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Das Schwarzpulver ^
und ähnliche Mischungen.
Von
Dr. Richard /Escales.'
K^mmtsslonsverlag von Qusia« Fock^ Q, m. b. H.
f ;
o o Leipzig 1904 o c j jCa
n
J
Die ExplosirMe.
Mit Berücksichtigung der neoeren PateDtiiteratnr.
YoD Dr. Richard Eseales.
Erst«s Heft:
Das Sehwarzpnlver und ähnliehe Mlsehungoii.
KommissioBSTerlag von Gnstat Foek, V. n. b.
Leipzig 1904.
, %
Das Seliwarzpulver
nnd ähnliche Mischungen.
lou Dr. Rieluiinyseales.
j-ti
ii
l«DnilsäioDSUTlag von CluMav Fud, <;, mJklt.
411e Rechte vorbebalteo.
Vorwort.
Er
v-1
In sein Olli Biii^hfi über „Sprengstoffe unrl Zün<l-
waren"" hat Professor Haeussermann eine ITebersiclit
Qljor die bis zum 26, Juni 1893 ausgegebenen deuisclien
l^itentscliriften der Klasse 78 gegeben. Leider ist
diese, auch durcli sehr wertvolle allgemeine Einleitungen
über die einzelnen Kategorien ausgezeidinete Zu^
samnieustellung nicht fortgesetzt worden und besteht
auch hei Prof, Haeussermann^ wie derselbe mir vor
einiger Zeit gütigst privatün mitteilte, nicht die Abdchtj
eine neue Bearbeitung erscheinen zu lassen.
Inzwischen sind über zehn Jahre verflossen und
es hat sieh auf dem Gebiet der Öprengstot1[e inaneliet^
geändert. Ich habe mir daher die Aufgabe gestellt,
ein Buch über die Explosivstoüe mit Berücksichtigung
der neueren Patcntliteratur zu schreiben und zwar
soll der Ciegenstaud in lolgenden einxeliien Mono-
graphien bearbeitet werden:
1. Seil war z pul ver und ahnliche Mischungen.
2. Nitrocellulosen, bes. Seh i essbann i wolle,
3. Nitroglycerin, Dynamit e,
4. Rauchlose Pulver,
5. Sicherheits-8]>rengstoffe für Kohlenbergwerke.
6. Pikrinsfiure, Alumininm -Sprengstoffe,
7p Detonatoren.
M307ai8
r
\
Mi*^ '»'RLJt . - Q.^jCaL
vr
Das erste Heft übergebe ich hiemit der OefFent
liehkeit, Feh möchte den Firmen, welche mich durch
freundliche Auskunfterteilung unterstützt haben (Ver-
einigte Köln - Rottweiler Pulverfabriken , Pfälzische
Pulverfabriken) und besonders den Firmen W. Güttier
und Cramer & Buchholz, die mir eine Anzahl Glich es
freundlichst zur Verfügung stellten, auch an dieser
Stelle herzlichät danken.
Der Verfasser.
I
München, Dezember 1903.
1
i . ._
81 Jt^BagfTi
s
M
L Das Schwarzpulver-
Das älteste Öchicsa- und Sprenginittel ist das
RchwLLricpulv^^r. Zuerst verwä^Liidte man ein Geniisch
von Schwefel, I'ech und verscbiedeoen Harten, das
sog. griechische Fnier^ das vuii Ivallinikos bei der Ver-
teidigung Konstantinopeb(t>60--667) eingeführt worden
■ sein soll nnd von dessen wunderbaren Wirkungeji
uns eine Menge Schrift stelU^r mehr oder weniger
glaubwürdige Erzähhuigeu berichtet haben.
Diese« griechische Feuer wurde in hohle Hteine
oder mit Löchern versehene Gefässe eingeschlossen
und hatte den Zweck, beim Auf treffen auf das Ziel-
objekt dasselbe in Brand zu stecken. Das griechische
Feuer wurde von den verschiedenen Feuer werks-
nieistern durch alle möglichfln Zusätze verbessert; die
Eigenschaft des späterhin wesenthcheu Zusatzes, des
— für sich den Arabern schon im 8. Jalirhundert
]>ekannt gewesenen — Salpeters, mit brennenden
Körpern zu verpuffen, scheint (nach <i}uhntinn) erst
im 13. Jahrhundert entdeckt worden zu sein ; von da
ab lässt sich ein Salpeter-Zusatz fesstellen,
lui 14. Jahrhundert finalen wir daiui, ohne dass
der Uebergang vom griechischen Feuer zvmi Schwarz-
1*
^ 1
pulver sich genau verfolgen oder ein bestimmter Er-
finder hiefür angeben Hesse, die Verwendung des
Gemisches zu artilleristischen Zwecken.
Oskar Gutmann, wohl einer der hervorragendsten
Sachverständigen im Explosivstoff-Gebiete, ist nach
eingehenden Forschungen über die Person des Er-
finders und den Zeitpunkt dieser Erfindung zu dem
Schlüsse gekommen, dass weder Markus Graecus,
noch Albertus Magnus, noch Roger Bacon oder
Berthold Schwarz als Erfinder des Schiesspulvers
gelten dürfen, dass vielmehr der Name des Erfinders
unbekannt bleiben wird, weil sich das Schiesspulver
allmählich aus dem griechischen Feuer entwickelte,
und dass das Schwarzpulver — wenn auch vorerst
in unreinen Bestandteilen und aus schlechten Misch-
ungen erzeugt — bekannt war, ehe man an seinen
Gebrauch als Schiesspulver in (tc wehren und Ge-
schützen dachte. Die erste Verwendung als Treib-
mittel dürfte das Schwarzpulver in der Zeit zwischen
1310 und 1325 erfahren haben; nach Gutmann ist
die Ausnützung der treibenden Kraft des Schiess-
pulvers und die Verwendung von Schiesswaffen aller
Wahrscheinlichkeit nach im Jahre 1313 durch den
Mönch Berthold Schwarz aus Breisgau zum ersten
Male betätigt worden.
Belagerungsgeschütze, aus denen man zuerst
Steine, dann bleierne und später gusseiserne Kugeln
schoss, kamen in Deutschland und Frankreich dann
schnell zur Anwendung; in der Schlacht bei Crecy
(1346) ist zum ersten Male Schiesspulver auf offenem
Felde angewandt worden; die Engländer schössen
eiserne Kugeln aus Feuerschlünden und erfochten
dadurch den Sieg über die Franzosen. — Mit Hand-
schusswaffen konnte man sich Anfangs weniger be-
freunden, wir finden solche erst nach dem Jahre 1380.
Die erste sichere Nachricht von der Verwendung
des Schwarzpulvers zur Sp-engarheit in Bergwerken
findet sich viel später, im Jahre 1627, in den Akten
— 5 —
des ungarischen Berggerichtes Schemnitz ; danach hat
ein Tiroler, Kaspar Weindl^ am 8. Februar 1627 die
erste Sprengung durchgeführt. Diese hochwichtige
Neuerung in der Arbeit auf dem festen Gestein
konnte sich nur äusserst langsam einführen; das
Bohren war sehr kostspielig, auch machte man die
Bohrlöcher viel zu gross, dreimal so gross als jetzt;
dadurch wurden auch die Pulverladungen sehr stark,
wodurch beim Sprengen starke Erschütterungen im
Grubengebäude entstanden. Auch war das Pulver
damals sehr teuer.
Im Jahre 1749 wurde durch ungarische Bergleute
am Harz der Meisselbohrer eingeführt; später wurde
derselbe maschinell in Bewegung gesetzt; der Eng-
länder Bartlett ist 1855 anlässlich des Tunnelbaues
durch den Mont Cenis der Erste gewesen, welcher
eine gangbare Gesteinsbohrmaschine mittelst Dampf-
kraft betrieb; bald darauf erfolgte auch die Ver-
wendung von komprimirter Luft als Betriebsmittel.
Wichtig für die Anwendung von Sprengpulver
im Bergwerksbetrieb war auch die 1685 eingeführte
Neuerung, statt der Holzpflöcke — welche bis dahin
zur Verspundung der Bohrlöcher angewandt wurden
und welche an einer gegenüberstehenden Wand ver-
bolzt werden mussten — die Bohrlöcher mit Letten
zu verdammen. — Die elektrische Zündung der
Sprengstoffe im Bergwerksbetrieb wurde 1804 durch
Major Baron Chastel, die Sicherheitszündschnur 1831
durch den Engländer Bickford erfunden.
Zu Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts
hatte man auch begonnen, Strassen im Hochgebirge
mittelst Sprengarbeit zu bauen; ebenso fing man
Mitte des 17. Jahrhunderts damit an, Hindernisse in
Flüssen durch den Sprengprozess zu entfernen.
Das Schtvar^pulver ist ein mechanisches Gemenge
von Kalisalpeter, Holzkohle und Schwefel, welche
drei Bestandteile wir nun im Einzelnen betrachten
woUen.
— 6 —
Der Kalisalpeter findet sich in der Natur in heissen
Ländern, namentlich in Ostindien, nach der Regen-
zeit in ziemhcher Menge an gewissen Stellen des
Bodeiif^ ausgewittert ; diese Salpeter - Witterungen
werden in Ostindien von einer besonderen Kaste,
den Sorahvallahs, gesammelt; durch Auslaugen und
Abdampfen wird dann ein Produkt gewonnen, welches
als indischer Rohsalpetet^ in den Handel gebracht wird ;
1891/92 wurden aus Ostindien 20000 t Kalisalpeter
ausgeführt, wovon etwa ein Drittel nach England
Elie man andere Darstellungsmethoden des Sal-
pMern kannte, war man auf dieses ostindische Produkt
für di*^ Pulverfabrikation angewiesen ; H. Bunte schil-
dert, in welclier Verlegenheit die Regierung der
IfrauKösischen Republik sicli nach der Revolution be-
laml, als man mit fast allen Staaten Europas im
Kampfe lag, aber nicht über das nötige Kriegsmaterial
verfügte und von allen Zufuhren abgeschnitten war.
Während man kurz vorher den grossen Chemiker
Lavoisier mit dem Bemerken, dass man keiner Ge-
lehrten mehr bedürfe, hatte hinrichten lassen, erliess
jetzt der Wohlfahrtsausschuss in höchster Not einen
Appell an die Wissenschaft; die hervorragendsten
Gelehrten traten zusammen und beschäftigten sich
gleich in der ersten Sitzung mit der brennendsten
Frage, der Fabrikation des Schiesspulvers. Wie sollte
man ohne ostindischen Salpeter Schiesspulver her-
stellen? Da wies der Chemiker Monge darauf hin,
dass auch im Inland, an den Wänden der Ställe, der
Keller, der Aborte etc. etc. Salpeter enthalten sei.
„Gebt uns salpeterhaltige Erde, rief Monge aus, und
drei Tage darauf werden wir Kanonen damit laden."
Alsbald begann man von einem Ende der Republik
nun andern den Boden der Ställe zu durchwühlen
und aus der Erde den Salpeter auszulaugen ; in neun
^hjnateii gewann man auf diese Weise 12 Millionen
IM'uiid Salpeter.
i
1 -
So bildet sich also auch in unserem Klima unter
Umständen salpeterhaltige Erde; Kalisal]ieter ist ja
das Kaliumsalz der Sal[:tptersäQr€> und diese ist daw
Endprodukt der Oxydation Stickstoff] i altiger organischer
Stoffe; Salpetersäure Salze oder Nitrate entstehen
überall aus verwesenden ttderischen oder pflanzlichen
Substanzen bei (legen wart von Metalloxyden (Basen)
und unter Mitmrkung von Rpaltpilzen, den söge-
nannton Kalpeter-Fermenten.
In Aegypten, Spanien, Ungarn und anderen
Ländern betrieb man frülier sog. Salpetey-Flnntugmi ;
man setzto ein Gemenge von stickstoffhaltigen
thieriscben SubstauKen (Harn, Mistjaueho, Fleisch-
abfähe aller Art) in faulendem nnd verwesendem
ZListande einerseits und von Kalium- und Kalksalzeu
(Holzasche, kaliumhaltigen (lebirgsarten, wie ver-
witterten F'eldspatb, Bauschutt n. s. w.) andererseits
der Einwirkung der Luft aus; diese mauer- und
terrassenförmig autgeschichteten Massen liess man
Monate, ja Jahre lang hegen und laugte sie daun
mit Wasser aus; die ausgelaugten Salze, ein Gemenge
von Kalium-, Calcium- und Magnesium -Salpeter,
wurden durch Behandeln mit Kahumsalzen in Kalium-
salpeter übergeführt.
Der aus den Salpeter- Wittermigen und Erden
erhaltene Rohsalpeter enthält zwischen 15 und äO %
Verunreinigungen durch fremde Salze , organisclie
Stoffe u. dgl. uod muss daher durch UmkrystalUsieren
gereinigt werden.
Jetzt wird die Hauptmenge des Kalisal{)etera aus
dem Natronsalpeter gewonnen, welch' letzterer sich
iu grossen natürlichen Lagern in Südamerika, be-
sonders in Chile vorfindet (Cliilesalpoter), die in den
^Oiger Jahren des abgelaufenen Jahrhunderts entdeckt
wurden; diese natürliche ßalpetererde (Oaliche), mit
einem Gehalt von 15—65% Natrium nitrat, ist wahr-
scheinlich aus Seepflanzen, vielleicht unter Mitwirkung
von Guano, entf^tanden.
\'Jl
^4
\
^ 8 -
Der Gesairitvorrat an Chilesalpeter soll noch
etwa 30 Millionen Tonnen betragen, dürfte also bei
einor jährlichen Förderung von 1 — 1^2 Mill. Tonnen
in nicht all üuf ferner Zeit erschöpft sein. Bis dahin
sind aber zweil't'ilos rationelle Methoden ausgearbeitet,
um aus dem Stickstoff der Luft durch Elektrizität,
Kontaktwirkung, oder genau studierte bakterielle Vor-
gänge salpettifriaure Salze zu erzeugen.
Während <les Jahres 1901 waren in dem Sal-
peter-Distrikt Chiles, in Tarapaca, 66 Salpeter-Werke
]nit til)er 20<X)0 Arbeitern im Betrieb; 19 Werke
waren geschlossen. Die reichsten und am leichtesten
auszubeutenden Salpeter-Gründe der Tarapaca-Zone
sind übrigens erschöpft und es verbleiben nur die
ärmeren und viel tiefer hegenden Ablagerungen, für
welche eine weit grössere Zalil von Arbeitskräften
nötig wird. Trotzdem wird immer wieder Kapital in
neue Werke gesteckt, da infolge der Salpeter-Kon-
vention ^ billiger Ozeanfrachten etc. etc. die Salpeter-
Gesellschaften gut prosperieren. Die Ausfuhr betrug
1901 1.4 Millionen Tonnen, für 1902 wird dieselbe
aul' h05 Millionen Tonnen geschätzt.
Der Natronsalpeter selbst ist für die Pulver-
fabrikation ungeeignet, weil er Wasser anzieht, hygro-
skopisclj ist; er wird daher — soweit er für die
Pulverfabrikatiou bestimmt ist, der grösste Teil des
Chilesalpeters dient ja als Düngemittel für die Land-
wirtschaft, ein anderer Teil zur Fabrikation der
Salpetersäure — durch Behandeln mit Kalisalzen
(früher nahm man KaUlauge, dann Potasche, jetzt
verwendet mau das in Stassfurt gewonnene Chlor-
kalium; heisye gesättigte Lösungen von 8 Teilen Chile-
salpeter und 7 Teilen C^hlorkalium werden mit ein-
ander vermiaeht und erkalten lassen, wobei Kali-
salpeter auHkrywtallisiert, während das gleichzeitig ge-
bildete Clilornatrium in der Mutterlauge gelöst bleibt)
in Kalinmsal|>eter verwandelt; das so hergestellte
Produkt l'ührt den Namen Konversions-Salpeter.
J
— 9 —
Natroiisalp(itf^r wird nur zu einigen Sorten Spreng-
jiulver, nie aber vm Hclnesöpulver verwendet, weil das
daraus hergestellte Produkt gegen Lnfttenchtigkeit zn
i^nipflndlich ist und zudem beim Verbrennen mehr
Uück8tand hinterUtsst als das mit Kalisalpeter her-
gestellte.
Zur Verwendung l'ür die Pulverfabrikation muss
der Kalisalpt^tor möglichst rein sein, er wird dalier
wiederholt raffiniert. Zur Koiitrole prüft man aui
Venmreinigungeu durch Kochsalz; oian nimmt an,
dass nach dessen Entfernung auch fremde Salze hx
gleichem Ma-sse abwesend sind.
Die preussische Pulverfabrik i]i Sj Landau ver-
arbeitet keinen Salpeter, von dem 15 g itj Wasser
gelöst mit Silbernitrat eine Trübung geilen.
Der in der englischen Pulverfabrik in Waltham
Abbey zur Verwendung gelangende Hal]>eter darf über-
luui]»t keine ('hlor-lieaktion mehr zeigen.
Der Kon Version s-8ali>eter war bis vor wenigen
Jtdiren öfters durch geringe Beimengungen von Per-
chloraten verunreinigt, welche bei der obigen Prüfungs-
methode der Aufmerksamkeit der deutschen Fabri-
kanten entgangen waren, aber zur Folge hatten, dass
das ans deutschem Salpeter hergestellte Schiessjmlver
in den Augen englischer Militärs und Jagd liebh aber
als minderwei^tig gegenüber dem aus ostindischem
Salpeter hergestellten Produkt galt und es infolge der
erwähnten Verunreinigung auch thatsäehlich war, wie
zuerst Major Hellich dann im Jahre 1894 feststellte,
J)er z^veite J^estandteil des Seliwarzpulvers ist der
SdnveffJ. Dieses Element findet aicli bekanntlich in
grosser Menge in Sizilien, wo es in 30 bis 40 Meter
mächtigen Lagern den Kalkstein und Oyps des
Tertiärgebirges durchsetzt; der sizilianische Roh-
schwefel muss vor seiner Verwendung durch Destih
lation gereinigt werden (Schwefel siedet bei 448");
rnan benützt dann nicht die unreinen Schwefelblumen,
sondern nur den Stangenschwefeb den man manchmal
r
— 10 -
noch langsam eingeschmolzen durch Gaze oder Lein-
wand filtriert. Um den Schwefel ohne Entzündungs-
gefahr ganz fein pulverisieren zu können, leitet man
während des Mahlens ein inertes Gas, wie z. B.
Kohlensäure, unter Druck und in einem Kreislauf
durch den Arbeitsraum (I). R. P. 136 547).
Einen sehr reinen Schwefel gewinnt man zur
Zeit in England aus den sog. Soda-Rückständen.
Wenn man nämlich aus Natriumsulfat, Kohle
und Calciumcarbonat nach dem Verfahren von Leblanc
Soda herstellt, so entsteht als sehr unangenehmes
Nebenprodukt Schwefelcalcium ; ('hanco und Claus
haben nun 1885 gelehrt, hieraus reinen Schwefel
herzustellen; das Verfahren ist auf den Werken der
United-Alc. (■ornj). in grösstem Massstabe eingeführt
und liefert jährlich ca. 30000 t regenerierten Schwefel.
Zu dem Salpeter und Schwefel gesellt sich als
dritte Komponente die Holzkohle.
Die Beschaffenheit der Kohle ist von grösster
Bedeutung; dieselbe soll spezifisch leicht, porös, weich
und leicht zerreiblich sein, sie soll sich leicht ent-
zünden und schnell verbrennen, dabei soll sie mög-
lichst wenig Aschen-Rückstand hinterlassen ; ferner
soll sie beim Aufbewahren möglichst wenig Feuchtig-
keit anziehen.
Das Vorhandensein dieser Eigenschaften, welche
die Tauglichkeit der Kohle bedingen, hängt ab einer-
seits von den Pflanzenarten, aus welchen dieselbe
hergestellt ist, andererseits von der Art ihrer Ver-
kohlung.
In Deutschland, Belgien und Frankreich ver-
wendet man, besonders für Schiesspulver, hauptsäch-
lich Faulbaumholz (Rhamnus frangula) , daneben
Weiden- und Erlenholz, besonders für die billigen
Sprengpulversorten ; in Frankreich verwendet man
auch Pappel- und Lindenholz, in der Schweiz nimmt
man Haselnussholz, in Oesterreich Hundsbeer-, oder
in dessen Ermanglung Haselnuss- oder Erlenholz, in
— 11 —
England neben Faulbamnholz Cornelkirschen- und
llaselniissholz, in Italien Hanf, in Spanien Hant\
Kladis, Weinreben, Oleander-, Weidenhol/, u. s. w.
Das HoIk ^vi^l im Frühjalir goscli lagen, wenu die
Häume in vollem Saft stehen nnd nocli wenige salzige
Lösungen enthalten, auch die Rinde sich gut ablösen
läset. Man vervveudf^t dünno Zweige, stärkere werden
gespalten. Das entrindete HoIk lässt man längere
Zeit, oft Jahre lang, der Witterung ausgesetzt Hegen,
damit die POans^ensäfte durch den Regen ausgelaugt
werden.
Eine wesentliche Rolle spielt nun die Dauer uwd
'reni[)f*ratur der Verkühlung.
Man kaini schon bei 270 bis 300" verkohlen und
erhält dann eine braunrote Kohle, sog. Rotkohle, von
niedrigem spezif. Gewicht und leichter Entzütidlitdi-
keit; diese Kohle wird besonders zu Jagdpnlver ver-
wendet, bei welchem es auf rasche Zündung ankonunt;
auch zu dem braunen prismatischen ( leHchülzpulver
verwendet man Rotkolde, welche für diesen Zweek
gewöhnlich aus Stroh hergestellt wird.
Für das gewühnliche Öchwarsüpulver verkohlt man
bei 300 bis 400^; man erhält dann eine Kohle voji
tief yeh warzer Farbe und glattem Bruch, welche sich
leicht zerkleinern lässt.
Bei je höherer Temperatur verkohlt wurde, uninso
weniger leiclit eJitzüruilich ist die erhaltene Koiilo;
sie ist dann aber auch weniger hygroskopisch.
Die erhaltene Pulverkohle ist niemals reiner
Kohlenstoff; ihr Gehalt an Kohlenstoft* ist abhängig
von der angewandten Temperatur und steigt mit
derselben.
Die irisch bereitete Pulverkohle besitzt Neigujig
zur Hei bstentzün düng, darf daher erst nach längerem
Lagern verwendet werden. Zur Er/ielung einer
guten Ausbeute muss die Verkoldung möglichst lang-
sam vorgeuoumien werden; an sich nimmt die Aus-
beuto mit steigender Verkohlungstemperatur ab.
%
— 12 —
Violette hat über diese V^erliäUnisse eingehendere
Unteryueliungen jinge.stelh, wir geben (mich Flell's
Handwörterbuch der Chemie) hierüber folgendo
Tabelle :
tn
*j
(tefuüdeue BestÄnJ teile
2>-3
'S ^
1
vou 100 Teilen Kohle
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1 1
111
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26 ji
0..
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2W
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7-2..
4.7
22.1
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36.1«
290«
1.41
I bis
bis
13700
76.ft
4.1
92-
0.«
1
las SL^bwarze
nbergelienii
sebr achwarz, gut
für MilitJtrpulver
432«
\,im
400» i
81.n
2^
15..
1.«
18.81
[si^bvvarz uud
10^23*^
IMl
600^800»
82.-"!
2.1
14^
1
laii
[ fiebr hart.
In den preussiscben Militärpiilverbibrikpii wnrdf*
mit 29''/* Ausbeute verkohlt.
Die bei 270—400^ hergestellte Holzkolile hat di^
Eigenschaft, in Gemengen mit Schwefel sieb st*hou bei
2^ KU entstünden und ganz abzubrennen; auch die
Einwirkung der Holzkuhle auf den Salpeter ist ab-
hängig von der Temperatur, l>ei welcher verkohlt
wurde; nach (jutmarni zersetzen die bei 270—432^*
bereiteten Kohlen den Ha])jeter bei 400**, während
die bei 1000-1500^ berge.stelllen Holzkohlen den
Salpeter er^t hei Rotglnbhitze zersetzen.
— 13 —
Was die Art der Verkohlung beiriffl:, so gesclneht
solche fast allgemein in Gylindern, welche durch
direkte Feuerung oder üborliitzten Wasserdanipf er-
wärmt werden; die Verkohhingstnila^eii bestehen aits
oingenianerten j^usseiserneii Retorten , in welchen
schmiedeeiserne Cylinder eingelegt sind und wolche
mit Vorrichtungen versehen sind, um die iiam natdi
der Feuerung zur Verbrennung oder direkt nach dem
Schornstein abzuleiten,
Hesonders hei der direkten Feuerung ist die er-
hidtene Kohle nicht ganz gleichmässig und muss
sortiert werden; aucli muss der schwer entzündlit^he
und harte Glanzruss entfernt werden.
Die von Violette zuerst eingeführte Erhitzung
mit Wasserdampf gibt ein gleichmässiger^« Produkt,
ist aber etwas teurer.
In der Praxis gebraucht man die Ausdrücke:
25-, 30' oder 70 "/o ige Kohle, wenn aus 10(1 kg Holz
25, BO oder 70 kg Kohle gewonnen werden. Für
25% Ausbeute wird das Holz in Je^fttiegenäpn, Ifür
30*'/o ((lewehrjiulver) in drehharen einen len Zylindern
über Kohlenl'euer geglühtj für 70 ^/o Ausbeute (für dm
braune prismat. Pulver) mittelst Wasserdam[ff gedörrt.
Die drei genannten Bestandteile, iler Kalisalpeter
(KNOa), der Schwefel (S) und die Holzkohle (C)
werden l'ür KnegHpnlver (Gewehr- und Geschützpulver)
gewölmhcli in dem Verhältnis:
75 Teilen Halpeter : 10 Teilen Schwefel : 15 Teilen Kohle
gemengt; beim amerikanischen Militärpulver war das
Verhältnis 76: 10: 14, in Deuschland war die Dosierung
folgende:
Gewöhnh Geschützpnlver | 74 gem. Teile 8al]}eler
Prismatisches Pulver f'/ö^ jT6 t, ,, (25"/oige)KoliIe
(^i'75|l0 „ „ Schwefel
j 76 gem. Teile Salpeter
Neues üewehrpnlverM/71 [ 15 „ „ (30"/oige) Kohle
) 9 „ „ Schwefel
';
- 14 —
Ein Pul vor von ihr Zu.saiiuuens^okun^ 74,7 Sal-
peter + 10,1 ScliweFel + 14^2 Kolile (Ije^toliend aus
1^,1 Xohh?nstoff + 0,4 Waaserstoll -\- l.iri RauerstotT
+ 0,a Aseht^i) H" l,c^ WasHer entsprirlit der Formel
16 KNOs + T H +:J1 C und wir werden später sehen,
dass auf Grund theoretischer Betrachtungen eine
Mificlmng vc^n 16 KNO,« + 8 S + 22 C, welche also
der vorstehenden empirischen Zusainniens^ietzung sehr
nahe kommt, am besten der Anforderung cnte*priclit,
bei möghehf^t kleinem Kohlenstoff' und Schwefel -
gehalt die grössto Leistungsfähigkeit zu besitzen und
den geringsten Rückstand zu hinterkisaen.
(Das braune prismatische Gesehützpulver, mit dem
wir uns später beschäftigen werden, liat eine andere Zu-
sammensetzung, iiämHch :
78 gem. Teile Salpeter
19 „ „ {70 »/o Ige) Kohle
^'^ ^ » Hcbwefel.
Beim Jm/dpfdvf^r ninmit man mehr Kalfieter als
bei dem Militärpulver, da man leichtere EntzütHllich-
keit anstrebt; das Misebungaverhältnis ist hier ge-
wöhnlich 78:10:12; für Jagdpulver verwendet man
Rotkohle, die aus P'aulbaum- oder ähnlicliem Holz
hergestellt wird und sich elier entzündet alrf Schwarz-
kohle.
Sprengindver soll möglichst billig wein, man ninnut
daher weniger Salpeter; die Zusammensetzung ist
eine wechselnde, 65 — 70 Teile Salf>eler, 12—18 Teile
Schwefel, 15—20 Teile Kohle.
Die Heratelluug des ScJiwarzpnlvers aus seinen
drei Bestandteilen umfa^st eine lange Rr^ihe von
Operationen, nämlich das ZerJdmimn der Bestandteile,
das Mengen deraelhen, das Verdichten de8 Gemenges
(des sog. Pul Versatzes), das Körnpn, das Trocknen an
<ler Luft, das Amstänben und Sortier<m <los luftt rock neu
Pulvers, das Polieren, das völlige Trovhnm df^s Pulvers
und endlich das Attsatäuben^ Sortieren und Mengen des
fertigen Pulvers.
