frei werdenden Ammoniak- 
salze und die Kohlensäure zersetzend: auf die im Thon: ent- 
haltenen Mineralien. ‚die Feldspathreste und die Glimmerblätt- 
chen; wodurch der Boden neue Mengen Jlöslicher Salze erhält. 
Weil aber der Zutritt der Luft zu einem Gemenge von Humus 
und Thon nur ein beschränkter ist, so findet die Verwesung 
des Humus nur sehr langsam statt; es vermehrt sich die 
Humusmenge eines solchen _Ackerbodens, statt sich zu ver- 
mindern, weil nicht alle Stoppeln und aller Dünger zersetzt 
werden. 

Fassen wir daher noch einmal von einem allgemeinern 
zesichtspunkte das einzeln Erwähnte zusammen, so ergiebt 
sich, dass die Fruchtbarkeit und Kulturfähigkeit eines Bodens 
dann am höchsten ist, wenn er aus einem passenden Gemenge 
der genannten Erdarten besteht. Wir haben zugleich gesehen, 
wie bis zu einem gewissen Punkte die einzelnen Stoffe einan- 
der vertreten können, ‘wenn die andern Bedingungen, beson- 
ders das Wasser, in einem günstigen Verhältnisse stehen. 
Aber vergessen dürfen wir nicht, dass die Fruchtbarkeit eines 
solchen Gemenges stets: durch die klimatischen Verhältnisse 
mit’ bedingt ist. Ein thonreicher Boden, der in einem feuch- 
ten Klima‘ oder ‘durch andere Umstände zu nass ist, kann 
in einer wärmern und 'minder feuchten Gegend ganz ausser- 
ordentlich‘ fruchtbar sein, ‚wie anderseits ein Sandbodeu unter 
günstigen Verhältnissen, namentlich 'wenn'ihm reichlich. Wasser 
zu Gebote steht, hier fruchtbar sein kann, dort dagegen, bei 
einem trocknen und heissen Klima, : unbenutzt bleiben muss- 
Uebrigens lässt sich als ziemlich ausgemacht annehmen, dass 
ein Lehmboden in den meisten Fällen am fruchtbarsten sein 
wird, ‘da er alle Eigenschaften der übrigen Bodenarten in 
einem gewissen Grade in sich vereinigt. 

Wir haben am Eingange dieses Kapitels darauf hinge- 
wiesen, 'wie bei den verschiedenen Kulturpflanzen oft gar ver- 
schiedene Bedingungen der Fruchtbarkeit an den Boden ge- 
stellt werden müssen; wir wollen in Folgendem die haupt- 
sächlichsten etwas näher besprechen. 


— 457 — 


Unter: allen Kulturpflanzen haben für uns. die. Getreide- 
arten die ‚grösste Bedeutung, nächstdem die Kartoffeln, Rüben 
und Hülsenfrüchte. Im Allgemeinen wird ein Lehmboden, in 
welchem ein Theil des Sandes oder auch des Thones durch 
Humus oder Kalk ersetzt sein kann, imıner am vortheilhafte- 
sten für die Kultur der Körnerfrüchte sein.  Humus und Kalk 
dürfen nicht ganz fehlen, letzterer um so weniger, als er in 
die Pflanzensubstanz mit eingeht; wichtig ist auch ein ge- 
wisser Reichthum an Phosphorverbindungen und: schwelfel- 
sauren Salzen. ‘Von allen. Getreidearten ist der Weizen am 
empfindlichsten, man: könnte sagen am begehrlichsten; er 
scheint einen gewissen Gehalt an Thon im:Boden nicht 'ent- 
behren zu können; doch haben wir Weizenfelder im: Vogesen- 
sande gesehen, :wo der Thongehalt ‘sehr gering 'war. . Dem 
Weizen am nächsten steht die Gerste, und selbst der Hafer 
liebt: einen nicht zu thonarmen: Boden. Am genügsamsten 
ist der Roggen, der mit jedem Boden fast vorlieb nimmt; 
wir haben ihn in allen Bodenarten mehr oder weniger üppig 
gesehen, wenn nur die übrigen Bedingungen seines Gedeihens 
erfüllt waren. Doch gedeiht auch er in einem Lehmboden 
am besten, am wenigsten sagt ihm grobkörniger Mergel zu. 
Den Kartoffeln ist ein reicher Thonboden nicht vortheilhaft; 
die Knollen : werden zwar sehr gross, besonders in  humus- 
reichen, aber sie enthalten wenig Stärkemehl und werden un- 
schmackhaft. ‘Am zuträglichsten ist ihnen ein lockerer, leich- 
ter Lehmboden; bekanni ist, dass im ai Sande x ganz 
vorzügliche Kartoffeln gedeihen. 

Die Hülsenfrüchte, als Linsen, Bohnen und Erbsen, lieben 
einen’ kalkreichen Lehmboden, den 'auch die Kleearten jedem 
andern vorziehen, unter ihnen besonders die Esparsetie,, ‚die 
geradezu nur auf einem eigentlichen rar der. Quarz- 
sand enthält, gut geräth. | 119 

Für die: verschiedenen 'Rübenarten . ist um ae ‚ein 
sehr thonreicher Boden nicht vortheilhaft, weil er der'Ausdeh- 
nung der Wurzel ‘einen zu grossen: mechanischen: Widerstand 
leistet; » im Allgemeinen darf der Boden nicht zu sehr‘ dem 


— 158 — 


Austrocknen ausgesetzt sein. Ein grosser Ueberschuss an lös- 
lichen Alkalisalzen ist besonders der Zuckerrübe nachtheilig, 
da sie selbst aus einem salzarmen Boden grosse Mengen sich 
aneignet, ein zu grosser Alkaligehalt aber die Gewinnung des 
Zuckers erschwert. 

Die Kohlarten und die Oelfrüchte lieben einen reichen 
Lehmboden, doch begnügt sich der Raps auch mit einem 
ärmern. 

Endlich: giebt‘ es noch ‘einige Kulturpflanzen, wie .-.die 
gelbe Lupine und der Buchweizen,, ‚denen ein .etwas höherer 
Thongehalt sogar nachtheilig ist; der ihnen am vortheilhafteste 
Boden ist der Sandboden. ‘Während in: der reichen Magde- 
burger: Gegend, ‘wo: nur ‘selten ‘einmal: Buchweizen gebaut 
wird, die Pflanzen niedrig und dürftig bleiben, entwickeln ‘sie 
sich in nicht zu trocknen Jahren in der Altmark: ganz vor- 
trefflich, wo kaum eine: andere Pflanze mit Vortheil ‘gebaut 
werden kann. 

Erinnern wollen wir hier noch einmal, dass mit der Be- 
zeichnung „Sandboden “, „Thonboden“, nie eine einzelne Ei- 
genschaft gemeint ist, dass vielmehr durch den vorwiegenden 
Gehalt einer der genannten Substanzen eine ganze Summe 
von: Erscheinungen bedingt wird, die in ihrer Vereinigung den 
Boden zu einem fruchtbaren oder unfruchtbaren machen. 

Stellen wir uns nun die Frage, welche Bedingungen 'er- 
füllt sein müssen, um den’ Werth eines Ackers zu bestimmen? 
Kennt man ‘durch längere Beobachtungen die klimatischen 
Verhältnisse und die dadurch bedingten Niederschläge, so wie 
die Vertheilung des Wassers in Flüssen, Seen und Quellen, 
so’ muss man sich eine möglichst genaue Kenntniss der im 
Boden enthaltenen löslichen Nahrungsmittel : zu verschaffen 
suchen ‚ohne‘ die zur Zeit noch wunlöslichen Stoffe ganz zu 
vernachlässigen, da sie ein Kapital für spätere Zeiten bilden. 
Ferner ist es nöthig, den Zustand der Zerkleinerung der 
Ackerkrume und die Fähigkeit, Feuchtigkeit und Wärme aus 
der Luft aufzunehmen, genau zu erforschen. Sind diese Be- 
dingungen alle erfüllt, ‚so kann man mit ziemlicher Sicherheit 


— 159 — 


ein Urtheil über die Fruchtbarkeit eines Ackers fällen, natür- 
lich immer mit Rücksicht auf bestimmte Kulturpflanzen. So 
lange dies nicht möglich, muss man die Beurtheilung Land- 
wirthen überlassen, die in der Gegend zu Hause sind; ganz 
falsch ist es aber, zu glauben, dass Jemand, weil er Land- 
wirth ist, schon im Stande sei, jeden Acker richtig zu beur- 
theilen; er kann dies nur in der Gegend, wo er zu Hause 
ist und neben den Aeckern aufgewachsen, die er beurtheilen 
soll. In einer fremden Gegend wird das Urtheil des prakti- 
schen Landmannes .oft gar schi.f ausfallen. 


Viertes Kapitel, 


Von der Bodenverbesserung oder Melioration. 


Der Ackerbau hat nicht allein die Aufgabe, Pflanzen über- 
haupt zu erzeugen; es sollen vielmehr möglichst viele Pflanzen 
der für ihre Verwendung besten Art, also Pflanzen von be- 
stimmten Eigenschaften auf die vortheilhafteste Weise erzeugt 
werden. Je mehr die Bevölkerung eines Landstriches zu- 
nimmt, desto mehr steigern sich die Bedürfnisse, desto höhere 
Anforderungen müssen an den Ackerbau gestellt werden. So 
lange die Bevölkerung dünn ist, wird man nur die besten 
Bodenarten bebauen; vermehrt sie sich, so muss man nicht 
nur den geringern Boden auch kultiviren, sondern man wird 
darauf denken, durch Verbesserungen aus der gleichen Fläche 
mehr Früchte zu erzielen. Bei diesen Verbesserungen handelt 
es sich vor allen Dingen um den Kostenpunkt, und bevor 
man die Melioration eines schlechten Bodens beginnt, ist die 
Frage zu prüfen, ob man nicht mit geringern Kosten die zu 
gewinnenden Produkte aus andern Gegenden beziehen kann. 
Sehr oft wird man jedoch finden, dass schon ein geringer 
Kostenaufwand hinreicht, um einem undankbaren Boden die 
Eigenschaften zu ertheilen, die ihn in einen recht tragfähigen 


— 161 — 


verwandeln. ' Wie sich durch. den: Fortschritt der. Naturwissen- 
schaften. und: der ‚mechanischen Gewerbe; . unsere. Hülfsmittel 
immer: mehr und. mehr. vervollkommnen, wird es.auch immer 
mehr möglich, werden, bisher, unbenutzten oder. wenig. erträg- 
lichen, Boden ;,in brauchbaren und: fruchtbaren ‚zu ‚verwandeln, 
und auf;,diese Weise das. Gespenst der Uebervölkerung, das in 
vielen. Köpfen | spukt, ‚zu .verscheuchen; es. wird. .dies um so 
nothwendiger ‚'.je höher. das .Bedürfniss nach 'Pflanzenstofien 
steigt. Denn wie man in einem Gefäss von bestimmter Grösse 
auf einmal. nur’ eine. begrenzte ‚Menge von ‚Fleisch ‚kochen 
kann, um es. geniessbar zu. machen, so kann auch. ‚auf ‚einer 
begrenzten ‚Bodenfläche auf einmal nur‘ eine. ‚bestimmte Menge 
von, Stoffen, ein: Maximum, in organische, Materie. verwandelt 
werden, in ‚Pflanzensubstanz ;, die. Art..der. ‚Pflanzen. und. das 
Klima bedingen dieses: Maximum eben. so. sehr; 'als ‘die Be- 
schaffenheit ‚des: Bodens. Es ist. daher. die ‘Aufgabe, die ‚kultur- 
fähige Fläche zu vergrössern. Auf der. andern Seite. kann:-man 
durch Verbesserung der Apparate dennoch. auf.einmal in gleich 
grossen: Gefässen mehr produziren;. eben so kann man dureh 
Verbesserung des Bodens die Tragfähigkeit desselben erhöhen. 

Die ‚Eigenthümlichkeiten der Pflanzen können wir ‚sehr 
wenig, die des Klimas gar nicht verändern, und es. bleibt: uns 
nur der. Boden ‚übrig, auf: den wir: unsere Thätigkeit ‚zu: rich- 
ten haben, sei es, dass wir ihm Nahrungsmittel zuführen, sei 
es,. dass wir, ihn dauernd verändern ‚durch Eingreifen ‚in die 
Konstitution desselben, In dieser Beziehung unterscheidet sich 
der Ackerbau durchaus nicht von andern technischen Gewerben! 
In frühern Zeiten presste man durch Walzen. den Zuckersaft 
aus dem Zuckerrohr und verlor dabei einen grossen Theil des 
Saftes; den erhaltenen Saft kochte man in oflenen Gefässen 
über freiem Feuer ein, und wiederum ergab sich ein nicht un- 
bedeutender Verlust. Jetzt kocht man den Salt, den man mit 
hydraulischen Pressen gewonnen hat, in; Vacuumpfannen ein, 
so. dass es sogar. möglich geworden ist, ‚aus viel: zuckerärmern 
Pflanzen, den Rüben, den Zucker. zu gewinnen ‚und mit dem 

Filly, Ernährungsverhältnisse, 11 


—- WR 


Kolonialzucker zu konkurriren, weil’ wir den Vortheil der bes- 
sern Apparate voraus haben. So muss auch der Landwirth 
seinen Apparat, das ist’'der Acker,’ verbessern, wodurch''es 
ihm möglich wird, oft‘ mehr aus seinem ärmern Boden und 
in einem’ ungünstigern Klima zu erzielen, als ein ‘Anderer aus 
reichem: Boden bei fruchtbarem Klima, wenn er' nicht ein 
Gleiches thut. Nicht immer ist der grössere Erfolg da,’ wo 
die grössern Hülfsmittel sind, sondern sehr oft da, wo' In- 
ielligenz den Mangel ersetzt. Izislr 

Die Arbeiten, welche auf eine dauernde Verbesserung des 
Bodens gerichtet sind, insoweit sie sich also nicht auf eine 
Zufuhr von Nahrungsmitteln erstrecken, welche immer wieder- 
holt werden muss, pflegt man Meliorationsarbeiten zu nennen; 
die hauptsächlichsten derselben 'wollen wir hier näher betrach- 
ten. Die Meliorationsarbeiten haben unter allen ‘Umständen 
den Zweck, dem Boden einen fehlenden Gemengtheil zuzu- 
führen oder einen ihm nachtheiligen zu entfernen. 

Die einfachste und Jedem von selbst einleuchtende Verl 
besserung besteht darin, grössere Trümmer von Gesteinen aus 
dem Boden zu entfernen, indem diese einerseits den Beacke- 
rungsarbeiten hinderlich sind, anderseits den Wurzeln’ nicht 
gestatten, sich nach allen Seiten frei auszubreiten. Hier hilft 
immer nur ein Auslesen’ mit der Hand, und es bedarf diese 
Art der Verbesserung keiner weitern Betrachtung. 

Unter allen Bestandtheilen des Ackerbodens veranlasst 
das Wasser die häufigsten Meliorationen, indem es bald im 
Uebermass vorhanden ist, bald mehr oder weniger mangelt; 
wir wollen daher diese Arbeiten zunächst einer Betrachtung 
unterziehen. 


Entwässerung und Bewässerung. 


Die nachtheiligen Folgen des Wassermangels sind zu ein- 
leuchtend, um eine weitläufigere Besprechung zu erfordern; 
denn wo kein Wasser vorhanden ist, können die im Boden 
enthaltenen nährenden Substanzen nicht gelöst werden; da 


=. Mm 


die Pflanzen aber nur gelöste Stoffe aufnehmen, so kann beı 
'vollständigem Wassermangel von einer Pflanzendecke selbst- 
verständlich keine Rede sein; wo aber auch kein absoluter 
Wassermangel herrscht, sondern ‘die Wassermenge nur eine 
geringe ist, muss die Vegetation aus Mangel an Nahrung eine 
dürftige bleiben, weil den Pflanzen nur wenig Nahrungsflüs- 
sigkeit zugeführt wird; es geht dann den Pflanzen , wie dem 
‘Menschen, der bei mangelhafter Nahrung bald verfällt. Der 
Wassermangel ist aber häufig eine Folge des schlechten Bo- 
dens, und alle Mittel, welche dazu dienen, den Boden zu 
verbessern, tragen mittelbar zur Vergrösserung der wasserhal- 
tenden Kraft, zur Vermehrung des Wassers bei, wie umgekehrt 
eine Zufuhr von Wasser einen grossen Theil der schlechten Ei- 
genschaften eines Bodens minder nachtheilig machen kann. 

Im Allgemeinen wird in Europa der Boden, mit Aus- 
nahme der Wiesen, nicht direkt bewässert, während dies in 
einigen Theilen China’s im grossen Massstabe ausgeführt wird, 
weil die Kulturpflanzen der Chinesen, der Reis, eine Bewäs- 
serung verlangen; auch. die Zuckerrohrplantagen werden viel- 
fach bewässert. 

Wo das Land gegen die benachbarten Seen und Flüsse 
nicht zu hoch liegt, lässt sich oft schon durch wenige Gräben, 
wenn anders das Gemenge des Bodens so beschaffen ist, dass 
es kapillarisch wirken kann, eine recht vortheilhafte Bewäs- 
serung herstellen. Hat man elementare Kräfte, z. B. Wasser- 
gefälle zur Verfügung, sc lassen sich diese mitunter recht 
vortheilhaft zur Bewässerung benutzen, und wir glauben, dass 
hier noch viel für den Ackerbau geschehen kann. In den 
meisten Fällen jedoch sind die klimatischen Verhältnisse die 
Ursache eines in gewissen Jahreszeiten eintretenden Wasser. 
mangels. Gegenden, die früher reich und fruchibar waren. 
'haben mit der fortschreitenden Entwaldung ihre frühere Frucht- 
barkeit mehr oder weniger eingebüsst. Die Waldungen er- 
zeugen durch die grosse Verdunstungsoberfläche eine stärkere 
Abkühlung; wenn nun mit Wasserdampf geschwängerte Luft- 

Pi". 


— :164 — 


‚ströme die. Wälder: treffen, ‚so müssen sie in‘ Folge der Ab- 
kühlung einen. Theil des Wassers. abgeben; ‚auf. der andern 
Seite vermindern die. Waldungen,,, indem sie, die Winde, bre- 
chen, .die .austrocknende Kraft ‚derselben, _Wo aber ‚die Wal- 
dungen ausgerottet sind, da streichen die Lüfte ungehindert 
über die Landschaft hin, ohne von ihrem Wasserreiehthum 
abzugeben und die Felder zu befruchten; die trocknen ‚Winde 
befördern die Verdunstung und entwässern den: Boden noch 
mehr. Diesen Nabhtheilen lässt sich auf verschiedene Weise 
bis zu ‘einem gewissen Grade abhelfen: Die Gemeinden und 
Staaten sollten darauf sehen, dass die Wälder nur mit: der 
grössten Vorsicht niedergelegt werden; ‚denn ‚nicht immer, ist 
eine für den Ackerbau gewonnene Fläche, ein wirklieher. Ge- 
winn für die Produktionsfähigkeit einer Gegend; was an, Fläche 
gewonnen wird, kann an Fruchtbarkeit verloren gehen: Wo 
die Entwaldung schon zu weit gediehen ‚ist, sollte man wieder 
die Hügel bewalden. Im Einzelnen lässt sich viel: dadurch 
erreichen, dass man: in den Feldmarken Hecken: anpflanzt. 
Diese halten die Luftströmungen in der Nähe des Bodens auf 
und vermindern so die Verdunstung, so dass dem Boden mit 
dem Wasser zugleich die Wärme erhalten wird, welche zur 
Verdunstung verbraucht würde; denn es ist eine bekannte 
Erscheinung, dass die Verdunstung um so schneller von Statten 
geht, je heftiger die Windströmungen sind. Man. erkältet ‚sich 
in der Zugluft nicht um deswillen, weil, man etwa von. kalter 
Luft getroffen wurde, ‚sondern weil die Zugluft die Ausdün- 
stung unserer Haut befördert; bei jeder Verdunstung wird aber 
durch den Dampf Wärme gebunden, die in diesem Falle un- 
serem Körper entzogen werden muss. 

Es ist selbstverständlich, dass man die Hecken so anzu- 
legen hat, dass die herrschenden Winde rechtwinklig auf die- 
selben treffen. Weil aber in unsern Gegenden die Ost- und 
Westwinde ‚vorherrschen, so müssen die Hecken die Richtung 
von Nordwest nach Südost. haben. Nicht zu verkennen ist 
allerdings, dass die Hecken einige Nachtheile haben, indem 
sie das Feld beschatten und im Frühjahr der Schnee in deren 


— 165 — 


Nähe etwas länger liegen bleibt; ‘duch sind diese Nachtheile 
im Ganzen unerhebiich. 

Endlich sei hier noch des Einflusses Erwähnung gethan, 
welchen der Dünger auf den Wassergehalt des Bodens hat; 
er ist wie der Humus unter allen Substanzen am meisten be- 
fähigt, Wasserdampf aus der Luft zu verdichten, und kann so 
eine Quelle des Wassers für den Boden werden. Ein humus- 
reicher, gut gedüngter Boden hat weniger von der Dürre zu 
leiden. ON 

Die Nachtheile des zu grossen Wassergehaltes eines Bo- 
dens beruhen im Wesentlichen darauf, dass das Wasser den 
Zutritt der Luft verhindert. Dadurch wird die Zersetzung der 
Humusbestandtheile eine solche, dass Stoffe entstehen, welche 
nicht nur nicht als Nahrungsmittel dienen können , sondern 
welche sogar auf die meisten Kulturpflanzen wie Gifte wirken; 
dagegen rufen sie eine Vegetation hervor, die der Sumpf- 
pflanzen, unter welcher die Kulturpflanzen ebenfalls zu Grunde 
gehen müssen. 

