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THIS BOOK IS DUE ON THE DATE
INDICATED BELOW AND IS SUB-
JECT TO AN OVERDUE FINE AS
POSTED AT THE CIRCULATION
DESK.
Die
Forstinsekien Mitteleuropas
Ein Lehr- und Handbuch
von
K. Escherich,
Dr. med. et phil., o. ü. Professor an der Universität München.
Als Neuauflage von
Judelcli-Nitsche, Lehrbuch der mitteleuropäischen Forstinsektenkunde
bearbeitet.
Zweiter Band.
Spezieller Teil. Erste Abteilung.
Die „Urinsekten" (Anamerentoma und Thysanuroidea), die „Geradflügler'*
(Orthopteroidea und Amphibiotica), die„Netzflügler"(Neuropteroidea) und die Käfer
(Coleopteroidea). Systematik, Biologie, forstliches Verhalten und Bekämpfung.
Mit 335 Textabbildungen.
BERLIN
Verlagsbuchhandlung Paul Parey
Vorlag für Landwirtschaft, Gartenbau und Forstwesen
S\V. 11, Hedemannstraße 10 u. 11
1923.
Alle Rechte, auch das der Übersetzung, vorbehalten.
Dem Andenken
J. T. C Ratzeburgs,
des Altmeisters und Begründers
der
angewandten Entomologie.
Yorwort
Fast lo Jahre sind vergangen seit Erscheinen des ersten Bandes — Jahre
größter weltgeschichtHcher Ereignisse und Erschütterungen. Machten schon diese
eine längere geistige Konzentrierung unmöglich, so traten weitere Störungen ein
durch zweimalige Berufungen des Verfassers (nach Karlsruhe und nach München),
deren Begleiterscheinungen, wie die dadurch stets notwendige innere und äußere
Neueinstellung usw., längere Zeit die Bearbeitung der „Forstinsekten" in den
Hintergrund drängten. Dazu kamen noch andere Aufgaben, wie die Herausgabe
der 2. Auflage des Ameisenbuches, die Gründung der Zeitschrift für angewandte
Entomologie, der Ausbau der Deutschen Gesellschaft für angewandte Entomologie,
die Gründung des Forschungsinstitutes für angewandte Zoologie usw., die immer
und immer wieder kürzere oder längere Unterbrechungen der schon zu Anfang
19 14 begonnenen Arbeit am 2. Band bedingten. Die lange Pause im Erscheinen
des Werkes hatte aber auch ihr Gutes. Einmal ist der Verfasser in dieser Zeit
um viele Erfahrungen reicher geworden, sodann sind im letzten Dezennium eine
Reihe wichtiger Arbeiten erschienen, die noch Verwendung finden konnten.
Auch der 2. Band ist wie der erste von Grund auf neu bearbeitet. Dabei
habe ich in erster Linie nach möglichster Vollständigkeit und sodann
nach größter Übersichtlichkeit gestrebt. Alle irgendwie für den Forstmann
in Betracht kommenden Arten wurden berücksichtigt, auch solche, deren forst-
liche Bedeutung heute noch nicht klar ist, wenn bei ihnen nur die Möglichkeit
gegeben ist, daß sie bei der Erhaltung des organischen Gleichgewichtes bezw. der
Niederhaltung der Schädlinge irgend eine Rolle spielen können. Man findet daher
eine Reihe von Insekten, vor allem Käfer, genannt, behandelt und abgebildet,
die man sonst in forstentomologischen Büchern nicht zu suchen gewohnt ist.
Die Literatur wurde, insofern sie wesentliches enthält, in weitgehendstem
Maße berücksichtigt und am Schluß jedes größeren Abschnittes in alphabetischer
Reihenfolge aufgeführt. Um Wiederholungen zu vermeiden, sind die großen
forstentomologischen Werke nicht immer wieder in jedem Literaturverzeichnis be-
sonders genannt. Wo bei diesen Autorennamen in Klammer eine Seitenzahl bei-
gefügt ist, bezieht sich diese auf das Hauptwerk. Es handelt sich um die Werke
von Alt um (Forstzoologie Bd. HI, 1881), Barbey (Traite d'entom. forest. 1912),
Eckstein (Technik des Forstschutzes, 2, Aufl. 1915), Judeich-Nitsche (Lehr-
buch der mitteleuropäischen Forstinsekten 1895), Nüßlin (Leitfaden, 3. Aufl.
VI Vorwort.
1922), Nördlinger (Lebensweise von Forstkerfen, 1880), Ratzeburg (bei diesem
bedeutet ,,F." die Forstinsekten 2. Auflage, 1839, ^^^ n^-" ^^ Waldverderbnis, 1866).
Einige der wichtigsten Abschnitte, wie den über die Maikäfer und über
den Rüsselkäfer, habe ich an Kollegen zur Durchsicht gesandt, die besonders
große Erfahrungen auf diesen Gebieten besitzen, ersteren an Herrn Dr. Zweigelt
in Klosterneuburg, letzteren an Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. Eckstein in Ebers-
walde. Beide haben sich der Arbeit bereitwilligst unterzogen. Herr Dr. Zwei gelt
hat auch verschiedene noch unveröffentlichte Forschungsergebnisse beigefügt, so
daß die Darstellung über die Generation und Flugjahre der Maikäfer dem neuesten
Stand der Wissenschaft Rechnung trägt. Auch die Herren Prof. Dr. Wolff und
Dr. A. Krauße (Eberswalde), sowie Herr Forstmeister Fr.Scheidter (München)
haben mir einige Beobachtungen, vor allem über Borkenkäfer, zur Benützung
überlassen; letzterer hat außerdem den Text zur Bestimmungstabelle der Borken-
käfer zusammengestellt.
Die Übersichtlichkeit suchte ich durch scharfe Gliederung teils nach
systematischen, teils nach biologisch-forstlichen Gesichtspunkten, ferner durch je-
weilige Trennung des systematischen und biologischen Teils, durch möglichst
reichliche Anwendung dichotomischer Tabellen, durch verschiedene Druckarten usw.
so gut als irgend möglich zu erzielen.
, Eines der unerfreulichsten Kapitel ist die Nomenklatur, die heute bei-
nahe nicht mehr ein Mittel zur Verständigung darstellt, sondern sich im Gegen-
teil zu einem Mittel, die Verständigung möglichst zu erschweren und Verwirrung
zu stiften, ausgewachsen hat. Hat es z. B. irgend einen Zweck, die Maulwurfs-
grille, die seit urdenklichen Zeiten Gryllotalpa vulgaris geheißen hat, auf einmal
Curtilla gryllotalpa zu nennen? Ich stimme Handlirsch vollkommen zu, wenn
er sagt: ,,Nomenklatur ist nicht Selbstzweck, sondern nur ein Mittel zur Ver-
ständigung der Systematik, und muß daher der letzteren stets untergeordnet
bleiben. Die Nomenklaturregeln sollen die Aufstellung unnützer neuer Namen
tunlichst hintanhalten und Änderungen gebräuchlicher, alteingebürgerter
Namen nur in ganz exzeptionellen und unvermeidlichen Fällen ge-
statten." i) Ich habe diesen Standpunkt in dem 2. Band, soweit irgend möglich,
durchgeführt, in der Meinung, daß wir angewandten Zoologen in erhöhtem
Maße die Pflicht haben, uns von der sportmäßigen Handhabung der Nomen-
klatur fernzuhalten und alteingebürgerte Namen beizubehalten, solange keine ab-
solut zwingenden Gründe eine Änderung notwendig machen (siehe hierüber auch
meine Ausführungen im I. Band S. 397 — 401).
Großen Wert legte ich auch auf ein gutes und reiches Abbildungs-
material. Die meisten der in diesem Bande behandelten Insekten sind bildlich
dargestellt, ebenso wo irgend angängig die Fraßformen. Der größte Teil der
Abbildungen ist neu. Ich wurde dabei von allen Seiten in der liebenswürdigsten
und tatkräftigsten Weise unterstützt. In erster Linie nenne ich hier Herrn
*) Auch auf dem letzten internationalen Zoologenkongreß in Monaco (191 3) wurde dieser
Standpunkt vertreten.
Vorwort. VII
E. O. Engel, der, sowohl ausgezeichneter Entomologe als auch Kunstmaler, die
zahlreichen vorzüglichen Bilder der verschiedenen Orthopteren- und Coleopteren-
Imagines gezeichnet hat. Sodann erhielt ich eine Reihe sehr schöner photo-
graphischer Vorlagen (hauptsächlich Fraßbilder von Rüssel- und Borkenkäfern)
von Herrn Forstmeister Franz Scheidter; an der Herstellung der photo-
grapischen Aufnahmen beteiligten sich ferner Herr Präparator Seiff und mein
ehemaliger Schüler Pillai. Verschiedene Zeichnungen verdanke ich des weiteren
Herrn Priv.-Doz. Dr. M. Dingler (vor allem die Übersichtsbilder Abb. 265 u. 288),
Herrn Prof. Dr. Zirngiebel (Abb. 45) und Herrn Dr. Liebermann. Einige
Autoren haben mir von ihren bereits veröffentlichten Abbildungen die Vorlagen
zur Herstellung der Klischees überlassen, wie Herr Professor Dr. J. Trägärdh,
Herr Dr. Kemner und Herr Dr. Spessivtseff (sämtliche an der schwedischen
Versuchsstation) und Professor Seitner in Wien.
Ganz wesentlich gefördert wurde die bildliche Ausstattung noch dadurch,
daß uns von verschiedenen Seiten die wertvollen Klischees selbst überlassen
wurden, so von Herrn Professor Dr. J. Trägärdh, der die Klischees zu den
Abbildungen 199 A, 202, 212 A, 212 B, 266, 267, 268, 269 A und 269 B
lieferte, von Herrn Forstmeister Scheidter, dem wir die Klischees zu den Ab-
bildungen 161 A— C, 193 A, 253, 254, 255, 314, 315, 317 und 318 verdanken
und von der forstlichen Versuchsanstalt in Zürich, die uns die Klischees
zu der Abbildung 285 zur Verfügung stellte.
Natürlich gebot die gegenwärtige große Not Deutschlands überall, wo
bereits einigermaßen brauchbare Abbildungen in anderen, vor allem im gleichen
Verlag erschienenen Werken vorhanden waren, diese soviel als möglich zu ver-
wenden, selbst da, wo mir bessere Bilder zur Verfügung gestanden wären bezw.
es ein Leichtes gewesen wäre, nach vorhandenen Fraßstücken bessere Vorlagen
herzustellen. So wird man eine größere Anzahl bereits bekannter Abbildungen
aus dem Nüßlinschen Leitfaden, der Ecksteinschen „Forstzoologie" und vor
allem aus den Koch sehen Bestimmungstabellen hier wieder finden.
Wenn trotz der vielen Mühe, die auf das Werk verwendet ist, trotz des
ehrlichen Strebens des Verfassers, überall größte Objektivität zu wahren, trotz der
reichen Unterstützung von allen Seiten und trotz der großen Opfer, die der
Verlag gebracht hat, manche Mängel dem Buch anhaften, so möge man erstens
den ungeheuren Stoff berücksichtigen, der zu bewältigen war, und zweitens
die traurigen Zeitumstände in Deutschland, die auch auf die geistige Arbeit ihre
Schatten geworfen und die helle Begeisterung, die ehemals unsere Arbeit erfüllte,
etwas gedämpft haben.
Ich hoffe aber trotzdem mit dem 2. Band ein dem modernen Geiste unserer
Wissenschaft entsprechendes Werk geschaffen zu haben, in dem sowohl der Prak-
tiker über alle ihn berührenden Fragen Aufschluß findet, als auch der wissen-
schaftlich arbeitende Zoologe und vor allem der angewandte Entomologe Anregung
zu neuen Forschungen erhalten wird. Möge der 2. Band die gleiche günstige
Aufnahme finden wie der erste!
VlII Vorwort.
Hier sei mir gestattet, einen Gedanken auszusprechen, der mich schon bei
der Bearbeitung dieses Bandes oft bewegt hat und mich in der letzten Zeit
geradezu mit schwerer Sorge erfüllt — die Frage nämlich, ob es uns gelingen
wird, angesichts der traurigen Zustände unseres Vaterlandes die führende Stellung,
die wir seit Ratzeburg in der Forstentomologie unbestritten innehatten, auch
fernerhin zu bewahren? Die Sorge ist für den, der scharf zu sehen vermag,
glaube ich, nicht unberechtigt. Man beachte nur die ausgezeichneten Leistungen
der schwedischen angewandten Entomologen unter Führung Trägärdhs, die im
vorliegenden Bande augenfällig in Erscheinung treten! Mit verdoppelter Kraft
arbeiten, nicht in Kleinlichkeiten sich verlieren, den Blick auf große Ziele
richten, die tieferen Zusammenhänge in der Lebensgemeinschaft des Waldes und
deren Abhängigkeit von äußeren Faktoren zu erkennen suchen — so lautet die
Forderung des Tages ! Dies rufe ich vor allem der jüngeren Generation in unserer
Wissenschaft zu!
Es obliegt mir nur noch die angenehme Pflicht, allen den oben genannten
Kollegen, die am Zustandekommen des Werkes teilhaben, meinen herzlichsten
Dank für ihre treue, uneigennützige Mitarbeit auszusprechen. Ganz besonderen
Dank schulde ich noch Herrn Priv.-Doz. Dr. M. Dingler und Herrn Präparator
W. Seiff, die mich beim Lesen der Korrekturen stets hilfsbereit unterstützt und
die sich außerdem der großen Mühe der Herstellung des umfangreichen Registers
unterzogen haben.
Endlich habe ich noch zu danken dem Verleger, der trotz der schwierigen
Zeitverhältnisse das Werk in so würdiger Ausstattung herausgegeben hat und
dessen Unternehmermut aufrichtige Bewunderung verdient.
München, zur Zeit der Sonnenwende 1923.
K. Escherich.
Inhalt des zweiten Bandes.
Seite
I. Unterklasse: Anamerentoma ^
Ordnung : Collembola (Springschwänze) '
II. Unterklasse: Holomerentoma 3
Ordnungsgruppe Thysannroidea 3
Ordnungsgruppe Orthopteroidea 3
1. Ordnunsr: Orthoptera s str 3
Familie Acridiidae (Feldheuschrecken) 4
Familie Locustidae (Laubheuschrecken) lo
Familie Gryllidae (Grillen) ^3
Literatur über die Orthoptera ^9
2. Ordnung: Dermaptera (Ohrwürmer) 20
Literatur über die Dermaptera 21
3. Ordnung: Oothecaria (Schaben» 21
4. Ordnung: Corrodentia ^^
Unterordnung Isoptera (Termiten) 22
Unterordnung Copeognatha (Holz- oder Rindenläuse) 25
Unterordnung Mallophaga (Pelziresser, Haarlinge, Federlinge) 25
Unterordnung Anoplura (Läuse) • • 20
5. Ordnung: Thysanoptera (Physopoda, Blasenfüße) 27
Ordnungsgruppe Amphibiotica 27
Ordnung Odonata (Libellen) 20
Ordnungsgruppe Neuropteroidea (Netzflügler) 29
Ordnungsgruppe Coleopteroidea 35
Ordnung Coleoptera (Käfer) 35
Allgemeines • ' 35
System ^^
1. Familienreihe: Caraboidea 39
Familie Cicindelidae (Sandkäfer) 39
Familie Carabidae (Laufkäfer) 4"
Nützliche räuberische Arten 4^
Schädliche Arten . 4»
LiteraUir über die Caraboidea • • 47
2. Familienreihe: Staphylinoidea 47
Familie S taphylinidae (Kurzfiügler) 4/
Familie Silphidae (Aaskäfer) 49
Familie Histeridae (Stutzkäfer) 5°
3. Familienreihe: Lamellicornia 52
Allgemeines . 52
Familie Lucanidae (Hirschkäfer) 53
Familie Scarabaeidae (Blatthornkäfer) 54
Unterfamilie Coprophaginae (Dungkäfer) 55
Unterfamilie Melolonthinae 5«
Gattungsgruppe Melolonthini 5"
Gattung Melolontha (Maikäfer) 57
Charakteristik 57
Vorkommen und Lebensweise oo
Generation und Flugjahre 73
Natürliche Vermehiungsbeschränkung 7 8
Forstliche Bedeutung -» . . . 81
Erkennung ^4
Vorbeugung 5
Bekämpfung von Massenvermehrungen 00
Polyphylla fullo (Walker) J 102
Gattung Rhizotrogus ^°5
Gattung Anoxia ' • '^^
Gattungsgruppe Sericini '°°
Gattungsgruppe Rutelini "^
Inhalt des zweiten Bandes.
'Seite
Gattungsgruppe Hopliini II2
Gattungsgruppe Cetoniini (Goldkäfer) 113
G.ittungsgruppe Trichiini (Pinselkäfer) 114
Gattungsgruppe Valgini 114
Gattungsgruppe Dynastini ( Riesenkäter) 114
Literatur über die Lamellicomia 114
Familienreihe: Diversicornia 116
Allgemeines und systematische Übersicht 116
Familiengruppe Clavicornia II7
A. Forstlich indifferente Arten (täuschende Forstinsekten) . . . . 118
B. Räuberische (forstnützliche) Arten . . . 1 1 8
Familie Ostomidae. . 120
Familie Nitidulidae 120
Familie Cucujidae 120
Familie Colydiidae 121
Familie Coccinellidae 121
Literatur über Clavicornia 126
Familiengruppe Sternoxia 128
Allgemeines und systematische Übersicht 128
Familie Buprestidae (Prachtkäfer) 129
Allgemeines 129
Systematische Übersicht 132
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten . . . 133
A. In Nadelholz 133
B. In Laubholz 139
Familie Eucnemidae 150
Literatur über Buprestidae und Eucnemidae 151
Familie Elateridae (Schnellkäfer) 152
Allgemeines . 152
Systematische Übersicht über die Imagines 156
Übersicht über die verschiedenen Larvenformen 158
Forstliches Verhalten 159
I. Elateriden als Pflanzenfresser 161
IL Elateriden als Räuber 165
Literatur über Elateriden 167
Familiengruppe Malacoder mata 167
Familie Cantharidae 168
Familie Lym exy lonidae 169
Literatur über Malacodermata 176
Familiengruppe Teredilia 177
Familie Cleridae 177
Familie Anobiidae 183
Systematische Übersicht 183
Biologisch forstliches Verhalten der einzelnen Arten 186
Literatur über Teredilia ' 193
Familienreilie: Heteromera 193
Systematische Übersicht . 194
Biologie und forstliches Verhalten der ein/.elnen Arten 196
Blattfresser 196
Wurzelfresser 200
Holzfresser . . 202
Pilzfresser .... 204
Larvenräuber 204
Literatur über Heteromera 295.
Familienreilie: Phytophaga 206
Familie Cerambycidae (Bockkäfer) 207
Allgemeines und Übersicht über die Larven . 207
Systematische Übersicht 213
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten 220
I. Nadelholzbockkäfer 221
A. In lebendem oder frisch gefälltem saftreichen Holz . . . . 221
B. In abgestorbenem saftarmen Holz 232
II. Laubholzböcke 242
Inhalt des /.weiten Bandes. XI
Seite
A. In stehendem oder frisch gefälltem Holz 242
B. In abgestorbenem, saftarmem oder trockenem Holz .... 268
Literatur über Cerambyciden 270
P'aniilie Chrysomelidae (Blattkäfer) 271
Systematische Übersicht •. . . 272
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten 276
An Weiden und Pappeln 276
An Birken ...... 286
An Erlen 286
An Ulmen 289
An Eiche 292
An Kiefern 294
Anhang: Der Koloradokäfer 296
Literatur über Chrysomeliden 298
Lamilie Bruch idae (Lanidae) 299
7. Familienreihe: Rhynchopiiora 300
Systematische Übersicht 300
1. FamilieAnthribidae . . . 301
2. Familie Nemonychidae 301
3. Familie Curculionidae (Rüsselkäfer) 302
I, Abteilung : Orthoceri 303
Unterfamilie Rhynchitinae (Blattroller) 303
1. Blattroller ohne Blattschnitt 305
2. Blattroller mit Blattschnitt 306
Unterfamilie Apioninae (Spitzmäuschen) 309
Literatur über Rhynchitinae 309
11. Abteilung: Gonatoceri 310
Kurzrüßler (Curculionides) 310
Systematische Übersicht 310
Biologie und forsüiches Verhalten ... 315
Literatur über Kurzrüßler . .• 333
Langrüfiler (Rynchaenides) 334
Systematische Übersicht 334
Biologie und forstliches Verhalten 341
Hylobius abietis (der große braune Rüsselkäfer) .... 342
Vorkommen und Lebensweise 342
Fortpflanzung . . 347
Forstliche Bedeutung 355
Natürliche Feinde 356
Bekämpfung 359
Literatur über Hylobius 378
Cleonus glaucus 381
Gattung Pissodes 381
Allgemeines 381
Die einzelnen Arten 388
Literatur über Pissodes 404
Gattung Cryptorrhynchus .... 406
Gattung Magdalis 411
Gattung Orchestes 415
Gattung Cionus 418
Die Gattungen Anthonomus, Brachonyx und Balaninus . . 420
Die Gattungen Cossonus, Rhyncolus und Calandra . . 423
Literatur (von Cryptorrhynchus bis Calandra) 426
4. Familie: Ipidae (Scolytidae, Borkenkäfer). . . 427
Allgemeines 427
Vorkommen 430
Familienleben und Fraßbilder . . 431
Fortpflanzung 437
Generation • 442
Larvren- und Käferfraß 444
Forstliche Bedeutung 447
Natürliche Beschränkung der Borkenkäfervermehrung 448
Erkennung 453
Vorbeugung und Abwehr 454
XII Inhalt des zweiten Bandes.
heite
Das System 459
Geschichtliches .... 459
Das System Nüßlins 4.60
Bestimmungstabelle ' 472
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten 489
I. Rmdenbrüter 489
A. An Laubholz . . . ' 489
Rindenbrüter an Birke 489
Rindenbrüter an Ulme 492
Rindenbrüter an Esche 499
Rindenbrüter an Eiche 506
Rindenbrüter an Rotbuche . . 510
Rindenbrüter an Obstbäumen 511
Rindenbrüter an Hainbuche 515
Rindenbrüter an Ahorn 516
Anhang: Rindenbrüter an verschiedenen anderen Laubpflanzen . . 517
B. Nadelholz
Rindenbrüter an Kiefer
Vorzugsweise im Stamm 519
Vorzugsweise in Ästen, Zweigen und jungen Pflanzen .... 547
Sowohl im Stamm als in den Zweigen, als Raumparasit . . . 556
Rindenbrüter an Fichte 557
Vorzugsweise im Stamm 557
Vorzugsweise in Ästen, Zweigen oder jungen Pflanzen .... 600
Sowohl im Stamm als in den Zweigen, als Raumparasit . . . 602
Rindenbrüter an Tanne 604
Rindenbrüter an Lärche 614
Rindenbrüter an Juniperus .618
IL Wurzelbrüter ... 619
III. Holzbrüter ... ... 622
A. Die Fraßgänge stellen Leitergänge dar 624
B. Die Fraßgänge stellen Familiengänge dar 629
C. Die Fraßgänge stellen Gabelgänge dar 630
5. Familie: Platypodidae ... 637
Literatur über Borkenkäfer . 641
Sachregister 647
Autorenregister . 660
Druckfehlerverzeichnis . . 663
Abkürzungen von Zeitschriften.
A. F. u J. Z. = Allgemeine Forst- und Jagdzeitung.
AUg. Z. f. Ent. = Allgemeine Zeitschrift für Entomologie.
D. F. = Deutsche Forst-Zeitung.
Forstl. Bl. = Forsdiche Blätter.
F. N. Z. := Forstlich-naturwissenschaftliche Zeitschrift.
F. Zbl. = Forstwissenschaftliches Zentralblatt.
Ent. Bl. = Entomologische Blätter.
N. Z. f. L. u. F. = Naturwissenschafdiche Zeitschrift für Land- und Forstwirtschaft.
Ost. F. = Österreichische Forst- und Jagdzeitung.
Pfeils kr. Bl. = Pfeils kritische Blätter.
Pr. Bl. f. Pfl. = Praktische Blätter für Pflanzenschutz.
Schweiz. Z. f. Y. = Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen.
Thar. J. od. Thar. f. J. = Tharandter forstliches Jahrbuch.
Vereinsschr. Böhm. F. V. = Vereinsschrift des Böhmischen Forstvereins
Z. f. ang. Ent. = Zeitschrift für angewandte Entomologie.
Z. f. d. g. F. = Zeitschrift für das gesamte Forstwesen
Z, f. F. u. J. = Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen.
Z. f. Pflkr. ^ Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten.
Z. f. w. Ins.-Biol. = Zeitschrift für wissenschaftliche Insektenbiologie.
I, Unterklasse: Anamerentoma. ')
Die Anamerentoma umfassen eine kleine Gruppe niederster Insekten, die
vor allem dadurch charakterisiert sind, daß sie das Ei nicht mit der vollen
Segmentzahl (ii — 12 Hinterleibsegmente) verlassen, und daß die Mundteile durch
Vorwuchern einer Mundfalte vollkommen in die Kopfkapsel verlagert („entotroph")
sind. Sie sind ferner stets primär flügellos und besitzen weder StyH noch Cerci.
Die Segmentzahl kann entweder postembryonal durch einen besonderen
Teilungsvorgang noch erhöht werden (auf die Normalzahl), oder aber die geringe
Segmentzahl bleibt zeitlebens erhalten. Darnach unterscheiden wir 2 Ordnungen,
nämlich :
Protura: winzige, glasartig durchsichtige Tierchen, die in ausgewachsenem Zustand
12 Abdominalsegmente besitzen (leben unter Rinde usw.), und
Collembola : Abdomen zeitlebens mit höchstens 6 Segmenten, meist mit Sprunggabel
versehen.
Uns interessieren nur die Collembolen, die ihres Sprungvermögens halber
auch als Springschwänze bezeichnet werden.
Ordnung Collembola (Springschwänze).
Das große Heer der Collembolen läßt sich in zwei Unterordnungen einteilen :
I. Unterordnung Arthropleona: Körper zylindrisch, Abdomen deutlich segmentiert,
häufig mit Springapparat ; ohne Tracheensystem. Hierher gehört die Familie der Poduriden
(Körper plump, Kopf prognath, Springapparat vorhanden oder reduziert) und die Familie der
Entomobryiden (Körper schlank, Kopf schräg geneigt, Springapparat stets vorhanden) (Abb. i a).
a Isotoma fimetaria L. (nach Börner aus b Sminthurus pruinosus TuUb. (nach Folsom
Reh). Stark vergrößert. aus Reh). Stark vergrößert.
*) Monographische Darstellungen: Börner, C, 1901, Zur Kenntnis der Apterygotenfauna
von Bremen und Nachbardistrikte. In: Abhandlungen Nat. Verein Bremen 1901, Bd. 17,
S. I — 140, 2 Taf., 64 Fig. — Börner, C, 1906, Das System der Collembolen. In: Mitt.
Nat. Mus. Hamburg 1906, XXIII. — Prell, H., 1913, Das Chitinskelett von Ecsentomon
(Protura). In: Zoologica Heft 64, 1913. — Schaff er, C., 1896, Die Collembolen der Um-
gebung von Hamburg und benachbarter Gebiete. In: Mitt. Nat. Mus. Hambuig 1896, XIII.
Escherich, Forstipsekten. II. Bd. I
2 I. Unterklasse Anamerentoma.
2. Unterordnung 5«/wj9^eo/7a (Kugelspringschwänze) : Körper kugelig, Abdominalsegmente
meist verwachsen; stets mit Springapparat; mit Tracheensystem. Die bekannteste Gattung der
Sympleona ist Sminthurus (Abb. i b).
Bezüglich ihres Vorkommens stimmen die meisten CoUembolen darin
überein, daß sie mit Vorliebe an feuchten Orten sich aufhalter, unter Rinde, in
moderndem Holze, in Moos usw. In ganz urgeheueren Mengen finden sie
sich oft in der Waldstreu i), einige Arten finden sich am Ufer von Tümpeln und
Bächen, Podura aquatica L. kommt bisweilen in großen Mengen auf der Oberfläche
von ruhigen Lachen vor. Entomobrya nivalis L. tritt öfters mitten im Winter auf
dem Schnee auf, und Isotoma salta?ts Ag. (Gletscherfloh) ist einer der wenigen Be-
wohner der Alpengletscher.
Ihre Nahrung besteht aus allen möglichen vegetabilischen Substanzen, vor
allem ausModer und Pilzen; doch auchHolz verschmähen sie nicht und endlich
greifen sie mitunter auch lebende Pflanzensubstanz an, wodurch sie schäd-
lich werden können. Namentlich haben junge Pflanzen darunter zu leiden,
deren Epidermis oft an großen Stellen völlig abgefressen wird. — „An dicken
fleischigen Gebilden, wie Samenlappen, und an saftigen Wurzeln fressen sie mehr
oder minder tiefe Löcher. An älteren Pflanzen können sie dagegen, wenigstens
oberirdisch, selten ernstlich schaden. Die Mengen, in denen die Springschwänze
auftreten können, sind manchmal ganz ungeheuer. Hat man doch schon beob-
achtet, daß ein Mistbeet einen halben Zoll hoch von ihnen bedeckt war" (Reh).
Hauptsächlich betrifft der Schaden die Landwirtschaft, vor allem den
Gemüsebau, doch haben einige Arten sich auch forstlich bemerkbar ge-
macht. In letzterer Beziehung sind vor allem die Gattungen Entomobrya und
SminthuTus zu nennen : Entomobrya nivalis L. wurde zahlreich auf jungen vom Frost
beschädigten, verwelkenden und mit Pilzen bewachsenen Edeltannen beobachtet
(Reh S. 141); und eine Sminthurus- kxi hat nach Ritzema Bos'-^) eine große
Kiefernkultur durch Abfressen der Cotyledonen zum Absterben
gebracht.
Als Gegenmittel wurden die Pflanzen mit Ruß bestreut, der die Tiere wirk-
sam abhielt; doch war die Wirkung nicht von langer Dauer, da der Ruß bald
verweht oder durch Regen weggeschwemmt wurde.
^) Pillai, 1920, Beiträge zur Kenntnis der Fauna der Waldstreu. In: Zeit. f. angew.
Ent. Bd. VII.
■*} Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten Bd, I, 1891, S. 351.
II. Unterklasse: Holomerentoma.
Die Holomerentoma umfassen alle übrigen Insekten (9 Ordnungsgruppen), die
sich schon dadurch als höher stehend erweisen, daß sie das Ei mit vollständiger
Segmentzahl verlassen. Die Mundgliedmaßen sind meist frei („ektotroph").
^f'^s^S'^'^.
Ordnungsgruppe Thysanuroidea. ^)
Die Thysanuren haben mit den vorigen (Collembolen) die primäre F lügellosigkeit
gemeinsam ; sie wurden deshalb auch früher mit den Collembolen zu der Ordnung der Äpterygoten
vereinigt; doch die gleich von Anfang existierende normale Segmentzabl, der Besitz von Styli
und Cerci lassen die vorgenommene Trennung und die Stellung zu den höheren Insekten wohl
gerechtfertigt erscheinen.
Die bekanntesten Formen der Thysanuren sind die Machiliden, ziemlich
große, braun beschuppte Tiere mit seitlich kompriraieitem Körper, die besonders
auf trockenem steinigem Boden vorkommen und wegen
ihres Springvermögens auch als „Felsenspringer" oder
„St ein hüpf er" bezeichnet werden, — und sodann die
Lepismatiden, äußerst flinke, flach gestaltete Tiere ohne
Sprungvermögen, deren häufigster Vertreter (/.<?/> /j»?« saccharina
L.) infolge der silberglänzenden Beschuppung als „Silber-
fischchen" allgemein bekannt ist (Abb. 2).
Letztere halten sich vornehmlich in den Häusern auf,
wo sie tagsüber in Ritzen und engen Spalten verborgen
bleiben, um des Nachts der Nahrung nachzugehen, die sie
gewöhnlich unter den Vorräten der Speisekammern (daher
auch der Name „Zuckergast') suchen. Doch gehen sie mit-
unter auch an Papier, Lederwaren und Wollstoffe, die sie
durch Benagen beschädigen können. Auch Naturalien-
sammlungen und Herbarien werden von den Silber-
fischchen häufig heimgesucht und beschädigt.
Ordnungsgruppe Orthopteroidea.
Abb. 2.
Lepisma saccharina L.
Die Ordnungsgruppe der Orthopteroidea umschließt eine ganze (Zuckergast).
Reihe recht abweichender Ordnungen, die nur in den kauenden
Mundwerkzeugen (nur in seltenen Fällen saugend), dem freien Prothorax und der un-
vollkommenen Verwandlung (EpimorphoseJ Übereinstimmung zeigen.
Wir unterscheiden 7 Ordnungen: Orthoptera s. str, (Heuschrecken und
Grillen), Phasmoidea (Stabheuschrecken), Dermaptera (Ohrwürmer), Oothecaria (Schaben
^) Monographische Darstellungen : Escherich, K., Das System der Lepismatiden. Stutt-
gart 1902. — Verhoeff, C, Über F'elsenspringer [Machiloidea). Verschi :;dene Aufsätze in:
Zoolog. Anzeiger 1900 und Allgem. Zeit. f. Entomol. 1912.
I*
A Ordnung Orthopteia.
und Fangheuschrecken), Corrodentia (Termiten, Holzläuse, Federlinge und echte
Läuse), Jhysanoptera (Blasen fuße) und endlich die Embidiaria. Für uns haben
nur die Oiihoptera s. Str. größeres Interesse; die meisten der übrigen haben
forstlich (wenigstens in unserem Faunengebiet) nur eine sehr geringe Bedeutung,
so daß wir sie nur kurz zu besprechen brauchen, einige [Phasmoidea, Embidiaria)
sind forstlich gänzlich indifferent und können ganz außer acht gelassen werden.
1, Ordnung: Orthoptera s. str.
Die Orthoptera s. str. sind meist große bis mittelgroße Formen, mit seitlich kompri-
miertem oder walzenförmigem Körper, kräftig chitinisiertem Hautskelett, mit kräftigen beißenden
Mundwerkzeugen, meist mit 2 Paar Flügeln, von denen das vordere Paar stärker chitinisiert und
als Flügeldecken ausgebildet ist. Die Hinterbeine stellen typische Sprungbeine mit
verdickten Schenkeln dar. Die Männchen sind durchgehends mit Tonapparaten (Stridulations-
organen) ausgestattet. Die Nahrung besteht sowohl aus pflanzlichen als auch aus tierischen Stoffen.
Die drei Familien der Orthoptera sind unter dem Namen Feld- und
Laubheuschrecken und Grillen allgemein bekannt.
Familie Acridiidae (Feldheuschrecken).
Körper seitlich zusammengedrückt. Fühler kräftig, nur wenig länger als der
Kopf, höchstens 25 gliedrig, Legescheide des 5 kurz. Tonerzeugung durchstreichen der Hinter-
schenkel gegen die vorspringenden Flügeldeckenleisten. Gehörorgan (Trommelfell) an den Seiten
des I. Htlbs.-Segmentes.
Die Feldheuschrecken halten sich mit Vorliebe auf dem mit niederen
Pflanzen, namentlich mit Gräsern, Kräutern und niederem Gestrüpp bewachsenen
Abb. 3. Kopulierende Feldheuschrecken. Das (j' sitzt auf dem 5. Aus Bücher.
Boden der Felder, Gärten und Wiesen auf; im Walde finden sie sich ge-
wöhnlich nur da, wo ausgedehnte Kulturen und Saaten vorhanden
sind. Sie sind in erster Linie Pflanzenfresser und ziehen die zarten Pflanzen-
teile vor, doch nehmen sie auch alle härteren Pflanzenteile an und gehen in der
Not sogar an die Holz- und Rindensubstanz. In abgeweideten Gegenden sah
man sie die harten Baumrinden befallen und sogar Löcher in zufällig herum-
liegendes Leinenzeug fressen (Ratzeburg).
Die Begattung, der ein längeres Zirpkonzert vorhergegangen, findet ge-
wöhnlich im Spätsommer imd Herbst statt. Das Männchen sitzt dabei auf
dem Weibchen und krümmt seinen Hinterleib unter den des letzteren (Abb. 3).
Familie Acridiidae (Feldheuschrecken). -
Die Begattung dauert mitunter sehr lange, 12 — 24 Stunden. Bald nach der Be-
gattung, oft wenn das Männchen noch auf dem Weibchen sitzt (Bd. I, Fig. 128,
S. 135) folgt die Eiablage, wozu das Weibchen sich einen lockeren, grasreichen
Boden aussucht. Es bohrt dabei seinen Hinterleib mit Hilfe der daran befind-
lichen Anhänge in den Boden (Abb. 4) — die Bohrwirkung wird abwechselnd
durch Einpressen von Blut in den Hinterleib unterstützt — und legt dann,
während es gleichzeitig Schaum aus der Legeröhre abscheidet, die Eier, 30 bis
50 an der Zahl, auf den Grund der so hergestellten Röhre ab, um endlich das
Loch mit einem Schaumpfropf oder mit Erde zu verschließen.
Bei den meisten Arten überwintern die Eier, und zwar normalerweise ein-
mal ; unter ungünstigen Verhältnissen (zu große Trockenheit im Frühjahr) aber
können sie auch mehrere Winter in der Erde ruhen. Der Zeitpunkt des Aus-
kriechens im Frühjahr hängt von der Temperatur ab. Die Eihülle wird mit Hilfe
einer Kopfblase (siehe Bd. I, S. 170) gesprengt; auf die gleiche Weise arbeiten
sich die jungen Larven nach
der Oberfläche durch. Die letz-
teren (auch „Hüpfer" genannt)
sind ihren Eltern schon ganz ähn-
lich. Der Hauptunterschied be-
steht (außer der Kleinheit) in
dem Mangel der Flügel, die erst
im Laufe der Larvenentwicklung
hervorsprossen und mit jeder Häu-
tung (im ganzen machen die
Larven durchschnittlich 5 Häu-
tungen durch) größer werden. Zu
beachten ist dabei, daß bis zum
letzten Stadium die Hinterflügel
über den Vorderftügeln liegen und
erst nach der letzten Häutung die
Umlagerung der Flügel stattfindet
(ein gutes Unterscheidungsmerk-
mal zwischen Larve und Imago).
Einer der merkwürdigsten
Züge im Leben der Feldheu-
schrecken ist die Gewohnheit des Wandern s, die einer Reihe von Arten, die
deshalb als Wanderheuschrecken bezeichnet werden, eigentümlich ist. Für
unser Faunengebiet kommen nur wenige wandernde Arten in Betracht, und auch
diese spielen bei uns nur eine untergeordnete oder vielmehr nur gelegentliche
Rolle gegenüber der ungeheuren Bedeutung, die ihnen in den südlichen und
östlichen Ländern zukommt. Wir wollen daher die Erscheinung des Wanderns
hier nur kurz andeuten, wobei wir uns hauptsächlich an Rehs ausgezeichnete
Schilderung (in seinem Handbuch) halten.
Die Heimat der Wanderheuschrecken liegt in öden, mehr oder weniger
unfruchtbaren, sandigen, vorwiegend mit trockenem Grase bestandenen, fast baum-
losen Gebieten. In Europa sind es namentlich die Küstengebiete des Mittel-
meeres, des Schwarzen und Kaspischen Meeres. Von da aus unternehmen sie
ihre Wanderungen, entweder in kleineren lokalen Flügen oder in großen echten
Wanderzügen, die unglaubliche Dimensionen annehmen und aus Milliarden Indi-
viduen bestehen. Die großen Züge können sich sehr weit ausdehnen ; haben sie
sich doch schon mehrfach bis nach Deutschland, ja noch weiter nördlich
Abb. 4. Weibchen einer Feldheuschrecke bei der
Eiablage. Der Hinterleib ist ganz in die Erde ein-
ben. (7; nat. Gr.) Bauer phot. Aus Bücher.
Ordnung Orthoptera.
bis nach Schweden und England erstreckt [Pachytylus migratorius). Aller-
dings werden sie infolge Zersplitterung und der auf der Wanderung eintretenden
Verluste immer individuenärmer und lösen sich schließlich in vereinzelte Indi-
viduen auf. Daß da, wo die großen Züge einfallen, die gesamte Vegetation in
wenigen Stunden radikal vernichtet wird, ist ohne weiteres klar.
Das Wandern findet vorwiegend bei Tage, am liebsten bei Sonnenschein
und Wind (Geflügelte) statt. Kaltes regnerisches Wetter unterbricht es, ebenso
Verdeckung der Sonne durch Wolken oder plötzliche Windstille, bei der die
Geflügelten einfach herabfallen sollen. Die Geschwindigkeit der Wanderzüge ist
sehr verschieden, je nach der Art und dem Alter der wandernden Tiere. Die
flügellosen „Hüpfer", die an den Boden gebunden sind, können in ihrer ersten Jugend
kaum I — 2 km den Tag zurücklegen, in älteren Stadien ebensoviel in der Stunde,
während bei den Geflügelten Geschwindigkeiten bis zu 95 km die Stunde (aller-
dings nur bei starkem Winde) beobachtet worden sind. La Baume beobachtete
in Kleinasien für die Hüpfer (von Slauronotus maroccanus)
ein wesentlich langsameres Tempo: ein Zug legte während
der ganzen Dauer des Larvenlebens (ca. 8 Wochen) nur
7 — 800 m zurück, doch sollen von anderer Seite auch
wesentlich größere Gesamtraarschleistungen von 5 — 20 km
festgestellt worden sein (s. Bücher 19 18).
Die forstliche Bedeutung der Feldheu-
schrecken ist in unserem Faunengebiet im all-
gemeinen gering; wenn sie sich auch dem Forstmanne
schon manchmal recht unangenehm durch Entlaubung
und durch Abfressen von Keimlingen usw. bemerkbar
gemacht haben, so handelt es sich immer nur um Einzel-
fälle. — In landwirtschaftlicher Beziehung dagegen ge-
hören sie (wenigstens in den südlichen Ländern) zu den
schlimmsten Schädlingen, die ungeheure Katastrophen
verursachen können (Wanderheuschrecken).
Bei der natürlichen Beschränkung der Ver-
mehrung der Feldheuschrecken, vor allem der Wander-
heuschrecken sind verschiedene Faktoren wirksam. Sehr
empfindlich sind die Heuschrecken gegen Witterungs-
einflüsse, vor allem gegen Nässe, in deren Gefolge eine
Reihe von Krankheiten auftreten. Besonders stellen sich Mykosen ein, die
durch Empusa grylti, Isaria destructor^ Lachnidiiim acridiorum oder Spototrichum
(s. Bd. I, S. 258 — 284) verursacht werden. Die pilzkranken {Empusa, Lachnidium)
Tiere sind daran zu erkeunen, daß sie zunächst träge werden und dann an
Gräsern usw. emporklettern, wo sie, mit den Füßen festgeklammert, verenden.
(Abb. 5.) Auch Bakterienkrankheiten treten mitunter in verheerender Weise auf
(s. Bd. I, S. 294). 1)
Zahlreich sind die tierischen Feinde, die den Heuschrecken überall
entgegentreten: vor allem gibt es eine Reihe von Vögeln, die ihnen nach-
stellen — die Wanderheuschrecken in Kleinasien wurden hauptsächlich vom
Rosenstar und Storch dezimiert — und mit ihnen teilen sich nicht wenige
räuberische und parasitische Arthropoden in die nützliche Arbeit. Unter
den Parasiten seien vor allem genannt gewisse Meloiden-Arten (Ölkäfer), die ihre
Eier in die Eipakete der Heuschrecken legen und deren Larven sich von den
Abb. 5. Von Empusa
grylli befallener Caloptenus
italicus (nach Berlese aus
Reh).
') Siehe darüber auch La Baume in: Bücher (1918), S. 265 flF.
Familie Acridiidae (Feldheuschrecken). 7
Eiern nähren, und dann verschiedene Fliegen [Bombyliden, Tachiniden^ Sarcophagiden),
die teils in den Eipaketen, teils in den Heuschrecken selbst parasitieren, i)
Eine Bekämpfung der Heuschrecken wird in unseren Wäldern wohl selten
notwendig werden. Sollten die bei uns heimischen kleinen und mittelgroßen
Arten sich einmal so stark vermehren, daß sie in den Pflanzengärten usw.
schädlich werden, so kann man durch Fangen mit Schöpfnetzen oder durch Be-
spritzen der Kulturen mit Arsenmitteln (Urania-Grün) oder mit Chlorbaryum der
Plage Herr werden.
Gegen die Wanderheuschrecken sind umfangreiche Bekämpfun|;s-
maßnahmen notwendig, auf die wir aber hier nicht näher einzugehen brauchen.
Es sei nur kurz erwähnt, daß die Bekämpfung sich hauptsächlich gegen die Eier
und die ungeflügelten Larven („Hüpfer") richtet. Die letzteren werden entweder
mechanisch durch Fangen, Zusammentreiben mit Hilfe von besonderen Apparaten
(Abb. 6) oder aber durch Gift (Arsen) vernichtet. Die biologische Bekämpfung
f
Abb. 6. Bekämpfung der Wanderheuschrecke. Aufbau eines Zinkapparates (Zinkstreifen) bei Denisli,
Wilajet Smyrna. Im Vordergrund der linke Flügel des Apparates. Im Hintergrunde sieht man
die Arbeiter mit der Verlängerung desselben beschäftigt. Sureja Bey phot. Aus Bücher.
mit Hilfe des Coccobacillus acridiorum scheint nach den neuesten Erfahrungen
durchaus unzuverlässig zu sein. Bezüglich aller Einzelheiten sei auf die aus-
gezeichnete Darstellung der letzten Heuschreckenbekämpfung in Kleinasien von
Bücher (191 8) hingewiesen, die uns auch einen Begriff von den ungeheueren
Ausmaßen des Kampfes gibt. Waren doch zeitweise Hunderttausende von
Menschen mit der Bekämpfung beschäftigt, und wurden dabei im Jahre 1916/17
nicht weniger als 7240000 kg Eipakete (was ungefähr 335 Milliarden Eiern ent-
spricht) und 85 Millionen Kilogramm Larven vernichtet.
Systematisch lassen sich die Feldheuschrecken in eine Anzahl Unter-
familien einteilen, von denen für uns folgende in Betracht kommen:
1) Näheres darüber bei La Baume in: Bücher 1. c. S. 26]
Ordnung Orthoptera.
1. Pronotum in einen langen, den Hinterleib meist überragenden Stachel ausgezogen Tettiginae
— Pronotum ohne langen Stachel 2
2. Vorderbrust zwischen den Vorderbeinen mit einem starken zapfenförmigen Vor-
sprung Acridiinae
— Vorderbrust glatt ohne zapfenförmigen Vorsprung zwischen den Beinen . . 3
3. Scheitel- und Stirnfläche von der Seite gesehen einen rechten oder stumpfen
Winkel bildend Oedipodinae
■ — Scheitel- und Stirnfläche von der Seite gesehen einen spitzen Winkel bildend Tryxalinae
Eine Reihe von Arten aus diesen Unterfamilien sind als gelegentlich forst-
liche Schädlinge beobachtet worden, nämlich
Tetliginae :■
Tettix subulatus L. (Dornschrecke), eine kleine, 7 — 10 mm lange Heu-
schrecke von bräunlicher Färbung mit langem, den Hinterleib meist überragendem
Fortsatz. Die Dornschrecken sind schon mehrfach schädlich in Saatkämpen auf-
getreten, in denen sie Kieferkeimlinge abnagten (Grunert 1863) und an Eichen-
saat und Buchen- Aufschlag die Blätter stark befraßen, so daß manche Pflänzchen
eingingen (Altum 1895).
Acridiinae :
Acridium aegyptiacum L , eine der größten in Europa vorkommenden Feld-
heuschrecken (9 bis zu 68 mm), im Mittelmeergebiet beheimatet, von wo aus sie
bisweilen sich nach Norden (bis Bayern) verfliegt. An der Dalmatinischen Küste,
in den Niederungen im Busch wald, besonders auf Querciis pubescens sehr häufig (Reh).
Pezotettix alpina Koll. Grün, schwarzgelb gezeichnet; cj' 16 — 20,
$ 23 — 31 mm lang. Besonders häufig auf Waldwiesen und Holzschlägen, wo sie
bei starker Vermehrung dem Jungholze und Gebüsch gefährlich werden. So haben
sie nach Kollar (1852) bei Graz die Erlen bäume auf eine Quadratmeile völlig
entlaubt, 1862 und 1864 nach Künstler bei Mödlmg die jungen Buchen und
Eschen, sowie das Unterholz bis auf die Rippen kahl gefressen, ja selbst 120 Jahre
alte Bestände von Sorbus äria und Rotbuchen angegriffen und einzelne Bäume
völlig kahlgefressen, im letzteren Jahre auch in Untersteiermark beträchtlich ge-
schadet, bis 10 ha Kahlfraß; Richter (1866) spricht sogar von 23 ha Kahlfraß.
In^ Jahre 1891 wurden 300 ha Rotbuchenbestände bis zum Alter von 60 Jahren
in Steiermark befallen und stark beschädigt: 10 ha Kahlfraß, 200 ha starker,
90, ha schwacher Lichtfraß (Syrutschek 1892).
Eine kleinere Art/*. Sc}imidtiY\€o. [6 15, ? 18—25 mm) richtete 1864 in
ungarischen Wäldern argen Schaden an (Künstler 1864).
Oedipodinae :
Pachytylus migratorius L. (Die Europäische Wanderheuschrecke), Größe
30 — 54 mm lang, grünlich gelblich oder bräunlich gefärbte Tiere (Abb. 7a), in
Südost- Europa beheimatet, ver-
einzelt jedoch auch in unserem
t //^y^<^^^^^\r-—:::0^^>-^ Faunengebiet z. B. bei Schaflf-
'^ //.^^^Afe?^^^^^^-:::^^^^ hausen, in Oberschlesien, in der
^) I \f( /^^^^^^^7T— --^^^^^^^ Rheinprovinz vorkommend. Sie
' I ^^^^^"'^^^^Ll^^^Ora^^^^ wandert in großen Zügen, die bis-
5^^^-^^^-ttr\\ weilen bis nach Deutschland sich
erstreckten, wo sie große Ver-
Abb. 7 a. Pachytylus migratorius L. heerungen anrichteten. Im 1 7. und
18. Jahrhundert sind eine ganze
Reihe schwerer Heuschreckenkatastrophen über Deutschland gekommen, die
zweifellos auf (wohl aus Ungarn) zugeflogene Schwärme von P. migratorius zurück-
Familie Acridiidae (Feldheuschrecken). g
zuführen sind. Vom 19, Jahrhundert an scheinen keine Züge mehr zu uns ge-
kommen zu sein, was Enslin (1918) mit der in dieser Zeit energischer ein-
setzenden Bekämpfung der Heuschrecken in ihrem Heimatlande zu erklären sucht.
Es sind zwar auch im 19. Jahrhundert noch verschiedentlich Heuschreckenplagen
in Deutschland aufgetreten, doch rührten diese, wie Enslin nachwies, nicht von
P. migratorius, sondern von der folgenden Art [P. cinerascens = danicus) her. i)
Was die Nahrung der Wanderheuschrecken betrifft, so fressen die Erwachsenen
mit Vorliebe Schilf; lieben aber auch Blätter von Laubbäumen (Eiche, Esche,
Akazie) und die Nadeln junger Kiefern.
Pachytylus cinerascens F. (= danicus L.), der vorigen Art sehr nahe stehend
(Abb. 7b), etwas größer ($ bis 60 mm) und vor allem durch die Bildung des
Halsschildes und die roten Hinter-
schienen von ihr unterschieden.
Ihr Hauptheimatgebiet sind die
Mittelmeerländer, doch kommt sie
auch an vielen Orten Deutschlands
ständig vor. Die Heuschrecken-
plagen in Deutschland, die aus
dem 19. Jahrhundert gemeldet
werden (1826/27 und 1875/76
in Brandenburg, 1846 in Breslau,
1859 in Hinterpommern usw.)
sind höchst wahrscheinlich auf
eine lokale Vermehrung der bei uns lebenden Stämme von P. cinerascens zurück-
zuführen. Denn nirgends in den Berichten hören wir von großen Zügen, die
von weit herkommend sich über weite Länderstrecken ausgedehnt hätten, sondern
Abb. 7 b. Pachytylus cinerascens F. (nach Houlbert).
Nat. Größe. Aus Reh.
Abb,
8. Stauronotus maroccanus Thunb., (^ und $. (Nat. Größe.) Aus Bücher.
Stets wird nur von einem örtlichen Vorkommen in eng begrenzten Bezirken ge-
sprochen ; und dann wird ausdrücklich hervorgehoben , daß die Heuschrecken
sich schon im Frühjahr als ungeflügelte Larven in großen Mengen gezeigt haben,
was für eine autochthone Entwicklung der Kalamitäten spricht (Enslin 191 8).
Tryxalinae :
Stauronotus maroccanus Thunb. (Die Marokkanische Wanderheuschrecke).
Kleiner als die „Europäische Wanderheuschrecke", rötlich mit braunen Flecken.
(Abb. 8.) In den Mittelmeerländern beheimatet, dringt sie auf ihren Wander-
^) Näheres über die Geschichte der Heuschreckenschwäi
Gerstäcker (1876), Zacher (1917) und bei Enslin (1918).
in Deutschland siehe bei
IQ Oidnung Orthoptera.
Zügen mitunter bis nach Deutschland vor, ohne aber hier größeren Schaden an-
zurichten. In Algier hat sie schon fürchterliche Katastrophen (ib66 sind
200 ooo Personen an Hungersnot zugrunde gegangen) verursacht. Die letzte
große, durch S/. maroccanus verursachte Plage war in Kleinasien (1915 — 17), über
deren Verlauf und Bekämpfung (s. oben) Bücher (191 8) ausführlich berichtet.
Stethophyma fuscum Pall. (Höckerschrecke). Der marokkanischen Wander-
heuschrecke ähnlich ; doch plumper und Vorderbrust mit kurzem konischem
Höcker. Olivbraun mit schwarzer und gelber Zeichnung, 24 — 33 mm lang. —
In den Gebirgen des südlichen und mittleren Europa beheimatet. Pitasch be-
richtet (bei Grunert 1863), daß im Sommer 1862 im Wiener Wald die Höcker-
heuschrecke sehr häufig auftrat und von ihr das Laubholz, besonders Eschen
und Mehlbeeren entblättert und selbst Tannennadeln benagt wurden.
Gomphocerus maculatus Thunb. Eine kleine (12 — 15 mm lange) braune
(seltener grünliche) Art, an den keulig verdickten Fühlern gut zu erkennen. Auf
Waldwiesen häufig. Schadet bei häufigem Auftreten bisweilen dadurch, daß sie
Abb. 9. Von Gomphoceras maculatus durchgebissene Kiefernpflanzen (aus Eckstein).
junge Saatpflanzen (nach Ecksteins Beobachtungen an Kiefern und Akaziensaat)
etwas oberhalb der Erde durchnagt und oft zum Absterben bringt (Abb. g).
Mit den hier genannten Arten ist die Liste der gelegentlich forstlich
schädlich werdenden Feldheuschrecken nicht erschöpft; mit ihnen zusammen
wurden verschiedentlich noch andere Arten in Kulturen usw. fressend angetrofien,
so berichtet Ratzeburg, daß im Heuschrecken jähre 1835 neben der europäischen
Wanderheuschrecke {P. migraiorius) noch folgende Arten beteiligt waren: Tettix
bipunciatus L. , Stenobothrus biguttaius L. , Oedipoda coe7ulescens L. (die blaue
Schnarrheuschrecke), Bryodema iuberculata F., Psophus shidulus L., und Caloptenus
italicus L.
Familie Locustidae (Laubheuschrecken).
Durch die borstenförmigen, langen, dünnen Fühler, die meist länger als der Hinterleib sind,
▼on den Feldheuschrecken leicht zu unterscheiden. Legescheide der 9 lang, säbelförmig, Zirporgan
an der Basis der Flügel, Gehörorgan an den Vorderschienen.
Die Laubheuschrecken leben mehr im Walde und auf Gebüsch, überhaupt
an feuchten Orten, und sitzen meist auch im Gras hoch oben. Sie sind mehr
seßhaft und vorwiegend nächtliche Tiere (im Gegensatz zu den Feldheuschrecken).
Familie Locustidae (Laubheuschrecken). I i
In bezug auf die Nahrung sind die einen mehr karnivor, die anderen mehr
herbivor. — Die Eier werden einzeln abgelegt, entweder in den Boden oder in
Pflanzenteile, die sie mit ihrem Legesäbel aufschlitzen.
Forstlich haben die Laubheuschrecken geringe Bedeutung: in
der forstlichen Literatur finden sich nur spärliche Angaben über folgende Gattungen
und Arten :
Decticus verrucivorus L. (Warzenbeißer). Ein großes Tier von 30 — 45 mm
Länge, grün, gelb oder braun gefleckt (Abb. 10). Nach Ratzeburg soll der
Abb. 10. Decticus verrucivorus L. (Warzenbeißer). Orig.
Warzenbeißer des öftern „durch Befressen junger Kiefern oder der eben auf-
gehenden Kiefernsaat" gefährlich geworden sein ; er zählt ihn deshalb zu den
,,sehr schädlichen Insekten'". Da seither meines Wissens keine derartigen Schäden
Abb. II. Locusta \iridissima L. (Heupferd). Nat. Größe.
mehr gemeldet wurden, und da Ratzeburg ausdrücklich betont, daß noch
andere Heuschreckenarten am Fräße beteiligt waren, so möchte ich heute noch
kein endgültiges Urteil über die forstliche Bedeutung des Warzenbeißers fällen. —
Dasselbe trifft zu für:
Locusta viridissima L. (das große grüne Heupferd), über das aber noch
spärlichere Angaben in der Forst-Literatur zu finden sind (Abb. 11).
12 Ordnung Orthoptera.
Ephippigera Ltr. (Sattelschrecken), plumpe, abenteuerlich geformte Schrecken
mit verkümmerten Flügeln und sattelförmig eingedrücktem Halsschild, die bei
uns nur in den wärmsten Gegenden (Rheinpfalz) vorkommen, sonst im Süden
beheimatet sind und sich mit Vorliebe auf Laubholz, aber auch auf Nadelhölzern
aufhalten.
Barbitistes Charp., schön gefärbte, bräunlich gefleckte Laubheuschrecken,
deren Vorderflügel sehr kurz, deren Hinterfiügel völlig verkümmert sind. (Abb. 12.)
Das Hauptverbreitungsgebiet ist der Süden und Südosten Europas, doch sind
2 Arten serricauda F. und constridus Br. auch in Deutschland an verschiedenen
Punkten sowohl im Norden als im Süden aufgefunden worden, gewöhnlich ver-
einzelt. Die letztere Art B. constridus Bx. wurde jedoch auch schon in größerer
Zahl bei uns angetroffen und zwar verschiedentlich in Nadelwäldern,
die von der Nonne heimgesucht waren. Mehrere Autoren berichten über
das Vorkommen in diesem Zusammenhang (Torka 1908, Baer 1909). „Geradezu
in Mengen scheint das Tier (nach Baer)
an den kahlgefressenen Fichtenbeständen
des Reviers Hermsdorf bei Friedland in
Nordböhmen aufgetreten zu sein."
Torka fand es in Anzahl in einem von
der Nonne befallenen Kiefernwald in
Posen.
Bezüglich der Nahrung berichtet
letzterer, daß Barbitistes sich von den
Nadeln der gemeinen Kiefer zu
ernähren vermag und sogar die Rinde
der neuen Triebe verzehrt. „Gewöhnlich
greift er die Doppelnadel an dem ba-
salen Teile an und verzehrt das untere
Drittel derselben bis auf einen ganz
Abb. 12. Barbitistes serricauda F. Orig. dünnen Streifen. Man erkennt schon
auf ziemlich weite Strecken diejenigen
Kiefernstangen, auf denen Barbitistes gefressen hat, und meist findet man ihn auch
mit mehreren Seinesgleichen zusammen. Die vertrockneten Nadeln hängen dann
schlaff an den Wipfeltiieben herab, welche er vor allen anderen bevorzugt. Die
älteren Fraßstellen sind durch Harzausfiuß gekennzeichnet." Doch verschmäht
das Tier nach dem gleichen Autor auch tierische Kost nicht; es fraß in der
Gefangenschaft vorgeworfene tote Fliegen und Nonneneier,
Auffallend ist der Zusammenhang zwischen dem häufigen Vor-
kommen von Barbitistes und Nonn en kalamität. Über ein ähnliches Zu-
sammentreffen berichtet Lodes (1907) von einer südlichen Art, Barb. oczkayi
Charp., die zusammen mit Schwammspinner {Oc. dispar) auf der zu Istrien ge-
hörigen Insel Veglia in großer Zahl aufgetreten ist und sich an der Entlaubung
der verschiedenen Laubhölzer beteiligte. Besonders gerne nahm sie die Esche
an, von der sie ca. 1000 junge, 3 — lojährige Pflanzen kahl gefressen hat, und
zwar derart, daß nur die mittleren Rippen der Blätter übrig blieben. Auch
Eiche, Ahorn, Weißbuche u. a. wurden befressen, doch weniger ausgiebig als
die Esche.
Wie das gleichzeitige Vorkommen von Barbitistes und Nonne resp. Schwamm-
spinner zu erklären ist, steht dahin. Baer meint, daß „vielleicht die gleichen
günstigen Bedingungen" die stärkere Vermehrung der beiden verursacht haben,
Familie Gryllidae (^Grillen). j -y
oder aber, daß Barbitistes durch starke Lichtung der Vegetation seiner Schlupf-
winkel und auch der Nahrungsquellen so beraubt worden sei, daß er, dadurch
sozusagen bloßgestellt, sich mehr als sonst bemerkbar macht". Ich möchte außer-
dem auch nicht die Möglichkeit von der Hand weisen, daß auch die reichlich
vorhandene Fleischnahrung in Nonnen- und Schwammspinnerrevieren ursächlich
an dem vermehrten Auftreten des Barbitistes beteiligt sein könnte. Daß
Barbitistes^ wie die meisten Locustiden^ auch Fleischfresser sind, hat Torka durch
seine obigen Versuche gezeigt.
Isophya Br. — Der Gattung Barbitistes nah verwandt, durch die längeren
Fühler (um die Hälfte länger als der Körper) von ihr unterschieden. — Isoph.
(amptoxipha Fieb. [= pyrenea Serv.) ist nach den Mitteilungen von Buntschev
(1891) in den Stieleichenwäldern Bulgariens schädlich aufgetreten. Die noch
flügellosen Larven erscheinen im Februar, steigen, wenn die Knospen zu schwellen
beginnen, auf die Bäume, fressen zuerst die Knospen aus und gehen später an
die Blätter selbst. Kahlfraß ist oft die Folge. Anfangs April bis anfangs
Mai ist der Fraß am stärksten. In Bulgarien waren 1890 — 91 ca. 1000 ha
befallen.
Meconema varium F. — Eine kleine (lo — 14 mm) Locustide von licht-
grüner Farbe. „In ganz Mitteleuropa im Herbst auf Eichen gemein, auch auf
Linden. Die länglichen Eier werden unter die Baumrinde gelegt. Die Larven
leben häufig in Eichengallen" (Tümpel).
Familie Gryllidae (Grillen).
An den dreigliedrigen (oder auch nur 2gliedrig) Tarsen von den Locustide) i ^ mit denen
sie die langen Fühler gemeinsam haben, leicht zu untei scheiden. Auch die breitere walzenförmige
Gestalt, der große Kopf und die meist dunkle Färbung, die langen Schwanzanhänge (Raife) sind
charakteristisch für die meisten Grillen. Die Gehörorgane an den Vorderschienen und die Laut-
organe an der Basis der Flügel haben sie mit den Locusttden gemein. Die Mehrzahl sind unter-
irdisch lebende Tiere, die nur zeitweise aus ihren selbstgegrabenen Röhren herauskomn?en , um
bei der geringsten Störung sich wieder dahin zurückzuziehen. Man bekommt sie deshalb gar
nicht häufig zu Gesicht, während ihr abendlicher Gesang allen wohl vertraut ist. ')
Für uns kommt hauptsächlich eine Form in Betracht, die einen schlimmen
Schädling in Pflanzengärten darstellt, nämlich
Gryllotalpa vulgaris L.
(Maulwurfsgrille, auch Werre, Rentwurm, Reitkröte, Erdwolf usw. genannt).
Dieses dunkelbraune, am Körper dicht behaarte, bis 50 mm lange Tier (Abb. 13a u.
13 b) ist durch seine zu Grabschaufeln verwandelten Vorderbeine und die damit zusammen-
hängende mächtige Entwicklung der Vorderbrust so auffallend gekennzeichnet, daß es mit keinem
anderen Tiere unserer Fauna verwechselt werden kann. Vorderflügel kurz abgerundet -dreieckig,
Hinterflügel lang und breit, in der Ruhe zusammengelegt und wie ein paar Schwänzchen den
Hinterleib überragend. Die beiden Geschlechter sind nur wenig voneinander verschieden : (^ mit
einem deutlichen Schrillorgan an der Basis der Flügeldecken, ferner mit 9 sichtbaren Segmenten,
$ nur mit 7.
Vorkommen und Lebensweise: Die Maulwurfsgrille ist über ganz
Europa verbreitet, vom südlichen Schweden bis Spanien, von der atlantischen
Küste bis zum Ural. Seit einem Dezennium ist sie auch in Nord-Amerika ein-
') Der Gesang ist bei manchen orientalischen Völkern so beliebt, daß sie Grillen in be-
sonderen kleinen Käfigen — gleich den Kanarienvögeln — in ihre Zimmer stellen. Auf meinen
Reisen in Nordafrika sind mir ver.schiedentlich solche Grillenhäuschen mit Grillen angeboten worden.
14
Ordnung Orthoptera.
gebürgert. Vertikal steigt sie in den Alpen bis 2300 m Höhe (Niessing 1866).
Überall, wo ihr die Bedingungen (vor allem des Bodens) zusagen, kommt sie
häufig vor. Frischer, lockerei, nicht beschatteter Boden ist ihr das liebste; sie
meidet aber auch feuchte Böden nicht, legt ihre Gänge sogar in Moorböden an,
schwimmt nötigenfalls auch im Wasser usw.
In ihren Lebensgewohnheiten gleicht sie ganz dem Maulwurf, mit dem
sie ja in ihrem Körperbau viele Ähnlichkeiten zeigt (Grabschaufeln usw.). Der
größte Teil ihres Lebens spielt sich unterirdisch in selbstgegrabenen (bei Imagines
etwa fingerdicken, bei Larven entsprechend dünneren) Gängen ab, die teils so
flach unter der Erdoberfläche dahinstreichen, daß der Boden in Form einer ge-
schlängelten Linie aufgeworfen ist, teils aber auch tiefer in die Erde dringen.
Die Grabarbeit geht in geeignetem Boden sehr schnell vor sich: „auf lockerem
Abb. 13 a. Gryllotalpa vulgaris (Maulwurfsgrille). Orig.
Abb. 13 b. Vorderbein der Maulwurfsgrille,
c Ohröffnung (nach Sharp aus Reh).
Gartenboden kamen sie in wenigen Minuten
unter die Erde, auf Lehmboden wollte es
aber durchaus nicht gehen und sie kamen
immer wieder an die Oberfläche" (Ratze-
burg). Sie arbeiten dabei hauptsächlich
mit ihren ungemein kräftigen Vorderfüßen
(Grabschaufeln) nach außen scharrend,
während der Kopf gleichzeitig bohrende
Bewegungen ausführt. So geschickt die
Werre im Graben ist, so unbeholfen ist sie in ihren oberirdischen Bewegungen:
das Laufen über der Erde ist nicht ihre Sache und auch ihr Flug, der übrigeng
nur selten ausgeführt wird, ist schwerfällig.
Sie kommt ja auch gewöhnlich nur für kurze Zeit an die Oberfläche und
zum Fliegen, hauptsächlich an warmen, schwülen Abenden während der Fort-
pflanzungszeit, die von Ende Mai, anfangs Juni bis Ende Juli dauern kann. Um
diese Zeit kann man auch das Zirpen des J, das dem fernen monotonen Schwirren
des Ziegenmelkers {Caprimulgus europaeus) vergleichbar ist, vernehmen.
Die Begattung findet (nach Boldyrev 1913) nach längerem Liebes-
werben in folgender Weise statt (Abb. 14): das Weibchen sitzt auf dem Rücken
des Männchens, fest an das letztere angeschmiegt und stützt sein i. Beinpaar
gegen die Vorderbrust des Männchens, während es sich mit dem 2. und 3. Bein-
paar an den Wänden des Ganges festhält. Während der Begattung bleibt das
Familie Gryllidae (Grillen).
15
Weibchen unbeweglich, nur sein Hinterleib biegt sich nach unten. Die Lage
des Männchens weist auf eine heftige Spannung hin ; mit dem ein wenig ge-
senkten Kopf und Pronotum, mit hoch aufgerichtetem langgestrecktem Hinterleib
steht das Männchen auf dem i. und 3. Beinpaar (das 2. Beinpaar berührt die
Erde nicht). Seine Flügel hängen tief an den Seiten des Abdomens herab, den
Rückenteil des letzteren frei lassend; die Cerci sind schief nach oben gerichtet.
Der Begattungsakt dauert 2—3 Minuten. Am Anfang des Begattungsaktes be-
finden sich der Hinterleib des Männchens und besonders die Anhänge seines
Kopulationsapparates in einer langsamen wellenförmigen Bewegung, die durch
die Einführung der Spermatophore in die Genitalöffnung des Weibchens hervor-
gebracht werden könnte. Je näher der Begattungsakt seinem Ende zuschreitet,
um so heftiger und häufiger werden diese konvulsiven Bewegungen, bis endlich
das Männchen die Hinterleibspitze hoch streckt und das Abdomen des Weibchens
mit aufhebt. In demselben Moment wird zwischen den ausgestülpten Genital-
anhängen des Männchens eine weiß gefärbte Spermatophore sichtbar, welche im
Abb. 14. Die Maulwurfsgrille (Gryllotalpa vulgaris) in Kopulastellung (nach Boldyrev).
Das 2 sitzt auf dem Rücken des (^.
Laufe von i — 2 Sekunden schon an die weibliche Genitalöffnung angeheftet wird.
Zugleich, nicht ohne gewisse Anstrengung, löst sich das Männchen vom Weibchen
los und läuft rasch davon; das letztere fällt kraftlos zu Boden und bleibt so
eine Zeitlang unbeweglich sitzen.
Nach der Begattung gräbt das Weibchen an einer humusreichen, der Sonne
möglichst ausgesetzten Stelle einige schneckenförmig verlaufende Gänge in die
Tiefe und legt hier ein etwa kartoffelgroßes Nest an, dessen Innenwände durch
Befeuchten mit Speichel und Festdiücken mittels des Brustschildes geglättet
werden. Wird des Nest in einer Wiese angelegt, so beißt das Weibchen darüber
alle Graswurzeln durch, wodurch der Boden hier freigelegt und den Sonnen-
strahlen ausgesetzt wird. Je nach der Bodenart findet sich das Nest in 10 cm
bis 1 m Tiefe; von ihm aus laufen noch mehrere Gänge nach oben und nach
unten, letztere offenbar zum Abfließen etwa eindringenden Wassers. In das
Nest legt das Weibchen in Zwischenräumen etwa 200—300 hanfkorngroße,
etwas platt gedrückte, gelblichweiße, sehr zähschalige Eier. Nach i bis
3 Wochen schlüpfen die zuerst weißlichen, später schwärzlichen, ameisen-
j5 Ordnung Orthoptera.|
ähnlichen Jungen (ohne Nebenaugen) aus, die sich in etwa vierwöchentlichen
Pausen in demselben Jahre noch dreimal häuten. Sie bleiben unter der Obhut
der Mutter bis zur zweiten Häutung zusammen. Zuerst fressen sie Humus, später
die feinen Würzelchen dicht unter der Oberfläche, so daß man ihren Aufenthalts-
ort an dem stetig sich vergrößernden Kreise absterbender Pflanzen erkennt. Nach
der zweiten Häutung zerstreuen sie sich und beginnen einzeln zu graben. Zum
Winterschlafe gehen sie fuß- bis metertief in die Erde. Im März erwachen sie ;
sie häuten sich nun noch zweimal. — Die Generation ist nach den meisten
Autoren i jährig, doch wird von verschiedenen Forschern auch eine mehrjährige
Generation angenommen (Reh, Hdb. S. 215).
Was die Nahrung betrifft, so lebt die Maulwurfsgrille sowohl von
tierischer, als auch von pflanzlicher Kost. Nach dem Bau des Darmkanals
ist sie allerdings vornehmlich Fleischfresser. Alle die zahlreichen unterirdisch
lebenden Insekten, wie Drahtwürmer, Engerlinge, Tipulidenlarven, dann auch
Würmer, Schnecken usw. werden von ihr verspeist. Daneben verschmäht sie
aber auch nicht Wurzeln, zarte Keimlinge und junge Pflanzen, wobei sie auch
oberirdische Pflanzenteile angreift. So beobachtete Koch (1905) an einjährigen
verschulten Fichtenpflanzen einen Rindenfraß oberhalb des Wurzelhalses, der an
Rüsselkäferfraß erinnerte, doch durch das langfaserige Aussehen der Fraßränder
sich davon deutlich unterschied. Auch AI tum (F. 328) berichtet von einem
ganzen oder halben Durchnagen junger Buchenpflanzen über dem Wurzelanlauf.
Paravicini (1911) wies durch Fütterungsversuche, durch Untersuchungen des
Magen- und Darminhaltes, sowie durch anatomische Untersuchungen des Kau-
magens nach, daß erwachsene Maulwurfsgrillen sogar verholzte Teile (z. B.
ältere Wurzeln) fressen und verdauen. Ritzema Bos (1893) fand bei Magen-
untersuchungen von 10 Maulwurfsgrillen fast ausschließlich Pflanzenreste, nur bei
wenigen auch noch tierische Reste. Forel (1892) dagegen fand im Magen meist
tierische Reste und nur unbedeutende Pflanzenreste. Zacher (1912) stellte bei
der Mehrzahl der untersuchten Grillen tierische und pflanzliche Reste im Magen fest.
Über die Feinde der Werre wissen wir noch wenig; der wichtigste ist
der Maulwurf, der die Werre ungemein hitzig verfolgt (Zdarek 1881), auch
Spitzmäuse, Igel, Fuchs, Katze und Schwein stellen ihnen nach, ferner Krähen,
Wiedehopf, Würger, Eulen usw. (Reh).
Wirtschaftliche Bedeutung. — Wenn die Maulwurfsgrille auch durch
Vertilgung zahlreicher unterirdischer Schädlinge gewiß einigen Nutzen stiftet,
so ist ihr Schaden doch noch weit größer, so daß wir sie als ein sehr schäd-
liches Insekt bezeichnen müssen.^) Besonders schädlich wird sie der Land-
wirtschaft und der Gärtnerei; doch kann sie auch forstlich sehr unangenehm
werden, vor allem da, wo es sich um gärtnerische Betriebe handelt, also
in Saatkämpen und Pflanzgärten.
Ihre Schädlichkeit beruht einmal darin, daß sie, wie eben erwähnt, unter-
und oberirdische Pflanzenteile frißt; noch größerer Schaden aber wird dadurch
*) In Italien existiert ein Sprichwort, das besagt, daß der Reiter beim Anblick einer
Werre vom Pferde steigen soll, um sie zu töten.
Familie Gryllidae (Grillen). 17
bedingt, daß die Werre bei der Herstellung ihrer Gänge die Wurzeln vieler
Pflanzen mit ihren Grabschaufeln zerreißt oder mit den Kiefern abbeißt; es
ist dann oft ein ganzes Stück (entsprechend dem Durchmesser des Ganges)
aus der Pflanze herausgerissen, so daß das Pfiänzchen nur noch ganz lose im
Boden steckt oder umfällt. Endlich werden auch durch das Aufwerfen der Gänge
viele junge Pfiänzchen in ihrem Wurzelwerk gelockert oder gehoben, wodurch sie
vertrocknen. Wo eine starke Vermehrung der Maulwurfsgrille stattfindet, können
die ganzen Kulturen durch diese doppelte Art der Beschädigung zugrunde ge-
richtet werden. In den von Koch (1905) beobachteten Fällen (Forstamt Mühl-
dorf am Inn und Landau a. d. Isar) wurden außer der ganzen Fichtensaat noch
25 — 30% der verschulten Pflanzen in der oben beschriebenen Weise vernichtet.
Bekämpfung.^) — Vorbeugen kann man durch Reinigen (tiefes Umhacken)
der Beete vor der Saat, oder durch Umziehen der Beete mit Fanggräben oder
mit 3 — 5 cm hohen Brettern oder Zinkstreifen, welche eben so tief in den Boden
eingelassen sind.
Die Vernichtung der vorhandenen Werren kann auf verschiedene Weise
geschehen :
Durch Wegfangen der einzelnen Grillen im Sommer bei ihren abend-
lichen Konzerten mittels Spaten.
Durch Abfangen in Fanggräben oder in Fangtöpfen: Blumentöpfe
oder Konservenbüchsen leisten dabei gute Dienste. Sie werden so tief ein-
gegraben, daß ihre oberen Ränder tiefer liegen als die Erdoberfläche, die mög-
lichst fest angedrückt und gerundet wird. Die Wirkung der Fangtöpfe wird
wesentlich erhöht, wenn die verschiedenen Fangtöpfe mit fest auf den Boden
aufgedrückten Latten oder Zinkstreifen miteinander verbunden werden, wodurch
die zur Paarungszeit nächtlich herumlaufenden Werren zu den Töpfen hin-
geleitet werden.
Durch Aufsuchen und Zerstören der Nester: Dies hat Ende Juni,
anfangs Juli zu geschehen, wenn die Werren ihre Eier abgelegt haben. „Da,
wo sich im Juni oder Juli, zuweilen schon im Mai, häufig Röhren zeigen, oder
wo man ungewöhnlich viel Werren über der Erde bemerkt oder gefangen oder
abends schrillen gehört hat, da achte man besonders auf den Pflanzenwuchs.
Auf Grasplätzen — denn auch diese muß man, da von ihnen öfters der Herd
des Fraßes sich ausbreitet, im Auge behalten — sieht man das Gras an einzelnen
Stellen absterben und gelb werden, auf Saatbeeten geht es mit den Keimlingen
ebenso. Hier wird man denn auch bald die nur wenig tief unter der Erd-
oberfläche verlaufenden Röhren des Insektes entdecken. Sie sind etwas er-
haben, besonders nachdem es geregnet hat; man kann leicht mit dem Finger
hineinfahren und sie verfolgen. Da, wo sie in einem Kreise laufen, der 15 bis
30 cm Durchmesser zu haben pflegt, oder wo überhaupt viele Gänge benachbart
zu sehen sind, und da, wo sie sich etwas mehr in die Tiefe senken, hat man
das Nest zu erwarten." Dieses muß ringsum freigelegt und als Erdklumpen
*) Eine ausführliche Zusammenstellung aller bisher empfohlenen Bekämpfungsmittel gibt
Koch (1905).
Escherich, Foistinsekten. II. Bd. 2
%k.
y
l8 Ordnungsgruppe Orthopteroidea.
herausgehoben werden. Die darin enthaltene Brut usw. wird am besten durch
Überbrühen mit heißem Wasser vernichtet.
Durch Fangen mit Hilfe besonderer Fallen, die in die Laufröhren
eingesetzt werden. Am bekanntesten ist die Lessersche Falle: ein in der Mitte
auseinandernehmbares Rohr, das an den zwei Enden nach innen bewegliche
Klappen besitzt. (Abb. 15.) Die den Gang passierenden Maulwurfsgrillen können
wohl in das Rohr hinein, aber
nicht mehr heraus.
Durch Eingießen von
Wasser mit Öl in die Gänge.
Zuerst wird etwas Wasser, dann
etwas Öl und endlich reichlich
Wasser nachgegossen. Die Werren
kommen mit Öl beschmiert heraus
und ersticken entweder von selbst
oder können leicht getötet werden
(Reh). An Stelle von öl kann
man natürlich auch andere fett-
haltige Flüssigkeiten benützen.
Durch Abtöten der Werren in ihrem Bau mit Schwefelkohlenstoff.
Man gießt in den in die Tiefe führenden Gang aus einer Petroleumkanne etwa
5 ccm Schwefelkohlenstoff und tritt das Loch wieder zu.
Durch Vergiften mit Giftköder, der in die Gänge gelegt wird. Emp-
fohlen werden Phosphorpillen oder ein Arsenikteig, folgendermaßen zusammen-
gesetzt: 0,75 kg Lebkuchen (getrocknet oder pulverisiert) 0,75 kg Mehl, 0,75 kg
Honig und 2 g Arsenik, gut durchgeknetet und in erbsengroßen Bröckchen
ausgelegt.
Abb. 15.
Werrenfalle nach Lesser. (Nach Rörig,
aus Reh).
Gryllus campestris L. (Feldgrille).
Außer der Maulwurfsgrille ist forstlich nur noch die Feldgrille erwähnenswert: OrylltLS
eampestris L., durch den einfachen Bau der Vorderbeine, durch die Legescheide des $, den ge-
Abb. 16. Gryllus campestris $. Feldgrille. Vergr. — Orig.
wölbten Kopf, den quadratischen Prothorax und die den Hinterieib ganz deckenden Vorder-
flügel ausgezeichnet. Schwarz, mit bräunlichen Flügeln und blutroter Unterseite der Hinter-
schenkel. 20—25 "it" lang. (Abb. 16.)
Familie Gryllidae (Grillen). jg
Über ganz Europa mit Ausnahme von Skandinavien, in Asien bis zum
Himalaya verbreitet. Vorwiegend auf Wiesen und grasigen Wegrändern. Das 5
legt seine Eier einzeln in die Erde. Nach 4 Wochen kriechen die Jungen aus,
die zuerst oberirdisch leben. Erst nach der zweiten Häutung beginnen sie zu
graben. Überwinterung als Nymphe in der Erde. Sie lebt von Gras, Kräutern,
Samen, Tieren, selbst von großen Raupen (Reh).
Forstlich ist sie verschiedentlich schädlich aufgetreten: so hat sie
(gemeinsam mit lettix subidata) durch Befressen junger Buchen und Eichen ge-
schadet. Und sodann ist sie einmal in einer Birkensaat, die unter dem Schutze
einer Hafersaat erzogen werden sollte, in solch unglaublicher Menge aufgetreten,
daß der Boden vollkommen unterv/ühlt wurde und die Saat mißriet. Wahr-
scheinlich hatte der Hafer die Grillen angelockt. Als Abwehrmaßregel haben
sich in diesem Falle umgestülpte, mit Steinen gespickte Rasen imd leicht bedeckte
Heubüschel bewährt, unter denen sich die Grillen ansammelten (Pollak 1889).
Literatur über die Orthoptera.
Baer, W., 1909, Bemerkungen über Barbitistes constrictus Br. usw. — In: Zeitschr. f. wiss.
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f. d g. F., 33. Bd., S. 129.
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Anstalt. Heft 12.
Zacher, Fr., 1917, Die Geradflügler Deutschlands. Jena.
Zdärek, 1881, Aus dem Leben der Werre. — In: C. f. d. g. F. VII, S. 157—158.
Ordnungsgruppe Orthopteroidea.
2. Ordnung: Dermaptera.
Die Dermapteren (Forficularia, Ohrwürmer) sind leicht kenntlich an den kurzen, den
größten Teil des Hinterleibs unbedeckt lassenden Flügeldecken, unter denen die
großen Hinterflügel in mehrfacher, höchst komplizierter Faltung untergeschlagen werden, und den
kräftigen langen Zangen am Ende des Hinterleibes (Abb. 17). Letztere dienen als
Verteidigungsmittel, als Haltapparat bei der Begattung und zum Ent- und Zusammenfalten der
Hinterflügel. Körper flach, lang gestreckt. Kopf fast wagrecht; Fühler schnurförmig, kaum
halb so lang als der Körper, 10 — ßogliedrig. Die Laufbeine mit 3 gliederigen Tarsen.
Die Ordnungsgruppe enthält verschiedene Familien mit zahlreichen über
die ganze Erde verbreiteten Gattungen und Arten, von denen aber auf unser
Faunengebiet kaum ein Dutzend Formen entfallen.
Die Ohrwürmer gehören infolge ihres häufigen Vorkommens in Gärten, Be-
hausungen usw. zu den bekanntesten Insekten. Biologisch sind sie sehr interessant
durch die weitgehende Brutpflege, welche die $9 den Eiern und jungen Larven
angedeihen lassen, (Näheres darüber bei Verhoefi 19 12.) Bezüglich der Nah-
rung gehen die Meinungen der Autoren viel-
fach auseinander: die einen halten die Ohr-
würmer hauptsächlich für Fleischfresser, die
sich räuberisch von allen möglichen Insekten
nähren, nach anderen sind sie in erster Linie
Pflanzenfresser. Lüstner (1914) hat eine
ausführliche Übersicht über die verschiedenen in
der überaus umfangreichen Literatur über diesen
Gegenstand niedergelegten Anschauungen gegeben.
Auf Grund zahlreicher eigener Magen- resp.
Kropfuntersuchungen kommt derselbe dann zu
dem Ergebnis, daß der Ohrwurm ein AUes-
fresser ist, der sowohl abgestorbene und auch
lebende Pflanzenteile (besonders die Antheren
^ ^ ^ der Staubgefäße und die Blätter) frißt als auch
Abb. 17. Forficula auricularia L. tierische Stoffe, letztere meist nur in totem
(Gemeiner Ohrwurm), a) Männchen, Zustand. Die Pfianzennahrung überwiegt nach
b) Zangen des $. — Orig. Lüstner weit die Fleischnahrung, die nur zu-
fällig oder bei Nahrungsmangel aufgenommen
wird. Dieser Auffassung stehen aber andere Beobachtungen gegenüber, wonach
die Ohrwürmer sehr gern auch lebende Tiere verzehren, vor allem Blatt-
läuse. Verhoeff (1909) berichtet, daß 50 Ohrwürmer in einer Stunde mit
einer Blattlauskolonie von ca. 200 Stück vollkommen aufgeräumt haben. Es ver-
halten sich demnach die Ohrwürmer verschieden, wohl je nach den äußeren Ver-
hältnissen und wohl auch je nach der Art,
Forstlich kommt den Forficulide?i eine kaum nennenswerte Be-
deutung zu; als Blattlausfresser können sie unter Umständen nützlich wirken!
Die bekanntesten Arten unseres Faunengebietes sind :
Forficula amicidaria L. , der gemeine Ohrwurm (Abb. 17). Zangen-
hälften beim Männchen stark bogenförmig gekrümmt, beim $ an der Spitze ge-
kreuzt, Halsschild quadratisch, Hinterfiügel vorhanden. Überall häufig.
Chelidura acanthopygia Gen., Waldohrwurm. Zangenhälften beim J
schwach gekrümmt, beim 5 sich nicht berührend, Hinterfiügel fehlen. Im Walde
auf Bäumen, vornehmlich auf Nadelholz.
Familie Blattidae (Schaben). 2 I
Labia minor L. Halsschild länger als breit. Hinterffügel vorhanden.
Fliegt, abweichend von den anderen Ohrwürmern, häufig am Tage um Mist-
haufen, über Dungwiesen usw.
Literatur über Dermaptera.
Lüstner, G., 1914, Die Nahrung des Ohrwurms {Forficiüa auricularia) nach dem Inhalt
seines Kropfes. — In : Centralbl. f. Bakt. 2. Abt. Bd. 40, S. 482 ff. (Enthält zahlreiche
Literaturangaben.)
Reichert, Alex , 1917, Ohrwürmer. — In: Ent. Jahrbuch, S. I78ff.
Schwartz, M., IQ08, Über den Schaden und Nutzen des Ohrwurmes (Forficula auricularia).
— In: Arb. Kais. Biol. Anstalt f. Land- und Forstwirtschaft, S. 847.
Tümpel, 1901, Die Geradflügler Mitteleuropas. Eisenach.
Verhoeff , C„ 1909, Über Dermapteren. VI. Aufsatz: Zur Biologie europäischer Ohrwürmer.
— In: Biol. Centrlbl. 29, S. 582 ff.
Verhoeff, C, 1912, Über Dermapteren. VII. Aufsatz: Zur Kenntnis der Brutpflege unserer
Ohrwürmer. — In: Zeit. f. wiss. Ins. Biol.
Zacher, Fr., 19 17, Die Geradflügler Deutschlands. Jena.
3. Ordnung: Oothecaria.
Die Oothecaria haben ihren Namen („Eipacketleger") von der Gewohnheit
der 9$, ihre Eier stets in größerer Zahl vereinigt in Kapseln, die aus verhärtetem
Drüsensekret gebildet sind, unterzubringen. — Zu ihnen gehören außer den süd-
lichen Fangheuschrecken (Mantidae) die Schaben.
Familie Blattidae (Schaben).
Die Schaben (Blattidae) zeichnen sich durch ihren platten eiförm'gen Körper, den
senkrecht gestellten, unter der großen Vorderbrust verborgenen Kopf, die flachen Schenkel und
stark gestachelten Schienen, sowie die mitunter allerdings rudimentär bleibenden oder fehlenden,
an der Naht übereinander greifenden Flügeldecken aus. Die Ralfe sind gegliedert. (Abb. 18.)
Es sind nächtliche, sehr gefräßige Tiere, welche forstlich ohne Be-
deutung sind. Ein ganz unschädlicher Waldbewohner ist die bei uns häufige
Abb. 18. Periplaneta orientalis; Männchen. Weibchen mit vorbrechender Eikapsel. ^/^.
Blatta (Ectobia) lapponica L. Dagegen richten andere Arten in den Wohnungen
und Vorratsräumen, besonders in den Bäckereien und Mühlen vielfach Schaden
an. Es sind dies die bei uns einheimische Blatta (Phyilodromia) germanica L.,
die deutsche Schabe, ein bis 13 mm langes, gelbbraunes Tier, sowie die aus
Asien bei uns eingeschleppte Blatta (Periplaneta) orientalis L., die Küchenschabe
22
Ordnungsgnippe Oithopteroidea.
(auch Schwaben oder Russen genannt), ein sehr häufiges, bis 30 mm langes
dunkelschwarzbraunes Tier.
Als Gegenmittel gegen die lästigen Hausbewohner haben sich Mischungen
von Arsenik, Mehl und Zucker oder Borax und Zucker gut bewährt. Auch mit
Bier, in flachen Tellern aufgestellt, lassen sich die Schaben leicht fangen; sie
trinken aus dem Bier, bis sie berauscht werden, fallen dann in dasselbe und er-
trinken (Reh).
4. Ordnung: Corrodentia.
Die Corrodentien enthalten 4 Unterordnungen: Die Isoptera (Termiten),
Copeognaiha (Rindenläuse), Mallophaga (Pelzfresser oder Haarlinge) und Anoplura
(echte Läuse).
Unterordnung Isoptera (Termiten).^)
Mundteile beißend, wohl entwickelt; Fühler schnurförmig, die 4 Flügel gleichartig, netz-
artig, groß, den Hinterleib weit überragend, werden nach dem Hochzeitsflug abgeworfen ; Tarsen
4 gliedrig.
Die Termiten oder „weißen Ameisen" schließen sich sowohl morpho-
logisch als biologisch an die Blattiden (Schaben) an. Ihr geselliges Leben ist
aber noch weit ausgeprägter als bei diesen
und hat zu einem wohl organisierten Staaten-
leben geführt, das auf einer weitgehenden
Polymorphie und Arbeitsteilung beruht. Wir
unterscheiden überall zwei scharf getrennte
Kasten (Abb. ig): Die Fortpflanzungstiere
und die Arbeitstiere. Erstere besorgen
lediglich die Fortpflanzung, letztere, die zur
Fortpflanzung unfähig sind, verrichten alle
übrigen Arbeiten. Erstere sind geflügelt,
werfen aber nach dem Hochzeitsflug die
Flügel ab, so daß nur kurze Stümpfe übrig
bleiben, letztere sind stets ungeflügelt. — Die
Arbeiter, die auch ihrerseits wieder in ver-
schiedene Kasten gespalten sein können
(Soldaten usw.), stellen die Hauptbevölkerung
jedes Termitenstaates dar, dazu kommt noch
das entflügelte „Königliche Paar", ferner
mehr oder weniger zahlreich geflügelte junge
Geschlechtstiere und die Larven, die sich
von den Arbeitern hauptsächlich durch die
kleinere Gestalt unterscheiden. Die Größe
der Staaten ist sehr verschieden je nach Art
und Alter: manche Kolonien bringen es nur
zu einigen Hundert Einwohnern, andere zu
vielen Millionen. Näher kann auf die über-
aus interessanten Einzelheiten des Termiten-
staates hier nicht eingegangen werden.
Abb. 19. Leucotermes lucifugus Rossi,
I Arbeiter, 2 Soldat, 3 Nymphe,
4 Ersatzkönigin, 5 geflügeltes Geschlechts-
tier, Nach Grassi aus Silvestri.
^) Zusammenfassende Darstellungen : Escherich, K., Die Termiten oder weißen Ameisen
(Leipzig 1909); und derselbe, Termitenleben auf Ceylon Qena 19 10).
Unterordnung Isoptera (Termiten).
23
Das Leben der Termiten spielt sich größtenteils im Dunklen ab. Sie
wohnen entweder in Erdbauten, die viele Meter hoch über den Boden hervor-
ragen können, oder aber in ausgehöhlten Baumstämmen usw. Wenn sie ge-
zwungen sind ihre Bauten zu verlassen, so errichten sie meist Tunnels aus Erde,
unter deren Schutz sie ihre Exkursionen machen. S' Jj
Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Pflanzenstoffen aller Art, toten
oder lebenden, vor allem aber verarbeitetem Holz. Ais Holzzerstörer nehmen
sie die erste Stelle ein (Linne nennt die Termiten ^^Sutnma calamitas
utrtusque Indiae^'').
Die Termiten verfahren dabei gewöhnlich so, daß sie entweder unterirdisch
oder unter gedeckten Galerien zu dem betreffenden Gegenstand zu gelangen suchen,
dann an einer Stelle in denselben eindringen und nun in ihm ihr Zerstörungswerk
Abb. 20. Kistendeckel aus Daressalaam (Ostafrika) von Termiten befallen. 7^ nat. Größe.
(Aus Eckstein, Holzkonservierung).
beginnen. Die befallenen Balken usw. werden entweder radikal oder mit Belassung
der härteren Teile der Jahresringe ausgefressen und durchhöhlt, wobei aber stets
sorgfältigst vermieden wird, daß die äiißeren Wände angegriffen
oder auch nur verletzt werden. (Abb. 20.) Der betreffende Gegenstand
sieht daher von außen völlig intakt aus ; um so größer ist natürlich das Erstaunen,
wenn man beim Anlehnen an einen solchen Balken keinen Widerstand findet,
sondern einfach durch den ganzen Balken durchfährt. Bretter, die auf dem
Boden liegen, werden von der Unterseite her angegriffen und soweit ausgehöhlt,
daß an der Oberseite nur eine dünne Lamelle übrig bleibt.
In etwas milderer Weise verfährt die turkestanische Termite (Hodotermes
turkestanicus Jacobs.y* bei ihren Angriffen auf die aus Fichtenholz bestehenden Tele-
graphenstangen der transkaspischen Bahn; dieselben werden alljährlich ringsum
mit einer Erdkruste bedeckt, die gegen Ende des Sommers gewöhnlich vom
Boden bis zur Spitze der Pfähle reicht, im Winter aber wieder abfällt. Unter
24
Ordnungsgruppe Orthopteroidea.
dieser Kruste fressen die Termiten nur eine dünne, Y2 ^^ starke Schicht des
grau gewordenen oder verwitterten Holzes. Wenn diese Angriffe sich auch all-
jährlich wiederholen, so dürfte es bei dieser geringen Beschädigung doch recht
lange dauern, bis die Stangen unbrauchbar werden.
Manche Hölzer haben weniger unter den Termiten zu leiden, teils wegen
ihrer Härte (Eisenholz, Sideroxylon), teils wegen ihres Geruches (Kampherholz usw.).
Ob es völlig »termiten feste« Hölzer gibt, mag dahingestellt bleiben.
Auch die lebende Pflanzenwelt wird von den Termiten angegriffen.
Die Stämme von Bäumen und Sträuchern werden ausgefressen, so daß diese ab-
sterben oder durch Winde geworfen werden.
Glücklicherweise kommen die Termiten in unserem Faunengebiet nicht vor. i)
Sie sind in ihrer Hauptmasse auf tropische Länder beschränkt. Nur einzelne Arten
dringen bis Südeuropa vor (Calotermes flavicollis F. und Leucoiermes lucifugus Rossi).
Sie haben in Südfrankieich oft schon arge Zerstörungen verursacht, sowohl in
Gebäuden als auch an der Vegetation: Obstbäume, Zypressen, Hainbuchen,
Linden, Weißdorn usw. wurden durch sie zum Absterben gebracht; in Häusern
A B
Abb. 21. Holzläuse. A Eine Psocide, B Troctes divinatorius Müll. Stark vergr.
Aus Silvestri.
haben sie Balken, Treppenpfosten zerstört, sie sind ferner in Bibliotheken ein-
gedrungen und haben dort die Bücher bis auf die äußersten Teile der Einbände
ausgefressen usw.
In den tropischen Ländern hilft mau sich gegen die Termitengefahr haupt-
sächlich durch prophylaktische Maßnahmen (möglichst weitgehende Ver-
wendung von Stein und Eisen oder „termitenfesten" Hölzern oder durch Im-
prägnieren der Hölzer.^) Zur Vertilgung der Termiten in ihren Bauten usw.
verwendet man giftige Gase (Arsenik 85^/0, Schwefel iS^o); ^^^ "^^"^ ™^^ Hilfe
einer Luftpumpe („Ameisen- Vertilger") in die unterirdischen Gänge und Kammern
treibt. 3)
') Mitunter werden Familien bei uns eingeschleppt, doch können sie sich bei uns,
wenigstens im Freien, nicht halten. In Warmhäusern dagegen können sie sich wohl vermehren
und Schaden anrichten, wie es vor Jahren in Wien der Fall war.
-) Als Imprägnierungsflüssigkeit verwendet man gewöhnlich Teerprodukte. Doch scheint
die dadurch erzielte Immunität nicht absolut und nur von kurzer Dauer zu sein. Neuerdings
sucht man durch Beigabe von Arsenikpräparaten die Wiikung zu erhöhen.
•■') Näheres darüber in Escherich, Termitenleben auf Ceylon,
Unterordnung Copeognatha. — Unterordnung Mallophaga.
25
Unterordnung Copeognatha (Holz- oder Rindenläuse).
Die Holzläuse (Abb. 21) sind kleine, nur wenige Millimeter lange, zarte Tierchen, welche
sich durch lange borstenartige Fühler, fehlende Lippentastet und 2- oder 3gliedrige Tarsen aus-
zeichnen. Die Innenladen haben die Form eines ziemlich langen meißelartigen Stabes (daher der
Name „Meißelkiefler'- — Copeognatha). Entweder sind 4 gleichartig zarte, in der Ruhe steil
dachförmig gelagerte Flügel vorhanden, oder die Flügel fehlen ganz.
Die meisten geflügelten Formen (Psociden) leben einzeln oder in größeren
Gesellschaften auf Baumstämmen, Ästen, Scheitholz, wo sie sich von
Flechten, Algen, Pilzen usw. nähren. Die ungeflügelten Trodiden (Staubläuse)
halten sich meist in Wohnungen auf an alten verstaubten wurmstichigen
Möbeln, zwischen Büchern, in Herbarien, in vernachlässigten Insekten-
sammlungen usw. und können dadurch auch dem Entomologen lästig werden.
Die bekanntesten Arten sind: Trocies divinatorius Müll. (Staublaus) und Atropns
pulsatorius L. (Bücherlaus). Letztere kann trotz ihrer geringen Größe iz mm)
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ABC
Abb. 22. Verschiedene Mallophagen. A Federling der Stockente (Lipeurus squalidus Nitzsch.)
B Federling des Rebhuhns (Goniodes dispar Nitzsch.), C Haarling des Rothirsches (Trichodectes.
longicornis Nitzsch.). Stark vergr. — Aus Giebel.
durch Aufschlagen mit dem Kopfe auf Papier oder ähnliche Unterlagen einen
ziemlich lauten Klopfton hervorbringen.
Unterordnung Mallophaga (Pelzfresser, Haarlinge, Federlinge).
Die Pelzfresser sind flügellose, abgeflachte Tiere (Abb. 22), die sich auf der Haut oder
zwischen den Haaren von Säugetieren und Vögeln aufhalten. Sie haben viel Ähnlichkeit mit
den echten Läusen, unterscheiden sich aber von ihnen durch die kauenden Mundwerkzeuge.
Die Mallophagen nähren sich von abgenagten Haar- oder Federsubstanzen,
von oberflächlichen Hautschüppchen, talgartigen Ausschwitzungen usw. , fügen also
für gewöhnlich ihren Wirten keinen nennenswerten Schaden zu, selbst wenn sie,
wie es oft der Fall ist, in großen Massen auf ihnen vorkommen.
Besonders häufig sind sie auf Vögeln. Fast jede Vogelart hat ihre
besondere Federlingart; ja in der Regel kommen auf jeder Vogelspezies mehr
Mallophagenarten, zum mindesten 2, bisweilen aber auch 5 oder noch mehr vor.
Ganz frei von Mallophagen dürfte, wenigstens dauernd, keine Vogelart sein.
Unter dem Federwild ist namentlich der Auerhahn stark von Federungen be-
26 Ordnungsgruppe Orthopteroidea.
setzt, unter denen Goniodes chelicornis Nitzsch. der häufigste ist. Von den auf
Säugetieren lebenden Mallophagen sei besonders der Hundehaarling oder die
unechte Hundelaus, Irichodectes latus N. {canis Deg.) genannt, der neben dem
Hundefloh als der Zwischenwirt des gemeinen Hundebandwurms (Taenia
cucumerina) dienen kann. Auch unser Wild und Raubzeug beherbergt ver-
schiedene Haarlinge, z. B. Rotwild Trichodectes longicomis Nitzsch., Damwild
7r. tibialis Piaget, der Fuchs 7r. micropus Giebel usw.
Unterordnung Anoplura (Läuse).
Die echten Läuse sind vor allem durch die stark rückgebildeten und modifizierten Mund-
gUedmaßen charakterisiert: Ober- und Unterkiefer rückgebildet, Oberlippe zu einem Saugrohr,
Unterlippe zu einem Bohrstachel umgewandelt. Die Brustsegmente sind nur undeutlich geschieden.
Flügel fehlen. Die Beine sind als Klammerorgane ausgebildet. (Abb. 23 A.)
Die Anopluren umfassen mehrere Familien mit über hundert Arten, die alle
parasitisch auf der Haut von Säugetieren leben und von deren Blut sich nähren.
Die birnförmigen Eier (Nissen) werden
/"^.a^.'^Vf'*' / \ meist an die Haare abgelegt.
ji t , ; ^ /Y Die bekannteste Art ist die
.• ."^- "^^(„-j-;^- K\ eiderlans ('Pediadus ves/ime?itt Nilz.J.
^ ^^-^. die am Menschen parasitiert (die Eier
werden in die Falten und Nähte der
^ ' -\ Kleidungsstücke abgelegt) und durch
ihre Stiche nicht nur lästig, sondern
durch die Möglichkeit der Übertragung
des Flecktyphus auch sehr gefährlich
wird. Im Weltkrieg spielte sie eine
schlimme Rolle, zahllose Menschenleben
Pe.^—rr—Xl fielen ihr zum Opfer; gewaltig sind die
Summen, welche man für ihre Bc-
kärapfung ausgegeben hat.^) Außerdem
^,, , ,^ , kommt an Menschen noch vor: Pedi-
Abb. 23 A. Männchen der Kleiderlaus von der . . „ -r c \
Bauchseite. Besonders deutlich ist der Penis «^«^"-^ capitis Ueer (Kopflaus) und
(Pe) zu sehen. Stark vergr. — Nach Friedenthal Phthirius pubis L. (Filzlaus).
Auch unser Jagd wild und unsere
Haustiere werden von Läusen heim-
gesucht ; so lebt am Rothirsch Haematopinus crassicornis Denny, am Wildschwein
Haematopinus suis L., am Hasen Haematopinus lyrtocephalus Denny, am Hund
Haematopinus setosus Burm.
1
XI
M Siehe Hase, Alb., Beiträge zur Biologie der Kleiderlaus usw. — In: Zeitschr. f. ang.
Ent. 1915, Bd. II, S. 265 ü.
[Ordnung Thysanoptera.
21
.y?^.
5. Ordnung: Thysanoptera^) (Physopoda, Blasenfüße).
Die Blasenfüße sind kleine (l — lo mm) lange schmale Tiere, meist mit 4 schmalen, lang
gefransten Flügeln, oder aber ganz flügellos. Charakteristisch ist außer den Fransenflügeln be-
sonders noch die Fußbildung: die meist sgliedrigen Füße besitzen am Ende des letzten Gliedes
eine eigentümlich einstülpbare Blase, mit der die beiden Krallen verwachsen sind. Endlich ist
noch die Kopf bildung hervorzuheben : der Kopf ist schief nach unten und nach hinten gestellt,
so daß die Mundwerkzeuge weit nach hinten
gerückt sind. Letztere sind in der Hauptsache
saugend. (Abb. 23 B.)
Die Blasenfüße finden sich haupt- r:=;^t^s^
sächlich auf Blüten, doch gibt es auch '^*
solche, die sich hinter Rinde, zwischen
Flechten, Moos, Schwämmen usw.
aufhalten. Ihre Nahrung ist fast aus-
schließlich pflanzlich: sie schaben die
Oberhaut ab und bohren dann mit ihrem
Mund -Stachel ein Loch, um ihre Saug-
borsten in die Pflanzengewebe einzusenken.
Sie enthalten eine ganze Reihe
von Gattungen und Arten, von denen
einige in der Gärtnerei und Landwirt-
schaft schweren Schaden erzeugen. Es
sei nur an die „schwarze Fliege" (Helio-
thrips haemorrhoidalis Bche.y' erinnert, die
zu den gefürchtetsten Feinden des Gewächshausgärtners gehört, und sodann an
den Getreideblasenfuß (Limothrips denticorim Hal.y», der die Weißährigkeit erzeugt
und den Ertrag der Getreideernte in manchen Jahren stark vermindert.
Abb. 23 B. Ein Blasenfuß (Thrips tabaci
Lind.). Stark vergr. — Aus Reh.
Ordnungsgruppe Amphibiotica.')
Mundgliedmaßen beißend; 2 Paar gleichartiger 'häutiger, netzadriger Flügel, Abdomen mit
Cerci, Larven wasserbewohnend, mit Tracheenkiemen. Hemimetabole oder prometabole Entwick-
lung (s. Bd. I, S. I56\
Der wesentlichste Zug der Amphibiotica besteht darin, daß die Larven dem
Wasserleben angepaßt sind (auch morphologisch durch das Vorhandensein be-
sonderer Wasseratmungsorgane, der Tracheenkiemen), während die Imagines aus-
gesprochene Lufttiere sind.
Drei Ordnungen zählen zu den Amphibiotica: Die Eintagsfliegen
(Ephemerida) ^ die Uferbolde (Plecoptera) und die Libellen (Odonata), die sich
leicht voneinander unterscheiden lassen :
1. Fühler lang, fadenförmig, Hinterleib mit 2 langen Schwanzfäden .... Plecoptera
— Fühler kurz, nicht länger als der Kopf 2
2. Hinterflügel viel kürzer als die Vorderflügel oder verkümmert. Hinterleib mit
2 oder 3 sehr langen (länger als der ganze Leib) Schwanzfäden (s. Bd. I,
S. 156, Fig. 152), Tarsen 4- oder 5 gliederig ■ . Ephemerida
— Hinterflügel und Vorderflügel gleichlang. Hinterleib nur mit zwei kurzen
Anhängen. Tarsen 3 gliederig Odonata
') Siehe: Tümpel, Die Geradflügler Mitteleuropas. S. 278fF. Ferner Reh, Handbuch.
S. 217 ff.
^) Als gutes Hand- und Bestimmungsbuch ist zu empfehlen: Tümpel, R., Die Gerad-
flügler Mitteleuropas. Mit 20 Tafeln. Eisenach, Wilkens Verlag, 1901.
2 8 Ordnungsgrappe Amphibiotica.
Die Ephemertda^) und Plecoptera sind forstlich gänzlich indifferent und
scheiden hier aus. Nur die Libellen haben als nützliche Insekten einiges Inter-
esse für uns und sollen daher wenigstens kurz erwähnt werden.
Ordnung Odonata (Libellen).
Die Libellen oder Wasserjungfern sind durch gleichlange, reichgenetzte Flügel, die kurzen
pfriemenförmigen Fühler und die mächtigen, den größten Teil des Kopfes einnehmenden Augen
und die kräftigen Mundwerkzeuge gut gekennzeichnet. — Ihre Larven sind mit langen, gut ent-
wickelten Beinen versehen und durch die zum Fangarm umgebildete Unterlippe besonders aus-
gezeichnet (s. Bd. I, S 21 Fig. 2i). Sie atmen durch Tracheenkiemen, welche bei den kleineren
Arten als 3 lanzettliche Blätter an der Hinterleibsspitze sitzen (s. Bd I, Fig. 71 CS. 77), bei
den größeren in dem Enddarm verborgen sind.
Die Libellen leben sowohl als Larven wie auch als Imagines ausschließlich
räuberisch (s. Bd. I, Fig. 151, S. 155); erstere von den verschiedensten kleinen
Wassertieren (Insektenlarven, Fischbrut usw.), letztere von allem möglichen fliegen-
den Getier (Schmetterlinge, Käfer, Fliegen usw.).
Fast alle Libellen sind Tagtiere, die besonders bei heiterem Wetter, am liebsten
bei hellem Sonnenschein fliegen. „Rastlos schweben sie am Ufer der Gewässer,
in rasendem Fluge schwirren sie über die Oberfläche der Teiche an Waldrändern,
über Waldkuhuien usw. dahin, um den ganzen Tag bis zum Sonnenuntergang
zu jagen. Von Zeit zu Zeit lassen sie sich auf kurze Zeit nieder, um ihre er-
beuteten Opfer zu verzehren. Oft zerstückeln sie ihre Beute schon im Flug, so
daß ganze Körperteile, abgetrennte Flügel usw. zu Boden fallen, während die
mörderische Libelle, noch ehe sie ihre Mahlzeit beendet hat, im Dahinjagen
schon wieder nach neuen Schlachtopfern Ausschau hält. Fallen die ersten Abend-
schatten auf das Gewässer, so ist dort keine Libelle mehr zu sehen; alle sind
verschwunden, sie hängen mit den Krallen ihrer Vorderbeine in Sträuchern oder
Bäumen, um so die Nacht zu verbringen" (R.).
Auch die Copula findet während des Fluges statt und zwar in ganz eigen-
artiger Weise, worüber im Bd. I (S. 122) berichtet ist. Die Eiablage findet
entweder frei ins Wasser (in Form einer Art Laich) statt, oder die Eier werden
in den Stengeln von Wasserpflanzen einzeln in kleine Taschen, die das $ durch
Anritzen des Pflanzengewebes mit dem Legestachel herstellt, untergebracht.'^)
Die gesamte Entwicklungsdauer beträgt bei den meisten Arten wohl ein Jahr.
Die Larven überwintern im Schlamme und haben im nächsten Frühjahr schon
eine ansehnliche Größe.
Wir können zwei morphologisch und biologisch recht verschiedene Gruppen
unterscheiden, nämlich :
Die Zygoptera oder Gleichflügler: leicht zu erkennen an ihrem langsamen
flatternden Flug, dem schmalen fast stabförmigen Leib und den ungefähr gleich-
großen Vorder- und Hinterflügeln, und
^) Die Eintagsfliegen (s. Bd. I, Abb. 152, S. 156 u. Abb. 71 B, S. 77), besonders das
gemeine Uferaas (Ephemera vulgata L.y, sowie die schneeweiße Palingenia horaria L. er-
scheinen im Frühjahr oft in zahllosen Mengen und werden von den Fischern als Köder genommen.
Auch die Uferbolde, besonders die große Perla niaxima Pz., bilden unter dem Namen
,, Grillen" einen beliebten Forellenköder.
^) Fulmek (Zentrlbl. f. Bakt. u. Paras. IL Abt. 44. Bd. 1915, S. 702) berichtet von
einem Falle, in welchem Birnzweige von Libelleneiern belegt waren. Es handelte sich zweifellos
um einen Ausnahmefall, wahrscheinHch um eine Instinktirrung, da ja die Larven aufs Wasser-
leben angewiesen sind.
Ordnung Odonata.
29
die Anisoptera oder Ungleichflügler : kenntlich an ihrem überaus schnellen
rasenden Flug, dem robusten Körper und den breiteren Hinterflügein.
Die bekanntesten und häufigsten Arten sind: die zu den Zyooptera ge-
hörenden gemeinen Seejungfern, Calopieryx vhgo L. , jene langsam flatternden
dunkelblauen Libellen, die man allenthalben am Ufer langsam fließender oder
stehender Gewässer antrifft, und die zu den Anisopiera gehörenden, weit größeren,
reißend dahinschwirrenden Libellula depressa L. und qtiadrimaculata L. (Abb. 24),
-^^%
Abb. 24. Libellula quadritnaculata L. Aus Ratzeburg.
die bisweilen weite Wanderungen in ungeheuren Schwärmen ausführen und daher
auch als „Wanderlibellen'' bezeichnet werden.
Forstliche Bedeutung. — Ratzeburg stellt die Libellen zu den sehr
nützlichen Insekten. Angesichts der großen Raubgier und der Art der Jagd ist
dieser Standpunkt wohl berechtigt. Ratzeburg berichtet, daß sie bei einer
Nonnenkalamität tüchtig unter den Faltern aufräumten, besonders da, wo sie
frei Umherrevieren konnten, wie auf den Kultur-Blößen, im Forstgarten usw.
Ordnungsgruppe Neuropteroidea.
Mundteile beißend, Prothorax wohl entwickelt und frei, zwei Paar gleichartiger häutiger
und meist auch gleich großer Flügel ; Larven räuberisch lebend, zum Teile mit Saugzangen ver-
sehen. Holometabole Entwicklung, mit freier Puppe.
Forstlich interessieren uns die Neuropteroidea nur insoweit, als einige
räuberische Formen darunter sind, die durch Vertilgen von Schädlingen
nützlich werden können. Es sind dies: der Ameisenlöwe (Myrmeleo), die
Kamelhalsfliege (Rhaphidia) und die Florfliegen [Chrysopidae).
Myrmeleo formicarius L. (Ameisenlöwe).
Dieser besitzt von den Genannten forstlich die geringste Bedeutung, da
seine Beutetiere zum wenigsten aus Forstschädlingen sich rekrutieren. Da er aber
sich vornehmlich im Walde aufhält und durch seine seltsame Lebensweise das
Interesse des Forstmannes erregt, so soll er hier kurz behandelt werden.
30
Ordnungsgnippe Neuropteroidea.
Als Imago (Abb. 25 B) erinnert der Ameisenlöwe an Libellen (daher der Name „Land-
libelle'"), doch läßt er sich von ihnen leicht unterscheiden durch d'e in Ruhe dachartig gelagerten
Flügel und durch die keulig verdickten Fühler. — Ganz eigenartig ist die Larve (Abb. 25 A),
deren Körper in der Mitte am breitesten und nach hinten und vorne verengt ist. Besonders
auffallend ist der breite glatte Kopf, der mit mächtig entwickelten stark gezahnten säbelförmigen
Vorderkiefern bewaffnet ist.
Der sonderbaren Form entspricht die sonderbare Lebensweise der Larve,
die in sandigen Gegenden, besonders Waldrändern, Böschungen usw. nicht selten
vorkommt. In der Regel findet man die Larve
in der Tiefe eines durch fortgesetzte Schleuder-
arbeit (mit dem Kopf) hergestellten Sandtrichters,
und zwar bis zu den Mandibeln eingesenkt
(Abb. 26). Die letzteren ragen aus dem Sande
weit klaffend hervor, bereit, jedes Insekt zu
erfassen, welches den steilen Hang des Trichters
mit seinem weichenden Boden herabgeglitten ist.
Der Sturz der Insekten wird häufig herbeigeführt
B
Abb. 25. Myrmeleo formicarius L. A Larve („Ameisenlöwe") vergr., B Imago („Landhbelle'').
oder befördert dadurch, daß der Ameisenlöwe Sand und Steinchen in die Höhe
schleudert, welche das Opfer treffen und es beim Herabrollen mitreißen, oft
auch Partien der Trichterwand zum Herabgleiten bringen. Das herabstürzende
Opfer wird sofort von den zu-
sammenklappenden Mandibeln
der räuberischen Larve erfaßt
und ausgesaugt; die leeren
Hüllen werden dann wieder
herausgeschleudert.
Als ßeutetiere kommen
hauptsächlich Ameisen in Be-
tracht, dann auch Spinnen,
kleine Käfer usw. — Die
Verpuppung geschieht in einem
runden Erdkokon im Boden. Das fertige Insekt sieht man an schönen
Sommerabenden an Böschungen und Waldrändern (in derselben Gegend, wo die
Trichter sind) umherfliegen oder in Ruhe an den Baumstämmen mit dachartig
gelagerten Flügeln sitzen, i)
Abb. 26. Stellung des Ameisenlöwen am Grund seines
Trichters. Aus Doflein.
^) Die überaus merkwürdige Lebensweise der Larve hat natürlich das Interesse der Natur-
forscher schon lange auf sich gezogen und zahlreiche Darstellungen über die raffinierte Kunst des
Fallenstellens und die geistigen Fähigkeiten des Tieres gezeitigt (eine ausgezeichnete Schilde-
rung finden wir bei Rösel von Rosenhof). Neuerdings hat Doflein (1918) die einzelnen
Vorgänge im Leben der Larve einer genauen Analyse unterzogen mit dem Ergebnis, daß alle
scheinbar so schlau und überlegt ausgeführten Handlungen größtenteils auf Reflexen beruhen.
Rhaphidia (Kamelhalsfliege).
31
Rhaphidia ophiopsis Schum. (Kamelhalsfliege), i)
Das auffallendste Merkmal, dem auch das Tier seinen deutschen Namen verdankt, besteht
in der langen, gewöhnlich etwas aufwärts getragenen halsförmigen Vorderbru|st, die vorn den
kleinen beweglichen Kopf trägt. Die 4 großen zarthäutigen gleichartigen Flügel liegen in der
Ruhe dachförmig über dem Körper (Abb. 27 A).
Der verlängerte Vorderkörper macht es den räuberisch lebenden Kamel-
halsfliegen leicht, die sich nahende Beute mit den scharfen, nach vorn gewandten
Kiefern zu packen.
Noch weit räuberischer ist die Larve, ein lang gestrecktes flaches Tierchen
mit 3 kurzen Beinpaaren, hartem fast quadratischem Kopf, gleichfalls hartem ver-
längertem Prothorax und weichem hinten verschmälertem Abdomen (Abb. 27B).
Überaus behende, kann sie bei Beunruhigungen ebenso schnell vorwärts wie rück-
wärts laufen. Sie ist ein typischer Rindenbewohner; dabei befähigt sie ihr
flacher schlanker Körper in die engsten Rit2en und Spalten einzudringen , um
dort unter der Rinde oder den Rindenschuppen Jagd auf alle möglichen Klein-
tiere zu machen. Die Larve überwintert in Rindenritzen usw., um
sich im Frühjahr zu verpuppen.
Die Verpuppung findet ebenfalls unter der Rinde oder
im morschen Holze statt. Eine besondere Eigentümlichkeit der
Rhaphidia-^\iY>'^Q ist ihre Beweglichkeit. Wie sie in der Gestalt
der Larve sehr ähnlich ist, „so bewegt sie sich auch beinahe
ebenso behend wie diese; sie bewegt sich nach vorn und nach
hinten, gerade wie die Larve; sie schiebt sich zwischen die Rinde
und wieder aus derselben hervor; dazu benutzt sie besonders den
langen noch ganz larvenähn-
lichen Hinterleib, welcher in
fortwährender, wurmförmiger Be-
wegung ist, und sich bald mit
der Spitze aufstemmt, bald
sich wieder ausstreckt." Nach
14 Tagen verwandelt sich die
Puppe in die Imago.
Die forstliche Bedeu-
tung der Kamelhalsfliege, be-
sonders ihrer Larve, ist nicht gering anzuschlagen, und Ratzeburg hat gewiß
recht, wenn er sie zu den sehr nützlichen Forstinsekten stellt. Bei der
großen Beweglichkeit und Gefräßigkeit und bei der Art ihres Vorkommens unter
Rindenschuppen usw. fallen ihr fortwährend Forstschädlinge, deren es ja an
diesen Stellen zur Genüge gibt, zum Opfer. Ratzeburg hat sie als ergiebigen
Vertilger der Nonneneier kennen gelernt. Wo die meisten Eier eines Geleges
frisch ausgefressen waren, da fand sich gewöhnlich die Rhaphidia -Lzxwq in der
Nähe. Auch ich hatte bei der letzten sächsischen Nonnenkalamität (1906 — 12)
des öftern Gelegenheit, die Ratzeburgischen Beobachtungen zu bestätigen,
und ebenso M. Wolff (19 12), der die Ansicht ausspricht, daß die Anwesenheit
Abb. 27. Rhaphidia ophiopsis L. (Kamelhalsfliege).
A Imago, B Larve. Vergr. — Orig.
^) Es gibt in Deutschland mehrere Arten von Kamelhalsfliegen, den Gattungen Rhaphidia
und Inocellia zugehörend, von denen aber die B. ophiopsis die bekannteste und wenigstens in
unseren Wäldern die häufigste ist.
Ob die einzelnen Arten in ihrem Vorkommen an bestimmte Baumarten gebunden sind, in-
sofern, als die einen nur an Laubbäumen, die anderen nur am Nadelholz usw. leben, wie G
T, Schneider annimmt (siehe Ratzeburg, F. III 250), ist noch fraglich.
32
Ordnungsgruppe Neuropteroidea.
zahlreicher Rhaphidien bei Nonnenkalamitäten die Prognose des Verlaufs der
Kalamität wesentlich günstiger gestalten kann.
Neben den Nonneneiern fallen der räuberischen Larve noch zahlreiche
andere Schädlinge zum Opfer, wie die Eier und kleinen Larven von Rüssel-
käfern, Borkenkäfern, Bockkäfern, Sesien usw. — Wir haben jedenfalls
allen Grund, in der Rhaphidie einen sehr wirkungsvollen Bundesgenossen im Kampfe
gegen die Forstschädlinge zu sehen.
Chrysopa L. und Hemerobius L. (Florfliegen, Blattlauslöwen).
Die Florfliegen (auch Stinkfliegen, Goldaugen genannt) sind sehr zarte Tierchen mit einem
schlanken, meist grünen oder gelben Leib und 4 großen, reich geäderten, halb durchsichtigen,
regenbogen färben glänzenden Flügeln, die den Hinterleib dachförmig überdeckend weit überragen.
Auffallend sind ferner noch die großen, wie Perlen hervorquellenden, bräunlich funkelnden Augen.
Die Fühler sind lang, faden- oder perlschnurförmig, gegen die Spitze zu nicht verdickt (im Gegen-
satz zu den Rhaphidien) Manchen Arten ist ein widerlicher Geruch eigen.
Die Larven (Abb. 28) sind lanzettförmig, verschieden bunt gefärbt, besitzen 6 kräftige
Beine und einen großen Kopf mit langen, dünnen, einwärts gekrümmten Saugzangen. Manche
Larven sind seltsam kostümiert mit einem
Mantel, aus den Häuten der ausgesaugten
Opfer und anderen Fremdkörpern bestehend.
Man sieht die Florfliegen zu
verschiedenen Jahreszeiten in lang-
samem Fluge umherschwärmen, in
größerer Zahl aber gewöhnlich nur
im Herbste und Winter, wenn sie in
warmen Räumen an die Fenster usw.
kommen, um dort zu überwintern.
Die Eiablage findet im Frühjahr und
Sommer statt und zwar m sehr eigen-
tümlicher Weise: „das $ drückt seine
Hinterleibsspitze auf ein Blatt oder
einen Zweig und läßt dann, während
es den Leib allmählich hebt, ein
rasch steif werdendes weißes Fädchen
hervorquellen, das es oben mit einem
ovalen grünlichen Ei krönt." Wo mehrere solche gestielte Eier beieinander
stehen, glaubt man ein Häufchen Schimmelpilzrasen zu sehen (sie sind früher
auch für Pflanzen gehalten und als solche beschrieben worden). Nach Pariser
(1919) enthalten die einzelnen Häufchen selten mehr als 16 Eier. Die Gesamt-
zahl der Eier, die ein 5 ^^ Verlauf von mehreren Wochen ablegt, kann 3 — 400
betragen.
Die auskommenden Larven verbleiben noch eine Weile an den Eischalen
und kriechen dann an den Stielen herab oder lassen sich auf das Blatt herab-
fallen, um da ihre Jagd zu beginnen. Sie laufen unruhig umher, den Kopf bald
nach links bald nach rechts drehend, wodurch sich ihr Heißhunger offenbart.
Ihre Lieblingsspeise sind Blattläuse, die sie erbarmungslos gewöhnlich von
unten angreifen, indem sie sie mit ihren starken Mandibeln durch und durch
bohren, um sie auszusaugen. Ausgewachsene Blattläuse setzen sich mit Erfolg
mit ihren Rückenröhren zur Wehr, indem sie mit dem Sekret derselben die
Mandibeln ihrer Angreifer verkleben, was nicht selten deren Tod zur Folge hat.
Gewöhnlich bleiben die angegriff'enen Blattläuse am Leben, bis sie fast zur Chitin-
Abb. 28. Florfliege (Chrysopa spec). a Eier auf
langen dünnen Stielen; b Larve; c eine Tarse der-
selben ; d Larve, einen Blattfloh (Psylla) aussaugend ;
e Kokon nach Verlassen der Imago: f Imago.
Alles vergr. — Nach Marlatt aus Silvestri.
Chrysopa L. und Hemerobius L. (Florfliegen, Blattlauslöwen). ^ 2
hülle zusammengefallen sind. Nach Wiidermuths Statistik (siehe Pariser 1919)
braucht eine Chrysopa während ihrer Larvenzeit zu ihrer Ernährung ca. 75 — 160
ausgewachsene Läuse (je nach der Temperatur). Nach Merle (bei Pariser 19 19)
kann eine Chrysopalarve in einer Stunde 30—40 Läuse aussaugen. Dem gegen-
über steht die wiederholte Beobachtung von Pariser, daß eine hungrige Larve
eine halbe Stunde braucht, um eine ausgewachsene oder sieben kleine Läuse
auszusaugen.
Außer den Blattläusen aller Art werden noch eine ganze Reihe anderer
Insektenarten von den Chrysopidenlarven verfolgt. Aus der Zusammenstellung,
die Parisergibt, erwähne ich als Beutetiere noch: Milben {Bryobia^ letrafiychus),
Blattflöhe {Psylla)^ Schmetterlingsraupen, Blattwespenlarven, Schild-
läuse, Syrphidenlarven usw.
Eine eigentümliche Gewohnheit der Chrysopidenlarven besteht darin, daß
sie sich mit allen möglichen Fremdkörpern, wie den Häuten der ausgesaugten
Opfer, Rindenstückchen, Algen usw. bedecken. Nitsche spricht sogar vom
eigenen Kot. Letzteres ist jedoch eine Unmöglichkeit, da bei den Chrysopiden-
larven das Rektum nicht mit dem übrigen Darm in Verbindung steht, und
deshalb gar kein Kot entleert werden kann. Nach den Beobachtungen von
Pariser ist jene Gewohnheit aber auch durchaus nicht allgemein, sondern kommt
nur bei solchen Arten vor, die als Larven überwintern, weshalb die Bedeckung
wohl eher als Wärmeschutz denn als Schutz gegen Feinde (wie die meisten
früheren Autoren annahmen) anzusehen ist.
Die erwachsene Larve spinnt sich (das Sekret stammt aus den Malpighischen
Gefäßen) zu ihrer Verpuppung einen festen rundlichen, bräunlichen oder weiß-
lichen erbsengroßen Kokon, der an einem Blatte oder Zweige befestigt ist.
Die Generation ist bei den meisten Arten einjährig; nur Chrysopa viilgayis
Schneid, hat zwei Generationen im Jahr, von denen die zweite als Imago überwintert.
Auch die Imagines beteiligen sich an der Vertilgung der Blatt-
läuse usw. Sie sind sogar sehr starke Fleischfresser und greifen unerschrocken
und unbehelligt auch die ausgewachsenen , mit langen Rückenröhren versehenen
Blattläuse an, von denen sie im Hungerzustand in 10 Minuten 5 — 6 Stück ver-
zehren können. Sie saugen die Opfer nicht aus, sondern fressen sie regelrecht
auf (Pariser).
Die Florfliegen haben ihrerseits wieder eine ganze Reihe natürlicher
Feinde, wie Hemipteren, Raubfliegen, Coccinelliden und mehrere Schlupfwespen
[Microgaster ater, Helosus ater^ Anacharts ensifera^ Ephialtes gracüis und Potizon
perlae), durch welche die Vermehrung wesentlich eingeschränkt wird.
Es gibt eine ganze Anzahl von Florfliegen bei uns, die sich hauptsächlich auf zwei
Gattungen Hemerobius L. und Chrysopa Leach. beziehen: erstere meist kleinere Formen ent-
haltend (5 — 9 mm), mit perlenschnurförmigen Fühlern und meist bräunlich gefleckten Flügeln;
letztere meist größere Formen enthaltend (q — II mm), mit langen borstenförmigen Fühlern und
meist einfarbigen, ziemlich durchsichtigen Flügeln. Die häufigsten und bekanntesten Arten sind
Chrysopa vulgär is Sehn. (19 mm) und Chrysopa perla L. (11 mm).
Die forstliche Bedeutung ist nicht zu unterschätzen; Ratzeburg stellt
sie sogar zu den nützlichsten Insekten. Pariser dagegen möchte „nach
den Erfahrungen über die Dauer, während welcher Larven und Imagines ein
einzelnes Opfer bewältigen, den land- und forstwirtschaftlichen Wert nicht allzu
hoch anschlagen". Jedenfalls aber stellen die Florfliegen einen der Faktoren
(und zwar einen nicht unwesentlichen) dar, durch welche die Vermehrung
der Blattläuse in Grenzen gehalten wird.
Escherich, Forstinsekten. 11. Bd. 3
-, A Ordnungsgruppe Neuropteroidea.
Literatur.
Doflein. Fr., 1916, Der Ameisenlöwe. Mit 10 Tafeln und 43 Abbildungen im Text. Jena.
Heymons, R., 1915, Insekten. — In: Brehms Tierleben.
Pariser, 191 9, Beiträge zur Biologie und Morphologie der einheimischen Chrysopiden. — In:
Archiv f. Naturgeschichte. 83. Jahrg. Abteiig. A Heft 11. (Enthält ein ausführliches
Literaturverzeichnis.)
Rambur, 1842, Histoire naturelle des Neuropttres. Paris.
Schneider, G., 1843. Monographia generis Rhaphidiae. — In: Dissert. entom. Vratislav.
Wolff, Max, 1912, Bemerkungen zur Polyederfrage usw., sowie über einige neue Unter-
suchungen zur Kenntnis der Biologie der Nonne. — In: Z. f. F. u. J. 1912, S. 712.
(Enthält Bemerkungen über die Rhaphldia als Nonnenvertilger.)
Ordnungsgruppe Coleopteroidea.
Mundwerkzeuge beißend, Vorderflügel meist zu Flügeldecken umgebildet; Hinterflügel
häutig, gewöhnlich unter den Vorderflügeln eingefaltet (oder fehlend), Prothorax gut entwickelt
und frei beweglich. Holometabole Entwicklung mit freier Puppe.
Die Oidnungsgruppe deckt sich fast ganz mit der Ordnung der Coleoptera
oder Käfer. Die noch hierher gehörende Ordnung der Sitepsiptera enthält nur
einige wenige Formen, kleine parasitisch lebende Tiere, die für uns nicht in Be-
tracht kommen.
Ordnung Coleoptera (Käfer)/)
Die Hauptmerkmale der Käfer sind neben den kauenden Mundwerkzeugen die kräftig
chitinisierten Flügeldecken und die frei bewegliche, stark entwickelte Vorder-
brust, deren Rückenplatte, der „Halsschild" einen wesentlichen Bestandteil des Habitusbildes
ausmacht (Abb. 29). Die Flügeldecken stellen kräftige Schutzorgane dar, einmal für die häutigen
Abb. 29. Obere Ansicht eines Käfers (Borkenkäfer). I Kopf, H— IV Vorder-, Mittel- und
Hinterbrust, V Abdomen, 1 — 8 Rückenplatten der Abdominalsegmente 1—8, s Schildchen,
h Punktstreifen der Flügeldecken, g Zwischenräume. Aus Spessivtseff.
Hinterflügel und sodann für die Rückenplatten der beiden hinteren Brustringe und der meisten
Hinterleibsegmente. Häufig bleiben die letzten Rückenplatten unbedeckt (Pygidium); bei einer
Familie {Staphyliniden) sind die Flügeldecken so verkürzt, daß sie oft nur die beiden ersten
Hinterleibssegmente bedecken. Wo die Flügeldecken den Rumpf vollkommen bedecken, scheint
der Körper, von oben gesehen, aus den 3 Abschnitten Kopf. Halsschild und Flügeldecken, bezw.
^) Die empfehlenswertesten Handbücher über die Käfer unseres Faunengebietes sind:
Calwers Käferbuch. 6. Auflage bearbeitet von Camillo Schaufuß (Stuttgart 1916) und
Reitter, Fauna Germanica, Die Käfer des Deutschen Reichs (Stuttgart 1908). — Ganglbauers
groß angelegtes Werk „Die Käfer von Mitteleuropa^' ist leider unvollendet geblieben.
36
Ordnung Coleoptera (Käfer).
dem von diesen bedeckten Rumpf zu bestehen, oder wo der Kopf in den Halsschild eingezogen
ist, gar nur aus den beiden letzteren /'siehe Bd. I S. 17, Abb. 17 B) — Die bedeckten Rücken-
abschnitte des Rumpfes sind gewöhnlich weichhäutig, da sie ja durch die Flügeldecken genügend
geschützt sind. Wo einzelne Rückenabschnitte unbedeckt bleiben, sind dieselben so kräftig ver-
hornt, wie die Bauchplatten. An der Basis ist zwischen den Flügeldecken gewöhnlich noch ein
kleines Stückchen (meist dreieckig ge-
formt) von der Mittelbrust sichtbar, das
sogenannte „Schildchen'' oder Scutellum
(Bd. I, S 26).