— 15 -
Ziierst werdPM also die Rohstoffe (Salpeter,
Schwefel und Kohle) möglichst zerMeine^'t und zwar
jeder Rohstoff einzeln für sich oder aber je zwei Be-
standteile zusammen (Salpeter und Kohle einerseits,
Kohle und Schwefel andrerseits); das Zerkleinern er-
folgt in hölzernen, mit SohUeder überzogenen oder
aber in eisernen Piilverisior-Trommoln durch kleine
Bronzekugeln. Die binären Sätze sijxd ho zusammen-
gestellt, dass ihre Mischung ^ der ternare Satz ~
dann die gewünschte Zusammensetzung der Pulver*
masse ergibt. Das Mmigen des Pulversatzes geschieht
in sich drehenden Tronmieln aus dickem Sohlleder
durch grössere Pockholz- oder auch Bronzokugeln.
Die fertige Pulvermischmig mnss sich samnitartig an-
fühlen, gleichmässig grau gefärbt and selbst unter der
Lupe homogen erseheinen.
Die einfache Mischung der drei feinpulvrigen
Bestandteile heisst Mehlpulver; in diesem Zustand
wird das Pulver nur in der Feuerwerkerei und zum
Füllen von Zündschnüren verwendet; zum Sehiessen
und Sprengen ist das Mehl(>ulver nicht geeignet, weil
es zu langsam abbrennt, auch stäubt und sich ent-
mischt; es muss daher gedkhtet und f/^kömt werden.
Zunächst kommt das Pulver auf den Kollergang;
l)oi diesem bewegen sich zwei Hartgusswalzen (sog.
Läufer) von 5250 kg Geweicht mit eUnx 7^^2 Um-
gängen in der Minute auf einer gusseisernen Boden-
platte, dem sog, Teller, auf welchem das mit I0**r'o
Wasser versetzte Pulver sich befindet; das Pulver
wird angefeuchtet und andauernd feucht gehalten, um
eine Explosionsgefahr zu vermeiden; aus letzterem
Grimde ist auch die Konstruktion des Kollerganges
derart, dass die Läufer aufgehängt sind, damit sie
zwar mit vollem Gewicht auf dem Pulversatz auf-
liegen, aber den Bodenteller nicht berühren. Die
Läufer (auch „Steine" genannt) sind durch eine wag-
rechte Achse verbunden und drehen sich gemeinsam
um diese, sowie um eine in der Mitte zwischen ihnen
— 16 —
liegende Welle („Königsbaum"); sie können daher auf
ihrer kreisrunden Bahn nicht einfach rollen, sondern
werden zugleich gezwungen, fortwährend seitwärts zu
gleiten: auf dieser Art der Bewegung beruht, neben
dem beträchtliclien Gewicht und der Härte der Steine,
wesentlich die zermalmende Wirkung der Läuferarbeit,
— Früher bediente man sich statt der Läufer (oder
Kollergänge) allgemein der weit weniger wirksamen
Stampfer, die das Gemenge in einem mörserartigen
Gefäss zerstampften. Die Behandlung in den Koller-
mühlen, welche bei Militärpulver 3 Stunden, bei Jagd-
pulver 3V2 — 4^/2 Stunden dauert, bewirkt eine noch
innigere Mischung, allein sie dichtet noch nicht den
Pulversatz, der im Gegenteil durch das Kollern spezifisch
leichter geworden ist, sich dann aber besser pressen
lässt; letztere Manipulation, das eigentliche V(rdichte7i,
erfolgt gewöhnlich mittelst hydraulischer Pressen.
Zu diesem Zweck wird der beim Kollern erhaltene
Pulverkuchen zerkleinert („gequetscht") und gesiebt;
es geschieht dies zwischen zwei Paar mit Längsrippen
und -Rinnen versehenen Bronzewalzen nebst Zylinder-
sieb, um einen möglichst gleichförmigen Satz für das
Pressen zu erhalten (der für Neues Gewehrpulver
M/71 bestinunte grobgequetschte Satz ^vird überdies
in Mengtrommeln zerkleinert). Dann ^vird das noch
feuchte Pulver auf Kupfer- oder Bronzeplatten zu
9 cm hohen Lagen ausgebreitet, diese in grösserer
Zahl übereinander gestellt und gepresst. Bei einem
Drucke von 100 — 110 Atm. während l*/2 — 2 Stunden
erhält das Pulver so eine Dichte von 1,7 — 1,8; für
Sprengzwecke wird das Pulver weniger gepresst, das
spez. Gewicht des Sprengpulvors beträgt nur etwa 1,5.
Die erhaltenen gepressten Pulverkuchen werden
zerschlagen und entweder durch Siebe gedrückt
(Lefebure'sche Körnmaschine) oder zwischen längs-
und quergeriffelten bronzenen Walzenpaaren (feköriit
(Walzenkörnmaschine von Congröve); letztere arbeitet
einfacher, staubfreier und gleichmässiger ; die Körnung
- 17
ist je nach der Verwendung verschiedeü. — Znr Her-
stellung von rundem, sog. nas ab randigem Ptdver gibt
man nach dem Körnen das Pulver in einen Sack,
welcher auf eine Trommel aufgebunden W'ird; die
Trommel wäkt sich mit dem Saeke aowohl um ,^ieh
selbst als um einen Tisch herum.
Bis heran wurde das Pulver feucht verarbeitet;
mm wird dasselbe auf Hürden ausgeh reitet und in
Trockenhäusern durch die Luft m weit getrocknet,
dass es nur noch gegen 2,h~}i^lQ Wasser enthält^
grobkörniges Pulver wird bis /u l,:i — l,7,^°/o Feuchtig-
keitsgehalt vorgetrocknet. Dieses luJUröckne Pulver
w^ird dann ausgestäubt und diu-ch Siebe sortiert; der
Staub ujid die zu grossen Körner kommen in die
Fabrik zum Pressen, während das auf den verschiedenen
Hieben befindliche Pulver je nach der Grösse Ver*
Wendung findet.
Hierauf wird das gekörnte Pulver in sich drehenden
Eichenholztrommeln ohne durchgehende Welle poliert;
es wird liiebei geglättet, die scharfen und leicht ab-
brechenden Ecken werden etwas abgerundet, die
Poren werden verstopft, die Oberfläche wird homo-
gener und dichten Das polierte Pulver zieht w^eniger
Feuchtigkeit an und setzt weniger Staub ab; das
Polieren erfolgt^ indem man in rotierenden Trommeln
aus Eichenholz die Pulverkörner sich gegen einander
reiben lässt. Bei manchen Pulversorten, insbesondere
Sprengpulver, gibt man beim Polieren eine geringe
Menge fein verteilten Graphit zu; hiedurch wird der
Glanz erhöht und die Oberfläche des Pulvers ver-
dichtet, allerdings wird dadurch auch die Entzündlich-
keit und die Triebkraft des Pulvers etwas beeinträch-
tigt. Gegenwärtig liefern übrigens die grösseren
Fabriken ein eckiges und nur schwach poliertes
Sprengpulver, welches das frühere Erzeugnis an Halt-
l>arkeit übertrifft.
Nach dem Polieren erfolgt die vollständige
Trocknung bis zur Verringerung der Feudi tigkeit
r
— 18 —
auf 0,5^/0 des bisher nur lufttrocknen Pulvers in
Trockenschränken, die durch Dampf oder Heisswasser
auf 40 — 50^ C. erwärmt werden; durch diese künst-
liche Trocknung werden die noch anhaftenden wenigen
Prozente Feuchtigkeit beseitigt. Das trockne Pulver
wird dann durch ^ '2 — 1 stündiges Schütteln in Säcken
vom Staub befreit und hierauf nochmals sortiert.
Die Korngrösse beträgt für
feines Jagdpulver 0,3 — 0,5 mm
Gewehrpulver M/71 0,3 — 1,3 „
Neues Gewehrpulver M/71 . . 0,76 — 1,6 „
feinkörniges Geschützpulver . 0,7 — 1,3 „
grobkörniges „ C/73 4,o — 10,o „
„ „ C/86 6 — 18 „
Das fertige Schiesspulver wird nun geprüft, d. h.
beschossen; je nach dem Ausfall der ballistischen
Prüfung vermengt man dann einzelne Tagesproduk-
tionen zu Lieferungen von 5 — 10000 Kilo, um die bei
der Fabrikation sich ergebenden unvermeidlichen
kleinen Unterschiede in Bezug auf Zusammensetzung,
Dichte, Feuchtigkeit auszugleichen. Das fertige Pulver
wird dann in Tonnen oder luftdichten kupfernen
Pulverkasten zu 52,5 bezw. 50 kg Inhalt verpackt»
Die Korngrösse des Sprengpulvers wechselt
zwischen weiten Grenzen, von etwa 1 — 10 mm, je
nach den Wünschen der betreffenden Konsumenten,
welche teils durch praktische Anforderungen der je-
weiligen Gebrauchsweisen bedingt sind, teils aus
Vorurteilen gestellt werden. Die am meisten ge-
bräuchliche und beste Korngrösse für Sprengpulver
liegt zwischen 5 und 8 mm.
Die Wirkung des Schwarzpulvers überhaupt wird
nicht allein durch das Mischungsverhältnis der Be-
standteile bedingt, sondern auch durch die physi-
kalische Beschaffenheit. Staubförmiges Pulver brennt
langsam ab, gekörntes rascher,, und hier wieder fein-
körniges, infolge der grösseren Zahl von Zwischen-
— 19 —
räumen, welche das Umsichgreifen der Flamme be-
fördern, schneller als grobkörniges.
Man muss übrigens unterscheiden zwischen der
Entmndungsdaner, d. i, der Zeit, welche notwendig
ist, damit die gansse Pulverladung sich entzündet, und
der Ve7'brenmmgsdauery d, i. der Zeit, innerhalb welcher
die entzündete l*ul Verladung abbrennt.
I*t;i.l ^^4^ rs ort on
■v^n Cramer&BuGhhnLz in Ruasuhl uod Rßbeliind.
Deutsches Schvlbeupiilver
(nasser Brand)
ISo. *.
No. ä.
Extra bestes Jagdpulver
No. aoo.
No. 1.
^0. 2.
Kü. n.
Militär-Pulver
*5r**v*"r,^
Oewehrpitlver
M/71
öeBchütKpulver
V^2f .<^i^> •;?••'•
l%rR ^'5?£v' ••/•••••
*i'^%; ,-^tff, /..;•,•,:«
grob eckig
femockig'
rund
Sprenir»
Pulyer
2*
>
(I
i
— 20 —
Bei gekörntem Pulver ist die Kiitv^ünJun^iridauer
Vf^rbältnismässig lang, wf^nn wir feinkörniges Pulver
haben, da die 7.\x PntKündeude ftesinntnberdäche gross
ist; so kommt es, <lass bei starken Ladungen dm
feinen Körner nicht einmal alle entzündtt, sondern zum
Teil un verbrannt aus dem Puhr geschleudert werden.
Durch grösseres Korn wirrl die Enfzüjninngsdauer he-
Kchleunigt; dHgegen wird die \'t^rbrrmnnigKdauer rhircdi
grösseres Korn und grös.sere Dichte verlangsamt.
Hieraus erklärt siefi die Wirkungsweise ver-
schiedener KOrnergrÖssen^ dieses Verhalten ist be-
sonders wichtig bei Kanonenpnlver, wo für jede Rohr-
länge und j eil es Geschül/kalihnr eine bestimmte
Pnlvei.'lathmg von gewisser K<»riigri)sse hei geringstem
(lasdruck die gröbste Aui'augsgescluvindigkeit ergeben
muss.
Im Kriege 1870/Tl verfeuerten die deutschen
Feldgeschütze noch feinkörniges Deschützpulver; als
man das Feldgeschütz Konstruktion 7*i einführte^
ging man zu einem grobkoringen Gcsciiützpulver von
4 — 9 mm Korngrösse über.
Das aus der Kanone gefeuerte Tleschuss soll für
manclie Zwecke eine mögliclist grosse lel>endige Kraft,
Stosskraft, erhalten.
Diese Stosskraft ist ein Kaktor des Gesclioss-
gewichtes P und der Fhiggcsclnvindigkeit r; sie kami
F r-
durch die Formel -r— ausgedrückt werden, bei
welcher // die liösebleunigung duroii die Schwerkraft
(^MS m) liarstellt; bei gleiclain (Jeschossgewicht i' ist
also die aus der Pulverladung sich ergehende l'lug-
gesell windigkeit v ausschlaggebend.
Will man uun durch einfache Vermehrung der
Pulverladung die Fluggeschwindigkeit des Gescliesses
steigern, so ist i^u berüeksiclitigon, dass auch der Gas-
druck heim vW^feuern Kiininnnt; man niuss also <leni
Geseluitzrohr die dem vermehrten (iasdruck cut-
I «
— 21 —
8prech<?nde Widerstanrlsiähigkeit f!:ebeii, stösst jedoch
hiebei bald auf eine tt^rlinisch «iurt^hführbiire Grenze.
Jedenfall?? erscheint et^ notwendig, den Gasdruck
im Geschütz ku messen ; wir geben lieschreibung un<l
Zeii'linung der bio/ai orfundenf^n Apparate naeli
('anStner. Den ersten (Taiii(lru<'kmewser erfand der
amerikanische Ka]>itän Rodmann; seinem Instrument
liegt der Gedanke ku Grunde, durch die Pulvergase
ein Messer von bestimmten Schneidenwinkeln in eine
Kiipf erplatte eindrücken au. lassen, wodurch in dieser
ein Rcliuitt (weshalb man den Apparat auch Schnitt-
apparat genannt hat) erzeugt wird, dessen Länge mit
der Grösse des (lasth'uekes wäehiüt. Zur Ermittlung
des <Täsdruckes nach dem Masse der Kchnittlänge
dient eine Skala von Schnitten, deren jeder unter
einem bestimmtem Druck mittelst einer iVJafti^hine
hergestellt wurde.
Fig. 2. Gasdruck messer E od mann.
Der llodmann'sche Schnittmesser (Fig. "2 und '^)
besteht aus einem stählernen Meissel oder Messer a
mit pyramidenförmiger Schneide, deren Hcitenfläcben
und Kanten bestimmte Winkel mit einander bilden.
Bei Uolu'on mit Keil verschluss (Fi^. :^) wird das
Messf^r in eine krei^rtnide Ansdrehnug an der Vorder-
— 22 —
fläche des Keiles d so eingesetzt, dass sein walzen-
förmiger Zapfen oder Schaft von 9,i5 mm Durch-
messer in einer Durchbohrung der Stahlplatte c liegt ;
er passt saugend in diese hinein und wird durch eine
mit Talg gefüllte Rille abgedichtet. Da der Quer-
schnitt des Zapfens 0,65? qcm beträgt, so üben bei-
spielsweise 2500 Atmosphären (lasspannung im Rohr
einen Druck von 1642,5 kg auf seine Endfläche aus.
Dieser Druck presst die Schneide des Messers in die
hinter ihr liegende Kupferplatte b hinein und bringt
so den Schnitt (Fig. 2) hervor, der mikroskopisch
gemessen wird.
Fig. 3. Gasdruckraesser Rodmann.
Auf einem ähnlichen Prinzip beruht der Stauch-
apparat des englischen Kapiläns Noble, bei welchem
ein Zylinder von bestimmten Abmessungen aus Kupfer
um ein, der (i rosse des Gasdrucks ents])rechendos
Mass zusammengedrückt wird.
Bei dem Noble'schen Stauchmesser [crusher gauge]
(Fig. 4) bewirkt der stählerne Stempel a, auf dessen
Endfläche die Pulvergase drücken, die Verkürzung
(Staucliitng) des hinter ihm im Centrier-Ring c ge-
lagerten kupfernen Zylinders h\ die Stempel werden
- 23 —
m 2 Grrössen angewandt, der Druck einer Atmosphäre
entspricht dabei einem, hezw. bei dpin kleinen Stempel
einem lialben Kilogramm,
Der Stauchmeaser wird im Verschluss oder auch
an anderen Stellen des Rohres angebracht; nm alle
Form Veränderungen im Rolvr und Verschluss ent-
behrlich zu machen, hat man auch Btauchraesser
konstruiert, welche in die Kartusche eingelegt
werden {das sog- Krupp'ache Mess-Ei oder Mitflieger);
Fi^. 4. Noble s (lasilnickmesHer fllr GesclifUKe,
dieser Messer besteht im wesentlichen ans einer Stahl-
kapsei mit Versclilns.sschraube, welche von einem
Kupfermantel umgeben ist.
Um die stossartige Wirkung der Tu! vergase mög-
lichst auszuschalten , werden bei den Stauchmess-
Apparaten die Kupferzylinder vor der Verwendung
unter einem bestimmten Druck maschinell vorge-
presst, 80 dass die Pulvergase dann nur noch eine
geringe Stauchung zu bewirken haben; z. B. für
2000 Atmosphären Gasdruck würde die Verkürzung
I
— 24 —
1,71 mm betragen; man presst bei 1600 Atmosphären
vor, Stauchung: l,2i mm, die Verkürzung beim
Schuss beträgt dann nur noch die der Differenz ent-
sprechenden 0,50 mm; oder man presst bei 2000
Atmosphären vor, die (Grösse der Stauchung beträgt
dann etwa noch l,o mm.
Auch dieser Stauchapparat wird ähnUch wie der
Schnittapparat in der Vorderfläche des Verschluss-
keiles angebracht, bezw. seitlich am Gewehr.
bStempel
a Staucbejlinder
Fig. 5. Noble's Gasdruckmesser für Gewehre.
Wir haben erwähnt, dass wir die Pulverladung
nicht beliebig vergrössern können, weil mit dieser
Vergrösserung auch der Gasdruck zunimmt und
schliesslich das Geschütz den Druck der Pulvergase
nicht aushalten würde. Aus diesem Grunde war es
nicht möglich, dadurch eine wesentlich grössere
lebendige Kraft des Geschosses zu erzielen , dass
man die Pulverladung einfach vermehrte; der ge-
mmm
— 25
wünschte Effekt Hess sich aber erreichen, als man
sieh bemühte, statt eines plötzlich abbrennen den,
sog. offensiven Pulvers, ein möglichst langsam ver-
brennendes Pulver anzuwenden.
Nehmen wir an, das Pulver verbrennt mit ex-
plosionsartiger Schnelligkeit und ist vollständig ver-
brannt, bevor das Geschoss seine Bewegung im Ge-
scliützrohr begonnen hat, so besitzen die Pulvergase
in diesem Augenblick die höchste Spannung; diese
Spannung nimmt fortdauernd ab, je weiter das G<?-
schoss i^,ur Mündung fortgleitet, weil die Gase den
sich beständig vergrüssernden Raum in der Heele
ausfüllen, auch einen Teil ihrer lebendigen Kraft als
Wärme an GesehütK und Geschoss abgeben. Im
Augenblicke des Hinaustretens des Geschosses aus
der Mündung ist somit die Gusspannung und Arbeits-
kraft der I*ul Verladung, welclie für die Fluggeschwindig-
keit und Durchschlagskraft massgebend ist, am ge-
ringsten und jedenfalls geringer — und zwar uju so
geringer, je länger das Geschützrohr ist — als die
Anfangskraft der Pulvergase war, welche das Geschoss
im Ladungsraum in Bewegung setzte und in die
Züge presste.
Nehmen Mnr dagegen ein Pulver, welches nicht
plötKliidi, Hondorn so langsam verbrennt, dass es erst
in dem Augenblick sich vollständig in Gas auf gelost
hat, wenn das Geschoss die Mündung verlässt, so
können wir den Vorgang uns derart denken, da.ss
niit dem Fortschreiten des Geschosses im Rohr der
liinter ihm wachsende Raum durch di«^ sich alhnäblich
entwickelnden Pulvergase ausgefüllt wird, so etwa,
dass die Gassi>annung vom Beginne der Entzündung
bis zum Austritt des Geschosses sich annähernd gleich
bleibt oder gar steigt. Es leuchtet ein, dass auf diese
Weise bei gleich hohem Gasdruck im Ladungsraum
eine viel grössere Anl'angsgeseh windigkeit iür das
Geschoss erzielt werden muss, als mit plötzlich ver-
brennendem, sog. offensivem Pulver, bezw. dass zur
— 26 —
Erziel ung einer gleich grossen Anfangsgeschmndigkeit
rles (reschosses bei langsam verbrennendem Pulver
der Gasdruck im Ladungsraum wesentlich geringer
ist, man also grössere Pulverladungen anwenden kann,
um Anfangsgeschwindigkeit und lebendige Kraft zu
steigern, ohne das Geschütz zu gefährden.
Die Aufgabe bestand also nach Erkenntnis der
Hacldage darin, ein nükjUehM hingsmn verhrennetides
Pulver für alle diejenigen Geschütze zu finden, bei
denen die Durchschlagskraft der Geschosse mögliehst
gross sein solh
Die Not\vend]gkeit, den Geschossen eine grössere
Durchschlagskraft zu geben, machte sich zuerst im
amerikanischen Bürgerkriege geltend ; sie war eine
Folge des Auftretens gepanzerter Kriegsschiffe. Wäh-
rend die französischen Revolutionskriege mit ihrem
plötzlich gesteigerten Pulverliedarf sehr zur Vervoll-
konumuuig rier ma^Jclvinellen Einrichtungt^n der Pulver-
labrikation beitrugen, und wilhrend der Krim -Krieg
die bis dahin gebräuchliche Gewinnung des Salpeters
in Salpeter-Plantagen beseitigte und die Fabrikation
des Konversions-Salpeter im (lefolge hatte, so hat
auf der andern Seite der amerikanische I^rgerkrieg
respektive die Einführung der gepanzerten Schiffe in
diesem Kriege, das gepresste Pulver entstehen lassen.
Die Entwickhmg war folgende: der amerikanische
Artillerie- Kapitän Rodmann hatte bei den mit seinem
Oasdruckmesser ausgeführten Untersuchungen ge-
funden, dass die Gassj^annung bei der I Detonation
mit dem Grösser werden des Pulverkornes abnimmt;
er führte daher, um stärkere Pulverladungen olme
Gefahr für die Geschütze verwenden zu können, statt
des bisher übliclien feinkörtiigtm Geschützpulvers ein
grösskornige.^ das aog, Maninuith-Pulver im Jahre 1862
in Amerika ein. Dieses Mammuth4'ulver bestand aus
uuregelmässigen, klumpenartigen Körpern von 15 bis
22 mm, später sogar bis 26 mm (2,6 cm) Durchmesser.
Allerdings konstatierte Hodmann, dass durch die Ver-
" 27 —
grösserung des Pulverkornes die dem Geschosse mit-
geteilte lebendige Kraft etwas verringert wird; indessen
konnte dieser Uebelstand dadurch mehr als ausge-
glichen werden 5 dass man die Pulyerladung vermehrte,
was ja durch die geringere GasBpannung des Mammuth-
Tnlvers bis zu einem gewissen Grade ermöglicht
wurde ; immerhin waren die Erfolge mit dem MarnnmÜi-
Pulver nicht svhr bedeutend ; auclj wurde durch die
imgleiche Korngrösse des Mammut li-Pulvers die Treff-
sicherheit sehr beeinträchtigt. —
An dieser Stelle müssen wit nun zunächst kur^
erwähnen, wie die dem Geschosse von den Pul ver-
gasen milgeteihe lebendige Kraft eigenüich gemessen
wird ■ es gescliielit dies durch Messen der Fhigge-
sch^vTLidigkeit r, aus welcher nach der früher ange-
gebenen Formel
P . v^
lebendige Kraft = —r— —
die Durchschlagskraft bereelmet werden kann.
Die Aufgabe besteht also <larin, die Fluggeschwin-
digkeit zu messen; hiezu iiat der belgische Kapitän
Lft Boidenge einen Apparat eriunden, den Fhigmie^i-
messer (Ohronograph), der sich heute fast überall im
Gebrauch findet und von welchem wir Abbildung und
Beschreibung einem Aufsatz von J. Castner im „Pro-
metheus" entnehmen. (Fig. 6.)
Die Einrichtung des Flugzeitenmessers beruht auf
dem Gedanken, die Zeit, welche ein Geschoss zum
Durchfliegen einer bestimmten Strecke, zum Beispiel
von 50 m, gebraucht, an dem Wege zu messen, den ein
frei fallender Körper in derselben Zeit zurücklegt.
Vor dem Geschoss sind in einem Abstand von
50 Meter unter sich zwei Gitterrahmen aufgestellt,
welche mit dem Messapparat durch elektrische Leitupg
verbunden sind. Diese Leitungen werden nun nach-
einander unterbrochen, so wie das Geschoss durch
die beiden Rahmen hindurchfliegt. Sind beide Strö-
mungen geschlossen, so beginnt der Flugzeitenmesser
'.^.^i^m
— 28 —
in rlem Augenblick zu fallen, in dem das Geschoss
einen Draht im frsteii Uitterrahiiien zerreisst; sobald
das Cieschnas den ztrf4ten Gitterralinien [jassiert, fällt
ein kleines Gewiojit, dadurch winl oine Nase ausge-
hoben, ein Messer selniellt vor und j^chlägt mit seiner
Schneide eine Marke in die obere Zinkliüke des vor-
beifallenden rhigzeitenmesöerH. Je Hehneller also das
Ge.s^'hoss die beiden Uahnieu durelieilt, um so näher
liegt die vom Messer eingeschlagene Marko dem un-
tern Rand der Zinkhülse. I>i*? Fluggesehwiudigkeit
würde sieh einhich aus der Hohe *ler Hchussniarke
über dem Xullimnkt berecljiien latinen, weini sieh der
Flugzeitenmesser genau in dem Zeitpunkt cler Stroni-
uuterbrechung liVste und das Messer gejiau i\i dem
Augeubliek die Schussmarke einseh lüge, in dem die
zweite Leitung unterb rochen wird. Da dies nicht der
Fall ist, so müssen die liiefnr verbrunehten Zeiten
— die Summe derselben wird durch gleichzeitiges
Unterbrechen beider Stn>me auf dem Flugzeitenmesser
angezeigt — in Rechnung gebogen werden.
Man hat für eine Reihe von Fluggesclnvindig-
keiteu die Höhenlage der Scluisainarken über dem
Nullpunkt berechnet und in einer Tabelle zusannuen-
gestelltj aus welcher mau die Mnggeschvvindigkeit
nauh dem gemessenen Abstand der Sciuissmarke vom
Nullpunkt ohne w^eiteres ablesen kann.
CasMer erwähnt noch, das!< man das Messbäusehen
nicht zu entlernt (etwa ä*KJ Meter ab) hinter dem
(lescluitz aufstellen solh damit die Leitungen eher
durchschossen werden, bevor die öehallwelleu dos
Schusses, deren Er,scluUterung das Abfallen des Flug-
zeiteumesBers bewirken würden, dortbin gelangen.
Ein neuerer und in mancher Hinsicht verbesserter
Flugz(!itenmöHser ist von Ba^hjorth konstruiert.
Zum Messen der Geschwindigkeit von Gewehr-
gi'Sühossen wird quer vor der Mündung der Waffe
mittelst Klemmvorrichtung ein dünner versilberter
Kupierdraht angebnu^ht, deu da,y Oeschoss beiai
- 29 -
Pm
bß
— 30 ~
^^ehiiss zerreisst, wodurch Her eine Stromkreis \inter-
broehen winl. In bostinimter Entfernung veu der
Mündung (in der Uegel 50 m) ist eine Stahl platte
(Hclieihe) aufgehängt, die sieli inj Kuhexustand gegen
zwei Kontakte lohnt und so den an< leren Stromkreis
schhesst; das gegen die Scheibe schlagende Geschoss
hebt sie von den Kontakten ab unri unterliricht damit
den zweiten Stromkreis,
Von Oberleutnant v. Bftrf/sfJurf einerseits, Prof.
Dr. Woljf* andrerseits sind Apjiarate konstruiert, bei
welchen statt des vor r!er Gewehrnniuduug ange-
brachten Drahtes durch <lie Lufterschütteruug beim
Scliuss der Strom unterl »rochen wird.
Das Mammuth' Pulver von Bodnmnn genügte,
wie erwähnt, den neuen Anforderungen nocli nicht; hei
der weiteren Aasarbeitung des Problems erinnerte
man sich, dass der Italiener Paolo di San Roberto
bereits im Jahre 1852 vorgeschlagen hatte, das Pulver
bei etwa 100 " zu pressen, so dass der bei dieser
Temperatur erweichende und plastiscli werdende
Schwefel es zu einer festen Masse vereinigte.
Der Vorschlag von Bohertü hatte <hinmls keinen
praktischen Krfolg, weil das von ihui versuchsweise
hergestellte gepresste Pulver gar zu langsam abbrannte
und man nichts damit anzulangen wuaste.
Zehn Jahre siiater suchte man huigsain ver-
brennende Pulversorten; die ^'ergrösserung des Pulver-
kornes allein hatte nicht genügt, man hemühte sich
also, das gekernte Pulver durch fVesseu noch dkhter
zu machen, denn die Verbrennungsgeschwindigkeit
steht genau im umgekehrten \'erhältnis zum spezifi-
schen (rewiclit. — Zum Pressen des Pulvers gritl[ man
zunächst auf das oben erwähnte ^'erfail^eu von iiV
hf'rto zurück, flann wiesen Daremus und Bmft in New-
york nach, tlass sieh das Sehwarz|>ulver ohne den
Schwefel zum Sdunelzen zu bringen rhircli einfaches
Pressen unter genügendem Druck zu festen Blöcken
komprimieren lasse. Dieses in Formen gepresste
- 31 —
Schiesspulver erwies sich für die Zwecke Eodmann'^
als sehr geeignet.