Es handelt sich hier zunächst um die Ursachen, durch 
welche dem Boden zu viel Wasser zugeführt oder erhalten‘ 
wird, indem sich nach der Art derselben auch die Abhülfe zu 
richten hat. Wird das Wasser einzig und allein durch eine 
zu starke Haarröhrenanziehung in dem Boden festgehalten, sv 
kann man es nicht unmittelbar entfernen; man muss auf Um- 
wegen zum Ziel zu kommen suchen. Ist ein Boden sehr fein 
vertheilt und besteht aus solchen "Substanzen, welche das 
Wasser stark anziehen und mit grosser Hartnäckigkeit fest- 
halten, wie Thon und Humus, so kann der Wassergehalt unter’ 
Umständen leicht zu gross werden. Hier lässt sich kaum 
etwas Anderes thun, als den Boden mit Quarzsand oder grobem 
Kalksand zu mengen, wodurch die Verdunstung vermehrt, die 
wasserhaltende Kraft vermindert wird; ein sorgfältiges "Auf- 
lockern wird ebenfalls von günstigem Erfolge sein; auch kann 
die später zu betrachtende Drainirung, wenigstens in den 
nassen Jahreszeiten, beitragen, einen Theil des Wassers ab- 
zuleiten. | 


—. ib — 


Bei weiten. in., den ‚meisten Fällen ‚hat die zu . grosse 
Wassermenge eines Ackers ihre Ursachen in den. Lagerungs- 
verhältnissen der Bodenschichten, wo. sich die überschüssigen 
Wässer oft unmittelbar durch oflene Gräben oder Drainröhren 
ableiten lassen. | | 

Zum nähern Verständniss wollen wir die am häufigsten 
vorkommenden Lagerungsverhältnisse etwas genauer: be- 
trachten. ’ 

Nehmen wir an, der Acker habe zu oberst eine Schicht, 
welche das Wasser leicht durchlässt; unter‘ dieser ‚aber be- 
finde sich. ein muldenförmiges Thonlager, welches .das.. Wasser 
aufhält. Fig. 18 Tafel II möge das eben Gesagte veranschau- 
lichen, indem « die 'durchlassende Schicht, 5 die Thonschicht: 
bezeichnet. Alles Wasser, welches durch Regen. oder Schnee 
aus der Atmosphäre, aus Quellen oder höher gelegenen Was-, 
seransammlungen durch Druck in dies Becken gelangt, wird, 
sich . darin ansammeln und das Becken ausfüllen, wenn die, 
Verdunstung nicht gross. genug ist, eine äquivalente, Menge 
zu entfernen. Liegt die Thonschicht nicht zu tief und: befindet 
sich unter ihr wieder Sand, von wo aus ein Abfluss möglıch, 
ist, so. ist das, einfachste und am wenigsten kostspielige Mit- 
tel, die Schicht Thon an verschiedenen. Stellen mit Röhren 
zu durchsetzen, so dass das Wasser durch. die Löcher in..den 
unten befindlichen Sand entweichen kann. ‚Natürlich ‚müssen 
diese Oeffnungen an, den. tiefern Stellen der Mulde. ange- 
bracht werden. ’ | 

Befindet sich aber unter der „zweiten -Sandschicht, ein; 
dem. obern ähnlich gebildetes Tlıonlager, so können die. Löcher 
Nichts nützen, indem sich auch die untere Sandschicht bald) 
voll saugen, würde. In diesem Falle muss man. Gräben. au- 
legen, welche den aufgebogenen Rand. der 'Thonmulde‘, durch- 
brechen; es; ist. selbstverständlich, dass die Gräben so. zu 
ziehen sind, dass sie ein Gefäll haben. ' Versieht man die 
Gräben mit Schleusen, so kann man damit, den ‚Wasserabfluss 
reguliren. Bei einem sehr durchlassenden” Boden kann. die 
Zahl dieser Kanäle beschränkt sein, und oft wird ein einziger 


— 167° — 


genügen, wenn.er ‚nur so, gezogen ist, dass der Boden sich 
allseitig. zu’ ihm hinneigt,..., Bei einem Boden von grösserer 
wasserhaltender. Kraft ist ‘es nothwendig, verschiedene schmale 
Quergräben nach dem Hauptkanal zu führen. Was die. Tiele 
der anzulegenden. Gräben betrifft, so wird sie da am gering- 
sten sein müssen, wo: der aufliegende Boden sehr leicht durch- 
lässt, weil anders die Austrocknung bald zu weit getrieben 
werden könnte. Als Regel kann man annehmen, dass eine 
Tiefe von zwei bis. fünf Fuss für, alle Fälle ausreicht. 

Wenn ein Ackerland am Fusse einer Erhebung liegt und 
bier entspringende Quellen keinen andern Ausweg haben, als 
in den durchlassenden Boden desselben, weil unterhalb eine 
Thonschicht sich befindet, die horizontal liegt, so ist es oft 
möglich, die Quellen am Fusse der Erhebung, von woher sie 
kommen, durch einen. tiefen Graben abzuleiten; im Nothfall 
verlettet. man die Wand des Grabens an: der Seite, wo der 
Acker liegt. 

Liegt endlich die Oberfläche nur wenig höher als der 
Spiegel der nächsten Wasseransammlungen in Flüssen oder 
Teichen, so nützen Gräben nur wenig, da sie allein das durch 
Regen oder Schnee auf den Boden gelangende Wasser aul- 
nehmen können. Hier ist nur eine Erhöhung des Bodens er- 
spriesslich. Wo dies jedoch nicht durch Abfahren nahe ge- 
legener Hügel ausführbar ist, kanu man noch auf die Weise 
einen Theil des Bodens verwerthen, dass man gewölbte Beeie 
aufwirft, indem man theilweise vertieft. 

Eine andere Annahme ist die, dass die obere Schicht 
aus-Lehm oder Thon bestehe, welche  Erdarten das Wasser, 
das in Form von Regen und Schnee auf sie fällt, nur lang- 
sam aufsaugen.:: Auf solchen Aeckern bilden sich nach jedem 
Regen Tümpel, in denen das Wasser tagelang steht, wenn 
sonst ‚auch der. Boden Gefälle hat. In diesem Falle ist es 
die erste Aufgabe, das Land beim Beackern möglichst sorg- 
fällig zu ebenen und an der tiefsten Stelle flache Gräben au- 
zulegen, in welche das überschüssige Wasser abfliessen kann. 
Bei grössern Grundstücken hat man einen Hauptgraben nöthig, 


— 168 — 


in welchen die Nebengräben münden; seine Breite und Tiefe 
ist durch die’ Menge des’ Wassers und durch die Neigung des 
Gefälles bedingt. Je fetter ein solcher Boden ist, um so 
grösser muss die Zahl der Gräben‘ werden; 'ein 'zu starkes 
Austrocknen kann hier kaum eintreten, weshalb 'män' 
den Hauptgraben unbedenklich vertiefen’ katin. 2 

Es ist selbstverständlich , dass durch die Anlegung offe- 
ner Gräben "in ‘den’ Aekern die Oberfläche, welche bebaut 
werden kann, nicht unbedeutend vermindert wird,‘ und zwar 
um so mehr, je’ grösser die Zahl’ der Gräben ist; ausserdem 
ist aber noch die Wirkung derselben ‘oft eine sehr mängel- 
hafte. In gebirgigen: Gegenden, wo ‘die’ Ackerflächen "schon 
an und für sich sehr beschränkt sind, tritt dieser Uebelständ 
bei nothwendiger: Entwässerung um 'so bedeutender hervor. 
Daher haben die ’Landleute in solchen Gegenden schönin 
frühern Zeiten mit Feldsteinen in ihren 'Aeckern unterirdische 
Kanäle erbaut, versteht sich ohne Mörtel. Dadurch sind’ ih 
Innern des Erdreichs grössere Hohlräume erzeugt, die das 
Wasser bequem ableiten können, wenn sie, "wo nothwendig, 
mit 'Gefäll angelegt sind. An den Fugen, wo die Steine ’zu- 
sammenstossen,, sickert das Wasser aus dem darüberliegenden 
nassen Boden in die Kanäle, und es bewegt sich in ihnen, 
dem Gesetz der Schwere folgend, um so leichter abwärts, als 
der Bewegung kein Hinderniss im Wege steht, ‘wie dies bei 
den engen Poren des Erdreichs der Fall ist! In der Graf- 
schaft Glatz’ in Schlesien haben wir derartige Kanäle . 
mein verbreitet gesehen. 

Weil man aber nicht überall Ne RC TETTNEDARHE Ver- 
fügung hat,: auch die Arbeit viel Zeitverlust verursacht, &o “ist 
die Drainirung oder Entwässerung durch Thonröhren, wel- 
che in neuerer ‘Zeit in der Ländwirthschaft eingeführt und 
schon weit verbreitet’ ist, bei weitem allgemeiner‘ und auch 
weniger kostspielig 'ausführbar. Die Drains oder 'Thonröhren 
sind überall leicht zu haben, die Arbeit ist 'schheller abzu- 
thun, und die einmal ausgeführte Melioration unterliegt weniger 
häufigen Störungen. " Die Dräinirung kann "natürlich nur "da 


— 169 — 


von Nutzen sein, wo ein nicht zu geringes Gefälle: vorhanden 
ist, weil in den Röhren wegen ihrer Enge eine bedeutende 
Reibung stattfindet und dadurch der Wasserstrom aufgehalten 
wird. Bei der Anwendung der Drains geht keine Oberfläche 
verloren, weshalb ‘man sie in unbeschränkter Zahl anwenden 

kann, so dass 'sie in Folge ihrer Menge‘ auf einem Boden noch 
von 'Nutzen''sein ‘können, 'wo Gräben 'gar'keinen Erfolg haben. 
Allerdings werden in ‘der Regel noch einige Gräben nöthig 
sein, ‘welche im Frühjahr‘ das Schneewasser wegführen, da 
beim schnellen Thauen ‘das Wasser nicht rasch genug durch 
den’ Boden zu den Röhren gelangt. / 

' Die Drains -sind ein bis zwei Fuss lange 'Thonröhren von 
drei bis sechs Zoll lichter Weite /"theils mit einer Glasur 'ver- 
sehen, theils ohne dieselbe. Man legt sie ohne Bindemittel 
mit ihren offenen Enden aneinander, so dass sie unterirdi- 
sche Kanäle bilden.‘ Indem das Wasser durch den hydrostati- 
schen Druck’ nach unten gedrängt wird, trifft es auf ‘diese 
Fugen; weil hier der geringste‘ Widerstand zu überwinden 
ist, gelangt es in die Röhren, durch die‘es auf der geneigten 
Sohle: leicht abfliesst. : Früher ‘wendete män' allgemein nur 
unglasirte Röhren an, weil‘ man ‘glaubte, das’ Wasser dringe 
hauptsächlich durch die Poren des gebranuten Thones. Die 
Menge des so abgeleiteten Wassers würde jedoch sehr gering 
sein, und Versuche haben gezeigt, dass man. mit fast eben so 
grossem Vortheil glasirte Röhren anwenden kann, welche den 
Vortheil der geringern Zerbrechlichkeit "haben. 

Je tiefer man die Röhren legt,' desto weiter‘ lassen sich 
die einzelnen Stränge ‘von ’einander entfernen, um einen glei- 
chen Effekt zu erzielen; ‘doch: ist es nicht rathsam, zu tief 
zu gehen, besonders bei schwerem 'Boden,, weil mit der Tiefe 
der Widerstand offenbar steigt, ‘den das Wasser’ im Erdreich 
findet. Im: Allgemeinen bringt‘ man ‘die Drains in’ einer Tiefe 
von’ drei bis zehn Füssen ‘an, je’nachdem der Boden weniger 
oder mehr im Stande ist,’ das Wasser‘ durchzulassen. 

'" Fassen wir noch einmal in’ 'der Kürze zusammen, ' wo- 
dureh der Wassergehalt eines Bodens verändert ‘werden kann, 


— Mm — 


so.',geschieht dies entweder ‚durch: eine, Veränderung ‚der Mi- 
schungsverhältnisse der einzelnen Erdarten desselben ,, ‚oder 
durch‘ Beschleunigung, respektive ‚Verzögerung der: Verdunstung; 
oder durch unmittelbares. Zuführen und. Ableiten des Wassers, 
Kein. Landwirth aber: sollte. die Nothwendigkeit. derartiger, Ar- 
beiten zu gering achten, da'er. oft, durch Aufwenduug ‚geringer 
Mittel: grosse Strecken unfrachtbaren . Landes ‚dem, ‚Ackerbau 
gewinnea und dadurch seinen: Wohlstand. heben. kann. . Aller- 
dings ‚erfordern diese ‚Arbeiten mitunter ein ‚grosses, Anlage- 
kapital, und die Kreditverhältnisse sind leider ‚auf. dem platten 
Lande noch ganz unentwickelt,,.. Stellt’ sich, ‚aber durch! eine 
sorgfältige . Prüfung ‚aller. ‚Verhältnisse, heraus, ..‚dassı die Un- 
kosten ‚unter allen Umständen ‚gedeckt werden, so sollte; man 
die. Molioration nie unterlassen. Eben.;so..sehr wollen. wir 
aber, vor. allen .‚unüberlegten  Verbesserungsarbeiten, warnen, 
denn nicht selten. verzehren: dieselben. ein ‚Kapital, .das ‚der 
Boden nie zu verzinsen. vermag.  Vor.allen Dingen ‚hüte man 
sich. vor. Pfuschern ‘und; Charlatanen, ‚die in: ihrem eigenen 
Interesse die Leute zu Unternehmungen zu ‚bewegen, ‚suchen; 
von denen. sie keine Vorstellung. haben; sie versprechen goldne 
Berge auch da, wo man: ohne, Vortheil. Berge ‘von Gold in 
den Boden stecken. muss. G oih H 


Melioratiönen durch Zufuhr von Erdarten. 


Häufig kann ein ‚Acker. schon durch ‚eine. geringe‘ Zufuhr 
von. Erdarten dauernd verbessert werden; ‚man ‚sollte. ‚daher 
diese Arbeiten, selbst wenn ‚sie etwas  kostspielig  erschei- 
nen, nicht versäumen, da der.-Acker ‚durch, dieselben, ‚un- 
gleich der Düngung. Eigenschaften für. ewige, Zeiten, erhalten 
kann, die seinen Werth'.bedeutend steigern.‘ Da übrigens die 
Erdoberfläche, wie wir. in ‚einem frühern: Kapitel’ gesehen 'ha- 
ben, :aus ‚Schichten besteht, ‚so ist es oft-möglich, sehon. durch 
eine tiefere Bearbeitung die gewünschte ',Erdart, allmälig, ‚an 
die. Oberfläche zu bringen. und mit der Ackerkrume zu ımen- 
gen. : Wo dagegen die. gewünschten ‚Substanzen tiefer‘ liegen, 


re 


kann es vortheilhaft erscheinen, ‚sie an einzelnen: Stellen ‚aus- 
graben! zu lassen; wenn'sie sich aber. gar micht.; oder zu tief 
in. dem. zu: verbessernden Boden befinden, so müssen sie her- 
beigefahren. werden. | | 

"Wenn man. einen .bindigen, sehr zähen: Thonboden hatı 
welcher: die Beackerung im höchsten Grade erschwert und für 
die Kultur fast unbrauchbar ist, weil weder: die Pflanzenwur- 
zeln, noch die atmosphärische Luft ‚und das ‚Wasser eindringen 
können, so 'wird eine Zufuhr von. Sand, den Boden ungemein 
verbessern und ihn bei hinreichender Menge in: einen äusserst 
fruchtbaren verwandeln könnenz;; denn der: Quarzsand ist, wie 
wir, oben sahen, eine nothwendige Bedingung ‚jedes; frucht- 
baren. Ackerbodens. : Da der Sand nicht erst an: der Luft: zu 
verwittern braucht, so,,kann. man. diese Arbeit. zu: jeder: Jahres- 
zeit. ausführen, dans sa m 

‚Mitunter'kommen: Bodenarten ‚vor, die aus einem: Ääussers® 
feinen ‚Kalkschlamm bestehen, welcher ähnliche. Eigenschaften 
wie; der, Thon ‚zeigt; auch hier wird eine Alcasuus mit: Sand 
nur vortheilhaft wirken. 

In beiden von.uns erwähnten Fällen kann.;man ‚den Sand 
durch . Moder ersetzen; man darf jedoch zur. ‚Verbesserung 
_ eines ‚sehr schweren, bindigen Bodens;. nicht ‚sehr- zersetzten 
Moder anwenden, weil. dieser die wasseranziehende Kraft noch 
verstärken ‚würde, statt, sie zu schwächen. Man ‚wählt hier 
solche Torfmassen,, die möglichst zerfalien und. staubig sind, 
sich daher leicht uud vollständig 'mit. dem Thon on 
lassen. ; 

Hat, man: einen. reinen Moorboden;..; so. Ist dich zwar, 
ungleich dem. reinen ‚Thonboden, für die. Kultur gewisser- Ge-' 
wächse einigermassen brauchbar.‘ Eine Zufuhr. von ;Sand ver- 
bessert. ihn aber ausserordentlich, und ‚ist fast mühelos, . wenn 
derselbe in. der. Nähe in genügender Menge; zu. . haben. ist. 
Man bedeckt den Moor während des. Winters mit, einer einige 
Zollihohen Sandschicht und kann: im. Frühjahr ‚in: diese Schicht 
Hafer säen, ohne weitere Beackerungsarbeiten nöthig zu haben. 
Bei, etwas. grösserer Nässe des. Moores wiederholt. man,..im, 


— 11 — 


nächsten Winter und Frühjahr dieselben Arbeiten‘; im folgen- 
den Jahre kann’ man den ‘Boden alsdann ‘umackern ‚'‘da die: 
Grasnarbe : unter dem'' Sande vergangen ist, und’ kann''nun 
Wintergetreide säen. Bei noch grösserer Nässe” aber! muss 
der. Moorboden zuvor entwässert werden, weil anders’ 'äuf dem 
nassen: Sandboden: eine: Sumpfvegetation- von Binsen, 'Rietgrä- 
sern ‘und »Schachtelhalmen ' sich bilden würde, wie 'sie' ‘dem’ 
Ackerbau Nichts weniger 'als vortheilbaft'ist. | | 
Was die Zufuhr von’ Lehm betrifft, so bewirkt sie unter 
allen Umständen‘ eine Verbesserung ‘des Sandbodens, und zwar 
nach .zwei ‚Seiten hin.’ ‘Denn’ theils wird derselbe’ durch ''den 
zugeführten Lehm’ bindiger und erhält eine grössere wasser-' 
anziehende Kraft, kurz alle die Eigenschaften‘, welche‘ einen 
Acker, insofern wir ihn nur 'als Werkzeug betrachten, 'frucht- 
barer machen; theils enthält aber der Lehm selbst pflanzliche 
Nahrungsmittel, die zwar noch nicht zersetzt sind, sich doch 
aber mit: der Zeit durch‘ die Einwirkung der Luft und’ des 
Düngers ‘zerlegen und: so mittelbar den’ Acker bereichern. In-" 
dem der Lehm den Boden bindiger macht, kann die’ Luft" 
minder‘ leicht in: ‘den ‚Boden: dringen, daher‘ wird ‚der 'dem- 
selben beigemengte Dünger weniger schnell zersetzt, ‚wie dies’ 
in reinem Sandboden der Fall ist. Da auf ‘diese Weise von 
den’ Nahrungsmitteln weniger verloren ‘geht, ‚kann man ‘den’ 
Lehm, abgesehen von seinem eigenen Gehalt von zur' Zeit‘ 
noch: nicht verwendbaren Nahrungsmitteln, einer ‘gewissen 
Menge des Düngers gleich achten; man darf diese weniger‘ 
auf den Acker geben, um einen eben so grossen Ertrag zu‘ 
erzielen, als vorher mit mehr Dünger. Eine Zugabe von’ zehn 
Prozent Lehm zu dem Sandboden kann oft einen Acker 'un- 
gemein verbessern und ist bei ‘weitem ‘weniger 'kostspielig, 
als eine jährlich sich wiederholende Düngung mit Guano und 
andern Dimgstoffen, die man: oft mit grossen Kosten 'weit über’ 
das Meer 'herbeiholt, während im: Acker selbst’ das  nöthige‘ 
Material vorhanden ist, ‘womit''man ihn ertragreicher machen‘ 
könnte. '' Leider ‘giebt ‘es gerade’ in der Landwirthschaft ' des 
Vorurtheils und des Schlendrians noch so’ viel, wie’ kaum: 


— 13 — 


irgend: wo ;: gegen eine Verbesserung des Bodens ' durch’ Lehm 
herrscht in einigen. Gegenden: eine wahrhafte Abneigung. 