Die Flügel, die das eigentliche
Flugorgan darstellen, liegen in Ruhe-
stellung eingefaltet unter den Flügel-
decken. Sie sind häutig und durch ein
Geäder vdrsteift. Letzteres zeigt bei den
einzelnen Familienreihen usw. eine ver-
schiedene Anordnung, die sich systema-
tisch als sehr wertvoll erwiesen hat.
Wir können nach dem Geäder drei
Haupttypen unterscheiden (Abb. 30):
Typus I (Adephagentypus) :
zwischen den Nerven des Radius und
der Media i und 2 befinden sich
mehrere Queradern, die ein oder
zwei Vierecke (Oblongumzelle) ein-
schließen ;
Typus n (Staphylinidentypus) :
Alle Nerven laufen ohne Queradern und
frei aus.
m
Abb. 30.
Die drei Haupttypen des Unterflügelgeäders der Käfer.
(Nach Ganglbauer.)
I. Adephagentyp. Der Ast der Media (m') ist mit
ihrem Hauptstamm (m*) durch zwei Queradern
verbunden, dazwischen die »Oblongum« -Zelle (o).
II. Staphylinidentyp. Alle Queradern zwischen (m')
und (m') ausgefallen. Die Wurzel von m^ ist
atrophiert, daher keine Verbindung zwischen m'
und m*.
III. Cantharidentyp. Ein Teil des Astes (m') der
Media (m*) ist als sog. »rücklaufende Ader« mit
der Media hakenförmig verbunden. (Die charakte-
ristischen Adern m* und m* sind allein bezeichnet
und stärker ausgezogen.)
Abb.
A B
31. Mittelkiefer (i. Maxille) von
A einem räuberischen Laufkäfer (Cara-
biden), B einem Borkenkäfer (Ipiden).
a Cardo, b Stipes, c und e innere und
äußere Lade, d Taster. Aus Spessivtseff.
Typus III (Cantharidentypus): Die Media i und 2 vereinigen sich in einiger Entfernung
vom Außenrand zu einer Gabelader.
Die Mundwerkzeuge sind ähnlich wie bei den Orthopteren gebaut, nur sind an der
Unterlippe stärkere Verwachsungen und Reduktionen eingetreten (die beiden Innenladen sind
meist nur wenig entwickelt und zu der einheitlichen Zunge verschmolzen). Entsprechend der
großen Verschiedenartigkeit (Räuber, Pflanzen-, Aas-, Saftfresser usw.) in der Lebensweise ist auch
die Form der einzelnen Mundgliedmaßen sehr verschieden (Abb. 31). — Dasselbe trifftauch für die
Beine zu, die uns als Lauf-, Grab-, Schwimm- und Sprungbeine usw. entgegentreten. Die Zahl
der Tarsen schwankt zwischen 3 und 5. — Der Kopf ist stets gut ausgebildet, bald frei her-
Ordnung Coleoptera (Käfer). 37
vorragend, bald mehr oder weniger in den Halsschild eingezogen, mitunter ganz in demselben ver-
borgen. — Die Fühler sind meist sehr gut ausgebildet und bestehen weitaus in der Mehrzahl
aus II Gliedern, doch kommen auch solche mit weniger und mehr (bis zu 60) vor; teils sind
sie gleichartig, teils ungleichartig, in letzterem Falle meist gekniet, also aus Schaft und Geißel be-
stehend (s. Bd I, S. 18).
In Form und Größe sind die Käfer ungemein verschieden: es gibt einerseits winzige
Käferchen von kaum i mm Länge, andererseits Riesen von 50 — 60 mm (ja in den Tropen sogar
bis 14 cm); in der Gestalt finden sich vom dünnsten, schlanksten bis zum plumpen massiven
Körperbau alle möglichen Übergänge Trotz der großen Mannigfaltigkeit haben die Käfer aber
doch so viele übereinstimmende Züge, daß ihre Zusammengehörigkeit von Jedem ohne weiteres —
ich möchte beinahe sagen gefühlsmäßig — erkannt wird.
Nicht so sehr läßt sich das von den Larven der Käfer sagen, bei denen die Anpassung
an die verschiedene Ernährungsweise weit voneinander abweichende Typen hat erstehen lasseri.
Das einzige allen zukommende Merkmal ist das Vorhandensein eines gesonderten, fest chitini-
sierten Kopfes mit meist gut ausgebildeten kauenden Mundwerkzeugen, Im wesentlichen können
wir zwei Haupttypen unterscheiden:
1. die mit ausgebildeten Lauf bei nen (und meist auch mit Augen) versehene, mehr
oder weniger kräftig chitinisierte, verschieden gefärbte Larve (Campodeoidentypus , s. Bd. I,
S. 163, Abb. 159) und
2. die beinlose (und meist auch augenlose) weichhäutige und meist weiß gefärbte Larve
(Eruciformatypus, s Bd. i, S. 163 und 164. Abb. 161 A und 162 A und B).
Die erstere lebt meist frei , von oflenem Raub (Carabiden. Staphyliniden usw.). die
letztere meist unter Rinde, im Holz usw., wo sie sich von Pflanzengewebe nährt (Curcu-
lioniden, Ipiden usw.).
Außerdem existieren noch eine ganze Reihe oft recht charakteristischer Untertypen
und Zwischenformen, wie z. B. die asseiförmige Larve der Silphiden. der Drahtwurm
(Elateridenlarve).^ Engerling, die Prachtkäferlarve usw.
Die Lebensweise der Larven, im besonderen die Ernährungsweise, ist
entweder die gleiche wie die der Käfer selbst (z. B. bei den fleischfressenden
Laufkäfern oder den blattfressenden Blattkäfern) oder sie ist verschieden, indem
z. B. die Imago Blätter und die Larve Wurzeln, oder Imago Blütenstaub und
die Larven tierische Kost fressen usw.
Die Verpuppung geschieht entweder frei oder in einem mehr oder
weniger gut ausgebildeten Kokon. Die unter Rinde oder im Holze lebenden Larven
machen häufig vertiefte Puppen wiegen , welche sie mit genagten Spanpolstern aus-
kleiden, z. B. die Pissodesarten. Bei in der Erde oder in Pflanzenteilen lebenden
Puppen frißt sich der Käfer an die Außenwelt durch und erzeugt so „Fluglöcher".
In forstlicher Beziehung stellen die Käfer neben den Schmetterlingen
die wichtigste Ordnung der Insekten dar. Man braucht nur an die Mai-
käfer, Rüssel- und Borkenkäfer zu erinnern. Auch numerisch d. h. in betreff" der
Zahl der forstschädlichen Arten stehen die Käfer an der Spitze; enthält
doch die Familie der Borkenkäfer allein schon fast mehr Forstschädlinge, als
die ganze Ordnung der Schmetterlinge, und wenn wir alle forstschädlichen Käfer
zusammennehmen, so kommen wir zu einer Zahl, die weit größer ist, als die
Zahl aller übrigen forstschädlichen Insekten.
System.
Das alte, hauptsächlich auf der Zahl der Tarsen beruhende System, nach
dem die Käfer in Pentameren, Tetrameren, Trimeren und Heteromeren eingeteilt
werden (und das in der vorigen Auflage dieses Werkes zur Anwendung gekommen
ist), hat sich durch neuere Forschungen als wenig „natürlich" herausgestellt. Von
verschiedenen Seiten wurde daher in den letzten Dezennien der Versuch unter-
nommen, das alte System durch ein neues zu ersetzen, das nicht nur auf einem.
%S Ordnung Coleoptera (Käfer).
sondern einer ganzen Reihe morphologischer und anatomischer Merkmale auf-
gebaut ist und den natürlichen verwandtschaftlichen Beziehungen mehr ge-
recht wird.
Vor allem hat sich in dieser Beziehung der Wiener Entomologe L. Gangl-
bauer verdient gemacht i); sein System ist heute allgemein anerkannt und hat
auch in der neueren forstentomologischen Literatur (Nüßlin, Heß-Beck)
bereits Eingang gefunden. Auch wir wollen hier Ganglbauer in der Haupt-
sache folgen ; nur in der Anordnung weichen wir in einem Punkt von ihm ab,
indem wir die Lamellicornia nicht am Schlüsse des Systems, sondern (mit Reitter)
auf die Slaphylinoidea folgen lassen. Den Schluß der Reihe bilden dann die
Rhynchophoren. Die Ordnung der Käfer zerfällt nach Ganglbauer in zwei
scharf umschriebene Abteilungen: Die Adephagen und Polyphagen.
I. Adephaga.
Die ersten drei Hinterleib-Sternite sind miteinander verwachsen, ihre Trennungsnähte sind
meist nur schwach angedeutet: die Hinterhüfien durchsetzen das erste Sternit in de Mitte voll-
ständig, so daß dieses geteilt ist und jederseits nur noch als ein mehr oder weniger umfang-
reiches Rudiment vorhanden ist. Die Flügel, wenn vorhanden, sind nach dem Typus I (s. Abb. 30)
gebaut. Die Larven campodeoid, sehr beweglich, mit gut ausgebildeten Beinen, kräftigen sichel-
förmigen Kiefern und 2 gliederigen Tarsen.
Die Adephagen umfassen nur die
I. Familienreihe: Caraboidea.
Sie enthalten hauptsächlich räuberische nützliche Arten.
II. Polyphaga.
Das erste Hinterleib-Sternit wird nicht vollständig von den Hüften durchsetzt ; der Hinter-
rand desselben ist hinter den letzteren erkennbar. Die Flügel sind, wenu vorhanden, nach dem
Typus II oder III gebaut (Abb. 30).
Hierher gehört der ganze übrige, größte und formenreichste Teil der Käfer, der in
7 Familienreihen zerfällt :
2. Familienreihe. Staphylinoidea.
Flügel nach Typus II, Flügeldecken häufig verkürzt, Tarsen mit variabler Gliederzahl.
Larven meist campodeoid, niemals eruciform oder engerlingartig.
Meist räuberische nützliche Insekten.
3. Familienreihe: Lamellicornia.
Fühler gekniet und mit einer aus 3 — 7 einseitig zu Blättern erweiterten Gliedern be-
stehenden Keule endigend. Larven stets engerlingförmig.
Hierher gehören die so' überaus schädlichen Maikäfer und Verwandte.
4. Familienreihe: Palpicornia.
Fühler kurz, 6 — ggliederig, mit langen Basalgliedern und 3 — 5gliedriger Keule. Kiefer-
taster meist länger als die kurzen Fühler. Tarsen 5 gliederig. Flügelgeäder nach dem Typus III.
Larven campodeoid. Leben meist im Wasser.
Forstlich ohne jede Bedeutung.
5. Familienreihe: Diversicornia.
Flügelgeäder nach Typus II gebaut. Fühler fast niemals gekniet und bei den meisten
Arten mit einer gewöhnlich 3 gliederigen Keule endend. Tarsen meist 5 gliederig, doch kommen
auch 4 und 3 gliederige Formen vor.
*) Ganglbauer, L., Systematisch -coleopterologische Studien. In: Münch. coleopt.
Zeitschr. Bd. I, 1903.
Familienreilie : Caiaboidea.
39
Enthält einerseits viele forstlich indifferente und nützliche Tiere, andererseits die
schädlichen Prachtkäfer (Buprestiden), Schnellkäfer (Elateriden), Bohrkäfer (Anobien) usw.
6. Familienreihe: Heteromera.
Durch die ungleiche Tarsenzahl scharf gekennzeichnet: Vorder- und Mittel tarsen 5,
Hintertarsen 4 Glieder. Larven meist mit Beinen versehen.
Forstlich von nur geringer Bedeutung.
7. Familienreihe: Phytophaga.
Flügelgeäder nach Typus III. Tarsen mit 4 deutlichen Gliedern (an der Basis des
Klauengliedes meist noch ein kleines rudimentäres 5. Glied). Fühler niemals gekniet, auch nie-
mals mit einer Endkeule. Larven zum Teile beinlos, weichhäutig und weiß, zum Teile mit
Beinen, stärker chitinisierter und gefärbter Haut,
Hierher gehören die forstschädlichen Bock- und Blattkäfer (Cerambyciden und Chryso-
meliden).
8. Familienreihe: Rhynchophora.
Kopf rüsselförmig %'erlängert, Rüssel zum Teil aber nur sehr kurz und breit ausgebildet,
Tarsen 4 gliederig, das letzte Glied in der Regel zweilappig. Fühler meist deutlich gekniet. Flügel-
geäder nach dem Typus II und III. Larven madenförmig, beinlos, augenlos, ventralwärts
gekrümmt.
Hierher gehören die gefährlichsten Forstschädlinge, die Rüssel- und Borkenkäfer
(Curculioniden und Ipiden).
Von den 8 genannten Familienreihen können wir eine, die Palpicornier, als
forstlich indifferent hier ganz außer acht lassen; die Caraboidea^ Stapkylinoidea und
Heteromera werden uns verhältnismäßig nur wenig beschäftigen, während die
Lamellicornia ^ Phytophaga^ die Diversiconiia und ganz besonders Rhynchophora
einen breiten Raum einnehmen werden, entsprechend ihrer forstlichen Bedeutung,
bezw. der zahlreichen wichtigen Forstschädlinge, die sie enthalten.
1. Familienreihe: Caraboidea.
Die Caraboidea stellen eine sehr scharf umschriebene Abteilung dar. Die Hauptmerk-
male smd: I. Das Flügelgeäder, das nach dem Typus I gebaut ist, und 2. die Bildung des ersten
Hinterleibssternites (Bauchplatte), das durch die es vollständig durchsetzenden Hinterhüften in
zwei voneinander getrennte seitliche Hälften geteilt ist. Alle Tarsen sind 5gliedrig (pentamer).
Die Mundgliedmaßen sind sehr kräftig entwickelt (als Raubwaffen).
Die Larven sind meist ausgedehnt verhornt, gestreckt und sehr beweglich. Sie sind mit
gut ausgebildeten Beinen und sichelförmigen Oberkiefern versehen. Tarsen zweigliederig mit i
oder 2 Khuen.
Die Mehrzahl der Caraboidea leben räuberisch von anderen Insekten,
Würmern, Schnecken usw.; nur verhältnismäßig wenige Arten sind phytophag
und werden dadurch der Land- und Forstwirtschaft schädlich.
Von den 8 Familien interessieren uns hier nur zwei, nämlich die Cicinde-
lidae (Sandkäfer) und die Carabidae (Laufkäfer).
Familie Cicindelidae.
Sandkäfer.
An dem graziösen Bau des Körpers, den dünnen borstenförmigen Fühlern und den auf-
fallend langen dünnen Beinen leicht kenntlich (Abb. 32a). Körper meist metallisch grün glänzend,
Flügeldecken grün, grau oder braun mit weißen Binden oder Flecken. Kopf groß mit stark
vorquellenden Augen. Die weit vorragenden Oberkiefer sichelförmig, scharf zugespitzt, mit
mehreren scharfen Zähnen besetzt. Fühler vor den Augen auf den Seitenrändern der Stirne ein-
gefügt. Die (^(^ haben erweiterte Vordertarsen.
AQ Coleoptera. — i. Familienreihe: Caraboidea.
Die Larven zum größten Teile häutig, nur Kopf und Vorderbrust sind stark chitinisiert
und dunkel metallglänzend. Besonders charakteristisch ist ein höckerartiger Vorsprung, der
sich auf der Rückenseite des 5. Hinterleibssegmentes erhebt und der zwei kräftige
bewegliche Dornen trägt.
Die Cicindelen lieben besonders sandige trockene Gegenden, teil-
weise bewachsene lückige Stellen an Waldrändern, breite sandige Wege in
Kiefernwäldern usw. Man findet sie hauptsächlich im hellen Sonnenschein, wo
sie bei Annäherung rasch auffliegen, um sich nach kurzem Fluge ebenso rasch
wieder niederzulassen. Sie leben vom Raube niederer Insekten. — Auch die
Larven leben räuberisch, jedoch überfallen sie ihre Opfer nicht offen, sondern
— ähnlich wie der Ameisenlöwe — von einem Hinterhalte, nämlich von einer
bis 40 cm tiefen in die Erde gehenden Röhre aus, in der sie, gewöhnlich oben
am Eingange sitzend, auf vorüberlaufende Insekten lauern. Sowie ein vorüber-
laufendes Insekt mit dem Kopfe der Larve in Berührung kommt, schleudert die
letztere durch eine plötzliche reflektorische Bewegung des Kopfes das Opfer so
heftig an die Röhrenwand, daß es betäubt wird, worauf sie es mit den Kiefern
ergreift und enthauptet, um es dann auszusaugen. Die ausgesogenen Überreste
werden später wieder aus der Röhre hinausgeschafft. ^) Wir verstehen jetzt auch
den eigentümlichen bezahnten Rückenhöcker der Larve: er dient zum Festhalten
in der Wohnröhre.
Der räuberischen Lebensweise nach können wir die Cicindelen zu den
forstnützlichen Tieren rechnen. Altum bezweifelt allerdings den Nutzen,
da, wie er meint, an den Stellen, an denen die Cicindelen sich aufhalten, keine
forstlich schädlichen Insekten vorkommen. Entschieden kann diese Frage nur
durch eine umfangreiche Statistik der Beutetiere werden.
In unserem Faunengebiet sind die hauptsächlichsten Arten:
Cicindela campestris L. Oberseite mattgrasgrün, Flügeldecken mit weißen
Flecken. Länge 12 — 15 mm; C. hybrida L., Oberseite dunkelschmutziggrün, mit
weißer Bindenzeichnung (s. Abb. 32a); und C. silvatica L. , Oberseite bronze-
schwarz, mit ähnlicher ßindenzeichnung wie die vorige.
Familie Carabidae.
Laufkäfer.
Eme sehr gattungs- und artenreiche Familie. Körperbau weniger graziös und »flüchtig«
als bei den Cicindelen. Kopf prognath, im allgemeinen schmäler als der Hals, Augen flacher, nur
selten hervorquellend. Fühler fadenförmig, hinter der Wurzel des Oberkiefers eingefügt. Ober-
kiefer kräftig, gegen die Spitze hakig gekrümmt.
Die Familie enthält sehr große bis kleinste Formen. Die ^fj sind meist an den herz-
förmig erweiterten Gliedern der vorderen Tarsen erkennbar.
Die Larven (Abb. 32 d) mit mehr oder weniger freiem, prognathem Kopf, mit gut ent-
wickelten Mundgliedmaßen und meist mit 6 Ocellen. Beme gut ausgebildet, meist mit 2 Klauen.
Pronotum stets vollständig verhornt. Die übrigen Brust- und die 9 Hinterleib-Segmente mit
mehr oder weniger umfangreichen Hornplatten. Endsegmente mit 2, bisweilen sehr langen
Schwanzanhängen ( Cerci).
Die meisten Carabiden (wenigstens alle großen Formen) sind als Larve
und als Käfer räuberische Tiere, die sich von Insekten aller Art, Würmern
und Schnecken ernähren. „Sie streichen einzeln, die meisten zur Nachtzeit oder
in der Dämmerung umher, um nach Art der Katzen ihre Beute zu überfallen
und zu überwältigen." Viele sind mit am Hinterende ausmündenden Stinkdrüsen
^) Eingehende Beobachtungen über die Lebensweise verdanken wir Stäger (19 17), der
auch eine Reihe in der Literatur immer wiederkehrender Angaben als irrtümlich nachweist.
Gattung Calosoma.
41
bewaffnet, aus denen sie beim Ergreifen das Gesicht und die Hände des Sammlers
mit einem scharfen, eigenartig riechenden Saft bespritzen. Gleichzeitig geben sie
aus dem Munde eine bräunliche Flüssigkeit von sich, — erbrochenes Mitteldarm-
sekret, mit dem sie das mit den Kiefern ergriffene Opfer zum Teile schon außer-
halb verdauen (extraintestinale Verdauung, s. Bd. I, S. 70).
Durch ihre räuberischen Gewohnheiten sind die Carabiden im allgemeinen
nützlich; einige von ihnen sind durch ihren Aufenthalt im Wald und das Ver-
tilgen von schlimmen Forstschädlingen forstlich sogar sehr nützlich.
Nur relativ wenige Arten (einige mittelgroße und kleine Formen) sind
phytophag und werden dadurch wirtschaftlich schädlich; doch betrifft der Schaden
weit mehr die Landwirtschaft als die Forstwirtschaft.
-\^:^';
-P'/7.N^;
cd b a
Abb. 32. Verschiedene nützliche Carabidae : a Cicindela hybrida L. (Sandläufer); b Carabus
auratus L. („Goldhenne"); c Calosoma sycophanta L. (Puppenräuber) und d seine Larve.
Aus Taschenberg.
Von der ungemein formenreichen Familie kommen kaum em Dutzend Arten
für uns in Betracht.
Nützliche räuberische Arten.
Unter ihnen spielen die großen im Freien jagenden Arten der
Gattungen Calosoma und Carabus die Hauptrolle.
Gattung Calosoma Web. (Kletterlaufkäfer).
Durch ihren kurzen, breiten, stark herzförmigen Halsschild und ihre stark geschulterten
Flügeldecken, die an der Basis viel breiter sind als der Halsschild, von den übrigen großen
Carabiden auffallend unterschieden (Abb. 32 c)
Die Larven (Abb. 32 d) sind mit schwarzen, in der Mitte gefurchten Rückenschildern
bedeckt. Das Pronotum annähernd ebenso breit, aber länger als das Meso- und Metanotum. Die
Rückenschilder des Hinterleibes jederseits eingedrückt und seitlich stark aufgebogen.
Die bei uns vorkommenden wenigen Arten haben (sowohl als Larven wie
auch als Imago) die Fähigkeit auf Bäume usw. zu klettern („Kletterlaufkäfer"),
wo sie Jagd auf die dort lebenden Insekten machen. Die Calosomen haben
ferner meist gute Flugfähigkeit, was ihrer Verbreitung sehr zu statten kommt.
Für unsere Wälder kommen 2 Arten in Betracht:
4 2 Coleoptera. — i. Familienreihe: Caraboidea.
Calosoma sycophanta L. (Puppenräuber).
Der Puppenräuber, auch Baumkäfer, Mordkäfer, Raupenkäfer, Bandit, Syco-
phant genannt, gehört mit seiner stahlblauen Grundfarbe und den grün- und
rotgoldigen Flügeldecken zu den „auffallendsten und schönsten Käfern
unserer Wälder". Trotzdem war bis vor kurzem seine Lebensweise noch sehr
wenig erforscht, und wenn wir heute über den Sycophant ziemlich gut Bescheid
wissen, so verdanken wir dies den amerikanischen Entomologen, die
unseren Puppenräuber bei sich einführten, um ihn zum Kampfe gegen die eben-
falls von Europa eingeschleppten Schwammspinner und Goldafter, die sich dort
zu einer unerhörten Kalamität ausgewachsen haben, zu verwenden. In einer sehr
schönen ausführlichen Monographie schildert F. Burgeß (191 1) das Leben des
Käfers und der Larve in allen Einzelheiten. G. Holste gibt (1915) eine ein-
gehende Besprechung dieser Arbeit, der wir hier in der Hauptsache folgen:
Das Ei (5,2x2,4 mm) ist etwa elliptisch, an einem Ende etwas spitzer,
weiß mit einem Stich ins gelbliche; die Form wechselt etwas. Das Eistadium
dauert je nach der Temperatur 3 — 10 Tage.
Die Larve, anfänglich fast weiß, färbt allmählich aus und wird schwarz.
Sie häutet sich zweimal, und die einzelnen Stadien sind sich sehr ähnlich und
fast nur durch ihre Größe zu unterscheiden.
Um die Schnelligkeit der Verbreitung der Larven festzustellen, machte
Burgeß (1911) einen interessanten Versuch. Er ließ eine Larve sofort nach
dem Schlüpfen eine Wanderung auf einem stets weiterrollenden Papier antreten
und ihren Weg mit der Feder nachzeichnen. Das Tier legte in 72 Stunden,
nach denen es starb, die erstaunliche Entfernung von mehr als 2700 m zurück.
Dieser Versuch zeigt gleichzeitig, daß die Larven recht lange hungern können.
Die Tiere fressen Tags und Nachts, am meisten in der Hitze.
Die Raupen werden gewöhnlich an der Seite oder im Rücken zwischen den
Segmenten gepackt, doch wird nur ein Teil des Tieres gefressen. Die Puppen
leiden unter ihnen in gleichem Maße wie die Raupen. Auch sie werden zwischen
den Segmenten angebissen. Das Loch wird erweitert und ist charakteristisch
wegen seiner unregelmäßigen Ränder, die sich oft über die ganze Länge der
Puppe erstrecken. Sogar weibliche Schmetterlinge werden angegriffen. Große
Raupen und Puppen mit viel Fett werden vorgezogen. Futterversuche ergaben,
daß eine Larve während ihres I4tägigen Larvenlebens durchschnittlich 41 aus-
gewachsene Schwammspinnerraupen frißt. Merkwürdigerweise werden die
weiblichen Puppen bevorzugt. Es zeigte sich, daß im Freien etwa dreimal so-
viel weibliche Puppen als männliche gefressen wurden.
Zur Verpuppung dringen die Larven je nach der Festigkeit des Bodens
und seiner Feuchtigkeit tief in die Erde ein, wo sie sich eine Höhle fertigen.
Die Verpuppung tritt in 7 — 14 Tagen ein, nachdem die Larve mit Fressen auf-
gehört hat. Aus der Puppe, die in der Höhle auf dem Rücken liegt, entschlüpft
gewöhnlich schon im Herbst die Imago. Das Tier überwintert also nicht im
Puppenstadium.
Die Käfer erscheinen im Frühjahr je nach der Gunst des Wetters
früher oder später, die meisten in der ersten Juniwoche. Anfang August wird
der Käfer träge und verkriecht sich in die Moos- und Streudecke, in der er
zuweilen überwintert, gewöhnlich aber dringt er bis zu 40, ja 50 cm in den
Boden ein, wo er in einer Höhle, gleich der Puppenhöhle, den Winterschlaf
beginnt. Während des Winters sterben etwa ein Drittel der alten und 20°/o
der jungen Käfer. Wie die Larven, so erklettern auch die Käfer die Bäume
und ihre Zweige und finden sich selbst auf den Blättern. Stört man sie, so
Gattung Calosoma. a-i
lassen sie sich gerne zur Erde herabfallen, v/o sie sich schnell verkriechen. Sie
fressen ungefähr 50 Tage und zwar dasselbe wie die Larven.
Nach Verlassen der Winterquartiere müssen die Käfer erst einige Tage
fressen, bevor sie zur Begattung schreiten, die im Laufe der Fraßperiode ver-
schiedene Male wiederholt wird. Unterbleibt diese Wiederholung, so werden
unbefruchtete Eier gelegt. Auch solche Tiere, die nach der letzten Begattung
im Herbst keine Eier mehr abgelegt haben, sind im Frühjahr nicht fähig, be-
fruchtete Eier zu legen, wenn nicht eine neue Kopula eintritt. Als höchste
Leistungen eines Weibchens in einer Saison bezeichnet Burgeß 653 und 514
Eier, doch ist der Durchschnitt bedeutend geringer (100 — 150) anzusetzen. Für
das Gedeihen des Tieres im Freien ist es recht wesentlich, daß es lange im resp.
auf dem Wasser schwimmen kann, ohne zugrunde zu gehen. Frühjahrsüber-
schwemmungen werden ihm daher wenig anhaben können und eher zu seiner
Verbreitung beitragen. Die Lebensdauer eines Käfers beträgt 2 — 3 Jahre
und richtet sich scheinbar unter anderem auch nach der Zahl der abgelegten Eier.
Die forstliche Bedeutung geht aus dem hier Gesagten zur Genüge her-
vor. Die Sycophanten gehören zweifellos zu den nützlichsten Käfern im
Walde, die namentlich bei großem Raupenfraß dem Forstmann gute Dienste
leisten können. In normalen Zeiten kann er so selten werden, daß er völlig
verschwunden erscheint, um dann aber in starken Raupenjahren sich oft in desto
größeren Mengen einzustellen : ob das rasche Erscheinen zahlreicher Puppen-
räuber auf autochthoner Vermehrung an Ort und Stelle oder auf Zuwanderung
und Zuflug beruht, ist noch eine ungelöste Frage. Die mehrfach beobachteten
Fälle von Massenflügen lassen ein solches Zusammenfliegen nicht ausgeschlossen
erscheinen. Der forstnützliche Charakter des Sycophanten ist um so höher an-
zuschlagen, als zu seiner bevorzugten Nahrung gerade die schlimmsten Forst-
schädUnge, wie der Kiefernspinner, die Nonne, der Schwammspinner, der
Prozessionsspinner, die Kieferneule usw. gehören.
Der Forstmann hat also allen Grund, die Puppenräuber zu
schonen und auf alle nur mögliche Weise zu erhalten. Dazu gehört nament-
lich, daß er sie nicht in den Raupengräben, in die sie gefallen sind, umkommen
läßt, sondern sie wieder hinauswirft, um sie so ihrer nützlichen Tätigkeit wieder
zuzuführen.
In Amerika hat man sie künstlich vermehrt (in Zuchtkäfigen) und sie dann in großer
Zahl in die Wälder ausgesetzt. Die Massenzucht der Larven ist jedoch nicht leicht, da dem ihr
Kannibalismus, der mit jeder Häutung zunimmt, entgegensteht. Man muß daher die Larven
isoliert aufziehen; nur bei Darreichung von überreichlichem Futter kann man "etwa i Dutzend
Larven in einem Gefäß zusammen bis zur zweiten Häutung aufziehen. Im Parasitenlaboratorium
in Melrose Highland wurden auf diese Weise in 3 Jahren annähernd 20000 Larven gezogen und
ins Freie gesetzt, und zwar gewöhnlich in Kolonien von je 200 Stück. Die meisten dieser
Kolonien gediehen ausgezeichnet und vermehrten und verbreiteten sich wider Erwarten gut. Eine
weit entlegene isoliert ausgesetzte Kolonie verbreitete sich in dem kurzen Zeitraum von 2 Jahren
über eine Fläche von ca. 1 1 englischen Quadratmeilen.
Calosoma Inquisitor L. (Kleiner Kletterlaufkäfer).
Von ähnlicher Form wie der Sycophant (Abb. 33A), doch wesentlich kleiner (15 — 20 mm)
und meist von dunkelbronzebrauner Färbung (selten grün oder blau oder schwarzblau).
Der „kleine Kletterlaufkäfer" ist ein Bewohner des Laubwaldes, und zwar
vornehmlich jüngerer Bestände von Eichen, Buchen und Hainbuchen,
Auch in Hainbuchenhecken und anderen Sträuchern in Gärten wird er bisweilen
angetroffen.
Er scheint in seinem Vorkommen viel konstanter zu sein als der Syco-
phant, indem er jedes Jahr an ihm zusagenden Orten in annähernd gleicher
44
Coleoptera. — l. Familienreihe: Caraboidea,
Menge auftritt. Dieses hängt wohl mit dem ebenfalls ziemlich konstanten Vor-
kommen seiner Hauptbeutetiere, der Frostspannerraupen, zusammen.
Auch zeitlich fällt, wie Holste(i9i5) mitteilt, das Auftreten von C. Inquisitor
mit dem Auftreten der Frostspannerraupen zusammen: „Ende April, Anfang Mai
erscheinen sie ziemlich plötzlich, um ebenso .schnell im Sommer, wenn die
Spannerraupen zur Verpuppung in den Boden gehen, wieder zu verschwinden."
Die Eiablage findet nach Holste im Mai-Juni statt, und zwar wird jedes
Ei in eine besondere kleine Höhle, die mit der Legescheide angefertigt wird, ge-
legt. Die Eier sind länglich oval, bisweilen schwach nieren förmig (wohl die älteren
Stadien). Die Dauer des Eistadiums beträgt 8 — 14 Tage (je nach der Tempe-
ratur). Die Larven gelangen Juni-Juli zur Verpuppung. Holste fand den
ersten Jungkäfer am 16. Juni. Die Jungkäfer verlassen ihre Höhle im Herbst
A B
Abb. 33. Calosoma Inquisitor L. (Kleiner Kletterlaufkäfer) A Imago (Original); B Larve von
Schlupfwespen befallen (nach Holste).
nicht mehr; sie bleiben den ganzen Winter über im Boden, um erst im nächsten
Frühjahr aus ihm herauszukommen.
Daß die inquisitot-L.zx\G von Parasiten befallen wird, lehrt eine Beob-
achtung Hol st es, der aus einer Larve eine Schlupfwespe, Phaenoserphus [Pfoctoirupes)
viator Hai. in Anzahl gezogen hat (Abb. 33 B).
Die forstliche Bedeutung des kleinen Kletterlauf käfers ist nicht so hoch
anzuschlagen, wie die des Sycophanten, entsprechend der geringeren forstlichen
Wichtigkeit der hauptsächlichsten Beutetiere, der Frostspannerraupen. Immerhin
spielt er als Gegengewicht gegen den Frostspanner eine nicht zu unterschätzende
Rolle und verdient deshalb Beachtung und Schonung von selten des Wirt-
schafters.
Gattung Carabus L. (Erdlaufkäfer).
Durch die schlankere Gestalt und vor allem durch die schmäleren Flügeldecken und den
schmäleren Halsschild, dessen Hinterecken winklig oder lappenförmig ausgezogen sind, von
Calosoma deutlich unterschieden (Abb. 32 b).
In ihrer Lebensweise weichen die Carabus in mehreren Punkten von
Calosoma ab: einmal vermögen sie nicht zu klettern, halten sich also stets am
Boden auf, und sodann gehen sie ihrem Raube meist nachts nach, während sie
tagsüber sich gewöhnlich versteckt halten (unter Steinen, Moos usw.).
Gattung Carabus.
45
Entsprechend dein Gebundensein an den Boden ist ihre Nahrung eine
vielseitigere als die von den die meiste Zeit ihres Lebens sich auf Bäumen
aufhaltenden Calosomen. Sie besteht nicht nur aus Insekten, sondern auch aus
Schnecken, Würmern usw., und da unter den sich am Boden aufhaltenden
Insekten auch viele völlig indiflferente Arten sich befinden, so ist ihre Nützlich-
keit nicht so uneingeschränkt, wie die der Calosomen. Manche Carabus -Kxi
hält sich zudem fast ausschließlich auf Feldern auf und kommt daher forstlich
überhaupt nicht in Betracht. Andererseits bevorzugen auch eine ganze Anzahl
von Arten den Wald oder wenigstens seine Nähe, und können so forstnützlich
wirken. Sie vernichten hauptsächlich die des Nachts herauskommenden Raupen
(wie z. B. Kiefernsaateulenraupen u. a.) und dann die unter der Bodendecke be-
findlichen Raupen und Puppen usw., zumal die betreffenden Stadien verschiedener
schlimmer Forstschädlinge (wie Kieferneule, Spinner, Spanner, Rotschwanz, Blatt-
wespen usw.), die schon oder noch
in ihrer Winterruhe im Boden sich
befinden, wenn die Carabus noch
oder wieder tätig sind.
In welch großer Zahl die
Carabus auftreten können, lehren
die Mengen, die man oft in Käfer-
gräben findet.^) Wenn man sie
im Freien verhältnismäßig so selten
sieht, so rührt dies von ihrer
nächtlichen Lebensweise her.
Als waldbewohnendeCaraben
kommen hauptsächlich folgende Arten
in Betracht:
Die schwarzen oder schwarz-
blauen: G. coriaceiis L. ,, Lederläufer"
(bis 40 mm, mattschwarz, Flügeldecken
gerunzelt), 0. intricatus L. (ebenfalls
bis 40 mm, FÜigeldecken längsrunzelig mit
lebhaft blauen Rändern), C. fiolaceusl^.
(bis 22 mm, Flügeldecken nur ganz fein
skulptiert, mit blauen Rändern), C. con-
vexus F. (bis 17 mm, Flügeldecken kurz eiförmig), C. glabratus Payk. (bis 26 mm, einfarbig
schwarz, Flügeldecken glatt gewölbt); — ferner die bronzefarbigen: C. granulatus L. (bis
22 mm, Flügeldecken mit Längsrippen und Kettenpunkten), C. cancellatus L. (bis 28 mm,
Flügeldecken wie beim vorigen, i. Fühlerglied rot) C arvensis F. (bis 17 mm, Flügeldecken mit
flacherer Skulptur, als bei den beiden vorigen), C. nemoralis III. (bis 27 mm, Flügeldecken dunkel
Violettbronzefarben, fein längs gerieft, mit 3 Reihen feiner Goldgrübchen); — und endlich die
goldgrünen: (7. auratus L. (Abb. 32b), G.auronitens F. (bis 26 mm) und C. nitens L. (bis
16 mm, Halsschild und Flügeldeckenränder rotgold).
A B
Abb. 34. Nützliche Carabiden (kleinere Formen):
A Agonum sexpunctatum L., B Dromius fenestratus F.
Original.
Neben den großen frei jagenden Carabiden [Carabui s. 1,) sind noch einige
kleinere Formen zu nennen, die zwischen den Rindenschuppen oder
unter den Rinden der Bäume sich aufhalten und dort Jagd auf
Rindeninsekten (Borken- und Bockkäferlarven usw.) machen. Es sind dies
vor allem die Gattungen Agonum Bon. und Dromius Schaum.
Die Gattung Agonnin (Abb. 34 A) enthält mäßig kleine (6— 10 mm), ziemlich flache,
schwarze oder metallisch gefärbte Käferchen mit scheibenförmigem Halsschild. Saalas (1918)
nennt A. MannerheimiDe]. und sexpunctatum L., die er als Käfer oder als Larven unter Fichten-
rinden in Borken- und Bockkäfergängen gefunden hat. —
') Schuhmacher (1917) berichtet, daß er in einem Käfergrabensystem ca, 4000, in
einem einzigen Loch 84 Carabus gefunden hat.
46
Ordnung Coleoptera (Käfer).
Die Dromius-Arten („Rindenkäfer, Rennkäfer'', Abb. 34 B) sind kleine schlanke, meist
hellgefärbte Käferchen (oft mit dunkler Zeichnung), die sich vornehmlich unter Rinden in den
Borken käf ergangen aufhalten. In der forstentomologischen Literatur sind genannt:
D. agilisL. {Fleischer, Saalas), D. quadrinotatus Pz. (Kleine), D. tnarginellus Fb.
und D. fenestralus Fb (Saalas). — Genaue Beobachtungen über die Lebensweise fehlen noch.
Außer den beiden genannten Gattungen sind hier noch als forsdich nützlich zu nennen:
Tachyta nana Gyll., ein wmzig kleines (2^/^ — 3 mm) dunkelgefärbtes Tierchen, das von Perris,
Saalas, Pomerantzew bei verschiedenen Borkenkäfern gefunden wurde (bei Blast, piniperda.,
minor., Ips typographus, sexdentatus^ laricis, Eylastes palliatus, Hiß. fraxini., Scol. Ratze-
burgi); und endlich noch Pterostichus ablongopunctatus F., ein mitielgioßer Laufkäfer (9 bis
12 mm) mit dunkler erzfarbiger Oberseite, den Pomerantzew (vgl. .Saalas) in den Gängen von
Hyl. crenatus gefunden hat und deshalb für forstnützlich hält.
Schädliche Arten.
Schädlich sind verhältnismäßig nur wenige Carabiden , meist mittelgroße
oder kleine Arten. Der schlimmste Schädling unter ihnen ist der Getreide-
A B
Abb. 35. Schädliche (pflanzenfressende) Carabiden: A Haipalus aeneus ¥,; B Bembidium'lampros
Hrbst. — Original.
\diViikiiiex (Zabrus gibbus ¥.), der aber nur landwirtschaftlich wichtig ist, indem
er als Käfer bei Nacht die noch milchigen Körner der Getreidearten benagt
und als Larve die Blätter der jungen Getreidepflanzen zerkaut und aussaugt.
Als forstliche Schädlinge kommen von den mittelgroßen Formen haupt-
sächlich einige Harpalus- Arten in Betracht: Harpalus (Pseudophotius) pubescens
Müll, Hmpalus aeneus Yh. (Abb. 35 A) und tardus Pz., die in mit Brettern, Moos
oder Reisig bedeckten Saatbeeten durch Annagen und Ausfressen der Samen (von
Laub- und Nadelhölzern) und durch Abfressen der jungen Keimpflänzchen emp-
findlichen Schaden verursachen (Schaal 1865, Czech 1878). In einem Fall
wurde auf diese Weise ^j^ der Saat vernichtet (Nitsche 1893).
H. pubescens ist die größte Art (14 — 16 mm), pechschwarz, Fühler und Beine gelbrot,
Flügeldecken anliegend graugelb behaart; H. tardus wesentlich kleiner (9 — 10 mm), gedrungen,
Fühler und Tarsen gelbrot, Oberfläche wenig behaart; li. aeneus, die kleinste Art (7--10 mm),
Oberseite metallisch grün oder bläulich oder erzfarben, glänzend (Abb. 33 a). — Als verdächtig
gelten ferner: Calatlius fuseipes Goeze (= cisteloides Pz ) und Poeetlus lepidns Lesk., die
einzeln in "mit Moos bedeckten Saatbeeten angetroffen wurden (Schaal 1865).
2. Familienreihe: Staphylinoidea. a-j
Außerdem wurden auch noch eine Anzahl zu den kleinsten Carabiden
gehörende Bembidium- Arten (Abb. 35 B) als Saatbeetschädlinge festgestellt. In
einem von Eckstein (1904) beobachteten Falle wurden durch sie i Ar Fichten-
und ebensoviel Weymouthskiefersaat total zerstört. Die Käferchen, die sich stets
am Boden aufhalten und als ungemein flinke Läufer sich den Nachstellungen zu
entziehen wissen, hatten den Samen, obgleich er gemennigt war, vollständig auf-
gefressen und nur die Samenhülle übrig gelassen. Eckstein nennt 3 Arten:
Bembidium pygmaeum Fbr., lampros Hbst. (Abb. 35 B) und quadrimaciilatum L., alles
kleine Tierchen von 3 — 4 mm, bronzefarbig oder metallisch grün glänzend,
letzteres mit 4 gelben Makeln auf den Flügeldecken.
Als Gegenmittel gegen die Saatbeetschädlinge empfiehlt sich das
dichte Bestreuen der befallenen Flächen mit ungelöschtem Ätzkalkstaub.
Literatur über die Caraboidea.
Burgeß, A. F., 191 1, Calosoiua sycophanta: its life histoiy, behavior and successfull coloni-
zation in New England. Bull. Dep. Agr. Washington Nr. lOi, 1911.
Czech, 1878, Entomologische Notizen. Laufkäfer als Schädlinge im Walde. In: Ztbl. f. d.
g. F., S. 371.
Eckstein, K., 1904, Beiträge zur genaueren Kenntnis einiger Nadelholzschädlinge. In: Z. f.
F. u. J., S. 355 ff.
Fleischer, Ant., 1877, Der Fichtenborkenkäfer , Bostrychus typographus, im Böhmerwald,
seine Mithelfer an dem Zerstörungswerk und seine Feinde. In: Vereinsschrift des Böhm.
Foistver. Drittes Heft.
Holste, G., 1915, Calosoiiia sycophanta, seine Lebensgeschichte usw. In: Zeit. f. ang. Ent.
Bd. II, 1915, S. 4iifif.
Kleine, R., 1909, Die europäischen Borkenkäfer und ihre Feinde aus den Ordnungen der-
Coleopteren und Hymenopteren. In : Entom. Blätter.
Nitsche, H., 1893, Ein neuer Fall von Saatkampbeschädigung durch Laufkäfer. In: F. N. Z.
S. 48.
Saalas, 1917, Die Fichtenkäfer Finnlands. Helsingfors.
Schaal, 1865, Über das Bedecken des in die Fichtensaatkämpe ausgesäten Samens. In: A. F.
u. J. Z., S. 209.
Schuhmacher, 191 7, Über ein Massenvorkommen von Carabus auratus. In: Deutsche
Entom. Zeit., S. 339.
Stäger, R., 1917, Biologische Beobachtungen an der Cicindelen-Larve. In: Mitt. Naturforsch.
Ges. in Bern.
2. Familienreihe: Staphylinoidea.
Das hauptsächlichste Merkmal dieser Familienreihe ist das Flügelgeäder, das nach dem
Typus II gebaut ist. Bei einem großen Teil der Staphylinoidea (bei der umfangreichsten
Familie: Staphyliniden) sind die Flügeldecken verkürzt, oft nur die 2 ersten Abdominal-
Segmente bedeckend Die Fühler sind entweder einfach oder mit vergrößerten, eine nicht ge-
blätterte Keule bildenden Endgliedern. Die Tarsen mit variabler Gliederzahi. Die Larven
campodeoid oder wenigstens diesem Typus nahestehend, niemals maden- oder engerlingförmig.
Sie leben räuberisch von anderen Insekten oder von Aas, Moder usw.
Für uns kommen nur die räuberischen Arten als forstnützlich in Betracht.
Sie gehören 3 Familien an: Den Staphyliniden, Silphiden und Histeriden,
Familie Staphylinidae.
Kurzflügler.
Die Staphyliniden (Abb. 36) sind leicht kenntlich an dem lang gestreckten, schmalen
Körperbau und an den stark verkürzten Flügeldecken, die meist nur die ersten beiden
Hinterleibsegmente bedecken (daher der Name „Kurzflügler"'). Es gibt Formen von ganz an-
sehnlicher Größe darunter, doch die Mehrzahl ist klein bis sehr klein.
48
Coleoptera.
2. Familienreihe: Staphylinoidea.
Die in ihrer Form und Beweglichkeit den Imagines sehr ähnlichen Larven (Abb. 36D)
haben 9 wohlausgebildete Abdominal-Segmente und eingliedrige klauenförmige Tarsen.
Die Staphyliniden gehören mit zu den artenreichsten Käferfatnilien. Es
sind ungeheuer behende, schnell laufende Tiere, die sich meistens (sowohl als
Larve, wie auch als Imago) von tierischer Kost ernähren, von toten faulenden
Substanzen oder von lebenden Tieren. Die großen Arten machen Jagd auf
freilebende Tiere (andere Insekten, Schnecken usw.), die kleinen Arten
dringen vielfach in die Gänge der Borkenkäfer usw. ein, um dort von
den Borkenkäfern oder deren Eiern oder Larven sich zu nähren.
Die forstliche Bedeutung der Staphyliniden stimmt demnach im wesent-
lichen mit der der Laufkäfer überein, d. h. sie sind, sofern sie nicht indifierent
sind, als nützliche Tiere zu bezeichnen.
Von den großen Arten sind als die bekanntesten und häufigsten zu
nennen:
Staphylinus caesareus Cederh. Schwarz, Flügeldecken rötlich gelbbraun.
— fossor Scop. Kopf, Hlsch. und Flgdck. braunrot.
— (Ocypus) olens Müll. Einfarbig schwarz (Abb. 36 A).
A B C D
Abb. 36. Verschiedene Staphyliniden (nützlich): A Ocypus olensJMüU., B Omalium rivulare Payk.,
C Nudobius lentus Grav., D Larve des letzteren. — Original.
Von letzterem gibt Ratzeburg eine eingehende Beschreibung (vom Käfer
und der Larve). Er sah denselben bei einer Kieferspinnerkalamität sehr tätig.
Die Larve lebt nach Heer in Gräben, von denen aus sie (ähnlich wie die
Cicindelen-Larven) die vorüberlaufenden Insekten überfällt.
Von den kleinen Arten findet sich eine größere Anzahl in der forst-
entomologischen Literatur (Altum, Fleischer, Kleine, Saalas) als Borkenkäfer-
vertilger angeführt. Die Liste wird sich zweifellos noch stark erweitern lassen,
wenn man einmal sich näher mit diesem Gegenstand beschäftigt haben wird.
Man wird dann wohl auch klarer sehen betreffs der Frage, ob die einzelnen
Staphylinen bestimmte Borkenkäferarten bevorzugen oder ob hier überhaupt keine
Gesetzmäßigkeiten vorliegen^ und ferner auch, wie groß ihre forstliche Bedeutung ist.
Die als Borkenkäferfeinde festgestellten Arten sind folgende:
Phloeopora reptans Er. — Beutetiere: Hylastes palliatus^ Blast, minor ^ Polygr. subopacus.,
Ips sexdentatus, laricis (Altum, Kleine und Perris), Dendroct. micans (Saalas).
— angustiforrms B. — Beutetiere: Hylast. palliatus, Pityog. quadridens (Kleine).
Familie Silphidae. 4g
Homalota plana Gyli. — ßeutetiere: Crijpturgus pusillus (Kleine).
— cdata Er. — Beutetiere: Hylurg. Uyniperdus (Altum).
— cusptdata Er. — Beutetiere: Ips laricis (Altum).
Leptusa analis Gyll. — Beutetiere: Ips laricis (Altum), Ips typographiis und chnlcograplms
(Saalas).
Atheta. celata Er. — Beutetiere: Hylurgus ligniperdus (Kleine).
— analis Gyll. — Beutetiere: Ips laricis (Kleine).
— crassicornis F. — Beutetiere; verschiedene Ipiden (Bickhardt).
— spec. — Beutetiere: Blast, piniperda und Polygr. subopacus (Kleine).
Placusa complanata Er. — Beutetiere: Ips sexdeiitafus (Kleine).
— atrata Stbg. — Beutetiere: derselbe und Pit. clialcographus (Saalas).
— infinia Er.') — Beutetiere: Ips typograplitis., sexdentatus (Fleischer und Perris), Blast.
minor (Kleine";, Xylot lineatus (Saalas).
Placusa depressa Makl. — Beutetiere: Ips typograpkus und laricis^ Pit. chalcographiis,
Dendr. micans., Xyl. lineatus, Hyl. glabratus (Saalas).
Quedius fuliginosus G. — Beutetiere: Blast, minor (Altum, Kleine).
— scintillans Ge. ebenso.
— ochropteriis Er. — Beutetiere: Ips typographiis (Fleischer, Kleine).
— laeimiatus Gyll. ebenso.
Xantholinus collaris Er. — Beutetiere: Ips sexdentatus (Altum).
Niidobius lentits Grav. (Abb. 36 C u. D)'-) — Beutetiere: Jps typographiis (Fleischer, Kleine),
Ips laricis, Dendr. micans, Hyl. glabratus, Pit. chalcographus (Saalas),
— collaris Er. — Beutetiere: Ips sexdentatus (Kleine)
Coryphium, angusticolle St. — Beutetiere: Ips laricis (Kleine).
Omalium pusillum Grav. (Abb. 36 B) — Beutetiere: Ips laricis, sexdentatus, Polygr. sub-
opacus, Blast, minor, Hyl. palliatus (Kleine).
— vilc Er. — Beutetiere: Ips sexdentatus (Kleine).
— minimum Er. — Beutetiere: Ips sexdentatus (Kleine).
Acrulia inflata Gyll. — Beutetiere: Xyloterus- Arten (^Saalas).
Familie Silphidae.
Aaskäfer.
Die Silphiden sind in Gestalt und Größe recht mannigfaltig. Die für uns hauptsächlich
in Betracht kommende Gattung Silpha (s. 1.) enthält meist mittelgroße, flache, breitovale Formen,
deren deutlich gerippte Flügeldecken den Hinterleib vollkommen bedecken (Abb. 37 A). Die
Fühler sind gegen das Ende zu verdickt, mitunter auch mit deutlicher dreigliedriger Keule.
Die Farbe ist meist schwarz, doch gibt es auch Formen mit rotem Halsschild, und solche mit
gelben Flügeldecken.
Die Larven sind asselfö^mig (Abb. 37 B), Kopf leicht geneigt, jederseits 5 Ocellen,
von denen drei oberhalb und hinter den Fühlern, 2 unterhalb stehen. Fühler dreigliederig,
Dorsalplatten der Brust und des Hinterleibes nach den Seiten lappig vorgezogen. Füße eingliedrig.
Der Name „Aaskäfer" rührt daher, weil die meisten Silphiden von Aas
leben. ^) Doch gibt es auch einige Arten die (sowohl als Imago, wie auch als
Larven) phytophag sind und dadurch landwirtschaftlich (an Zuckerrüben)
sehr schädlich sein können (Silpha \_Blilophaga\ opaca L. und iindata Müll.),
und endlich auch solche, die räuberisch von anderen Insekten leben und da-
durch nützlich sind. Zu diesen nützlichen Arten gehört die gelbe
') Nach Fleischer (1877) gehörte Placusa infima zu den wichtigsten Borkenkäfer-
feinden während der großen Borkenkäferkalamität im Böhmerwald in den siebziger Jahren. An
einzelnen Stämmen konnte man 100 und mehr Exemplare in den Typographiis -Gängen finden.
Die Gefräßigkeit der kleinen Staphylinen ist sehr groß: 4 eingesperrte Placusen haben in
24 Stunden 10 Borkenkäferlarven vollkommen aufgefressen. Wo viele Placusen vorhanden warer,
konnte man zahlreiche leere (d. h. larvenfreie) Larvengänge finden.
^) Nach Fleischer (1877) kommt diese Art weit weniger zahlreich als Placusa vor;
er fand sie meist einzeln, höchstens. 2 Exemplare unter einem größeren Rindenstück, höchstens
10 Exemplare an einem Stamm. Das gleiche gilt für Quedius laevigatus.
^) Wo immer man Aas aufhebt, findet man die Aaskäfer zahlreich vertreten, meist in
Gesellschaft von ebenfalls zu den Silphiden gehörenden, schwarz und rot gebänderten Toten
grä.hera (Necrophorus), ferner von zahlreichen Kurzflüglern(StaphyHnen), Stutzkäfern (Histeriden) usw.
Escherich, Forstinsekten. IL Bd. 4
50
Coleoptera.
P'amilienreihe: Staphylinoidea.
Silpha (Xylodtepa) quadripunctata L. H 'l>^2i ^^y
An ihrer Färbung leicht zu erkennen: Flügeldecken gelb mit je 2 kleinen schwarzen
Makeln, Halsschild in der Mitte schwarz, an den Rändern gelb, Unterseite und Beine schwarz.
(Abb. 37A).
Biologisch zeichnet sich die gelbe Silpha durch ihr Kletterver'mögen
aus. Man trifft sie, wie auch ihre Larve vor allem auf Bäumen, wo sie Jagd
auf die dort fressenden Insekten macht. Altum (F. ']2) fand sie besonders auf
jangen Eichen und Buchen, von wo er sie im Frühjahr (zusammen mit Calosoma
Inquisitor) regelmäßig durch Prellen herabklopfte. Dasselbe berichtet [Holste
A B C '
Abb. 37. A Silpha quadripunctata L. ; B Silpha-Larve von oben; C dieselbe von unten.
Orig.
(19 15). Wir gehen deshalb nicht fehl in der Annahme, daß die Silpha hier
vornehmlich den Raupen des Frostspanners nachstellt (s. oben S. 44). Redten-
b acher fand die gelbe Silpha in größerer Menge in den Nestern des Prozessions-
spinners und ich selbst fand in den Vogesen die Art mehrfach beim Verzehren
von Nonnenraupen, So können wir die gelbe Silpha zu den forstlich sehr
nützlichen Tieren rechnen. Weitere genauere Untersuchungen über die
Lebensweise sind sehr erwünscht.
Familie Histeridae,
Stutzkäfer.
Die Mistenden (,,Stutzkäfer") sind kleine bis mittelgroße Tiere, die durch ihren außer-
ordentlich harten und glatten Chitinpanzer besonders ausgezeichnet sind. Der Kopf steckt tief
im Hals und trägt kurze 1 1 gliederige geknickte Fühler, die an der
Spitze geknöpft sind. Flügeidecken abgestutzt, die letzten Hinter-
leibsegmente freilassend (Abb. 38). Beine plump, Vorderbeine mit
Zähnen zum Graben geeignet, Tarsen 5giiederig. In Ruhestellung
liegen die Beine am Körper so eng an, daß sie kaum zu sehen sind,
Larven häutig, langgestreckt, ohne Ocellen, Kopf prognath,
Mundteile gut entwickelt. Pronotum teilweise oder ganz verhornt,
Beine kurz.
Die Histeriden enthalten (in unserem Faunengebiet)
über ein Dutzend Gattungen mit zahlreichen Arten, Die
meisten leben (sowohl als Imagines wie als Larven)
räuberisch von anderen Insekten ; sie halten sich meist
in verwesenden tierischen oder pflanzlichen Stoffen, oder
unter den Baumrinden usw, auf, wo sie auf die dort
lebenden Fliegen- oder Käferlarven Jagd machen. Einige
Arten hat man gelegentlich auch im Freien auf Insekten
jagen sehen.
Abb, 38. Hister quadri-
maculatus L. — • Original.
Familie Histeridae.
51
Forstlich werden die Histeriden sehr nützlich und zwar dadurch, daß
eine Reihe von Arten sich von Borkenkäfern nähren und so an deren
Einschränkung mithelfen. Es sind hauptsächlich 3 Gattungen, die dem Forst-
mann in dieser Richtung nützen:
Plaiijsoma, Paromalus und Pkgaderus. Alle drei enthalten kleine bis kleinste Formen
(4 — i'/.j mm), die teils durch ihre schmale, abgeplattete Gestalt, teils durch ihre Kleinheit ai^ das
Leben der Borkenkäfer angepaßt erscheinen.
Gattung Platysoma Leach.
Die größten Formen (s'/j — 4 mm) unter den Borkenkäferfresssern ; langgestreckt, parallel-
seitig, einfarbig schwarz, an allen Schienen am Außenrand mit Zähnchen besetzt (Abb. 39 A).
Bei Borkenkäfern wurden bisher gefunden :
PI. deplanatum Gyll. (3 — 372 nrni), hauptsächlich unter Pappelrinde, doch auch an Fichte in
den Gängen von Ips typographus;
— lineare'Er. (2,^U — 4 mm); an Kiefer und Fichte, bei Ips typographiis und laricis. Blast.
piniperda (Fleischer, Kleine);
— angnsiatum Hofm. (2'/, — 3 mm); an Nadel- und Laubbäumen, bei Hylastes opaeus (Kleine);
— oblongum F. (3'/., — 4 mm); an Nadelholz bei verschiedenen ips-Arten (Bickhardt).
— elongatum Oliv. (272—3 mm); an Nadelholz bei verschiedenen J^fS- Arten (Bickhardt. Fleischer).
A B C
Abb. 39. Ipidophage Histeriden. A. Platysoma oblongum F.; B Plegaderus discisusEr. ; C Larve
desselben. Alle stark vergr. — Original.
Gattung Paromalu.s Er.
Kleine Arten (l72 — 2,3 mm) von oblonger, ziemlich parallelseitiger Gestalt, mit rostroten
Beinen und Fühlern.
In der forstentomologischen Literatur sind 2 Arten erwähnt :
J 3^ P. paralleiopipedtis Hbst. (Körper parallel), an .Nadelhölzern, in den Gängen von verschiedenen
Ips- Arten {laricis, longicollis, sexdeniaius)
,, — flavicornis Hbst. (Körper länglich oval, an den Seiten leicht gerundet). An Nadelholz, be-
sonders Kiefer bei Hylastes opaeus (Kleine 1.
Gattung Plegaderus Er.
Die kleinsten der ipidophagen Histeriden (i — 17.2 m) von ovaler Statur. Besonders charakte-
ristisch sind die wulstförmig abgesetzten Seitenränder des Halsschildes. Besonders genannt werden
als Borkenkäferfresser :
'}!ly<;-PL discisus Er. (Abb. 39 B u. C), vulncratas Pz., sauciiis Er. und sanatus Truqui.
Nach Bickhardt stellen die Plcgadcnis hauptsächlich den Cryptiiygus-Art:.n nach, auch
Kleine nennt mehrmals Crypturgus pusil/us als Beutetiere. Doch scheinen sie auch größere
Borkenkäfer zu überfallen, wenigstens fanden sie Kleine, Fleischer und Saalas auch in den
Gängen verschiedener Ips-Arten, ferner bei Hylastes, Dryoeoetes usw.
Über die Art der Fortpflanzung all der hier genannten Histeiiden liegen
uns bider noch gar keine Angaben vor. Bickhardt vermutet, daß die Histeriden
4*
52
Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
erst nach dem Ausflug der Borkenkäfer aus deren Gängen durch Ausfluglöcher
hinausgelangen und nach dem Einbohren der Ipiden in neue Bäume diesen
durch die Einbohröff"nung wieder folgen — wenigstens die $$ — um dort ihre
Eier abzulegen. Die Copula findet wahrscheinlich im Freien statt. „Es wäre
eine sehr dankbare Aufgabe, diesen Zusammenhängen nachzuspüren, von deren
Verfolgung vielleicht ein größerer Erfolg für Borkenkäfeibekämpfung zu eiwarten
ist" (Bickhardt) 1).
Literatur über Staphylinoidea.
Bickhardt, H., 1914, Die Bedeutung der Histeriden im Kampfe gegen die Waldverderber.
In: Ztschr. f. angew. Entom., S. 382 — 389.
Fleischer, A. B., 1877, Der Fichtenborkenkäfer, Bost. typographus im Böhmerwald, seine
Mithelfer und seine Feinde aus der Klasse der Insekten. In : Vereinsschr, f. Forst-, Jagd-
u. Naturkunde des böhm. Forstvereins. 3. Heft, S. 1 — 42.
Kleine. R,, 1909, Die europäischen Borkenkäfer und ihre Feinde aus den Ordnungen der
Coleopteren und Hymenopteren. In: Entom. Blätter.
Saalas, 1917, Die Fichtenkäfer Finnlands. Helsingfors.
3. Familienreihe: Lamellicornia.
Das Hauptmerkmal der Lamellicornier ist die Bildung der Fühler; diese sind gekniet
und enden mit einer Keule, die aus 3 bis 7 einseitig zu Blättern erweiterten Gliedern
besteht. Die Keulenglieder sind entweder einfach kammartig gestellt und unbeweglich, oder
können fächerlörmig ausgebreitet und zusammengeschlagen werden (Abb. 40).
Sehr gut charakterisiert sind auch die Larven, die allgemein als „Engerlinge" bekannt
sind: sie sind weichhäutig, feist, weißlich, blind, ventralwärts stark gekrümmt, daher stets seitlich
Abb. 40. Lamellicornier-Fühler, A von Lucanus (Hirsch-
käfer); B von Melolontha (Maikäfer).
Abb, 41. Lucaniden- Larve (Dorcus
parallelopipedus L.). — Nach Boas.
liegend, mit gut entwickeltem Kopf, meist auch sehr gut ausgebildeten Beinen und mit sackartigem
Hinterleibsende (siehe Abb. 41 u. 45). Die Larven leben im Verborgenen, entweder im Mul n,
oder in der Erde oder im Mist usw., worauf schon die Blindheit und die weiche Beschaffen-
heit der Körperbedeckung hinweist.] |
^) Wie zahheich die Histeriden auftreten können, lehren folgende Angaben BicRaardts :
er fand im Urwald Carozzica bei Asco (Korsika) an 2 umgebrochenen Stämmen von Pinus
maritimus an Borkenkäfern: Ips sexdentatus (ca. 150 Stück), laricis (ca. 100 Stück),
longicolhs (ca. 250 Stück), Crypturgus eribrellus (ca. 507 Stück), numidicus (ca. 80 Stück ,
Xyleborus eurygraphuft (ca. 20 Stück), — und mit diesen Borkenkäfern zusammen, d. h. in
ihren Gängen und dem umgebenden Mulm, folgende Histeriden: Platysoma oblongum (ca.
120 Stück), elongatuni (ca. 25 Stück), Paromalus parallelopipedus (ca. 150 Stück), Flegaderus
saucius (ca. 80 Stück) und sanatus (ca. 50 Stück).
Familie Lucanidae.
53
Die Lamellicornier zerfallen in zwei Familien, die Lucaniden (Hirschkäfer)
und die Scarabaeiden (Mist- und Laubkäfer), die sich folgendermaßen unter-
scheiden lassen:
Fühler stark gekniet, ihr i. Glied langgestreckt, die Keule gekämmt, ihre
Glieder (3 — 6) unbeweglich (Abb. 40 A). Larven mit einem längsspaltigen
After. Segmente gewöhnlich glatt, ohne gewulstete Querfalten (Abb. 41) Lucanidae
Fühler schwach gekniet, erstes Glied meist nur wenig verlängert, aber verdickt,
Keule aus 3 — 7 beweghchen Blättern bestehend (Abb. 40B). Larven meist
mit querspaltigem After (Ausnahme: Serica), Segmente mit stark ge-
wulsteten Querfalten (Abb. 45) Scarabaeidae
Familie Lucanidae.
Hirschkäfer.
Außer dem ebengenannten Fühlermerkmal zeichnen sich viele Lucaniden noch durch ein
sehr auffallendes sekundäres Geschlechtsmerkmal, nämlich die stärkere Ausbildung der Vorderkiefer
(Mandibeln) beim Männchen aus, welche bei unserm Hirschschröter zu förmlichen Geweihen sich
entwickelt haben (Abb. 42 A). Die so gestalteten Mandibeln sind zum Kauen ungeeignet, sie
dienen hauptsächlich als Waffe im Kampfe zwischen den Männchen.
Trotzdem die meisten Lucaniden Wald- oder vielmehr Baumtiere sind,
kommt ihnen doch nur eine sehr geringe forstliche Bedeutung zu,
da ihre Larven im Mulm abgestorbener Bäume oder Baumteile sich entwickeln
und ihre Imagines meist von ausfließenden Baumsäften sich nähren.
Nur eine Art kann forstlich einen geringen Schaden verursachen, indem sie
sich von den eben sich entfaltenden Knospen von Laubbäumen nährt; es ist dies
~f-]r^} Systenocerus caraboides L. (Rehschröter).
Eine kleinere Art von 10 — 14 mm Länge (Abb. 42 C), die sich von den übrigen (meist
braun oder schwarz gefärbten) Arten durch die metallisch grüne oder grünlichblaue oder stahl-
blaue Oberseite unterscheidet, und sich an diesem Merkmal leicht erkennen läßt.
Die Larve lebt in anbiüchigem oder abgestorbenem Holze verschiedener
Laubbäume (Eiche, Buche. Esche usw.), und auch von Kiefer. Die Imago
kommt im August aus der Puppe aus, bleibt aber den Winter über im Puppen-
gehäuse. Im Frühjahr begibt sich der Käfer in die Kronen der Bäume, vor-
nehmlich Eichen, dann auch Aspen u. a., um an den eben sich entfaltenden
Knospen zu fressen. Die Knospen werden dabei mitunter so stark beschädigt,
daß sie bei der geringsten Berührung abfallen.
Die Vermehrung scheint im allgemeinen nur eine geringe zu sein;
doch kann der Käfer immerhin so häufig werden, daß er auffällt. So habe ich
ihn im Frühjahr 19 15 bei Gelegenheit des Absammelns der Maikäfer im Bien-
wald (Pfalz) in den großen Fangtüchern (s. unten) in größerer Zahl angetroffen.
Von den übrigen Lucaniden seien noch folgende Arten genannt, die zwar
praktisch ohne Bedeutung sind, die jedoch dem Forstmann oftmals begegnen und
ihn durch ihre aulfallende Erscheinung interessieren können:
;^^>r;;, Lucanus cervus L. (Hirschschröter, Feuerschröter).
Einer der größten und bekanntesten Käfer unserer Fauna, der im männlichen Geschlecht
durch die geweihartig vergrößerten Mandibeln ausgezeichnet ist (Abb. 42 A). Die "Weibchen haben
an Stelle des Geweihs nur 2 kräftige, nach vorne etwas vorstehende Vorderkiefer. Die Färbung
der Flügeldecken und des männlichen Geweihes ist liastanienbraun , die des übrigen Körpers
schwarz. Die Größe ist sehr variabel (auch die des Geweihes) und schwankt zwischen 25 und 75 mm.
Die Hirschschröter sind hauptsächlich m den Eichenwaldungen zu Hause, wo sie im Juni/Juli an
warmen Abenden mit wildem Gesumme umherschwärmen, namentlich die Männchen, die auf der
Suche nach einem Weibchen sich befinden. „Wie versessen die Männchen auf ihre Weibchen
54
Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
sind, hat Haaber beschrieben, der ein lebendes Weibchen eines Hirschkäfers an einem Baum-
stamm befestigte, und im Laufe von 2^2 Stunden nicht weniger als 75 anfliegende Männchen
fangen konnte" (Heymons-Brehm). Als Nahrung dient ihnen ausfließender Baumsaft, und
man kann an heißen Sommertagen an solchen feuchten Stellen der Eichenstämme oft eine große
Gesellschaft von Hirschkäfern finden, die an der süßlichen gärenden Flüssigkeit lecken. Die
männlichen Hirschkäfer sind sehr streitsüchtig, und wo mehrere von ihnen beisammen sind, ent-
wickeln sich stets bald Kämpfe, wobei die Geweihe als Waft'en benutzt werden.
„Die rundlichen, 2,25 mm großen Eier werden an morschen Eichenstämmen in die Erde
gelegt, von deren Humusteilchen sich die Larven anfangs ernähren, bis sie später, wenn sie
größer geworden, das faule Holz selbst angreifen.. Erst
im fünften Jahr sind die Larven ausgewachsen und er-
reichen dann die stattliche Länge von 10 — 11 cm. Im
fünften Sommer verpuppt sich die Larve in einem faust-
großen festen Gehäuse, das bei der männlichen Puppe,
die schon ein langes, bauchwärts umgebogenes Geweih er-
kennen läßt, wesentlich größer ist als bei der weiblichen
(Heymons-Brehm).
Dorcus parallelopipedus L. (Zwerghirsch-
käfer, Balkenschröter).
Wesentlich kleiner (18 — 32 mm), matt schwarz;
die Mandibeln des Männchens nur wenig verlängert
(Abb. 42 B). Larve in faulendem Holze von Buche, Eiche.
Linde. Nußbaum, Roßkastanie usw.
' Sinodendron cylindricum L. (Baum- oder
Kopfhornschröter).
Ausgezeichnet durch seine walzenförmige Gestalt
und durch den Besitz eines Hornes auf dem Kopf, das
im männlichen Geschlecht deutlicher entwickelt ist als im
weiblichen. Noch kleiner als der vorige, 12 — 16 mm
(Abb. 42 D).
Larven in faulem Holze von Laubbäumen. Ratze-
burg hat im Winter Larven, Puppen und Käfer in
faulenden Ästen lebender Buchen zahlreich beisammen
gefunden. Der Käfer findet sich im Mai/Juni an ver-
schiedenen Laubbäumen.
B C D
Abb. 42, Verschiedene Lucaniden. A Lucanus cervus L. ; B Dorcus parallelopipedus L. ; C. Syste-
nocerus caraboides L. ; D Sinodendron cylindricum L. — Original.
Familie Scarabaeidae.
Blatthornkäfer. 1^
Die durch die Fühlerbildung (s. oben) gut charakterisierte Familie der Scarabaeiden ge-
hört zu einer der artenreichsten Käferfamilien. Sie enthält mittelgroße und große bis sehr große
Formen von der verschiedensten Gestaltung und teils prächtigen Farben (besonders die tropischen
Unteifamilie Coprophaginae.
55
Formen). — Die Larven (Engerlinge) unterscheiden sich von den Lucanidenlarven durch den
querspaltigen After. Sie zeigen eine auffallend starke Wulstung der Segmente; Segmente I — 7
sind in 3 Querwülste gefaltet, an die sich seitlich ein dreieckiger Wulst anschließt (Abb. 45).
Die Lebensweise der Scarabaeiden ist je nach den Gattungen resp.
Gattungsgruppen sehr verschieden: die einen entwickeln sich im Mist, bei anderen
nähren sich die Larven von lebenden Pflanzenwurzeln, während die
Imagines Blätter fressen, bei wieder anderen entwickeln sich die Larven im
morschen, faulenden Holze oder in Ameisenhaufen, während die Imagines von
Säften, Blütenstaub usw. sich ernähren.
Forstlich sind nur verhältnismäßig wenige Arten von Bedeutung,
doch gehören diese wenigen oder wenigstens einige von ihnen zu den all er-
schlimmsten Schädlingen, so daß wir uns eingehend mit ihnen beschäftigen
müssen.
Systematisch können wir zwei Unterfamilien unterscheiden:
Fühlerkeule oder wenigstens deren zwei letzte Glieder matt, staubartig grau
tomentiert Coprophaginae
Fühlerkeule wie die übrigen Fühler kahl oder spärlich mit Haaren besetzt, glatt
(nicht matt tomentiert) Mdolonthinae
Unterfamilie Coprophaginae (Dungkäfer).
Die meisten hierher gehörenden Arten leben im Mist oder Dung und
machen hier auch ihre Entwicklung durch (daher die Bezeichnung Mist- oder
Abb. 43. Verschiedene Coprophaginae (Dungkäfer).
B Copris lunaris L. (Mondbornkäfer).
A Geotrupes (Mistkäfer).
— Original.
Dungkäfer). Forstlich kommt ihnen nur eine indirekte Bedeutung (Boden-
verbesserung) zu.
Am bekanntesten sind die zu den kleineren Formen gehörenden Aphodius-
Arten, die in jedem Mistfiaten oft zu Hunderten anzutreffen sind, und noch
mehr die größeren Geotrupes- Krion (die eigentlichen Mistkäfer), die auch dem
Forstmanne im Walde häufig begegnen, sei es schwärmend am Abend, sei es auf
den Wegen laufend, sei es auf tierischen Exkrementen. Es sind ziemlich große
Tiere, schwarz mit grünlichem oder bläulichem Schimmer (Abb. 43 A).
Biologisch bieten die Mistkäfer viel Interessantes, vor allem durch ihre
Brutarbeit, an der die beiden Geschlechter sich beteiligen. Sie graben
zunächst einen über ^/.^ m tiefen Hauptgang annähernd senkrecht in die Erde
und treiben dann von diesem in verschiedener Höhe mehrere Seitenstollen (von
je bis zu 18 cm Länge) vor, in die Mist vermischt mit Rindenstückchen und
c5 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Erdteilchen eingebracht wird. Schicht auf Schicht wird hier gelagert, bis der
Stollen mit einer förmlichen Mistwurst gefüllt ist, die man „Brutpille" nennt.
Im dicksten Teile der Pille befindet sich die Eikammer, in der ein weißes Ei
untergebracht wird. Der aus dem Ei (in etwa 3-4 Wochen) auskriechende
Engerhng zehrt von der Brutpille, bis die kalte Jahreszeit anbricht. Nach der
Überwinterung frißt er die Brutpille bis über die Hälfte aus, glättet die Innen-
wand mit dem eigenen Kot und stellt sich so eine festwandige Puppenwiege her,
in der er sich etwa Juni/Juli verpuppt. Nach drei- bis vierwöchentlicher Puppen-
ruhe erscheinen im August die neuen Mistkäfer, die sich aber erst nach der
Überwinterung im nächsten Frühjahr fortpflanzen.
- Andere Mistkäfer, wie die Mondhornkäfer {Copris lunaris L.) (Abb. 43 B),
graben große Kammern (15x6 cm) im Boden aus, in die sie die Larvennahrung
in Form von großen birnförmigen Mistpillen einbringen. ^)
Durch die Verarbeitung des Mistes und vor allem durch die ausgedehnte
Grabarbeit tragen die Mistkäfer nicht unwesentlich zur Verbesserung des
Bodens bei.
Unterfamilie Melolonthinae.
Hierher gehören die unter den Namen Mai-, Brach-, Juli-, Rosen- oder
Gold-, Nashornkäfer usw. bekannten Formen. Ihre Larven leben von faulenden
Pflanzenstofllen oder lebenden Pflanzenwurzeln, während die Imagines sich
von Blättern, Blütenstaub usw. nähren. Dadurch werden manche von ihnen zu
großen landwirtschaftlichen und forstlichen Schädlingen.
Die Melolonthinae werden in eine Reihe Gattungsgruppen eingeteilt, die
sich systematisch folgendermaßen unterscheiden lassen:
1. Kopf beim J mit einem großen Hörn, beim § mit einem breiten kegel-
förmigen Höcker Dijnastini
— Kopf ohne Höcker 2
2. Der bewegliche Sporn an der Innenseite der Vorderschienen befindet sich vor
der Einlenkungsstelle der Tarsen 3
— Der Sporn der Vorderschienen befindet sich hinter derTarseneinlenkungsstelle 6
3. Beide Klauen gut ausgebildet und von gleicher Länge 4
— Die Klauen von ungleicher Länge, die innere oft ganz geschwunden ... 5
4. Größere Arten, 15 — 35 mm lang. Die beiden Enddornen der hinteren
Schienen sind an der Basis dicht aneinandergerückt, am unteren Teil des
Schienenrandes befindlich Melolonthini
— Kleinere Arten, höchstens 12 mm lang Die beiden Enddornen der
hinteren Schienen sind in der Mitte des inneren Schienenrandes sehr weit
auseinander gerückt Sericini
5. Körper kahl oder behaart. Die hinteren Schienen mit je zwei Endspoinen Ridelini
— Körper meist beschuppt (oft mit silberglänzenden Schuppen). Hintere
Schienen ohne Enddorn. Meist nur i große Klaue Hopliini
6. Seiten der Flügeldecken vorne mit einem flachen Ausschnitt, unter dem die
Flügel während des Fluges vorgestreckt werden, während die Flügeldecken
geschlossen bleiben. Halsschild eng an die Flügeldecken angeschlossen . Cetoniini
— Seiten der Flügeldecken ohne Ausschnitt. Halsschild nur lose an die
Flügeldecken angeschlossen 7
7. Hinterhüften weit auseinandergerückt, i. Glied der Hinterlarsen stark ver-
längert, 9 an der Spitze des Hinterleibes eine spießartige Verlängerung Valgini
— Hinterhüften ganz genähert, i. Hintertarsenglied nicht oder nur wenig
länger als das nächste \Triclmni
^) Ein südöstlicher Verwandter unserer Mistkäfer. Lcthrus apterus Laxm. (der ,, Reb-
schneider") wird landwirtschaftlich recht schädlich, und zwar dadurch, daß er sich nicht mit Mist
begnügt, sondern frische Pflanzenteile, mit besonderer Vorliebe Rebblätter als Larvennahrung ein-
trägt. Der ungarische Weinbau erleidet dadurch großen Schaden.
Gattungsgruppe Melolonthinae. cy
Forstlich bedeutsam sind von diesen Gruppen nur vier, nämlich die
Melolonihini, Sericini, Rutelini und Hopliini, die auch unter dem Namen „Laub-
käfer" zusammengefaßt werden (da die meisten von ihnen als Imagines von
Laub sich nähren). Unter ihnen ist weitaus am wichtigsten die
Gattungsgruppe Melolonthini.
Meist große Formen. Fühler 8 — lOgliedrig mit 3 — 7gliedriger Blattkeule. Käfer blatt-
fressend (der Einschnitt oder Eindruck der Oberlippe dient dazu, den Blattrand aufzunehmenV
Die Larven wurzelfressend ; durch ihre auffallend langen Beine besonders ausgezeichnet.
Für uns kommen 4 Gattungen in Betracht, die sich folgendermaßen unter-
scheiden lassen :
1. Fühlerkeule aus 4 — 7 Gliedern bestehend 2
— P'ühlerkeule aus 3 Gliedern bestehend Rhixotroqus
2. Vorderschienen des Männchens und Weibchens auf der Innenseite mit einem
Endsporn. Fühlerkeule des Männchens aus 7, des Weibchens aus 5 oder
6 Gliedern bestehend 3
— Vorderschienen des Männchens innen ohne Endsporn. Fühlerkeule des
Männchens 5 gliederig, des Weibchens 4 gliederig Anoxia
3. Fühlerkeule des Weibchens 6 gliederig. Bauchschienen mit scharf abgegrenzten
weiß behaarten Seitenmakeln Melolontlia
— Fühlerkeule des Weibchens 5 gliederig. Bauchschienen ohne weiße Seiten-
makeln ; Flügeldecken mit weißen Haarflecken Polyphylla
Gattung Melolontha F. (Maikäfer).
Die Gattung Melolontha ist forstlich und landwirtschaftlich von
größter Bedeutung; sie umfaßt drei mitteleuropäische Arten: vulgaris h., hippo-
castani F. und pectoralis Germ., von denen aber nur die beiden ersten für uns
in Betracht kommen.
^ ^2u M- vulgaris L. {Feldmaikäfer) und hippocastani F. (Waldmaikäfer).
Charakteristik.
Die beiden Arten stehen sich systematisch sehr nahe, lassen sich aber
durch einige gute Merkmale unschwer unterscheiden:
Vor allem durch die Form des Pygidiums: Bei vulgaris ist dasselbe in
einen ziemlich breiten und von der Wurzel an gleichmäßig verschmälerten After-
grififel ausgezogen, bei hitpocaslani dagegen ist es schnell veretigt zu einem
dünnen, an der Spitze wieder etwas erweiterten Aftergriffel (Abb. 44).
Neben diesem sicheren und leicht feststellbaren Merkmal sind noch folgende
Unterschiede zu nennen: die Größe [hipp^ocasiani ist durchschnittlich etwas
kleiner als vulgaris)-^ die Fühlerbild ung (drittes Fühlerglied des Männchen bei
vulgatis einfach, bei hippocastani vcrne mit einem kleinen Zahn); und endlich die
Färbung {vulgaris: Halsschild schwarz, Flügeldecken gelbbraun, Fühler und Beine
rotbraun, — hippocastani: Halsschild rostrot, Flügeldecken braungelb mit schwarzen
Außenrändern. Fühler rotbraun, Beine rostrot).
Die Färbungsunterschiede haben jedoch nur sehr bedingten Wert, da
beide Arten in dieser Hinsicht sehr variabel sind.
Bei vulyaris beziehen sich die auffallendsten Färbungsabweichungen auf den Halsschild,
der eine Aufhellung erfahren kann, vorerst nur in der Mitte der Scheibe {i\ discicollis Muls.)
bis zur völligen Gelbrotfärbung (v. rufiCoUis Muls ). Nächstdem unterliegen auch die Flügel-
decken verschiedenen Verfärbungen : entweder sind die Seitenränder der Flügeldecken schwärzlich
i\ inarginalis Kr.), oder es ist der Schulterhöcker in weitem Umfange geschwärzt (/\ scapvlaris
58
Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Westh.) oder endlich es sind die ganzen Flügeldecken dunkel {v. higuhris Muls.). Die Beine
sind nur wenig variabel, indem es höchstens zu einer Dunkelf ärbung der Schenkel kommt
{v. femoralis Kr.).
Bei hippoeastani beziehen sich die Färbungsabweichungen in gleich auffallender Weise
sowohl auf den Halsschild als auch auf die Beine, indem beide (und zwar meistens
gleichzeitig) eine Verdunklung bis zur völligen Schwarzfärbung erfahren
können. Beim Halsschild beginnt die Schwarzfärbung an den Rändern, während die Mitte
^isRI^L.
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Abb. 44. Oben: Melolontha vulgaris L. {„Feldmaikäfer"). Unten: Melolontha hippoeastani F.
(,. Waldmaikäfer"). Von links nach rechts: Männchen, Weibchen, Pygidium. Phot. Scheidter.
der Scheibe noch rot bleibt {v. coronata Muls.), und greift von da allmählich auf die ganze
Scheibe über, so daß der ganze Halsschild einfarbig schwarz gefärbt ist {v. nigricollis Muls.).
Bei den Beinen beginnt die Verdunklung an den Schenkeln (?;. tibialis Muls.) und geht von
da aus allmählich in völlige Schwarzfärbung über (v. nigripes Com.). Auch die Flügeldecken
zeigen mitunter Abweichungen, indem entweder zu der normalen Dunkelfärbung der Seitenränder
noch eine Dunkelfärbung der Nahtränder treten kann (?;. suturalis Kr.) oder auch die Flügel-
decken in ihrer Gesamtheit dunkel (grauschwarz) sein können [v. Metxleri Kr.).
Melolontha. Charakteristik. cg
Wir sehen also, daß bez. der Färbung die beiden Arten sich mehrfach begegnen, indem
z. B. vulgaris einen hellen rotbraunen Halsschild bekommen und dadurch die Normalfärbung des
hippocastani annehmen, und andererseits hippoeastani einen schwarzen Halsschild bekommen und
dadurch die Normal färbung von vulgaris annehmen kann. Es wäre also durchaus verfehlt, auf
Grund des Halsschildes allein die Trennung der beiden Arten durchführen zu wollen. Auch
die Beinfärbung alleine genügt hiezu nicht. Allerdings stellen die ausgesprochen schwarzbeinigen
Tiere wohl ausschließlich liippocastani dar, andererseits ist es aber nicht angängig, alle rotbeinigen
Formen als vulgaris anzusprechen, da eben auch hippocastani häufig rotbeinig auftritt. Der
Wirklichkeit näher kommt man, wenn man die Färbung der Beine zusammen mit der
Färbung des Halsschildes in Betracht zieht, wie es Zweigelt (1913) für die an Land-
wirte usw. zu versendenden Fragebogen vorgeschlagen hat. Es wären dann (zur Feststellung der
Verbreitung der beiden Arten) folgende Rubriken auf den Fragebogen einzusetzen :
1. Beine und Halsschild von derselben Farbe (ilf. hippoeastani);
a) rot {M. hippocastani, helle Form),
b) schwarz {M. hippocastani, dunkle Form).
2. Beine und Halsschild verschieden gefärbt, erstere braun, letztere schwarz {M. vulgaris).
Ganz zutreffend werden diese so gewonnenen Statistiken allerdings auch nicht sein, da es,
wie eben bemerkt, einerseits auch vulgaris mit übereinstimmender Färbung von Halsschild und
Beinen, andererseits aber auch hippocastani mit schwarzen Beinen, aber (wenigstens teilweise)
rotem Halsschild gibt. Doch sind diese Formen relativ seltene Ausnahmen, so daß die
Fehler, die durch deren Nichtberücksichtigung sich ergeben, ohne wesentliche Bedeutung sein
dürften.
Zu welch irrtümlichen Ergebnissen man durch zu einseitige Heranziehung der Färbung
gelangen kann, zeigt ein von Zweigelt (1913) mitgeteiltes Beispiel: „Der Berichterstatter von
Karnabrunn (Niederösterreich) unterzog sich der Mühe, Beine und Halsschild zugleich zu be-
rücksichtigen und in Prozenten die Häufigkeit der drei Möglichkeiten anzugeben. Rotbeinige mit
rotem Halsschild (M. hippocastani) verhielten sich zu rotbeinigen mit schwarzem Halsschild
{M. vulgaris) zu denen mit schwarzen Beinen und schwarzem Halsschild (ilf. hipvocastani, v.
nigripes) wie 8:54:1. Würden wir jedoch kurzweg ., rotbeinig'' identifizieren mit vulgaris^
so wäre das Verhältnis zwischen vulgaris und hippocastani wie ö2 : i, in Wahrheit betrug eS
aber 54:9. Es wäre also die Menge von hippocastani zehnmal zu klein angenommen
worden,"
Wenn man die Statistiken möglichst einwandfrei gestalten will, so wird man nicht umhin
können, auch das oben an erster Stelle genannte durchgreifendste Meikmal, die Form des
Pygidiums in den Fragebögen mit zu berücksichtigen. Eine einfache Skizze der beiden Formen
dürfte die richtige Erkennung auch dem Laien leicht machen.
Übergangsformen zwischen vulgaris und hippocastani. — Neben den zahlreichen
Variationen innerhalb der beiden Artkreise finden sich nicht selten auch Formen, die darüber
hinausgehen und Zwischenformen zwischen den beiden Arten darstellen. Reichelt und Reh
machen auf diese Erscheinungen besonders aufmerksam (Reh 1907, S. 493). Reh beob-
achtete im Jahre 1907 in Hessen, daß Ende Mai, nachdem bis dahin nur typische vulgaris
geflogen wa/en, Exemplare erschienen, die von Tag zu Tag kleiner, dunkler und in jeder Weise
Jtippocasfnni-ahnlicher wurden. Die dunkle P'arbe zeigte sich namentlich an den Beinen und
am Pygidium. Letzteres wurde zugleich immer ausgesprochener dreieck g, mit scharf abgesetztem
Griffel, der sich in seiner Form immer mehr dem des Roßkastanienkäfers näherte. Die zuletzt
gefangenen Käfer hatten höchstens "^/g der normalen Größe. Die typische hippocastani -Form
wurde niemals erreicht. Solche Zwischenformen sind durchaus keine Seltenheiten , sondern sind
beinahe in jedem größeren Material zu finden. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, daß es
sich hier um Bastarde zwischen vulgaris und hippocastani handelt. Daß Paarungen
zwischen den beiden Arten stattfinden, ist bei dem Zusammenvorkommen der beiden Arten und
der großen Begattungslust der Männchen (die sogar nicht selten zu anormalen Paarungen unter
Männchen führt) durchaus nicht zu verwundern. Die Frage ist noch wenig studiert, in Zukunft
sollte ihr mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Die Larve (Engerling, auch Glime, Glimme oder Quatte genannt) (Abb. 45 A) zeichnet
sich durch folgende Merkmale aus :
Fühler 4gliediig, lang, so lang als der Kopf, i. bis 3. Glied lang und dünn, Endglied
kurz, länglich eiförmig. Drittes Glied an der Spitze mit einem die Anlenkung des letzten Gliedes
überragenden Fortsatz. Beine gut ausgebildet, lang, die drei Beinpaare nehmen von vorne nach
hinten deutlich an Länge zu, letztes Beinglied kurz und dick, eiförmig, Klauen als kleine Häckchen
unter den Haaren und Borsten nur schwer sichtbar. Dorsal auf jedem Segment eine Querreihe
langer Haare, außerdem auf dem Hinterleibsegment I — VI ein dichter Dörnchenbesatz. Ventrale
Behaarung nur wenig dicht; dagegen das Analsegment wieder mit mannigfaltiger Behaarung und
5o Coleoptera. — 3. Familienreihe: Laniellicomia.
Beborstung ausgerüstet, vor der Spitze eine längliche mit parallelen Dörnchenreihen begrenzte
Platte M After quergestellt.
Die Larven von vulgarts und hippocastani sind kaum voneinander verschieden. Schiödte
gibt als Unterscheidungsmerkmale der letzteren an: Kopf heller, Clypeus und Labrum rötlich,
Mandibeln braun mit schwarzer Spitze, Rückenplatte der Segmente und das ganze Analsegment
angedunkelt. Nach persönlicher Mitteilung von Dr. Fritz Eckstein ist auch die Form der
Klauen etwas verschieden.
Da die Maikäferengerlinge häufig zu Verwechslungen mit anderen Engerlingen Anlaß geben,
so seien hier die Hauptkennzeichen von den häufigsten hierbei in Betracht kommenden Formen
kurz angeführt.^)
Rhixotrogus (Abb. 45 B) Der Maikäferlarve sehr ähnlich, unterscheidet sich haupt-
sächlich durch die Form der Kiefertaster: das Endglied ist bei Rhixotrogus doppelt so lang,
bei Melolontha dagegen gut dreimal so lang als dick.
Serien (Abb. 45 D). Kann nur mit jungen Maikäferlarven verwechselt werden, läßt
sich aber leicht durch folgende Merkmale unterscheiden: letztes Glied der Beine dünner als die
Schienen, zugespitzt, Klauen deutlich, After längsgestellt.
Cetonia (Abb. 45 C). Die Goldkäferlarve wird am häufigsten mit dem Maikäferenger-
ling verwechselt, obwohl sie sowohl im Gesamthabitus als in den einzelnen Charakteren wesent-
lich vom Maikäferengerling abweicht: Körper kürzer und gedrungener, daher weniger bauchwärts
gekrümmt, das letzte Segment viel plumper und stärker angeschwollen, die Beine viel kürzer
und schwächer als bei Melolontha, an Stelle der kleinen Häckchen (Klauen) weiche finger-
artige Anhänge. Kopf deutlich kleiner. Pühler kürzer und dicker, ohne Anhang am vorletzten
Glied. Behaarung besonders auf der Bauchseite wesentlich länger und dichter. Der erste Brust-
ring jederseits mit deutlich und scharf begrenzter Hornplatte.
Oeotrupes (Abb. 45 E). Die Mistkäferlarve ist an den kurzen Füll lern und den
stark verkürzten letzten Beinpaaren ohne weiteres zu erkennen. Die Behaarung ist
sehr spärlich. Der Dörnchenbesatz auf der Rückenplatte der Hinterleibssegmente nur schwach.
Vorkommen und Verbreitungsbedingungen.
Das Verbreitungsgebiet der beiden Maikäferarten ist sehr groß und er-
streckt sich über ganz Europa. Da aber die Entwicklung des Maikäfers als
Larve an ganz bestimmte ziemlich scharf umrissene klimatische und Bodenverhält-
nisse gebunden ist., so ist sein Vorkommen in schädlicher Zahl — m geringen
Mengen finden wir ihn bis hoch ins Gebirge — innerhalb des gesamten Ver-
breitungsgebietes sehr ungleich. Es gibt Gegenden, in denen er praktisch ge-
nommen fehlte andere, in denen er regelmäßig in bestimmten Intervallen in
großen Mengen auftritt.
Nach den Untersuchungen von Zweigelt (1913-r— 1921) ist die Verbreitung
der Maikäfer vor allem eine Funktion des Klimas, insofern, als hohe
^) Eine ausführliche Schilderung der Behaarung und Beborstung der Maikäfer- und anderer
Lamellicornier-Larven gibt Leise witz (1906). Er versucht auch die funktionelle Bedeutung
der Borsten auf den Rückenwulsten als Lokomationsorgane darzutun. Bei der Fortbewegung
liegt der Engerling meist auf dem Rücken oder auf der Seite oder schräg, wobei das Abdominal-
ende häufig ganz dicht dem Kopfende genähert ist. Jenes wird als Ganzes, wie ein einziger Fuß
fest eingesetzt und von dieser Stütze aus werden die einzelnen, besonders die mittleren Segmente
nach vorn gestreckt und dadurch Kopf und Brust nach vorwärts geschoben. Hierauf erfolgt
durch Kontraktion das Nachziehen des Abdominalendes, und mit dem feststellen des letzteren
beginnt der ganze Vorgang von neuem. Die Beine sind dabei fortwährend in Bewegung, die
wie eine Welle vom vordersten zum letzten Beinpaar verläuft; ihre Tätigkeit sieht ziemlich un-
beholfen aus und scheint nur sehr wenig Einfluß auf das Maß der Orts Veränderung
zu haben. Die Bedeutung der Beine scheint vielmehr die von Steuerapparaten zu sein, die
verhindern, daß die Bewegung der in einem Kreisbogen gekrümmten Larve zu einem fortgesetzten
Drehen um. das Zentrum dieses Kreisbogens wird.
^) Decoppet (iq20) gibt in Anlehnung an Perris die wichtigsten Unterscheidungsmerk-
male für die Larven der Gattungen: Melolontha, Polyphylla, Anoxia, Anomala, Rhixotrogus,
Hoplia. Maladera^ Triodonia. und bezieht sich dabei auf die Gestalt und die Beborstung des
letzten Abdominalsegmentes, für welche Unterschiede instruktive Abbildungen beigegeben werden.
Melolontha. Vorkommen und Verbreitungsbedingungen.
6i
mittlere Jahrestemperaturen und in Zusammenhang damit geringe
Niederschlagsmengen die Entwicklung fördern, während tiefe Tempe-
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B E
Abb. 45. Verschiedene Scarabaeiden - Larven ( „Engerlinge'' \ A Melolontha hippocastani F.,
B Rhizotrogus solstitialis L. , C Cetonia floricola Hrbst. , D Serica brunnea L. , E Geotrupes
sylvaticus Pz. Alle vergr. — Orig.
raturen und Niederschlagsreichtum diese hemmen bis unmöglich
machen. Zweigelt untersuchte vor allem die Seuchengebiete von Niederöster-
5 2 Coleoptera. — 3. Famüienreihe : Lamellicornia.
reich und der Bukowina und hatte an denselben bestimmte allgemeine Gesichts-
punkte gewinnen können, deren Richtigkeit weitere statistische Erhebungen in den
anderen Ländern des ehemaligen Österreich- Ungarn bestätigen. Die umfang-
reichen Untersuchungsergebnisse hierüber harren sämtlich noch der Veröffent-
lichung.
Im allgemeinen ist die Jahresisotherme von 7° C. als Grenze zwischen
Seuchengebieten und käferfreien Gebieten aufzufassen. Dabei spielt die Sommer-
temperatur die Hauptrolle, während die Wintertemperaturen nur einen geringen
Einfluß ausüben. Es hat sich für Niederösterreich und die Bukowinaländer — die
in klimatologischer Hinsicht so sehr differieren — der einheitliche Nachweis er-
bringen lassen, daß die als Minimum notwendigen Sommertemperaturen in der
Juliisotherme von ly^ C. ihren Ausdruck finden.
Zweigelt hat ferner darauf aufmerksam gemacht, daß die Jahresisotherme
vom 7 ° in Nord- und Nordwestdeutschland nicht unerheblich unterschritten wird.
Während es in den Alpenländern vereinzelte sonnige Südlagen sind, in denen der
Käfer in engem Räume über die vertikale Grenzlinie des Gebietes vorzugreifen
vermag, liegen in den eben erwähnten Gebieten von Deutschland die mittleren
Jahrestemperaturen der schwer verseuchten Zonen bei durchschnittlich 6,5 *^ C.
Eine Erklärung dieses abweichenden Verhaltens steht noch aus.
Die eben skizzierte Abhängigkeit der Massenentwicklung des Maikäfers
vom Klima, insonders von der Jahrestemperatur, bestimmt zugleich die vertikale
Verbreitung. Auf diese Beziehungen ist bisher viel zu wenig geachtet worden;
so hat auch in jüngster Zeit Decoppet (1920) diese Seite der Frage ganz
außer acht gelassen. Der Maikäfer steigt in vertikaler Richtung soweit, als die
Temperatur von 7 *^ C. im Jahresmittel nicht unterschritten wird. Daher kommt
es, daß wir ihn in den verschiedenen Gebieten der Alpen in sehr verschiedener
Höhe vorfinden; ja die Statistik gerade in den Alpenländern war ein wertvoller
Gradmesser für die Richtigkeit der Theorie von der funktionalen Abhängigkeit
der Verbreitung vom Klima. Während er in Niederösterreich und Oberösterreich
schon bei etwa 300 m Seehöhe aus dem Charakter des argen Kulturschädlings
heraustritt, um sich in spärlichen praktisch belanglosen Einzelvorkommnissen zu
verlieren, finden wir ihn zum Beispiele in Nordtirol im oberen Inntale bis an
1000 m Seehöhe die Wiesen und Kulturen arg verwüsten. Das Auftreten dort
ist um so auffälliger, als er Inntal abwärts unterhalb Innsbruck deutlich zurücktritt.
Ein Blick in die Isothermenkarte klärt diesen scheinbaren Widerspruch restlos
auf. In diesem Zusammenhange verdient erwähnt zu werden, daß einerseits die
Isothermenkarte schon mit Rücksicht auf die verhältnismäßig geringe Zahl von
meteorologischen Beobachtungsstationen die für unsere Frage wünschenswerte Ge-
nauigkeit nicht überall aufweisen und anderseits auch den entwicklungsbiologisch
bedeutungsvollen Unterschieden nicht Rechnung tragen kann, die Nord- und Süd-
hänge eines und desselben Gebietes schaffen. Die Insolation wird auf nach
Süden offenen Hängen ganz andere Existenzbedingungen schaffen als auf Nord-
hängen, die Käfer werden daher hier viel eher in der vertikalen Verbreitung
zurückbleiben als dort. Das Problem der Nord- und Südlagen wendet Zweigelt
Melolontha. Vorkommen und Verbreitungsbedingungen. 63
in seinem noch nicht im Druck erschienenen Buche „Der Maikäfer in Mitteleuropa"
— die Veröffentlichung seiner Gedanken in den „Forstinsekten" entspricht seinem
speziellen Wunsche — auch auf noch viel größere Gebiete an, auf ganze Fluß-
systeme, wenn diese einen westöstltchen Verlauf des Hauptstromes zeigen. So
verschwindet der Maikäfer in Niederösterreich südlich der Donau in den Alpen-
vorlanden schon unter 300 m Seehöhe, während er nördlich der Donau gegen das
Waldviertel zu wesentlich höher steigt, obwohl das Waldviertel außerordentlich
kalt ist und Punkte in gleicher Seehöhe, mit solchen der Alpenvorlande verglichen,
viel tiefere Temperaturen aufweisen.
Ein zweiter Faktor, der die Verbreitung beeinflußt, sind die Bodenverhält-
nisse. Zweigelt (1913) hat darauf aufmerksam gemacht, daß es warme,
trockene, mäßig durchlassende, tiefgründige und nährstoffreiche
Böden sind, in denen der Engerling optimale Entwicklungsbedingungen findet.
Es kann jedoch nicht scharf genug betont werden, daß es sich in den Boden-
verhältnissen nicht um einen Verbreitungsfaktor analog dem Klima handelt, sondern
um einen Entwicklungsfaktor innerhalb der vom Klima vorgezeichneten Seuchen-
gebiete. Gute Boden Qualität — nicht bestimmte geologische Voraussetzungen! —
sind innerhalb der vom Klima gezogenen Grenzen die zweite Voraussetzung für
eine Massenentwicklung, schlechte Bodenverhältnisse beinträchtigen die Massen-
entwicklung innerhalb der Seuchenzone. Mit den ungünstigen Bodenverhältnissen
sind der Grundwasserspiegel einerseits, zu seichte Gesteinsbänke anderseits in
eine Linie zu bringen, i)
Raspail (1893) hat an den Ufern der Oise beobachtet, daß seichte
Gesteinsbänke die Engerlinge deshalb nicht aufkommen lassen, weil diese sich
dort nicht hinreichend tief vor dem Froste im Winter zurückziehen können und
daher der Winterkähe erliegen müssen. Alles in allem steht fest: Der Einfluß
des Bodens und der Grundwasserverhältnisse kann nur die Entwick-
lungsintensität treffen; für die Verbreitung bleibt das Klima maßgebend,
auf diese kann Boden und Grundwasser nur negatv einwirken. Nie können
durch günstige Bodenverhältnisse Gebiete, die infolge ungünstigen Klimas aus dem
Seuchengebiete ausscheiden, zu Seuchenfiächen werden.
Was das spezielle Vorkommen der beiden Arten: hippocasiaiii und
vulgaris betrifift, so zeigt sich nach den statistischen Erhebungen Zweigelts
hippocastani insofern widerstandsfähiger gegen das Klima, als er »ich besonders
an den Rändern der Seuchengebiete entwickelt und in die Regionen des Mittel-
gebirges, freilich unter Verlust seiner Bedeutung als Kulturschädling, weiter vor-
dringt als vulgaris. Diese Beobachtungen gelten im allgemeinen für die Verhält-
nisse von Niederösterreich und der Bukowina. Mit der Annahme einer größeren
Widerstandsfähigkeit von hippucastani gegen das Klima steht es keineswegs in
Widerspruch, daß bei Klosterneuburg die Donauauen, die größtenteils von Laub-
'j Wie sehr die Höhe des Grundwassei spiegeis das Vorkommen der Engerlinge beein-
flußt, konnte ich deutlich im Kammerforst bei Bruchsal (Baden) beobachten: Auf der einen
Seite höhere Lage tiefer Grundwasserspiegel, Engerlinge in Massen, gipfeldürre kranke Bäume usw.,
auf der andeien Seite tiefere Lagen, hoher Grundwasserspiegel, Fehlen der Engerlinge, gesunde
Bäume usw. (Escherich 1908).
54 Coleoptera. — 3. Familien reihe: Lamellicoinia.
wald (Pappel) bestanden sind, vorwiegend bis ausschließlich von hippocastani be-
wohnt werden, während die angrenzenden Hänge des Wienerwaldes, der dort auf
weite Strecken der Waldbedeckung entbehrt, vorwiegend bis ausschließlich den
vulgaris beherbergen. Die größere Widerstandsfähigkeit des hippocastani scheint
weiter in der hohen Elastizität dieser Art hinsichtlich der Entwicklungsgeschwindig-
keit ihren Ausdruck zu finden. In ungünstigem Klima (Norden und Nordwesten
von Mitteleuropa) geht seine Entwicklung in langsamerem Tempo vor sich als
bei vulgaris. Wir kommen auf diese Verhältnisse noch später zurück.
Die größere Widerstandsfähigkeit des hippocastani, resp. seine geringeren
Ansprüche an das Klima machen uns die so oft festgestellte Erscheinung ver-
ständlich, daß in den Wäldern, wo die Bodentemperaturen natürlich durchschnitt-
lich tiefer liegen, hippocastani stark vorherrscht. Auch der früherere Beginn der
Schwärmzeit des hippocastani dürfte mit dem geringeren Wärmebedürfnis zu-
sammenhängen.^) Da dieses Moment hinwiederum dem hippocasta?ti einen merk-
lichen Vorsprung bezüglich der Nahrungsbeschaffung gibt (bei Massen Vermehrung
ist das Laub schon zum größten Teile durch hippocastani abgefressen, wenn vul-
garis erscheint), so verstehen wir, wenn vulgaris in den Wäldern, die ja ohnehin
keine optimalen Bedingungen für ihn bieten, vielerorts von hippocastani ver-
drängt wird.^)
Von scharfer Abgrenzung der Areale der beiden Arten kann naturgemäß
keine Rede sein, indem beide überall (mit Ausnahme vielleicht der äußersten
Ausläufer des Maikäfergebietes) ineinandergreifen; doch macht sich wie gesagt in
den Wäldern und in den höheren Regionen durchgehends ein Überwiegen des
hippocastani und auf den Feldern in der Ebene und im warmen Hügelgelände
ein starkes Überwiegen des vulgaris geltend. Die Bezeichnung „Waldmaikäfer"
für hippocastani und „Feldmaikäfer" für vulgaris entbehrt demnach nicht ganz
der Berechtigung. 3)
') Die in Deutschland gemachten Beobachtungen des um etwa 14 Tage früheren Er-
scheinens des hippucastam gelten wohl nicht für alle Gebiete gleichermaßen. Nach Zw ei gelt
(i. 1.) kommen bei Klosterneuburg die beiden Arten um Mitte April sozusagen gleichzeitig zum
Vorscheine. Steis finden sich schon zu Beginn vulgaris in beträchtlicher Anzahl. Der wesent-
liche Unterschied ist dort nur der, dali hippocaslani viel rascher kulminiert und wieder ver-
schwindet, während vulgaris noch mehrere Wochen zu finden ist.
^) Als Beispiel hiefür sei die Beobachtung Pusters genannt, der im Bienwald, Forstamt
Kandel (Pfalz), eine stete Abnahme des vulgaris unter gleichzeitiger Zunahme des hippocastani
feststellte. Auch die Bodenbeschaffenheit scheint auf das Vorkommen der beiden Arten einen
gewissen Einfluß autzuüben, insofern als hippocastani Sandböden bevorzugt. So tritt in auf
Sandböden stockenden Kiefernwäldern fast ausschheßlich hippocastani auf (Feddersen 1896).
^) Nach Zweigelt (1914) scheinen auch die verschiedenen Färbungs Varietäten in ihrem
Vorkommen oft mehr oder weniger lokal begrenzt zu sein; so trat in der Bukowina die
schwarzbeinige Form des hippocastani in den südlichen Teilen des Landes in viel höheren
Prozentsätzen auf als in den nördlichen, und umgekehrt die rotbeinige Form im Norden häufiger
als im Süden. In Niederösterreich scheint die rotbeinige Form vorherrschend zu sein. Nach
Kraatz (1885) ist bei Berlin vorwiegend die schwarzbeinige Form (var. nigripes) zu treffen,
in Livland dagegen mehr die rotbeinige, ebenso im Süden. Ob wir darin gesetzmäßige Zusammen-
hänge zwischen Färbung, Klima, Boden usw. zu erblicken haben, müssen erst weitere speziell
auf diese Frage gerichtete Erhebungen entscheiden.
Melolontha. — Lebensweise. pc
Lebensweise.
Das Schwärmen. — Die Käfer, die sich bereits im Herbst aus der tief im
Boden liegenden Puppe entwickelt und an ihrem Geburtsort überwintert haben,
arbeiten sich gegen das Frühjahr hin, etwa vom Februar an, allmählich nach der
Oberfläche durch. In geringem Abstand von derselben machen sie Halt und „ver-
bleiben dort im Ausfiugsrohr, die Fühler hart an der Oberfläche, in lotrechter
Stellung" (Puster i. 1.) so lange, bis die ihnen zusagende Wärme eingetreten ist.
Sobald dies der Fall, bohren sich die Käfer durch die oberflächlichen Schichten
durch, um nach kurzer Zeit, nachdem sie Luft in ihre Tracheenblasen eingepumpt
(die Käfer ,,zählen"), zu den Baumkronen aufzufliegen. Die Ausflugslöcher, die
im festen Boden lange erhalten bleiben, sind, entsprechend dem Umfange des
Käfers, ziemlich groß und scharfrandig, wie mit einem Stocke eingestochen.
Bezüglich der Verhältniszahlen der beiden Geschlechter besteht die ältere
Auflassung, wonach zu Beginn der Flugzeit -/^ Männchen und 1/3 Weibchen, am
Schlüsse umgekehrt nur Ys Männchen und der Rest Weibchen sind, jedenfalls
nicht zurecht. Nach Decoppet (1920) galten für 1909 folgende Prozentverhält-
nisse (Männchen zu Weibchen): 13. V. — 58:42; 18. V. — 52:48; 25. V. —
58:42; 29. V. — 56:44; 5. VL — 58:42; 8. VL — 63:37. Die Männchen
waren also, von gewissen Schwankungen abgesehen, immer in der Überzahl. Nach
Zweigelt (i. 1.) waren in der Zeit vom 12. IV. bis 10. V. 1921 die Männchen
von vulgaris bei bedeutenden Käfermassen teils in der Mehrheit, teils in der
Minderheit, wobei die Schwankungen um die Hälfte verhältnismäßig gering waren :
12. IV. — 53,4:46,6; 17. IV. — 46:54; 28. IV. — 57:43; I.V. — 54:46;
3. V. — 42:58; 4. V. — 49,7:50,3; 8. V. — 48:52; 9. V. — 48:52; 10. V.—
53:47. Im allgemeinen läßt sich sagen, daß die beiden Geschlechter einander
während des größten Teiles der Flugzeit die Wage halten. Gerade die Gegen-
überstellung der beiden Zahlenreihen von Decoppet und Zweigelt zwingen zur
Vorsicht in der Aufstellung allgemeiner Regeln.
Bleibt die Witterung während der Schwärmzeit einigermaßen gleichmäßig, so
verläuft das Schwärmen in einfacher Kurve, d. h. es steigt allmählich bis zur
Kulmination an, um ebenso allmählich wieder herabzusinken bis zu völligem Er-
löschen. Da aber die Witterung nur selten so beständig ist, haben wir es
meist mit recht unregelmäßigen Kurven zu tun; so bleibt mitunter bei Tempe-
raturrückschlägen das Schwäimen mehreie Tage völlig aus, um dann bei Wieder-
eintritt höherer Temperaturen mit um so größerer Wucht wieder einzusetzen.
Auch durch Beteiligung der zwei Arten der Maikäfer {vulgaris und hippocastant)
kann die Schwärmkurve einen unregelmäßigen Verlauf erhalten, da der Kulminations-
punkt der beiden zu verschiedenen Zeiten eintreten kann.
Der Flug der Käfer ist im Verhältnis zu anderen Insekten auffallend
ungewandt. Sie fliegen, wenn sie vom Boden autsteigen, zunächst fast nur ge-
rade aus, oft in großer Geschwindigkeit, und rennen gegen alles, was ihnen in
den Weg kommt, Mensch, Tier, Baum usw. an, worauf sie entweder betäubt zu
Boden fallen oder sich festzuklammern suchen (Reh 1907). Weite Flüge
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 5
66 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
können die Maikäfer nicht unternehmen, so daß sich ihr Leben ge-
wöhnhch in unmittelbarer Nähe ihres Geburtsortes abspielt. Darauf beruht auch
die scharfe örtliche Begrenzung der einzelnen Maikäferstämme (siehe unten).
Das tägliche Schwärmen beginnt mit Sonnenuntergang, kurz vor Eintritt der
Dämmerung. Die Maikäfer haben dabei „die Uhr ebenso genau im Kopfe'" wie
die Waldschnepfe, die zur bestimmten Minute aufsteigt. „Wie auf ein geheimes
Zeichen, zuerst vereinzelt, dann allgemein, erfaßt plötzlich die Maikäferwelt der
tollste Lebens- und Liebeszauber. Nicht nur jene, die eben das Licht des
Himmels erblickt haben, sondern auch die, welche sich Tags vorher zum Schutze
vor dem Frost in den wärmenden Boden zurückgezogen hatten, wie endlich jene
großen Massen, welche oben in den Baumkronen erstarrt von der Nachtkühle
hängen blieben, — - sie alle werden mit einem Male lebendig und schwingen sich vom
Boden oder von den Bäumen aus in die Luft, erheben in ihrer Gesamtheit den
bekannten Riesenbaß, beschreiben auf- und niederwogende Bahnen von mehreren
Hundert Metern, um sich schließlich in immer mehr verjüngenden Schwingungen
um einen oder mehrere freistehende oder überragende Fraßbäume zu konzen-
trieren und sich allmählich am grünen Wirt zu Fraß und Liebe anzuhängen.
Mit zunehmender Dunkelheit erlischt Geschwirr und Gebrumme, und das lauschende
Ohr vernimmt von Minute zu Minute sich steigernd den fabrikmäßigen Stofi-
wechselbetrieb an den wie Regen herabrieselnden Kotmassen" (Puster i. I.).
Der Käferfraß. — Der Fraß ist recht verschwenderisch — man findet
daher stets Blattreste unter den befallenen Bäumen — , so daß die Blattzerstörungen
sehr ausgiebig sind. Besonders bevorzugte Bäume können bei Massenvermehrung
in einer Nacht völlig kahl gefressen werden.
Die Käfer sind polyphag; sie zeigen jedoch entschiedene Vorliebe für
gewisse Pflanzen, resp. Abneigung gegen andere. Die beliebteste Nahrung
ist zweifellos die Eiche, deren Blätter die Käfer allen anderen vorziehen.
Dem Eichenlaube zuliebe fliegen sie auch in geschlossene Bestände, die ihnen
sonst gar nicht recht zusagen. Nach der Eiche folgen unter den Laubbäumen
des Waldes: Weide, Ahorn, Birke, Buche, Pappel, Ulme, Roßkastanie,
Erle, Linde usw.^) Von Nadelholz wird fast nur die Lärche angenommen,
deren Nadeln gerne gefressen werden, während die Fichten- und Tannennadeln
nur ausnahmsweise angegangen und die Kiefernnadeln völlig verschmäht werden. ^)
Wenn Maikäfer auf Kiefern sich aufhalten, so geschieht es der Blütenkätzchen
halber, die wie die Blütenkätzchen der übrigen Nadelbäume gerne zur Nahrung ge-
^) Linde wird nur ausnahmsweise genommen. Ein Bericht hierüber Hegt aus der Buko-
wina vor (Zweigelt).
^) l^othe (1906) will beobachtet haben, daß die im Nadelholz lebenden Maikäfer keine
Nahrung zu sich nehmen und folgert daraus, daß die Käfer nicht unbedingt eine Nahrung
brauchen. Letzterer Meinung schließt sich auch Zweigelt (1913) an, da, wie er annimmt, bei
allen Insekten die Imago das geschlechtsieife Stadium ist, dessen Aufgabe sich in der Erhaltung
der Art ^also der Begattung und Eiablage) erschöpft. Diese Annahme ist aber irrtümlich; denn
wir haben in der letzten Zeit eine ganze Reihe von Insekten kennen gelernt, d.e als Imago erst
eine Zeit lang, bevor sie zur Kopula schreiten, fressen müssen, um geschlechtsreif zu werden.
Das gioße P'reßbedürfnis der Maikäfer spricht dafür, daß auch bei ihnen die Nahrungsaufnahme
eine Bedingung für die Fortpflanzung darstellt (Reifungsfraß).
Melolontha. — Lebensweise. 5?
nommen werden. Von den Obstbäumen wird das Steinobst (Zwetsche, Kirsche,
Pflaume) und die Walnuß stark bevorzugt, gegenüber dem Kernobst. Weinreben,
Stachelbeeren und Haselnußsträucher leiden relativ wenig (Zweigelt). Amarell-
kirschen werden angeblich geschont (s. Heß, Die Feinde des Obstbaues aus dem
Tierreiche, Hannover).
Die hier aufgestellte Reihenfolge der Bäume (nach dem Grade der Beliebt-
heit) ist keineswegs etwa eine absolut feststehende und allgemeingültige. Es
scheint die Bevorzugung gewisser Laubarten auch von verschiedenen äußeren
Umständen beeinflußt zu werden, so daß je nach den Gegenden und dem Jahr-
gang verschiedene Reihenfolgen eingehalten werden (vgl. Zweigelt 1913, S. 52ff'.).
Ob auch die beiden Arten hippocastani und vulgaris bezüglich der Nahrungsaus-
wahl sich verschieden verhalten, ist noch fraglich. Es finden sich zwar Angaben,
die für eine solche Verschiedenheit sprechen; so soll die Birke von
vulgaris nur ungern, von hippocastani dagegen mit Vorliebe angegangen werden
(Zweigelt 1913, S. 51). Es mag aber vielfach an dieser Unterscheidung viel-
leicht mehr das Alter der Blätter als deren Geschmack Anteil haben; denn dort,
wo vulgaris 14 Tage später als hippocastani erscheint, ist das Birkenlaub zum
größten Teil schon erhärtet. Und sobald das Laub einmal hartgeworden,
verliert es für die Maikäfer sehr an Reiz. Dieses Moment spielt überhaupt
eine wesentliche Rolle bei der Nahrungswahl und es dürften darauf vielleicht
zum Teil auch die oben genannten Verschiedenheiten (nach Gegend und Jahr-
gang) zurückzuführen sein.
Die Kopula. — Es wird angegeben, daß die Paarung bei M. vulgaris schon
I — 2 Tage, bei hippocastani dagegen erst etwa 8 Tage nach dem Erscheinen der
ersten Käfer beginnt (Zweigelt 1913, S. 60). Die Paarung findet in der Baum-
krone statt und zwar zu allen Tageszeiten, besonders aber des Morgens gegen
9 Uhr und gegen Abend (Weber).
Den Vorgang der Kopula schildert Weber (1915) wie folgt: „Das Männchen klettert
mit gespreizter, fibiierender Fühlerkeule auf den Rücken des Weibchens und krallt sich zunächst
mit den Mittel tarsen am Rande der Elytren des Weibchens fest, dann festigt es seine Stellung
mit den Vorderbeinen, während es mit den Hintertarsen das Abdomen des Weibchens betastet
und streichelt. Meist ist schon vorher durch Kompression des Abdomens des Männchens die
Ausstoßung der Peniskapsel erfolgt, und nun wird in medianer Haltung dieselbe in die Ge-
schlechtsöffnung des Weibchens eingeführt. Darauf folgt ein rauschartiger Zustand des Männchens,
in dem es sich nach hinten überfallen läßt, um in der bekannten Kopulationsstellung unbeweg-
lich zu verharren, bis die Trennung erfolgt" (Abb. 46).
Eine gerade bei den Maikäfern besonders häufig zu beobachtende Erscheinung ist die
Kopula zwischen zwei Männchen. Eine Reihe von Forschern haben sich mit dieser
anormalen Kopula der Maikäfer beschäftigt und alle möglichen Theorien (über sexuelle Zwischen-
stufen usw.) aufgestellt, die aber alle naturgemäß nur einen höchst zweifelhaften Wert besitzen
(s. Weber 1915).
Beginn und Dauer der Flugzeit. — Der Termin der ersten Käferflüge
ist im wesentlichen eine Funktion der Frühlingstemperatur (Zweigelt); er ist
außerdem für die beiden Arten hippocastani und vulgaris verschieden. Für
hippocastani fällt der Beginn durchschnittlich in die letzte Aprilhälfte. Bei hohen
Fiühlingstemperaturen (um 20^ C. herum) können die ersten Käfer schon am
15. April erscheinen, wogegen bei niederen Temperaturen der Schwärmbeginn bis
5*
68
Coleoptera. — 3, Familenreihe : Laniellicornia.
auf die ersten Tage des Mai verschoben werden kann. i) Vulgaris kommt
durchschnittlich 14 Tage später heraus; der früheste Termin fällt dem-
nach auf die ersten Maitage (auf die etwas abweichenden Verhältnisse in süd-
lichen Ländern ist schon in der Fußnote 1, S. 49 hingewiesen worden). Die
Dauer der Flugzeit beträgt durchschnittlich 3 — 4 Wochen, so daß das Ende
normalerweise von den letzten Tagen des Mai bis Mitte Juni zu erwarten ist.
Das Schwärmmaximum tritt etwa 8 — 14 Tage nach Erscheinen der ersten Käfer
ein. — Die Dauer der Flugzeit kann wesentlich in die Länge gezogen werden
durch Temperaturrückschläge, durch die
die Lebensbetätigung der Käfer herab-
gesetzt oder auch gänzlich sistiert wird
(die Käfer verkriechen sich bei kaltem
Wetter in den Boden). So kann es
kommen, daß noch im Juli, ja in kälteren
Lagen noch bis in den August, ver-
einzelt Käfer gefunden werden.
Nach Puster (i. 1.) ist „die Dauer
der Schwärmzeit mit der Blattentfaltung
der sommergrünen Bäume und Sträucher,
d. i. der sämtlichen Laubhölzer und
von den Nadelbäumen der Lärche un-
zertrennlich verbunden". „Ist der Früh-
ling warm und feucht, so ist die Blatt-
entfaltung und Schwärmzeit in 4 Wochen
erledigt, ist er dagegen trocken und
kalt , so dauert die Schwärmzeit und
Blattentwicklung 6 — 8 Wocken. Kalte
Tage in warmer Frühjahrsperiode wirken
verzögernd, während warme Tage in
kaltem Frühjahrsdurchschnitt beschleuni-
gende Wirkung ausüben. Die Schwärm-
zeit beginnt mit der ersten Knospen-
entfaltung und endet mit der Vollendung
der Blattstreckung der spätest aus-
schlagenden Bäume (Eiche)." Nach
Puster fällt das Ende der Schwärm-
zeit für die beiden Arten hippocastani
und vulgaris zusammen. Da aber vul-
garis 14 Tage nach hippocastani zu schwärmen beginnt, so würde demnach die
Schwärmzeit des ersteren entsprechend kürzer sein als die des letzteren. Da-
mit steht allerdings in Widerspruch die von Zweigelt wiedergegebene Beob-
achtung, daß hippocastani mit vulgaris bei Klosterneuburg gleichzeitig zu schwärmen
Abb. 46. Maikäfer in Kopula. Das oben
befindliche Weibchen stemmt sich mit den
Hinterbeinen von dem Zweig und hält sich
mit den Vorderbeinen fest, um das Männchen in
der Hängelage zu erhalten. — Phot. Schcidter,
") Die von Puster zuerst gemachte Beobachtung, daß die Tagestemperatur von 20" C.
im allgemeinen den Schwärmbeginn einleitet, findet eine wertvolle Ergänzung durch die Unter-
snxhungen von Decoppet (1920), wonach die Summe der Tagesmittel vom ersten März bis zum
Beginn der Flüge rund 355" C. beträgt. Diese auf sieben Flugperioden fußende Feststellung ist
künftig für die Vorhersage der Flüge von großem "Werte. Im wesentlichen bekräftigt auch dies
die Bedeutung der Frühlingstemperaturen für den Beginn der Flüge.
Melolontha. Lebensweise. 5q
beginnt und infolge viel kürzerer Schwärmzeit viel früher von der Bildfiäche ver-
schwindet als vulgaris^ der noch mehrere Wochen sein Unwesen treibt. Jedenfalls
läßt sich aus diesen divergierenden Verhältnissen bezw. Beobachtungen erkennen,
daß die Tiere sich nicht für alle Gegenden des Gesamtverbreitungsgebietes generell
gleichartig verhalten, sondern Faktoren mitsprechen, die teilweise wenigstens erst
der Klarlegung bedürfen. Aufgabe zukünftiger Forschungen wird es sein, nicht
bloß Boden und Klima, sondern auch die Verhältnisse der Pflanzendecke mit in
Rechnung zu ziehen.
Eiablage. — Etwa 24 Stunden nach der Kopula schreiten die Weibchen
zur Eiablage. Sie lassen sich zu diesem Zwecke auf den Boden nieder (gewöhn-
lich in unmittelbarer Nähe des Fraßbaumes), und graben sich in unglaublich
kurzer Zeit in die Erde ein. Dabei fällt das Einbohrloch gewöhnlich schon
während der Arbeit des Eingrabens wieder zu, so daß als Zeichen der Bohr-
tätigkeit nur ein kleines lockeres Erdhäufchen sichtbar bleibt. In einer Tiefe
von 10 — 20, selten 30 und mehr Zentimetern legen sie ihren Eivorrat (ca. 60 bis
80 Stück) partienweise, in Häufchen von 10 bis 30 Stück, ab. Entweder gehen
sie dabei nach der jedesmaligen Ablage wieder aus dem Boden heraus, um sich
von neuem einzugraben, oder aber sie bleiben im Boden und bewegen sich unter
der Erde von einem Ablageplatz zum anderen.
Ratzeburg beobachtete das letztere in einem Zwingerversuch. — Die biologische Be-
deutung der partienweisen Eiablage erblickt Ratzeburg darin, daß bei einmaliger Ablage des
gesamten Eivorrates an einer einzigen Stelle für all die auskommenden Larven, die sich im ersten
Jahr ja nur sehr wenig bewegen, nicht genügend Nahrung vorhanden wäre. Der Grund kann
aber auch ein anderer (rein physiologischer) sein, nämlich die allmähliche Heranreifung der Eier.
Trifft letzteres zu, so wäre es verständlich oder vielmehr zu erwarten, daß die Weibchen zwischen
den einzelnen Eiablagen sich wieder zu den Fraßplätzen begeben, um von neuem Nahning auf-
zunehmen. Die Frage ist noch zu untersuchen.
Nach den Angaben der meisten Autoren bevorzugt das Weibchen zum Ein-
graben lockeren Boden; oder es sucht wenigstens, nachdem es sich auf den
Boden niedergelassen, nach einer passenden Stelle, wo der Boden besonders
locker oder verwundet ist und infolgedessen das Grabgeschäft leicht von statten geht.
Nach Puster ist aber die lockere Beschafifenheit des Bodens weniger bestimmend
als die lichte, sonnige, freie Läge der Flächen, die ein möglichst ungehindertes
Herabsteigen der Weibchen von dem Fraßbaum ermöglicht. Viel scheint
übrigens (nach dem gleichen Autor) vom reinen Zufall abzuhängen. Sicher ist in
dieser Frage bisher viel zu viel verallgemeinert worden. Am zutreffendsten dürften
immer noch die folgenden Angaben Ratzeburgs sein: „Die Weibchen wählen
immer, wenn sie können, lieber einen lockeren, trockenen als einen festen, nassen
Boden, ja sie meiden sogar die schon weiter vorgerückte Wintersaat, gehen auf
Kulturen lieber in die Pflanzlöcher als in den benarbten Boden, lieber auf nackten
als auf bemoosten und mit Laubdecke versehenen. Auch einen freien sonnigen
Boden ziehen sie einem beschatteten wohl vor. Allerdings gibt es Ausnahmen;
so sahen wir einen tüchtigen Fraß in einem dunklen Besamungsschlage, auch
habe ich öfters ganz junge Larven in mittelwaldähnlichen Beständen unter dem
dichtesten Gebüsch von Heidekraut und Blaubeeren gefunden, wenn der Boden
nur recht locker war. Auch kehren sie sich selbst an den festesten Boden nicht,
70
Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicomia.
wenn kein anderer in der Nähe ist. und arbeiten sich mit Hilfe des spitzen
Aftergriffels auch durch die Grasnarbe oder durch eine dichte Laubdecke hinein.
Wir sehen ja auch oft den Fraß der Larven auf Wiesen, die so fest wie eine
Tenne sind."
Daß die Weibchen bei starker Vermehrung auch im dunklen Hochwald zur
Eiablage schreiten können, ist im letzten Dezennium mehrfach beobachtet worden
(Escherich 1908, Puster 1910). Die in;jdei Literatur gemachten Angaben,
daß die Weibchen völlig vegetationslosen Boden zur Eiablage meiden, ist nach
Abb. 47 A. Engerlingfraß an junger Fichten-
pflanze. Nur die Pfahlwurzel ist stehen ge-
blieben, alle übrigen Wurzeln sind abgefressen.
Original.
Abb. 47 B. Starke Wurzel (Erle), deren Rinde
platzweise vom Engerling benagt ist. Nach
Eckstein.
den neueren Beobachtungen Pusters im Bienwald (Pfalz) nicht zutreffend: die
Weibchen gingen vielmehr auf dem dortigen Pflanzkamp ebenso zahlreich in die
völlig vegetationslosen Beete (bis zu 40 Engerlinge pro Quadratmeter) wie in die
bepflanzten.
Es ist bei allen Massenvermehrungen des Maikäfers zu beobachten, daß
die Eiablage vielfach dicht zusammengedrängt an einzelnen eng-
begrenzten Stellen stattfindet. Diese Erscheinung, die für die Praxis nicht
unwichtig ist, mag darin begründet sein, daß die Weibchen gewöhnlich (d. h.
Melolontha. — Lebensweise.
71
wenn nicht besondere Umstände sie daran hindern) sich nicht weit von ihrem
Fraß- und Begattungsbaum entfernen, sondern sich in unmittelbarer Nähe nieder-
lassen. Handelt es sich dabei um einen besonders beliebten dicht besetzten
Schwärmbaum, so wird natürlich auch die Umgebung dieses Baumes besonders
dicht mit Engerlingen besetzt — ,,Engerlingsherde" (Escherich 1908, S. 371).
Vielleicht spielt auch ein besonders ausgebildeter Geselligkeits- resp. Nachahmungs-
trieb dabei eine Rolle, wie manche Autoren (Puster u. a.) annehmen.
Der Larven fr aß. — Nach 4 — 6 Wochen (also Juli/ August) kommen die
Larven aus. Im ersten Sommer bleiben sie zusammen an ihrem Geburtsort und
nähren sich hauptsächlich von humosen Bestandteilen (halb aufgelösten Pflanzen-
fasern, Moder usw.) und von den zartesten Wurzelfäserchen. Im zweiten
Sommer zerstreuen sie sich schon mehr und nähren sich nun zum größten Teil
von den zarteren Pfianzenwurzeln, In den folgenden Sommern (im 3., oder im
3. und 4., resp. 3., 4. und 5.) verbreiten sie sich überall hin, nach allen Richtungen
Kanäle durch die Erde grabend, ihrem Fraß an den Wurzeln nachgehend.
Die letzten Stadien (im 3. und 4., resp. 3., 4. und 5. Sommer) bedeuten
die Hauptfraßperioden der Larven. Letztere haben jetzt entsprechend ihrem
ganz bedeutenden Dickenwachstum ein sehr großes Nahrungsbedürfnis. Auch
sind ihre Mundteile inzwischen so kräftig geworden, daß ihnen keine Wurzel
mehr zu hart ist. Alle Seitenwurzeln bis zur Dicke eines Strohhalms werden
radikal abgefressen (Abb. 48), so daß bei jüngeren Pflanzen überhaupt nur noch
die Pfahlwurzel (gleich einer Rübe) übrig bleibt (Abb. 47 A), welche ebenfalls
mehr oder weniger beschädigt wird durch Abbeißen der Spitze und Benagen
der Rinde („Rübenfraß"). Bei ganz starken Wurzeln älterer und alter Bäume
oder Sträucher beschränken sie sich auf platzweises Benagen der Rinde in oft
sehr ausgedehntem Maße (Abb. 47 B), Bezüglich der Pflanzenart scheinen die
Larven wenig wählerisch zu sein, sie gehen fast alle Wurzeln an, die ihnen in
den Weg kommen, mögen sie von Nadel- oder Laubholz, Gras, Getreide, Kar-
tofifeln, Gemüse usw. sein. ^)
Die Fraßzeit der Larven in den einzelnen Jahren erstreckt sich gewöhnlich von
Frühjahr bis Herbst und dauert etwa je 7 Monate; nur im Jahre des Auskommens
und der Verpuppung ist die Fraßzeit eine kürzere, indem sie im Geburtsjahr erst
im Juli/ August einsetzt, und im Verpuppungsjahr schon im Juli- August endet.
') Eingehende statistische Erhebungen über die Engerlingsschäden, nach den Kulturpflanzen
geordnet, hat Zweigelt (1913, 1914 usw.) vorgenommen. Darnach leiden in Niederösterreich
am meisten die Weingärten; die Schäden, die namentlich in den Rebschulen alljährlich an-
gerichtet werden, belaufen sich auf viele Millionen Friedenskronen. In Gebieten, die keinen
Weinbau haben, steht hinsichtlich Engerlingsschäden an erster Stelle die Kartoffel. Es
schließen sich an die Hackfrüchte im allgemeinen, besonders Rüben, dann Getreide und Baum-
schulen. Vom Getreide ist wiederum der Mais an erster Stelle zu nennen. Bedeutend sind auch
die Schäden an Kleefeldern. Hervorgehoben sei, daß Gartenkulturen, besonders Salat, gerne als
Futter genommen werden. Die Vorliebe für Salat wird praktisch durch die Verwendung des
Salates als Köderpflanze ausgenützt. Ist auch der Engerling in vielleicht noch größerem Aus-
maße als der Käfer selbst polyphag, so wäre es doch verfehlt, ihm Pantophagie zuzuschreiben.
Es existieren unter allen Umständen gewisse Vorzugspflanzen , die am meisten zu leiden haben,
auch dann, wenn sie numerisch hinter anderen auch in den Kreis der Futterpflanzen der Enger-
linge gehörigen Pflanzen zurückstehen.
72
Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Während ihres Lebens unternehmen die Engerlinge zahlreiche Wande-
rungen. Abgesehen von den oben genannten meist in horizontaler Richtung
verlaufenden Wanderungen zum Zwecke der Nahrungsaufnahme^) bewegen sie
sich aus verschiedenen Anlässen auch in vertikaler Richtung. So graben sie sich vor
der Häutung, welche alljährlich einmal stattzufinden scheint, tiefer in die Erde
ein, um nach überstandener Häutung, etwa nach 4 — 6 Tagen, mit verdoppeltem
Appetit wieder nach oben zu wandern (R.). Sodann hat auch die Tempe-
ratur auf die vertikalen Wanderungen wesentlichen Einfluß: bei großer Hitze
Abb. 48. Engerlingirali an aiuien Plianzen. 1 Wurzelkörper einer 12 jähr. Buche, gesund;
2 Wurzelkörper einer 30 jähr. Buche, alle Langwurzeln vom Engerling abgefressen; 4 Wurzel-
körper einer 22jähr. Buche, gesund; 5 Wurzelkörper einer 40jähr. Buche, die Saugwurzeln vom
Engerling benagt. In der Mitte Wurzelstück einer gojähr. Eiche, vom Engerling benagt.