80 entstand das pri Bmatische Pulver, indem ge-
körntes Schwarzpulver io 6 eckigen Formen durch
hydraulische Pressen komprimiert wurde. Die Prismen
erhielten bei ihrer Herstellung durch geeignete Kon-
struktion der Presse sieben in der Länge durch-
gehende Kanäle; diese Durchbohrungen ermöglichen
ein gleichzeitiges Verbrennen des Frismen-Fulvera
von Innen und Aussen und sorgen dafür, dass die Ver-
brennungsgeschwindigkeit nicht zu sehr herabgesetzt
mrd ; immerhin geht das Verbrennen noch viel weniger
rasch vor sich als das Verb reimen des Kornpulvers.
cm
Fig. 7.
Vom prismatischen Pulver wurde, wie schon er-
wähnt, zuerst im amerikanischen Bürgerkriege Ge-
brauch gemacht ; dann wurde dasselbe durch I)m*mim
in Russland in grossem Massstabe eingeführt. Denn
auch in Europa wurde die Frage, den Geschossen
eine grössere Durolisehlagskraft zu geben, durch die
Aufgabe, die neu entstandenen Panzerschiffe und die
zunehmende Stärke ihrer Panzer zu bekämpien, aktuelK
Preussen hatte im Jahre 1864 während der Belagerung
von Düppel sich mit seinen gezogenen 15 cm Kanonen
und Anwendung des alten Pulvers erfolglos bemüht,
das dänische Panzerschiff Rolf Krake au beschiessen.
— 32 -
Im Frühjahr 1868 wurde dann bei einem Ver-
suchsschiessen in Tegel der grosse Wert des pris-
matischen Pulvers für die Erhöhung der Durchschlags-
kraft festgestellt und es wurde für 15 cm und grössere
Kanonen das prismatische Pulver C/68 eingeführt.
Dieses wurde aus Kornpulver durch einen Druck
von etwa 4500 Kilo auf den Dem hergestellt und
hatte ein spez. Gewicht von 1,62 bis 1,66.
Die sechsseitigen Prismen haben eine Höhe von
25 mm, eine Seitenlänge von 20 mm. Ein Prisma
wiegt 38,1 gr. und hat sieben schwach konische Ka-
näle, welche im Mittel 4,5 mm weit sind.
^ 35-^
C/75 (schwarz)
C/82 (braun) .
Fig. 8.
In den Geschützen von 28 cm und von noch
grösserem Kaliber verbrannte dieses Pulver noch zu
schnell ; zur Verlangsamung ersetzte man im Jahre
1875 die 7 Kanäle durch einen Mittel-Kanal von
10 mm Weite.
Das Pulver C/75 hat im Uebrigen die gleichen
Abmessungen wie das Pulver C/68, jedoch ist es
stärker gepresst und hat ein spezifisches Gewicht von
1,75; ein Prisma wiegt 43 gr.
Einige Jahre später brachten die Rheinisch- West-
fälischen Pulverfabriken (Heidemann) und die Rottweil-
Hamburger Pulverfabriken (Duttenhofor) das braune
prismatische Pulver C/82.
- 33 -
Dieses Pulver besteht, wie das SchwarKpulver^
aus Salpeter, Schwefel und Kohle, unterscheidet sich
aber von dem Sohwarzpulver durch geriugereii Seh wefeh
gehalt, sowie durch die Beschaffenheit der Kolde,
welche nur bis zur chokohidebraunen Färbung destilliert
wird und reich au empyreumatischen Stoffen bleibt. Die
Herstellung ist nicht r!nrch Patente in Deutschland ge*
schützt, sondern Fabrikgeheimnis. Nach einem eng-
lischen Patent von Heidemann soll die Zusammensetzung
79 "Vo Salpeter
3«/o Schwefel
18**/^ aus Stroh hergestellte Kohle betragen.
Das braune prismatiache Pulver wird in Gseitigen
Prismen von ca. 25 mm Höhe und einem Durch-
messer von 40 mm (zwischen zwei einander gegen-
überliegenden Ecken gemessen) mit einem mittleren
Kanal von 10 mm Weite hergestellt. Die einzelnen
Prismen haben ein Gewicht von 42—45 gr und ein
spezifisches Gewicht, das zwischen \,lb und 1,8^ variiert.
Eine grössere Anzahl dieser Prismen wird in
seidenen Beuteln zu Kartuschen vereinigt.
An der Luft angezündet brennt das braune Pulver
sehr langsam ab, ohne zu explodieren*
Die Verbrennnngsprodakte sind einfacher Xatur
und enthalten eine verhältnismässig grosse Menge
Wasserdampf, welcher teils von dem grossen Wasser-
gehalt des fertigen Pulvers herrührt, teils von dem
Wasserstoff, der sich in erheblicher Menge in dem ver-
wendeten, seh wach verkohlten Holz oder Stroh befindet.
Der Pulverdampf dieses Pulvers unterscheidet sich
hinsiclitlich der Menge nicht wesentHch von dem des
Schwarzpulvers, aber er verschwindet sehr viel sclmeüer,
indem die fein zerteilten Kalisalze, welche den Rauch
bilden, von dem umgebenden Wasserdampf schnell
absorbiert werden und der liaueh wegen des geringeren
Schwefelgehaltes weniger zähe ist.
Die Herstellung des prisnuitischen Pidvers erfor-
dert wegen der zu erzielenden Dichte einen starken,
— 34
länger andauernden Druck und möglichst gleichmässige
Pressung; am besten eignen sich hiezu hydraulische
Pressen nach Gruson. Das zur Pressung kommende
1 »raune Pulver ist in der Regel bis zur vollendeten
Körnung auf gewöhnliche Weise hergestellt und wird
nach dem Pressen dadurch getrocknet, dass man die
Prismen, auf Draht gezogen, in die Trockenkasten bringt.
Dieses braune prismatische Pulver C 82 — dessen
Erfindung nebenbei bemerkt wohl den Anstoss zu der
späteren Vereinigung der beiden vorgenannten Fab-
riken zur späteren Firma „Vereinigte Köln- Rottweiler
Pulverfabriken" gegeben hat, ergab bei den Schiessver-
öuchen bei vermindertem Gasdruck eine höhere Geschoss-
geschwindigkeit als das schwarze prism. Pulver C/75.
a 1
II
i
Q
1
s
Lebendige Kraft
des Geschosses
Total
per
kg
Pulver
per
Atmos-
phäre
Rod-
mann
kg
kg
m
in Atmosp
liären
850
in Meter-Tonnen
C/82
C/75
39
39
140
140
481
490
1935
2680
745
1975
2825
1648
1713
42,»
43,9
0.85
0.64
C/82
C/75
C/82
C/75
40
42
140
140
499
497
2130
2830
700
2150
2905
755
1776
1761
42,8
44,0
0.83
0.62
45
40
140
140
519
506
2365
3035
670
2380
2970
590
1922
1827
42,7
45,7
0.81
60
C/82
C/75
48
42
96,5
96,5
606
607
2320
3035
715
2255
3015
760
1810
1814
37,7
43,2
0.80
0.60
— 35 —
Die <3sterreicliischen ,, Mitteilungen über Gegen-
stände des Artillerie- und Genieweaena'*, herausge-
geben vom k, und k, technischen und administrativen
Mililür-Comit^, haben in Heft XTI des Jahrgangs 1882
vorstehende Tabelle zusaanmenges teilt über ver-
gleioheode Vorsuche, die untf^r Benützung des gleichen
Geschützes mit dem neuen Pulver C/82 und dem
früheren Pulver Cjlb angestellt wurden-
Die angeführte Zeitschrifi bemerkt hiezu:
,J)ie gefimdenen Zahlen zeigen, dass
1) das neue Pulver C/82 bei derselben Geschoss-
geachwindigkeit rimd 700 Atm. weniger Gas-
druck erzeugt als das prisnnitische Pulver C/75*
2) das Pulver C 82 per Atmosphäre Gasdruck um
33.% mehr lebendige Kraft ergibt als C/75.
3) mit dem Pulver C 75 für 3^'k Kahber lange
2L cm Granaten von 140 kg Gewicht eine
Geschwindigkeit von 500 Meter nur bei ver-
gleiohsw^eise sehr hohem Druck erreicht werden
kann, während das neue Pulver diese Ge-
schwindigkeit bei verliältnismäasig niedrigem
Drucke erzeugt.
„Wl^hrend für das Pulver nach bisheriger Anfer-
tigungsmethode die Ladung von 4^} kg mit Rücksicht
auf den Gasdruck schon etwas zu hoch bemessen sein
dürfte, läaat aich mit Pulver C/82 die Ladung unbe*
denklich bis zu 48 kg steigern, indem der Gas-
druck nach dem Rod mann Apparat nur 26 IT) Atmos-
phären, nach dem Stanch-Apparat nur 2570 Atmos-
phären erreichte. Die Anfangsgeschwindigkeit des
140 kg schweren Geschosses stieg dabei bis auf
537 Meter.
„Der Versuch bestätigte auch noch andere gün-
stige Eigenschaften des Pulvers C/82 und zwar
1) vergleichsweise gabiffe Rauchbildung,
2] langsame Verbrennung in nicht geschlossenem
Räume.
— 36 —
^,E3 wurde bei dem Versiiclie mit Beifall be-
merkt imd hervorgehoben, dass das Pulver CiB2
weniger und dünneren Rauch erzeugt, als das Pulver
C/75.
„Diese Eigenschaft ist selbstverständlich von
liöchstem Werte, da — wie dies auch letzthin bei der
Beschiessung von Alexandrien der Fall gewesen —
ein sich langsam zerteilender Rauch dm Thätigkeit der
Geschütze zeitweise hemmen kann,
jjEin Pulverkorn C/82, frei angezündet, brennt
nichts wie Pulver C775 und C/68 momentan, mit Ex-
plosion zusammen, sondern langstun, mit seht^ner,
roter Flamme. Ein zugeschraubter Kasten, enthalten<l
55 kg Pulver C.82 wurde entzündet; das Pulver brannte
in ca. 10 Sekunden ohne jede Detonation ab. Nach
der Verbrennung zeigte sich, dass der zugeschraubte
Deckel gelöst war^ ohne jedoch seinen Platz verändert
zu haben; er lag noch auf dem Kasten mid war mit
Ausnahme leichter Ankohhmg vollständig erhalten;
ebenso war der Kasten selbst ohne jede Beschädigung.
Audi diese Eigenschaft des Verbrennens ohne Ex-
plosion ist in vielen Fällen für die \'erwendung von
Pulver von grossem Werte.
Ein weiterer Vorzug des Pulvers C/82 ist der^
dass es viel langsamer und in erheblich geringerer
Weise Feuchtigkeit anzieht als das bisherige Piüver.
Diese Eigenschaft ist für die Lagerung in den Ma-
gazinen von erheblichem Vorteil/'
Soweit der Bericht in der österreichischen Zeitschrift.
Die geringere Hygroskapazität ist noch v. Romocki
wold einerseits der schwach gebrannten Kohle, andrer-
seits der hohen Dichte von 1,870 des Pulvers ü'S2
zu verdanken.
Auch die Firma Krupp hat eingehende Versuche
mit dem prismati^i-hen Pulver (P, P.) Konstruktion (C)
S2 ausgeführt und zwar in Geschützen von 30 Kaliber
langen 21 cm Mantel-Ringkanonen No. 115 (Ij 30 also
30X21 cm = 6ß m RohrUtnge) mit folgendem Resultate :
- 37
is
*.
Lebendige Kraft des Ge-
a ^
g
bfi
•*s
Geschoss-
•3 "5
1.
II
schosses an der Mündung
"O 03
II
1«
^g
6
1
perkgr
p. Atmosphäre
1a
08
3
1
1
a
•1.9
'S
1
öS
BP*
Total
P. V«
Pulver
P. V*
Gasdruck
«"•- stauch,
mann-
^ apparat
apparat
II
O
2g
2g, l
Pulver-
sorte
kj
kß:
Meter
Meter-Tonnen
Atmosph.
39
^
140
477,,
481
1648
42,,
0.85
0.83
1935
1975
P.P.
42
S
C5
140
495,,
499
1776
42,.
0.83
0.83
2125
2115
C/82
45
Im
tu
140
515,,
519
1922
42,7
0.81
0.81
2360
2830
48
i
140
533,1
537
2057
42,9
0.79
0.80
2630
2570
48
CO
96,5
600,9
616
1868
38,9
0.79
0.79
2355
2340
P.P.
11
48
96,8
605,0
611
1838
38,3
0.79
0.81
2335
2270
C/82
«1
48
96,5
600,8
606
1810
37,T
0.78
0.80
2320
2255
33
0)
140
441,1
447
1428
43,«
0.66
0.63
2170
2255
P.P.
§
39
O
14C
486,4
490
1713
43,9
0.64
0.63
2685
2820
C/75
40
1
140
493,«
497
1761
44,0
0.62
61
2830
2900
40
1
140
502,4
506
1827
45,T
0.60
61
3035
2970
P.P.
?
40
^
138,
506,0
51C
1839
46,0
0.56
0.59
3255
3130
C/75
S
42
1
96,5
601
607
1814
43,,
0.60
0.60
3035
3015
Auch mit der 25 Kaliber langen (L/25) 40 cm
Kanone wurden bei Krupp vergleichende Schiessver-
suche angestellt; diese ergaben folgende Resultate:
— 38 —
P. P. C/?5 P. P. C/82
Pulverladung 220 kg 210 kg
Gewicht der Granate 778 kg 801 kg
Gasdruck (im Stauchapparat) 3182 Atm. 2670 Atm.
Anfangsgeschwindigkeit 519,1 Meter 516,5 Meter
Lebendige Kraft 10685 Metertonnen 10893 Metertonnen
Es leistete also ein Kilogramm Pulver
oder (auf den Gasdruck umgerechnet) leistete eine
Atmosphäre Gasdruck
C/75 : 3,35 Metertonnen 1 r,„ „v,_^ on/ o/
C/82 • 4 07 I ^^^^^^ "1/2 7o.
Der geringere Gasdruck des braunen prismatischen
Pulvers C/82 gestattete zur Erzielung grösserer leben-
diger Kraft eine Vermehrung der Ladung ohne grössere
Anstrengung des Geschützrohres ; da aber dement-
sprechend der Ladungsraum entsprechend vergrössert
werden musste, und man das Verhältnis des Lade-
raumes zur Seele des Geschützes 1 : 6 als zweckmässig
erkannt hatte, so hatte das prismatische Pulver die
Verlängerung der Geschützrohre zur Folge; von L/22
bis L/25 ging man zu L/35 und L/40, ja bis zu L 45
und L/50 Rohrlänge über ; die Artillerietechniker der
Firma Krupp erklärten, dass eine richtige Verwertung
des P. P. C/82 Rohre von mindestens 45 Kaliber
Länge erfordern ; man hielt sich jedoch aus äusseren
Gründen — unter Verzicht auf vollständige Aus-
nützung des Pulvers — an eine Rohrlänge von L/35,
später L/40. Die bekannte Krupp'sche Riesenkanone,
welche 1893 in Chicago ausgestellt war, bestand in
einem 42 cm Geschütz L/35; das Rohr allein wog
122400 kg; die Rohrlänge betrug 42X35 = 14,7 m; zum
Abfeuern einer Granate von 1140 kg Gewicht wurde
eine Pulverladung von 410 kg P. P. C/82 verwendet.
Aehnliche enorme Pulverladungen, welche durch
den geringeren Gasdruck des braunen prismatischen
Pulvers C/82 möglich geworden waren, ergaben sich
aus folgenden Angaben:
39
Krupp lieferte für die itaüeiiische Regierung eine
Anzahl 40 cm Kanonen L/35, welche beim Anschiessen
Sommer 1885 folgende Resultate ergaben:
im
830 kg P. P. C/82
920 kg
2400 Atmosphären
555 Meter
14443 Metertonnen
384 kg P. P. C/82
1050 kg
2860 Atmosphären
579 Meter
18000 Metertonnen
18000 Metertonnen ent-
Gewichtes von 180000
Pulverladung:
Gewicht der Granate:
Gasdruck :
Anfangsgeschwindigkeit :
Lebendige Kraft:
Der massige Gasdruck gestattete, die Pulverladung
noch zu vergrössern und man erhielt im Sommer 1886
nachstehende Resultate :
Pulverladung :
Gewicht der Granate:
Gasdruck :
Anfangsgeschwindigkeit :
Lebendige Kraft:
Die lebendige Kraft von
spricht der Fallkraft
Doppel-Zentnern aus 1 Meter Höhe und ist hinreichend
gross, um eine schmiedeeiserne Platte von 1,1 Meter
Dicke glatt zu durchschlagen.
Auf der Düsseldorfer Ausstellung war die Krupp-
sche Geschützsammlung zwar sehr umfangreich, aber
die Gruppe der grossen Festungs- und Belagerungs-
geschütze war diesmal nicht vertreten ; es waren haupt-
sächlich Feldgeschütze ausgestellt, die zur Zeit das
grösste Interesse in Anspruch nehmen, daneben waren
Schiffsgeschütze (28 cm und 19 cm Kanonen) und
Küstengeschütze (30,5 cm, 21 cm und 15 cm Kanonen,
sowie eine 28 cm Haubitze) ausgestellt, für welche
nähere Zahlenangaben für Ladungen mit dem später
zu besprechenden rauchlosen Pulver gemacht waren*
Dagegen hatten die Vereinigten Köln-Rottweiler Pulver-
fabriken Kartuschen für verschiedene Kaliber aus
schwarzem (C/68) und braunem (C/82) prismatischem
Pulver ausgestellt. Genannte Firma hatte noch eine
Zusammenstellung in verschiedenen Formen gepresster
(aus Kalisalpeter, Schwefel und Kohle hergestellter)
— 40 -
Pulversorten zur Anschauung gebracht. Interessant
war auch eine Zusammenstellung der gleichen Firma
von älteren Miütärpulversorten.
Von den älteren Militärpulversorten wollen wir
hier noch besonders erwähnen das grobkörnige Pulver
C/86 mit 4 — 18 mm Korngrösse, das s. Zt. Aufsehen
erregte ; es stimmt in Form und Farbe ziemlich genau
mit dem Pulver C/73 überein, hat aber eine andere
Zusammensetzung ; es hinterliess im Rohr nur wenig,
leicht zu beseitigenden Rückstand und erzeugte beim
Schiessen nur wenig dünnen, schnell verfliegenden
Rauch ; in seiner Arbeitsleistung und seinem Verhalten
bildete es den Uebergang zum heutigen rauchlosen
Pulver. Im Pulver C/86, dem sog. Amid-Prismen-
pulver, besteht der Salpetergehalt ungefähr zu gleichen
Teilen aus Kalisalpeter und Ammonsalpeter ; dieses
Pulver zieht daher Feuchtigkeit aus der Luft an, es
ist auch schwerer entzündUch.
Die Krupp'sche Fabrik erzielte mit diesem Pulver
C/86 folgende Resultate:
14 kg C/86
2490 Atmosphären
617 Meter
1000 Metertonnen.
Pulverladung :
Gasdruck :
Anfangsgeschwindigkeit :
Lebendige Kraft:
Dieses Pulver war dem Wunsche entsprungen,
die vorteilhaften Eigenschaften des braunen pris-
matischen Pulvers C/82, die im Wesentlichen der
Küsten- und SchifEsartillerie zu Gute kamen, auch auf
die kleineren Geschützkaliber auszudehnen.
Zum Schlüsse dieses Abschnittes geben wir noch
zwei Bilder von besonderen Schwarzpulversorten,
welche uns von der Firma Cramer & Buchholz,
Pulverfabriken, gütigst überlassen wurden, Torpedo-
Pulver und Fehhle-Pulver,
Letzteres ist ein 1—2 cm starkes Würfelpulver,
welches früher in 'England für schwere Geschütze ge-
braucht wurde und heute noch in Deutschland zur
Ladung von Torpedo-^lwssfoss-Patronen verwandt wird.
- 41
Torpedo-Pulver.
Fig. 9.
Pebble-Pulver.
Die Verwendung des Schwarzpidvet^s als Oesrhoss-
treibmittel hat durch die Erfindung der neuen rauch-
losen Pulversorten eine starke Einschränkung erfahren.
Auch die Anwendung des Schwarzpidvers als
Sprengmittel, welche wir jetzt besprechen wollen, wird
neuerdings aus verschiedenen, noch näher zu erör-
ternden Ursachen, eine immer geringere.
Die Verwendung des Schwarzpulvers als Spreng-
pulver erfolgt teils zu kriegstechnischen Zwecken,
teils für die Arbeiten des Ingenieurs un'd des Berg-
manns.
Die Kriegstechnik verwendet dasselbe
i. Als Oeschoss-Sprengstofff
wobei der in dem Hohlraum des Geschosses befind-
liche Sprengstoff das Geschoss zertrümmern und den
Bruchstücken, sowie den bei einigen Geschossen vor-
handenen Füllkugeln eine beschleunigte Bewegung
geben soll, und
2. Als Minen- Sprengstoff oder Sp-engpidver schlechthin.
Betrachten wir zunächst die Verwendung des
Schwarzpulvers als Geschoss- Sprengstoff; wir müssen zu
— 42 —
diesem Zwecke einen Blick auf die Geschosse selbst
werfen, wobei die jeweilige Sprengladung Erwähnung
findet.
Man unterscheidet Schrapnels, Granaten, Panzer-
geschosse und Kartätschen.
a) Das Schrapnel besteht aus möglichst dünnen
Stahlwänden, es enthält einen Zünder, die Spreng-
ladung, sowie eine Anzahl Hartblei-Kugeln, w^elche
durch warm eingegossenen Schwefel, Kolophonium etc.
im Geschoss festgelegt sind, ausserdem eine gewisse
Menge brennbaren Satz, der beim Zerspringen des
Geschosses eine weithin sichtbare Rauchwolke bildet,
welche die Beobachtung des Schusses erleichtert. —
Durch einen Brennzünder (Bz.) wird in einer gewissen
Entfernung vor dem Ziele und in einer gewissen Höhe
iiber dem Ziel (Sprenghöhe) die Sprengladung zur
Explosion gebracht und liefert dabei eine aus zahl-
reichen Sprengteilen (hauptsächlich den Füllkugeln,
daneben den Geschosswand-Sprengstücken) bestehende
Sprenggarbe von bedeutender Tiefenwirkung.
Das Schrapnel ist das Hauptkampfgeschoss der
Feldartillerie gegen alle lebenden ungedeckten Ziele.
Das Gewicht der Sprengladung wird im Schrapnel
gegenüber anderen Hohlgeschossen sehr klein be-
messen, weil die Sprengwirkung nur den Geschoss-
kern zertrümmern und die Füllkugeln freimachen,
bezw. ihnen eine beschleunigte Bewegung nach vor-
wärts erteilen soll, während die seitliche Ausbreitung
durch die aus der Achsendrehung des Geschosses
sich ergebende Zentrifugalkraft der Sprengteile hin-
länglich befördert ist.
Aus dem gleichen Grunde wird für Schrapnels
auch kein brisanter Sprengstoff verwendet, sondern
Schwarzpulver und zwar Gewehrpulver 71, neues Ge-
wehrpulver 71 (sog. Füllpulver) und Zylinder-Pulver
(Zyl.-P.), d. i. in Hohlzylinder gepresstes Schwarz-
pulver.
— 4:-^ —
h) Dh Granaten: diese zerfallen in z^vei Klassen,
nämlich in elie Pulvergmnaten unrl in die Brisanz-
granateo.
Die Pulrerf/raiiate, oder Granate schlechthin, hat
einen dickwantligen Gussoi senke rn mit Schwanipulvor-
Sprengladnng; sie ist gegen lebendi^ wif^ Ifblose Ziele
nur zu untergeordneter Wirkung befähigt.
Sie ist daher bei der Feldartiilerie ziemlich ab-
geschafft und winl auch bei der Fussartillerio mehr
und mehr durch Brisanzgranaien verdnUigt; nur in
der Schiff sartiUerie ^vird die Pulvergranate für alle
Kaliber von 8 bis 30,5 cm noch verwandt; man be-
nutzt ein besonderes Rprengladuug.spulver , das in
flauellenen Ladebeuteln eingebracht wird, um den
Stoss des Bcliusj^io.s auf die Sprengladung zu mildern.
Wille macht für Schiffs-Pulvergranaten folgende
Angaben :
^, j ,.. Gewicht der (Tewieht der Zahl der
<Tranate Ij/4 Sprengladung Ladebeutel
In cm 51 kg L5 kg 6
^8 „ 350 „ ll,ti « 2Ö:
30,5 „ 454 „ 13,6 „ U.
Die Brhanzf/ramitm sind nicht mit öchwarzpulver
gefüllt, sondern mit brisanten Sjirengstoffon, haujit-
sttchlich Pikrinsäure; sie wären also erst später zn
beschreiben, doch ^vollen ^A^ir des Zusammenhanges
wegen dies kurz hier thun. Die Brisanzgranaten sind
Sprentj- oder Mhiejigraimien; die Spreujßjnrnalen oder
Feldgranaten enthalten nur soviel Sprengladung, dass
letztere das dickwandige Geschoss in mögliehst viele
wirkungsvolle J^prengstücke zerlegt, welche am Ziel
naeli allen Seiten geschleudert w^erden. Die Spreng-
granate soll hauptsächlich gegen lebende Ziele in
feldmässigen Deckutigen verwendet werden. Die
MinengranatPM oder die Langgranaten sollen nach
Art einer Mine wirken, weshalb ihr dünnwandiger
Staldkern von beträch th eher Länge eine möglichst
— 44 —
grosse Sprengladung aufnimmt. Die Minengranate
soll ausschliesslich gegen widerstandsfähigere Ziele
des Feldkrieges, wie Unterstände, Häuser etc. und die
darin befindlichen Truppen zur Verwendung kommen.
c) Panzergeschosse werden im Kampfe gegen die
Panzer verwendet. Diese sind Vollgeschosse, Hart^
gussgranaten, Stahlgranaten und Halbpanzergranaten.
Die Vollgeschosse f Panzergranaten, sind massiv,
ohne innere Höhlung ; sie tragen teilweise eine Kappe
aus ungehärtetem Stahl auf ihrer Spitze, die das Ein-
dringen der letzteren in Panzer mit gehärteter Vorder-
seite erleichtern soll.
Die Hartgussgranaten haben starke Wandungen
und eine sehr kleine innere Höhlung, in welcher sich
Schwarzpulver als Sprengladung befindet.
Beim Durchschlagen sehr widerstandsfähiger Ziele
entzündet sich die Sprengladung von selbst, teilweise
sind die Hartgussgranaten auch mit Boden zünder ver-
sehen.
Die Stahlgranaten haben dünnere Wandungen als
die Hartgussgranaten, somit auch eine grössere Höh-
lung; Schwarzpulver vermag trotzdem diese Granaten
nicht zu zerlegen, kann daher nicht als Sprengladung
benutzt werden.
Brisante Sprengstoffe sind vorläufig ebensowenig
verwendbar, denn sie entzünden sich durch das Auf-
treffen des Geschosses auf den Panzer nicht von selbst
und ein geeigneter Zünder ist noch nicht konstruiert.
Die Stahlgranaten werden daher vorläufig mit
Sand und Sägespähnen gefüllt, um denselben das
richtige Gewicht zu geben. Vielleicht könnte hier
eine Erfindung Anwendung finden, welche vor einiger
Zeit vom Verfasser gemacht wurde.
Das Wesen dieser Erfindung besteht darin, die
Spannung der bei der Explosion entstehenden Zer-
setzungsgase von Sprengstoffen dadurch zu vergrössern,
dass man dem Sprengstoff Aluminium in fein ver-
teilter Form beimischt.
— 45 —
Das Metall verwandelt sich in Aluminiumoxyd
und da hiebei eine grosse Wärmemenge frei wird, so
werden die Gase auf eine höhere Temperatur ge-
bracht und dadurch wirksamer, der Sprengstoff wird
brisanter.
Die Brisanz von Schwarzpulver z. B. wird durch
eine Beimengung von 10% Aluminium verdoppelt
Wir kehren nun zu unseren Panzergeschossen
zurück und erwähnen zum Schlüsse noch die Halh-
pamer-Oranaten.
Diese entsprechen in der äusseren Form und im
Material (Stahl) den Stahlgranaten, jedoch sind ihre
Wandungen dünner; sie nehmen daher mehr Spreng-
ladung auf. Diese Granaten werden mit Schwarz-
pulver gefüllt; sie sind mit einem Bodenzünder ver-
sehen, wie die gewöhnlichen gusseisernen Pulver-
granaten ; die Halbpanzergranaten werden gegen Panzer-
decks und leichte Panzer gebraucht.
d) Kartätschen; diese werden nicht mehr bei der
Feldartillerie, jedoch noch bei Festungs- und Belage-
rungsgeschützen, sowie bei der Schiffs- bezw. Küsten-
artillerie angewandt. Die Kartätsche ist eine mit
Kugeln gefüllte Blechbüchse, die durch den Stoss
der Geschützladung zertrümmert wird, so dass die
Kugelgarbe schon von der Mündung der Kanone ab
wirksam werden kann.