‚In :vielen ‚Fällen: lässt sich: in Folge 'der Lagerungsverhält- 
nisse) ‚die erwähnte‘ Verbesserung schon durch Tiefpflügen oder 
durch eine tiefe Bearbeitung ‘mit: dem ‘Spaten ausführen;  un- 
ter, andern Verhältnissen ‚muss man nn den Lehm‘ herbei- 
fahren. | u 
Unter keinen : Umständen ‚darf: man: den herbeigefahrenen 
Lehm sofort : über den Acker ausbreiten oder ihn gar unter- 
pflügen;, er muss vielmehr: auf ‚längere ’Zeit, am besten einen 
Winter und dann: einen, Sommer hindurch in nicht zu grossen 
Haufen ‚liegen bleiben.;: Wenn die Haufen mässig ‘gross sind, 
können die atmosphärischen Wässer und die Luft eindringen 
und die eingeschlossenen organischen Reste, wenn solche vor- 
handen, zersetzen. Die auf diese Weise frei werdende Kohlen- 
säure wirkt  theils mechanisch auflockernd,  theils chemisch 
zersetzend.', Im; Winter gefriert : das; eingedrungene "Wasser, 
und ‘die Ausdehnung des Eises unterstützt ı die Wirkung ‘der 
eingeschlossenen ‚Gasarten; das Zerfallen des Lehmes wird: be- 
schleunigt und die Mengung ‚desselben mit dem Sande 'erleich- 
tert. Ist’der Lehm ‚mergelartig, d.h. enthält er Kalk, so ge- 
schieht die Zerkrümelung. noch schneller; wo der: Kalk fehlt, 
kann man ihn zum ‚Lehm geben. Die innige. Mengung' des 
Lehmes‘ mit ‚dem ‚Sande ist die. Hauptbedingung für "einen 
günstigen Erfolg; man muss zu diesem: Ende die passendsten 
Ackergeräthschaften wählen. 

Einen ganz vorzüglichen Nutzen gewährt es, wenn man 
Lehm und Moder oder Dünger in Haufen ‚liegen :und sich zer- 
setzen lässt und das erhaltene Produkt dem Boden beimengt. 
Die Wirkung des Düngers besteht nicht allein in der mecha- 
nischen Lockerung: des Lehmes, sondern auch dar in, dass die 
dem Thon beigemengten Mineralien zum: Theil zersetzt: und 
löslich gemacht werden. 

Die Wirkung ‚des Moders auf ‚Sandboden ist'/im Allge- 
meinen ‚der des Lehmes ähnlich. Auch den:Moder darf man 
nicht sofort mit dem Sande :mengen wollen, weil er unzersetzt 


‚ — 14 — 


‚mitunter ‚eher: ‚nachtheilig' als vortheilhaft "wirkt. Er muss 
vielmehr in: mässig (grossen: 'Haufen 'aufgeschülttet ; mit: Kalk 
und ‚Asche gemengt und, wenn.es sein kann, 'von Zeit zu Zeit 
mit, Jauche:' hegosssen” werdeni:'':Die so behandelten’ Haufen 
haben. im‘ Innern eine ‘ziemlich gleich bleibende Feuchtigkeit 
und ‚nehmen in'Folge ‚der'Gährung ‘eine 'höhere Temperatur 
an, welche die vollständige Zersetzung ausserordentlich ''be- 
schleunigt. Die ‚Beimengung: von: Kalk‘ ist nicht allein des- 
wegen wichtig, weil derselbe die Zersetzung "befördert, sondern 
auch um deswillen,, weil er: die: sauren ‘Humuskörper ans 
und sie so für: die Pflanzen unschädlich macht. 
An Orten, wo Möder und Lehm mit gleichem Kostenauf- 
'wande herbeigeschafft :werden können ‚könnte man zweifelhaft 
sein, ob. die:eine ‚oder die andere Substanz  vortheilhafter zu 
verwenden: sei? Fassen wir’ jedoch‘ die Wirkung ' derselben 
ins'Auge, so ‚lässt sich. die Frage leicht entscheiden. 'Der Lehm 
vergrössert: nicht »nur: die wasserhaltende Kraft des: ’Sandes, 
‚sondern er macht: ihn ‘auch bindiger, verhindert somit den 
allzuleiehten:Luftzutritt und giebt den Pflanzen 'einen 'grössern 
Halt im ‚Boden; der Moder vergrössert zwar auch die 'wasser- 
haltende' Kraft des:'Sandes, aber: er macht unter Umständen 
die Ackerkrume‘ noch: lockerer ; "daher ist von vornherein die 
Zufuhr‘; von: Lehm: der von Moder'' vorzuziehen. Am vortheil- 
haftesten dürfte es übrigens sein, ein Gemenge beider‘ Sub- 
stanzen anzuwenden, doch mit vorherrschendem Lehmgehalt. 
Die Kalkung und Mergelung des Bodens wird häufig als 
eine wahrhafte Düngung: des Bodens. betrachtet, weil ihre 
Wirkung .so ausserordentlich in die Augen springt. Dennoch 
geht man mit dieser Auffassung zu weit, da die hauptsäch- 
lichsten Kulturpflanzen, : besonders die Getreidearten, eine aus- 
serordentlich geringe Menge Kalk als Nahrung bedürfen und 
sehon ein sehr kleiner Kalkgehalt im Boden eine gesättigle 
Lösung giebt; denn der kohlensaure Kalk’ ist sehr schwer 
löslich. Mittelbar ‘wird dagegen durch den Kalk die Menge 
der im Boden befindlichen Nahrungsmittel vermehrt, und hier- 
in ist seine eigentliche Wirksamkeit begründet. Wenn den 


Pflanzen mehr Nahrungsmittel zugeführt werden, 'geschehe dies 
atich indirekt" durch‘ Stoffe, die nicht selbst Nahrungsmittel 
oder doch nur in beschränktem Masse sind, so haben sie 
döch die Wirkung wirklich nährender- Snbstarizen. | 

Der Kalk wirkt, 'wie wir schon'öfter hervorhoben, zer- 
setzend auf''die dem Boden beigemengten’ Mineralien ein und 
vermehrt ‘dadurch die Quantität der löslichen Salze, er macht 
die Nahrungsmittellösung 'konzenrtrirter.: Dass ‘der Kalk diese 
Wirkung hat, ist eine bewiesene Thatsache; man benutzt ihn 
deshalb in den chemischen Laboratorien zur Aufschliessung 
mancher Mineralien, d.h. zur: Löslichmachung. ' Aber - darin 
allein besteht die Wirkung des Kalkes auf den Acker nicht, 
weil er selbst Bodenarten auffallend-verbessert, die wenig oder 
keine Mirieralien beigemengt enthalten. Sein‘ Nutzen besteht 
auch darin, dass er die humosen Bestandtheile angreift, ihre 
Verwesung beschleunigt "und die sauren Zersetzungsprodukte 
bindet, welche nachtheilig auf die Kulturgewächse "einwirken 
würden; um also sogenanntem sauren Boden seine schädlichen 
Eigenschaften zu nehmen, hat 'man kein besseres und billi- 
geres Mittel als die Kalkung. 

Wer aber glaubt, durch Kalk den Dung ersetzen zu wol- 
len, ist if‘ einem gewaltigen Irrthum befangen; der Kalk kann 
nicht andere Nahrungsmittel ersetzen, er kann sie nur 'in 
einen Zustand überführen , in welchem sie für die Pflanzen 
geniessbar sind. Auf einem Boden, der weder Mineralien ent- 
hält, noch Dung oder Humus, wird daher der Kalk ohne allen 
Erfolg sein; ein Zuviel des Kalkes tritt da ein, wo er mehr 
Stoffe löslich macht, als assimilirt werden; hier zerstört er 
das Stammkapital des Ackers. 

An einer andern Stelle haben wir schon erwähnt, dass 
der kohlensaure Kalk den Boden insofern verbessern kann, 
als er in Form eines grobkörnigen Sandes den Thonboden 
auflockert, als feiner Staub den Sandboden bindiger macht 
und wasserhaltender. 

Der Mergel, der ein inniges Gemenge von Kalk mit Thon 
oder Sand ist, wirkt theils wie der Kalk für sich, theils wie 


— 1716 — 


der Thon .oder: Sand; ;fürieinen Thonboden wählt. man,.daher 
besser :Sandmergel,- für, einen Sandboden. dagegen Leim: 
mergel. | 

Bei der ‚Ausführung; den Kalkung - hedient,;ı man er am 
zweckmässigsten des gebrannten Kalksteines' oder des gebrann- 
ten. Mergelkalkes, den man entweder ‚in: Haufen. auf, dem Acker 
durch die Einwirkung. der Luftfeuchtigkeit. oder. durch Benetzen 
mit wenig! Wasser: zerfallen lässt. . Man erhält dann.einen feinen 
Staub,.;den ‚man leicht. verstreuen. und ‚mit der ‚Ackerkrume 
mengen kann. Zwar..ist ‚der kohlensaure. .Kalk., von: gleichem 
Erfolge, ‚aber in weit, geringerm. Masse, ‘und: seiner Anwendung 
steht: besonders ‘der. Umstand eier ‚dass 'iman. ihn nicht 
leicht fein: zertheilen. kann. 

Die: Wirkung; ‚des Bauschuttes ‚ist. ‚eine Kol des Kalk 
gehaltes. T 
Die MER ER der Kalkmilch, in te in Gasfahrihen 
das-Gas gewaschen ist, ‚wirkt;noch dadurch vortheilhafter, dass 
sie’ organische Stoffe enthält. 

Wo. der Kalkstein fehlt, kann man. Muscheln, wie an dex 
Seeküste, in gebranntem Zustande. ‚benutzen; auch‘, kalkiger 
Pflanzen , wie der Chara. foetida, ‚bedient. man.sich,.die um 
so wirksamer ist, da‘sie ‚neben den ‚organischen. Substanzen 
noch -Phosphorsäure ‚, ‚Schwefelsäure, Yali ‚und Natron, ‚also 
wirkliche Nahrungsmittel ‚enthält. 


Fünftes Kapitel. 
Von’ der. Düngung. 


Nachdem wir uns ‘im vorigen Kapitel: mit den Arbeiten 
beschäftigt haben, welche ausgeführt werden müssen, ‘soweit 
sie die Verbesserung und’ vortheilhaftere Mischung derjenigen 
Substanzen ‚betrifft, welche nicht eigentliche Nahrungsmittel 
sind oder solche werden, sondern welche nur als Vermittler 
der Pflanzenernährung, als Werkzeug der Produktion dienen, 
ist unsere nächste Aufgabe die Herbeischaffüng und. Zuberei- 
tung der: Nahrungsmittel, oder, um obigen Vergleich beizube- 
halten, der Rohprodukte für die Fabrikation. Die Meliorations- 
arbeiten im engern Sinne haben den Zweck, den Boden wo 
möglich für alle Zeiten zu verändern .und zu verbessern; die 
Düngung kann dies nur auf eine beschränkte Zeit. 

Dünger nennt man nur diejenigen Stoffe, welche den 
Acker an wirklichen 'Nahrungsstoffen bereichern, sei es, dass 
diese schon‘ in löslicher‘ Form ‘in demselben enthalten sind, 
daher von den Pflanzen sofort aufgenommen und verarbeitet 
werden können, sei es, dass sie durch den Einfluss des at- 
mosphärischen ' Sauerstoffs ‚der‘ Feuchtigkeit und der Wärme 

Filly, Ernährungsverhältnisse, | 12 


—. 18 — 


in nicht gar langer Zeit aus den Bestandtheilen des Düngers 
entstehen. Weil aber von den Pflanzen ausser den unorgani- 
schen Salzen nur Kohlensäure, Ammoniak und Wasser aufge- 
nommen und verarbeitet werden, so enthält der Dünger in 
dem Augenblicke, wo er auf den Acker kommt, nur wenig 
fertige Nahrungsmittel; es ist daher immer eine gewisse Zeit 
nöthig, innerhalb welcher jene Veränderung und Zersetzung 
des Düngers erfolgt. 

Die Düngung eines Ackers kann zwei ganz verschiedene 
Zwecke verfolgen, ‚und es ist in jedem;, Falle für den Land- 
mann von der äussersten Wichtigkeit, sieh seines Zweckes 
bewusst zu werden und demgemäss die nöthigen Materialien 
zu wählen; ohne die richtige Wahl sind Verluste an Zeit und 
Geld unvermeidlich. Fehlen einem Acker die Nahrungsmittel, 
so müssen dieselben direkt herbeigeführt und auf dem Acker 
vertheilt werden; alle übrigen Arbeiten sind sonst unnütz. Ist 
dagegen die Ursache der Unfruchtbarkeit die, dass sich die 
dem Boden  beigemischten  nährenden Substanzen: in. einem 
solchen Zustande befinden, wie sie nicht aufgenommen. und 
verarbeitet werden können, auch wenn sie: in reichlichster 
Menge zu Gebote ‚stehen, so ist die Aufgabe gelöst, wenn man 
solche Stoffe auf den Acker bringt, welche die Zersetzung und 
Löslichmachung der vorhandenen Stoffe bewirken; als ein 
solches Mittel haben wir den Kalk kennen gelernt. Man kann 
daher sämmtliche Düngmittel in zwei Arten irennen; in sol- 
che, welche selbst nährende Substanzen sind, und in solche, 
welche nur die Lösung der Nahrungsmittel bedingen; in der 
Wirklichkeit versehen die einzelnen, Substanzen bald diesen 
bald jenen Dienst, meist beide zugleich. Die eigentliche Nah- 
rungsmittel enthaltenden Düngerarten sind 'theils solche, die 
alle die Stolle enthalten, welche die Pflanze zu ihrer Ernäh- 
rung bedarf, theils solche, welche nur einen Theil der Dal 
rungsmittel liefern. 

In keinem Falle dürfte wohl ein Achen aller Nohreinges 
mittel entbehren; dennoch kann ‚er unfruchtbar, d. h. nicht 
im Stande sein, den Pflanzen («ie nöthigen Substanzen zur 


a 


Bildung von organischer Materie zu bieten. Die Ursache dieser 
Erscheinung ist ohne Zweifel in dem Umstande zu suchen, 
dass stets eine gewisse (Quantität nährender Stoffe im Ueber- 
schuss vorhanden sein muss, wenn eine bestimmte (Quantität 
organischer Substanz erzeugt werden soll; die Grösse dieses 
Ueberschusses ist nicht für alle Pflanzen gleich, sie muss be- 
deutender sein für Pflanzen, welche eine konzentrirtere Nah- 
rungsmittellösung verlangen, um gedeihen zu können. Wenn 
daher ein Acker Pflanzen ernähren soll, so muss ein Mini- 
mum nährender Stoffe in ihm vorräthig sein; unter diesem 
Minimum findet eine Vegetalion gar nicht statt, obgleich dies 
Minimum ein Vielfaches der in einer Ernte enthaltenen Stoffe 
sein kann und meist auch ist. Auf der andern Seite giebt es 
aber auch ein Maximum von Nahrungsmitteln, über das hin- 
aus die Vegetation eben so unmöglich ist; man sagt, der Bo- 
den sei geil. In beiden Fällen tritt ein krankhafter Zustand 
ein, ähnlich wie beim Menschen, wenn er zu wenig oder zu 
viel geniesst. 

Die Düngung hat demnach die Aufgabe, einem Acker die 
Stoffe zuzuführen, welche ihm durch eine oder mehre Ernten 
entzogen sind; doch kann sich dies, wie wir in der ersten 
- Abtheilung weitläufig nächgewiesen haben, streng genommen, 
nur auf die Salze und zum Theil auf das Ammoniak beziehen, 
da die Kohlensäure und ein nicht unbedeutender Theil des 
Ammoniaks aus der Atmosphäre bezogen werden. Werden 
durch die Düngung dem Boden mehr Stoffe beigemischt, als 
ihm durch die Ernte entzogen wurde, so kann sich seine 
Fruchtbarkeit verhältnissmässig erhöhen, und er wird bei 
sonst gleichen Umständen die erhöhte Ertragsfähigkeit beibe- 
halten, so lange in demselben Verhältniss mit dem Dürger 
Nahrungsmittel herbeigeschafft werden. Zu gleicher Zeit ver- 
grüässert sich damit das stehende Kapital von Nahrungsmitteln, 
welches im Boden bleibt, denn nicht ‚die ganze Mehrzufuhr 
wird in organische Materie umgewandelt, abgesehen von den 
grössern Verlusten durch die Verdunstung und das Auswaschen 

‚12? 


ir Rn 


nährender Stoffe. _ Ueberhaupt wird die Vermehrung des Dün- 
gers nur 'so lange vortheilhaft sein, selbst wenn sie noch unter 
dem Maximum bleibt, als durch die grössere Produktion die 
Mehrkosten der Düngung gedeckt werden. 

Zur Zeit kennen wir noch kein Mittel, wissenschaftlich 
die Frage zu entscheiden, wie niedrig der Düngungszustand 
eines Ackers sein darf, ohne ganz unfähig zu werden, über- 
haupt Pflanzen zu ernähren; eben so wenig, wie hoch 'er 
höchstens sein darf, wenn die Fruchtbarkeit nicht abnehmen 
soll. Alle’ Beobachtungen und Angaben, “die wir in dieser 
Hinsicht ‚besitzen, sind ganz werthlos, weil sie nicht auf Mass 
und Gewicht basirt sind; auch widersprechen sich die meisten 
derselben. Nach unserm Dafürhalten lässt sich die Frage nur 
in der Art zu einem einigermassen befriedigenden Abschluss 
bringen, dass man auf Versuchsteldern , ‘die genau nach ihrer 
Mischung, ihrem Wassergelalt und allem dem geprüft sind, 
was von Einfluss auf die’ Vegetation ist, vieljährige Reihen 
von Kulturversuchen anstellt. 

Wenn man die Ertragsfähigkeit eines Bodens kennt, so 
lässt sich durch Analysen und Versuche ziemlich ‘genau die 
Menge der Dungmittel feststellen, welche nöthig ist, um ihn 
‚auf einer gleichen Stufe der Fruchtbarkeit. zu erhalten‘, ‘oder 
aber dieselbe zu erhöhen. 

Kennt man nämlich genau die Menge der auf einem Acker 
geernteten Pflanzen und ermittelt daraus die (Quantität der 
Stoffe, welche durch diese Ernte dem Boden entzogen sind, 
so hat man nur die entnommenen Salze in anderer Form dem 
Boden wieder beizufügen, um ihn in einen ähnlichen Zustand zu 
versetzen, wie er vorher :sich befand. Wir sagten soeben, dass 
wir dem: Boden die Salze zuführen müssten , weil die übrigen 
Bestandtheile, Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und 'Stick- 
stoff zum bei weitem grössten Theile aus‘ der Atmosphäre 
stammen. Insofern aber pflanzliche Reste durch ihren Kohlen- 
stoffgehalt die physikalische Konstitution des Bodens verändern 
und verbessern können, muss man allerdings darauf Rück- 
sicht nehmen, sie zu erselzen. Im Thon- und Lehmboden 


— 181 — 


geht die Verwesunig dieser Substanzen nur langsam vor sich, 
sie brauchen daher nur selten ersetzt zu werden, oder viel- 
mehr, die bei der Ernte im Boden verbleibenden Reste und 
Stoppeln sind in vielen Fällen mehr als ausreichend zur Er- 
haltung ihres Bestandes; im Sandboden dagegen zerfallen die 
humosen Substanzen sehr schnell, und die Zersetzungspro- 
dukte werden leicht fortgeführt, weshalb sie hier häufig er- 
setzt werden müssen, wenn anders die physikalische Be- 
sehaffenheit sich nicht auf Kosten der Fruchtbarkeit ver- 
ändern soll. | | 

Was die Aufnahme des Stickstofls betrifft, so geschieht 
diese stets unter der Form des Ammoniaks; da aber die Am- 
moniaksalze nicht ganz so flüchtig sind, als die Kohlensäure 
und das Wasser, so kann allerdings ihre Menge, wie sie durch 
den Dünger in den Boden kommt, zur Erhöhung der Frucht- 
barkeit bedeutend beitragen, 'theils als Nahrungsmittel, theils 
aber durch ihre Eigenschaft, Salze löslich zu machen. Doch 
erinnern wir daran, dass sie sich kaum einer Rechnung wer- 
den unterwerfen lassen, da das kohlensaure Ammoniak beson- 
ders sehr flüchtig ist. Am wenigsten Ammoniak "wird dem 
Boden durch solche Pflanzen entzogen, welche den Boden hbe- 
schatten und die Thauniederschläge vermehren; diese Wirkung 
haben vor allen andern die Hülsenpflanzen, zu denen die ver- 
schiedenen Kleearten gehören. Obgleich eine Kleeernte . weit 
mehr Stickstoff enthält, als eine Weizenernte, so’ werden doch 
dem Boden durch letztere bei weitem mehr Ammoniaksalze 
genommen, theils dadurch, dass die Gräser weit weniger das 
Thauen befördern, und somit weniger Ammoniaksalze aus der 
Luft verdichtet werden, theils dadurch, ‘dass sie den Boden 
nur unvollkommen beschatten, und so dem Verdunsten ‚des 
kohlensauren Ammoniaks aus dem Boden weniger Hindernisse 
bereiten. 

Aber nicht allein durch die zu kultivirenden Pflanzen 
wird die Menge der Ammoniak bildenden Stoffe, welche im 
Dünger enthalten sein müssen, bedingt, sondern sie ist auch 
abhängig von der Art des Bodens; da der Thon und Lehm 


— 182 — 


dem Eindringen der Luft und Wärme nicht günstig ist, so 
können nur wenig Ammoniaksalze verdunstet werden, während 
der leichte Sandboden diese Verflüchtigung ausserordentlich 
befördert. 