Aus Puster.
und Dürre suchen sie tiefere, kühlere und feuchtere Lagen auf, bei niederen
Temperaturen kommen sie wieder in die oberflächlichen Schichten. In kühlen
August- und Septembertagen hatten wir wiederholt Gelegenheit, zahlreiche Enger-
linge ganz oberflächlich nach Wegnahme der obersten Schichten anzutreffen.
') Feddersen (1891) berichtet darüber: „Wenn bei starkem Flächenfraß der Pflanzen-
wuchs auf den Entstehungsflächen der Larven vernichtet ist, so wandern letztere massenhaft in
die benachbarten älteren Orte und zerstören nicht allein 15 — 20jährige Schonungen, sondern auch
die Wurzeln der Stangenhölzer, und töten sogar 120jährige Kiefern."
Melolontha. — Generation und Flugjahre. n^
Der Winter mit dem Frost treibt sie wieder in die Tiefe. Sie suchen zur
Überwinterung die frostfreien Lagen auf, die natürlich je nach der Härte des
Winters und der Beschaffenheit des Bodens tiefer oder höher gelegen sind. Es
wurden Überwinterungstiefen von 35 — 80 cm beobachtet. Wo auf dem Enger-
lingsherde Stöcke vorhanden sind, werden diese mit Vorliebe aufgesucht. Die
Engerlinge sammeln sich unter diesen oft in Massen an, wie ich selbst im
Kammerforst (in Baden) zu beobachten Gelegenheit hatte.
Die letzte Tiefenwanderung unternimmt die Larve zum Zwecke der Ver-
puppung. Sie geht dabei tiefer als jemals zuvor ^).
Die Verpupp ung findet in Deutschland im August des 3. oder 4. oder
5. Jahres statt und zwar in einer großen Tiefe (bis zu i 1/2 ^)- Die Larve ver-
fertigt zu diesem Zwecke eine oval geformte Höhle mit fest angedrückten Wänden.
In ihr liegt die Puppe, bald horizontal, bald gestürzt, und die abgestreifte letzte
Larvenhaut hängt am Schwanzende oder liegt neben ihr. Die Puppenzeit dauert
ca. 4 — 8 Wochen, nach welcher Zeit die „anfangs ganz blassen und weichen,
immer mehr und mehr dunkel werdenden und erhärtenden Käfer erscheinen".
Letztere bleiben, wie oben bereits bemerkt, bis zum Frühjahr im Boden. 2)
Generation und Flugjahre.
Über die Dauer der Generation des Maikäfers liegen zahlreiche Angaben
und Berichte vor, zahlreich sind ferner die theoretischen Erörterungen dieses
Problems im Zusammenhang mit äußeren und inneren Einflüssen. Volle Klar-
heit herrscht indessen auch heute noch nicht, obwohl uns die Arbeiten von
Zwei gelt um ein gutes Stück vorwärts gebracht haben.
Vulgaris zeigt im allgemeinen, wenn wir zunächst auf die geographischen
Einzelheiten verzichten wollen, eine 3 bis 4 jährige, hippocastani dagegen eine
3 bis 5 jährige Generationsdauer. Wir können ganz allgemein sagen, daß m
wärmeren Gebieten und so weit das freie Feld als Entwicklungsstätte der Enger-
linge in Betracht kommt, beide Arten schon in drei Jahren die ganze Ent-
wicklung durchlaufen; so gelten Intervalle von drei Jahren zwischen zwei Haupt-
flügen als Regel für die meisten Gebiete der Schweiz, für Frankreich, für
Holland, für die westdeutschen Seuchengebiete, wobei der Main die ihm lange
nächgerühmte Rolle als Grenze zwischen Gebieten mit drei- und solchen mit
vierjähriger Entwicklungsdauer tatsächlich nicht spielt; ferner gilt der dreijährige
*) Genaue Messungen über die Tiefe der Engerlinge zu verschiedenen Zeiten im Boden
hat seinerzeit Raspail vorgenommen. Seine in Pranl^reieh vorgenommenen Messungen sind
allerdings unter Berücksichtigung des recht warmen Klimas dort und der geringen Winterfröste
zu werten. Die bei dreijähriger Entwicklungsdauer gewonnene Zahlen sind: I. Jahr: Nach der
Eiablage 25 — 30 cm, VIII: 10 — 20 cm, X: 18 — 20 cm, XI: 25 cm, XIL Winter: 25 — 30 cm;
2. Jahr: IV: 23 — 25 cm, V: (mit fortschreitendem Datum) 23, 20, 17, 13, 11, 10 — 7 cm,
VI: 3- 12 cm, X: 18 — 25 ^m, XI: 20 — 27 cm, XII bis Winter: 23 — 30 cm; 3. Jahr: IV:
23, 20, 16, 10 cm, V: 6 — 12. 5 — 10, 3 — 8 cm, VI: 5 — 10, 15 — 18, 18 — 25 cm, am 17. VI:
Verpuppung. Diese Schwankungen in der Bodentiefe werden um so kräftiger, je extremer das
Klima ist.
■') Zweigelt (i. 1.) bekam aus Steiermark im Jahre 1920 eine Skizze zugesandt, wonach
der Maikäfer in einem veritablen Gespinste im Boden verpuppt gelegen hatte. Jedenfalls sind
das seltene Ausnahmen.
•JA Coleopteia. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Turnus für die größten Teile der Seuchengebiete der heutigen Republik Öster-
reich, ferner für das anschließende Ungarn und Jugoslavien. Auf die einzelnen
Flugjahrsysteme genauer einzugehen, würde an dieser Stelle zu weit führen. In
den Schriften von Zweigelt (191 8) sind diese Details nachzulesen.
Vierjährige Entwicklungsdauer gilt für die kälteren Alpentäler, für
Böhmen, wahrscheinlich für das ganze Seuchengebiet von Galizien und die
Bukowina; in Deutschland für die Seuchengebiete im allgemeinen nordöstlich vom
Thüringerwald, wobei einzelne Vorkommen mit vierjähriger Entwicklung, auch in
denjenigen Gebieten, in denen der dreijährige Turnus Regel ist, festzustellen sind;
so in Franken, der Rheinpfalz usw. Gerade in Deutschland sind diese Ver-
hältnisse außerordentfich kompliziert, insofern als sich nicht nur die einzelnen
Maikäferstämme, sondern auch die Vorkommen mit drei- und vierjähriger Ent-
wicklungsdauer — von den Differenzen im Erscheinen der beiden Arten ganz
abgesehen — mosaikartig zusammensetzen.
Von besonderem Interesse ist schließlich, daß Mppocasiani in den kälteren
Gegenden von Deutschland, in Dänemark, in Rußland von der vierjährigen zur
fünfjährigen Generationsdauer übergeht, wobei ebenfalls eine scharfe Grenze
gegenüber dem vierjährigen Turnus dieser Art nicht existiert (Boas für Däne-
mark, Feddersen für Ostpreußen).
Fest steht also:
1 . daß ganz allmählich und unter zahlreichen Schwankungen eine Ver-
zögerung in der Entwicklungsgeschwindigkeit des Maikäfers in Mitteleuropa
von Westen nach Osten statt hat. Diese Abnahme der Entwicklungsenergie geht,
in großen Linien besehen, parallel mit dem Verlaufe der Isothermen, die unter
fast 90 <^ die Parallelkreise schneiden.
2. Hippocastani^ den wir bereits als den zäheren von beiden kennen, rea-
giert auf ungünstige Entwicklungsbedingungen (Klima usw.) mit einer Verlängerung
der Generationsdauer. Er braucht fünf Jahre, während vulgaris an gleichen Orten
alle viere Jahre fliegt.
Ehe wir uns diesen Fragen und einem Versuche, sie zu erklären, zuwenden
können, seien im folgenden noch einige Tatsachen hervorgehoben, die erklärungs-
mäßig für die Ursachen in den Schwankungen in der Generationsdauer eine
Rolle spielen.
Daß hippocastani in der Entwicklungsgeschwindigkeit nicht immer und
überall hinter vulgaris um ein Jahr zurückbleibt, dafür hat Puster wertvolle Be-
lege beigebracht: In der Rheinpfalz ist die Generationsdauer im Waldboden
für beide Arten gleich lang, nämlich 4 Jahre. Bei Klosterneuburg, wo sich die
Arten lokal ziemlich rein trennen lassen (Zweigelt), hat vulgaris und
hippocastani., der eine an den Berghängen, der andere in den Donauauen, gleich-
zeitig und zwar alle 3 Jahre Flugjahr. Fliegen also beide Arten unter günstigen
Bedingungen gleichzeitig oder doch in gleichen Intervallen, so bleibt bei Zu-
nahme ungünstiger Existenzbedingungen hippocastani schließlich um ein
volles Jahr zurück. Hippocastani hat als Ausdruck größerer Elastizität
Melolontha. — Generation und Flugjahre. -je
in seinem Reaktionsvermögen auf entwicklungshemmende Einflüsse
eine größere Amplitude der Entwicklungsgeschwindigkeit.
In den Mittelpunkt des Interesses aber rückt die Frage nach den Ur-
sachen, die eine Entwicklungsverzögerung überhaupt hervorrufen. Der Kampf
der Meinungen hat in den letzten Jahren seit dem Erscheinen der Arbeiten von
Zw ei gelt und Decoppet eine schärfere Form angenommen, und kann bis heute
keineswegs als schon beendet angesehen werden.
Zweigelt, der besonders die Verhältnisse in Österreich untersucht hat, hat
speziell für Niederösterreich ein interessantes Abflauen der Flugintensität vom
Flugjahr nach den beiden folgenden Jahren feststellen können. Er bezeichnet
die schwächlichen Maikäfervorkommen im Jahre nach dem Hauptfluge als
Nebenstamm erster Ordnung, die im darauffolgenden aber als Nebenstamm
zweiter Ordnung. Der Intensitätsabnahme in den folgenden Jahren in Ge-
bieten mit dreijähriger Generation gegenüber steht eine Intensitätszunahme bis
zum Flugjahre in Gebieten, die bereits vierjährige Entwicklungsdauer als Regel
haben (Sachsen). Zwe igelt folgert aus diesem merkwürdigen Verhalten, daß in
dem einen Gebiete nur Nachflüge (Nachschwärme) , in dem anderen nur Vor-
flüge (Vorschwärme) vorkommen; daß weder in dem einen Gebiete noch in dem
anderen die Entwicklungsdauer (3 bezw. 4 Jahre) schon zu 100% fixiert sei,
sondern daß in dem Gebiete mit dreijährigem Turnus noch etliche Individuen
(also ein bestimmter Prozentsatz der ganzen Käfermassen) vier Jahre brauchen,
in jenem anderen mit normal vierjähriger Entwicklungsdauer etliche Individuen
(also wieder ein bestimmter Prozentsatz) schon in drei Jahren ihre Entwicklung
vollenden. Ausnahme und Regel haben also ihre Rolle vertauscht. Für das
Prinzip bleibt es gleichgültig, wie hoch jedesmal dieser Prozentsatz ist, ferner ob
alle Jahre solche Abweichungen vorkommen oder nur in manchen Jahren, bezw.
besser gesagt in manchen Triennien bezw. Quadriennien. Nach Zweigelt sind
sonach die sogenannten Maikäferstämme nichts Starres, sondern etwas ständiger
Veränderlichkeit und Anpassungsfähigkeit Unterworfenes. Die Nebenflüge hätten
wir sonach nicht als von Urzeiten her aufgekommen zu werten, sie sind nicht un-
abhängige und in sich vollständig einheitliche Stämme, sondern ein Heer von
Nachzüglern, bezw. Vorzüglern, die sich jeweils aus dem Hauptstamme des Ge-
bietes ergänzen können.
Eine Beweisführung für diese Auffassung ist in zweifacher Richtung not-
wendig imd auch möglich: Einerseits sind die Flugjahre auf ihre Konstanz zu
prüfen, anderseits sind die Faktoren zu analysieren, welche die Entwicklungs-
geschwindigkeit beeinflussen.
Die Tatsache, daß Nebenflugjahre existieren, die in ihrer Intensität übrigens
sehr schwanken können, i) ist auch schon von älteren Autoren (Feddersen 1896)
beobachtet und zu erklären versucht worden. Ritzema Bos geht von der An-
nahme aus, daß von Natur aus jedes Jahr Flugjahr sein müßte, wobei drei
1) Zweigelt (1915) teilt mit, daß in manchen Gegenden von Niederösterreich, so besonders
in den intensiven Seuchenzonen des Marchfeldes (um Bockfließ) fast alljährlich starke Käferflüge
zu verzeichnen sind, so daß es streng genommen käferfreie Zwischenflugjahre nicht gibt.
76 Coleoptera. — 3. P'amilienreihe: Lamellicomia.
gleichstarke Stämme örtlich nebeneinander, zeitlich hintereinander ihre Entwicklung
abrollen. Daß es nicht zum Aufleben ständig gleichstarker und unmittelbar auf-
einander folgender Massenflüge komme, sei die Folge eines Konkurrenzkampfes
der Engerlinge im Boden. Kienitz und Ogiewski gehen noch um einen
Schritt weiter und machen den gelegentlich zu beobachtenden Kannibalismus der
Engerlinge für die ständige Niederhaltung des einen Stammes verantwortlich.
Auch Decoppet (1920) ist infolge seines starren Festhaltens an der Idee von
der absoluten Konstanz der Entwicklungsgeschwindigkeit gezwungen, von Kon-
kurrenzkampf zu sprechen, ein Kampf, der in höheren Lagen deshalb nicht mehr
so sehr zur Geltung komme, da die Engerlinge weniger zahlreich seien und
nicht mehr einander ins Gehege kämen. Zweigelt hat schon bei verschiedenen
Anlässen dagegen Stellung genommen und besonders auf die Unmöglichkeit hin-
gewiesen, daraus schwache Vorschwärme zu erklären. Ich schließe mich dieser
Ansicht an: weder Konkurrenzkampf noch Kannibalismus können das Problem
der Nebenstämme restlos und befriedigend erklären.
Die Maikäferflugjahre, die wir zunächst betrachten wollen, interessieren
uns in zweifacher Richtung: i. durch ihre relative Konstanz der Periodizität,
2. durch die eigenartige Durcheinanderwürfelung von Gebieten mit gesonderter
Periode. Neben ausgedehnten Flächen mit konstanten Flugjahren (Niederöster-
reich, Bukowina, Steiermark) finden wir wieder kleinere Flächen, in denen andere
Jahreszahlen herrschen; besonders muß auffallen, daß an den Grenzen der Haupt-
seuchengebiete nicht bloß abweichende Zahlen gelten , sondern auch daß,
soweit das schon spärliche Vorkommen deutliche Flugjahre zu unterscheiden ge-
stattet, die Generationsdauer eine Verlängerung um ein ganzes Jahr erfährt
(Waldviertel von Niederösterreich, Obersteiermark usw.). Erklärungsmäßig ist der
Tatsache, daß bei gleicher Entwicklungsgeschwindigkeit oft unmittelbar neben-
einander andere Flugjahre gelten, schwer beizukommen. Für Gebiete, die starke
Bodenkultur betreiben und wo die Intensität der Landwirtschaft eine so große
Rolle spielt wie in Deutschland, hat zweifellos mit dem Zurückdrängen der
Wälder und dem Auftauchen ausgedehnter Feldflächen eine oft lokal begrenzte,
aber intensive Beeinflussung der Existenzbedingungen der Engerlinge stattgefunden,
was zugleich der Anlaß der vielen Verwerfungen ursprünglich wohl viel einheit-
licherer Maikäfervorkommen geworden ist (Puster).
Die Konstanz der Flugjahre ist nun allerdings eine relativ hohe, aber
— und das ist das Interessante — keine absolute! Für die große Beständigkeit
der Käferflugjahre wird immer auf das Beispiel der Schweiz hingewiesen, wo die
Beobachtungen am weitesten zurückreichen. Die Urner Flugjahre sind durch 177,
die Berner Flugjahre durch 147, die Basler durch 84 Jahre beobachtet worden.
Wesentlich ist aber dabei — und wir kommen gleich noch einmal darauf zurück — ,
daß zwar wohl die Konstanz der Jahre beobachtet worden ist, nicht aber die
Frage geprüft worden ist, ob die Areale, die im Zeichen eines bestimmten Flug-
jahrtypus stehen, auch dieselben geblieben sind und sich nicht vielleicht im Laufe
der Zeit verändert haben.
Melolontha. — Generation und Flugjahre. nn
Raspail beobachtete nun im Departement Oise eine einmalige Ein-
schaltung einer vierjährigen Periode (1885 — 89) in eine Serie von dreijährigen.
Schon Heer und neuerdings Deco ppet befassen sich mit der außerordentlichen
Veränderlichkeit und mit den Verschiebungen in der gegenseitigen Ausdehnung
der Berner- und Urnerflugjahre im Kanton Zürich im Laufe des letzten Jahr-
hunderts, Verschiebungen, die so gewaltig sind, daß das Recht, das Wieder-
erscheinen bestimmter Jahreszahlen, die zufällig mit dem Errechneten eines im
Auge behaltenen Stammes zusammenfallen, als Beweis für die Zugehörigkeit
solcher Maikäfervorkommen zu einem bestimmten Stamme anzusehen, um so mehr
bestritten werden muß, als auch der dritte Flugjahrtypus, das Baslerjahr, im
gleichen Gebiete eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Diese Tatsache
bezw. diese Schwierigkeiten rollen die Frage auf, ob es bei der Unmöglichkeit,
Maikäferflüge mit gleichem Flugjahre genetisch zu trennen, das heißt zu prüfen,
ob die Massen Käfer, die in einem bestimmten Jahre fliegen, einem und dem-
selben Stamme angehören, noch angängig ist, diese drei Schweizertypen im her-
kömmlichen Sinne aufrecht zu erhalten.
Decoppets Erklärungsversuch für solche Schwankungen, daß das Auftreten
von Krankheiten und Feinden den Hauptstamm fast vollständig zum Verschwinden
gebracht habe und den um ein Jahr später fliegenden Stamm, der bisher durch
den Konkurrenzkampf zurückgehalten worden sei, damit automatisch zur Massen-
entwicklung gebracht habe, entbehrt — abgesehen von dem Einwurf, daß es
kaum verständlich sei, wieso ein solcher Vernichtungskampf der Natur bloß einen
Stamm von den im Boden vorhandenen verschiedenaltrigen Engerlingen getroffen
habe — jeglicher Grundlage. Der Versuch ist lediglich eine geistreiche Hilfs-
hypothese, konstruiert aus der durch nichts gerechtfertigten Auffassung, daß der
Engerling im Boden jeder Einwirkung des Klimas enthoben sei (Zweigelt 1920),
Die Frage des direkten Einflusses des Klimas und besonders der
Bodenwärme ist von Puste r bereits in vielversprechender Weise angeschnitten
worden. Puster hat festgestellt, daß die Entwicklungsgeschwindigkeit des Mai-
käfers im Waldboden gegenüber dem freien Felde desselben Fluggebietes um
ein ganzes Jahr verzögert sei. Das heißt nichts anderes als: Der Maikäfer
ist von den Verhältnissen des Bodens abhängig. Bringen wir diese Tatsache zu-
sammen mit der west-östlich laufenden Geschwindigkeitsabnahme, vergegenwärtigen
wir uns, daß diese Abnahme parallel geht mit der Abnahme der mittleren Jahres-
temperatur, ziehen wir zum Vergleiche ferner die Tatsache heran, daß im Ge-
birge in Ländern, die in der Ebene sonst schon in drei Jahren die Entwicklung
abschließen, diese auf vier Jahre ausgedehnt wird, dann ist wohl an dem Ein-
fluß des Klimas, insonderheit der Boden wärme, die wiederum eine
Funktion der Außentemperatur ist, nicht zu zweifeln.
Aufgabe der nächsten Zukunft muß es aber sein, jene Kalorienmenge zu
errechnen, an deren Vorhandensein eine bestimmte Entwicklungsgeschwindigkeit
gebunden bleibt. Zweigelt hat gefunden, daß die dreijährige Generationsdauer
des Maikäfers dann und dort zur Regel wird, wann und wo die mittlere Jahres-
temperatur 9*^ C. erreicht.
yg Coleoptera. — 3. Familien reihe : Lamellicornia.
Decoppet, der jede derartige Abhängigkeit ablehnt, macht für die Ent-
wicklungsgeschwindigkeitsdifferenzen Rassenunterschiede geltend, für deren
Berechtigung heute die Grundlagen wohl noch fehlen. Wollte man sich in
dieser Frage von der einfachen von Zw ei gelt gegebenen Erklärungsweise
abwenden und zum Problem der Rassenbildung greifen, dann kämen wir
sofort ins Uferlose; denn der Spekulation und systematischen Haarspalterei
blieben damit Tür und Tor geöffnet. Wir wären gezwungen, die Rassenfrage für
jedes Land, für jedes Seuchengebiet hervorzuholen, und nicht nur bei vulgaris
Rassen mit drei- und solche mit vierjähriger Entwicklungsdauer zu unterscheiden,
bei hippocastani solche mit drei-, weitere mit vier- und schließlich mit fünfjähriger
Entwicklungsdauer, sondern auch Rassenunterschiede in der Richtung zu machen,
ob die Geschwindigkeitsdifferenzen sich in gleicher Höhenlage geltend machen
(Wald- und Feldrasse) oder bei bedeutenden Höhenunterschieden (Berg- und
Talrasse). Damit sei nicht gesagt, daß nicht auch einmal, wenn wir über die
ganzen Beziehungen mehr Bescheid wissen als heute, in irgendeiner anderen
Richtung das Rassenproblem beim Maikäfer in Anwendung zu bringen wäre,
jedenfalls aber in einem ganz anderen Sinne, als es Decoppet gemeint hat.
Damit, daß wir versuchen, alle Entwicklungsgeschwindigkeitsunterschiede auf das
Gebiet der Rassenbiologie zu drängen, schaffen wir nur eine Reihe neuer Namen
und systematischer Zeichen^ in der Kausalerklärung aber kommen wir damit
nicht vorwärts.
Natürliche Vermehrungsbeschränkung.
1. Witterungseinflüsse: Klimatische Faktoren kommen nur insoweit
in Betracht, als der Maikäfer zur vollen Entfaltung seiner Veimehrungskraft an
bestimmte Durchschnittstemperaturen gebunden ist (siehe oben bei „Vorkommen"
usw.). Daraus ergibt sich ohne weiteres eine örtliche Beschränkung der Mög-
lichkeiten zur Massenvermehrung. Andererseits haben Witterungseinflüsse inner-
halb der so begrenzten Maikäfergebiete keine merkliche vermehrungshemmende
Wirkung; weder Temperatursprünge nach oben oder unten, noch auch starke
Regengüsse usw. können die Fortpflanzungsziffer wesentlich herabdrücken. Selbst
Überschwemmungen bleiben ohne merkhchen Einfluß, soweit sie im Frühjahr
stattfinden, wenn die Engerlinge noch tiefer sitzen oder wenigstens noch nicht
zur Vegetationsdecke aufgestiegen sind. Im Sommer allerdings, wenn die Enger-
linge unmittelbar an der Grasnarbe sitzen, können Überschwemmungen eine
größere Bedeutung erlangen (Ratzeburg, Zweigelt).
2. Tierische Feinde. Auch unter tierischen Feinden haben die Mai-
käfer weniger als andere Schädlinge zu leiden, vor allem wegen der geringen
Zahl von Parasiten.
a) Parasiten und Raubinsekten. — Parasiten spielen, wenigstens in
unserem Gebiet, nur eine sehr untergeordnete Rolle. Schlupfwespen sind
überhaupt noch keine aus dem Maikäfer oder Engerling gezogen, i) Dagegen
') Der nordamerikanische Maikäfer (Lachnosterna) hat eine ganze Reihe Parasiteii und
Raubinsekten, unter denen eine Raubwespe, nämlich die zu den Scoliiden gehörende Tiphia,
am wirksamsten ist (S. A. Forbes 1908, John J. Davis 1918).
Melolontha. — Natürliche Vermehrungsbeschränkung. yg
gibt es einige Fliegen (Tachinen), die als Parasit im Engerling sich entwickeln.
Es handelt sich größtenteils um D ex i inen und zwar um Dexia rustica F./)
vacua Fall, Dexiosoma caninum F. und Microphthalma disjuncta Wied. (siehe Baer
192 1, Boas 1894). Sven La mpa nennt außerdem noch Cyrtoneura slabuians'^) Fa.\\.^
die er aus Engerlingen erhielt, die im Januar gesammelt und einige Tage nachher
von der Fliegenlarve erfüllt waren. Ratzeburg (S. 81) nennt eine Leph's- Art^
deren Tönnchen er einige Male an einem toten Maikäfer zwischen Halsschild und
Kopf hervorkommen sah. 2)
Was die Raubinsekten betrifft, so kommen hauptsächlich die verschiedenen
räuberischen Laufkäfer (Carabiden) in Betracht. Ratzeburg nennt Carabus
auratus L., die „in zahlreichen Exemplaren in einem von Maikäfern befallenen Raps-
feld umherliefen, und bald hier, bald da, oft 3 — 4 zugleich, einen Maikäfer er-
griffen und auffraßen". AI tum vermutet, daß auch die Larven der größeren Lauf-
käfer den Engerlingen nachstellen.
b) Vögel. - Zahlreicher sind die Feinde von selten der Vögel. Unter
ihnen stehen die Saatkrähen und Stare in erster Linie. Besonders die Saat-
krähe arbeitet in hervorragendem Maße der Vermehrung der Maikäfer entgegen.
Rörig (1900 und 19 10) hat diese nützliche Rolle durch eingehende Magen-
untersuchungen nachgewiesen. Die Saatkrähe kann geradezu als einer der Haupt-
feinde des Maikäfers bezeichnet werden (Boden 1896), indem sie einmal durch
Auflesen der Engerlinge hinter dem Pfluge deren Zahl wesentlich vermindert, und
sodann auch den Käfer selbst in unglaublicher Menge vertilgt. Boden will be-
obachtet haben, daß die Krähen in Schwärmen von vielen Hunderten ganz plötzlich
da auftraten, wo zur Zeit die Maikäfer am zahlreichsten waren, und daß in
solchen Schutzbezirken, in denen große Kolonien von Krähen brüteten, nur sehr
spärliche Maikäfer sich vorfanden. Zweigelt (1913), Loos (191 7) und
Vogel (192 1) stimmen mit dieser Auffassung bezüglich der Rolle der Krähen
überein.
Nächst den beiden hier genannten Vögeln kommen als Maikäfer- resp.
Engerlingsvertilger noch folgendein Betracht: Dohle, Elster, Wiedehopf, Blaurake,
Lachmöwe (die die vom Pflug freigelegten Engerlinge verzehrt), Turmfalk, Fisch-
reiher (Vogel 192 1), die meisten Eulen, Spechte, Ziegenmelker (welcher die Käfer
^) über die Lebensweise von Dexia rustica schreibt Baer (192 1):
„Die Fliegen erscheinen erst im Juli und sind bis in den August hinein in manchen Jahren
in Menge auf den Blättern von Gebüschen, auch auf Dolden anzutreffen, wo ihre eigentümliche
Haltung, die beim Sitzen durch die langen Beine verursacht wird, und überhaupt ihr stattliches
Aussehen sie leicht kenntlich macht. Die wenigstens 275 Eier (Tarnani) werden in den Erd-
boden abgelegt, die sofort schlüpfenden Larven suchen sich den Wirt selbst auf und sollen durch
ein Stigma eindringen. Boas fand die Maden (1 — 3 Stück) frei im Fettkörper der 2 oder 3jährigen
Engerlinge ohne Trichterbildung, auch Nielsen konnte keine solche beobachten.''
Die anderen Dexien verhalten sich biologisch ganz ähnlich.
') Ob Cyrtoneura stabulans als wirkliche Schmarotzer auftraten, ergibt sich aus der be-
treffenden Mitteilung nicht mit Sicherheit (Boas 1894).
^) Von Oberforstmeister Puster erhielt ich zwei im Zwinger eingegangene Maikäfer-
weibchen, in deren Abdomen sich je ein Fliegentönnchen befand. Leider war der Erhaltungs-
zustand so schlecht, daß eine Bestimmung nicht möglich war.
03 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
im Fluge schnappt), AmseP), Sperlinge und zahlreiche kleinere sperlingsartige
Vögel. ■^)
Eingehendere Beobachtungen über die Rolle der Vogel weit für den Maikäfer hat Haenel
(19 18) während des vorletzten Flugjahres (19 15) im Bienwald (Rheinpfalz) angestellt. Seinem
darüber erstatteten Bericht ist zu entnehmen, daß von den im dortigen Walde vorkommenden
68 Vogelarten folgende i" an der Vertilgung der Maikäfer sich beteiligen: Kohl-, Sumpf-, Blau-,
Tannen- und Haubenmeise, Kleiber, Wiedehopf, Star. Amsel, Neuntöter, Buchfink, Feldsperling.
Waldohreule, Steinkauz, Bussard und Turmfalk. Besonders eifrig waren: Kohl- und Blaumeise,
Star, Buchfink, Feldsperling und die Eulen.
Haenel beobachtete auch, wie die verschiedenen Vogelarten den gefangenen Käfern zu
Leibe gehen: Der Star liest die Beute von den Blättern ab, faßt sie dabei am Hinterleib und
wetzt dann den Schnabel so lange an einem Ast hin und her, bis der weiche Hinterleib abreißt
und der Thorax mit den Fügein herunterfällt; es wird also in der Regel nur der weiche Leib
verzehrt. Gerade entgegengesetzt verfährt der Fink, der als Körnerfresser die harten Körperteile
vorzuziehen scheint, wenigstens konnte Haenel zweimal beobachten, wie ein Buchfink einen sehr
geschickt im Fluge erhaschten Maikäfer auf dem Boden mit einigen kräftigen Schnabelhieben tötete
und dann den Kopf und den Protborax fraß. Die Feldsperlinge unternahmen kurze Flüge in den
Wald, wo sie sehr eifrig Käfer jagten; diese wurden auf dem Boden so gründlich mit Schnabel-
hieben bearbeitet, daß nur die Flügeldecken übrig blieben. Eine Blaumeise flog mit emem Käfer
im Schnabel auf einen Holzstoß, nahm den Gefangenen trotz seiner heftigen Befreiuungsversuche in
die Krallen, setzte den Schnabel zwischen die zwei Flügeldecken, schob diese auseinander, öfTnete
dann ohne Mühe von oben den hier weichen Hinterleib und verschlang die Eingeweide, worauf
sie ihr Opfer, das noch langete Zeit lebte, wieder los ließ.
c) Säugetiere. — Als Engerlings vertilger steht unter den Säugetieren
an erster Stelle der Maulwurf, der in den Maikäfergegenden sich oft massen-
haft einstellt. Keinem anderen Forstschädling gegenüber fällt der unterirdische
Jäger so sehr ins Gewicht wie gegenüber dem Engerling. Wie sehr der Maul-
wurf durch Engerlinge angezogen wird, konnte man deutlich im Kammerforst bei
Bruchsal (Baden) ersehen, wo in solchen Gebieten, die vom Engerling besetzt
waren, eine Unmenge Maulwurfshaufen, einer dicht neben dem anderen, vor-
handen waren, während in den benachbarten engerlingfreien Gebieten die Haufen
fast völlig fehlten.^) Des weiteren sind als wirksame Engerlingsvertilger zu nennen
die Spitzmäuse und die Mäuse (vor allem Mus silvaticus und Arvicola arvalis).
(AI tum beobachtete, daß in den auf ausgesprochene Mäusejahre folgenden Flug-
jahren die Zahl der schwärmenden Maikäfer wesentlich geringer war.) Endlich
gehört auch der Dachs und das Schwarzwild zu den Feinden, die, solange
die Engerlinge nicht zu tief im Boden sitzen, große Mengen von ihnen ver-
zehren.
Gegen die Käfer ziehen neben Marder, Dachs, Igel, Eichhörnchen
vor allem die Fledermäuse zu Felde, welch' letztere man während der
Schwärmzeit in den Maikäfergebieten oft massenhaft herumflattern sieht. Es
handelt sich dabei hauptsächlich um Vespetttho ?iociula und serotinus.
*) Die Amseln als wirksame Engerlingsvertilger wurden von M. Dingler (192 1) ein-
gehender beobachtet: Sie arbeiteten ungefähr 4 Wochen an der Vernichtung der Engerlinge, wobei
sie unter lebhaftem Anspringen in rasch aufeinanderfolgenden Schnabelhieben trichterförmige, bis
zu 6 cm tiefe Löcher in den Boden hackten; dabei zeigten sich die (^(j", bei denen das Graben
gewöhnlich nach i — 3 Minuten zum Erfolg führte, wesentlich energischer als die $$.
^) Eine kritische Behandlung des Themas ,, Maikäfer und Vogelwelt" wird demnächst in
einer größeren Schrift von A. von Vietinghoff („Das Verhalten palaearktischer Vögel gegen-
über den wichtigeren forstschädlichen Insekten'') erscheinen.
^) Der neuerlichen Auffassung Schräges, der nach unvollkommenen Gefangenschafts-
versuchen dem Maulwurf eine Bedeutung als Engerlingsvertilger auch in der freien Natur abspricht,
ist keine ernste Bedeutung beizulegen. Vgl. auch Vogel (1921).
Melolontha. — Forstliche Bedeutung. 3 1
3. Pilze. — Engerlinge wie Käfer werden mitunter von einer Mykose, her-
vorgerufen durch Botrytis tenella^.hQid^l&ii (s. Bd. I, S. 279), In einigen Gegenden
ist diese Mykose epidemisch aufgetreten, so daß die Mehrzahl der dort vor-
handenen Engerlinge daran eingegangen ist. Da jedoch die optimalen Entwick-
lungsbedingungen des Pilzes nicht mit den optimalen Vermehrungsbedingungen
des Maikäfers zusammenfalben (der Pilz verlangt eine beträchtliche Bodenfeuchtig-
keit, der Engerling dagegen liebt Trockenheit), so kann dem Pilz jedenfalls keine
allgemeinere Bedeutung bei der Vermehrungsbeschränkung des Maikäfers
zukommen. Denn gerade da, wo der Maikäfer in Massenvermehrung ist, wird
der Pilz ausbleiben. So wurden denn auch in den klassischen Maikäfergebieten
Badens und der Pfalz bis jetzt überhaupt keine verpilzten Individuen (weder
Engerlinge noch Käfer) gefunden, trotzdem die Massenvermehrung sich dort schon
über viele Dezennien erstreckt.
Boas beobachtet in Dänemark eine Bakterienkrankheit, die eine hohe
Sterblichkeit unter den Engerlingen verursachte, und die eine wesentliche Rolle
bei dem Erlöschen der Kalamitäten spielen soll. Die Bakterien finden sich in
großen Massen im Blut der Engerlinge; bei diesen zeigen sich zuerst milchige
und später bläuliche und schwarze Flecke auf der Haut. Die kranken Tiere
werden matt und sterben bald ab, wobei sie sich rasch braunschwarz verfärben
und wie ein leerer Sack zusammenfallen.
Forstliche Bedeutung.
Die wirtschaftliche Bedeutung des Maikäfers ergibt sich ohne weiteres aus
der Art des Käfer- und Larvenfraßes in Verbindung mit der (wohl auf
dem Fehlen wirksamer Parasiten beruhenden) Neigung zur Massenvermeh-
rung und der Hartnäckigkeit der letzteren. Da die Massen Vermehrung aber nur
unter bestimmten klimatischen und geologischen Verhältnissen zustande kommt,
so ist die Schädlichkeit nur auf mehr oder weniger ausgedehnte Bezirke in dem
Verbreitungsgebiet beschränkt. In diesen begrenzten Bezirken stellt der Maikäfer
allerdings einen der allerschlimmsten Schädlinge dar.
Der Käferfraß an den Blättern ist forstlich weit weniger bedeutungsvoll
als in der Landwirtschaft, wo besonders die Obstbäume und Reben stark zu leiden
haben. Die stete und mindeste Folge des Blattfraßes ist Zuwachsverlust, wozu noch
Ausfall oder Verminderung der Samenproduktion kommt. Doch bleiben natürlich
die immerwährenden Wiederholungen des Blattfraßes auch bei den Waldbäumen
nicht ohne tiefere schädliche Wirkung, besonders wenn der Blattfraß mit dem
Wurzelfraß der Engerlinge Hand in Hand geht. Den Hauptschaden richtet
der Engerling an, der durch seinen Wurzelfraß die jungen Pflanzen in den
Kulturen wie auch die alten Bäume in den Beständen schwer beschädigt und
zum Absterben bringt, erstere natürlich viel rascher und in viel ausgedehnterem
Maße als die letzteren. Die Zerstörungen können bei Massen Vermehrung so
überhand nehmen, daß überhaupt keine Kulturen mehr hoch zu bringen sind
und auch die natürliche Verjüngung verhindert wird, daß das Jungholz verkrüppelt
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 6
82 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
und das Altholz gipfeldürr wird und schließlich abstirbt, daß also ganze Wälder
durch den Maikäfer dem Verderben zugeführt werden.
Die Wirkung des Engerlingfraßes ist um so verderblicher, je
jünger die Pflanzen sind und je mehr die Engerlinge auf die Wurzeln
der Kulturpflanzen allein angewiesen sind — also am meisten in un-
krautfreien Pflanzkämpen. Hier genügen schon ganz wenige Engerlinge (2 bis
5 pro Quadratmeter) zur völligen Vernichtung.
Die Bedeutung als Kulturschädling steht demnach bei dem Maikäfer im
Vordergrund, ohne daß wir aber seine Bedeutung als Bestandsverderber ver-
nachlässigen oder zu gering einschätzen dürfen.
Welche trostlosen Waldbilder der Maikäfer durch diese beiden Eigenschaften
verursachen kann, schildert uns in so drastischer Weise Oberforstmeister Puster
(1910, S. 636). Als dieser im Jahre 1899 das seit vielen Jahren vom Maikäfer
schwer heimgesuchte Revier Kandel-Süd (in der Pfalz) übernahm, befand sich der
Wald in fürchterlich zerzaustem Zustande: „Die auf den drei Herden in weit-
ständigem Lichtschlag stehenden Althölzer wurden durch die Fraßbeschädigungen
der Engerlinge immer lichter, die Kulturflächen auf den Jahresabtriebsschlägen
immer größer. Um diese Engerlingsflächen nicht veröden zu lassen, wurden sie
alljährlich mit einem Riesenaufwand von Geld, Arbeit und Pflanzen unermüdlich
in Bestand gebracht. Aber alle diese Kulturen erreichten ein Höchstalter von
3 Jahren, um dann unerbittlich dem gefräßigen Insekt im 3. Entwicklungsjahr
zum Opfer zu fallen. Aus dieser Tatsache erklärt sich sehr einfach und natür-
lich das allen drei Herden gemeinsame Bestandsbild: 3 — 8 m hohe Nadelholz-
horste aus Kiefer, Fichte, Strobe mit hörst- und gruppenweiser Beimengung rück-
gängiger Buchen — begründet vor der Zeit der Massen Vermehrung; an diesen
Steilrand unvermittelt anschließend i — 3 jährige Kiefern in i — 2 Hiebsbreiten
und an letztere sich anreihend die lichten Althölzer — Buchen und Kiefern.
Alle Versuche, an diesen vorwüchsigen Mischholzhorsten Anschluß zu erzielen,
scheiterten an der Freßgier des Engerlings, und so fütterte man tatsächlich
10 Jahre lang die Engerlinge auf Staatskosten mit Pflanzenwurzeln, vom Stand-
punkt des Engerlings ein soziales Lebensidyll, wie es schöner nicht gedacht
werden kann." Auch die ungeheuer kostspieligen Versuche, die Kulturen mit
6 — lojährigen Pflanzen hochzubringen, schlugen fehl, da die Engerlinge auch
diese gröbere Kost „ohne die geringsten Verdauungsbeschwerden" annahmen.
„Altere Buchen- Vor- und Unterbauflächen bis zur Mannshöhe wurden hektarweise
gefressen. Buchen vorwuchshorste bis zu 50 Jahren verkrüppelten, Eichenstangen-
hölzer streckten die dürren Äste zum Himmel, als flehten sie um Erlösung von
dem Übel (Abb. 49), in ältere Nadelholzhorste bis zu 4 m Höhe wurden bedenk-
liche Lücken, Nischen und Buchten gefressen. Kulturbilder des Jammers wurden
von Kulturbildern des Todes abgelöst, kurz es war das Maikäferelend im Walde."
Als erschwerendes Moment für die forstliche Bedeutung kommt die
Hartnäckigkeit der Massenvermehrung hinzu. Während bei den meisten' andern
Schädlingen die Vermehrungskurve nach einer gewissen Zeit nach Erreichung des
Höhepunktes (durch Auftreten von Parasiten usw.) von selbst wieder abfällt, so
trifft dies bei der Maikäfervermehrung gewöhnlich nicht zu. Diese kann vielmehr
Dezennien hindurch auf der gleichen schädlichen Höhe sich halten, da eben
wirksame Feinde, die die Übervermehrung auf ein unschädliches Maß herab-
drücken könnten, sich meist nicht einzustellen pflegen (s. oben S. 79).
Melolontha. — Forstliche Bedeutung,
83
Als milderndes Moment ist bei der Beurteilung der forstlichen Be-
deutung die Bodenständigkeit des Maikäfers in die Rechnung einzusetzen.
Die Ansprüche des Maikäfers an Klima und Boden und vor allem seine Schwer-
Abb. 49. 40jährige Buchen nach langjährigem Engerlingfraß. Aus Nüßlin.
g^ Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicoinia.
fälligkeit resp. Unfähigkeit oder Abneigung, weite Strecken zu durchfliegen, sorgen
dafür, daß das Übel auf seinen Herd begrenzt bleibt, daß es also nicht durch
Überflüge weiter verbreitet wird.
Die Höhe des Schadens, den der Maikäfer dem Walde zufügt, in Geld-
wert auszudrücken, ist natürlich eine schwierige Sache, da eine ganze Reihe von
Faktoren dabei mitspielen (Kulturkosten, Zuwachs- und Samenverlust usw.). Einige
Berechnungen von Puster über den durch die energische Bekämpfung erzielten
Gewinn werden unten noch mitgeteilt. Über den landwirtschaftlichen Schaden
durch den Maikäfer liegen einige Angaben vor, die ganz enorme Summen nennen:
So wird der jährliche Maikäferschaden in Frankreich auf 250 Millionen bis
I Milliarde Francs angenommen; Zweigelt berechnet den Maikäferschaden in
Niederösterreich auf ca. 20 Millionen Kronen (Gold) jährlich!
Erkennung.
Die Anwesenheit größerer, forstlich in Betracht kommender Maikäfer- und Enger-
lingsmassen ist unschwer zuerkennen; das allabendliche Schwärmen der Käfer, oder
ihre durch Abschütteln leicht feststellbaren Ansammlungen in den Baumkronen, oder
ihr Blattfraß (unregelmäßiger Fraß vom Blattrande her) sind so auffallende und aufdring-
liche Erscheinungen, daß sie kaum übersehen oder gar verkannt werden können.
Der Engerlingfraß zeigt sich zuerst und am deutlichsten an den jungen
Pflanzen in den Pflanzgärten und Kulturen. Die Blätter oder Nadeln werden
welk und bleich, um sich später zu bräunen und zu vertrocknen. Beim Heraus-
ziehen der betreffenden Pflänzchen fällt der geringe Widerstand der Wurzel.
Verankerung auf: die meisten Seiten- und Faserwurzeln sind abgefressen, so
daß nur noch die Pfahlwurzel, deren Rinde meist auch abgenagt ist, kahl wie
eine Rübe vorhanden ist. Es bedarf daher, auch bei älteren Pflänzchen, meist
nur eines ganz geringen Zuges vermittelst zweier Finger, um die
Pflanzen aus der Erde zu heben.
Bei stärkeren Pflanzen und Bäumen zeigen sich die Folgen des Engerlings-
fraßes natürlich langsamer und weniger auftauend. Junge noch nicht erstarkte
Triebe hängen schlapp herab, Heister kümmern allmählich, verkrüppeln und
werden über und über mit dichtem Flechtenbelag überzogen. Bei Stangen- und
Altholz werden zuerst die Gipfeläste dürr und sterben ab. Der Verdacht auf
Engerlingsfraß besteht in diesen Fällen dann, wenn wiederholt größere Käfer-
schwärme, oder in Kulturen, Pflanzgärten usw. die Anwesenheit größerer Enger-
lingsmengen festgestellt sind. Zur Sicherung der Diagnose ist die Wurzelunter-
suchung notwendig. Auch hier an den alten Bäumen sind die Seitenwurzeln (bis
zu Strohhalmstärke) abgebissen, die stärkeren Wurzeln sind faserig benagt und
platzweise ihrer Rinde beraubt (s. Abb. 47 B). Differenz ialdiagnostisch kommt
hauptsächlich Mäusefraß in Betracht; doch läßt sich der Engerlingfraß von diesem
leicht unterscheiden durch die faserige Struktur der Nagefläche und das Fehlen
der glatten Zahnspuren. Größere Schwierigkeiten kann die Unterscheidung von
anderen wurzelfressenden Insekten bereiten; in solchen Fällen muß die Auf-
findung des Übeltäters die letzten Zweifel benehmen.
Melolontha. — Vorbeugung. 85
Vorbeugung.
Waldbauliche Maßnahmen.
In Wäldern mit Maikäferdisposition ist bei den waldbaulichen Maß-
nahmen stets auf die Maikäfergefahr Rücksicht zu nehmen Als leitender
Grundsatz hat dabei nach Puster zu gelten, daß der größte Feind des Mai-
käfers der allzeit geschlossene Wald ist. Jede Betriebsmaßnahme, welche
auf den Kulturfiächen in kürzester Zeit KuUurschluß erzielt und im Walde selbst
den Waldschatten vermehrt, ist maikäferfeindlich, jede Kulturmaßnahme dagegen,
welche Kulturfiächen und Waldböden längere Zeit der Besonnung aussetzt, ist
maikäferfreundlich.
Die Vorbeugungsmaßnahmen sind demgemäß Maßnahmen der Ernte und
Maßnahmen der Wied erbestockung.
Hiebsmaßnahmen. — ,,Zu den maikäf erfr.eundlichen Hieben sind
zu rechnen die sämtlichen Hiebe des Femelschlagbetriebes mit seinen langen Ver-
jüngungszeiträumen, besonders die Löcher- und Plenterhiebe, die Vorwuchs- und
Umsäumungshiebe, überhaupt alle Hiebe, welche Südränder im Walde schaffen
und der Sonne Einlaß zum Waldboden gewähren, also auch die Kahlhiebe von
der Sonnenseite. Diese Lichthiebe sind um so gefährlicher, je geringer der
Standortswert ist (am gefährlichsten also auf Sandböden)."
„Maikäferfeindlich sind alle Hiebe, welche den Wald gegen die Sonne
geschlossen erhalten, in erster Linie Kahlhiebe von der Nord- und Nord Westseite.
Wagner 's Plentersaum ist ebenfalls sehr geeignet, dem Maikäfer die Lebens-
bedingungen zu erschweren, einmal weil er gleich den Nord- und Nordwestkahl-
hieben Kultur- und Schlagwand am besten in Schatten hält, und weil er (im
Mischwald) der geborene Hieb zu idealen Fangstellungen ist (siehe unten), so
daß im Falle des Auftretens auch jederzeit die gründliche Vernichtung des Käfers
gewährleistet ist" (Puster i. 1.).
Puster setzt sich mit dieser Anschauung in Widerspruch zu der bis-
herigen Lehrmeinung, die gerade den Kahlschlagbetrieb für die Überhand-
nähme der Maikäferplage verantwortlich macht und den Plenterschlagbetrieb als
beste Vorbeugung gegen den Maikäfer empfiehlt. Wer die Geschichte des Forst-
amtes Kandel-Süd studiert, muß Puster unbedingt beistimmen, „Kandel-Süd
stand bis zum Jahre 1882 im Zeichen der Kahlschlagwirtschaft (die mit Flächen
von 100 m Breite und 400 bis 600 m Länge in der Richtung von Nordwest
nach Südost und von Nord nach Süd arbeitete), nach 1882 im Zeichen des
Plenterbetriebes in allen seinen vielseitigen und vielgestaltigen Formen." „Von
dieser Zeit an datiert auch der großartige Aufstieg des Maikäfers. Wer die Liebe
des Maikäfers für Licht, Wärme, trockenen und warmen Boden kennt, kann an-
gesichts der wirtschaftlichen Tatsachen nicht mehr im Zweifel sein, daß bei den
sonst gleichgebliebenen optimalen Lebensbedingungen für den Maikäfer einzig und
allein die Licht Wirtschaft und die dadurch bedingte Änderung der Boden-
temperatur in Kandel-Süd die Massenvermehrung auslöste." „Die Wirtschaft
nach 1882 mit der stets zunehmenden Schlußunterbrechung, Bestandsdurch-
löcherung und Bodenbesonnung war der Maikäferökonomie auf den Leib ge-
schnitten. Es wirkt also in der Tat — entgegen der herrschenden Lehrmeinung
36 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicomia.
— nicht der Plenterbetrieb, sondern umgekehrt der Großkahlschlag
vorbeugend."
„Wie konnte sich, meint Puster, eine mit den Tatsachen so sehr in
Widerspruch stehende Anschauung durch Jahrzehnte hindurch behaupten? Die
Antwort ist nicht schwer: Wo mit Erfolg geplentert werden kann, ist wohl meist
der Boden (bindig und feucht) für die Maikäferentwicklung ungünstig, und wo
die großen Kahlschläge in Übung sind (Sand), da gedeihen die Engerlinge voll-
zählig. Das Urteil der Beobachter hat also die Wirkung des Bodens mit der
Wirkung der Wirtschaft verwechselt: Also nicht wegen der Kahlhiebe,
sondern trotz der Kahlhiebe hält der Maikäfer seinen Bestand auf besonders
geeigneten Böden (Sand), wenn er nicht bekämpft wird. Wesentlich zu der
irrigen Meinung mag auch der Umstand beigetragen haben, daß auf großen
Kahlhieben die Schäden aufdringlich in die Augen fallen, während sie
im Schutze der Mutterbäume auf den Kleinflächen, in Buchten und Nischen leicht
übersehen und unterschätzt werden, obwohl sie in ihrer Summe den Schäden auf
den Kahlflächen sicherlich nicht nachstehen" (Puster 1916).
Kulturmaßnahmen. — Bei der Anlage von Kulturen hat man darauf zu
achten, daß die Pflanzen im gefährlichsten Engerlingsjahr (also bei
4jähriger Generation im dritten Jahr) schon einigermaßen widerstands-
fähig sind. Man kultiviere daher gleich im ersten Jahr (Flugjahr)
oder eventuell im Vorflugjahr (da in diesem die Fraßzeit der Engerlinge nur noch
kurz ist); dann wird die Pflanze dem fraßgierigen 3jährigen Engerling einen
mindestens 4jährigen Wurzelkörper entgegensetzen und so dem Fraß besser
trotzen können. „Während eine im Flugjahr begründete Kiefernkultur das dritte
Engerlingsjahr bei mäßigem Belag bis zu 10 Stück pro Quadratmeter in der
Hauptsache aushält, fällt die einjährige Kultur bei zahlenmäßig gleichem Belag
der 3jährigen Larve restlos zum Opfer" (Puster 1916). Am sichersten gelingt
die Ballenpflanzung, da durch sie der kräftigste Wurzelkörper erzielt wird.
Bei wurzelfreier Verpflanzung empfiehlt es sich, die Wurzeln zu verwittern, i)
Auch die Vollsaat stellt kein durchschlagendes Prophylaktikum dar.
Man hat dieselbe empfohlen, ausgehend „von der, Anschauung, daß der Enger-
ling bei einem Überschuß von dargebotener Nahrung eine Art unterirdische
Durchforstung unter Aufhebung der Wurzelkonkurrenz vornehme. Diese An-
schauung ist aber leider falsch. Die aus Vollsaat entstandene Kulturfläche sieht
im 3. Larvenjahr genau so aus, wie die Pflanzung auf großer Fläche: Große
Löcher, in denen alle Pflanzen rot sind, wechselnd mit solchen, die kümmern
und gesund erscheinen. Der dichte Pflanzenstand der übrigbleibenden Saat-
gruppen verhindert ein rasches Hochkommen, begünstigt Schütte und macht diese
Saatfläche zum ewigen Kulturobjekt" (Puster ig 16).
„Ein vorzügliches Hilfsmittel gegen Massenvermehrung ist die frühzeitige
waldbauliche Maßnahme des Unterbaus, besonders der Lichthölzer Eiche und
^) Während man bisher in der Verwundung des Bodens einen besonders gefährlichen mai-
käferfördemden Faktor erblickt hat und infolgedessen bei den Kulturmaßnahmen auf möglichst
geringe Bodenverwundung bedacht war, scheint nach Pusters Beobachtungen dieses Moment
überschätzt worden zu sein und stellt die unverwundete Beschaffenheit des Bodens durchaus kein
]iindemis für die Eiablage dar. Es kommt nach Puster viel weniger darauf an, ob bei der
Kultivierung der Boden verwundet wird, als vielmehr darauf, daß das Wurzelwerk zurzeit des
Hauptfraßes möglichst kräftig und widerstandsfähig ist.
Melolontha. — Vorbeugung. 87
Kiefer mit Schattenhölzern, Buche, Tanne, Fichte, Strobe. Das gewissenhafte An-
pflanzen aller Lücken im Walde (Sturm-, Schnee-, Pilz-, PiniphtlusWxck&n) ist die
beste Maßnahme, dem geordneten Maikäferhaushalt entgegenzuwirken" (Puster 1 Q 1 6).
Maßnahmen bei der Anlage von Saatkämpen. — Jede Kampanlage
gewährt der Sonne Einlaß in das Waldinnere und auf den Waldboden und
schafft damit in Maikäferrevieren künstlich einen neuen Maikäferherd. Daher
sollen die Saatkämpe außerhalb der Gefahrzone und womöglich weit entfernt von
Laubhölzern, besonders Eiche, angelegt werden. Es ist aber durchaus nicht
immer leicht, die Grenze der Gefahrzone zu bestimmen, und andererseits fällt
dieselbe oft mit den Reviergrenzen zusammen, so daß also der so einfach
klingende Vorschlag in der Praxis durchaus nicht immer leicht durchzuführen ist.
Daß bei der Herstellung von Saatkämpen in gefährdeten Revieren auf die
Säuberung des Bodens von Schädlingen besonders zu achten ist, sowie
parauf, daß in der etwa zur Verbesserung des Bodens zugeführten Erde nicht
größere Mengen Engerlinge sich befinden, bedarf kaum der Erwähnung. Ist der
Boden der Saatkämpe wirklich gründlich gereinigt, so können Isoliergräben gegen
das Einwandern der Engerlinge aus benachbarten, nicht gesäuberten Orten schützen.
Technische Maßnahmen.
Um das Beeiern des Kampes durch zufliegende Weibchen zu
verhindern, werden verschiedene Methoden empfohlen : Bedecken der Beete mit
Reisig oder Blättern, Untergraben von Blättern (vor allem Nußblättern) oder Tabak-
staub, Begießen mit verwitternden Flüssigkeiten, Bestreuen mit verwitternden Pulvern,
Schwefelblüte, Ätzkalk usw. Von allen diesen Mitteln hat sich das Kalken,
das zuerst von Vill (1908) empfohlen wurde, am besten bewährt. Der Kamp
wird mit einei dicken Schicht Ätzkalk bestreut, so daß er wie beschneit aus-
sieht (ca. 40 Ztr. pro Hektar). Es ist dabei besonders auf den völligen Schluß
der Decke zu achten. Denn bleiben einige auch noch so kleine Stellen frei, so
können hier die Weibchen in den Boden eindringen und ihre Eier ablegen. Ist
aber die Decke völlig geschlossen, so ist der Schutz des Kampes ein
absoluter. Kein Käfer dringt durch die Kalkschichte hindurch, — allerdings
nur so lange der Kalk nicht durch Regen gelöscht ist. Tritt letzteres
ein, so wird die Schutz Wirkung aufgehoben und es muß von neuem gekalkt
werden. Wiederholt sich der Regen öfter, so muß auch das Kalken öfter wieder-
holt werden, was die Kosten wesentlich erhöht, und sodann auch den Erfolg
mehr oder weniger abschwächt oder ganz aufhebt. Denn wird die neue Kalk-
bestreuung unmittelbar nach dem Regen vorgenommen, so wird der neue Kalk-
staub durch den nassen Boden sofort wieder gelöscht; wird aber andererseits zu
lange gewartet, so dringen die eierschwangeren Weibchen in den Boden ein. So
ist also die Brauchbarkeit der Ätzkalkimmunisierung sehr von der
Witterung abhängig.^)
^) Puster hat im Hinblick auf den nur bedingten Wert der Ätzkalkmethode neuerdings
Versuche mit Naphthalin gemacht. Doch sind die Ergebnisse nicht einwandfrei. In der Schweiz
wird ein von der Firma Beck in Perles (Bern) hergestelltes Pulver mit starkem Teergeruch zur
Verwitterung der Weibchen empfohlen.
83 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
In welcher Weise der Kalkstaub auf die anschwärmenden Weibchen wirkt,
darüber entwirft Puster ein sehr anschauliches Bild: ,,A.m Abend des
12. Mai beobachtete ich, berichtet Puster, wie Tausende von Weibchen im
Drange der Eiablage etwa 50 cm über der Kalkschicht schwärmten, ohne ihrer
sonstigen Gepflogenheit zu folgen und allgemein in Schraubenlinien rasch einzu-
fallen. Es war ein großartiges Schauspiel zu sehen, wie die eierschwangeren
Weibchen aus dem großen und geschlossenen Laubholzkomplex auf die eine
Lichtfläche des Saatkampes zuströmten, um in zarter Fürsorge für ihre Nach-
kommen die Eier ins sonnige Keimbett zu legen; zu sehen, wie allmählich die
Zahl derer, die sich von dem gleichen Gefühl leiten ließen, mehr und mehr
wuchs, bis schließlich die Schichte der schwärmenden Weibchen wie ein wogender
Käferschwaden über der Kampfläche schwebte. Mit Eintritt der Dunkelheit ver-
flüchtigten sich die Käfer, allmählich wie sie gekommen waren, in das Dunkel
der Bestandssäumung. Offenbar warnte sie ihr feiner Geruch, der sie an den
hartblätterigen Obstbäumen auf dem Felde vorbei in den grünen Wald fliegen
ließ, hier vor dem Niedergehen auf den Kampboden. Wohl mißachteten einzelne
Weibchen im elementaren Eiablagedrang diese Warnung. Dann flogen sie ent-
weder nach der ersten flüchtigen Berührung mit dem Kalk wieder davon oder
sie versuchten durch die Kalkstaubschicht in den Boden einzudringen: in diesem
Falle waren die Käfer verloren. Durch die Grabarbeit scheinen die Käfer den
feinen Kalkstaub in ihre Stigmen aufzunehmen, wo derselbe eine Ätzwirkung er-
zeugt. Nach kurzen Flug- und Rettungsversuchen lagen die Käfer rücklings auf
dem Boden."
Sind einmal Engerlinge in einem Kamp, so stellt die Erhaltung des Kampes
den Forstmann vor eine schwer zu lösende Aufgabe (siehe unten). Vom finan-
ziellen Standpunkt aus ist es dann das richtigste, den Kamp aufzulassen und die
benötigten Pflanzen von einer Pflanzenhandlung zu beziehen.
Schutz der natürlichen Feinde.
In Maikäferlagen wird man dem Schutz der natürlichen Feinde besondere
Aufmerksamkeit zur Vorbeugung von Massenvermehrungen zuwenden. Es handelt
sich dabei hauptsächlich um die oben (S. 79) genannten Vögel und Säuge-
tiere, vor allem Stare, Saatkrähen, Maulwürfe und Fledermäuse, also um weit-
gehendsten Vogelschutz, um Vermehrung der Fledermäuse durch reichliche Dar-
bietung von Überwinterungs- und Wohnstellen, und um Schonung der Maulwürfe.
Bekämpfung von Massenvermehrungen.
A. Biologische Bekämpfung.
Die Möglichkeiten einer biologischen Bekämpfung ergeben sich aus dem
oben (S. 76) über die natürlichen Feinde Gesagten. Sie sind danach nur
gering.
Ausgedehnte Massenvermehrungen mit Hilfe des zur Vorbeugung
empfohlenen Schutzes der Vögel und Säugetiere bekämpfen zu
wollen, ist ein fruchtloses Beginnen. Dazu ist die Vermehrungsgröße der
Vögel und Säugetiere und der Insekten zu sehr verschieden. (Vgl. hierzu auch
Haenel 1918, und Loos 1917.) Es gibt kaum einen unheilvolleren Irrtum in
Melolontha. — Bekämpfung von Massenvermehrungen. go
der angewandten Zoologie als die Anschauung des extremsten Vogelschutzes,
durch eine genügende Vermehrung der Vögel bestehende Insektenkalami-
täten erfolgreich bekämpfen zu können.
Ein schlagender Beweis hierfür ist die Maikäfervermehrung im Bienwald:
Infolge der gemischten Bestände, des reichlichen Unterholzes und des milden
Klimas ist in diesem Wald das Vogelleben ungemein reich entwickelt, sowohl der
Individuen — als der Artzahl nach. Hat doch Haenel nicht weniger als 68 Arten
dort feststellen können. Trotz dieses seltenen Vogelreichtums hat sich der Mai-
käfer seit Jahrzehnten in immer wachsendem Maße vermehren können. Die
insektenfressenden Vögel vermögen wohl die Regulation mehr oder weniger
wirksam zu unterstützen, niemals aber allein oder auch nur zum größeren Teile
durchzuführen. Beim Maikäfer kommt als ein für die Wirkung des Vogelschutzes
noch besonders ungünstiges Moment die 4jährige Generation hinzu, die eine
sehr ungleiche Verteilung der Nahrung (im Flugjahr und den dazwischen liegenden
Jahren) zur Folge hat.
Auch die Heranziehung von Schweinen zum Vertilgen von Enger-
lingen ist nicht imstande, der weiteren Verbreitung des Schädlings Einhalt zu
tun, da die Schweine bei der reichbesetzten Tafel der Natur sich bald über-
fressen und engerlingsmüde werden (Puster ig 16). Außerdem ist nicht außer
acht zu lassen, daß durch dieses Verfahren einer Infektion der Schweine mit
dem Riesenkratzer [Echinorrhynchus gigas\ dem bekannten Darmparasiten, Vorschub
geleistet wird.
Die sonst so wirksamen Faktoren, die Parasiten und Raubinsekten,
fehlen beim Maikäfer fast ganz, so daß auch diese wichtige Seite der biologischen
Bekämpfung wenig Erfolg verspricht. ^)
So bleibt also nur noch der Maikäferpilz Botrytis tenella. Doch auch
dieser hat versagt. Die großen Hofinungen, die bei der Entdeckung der Enger-
lingsmykose auf diese gesetzt wurden, haben sich nicht erfüllt. Die Mykose läßt
sich zwar im Laboratorium lecht gut auf gesunde Engerlinge übertragen, doch
ist es bis jetzt noch nicht gelungen, ihre Verbreitung im Freien künstlich zu er-
zeugen oder zu beschleunigen. (Vgl. die Ausführungen Lakons im I. Bd. dieses
Werkes S. 288 und Dufour 1894.)
B. Technische Bekämpfung.
Diese kann sich richten gegen die Engerlinge oder gegen die Käfer.
I. Vertilgung der Engerlinge.
Keine der bis jetzt zur Vertilgung der Engerlinge vor-
geschlagenen Methoden befriedigt, wenigstens nicht in großen Verhält-
nissen bei ausgedehnten Kalamitäten. Sie alle eignen sich mehr für den land-
wirtschaftlichen, resp. gärtnerischen Betrieb; im Forst nur für kleinere Kultur-
flächen, Saatkämpe usw.
Der nächstliegende Weg zur Vertilgung ist das direkte Fangen der
Engerlinge. Dasselbe wird aber nur im Kamp einigermaßen wirksam sein, und
') Die nordamerikanischen Verwandten unseres Maikäfers {Lachnosterna) haben, wie
schon erwähnt, einen sehr wirksamen Parasiten in dem Hautflügler Tipida inornata Say (Sco-
liide), der schon manche Maikäferkalamität in Nordamerika beendet hat. Es ist nicht aus-
geschlossen, daß die Tiphia sich auch bei uns einführen läßt.
QQ Coleoptera. — 3. P'amilienreihe : Lamellicornia.
zwar am besten dann, wenn es im ersten und zweiten Jahr ausgeführt wird, da
die Engerlinge noch in größeren Gesellschaften (entsprechend der haufenweisen
Eiablage) beisammen sind. Die Stellen mit welkenden oder rotwerdenden Pflanzen
sind gründlichst umzugraben oder sorgfältigst (band- oder löffelweise) durch-
zusuchen. Eine restlose Vertilgung wird sich aber wohl nie erreichen lassen;
und da im Kamp (besonders im unkrautfreien) schon wenige Engerlinge großen
Schaden machen können (s, S. 82), so wird diesem Mittel selten voller Erfolg
beschieden sein.
Noch weniger durchschlagend wird das Engerlingsammeln auf größeren
Flächen sein, und es werden hier die Ausgaben schwerlich in Einklang mit dem
Erfolg zu bringen sein. Man kann auf größeren Flächen entweder so verfahren,
daß man die Wurzeln der einzelnen befallenen Pflanzen mit einem kleinen Spaten
oder Löffel freilegt und die daran sitzenden Engerlinge entfernt,^) oder aber so,
daß man die Bodendecke zwischen den Bäumen abzieht und die darunter
liegenden Engerlinge sammelt. Letztere Methode wird am besten im August-
September, wenn die Engerlinge an die Oberfläche kommen, ausgeführt. 2)
Man hat auch versucht durch Fangpflanzen (vor allem Salat), die in
Pflanzgärten zwischen die Pflanzenreihen gesetzt werden, oder durch Anlegen
von Fanggräben, Fanglöchern, durch Auslegen von Fangknüppeln, Fang-
rinden usw. die Engerlinge anzulocken und so in größeren Mengen mit weniger
Zeitaufwand wegzufangen, doch blieben die Erfolge bei allen diesen Methoden
(da der Biologie des Engerlings vielfach nicht entsprechend) zumeist recht be-
scheiden. (Vgl. auch Vill 1908). Der Vorschlag (Witte), durch ein mit zahl-
reichen Messern versehenes Instrument, die Engerlinge im Boden totstechen zu
wollen, sei nur der Kuriosität halber erwähnt.
Mehr Beachtung verdienen die Verfahren, die auf eine chemische Ver-
tilgung der Engerlinge abzielen. Es handelt sich hierbei hauptsächlich um die
Anwendung von Schwefelkohlenstoff, der entweder in Löcher (mit einem Pflanz-
eisen in den Boden gestoßen) eingegossen, oder in Gelatinekapseln (s. Bd. I,
S. 360) dem Boden einverleibt (weniger empfehlenswert) oder aber endlich am
vorteilhaftesten durch einen Injektor 3) in den Boden gespritzt wird. Da die
Schwefelkohlenstoffdämpfe infolge ihrer Schwere nach unten sinken, so dürfen die
Löcher nicht zu tief gemacht werden. Decoppet (1912) empfiehlt als wirk-
samste Dosierung 40 — 50 g Schwefelkohlenstoft auf den Quadratmeter, verteilt
auf 6 Einstichlöcher (s. Bd. I, S. 360).*)
Die chemische Methode kann vielleicht noch zu besseren, in der Praxis
brauchbareren Wegen führen, jedenfalls sollten in dieser Richtung noch weitere
Versuche angestellt werden, vielleicht auch mit Blausäuredämpfen, die in manchen
Beziehungen dem Schwefelkohlenstoff überlegen sind.
^) 3000 Stück Bäume und Sträucher, etwa 8 Jahre alt, abzusuchen kostete (1891 in Chorin)
30 M, wobei 34 i je 700 Engerlinge = 23 800 Engerlinge gesammelt wurden. (Eckstein T. d. F.
- S. 84.)
^) In 4 Oberförstereien der Forstinspektion Marienwerder - Osche wurden 1887 rund
18000 1 Engerlinge gesammelt (Arbeitslohn für i 1 im Jahre 1892 0,34 M). (Eckstein T. d. F.
- S. 85.)
8) Bezugsquellen für den Injektor: Karl Platz, Maschinenfabrik in Ludwigshafen; Ignatz
Heller, Wien IT, Praterstraße 49.
*) Oberforstmeister P u s t e r (Kandel) erzielte mit Schwefelkohlenstoff praktisch unbrauchbare
Resultate. Es wurde nur dann ein Erfolg erzielt, wenn die Einstichlöcher so dicht nebeneinander
waren, daß der ganze Boden in einen Emulsionsbrei verwandelt war.
Melolontha. — Bekämpfung von Massenvermehrungen. gi
2. Vertilgung der Käfer.
Für die Vertilgung der Käfer im Walde gibt es nur ein Mittel: das Ab-
fangen. Schon Ratzeburg hat dasselbe als das wirksamste Bekämpfungsmittel
empfohlen und heute noch stehen wir auf dem gleichen Standpunkt: Das Ab-
sammeln der Maikäfer ist das einzig wirklich lohnende Bekämpfungs-
mittel gegen Maikäferkalamitäten. ^) Konsequent und richtig durchgeführt
bringt es den sicheren Erfolg. Wenn der Erfolg von mancher Seite bestritten
wird, so liegt dies an der mangelnden Art der Ausführung. Halbheiten führen
hier mehr wie anderswo zu Mißerfolgen. Das Sammeln im Walde ist natürlich
nicht so einfach wie in Obstgärten. Daß es sich aber durchführen läßt, hat
Oberforstmeister Puster gezeigt. Ist es doch diesem gelungen, einen vom Maikäfer
überschwemmten und bereits schwer geschädigten Wald durch planmäßiges und
konsequentes Sammeln aus seiner schier hoffnungslosen Lage zu erretten.
Pusters Maikäferstrategie ist mustergültig, und ich kann nichts besseres tun als
den von ihm jahrzehntelang durchgeführten Kampf im Bienwald (Pfalz) hier
eingehend zu schildern, zumal derselbe geradezu als Vorbild einer technischen
Bekämpfung gehen kann. Jeder kann dann daraus ohne weiteres die für seine
Verhältnisse brauchbaren Lehren entnehmen.
Vorbereitung des Kampffeldes.
Dem eigentlichen Kampf ließ Puster eine sorgfältige Vorbereitung des
Kampfplatzes vorhergehen. Denn der Wald bot in seiner ursprünglichen Form
dem Maikäfer so reichliche und günstige Deckungsmöglichkeiten dar, daß ein
ohne weiteres unternommener Angriff nur geringe Teilerfolge versprechen konnte.
Es handelte sich daher in erster Linie darum, die Deckungsgelegenheiten mög-
lichst zu verringern und die Angriffsflächen möglichst wirksam zu gestalten. Dies
geschah durch eine im Winter vor dem Flugjahr vorgenommene hiebsmäßige Vor-
bereitung des Fangplatzes, die ein doppeltes Ziel verfolgte: Darbietung ge-
eigneter Fangbäume und Entzug zum Fangen ungeeigneter Bäume.
Da die Käfer bekanntlich als Fraß- und Begattungsbäume besonders frei-
stehende, das Schwärmen begünstigende und den Schwärmbahnen benachbarte
Bäume bevorzugen, ließ Oberforstmeister P u s t e r auf den zu Kahlhieben bestimmten
Hiebsfiächen niedrige, 2) tief beastete und schwache Lieblingsbäume einzeln und
in weitstehenden Gruppen über die Flugzeit hinaus stehen und schuf damit dem
Käfer äußerst zusagende Balz- und Tummelplätze. Hier findet der Käfer alles,
was sein Herz begehrt: Schwärmfreiheit, Nahrungsfülle, sonnige Begattungsgelegen-
heit und ideale Brutstätten zur Eiablage. Und so wirken jene Plätze resp. die
auf ihnen stehenden Einzelbäume oder Baumgruppen gewissermaßen als Ex-
haustoren, indem sie eine ansaugende Wirkung auf die aufsteigenden Käfer in
') Ein Vergiften der Käfer durch Bespritzen der Fraßbäume mit Giftflüssigkeiten —
V. Tubeuf (1907) machte Versuche mit Schweinfurter Grün — läßt sich im großen, besonders
im Walde aus verschiedenen Gründen (hohen Kosten, Gefährlichkeit für Wild) nicht durchführen.
2) Niedrige Bäume lassen sich naturgemäß viel bequemer und vollkommener absammeln
als hohe. Wo nur hohe Bäume zur Verfügung standen, ließ Puster dieselben kappen und
schuf sich auf diese Weise die geeigneten Baumformen (Abb. 5 1 1.
Q2 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicomia.
weitem Umkreis ausüben — Puster nennt jene deshalb auch „Saugbänme"
oder „Sauggruppen" — , gleichwie etwa die gefällten Fangbäume die Borken-
käfer anziehen.^) Die Maikäfer fliegen denn auch in großen Massen hier an;
manchmal stellten sie sich in so überwältigenden Mengen ein, daß die später
ankommenden Käfer auf den dargebotenen Fangbäumen kaum mehr Platz finden
konnten und die Äste wie bei schwer beladenen Obstbäumen herabhingen. Durch
diese aufs höchste gesteigerte Konzentration der Schädlinge auf engem Raum
wird der Kampf lokalisiert und ganz wesentlich erleichtert und vereinfacht, ja in
seiner erfolgreichen Durchführung überhaupt erst ermöglicht. Denn nur so ge-
lingt es, wenn nicht aller, so doch wenigstens der weitaus größten Mehrzahl der
auf der Hiebsfiäche und den angrenzenden Gebieten auskommenden Maikäfer hab-
haft zu werden. Die Taktik der Zwangsfraßplätze gehört zweifellos zu den
wesentlichsten und glücklichsten Zügen der Pusterschen Strategie.
Auch im mehr geschlossenen Bestandsinneren wurden Vorkehrungen
getroffen. Hier hinein wird der Maikäfer nur durch den Trieb nach bevor-
zugter Nahrung, vor allem den Geruch der Eichen gezogen. Es ist deshalb
notwendig, daß hohe Alteichen, und überhaupt Vorzugsbäume im Bestandsinneren
wie am Bestandsrande, die zum Fang ungeeignet sind, gefällt werden, selbst
wenn sie ihre waldbauliche und forsteinrichtungsmäßige Bestimmung verfehlen
sollten.
Junghölzer wurden dadurch zum Sammeln geeigneter gemacht, daß sie
stark durchreisert wurden, unter eventuellem Durchhieb von Fanggassen.
,,Die größten Schwierigkeiten bieten geschlossene hohe und ausgedehnte
Laubholzbestände. Sie lassen sich nicht vorbereiten im obigen Sinne, sie
sind daher auch die direkte Ursache, wenn der erwartete Fangerfolg zuweilen
ausbleibt. Unter solchen Bestandsverhältnissen muß sich der Fang mit Teil-
erfolgen begnügen. Die große Masse wird hier an den Bestandsrändern, den
natürlichen Flugbahnen und Schwärmrinnen gefangen. Doch bei wiederholtem
Käferfang und bei zunehmendem Bestandsschluß (eventuell unter Zurückstellung
von Durchforstungen) wandert der verbliebene Käferrest aus und kann nun unter
wesentlich günstigeren Verhältnissen gefangen werden" (Puster 191 1).
Die Mobilmachung,
Nachdem die Vorbereitung des Maikäfergebietes in obigem Sinne durch-
geführt war, ging's an die Organisation des Kampfes selbst. Sollte die Be-
kämpfung, die, wie erwähnt, in der Hauptsache im Sammeln der Käfer besteht^
einigermaßen Erfolg haben, so mußte vor allem angestrebt werden, daß das
gesamte Maikäfergebiet jeden Tag wenigstens einmal gründlich ab-
gesammelt werden konnte. Um dies zu erreichen, wurde das ganze Mai-
käferverbreitungsgebiet in Fangbezirke von ca. 300 — 400 ha eingeteilt, welche
sich zweckmäßig mit Schutzbezirken decken. Die Fläche der Fangbezirke wird
nun an „Fangsektionen" aufgeteilt mit der Maßgabe, daß jede Sektion im-
^) Die Idee der Saug- oder Fangbäume zur Erleichterung des Maikäfersammeins ist schon
älter; hat sie doch bereits Ratzeburg empfohlen.
Melolontha. — Bekämpfung von Massenvermehrungen.
93
Stande ist, mindestens einmal täglich ohne Rücksicht auf den größeren oder ge-
ringeren Anfall die ganze ihr zugeteilte Fläche abzufangen.
Die „normale Fangsektion'' setzt sich aus 7 Personen zusammen,
nämlich: dem Sektionsführer, dem Schüttler, der mit einer langen und einer
kurzen Haken Stange und mit Steigeisen versehen ist, ferner dem Träger^ mit
Käfereimer und Käfersack ausgerüstet, und endlich 4 Mädchen zum Halten der
Fangtücher. Neben dieser Normalsektion wurden noch je nach Bedarf einerseits
größere, 1V2 ^^^ Doppelsektionen, aus 9 resp. 11 Köpfen bestehend und mit
je 2 großen Fangtüchern arbeitend, und andererseits auch kleinere, sogenannte
Halbsektionen, aus nur 3 Köpfen bestehend und mit nur einem kleinen Fang-
tuch ausgerüstet, gebildet. Die Normalsektion findet ihre hauptsächliche Ver-
wendung in den Stangenhölzern, während in Baum- und Althölzern ausschließ-
lich mit den größeren Sektionen, und in Buchen-Unter- und Vorbauflächen, so-
wie überhaupt in Laubholzverjüngungen bis 5 m Höhe mit der Halbsektion ge-
arbeitet wird. Das große Fangtuch nahm zuerst 16 qm Fläche ein, wurde aber
später auf 25 qm hinaufgesetzt, was durch Verwendung eines leichteren Stoffes
— roh Kalikot — ermöglicht wurde. Bei den großen Fangsektionen, die mit
2 Tüchern arbeiten, beträgt demnach die Auffangfläche Y2 ^) ^^^ für die Gründ-
lichkeit des Fanges geradezu von ausschlaggebender Bedeutung ist; denn bei ge-
schickter Handhabung dieser großen Auffangfläche fallen verhältnismäßig nur
wenig Käfer, selbst aus größeren Höhen, neben die Tücher. Das kleine Fang-
tuch beträgt nur 4.5 qm, entsprechend dem ungleich geringeren Fallbereich der
von den niederen Pflanzen abgeschüttelten Käfer. Die Fangtücher müssen ge-
säumt und an den Ecken unterlegt sein, da sie sonst in kurzer Zeit einreißen.
Wie viel Fangsektionen nötig sind, hängt von der Größe der zu befangenden
Fläche ab:
im Jahre 1903 wurden mit 15 Sektionen lediglich die Kulturfiächen
und anstoßenden Bestandsränder — im ganzen 300 ha — befangen,
im Jahre 1907 mit 30 Sektionen^) die gesamte Wirtschaftsfiäche der
3 Hauptherde des Maikäferbefalls — 800 ha (und 400 ha im aus-
setzenden Betrieb),
im Jahre 19 15 mit 42 Sektionen 1750 ha im Tagesbetrieb,
Daß die Zahl der Fangsektionen nicht im gleichen Verhältnis zum An-
wachsen der zu befangenden Fläche vermehrt zu werden brauchte, beruhte auf
der immer besserer. Schulung und Erfahrung des Fangpersonals und der stetigen
Verfeinerung der Fangtechnik (sowohl bezüglich der Vorbereitung, wie z. B.
Kappen der Fangbäume, als auch in bezug auf die Ausrüstung, z. B. Vergröße-
rung der Fangtücher usw.)
Der Erfolg des Sammeins wird wesentlich dadurch bestimmt, wie die Fang-
Scktionen ihre Arbeit ausführen. Viel hängt daher von der Kontrolle des Schutz-
bediensteten ab; „alles jedoch von der Umsicht, Gewissenhaftigkeit und Ver-
lässigkeit des Sektionsführers". „In der richtigen Auswahl des Sektions-
führers liegt daher das Hauptgeheimnis des Erfolges.'' „Sind die
Führer gefunden, so werden sie an Ort und Stelle in ihre Fangbezirke eingewiesen
und mit den nötigen Instruktionen versehen. Die Wahl der übrigen Sektions-
^) Außerdem wurden an Tagen der Flugkulniination (also im aussetzenden Betrieb
2 — 5 Tagen) 15 weitere Sektionen beschäftigt (demnach zeitweise im ganzen 45 Sektionen).
q^ Coleoptera. — 3. Familien reihe: Lamellicornia.
mitglieder wird zweckmäßig dem Sektionsführer selbst überlassen, um sein Ver-
antwortlichkeitsgefühl zu reizen. Nachdem die Sektionen gebildet sind, hat der
Sektionsführer die Mitgliederliste seiner Sektion dem Schutzbediensteten vorzu-
legen. Letzterer hat die Sektionslisten für seinen Schutzbezirk zu sammeln, jede
einzelne auf ihre Lebens- und Leistungsfähigkeit zu prüfen und sämtliche Listen
dem Forstamt als Zentrale persönlich zu überreichen, um dann seine Weisungen
zu empfangen. Damit ist die Mobilmachung beendet."
Der Kampf.
Sobald die ersten Maikäfer erscheinen, setzt die Arbeit der Fangsektionen
ein. Dabei muß den oben (S. 65) erwähnten, meistens auftretenden Schwankungen
in der Schwärmintensität Rechnung getragen werden, wenn einerseits unnötige
Arbeit erspart und andererseits allen Anforderungen vollauf genügt werden soll.
Es ist daher unbedingt notwendig, daß die Sektionsführer sich über den Schwärm-
verlauf, d. h, über den Beginn, die Stärke, die Hauptstellen des Schwärmens je-
weils genau unterrichten, bevor sie mit ihren Sektionen in den Kampf ziehen.
Dies geschieht am besten dadurch, daß sie allabendlich während der Zeit des
Schwärmens unter Kontrolle der Schutz- und Verwaltungsbeamten ihre Fang-
bezirke begehen und die Käfer „verhören". Da die Maikäfer die „Uhr
sehr genau im Kopfe zu haben" scheinen, so daß man den Schwärmbeginn
beinahe auf die Minute vorhersagen kann, so wissen die Sektionsführer genau die
Zeit, zu der sie sich einzufinden haben. Anfangs zu Beginn des Fluges gehört
eine gewisse Aufmerksamkeit dazu, später aber, wenn das Schwärmen den Höhe-
punkt erreicht und Millionen von Käfern die Baumkronen umsummen, ertönt
ein derartig lauter Baß, daß die Schwärmzentren schon von weitem zu erkennen
sind, und an Ort und Stelle das Gesumme alles übertönt.
Die allabendlichen Beobachtungen der Sektionsführer sind bestimmend für
den Gang der am nächsten Tage vorzunehmenden Sammelmaßnahmen, d. h. ob
viel oder wenig Sektionen anzutreten haben, und vor allem wo die Arbeit zu
beginnen hat. Denn das Sammeln hat zweckmäßig dort einzusetzen, wo am
Abend vorher der lauteste Baß ertönte, also im Flugzentrum. Dort auf den am
meisten umschwärmten Bäumen haben sich auch die Mehrzahl der Käfer nieder-
gelassen, um ihren ersten Hunger zu stillen. Mehrfach übereinander, ja oft in
traubenförmigen Klumpen, findet man sie am nächsten Morgen an diesen Bäumen,
welch letztere während der Nacht von den tausenden und abertausenden
hungerigen Tieren gewöhnlich vollkommen kahlgefressen wurden. Diese Un-
massen auf engem Räume zusammengeballter Käfer in Sicherheit zu bringen,
muß natürlich das erste Ziel der Sektionen sein.
Die beste Zeit zum Sammeln ist der frühe Morgen, wenn die
Käfer von der Nachtkühle noch erstarrt sind. An hellen sonnigen Tagen wird
zweckmäßig der Frühfang schon um 4 Uhr morgens begonnen, weil an solchen
Tagen die Käfer schon zwischen 8 und g Uhr in leichtes Schwärmen geraten.
„An kühlen, trüben, regnerischen Tagen dagegen genügt es, um 6 Uhr zu be-
ginnen, da die Käfer dann den ganzen Tag über fest sitzen. Nachmittags kann.
Melolontha.
Bekämpfung von Massenvermehrungen.
95
der Fang stets gegen 3 Uhr beginnen und bis zum Eintritt der allgemeinen
Schwärmperiode gegen 8 Uhr abends fortgesetzt werden."
Das Sammeln selbst geschieht auf folgende Weise: Die Mädchen — 4
oder 6 oder 2, je nachdem es sich um eine Normal- oder Doppel- oder Halb-
sektion handelt — breiten das Fangtuch (resp. die 2 Fangtücher) unter der
Krone, dicht am Stamm des abzusammelnden Baumes aus und halten es mög-
lichst stramm gespannt. Hierauf tritt der Schüttler in Tätigkeit, er greift mit
Abb. 50. Abfangen der Maikäfer von einem „gekappten" Fangbaum.
seinem Haken zuerst in die unteren, dann in die weiter oben gelegenen Äste
und schüttelt einen Ast nach dem anderen mit je einem kräftigen kurzen Ruck
ab. Sind noch höhere Äste vorhanden, die vom Boden aus nicht zu erreichen
sind, so steigt er mit umgeschnallten Steigeisen in die Krone, um auch diese
Äste ebenso zu behandeln. Wie ein dichter Hagel fallen unter diesen Er-
schütterungen die erstarrten Käfer in das ausgespannte Fangtuch ;i) immer neue
^) Bei vollbesetzten Bäumen fallen oft auf einen Ruck 5000 Opfer in das Fangtuch
(Puster 1910, S. 642).
96
Coleoptera, — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Mengen prasseln bei jedem Ruck nieder, bis schließlich das Tuch in dicker
Schicht von ihnen bedeckt ist. Die braunen Massen werden nun in die Mitte
des Tuches zusammengeschüttelt und von den Mädchen und dem Träger in den
mitgeführten Eimer geleert i) (Abb. 51). Letzterer wird schnell mit einem eisernen
Deckel zugedeckt, um das Entweichen der allmählich aus der Erstarrung er-
wachenden Käfer zu verhindern. Zu späterer Tageszeit, wenn die Sonne höher
steht und die Käfer sich nicht mehr wie tote Holzstückchen herumwerfen lassen,
sondern durch schleuniges Auffliegen sich der schlechten Behandlung zu entziehen
suchen, muß das Tuch nach jedem Schütteln geleert werden, da sonst die
Hälfte der ins Tuch gefallenen Käfer wieder fortfliegen würde. Ist der eine
Abb. 51. Zusammenschütteln und Einfüllen der Käfer.
Baum in dieser Weise gründlich abgesucht, so geht es zum nächsten, der ebenso
käferrein gemacht wird, dann zum dritten usw., bis schließlich der ganze Fang-
bezirk der Sektion abgesammelt ist.
So einfach diese Arbeit erscheint, so muß sie doch mit großer Umsicht
ausgeführt werden, wenn sie sauber und damit erfolgreich sein will; es stellt da-
her, wie oben schon betont, die Zuverlässigkeit und die Erfahrung des
*) Die von verschiedenen Seiten empfohlenen „enghalsigen Wasserkrüge" oder die „Säckchen,
in deren oberes Ende der Oberteil einer zerbrochenen Bierflasche fest eingebunden ist"', sind für
einen Massenfang nicht geeignet. Das Einfüllen durch die engen Hälse würde viel zu viel Zeit
beanspruchen. Man denke nur, welche Zeit verloren gehen würde, wenn die Unmengen der im
Fangtuch zusammengeschüttelten Käfer einzeln durch den Flaschenhals geschickt werden müßten.
Melolontha. — Bekämpfung von Massenvermehningen.
97
Sektions Führers einen wesentlichen Faktor in der erfolgreichen Durchführung
des Kampfes dar. Er hat dafür zu sorgen, daß das Tuch richtig gehalten wird,
so daß die heruntergewoifenen Käfer nicht daneben fallen, er hat aufzupassen,
daß keine Äste übersehen werden, daß kräftig genug geschüttelt oder eventuell
das Schütteln mehrfach wiederholt wird, bis alle Käfer abgefallen sind, daß das
Tuch rechtzeitig entleert wird, daß beim Einfüllen in den Eimer keine Käfer ver-
loren gehen usw. — Ist die Sektion gut eingearbeitet, so vollzieht sich die ganze
Folge der Handlungen sehr rasch, beinahe maschinenmäßig, und in wenigen
Minuten ist ein Baum von einigermaßen zugänglichem Wuchs käferrein gemacht.
Ich hatte mehrfach Gelegenheit, mich an Ort und Stelle von dem tadellosen
Abb. 52. Kompostieren der Käfer.
Funktionieren des Sektionsbetriebes zu überzeugen und dann auch (mit Hilfe
eines Zeiß-Prismenglases, 8 fach) festzustellen, daß auf den behandelten Bäumen
whklich keine Käfer mehr vorhanden waren.
,.Der jeweilige Tagesfang gelangt von dem Fangtuch in den Eimer (der
ca. 5000 Stück Käfer faßt) und von dem Eimer in den Sack aus solidem Stoff
und mit solider Verschnürung. Die jeweilige Gesamttagesstrecke muß noch am
Tage des Fanges der Sicherheit halber getötet werden. Zu diesem Zwecke werden
die gefüllten Säcke auf Schiebekarren oder Wagen zu der nächsten M ord- resp.
Kompostierungsstelle gefahren und hier von dem ständigen „Scharfrichter"
in Empfang genommen (Abb. 52). Derselbe leert die angekommenen Käfer in
Escherich, Forstinsekten. U. Ed. 7
Qg Coleoptera. --3. Familienreihe: Lamellicornia.
bereitgehaltene Fässer, übergießt sie mit Schwefelkohlenstofl — 100 g pro Hekto-
liter — und läßt sie über Nacht in mit Holzdeckeln geschlossenen Fässern. Am
nächsten Morgen beginnt die Kompostierung: Auf eine 10 cm hohe Lage von
Torfmulle werden die getöteten Käfer ausgebreitet; dann wird diese Käferleichen-
schicht in etwa i m Verband mit Stücken gebrannten Kalkes überdeckt und
diese durch Bebrausen mit Wasser gelöscht. Mit einem Rechen wird endlich
das Kalkpulver über die Käfer gezogen und das Verfahren in der Reihenfolge
Mulle, Käfer, Kalk wiederholt."
Was die Zahl der auf diese Weise im Bienwald gefangenen Käfer
betrifft, so betrug dieselbe im Jahre 1903 bei einer Fangfiäche von 300 ha etwa
7 1/2 Millionen, im Flugjahr 1907 bei einer Fangfläche von 1200 ha ungefähr
15 Millionen, im Jahre 191 1 bei einer Fangfiäche von 1750 ha etwa Z2 Millionen
und endlich im letzten Flugjahr 191 5 bei einer Fläche von 1750 ha 14 Millionen
Käfer. 1) Die starke Zunahme der Zahl bis zum Jahre 191 1 hängt einmal mit
der größeren Fangfläche, vor allem der Ausdehnung des Fanges in die vordem
nicht befangenen weiten und lichten, mit etwas Laubhölzern durch- und unter-
stellten Kieferbaum- und Stangenhölzer, wo der Käfer sich ins Unermessene
vermehrt hatte, zusammen, und sodann auch mit der Verfeinerung und Ver-
edlung der Fangtechnik, mit der Ausschaltung leergefangener und Einschaltung
bisher nicht befangener, noch in Vermehrung begriffener Abteilungen, und end-
lich mit der immer besseren Schulung des Fangpersonals. Es wäre jedenfalls
ein Fehlschluß, aus dem Anwachsen der Sammelbeute (bis zum Jahre 191 1) auf
die Wirkungslosigkeit des Kampfes schließen zu wollen!
Welche Entlastung die genannten Fangeigebnisse für den Wald bedeuteten,
wird durch folgende Berechnung klar; Nehmen wir z. B. unter den 22 Millionen
der im Jahre 191 1 gefangenen Käfer nur 10 Millionen Weibchen an und setzen
die Eizahl eines jeden Weibchens nur mit 50 an (in Wirklichkeit ist dieselbe
wesentlich größer), so ist der Wald durch das Absammeln im Jahre 191 1
vor dem Fräße von 500 Millionen Engerlingen bewahrt worden. Wenn
wir uns daran erinnern, daß die Engerlinge 4 Jahre fressen, daß ihr Nahrungs-
bedürfnis ein sehr großes ist, so daß ein einziger Engerling eine ganze Anzahl
junger Pflanzen zu vernichten imstande ist, so ergibt sich die Höhe der Ent-
lastung ohne weiteres. Es versteht sich von selbst, daß nicht alle Käfer restlos
abgefangen werden können. Selbst durch eine noch so verfeinerte Fangtechnik
und die Heranziehung einer noch viel größeren Anzahl Fangsektionen würde
dieses Ziel niemals erreicht werden können. Kein vernünftiger Mensch wird auch
eine solche Forderung stellen. Bei jeder Schädlingsbekämpfung ist es
vielmehr schon als ein voller Erfolg zu betrachten, wenn es gelingt,
den Schädling so weit in seiner Zahl herabzudrücken, daß er die
Pläne des Menschen nicht mehr zu vereiteln oder zu durchkreuzen oder
den Menschen nicht mehr um die Früchte seiner Saat zu bringen
vermag. Wir werden unten noch sehen, daß — legen wir diesen Maßstab der
Beurteilung des gegenwärtigen Falles zugrunde — die Bekämpfung des Maikäfers
im Bienwald durch das planvolle Absammeln einen vollen wirtschaftlichen Erfolg
bedeutet.
1) In Niederösterreich wurden nach Zweigelt (1913) im Jahre iqi2 nicht weniger als
i*/2 Milliarden Käfer gesammelt (^ ca. 3 Millionen Liter = ca. 500 Waggonladungen!). —
Melolontha. — Erfolg der Bekämpfung.
Die Kosten.
99
Die gesamten Kosten betrugen
im Jahre 1903 2 870 M
1907 [6 800 „
„ „ 191 1 20230 .,
„ ,, 19 15 17000 .,
Sa.: 56900 M.i)
Davon entfiel weitaus der größte Teil auf die Löhne für das Sammeln
der Käfer und den Transport der abgefangenen Käfer zur Kompostierungsstelle
(nämlich 51 140 M), während nur kleine Bruchteile auf die Anschaffung, Er-
gänzung und Reparaturen der Fangmittel (nämlich 2850 M), die Kompostierung
(14 10 M) usw. kamen.
Die Summe der Gesamtkriegskosten scheint ja an und für sich recht
hoch. Wenn wir sie aber in Beziehung zu dem erzielten Erfolg setzen, so
werden wir die Summe durchaus nicht mehr als hoch, sondern im Gegenteil als
recht mäßig bezeichnen müssen. Außerdem darf nicht außer acht gelassen
werden, daß jene Summe sich ja auf den langen Zeitraum von 16 Jahren ver-
teilt, so daß auf das einzelne Jahr nur 3550 M treffen. Damit dürfte auch für
den Fernerstehenden die aufgewandte Summe an Überraschung verlieren.
Der Erfolg.
Wir können von einem vollen wirtschaftlichen Erfolg der Maikäfer-
bekämpfung im Bienwald reden. Wir betonten eben, daß ein solcher
nicht gleichbedeutend mit der radikalen Vernichtung des Schädlings sein muß,
sondern daß wir schon dann einen solchen anzunehmen berechtigt sind,
wenn es gelungen ist, den Schädling so weit in seiner Zahl herabzudrücken,
daß er die Pläne des Menschen nicht mehr zu vereiteln und seine Arbeit
nicht mehr zu entwerten vermag. Im Bienwald wurden vor Pusters Er-
scheinen alle Kulturpläne zu Schanden gemacht: es gelang trotz aller, selbst der
kostspieligsten Kulturmethoden nicht, auch nur eine Kulturfiäche im Maikäfer-
gebiet hochzubringen. Heute gelingen die Kulturen selbst in den ehemals
schlimmsten Maikäferzentren im allgemeinen so gut wie irgend anderswo. Dort,
wo Forstmeister Osterheld trostlose Bilder langjähriger mißglückter Kulturarbeit
hinterlassen hat, stehen heute die herrlichsten 5- und mehrjährigen Kul-
turen, lückenlos, gleichmäßig und gesundheitsstrotzend, wie auf bei-
stehender Abbildung (Abb. 53) deutlich zu sehen ist. Solche Kulturen sind nicht
etwa Ausnahmen, sondern sie sind überall zu finden, wo die Bekämpfung in der
obigen Weise durchgeführt werden konnte. Wo allerdings ungünstigere Fang-
verhältnisse vorlagen, da entstanden und entstehen auch heute noch kleine Lücken,
*) Davon 1500 M für die vorbeugende Ätzkalkimmunisierung (s. oben) abzuziehen.
7*
JOO Coleoptera. — 3- Familienreihe: Lamellicornia.
die aber auch bald verschwinden werden, so wie die Fangverhältnisse durch die
nötigen Eingriffe in die benachbarten Bestände günstiger gestaltet sein werden, i)
Die Stangenhölzer, die vordem eine Menge gipfeldürrer absterbender Bäume
aufwiesen, zeigen heute, nachdem diese Opfer des Engerlings entfernt worden
sind, ein normales gesundes Aussehen, und selbst jene 50jährigen, kaum über
mannshohen, verkrüppelten, über und über mit Flechten bedeckten Buchen-
bestände fangen heute wieder an, frisches Grün zu treiben und ihre Flechten-
krusten abzustoßen. Überall im Walde spürt man heute neues Leben, das mit
um so größerer Kraft hervorkommt, als es so lange Zeit durch die am Mark
zehrenden Millionen von EngerHngen niedergehalten worden war! 2)
Abb. 53. Gelungene Kultur im
:-.-. ...; .- Alaikaferherdes nach konsequenter Bekämpfung
(Bienwald, Rheinpfalz).
Der zahlenmäßige Gewinn infolge dieser Bekämpfung ist eine
dauernde, noch in raschem Steigen begriffene Zuwachsmehrung
von jährlich 5000 fm Holzmasse. Im Amtsbezirk Kandel-Süd war
der Wert des erntekostenfreien Materialfestmeters seinerzeit 15 M.
^) Wie sehr durch die Art der benachbarten Bestände das Fangergebnis beeinflußt werden
kann, lehrte mich eine im Herbst des letzten Flugjahres (1915) vorgenommene Untersuchung
auf Engerlinge. Wo der Kampfplatz nach allen Regeln der Kunst vorbereitet werden konnte
(durch Schaffung von geeigneten Zwangfraßplätzen usw.) , war kaum ein Engerling zu finden.
Wo dagegen die Vorbereitung in diesem Sinne noch nicht durchgeführt werden konnte (es handelt
sich nur noch um wenige kleine Stellen), waren die Engerlinge stellenweise noch recht häufig.
Man konnte nach diesen Gesichtspunkten den Belag der Engerlinge auf den verschiedenen Plätzen
schon ungefähr voraussagen.
^) Wie sehr die Kriegskosten sich gelohnt haben und zu dem Erfolg in günstigem Ver-
hältnis stehen, zeigt klar die Gegenüberstellung von Einst und Jetzt, die Puster im Jahre 1911
Meiolontha. — Erfolg der Bekämpfung. lOi
Der Jahresgewinn betrug demgemäß bereits 75 000 M, dem eine Jahres-
ausgabe von 3550 M entgegenstand (Puster i. 1.).
Noch allerdings ist der Kampf im Bienwald nicht bis zum letzten Ende
durchgefochten! Die Macht der Millionenheere ist zwar gebrochen, der Feind
ist empfindlich geschlagen und aus den Kulturen fast gänzlich vertrieben. Doch
er ist keineswegs völlig unschädlich gemacht, sondern es stecken noch recht an-
sehnliche Reste von ihm in den älteren Beständen. Die Verfolgung des Schäd-
lings muß daher noch weiter fortgesetzt werden, und zwar so lange,
bis ihna jede Möglichkeit, sich von neuem zu sammeln und zu erholen,
endgültig genommen ist. Dieser Zeitpunkt wird aber erst dann gekommen
sein, wenn die waldbaulichen Verhältnisse des Bienwaldes derartige geworden sind
(möglichst dichter Schluß aller Bestände), daß dem Maikäfer die Bedingungen zur
Massenvermehrung entzogen sind.
Wenn selbst ein so veraltetes und weit vorgeschrittenes Übel, wie es die
Maikäferkalamität im Bienwalde darstellte, durch Absammeln der Käfer behoben
werden kann, so gelingt die Bekämpfung natürlich noch viel leichter und sicherer
in weniger schweren Fällen, in denen die Kalamität erst im Entstehen begrifien
ist. Wenn gleich bei Beginn einer stärkeren Vermehrung das Sammeln in der
oben geschilderten planvollen Weise aufgenommen und konsequent durchgeführt
wird, so wird das Übel niemals zu einer die Existenz des Waldes bedrohenden
Höhe anwachsen können.
(nach Beendigung des damaligen Sammelfeldzuges) gemacht hat (Forstw. Zentralblatt 191 1, S. 585)
und die im folgenden wiedergegeben sei :
Vor dem Fang im Jahre 1903. Nach dem Fang im Jahre 1911.
1. Chronische, unstillbare Not an Kultur- i. Erstmaliger Überschuß an Kulturmitteln in
mittein. dem Betrage von 1000 M, außerdem Ver-
wendung eines Betrages von looo M des
regulären Kulturkredites zur Anlage eines
nicht vorgesehenen Vogelschutzgehölzes ; da-
her Erübrigung pro 191 1 von 2000 M.
2. Massenankauf und Massenbezug von Wald- 2. Pflanzenzucht für Gemeinden und Private,
pflanzen. Einnahme pro 191 1 aus Pflanzenverkauf
800 M.
3. Mühsame Erfüllung eines Hauptnutzungs- 3. Spielende Nutzung von 1 1 ooo fm Derbholz
etats von 5230 fm Derb- und Reisholz, in und Abnutzung der wenig Masse und große
der Hauptsache im Plenterwege, aus Furcht Kulturflächen liefernden, im Plenterweg ge-
vor Kulturflächen. plünderten Maikäferherbergen.
4. Der Zwischennutzungsanfall betrug im Jahr- 4. Bei Einhaltung des bisherigen Flächenetats
zehnt vor meiner Amtsübernahme loooofm, und Durchforstungsgrades wird der Zwischen-
und. zwar unverändert vor und nach dem nutzungsertrag von 1912 ab auf 12 OOO fm
Fang. Vor dem Fang wurde die Höhe steigen. Nach Ausschaltung der ertraglosen
von 10 000 fm erreicht infolge Nachholung Engerlingsflächen und nach vollständiger
von Durchforstungen, nach dem Fang durch Wurzelgesundung steht bis zum Ablauf des
allmähliche Zuwachsvermehrung. gegenwärtigen Zeitabschnittes Ende 19 14
eine weitere Zuwachssteigerung von 2000 fm
zu erwarten.
5. Ständiger Kulturrückstand von 100 ha. 5. Rest- und lückenlose Aufforstung aller
Kulturflächen, einschließlich der Sturmlücken
vom Jahre 1905, in denen 34 OOO fm Material
anfiel.
6. Summe des Reinertrages während der 6. Summe des Reinertrages in den 4 Jahren
4 Jahre 1899 bis 1903: 610000 M. 1908 bis 1911 900000 M.
J02 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia,
Anhang.
Wo so ungeheuere Mengen verhältnismäßig großer Insekten gesammelt
werden, wie bei der Maikäferbekämpfung, liegt es nahe, dieselben weiter wirt-
schaftlich zu verwerten. Außer zu der oben geschilderten Kompostierung
kann man die Käfer auch zum Verfüttern an Tiere, wie Schweine, Geflügel,
Fische usw. gebrauchen, und zwar entweder in frischem Zustand (nachdem
sie durch Abbrühen getötet!) oder aber getrocknet. In letzterem Fall sollen
die Käfer nicht durch Überbrühen, sondern durch Anwendung von Schwefel-
kohlenstoff getötet werden, damit sie nicht zu viel Wasser aufnehmen.
„Das Trocknen der Käfer geschieht in einer Kiefernsamendarre oder in
einem Backofen. Die Käfer werden ca. 10 cm hoch in dem Backofen auf-
geschichtet und während des Trocknens einige Male gewendet. Ein gut, aber
nicht zu stark geheizter Backofen kann etwa i hl Käfer aufnehmen, nach
12 Stunden sind sie trocken und haben dann ^/^ ihres Gewichtes verloren. Sie
werden nach dem Verkühlen in Säcken bis zu ihrer Verwendung aufbewahrt.
Die Käfer behalten beim Trocknen ihre Gestalt bei, nur ihre Farbe wird dunkler."
„Hühnern wirft man die Maikäfer in ganzen Stücken vor, Schweinen
gibt man sie mit anderem Futter gemengt oder angefeuchtet mit Roggenkleie
gemischt. Als Singvogelfutter werden sie gemahlen und unter dem Namen
, Insektenmehl' in den Handel gebracht. Als Fisch futter hebt man sie am
besten unzerkleinert auf und läßt sie erst kurz vor dem Verfüttern durch zwei
Walzen gehen oder führt ein Rollholz über die Käfer, die sofort in feines Mehl
zerfallen."
„Die chemische Analyse i) hat ergeben, daß die getrockneten Maikäfer
nicht nur reich sind an verdaulichen Nährstoffen (Eiweiß, Fett, Kohlehydraten),
sondern auch an mineralischen Bestandteilen, die bei der heutigen intensiven
Vieh- und Fischereiwirtschaft eine nicht unbedeutende Rolle spielen, während das
Chitin im Maikäfermehl die Rolle der Rohfasern in anderen Futtermitteln über-
nimmt. Darnach ist das Maikäfermehl ein im wesentlichen eiweißhaltiges Futter
für Schweine und Hühner, das sich durch seinen relativ hohen Gehalt an Phos-
phor und Kali angenehm hervorhebt."
„Die chemische Analyse hat weiter ergeben , daß der Nährwert einer
Mischung von Roggenkleie und Maikäfermehl jenem der besten Futtermittel für
Karpfen, der gelben Lupine oder des Maises, gleich ist und daß das Mischungs-
verhältnis von Maikäfermehl und Roggenkleie im Verhältnis von i : 2 am besten
ist" (Eckstein 1915). —
/:>5v Polyphylla fullo F. (Walker).
Die Gattung Poli/phijlla enthält nur i mitteleuropäische Art : fullo L. Sie ist unsere
schönste und größte Melolonthine von 25 — 35 mm Länge, gesättigt tiefrotbrauner bis braun-
schwarzer Färbung mit weißen aus Haarschuppen bestehenden Flecken auf den Flügeldecken
(Abb. 54 A u. B).
Die Larve ist dem Maikäferengerling sehr ähnlich, aber ausgewachsen wesentlich größer
(bis 80 mm).
Vorkommen und Lebensweise. — Der Walker ist über ganz Mittel-
europa verbreitet (geht südlich bis Bayern, nördlich bis Schweden, östlich bis
Rußland und an den Kaukasus), kommt aber in diesem großen Verbreitungsgebiet
^) Eine Anzahl Literaturangaben hierüber finden sich bei Heß-Beck, Forstschutz
Bd. I, S. 334.
Polyphylla fullo F.
103
nur stellenweise und in sehr ungleicher Häufigkeil vor. Er ist ein aus-
gesprochener Sandbewohner. Am häufigsten tritt er in den Sanddünen an
der Nordostküste Deutschlands auf, wo er zur Massenvermehrung neigt, während
er in den südlichen Gegenden meist eine seltenere Erscheinung bleibt.
Der Käfer schwärmt im Juli (daher auch der „große Juliuskäfer"). Er
ist bezüglich der Nahrung ziemlich vielseitig, und frißt sowohl die Blätter von
Eiche, Pappel, Buche, Akazie als auch, und zwar mit besonderer Vorliebe,
Abb. 54. A Polyphylla fullo F. (Walker) J; B derselbe $, C Anoxia villosa F., D derselbe
von der Seite, E Rhizotrogus solstitialis L. (Junikäfer). — Fr. Scheidter phot.
die Nadeln von Kiefern, besonders von schlechtwüchsigen Kusseln; auch
Gras verschmäht er nicht.
An der Kiefer befrißt er sowohl die Nadeln diesjähriger als auch vorjähriger
Triebe und zwar derart, daß er von der Basis nach der Spitze hin von einer
Kante ausgehend fortschreitet. Wird hierbei die Nadel sehr bald durchgebissen,
so verzehrt er dieselbe, indem er sie ganz langsam nach und nach in seinem
Munde verschwinden läßt. Er hält sie dabei außerordentlich fest; eher lassen
die Beine los, als daß er die Nadel preisgibt, so daß man ihn an der Nadel
umhertragen kann. Meistens aber beißt er die Nadel nicht durch, sondern be-
frißt sie nur von der einen Seite her, den gegenüberliegenden Rand mehr oder
weniger als feinen Faden stehen lassend, der dann durch die Last des noch im-
verletzten Nadelendes herabgezogen sich krümmt, bald braun wird, vertrocknet
I04
Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
und abfällt (Abb. 55). Derartige Nadeln sind sehr leicht daran als vom Walker
herrührend zu erkennen, daß weniger der stehen bleibende Rand als das untere
Ende des übrig gelassenen Nadelrestes in verhältnismäßig lange und derbe Fasern
zerfetzt ist (Eckstein)^).
Die Larve lebt wie der Maikäferengerling unterirdisch und nährt sich von
Pfianzenwurzeln. Mit besonderer Vorliebe geht sie an die Wurzeln junger
Kiefern (von etwa ^j^ m Höhe), dann auch von Birke, Akazie und von
Dünengräsern (Sandhafer, Elymus und Sandrohr, Arundo). Infolge der kräftigeren
Mandibeln ist ihre Nagekraft eine
noch größere als die des Mai-
käferengerlings. AI tum berichtet,
daß die Walkerlarven Akazien-
stämmchen von Daumenstärke
durchnagt haben. Die Nagefläche
zeigt sich unrein, faserig und ist
daran von dem unterirdischen Fraß
der Wühlmäuse leicht zu unter-
scheiden. Manche Stämmchen
werden an den Wurzelknoten ein-
fach durchschnitten, andere noch
mehrere Zentimeter hoch hinauf
angenagt.
Als natürliches Gegen-
gewicht kommen beim Walker
hauptsächlich verschiedene Vögel
und Säugetiere in Betracht (in
der Hauptsache dieselben wie
beim Maikäfer, siehe dort S. 79).
In den Sanddünen der kurischen
Nehrung hat sich hauptsächlich
die Nebelkrähe um die Ver-
tilgung verdient gemacht: „Sie
scheint ziemlich genau den Zeit-
punkt zu wissen, wenn der Käfer
dem Auskriechen nahe ist und sich unmittelbar unter der Oberfläche befindet.
Man sieht dann die Nebelkrähe auf den hohen Kuppen der meisten kahlen Dünen
in großer Zahl stehen, eifrig mit dem Schnabel im Sande arbeitend. Bei näherer
Besichtigung findet man neben einem kleinen ca. 5 cm tiefen Loch die Flügel-
decken des Käfers; alles übrige ist gefressen" (Gerhardt 1900, S. 516). Als
Parasit kommt eine Tachine Microphthalma disjuncta Wied.) im Engerling vor
(W. Baer).
A B
Abb. 55. A Junger Kiefernzweig mit den von Poly-
phylla fullo F. faserig zerfressenen Nadeln, welche ver-
trocknen, sich krümmen und bräunen. B Ein be-
fressenes Nadelpaar mit charakteristischer Faseriing der
Wundstelle. — Nach Eckstein.
^) Eine auffallende Erscheinung des Walkers ist sein lautes Zirpen, das er durch Reiben
des Hinterleibes gegen die Flügeldecken hervorruft. Wenn man gegen Kiefernstämme prellt, auf
denen ein Walker sitzt, so verrät dieser seine Anwesenheit durch sein „lautes Schreien" (AI tum).
Gattung Rhizotrogus Latr. lOC
Forstliche Bedeutung. — Der Hauptschaden besteht wie beim Maikäfer
in dem Larven fraß. Die Larve richtet in den Kiefernkulturen der Sand-
dünen großen Schaden an, der erst aufhört, wenn der Boden sich benarbt,
mit Gräsern oder Kräutern überzogen oder durch Schluß der Pflanzen sich der
Einwirkung der Sonne entzogen hat. Die südlichen und westlichen Hänge haben
am meisten zu leiden. Der Larvenschaden macht sich beim Walker schon bei einer
geringeren Zahl der fressenden Engerlinge recht unliebsam bemerkbar, da einmal
das Nahrungsbedürfnis der Larve ein größeres ist als beim Maikäferengerling,
und sodann auch die Aufforstung auf Dünensandboden an und für sich eine
schwierige Sache ist. Dazu kommt, daß durch die Vernichtung der zur Be-
festigung angepflanzten Dünengräser die Aufforstung noch weiter erschwert wird.
So kann durch massenhaftes Auftreten des Walkers die Forstkultur in Dünen-
sandgegenden sehr verzögert, wenn nicht überhaupt in Frage gestellt
werden. Altum stellt daher den Walker zu den sehr schädlichen Forst-
insekten.
„Die Bekämpfung geschieht am besten durch Absammeln der Käfer
am Tage von den jungen Pflanzen, auf denen sie ruhig und fest zu sitzen
pflegen; oder gegen Abend, während sie schwärmen, durch Fangen mit Hand-
netzen. Der Käfer fliegt schwerfällig und nicht hoch, so daß sein Einfangen
durch einigermaßen geübte und behende Mädchen mit Leichtigkeit bewirkt
werden kann. Die Arbeit wird im Akkord nach der Zahl der eingelieferten Käfer
bezahlt. Im Dünenaufseherbezirk Nidden auf der kurischen Nehrung wird dieses
Verfahren seit längerem mit gutem Erfolg angewendet. 1899 sind so nicht weniger
als 16000 Stück gesammelt worden.''
„Das Ausheben der Larven an den welken Pflanzen hat sich als zu kost-
spielig und zu wenig wirksam erwiesen; auch wird durch die Verwundung und
Lockerung des Bodens der Gefahr des Flüchtigwerdens der Dünen Vorschub ge-
leistet" (Vgl. Gerhardt 1900, S. 517).
Gattung Rhizotrogus Latr.
Die Rhizotrogus - Arten sind im Habitus ebenfalls dem Maikäfer sehr ähnlich, aber
wesentlich kleiner und zarter. Außerdem lassen sie sich durch die Bildung der Fühler-
keule leicht vom Maikäfer unterscheiden: dieselbe ist nur aus 3 Gliedern zusammengesetzt.
Die Gesamtzahl der Fühlerglieder beträgt entweder 10 (Untergattung Rhixotrogus i. sp.) oder
9 (Untergattung Ämphinmllus Latr.).
Die Lebensweise zeigt viele übereinstimmende Züge mit der Lebensweise
von Melolo7itha: Die Käfer schwärmen in Massen — die Zeit des Schwärmens
ist allerdings nach den Arten verschieden: die meisten schwärmen wie der Mai-
käfer des Abends, doch gibt es auch manche, die in der Frühe, sobald es warm
geworden, zu schwärmen beginnen — ; sie fressen Blätter und Nadeln, während
die Larven Wurzeln verzehren. Die meisten Autoren geben an, daß die Larve
sich nur von Graswurzeln nährt, und demnach nicht forstschädlich wird; doch
vermutet schon Ratzeburg, daß diese Angaben auf Irrtum beruhen mögen,
indem man die Rhizotrogus-'Lzrven für junge Maikäferengerlinge gehalten hat.
Ein neuerer Beobachter (Häuf 1er) hat denn auch Ratzeburgs Vermutung be-
stätigt und die Rhizotrogus -'L^xven als arge Schädlinge an Kiefernwurzeln fest-
gestellt.
1q5 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Es gibt eine ganze Reihe von Arten, von denen wir aber nur die häufigste
hier besprechen wollen:
j^t Rhizotrogus (Amphimallus Latr.) solstitialis L. (Juni-, Sonnwend- oder
Brachkäfer).
Der Junikäfer gehört infolge der ggliedrigen Fühler zu der Untergattung Amphimallus
Latr. Er ist wesentlich kleiner (14 — 18 mm) als der Maikäfer, mit vorherrschend schmutzig
hellgelber Farbe und sehr langen Zottenhaaren. Die Flügeldecken zeigen 4 erhabene Längsadern
(Abb. 54 E).
Über die Larve, die der des Maikäfers ungemein ähnlich ist, siehe oben (S. 60 u. Abb. 45 B).
Vorkommen und Lebensweise. — Der Junikäfer kommt über ganz
Mitteleuropa vor. Er fliegt des Abends, in Mitteldeutschland gewöhnlich von
Ende Juni bis Mitte Juli, am liebsten in sandigen, spärlich mit Baumwuchs be-
standenen Gegenden und in Getreidefeldern. Er neigt wie der Maikäfer zur
Massenvermehrung, doch ist sein Massenvorkommen lokal noch mehr be-
schränkt wie bei diesem, indem er oft an einer kleinen Stelle in ungeheueren
Massen schwärmt, an anderen benachbarten Orten dagegen in keinem Exemplar
zu finden ist.
Er erhebt sich beim Schwärmen nicht sehr hoch über den Boden; die
schwärmenden Tiere sind fast ausschließlich Männchen. Die Weibchen halten
sich mehr am Boden versteckt (bei verschiedenen verwandten Formen sind die
Weibchen völlig flügellos geworden!). Die Schwärmdauer ist wesentlich kürzer
als die des Maikäfers und erstreckt sich höchstens über 14 Tage.
Zur Nahrung lassen sich die Käfer auf Laub- oder Nadelholz nieder.
Vornehmlich befallen sie junge Kiefern, deren Nadeln — bevorzugt werden
nach Eckstein (1893) vorjährige — sie von der Spitze her befressen; auch die
zarte Rinde junger Triebe benagen sie und verursachen dadurch Deformationen
(Krümmungen) der letzteren. Nach Ratzeburg nimmt der Käfer nicht aus-
schließlich feste Nahrung zu sich, sondern leckt auch in ausgiebiger Weise die
aus dem verletzten Pflanzengewebe ausfließenden Wundsäfte auf. Er frißt oft nur
die äußerste Spitze einer Nadel ab und saugt resp. leckt an dem stehen bleiben-
den Stumpfe längere Zeit (bis zu 1/2 Stunde) , wobei der Stumpf kaum kürzer
wird. An Laubbäumen befrißt er hauptsächlich die Johannistriebe.
Zur Eiablage „purrt das Weibchen (nach Häufler 1913) auf dem Erd-
boden entlang, bis es eine lockere Stelle gefunden; dort dreht es sich im Kreise
herum, schafft sich so eine kleine Vertiefung, legt in dieselbe ein (?) ca. 1,7 mm
langes weißes Ei ab, oder bei sehr benarbtem Boden wühlt es sich unter irgend
einer Gras-, Nadel- oder Streuschicht ein und besorgt dort die Ablage, bis es
seine 30 — 45 Eier los ist".
„Bereits nach 7 — 10 Tagen schlüpfen die glasigen Engerlinge aus, um
sofort ihre Vernichtungsarbeit zu beginnen, wobei sie wenig wählerisch sind; sie
benagen einfach alles, was ihnen in den Weg kommt. Im i. Jahr erreichen sie
eine Länge von i — 1 1/2 cna ; schon im zeitigen Frühjahr des zweiten Jahres be-
ginnen sie ihren Fraß wieder, erreichen im Laufe des Sommers ihre größte Länge
von 3 cm. Im dritten Jahre beginnen sie nochmals sehr früh zu fressen und
Gattung Rhizotrogus Latr/ 107
verwandeln sich dann Mitte Mai, lO cm unter der Erdoberfläche, in eine creme-
farbige, der Maikäferpuppe ganz ähnliche, aber kleinere Puppe." Nach Häufler
befressea die Larven die Wurzeln junger frisch gesetzter Kiefernpflänzchen ähnlich
wie die Maikäferengerlinge und bringen dadurch die Pflanzen zum Absterben.
Wenn obige Beobachtung Häuflers über die Entwicklung der Larven
richtig ist, würde also dem Junikäfer eine d reijährige Generation zukommen.
Nach Alt um soll die Entwicklung nur zwei Jahre beanspruchen und Taschen-
berg spricht gar nur von einer einjährigen Generation. Letzteres ist nach
der Größe der Larve und der Ernährungsart zu schließen recht unwahrscheinlich,
während es wdhl möglich erscheint, daß neben der von Häufler beobachteten
dreijährigen auch eine zweijährige Generation vorkommt (nach Analogie der ver-
schieden langen Generationen beim Maikäfer).
Forstliche Bedeutung. — Durch Benagen der Wurzeln und Fressen der
Nadeln, Verletzung der Rinde, Zerstörung der Johannistriebe usw. kann der Juni-
käfer stellenweise recht schädlich werden. Wie beim Maikäfer, so ist
auch hier der Larvenschaden der wichtigere. Häufler berichtet, daß in Eulen-
holz der Engerling des Brachkäfers auf einer ca. 3000 Morgen großen mit Kiefern
bepflanzten Brandfläche als ein arger Schädling aufgetreten ist.
Als natürliches Gegengewicht kommen verschiedene Vögel und Säuge-
tiere in Betracht, vor allem die Saatkrähen, der Star, der Maulwurf, Fuchs, Dachs
usw. Von Insekten beteiligen sich besonders die Raubfliegen [Asüus) an der
Vernichtung, ferner die zu den Tachiniden gehörigen Billaea pectinata Mg.,
Dexia tustica F. und Syntomocera petiolata Bonsd. (Baer 1921). (Siehe auch
Fußnote 2.)
Zur Bekämpfung können wir gegenwärtig kein anderes Mittel empfehlen
als das Sammeln der Käfer, wobei bezüglich der Ausführung auf die beim
Maikäfer beschriebenen Methoden verwiesen sei. Das Sammeln muß womöglich
noch früher des Morgens beginnen als beim Maikäfer, weil der Junikäfer noch
lebhafter und fluglustiger ist. Vor allem sind die Vorwüchse beim Absammeln
zu berücksichtigen; wo solche nicht vorhanden, finden sich die Käfer in den be-
nachbarten Schonungen; fehlen auch diese, so gehen sie in das Altholz.
Die Wirkung des Sammeins wird jedoch niemals so durchgreifend sein
können wie beim Maikäfer, da die meisten Weibchen sich am Boden aufhalten
und daher dem Sammler entgehen, i) — Bezüglich des Sammeins der Engerlinge
gilt das gleiche, was oben über das Sammeln der Maikäferengerlinge gesagt ist. ''^)
^) Wenn Häufler meint, daß es sicli beim Sammeln „zum Glück erwies, daß die
Weibchen in riesiger Minderheit, ungefähr 13 **/„, vertreten ?eien." so befindet er sich bez. des
Grundes in einem Irrtum: die geringe Zahl der gesammelten Weibchen entspricht nicht dem
tatsächlichen Verhältnis der (^eschlechter, sondern dem Umstand, daß die meisten Weibchen
sich durch ihren versteckten Aufenthalt dem Sammler entziehen.
^) Eine sehr merkwürdige Art der biologischen Bekämpfung der Larven teilt Reh
(19 13") nach Romanowski mit: In Südrußland, wo die Larve an Reben sehr schädlich wird,
bekämpft man diese folgendermaßen: Man pflanzt zwischen die Reben Umbelliferen und zieht
dann 10 — 15 cm tiefe Gräben, die mit Holz, Zweigen usw. ausgelegt werden. An die Um-
belliferen legt die Fhege Micr Ophthal ma disjuncta Wied. ihre Eier ab; in die Gräben ziehen sich
die Engerlinge. Die ausschlüpfenden Fliegenlarven lassen sich zur Erde fallen und töten die in
den Gräben befindlichen Engerlinge.
Iq3 Coleoptera. — 3. Familienieihe: Lamellicornia.
Von sonstigen Rhixotrogus - Arten seien noch genannt: Rhixotr. aequinoctialis Hrbst.
(südliches und östliches Mitteleuropa, im Frühjahr schwärmend, in Ungarn an Rüben schädlich),
aestiviis Ol. (südliches Mitteleuropa, von Schlesien bis Rheinland, Abendschwärmer im April
und Mai); Äf/iphimallus ater F. (^südliches Mitteleuropa, schwärmt vormittags bis mittags),
assimilis Hbst. (südliches Mitteleuropa, auf Bergwiesen und Feldern, Abendschwärmer im
Juli), und rufieorms F. (Mittel- und Südeuropa, schon im Frühjahr und anfangs des Sommers
schwärmend, und zwar des Morgens; nach Erichson in Kiefernkusseln).
Gattung Anoxia Lap.
Steht der Gattung Melolonilia sehr nahe, auch habituell; unterscheidet sich von ihr durch
die kürzere parallelseitige Fühlerkeule, die beim Männchen aus 5, beim Weibchen aus 4 Gliedern
besteht: außerdem durch das Fehlen eines Endsporns auf der Innenseite der Vorderschiene
des J. Die Körperform ist deutlich schmäler als die des Maikäfers (Abb. 54 C u. D). Das
Kopfschild des (^ stark, fast schaufelfürmig vorspringend, mit rechtwinkligen Vorderecken.
Für unser Faunengebiet kommen nur 2 Arten in Betracht: A. pilosa F.
und villosa F., die beide auf die südlicheren Gebiete, Baden, Bayern, Hessen,
Österreich- Ungarn beschränkt sind.
In der forstlichen Literatur ist bis jetzt nur die letzte Art genannt (Nüß-
lin 1913):
T5': Anoxia villosa F.
Dieselbe ist von der Größe des Maikäfers, doch deutlich länglich geformt; Färbung sehr
variabel, gelblich bis rotbraun oder schwarzbraun. Besonders auffallend ist die lange, dichte,
abstehende, weißliche oder gelbliche wollige Behaarung der Unterseite. Länge
24— 26' mm (Abb. 54 C u. D).
In Karlsruhe und auch in Hagenau ist die Anoxia in manchen Jahren
sehr häufig. „Sie erscheint dort etwa Ende Juli, wenn die heißen Tage beginnen.
Sie schwärmen erst abends gegen Sonnenuntergang, dann noch lange in der
Dämmerung bis in die Nacht hinein. Die bevorzugten Schwarmplätze sind
stets die Ränder von Kiefernwäldern und besonders Eckbäume. Die
Tiere kommen meist aus den benachbarten Äckern; schnurgerade fliegen sie vom
Boden aus nach dem nächsten Baum, um um die Krone herum (und auch um die
tieferen Äste) zu schwärmen. Von Zeit zu Zeit fällt ein ganzer Klumpen Käfer
auf den Boden (bis zu 12 Stück), meist ein Weibchen mit mehreren Männchen.''
(Schultheiß nach brieflicher Mitteilung.)
Die Anoxien scheinen wie der Maikäfer periodisch wiederkehrende Massen-
flugjahre zu haben, in manchen Jahren treten sie in Massen auf, in anderen Jahren
fehlen sie ganz. Über die forstliche Bedeutung ist noch nichts Näheres bekannt.
Landwirtschaftlich schädlich an Obstbäumen und in Weinbergen.
Gattungsgruppe Sericini.
Enthält viel kleinere Formen (höchstens bis 10 mm) als die Melolonthini^
von diesen außerdem durch die Stellung der Schienendornen verschieden (s. oben
S. 56). Für uns kommt nur i Gattung mit i Art in Betracht, nämlich
]ij^, Serica brunnea L.
Eine kaum 10 mm lange Art von länglicher, stark gewölbter Körperform (Abb. 56 D).
Fühler ggliedrig. Besonders auffallend und leicht kenntlich an der Färbung: der ganze
Körper hell braunrot, ohne Glanz, oberseits mit einem zarten Reif Schimmer, unterseits
irisierend, Beine glänzend.
Die Larve (Abb. 45 D S. 61) stimmt in der Form, abgesehen von der Größe, mit dem
Maikäferengerling überein, nimmt aber durch die Bildung des Afters eine Sonderstellung
Gattungsgruppe Sericini. lOQ
unter allen Melolon thinae ein: der After, auf der Dorsalseite des Endsackes gelegen, stellt
nämlich nicht wie bei allen übrigen Melolonthinae (ja allen Scarabaeiden) einen Querspalt dar,
sondern einen Längsspalt (wie bei den Lucaniden); außerdem befindet sich ventral davon
eine Querreihe kurzer nach hinten gerichteter Dörnchen. Diese IMeikmale sind so auffallend, daß
sie eine Verwechslung mit Maikäferengerlingen ausschließen.
Vorkommen und Lebensweise. — Serica brunnea ist in ganz Deutsch-
land heimisch, in Nadel- oder gemischten Waldungen, mehr im Gebirge; Flug-
zeit Ende Juni, Juli.
Über die Lebensweise des Käfers ist noch wenig bekannt, vielleicht des-
halb, meint Ratzeburg, weil er in tiefster Nacht sein Wesen treibt. Er
ist verschiedentlich an Birken und Pappeln gefunden worden. Kelch (Erichson
in, S. 699) beobachtete ihn auf dem Harzausfluß einer Kiefer, in welchem er
eine Menge der Käfer sah, teils eingeschlossen, teils auf ihm herumkriechend ; am
sonnigen Morgen fanden sich immer neue Ankömmlinge ein, welche vom Harze
nach und nach bedeckt wurden. Erichson fand den Käfer zuweilen in hohlen
Bäumen; Ratzeburg sammelte ihn meist des Morgens in den Spinngeweben der
Kreuzspinne.
Die Larve lebt, wie der Maikäferengerling, von lebenden Pflanzen-
wurzeln. Saxesen fand die Larven in mit Moos untermengter und von
Fichtenwurzeln durchzogener Erde unter Steinen. Eingehendere Beobachtungen
berichten Escherich und Baer: In einem Pflanzgarten an der „hohen Eule"
(höchste Erhebung des Eulengebirges, 650 m über dem Meer) zeigten End«
Oktober die zweijährigen Fichten auf einer Fläche von ca. 36 qm eine bedenk-
liche Rötung der Nadeln. Die meisten Pflänzchen waren im Absterben begriffen.
Eine Untersuchung der Wurzeln ergab eine starke Fraßbeschädigung: sie waren
streckenweise ihrer Rinde beraubt und ihre feineren Enden waren mehr oder
weniger gänzlich abgenagt. Als Urheber wurden in 7 — 20 cm Tiefe kleine,
ca. I cm lange &n<ra-Larven festgestellt. Die Bestimmung der Larve wurde
durch Zucht bestätigt. Die Zahl war stellenweise sehr groß und betrug bis zu
75 Stück auf den Quadratmeter.
Die ersten Puppen wurden am 28. Mai, die ersten frisch entwickelten
Käfer am 8. Juli ausgegraben. Mit den Jungkäfern wurden auch noch Larven,
und zwar in verschiedenen Entwicklungsstadien (auch halbwüchsige) zu tage
gefördert. Letzterer Umstand läßt auf eine zweijährige Generation
schließen.
Forstliche Bedeutung. — Das Tier kann nach dem Gesagten stellen-
weise als Kulturschädling unangenehm werden. Doch scheint es nur selten
zu einer größeren Vermehrung zu kommen und dann nur zu einer lokal sehr
beschränkten.
Bei der Bekämpfung der Serica kann es sich nur darum handeln, die
von den Larven befallenen Stellen, die am Absterben der Pflänzchen leicht
zu erkennen sind, umzugraben und von den Engerlingen zu säubern.
In Anbetracht der geringen Ausdehnung der befallenen Flächen stehen dem
keine Schwierigkeiten im Wege.
Es ist nicht ausgeschlossen, daß auch die zweite in Deutschland vorkommende Art, die
,,graue" Serica {S. holosericea Scop.), die sich durch die schwarzgraue, seidenartig schimmernde
Oberseite und die 10 gliederigen Fühler von der bninnea unterscheidet, in der Ebene auf sandigen
Gebieten in ähnlicher Weise forstlich schädlich wird. Doch ist bis jetzt darüber nichts berichtet.
Landwirtschaftlich wird s'e besonders an Hopfen schädlich.
Coleoptera. — 3. Familien reihe: Lamellicomia.
Gattungsgruppe Rutelini.
Unterscheidet sich von den beiden vorhergehenden Gnippen durch die ungleiche Aus-
bildung der Klauen. Fühler 9 gliederig mit dreigliederiger Keule. Körper kahl oder behaart
(nicht beschuppt). Hinterschienen mit je 2 Enddornen. Mittelgroße Tiere, von höchstens
18 mm Länge.
Forstlich spielen die Rutelini bei weitem nicht jene wichtige Rolle wie die
Melolonthini, immerhin sind einige Gattungen wenigstens beachtenswert:
1 . Kopf Schild einfach, viereckig oder gerundet 2
— Kopfschild nach vorne schnauzenförmig verlängert, konisch, vor der Spitze tief
eingeschnitten und diese stark aufgebogen . An-isoplia Serv.
2. Kleinere Arten, 9 — 12 mm. Hinterschenkel wenig dicker als die vorderen,
Körper ziemlich flachgedrückt, lang und dicht behaart Phyllopcrtha Kirb.
— Größere Arten, 13— 18 mm, Hinterschenkel stark verdickt, Körper gewölbt,
wenig behaart Ana mala Sam.
f33j Anisoplia segetum Hbst. (Getreidelaubkäfer).
Der 10 — 12 mm lange Getreidelaubkäfer ist schwarzgrün glänzend mit gelbbraunen
Flügeldecken {(^ einfarbig, 2 "^it einem schwarzen Fleck am Schildchen).
In manchen Jahren sehr häufig, aber vorzugsweise am Getreide, an welchem
sie die Staubkölbchen fressen; auch an Strauchweiden. Flugzeit Mitte Juni. Sie
können, da sie immer niedrig sitzen, bequem im Fangschirm gesammelt werden.
Generation zweijährig.
Außer segelum kommen in Mitteleuropa noch eine Reihe anderer Formen
(teils mit schwarzer Flügeldeckenzeichnung) vor, die oft in ungeheuerer Menge
auftreten und dem Getreidebau großen Schaden zufügen : agncoia Poda (Deutsch-
land), austriaca Hrbst. (Südosteuropa, schlimmster Schädling), tempestiva Er.