Bei den Geschossen wollen wir der Vollständig-
keit halber noch Nachstehendes erwähnen:
Die Geschosse werden von der als Geschosstreib-
mittel dienenden Pulverladung (Schwarzpulver, Pris-
menpulver, rauchloses Pulver) in Bewegung gesetzt;
diese Pulverladung befindet sich in einer Hülse,
welche beim Schuss den gasdichten Abschluss des
Gewehrlaufes oder Kanonenrohres nach hinten be-
wirkt. Diese Hülsen werden bis zu 15 cm Kaliber
in der Regel mit dem Geschoss verbunden und
heissen dann Patronenhülsen; bei den grösseren
Kalibern sind Geschoss und Hülse getrennt und
— 46 —
spricht man dann von Kartusch-Hülsen. Die Hülsen
werden meist aus Messing (Legierung von Zink und
Kupfer) gezogen, für die grossen Kaliber wird auch
sog. Durana - Metall , eine Legierung von Kupfer,
Zink und Eisen, verwandt; daneben auch Stahl.
Bei Feld- und Gebirgsgeschützen hat man wegen der
Gewichtsverringerung auch Hülsen aus Aluminium-
legierung zur Anwendung gebracht, die nur etwa ein
Drittel so schwer sind als Messinghülsen.
Nun noch einige Bemerkungen über die bei den
Geschossen mehrfach erwähnten Zünder.
Die Zünder sind ÄiifscJilag-, Zeit- oder Doppel-
zünder. Erstere werden beim Aufschlag oder dann
bethätigt, wenn das Geschoss beim Hindurchgehen
durch einen Körper in seiner Fluggeschwindigkeit
plötzlich soviel verlangsamt wird, dass ein lose im
Zünder sitzender Teil, dem Beharrungsvermögen fol-
gend, nach vorn fliegt; hiebei ^wird durch Anstich
mit der Nadel dieses Teiles ein mit Knallsatz ge-
fülltes Zündhütchen entzündet , -dessen Feuerstrahl
sich der Sprengladung mitteilt.
Die Zeitzünder haben 1 — 4 Ringe aus verdichtetem
Pulversatz; sie werden bereits beim Schuss in Brand
gesetzt, übertragen aber ihr Feuer erst nach einer
gewissen Brenndauer — d. h. Flugzeit des Geschosses
— auf die Sprengladung des letzteren. — Durch Ein-
stellen kann man genau regulieren, wieviel von der
langsam verbrennenden Schwarzpulvermasse der Satz-
ringe verbrennen soll, ehe das Feuer auf die Spreng-
ladung übergeht, d. h. mit anderen Worten, wie
lange nach dem Verlassen des Rohres das Geschoss
krepieren soll.
Unter Doppelzünder versteht man die Vereini-
gung von Aufschlag- und Zeitzünder, die es nach
dem soeben Gesagten ermöglicht, das Geschoss ent-
weder beim Aufschlag oder nach einer bestimmten
Flugzeit, d. h. an einem bestimmten Punkte seiner
Flugbahn zu sprengen.
Hl
— 47 -
Die Zünderkörper aelbi^t sind entweder aus Messing
oder aus Aluminium gego.ssen.
In Düsseldorf hatte Fried. Krupp reichhaltige
Sammlungen von Geschossf^n, Patronon- und Kartusch-
Hülsen, sowie Zündern ausgeatellt. Die Krupp sehe
Geschosssanuulung zeigte die verschiedenen üeschoss-
arteii von BO,"} bis iij cm Kaliber; die Gescliossart
ist durcli verschiedenen Farbeuaustrich keiuitlich
gemacht. Der Anstrich ist
bei Schrapuels: rot, 'f
PulverfTrauateu: schwarss,
Brisauzgranateu: gelb,
Panzergninateu: weiss^
Stahlgranaten : graublau,
Halbpanzergranaten : graublau mit weisser S])it20.
Krupp verwendet für die Geschosse nahtlos ge-
zogene Stahlrolire.
Die Rheinische Metallwaren- und Maschinenfabrik
stellt Hohlgeschosse in grossem Umfange nach dem
Ehrhart'schen Pressverfuhren her; sie hatte ausgestellt
Schrapnels mit Stahl liüUen, mit 10 — 11 gr scbweren
Füllkugeln , Avelche im Rauchentwieklungsmaterial
liegen. Ausser den glattwandigen Schrapnels werden
auch solche mit gerippten Wandungen (WellenRchraj)-
nels) fabriziert, die mit einer leichten Geschossliülle
eine grössere Widers taTidsfähigkeit gegen Form Ver-
änderungen in der Rohrseele verlanden. Auch
Granaten etc. waren von dieser Firma ausgesteUL
In ihrer Abteilung Sömmerda hat genamite Firma
eine Zünderfabrik in grossem Umfange und nach
neuestem Stile eingerichtet; sie fertigt Aut'schlags-
zünder, Zeitzünder, Doppelzünder, Schlagröhreu etc.
und zwar 1500 Zünder täglicli.
Wir haben aus Vorstehendem gesehen , dass
Schwarzpulver in der Kriegstechnik noch in einig(>n
Fällen als Geschoas Sprengladung Verwendnng findet,
während es in anderen durch brisante Sin^engstoffe
verdrängt ist.
.Cäü^^
— 48 —
^. Srhwarzpulver als Minen-Sprengstoff oder „Spreng-
pulver'' schlechthin.
Die Militär-Technik nimmt Sprengungen vor:
a) zum Zerstören von Ortsverbindungen, welche man
dem Feinde nicht überlassen will (Eisenbahnen,
Dämme, Brücken, Gebirgs- und Hohlwege, Tunnels)^
b) zum Freimachen des Vorfeldes oder zur Beseiti-
gung weit sichtbarer Zielpunkte bei Verteidigungs-
• Stellungen (durch Niederlegen von Mauern, Gebäu-
den, Schornsteinen, Windmühlen, Bäumen u. s. w.),
c) zur Unterstützung des Angriffs (durch Oeffnen
von Durchgängen in Hindernissen, Vernichten
der Verteidigungsminen u. s. w.),
d) zur Verzögerung des feindlichen Angriffs (durch
Verteidigungsminen oder durch Zerstören nicht
mehr haltbarer Werke),
e) zum Oeffnen von Eisdecken, Eisstopfungen u. s. w.
Das als „Sprengpulver" schlechthin bezeichnete
Schwarzpulver findet im allgemeinen in der Kriegs-
technik wenig Anwendung mehr; es ist grösstenteils
durch brisante Sprengstoffe, insbesondere durch die
später zu erwähnende Pikrinsäure (Sprengmunition
C/88) verdrängt.
Während die brisanten Sprengstoffe sich nicht
direkt entzünden lassen, sondern durch Vermittlung
einer Sprengkapsel zur Detonation gebracht werden
müssen, wird das Sprengpulver (Schwarzpulyer) sehr
leicht schon durch glimmendes Feuer, durch Funken
und helle Flammen zur Explosion gebracht; auch
kann dieselbe durch Schlag oder durch Reiben von
Pulverkörnern zwischen harten und rauhen Flächen
herbeigeführt werden, weshalb bei der Handhabung
des Sprengpulvers besondere Vorsicht geboten ist.
Wie die Entzündung, so ist auch die Wirkungs-
weise des Spr^ngpulvefs eine andere, wie die der
brisanten Sprengstoffe.; bei letzteren erfolgt, sobald
49 —
die Detonation durch die Sprengkapsel eingeleitet ist,
die Zersetzung in Gase durch die ganze Masse des
Sprengstoffs in ausserordentlich kurzer Zeit ; die ausser-
ordentliche Heftigkeit der Gasentwicklung und die
wesentlich grössere Gasmenge bei der Detonation von
brisanten Sprengstoffen übt eine zerschmetternde Wir-
kung gegen die nächste Umgebung aus ; die brisanten
Sprengstoffe werden daher mit besonderem Vorteil
gegen Eisen, Holz und Stein- verwendet. Beim
Sprengpulver dagegen werden weniger Gase entwickelt
und die Zersetzung erfolgt langsamer; dadurch
findet ein gewissermassen elastisches Zurückweichen
der entwickelten Gase von widerstandsfähigen Gegen-
ständen nach anderer Richtung statt, so dass die
treibende und zerreissende Wirkung der Pulvergase
nur dann zur vollen Geltung gelangt, wenn dieses
Entweichen der Gase verhindert ist oder keine sehr
widerstandsfähigen Gegenstände vorhanden sind.
Bei Eisen- und Holzsprengungen weniger geeignet,
kann es in vielen Fällen als brauchbarer Ersatz
für Pikrinsäure bei Mauer- und Felssprengungen
dienen; die naturgemässe Verwendung des Schwarz-
pulvers sind aber Minenladungen, denn für Erd-
Sprengungen ist es der geeignetste Sprengstoff; es
findet daher ausser für Minen auch zu Sprengungen
bei der Zerstörung oder Anlage von Gebirgs- und
Hohlwegen, Dämmen etc. Verwendung. In der Feld-
ausrüstung unserer Ingenieur-Truppen wird Spreng-
pulver nicht mitgeführt, sondern in den Festungs-
beständen aufbewahrt.
Auch zum Eis-Sprengen eignet sich seiner trei-
benden Wirkung wegen Schwarzpulver (Sprengpulver)
am besten; man hat zu diesem Zwecke sog. Eis-
Sprengbüchsen aus Zinkblech konstruiert, welche V^
bis 2^2 kg Pulver aufnehmen.
Wir kommen nun zu der Verwendung des Spreng-
pulvers für die der Kultur- Arbeit gewidmeten Zwecke
des Ingenieurs und des Bergmanns,
4
— 50 —
Der Ingenieur gebraucht Sprengstoffe bei Anlage
von Strassen, Tunnelbauten, Schiffbarmachung von
Flussläufen u. s. w. ; er verlangt vom Sprengstoff eine
möglichst grosse Sprengkraft, thunlichste Unschädlich-
keit der entwickelten Gase mit Bezug auf die Ge-
sundheit der Arbeiter und möglichste Ungefährlich-
keit des Stoffes bei der Beförderung, Aufbewahrung
und beim Gebrauch.
Auch hier unterscheidet man die zwei Arten von
Sprengstoffen, nämlich
1. solche mit langsamer, drückender Gasentwick-
lung wie das Schwarzpulver (Sprengpulver) und
2. solche mit rascher, zermalmender Gasentwick-
lung, die brisanten Sprengstoffe ; als solche verwendet
der Ingenieur hauptsächlich Nitroglyzerin-Sprengstoffe.
Bei ersterem, mit welchem wir uns hier zu be-
schäftigen haben, ist die Schnelligkeit der Entwick-
lung der Gase gering, der Druck derselben auf die
umgebenden Gegenstände äussert sich mehr allmäh-
lich, indem letztere weggedrückt, weniger zermalmt
werden. Sprengpulver wirkt z. B. in festen Felsen
in der Weise, dass es die umgebenden Massen aus-
einander schiebt, das Aufliegende hebt und so das
Gestein zerreisst; auf einer freiliegenden Steinplatte
zur Explosion gebracht, übt Sprengpulver eine er-
kennbare Wirkung nicht aus, weil die sich allmählich
entwickelnden Gase die Luft zurückdrängen und des-
halb eine starke Druckspannung, die zerstörend auf
die Platte wirken könnte, nicht stattfinden kann.
Ganz anders gestalten sich die Verhältnisse bei
Entzündung eines brisanten Sprengstoffes (durch Ver-
mittlung einer Sprengkapsel); der Gasdruck auf die
umgebenden Gegenstände tritt so plötzlich auf, dass
letztere in kleine Stücke zermalmt und diese mit fort-
geschleudert werden ; bei einem derartigen, in festem
Felsen eingeschlossenen Schusse werden die dem Ex-
plosionskörper zunächst liegenden Gesteinsteile in
Staub verwandelt, erst die entfernteren werden zer-
r
I
^ 51 -
rissen und fortgeschleudert. Liegt ein solcher Spreng-
stoff frei auf einer Steinplatte, so wird bei der Ex-
plosion die umgebende Luft zurückgedrängt, aber
auch gleichzeitig die Steinplatte zerbrochen, denn die
Entwicklung der Gase erfolgt so plötzlich, dass diese
mit grosser Kraft auf die feste Unterlage \inrken.
Für das Lösen von Gesteinen verwendf^t man
beide Arten von Sprengstoffen je nach den Verhält*
nissen; in gebrüchem luid leicht schiessbarem Ge-
stein, bei dem der Zusammenhang der einzelnen Teile
nicht sehr stark ist, ist Hprengpulver ani Platze; in
schwer schiessbaren Gesteinsarien mit innigstem Zu-
sannnenhang der einzelnen Teile und in allen klüftigen
Gesteinen, in denen ein Teil der Gase bei langsam ver-
brennenden Sprengstoffen durch die Klüfte entweicht,
gebraucht man zweckmässig brisante Sprengstoffe,
welche später noch eingehender zu besprechen sind.
Für den Tunnelbau techniker ist die Beschaffen-
heit der Explosionsgase und deren Wirkung auf die
Atmungswerkzeuge von besonderer Wichtigkeit; beim
Sprengpulver bestehen diese Gase vornehmlich aus
Kolilensäure und Stickstoff und zwar in Mengen von
je 40—50^/0, ferner aus Kohlenosyd und einigen an-
deren Gasen; hierauf werden wir noch eingehend
jsurückkommon.
Die Anwendung des SchwarKpulvers zum Gosteins-
Sprengen wurde erst Ende des 17. und Anfang des
18. Jahrhunderts allgemein eingeführt; Hammer und
Meissel einerseits und das Feuersetzen andrerseits
waren bis dahin die dem Menschen beim Arbeiten
in hartem Gestein zur Verfügung stehenden Mittel.
Mittelst des Feuersetzens erhitzte man gar zu hartes
<jle3tein, begoss es alsdann mit Wasser und machte
es auf diese Art mürbe und der Bearbeitung mit
Hammer und Meissel leichter zugängig.
Die Römer verstanden es, ausgezeichnete Strassen
in der Ebene zu bauen, aber — wie F. v. Rziha
ausführt — ihre Wege in die Alpen mussten sie
— 52 —
sehr steil, schmal und arg gewunden in die Felsen
hauen, wie es heute noch der berühmte Römerweg
über die Radstätter Tauern zeigt. Dadurch war im
Hochgebirge ihr Wagenverkehr unterbunden und mit
diesem Umstände auch ihre andauernde Herrschaft
nordwärts der Alpen.
Erst Ende des 17. Jahrhunderts begann man,
die Saumwege über die Alpen mittelst Sprengarbeit
zu verbessern; 1696 geschah dies am Bergünerstein
im Älbulapasse, 1707 im Urnerloche am St. Gott-
hard, 1736 am Leukerwege und 1738 in der Via
Mala des Splügenpasses.
Im Sinne der neueren Zeit und nur mit Hilfe
der Sprengarbeit erschienen dann die modernen
jetzigen Strassen am Simplen (1801 — 1807), am Mont-
Cenis (1803-1810), am Splügen (1818—1824), am
Bernhardin (1819—1823), am Stilfser Joch (1820 bis
1824), im Ampezzo (1823—1824), am St. Gotthard
(1820 — 1830) und um dieselbe Zeit am Semmerring
und am Brenner.
Auch der Flusshau wies bis zur Zeit der Spreng-
arbeit grosse Hindernisse auf, wofür der Rhein und
die Donau markante Beispiele bieten.
- Am Rhein waren es vorzugsweise die Felsen-
bänke im Bingerloche, das „wilde Gefährt'' bei der
Pfalz, die Loreley-Passage und die RifFe bei St. Goar,
welche schon bei den Römern als gefährlich galten.
Bereits zu den Zeiten der Merovinger und Karls
des Grossen, der die Holzbrücke bei Mainz geschlagen
hatte, war man bemüht gewesen, diese Felsenspitzen
abzubrechen. Der Mainzer Erzbischof Hatte H. (968),
die Rheingrafen im 11. Jahrhundert und die Erz-
bischöfe im 13. Jahrhundert Hessen weiter daran
arbeiten; allein die berüchtigten Hindernisse waren
noch immer so arg, dass nur eine beladene Thal-
fahrt möglich war und bei der Bergfahrt die Güter
zwischen Bacharach und Bingen und zwischen Lorch
— 53 —
iitid Assniamishauaen umgeladen und über die steilen
Hänge des Niederwaldes gefahren i^-erden nuissten,
welchem Umstände auch die St a]>el platze Bacharach
und Lorch ihren Aufschwung verdankten.
Im 14, und 15. Jahrhundert bemühten sich die
Kurfürsten von Mainz neuerdings um die Fahrbar-
machung insbesondere im Bingerloch, allein ebenfalls
ganz erfolglos. Erst der Hprengprozess des 17* Jahr-
hunderts griff lielfpud ein und innerhalb des Zeit-
raumes von 1631 -- 1647 schössen die Schweden und
Franzosen dort Felsenklijipen ab. Zu Ende des
17. Jahrhunderts vereinigte sich das Frankfurter
Handlungöhaus Stookheim mit holländischen Kauf-
herren, um in der Felsenbarre eine 20 Fusa breite
Durchfahrt mit Pulver auszusprengen; allein erst
1821V— 1831 schuf die preusöische Regierung mittelst
Pulversprengung eine 210 Fuss breite Fahrt, welche
seitdem immer noch mit grossen Kosten erweitert
und vertieft wird. Die Hindernisse am Rhein ver-
mochten also thatsächlich erst seit der Zeit der Spreng-
arbeit bewältigt zu werden.
Das Gleielie gilt von der Donau. Im Jjaofe
dieses Stromes finden sicli besonders zwei felsige
Katarakte, welche die Schiffahrt von jeher ausser-
ordentlich beeinträchtigt haben, nämlich die Riffe bei
Grein und jene am eisernen Thore. An den ersteren
konnte vor der Zeit der Sprengarbeit fast gar keine
Abhilfe gescliafEeu werden. Nach dem Aufkommen
derselben wmrde jedoch in den Jahren 1770 — 1782
daran ganz erheblieh gearbeitet und wurden weitere
Sprengungen zwischen 1821—1839, dann 1867 utid
in der neuesten Zeit sehr erfolgreich durchgeführt.
Die Hindernisse am eisernen Thoro blieben nicht
nur in der Römer Keit, sondern bis in die Gegenwart
hinein bestehen und die ehemalige Hilflosigkeit in
ihrer Beseitigung zwang sogar Trajau zur Ausmeisse-
lung der dieselben umgebenden berühmten Felsen-
strasse.
- 54 —
Auch die Anlagen von KanäUn in gebirgigem
Terrain waren erst durch die Einführung der Spreng-
ärbeit ermöglicht.
Besonders wichtig erwies sich die Sprengarbeit
für den Eisenbahnbau, der bald Tunnels unter allen
geologischen Verhältnissen notwendig machte und
mit dessen rascher Ausdehnung die Zahl der Tunnels
nunmehr derartig zunahm, dass sie bald nicht mehr,
wie bis dahin, als halbe Wunderwerke galten, sondern
zu den häufig vorkommenden technischen Aufgaben
zählten. Den grossen völkerverbindenden Eisenbahn-
linien durften Gebirge, die selbst Tunnels von un-
geheurer Länge notwendig machten, keine unüber-
windüchen Hindernisse bleiben und in der That haben
die Tunnel-Ingenieure ausserordentliche Leistungen
aus der neueren Zeit aufzuweisen, Leistungen, welche
allerdings erst durch die Einführung der Bohr-
maschinen und der später zu besprechenden brisanten
Sprengstoffe, insbesondere des Dynamits, durch die
Sprengarbeit durchgeführt werden konnten.
Nachstehend einige Angaben über Eisenbahn-
tunnels, bei denen aber Schwarzpulver jedenfalls nur
in der ersten Zeit eine wichtige Rolle spielte.
Mont-Cenis-Tunnel, erbaut 1857—1870, mit 12200m
Länge, St. Gotthard-Tunnel, 1872—1880, mit 14900 m
Länge, Tunnel durch den Col di Tenda, 1890 bis
1898, mit 8100 m Länge, Simplon-Tunnel, 1899 be-
gonnen, mit 19800 m Länge.
Der längste in Deutschland ausgeführte Tunnel
ist der 4200 m lange, in den Jahren 1874—1877 er-
baute Kaiser Wilhelm-Tunnel bei Cochem (Moselbahn).
Am meisten bemerkbar ist jedoch — nach F.
V. Rziha — der kulturelle Aufschwung des Bergbaues
seit der Zeit der Einführung der Sprengarbeit.
Zur Steinzeit war der Bergbau ohne alle Bedeu-
tung, zur Bronzezeit ganz vereinzelt und selbst im
Beginne der Eisenzeit bis herein in die römische
Zeit noch sehr spärlich. Auch später noch war die
— 00 —
Massenproduktion von Erzen ohne Spreogarbeit sehr
schwierig. Schaffte doch der ganze Bergbau des
])reiissischen Staates im Jahre 1795 nur etwa 75000 cbm
aas der Erde, also kaum den zehnten Teil eines
heutigen grossen Eisenbalmeinseluiittes. Der 916H m
lange sogenannte 19 Laoliter-S tollen am Har^e be-
nötigte nicht weniger als 150 Jahre Bauzeit, von
1535 — 1685; mit der Einfübrmig des SprengproKesses
konnte dagegen der tiefe Georg-.^ tollen am Har^ bei
19000 m Länge schon binnen 22 Jahren (1777—1709)
aul'geschlosaen werden.
Fast 5iwei Jahrhunderte hindurch,
von der ersten Anwendung der Spreng-
arbeit beim Bergbau bis zmn Jahre
1862, als Nobel das Nitroglyzerin
tänfülirte^ war das Schwarzpulver der
i einzige Öprengstotf, der dem Berg-
mann zur Verfügung stand; das
Sprengpulver wird entweder gekörnt
oder aber als gepresstes, komprimier-
tes Pulver in beifolgender Z^'linder-
form (mit Hohlraum in der Mitte imd
Rinne Kinn Einlegen der Zündschnur)
im Bergbau angewandt.
Sprengpulver kann mit Vorteil
nur in trockenen Bohrlöchern (auf
die Herstellung der Bolirlöcher vermittelst der Ge-
ßteinsbohrmasclunen verschiedener Konstruktion kann
hier nicht näher eingegangen vv^erden) und in klul't-
freiem Gestein verwendet werden.
Man bringt die Pulveriadung gewöhnüch mittelst
einer Zündsebnur zur Entzündung, welche aus einer
Pulverseele und einer Hanfumwickelung besteht; das
eine Ende der Zündschimr wird in die Pulverpatronen
eingeführt, das andere Ende ragt zum Bohrloche heraus.
Der von der Sprengladung nicht eingenommene
Teil des Bohrloches muss beim Scliwarzpulver sorg-
fältig mit Thon ausgefüllt (besetzt) werden, weil sonst
Vig. 10. Kompri-
miertes Sprengniulver
— 56 --
iMo Spreug^ase, welcVie sicli bei Schvvarzimlver ver-
hältuismässig langsam eDtwickeln, entweiclieii würdeiu
Zum Einführen des Besät «es dient der Stampfer, am
besten eine? nie^singene StangG vom Quersrhnitt des
Bobrloclies mit vertiefter Nut, um für die Zündschnur
Platz zu lassen. Das aus dem Bohrloch herausragende
Ende der Zündschnur wird gewöhiilieh nicht unnütteb
3i
Fi^. 11,
bar, sondern mittelst eines daran befestigten Schwefel-
fadeus angezündet; der Arbeiter entfernt sieh schnell
und der zündende Funke schreitet mit etwa 1 cm
Geschwindigkeit in der Sekunde in der Zündschnur
fort, bis er an die Pulverladung gelangt und diese
zur Explosion bringt. (Fig. 23.)
Aehnlicli gestaltet sich die Verwendung des ge-
pressten (komprimierte Ji) Pulvers, nur können hie bei
die Papicrpatroneu, in denen das gekörnte Pulver beim
Laden eingeführt werden muss, in Fortfall konimeii.
Die Ausführung der !Schiessarl>eit kann von den
Arbeitern nur durch langjährige praktische Erfahrung
gelernt Averden und niiiss sich den Gesteinsverhalt-
nisseii anpassen.
— -.u —
Die Grösse der Sprpnglatlinig läBSt sich für jedes
Gestein nur durcli Erfahrung t'esisetzeu. Da die
Häuer naturgeuiäss die Bolirlöcher geni m stark
laden, um der AVirkunci; siclier zu sein, so müssen
dieselben von dem Lohne für einen Meter heraus-
geschossene Streckenlänge <lie verbranrliteo Spreng-
mittel der (Trub(* zum Selbstkosten] »rnis bewalden.
Beim Kohlenbergbau müssen für die Spreng-
schüsse besondere Vorsieh tsmassregeln angeblendet
werden, da bei der gewöhnhcheu Art des Sj^rengens
sowohl das Feuer der Zündung als auch die hoch-
erhitzten S[>renggase Sehlagwetter oder Kohlenstaub
zur Entzündung bringen könnten- Es gilt daher hier
als allgerneinR Hegel: ein Sprengsehuss soll nur ange-
zündet werden, wenn der Kohlenstaub durch Henetzung
mit Wasser unschädlich gemacht ist und nachdem die
Untersuchung des Ortes mit der SicliGrheitslamjm er-
geben hat, dass keine v^cidHgwetter vorhanden sijid.
Ferner wird gewöhnlich die elektrische Zündung an-
gewendet, bei der eine ol1:ene Flamme nicht entsteht.
Auch liat man Sfirengstoffe hergestellt, die bei der Ex-
plosion wenig Flamme entwickeln (kurzflammige Spreng-
stoffe) und solange nur bestimmte Giengen derselben
zur Anwendung gelangen, wie durch Versuche erwiesen
ist, auch bei Anwesenheit von ^schlagenden Wettern
und Kohlenstaub keine Explosion verursachen.
Es sind dies die neuerdings zu grosser Wichtig-
keit gelaugten und später noch tni^sführlich zu be-
schreibenden HicherheitS'Sitrmgsüyffe, welche also gegen
schlagende Wetter und Kohlejistaub eine möglichst
grosse Sicherheit geben sollen.
Im Oberbergamt^bezirk Dortmund ist vom L Januar
1903 ab die Verwendung von Schwarzpulver in
Kohlenzechen mit schlagenden Wettern überhaupt
verboten.
Spreng[)ulver wiirde bislier gerade für Kohle,
nebenbei noch für Salz und nicht hartes Oestein, seiner
milderen Wirktnig wegen viel verwandt; man benutzte
58 —
dasselbe vielfach in der früher angegebenen kompri-
mierten Form, um eine langsamere Wirkung zu er-
zielen und dadurch grössere Sprengstücke zu gewinnen.
In Düsseldorf hatten die Vereinigten Köln-Rott-
weiler Pulverfabriken Sprengpulver-Sorten in grösserer
Anzahl ausgestellt; zunächst gekörntes Sprengpulver
sowohl in eckiger als runder Form in verschiedenen,
als blank oder matt, bezw. fein oder grob verzeich-
neten Varietäten, dann Sprengpulver für Schiefer-
gebirge, Sprengpulver C/86. Komprimiertes Spreng-
pulver für den Bergbau war in Patronen von 45, 40,
38, 35, 32, 29 und 22 mm ausgestellt. Von gepressten
Sprengpulvern für Geschossfüllungen waren zur Dar-
stellung gebracht:
Sprengladungspulver (1882) für Granatfüllung (Fig. 24)
„ (1885) „ Granaten schweren
Kahbeis (Fig. 25)
„ — „ Granaten (Fig. 26)
in beifolgenden Formen.
Fig. 12.
Fig. 13.
Fig. 14.
e
Kurz erwähnen wollen wir noch die Verwendung
des Schwarzpulvers in der Feuerwerkerei.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der physi-
kalischen, chemischen und ballistischen Eigenschaften
des Schwarzpulvers.
— 59 —
1, Die physikaliscken Eigefischaßeiu
Es kommen hier in Betracht: die äussere Be-
schaffenheit, die Kornfestigkeit, die Korn grosse, der
Feuchtigkeitsgehalt und die Dichte (spezifisch wie
vohimetrisch),
aj Die äussere Beschaffenheit. Gutes Schwarzpulver
soll vollkouamen gleiclimässige Schiefe rfarbe besitzen;
geht die Farbe ins Bläuliche oder ganz Schwarze, so
enthält das Pulver zu viel Kohle oder es ist zu feucht,
— Aus Rotkohle hergestelltes Pulver ist bräunlich
schwarz. Zerreibt man etwas Pulver, so darf man —
auch unter der Loupe — keine Versclnedenheit in
der Farbe (welche auf ungleiche Mischung hinweisen
würde) wahrnehmen ; einzelne schimmernde Punkte
oder bläulich- weisse Fleekcben zeigen an, dass durch
Feuchtwerden und darauffolgendes Trocknen Salpeter
aus dem Pulver ausgewittert ist. Das Pulver darf
nicht abfärben, wenn man es über den Handrücken
oder über Papier rollen lässt, sonst enthält es Mehl-
pulver oder zu viel Feuchtigkeit. — Ein kleines
Häufchen Pulver , auf weissem Papier entzündet,
muss schnell verbrennen, ohne einen Rückstand zu
hinterlassen und ohne das Papier in Brand zu setzen.