Aus den angestellten Betrachtungen lassen sich folgende 
Schlüsse ziehen: Boden von gleichen Eigenschaften muss mit 
mehr stickstoffhaltigen Materialien gedüngt werden, wenn man 
Halmfrüchte anbauen will, als wenn man Blattpflanzen kul- 
tivirt; auf der andern Seite verlangt der Thon- und Lehmbo- 
den bei gleichen Kulturen weniger. Stickstoffdüngung, als der 
leichte Sandboden. 

Wenn wir vorhin sagten, dass man die Früchtbarkeit 
eines Bodens auf derselben Stufe erhalten könne, wenn man 
die mit der Ernte ihm entzogenen Stoffe mit dem Dünger er- 
setze, so kann dies nur soweit Gültigkeit haben, als sie dem 
Acker in löslicher Form beigemengt werden oder doch im 
Verlaufe der Vegetation löslich werden. Da dies aber bei den 
im Gebrauch stehenden Düngemitteln nicht ganz der Fall, 
diese vielmehr stets einen Theil der Nahrungsmittel in einem 
solchen Zustande enthalten, dass sie erst durch den Einfluss 
der verschiedenen Agentien zersetzt werden müssen, so ist es 
einleuchtend, dass die Ertragsfähigkeit, abgesehen von den 
Witterungsverhältnissen, immerhin Schwankungen unterliegen 
- wird, je nachdem jene Zersetzung und Verflüssigung schneller 
oder langsamer erfolgt. 

Aus bekannten Analysen und aus der Menge der ge- 
ernteten Substanzen lässt sich die Quantität der dem Boden 
entzogenen Salze durch eine einfache Multiplikation berech- 
nen; es möge daher die Zusammensetzung der Aschen der 
hauptsächlichsten Kulturpflanzen folgen, wie sie Schulz- 
Fleeth mittheilt. 


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— 18 — 


Es ergiebt sich z. B. aus der Analyse des Kohles, dass 
mit 100 Pfund Kohl dem Boden 10 Pfund Salze entzogen 
werden; unter diesen Stoffen sind Kali, Natron, Kalk, Phos- 
phorsäure und Schwefelsäure weit überwiegend. Will man 
diesen Verlust vollkommen ersetzen, so darf man nur so oft 
10 Pfund jener Substanzen, in demselben Verhältniss gemengt, 
dem Boden “wieder einverleiben, so oft man -hundert Pfund 
Kohl geerntet hat; da man aber wohl nie in der Lage sein 
wird, mit den angeführten Stoffen in ganz gleichem Verhältniss 
den Acker zu düngen, so hat man dahin zu trachten, dem 
richtigen Verhältniss möglichst nahe zu kommen. | 

An wenigsten von allen Stoffen sind im Boden- enthalten 
Ammoniak, Phosphorsäure- und Kalisalze; ein Blick auf. die 
mitgetheilten Analysen lehrt uns aber, dass gerade Kali” und 
Phosphorsäure sich in der bedeutendsten Quantität in- den 
Aschen der Kulturpflanzen finden, in den Getreidearten ,- den 
“utterkräutern und den Hülsenfrüchten; dem hohen Phos- 
phorsäuregehalt der -Aschen entspricht ein hoher Stickstoff- 
gehalt in der organischen ‚Substanz. Viel Kali enthalten die 
Kartoffeln und die Rüben. Es ist einleuchtend, dass ein Acker 
an diesen Stolfen am schnellsten verarmen muss, weshalb sie 
häufiger ersetzt werden müssen. Es kann demnach eine Dün- 
gung mit Ammoniak, Phosphorsäure und Kalisalzen einer sol- 
chen mit allen Stoffen .gleich wirken, wenn eben die andern 
Stoffe noch vorhanden sind. In den- meisten Fällen ist dies 
der Fall; es kommt jedoch auch vor, dass der Gehalt an 
Kalk -und Magnesia in einem Boden so weit zurücktritt , dass 
man für ihre Ersetzung zu sorgen.hat. Selbst: die Kieselsäure 
steht oft für Halmfrüchte nicht in genügender Menge zur Ver- 
fügung, besonders im Sandboden, da der Sand ganz unlös- 
lich ist, während sich im Thonboden die Kieselsäure "wohl 
immer in genügender Menge in der Bodenflüssigkeit löst. Man 
muss daher auch für die Zufuhr dieses Stoffes sorgen, denn 
jedes Nahrungsmittelist in der Menge, wie es von 
der Pflanze aufgenommen und verarbeitet wird, 
sleich unentbehrlich, und keines unter ihnen 


— 189 — 


hat eine grössere Wichtigkeit in dem Sinne, als 
ob es andere ganzTfehlende Stoffe ersetzen könnte; 
wo sich keine lösliche Kieselsäure findet, kann kein Getreide 
wachsen, auch wenn alle übrigen Stoffe in reichlichster Menge 
und in brauchbarster Form im'Böden gegenwärtig sind. 

Selten kommen Bodenarten vor, wo ohne jede Düngung 
die Fruchtbarkeit 'sich lange gleich bleibt, wo fort und fort 
neue Mengen Pflanzensubstanz produzirt und damit’ immer 
mehr Nahrungsmittel dem Ackerboden entzogen werden. "Diese 
Erscheinung kann zwei'verschiedene Ursachen haben. Wenn 
ein Boden, wie frischer Waldboden in den Flussniederungen, 
eine tiefe Schicht von Nahrungsmitteln enthält, so genügt die 
allmälıge Zersetzung derselben, auf lange Zeit hinaus reiche 
Ernten zu tragen; ‚endlich muss doch: ein Zustand eintreten, 
wo die Quantität jener Substanzen zu gering geworden, um 
ohne Düngung ferner Pflanzen zu ernähren. Der Ackerbau in 
Amerika, der sich noch im’ Zustande des Raubbaues befin- 
det, wird auf diese Weise 'betrieben; Jahrhunderte lang hat 
man auf frischem Boden, den’maı durch Niederbrennen des 
Waldes gesäubert, reiche Erträge erzielt, his schliesslich die 
Fruchtbarkeit so sehr abgenomiıen hat, dass man neue Strek- 
ken Waldes vernichtete: '' Fährt 'man so fort, so dürfte in 
nicht zu langer Zeit Amerika weite Wüsten darbieten, wo 
ehedem die herrlichsten ' Wälder prangten. | | 

Die andere Ursache der dauernden Fruchtbarkeit gewisser 
Aecker ist das. Wasser, welches ihnen "durch Haarröhren- 
änziehung zugeführt wird. Quellen und Flüsse führen grosse 
Mengen nährender Stoffe in Lösung mit sich; "wen solche 
Wasser einem leicht durchdringbaren' Boden "reichlich zuge- 
führt werden, ohne ihn gerade zu nass zu machen, so kann 
die Ertragsfähigkeit desselben sich unendlich Hände’ gleich 
bleiben, ohne dass er gedüngt’ wird. Duch sind diese Ver- 
hältnisse nur dem Anbau gewisser Pflanzen zuträglich, welche 
im Stande sind, aus 'verdünnten Lösungen die nötlıiigen Stoffe 
sich anzueignen. Am vortheilhaftesten ist eine derartige Be- 
wässerung, wenn sie durch Quellen bewirkt wird, die‘ dicke 


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Gesteinsschichten durchsickert haben; je länger dieser Weg’ 
war, um so mehr konnten sie sich mit Salzen schwängern, 
Die sogenannten Rieselwiesen verdanken ihre Fruchtbarkeit 
zum Theil diesem Umstande; doch sind. die Berieselungs- 
wässer ebenso oft dadurch wirksam, dass sie die sauren, für 
die Vegetation nachtheiligen Humussubstanzen fortspülen. 

Gehen wir nun zu den verschiedenen ‚Düngungsmitteln 
über, so ist ohne Frage der Stalldünger unter allen das voll- 
kommenste, da er alle zur Ernährung nothwendigen Stoffe 
enthält; auch ist er insofern der wichtigste, als er die allge- 
meinste Verwendung findet und vom Landwirth selber ge- 
wonnen wird. 


1) Der Stalldünger. 


Bevor wir die Behandlung und: Verwendung des Stall- 
düngers besprechen, dürfte es nicht überflüssig sein, ein Bild 
seiner Zusammensetzung zu entwerfen; dies kann aber nicht 
besser geschehen, als wenn wir ‚die Verarbeitung und Ver- 
änderung, welche die Nahrungsmittel auf ihrem Durchgange 
durch den thierischen Organismus erleiden, einer nähern Be- 
trachtung unterziehen; wenn wir, mit andern Worten, seine 
Entwickelungsgeschichte studiren. 

Die Nahrungsmittel der Thiere sind theils stickstoffhaltige, 
theils stickstofffreie; ‚keines von beiden allein ist genügend, 
das thierische Leben auf die Dauer zu erhalten. Die. Nah- 
rungsmittel haben sowohl den Zweck, den thierischen Körper 
aufzubauen, wie auch als Brennmaterial für die Erhaltung der 
Wärme zu dienen, wie endlich den Stoffwechsel zu unter- 
halten. - 

Nachdem die Nahrungsmittel mit den Zähnen mehr oder 
weniger zerkleinert sind, gelangen sie mit Speichel getränki 
in den Magen; der Speichel hat die Fähigkeit, das Stärke- 
mehl löslich zu machen und es in Zucker zu verwandeln. 
Man kann sich davon leicht überzeugen, wenn man steifen 
Stärkekleister einige Minuten im: Munde behält; er wird all- 


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mälig dünnflüssig und schmeckt endlich süsslich. Auf der 
Innenwand des Magens: befinden sich Drüsen, welche eine 
nicht danz klare, stets saure Flüssigkeit von gelblicher Farhe 
absondern; diese Flüssigkeit, der Magensaft, hat die Eigen- 
schaft, Eiweiss, Fleisch, Käsestoff und Knorpel aufzulösen; 
das saure Prinzip ist hauptsächlich Salzsäure, ausserdem auch 
Milehsäure. Neben dieser chemischen Einwirkung, die die 
Speisen von dem Magensaft erfahren, hat der Magen noch 
eine mechanische Thätigkeit, indem er durch seine Bewegun- 
gen die Speisen mengt und den Brei mit den verschiedenen 
Säften aufs Innigste durchtränkt. Die auf diese Weise durch- 
einander gearbeiteten, ziemlich löslich gewordenen Speisen 
gelangen allmälig in den Zwölffingerdarm, in welchen am 
obern Ende die Ausführungskanäle der Gallenblase und der 
Bauchspeicheldrüse münden. Erstere führt dem Speisebrei die 
Galle, letztere den pankreatischen Saft zu; die Galle besteht 
besonders aus Natronsalzen, doch ist über ihre Wirkung auf 
die Speisen noch. Nichts sicher bekannt, während der pan- 
kreatische Saft das Geschäft des Speichels fortsetzt, Stärke- 
mehl und ähnliche Stoffe in Zucker zu verwandeln. Der mit 
diesen Säften gemischte Speisebrei tritt in den Dünndarm 
über, auf dessen Innenfläche ‚Millionen kleiner Fäden oder 
Zotten stehen. Diese saugen die löslich gewordenen Bestand- 
theile der Nahrungsmittel auf, und führen sie in die soge- 
nannten Lymphgefässe. Die noch übrigen festen Stoffe ge- 
langen in den Blinddarm und von da in den Dickdarm, von 
dem sie als feste Exkremente durch den Mastdarm aus dem 
Körper entfernt werden. Diese Reste enthalten die unverdau- 
lichen oder unverdauten Bestandtheile der Nahrungsmittel, 
Farbstoffe, Salze, Galle und Gallenharz. 

Die im Dünndarm von den Lymphgefässen aufgesogene 
Flüssigkeit wird mit dem venüsen Blut vermischt durch die 
rechte Herzkammer in die Lungen geführt. Hier wird die 
Zusammensetzung des Blutes durch den eingeathmeten Sauer- 
stoff insofern verändert, als ein Theil des Kohlenstofles zu 
Kohlensäure verbrennt, welche zugleich mit Wasserdampf aus- 


— 112 — 


geathmet wird; in Folge jener Verbrennung wird die animali- 
sche Wärme erzeugt, und man kann nicht mit Unrecht’ die 
Lungen “einen Feuerherd nennen. Das aus den Lungen’ zu- 
rückkehrende, heller ‘gefärbte Blut tritt in die linke Herz- 
kammer, von wo es durch die Arterien bis in die äussersten 
Theile ‘des Körpers gepresst wird.‘ ‘Die Arterien verzweigen 
sich in: ganz’ feine Haarröhrchen, die jeden  Körpertheil durch- 
setzen; wo sie mit den venösen Gefässen zusammentreffen, 
geht ‘das Blut in diese über, um ‘den Kreislauf von Neuem 
zu.'beginnen. | 

Indem ‘das arterielle‘ Blut diesen Kreislauf - vollbringt, 
verändert es sich ‘durch Abgabe und Aufnahme von‘ Stoffen 
fort und’ fort. Alle Theile des Körpers sind in einer ewigen 
Wandlung, Neubildung‘ und Zersetzung begriffen; der Tod ist 
das Aufhören dieser Wandlungen , die man’'mit dem Namen 
des Stoffwechsels bezeichnet hat. Der‘ aufgenommene .Nah- 
rungssaft wird so lange umgebildet,, bis er‘ selbst feste Be- 
standtheile des Körpers und Flüssigkeiten, wie sie der’ 'thieri- 
sche: Leib ‘braucht, “ausscheidet. Sind die Stoffe auf ‘diesem 
Punkte angelangt, 'so beginnt 'sofort eine Rückbildung;' nach 
verschiedenen Veränderungen zerfallen sie und werden wieder 
aus dem Körper entfernt, ‚sei es, gelöst‘ im Wasser, sei es'in 
Gasgestalt. Das Blut ‚ welches das Baumaterial herbeiführte, 
führt auch das unbrauchbar gewordene wieder hinweg in die 
Ausführungskanäle. 

In bestimmten: Organen yonkiert das Blut Stoffe aus, -die 
noch irgend eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen haben und 
sich 'erst' bei diesem Geschäft zersetzen, bevor sie aus ‘dem 
Körper ausgeschieden werden. Der Speichel, die Galle, der 
pankreatische Saft sollen 'auf die noch unverdauten Nahrungs- 
mittel verändernd einwirken, der männliche Same soll die 
Fortpflanzung vermitteln, die Milch soll die’ Jungen ernähren. 
Bei dem’ Durchgange des Blutes durch die Nieren wird 'der 
Harn abgeschieden, und dieser gelangt durch die Harnleiter 
schliesslich in die Harnblase, von wo er durch die betreflen- 
den: Organe ausgeleert wird. Er enthält ‘besonders Stickstoft- 


Sn: 


verbindungen, Wasser und Salze, in krankhaftem Zustande 
Zucker. Ausserdem sondert der Körper an seiner ganzen 
Oberfläche hautartige Bestandtheile ab, durch die Drüsen den 
Schweiss. Dieser besteht aus Wasser, Ameisensäure, Am- 
moniak, Salzen’ und andern Stoffen; auch wird durch die 
ganze Körperoberfläche Kohlensäure ausgehaucht. 

Die Exkremente bestehen demnach aus den unverdauten 
Stoffen und aus denjenigen, welche ihre Aufgabe im Körper 
erfüllt haben, d. h. welche iin: Folge des Stoffwechsels ent- 
fernt werden; sie würden daher bei völlig. ausgewachsenen 
Thieren, die nicht mehr an Gewicht zunehmen, an Menge den 
aufgenommenen Nahrungsmitteln gleich sein, wenn nicht auf 
andern Wegen, durch Schweiss, Verdunstung und Athmen ein 
Theil derselben verloren ginge; doch ist ihre Zusammensetzung 
mehr oder weniger der der Nahrungsmittel entsprechend. Die 
Grösse des Verlustes lässt sich sicher auf die Weise bestim- 
men, dass man die Menge der erhaltenen Exkremente von der 
Gesammtmenge der Nahrungsmittel abzieht. 


Es erhielt eine Kuh innerhalb 24 Stunden an Nahrungs- 
mitteln: 
Kartoffeln . 30 Pfd. 
ii: ee h; + ke 
Trinkwasser . 120 „ 


Diese Stofle enthielten: 
Kohlenstoff . 9,62 Pfd. 
Wasserstoff . 1,19 
Sauerstoff . 8,07 „ 
Stickstoff - . 0,40 „ 
Wasser .. . 144,13 
ae a? 1,78,» 
| ‚165,19 Pfd. 


In. derselben: Zeit wurden ‘an ‚Koth, Harn und Milch ent- 
leert 90,3 Pfd.; diese bestanden aus: | 


.Filly, Ernährungsverhältnisse, | i 13 


— 


HEN 2: tocken 7 I, ‚feucht 
‚Koth .... 56,82 Pid. 8,00 Pfd. 
‘Harn ı 2.116,40 0.000: 1,92 


Milch... 17,08, RER IE: BR 
90,30 Pfad.‘ 12,22: Pfd. 


Die Zusammensetzung dieser Substanzen war: 
Kohlenstoff . . 5,20 Pfd. 


Wasserstoff  . 0,66  „ 
Sauerstoff . . 4,16 , 
"Stickstoff ' 2. 0,35 % 
Sake m 218, 
Wasser . . 278,09 ° 


90,30° SPid 
: Da aber 165 Pfd. viert waren, so ‚wurden auf an- 
dern Wegen 165 — 90,30, das ist 74,7 -Pfd. ausgeschieden; 
es betrug die Absonderung durch Haut und Lungen 45,23 
Prozent des ganzen: Futters. : Vergleichen wir ’ die‘ einzelnen 
Bestandtheile, so; finden, wir, dass an. Kohlenstoff 54,05; Pro- 
zent, an Wasserstoff 55,46, an Stickstoff 87,5, an Salzen 
103,37, an Wasser endlich. 54,19 Prozent. der ‚aufgenomme- 
nen Nahrungsmittel im Koth, Harn und in der Milch enthalten 
waren; am höchsten sind der, Stickstoff und, die Salze darin 
vertreten, und der Ueberschuss, der sich bei letzteren heraus- 
stellt, ist auf Rechnung der im Trinkwasser aufgelöst gewe- 
senen "Salze zu setzen. Durch die Haut und die Lungen wur- 
den 4,42 Pfd. Kohlenstoff, ‘0,53 Pfd. Wasserstoff und 3,91 Pfd. 
Sauerstoff zum grössten Theil in Form von Kohlensäure und 
Wasser entfernt. Weil aber 4,42 Pid. Kohlenstoff 11,78 Pfd. 
Sauerstoff und 0,53 Pld. Wasserstoff 4,24 Pfd. Sauerstoff zur 
Bildung von Kohlensäure “ und. Wasser erfordern, so reichen 
jene 3,91 Pfd., die mit ausgeschieden wurden, hierzu nicht 
aus; es'Müssen demnachvan 42,11, Pid. Sauerstoff ee 
worden sein. | ZultZEi 
Die Menge der Exkremente Yin ausser durch das Futter, 
bedingt durch die Bewegung des Thieres; "steht eim' solches 


Br | NDEEE 


im; Stall,,s6 wird sich‘ im Dung! und in: der: Milch mehr |von 
dem‘FPutter finden‘, als wenn es als Zugthier benutzt wird. 
Ferner ist sie verschieden ‘bei den verschiedenen Thieren; 
am‘ wenigsten athmen die Schafe aus. Ob aätich die Art des 
Futters von Einfluss auf das Ausathmen ist, kann noch ‘nicht 
mit 'Bestimmtheit nachgewiesen werden; doch’ dürfte 'man dies 
wohl‘ ‚annehmen; . da gewisse Nahrungsmittel‘ erfahrungsmässig 
die '‘Schweissbildung befördern. Nächst -den‘ Salzen ist’ der 
Stickstoff derjenige Stoff, welcher dureh Haut und Lungen in 
geringster Menge ahesaehe wird; es sind nur 12° bis ie 
Prozent. Gi | ap 
-»Die'’'Summe aller ausgeschiedenen Stoffe wird noch 'dä- 
durch: ‚sermindert‘,‘ dass das verzehrende Thier bei der Pro- 
duktion von Fleisch, Fett, Wolle u. s. w. einen Theil der 
Nahrungsmittel’ ablagert ; ‘doch ist dies Quäntum' verhältniss- 
mässig sehr gering, am bedeutendsten bei Mastschweinen, die 
sehr ‘schnell ‘an ‘Gewicht zunehmen. Im Allgemeinen erhäft 
der Acker in den Exkrementen diejenigen Stoffe wieder, die 
ihm ‘durch die Ernte entzogen sind; die Salze noch reich- 
licher, da das Trinkwasser solche liefert. Weil aber der 
Dünger im Verlaufe seiner Verwesung in Kohlensäure, Am- 
moniak und "Wasser zerfällt, und‘ diese Verbindungen” zum 
grössten Theil verdunstet' werden, so kommen sie nur theil- 
weise ‘dem Acker unmittelbar zu Gute; wir haben schon in 
der’ersten Abtheilung nachgewiesen, ‘wie die Pflanzen und der 
Boden’ befähigt sein müssen, das Bedürfnis an nn Stoffen 
aus der Luft zu befriedigen. a 
» Zar Würdigung des Gehaltes än Salzen‘ wollen’ wir "Hier 
einige Analysen des Harnes und der ‘Asche der festen Exkre- 
mehte"der Hausthiere nach Schulz-Fleeth mittheilen. 