(Ungarn) u. a.
"/ 321 Phyllopertha horticola L. (Gartenlaubkäfer, Kleiner Rosenkäfer}.
Kleine Art, 9—12 cm lang, flachgedrückt, lang und abstehend behaart (Abb. 56 E);
grünlich oder bläulichschwarz oder blaugrün, glänzend; Flügeldecken meist gelbbraun (manchmal
mit dunkler Naht, oder mit dunklen Flecken oder auch ganz schwarz mit Erzschimraer").
Gehört zu den häufigsten, verbreitetsten und gemeinsten Arten der Rute-
lini. Trotzdem ist seine Lebensweise noch wenig erforscht. Der Käfer
schwärmt im Juni bis August (je nach der geographischen Lage) zur Mittagszeit,
oft in dichten Wolken, knapp über dem Boden. Zur Nahrung läßt er sich auf
Rosen oder Obstbäumen nieder (deren Blütenteile, Blumenblätter und Fruchtstand
er befrißt); dann aber auch auf verschiedene andere Laubholzpflanzen, wie Aspe,
Hasel, wo er sich von den Blättern nährt, die er von der Fläche her angreift
und skelettiert. AI tum traf den Gartenlaubkäfer auf der Nordseeinsel Borkum
(Ende August) in Millionen von Individuen auf dem Seekreuzdorn [Hippopha'e
rhamnoides)^ Brombeeren und Zwergweiden an.
Die Larve nährt sich von den Wurzeln der verschiedensten Pflanzen, vor
allem Gras. Sie kann dadurch auf Rasenplätzen recht schädlich werden. Saxesen
vermutet, daß die großen Verwüstungen, die seinerzeit die Bergwiesen des Harzes
erlitten haben, auf die Tätigkeit der Phyllopertha-'LdiXwe zurückzuführen sei. Der-
selbe Autor will die Larve auch an Fichten wurzeln gefunden haben.
Zur Bekämpfung kann man auf besonders gefährdeten Stellen die Käfer in
den kühlen Morgenstunden in untergehaltene Schirme abklopfen.
Gattungsgruppe Rutelini.
■flJ3i; Anomala aenea Deg. (= Frischii F.) (Julikäfer).
Deutlich größer als die vorige Art, 12 — 15 mm. Außerdem durch die starke Wölbung
des Körpers und das Fehlen einer dichten Behaarung leicht von Phyllopertha zu unterscheiden
(Abb. 56 C). Färbung sehr variabel: Kopf, Halsschild und Unterseite tief erzgrün, Flügeldecken
erzbräunlich bis erzgrün, bisweilen dunkler, sogar mit tiefbläulichem Schein; manchmal auch der
ganze Körper einschließlich Flügeldecken dunkelblau. Fühler rötlichgelb mit dunkler Keule.
Lebensweise noch wenig erforscht. Der Käfer fliegt im Juni, Juli (bis
anfangs August) oft ungemein häufig. Hauptsächlich an Getreide, aber auch an
Bäumen und Sträuchern aller Art: Weiden, Birken, Akazien. Nach Henschel
D E F G
Abb. 56. A^Cetonia aurata L , B Osmoderma eremita Scop., C Anomala aenea Deg. (2 x vergr.),
D Serica brunnea L., E Phyllopertha horticola L., F. Hoplia farinosa L., G Trichius
fasciatus L. — Orig.
(1888) ist er auch auf Kiefern, sowohl älteren als jüngeren, massenhaft ge-
funden worden, in „intensivster Weise dem Nadelfraß obliegend", ^) „Die Nadeln
waren von der Spitze her, teils nur an einer, teils an beiden Nadelkanten be-
fressen, in welch letzterem Falle die Ränder sich als unrein, faserig, sägeartig
bis nahezu auf den Mittelnerv ausgekerbt zeigten; oder die Nadeln waren ganz
verzehrt, so daß nur noch die Stumpfe der Nadelscheiden übrig blieben."
^) Eckstein stellte auf diese Mitteilung Henschels hin Versuche bez. der Kiefem-
nahrung an, gelangte dabei aber nur zu negativen Ergebnissen. Die Kiefernnadeln wurden von
den eingezwingerten Anomalen nicht angenommen. Letztere gingen vielmehr trotz der reich-
lichen Kiefern nahrung nach einiger Zeit ein.
JJ2 Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Von den nicht wenigen anderen mitteleuropäischen Arten seien hier noch genannt:
Anomala vitis F. (Fühler ganz gelb, auch die Keule). Besonders häufig in Ungarn in den
Flugsandgebieten, wo sie in den Weinbergen, durch Befressen der Rebblätter, oft sehr schädlich
werden (Sajo 1895), auch an Obstbäumen, Weiden usw.; Anontala mirata F. (Bayern,
Württemberg, an Koniferen), und Anomala j'unii Duft, (südliches Mitteleuropa, an Getreide).
Gattungsgruppe Hopliini.
Die Hopliini lassen sich von den Rutelini leicht unterscheiden durch die mehr oder
weniger dichte Bedeckung des Körpers mit kleinen Schuppen, die dem Tier oft ein
grünlich oder bläulich schimmerndes Aussehen verleihen. Ferner fallen die plumpen Beine auf.
Die Hinterschienen sind ohne Enddornen. — Meist kleinere Formen von S — 11 mm Länge und
von flachgedrückter Körperform.
Die Imagines leben von den Blättern und Blüten, die Larven von Wurzeln.
Die Lebensweise ist bis jetzt nur sehr ungenügend bekannt.
In Mitteleuropa nur i Gattung: Hoplia 111.
■^?3;,Hoplia graminicola F. (Gras - Laubkäfer).
Beschuppung der Flügeldecken nicht dicht geschlossen, so daß der braune Untergrund
durchscheint. Unterseite dicht beschuppt, bleichgrün oder goldgrün schimmernd.
Bisweilen sehr häufig, auf Gras und Bäumen. Ratze bürg fand ihn auf
Pappeln. Die Larve kann forstlich schädlich werden, so brachte sie nach
Ecksteins Beobachtung (1Q04) im Eberswalder Forstgarten in einem Kiefern-
saatbeet eine Reihe von Pfiänzchen zum Absterben. Über die Generation ist
nichts bekannt.
Noch eine andere Art, Hoplia farinosa L, (Abb. 56 F), die sich von der
vorigen durch die dichte Beschuppung und daher goldene oder gelbliche oder
gelblichgrüne Färbung der Flügeldecken unterscheidet, macht sich hier und da
durch häufiges Auftreten bemerkbar.
Saxesen beobachtete den „silberschuppigen Laubkäfer" im Harz zahlreich
auf Erlen. Ein anderer Beobachter berichtet von zahllosen Schwärmen dieses
Käfers (mit Phyllopertha vermischt) in einer Eichenpflanzung des Solling, wo
sie einen sichtbaren Schaden an dem Laube der jungen Eichen anrichteten
(Ratzeburg S. 102).
Die übrigen Gattungsgruppen der Melolonthinae^ die Dynasiini^ Cetoniini^
und Trichiini (s. oben S. 5Ö) scheinen als forstschädlich nicht oder nur sehr
wenig in Betracht zu kommen. Allerdings ist die Lebensweise der wenigsten
genügend erforscht, so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß die eine oder andere
Art doch noch als forstlich beachtenswert sich entpuppt.
Abgesehen davon erwecken die meisten hierher gehörenden Tiere durch
ihre auflFallende Erscheinung und schönen Farben, durch ihre aufdringliche Lebens-
weise — sie finden sich zur Nahrungsaufnahme im hellen Sonnenschein auf
Blumen aller Art oder an Baumstämmen an ausfließendem Baumsaft ein — , und
endlich durch die Entwicklung der Larve in morschen Baumstämmen nicht selten
das Interesse des naturbeobachtenden Forstmannes. Dazu kommt, daß manche
der Larven zu Verwechslungen mit den so schädlichen Maikäfer-
engerlingen Anlaß geben, so daß sie zu den „täuschenden Forst-
insekten'' zu rechnen sind. Es ist also mehr als ein Grund vorhanden, daß wir
uns wenigstens mit den hauptsächlichsten Vertretern der genannten Gattungs-
gruppen, wenn auch nur kurz, beschäftigen.
Gattungsgruppe Cetoniini. 11^
Gattungsgruppe Cetoniini.
Blüten- oder Goldkäfer.
Die Gruppe ist gut charakterisiert durch den seitlichen B'lügeldeckenausschnitt, durch den
die Flügel entfaltet werden, und durch den engen Anschluß des Halsschildes an die Flügel-
decken. Alle Arten fliegen bei geschlossenen Decken.
Am bekanntesten sind die eigentlichen Goldkäfer der
Gattung Cetonia (sens. lat.).
Große Käfer, meist mit metallischem oder grüngoldenem Glanz und schwach behaarter
oder kahler Oberfläche.
Die Larven (Abb. 45 S. 61) sind den Maikäferengerlingen ähnlich, lassen bich aber
unschwer von ihnen unterscheiden durch die wesentlich kürzeren Beine und den nach hinten
allmählich verdickten Körper mit stark abgerundetem Hinterende und endlich durch die schwächere
Krümmung,
Man trifft die Käfer im Sommer auf allen möglichen Blüten, vor allem
denen der Rosaceen (Rosen, Obstbäume), dann auch auf Blumen, Flieder,
Holunder oder an ausfließenden Baumsäften.
Die Larven leben in faulem Holz, Holzmulm, Holzerde und auch in den
Haufen der roten Waldameise. Sie sind auch schon an den Wurzeln bereits
anderweitig angegriffener Bäume angetroffen worden. So sah Ratzeburg an
einer von Saperda carcharias zerfressenen Pappel eine Menge Cetonien - Larven,
welche da, wo sich die stärksten Wurzeläste trennten, fraßen und hier förmlich
ein Nest bereitet hatten.^) Ihre Entwicklung dauert mehrere (drei?) Jahre; sie
verpuppen sich in einem aus Holzstückchen und Kot gefertigten Gehäuse und
erscheinen gewöhnlich Ende Mai bis Juli. — Die Larven kommen oft in
großer Zahl in alten morschen Stöcken oder im Humus vor und
werden dann, wie schon bemerkt, nicht selten mit den so schäd-
lichen Maikäferengerlingen verwechselt.
Die häufigsten Arten sind:
- Cetonia aurata L. (der gemeine Goldkäfer), 15 — 21 mm lang, goldgrün, oft mit goldrotem
Schein; Flügeldecken weiß quergesprenkelt (Abb. 56 A).
Cetonia (Potosial aenea Gyll. (floricola Hbst.), von derselben Größe, erzgrün mit oder ohne
weiße Strichelchen auf den Flügeldecken, Unterseite metallisch violett. Käfer auf Blüten
aller Art, besonders Distelköpfen, und an Baumsäften, besonders Obstbaumsäften. Larve
in den Haufen von Formica rufa L. (rote Waldameise).
Seltener sind:
^.?vv Cetonia marmorata F., 20 — 24 "i"ii metallisch tiefbraun mit feinen weißen Fleckchen und
"^ Strichelchen auf den Flügeldecken. Am ausfließenden Saft der Eichen und Weiden, auch
an reifem Fallobst. Larven in mulmigen Teilen jener Bäume. AI tum fand in einer
alten mulmigen Eiche eine große Anzahl erwachsener, überraschend großer Larven
dieser Art.
/' Cetonia speciosissima L., die größte und schönste Art Mitteleuropas (20—27 mm), prachtvoll
metallisch grün, ohne Zeichnung. Larve in faulem Eichenholz, Käfer am ausfließenden
Eichensaft. (Altum S. 82.)
Außer diesen großen eigentlichen Goldkäfern gehören zu den Cetoniini auch noch einige
kleinere Formen von höchstens 11 — 12 mm, dunkler, schwarzer Färbung und meist dichter, ab-
stehender Behaarung. Die bekannteste hierhergehörende Art ist Tropinota hirta Poda
{hirtella L.), die hauptsächlich im südöstlichen Deutschland und Österreich verbreitet ist, oft in
ungeheuren Massen auftritt und durch Zerstören der Kornähren usw. landwirtschaftlich schädlich
werden kann.
1) Die Cetonien sind in bezug auf ihre Schädlichkeit noch nicht genügend erforscht.
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. °
IIA Coleoptera. — 3. Familienreihe: Lamellicornia.
Gatlungsgruppe Trichiini.
Pinselkäfer.
Den Cetonien habituell nahestehend, unterscheiden sie sich von ihnen durch das Fehlen des
Flügeldeckenausschnittes und durch den weniger engen Anschluß des Halsschildes an die Flügel-
■ decken. — Die Gruppe enthält eine Reihe nach Größe und Färbung recht verschiedener Formen:
einerseits sehr große einfarbig dunkelbraune Formen bis 30 mm Länge (Os modern/ a Serv.)^ anderer- ^f^y
seits mittelgroße Arten von 15 — 20 mm Länge und schwarzer oder goldgrüner Färbung
{Gnortmus Serv.), und endlich kleinere Arten von höchstens 12 — 13 mm Länge und bunter,
gelb und schwarzer Färbung (Trichms F.).
Die Larven durch die kurzen Beine an die Cetonienlarven erinnernd, nur der Kopf meist
verhältnismäßig größer. Auch in der Lebensweise haben sie viele Ähnlichkeiten mit den vorigen:
Die Larven leben oft in großer Zahl in hohlen Bäumen im Mulm, die Käfer auf Blüten oder
an Baumsäften.
Die häufigsten Arten unseres Faunengebietes sind:
fj^" Osmoderma eremita Scop. (Eremit. Juchtenkäfer). Größte Art, bis 30 mm, dunkelbraun,
erzglänzend, oberseits unbehaart (Abb. 56 B). Käfer mit einem eigenartigen angenehmen
Geruch behaftet. Larven im mulmigen Holz der verschiedensten Laubbäume, wie Linde,
Buche, Birke, Pappel, Weide, Eiche, Roßkastanie usw. AI tum berichtet von einer
alten Buche bei Eberswalde, die längere Zeit hindurch vom Eremiten für seine Brut
benutzt worden und in großartiger AVeise von den Larven in ihrem faulen stockigen
Teil durchwühlt war. Außer mit einer Menge Larven fand sich der Stamm erfüllt von
zahlreichen alten verlassenen Puppengehäusen.
/■ Onori?nus variabüis L. {octopundatus Hbst.). Mittelgroße Art von 20 mm Länge; schwarz,
schwach glänzend. Flügeldecken mit spärlichen weißen Punkten besetzt. Käfer anfangs
Sommers an den Stämmen anbrüchiger Laubbäume, besonders Eichen, Kastanien, Erlen
und Ulmen; auch auf Blüten. Larve in Eichen, Erlen usw.
nOnorimus nobilis L. Von derselben Größe, durch seine goldgrüne Färbung an die Goldkäfer
erinnernd. Käfer häufig auf Blüten von Spiraeen, Holunder usw., auch an Baumsäften.
Larve in alten Pflaumenbäumen, Weidenstämmen usw.
Jk} Trichms fasciutus L. (Abb. 56 G). Kleinere Art von ca. 12 mm. An seiner gelb und
schwarzen Flügeldeckenzeichnung (Flügeldecken ockergelb mit je 3 schwarzen Querflecken)
ohne weiteres zu erkennen. Kiifer auf Blüten. Larven in morschem Holze von Erlen,
Birken usw.
Gattungsgruppe Valgini.
i; j'/C Die einzige hierhergehörende Art Valgus hemipterus L. (7—9 mm lang, schwarz oder
.schwarzbraun, schwarz und weiß beschuppt, Halsschild mit 2 erhabenen Kielen, Flügeldecken
mit Mondfleck) lebt als Larve im abgestorbenen Holz von Akazien, Eichen usw., wo sie Gänge
von elliptischem Querschnitt macht (Barbey S. 594).
Gattungsgruppe Dynastini.
Riesenkäfer.
Der Name ,, Riesen käf er" rührt von den tropischen Formen dieser Gruppe her, die teil-
Aveise wirklich zu den Riesen der Käferwelt gehören. In unserer Fauna sind die Dynastinen
nur sehr schwach vertreten. Für uns kommt überhaupt nur eine Art in Betracht, nämlich der
•7/ j,,^ ca. 50 mm lange Nashornkäfer, Oryctes nasicornis L., der durch die Hornbildung auf dem
Kopf des Männchens ohne weiteres zu erkennen ist. Die Larve lebt hauptsächlich in Eichenlohe,
kommt aber auch in noch nicht ganz abgestorbenen Bäumen (vornehmlich Eiche) vor. Kann in
Mistbeeten, Treibhäusern und Gerbereien durch Zerfressen der Lohe usw. Schaden anrichten.
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4. Familienreihe: Diversicornia.^)
Die Familienreihe der Diversiconier ist schwer zu definieren. Sie enthält alle diejenigen
Familien, welche in den andern Familienreihen nicht unterzubringen sind, also den ganzen Rest
der nach Abzug der Staphylinoidea , Laviellicornia^ Heteroniera, Phytophaga und Rynchophora
verbleibenden polyphagen Coleopteren. So stellen die Diversicornier gewissermaßen die Rumpel-
kammer der Coleopterensystematik dar, in die man alles, was man anderwärts nicht brauchen
kann, zusammengeworfen hat. Die Zusammensetzung der Familienreihe ist darnach auch eine
recht bunte, so daß es schwer fällt, allgemeingültige Merkmale festzustellen. Als den einzigen
allen Angehörigen zukommenden Charakter kann man das Flügelgeäder nennen, das nach
dem Typus II gebaut ist (der aber keineswegs nur den Diversicorniern, sondern auch noch
anderen Familienreihen zukommt). Bezüglich der Tarsengliederzahl finden wir fast alle Möglich-
keiten verwirklicht: der größte Teil der Diversicornier (Sternoxia^ Brachymera und andere)
hat allerdings 5 Glieder an allen Tarsen, andere aber haben viergliedrige, und wieder andere
dreigliedrige Tarsen. — Die Fühler sind ebenfalls recht verschieden; sie sind fast niemals
gekniet und bei den meisten Arten {Clavicornia usw.) mit einer gewöhnlich dreigliedrigen Keule
endigend, oder doch wenigstens gegen die Spitze zu verdickt; bei einem anderen Teil sind die
Fühler faden- oder schnurförmig, gesägt oder gekämmt (Sternoxia. Malacoderviata usw.).
Der Buntheit der imaginälen Formen entspricht die Verschiedenheit der Entwicklungs-
stadien: Die meisten Larven sind mit Beinen versehen, lang gestreckt und mehr oder weniger
stark chitinisiert, andere (die im Holz leben) sind weichhäutig und oft auch beinlos (Buprestiden).
Die Lebensgewohnheiten der Diversicornier sind ungeheuer verschieden-
artig: eine große Zahl (besonders die kleinen zu den Clavicorniern gehörenden
Formen) leben von Moder, Pilzen oder faulendem Holz, andere {Sler?ioxia usw.)
nähren sich von lebendem oder totem Pflanzengewebe, wieder andere von
tierischen Abfällen oder auch räuberisch von anderen Insekten oder deren Larven.
Darnach ist auch die forstliche Bedeutung sehr verschieden, und wir
können vom praktischen Standpunkt aus unterscheiden:
I. schädliche Arten, welche durch Wurzel-, Rinden-, Holz- oder Samen-
fraß die Forstpflanzen teils physiologisch teils technisch schädigen,
^) Die Familienreihe der Palpicornia ist forstlich ohne jedes Interesse und kann
deshalb hier übergangen werden; sie enthält in der Hauptsache im Wasser lebende Käfer von
denen der große „Kolbenwasserkäfer" Hydrophilus piceus L, der bekannteste ist. Übrigens
hat Ganglbauer die Palpicornia noch nicht von den Diversicornia getrennt; die Trennung
wurde erst von Reitter durchgeführt.
Familiengruppe Clavicornia. 1 1 7
2. nützliche Arten, welche durch Vertilgung schädlicher Forstinsekten
deren Vermehrung eindämmen, und
3. indifferente Arten, welche weder in der Waldhygiene eine Rolle
spielen, noch auch die Verwertung der Forstprodukte beeinträchtigen, deren Vor-
kommen aber an den Wald gebunden ist und die dem Forstmänne so häufig
begegnen, daß sie seine Aufmerksamkeit erregen und daher, teilweise wenigstens,
zu den „täuschenden Forstinsekten" zu rechnen sind.
Systematische Übersicht.
1. Vorderhüften in der Regel kugelig oder quer, durch das Prosternum getrennt 2
— Vorderhüften zapfenförmig vorragend und meist aneinanderstoßend ... 4
2. Hinterhüften ohne Schenkeldecken, meist walzenförmig oder rundlich, in den
Gelenkhöhlen mehr oder weniger eingeschlossen und auseinanderstehend,
zwischen ihnen das erste Abdominalsegment breit an das Metasteinum
anstoßend. Fühler meist mit einer Keule oder wenigstens nach der
Spitze verdickt (selten schnurförmig: bei einigeti Cucujiden). Tarsen
mit verschiedener Gliederzahl, häufig weniger als 5. Meist nützliche Tiere
Familiengruppe Clavicornia
— Hinterhüften quer, fast aneinanderstoßend, mit Schenkeldecken, von denen
die Schenkel in der Ruhe mehr oder weniger bedeckt werden. Tarsen
stets 5 giiederig. Fühler gekeult oder schnurförmig 3
3. Fühler gekeult oder nach der Spitze zu verdickt. Prosternum ohne Brust-
stachel. Leben in trockenen tierischen Abfällen oder in Moos. Schädlich
in Tier- und Pflanzensammlungen Familiengruppe Brachymera
— Fühler schnurförmig, gesägt oder gekämmt. Prosternum mit Bruststachel,
der in einen Ausschnitt des Mesosternums hineinragt. Larven leben
von Pflanzen (von Wurzeln oder im Holz). Arge P'orslschädlinge
Familiengruppe Sternoxia
4. Flügeldecken gewöhnlich weich, dem Körper meist flach aufliegend, manchmal
verkürzt und klaffend. Fühler fast stets schnurförmig, bisweilen gesägt
oder gekämmt (selten gegen die Spitze zu verdickt), Hinterhüften zapfen-
förmig vorragend und aneinanderstoßend Familiengruppe Malacodermata
— Flügeldecken mehr oder weniger hart, und meist gewölbt. Fühler ent-
weder schnurförmig (oft mit stark verlängerten Endgliedern) oder ge-
keult oder wenigstens nach der Spitze zu verdickt. Hinterhüften nicht
zapfenförmig vorragend, mehr oder weniger voneinander entfernt. Teils
nützlich, teils schädlich Familiengruppe Teredilia
Familiengruppe Clavicornia.
Die Clavicornier stellen die artenreichste und bunteste Familiengruppe der Diversicornier
dar; sie enthalten zahlreiche Familien, die habituell teilweise stark voneinander abweichen (wie
z. B. die runden hochgewölbten Coccinelliden und die flachen langgestreckten Colydiiden).
Weitaus die meisten Clavicornier sind kleinste bis kleine Tiere (2 — 5 mm lang), nur wenige
sind größer und erreichen eine Länge von 8 — 10 mm, ganz selten bis 15 mm {Cucujus^
Colydms, Coccinelliden). Ein fast allen Arten zukommendes Merkmal sind die gekeulten
oder wenigstens zur Spitze deutlich verdickten Fühler (wonach ja die Familiengruppe auch be-
nannt ist). Nur ganz wenige Formen machen eine Ausnahme, wie verschiedene Cucujiden, die
einfache, lange, schnurförmige Fühler besitzen {Laeniophloeus u. a.).
Ein großer Teil der Clavicornier ist in seinem Vorkommen an den Wald
gebunden, und lebt unter Rinde, im Holz, in Schwämmen oder auch frei auf
den Stämmen oder den Nadeln usw. Doch die meisten von ihnen sind forst-
lich indifferent und interessieren den Forstmann nur insofern, als sie ihm
häufig (z. B. bei seinen Feststellungen über Borkenkäfervorkommen) begegnen, —
Andere, in der Minderzahl, sind forstlich nützlich, indem sie Forstschädlingen
sei es im Holz, unter Rinde oder auch auf Blättern und Nadeln nachstellen und
viele von ihnen vernichten. —
jjg Coleoptera. — 4 Familienreihe: Diveisicornia.
A. Forstlich indifferente Formen („täuschende Forstinsekten").
Die Zahl der forstlich indifferenten Arten ist Legion; dabei ist allerdings
zu bemerken, daß die Lebensweise von vielen noch nicht aufgehellt ist und daß
vielleicht noch manche Art, die heute als indifferent gilt, später in die Kategorie
der nützlichen Insekten zu stellen sein wird.
Die zahlreichen unter Rinde, in faulendem Holz oder in Schwämmen
lebenden Formen gehören hauptsächlich folgenden Gattungen an:
Familie Ostomidae: Temnochüa Westw., Ostoma Laich., unter Rinde und im Holz alter
morscher Stöcke oder Stämme, auch in Schwämmen (vgl. Saalas 1917).
Familie Nitidulidae: Soronia Er., Cryptarcha Shuk., an ausfließenden Baumsäften; Eptiraeo
Er.'), Pocadius Er., Cychranms Kug., in Schwämmen (Bovist, Agaricus); RhixophagUH
Hbst., Ipidia Er. (Abb. 57 C u. 58 C), unter Rinde usw.
'II Ij: Familie Gueujidae: Cueujus V. (Ahh. 57 B), Pediacus 'ähvk.^ Dendrophagus Schönh., Silvanus
^ Latr., unter Rinde alter Laub- und Nadelholzstämme, vielleicht auch räuberisch (vgl.
Saalas 1917).
^Familie Cryptophagidae : Tritonm F., Iriplax Payk, Dacne Latr., Diphijllus Steph., in
Schwämmen.
^7j Familie Lathridiidae: Latkridms Hbst. (Abb. 57 F), Corticaria Marsh., unter Rinde, in
faulendem Holz, in Schwämmen.
"^ßf Familie Mijcetophagtdae : Mycetophagus Heilw., Litargits Er., in verpilztem Holz oder in
Baumschwämmen .
ly^y Familie Gisidae: Cis Ltr., Ennearthrou Mellie, in Schwämmen (Polyporus, Boletus).
'^^Familie Golydiidae: Ditoina Hhst. (Abb. 57 L). Synchita KeWvf ., Gicones C-ariis,, Goxehcs Latr..
Pycnomerus Er., in faulem Holz, unter Rinde usw.
.^/io Familie Endomyehidae : Endo7nychus Pz., Lycoperdma Ltr., in Bovisten, in faulem, schimm-
ligem Holz usw.
B. Räuberische (forstnützliche) Arten.
Fast alle Clavicornier-Famihen enthalten auch nützliche Arten, die vom
Raub anderer, schädlicher Insekten leben. Wir können hierbei nach der Lebens-
weise zwei Kategorien unterscheiden: die einen leben im Holz oder unter Rinde,
um in den von Borkenkäfern usw. verfertigten Gängen Jagd auf deren Brut zu
machen; die anderen leben frei und üben ihre nützliche Tätigkeit offen an den
Stämmen oder auf Blättern oder Nadeln aus.
a) Räuber, die auf die Brut von Holz- und Rindeninsekten in deren
Bohrgängen Jagd machen.
Es können hier nicht alle Arten, die in Borkenkäfergängen usw. gefunden
wurden, angeführt werden. Denn ihre Zahl ist sehr groß; außerdem ist bei vielen
Arten die Lebensweise noch wenig erforscht, so daß es noch nicht überall sicher
ist, ob trotz des Aufenthaltes in Borkenkäfergängen die betreffenden Arten sich
auch wirklich von Borkenkäferbrut ernähren. Ein weiterer Punkt bedarf noch
der Feststellung, ob und inwieweit nämlich die einzelnen Arten auf bestimmte
Borkenkäferarten angewiesen oder ob sie in dieser Beziehung völlig wahllos
sind, d. h. mit allen Borkenkäferlarven in gleicher ^^eise vorliebnehmen. Nach
den verschiedenen Fundortsangaben in systematischen und faunistischen Werken
kann man sich über diesen Punkt kein irgendwie klares Bild verschaffen. Im
folgenden seien die hauptsächlichsten Familien mit den wichtigsten räuberischen
*) Die Epiiraea- Arten verhalten sich biologisch recht verschieden: ein Teil lebt in
Schwämmen, andere an ausfließenden Baumsäften, wieder andere unter Rinde, in Borkenkäfer-
gängen als Räuber (s. unten).
Familiengruppe Clavicornia.
119
H J K L
Abb. 57. Verschiedene Clavicornier. A Epuraea rufomarginata Steph., B Cucujus haematodes
Er,, C Ipidia 4-notata F., D Nemosoma elongatum L , E Glischrochilus 4-pustulatus Hrbst.,
F Lathridius angusticoUis Gyll., G Laemophloeus ferrugineus Steph., H Rhizophagus grandis
GylL, J Aulonium trisulcum Geoffr., K Colydium elongatum L., L Ditoma crenata F. Alle
stark vergr. — Original
Coleoptera.
4. Familienreihe: Diversicornia.
Arten genannt. Es handelt sich hierbei, in Anpassung an die Borkenkäfergänge,
meist um kleine schmale (oft sehr langgestreckte) flache Formen.-)
Familie Ostomidae.
J\ f Nemosorna elongatiirn L. , ein äußerst schmales langgestrecktes, dunkelgefiirbtes Tier von
4 — 6 mm Länge, mit breiten roten Binden auf den Flügeldecken (Abb. 57 d). Es wurde
gefunden unter der Rinde von Buchen, Linden, Ulmen, Kiefern, in den Gängen von
folgenden Borkenkäferarten: Pteleobius vittatus^ Carphoborus minmius, Ernoporus fag%
Cryphalus tiliae, Pityophthorus micrographus^ Ips typograplnis, Taphrorgclnis bicolor
Dryocoetes villosus, Xyleborns Saxescni. Xyloterns domesticKs.
Familie Nitidulidae.
Enthält zahlreiche räuberische Arten, als] deren häufigste folgende in Betracht kommen:
Olischrochilus (Ips) quadrigtdtatus Ol., ein glänzend schwarzer, etwas an die Histeriden
erinnernder Käfer von 4 — 67? mm Länge, mit 4 roten Makeln auf den Flügeldecken.
In den Gängen von Xyleborus.
— — quadripusHdakis Hrbst., ähnlich wie der vorige (Abb. 57 E), bei Blast, piniperda.
Epuraea angustata Er. und laeviusnda
GH., in den Gängen von Xyloterus
lineatus.
/j/j<f — — oblonga Hrbst., bei Bläst, minor.
,, jt — — rufomaginata Steph. (Abb. 57 A
u. 58 B), bei Dryocoetes autographus.
' }f — — suturalis Rtt., bei Ips typographus.
r' J^Pityophagus ferruginens L., langgestreckt,
parallel, glänzend rostrot. Vertilger der
Brut von Hylastes ater. Blast: pini-
perda, minor., Ips typographus
(Fleischer) usw.
Bhixophagiis- Arien. Durchgehends schmale
langgestreckte Tiere von 3 — 4 mm
Länge und von meist brauner oder
schwarzbrauner Färbung. Fast alle
Arten der Gattung nähren sich sowohl
als Larven als auch als Imagines von
der Brut von Borkenkäfern.
grandis Gyll. (Abb. 57 H), in den
Gängen von Dendroetonus micans.
depressus F., in den Gängen von
Hylastes ater. Blast, piniperda und
ntinor, Dendroetonus mieans., Tomi-
eus Mannsfeldi, Xyloterus lineatus.
Rh. ferrugineus Payk., in den Gängen von
Pityogenes bidentattis, Ips typo-
graphus.. Blast, minor.
''''' Rh. parallelocollis Gyll., in den Gängen von Blast, piniperda, Polygraphus poligraphus., Dryo-
coetes alni usw.
/// Rh. dispar Payk., in den Gängen von Hylastes palliatus.
n Rh. bipustulatus F., in den Gängen von Blast, piniperda und minor., Hylastes palliatus^ Pityo-
genes bidentatus., Xyleborus cryptographus.
i/oRh. politus Hellw., in den Gängen von Blast, piniperda.
' Rh. parvulus Payk., in den Gängen von Hylastes palliatus.
^ , Rh. cribratus Gyll., in den Gängen von Ips typographus L. (Fleischer).
Abb. 58. Verschiedene Clavicornier- Larven.
A Laemophloeus, B Epuraea, C Ipidia. Vergr.
Nach Saalas.
Familie Cucujidae.
Hier ist es vor allem die Gattung Laemophloeus Steph., die räuberische Arten enthält
meist kleine bis sehr kleine Formen, hell oder dunkler braun gefärbt, gewöhnlich langgestreckt
') Vgl. hierzu Kleine 1909 und Saalas 1917.
Familie Coccinellidae. 12 1
und flach (selten breiter), mit meist spitzenwärts verdickten, manchmal auch einfach schnur-
förmigen Fühlern.
jff fi Laemophl. monilis F., in den Gängen von Taphroryehus bicolor.
~ -« Laemophl. ferrugineus Steph. (Abb. 57 G u. 58 A), in den Gängen von Pityophthorus niiero-
graphus.
n S%Laemophl. alternans Er., in den Gängen von Pityogenes bidentntus, Pitynphth. microyraphus,
Ips typographus, Polygraplms usw.
Lmmophl. abietis Wank., bei Polygraphus^ Ips typographvs, Pityogen. chalcographus usw.
Familie Colydiidae.
Enthält eine Reihe räuberischer Arten, die meist durch ihre langgestreckte Form auffallen.
Jll ML Colydium. elongatumV. (Abb. 57K) und filiforme F., in den Gängen von Xyleborus mono-
graphus.
Aulonium trisulcatum Geoffr. (Abb. 57J), in den Gängen von Eccoptogaster scolytus und
multistriatus.
//: Ditoyna crenata F., bei Taphroryehus bicnlor und Hylastes ater.
„ //ji Oxylaemus eylindricus Pz., bei Xyleborus monographus und Hylastes paUiahis.
, Jit Bothrideres contractus F., in den Gängen von Anobien.
/ff Cerylon histeroides F., in den Gängen von Blast, piniperda.
r r impressum Er., bei Xyleb. cryptographus.
b) Freilebende, olfen auf Stämmeri, Blättern oder Nadeln jagende
Räuber.
Hier ist nur eine Familie zu nennen, die aber eine um so wichtigere
Rolle als Schädlingsvertilger spielt und daher ausführlicher behandelt zu werden
verdient:
Familie Coccinellidae.
Die Coccinellen (auch „MarienkäferchenS ., Herrgottskäfer" usw. genannt), zeichnen
sich vor den meisten übrigen Clavicorniern durch die runde, hochgewölbte Form aus (Abb. 60).
Dadurch erinnern sie habituell stark an die Blattkäfer (Chrysomeliden), denen man ?ie früher
auch angereiht hatte. Die Färbung ist meist lebhaft, rot oder gelb mit schwarzer Zeichnung,
oder schwarz mit roter oder gelber Zeichnung. Die Tarsen sind tetramer, resp. cryptotetramer,
d. h. das kleine 3. Glied ist meist in dem verlängerten 2. Glied verborgen; nur bei einigen
Gattungen ist das 3. Glied frei, so daß die Tarsen deutlich 4ghederig sind. Die Fühler sind
kurz, meist 1 1 gliederig mit einer drei- oder mehrgliederigen, deutlichen Keule.
Die Larven (Abb. 59 Au. B) sind mehr oder weniger langoval, nach vorn und hinten ver-
schmälert, oder vorne breit bleibend, meist mit langen, mehr oder weniger weit über den Körper
hervorragenden Beinen. Die Oberseite gewöhnlich mit behaarten Warzen oder dornartigen oft
verästelten Fortsätzen. Bei einigen Gattungen {ticymnus) ist die Oberseite mit weißen woll-
artigen Ausscheidungen bedeckt (Abb. 59 B). — Kopf geneigt, mit schräg abwärts gerichteten
Mundteilen. Fühler kurz, 2 — 3 gliederig. Die meisten Larven sind buntgefärbt, schwarz, grau,
braun oder blau mit gelben, weißlichen oder roten Flecken; andere sind einfarbig gelb oder dunkel
(höchstens mit gefärbten Dornen).
Bezüglich der Lebensweise haben wir zwei Gruppen zu unterscheiden:
die phytophagen und die carnivoren. Die ersteren sind auf die kleine
Unterfamilie der Epilachninen beschränkt, die letzteren fallen mit der großen
Unterfamilie der Coccinellinen zusammen. Da die phytophagen Formen Forst-
gewächse nicht zu befallen scheinen, so können wir sie hier übergehen und
brauchen uns nur mit den carnivoren Formen zu beschäftigen.
Die Käfer sowohl wie die Larven leben frei auf Blättern, Nadeln, Stämmen
und nähren sich von anderen Insekten, vor allem Blatt- und Schild-
läusen, dann auch Milben und Blasenfüßen und auch von größeren Tieren, wie
122 Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicorinia.
Schmetterlings- und Käferlarven usw. i) Die $2 legen ihre langovalen, meist gelb
bis braunen Eier im Frühjahr (Ende April) in kleineren Partien von 6 — 20 Stück
aufrechtstehend an der Unterseite der Blätter, oder ringsum an Nadeln (Abb. 59 A)
oder in Rindeniitzen oder unter Schildern von Schildläusen in kürzeren oder
längeren Zwischenräumen ab, so daß zur Erschöpfung des gesamten Eivorrats,
der bis zu 400 und mehr Eiern betragen kann, ein Zeitraum von i — 2 Monaten
benötigt wird.
Die Larvenentwicklung währt je nach Witterung, Nahrung und Art
30 — 60 Tage. Bei Adaita bipunctaia wurden folgende Zeiträume beobachtet:
Ei 5 — 8 Tage, erstes Larvenstadium 6 — 10, zweites 4 — 6, drittes 2 — 9, viertes
Abb. 59 A. Die Entwicklungsstadien einer Coccinella. a Eier, b Larve, c Puppe von C. ocellata L.
Phot. Scheidter.
ftVt
Abb. 59 B. a Larve von Chilocorus bipustulatus L., b Puppe desselben (nach Silvestri),
c Larve von Scymnus. — Orig. (gez. M. Dingler).
6 — 14 und endlich die Puppe 6 — 9 Tage. — Die ausgewachsene Larve befestigt
sich mit dem Hinterende mit Hilfe von im After liegenden Spinndrüsen an einem
Pflanzenteil, um sich da zur Puppe zu verwandeln (Abb. 59 A). Dabei wird ent-
weder die letzte Larvenhaut abgestoßen und gegen das Hinterende zu zusammen-
*) Ganz ausnahmsweise scheinen carnivore Coccinelliden auch zur vegetabilischen
Kost überzugehen. So fand Hacker (1899) Ädalia bipunctaia L. am Fleisch von der
Frucht der Eibe fressend, und Schröder (1905) berichtet, daß Adalia bipunctaia und
Coccinella 7-punctata infolge außergewöhnlicher Vermehrung schädlich auf Edeltannen auf-
traten. Doch dürfte diese Änderung der Fraßgewohnheit so selten vorkommen, daß sie praktisch
kaum in Betracht kommt und jedenfalls gegenüber dem großen Nutzen der Tiere völlig zurücktritt.
Familie Coccinellidae.
123
geschoben oder die Verpuppung findet in der letzten Larvenhaut statt, welche
dann längs der Mittellinie platzt und weit auseinanderklafft {Chilocorus^ Novius usw.,
Abb. 59 B).
Die meisten der bei uns vorkommenden Arten bringen zwei Gene-
rationen im Jahr hervor. Die Imagines sind ziemlich langlebig (bis zu
14 Monaten) und überwintern in allen möglichen Schlupfwinkeln, in Moos unter Rinde,
unter Laub usw., auch in Gebäuden, wo sie sich oft in riesiger Anzahl ansammeln.
„Die Larven laufen mit der größten Behendigkeit überall auf den Gewächsen
umher, suchen ihre Beute, die sie schnell mit ihren starken Kiefern ganz
und gar verzehren, selbst aus den zusammengerollten Blättern hervor, und sind
D E
Abb. 60. Verschiedene Coccinelliden. A Coccinella septempunctata L. , B Coccinella (AdaliaJ
bipunctata L., C Cocc. (Anatis) ocellata L., D Novius cruentatiis Muls., E Chilocorus bipustu-
latus L. — Original.
dabei oft so gierig, daß sie sich um den Raub zanken.'' Das Nahrungs-
bedürfnis der Coccinelliden, besonders der Larven, ist ungeheuer groß:
Burgeß hat im Einzelkäfig gezählt, daß eine Adalia bipiinctala folgende Nahrungs-
menge zu sich genommen hat: im i. Larvenstadium täglich 6 Blattläuse, im
zweiten täglich 7, im dritten täglich 23, im vierten täglich 10 und als Imago täg-
lich ebenso viel. Das würde für das gesamte Larvenleben ca. 350 bis 400 Blattläuse
ausmachen, gewiß eine sehr beträchtliche Zahl. Nach Boeker (igo6) ver-
zehrte eine Larve von Coccinella •}- punctata in 13 Tagen 267 Blattläuse von ca.
1 — 2 mm Größe, durchschnittlich also im Tag ca. 20 Stück. Die Larven nehmen
aber, wie schon erwähnt, nicht nur Blatt- und Schildläuse, sondern auch
Schmetterlingsraupen, Käferlarven usw. an. So wurden gewisse Arten als Ver-
tilger des Heu- und Sauerwurms am Wein, und sogar als Vertilger von Nonnen-
raupen beobachtet (Bengston).
124
Coleoptera. — 4 Familienreihe : Diversicomia.
Forstliche Bedeutung. — Infolge ihrer Nahrungsgewohnheit werden die
Coccinelliden zu den nützlichsten Raubinsekten, denen vor allem ein
wesentlicher Anteil an der Niederhaltung der vielen Blatt- und
Schildläuse zukommt. Wenn auch entsprechend der höheren Schädlichkeit
der Pflanzenläuse für die Landwirtschaft die nützliche Rolle in landwirtschaftlicher
Beziehung im allgemeinen höher anzuschlagen ist als in forstlicher, so ist doch auch
die forstliche Bedeutung eine nicht zu unterschätzende, ja sehr hohe.
Das beweist schon das häufige Vorkommen der verschiedenen Coccinellen im
Wald, sowohl auf jungen Pflanzen als auch auf alten Bäumen, Koniferen wie
Laubbäumen. In großen Mergen kann man die Marienkäferchen oft unter
Leimringen finden, woraus wir auf ihr häufiges Vorkommen in der Krone schließen
dürfen. Ob sie dort nur auf Pflanzenläuse Jagd machen oder ob sie vielleicht
durch die Raupen, gegen die der Leimring angelegt ist, angezogen werden,
darüber fehlen noch bestimmte Angaben, wie überhaupt die Rolle der Coccinellen
im Walde noch wenig erforscht ist und eingehendere exakte Beobach-
tungen in dieser Richtung dringend erwünscht sind.
Daß durch Coccinellen Kalamitäten beendet werden können,
konnte ich selbst gelegentlich einer bedenklichen Massenvermehrung der großen
rotbraunen Schildlaus Palaeococcus juscipennis Burm. in einem sächsischen Kiefern-
revier beobachten (Escherich und Baer 19 13). Die Laus hatte sich so un-
geheuer vermehrt, daß stellenweise ganze Wollballen entstanden, durch welche die
Rinde vom Stamme abgehoben wurde. Da traten die Larven einer Coccinellide
{Novius crueniatiis Muls.) auf, zuerst vereinzelt, dann immer zahlreicher, so daß
allmählich letztere die Überhand erlangten und die Vermehrung der Läuse bald
wieder in die normalen Grenzen zurückbrachten. In diesem Falle ähnelten die
Larven den Läusen so sehr an Gestalt und Farbe, daß sie anfangs ganz über-
sehen wurden — wohl ein Zeichen dafür, daß die genannten Läuse die Spezial-
nahrung des Novius darstellen. Auch sonst kommen derartige Übereinstimmungen
zwischen Coccinellenlarve und Pflanzenlaus vor, wie z. B. bei den Scymnm-\uZx\^'c\,
die mit ihren weißen flockigen Ausscheidungen den mit Wolle bedeckten Läusen
sehr ähnlich werden (Abb. 59 B, c).
Die nützliche Rolle der Coccinellen hat man sich vielfach auch direkt
schon zunutze zu machen versucht, indem man verschiedene Arten zur Be-
kämpfung von schädlichen Läusen eingeführt und künstlich vermehrt hat („bio-
logische Bekämpfung"). Welch glänzende Erfolge man teilweise damit erzielt
hat, darüber ist bereits im I. Band berichtet, wo die klassische Bekämpfung der
fürchterlichen Wollauskalamität in den Orangenpflanzungen Kaliforniens durch
den Coccinellen Novius cardinalis Muls. eingehend geschildert wurde. Auch gegen
die in Österreich und Italien verheerend auftretende Maulbeerbaumschildlaus
{Diaspis pentagona Targ.) ist mit Erfolg die biologische Bekämpfung mittels Cocci-
nellen aufgenommen worden.
Daß bereits Ratzeburg an die Möglichkeit der Verwendung der Coccinelliden
zum Kampfe gegen Schädlinge gedacht hat, geht daraus hervor, daß er am
Schlüsse seiner Ausführungen über die forstliche Bedeutung der Coccinelliden die
Frage stellt: „Sollte man nicht durch Übertragung der Käfer, welche allgemein
beliebt sind und daher niemanden belästigen würden, in Treibhäusern den dort
oft sehr lästig werdenden Pflanzenläusen entgegenwirken können?" (F. I S. 19.)
Systematische Übersicht.
Wir unterscheiden zwei Unterfamilien der Coccinelliden, die den oben bereits auf-
gestellten biologischen Kategorien entsprechen:
ramilie Coccinellidae. I 2 5
Fühler zwischen den Augen eingefügt, und zwar im Niveau der vorderen Augen-
hälfte. Mandibeln ohne Basiszahn, dagegen mit mehrzähniger Spitze.
Pflanzenfresser Unterfamilie Epilachninae
Fühler dicht vor den Augen eingefügt. Mandibeln mit Basiszahn, mit einfacher
oder gespaltener Spitze. Blattlausfresser Unterfamilie Coccinellinae
Die Coccinellinae, die uns hier allein interessieren, lassen sich wieder in eine Anzahl
Gattungsgruppen einteilen :
1. Kopf vor den Augen seitlich flach verbreitert und einen Schild bildend, der
die Fühlerwurzel völlig bedeckt. Oberseite meist kahl, selten behaart; die
Scbulterecken der Flügeldecken meist über das Halsschild vorspringend
(Abb. 60 E). Meist kleine (3 — 5 mm) Arten von breiter hochgewölbter
Statur, stark glänzend, gewöhnlich schwarz mit roter Fleckenzeichnung
Gattungsgruppe Ghilocorini
— Kopf vor den Augen seitlich nicht verbreitert, Fühlerwurzel freiliegend . . 2
2. Oberseite deutlich behaart 3
— Oberseite kahl, glänzend. Mittelgroße bis kleine Arten (3 — 10 mm), meist
gelb oder rot gefärbt, mit hellerer oder schwarzer Flügeldeckenzeichnung,
manchmal auch schwarz mit roten oder gelben Makeln. Hierher die meisten
und häufigsten Arten Gattungsgruppe Coccinellini
3. Fühler kurz, die Hinterecken des Halsschildes nicht erreichend 4
— Fühler länger, die Hinterecken des Halsschildes erreichend. Hinterecken des
Halsschildes rechteckig oder spitzig. Flügeldecken meist mit verworrenen
Punktreihen. Kleine Arten von 2'/.! — 3 mm, meist von brauner Färbung,
einfarbig oder mit schwarzer Fleckenzeichnung .... Gattungsgnippe Coccididini
4. Hinterecken des Halsschildes und die Schulterecken der Flügeldecken wenigstens
stumpf gewinkelt. Kleine Formen von i^, — 2'/2> höchstens 3 mm, von
gelber, brauner oder schwarzer Färbung, mit oder ohne Zeichnung
Gattungsgruppe Scymnini
— Hinterecken des Halsschildes und Schulterecken der Flügeldecken breit ab-
gerundet (Abb 60 D); oval, wenig gewölbt, matt, dicht behaart
Gattungsgruppe Noviini
Von den zahlreichen Arten der Coccinellinae^ die alle in der räuberischen Lebensweise
übereinstimmen, mögen folgende Arten, die dem Forstmann am häufigsten begegnen, genannt werden:
, Von den Coccinellini:
VjJH Coccinella septempunctata L. „Siebenpunkt'' (Abb. 60 A). Das häufigste, allenthalben vor-
kommende Marienkäferchen. Mittelgroß (5 — 8 mm), Flügeldecken rot oder gelbrot mit
7 schwarzen runden Makeln (die allerdings stark variieren, mitunter auch zusammen-
fließen können). Über ganz Europa, Asien, Nordamerika und das nördliche Afrika ver-
breitet. Ausnahmsweise auch phytophag, schädlich an Tannen (s. oben S. 123 Anm ).
„ /«3 Coccinella (Aclalia) hipunctata L. (Abb. 60 B). Kleinere Art (5 mm). In der Zeichnung
äußerst variabel: gewöhnlich Flügeldecken rot mit zwei schwarzen Punkten, manchmal
auch mit 4; bisweilen verbreitet sich das Schwarz so sehr, dal^ die Gnmdfarbe schwarz
wird und nur 4 oder gar nur 2 rote Makeln übrig bleiben. Ebenfalls sehr häufig.
Ausnahmsweise auch phytophag (1. c).
,,/^y Coccinella (Hahj%ia^ Anatis) ocellaia L. (Abb. 60 C). Die größte europäische Art. Flügel-
decken rot, jede mit 10 länglichen, schwarzen, weißgeränderten Makeln. Sehr häufig an
Nadelholz. Häufigste Art unter Leimringen.
Coccinella [Hali/xia, Neomysia) oblongoguttata L. Ebenfalls große Art (6—8 mm). Flügel-
decken rot oder rötlichgelb, mit länglichen, weißlichen, sternförmigen Makeln. Sehr
häufig an Kiefern.
'' y^^ Coccinella (Halyxia) sedexitnguttata L. Etwas kleiner (5—7 mm). Flügeldecken rötlichgelb
mit je 8 weißlichen, runden Makeln. Ihre nebelgrau grundierte, mit schwarzen und
lebhaft orangefarbenen Fleckchen gezeichnete Larve wurde von AI tum an Fichtenstämmen
in großer Zahl beobachtet, woselbst sie unter den zahllosen Lachnus piceae Wek. auf-
räumten.
Von den Noeiini :
/f> /^iNorius cruentatiis Muls. (Abb. 60 D). Die einzige europäische Art. — Klein (2 — 4 mm),
oval, wenig gewölbt, oberseits dicht weißlich behaart. Flügeldecken schwarz, mit je
5 blutroten Makeln (bisweilen auch Flügeldecken rot mit je 5 schwarzen Makeln). —
120 Culeoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
An Kiefern, in Rindenritzen, unter Rinde usw. Zuweilen ungemein häufig. Scheint
der Spezialvertilger der großen roten Kiefernschildlaus Palaeoeoccus fuscipennis zu sein,
mit der auch die Laive in Form und Farbe übereinstimmt. Welch' große Rolle Novius
in der Vermehrungsbeschränkung der besagten Laus spielt, ist oben (S. 124) bereits
erwähnt. Die Larve verpuppt sich in der letzten Larvenhaut, die in der Mitte der Länge
nach platzt und klafft (s. Es eher ich u. Baer 19 13).
Von den Scymnini :
'Vj Scymnus abietis Payk, Eine kleine einfarbig bräunlichgelbe Art von ca. 2V, mm Länge.
Larve mit weißen wachsähnlichen Ausscheidungen (Abb. 59B). Häufig an Fichten.
.'Scymnus suturalis Thunb. Noch kleiner als die vorige Art. Flügeldecken gelbrot, mit
schwarzer Naht und Flügeldeckenbasis. Larve wie bei der vorigen Art. Sehr häufig an
Kiefern.
Von den Coceiduihd :
■^. Jihhobms chrysomeloides Hbst. Kleine Art von 3 mm Länge, von ovaler flach gewölbter
Körperform und bräunlichgelber Färbung, Flügeldecken mit zwei schwarzen Makeln vor
der Mitte und je einem gebogenen Längsstrich hinter der Mitte. Häufig auf Kiefer.
Von den Chilocorini :
■ '?■< Chilocorus bipustulatus L. (Abb. 60 E). Kleine Art von 3 — 4 mm Länge, stark glänzend,
schwarzbraun. Flügeldecken mit schmalen gelbroten Querbinden in der Mitte. Larve
mit großen dornanigen verästelten Fortsätzen (Abb. 59 B). Verpuppung wie bei Novius.
Sehr häufig auf Nadelholz. —
/.Y Chilocorus (Exochonius) quadripustulatus L. Der vorigen Art ähnlich, doch etwas größer,
3 — 5 mm. Schwarz glänzend, Flügeldecken meist mit 4 roten Makeln (2 halbmond-
förmigen an der Schulter und zwei nmden hinter der Mitte). Laive wie bei der vorigen.
Ebenso häufig auf Nadelholz. —
Literatur über Clavicornia.
Boeker, P., 1906, Nutzen der Coccinella-l^arwen. — In: Arb. K. Biol. Anst. f. L. u. F.,
Bd. V, Heft 5, S. 282.
Escherich und Baer, 1913, Tharandter Zoolog. Miscellen. Vierte Reihe, Nr. VH. — In:
N. Z. f. F. u. L., XI, S. 125 ff.
Fleischer, A., 1877, Der Fichtenborkenkäfer im Böhmerwald usw. — In: Vereinsschr. Böhm.
Forstvereins, III.
Hacker, Leop., 1899, Allerlei Biologisches über Coccinelliden. — In: 111. Zeit. f. Ent.
Bd. IV, S. 137.
Kleine, R., 1909, Die europ. Borkenkäfer und ihre Feinde usw. — In: Entom. Bl., S. 77 u. 78.
Saalas, U., 1917, Die Fichtenkäfer Finnlands. Helsingfors.
Schröder, Chr., 1905, Bericht über die während des Jahres 1903 zur Einsendung gebrachten
Schädlinge. - Referat in: Z. f. w. L, Bd. I, S. 429.
Familiengruppe Brachymera.
Die Brachymeren stellen eine kleine Familiengruppe dar; es sind mittelgroße bis kleine
und kleinste Tiere (8 — 2^/^ mm), teils von länglicher oder ovaler flachgewölbter, teils von runder
hochgewölbter Form. Fühler stets mit einer Keule, die länglich oder kurz sein kann. Beine
kurz mit deutlich 5 gliederigen Tarsen.
Die hauptsächlichsten Familien der Gruppe sind die Dermest/due und die Byrrhidae^
von denen uns aber hier nur die ersteren interessieren.
Familie Dermestidae.
Kötper von ovalem oder länglichem Umriß, behaart oder beschuppt, schwach gewölbt
(im Gegensatz zu den Byrrhiden, die beinahe halbkugelförmig sind).
Die Larven der Dermestiden in der Regel langgestreckt , mit kurzen Beinen; Kopf
geneigt, mit nach unten gerichteten Mundteilen. Brust- und Hinterleibsringe mehr oder weniger
verhornt oder wenigstens mit verhornten Rückenschildern versehen. Besonders charakteristisch ist
die dichte und verschieden gestaltete Behaarung, die stellenweise zu Büscheln, die teil-
weise auch aufgerichtet und gespreizt werden können, zusammentritt. Die Verpuppung findet
gewöhnlich in der letzten, in der Mittellinie platzenden Larvenhaut statt (ähnlich wie bei ver-
schiedenen Coccinelliden).
Familie Dermestidae.
127
In der Lebensweise stimmen die meisten Dermestiden darin überein,
daß sie und ihre Larven von allerlei tierischen Stoffen, von Aas, ungegerbten
und gegerbten Tierhäuten, trocken aufbewahrtem Fleisch, Speck, Knochen, Haaren,
Hörn usw. leben. Auch getrocknete Insekten werden angegangen und aus-
gefressen, worunter Insektensammlungen oft schwer zu leiden haben. Manche
Arten sind in Raupennestern gefunden worden, wo sie von den abgeworfenen
Raupenhäuten sich nähren; andere in altem Holz lebende Arten nähren sich von
den Resten von Holzinsekten. Einige Arten [Dermestes lardarius und bicolor)
halten sich in Taubenschlägen, Hühnerställen usw. auf und fressen mitunter die
Tauben- und Hühnerbrut an, wodurch sie großen Schaden verursachen können. —
Abb. 61. Verschiedene Brachymeren. A Dermestes lardarius L. (gemeiner Speckkäfer), a Larve
desselben; B Attagenus pellio L. (Pelzkäfer), b Larve desselben; C Anthrenus museorum L.
(Museumskäfer), c Larve desselben. Alle vergr. — Original.
Wenn die Dermestiden darnach also auch keine eigentlichen Forstinsekten
sind, so wird der Forstmann und Forstentomologe oft genug von ihnen geschädigt
(durch Zerstörung von Fellen, Vernichtung von Insektensammlungen), so daß
eine kurze Behandlung der Familie wohl gerechtfertigt ist.
Als die bekanntesten und häufigsten Vertreter der Dermestiden nenne ich hier:
Tu ^'^ Dermestes lardarius L. („Gemeiner Speckkäfer").
" Ein länglich geformter Käfer von 7 — 9 mm Länge; Flügeldecken im vorderen Drittel
mit einer gelblich weißen, hinten gezackten Querbinde, die mit einigen schwarzen Punkten be-
setzt ist (Abb. 61 A).
128 Coleoptera. — 4. Faniilienreihe: Diversiccrnia.
Die behaarte Larve (Abb. 61 a) ist an den zwei kurzen, gekrümmten Enddornen
am Hinterende des Abdomens leicht zu erkennen. Sie hält sich vornehmlich in Speise-
kanrmern, Bodenverschlägen, Wohnräumen auf und befällt besonders Tierfelie, Bälge aller
Art, aber auch Speck, Schmken, gedörrtes P'leisch, Käse usw. Auch in Taubenschlägen, Hühner-
ställen usw. kommen die Larven bisweilen vor. wo sie die jungen Tauben und eben aus-
kriechenden Kücken anfressen und töten (Zimmermann 1918^. Die Entwicklung geht sehr
rasch von statten: in ca. 6 Wochen ist eine Generation beendet. „So reichen wenige Sommer-
wochen hin, um eine stolze Naturaliensammlung in einen Haufen trauriger, von krümeligen
braunen Exkrementen durchsetzter Überreste zu verwandeln" (Heymons). ')
Einige andere Dermestes- Arien werden als Fresser toter Insekten resp. von Insekten-
resten genannt: Dermestes aurichalccus Küst. wurde in Tirol in den Nestern von Thaiimato-
poea pityocmnpa (Kiefernprozessionsspinner), Derm. Erichsoni Gglb. in den Nestern von
Euprortis chrysorrhoea (Goldafter) gefunden; Denn. Belmi Rttr. nährt sich hauptsächlich von
toten Mücken, die am Frischen HafF in Unmengen an das Ufer gespült werden (Reitter IH,
S. 150).
T,y f„ Attagenus pellio L. („Pelzkäfer").
' Kleiner als der vorige (4 — 5V2 mm), weniger gewölbt, Oberseite schwarz mit je eine'n
silberweißen Haarpünktchen in der Mitte der Flügeldecken (Abb. 61 B).
Seine Larve (Abb. 61 b) ist durch einen langen Haarschopf am Hinterende des
Abdomens ausgezeichnet; sie lebt besonders in Tierfellen, rohen oder bearbeiteten, in
Pelzwerk, Polstermöbeln usw.
„/St Anthrenus museorum L. („Museums-'^ oder „Kabinettkäfer").
Ein kleines, 2 mm langes, rundliches Käferchen, dessen Oberseite mit einer Anzahl hell-
graugelber Binden geschmückt ist (Abb. 61 C).
Die Larve (Abb. 61 c), die etwa 5 mm lang wird, ist „mit einem wahren Arsenal von
verschiedenartigsten, zum Teil wieder mit Zacken bewehrten Haaren und Borsten besetzt. Auch
am Hinterende ist ein langer Haarbüschel. Berührt man eine solche Larve, so benimmt sie sich
fast wie ein kleiner Igel und sträubt ihr Borstenkleid, das ihr wohl als Schutzmittel gegen die
unerwünschte Annäherung von Staubläusen, Milben und anderen Feinden gute Dienste leistet".
„Felle und Pelzwerk sagen den Arä/irefius-Larven besonders zu; für die
Naturaliensammlungen gehören sie daher zu den schlimmsten Feinden, die es
gibt. An ausgestopften Säugetieren werden die Haare stellenweise weggefressen,
und an den Vogelbälgen zernagen sie die Federschäfte und die eingetrockneten
Hautteile an den Beinen."
„Ebenso verstehen sie es in unglaublicher Geschicklichkeit in Insekten-
kästen einzudringen, in denen sich ihre Tätigkeit dann sehr schnell durch den
Zerfall der Insekten und kleine am Boden liegende Häufchen brauner Staub-
krümel bemerkbar macht" (Heymons). Als bestes Vorbeugungsmittel dient
ein guter Verschluß (Nut und Feder) der Insektenkästen, dann Naphthalin, das
am besten in Form von Kugeln (in allen Naturalienhandlungen zu haben!) jedem
Kasten beizugeben ist. Sind einmal die Anthrenen eingedrungen, sind die Kästen
mit Schwefelkohlenstoff in luftdicht abgeschlossenen Blechgefäßen zu desinfizieren. —
Familiengruppe Sternoxia.
Den Sternoxien kommt (mit ganz wenig Ausnahmen) ein ziemlich übereinstimmender
Habitus zu: Körper von gestrecktem Umriß, nach vorn und hinten verengt, am Kopf abgestutzt,
am Hinterende zugespitzt, ziemlich flach, Fühler meist gesägt. Die Larven zeigen zwei ver-
schiedene Haupttypen, je nachdem sie im Holze oder in der Erde (von Wurzeln usw.) leben :
die ersteren sind weich, weiß, äugen- und beinlos (Buprestidentypus), die letzteren stark chitinisiert,
gewöhnlich bräunlichglänzend, und stets mit Beinen versehen (Elateriden-Typus, ,, Drahtwürmer").
^) Day teilt (Ent. Monthly Magaz. 1922, S. 209) eine Beobachtung mit, wonach zahl-
reiche Denn, lardarius sowohl als Larve wie auch als Imago in dem alten Gebälk eines
Häutemagazines gefunden wurden, wo sie ausgedehnte Gänge genagt und sich anscheinend von
Holz genährt hätten. Es drängt sich hier die Frage auf, ob nicht die Gänge von anderen
Insekten (vielleicht Anobien) herrührten und die Dermestes Jagd auf diese Holzinsekten machten?
Familie Buprestidae. 12Q
Die Sternoxien enthalten mehrere Familien, von denen wir hier drei zu
behandeln haben, nämlich: die Buprestidae (Prachtkäfer), die Eucnemidae und
die Elateridae (Schnellkäfer). Nur die erste und dritte Familie haben eine
größere forstliche Bedeutung, während den Eucnemiden mehr theoretisches Inter-
esse (als Bindeglied zwischen den Buprestiden und Elateriden) zukommt.
Die drei Familien lassen sich folgendermaßen unterscheiden:
I. Halsschild nicht beweglich, mit dem übrigen Körper fest verbunden, mit den
Flügeldecken in einer Flucht gewölbt, seine Hinterecken niemals in Spitzen
ausgezogen. Meist auffallend schön metallisch gefärbt. Larven im Holz
oder unter Rinde lebend, daher stets weichhäutig, weiß, äugen- und beinlos.
Prachtkäfer Familie Bifprestidae
— Halsschild mehr oder weniger auf- und abbewegbar, zur Flügeldeckenbasis
meist abschüssig gewölbt resp. abgeflacht (wo dies nicht der Fall, da sind
die Fühler stark gekämmt oder gefiedert); die Hinterecken gewöhnlich mehr
oder weniger deutlich in Spitzen ausgezogen 2
2. Zwischen dem letzten und vorletzten Bauchring keine gelbe glänzende Gelenk-
haut sichtbar. Fühler zwischen den Augen auf der fast senkrechten Stirne
eingefügt, neben dem Kopfschild beiderseits eine Grube zum Einlegen des
ersten Fühlergliedes. Ohne (oder nur mit ganz schwachem) Schnell- oder
Sprungvermögen. Meist kleine (4 — 9 mm), dunkel oder braun gefärbte
Tiere. Larven zum größten Teil im Holz lebend und daher wie die der
vorigen weich, weiß, äugen- und beinlos Familie Eucnemidae
— Zwischen dem letzten und vorletzten Bauchring eine deutliche gelbe glänzende
Gelenkhaut. Fühler vor den Augen unter dem fast immer leistenartig vor-
tretenden Seitenrand des Kopfes eingefügt. Ausgeprägtes Schnellvermögen.
Larven in der Erde oder im Mulm lebend (von Pflanzenwurzeln usw.), stark
chitinisiert, meist braun gefärbt, stets mit Beinen und Augen versehen
(,, Drahtwürmer"). Schnellkäfer Famihe Elateridae
Familie Buprestidae.
Prachtkäfer.
Die Prachtkäfer haben ihren Namen von der meist schönen metallisch grünen, blauen,
purpurroten oder kupferigen Färbung des Körpers, die besonders in den Tropen, der eigentlichen
Heimat der Bupresten, zu wunderbarer Pracht gesteigert ist. Mit wenig Ausnahmen zeigen sie
den typischen oben bezeichneten Sternoxien-Habitus : Körper von gestrecktem Umriß, nach vorn
und hinten verengt, am Kopf abgestutzt, am Hinterende zugespitzt, Rücken ziemlich abgeflacht,
Bauchseite mehr oder weniger gewölbt, oft beinahe winklig erweitert, Kopf senkrecht gestellt
und in das Halsschild bis zu den Augen eingezogen. Mundgliedmaßen kurz und gedrungen, oft
sogar etwas verkümmert (darauf ist auch wohl die Erscheinung zurückzuführen, daß man bis-
weilen in den Puppenwiegen tote Imagines findet, welche, nicht imstande sich völlig nach, außen
durchzunagen, eingegangen sind). Fühler meist schon vom 4. Glied an deutlich nach innen ge-
sägt, auf dem untersten Teil der Stirne zwischen den unteren Enden der länglich ovalen Augen
eingelenkt. Das Halsschild schließt sich mit seinem Hinterrande den Flügeldecken genau an.
Der mittlere Fortsatz der Vorderbrust reicht zwischen den Vorderhüften durch und greift in
eine entsprechende Grube der Mittelbrust ein, ohne aber darin frei versenkt werden zu können
wie bei den Schnellkäfern. Die Flügeldecken bedecken den ganzen Hinterleib, der ventral 5 Ringe
zeigt, von denen die beiden ersten verwachsen sind. Tarsen 5gliederig, die einzelnen Glieder
häufig herzförmig und mit einer filzigen Sohle versehen.
Die Larven (Abb. 62) der Prachtkäfer stimmen alle daiin überein, daß sie weißlich
und weichhäutig, blind und beinlos sind. Außerdem sind sie dadurch besonders gekenn-
zeichnet, daß der Brustabschnitt, vornehmlich der erste Brustring, mehr oder
weniger stark verbreitert ist. Der Kopf ist tief in den Prothorax zurückgezogen, aus dem
er aber hervorgestreckt werden kann ; nur in seinem vorderen, für gewöhnlich hervorragenden Teil
ist er stärker chitinisiert. Fühler dreigliederig, die Lippentaster völlig rudimentär.
Sehen wir von den hier nicht in Betracht kommenden Larven von Trachys ab, so kann
man die Bup res t enlarv en in zwei wesentlich voneinander abweichende Typen
einteilen: nämlich
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 9
[30
Coleoptera. — 4. Famüienreihe: Diversicornia.
Typus I („Bup res tinen- Typus"): Brustabschnitt stark abgeflacht und mächtig verbreitert
(I. Brustring scheibenförmig, 2. und 3. viel kürzer und stark quer), so daß der dünne Hinterleib
gewissermaßen wie ein schwanzförmiger Anhang erscheint. Das letzte Hinterleibssegment einfach
abgerundet, nicht mit Dornen besetzt (Abb. 62A— D).
Typus II („Agrilinen-Typus"): Der erste Brustring nur wenig verbreitert und nur
wenig abgeflacht, die übrigen Körperringe im Querschnitt fast rund, das letzte Hinterleibsegment
mit 2 stark verhornten Spitzen bewaffnet (Abb. 62 E).^)
Was- die Lebensweise der Prachtkäfer betrifft, so ist diese bei den
meisten Arten mehr oder weniger übereinstimmend: Die Flugzeit fällt in die
warmen Sommermonate; die Käfer treiben sich im heißesten Sonnenschein auf
Blumen, deren Pollen sie fressen, oder auf Blättern, in die sie Löcher fressen,
oder auf Holzstämmen usw. herum und sind äußerst flüchtig, so daß sie nicht
IaTj
A B C D E
Abb. 62, Verschiedene Buprestiden-Larven. A Buprestis 9-maculata L., B Chrysobothris,
C Phaenops cyanea F., D Anthaxia morio F., E Agrilus auricollis Kiesw. Vergr. — A — D nach
Perris, E nach Wachtl.
leicht gefangen werden können (während sie bei kühler und feuchter Witterung
träge werden und sich leicht greifen lassen). Sie sind also richtige „Sonnen-
tiere", wie ja auch ihr Hauptverbreitungsgebiet in den Tropen gelegen ist. Die
Begattung, bei der das c^ auf dem 5 sitzt, findet ebenfalls in der Sonne auf
Blättern usw. statt. Das $ legt seine Eier an die Rinde (in Ritzen usw.) einzeln
oder zu mehreren vereinigt ab.
Mit Ausnahme der schon genannten Trachys-kxi&n. und einiger weniger in
den Wurzeln und Stengeln von Kräutern lebenden Formen sind alle Buprestiden-
*) Nach Leisewitz (1906) unterscheiden sich die beiden Typen auch bezüglich ihrer
Fortbewegungsart: beim Typus I übernimmt die Hauptleistung bei der Fortbewegung das ge-
waltig ausgedehnte erste Thoraxsegment, das dementsprechend auch reichlich mit Domen aus-
gestattet ist, während bei Typus II das Hauptorgan der Fortbewegung die beiden starken Chitin-
fortsätze am letzten Segment darstellen.
Familie Buprestidae.
131
Larven Baumbewohner, die ihre Gänge zwischen Rinde und Holz
oder in der Rinde fressen. Die Gangform ist bei den meisten Arten
im Prinzip die gleiche: es sind gewöhnlich flache, un-
regelmäßig geschlängelte, ganz allmählich sich
verbreiternde und mit Bohrmehl dicht angefüllte
Gänge (Abb. 63), die meist in einer im Holz oder in der
Rinde liegenden Puppenwiege enden. Das Bohrmehl ist
bei vielen Arten „wolkig" angeordnet (Abb. 63 u. 66),
was ein gutes Unterscheidungsmerkmal gegenüber den oft
ganz ähnlichen Fraßgängen der Bockkäfer abgeben kann.
Die wolkige Anordnung rührt wohl daher, daß das Bohr-
mehl mit dem dünnen schwanzähnlichen Hinterleib, der
meist seitwärts gekrümmt ist, von Zeit zu Zeit angedrückt
wird. Es kann natürlich auf diese Weise nicht so viel Kraft
entwickelt und das Bohrmehl nicht so fest zusammengedrückt
werden, daß die Grenzen der einzelnen Häufchen ganz ver-
schwinden.
Die beiden Larventypen verhalten sich bei der Ver-
puppung verschieden: Die breite abgeflachte Larve (Typus I)
dreht sich in der Puppenwiege um, so daß der Kopf der
Larve, resp. der Puppe und des Käfers nach der Eingangs-
öffnung gerichtet ist und daher die Imago durch die letztere einer Buprestiden-Larve
nach außen tritt, resp. nur noch die davorliegende Rinde [f^^'^^}^^^ m"f 'wolk^
zu durchnagen hat. Die zylindrische Larve (Typus H) dreht angeordnetem Bohr-
sich in der Puppenwiege nicht um, was ihr infolge ihrer "^^^'- — N. —
Form wohl auch nur schwer gelingen würde, sondern ver-
puppt sich in der Fraßrichtung der Larve. Der Jungkäfer muß sich daher noch
ein besonderes Loch aus der Puppenwiege nagen, so daß letztere also zwei
Löcher aufweist (Abb. 64).
Abb.
Fraßgang
'^,i'f|''
m j'i!
liinii'lli
B
D
Abb. 64. Fluglöcher und Puppenwiegen von Buprestiden. A Puppenwiege von Poecilonota
rutilans F. (Typus I) bei erhaltener Rinde; a Flugloch, b zwischen Rinde und Holz hinauf-
laufender mit Fraßmehl vollgestopfter Gang. B Flugloch. C Puppenwiege von Agrilus^ (Typus II)
im Längsschnitt an einem entrindeten Fraßstück. D Flugloch desselben. — N. —
Die außen an der Rinde sichtbaren Fluglöcher sind mit wenigen Aus-
nahmen elliptisch (dem Querschnitt des Körpers entsprechend); in vielen Fällen,
9*
132
Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
d. h. bei den Arten, bei denen die Bauchseite viel stärker gewölbt ist als die
Rückenseite (wie bei den Agrilinen) werden die Fluglöcher von zwei verschiedenen
Bögen begrenzt, einem flacheren und einem gewölbteren, der oft beinahe winklig
erscheint, so daß das Flugloch die ungefähre Form eines stumpfwinkligen Drei-
eckes erhält (Abb. 64 D). Die Generation der Prachtkäfer ist i — 3 jährig,
in der Regel wohl 2 jährig, eingehendere Untersuchungen über diese Frage sind
noch sehr erwünscht.
Differenzialdiagnostisch kommen hauptsächlich die Fraßbilder der Bockkäfer
in Betracht, die in manchen Fällen den Prachtkäfergängen sehr ähnlich sind. Doch kann man
die letzteren meist daran gut erkennen, daß sie flacher sind, daß ihr Boden eben (nicht rinnen-
förmig) ist und daß ihre Ränder gewöhnlich schärfer sind. Auch kann, wie schon gesagt, die
wolkige Anordnung des Bohrmehles und die Form der Fluglöcher oft gute Anhaltspunkte zu
einer richtigen Diagnose geben. Wo die Fluglöcher die letzterwähnte dreieckige Form auf-
weisen, da ist die Beatimmung sehr einfach und klar; wo aber die elliptische Form vorliegt,
da ist die Diagnose schwieriger: in manchen Fällen kann wenigstens der Umstand auf den
richtigen Weg führen, daß die Prachtkäfer-Fluglöcher an den Seiten oft schärfer, beinahe ge-
winkelt erscheinen, während die Bockkäfer-Löcher meist mehr gerundet sind.
Als Feinde der Buprestiden kommen in erster Linie die Spechte in Be-
tracht, die die Larven unter der Rinde hervorholen, sodann verschiedene Raub-
insekten, die Jagd auf die Imagines machen, wie die Mordfliege Laphria (Kleine),
die Grabwespe Cerceris bupresticida (Perris), und endlich verschiedene Ichneu-
moniden.
Die forstliche Bedeutung der Prachtkäfer beiuht lediglich auf dem
Larven fr aß (der bisweilen beobachtete Blattfraß der Imagines spielt praktisch
keine Rolle). Sie kann eine sehr erhebliche werden, da die von den
Larven befallenen Pflanzen oder Pflanzenteile gewöhnlich zum Absterben gebracht
werden. Und da, besonders in heißen Jahren, die Vermehrung gewisser Arten
eine starke sein kann, so können durch die Prachtkäfer größere Verwüstungen
besonders in Heisterpflanzungen angerichtet werden.
Die Bekämpfung der Prachtkäfer bietet große Schwierigkeiten und beruht
in der Hauptsache auf einer möglichst frühzeitigen radikalen Entfernung alles
befallenen Mateiials.
Systematische Übersicht.
Wir können die für uns in Betracht kommenden Buprestiden in zwei Unterfamilien
einteilen :
1. Körper verhältnismäßig breit, höchstens 2^1^ — a^^mal so lang als breit (Abb. 65).
Klauen einfach, ungezähnt. Larven nach dem Typus I, d. h. flach mit
stark verbreitertem Brustabschnitt (Abb. 62A-D) Unterfamilie Baprestinae
2. Körper schmal und langgestreckt, mehr als dreimal so lang als breit (Abb. 70).
Klauen mit großem Zahn. Larven nach den Typus II, d. h. walzenförmig,
mit nur wenig verbreitertem Brustabschnitt (Abb. 62 E) . . Unterfamilie Agrilinae
Übersicht über die Gattungen.
Unterfamilie Buprestinae.
1. Sehr groß, 24 — 30 mm lang. Oberseite erzbraun, mit vertieften messing-
glänzenden Furchen und Eindrücken (Abb. 65 A) Chalcophora Sol.
— Kleiner, meist unter 20 mm (nur wenige Arten erreichen 20 — 23 mm) . . 2
2. Itrstes Fühlerglied verdickt und sehr lang, ebenso das dritte Glied, das beinahe
so lang als die drei folgenden zusammen ist. Flügeldecken mit gold-
glänzenden Gruben (Abb. 65 H) Chrysobothris Eschsch.
Buprestiden in Nadelholz. I-j?
— I. und 3. Fühlerglied nicht auffallend verlängert 3
3. Basis des Halsschildes (und entsprechend auch der Flügeldecken) doppelbuchtig
(Abb. 65 F) 4
— Basis des Halsschildes gerade abgeschnitten. Meist kleinere Arten von breiter
flacher Form (Abb. 65 G) Anthaxia Eschsch.
4. Flügeldecken mit deutlichen Streifen, dazwischen oft mit reihig gestellten
glänzenden Reliefs -• 6
— Flügeldecken dicht irregulär punktiert, manchmal dazwischen mit einigen an-
gedeuteten Rippen, aber stets ohne glänzende Reliefs 5
5. Fühler vom 3. Glied an schwach sägeartig erweitert. Flügeldecken ohne Rippen.
Oberseite einfarbig blau (Abb. 65 F; Phaenops Lac.
— Fühler vom 4. Glied an sägeartig erweitert. Flügeldecken mit einigen ver-
kürzten schwachen Längsrippen. Oberseite dunkel metallisch mit gelber
Fleckenzeichnung (Abb. 65 D) Melanophila Eschsch.
(1. Flügeldecken im hinteren Drittel seitlich deutHch ausgeschnitten. Flügeldecken-
spitze schwanzförmig verlängert. Seiten des Halsschildes vor den Hinter-
ecken deutlich ausgeschnitten (Abb. 65J) . . . . • Dicerca Eschsch.
— Flügeldecken vor der Spitze nicht oder nur schwach ausgeschnitten. Flügel-
deckenspitze nicht oder nur sehr undeutlich schwanzartig verlängert. Hals-
schildseiten vor den Hinterecken nicht ausgeschnitten; Halsschild mehr
oder weniger trapezförmig 7
7. Flügeldecken nur punktiert und gestreift, ohne geglättete Stellen. Scliildchen
klein, rvindlich. Oberseite einfarbig metallisch oder mit gelber Flecken-
zeichnung (Abb. 65 B u. E) Bitpresllii L.
— Flügeldecken gestreift und mit zahlreicher, geglätteten Stellen. .Schildchen quer.
Oberseite kupferfarbig oder herrlich grün mit purpurroten Seiten (Abb. 65 C)
Poecilonota Eschsch.
Unterfamilie Agrilinae.
Hierher nur zwei Gattungen:
Halsschild mit doppelter Seitenrandkante, außerdem meistens daneben auf der
Scheibe mit einem vorne verkürzten Kiele. Schildchen mit einem feinen
Ouerkiel vor der Spitze. Körper sehr lang und schmal. Oberseite meist
einfarbig grün oder blau oder höchstens mit einigen kleinen weilien Haar-
makeln auf den Flügeldecken Agrilus Curt.
Halsschild mit einfacher Seitenrandkante. Schildchen ohne Kiel. Körper weniger
schmal und gestreckt, Oberseite gewrJlbter. Hügeldecken mit queren
zackigen Haarbinden oder einfarbig metallisch Coraehus Lap.
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
Nitsche teilt die Buprestiden vom forstentomologischen Standpunkt in
4 Gruppen ein, je nachdem sie: i. unschädlich in alten Stöcken, oder 2. merk-
lich schädlich in alten noch lebenskräftigen Bäumen, oder 3. sehr schädlich in
Lauholzheistern oder endlich 4. sehr schädlich in alten Bäumen vorkommen.
Diese Einteilung erscheint wenig zweckentspiechend und teilweise auch nicht ge-
rechtfertigt (so die Trennung von Gruppe 2 und 4). Wir glauben den prak-
tischen Bedürfnissen besser Rechnung zu tragen, wenn wir die Prachtkäfer ein-
fach in Nadelholz- und Laubholzformen trennen, zumal diese Einteilung
zum Teil auch mit den systematischen Kategorien Hand in Hand geht (die
Gattung Dicerca z. B. enthält nur Laubholzformen, ebenso die Unterfamilie der
Agrilinae, während die Gattung Buprestis nur Nadelholzformen enthält usw.).
A. In Nadelholz.
Nur Buprestinae.
Chalcophora mariana L. In alten Kiefern-
stöcken.
Buprestis rustica L. In Tanne, Fichte, Kiefer.
— haemorrhoidalis Hbst. In Tanne u. Fichte
— 9-maculata L. In Kiefer und Fichte.
Phaenops cyanea F. In Kiefer.
Anthaxia 4-punctata L. In Kiefer u. Fichte.
— nigritiila Ratz. In Fichte imd Kiefer.
— morio Fab. In Fichte und Kiefer.
sepulchralis F. In Kiefer.
— S -guttata L. In Kiefer und Fichte. Chrysobothris Solieri Lap. In Kiefer.
l-iA Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diveisicornia.
T'u'i Chalcophora mariana L.
Großer Kiefernprachtkäfer.
Die größte mitteleuropäische Prachtkäferart (bis 30 ram Länge). Erzbraun, mit vertieften
messingglänzenden Furchen und flachen Eindrücken (Abb. 65 A).
Den Käfer trifft man häufig in Kiefernrevieren auf freien Waldplätzen, Be-
samungsschlägen, Waldrändern usw., wo er an Stöcken, Klaftern, Zäunen usw. sitzt.
Die Larven entwickeln sich in totem, morsch werdendem Kiefernholz, besonders
in Stöcken, wo sie das ganze Holz zuweilen so in Wurmmehl verwandeln, daß
es auseinanderfällt.
Forstlich unschädlich, da er nur totes morsches Material annimmt. Da er
aber durch Größe, Erscheinung, Häufigkeit usw. dem Forstmanne auffallen muß,
so ist seine Erwähnung als „aufTallendes" oder „täuschendes Forstinsekt"
gerechtfertigt.
Gattung Buprestis L.
Mittelgroße Arten (12 — 15 mm), nach vorn und hinten ziemlich gleichmäßig verschmälert,
mit einfachen, d. h. nicht schwanzförmig ausgezogenen Flügeldeckenspitzen, mit kleinem rundem
Schildchen und mehr oder woniger trapezförniigem Halsschild.
Larve flach, mit stark verbreitertem Brustabschnitt (Typus I) (Abb. 62 A).
Die 4 in Betracht kommenden Arten lassen sich folgendermaßen kurz kennzeichnen:
1. Flügeldecken einfarbig, metallisch grün, erzbraun oder kupferfarbig, ohne gelbe
Makeln 2
— Flügeldecken mit gelben oder braunen Makeln 3
2. Körper kürzer und breiter gebaut. Kopf und Halsschild dicht und grob
punktiert. Letzterer reichlich doppelt so breit als lang, dicht vor der Basis
am breitesten, die Seiten nach vorne stark gerundet verengt (Abb. 65 E) . rustica L.
— Körj^er länger und schmäler gebaut. Kopf und Halsschild weniger grob und
etwas spärlicher punktiert. Letzterer nicht ganz doppelt so breit als lang,
nach vorne fast gerade verengt haemorrhoidalis Hbst.
3 Oberseite metallisch blau oder grün, Flügeldecken mit 4 großen gelben Quer-
makeln, 9 — 15 mm (Abb. 65 B) 8 -guttata L.
— Oberseite schwarz mit Erzglanz. Flügeldecken mit 4 gelben Schrägflecken,
14 — 20 mm 9-viaculata L
Über die 4 hier genannten Arten ist im Einzelnen noch wenig bekannt. Man
findet die äußerst flüchtigen Imagines in Nadelholzrevieren, besonders auf Schlägen,
stellenweise ziemlich häufig, wo sie an heißen Sommertagen bei Sonnenschein an
gefällte Stämme, an Klafterholz oder Stöcke anfliegen. Sehr häufig traf ich sie
im Bialowieser Urwald (August 19 16), wo es zur Mittagszeit auf einem frischen
Schlag geradezu von ihnen wimmelte. Auch AI tum erwähnt häufiges Vorkommen
der Buprestis g-maculata L. (== flavomaculata F.) in verschiedenen Kiefernforsten
Norddeutschlands.
Ihre Entwicklung findet wohl gewöhnlich im toten Holz (gefällten
Stämmen, Klafterholz, Stöcken) statt, so daß ihre forstliche Bedeutung,
wenn überhaupt von einer solchen gesprochen werden kann, nur sehr gering
anzuschlagen ist. Nur B. 8-guttata L. scheint eine Ausnahme zu machen, indem
ihre Larven nach den Angaben von Perris (1854) sich auch in 6 — 8jährigen
Kiefern und Fichten entwickeln, wodurch die jungen Pflanzen zum Absterben
gebracht werden. In diesem Falle würden wir es also mit einem Kultur -
Schädling zu tun haben.
Buprestiden in Nadelholz.
135
O
Abb. 65. Verschiedeae Buprestinae. A Chalcophora mariana L. (.iV^ x), B Buprestis octo-
guttata L. (3 x), C Poecilonota rutilans F. (3 X), D Melanophila decastigma F. (3 x),
E Buprestis .rustica L. {2'!,^ x), F Phaenops cyanea F. (3 X), G Anthaxia 4-punctata L. (5 x),
H Chrysobothris affinis F. (3 x), J Dicerca aenea L. (1V2 X)- — ^rig.
136
Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
' f-'.i Phaenops cyanea F.
Ein mittelgrolkr (8 — 11 mm) ovaler, abgeflachter Prachtkäfer (Abb. 65 F) von einfarbig
blauer oder blaugrüner Färbung, mit dicht irregulär punktierten Flügeldecken, mit 3 gliederigen,
schwach sägeförmig erweiterten Fühlern. — Larve mit stark verbreiterter kurzer Vorderbrust, diese
mit einer schmalen, ovalen und in der Mitte geteilten stark gerunzelten Chitinplatte auf der
Oberseite (Abb. 62 C).
Phaenops cya?iea ist in erster Linie ein Kieferninsekt (in Südfrankreich
befällt sie die Seekiefer, in Deutschland die gemeine Kiefer), kommt jedoch auch
an Fichten vor (Escherich und
Baer 1908). Flug?eit Juni-Juli ; das
9 legt seine Eier einzeln in die
Ritzen der Borke. Die geschlängelten
flachen Larvengänge verlaufen in
alten Bäumen ziemlich lang in der
Rinde und greifen erst gegen das
Ende zu in den Splint ein. Das
Bohrmehl zeigt deutlich wolkige An-
ordnung (Abb. 66). In dünnen
Stämmchen ,,schlängeln sich die
Gänge unregelmäßig bald quer, bald
mehr der Längsrichtung des Stämm-
chens folgend um dasselbe, öfters
umkehrend und vielfach nur kleine
Inseln der Bastschicht übrig lassend;
sie greifen dabei nur schwach in
den Splint ein, im L^nterschied zu
gewissen sonst ähnlich lebenden Bock-
käferlarven" (z. B. Pogonochaerus).
Die Verpuppung findet meist
in der Borke statt (Schreiner 1882,
Torka 1907, Escherich und Baer
1908), nach Kleine (1907) kommen
allerdings auch Puppenwiegen im
Holz vor. Letzeres ist regelmäßig
der Fall bei dünnen Stämmchen. Die
Generation scheint 2 jährig zu sein.
Die zweite Überwinterung der fast
erwachsenen Larven findet in der
Borke statt; ob sie nach dieser Überwinterung nochmal fressen, ist noch fraglich.
Kleine hält es für wahrscheinlich; Torka fand allerdings schon im November
eine Anzahl Puppenwiegen.
Angegangen werden hauptsächlich alte Kiefern mit dicker Borke, doch
wurde von Baer in Sachsen auch ein Befall von mannshohen kränkelnden Kiefern
und Fichten beobachtet (Escherich und Baer 1908).
Abb. 66, Larvenfraß von Phaenops cyanea F. in
Föhre (Rinde). Aus Koch, phot. Kleine.
Buprestiden in Nadelholz. — Anthaxia. 1^7
Die forstliche Bedeutung ist nicht so gering, wie sie bisher in unseren
forstlichen Lehrbüchern dargestellt wurde. Nach den Beobachtungen von
Schreiner, Torka, Kleine, Baer kommt Phaenops in Norddeutschland stellen-
weise recht häufig vor (Kleine fand in einem Rindenstück von 20 qcm ca.
20 Stück !j und befällt nicht nur kränkelnde, sondern (nach Kleine) mitunter
auch gesunde Stämme. Kleine (1907) bezeichnet ihn kurzweg als „Primär-
fresser"; die anderen Autoren dagegen sprechen allerdings meist von kränkelnden
oder frisch gefällten Bäumen, die von Phaenops befallen wurden, wonach es sich
also für gewöhnlich um einen sekundären Schädling handeln würde.
Gattung Anthaxia Eschsch.
Als die wichtigste in Nadelholz vorkommende Art ist zu erwähnen:
"ä Anthaxia 4-punctata L.
" Ein kleiner (6 mm), breiter und flacher Prachtkäfer, schwarz mit schwachem Kupfer-
glanz, mit 4 deutlichen in Querreihe gestellten Grübchen auf dem Haisschild, — Larve mit sehr
stark verbreitertem eisten Brustring.
Einer unserer häufigsten Prachtkäfer. Er befällt vornehmlich die Kiefer
und Fichte, soll jedoch auch in Lärche und Wacholder vorkommen (Nördlinger).
Die Flugzeit fällt in den Juni und Juli; der Käfer hält sich während derselben
häufig auf Blüten auf. Die Larve entwickelt sich in jungen Pflanzen und
Stämmchen, oder auch in abgefallenen Ästen, Zaunlatten usw. Sie nagt sich
zwischen Bast und Splint schaifrandige mit Wurmmehl verstopfte, unregelmäßig
geschlängelte, von oben nach unten verlaufende Gänge (Abb. 67) und begibt sich
zur Verpuppurg in den Splint. Der Käfer verläßt seinen Geburtsort durch ein
elliptisches Flugloch. Die Generation wird als zweijährig angegeben.
Die Folgen des Fraßes bestehen in Kränkeln und Absterben der
befallenen Pflanzen ; um so mehr, als es sich meist an und für sich schon
um schlechtwüchsige oder durch Pilze, Rüsselkäfer usw. geschwächte Pflanzen
handelt. Denn Anthaxia tritt gewöhnlich sekundär auf, worauf schon das
häufige Vorkommen in abgestorbenen Zweigen, Zaunlatten usw. hindeutet. Dem-
entsprechend ist auch die forstliche Bedeutung nicht allzu hoch anzu-
schlagen, zumal es nur selten, und dann auch nur lokal ganz beschränkt, zu
einer stärkeren Vermehrung kommt.
Noch eine zweite sehr nah verwandte Art führt eine ganz ahnliche Lebensweise, so daß
Verwechslungen wohl öfter vorkommen:
' '< Anthaxia nigritula Ratzeb. (= praticola Laf.) Sie unterscheidet sich von 4 -punctata durch
ihre kleinere Statur (4 — 4^2 mTi), durch das Fehlen der Grübchen auf dem Halsschild,
und durch die deutlich gereihte Punktur der Flügeldecken. Sie ist mehr im Süden
unseres Faunengebietes zu Hause und scheint Fichten zu bevorzugen (vielleicht bezieht
sich das oben erwähnte Vorkommen der Anthaxia 4-punctata an Fichte auf diese nah
verwandte Art).
Außerdem machen auch noch einige andere, größere schwarze Anthaxia- Axtev. ihre I-:nt-
wicklung im Nadelholz durch, wie
W/^Anihaxia morio F. Weit größer als die vorigen (7 — 9^3 mm); Kopf lang weiß behaart.
„In kranken oder frisch gefällten Kiefern, und auch in 8— lojährigen Fichtenstämmchen.-'
Vornehmlich in Gebirgsgegenden.
;/ Anthaxia sepulchralis F. Etwas kleiner (6 — 772 mm); Kopf lang schwarz behaart ,,In
Kiefern, an Holzstößen usw." — —
138
Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
5-/?' Gattung Chrysobothris Eschsch.
Die an den Goldgrübchen in den Flügeldecken leicht kenntliche Gattung enthält mehrere
forstlich erwähnenswerte Arten, von denen i im Nadelholz und 2 im Laubholz vorkommen.
Sie lassen sich folgendermaßen unterscheiden:
Abb. 67. Larvenfraß von Anthaxia
quadripunctata L. an Föhre (Splint).
Aus Koch, phot. Scheidter.
Abb. 68. Larvenfraß von Chryso-
bothris SolieriLap. in Föhre (Splint).
Aus Koch, phot. Scheidter.
Flügeldecken mit 4—5 stark erhabenen Längsrippen; Oberseite grob runzelig
punktiert. Unterseite glänzend grün mit purpurfarbigen Rändern. Oberseite
dunkel erzbraun mit je 3 flachen purpurgoldigen Grübchen auf den Flügel-
decken, von denen i neben dem Schildchen sich befindet. Länge 12-15 mm.
In Eiche C*/"'- chrysostigr
Buprestideii in Laubholz. — Diceica. I^Q
— Flügeldecken nur mit schwach erhabenen Längsrippen. Oberseite dicht und
fein punktiert -
2. 12 — 15 mm. Unterseite goldig kupferglänzend, meist mit grünen Rändern.
Flügeldecken dunkel kupferbraun mit je I kleinen goldigen Grube an der
Basis und je zwei groFien flachen Gruben auf der Scheibe. In Buche. Chr. afßnis F.
— Der vorigen Art sehr ähnlich, doch kleiner (10 — 12 mm), schmäler und ge-
wölbter. Die Goldgrübfhen auf den Flügeldecken größer und meist halb-
mondförmig. In Nadelholz Chr. Solieri Lap.
Die einzige Nadelholz- Art ist:
^'^9' Chr. Solieri Lap. — Der Käfer fliegt im Juni, Juli auf sonnigen Kiefern-
schlägen. Die Larve lebt in der Kiefer (gemeinen Kiefer, im Süden in der
Seekiefer), und zwar, wie es scheint, nur an schwächeren Stangen und Stämmchen
von höchstens 15 cm Durchmesser, oder in den Ästen älterer Bäume (Perris,
Schreiner, Klingelhöffer). Die Gänge laufen geschlängelt, immer breiter werdend
(Abb. 68) und mit Fraßmehl dicht verstopft, zwischen Rinde und Splint. Die
ausgewachsene Larve geht ins Holz, wo sie sich eine flache Puppenwiege nagt,
in der sie überwintert, um erst einige Wochen vor Ausfliegen des Käfers zur
Puppe sich zu verwandeln. Die Generation gibt Perris als einjährig an; in
unserem Klima scheint sie jedoch zweiiährig zu sein, wenigstens lassen die Be-
obachtungen von Klingelhöffer dies schließen.
Da die Art, bei uns wenigstens, gewöhnlich nur vereinzelt vorkommt, so ist
ihre forstliche Bedeutung nur gering.
B. In Laubholz.
ßupresi'inae : Agrilinae :
Dicerea aenea L. In Weißerle. Coraebus undatus F. In Korkeiche.
— brolinensis Hrbst. In Buche. — bifasciatus Ol. In Eiche.
— alni Fisch. In Weißerle. Agrilus biguttatus F. In alten Eichen.
Poecilonota variolosa Payk. In Aspen. — sexguttatus Hrbst. In Pappeln.
— rutilans F. In Linden. — subauratiis Gebl. In Eichenheistern.
— deeipiens Mann. In Rüster. — viridis L. In Bucheoheistern.
Melanophila decastigtnaF. In jungen Pappeln. — coeruleus Rossi. In Eiche.
Anthaxia manca F. In Rüster. — betuleti Ratz. In Birken.
Chrysobothris afßms F. In starken Eichen- — elongatus Hbst. In Eichenheistern.
heistern. — angitstulns Illig. In Eichenheistern.
— ehrysostigma L. In Eichen (u. Buchen?). — auricollis Kiesw. In Linden.
Buprestinae.
Gattung Dicerea Eschsch.
Die Dicerea- Arien gehören mit zu den größten Prachtkäfern unserer Fauna und sind an
den schwanzförmig ausgezogenen Flügeldeckenspitzen unschwer zu erkennen. Meist
sind sie einfarbig kupferig oder erzfarben. Die hier zu besprechenden 3 Arten lassen sich
folgendermaßen darstellen :
1. Flügeldecken ohne deutliche glatte Erhabenheiten („Spiegelflecken-'). Kräftig,
breit, gewölbt. Halsschild grob runzelig punktiert. Unterseite kupfer-
glänzend, Oberseite braun erzfarbig. 19—22 mm (Abb. 65J) .... aenea L.
— Flügeldecken mit deutUchen, dunklen, glatten Erhabenheiten („Spiegelflecken-') 2
2. Halsschild ohne deutliche Mittelfurche. Flügeldecken fein runzelig punktiert
Oberseite glänzend erzfarben, kupferig oder grünlich schimmernd. Unter-
seite kupferglänzend. 20 — 24 mm berolinenais Hbst.
— Halsschild mit flacher, aber deutlicher Mittelfurche. Flügeldecken grob punktiert
gestreift, und grob runzelig. Oberseite kupferglänzend. 16—20 mm . . alni Fisch.
Die drei hier genannten Dicerea • hx\.^Vi. kommen im allgemeinen nur ver-
einzelt vor ; selten treten sie häufiger auf, so daß sie auch dem Forstmanne auf-
fallen. Die Flugzeit des Käfers fällt in die Monate Juni, Juli. Die Käfer (von
j^Q Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
berolinensis) sollen um die heiße Mittagszeit auf den Blättern von Buchen sich
aufhalten und dort auch die Kopula vollziehen. Die Larve, deren Lebenszeit
mehrere Jahre zu währen scheint, macht starke Gänge, selbst bis ins grüne Holz,
verstopft dieselben mit Wurmmehl und legt zuletzt das Puppenlager in der Nähe
der Oberfläche an. — Als Fraßpflanzen kommen in Betracht: iür berolinensis
vornehmlich Buche (starke Buchen, zuweilen auch an Klaftern); für aenea und
alni Weißerle, für letztere außerdem noch Hasel- und Walnuß (Mol landin
de Boissy).
Der Befall betrifft sowohl anbrüchiges Holz, wie auch gesunde Pflanzen.
Aber entsprechend dem meist nur vereinzelten Vorkommen der Dicerca-kxien ist
die forstliche Bedeutung im allgemeinen nur gering. Doch ist in der Forst-
literatur wenigstens ein Fall erwähnt, in dem eine Dicerca wirklich forst-
schädlich geworden ist: in den Donauauen des bayerischen Forstamtes Dillingen
hat (1860) Dicerca aenea eine Reihe 8 — lO cm starker Weißerlenstämme zum
Absterben gebracht, so daß 30 rm eingeschlagen werden mußten (O s t e r -
b erg 1860).
Gattung Poecilonota Eschsch.
Von der vorigen Gattung durch kleinere Gestalt, durch nicht oder nur schwach aus-
gezogene Flügeldeckenspitzen und durch das deutlich quere Schildchen unterschieden.
Wir nennen hier 3 Arten:
1. Oberseite kupferig oder bronzefarbig, mit zahlreichen schwarzen glatten flecken.
Flügeldeckenspitzen schwach schwanzförmig ausgezogen. 13— 19 mm. In ^
Pappeln rariulosa Fayk. 1(1 //^^
— Oberseite grün, beiderseits mit prächtig purpurroten Streifen. Blügeldecken-
spitzen nicht schwanzförmig ausgezogen, sondern zur Spitze einfach abgerundet 2
2. Halsschild ohne schwarze Mittellinie. Flügeldecken mit kleinen glatten schwarzen
Flecken gesprengelt. 12-15 mm. In Linden rntilans F. "
— Auf dem Halsschild stets die Mittellinie und einige Längsstriche schwarz
und glatt. Die schwarzen Flecken auf den Flügeldecken zahlreicher und . ,
größer, ii — 14 mm. In Rüster decipiens Mann. '^'^
Poecilonota rutilans L. {„Lindenprachtkäfer"). — Wohl der schönste,
farbenprächtigste Prachtkäfer Deutschlands (Abb. 65 C). Seine Larve lebt haupt-
sächlich in Linden, dann auch in Rüster und Erle. Mit Vorliebe werden
stärkere Äste alter Linden angegangen , doch hat ihn A 1 1 u m auch an den
Stämmen selbst angetroffen. Das F r a ß b i 1 d zeigt typische Buprestidengänge,
d. h. unregelmäßig geschlängelte teils im Splint, teils in der Rinde verlaufende,
dicht mit Wurmmehl angefüllte Gänge, die schließlich in einer gekrümmt in die
Rinde und das Holz eindringende Puppenwiege enden, in der die Puppe mit
dem Kopfe nach oben liegt. Die Käfer nagen sich Ende Mai, anfangs Juni
durch ein 5 mm breites ovales Flugloch nach außen. Die Generation ist .
mindestens zweijährig.
Die Folgen des Fraßes bestehen im Abfallen der Rinde und Dürr-
werden der Äste. Besonders erwähnenswert ist der von Alt um beobachtete
Befall, der sich auf ca. 50 Linden erstreckte. „Der Fraß befand sich an den
Stämmen und zwar ausnahmslos an der Südseite. In der Regel erstreckte sich
derselbe in gerader Richtung und etwa handbreit auf oft 2, 3, ja sogar fast
4 m Länge. Man kam beim Anblick solcher Linden unwillkürlich zu der An-
nahme, daß die ?? lange Frostspalten zum Ablegen der Eier benutzt haben.
Zum großen Teil fiel später die tote Boike über dem Fraß ab, so daß der viel-
fach gefurchte und mit Bohrgängen durchsetzte SpUnt frei lag. Eine schwächere
Linde hatte auf reichlich ^/^ der Stammlänge durch den Fraß fast auf die
Bupiestiden in Laubholz, — Melanophila. Anthaxia. 1^1
Hälfte des Umfanges ihre Rinde verloren und war auf dem freigelegten Splint
derartig angegriffen, zum Teil dort bereits so ausgehöhlt, daß sie nur noch sehr
kümmerlich vegetierte."
~" ' Poecilonota decipiens Mann. Über diese mit der vorigen so nah ver-
wandten Art ist bis jetzt wenig bekannt. Perris hat die Larve (unter ähnlichen
Verhältnissen wie mtilans) in Rüster angetroffen.
/^Vi'S Poecilonota variolosa Payk {== conspersa Gyll). — AI tum berichtet
über die Lebensweise: Die Flugzeit des Käfers ist für die Ebene Mitte
Juni (im bayerischen Hochgebirge fand AI tum noch Mitte September ein Pärchen
in Kopula). Das 9 belegt stärkere, etwa 40jährige und ältere Aspen am Stamme
von unten bis i oder i Yg "^ hoch mit Eiern. Es scheint sich dabei ausschließ-
lich auf die Sonnenseite der Stämme zu beschränken und zwar vorzugsweise auf
die exponierten Randbäume oder lückig stehenden Stämme, also solche, welche
den Sonnenstrahlen am meisten ausgesetzt sind. Die Larven leben nur im Baste,
woselbst sie die verschlungensten, mit tiefbraunem Wurmmehl ausgefüllten Gänge
fressen. Auch die Puppenhöhle liegt in der Rinde. Die Generation ist drei-
jährig. Der Larvenfraß ist nach AI tum primär, doch häufig vergesellschaftet mit
dem Fraß des großen Aspenbockes [Saperda carcharias). Im allgemeinen ist die
Art nicht häufig; doch sind auch stärkere Vermehrungen beobachtet, so von
Altum im Biesenlhaler Revier, wo eine „große Anzahl stärkerer Aspen derart
besetzt waren, daß die Rinde in großer Ausdehnung mehr oder weniger unter-
höhlt und stellenweise das darunterliegende Holz abgestorben oder bereits in
Fäulnis geraten war''. So kann also P. vanolosa da, wo Gewicht auf Erziehung
gesunder Aspen gelegt wird, mitunter unangenehm resp. „merklich schädlich"
werden.
Bekämpfung: Rechtzeitiges Entfernen der befallenen Stämme.
Gattung Melanophila Eschsch.
Von der Gattung Btipiestis durch die iireguläre Punktur der Flügeldecken
und die schwach erhabenen Längsrippen auf denselben unterschieden.
Die einzige deutsche Art
f /is"^ M. decastigma F. ist an seiner Flügeldeckenzeichnung (je 5 gelbe ver-
schieden gestaltete Flecken auf dunkelkupfei farbigem Grunde) leicht zu erkennen
(Abb. 65 D).
Die Larve lebt in abgestorbenen oder auch in jungen, geschwächten Pappeln,
die sie rasch abtötet.
Gattung Anthaxia Eschsch.
Als Laubholzart verdient erwähnt zu werden
^ M A. manca F. Von den oben besprochenen Nadelholz- An thaxien (siehe
S. 137) durch ihre lebhaftere Färbung unterschieden: Halsschild grün, nach den
Hinterecken zu kupfergolden, auf der Mitte mit zwei breiten blauschwarzen Längs-
flecken. Flügeldecken braun erzschimmernd.
Die Larve lebt in den Zweigen von Ulmen.
Verschiedene andere Anthaxien sind als Obstbaumschädlinge bekannt ge-
worden, so die schöne purpurfarbige A. candens Vi. in Kirsch- und Zwetschen-
bäumen (Syrutschek 1902).
142 Coleoptera. — 4, Familien reihe: Diversicornia.
Gattung Chrysobothris Eschsch,
Die Charakterisierung der zwei Laubholzarten ist oben bereits gegeben
(s. S. 138).
Chr. affinis F. (Abb. 65 H). — Flugzeit zu Beginn des warmen Sommers.
Fraßpflanze: Eiche und zwar vornehmlich starke Heister oder schwache Stangen
(Nördlinger gibt auch Buche an). Das ? legt nach AI tum, dem wir die ein-
gehendsten Beobachtungen verdanken, seine Eier (je i — 3 Stück) tief unten,
meistens dicht über dem Wurzelanlauf der Heister oder Stangen ab. Die weniger
geschlängelten und der Gestalt der Larve entsprechenden sehr flachen Gänge
verlaufen im Baste. Die Puppenwiege, in der sich die Larve wieder umkehrt,
ist oval und die Eingangsöffnung wird mit Nagemehl verstopft. Äußerlich ist
die Stelle des Fraßes zunächst nicht kenntlich ; erst das querelliptische, oft etwas
schräg gestellte Flugloch des Käfers zeigt den Fraß mit Sicherheit an.
Die forstliche Bedeutung kann eine recht erhebliche werden.
So wurde in dem von AI tum beschriebenen Fall der Käfer zu einer richtigen
Kalamität, indem eine große Anzahl Eichenheister durch den Larvenfraß getötet
wurde, und zwar, wie es scheint, vollkommen primär. Wie weit alte Bäume
durch den Befall Schaden leiden, darüber fehlen genauere Angaben.
Die Bekämpfung ist recht schwierig, da der Befall meist erst nach dem
Ausflug der Käfer erkannt wird. Das einzige Mittel dürfte in sehr tiefem Ab-
hauen der durch Kränkeln als besetzt verdächtigen Heister oder Stangen und
Entrinden oder Anbrennen des unteren Teiles bestehen.
3''^' Ch. chrysostigma L. — Die der vorigen nah verwandte und mit ihr wohl
öfter verwechselte Art lebt ebenfalls in Eichen. Nach Ratzeburgs Be-
merkungen (W. II 3Ö0) scheint sie auch in Buchen vorzukommen. Näheres über
die Lebensweise ist nicht bekannt. —
Agrilinae.
Gattung Coraebus Lap.
Von den Buprestinae durch die langgestreckte gewölbte Form, von der folgenden
Gattung Ägrilus durch das ungekielte Schildchen unterschieden, die beiden hier zu nennenden
Arten außerdem noch durch die gezackten behaarten Querbinden auf den Flügeldecken.
Die beiden Arten lassen sich folgendermaßen kennzeichnen:
I. Halsschild an der Basis ohne Quereindruck. Oberseite goldgrün oder blaugiün;
Hügeldecken an der Spitze dunkler, mit drei gebuchteten, dicht punktierten
und behaarten Querbinden (Abb. 70 Aj. 14 — 16 mm bifasciattts Ol.
— Halsschild an der Basis mit doppelbuchtigem tiefem Eindruck. Oberseite erz-
glänzend bis grünlich; Flügeldecken meist dunkler, vor der Mitte mit einigen
•weißen Haarflecken, hinter der Mitte mit drei schmalen stark gezackten
Querbinden. Der hintere Teil der Flügeldecken bis zur vordersten Binde
schwarzblau oder wenigstens dunkler. 11 — 14 mm undatus F.
Die beiden Cotaebiis-krien sind ausgesprochene Eichentiere.
j- Coraebus bifasciatus Ol. (= fasciatus Villers).
Diese schöne Art (Abb. 70 A) ist auf den Süden und Südosten Europas beschränkt. Ihr
Hauptverbreitungsgebiet ist Mittel- und Südfrankreich bis Algier, die nördlichste (Frenze ihres
Vorkommens ist Süd-Elsaß; im Südosten ist sie in Ungarn (1116s) und in Bosnien (Kuotek)
festgestellt.
Die Larve, nach dem Typus H gebaut, wird bis lO mm lang, der Prothorax 5 mm,
die übrigen Segmente 4 mm breit. Chitinschild des Prothorax mit 2 Längsfurchen. Letztes
Hinterleibsglied mit dunklen starken Chitinspitzen bewaffnet, die seitlich gekerbt, d. h. mit
5 kleinen Zähnchen besetzt sind.
Buprestiden in Laubholz.
Coraebus,
143
Seine Spezialfraßpflanze ist die Eiche (in ihren verschiedenen Arten),
Die Lebensweise zeigt, besonders in bezug auf den Larvenfraß, einige
Eigentümlichkeiten, die wir bei keinem andern Prachtkäfer unseres Faunengebietes
wiederfinden. — Flugzeit: Juni, Juli. Die Käfer halten sich vielfach auf den
Blättern der Eiche auf, die sie benagen. Das Weibchen legt seine Eier
einzeln an die Rinde eines einjährigen Zweiges älterer Bäume oder eines Heister-
stämmchens ab. Die Larve frißt zuerst unter der Rinde, dringt aber bald
in das Holz und nagt in ihm in abwärts steigender Richtung einen meist
A B
Abb. 69. Endteil des Larveiiganges und Puppenwiege von Coraebus bifasciatus Ol. A Aststück
mit den Bohrmehlwülsten, B Aststück mit aufgeschnittener Puppenwiege, a Ringelung, b Ein-
tritt der Larve ins Holz, c Ausflugloch des Käfers, d Puppenwiege. — Phot. Scheidter.
schwach»; geschlängelt verlaufenden Gang von elliptischem Querschnitt in einer
Länge von etwa i—i'-j^Ta.] dann ändert sie die Fraßrichtung, nagt sich wieder an
die Oberfläche durch und ringelt hier, tief in den Splint eingreif end, den
Ast in schleifenförmigem oder spiraligem Fraßgang, wodurch alle saft-
leitenden Kanäle durchschnitten werden (Abb. 69). Nach dieser Splintringelung
dringt sie wieder in das Holz ein, um wieder eine kleine Strecke aufwärts zu
steigen und endlich in einem Hakengang zur Verpuppung zu gelangen. Der
Käfer nagt sich dann im Juni durch ein fast rundes Loch von 3 — 4 mm Durch-
lA^ Coleoptera. — 4. Familien reihe: Diversicornia.
rnesser nach außen. — Die Generation ist in Südfrankreich nach de Trego-
main, dem wir die eingehendsten Beobachtungen verdanken, zweijährig; im
Elsaß dagegen scheint sie nach AI tum drei- oder sogar vierjährig zu sein.
Als natürliche Feinde kommen vor allem die Spechte in Betracht
(Barbey), wohl hauptsächlich der mittlere Buntspecht, und dann ein ziemlich
häufig auftretender, größerer (bisher nicht bestimmter) Ichneumonide.
Forstliche Bedeutung. — Die Folgen des Fraßes bestehen im Absterben
des befallenen Pflanzenteiles peripher von der Ringelung, die ja die
gesamte Saftzufuhr abschneidet. Werden ältere Eichen befallen, so zeigt sich bald
eine größere Anzahl i — 2 m langer dürrer Äste. In Heister und Schälwaldaus-
schlägen, wo der Fraß den Stamm selbst betrifft, stirbt die Krone ab. So ist
denn unser Prachtkäfer in den Schälwaldungen besonders gefährlich, wie
denn auch die in der Forstliteratur erwähnten Kalamitäten in Südfrankreich
(de Tregomain 1876) und im Elsaß (AI tum) Schäl Waldungen betreffen. Auch in
Ungarn ist er in ähnlicher Weise schädlich geworden, indem er zahlreiche Gipfeltriebe
der Stockausschläge zum Absterben gebracht hat (Lenk 1888). Außerdem wurden
dort auch, besonders an sonnigen warmen Lehnen, in 50 — 80jährigen Eichen-
waldungen (sowohl Qnercus pubescens als certis) die Gipfel und Astenden ziemlich
erheblich beschädigt. Barbey (E. F. 332) berichtet über starke Verunstaltungen
der Kork- und Steineichen waldun gen Frankreichs durch wiederholte Angriffe des
zweibindigen Prachtkäfers und er steht darnach nicht an, dort denselben zu den
schlimmsten Eichenschädlingen zu rechnen.
Bekämpfung. — Rechtzeitiges Abschneiden und Verbrennen der befallenen
Äste, mehrere Jahre hindurch fortgesetzt, ist das einzige Mittel, das zum Ziele
führt. Tregomain rät diese Maßregel sehr frühzeitig, sobald die Zweige zu
verwelken beginnen, vorzunehmen, damit ein in späteren Stadien sich häufig ein-
stellender Parasit (Ichneumoniden-Spezies) möglichst geschont werde. Die Rück-
sicht auf den letzteren darf aber nicht soweit gehen, alte oder vertrocknete Äste
etwa stehen oder liegen zu lassen, da die Wirkung des Parasiten allein durchaus
nicht ausreichend zu sein scheint.
Tii^'flt Coraebus undatus F.
"" Die Larve ist der von hifasciatus ähnlich, unterscheidet sich aber von ihr deutüch
durch die einfachen glatten chituK'>scn Endspitzen am Hinterleib (bei bifasciatns sind dieselben
geziihnelt).
Besonders in Korkeiche. — Der Larvenfraß weicht von dem der vorigen
Art wesentlich ab und zeigt das typische Buprestidenfraßbild. Die i — 172 "^
langen Gänge verlaufen geschlängelt zunächst im Cambium und dringen später in
die eigentliche Korkschichte ein, in der auch die Verpuppung stattfindet.
Die Schädigungen des Fraßes sind zweierlei Art: physiologischer
und technischer. Durch den Fraß in der Cambiumschicht wird die nor-
male Neubildung des Korkes nach Ablösung der alten Korkschichte beeinträchtigt
und der Kork brüchig gemacht; durch die Gänge im Kork wird dieser ferner
technisch stark entwertet.
Das fortwährende Vernichten aller bei der Entkorkung freigelegten Larven
usw. ist das einzige Mittel, das angewendet werden kann.
Gattung Agrilus Cutt.
145
Außer diesen beiden Arten wird in der Forstliteratur (AI tum) noch eine 3. Art:
Coraebus elatus F. {= lampsanae Bon.) genannt, die sich durch die einfarbig metallisch grüne
Färbung (ohne jede Bindezeichnung) von den vorigen sofort unterscheiden läßt; kommt wohl
nur in Südeuropa vor. ■ ,,In Eichentrieben. "•
Gattung Agrilus Cuit.
Durch die noch schmälere Gestalt und das quergekielte Schildchen von Coraebus unter-
schieden. — Die meisten der zahlreichen Arten sind einander mehr oder weniger ähnlich sowohl
in Farbe (meist metallisch grün oder blau) als auch in Form, so daß ihre Unterscheidung keines-
wegs immer leicht ist.
1. Flügeldecken mit begrenzten weißen Haannakeln 2
— Flügeldecken ohne begrenzte weiße Haarmakeln 3
2. Flügeldecken mit je 3 weißen Haarmakeln (i an der Basis, i in der Mitte
und I vor der Spitze). Jede Flügeldeckenspitze einzeln scharf zugespitzt.
Metallisch grün. 8 — 10 mm sexgutiatus Hrbst.
— Flügeldecken mit je nur einer der Naht genäherten weißen Haarmakel hinter
der Mitte (Abb. 70 B ). Die Seiten der Brust und des Bauches mit weißen
Haarflecken. Metallisch grün (selten blau oder goldgrün). 10 mm. In
alten Eichen bigiittatus F.
A B C D
Abb. 70. Verschiedene Agrilinae. A Coraebus bifasciatus Ol., B Agrilus biguttatus F.,
C Agrilus viridis L., D Agrilus elongatus Hrbst. Vergr. — Original.
3. Halsschild an der Basis neben den Hinterwinkeln ohne deutliches kielförmiges
Fältchen. Lebhaft golden kupferig, Flügeldecken grün oder blaugrün. 7 mm.
In Linden aurieollis Kiew.
— Halsschild an der Basis mit einem kieUörmigen, meist gebogenem Fältchen . 4
4. Halsschild doppelt so breit als lang, an den Seiten deutlich gerundet • . • 5
— Halsschild länger, niemals doppelt so breit als lang, an den Seiten meist
ziemlich gerade 8
5. Querkiel auf dem Schildchen nur undeutlich, die Querfurche dahinter sehr fein.
Groß (9 mm), grün oder blau, Flügeldecken golden messingfarben , grob
gekörnelt subauratus Gebl.
— Querkiel des Schildchens kräftig entwickelt, ebenso die dahinter liegende Quer-
furche stets deutlich 6
6. Die Punktur des Scheitels fließt in lange, dicht gestellte vollständige Querrunzeln
zusammen. Körper einfarbig grün (Stammform), oder blau (= var. nocivus
Ratz.) oder einfarbig golden kupferig (= var. fagi Ratz.) 6 — 9 mm.
(Abb. 70 C). In Buchen viridis L.
— Punktur des Scheitels nicht zu Längsrunzeln zusammenfließend, sondern aus
länglichen freien Punkten bestehend 7
7. Blau oder blaugrün, die Seiten des Bauches kahl erscheinend. Kopf am
Scheitel tief gefurcht. 5V2 — 7 mm- In Eichen und Buchen . . . coeruleus Rossi.
Escherich, Forsfmsekten. II. Bd. lO
146
Coleoptera. — 4. Familienreihe : Diversicornia.
— Dunkel bronzefarbig. Die Seiten des Bauches mit äußerst feiner, weißlicher
deutlicher Behaarung. Halsschild mit kurzem geraden kräftigen Fältchen
neben den Hinterwinkeln. Scheibe des Halsschildes mit feiner querer
Skulptur. 5 mm. In Birken betuleti Ratz.
8, Größere Art (7 — 8 mm). Grün oder blau, Halsschild mit kurzem gebogenem,
wenig pronoDziertem Fältchen vor den Hinterwinkeln (^^ tenu/is Ratz.) elongatvs Hbst.
— Kleinere Art (5 — 6 mm). Halsschild mit langem, geradem, kräftigem, fast
die Mitte des Halsschildes erreichendem Längsfältchen neben den Hinter-
winkeln. Die Seiten des Halsschildes zur Basis deutlich verengt. Grün
oder blaugrün. In Eiche und Buche angustulus IHig.
Die Larven der Agrilus - Arien sind wie die CoraeÖMS - Larven nach dem Typus II
gebaut: Erster Brustring nur wenig verbreitert und wenig abgeflacht, die übrigen Körper-
segmente im Querschnitt fast zylindrisch, der letzte Hinterleibsring mit 2 starken chitinösen
Spitzen versehen (Abb 62 E).
Die Lebensweise aller hier genannten Arten stimmt in den Grundzügen
mehr oder weniger überein, so daß ' wir sie gemeinsam für die ganze Gattung
besprechen können: Die Flug-
zeit fällt in die Monate Juni und
Juli. Man findet die Käfer häufig
auf niedrigen Blättern, in die sie
Löcher fressen, und wo meist zur
Mittagszeit bei Sonnenschein auch
ihre Kopula stattfindet. „Oftmals
sitzt gleichsam eine ganze Kolonie
von Agrilen so dicht beisammen,
daß man auf einmal eine größere
Anzahl davon sammeln kann
(Altum S. 131). Das ? legt
seine Eier, einzeln oder zu
mehreren vereinigt, an die Rinde
von verschiedenen Laubhölzern
(besonders Buche und Eiche), ab
und zwar meist im unteren Ab-
schnitt und mit Vorliebe an der
Sonnenseite und am Ansatz eines
Astes. Die Larven arbeiten sich
durch die Rinde durch und fressen
nun in Bast und Splint ihre langen
vielfach geschlängelten
und im Zick-Zack verlaufen-
den Gänge (Abb. 71) (daher
wird die Larve auch „Zick-Zack-
Wurm" genannt). Wo mehrere
Eier zusammen oder wenigstens
nicht weit voneinander abgelegt
wurden (was meistens der Fall ist),
da laufen die Gänge so bunt durcheinander, daß man die den einzelnen Larven
angehörenden nicht mehr sicher verfolgen kann. Der erste Anfang eines Ganges
Abb. 71. Agrilus-Fraß in Weide. A Larvengänge,
B zwei Puppenwiegen, C Fluglöcher. — Orig.
Gattung Agrilus Curt. I47
ist so fein, daß man ihn selten bemerkt (und ihn gewöhnlich mit dem Messer
wegschneidet). Der Gang steigt, nur sehr langsam breiter werdend, bis zu ^/g m
und darüber in die Höhe in fortwährenden Krümmungen und Windungen, die
zuerst dichter beisammen liegen und später immer weiter werden. Am Ende
biegt die Larve oft nochmals um, um wieder einige Zentimeter, dicht neben dem
aufsteigenden Ast herlaufend, zurückzukehren, ehe sie zur Verfertigung der Puppen-
wiege schreitet. Dazu dringt sie gewöhnlich ziemlich tief ins Holz (2 — 3 Jahres-
ringe) ; oder aber sie kann auch die Puppenwiege oberflächlicher anlegen direkt
unter der Rinde, ja sogar in der Borke selbst (letzteres besonders bei solchen
Arten, die in alten Bäumen unter dicker Rinde leben).
Die Unterscheidung der Fraßgänge der verschiedenen Arten ist sehr schwierig. Wo es
sich um Fraßspezialisten handelt, wie z. B. um den nur in alten Eichen lebenden Agrilus
biguttatus^ da bietet die Diagnose nach dem Fraßstück keine Schwierigkeiten; wo es sich aber
um verschiedene die gleichen Pflanzen heimsuchenden Arten handelt, da ist die Bestimmung
der Art nach dem Fraßstück allein kaum möglich. Allerdings gibt Altum einige Unterschiede
an, wie z. B. daß das Fraßbild von A. subauratus sich durch breitere, stellenweise zu Plätzen
erweiterte Fraßgänge auszeichnen soll. Doch bedürfen diese Angaben noch eine auf einem
gründlichen vergleichenden Studium beruhenden Bestätigimg.
Der Fraß dauert zunächst die wärmeren Monate des Flugjahres, setzt sich
dann im nächsten Jahr fort, und erst im dritten Kalenderjahr, im Mai findet die
Verpuppung statt. Der Käfer nagt sich nach kurzer Puppenruhe im Juni,
Juli an der dem Eingang der Larve entgegengesetzten Seite der Puppenwiege
heraus. Die Generation ist demnach für gewöhnlich zweijährig. Ob auch
eine einjährige Generation vorkommt, wie Ratzeburg annehmen möchte, sei
dahingestellt. Die Vermehrungsgröße der Agrilen, die wie alle Buprestiden
richtige Kinder der Sonne sind, hängt sehr wesentlich von der Witterung ab, in-
sofern als sonnige trockene Jahre die Fortpflanzung begünstigen. So finden wir
denn auch oft in den Angaben über schädliches Auftreten der Agrilen Hinweise
auf heiße trockene Jahre.
Als natürliche Feinde der Agrilen kommen einmal die Spechte in Be-
tracht, vor allem der große und mittlere Buntspecht, die die Larven aus der
Rinde heraushacken, und sodann eine Reihe von Schlupfwespen.
Forstliche Bedeutung. — Die Schäden, die der Forstkultur durch den
Larvenfraß der Agrilen zugefügt werden, können ganz erheblich sein. Den
Fraß einer einzelnen Larve vermag eine Pflanze natürlich gewöhnlich leicht zu
überstehen, besonders wenn die Gänge einseitig bleiben, d. h. den Stamm nicht
ringeln. Doch bleibt es in der Regel nicht bei einer einzelnen Larve, sondern
für gewöhnlich sind es, wie oben schon erwähnt, deren eine größere Anzahl, so
daß der Splint dicht von Gängen durchsetzt ist und die Saftzufuhr derartig unter-
brochen wird, daß die befallene Pflanze verwelkt und abstirbt. Die Anzahl der
Larven in einem einzigen Stämmchen kann 40 und 50 und mehr betragen. Am
schlimmsten werden natürlich die jungen Pflanzen, die Heister^ betroffen, die dem
Angriff meist schnell erliegen. Ratzeburg und Altura führen eine Reihe
von argen Verwüstungen durch Agrilen in Eichen- und 3uchenpflanzungen an
(siehe unten bei A. viridis, elongatus und a?igusiulus). Doch auch alte Bäume
können bei starkem Befall durch Agrilusfraß getötet werden, wie Strohmeyer
j^3 Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
(19 12) von 80— loojährigen Eichen berichtet, und wie ich selbst zu beobachten
Gelegenheit hatte.
Ratzeburg betont mit Recht, daß die Agrilen mehr oder weniger
sekundär auftreten und jedenfalls schwächliche Pflanzen gesunden , kraft-
strotzenden vorziehen. „Es ist eine konstante Erscheinung, daß der Schaden sich
um so größer zeigt je ungünstiger der Standort ist. Trockene Lagen zeichnen
sich hierbei ganz besonders aus. Die größte Bedeutung hat aber auch die Be-
schaffenheit der Pflänzlinge selbst. Solche, nämlich, welche in der Dickung schon
beherrscht oder gar unterdrückt standen, werden besonders gerne eine Beute der
Agrilen." Für die alten Bäume scheint dasselbe zu gelten, erwähnt doch Stroh-
meyer ausdrücklich, daß es sich beim Agri7us-Befa\\ meistens um Bäume handelt,
welche durch Hochwasser oder Trockenheit gelitten haben; und die von mir be-
obachteten staik befallenen alten Eichen waren außerdem noch durch einen vor-
hergegangenen Schwammspinnerfraß geschwächt worden.
Trotz des zweifellos sekundären Charakters der Agrilen müssen wir diese
zu den „merklich", wenn nicht zu den „sehr schädlichen Forstinsekten"
rechnen, da ja ganze Bestände durch sie gefährdet werden können.
Bekämpfung. — Das beste Vorbeugungsmittel dürfte die Erziehung recht
kräftiger Pflanzen sein, da nach dem Gesagten unterdrückte und kränkelnde
Stämme die Käfer am meisten anziehen. Auch rechtzeitige und gründliche
Durchforstung wird einer stärkeren Agn/us-V ermehTung wirksam entgegen-
arbeiten. Wo Gefahr im Verzug ist, kann man es eventuell mit einem Schutz-
anstrich versuchen. Als solcher wird eine Mischung von Lehm, Kalk und
Kuhmist (2:1 : i ) empfohlen, mit der von Mai bis Juli die Stämmchen bis zur
Krone hinauf bestrichen werden.
Außerdem bleibt als wichtigstes Bekämpfungsmittel stets die radikale
Entfernung alles befallenen Materials, und zwar vor dem Ausfliegen der
Käfer, also spätestens im Monat Mai. Zur Erkennung des Befalls ist vor
allem auf das Aussehen des Laubes (spätes und spärliches Austreiben, Verwelken
usw.) und auf die Beschaffenheit der Rinde, wie Rissigwerden, Abheben größerer
Rindenplatten usw. zu achten. Letztere Erscheinung kann auch durch Frost
hervorgerufen werden und sie wird auch oft, besonders an Obstbäumen damit
verwechselt („Frostplatten"). Hier können aber die leicht auffindbaren Larven-
gänge sofort Klarheit verschaffen.
Da das oben Gesagte für alle Agrt/us - Arten mehr oder weniger Geltung
hat, so können wir uns bezüglich des Vorkommens und Verhaltens der einzelnen
Arten kurz fassen:
" " Agrilus biguttatus F. — In alten Eichen. Dieser große (9 — 11 mm)
weißgefleckte Agrilus (Abb. 70 B) entwickelt sich, wie es scheint, ausschließlich in
alten Eichen. Strohmeyer (1912) berichtet folgendes darüber: „Er tritt seit
einigen Jahren im Illwald (bei Schlettstadt im Elsaß) in sehr großer Menge auf und
befällt 80 — 100 jährige Eichen, welche irgendwie sei es durch Hochwasser oder
durch Trockenheit gelitten haben, und tötet dieselben innerhalb 2 Jahren voll-
ständig. Die Stämme sind in der Bastzone mit hauptsächlich horizontal ver-
laufenden Gängen dicht bedeckt. Die Larve verpuppt sich nach zweijährigem
Gattung Agrilus Curt. I^g
Fraß in einer Puppenwiege innerhalb der Borke. Anfangs Juni schwärmen die
Imagines nach kurzer etwa I4tägiger Puppenruhe." Einen gleichfalls ungemein
starken Befall beobachtete ich (19 12) ebenfalls im Unterelsaß an noch älteren
Eichen, die mehrere Jahre hintereinander durch den Schwammspinner kahl ge-
fressen waren. Auch in diesem Falle gingen die besetzten Eichen ein.
Bezüglich der Bekämpfung schreibt Strohmeyer: Da im i. Jahr die
befallenen Eichen nur schwer kenntlich sind, ebenso im Herbste des 2. Jahres
nach Laubabfall, so empfiehlt es sich, die mit Brut besetzten Stämme beim Laub-
ausbruch anfangs Mai auszusuchen. In dieser Zeit fallen die seit zwei Jahren
befressenen Stämme durch spärliches Austreiben auf. Fällt man diese dann und
verbrennt die Rinde, so vernichtet man mit großer Sicherheit die Hauptmasse
der Schädlinge.
/'/■Agrilus sexguttatus Hbst. -- In älteren Pappeln. Diese ebenfalls
große (10 — 12 mm) und ebenfalls weißgefleckte Art entwickelt sich vornehmlich
in älteren Pappeln (Schwarz-, Pyramiden- und kanadischen Pappeln und in
Weiden), wo die Larve im Splint flache, gewundene, dicht verlaufende Gänge
nagt {Nördlinger [S. 6] spricht von „höchst merkwürdigen horizontal vielfach
geschnörkelten Larvengängen"), Nach Döbner (1862) hat dieser Agrilus, be-
günstigt durch mehrere heiße Sommer, sich bei Aschaffen bürg so stark vermehrt,
daß er eine Pappelallee teilweise zum Absterben gebracht hat.
■^■•Agrilus viridis L. — Hauptsächlich in Buchenheistern, dann auch in
Erle, Eiche, Linde, Birke, Rosen (Nördlinger, Erichson). Diese Art ist
wohl der schlimmste Buchenschädling. Ratzeburg berichtet (F. S. 67),
daß in einer Buchenheisterpflanzung von 1400 Pflanzen kaum eine zu finden
war, die nicht von Agt-ihis-'LdirvGn besetzt gewesen wäre. In einer anderen, im
Frühjahr ausgeführten Buchenpflanzung von 600 Stück wurde schon im Nach-
sommer die Hälfte getötet und ein großer Teil der übrig gebliebenen Stämme
so sehr befallen, daß auch diese zum Absterben kamen.
Die groBe Variabilität der Art hat zur Aufstellung einer ganzen Reihe von Formen,
die von Ratzeburg teilweise als besondere Arten aufgefaßt wurden, geführt: n. nocivus Ratz,
(blau), V. linearis F. (Körper kupferfarbig, Flügeldecken grün), v. fagi Ratz, (einfarbig golden
kupferig) und v. ater (schwärzlich erzfarben).
^ '■ • ' Agrilus angustulus 111. — Hauptsächlich in Eichenheistern, dann
auch in Buche. Eine unserer kleinsten Arten. Nach Ratzeburg wurden im
Harz (1835) ausgedehnte Schäden, die sehr wahrscheinlich von a?jgustulus her-
rührten, an Eichen von i — 2 m Höhe verursacht. Mehr als 1/3 aller gepflanzten
Eichen gingen daran ein.
'/ Agrilus elongatus 111. (= /^««w Ratz). — In Eichenheistern, dann auch
in Buche. Häufig vergesellschaftet mit Chrysobothris affi?iis F. und Xyloterus
dispar F. Altum berichtet von einem großen Schaden in den Eichenwäldern
Pommerns, wo (1876) nicht weniger als 7500 Heister durch diese Art zum Ab-
sterben gebracht wurden. Ähnliche Verwüstungen melden auch Gumtan (1877)
und Armbruster (1889).
-f/j; Agrilus subauratus Gebl. {=coryli Redt). — Hauptsächlich in Eichen-
heistern. Die Fraßgänge sind nach Altum (F. S. 135) „merklich breiter als
bei der vorigen Art, zumeist sogar von der doppelten Breite. Ihr Verlauf zeigt
viel größere Unregelmäßigkeiten, sehr viel stärkere Abweichungen von der
Richtung des Stammes. Die Gänge verbreitern sich stellenweise zu größeren
Plätzen". Scheint im allgemeinen seltener aufzutreten als der vorige.
f'/ßw Agrilus coeruleus Rossi (= cyanescens Lap). Hauptsächlich an Eichen,
dann auch in Buchen, Erlen und Birken.