Schwarze Flecken deuten auf zu viel oder schlecht
gemengte Kohle; gelbe, nach dem Abbrennen des
Pulvers sich zeigende Streifen weisen auf zu viel
oder schlecht gemengten Schwefel hin. Feuchtes oder
schlechtes Pulver brennt bei diesem Versuch Löcher
in das Papier. — Gute Resultate gibt die pyrographi=
sehe Prüfung des Schwarzpulvers mit blausaurem
Eisen-Papier ; es ist dies dasselbe Papier, welches zur
Vervielfältigung von Zeichnungen etc. nach dem Licht-
pausverfahren dient. Die bei der Verbrennung des
Pulvers entstehenden Schwefelalkalien und Thiosul-
fate zerstören die blaue Farbe des Papiers und er-
zeugen gelbe und weisse Flecken. — Nach E. Monroe
wird ein quadratisches Stück solchen Papieres von
— 60 —
15^20 cm Seitenlänge angefeuchtet und auf eine
Glas- oder Kupferplattc gelegt. Ein abgestum]*fter
Bleikegel von 3 ccm Inhalt wird an der Spitze mit
dem Finger vprschlosstMi, mit Pulver gefüllt uud auf
das Pai>ier umgestürzt, wodurch auf demselben ein
kugelförmiges Häufchen entsteh t, welches mit einem
glülieuden Draht entzündet wird, Nacli dem Al>-
brennen bleibt das Papier noch 30 Sekunden der Ein-
wirkung des Rückstandes ausgesetzt und \vird dann
sofort in fliessendeni Wasser gewaschen^ War das
Pulver gilt gemengt^ so sind die Flecken klein und
ganz gleichmässig über die Oberfläche verteilt, so
dass dieselbe nun ein lichtes Blau mit einzelnen
Flecken und lichten Streiten zeigt; bei schlecht ge-
mengtem Pulver sind die Flecken gross, von un-
regelmässiger Gestalt und Verteilung,
b) Die Kirrnfe,stif)keit Das P ul v er d arf beim I) rücken
mit der Hand nicht knirschen und sich mit den Fin-
gern nicht zu leicht vorreiben lassen; dabei soll es
nicht sofort in Staub verfallen, sondern sich zunächst
in eckige Splitter ?: erteilen. — 2ur Prüfung auf Korn-
festigkeit bringt man ein halbes Kilogramm Pulver
in einen ledernen Beutel und lässt denselben in der
Abnuide-Trommel V* Stunde herumgehen; der Ge-
wichtsverlust hiebei darf nur l,5n*'/o betragen. — Beim
Prismen-Pulver sollen die Flächen und Kanten der
Prismen glatt und nicht oder nur wenig abgebröckelt sein.
c) D'w Kurngfosne. Diese wird mit Sieb rahmen
geprüft, welche mit Messingdrahtgeweben bezogen
sind imd durch maschinellen Antrieb (Uhrwerk mit
GevkTcht) in eine stoss weise Rültelbewegung versetzt
werden. — Die Abmessvmgen der Prismen vermittelt
man mit Normal- Leeren, die Kanäle werden mit Leer-
Stemjpeln untersucht,
d) Der FeucJdk/Imi^gchalt Alle Seil war zpulverarten
ziehen mehr oder weniger F^nichtigkeit ans der Luft
an; dies ist einerseits dem Salj>eter, andrerseits der
Kohle zuzuseh reiben; gewöhnlich ist das Pulver
— 61 —
uDi 90 hygroskopischer, je mehr Kolile es enthält.
Sat^fö^mige9 Pulver zielit mehr Feuchtigkeit an als
gekörntes, feiokörniges mehr als grobkörniges, — Dag
Pulver kann über 14 "/ü Wasser absorbieren; hat ea
nicht mehr als 5"/ö aufgenommen, so kann es durch
Exponieren an der Sonno oder in einem trockenen»
gut gelüfteten Räume wieder brauchbar gemacht wer-
den , grobkörniges schmeriger als feinkörniges. —
Feucht gewonlenes Pulver besitzt eine ungleichmässige
Farbe, lässt sich leichter mit der Hand zerdrücken^
entzündet sich schwieriger und gibt ©inen grösseren
Rückstand, Bei sehr starkem Gehalt an Feuchtig-
keit bildet das Pulver schwarze, harte Klumpen, wo-
durch es in der Regel unbrauchbar \rird ; man nennt
es dann verkuckt. — Zur Bestimmung des Feuchtig-
keitsgehaltes werden 50 gr in einer Porzellanschale
im Luftbad bei 85 — 90* eine Stunde lang getrocknet
und sodann im Exsiccator abkühlen gelassen; der
Feuchtigkeitsgehalt darf nicht mehr als 1 ^/o betragen ;
sehr gutes, anscheinend ganz trockenes Pulver ent-
hält ^ji'^/o Feuchtigkeit.
e) Das spezißsche Gewicht (Konidkhtigkeit.) Das
spezifische Gewicht besagt, wie vielmal schwerer als die
gleiche Masseinheit Wasser die Masseinheit Pulver
istj wobei das Pulver mit den Poren, aber ohne die
Zwischenräume zwischen den einzelnen Pulverkörnern
gewogen wird; 1 ccm Wasser ^viegt 1 gr; wiegt also
1 eetn Pulver 1,6 gr, so hat letzteres die Dichtigkeit
1,6. — Man bestimmt die Dichte mit den Diehtig-
keitsmessern (Bode oder Bianchi) oder mit der Queck-
silberw^age (Hahn-Bode).
Der Bodesche Dichtigkeitsmesser besteht aus einem
Stalilgefäss, das oben und unten mit einem Hahn
versehen ist und mit einem Quecksilbergefäss in Ver-
bindung steht. Das Stahl gefäss wird mit Quecksilber
gefüllt und gewogen, dann läSHt man das Quecksilber
anstreten, schüttet oben eine abgewogene Menge Pulver
m den Zyhnder, füllt letzteren wieder mit Quecksilber
- 61' —
und wägt neuerdiDgä, Der Gewichtsunterscliied zwi-
schen der Zylinderfüllung mit und ohne Pulver
gestattet, das si>ezifische Gemclit des Pulvers zu be-
rechnen.
Fig. 15.
Dichtigkeitsmesser für Pulver (nach Bode).
Der Dichtigkeitsmesser von Bianchi arbeitet im
luftleeren Raum und gestattet sonach die Messung
des absoluten spezifischen Gewichtes des Pulvers,
während bei dem vorigen Apparat das Gewicht der
einzelnen Pulverkörner einschliesslich der in den Poren
l^iüiii^tt^aitt
f
— 63 —
der Körner enthaltenen Luft bestimmt wurde; im
übrigen ist die Bestimmung analog der mit dem
Bode'schen Apparat.
Bei pris7natischem Pulver benutzt man die Habn-
Bode'sche Queckailberwage , welche das spezifische
Fig. 16.
Dichtigkeitsmesser für Pulver (Bianchi).
Gewicht wieder nicht ganz absolut richtig angibt, da
ja die Prismen auch etwas Luft einschliessen, die
hier nicht entfernt wird. Man stellt die Nadel einer
mit Gewichtsstücken belasteten Wagschale so ein,
dass dieselbe gerade die Oberfläche des Quecksilbers
— ti4 -
berührt; dann bringt mau das Pulverprisnia in das
Quecksilber und stfsÜt \neder ein, wobei mau nuten
eine gewisse Zahl von Gewichten wegnehmen muss.
Mau kann das relative spezifische Gewicht auch
bßatiminen, indem man einen Pulverkncheu mit einer
dünnen Schicht Kollodium überzieht und denselben
in Lul't und in Wasser wägt.
Wir geben nachstehend die Dichte von Kriegs-
Pulver (nach Wille):
Geschützpulver, 1,652
Grobkörniges Pulver nicht unter l,6ö7
Gewehrpnlver 1,655
Neues Gewehrpnlver nicht unter 1,750
Füllpulver für Shrapnels 1,750 — 1,760
P. R 68 1,665
n n 75 1,755
„ „ 82 1,86—1,87.
Bei S]>reugpulver beträgt das spez. Gewicht etwa 1,4.
f) Dm Rimmgeivkht (kubisches Gewicht, gravi-
metrische Dichte) gibt an, welches Gewicht Pulver -
körner mit Zwischenräumen eine bestimmte Mass-
einheit ausfüllt; man bestimmt (lasselbe, indem man
ein kupfernes, 1 1 enthaltendes Gefäsa (Gravimeter)
voll Pulver schüttet, mit einem Holz das überschüssige
Pulver abstreicht und dann wägt. Absolut genau
kann man das kubische Gewicht nicht bestimmen,
denn es ist klar, dass die Zwigchenräume zwischen
den einzelnen Pulverkörnern verschieden gross sein
werden, |o nachdem die Körner eckig oder rund,
kleiner oder grösser, von mehr oder weniger glatter
Oberfläche sind. Nach Wille beträgt
daa Gewicht einea Liters Ge3chützpui?er 925 gr
, ^ 15 n neues Geschützpnlver 940—950 gr
„ „ „ n grobkörniges Palver 970 gr
„ Prismas RP. 68 3^1 gr
l l l Kdstens priam, Pulvers P- P. G8 49,S*— 50,5 kg
— 65 —
Fi^. 17.
Quecksilberwage fUr Pulver-Prismen (Hahn-Bode).
2. Die chenmchen Eigmuchaßen,
Es kommen hier in Betracht die ZusammensetÄUng
des Pulvers, wie solche durch die Analyse ermittelt
wird, die Feststellung der Entzündungstemperatur
und die Ermittlung der Verbrennungsprodukte des
Schwarzpulvers*
a) Analyse, Die Bestimmung des Fefichtigkeits-
gehaltes wurde bereits beschrieben.
&
PiiHPP"^.
— 66 -
Zur Sdpeter'Bestiminxmg werden 1 — 2 gr Schwarz-
pulver auf einem gewogenen Filter mit warmem Wasser
völlig ausgelaugt; das Filtrat wird in einer Platin-
schale verdampft und der Salpeter gewogen.
Das Filter mit dem Rückstand wird bei 80® ge-
trocknet und gewogen und ergibt den Gesamtgehalt
an Schwefel und Kohle; oder aus dem nassen Filter
wird der Alkohol durch Wasser verdrängt, dann wird
der Schwefel mit SchwefelkohlenstofE ausgewaschen,
mit Alkohol nachgespült, getrocknet und durch Wägen
die Kohle bestimmt; man kann auch den Schwefel
im Wasserstoffstjome überdestillieren und die zurück-
bleibende Kohle wägen.
Zur direkten Bestimmung des Schwefels wird eine
Mischung von 5 gr Schwarzpulver ,% 5 gr Kalium-
karbonat, 5 gr Kaliumsalpeter und 20 gr Chlor-
natrium in einem geräumigen Tiegel erhitzt, bis
die Masse weiss ist; in dem wässerigen Auszug
der Schmelze wird die Schwefelsäure als Baryum-
sulfat gefällt.
b) Entzündlichkeit Während bei den brisanten
Sprengstoffen die Explosionstemperatur höher liegt
als die Entzündungstemperatur, fallen bei dem Schwarz-
pulver diese beiden Temperaturen zusammen; das
Schwarzpulver gehört zu den direkt explodierbaren
Körpern.
Es ist eine sehr wertvolle Eigenschaft des Schwarz-
pulvers, dass die Entzündungstemperatur verhältnis-
mässig hoch liegt, so dass die Handhabung damit
bei den nötigen Vorsichtsmassregeln ziemlich gefahr-
los ist.
Violette hat die Entzündungstemperaturen ver-
schiedener Pulvergattungen untersucht, indem er kleine
Mengen auf die Oberfläche von geschmolzenem Zinn
warf, welches auf verschieden hohe Temperaturen
gebracht war; er erhielt folgende Entzündungstempera-
turen:
— 67 —
Gekörntes, eckiges
Pulver
Mehlpulver
Sprengpulver
270"
265"
Kriegspulver
276
266
Feines Jagdpulver
280
268
Extra feines Jagdpulver
320
270
Wird die Temperatur des Schwarzpulvers nur
allmählich über 100* erhöht, so taugt der Schwefel
an zu schmelzen und die Pulverkörner backen zu-
sammen ; dann beginnt die Verflüchtigung des Schwefels
und bei sehr vorsichtigem Erhitzen kann aller Schwefel
auö dem Pulver verjagt werden, olme dass eine Ver-
puffung eiutritt. Glühende und ghmmende Körper
und Funken entzünden das Pulver leichter als eine
Flamme, weil erstere eine stärkere Temperaturerhöh-
ung an einer Stelle hervorbringen als letztere. Hält
man eine Lenchtgasflamme dicht über eine kleine
Probe Schwarzpulvetj so vergehen erst einige Sekun-
den, bis das Pulver sich entzündet, w^eil letzteres
«rst auf die Entzündungstemperatur sich er-
wärmen muss. Schwamm entzündet das Pulver erst
nach dem Verglimmen zu Kohle, Schiesabaum-
wolle kann ruhig über Schwarzpulver abgebrannt
werden, ohne dass letzteres sich entzündet; denn die
Verbrennung der Schiesswolle erfolgt zu plötzlich
und ist zu rasch vorüber, als dasa das darunter hegende
Schiesspulver Zeit hätte, sich bis zu seiner Entzün-
dungstemperatur zu erwärmen. Schlage Stoss und
Reibung bewirken die Entzündung des Schwarz-
pulvers, am leichtesten der Schlag von Eisen auf
Eisen, von Eisen auf Messing und von Messing
auf Messing. Im Jahre 1838 wurde zum erstenmale
•der Schliössungsdraht des galvanischen Stromes zur
Entzündung des Pulvers angewandt; mit Vorteil ver-
wendet man den Rhumkorff sehen Induktionsapparat
dann, wenn es sich um eine gleichzeitige Explosion
verschiedener Minen handelt
— 68 —
c) Die Verhrmntingsprodi(kte des Schtvarzpitlvers.
Bei der Verbrennung des Schwarxpulvers bilden sich
aus den drei Bestandteilen desselben gasförmige und
feste VerbrennuDgaprodukte ; erstere bilden die Pulver-
gase, letztere den Pulverrauch und den Pulverrückstand,
Bis in die Mitte der 50 er Jahre wurde in den Lehrbüchern
die Verbrennung des Schiesspulvers durch die Gleichiuig
ausgedrückt, obwohl man wusste, dass Schwefelkalium,
Stickstoff und Kohlensäure keineswegs die alleinigen
Verbrennungsprodukte waren. Im Jahre 1857 unter-
zogen Bunseu und Schischkoff zum erstenmale die
Verbrennung des Schiesspulvers einer vollständigen
genauen Analyse; es wurde dabei insbesondere die
Bildung von Kahumsulfat und Kaliumkarbonat kon-
statiert. Diese Arbeiten wurden fortgesetzt von Linck,
Kärolyi, Vignotti, Craig, Fedorow, Poleck u. a.
Noble und Abel haben 1874 und 1880 eingehende
Untersuchungen über den Einfluss des Druckes auf
die Zersetzung des Pulvers veröffentlicht. Zuletzt
und in sehr gründliclier, abschhessender Weise ist die
Theorie der Schwarzpulver -Zersetzung von Debus,
einem Schüler Bunsens, studiert worden.
Nach Debus besteht die Pulver-Verbrennung aus
zwei verschied eneuj nacheinander verlaufenden Pro-
zessen, einem OxydaÜcns-Vroz^BB^ der nur einen Bruch-
teil einer Sekunde dauert und zur Entstehung von
Kaliumsulfat, Kahumkarbonat, Stickstoff und viel-
leicht von einem Teil des Kohlenoxyds Veranlassung
gibt und einem i?erf?iMoti5-Prozess von erheblich
längerer Dauer, während dessen unverändert geblie-
bener Kohlenstoff reduzierend auf das im ersten
Stadium gebildeto Kaliumsulfat und ?.ugleich freier
Schwefel zersetzend auf das Kaliumkarbonat einwirkt^
wobei sich Zweüach-Schwefelkahum bildet.
Debus stellt für den Oxyd ations- Pro zess folgende
Gleichungen auf:
_L ._3
I
— 69 —
lOKNO,-^SC+3S=2KiCOB-\-BK^SOz-\-6C(h-\-bNt
-\-CO-\-SNt.
Für die HeduktionsA^orgänge gibt Debus die
Gleichungen :
4K2SO*-\-lC=2K2CO^-\-2K^S^-\-bC(h
4 K^ CfM + 7 S^ K, SOi + 3^-2 & +4 CO2.
Schwarzpulver gibt beim Verbrennen etwa 43 ^/^
Gase und 57 ^/q feste Produkte.
Debus gibt ferner an, dass eine Mischung von
16 Salpeter, 8 Kohle und 8 Schwefel die grösste
Wärme- und kleinste Gasmenge liefert^ während eine
Mischung von 16 T. Salpeter, 24 Kohle und 16 Schwefel
die grösste Gas- und kleinste Wärmemenge liefert;
erstere Mischung gibt die kleinste, letztere die grösste
Leistimgsfähigkeit der Arbeit, Auf Grund dieser Er-
wägungen lässt sich tlieoretiseh die Zusammensetzung
einer Pulvermischung angeben, welche bestimmten
Anforderungen genügen solL Wollte man ein Pvdver
herstellen j das bei muglichst kleinem Kohlenstoff-
und Schwefelgehalte mit nahezu der grössten Leistungs-
fähigkeit ausgerüstet ist, so würde man die Mischung
wählen: 10 Salpeter, 22 Kohle und 8 SehwefeL Die
Müitärpulver der meisten Staaten enthalten lö Sal-
peter, 21,2 Kohle und 6,6 Schwefel, welche Zusammen-
setzung also nach der Theorie ncdiezu der grössten
Leistungsfähigkeit entspricht,
c) Die Yerbrenmmgsgesdiwindigkeit Dieselbe steht
genau im umgekehrten Verhältnis zum spezifischen
Gewicht; deshalb brennt abgerundetes Pulver, weil
es dichter ist, langsamer ab als nicht abgerundetes.
Feuchtes Pulver verbrennt langsamer als trockenes,
gekörntes rascher als ungekörntes, rimdes langsamer
als eckiges. Je grösser die Pulverladung und der zu
überwindende Widerstand, desto grösser ist auch die
Verbrennungsgeschwindigkeit des Pulvers*
d) Die Verhrminungmvärme. Bunsen berechnete für
die Verbrennung von Jagdpulver iu freier Luft eine
— 70 —
Temperatur von 2993® C und für die Verbrennung
desselben Pulvers im geschlossenen Raum eine Tem-
peratur von 3340® C.
Während wir keine geeigneten Apparate haben^
um die im Augenblick der Explosion des Pulver»
stattfindende Temperatur genau zu messen, können
wir die beim Verbrennen einer bestimmten Pulver-
menge entwickelten Wärmequantitäten vermittelst de»
Calorimeters genau bestimmen ; das Calorimeter ist ein
mit Wasser gefülltes kupfernes Gefäss (eine sog. Bombe);
aus der Temperaturerhöhung des Wassers lässt sich
die entwickelte Wärmemenge berechnen ; dieselbe be-
trägt 750 Calorien für 1 kg Pulver.
e) Schädlichkeit der Pulvergase, Die Pulvergase,
welche wir als variable Gemenge verschiedener Gas-
arten, Dämpfe und in feiner Verteilung vorhandener
fester Substanz kennen lernten, können, in ge-
schlossenen Räumen eingeathmet, wie z. B. in Berg-
werken, Krankheitserscheinungen hervorrufen, zu
deren Erzeugung das in den Pulvergasen vorhandene
Kohlenoxyd das meiste beiträgt. Nach jeder Sprengung
ist daher stets, insofern der vorhandene Luftzug nicht
kräftig genug ist, für entsprechende Ventilation der
Minen zu sorgen.
3. Die Gasspannung, Trieb- und Sprengkraß des Pulvers.
a) Oasspannung, Wenn wir 5 gr Pulver ver-
brennen, die gebildeten Pulvergase auffangen imd
nach dem Erkalten messen, so finden wir, dass sich
ungefähr ein Liter Gase gebildet hat; da aber alle
Gase sich beim Erwärmen ausdehnen, und zwar bei
Temj ^ßraturs teiger ung um 1*^, um V^^a ihres Volumens,
so ist das Volumen bei einer Verbrennungstemperatur
von 3—4000*^ natürlich ein enorm grösseres. Bei
4000** würden wir aus 5 gr Pulver die gewaltig© Menge
von 15^/2 Liter Gas im Moment der Explosion des
Pulvers erhalten.
— 71 —
h) Bestimmung der Triebkraft durch die Mörserprobe^
Die Mörserprobe ist seit 1683 bekannt; in einem
bronzenen Stahlmörser wird ein Stahlgeschoss von
bestimmtem Gewicht durch eine bestimmte Ladung
Pulver unter einem Elevationswinkel von 45® hinaus-
geschleudert und die "Wurfweite gemessen. Diese
betrug für
Gewehrpulver 285.76 — 293.28 mm,
für altes Geschützpulver 278.24 — 285.76 „
c) Die Fltiggeschtvindigkeit des Geschosses in einem
bestiromten Abstand von der Rohrmündung wird mit
dem von dem belgischen Hauptmann Le Bouleng^
erfundenen Flugzeitenmesser (Chronograph) ermittelt
und daraus durch Rechnung die Mündungsgeschwin-
digkeit des Geschosses bestimmt. Als Vergleichs-
Massstab dient die Leistung eines den Anforderungen
entsprechenden Pulvers derselben Gattung (sogen.
Normal- oder Vergleichs-Pulver). Der Apparat von
Le Boulengd ist bereits früher beschrieben worden,
ein neuerer und in mancher Hinsicht verbesserter
Flugzeitenmesser ist von Bashforth konstruiert worden ;
ferner haben Crehore und Squier einen Polarisations-
Phonochronographen erfunden; die mit letzterem ge-
wonnenen Ergebnisse sind insofern bemerkenswert,
als sie darauf hindeuten, dass das Geschoss seine
grösste Geschwindigkeit nicht wie bisher angenommen
wurde, an der Mündung, sondern erst mehrere Meter
vor dieser (ausserhalb der Waffe) erreicht. Zur Mes-
sung der Geschwindigkeit von Gewehr-Geschossen
nach Le Boulenge wird quer vor der Mündung der
Waffe mittelst Klemmvorrichtung ein dünner, ver-
silberter Kupferdraht angebracht, den das Geschoss
beim Schuss zerreisst, wodurch der eine Stromkreis
imterbrochen wird. In bestimmter Entfernung von
der Mündung (in der Regel 50 Meter) ist eine Stahl-
platte (Scheibe) aufgehängt, die sich im Ruhzustande
gegen zwei Kontakte lehnt und so den andern Strom-
— 72 —
kreis scliliesst; das gegen die Scheibe schlagende
Geschüss hebt sie von den Kontakten ab und unter-
bricht somit den zweiten Stromkreis. — Bei einem
vom Obf^rleutnant v. BurgsdorfE konstruierten Strom-
unterbrecher wird durch die LufterschüUerung berni
Schuss ein Kontakt kurz aufgehoben ; doch verursacht
Schwarz]>ulver eine rasche Verschmutzung des Kon-
taktes und ist die Vorrichtung daher nur beim Schiessen
mit rauchschwachem Pulver gut anwendbar.
Prof. Dr. "WolfE hat für Geschütze Lußstossameiger
konstruiert; der Druck der Luftwelle, die das Geschoss
begleitet, lost den Kontakt und unterbricht den Strom,
während nach dem Schuss die Federkraft den Kontakt
wieder herstellt und den Strom schliesst. — Die Luft-
stossanzeiger sind nur benutzbar, wenn die Geschoss-
geschwindigkeit grösser als die Geschwindigkeit des
Schalles ist, also rund mindestens 350 m beträgt, weil
andernfalls schon die Schallwellen den Kontakt lösen.
Nebenstehende Zusammenstellung von Rziha gibt
einen Ueberblick über die mit den verschiedensten
Ladungen und Geschossen erzielten Geschossgeschwin-
digkeiten, sowie die nützliche Arbeitsleistung eines
Kilogrammes Schiesspulver.
Die Grösse der nützlichen Arbeit zeigt trotz der
Verschiedenheit der Pulversorten und der Verhält-
nisse zwischen Rohrlänge, Rohrdurchmesser, Ladung
und Geschoss eine grosse Gleichförmigkeit. Setzt
man nach Roux und Sarrau die theoretische Arbeits-
leistuDg von 1 kg Schwarzpulver zu 319982 Kilogramm-
Meter, so berechnet sich für den Prozess des Schiessens
aus Gewehren und Geschützen ein Nutzeffekt von
1« o; u V u 43788X100
mu%, nämhch 3^ggg^
d) Die Bestimmung des Gasdruckes erfolgt direkt
dur^h Noble's Quetsch-Apparat (Crusher) oder Rod-
manns Sehnittapparat ; der Gasdruck kann auch in-
direkt gemessen werden, indem man mittelst des
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— 74 —
Rücklaufmessers die Rücklaufgeschwindigkeit des Ge-
schützrohres in jedem Zeitteilchen bestimmt; aus
dieser lässt sich dann wieder die Beschleunigung des
Rücklaufes, sowie — als vielfaches — die Geschwindig-
keit und Beschleunigung des Geschosses und endlich
die Grösse des diese Arbeit im Rohr verrichtenden
Gasdruckes bestimmen.
e) Die Brisanz oder Kraft des Schwarzpulvers zu
Sprengzwecken (Sprengkraft) ist ein Produkt aus der
Menge der entstandenen Gase, der hiebei entwickelten
Fig. 18. Guttmann's Brisanzmesser für Pulver.
Wärme und — im umgekehrten Verhältnis — der
Zeit, innerhalb welcher die Vergasung erfolgt. Die
Sprengkraft des Schwarzpulvers ermittelt man ge-
wöhnlich mit dem Guttmann'schen Kraftmesser.
Bei diesem Apparat bringt man 20 gr Pulver
zwischen zwei Bleizylinder und lässt sie im vollständig
geschlossenen Raum explodieren; hiebei werden die
Bleizylinder mehr oder weniger in konische Hohl-
räume eingedrückt; die Höhe der zwei Bleikonusse
_i
— 75 —
wird mittelst einer Schubleere gemessen und dieses
Maass dauu mit den Ergebnissen eines Normal-Spreng-
stoffes vergliclien.
In der österreichischen und in anderen Armeen
ist es vorgeschrieben, dass Sprengmittel -rjadungen
gegen einen Balken aus weichem Hokfi geprüft wer-
den. Derselbe winl gewöhnlieh so gewähU^ dass die
Normalladung des Normal Sprengstoffes ihn geradf
durchschlägt, vvodnrcli es möghch wird, eine grössere
oder geringere Kralft des Sprengstoffes /u beobachten;
solche Balken werden in einiger Höhe über dem Erd-
boden freitragend angeordnet.
Fig. 19. Trauer sehe Bleiprübe.
Zur IVüfung hrmnter Sprengstoffe benützt man
gewöhnlich die Trauzlsche Bleiprobe, die darin be-
steht, dass man eine bestimmte Menge (15. 20 oder
30 gr} Sprengstoff in der Bohrung eines Bleizylinders
von bestimmten Dimensionen zur Ex]>losion bringL
Es entstellt hiebei eine flasehenförmige. mehr
oder minder ausgebauchte Höhlung, deren A^olumen
durch Eingiessen von Wasser aus einem graduierten
Gefäss gemessen wird; die erhaltenen Volumina sind
der Sprengkraft der untersuchten Sprengstoffe [pro-
portional. Für Schwarzpulver lässt sich dieser Kraft-
messer nicht anwenden, weil bei der verhältnissmässig
-- 76 —
langsamen Detonation dieses Sprengstoffes zu viel
Gase durch den von der Zündschnur gebildeten Kanal
entweichen.
Wir wenden uns nun zur Betrachtung der schwarz-
pulverähnlichen explosiven Mischungen und zwar I.
solcher, welche die Bestandteile des Schwarzpulvers
in abgeänderten Gewichtsverhältnissen enthalten; es
handelt sich hiebei hauptsächlich um Schwarzpulver
mit verringertem Schwefel-Oehalt*)
Je mehr Schwefel sich in dem Schwarzpulver be-
findet, umso zäher ist der Pulverrauch; die Gründe
dieser Erscheinung dürften wenigstens zum Teil in
der bekannten Eigenschaft des freien Schwefels, beim
Reiben stark elektrisch zu werden, zu suchen sein;
ein durch Reibung elektrisch gemachtes Stück Schwefel
zieht die Teilchen eines nur aus Salpeter und Kohle
bestehenden Mehlpulvers an und hält sie auch bei
Temperaturwechsel fest; einem gleichen Verhalten der
im gewöhnlichen Schwarzpulver vorhandenen, zwar
nur sehr kleinen, aber unter dem Mikroskop deutlich
zu beobachtenden Schwefelteilchen wird meistens die
Eigenschaft zugeschrieben, eine leichte und dauer-
hafte Körnung des gewöhnlichen Pulvers zu befördern,
während ein nur aus Salpeter und Kohle hergestelltes
und gekörntes Pulver bald zerstäubt. — In dem
Pulverrauch ist nun noch freier Schwefel vorhanden;
Noble und Abel fanden bei einem an sich nicht
schwefelreichem Pulver, das sie bei einem in Geschützen
oft gemessenen Druck explodieren liessen, einen Gehalt
von bis zu 10 ^/o der festen Explosions-Produkte an
freiem Schwefel, eine Menge, die wohl zweifellos im
Stande ist, <lyreli nlt^ktriyche Anziehung auf die an-
deren Raucliteilcliejj eine zusammenhaltende Wirkung
ausKuiiben. Eine solche Kiisaniinenlialtt^nde Wirkung
ist aucli au durch iuexployive Verlirennmig öchwefel-
*) Ys:\. i^. J. vfiii Ramorki; [)ie rsuii^bsdiwÄcheji PiilvtT.