13" 


— 16 — 


Die Zusammensetzung des Harnes war in 1000 Theilen vom 


Schwein Pferd Rind 
Barustall , 1auahaıdassoy al 4,90 31,00 18,48 
Hippursaures Kali . . . — 4,74 16,51 
Milchsaures Alkali . . . — 20,09 17,16 
Kohlensaure Bittererde j 0,87 4,16 4,74, 

u Kalkerde . . E— 10,82 0,55 
Schwefelsaures Kali... .... 1,98 1,18 3,60. 
Phosphorsaures „» . .... 1,02 am —_ 
Kochnalz cr. „a Hip an. 1,28 0,74 1,52 

Kiselerds . SHCKEWii, . \ 0,07 1,01 _ 
Wasser... ii dot? sansbs9IHh4 910,76 921,32 


989,46 984,50 983,88 


Die Aschen der festen. Exkremente enthielten vom 


Schwein Rind Schaf ... Pferd 
Kieselerde . . . . 13,19 62,54 50,11 62,40 
N 2,91 8,32 11,30 
Naram: 07 SOnTer az 0,98 3,28 1,98. 


Kochsalz . ».. . ...0,98 0,23 0,14 0,03 
Phosphorsaures Eisen- 


DEyAL 21075 I, 8,93 3,98 2,73 
Kalkerde 7, 7293 5,71 18,15 4,63 
Bittererde . . .. . .2,24 11,47 5,45 3,84 
Phosphorsäure ... . 0,41 4,76 IsDRih nalıd 
Schwefelsäure . .. 0,90 1,77 2,69 1,83 
Kohlensäure . . . 0,60 — — 1, — 
Manganoxydul  . .:. — ol AN 
Sand 12.41 -Jof arlas@ DT en any] — 


99,22 99,30. 99,64: 99,80, 


Do 


— 197° — 


Bei einem Menschen :waren enthalten in der Asche 


des Harnes grkremente 

Kalı 16,19 22,32 
Natron 31,96 0,99 
Kalkerde . 1,44, 21,35 
Bittererde 1,31 10,70 
Eisenoxyd Spur 2,08 
Chlor 38,75 0,37 
Schwefelsäure 2,50 1,11 
Phosphorsäure 4,13 30,95 
Kieselsäure 70,70 1,43 
Kohlensäure . — 1,07 
Unlöslichess . . — 6,25 

96,98 99,62 


Im Laufe eines Tages wurden von einem Menschen im 
Harn 8,7, im Koth nur 1,4 Quentchen Salze ausgeschieden. 


Werden denn aber auch alle diese, Stoffe ohne Verlust 
dem: Acker, dem sie entnommen, wieder zugeführt? Wenn 
man die Aufgabe der Landwirthschaft verfolgt, so findet sich, 
dass nicht blos die Bevölkerung grosser Städte, sondern auch 
diejenige des flachen Landes in ärmern Gegenden mit ihren 
Produkten ernährt werden soll. Hieraus ergiebt sich schon, 
wie wenig ein vollständiges Ersetzen der abgegebenen Stoffe 
stattfinden kann. Alle in den Brotfrüchten, in der Wolle, der 
Milch und im Fleisch enthaltenen Salze werden mit jenen Sub- 
stanzen verkauft und weggeführt; nur diejenigen bleiben zu- 
rück, welche in den auf dem Hofe selbst verbrauchten Stoffen 
enthalten sind. Auch hier giebt es noch mancherlei Verluste, 
die dann am geringsten sind, wenn man ‚eine vollständige 
Stallfütterung eingeführt hat. Mit den oben genannten Sub- 
stanzen werden hauptsächlich Kali, Phosphorsäure und Stick- 
stoff dem: Acker entführt und zwar in weit höberem Masse, 
als sie in den Stoffen 'zurückbleiben, welche als Streu und als 
Viehfutter dienen, :Die Weizenkörner enthalten in 100 Theilen 


— 198 — 


ihrer Asche 23,18 Theile: Kali und 46,36. Phosphorsäure, 
während in’ der‘ des Strohes: nur 0,68 Theile Kali und 5,05 
Phosphorsäure ‚gefunden werden. Die Aecker müssen daher 
immer mehr und mehr verarmen und zwar am, schnellsten an 
Kali, Phosphorsäure und Stickstoff, wenn ‚man nicht ‘andere 
Hulfsmittel besitzt, den Verlust zu decken. | 

Wo sich gute Wiesen finden, ist dieser Ersatz unschwer 
zu bewerkstelligen; indem. die Whasen reiche Ernten an Heu 
produziren, das dem Vieh, verfüttert wird, werden jene Stoffe 
nach dem Durchgange durch den ihiderecheh Körper dem Acker 
einverleibt,, aber immer an Kali und Phosphorsäure verhält- 
nissmässig mehr, als an Stickstoff. Aus diesem, Grunde ist 
eine Lüchtige, Viehwirthschaft überall da unerlässliche Bedin- 
gung für einen ‚guten Ackerbau, wo man nicht, wie in der 
Nähe grosser Städte, billige Dungstoffe beziehen kann; über- 
dies ist 'die Viehzucht auch 'üm deswillen wichtig, weil viele 
Pflänzenstoffe "ohne eine’ sulche' gar 'nicht 'vortheilhaft "yer- 
werthet werden könnten. 

Wollte "man auf demselben Acker in "ununferbrochener 
Folge Getreide anbauen, so würde'sein Ammoniäkgehalt ‚schtiell 
abriehmen, wenn man nicht‘ Hülfsmittel besässe ) dies zu ver- 
lindern‘; diese sind entweder käufliche, stickstöffreiche Dung- 
stoffe, oder 'eihe rationelle Fruchtfolge, indem man abwech- 
selnd 'mit'deh' Getreideärten solche" Pflanzen anbäut, Welche 
wegen ihres Blattreichthums die Fähigkeit besitzen, die Feuch- 
tigkeit der ‘Atmosphäre und damit’ das "Ammoniak derselben 
zu "verdichten;;, sie‘ verhindern zugleich das Verdunsten ’der 
Ammöniaksalze, weil sie ‘den Boden dicht beschätten. | 
"Wenden wir uns zur Behafidlung und | Verwendung des 
en 
"ES liegt’in der’ Natur jeder Vorder Produktion, "dass 
jede Arbeit ihre "bestimmte Zeit ‚hat und dass die’ zu verar- 
beitenden Stoffe ‘sich! in dem Zustande befinden , wie sie‘ sich 
am vortheilhäftesten verwenden lassen; dies’ gilt‘ auch von ‘der 
Verwendung des Düngers. "Die ‘im Stall gewonnenen Dung- 
stoffe können” nieht ünmittelbar nach ihrer! Erzeugung auf‘ den 


Ber Dahn 


Acker gebracht werden; ‚sie ‚sind längere Zeit aufzubewahren 
und ‚erleiden  mannichfache Nerändefungen;, bevor sie.» ver+ 
braucht werden. ; 

Unter dem. Einfluss..der Wärme, der Feichtigkeit und 
des Sauerstofls 'der. atmosphärischen: Luft wird der ' Dünger, 
wie alle organischen. Stofle, zersetzt; am schnellsten verwesen 
die. stickstoflhaltigen Bestanıltheile, ‚die die andern Stoffe, mit 
in ‚die -Gährung, hineinreissen ‚und deren Fäulniss befördern! 
Bei geringer Wärme, bei rollkommener Trockenheit: oder zu 
grosser Nässe wird. die. Zersetzung ‚aufgehalten;' man 'kanıi 
Dünger, frisch getrocknet, ‚lange. unverändert ‚aufbewahren. 
Ist. der Feuchtigkeitszustand. ein ‚passender, so: steigert: 'sich 
in. Folge ‚der. Verwesung, unabhängig vonder äussern. Tem- 
peratur, die, Wärme, ‚wodurch die Fäulniss in einem bedeuten- 
den Grade beschleunigt wird. Der: Pferdemist ‚hat deshalb. so 
hitzige Eigenschaften, ‘weil er wegen der ‚feinen Zertheilung 
sehr, schnell in.‚Verwesung übergeht... Diese: Verhältnisse darf 
man bei der Behandlung und Aufbewahrung ‚des Düngers, nie 
aus den. Augen verlieren, denn.’ auf ‚ihrer Regulirung beruht 
der Nutzen, den. (ler Dünger. gewähren: kann. 

‚Da die bei ‚dieser Zersetzung sich bildenden Produkte zum 
Theil flüchtiger Natur sind, se ist auf. ihre Bindung das Haupt- 
augenmerk zu richten; dies betrifft: jedoch nur. das Ammoniak; 
Wasserdampf‘ und ‚Kohlensäure liefert die Luft ‘in. genügender 
Menge... Es ‚könnte: daher. leicht die Frage 'aufgeworfen ‚wer; 
den, ‚ob. es nicht vortheilhafter ‚wäre, den Dung. frisch, dem 
Acker. beizumengen, ‚statt. ihn längere Zeit auf dem: Hofe ‚auf- 
zubewahren ? 

Auf,.diese ‚Frage. giebt es keine allgemein gültige Ant 
wort; diese, wird‘ durch die Zwecke bedingt, welche ‚man 
durch die Düngung ‚erreichen will. Der. frische Dünger ent- 
hält ‚wenig fertig gebildete pflanzliche Nahrungsmittel, weil der 
Stickstoff sich noch in Verbindungen befindet, die ‚von den 
Pflanzen nicht aufgenonuimen werden ; ebenso ist es. mit einen, 
Theile der Salze. ..Desto reicher. ist ‘der. frische ' Dünger. an 
Humusbestandtheilen.. ‚Letzterer Umstand könnte zu der An- 


— 200 — 


nahme veranlassen, frischer Dung wäre besonders für solche 
Bodenarten 'nützlich, welche, wie der'Sandboden, arm an Hu- 
mus sind. Fassen wir aber die physikalische Beschaffenheit 
des frischen Düngers ins Auge, besonders den Umstand, dass 
er mit der Streu gemengt ist, so leuchtet ein, dass’ 'er die 
nachtheiligen Eigenschaften des Sandes nur noch verschlim- 
mert. Weil er durch seine Beschaffenheit den an sich schon 
leichten Sand noch mehr auflockert, wird dieser noch viel 
leichter und tiefer ausgetrocknet. Der obenauf liegende Dünger 
bleibt aus Mangel an Feuchtigkeit ganz unzersetzt und kann 
Nichts zur Fruchtbarkeit beitragen; der tiefer und feucht lie- 
gende wird zwar verwesen, aber die flüchtigen Produkte kön- 
nen aus dem aufgelockerten Boden leicht entweichen; beson- 
ders das kohlensaure Ammoniak. Auf solchem Boden gewährt 
daher der frische Dung den Pflanzen nur wenig nährende 
Stoffe, und der Humusgehalt wird auch nicht vermehrt, weil 
die Zersetzung eine zu stürmische ist, wie wir weiter oben 
nachgewiesen haben. 

Auf fettem Thon und Lehmboden kann dagegen eine An- 
wendung des frischen Düngers ganz vortheilhaft sein, weil er 
den Boden auflockert und seine Beackerung erleichtert; indem 
er sich in solchem Boden nur langsam zersetzt, bereichert er 
ihn an Humusbestandtheilen. | | 

Bei’ der Verwesung des Düngers vermindert sich aller- 
dings seine Quantität; aber bei richtiger Behandlung erstreckt 
sich diese Verminderung nur auf unwichtige Stoffe, auf Kohlen- 
säure und Wasser; ‘die Stickstoffverbindungen werden fast 
ganz erhalten. Dagegen hat sich die Menge fertiger Nahrungs- 
mittel, wie sie ‘die Pflanzen aufnehmen können, vermehrt; 
seine Wirkung auf das Wachsthum ist daher schneller und 
energischer. Wo es sich also darum handelt, den an ‘Nah- 
rungsstoffen verarmten Boden fruchtbar zu machen, muss ohne 
Zweifel zersetzter Dünger angewendet ‘werden. Dieser findet 
demnach 'seine vortheilhafteste Verwendung 'auf' leichtem Sand- 
boden, am besten mit''der Saat zugleich untergebracht, natür- 
lich nur in dem Falle, dass er leicht vertheilt und mit’ dem 


— 2001 — 


Sande gemengt werden kann. Zu beachten ist jedoch, dass 
die Verwesung leicht zu weit geführt werden kann; dies ist 
stets dann der Fall, wenn der Dünger anfängt, stark nach 
Ammoniak zu riechen, weil alsdann die Stofle sich zu ver- 
mindern anfangen, welche bisher das Ammoniak banden; erst 
im Boden darf dieser Zustand des Düngers eintreten. 

Im innigen Zusammenhang mit den besprochenen Ver- 
hältnissen steht die Frage, ob es vortheilhafter sei, alljährlich 
zu‘ ‘düngen oder für eine Reihe von Ernten auf einmal? 

Obgleich nun die Vertreter der letztern Ansicht die zahl- 
reichern sind, so hat doch die andere, in neuerer Zeit beson- 
ders, nicht minder Anhänger gefunden. In ihrer Starrheit 
können wir keiner der beiden: Ansichten beitreten; man muss 
sich stets nach den gegebenen Verhältnissen richten und diesen 
sich anbequemen. 

Hat man fast vollständig zersetzten Dünger anzuwenden, 
so ist es offenbar am vortheilhaftesten, ihn alljährlich auf den 
Acker zu bringen; denn einerseits würde der Verlust durch 
Verdunstung sehr gross sein, wollte man für mehre Jahre auf 
einmal düngen, anderseits würde die grosse Menge fertiger 
Nahrungsmittel, ‘welche mit einer Düngung für mehre Jahre 
auf den Acker gebracht werden müssen, nicht nur die erste 
Frucht auf Kosten der spätern ungemein begünstigen, sondern 
sie könnte sogar der Vegetation nachtheilig sein. Da aber 
in den meisten Fällen der Dünger immer noch viele unzer- 
setzte Nahrungsstoffe enthält, die sich nur allmälig zersetzen 
und zu wirklichen Nahrungsmitteln 'umbilden, so dürfte im 
Allgemeinen eine Düngung für mehre Jahre vortheilhafter sein, 
besonders auf fettem Boden, wo die Verwesung nur langsam 
fortschreitet, und deshalb nicht leicht ein Verlust droht. Doch 
darf man den Zeitraum, für ’den man düngt, nicht zu sehr 
ausdehnen, weil sonst Verluste unvermeidlich sind; nach allen 
Erfahrungen hat sich eine Düngung für drei Jahre am vor- 
theilhaftesten erwiesen. Bei dieser Art zu düngen darf man den 
Umstand nicht ausser Acht lassen, die Fruchtfolge angemessen 
zu vertheilen, zumal’ ohne Zweifel im ersten Jahre der Dün- 


— 02 — 


gung, ‚besonders bei 'zersetztem Düngenzi,die Pflanzen reich- 
licher Nahrung finden, als’:in ‚den, folgenden: Jahrgängen. ; Auf 
leichtem -Sandboden. bleibt: der. Erfolg einer periodischen Dün- 
gung ‚mehr: ‚oder, weniger aveilelliafig ‚es ‚dürfte. besser ‚sein, 
ihn, jährlich zu‘ düngen; | lan 

Die verschiedenen Dungstolle, zen ıtällen htrahieie a in 
Kohlensäure, Ammoniak und Wasser; ‚während ‚die ‚Salze sich 
ausscheiden ; die. ‘Aufgabe. ‚des Landwirths ist, das Ammoniak 
und die. Salze zu konserviren ‚.'zw! welchem Ende ihm: ver- 
schiedene ‚Mittel zur Verfügung ‚stelien. ; Die Einstreu hat 
neben: der. Aufgabe „. dem. Vieh ein! ‚reinliches Lager ‚zu be- 
reiten, noch. den Zweck, ‚die Jauche «möglichst: vollständig auf 
zusaugen und. die Zersetzung‘ zu reguliren ; ‚daneben sell .sie 
die gleichmässige Vertbeilung .der Dungstoffe. vermitteln, ‚Wollte 
man den Dünger ohne Streu aufbewahren, so.würde, die Zer- 
setzung; bald eine so ‚stürmische. 'werden,. dass ‚sich :bei der 
hohen Temperatur, ‘wie sie eine heftige ‚chemische. Thätigkeit 
erzeugt ,. das ’Ammoniak zum‘ grössten. Theil: als .;kohlensaures 
Salz ‚verflüchtigte. ; Bei. solehen Düngerarten ,‚\..die. ‚in. ‚Folge 
ihrer: schmierigen- Beschaffenheit, wie' der Kubdünger, ‚sich zu 
festen Massen zusammenbaällen, so dass. der ‚Zutritt des :Sauer- 
stoffs verhindert:'wird,, hat: ‚die, Einstreui ‚die: entgegengesetzte 
Aufgabe; sie soll den. Zutritt:.der Luft: und damit die Verwe+ 
sung erleichtern. Ausserdem. entstehen ‚aus ‚den- Einstreuma- 
terialien humose Substanzen, welche!im; hohen, Masse die Ei- 
genschaft haben, das: Ammoniak anzuziehen. Da. Thon diese 
Eigenschaft mit : dein‘ Humus theilt, ‚so /kann' sandiger «Thon 
recht gut: einen Tlieil: der Streu ersetzen. | al 

Will:man den: besprochenen Einfluss der. Streu m mög- 
lichst hohen Grade erreichen, ).'so: ist. eine 'innige ;Mengung 
derselben ‘mit dem ‘Dünger «unumgänglich 'nothwendig;.; Das 
einfachste: und beste Mittel: für: diesen Zweck wäre,, den. Dünger; 
bis ‚zu seiner: Verwendung ‚unter den: Thieren selbst liegen zu 
lassen«  ı Durch ihre Bewegungen‘, würd ‚nicht ‚allein: ‚eine; voll 
ständige Mengung. und: ein Feststampfen erreicht; sondern ‚es 
können sich ‚auch. die Blüssigen Exkremente;. die, nach, den 


-— 2103 — 


mitgetheilten ‘Analysen besonders reich » an währenden: Sub- 
stanzen sind, gleichmässig durch: die ganze Masse: vertheilen. 
Aber. nicht, bei allen Thieren ist dies auszuführen; auch be- 
darf man dazu ‚einer bedeutenden Menge Streumaterial. Stets 
anwendbar ist, diese Methode beim Rindvieh und bei den 
Schafen, Einen Theil der Streu kann man durch Anwendung 
sandigen Lehmes und des Laubes ersparen, welche Stoffe noch 
den Vortheil gewähren, dass man eine viel innigere Mengung 
und’ 'eine' vollständige Aufsangung 'erreicht, wie dies bei Stroh 
allein nie der Fall sein’ kann. 'Man>hat gegen die Aufbewah- 
rung des Düngers in ‚den: Ställen oft eingewendet,, ‚sie-sei für 
das Vieh ungesund;' doch: ist: man die Beweise schuldig. ge- 
blieben. Wir haben in solchen Ställen, woman ‘genügend 
Streu und Erde angewendet hatte, nie den Geruch nach Am- 
moniak wahrgenommen; dagegen ist derselbe selbst in den 
Ställen nicht ganz zu, vermeiden, wo der Dung täglich ent- 
fernt wird. VE 

: Wo die Aufbewahrung des Düngers unter dem Vieh 
nicht ausführbar ist, wie. in Pferdeställen „ muss man Dung- 
gruben an einem vor der Sonne und vor "hefligem Zugwind 
geschützten Orte anlegen. Der Dünger in diesen Gruben muss 
oben möglichst. geehnet und festgestampft werden; ein Regen- 
dach ist alsdann kaum nöthig. _ Um die Jauche gut benutzen 
zu können, ist es vortheilhaft, die Grube auszumauern oder 
mit. Leiten auszuschlagen, damit dieselbe nicht nach unten 
abfliessen kann. Die in Röhren ‚in eine vertiefte Stelle der 
Grube geleitete Jauche muss mit einer Pumpe über den Mist 
gleichmässig vertheilt werden, wie es. denn überhaupt vortheil- 
hafter ist, die Jauche auf diese Weise zu benutzen , | ‚als sie 
für sich allein auf den Acker zu bringen. ne | | 

Sammeln sich grössere Mengen von Jauche an, so muss 
man‘sie durch‘ Erde oder Möder; aufsaugen lassen, wodurch 
ihre 'Verwesung gemässigt wirdy aber thöricht wäre: es, Kalk 
in dieselbe zu bringen, 'da' dieser ihre Zersetzung noch be- 
schleunigt und solche’ Produkte‘ erzeugt, die sich sehr leicht 
verflüchtigen. Bei grosser Dürre muss der Misthaufen mit 


— 204 — 


einer schützenden Decke von Laub oder Erde’ versehen und 
von Zeit zu Zeit angefeuchtet werden. 


Wenn ‚die Jauche nicht in eine besondere Vertiefung durch 
den geneigten Boden der Düngergrube geleitet wird, so hat 
dies den Nachtheil, dass die Zersetzung nicht überall gleichen 
Schritt hält, weil die Jauche in den untern Schichten des 
Düngers er Zutritt der Luft verhindert. 