I50
Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diveisicornia.
7: Agrilus auricollis Kiesw. — In Linden. Wachtl berichtet über ein
schädliches Auftreten in Krain und in der Nähe von Wien, wo die i bis 2^/2 cm
starken Äste und Gipfeltriebe der Linden stark von den Larven besetzt waren,
so daß die Bäume arg verwüstet wurden. Die Eier werden stets zu mehreren
beieinander an die Nährpfianze abgelegt. Die Larve (Abb. 62 E) arbeitet sich
bis auf den Splint durch, frißt zwischen diesem und dem Bast einen langen Gang,
welcher jedoch tiefer in den Splint als in den Bast eingreift. Der Gang führt zuerst
ringförmig um den Ast herum, wodurch eine Hemmung in der Saftzirkulation
und ein Kränkeln des peripheren Astteiles bewirkt wird. Dann verläuft er mehr
oder weniger stark gewunden nach aufwärts, dringt in schwächeren Ästen sehr
häufig in den Holzkörper ein, um darin eine Strecke weit fortzulaufen, oder
durchquert ihn auch nur, um auf der anderen Seite zwischen Splint und Bast
weiterzulaufen, wendet sich endlich gewöhnlich wieder nach abwärts, um in einer
im Holzkörper gelegenen Puppenwiege zu enden.
j,//ü Agrilus betuleti Ratz. — In jungen Birken, seltener in Eichen. —
Familie Eucnemidae.
Die kleine Familie der Eucnemiden stellt gewissermaßen ein Bindeglied zwischen
Buprestiden und Elateriden dar. Der Halsschild ist wesentlich lockerer mit dem übrigen
Körper verbunden als bei den Buprestiden und kann daher auf- und abwärts bewegt werden,
ohne jedoch damit die Spring- resp. Schnellfähigkeit der Elateriden zu erreichen. Auch in den
Larven prägt sich diese Zwischenstellung aus: die meisten sind weiß, weichhäutig, bein- und
augenlos wie die der Buprestiden, manche zeigen auch noch die diesen charakteristische Ver-
breiterung des Brustabschnittes; gewöhnlich aber fehlt die letztere und haben die Larven eine
langgestreckte, von vorne nach hinten gleichbreite Gestalt, nähern sich dadurch also der Form
der Elateriden- Larve; bei manchen ist außerdem auch die Körperbedeckung stärker chitinisiert,
wodurch die Ähnlichkeit mit dem Elateriden - Typus noch erhöht wird. Die meisten Larven
entwickeln sich im Holz, totem oder lebendem. Da es sich aber meist um seltene Tiere
handelt, so kommt ihnen in praktisch forstlicher Hinsicht auch nur sehr geringe Bedeutung zu.
Von den wenigen Gattungen und Arten der Eucnemiden nennen wir hier:
nj M Melasis buprestoides L.
Ein kleiner, schwarzer, langgestreckter Käfer von 6 — 9 mm Länge, mit gekämmten
Fühlern, nach vorne gerade verbreitertem Halsschild und mit verdickten und abgeplatteten
Beinen (Abb. 72 A). Die Larve hat Ähnlichkeit mit den Buprestiden -Larven (Typus I), indem der
AB C
Abb. 72. Melasis buprestoides L. A Imago, B Larve, C Fraßstück. (Nach Reitter).
I. ßnistring scheibenförmig verbreitet und auch der 2. und 3. Brustring stark quergezogen ist.
Auf dem breiten ersten Brustring bilden bogenförmige, glänzend braune Verhornungen eine
charakteristische Zeichnung (Abb. 72 B).
Familie Eucnemidae.
51
Das Tier wurde von Nördlinger in die Forstinsektenkunde eingeführt,
der die Larve in einem Schwarzerlenstock und dessen 10 cm starken Aus-
schlag angetroffen hat. Die Larve frißt horizontal verlaufende, in dieser Ebene
aber oft gewundene Gänge ins Holz, so daß dieses beim Spalten stets horizontal
in Stücke ausspringt (Abb. 72 C). „Die Larve nimmt in ihrem Gange eine mehr
hufeisenförmige gekrümmte Lage ein und drückt das Wurmmehl in halbkreisförmigen
Bögen hinter sich zusammen", ganz ähnlich wie es die Larven der Buprestiden
machen (,,wolkig" angeordnetes Bohrmehl). Zur Verpuppung nagt sich die Larve
eine rinnenförmig vertiefte Puppenwiege, die etwa 8 — 14 mm von der Ober-
fläche entfernt im Holz liegt. Aus ihr nagt sich der Käfer etwa Ende Mai
heraus, erst helles Holzmehl, dann dunkleres Rindenmehl hinter sich schaffend.
Die Generation scheint mehrjährig zu sein.
Als Fraßpflauze wurde außer Schwarzerle auch Eiche, Buche und Birke
festgestellt. Da das Tier nur se'ten zu sein scheint, so erlangt es auch nur
selten eine forstliche Bedeutung, die sowohl in einer physiologischen als
auch technischen Schädigung der befallenen Pflanze besteht.
Außer dieser Art möge hier noch auf folgende Eucnemiden kurz aufmerksam gemacht werden:
fl ^Oij Isorhipis (Tkarops) me/asoides Lap., dessen Larven ganz ähnlich wie die der vorigen Art in
■^ Laubholz (abständigen Buchen) leben;
j^'tEuGnemis capucina Lap., Larve schmal und langgestreckt, ebenfalls in anbrüchigem Laubholz; und
, 21,1^ Xylobius corticalis Payk., der aus dürren Ästen von Koniferen gezogen wurde. (Larve
ebenfalls schmal und langgestreckt [Elateridenform]). —
Literatur über Buprestiden und Eucnemiden.
Armbruster, 1889, Über Agrilus tenuis (= elongatus). — In: Verh. Harzer Forstvereins, S. 8.
Döbner, 1862, Handbuch der Zoologie, II, S. 70.
Eckstein, K., 1907, Das Auftreten forstl. schädlicher Tiere usw. — In: Z. f. F. u. J. 325.
Escherich, K., 1917, Forstentomologische Streifzüge im Urwald von Bialo wies. — In: Bialowies
in deutscher Verwaltung. Heft IL Berlin.
Escherich u. Baer, 1908, Tharandter Zoologische Miscellen. i. Reihe. Nr. 6. {Pfiaenops
cijanea.) — In: N. Z. f. L. u. F., VI, S. 522.
Gumtau, 1877, Buprestis tenuis {= Agrilus elongatus) und Bostrichus dispar in Eichen-
heistern. — In: Verh. Pommerschen Forstver., S. 25 — 27.
Kleine, R., 1907, Beiträge zur Kenntnis der Biologie von Phaenops cyanea F. — In:
Ent. Bl., III, S. 133-135, 150-151-
Knotek, 1893, Auftreten des zweibindigen Prachtkäfers {Coraebus bifasciatus) im Okkupations-
gebiet. --- In: Ost. F., XI, S. 302.
Illes, 1888, Coraebus bifasciatus. — In: Ost. F., S. 126.
Lamey, A., 1886, Les insectes nuisibles au chene- liege. — In: Revue des Eaux et Forets,
XXV, s. 359-363.
Lenk, 1888, Insektenschäden in Eichenniederwaldungen. — In: Ost. F., S. 32.
Leisewitz, 1906, Über chitinöse Fortbewegungsapparate einiger Insektenlarven. — München,
E. Reinhardt.
MoUandin de Boissy, 1905, Nouvelle Observation biologique sur Dicerca alni. — In: Bull.
Soc. Ent. France.
Osterberg, E., 1860, Beobachtungen über Z)^eerca aenea usw. — In: Monatsschr. f. d. F. u. J.,
s- 439—441.
Perris, E., 1854, Histoire des Insectes du Pin maritime. 3. suite. — In: Annales Soc.
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Strohmeyer, 1912, Kleine Beobachtungen über verschiedene Forstschädlinge (i. Agrilus
biguttatus). — In: Ent. Bl., S. 249.
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Solieri und Phaenops cyanea) in der gemeinen Kiefer. — In : Z. f. F. u. J., Bd. XIV,
s. 52.
Syrutschek, J., 1902, Anthaxia eandens Panz. in Zwetschenbäumen. — In: Allg. Z. f. E.,
Bd. VII, S. 112— 113.
Torka, 1907, JLelanophila cyanea F. — In: Ent. Bl., III, S. 86.
|e2 Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
Trägärdh, Ivar, 1914, Skogsentomologiska bidrag 1—5. {Ägr aus -l^arvev som Kambium-
minerare). — In: Entom. Tidskr., Bd. 34, S. 203 fF.
Tregomain de, 1876, Les Insectes du Chene-vert. — In: Revue des Eaux et Forets.
Wachtl, F. A., 1888, Ein Lindenverwiister usw. {Ayrilus auricollis). — In: AVien. ent.
Zeit. VII, S. 293—295. I Taf.
Familie Elateridae.
Schnellkäfer.
Die Elateriden stehen den Buprestiden habituell sehr nahe; sie sind wie diese langgestreckt,
nach vorn und hinten verengt, am Kopf abgestutzt am Hinterende zugespitzt, ziemlich flach. Sie
unterscheiden sich aber von ihnen sehr auiTallend durch die lose Verbindung des Hals-
schildes mit der Mittelbrust, das infolgedessen mehr oder weniger weit auf und abwärts be-
wegt werden kann. Mit dieser Eigenschaft hängt auch die Fähigkeit des Schnellens zusammen,
die der Familie ihren Namen gegeben hat und an der lebende Elateriden ohne weiteres zu er-
kennen sind. In der Färbung sind sie weniger auffallend wie die Prachtkäfer, gewöhnlich ein-
farbig schwarz, braun, gelb oder rot oder dunkel metallisch. Der Kopf ist gerade vorgestreckt
oder etwas geneigt, niemals aber wie bei den Buprestiden senkrecht gestellt. Die 11 — I2gliedrigen
P'ühler sind deutlich gesägt, mitunter auch gekämmt und vor den Augen unter dem leistenartigen
Seitenrand des Kopfes eingefügt. Die Mundteile sind gut ausgebildet, die Oberlippe deutlich
entwickelt, die Vorderkiefer zweispitzig, die Mittelkiefer mit zwei Laden und viergliedrigen Tastern,
III
I
Abb. 73. Springapparat eines Schnellkäfers. I von unten gesehen, II Seitenansicht, III Umriß
eines zum Absprung bereiten Käfers, (Der Wulst ist gegen den Rand der Grube gepreßt, das
Pronotum berührt die Unterlage nicht.) — Br Bremsgrube, D Dorn, G Grube, V Vorspmng,
W Dornwulst. — Nach Prochnow und Schoenichen.
die Hinterkiefertaster dreigliedrig. Das Halsschild ist zur Aufnahme starker Muskulatur polster-
artig gewölbt und seine Hinterecken in zwei mehr weniger lange, nach hinten gerichtete Spitzen
ausgezogen. Seine Unterseite ist vorn oft zu einer etwas nach unten gebogenen, die Mundwerk-
zeuge verdeckenden Platte ausgebildet und verlängert sich nach hinten in den Bruststachel (siehe
unten). Die Beine sind einfach gebaut, mit linearen Schienen, Vorder- und Mittelhüften kugelig,
Hinterhüften lang quergezogen. Das Schildchen ist deutlich, die Flügeldecken langgestreckt, an
der Basis etwas aufgetrieben, vorn bauchwärts umgeschlagen und punktstreifig.
Was die oben bereits erwähnte Fähigkeit des Schnellens betrifft, so bedeutet diese
eine „plötzliche Ortsveränderung im Dienste der Selbsterhaltung". Über den Vorgang des
Schnellens hat man bis vor kurzem eine unklare und vielfach falsche Vorstellung gehabt. Erst
in der letzten Zeit ist derselbe etwas mehr aufgeklärt worden, vor allem durch Prochnow (1915),
dem wir hier hauptsächlich folgen.
Der Springapparat befindet sich in der Brustregion, und zwar am Hinterende der
Vorderbrust und am Vorderende der Mittelbrust. Er variiert bei den verschiedenen Arten nicht
unbeträchtlich; übereinstimmend ist jedoch bei allen Arten der „Dorn" (Abb. 73 Di am Hinter-
rande des Prosternums und die dazu passende „Grube" am Vorderrand des Mesosternums
(Abb. 73 G). Der Dorn, der ventral schwach konvex gekrümmt ist, trägt an der Unterseite etwa
^/g der Länge von der Spitze entfernt einen „Wulst" (Abb. 73 W) ; vor diesem (kopfwärts)
ist die Unterseite mehr oder weniger deutlich gekielt Die Öffnung der Grube ist ungefähr oval;
ihr Vorderrand springt etwas vor und zeigt in der Mitte einen Ausschnitt, in den der Kiel der
Unterseite des Domes hineinpaßt. Vom Vorderrand aus führt eine glatte Gleitbahn in die
Tiefe der Grube ; auf ihr gleitet der Dorn bei der Schnellbewegung abwärts. Außerdem gehören
zu dem Schnellapparat noch einige weitere Vorrichtungen : Die eine besteht aus je einem Vor-
Familie Elateridae. j c i
Sprung, der sich am Hinterrande des Prosternums jederseits zwischen der Medianlinie und dem
äußeren Rande befindet, und dem am Vorderrande des Mesosternums eine Grube (.,Bremsgrubo")
genau entspricht (Abb. 73 Br). Des weiteren befinden sich bei allen Arten an den Außenecken
des Prothorax Fortsätze, denen teilweise Gelenkfurchen am Vorderrande des Mesothorax ent-
sprechen.
Wenn der Käfer sich emporschnellen will, bewegt er den Prothorax so lange auf
und ab, bis der ,, "Wulst" auf der Unterseite des Dorns gegen den Rand der Grube stößt.
Darauf folgt als auffallendster Vorgang eine schnelle ruckartige Bewegung des Prothorax gegen
die Bauchseite zu. Die Hauptbedeutung des Domwulstes sieht Prochnow darin, daß es dem
Käfer so möglich wird, zunächst einen festen Halt zu finden, und wenn der Widerstand dann
durch srarke Muskelanspannung beseitigt ist, sehr schnell eine große Bewegungsgeschwindigkeit
zu erzielen, so daß beim Abbremsen dieser Geschwindigkeit eine große Selbstrückstoßkraft auftritt.
Bei der Mechanik des Schnellens spielt nach Prochnow der Selbstrückstoß
durch das plötzliche Abbremsen der Prothoraxbewegung die Hauptrolle, wodurch
eine Drehung des Käfers um die Hinterleibsspitze herbeigeführt wird. Dazu kommt noch
die elastische Gegenwirkung des Chitins und der Unterlage. Welch' große Be-
deutung dieser letzteren für die Sprunghöhe beizumessen ist, geht aus den Versuchen Prochnows
hervor, wonach der Käfer auf elastischer Grundlage (z. B. Pappschachtel) bis zu 12 cm, auf nach-
giebiger Grundlage (z. B. Sand) höchstens l'/a cm Sprunghöhe erreicht. Zu bemerken ist noch,
daß es durchaus nicht notwendig ist, daß der Käfer vor dem Spiunge auch mit dem Prothorax
die Unterlage berührt, wie man früher angenommen hatte, sondern daß der Käfer auch dann
ebensogut springen kann, wenn er derart an den Rand einer Unterlage gebracht wird, daß der
Prothorax völlig frei in die Luft ragt.
Auf weitere Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden und muß in dieser Hinsicht
auf die ausführlichen Darstellungen von Prochnow (1915) und Schönichen (191 8) ver-
wiesen werden.
Man findet die Käfer im Sommer auf Wiesen, Feldern und in Wäldern,
wo sie sich auf Blumen, Sträuchern und Bäumen herumtreiben. Sie nähren sich
teils von der weichen Rinde frischer Triebe, teils aber
auch carnivor von anderen Insekten (Blattläusen usw.).
Die meisten Arten sind Tagtiere, doch fliegen auch
einige Arten bei Anbruch der Nacht,
Die Eiablage, über die noch wenig bekannt
ist, findet auf oder unter der Erdoberfläche, oder im
Mulm usw. statt. Die Zahl der kleinen weißlichen
hartsc haiigen Eier wird von manchen Autoren als sehr
groß, von anderen mit ca. 50 Stück angegeben. Horst
(1922) ermittelte durch anatomische Untersuchungen
bei Agriotes und Corymbites eine Eizahl von 2 — 300.
Die Larven, die nach etwa 14 Tagen aus-
schlüpfen, sind sehr charakteristisch und unter dem
Namen „Drahtwürmer', so genannt hauptsächlich Abb. 74 A. Elateriden-Larve.
ihrer harten Beschaffenheit und glatten Oberfläche wegen, (Drahtwurm.) — Original.
allgemein bekannt (Abb. 74 A). Sie sind langgestreckt
und ähneln bei oberflächlicher Betrachtung in ihrer Gestalt, in der Beschaffenheit
des Hautpanzers und in der Färbung (gelblich weiß bis rötlichgelb oder bräunlich)
den als „Mehlwürmern" bekannten 7<?«^<^r/o - Larven, unterscheiden sich aber von
ihnen sofort durch den abgeplatteten Kopf mit gezähntem Vorderrande, Sie
haben kurze dreigliedrige Fühler, drei Paare kurze robuste Beine, einen sparsam
behaarten Hinterleib. An der Unterseite des letzten Hinterleibsgliedes ragt das
ausgestülpte Ende des Enddarmes zapfenförmig vor, welches zur Fortbewegung
dient (siehe Bd. I, S. 148, Abb. 144).
l CA, Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
Die Larven treten in verschiedenen Formen auf, unter denen man zwei Haupttypen*)
unterscheiden kann :
Typus I: Körper drehrund, AftergHed zugespitzt. Hierher die Larven der Gattungen
Elater, Dolopius, Agriotes und anderer.
Typus 11: Körper abgeplattet, mit gleichfalls abgeplattetem, breitem und am Ende tief-
ausgeschnittenem Afterglied. Hierher die Larven der Gattungen Lacon^ Corymbites^ Limonius,
Athousy Adeloeera usw.
Abweichende Formen sind die Larven der Agrypnini , welche auch an der Afterröhre
gebogene Zähne besitzen, und besonders die Larven der Cardiophoriiii^ die eme völlige Sonder-
stellung unter den Elateridenlarven einnehmen : Sie sind weichhäutig, zart weiß, längsgerieft, die
ersten 7 Hinterleibsringe können sich bis zur doppelten Länge strecken, wodurch der Hinterleib
aus weit mehr Ringen zusammengesetzt erscheint (Abb. 76 A, f.).
Die Nahrung der Elateridenlarven ist sehr vielseitig. Sie nehmen
einerseits tote und lebende Pflanzensubstanz zu sich, besonders im Boden
liegende Sämereien und Pflanzen wurzeln , andererseits verschmähen sie auch
tierische Kost nicht; selbst von Humus, Mulm, morschem Holz usw. sollen
sie leben können, doch fehlen darüber vorerst noch exakte Beobachtungen. Die
Tatsache allein, daß sie im Mulm leben, genügt nicht, sie als Mulmfresser usw. zu
bezeichnen, da sie ja auch nach anderen dort lebenden Insekten Jagd machen
können, was in vielen Fällen tatsächlich beobachtet ist. Bezüglich der Pflanzen-
kost lieben sie besonders zarte, weiche, fleischige Wurzeln, im übrigen aber
scheinen die Drahtwürmer nicht sehr wählerisch zu sein; sie gehen die Wurzeln
aller Pflanzen, Kräuter, Bäume, Laub- und Nadelhölzer an, nur Leguminosen
verschmähen sie, so lange sie bessere Nahrung haben (Reh). Bezüghch der
tierischen Kost scheinen sie es hauptsächlich auf die weichhäutigen Larven
der Rüssel- und Bockkäfer, Fliegenlarven abgesehen zu haben. Ob sich die
verschiedenen Elateridenlarven scheiden lassen in carnivore und vegetarisch lebende
Arten, darüber herrscht noch keine volle Klarheit. Es scheint wohl, daß gewisse
Gattungen vornehmlich carnivor, andere vornehmlich pflanzenfressend sind.
Beling (1884) spricht allerdings die Absicht aus, daß „alle Elateriden-
Larven omnivor seien, die je nach den Umständen von kleinen Insekten,
namentlich deren Larven und Puppen, oder von pflanzlicher Kost und in Er-
mangelung anderer Nahrung von humoser und auch von gewöhnlicher Erde (?),
einige auch von morschem oder faulem Holze leben."
Die hypogäen Larven halten sich in verschiedener Tiefe auf, von dicht
unter der Erdoberfläche bis zu 30 cm, je nach Temperatur und Witterung; zur
Überwinterung gehen sie stets tiefer in den Boden. Die überwinterten Larven
steigen im Frühjahr (April- Mai) wieder nach oben und üben jetzt, da sie sehr
ausgehungert sind, einen besonders intensiven Fraß aus.
Die Verpuppung geschieht bei den in der Erde lebenden Arten (meist im
Juni-August) in einem durch die Bewegungen der Larven entstandenen glattwandigen
Hohlraum im Boden (bis zu 30 cm Tiefe) oder unmittelbar unter der Moos- oder
Streudecke oder auch unter Steinen oder sonstigen auf dem Boden liegenden
Gegenständen. Meist liegen die Puppen hier auf dem Rücken (Abb, 74 B). Bei
') Eine systematische Übersicht der verschiedenen hier in Betracht kommenden Larven
wird unten gegeben (siehe S. 158).
Familie Elateridae.
155
den in faulem Holze oder unter der Rinde lebenden Arten geschieht die Ver-
puppung in vertikaler Linie, den Kopf nach oben und die Rückenseite nach der
Peripherie des Stammes zu gewendet. Der nach 2 — 4 wöchentlicher Puppenruhe
ausgekommene Jungkäfer bleibt nach Beling u. a. meist bis zum nächsten
Frühjahr in seiner Zelle liegen, nach Horst (1922) dagegen verläßt er schon im
Herbst die Geburtsstätte, um unter Steinen oder in anderen Verstecken zu über-
wintern. Die Geschlechtsorgane der frisch ausgekommenen Jungkäfer sind nach
demselben Autor in einem gänzlich unreifen Zustand; die letzteren müssen
daher noch längere Zeit einen sogenannten Reifungsfraß ausüben, um zur
völligen Geschlechtsreife zu gelangen.
Über die Generationsdauer finden sich in der Literatur sehr verschiedene
Angaben. Beling nimmt an, daß die meisten Arten eine dreijährige Genera-
tion haben, wobei auf den Larvenzustand 25^/3 Monate, auf die Puppe 'Ys Monate
und auf den Jungkäferzustand 9^/3 Monate entfallen. Ford gibt für Agrtotes
obscurus den Zeitraum vom Ei bis zur Verpuppung mit 4 Jahren an, was einer
Abb. 74 B. Puppe von Agriotes obscurus L. in ihrer Erdzelle (511). Links abgestreifte letzte
Larvenhaut. — Nach Horst.
fünfjährigen Generation entsprechen würde. Buysson nimmt für Elater vier
Entwicklungsjahre an, während er bei manchen phytophagen Schnellkäferlarven,
wie Agriotes^ nur an eine vielleicht einjährige Generation glauben möchte.
Xambeu spricht überhaupt nur von einer einjährigen Entwicklungsdauer
der Elateriden, was aber sicherlich nicht allgemein zutreffend ist. Horst (1922),
der neuerdings zahlreiche Zuchtversuche mit verschiedenen Agriotes- und Elater-
Arten vorgenommen hat, konnte bei allen eine mehrjährige Entwicklungs-
dauer feststellen.
Die forstliche Bedeutung der Elateriden beruht hauptsächlich in dem
Wurzel- und Samen fr aß der Larven, durch den in Pflanzgärten und
Saatkämpen großer Schaden angerichtet werden kann. Der Imagofraß tritt
demgegenüber in den Hintergrund, obwohl auch dieser dem Forstmann natürlich
nicht ganz gleichgültig sein kann. Andererseits können die carnivoren Arten
dem Forstmann Nutzen bringen (durch Vertilgung von Schädlingen); wie hoch
derselbe anzuschlagen ist, darüber fehlen uns noch genauere Erfahrungen.
1^6 Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
Systematische Übersicht (Imagines).
Die Bestimmung der Elateriden ist nicht immer leicht, da sie in ihrem Körperbau eine
große Einförmigkeit zeigen und da auch die trennenden Merkmale oft recht subtil und wenig
deutlich sind. Wir teilen die Elateriden in folgende Gruppen ein :
1. Die erhabenen Stirnränder vereinigen sich und bilden so auf der Stirne eine
erhabene Querkante, welche den Kopfschild von der Stirne trennt ... 2
— Die erhabenen Stirnränder vereinigen sich nicht, daher auch der Kopfschild nicht
von der Stirne getrennt 3
2. P'ühlerfurche auf der Unterseite des Halsschildes sehr tief, zur Aufnahme der
ganzen Fühler geeignet. Das I. verdickte Fühlerglied dicht und grob rauh
skulptiert und matt, im Gegensatz zu den folgenden Gliedern, die fein punk-
tiert und glänzend sind Agrypnim
— Fühlerfurche flach, nur angedeutet. Das erste verdickte Fühlerglied in der
Skulptur von den folgenden nicht abweichend Ludiini
3. Mittelhüften weiter voneinander getrennt als die Vorderhüften. Halsschild mehr
oder weniger herzförmig, Schildchen ebenfalls oft herzförmig .... Cardiophorini
— Mittelhüften ebensoweit voneinander getrennt wie die Vorderhüften. Schildchen
niemals herzförmig Elaterini
A g r y p n i n i.
Hier ist nur i Gattung mit i Art zu nennen, nämlich Lacon (Brachylacon) niurinus L.
Eine große und verhältnismäßig breite Art (Länge 11 — 16 mm), die an der scheckig behaarten
Oberseite leicht zu erkennen ist (Abb. 75 A). Eine der häufigsten Arten, die durch Wurzelfraß
recht schädhch werden kann.
Lud
iini.
Diese Gruppe enthält eine ganze Reihe von Gattungen, von denen hier nur folgende ge-
nannt seien :
1. Prosternalnähte doppelt; Fühler niemals gekämmt; meist schlanke, schmale Tiere 2
— Prosternalnähte einfach ; meist robustere Formen, oft schön gefärbt frot, gelb
oder metallisch) und häufig mit gekämmten Fühlern. Larve nach Typus I Corymbites'L&ir.
2. Seitenrandkante des Halsschildes vorne auf die Unterseite gebogen, so daß sie
von oben nicht sichtbar ist. Oberseite des Körpers gewöhnlich sehr dicht
punktiert. Die Behaarung des Halsschildes von vorne nach hinten gerichtet.
Larven nach Typus II Ägriotes Eschsch.
— Seitenrandkante gerade, daher von oben ganz sichtbar. Der Gattung Ägriotes
sonst sehr ähnlich. Die Larven ebenfalls nach Typus II . . . . Dolopius Eschsch.
Von diesen Gattungen werden in der forstlichen Literatur folgende Arten genannt:
Gattung Cory mbites Latr. :
1. Fühler des J deutlich gekämmt, beim $ gesägt. Flügeldecken gelb oder rot 2
— Fühler des (^ nicht gekämmt, nur gesägt wie beim ^. Flügeldecken metallisch 3
2. Flügeldecken blutrot, Halsschild dicht rot behaart. Der 3. und 4. Zwischen-
raum auf den Flügeldecken stark erhaben, die anderen flach. Länge 10 bis
um '. purpureus Poda.
— Flügeldecken gelb, an der Spitze geschwärzt. Halsschild mit dichter rötlich-
gelber sehr wolkig gelagerter Behaarung. Länge 9 — 10 mm .... castaneus L.
3. Halsschild deutlich länger als breit; Körperform langgestreckt. Oberseite dicht
grau behaart, auf den Flügeldecken meist Flecken bildend. Länge 12
bis 15 mm tessellatus L.
— Halsschild nicht breiter als lang ; Körperform gedrungener ; Oberseite des Hals-
schildes und der Flügeldecken kahl, glänzend, ganz metallisch gefärbt.
Länge 10 — 15 mm {Selatosonms Steph., Diacanthus Latr.) aeneus L.
Gattung Ägriotes Eschsch.:
1. Halsschild viel länger als breit. Körper langgestreckt, schwarz, dicht punktiert
und fein dunkel behaart. Länge 12 — 13 mm '. aterrimus L.
— Halsschild nicht breiter als lang. Bräunlich schwarz, die Flügeldecken meist
heller rotbraun, Fühler und Beine rostrot. Die abwechselnd breiteren
Zwischenräume der kräftigen Punktreihen auf den Flügeldecken viel dichter
behaart, deshalb auch heller als die dazwischen liegenden erscheinend. Länge
7*/, — 10 mm lineaius L.
Systematische Übersicht,
157
Gattung Dolopius Eschsch.:
Nur eine Art D. marginatus L. Eine kleine Art von 6 — 8 mm Länge.
Vorderrand des Halsschildes, die Flügeldecken bis auf eine gemeinsame dunkle Längsbinde, ferner
die Fühler und Beine rotbraun. Der übrige Körper schwarz.
Cardiophorini.
Enthalten die kleinsten Formen der Elateriden (3 —
Zeichnung. Forstlich ohne Bedeutung.
mm), oft mit bunter Flügeldecken-
Abb. 75. Verschiedene Elateriden. A Lacon (Brachylacon) murinus L. , B Corymbites
(Selatosomus) aeneus L., C Corymbites castaneus L., D Dolopius marginatus L., E Elater
praeustus F., F Agriotes lineatus L. — Original.
Elaterini.
Eine an Gattungen und Arten reiche Gruppe. "Wir wollen uns auf 3 Gattungen be-
schränken :
1. Behaarung des Halsschildes normal, d. h. von vorne nach hinten gerichtet.
Larve nach Typus II Elater L.
— Behaarung von hinten nach vorn gerichtet oder nach verschiedenen Richtungen,
scheckig gelagert 2
2. Prosternalnähte doppelt und geglättet. Seitenrandkante des Halsschildes scharf
und seitenständig. Meist kleinere Arten, einfarbig schwarz metallisch Lifnonms Kschsch.
— Prosternalnähte einfach und vorne nicht gerinnt. Meist größere Arten, meist
braun gefärbt oder wenigstens mit brauner Zeichnung, seltener einfarbig
schwarz. Larve nach Typus I Athous Eschsch.
Von den zahlreichen Arten werden in der forstUchen Literatur folgende genannt:
Gattung Elater L.
Die meisten Arten dieser Gattung haben rot oder gelb gefärbte Flügeldecken. Zu
den häufigsten Arten gehört E. sanguineus L. : Flügeldecken einfarbig rot, Halsschild glänzend.
158
Coleoptera.
Familienreihe : Diversicornia.
in der Mitte nur spärlich punktiert, an den Seiten mit flachen, großen, runden genabelten Punkten.
Ober- und Unterseite schwarz behaart. Länge 12 — 18 mm. Larve hauptsächlich in alten modrigen
Baumstümpfen (Kiefer), wo sie von Mulm und wohl auch räuberisch von Bockkäferlarven und
Puppen usw. lebt. Die anderen El at er- Arten, führen größtenteils eine ähnliche Lebensweise.
Gattung Limonius Eschsch.
L. aerugtnosus Ol. Langgestreckt, zylindrisch, dunkel bronzefarben mit bläulichem oder
grünlichem Schimmer. Behaarung fuchsrot oder aschgrau. Länge 9 — 11 mm. Seitenrandkante
von oben zum größten Teil nicht sichtbar, Larve Wurzelfresser.
Gattung Athous Eschsch.
Die Gattung wird neuerdings in eine Reihe von Untergattungen zerlegt. Wir erwähnen
hier nur 2 Arten:
I. Fühler vom 3. Glied an sägeförmig erweitert, die Glieder mehr oder weniger "
dreieckig. Hinterwinkel des Halsschildes gekielt. Schwarz, schwarz oder
grau behaart. Länge 12 — 17 mm hirtiisUhst,
a b cd e t
Abb. 76 A. Verschiedene Elateriden-Larven. a> Melanotus castanipes Payk, b Lacon murinus L.,
c Corymbites aeneus L., d Corymbites castaneus L., e Athous rhombeus Oliv., f Cardiophonis
asellus Er. — Nach Schiödte.
(Nah verwandt ist der sehr häufige A. niger L., etwas kleiner, 10—14 ™™»
entweder einfarbig schwarz wie der vorige, oder mit rotbraunen Flügeldecken
oder auch rotbraunem Halsschild.)
— Fühler erst vom 4. Glied an schwach (selten stärker) erweitert, oder auch ein-
fach, fadenförmig; Hinterwinkel des Halsschildes gekielt; Zwischenräume
der Flügeldeckenstreifen ziemlich kräftig punktiert; Halsschild bedeutend
länger als breit. Dunkelbraun, Flügeldecken und der hintere Teil des
Bauches bräunlich hellgelb, Flügeldeckenspitze oft angedunkelt. Färbung
ziemlich variabel. Länge 8— il mm stibftisctts Müll.
Übersicht über die verschiedenen Larvenformen. ^)
1. Körper drehrund, Afterglied (= letztes Hinterleibssegment') zugespitzt (Typus I) 2
■ — Körper abgeplattet, Afterglied breit und am Ende ausgeschnitten und gewöhn-
lich mit verschiedenen Zähnen besetzt (Typus II) 6
2. Afterglied kegelförmig mit spitzem oder etwas abgestumpftem Ende (Abb. 76 B, o u. p) 3
') Eine ausführliche Tabelle findet sich bei Beling (1884), dem ich hier hauptsächlich
gefolgt bin.
Übersicht über die verschiedenen Larvenformen.
159
— Afterglied abgeflacht, |am Hinterende mit griffeiförmiger Spitze (Abb. 76 A, a).
In faulen Laub- und Nadelhölzern Melanotus rufipes Hrbst.
3. Afterglied rein kegelförmig, d. h. mit mehr oder weniger geraden Seiten, am
Hinterende mit mehreren Reihen knotenförmiger behaarter Warzen besetzt
(Abb. 76 B, o). Im Walde in humoser Erde, seltener in faulen Baum-
stöcken Dolopius marginatus L.
Abb. 76 B. Afterglieder von verschiedenen Elateriden - Larven : g Athous rhombeus Oliv.,
Limonius aeneoniger Deg., i Athous subfuscus Müll., k Corymbites castaneus L. , 1 Corymbites
tessellatus L. , m Corymbites aeneus L. , n Lacon murinus L. , o Dolopius marginatus L.,
p Agriotes lineatus L. — Nach Schiödte.
— Afterglied mit gerundeten, d. h. ausgebauchten Seiten, mit einem kurzen Endstachel 4
4. Afterglied an der Basis jederseits mit einem großen, grubenförmigen , dunkel
umrahmten Luftloch (Abb. 76 B, p). Körper sehr fein und seicht punktiert,
fast glatt, blaß bräunlichgelb. Im Boden, wurzelfressend . . . Agriotes lineatus L.
j 5o Coleoptera. — 4. Familienreihe : Diversicoruia.
— Afterglied ohne solche Luftlöcher 5
5. Endstachel des Aftergliedes dick und plump, stumpf und warzenförmig rauh.
Im Waldboden und auch in morschen Baumstöcken .... Agriotes aterrirnus L.
— Endstachel des Aftergliedes dünn und spitz Elater -ATten
Die verschiedenen Arten unterscheiden sich hauptsächlich durch die ver-
schiedene Punktierung der Hinterleibsegmente. Die Unterschiede sind oft
recht gering, die sichere Erkennung daher oft schwierig. Die meisten Elater-
Larven leben in morschem Holz, wohl vom Raube anderer Insektenlarven.
6. Ausschnitt des Aftergliedes an der Basis sich in einen spitzwinkligen Spalt fort-
setzend. Seiten des Aftergliedes mit 5 kräftigen Zähnen besetzt (Abb. 76 B, n).
In Wald und Ackerboden, wurzelfressend Lacon murinus L.
— Ausschnitt an der Basis einfach gerundet oder gerade 7
7. Ausschnitt groß, hinten weit geöffnet (Abb. 76B, g, k, 1, m) 8
— Ausschnitt klein, hinten nur wenig geöffnet, mitunter fast geschlossen (Abb. 7 6B,hu.i) 1 1
8. Ausschnitt mehr oder weniger quer mit annähernd geraden Seitenrändern
(Abb. 76B, 1 u. m) 9
— Ausschnitt herzförmig mit gerundeten Seitenrändern (Abb. 76B, k) . . . .10
9. Ausschnitt deutlich breiter als lang, Oberseite (Scheibe) des Aftergliedes mit
4 gebogenen Längsleisten (Abb. 76 B, m). Im trockenen Waldboden. Corymbites aeneus L.
— Ausschnitt kaum breiter als lang, Scheibe des Aftergliedes ohne Längsleisten
(Abb. 76.B, I). Im Boden Coryiabit.es tcssellatus L. *)
10. Afterglied ein wenig breiter als lang, mit gerundeten Seiten. Scheibe runzlig
und tief punktiert, mit deutlichen Seitenfurchen, aber undeutlicher Mittelfurche.
Öffnung des Ausschnittes halb so breit als die Mittelbreite des Ausschnittes
(Abb. 76 B, k). Im Waldboden Corymbites castaneus L.
— Afterglied deutlich länger als breit, mit annähernd geraden Seiten. Scheibe mit
großen runden und längUchen grubenförmigen Punkten, ohne Seitenfurchen,
dagegen mit deutlicher Mittelfurche. Öffnung etwa % ^° b"^^^*^ ^^^ ^i^
Mittelbreite des Ausschnittes (Abb. 76 B, g). In faulen Buchen, Birken,
räuberisch von Bockkäferlarven und anderen lebend .... Athous rhombeiis Oliv.
11. Der kleine Ausschnitt annähernd kreisrund, am Hinterende ganz oder fast ganz
geschlossen. Seiten nur mit kleinen Zähnen, Ende unbewaffnet (Abb. 76 B, h)
In der Erde lebend Limonius aeneomger Deg
— Der kleine Ausschnitt quer oval, am Hinterende mit schmaler, aber deutlicher
Öffnung. Seiten mit 4 deutlichen Zähnen, Hinterende mit einem großen
hakenförmigen Zahn bewaffnet (Abb. 76 B, i). Vorzugsweise im Waldboden,
doch auch unter Rinde und in faulem Holz Athous subfuscus Müll.
Forstliches Verhalten.
Unsere Kenntnisse über die Lebensweise der einzelnen Arten sind noch
recht gering und unsicher, weshalb auch hint«ir die Angaben in der forstlichen und
landwirtschaftlichen Literatur noch manche Fragezeichen zu setzen sind — be-
sonders soweit es sich um die Artzugehörigkeit der beobachteten Larven handelt.
Diese wird oft genug nur vermutungsweise ausgesprochen oder aus dem gleich-
zeitigen häufigen Vorkommen von diesen oder jenen Imagines geschlossen, da die
Zuchten nicht leicht auszuführen sind und lange Zeit in Anspruch nehmen (siehe
oben S. 155).
Wir sehen daher hier davon ab, die einzelnen Arten gesondert zu be-
sprechen, sondern begnügen uns damit, eine zusammenfassende Übersicht über
das forstliche Verhalten der Elateriden zu geben. Wir können dies um so eher
tun, als die sc hä dl iche Tätigkeit der Elateriden, auf die es uns hier haupt-
*) Beling (1884) stellt die Larve von C. tessellatus zu den Formen mit kleinem Aus-
schnitt; Schiödte dagegen beschreibt sie ^und bildet sie auch ab) mit großem Ausschnitt. Es
ist möglich, daß Beling den Olivierschen tessellatus meint, während die Schiödtesche Be-
schreibung sich auf die Linn6sche Art bezieht.
1. Elateriden als Pflanzenfesser.
i6i
sächlich ankommt, bei den verschiedenen Arten in ziemlich übereinstimmender
Weise sich geltend macht, und dementsprechend auch in der Bekämpfung bei
den einzelnen Arten keine wesentlichen Unterschiede bestehen.
I. Elateriden als Pflanzenfresser.
a) Käferfraß.
Die Käfer findet man häufig auf den jungen Trieben von Laub- und
Nadelholz, wo sie es vor allem auf die grüne saftige Rinde abgesehen haben.
Dieser Fraß kann soweit gehen, daß die Triebe in ihren peripheren Teilen um-
knicken, verwelken und absterben (Abb. 77). Ratzeburg (F. 55) berichtet von
einem Schnellkäferfraß {Corymbites tesseliatus L.) an 4 — 6jährigen Kiefern,
Abb: 77. Käferfraß von Elateriden. A Junger Eichentrieb von Elateren durchnagt; B Junge
Fichtentriebe von Elateren befressen. X Nagestelle. — Nach Eckstein.
auf den Saftausfluß und leichtes Umknicken der befressenen Triebe folgte. Eine
andere Art [Corymbites castanetis L.) wurde beobachtet, wie sie sich in Knospen
hineinfraß. Eckstein (F. 381) bildet als Elaterenfraß umgeknickte junge Triebe
von Eichen und Fichten ab (Abb. 77). Auf Eichen wurden fressend beob-
achtet die Imagines von LacoH murinus L., Agriotes aterrimus Z., Dolopius mar-
ginaius'L., Corymbites tesseliatus L., Limonius aenigi?iosus 0\\v. u. a. (Altum 1892,
S. 249 u. 250).
Die forstliche Bedeutung dieses imaginalen Fraßes ist aber meist nur
unwesentlich, da die Käfer selten in großen Massen im Walde auftreten.
b) Larvenfraß.
Weit schlimmer als der Käferfraß ist der unterirdisch stattfindende
Larven fraß, der hauptsächlich die Samen und Wurzeln betrifft.
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. II
1^2 Coleoptera. — 4. Familien reihe: Diyersicornia.
Fraß an Samen. — .Dieser macht sich in Saaten und Saatkämpen oft
in sehr unangenehmer Weise bemerkbar. Er kann sowohl Laubholzsamen
(Eicheln, Buchein, Ahorn-, Hainbuchensamen usw.), als auch die verschiedenen
Nadelholzsämereien betreffen und in so ausgedehntem Maße auftreten, daß
der ganze Anbau in Frage gestellt wird.
Über Samenbeschädigungen durch Elateridenlarven berichtet zuerst
Th. H artig, welcher angibt, daß „Springkäferlarven" sich in einer Ahornsaat
besonders häufig in das Innere des keimenden Samens einfraßen.
Weitere Angaben finden sich bei Ratzeburg (W. 358). Es handelt sich
hier um die (1860) mehrfach beobachtete Vernichtung keimender Buch ein, in
welche sich die Larven von der Spitze her einfraßen. Die Beobachtung wurde
auf verschiedenen Revieren gemacht und zwar in großem Umfange. Ohne sicheren
Beweis wird als Täter die Larve von Athoiis subjuscus Müll, angesehen, eine Ver-
mutung, die aber um so wahrscheinlicher ist, als in der Tharandter Sammlung
eine Buchel unbekannten Ursprunges mit eingebohrter Larve vorhanden ist,
welche mit Sicherheit als solche bestimmt werden konnte. Über ähnliche Schäden
im Harze an einer Buchenpiätzesaat (1876) berichtet Altum (1879, S. 76).
Derselbe Autor (1. c.) bringt auch Mitteilungen über größere Zerstörungen
an Eichelsaaten (1876) zu Uslar. Die Cotyledonen waren stark von den Larven
durchbohrt, die Keime dagegen anfänglich unversehrt.
Die Larve von Agriotes Ivieaiiis L. war hier die Täterin.
Der Kampteil, in welchem die Larven fraßen, wurde
völlig vernichtet. Auch Nitsche berichtet (S. 331)
über einen größeren Fraß an Saateicheln auf einer ca.
3 ha großen Fläche (1882) bei Leipzig. Hier waren
Abb. 78. Eicheln mit ein- wesentlich nur die Cotyledonen angegangen, und es
gefressenen Elateridenlarven. entwickelten sich einige m Tharandt in Töpfe ein-
gelegte, oft von mehreren Larven angegangene Eicheln
noch ganz normal. Auch die Saat selbst hat sich nach
einigen Nachbesserungen ziemlich gut entwickelt. Nach der Bestimmung von
Nitsche waren an dem Fräße beteiligt die Larven von Lacoji murinus'L.^ Athous
subjuscus Müll., Corymbites aeneus L. und Agriotes lineatus L.
Im Frühjahr 1876 fand Beling {1878, S. 95) mehrfach Larven von
Athous subfuscus Müll, in Mittelwaldbeständen unter der Laubdecke des Bodens
mit dem Kopfe tief innerhalb der hornigen, klaffenden Hülle keimender Hain-
buchensamen stecken, mit der Zernagung des Samenkorns beschäftigt. In einem
Gefäße mit Walderde unterhaltene Larven zernagten Buchein, Eicheln und
Haselnüsse.
Den bedeutendsten Schaden, den wir kennen, haben Elaterenlarven an
Nadelholzsamen angerichtet. Von der Herrschaft Nassenfuß in Krain berichtet
Judeich (bei Beling 1879, S. 312) folgendes: In einem mit 5,5 kg an-
gekeimten Nadelholzsamens — Fichte, Tanne, Schwarzkiefer und Lärche — im
April 1879 besäten Saatkamp wurden sämtliche Samen von einer Agriotes-\jäxy&
ausgefressen. Im Mai wurde die Fläche umgestochen, abermals mit der gleichen
Menge Samen besät, und wurden die Rillen mit verdünnter Karbollösung be-
gossen. Nach 14 Tagen war aber abermals sämtlicher Samen ausgefressen, so
daß die Erziehung von Pflanzen auf dieser Fläche aufgegeben werden mußte.
Einige in einem Glase mit Erde eingesperrte Larven fraßen eingestreuten Nadel-
holzsamen in vier Tagen vollständig aus. —
Elateriden als Pflanzenfresser;
163
In der k. k. Saatschule in Görz wurden eine große Menge von in Töpfen
gezogenen Keimlingen der Pinie [Pinus Pinea) durch die Larven von Agriotes
lineatus vernichtet (Gumppenberg 1880, S. 67).
Auch Nördlinger (L. 8) berichtet über Samenzerstörungen (Föhre, Arve)
durch Drahtwürmer.
Wurzelfraß. — Ebenso zerstörend wie am Samen können die Draht-
würmer an jungen Pflanzen durch Befressen der Wurzeln und unteren
Stammteile auftreten. In der forstlichen Literatur ist eine ganze Reihe der-
artiger recht empfindlicher Schäden beschrieben (Ratzeburg W. 358, Altum
1874, Baudisch 1884, Borggreve 1878 u. a.). Besonders scheinen ganz
junge Nadelpflanzen darunter zu leiden. Fälle, daß auf Saatkämpen die
Mehrzahl der Pflanzen durch Drahtwurmfraß vernichtet werden, sind gar nicht
so selten. Die Wurzeln (mit Einschluß der Pfahlwurzeln) werden benagt und
durchbissen, so daß die Pflanzen rasch absterben. In dickere Wurzeln dringen
sie oft ein, indem sie dieselben auf größere oder kleinere Strecken aushöhlen.
Auch dicht über dem Wurzelkroten wurde Drahtwurmfraß beobachtet. — Auch
an etwas älteren Laubholzpflanzen können die Drahtwürmer durch Wurzel-
fraß schädlich werden, wie Altum an „nicht mehr ganz jungen" Akazienpflanzen
beobachtet hat, die durch den Verlust der Faser- und auch der Pfahlwurzeln
stark gelitten haben; manche Stämmchen wurden über dem Wurzelhals glatt ab-
geschnitten. — Als die hauptsächlichsten Wurzelfresser werden in der forstlichen
Literatur genannt: Corymbites aeneus L., Dolopius marginatus L., Athous niger L.,
Agriotei aterrimus L.
Noch weit schädlicher als in der Forstwirtschaft sind die Drahtwürmer in
der Landwirtschaft, wo sie in Getreide-, Kartoffel- und Rübenfeldern usw.
große Verwüstungen anrichten können. In Kartoffeln und Rüben werden Gänge
gefressen, oft so zahlreich, daß fast nur noch die Schale übrig bleibt.
Eine sichere Diagnose des Drahtwurmfralies läßt sich nur dann geben, wenn die
Larve selbst festgestellt werden kann. Denn es gibt noch eine ganze Reihe anderer wurzel-
fressenden Insekten, die ähnhche Beschädigungen an den unterirdischen Pflanzenteilen anrichten.
Immerhin läßt sich per exclusionem mitunter auch aus dem Fraßbild allein wenigstens mit
"Wahrscheinlichkeit auf Drahtwurmfraß schließen: Die Engerlinge lassen bei jüngeren Pflanzen
meist nur die Pfahlwurzel („nackt und kahl wie eine Rübe") übrig, so daß die befressene
Pflanze ohne Schwierigkeit aus dem Boden zu ziehen ist; die Maulwurfsgrille reißt meist
ganze Stücke aus der Wurzel heraus, so daß eine größere Lücke zwischen den beiden Enden
entsteht; die Erdraupen (Kiefern saateule usw.) befressen außer dem Wurzelwerk gewöhnlich
auch noch die oberirdischen Stammteile, eventuell auch die zu unterst gelegenen Nadeln; die
Schnakenlarven begnügen sich meist damit, die Rinde der Wurzeln zu benagen; außerdem
schälen sie bei Keimlingspflanzen streckenweise auch die Rinde am oberirdischen Stammteile;
bei dem Fraß der verschiedenen Rüsselkäferlarven [Otiorhynchus ^ Brach yderes usw.)
findet sich oft gleichzeitig der imaginale Schartenfraß an den Nadeln. Zu alledem kommt, daß
keine der hier genannten Larven die Wurzeln oder unteren Stammteile aushöhlt, was bei den
Drahtwürmern nicht seilen vorkommt.
Als natürliche Feinde der pflanzenfressenden Elateriden kommen vor
allem die unterirdisch jagenden Säugetiere, wie Maulwurf, Spitzmäuse, Mäuse
usw. in Betracht, ferner eine Reihe von Vögeln, die teils die beim Umgraben
an die Oberfläche gebrachten Drahtwürmer vertilgen, teils die Larven aus der
Erde holen (Krähen, Wiedehopf, Blaurake usw.). Ferner stellen den Draht-
würmern auch räuberische Insekten, wie die Maulwurfsgrille, verschiedene
II *
l(j4 Coleoptera. — 4. Kamilienreihe: Diversicornia.
Laufkäfer {Caradus- Aiten, Omaseus) u. a. nach. Parasiten sind bis heule keine
bekannt geworden (vielleicht bietet gegen diese die glatte dicke Körperhaut einen
Schutz). Dagegen ist in Amerika ein pathogener Pilz {Metarrhizium anis-
opliae) festgestellt worden, der bei Zuchtversuchen zahlreiche Larven abtötete
(s. Reh 481). —
Bekämpfung.
Gegen den Käfer selbst empfiehlt sich bei zahlreichem Vorkommen em
womöglich tägliches Absammeln, am besten mit Hilfe emes Klopfschirmes.
Gegen die Larven („Drahtwürmer") sind eine ganze Reihe von Mitteln
vorgeschlagen, von denen hier die wirksamsten genannt seien:
Zur Vorbeugung achte man streng darauf, daß alle beim Umgraben
an die Oberfläche gebrachten Drahtwürmer vernichtet werden. Da die
Tiere sehr hart sind, genügt es nicht, sie einfach zwischen den Fingern zu drücken,
s^ondern man reiße sie in zwei Stücke auseinander. Auch beim Umstechen des
Kompostes, in dem sich häufig Drahtwürmer befinden, und beim Abfahren des-
selben auf die Beete sind die gleichen Vorsichtsmaßregeln anzuwenden, ^)
Das Vernichten der in den Beeten be findlichen Larven kann auf
verschiedene Weise versucht werden:
1. Durch Ausheben der Pflanzen. Die infolge des Fraßes kränkelnden
Pflanzen werden mit einem Spatenstiche ausgehoben und nebst Erdballen auf
einem Tuch oder Papier ausgeschüttelt, wobei der Drahtwurm herausfällt.
2. Durch Fangpflanzen. Hierzu eignet sich am besten Salat, der
von den Drahtwürmern besonders bevorzugt wird. „Auf den Beeten, auf denen
man im vorhergegangenen Jahre Elaterenlarven bemerkt hat, sät man zeitig im
Frühjahr sparsam zwischen die Saat- und Pflanzenreihen und auf die die
Beete trennenden Pfade etwas Salat. Die von den Drahtwürmern angegangenen
Salatpflanzen haben etwa das 6. — 8. Blatt; sie scheinen etwas in den Boden ge-
zogen zu sein und sind welk. Man hebe diese Pflanzen täglich heraus, wobei
man den Drahtwurm in der bis auf die äußere Haut ausgehöhlten Wurzel oder
sogar weiter oben finden wird. Ist der Stengel der Pflanze ausgefressen und
leer, dann befindet sich die Larve bereits auf dem Wege zu einer der nächsten,
in welcher sie am anderen Tage gefunden werden wird" (Eckstein).
3. Durch Köder. Am besten nimmt man hierzu halbierte oder ge-
viertelte Kartoffel, die mit der Schnittfläche nach unten zwischen den Reihen
der Kulturpflanzen ausgelegt oder oberflächlich in den Boden eingegraben und
durch ein Stäbchen gekennzeichnet werden. Nach einigen Tagen sind die Kar-
toffeln wieder einzusammeln und können nach Entfernung der darin gefangenen
Drahtwürmer wiederholt ausgelegt oder nach vorherigem Brühen in heißem
^) Horst (1922) ist der Ansicht, daß der Schädling am erfolgreichsten im Puppen-
stadium zu bekämplen ist, da er zu dieser Zeit hilflos und am Abwandern verhindert ist und
seine zarte Cuticula die Einwirkung der Atmosphärilien zuläßt. Jedenfalls ist die Trockenheit
für die Puppen ein arger Feind. Durch wiederholtes Umgraben der Beete während
der Zeit der Puppen ruhe (Juni — August) werden zahlreiche Fuppenwiegen an die Oberfläche
gebracht und zerstört und dann auch die zarten Puppen verderblichen Einflüssen preisgegeben.
11. Elateriden als Räuber. 155
Wasser als Futter verwendet werden. — An Stelle der Kartoffeln kann man
auch Rüben oder Ölkuchenstückchen oder Karotten benutzen. Von englischen
Entomologen ist der Vorschlag gemacht, einen durchlöcherten Kegel aus Eisen-
blech, in dem sich eine Möhre befindet, in den Boden zwischen die Pflanzen-
reihen zu stecken. Die Drahtwürmer gelangen durch die Löcher in den Trichter,
fressen sich in die Möhren hinein und können so leicht gesammelt werden
(Ferrant). In Ameiika hat man es verschiedentlich mit vergiftetem Köder ver-
sucht, besonders mit frischem Klee, der in mit Arsensalzen versetztem Zucker-
wasser geschüttelt und untergraben wurde; doch wird der Erfolg dieser Methode
von anderer Seite bestritten.
4. Durch Kopfdüngung mit Kainit und Chilesalpeter. Der
Erfolg dieser hauptsächlich in der Landwirtschaft gebräuchlichen Methode soll
darauf beruhen, daß der Kainit die Drahtwürmer töten oder in tiefere Schichten
zurücktreiben soll, während der Chilesalpeter die Pflanzen zu rascherem Wachs-
tum anregt und sie über das gefährlichere Jugendstadium schneller hinwegbringt.
Nach den an der Münchener Agrikulturbotanischen Anstalt gemachten Erfahrungen
hat sich dieses Mittel bei Anwendung von 3 — 4 Zentner Kainit und 50 — 60
Pfund Chilesalpeter pro ^4 ^^ ^^^s beste bewährt.
5. Auch das Begießen der Befallstelle mit jauche, welche geringe
Mengen (i — 2%) Eisenvitriol gelöst enthält, hat sich als sehr wirksam erwiesen
und ist wegen seiner Einfachheit und geringen Kosten sehr zu empfehlen
(Kor ff 19 10).
II. Elateriden als Räuber.
Wie schon oben erwähnt, leben die Elateriden nicht nur von Pflanzen,
sondern zum Teil auch carnivor, und zwar sowohl alsimagines als auch als
Larven. Gewisse Elateriden scheinen ausschließlich carnivor zu leben, wie z. B.
Adelocera (Friederichs 191 9). i) Wahrscheinlich werden viele derjenigen Arten,
deren Larven in Mulm, faulem Holz oder unter Rinde alter Bäume
leben, carnivore Gewohnheiten haben. Es ist jedenfalls sehr naheliegend, daß
die Larven dieser Arten von den dort hausenden Larven von Bockkäfern und
anderen Mulminsekten sich nähren. Dahin gehören außer Adelocera eine Reihe
von Corymbites - hxiQTi (besonders die Untergattung Selatosomus Steph.), dann
viele Athous- und £/a/er- Arten. Doch auch die im Boden resp. in der
Streu lebenden Arten nähren sich bisweilen von den Larven und Puppen
anderer Insekten. So konnte ich gelegentlich einer Nonnenkalamität in Sachsen
(1907/12) stellenweise zahlreiche von Drahtwürmern ausgefressene Tönnchen
*) Nach Friederichs (igiy") brauchen die Elateridenlarven. da sie sehr langsam wachsen,
sehr viel Erhaltungsfutter, d. h. solches, das nicht ihrem Wachstum zugute kommt, sondern nur
der Erhaltung des Körpers dient. Daher vertilgt eine solche Larve im Laufe der Zeit noch
viel mehr Insekten als z. B. die gefräßigen (aber schnell wachsenden) Hister-ha.rven. Die Ver-
puppung der von Fried erichs beobachteten Adelocera -Larve fand in der Borke einer selbst-
verfertigten Höhle statt; die Larvenhaut haftete am Hinterende der Puppe. Die auf Raub im
Holz ausgehende Larve bewegt sich in den alten Fraiigängen der Bockkäfer usw.; durch morsches
Holz bohrt sie sich selbst mit erstaunlicher Geschwindigkeit durch, viele Bohrspäne, aber niemals
aus Holzteilen bestehenden Kot hinter sich lassend.
1 56 Coleoptera. — 4. Familienreihe : Diversicornia.
der Nonnentachine in der Streudecke finden. Die betreffenden Tönnclien
waren an größeren oder kleineren Löchern, durch die sich die Drahtwürmer
eiugebohrt hatten, kenntlich. Des öfteren konnte ich die Drahtwürmer in flagranti
ertappen, mit ihrer vorderen Körperhälfte in dem Tönnchen steckend. Forst-
meister Grohmann (1913) berichtet ferner von ausgiebiger räuberischer Tätigkeit
der Drahtwürmer an Rüsselkäferlarven {Hylobius) in seinen zu Versuchs-
zwecken angelegten Fanggruben.
Des weiteren liegen noch eine Anzahl Einzelbeobachtungen über die
räuberische Tätigkeit von Elateriden vor. So wurde die Larve von Corymbites
cupreus F. beim Verzehren von Aphodius-'L^aweD. und Würmern beobachtet; ferner
die Larve von Cory?}ib. melancholicus Gf beim Verzehren von Rüsselkäferlarven; die
im Mulm von Kiefernstöcken lebenden Larven von Melanotus rufipes Hbst. beim
Verzehren von Fliegen- und Bockkäferlarven [Asemtmt striatum L.); verschiedene
andere Cbn'w<5//«-Larven beim Verzehren von Ameisen. Die Larve von Athous
rhombeus Oliv., die sich hauptsächlich in faulen Buchen- und Birkenstämmen auf-
hält, soll den Larven von verschiedenen Lepttira • Kiion (Bockkäfer) nachstellen,
ebenso sollen die in alten Kiefernstöcken lebenden Larven von Athous ru/us L.
von Bockkäfeflarven sich nähren.
In wie weit die zahlreichen in der Boden decke (Moos und Streu) lebenden
Drahtwürmer carnivor sind und dadurch eventuell auch Anteil an der Gleich-
gewichtserhaltung der Waldbiocoenose haben, entzieht sich noch unserer Kenntnis.
Pillai (iqiq) hat bei seinen Untersuchungen über die Bewohner der Kiefernr
streu eine ganze Menge von Drahtwürmern zutage gefördert, die größtenteils
den Gattungen Dolopius^ Athous^ Elater angehören.
Auch die Imagines sind wiederholt als Räuber beobachtet worden. „Schon
Motschulsky erzählt, daß er Corymbites germanus L. und Prosternon holosericeus Oliv-
wiederholt gegen Abend auf Ahorn Blattläuse fressen sah, und Buysson be-
merkt hierzu, daß die letztere Art besonders auf solchen Kiefern häufig ist, wo sich
gewisse Blattläuse vorfinden. Ruppertsberger fand ferner Prosternon iß Anzahl
an lebenden Puppen des Weidenspinners angeschmiegt und es ergab sich,
daß am anderen Tag ein Drittel der Puppen aufgezehrt war {Schaufuß- Calwer).
Die forstliche Bedeutung der carnivoren Elateriden muß erst
noch geklärt werden. Zweifellos wird durch ihre räuberische Tätigkeit viel In-
sektenleben im Walde vernichtet. Natürlich werden sich unter ihren Opfern auch
eine Reihe von Forstschädlingen befinden, wie ja auch verschiedene der
genannten Fälle beweisen. Zum großen Teil aber, vor allem bei den in faulen
Stöcken usw. lebenden Larven, werden die Opfer wohl forstlich mehr oder
weniger gleichgültige Arten sein, da ja die im Mulm sich entwickelnden
Bockkäferlarven usw. als Schädlinge im allgemeinen nicht in Betracht kommen.
Andererseits können sie auch durch Vernichtung von Nutzinsekten schädlich
wirken, wofür der oben berichtete Fall von Tachinenvernichtung ein beweisendes
Beispiel abgibt. Auch durch Vernichtung von im Mulme lebenden Fliegen-
larven können sie eine ähnliche Rolle spielen, wenn es sich um räuberische
nützliche Larven handelt (wie z. B. Laphria und andere).
Pämiliengrappe Malacodermata. ' jöy
So kann also die räuberische Tätigkeit der Elateriden sowohl
forstlich nützlich als auch schädlich als auch völlig indifferent sein.
Welche Rolle vorwiegt, müssen erst spätere Beobachtungen noch zeigen.
Literatur über Elateriden.
Altum. 1875, Elaterenlarven. — In:-Z. f. F. u. J., Bd. VII, S. 369.
— 1876, Elaterenfraß an Saateicheln. — In: Ebenda, Bd. VIII, S. 498.
— 1879, Die forstschädlichen Elateren. — In: Ebenda, Bd. X, S. 73—81.
— 1892, Zerstörer von Eichenmaitrieben. — In: Ebenda, Bd. XXIV, S. 249.
Baudisch, F., 1884, Die Eiaterenlarve als Tannenschädling. — In: Ctrlbl. f. d. ges. Forstw..
X, S. 312.
Beling, 1878, Über Elateridenfraß. — In: Thar. F. J.. Bd. XXVIII, S. 93 ff.
— 1879, Über Schnellkäferlarven. — In: Ebenda. Bd. XXIX, S. 305—317 (mit An-
merkungen von Judeich).
— 1884, Beitrag zur Metamorphose der Käferfamilie der Elateriden. — In: Deutsche ent.
Zeit, 27. u. 28. Bd., 1883 u. 1884.
Borggreve, 1878, Abermaliger Fraß von Elateriden-Larven auf Kiefernsaatbeeten. — In:
Forstl. Bl., XV, S. 319.
Ford, George H., 1917, Bemerkungen über den Entwicklungsgang von Aqriotes obseurus.
— In: The Ann. of Applied Biology, 3. Bd., S. 97 — 115, Taf. XVI— XVII. — (Ref.
in: Int. Agr.-Tech. Rundschau, VIII, S. 494).
Friederichs. K., 1919, Einiges über die Käfer des toten Holzes im Kiefernwald der Insel
St. Marguerite (Südfrankreich). — In: Ent. Bl., S. 20 ff.
G rohmann, 1913, Die Generation des großen braunen Rüsselkäfers {Hylobius abietis) und
seine Bekämpfung. — In: Thar. F J., Bd. 64, S. 325 ff.
Gumppenberg, H. v., 1880, Ein Schädling der Pinie. — In: Z. f. d. ges. F., VI, S. 67.
Hartig, 1860, Das Insektenleben im Boden der Saat- und Pflanzkämpe. — In: Krit. Bl. f.
F. u. J., XLIII, Heft I, S. 126.
H|orst, Albert, 1922, Untersuchungen über Agriotes obseurus L, (Ein Beitrag zur Kenntnis
der Biologie und Morphologie der Elateriden und ihrer Larven.) — In: Archiv f. Natur-
geschichte. Abt. I, S. I — 90, 3 Taf.
Kor ff, G., 19 10, Die Drahtwürmer und ihre Bekämpfung. — In: Prakt. Bl. f. Pfl., VIII. Bd.,
S. 125-130.
Prochnow, Oskar, 1915, Das Springen der Schnellkäfer, physikalisch betrachtet. — In: Biol.
Ztrlbl, 35. Bd., S. 81—93.
Schönichen, W., 1918, Praktikum der Insektenkunde. Jena. (Darin: Das Schnellen der
Schnellkäfer, S. 5 2 ff.)
Sjtehlik, W., 1916, Erfahrungen über die Vertilgung der Drahtwürmer. — Tn: Blätter für
Zuckerrübenbau, 13. Jahrg.. S. 165 — 167. — (Ref. in: Int. Agr.-Techn. Rundschau,
VIII. S. 96.)
Familiengruppe Malacodermata. i
Die Familiengruppe hat ihren Namen von der meist weichen Beschaffenheit der
Körperbedeckung, besonders der Flügeldecken. Die Tarsen besitzen stets '5 Glieder, von
denen das kleine vierte gewöhnlich ausgerandet ist und ein Hautläppchen an der Unterseite
besitzt. Die Fühler sind faden- oder schnurförmig, seltener gesägt oder gekämmt; die Hinter-
hüften ragen zapfenförmig vor und stoßen meist aneinander.
Die Familiengruppe enthält 4 Familien, von denen uns aber nur zwei, die
Cantharidae und Lymexylonidae^ interessieren. Diese beiden Familien, deren Ver-
treter von langgestreckter Form sind, unterscheiden sich kurz folgendermaßen:
Cantharidae: Körper mehr oder weniger flach, die sehr weichen Flügeldecken mit parallelen
Seiten, Tarsenglieder dreieckig oder herzförmig;
Lymexylonidae: Körper mehr oder weniger zylindrisch, die Flügeldeckenseiten nach hinten meist
mehr oder weniger konvergierend. Tarsenglieder lang, drehrund. —
i68
Coleoptera, — 4 Familienreihe : Diversicornia.
Familie Cantharidae.
Die FaiT]ilie der Canthariden enthält eine ziemlich große Anzahl von Gattungen und
Arten, die alle in der auffallenden Weichheit der Körperbedeckung übereinstimmen. Es handelt
sich meist um mittelgroße Arten von verschiedener Färbung: schwarz, braun, gelb, metallisch,
oft mit rotem oder wenigstens hellerem Halsschild.
Die Larven sind bewegliche, langgestreckte, stets mit Beinen versehene Tiere, oft mit
samtartiger Behaarung.
Sowohl die Imagines als auch die Larven leben zum großen Teil vom
Raub anderer Insekten oder Schnecken, und dürfen deshalb im allgemeinen
wohl als nützlich bezeichnet werden. Von einigen Arten wurde allerdings be-
obachtet, daß sie auch frische Pflanzenteile angehen und dadurch schäd-
lich werden. Manche Canthariden haben die Fähigkeit zu leuchten (Leucht-
käfer {Lampyns\ s. Bd. I, S. 86 ff.).
Forstlich kommen nur wenige Arten in Betracht.
Gattung Cantharis L.
Die unter dem Namen „Schneider" allgemein bekannten Käfer stellen die größten
Vertreter der Canthariden dar (bis 15 mm); sie haben entweder schwarze oder gelbe Flügel-
decken, einen roten oder schwarzen oder gelben Hals-
schild und meist gelbliche oder rötliche Beine und
Fühler. Der Ko]if vorn gestreckt, die Fühler vor den
Augen in einiger Entfernung voneinander eingelenkt,
Endglied der Taster beilförmig, Haisschild meist quer
viereckig (Abb. 79 A).
Die ziemlich gewölbten Larven (Abb. 79 B)
sind an der dichten samtartigen Behaarung leicht kennt-
lich. Da sie auch im Winter an wärmeren Tagen
aus ihren Verstecken hervorkommen und dann oft in
großer Zahl iiber den Schnee laufen, so werden sie
auch als „Sehn ee würm er'" bezeichnet (früher ging
im Volksmund die Sage, daß die schwarzen Würmer
vom Himmel gefallen seien).
Die Lebensweise ist etwa folgende:
Die Imago erscheint anfangs Mai und be-
ginnt bald mit der Kopulation, welche den
ganzen Tag währt. Die Eier werden unter
einem Baumstamm oder unter einem Gras-
büschel abgelegt, worauf im Juni die Larven
ausschlüpfen. Sie leben voinehmlich in der Erde, in selbstgegrabenen und ziem-
lich tiefen Gängen, in denen sie auch überwintern, um im Frühjahr meist in
einem ziemlich oberflächlich gelegenen länglichen Puppenlager zur Puppenruhe
überzugehen. Nach etwa 14 Tagen erscheint die Imago. Die Larven leben wohl
ausschließlich von tierischer Kost und zwar vornehmlich von Schnecken. — Die
Imagines kann man im Frühjahr und Sommer auf allerlei Pflanzen ihrer Nah-
rung, meist kleinen Insekten, nachgehen sehen. Einige von ihnen sind auch
Pflanzenfresser und zwar in so ausgiebiger Weise, daß sie forstschädlich
werden können. In der forstlichen Literatur werden vor allem drei Arten ge-
nannt, die sich in dieser Weise unangenehm bemerkbar gemacht haben, nämlich
Cantharis obscura L., fusca L. und rustica F. —
*!S^lC- obscura L., der Eichenweichkäfer (Abb 79), ist schwarz, sparsam und kurz grau behaart,
nur die Seitenränder des Halsschildes, die beiden Wurzelglieder der Fühler und die Seiten-
ränder der Bauchringe gelbgesäumt. Länge 9 — 13 mm.
,J5(C fusca L. , gleichfalls schwarz, nur die Vorderhälfte des Kopfes, die Fühlerwurzel, der
Halsschild, mit Ausnahme eines schwarzen P'ieckes am Vorderrande, und die Seiten-
ränder des Hmterleibes gelbrot. Länge li — 15 mm.
Abb. 79. Cantharis obscura L.
A Imago, B Larve (,.Schneewurm'').
Orig.
Familiengruppe Malacodermata. j5q
■ C. rustiea Fall, ist der vorigen Art sehr ähnlich, aber der schwarze Fleck nimmt die Mitte
des Halsschildes ein, und wenigstens die Schenkelbasis der Vorderbeine ist rot. Länge
lo- -14 mm.
Forstliche Bedeutung. — Die von diesen Tieren angerichteten Schäden
sind zuerst von Ratzeburg (W. II, 163 u. 358) auf die Autorität einiger Be-
obachter in den Rheinlauden hin bekannt gemacht worden. Anfangs der fünf-
ziger Jahre wurde im Regierungsbezirk Aachen in fünf- bis achtjährigem Eichen-
schälwalde C. obuura L. in ungeheurer Menge an den Jürgen Trieben der Stock-
ausschläge gefunden. Diese wurden unterhalb der Spitze abgenagt, bis sie um-
knickten. Die Nagestelle wurde sofort, später auch der ganze Trieb
schwarz. Eine ähnliche Beschädigung, aber an verschulten, fünf- bis fünfzehn-
jährigen, stämmigen Eichenheistern, beobachtete Ende Mai, Anfang Juni im Jahre
1861 Borggreve im Regierungsbezirk Trier. Auch hier war C. obscura L. die
Haupttäterin, und die beiden anderen Arten nahmen nur in geringem Maße an
der Beschädigung teil. Die gleiche Ait (C obscura L.) trat iSgo in der Eifel
so maEsenhaft an 5 — 15jährigen Eichen in Lichtschlägen auf, daß sich an manchen
Pflanzen ^o — 100 Käfer fanden; das Welken und Schwärzen der befressenen
Triebe vollzog sich binnen weniger Stunden (Alt um 1892). Nach Döbner ist
die gleiche Beschädigung durch C. fusca L. im Spessart auch an Kieferntrieben
beobachtet worden.
Die Folgen des Fraßes sind im allgemeinen nur unbedeutend. Selbst
solche Eichenheister, bei denen sämtliche Maitriebe abgebissen waren und von
denen hunderte von Käfern abgeklopft werden konnten, wurden nicht wesentlich
im Wuchs gehemmt (Ratzeburg W. 164). Höchstens dürfte ein schwacher Zu-
wachsverlust eintreten.
Gegenmittel werden selten nötig werden. Wo dies aber durch massen-
haftes Auftreten der Käfer doch der Fall sein sollte, kann man durch Ab-
klopfen in den Klopfschirm die Mehrzahl der Schädlinge vernichten.
Eine kurze Erwähnung verdienen noch die Malthinini und Malachiini, kleine zarte
weiche Tiere (grau mit gelben Flecken oder grün mit roten Flecken), die sowohl als Imagines
wie auch als Larven vom Raub leben und dadurch forstlich nützlich werden können. Es
trifft dies besonders für diejenigen Gattungen zu [Mnlthiiufs^ Malachius usw.), deren Larven
zum Teil unter Kinde in den Gängen von Borken-, Bock-, Prachtkäfern, Anobien usw. leben
und sich (nach Saalas 1917) wahrscheinlich von deren Larven nähren. (Nach Urban 1914
allerdings sollen die Alalaciiit/s -'Larven sich hauptsächlich von den Resten der Holzbewohner
und vielleicht auch von deren Kot nähren.)
Familie Lymexylonidae.
Für unser Fauneugebiet kommen nur 2 Gattungen mit im ganzen 3 Arten in Betracht.
Von den Canthariden unterscheiden sich die Lymexyloniden durch ihre gewölbte, fast walzen-
förmige Gestalt und die langen drehrunden Tarsenglieder. Die Fühler s'nd entweder kurz,
fadenförmig oder gesägt oder gekämmt. Auffallend ist auch der sexuelle Dimorphismus, der in
der verschiedenen Körperform, der verschiedenen Länge der Flügeldecken und vor allem in der
bizarren Gestaltung der männlichen Taster oder Fühler sich ausdrückt.
Noch mehr von den vorigen verschieden sind die Larven, die, da sie im Holz leben,
weiß, weichhäutig und augenlos sind, und durch ihre kapuzenf()rmig über den Kopf ragende
Vorderbrust und das eigenartig gestaltete letzte Hinterleibssegmenl besonders charakterisiert sind.
Forstlich sind die Lymexyloniden mehr beachtenswert als die Cantha-
riden, und zwar durch den Larvenfraß, der im Holz stattfindet und dadurch
schwere technische Schädigungen verursachen kann.
Die beiden Gattungen lassen sich folgendermaßen leicht unterscheiden:
Hyleeoetus Latr. : Halsschild breiter als lang, Fühler kurz, gesägt oder gefiedert ; Flügeldecken
mit einigen Dorsalrippen (Abb. 80 b). Larve mit langem zugespitztem Schwanzfortsatz
(Abb. 81).
I70
Coleoptera.
4. Familienreihe : Diversicornia.
lyymexylon F. : Halsschild länger als breit, Fühler schnurförmig,' zur Spitze verdünnt. Flügel-
decken ohne Dorsalrippen (Abb. 80 a). Larve mit kurzem zylindrischem, nach oben auf-
getriebenem Schwanzfortsatz (Abb. 83).
Gattung Hylecoetus Latr.
Enthält 2 Arten, die annähernd von gleicher Statur und Färbung (Oberseite, meist auch
die Beine und Fühler bräunlichgelb oder rötlichbraun) sind, sich aber durch die Bildung der
Fühler resp. Taster leicht unterscheiden lassen:
H. dermestoides L. : Fühler beim (^ und 5 gleichartig, gesägt. Maxillartaster des (^ äußerst
bizarr gestaltet, das 2. Glied trägt einen mächtigen aus zwei Ästen bestehenden Fortsatz,
deren jeder ca. 20 fiederartige Seitenäste trägt (Abb. 80 d).
H. flabellicornis Schneider: Fühler beim <^ lang doppelseitig gewedelt (Abb. 80 g), beim 5 stark
gesägt. Die Maxillartaster dagegen beim (^ relativ einfach gebaut, nur das Endglied ge-
gabelt (Abb. 80 e).
Abb. 80. a Lymexylon navale L., b Hylecoetus
dermestoides L., c c? Taster von Lymexylon navale,
d 6 Taster von Hylecoetus dermestoides, e 6
Taster von Hylecoetus flabellicornis, f 6 Fühler
von Hylecoetus dermestoides, g 6 Fühler von
Hylecoetus flabellicornis. a und b Original,
c — g nach Germer.
Die Färbung und auch die Größe der beiden Arten ist ziemlich variabel, was zur Auf-
stellung verschiedener Varietäten geführt hat. Von dermestoides gibt es von den Exemplaren
mit rötlichbraunen bis zu solchen mit schwarzen Flügeldecken alle möglichen Übergänge. —
H. flabellicornis ist weit seltener als dermestoides ; in der Literatur ist nur i Fall von häufigeih
Vorkommen von flabellicornis in Stöcken (bei Königsberg i. Pr.) zugleich mit dermestoides
erwähnt (Pfeil 1859).
Die Larve von dermestoides ist weiß, augenlos und mit drei Brustbeinen versehen.
Sie wird besonders durch zwei Merkmale charakterisiert: durch die kapuzenartig übei den
Kopf ragende Vorderbrust und durch den langen, an der Spitze zweiteiligen und
seitlich mit Zähnen versehenen Schwanzfortsatz (Abb. 81). Letzterer fehlt allerdings
den jungen Larven; er bildet sich erst allmählich während des Wachstums aus in offensichtlicher
Anpassung an die Lebensweise (siehe unten). Bei der jungen Larve ist das Hinterleibsende
gerade abgestutzt und auf der abfallenden Fläche mit zwei langen Dornen bewaffnet. „Mit
dem fortschreitenden Wachstum verlängert sich das letzte Segment auf Kosten seiner Breite,
so daß es zunächst oval erscheint und hinten mehr schräg abfällt; später wird es immer schmäler
und spitzt sich zuletzt zu jenem langen Schwanzfortsatz aus."- — Die Larve von flabellicornis
ist nach Pfeil (1859) von der dermestoides -Lar\e nicht zu unterscheiden.
Familiengruppe Malacodermata. j 7 j
Bezüglich der Lebensweise haben die eigentümlichen morphologischen
Verhältnisse zu den mannigfaltigsten Vermutungen geführt, die aber, wie durch
die neueren Beobachtungen von Strohmeyer (1997) und Germer (1912) ge-
zeigt wurde, sich fast alle als unrichtig erwiesen haben. Nach den beiden Autoren
spielt sich die Lebensweise von H. dermestoides — flabellicomis scheint sich bio-
logisch übereinstimmend damit zu verhalten — ungefähr folgendermaßen ab:
Die Flugzeit fällt in die Monate April bis Juni. Beide Geschlechter fliegen,
die 66 mehr als die 2$, die meist in der Nähe auf Stöcken oder gefällten
Stämmen herumlaufen. Bei dem Aufsuchen des ? spielen die merkwürdigen
großen Palpen des 6 eine Hauptrolle. Bei der Kopula, die manche Schwierig-
keiten bietet, sitzt das 6 auf dem ?. Oft verliert das 6 den Halt auf dem
Rücken des ? und fällt herunter; oft auch läuft das $ kurzerhand davon und
legt seine Eier ab, ohne daß sie befruchtet sind. Diese bleiben dann allerdings
unentwickelt. Die Lebensdauer der Imagines ist sehr kurz und schwankt
zwischen 2 und 4 Tagen nach dem Verlassen des Fraßganges. Dabei sind die
66 im allgemeinen kurzlebiger als die $?. Die Imagines nehmen während ihrer
kurzen Lebensdauer keine Nahrung zu sich. Die Eier werden gewöhnlich
einzeln in kleinen Rinden- oder Holzrissen abgelegt, selten haufenweise am
Eingang von Bohrlöchern usw. ; die
Eier sind sehr langgestreckt, walzen-
förmig, an beiden Seiten abgerundet,
I — 1,3 mm lang. Als höchste Zahl
von abgelegten Eiern eines $ wurden
126 Stück gezählt. Abb. 81. Erwachsene Larve von Hylecoetus
M u .^ , 'T "U A dermestoides L. (mit Schwanzstachel).
Nach 10 — 1 4 Tagen, wahrend ^
welcher Zeit die Eier etwas an Um-
fang zunehmen (sie werden bis 1,5 mm lang), kriechen die Larven aus und be-
ginnen sofort geschäftig auf der Rinde herumzulaufen und nach einer geeigneten
Stelle zu suchen, wo sie sich einfressen können. Das Einbohrloch und der
Durchmesser des Ganges ist zu Anfang, dem geringen Umfang der jungen Larven
entsprechend, sehr klein. Im weiteren Verlaufe erweitert die Larve mit fort-
schreitendem Wachstum natürlich auch das Lumen des Ganges. Der meist in
der Rinde gelegene Anfang des Ganges bleibt aber in dem ursprünglichen
engen Lumen bestehen, da die Larve sich in dem Gang nicht umwenden
kann und es ihr daher unmöglich ist, die Erweiterung ihres Ganges bis zum Ein-
gangsloch auszudehnen oder gar das letztere selbst zu erreichen.
Die Fortbewegung der Larve in ihrem Gang geschieht vornehmlich mit
Hilfe der kapuzenartig aufgetriebenen Vorderbrust. „Durch Vorstrecken des Kopfes
verdünnt die Larve die Kapuze und streckt, gestützt auf das Hinterende, den
Körper stark vor; alsdann verdickt sie durch Einziehen des Kopfes wieder die
Kapuze, gewinnt dadurch vorne wieder Halt und zieht nun das gestreckte
Hinterende des Körpers nach. Die stark gehöckerten Seitenteile der Kapuze
spielen beim Anpressen an die Gangwandungen eine Hauptrolle'' (Strohmeyer).
Das Bohrmehl schafft sie mit den Beinen nach hinten und schiebt es
dann rückwärtsgehend mit dem Hinterleibsende zum Eingangsloch hinaus. An-
72
Coleoptera.
4. Familienreihe: Diversicornia.
fangs, da die Larve noch klein ist, bietet das Hinausschaffen durch das winzige
Einbohrloch keine Schwierigkeiten. Später aber, wenn die Larve größer geworden,
würde sie mit ihrem breiten Hinterende das Bohrmehl bald nicht mehr durch
das enge Loch hinausbringen; und so verstehen wir jetzt, warum die Form
des Hinterleibsendes sich ändert und an Stelle der breiten Endscheibe ein zu-
gespitzter Schwanzfortsatz tritt. Mit diesem ist auch die größer und dicker ge-
wordene Larve imstande das Mehl durch die enge Öffnung hinauszuschieben.
Die Larve macht hierbei mehrere schiebende Bewegungen nach vor- und rück-
wärts, wobei das Ende des Fortsatzes
des öfteren außen sichtbar wird und
eine Menge Bohrmehl zum Vorschein
kommt.
Die Bohrmehlmassen, welche
auf diese Weise herausgeworfen werden,
sind außerordentlich groß, so daß
man an frischen Stöcken oft glauben
könnte, daß sie von Sägeschnitt her-
rührten , zumal man an dicker Borke
die winzigen Eingangsöffnungen kaum
sieht. Erst nach Abnahme der Borke
gewahrt man an der Holzoberfläche,
entsprechend dem hier bereits stark er-
weiterten Lumen der Gänge, größere
Löcher, und zwar von sehr un-
gleichem Lumen, so daß das Holz
aussieht als sei mit verschiedenen Schrot-
nummern darauf geschossen. Charakte-
ristisch ist dabei, daß jedes Loch um-
geben ist mit einem ziemlich
großen Hof von Bohrmehl(Abb. 82 A),
der dadurch zustande kommt, daß bei
dem gewaltsamen Hinausstoßen des
Bohrmehls mittels des Schwanzfortsatzes stets etwas Mehl zwischen Rinde und
Holz gedrückt wird.
Bei Beginn der kalten Jahreszeit unterbricht die Larve ihre Tätigkeit und
zieht sich in das Innere des Holzes zurück, nachdem sie den Eingang mit Bohr-
mehl verstopft hat. Im März des folgenden Jahres beginnt sie von neuem die
Arbeit, um etwa gegen April reif zur Verpuppung zu werden. Würde sie
sich nun einfach an irgend einer Stelle im Holze verpuppen, so wäre der Käfer
dem Untergang geweiht, weil er sich infolge seiner schwachen Mundgliedmaßen
nicht durch das dicke Holz durchfressen könnte. Die reife Larve kriecht des-
halb vor der Verpuppung rückwärts, ganz in die Nähe des Eingangsloches und
erweitert dort den Gang auf eine Strecke, die reichlich ihrer Körperlänge ent-
spricht, so daß sie jetzt umkehren kann. Nun kann sie den bisher eng ge-
Abb. 82 A. Bohrmehlhöfe um die Larvengänge
von Hylecoetus dermestoides L. auf der Innen-
Orig.
Seite der Rinde.
Familiengruppe Malacodermata.
173
bliebenen Anfangsteil des Ganges und das Eingangsloch erweitern, und
zwar so weit, daß es dem Kaliber des übrigen Ganges entspricht und daß der
Jungkäfer bequem hinausgelangen kann. Dann verpuppt sie sich, mit dem Kopfe
nach außen gewandt, nachdem sie das bei der letzteren Arbeit frei gewordene
Bohrmehl nach hinten geschafft und dicht hinter der erweiterten Stelle zusammen-
gepreßt hat. Die Puppenruhe dauert nur etwa 7 Tage. Die ausgeschlüpften
Käfer bleiben gewöhnlich auch in ausgefärbtem Zustand noch einige Tage im
Holze. Die Generation ist also einjährig.
Die Form der Fraßgänge (Abb. 82 B) ist sehr unregelmäßig. Selten
verlaufen sie ganz gerade; gewöhnlich gehen sie wellenförmig mit größeren oder
kleineren Bogen in das Stamminnere. Zuweilen trifft man auch Gänge, die dicht
Abb. 82 B. Larvengänge von Hylecoetus dermestoides L. in Fichtensplint (z. T. nachgesch
Etwas verkl. — Aus Koch (phot. Scheidter).
mitten).
unter der Oberfläche des Splintes hinziehen und streckenweise sogar einen Teil
der innersten Rindenpartie durchfurchen. Die Anfänge der Gänge liegen nicht
immer an den Seiten, sondern gar nicht selten auch oben auf der Abhiebfläche
eines Stockes. In Buchenstämmen weichen sie nach Strohmeyers Beobachtungen
dem pathologischen roten Kern aus; in Eichenstämmen dagegen dringen sie ohne
Unterschied auch in den Kern ein. Sehr tief gehen die Gänge auch in Tannen
und Fichten, während sie bei kernreichen Lärchen und Kiefern in der Haupt-
sache im Splint bleiben. Die Länge der fertigen Gänge mit den Puppenwiegen
schwankt zwischen 18 und 26 cm.
Über die Nahrung der Larve war man lange Zeit im Unklaren. Sie
frißt weder andere Larven noch auch Holz, wie man fiüher verschiedentlich an-
nahm, sondern sie nährt sich, wie es scheint, ausschließlich von einem an den
1,74 Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
Qargwänden wachsenden Ambrosia - Pilz, der höchst wahrscheinlich ein
Züchtungsprodukt des Hylecoetus darstellt, und den Neger Endomyces hylecoeti
nap^te — eine Erscheinung, die wir unten bei den holzbrütenden Borken-
kä^eifn noch mehrfach kennen lernen werden. Die Pilzzucht stellt eine sehr hohe
Stufe der Nahrungsversorgung der Larven dar, indem der Pilz mit seinem Myzel
d|ie Extraktion der Nährstofife aus dem Holz besorgt, wodurch den Larven eine
konzentrierte Nahrung dargeboten wird. Wir verstehen jetzt auch die gründliche
Entfernung des Bohrmehls: sie schafft die für das Wachstum der aeroben Ambrosia-
pilze notwendigen Lebensbedingungen (SauerstolTgehalt, herabgesetzteren Wasser-
gehalt des Substrates usw.). Wie der Pilz auf neue Fraßplätze übertragen wird,
d^^über haben wir noch keine volle Klarheit. Neger (1909) vermutete, daß der
Mutterkäfer die Übertragung vermittelt.
Was die Fraßpflanze betrifft, so scheint Hylecoetm alle Holzarten,
sowohl Laub- als Nadelholz zu befallen, und zwar vorwiegend frische
stärkere Stöcke, doch auch gefällte Stämme und sogar auch anbrüchige
stehende Stämme.
Forstliche Bedeutung. — Würde die Larve, wie vielfach angenommen,
nur in Stöcken leben, so hätten wir es mit einem forstlich indifferenten oder
sogar (durch die Beschleunigung der Zersetzung des Holzes) mit einem forstnütz-
lichen Tier zu tun. Jene Annahme ist aber durchaus nicht richtig; sondern der
Käfer befällt auch gefällte und anbrüchige stehende Stg^mme, besonders Eichen
und Buchen, wodurch er zu einem technischen Forstschädling und zwar
mitunter zu einem recht unangenehmen wird (Baudisch 1905, Strohmeyer
1909). 1907 war der Befall auf den Sägewerken in Reichshofen und Barr
(Elsaß) so stark, daß die Besitzer die Revierverwalter darauf aufmerksam machten
und um Feststellung des Schädlings ersuchten. Die Stämme waren durch den
Fraß vielfach sowohl zu Brettware als auch zu Schwellen und Holzschuhen völlig
unbrauchbar geworden (Strohmeyer). Auch Eckstein (191 6) bildet stark be-
fallene Buchenstämme ab und ich selbst hatte 1920 Gelegenheit, in dem großen
Windwurfgebiet bei Schliersee geworfene Buchenstämme zu sehen, die von oben
bis unten aufs dichteste besetzt waren. Aus frühereu Zeiten liegt nur eine Mit-
teilung vor über befallenes Eichenstammholz, welches aus Polen nach Paris
importiert war, um als Parkettholz Verwendung zu finden (Strohmeyer 1907).
Wenn man bisher in forstlichen Kreisen auf den Befall von Stämmen nicht
aufmerksam geworden, so beruht dies nach Strohmeyer wohl darauf, daß die
Bohrmehlmengen am Anfang so gering sind, daß sie mit der Lupe gesucht
werden müssen, und daß später, wenn die Mehlmengen auffallend werden, die
Stämme meist schon aus dem Walde abgefahren und dem Auge des Forst-
manns entrückt sind.
Gegenmittel gegen diesen sehr polyphagen technischen Schädling werden
schwer anzuwenden sein. Strohmeyer empfiehlt neben rascher Abfuhr der
Stämme vor der Flugzeit auch gegen die mit Brut besetzten Stöcke vor-
zugehen und diese im Herbste zu zerstören, die frischen aber zur Anlockung
der schwärmenden Käfer intakt zu lassen.
Familiengruppe Malacodermata.
175
Gattung Lymexylon F.
'^' 'J'ii Die einzige Art, L. navale L. („Schiffswerftkäfer") (Abb. 80 a) ist im mämilichen Ge-
schlecht durch den großen geweihartigen Fortsatz des 3. Mittelkiefertastergliedes (Abb. 80c) aus-
gezeichnet. Kopf schwarz, Halsschild rotgelb, beim (^ oft mit einigen dunkleren Flecken,
Flügeldecken schwarz, die vordere Hälfte längs der Naht braungelb ; beim 5 oft nur die Spitze
schwarz., Länge 7 — 13 mm.
Die Larve ist der Hylecoetus -l.a.x\^ ähnlich, und wie diese mit kapuzenartiger Vorder-
brust, doch leicht von ihr zu unterscheiden durch das letzte Hinterleibssegment, das nicht in
einen langen zugespitzten, sondern in einen kurzen
zylindrischen nach oben aufgetriebenen Fortsatz
endet (Abb. 83).
Diegeographische Verbreitung von navale
scheint sehr groß zu sein und sich über ganz Europa
zu erstrecken. Als Fraßpflanze kommt fast aus-
schließlich die Eiche in Betracht.
Über die Lebensweise ist noch sehr wenig bekannt. Die einzigen zu-
verlässigen Angaben stammen von Ratzeburg (F. 42): Die Flugzeit ist später
als bei HyUcoeius^ ihr Höhepunkt etwa im Juni. Die Käfer fliegen besonders
nachmittags bei größter Hitze : sie sind dann äußerst beweglich und lebhaft und
sehr schwer zu fangen. Am liebsten setzen sie sich wieder an die Stämme, aus
denen sie ausgekrochen sind, doch findet man sie auch an benachbarten Hölzern
Zäunen und Mauern usw.
Das $ legt mit seiner langen Legeröhre die Eier in Ritzen und Spalten
des von Rinde entblößten Holzes, mitunter wohl auch in die schon vorhandenen
Abb. 83.
Larve von Lymexyon navale L.
(ohne Schwanzstachelj. — N.
Abb. 84. Larvengänge von Lymexylon navale L. Etwas veigr.
Jriginal.
Bohrlöcher anderer Käfer. Es werden fast ausschließlich Eichen befallen —
nur einmal fand von Hey den ?? beim Versuch, Eier an einen Nußbaum zu
legen — und zwar sowohl Stöcke als gefällte Stämme als auch anbrüchige
rindenlose Stellen alter, stehender Bäume. Bei Colditz (Sachsen) fand ich
eine alte absterbende Eiche dicht mit Larven besetzt.
Die Larvengänge verlaufen im Holze ähnlich wie jene von Hylecoetus;
auflallend sind die längeren oder kürzeren kerzengerade verlaufenden Gang-
fragmente, die wie mit einem Lineal gezogen erscheinen (Abb. 84). Ein
wesentlicher Unterschied der Lymexyloii-G^w^t von den Hylecoeius-Q'-Äx\%t,xi besteht
darin, daß bei den ersteren das Bohrmehl nicht herausgeschafft wird und
176 Coleoptera. — 4, Familienreihe: Diversicornia.
daher die Gänge dicht von ihm erfüllt sind. Dementsprechend fehlt der Larve
von L. navale auch der speziell dem Hinausschaffen des Bohrmehls dienende
lange Schwanzstachel, wie wir ihn bei Hylecoelus kennen gelernt haben. — Auch
weisen hier die Gangwände keine Pilzvegetation auf und so dürfen wir wohl
annehmen, daß der Werftkäfer vom Holz selbst sich ernährt. Genaue Unter-
suchungen darüber fehlen allerdings noch, ebenso wie wir über die Generations-
dauer noch nichts Bestimmtes wissen. Ein eingehendes Studium dieses Käfers
wäre daher sehr wünschenswert.
Die forstliche Bedeutung besteht wie bei Hylecoetus lediglich in dem
Larvenfraß und macht sich ausschließlich in einer technischen Schädigung
geltend.
Die erste Mitteilung über große Schäden finden wir in J.innes „Reise durch West-
gothland im Jahre 174b". Linne besuchte die Schifisbauerei am Meerbusen in Gotenburg, wo
eine große Menge Eichenholz zum Schiffsbau aufgestapelt lag. Er erzählt, wie ihm als Ge-
lieimnis berichtet wurde, daß das Schiffsholz von Würmern sehr zerfressen wäre, die dadurch
einen großen Schaden angerichtet hätten. Linne wurde nun neugierig, was das für ein
Wurm sem könnte und bat einen Schiffsbaumeister, nur „an einem einzigen Stamme Versuche
zur Erforschung der Geschichte und Eigenschaften der Würmer anstellen zu können". Dieses
Ansinnen wurde ihm zuerst rundweg abgeschlagen und selbst das „Promotorial'' Linnes machte
keinen Eindruck. Schließlich wurde es ihm aber doch noch ermöglicht, das Tier zu studieren.
Er beschreibt in seinem Reisewerk die Larve, Puppe und Imago des Käfers und gibt auch
einige höchst primitive Abbildungen. Die Tiere kommen „hauptsächlich an Eiche vor, welche
der Schöpfer dieser Familie zur Speise verordnet hat". Die Larve soll sich von dem zer-
fressenen Holze nähren. Da sie sehr häufig vorkommt, macht sie „jährlich für viele looo Taler
Schaden".
Später sind, wenigstens in der entomologischen und forstlichen Literatur, keine größeren
Schäden von Schiflswerlten mehr gemeldet worden. Ratzeburgs Anfragen in dieser Hmsicht
in Holland, Petersburg und London hatten gar keinen Erfolg \V . 43). Nitsche berichtet,
daß in Pola größere Verwüstungen vorgekommen sein sollten, doch seien authentische Dar-
stellungen darübei nicht bekannt geworden. Die Bedeutung des navale als Schiffswerft-
käfer mußte natürlich auch in dem Maße abnehmen als bei den Schiffsbauten das Eichenholz
durch Stahl ersetzt wurde. Doch kann das Insekt natürlich überall, wo Eichen lagern, Schaden
anstiften. Rat/.eburg hat ,,auf einem Bauplatz an außerordentlich starken, schon längst be-
hauenen Eichenstämmen einen Flug erlebt, der einem wohl einen Begrifi von der möglichen
Schädlichkeit verschaffen konnte"; zählte er doch an manchen Stellen auf den Quadratfuß
100 und mehr diesjährige Fluglöcher. Auch m dem von mir beobachteten Fall in Colditz
(s. oben) war das Holz so dicht von I^arvengängen durchzogen, daß es technisch gänzlich un-
brauchbar geworden war.
Da der Werftkäfer sich auf Lagerplätzen stark vermehren kann, so ist als
Vorbeugung bei seinem Auftreten darauf zu achten, daß alle befallenen Stämme
entfernt resp. schleunigst aufgearbeitet werden, um dadurch die Quelle zu Neu-
infektionen auszuschalten.
Literatur über Malacodermata.
Altum, 1892, Zerstörung von Eichenmaitrieben. — In: Z. f. F. n.J., S. 249.
Baudisch, 1805, Entomologisches. — In: Ztbl. f. d. g. F. (Über Hylecoetus derinestoides.)
Eckstein, K., 191b, Zerstörung des Holzes durch Landtiere. — In: Handbuch der Holz-
konservierung. Berhn, Springer. S. 155 — 15".
Girmer, Fr., 1912, l Untersuchungen über den Bau und die Lebensweise der Lymexyloniden,
speziell des Hylecoetus dermestoides L. — In: Zeit. wiss. Zool., Bd. loi, S. b83ff.
2 Tafeln und 31 Textfiguren. (Mit ausführlichem Literaturverzeichnis.)
Moll, Fr., 1912, Die Zerstörung des Bauholzes durch Tiere und der Schutz dagegen. — In:
N. Z. f. L. u. F , 10. Jahrg., S. 487 ff.
Neger, F., 1909, Ambrosiapilze. 2. Mitteilung. — In: Ber. der Deutsch. Bot. Ges., Heft 7.
Pfeil, 1859, Bemerkungen zur Gattung Hylecoetus Latr. — In: Stett. ent, Zeit.
Saalas, 1917, Die Fichtenkäfer Finnlands. Helsingfors. S 57.
Familiengruppe Teredilia. I^y
Strohmeyer, 1907, Über die Lebensweise und Schädlichkeit von Hylecoetus dermestoides L. —
In: N. Z. f. L. u. F., S. 513 — 523. 2 Tafeln und 2 Abb.
Urban, C, 1914, Zur Naturgeschichte des Mal acfiius bipushdatus L. — In: Entom. Mitteil.,
Bd. III, N. I (refer. in: Z. f. a. Ent., Bd. I, S. 330).
Familiengruppe Teredilia.
Flügeidecken mehr oder weniger hart. Hinterhüften im Gegensatz zu den Malacodermata
nicht zapfenförmig vorspringend und mehr oder weniger weit voneinander getrennt.
Für uns kommen nur zwei Famihen in Betracht:
Cleridae: Tarsen mehr oder weniger herzförmig und auf der Unterseite mit einem großen
lappenförmigen Anhang versehen. Kopf geneigt und nicht zurückziehbar; Scheitel stets
von oben gut sichtbar. Meist bunt oder metallisch gefärbt. Imagines und Larven leben
räuberisch von anderen Insekten, daher forstlich nützlich.
Änobiidae: Tarsen ohne häutigen Anhang. Kopf nach unten gerichtet, mehr oder weniger in
den Halsschild zurückziehbar, von oben gewöhnlich nicht oder nur sehr wenig sichtbar.
Meist dunkelbraun oder schwärzlich gefärbt. Leben in lebenden und toten Pflanzen und
können besonders im Holz recht schädlich werden.
Familie Cleridae.
Die uns interessierenden Gattungen lassen sich folgendermaßen unterscheiden:
1. Halsschild an den Seiten verrundet, ohne Randkante und ohne Randlinie
(Unterfamilie Clerinae) 2 '
— Halsschild mit gekanteten oder gerandeten Seitenrändern. Kleinere Arten,
metallisch blau, einfarbig oder mit rotem Halsschild, (Unterfamilie
Corynetinae). Für uns kommt nur eine Gattung in Betracht (Abb. 88). Corynetes Hbst.
2. Hintertarsen deutlich 5 gliederig, das i. Glied groß, das 4. wohl ausgebildet.
Halsschildbasis fein gerandet, vor derselben ohne strichförmig vertiefte
Querfurche Tillus Oliv.
— Hintertarsen scheinbar 4- oder 3 gliederig, indem das i. Glied sehr klein und
vom 2. bedeckt ist. Halsschild an der Basis mit einer tiefen, am Grunde
strichförmig geglätteten Quet furche 3
3. Körper sehr lang und schmal, Flügeldecken nach hinten deutlich verbreitert,
braun oder schwarzbraun, selten einfarbig, meist mit einigen blassen Binden
(Abb. 87) Opilo Ltr.
— Körper weniger gestreckt, Flügeldecken nicht oder nur wenig nach hinten
verbreitert, schwarz oder metallisch, meist mit roten und oft auch noch
mit weißen Binden 4
4. Fühler allmählich verdickt, Flügeldecken schwarz mit roten und weißen Quer-
binden. Borkenkäferfresser Clerus Geofir.
— Fühler mit deutlicher Keule, Flügeldecken metallisch blau oder grün mit roten
Querbinden Trichodes Hbst.
Lebensweise und forstliche Bedeutung der einzelnen Arten.
Die Cleriden können wir insgesamt zu den Freunden des Forst-
mannes zählen, da sie großenteils sowohl als Larven als auch Imagines von holz-
zerstörenden Insekten, wie Borkenkäfern, Rüsselkäfern, Anobien, Sirexlarven usw.
sich nähren.
Gattung Clerus Geoffr.
Die bekannteste und verbreitetste Art ist :
fj^&.'-i Clerus (Thanasimus) formicarius L. (Ameisenkäfer).
An seiner Zeichnung (Abb. 85 A) ohne weiteres kenntlich: Die ganze Unterseite und der
Halsschild mit Ausnahme des vorderen schwarzen Randes rot. Kopf, Beine und Flügeldecken
schwarz, letztere mit roter Basis und außerdem mit einer weißlichen, stark gebuchteten Quer-
binde vor und einer ebensolchen, aber mehr gerade verlaufenden Querbinde weit hinter der
Mitte. Länge 7- — 10 mm.
Escherich, Forstinsekten. U. Bd. 12
178
Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
Die Larve rosarot mit horizontal vorgestrecktem Kopf und stark chitinisierter Voriier-
brust; auf den beiden übrigen Brustringen je zwei Chitinschilder, und auf dem Endsegment ein
einfaches Hornschild mit 2 aufwärts stehenden Höckern (Abb. 85 B). —
Obwohl der Käfer allgemein bekannt und überall in den Wäldern an-
zutreffen ist, obwohl seine Bedeutung als Borkenkäferfeind ihm hohes praktisches
Interesse verleiht, ist doch seine Lebensweise bis jetzt noch wenig aufgeklärt.
Wohl finden sich allenthalben verstreute Bemerkungen über ihn; doch nur wenige
Forscher haben sich eingehender mit ihm beschäftigt, wie Fleischer (1877), ferner
der Amerikaner Hopkins (der den Clerus zum Zwecke der biologischen Bekämpfung
in Amerika einbürgern wollte) und neuerdings Fr. Eckstein (1921), der unsere
Kenntnisse, besonders bezüglich der Fortpflanzungsverhältnisse, in mehreren Punkten
erweiterte.
Den Käfer findet man vom Frühjahr bis zum Herbst auf Stämmen, ge-
fällten wie stehenden, lebhaft umherlaufend oder in Ruhestellung verweilend, an
Abb. 85. Clerus formicarius L. A Imago, B Larve
(4V2X)- — Original.
Abb. 86. Clerus formicarius L.
beim Verzehren eines Borkenkäfers.
Nach Hopkins.
der Rinde angepreßt. In letzterer Stellung ist er trotz seiner auffallenden Färbung
nicht leicht zu sehen, da die Lichtreflexe auf der Rinde ähnliche Farbentöne
hervorrufen wie sie dem Käfer eigen sind. Bei Annäherung verschwindet er
blitzschnell, meist schief über den Stamm laufend, um sich dann rasch zu Boden
fallen zu lassen.
Er sucht auf den Stämmen seine Beute, die hauptsächlich in Borken-
käfern aller Art besteht. Fliegt ein Borkenkäfer an, so stürzt er sich außer-
ordentlich schnell auf ihn, packt ihn mit den Mandibeln, hebt ihn hoch und faßt
ihn dann mit den Vorder- und Mittelbeinen, um so den glatten walzenförmigen
Körper des Borkenkäfers ganz in seine Gewalt zu bekommen (Abb. 86). Dabei leisten
ihm die breiten Sohlen ausgezeichnete Dienste, so daß es nur selten vorkommt, daß
Gattung Clerus Geoffr. lyg
die einmal ergriffene Beute wieder entwischt. Mit wenigen Schnitten wird nun
der Thorax des Borkenkäfers fast ganz vom Abdomen getrennt, so daß er nach
rückwärts umklappt. Dann wird der Inhalt des Käfers, soweit erreichbar, aus-
gefressen, so daß schließlich nur die Flügel und kümmerliche Reste übrig bleiben.
Eingezwingerte Käfer verzehrten (bei Eckstein) täglich ca. 2 Borkenkäfer, doch
wird er wohl im Freien eine größere Zahl vertilgen. ^)
Die Begattung, die mehrere Stunden dauern kann, findet in der Weise
statt, daß das Männchen das Weibchen von hinten und obenher umklammert. Die
Eiablage erfolgt kurze Zeit nach der Begattung. Das Weibchen schiebt die
kleinen 1.8 mm langen und 0,5 mm breiten, kümmeiförmig gekrümmten Eier in
Gelegen bis zu 4 Stück unter die Rindenschuppen. Im ganzen scheinen nicht
mehr als 20 — 30 Eier abgelegt zu werden. Die Eiablage zieht sich über mehrere
Wochen hin.
Nach etwa 7 Tagen schlüpft aus dem Ei die kleine Larve aus, die sich
von der erwachsenen durch eine auffallend starke Beborstung unterscheidet. Be-
sonders finden sich um das gegabelte chitinige Hinterende lange starke Borsten.
Die jungen eben ausgeschlüpften Larven suchen sich stets von helleren nach
dunkleren Stellen zu bewegen, so gelangen sie draußen auch bald durch die
Spalten und Ritzen der Rinde an die Stellen, an denen sie am häufigsten ge-
funden werden, in die Borkenkäfergänge. Zunächst nähren sich die kleinen
Larven von allerhand Detritus, Wurmmehlkrümel usw.; sie greifen lebende ge-
sunde Borkenkäferlarven noch nicht an, dagegen fressen sie schon an verletzten.
Bei den folgenden Stadien der Clerus-Larve wird die Beborstung allmählich
reduziert, der Chitinhacken am Hinterende, der hauptsächlich lokomotorische
Funktion hat und vor allem zur Rückwärtsbewegung verwendet wird, immer mehr
ausgebildet. Vom 2. Stadium an sieht man die Clerus -Larven bereits oft an
toten bräunlich verfärbten Borkenkäferlarven fressen. Erst die folgenden Stadien
wagen sich auch an die lebenden. Dann werden aber auch andere Larven
(Nitiduliden usw.) angepackt. Selbst kleine Exemplare der eigenen Art sind ihren
Nachstellungen ausgesetzt. Andererseits konnte Eckstein beobachten, daß um-
gekehrt auch Clerus -Larven von Nitiduliden - Larven angefallen und aufgefressen
wurden. Die Zahl der von den älteren Cleius- Larven verzehrten Borkenkäfer-
larven ist ziemlich groß. Übrigens ist auch die ältere Larve nicht unbedingt auf
Fleischkost angewiesen, sondern kann sogar wochenlang von Bohrmehl usw. sich
nähren.
Das Wachstum der Larve ist ein verhältnismäßig recht langsames ; sie ver-
puppt sich im allgemeinen im Herbst, indem sie nach den Angaben von Perris
den Hohlraum, in dem sie sich befindet, mit einer schleimigen Masse auskleidet
und so sich eine Art Puppenwiege herstellt.
Der zeitlich ausgedehnten Eiablage entsprechend finden sich überwinternde
erwachsene Larven, Puppen und Imagines. — Wir dürfen wohl eine einjährige
Entwicklungszeit annehmen. Die Eier werden zur Zeit des Schwärmens der
1) A. Krausse (1922) sah einen Clerus innerhalb 2 Minuten 2 Waldgärtner zerfleischen.
jgo Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicomia.
Borkenkäfer abgelegt, also von März bis Mai, die Verpuppung findet im September
bis Oktober statt, aus der Puppe geht im nächsten Frühjahr der Käfer hervor.
Witterungsein flüsse und Nahrungsverhältnisse werden zweifellos die Daten be-
deutend verlängern oder verkürzen können.
Die forstliche Bedeutung ist zweifellos nicht gering anzuschlagen.
Die Imagines vertilgen fortwährend eine große Menge an- und ausfliegender
fortpflanzungsbereiter Borkenkäfer, während die Larven Verwüstungen unter deren
Brut anrichten. Daß dieselben großen Umfang annehmen können, kann man
bei jeder größeren Borkenkäferkalamität beobachten. Kleine fand in einem
Rindenstück von 30x40 cm nicht weniger als 43 Cierus - Larven, die die dort
befindliche Borkenkäferbrut fast völlig vernichtet hatten, und viele andere Autoren
berichten ähnliches. Doch ist das Erscheinen des Cierus sehr unregelmäßig,
indem an manchen Orten sehr wenig, an anderen wieder sehr viele sich ein-
stellen; ja an einem und demselben Ort kann man stammweise große Unter-
schiede feststellen (in manchen Stämmen völliges Fehlen, in anderen dicht daneben
Vorkommen in großen Mengen). Jedenfalls darf der Praktiker vom Cierus allein
sich nicht etwa die Beendigung der Kalamität erhoffen und im Hinblick auf
solche Erwartungen die Hände in den Schoß legen, i)
Außer dem hier besprochenen Cierus formicarius L. kommt in Europa noch eine etwas
kleinere Art (von 6—8 mm) vor: Cierus (Thanasimus) rufipes Brahm. Dieser läßt sich am
leichtesten daran erkennen, daß auf der Unterseite Mittel- und Hinterbrust schwarz und die
Beme mehr oder weniger hell getärbt sind.
In der Lebensweise dürfte rufipes mit formicarius übereinstimmen, mit dem er auch
zusammen gefunden wird. —
Die dritte europäische Art, Cierus mutillarius F., die wesentlich größer (11 — 15 mm)
imd durch den schwarzen Halsschild ohne weiteres zu erkennen ist, kommt bei uns gewöhnlich
nur selten vor.
Gattung Opilo Latr.
Schmälere, nach hinten etwas verbreiterte Tiere von meist brauner Färbung. Die
häufigsten Arten sind :
,Y,3 0. domesticus L. (Abb. 87). Braun, ein großer Schulterfleck, eine Apikalmakel und eine breite
Querbinde in der Mitte heller bräunlichgelb. Punktreihen auf den Flügeldecken bis zur
Apikalmakel reichend. 7 — 12 mm.
,, O. niolhs L. Braunschwarz, eine lange schräge Schultermakel, ein Apikaifleck und eine
Querbinde in der Mitte blaß braungelb. Punktreihen auf den Flügeldecken hinter der
Mitte erlöschend. 9—13 mm.
Die Larve von Ojt>«7o ist der von Cierus ähnlich (Abb. 87 B u. C), läßt sich aber an
der anders geformten Endgabel des Hinterleibs (Abb. 85 B u. 87 B) leicht unterscheiden.
Opilo domesticus L. (Abb. 87) lebt nach Kemner (1915) hauptsächlich von
Anobien (Anobium sitiatum)^ wobei er sehr raubgierig ist und mitunter 5 Käfer
binnen einer halben Stunde verschlingt. Opilo mollis L. lebt als Larve unter der
Rinde von allen möglichen abgestorbenen Laub- und Nadelhölzern vom Fraß
^) Es ist dabei zu berücksichtigen, daß die Borkenkäfer sekundäre Schädlinge sind,
deren Vermehrungsgrad in erster Linie von der Menge des vorhandenen Brutmaterials bestimmt
•wird. Würde es möglich sein, sämtliche Cierus aus dem Walde zu entfernen, so würde es
trotzdem nicht zu einer Übervermehrung der Borkenkäfer kommen, wenn der Wirtschafter nur
dafür sorgt, daß alles kränkliche Baummaterial entfernt wird. Das Unternehmen von Hopkins,
durch Einführung unseres Cierus in Amerika die dortigen fürchterlichen Borkenkäferkalamitäten zu
bekämpfen, ist ohne Erfolg geblieben.
Gattung Tillus. — Gattung Corynetes. jgj
der dort hausenden Larven der verschiedenen Borken-, Rüsselkäfer usw. Nach
Ratzeburg (F. 36) wurden auch ausgebildete Käfer mehrfach unter Rinde ge-
funden und zwar in den Puppenwiegen von Pissodes harzyniae Hrbst. und notatus F.
Da die Pissodes - Puppen aufgefressen waren, so liegt die Vermutung nahe,
daß die Opilo die Vertilger derselben waren.
Abb.
Opilo domesticus L. A Imago, B Larve, C Larve mit Bohrmehl bedeckt.
Nach Kemner.
Gattung Tillus Oliv.
Von ähnlicher Gestalt wie die Opilo-Atien^ doch schon an der schwarzen Färbung der
Flügeldecken leicht zu erkennen. Die einzige hier zu nennende Art ist
T. elongatus L. Schwarz, Halsschild beim 9 r^Jt- 6 — 9 mm lang.
Die weißliche Larve hat den i. Brustring rot, der 2. trägt vorne eine hufeisenförmige
braune Zeichnung, der 3. vorne zwei elliptische braune Flecken und seitlich eine braune Binde,
die Hinterleibssegmente sind braun gefleckt.
Sie nährt sich hauptsächlich
von den Larven von Anobium, Pogono-
chaerus (Bockkäfer), Anthaxia (Pracht-
käfer) usw. Kemner (1915) er- « - /^
wähnt T. elongatus als besonderen
Feind von Ptilinus pectinicornis L. "^I^ "'"^"lät^T^ J. l^'r^tt^l
Gattung Corynetes Hrbst.
Kleine Arten von ^'/j— 6 mm Länge
y,-9A,v(Abb. 88), einfarbig blau (Corynetes coeru-
'■'"' leus Deg.) oder mit rotem Halsschild, roter
Flügeldeckenbasis und roten Beinen (C.
[Necrobia] rußcollis F.).
Die beiden Arten leben sowohl
als Larve wie auch als Käfer von
allen mögUchen Insektenlarven,
Fliegen-, Pelz-, Speckkäfer- und A B
Anobien- Larven, Kleidermotten- ^bb. 88. Corynetes coeruleus Deg. A Imago,
raupen usw.; außerdem findet man B Larve. (7 x) — Original.
Coleoptera.
Familienreihe: Diversicorni;i
sie auch in zoologischen Sammlungen an trockenen Tierhäuten, alten Knochen
(besonders in Leimfabriken), an Rauchfleisch^ Speck usw. Kemner (1915) fand
die Larven von C. coeruleus in den Gängen von Anobium striatum, von dessen
Larven sie sich nähren. Ratzeburg (F. 37) berichtet von der gleichen Art: „Im
Frühjahr beobachtete Suffrian, wie der Käfer an einigen Pappelbäumen sich zu
Tausenden eingefunden hatte. Er saß nicht nur in den Astwinkeln, sondern
auch in den Ritzen der Rinde, und lief, sobald die Sonne zu scheinen anfing,
am Stamme mit großer Geschwindigkeit auf und ab, als wenn er Nahrung
suchte. Bald kamen einige mit Ameisen im Maule an und einmal auch einer mit
einem Blattkäfer (Chrysomela fastuosa). Der Käfer ist daher zu schonen und
nicht zu verwechseln mit blauen Chrysomelen oder Rüsselkäfern."
Gattung Trichodes Hrbst,
Die schönen, rot und blau oder grün gefärbten, ziemlich großen Käfer (Abb. 89),
von denen ich als den häufigsten 7r, apiarius L. („Bienenwolf") nenne, leben wie
alle Cleriden räuberisch von anderen In-
sekten. Man findet die Imagines haupt-
sächlich auf Blumen (Kompositen usw.), wo
sie Jagd auf andere dort sich einfindende
kleine Insekten machen.
Die rosenrote Larve besitzt auf dem
Pronotum eine große Hornplatte, auf dem
Meso- und Metanotum jederseits der Mitte
eine kleinere Hornplatte. Endsegment stark
verhornt und gegabelt.
Die Larven nähren sich haupt-
sächlich von den Larven und Nymphen
der verschiedenen Bienen (Osmia, Megachile^
Anthophora usw ). Außerdem fand man sie
auch in den Gängen der äV'ijji:- Larven, denen
sie nachstellen, und Perris fand sie unter
der Rinde einer jungen von Borkenkäfern besetzten Fichte (Escherich 1893).
So können wir also auch Trichodes zu den forstnützlichen Insekten rechnen. —
Andererseits kann die Larve auch schädlich werden, indem sie oft in Bienen-
stöcke eindringt (daher der Name „Bienenwolf"). Doch kommen sie gewöhnlich
nur in unsauberen Beuten vor, wo sie sich auf den Bodenbrettern aufhalten
und sich von abfallenden Bienen, Larven und Puppen nähren (Zander 191 1).
Abb. 89. Trichodes apiarius L. („Bienen
wolf"). Imago. — Original.
Familie Anobiidae.
Die Anobien sind im Gegensatz zu den Cleriden meist unscheinbare, kleine, dunkel
gefärbte Tiere, die in ihrem Habitus vielfach an Borkenkäfer erinnern, von denen sie aber an
der abweichenden Fühlerbiidung ohne weiteres zu unterscheiden sind (die Borkenkäfer haben
gekniete und gekeulte Fühler). — Die Larven (Abb. 90) sind weißlich, weichhäutig, mit Quer-
wülsten auf dem Rücken der Segmente, fein behaart, bauchwärts gekrümmt, mit gut chitini-
siertem Kopf, der bedeutend schmäler ist als die stark aufgetriebenen Brustsegmente, und mit
gut entwickelten Beinen, durch deren Vorhandensein sie sich leicht von den sonst habituell
recht ähnlichen Borkenkäferlarven unterscheiden lassen.
In der Lebensweise stimmen die meisten Anobien darin überein, daß
sie im Pflanzengewebe, lebenden oder toten, sich entwickeln, in der Borke
oder im Markkanal, in Zapfen, in verarbeitetem Holze usw. Auch die Ver-
Anobiidae. — Systematische Übersicht.
183
puppung findet hier statt. Die Imagines fressen sich durch ein rundes Ausflug-
loch nach außen durch, wo sie die Kopula vollziehen (einige Arten scheinen auch
im Holze an der Stätte der Geburt sich zu begatten). — Manche Arten haben
die Gewohnheit, durch Aufschlagen mit dem Kopf auf Holz oder ähnliche feste
Unterlagen klopfende Töne zu erzeugen, die an das Ticken einer Uhr er-
innern und die den Tieren den volks-
tümlichen Namen „Totenuhr" ein-
gebracht haben. Eine weitere Eigen-
tümlichkeit vieler Anobien besteht darin,
daß sie bei Beunruhigungen die Beine
anziehen und sich mit größter Hart-
näckigkeit tot stellen („Trotzkopf").
Die Generation scheint i — 2 jährig
zu sein.
In waldhygienischer Be-
ziehung kommt den Anobien keine
allzugroße Bedeutung zu, da ihre physiologischen Schädigunge n meist
in engen Grenzen bleiben. Um so schlimmer aber können sie technisch
schädigen, indem sie in verarbeiteten Hölzern große Zerstörungen bis zur
völligen Vernichtung anrichten können, besonders da viele Generationen sich in
ein und demselben Objekt abspielen können.
Als natürliche Feinde kommen eine ganze Reihe von Parasiten und
Raubinsekten in Betracht, die unten (S, 192) noch im einzelnen angeführt werden.
Abb. 90. Anobien -Larve (Holzwurm).
Nach Kemner.
Systematische Übersicht.
Die Gattungen.
Forstlich kommen hauptsächlich folgende Gattungen in Betracht:
1. Tarsen 4 gliederig oder undeutUch 5gliedeng, im letzteren Fall das i. Glied
rudimentär und schwer sichtbar. Hinterhüften stark genähert, ohne Schenkel-
decken. Kopf kapuzenartig vom Halsschild überdeckt, letzterer vorne ge-
kerbt oder gezähnelt. Flügeldecken oft mit gezähntem Absturz (ähnlich
wie bei den Borkenkäfern) {Äpatinae) Apate F.i)'(s. 1.)
— Tarsen 5 gliederig, Hinterhüften mit schmalen, aber deutlichen Scheokeldecken 2
2. Fühler fadenförmig oder schwach gesägt, mit 3 mehr oder weniger verlängerten
Endgliedern. Halsschild oft mit Höckern auf der Scheibe. (Anobimae).
Anobium F. (s. 1.)
— Fühler beim ^ stark gesägt, beim J vom 3. Glied an mit langen astförmigen
Fortsätzen besetzt (Abb. 91 E). Halsschild stets ohne Höcker. Oberseite
staubartig fein behaart. [Xyletmae) Ptilinus GeofFr.
Die Arten.
Gattung Apate F. (s. l.)
Wir nennen hier nur zwei Arten :
I. Abfall der Flügeldecken einfach gewölbt, ohne vertiefte Furche. Halsschild
bis zur Basis körnig gehöckert. Körper gestreckt zylindrisch. Kopf, Brust
') Entspricht etwa der Familie Bostri/chidae (von Bostrychus Geoffr., nee Fabr.) bei
jg^ Coleoptera. — 4. Familienreihe: Di
•ersicornia.
und Beine schwarz, Bauch und Flügeldecken scharlachrot (selten auch die
Flügeldecken schwarz). Oberseite kahl. 8-^14 mm capuxina L.
— Flügeldeckenabsturz gehöckert. Körper kurz zylindrisch, Oberseite behaart.
Schwarzbraun, Flügeldecken heller kastanienbraun. Fühler rostrot 6 — 7^/2mm.
perforans Schrank. (= bispinosa Oliv.)
Gattung Anobium F. (s. I.).
1. Flügeldecken mit scharf eingestochenen und gut begrenzten Punktstreifen.
Fühler kurz, die Basis des Halsschildes nur wenig überragend. (Unter-
gattung Anobium s. str.) 2
— Flügeldecken ohne deutliche Punktstreifen. Fühler länger, oft die Mitte des
Körpers weit überragend 4
Untergattung Anobiuni F. s. str.
2. Der Höcker des Halsschildes vorn eingedrückt, oder durch ein Grübchen ge-
teilt (Abb. 91 A) -. 3
— Der Halsschild- Höcker einfach, in der Mitte nicht eingedrückt. Basis des
Halsschildes fein gerandet. Oberseite fein und dicht deutlich seidenartig
behaart. Augen sehr groß. Kleine Art. 3—4 mm (Abb. 91 B) . . striatum Oliv,
3. Halsschild an der Basis am breitesten, in den Hinterwinkeln mit einem gelb-
lichen Tomentflecken. Scheibe vor dem Schildchen mit einem sehr flachen
Kiel. Größere Art. 4'/2 — 5 mm (Abb. 91 A) pertinax "L.
— Halsschild an der Basis eingeengt, schmäler als in der Mitte, und viel schmäler
als die Basis der Flügeldecken. Braun, fein behaart, Höcker des Hals-
schildes durch einen breiten Eindruck geteilt, ^^j^ mm : . . . . emarginatum Dft.
4. Oberseite einfach fein anliegend behaart. Rostrot oder rostbraun, selten
schwärzlich braun. Fühler sehr lang. (Untergattung Ernobiiis Thoms?) . 5
— Oberseite aufrecht behaart, oder wenn anliegend, so die Behaarung fleckig
gestellt. Fühler weniger lang. (Untergattung Xestobium Motsch.) ... 11
Untergattung Ernobius Thoms.
5. Fühlerglied 2 — 8 kurz, 9— 11 sehr lang, die letzteren drei doppelt so lang als
2 — 8 zusammen; Glied 9 allein fast so lang wie 2 — 8 zusammen ... 6
— Fühlerglieder 2 — 8 länger, fast alle mehr oder weniger länger als breit, die
drei letzten Endglieder kaum länger als Glied 2 — 8 zusammen, Glied 9
höchstens so lang als Glied 7 und 8 zusammen 7
6. Die drei langen Endglieder der Fühler deutlich breiter als die vorhergehenden
kurzen Glieder 2-8. Halsschild fast so breit als die Flügeldecken, diese
ungefähr doppelt so lang als zusammen breit. Flügeldecken pechbraun,
Fühler und Beine fast stets schwarz. Halsschild kurz, vorn verengt, mit
einer kurzen vertieften Mittellinie. 3 — 4 mm nigrimim Strm.
— Die drei äußerst langen und schmalen Fühlerendglieder nicht breiter als die
vorhergehenden Glieder 2 — 8. Halsschild deutlich schmäler als die Flügel-
decken, mit rechtwinkligen Vorderecken. Flügeldecken fast dreimal so lang
als zusammen breit, pechbraun. Fühler und Beine braungelb. Halsschild
kurz, nach vorne verengt, gewölbt und eben. 3 mm longicorne Strm.
7. Basis des Halsschildes berührt nur im mittleren Teil die Basis der Flügel-
decken, da die Seilen hmten stark abgeschrägt sind. Die Seitenränder und
.ein Teil des Hinterrandes stark aufgebogen. Schwarzbraun; Flügeldecken,
vorzüglich an der Spitze, heller; Fühler, Taster, Kniee und Tarsen gelb-
braun. Fühlerglieder 2—8 allmählich an Länge zunehmend. 2^2 — 3 mm.
In Fichtenzapfen angusticolle Ratz.
— Halsschild schließt mit seiner ganzen Breite an die Flügeldecken an .... 8
8. Halsschild schmäler als die Flügeldecken, besonders beim cf. Die drei letzten
Fühlerglieder von den vorhergehenden in ihrer Länge kaum verschieden.
Länglich walzenförmig, hellbräunlich -rot, weich behaart. Fühler des (^ so
lang als der Körper, beim $ etwas kürzer. Halsschild nach vorne wenig
verengt, wenig gewölbt, am Grunde mit drei mehr oder weniger deutlichen
Höckerchen. 2—3 mm abietinum Gyll.
— Halsschild ungefähr so breit als die Flügeldecken 9
9. Halsschild quer viereckig, fast doppelt breiter als lang, mit geraden, parallelen
Seiten und abgerundeten rechtwinkligen Hinterecken, vor dem Schildchen
Anobiidae. — Systematische Übersicht.
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Abb. 91. Verschiedene Anobien, A Anobium pertinax L., ß Anobium striatum Ol., C Anob. (Emobius)
moile L., D Anob. (Xestobium) rufovillosum Dg., E Ptilinus pectinicornis L. — Nach Kemner.
j85 Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicornia.
mit einer kurzen, glänzenden, etwas erhabenen Linie. Oberseite rotbraun,
wenig glänzend, ziemlich kurz gelblich behaart. Unterseite schwärzlich, von
den Fühlern meist nur die letzten Glieder dunkler. 3 — 4 mm. In
Fichtenzapfen abietis F.
— Halsschild mit gerundeten Seiten und stark verrundeten Hinterecken ... 10
10. Körper lang zylindrisch, rotgelb, sehr fein grau behaart. Schildchen mit
einem deutlich von der übrigen Behaarung verschiedenen, weißlichen Filze
bedeckt. Halsschild flach gewölbt, viel breiter als lang, ohne Erhaben-
heiten. Der Vorder- und Hinterrand gebogen, die Seitenränder kurz ab-
gerundet. Basis des Halsschildes kaum schmäler als die Flügeldecken.
3i/^_6'/2 mm (Abb. 91C) molle 1,.
— Körper kürzer und dicker und kleiner. Schildchen nicht heller behaart. Hals-
schild doppelt so breit als lang, der kurze Seitenrand wenig aufgebogen.
Oberseite wenig glänzend, rotbraun. Fühler und Beine heller. 2—3,2 mm pini Strm.
Untergattung Xestobium Motsch.
1 1 . Körper mit ziemlich langer, einfach abstehender Behaarung. Oberseite metallisch
schwarzgrün, glänzend. Fühlerglieder 6 — 8 fast quer. 4 mm . . . plumbeum 111.
— Oberseite braun, mit kleinen aus graugelben Härchen gebildeten Makeln ge-
sprengelt. FühlergUeder 6—8 länglich. 6 — 9 mm. (Abb. 91 D.)
rufovillosum Dg. (= tessellatum F.)
Gattung Ptilinus Geoffr.
Die einzige für uns in Betracht kommende Art ist Pt. pectinicomis L. (Abb. 91 E).
Schmal, braun bis schwarz, fein grau behaart, etwas seidenglänzend. Länge. 3 — 6 mm.
Biologisch-forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
Wir wollen nach dem Vorgang Nitsches die verschiedenen Anobien nach
ihrem biologisch-forstlichen Verhalten in 6 Gruppen einteilen.
1. Die Larven leben in toter Borke alter Stämme.
(Forstlich völlig indifferent, jedoch zur Täuschung mit Borkenkäferbefall Anlaß
gebend.)
Hier ist nur eine Art zu nennen:
Anobium emarginaturn Dft, — Die gänzlich unschädliche Larve bewohnt
oberflächlich die Borke älterer, stärkerer Fichten und frißt hier unregelmäßige,
kurze, mit braunem Bohrmehl gefüllte Gänge. Die Fluglöcher erinnern in Form
und Stärke an die Fluglöcher des Ips typographus und können daher überflüssige
Furcht vor drohender Borkenkäfervermehrung erwecken. In manchen Gegenden
ungemein häufig, so daß man fast an jedem stärkeren Baum die Larve oder
ihre Fraßgänge finden kann.
2. Die Larve entwickelt sich in Nadelholzzapfen.
(Physiologisch schädlich).
Als Zapfenbewohner und -Zerstörer sind mehrere nah verwandte Arten aus
der Untergattung Ernobius zu nennen, und zwar:
Anobium abietis F., longicoüe Strm. und angusticolle Ratz, in Fichtenzapfen,
Anobium abietinum Gyll. in Kiefernzapfen.
Biologisch scheinen alle diese Arten sich ziemlich übereinstimmend zu ver-
halten; doch sind noch eingehendere Beobachtungen erwünscht. Am häufigsten ist:
A. abietis F. Die Zapfen werden noch am Baume mit Eiern belegt, die
Larven dringen in die Zapfen ein, zerstören zunächst die Spindel und gehen
Anobiidae. — Biologisch-forstliches Verhalten der einzelnen Arten. i^y
dann auf die Basis der Schuppen über, i) Die so besetzten Zapfen fallen bald
ab und sind am Harzausfluß kenntlich. 2) Die Verpuppung erfolgt im Zapfen
erst im nächsten Frühjahr. Die Menge, in der in manchen Fichtenrevieren diese
Zapfenzerstörer auftreten können, ist mitunter „wahrhaft großartig" (Altum). Im
Gebirgsrevier Fall (Oberbayern) z. B. konnte ich kaum einen Zapfen vom Boden
auflesen, der nicht im Innern von Larven wimmelte (meist in Gesellschaft von
noch verschiedenen anderen Zapfenbewohnern).
Als Gegenmittel empfiehlt sich Sammeln und Verbrennen der am
Boden liegenden Zapfen im Herbst und Winter.
3. Die Larven fressen die jungen Triebe aus.
(Physiologisch schädlich).
Als Triebzerstörer kommen zwei Arten, ebenfalls der Untergattung Ernobim
angehörig, in Betracht: A. nigrinum Strm. und pini Strm.
A. nigrinum Strm. Befällt Kiefern triebe und zwar sowohl von älteren
Bäumen, als auch in Kulturen. Die Larven fressen den Markkanal aus, in ähn-
licher Weise wie die Imagines der Waldgärtner, so daß die Triebe leicht
abbrechen und beim Sturme abgeworfen werden. Die abgefallenen Triebe er-
innern an Waldgärtner- Abfälle, lassen sich aber leicht von ihnen daran unter-
scheiden, daß bei Anobienbefall in dem ausgefressenen Kanal die Larve, bei
Waldgärtnerbefall die Imago (niemals die Larve) vorhanden ist. Generation
nach Ratzeburg zweijährig. A. nigrinum scheint sekundär zu sein und haupt-
sächlich geschwächte oder kränkelnde Kiefern anzunehmen, während der Wald-
gärtner-Imagofraß völlig primär ist.
Größere Beschädigungen durch jiigrinum sind nur selten beobachtet
worden. Der stärkste Fraß wird von Ratzeburg (W. IL S. 422) erwähnt: es
handelte sich um eine schlechtwüchsige, auch von anderen Insekten stark ange-
griffene Kiefernkultur, in der fast die Hälfte der Pflanzen in ihren Gipfeltrieben
befallen war. Als Gegenmaßnahme empfiehlt sich (in Kulturen) Aus-
schneiden und' Vernichten der befallenen Triebe.
A. pini Strm., die zweite der oben genannten Aiten wird nur einmal in
der forstlichen Literatur erwähnt, nämlich von H artig, der die Art zusammen
mit dem Kieferntriebwickler (1. biioliana) aus jungen Kieferntrieben erzogen hat.
4. Die Larven leben in Ästen und bringen diese zum Absterben.
(Physiologisch schädlich).
Diese Gruppe ist hauptsächlich im südlichen Europa vertreten und zwar
durch verschiedene Arten der Gattung Apate, von denen als die wichtigsten
Apate perforans Schrenk (=^ bispinosa OXw.) und sexdentata Oliv, zu nennen sind.