Hamiüver 189i>,
— 77 —
haltiger Stoffe erzeugtem Rauch leicht zu beobachten ,;
in neuerer Zeit macht sie sich z. B. auch beim Rauch
schwefelhaltiger Steinkohlen für die Kriegskunst un-
angenehm bemerkbar, da solcher Rauch besonders
Torpedobooten zum gefährlichen Verräter werden
kann. Jedenfalls war es längst ein Wunsch, den beim
Schiessen entstehenden Pulverrauch möglichst dünn
und wenig zähe zu erhalten. Es fehlte daher schon
früher nicht an Rezepten für Pulver mit geringerem
Schwefelgehalt, doch machte man sich nicht an eine
systematische Erprobung derselben ; der Grund hiefür
ist wohl in der vorgefassten Meinung zu suchen, dass
man eher noch die Kohle als den Schwefel für die
Kraftentwicklung des Schiesspulvers entbehren könne.-
Das Mittelalter hatte im Geist der aristotelischen
Naturanschauung den Lehrsatz aufgestellt, der Gegen-
satz zwischen dem „kalten" Salpeter und dem „heissen"
Schwefel, die nur widerwillig vereint blieben und sich
gern gewaltsam von einander trennten, bewirke die-
Explosion des Schiesspulvers; diese Theorie erhielt
sich allen Anfechtungen gegenüber, bis sich Stahl's
namentlich in seinem 1731 in Berlin erschienenen
Werke: „Experimenta et observationes chemicae**
niedergelegte Lehre, dass die Verbrennung ein Frei-
werden von „Phlogiston" („Feuerstoff") sei, allgemeinen
Eingang verschaffte. Diese Theorie musste eine Ver-
minderung des Schwefels im Pulver zu Gunsten der
Kohle oder selbst seine vöUige Beseitigung aussichts-
voll erscheinen lassen, denn nach Stahl war die Kohle
viel reicher an Phlogiston als der Schwefel. Im
Jahre 1756 fanden in Frankreich auf Veranlassung
Le Blond' s die ersten systematischen Versuche mit
Pulvern ohne oder mit sehr wenig Schwefel in der
Staats-Pulverfabrik in Essonne statt; besonders über-
raschend muss für die bei den Versuchen in Essonne
Anwesenden die Thatsache gewesen sein, dass das
ganz schwefellose Pulver in einem Falle sogar mehr
leistete als das schwefelhaltige; es ist dies durchaus^
— 78 —
tegröiflich j wenn man eine Berechnung nach der
modernen Thermochemie und den Lehrsatz der
Tnechanischen Wärmetheorie , dass gleiche Mengen
Wärme gleiche Mengen Arbeit zu leisten im Staude
^ind, auf sie anwendet. Die Wärmeentwicklung des
gewöhnhchen Hchwarzpulvers ist durch die sorgfältig-
jaten Versuclie auf im Durclischnitt 750 Calorien aus
dem Kilogramm festgestellt; eine Mischung von
87.1 **/ü Salpeter und 12.9 **/o Kohle {wie solches zur
vollständigen Verbrennung der Kohle zu Kohlensäure
nötig wäre) würde 786 C'alorien aus dem Kilogramm
ergeben; die Menge des festen Rückstandes (Pulver-
rauch) würde hiebei allerdings erheblich grösser sein
^Is beim gewöhnlichen Pulver, aber das Fehleu des
Schwefels würde den Rauch gewiss weit weniger lästig
machen.
Auch in anderen Staaten wurden, wie in Frank-
reich , vielfache Versuche mit schwefelloeen oder
-schwefelarmen Pulvern bis in die ersten Jahrzehute
des vorigen Jahrhunderts unternommen; das End-
urteil lautete aber überall gleich ungünstig; „die
-schwefellosen oder schwetelarraen Pulver Hessen sich
,schwer körnen und verlören, namentlich beim Trans-
port, leicht die Körnerform, so dass durch den Fort-
fall der feuerleitenden Kanäle in den Ladungen die
Verbrennung zu langsam werde; setze mau zur
Festigung der Körner Gummi, Hausenblase oder
Aehnliches hinzu, so verlangsame wieder die schw^erere
Brennbarkeit dieser Klebstoffe und die Verstopfung
■der Poren in den Pulverkörnern die Explosion; die
versuchten Pulver verbrannten aber auch stets etwas
zu langsam und wie sich die einzelnen Teile der
Ladungen gegenseitig schwer entzündeten, so ver-
mehre auch ihre schwere Entzündlichkeit auf den
^ün dp f armen der Feuerwaffen die Zahl der Versager. "^
Was die Verbrennungsgeschwindigkeit desSchwarz-
pnlvers betriift, so ist dieselbe, wenigstens beim Ver-
l>rennen an freier Luft, nach den Untersuchungen
j
— 79 —
Ton Proust, am grössten, wenn ungefähr ^/e des
Salpetergewichts an Schwefel hinzugefügt wird. Es
entsteht die Frage, ob man annehmen darf, dass der-
jenige von zwei Explosivstoffen, welcher an freier
Luft langsamer oder schneller verbrennt als der andere,
auch beim Verbrennen in einer Feuerwaffe dasselbe
Verhalten zeigt. Die Einwirkungen, welche die zuerst
verbrannten Partien eines Quantums Explosivstoff auf
die übrigen ausüben, sind stets zweierlei Art : unmittel-
har thermische, indem die flammenden Gase der zuerst
verbrannten Explosivstoffteile im eigentlichen Sinne
des Wortes anzündend wirken und mechanisch thermische^
indem die zuerst entwickelten Gase die noch unver-
brannten Teile des Explosivstoffes zitsammenpressen,
dadurch erhitzen und zur Explosion hnngen; dass die
mechanischen Einwirkungen nicht unmittelbar, sondern
nur durch die erzeugte Wärm£ Explosionen veranlassen,
hat Berthelot nachgewiesen; während man früher
vielfach auf Grund von Versuchen mit sehr leicht
zersetzbaren Explosivstoffen, z. B. mit Jodstickstoff,
annahm, heftige Erschütterung der Stoffteilchen
könnten die chemische Reaktion unmittelbar einleiten,
zeigten Berthelot's Versuche, dass selbst eine bereits
eingeleitete Reaktion nicht beschleunigt wird, wenn
man den in der Zersetzung begriffenen Stoff auf einer
Stimmgabel oder in einer Glasröhre bis über 7000 Mal
in der Sekunde vibrieren lässt ; Jodstickstoff explodiert
allerdings schon bei 100 — 200 Vibrationen, jedoch
nur, weil die Erschütterung dann bald eine zu seiner
Zersetzung genügende Temperatur-Erhöhung hervor-
ruft. Bei der Explosion im geschlossenen Raum
werden also Teile des Explosivstoffes, welche von der
Zündflamme noch längst nicht erreicht sind, durch
die von mechanischen Einflüssen herrührende Er-
wärmung dann explodieren, wenn die Kraft der zuerst
entwickelten Gase und die Empflndlichkeit des Explosiv-
stoffs gross genug sind ; dies ist z. B. der Fall, wenn
Nitroglycerin in einem Raum, der ein freies Entweichen
— 80 —
der Verbrennungsgase nicht gestattet, aDgezundet wird;
es ist aber nicht der Fall beim Schwarzpulver, wi&
man sich leicht durch das Experiment überzeugen
kann und wie auch daraus hervorgeht, dass beim
Schiessen mit übermässigen Ladungen zu langsam
verbrennenden Schwarzpulvers aus Geschützen maa
oft das Hinausfliegen unverbrannter Pulverteile beo*
bachtet. Man wird also annehmen dürfen, dass Misch-
ungen von Salpeter mit Kohle oder Schwefel bezw,
mit beiden Stoffen nicM durch die in den Feuerwaffen
auftretenden Drucke teilweise zur Explosion gebrachte
werden, vielmehr hier sich die explosive Zersetzung
nur durch die Feuergaae fortpflanzt, also die von
Proust beobachteten Verbrennungsgeschwindigkeiten
auch für Explosion unter Druck gelten. Die Nach-
teile der schwereren Entzündlich keit und langsameren
Verbrennlichkeit, der schv^^ierigen Körnung etc. etc.
Messen also mit den schwefellosen oder schwefelarmea
Pulvern damals keine Erfolge für die Schiessteebnik
erzielen. Erst erheblich später, etwa vom amerika-
nischen Bürgerkrieg ab, führten tief eingreifende Ver-
änderungen der artilleristischen Bedürfnisse zur Auf-
gabe, ein möglichst langsam verbrennendes Pulver
herzustellen für Geschosse, denen eine sehr grosse
Durchschlagskraft erteilt werden soll. Wie schon aus-
einandergesetzt , entstanden dann in den Prismen-
Pulvern P, P. 68 und P. R 75 zunächst physikalische
Modifikationen des gew^öhnhchen Schwarzpulvers^
denen dann im Jahre 1882 das braune Pulver P. P, 82
folgte, das auch chemisch eine andere Zusammen-
setzung hat und dasj aus 78 Teilen Salpeter, 19 Teilen
einer schwachgebrannten braunen Kohle und 3 Teilen
Schwefel bestehend, demnach bei wesentlich ver-
ringertem Schwefelgehalt an balüstischer Wirksamkeit
und Rauchverringerung das Höchste leistet, was
sich mit dem Grundstoff des alten Bchwarxpulvers,
dem Salpeter, unter Zusatz brennbarer, aber an sich
nicht fexplosiver Stoffe, erreichen liess. Für schwere
- 81 —
Oeschütze wird das braune prismatische Pulver P. P. 82
heute noch angewandt; für leichte Geschütze und
für Gewehre verwendet man seit 1886 Nitrocellulose-
Pulver, die vollständig in gasförmige Produkte über-
gehen und daher rauchlos sind; von diesen wird
später die Rede sein. Das Bedürfnis nach solchen
Pulvern war, wie schon hier bemerkt werden soll,
aus zwei Gründen ein dringendes geworden: 1. je
mehr sich die Flugbahn des Geschosses dem freilich
unerreichbaren Ideal einer geraden Linie nähert, je
„rasanter" sie ist, desto weniger schädhch wirken
Fehler in der Entfernungsschätzung; zur Erzielung
^iner besseren Rasanz bemühte man. sich, den Ge-
schossen der Handfeuerwaffen grössere Geschwindig-
keiten mitzuteilen, was eine Vermehrung der Pulver-
ladung nötig machte; hiedurch ergaben sich aber zu
starke Rückstösse; man ging daher dazu über, die
Geschosse leichter zu machen (und zwar schlanker,
nicht kürzer, denn von zwei Geschossen mit gleichem
Gewicht dringt offenbar dasjenige leichter in die Luft
oder in jedes andere Medium ein, welches den ge-
ringsten Widerstand bietet); von 11 mm Kaliber ^ing
man daher allmählich bis zu 6^'^2 mm herunter; schon
bei 8 nam fing es an sich zu zeigen, dass das Schwarz-
pulver zu wenig Kraft in zu grossem Raum beherbergt,
während das Nitrocellulose-Pulver genügend stark ist.
2. Man führte die Repetier -Gewehre ein, bei welchen
ein schnelles Laden dem glücklichen Schützen die
Möglichkeit gibt, schnell einen zweiten Gegner kampf-
unfähig zu machen, dem unglücklichen aber, vielleicht
durch einen zweiten Schuss das beim ersten Versäumte
nachzuholen; solange freilich eine Rauchwolke die
Aussicht verdeckte, konnte der Schütze weder die
Wirkung des ersten Schusses beurteilen, noch ein
zweites Mal zielen; daher fing man Anfang der 80iger
Jahre des vorigen Jahrhunderts allgemein an einzu-
sehen, dass eine volle Ausnützung der Feuerschnellig-
keit von Repetiergewehren (und analog von Schnell-
jm^
.r.-a HJLBBL.*»JU. ^liJllllMllli - • mn ^^^M^^MjJMgggBB
— 82 —
feuergeschützen) ohne Anwendung von schwach
rauchenden Schiesspulvern nicht zu erreichen sei und
auch die schon erwähnte Thatsache, dass die eng-
hschen Geschütze im Jahre 1882 vor Alexandria des^
Rauches wegen gezwungen waren, weit langsamer zu
schiessen, als es ihnen sonst möglich gewesen wäre,
trug viel dazu bei, den Wunsch nach einem rauch-
losen Schiessmittel zu einem immer dringenderen zu
gestalten. Für die schwersten Geschütze ist aber,,
wie schon erwähnt, auch heute noch das braune
Salpeterpulver mit geringem Schwefelgehalt in Ge-
brauch»
Für Sprengzwecke hat im Jahre 1866 Neumeyer in
Taucha bei Leipzig ein Schwarzpulver mit weniger
Schwefel hergestellt (75 Salpeter, 18^/4 Kohle,
6V4 Schwefel); dieses Pulver war schwerer entzündlich,
gefahrloser, gab weniger Rückstand und Pulverrauch ;.
in verschlossenem Räume dagegen explodierte es mit
derselben, ja mit höherer Wirkung als das gewöhnliche
Pulver; das Neumeyer'sche Pulver rechtfertigte die
daran geknüpften Erwartungen nicht und wurde bald
allseits verworfen, da es zu schwer entzündlich und
zu langsam brennend wäre.
Interessant ist es, dass Salpeterpulver von der
Art des braunen Geschützpulvers, aus 78 Teilen Sal-
peter, 19 Teilen Rohkohle und 3 Teilen Schwefel be-
stehend, auch als Sicherheits-Sprengstoff verwendet wird,
da diese Mischung im Gegensatz zum gewöhnlichen.
Schwarzpulver schlagende Wetter nicht oder wenigstens
nicht so leicht entzündet, besonders wenn man noch
Zusätze gewisser Salze macht, von denen später die
Rede sein wird.
II. betrachten wir Schwarzpulver ähnliche explo-
sive Mischungen, in denen die einzelnen Bestand-
teile ganz oder teilweise durch ähnliche Stoffe ersetzt
sind.
1. Pulver, in denen statt Kalisalpeter andere sauer-
stoffreiche Salze vorhanden sind.
— H8 —
a) Mischungen mit Natf(mmlj)eff^\
Der Natronsalpeter, wie solcher aus dem in Chile
gewonnenen Koh[iro(Uikt durch Raffination erhalten
wird, bositKt gegeniihf^r dem Kalisalpeter zwei Vor-
züge; er ist an sk'li billiger und hat anssertlem in
derselben Gewic'ljtsmenge mehr wirksame Kraft, d, h.
mehr Hauerstoff, da Natrium (mit 2i)] ein geringeres
Atomgewicht hat als Kahum {l^9): Natroasali^oter
(Na NOa) enthalt Ö6,. ''o Sanerstuff. Kalisalf.eter (K NO.)
nur 47j&"A'. ^ Natronsalpeter liat alier den grossen
Nachteil, dass er Feuchtigkeit aus der Luft auKieht;
da wo es auf HilHgkeit ankommt, ferner bei Spreng-
uugeji in verliitltnitf massig weiclien Materiahen, wie
Steinsalz mid Minettn, werden jedoch Natronsalpeter-
Hju^engstoffe viel angewandt; der sogenannte „Spreng-
salpeter** besteht üus *>5"'* Natronsalpeter, 4**« Kali-
salf>eter, 12'*:^^ Seliwefel, 19'*" Holzkohlen- oder ßraun-
kohlenpulver; tthnlich ist der „Lithotrit" zusammen-
gesetzt, der durch einen Zusatz von Mangatisnperoxyd
charakterisiert isi ; auch geringe Bruehteile von Chro-
ninten, besonders von Kaliumbicliromat werden als
Zusätze angewandt.
Bei Natronsalpeter-Sprengstoffen erweist sich das
Pressen mit gesclunolzenem ßindeniittel als vorteil-
haft; Sprengpnlver nnt Natronsalpeter lassen sieh
gefahrlos bis zum Schmelzpunkt des Schwefels erhitzen
und geben dann beim Fressen ein Produkt, das
weniger gegen Feuchtigkeit empfindlich ist.
In den Vereinigten Staaten scheint man für Sal-
peter-Sprengpulver durchaus Natronsalpeter zu ver-
wenden; nach dem hetzten Zen^ushericht (1902) be-
schäftigten sicli d{>rtselhst mit. der Herstellung von
SalpeterSprengpulvcru 37 Etablissements in V6 Staaten»
davon 19 Etablissements allein in l^enns^dvanien, dessen
Bergbau sehr intensiv i^t; diese Werke stellten aus
38 (KM) Tomion t Chilesalpeter,
746000 Busliels Holzkohle,
ö 100 Tonnen Schwefel
^!«««^
— 84 -
97 744237 Pfund Sprengpulver im Wert von 3 880 910
Dollars lier; das Sprengpulver hatte iolgeiide Zu-
samniensetzuDg :
Natronsalpetür 67,ä bis 77, i ^/", im Durchschnitt 74%
Kühle 22,9 „ H,;.%, „ ^ 16%
Schwefel 9,* „ 14,a"/s „ „ 10 >,
b) Mischimg^i mit Barytsalpefer,
Baryumnitrat kann aus dem in der Natur vor-
kommenden Baryumcarbonat (Witherit) mittelst Sal-
petersäure, oder aus Chlor bar y um mittelst Chilesal-
peter hergestellt werden und ist von R, J. Wagner,
später von dem belgischen Kapitän Wynanta als
Ersatz für Kalisalpeter vorgeschlagen worden; (SSaxi-
fragin-, Lithofracteur- oder Newton -Pulver); Baryt-
sal{}eter macht das Pulver ym teuer und zu schwer
entKÜndlich*
c) Mischungen mit Ammönialzsalpeter,
Dieses SSalz wird aus <lem bei der Kohlendeatil-
latioii (fiir Leuchtgas- und Kokereia wecke) erhaltenen
Ammoniak -Wasser und Salj^etersäure erhalten. —
Schon Glaobor machte 16H7 darauf aufmerksam, dass
der Ammoniaksalpeter^ für sich allein in einem Tiegel
erhitzt, im Gegensatz zum „gemeinen" Salpeter in
Flannneu aufgehe und keinen Rückstand liinterlasse ;
thataächUch besteht dieses Sah ja aus lauter gas-
förmigen Elementen und i^cheint daher zu Explosiv-
zwecken besonders geeignet. Ammoniumnitrat zersetzt
sich übrigens beim Erhitzen auf höhere Temperatur
nicht wie Kali- oder Natronsalpeter, sondern er zer-
lallt der HauptsachG nach in Wasser und Stickoxydul.
(NH4 ^ NOa = 2 Hj + N- 0). — Störend sind vur
allen Dingen die stark hygroskopischen Eigenschaften
dieses Salzes; hauptsäcljlicli aus diesem Grunde er-
gaben auch die \vährend der iVanzoh^i sehen Revolution
auf Veranlassung der französischen Pulverfabrikations-
Kommissare Bottee und Riffault durch Robin in
i
— 85 —
Essonne angestellten Versuche, im gewöhnlichen
Schiesspulver (0.750 Salpeter, 0.125 Schwefel und
0.125 Kohle) statt Kahsalpeter Ammoniaksalpeter an-
zuwenden, ein negatives Resultat; selbst wenn es ge-
glückt wäre, das so gewonnene Pulver bis zur Ver-
arbeitung zur Munition trocken zu halten, so wäre es
in den damals üblichen Kartusch-Säcken für die Ge-
schütze und in den papierenen Gewehrpatronen bald zer-
flossen ; nach Einführung der metallenen Patronenhülsen
wurden die Versuche insbesondere von Hebler in Zürich
in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts er-
neuert; er ersetzte einen Teil des Kalisalpeters im
gewöhnlichen Schwarzpulver durch Ammoniaksalpeter^
indem er gleichzeitig das Pulver komprimierte und
mit Zündkanälen versah; die Rauchentwicklung war
natürlich geringer, allein die Verbrennung war eine
unvollständige und die hygroskopischen Eigenschaften
immer noch für Schiesszwecke zu störend.
Das schwefelfreie, sonst dem Hebler 'sehen Pulver
ähnlich zusammengesetzte Ämid-Fu\\er werden wir
später noch zu erwähnen haben. —
Viel günstigere Resultate erzielte man mit dem
Ammonnitrat für Spreng zwecke] allerdings ist es nicht
möglich, ein Gemenge von Ammonsalpeter, Schwefel
und Kohle ohne explosive Zersetzung bis zum Schmelz-
punkt des Schwefels zu erhitzen und dann mit dem
geschmolzenen Bindemittel zu pressen, ein Verfahren,
das wir beim Natronsalpeter zum Schutze gegen
Feuchtwerden kennen gelernt haben ; wenn man jedoch
als Bindemittel Substanzen verwendet, die niedriger
schmelzen als Schwefel, so kann man den gewünschten
Erfolg erzielen und werden wir auf diese schwefel-
freien Mischungen mit Ammoniaksalpeter als Basis
noch zurückzukommen haben. —
d) Mischlingen mit Kaliumchlorat,
Während im Natron-, Baryt- und Ammoniaksal-
peter Salze vorliegen, welche sich, wie der Kalisal-
— ^6 —
peter, von der Salpetersäure HNOs ableiten, haben
wir im Kaliumchlorat das Kaliumsalz einer anderen
Säure, der Chlorsäure HCIOs, welche der Salpeter-
säure analog zusammengesetzt ist; nur ist hier an
Stelle von Stickstoff (N) das Element Chlor (Cl) ge-
treten. Das chlorsaure Kali, KCl Ob, wurde von dem
französischen Chemiker BerthoUet im Jahre 1786 ent-
deckt; im Kleinen kann man dieses Salz durch Ein-
leiten von Chlor in heisse Kalilauge (1:3) erhalten,
nach der Gleichung
6KOH-\-J^Cl2 = KClOs + bKa + ';^H20;
technisch gewinnt man es nach demselben Prinzip
durch Elektrolyse heisser Chlorkalium-Lösungen, wo-
bei man das an der Anode abgeschiedene Chlor mit
dem an der Kathode abgeschiedenen Aetzkali direkt
in Reaktion bringt. — Kaliumchlorat enthält 39,i7^/o
Sauerstoff, es bildet weisse, perlmutterglänzende Kry-
stallblättchen , besitzt einen kühlenden, salpeterähn-
lichen Geschmack und schmilzt bei gelinder Hitze
ohne Zersetzung; bei 352® beginnt das dünnflüssige,
geschmolzene Salz zu schäumen und sich nach der
Gleichung 2KClOs = KCIO4. + KCl + O2 zu zer-
setzen;, bei höherer Temperatur entweicht dann sämt-
licher Sauerstoff, wobei Chlorkalium zurückbleibt. —
Chlorsaures Kali ist ein noch kräftigeres Oxydations-
mittel als salpetersaures Kali ; Mischungen von Kalium-
chlorat mit Schwefel, Kohle oder Kohlenstoff Verbin-
dungen detonieren beim Erhitzen; es wurde daher
gleich von BerthoUet vorgeschlagen, im Schwarzpulver
den Kalisalpeter durch das Kaliumchlorat zu ersetzen ;
die französische Regierung Hess denn auch schon im
Jahre 1788 in einem ihrer Staatsbetriebe ein Pulver
herstellen, das an Stelle des Salpeters chlorsaures
Kali enthielt; vormittags begann die Fabrikation und
nachmittags waren bereits einige Arbeiter und eine
zufällig zuschauende Dame tot, indem sie bei der un-
beabsichtigten Explosion des Gemisches ums Leben
kamen. Ohne einen günstigen Zufall wären der Kata-
— 87 —
stropbe auch Berti loUot unr] Lavoiijii^r zum Opfer ge-
fallen. Die Kaliuinrhloratf^eiiiische sind zu sensibel
und beBonders gej^en Schlag, Stoss and Reibung zu
einpfimlUch; zu einem brautdibaren Sprengmittel ge-
hört aber nidit nur eiiie starke ExplcmiousfilhigkeiK
sondern aucli eine Verl lältni «massige Gefahrlosigkeit
beim Horstellen, Aufbewahren und beim Transport. —
Im Jahre 1H4*^ als die l^nhille, wfdehe Berthollet und
andere betroflfen hatten, wieder vergessen waren, be-
gannen die N'ersuche zur Herstellung sog, „muriati-
scher ** Pulver von neuem , besonders für Spreng-
zwecke, da das Kaliumchlorat woniger für eine uaeli/
htiltige, treibende, als für eine brisante Wirkung sieb
eignet; ausserdem greifen dieChlonitpulverdie eisernen
Läufe der Feuerwaffen stark au. — Sprengpulver mit
Kaliumchlorat wurden in versphiedenen Mischungs-
Terhältnissen vorges(düagen von Kellow & Sliort^ Oller
(Pudrolith), Himly. Micbalowsky, Hafenegger, Augendre,
Polil, Ehrliardt, Kralft, Gaens, Callou, Hahn, Spence
und anderen; abgesehen von den verschiedenen, schon
erwähnten Missständen war das clilorsaure Kali aber
auch recht teuer und erst die biUigere Herstellung
des Salzes auf elektrolytiseliem Wege, w^elclie in der
neuesten Zeit durelige führt wird, bat das Interesse
wieder auf die Chlorat-Pulver gelenkt* Man bemübte
sich dabei vor allem, durch Zusätze die Empfindlich-
keit zu verringern. A. von Stubenrauch (D.R.P, 95278}
schlägt vor, Kohle nach dem Ausglühen mögliehst
heiss mit entschwefeltem und neutralisiertem Tlieer,
2*<aplita, Vaselin, Paraffin oder dergL zu behandeln,
zu trocknen uod zu pulvern und dann mit dem clilor-
sauren Kali zu vermengen ; er gibt folgendes Mischungs-
verhältnis
ca. 80 ^/o eblorsaures Kali,
ca. öVa — 7\/.**/o Theer,
ca, 12 — 14'> Kohle,
ea* ^/b^1^/o kohlensaure Magnesia
oder kohlensaurer Kalk,
— 88 —
Taver empfiehlt einen Sprengstoff, Promethee ge-
nanntj welcher aus einem Gemenge von Kalium clilorat
nnd Bernste^in einerseits und Petroleum oder Terpen-
tinöl andrerseits besteht nnd ftrst kur/5 vor dem Ge-
brauche fertig gestellt wird.
Besonders hat sich Street in Paris um die Einführ-
ung haltbarer Chlorat-S pr engpul v^r bemüht ; im D. R, P.
100522/23 wird vorgeBchlagen, das fein gepulverte Chlo-
rat (oder Perchlorat) zusammenzukneten mit der Lösung
eines aromatischen Nitro-Derivates oder Azo-Derivates
in einem pflanzlichen, tierischen Oel oder einem Mineral-
öl, mit oder ohne Zusatz von Kohle oder Kohlehydraten ;
z. B. SO^j^^ chlorsaures Kali,
10^/n Geh
10 "/o AzobeiiÄol oder Nitronaphtalin etc.
Nach dem D. R. P. 117051 setzt Street der Öligen
Lösung von aromatischen Nitro- oder Azoderivaten
noch etwas Nitroglyzerin, Nitrocellulose oder Anilin-
pikrat zu; nach D, K. P, 118102 werden die mit dem
KaJiumchlorat zu mischenden festen Nitro- bezw. Azo-
Produkte in der Wärme in Gelen gelöst, welche durch
Erhitzen mit Hchwefel auf 1^—180*^ geschwefelt
worden sind. —
Im D. R. P, 124237 (Bonnet) wird statt Gel freie
Fettsäure vorgeschlagen, z. B.
SO" y Kahnmchlorat,
8^/' Dinitrobenzo),
12^j^ freie Fettsäure (z. B. Stearinsäure).