Wird der Dünger auf die beschriebene Weise behandelt, 
so findet. kein erheblicher Verlust statt; ‘die entweichende 
Kohlensäure und der Wasserdampf ist ohne Bedeutung, weil 
diese Nahrungsmittel von der Atmosphäre in genügender RCOED 
geliefert werden. | 


Hat man den Dünger auf den Acker gebracht, so ist es 
nicht gleichzültig, wie man hier verfährt. Die erste und wich- 
tigste Aufgabe ist, ihn möglichst gleichmässig zu vertheilen 
und mit der Ackerkrume zu mengen, wenn die Wurzeln der 
Pflanzen überall die nöthigen Stoffe zur Aufnahme finden sollen. 
An dem Wachsthum der Pflanzen sieht man es einem Acker 
sofort an, wenn der Dünger schlecht vertheilt ist; wo Dünger- 
_ klumpen liegen, da ist die Vegetation eine üppige, oft sogar 
geile; an Stellen dicht daneben sehen die Pflanzen sehr schwäch- 
lich und kümmerlich aus. Die grösste Sorgfalt erheischt der 
leichte sandige Boden, weil man hier am besten, wie wir nach- 
gewiesen haben, schon ziemlich verwesten Dünger anwendet; 
dieser ballt sich aber leicht zusammen und lässt sich nur 
schwierig vertheilen. Man erleichtert die Anwendung, wenn 
man ein Gemenge von Erde und Dünger bereitet. Dadurch 
hat man noch den Vortheil, dass weniger Nahrungsstoffe ent- 
weichen können. | a 


Um das Fuhrlohn für die Erde zu sparen, legt man. die 
Komposthaufen auf den Aeckern selbst an; um: den. Zutritt 
des Wassers abzuhalten, deckt: man sie mit ‚Rasenstücken. 
Erinnern‘ wollen wir nur, dass man nicht etwa ein. Fuder 


u 


Kompost einem Fuder Dünger gleich achten darf; man muss 
so viel Kompost mehr anwenden, als dem Dünger Erde bei- 
gemischt ist. 


Man hat vielfach die Behauptung aufgestellt, dass der 
Dünger einen Verlust erleide, wenn man ihn längere Zeit aus- 
gebreitet auf dem Acker liegen lasse, und es ist viel für und 
wider gestritten worden. Die Erfahrung scheint gegen diese 
Annahme zu sprechen. Wird der Dünger in einer dünnen 
Schicht ausgestreut, so trocknet er bald aus und kann wegen 
mangelnder Feuchtigkeit nicht weiter zersetzt werden; da- 
gegen bildet er eine schützende Decke gegen die Verdunstung 
aus der Ackerkrume. Doch gilt dies nur für solchen Dünger, 
dessen Zersetzung noch nicht weit fortgeschritten ist; sehr 
zerfallener Dünger muss sofort untergepflügt werden. 


Nachtheilig und mit Verlusten verknüpft ist, ‚aber das Ver- 
fahren, den unvermischten Dünger in grössern Haufen lange 
auf dem Acker liegen zu lassen, weil hier alle Bedingungen 
einer leichten Zersetzung gegeben sind. Muss man den Dünger 
auf dem Acker liegen lassen, so mische man ihn stets mit 
Erde und scheue die Arbeit nicht, um Verluste zu ver- 
meiden. 


Endlich könnte noch die Frage aufgeworfen werden, der 
Dünger welcher Thiere den Vorzug verdiene? Aus den von 
uns gegebenen Andeutungen über die Entstehung des Düngers 
geht hervor , dass seine Zusammensetzung von den Nahrungs- 
mitteln’ abhängt. Da sich nun das Schwein in der Regel mit 
dem geringsten Futter‘ begnügen muss, mit wenig Stickstoff 
enthaltenden Substanzen, so ist offenbar der: Schweinemist vom 
geringsten Werth; dazu kommt das schnelle Wachsthuni des 
Schweines,. so dass im Dünger wenig Stoffe wieder  ausge- 
geben werden. Pferd und Schaf erhalten im’ Allgemeinen das 
beste ‚Futter, es kann daher der von beiden: Thieren erhaltene 
Dünger am reichsten an Pflanzennahrungsmitteln sein. ' Der 
Dünger dieser Thiere zersetzt sich überdem wegen seiner 


— 26 — 


feinen :Zertheilung :selir..leicht'»und. äussert',somit ‚den kräftig+ 
sten Einfluss: auf das; Wachstkum.. Im.'Schafmist sind: die 
flüssigen und festen Exkremente sehr innig gemengt. ‘Inder 
Mitte steht der, Rindviehmist, der wegen seiner schmierigen, 
klebrigen Natur .es besonders ‚nöthig. hat, mit andern Stoffen 
gemengt zu, werden, wenn er anders ich im Acker Klumpen 
bilden soll. 
9); Die. Pondrette. DEYEER, TIEITIEY, 
‚In gr ossen Städten „. wo, ‚viele, "Menschen oe woh- 
nen, ‚werden , aus allen, Theilen, des ; Landes grosse Mengen 
Ihierischer und pflanzlicher Produkte ‚verbraucht, die, zum 
grossen Theil wieder. in die Exkremente übergehen. „Wäh- 
rend diese so kostbaren Stotie auf dem flachen Lande und in 
Landstädten ihre mehr ‘oder weniger vortheilhafte Verwerthung 
finden, "bleiben' sie in den grken Städten 'noch meist‘ unbe 
nutzt, und noch "heute müssen 'die Häüswirthe von Berlin so- 
gar dafür zahlen, dass’ män’ihnen nur den Unrath aus dem 
Hause holt." Die Hauptursache dieser Vergeudung’ der für den 
Ackerbau so werthvollen Stoffe liegt in dem Umstande, dass 
die menschlichen Exkremente nur schwierig auf weitere 
Strecken transportirt werden ‚können; ‚es ist ‚daher die! Auf- 
gabe der Industrie, diese Substanzen: in. eine solche Form zu 
bringen, dass sie’ sich aufbewahren ‚und leicht wegführen las- 
sen.i «Dies ist, denn aueh>im ‚neuerer. Zeit »geschiehen, ‚undiiies 
sind | grosse: Fabriken. entstanden;;ı: welche (sich. jene‘ Aufgabe 
gestellt 'haben;, und: welche ihre‘ Erzeugnisse unter«.dem Nas 
men Poudrette ; 'Erat sehr Bunselioken, Guan.| in u Handel 
bringen: \a.l0u 77 Ads: 04 wich ra eg 
Ausser dem ol@ngi nee ‚Umstande: des: scheu 
ns findetsmam' auch nicht Selten erh Vorurtheil als. 
obi die menschlichen Exkreimente dem! Acker: nachtheilig wären. 
Darauf. Jässt :sich.:anführen „dass: dieselben sich in Nichts: von 
dem »thierischen Dünger unterscheidem, als dädurch ‚) dass: sie 
reicher an all den Stoffen sind, die zur Ernährung der 


— WE — 


Pflanzen dienen, weil die menschliche Nahrung im’ Allgemeinen 
aus''den’reichsten und’ besten Stoffen besteht. Dazu kommt 
noch, dass sich‘ die ‘menschlichen: Exkremente ‚sehr 'schneil 
zersetzen; wo man daher eine nachtheilige Wirkung derselben 
beobachtet hat, liegt diese iin’ dem Umstande, dass man die- 
selben in’ einem zu konzentrirten Zustande ‘und in zu’ grosser 
Menge angewendet hat. Deshalb hat die Verarbeitung: der- 
selben zu Poudrette noch den Vortheil, dass sie durch die Ver- 
dünnung mit'andern Stoffen eine bessere Anwendung gestatten. 

Die nächste Aufgabe bei der Bereitung der Poudrette ist 
also’ die, (die menschlichen Exkremente vor einer zu’ stürmi- 
schen Zersetzung zu schützen. Diese Aufgabe 'kann: man auf 
zwei‘verschiedenen Wegen erreichen, ‘Man trocknet sie ent= 
weder ‘durch’ künstliche Wärme und 'bringt sie als Pulver un- 
vermischt in’’den Handel, oder man vermischt sie mit andern 
Substanzen ‚ welche die 'Verwesung mässigen ‘und die 'stick- 
stoffhaltigen Bestandtheile binden. Weil ‘man zugleich den 
Zweck verfolgt , die Stoffe ohne zu grosse Kosten weit trans- 
portiren zu können, so wäre die erste Methode die bessere; 
um'jedoch 'bei dem -Verdunsten des Wassers Verluste zu ver- 
meiden, ist ‘es vortheilhaft, sie vor dem Trocknen ‚mit Gips 
oder Eisenvitriol zu mengen. ‘Die Schwefelsäure, welche in 
beiden Salzen enthalten ist, bindet’ das Ammoniak, das Eisen- 
oxyd zersetzt aber den Schwefelwässerstoff, jenes giftige 'Gas, 
das den Exkrementen den üblen Geruch ertheilt; ausser jenen 
Salzen muss’ man’ noch etwas freie 'Schwefelsäure zur Masse 
setzen. Inder Regel halten es 'aber'die Fabrikanten für vor- 
theilhafter; "die Exkremente mit Eisenvitriol , "Gips; "Schwefel- 
säure 'und eerdigen Substanzen’ zu 'mengen, weil sie‘ dadurch 
ein grösseres Volum erhalten: Da'abei'auf‘ diese Weise dem 
Uebervortheilen' Thür und Thor geöffnet ist,’ sollte jeder Land-' 
wirth in der Lage sein, solche ihm zum Kauf angebotene 
Poudreite auf ıhren Gehalt ‚au nähreuden Stoffen prüfen zu 
können, um ihren wirklichen Werth zu bestimmen. 

Wichtig ist bei der Bereitung' der!’ Poudrette,' wo möglich 
allen Urin ‘der Masse einzuverleiben, da ‘gerade dieser ‚reich 


— 208 — 


- 


an Stickstoffverbindungen und an Phosphorsalzen ist, ‚wie,.die 
mitgetheilten Analysen darthun. Leider geht der Urin: noch 
fast ganz ungenutzt: verloren, weil unser materielles Zeitalter 
lange noch nicht materiell genug ist. 

Es ist überaus: wünschenswerth, dass die Benutzung hin 
menschlichen Exkremente allgemein verbreitet würde, und 
dass man auf ihre Vorbereitung für den Transport die grösste 
Sorgfalt, verwendete, da sie an Werth dem  Guano ‘mindestens 
gleichstehen. : Unter 'allen Umständen ist es, thöricht. und  ver- 
schwenderisch,; grosse Summen Geldes über das Meer für: Stoffe 
zu. senden, so lange man. dieselben eben so. preiswürdig,. oder 
noch. billiger zu Hause haben kann, ‚wie ‚es auf der ‘andern 
Seite eben. so verkehrt sein würde, theure inländische Erzeug- 
nisse; zu. gebrauchen, wenn sie das Ausland billiger ‚liefert. . 

Allerdings hat sich auch der Schwindel dieses Industrie- 
zweiges bemächtigt; aber in solchem Falle. ist es immer. die 
Aufgabe des Käufers, selbst. zu prüfen und die Augen offen 
zu ‚halten, um den Werth der angebotenen Waare zu. schätzen. 
Eine sehr vortheilbafte Verwendung finden bei der Poudretten- 
bereitung die Abfälle aus Blutlaugensalzfabriken und aus Gas- 
‚anstalten, welche nicht unbedeutende Mengen von Stickstoff 
enthalten, besonders die letztern. 

In Flandern und in der Schweiz löst man die mensch- 
lichen Exkremente in Wasser auf und düngt mit dieser Flüs- 
sigkeit mit recht gutem Erfolge. Doch hat diese Art. der 
Verwendung. neben der. unangenehmen Arbeit des Auflösens 
noch den Uebelstand, dass man bedeutende Mengen Wasser 
herbeiführen muss, was in den: seltensten Fällen ohne erheb- 
liche Kosten geschehen kann, weshalb diese Düngung immer 
eine. beschränkte bleiben wird. Bei anhaltender Dürre. ist sie 
allerdings die beste, weil sich sonst leicht viel Dungstofle, ver- 
flüchtigen. 


3) Der Guano. 


Die Menge: ‚des ‘Stalldüngers ist nur eine beschränkte, 
abhängig von dem Viehstand und, den auf dem Hofe ‘selbst 


— I — 


verfütterten Substanzen; ein grösserer oder geringerer Antbeil 
der Erträge muss verkauft werden, weil der Mensch von Brot 
nicht allein lebt. Da man aber in vielen Fällen von seinen 
Aeckern grössere Erträge erzielen könnte, wenn man nur die 
nöthigen Dungmittel zur Verfügung hätte, so ist in den letzten 
zwanzig Jahren die Anwendung künstlieher Düngemittel immer 
mehr in Aufnahme gekommen. Unter ihnen nimmt der Guano 
die hervorragendste Stelle ein, weil er gerade an den Stoffen, 
welche zur Ernährung der Pflanzen so wesentlich sind, an 
Phosphorsäure und Ammoniak, besonders reich ist, wenn er 
anders unverfälscht und unverdorben erhalten wird. 

Der Guano kann auf jedem Acker, der ausser Stickstoff 
und Phosphorsäure alle übrigen Stoffe enthält, als ein voll- 
ständiger Dünger wirken und nicht nur gleich reiche Ernten 
liefern, wie ein entsprechendes Quantum Stalldünger, sondern 
sogar höhere Erträge hervorrufen, weil die in ihm enthaltenen 
Stoffe sich leichter in wirkliche Nahrungsmittel für die Pflanzen 
umsetzen. Natürlicherweise kann aber der Guano und ähn- 
liche käufliche Düngmittel nur so lange vortheilhaft sein, als 
die übrigen Stoffe in genügender Menge vorhanden sind. 
Fangen die Ernten unter sonst gleichen Bedingungen an we- 
niger reich zu werden, so ist es an der Zeit, jene Stoffe auf 
den Acker zu bringen. Dies kann entweder so geschehen, 
dass man Stalldünger herbeiführt, oder dass man den Guano 
mit Asche und andern Salzen mischt und mit dem Gemenge 
den Acker bestreut. Letzteres darf jedoch nur in dem Falle 
geschehen, wenn die physikalische Beschaffenheit der Acker- 
krume der Art ist, dass sie alle zur Fruchtbarkeit erforder- 
lichen Eigenschaften besitzt. Sie muss Lockerheit mit Festig- 
keit, wasseranziehende Kraft mit Erwärmungsfähigkeit verbin- 
den, alles Eigenschaften, die durch den Humusgehalt erhöht 
werden. Wo der Humus fehlt, muss man Stalldünger oder 
Moder vor der Düngung mit Salzen und Guano auf den Acker 
bringen. 

Auf fettem und schwerem Boden, wo der Stalldünger als 
Lockerungsmittel dient, kann er nicht durch Guano ersetzt 

Filly, Ernährungsverhältnisse, 14 


— MU — 


werten ; nicht zu loser und zu troekner Boden kann: durch 
Guano in Verbindung mit den nöthigen Salzen Jahre hindurch 
auf einer gleichen Stufe der Fruchtbarkeit erhalten: werden. 
Leichter, loser: Sandboden dagegen wird den geringsten Erfolg 
zeigen, weil:in ihm die hümosen Stoffe sehr schnell zersetzt 
werden, und weil grosse Verluste‘ auch dadurch entstehen, 
dass nicht alle: Zersetzungsprodukte des Guanos den Pflanzen 
zugeführt werden, weil ‚viele derselben in Folge der starken 
Verdunstung entweichen. BE: EL 
Ist man: im Stande, durch den: Stallmist er Fruchtbarkeit 
seiner Aecker auf einer gleichen Höhe zu erhalten; so- kann 
man sie durch. Guano und ähnlich  zusammengesetzte ' Stoffe 
erheblich steigern; ‘denn weil sim Stalldünger. Stickstoff und 
Phosphorsäure in erheblich ‘geringerer Menge vorhanden. 'sind, 
als die übrigen Nahrungsmittel, ‘so muss ‘eine Vermehrung 
jener,. d. h. eine verhältnissmässige Gleichstellung derselben 
mit den andern, die Fruchtbarkeit ohne Zweifel erhöhen. 
Daher ist die Anwendung künstlicher: Dungmittel neben dem 
Stallmist nicht genug zu empfehlen; durch die: Vermehrung 
der Erträge machen sie sich reichlich bezahlt. ‚Aber auch die 
Strohmasse vermehrt sich und damit mittelbar die Menge des 
Humus, weil man bei grössern Ernten an Stroh dem Vieh 
mehr ‚Streu geben kann. Endlich gestattet : die ‘Verwendung 
käuflicher, kräftig wirkender Dungmittel dem’ Landwirth ‚in 
der Fruchtfolge unabhängiger zu verfahren; er kann sich: mehr 
als 'bei blosser ‚Stalldüngung nach seinem Bedürfniss beim 
Anbau der verschiedenen Kulturpflanzen richten. Doch hat 
man. nicht: ganz freie Hand;. da nämlich der ''Guano “mehr 
Phosphorsäure ‚als Stickstoff’ enthält, so ist seine Wirkung auf 
Haimfrüchte, welche das Entweichen der Stickstoffverbindungen 
aus dem Boden erleichtern, weniger bedeutend, als auf: blatt- 
reiche Pflanzen, Rüben, Kohl u. :s. w. | 
Aus vielfachen vergleichenden Versuchen, die in England’ 
und Deutschland, besonders in Sachsen angestellt sind, hat 
sich unwiderleglich ergeben , dass ein Gentner guter Guano die- 
selbe Wirkung hat, als 75 Gentner Stalimist, natürlich für ein Jahr ; 


Zr. 


denn obgleich die 75 Centner Stallmist weit mehr nährende 
Stoffe mit sich führen, so sind sie doch im Guano in einem 
aufgeschlossenen Zustande enthalten, wie sie bald von den 
Pflanzen aufgenommen werden können. Im Durchschnitt dürfte 
man auf den preussischen Morgen am besten einen Centner 
geben, um die günstigsten Erfolge zu erzielen; mehr Guano 
macht sich nur selten bezahlt. 

Was die Art der Verwendung betrifft, so muss der fein- 
gepulverte Guano bei feuchtem, regnerischem Wetter gleich- 
mässig auf den Acker verstreut werden; bei Sommerfrüchten 
geschieht dies am besten zugleich mit der Saat, doch muss 
man sich hüten, dass die Samenkörner unmittelbar mit dem- 
seiben in Berührung kommen, weil das kohlensaure Ammoniak 
in grösserer Menge die Keime tödtet. Man verfährt daher am 
besten so, dass man ihn vorher mit Erde oder Asche sorgfältig 
mischt; nur bei Kartoffeln kann man ihn unmittelbar in die 
Furche unter die Saatkartoffeln bringen. Bei Winterfrüchten 
giebt man mit der Saat nur eine geringe (uantität und über- 
streut im Frühjahr, wenn die Vegetation wieder erwacht, bei 
nassem Weiter die junge Saat; schon nach sehr kurzer Zeit 
bemerkt man sowohl am kräftigern Wuchs der Pflanzen, als 
am tiefern, saftigern Grün seine vortheilhafte Wirkung. 

Der Guano besteht aus den Exkrementen verschiedener 
Arten von Seevögeln, welche auf einer Reihe kleiner, unbe- 
wohnter Felseneilande in der Südsee, an der Küste von Peru 
und Chile gelegen, nisten. Im Laufe der Jahrtausende haben 
sich hier Schichten dieser Exkremente vor 30 bis 100 Fuss 
Dicke abgelagert; sie werden schon seit Jahrhunderten abge- 
bauet, schon lauge, bevor die Europäer hierher kamen, in- 
‚dem die Ureinwohner Peru’s sich derselben schon als Dünge- 
mittel bedienten. Die bedeutendsten dieser Inseln, die den 
besten Guano liefern, sind die beiden Loboseilande und die 
drei Chinchainseln, welche allein 250 Millionen englischer 
Tonnen dieser Exkremente enthalten sollen. 

Ausserdem findet sich Guano in Patagonien und in Chile, 
aber von geringerer Qualität, ganz schlechter in der Saldanha- 

14° 


ee ı ı 


Bay an der Westküste Afrika’s und in Australien; von einigen 
Inseln des rothen Meeres holten ihn die Araber schon im 
zwölften Jahrhundert unserer. Zeitrechnung. 

Der beste Guano ist der peruanische; er hat eine bräun- 
liche, von der Sonne getrocknete Kruste, im Innern ist er 
schmutziggelb, fast geschmacklos und von starkem Geruch, 
der an Baldrianwurzel erinnert. Guter Guano enthält im 
Durchschnitt 16 Prozent Ammoniak und bis 20 Prozent 
Phosphorsäure. Wegen seines hohen Preises ist er häufigen 
Verfälschungen mit Ziegelmehl, Gips, Sand und andern Stoffen 
ausgesetzt, weshalb wir die Landwirthe nicht dringend genug 
vor dem Ankauf des billigen Guano’s warnen können. Die 
Herren Gibbs, Sohn und Compagnie in London, welche: in 
Folge eines Vertrages mit der Regierung, von ‚Peru den allei- 
nigen Vertrieb des peruanischen Guano’s in Händen haben, 
liefern den preussischen Gentner nicht unter 34 Thaler, wel- 
cher Preis für Deutschland sich mit Transportkosten und 
Spesen auf 4% Thaler erhebt. Trotzdem kaufen die. Land- 
wirthe den Centner für zwei bis drei Thaler und vermeinen, 
ein vortreffliches Geschäft gemacht zu haben; bei so niedrigem 
Preise müssen sie aber betrogen sein. Entweder kaufen sie 
australischen oder einen andern fast werthlosen Guano um so 
geringen Preis, oder sie kaufen verfälschten. Der beste 
Guano, ist er auf der Seereise nass geworden, kann ganz 
werthlos werden. Es ist daher stets nothwendig, dass ‘der 
Landwirth die Waare selber prüfe, oder einen zuverlässigen 
Chemiker damit beauftrage. Eine ziemlich brauchbare Anwei- 
sung für diese Prüfung findet man in einer in diesem Ver- 
lage erschienenen Bearbeitung der Schrift von Nesbit: „Der 
peruanische Guano.“ Die Schrift enthält ausserdem noch 
einige specielle Fingerzeige, für die hier nicht der Ort ist. 