1) Holste (1922) ist der Ansicht, daß A. abietis auch ein eifriger Zerstörer des
Samens selbst ist, und daß dies namentlich den ganz jungen Larven auf die Rechnung zu
setzen ist. Er fand in den Anobien-Zapfen immer eine erhebliche Anzahl ausgefressener Samen,
deren Beschädigung auf keinen anderen Schädling zurückzuführen war. Die Samen scheinen
besonders an der Flughautseite durchbohrt zu werden. Doch sind die Beschädigungen so un-
regelmäßig, daß sich dabei kaum eine Regel feststellen läßt. Die Larve bohrt sich in den meisten
Fällen quer durch den Samen hindurch; die meist ovalen Löcher sind gewöhnlich mit Bohrmehl
oder Harz verstopft.
^) Nach Holste (1922) trifft dieses Merkmal und auch die oft angegebene stärkere
Krümmung durchaus nicht immer zu. Holste fand zahlreiche Ano bien - Za.p{en, die äußerüch
vollkommen normal und gesund aussahen.
jgg Coleoptera — 4. Familienreihe: Diversicornia.
Apate perforans Schrnk. tritt in Südtirol und Italien besonders schädlich in
den Reben auf und führt daher den Namen „Rebendreher". Außerdem kommt
sie aber auch in Forstpflanzen vor; so wurde sie im Jahre 1855 in den öster-
reichischen Küstenlanden dadurch forstlich schädlich, daß sie sich in die Gipfel-
äste 15 — 30jähriger Eichen einbohrte, wodurch die betreffenden Äste zum Ab-
sterben gebracht wurden. Die Larve scheint ähnlich wie der Buprestide Coraebus
bifasciatus Oliv, den befallenen Ast zum Schluß tief zu ringeln, wodurch das Ab-
sterben beschleunigt wird.
Apate sexdentata Oliv, lebt ebenfalls in Südeuropa, ähnlich wie die vorige
Art, in verschiedenen Pflanzen, in Reben, Feigenbäumen, Steineichen usw. Sie
befällt Äste von wenigstens i — 2 cm im Durchmesser, und zwar vornehmlich
solche, die schon von anderen Insekten befallen sind. Nach Barbey (S. 337)
findet man die genannte Apate am häufigsten in den von Coraebus bifasciatus Oliv,
besetzten resp. zum Abfallen gebrachten Ästen. Die Unterscheidung vom Fraß-
bilde des letzteren ist leicht: man braucht nur auf die Fluglöcher zu achten, die
im Gegensatz zu den querovalen des Coraebus rund sind.
Als Gegenmittel sind bei einer allzustarken Vermehrung die abgefallenen
besetzten Äste zu sammeln und zu verbrennen.
5. Die Larven leben in anbrüchigen Stellen stehender Bäume.
(Physiologisch und technisch schädlich).
Diese Gruppe bildet den Übergang zu der letzten Abteilung der rein tech-
nisch schädlichen Anobien, und es handelt sich zum Teil auch um die gleichen
Arten. Als die häufigsten Vertreter dieser Gruppe seien zwei Arten der Unter-
gattung Xestobium genannt, nämlich:
Anobium (Xestobium) rufovillosum Dg. und plumbeum 111. — Ersteres
kommt meist in Eiche, letzteres in Buche und Birke vor, und zwar in an-
brüchigen, bloßgelegten Stellen, Aststummeln usw. Oft sind die betreffenden
Stellen so dicht besetzt, daß sie siebartig von den Fluglöchern durchlöchert er-
scheinen. Solche Zerstörungen können natürlich zu einer technischen Entwertung
des Holzes beitragen. Außerdem können an solchen Stellen auch Fäulnisprozesse
durch den Fraß gefördert und dadurch die Gesundheit der Bäume beeinflußt
werden. Als Vorbeugungsmittel kann Anteeren der bei der Ausastung ent-
standenen Schnittflächen empfohlen werden.
6. Die Larven leben in geschlagenem und bearbeitetem Holz.
(Nur technisch schädlich).
Die Vertreter dieser Gruppe gehören zu den schlimmsten Holzzer-
störern und sind unter dem Namen „Holzwürmer" allgemein bekannt und ge-
fürchtet. Als die wichtigsten Arten sind zu nennen:
Anobium striatum Ol |
„ pertinax L \ hauptsächlich in weichen Hölzern.
„ (Ernobius) molle L. . . . j
Anobium (Xestobium) rufovillosum Deg. |
Ptilinus pectinicornis L } vornehmlich in harten Hölzern.
Apate capucina L. . ' |
Eine Charakteristik der Imagines dieser Arten ist oben bereits gegeben.
Die Larven lassen sich nach Kemner folgendermaßen unterscheiden:
I. Die letzten Hinterleibssegmente ohne Haken. Larve nur mit kurzen Haaren.
5 — 6 mm lang A. striatum
Anobüdae. — Biologisch-forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
189
— Die letzten Segmente mit Haken an den Seiten 2
2. Achtes und neuntes Segment mit Haken an den Seiten 3
— Nur neuntes Segment mit Haken. Larven bis 10 mm lang 4
3. Haken klein, Behaarung kurz, Chitinplatte der Stirne nuidlich .... Ft. pectinicornis
— Haken kräftig, Behaarung lang, Chitinplatte der Stirne fast doppelt so breit
als lang A. molle
4. y^aken nur an den Seiten. Chitinplatte kurz, 6 mal breiter als lang i. pertinax
— Endsegment bis zu den Afterwülsten mit Haken besetzt. Chitinplatte auf die
Mitte beschränkt Ä. rufoviUosum
Abb. 92 A. Bohrinehlhäufchen von ausschwärmenden Käfern (Anobium striatum Ol.) aus
einem Buchenbrett ausgestoßen. Nat. Gr. Nach Bolle.
Die hier genannten Arten haben in ihrer Lebensweise viel Ähnlichkeit.
Die Käfer schwärmen im Frühjahr und Sommer. Die begatteten Weibchen
legen ihre Eier gewöhnlich dicht beim alten Flugloch ab. Die Larven bohren
sich in das Holz ein und graben in demselben ihre Gänge, wobei sie das Splint-
holz bevorzugen. Sie vermeiden bei ihrem Fraß meist die Oberfläche der
befallenen Gegenstände, so daß der Befall gewöhnlich erst dann bemerkt wird,
wenn die Käfer durch die runden Fluglöcher sich herausbohren und die Bohr-
mehlhäufchen zum Vorschein kommen (Abb. 92 A). Unter der erhalteneu Ober-
fläche kann die Holzmasse durch dicht nebeneinander verlaufende Gänge so stark
ausgehöhlt werden, daß das Holz fast vollkommen in Bohrmehl verwandelt wird
igo
Coleoptera. — 4. Familienreihe: Diversicomia.
und so jede Festigkeit verliert (Abb. 92 B). Die Zerstörung kann nur da-
durch so vollkommen werden, daß die Anobien ihrem Geburtsort treu
bleiben und von ihren Flügen meist wieder dahin zurückkehren.
Gewöhnlich ist es verarbeitetes Holz (Möbel, Kunstgegenstände usw.), das an-
gegangen wird, nur eine Art macht in dieser Beziehung eine Ausnahme, nämlich
A. moäe, welches berindetes Material bevorzugt. '
Die Larve braucht zu ihrer Entwicklung ungefähr i Jahr, dann frißt sie
sich mehr nach der Oberfläche des Holzes hin, wo sie ihre Puppenwiege fertigt.
Die Puppenruhe dauert bei den meisten Arten 2 — 3 Wochen, bei einigen
m
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%^
Abb. 92 B. Anobien - Fraß (Anobium striatum), a noch wenig fortgeschritten. Nat. Größe
(phot. Scheidter). b stark fortgeschritten. Verkleinert (phot. Kemner).
(pertinax) auch länger, bis zu i Jahr und darüber. Über die Gewohnheit des
„Sichtotstellens" und des „Klopfens" ist oben (S. 183) schon einiges gesagt.
Bezüglich des biologischen Verhaltens der verschiedenen Arten sei
nach Kemner (1916) und Moll (1917) folgendes erwähnt:
3'j-Anobium striatum Oliv, [domesiicum Geoffr., pertinax F.). — Diese Art
ist in ganz Mitteleuropa verbreitet; in Deutschland, Schweden, England, Frank-
reich usw. hat man sich viel mit ihr beschäftigen müssen. Sie bevorzugt Nadel-
hölzer, besonders Kiefer und Fichte, geht aber auch an Laubhölzer, wie Eiche
und andere. Der Käfer bleibt die meiste Zeit in seinem Gange, nur zur eigent-
Anobiidae. — Biologisch-forstliches Verhalten der einzelnen Arten. Iqt
liehen Kopulationszeit (Juni — Juli) kommt er heraus, kriecht dann meistens in
der Nähe der Fraßstelle auf dem Holz herum und tickt 50 — 60 mal hinter-
einander. Das ? legt seine Eier (ca. 20) in kleinen Häufchen in Holzrisse
oder alte Fraßgänge. Nach 14 Tagen kriechen die Larven aus, fressen sich zu-
nächst dem weichen Frühjahrsholz entlang, so daß die Gänge in der Richtung
der Jahresringe verlaufen, und gehen später auch an das härtere Spätholz. Die
Gänge, die anfangs kaum mehr als 1/3 mm im Durchmesser haben, erreichen
allmählich einen Durchmesser bis zu 2 mm. Hinter sich verstopft die Larve
den Gang mit ihren linsenförmigen Exkrementen. Die 3- — 4 mm lange Puppen-
wiege liegt nahe an der Oberfläche parallel zur Außenseite.
'l}''t- Anobium pertinax L. {A. striatum Fabr.). — Die unter dem Namen
„Trotzkopf" bekannte Art ähnelt in ihrem Verhalten und Vorkommen sehr der
vorigen. Auch sie bevorzugt die Nadelhölzer, geht aber ebenfalls an Laubhölzer.
Entsprechend ihrer größeren Körperform sind auch die Gänge breiter und die
Puppenwiege, die fast senkrecht zur Außenseite angelegt und mit Bohrspänen
ausgekleidet wird, wesentlich größer (3 mm breit und 10 mm lang). Das Flug-
loch ist bis zu 3 mm im Durchmesser. Das $ legt 6 — 8 Eier, ein jedes für
sich, in alte Gänge, so daß viele Generationen hintereinander das gleiche Stück
Holz bewohnen. Das „Ticken" besteht aus 7 — 8 Schlägen in kurzen Zwischen-
pausen,
1} ^n Anobium (Xestobium) rufovillosum Deg, {tessellatum F,, pulsator Schall.).
— Verbreitung wie bei den beiden vorigen. Vorkommen jedoch fast nur in Laub-
hölzern, vor allem in Buche und Eiche. Die Larvengänge, welche meist
der Längsrichtung folgen, messen bis zu 4 mm im Durchmesser. Besonders
charakteristisch sind die Exkrementballen, die, fast i mm im Durchmesser,
flach linsenförmig und mii Wurmmehl untermischt sind. Die Puppenwiege
liegt wie bei striatum parallel zur Außenseite, Die Dauer der Entwicklung wird
von I bis zu 3 Jahren angegeben. Das „Ticken" erfolgt in Gruppen voa
7 — 8 Schlägen in kurzen Pausen und dauert manchmal mehrere Minuten lang.
Anobium (Ernobius) molle L. — Kommt fast ausschließlich an Nadel-
holz vor und zwar vorwiegend an berindetem. Die Eier (10 — 20) werden
unter die Rinde gelegt, die Larven fressen ihre auffallend kurzen Gänge meist
in der Rinde und in den oberflächlichen Holzschichten. Die 3 — 8 mm lange
Puppenwiege hegt parallel zur Außenwand. i jährige Generation. Von den
anderen Anobien unterscheidet sich jnolle auch durch das Fehlen des „Tickens".
Besonders schädlich in Fraßstücksammlungen.
J j 5" Ptilinus pectinicornis L. — Der zierlichste der Holzwürmer geht vorzugs-
weise an Laubholz, vor allem Eiche und Buche, verschmäht aber auch
Nadelholz nicht. Die Käfer verbringen den größten Teil ihres Lebens in den
Fraßgängen und verlassen dieselben selbst zur Kopulation nicht. Die Eier werden
gleich im Gang abgelegt, so daß sich der ganze Lebensprozeß unter der
schützenden Holzhülle abspielt,
Apate capucina L, — Die von den eigentlichen Anobien durch ihre Größe
und Färbung (Flügeldecken rot) auffallend unterschiedene Art bevorzugt Eichen-
holz (Faßdauben, Parkettfußböden usw.), kommt jedoch auch in anderen Laub-
hölzern (Kastanie, Pappel usw.) vor. Im Süden wurde sie auch in Maulbeerbaum,
Weinrebe, Myrte usw. gefunden. Die Generation scheint i jährig zu sein. Im
allgemeinen weit seltener als alle vorigen Arten.
Die Zerstörungen der Anobien betreffen weniger Bauholz und es dürfte
IQ2' Coleoptera. — 4. Familienreihe : Diversicorinia.
geschwächt werden, daß Gefahr besteht. Dagegen richten sie in Gegenständen
der Einrichtung, wie Möbeln, Kunstgewerbestücken usw. großen
Schaden an, der besonders in den letzteren Fällen oft unwiederbringlichen Verlust
bedeutet (siehe Bolle 19 19). Man braucht nur in irgend ein Altertums- oder
Kunstmuseum zu gehen, um sich von der schädlichen Tätigkeit der „Holz-
würmer"' zu überzeugen. Auch wertvolle wissenschaftliche Sammlungen von Fraß-
stücken sind schon durch Anobien (A. molk] völlig zerstört worden.
Die Zerstörungen würden noch weit größer sein, wenn den Anobien nicht
ein großes Heer von natürlichen Feinden gegenüberstünde, durch welche
die Vermehrung eingeschränkt wird.
Kemner (1916) nennt folgende Feinde der Holzwürmer: a) Raubkäfer — die Cleriden
Opilo domesticus^ Corynetes coeruleus und Tillus elonyatus (siehe oben S. 180), die beiden
ersteren als Feinde des Anob. striatum^ den letzteren als Feind von Ptilinus pectinicornis.
b) Schlupfwespen — Hemiteles complefus^ Lissonota arvicola^ Polysphinda elegans und
soror ^aus Ptihnus pectinicornis gezogen), ferner Theocolax formiciformis , Hemiteles
modestus^ Pimpla flavipes, Bracon spathiiformis^ Spathius clavatus, Rhogas collaris und
Tkyphaeus fuscipes (aus Anobium striatum gezogen).
Als Vorbeugung gegen ausgedehnte Holzwurmzerstörungen ist vor allem
(besonders in Museen usw.) größte Aufmerksamkeit zu empfehlen. Es ist stets
darauf zu achten, ob frische Bohrmehlhäufchen vorhanden sind und ob sich auf
den Fensterbrettern Anobien befinden. Wird der Befall rechtzeitig entdeckt, so
kann man durch Ausrottung der Käfer und Larven (s. unten) ein weiteres Umsich-
greifen verhüten. Des weiteren kann auch Bestreichen bezw. Imprägnierung
des Holzes mit Giften vorbeugend wirken. Doch hat man sich in dieser
Beziehung lange falschen Vorstellungen hingegeben. Neuere Untersuchungen
haben nämlich ergeben, daß die meisten starken Magengifte auf die
Anobien (wie auch auf andere Holzinsekten) ohne Wirkung bleiben.
Kemner hielt Anobienlarven über zwei Monate lang in Sägespänen, welche mit
5 ^/o Sublimatlösung getränkt waren, ohne irgend welche Schädigung. Ähnliche Er-
fahrungen machte Kemner auch mit Kupfervitriol, Zinkvitriol usw. Nur ein
Magengift scheint eine Ausnahme zu machen, nämlich Arsenik. Wenigstens
bleiben die mit arseniksauerem Natron bestrichenen Fraßstücke von Anobien
lange Zeit verschont,^) während die unbehandelten Stücke ihnen bald zum Opfer
fallen. — Sehr gute Erfolge haben ferner eine Reihe von öligen organischen
Verbindungen ergeben, vor allem das Teeröl, auch Kreosot genannt. Die
damit bestrichenen oder getränkten Hölzer bleiben lange anobienfrei. Das Teeröl
scheint nicht als Magen- sondern als Atmungsgift zu wirken. „Wahrscheinlich
dringen die gasförmigen Teile auf dem Atmungswege zu den Nervenzentren,
lähmen diese und töten dadurch die Tiere" (Moll 1917).
Die Vernichtung der im Holz vorhandenen Käfer und Larven kann
durch Tränken in Flüssigkeiten, vor allem in Petroleum, geschehen, oder
noch besser durch Behandlung mit giftigen Gasen. Als solche können
dienen: Schwefelkohlenstoff (der allerdings sehr feuergefährlich ist) oder
Tetrachlorkohlenstoff, der etwas langsamer wirkt, dafür aber den großen
Nachteil der Feuergefährlichkeit nicht besitzt, oder aber Blausäuredämpfe.
Das Blausäuregas ist sehr flüchtig, dringt daher in alle Ritzen usw. ein und
wirkt ungemein giftig auf alle Lebewesen. Der letzte Umstand stellt allerdings
ein Hindernis für eine allgemeine Anwendung dar, insofern als die Behandlung
nur von sachverständigen Fachleuten vorgenommen werden darf. Ein-
1) Genauere Angaben über die Anwendung siehe Bd. I, S. 416.
Literatur.
193
gehendere Angaben über die Bekämpfung der Anobien finden sich bei Kemner
(1915), Moll (1916) und Bolle (1916 und 1918).
Literatur über die Teredilia (Cleriden u. Anobien).
Bolle, 1916. Über die Bekämpfung des Holzbohrwurms {Anobium) in einem alten Kunstwerk.
— In: Z. f. a. Ent, Bd. III, S. 2ioff.
— 19 19, Die Ermittelung der Wirksamkeit von insektentötenden Mitteln gegen die Nagekäfer
des verarbeiteten Werkholzes. — In: Z. f. a. Eni., Bd. V, S. 105 — 117.
Escherich, 1893, Zur Kenntnis der Coleopterengattung Trichodes Hrbst. — In: Verh. zool.-
bot. Gesell. Wien, S. 149—201.
Eckstein, Fr., 1921, Über die Lebensweise von Thanasimus (Clerus) formicariits Ltr. —
In: F. C, Heft 2.
Holste, G., 1922, Fichtenzapfen- und Fichtensamenbewohner Oberbayerns. — In: Z. f. ang.
Ent. Vin, S. 125—160.
Kemner, 1913, V|ra Clerider, deras lefnadsstätt och larver. — In: Ent. Tidskr., Bd. 34,
S. 191— 210.
— 19151 I^e ekonomist viktiga vedgnagande Anobierna (Die holznagenden Anobium-Arten von
ökonomischer Bedeutung). — In: Medd. fr. Centr. f. fordbr. N: 109. Entom. Avdeln
N: 19, Stockholm. (Referat in Z. f. a. Ent.. Bd. 3, S. 323 )
Kleine, 1908. Die europäischen Borkenkäfer und ihre Feinde usw. — In: Ent. Bl., S. 205.
Moll, 1912, Die Zerstörung des Bauholzes durch Tiere und der Schutz dagegen. — In: N. Z.
f. F. u. L., S. 487 ff.
— 1916, Über die Zerstörung von verarbeitetem Holz durch Käfer und den Schutz dagegen. —
In: N. Z. f. F. u. L., S. 482.
Prediger, 1911, Ist der Buntkäfer {Clerus formiearius) wirklich ein Vertilger der Larvenbrut
von Borkenkäfern? — In: D. P\, S. 674.
Zander, 1911, Handbuch der Bienenkunde. II. Stuttgart. (Über Trichodes.)
5. Familienreihe: Heteromera.
Die Heteromeren sind durch die ungleiche Tarsenglied erzähl (Vorder- und Mitteltarsen 5,
Hintertarsen 4 Glieder) scharf gekennzeichnet. Andererseits sind die in der Familienreihe
vereinigten Formen von der verschiedenartigsten Gestaltung, so daß ihre Zusammengehörigkeit
durchaus nicht immer ohne weiteres erkennbar
ist. Wir finden unter den Heteromeren große,
robuste und kleine zarte Tiere, schlanke, lang-
fühlerige, an Bockkäfer erinnernde, und breite
gedrungene, an Blattkäfer erinnernde Formen,
ferner viele laufkäferähnliche Arten (Abb. 93 A),
andere zeigen mit ihren stark verkürzten
Flügeldecken einen wurmähnlichen Habitus
(,, Maiwürmer") usw. Auch die Färbung ist
ungemein verschieden; bei vielen tiefschwarz,
bei anderen lebhaft rot oder gelb oder metaUisch
grün, mit oder ohne Zeichnung.
Die Larven zeigen ebenfalls ziemliche
Verschiedenheiten. Doch sind die meisten nach
dem Typus der jedermann bekannten „Mehl-
würmer", der Larven des gemeinsten Ver-
treters der Heteromeren, gebaut, die habituell
sehr an die „Drahtwürmer" (Larven der
Elateriden) erinnern (Abb. 93 B). Es sind
langzylindrische, gelbbräunliche Tiere mit festem
Chitinskelett, deutlich abgesetztem Kopfe und
drei gesonderten Brustringen, welche drei gut entwickelte Beinpaare von mittlerer Länge tragen
und sich kaum gegen die neun ziemlich gleich gebildeten Hinterleibsringe absetzen. Der letzte
Ring, welcher meist kegelförmig abgestumpft und vielfach mit Haken oder Dornen versehen ist,
trägt die nach unten vorspringende Afteröffnung und neben ihr jederseits einen kleinen Nach-
schieber. Der Kopf, welcher sich durch seine Wölbung von dem abgeplatteten der
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. '3
Abb. 93. Tenebrio molitor L. (Mehlkäfer).
A Imago, B Larve (Mehlwurm). — Orig.
JQ4 Coleopteia. — 5. Familienreihe : Heteromera.
Elateridenlarven auszeichnet, hat einen geraden Vorderrand mit Epistoin und gut entwickelter
Oberlippe, sowie mäßig lange, 4 gliederige Fühler, die unmittelbar über den Vorderkiefern ein-
gelenkt sind. Mittel- und Hinterkiefer sind an ihren Stammteilen nicht verwachsen, und erstere
haben nur eine einfache Kaulade. Die Stigmen sind kreisrund.
Der Verschiedenheit der Imagines und Larven entspricht auch die Mannig-
faltigkeit in der Lebensweise: Viele Arten entwickeln sich im Holz, andere
in Moder, andere in Pilzen, andere nähren sich räuberisch von Borken- und
Bockkäferlarven, andere von Wurzeln, wieder andere leben als Larven parasitisch
von der Bienenbrut und fressen als Imagines Blätter usw. usw.
Forstlich kommt den Heteromeren verhältnismäßig nur eine geringe
Bedeutung zu, und es sind nur wenige Arten, die durch Blatt- oder Wurzel-
fraß oder durch Holzzerstörung eine schädliche Rolle spielen. Auf der anderen
Seite sind eine Anzahl von Arten als forstnützlich zu bezeichnen, insofern
als sie durch Vernichtung von Borken- und Bockkäferlarven deren Vermehrung
eindämmen. Daneben ist noch auf die in den Baumschwämmen lebenden
Formen hinzuweisen, ferner auf die in faulem Holz lebenden, die als „täuschende
Forstinsekten" hier genannt zu werden verdienen.
Wenn also die forstliche Bedeutung der meisten Heteromeren auch nur eine
untergeordnete ist, so müssen wir uns hier doch etwas mit ihnen beschäftigen, da
sie dem Forstmann fortwährend, wenn auch nicht in großer Menge, begegnen und
eventuell zu Täuschungen Veranlassung geben können. „So wird man wenige
alte Buchen finden, an denen nicht unter der abgestorbenen Rinde sich
einige Arten von ihnen befänden; wie der kleine rüsseltragende Rhinosimus
(Abb. 94 C), das mit viergliedriger Fühlerkeule versehene rothalsige schöne Tetra-
toma, die prächtige große scharlachrote Pyrochroa (Abb. 94 J) usw. So wird man
ferner häufig die kleinen, langen, glänzenden Arten von Hypophloeus (Abb. 94 G)
in Rinden- und Holzgängen anderer Insekten finden und sich verführen lassen,
sie für die Ureinwohner zu halten. So wird man alte Buchenstöcke und an-
brüchige Weiden oft mit kurzfüßigen, einen Afterstachel zeigenden, weißen,
weichen Larven (Abb. 98 A), welche alles in Wurmmehl verwandeln, angefüllt
finden und glauben, es sei ein Holzwespenfraß im Anzug, und wenn man sie
erzieht, erhält man — eine Mordella-Kxt (Abb. 94 D) usw." (Ratzeburg.)
Im allgemeinen ist die Lebensweise der Heteromeren noch wenig erforscht,
und es dürfte eine dankbare Aufgabe sein, ihnen mehr Aufmerksamkeit als bis-
her zu schenken. Es werden dann vielleicht auch noch manche Arten, die wir
heute für forstlich indifferent halten, als forstlich beachtenswert, sei es als Schäd-
linge oder Nützlinge, sich erweisen.
Systematische Übersicht.
Die für uns hauptsächlich in Betracht kommenden Familien lassen sich
lolgenderraaßen kennzeichnen:
1. Kopf an den Seiten vor den Augen mit einer hornigen, lappigen oder
tellerförmigen Verbreiterung, unter welcher die Fühlerbasis vollständig
gedeckt erscheint. Vorderhüften kugelig, zum Teil unten in die Gelenk-
gruben eingeschlossen. Meist dunkel gefärbte, flügellose Tiere, unter
Steinen, oder im faulen Holz, in Schwämmen usw. lebend. (Abb. 93
u. 94 F u. G) : lenebrionidcbc
— Kopf an den Seiten ohne auffallende Verbreiterung, so daß die Basaleinlenkung
der Fühler von oben frei sichtbar ist. Vorderhüften konisch, frei zapfen-
förmig vorstehend, hängend 2
2. Seitenrand des Halsschildes mit scharfer, oben meist linienförmig gerandeter
Randkante , - 3 '
— Seitenrand des Halsschildes verrundet, oder mit sehr stumpfer ungerandeter Kante 5
Systematische Übersicht.
195
Cr J
Abb. 94. Verschiedene Heteromeren. A Phyto depressus L., B Lissoderma 4-pustulatum Mrsh.,
C Rhinosimus ruficollis L. (Pythide), D Tomoxia biguttata Gyll. (Mordellide), E Calopus
serraticornis L. (Oedemeride), F Helops lanipes L., G Hypophloeus fasciatus L. (Tenebrioniden),
H Serropalpus barbatus Schall. (Melandryide), J Pyrochroa coccinea L. (Pyrochroide). — Original.
13*
ig5 Coleoptera. — 5. Familienreihe: Heteromera.
3. Kopf hinter den Augen mit einfachen, allmählich verengten Schläfen, in das
Halsschild bis gegen die Augen versenkt, oft von letzterem kapuzenartig
aufgenommen 4
— Kopf hinter den Schläfen plötzlich stark eingeschnürt und durch einen dünneren
Stiel mit dem Halsschild verbunden, resp. an den Halsschild nur angedrückt,
aber nicht von demselben aufgenommen. Fühler fadenförmig gegen die
Spitze verdickt oder gesägt. Halsschild so breit oder breiter als die Flügel-
decken, nach vorne verengt. Pygidium meist in eine lange Spitze aus-
gezogen. Kleine ungemein flinke Käferchen, die sich bei Gefahr durch
purzelnde Bewegungen zu retten suchen (Abb. 94 D) Mordellidae
4. Klauen an der Unterseite deutlich gezähnelt oder gekämmt. Fühler lang, und
schlank. Leben vielfach in alten Baumstämmen oder Schwämmen . . . Alleculidae
— Klauen nicht gezähnelt oder gekämmt, höchstens mit einem Zahn in der Mitte.
Fühler fadenförmig, oder etwas gegen die Spitze oder in der Mitte verdickt.
Vorherrschend im Holz oder unter Rinde, oder in Baumschwämmen (Abb. 94 H) Melandryidae
5. Fühler stark gesägt oder gekämmt. Flügeldecken scharlachrot, nach hinten
erweitert. Größere Arten, leben unter Rinde oder auf Blumen ^Abb. 94 J) Pyroehroidae
— Fühler schnür- oder fadenförmig (manchmal mit einzelnen irregulär gestalteten
Gliedern) 6
6. Klauen gespalten. Kopf hinten stark eingeschnürt und an das Halsschild an-
gedrückt, Scheitel meist hochgewölbt, Flügeldecken weich, entweder das Ab-
domen vollkommen bedeckend oder stark verkürzt und klaffend. Larven
parasitisch bei Hymenopteren , Imagines auf Blumen, Gras oder Blättern
(Abb. 95) Meloidae
— Klauen einfach 7
7. Fühler lang und dünn, den Hinterrand des Halsschildes weit überragend.
Körperform schmal und lang, an Bockkäfer erinnernd. Mittelgroße bis
große Tiere (Abb, 94 E) Oedemeridae
— Fühler kurz, häufig gegen die Spitze zu etwas verdickt, den Hinterrand des
Halsschildes nicht überragend. Kopf oft etwas rüsselförmig verlängert.
Körperform breiter und flacher, an Laufkäfer erinnernd. Meist kleinere
Arten (3 — 5 mm), nur wenige Arten erreichen eine Länge von 10 — 16 mm.
(Abb. 94 A— C) Pythidae
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
Wir wollen die hier in Betracht kommenden Heteromeren nach ihrem bio-
logisch-forstlichen Verhalten einteilen in: Blattfresser, Wurzelfresser, Holz-
fresser, Pilzfresser und Larvenräuber.
Blattfresser.
Als forstschädlicher Blattfresser kommt von allen Heteromeren bei uns nur
eine Art aus der Familie Meloidae (Pflasterkäfer) in Betracht, nämlich:
' Lytta vesicatoria L. (Spanische Fliege.)
Der ziemlich große (11 — 14 mm lange) Käfer (Abb. 95 A) ist an seiner goldgrünen
Färbung (Fühler und Beine dunkler, Unterseite grauweiß behaart), seinen weichen Flügeldecken
und seinem weithin wahrnehmbaren Geruch leicht zu erkennen.
Vorkommen und Lebenweise. — Die „spanische Fliege" ist nicht etwa,
worauf der Name hindeuten könnte, auf das südliche Europa beschränkt, sondern
kommt in ganz Mitteleuropa vor und geht auch bis nach Schweden, Ruß-
land und Sibirien hinauf. In den Alpen wurde sie in 1700 m Höhe gefunden
(Keller 1899). Ihre Hauptfraßpflanze ist die Esche; sie geht aber auch
andere Bäume und Sträucher an, wie Liguster, Geisblatt, Flieder, Hol-
under, Ahorn, Pappel, Rose, Ölbaum usw., auch auf dem Trompeten-
baum wurde sie schon angetrofi^en. Von den Eschen soll sie nach Ratzeburg
die meisten fremden Arten ebenso gerne wie Fraxinus excelsior befallen, während
Blattfresser.
'97
nach Barbey Fraxinus excelsior besonders bevorzugt, F. oxyphylla viel weniger
beschädigt und F. cornus L. ganz verschont wird.
Die Flugzeit der Käfer fällt in die Mitte des Monats Juni; sie er-
scheinen mit Vorliebe um die Mittagszeit/) wenn es recht heiß ist, und zwar
gewöhnlich gleich in großer Masse. Auf den von ihnen befallenen Gewächsen
wimmelt es dann von den grünen Käfern, und im bunten Gewirr sieht man die
dem Fräße und der Begattung nachgehenden Tiere durcheinander laufen und
fliegen. Sie nehmen zuerst die jüngeren Blätter an, verschmähen zuletzt aber
auch nicht die älteren härteren und fressen bei übergroßer Menge die Bäume
so kahl, daß nur Blattstiele und Rippen bleiben; selbst diese werden in der Not
benagt. Sie fangen mit dem Fraß am Rande des Blattes an und fressen eine
Stelle nach der anderen bogenförmig heraus, wodurch die Zweige allmählich
ein struppiges Ansehen erhalten (Abb. 96),
Die Begattung wird mit großer Heftigkeit ausgeführt. Die i^(^ halten die 5$> ^^^
denen sie sitzen, mit den Vorderbeinen an den Fühlern wie am Zügel und vermögen den Penis
A B C
Abb. 95. Lytta vesicatoria L. (Spanische Fliege). A Imago, B erste Larvenform (Triungulinus),
C zweite Larvenform. — Original.
oft erst nach mehrstündigen vergeblichen Versuchen, wobei sie den lang ausgestreckten Hinter-
leib unzähligemale hin- und herbewegen, einzuführen. Nachdem dies geschehen, lassen sie sich
vom Rücken des $ los, und nun hängen die beiden Geschlechter so zusammen, daß sie sich
den After zukehren, in welcher Stellung sie mehrere Stunden, ja Tage verbleiben können, dabei
fressend und herumkriechend usw. Nach der Begattung, gewöhnlich schon am nächsten oder
übernächsten Tage, begibt sich das § zur Erde und wählt, mit seinen Fühlern und Tastern
suchend, eine Stelle, an welcher es sich eingräbt, gewöhnlich in festerem Boden, damit das ge-
grabene Loch nicht so leicht einfällt. Beim Graben gebrauchen sie die Vorderbeine , während
sie mit den Hinterbeinen die Erde herausschaffen und mit dem Hinterleib, den sie von Zeit zu
Zeit spiralförmig drehen, dem Loche die gehörige Rundung geben. Hat sich die^Erde draußen
^) Anders scheint sich die Lytta im Süden zu verhalten. „In den Gebirgsgegenden
Siziliens überfallen die Käfer nach Mar rot schon von Ende März an plötzlich nachts zu
Millionen die in den Weinbergen stehenden Ölbäume, namentlich in der Nähe von Waldungen,
fressen sie gruppenweise kahl und verstecken sich morgens zwischen den Reben, ohne sie aber
zu beschädigen. An den Olivenbäumen verzehren sie Blätter, Blüten und Knospen, aber nur
so lange, bis die Blütenblätter der verschonten Bäume abfallen, dann verschwinden sie." (Reh,
Handb. S. 491.)
Iq8 Coleoptera. — 5. Familienreihe: Heteromera.
zu stark aufgetürmt, so kommen sie heraus, um sie vor dem Loche zu verteilen. Ist das Loch
fertig, so kriechen sie, mit dem Hinterleib voraus, in dasselbe, um mit dem Legen zu beginnen.
Ist das Legegeschäft, das etwa eine halbe Stunde währt, beendet, so verscharren sie das Loch
Abb. 96. Blattfraß von Lytta vesicatoria L. an Esche (Fraxinus excelsior). — Aus Eckstein,
wieder mit Erde, die sie mit den Beinen und dem After festdrücken. Gleich darauf fangen
sie wieder zu fressen an, um wohl bald eine zweite Portion Eier abzulegen. Gewöhnlich findet
man in einem Loche 40 — 50 Eier unregelmäßig übereinander geklebt.
Blattfresser. ign
Nach 3 — 4 Wochen kommen die kleinen Lärvchen aus der Erde hervor, um sich an
der Oberfläche zu zerstreuen. Die Entwicklung der spanischen Fliege ist wie die aller
Meloiden mit einer Hyperraetamorphose verbunden, vergl. Bd. I, S. 158). Die erste
Larvenform von Lytta ist ein typischer Triungulinus (d. h. mit dreiteiligen Klauen ver-
sehen, mit relativ langen Fühlern und zwei Schwanzfäden), schwarz gefärbt, mit Ausnahme der
Mittel- und Hinterbrust, der Unterseite und der Beine, die weißlich gefärbt sind (Abb. 95 B).
Sie erklettern Blumen und suchen von dort aus auf Bienen aus den Gattungen Colletes^ Megachile,
Osmia^ Ceratina usw. zu gelangen, um sich von diesen in deren Nester tragen zu lassen. Dort
verwandeln sie sich in die zweite Larvenform, die von dem Triungulinus stark abweicht,
weißlich gefärbt und weichhäutig ist (Abb. 95 C), kürzere Fühler besitzt, der Schwanzfäden ganz
entbehrt und einfache Klauen hat. Diese Larve lebt parasitisch in den Bienenbauten, und
verwandelt sich, nachdem sie bei dem reichlichen Futter in kurzer Zeit (10 — 14 Tage) aus-
gewachsen ist, in die sogenannte Seh ein puppe oder Pseudochrysalis, in der sie den ganzen
Winter über bis zum nächsten Frühjahr bleibt (sie kann auch sogar noch ein weiteres Jahr in
diesem Zustand verharren, um erst im übernächsten Jahr sich weiter zu entwickeln). Die Ver-
wandlung in die Pseudochrysalis scheint im Gegensatz zu den meisten anderen Meloiden außer-
halb der Bienenbauten im Boden stattzufinden. Im Frühiahr, etwa Ende April, geht aus der
Scheinpuppe nochmals eine Larve hervor (dritte Larvenform), die der zweiten sehr ähnlich
ist und sich nach ganz kurzer Zeit (ca 14 Tage) in die echte Puppe verwandelt. Nach
14 tägiger Puppenruhe entschlüpft dieser dann im Juni die Imago.
Bei dieser komplizierten Entwicklungsgeschichte, die hauptsächlich durch Beauregard
festgestellt wurde (einige Punkte sind allerdings noch nicht ganz klar), ist ein Umstand in der
Lebensweise des Käfers schwer zu verstehen : nämlich das plötzliche massenhafte Auftreten des
Käfers (Ratzeburg mochte dieserhalben an die parasitische Entwicklung der Lytta nicht recht
glauben). Dieser Punkt bedarf noch der näheren Aufklärung.
Forstliche Bedeutung. — Ratzeburg rechnet die spanische Fliege zu den
„merklich schädlichen Forstinsekten", da sie stellenweise durch ihr massen-
haftes Auftreten und die völlige Entlaubung empfindlichen Schaden verursachen kann,
besonders an jungen noch blattarmen Eschen, die in ihrem Wachstum stark
zurückbleiben oder auch ganz eingehen können. Gewöhnlich erfolgt nach Kahl-
fraß das Wiederbegrünen erst im folgenden Jahre; nur ausnahmsweise (in heißen
Jahren) ist beobachtet, daß es sofort erfolgte, daß also ein, allerdings nur kurzer,
Ersatztrieb sich bildete, der merkwürdigerweise auch eine Verdoppelung des
Jahresringes zur Folge hatte.
Bekämpfung. — Die Käfer verbreiten einen äußerst charakteristischen,
penetranten Geruch, durch den man schon von weitem auf die Anwesenheit
größerer Massen aufmerksam gemacht wird. Die Bekämpfung geschieht am besten
durch Absammeln der Käfer, was dadurch erleichtert ist, daß die Massen
meist auf engem Raum lokalisiert sind. Am besten geschieht das Sammeln früh-
morgens und zwar mit Hilfe eines Klopfschirmes. Der entzündungserregenden
Eigenschaft des Käfers wegen ist es geraten, beim Sammeln Handschuhe an-
zuziehen.
Die letztere Eigentümlichkeit beruht auf der Anwesenheit von Cantharidin im Blute
des Käfers — eine Eigenschaft, die die spanische Fliege mit allen Meloiden gemeinsam hat, und
die ihr in der Medizin Verwendung verschafft hat. In früherer Zeit stand sie sogar in höchstem
Ansehen bei den Heilkundigen und galt als eine Art Universalmittel gegen alle möglichen Krank-
heiten. Heute ist- ihre Verwendung allerdings wesentlich eingeschränkt und wird in der Haupt-
sache nur noch zur Herstellung von blasenziehenden Pflastern (,,Vesicatorpflaster'') benutzt,
während die innere Darreichung stark in dea Hintergrund getreten ist. Da das Cantharidin
stark reizend auf die Harn- und Geschlechtsorgane wirkt, so wurde die spanische Fliege auch
als Aphrodisiacum zur Erregung der Geschlechtslust verwendet. Doch blieben dabei schwere Er-
krankungen der Nieren usw., die teilweise auch zum Tode führten, nicht aus.
Um die gesammelten spanischen Fliegen in der Apotheke absetzen zu können, bringt man
die Käfer am besten in ein gut schließendes Gefäß, in dem man sie mit etwas Äther tötet, und
trocknet sie dann in einer Darre oder im Backofen.
200 Coleoptera. — 5. Familienreihe: Heteromera.
Verschiedene Verwandte der spanischen Fliege werden landwirtschaftlich schädlich: so
überfallen die in Süd- und Südosteuropa vorkommenden gelb und schwarzgefärbten Zonabris
(Mylabris)- Arten KartofTel- und Getreidefelder; und die in Südosteuropa beheimatete schwarz
und graugestreifte Epicauta rufidoi-siim Goeze geht Kartoffel, Rüben, Luzerne, Bohnen usw.
an und frißt die Felder in 3 — 4 Tagen kahl bis auf die Stengel, Auch der sog. .,MaiMurm"
oder „Ölkäfer'' (Meloe) ist neuerdings bei ims als Schädiger des Rotklees beobachtet worden
(Zimmermann 1922).
Wurzelfresser.
Als Wurzelschädlinge (an jungen Kiefern) sind unter den Heteromeren bis
jetzt nur drei Arten aus der Familie der Tenebrionidae bekannt geworden, und
zwar aus den Unterfamilien der Pedinini und Opatritii, kleinere bis mittelgroße
Tiere (3 — 10 mm), die sich habituell ziemlich ähnlich sind und an Aaskäfer
(Silpha) oder kleine Laufkäfer [Harpalus usw.) erinnern.
Die drei Arten lassen sich folgendermaßen charakterisieren:
1. Oberseite kahl, höchstens der Kopf mit Spuren einer feinen Behaarung; Vorder-
tarsen beim (^ erweitert und unten bürstenartig behaart. Fühler schlank,
gegen die Spitze nur wenig dicker werdend. Körper länglich, gewölbt,
schwarz glänzend, y'/a — S'/g mm (Abb. 97 C) . . . Beliopathes {Phylan) gibbus F.
— Oberseite wenigstens teilweise behaart. Vordertarsen des (j' nicht erweitert . 2
2. Kleine Art, l^j^—^^U "^'"i schwarz, fast matt, dicht punktiert; Halsschild mit
einigen glatten punktfreien Stellen. Flügeldecken ohne deutliche Punkt-
streifen, zwischen der Punktur mit einigen erhabenen angedeuteten Längs-
reihen unregelmäßiger Runzeln (Abb. 97 A) Opatriim (Melanimon^ Mi'croxoum) tibiale F.
— Größere Art, 7 — 10 mm; Haisschild durchaus gleichmäßig fein gekörnelt,
matt, ohne glatte Stellen auf der Scheibe. Flügeldecken mit mehr oder
weniger deutlichen Punktstreifen, die Zwischenräume jederseits mit flachen
glatten Tuberkelreihen , die abwechselnden Zwischenräume ein wenig er-
habener als die anderen (Abb. 97 B) Opatrum sabulosuni' Lt.
Larven:
Die Larve von Heliopathes gibbus ist im allgemeinen mehlwurmartig gestaltet und ge-
färbt, mit etwas stärker gewölbter Rückenseite, Kopf vorgestreckt, jederseits mit drei deutlichen
Augenpunkten. Oberlippe mit zwei Borsten. Fußpaar 1 fast dreimal stärker als 2 und 3, mit
starken, sichelförmigen, an der Außenseite erweiterten Klauen. Letzter Hinterleibsring ab-
gerundet und kurz vor seinem Ende an der Oberseite mit einer nach hinten konvexen Reihe von
8—9 Dornen besetzt. Länge 12 — 17 mm (Schiödte 1877, S. 538; Penis 1877, S. 261).
Die Larve von Opatrum sabulosum ist derjenigen von Heliopathes sehr ähnlich, aber
der letzte Hinterleibsring ist deutlich dreieckig mit gerundetem Hinterende, das eine nach oben
gerichtete knopfförmige Erhabenheit trägt und an der Hinterhälfte des Oberrandes mit einer Reihe
von ungefähr 18 kleinen Dornen besetzt ist. Länge 12 — 16 mm (Lucas 1871 und Schiödte
1877, S. 541—543)-
Die Larve von Opatrum tibtale ist derjenigen von Op. sabulosiim sehr ähnlich, jeder-
seits am Kopfe mit einer Andeutung von vier Augenpunkten. Letzter Hinterleibsring lang-
eiförmig, etwas zugespitzt, mit langen, hellen Haaren und am letzten Drittel des Hinterrandes
mit 10, im Verhältnis zu denen der verwandten Arten etwas längeren Domen besetzt. Länge
5 — 6 mm (Perris 1877. S. 264 u. 265).
Verbreitung, Lebensweise und forstliche Bedeutung. — Opatrum
sabulosum L. und tibiale F. sind über ganz Europa verbreitet und an sandigen Stellen
überall häufig. Heliopathes gibbus F. bewohnt ebenfalls Sandgegenden, scheint
aber vorzugsweise in den Dünen der Küstenländer zu Hause zu sein (salzhaltiger
Sandboden!).
j3sr Am genauesten ist der Fraß von Opatrum tibiale Fabr. durch Alt um be-
schrieben, welcher auf denselben zuerst durch den Bericht des Düneninspektors Epha
aufmerksam wurde. Im Dünenbezirk Rositten, Reg. -Bez. Königsberg, ging Mitte
Juni 1887 eine große Anzahl im Mai gepflanzter, einjähriger, gutwüchsiger Kiefern
ein. Den Pflanzen war durch den im trockenen Sande, 5 — 10 cm unter der
An "Wurzeln (bezw. Wurzelhals).
20I
Oberfläche lebenden Käfer der untere Teil der zarten Wurzeln weggeschnitten,
und an deto oberen Teil war die Rinde bis zu den Nadeln hinauf mehr oder
weniger stark befressen; auch die Pfahlwurzeln hatten ihre Spitze verloren. Altum
fand, daß das Holz der Pfahlwurzeln von 4,5 cm Tiefe an oft bis auf die halbe
Dicke faserig angenagt, an manchen Pflanzen, sowie näher der Bodenoberfläche
meist nur mehr oder weniger der Rinde beraubt war. Es fanden sich bis
15 Stück Käfer an einem Platz. Ob und wie weit die unterirdisch lebende
Larve an diesem Fraß beteiligt ist oder nicht, ist noch ganz unbekannt.
Die beiden anderen Arten, Heliopathes' gibbus F. und Opatrum sabu-
losum L., scheinen weniger an den Wurzeln selbst als vielmehr an dem Wurzel-
hals zu fressen. Altum (1888) teilt einen Fall mit, in dem einjährige
Kiefernpflänzchen von den gerannten Käfern unterhalb der Nadeln benagt
und abgebissen wurden, ganz ähnlich wie von den Kiefemsaateulen. Näheres
ist über diesen bei Königsberg beobachteten Fraß nicht bekannt geworden. Jeden-
falls kann aber Heliopathes gibbus nicht auf die Kiefernnahrung allein angewiesen
sein, da Judeich ihn sehr häufig an Stellen der Dünen von Blankenberghe ge-
funden hat, wo es überhaupt keine Nadelholzpflanzen gab.
Abb, 97
A Opatrum (Melanimon) tibiale F., B Opatrum sabulosum L., C Heliopathes (Phylen)
gibbus F. — Original.
Weitere Beobachtungen über die von Altum in die Forstinsektenkunde
eingeführten Käfer sind sehr erwünscht, vor allem darüber, ob es sich vielleicht
in den mitgeteilten Fällen um einen Gelegenheits- oder Ausnahmefraß handelte,
welche Rolle die Larve spielt usw.i)
Bevor wir über diese Punkte nicht Klarheit erlangt haben, können wir
auch über die forstliche Bedeutung ein bestimmtes Urteil nicht abgeben.
Stellen die geschilderten Fraßgewohnheiten eine normale Ernährungsweise der
Käfer dar, so werden wir sie wohl zu den sehr schädlichen Forstinsekten
(Kulturschädlingen) rechnen können.
*) In Südfrankreich und Ungarn frißt die Larve von Opatrum sabulosum die im Boden
aufgequollenen Augenknospen der Edelreiser der Reben aus und dringt in diese ein. In Süd-
osteuropa tritt eine Opatrum -A^xt, die nach Jablonowski mit sabulosum identisch sein soll,
als schlimmer Schädling des Tabaks auf, besonders in Saatbeeten und gleich nach der Verpflanzung.
Die jungen Pflänzchen werden dicht unter der Erde durchgebissen, ältere oberflächlich benagt.
Femer fressen die Käfer und Larven derselben Art an den Aussaaten von Mais, Roggen und
Weizen den Embryo vor Beginn des Keimens aus (Reh, Hbch. S. 494).
202 Coleoptera. — 5. Familienreihe: Heteromera.
Bekämpfung. — Sollte eine Bekämpfung sich als notwendig erweisen, so
könnte man allenfalls versuchen, die Käfer in Rüsselkäfergruben zu fangen, da
die Tiere schwerfällig sind und nur selten von ihrem Flugvermögen Gebrauch
machen.
Holzfresser.
Die Zahl der im Holz lebenden Heteromeren ist Legion, und es würde
viel zu weit führen, alle im Holze gefundenen Arten auch nur mit Namen hier
anzugeben, zumal viele von ihnen nur in altem in Zersetzung begriffenem Holze
vorkommen. Auch ist von den wenigsten der im Holze lebenden Heteromeren
die Lebensweise näher bekannt und es ist sehr wahrscheinlich, daß manche Art,
bei der sich die Fundortsangabe „im Holze" findet, es weniger auf das Holz
selbst als auf die darin befindlichen Larven von Borken- oder Bockkäfern oder
auf Pilze abgesehen hat, also in eine
der folgenden Kategorien einzureihen
sein wird.
Die meisten Familien der Heteromeren
sind unter den Holzbewohnern vertreten, be-
sonders die Mordellidae, Oedemeridae^ Älle-
culidae, Melandryidae und Tenebrionidae.
Von den Morde 11 i den seien als die dem Forst-
mann am häufigsten begegnenden Arten genannt :
Mordella fasciata F., von deren Larvengängen
und Fluglöchern abgestorbene Weiden- oder
Buchenstämme oft dicht durchsetzt sind, Mor-
dellistena lateralis Ol. („aus dürrem Waldholz
erzogen, auch an Ulmen und Weidenzäunen'')
sodann Tomoxia bigiittata Gyll. (Abb. 94 D
U.98A); von den Melandryiden: Melandria
caraboides L. (,,in faulenden Laubholzstöcken"),
Serropalpus barbatus Schall. (Abb. 94 H)
(„in stehendem oder gefälltem Tannen- und
Fichtenholz"); von den Alleculiden: Alle-
cula morio F. („im Mulm von Laub- und
Nadelholz"), Prionychus ater (in Eschen,
Erlen, Eichen, Linden, Pappeln, Weiden,
Ulmen usw."). Pseudocistela ceramboides L.
(„im Mulm hohler Eichen , Weißbuchen und
Kastanien-'); von den Tenebrioniden ; Melasia culinaris L. (,,im Moder alter Kiefern-
stubben, unter Eichen- und Weidenrinde"(, Tenebrio niolitor (Abb. 93) (der „Mehlwurm", der
außer in Mehlvorräten auch im Moder alter Bäume angetroffen wird); und endlich von den
Oedemeriden: Xantochroa-Axien, deren Larven in alten, verfaulten Kieferstöcken leben,
Nacerdas melanura L., deren La.ve (Abb. 98 B) in altem Eichen- und auch Tannenholz, das
periodisch von Meerwasser befeuchtet wird, lebt (Eckstein) und Calopus .serraticornis L.
(Abb. 94 E), dessen Larve in altem morschen Holze, in den Balken der Hausdächer und alten
Zäune lebt.
Von allen diesen Arten hat sich als wirklich schädlich bisher nur i Art erwiesen nämlich
. Serropalpus barbatus Schall.
Der zu den Melandryiden (siehe oben S. 196) gehörende, durch seine schmale Form etwas
an Elateriden erinnernde Käfer ist an seinen langen 4 gliederigen Kiefertastern mit dem
großen beilförmigen Endglied leicht zu erkennen (Abb. 94H). Die borstenförmigen
1 1 giiederigen Fühler sind beim J halb so lang als der Körper. Färbung des Körpers schwarz-
braun, Fühler, Beine und Taster rostrot. Länge 8—18 mm.
Die Larve ist viel weniger stark chitinisiert als der Mehlwurm, daher weicher und
weißlich gefärbt (gelblich weiß); nur die Mundteile sind stärker chitinisiert und dunkler gefärbt.
Der Körper ist wenig abgeplattet, in der Mitte am breitesten, gegen das Kopfende schwächer,
gegen das Hinterende stärker verjüngt, mit fast vollständig unbehaarter und fein nadelrissiger
Abb. 98 A. Holzfressende Heteromeren-Larven.
a Tomoxia (Mordella) biguttata Gyll., bNacerdes
melanura L. (Oedemeride). — Nach Boas.
Holzfresser. 20^
Oberfläche, Kopf mit deutlicher Oberlippe, ohne Augen und mit 4 gliederigen Fühlern. Vorder-
brust am stärksten entwickelt. Mittel- und Hinterbrust den 9 Hinterleibsringen ähnlich gebildet,
von denen der letzte auf der Oberseite zwei nach aufwärts gekrümmte, braune Homhaken trägt.
Beine gut entwickelt, aber nicht lang (Wachtl).
Puppe gelblich weiß, sehr leicht kenntlich durch die bereits sehr deutlich ausgeprägten
Kiefertaster, sowie durch eine quere, kammartige, mit vier starken Stacheln besetzte und in der
Mitte noch einmal in der Längsrichtung eingeschnittene, fleischige Erhöhung auf der Oberseite
des vorletzten und eine Reihe von vier schwächeren Dornen auf der Oberseite des letzten Hinter-
leibsringes (Wachtl).
Vorkommen und Lebensweise. Über Mittel-, Nord- und Südeuropa
verbreitet. Fraßpflanze: Weißtanne und Fichte (in stehenden kränklichen oder
frischgefällten Stämmen).
Über die Lebensweise sind wir hauptsächlich durch Erne (1872) und
Wachtl unterrichtet. Der Käfer (Abb. 94 H) ist nach Ernes genauen Beob-
achtungen ein nächtliches Tier, das sich am Tage wahrscheinlich in dem Moos
an den Bäumen oder in der Bodendecke verbirgt, in der Nacht dagegen unge-
mein flüchtig ist. Auch die Begattung findet in der Nacht statt.
Sein bevorzugter Brutbaum ist die Weißtanne, in welcher Holzart Erne
und Wachtl die Larven ausschließlich fanden. Doch leben sie sicher auch in
Fichten, da der Käfer auch in Schweden, wo die Weißtanne fehlt, vorkommt
und von Ratzeburg (nach einem starken Nonnenfraß) auch in Ostpreußen ge-
funden wurde, wo die Weißtanne ebenfalls nicht heimisch ist. Die Eier werden
ohne Zweifel in irgend eine Ritze abgelegt, und die Larven fressen sich in den
Holzkörper ein. Die Larvengänge, welche nach den übereinstimmenden Angaben
von Erne und Wachtl sich in keiner Weise von denen der Holzwespenlarven
unterscheiden, sind drehrund und mit feinem Wurmmehl gefüllt, verlaufen, allmäh-
lich an Stärke zunehmend, in verschiedenen Krümmungen von der Peripherie
des Stammes in das Innere, wenden sich dann wieder gegen die Oberfläche
und endigen, bald näher, bald entfernter unter derselben, in nicht besonders
ausgezeichneten Puppen wiegen, aus denen sich der Käfer durch ein kreisrundes
Flugloch herausfrißt.
Nach Erne braucht das Tier „3 Jahre zu seiner Entwicklung'', nach
Wachtl „dürfte die Generation eine zweijährige sein". Beide Beobachter
stimmen darin überein, daß der Käfer meistens Stämme angeht, und zwar nach
Erne nur in ihrer unteren Hälfte. Letzterer hat ihn gelegentlich, aber selten,
auch in Weißtannenstöcken gefunden, Wachtl auch in Klafterholz, welches er
erst nach der Fällung befallen haben konnte. Nach Erne sind es stets frische
oder erst kürzlich abgestorbene Stämme, die angegangen werden, und zwar
solche, welche noch gut vom Tischler verarbeitet werden können. Fault der
Stamm dann an, oder bleibt er an einer Seite lange feucht, so sterben die
Larven ab. Nach Wacht' soll bei stehendem Holze ein gewisser Krankheits-
grad notwendig sein, um den Käfer anzulocken.
Forstliche Bedeutung. — Der Schaden beruht auf dem Larvenfraße,
der im wesentlichen demjenigen der Holzwespen gleichwertig ist, ja es dürfte
sein Fraß nicht selten mit dem Holzwespenfraß verwechselt worden sein. Im all-
gemeinen ist die Beschädigung nur technisch beachtenswert. Der einzige be-
kannt gewordene Fall einer größeren Verbreitung wird von Erne berichtet, nach
welchem an einer nicht näher bezeichneten, wahrscheinlich aber auf der Höhe
der Vogesen gelegenen Örtlichkeit ,,auf einer Strecke von ^/^ Stunden Länge und
1/4 Stunde Breite etwa 250 Bäume von diesem Insekte durchlöchert waren".
Manche Bäume enthielten bis zu 80 Stück.
Der Käfer wurde zuerst 1863 in die forstliche Literatur durch Ratzeburg (S. 149) ein-
geführt, der ihn bei Gelegenheit des großen Nonnenfraßes aus Ostpreußen in allen drei Ent-
20A Coleoptera. — 5. Familien reihe: Heteromera.
wickelungsstufen zugesendet erimlten hatte. Er gibt aber keine genauere Schilderung, da „für
fürstliche Blätter das Speziellere einer Rarität zu fremdartig sein" dürfte. Dagegen macht Erne
im Juni 1872 äußerst vollständige Mitteilungen über seine Entwickelung und Lebensweise, bildet
auch die Larve und ihre Fraßgänge ganz leidlich ab und betont, daß der Käfer in den hohen
Vogesen sehr häufig sei. In dem Katalog der auf der Wiener Weltausstellung 1873 ausgestellten
entomologisch -biologischen Sammlung erwähnt Wachtl den Käfer kurz als in seinem Schaden
den Sirex-Larven ähnlich, desgleichen Altum (F. S. 158). Die besten Abbildungen der Ent-
wicklungsstadien und des Fraßes, sowie eine biologische Schilderung gibt dann Wachtl, ohne
die früheren Mitteilungen von Ratzeburg und Erne zu kennen, im Jahre 1878.
Vorbeugungs- und Vertilgungsmittel werden gegen dieses Insekt
wohl nur selten nötig werden. Erstere können bestehen in der gegen Holz-
insekten überhaupt zu empfehlenden reinlichen Wirtschaft, nämlich gründlicher
und rechtzeitiger Durchforstung, Entfernung aller kranken Bäume, Entrinden
des gefällten Rund- und Schichtholzes, Aufbereitung und Aufbewahrung desselben
nur an freien luftigen Orten, so daß es bald und gründlich austrocknet. Ob
letztere namentlich von Wachtl betonte Maßregel wirklich erfolgreich ist, bleibt
aber bei der positiven Angabe von Erne, daß die Larven in feuchtem Holze
sicher zugrunde gehen, noch zweifelhaft. Ferner wäre Rodung der Stöcke oder
Tiefabhieb zu empfehlen.
Pilzfresser.
Auch deren Zahl ist groß, zumal viele der in faulem Holze lebenden Heteromeren auch
in Schwämmen vorkommen. Es gilt hier ferner dasselbe, was oben von den Holzfressern gesagt
ward, daß nämlich die Lebensweise noch von den wenigsten Arten geklärt ist und daß ein ein-
gehenderes Studium der Schwammbewohner gewiß noch manche interessante biologische Tatsache
zu Tage fördern wird. Von den zahlreichen pilzfressenden Heteromeren sind vor allem die
beiden zu den Tenebrioniden gehörenden Gattungsgruppen der Boletophagini und Diaperini
zu nennen, deren Vertreter fast ausschließlich in Baumschwämmen leben.
Als die häufigsten Arten seien angeführt: der schwarze, an kleine Laufkäfer erinnernde
Boletophagus reticulahis L. , die kurz ovale, hochgewölbte und gelb gebänderte Diaperis
boleti F., die in Buchen-, Eichen-, Birken-, Fichten- und Tannenschwämmen gefunden wird, ferner
das kurz elliptische, metallisch gefärbte Scapkidema nietallicum F., dessen Larve durch die
breite, dicke Körperform auffällt, und endlich das ähnlich geformte, schwarzblaue 6 — 7 mm
lange Plalydema violaceum F.
Außerdem gibt es auch unter den anderen Familien noch zahlreiche Schwammfresser, wie
unter den Mordelliden (Mordella, Änaspis), den Melandryiden {Tetratoma funqorum F.
in Polyporus betulinus, Hallomenus binotatus Quens., in Folyporus maximus Brot, und
anderen Schwämmen), den Alleculiden (Alycetochara) usw. usw.
Larvenräuber.
Viele im Holz und unter der Rinde vorkommenden Heteromeren nähren
sich von den Larven holzzerstörender Schädlinge, Borken- und Bockkäfer usw.,
und werden dadurch forstnützlich. Sie finden sich gewöhnlich in den von
jenen genagten Gängen und können so leicht mit den eigentlichen Verfertigern
derselben verwechselt werden. Große Lücken sind auch hier in unserem Wissen.
Da es sich hier um Fragen über vermehrungshemmende Faktoren von Schäd-
lingen handelt, so ist ein eingehendes Studium der räuberischen Heteromeren
vom Standpunkt des Waldhygienikers aus besonders erwünscht.
So viel wir heute wissen, sind es hauptsächlich Vertreter der Familien
der Pythidae^ Pyrochroidae und einige Tenebrionidae , die vom Larvenraub leben.
Die Pythiden leben, soweit es sich um kleinere Formen handelt, wohl vornehm-,
lieh von den Larven der Borkenkäfer; es seien hier besonders genannt: Lisso-
derma a,- pustulatum Mrsh. (Abb. 94 B) und die mit rüsselförmig verlängertem Kopf
versehenen Rhinosimus-h.r\.Qn. (Abb. 94 C), die hauptsächlich in den Gängen von
Xyleborus-KxtQXi angetroffen werden. — Die Pyrochroiden, deren auffallend
Larvenräuber.
205
rot gefärbten Imagines hauptsächlich auf Blüten zu finden sind, leben als Larven,
die an der abgeflachten Gestalt und dem zangenartig gestalteten letzten Segment
leicht zu erkennen sind (Abb. 98 B, a), unter der Rinde von schon länger ab-
gestorbenen Bäumen, um auf die dort lebenden Bockkäferlarven {Rkagium usw.)
Jagd zu machen. Wo sie, wie Verfasser im Bialowieser Urwald beobachten
konnte, in großen Mengen auftreten, spielen sie in der Vermehrungsbeschränkung
jener Bockkäfer usw. gewiß eine nicht zu unterschätzende Rolle. Ihre Entwick-
lung scheint recht langsam vor sich zu gehen und soll drei Jahre dauern.
Von den Tenebrioniden sind hauptsächlich die Hypophloeus-kxiQVi (Abb. 94 G
u. 98 B, b) zu nennen. Sie leben in Borkenkäfergängen; ob sie allerdings sich
von den Borkenkäferlarven nähren, oder vielleicht nur von deren Bohrmehl,
scheint noch nicht geklärt, Hypophloeus
fraxini Kugel, wurde in den Gängen von
Pityophtorus pubescens^ Ips laricis^ Taph-
rorychus bicolor, Pityogenes quadridens usw.
gefunden, Hypophloeus pini Panz. in den
Gängen von Ips typographus^ Hypophl. lineatis
F. in den Gängen von Pityogenes bideniatus
und Polygraphus subopacus usw.
Außerdem sei noch auf die Helops-
Arten aufmerksam gemacht, deren Imagines
oft in großer Zahl an Kiefern vorkommen.
Nach Scheidters persönlicher Mitteilung
traten Helops lanipes (Abb. 94 F) an den
Kiefern in Schleißheim bei München oft
so häufig auf, daß auch die Forstleute
darauf aufmerksam wurden. Auch unter
der Rinde werden sie häufig getroffen.
Welche Rolle sie spielen, darüber sind wir
noch nicht unterrichtet. Redtenbacher
spricht die Vermutung aus, daß sie auf die
Larven anderer Insekten Jagd machen.
Abb. 98 B. Räuberische Heteromeren-
Larven, a Pyrochroa coccinea L., b Hypo-
phloeus spec.
In: Z. f. F. u. J. XIX,
Literatur über Heteromeren.
AI tum, B., 1887, Opatrum tibiale^ ein neuer Kiefernfeind. -
S. 466 — 469.
1888, Opatrum sabulosimi und gibbiim, zwei neue Kiefernfeinde. — In: Ebenda XX, S. 495.
Eckstein, 1909, Auftreten, Lebensweise und Entwicklung der spanischen Fliege. — In:
D. F. Z., S. 819.
— — 1916, Zerstörung des Holzes durch Landtiere. — In: Handbuch der Holzkonservierung
von Troschel, Berlin.
Escherich, K., 1894, Beiträge zur Naturgeschichte der Meloidengattung L^^to F. — In: Verh.
zool -bot. Ges. Wien. 251 — 306. 4 Taf.
— — 19175 Forstentomologische Streifzüge im Urwald von Bialowies. — In: Bialowies in
deutscher Verwaltung. Berlin.
Ern6, T., 1872, Über Entwicklung und Lebensweise von Serropalpus striatus Hell. — In:
Mitt. Schweiz, ent. Ges. III, S. 525 — 530.
Keller, C, 1899, Forstzoologische Mitteilungen. — In: Schweiz. Zeit. f. Forstwesen.
Lucas, H., 1871, Note sur la vie 6voIutive de r Opatrum sabulosum. — In: Ann, de la Soc.
ent. Franc. 5. ser., Bd. I, S. 452.
Perris, E., 1877, Larve de Coleopteres.
Schiödte, 1877, De metamorphosi eleutheratorum observationes. Pars X. Kopenhagen.
Wachtl, A, 1878, Serropalpus barbatus und Retinia margaritana. — In: Mitt. Forstl,
Versuchsw. Österreichs I, S. 92 — 106, Taf. XV u. XVL
Zimmermann, H., 1922, Ölkäfer (Meloe proscarabaeus L.) als Schädiger von Rotklee. —
In: Nachr. Bl. f. d. deutsch. Pflanzenschutzdienst. Nr. 5, S. 35.
2o6
Coleoptera. — 6. Familienreihe : Phytophaga.
6. Familienreihe: Phytophaga.
Die Tarsen mit 4 deutlichen Gliedern; an der Basis des Klauengliedes, das von dem
fast immer gelappten dritten Glied dorsahvärts aufgenommen ist, befindet sich meist noch ein
kleineres rudimentäres 5. Glied, das oft nur durch eine kleine Basalverdickung angedeutet er-
scheint. Das I. Glied der Hintertarsen ist (mit wenigen Ausnahmen) gestreckt. Fühler ver-
schieden gebildet, jedoch niemals gekniet oder geknöpft oder eine deutliche Keule bildend,
Flügelgeäder nach dem III. Typus. — Die Phytophagen sind durchgehends Pflanzenfresser.
Die Familienreihe der Phytophagen. enthält drei Familien: Cerambycidae (Bockkäfer),
Chrysomelidae (Laubkäfer) und Bnichidae (Samenkäfer), die sich folgendermaßen kennzeichnen
lassen :
1. Kopf vorn in eine mäßig lange, abgestutzte Schnauze verlängert. Fühler derb,
meist etwas zusammengedrückt, mehr oder minder gesägt, oder gegen das
Ende zu stärker werdend. Hinterhüften breit, mit aufgebogenem Hinter-
rand. Larven fußlos, leben in den Früchten von Leguminosen .... Bruchidae
Abb. 99. Larve und Puppe eines Bockkäfers (Monochamus). a Larve von oben, b dieselbe von
unten; c Mundgliedmaßen von oben, d von unten; e Fühler; f Hinterkiefer ^Unterlippe) der Larve,
g Mittelkiefer, h Mandibeln; i Warzenfeld auf einem dorsalen Laufwulst, k dasselbe auf einem
ventralen Laufwulst; 1 Puppe von oben, m dieselbe von unten. — Nach Gernert.
Kopf nicht schnauzenförmig verlängert, Fühler borsten-, faden- oder schnur-
förmig (selten gesägt oder gegen die Spitze schwach verdickt). Hinterhüften
schmal, voneinander abstehend 2
Fühler meist borstenförmig (d. h. zur Spitze verjüngt, selten gesägt), lang,
meist länger als der halbe, oft auch länger als der ganze Körper. Letzterer
meist mehr oder weniger gestreckt, gewöhnlich behaart. Larve weißlich,
entweder völlig beinlos oder nur mit kurzen Beinrudimenten; lebt unter
Rinde oder im Holz. Zahlreiche forstlich schädliche Arten Cerambycidae
Familie Cerambycidae.
207
Fühler meist faden- oder schnurförmig oder zur Spitze etwas verdickt, meist
kürzer als der halbe Körper. Letzterer meist kurz und gedrungen
(selten gestreckt!), gewöhnlich kahl und glänzend. — Larven mit kräftigen
Beinen und buntgefärbt; leben gewöhnlich frei an Pflanzen. — Mehrere
forstlich schädliche Arten
Gkrysomelidfte
Familie Cerambycidae.
Bockkäfer.
Das hervorstechendste Merkmal der Cerambyciden ist die kräftige Ausbildung der
Fühler, die meist sehr lang, oft länger als der Körper sind. Sie bestehen gewöhnlich aus 11,
selten 12 Gliedern und sind meist fadenförmig, gegen
das Ende zu sich verjüngend. Die Körperform meist
langgestreckt, die Flügeldecken mehr oder weniger flach,
selten stärker gewölbt (in einigen Fällen sind die
Flügeldecken stark verkürzt, so daß die häutigen Flügel
weit darüber hinausragen). Der Kopf ist bald hypog-
nath, bald prognath, bald bis an die Augen in den
Halsschild eingelassen, bald von diesem durch eine
Art Hals getrennt. Augen meist deutlich nierenförmig,
manchmal auch zweigeteilt. Beine gewöhnlich zierlich
und schlank, manchmal die Schenkel keulenförmig ver-
dickt. Tarsen 4 gliederig, das 3. Glied meist
zweilappig; das Klauenglied mit einem gliedartigen
kurzen Knötchen an der Basis („cryptopentamer").
Die Larven der Bockkäfer sind recht charakte-
ristisch und leicht zu erkennen. Sie sind wie die
meisten verborgen, bezw. unter der Rinde oder im
Holze lebenden Larven weißlich gefärbt. Ihre Form
ist gewöhnlich langgestreckt, dorsal und ventral etwas
abgeflacht. Der große, stark chitinisierte, braune Kopf
ist meist in den Vorderbrustring mehr oder weniger
tief eingesenkt. Ocellen fehlen oder sind in oft un-
deutlicher Ausbildung in der Zahl von i — 5 neben den
Fühlern vorhanden. Die Mundgliedmaßen derb und
kräftig, besonders die Mandibeln; die Fühler sehr
kurz, dreigliedrig (Abb. 99 e) , einziehbar. Taster an
den beiden Kieferpaaren, also auch an der Unterlippe
vorhanden (Abb. 99 d — g). Von den drei Brustsegmenten
ist gewöhnlich das erste wesentlich gröl)er als die
folgenden und ist häufig auch noch durch den Besitz
von verschieden geformten chitinisierten Platten von
diesen unterschieden (Abb. 99 a). Beine fehlen ent-
weder ganz oder sind nur als kleine Rudimente seit-
lich an den Brustringen vorhanden. Dafür sind die
Abdominalsegmente i — 7 und die beiden hinteren
Brustsegmente dorsal und ventral mit quer verlaufen-
den Wülsten, die meist mit zahlreichen kleinen
Wärzchen besetzt sind, ausgestattet (Abb. 99 — loi).
Diese Wülste, die je nach Bedarf eingezogen oder
aufgetrieben werden können, dienen zur Fortbewegung
in den Gängen, weshalb wir sie als „Lauf- oder
Gangwülste" bezeichnen wollen. After am letzten Hinterleibsring kegelförmig vortretend, ein
eigenes Scheinsegment bildend (Abb. 99—101), meist y-förmig, seltener quergespalten.
Die Bockkäferlarven haben eine gewisse Ähnlichkeit mit den auch in der Lebens-
weise übereinstimmenden Larven der Buprestiden, doch lassen sie sich von diesen (siehe
oben S. 130) gut unterscheiden, durch den nicht oder nur wenig verbreiterten Vorderbrustring,
durch das Vorhandensein von Unterlippentastern und der Laufwülste und die ovalen Stigmen
(bei den Buprestiden sind diese halbmondförmig).
So sehr sich die meisten Bockkäferlatven auf den ersten Blick ähneln, so lassen sie sich
doch gut unterscheiden, vor allem durch die Form des Kopfes. Nach Schiödte und Gangl-
bauer können wir die I^arven in folgende Gruppen einteilen:
B E F
Abb. 100. A u. B Larve von Cerambyx
cerdo L. in '^/g natürlicher Größe von
der Seite und von oben. Bei A Füße
und Stigmata erkennbar. C — F sche-
matische Darstellungen der Kopfkapsel
und deren Verhältnis zu den (punktiert
angedeuteten) Brustringen, C von Rha-
gium Inquisitor L., D von Cerambyx
cerdo, E von Prionus coriarius, F von
Saperda carcharias. Diese Schemata
sind, ohne Rücksicht auf das natürliche
Größenverhältnis der einzelnen Larven,
so gezeichnet, daß alle Kopfkapseln die
gleiche Breite haben. — N.
208
Coleoptera. --6. Familienreihe: Phytophaga.
1. Kopfkapsel breiter als lang, oder wenigstens nicht länger als breit (Abb.
loo C u. D). Beine stets deutlich erkennbar Cerarribycinae
a) Die Seitenteile') der Kopfkapsel sich nur in einem Punkt berührend und
nach hinten divergierend (Abb. loo C) Lepturini
b) Die Seitenteile der Kopfkapsel vorn in einer längeren Linie miteinander
verwachsen und dann nach hinten divergierend (Abb. 1 00 E) Prionini
^
Fn
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(^M^
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f g h i k
Abb. lOiA. Larven von verschiedenen Bockkäfern (Lamiinae). a Acanthoderes clavipes Sehr.,
b Acanthocinus aedilis L., c Lamia textor L., d Pogonochaerus fascieulatus Deg. , e Oberea
linearis L., f Saperda populnea L., g Saperda charcharias L., h Monochamus sutor L., i Mesosa
nebulosa F., k Tetrops praeusta L. — Nach Kemner.
c) Die Seitenteile der Kopfkapsel ihrer ganzen Länge nach miteinander ver-
wachsen und nach hinten nicht divergierend (Abb. lOO D) Cerambyeini
2. Kopf kapsei viel länger als breit, die Seitenteile der Kopf kapsei ihrer ganzen Länge
nach miteinander verwachsen, Beine fehlen stets vollkommen (Abb. löo F) Lamiinae
') Wir bezeichnen an der chitinisierten Kopfkapsel das durch die Gabellinie vom über
der Oberlippe abgeteilte Dreieck als Mittelteil und die beiden nach hinten von der Gabellinie
gelegenen Teile als Seitenteile (s, Abb. lOoC — F).
Familie Cerambycidae. 20Q
Was die Unterscheidung der Larven der einzelnen Arten betrifft, so lag dieselbe
bis vor kurzem noch recht im argen. Erst in der neuesten Zeit sind wir durch die Unter-
suchungen Kemners (1922) um ein gutes Stück weitergekommen. Genannter Autor hat zunächst
die Larven der Unterfamilie der Lamitnae studiert und eine Bestimmungstabelle aufgestellt , die
wir in etwas verkürzter Form hier wiedergeben.
Übersicht über die Larven der Lamiinae.
(Kopfkapsel viel länger als breit.)
r. Das 9. Hinterleibssegment am Hinterrand mit einem kleinen Dorn oder einer
kleinen Platte 2
— Das 9. Hinterleibssegment ohne Dorn oder Platte 4
2. Das 9 Hinterleibssegment mit einem Dorn ohne verbreiterter Basalpartie. Stirn
in der Mitte längsgerieft. Bis 23 mm lang (Abb. lOi A, i) . . Mesosa nebulosa F.
— Das 9, Hinterleibssegment mit kleiner Chitinplatte oder einem kleinen an der
Basis verbreitertem Dorn. Bis 13 mm lang 3
3. Das 9. Hinterleibssegment mit einer gerieften Platte (Abb. lOlA, d)
Gattung Pogonochaerus Gem.
— Die Platte des 9. Hinterleibssegmentes ohne Längsriefen, dagegen mit einer
Querleiste, die in der Mitte zu einem Dorn sich erhöht. Länge nur etwa
5 mm (Abb. loi A, k) Tetrops praeusta L.
4. Pronotum sowie die Gangwülste ohne Chitindorne oder -körner 5
— Pronotum und Gangwülste mit Chitinkörnern lO
5. Die Gangwülste in kleine runde Warzen zerfallend 6
— Die Gangwülste ohne runde Kleinwarzen 9
7. Die hintere Hälfte des Pronotuums glänzend, mit tiefen netzartigen Furchen,
Länge bis 28 mm (Abb. loi A, a) Acanthoderes clavipes Schrnk.
— Die hintere Hälfte des Pronotums matt 8
8. Die runden Kleinwarzen in konzentrische Linien geordnet Die hintere Hälfte
des Pronotums mit strichförmigen Furchen. Bis 40 mm lang (Abb. loi A, h)
Monoehamus sutor L.
— Die runden Kleinwarzen nicht in Linien geordnet. Die hintere Hälfte des
Pronotums fast ohne Furchen. Bis 15 mm lang Liopus nebulosus L.
9. Die Hinterhälfte des Pronotums in zwei chitinisierte Platten geteilt. Larve ab-
geplattet (Abb. loi A, b) Acanthocinus aedüis L.
— Die Hinterhälfte des Pronotums nicht geteilt. Larve nicht abgeplattet
(Abb. loi A, c) Larnia textor L.
10. Larve breiter als dick. Pronotum nach vorne nicht steil abfallend. Chitin-
körner auf dem Pronotum klein, auf den Gangwülsten kaum sichtbar . .11
— Larve dicker als breit. Pronotum nach vorne steil abfallend 12
11. Stirn hinten mit zwei runden glänzenden Vertiefungen. Pronotum am Vorder-
rand mit 4 freistehenden Borsten Saperda scalaris L.
— Stirnvertiefungen weniger deutlich. Pronotum am Vorderrand ohne freistehende
Borsten . Saperda perforata Pll.
12. Gangwülste im vorderen Drittel der langen Segmente gelegen, klein viereckig
mit einer tief eingesenkten Querfurche, deren Ränder wulstartig erhöht und
mit kleinen Härchen bekleidet sind (Abb. lOiA, e) Oberea linearis L.
— Gangwülste, wie gewöhnlich, in der Mitte der Segmente gelegen . . . ..13
13. Larve bis 40 mm lang, 6 — 6,5 mm breit. Pronotum stark chitinisiert, braun,
an der Bauchseite treten die Hypopleuren als braune Platten hervor
(Abb. 101 A, g) ' . . Saperda chareharias L.
— Larve bis 20 mm lang, 3 mm breit. Pronotum weniger chitinisiert, Hypopleuren
nicht braun (Abb loi A, f) Saperda populnea L.
Die Puppe ,, spiegelt die künftige Imago ganz deutlich ab; die Antennen-, Prothorax- und
Bein-Charaktere sind dieselben wie bei der Imago. Als besondere Puppenorgane finden sich an
verschiedenen Stellen des Körpers Dorne und Borsten. Besonders sind charakteristisch Dorne
an der Hinteileibspitze zu finden, die gute systematische Merkmale darstellen (Abb, 101 B).
Einige Formen mit langen Hinterleibspitzen tragen diese im Puppenstadium ausgestülpt, was
den Puppen eine ungewöhnliche Form gibt (Abb loi B, b u. c). Ebenso verhält es sich mit
den langen Antennen einiger Arten, die auf verschiedene Weise unter dem Körper zusammen-
gelegt werden, bei den meisten einfach gebogen (Abb. lOi B, g), bei Monoehamus spiralig auf-
gerollt (Abb. 99 m), bei Acanthocinus in großen Schlingen gelegt usw." (Kemner 1922).
Escherich, Forstinsekten. IL Bd. ^4
2 lo Coleoptera, — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Die Bockkäfer halten sich als I mag in es auf Blüten und Pflanzen aller
Art auf, auf Baumstämmen und geschlagenem Holze, manche auch auf der Erde
(unter Steinen usw.). Viele suchen den ausfließenden Saft der Bäume, andere
den Staub der Blüten auf, manche fressen auch Blätter {Saperda carcharias)
und manche nehmen während ihrer kurzen Lebenszeit vielleicht gar keine Nahrung
auf (Kemner ig22).
Das Weibchen legt seine Eier meist einzeln an die Rinde bezw. in die
Ritzen der Rinde, wobei es mit seiner weit vorstreckbaren Legeröhre den Stamm
oft lange an den geeignetsten Stellen absucht und die Eier mitunter tief in die
-Sl.\
1^
V /
v?^
f g h
Abb. 10 1 B. Puppen von verschiedenen Bockkäfern (Lamiinae). a Acanthoderes clavipes Schrk.
b u. c Acanthocinus aedilis L. , d Pogonochaerus fasciculatus Deg. , e Lamia textor L. , f u. <
Tetrops praeusta L., h Saperda populnea L. — Nach Kemner.
engsten Ritzen oder auch zwischen Rinde und Splint schiebt.^) Bei einzelnen
Arten kommt auch eine Art Brutpflege vor, indem die Weibchen durch Benagen
der Rinde den jungen Larven die nötigen Lebensbedingungen schafiFen (siehe
imten bei Saperda populnea u. Oherea linearis). Die Larven leben meist in Holz-
^) Die Weibchen mancher Arten nagen oft selbst Löcher durch die Rinde, um geeignete
Eiab'agestellen zu schaffen. So hat Kemner (1922) beobachtet, daß das 5 ^^"^ Acanthocinus
aedilis L. ein trichterförmiges Loch durch die Borke nagt, und mit seinem Abdomen darin ein-
gesenkt, die Eier um die innere Öffnung herum, zwischen Borke und Splint einschiebt. (Vergl.
auch Saperda jwpulnea.)
Familie Cerambycidae. 2 11
gewachsen (lebenden oder auch abgestorbenen), unter der Rinde oder im Holz.
(Nur einige wenige Gattungen machen eine Ausnahme, wie Dorcadion, deren Larven
nach Engerlingsart im Boden leben, ferner die Larve von Calamobius gracilis Creutz.,
die im südlichen Frankreich als Schädling in den Getreidehalmen vorkommt.)
Die Fraßbilder der Larven stellen gewöhnhch unregelmäßig ge-
wundene, oft sehr breit werdende, mit Nagemehl dicht vollgepfropfte
Gänge dar. Sie verlaufen entweder in ihrer ganzen Ausdehnung unter der
Rinde, in Bast oder Splint, oder sie dringen nach einer mehr oder weniger aus-
gedehnten Rindenfraßstrecke (oder aber auch ohne Rindenfraß, direkt) ins Holz
ein, um dasselbe nach allen Richtungen zu durchziehen. Manchmal nehmen
die Gänge auch regelmäßigere Formen an, besonders da wo es sich um dünne
Zweige handelt: hier finden wir zuweilen einen charakteristischen ausgedehnten
Markröhrenfraß, oder aber der Larvenfraß bedingt eine lokale Anschwellung
(Galle), die der Larve auf relativ engbegrenzter Stelle genügend Nahrung ver-
schafft. Der Querschnitt der Larvengänge ist bei den meisten im Holz oder
unter der Rinde lebenden Larven queroval.
Die Verpuppung findet entweder unter der Rinde in einem aus den
Nagespänen hergestelltem Nest statt (Abb. ii6)^ oder in einem besonderen
mehr oder weniger tief ins Holz eindringenden hakenförmigen Verpuppungsgang,
dem sogenannten „Hakengang" (Abb. 121), oder aber endlich bei den im Holz
lebenden Larven findet die Verpuppung gewöhnlich in dem etwas erweiterten,
oft mit Nagespänen (in einigen Fällen außerdem auch noch mit einem Kalk-
deckel) verschlossenen Gangende statt.
Der Jungkäfer frißt sich seinen Ausfluggang gewöhnlich selbst, der je
nach der Tiefe, in der die Verpuppung stattgefunden hat, verschieden lang ist.
Der Käfergang wie auch das Ausflugloch ist in der Regel queroval, mit gerundeten
Seiten, in einigen Fällen (Monochamus^ Saperda^ Spondylis usw.) kreisrund.
Die Unterscheidung der Fraßgänge der verschiedenen Bockkäferarten
ist schwierig, und oft besonders da, wo mehrere Arten mit ähnlicher Lebens-
weise an einer Baumart vorkommen, kaum durchführbar (im Gegensatz zu
Borkenkäfern, von denen jede Art ihr charakteristisches Fraßbild hat). Wir
müssen uns in solchen Fällen an die Larven halten oder durch Erziehung des
Käfers uns Klarheit verschaffen,
Dif ferenzialdiagnostisch kommen vor allem die Fraßgänge der Buprestidenlarven
in Betracht, die vielfach große Ähnlichkeit mit Bockkäfergängen haben und oft schwer zu unter-
scheiden sind. Als gut brauchbarer Anhaltspunkt kann in diesen Fällen der Umstand dienen,
daß bei vielen Buprestiden das Bohrmehl wolkig angeordnet ist (Abb. 66, S. 136), während
es bei den Cerambyciden einfach wurstförmig die Gänge erfüllt (Abb. 105). Sodann ist auch auf
die Fluglöcher zu achten, die bei den Buprestiden seitlich meist mehr oder weniger scharf sind
(bei den Bockkäfern abgerundet) : dann ist bei gewissen Buprestiden der untere Rand des Flug-
lochs dreieckig erweitert, was bei den Böcken niemals vorkommt.
Außer Buprestidengänge können vielleicht auch die Gänge von Rüsselkäfern (Pissodes)
zu Zweifeln Anlaß geben; hier wird das Vorhandensein von Spahnpolster-Puppen wiegen bei
den letzteren vor Verwechslungen bewahren. Wo Schmetterlingsraupen ähnliche Gänge
machen (wie Cossiden. Sesien usw.) wird der charakteristische Raupenkot einen sicheren Anhalts-
punkt geben.
Über die Generation der Bockkäfer lassen sich keine allgemeinen An-
gaben machen; wir sind auch noch wenig unterrichtet darüber. Eine Reihe von
14*
212
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Arten haben sicher zweijährige, andere sicher einjährige Generation und wieder
andere dürften, wie Cerambyx cerdo L., viel länger brauchen (3 — 4 Jahre). Es
variieren sogar mitunter bei ein und derselben Art die Angaben der ver-
schiedenen Forscher ganz erheblich. So soll Callidium (Gracilia) pygmaeum Fabr.
nach von Heyden (S. 41) eine doppelte Generation haben, während Hartig
einen Fall von vierjähriger Dauer berichtet. Sehr wahrscheinlich ist die Generation
je nach der Temperatur und nach der Beschaffenheit, namentlich dem Feuchtig-
keitsgrad der bewohnten Hölzer, eine sehr wechselnde. Genaue Untersuchungen
hierüber wären in hohem Grade wünschenswert.
Die forstliche Bedeutung beruht lediglich auf dem Larvenfraß. Sie
wurde früher stark unterschätzt. Ratzeburg legte den Bockkäfern anfangs (in
seinen „Forstinsekten'') nur wenig Bedeutung zu und meinte, daß die meisten nur
wegen der „großen Menge, in der sie am Holz erscheinen, wenigstens als
täuschende Insekten interessant sind". Später (in der „Waldverderbnis")
schätzte er sie bereits wesentlich höher ein: „Die Bockkäfer haben allmählich
Abb. 102. Links Ceramyx cerdo L., rechts Saperda carcharias L. A Käfer in natürlicher Größe
im Profil, B Innenseite des linken Vorderbeines, um die Sohlenbildung und bei Saperda die
Furche der Schiene zu zeigen, C rechter Kiefer des zweiten Paares mit Taster, von unten
V, nat. Gr. — N.
eine größere Bedeutung gewonnen, besonders an Fichte", bemerkt er dort. „Man
traue den Bockkäfern in den Nadelwäldern nicht, sondern entferne sie, je eher
je lieber, samt ihren Wiegen. Diese finden sich auch nicht nur an den Holz-
höfen und den Klaftern im Walde, wie man lange glaubte, sondern sie sitzen
auch versteckt in den lebenden Bäumen der geschlossenen Bestände und diese
muß man sorgfältig aufsuchen."
Heute wissen wir, daß die Bockkäfer eine durchaus nicht zu unter-
schätzende Rolle unter den wald- und holzzerstörenden Insekten einnehmen.
Der Schaden, den sie verursachen, ist einmal physiologischer Natur, indem
sie Bäume oder wenigstens Teile davon zum Absterben bringen können (aller-
dings oft sekundär), und sodann technischer Natur, indem sie durch ihre
großen und zahlreichen Gänge das Holz entwerten, d. h. zur Verarbeitung un-
brauchbar machen oder auch bereits verarbeitetes zerstören. Die technischen
Schädigungen fallen noch weit mehr ins Gewicht als die physiologischen,
zumal gerade die wertvollste Holzart, die Eiche, besonders darunter zu leiden
Familie Cerambycidae. 21^
hat und die Beschädigungen oft derart ausgedehnt sind, daß die technische
Entwertung eine vollkommene ist.
Als milderndes Moment kann angeführt werden, daß die VermehrungsziflFer
und das Vermehrungstempo im allgemeinen nicht groß ist und infolgedessen die
Beschädigungen meist auf einzelne Bäume beschränkt bleiben.
Als natürliches Gegengewicht kommen hauptsächlich Vögel in Betracht,
vor allem die Spechte, die die fetten Larven aus Rinde und Holz heraus-
hauen. Auch parasitische Insekten sind mehrfach aus Bockkäfern gezogen
worden, vor allem Ichneumoniden, dann auch einige Tachinen, doch stehen
unsere Kenntnisse in dieser Beziehung wohl erst am Anfang.
Systematische Übersicht.
Die Systematik der Bockkäfer bietet keine allzugroßen Schwierigkeiten dar.
Die unterscheidenden Merkmale sind meist derart, daß sie auch vom Nicht-
entomologen gut erkannt werden können.
Wir können die Bockkäfer in zwei gut charakterisierte Unterfamilien einteilen:
I. Kopf schräg nach vorn geneigt (Abb. 102 links), Vorderschienen ohne Furche
auf der Innenseite, Endglied der Taster abgestutzt Cerarnbycinae
II. Kopf vorne senkrecht abfallend (hypognath) (Abb. 102 rechts), Vorderschienen
an der Innenseite mit einer scharfen Furche, Endglied der Taster zugespitzt. . hamiinae
Unterfamilie Cerarnbycinae.
Zerfällt in eine Reihe von Gattungsgruppen , von denen folgende für uns in Betracht
kommen :
1. Flügeldecken stark verkürzt, die häutigen Flügel hinter den kurzen Decken weit
vorragend (Abb. 103c).. Necydalini
— Flügeldecken nicht oder nur wenig verkürzt, höchstens die Hinterleibsspitze
freilassend 2
2. Kopf hinter den Augen halsartig eingeschnürt, Augen gewöhnlich nicht oder
nur schwach ausgerandet (Abb. lOße) Lepturini
— Kopf hinter den Augen nicht eingeschnürt, Augen stark ausgerandet oder
nierenförmig 3
3. Kopf sehr breit, mit den Augen so breit oder breiter als das Halsschild.
Fühler sehr kurz, den Halsschildhinterrand nicht erreichend (Abb. 103 a). Spondylim
— Kopf schmäler, Fühler länger, den Halsschildhinterrand stets erreichend, meist
weit überragend .... 4
4. Halsschild mit scharfen Seitenkanten (oder wo diese fehlen, wenigstens mit
zahnartig lang ausgezogenen Hinterecken) (Abb. 103 b). Vorderhüften quer,
Vorderbrust bis hinter die Vorderhüften als breiter Fortsatz verlängert ■ Prionini
— Halsschild ohne scharfe Seitenkante (Abb. 103 f.). Vorderhüften meist kugelig
oder mit einem queren Fortsatz oder bisweilen auch schwach konisch.
Vorderbrust nicht bis hinter die Vorderhüften verlängert Cerambycmi
Gattungsgruppe Spondylini.
Enthält nur i Gattung mit i Art:
Erinnert durch seine breite gedrungene Gestalt und die kurzen Fühler eher an
einen Schröter als an einen Bockkäfer. Färbung schwarz, matt, unterseits
etwas glänzend. Brust braun behaart. Länge 12 — 22 mm. Ganz Europa.
Larve in abgestorbenem Holz (Nadelholz). Imago auf Holzplätzen oft in
großer Zahl. Forstlich unbedeutend. „Balkenschröter", „Waldbock"
(Abb. 103 a) Spondylis buprestoides L.
Gattungsgruppe Prionini.
Enthält nur sehr große Formen, von denen uns 3 Gattungen mit je i Art interessieren:
I. Halsschild ohne scharfen Seitenrand, dagegen mit zahnartig ausgezogenen Hinter-
ecken. Rötlich -braun, überall fein anliegend behaart. Flügeldecken mit
214
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Abb. 103. Verschiedene Ceniiabyciden. a Spondylis huprestoides L., b Ergates faber L., c Cae-
noptera (Molorchus) minor L., d Rhagium Inquisitor L , e Pachyta quadrimaculata L., f Cerambyx
Scopolii Füssl., g Callidium sanguineum L., h Clytus arc-iatus L., i Lamia textor L., k Pogono-
chaerus fasciculatus Deg., 1 Acanthoderes clavipes Schrk.. m Saperda populnea L. — Original.
Familie Cerambycidae.
215
drei bis vier deutlich hervortretenden Leisten. Länge 32 — 48 mm. Süd-
liches Mitteleuropa. In alten Stümpfen von verschiedenen Laubhölzein.
Aegosovia scabricorne Scop.
— Halsschild mit scharfer Seitenkante 2
2. Halsschild mit 3 spitzen langen Seitendornen. Fühler sehr kräftig, gesägt (be-
sonders beim ^), Körper gewölbt. Färbung schwarz bis braun, etwas
glänzend. Länge 24 — 40 mm. Ganz Europa. Larve in alten mulmigen
Stöcken oder Stämmen von Nadelholz und auch Laubholz (Eichen,
Buchen usw.). Forstlich indifferent Prionus coriarius L.
— Halsschild am Seitenrand gezähnelt, nur einen Dorn hinter der Mitte. Fühler
schlank. Körper flach, pechbraun gefärbt. Länge 27 — 50 mm. Ganz
Europa. Larve in totem Nadelholz. Kann technisch schädlich werden
(Abb. 103 b) Ergates faher L.
Gattungsgruppe Necydalini.
Die durch die stark verkürzten Flügeldecken und weit vorragenden häutigen Flügel gut
charakterisierte (an Schlupfwespen erinnernde) Gruppe interessiert uns in 2 Arten:
Länge 19 — 24 mm. Fühler kaum halb so lang als der Körper. Hinterleib sehr
schmal, an der Wurzel verengt und an der Brust wie mit einem Stiel be-
festigt. Flügeldecken braun. Nord- und Mitteleuropa. In alten Weiden,
Pappeln, Erlen usw. (Nah verwandt die etwas kräftiger gebaute N. ulmi
Chevr. in Eichen, Buchen, Ulmen.) ,, Großer Wespenbock-' . . Necydalis major L.
Länge 6 — 13 mm. Fühler beim (;^ länger als der Körper. Schenkel stark keulen-
förmig verdickt. Flügeldecken dunkler. Hinterleib breiter, der Brust breit
ansitzend (Abb. 103 c). Larve unter Nadelholzrinde. Forstlich nur von
geringer Bedeutung. „Kleiner Wespenbock'- . . Caenoptera (Molorchus) »linor L.
Gattungsgruppe Lepturini.
Eine gattungs- und artenreiche Gruppe, die aber forstlich ein geringes Interesse besitzt
(hauptsächlich nur als auffallende und täuschende Forstinsekten).
Wir wollen hier nur 2 Gattungen betrachten:
Fühler kurz, den Hinterrand des Halsschildes nur wenig überragend; i. Glied der
Hintertarsen, wie die beiden vorhergehenden, breitsöhlig entwickelt (Abb. 103 d) Rhagium F.
Fühler länger, den Hinterrand des Halsschildes weit überragend; i. Glied der
Hintertarsen mehr zusammengedrückt, nicht breitsöhlig (Abb. 103 c).
Leptwa L. (i. weit. Sinne)
Gattung Rhagium F.
Untersetzte, langgestreckte, mehr oder weniger tomentierte Tiere mit bunter Zeichnung
(meist Binden auf den Flügeldecken). Larve unter der Rinde abgestorbener oder absterbender
Nadel- und Laubhölzer. Forstlich ohne nennenswerte Bedeutung, zu den „auffallenden" Wald-
oder „täuschenden" Forstinsekten gehörend.
In unseren Wäldern trifft man 4 Arten :
1. Schläfen (d. i. Kopfregion hinter den Augen) lang, plötzlich und stark eingeschnürt 2
— Schläfen kürzer und nur schwach eingeschnürt. Flügeldecken blaßgelb mit
fleckiger grauer Behaarung; 2 mehr oder minder vollständige Querbinden,
sowie einige verstreute Flecke unbehaart, schwarz (Abb. 103 d). Länge
12 — 15 mm. Larve in Nadelholzstöcken Rh. inquisitor L.
2. Flügeldecken mit dichtgedrängten graugelblichen Tomentflecken 3
— Flügeldecken nur sehr spärlich und fein behaart, schwarz, oft mit metallisch
grünem Schimmer, ihre Seiten rotbraun, zwei Schrägbinden, eine vor, eine
hinter der Mitte rötlichgelb oder blaßgelb. Länge 14 — 18 mm. Larven
in Nadelholzstöcken Rh. bifasciatum F.
3. Flügeldecken zwischen den beiden rotgelben Querbinden nach aul)en mit einem
großen schwarzen, unbehaarten Fleck. Länge 15 — 19 mm. Hauptsächlich
in Laubholzstöcken (auch in Nadelholz) Rh. mordax Deg.
— Flügeldecken zwischen den beiden rotgelben Binden ohne schwarzen unbehaarten
Fleck. Länge 18 — 25 mm. Larve hauptsächlich in Laubholz . Rh. sycophanta Seh.
Großgattung Leptura (L).
Die in luiserem Sinne aufgefaßte Gattung Leptura L. enthält eine große Reihe von
Arten . die in zahlreiche Untergattungen eingeordnet sind. Es handelt sich meist um
2j5 Coleoptera. — 6. Familienieihe: Phytophaga.
mittelgroße Tiere von mehr oder weniger schlankem Habitus, mit nach hinten zu stark ver-
schmälerten Flügeldecken. Letztere sind entweder einfarbig braun oder gelb mit schwarzer
Zeichnung, selten ganz schwarz oder blau. Die Käfer findet man im Hochsommer bei Sonnen-
schein häufig auf Dolden, Distelköpfen usw. an Waldrändern oder auf Waldblößen. Die
Larven entwickeln sich in altem mulmigen Holz (Stöcken usw.). Forstlich sind sie meist völlig
indifferent, sie verdienen aber infolge ihrer auffälligen und häufigen Erscheinung im Walde als
.,täuschende" Forstinsekten Erwähnung.
Ich nenne hier nur folgende, dem Forstmann besonders häufig begegnenden Arten:
1. Halsschild mit Seitendornen 2
— Halsschild ohne Seitendornen 4
2. Flügeldecken langgestreckt, ca. 4 mal länger als der Halsschild 3
— Flügeldecken kürzer, breit dreieckig, höchstens 3 mal so lang als der Halsschild,
gelb mit je zwei großen scharf begrenzten Makeln. Länge 11 — 19 mm
(Abb. 103 e). Gebirgstier Pachyta quadrimaculata L.
3. Flügeldecken an der Basis viel breiter als der Halsschild, flach, mit vor-
springenden, scharfen, fast rechtwinkeligen Schulterecken. Färbung sehr
variabel: Kopf, Halsschild und Brust schwarz, Beine, Hinterleib ganz oder
zum Teil, ferner die Basis der Flügeldecken gewöhnlich rötlich gelbbraun
(manchmal auch die Flügeldecken ganz gelbbraun oder auch ganz schwarz).
Länge 15 — 24mm. Larven inWeidenstümpfen, Obstbäumen usw. Stenockorus meridianusFz.
— Flügeldecken mit abgeschrägten Schulterecken, mäßig gewölbt. Schwarz, der
Mund, ein Teil der Fühler (beim $ auch die Schienen und Tarsen) gelb-
braun, zwei breite Längsstreifen (an der Naht und in der Mitte) schwarz.
Länge 16 — 23 mm. Vornehmlich Gebirgstier. Larve in Fichtenstümpfen.
Oxymirus cursor L.
4. Flügeldecken einfach braun (J) oder hellrot (9). Beim $ auch der Halsschild
hellrot. Schienen und Tarsen ebenfalls entsprechend braun oder hellrot.
Länge 12 — 18 mm. Sehr häufig in Wäldern auf Stöcken oder auf
Disteln usw. Larve in Stöcken von Nadelholz Leptura rubra L.
— Flügeldecken gelb, 5 Makeln in der vorderen Hallte, zwei Querbinden und die
Spitze schwarz. Länge 15 — 17 mm. Larve in Birke . . . Leptura maculata Poda.
Gattungsgruppe Cerambycini.
Enthält zahlreiche meist mittelgroße bis sehr große Arten. Viele von ihnen sind
forstlich wichtig, indem sie sich unter der Rinde oder im Holze von stehenden oder ge-
fällten Bäumen entwickeln und dadurch physiologisch und technisch schädlich werden können.
Wir können die für uns in Betracht kommenden Formen folgendermaßen darstellen:
1. Halsschild mit deutlichen Seitendornen (Abb. 103 f) Gerambyx (i. weit. Sinne)
— Halsschild ohne deutliche Seitendornen (höchstens die Seitenränder winkelig
erweitert) 2
2. Flügeldecken bei allen forstlich wrchtigen Arten ohne helle scharf abgesetzte
Zeichnung (Abb. 103 g) Callidium (i. weit. Sinne)
— Flügeldecken stets mit heller scharf abgesetzter, gewöhnlich Querbinden dar-
stellender Zeichnung (Abb. 103 h) Clytus Laich.
Großgattung Cerambyx (L.).
Mittelgroße bis sehr große Arten mit langen, das Körperende erreichenden oder noch
i\berragenden Fühlern.
1. Flügeldecken einfarbig (oder höchstens mit hellerer Spitze) 2
— Flügeldecken mit bunter Zeichnung 3
2. Flügeldecken schwarz oder braunschwarz mit hellerer Spitze. Nahtwinkel der
Flügeldecken in einen scharfen Zahn ausgezogen. Größte Art, 26— 50 mm
lang. Larve in Eichen, technisch sehr schädlich .... Cerambyx eerdo L.
— Flügeldecken einfarbig schwarz. Nahtwinkel stumpf oder abgerundet. Länge
18 — 28 mm (Abb. 103 f). Larve hauptsächlich in Buchen, aber auch in
anderen Laubbäumen. Kommt viel weniger als technischer Schädling in
Betracht als der vorige Cerambyx Scopolii Füßl.
— Flügeldecken (wie der ganze übrige Körper; metallisch grün. Riecht nach
Moschus. Länge 15 — 34 mm. Larve in alten Weidenstämmen. Aromia moschata L.
3. Flügeldecken graublau mit schwarzen Flecken und Binden. Länge 20 — 36 mm.
Gebirgstier. Larven in Buchen . . • Rosalia alpina L.
— Flügeldecken rot mit schwarzem Nahtfleck. Körperform gedrungener. Länge
14—20 mm Purpiirieenus Koehleri L.
Familie C;;erambycida
Großgattung Callidium (L.)
217
Mittelgroße Formen von meist abgeflachter Gestalt, die sich auf eine Reihe von Unter-
gattungen verteilen. Unter ihnen befinden sich die schädlichsten Bockkäfer.
1. Augen deutlich zweigeteilt 2
— Augen nur nierenförmig ausgescbuitten 4
2. Halsschild doppelt so lang als breit. Kleine Art von 4 — 6 mm. — Schmal,
glanzlos, heller oder dunkler braun, fein grau behaart. Larve in trockenen
Zweigen, in Reifen von Weinfässern, in alten Weidenkörben usw. . Oraeilia nimuta F.
— Halsschild eben so breit als lang {Tetropium Kirby) 3
3. Halsschild matt, auf der Scheibe dicht runzelig punktiert. Schwarz, die Fühler
und Beine mehr oder minder braun, der Vorder- und Hinterrand des Hals-
schildes lostrot, die Flügeldecken gelbbraun. Länge 10 — 24 mm. Laive
unter Rinde lebender Nadelbäume. Physiologisch sehr schädlich.
Tetropium fuscum F.
— Halsschild glänzend, auf der Scheibe fein und weitläufig punktiert. Schwarz,
mit wenigstens teilweise rötlichgelben Fühlern und Beinen, und mit rötlich-
gelbbraunen Flügeldecken. Manchmal sind die Beine mehr oder minder,
mindestens aber die Schenkel schwarz oder es sind auch die Flügeldecken
schwarz {var. fulcratuni F.) oder endlich es kann auch der ganze Körper
schwarz sein {var. aidieum F.). Länge 10 — 16 mm. Larve unter der
Rinde von lebenden Nadelbäumen. Physiologisch sehr schädlich.
„Fichtenbock" Tetropium luridwm L.
4. Schenkel an der Basis dünn, nach der Spitze zu keulenlörmig verdickt ... 5
— Schenkel von der Basis zur Spitze nur allmählich oder kaum verdickt. Von
untersetzter Gestalt, gewölbt; Halsschild breiter als lang, an den Seiten
stark gerundet. Fühler kurz, nur von halber Körperlänge. Augen nur
schwach ausgerandet. Pechschwarz (bisweilen Flügeldecken braun), glanzlos.
Länge 10 — 18 mm. In gefällten Nadelholzstämmen, auf Holzlagerplätzen usw.
Äsemum striatum L.
5. Augen fein fazettiert 6
— Augen sehr grob fazettiert. Von schlanker Gestalt, nach hinten deutlich ver-
engt. Halsschild quer, niedergedrückt, mit flachen Eindrücken. Fühler
gegen die Spitze auffallend verdünnt, beim 9 "ur von halber Körperlänge,
beim (J etwas länger. Heller oder dunkler braun, glanzlos. Länge 8 — 25 mm.
In gefällten Kiefern und Fichten, Telegraphenstangen usw. . Criocephalus rusticus I
6. Vorderbrust zugespitzt, die Vorderhüften gar nicht oder nur als schmale Lamelle
trennend 8
— Vorderbrust mehr oder weniger breit, die Vorderhüften entsprechend mehr oder
weniger weit voneinander trennend 7
7. Vorderbrust sehr breit, die Vorderhüften stark auseinandertreibend. Körper
flach. Fühler wenig kräftig, kaum die Mitte der Flügeldecken erreichend.
Halsschild mit einfach gerundeten Seiten und zwei glänzenden Schwielen
auf der Scheibe. Pechschwarz oder braun, grau behaart. Flügeldecken
gewöhnlich mit einigen dichter behaarten bindenartig angeordneten Flecken.
8 — 20 mm. Auf Holzlagerplätzen und in verarbeitetem Holz (Balken,
Möbeln, Telegraphenstangen usw.). Technisch sehr schädlich. ,, Haus-
bock" Hylotrupes bajultis L.
— Vorderbrust mäßig breit, die Vorderhüften nur wenig trennend. Fühler sehr
kräftig, so lang als der Körper. 3. — 10. Fühlerglied nach innen und außen
in einen Dorn ausgezogen. Halsschild quer, ohne glänzende Schwielen auf
der Scheibe, an den Seiten sehr stark, bisweilen eckig erweitert. Flügel-
decken gewöhnlich grün erzfarbig. Länge 18 — 24 mm. Larve in Ahorn.
Rhopalopus insubrieus Hrbst.
8. Halsschild an den Seiten stark winkelig erweitert. Körper niedergedrückt.
Fühler schlank, etwas länger als der Körper. Flügeldecken rot. Die ganze
Oberseite mit feuerrotem sammetartigem Toment dicht besetzt. Länge
9 — II mm. Larve in Laubbäumen (Eiche, Buche usw.) (Abb. 103 g)
Callidtum sanguineum L.
— Halsschild ah den Seiten einfach gerundet 9
9. Halsschild gleichmäßig dicht punktiert, viel breiter als lang. Körper flach und breit 1 1
— Halsschild ungleichmäßig punktiert, oft mit erhabenen Schwielen, Körper etwas
gewölbt, Flügeldecken lang und schmal 10
2i8 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
10. P'lügeldecken fein und weitläufig punktiert. Körper glänzend. Färbung äußerst
variabel : am häufigsten rotgelb mit völlig rotgelben oder braungelben Flügel-
decken und ebensolchen Beinen. Kopf entweder gelbbraun oder schwarz.
Beine und Halsschild können mehr oder weniger dunkel, bis schwarz
werden. Die Flügeldecken sind häufig ganz oder zum Teil (entweder an
der Basis oder an der Spitze) blau. Länge 8 — 14 mm. Larve in ver-
schiedenen Laubbäumen. Auch in trockenem, berindetem Laubholz (Holz-
sammlungen usw.) Technisch schädlich Gallidium testaceum L.
— Flügeldecken dicht und tief runzelig punktiert. Körper matt. Färbung ebenfalls
sehr variabel: Körper meist heller oder dunkler braun, Beine blaßgelb,
teilweise bräunlich, Halsschild rotgelb oder braun mit veilchenfarbigem
Schimmer. Flügeldecken braun mit blauem oder veilchenfarbigem Schimmer.
Länge 7 — lO mm. Larve in Laubhölzern (Eiche, Ulme, Edelkastanie).
Gallidium lividiDii Rossi.
11. Oberseite blau oder veilchenblau. Flügeldecken mit grober, aber ziemlich
gleichartiger Punktierung. Länge 10 — 15 mm. T>arve in Laub- und
Nadelholz Gallidium violaceum L.
— Oberseite metallisch grün. Flügeldecken ebenfalls grob jiunktiert imd nach
hinten zu mit groben, netzartig verbundenen Runzeln. Länge 11 — 13 mm.
Larve unter der Rinde von Nadel- und Laubholz (Buche, Eiche usw.)
Gallidium nenewii Deg.
Gattung Clytus Laich.
Enthält mittelgroße Formen, die besonders durch ihre bunte Färbung (meist schwarz
und gelb) auffallen (,, Zierböcke"). Forstlich kommen sie vornehmlich als technische Schäd-
linge an Laubholz in Betracht. Von den nicht wenigen in Mitteleuropa vorkommenden
Arten seien hier folgende genannt:
1. Halsschild so lang als breit, kugelig, oder länger als breit 3
— Halsschild viel breiter als lang, queroval, an den Seiten stark gerundet erweitert.
Fühlerglieder vom 3. oder 6. ab an der Spitze ausgerandet, mit ausgezogenen
Spitzenecken (Untergattung Placiionotus Muls.) 2
2. Schwarz, Hal.sschild mit einer breiten gelben Querbinde am Vorderrand und
einer ebensolchen in der Mitte der Scheibe. Flügeldecken braun, 4 Quer-
binden und die Spitze dicht gelb behaart, die letzten zwei Querbinden sehr
breit, meist miteinander verbunden, so daß der ganze hintere Teil jeder
Flügeldecke bis auf zwei schräg gestellte kurze braune Querbinden gelb ist.
Länge 13 — 17 mm. In gefällten Eichen und Buchen . . Gl. (Plac/ionntiis) detritus L.
— Schwarz, 3 Querbinden auf dem Halsschild; das Schildchen, i längliche oder
ovale Makel unmittelbar an der Naht in einiger Entfernung hinter dem
Schildchen, eine Längsmakel am Seitenrand unter der Schulter und 4 schmale
gebogene Querbinden auf jeder Flügeldecke dicht gelb behaart. Zeichnung
variiert. Länge 9— 18 mm. In gefällten oder stehenden kränkelnden Eichen.
Ol. ( Plagionotus) arcuatus L.
3. Flügeldecken schwarz, mit gelber Zeichnung . 4
— Flügeldecken mit brauner, grauer oder weißer Zeichnung 6
4. Die letzte gelbe Querbinde vor der Spitze der Flügeldecken gelegen. Flügel-
decken auffallend lang. 10 — 16 mm. An Eichen Glijttts tropieus Pz.
— Die letzte gelbe Binde nimmt die Flügeldeckenspitze selbst ein 5
5. Die zweite gelbe, an der Naht nach vorne gebogene Linie erreicht das Schildchen
nicht (endet weit vor demselben). Stirne fast immer mit zwei gelben
Makeln. Fühler und Beine rotgelb, letztere fast immer mit schwarzbraunen
Vorderschienen. 8 — 14 mm. In gefällten Eichen, Buchen usw. . . Glytus arietis L.
— Die zweite gelbe, an der Naht nach vorne gebogene Binde erreicht das Schildchen
ganz oder beinahe. Meist alle Schenkel schwarzbraun. 7 — 9 mm. Lebt
wie die beiden vorigen Clytus rhamni Germ.
6. Flügeldecken gewöhnlich an der Basis breit rotbraun, dahinter mit 3 grauen
Binden, von denen die letzte die Spitze der Flügeldecken einnimmt. Hinter-
schenkel mit dünner Basis, gegen die Spitze zu stark keulenförmig verdickt.
8 — 13 mm Gl {Anaghjptüs) mysticus L.
— Flügeldecken schwarz oder braunschwarz, einige zackige Binden grau behaart.
Hinterschenkel gegen die Spitze allmählich verdickt. Fühler schwach, kaum
die Mitte des Körpers erreichend. 9 — 17 mm. In Pappeln. Gl. {Xylotreehus) rusticus 'L
Familie Cerambycidae. 2 [ Q
Unterfamilie Lamiinae
Die forstlich in Betracht kommenden Arten können in zwei Gattungsgruppen oder Groß-
gattungen eingeteilt werden :
I. Halsschild mit Seitendorn oder s(Mtzem Hiicker am Seitenrand (Abb. 103 i)
Lamia F. (i. weit. Sinn)
— Halsschild ohne Seitendorn oder höchstens mit undeutlicher Beule (Abb. 103 m).
Saperda F. (i. weit. Sinn)
Großgattung Lamia (F.).
Enthält Arten von recht verschiedenem Habitus und verschiedener Größe. Einige sind
forstlich recht beachtenswert, andere verdienen nur als „auffallende" Insekten Erwähnung:
1. Oberseite hell, gelblich oder bräunlich dicht tomentiert, mit einer mehr oder
weniger deutlichen Bindenzeichnung. Schenkel gegen die Spitze keulen-
förmig verdickt. Kleine, bis mittelgroße Arten 2
— Oberseite dunkel, matt oder metallisch glänzend. .Schenkel nicht keulenförmig
verdickt. Große Arten 5
2. Fühler auffallend lang, beim 5 ^'''2~2, beim ^ 2 — 5 mal so lang als der
Körper. ^ ™it vorragender Legeröhre. Körper breit und kurz. Hell oder
graubraun tomentiert, mit zwei schrägen, schmalen, dunkler erscheinenden
Querbinden, davon die vordere sehr undeutlich. Länge 13 — 19 mm. An
geschlagenem Nadelholz, besonders Klafterholz. Sehr häufig. Forstlich
nur von geringer (technischer) Bedeutung. „Zimmermannsbock". Acanthoeinus aedihs L.
— Fühler kürzer, wenig länger als der Körper, ^ ohne vorstehende Legeröhre . 3
3. Fühler mit langen Haaren bewimpert, Flügeldecken abgestutzt. — Rötlichbraun
oder braun, anliegend, scheckig behaart. Hügeldecken vor der Mitte mit
einer schneeweiß behaarten, schwach gebogenen Querbinde (Abb. 103k).
In schwachen Ästen von Kiefern. Forstlich sehr beachtenswert. „Kietern-
zweigbock" Pogonnchaenis fasciculatus Deg.
— Fühler ohne längere Haarbewimperung 4
4. Schenkel an der Basis stieUörmig dünn, gegen die Spitze zu stark keulenförmig
verdickt. Flügeldecken kurz, höchstens zweimal so lang als zusammen breit.
Gestalt ziemlich kurz und gedrungen, oben dicht anliegend weiß und braun-
schwarz behaart. Flügeldecken mit 2 — 3 unvollständigen dunkleren Quer-
binden (Abb. 103 1). Länge 12 — 15 mm. In Laubholz. Bringt bisweilen
Obstbäume zum Absterben Acanthoderes claripes Schrk.
— Schenkel weniger keulenförmig verdickt. Flügeldecken länger, mehr als zweimal
so lang als zusammen breit. Heller oder dunkler braun. Flügeldecken mit
zwei, oft wenig deutlichen Binden, von denen besonders die erste, vor der
Mitte gelegene gewöhnlich sehr undeutlich ist oder auch ganz tehlt, so daß
nur die zweite hinter der Mitte erkennbar ist. Kleiner als der vorige.
6 — 9 mm. Vornehmlich in harten Laubhölzern. „Splintbock". Liopus nelndosus L.
5. Fühler kürzer als der Körper. Letzleier von plumper, gedrungener Gestalt
(Abb. 103 i). Blügeldecken kaum doppelt so lang als zusammen breit.
Dunkel, matt. Länge 20—30 mm. In alten Weiden und Pappeln.
„Weberbock" Lamia textor L.
— Fühler länger als der Körper. Dieser langgestreckt, walzenförmig. Flügel-
decken mindestens zweimal so lang als zusammen breit. Dunkel mit
metallischem Glanz. (Monoc.lianms Curtis) . 6
6 Flügeldecken vor der Mitte auf dem Rücken mit einem seichten Quereindruck.
Schildchen mit ungeteiltem gelben Toment. Flügeldecken gegen die Spitze
zu weniger grob punktiert, beim (j' gegen die Spitze zu stark verengt,
ungefleckt oder mit kleineren Flecken, beim 5 d^"" wenig gegen die Spitze
verengt und mit zahlreichen größeren, weißlichen Tomentmakeln. Haupt-
sächlich in Fichten, vornehmlich im Gebirge. Physiologisch und technisch
schädlich. Länge 26—32 mm. „Schneiderbock" .... Monocliamus sartor F.
— Flügeldecken auf dem Rücken ohne Quereindruck, die Tomentierung des
Schildchens ganz oder wenigstens bis zur Mitte geteilt 7
7. Das gelb befilzte Schildchen ist längs der Mitte vollständig geteilt. Halsschild
beim (^ ungefleckt, beim 2 mit zwei kleinen gelben Flecken vor der Mitte.
Flügeldecken mit weißlichgelben Flecken, welche zusammen annähernd
3 Querbinden bilden. Länge 26 — 32 mm. „Schusterbock". Vorkommen
wie beim vorigen. Beine schwarzbraun Monocliamus sutor L.
2 20 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
— Das gelbbefilzte Schildchen ist bloß bis zur Mitte geteilt. Halsschild beim (^
und 2 mit zahlreichen kleinen weißgelben Fleckchen. Beine gewöhnlich
braunrot. Kleiner als der vorige. In Kiefern . . Monochamus galloprovincialis Ol.
Großgattung Saperda (F.).
Die hierher gehörenden Arten sind habituell ziemlich übereinstimmend, in Größe und
Pärbung dagegen recht verschieden. Manche weisen schöne Zeichnungen auf. Forstlich sind
einige Arten recht schädlich.
1. Klauen nicht gezähnt. Färbung der Flügeldecken entweder hell (grau, braun
oder grünlich), einfarbig oder mit dunkler Zeichnung, oder aber dunkel mit
heller Zeichnung. Beine gewöhnlich wie die Flügeldecken gefärbt . . 2
— Klauen deutlich gezähnt. Flügeldecken einfarbig dunkel, Beine gewöhnlich hell
(gelb oder gelbrot) 6
2. Groß, 22—28 mm lang. Flügeldecken einfarbig mit dichtem grauen oder
gelblichbraunen Filz bedeckt (dazwischen mit nackten glänzenden Punkten
besät). In Pappeln und Weiden. Zuweilen recht schädlich. Großer
Pappelbock Saperda carcharias L.
— Kleiner, höchstens 20 mm lang. Flügeldecken mit Zeichnung 3
3. Flügeldecken dunkel, mit schwachem Metallschimmer, spärlich graugelb
tomentiert. Flügeldecken mit je einer Längsreihe von 4 — 5 dicht
tomentierten hellen Makeln (Abb. 103 m). Länge 10 — 14 mm. In den
Zweigen von Aspen. Häufig. „Aspenbock'' Saperda populnea L.
— Flügeldecken hell, grünlich oder hellgrau tomentiert, mit schwarzer Zeichnung 4
4. Flügeldecken mit getrennten schwarzen Flecken 5
— Flügeldecken mit zusammenhängender, zackiger schwarzer Längszeichnung auf
grünlichgelbem Haargrund. 14 — 20 mm. In verschiedenen Laubhölzern
(Birke, Eiche, Ahorn. Erle usw.) Saperda scalaris L.
5. Flügeldecken dicht gelbgrün tomentiert, mit schwarzer Schulterlinie und mit
5 in eine Reihe gestellten schwarzen Makeln. Länge 12 — 20 mm. In
Aspenholz Saperda perforata Fall.
— Flügeldecken grün, ohne schwarze Schulterlinie, mit 4 in einer Längsreihe
stehenden punktförmigen Flecken. Länge 14 — 16 mm. In Aspenholz
Saperda octopunctata Scop.
6. Halsschild rötlichgelb, mit zwei schwarzen Makeln. Flügeldecken schwarz, dicht
anliegend grau behaart. Beine rötlichgelb. Länge 16—20 mm. In
Weiden, schädlich Oberea oculata L.
— Halsschild dunkel wie die Flügeldecken; bei letzteren höchstens der vordere
Teil des Seitenrandes gelb. Länge 11 — 15 mm. Hauptsächlich in den
Zweigen von Hasel. ,,Haselböckchen" Oberea linearis L.
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
Nitsche teilt die Bockkäfer nach ihrem forstlichen Verhalten in 4 Kate-
gorien ein: i. Physiologisch schädliche Nadelholz- Bockkäfer. 2, Physiologisch
schädliche Laubholz - Bockkäfer. 3. Das stehende Holz technisch schädigende
Bockkäfer und 4. Das geschlagene und verarbeitete Holz technisch schädigende
Bockkäfer. — Da aber gerade bei den Bockkäfern die physiologischen und
technischen Schädigungen schwer zu trennen sind, indem die in der Hauptsache
physiologisch schädlichen Arten vielfach nebenbei auch technisch schädlich sind
(durch Anlage der mehr oder weniger weit ins Holz eindringenden Puppenwiegen),
und andererseits die in der Hauptsache technisch schädlichen Arten auch das
Leben der befallenen Bäume mehr oder weniger schädigen können (z. B. Cerambyx
cerdo L,), da endlich manche der vornehmlich an geschlagenem Holze vorkommen-
den Arten auch stehendes Holz befallen können, so wird jene Einteilung in vier
I. Nadelholz - Bockkäfer. 2 2 1
Kategoiien den tatsächlichen Verhältnissen zu wenig gerecht. Wir lassen daher
die Nitschesche Einteilung fallen und beschränken uns auf zwei Gruppen
Nadelholz- und Laub h ol z - Bock käfer. ^)
I. Nadelholz- Bockkäfer.
Übersicht der Arten.
A. In lebendem oder frisch gefälltem saftreichen Holz.
\ae: Lantiinae:
letroptum luridum L. Fichte
Lärche, im Stamm.
— fusciim F. Ebenso.
Monochamus sartor F. Fichte, im Stamm.
— sutor L. Fichte und Kiefer, im Stamm.
— galloprovincialis Ol. Kiefer, im Stamm.
Pogonochaerus fasciculatus Deg. Kiefer, in
den dünnen Zweigen.
B.
In abgestorbenem, saftarmem (stehenden, geschlagenen oder
verarbeiteten) Holz.
Cerambycinae :
Spondylis buprestoides L. In alten Stöcken.
Prionus coriarius L. In altem mulmigen
Nadelholz (und auch Laubholz).
Ergates faber L. In mulmigen Fichten- und
Kiefernstöcken und auch Bauholz.
Caenoptera minor L. In berindeten Fichten-
stangen (Zäunen usw.).
Rhagium inquisitor L. In alten Stöcken.
— hifasciatum F. Ebenso.
Oocymirus cursor L. Ebenso.
Leptura rubra L. Ebenso.
Asernum striatwn L. In totem Kiefernholz,
Bauholz und Kiefernstubben.
Criocephaliis rusticus L. Ebenso.
Hylotrupes bajulus L. In verarbeitetem Nadel-
holz.
CaUidium violaceum L. In Nadel- u. Laubholz.
— aeneum Geer. Ebenso.
Glytus niyshcus L.
Lamiinae :
Acanthocinus aedilis L. An berindetem
Kiefernholi (Scheitholz usw.).
A. In lebendem oder saftreichem frischgefälltem Holz.
ff j^u- Tetropium luridum L. (= castaneum L.) und fuscum F.
Fichtenbock.
Nach unseren heutigen Kenntnissen verhalten sich
die beiden systematisch so nahe stehenden Arten auch
biologisch und forstlich ziemlich übereinstimmend, so daß
wir sie gemeinsam behandeln können.
Imagines (Abb. 104): Die Charakteristik der beiden Arten
siehe oben S. 217.
Larven: Die Larve von T. fitridtim und futicum sind
kaum voneinander zu unterscheiden. Sie sind nach dem Cerara-
bycinen-Typus gebaut, nur unbedeutend niedergedrückt. Kopf fast
erzförmig. Clypeus 4 mal so lang als breit. Oberlippe halbkreis-
fönnig, so breit als der Clypeusrand. Vorderbrust nicht so breit,
etwa halbmondförmig, oben etwas stärker chitinisiert mit aus-
gesprochener Mittellinie. Püße sehr klein, Klauenglied mit feinen
Dornen. Körper sehr fein und kurz behaart, am Hinterende oben
mit zwei sehr kleinen Chitinspitzen. Länge 15 — 25 Millimeter.
Vorkommen und Lebensweise: Die beiden
Arten sind vornehmlich Bewohner der Fichte, doch
Abb. 104. Tetropium luri-
dum L (Fichtenbock). —
Phot. Scheidter.
^) Auch diese Einteilung entspricht nicht restlos dem biologischen Verhalten aller Arten,
da manche sowohl im Laub- wie im Nadelholz vorkommen. Doch smd das verhältnismäßig nur
wenige Ausnahmen.
2 22 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
kommen sie auch (wenigstens luridum) in der Lärche und in der Kiefer vor.
In Rußland, wo sie (nach Koppen) von Lappland bis zur Krim und bis zur
Mündung des Amur gemein sind, scheinen sie an Kiefern sogar häufiger als in
Fichten vorzukommen. Sie gehen mit Vorliebe in alte Bäume, seltener an
Stangenholz.
Die Flugzeit zieht sich von Juni bis August hin, je nach geographischer
Lage und Klima. Die Käfer fliegen am hellen Tage und sind außerordentlich
Abb. 105. Larvenfraß im Bast von Tetropium fuscum F. In den Gängen ist noch stellenweise
das festgestopfte Fraßmehl erhalten, einzelne länglich ovale Fluglöcher sind zu erkennen —
Aus Nüßlin.
beweglich. Die Begattung findet meist am Stamme statt; die Käfer hängen
längere Zeit fest zusammen, und lassen auch beim Aufscheuchen nicht leicht los,
sondern fliehen laufend in Copula. Die Weibchen verstecken mittelst ihrer Lege-
röhren die relativ kleinen länglichen Eier unter Borkenschuppen, meist mehrere
an eine Stelle (Nüßlin). Sie beginnen mit der Eiablage gewöhnlich unten am
Stamm und gehen dann auf der zuerst angegriffenen Seite in die Höhe, und
erst, wenn diese völlig mit Eiern belegt ist, wird auch die andere Seite an-
I. Nadelholz - Bockkäfer.
223
genommen. Bei frisch gefällten Stämmen wird hauptsächlich die feuchte, der
Erde aufliegende Seite belegt.
Die Larven fressen zunächst an der Grenze von Rinde und Holz un-
regelmäßige, allmählich sehr breit werdende, gebuchtete flache Gänge, die zuerst
mit braunem, später, wenn sie in den Splint eingreifen, mit weiß und braun ge-
mischtem Nagemehl dicht wurstförmig angefüllt sind (Abb. 105). Die erwachsene
Larve nagt sich durch ein querovales Loch radialwärts und meist schwach auf-
wärts gerichtet, 2 — 3 cm tief in das Holz ein, und wendet sich dann in ziemlich
scharfem Winkel nach abwärts, um einen z — 4 cm langen, sich schwach er-
weiternden Endgang auszuhöhlen (Abb. 106). In diesem absteigenden Aste des
,, Hakenganges" verpuppt sich die Larve, nachdem sie den Eingang hinter sich
mit Nagemehl fest verstopft hat. — Die Puppe ruht
hier mit dem Kopf nach oben gerichtet, — Der aus-
kommende Käfer nagt sich zunächst durch den
Wurmmehlpfropf und dann durch die Rinde mit flach-
ovalem Flugloch nach außen durch.
Generation. — Über die Entwicklungsdauer
der beiden Arten herrscht keine volle Klarheit. Judeich
(in Ratzeburgs Waldverderber 1876) nimmt eine zwei-
jährige Generation an, desgleichen Boas und AI tum,
welch letzterer meint, daß die Larve im ersten Jahr
ihren Rindengang und im zweiten den ins Holz dringen-
den Teil („Hakengang") anfertigt.^)
Eine Reihe tatsächlicher Beobachtungen von
Ahlemann, Lindemann (bei Koppen), Nüßlin
usw. und ferner Zuchtversuche von Pauly (1888) haben
aber dargetan, daß die Entwicklung sich viel rascher
vollzieht als die obigen Autoren angenommen haben,
und daß sie jedenfalls nicht länger als i Jahr be-
ansprucht. Ja bei den Paulyschen Versuchen, die
unter den natürlichen Verhältnissen sehr nahekommen-
den Bedingungen ausgeführt wurden, kamen einzelne
Käfer sogar schon im gleichen Jahre aus, in welchem
die Eier gelegt waren, so daß die ganze Entwicklung vom Ei bis zur Imago
nur wenige Monate gedauert hat. Allerdings waren diese früherschienenen
Käfer besonders schmächtige Exemplare, so daß es sich vielleicht nur um Aus-
nahmen gehandelt hat, zumal die anderen Exemplare, die erst im nächsten
Sommer ausgekommen sind, weit kräftiger, resp. von normaler Größe waren.
Abb. 106. Hakengang
(Puppenhühle) von Tetropium
fuscum F. im Splint. Ungefähr
nat. Gr. — Aus Nüßlin.
^) Dabei wird der kleine letzte Teil (Hakengang) einerseits gewissermaßen in Parallele
gesetzt mit den langen das Holz durchwühlenden Gängen anderer Bockkäfer (wie Monochamus
sartor, Saperda carcharias usw.), andererseits in Gegensatz zu den Rindengäugen der Tetropien
gebracht. Dies ist aber, worauf schon Pauly (1888) hingewiesen hat, unrichtig, da ja der
Hakengang keinen Fraßgang darstellt, sondern lediglich Puppenwiege ist, deren Anfertigung
für die ausgewachsene Larve keinen großen Zeitaufwand erheischen kann (jedenfalls kein
volles Jahr).
224 Coleoptera. — 6. Familienreihe : Phytophaga.
Wir dürfen also wohl eine einjährige Generation als die Norm hinnehmen.
Ob die einzelnen früh auskommenden Käfer eventuell imstande sind, noch eine
2. Generation zu begründen, müssen erst weitere Beobachtungen oder Versuche,
die sehr wünschenswert sind, dartun.
Bei der Mehrzahl der Larven findet die Entwicklung im Jahre der Eiablage
ihren vollen Abschluß, so daß die ausgewachsene Larve noch im Herbst ihre
Puppenwiege (Hakengang) nagt, in der sie überwintert. Die Verpuppung findet
dann in derselben erst im folgenden Frühjahr statt. Dieses Bild erleidet jedoch
dadurch häufig wesentliche Verschiebungen, daß die Legezeit der Weibchen schein-
bar über die ganze Saison sich erstreckt und die aus den spät gelegten Eiern
stammenden Larven natürlich sich in demselben Jahr nicht mehr voll entwickeln
können; sie überwintern dann halb- oder dreiviertelwüchsig, so daß im nächsten
Sommer neben Puppen und eben ausgefärbten Jungkäfern auch noch Larven
in verschiedenen Stadien anzutreffen sind.
Feinde. — Als natürliches Gegengewicht kommen vor allem die Spechte
(Schwarzspecht und Mittlerer Buntspecht) in Betracht, die den fetten, unschwer
zu erlangenden Larven eifrig nachstellen. Fast jeder vom Fichtenbock besetzte
Baum zeigt die Spuren der Spechtarbeit. Außerdem sind folgende Parasiten
(Schlupfwespen) aus den von den Larven bewohnten Gängen gezogen worden:
Aspigonus contractus Rtzb., Bracon Initiator Fb., obliteratus und Helcon aequator Ns.,
sowie die Xoriden Xorides ater und collaris Gr. Die Imaginps sind durch ihre
Farbe vor den Nachstellungen der Vögel gut geschützt.
Forstliche Bedeutung. — Die beiden Fichtenböcke gehören zu den forst-
lich schädlichsten Bockkäfern. Der Schaden beruht ausschheßlich auf dem
'Larvenfraß. Dieser macht sich in zweifacher Weise geltend, nämlich i. physio-
logisch, durch die im Splint verlaufenden Gänge, die den Saftstrom unter-
brechen, und 2. technisch, durch die ins Holz eindringenden Hakengänge.