Turpin verwendet ein Gemenge von Kaliumchlorat
und Theer oder Har«, die zur Erzielung einer homo-
genen Mischung mit 2**/o Alkohol-Zusatz verarbeitet
werden; er nennt seinen Sprengstoff Pyrodialyt. Eiu
Bericht der französisclien Sprengstoff - Kommission
(Memorial des Foudres et Salp^tres 1901, Band XI^
S. 53) äussert sieh über ein solclies Gemenge [So^U
KC10%^ lö^lo Harz) wie folgt: die Sprengkraft im ge-
schlossenen Raum betrug 1,74, wenn die des Seh war z-
j^ulvere zu 1,00 gesetzt wird; die Sprengkraft zweier
Street^scher Mischungen betrn^ 1,9, — Die Kommission
kommt zu dem Rpsiiitate, dass der Staat kein Interesse
daran habe, den Turpin'selieii Spreiigstoif — der in die
Kategorie der Produkte fällt, deren Fabrikation durch 1
den französischen Staat monojiohsiert ist — herzustellen ;
dass aber, sobald der Preis des chlorsauren Kah liis auf '
ungefähr 65 Francs per Zentner (= 104 Mk. per 100 kg) i
herunterginge, Pyrodialyt ebenso wie die Street* I
Sprengstoffe Veranlass nng geben könnten, der Frage 1
der Cidorat'Sjjrengstoffe ernstlich näher ku treten. — |
Für Schiesszwecke kiunmen in Betracht die D. R, I*. |
53420 nnd 57732 (v. Brauk); das hienach hergestellte sog. '
KücheVsclie Wachspulver, bei welchem die einzelnen
Chloratkörner mit einer Wacbsschicht umhüllt sind i
(z, B. Carnauba wachs mit Zusatz von Traganth oder |
anderem Gummi), so dass das Ganze eine fettige, sehr
wenig sensible Masse darstellt, findet als krallig wir-
kendes Jagdpulver eine, wenn auch beschränkte, Ver-
wendung; ähnliche Eigenschaften zeigt auch der
„Schnebelit", hergesteht durch Eindicken einer Misch-
ung von Kaliumcldorat mit Stärkekleister. ;
e) Misdmngen mit Ammonium percJdorat l
Ammoniumperchlorat Xifi- C/O4 wird nach dem
Miolati'schen Patent 1126Hä aus Calciumperchlorat
mit Chlorammonium erhalten, ein früheres Patent
103993 hatte die Umsetzung von Natriumperchlorat
mittelst salpetersaureni Ammon vorgeschlagen. —
Street, Alvisi, Carlson (D, R, P. 94510) stellen Spreng- •
Stoffe mit Amraonperchlorat als Basis her; es lässt
sich vorläuüg nicht beurteilen, ob dieses Salz sich
nait Erfolg in <lie Praxis einführen wird-
ä. PidvPT mit ErsuUstoffen für du Kohle.
Als typisches Beispiel nennen wir den Petroklastit
(Haloklastit), Nacli der Patentschrift, 957 9^:1 werden
bei Sprengstoffen, die aus Natronsalpeter, Kalisalpeter,
Schwefel und Kohle bestehen, statt der Kohle als ver-
— 90 —
brennliche, kohlenstoffhaltige Substanz Steinkohlenpeeh,
Harze oder Fette benützt, deren Schmelzpunkt unter-
halb 200 ® und oberhalb 30 ® liegt ; als besonders wirk-
same Sprengstoffmischung wird z. B. folgendes Ge-
menge angegeben:
Natronsalpeter 69 ®/o
Kalisalpeter 5 ®/^
Schwefel 10 ^/o
Steinkohlenpech 1 5 "/<,
Kaliumbichromat 1 ^/q.
In der Patentschrift werden diesem Sprengstoff
folgende Vorzüge nachgerühmt:
„Zuerst ist er gegen Feuchtigkeit ausserordent-
lich widerstandsfähig, so dass Petroklastit fast nur die
Hälfte der vom Sprengsalpel er aufzunehmenden Feuch-
tigkeit aufnimmt und ausserdem durch Feuchtigkeit
weniger leidet. Ferner liegt die Entzündungstempera-
tur um etwa 50 ^/o höher als bei den angeführten
Sprengstoffen. Petroklastit entzündet sich erst bei
mehr als 350^, Sprengsalpeter bei etwa 250^, Spreng-
pulver bei 240®, — Petroklastit unterscheidet sich
vom Schwarzqulver vorteilhaft dadurch, dass es beim
Abbrennen ohne Zischen oder Feuersprühen mit
ruhiger Flamme verbrennt und deshalb weniger ge-
fährhch ist. Die Gase des Petroklastit wirken nicht
derartig unangenehm auf die Respirationsorgane ein
wie diejenigen des Schwarzpulvers. Ferner schlagen
sich die Gase schnell nieder, so dass derartige Spreng-
gasansammlungen, wie sich solche um die halbe Schicht
bei dem Schwarzpulver finden und die Luft dick und
undurchsichtig machen, nicht vorkommen. Petro-
klastit ist gegen Schlag unempfindlicher als Spreng-
pulver und Sprengsalpeter. Die Explosionskraft des
Petroklastites. welcher Sprengstoff durch die Zünd-
schnur zur Detonation gebracht werden kann, ist
wesentlich höher wie diejenige der angeführten Spreng-
stoffe. Sprengsalpeter gibt beispielsweise eine Wurf-
weite im Mörser von 44 m, Sprengpulver von 49 m,
— 91 —
Petroklastit von üO-^ 10 m. Andere Sprengstoffe,
welche eine höliere Wurfweite im Mörser zeigen, sind
im Gegensatz zu Potroklastik nicht durch eine Zünd-
schnur, soiuiern nur durcli eine KTudlquecksilber-
Sprengkapsel Kur Detonation zn brin^j^en. — Der
Sicherhoitssprengstüff Öarhonitj der 25 '^/ü Nitroglyzerin
enthält, gibt unti^r diesen Beihngungen eint' Wnrl-
weite von ea, 90 in. Der Sprengstoff des vorJiegeuden
Patentes (F^etroklastit) ist der erste Repräsentant von
SprengstotTen, welche den sog. brisanten Spreng-
stoffen nahe stehen, al>er nicht aussehliesslicli durch
eine Knallquecksilher- Sprengkaj^sel , sondern auch
durch eine Ziindsehnur zur I)etonation gebraclit
werden können. — Eine weitere Eigentümhchkeit des
Spreng?itot1:es nach dem vorliegenden Verfahren be-
steht darin, dass derselbe nnidir schiebend wirkt untl
ein für die Arbeiten in weichem Material vorteil-
liaftes Nachhrennen sseigt"
Im Znsatzpatent 97 401 werden als kcblenstolT-
haltende Materialien statt Fech oder Harzen nament-
lich Oele, Firnisse, Lacke, Kaphtalin etc. benutzt.
3. Pulmr mit Ermtzstoßm jür Schwe/d.
Im Ximthat'Pidver von Dr. Seh war k haben wir
neben dem Kalisalpeter nicht ein mechanisches (_ie-
nionge von Sclnvefel und Kohle , sondern eine
chemische Verbindung, welche hanptsächlieh aus
letzteren beiden Elementen besteht, nämlich das äthyl-
xanthogensaure Kalium, das aus Schw^eüelkoblenstoff,
Kalilauge uiul Aethvlalkohol hergestellt wird:
ÜS2-\-KOff-^C^HnOH=C2M,OCS^K-\-K2fk
Dieses Salz bildet hirl>lose, seidengUtnzeude Nadeln.
Das Xantbatpulvor besteht nun 08,49*^/0 Kalium-
nitrat, 27,i^/oxanthogensaurem Kalivmiund4,n'^/o Kohle.
Die einzelnen Bestandteile werden zuerst in einer
Kugeltrommel jeder lür öicli, dann im Gemenge innig
zerrieben, gemengt, mit Alkohol beleuchtet, zu Kuchen
gepresst und gekörnt
— 92 —
Unter der Bezeichnung Haloxylin wird in Oester-
reich von Fehleisen ein schwefelfreies Sprengpulver
hergestellt; es besteht aus 75^ /o Kali- (oder auch Natron-
salpeter), 15«/o Sägemehl, 8V3O/0 Holzkohle und l^/s^/o
Eerricyankalium. — Sägemehl, Salpeter und Holz-
kohle werden zunächst innig gemengt, worauf per
100 kg 2 Liter Wasser, resp. Ferricyankalium-Lösung
hinzugefügt werden. Die Masse wird dann wie ge-
wöhnliches Pulver gedichtet, gekörnt, getrocknet und
eventuell poliert. Haloxylin soll Schwarzpulver an
Sprengwirkung übertreffen; jedoch dürfte vor allem
das österreichisch-ungarische Pulvermonopol zu seiner
Herstellung Veranlassung geben.
Wir betrachten nun IIL andere, dem Schwarz-
pulver nahestehende explosive Mischungen.
1. Das KnallpvJver»
Das sogenannte Knallpulver besteht aus drei
Teilen Kalisalpeter, zwei Teilen kohlensaurem Kali
und einem Teil Schwefel. Schmilzt man es und er-
hitzt weiter, so explodiert es mit heftigem Knall. Es
wird zuerst von Glauber in seinen „philosophischen
Oefen" 1648 erwähnt; Glauber sagt: Wenn ein Teil
saHs tartari, anderthalb Teil sulphuris mit drei Teilen
salis nitti zusammengerieben werden, wird eine Kom-
position daraus, welche fulminiert gleich wie ein „ Aurum
tonitruans". — Eine solche Mischung explodiert aller-
dings mit starkem Knall und ziemlicher Kraft, jedoch
nur, wenn man sie zunächst langsam bis auf 450® C.
erhitzt; es bildet sich dann zuerst Schwefelkalium,
welches vom Sauerstoff des Salpeters oxydiert wird. Im
kalten Zustand entzündet, charakterisiert sich das Knall-
pulver kaum als Explosivstoff und schwächt, als Zusatz
zum Schwarzpulver, dieses nur ab; die plötzlich auf-
tretende und rasch verschwindende Flamme des Schwarz-
pulvers ruft die beschriebene Reaktion nicht hervor ; man
findet denn auch das Knallpulver in späteren spreng-
technischen Vorschriften nur sehr selten empfohlen.
- 93 —
ä. Das Amkl-Pulver.
Dieses Pulver besteht aus 40 — ^45*^/0 Kalisalpeter,
'6b — 38°/o Ammonsalpeter,
14— 22°/o Holzkohle.
Bei der Entzündung dieses Pulvers soll sich Kaliuni-
aniid, eine bei höherer Temperatur flüchtige Verbin-
dung von explosivem Stickstoffkaliimi mit Ammoniak
bilden, die den Nutzeffekt des Pulvers erhöht. Die
p]xplosionsgleichuDg soll folgende sein:
Dieses Pulver wurde von Gaeus in Hamburg zuerst
hergestellt (D, R, P. 376^51 vom 14. Okt- 18ö5) und
dann im Jahre 1886 für Geschütze kleineren Kalibern
eingeführt; das Amidpulver verbrennt xnit geringem
Rauch und ist von grosser Energie. — Gastner sagt
hierüber Folgendes : Die vorteilhaften Ei genseh alten
des braunen Pulvers C/82 bliehf^ii auf <iie grossen
Geschützkaliber beschränkt, kamen also im Wesent-
lichen nur der Küsten- und Schiffsartillerie zu Gute;
es lag nahe, in den hiemit erreichten Fortschritt auch
die kleinen Kaliber einzuschliessen ; die bezüglichen
Versuche mit geänderter Körnergrösse und Körner-
form, andrer Zusammensetzung und Herstellungs-
weise hatten nicht den erhofften Erfolg. Endlich
brachten die Vereinigten Rheinisch-Westphälischen
Fabriken ein neues Pulver in den Handel, welches
bei kleinem Gasdruck wesentlich mehr leistete als
alle bisherigen Pulver. Dieses sogen. Amid-Pulver
C/86 stimmt in Form und Farbe der Körner mit
dem deutschen grobkörnigen Pulver C/73 ziemhch
überein; es hinterlässt im Rohr nur wenig leicht zu
beseitigenden Rückstand und erzeugt beim Schiessen
nur wenig dünnen, schnell versteigenden Rauch. Die
Krupp' sehe Fabrik erlangte mit diesem Pulver C/86
in allen kleinen Kalibern überraschend günstige Er-
gebnisse. Während das braune Prisma-Pulver in der
15 cm Kanone Lßb der 51,25 kg schweren Granate
,..,.^,M
— 94 —
mit 17 kg Ladung bei 2205 Atm. Gasdruck 540,5 m
Anfangsgeschwindigkeit oder 763 m lebendige Kraft
gab, wurden mit 14 kg Pulver C/86 bei 2490 Atm.
Gasdruck 617 m Anfangsgeschwindigkeit und 1000 m
lebendige Kraft erzielt.
Die Versuche wurden mit dem gleichen Geschütz-
kaliber ausgeführt, dessen Granaten im Januar 1871
bis in das Herz von Paris drangen und welches 1864
bei der Belagerung von Düppel die 11 cm dicken
Panzer des Rolf Krake so erfolglos beschossen hatten;
freilich hatten damals die 27,5 kg schweren guss-
eisernen Granaten nur 270 m Anfangsgeschwindig-
keit und 103 m lebendige Kraft; die Arbeitskraft
oder Leistung dieses Kalibers ist also inzwischen ver-
zehnfacht worden. — Das grobkörnige Pulver C/86
bildete in seiner Arbeitsleistung und seinem Ver-
halten den Uebergang zum heutigen rauchlosen Pulver,
mit welchem 1888 eine neue Epoche in der Entwick-
lung des Schiesspulvers anhebt. — Nach Engla^id
wird das Amid-Pulver unter der Bezeichnung Chil-
worth Special-Powder importiert.
3. Fikratpulver,
Die Pikrinsäure (Trinitrophenol, Ce H2 (N02)3 OH)
und auch ihre Salze, soweit s'iejür sich als Sprengstoffe
dienen und mittelst Initialzündung als brisanter Ex-
plosivstoff zur Detonation gebracht werden, bleiben
vorläufig ausser Betracht; hier sollen nur die dem
Schwarzpulver ähnlichen Gemische aus Kalisalpeter
und pikrinsauren Salzen erwähnt werden ; es handelt
sich also auch um Surrogate für Schwarzpulver, an
Stelle von Kohle und Schwefel sind hier pikrinsaure
Salze getreten. — Ein Pulver aus Salpeter und pikrin-
saurem Kali wurde zuerst von Dessignole im Jahre
1861 hergestellt; sieben Jahre später erfolgte die Her-
stellung in den französischen Staatsfabriken in Le
Bouchet.auf ziemlich grossem Fusse; man stellte vier
Arten des Dessignole'schen Pulvers her.
- 95
1. Sprengpulver für Torpedo's und Hohlgeschosse,
ungefähr aus gleichen Teilen Kalisalpeter und
Kaliumpikrat bestehend ;
2. rasch wirkendes Kanonenpulver für Geschütze
mit kurzem Rohr;
3. langsam wirkendes Kanonenpulver für Geschütze
mit langem Rohr;
4. Gewehrpulver.
Die Schiesspulver 2., 3. und 4. enthielten sämt-
lich zur Verminderung der Brisanz auch Kohle und
zwar 7--10^/o; die Kanonenpulver enthielten 9 — 16 ^/a
Kaliumpikrat, das Gewehrpulver ungefähr 23^/^^.
Die Herstellung der Pikratpulver geschah auf
folgende Weise: Die Mischung der einzelnen Be-
standteile wurde unter Zusatz von 6 — 14 ^/^ Wasser
drei bis sechs Stunden lang gestampft, dann mittelst
einer hydraulischen Presse gedichtet, gekörnt und in
der gewöhnlichen Weise in rotierenden Tonnen po-
liert. — Im deutsch -französischen Kriege 1870/71
soll einige aus Dessignole'schen Pulver verfertigte
Gewehrmunition verbraucht worden sein ; man scheint
aber hiebei keine günstigen Erfahrungen gesammelt zu
haben, da die Fabrikation des Pulvers in den 70iger
Jahren nicht fortgesetzt wurde. Der Erfinder be-
zeichnet als Vorzüge seines Pulvers den alten gegen-
über eine grössere ballistische, bezw. Sprengwirkung
bei verhältnissmässig geringem und wenig schädlichem
Rauch; ausserdem wird infolge der Abwesenheit von
Schwefel das Metall der Gewehre und Geschütze
durch die Verbrennungsprodukte nicht so angegriffen
wie bei den schwefelhaltigen Mischungen.
Um die Menge der festen Explosions-Produkte
zu verringern ersetzte im Jahre 1869 Brugöre das
von Dessignole gebrauchte Kaliumpikrat durch Am-
moniumpikrat; er stellte ein Pulver her aus 54 Teilen
Ammoniumpikrat und 46 Teilen Kaliumsalpeter.
Das Poudre Brug^re wurde im Jahre 1886 ver-
suchsweise in der französischen Armee für das Lebel-
wm^
— 96 —
Oewehr benutzt; die damit jjjemacliten Erfahrungen
waren nicht ungünstig; die ballistische Wirkung über-
trifft (linjenige des Schwarzpnlvers um etwa dos rlrf*!-
fache; die Verbrennung geht beinahe raucldos vor
sich ; dagegen sind die Pikrat-Misehpulver gegen
Reibung, 8toss und Erhitscen sehr empfindlich, auch
stellt sich bei Ihnen ohne nachweisbaren fremden
Einrtiiss aUmäldich eine freiwiVHge Zerset/tnig ein ;
auch der hohe Preis des Ammoniumpikrats kommt
in Betracht. Besonders aber war es ungünstig für
die Pikrat- Pulver, dass man 1885 in den colloidalen
Cell ulose- Nitraten ein für den erstrebten Zweck ge-
eigneteres Material gefunden hatte. — Die später in
Deutschland genommenen Patente (D. R, P. 1954 vom
30. Aug. 1877 (Dieckerhoff) und D, R. P. 32891 vom
26. Okt. 1884 (Broncs), haben schon aus dem Grunde
keine praktische Bedeutung für die Explosivstoff-
Technik, weil die betreffenden Präparate Pikrate der
fixen Alkalien enthalien; diese Sal/,e sind gegen Stoss
und Sehlag aaüiserordentlich empfindlich und detonieren
auch direkt beim Berühren mit einem brennenden
Körper, so dass sie mit besonderer \'orsicht gehandhabt
werden müssen und desshalb vom Eisenbahntransport
ausgeschlossen sind. Nur das Annnoniumpikrat ist
yerhäUnissmüssig wenig sensibel und besitzt Eigen-
schaften, welche es zu einer Verwendung als Geschoss-
treibmittel geeignet erscheinen lassen; es wird auch zur
Zeit wieder verwendet, k, B. in England bei dem picria
powder von Abel; in Amerika .stellt man nach dem
U. S. P. 527 56*^ ein Pulver aus Ammonium pikrat und
KaHumbichromat her; das D. R. P. 96 568 vom 7. Ok-
tober 1896 (Halsey u. Sa vage) hat /Ann Patentanspruch :
,,ein rauch tos es Pulver, welches in bekannter Weise
aus Annnoniumpikrat und Kuliumbitdiromat besteht,
gekennzeii Imet durch einenZusatz von Kalium- bezw.
Natrinm]if nnanganat oder Hyi^erwoHramat, welcher
Mischung nocli ein Nitrat der alkalischen Erden zu-
gesetzt werden kann/*
— 97 —
Fhircli die ZnsätKe soll vor Allem eine laugsaoierH
Verbrennung i herbeigeführt werden. Die Herst eil un)^
von Amjnoniuüipikrat geschieht in der Weise, daas
man eine heisse Lösung von Pikrinsäure mit einer
konzentrierten wässerigen Lösung von Ammoniak sät-
tigt oder Animoniak-Oas einleitet oder mit kolden-
saurem oder schwefelsaurem Ammoniak zusammen
bringt. — Zur gefall rloseri Herstelhiug von Prikalen
im Allgemeinen hat sich Giranl in Paris ein Ver-
fahren schützen lassen (D. R. P. 12:^151 vom 6. Jan.
19fJ0) mit folgenden Patentansprüchen: 1. Verfahren
zur Fabrikation von Alkuh-, Erdalkali-, Erd- um!
Bt^hwermetallpiknilen, *Iadurclj gekennzeichnet, dass
man eine ölige Lösung von Pikrinsäure mit dem
betreffenden Oxyd oder Karbonat versetzt; 2. eine
Ausführungsform des unter L geschützten Verfahrens,
bei welcher das Oxyd oder Karbonat ersetzt ist durch
ein fettsanre.'^ Balz des betreffenden Metalls.
Wir müssen noch einen Blick auf die Wirtschaft'
liehe Entwicklung der Industrie des Scliwarzpulvers
inid ähnlicher Gemische werfen.
In Franh-eich ') bestand schon vor der grossen
Revolution ein Pulvermonopol; dessen heutige Gestah
l>erulit auf dem Gesetz vom 13, Fruetidor J. V.
(30. August 1797), wodurch im Interesse der inneren
Sicherheit und der Sicherstellung der nationalen Ver-
teidigung die Fabrikation und der Vortrieb von Pulver
dem Staate erhalten bheb. Auch die riewinnung von
Salpeter war bis 1819 ein Monopol. Die Fabrikation
des Pulvers ist in Frankreich hcate dem Kriegs^
Ministerium, der Verkauf dem FinauKmi nisten um
unterstellt. Für Bergwerke wird das Pulver zuni
Selbstkostenpreis abgegeben, zu höherem Preise das
Jagdpulver, wodurch dem Fiskus der Hauptgewinn
erwächst; ein Preisnaehlass wird den Verschleissern
^) Siehe Max vtm Heckel im Handwörterbuch iler Staatawisaen-
I hatten, 11, AuHage. Srite 27B.
T
- 98 —
gewährt. Die Pulvereinfuhr ist verboten; Reisende
sind befugt, Meiigen bis zu 2 Kilogramm mit sich
zu führen, wenn das Pulver nachweislich zu eigenem
Verbrauclie verwendet werden soll. Die in Frank-
reich abgesetzten Quantitäten, sowie der Erlös und
der erzielte Gewinn waren seit 1819 — 1885 in steter
Zunahme begriffen. Die Mengen sind von 0,68 auf
4,&5 Millionen Kilogramm gestiegen, der Erlös von
3,31 aul" l^^fT Mihionen Francs; der Ertrag belief
sieh im Budget für 1900 auf 11,523 Millionen Francs.
Im Laufe der letzten Jahre ist eine Mehrzahl von
Dekreten ergangen, die sich mit der Festsetzung der
Preise für die verschiedenen Pulversorten u. s. w.
beschäftigen.
In Oesterrewh wurde seit 1650 ein Salpeter- und
Pulver-Monopol ausgebildet; 1853 ist das Salpeter-
MonojJül aufgeholfen, das Pulver-Monopol aber als
Fabrikations- und Verschleiss-Monopol beibehalten
worden ; die Verwaltung steht den Militär-(Artillerie-)
Behörden zu; die Wirksamkeit des Monopols ist be-
soliränkt. Die Ht>rstellung von Pulver durch Privat-
]>ersnnen darf nur mit Ermächtigung der Militär-
behörde geschehen, welche die zu erzeugende Pulver-
menge und den zu verarbeitenden Salpeter vorschreiben.
Das Fabrikat ist dann an die Militär-Magazine abzu-
liefern. Für den Orross- und Klein- Verschleiss ist eine
Lizenz erforderlich, die von den politischen Behörden
erster Instanz im Einvernehmen mit den Mihtär-
hehönleu erteilt wird. Für den Verkauf, Umgestal-
tung des Monopol-Gegenstandes und sonstige Ver-
kaiifs' und Absatzbedingungen besteht eine Anzahl
besonderer Vorschriften. Die gleichen Rechtsverhält-
nisse gelten auch für Ungarn.
In Italien bestand in den Jahren 1867 — 69 auf
dem Festlande und in Sardinien ein Pulvermonopol,
welches durch eino im Jahre 1877 erheblich erhöhte
Steuer ersetzt wunle.
Serbien hat ein Monopol für Herstellung und Ver*
Li
— 99 —
kauf von Pulver. (Gesetze vom Jalire 1884 luid lb85);
der Kogierung steht die Befugnis zu, dasselbe auf
2b Jahre ku verpachten.
In DfMiichland besteht kein staatliches Monopol,
jedoch hat die wirtschaftliche Entwieklung zur Karte] -
lif^rung der Privatindustrie geführt. Zunächst wurde
das Schwarzpulver von PiiivermüUern innerhalb der
Htädte er^eagt; im Jahre 1360 geriet das Rathaus
zu Lübeck durch die Nachlässigkeit derer „qui pul-
veres pro bombardis parabant" in Brand; es scheint,
dass man :^TO Jahre lang die Herstellung von Pulver
in bewohnten Stadtteilen geduldet hat- Später er-
gingen Verordnungen, so z. B. im Jahre 1528 in
Breslau, wonach kein I*ulver mehr in der Stadt ge-
raaclit werden solle. Die Pulvermüiden wurden dann
hauptsäelilich an solchen Orten angelegt, wo grössere
Wasserkräfte zur Verfügung waren. Eine der ältesten
deutschen Pulverfabriken dürfte wohl jene von W.
früUler zu Reichenstein (Preuss. Schlesien) sein; der
von dem jetzigen Inhaber, KonniierKienrat Hermann
Uüttler anlässlieh des 200jährigen JuhihUims hc^i-aus-
gegebenen Festsclirift entnehmen wir das Duplikat der
Erlaubnis- LT rknnde vom 18. Juni IBOf},
„aäön 3Littlid)cr 5}oi|cl)un9 Wiv, 9t^^iuftilu[c^ Mbi uiib
V>crr be^^ihftl. -^Itoltcr^fetieft^ ©airunlji, lieljt, Cibcu^ iion
L^iftet^ X. r. iinb iieöni iiu§ J. Somniicus ^prtov, 5. ^im^
Brnüw 5- ©uittclnru^ p. 5[. ^|U'a(}i})ttu^j äßarttac, ^y.
C^OHLtttiu^ SiilJprtür, im luil^nteit bei c^ani^^u (wftl. 3aiTib=
Imig aiil)\n, Uf}rfuiibm unb i^efeaiien t]leriini, ba^ bcm-^
iiiid) t»er (Si)rfantmc, \ln\H tjc treuer tiebcr JpaiiÄ .(lrti£)[,
'4.hitbETmad^er, uittcr unferev bc^ ^tteffs Outi^bictioa ;^u
l^}lei)fvidöbürf, jeincr erternten '|U'öfcffiou md) ,^u bem^^^hiliicu'
nmd)En unb \m\^ bicfem an^äiuvg i[t, mit übn9tcithd)cr 3)cr;
t}imfti(]unfi geiüiffcr Stüife attcn i)itd)i^ fic^ biö[)ciü };ma\
(\zbnmd){, barübcr aber nid^t§ £d)iiftfid)e^ reLl)tn!üßiL^ea
iöefi^e^ bevfclbeii niDeifcii faniiten, Sir iiiit noi\]eI]Lihteiti
-)tat[)c, auf ci^bac£)teu V>an^ fiial)l iic^orfamb — luib in-
ftanbiac^^ btctten, ifinie l)eute acto, ctblid) i^ctfaitfft imb
— 100 —
i^ingelafeen t)a6en tote l^ernad) folget. IHP.) 3ft bie ©al=
petex=I|ütten, ober fein fogenannteS laboratortunt in betn
QÜen=9led)t juned^ft ^einrid^ SBeniger'S am Obern unb
SJfartin Stil^rs beS Sliebern, am untern 2:i^eife gelegen, in
benen albereit eingejeümbten ©rangen, 3^tne, Arabien,
unbt feinen nad)fommenben ßrben unb ©rbnel^men. fo fange
biefeS gu öorgebac^ter ^rofeffion be§ ^ulöermad^eS gebraucht
roerbt, umb einen jäl^rlid^en ©rbjünfe iebe§mat|f Stermin
2Rid^aeli§ 18 gr. erbl o^ne anbre 33ef(i)tt)erben ju be=
fielen unbt auf foldie ron^ feinem unb feiner Succefforum
(Sefaflen nad) ^inmieberumb ju t)eralieniren ober ju t)er=
fd)enfen unb ju öerfauffen eingeraeumet jebbd^ mit biefem
Sefd^eibe: Jffiann barauS über fur§ ober fang ein 2luen=
{)au§ gemad^et toerben foUte, biefeS anberen 9luen=§aeufern
gfeid^ njerben unb bcfie^er beffcn, nad^ fold^er Sßeranberung
alle barauf fommenbe Sobotl^en ju t)erridt)ten, jäl^rf. 6 gr.