In den hier mitgetheilten Analysen von drei guten Guano- 
sorten ist das Ammoniak nicht alles fertig gebildet im Guano 
enthalten, sondern es sind alle stickstoffhaltigen Bestandtheile, 
welche sich in Ammoniak zersetzen, als solches berechnet. In 
100 Theilen der untersuchten Guanoarten waren enthalten: 


t: 2 3. 
Ammoniak 13,16 17,35 15,55 
Kali 2,16, 2,96 2,43 
Natron 2,76 Spur 0,85 
Kalkerde . 15,96 15,99 17,12 
Magnesia 0,35 0,41 a 
Chlor . 1,49 3.25 3,19 
Kleesäure 15,39 17,01 16,62 
Kohlensäure 1,65 0,47 1,21 
Phosphorsäure . 18,08 19,98 19,13 
Schwefelsäure 4,00 4,73 5,10 
Wasser m 5,12 4,23 4,17 
Stickstofffreie org. Stoffe 6,05 10,58 6,37 


Die übrigen Stoffe waren Thon und Sand. 

Der in den Analysen mitgetheilte Ammoniakgehalt ent- 
spricht 10,83 und 14,28 und 12,80 Prozent Stickstoff; wenn 
aber in der Roggenernte eines Morgens Acker 17 Pfd. Stick- 
stoff enthalten sind, so reichen schon 157 oder 119 oder 
133 Pfd. Guano aus, um den ganzen Stickstoff zu liefern. 

In neuerer Zeit kommen verschiedene Substanzen als 
künstlicher Guano in den Handel; es sind dies die oben er- 
wähnte Poudrette, Fischreste und dergl. Unter Umständen 
können diese Stoffe eben so gut sein, als Guano, worüber 
aber immer nur eine sorgfältige Prüfung entscheiden kann; 
bei dieser Prüfung ist jedoch nicht allein die Quantität der 
Stoffe, sondern auch ihre Konstitution massgebend, d. h. ob 
sie sich in einem eben so aufgeschlossenen Zustande als ım 
Guano befinden. 3 | 

Am besten lassen sich hier einige Dungstoffe von unter- 
geordneter Bedeutung anreihen, welche dem Guano in ihren 
Bestandtheilen ähnlich sind, oder doch einen Hauptbestand- 
theil desselben, nämlich Phosphorsäure enthalten. Dahin ge- 
hören: 

a) Das Knochenmehl. Die thierischen Knochen be- 
stehen aus stickstoffhaltigem Leim, aus Fett, phosphorsaurem 
und kohlensaurem Kalk und etwas Fluorkalcum. Frische 


— 214 — 


Knochen enthalten bis 25 Prozent Phosphorsäure, aber nur 
5 bis 6 Prozent Stickstofl, also weit weniger, als der Guano; 
so dass bei ihrer Anwendung noch grössere Mengen von Am- 
moniak hinzukommen müssen, wenn sich die ‚Phosphorsäure 
verwerthen soll. Das Knochenmehl verdankt daher seinen 
Haupteinfluss auf das Wachsthum seinem Gehalt,.an Phosphor- 
säure, weshalb man in vielen Fällen gebrannte Knochen mit 
gleichem Erfolge zur Düngung benutzen kann. 

Aber auch noch in anderer Beziehung unterscheiden sich 
die Knochen vom Guano; während sich nämlich im Guano die 
nährenden Substanzen fast ganz fertig gebildet vorfinden, gehen 
die Knochen nur sehr‘ schwer in Fäulniss über. Weil der 
phosphorsaure Kalk mit dem Knochenleim ‚eine. feste Verbin- 
dung bildet, so wird der Zutritt der Luft. fast gänzlich abge- 
halten. Um sie daher schneller wirksam zu machen, ist es 
nöthig, sie so fein: wie möglich zu zerkleinern.., Man setzt. sie 
zu dem Ende der Einwirkung gespannter Wasserdämpfe. aus; 
dadurch wird ihnen einerseits das Fett entzogen, das man 
für Seifen und Schmieren verwerthen kann, während es auf 
dem Acker Nichts nützt, im Gegentheil die ‚Verwesung der 
Knochen hemmt; anderseits. werden sie dadurch‘ mürbe, ‚so 
dass sie sieh leichter zerkleinern lassen. Das so erhaltene 
Knochenmehl wirkt aber immer .noch langsam ; um ‚die ‚Wirkung 
noch mehr zu beschleunigen, kann man es mit Erde gemengt 
längere Zeit aufbewahren, indem man den Haufen ‘von Zeit zu 
Zeit anfeuchtet, am besten mit. Jauche. Eine. andere Berei- 
tungsweise ist die, dass man 100 Pfd. Knochenmehl mit. 20 
bis 30 Pfd. englischer Schwefelsäure mengt, wodurch schwe- 
felsaurer Kalk und ein saures Kalksalz der Phosphorsäure ge- 
bildet wird, das sich leichter löst. Statt der Schwefelsäure 
könnte man auch Salzsäure, aber mässiger, anwenden, 

Auf leichtem Boden, in welchem organische Stofle leicht 
zersetzt werden, kann das unpräparirte Knochenmehl ‚mit 
Nutzen angewendet werden, auf schwerem, nassem Boden gar 
nicht. 


— 2i5 — 


Einem Gentner ‚gutem »&uano' kommen etwa 2 bis 23 
Gentner Knochenmehl in ihrer Wirkung gleich; doch: erhält 
die Erde damit einen grossen Ueberschuss an Phosphorsäure. 
Auch’ das «Knochenmehl: wird ‘vielfach verfälscht; ‘eine häufige, 
aber noch nicht. die schlechteste Beimengung sind gepulverte 
Koprolithen. Diese bestehen der Hauptsache nach aus phos- 
phorsaurem Kalk, und man hält sie. für die. fossilen -Exkre- 
mente grosser Amphibien der: Vorwelt. Sie werden besonders 
häufig’ in England gefunden: und auch für’ sich allein ‚als 
Dungmittel in den: Handel ‘gebracht. 'Eine andere, nicht ganz 
schlechte Beimengung des Guano’s und des Knochenmehls ist 
der sogenannte Knochenstein, der sich in einigen Gegenden 
in Lagern findet, :z. B. am Fichtelgebirge. 

b) Die Zuckerkohle. Bei der Zuckerfahrikation  be- 
dient man sich der gekörnten Knochenkohle zur Reinigung 
des Zuckersaftes von Farbstoffen und von stickstoffhaltigen 
Verbindungen, welche eine Gährung des Saftes hervorrufen 
würden. Wenn sie zu diesem Zwecke nicht mehr gebraucht 
werden kann, so kommt sie als ein nicht zu verachtendes 
Dungmaterial in'.den Handel. Obgleich. sie in Folge der: Ver- 
kohlung keinen’ Stickstofl mehr enthält, sondern nur aus! koh- 
lensaurer und ‚phosphorsaurer. Kalkerde besteht, so nimmt: sie 
doch aus dem. Zuckersaft solche ‚Stoffe wieder. auf. Die. im 
Zuckersaft enthaltenen eiweissartigen Substanzen und das zur 
Klärung: dazu gesetzte Blut ‚schlagen ‚sich in den Poren. der 
Kohle nieder. Es gilt übrigens von dieser Kohle Alles, was 
wir beim Knochenmehl angeführt haben, nur. dass sich die 
darin . niedergeschlagenen ‚ Stickstoffverbindungen bei weitem 
leichter. zersetzen. | | ig 

ec), Der Rapskuchen. Nachdem aus den Rapskörnern 
das Oel abgepresst'ist, enthalten die Treber noch 'alle übrigen 
Stoffe, besonders die Salze und. sämmtlichen Stickstoff, welcher 
dem: Boden entzogen, wurde; denn das Oel besteht: nur: aus 
Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff. Wenn: man also den 
Acker mitdem Rapsstroh und ‚den: Trebern düngt , so werden 
ihm aller ‚Stickstoff. ‚alle. Phosphorsäure und: alle Salze wieder 


z 


— 216 — 


zugeführt, welche die Ernte daraus entnahm; ausserdem ist 
die Wirkung eine sehr schnelle, weil die Rapskuchen seh 
leicht zerfallen ; nicht so das Stroh. | 

Wir halten es jedoch im Allgemeinen nicht für vortheil- 
haft, die Rapskuchen als Dünger anzuwenden, weil sie ein 
sehr gutes Futter für Kühe und Schafe sind und auch gern 
gefressen werden. Sie scheinen uns durch die Verfütterung 
weit besser ausgenutzt zu werden, um so mehr, als das darin 
zurückbleibende Oel, oft zehn und mehr Prozent der Masse, 
bei der Düngung mit den Kuchen ganz ungenutzt verloren 
geht. 

Verwendet man dennoch Rapskuchen zur Düngung, so 
ist es nothwendig, sie mit Erde zu mengen, weil sie wegen 
ihrer leichten Zersetzbarkeit zu energisch auf die jungen 
Pflanzen wirken; wollte man sie aber lange vor der Einsaat 
auf den Acker geben, so wären Verluste unvermeidlich. 


4) Der Chilisalpeter. 


Der Chilisalpeter oder Würfelsalpeter findet sich in Süd- 
amerika in einigen mächtigen Lagern im Distrikt von Atacama 
in Peru an der chilenischen Grenze und in Chile selbst. Er 
kommt zu verschiedenen Zwecken, unter andern zur 'Fabri- 
kation der Salpetersäure in den Handel; er besteht nämlich 
aus salpetersaurem Natron und etwas Kochsalz. Seinem 'Ge- 
halt an Salpetersäure, d. h. an Stickstoff, verdankt er wohl 
seine Anwendung in der Landwirthschaft. 

Die Wirkung dieses Salzes auf die Kultur ist eine höchst 
energische, und da es ausser Stickstoff keine eigentliche 
Pflanzennahrung enthält, so muss seine Wirkung noch anderer 
Art sein, als die, assimilirbaren Stickstoff zu liefern; dass 
übrigens die Salpetersäure von den Pflanzen in der That auf- 
genommen wird, ist durch Versuche in neuerer Zeit unwider- 
leglich bewiesen. 

Oft ist ein Acker reich an nährenden Substanzen‘; aber 
weil sie sich in einem unlöslichen Zustande befinden , können 


— 217 — 


sie nicht von den Pflanzen aufgenommen werden. Durch den 
Einfluss des Salpeters werden solche Substanzen leichter zer- 
setzt, der phosphorsaure Kalk wird in eine lösliche Form 
übergeführt, und nun wird der vorher unfruchtbare Acker 
ohne jeden andern Dünger fruchtbar. Diese Wirkung des 
Chilisalpeters auf die Lösbarkeit der nährenden Substanzen ist 
so gross, dass er in vielen Fällen das Knochenmehl ersetzen 
kann, welches man nicht deswegen auf den Acker hätte 
bringen müssen, weil es an Phosphorsäure im Ackerboden 
fehlte, sondern weil sie darin in unbrauchbarer Form vorhan- 
den war. Eben so wenig ist der Mangel an Stickstoff immer 
die Ursache der so auffälligen Wirkung des Chilisalpeters; 
durch seine Gegenwart werden die im Boden vorhandenen 
Stickstoffverbindungen leichter und in schnellerer Folge den 
Pflanzen zugänglich. 

Im Allgemeinen kann aber nur für eine kürzere Zeit 
mit dem Salpeter ein günstiger Erfolg erzielt werden, da er 
nur ein einziges Nahrungsmittel enthält, den Stickstoff; der 
Boden muss bald an allen übrigen, zunächst an Phosphorsäure 
erschöpft werden. Besonders wirksam ist der Chilisalpeter 
beim Getreidebau. 

Auf den preussischen Morgen gebraucht man 30 bis 100 
Pfund, und zwar ist nach allen Beobachtungen sein Einfluss 
bei trocknem Wetter merklicher, als bei feuchtem, weil er 
wegen seiner Leichtlöslichkeit zu schnell in die tiefern Schich- 
ten des Bodens geführt wird, wenn viel Wasser vorhanden 
ist. Er ist ein Gegenstück des 'Guano, weil er keine flüchtigen 
Bestandtheile hat. 

Dem Chilisalpeter kann das schwefelsaure Ammoniak an 
die Seite gesetzt werden, das einerseits Stickstoff liefert wie 
jener, anderseits zersetzend auf andere Substanzen wirkt. Man 
gewinnt es bei der Destillation organischer Stoffe, z. B. in 
Gasanstalten, als Nebenprodukt. 


— 218 — 


‚2 ‚Die Düngsalze, 


Ein: grosser Theil, Birlnigenn Danddhien ‘welche :man »dem 
Boden ‚abgewonnen hat ;. wird. ‚verkauft und, ‚weggeführt. Die 
in: diesen Substanzen enthaltenen - Salze können dem: Boden 
mit dem 'Stalldünger i nicht: wieder. gegeben werden. ‚Wenn 
nun ein: Boden nicht reich an Bruchstücken solcher Mineralien 

„»durch' deren. Zersetzung ‘die. Salze , welche den Pllanzen 
= Nahrungsmittel ‚dienen, frei werden, .so muss. der Endes 
allmälig 'verarmen. | 

Unter ;solchen Umständen. ist es ‚nothwendig,, die ' eih 
führten Stoffe auf irgend eine ‚Weise zu ersetzen; am nölhig- 
sten wird dies auf ‚Wiesen sein, die einen. moorigen Unter- 
grund haben, und die sonst keine Düngung erhalten, 

Das natürlichste Mittel, diese Salze‘ herbeizuschaffen,; sind 
die Aschen, die man ‚bei den :häuslicben und technischen Ver- 
brennungsprozessen: erhält, ‚weil: sie. .allei.die Salze ‚enthalten 
müssen, welche die verbrannten Pflanzenstoffe‘‚aus dem Boden 
entnommen hatten. .‚Diejenigen Aschen. werden ‘,ohne :Zweifel 
die besten sein, welche reich an Kali, Magnesia. und Phosphor- 
säure »sind;; da ‚aber..die: kalireichen Aschen ‚noch ‚manche an- 
. dere: :vortheilhafte, ‚Verwendung haben, se stehen. sie, selten ‚der 
Landwirthschaft zur Verfügung; ‚dahin. gehören ’die;Aschen von 
Läubholz. : Dagegen. sind.,'die ‚‚Asehen ‚ von -Nadelhölzern ‚ ‚von 
Torf::und von. fossilen Kohlen |. kaum: zu. andern. ! Zwecken: 
brauchbar; aber sie enthalten‘ ;doch nahrhafte :Stofle. 

Die Wirkung der Asche auf die Vegetation besteht | je- 
doch nicht: allein: in ihrer 'nährenden: Kraft, ;sondern sie: wirkt 
auch indirekt, indem- sie.die im Boden befindlichen: Substanzen 
zerlegen. hilft, etwa vorhandene saure. Humusstoffe bindet und 
saure Pflanzen ‚vertreibt, (0: aaitellitsad 6a 

Am besten ist es, die Asche: mit, dem ea 
auf den Acker zu bringen; nur bei Wiesen darf sie unver- 
mischt aufgestreut werden. Vielfach wird die Seifensieder- 
asche zur Düngung verwendet; da man aber behufs der Seifen- 


Di 


2 u 


fabrikation fast alle Alkalien ausgezogen hat‘, so ist ihre. Wir- 
kung kaum von 'der Wirkung ‘des: Kalkes verschieden, der ihr 
zugesetzt ist, um das kohlensaure‘'Alkali ätzend zu machen. 
Aus den Salzsiedereien kommen verschiedene Abfälle unter 
dem Namen von Düngsalz: in den Handel, die theilweise alle 
Salze enthalten, welche ‘von. den Pflanzen: assimilirt ‘werden. 
Im Dornensteine herrscht - der Gips. vor , im 'Salzschlamm ist 
besonders. Gips,  Schwefelsäure-- und 'Chlorverbindungen des 
Kali’s, Natrons und der Magnesia enthalten, im Hungerstein 
ebenso, im Salzstein neben vielem Kochsalz an Schwefelsäure 
und Chlor gebundenes Kali, Natron‘ und‘ Magnesia, 'in :der 
Mutterlage Kali, Natron und Magnesia. 

Im Dornenstein ist eigentlich nur ' der Gips wirksam, 
dessen Einfluss wir gleich hier näher betrachten müssen, da 
man ‚auch: mit reinem Gips düngt. 

Der ‘Gips ist 'schwefelsaure Kalkerde, : mit Wasser ver- 
bunden; ‘sowohl die Schwefelsäure, als die’ Kalkerde sind 
wirkliche Nahrungsmittel. : Aber es ist: fraglich, ‘ob nur: in der 
nährenden Kraft dieser beiden Stoffe die vortheilhafte Wirkung 
des Gipses zu suchen: sei, oder ob der Gips auch noch durch 
seine, Eigenschaften in';anderer Beziehung ‚Einfluss auf 'die 
Vegetation habe? : Die: Schwefelsäure; wird: von ;den "Pflanzen 
nur in sehr geringer:Menge aufgenommen; ‘man dürfte wohl 
annehmen, dass in jedem gut :kultivirten Acker. mit dem’ her- 
beigeführten ‚Dünger. dem: Acker dieselbe schon in "genügen- 
dem: Masse mitgetheilt‘ würde. : Wir ıhaben ‚jedoch schen öfter 
darauf aufmerksam: gemacht;, dass ‘wir noch: keinen Massstab 
dafür haben,‘ in welchem Mengenverhältniss ein Stoff im Bo= 
den verhanden sein muss, um von den Pflanzen aufgenommen 
werden zu können ;so viel: steht ‚aber fest, dass zwei Pflanzen, 
die. von einem beliebigen: Stoffe. gleichviel aufnehmen, doch in 
demselben ‚Boden oft nur: dann-gedeihen, wenn man für die 
eine: der Pflanzen. mehr: von jener ‘Substanz: auf den Acker 
bringt.» Wichtiger- als’ die Schwefelsäure scheint der Kalk zu 
sein, weil die schwefelsaure Kalkerde im Wasser weit leichter 
löslich ist, als die kohlensaure; daher ist der Gips die Sub- 


— 220 — 


stanz, welche den Pflanzen den Kalk in genügender Menge 
darbieten kann. Diese Annahme wird ‘noch dadurch bestärkt, 
dass der Gips auf die Schmetterlingsblüther, auf Hülsenfrüchte 
und Kleearten also, von besonders günstigem Einfluss ist. 
Diese Pflanzen sind gerade reich an Kalksalzen, wenn wir 
schon. nicht läugnen wollen, dass der Einfluss des Gipses auf 
diese Pflanzen auch recht gut anders erklärt werden könnte. 

Der Gips kann nämlich auch, ohne gerade selbst als 
Nahrungsmittel zu dienen, in der Weise vortheilhaft wirken, 
dass er die Zufuhr anderer Stoffe erleichtert und befördert. 
Es ist eine allgemeine chemische Erfahrung, dass zwei. Salze 
in wässeriger Lösung stets ihr& Säuren austauschen, 'wenn 
sich durch diesen Austausch ein schwerer lösliches Salz bil- 
den kann. Das sich in der Luft befindende Ammoniak ist 
meist das sehr flüchtige koklensanre Salz; Jedermann kennt 
das sogenannte Riechsalz, das wegen seiner Flüchtigkeit in 
der Bäckerei und Konditorei angewendet wird. Trifft nun 
dieses kohlensaure Ammoniak mit der wässerigen Lösung des 
Gipses zusammen, so findet eine Wechselzersetzung statt; es 
bilden sich schwer löslicher kohlensaurer Kalk und schwefel- 
saures Ammoniak. Letzteres Salz ist aber sehr wenig flüchtig, 
und es wird also durch die Gegenwart des Gipses dem Boden 
das Ammoniak erhalten und aus der Luft zugeführt. Diese 
Wirkung kann jedoch nur bei hinreichender Feuchtigkeit statt- 
finden, weil: die trocknen Salze sich umgekehrt immer''so 'zer- 
setzen, dass schwefelsaurer Kalk und kohlensaures Ammoniak 
entstehen; nach einem andern chemischen: Gesetz setzen sich 
zwei verschiedene, trockne Salze immer um,’ wenn ein flüch- 
tigeres Salz dabei resultirt. 

Für die hier besprochene Wirkung des Gipses sprechen 
verschiedene Erfahrungen. Die Kleearten  assimiliren ' nicht 
allein viel Kalkerde, sondern sie‘ befördern auch unter allen 
Kulturpflanzen am meisten die: Thaubildung , iso dass sie dem 
Boden immer eine hinreichende Menge Wasser. zuführen, um 
den Gips zu lösen. Bei trockner Witterung bleibt der Gips 
fast ohne Erfolg. 


— 21 — 


Um jedoch zu einem endgültigen Urtheil über den Ein- 
fluss des Gipses zu kommen, müssen erst noch viele ver- 
gleichende Versuche angestellt werden. | 

Der Gips wird am besten in Form eines feinen Pulvers 
im Frühjahr auf die Pflanzen gestreut. 