Der technische Schaden tritt aber, da die Hakengänge niemals tief ins Holz
gehen, gegenüber dem physiologischen Schaden weit zurück. Letzterer ist es
auch in erster Linie, welcher uns den Fichtenbock zu den „merklich schäd-
lichen Forstinsekten" stellen läßt. Meist tritt er sekundär auf und be-
fällt schon etwas geschwächte, kränkelnde Bäume, die unter anderen Schädlingen
oder schlechten äußeren Bedingungen oder Blitzschlag usw. gelitten haben. Wo
es sich um Schädigungen handelt, die ohnehin den Tod des Baumes verursacht
hätten, bedeutet der Tetropium - Befall nur eine Beschleunigung des Todes. Wo
es sich aber um Rekonvaleszenten (nach schwachem Raupenfraß usw.) handelt,
die sich bei normalen Lebensbedingungen wieder erholen könnten, kann Tetropium
zur direkten Ursache des Absterbens werden. Nach glimpflich verlaufenen
Raupenkalamitäten können so ganze Bestände durch den Fichtenbock schwer
leiden. Gewöhnlich stellen sich zugleich mit oder nach dem Anflug der Tetropien
noch eine Reihe anderer sekundärer Insekten (wie Pissodes, Borkenkäfer usw.) ein,
die sich an dem Vernichtungswerk beteiligen.
Übrigens scheinen die Fichtenböcke nach den Angaben verschiedener Autoren
unter Umständen auch primär, an ganz gesunden Bäumen auftreten zu können.
I. Nadelholz - Bockkäfer. 2 2 <%
In der Literatur finden sich mehrere Angaben von größeren Tetropium-Kalami-
täten: Ahle mann berichtet von einer solchen in Ostpreußen (in den sechziger Jahren) im Gefolge
von Nonne und Borkenkäfer. Es mußten allein im Frühjahr 1862 auf diesem Revier 1200 Klafter vom
Fichtenbock getöteter Stämme zum Einschlag kommen. In dem Sächsischen Staatsforstrevier
Hirschberg (Erzgebirge) war im Jahre 1870 der Schaden (nach Schaal) in einigen etwa
100 jährigen Beständen sehr bedeutend, so daß diese Orte in empfindlicher Weise gelichtet
wurden. Gleichzeitig trat der Käfer auch in den Bergreichensteiner städtischen Forsten im „Schloß-
wald" stärker auf (Hlawsa). Einen größeren Fraß an Lärche berichtet Döbner aus den Jahren
1854/55 im Spessart, wo 30— 40jähnge Stämme getötet wurden. Aus Rußland berichtet
Linde mann über einen größeren in den sechziger Jahren bei Moskau stattgefundenen Fraß.
Erkennung. — Am ehesten wird der Forstmann auf die Anwesenheit des
Fichtenbockes durch die Spechtarbeit aufmerksam gemacht, der sich bereits
zur Zeit einsteilt, da am Baume selbst noch keine Fraßwirkungen zu bemerken
sind. Letztere zeigen sich gewöhnlich erst im nächsten Frühjahr, wenn der Saft
Stammauf wärts zu steigen beginnt; dann tritt ein Welken der Nadeln und
zugleich meist auch Loslösung der Rinde an der zuerst befallenen Seite des
Stammes von unten nach oben fortschreitend auf. Später röten sich die
Nadeln und es zeigen sich dann auch die charakteristischen querovalen Aus-
fluglöcher.
Die Differenzialdiagnose macht keine Schwierigkeiten, wenn man das
Fraßbild der Larve in Verbindung mit dem noch saftreichen Zustand der be-
fallenen Bäume berücksichtigt.
Bekämpfung. — Zur Bekämpfung des Fichtenbockes müssen wir zu dem
Radikalmittel greifen: Einschlagen und rechtzeitiges Wegschaffen der
befallenen Bäume. Die Abfuhr muß noch vor dem Ausflugtermin der Käfer
erledigt sein, also bis spätestens Ende Mai. Ein bloßes Entrinden der etwa
im Spätherbst oder Winter gefällten Bäume ist wertlos, da die meisten Larven
zu dieser Zeit schon im Hakengang im Holz sich befinden.
Tritt eine Massenvermehrurg des Käfers ein, so sind Fangbäume anzu-
wenden. Dieselben müssen zur Flugzeit des Käfers, also spätestens im Juni
geworfen sein. Es empfiehlt sich, dieselben zu entasten und darauf zu achten,
daß sie dicht der Erde aufliegen, da die Käfer die dem Boden anliegende frisch
bleibende Seite besonders gerne annehmen. Natürlich müssen die Stämme recht-
zeitig geschält werden, bevor die Larven ins Holz eindringen. Es ist zu diesem
Zwecke eine genaue Revision der Stämme an der Unterseite notwendig, damit
der richtige Zeitpunkt nicht versäumt wird.
fy S^ Monochamus sartor F. und sutor L.
Schneider- und Schusterbock.
Auch diese beiden großen, durch ihre langen Fühler auffallenden bronce-
glänzenden Böcke (Abb. 107) können infolge ihres übereinstimmenden biologischen
und forstlichen Verhaltens gemeinsam besprochen werden.
Imago: Charakteristik der beiden Arten siehe oben S. 219.
Larve: Eine ausführliche Beschreibung und gute Abbildung der Larve (Abb. 99 u. 10 lA)
von M. sutor gibt Gernet (1867). Danach ist dieselbe sehr groß, milchweiß glänzend, längs der
Seiten mit Büscheln feiner gelblicher Haare besetzt. Kopfkapsel nach hinten verengt. Ocellen
fehlen vollkommen (nach Schiödte sind zwei kleine Punktaugen vorhanden); ebenso die Füße.
Vorderbrust, in welcher der Kopf halb verborgen ist, sehr groß, flach, so lang wie die zwei
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 15
226
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
folgenden Ringe zusammen «nd breiter wie diese; dorsal mit einer seichten Mittellinie und mit
einer breiten, glatten, flachen, dreimal ausgebuchteten feinrunzeligen hornigen Platte, die etwa ^/g
der Fläche einnimmt, ventral mit drei glatten glänzenden Hornplatten, von denen die mittlere
die Form eines regelmäßigen Kreisabschnittes besitzt und scharf, die beiden seitlichen rundlichen nur
undeutlich markiert sind. Mittelhrust sehr kurz, kürzer als die Hinterbrust, dorsal ohne Zeichnung,
ventral mit einer schmalen Querfurche. Hinterbrust dorsal und ventral mit Querrunzeln (Lauf-
wülsten) und Warzenzeichnung ähnlich wie auf den Abdominalsegmenten. Die Laufwülste der
Abdominalringe 1 — 7 dorsal mit emer durch flache Wärzchen gebildeten querstehenden ellip-
tischen Figur; ventral mit einer geschlängelten Querfurche, an deren beiden Enden die flachen
Wärzchen stärker gehäuft sind, während sie nach der Mitte zu die Querfurche nur in einfacher
Reihe umsäumen (Abb. 99 u. 101 A). — 8. und 9. Segment ohne Laufwülste und ohne Warzen-
zeichnung (s. oben S. 209).
Puppe: Um die Hälfte kleiner als die erwachsene Larve, auf dem Rücken, besonders
an dem hinteren Rande der Ringe mit kurzen, rötlichen Stachelhöckerchen. Der letzte Hinter-
leibsring kegelförmig, stachelspitzig. Die langen Pühler biegen sich zwischen dem zweiten und
dritten Beinpaar herum und sind in zwei Spiralen zusammengewunden, die Flügel und die Tarsen
des zweiten Beinpaares fast ganz bedeckend, während Schenkel, Schienen und Tarsen des ersten
und dritten Beinpaares fast ganz frei liegen (Abb. 99).
Abb. 107. Monochamus sartor L.
Original.
Vorkommen und Lebensweise. — Die geographische Verbreitung
der beiden Arten erstreckt sich über einen großen Teil von Europa („West-
europa bis Rußland und Schweden"). Innerhalb dieser weiten Grenzen scheinen
sie vornehmlich die Gebirgsgegenden zu bevorzugen (Alpen, Thüringerwald,
.Bayerischer- und Böhmerwald usw.). Doch sind die beiden Arten auch in der
Ebene angetroffen worden; so hat AI tum dieselben bei Eberswalde festgestellt,
und ich selbst habe sie in Polen im Bialowieser Urwald häufig fliegend oder
sitzend auf frisch gefällten Stämmen gesehen. Als Fraßpflanze gehen die beiden
Arten sowohl die Fichte als die Kiefer an.
In der Lebensweise sind noch manche Punkte ungeklärt; ein eingehendes
Studium der Biologie ist daher eine notwendige Aufgabe. Die letzten Arbeiten
über den Schusterbock stammen von Trägärdh (1918) und Kemner (1922),
die unsere Kenntnisse wesentlich erweiterten.
Als Flugzeit wird gewöhnlich Juni und Juli angegeben. Nördlinger
fand die Käfer im Juni und Juli in copula und beim Eierlegen in auffallender
Menge auf Fichtenstämmen in Tirol. Ich fand sie in Polen in der ersten Hälfte
I. Nadelholz - Bockkäfer. 22 7
des August, in den bayerischen Alpen (Vorderriß) im September (in Massen).
AI tum hat sie in den bayerischen und tiroler Alpen „im frischen Zustand" eben-
falls im September angetroffen, während von anderer Seite der Käfer im März
aus dem Holze erzogen wurde (siehe Wacht 1).
Die Käfer gehen stehende („bis in die Gipfelspitze") und frisch gefällte Stämme
an. Die Larve frißt zuerst längere Zeit unter der Rinde breite Gänge, dringt
Abb. io8. Platzförmiger Larvenfraß von Monochamus sartor F. unter Fichtenrinde mit
Eingangsloch der Larve (links). — Aus Koch.
dann durch eine ovale Öffnung in das Holz selbst ein und durchwühlt dasselbe
mit ihren immer größer werdenden Gängen von ovalem Querschnitt, um sich
tief im Holz zu verpuppen. Der Jungkäfer nagt sich aus dem Holz durch ein
großes kreisrundes Ausflugloch ins Freie.
Das Fraßbild ist höchstens mit dem Fraßbild der Holzwespen {Sirex)
zu verwechseln, vor allem wegen des kreisrunden Flugloches, das auch den letzteren, zu-
kommt; dann auch wegen der das Holz nach allen Seiten durchziehenden Larvengänge. Zur
15*
228
Coleoptera. — 6. P'amilienreihe: Phytophaga.
Unterscheidung achte man auf folgende Punkte: i. Die Ado)iochamus-'La.r\en fressen zuerst unter
der Rinde breite Gänge, bevor sie ins Holz eindringen, bei S/rex beginnen die anfänglich äußerst
kleinen Larvengänge gleich im Holz (i — 2 cm von der Oberfläche entfernt), da die Holzwespen
ihre Eier mittels ihres langen Legebohrers tief ins Holz einführen; 2. die Larvengänge sind bei
Monochamus queroval, bei Sirex rund.
Die Generation ist nach den Beobachtungen Trägärdhs in Schweden
und meinen eigenen in Vorderriß (Oberbayern) einjährig.
Die forstliche Bedeutung kann steilenweise recht erheblich werden:
Wachtl nennt Monochamus sutor „einen der größten Schädlinge für die
Fichtenbestände des Gutes Saybusch in Galizien". Nach AI tum gehört Monochamus
sartor in manchen Gebirgsrevieren zu „den ganz erheblich schädlichen
Forstinsekten"; und Fleischer berichtet, daß die auffallenden Käfer bei dem
großen böhmischen und bayerischen Käferfraß in den Siebziger Jahren in beachtens-
werter Menge auftraten und von ihm namentlich im Bayerischen Walde zu
Finsterau zahlreich gefangen wurden. Ob die beiden Monochamus- Kri&a nur
sekundär oder auch piimär auftreten, können wir heute noch nicht entscheiden.
Der Schaden ist sowohl physiologisch als technisch.
Zur Bekämpfung ist Einschlag und rechtzeitige Entfernung der
befallenen Bäume (bezw. Entrindung der noch nicht befallenen) zu empfehlen.
Da die Käfer frisch gefällte Bäume massenweise anfliegen, werden Fangbäume
gewiß auch Erfolg haben.
'''^ Monochamus galloprovincialis Ol.
Imago: Steht den vorigen Arten sehr nahe; unterscheidet sich von ihnen durch kleinere
Statur (Abb. 109) und vor allem durch das gelbgefilzte Schüdchen, das nur bis zur Mitte
geteilt ist. Die Fühler und Beine sind bei der typischen südfranzösischen Form braunrot; bei
den nördHcheren Formen meistens schwarz wie der übrige Körper {var. pistor Germ.).
Larve: Die Larve ist ausführlich von Perris beschrieben; darnach ist sie der Larve von
M. sutor sehr ähnlich. Die Mittel- und Hinterbrust sollen ohne Laufwülste sein; doch ist es
möglich, daß dieselben — wenn sie nur schwach
entwickelt sind wie bei sutor — vom Autor über-
sehen wurden. Die Warzenzeichnung der Laufwülste
ist ganz übereinstimmend mit der von sutor.
Vorkommen und Lebensweise. —
Die geographische Verbreitung von gaäo-
provincialis ist eine sehr große und reicht
von Südfrankreich und Algier bis nach
Sibirien, doch kommt sie innerhalb dieses
großen Gebietes nur stellenweise vor. In
Deutschland ist die Art hauptsächlich in
der Rhein- und Mainebene häufig, bei Karls-
ruhe und Mannheim (Nüßlin), bei Frank-
furt (v. Hey den). Reitter nennt ferner
als Fundort; Nassau, Dessau, Magdeburg,
Böhmen, Bayerische Alpen. Sie scheint aus-
schließlich auf die Kiefer beschränkt zu
sein. Perris fand sie in Seekiefer, bei uns
kommt sie in der gewöhnlichen Kiefer vor.
Abb. 109. Monochamus galloprovincialis
Ol. Oben d, unten 2. — Aus Nüsslin.
I. Nadelholz - Bockkäfer. 220
Über die Lebensweise liegen nähere Angaben von Penis (1856) und
Nüßlin vor, die in den meisten Punkten übereinstimmen. Ich folge hier der
Schilderung Nüßlins, der bei dem häufigen Vorkommen des Bockes in den
Kiefernwäldern bei Karlsruhe reichliche Gelegenheit zur Beobachtung hatte: „Der
Käfer erscheint von Ende Juni an, lebt vorzugsweise in den Kronen alter
Kiefern, geht aber auch an Fangbäume, wo er auch ganz frisch gefällte Stämme
in der Region der dünnen Spiegelrinde am Stamm und an den Ästen mit
Eiern belegt."
„Die Larven wachsen rasch heran, machen von Anfang an breite Platz-
gänge, welche bei dichter Besetzung mehr und mehr verschmelzen. Schon gegen
September sind die zuerst entstandenen Larven halb erwachsen und gehen nun
durch eine flach -ovale Öffnung ins Holz, nicht etwa nur in einem Hakengang,
sondern in tief das Innere durchwühlenden Gängen, welche die ganze Dicke der
oberen Stammpartien durchsetzen können. Die Verpuppung findet am Ende
des Ganges nahe der Splintoberfläche statt. Der Jungkäfer nagt sich wie bei
den vorigen Arten durch ein großes kreisrundes Loch nach außen." — Nach
Perris kommen die Larven bisweilen auch in dünnen Zweigen von kaum
I 1/2 cm Durchmesser vor, in welchem Falle der Larvengang dem Markkanal
folgt. Die hieraus entstehenden Käfer sollen durch geringe Größe auffallen.
Die Generation ist eine einjährige. Nur ausnahmsweise bleiben einzelne
Individuen ins dritte Jahr liegen und brauchen also 2 Jahre zur Entwicklung.
Erkennung. — Die Larve wirft eine enorme Menge von Fraßmehl heraus;
die Nagespäne sind schon im Juli äußerst grobfaserig, woran die Art leicht zu
erkennen ist. Im übrigen, besonders in bezug auf die Verwechslurgsmöglichkeit
mit Holzwespenfraß sei auf das oben bei den vorigen Arten Gesagte verwiesen.
Forstliche Bedeutung. — Die großen Larvengänge können den befallenen
Baum ganz oder teilweise zum Absterben bringen, außerdem machen sie das
Holz zur technischen Verwertung unbrauchbar. Der Käfer schadet also wie die
vorigen physiologisch und technisch. Wo er häufig auftritt, kann ein recht
empfindlicher Schaden entstehen. Ob die Art primär oder sekundär auftritt, ist,
wie bei den vorigen Arten, noch nicht entschieden.
Bekämpfung wie bei den vorigen Arten.
/Y' Pogoiiochaerus fasciculatus Deg.
Kiefern zweigbock.
Imago: Das kleine (4,5—6 mm), weiß und bräunlich scheckig behaarte Böckchen ist
unschwer zu erkennen (Abb. 103 k). Charakteristik siehe oben S. 2iq.
Larve: Die Larve ist (nach Torka) erwachsen lO — 12 mm lang, elfenbeinweiß, nach dem
Lämiinen-Typus gebaut (Abb. loi A, d). Fühler nicht wahrnehmbar, Punktaugen als zwei weißliche
runde Stellen sichtbar. Von den Brustsegmenten ist das zweite am kürzesten, jedoch seitlich am
meisten vortretend, das dritte besitzt dorsal und ventral einen schmalen ungeteilten Laufwulst. Die
abdominalen Laufwülste sind entlang der Mitte durch einen tiefen Einschnitt geteilt Alle Segmente
besitzen seitlich einige gelbliche oder bräunliche Borstenhaare. Besonders kennzeichnend sind
zwei als schwärzliche Punkte erscheinende Höckerchen, von denen das eine sich über der Kopf-
kapsel, das zweite größere sich am letzten Hinterleibssegment befindet (s. oben S. 209).
Puppe: 9 — IG mm lang, ebenfalls elfenbeinweiß. Schwärzlich sind einige spitze Fortsätze
am Kremaster und die Borstenhaare derselben. An der Stirnseite befinden sich drei Reihen
kurzer Häichen, die in der Mitte eine Unterbrechung aufweisen, auch die Brustringe sind auf
'■io
Co.'eoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
der Oberseite mit nach vorn gerichteten Borstenhaaren besetzt.
6 nach rückwärts gerichtete Borst ;n; besonders auffallend ist
schwärzlichen Spitzchen bewehrt ist (Abb. loi B, d).
Vorkommen und Lebensweise
Jedes Hinterleibssegment trägt
die Hinterleibsspitze, die mit
sich über ganz Nord-
Die geographische Verbreitung erstreckt
und Mitteleuropa. Der Kiefernzweigbock ist im wesent-
liehen Kieferninsekt, wenn er auch aus-
nahmsweise einige Male aus anderen Holz-
arten, wie Fichte^) (nach Judeich), Edel-
kastanie (nach Nördlinger) gezogen wurde.
Letzterer erhielt ihn auch aus Weymouths-
kiefern. Er ist in unseren Kiefernwäldern
sehr häufig und befällt nur geringes Material,
vornehmlich schwache Äste (von i — 6 cm
Durchmesser) in den Kronen älterer
Bäume, aber auch, wenn auch seltener,
junge Pflanzen; so zog ihn Judeich aus
5 — 6 jährigen und AI tum aus 12 bis
15 jährigen Pflanzen. Dürres Material
nimmt er niemals an.
Unsere Kenntnisse über die Lebens-
weise sind noch lückenhaft. Die Flug-
zeit scheint sich von Ende April bis in
den Juni hinein zu erstrecken.
Der Fraßgang der Larve (Abb. iio)
besteht „in einem sehr flachen scharf-
randigen Splintgang, welcher kaum sichtbar
beginnend und sich allmählich gegen sein
Ende zu 3 mm Breite erweiternd, in den
mannigfaltigsten Windungen den Zweig ver-
folgt, ja ihn gar oft bald mehr bald
weniger vollständig umwickelt, bis er mit
einem kurzen Hakengang im Holz endigt''
(Altum).
Über die Gen erat ionsdau er herrscht
noch keine volle Einigkeit. Während Altum
von einer zweijährigen Entwicklung spricht,
nimmt Nitsche eine „wahrscheinlich ein-
jährige Generation mit überwinternden
Larven" an.
Altum fand im Spätherbst erwachsene
oder fast erwachsene Larven, ebenso im
Mai. Letztere nagten sich sehr bald einen Hakengang in den Splint und
lieferten Ende Juli die Käfer. Diese so spät ausgekommenen Imagines sollen
Abb. IIO. Larvenfraß von Pogonochaerus
fasciculatus Deg. — Aus Koch (phot.Scheidter).
*) In Schweden scheint die Fichte ebenso häufig befallen zu werden wie die Kiefer
(Kemner 1922).
I. Nadelholz- Bockkäfer,
231
aber nach Altums Meinung nicht gleich wieder eine neue Generation begründen,
sondern überwintern und erst im nächsten Jahr zur Fortpflanzung schreiten —
eine Annahme, die mir recht fraglich erscheint. Auch Torka stellte wie AI tum
verschiedene Brüten im Jahre fest. Er fand zuerst im Januar in von Pissodes
notatiis getöteten Kiefern Larven, die im Frühjahr (Mai) die Käfer ergaben, und
sodann nochmals Anfang August unter gleichen Umständen erwachsene Larven,
die schon Ende des Monats die Käfer lieferten.
Für das zweimalige Auftreten des Käfers im Jahre kommen bezüglich der
Generationsdauer nach Torka folgende Möglichkeiten in Betracht: i. jedes Jahr
eine doppelte Generation, 2. eine Generation in 1Y2 Jahren, 3. jährlich eine
Generation und 4. eine je nach Temperatur usw. wechselnde Generationsdauer.
Am unwahrscheinlichsten, meint Torka, ist die Annahme einer doppelten
Generation, da die Bockkäferlarven sich im allgemeinen nicht so schnell ent-
wickeln. Dagegen würde die Annahme weit mehr Berechtigung haben, daß die
im Mai 1904 geschlüpften Imagines die im August 1905 entwickelten Käfer
erzeugt haben. Daraus würde sich eine zweimalige Generation in 3 Jahren er-
geben. Bei der Annahme einer einjährigen Generation müßten die beiden Flug-
perioden unabhängig nebeneinander hergehen, was aber auch recht unwahrschein-
lich ist. Neue Beobachtungen müssen hier Klarheit schaffen.
Über die natürlichen Feinde des Kiefernzweigbockes ist wenig bekannt;
es ist bis jetzt nur eine Schlupfwespe aus ihm gezogen, nämlich Pitnpla
terebrans Ratz.
Forstliche Bedeutung. — Der Kiefernzweigbock gehört zu den merklich
schädlichen Forstinsekten. Seine Beschädigung ist lediglich physiologischer
Natur (im Gegensatz zu den vorher besprochenen Böcken). Es ist klar, daß
die derben, den Splint breit furchenden Gänge die befallenen Zweige rasch zum
Absterben bringen. Sie beginnen denn auch schon bald nach dem Befall im
Sommer dürr zu werden, und gegen Herbst sind ihre Nadeln braun (Altum).
Später fallen sie als nadelloses, trockenes Reisig zu Boden. So kann der kleine
Bockkäfer sich in sehr unangenehmer Weise an der Lichtung älterer Kiefern
beteiligen und öfter auch die Wipfeldürre bei Kiefernüberhältern mitverschulden,
worauf Altum (1884) zuerst aufmerksam gemacht hat. (Hieran können auch
verschiedene Borkenkäfer, wie die „Waldgärtner" usw. beteiligt sein.) In Kul-
turen kann sein Auftreten zum Absterben von jungen Pflanzen führen-
— So tritt er also sowohl als Kultur- als auch Bestandsschädling auf und
zwar, wie es scheint, ziemlich primär.
Erkennung und Bekämpfung. — Die Anwesenheit des Kiefernzweigbockes
verrät sich durch die zahlreichen herabgefallenen, mit den oben beschriebenen
Gängen besetzten Zweige; bei starkem Befall auch durch die Lichtung der
Kronen; in Kulturen und Schonungen durch das Braun werden der Nadeln und
Absterben der Zweige und Stammenden.
Differenzialdiagnostisch kommen höchstens die Fraßbilder von
Magdalis und von Anthaxia quadripunctata in Betracht (siehe dort).
Die Bekämpfung kann nur in der Vernichtung der befallenen, mit Brut
besetzten Pflanzen oder Pflanzenteile bestehen, was durch Zusammenrechen und
Verbrennen der durch Herbststürme herabgeworfenen Zweige, bezw, durch zeitiges
222 Coleoptera. — 9. Familienreihe: Phytophaga.
Ausreißen der befallenen Pflanzen auf Kulturflächen (sobald sich der Schäd-
ling durch Vergilben der Nadeln verrät) und durch Verbrennen derselben ge-
schehen kann.
B. In abgestorbenem saftarmen Holz.
Die in abgestorbenem Nadelholz vorkommenden Böcke sind sehr zahlreich
und es sollen hier keineswegs alle Arten, deren Larven sich dort entwickeln^
besprochen werden, zumal ja auch viele von ihnen wirtschaftlich völlig belanglos
sind. Es werden vor allem diejenigen Arten behandelt, welche wirtschaftHch
irgendwie von Bedeutung sind, während von den übrigen nur die auffallendsten
und die dem Forstmann am häufigsten begegnenden Berücksichtigung finden.
Nach dem biologischen Verhalten der Larven und der wirtschaftlichen Be-
deutung können wir drei verschiedene Gruppen aufstellen:
1. Gruppe: Die Larven gehen entweder gleich oder nachdem sie
einige Zeit unter der Rinde gefressen haben ins Holz, dasselbe zer-
fressend und mit ihren Gängen nach allen Richtungen durchsetzend.
Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus lassen sich unter den hierher gehören-
den Arten wieder zwei Unterabteilungen unterscheiden:
a) Die Larven leben vorzugsweise in Bauholz oder zu anderen
Zwecken verarbeitetem Holz und können dadurch technisch sehr schäd-
lich werden. Hierher: Hyloirupes bajulus, Callidium violaceum^ Criocephalus
rusticus, Asemum strtatutn^ Ergates faber, Clytus mysticus.
b) Die Larven leben vorzugsweise in alten, vielfach schon mulmigen
Stöcken oder Stammteilen, sind daher technisch ohne jede Bedeutung. Sie
wirken an der Beschleunigung der Zersetzung mit, so daß man sie, genau
genommen, sogar als nützliche Insekten bezeichnen kann. Hierher: Spondylis
buprestoides, Leptura rubra^ Ergates faber (letzterer auch unter a).
2. Gruppe: Die Larven fressen ihre Nahrungsgänge unter der
Rinde und dringen lediglich zum Zwecke der Verpuppung in einem
„Hakengang" in das Holz ein. Der technische Schaden ist — wo ein
solcher überhaupt in Betracht kommt — nur gering, da ja nur die äußersten
Partien unbrauchbar gemacht werden. — Hierher: Callidium aeneum, Caenoptera
minor ^ Acanlhocinus aedilis (letzterer auch in der 3. Gruppe).
3. Gruppe: Die Larven leben ausschließlich unter der Rinde und
bleiben auch zur Verpuppung außerhalb des Holzes. Technisch gänz-
lich belanglos. (Sogenannte „auffallende" oder „täuschende Forstinsekten",) Hier-
her: die beiden Rkagium- Kxi^w und Acanthocinus aedilii (siehe auch 2. Gruppe).
I. Gruppe.
Larven entweder gleich oder nach längerem oder kürzerem Rindenfraß in
das Holz dringend und dasselbe nach allen Richtungen durchsetzend.
a) Larven vorzugsweise in Bauholz usw.; technisch schädlich.
[l <// Hylotrupes bajulus L.
Hausbock.
Imago: Der flache, pechschwarze Bock, der auf den Flügeldecken einige undeutlich be
grenzte, weißlich graue Haarflecken zeigt, und dessen nur wenig kräftige Fühler die Mitte der
Flügeldecken kaum erreichen, ist leicht zu erkennen. Siehe auch oben S. 2 1 7 und Abb. 1 1 1 B.
I. Nadelholz Bockkäfer.
233
Larve: Nach dem Ceramöi/cmew-Typus gebaut und den Larven der eigentlichen Callidium-
Arten sehr nahe stehend, von diesen unterschieden durch eine jederseits außerhalb der Fühler
stehende senkrechte Reihe von drei Augenpunkten, wenig festes, glänzendes, schwach längs-
gerieftes Vorderbrustschild mit deutlicher MitteUinie und zwei kurzen Seitenfurchen, sowie in
feine "Wärzchen zerteilte, in der Mitte etwas längsgefurchte Laufwülste auf den Abdominal-
segmenten. Körper sparsam behaart. Länge der ausgewachsenen Larve 20 — 22 mm.
Vorkommen und Lebensweise. — Der „Hausbock" ist über ganz Europa
verbreitet und außerdem durch Holztransport auch in außereuropäische Länder
(Nordamerika) verschleppt.
Er ist ein Nadelholzinsekt, welches im Freien in Planken, Bretterzäunen
und auch in Stöcken usw., namentlich aber in bearbeiteten und in Gebäuden
verbauten Nadelholzbalken, sowie in Möbeln
aus Kiefern, Fichten- und Tannenholz lebt.
Das 5 belegt die Ritzen mit Eiern. „Die
Larve frißt anfangs dicht unter der obersten
Holzschichte, welche als kartondünne Haut un-
verletzt bleibt (ähnlich wie bei Anobien, Ter-
miten u. a.), während alles andere zu einem
feinen stäubenden Mehl verwandelt wird (nur
einzelne festere Teile der Jahresringe bleiben
stehen). Die ältere Larve geht etwas tiefer,
bleibt aber immer in möglichster Nähe der be-
reits zerstörten äußeren Jahresringe. Äußerlich
gewahrt man daher an den befallenen Balken usw.
keine Beschädigung, höchstens treten an einzelnen
Stellen weiße Bohrmehlhäufchen auf, die am
A Criocephalus rusticus L., B Hylotrupes bajulus L.
D Callidium violaceum L. — Orig.
C Asemum striatum L.,
Boden unter den Balken liegen" (Eckstein). Der Käfer nagt sich durch ein
ovales Flugloch heraus. Häufig benutzen mehrere Käfer dasselbe Flugloch, so
daß die Zahl der Fluglöcher keinen Anhaltspunkt über die Zahl der fressenden
Larven und die Ausdehnung der Beschädigung geben kann.
234
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Über die Generationsdauer liegen verschiedene Angaben vor, die aber
kein klares Bild geben. Nach Eckstein (1916) lebt die Larve „4 Jahre sehr
langsam wachsend in dem ganz trockenen Holze, bevor sie sich verpuppt".
Altum kennt einen Fall, in welchem aus einem Hausgerät, das vor acht Jahren
angefertigt war, sich ein Käfer herausnagte, und Perris berichtet, daß in seinem
Haus aus einem eingegipsten Kiefernbalken 9 Jahre lang immer wieder Käfer
hervorkamen, was ihn zu der Vermutung führte, daß sich die Käfer, ohne das
Holz zu verlassen, im Innern wieder weiter fortpflanzen. Nördlinger (S. 41)
bezweifelt diese Annahme und
meint, daß eher die große Trocken-
heit des Holzes die Entwicklung
so stark verzögert habe.
Wirtschaftliche Bedeu-
tung. — Der Schaden des
„Hausbockes" kann sehr beträcht-
lich werden, besonders da, wo
er Gebälk betrifft, und kann bei-
nahe an die Zerstörungen, welche
die Termiten in den warmen
Ländern anrichten, heranreichen.
Altum erzählt einen Fall, in dem
der Dachstuhl eines Hauses in
Marburg im Laufe von 25 Jahren
völlig zerstört wurde. Nitsche
berichtet ähnliches aus Franken-
berg in Sachsen. Nach Eck-
stein (19 16) ward das Balken-
werk der im Jahre 1913 um-
gebauten alten Forstakademie in
Eberswalde durch den Hausbock
zerstört. In Rußland wurden zahl-
reiche aus Kiefernrundholz gebaute Forsthäuser im Laufe von 10 — 15 Jahren
vernichtet. Der aus Holz gebaute Kulissenschuppen der Oper von Nancy wurde
durch diesen Käfer dem Einsturz nahe gebracht. In Südfrankreich wird er als
der schlimmste Holzschädling unter den Insekten angesehen (Eckstein). In
Bayern und Baden befiel er Telegraphenstangen. In der Sammlung der Forst-
akademie Tharandt befindet sich ein Stück von einem Balkon eines oberbayerischen
Hauses, der von dem Larvenfraß so stark beschädigt wurde, daß er herunterstürzte.
Diese wenigen Beispiele zeigen, mit welch gefährlichem Holzinsekt wir es bei dem
Hausbock zu tun haben.
Gegenmittel. — Da die Larven sich vornehmlich auf das Splintholz be-
schränken, so ist zur Vorbeugung Vermeidung der Verwendung von Splint-
holz anzuraten. Ferner dürfte Teer- oder Kreosotanstrich die Weibchen vom
Ablegen ihrer Eier eine Zeitlang abhalten. Eventuell wäre auch eine Impräg-
Abb.
12 A. Larvenfiaß von Hylotrupes bajulus L.
(Hausbock). — Orig.
j . Nadelholz - Bockkäfer.
235
nierung des Holzes mit Antorgan (Chemische Fabrik von Nördlinger- Flörsheim)
oder einem anderen gebräuchlichen Imprägnierungsmittel zu empfehlen.
,7\, Callidium violaceum L.
Blauer Scheibenbock.
Der durch die flache Gestalt und blaue Färbung (siehe oben S. 218) gut
charakterisierte Bock (Abb. 1 1 1 D) lebt zuweilen ganz ähnlich wie der Hausbock in ver-
arbeitetem und verbautem Holz und kann auch dementsprechend schaden. Doch
erreichen seine Beschädigungen selten eine solch gefährliche Ausdehnung wie bei
der vorigen Art. Eckstein (1916) fand den Käfer in Unmengen auf dem
Holzspeicher eines Stellmachers in Eberswalde. Nördlinger gibt als Fundort
an: „In Lärche und Föhrenholz in einem Magazin, ferner in dürren Weymouths-
kiefern im Wald." — Die Larve lebt auch unter Rinde, ähnlich wie Caä. aeneum,
und findet sich zuweilen auch in Laubholz (siehe unten).
;/ i'^ Criocephalus rusticus L.
Gruben halsbock.
Imago: Ein schlanker, nach hinten etwas verengter Käfer von heller oder dunkler
brauner Färbung, glanzlos; Fühler von ungefähr halber Körperlänge, gegen die Spitze zu auf-
fallend dünner werdend. Siehe oben S. 217 u. Abb. iii A.
Larve: Ist ausgezeichnet durch zwei kleine Dornen, die an dem Hinterrand des 9. Hinter-
leibsringes stehen — ein Merkmal, das sie mit der Larve von Sponcbjlis gemeinsam hat, der
sie überhaupt sehr nahe steht. Die kleinen Dornen der Criocepkalus-'La.Tve stehen aber weniger
weit (höchstens ^2 '"'") voneinander entfernt als bei der Spondylis-'Ls.rve.
Der Käfer schwärmt im Juli -August in Kiefernwäldern, auf Holzlager-
plätzen usw. Das 2 legt seine Eier an totes Kiefernholz (Bauholz) oder auch
an Kiefernstubben. Die Larve lebt nach Perris (1856) längere oder kürzere
Zeit (je nach der Beschaffenheit der Rinde) unter der Rinde, bevor sie ins
Holz eindringt. Letzteres durchfrißt sie nach allen Richtungen in breiten,
flachen, im Querschnitt ovalen (6x9 mm) Gängen. Diese sind dadurch charak-
terisiert, daß sie mit äußerst fest gedrücklem Bohrmehl verstopft sind (Eck-
stein 1916).
7- / Asemum striatum L.
Düsterbock.
Der untersetzte gewölbte, pechschwarze, glanzlose Bock (Abb. 1 1 1 C) lebt
ähnlich wie der vorige. Eckstein (1916) fand ihn mit diesem zusammen in den
Brettern einer Dachschalung. Die Gänge und das Bohrmehl, welches diese er-
füllt, gleichen jenen von Criocephalus ^ nur sind die Gänge kleiner, mit einem
Durchmesser von nur 3x7 mm.
/Ä-/yErgates faber L.
Mulmbock.
Imago: Der sehr große (bis 50 mm^ pechbraune flache Käfer ist an dem scharfen ge-
zähnelten Seitenrand des Halsschildes und den schlanken kurzen Fühlern leicht zu erkennen und
von den anderen großen deutschen Böcken {Cerambyx und Frionus) ohne weiteres zu unter-
scheiden. Siehe auch oben S. 215 u. Abb. 103 b.
Larve: Eine eingehende Beschreibung und gute Abbildungen der Larve gibt Perris
(1856). Im ausgewachsenen Zustand erreicht sie eine Länge von 60 — 65 mm. Der Vorderrand
des Kofifes ist gezähnelt und zeigt deutlich 6 zahnförmige Zacken. Die Mandibeln sind sehr kräftig.
236
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Der erste Brustring ist dorsal mit einer schmalen, in der Mitte unterbrochenen, bräunlichen Platte
vor dem Hinterrande versehen. Die Laufwülste sind sehr stark ausgebildet und auf den Hinter-
leibssegmenten I — 7 vorhanden; die dorsalen sind mit je zwei, die ventralen mit je einer Quer-
furche versehen, letztere außerdem jederseits mit einem Grübchen; die Warzen Zeichnung ist nur
schwach ausgebildet. Beine vorhanden, jedoch verhältnismäßig nur sehr klein.
Puppe: Bemerkenswert sind die vielen kleinen dornartigen Fortsätze, die auf dem Rücken
des Prothorax und der Hinterleibssegmente verteilt stehen. Das mittlere Brustsegment ist dorsal
fein quergestreift und das letzte Segment ist mit 2 kleinen nach hinten gerichteten Dornen bewaffnet.
Am HLnterrand der Abdominalsegmente 2 — 5 befinden sich mehrere deutliche Vorwölbungen.
Die Flugzeit des Mulmbockes ist von
Mitte Juli bis Mitte September. Das ? legt
seine Eier in die Stöcke oder Stämme von
toten Nadelhölzern (vornehmlich' Kiefer, aber
auch Fichte und Tanne). Die junge Larve
geht gleich ins Holz und wächst rasch heran,
während sie mit ihren kräftigen Kiefern
mächtige, breite Gänge durch das Holz nach
allen Richtungen nagt. Die Bewegungen .der
großen Larve sind auffallend schnell, schneller
als die der anderen Bockkäfer, an welcher
Fähigkeit wohl auch die großen Laufwülste
teilhaben. Die Verpuppung findet gewöhn-
lich im Holz nahe der Oberfläche statt,
Ratzeburg fand aber die Puppen auch
neben den befallenen Stöcken in Erdhöhlen.
Wirtschaftliche Bedeutung. — Für
gewöhnlich scheint Ergates faber in Stöcken
zu brüten und somit wirtschaftlich belanglos
zu sein. Angaben darüber finden sich bei
Altum (S. 327: in alten schoii mulmigen
Kiefern- und Fichtenstöcken), bei Ratze-
burg (S. 248: in Kiefernstöcken), bei
Perris (in den Stöcken der Seekiefer)," des-
gleichen bei Nördlinger (S. 40) und bei
Barbey (S. 28) ; Panzer stellte (nach Kalten-
bach S. 689) den Käfer auch in Tanne fest.
Bisweilen befällt der große Bock aber
auch bearbeitetes Holz und kann dadurch
technisch recht lästig werden. So ist er (nach
Escherich und Baer 1913) in Schlesien in
Lichtmasten und Zaunpfählen (beide aus
Kiefernholz) aufgetreten, die von den Larven
stark zerfressen wurden. Besonders stark war
ein Lichtmast befallen, der eine Menge großer
Fluglöcher dicht über dem Erdboden bis zu
einer Höhe von ^/g Meter aufwies. Wie aus
einem von dort eingesandten Schalenstück zu ersehen war, haben die Larven
die äußerste Holzschichte verschont (ähnlich wie es auch die Larven von Hylotrupes
bajulus usw. tun); im übrigen fand sich der 12 — 15 cm dicke Splint vollständig
zerwühlt, während das nährstofifarme Kernholz gänzlich unberührt geblieben war.
Besonders zu bemerken ist noch, daß die befallenen Lichtmasten mit einem
Abb. 112B. Larvenfraß von Ergates
faber L.
I. Nadelholz - Bockkäfer.
237
Karbolineum- Anstrich versehen waren; derselbe scheint allerdings schon recht alt
gewesen zu sein und so seine verwitternde Wirkung verloren zu haben.
b) Larve in alten mulmigen Stöcken; wirtschaftlich belanglos.
;^4^2Spondylis buprestoides L.
Waldbock.
Der durch seine kurzen Fühler (er besitzt wohl die kürzesten Fühler von
allen Böcken) und durch sein kugeliges Halsschild leicht kenntliche, mattschwarze
Bock (siehe Abb. 103 a) ist in ganz Europa häufig. Er fliegt im Juli -August
überall im Walde, wo faulende Stöcke
und Klafter von Kiefern sich finden.
Man sieht ihn vom Nachmittag an
im langsamen, niedrigen Fluge zwischen
den Stämmen umherfliegen.
Die Larve lebt (wie es scheint,
ausschließlich) in alten mulmigen
Kiefernstöcken, die sie nach allen
Richtungen hin mit ihren Gängen
durchwühlt, bis zu den tiefsten Wurzeln
vordringend. „Auf sie macht hier
überall der Schwarzspecht Jagd, und
die Splitter der stark anbrüchigen, von
ihm bearbeiteten Stöcke liegen dann
in Menge und großen Stücken umher,
so daß sie schon aus der Ferne
die Aufmerksamkeit auf sich ziehen"
(Altum).
„Da die Larve ausschließlich in
den bezeichneten Stöcken lebt, ist die-
selbe wirtschaftlich ohne jede Bedeu-
tung, ja sie kann, da sie dazu bei-
trägt, die Stöcke rascher in düngende
Holzerde zu verwandeln eher als nütz-
lich wie als schädlich bezeichnet wer-
den." „Im Hinblick darauf könnte",
meint Altum (S. 326), „der Schwarz-
specht seine Arbeit, welche zuweilen auch der Grün- und große Buntspecht an
diesen Stöcken übernimmt, einstellen, ohne einen Tadel zu verdienen."
Die Larve ist beschrieben und abgebildet von Perris (1856). Sie ist nach dem Ceram-
bycinen-Typus gebaut. Prothorax in der hinteren Hälfte rötlich braun, zw^eimal so breit als
lang, dorsal mit zwei etwas divergierenden Längslinien. Laufwülste auf Abdominalsegment I — 7.
Vor dem Hinterrand des 9. Segmentes 2 kleine Dornen, die ungefähr i mm voneinander ent-
ernt stehen (vgl. die Larve von Crioeephalus).
1 2 C. Ausfluglöcher von Leptura rubra L.
in einem Kiefernstock. — Orig.
^V7 Leptura rubra L.
Die Lepturen sind durch die halsähnliche Verschmälerung des wenig aufgetriebenen Kopfes,
durch das fast kegelförmige Halsschild und durch die nach hinten ansehnlich verschmälerten
Flügeldecken deutlich gekennzeichnet; die meisten Arten l^esitzen ferner eine mehr oder weniger
lebhafte Färbung. Bei unserer Art sind beim 2 Halsschild und Flügeldecken hellrot, beim
kleineren (^ die Flügeldecken braun, das Halsschiid schwarz. (Siehe oben S. 216.)
238
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytop
Eine ausführliche Beschreibung der Larve liefert Perris (1856). Sie ist der Larve von
Criocephalus ähnlich, doch besitzt sie ein Paar Ocellen; ferner fehlen die kleinen Dornen am
Hinterrande des 9. Segmentes.
Der Käfer ist im Sommer überall häufig auf Dolden oder auf Nadelholz-
stöcken an Waldrändern oder auf Waldblößen zu finden. — Die Larve lebt in
alten Stöcken, ähnlich wie die vorige Art; der Käfer nagt sich durch ein rundes
Flugloch nach außen. (Abb. 112C.)
Abb. 113. Larvengänge von Callidium aeneum Deg. unter Fichtenrinde.
Aus Eckstein.
Außer den beiden hier genannten Arten leben noch eine Reihe anderer Böcke in ähn-
licher Weise in Nadelholzstöcken (wie z. B. Oxymirus Cursor L., verschiedene andere Leptura-
Arten usw.); doch kommen diese im allgemeinen weit seltener vor als die obigen zwei Arten,
die dem Forstmann stets begegnen und daher seine Aufmerksamkeit erregen.
Außerdem finden sich neben den reinen Stockbrütern bisweilen auch die Larven .ver-
schiedener der oben genannten Bauholzbrüter in den Stöcken, so vor allem von Ergates faber,
Criocephalus rustieiis und Asoimm striatum.
2. Gruppe.
Larven größtenteils unter* der Rinde fressend, nur zur Verpuppung in den
Splint gehend. Wirtschaftlich nur von geringer Bedeutung.
I. Nadelholz -Bockkäfer.
239
//y.Callidium aeneum Deg.
Metallischer Scheibenbock.
Es ist fraglich, ob wir Callidium aeneum besser in die i. oder in die 2. Gruppe stellen,
da die Larve nach einem längeren Rindenfraß noch mehr oder weniger tief ins Holz geht. Da
jedoch nach der Ausdehnung des Rindenfraßes dieser doch der Haupternährungsfraß zu sein
scheint und die Holzgänge mehr oder weniger nur als Verpuppungsgänge aufzufassen sein dürften,
so glaube ich die Art richtiger in die 2. Gruppe stellen zu sollen.
Imago: Der Käfer ist durch die flache scheibenförmige Gestalt, die metallisch grüne
Färbung und die Netzstruktur gut charakterisiert (siehe oben S. 2i8).
Nach Eckslein (1916} frißt die Larve im abgestorbenen Fichtenholz breite,
oft platzweise bis zur Handtellergröße erweiterte Gänge (Abb. 113) und geht zur
Verpuppung tief ins Holz. Der Käfer wurde auch aus Laubholz gezogen. — Ähn-
lich wie aeneum frißt zuweilen auch C. violäceum (siehe oben S. 235) seine
Larvengänge unter der Rinde.
7y^(^ Caenoptera (Molorchus) minor L.
Imago: Durch die stark verkürzten
Flügeldecken und die über dieselben weit hervor-
ragenden häutigen Flügel sehr auflallend und an
Schlupfwespen erinnernd. -Fühlei länger als der
Körper (im Gegensatz zu dem großen Wespen-
bock Necydalis). Körperlänge 6 — 13 mm (siehe
Abb. 103 c).
Larve: Nach dem Cerambycinen-Typus ge-
baut, ohne Punktaugen, mit verhältnismäßig langen
Fühlern, und femgenetzten, in der Mitte längs-
geteilten Laufwülsten (Schiödte 1876, S. 414)-
Die Käfer findet man im Sommer
häufig auf Blüten, vor allem auf Dol-
den. Die Larve lebt vorzugsweise in
schwächeren abgestorbenen berindeten
Stämmen, Knüppeln oder Ästen von Fichte
(nach Altum auch von Tanne), und
macht unter der Rinde und im Holz
scharf ausgenagte, mit weißem und
braunem Bohrmehl gefüllte, flache und
breite, äußerst geschlängelte Gänge
(Abb. 114A), um vor der Verpuppung
durch eine ovale Öffnung in den Splint
einzudringen und dort in einem Haken-
gang sich zu verpuppen (Abb. 114B).
Man findet die charakteristischen
Gänge ungemein häufig an den Stangen
von Naturzäunen, wo oft deren jede
dicht damit besetzt ist. Auch an Brenn-
holz sind die Gänge oft zu sehen.
Die wirtschaftliche Bedeutung
ist nur eine sehr geringe. Die Haken-
gänge spielen bei der Art des befallenen
Holzes kaum eine Rolle. Eher könnte
man das durch den Larvenfraß be-
schleunigte Abfallen der Rinde (z. B. bei
A B
Abb. 114. Larvenfraß von Caenoptera (Mo-
lorchus) minor L. A Larvengänge unter der
Rinde, B Hakengänge, und Puppenwiegen
im Holz. — Original.
240
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Naturzäunen) als eine schädliche Folge des Caenoptera-Yxz&&% bezeichnen. Nach
verschiedenen Angaben soll der Käfer auch lebendes Holz angehen (vgl. Nitsche
S. 571), doch bedürfen diese Mitteilungen wohl noch der Bestätigung.
/7j;j Acanthocinus aedilis L.
Zimmerbock, Schneiderbock.
Imago: Ein allgemein bekannter Käfer, von kurzer breiter Gestalt und ungemein langen
(beim (^ 3 — 5 mal, beim 5 iVa^i^l so lang als der Körper) Fühlern (Abb. I15). Oberseite
schmutzig grau, mit undeutlichen, wolkigen Binden. Weibchen mit sehr langer Legeröhre.
Larve: Nach dem vierten Typus gebaut, also lang- bezw. kleinköpfig und fußlos, glatt und
glänzend, mit Ausnahme der mit feinsten Wärzchen besetzten Laufwülste, dünn rötlich behaart.
Augenpunkte sehr deutlich. After dreispaltig. Länge bis 30 mm (s. S. 209 u. Abb. lOi A, b).
Puppe: Besonders auffallend durch die Lagerung der langen Fühler, die auf Abb. lOiB
dargestellt ist. Eine ausführliche Beschreibung und Abbildung der Larve und Puppe findet sich
bei Pcris 1856 und Kemner 1922.
Einer der frühesten Forstkäfer, der schon in den ersten warmen Frühlings-
tagen mit dem Waldgärtner auf alten Kieferstöcken erscheint. Man kann ihn
unschwer beim Eierlegen beobachten. Er
treibt dabei seine sehr lange und ganz
weich endigende Legeröhre so tief durch
Ritzen in die Rinde hinein -), daß man
sie abreißt, wenn man sie nicht mit
Sorgfalt herauslöst (Nördlinger). Die
Larven fressen ihre Ernährungsgänge aus-
schließlich unter der Rinde in abständigem
Holz (in Stöcken, Scheitholz usw.). Die
ausgewachsene Larve nagt sich zur Ver-
puppung durch einen schmalen schräg-
gestellten Eingang ins Holz ein, jedoch
niemals sehr tief, sondern bleibt in dem
jüngsten Jahresring, woselbst sie nach auf-
wärts und abwärts die Puppenhöhle her-
richtet und die groben zaserigen Späne
teils zum festen Verstopfen ihres Einganges
teils zum Polster des Lagers verwendet
(Altum S. 346). Nicht immer aber
nagt sich die Larve zur Verpuppung
ins Holz ein, sondern häufig bleibt
sie, wo die Rinde genügend dick
ist, unter der Rinde, wo sie mit
Hilfe der Späne sich eine nestartige
Puppenwiege errichtet. So führt uns
der Zimmerbock zu der letzten Gruppe, bei der die Larven regelmäßig ihre
Verpuppung unter der Rinde durchmachen. Die Entwicklungsdauer ist nach
Nördlinger nur sehr kurz (ca. 4 Monate), die Generation nach Barbey
(191 7) doppelt. In den Laiven und Puppen findet der Specht, vor allem der
große Buntspecht, eine sehr willkommene Nahrung, und so finden wir an den von
Acaniliociims befallenen Stöcken oder abgestorbenen Stämmen usw. häufig Specht-
fef
/
W^-
Abb. 115. Acanthocinus aedilis L. d
(Zimmerbock). — Original.
') Wenn keine geeigneten Rindenritzen vorhanden sind, nagt das 2 ^i^i trichterförmiges
Loch durch dieRinde und schiebt seine Eier durch dieses unter die Rinde hinein (Kemner 1922).
I, Nadelholz - Bockkäfer.
241
arbeit (AI tum). — Wirtschaftlich kommt dem Zimmerbock kaum eine Bedeutung
zu; doch gehört er zu den auffallendsten Holzböcken in unseren Wäldern und
verdient daher einen ausführlicheren Hinweis.
3. Gruppe.
Larven leben ausschließlich unter der Rinde und machen da auch ihre
Verpuppung durch; wirtschaftlich gänzlich bedeutungslos.
Als typische Vertreter dieser Gruppe nenne ich
77 V, Rhagium Inquisitor L. (nee Panz.) und bifasciatum F.
"im'ago: Die ziemlich robusten bunt gefärbten Böcke sind oben S. 215 näher charakteri-
siert (siehe' auch Abb. 103). Inquisitor: Flügeldecken blaßgelb mit fleckig grauer Behaarung und
zwei schwarzen Binden; bifasciatum: Flügeldecken schwarz mit 2 rötlich gelben Querbinden.
Larve: Gehört zu den Formen des Lep-
turinen-Typus , also mit kleinen Füßen versehen
und mit breitem queren Kopf. Sie ist vor allen
anderen Bockkäferlarven leicht zu erkennen
durch den stark abgeflachten, an den
Rändern fast schneidend scharfen Kopf.
Die Laufwülste weisen eine ähnliche Warzen-
zeichnung auf wie bei den Monochamus-l.&x\tn.
Die beiden Rhagium- Kiien (be-
sonders inquistlor) sind in unseren Wäldern
sehr häufig. „In unseren Kiefernrevieren",
schreibt Altum S. 356, ,.gibt es stellen-
weise kaum einen toten Stamm von
Stangen- bis Baumstärke, der in seinem
borkigen Teil nicht von einer der Rha-
oium-Arten besetzt wäre." Ebenso ist es
in Fichtenrevieren. In alten Stöcken,
von denen sich die Rinde bereits leicht
ablösen läßt, wird man selten vergebens
nach den Larven oder Puppen suchen.
Die Larve lebt ausschließlich unter
der Rinde, wo sie, ohne den Splint
zu furchen, i — 2 cm breite, gewundene
Gänge nagt, welche dicht mit braunem,
festen, bei der Ablösung der Rinde oft auf dem Splinte haften bleibenden Bohr-
mehl erfüllt sind. Die Verpuppung findet in einer großen flachen, ovalen
Puppenwiege von 3 — 4 cm Länge statt, welche von einem ca. 5 mm dicken
Kranze von Nagespänen nestartig umgeben ist (ähnlich wie bei Acanthocinus).
In diesem Miniaturnestchen liegt die Puppe mit dem Rücken nach außen ge-
wandt, ein reizendes Bild darbietend — ein „Medaillon mit seiner Kamee", wie
Dufour sich ausdrückt.
Wirtschaftlich besitzen die Rhagium- P\.x\.&n, wie schon gesagt, gar keine
Bedeutung. Die von Ahlemann stammende Angabe, daß der Käfer vor-
züglich in noch lebendem, allerdings anbrüchigem Holz oder in frischen Stöcken
brüte, beruht sicherlich auf einem Irrtum. Denn für gewöhnlich befallen die
Rhagien das Holz erst dann, wenn es von anderen (sekundären) Insekten bereits
wieder verlassen und die Rinde schon etwas gelockert ist. ^)
^) Em .amerikanischer Entomologe (Theobald) berichtet allerdings, daß er Rhagium
bifasciatum auch aus gesundem Holze von Tanne und Kiefer gezogen habe. (Reh, Handbuch,
S. 497). Siehe auch unten S. 270.
Esc he rieh, Foistinsekten. II. Bd. lö
Abb. 116. Puppenwiege (Span-Nest) von
Rhagium Inquisitor L. in Fichtenrinde.
Original (phot. Scheidter).
2A2 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Wie die Acan/kocmus - harven, so bieten auch die R/iagtum-LdLVven und
-Puppen eine sehr beUebte und gesuchte Nahrung für die Spechte, namentlich
den Schwarzspecht und den großen Buntspecht, dar, die ihnen denn auch fleißig
nachstellen.
II. Laubholz-Böcke.
Übersicht der Arten.
A. In stehendem oder frisch gefälltem Holz.
a) In Harthölzern, vor allem Eiche, Buche usw.
Cerambyx cerdo L. Großer Eichenbock. In Eiche.
— Scopolii Laich. In Buche, Eiche usw.
Rosaita alpina L. Alpenbock. In Buche.
Purpuricenus Köhleri L. In Obstbäumen.
Rhopalopus insubricus Germ. Ahornbock. In Bergahorn,
Olytus arcuatus L. In Eiche, Buche usw.
— detritus L. u. arietis L. Ebenso.
— tropicus Panz. In Eiche.
— rhamni Germ. Ebenso.
Liopus nebulosus L. In verschiedenen harten Laubhölzern.
Saperda scalaris L. Ebenso.
b) In Pappeln, Weiden, Haseln.
Aromia mosehata L. Moschusbock. In Weiden.
Clytus rusticus L. In Pappel, Aspe (und auch Birke).
Lamia textor L. Weberbock. In Weiden.
Saperda careharias L. Großer Pappelbock. An Pappeln, Baumweiden, Aspen.
— populnea L. Kleiner Aspenbock. In Aspe und Weide.
— perforata Pall. In Aspe.
— octopunctata Scop. Ebenso.
Oberea oculata L. In Weiden. Markröhrenfraß.
— linearis L. In Haseln, Markröhrenfraß.
B. In abgestorbenem, saftarmem oder trockenem Holz.
Aegosoma scabricorne Serv. In allen Laubholzstümpfen.
Calliditim sanguineum L. \
— testaceiim L. I In trockenen Laubhölzern (Eiche, Buche usw.) Larvenfraß
— lividtim Rossi. > meistens unter der Rinde, Verpuppung im Holz in
— riolaceuin L. ■ einem Hakengang.
— aeneum Deg. j
Rhagium mordax Deg, \^ In verschiedenen Laubhölzern (Eiche, Buche, Birke). Larvenfraß und
— sycophanta Sehr. / Verpuppung unter der Rinde.
Gracilia minuta F. In trockenen Zweigen von Weiden, Edelkastanien usw.
Leptura maculata Poda. In Birke.
— {Sttnochorus) meridianus L. In Weidenstümpfen.
A, In stehendem oder frisch gefälltem Holz.
a) In Harthölzern (Eiche, Buche usw.).
f Si Cerambyx cerdo L.
„Großer Eichenbock''.
Imago: Der größte aller europäischen Bockkäfer ist so bekannt, daß ein Hinweis auf die
Abb. 117 und auf die oben gegebene Tabelle S. 216 genügt.
Larve: Nach dem zweiten Typus gebaut, sehr groß, bis zu 80 mm lang, mit einer senk-
recht stehenden Reihe von 3 Punktaugen, seitlich von den sehr kleinen Fühlern. Vorderrand
des Kopfes braunschwarz, eine Binde an dem Vorderrande der Vorderbrust braun. Chitinschild
derselben wenig fest, vorn quer-, hinten längsgerunzelt. Füße sehr klein. Laufwülste mit mittlerer
Furche, jede Hälfte weiter quer- und längsgeteilt, außerdem fein gehöckert. Eine sehr gute Ab-
bildung der Larve und der Puppe gibt Ratzeburg. Siehe Abb. 117.
II. Laubholz - Bockkäfer.
243
Der große Eichenbock kommt fast in ganz Europa vor (in"^ Rußland soll
er fehlen und in Skandinavien sehr selten sein), allerdings nicht überall gleich
häufig. Stellenweise, in Deutschland, wo größere Eichenbestände sind, und be-
sonders im Süden 1) (Italien, Frankreich, Ungarn) tritt er sehr häufig auf,
während er in anderen Gegenden fehlt oder wenigstens nur seltener vorkommt.
Letzteres trifft z. B. für den eichenreichen Nordwesten Deutschlands zu
(AI tum), ebenso für die berühmten Eichenwaldungen im Spessart, während da-
gegen im Nordosten Deutschlands der Käfer in allen alten Eichenbeständen sehr
Abb. 1
häufig ist (Altum), ebenso in den Mulde-Auen bei Dessau (N) usw. Seine
Hauptnährpflanze ist die Eiche, doch kommt er auch im Nußbaum vor (im
Freiburger Zoologischen Instisut steht ein sehr schönes Fraßstück davon). Keller
nennt neben dem letzteren auch noch die Esche; doch dürfte es sich hier wohl
nur um vereinzelte Fälle handeln; ebenso bei dem von Nördlinger genannten
Vorkommen in Apfelbaum und Ulme.
1) In den südlichen Ländern Europas wird C. cerdo häufig durch die rar. Mirbecki Luc,
oder durch C. vehäinus Br. vertreten.
16*
244
Coleoptera.
6. Familienreihe: Phytophaga.
Seine Flugzeit fällt in die Monate Juni und Juli, wo er an warmen
Abenden meist niedrig umherfliegt, „Am Tage hält er sich oft in den Larven-
gängen verborgen und schaut aus den Öffaungen,
zuweilen durch die hervorstehenden Fühlerspitzen
verraten, wie aus Kerkerfenstern, hinaus. Der
Versuch, ihn an den Fühlern herauszuziehen,
mißglückt in der Regel, der Käfer weicht zurück,
der Fühler bricht ab. Eingeblasener Tabakrauch
fühlt besser zum Ziele" (AI tum).
Das Weibchen geht nur stehende und
lebende Bäume an. Ob .,eine allgemein behauptete
Anbrüchigkeit'' derselben für den Angriff prädis-
poniert oder gar die notwendige Voraussetzung
bildet, darüber sind die Akten noch nicht ge-
schlossen. Die Larve jedenfalls meidet an-
brüchige oder gar mulmige Stellen (im Gegensatz
Abb. il8A. Larvengänge des
jjroßen Eichenbockes, Ceramb.
cerdo L , in Eichenholz. Vg nat.
Gr. — Aus Eckstein.
Abb.'^liSB. Puppenwiege mit Puppe von Cerambyx
cerdo L. Die Puppenwiege ist mit einem Deckel ver-
schlossen. Phot. Scheidter.
zu den Larven der Lucaniden und Cetoniden. die ausschließlich in solchen Stellen
leben), und nagt vielmehr ihre Gänge in das festeste und gesündeste Holz. Zu-
II. Laubholz - Bockkäfer
245
erst durchwühlt sie in flachen, oberflächlichen Gängen den gesunden Splint, um
nach einiger Zeit in das Holz, mitunter bis auf den Kern einzudringen. Die
Wände der im Querschnitt ovalen, fingerstarken (15 X 45 mtn), mit festem braunen
Nagemehl gefüllten Gänge schwärzen sich bald unter dem Einfluß von Pilz-
wucherungen (Abb. 118A). Die Holzhändler sprechen daher vom „Großen
schwarzen Wurm", im Gegensatz zu dem „Kleinen schwarzen Wurm'' (einem
Borkenkäfer, Xyleborus monographus). Die Verpuppung findet in einem mächtigen
,, Hakengang" von ca. 80 mm Länge und 26 mm Durchmesser statt (Abb. 118B).
Das Larvenleben scheint 3—4 Jahre zu dauern, und der Käfer bereits in
dem seinem Flugjahr vorausgehenden Winter die Puppenhülle, in welcher er in
glatt genagter Wiege in der Tiefe des Holzes schlummerte, abzustreifen. Wenigstens
hat Nitsche schon im Januar frische, noch weiche Käfer erhalten.
Die befallenen Eichen können trotz des großen Umfanges der Gänge den
Larvenfraß lange Zeit aushalten. Barbey bildet eine Eiche ab, in der schon
mindestens 30 Jahre der „große schwarze Wurm" seine fingerstarken Gänge ge-
graben hatte, ohne daß der Baum eingegangen war. Dennoch aber besteht kein
Zweifel, daß durch einen solchen Riesenfraß eine gewisse, wenn auch nur sehr
langsam wirketide physiologische Schädigung eintritt. i)
Weit wichtiger ist jedoch die Bedeutung, die der Käfer in technischer
Beziehung besitzt, da die von den Larven durchfressenen Stämme natürlich als
Nutzholz völlig entwertet sind. In dieser Beziehung stellt Ceratnbyx cerdo den
schlimmsten Eichenschädling dar. Wenn wir den hohen Wert alter Eichen-
stämme berücksichtigen, so können wir die Höhe des Schadens, der den Holz-
interessenten durch zahlreiches Auftreten des großen Bockes erwachsen kann,
ohne weiteres ermessen. ^)
Der Larvenbefall macht sich oft erst nach längerer Zeit kenntlich. Die
dicke, rauhe Borke verdeckt oft viele Dezeni^ien hindurch den Fraß im Inneren,
und bei ihrer starken Unebenheit fallen auch die Fluglöcher verhältnismäßig
nur schwach auf. Ratzeburg teilt einen Fall mit, wonach ein Müller einen
Eichenstamm zu einer Radwelle gekauft hat, der äußerlich völlig gesund aus-
sah, während in ihm doch einige Larven, wenn auch nicht sehr ausgiebig, ge-
fressen hatten.
Eine Bekämpfung des Käfers ist schwer. Das beste Mittel dürfte das
Abfangen der Käfer während der Flugzeit mit Netzen sein. Vielleicht gelingt
es auch, die Käfer zu ködern. Versuche in dieser Richtung sollten unter-
nommen werden.
^) Keller (1883) berichtet, daß in Oberitalien sich häufig Ameisen '^Camponotus) in
den Larvengängen einnisten, die die Gänge noch erweitern, und außerdem in den Sägemühlen
eine sehr unangenehme Plage werden können, so daß man sie erst durch Eingießen von heißem
Wasser aus den befallenen Stämmen vertreiben muß.
■^) Im Süden kommt der große Cerambyx auch in den Korkeichen vor (in Nordafrika in
der var. Mirhecki Luc, in Südeuropa in der verwandten Form C. velutinus Br.). Die Gänge
der jungen Larve in der Cambialschichte stören die normale Korkbildung, die der erwachsenen,
im Splintholz verlaufenden können die alten Stämme physiologisch stark schädigen und sie zum
Absterben brmgen (Lamey).
246
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga
Abb 119 Puppenwiege (mit einem Kalk-
deckel abgeschlossen) von Ceiambjx Scopolii
Laich. — Aus Eckstein.
Cerambyx Scopolii Laich.
Der vom vorigen durch seine geringere
Größe, sowie durch die nach hinten
(Abb. 103) nicht verengten und ganz
schwarzen Flügeldecken leicht zu unter-
scheidende Bock ist bezüglich seiner Lebens-
weise trotz häufigen Vorkommens noch
wenig eingehend erforscht. Er scheint die
Buche zu bevorzugen, doch ist er auch in
Eiche, Edelkastanie, Ulme und auch
in Obstbäumen festgestellt woiden.
Die Larve lebt ähnlich wie die von
cerdo ; verfertigt aber einen noch längeren
Hakengang (von 119 mm Länge bei 15 mm
Breite) zur Verpuppung. Die Puppenwiege
ist außer durch Späne auch noch durch einen
Deckel von Kalk verschlossen (Abb. iiq).
Das Material zu letzterem stammt wahrschein-
lich aus den Malpighischen Gefäßen.
Die forstliche Bedeutung ist weit
geringer als die des großen Eichenbockes,
schon aus dem Grund, weil er vorzugs-
weise die Buche befällt.
jj/ j^ Rosalia alpina L.
Alpenbock.
Der auffallend schön gefärbte Bock
(zart bläulich grau, mit violettem Stich, mit
tief samtbraunen, weißlich eingefaßten
Flecken) (Abb. 120 A) ist besonders in
den Alpen sehr häufig, oft geradezu gemein ;
er kommt aber auch im Norden Deutsch-
lands, in der rauhen Alp, am Rhein, ferner
in Skandinavien, in Ungarn usw. vor.
A B
Abb. 120. A Rosalia alpina L. B Rhopalopus insubncus Germ. — Original (Phot. Seiff.).
II. Laubholz - Bockkäfer.
247
Im pommerschen Buchenrevier Mühlenbeck trat er zu Alt ums Zeiten sehr
häufig auf, wurde dort aber durch konsequent durchgeführtes Sammeln (zu
Handelszwecken) allmählich recht selten.
Die Larve scheint ausschließlich in anbrüchigen Buchen vorzukommen,
und daher forstlich kaum Bedeutung zu besitzen.
Purpuricenus Köhleri L,
Der ebenfalls sehr schön gefärbte Bock (rot mit schwarzem Nahtfieck) be-
fällt vornehmlich Obstbäume, besonders Pfirsiche und Aprikosen, doch soll er
auch in Weiden vorkommen (Nördlinger),
' ^C Rhopalopus insubricus Germ.
Ahornbock.
Der dunkelgrün - erzfarbige Scheibenbock (Abb. 120 B) wurde von Ratze-
burg (1868) und Altum in die forstentomologische Literatur eingeführt und zwar
auf Grund ein und desselben
Vorkommens in Westfalen, wo
er in den sechziger Jahren in
Bergahorn (Acet pseudoplatanus)
in schädlicher Weise auftrat; —
stellenweise so häufig, daß
manche Stämme von oben bis
unten von seinen Larven-
gängen dicht besetzt waren.
Der Käfer fliegt Ende
Mai bis Anfang Juni, in Höhen-
lagen von 1000 bis 1300 m
Anfang Juli (Strohmeyer), und
legt seine Eier an die Rinde
der Ahornstämme (scheinbar
ganz gesunder). Die Larve
macht ihren Ernährungsfraß
größtenteils unter der Rinde
und geht dann in einem auf-
fallend großen Hakengang
(Abb. 121) ziemlich tief ins
Holz, um sich in dem ab-
steigenden Ast des Hakens zu
verpuppen. — Die Gene-
ration ist nach Altum zwei-
jährig.
Die befallenen Bäume
sollen den Larvenfraß lange
aushalten, wobei die Fraßgänge
überwallen. Aber mit der Zeit
bleibt doch die Wirkung auf
die Lebenskraft nicht aus, und allmählich beginnen die Wipfel und die Äste dürr
zu werden. Die Hauptbedeutung des Schädlings liegt aber in der technischen
Entwertung des Holzes. Altum berichtet, daß eine größere Anzahl schöner
Abb. 121. Puppenwiege (Hakengang) des Ahornbocks,
Rhopalopus insubricus Germ. Links erkennt man die ge-
schwärzte Stelle des ehemaligen Platzfraßes der Larve. Der
Baum hat die Beschädigung überwunden und seitdem zahl-
reiche Jahresringe zugelegt. — Aus Nüsslin.
248
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Bäume durch den Fraß völlig unbrauchbar für technische Verarbeitung gemacht
wurden, so daß man sie zur Verkohlung verwenden mußte.
Außer dem oben genannten Vorkommen im Westfälischen wurde ein häufiges
Vorkommen von Strohmeyer 1912 im Staatswald Herrenberg bei Metzeral
(Elsaß), und von Max Korb (München) im Allgäu beobachtet, und zwar eben-
falls an Bergahorn.
Abb ,122. Clytus (Plagionotus) arcuatus L. a Weibchen, b Männchen,
d Puppe (Bauchseite), e halberwachsene, f ausgewachsene Larve.
Puppe (Rücken),
- Orig.
Clyius (Plagionotus) arcuatus L.
/?' vJi Eichen wid derbock.
Imago: An der Zeichnung (schwarzer Grund, drei Querbinden auf dem Halsschild,
4 schmale gebogene Querbinden auf jeder Flügeldecke, ferner das Schildchen, eine ovale Makel
an der Naht hinter dem Schildchen und je eine Längsmakel am Seitenrand unter der Schulter
gelb leicht zu erkennen (Abb. 122 a u. b).
II. Laubholz -Bockkäfer.
249
Larve: Nach dem Cerambycinen-Typus gebaut. Die Form der gelblich weißen Larve
ist, nach vorne zu deutlich breiter werdend, im vorderen Teil von querovalem, im hinteren von
annähernd rundem Querschnitt. Die Laufwülste, die sich auf den Brustsegmenten 2 und 3 und
auf den Abdominalsegmenten I — 7 befinden, treten infolge der tiefen segmentalen Einschnürungen
sehr deutlich hervor (Abb. 122 e u. f).
Die Wülste zeigen eine sehr charakte-
ristische Warzenzeichnung.
Puppe: Weiß, ca. 20 cm
lang, der Kopf mit einem dichten
Besatz von Dornenhöckern aus-
gezeichnet (Abb. 122 c u. d).
Vorkommen und
Lebensweise: Clytus arcuaiiis
ist über ganz Europa verbreitet,
aber nur stellenweise häufig.
Seine Hauptnahrungspflanze ist
die Eiche, doch kommt er
auch an Buche, Hainbuche
usw. vor.
Forstentomologisch hat
der schöne Bock erst neuer-
dings eingehendere Berück-
sichtigung gefunden (Eckstein
1916, Escherich 1916), nach-
dem er in verschiedenen Gegen-
den Deutschlands (in der Rhein-
pfalz, in Westfalen und in
Mecklenburg) durch Massen-
vermehrung und durch die
empfindlichen Schäden, die er
angerichtet hat, die Aufmerk-
samkeit des Forstmannes und
des Holzinteressenten auf sich
gelenkt hat.
Die Flugzeit des Käfers
fällt in den Mai und Juni.
Die Käfer laufen, besonders
an sonnigen Tagen, überaus
flink, fast spinnenartig auf den
Stämmen umher. Sie sind da-
bei sehr scheu und lassen sich
bei der geringsten Störung auf
den Boden fallen oder verkriechen sich in die Rindenritzen. Unter den herum-
jagenden Tieren finden sich häufig auch kopulierende Pärchen, die in ihren Be-
wegungen ebenso flink sind wie die einzelnen Individuen.
Das Weibchen legt seine Eier in Rindentitzen, Die Larven fressen
zunächst unter der Rinde typische, oft sehr lange — Eckstein beobachtete Gänge
Abb. 123. Larvengänge und verschiedene Einbohrlöcher
von Clytus arcuatus L. unter Eichenrinde. Etwas verkleinert.
Original.
250
Coleoptera.
6. Familienreihe: Phytophaga.
von I und z Meter Länge — Gänge (Abb. 123) und gehen dann in das Holz,
das sie ebenfalls in längeren Gängen durchziehen, bei nicht zu starken Stämmen
bis in die Mitte des Kerns eindringend (Abb. 124). Die Verpuppung findet
im Holze statt; der Jungkäfer frißt sich durch das Holz nach außen mit einem
querovalen Ausfiugsloch.
Über die Generation herrscht noch keine volle Klarheit, wenn auch nach
meinen Beobachtungen eine einjährige Generation die Regel zu sein scheint.
Ich fand in Stämmen, die im Winter 1914/15 gefällt wurden, im Mai 19 16
ausgewachsene Larven, Puppen und Jungkäfer; dagegen in Stämmen aus der
Abb. 124. Querschnitt durch einen Eichenstamm (von 10 cm Durchmesser) mit zwei Larven-
gängen von Clytus arcuatus L. Etwas verkleinert. — Original.
Winterfällung 1915/16 im September 19 16 nur Larven (in verschiedenen Größen).
Dies deutet darauf hin, daß die Puppen und Jungkäfer vom Mai 19 16 aus
den Eiern, die im Frühjahr 19 15, und die Larven vom September 19 16 aus
den Eiern, die im selben Frühjahr (19 16) abgelegt waren, stammten. Doch
genügen diese Beobachtungen nicht, ein endgültiges Urteil über die Generations-
frage abzugeben.
Forstliche Bedeutung. — Nach Eckstein befällt der Käfer sowohl
stehende als auch frisch gefällte Eichenstämme, erstere allerdings nur dann, wenn
sie bereits stark kränkelnd sind. Auf jeden Fall haben wir es also mit einem
stark sekundären Tier zu tun. Die eventuelle physiologische Beschädigung
II. Laubholz - Bockkäfer.
251
kommt daher kaum in Betracht. Um so mehr fällt aber die technische Be-
schädigung ins Gewicht, da ja die Larvengänge tief ins Holz, sogar bis in die
Mitte des Kernes dringen können. Dadurch werden die Stämme natürlich stark
entwertet, ja für feinere Verarbeitung völlig unbrauchbar gemacht. Wo der
Käfer in Massenvermehrung sich befindet, wie heute in der Pfalz oder in West-
falen, da kann der Schaden überaus beträchtlich werden, besonders wenn es
sich um feine Qualitäten handelt, i) In verschiedenen Gegenden der Pfalz, wo
vielfach solche Qualitäten wachsen, bedeutet denn auch gegenwärtig das Auftreten
des Widderbockes einen recht bedeutenden Verlust.
Die Ursache der Massenvermehrung liegt in einer Überhandnähme
von geeignetem Brutmaterial, die entweder in einem durch andere Ursachen
B
D
Abb. 125. Verschiedene Clytus-Arten. A Clytus (Xylotrechus) rusticus L., B Clytus (Plagio-
notus) detritus L., C Clytus (Anaglyptus) mysticus L., D Clytus arietis L. Etwas vergrößert.
Original.
hervorgerufenem Eichensterben oder in einer verspäteten Abfuhr der gefällten
Stämme begründet sein kann.
Als natürliches Gegengewicht kommen vor allem die Spechte in
Betracht, die den unter der Rinde lebenden Larven tüchtig nachstellen, wie ich
in der Pfalz beobachten konnte. Sodann sind mehrfach auch große Ichneu-
moniden-Kokons in den Gängen der Larven gefunden worden (die Schlupf-
wespen-Art konnte leider nicht, festgestellt werden).
Bekämpfung. — Zur Abwehr kommen in der Hauptsache vorbeugende
Maßnahmen in Betracht. Entfernen der unterdrückten absterbenden Eichen
und rechtzeitige Abfuhr (spätestens bis Ende April) der gefällten
Stämme. Wo letzteres nicht durchführbar ist, kann dem Befall dadurch bis zu
^) Auch in Schweden tritt GL arcuatus nach einem vor kurzem erschienenen Bericht
von Trägärdh (1922) überall, wo Eichen wachsen, häufig auf, „zuweilen beträchtlichen Schaden
verursachend". Die in vielen Gegenden Schwedens als Telephon-Stangen verwendeten dünnen
unentrindeten Eichenstämme sind „immer von Gl. arcuatus befallen, was ihre Haltbarkeit offenbar
sehr beeinträchtigt".
252
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
einem gewissen Grad entgegengearbeitet werden, daß man die Stämme möglichst
in den Schatten bringt, da die Clytus ausgesprochene Sonnentiere sind. Eventuell
könnte man auch versuchen, mit einem verwitternden Anstrichmittel die
Weibchen von der Eiablage abzuhalten. Das Schälen der Stämme, das eben-
falls in Betracht zu ziehen wäre, ist zweifellos wesentlich teuerer als das An-
streichen, abgesehen davon, daß das Holz darunter leidet und die Holzhändler
geschälte Stämme nicht gerne nehmen wollen.
Außer Clytus armaius werden in der forstentomologischen Literatur noch
verschiedene andere Clytus- krien genannt, die in ganz ähnlicher Weise an
Eichen schaden; nämlich Clytus {Plagio7iotus) detritus L. (Abb. 1256)1), Clytus
arietis L. (Abb. 125 D), Clytus tropicus Pz. (ein naher Verwandter des arietis) und
Cl. rhat?ini G&xvü. Über Cl. tropicus schreibt Eichhoff (1883): „Ich habe diesen
Bockkäfer in größerer Anzahl aus Eichenholz gezogen, und mich auch hier in
der Oberförsterei Hart-Nord (Elsaß) davon überzeugt, daß krankhafte, auf un-
günstigen Bodenverhältnissen stockende Eichenoberstände und Laßreidel im Mittel-
wald zuweilen in großer Zahl von ihm besetzt und dann deren Absterben in
hohem Grade beschleunigt wird." Hier würde also auch eine wesentliche physio-
logische Schädigung vorliegen.
Liopus nebulosus L.
Der kleine grau und schwarz gezeichnete Bock (siehe oben S. 219) wurde
von Altum in kränklichen, im Absterben begriffenen Hainbuchen, dann auch in
Weißbuche, Nußbaum und Obstbäumen gefunden. Nördlinger gibt eine ganze
Reihe von Fundnotizen: In großer Menge in kränklichen Hainen (Auskriechen
anfangs Juni). Auch in Erlen - Obstbaumstützen, die im Sommer 1847 gehauen
waren. Entwicklung 1849. Ferner gezogen aus dürren Ahornästen und jungen
abständigen Ahornstämmchen. Auch aus Ulme, Eiche und Buche erhalten. Endlich
auch aus einem Stücke Feigenbaumholz gezogen. Also eine sehr reichhaltige
Speisenkarte. Ich selbst habe den Käfer im August des öfteren auf Buchen-
stämmen im Bialowieser Urwald gefangen.
Nach Ferrant (Die schädlichen
Insekten usw. S. 69) finden sich „die
Larvengänge namentlich an den Ästen,
nur ausnahmsweise am Stamm, den Splint
leicht furchend. Die Verpuppung ge-
schieht im Splint in einer ovalen, mit
feinem Holzgenagsel hergerichteten
Wiege. Generation einfach." An Obst-
bäumen mitunter recht schädlich.
' Saperda scalaris L.
Dieser so schön gezeichnete Bock
(siehe oben S. 220 und Abb. 126)
lebt in verschiedenen Laubhölzern, wie
Abb. 126. Saperda scalaris L. — Orig. Birke, Eiche, Ahom, Erle USW. Er wurde
^) Nach Trägärdh (1922) ist Cl. detritus in Schweden ebenso verbreitet wie arcuatus.
Er scheint keine längeren Gänge im Holz zu nagen, sondern sich mit einer hakenförmig ins
Holz eindringenden, kurzen und breiten Puppenwiege zu begnügen.
II. Laubholz -Bockkäfer.
253
4
4
m
■^ V '1
Wi
jj
f^l
^f^
p
Iß
i
i
von mir in Anzahl auf einem Birken-
stamm im Bialowieser Urwald ge-
funden. Näheres über die Lebens-
weise und seine eventuelle forstliche
Bedeutung nicht bekannt. Nach
Ratzeburg (S. 236) wurde scalatis
einmal in großer Menge auf Spitz-
ahorn gefunden; der betreffende Be-
richterstatter vermutet, daß er sich in
den jungen Trieben ähnlich wie Oberea
linearis L. in Hasel entwickelt, i)
Abb. 127. Moschusbock (Aromia
raoschata L.). A Image. B Larvengänge
in einer Kopfweide. C Ein Larvengang in
einem Weidenzweig. — A u. B Original,
(Phot. Pillai), C nach Trägärdh.
') Nach Kemner (1922) lebt die Larve nur in schon abgestorbenen Holzteilen.
Der Larvengang geht ausschließlich zwischen Holz und Rinde, das Holz nur wenig furchend.
Die Puppenwiege wird gewöhnlich als Hakengang im Splint angelegt oder sie kann auch zwischen
Rinde und Splint, in einer schalenförmigen Vertiefung des letzteren liegen. Die Entwicklung
■dauert i — 2 Jahre.
254
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
b) In Pappeln, Weiden, Haseln.
/Vj Aromia moscbata L.
Moschusbock.
Der prächtig metallisch grüne, bläulich oder violett oder kupferrot schim-
mernde, ansehnliche Bock (siehe oben S. 216, Abb. 127 A) hat seinen Namen
von dem starken, schon auf mehrere Schritte Entfernung wahrnehmbaren Moschus-
geruch. ,
Die Larve ist nach dem 2. Typus gebaut, also mit Füßen versehen, und ist der von
Cerambyx cerdo sehr ähnlich, nur kleiner, 30—35 mm lang, mit nur i undeutlichen Augen-
punkt jederseits und durch die geringe Chitinisierung der grob längsgerieften Vorderbrustplatte,
die äußerst scharfe Längsteilung der sehr erhabenen Laufwülste, deren Hälften wieder durch
sekundäre Furchen gegliedert sind, und die fast vollständige Haarlosigkeit gut gekennzeichnet.
Man findet den schönen Käfer nicht selten an Weidenstämmen, oder
auch am Safte anderer Bäume, wie Birken oder Ahorn leckend (Nördlinger).
Die Larve lebt sowohl in starken Weiden, namentlich Kopfweiden, mit zahl-
reichen Gängen den Stamm nach allen Richtungen (Abb. 127 B) durchziehend, als
auch in dünneren Stämmen und Zweigen. Nach Trägärdh (1922) bestehen
die Gänge in den Zweigen aus einer schmalen, aber bis ins Zentrum reichenden
Höhle, von welcher gewöhnlich ein Gang nach oben und nach unten ausgeht
(Abb. 127 C). Häufig trifft man in den einzelnen Zweigen eine ganze Reihe von
solchen Gängen, die gewöhnlich in regelmäßigen Abständen voneinander liegen.
Trägärdh hält, im Gegensatz zu der von den meisten Autoren vertretenen
Ansicht, wonach A. moschata nur an anbrüchigen Stellen alter Weiden vorkommen
soll, den Moschusbock für „völlig primär; allerdings können die Bäume den
Angriff viele Jahre hindurch vertragen, so daß die folgenden Generationen des
Käfers in schon beschädigten Stämmen weiterleben".
Der Moschusbock tritt oft in
Gesellschaft von Lamia texior (Weber-
^ bock) oder der Raupe von Cosstis
' ligniperda F. (Weidenbohrer) auf.
Eine größere wirtschaftliche Be-
deutung scheint ihm nicht zu-
zukommen.
///'/Clytus (Xylotrechus) rusticus L.
Der durch seine einfache Fär-
bung (Flügeldecken schwarz mit einigen
zackigen grauen Binden) und seine
kurzen Fühler von den anderen
Clytus-hxXj&a. leicht unterscheidbare
Bock (s, oben S. 218, Abb. 125A)
ist in der forstentomologischen Lite-
ratur kaum erwähnt. Nur Nörd-
linger bemerkt über ihn, daß
v. Hey den ihn an alten Buchen-
stämmen gefunden habe. — Ich
selbst habe ihn im Bialowieser Ur-
wald im August 19 16 mehrfach an
Abb. 128. A Larve, B Puppe von Clytus (Xylo- gefallenen Aspenstämmen gefunden.
trechus) rusticus L. — Stark vergr. Nach Trägärdh, Schaufuß (Calwer) gibt folgende
II. Laubholz - Bockkäfer.
255
biologischen Angaben: „Häufig, im Mai und Juni an Eichen, Ulmen, Linden,
Pappeln und Buchen. Larve in Pappel."
Letztere Angabe kann ich auf Grund einer Reihe sehr schöner Fraß-
Stücke, die sich in der hiesigen Sammlung befinden, bestcätigen. Die Fraßbilder
in einem starken Pappelstamm erinnern sehr an die oben beschriebenen Fraß-
bilder von Clyius arcuatus L. in Eiche, so daß derjenige, der letztere kennt, sie
sofort als Clytiis-Yx^^ anspricht: Wie dort, sehen wir auch hier ausgedehnte, den
Splint furchende Gänge, die nach längerem
Verlauf ins Holz eindringen, dasselbe auf
längere Strecken durchziehend.
Trägärdh (1Q22) fand in Schweden
die Larve (Abb. 128) in Aspen und Birken,
und zwar stets ausgesprochen sekundär;
die Larvengänge verliefen in den beiden
Holzarten verschieden: in der Aspe so-
wohl unter der Rinde als auch tief im
Inneren des Stammes, in der Birke da-
gegen ausschließlich zwischen Rinde und
Splint, nur mit der Puppeawiege ins Holz
greifend.
Abb. 129. Weberbock (Lamia textor L.). A Imago. B Larvengänge in Weide.
(Phot. Pillai).
Orig.
V rv, Lamia textor.
Weberbock.
Imago: Der große schwarze glanzlose Bock ist durch seine gedrungene Gestalt gut
charakterisiert. Siehe oben S. 219 (Abb. 129 A).
Larve: Gedrungen, nicht abgeflacht. Derjenigen von Saperda careharias L. sehr ähnlich,
aber leicht von ihr zu unterscheiden durch den äußerst schmalen Clypeus, die Skulptur des großen
Chitinschildes der Vorderbrust, welcher vorn glatt und hinten gerunzelt, aber nicht gekörnt ist,
den Mangel der Körnelung auf den Laufwülsten, welche ebenso glatt sind wie der übrige Leib,
und den quergespaltenen, nicht Y- förmigen After. Länge bis 40 mm. Breite 8 — 10 mm
(siehe Abb. lOiA, c u. Tabelle S. 209).
256
Coleoptera, — 6. Familenreihe : Phytophaga.
Die Lebensweise dieses Käfers ist noch wenig aufgeklärt. Seine Larve
bewohnt Aspen (Ratzeburg S. 240), und vor allem Weiden, wie Salix vitellina L.,
^. daphnoides Vill. (Altum) usw. Sie dürfte wohl in allen stärkeren Weiden
vorkommen.
Die Angabe, daß sie namentlich in Weidenmulm lebe, scheint auf Irrtum
zu beruhen, da die genaueren Angaben von Altum, Nitsche u. a. stets ihr
Vorkommen in lebendem Holze berichten.
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Abb. 130. Verschiedene Saperda- Arten. A Saperda carcharias L. (Großer Pappelbock), B Oberea,
oculata L. (Rothalsiger Weidenbock), C Saperda perforata Fall., D Oberea linearis L. (Hasel-
bock). — Orig.
In den starken Stecklingsstöcken kann sie recht schädlich werden, weil
infolge ihres Fraßes die treibenden Ruten absterben, wie Altum (S. 19) in einem
Weidenheger des Schlesischen Re vieres Cosel (1874) und Nilsche in den
Serkowitzer Korbweidenhegern bei Dresden beobachtet haben.
Die Larvengänge zeigen keine besonderen Eigentümlichkeiten. Sie durch-
ziehen den Stamm oder Stock in allen Richtungen (Abb. 129B). Nicht selten
ist mit dem Fraß des Weberbockes der des Moschusbockes vergesellschaftet.
Daß in Weidenhegern, die vom Weberbock befallen sind, Rodung und
Verbrennen der angegangenen Stöcke, sowie Sammeln der großen, leicht kennt-
lichen Käfer zweckmäßige Maßregeln sind, braucht kaum besonders hervorgehoben
zu werden. Zur Vorbeugung empfiehlt sich die Stöcke zu übererden.
II. Laubholz • Bockkäfer.
257
r.<.^.i Saperda carcharias L.
Großer Pappelbock.
Imago: Der ca. 22 — 28 mm große Bock ist durch seine auf dichter Behaarung beruhende
ledergelbe Färbung leicht za erkennen. Siehe oben S. 220 (Abb. 130A).
Larve: Nach dem Lamiinen-Typus gebaut (Abb. lOig), Kopf nur sehr wenig aus der fast
doppelt so breiten Vorderbrust hervorsehend, sein versteckter Teil nach hinten nur wenig ver-
schmälert. Oberlippe halbkreisförmig, hinten vertieft und nackt, vorn etwas gewölbt und beborstet.
Fühler sehr klein. Jederseits ein deutliches Punktauge. Vorderbrust oben mit einem stark chitini-
sierten, braunen Schilde, dessen äußerste Seitenteile jederseits durch
eine klammerartig von hinten bis zur Mitte eintretende Furche
abgetrennt werden und nach außen einen flachen Eindruck zeigen.
Der mittlere Teil hinten deutlich gekörnt, Unterseite der Vorder-
brust jederseits mit einem kleinen, chitinisierten, braunen Schilde,
Mittelbrust in der Mitte der Seitenteile stärker chitinisiert. Füße
nicht wahrnehmbar, Leib glatt und glänzend, nur sparsam be-
haart. Haftscheiben oben von dem Hinterbrustringe an bis zum
siebenten Hinterleibsringe fein chagriniert, durch eine mittlere und
zwei seitliche Längsfurchen, sowie je zwei Ouerfurchen in acht
Abschnitte geteilt, von denen die beiden mittleren einen Rhombus
bilden. After dreigespalten, Y-förmig, Länge bis 38 mm (s. S. 209).
Vorkommen und Lebensweise. — Der große
Pappelbock ist durch ganz Mittel- und Südeuropa,
ferner bis nach Skandinavien, Sibirien und dem Kau-
kasus verbreitet. Er ist ein Bewohner der Pappel
(kanadische, Schwarz- und Zitterpappel), Weiden und
Aspen, und zwar befällt er vorzugsweise junge (5 bis
20jährige) Pflanzen mit glatter Rinde; ausnahmsweise
ältere, dann aber nur die Äste.
Flugzeit Juni und Juli; man kann den Käfer
um diese Zeit stellenweise häufig an den Stämmen,
Zweigen oder Blättern finden, in welch' letztere er un-
Abb. 131 A. Imagofraß von
Saperda carcharias L. an
Pappelblättern. — Nach
Kemner.
h V
Abb. 131 B. Larvengänge des großen Pappelbockes (Saperda carcharias L.) in einer älteren Pappel.
Nach Eckstein.
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 17
= 58
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
regelmäßige Löcher mit zerfetzten Rändern (Abb. 131 A) frißt (Kemner 1922). Das
Weibchen legt seine Eier einzeln an die Stämme und zwar meist an deren unteren
Abb. 131 C. Larvengänge des großen Pappelbockes, Saperda charcharias L., in einer jungen Pappel.
Das Stämnichen ist der Länge nach aufgeschnitten, beide Hälften liegen nebeneinander Der
■ t stellenweise mit groben Nagespänen erfüllt. Rechts befindet sich ein Einschlag des
Buntspechtes. Nat. Gr. — Aus Eckstein.
Gi
II. Laubholz - Bockkäfer. 2 «:q
basalen Teil. Die junge Larve frißt zuerst unregelmäßig platzend unter der
Rinde in den letzten Jahresringen und dringt später tiefer ins Holz, um in dem-
selben einen langen, nach oben ziehenden, im Querschnitt ovalen Gang zu
fressen. Da in stärkeren Stämmen gewöhnlich mehrere Larven fressen, so resul-
tiert nicht selten das Bild, das Abb. 131 B zeigt. An der Einbohrstelle hält die
Larve ein Loch offen, durch welches große Nagespäne ausgeworfen werden. Die
Gänge selbst sind zum Teil spanfrei und offen, zum Teil mit Spänen ausgefüllt
(siehe Abb. 131 C). Die befallenen Stämme, besonders die schwächeren reagieren
oft auf den Fraß durch eine mehr oder minder ausgesprochene Anschwellung
des unteren Stammendes. Als natürliche Feinde kommen Spechte in Betracht,
ferner der Parasit Xorides comutus Rtzb.
Die Generation wird als zweijährig angegeben, so daß also die gestürzt
in dem Fraßgang liegende Puppe im dritten Frühjahr den Käfer liefert.
Forstliche Bedeutung. — Der große Pappelbock ist sowohl physiologisch
als auch technisch schädlich. Der physiologische Schaden tritt besonders bei
jungen Pflanzen (etwa bis 3 cm stark) in den Vordergrund^ die häufig infolge
des Larvenfraßes völlig absterben oder vom Wind geknickt werden. Ältere
Bäume, besonders in windgeschützten Lagen, halten den Fraß lange aus, selbst
wenn mehrere Larven in ihnen fressen. Der Schaden ist hier also mehr tech-
nischer Natur. Besonders empfindlich ist der Schaden in Schweden, wo das
Pappelholz zur Zündholzfabrikation verwendet wird. — Der Käfer kann so häufig
auftreten, daß nicht selten der größte Teil der jungen Pappeln, welche reihen-
weise in Parks, Garten, Baumschulen, an Landstraßen usw. stehen, von seinen
Larven bewohnt wird. Cecconi (191 4J berichtet, daß in Italien bei Carrara
eine ca. 10 ha große Pappelpflanzung mit 15jährigen, etwa 16 m hohen und
50 cm im Umfang messenden Bäumen vom Pappelbock so stark befallen war,
daß sie als Bauholz und Rohmaterial für die Zellulosebereitung völlig wertlos
wurde. Der Schaden betrug ca. 60 000 L.
Erkennung und Abwehr. — Am Anschwellen des unteren Stammteiles,
sowie an den aus den Auswurfsöfinungen hervortretenden, sehr grobfaserigen
bräunlichgelben Nagespänen ist der Larvenbefall unschwer zu erkennen. ^ — Oft
kränkeln auch in der ersten Zeit die befallenen Bäume merklich, indem die
jungen Triebe absterben oder die Blätter sich rollen.
Das CßrfÄön'flj - Fraßbild hat einige Ähnlichkeit mit den Fraßbildern der
ebenfalls in Weiden und Pappeln (oft gemeinsam mit dem Pappelbock) vor-
kommenden Raupen von Cossus iigniperda und Sesia apiformis (Glas- Schwärmer).
Hier leistet differentialdiagnostisch vor allem die Anwesenheit des charakteristischen
Raupenkotes gute Dienste; auch sind die Nagespäne der Schmetterlingsraupen
deutlich kleiner als die des Bockes.
Eine Abwehr ist nur durch Einschlag und Verbrennen der befallenen
Stämme, sowie durch Sammeln des großen, im Frühjahre leicht von den Bäumen
herabzuklopfenden Käfers zu erreichen. Wertvolle Stämmchen, namentlich in
Baumschulen und Alleen, kann man durch einen dünnen, zur Flugzeit des Käfers
an den Stämmen bis zu 1,5 m Höhe anzubringenden Lehmanstrich (aus Lehm,
17*
25o Coleoptera. — 6. Familien reihe: Phytophaga.
Kalk und Kuhmist bestehend) oder einem Anstrich mit schwerem Teeröl mit
2 Prozent. Tabaksaft schützen.
Eine nah verwandte, sehr ähnUche Art, Saperda similü Laich. {^ phoca FröL),
die auch in der Lebensweise mit carchanas ziemlich übereinstimmt, tritt zuweilen
ebenso häufig wie letztere auf. Forstmeister Scheidter beobachtete die Art in
großer Zahl in Weiden.
/^'■'Saperda populnea L.
Kleiner Aspenbock.
Imago: Wesentlich kleiner als der voiige und auch durch die Färbung und Zeichnung
deutlich unterschieden; Flügeldecken mit je 4 — 5 dicht tomentierten hellen Makeln (siehe oben
S. 220 und Abb. 103 m).
Larve: Hauptsächlich durch die geringere Größe von der des Pappelbockes unterschieden
(Abb. 101 f). Siehe S. 209.
Vorkommen und Lebensweise. — Der Aspenbock ist über ganz Europa
verbreitet und überall häufig. Seine Hauptfraßpflanze ist die Aspe (Populus
tremula L.), doch kommt er (nach Nördlinger) auch in anderen Pappeln (Silber-
pappel usw.)i) vor und auch in Weiden {Salix alba L., fragilis L. und capiea L.).
Ganz vereinzelt steht die von Döbner berichtete Tatsache, daß Bach ihn aus
der Anschwellung einer Brombeerstaude gezogen habe. Die Angaben über das
Brüten in Birken (Bechstein) scheinen auf Irrtum zu beruhen.
Die Lebensweise des Aspenböckchens bietet mancherlei biologische Eigen-
tümlichkeiten und ist daher auch schon mehrfach Gegenstand eingehender Unter-
suchungen gewesen (Boas, Eggers, Baer, Kleine, Scheidter). Am tiefsten
eingedrungen ist Scheidter (19 17), dessen Angaben wir in der Hauptsache
folgen:
Die Begattung und Eiablage findet von Ende Mai bis Juli statt und
zieht sich etwa über 5 — 6 Wochen hin. Sie kann auch, wenn dazwischen längere
Zeit kühle Witterung herrscht und die Ausreifung der Eier nur langsam vor sich
geht, bezw. ganz unterbrochen wird, wesentlich länger dauern. Mit Vorliebe
werden letztjährige dünne Zweige von Stockausschlägen oder jungen Kernwüchsen
oder aber dünne Zweige von älteren Bäumchen belegt. Bei der Eiablage spielen
sich eigene interessante Vorgänge ab; zuerst nagt das ? einige kurze, oberfläch-
liche Querfurchen in die Rinde; dann beginnt es mit der Herstellung des so-
genannten „Einbohrloches'', das ziemlich tief, bis auf den Splint genagt wird.
Endlich wird die so behandelte Rindenstelle auf beiden Seiten mit einem ober-
flächlich genagten Bogen begrenzt, der unten zusammenstößt und so ein oben
offenes „Hufeisen" bildet (Abb. 132 A und Bd. I Abb. 117). Damit sind die
Vorbereitungen für die Eiablage getroffen ; das $ führt nun die Legeröhre in
das Einbohrloch ein und löst mit derselben die hier nur noch sehr dünne Rinde
vom Splint los und schiebt unter die losgelöste Partie das Ei, das von der
') Eggers nennt Popahis balsamifera, canculensis, canescens^ heterophylla^ nigra,
ifalica und ontaHensis.
n. Laubholz - Bockkäfer.
261
Rinde so in den Splint hineingepreßt wird, daß es ganz flach gedrückt ist.i)
Es ist also ein ziemlich mühsames Legegeschäft und es braucht das Weibchen
zur Eiablage eines einzigen Eies ungefähr eine halbe Stunde.
Was ist der Zweck dieser komplizierten Vorgänge? Boas glaubt, daß durch
den hufeisenförmigen Rindenschnitt und die Querfurchen die Rinde in einen
der Larve besonders zusagenden Zustand einer geringeren Saftigkeit versetzt
wird. Dies ist aber nach Scheidter ein Irrtum.
Die Rindenschnitte sind so oberflächlich, daß keinerlei Vertrocknung oder
Abschwächung der betreffenden Rindenpartie herbeigeführt wird; auch nährt sich
die junge Larve gar nicht von der Rinden- oder Splintschicht, sondern lediglich
von dem um das Ei sich bildenden Wuchergewebe. Hebt man nämlich
C
D
Abb. 132. Saperda populnea L. (Kleiner Aspenbock''. A Aspenzweigstück mit zwei Gallen, auf
denen die „Hufeisen" sichtbar sind; B aufgeschnittener befallener Aspenzweig im ersten Jahr,
Larve bereits im Zentralgang; C drei Larvengänge in einem Aspenzweig, bestehend aus je einem
kurzen peripheren und einem langen zentralen Gang (die beiden unteren Gänge leer, der obere
Gang mit einer Larve im zentralen Gang); D Innenseite der Rinde eines Aspenzweiges mit zwei
abgelegten Eiern (ca. 3 Stunden nach der Eiablage losgelöst), die gebräunten Stellen um die Eier,
die sogenannten „Eiinseln" entstehen durch Loslösung der Rinde mittels der Legeröhre des 12;
E von S. populnea befallenes Zweigstück, vom Specht bearbeitet. — Nach Scheidter.
unmittelbar nach der Eiablage die Rinde ab, so ist auf der Innenseite der Rinde
im Bereiche des „Hufeisens" keinerlei Veränderung zu sehen mit Ausnahme des
Einbohrloches, in das die Legeröhre eingeführt wurde. Hier ist ein Hof um
das Ei herum gebräunt (Abb. 132 D). Diese Bräunung der „Eiinsel" wird nicht
') Nicht jedes Hufeisen enthält ein Ei oder eine Larve. Scheidter beobachtete häufig,
daß die Weibchen nach Fertigstellung des Hufeisens die Stelle verließen, ohne ein Ei abzulegen,
um an einer anderen Stelle ein neues Hufeisen in Angriff zu nehmen. An einem Strauch fand
Scheidter beim Nachschneiden nur unter einem von 39 fertigen Hufeisen ein Ei, alle anderen
waren leer. Scheidter meint, daß es sich in diesen Fällen um unbefruchtete Weibchen handelte.
Siehe auch S. 267, Fußnote.
202 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
durch die äußerlich genagten Rindenfurchen veranlaßt, sondern einzig und allein
durch die Arbeit der Legeröhre des Mutterkäfers. Nach zwei Tagen schon
entstehen vom Rande der Eiinsel her nach innen zu Wucherungen des Pflanzen-
gewebes, die von Tag zu Tag mehr gegen das Ei zu wachsen und dasselbe
allmählich zu überwuchern drohen. Nach etwa 8 Tagen haben die Neubildungen
schon das längliche Ei an den beiden Polen berührt. Infolgedessen entsteht ein
kleiner Hohlraum, so daß das zuerst flach gedrückte Ei nun Platz bekommt und
allmählich wieder den ursprünglichen runden Querdurchschnitt annimmt. Die
Bildung dieser Wucherungen ist unbedingt notwendig für die weitere
Entwicklung des Eies. Unterbleibt sie, so kann sich das Ei nicht entwickeln,
es wird von der fest darauf drückenden Rinde erdrosselt. Es gehen denn auch
auf diese Weise zahlreiche Eier zugrunde. — Scheidter ist nun der Ansicht,
daß durch die hufeisenförmige Benagung der Rinde lediglich eine leichtere Dehn-
barkeit der Rinde erreicht wird, die infolge des sich darunter bildenden Wucher-
gewebes notwendig wird. Man sieht auch in der Tat die äußeren Nagespuren
sich schon nach kurzer Zeit etwas verbreitern als Folge des sich darunter aus-
breitenden Wuchergewebes.
Nach lo — 14 Tagen kriecht die Larve aus. Als erste Nahrung dient
ihr das um das Ei entstandene Wuchergewebe, das sich stets neu bildet und
immer wieder von der Larve abgefressen wird. Allmählich frißt sie mit dem
größeren Wachstum von diesem ersten Weideplatz weg nach rechts und links
einen ihrer Körperbreite entsprechenden schmalen, horizontal an der Grenze von
Bast und Splint verlaufenden peripheren Gang (Abb. 132 B u. C), den sie
von Bohrmehl und Exkrementen völlig frei hält, indem sie dieselben durch das
Bohrloch nach außen schafft. Der periphere Gang gewinnt allmählich so an
Ausdehnung, daß er in Form eines ZyHndermantels die Hälfte der Markröhre
angreift. Später, manchmal schon im August, manchmal aber auch erst im Sep-
tember oder Oktober, ja mitunter sogar erst im nächsten Frühjahr, dringt die
Larve in die Markröhre ein und frißt in derselben einen 3 — 5 cm langen zentralen
Gang nach oben (Abb. 132 B u. C), in dem sie sich schließlich in gestürzter
Lage verpuppt. Die Pflanze reagiert auf den Fraß mit einer ziemlich aus-
gedehnten Zweiganschwellung (Gallenbildung), die bis im 2. Jahr deutlich hervor-
tritt, i) Allerdings scheint die Gallenbildung nicht überall vorzukommen.-) Bei
der Weide soll sie nach Czech und Scheidter unterbleiben. Der Käfer nagt
sich (im dritten Kalenderjahr) durch ein rundes Loch aus der Galle nach außen.
^) In den Gallen lebt nicht selten die Raupe eines Wicklers {Orapliolitha corollana Hb.),
welche die Rinde der Anschwellungen im Schutze einer von Exkrementen und Genagsei erfüllten
Gespinstdecke befrißt und sich dann mehr oder weniger auch in die meist schon verlassene
GallenwohnuDg zurückzieht. Baer (iqo8) hat jedoch auch Fälle beobachtet, in denen das
Räupchen als eine Art Einmieter in den noch besetzten bei der zum zweiten Male überwinternden
Bockkäferlarve lebt. Die Angabe von Nitsche, wonach mitunter sekundär auch eine Sesien-
Raupe in den Gallen vorkommt, beruht nach Baer auf einem Irrtum. Es gibt allerdings eine
Sesien- Raupe [Sciapteron tabaniformis Rot., die in ähnlichen Zweiggallen lebt, doch sind diese
Gallen durch ihren Fraß selbst hervorgerufen und nicht durch die Larve von S. populnea.
^) Eggers dagegen fand auch an Salix caprea Gallen von pupulnea, so daß vielleicht
nur bei gewissen Weidenarten (Czech nennt Salix alba und fragilis) die Gallen unterbleiben.
II. Laubholz -Bockkäfer. 263
Die Generation ist zweijährig (Nitsche, Boas, Baer, Scheidter).
Nach Baer (in Escherich und Baer 1908) erreichen die Larven am Ende des
ersten Fraßjahres eine Länge von 4 — 9 mm, im Juli des zweiten Jahres
13 — 14 mm, also noch keineswegs ihre volle Größe. — Nach Boas und Baer
hat der Aspenbock seine bestimmten Flugjahre, die bei uns (wenigstens in einem
großen Teil Deutschlands) in die Jahre mit geraden Zahlen fallen, also 1910,
ig 12, 19 14 usw. Dies gilt für Sachsen, wohl für ganz Mitteldeutschland, ferner
für Bayern (Scheidter), für Holland usw., während in Schweden die Flugjahre
in die Jahre mit ungerader Zahl, also 191 1, 191 3, 19 15 usw. fallen. In den
Zwischenjahren fehlen die Käfer und auch die Hufeisen, die auf einen frischen
Belag schließen lassen, fast vollkommen.
Der Aspenbock ist überall, wo Aspen vorkommen, eine häufige Er-
scheinung; mancherorts tritt er so zahlreich auf, daß jeder Zweig von seinen
Larven besetzt ist, ja an manchen Zweigen eine Eiablage neben der anderen
vorkommt, so daß sich die Hufeisen berühren.
Seine Häufigkeit würde noch eine viel größere sein, wenn nicht ein großer
Prozentsatz der Nachkommen jeder Generation zugrunde gingen.
Schon viele der abgelegten Eier gehen dadurch zugrunde, daß die Bildung des
Wuchergewebes ausbleibt (siehe oben), oder dadurch, daß das Wuchergewebe so
schnell um sich greift, daß es das Ei erreicht, bevor die Larve ausgekommen ist
und dann dasselbe einfach erdrosselt. In der gleichen Weise gehen auch noch
zahlreiche aus dem Ei geschlüpfte Larven zugrunde, indem sie mit dem rascher
wachsenden Wuchergewebe nicht fertig werden und von demselben überwachsen
werden.
Zu diesen Vernichtungsfaktoren kommen noch zahlreiche natürliche
Feinde. Vor allem der große Buntspecht, der nach Baer (1913) „wohl
das Hauptgegengewicht gegen den Aspenbock darstellt". Mancherorts
findet man kaum eine Galle (Abb. 132 E), die nicht von ihm aufgehackt wird.i)
Außerdem werden die Larven auch noch von einer ganzen Reihe von
Parasiten befallen:
Von Tachinen nennt Baer (192 1) folgende Arten: Masicera silvatiea Fall., Dionaea
nitidula Mg., Pelatachina tibialis Fall, Billaea irrorata Mg., Sarcophaga albiceps Mg.^)
') „Bewundernswert ist auch hier wieder, daß die Spechte an einem mit zahlreichen Gallen
besetzten Zweig ausschließlich jene Gallen aufhacken, in denen sich noch eine Larve befindet,
während sie alle Gallen übergehen, in denen die Larven aus irgend welchem Grunde zugrunde
gegangen sind" (Scheidter).
*j Über den Parasitismns der Sarcophaga berichtet Kleine (1910) eingehender. Die
vivipare Fliege bringt die neugeborene Larve wahrscheinlich in das Kotloch (durch welches die
Bockkäferlarve ihr Bohrmehl usw. nach außen schafft), von wo aus die Made wohl aktiv ihr
Opfer aufsucht. Vermutlich geschieht der Befall erst im zweiten Fraßjahr, wenn die Käferlarve
schon ziemlich groß ist und zwar, wie sich aus den Schlupfdaten ergibt, frühzeitig im Jahre (im
März, April). Nach Scheidters Beobachtungen, die Kleine mitteilt, sucht „sich die Fliegen-
made, sobald sie sich aus der Kärferlarve herausgefressen hat, Luft zu machen, bezw. für die
spätere Imago den Weg herzustellen". „Zu diesem Zwecke reinigt sie den ganzen Gang bis zum
Kotloch und schafft alles im Gange befindliche Bohrmehl hinter sich in den zentralen Gang,
bezw. einiges auch durch das Auswurfsloch nach außen. Dann setzt sie sich im zentralen Gange
mit dem Kopfe nach abwärts gerichtet zur Ruhe und wird zum Tönnchen." Kleine fand das
Tönnchen auch im peripheren Gang unmittelbar hinter der Haut der Wirtslarve. _ ,,__A«ii
2 54 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Von Ichneumon führt Scheidter (nach Ruschka) folgende als Pnmärparasiten an:
Ichneumoniden — Xylophurus lancifer Grav., Br achycentrus brachycentrKS Grav..
Eclithrus mibeculatus Grav. und populneus Gir. , Lycorina trianguliphera Holmg., Pimpla
alternans Grav., Ephialtes carbonarius Grav., continuus Ratz , extensor L., keteropus Thoms ,
insignis Hab., häe/pes Thoms., manifestator 'L., populneus Rtz , tuberculatus Fon.; Braco-
niden— Atanyeolus denigrator L., bracon multiarticulatus Rtz.; Chaicididen — Torijnius
quercinus Boh., Hahrocytiia ienuicornis Forst., Entedoti chalybaeus Ratz. (Außerdem noch
mehrere ^ Hyperparasiten.)
Also ein ganz gewaltiges Heer von Feinden! Durch deren Tätigkeit, sowie
durch die vorhergenannten Umstände gehen von den Nachkommen innerhalb
der zwei Jahre während der Entwicklung eine große Zahl von Individuen zu-
grunde. Scheidter schätzt den Abgang auf nicht weniger als 90 7o. so daß
also nur lo^o ^^^^^ gelegten Eier sich zum fertigen Käfer entwickeln.
ForstlicheBedeutung. — Auf freien exponierten Lagen kommt der Aspen -
bock, wie schon oben gesagt, mitunter so häufig vor, daß kein Aspenstämmchen
von ihm verschont ist und vielfach ganze Reihen von Gallen an einem Stämm-
chen oder einem Zweig zu finden sind. Bei solch starkem Befall gehen die
Pflanzen ein. Die schwächer besetzten überdauern in der Regel die Ver-
wundung, doch zeigen sie noch lange kümmernden und krüppelhaften Wuchs^
wenn auch das Flugloch und die noch weit schlimmeren Spechtverwundungen
mit der Zeit überwallen. Solche Stämmchen oder Wurzelbrutschößlinge können
aber keine gesunden Bäume mehr geben und es ist daher der Fraß des Aspen-
bockes (wie der seines Verwandten, des großen Pappelbockes) eine der Ursachen,,
warum es uns so schwer fällt, in Mitteldeutschland ältere gesunde Aspen zu er-
ziehen. Auch in Weidenkulturen kann S. populnea bei Massenvermehrung schäd-
lich werden. Wenn auch die Ruten nicht absterben, so werden viele derselben
unbrauchbar, weil sie an den Stellen, an denen sich die Gänge befinden, bei der
Verarbeitung leicht abbrechen. Der Aspenbock kann also zu den merklich
schädlichen Forstinsekten gerechnet werden.^)
Erkennung und Bekämpfung. — Die Erkennung des Befalls ist leicht,
da die Anschwellungen der Zweige uns ein deutliches Merkmal an die Hand
geben. Eine Verwechslung ist höchstens mit der oben angeführten Sesien-Zweig-
galle möglich; doch abgesehen, daß diese eine seltene Erscheinung ist (da die
genannte Sesie normalerweise in stärkerem Material lebt), läßt die überaus charak-
teristische Form der Fraßgänge des Aspenbockes im Inneren der Galle keinen
Zweifel über den Urheber aufkommen.
Seine Bekämpfung kann an jungen Stämmen und Stockausschlägen dort,
wo sie überhaupt nötig wird, dadurch erfolgen, daß man die Gallen vor dem
Ausschlüpfen der Käfer abschneidet und verbrennt. Bei stärkerem Befall emp-
fiehlt sich das Abschneiden der ganzen Pflanzen über dem Erdboden, die dann
wieder einen Ausschlag erzeugen und die unbeschädigten Pflanzen in kurzer Zeit
einholen. Auch könnte man den Käfer zur Flugzeit von den Stämmchen ab-
schütteln und sammeln lassen. Scheidter erzielte auch mit Zerquetschen des
1) Wo das Aspengebüsch dagegen eher als Forstunkraut betrachtet wird, ist der Käfer
ils gleichgültig, ja unter Umständen als nützlich anzusehen.
II . Laubholz - Bockkäfer.
265
Eies oder der jungen Larve durch starkes Aufdrücken mit einem harten Gegen-
stand auf die Hufeisen gute Erfolge.
In Aspenholz leben noch verschiedene andere verwandte Arten, wie Saperda perforata
Fall. (Abb. 130 C.) und octoputictata Scop., die (umgekehrt wie populnea) auf hellem Grunde
dunkle Flecken Zeichnung besitzen (perforata: Flügeldecken gelbgrün tomentiert mit schwarzer
Schulterlinie und je 5 runden schwarzen Makeln; octopunctata: grün, ohne Schulterlinie, mit je
4 punktförmigen Flecken). In der forstlichen Literatur sind diese schönen Bocke bisher nicht
erwähnt; da sie jedoch in Revieren mit reichlichem Aspenvorkommen mancherorts durchaus nicht
Abb. 133. Larvengang (A) und Hakengang (B) mit Puppenwiege von Saperda perforata Pall. in
Aspe. Die Eingangsröhre ist mit einer dicken Lage von Nagespänen verstopft. — Original.
selten auftreten, so halte ich einen kurzen Hinweis hier für angebracht, zumal über ihre Lebens-
weise noch sehr wenig bekannt ist und ein näherer Aufschluß hierüber sehr erwünscht wäre.
Beide Käferarten beobachtete ich in Polen (im Bialowieser Urwald) anfangs August 19 16
garnicht selten an gefällten Aspen, v. Heyden zog perforata ,,in Mengen aus Aspenholz"
(Nördlinger). Über den Larvenfraß von S. perforata gehen eine Reihe Fraßstücke (Abb. 133)
der hiesigen Sammlung Aufschluß : Die Larvengänge verlaufen in etwa armsdicken Stangen zunächst
unter der Rinde nach typischer Bockkäferart und dringen dann in einem mehr oder weniger
großen Hakengang verschieden weit, mitunter sehr tief ins Holz ein, um in der Puppenwiege zu
endigen. Die Zugangsröhre zur Puppenwiege ist stets mit einem Pfropf aus Nagespänen fest
verschlossen. Der Käfer nagt sich durch ein annähernd kreisrundes Flugloch noch außen.
266
Coleopteia. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Oberea oeulata L.
Rothalsiger Weidenbock.
Imago: Der schmale langgestreckte parallelseitige Bockkäfer (Abb. 130B) ist an seiner
Färbung sofort zu erkennen: Flügeldecken grünfarbig grau, Halsschild und Beine gelbrot, ersteres
mit zwei kleinen schwarzen Makeln (s. S. 220).
Larve: Nach dem Lamiinen-Typus gebaut, sehr schmalköpfig, gänzlich äugen- und fußlos.
Jeder Laufwulst mit zwei schmalen geschwungenen Querbinden von feinen rötlichen Chitin-
spitzchen, von denen die vordere in der Mitte unterbrochen ist. Länge 25 — 30 mm.
l''"^.^%Der „rothalsige Weidenbock" nimmt vornehm-
lich Weiden an und zwar werden besonders Sa/zx
caprea L., babylonica L., alba L. (Perris L. 1877),
viminalis L. und daphnoides Vill. (Altum) bevorzugt.
Er fliegt zur Sommerszeit, im Juni und Juli und be-
legt gesunde Weidentriebe an von ihm angenagten
Rindenstellen mit einzelnen Eiern. Die Larve dringt
nach einer kleinen Plätzung, ohne aber sich lange im
Splint aufzuhalten, in das Innere des Holzes und macht
hier, gewöhnlich aufwärts, selten abwärts fressend,
einen bis 30 cm langen und 3 — 4 cm breiten, fast
drehrunden Gang (Abb. 134). Zuerst werden an der
Einbohrstelle frische, später vertrocknete Nagespäne
ausgestoßen, während die zuletzt abgenagten einfach
in der Röhre verbleiben und dieselbe verstopfen.
Am Ende des Fraßganges erweitert sie ihren Raum
zur Puppenwiege und frißt seitlich bis zur Rinde, wo-
selbst der Kopf der Larve und später der Puppe sich
befindet. Der Käfer nagt sich im Juli durch ein
kreisrundes Flugloch nach außen durch. Die Gene-
ration ist einjährig.
Der Fraß kann unter Umständen ernstlich
schädlich werden. So fand Altum in den Weiden-
anlagen des Eberswalder Stadtbruches die Stecklinge
in großer Zahl zerstört. Die freien Enden der be-
fallenen Triebe sterben oberhalb der Puppenwiege ab
und knicken meist auch daselbst um. Der untere,
den Markröhrenfraß enthaltende Teil ist als etwa für
Stecklinge zu benutzendes Material ebenfalls entwertet.
Eine Abwehr des Käfers ist nur durch Ab-
schneiden und Verbrennen der befallenen Ruten mög-
lich. Als Vorbeugungsmaßregel gegen Angriffe
empfiehlt Altum bei Neuanlage von Weidenhegern
möglichst tiefes Einsetzen der Stecklinge und Über-
erden von deren Spitzen, wodurch die Eiablage ver-
hindert wird. —
Abb. 134. Larvengang
(Markröhrenfraß) von Oberea
oeulata L. in Weide.
Original.
n Oberea linearis L.
Haselbock.
Das schwarze Haselböckchen (Abb. 130D), das an seinen gelben Beinen
und Tastern leicht zu erkennen ist (Larve ähnlich der des Weidenbockes, aber
kleiner, nur 20 mm lang, vgl. Abb. loi e), ist schon von Ratzeburg in die
Forstentomologie eingeführt und auch von verschiedenen späteren Forschern
beobachtet und beschrieben worden, am eingehendsten von Eckstein (1892).
II. Laubholz« Bockkäfer.
267
Seine Hauptfraßpflanze ist die Haselnuß (Corylus avellana L. und cohirna L.),
doch ist es verschiedentlich auch an anderen Pflanzen festgestellt worden, so an
Hainbuche, Erle, Korkrüster (Altum und Eckstein), an der gemeinen
Hopfenbuche Osttya carponifolia Scop. (Taschenberg 1. c), an Nußbaum
{Strohmeyer 1906).
Die Lebensweise gestaltet sich nach Eckstein (1892) folgendermaßen:
„Die Flugzeit fällt in die Monate Mai, Juni; der Käfer sitzt um diese Zeit
meist an der Unterseite der Blätter. Das Weibchen legt etwa anfangs Juni ein
Ei an die Basis des im Vorjahre entstandenen Triebes. Die junge Larve frißt
zunächst unter der Rinde einen kleinen Fraßplatz. Infolgedessen bräunt sich
hier die Rinde, stirbt ab und sinkt beim völligen Vertrockenen etwas ein. In-
zwischen hat die Larve ihren Fraß fortgesetzt und ist am oberen Ende der
Plätzestelle aufwärts strebend in das Holz eingetreten. Dort nagt sie weiter,
ihren hellgefärbten Kot und das feine Nagsei nach hinten schaffend. Diese Teile
treten unter die vertrocknete Rinde, sprengen diese am Rande ab und heben
sie als oben fest hängende Schuppe etwas auf, um dann an deren Unterseite
hervorzuquellen. So ist es wenigstens an der Hainbuche die Regel. An der
Hasel wurde die unterhöhlte und eingesunkene rotbraun gewordene Rinde rings-
um nicht immer abgesprengt; dann fand sich aber, etwas unter ihrer Mitte, ein
rundes Loch, so fein, daß es wohl zum Eindringen der Larve hätte dienen können,
aber nur einzelne Kotteilchen austreten läßt. Das Lostrennen der braunen Rinden-
stelle kann unter Umständen, wenigstens bei der Hainbuche, wohl auch durch
die ausheilende Wunde des nun wuchernden Splintes herbeigeführt werden."
„Die Larve wendet sich, die seitherige schief aufsteigende Richtung ihres
winzigen Ganges verlassend, plötzlich nach der Seite, um in scharf gezogenem,
den Zweig über die Hälfte umklammerndem Gang diesen zu ringeln und da-
durch seinen Lebensfaden abzuschneiden." i)
,,Dieser von ihr in der ersten Jugend ausgeführte Fraß tötet den Zweig
allmählich, indem er die normale Saftzirkulation verhindert. Dadurch ist der
Zweig in einen Zustand des langsamen Absterbens versetzt, der mit dem weiteren
Leben und der Entwicklung der Larve in Zusammenhang steht, insofern, daß
diese die Fähigkeit besitzt, sich nur in einem solchen Zweig bis zu ihrer Über-
winterung zu ernähren. Ist dieser Ringfraß bis zu einem jener unterplätzten
Stelle gegenüberliegenden Punkt oder etwas darüber hinaus fortgeführt und in
seinem ganzen Verlauf mit Bohrmehl vollgepfropft, dann wendet sich die Larve
wieder aufwärts und frißt einen die Rinde bis unter das dünnste Oberhäutchen
und einen Teil des Splintes zerstörenden Gang, dessen Stärke wohl ein Viertel
des Zweigdurchmessers ausmacht. Äußerlich kennzeichnet sich diese Stelle an
der Hasel durch eine oft leuchtende, mindestens aber helle Rotfärbung. Weiter
oberhalb wendet sich die Larve etwas tiefer in das Holz, um dann sich gerade
umkehrend wieder nach unten zu fressen. Nun verläuft der Fraßkanal genau in
der Achse des Zweiges, hier oder dort mit dem aufsteigenden Fraß ver-
schmelzend, oder eine oft nur dünne, vielleicht auch stärkere Wand stehen
1) Nach Nielsen (1903) geschieht das Ringeln durch das 5i das, nachdem es mit
seiner Legeröhre ein Loch in die Rinde gebohrt und das Ei durch dasselbe zwischen Rinde und
Holz nach aufwärts geschoben, eine kurze Strecke auf dem Trieb emporkriecht und Rinde und
Holz ringförmig durchbeißt. Bisweilen konnte Nielsen auch geringelte Triebe finden ohne
Eier — ein Gegenstück zu den Befunden Scheidters von eilosen „Hufeisen" von Saperda
populnea (s. oben S. 261). — In Amerika gibt es noch verschiedene „Zweig-Ringler'' unter
den Böcken, und speziell den Lamiinen, wie z. B. Oncoderes cinyulatus Say., der den Zweig
unterhalb der Eiablagestelle ringelt, so daß die Larve in dem abgefallenen Aststück die Ent-
wicklung durchmacht.
268 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
lassend und enthält wenig, aber sehr feines Bohrmehl, Im Spätherbste hört er
meist eine kleine Strecke unterhalb der Ringelstelle auf. Kopfabwärts sitzend
überwintert hier die gelbliche Larve, welche bei beginnendem Frühjahr sich noch
tiefer in den nun im dritten Jahre stehenden Zweig einzubohren beginnt. Der
Käfer bohrt sich im dritten Kalenderjahr durch ein kreisrundes Flugloch nach
außen (also zweijährige Generation!).
Aus den ausführlichen Angaben Ecksteins geht hervor, daß die Larve
zuerst aufwärts und dann erst abwärts frißt — im Gegensatz zu den älteren
Angaben, die lediglich von einem abwärts gerichteten Fraß berichten; und daß
ferner das rasche Absterben der peripheren Zweigpartien hauptsächlich durch
das „Ringeln" und nicht durch den Markröhrenfraß allein verursacht wird.
Wo der Käfer zahlreich auftritt, kann durch reichliche Triebzerstörungen
empfindlicher Schaden verursacht werden. Nach Strohmeyer (1906) ist der
Haselbock im Straßburger Wald in Walnuß- Heistern schwer schädigend und
geradezu vernichtend aufgetreten (der Bock ist dort von Hasel, die sich in Mengen
als Schutzholz in den Walnußkulturen befinden, auf Walnuß übergegangen).
Abschneiden und Verbrennen der befallenen welken Zweige ist das einzige
Abwehrmittel.
B. In abgestorbenem, saftarmen oder trockenem Holze.
Von den zahlreichen im abgestorbenen Laubholz lebenden Böcken erwähne
ich nur einige wenige, die sich als technisch schädlich oder wenigstens lästig er-
weisen oder die durch ihr Auftreten dem Forstmann besonders auffallen:
Z'^/ Gracilia minuta F. (Syn.: Callidium [Graa'h'a] pygmaeum Fb.)
Imago: Ein kleines (4 — 6 mm) schmales, braun gefärbtes Böckchen (siehe oben S. 217).
Larve nach dem Cerambycinen-Typus gebaut, schlank und weiß, sparsam behaart, mit
nicht ganz kurzen Fühlern, jederseits mit einem, nach Schiödte aus fünf Einzelaugen bestehenden
Punktaugenflecke, sehr kurzen Beinen und in der Mitte geteilten, fein genetzten Laufwülsten.
Länge 6 — 7 mm.
G. minuta F. ist polyphag, doch scheint es bei uns hauptsächlich Birke und
Weide, in Frankreich die Edelkastanie zu bewohnen, kommt aber auch in Eiche,
Buche, Hainbuche, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Rose und Brombeere vor. Das
Weibchen belegt die Basis der Astansätze mit einer Reihe von Eiern, und die
auskommenden Larven fressen nun bald nach unten, bald nach oben in Rinde
und Holz, bei ihrem späteren Wachstum hauptsächlich in letzterem, tiefe, scharfe,
allmählich sich verbreiternde, anfangs parallel verlaufende, später unregelmäßig
gekrümmte Längsgänge. Nach Vollendung des Wachstums wenden sie sich von
der Richtung ihres Ganges nur so weit ab, daß sie schräg in das Innere des
Holzes dringen und hier eine Puppenv.'iege mit ovalem Eingange nagen, aus
welcher dann das Insekt durch ein gleichfalls ovales Flugloch sich befreit. Die
Generation scheint zweijährig, vielleicht sogar mehrjährig zu sein.
Da nur bereits abgestorbene oder eingeschlagene Stangen mit Eiern belegt
werden, so kann von einem physiologischen Schaden nicht die Rede sein. Der
technische Schaden dagegen kann recht namhaft werden, wenn nämlich zu
Faßreifen verwendetes Material angegriffen wird. Die Faßreifen werden dann
häufig so geschwächt, daß sie platzen oder wenigstens ersetzt werden müssen.
Diese Tiere sind daher namentlich in Frankreich, wo besonders Edelkastanien-
reifen zu Weinfässern verwendet werden, von den Weinbauern und -händlern
sehr gefürchtet, und es ist oft vorgekommen, daß infolge durch sie verdorbener
Reifen Fässer während der Gärung gesprungen sind. Als Vorbeugungsmittel
wird von Perris die Lagerung der Fässer in völlig dunklen Kellern empfohlen.
II. Laubholz - Bockkäfer.
269
Auch durch Zerstörung von berindeten Weidenruten und namentlich der aus
solchen hergestellten Körbe kann das kleine Böckchen recht unangenehm und
schädlich werden.^) Hier kann nur ein radikales Vernichten (Verbrennen) der
befallenen Körbe einem weiteren Umsichgreifen der Zerstörung Einhalt tun. —
Gattung Callidium F. (Laubholzarten).
Von den Laubholz -Callidien seien hier folgende genannt: Callidünn san-
guineum L., testaceiwi L. (= variabile L.) und lividtim Rossi. Bezüglich der Be-
schreibung der Arten siehe Tabelle S. 217 und Abb. 103 g.
Die genannten drei Arten, zu denen sich zuweilen auch noch Call, violaceum L.
und ae?ieum Deg. gesellen (siehe oben S. 239), leben in abgestorbenem berindetem
Laubholz, vornehmlich Eiche, Buche, Hain-
buche, Edelkastanie usw. In den Vor-
räten des Drechslers und Stellmachers, ebenso
in Holz- und Fraßstücksammlungen finden sie
sich oft in ungeheuerer Menge.
Der Ernährungsfraß der Larven besteht
in flachen, geschlängelten, Rinde und Holz
furchenden und mit Nagemehl vollgestopften
Gängen. Die fast ausgewachsene Larve geht
durch eine längsgestellte ovale Öffnung in
das Holz, um sich hier, gewöhnlich in einem
3 — 6 cm langen hakenartig herabgebogenen
Puppenwiegengang („Hakengang'') zu ver-
puppen (Abb. 135).
Da die Hakengänge gewöhnlich nicht
sehr tief ins Holz dringen, so ist der Schaden
nicht allzu beträchtlich. Immerhin haben die
oben genannten Gewerbe und vor allem auch
die Sammlungen unter Callidium- Fraß manch-
mal empfindlich zu leiden. C. lividum ent-
wickelt sich in Südfrankreich häufig in den
abgeschnittenen Ästen von Edelkastanien, die
dort zu Reifen für Weinfässer benutzt werden,
und schadet dadurch in gleicher Weise wie
die oben besprochenen Gracilia minuta F.
:iU.
r\
Abb. 135. Larvenfraß von Callidium testa-
ceum L. in Buchenholz. Rechts Haken-
gang mit Puppenwiege im Holz. — N.
Rhagium mordax Deg. und sycophanta
Schrak.
Die beiden Laubholz -Rhagien haben
eine ziemlich übereinstimmende Zeichnung:
Flügeldecken mit dicht gedrängten graugelben Tomentflecken und mit zwei rot-
gelben Querbinden (bei mordax befindet sich zwischen diesen nach außen ein
großer schwarzer unbehaarter Fleck, der bei sycophaiita fehlt). Über die Larven
siehe oben bei den Nadelholz- Rhagien (S. 241).
Bezüglich der Lebensweise verhalten sich die Laubholz-Arten wie die oben
beschriebenen Nadelholz-Arten, d. h. die Larven fressen ihre Ernährungsgänge
in alten Stöcken oder Stämmen zwischen Rinde und Splint und machen hier
') In Südeuropa beteiligt sich an der Zerstörung der Weidenkörbe noch ein anderes
kleines, ebenfalls braunes Böckchen, Leptidea brevipcnnis Muls. (Perris).
270 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
auch ihre Verpuppurg in nestartigen Puppenwiegen durch. Forstlich kommt
ihnen wohl keine Bedeutung zu (so wenig wie den Nadelholz-Rhagien); sie
stellen lediglich „auffallende" oder „täuschende" Forstinsekten dar. — Allerdings
berichtet Smits van Bürgst (Nuttige en schädelijke Insekten 1908 S. 181)
von einem scheinbar primären Vorkommen der Larve von Rh. sycophanta in
einer 70jährigen Eiche; doch bedarf diese Angabe noch der Bestätigung.
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Familie Chrysomelidae.
Blattkäfer.
Die Chrysomeliden stellen eine ungeheuer artenreiche Familie dar. In ihrer Formgestaltung
und Lebensweise verhalten sie sich im allgemeinen gewissermaßen gegensätzlich zu den Bock-
käfern. Während es sich bei den Böcken meist um langgestreckte Tiere mit langen Fühlern
und Beinen handelte, sind die meisten
Blattkäfer von gedrungener, stark ge-
wölbter, oft halbkugelförmiger Gestalt und
besitzen gewöhnlich kurze, die halbe
Körperlänge nur selten überragende Fühler
(Abb. 137). Auch die Beine der Blatt-
käfer sind im allgemeinen wesentlich kürzer
und gedrungener als die der Böcke ; bei
manchen Gattungen sind die Hinterbeine
zu Sprungbeinen, mit stark verdickten
Hinterschenkeln umgebildet. Die Tarsen
bestehen aus 4 Gliedern, von denen die
drei ersten gewöhnlich stark herzförmig
verbreitert sind. Es gibt unter den Blatt-
käfern allerdings auch langgestreckte
Formen mit langen Beinen und längeren
Fühlern, die in ihrem ganzen Habitus sehr
an die Bockkäfer erinnern. Doch sind
diese Formen stark in der Minderheit und
nur auf einige Gattungen beschränkt; sie
stellen gewissermaßen den Übergang
zwischen den Böcken und den typischen
Blattkäfern dar. Die Färbung der Blatt-
käfer ist gewöhnlich lebhaft, rot, gelb oder metallisch grün oder blau, oftmals mit ausgesprochenen
Binden oder Fleckenzeichnung.