6vb=3ünfe unb fo offte eg üon nöt^en, in bte ©emeinbe Don
Svott) 3[Jtarfen=©d|a^ung beizutragen fd^ulbig unb entgegen
obige 18 gr. abgetl^an fein foDen. 2J) §aben toir me^r=
gemefbetem §anfe .^ral^f bie jur 3eit gleid|faff8 öon 3i^m
jtoar erbaut aber bfo| precario gebrandet unb befeffene
3iüe^=^uft)er=5!Jlül^len, bie eine in bem SJletjfrieteborfer
C)bcr=5Bief|=tt)ege junedtift be§ ©d^of^enS ju ^offmerSborf ®e=
]^oI§e, j. ?:. mit benen Ijieju benötl^igten unb aufegejeid^neten
2öafferlacuffen erbfidt) ju ^aben, ju befielen j. j. ban auf
bem 9(uen=5Redt)te fo t)ief er jum 5pult)ermad|en brandet,
nötf)ige Äof)fen brennen unb barmit aud^ naij feinem ©e=
faflen, geba^ren , l^intDieberumb üerfauffen, Derfd^enfen, t)er=
roedöfelu an anbere ^offeffore§ (iebod^ Unfern unb be§ ©tift§
Dli= unbt 33ot^mäffig!eiten aöema^f onfdjäblid^) bringen ju
fön neu eingeräumt unb fofd^e^ alfe§ öerfauffet umb eine
Summe ®efbe§ 3toe^ §unbett S^afer fd^fefifd^, toeld^e
mi aÖfobafbt baar empfangen unbt ju be§ ©tiefte ?lu§en
angetüenbet l^aben. Sonften foH oft erneuter ^an^ ßral^f
unbt feine 9?adE)fommenbe über bie bejal^Ite ßauf=©umma
jä^rl. bem ©tieft Termin 3Jiid^aeti§ t)on fofd^en bre^
9Jtü{)len fambt bem 3)örr^aeufef ju einem immertoal^renbcri
3ün^, einen 2^aler 9 gr. abjafüJ^ren fd^ulbig fein. SBefd^eS
— 101 —
alles ,5U lüdlji'er i^CL^lnubi^iuiig nnt Linf)äiigfiibeii Uiiferm
unM (>, 'JJi. (.^. düriticntu^^Cviififö^t" unb gcmül)Tili(l)en
lliitcrfct)rifteii betraf tioit lüorbcii. 5en adjtjdKubcu ÜJioiuitljö-
tatj ^^iiiii) bes ied)e,^chaliuubfrtfütTf unb iieunl^igftcn 3n1)ie^."
Die^H' rulvennühien bestehen noch heute als
Kij^eiULim der Firma W. Güttier bei Maifritzdorf-Foll-
mersdorl'-Heiiiriclisvvftkle im Reg.-Bez Breslau, Kreis
FrunkenäteiTi in Scldpaion; eingüheniiere Details flntieii
sieli in der erwähnten Jubiläumsschrift, welche auch
zahlreiche Alihildun^^en enthält.
Von langem Best an rl sind auch die Werke von
('raEuer mid Buclihoh; diese Fabrik wurde ge^f^n
1760—1770 von Johann Hermann Cranier in Run-
sahl in Westfalen gegründet; 1826 teilte sich die
Fabrik in die Firmen Cramer tt Buclilmlz und Carl
l'lieodor Gramer, welch letztere 1851 nach dem Tode
des Inhabers an die Firma Gramer <fe Buchholz über-
ging, deren einziger Inhaber mittlerweile der Kommer-
zienrat Carl Friedrich Bnchholz geworden war; im
Jahre 1873 wurde die Fabrik von Joliann Hampe
Nachi in Rüheland angekauft und dort eine Zweig-
niederlassung gegründet.
IS92 wurde die Firma umgewandelt in
Gramer ^ Buchholz,
Pulverfabriken mit beschränkter Haftung.
Eine andre alte Pulverfabrik w^ar die im Jahre
1798 gegründete von L. Ritter in Hamm in West-
falen, welche jedoeh später von den Köln-Rott weiter ^
Pulver iah riken aufgekauft wurde.
Ebenfalls alten Bestandes ist die Pulverfabrik
von Wolff & Go, in Walsrode in Hannover, welche
jetzt als Kommanditgesellschaft auf Aktien mit einem
Kapital von M00,000 Mk. betrieben wird.
Die auch schon lange existierende Pulverfabrik
der Faniiüe Martin in Öt. Ingbert wurde im Jahre
1898 unter der Firma
Pfälzische Pulverfabriken, Akt-Ges. in St. Ingbert
in eine Aktiengesellschaft verwandelt; diese Gesell-
Üi
— 102 —
Schaft, welche mit einem Aktienkapital von 1 V« Millionen
Mark arbeitet, erwarb dann auch von der Firma Raab
Karcher & Co. die in Schopp in der Pfalz gelegene
Pulverfabrik und richtete dieselbe neu ein.
Die im Jahre 1886 gegründete Rheinisch- W est-
fälische-Sprengstoff- Aktien-Gesellschaft in Köln (Fabrik
in Rönsahl u. s. w.) ist aus der im Jahre 1784 ge-
gründeten Rönsahler Pulverfabrik hervorgegangen.
Die Pulverfabrik Tinsdal in Holstein, Akt.-Ges.
mit dem Sitze in Hamburg betreibt eine an der Elbe
gelegene, früher der Firma Klee und Köcher gehörige
Pulverfabrik mit einem Aktienkapital von 150.000 Mk.
Am interessantesten ist die Entwicklung der Ver-
einigten Köln - Rottweiler Pulverfabrikeu, in welcher
Firma eine grosse Anzahl früherer kleinerer Betriebe
im Laufe der Zeit aufgegangen sind.
Diese kleinen Pulvermühlen, welche, wie wir ge-
sehen haben, ausserhalb bewohnter Orte angelegt
werden mussten, möglichst an Stellen, wo Wasser-
kraft zur Verfügung stand, (der Dampfbetrieb in
Pulverfabriken gehört erst der neueren Zeit an) waren
in Beziehung auf ihre geographische Lage nach folgenden
Gegenden gruppiert: *)
1. Westdeutschland mit Rheinland und Westfalen,
2. Thüringen und Sachsen,
3. Süddeutschland, besonders Württemberg und
Bayern,
4. Schlesien,
5. Norddeutschland, besonders Schleswig-Holstein
und Hannover.
Die Gründe wirtschaftlicher Art für die Ent-
stehung der Pulverfabriken innerhalb dieser Gruppen
liegen, abgesehen von einzelnen Jagdpulverfabriken,
zunächst für den Absatz von Sprengpulver für Berg-
bau in dem Bestreben, zur Verminderung der Kosten
^) Yergl. Dr. Karl Hampke in Deutsche Wirtschaftskunde,
Band III. Seite 529.
— loa —
flfr Aiilif*f*>ning, welche zur Zeit nur mittelst Fulire
prf<"l^en konnte, dein Absjatzgebiete mögHeliRt nalie
zu kommen. Als solche Absatzgobiete sind uament-
lieh zu bezeielnien:
a) in \Vest-I)eutsfhlan<l die Bezirke des Eisen-
liergliaues an der Sieg, des Kuhlenliergbaues
an der Ruhr und an der öaar;
b) in Thüringen und Huchsen die Kupferberg-
werke bei Mansteld am Harz, der Bezirk des
sächsischen Erzbergbaues bei Freiburg i, S.,
die sächsischen Kohlenbergwerke bei Zwickau
und in Potschajipel bei Dresden;
c) in Schlesien die oberschlesischen Kohlenreviere;
d) in Württemberg und Bayern ist die Eiitötehnng
der Pnlverhibriken von Salzbergwerken, ganz
bedeutenden Strassen- und Ei isenbnbn bauten
und grossartigen Steinbruchbetrieben abhängig
gewesen ;
e) in Norddeutschland ist für die Anlage von
F'ulverfabriken an ihren jetzigen Betriebsorten
die für den Export günstige Lage in der
Nähe von Hamburg und Bremen bestimmend
gewesen.
Im Laute der Zeit bildete sich nun in Süddeutsch-
land einerseits, am Rheiji andrerseits je eine bedeutende
Firma, welche eine grosse Zahl kleiner Betriebe in sich
aufnahm. '^)
In Süddeutschland w^ar es der unlängst ver-
storbene Max Duttenhofer in Rottweil, welcher An-
fang der eOiger Jahre eine kleine Pulveriuühle als
sein väterliches Erbe übernahm; es war dies unmittel-
bar vor dem Ausbruch dreier, in kurzen Zwischeji-
räumen sich folgender Kriege, und da Duttenhofer es
verstand, in den massgebenden mihtärischen Kreisen
*) Vgl. Kftrtellverljinduagen im Pulvergeachäft und vervrandten
ProdaktioDsz\ve)g:pn von V\ A. Spiecker in den i^th ritten des Vereins
für Sozialpolitik, Eand m, Seite 245.
Femer Georjj Feucliter, der deutsche PulTerring'. rTÖpping^n 189f).
— 104 —
sich Eingang zu verschaffen, so kam seine Fabrik
durch Lieferungen von Kriegsfuilver bald in Blüte.
8rhon im Jahre IHTä ging (He Rottweiler Pulver-
fabrik in den Besitz einer Aktiengesellschaft über mit
Hrn, Duttenhot'er als Generaldirektor an der Spitze;
das Aktienkapital wurde auf die verhältniss massig ge-
ringe Summe von 210,000 Gulden festgesetzt.
Inzwischen steigerten sich aber die Militärpulver-
Auf träge von Jahr zu Jahr, so dass die Rott weder
Pulverfabrik bald verschied-me kleinere, in Württem-
berg, Baden und Bayf^rn zerstreute l*ulver\verke auf-
kaufen und entweder niederreisseu oder zur aus-
schliesslichen Fabrikation von Handelspulver ein-
richten konnte, während sich Rottweil selbst mit
voller Wucht auf die Mditärijulver- Fabrikation warf.
Im Jalire 187fi wurde, um dem Weltverkehr näher
zu sein, von der Rottweiler Aktiengesellschaft <lie
Pulverfabrik Düneberg bei Hamburg gegründet und
sowohl zur Militär- als zur Exporti>nlver-Fabrikation in
gn>ssem Massstabe eingerichtet; nach Hamburg selbst
wurde das kaufmännische Exportbureau verlegt, während
in Rottweil das Zentral bureau verblieb. Von diesem
Zeitpunkt ab führte die Gesellschaft den Namen
Pulverfabrik Rottwoil Hamburg. Das Aktienkapital
wurde allmählich erhölit und betrug im Jahre 1884
2.7O0.OOO Mk.
Ungefähr zur gleichen Zeit, als die Kottweiler
Pulverfabrik an eine Aktiengesellschaft überging, voll-
zog sich am deutschen Unterrhein ein ähnlicher Pro-
zess, nämlich die 1873 erfolgte Vereinigung von 19
in Rheinland und Westfalen s^erstreuten Pulverfabriken
zu einer Aktiengesellschaft unter dem Namen „Ver-
einigte Rheinisch-Westfälische Pulverfabriken'* mit dem
Zentralsitz in Köln und Herrn J. N. Heidemann als
Generaldirk tor an der Spitze.
Diese Fabriken, in Mitten zweier Industrie und
grubenreichen Provinzen gelegen imd ursprünglich
weit kapitalkräftiger und umfangreicher als die Rott-
— tUO "
wpiler Fabrik, Letassten sit^ii in erster Linie mit der
Ilorätelluiig von Handels-, namentlich Hpreugjiulver,
für weiches jene Gegenden eiti dankbares AböatKgeliiet
bilden. Später zog jedocli die rheinische (lesellschaft
auch die Fabrikation des prismatischen Geschützpnlvers
in iliren Bereich und nun entstand ein scharfes Kon-
kurrieren zwischen Koln und Kottweil, welelies schliess-
bell dahin führte, dass beide l^'iriuen am 14. Marx 1882
einen „bescbränkten Kartellvertrag'* schlössen, mit rück-
wirkender Kraft vom 10. Mai 1H81 ab, zunäcfist auf
die Dauer von 4 Jahren.
Der Kartell vertrag war beschränkt auf die gegen-
seitige Gewinnbetinligung — zu gleichen Teilen —
an denjenigen Geschäften, für welche die beiden Kon-
trahentinnen allehi in Betracht ktimmen konnten wegen
der dabei vorausgesetzten holien technischen Leistungs-
fähigkeit, (PrismenPulver.) Alle anderen Geschäfte, bei
welchen auclj die kleineren Betriebe in Konkurrenz
treten konnten, blieben von der Wirksamkeit dieses
Kartellvertrages ausgeschlossen. Kür diejenigen Pulver^
welche auch mit einfaeheren Betriebseinriehtungen her-
gestellt werden konnten, wurden hin und wieder Ver-
träge mit den kleineren Konkurrenten geseid ossen,
wekdie teils eine Preisvereinbarung mit oder ohne
Begrenzung des Absatzgebietes, teils eine Verteilung
der Absatzmenge unter syndikatsmässiger Gewinnver-
teilung bezweckten.
Unter den nnabliängig gebliebenen Kleinbetrieben
schwangen sich im Laufe der Zeit wiederum einzelne
KU höherer, technischer Leistungsfähigkeit empor;
alsbald trat auch bei ihnen das Bedarf nisa zu engerem
Arischluss untereinander hervor. So kam es, dass die
V^irtua Cramertt Buchholz in Ronsahl und Rübeland mit
der Kirma Wolff & Oo. in W aisrode zur gemeinsamen
Verrechnung ihres Geschäftsergebnisses sich in kartelL
massiger Weise verband; so vereint wurden die beiden
letztgenannten Firmen aehtungerweckende Konkur-
renten für die beiden jLi^rÖsseren Gesellschaften.
^^■ «.^ui^pga
— 106 -
Es wuriie daher im Mai 1889 zwischon den
1. Vr?reini^tpn Rlieinisch-Weatphälischen Pnlver-
fabrikeii in Köln,
2. der Pulverfabrik Kottweil-IIatubiir^,
3^ der Fabrik C ramer i.^' Bueljbolz in i^önsalil und
Rübelaiid,
4. der Firma Wolff <& Co. in WaLsrodö
ein fernerer Kartell vertrag abgeschlos^sen, durch ^elchea
jedem der vier Kontrahenten, bei voller Wahrung seiner
Unabhängigkeit nnd Selbständigkeit ein prozentual
festgesetzter Anteil an dem gesamten Gesehäfeergeb-
nis der vier Firmeti üugehiichert wurde.
Bald darauf vollzog sich die Fusion der llhein^
ischen Gesellschaft mit der Euttweil-Hamburgx^r ; am
1. Jnli 18H9 wurde zunächst eine Personal -Union
herbeigeführt, indem Duitenhofer zu Gunsten von
Heidemann als Generaldirektor abdonkte; am 1. Januar
1890 fand die Verschmelzung der beiden Firmen ,
nämlich der Rheinisch Westtalischen Pulverfabrik mit
7.2 Milhonen Mk. Aktienkapital und der Pulverfabrik
Kottweil-Hamburg mit 9 Millionen Mk. Aktienkapital
unter dem Namen
\'ereinigte Köln-RottweäJer Pulverfabriken
s!;itt; die neue Gesellscliaft war mit 300.0(X) Mk. ge-
grüodel worden, hatte aber nach Anfnalnue der beiden
grossen Firmen über ein Kapital von 16^^ Millionen
Mk. zu V erfüge n-
Im Eigentum der neuen Gesellschaft befinden
sich ferner die Pulverfabriken Tinsdal in Holstein
und Kunigunde im Harz, beide mit abgesonderter
Verrechnung und Verwaltung.
Mit den Firmen Gramer <fc Buehholz, sowie
Wolff & Co. bildet die Köln-Rottweiler Firma die sogen.
„Pulvergruppe. *^ — Diese Pulvergruppe war schon
kurz vor der Fusion Köln- Rottweil weiterhin niit der
sogen. „Sjjrengstoffgruppe'*, welche sich nach Ein-
führung des Dynamits gebildet hatte und durch die
weitere Erfindung des rauchlose]i Pulvers von noch
— 107 —
grosserer Bedeutung geworJßn war, eiiieu KarLellver'
trag eingegaDgeii) der mit Wirkung vom L Juli 1889
liis 131. Dezember 1925 geschlossen und als sogen.
„Allgemeiner Kfir teilvertrag** von der grössten Be-
deutung ^ewonleii ist.
Dieser Allgemeine Kartellvertrag wird an andrer
Stelle zu berücksichtigen sein, da er als solcber die
Sc hwarzpulvt^r- Industrie nicht berührt.
Für die SchwarzpuWer Industrie kommen, ausser
dem Kartell vom Mai 18H9, noch Preiskonventionen
zwischen den Kartellierten einerseits, den ausserlialb
.stehenden Firmen ( Pfalz ische Pulverfabrik, W. tiüttler
etc. eto.) audrerseitH in Betracht.
Noch zu erwähnen sind die staatlichen Pulver-
fabriken in Spandau, Hanau und Ingolstadt. Die
Herstellung des Schwarzpulvers aus Salpeter, Kohle
und Schwefel auf dem Wege rein mechanischer Ver-
mischung stellte keine zu grossen Anforderungen an
das technische Können und so konnten diese Fabriken
gut von Offizieren geleitet werden, die als Leutnants
zu Direktions- Assistenten, als Hauptleute zu Unter-
direktoren, als Stabsoffiziere zu Direktoren der ein-
zelnen Fabriken avancierten; einzelne Offiziere, wie
General Küster, Oberst Castenholz u. A. erwarben
sich hiebei einen besonderen Namen.
Die neuen Erfindungen auf dem Gebiete der Ex-
plosionstechnik haben auch hier neue Bedürfnisse ge-
zeitigt, und es wurde auf den Rat von General Küster
in Spandau ein für Chemiker und Physiker bestimmtes
Militär-Versuchsamt (früher Versuchs-Stelle für Spreng-
stoffe benannt) gegründet, von welchem später noch
die Rede sein soll.
Zum Schlüsse wollen wir noch einen Blick auf
die Industrie des Schwarzpulvers in den Vereinigten
Staaten von Nord-Amerika werfen. Als Begründer
dieses Industriezweiges auf rationeller Basis darf Elen-
there Jrenee du Pont de Nemours angesehen werden,
der, ein Schüler Lavoisiers, vor 100 Jahren die heute
— 108 —
vvelU^e kannten Werke zu Wilmington in Delaware
anlegte.
Es wurde schon erwähnt, dass in den Vereinigten
^Staaten im Jahre 1902 in B7 Etablissements 97 744 237
Pfund Rchwar/.{mlver zu Spren^^z wecken (im Wert von
;i 880 910 Dollars) erzeugt wurden; für Schiesszwecke
wurden hergestellt 2'^ 638 804 Pfund Schwarzpulver,
im Werte von 1452.-i77 Dollars, haaptsächhch in
Pennsylvanien, <Miio, Delaware und -Iowa.
Für letztere Mengen wurden verbraucht
8614 Tonen Kalisal|>eter,
147 810 Busheis Holzkohle,
1282 Tonen gereinigter Schwefel.
Die Znsammensetzung des amerikanischen Reh warz-
pulvers für Sclhessz wecke ist gewöhnlich
750/0 Kalisal]>etor, 15°/o Holzkohle, 10 "/d Schwefel
Kurz erwähnt sei noch Belgien mit der rühm-
liehst bekannten kgh Pulverfabrik von Cooppal & Co,
zu Wetteren bei Gand in Flandern, sowie Portugal
mit der staatlichen Schvvarzpulverfabrik in Barcarenaj
etwa 15 Kilometer nördlich von Lisf^nhon an der Linie
nach t-iutra.
Nachtrag.
L Schwarzpulyer.
Auf der L>üssi?ldürJfer Auästelhmg hatten die Koln-
liottweiler Fulverfaln-ikeii folgende Sorten Schwtirz-
jaüver ausgestellt :
Gevvehrpulver M. 7 L Neues deutsches Oe weh rpulver
M. 71/H4.
Fein körn iji^efi Gfisehützjjulver. Grobkörnigea CTOscliütz-
pulver 4 — 9 mm.
Deutsches grobkörniges Geschüt^palver. Braunp.s
grobkörniges Geschntzpulver 1 — 3 mm,
JSatzringpulver, Züuderpulver. Füll pulver. Pro-
gressivpulver. Mnsketpulvpr.
Spreugladungspiilver2— 4mm,6 — lOnunj lO-LHnim,
("Tranat|iulvpr (>. S. 10 — ^IB mni,
PulYert:ylin<ler für Helimpnela von 6, 8,&, 10, 14, 1d
und F) nnHj
Würielpulver von 10, lü, 20, 2r>mTn, braunes Würfel-
pulver von 10 mm.
Holländisches Gewehrpulver, holländisches WürfeF
pulver von 10 und If) mm.
OesterreicliischeHS, englisches, serbisches Pulver,
Hf*hwarze8 und braunes Prisnieu-Pulver.
Daneben war eine Zusönimenstellnng folgender Ge-
\vebre von Interesse :
— 110 —
Kaliber
Altes deutsches FeuersteiiinSchlnss-Gewehr 20,r> mm
Preuss. aptirtes Ziinthiadel-Gewelir 1870 15,4;^ „
Deutsches Gewehr M, TT 11, — ^
Englisches Snider-Gewchr 14/1 „
Belgisclies Albiüi-Gewehr 11, — „
Russisches Berdan-Gewelir 10,« „
Diesen Gewehren älterer Konstruktion waren als
moderne Gewehre gegenü hergestellt i
Türkei: Mauser-Gewehr Kaliber 7,«J5 nun
Transvaal: ^ „ „ 7,— „
Serbien: „ „ m T,— ^
England: Lee-Miti'ord Gewehr „ 7,?
Nordamerika: Spriugfield-Gewehr ^ 7,^2 ^
Luxemburg: Mauser-Gewehr ^ 6,0 ^
Bemerkenswert war aueli folgende Zusammen-
stellung von Kartuschen.
Kartusche für T,^ cm Fel4geacliiitz 0,4% feinkfjniiges Geschützpul ver
„ 8,7 „ " ,, l,ii ;, grobkörniges
Ka r t u s cl L Jf . 1 ^f, cm Kan . , La d 4 kg pris m . P ul V , 98 Prisin , ,C, H8 , seh w arz
„12
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J!
In OeMerrekthUngan} wird das zu Kriegszwecken
als Gewehr- und Goscliüt^pidver ]>ei*timmte Sclnvarz-
]>ulver teils iji der k. u. k, Pulverlal.vrik r.w 8tein hei
Laibach, teils in Privat werken erzeugt und es sind
gegenwärtig (nach Mansch ner) noch folgende Sorten
für Friedenszwecke in Gebrauch:
L das G e wehr pul ver M, 81, ein feinkörniges Pulver
(Korngrösse 0/>7 — 1,5 mm) jnit piner Korndiclite
von 1,E,;
— Itl -
2* das gcwulmticlie (ordinäre) Gf'soliützpulver, ein
feiukürniges Pulver (Korugrösse 1,2^1,-» mm),
Konidiehte l,«fl— l,e;
3. das Würfel pul ver mit würfelförmigen, jmHerten
Körnern ; hievon beiftelieii drei < Gattungen, welche
nach dt^r Soitenlünge des Würfels henamit wer-
den, vmd zwar:
a) das 7 mm WürlVlindver. Korndidite l.aru
h) , 13 „ „ „ l,e»,
c) „ 21 „ „ „ 1,75;
4. das wclnvarze, | tri smati sehe Pulver M. 80, bei
welchem jedes Ivorn <lie Form eines regelmilssigen,
i^eehöseitigen Prisnnus von 25 mm Hölie nnd 40 mm
Durohmesser besitzt und mit einem achsial an-
geordneten Kanal versehen ist, Kdj ndichte 1 ,ih — 1 ,fi ;
r>. das l>raune, jirbmatisehe Pulvf^r, M. H2. Korn-
didite Im — l,flii.
Die Sprengladung der Hohlgeschosse besteht in
Oest erreich
aus schwarxein Gewehrpulver:
bei den Sclirapnels und Aufseiilagschrapnels,
bei den 9 cm und 15 cm Stalilgrauaten,
aiis Cieachützpulvor:
bei den If) cm und 24 eni Hartgussgranaten,
bei den 24 cm, 28 cm und 50,5 cm Stahlgranaten,
aus dem später zu erwälmenden Ammonal:
bei der 10 cm Granate,
aus dem später zu erwilhnenden Ekrasit:
bei den Ekrasitgeschosseu,
In Ifalmi wird schwarzes Kornpulver und pris-
matisclies Pulver in den Staatsfabriken zu Fo.ssimo
und Scafati hergestellt.
In Frankreich- führt das braune prismatische Pulver
die Bezeiclnmngen
Bi, B2, Ba.
In Portugal ist ausser der staatlichen Scliwarz^
pulver-Fabriknoch zu erwähnen die CompanhiaAfricana
— 112 —
liu Polvora in \* alle de Milhavo, am linken Teju-lfer;
dip.*ielbe bat ein Aktienkapital von 350 Contos de Reis
(f'hx. lYi MillionBii Mark), fabriziert nur Schwarzpulver
und gehört ei nein Konsortium von Kaufleuten, die
FHktor<^*ien in Afrika besitzen; fast die ganze Pro-
duktion geht nac^h Angola.
IL Ammonpuker.
Pulver, in denen der Kalisalpeter durch Ammon-
j^alpeter ersetzt ist, werden neuerdings in Oesterreich
fal^riziert und verwendet.
Marschner*) sagt hierüber Folgendes:
Da;^ Animon])uIver, dessen Hauptbestandteil Am-
moniunnutrat ist und das hauptsächlich von der Firma
G, Uotli in Felixdorf hergestellt wird, ist in neuester
Zeit mit den modernen rauchschwachen Pulversorten
in Kunkurrenz getreten und zeichnet sich durch eme
grosse beüistische Leistungsfähigkeit bei massiger Bri-
sanz uml durch eine geringe Rauchentwicklung vor-
teilhaft aus. Drs Ammonpulver ist schwerer entzünd-
lich als das gewöhnhche Schwarzpulver, wie es über-
hau]>t auch unempfindhcher ist gegen mechanische
Einwirkungen, daher seine Herstellung und Versen-
dung weniger gefährlich sind als jene des kSchwarz-
pulvers. Das Präparat ist jedoch stark hygroskopiscli
und mUHs daher sowohl bei der Depositierung als
auch beim Elaborieren sorgfältig vor dem Zutritt von
Feuchtigkeit geschützt werden. Zu letzterem Zwecke
wird das Pulver in Form von hohlen Zyhndern ge-
]>resst unil zum Schutze gegen Feuchtigkeit mit einer
rmhülkmg aus jmraffiniertem Papier versehen, bevor
*) Lehrhurh df^r Waftenlehre, Banrl I, Seite 31.
— na —
OS in die metMlloiion Patrounihüheii eiii^elra^tni wird;
tlor weitere luVtdirhto Ab?^fhliii?s ist bei Metall imtrnneo
Ipit'ht tkirchxiiführeTi- Gröt^sere Scliwierigkoiten liietot
die dauernde Lagerung iles AiuniuuPulvere*; diet^e
kami nur iu eigfiis liiezu koiLstniierteii Oetasseii er-
folgen, weleht^ jeden Zutritt von Foiu^litigkeit ver-
hindern (Rittersehe (lefässe); die hisljerigen La^erunga-
versuche ia solchen (Jetassen haben die Stabilität dos
Präparates unzweifelhaft dargethan. Infolge der er-
wähnten Eigenschaften wird das Ammonpulver vor-
zugsweise bei jenen P>uerwaffen angewendet, welche
metallene Patronenhülsen führen (Handfeuerwaffen
und schnell feuernde Geschütze), da nur in diesem
Falle das Präparat vor dem Zutritt von Feuchtigkeit
vollständig geschützt werden kann. Um die Pulverladung
aus Ammonpulver sicher zur .Entzündung zu bringen,
ist eine stärkere Initial-Explosion nötig als beim ge-
wöhnhchen Schw^arzpulver. Zu diesem Zwecke wird
nebst dem Zündmittel (Kapsel) noch eine kleine
Quantität Schwarzpulver (Zündpulver) als Initialzün-
dung derart in die Patrone eingetragen, dass zunächst
diese von dem Feuerstahl des Zündmittels getroffen
wird, worauf die Entzündung der Pidverladung er-
folgt» Die neuesten mit diesem Pulver durchgeführten
Vorsuche haben überdies zur Verminderung des Zünd-
])ulver Quantums und somit auch zu einer noch ge-
ringeren Rauchentwicklung geführt.
Der Rauch des Ammon-Pulvers selbst ist dünn
und gleich verschwindend ; Rauch und Gase haben
weder einen unangenehmen Geruch noch eine schäd-
liche Wirkung. Der Rückstand ist ganz geringfügig
und leicht zu entfernen, so dass selbst beim schnellsten
Schi essen Lh de- An stände in Folge des Rückstandes
nicht auftreten. Die Regelung der Brisa.iz ist beim
Ammonpulver noch leichter durchzuführen als beim
Schwarzpulver und erfolgt ebenfalls durch Aenderung
der Dosierung, der Korngrösse und der Korndichte.
Die Gasspannungen steigeu normal und regelmässig
— 114 —
mit den (TeHcliwindi^koiton. Ein eij^^ontlielit^s Doto-
liieren ist bei der Natur des Amtuuii' Pulverte anygfr-
schlosnsen ; anders verhält sicli iedoch der Ammou-
salpeter l>ei Anwondimg starker Sprengkapseln; wir
erhalten dann einen l>rißanton Sprengstoft", von dem
später die Rede äein wird.
Als Treibmittel wird in Oesterreicli bauptsäeh-
lich sogenanntes
Animan-Kuidienpidvprundhrannet^Ammon-KonijKiIver
verwendet.
(
i
^ -' ■ - aiÄEBSSSSiSpMj-
YC 7ö2(o9
SiSOWIS
THE
UNlVERSrnrOFCAUFORNlAUlÄAR^