6) Die Gründüngung. 


In frühern Zeiten bebaute man die Aecker einige Jahre 
und liess sie dann ein oder zwei Jahre liegen, damit sie sich 
ausruhen könnten, wie sich der Landmann ausdrückt. 
Während dieser Ruhezeit überzogen sich die Aecker mit einer 
Decke wilder Pflanzen; beim spätern Umpflügen wurden die 
Stoffe, welche jene Pflanzen aus dem erschöpften Boden und 
aus der Luft gesammelt hatten, dem Boden einverleibt, so 
dass er nun wieder Kulturpflanzen zu tragen vermochte, 
Besser erreicht man jedoch jetzt diesen Zweck durch den 
Anbau solcher Pflanzen, welche das Vermögen haben, grosse 
Mengen von Stoffen aus der Luft und aus der verdünnten 
Nahrungsmittellösung eines armen Bodens in organische Sub- 
stanz zu verwandeln. Unter allen bekannten Kulturpflanzen 
besitzt diese Fähigkeit in so hohem Masse keine wie die Lu- 
pine, welche man in neuerer Zeit auf jedem armen Sandboden 
kultivirt, um durch das Unterpflügen derselben den Boden zu 
verbessern; sie gedeiht sogar noch da, wo der Boden sich 
kaum mit einer natürlichen Narbe schliesst. in 

Woher nehmen aber die Lupinen die Stoffe, die bei 
ihrem Verwesen dem Boden einverleibt werden? Die Lupinen 
sind dichtbelaubte Pflanzen, welche den Boden dicht beschat- 
ten, und ihn so immer feucht erhalten; deswegen wird über- 
haupt eine Vegetation möglich, weil mit dem Wasser Kohlen- 
säure herbeigeschafft wird, und Ammoniaksalze können aus 
der Luft auf den Boden verdichtet werden. Auf diese Weise 
erhalten die Lupinen ihren Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauer- 
stoff und Stickstoff aus der Atmosphäre; werden sie unterge- 
pflügt, so bereichern sie den Boden an Stickstoff und an 


u BR 


humosen Substanzen.‘ Eine Bereicherung an Salzen können 
sie. nur ‚indem Falle "herbeiführen, wenn ihnen kapillarisch 
Wasser zugeführt wird,' worin jene Salze sich in Lösung 
befinden; :wo dies nicht der Fäll ist, muss man vor dem An- 
bau der Lupinen den Boden mit’ Asche ‘bestreuen. 

Aber uicht allein dann verbessern die Lupinen den Bo- 
den, wenn sie untergepflügt, werden, sondern ein armer Boden 
kann schon durch den blossen Anbau derselben, wenn man 
sie aberntet, fruchtbarer werden. Indem nämlich das ‘dichte 
Laub den ‚Boden beschattet, wird Ammoniak aus der Luft ver- 
dichtet- und: die Verdunstung ' verhindert; eine ganz analoge 
Wirkung haben alle die Pflanzen, welche die Thaubildung be- 
fördern. Die Lupine ist ‘auf! nicht‘ ganz armem Boden eine 
vortreffliche Vorfrucht für den’ Roggen. 

Da aber die Lupinen auch ein ganz vortreffliches Futter- 
mittel sind, so könnte die Frage aufgeworfen werden, ob es 
nicht 'vortheilhafter wäre, dieselbe zu verfüttern und den ge- 
wonnenen Dünger auf den Acker zu bringen? 

Wie: wir eben gesehen haben, gehen bei jedem Ver- 
füttern von Pflanzen Stoffe verloren; der Dünger enthält nie 
alle. die Stoffe, welche mit der Ernte. dem Acker entzogen 
wurden. ' Eine Düngung mit ‘den Exkrementen der Thiere 
also, welchen die Lupinen gefüttert wurden , würde die Grün- 
düngung nicht vollständig ersetzen. Zur Entscheidung der 
oben  aufgeworfenen Frage muss man ein Rechenexempel etwa 
in folgender ‘Art anstellen: Der Verlust an Dungmaterial' und 
die Kosten ‘des Einheimsens betragen so viel; der Gewinn, 
welchen die ‘gewonnenen @Quantitäten Fleisch, Milch, Käse ° 
us Ss. w. abwerfen, aber so viel. Stellt sich nun der Gewinn 
höher, so “ist es ‘jedenfalls vortheilhäfter, Düngmittel  anzu- 
kaufen. ‘Dazu’ kommt noch ‘der Umstand, dass Stalldünger, 
Poudrette u. os. w. schneller zur Wirkung kommen, als die 
Gründüngung’; freilich hält dafür diese auch wieder länger 
vor. Endlich ist nieht zu vergessen, dass bei der Gründüngung 
jedesmal eine: Ernte ausfällt. Immerhin bleibt nur ganz armer 
Sandboden der‘ Gründüngung bedürftig. | 


— 1 — 


Nachdem wir so. die: hauptsächlichsten Dungmaterialien 
und die: Art ihres Einflusses; erörtert haben, bleibt uns an 
dieser Stelle nur noch: übrig, dringend vor: den zahlreichen 
Schwindeleien zu‘ warnen, welche. mit dem: Anpreisen ‘von 
Dungstoffen getrieben werden. Da’ liest man unter. Anderm, 
wie man mit wenigen Pfunden eines: neuerfundenen Düngers 
die Fruchtbarkeit seines Ackers so ‚erhöhen: kann ‚ dass: jedes 
andere Düngmittel überflüssig’ ist.. Wieder ‚und immer: wieder 
finden: sich Leichtgläubige,; die‘ sich: täuschen: lassen «und den 
lachenden Schwindler bereichern, : Es ist: nicht nur ıein Sprüch- 
wort, sondern: es-ist ‚auch: ‚ein: überall gültiges; Naturgesetz: 
„Aus Nichts wird Nichts!“ So gut der Branntweinbrenner 
ohne ‘Stärke keinen Zucker und ‚ohne Zucker keinen Spiritus 
bereiten kann, so gut ohne Brennmaterial kein: Feuer unter- 
halten werden kann, ehenso gut können: sich keine ‚Pflanzen 
da entwickeln ,. wo: der Boden aller. derjenigen Stoffe ‘bar. ist, 
welche die Pflanzen nur: aus ‚dem Boden ‚aufnehmen können. 
In der ‚Regel: sind‘; jene Stoffe' ganz ‚werthlos ,. selbst ‚wenn sie 
in»grossen Mengen angewendet würden, da diejenigen, welche 
solche Anpreisungen in die. Welt ‚senden ‚oft. gar Nichts von 
der Pflanzenernährung kennen, welche Erfahrung wir selbst 
öfter zu machen Gelegenheit gehabt haben. 

Sollen wir endlich noch einige Worte über die Bestim- 
mung des Werthes der verschiedenen Düngmaterialien hinzu- 
fügen, so lässt sich ganz allgemein der Grundsatz aufstellen, 
dass alle Stoffe, welche von den Pflanzen aufgenommen wer- 
den, von ganz gleichem Werth sind; keine Pflanze kann ge- 
deihen, wenn einer dieser Stoffe fehlt. Der Werth, den nun 
dieses oder jenes Düngmittel für einen Landmann hat, richtet 
sich stets nach dem Marktpreise der einzelnen Stoffe und nach 
dem Gewinn, welchen der Landwirth bei der Anwendung des 
einen oder des andern Düngers erzielen kann. Wer in der 
Nähe grosser Städte Ackerbau treibt, kann offenbar den Dünger 
billig kaufen und hat daher nicht nöthig, grossen Werth auf 
die Düngerproduktion zu legen, um so weniger, als er fast 
alle seine Bodenerzeugnisse in der Stadt gut” absetzen kann. 


ee 


Weiter entfernt von solchen Orten ist ein reicher Viehstand 
immer das beste Mittel, die Ackerprodukte zu verwerthen und 
den Boden in guter Dungkraft zu erhalten; doch kann auch 
hier, je nach dem Bedürfniss, käuflicher Dünger neben dem 
Stalldünger mit grossem Vortheil verwerthet werden. 

Es giebt Preistabellen für den Werth der einzelnen Dung- 
stoffe; doch sind dieselben meist ganz unbrauchbar. Die besten 
Hülfsmittel für eine derartige  Werthbestimmung sind immer 
eine genaue Kenntniss des Ackers .und seiner Bedürfnisse 
und der Zusammensetzung der käuflichen Düngstoffe; ferner 
die Preise der verkäuflichen Bodenerzeugnisse und der Trans- 
portmitteln. 

Um den grösstmöglichsten Gewinn aus dem Acker ziehen 
zu können, dürfen vergleichende Versuche, auch wenn sie mit 
Kosten verknüpft’ sind, nicht gescheut werden; nur dürfen’ sie 
nicht ohne reifliche Prüfung angestellt werden.. Leider findet 
man in der Landwirthschaft noch häufig jene falsche Sparsam- 
keit, welche sich scheut, einen Dreier auszugeben, wenn auch 
ein Groschen damit gewonnen werden könnte; das ist nicht 
Sparsamkeit, sondern Verschwendung. 


Sechstes Kapitel. 
Von.der Eruchtfol-gre 


Baut man eine Reihe von Jahren auf demselben Acker 
immer dieselbe Frucht, so nehmen die Erträge im Allgemeinen 
von. Jahr zu Jahr ab, und diese Erscheinung tritt bei keiner 
Kulturpflanze so auflällig hervor, als bei den Wintergetreide- 
arten. Man war früher der Ansicht, der Boden würde schwach 
durch den Anbau derselben Pflanze und bedürfe. deswegen der 
Ruhe; man liess ibn daher brach liegen, damit er sich erhole. 
Schwach wird. er nun freilich in dem Sinne, dass er durch 
den Anbau der Halmfrüchte besonders arm an Ammoniak- 
salzen wird, weil diese Pflanzen ihn nicht beschatten können; 
es werden keine Ammoniaksalze aus dır Luft niedergeschlagen, 
desto mehr aber aus dem Boden verflüchtigt. _Aber nicht 
allein an Ammoniaksalzen verarmt ein solches Land; wegen 
der mangelhaften Beschattung fehlt es auch an dauernder 
Feuchtigkeit, die Ackerkrume wird leicht und schnell ausge- 
trocknet, daher die Zersetzung der im Boden enthaltenen Sub- 
stanzen verzögert, also keine nährenden Stoffe erzeugt- Da 
also von keiner Ermüdung, wie sie bei Thier und Mensch ein- 
-„Filly, Ermährungsverhältnisse. 15 


EN. Ze 


tritt, die Rede sein kann, so bedarf der Acker auch keiner 
Ruhe; man hat nur dafür zu sorgen,. dass im Boden immer- 
während assimilirbare Stoffe vorhanden sind, so kann man ihn 
auch ununterbrochen bebauen. Endlich werden noch durch 
den Anbau derselben Pflanze die physikalischen Eigenschaften 
der Ackerkrume ganz einseitig verändert, und dies ist ein 
anderer Grund, weswegen dieselbe Frucht nicht längere Zeit 
hintereinander gedeiht. Um den Acker immer in einem guten 
Kulturzustande zu erhalten, bedarf es nach den neuern Er- 
fahrungen neben ; einer, ‚passenden Düngung keines andern 
Mittels, als einer richtig geleiteten Wechselwirthschaft, einer 
nie fesigestellten Fruchtfolge. 

Alle Erfahrungen stimmen bis jetzt darin überein, dass 
für die Wintergetreidearten unter allen die Leguminosen, als 
da sind Klee, Luzerne, Esparsette, Wicken, Lupinen und Erb- 
sen, die beste Vorfrucht sind. Die genannten Pflanzen sind 
alle sehr blattreich und-beschatten daher, wenn sie dicht und 
üppig stehen‘, den Boden fast''vollständig. "Dadurch 'wird der 
Boden nicht nur feucht und mürbe erhalten, sondern "ach 


das Licht wird so’ sehr "ausgeschlossen, dass 'die Unkräuter, 


welche besonders dem Getreide so nachtheilig' sind‘) ersticken 
müssen, "weil ohne "Licht keine‘ Vegetätion’ stättfinden ‘kann. 
Eine ‘ähnliche Wirkung "haben selbst ‘üppig ‘stehende Halm- 
früchte, ‘wenn sie grün geschnitten werden. Die dichte‘ Be- 


schattung verhindert das schnelle Verdunsten; der Boden 


wird 'selbst an den heissesten Sommertagen, wehn 'änders die 
Pflanzen recht dicht stehen,‘ nie "ganz trocken. " Ebensowenig 
wie "das Wasser’ können die Ammoniaksalze sich 'verflüchtigen, 
und während der Nacht kann weniger Wärme ausgestrahlt 
werden, so dass der Boden immer warm bleibt, wodurch die 
Zersetzung "der Nahrungsstoffe befördert wird. Wie schon 
öfter erwähnt, besitzen 'alle blattreichen ‚Pflanzen im ‘hohen 
Grade die‘ Eigenschaft, Wasser: und Ammoniak 'aus der Luft 
zu verdichten, ‘sie erschöpfen daher den: Boden’ nicht nur 
nicht, sondern sie bereichern ihn sogar an Ammoniak. End- 
lich verhindern diese Pflanzen das 'Verhärten" des Bodens, 


— 27 — 


weil sie’ den’ Zutritt‘ der Luft abhalten, welcher Umstand’ be- 
sönders bei zähem, schwerem Boden zu’ berücksichtigen ist, 
während bei leichtem Sandboden mehr die Bereicherung an 
Nahrungsmitteln von Wichtigkeit bleibt. 

Aus dem eben Gesagten ergiebt sich von selbst, "wie der 
vortheilhafte ‚Einfluss' jener Gewächse nur‘ dann ein’ bemerk- 
barer ist, "wenn  sie"'sehr “üppig ' stehen. Lässt 'man jene 
Pflanzen‘ abweiden,, so dass sie nie eine vollständige Decke 
bilden. können, oder lässt man''sie"bis zur vollkommenen-Reife 
stehen, 'so‘ ist der Erfolg‘ weit‘ geringer; man verfährt' 'am 
besten 'so, sie'zweimal im Jahre bei nicht ‘zu trocknem Wetter 
grün zu schneiden. Lässt man Klee und Luzerne_ viele Jahre 
hintereinander stehen, und es entstehen pflanzenleere Stellen» 
so wuchert das Unkraut wieder empor, der Erfolg ist ein 
mangelhafter. 

Für die Sommergetreidearten sind die sogenannten Hack- 
früchte, Kartoffeln uud Riben, eine gute Vorfrucht, weil bei 
ihrer Kultur die Unkräuter möglichst vollständig ausgerottet 
werden. 

Die bessere Beschattung ist jedenfalls ein Hauptfaktor 
der Erscheinung, dass die sogenannten Gemengsaaten oder 
Mengefutter weit besser gedeihen, als jede der Saaten für 
sich allein; doch lassen sich damit keineswegs alle Erschei- 
nungen, die man dabei beobachtet hat, genügend erklären, 
z. B. die nicht, dass selbst Getreidearten, die beide dieselben 
Stoffe aufnehmen und beide den Boden gleich schlecht be- 
schatten, wie Roggen und Weizen, im Gemenge grössere Er- 
träge liefern, als jede für sich. 

Es müssen noch viele Beobachtungen gemacht und Ver- 
suche angestellt werden, bis wir dahin kommen können, eine 
einigermassen befriedigende Erklärung zu finden. Dennoch 
hat die Erfahrung schon so viel gelehrt, dass wir die Brache 
ganz entbehren können; sie ist nur noch da nöthig, wo eine 
mangelhafte Fruchtfolge es verschuldet, dass der schwere, 
feuchte Boden verhärtet ist. Denn bei einem leichten Boden 

15" 


Be 


kann. von. einer‘ Brachwirthschaft überhaupt. keine Rede sein, 
weil ein solcher durch. die 'Brache ‚nur verschlechtert wird, 
ıla dureh das 'öftere Umbrechen die schen sehr leichte: Zer- 
setzbarkeit und Verflüchtigung ‚ der organisehen Reste: ‚unge- 
mein vermehrt würde. 

In vielen Fällen: ist selbst: in schwerem Boden allein des- 
wegen. eine Brache nothwendig, weil ‚die Beackeru ngswerkzeuge 
mangelhaft und. dem Boden. nicht entsprechend sind, was 
theils seinen Grund in einer unzureichenden Kenntniss ‚.theils 
aber «in jener falschen Sparsamkeit hat, die sich scheut, 
Kosten aulzuwenden, und nicht bedenkt, dass der Verlust: weit 
grösser ist. 


Beim » Verleger: dieses sind erschienen - und«; in. "allen 
Buchhandlungen : zu haben: 


Henry Lecog, (Professor der Naturge- 
schichte zu Clermont - Ferrand, Direktor des botanischen 
Gartens,. Vicepräsident der Gesellschaften des Acker- und 
Gartenbaues der Auvergne etc.) von der natürlichen und 
künstlichen Befruchtung der Pflanzen und von der Hybri- 
dation nach ihren -Beziehungen .zu der. Gärtnerei und zu 
der Land - und Forstwirthschaft; oder Studien über die 
Kreuzungen der Pflanzen aller vorzüglichen Geschlechter 
des Ziergartens, der Gemüseländerei, des Feldes und der 
Forstkultur etc., nebst Angabe der praktischen Mittel, die 
Hybridation zu bewerkstelligen und neue Pflanzenarten auf 
die leichteste Weise hervorzubringen. Für Deutschland mo- 
dificirt von Ferd. Freiherrn v. Biedenfeld. Zweite um 3 
Bogen vermehrte Auflage. Duodez. Geh. 1 Thlr. 15 Sgr. 

©. E. Nesbit, (Direktor der Landwirth- 
schaftsschule zu Kennington), .der Peruanische Guano, seine 
Geschichte, Zusammensetzung, Prüfung und befruchtende 
Eigenschaften, verglichen mit. den wirksamsten bisher be- 
kannten Düngemitteln, wie Knochenmehl, Oelkuchen, Stall- 
mist etc. und endlich die beste Art seiner Anwendung in 
der Landwirthschaft. Nach der 14. englischen Original- 
auflage und mehreren werthvollen französischen und deut- 
schen neueren Materialien frei bearbeitet von Dr. Chr. H. 
Schmidt. Mit einer Figurentafel. gr. 8. Geh. 123 Sgr. 

M. Neumann's, (Direktor der Gewächs- 
häuser des Museums der Naturgeschichte in Paris( Kunst 
der Pflanzenvermehrung durch Stecklinge, Steckreiser, Ab- 
senker etc. Nebst einem Anhange über Verpackung und 
Transport aller lebendigen Pflanzen und Sämereien in die 
entferntesten Welttheile, so dass sie viele Monate lang ge- 
fahrlos eingepackt bleiben können. Von Ferd. Freiherrn 
v. Biedenfeld. Zweite Auflage. Durchgesehen und ver- 
mehrt von J. Hartwig, Grossherzogl. Sächs. Hofgärtner 
in Weimar. Mit 31 lithographirten Abbildungen. gr. 8. 
Geh. 10 Sgr. 


A Laubinger, (dekonem und Draineur 
in Göttingen,) einfache und populäre Darstellung der Drai- 
nage als Grundlage der neuern Landwirthschaft, oder genaue 
und ausführliche Beschreibung ihrer praktischen Ausführung 
auf die leichteste und beste Art. Ein nothwendiges Hand- 
und Hülfsbüchlein für jeden praktischen Landwirth oder 
Bauersmann, der seine Felder selbst drainiren will. Mit 
32 Figuren auf 8 Tafeln. 8. Geh. 73 Sgr. 

Dr. HM. H. Schilling, (könig!. preuss. 
Oekonomie- und Specialkommissär a. D.), Grundsätze der 
landwirthschaftlichen Bodenschätzungslehre mit besonderer 
Rücksicht auf die Landeskulturgesetzgebung der preussi- 
schen Staaten. Zum Gebrauch bei Grundsteuer - Regulirun- 
gen, Gemeinheitstheilungen, Ablösungen, Exproprialionen, 
Allodificationen, Gutsübergaben und Rechtsstreitigkeiten. Für 
Verwaltungs - und Auseinandersetzungsbehörden, Taxatoren, 
Boniteurs, Rechtsgelehrte und alle gebildeten Landwirthe, 
er. 8. Geh. 20 Ser. hr; 

Dr. MW. H. Schilling, (königl. preuss. 
Oekonomie- und Specialkommissär a. D.) ökonomisch-tech- 
nische Grundsätze, wie solche zur Anwendung kommen bei 
Schätzung von Bodennutzungen und Reallasten, bei der Ent- 
wickelung des Hütungstheilungs-Massstabes, bei den Entfer- 
nungs - und Sollhabenberechnungen, den Landtheilungsre- 
gulirungen, Grenzbeschreibungen, Auseinandersetzungsre- 
zessen, Kostenauseleichungsberechnungen und den sonstigen 
Geschäften des Oekonomiekommissars bei aufzunehmender 
Taxe, Uebergabe und Rückgewähr von Landgütern; mit be- 
sonderer Rücksicht auf die Landkulturgesetzgebung der preus- 
sischen Staaten. Zum Gebrauch für Auseinandersetzungs- 
und Verwaltungsbehörden, Kreisverordnete, Feldmesser , für 
die bei Gemeinheitstheilungen und Ablösungen betheiligten 
Parteien und deren Sach- und Rechtsverständigen-Beistände. 
or. 8. Geh. 15 Sgr. 


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