Auch die Larven der Chrysomeliden (Abb 136 A) sind, da sie frei leben, im Gegensatz
zu denen der Bockkäfer, meist lebhaft gefärbt und gewöhnlich mit Warzen aller Art besetzt;
auch besitzen sie kräftige Beine. Sie sind meist lanzettförmig gestaltet, mit stark gewölbter Ober-
seite. Kopf klein, in der Mitte flach oder vertieft, an den Seiten gewölbt, mit deutlichen Ocellen
hinter den kleinen dreigliedrigen Fühlern. Oberkiefer ziemlich schwach, oben gewölbt, gezähnelt,
Unterkiefer mit deutlich gesonderter, kurzer, innen ausgehöhlter bewimperter Lade und 4gliedrigen
Tastern. Unterlippe mit 2gliedrigen Tastern. Manche Larven verfertigen sich aus ihrem Kot
ein Larvengehäuse, das sie mit sich herumtragen.
Die Käfer trifit man oft in großer Individuenzahl auf Blättern aller Art,
besonders von Krautgewächsen, seltener auf Nadeln. Sie nähren sich von der
Substanz der Blätter, in die sie Löcher oder Scharten fressen. Das $ legt ver-
schiedene gestaltete und oft lebhaft gefärbte Eier gewöhnlich frei und in größeren
Partien (meist einschichtigen Platten) an der Nährpfianze ab. Die Zahl der Eier ist
meist sehr groß und geht bis 1000 und mehr. Einige Arten sind ovovivipar,
A B
Abb. 136. Larve (A) und Puppe (B) eines Blattkäfers
(Melasoma populi L.). — Original. (Phot. Scheidter.)
2^2 Coleoptera, — 6. Familienieihe ; Phytophaga.
d. h. sie legen ihre Eier in einem so vorgeschrittenen Stadium ab, daß unmittelbar
nach oder auch während der Eiablage die Larven auskriechen. Die Larven
leben in der Mehrzahl ebenso wie die Imagines frei auf der Nährpflanze und
skelettieren die Blätter, oft so weit, daß nur noch die Rippen übrig bleiben.
Manche bohren sich auch in das Pflanzengewebe ein und minieren in den Stengeln
oder in den Blättern. (Eine ganz besondere Stellung nehmen die Donacia- kxi&a.
ein, die sich unter Wasser entwickeln : sie leben frei an den Wurzeln, Stengeln
oder Blättern von Wasserpflanzen, wobei sie ihre Atemluft mit Hilfe von 2 langen
Afterdornen aus den Interzellularräumen der Pflanze holen.)
Die Entwicklung geht meist in kurzer Zeit (einigen Wochen) vor sich,
so daß mehrere Generationen (2 — 4) in einem Jahr aufeinander folgen können.
Nur wenige Arten brauchen länger als i Jahr zur Entwicklung und haben eine
zwei bis dreijährige Generation. Die Verpuppung findet entweder an der
Nährpflanze oder im Boden statt; im ersteren Falle befestigt sich die ausgewachsene
Larve mit der Hinterleibsspitze an dem Blatt usw., so daß die Puppe, die ähn-
lich wie die Larve gefärbt ist, mit dem Kopf nach unten gerichtet an der Pflanze
hängt (Abb. 136 B).
Die Überwinterung geschieht meist im Imagostadium im Boden, unter
Laub usw. Bisweilen suchen sich die Käfer besondere Plätze (mitunter an anderen
Pflanzen) auf, wo sie den Winter über zubringen („Überwinterungswanderung").
Wirtschaftlich spielen die Blattkäfer in der Landwirtschaft, besonders
im Gartenbau (Gemüse usw.) eine nicht geringe Rolle. Sie können ausgedehnte
Kulturen vollkommen vernichten, da sie oft in ungeheueren Mengen auttreten und
sich sowohl als Imagines als auch als Larve an dem Fraß beteiligen, wodurch die
Pflanzen ihres Blattgrüns völlig beraubt werden können. Die forstliche Bedeutung
der Blattkäfer tritt gegenüber der landwirtschaftlichen wesentlich zurück.
Der Hauptschaden im Forstbetrieb betrifft die Weidenheger, die oft schwer
heimgesucht werden von verschiedenen Blattkäferarten. Auch die Eichenkulturen
können von einer Blattkäferart mitunter arg mitgenommen und zum Absterben ge-
bracht werden. Die übrigen im folgenden genannten Chrysomeliden sind (bei uns
wenigstens) höchstens zu den „merklich schädlichen" Forstinsekten zu rechnen.
Die Bekämpfung der Chrysomeliden beschränkt sich in der Hauptsache
auf Abfangen der Larven und Käfer oder Vernichten derselben mittels Gift-
flüssigkeit.
Systematische Übersicht.
Die Blattkäfer lassen sich in 5 gut charakterisierte Unterfamilien einteilen:
1. Kopf vorgestreckt, hinter den Augen oder hinter den kurzen Schläfen eingeschnürt,
Halsschild viel schmäler als die Basis der Flügeldecken und an den Seiten ohne
Randkante. Körpergestalt gestreckt, mehr oder weniger an die Gestalt der
Bockkäfer erinnernd (Abb. 137 A) Unterfamilie Eupodae
— Kopf bis zu den Augen in den Halsschild eingezogen oder von letzterem be-
deckt, Halsschild so breit oder nur wenig schmäler als die Flügeldecken, die
Seiten meist gerandet. Körper walzenförmig, rund oder oval 2
2. Körper walzenförmig (zylindrisch), vorn und hinten abgestutzt, Pygidmm groß,
nach unten gebogen und meist unbedeckt (Abb. 137B u C) . Unterfamilie Gamptosomata
— Körper rund oder oval, Pygidium klein, nach hinten gerichtet und meist von
den Plügeldecken bedeckt 3
Blattkäfer. — Systematische Übersicht. 27^
3. Fühlerwurzeln weit voneinander getrennt, auf der Stirne über der Basis der
Mandibeln eingefügt. (Abb. 137 D — H) Unterfamilie Cyclicu
— Fühlerwurzeln stark genähert, auf der Stirne zwischen den Augen eingefügt . 4
4. Kopf vorgestreckt oder senkrecht abfallend, der Mund nach unten gerichtet und
von der Vorderbrust nicht bedeckt. Oberseite stets ohne Stacheln. Die
Seiten des Halsschildes und der Flügeldecken niemals dachartig verbreitert
(Abb. 137 J—L) Unterfamilie Qalerucinae
— Kopf stets zum größten Teil nach unten und hinten gerichtet (der Mund von
oben nicht sichtbar), bis zum Munde vom Vorderrand der Vorderbrust bedeckt.
Oberseite entweder mit Stacheln bedeckt oder die Seitenränder des Halsschildes
und der Flügeldecken dachartig verbreitert, so daß der Körper ein schildkröten-
artiges Aussehen erhält (Abb. 137 M) . Unterfamilie Cryptostonia
Unterfamilie Eupodae.
Die Hauptgattungen der Eupodae sind : Donacia F. und Crioceris Geoffr. — Die Gattung
Donaeia, deren Arten noch so bockkäferähnlich sind, daß man sie früher geradezu als solche
angesehen und in die Gattungen Rhagiiim und Leptura eingestellt hat, ist wirtschaftlich ohne
Bedeutung. Die Larven leben unter Wasser von Wasserpflanzen.
Die Gattung Crioceris Geoffr. (mit den Untergattungen Lema Lac, Lilioceris Rttr.) enthält
wesentlich kleinere Arten von meist bunter Färbung (blau, rot oder gelb, vielfach mit dunklerer
Zeichnung), die in ihrem Körperbau schon mehr blattkäferartig (Abb. 137 A) sind. Die Imagines
sowohl wie die Larven, die sich durch eine Kotdecke schützen, leben an den Blättern lilienartiger
Gewächse (Lilie, Spargel) oder an Gräsern (auch Getreide), die sie ganz kahl fressen und dadurch
stark beschädigen können. Landwirtschaftlich oft sehr schädlich. Forstlich indifferent.
Unterfamilie Camptosomata.
Die durch den walzenförmigen, vorn und hinten abgestutzten Körper gut gekennzeichnete
Unterfamilie (Abb. 137 B u. C) enthält zahlreiche Arten, die sich hauptsächlich auf 2 Gattungen
(Glytra Laich, und Cryptocephalus Geoffr.) verteilen. Trotzdem eine ganze Reihe von Arten
auf Forstgewächsen (besonders auf Weiden, Birken, Eichen) leben, so ist doch nur eine Art
forstlich beachtenswert, nämlich der auf Kiefer fressende Cryptocephalus pini L. (Abb. 137 C).
Ihren Namen verdankt die Unterfamilie den Larven, die mit ihrem bauchwärts ein-
gekrümmten Hinterleib in einem mehr oder weniger festen, aus Kot gebautem Gehäuse sitzen,
welches sie, Kopf und Brust hervorstreckend, mit sich herumschleppen.
Unterfamilie Cyclica.
Durch die rundliche oder ovale Körperform und die weit voneinander getrennten Fühler
gut charakterisiert. Sie enthält zahlreiche Arten und Gattungen, die wieder in eine Reihe
Gattungsgruppen eingeteilt werden. Die Hauptgattung ist Chrysomela L., die aber keine forstlich
beachtlichen Formen enthält. Für uns kommen nur die Gattungen Melasoma Steph., Phyto-
decta Kirby, Plagiodera Er. und Phyllodecta Kirby in Betracht, von denen folgende haupt-
sächlich auf Pappeln und Weiden vorkommenden Arten erwähnt seien:
'i. Flügeldecken verworren punktiert (Gattungsgruppe Entomoscelitia) .... 2
— — mit Punktstreifen oder Punktreihen {Prasocurina) 7
2. Körper rund, flachgewölbt, Halsschild wenig schmäler als die Basis der Flügel-
decken. Oberseite einfarbig blau oder grün. Kleine Art 272 — 4 V2 '"™- ^^'
mein auf Weiden und Pappeln (Abb. 137 E) Plagiodera versicolora Laich.
— Körper länglich oval, Halsschild wesentlich schmäler als die Basis der Flügel-
decken. Größere Formen (6 — 12 mm) (Gattung Melasoma Steph.) .... 3
3. Flügeldecken einfarbig rot (ohne Fleckenzeichnung) 4
— Flügeldecken einfarbig metallisch, oder hell (gelb oder rot) mit zahlreichen dunklen
Flecken 6
4. Flügeldecken an der Spitze geschwärzt. Länge 10 — 12 mm. Auf Pappeln und
Weiden gemein Melasoma populi L.
— Flügeldecken an der Spitze nicht geschwärzt 5
5. Halsschild von der Basis nach der Spitze zu gerundet verengt, nicht ganz
parallel, doppelt so breit als lang, die Seiten vor der Basis nicht ausgeschweift.
Länge 6—9 mm. Lebensweise wie der vorige Melasoma salieeti Wse.
(= tremidae Suffr. nee F.!)
Escherich, Forstinsekten. 11. Bd. 18
^1\
Coleoptera. — 6. Familienreihe ; Phytophaga.
K
M
Abb. 137. Verschiedene Chiysomeliden. A Crioceris asparagi L, B Clytra laeviuscula L.,
C Cryptocephalus pini L., D Melasoma vigintipunctata L., E Plagiodera versicolora Laich., F Phyllo-
decta vulgatissima L.. G Phyllodecta vitellinae L., HPhytodecta viminalis L., J Luperus pinicola Dft.,
K Haltica quercetorum Foudr., L Agelastica alni L., M Cassida nebulosa L. Vergr. — Original.
Blattkäfer. — Systematische Übersicht. '>'7K
— Halsschild bis gegen die Spitze parallel, die Seiten vor der Basis schwach
ausgeschweift. 6— 9 mm. Lebt wie die beiden vorigen .... Melasotna tremulae F.
(= longicoUis Suffr.)
6. Flügeldecken wie der ganze übrige Körper metallisch grün oder blau oder
kupferrot. Oberseite dicht und fein punktiert. 6—9 mm. Auf Erle gemein.
Melasoma aeneu L.
— Flügeldecken strohgelb, die Naht und 10 Punkte auf jeder Flügeldecke schwarz
(Abb. 137 Dj. 6— 9 mm. Auf Weiden, bisweilen sehr häufig Melasoma viginfipunctata l..
(Eine verwandte zuweilen ebenfalls gemein vorkommende Art ist Melasoma
lapponica L., deren Flügeldecken rötlich gelbbraun sind und eine dunkle Binden-
zeichnung aufweist.)
7. Rotgelb, mehr oder weniger schwarz gefleckt. Die hinteren 4 Schienen am
Außen rande vor der Spitze in einen großen spitzigen Zahn erweitert (Gattung
Phytodeda Kirby) 8
— Metallisch blau oder grün, die 4 Hinterschienen ohne Zahn (Gattung Phyllo-
decta Kirby) 9
8. Beine und Fühler rotgelb. Überseite gelbrot, der Kopf, eine doppelbvichtige
Basalmakel am Halsschild, und mehrere Flecken auf den Flügeldecken schwarz.
6—8 mm. Auf Aspen und Weiden Phytodeeta rufipes F.
— Beine und Fühler (letztere mit Ausnahme der rötlichen Wurzel) schwarz.
Färbung und Zeichnung der Oberseite ähnlich wie bei der vorigen Art. Sehr
variabel. 6—7 mm (Abb. 137 H). Auf Weiden gemein . . . Phytodeeta viminalis L.
9. Basis des Halsschildes äußerst fein gerandet. Fühlerglied 2 so lang als 3. Lang-
gestreckt, grünlichblau oder blau, Halsschild quer, etwas schmäler als die Flügel-
decken. Auf Weiden, sehr gemein (Abb. 137 F) . . . . Phyllodecta vulgatissima L.
— Basis des Halsschildes ungerandet. Fühierglied 2 kürzer als 3 10
10. Körper sehr lang, doppelt so lang als breit. Das i. Glied der Hintertarsen ist
so breit als das gelappte dritte. Metallisch grün oder blau violett. 5 — 6 mm.
Auf jungen Weiden, ungemein häufig . Phyllodecta tibialis Suffr. (= viennensis Wse.)
— Körper weniger lang, nicht ganz doppelt so breit als lang. Das i. Glied der
Hintertarsen ist viel schmäler als das gelappte dritte. Metallisch grün oder
blau. 4—5 mm (Abb. 137 G) Phyllodecta vitellinae L.
Unterfamilie Galerucinae.
Die Galerucinae zerfallen in zwei natürliche Unterabteilungen: Galerucdni — ohne
Sprungbeine, und Halticini — mit Sprungbeinen, d. h. verdickten Hinter-
schenkeln.
Die öalernciui enthalten mehrere forstlich beachtenswerte Arten:
I. Halsschild meist ohne Unebenheiten, Flügeldecken einfarbig dunkelmetallisch-
blau oder schwarz 2
— Halsschild meist sehr uneben. Flügeldecken gelbbrami, mit oder ohne dunkle
Zeichnung
2. Halsschild wie die Flügeldecken, Beine und Fühler dunkelblau. Größere Art
6 — 7 mm (Abb. 137 L). Auf Erlen, überall sehr häufig Agelastica alni L.
— Halsschild, Beine und Fühler gelbrot, Flügeldecken schwarz. Kleinere Art
2,8 — 4,5 mm (Abb. 137 J). Auf Kiefern ... Luperus pinicola Dft.
3. Oberseite kahl oder fast kahl. Flügeldecken wenig länger als zusammen breit,
nach hinten deutlich erweitert. Halsschild und Flügeldecken braungelb. Fühler
und Beine zum Teil, seltener ganz schwarz. Flügeldecken grob und dicht
punktiert. 4—6 mm. Auf Weiden, sehr häufig . . Oaleruca (Lochniaea) capreae L.
— Oberseite fein behaart. Körper länglicher, Flügeldecken wenigstens um die
Hälfte länger als zusammen breit, nach hinten nicht wesentlich erweitert (Unter-
gattung Qalerucella Crotsch) 4
4. Die Stirn tuberk ein hinter der Basis der Fühler zum größten Teil schwarz.
Flügeldecken fein und dicht punktiert. Braungelb, eine Makel auf der Stirne
und am Scheitel, drei Flecken am Halsschild und eine breite Schulterlängsbinde
schwarz. 6 — 8 mm. Auf Ulmen, seltener auf Weiden. Oaleruca (Galerucella) luteola Müll,
— Die Stimtuberkeln hinter der Basis der Fühler gelb. Flügeldecken ziemlich
stark punktiert. Gelbbraun, eine Scheitelmakel, ein Fleck auf dem Halsschild,
das Schildchen und die Schulterbeule schwarz. 5 — 6 mm. Auf Weiden, gemein.
Oaleruca {Qalerucella) lineola F.
18*
276 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Die Haliiemi oder Erdflöhe nehmen durch ihre Sprungbeine bezw. durch ihr Sprung-
vermögen eine besonders scharf umgrenzte Stellung unter den Blattkäfern ein. Es gibt eine große
Menge Erdflöhe, die auf viele Gattungen verteilt werden und die von Heikertinger in aus-
gezeichneter Weise monographisch bearbeitet wurden. Die Käfer fressen frei an den Blättern
wie die meisten übrigen Blattkäfer, während die Larven häufig in den Blättern oder Stengeln
minieren. Durch diesen doppelten Fraß und durch die starke Vermehrung werden viele Arten
recht schädlich, besonders dem Gemüsebau; forstlich kommt nur eine Art (an Eiche) als
schädlich in Betracht, nämlich
Haltica quercetorum. Foudr. (= erucae Oliv.) ; eine verhältnismäßig große Art von 4 bis
5 mm Länge. Glänzend grün oder blaugrün gefärbt, mit dicht und kräftig punktierten Flügel-
decken (Abb. 137 K). Auf jungen Eichenblättern oft in ungeheuerer Zahl.
Unterfamilie Cryptostoma.
Die Cryptostoma enthalten 2 sehr auffällige Formengruppen, die H ispinen und die.
Cassidinen, Beide besitzen einen so chanskteristischen Habitus, daß sie nicht zu verkennen
sind: die Hispinen gleichen kleinen Igeln, indem ihre Oberseite mit Stacheln besetzt ist, und
die Cassidinen erinnern an Schildkröten, indem Halsschild und Flügeldecken dachartig ver-
breitert sind (Abb. 137 M). Forstlich sind beide ohne Bedeutung. Die Cassidinen spielen
dagegen landwirtschaftlich eine Rolle (als Rübenschädlinge).
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
Wenn wir alle Blattkäfer, die auf Holzgewächsen leben und deren Blätter
befressen, hier berücksichtigen wollten, so müßten wir eine große Anzahl von
Arten hier aufführen und besprechen (vgl. Nördlinger, der ca. 50 Arten an-
führt). Da aber, um ein Insekt zu einem Forstinsekt zu stempeln, die Tatsache
des Blattfressens an Forstgewächsen allein nicht genügt, sondern vielmehr noch
das Moment der Häufigkeit und des Massenfraßes dazukommen muß, so haben
wir hier nur diejenigen Arten eingehender zu berücksichtigen, die durch massen-
haftes Auftreten und ausgedehnten Fraß wirkliche Beschädigungen an den be-
fallenen Pflanzen verursachen.
Bei der großen Gleichförmigkeit des Chrysomelidenfraßes wollen wir die
Besprechung der einzelnen Arten nach den Fraßpflanzen gruppieren, und nach-
einander die Blattkäfer an Weiden und Pappeln, dann die an Birken,
Erlen, Ulmen, Eichen, und endlich die an Kiefern behandeln.
An Weiden und Pappeln.
Die hier zu besprechenden Arten sind von allen forstlich in Betracht
kommenden Chiysomeliden die schädlichsten, da sie infolge ihres massenhaften
Auftretens das Wachstum der Weiden und die Ernte stark beeinträchtigen oder
auch völlig zunichte machen können.
Als die wichtigsten Formen sind zu nennen
von den Cyelica:
Melasoma populi L. \ die roten Pappelblattkäfer,
saliceti Ws. > Flügeldecken einfarbig rot, Kopf und Halssch.
tremulae F. j metallisch grünlichblau,
Plagiodera versicolora Laich. \
Phytodeeta viminalis L. I die grünen Weidenblattkäfer,
Phyllodeeta mdgatisstma L. > Flügeldecken, gleichwie Kopf und Halssch.
tibialis Suffr. 1 einfarbig metallisch grün oder blau,
vittelinae L. I
von den Qalerucinae:
Oaleruca capreae L. \^ die gelben Weidenblattkäfer,
luteola Müll. | Oberseite gelb.
Blattkäfer an Weiden und Pappeln.
277
Die roten Weidenblattkäfer.
/Vir Melasoma populi L., saliceti Weise und tremulae F.
Die 3 Arten sind einander sehr ähnlich. Es sind verhältnismäßig große Formen (8 — 12 mm),
die an den roten Flügeldecken leicht zu erkennen sind,
sind oben in der Bestimmungstabelle (S. 273) an-
gegeben.
Auch bez. der Entwicklungsstadien stimmen
die drei Arten mehr oder weniger überein.
Puppe bräunlich-gelb und schön bunt gefärbt durch
sehr regelmäßig symmetrisch gestellte, schwarze, eckige
Flecken und Punkte. Mit der Hinterleibsspitze an ein Blatt
angeheftet, gestürzt hängend (Abb. 136 B).
Larve (Abb. 136 A u. 138 B) an beiden Enden ver-
schmälert, auf dem Rücken wenig gewölbt, weißlich, mit
schwarzem Kopf und Gliedmaßen, sowie regelmäßig ge-
stellten, glänzend schwarzen Schildern und Wärzchen, Kopf
mit dreigliedrigen , kurzen Fühlern , zweigliedrigen Lippen-
tastern und jederseits 6 .\ugenpunkten , von denen die
4 inneren, im Viereck gestellten, größer sind als die beiden
äußeren. Brustring I mit großem, querem, schwarz ge-
rändertem Chitinschilde und zwei schwarzen Warzen. Brust-
ring 2 und 3 mit je vier schwarzen Warzen und je einem
seitlichen, schneeweißen Seitenhöcker. Die 8 ersten Hinter-
leibsringe oberwärts mit 8 Reihen schwarzer Zeichnungen,
so daß jederseits der der Mittellinie zunächst stehenden,
aus kleinen, queren Schildern zusammengesetzten Reihe
sich nach außen je eine Reihe kegelförmiger Waizen,
Stigmenplatten und rundlicher Borstenwarzen anschließen.
Die Mittelplatten verschmelzen auf den vier letzten Ringen.
Unterseite der Hinterleibsringe mit 5 Reihen schwarzer
Die unterscheidenden Merkmale
Abb. 138 A. Eiabl Ige von Mela-
soma tremulae F. — Original,
(phot. Scheidter).
Abb. 138 B. Larven von Melasoma populi L. im ersten (a) und im letzten (b) Stadium an
Aspenblättern fressend. — Phot. Scheidter.
278 Coleoptera. 6, Faniilienreihe: Phytophaga.
Punkte. Aus den kegelförmigen Warzen auf der Oberseite der Hinterleibsringe sind Drüsen-
schläuche vorstreckbar, die einen scharf riechenden Saft absondern, der nach Cand^ze Blau-
säure, nach anderen Autoren Salizylsäure enthält. Länge ungefähr 14 mm.
Eier gelblich bis orangerot, langoval, aufgerichtet, haufenweise und gedrängt der Unter-
seite der Blätter angeklebt.
Vorkommen und Lebensweise. — Die geographische Verbreitung der
3 Arten ist eine sehr große und erstreckt sich über ganz Mitteleuropa. M. tiemulae F.
kommt auch in Nordamerika (eingeschleppt) vor (Feit II, S. 565).
Als Fraßpflanze kommen die verschiedenen Pappel arten, namentlich
Aspe, und die Weiden in Betracht. Ob jede der 3 Käferarten bestimmte
Weiden- oder Pappelarten bevorzugt, ist noch nicht sicher festgestellt. Da die
3 Arten zu Verwechslungen Anlaß geben können, so sind die Angaben aus der
Praxis nur mit Vorsicht aufzunehmen. Populi wurde außer auf Aspen, wo sie
mit Vorliebe lebt, noch auf Salix purpurea^ pentandta, fragilis, alba, rubra und
viminalis angetroffen, M. tremulae auf Salix pmpurea.
Bezüglich der Lebensweise stimmen die roten Arten wohl ziemlich
überein, so daß wir sie hier gemeinsam behandeln können. Die Käfer über-
wintern am Boden, unter Laub usw. Im Frühjahr nach dem Laubausbruch
kommen sie aus ihren Winterverstecken hervor und begeben sich auf die Blätter,
um dort zu kopulieren. Das ? legt seine gelblichen Eier in einer Lage in
Häufchen von 20 — 30 Stück (im ganzen 1000 und mehr) an die Unterseite der
Blätter ab (Abb. 138A). Nach 8 — 12 Tagen kriechen die jungen Larven aus,
die schnell heranwachsen und die Blätter skelettieren (Abb. 138 B), häufig so stark,
daß das Blattfieisch ganz verschwindet und nur die Rippen übrig bleiben. Nach
etwa 3 Wochen findet die Verpuppung statt, zu welcher sich die Larven mit
dem Hinterende, den Kopf nach abwärts gerichtet, festheften, in welcher Lage
auch die Puppen hängen bleiben (Abb. 139). Die Puppenruhe dauert ca.
10 Tage, worauf die Jungkäfer erscheinen. Diese setzen sogleich den Fraß fort
und schreiten bald zur Erzeugung einer zweiten Generation, die in der
Regel im September fertig ist. Unter besonders günstigen Umständen (bei früherer
Beendigung der zweiten Generation) soll es sogar noch zu einer dritten Genera-
tion kommen.
Als Parasiten wurden verschiedene Tachinen aus M. populi und tremulae
gezogen : Lypha dubia Fall., Meigenia bisignata Meig., Macquartia praefica Meig. und
Steiniella callida Meig. (Baer); außerdem die Schlupf wespe Pteromalus Sieboldi.
Forstliche Bedeutung. — An Aspen ist der Schaden nur geringfügig
und bedeutet höchstens einen größeren oder geringeren Zuwachsverlust. In
Weidenhegern dagegen können die roten Weidenblattkäfer sehr schädlich
werden, indem durch ihr Massenauftreten und ihren wiederholten Käfer- und
Larvenfraß die Entwicklung der Ruten wesentlich beeinträchtigt werden kann,
so daß oft nur sehr minderwertiges oder ganz wertloses Material geerntet wird-
Altum, Krähe u. a. berichten verschiedentlich von großen Beschädigungen der
Weidenkulturen durch die roten Blattkäfer.
Bekämpfung: Siehe unten S. 283.
Blattkäfer an Weiden und Pappeln.
79
Die blauen Weidenblattkäfer.
"'.'"'' Plagiodera versicolora Laich., Phyllodecta vulgatissima L., tibialis
Suffr. (= viennensis Ws.) und vitellinae L.
Die hier genannten Arten sind wesentlich kleiner als die roten Pappelblattkäfer und er-
reichen höchstens eine Länge von 5 mm. Alle sind metallisch- blau oder blaugrün gefärbt.
Plagiodera versicolora (Abb. 137 E) unterscheidet sich von den Phijllodecfa- Arten (Abb. 137 F
u. G) sehr auffallend durch die runde Gestalt und die unregelmäßig punktierten Flügel-
decken. Die Phyllodecta- Arten stehen einander ziemlich nahe, lassen sich aber nach den oben
ang^ebenen Merkmalen (S. 275) gut unterscheiden. Daß aber in der Praxis die verschiedenen
Arten stets auseinandergehalten werden, ist kaum zu erwarten ; in den Angaben aus der Praxis
erscheinen eben alle blauen Arten einfach als ,,der blaue oder kleine Weidenblattkäfer".
Larven: Die Larven sind alle nach dem warzigen Chrysomeliden- Typus geformt. Die
Larve von Plagiodera ist gestreckt, oben sehr wenig gewölbt, nach hinten von der Mitte ab
Abb. 139. Die beiden roten Weidenblattkäfer. Rechts oben Melasoma tremulae F., unterhalb
davon die Puppe, rechts unten Melasoma populi L. Links ein Pappelzweig mit Skelettfraß, drei
junge Larven und hängende Puppe. — Aus Henschel ^^nach Taschenberg).
allmählich verschmälert. Kopf beiderseits mit 4 Ocellen, tief schwarz, glatt und lackartig glänzend,
ebenso der Vorderbrustring; der übrige Körper oben dunkelgrau matt, unten weißlich; über den
Rücken laufen beiderseits der Mittellinie 4 Längsreihen schwarzer Erhabenheiten; von diesen
sind die in der zweiten Reihe von außen auf dem Meso- und Metathorax stehenden wie kleine
Hörner emporgerichtet und lassen bei Gefahr eine gelbliche Flüssigkeit austreten. Unterseits
bilden die schwarzen Stigmenlöcher ebenfalls je eine Längsreihe.
Die Laive von Phyllodecta vitellinae ist ganz ähnlich und ist ebenfalls mit 8 Reihen
schwarzer Erhabenheiten auf dem Rücken besetzt. Die Grundfarbe ist trübweiß, in der Mitte
der Oberseite schwärzHch. Die Larve von Ph. tibialis ist der vorigen sehr ähnlich, aber etwas
schmäler und mit fast durchaus rußfarbiger glanzloser Oberseite, die von einer helleren, gelblichen
Mittellinie durchschnitten wird, und trübgelber Grundfarbe der Bauchseite. Die Spitzen der
Seitenwarzen am Hinterleibe sowie die Haare sind heller als bei der vorigen Larve, mit welcher
sie aber die Fleckung der Unteiseite gemein hat. Die Larve von vulgatissima ist von denen der
2 3o Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
vorhergehenden Arten wenig verschieden. Abgesehen von den stärker chitinisierten Teilen an-
fänglich heller, später aber sehr dunkel mit olivengrüner Mittellinie, Bauchränder und Behaarung
weiß. Die Unterseite ist im Gegensatz zu den beiden vorigen ganz ungefleckt.
Vorkommen und Lebensweise. — Sämtliche Arten sind in Europa
weit verbreitet und gehen auch in den Gebirgen und im Norden hoch hinauf.
Namentlich vitellinae ist von Lappland bis Transkaukasien, und von Frankreich
bis zur Amurmündung verbreitet; außerdem kommt sie auch in Nordamerika vor.
Als Fraßpflanze werden außer Pappeln namentlich die Weiden angegangen
und zwar scheinen besonders Salix viminalis, purpurea und caprea bevorzugt
zu werden, während dagegen Salix triandra in der Regel verschmäht werden
soll. AI tum glaubt, daß die verschiedenen Arten Unterschiede im Geschmack
zeigen, insofern als vitellinae die Purpurweide und vulgatissima die Hanfweide
besonders liebt.
Bezüglich der Lebensweise geben wir hier zunächst eine Schilderung
von vitellinae, die in den Hauptzügen auch für andere Phyllodecta-kxi&a. Geltung hat.
Die Imagines von vitellinae überwintern als Käfer, und zwar in der
Regel in der Höhe an möglichst geschützten Stellen, zwischen zusammengeknäulten
Blättern, den Spitzenknospen junger 2 — 3 m hoher Kiefern, in hohlen Pflanzen-
stengeln, unter lockeren Baumrinden und sogar in Borkenkäfergängen (AI tum).
Andererseits gelangen auch viele schließlich in das am Boden liegende Laub und
zwischen die Rutenstümpfe.
Die Flugzeit der Käfer, in welcher sie mitunter sogar in größeren Schwärmen
die Luft durchziehen, fällt gewöhnlich in den April. Sie begeben sich dann in
die Weidenanlagen, wo sie sowohl die jungen Ausschläge, wie die Blätter der
zwei- oder mehrjährigen Wüchse angehen, und zwar nach Krähe, im Gegensatze
zu den gelben Weidenblattkäfern, die tiefer stehenden Blätter vor den höher-
stehenden. Nach der Begattung, die auf den Blättern stattfindet, legt das $
seine kornförmigen Eier in mit den Spitzen zusammenstoßenden Doppelreihen
von ca. 20 Stück flach auf die Unterseite der Blätter. Die auskriechenden
Larven fressen in dichtgedrängten Kolonnen, Leib neben Leib reihenweise fort-
schreitend (Abb. 140 A) das Blattfleisch der Unterseite auf, die wollige Behaarung
der Blätter verschmähend und diese Wolle als dicken Flausch vor sich her-
schiebend (Eckstein 1890). Zur Verpuppung begeben sie sich in den
Boden. Die Puppenruhe währt ca. i — 3 Wochen (je nach Jahreszeit und
Temperatur). Die auskommenden Jungkäfer befressen die Blätter vom Rande
her, außerdem benagen sie auch platzend die Rinde. Sie setzen den Fraß etwa
2 Wochen lang fort, um sich dann zu begatten und eine neue Generation zu
erzeugen. So folgen mindestens 2, nicht selten auch 3 Generationen in einem
Sommer aufeinander (Letzner, Cornelius, Koppen, Eckstein).
Die Lebensweise von Plagiodera versicolora weicht insofern etwas ab, als die
Verpuppung nicht im Boden, sondern an den Blättern stattfindet. Die Larve
befestigt sich mit dem Hinterleibsende au der Unterseite eines Blattes, krümmt den
Körper schleifenartig zusammen und streift die Haut ab, die auf der Bauchseite
der Puppe hängen bleibt.
Blattkäfer an Weiden und Pappeln.
28l
Forstliche Bedeutung. — Die kleinen blauen Weidenblattkäfer gehören zu
den schlimmsten Weidenschädlingen, die durch ihr massenhaftes Auftreten
ganze Kulturen zum Eingehen
bringen können, zumal wo es
sich um einjährige Kulturen
handelt. Ältere ertragen den
Fraß eher, erleiden aber emp-
findlichen Zuwachsverlust und
ergeben wertlosere Ruten. Die
Käfer der zweiten Generation
meiden die von der ersten
Generation bereits geschädigten
Ruten und nehmen weiter ab-
liegende, unbeschädigte an. Am
schädlichsten ist dieser spätere
Fraß, bei dem die Rinde der
Ruten geplatzt wird, so daß
deren Spitzen mitunter bis
50 cm abwärts absterben. Läßt
man solche Ruten stehen, so
entwickeln sie im nächsten
Frühjahre unterhalb der ab-
gestorbenen Spitze zahlreiche
Seitentriebe, welche sie tech-
nisch völlig entwerten. Ein-
jährige Ruten werden ganz ver-
nichtet (AI tum 1891). Durch
länger dauernde Kalamitäten
können die Erträge auf die
Hälfte oder ein Drittel der
Normalerträge herabgedrückt
werden. Die Vermehrung ist
in manchen Jahren ganz enorm,
so daß jedes Blatt so dicht
mit Käfern bedeckt ist, daß
man von dem Blatt selbst
kaum etwas gewahr wird
(Abb. 140 A). Krähe fand
einmal seine Weidenheger so
stark mit Ph. vitellinae besetzt,
daß er die Zahl für jede ein-
zelne Rute auf mindestens
100 ansetzen konnte. Das würde bei 200000 Sträuchern zu je 4 Ruten
4X 100x200000 = 80 Millionen Stück auf den Hektar ergeben!
Bekämpfung: Siehe unten S. 283.
Abb . 1 40 A. Der kleine blaue Weidenblattkäfer Phyllodecta
vulgatissima L. Weidenzweig (a) mit Eiern, (b) mit Larven.
Käfer an Blättern resp. Fraßspuren c— f. — Aus Eckstein.
282 Coleoptera. — 6. Familienieihe : Phytophaga.
Die gelben Weidenblattkäfer.
' /;'/ Galeruca (Lochmaea) capreae L, und Galeruca (Galerucella) lineola Fb.
"'--' Die beiden gelben Weidenblattkäfer sehen sich ziemlich ähnlich, lassen sich aber an der
Form und der Behaarung unschwer voneinander unterscheiden. Capreae ist breiter, nach hinten
deutlich verbreitert, die Flügeldecken sind kahl, nur die Spitzen spärlich bewimpert, während
lineola länglicher, nach hinten kaum verbreitert ist. und die Flügeldecken dicht mit sehr kurzen
anliegenden Härchen seidenartig bekleidet sind. Die Färbung der beiden ist ziemlich variabel:
bei capreae sind Halsschild und Flügeldecken gewöhnlich schmutzig gelbbraun, bei lebenden
Abb, 140 B. Galemca capreae L. Larven- und Käferfraß an Salweide, Nat. Gr. Aus Eckstein.
Exemplaren lebhaft rostrot angelaufen, oder Halsschild und Flügeldecken sind lebhaft und ge-
sättigt rötlich - ockergelb , oder der Halsschild ist bräunlichgelb, in den Vertiefungen braun bis
schwarz, und auch die Flügeldecken mehr oder minder schwarz; — bei lineola sind Halsschild
und Flügeldecken gewöhnlich gelbbraun, ein Stirnmakel, ein Fleck auf dem Halsschild, das
Schildchen und die Schulterbeule schwarz oder angedunkelt.
Die Larve von capreae ist derjenigen von Melas. populi sehr ähnlich und nur ver-
schieden durch geringere Größe, etwas kürzere Beine, weiter voneinander entfernte Warzen und
Rückenschilder, welche auch kleiner sind. Auf dem sechsten Hinterleibsringe bleiben die Mittel-
platten noch un verschmolzen.
Blattkäfer an Weiden und Pappeln. 28'^
Vorkommen und Lebensweise. — Die beiden Arten sind über ganz
Europa verbreitet, Ihre Lieblingsfraßpflanzen sind der Reihenfolge nach:
Mandelweide (Salix triaiidra) , Hanfweide (S. viminalis) und Salweide
(S. caprea). Die Purpurweide scheint weniger beliebt zu sein, wenngleich sie
auch darauf gefunden werden. Außerdem kommen die beiden Arten auch noch
auf den verschiedenen Pappeln vor; capreae ferner auch auf Birke, lineola z.\x.<i^
auf Erle und Hasel.
Über die Lebensweise verdanken wir die einzigen genaueren Angaben
Krähe. Darnach überwintern die Käfer in der Bodendecke, aus der sie schon
im April aufsteigen. Sie befressen die erst fingerlangen Triebe und legen dann
nach vollzogener Begattung ihre Eier an die Unterseite der Blätter in Häufchen
von ungefähr 20 Stück ab. Nach i — 2 Wochen kriechen die braunschwarzen
Larven aus und fallen über die neu entstandenen Seitensprossen her, deren
Blätter sie von der Unterseite her skelettieren, und zwar gehen sie dabei — im
Gegensatz zu den blauen Weidenblattkäfern — zuerst die Triebspitzen und dann
erst die tiefersitzenden Blätter an (Abb. 1 40 B). Die reife Larve begibt sich in
den Boden zur Veipuppung. Die Entwicklung geht sehr rasch vor sich, so
daß (nach Krähe) in einem Jahr bis 4 Generationen entstehen können.
Forstliche Bedeutung. — Die gelben Weidenblattkäfer stehen den blauen
an Schädlichkeit kaum nach; ja, in manchen Gegenden scheinen sie den blauen
an Bedeutung noch überlegen zu sein. So nennt Krähe die beiden Galeruca-
Arten „die schlimmsten Feinde der Anlagen in der Roer-Würm-Niederung" ; sie
verheeren dort in manchen Jahren hunderte von Morgen Weidenheger und in
keinem Jahr ist die Gegend ganz frei von ihnen.
Bekämpfung: siehe unten.
Weitere gelegentlich häufig auftretende Weidenblattkäfer.
Neben diesen wichtigsten Weidenschädlingen, die die Weidenkulturen stets bedrohen,
treten zuweilen lokal noch verschiedene andere Arten in starker Vermehrung auf, so daß sie
schädlich werden können. Dahin gehören:
Verschiedene Cryptocei^halus-Krien, wie rufipes Goeze, octopundatus Scop., ocellatus Drap.,
Phytodecta viminalis L. (diese hat nach Nüßlin im Schwarzwald wiederholt Kahlfraß an
Salweide verübt), Melasoma viginti punctata L. (Abb. 137 D), lapponica L. (letztere wurde
von mir vor Jahren liei Regensburg auf einem Weidenbusch in Unzahl angetroffen). Außerdem
werden die Weiden mancherorts auch von kleinen, lebhaft goldig, grün oder blau gefärbten
Halticinen (Erdflöhen) heimgesucht, die bei massenhaftem Auftreten die Blätter siebartig durch-
löchern können. Es handelt sich dabei hauptsächlich um Vertreter der Untergattung Chalcoides
Foudr., und zwar um die Arten fulvicornis F. (Oberseite meist glänzend hellgrün mit bläu-
lichem Saum, oft auch goldgrün bis kupferbraun), aurata Marsh. (Halsschild goldig bis kupferrot,
Flügeldecken grün bis erzbraun) und nitidula L. (Halsschild goldig oder kupferrot. Flügeldecken
stumpf blau oder blaugrün).
Bekämpfung der Weidenblattkäfer.
Zur Bekämpfung der Weidenblattkäfer sind verschiedene Mittel empfohlen
worden :
I. Das Absammeln der Käfer. Dies kann geschehen mit Netzen
oder Streifsäcken oder durch Abklopfen in untergehaltene Gefäße mit be-
284
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
sonderen Apparaten, die eigens zu diesem Zweck konstruiert werden: wie
der „Kraheschen Käferfalle" oder dem „Königschen Insektenfangapparat".
Die Krahesche Falle (s. Bd. I, Fig. 221, S. 362) ist ein Schubkarren von
möglichst leichter Konstruktion. Die Radachse ist verstellbar, damit bei lockerem
Boden das tiefe Einsinken des Rades durch Höherstellen des Kastens ausgeglichen
werden kann. Das Bodenbrett des Karrens trägt einen Blechkasten von der
ungefähren Größe 10X75x32. Hinter dem Kasten befindet sich ein Holz-
gestell, welches einen verschiebbaren Bock trägt, auf welchem durch Flügelschraube
und Stifte zwei ebenfalls verstellbare 80 cm lange Arme befestigt sind, die an der
Innenseite starke Bürsten haben. Der Arbeiter schiebt den Karren, in dessen
Blechkasten eine Mischung von Petroleum mit Wasser sich befindet, durch die
Reihen vor sich hin, nachdem er die Bürsten so gestellt hat, daß die Ruten beider
Abb.
[41. König's eini ädriger Insektenfang- Apparat zum Fangen der Weidenblattkäfer.
Aus Krähe- König.
Reihen zur Mitte des Kastens geneigt werden. Die Käfer, die sich bei der
geringsten Erschütterung zu Boden fallen lassen, fallen in den Kasten und werden
durch das Petroleum getötet. Ebenso werden die Larven durch die scharfen
Bürsten erfaßt und in den Kasten geworfen.
Der Königsche Apparat (Abb. 141) stellt eine Verbesserung der Krahe-
schen Falle dar, die darauf beruht, daß der Fangkasten dem Rade vorausgeht
und ferner durch Verstellung dem Wachstum der Weiden folgen kann. Der
Apparat wird in verschiedenen Ausführungen hergestellt und ist zu beziehen
vom Erfinder Ökonomierat König, Ellingen, Mittel franken.
Weit einfacher und handlicher ist der erst vor kurzem konstruierte H änßler sehe
Apparat 1) (Abb. 142), der durch die Weidenreihen getragen wird und mit dem
nach den Mitteilungen von Losch (1922) sehr gute Erfolge erzielt werden. Die
') Zu beziehen bei G. H änßler in Plieningen bei Hohenheim (Württemberg).
Bekämpfung der Weiden-Blattkäfer.
285
Handhabung ist so einfach, daß eine Person in 2^2 bis 3 Stunden 1/3 ha be-
quem abfangen kann.
AI tum empfiehlt auf Grund seiner oben mitgeteilten Beobachtung über
die Überwinterung der blauen Blattkäfer künstliche Winterverstecke her-
zurichten und nach Eintritt der kalten Jahreszeit die dort angesammelten erstarrten
Käfer zu vernichten; ein Vorschlag, der die Probe der praktischen Anwendung
noch nicht bestanden hat.
2. Vernichtung der im Boden liegenden Puppen durch Überstauung
der Anlagen mit Wasser.
3. Ein empfehlenswertes Mittel ist Bespritzen der befallenen Weiden
mit einer Giftflüssigkeit. Gute Erfolge hat man mit Uraniagrün erzielt.
Abb. 142. Der Hänßlersche tragbare Weidenkäferfangapparat.
Zur Bereitung der Spritzblühe verrührt man erst 500 g gelöschten Kalk und
70 g Uraniagrün mit wenig Wasser zu einem dünnen Brei und verdünnt dann
allmählich unter Umrühren mit 100 1 Wasser. Zum Spritzen haben sich die
von Gebr. Holder- Metzingen hergestellten „Uraniaspritzen" besonders bewährt,
weil sie ein Rührwerk besitzen, das ein ungleiches Absetzen der Brühe verhindert.
Zweckmäßigerweise beginnt mari mit dem Spritzen zeitig im Frühjahre und
wiederholt es nach Bedarf. Da die Larven auf der Unterseite der Blätter sitzen,
so muß man darauf achten, daß auch die Unterseite von der Flüssigkeit getroffen
wird, resp. einen gleichmäßig feinen Überzug erhält. Auf den Morgen Weiden-
kultur braucht man für einmaliges Spritzen wenigstens 200 1 Spritzflüssig-
keit. (Lang.)
286
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
An Birken.
Von den an Birken vorkommenden Blattkäfern tritt bisweilen in bedenklicher
Massenvermehrung auf der oben schon besprochene gelbe Weidenblattkäfer,
Galeruca (Lochmaea) capreae L.
Ratzeburg (S. 244) beobachtete die Art im Harz in ungeheuerer Menge
an Birken. Der junge befallene Birkenort war hart mitgenommen, und an vielen
Stämmchen war nicht ein gesundes Blatt mehr. Viele gingen ganz ein, andere
kränkelten noch. 5 Jahre später sind an demselben Ort wieder eine Menge
Junger Birken durch die Käfer und Larven gänzlich zerstört worden. Das häufige
Vorkommen an Birken veranlaßte Ratzeburg, den Käfer als „Gelbbraunen
Birkenblattkäfer" zu bezeichnen.
Außerdem kommen bisweilen noch in auffallender Menge auf Birken vor:
Clytra quadripunctata L. (länglich walzenförmiger Körper von 8 — 11 mm
Länge, Flügeldecken orangegelb, je i Schulterpunkt und 2 Makeln, resp. eine
kurze Querbinde, schwarz [Abb. 137 B]); und Melasoma aenea L. (siehe unten
bei Erlenschädlingen).
An Erlen.
Der wichtigste Erlenschädling unter den Blattkäfern ist
Agelastica alni L. (Blauer ErlenblattkäferV
Imago: Der 5 — 6 mm lange Käfer ist an seiner nach hinten verbreiterten Gestalt, semer
stets tief stahlblauen Färbung und den, wie bei allen Galerucinen, nahe beisammenstehenden
Fühlern leicht zu erkennen (Abb. 137 L).
Puppe sehr weich, zart und hellgelb,
Larve von dem allgemeinen warzigen Typus der Chrysomelidenlarven, schwarz, ins Grün-
liche stechend, mit ziemlich starker Behaarung. Kopf ziemlich flach, mit etwas vertiefter
Stirn. Dicht hinter den kurzen Fühlern jederseits ein kleines Punktauge. Die drei die starken
Beine tragenden Brustringe sowohl, wie die Hinterleibsringe jeder mit einer sehr deutlichen Quer-
furche, vor und hinter welcher zwei glänzende, aus zwei länglichen Wärzchen bestehende, be-
haarte Querleisten erscheinen. Luftlöcher am Grunde von aus- und einziehbaren Kegelwarzen,
unter denen sich noch eine behaarte Warze befindet, so daß der Rand des Leibes von oben ge-
sehen wie gezähnt erscheint. Letzter Ring mit einer
grünen, den After umschließenden Haftscheibe. Länge
Dis 12 mm.
Vorkommen und Lebensweise. —
Der blaue Erlenblattkäfer ist über ganz Europa
verbreitet, überall sehr gemein. Die Haupt-
fraßpflanze ist die 'ExXq (Alnus giutinosüj incana
und auch die fremden Erlenarten), daneben
wird er bisweilen (wenigstens als Käfer) auch
auf Pappeln und Weiden angetroffen (Ratze-
burg S, 244).
Der Käfer überwintert in der Boden-
decke unter Moos und Laub und erscheint
im Frühjahr nach der Entwicklung des Laubes
auf den Blättern, um dort zu fressen (Löcher-
fraß) und sich zu begatten. Das befruchtete
l'^^SÄrseiinÄt: ? -h»"" -"^ ^'-k a», .0 daß die Flügel-
blattes. — Original (phot. Scheidterj. decken den Hinterleib nur unvollständig bedecken.
Blattkäfer an Erlen.
287
Es legt seine dottergelben ovalen Eier an die Unterseite der Blätter in Partien
von ca. 70 Stück, dicht aneinander gereiht, in einschichtigen Platten ab (Abb. 143).
Die Eiablage zieht sich über etwa 5 — 6 Wochen hin, in vi^elcher Zeit im ganzen
6—900 Eier produziert werden (Scheidter 190g). Nach dem erfüllten Fort-
pflanzungsgeschäft stirbt das $ ab. Je nach der Temperatur kommen nach
5 — 12 Tagen Eiruhe die jungen Larven aus. Zunächst benagen sie nur die
Epidermis oberflächlich, später, wenn sie größer sind, fressen sie das ganze
Parenchym heraus, die Blätter skelettierend.
Nach dem Ausschlüpfen bleibt zunächst die ganze Familie eng beisammen;
nachdem sie aber das i. Blatt abgefressen und ein anderes aufsuchen muß,
teilt sie sich in 2 — 3 Gruppen (Abb. 144). Im zweiten Stadium findet man nur
Abb. 144. Larven von Agelastica alni L. (Erlenblattkäfer), auf der Unterseite eines Erlenblattes
fressend. — Original (phot. Scheidter).
noch wenige Larven zusammen fressend, und im dritten fressen sie fast durchwegs
einzeln (Scheidter). Nur vor den Häutungen sammeln sie sich wieder zu
größeren oder kleineren Gruppen. Die Larve häutet sich 3 mal, und ist dann
jedesmal am ganzen Körper schön gelb; bald aber dunkeln die Warzen, der
Kopf usw. nach und in Kürze ist der ganze Körper der Larve wieder glänzend
tiefschwarz.
Da die Eiablage sich über mehrere Wochen hinzieht, so triflt man im
Sommer gleichzeitig die verschiedensten Stadien (junge und fast ausgewachsene
Larven) nebeneinander an. Ende Juli bis August gehen die ausgewachsenen
Larven, die nach Art der Spannerraupen kriechen, in die Erde und verwandeln
283 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
sich in ovalen Höhlen, dicht unter der Oberfläche des Bodens, zu zarten, hell-
gelben, oben steif behaarten Puppen, aus denen bereits einige Wochen später
die Imagines schlüpfen. Diese steigen nochmals zu den Blättern auf und fressen
an ihnen so lange, bis der Frost eintritt. Dann gehen sie wieder zu Boden,
um, ohne vorherige Begattung, in der Bodendecke unter Moos usw. zu über-
wintern. Es liegt also nur eine einjährige Generation vor.
Als natürliche Feinde kommen in Betracht: ein Histeride (Stutzkäfer)
Hisier helluo Truqui, der auf die Larve Jagd macht (Bickardt bei Scheidter);
ferner beobachtete Scheidter ständig 2 Arten kleiner Tachinen, die ihre Eier auf
die Larven ablegten. (Baer nennt als Tachine Meigenia bisignata Mg.) Die Eier
von Agelasiica werden nach den Beobachtungen des gleichen Autors von Blatt-
läusen bis zu 90 *^/o ausgesaugt und vernichtet.
Forstliche Bedeutung. — Agelasiica alni ist überall häufig und man
wird selten Erlen ohne ihre Fraßspuren finden. Bei älteren Erlenstämmen
und Büschen macht sich der Schaden eines starken Fraßes hauptsächlich in
Zuwachsverlust geltend, und vielleicht noch darin, daß die befallenen Pflanzen
für sekundäre Schädlinge empfänglicher gemacht werden. (Bei sehr starkem
Fraß suchen sich die Bäume durch Bildung von Ersatztrieben zu helfen, biingen
es aber häufig nur zu Halbtrieben oder einzelnen Blättern, wie Ratzeburg
W. n 250 abbildet.)
Betrifft der Befall junge Pflanzen in Saatbeeten und Kulturen, so kann
der Fraß das Absterben der Pflanzen bedeuten, zumal die Larven nach
völliger Skelettierung der Blätter auch die Rinde angreifen und diese in weiter
Ausdehnung abnagen. Eine größere forstliche Bedeutung erlangt die
Agelasiica also nur als Kulturschädling.
In der Literatur finden sich verschiedentlich Angaben über größere
Kalamitäten resp. Schäden in Pflanzgärten und Kulturen (Dohse 1885, Bock 1892,
Sedlaczek 1908). Auch Smits van Bürgst berichtet über großen Schaden
in Erlenkulturen in Holland (1908, S. 192).
Bekämpfung. — In weniger ernsten Fällen kann man durch Abklopfen
der Käfer auf Tücher oder Abfangen mittels Netz oder Schöpfer manches
erreichen. Bei ausgedehnterem Befall in Kuhuren empfiehlt sich Bespritzen mit
Uraniagrün oder mit i^/g — Seiger Tabakeytrakt- Lösung. Beete können durch
Gräben vor zuwandernden Käfern geschützt werden.
^y^^ Melasoma aenea L.
Außer der blauen Agelasiica triff^t man auf Erlen häufig noch einen anderen
Blattkäfer an, der durch seine schmälere, nach hinten wenig verbreiterte Gestalt,
seine meist metallisch grüne Färbung der Oberseite (es kommen allerdings auch
blaue und kupferrote Exemplare vor) und durch die an der Basis weiter ent-
lernten Fühler von der ersteren leicht zu unterscheiden ist: es ist dies Melasoma
aenea L. Er tritt im allgemeinen weit weniger zahlreich auf als der blaue Erlen-
blattkäfer, wenngleich auch er zuweilen zu starker Vermehrung gelangen kann.
Ratzeburg beobachtete einen Massenfraß im südlichen Harz, und Keller (1917)
berichtet ausführlich über ein Massenvorkommen in dem schweizerischen Kanton
Tessin. „Im Val Campo war ein Grauerlenbestand von ca. 20 ha so vollkommen
Blattkäfer an Erlen und Ulmen.
289
befressen, daß von den meisten Bäumen buchstäblich kein einziges grünes Blatt
mehr vorhanden war."
Die Lebensweise ist ganz ähnlich wie von Agelaslica alni: Eiablage auf
der Blattunterseite in kleineren oder größeren einschichtigen Eiplatten ; die Larven
benagen zuerst nur die Epidermis der Unterseite, dann skelettieren sie die
Blätter und fressen Löcher. Der Käfer benagt das Blatt gewöhnlich vom Rande
her, indem er die Einbuchtung zwischen zwei Blattzähnen vertieft und gegen die
Mittelrippe hin vordringt.
Als natürliche Feinde beobachtete Keller Syrphidenlarven, welche
die Käferlarven massenhaft verzehrten. „Die mit dem spitzen Vorderende umher-
tastenden Fliegenlarven leben unter den il/«?/a^öOTß-Larven, welche oft ganz harmlos
über den Körper ihres Feindes hinweglaufen; plötzlich werden sie erfaßt, auf
der Bauchseite zwischen Brust und Abdomen angebohrt, und unter eigentümlichen
Pumpbewegungen ihr Leibesinhalt ausgesogen."
Abb.
[45. Galeruca (Galerucella) luteola Müll. (Ulmenblattkäfer),
a Imago, b Larve, c Eihaufen. — Nach Glenn.
An Ulmen.
An Ulmen tritt eine Galeruca oft
Bäume entblätternd, nämUch
ungeheuerer Menge auf, die ganzen
' ,'■ Galeruca (Galerucella) luteola Müll.
Imago: Diese Art steht der oben genannten G. lincola F. sehr nahe, läßt sich aber von
ihr durch die schwarzen Stirntuberkeln und durch eine breite schwarze Längsbinde nahe am
Seitenrand der Flügeldecken leicht unterscheiden (Abb. 145). Die überwinternden Käfer be-
kommen meist eine viel dunklere Färbung, so daß die schwarzen Längsbinden sich kaum mehr
abheben.
Puppe: Die Puppe ist hellorange-gelb, mit stark gewölbtem Rücken, welcher mit Quei-
reihen kräftiger Härchen besetzt ist.
Larve: Die Larve (Abb. 145b) ist nach dem gewöhnlichen Chrysomeliden-Typus gebaut.
Sie ist bis zur zweiten Häutung schwarzbraun und bekommt nach dieser zwei gelbe Längsstriche
Escherich, Forstinsekten. II, Bd. "9
290
Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
auf dem Rücken und einen breiteren an jeder Seite. Vorderbrust mit einem doppelten Chitinschilde.
Die beiden anderen Brustringe, sowie die Hinterleibsringe mit drei Längsreihen querer Chitin-
schildchen, welche auf jedem Ringe wieder zwei Querreihen bilden, zu denen seitlich noch Haar-
wärzchen hinzutreten.
Eier: Orangegelb, spindelförmig, mit dem dickeren Ende an der Unterlage aufsitzend
(Abb. 145 c).
Vorkommen und Lebensweise. — Der Ulmenblattkäfer ist über den
größten Teil von Europa verbreitet; er findet sein Optimum jedoch in den süd-
licheren Teilen (Süddeutschland, Österreich, Frankreich, Italien). In den
dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts (1834) wurde er nach Nord-Amerika
verschleppt, wo er sich rasch akklimatisierte und zu einer schweren Kalamität
i
Abb. 146. Galeruca luteola Müll.
A Löcherfraß des Käfers, B Skelettfraß der Larven.
Nach Feit.
wurde, die heute noch anhält. — Die Fraßpflanze ist die Ulme {Ulmus cam-
pestns L. und effiisa W.).
Die Lebensweise wurde von amerikanischen Entomologen eingehend
studiert. Der Käfer überwintert in allen möglichen Schlupfwinkeln, in Rinden-
ritzen, in Spalten, in Zaunpfählen, Telegraphenstangen, in benachbarten Wohn-
häusern, besonders in den Dachböden usw. Nach Laubausbruch verlassen sie
ihre Winterverstecke, um in die Krone der Bäume zu fliegen und von Blättern zu
fressen (Löcherfraß) (Abb. 146 A). Nach der dort stattfindenden Copula legt das ?
ihre spindelförmigen gelben Eier|_in 2 — 3 dichten Reihen an die Unterseite der
Blätter (Abb. 145 c). Jedes Häufchen enthält ca. 10 — 25 oder mehr Eier. Zur
Blattkäfer an Ulmen. 2qi
gesamten Eiablage braucht das 2 2 — 3 Wochen. Die Gesamtzahl der Eier beträgt
600—700. — Nach 5—6 Tagen (bei kaltem Wetter i — 2 Wochen!) schlüpfen die
kleinen Larven aus, welche die Blätter skelettieren (Abb. 146 B) und sehr rasch
wachsen, so daß sie schon in 2 Wochen ausgewachsen sind. Die ausgewachsenen
Larven steigen am Stamm herab oder lassen sich einfach herabfallen, um sich
an seiner Basis zu verpuppen (in Rindenritzen, oder auch in Bodenspalten usw.).
Die Puppenruhe ist sehr kurz (5 — 6 Tage). Die Zahl der Generationen ist je
nach den klimatischen Verhältnissen verschieden. Nach Glenn macht der Käfer
in Ithaka (Nord- Amerika) gewöhnlich nur i Generation, nach Feit in Albany ge-
wöhnlich 2 — 3; nach Heeger können die Generationen sogar bis auf 4 steigen.
Als vermehrungshemmende Faktoren kommen folgende in Betracht:
Ein Pilz, Sporotrichum eniomophilum Peck. befällt die überwinternden Käfer. In ihren
Verstecken werden die Käfer auch von Kröten aufgesucht und stark dezimiert
(i Kröte verzehrte nach Feit in i Stunde 50 Käfer!). Zahlreiche Raubinsekten
machen auf die Käfer und ihre Larven Jagd, wie Laufkäfer, die Fliege Cyrtoneura
stabulans Fall., Wanzen u. a. — Der Hauptfeind aber scheint ein kleiner Eiparasit
(Schlupfwespe) zu sein, den Marchai in Frankreich entdeckte und der vielerorts
einen großen Prozentsatz der Eier abtötet: Tetrastichus xanthomelaenae Marchai.
Forstliche Bedeutung. — Der Ulmenblattkäfer kann sich zeitweise zu so
ungeheueren Massen vermehren, daß ausgedehnter Kahlfraß verursacht werden
kann. Es werden hauptsächlich Parkanlagen befallen. Größere Kalamitäten
werden berichtet aus der Umgebung von Wien (Leinweber, Heeger, Nörd-
linger), aus Genf (Davail), aus dem Rhonedelta (Nördlinger) und aus Astrachan
(Jakowlew). Verfasser selbst beobachtete einen völligen Kahlfraß an den uralten
Ulmen bei der Orangerie in Straßburg. Die Bäume sahen vollständig verdorrt
und abgestorben aus. Die überwinternden Käfer waren in centimeterdicken Schichten
am Grund der Stämme angesammelt. Doch im folgenden Jahr war der Fraß
so unbedeutend, daß man kaum mehr etwas davon merkte. — War es der Ei-
parasit, der so verheerend wirkte? Ich habe leider damals (1902) die Sache
nicht näher verfolgt.
Daß Parasiten bei der Niederhaltung der Vermehrung eine wesentliche
Rolle spielen, scheint daraus hervorzugehen, daß in Nord- Amerika, wohin der
Käfer ohne seine natürlichen Feinde eingeführt wurde, die bei uns nur sporadisch
auftretende Massen Vermehrung zu einer kontinuierlichen geworden ist. Dort
ist der Ulmenblattkäfer („elm leaf beetle") eine ständige schwere Kalamität.
Tausende der schönsten Ulmen in den Parks und Alleen sind durch die
immer wiederkehrenden Angriffe des Schädlings zum Absterben gebracht!
Große Summen Geldes werden dort alljährlich für die Bekämpfung ausgegeben.
Bekämpfung. — Bei uns ist eine Bekämpfung kaum notwendig, da die
Massenvermehrung meist nur von kurzer Dauer ist. Anders in Amerika, dort
ist eine energische Bekämpfung dringendes Gebot. Als wirksames Mittel hat
sich dort das Bespritzen der befallenen Bäume mit Bleiarsenat bewährt.
Die Bäume sollen womöglich zweimal bespritzt werden : zum erstenmal bei Laub-,
ausbrwch, um die Käfer noch vor der Eiablage zu töten, und sodann nochmals
19*
202 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
wenn die Larven fressen. Natürlich bedarf man zum Bespritzen der hohen
Bäume besonders kräftiger Spritzen, wie ich sie im I. Band, S. 356 beschrieben
habe. Der Erfolg des Spritzens ist ein durchschlagender, wie ich mich selbst in ver-
schiedenen amerikanischen Städten überzeugen konnte. In denjenigen Städten, in
denen gespritzt wurde, standen die Ulmen in schönstem Laub da, während in anderen
Städten, die das Spritzen unteriassen hatten, nur noch Baumruinen zu sehen waren.
Nächst dem Spritzen könnte man noch an eine Vernichtung der über-
winternden Käfer in ihren Verstecken denken. Davail hat vorgeschlagen,
den zur Verpuppung in den Boden gehenden Larven einen 20 cm breiten, auf
dem Boden um den Baum herum gelegten Ring von frischem Moose als be-
quemen ersten Schlupfwinkel darzubieten, und sie dann mit diesem zusammen
zu verbrennen. Er hat auch Versuche in dieser Richtung gemacht, die nicht
ohne Erfolg waren. Doch hat diese Methode den Nachteil, daß man wohl stets
nur eines Bruchteiles der Schädlinge habhaft werden wird.
In Amerika hat man in der letzten Zeit auch Versuche einer biologischen
Bekämpfung begonnen, indem man den Marchalschen Eiparasiten aus
Frankreich einzuführen unternahm. Wie weit diese Versuche gediehen sind und
ob sie zu einem greifbaren Resultat geführt haben, darüber ist mir zurzeit nichts
Näheres bekannt.
Anhang.
Beiläufig sei hier noch wegen seiner, von derjenigen der übrigen Blattkäfer abweichenden
Art der Eierablage erwähnt der Schneeball-Blattkäfer,
1/ /X' Galeruca (Galerucella) viburni Payk.,
ein der eben genauer beschriebenen Gal. bdeola Schrk. ähnlicher, brauner Käfer, der sich von
dieser Art durch den großen Kopf, den Mangel der schwarzen Doppelschwiele auf der Stirn,
die Abwesenheit der dunklen Längsbinde auf den Flügeldecken und deren dichte gelbe Behaarung
leicht unterscheiden läßt. Er lebt häufig auf Viburnum opuliis L. , V. lantana L. und im
Süden wohl auch auf dem immergrünen V. tinus L., wird in den Gärten mitunter durch seinen
Kahlfraß, infolgedessen sogar die jungen Triebe vertrocknen können, auftällig. Er legt seine Eier
zu 4 — 12 Stück in eigens dazu an den jungen Trieben bis auf das Mark genagte und mit Nage-
spänen verklebte Löcher, wo sie überwintern. Es sind bis vierundzwanzig solche Löcher in einer
Reihe beobachtet worden.
An Eiche.
Der wichtigste Eichenschädling unter den Blattkäfern ist
; /C-'f Haltica quercetorum Foudr. (Der Eichenerdfloh).
Imago: Der blau oder blaugrün gefärbte ca. 4 — 5 mm Käfer (Abb. 137 K) ist an den
Sprungbeinen, bezw. seinem Springvermögen leicht zu erkennen.
Larve von dem gewöhnlichen Habitus der warzigen Chrysomelidenlarven, schwärzlich,
mit glänzendem, grob punktiertem und dünn behaartem Kopfe und kurzen Fühlern. Vorderbrust
mit stärker chitinisiertem Schilde auf dem Rücken, Mittel- und Hinterbrust mit einer doppelten
Querreihe großer, hellere Haare tragender Warzen besetzt, jederseits über der Einlenkung der
starken Beine eine besonders große. Die Hinterleibsringe gleichfalls mit Warzenquerreihen, welche
auf den letzten schwächer werden. Länge ungefähr 5 — 7 mm.
Puppe gedrungen, schmutzig gelb, mit schwarzen Augen und zwei schwarzen Enddornen.
Vorkommen und Lebensweise. — Durch das ganze mittlere
Europa verbreitet, i) Die Hauptfraßpflanze ist Eiche, und zwar soll nach
^) In Schweden scheint H. quercetorum durch H. saliceti Weise vertreten zu sein
(Kemner 1919).
Blattkäfer an Eiche.
293
AI tum die Stieleiche bevorzugt werden. Gelegentlich kommt die Haltica als
Käfer auch an anderen Laubhölzern vor, wie an Erle, Hasel, Buche.
Der Käfer überwintert in der Bodendecke oder in Rindenritzen, erwacht
im Frühjahre beim Laubausbruche aus dem Winterschlaf, urd die Weibchen
legen dann nach der Begattung ihre Eierhaufen an die Unterseite der jungen
Blätter, welche alsbald von den
jungen Larven befressen wer-
den. Anfangs lassen diese die
Epidermis der Oberfläche noch
stehen (Abb. 147), in vor-
gerückterem Alter wird aber
auch sie zerstört, und es
bleiben dann nur noch die
Blattrippen übrig. Die skelet-
tierten Blätter bräunen und
kräuseln sich, so daß bei
starkem Fräße der Bestand das
Ansehen „eines durch die
Flammen eines Lauffeuers ver-
sengten Eichenortes" erhält.
Dieser Fraß dauert ungefähr
bis zum Juli, zu welcher Zeit
die erwachsenen Larven sich
in der Bodendecke oder in
Rindenritzen verpuppen und
nach etwa 14 Tagen die Käfer
liefern, welche nun vom August
bis zum Eintritt der Fröste das
Fraßgeschäft der Larven fort-
setzen und sich endlich in die
Winterverstecke zurückziehen.
Forstliche Bedeutung.
— In manchen Jahren und an
manchen Orten ist es zu
solchen Massenvermehrungen
gekommen, daß ausgedehnte
Bestände so stark befressen
wurden, daß sie wie verdorrt
aussahen. Kein Alter wird verschont: junge Saatpflanzen, Stangenhölzer und Alt-
hölzer werden befallen. Bedenklichen Schaden richtet der Erdfloh nur in Pflanz-
gärten an jungen Pflanzen an, die durch die völlige Beraubung des Blattgrüns
zum Absterben gebracht werden können. Größere Kalamitäten werden berichtet
von Kellner (1820), Taschenberg, Ratzeburg, Altum (1878) und Smits
van Bürgst (1908, S 196). Verfasser beobachtete einen starken Fraß an jungen
Saatpflanzen in Sachsen.
Abb. 147. Eichenblatt von Haltica quercetorum Foudr.
skelettiert. Verkleinert. — Phot. Scheidter.
2QA Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytopliaga.
Bekämpfung. — Eine Bekämpfung des Eichenerdfiohs wird nur beim Befall
junger Pflanzen, in Saat- und Pflanzgärten, notwendig werden. Die Bekämpfung
kann auf mechanischem oder chemischem Wege unternommen werden.
Die mechanische Bekämpfung besteht in einem Abfangen der Käfer mittels
„Teerschlitten" (siehe Bd. I, S. 379) oder „Klebefächern". Letztere be-
stellen aus größeren Pappstücken, die an einem Stiel befestigt und beiderseits
mit Leim bestrichen sind. Man geht mit diesen Fächern (in jeder Hand einen)
durch die Pflanzenreihen durch und hält sie so, daß die von den angestoßenen
Pflanzen abspringenden Erdflöhe an den Fächer gelangen, wo sie kleben bleiben.
Die chemische Bekämpfung besteht in einem mehrmaligen Bespritzen der
jungen Pflanzen mit Uraniagrün (siehe oben S. 285, bei Weiden-Blattkäfer). Diese
Bekämpfung ist vor allem da angezeigt, wo es sich um eingezäunte, dem Wild
unzugängliche Pflanzgärten handelt.
An Kiefern.
An Nadelholz sind Blattkäfer relativ selten. An der Kiefer kommen
einige Arten vor, die in forstlich beachtenswerter Weise auftreten können:
Cryptocephalus pini L. (Der gelbe Kiefernblattkäfer).
Imago: An der glänzend lehmgelben Färbung und der walzenförmigen Gestalt leicht
zu erkennen (siehe oben Abb. 137 C).
Larve: Über die Larve ist noch wenig bekannt. Die Cryptocephalus -l.a.iven sind da-
durch ausgezeichnet, daß sie in einem Larvensack stecken, der größtenteils aus dem eigenen
Kot aufgebaut wird. Schon um das frisch gelegte Ei wird eine Art Kotmantel gelegt, den die
ausschlüpfende Larve beibehält und ihrem "Wachstum entsprechend ausbaut und vergrößert. Der
Larvensack ist zylindrisch nach vorne etwas verengt und zeigt ziemlich regelmäßige Längsrippen
(Ros en hauer). Die Larve steckt in dem Sack, den Hinterleib gegen die Brust gekrümmt und
kann ihn nur bis zum i. Hinterleibsring verlassen. Kopf und das Chitinschild auf der Vorder-
brust sind dunkelbraun und glatt. Bei ihrem ruckweisen Fortkriechen trägt sie den Sack schräg
aufgerichtet mit sich herum.
Vorkommen und Lebensweise. — Über Europa verbreitet. Hauptfraß-
pfianze Kiefer [gemeine Kiefer, Seekiefer (Perris), Weymutskiefer (Nördlinger)];
doch auch an Fichte und Tanne gefunden.
Die Lebensweise ist noch wenig erforscht. Den Käfer findet man im
Spätsommer und Herbst (August bis Oktober), am häufigsten an schlecht-
wüchsigen 5 — 20jährigen Kiefern. Der Fraß betriftt fast ausschließlich die Unter-
seite der Nadeln, an welcher der Käfer 1 — 2 lange Rinnen ausfrißt. Bei der
geringsten Berührung lassen sich die Käfer herabfallen (daher auch die Bezeich-
nung „Fallkäfer"). Die Begattung findet im September (Rosenhauer) an den
Nadeln statt. Das Weibchen legt immer nur einzelne Eier ab, die eine Zeitlang
in den am hintersten Segment befindlichen Eindruck liegen und mit Kot bedeckt
werden (Scheidter). Über das weitere Schicksal der Eier (Ort der Eiablage usw.)
ist nichts Näheres bekannt, ebensowenig über die Entwicklung und den Fraß der
Larve. Nach Analogie mit anderen Cryptocephalinen dauert die Entwicklung
wahrscheinlich mehrere (2 — 3) Jahre.
Forstliche Bedeutung. — Der Fraß kann so überhand nehmen, daß die
befallenen Pflanzen bedenklich aussehen und die Nadeln sich bräunen. Über
Massenvorkommen berichtet Zimmer (1835), Perris (1857) und v. Panne-
witz (1852), Im letzteren Fall trat der Oyptocephaius im Gefolge von Luperus
tiriicola auf und setzte dessen Beschädigung fort. Er nagte „an den äußersten
Blattkäfer an Kiefer.
295
Spitzen im und am Quirl der Kiefern, veranlaßte das Rotwerden der Spitzen und
das Abfallen der Nadeln an diesen Stellen, sowie endlich eine bedeutende Harz-
ausschwitzung an den Knospen der Maitriebe". Auch in den Schleißheimer
Kiefernbeständen bei München, im Nürnberger Reichswald wurde Cryptocephalus
des öftern in großer Zahl beobachtet (von Scheidter). Eine bleibende Be-
schädigung oder ein Absterben nach Cryptocephalus-Yx2& ist aber bisher nicht
beobachtet.
Bekämpfung. — Eine Bekämpfung wird kaum notwendig werden. Der
einzige gangbare Weg (nach unseren heutigen geringen Kenntnissen) wäre das
Abfangen (Abklopfen in Tücher oder Schirme). Da sich jedoch der Käfer leicht
fallen läßt, so wird auf diese Weise nur ein kleiner Teil der vorhandenen Käfer
abgefangen werden können.
^/^i,Luperus pinicola Duft. (Der schwarzbraune Kiefernblattkäfer).
■^ Der zu den Galerucinen gehörende kleine (3— 4V2 mm) Käfer ist an seiner Färbung
( Halsschild, Beine und Fühler gelbrot, Flügeldecken schwarz) leicht zu erkennen (Abb. 137J).
Vorkommen und Lebensweise. — Ltiperus pi7iicola ist über ganz Mittel-
europa bis Schweden verbreitet. Seine Fraßpflanze ist die gemeine Kiefer
und die Weymutskiefer.
Auch von diesem Kiefernschädling ist die Lebensweise bisher nur sehr
ungenügend bekannt. Der Käfer erscheint viel früher als der vorherige; man
findet ihn von Ende Mai bis Ende Juli an den Nadeln und den jungen noch
nicht verhärteten Trieben fressend. An den ersteren frißt er unter-
seits Rinnen aus, ganz ähnlich wie Cryptocephalus^ so daß das Fraßbild der
beiden kaum zu unterscheiden ist
(Abb. 148). An der weichen
Rinde der jungen Triebe frißt er
größere oder kleinere Plätze, vor
allem unterhalb der Basis der
Nadeln, aus. Im August ver-
schwinden die Käfer meistens
wieder. Über die Larven-
entwicklung und den Larven-
fraß ist nichts Sicheres bekannt.
Die Angaben von T hier seh
(1829), daß die ?? die Knospen
mit Eiern belegen und die Larven
unter dem Schutze des austreten-
den Harzes die Knospen aus-
fressen, dürfte wohl auf Verwechs-
lung mit Wicklerraupen beruhen.
Nach Analogie mit anderen
Luperus - Kxi&a. ist vielmehr an-
zunehmen, daß das 9 seine Eier
in die Erde an Graspfianzen legt
und die Larven sich in die Erde
begeben, um an den Wurzeln der
Gräser zu fressen.
Forstliche Bedeutung.
— Der Luperus scheint schlecht- ^^b. 148. Rinnenfraß voniLuperus pinicola Dft.
wüchsige 10- bis 20jährige Nat. Gr. — Aus Koch (phot. Scheidter).
2q5 Coleoptera. — 6. Familienreihe: Phytophaga.
Kiefern zu bevorzugen. Hier kann er so zahlreich auftreten, daß seine Be-
schädigungen nicht ohne Einfluß auf das Befinden der befallenen Pflanzen bleiben.
Es werden sogar Fälle berichtet, in denen die Pflanzen eingingen (von Panne-
witz). In der Literatur werden mehrfach größere Kalamitäten erwähnt, so von
V. Pannewitz und Elias (im Regierungsbezirk Liegnitz), von Judeich (bei
Tharandt), und von AI tum. — Verfasser beobachtete den Käfer in den schlecht-
wüchsigen Kiefernkultuien bei Bodenwöhr in der Oberpfalz in solchen Mengen,
daß kein frischer Trieb zu finden war, der nicht die Fraßspuren des Käfers ge-
zeigt hätte. Nördlinger fand den Käfer an Weymutskiefern , deren hand-
langen Schossen und Nadeln stark benagt waren, so daß die Schossen durch
Harzaustritt litten und die Nadeln gerötet waren, als ob Feuer darüber ge-
gangen wäre.
Bekämpfung: Wie bei der vorigen Art.
Anhang.
Der Koloradokäfer.
Chrysomela (Doryphora, Leptinotarsa) decemlineata Say.
Wenn wir diesem nichtforstlichen amerikanischen Schädling hier einige Worte widmen, so
geschieht dies aus dem Grunde, weil der so gefürchtete Kartoffelfeind sich von Zeit zu Zeit
auch bei uns in Deutschland einstellt und weil es dann von größter Wichtigkeit ist, daß er
sofort erkannt und mit allen Mitteln bekämpft wird.
Zur rechtzeitigen Erkennung zu verhelfen, kann auch
der Forstmann in die Lage kommen.
Der 9 — ii mm lange Käfer (Abb. 149a) ist
in der Körpergestalt der Melasoma jwpuli L. recht
ähnlich. Er besitzt aber eine so charakteristische
Zeichnung, daß er mit keiner anderen bei uns vor-
kommenden Blattkäferart verwechselt werden kann.
Abb. 149. Der Coloradokäfer, Chryso- Die Grundfarbe ist strohgelb oder orangerötlich; auf
mela (Leptinotarsa) decemlineata Say. dem Halsschild und den Flügeldecken befindet sich
a Imago, b Larve, c Puppe. eine schwarze Zeichnung, von der die 10 schwarzen
Nach Chittenden. Längslinien auf den Flügeldecken besonders
charakteristisch sind.
Die Larve (Abb. 149b) ist nach dem Chrysomeliden-Typus gebaut, mit deutlich ab-
gesetztem Kopfe, allmählich an Breite zunehmenden Brustringen mit kräftigen Beinen und einem
hochgewölbten, nach hinten wieder zugespitzten, neungliederigen Hinterleib. Ihre Grundfarbe
ist in der Jugend ein dunkleres, im Alter ein helleres, mennigartiges Rot, von dem sich die stärker
chitinisierten Teile als schwarze Zeichnungen scharf absetzen. Schwarz sind der Kopf, die einzelnen
Beinglieder, auf der hinteren Hälfte der Vorderbrust ein queres, in der Mitte geteiltes Schild, jeder-
seits an der Mittel- und Hinterbrust über der Einlenkung der Beine, sowie auf den sieben ersten
Hinterleibsringen je zwei, an jeder Seite zwei übereinanderstehende Längsreihen bildende, flache
Warzen, von denen die obere die größere ist, auf der Oberseite des achten und neunten Hinter-
leibsringes ein kleines queres Schild. Neben dem After jederseits ein Nachschieber. Länge bis
12 mm.
Die Puppe ist einfach gelbrötlich mit schwärzlichem Dorn am letzten Leibesringe. Länge
9 — 10 mm. Sie befindet sich in der Erde.
Eine Verwechslung der Larve mit irgend einer einheimischen, auf dem Kartoffelkrauie
lebenden Larve ist völlig unmöglich, dagegen sind erfahrungsgemäß die ungemein zahlreichen
falschen Gerüchte über ein Auftreten des Coloradokäfers in Deutschland dadurch hervorgebracht
worden, daß man die auf dem Kartoffelkraute um die Mitte des Sommers sehr häufig vor-
kommenden, ebenfalls rotgelb und schwarz gezeichneten Puppen des siebenpunktigen Marien-
käferchens oder Herrgottsschafchens, Cocctnella Septem punctata L., für die Larve des Kolorado-
käfers gehalten hat. Indessen ist eine Verwechslung für den nur einigermaßen in der Entomo-
logie Bewanderten leicht zu vermeiden, da es sich hierbei um eine mit dem Hinterende an dem
Kartoffelblatte sitzende wirkliche Puppe handelt. Die allerdings in der P'orm eine gewisse
Ähnlichkeit mit einer Chrysomelidenlarve zeigende, auf dem Kartoffelkraute von Blattläusen
lebende, also nicht schädliche, sondern nützliche Marienkäferlarve kann für einen aufmerksamen
Koloradokäfer. 20 7
Beobachter gar nicht in Betracht kommen , da sie schiefergrau ist mit drei Paaren vereinzelt
stehender korallenroter Rückenflecke.
Die Eier des Koloradokäfers haben die Gestalt eines Langbleies und sind dottergelb.
Lebensweise. Die Käfer überwintern entweder in der Erde in ihrem Puppenlager
oder sonstwo in der Bodendecke. Das begattete Weibchen belegt im Frühjahr die Unterseite der
jungen Kartoffelblätter mit Paketen von 15 — 80 Stück aufrecht und dicht gedrängt nebeneinander
stehender Eier und verteilt diese Pakete, von dem ersten Orte der Eierablage geradlinig fort-
schreitend, auf eine ganze Anzahl verschiedener Kartofifelpflanzen. Im ganzen soll ein Weibchen
500 — 1000 Eier ablegen können. Käfer sowohl wie ausschlüpfende Larven zerfressen das
Kartoffelkraut. Die erwachsene Larve begibt sich in die Ackerkrume, wo sie in einer Tiefe von
4 — 15 cm sich in einer kleinen Erdhöhle verpuppt und in den Käfer verwandelt. Der Eizustand
dauert ungefähr 8, der Larvenzustand 20, die Puppenruhe 16 und das Käferleben bis zur neuen
Eiablage 14 Tage; es nimmt also rund gerechnet die einfache Generation 8 — 9 Wochen in An-
spruch. In Amerika tritt erfahrungsgemäß regelmäßig allährlich eine dreifache Generation auf,
wobei die Käfer der letzten den Boden gewöhnlich nicht mehr verlassen. Bei der etwas kürzeren
Vegetationsperiode der Kartoffeln in unseren Gegenden dürfte trotzdem mit Sicherheit immer auf
eine doppelte Generation zu rechnen sein.
Der Schaden des Koloradokäfers besteht in einer, und zwar bei wiederholtem Fräße oft
vollständigen Zerstörung des Kartoffelkrautes. Die häufig infolge des Fraßes auftretende völlige
Mißernte wird also nicht etwa, wie man im Publikum fälschlich oft annimmt, duich ein Zerfressen
der Kartoffelknollen, sondern dadurch hervorgebracht, daß die ihrer Assimilationsorgane beraubte
Kartoffelstaude ihre Knollen nicht ausbilden kann. Der Schaden ist ein so sehr beträchtlicher,
weil die Vermehrung des Käfers bei den mehrfachen Generationen innerhalb eines Sommers unter
der Einwirkung günstiger Verhältnisse (vor allem Fehlen der natürlichen Feinde) eine geradezu
kolossale ist, denn ein Weibchen, das im Frühjahre z. B, 700 Eier ablegte, kann in der zweiten
Generation schon über 200000, in der dritten schon über 80 Millionen Nachkommen haben.
Heimat und Verbreitung. Der Koloradokäfer, der seinen Namen von dem ameri-
kanischen Staate Kolorado trägt, ist daselbst und überhaupt in dem Gebiete des Feisengebirges
einheimisch, wo er auf einer unserer Kartoffel verwandten Nachtschattenart lebt. Als sein
Wohngebiet besiedelt und daselbst der Kartoffelbau eingeführt wurde, ging er plötzlich auf die
Kartoffelstaude über und rückte nun allmählich dem Kartoffelbau nachgehend weiter und ver-
breitete sich so beinahe über ganz Nordamerika,
Einschleppung in Deutschland. Der Koloradokäfer hat sich mehrmals in Deutschland
gezeigt. Zum erstenmal im Jahre 1877, wo er bei Mühlheim am Rhein und an der Grenze
des Königreiches Sachsen (bei Schildau) auftrat. Sodann wieder 10 Jahre später, 1887, bei
Torgau und bei Meppen in Ostfriesland. Endlich ist er wieder im Jahre 1914 erschienen, wo
er plötzlich in der Nähe von Hamburg, bei Stade, in großen Mengen aufgetreten ist. Zweifellos
beruhen alle diese Infektionen auf Einschleppungen und zwar sind wohl sicher die Käfer selbst
(nicht die Larven oder Eier) eingeführt worden. Trotz aller Einfuhrverbote und Untersuchung
ist es also nicht gelungen, die Einschleppung eines so auffallenden Insektes, wie es der Kartoffel-
käfer ist, zu verhindern (Reh 19 15).
Bekämpfung. — Sobald die Anwesenheit des amerikanischen Kartoffelkäfers festgestellt
ist, heißt es, mit allen Mitteln und so schnell als möglich ihn zu vernichten, damit er keine
Gelegenheit findet, sich hier weiter zu entwickeln und zu verbreiten und so zu einer furchtbaren
Geisel der deutschen Landwirtschaft zu werden.
Die Bekämpfung bei der letzten Infektion (1914) wurde von der Regierung sofort in Angriff
genommen und mit aller Energie durchgeführt, und zwar nach den Erfahrungen bei den früheren
EinschleppuDgen, die durch Prof. Gerstäcker so erfolgreich bekämpft wurden. Es sei hier der
Vorgang nach der Schilderung Rehs (19 15) wiedergegeben: Die Verseuchung erstreckte sich im
Ganzen auf ca. 3 ha. Die Bekämpfung bestand zunächst in der völligen Absperrung des befallenen
Gebietes, dann in Absuchen derKäfer undLarven durch Arbeiter und Soldaten, deren Zahl
allmählich bis auf 200 erhöht wurde. Die Käfer und Larven wurden in alten Konservenbüchsen
gesammelt und vernichtet oder konserviert. Hierbei stellte sich heraus, daß der von Käfer und
Larve ausgeschiedene Saft ätzend auf die Hände der Arbeiter wirkte, so daß sie anschwollen
und mit Salbe behandelt werden mußten. Später wurden zum Schutz Handschuhe angezogen.
Die Anzahl der gesammelten Insekten muß eine ganz gewaltige gewesen sein : an einem Vor-
mittag wurden „Zehntausende" abgesammelt, später wurde sogar von „tonnenweise gesammelten
Käfern" berichtet. Das abgesuchte Kartoffelkraut wurde abgemäht, in Kalkgruben eingeschüttet
und mit Rohbenzol übergössen. Die kahlen Felder wurden mit Kultivator 20 cm tief gelockert,
nochmals auf Insekten abgesucht und ebenfalls mit Rohbenzol (5 1 auf i qm) übergössen, von
dem in der ganzen Zeit etwa 50C00 1 verbraucht wurden. Alle befallenen Felder wurden außer-
dem mit einem je 25 cm breiten und tiefen Graben umzogen, dessen Sohle und Außenwand
ebenfalls mit Rohbenzol begossen wurden, um ein Abwandern der Käfer und Larven zu ver-
2qS Coleoptera. --6. Faniilienreihe:rPhytophaga.
hüten. Alle beim Arbeiten benützten Geräte, sowie die Stiefelsohlen der Arbeiter wurden vor
Verlassen der Arbeit desinfiziert. Nach Beendigung der ganzen Bekämpfung blieb ein Be-
obachtungskommando noch einige Zeit an Ort und Stelle.
Die Kosten der ganzen Bekämpfung beliefen sich auf etwa 60000 Goldmark.
In Amerika, wo es sich ja nicht um die Coupierung eines kleinen lokalen Anfanges,
sondern um die kontinuierliche Bekämpfung eines stets und überall vorhandenen Schädlings
handelt, wird der Koloradokäfer durch Bespritzen mit Bleiarseniat bekämpft und ziemlich
im Zaum gehalten.
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Familie Bruchidae (Lariidae).
Samenkäfer.
Die kleine Familie der Samenkäfer stellt den Übergang von den Phy-
tophagen zu den Rhynchophoren dar. Bisher wurde sie gewöhnlich zu
den letzteren gestellt und mit den Anthribiden vereinigt, denen sie habituell sehr
nahe stehen, auch in bezug auf die Larve. — Die nicht gekeulten Fühler, das
Vorhandensein der Nähte an Kopf und Vorderbrust weisen jedoch den Bruchiden
ihren Platz bei den Phytophagen an.
Von den Cerambyciden und Chrysomeliden unterscheiden sich die Bruchiden
durch den kleinen Kopf, die meist gesägten Fühler mit schwach entwickeltem,
nicht verdicktem Basalglied, konischem oder glockenförmigen Halsschild und die
breiten, das Pygidium nicht bedeckenden Flügeldecken. Der Körper ist stets
gedrungen gebaut, die Oberseite immer fein anliegend behaart.
Die Bruchiden sind auch biologisch dadurch scharf charakterisiert, daß
alle ihre Entwicklung im Innern von Samen durchmachen. Am
bekanntesten ist der in Erbsen sich entwickelnde und die Erbsenernten oft
schwer schädigende Erbsenkäfer Bruchis {Laria) pisorum L.
Forstlich ist nur eine Art nennenswert:
]fl^)^ Bruchus (Spermophagus) cisti F. (= villosus F.).
^ ' Ein kleiner, schwarzer, gleichmäßig fein behaarter Käfer, dessen Fühler nach der Spitze
zu gleichmäßig verdickt und etwas kürzer als der halbe Leib sind. Halsschild quer, ziemlich trapez-
förmig, mit abgerundeten Vorderwinkeln. Beine schwarz, Schenkel ungezahnt. Länge 2 — 2,5 mm.
Die Larve entwickelt sich in den Samen von Besenpfrienden und Akazien
und kann bei starkem Auftreten ausgedehnte Samenzerstörungen hervorrufen,
besonders in ersteren, wo er in manchen Jahren in so ungeheuren Mengen vor-
kommt, daß unter Hunderten kaum ein gesundes Körnchen aufgefunden
werden kann.
Die forstliche Bedeutung ist verschieden, je nachdem die Besenpfrieme
als ein den Kulturen schädliches Unkraut auftritt oder aber als Bodenschutz oder
Bodenbedeckung für Pflanzen dient: im ersteren Falle ist der Samenkäfer als
nützlich, im letzteren als schädlich zu betrachten. Letzteres gilt auch dort,
wo man Samen der Akazie, Robinia pseudacacia L. zum Zwecke der Pflanzen-
erziehung gewinnen will. (AI tum HL S. 164.)
TQQ Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rynchophora.
7. Familienreihe: Rynchophora.
Durch die nahtlose Verwachsung der Chitinplatten am Kopfe und Vorder-
brust den übrigen Coleopteren gegenüber gut abgegrenzt.
Kopf gewöhnlich mehr oder weniger rüsselförmig verlängert, Fühler meist gekniet,
nur bei einigen kleineren Gruppen nicht gekniet (wenn kein Rüssel vorhanden bezw. der Kopf
nur ganz wenig vorgezogen ist, so sind die Fühler stets gekniet und mit deuthch großer Keule
ausgestattet [Ipidae]). Tarsen 4 gliederig, das vorletzte Glied gewöhnlich zweilappig.
Auch die Larve fast aller Rynchophoren zeigt einen übereinstimmenden sehr charakte-
ristischen Habitus: bein- und augenlos, bauchwärts gekrümmt und meistens farblos (Abb. 150).
Die Rynchophoren schließen sich an die letzte Familie der Phytophagen, die Bruchiden,
die den Übergang zwischen beiden darstellen, an. Sie lassen sich in 5 Familien teilen:
I. Taster der Mittel- und Hinterkiefer (Unterlippe) fadenförmig, frei, Mittelkiefer
mit zwei Laden, Oberlippe vorhanden, wenn auch bisweilen nur sehr klein.
Fühler stets einfach, nicht gekniet (Abb. 15 lA). Rüssel meist kurz und
breit (Abb. 152A), oder wenn länger, gegen die Spitze deutlich verbreitert
(Abb. 152 B). In letzterem Fall auch das Pygidium stets bedeckt ... 2
— Taster der Mittel- und Hinterkiefer (Unterlippe) kurz kegelförmig, Mittelkiefer
mit nur einer Lade (Ausnahme Platypodidae), Oberlippe fehlt; Rüssel
entweder gut ausgebildet, mehr oder weniger langgestreckt (Abb. 151 B--D)
oder fast ganz fehlend, im letzten Falle stets die Fühler gekniet und mit
groP.er Keule (Abb. 1 5 1 E) 3
,s4f
t*W4iJ«
Abb. 150. Larve eines Rhynchophoren (von Otiorrhynchus niger L.). — Orig.
Pygidium frei, d. h. von den Flügeldecken nicht bedeckt, Rüssel nur sehr
kurz, meist sehr breit und flach ; Fühler nicht gekniet, ihr erstes Glied nicht
länger als das dritte, Keule nur lose gegliedert. Tarsen breit, das dritte
zweilappige Glied steckt im ebenfalls zweilappigen zweiten und ist daher
schwer zu sehen. Halsschild glockenförmig, d. h. nach vorne stark verengt
(Abb. 152 A) Anthribidae
Pygidium von den Flügeldecken bedeckt, Rüssel viel schmäler als der Kopf.
Die letzten Fühlerglieder allmählich breiter werdend, daher die Keule nur
wenig deutlich (Abb. 152 B) _• • Nemonychidae
Rüssel deutlich, mehr oder weniger lang gestreckt, Fühler gekniet oder
einfach (Rüsselkäfer) (Abb. 151 B—D) CurcuUonidae
Rüssel fast ganz fehlend, bezw. nur ganz schwach ausgebildet; Fühler kurz,
gedrängt, stets gekniet mit meist großer knöpf förmiger Keule (Abb. 151 E).
Tarsen ohne bürstenartige Sohle (Borkenkäfer) 4
Kopf schmäler als der Halsschild, geneigt. Seiten des Halsschildes ohne Aus-
randung für die Vorderschenkel. Diese auf der Unterseite ohne Zahn.
Tarsen nicht von auffallender Länge, erstes Tarsenglied nicht stark ver-
längert (Borkenkäfer) ♦ Ipidae
Kopf vorgestreckt, fast breiter als der Halsschild. Halsschildseiten mit
einem gebuchteten Ausschnitt für die Vorderschenkel. Diese breit, auf
der Unterseite mit einem winkligen Zahn. Tarsen sehr dünn und lang,
erstes Tarsenglied so lang als die übrigen zusammen Platypodidae
I. Familie Anthribidae.
Familie Nemonychidae.
301
1. Familie Anthribidae.
Die Anthribiden besitzen meist nur einen sehr kurzen, flachen und breiten Rüssel und
nicht gekniete Fühler. Sie wurden früher mit den jetzt zu den Phytophagen gestellten Bruchiden
(Lariiden), mit denen sie manche Ähnlichkeiten haben, zu einer Familie vereinigt; doch lassen
sie sich durch die Verwachsung der Kopfnähte, die Bildung der Klauen und die deutlich ge-
keulten Fühler leicht von ihnen unterscheiden.
Biologisch verhalten sie sich im Gegensatz zu den Bruchiden recht
mannigfaltig: die meisten leben in abgestorbenem Holz, in dem sie ihre Ent-
wicklung durchmachen, andere leben in Samenkapseln und einige sind carnivor
und entwickeln sich parasitisch in Schildläusen. Nur die letzteren, die der
Gattung Anihribus angehören, haben forstentomologisches Interesse.
III
II
Gattung Anthribus Geoflfr.
Die Gattung ist ausgezeichnet durch
ihren gedrungenen, stumpf eiförmigen Körper
(Abb. 152 A) mit dreieckigem, flach gedrücktem
Kopfe, an dem die Augen den Vorderrand des
Thorax berühren. Die elf gliederigen Fühler
haben am Ende eine aus drei großen, dicht
aneinander gelegten Gliedern bestehende Keule.
Thora.x quer viereckig, am Grunde zweimal
ausgebuchtet. A^orderhüften klein und fast zu-
sammenstoßend. Larve ohne Beinrudimente.
Hier kommen zwei Arten in Betracht:
"^ Q A. varius F. (= variegatiis Geoffr., nehu-
" losus Küst.). Käfer schwarz, dicht
punktiert, unten dichter, oben sparsamer,
fein gelbgrau behaart. Flügeldecken tief
punktiert gestreift und mit grauen
Makeln gesprenkelt. Länge 2,5 — 4 mm
(Abb. 152 A).
P^ A. fasciatus Forst, {seabrosus F.) Käfer
^ schwarz. Flügeldecken punktiert ge-
streift, rot, die Zwischenräume der
Punktstreifen erhaben und abwechselnd
rot und schwarz gewürfelt. Länge
3—4 mm.
Die Larven dieser beiden Arten
fressen sich in die seßhaften weiblichen
Schildläuse ein^ nähren sich von den
Eiern und verpuppen sich auch da.
A. varius scheint monophag zu sein
und nur in der Fichtenquirlschildlaus
(Lecanium race?nosum Rtzb.^ zu leben. Er
kommt stellenweise so häufig vor, daß ein großer Prozentsatz der Läuse von ihm
befallen ist. — A. fasciatus wurde dagegen aus verschiedenen Schidlausarten auf
Laubholz gezogen: so aus Lecanium aceris Bouche auf Bergahorn und Lee. carpini
L. auf Hainbuche.
Durch die Vertilgung der Schildläuse werden die genannten Anthribus-
Arten forstlich nützlich.
Abb. 151. Köpfe (I), Hinterkiefer (II) und
Mittelkieferhälfte(III) von A Anthribus varius F.,
B Attelabus curculionoides L., C Rhynchites
betulae L., D Pissodes pini L., E Ips typo-
graphus L. — N.
2. Familie Nemonychidae.
Von der kleinen nur wenige Arten enthaltenden Familie ist nur eine Art hier kurz zu
erwähnen :
302
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
Bhinomacer attelahoides F. (Abb. 152 B) länglich, Oberseite dicht gelb oder grau behaait,
Fühler und Beine gelb, Tarsen schwärzlich, Rüssel länger als der Kopf, an der Spitze ver-
breitert. Halsschild so breit als lang, oder etwas länger, schmäler als die Flügeldecken,
Fühler im vorderen Drittel des Rüssels eingelenkt, lang und schlank. Länge S^/j— 5 nim.
A B
Abb. 152. A Anthribus varius F, B Rhinomacer attelaboides F.
Original.
Die über ganz Europa verbreitete Art wird besonders an blühenden Nadelbäumen
angetroffen. Der Käfer benagt die männlichen Blütenknospen der Kiefer, die Larve
entwickelt sich in den Blütenkätzchen.
3. Familie Curculionidae.
Rüsselkäfer.
Das Hauptmerkmal der Curculioniden ist die meist sehr deutliche rüsself örmige Ver-
längerung des Kopfes. Der Rüssel kann von sehr verschiedener P'orm und Länge sein,
bei den einen Arten ist er kurz und nicht oder nur wenig schmäler als der Kopf, bei den
anderen ist er ganz schmal und dünn und viel länger als der Kopf, ja mitunter sogar länger
als der ganze Körper. An der Spitze des Rüssels befinden sich die Mundwerkzeuge, von denen
gewöhnlich nur die Mandibeln deutlich wahrnehmbar sind. Die Taster der Mittel- und Hinter-
kiefern sind nur sehr kurz und kegelförmig (Abb. 151 B — D) und daher schwer sichtbar. Fühler
meist IG — I2gliedrig, gewöhnlich mit stark verlängertem ersten Glied (gekniet) und verdickten
Endgliedern (Keule). Die Fühler sind meist in mehr oder minder verlängerten oder rundlichen
Vertiefungen, die sogenannten „Fühlerfurchen" (Abb. 158) oder „Fühlergruben^', die sich
systematisch gut verwerten lassen, eingelenkt. Flügel fehlend oder vorhanden, die meist ge-
rundeten und sehr harten Flügeldecken umschJießen den Körper ganz oder lassen das Pygidium
frei; sie sind fast ausnahmslos gestreift und punktiert, seltener mit unregelmäßiger Skulptur. Oft
sind sie mit dichtem Schuppenkleid bedeckt. Beine kräftig, in einzelnen Fällen die Hinterbeine
als Sprungbeine ausgebildet. Tarsen viergliedrig (bezw. kryptotetramer, da das 4. Glied meist
wohl noch vorhanden, jedoch nur noch als winziges Rudiment zwischen den Klauen und dem
gelappten 3. Glied und daher selten zu sehen ist). Häufig finden sich dornartige oder scharfe
zahnförmige Bewehrungen an den Schenkeln oder Schienen.
Die Larven der Rüsselkäfer entsprechen dem allgemeinen Rynchophoren-Typus : sie sind
meist beinlos, zum Teil mit lokomotorischen Wülsten oder Falten versehen, stets bauchwärts ge-
krümmt, meist weißlich gefärbt, weich, kahl oder nur mit wenigen Haaren besetzt; Schädelkapstl
stark chitinisiert, Mandibeln kräftig, Ocellen fehlen meist ganz (Abb. 150).
In der Lebensweise stimmen sämtliche Curculioniden darin überein, daß
sie phytophag sind, sowohl als Larven wie auch als Iraagines. In den Einzel-
heiten herrschen allerdings reichliche Unterschiede: die einen leben von Blättern
Curculionidae. — Rhynchitinae. iq^
oder Blüten, die anderen von Rinde und Holz, wieder andere von Wurzeln usw.
Viele sind auf ganz bestimmte Pflanzen und Pflanzenteile angewiesen, also
streng monophag, andere polyphag. Die Entwicklung der Larve geht meist rasch
vor sich; die Generation ist in der Regel einjährig, doch kommt auch zwei-
jährige Generationsdauer vor, die jedoch gewöhnlich auf das langsame Reifen der
Jungkäfer oder eine längere Larvenruhe zurückzuführen ist. Manche Rüsselkäfer
sind langlebig und können 3 Jahre alt werden und ebenso lang fortpflanzungs-
bereit sein.
Die Eier werden gewöhnlich in das Pflanzengewebe versenkt und
zwar in der Weise, daß das $ zuerst mit dem Rüssel ein Loch in die Pflanze
nagt, dann sich herumdreht^ ein oder mehrere Eier in das Loch legt, sich dann
wieder herumdreht, um endlich mit dem Rüssel die Eier tief in das Loch
hineinzuschieben. Niemals dringt die Mutter zur Eiablage selbst in das
Pflanzengewebe ein, wie es die Borkenkäferweibchen machen. In manchen
Fällen kommt auch weitgehende Brutpflege vor, indem das Weibchen das
Pflanzengewebe durch Annagen in einen welken Zustand versetzt, der den aus-
kommenden Larven besonders zusagt.
Forstlich spielen die Rüsselkäfer eine hervorragende Rolle; sie
gehören neben den Borken- und Maikäfern zu den forstlich wichtigsten Familien
der Coleopteren. Von der ungeheuren Zahl der Rüsselkäfer- Arten sind zwar
verhältnismäßig nur wenige forstschädlich, doch unter diesen sind einige von
höchster Gefährlichkeit für den Wald.
Systematisch können wir die Curculioniden in zwei Abteilungen einteilen,
die Orthoceri und Gonatoceri:
Fühler nicht gekniet, i. Glied niemals so lang als die übrigen Glieder zusammen
(Abb. 151 B u. C) I. Abteilung Orthoceri
Fühler gekniet, d. h. das i. GUed stark verlängert zum Schaft; die Geißel
am Schaft winklig abgebogen, letzterer oft so lang als die ganze Geißel
(Abb. 151 D) II. Abteilung Qonatoceri
I. Abteilung: Orthoceri.
Die Oi'ihoceri spielen forstlich verhältnismäßig nur eine wenig
bedeutende Rolle und treten in dieser Hinsicht gegenüber den Gonatoceri weit
zurück. Sie lassen sich in zwei Unter familien einteilen:
Pygidium gewöhnlich ganz oder wenigstens teilweise frei, d. h. von den Flügel-
decken nicht bedeckt. Meist größere Formen (4 — 9 mm); Körper oft
metallisch gefärbt Ehyiichitinae
Pygidium von den Flügeldeclien vollkommen bedeckt. Rüssel meist lang und
dünn, oft gegen die Spitze zu verjüngt. Kleine Foimen (2 — 3'/2 rnm) • Apio)iinae
Unterfamilie Rynchitinae.
Blattroller.
Die Rhynchitinae stellen biologisch eine außerordentlich interessante Rüssel-
käfergruppe dar, besonders wegen ihrer Brutpflege. Diese besteht in der Haupt-
sache darin, daß das $ das Pflanzengewebe, in welches es das Ei unterbringt,
in einen welken, den auskommenden Larven zusagenden Zustand versetzt. Im
einzelnen verhalten sich die verschiedenen Arten darin sehr verschieden. Nach
Was mann können wir nach der Art, wie jene Vorsorge für die Brut ausgeübt
wird, 5 biologische Gruppen unterscheiden:
304
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rynchophora.
1. Die Fruchtbohrer legen ihre Eier in junge Früchte, deren Stiel sie
anschneiden, damit die Frucht bald abfalle, z. B. Rhynchites Bacchus L., der
Apfelbohrer.
2. Die Holzbohrer legen ihre Eier in holzige Zweige, von deren Mark
wahrscheinlich die Larve lebt, z. B. Rhynchites pubescens Fabr. an Eiche (forstlich
ohne Bedeutung).
3. Die Triebbohrer legen ihre Eier in junge Triebe, welche sie an-
schneiden, damit sie welken und abfallen, z. B. Rhynchites conicus 111. an Stein-
und Kernfruchtbäumen.
4. Die Blattstecher legen ihre Eier in ein Bohrloch am Grunde der
Mittelrippe eines Blattes, welches infolgedessen vertrocknet und abfällt. Hierher
gehört z. B. Rhynchites alliariae Seidl. an Obstbäumen.
A BGB
Abb. 153. Verschiedene Rhynchitinen (Blattroller). A Apoderus coryU L , B Attelabus cur-
culionoides L.. C Rhynchites (Deporaus) betulae L., D Byctiscus betuleti F. — Original.
5. Die Blattwickler oder -roller, welche ihre Eier in künstlich
zusammengewickelte Blätter legen, die alsdann vertrocknen und mit ihrer Blatt-
substanz den Larven zur Nahrung dienen.
Forstlich sind nur die letzteren, die Blattwickler oder -roller
beachtenswert, da durch sie mitunter ausgedehnte Blätterzerstörungen verursacht
werden, i) Die übrigen Gruppen kommen forstlich nicht in Betracht, wenn auch
einige Arten davon bisweilen in Forstgewächsen vorkommen; eine um so größere
Rolle aber spielen sie in der Landwirtschaft, speziell im Obstbau, wo sie zum
Teile größere Ernteverluste herbeiführen können.
Zu den forstlich beachtenswerten Blattrollern gehören hauptsächlich
folgende Arten:
I. Kopf hinter den Augen stark halsförmig verengt und verlängert, hinten sehr
tief eingeschnürt, mit dem Halsschild stielartig verbunden. Flügeldecken rot,
ebenso der hintere Teil des Halsschildes. Flügeldecken kurz, parallel mit »
stark hervorragenden Schultern. Rüssel sehr stark und breit. 5V2— ^ mm
(Abb. 153 A) Apoderus corijli L.
'■) Außer durch die „Wickel" machen sich die Blattroller auch noch durch ihren Er-
nährungs-(= Reif ungs-)f raß an den Blättern bemerkbar, in die sie längere oder kürzere
schmale Furchen nagen (s. Abb. 154).
CurcLilionidae. — Rhynchitinae.
305
— Kopf hinter den Augen nicht halsartig verengt, nicht oder nur wenig verlängert 2
2. Vorderschienen am Innenrand gekörnt oder gezähnelt. Körper kurz gebaut,
stark gewölbt, kahl, Halsschild und Flügeldecken blutrot. Rüssel sehr kurz
und breit, etwas kürzer als der Kopf. Länge 4 — 6 mm (Abb. 153 B)
Attelabus citrculmiides L.
— Vorderschienen einfach, nicht gezähnelt. Rüssel länger und dünner, meist
deutlich länger als der Kopf. Flügeldecken schwarz, blau, grün oder kupferig 3
3. Flügeldecken schwarz, sehr fein behaart, die Hinterschenkel beim (^ verdickt,
Länge 2'/, — 4 mni (Abb. 153 C) Eliijnchites (Dejjotrms) betulae L.
— Flügeldecken blau, grünrot kupferig 4
4. Oberseite vollkommen kahl, grün, erzfarbig, kupferig oder golden, Unterseite
blau. Länge 4'/o — 6 mm Rhyncliites (Byctiscus) populi L.
— Ober- und Unterseite gleich gefärbt, blau oder grün golden. Spitze der Flügel-
decken mit sehr feiner, flaumaitiger heller Behaarung, die nur im Profil
sichtbar ist. Länge 5V2— 9''2 "ii" (Abb. 153 D) . Rhynchites (Byctiscus) betuleti F.
Wenn auch alle Blattroller darin übereinstimmen, daß sie ihre Eier in
zusammengerollte Blätter legen, so ist doch die Art, wie sie ihre Blätter
rollen, recht verschieden. Wir können darnach zwei Gruppen unter-
scheiden: nämlich i. Blattroller, die das Blatt nicht anschneiden und
sodann 2. Blattroller, die vor dem Rollen einen Blattschnitt ausführen.
1. Blattroller ohne Blattschnitt.
Die hierher gehörenden Käfer nagen zurächst den Trieb, welcher die
zum Wickeln bestimmten Blätter trägt, an und rollen dann, ohne die Blattfläche
selbst anzuschneiden, ein oder mehrere Blätter zu einer länglichen hängenden
Rolle zusammen, die sich rasch bräunt. In der Rolle sind die Eier unter-
gebracht und in ihr geht auch die ganze Larvenentwicklung vor sich.
Als forstlich beachtenswerte Vertreter dieser Gruppe sind zu nennen:
' Rhynchites (Byctiscus) betuleti F., dtr meist mehrere Blätter zu einem
Wickel zusammenrollt und an allen
möglichen Laubholzpflanzen (Weide,
Pappel, Ulme, Birke, Obstbäume, Rebe
usw.) vorkommt. Schädlich wird er
besonders im Weinbau, wo er als
„Rebstecher" oder „Rebstichler"
allgemein bekannt ist. Er kann da
so überhand nehmen, daß mehr Wickel
als gesunde Blätter an den Reb-
stöcken vorhanden sind und ein großer
Ernteausfall entsteht (Stellwaag
19 18). Der Käfer fliegt von Mai bis
Juli. Die Larven verlassen erwachsen
die Wickel und verpuppen sich in
einer kleinen Erdhöhle. Die fertigen
Käfer erscheinen teils noch in dem-
selben Herbst und überwintern dann
frei, teils verlassen sie die Erde erst
im nächsten Frühjahr.
Das beste Bekämpfungs-
mittel ist Absammeln der Käfer
und Wickel, das leicht zu bewerk-
stelligen ist und von Schulkindern
ausgeführt werden kann.
Escherich, Forstinsekten. IL Bd.
Abb. 154. Blattwickel ohne Blattschnitt von
Rhynchites (Byctiscus) betuleti Y. („Rebstichler")
an Aspe. Auf dem Blatt rechts ist der Reifungs-
fraß des Käfers zu^sehen. — Phot. Scheidter.
20
,Q^ Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rynchophora.
/ Hi Rhynchiles (Byctiscus) populi L. lebt vorzugsweise auf Aspen und ver-
wendet zu seiner Rolle gewöhnlich nur ein Blatt.
2. Blattroller mit Blattschnitt.
Diese Tiere verwenden stets nur den Endabschnitt eines Blattes zur Her-
stellung ihres Wickels, nachdem sie denselben vorher durch einen Einschnitt von
dem Basalstücke teilweise abgetrennt haben.
a) Mit einseitigem Schnitt.
Im einfachsten Falle wird von einer Seite her der Einschnitt bis über
die Mitte weggeführt, so daß die Verbindung zwischen Blattbasis und Wickel
durch den stehen gebliebenen Randteil der Blattfiäche vermittelt wird, während
die Mittelrippe durchgetrennt ist (Abb. 155 A).
Die (in Mitteleuropa) so arbeitenden Arten sind:
Apoderus coryli L. Am häufigsten finden sich die an der Durchschneidung
der Mittelrippe leicht erkenntlichen Rollen an der Hasel, doch kommen sie
.1 B
Abb. 155, A BlattrolJe (Hasel) mit einfachem Schnitt, angefertigt von Apoderus coryli L. (N.),
B Blattrollen (Eiche) mit zweiseitigem Blattschnitt, angefertigt von Attelabus curculionoides L.
Phot. Scheidter.
auch an Erlen, Buchen, Hainbuchen, Eichen und Birken vor (Ratzeburg,
Wasmann). Die gesamte Entwicklung geht in dem Wickel selbst vor sich und dauert
nur zwei Monate, so daß die Generation eine höchstens einjährige zu sein scheint.
Unter günstigeren Bedingungen kann wohl auch eine doppelte Generation vorkommen.
J\U( Rhynchites (Deporaus) tristis F. Eine kleine Art von 3,5-4 mm Länge
und tiefdunkelblauer Farbe, die erst kürzlich von Scheidter (1923) in die Forst-
entomologie eingeführt wurde. Bezüglich der Art des Wickels steht sie dem
vorigen nahe, sie scheint jedoch die Wickel ausschließlich aus den Blättern des
Bergahorns {Acer pseudoplatanus) herzustellen. Die Wickel sind meist so lang
wie die vom Rebstecher {Rh. betuleti), jedoch nicht so stark, da nur i Blatt ver-
wendet wird. In jedem Wickel werden 2 — 3 Eier lose untergebracht. Deporaus
Curculionidae. — Rhynchitinae.
307
iristis scheint ein ausgesprochener Bewohner des Gebirges, besonders des Hoch-
gebirges zu sein; in den bayerischen Alpen ist er überall heimisch. Auch im
Spessart wurde er von Scheidter gefunden.
b) Mit doppelseitigem Schnitt.
Die übrigen Blattwickler mit Blattschnitt schneiden von beiden Seiten
gegen die unverletzt bleibende Mittelrippe zu, und der Wickel bleibt also mit
der Blattbasis durch die Mittelrippe verbunden. Die aus dem abgetrennten
Blattstück gemachten Wickel können aber wieder nach zwei verschiedenen Rich-
tungen konstruiert sein:
T^'''^7Attelabus curculionoides L. macht kurze zylindrische Röllchen (Abb. 155 B),
welche so gefertigt sind, daß die zu einer Spirale gebogene Mittelrippe den Rand
der die obere Begrenzung der Rolle bildenden Kreisfläche einnimmt. Der hierzu
ausgeführte Schnitt ist ganz einfach, gerade. Nie werden mehrere Röllchen aus
einem Blatt gefertigt. Am häufigsten werden Eichenblätter gewickelt, und zwar
auf jungen Eichennieder- und Mittelwaldschlägen oft so gemein, daß manchmal
Abb. 156 A. Tätigkeit von Rhynchites betulae L. a Kunstvoll von beiden Seiten eingeschnittenes
Birkenblatt; b fertiggestellter Wickel; c schematische Darstellung des Schnittes und der Aufrollung
nach Debey. — N.
an einer Pflanze fast kein Blatt ungewickelt bleibt. Im Süden, oder auch bei
uns in Gärten, z. B, im Tharandter Forstgarten, werden häufig Blätter der echten
Kastanie benützt. Auch an Erlen hat Nitsche solche Röllchen beobachtet. Die
Larven entwickeln sich nach Wasmann viel langsamer als die von Apoderus, über-
wintern im Wickel und gehen erst im nächsten Frühjahre zu einer kurzen
Puppenruhe in die Erde. Ihre Generation ist also einjährig.
Rhynchites betulae L. macht dagegen kegelförmige, an ihrem dicken
Ende wie eine Papiertüte zugebogene Wickel, welche mit ihrer Spitze der stehen-
gebliebenen Blattbasis anhängen, bei denen also die Mittelrippe völlig gestreckt
im Innern der Tüte liegt (Abb. 156 A, b). Die beiden zur Abtrennung der Wickel-
fläche gemachten Einschnitte sind ferner sehr kompliziert und treten an die
Mittelrippe in verschiedener Höhe heran (Abb. 156 A,a). Der in der rechten
Blatlhälfte befindliche beginnt in Form eines aufrechtstehenden S näher am
20*
3o8
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
Blattstiel und tritt ziemlich tief an die Mittelrippe heran, während in der linken
Blatthälfte der Einschnitt einem liegenden S — w — ähnelt und höher an die
Mittelrippe herantritt.
In einer schönen Arbeit haben nun Debey und Heis nachgewiesen, daß diese An-
bringung der Schnitte die für die Ausführung der Arbeit vorteilhafteste ist. Da die Schnitte
Abb, 156 B. Zweigstück, an dem jedes Blatt von Rhynchites betulae L. gewickelt ist.
Phot. Scheidter.
nicht an denselben Punkt der Mittelrippe herantreten, so ist die Verbindung von Tüte und
Blattbasis eine sehr feste, andererseits bietet aber die Form der abgetrennten Blatthälften
auch vom mathematischen Standpunkt aus betrachtet beim Wickeln größere Vorteile, als wenn
die Einschnitte einfachere Kurven wären. Ja es läßt sich sogar nachweisen, daß der rechts-
seitige S-förmige Einschnitt im bestimmten geometrischen Verhältnisse zu dem rechtsseitigen
Blattrande steht, wenn man von dessen Zähnelung absieht (Abb. 156A, c). Man kann nämlich
die untere Hälfte des stehenden S auffassen als Teil eines Kreises, der zu dem äußeren Blatt-
Curculionidae. — Rhynchitinae.
309
rande nach der von Huygens aufgestellten Evolventen theorie im Verhältnisse von Evolute zu
Evolvente steht. Der Käfer löst also praktisch eine höchst schwierige, mathematische Aufgabe,
nämlich die Evolute aus der Evolvente zu konstruieren.
Das Geschäft des Aufrolleus beginnt auf der rechten Blatthälfte, um welche
dann gewissermaßen als Decke die linke Blatthälfte äußerlich herumgewickelt
wird. Nachdem das $ zwei bis vier Eier in kleine, besonders hierzu zwischen
Oberhaut und Mark des Blattes ausgenagte Taschen gelegt hat, schließt es die
Tüte am unteren Ende.
Das ganze komplizierte Werk erfordert ungefähr eine Stunde. Die aus den
bald nach Belaubung der Birken abgelegten Eiern ausschlüpfenden Larven sind
nach zwei bis drei Monaten ausgewachsen, fressen sich durch den Wickel durch,
fallen zu Boden, bauen sich hier eine kugelige, innen geglättete Höhle, in der
sie sich im Heibste verpuppen. Der Käfer schlüpft im nächsten Frühjahr aus,
die Generation ist also einjährig.
Gewöhnlich trifft man diese Wickel auf Birken und nur ausnahmsweise
auf Buchen, Hainbuchen, Erlen und Haseln. Im Tharandter Forstgarten
ging der Käfer im Frühjahr 1887 nicht bloß die einheimischen Birkenarten,
sondern auch die verschiedensten dort gezogenen ausländischen an, z. B. die
amerikanische Betula lenta L.
Ein abwehrendes Einschreiten gegen diese Käfer hat sich bisher noch nicht
nötig gemacht.
Unterfamilie Apioninae.
I'.^'vt- Spitzmäuschen.
Die kleinen, durch ihre hochgewölbte birnförmige Gestalt und den dünnen, bogenförmigen
Rüssel ausgezeichneten „Spitzmäuschen" (Abb. 157) spielen forstlich keine nennenswerte Rolle,
wenn sie auch gelegentlich an Waldbäumen, an den Blättern
nagend, angetroffen werden; auch an Nadelholz kommen sie
mitunter massenhaft vor, ohne daß aber über einen Schaden
etwas bekannt geworden ist. Landwirtschaftlich dagegen
können sie an Klee, Erbsen, auch an Obst oft recht schädlich
auftreten.
Literatur über die Rhynchitinae.
Debey, 1846, Beiträge zur Lebens- und Entwicklungs-
geschichte der Rüsselkäfer aus der Familie Attelabideii^
mit einer mathematischen Zugabe von E. Heiß, Bonn.
Scheidter, Fr., 1923, Über einen bisher wenig beobachteten
Blattroller, Rhynchites (Deporaus) tristis Fabr. — In :
Z. f. ang. Entom. IX.
Schmidt- Göbel, 1882, Der Rebenstecher, sein Leben und
Treiben und seine Vertilgung. Wien.
Stellwaag, 1918, Das Massenauftreten des Rebstechers
{Byctiscus betulae L.) in der Rheinpfalz im Frühjahr
1917. — In: Z. f. ang. Ent. S. 273—277.
Wasmann, 1884, Der Trichterwickler, eine naturwissenschaft-
hche Studie über den Tierinstinkt. Münster.
Abb. 157. Spitzmäuschen,
Apion pomonae L. Stark vergr.
Original.
310
Coleoptera.
7. Familien reihe: Rynchophora.
II. Abteilung: Gonatoceri.
Die Abteilung der Gonatoceri läßt sich nach der Form des Rüssels, der
Inserierung der Fühler und der Größe der Augen in 2 große Unterabteilungen
trennen:
Rüssel dick und kurz, dorsal meist abgeflacht (nie stielrund); die Fühler in der
Nähe dei Spitze des Rüssels oder zwischen Mitte und Spitze eingefügt.
Augen stets rundlich, stets viel schmäler als der Rüssel hoch
(Abb. 158) Kurzrüßler
Rüssel meist lang und dünn und gebogen (selten kurz und dick); gewöhnlich stiel-
rund; die Puhler meist in der Nähe der Mitte oder hinter der Mitte ein-
gefügt (Ausnahmen: Cleomis, Hylohius). Augen größer, meist quer
und fast so breit als der Rüssel an seiner schmälsten Stelle
hoch Langrüßler
Kurzrüßler.
(Cumdiones adelog?iatht, Curculionides) .
Systematik.
Übersicht über die Gattungen der Kurzrüßler.
Die Kurzrüßler zerfallen nach dem Verlauf der Fühlerfurche in 2 Gruppen:
Fühlerfurche kurz, grubig vertieft, ganz an der Oberseite des Rüssels gelegen (daher
im ganzen Verlauf von oben zu sehen), gegen die Augen zu verlaufend
(Abb. 158 A) OtiorrhyiicJiini
Abb. 158. Kopf mit i'ühlerfurchen von A Phyllobius oblongus L., B Polydrosus (Metallites)
mollis Germ., C Scythropus mustela Hrbst., D Sitona. — Nach Reitter.
Fühlerfurche länger und schmäler, in ihrer ganzen Länge tief und scharf begrenzt,
stark seitlich nach abwärts gebogen (daher von oben nur in ihrem vordersten
Teil zu sehen) (Abb. 158 B—D) Brachtjder iid
1. Gruppe: Otiorrhynchini.
Für uns kommen folgende Gattungen in Betracht:
1. Flügeldecken langgestreckt, mit mehr oder weniger parallelen Seiten und deut-
lichen Schultern, meist grünlich beschuppt; geflügelt Phyllobius Schön.
— Flügeldecken oval, mit gerundeten Seiten und stark gerundeten verflachten
Schultern; ungeflügelt 2
2. Rüssel an der Spitze mit großen lappenförmigen Erweiterungen (Pterygienl
(Abb. 159); Klauen einfach, frei, nicht verwachsen Otiorhynchus Gem.
— Rüssel nach vorne nicht verbreitert; Klauen an der Basis verwachsen (forstlich
kaum von Bedeutung) Peritehis Gem.
Curculionidae. — Kurzrüßler.
311
2. Gruppe: Brachyderini.
1. Flügel vorhanden, Schultern der Flügeldecken deutlich vortretend ..... 2
— Flügel fehlen, Schultern der Flügeldecken meist ganz verflacht 4
2. Klauen an der Basis verwachsen; Halsschild einfarbig (ohne drei deutliche helle
Längslinien) 3
— Klauen frei; Fühlerschaft den Augenhinterrand kaum überragend. Halsschild
gewöhnlich mit 3 heller beschuppten Längslinien SItona Germ.
3. Rüssel sehr kurz und plump, viel kürzer als breit, an der Spitze mit halb-
kreisförmig umrandeter glatter Fläche; Fühlerschaft den Augenhinterrand
weit überragend. Fühlerfurche kurz (Abb. 158 C) Scythruptis Schönh.
— Rüssel nicht oder nur sehr wenig kürzer als breit, ohne glatte Fläche an der
Spitze; Fühlerschaft den Augenhinterrand nur wenig überragend, Fühler-
furche lang und schmal, unter die Äugend laufend (Abb. 158 B) . . Polydrosiis Germ.
4. Fühlerschaft den Augenhinterrand weit überragend 5
— Fühlerschaft den Augenhinterrand kaum überragend 6
5 . Oberseite fast kahl, stark glänzend, nur spärlich und fein behaart ; Fühler und
Beine gelb; Flügeldecken kurz oval, stark gewölbt; Größe nicht über 4 mm Barypithes Duv.
— Oberseite weniger glänzend, deutlich behaart, dazwischen mit metallischen
Schuppen; Flügeldecken länglich, wenig gewölbt; Größe 7 — 11 mm Brachyderes Schönh,
6. Kopf vor der Artikulations fläche für den Halsschild mit einer gerade ver-
laufenden Kante, die den Hinterrand der Augen berührt •. . . Strophosotnus Steph.
— Kopf ohne scharfe gerade Artikulationskante, Fühlerfurche kurz, nach hinten
verflachend, wenig nach abwärts gebogen Cneorrhiniis Schönh.
Die Arten.
Gattung Otiorrhynchus Germ.
Die Gattung ist an den stark entwickelten Pterygien, das sind lappenförmige
Verbreitungen an der Rüsselspitze (daher auch „Lappenrüßler", „Dickmaulrüßler")
leicht zu erkennen (Abb, 159). Sie ist ungemein arten-
reich und nur über die paläarktische Zone verbreitet,
wo sie hauptsächlich in den Höhenlagen, wie in den
Alpen, Karpathen, Kaukasus usw. ihre größten Ent-
wicklungszentren besitzt. Viele Otiorrhynchen sind
nächtliche Tiere, die tagsüber sich unter Steinen,
Rindenstücken usw. verborgen halten. Sowohl die
Imagines (durch oberirdischen Blatt- , Nadel- und ' 1
Rindenfraß) als auch die Larven (durch Wurzelfraß) ^^b. 159. Rüssel von
schädlich. Otiorrhynchus mit„Pterygien".
Als forstlich beachtenswert seien folgende Arten ^us Reitter.
genannt :
1. Alle Schenkel ohne Zahn 2
— Wenigstens die Vorder- oder Hinterschenkel mit kleinem oder großem Zahn . 10
2. Körper groß, 13 — 16 mm, oben abgeflacht. Schwarz, sehr fein greis behaart.
Schenkel mit Ausnahme der Spitze rotbraun (Abb. 160 A) .... sensitinis Scop.
— Körper mittelgroß, bis 13 mm, oben gewölbt 3
3. Körper schmal und lang, Seiten der Flügeldecken fast parallel; schwarz, nicht
ganz anliegend fleckig behaart, die Härchen zum größeren Teile metallisch,
kupfrig glänzend. 9 — 10 mm perdix Oliv.
— Körper eiförmig, Flügeldecken mit gerundeten Seiten 4
4. Flügeldecken schwarz und braun, höchstens mit weißlichen oder grünlxhen
Haarflecken 5 '
— Flügeldecken dicht mit hellen oder dunklen graubraunen oder grauen Schuppen
bedeckt, so daß sie grau oder braun erscheinen, meist etwas gescheckt
(Stammform) oder einfarbig grau (var. tristis) ; Fühler und Beine rötlich gelb
bis braun. Länge 6— 7V2 mm raucus Fb.
5. Alle Zwischen! äume der Flügeldecken flach oder gleichmäßig gewölbt. Körper
7—13 mm 6
3 12 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
— Die Naht und die abwechselnden Zwischenräume der Flügeldecken stark er-
haben, die anderen ganz flach. Rostbraun, Flügeldecken fleckig beschuppt.
4V, — 6 mm scaber L.
6. Halsschild auf der Scheibe deutlich gekörnt, Flügeldecken mit groben Punkt-
streifen, diese meist mit dicken behaarten Grübchen 7
— Halsschild auf der Scheibe dicht und fein punktiert, nur selten mit feiner Körne-
lung dazwischen. Körper schwarz glänzend, kahl oder fast kahl, Beine
zum größten Teil rostrot oder dunkelbraun. 11 — 13 mm . .... fuscipes Ol.
7. Glied I der Fühlergeißel fast doppelt so lang als das 2. Beine schwarz, Körper
kleiner und gedrungener, dichter staubartig grau oder graugrün behaart, die
Grübchen dichter behaart; die Haarflecken meistens schön metallisch gold-
grün gefärbt. 7 — 9 mm multijmnctatiis F.
— Glied I der P'ühlergeißel um '/g kürzer als 2, Beine rot, Körper schlanker,
spärlich grau staubartig behaart, Grübchen der Stieifen auf den Flügeldecken
entweder schwach behaart (Stammform) oder viel dichter grau behaart
{v. villosopimctatus Gyll.). 7 — 12 mm niyer F.
10. Rüssel länger als breit, Flügeldecken mehr oder weniger dicht beschuppt. Größe
6 — 8 mm 11
— Rüssel nicht länger als breit, Oberseite schwarz glänzend, fiin behaart. P'ühler
undBeine braunrot. Flügeldecken eiförmig, mit Punktstreifen und fein runzeligen
oder raspelartig gekörnelten Zwischenräumen. Größe 5 mm (Abb. 160 D) ovahts L.
1 1 . Oberseite überall mit gleich großen, schmutzig gelben und braunen Schuppen
dicht besetzt. Flügeldecken mit ziemlich langen hellen Borstenstreifen in den
Zwischenräumen. Länge 6 — 8 mm (Abb. 160C) . . . singularis L. (= pieipes F.)
— Oberseite mit gelblichen oder goldglänzenden Schuppen ungleichmäßig bestreut.
F"ühler und Beine rötlichbraun. Flügeldecken punktiert, gestreift, Zwischen-
räume schwach runzlig punktiert. Größe 6 — 7 mm pupillatus Gyll.
(■-= frigidus Muls., subdentatus Bach.)
Gattung Phyllobius Schönh.
(„Grünrüßler").
Im allgemeinen von viel schlankerer Figur als Otiorrhynchus zeichnen sich
die Phyllobius- kiitn durch deutlich vorspringende Schultern (Abb. 160 E u. F)
und im Zusammenhang damit durch den Besitz von Flügeln aus. Rüssel
ohne deutliche Pterygienbildung. Körper meist lebhaft metallisch oder smaragd-
grün beschuppt („Grünrüßler"), selten braun oder grau, und immer behaart. Es
gibt zahlreiche Arten, die sich zum Teile recht nahe stehen und schwer unter-
scheiden lassen. Die Imagines leben von Blättern und Nadeln, die Larven von
Wurzeln; einige forstlich recht beachtenswert. In der forstlichen Literatur finden
sich folgende Arten angeführt:
I. Alle Schenkel deutlich bezahnt 2
— Alle Schenkel unbezahnt, Ober- und Unterseite fast kahl, nur die Halsschild-
Seiten und Brust grün beschuppt, die Flügeldeckennaht hinten weißlich beschuppt.
Länge 37, — 4 mm viridicollii^ F.
2. Bezahnung der Schenkel sehr groß 3
— Bezahnung der Schenkel klein, aber deutlich 7
3. Flügeldecken mit aufrechten längeren Haaren besetzt, außerdem mit rundlichen,
meist grünen oder goldgrünen Schuppen bekleidet 4
— Flügeldecken ohne oder höchstens mit ganz kleinen aufrechten, gereihten weißen
Haaren besetzt 5
4. Die abstehenden Haare der Flügeldecken braun, Brust und Abdomen bis auf
die Mitte beschuppt. Halsschild nur wenig breiter als lang, Schienen und Tarsen
blaß' bräunlich gelb. 7—873 mm (Abb. 160 Ej psütacimis Getm.
— Die abstehenden Haare weißlich, sparsamer. Abdomen größtenteils unbeschuppt.
Halsschild mehr als um die Hälfte breiter als lang. Schienen und Fühler gelb-
rot, kleiner, Länge nur 5 — 6 mm argentatus L.
5. Rücken des Rüssels zwischen den Fühlerfurchen bei der Fühlereinlenkung so
breit als die Stirne zwischen den Augen. Oberseite nur mit anliegenden Haaren
oder haarförmigen Schuppen bedeckt 6
Curculi^nidae.
313
Rücken des Rüssels zwischen den Fülilerfurchen nur halb so breit als die Stirne
zwischen den Augen. Ober- und Unterseite mit rundlichen glänzenden, hell
blaugrünlichen Schuppen bedeckt und die Flügeldecken mit ganz kurzen,
aufrechten weißen Härchen reihig liesetzt. Beine schwarz. Länge 5 — 6 mm
maculicorms Germ.
H
J K L
Abb. 160. Verschiedene Kurzrüßler. A Otiorrhynthus sensitivus Scop., B Otiorrh. niger F.,
C Otiorrh. singularis L , D Otiorrh. ovatus L., E Phyllobius psittacinus Germ., F Phyllobius
urticae Deg., G Polydrosus (Metallites) mollis Germ., H Polydrosus micans F., J Brachyderes
incanus L., K Cneorrhinus plagiatus Schall., L Strophosonuis coryli F., IM Strophosomus obesus
Marsh. 2 — 3 mal vergr. Original. (Phot. Seiff.).
6. Rücken des Rüssels mit breiter Längsfurche, die nach vorne allmählich breiter
und tiefer wird, Fühlerschaft leicht gebogen, den Hinterrand des Kopfes über-
schreitend. Färbung und Beschuppung sehr variabel. Der Körper kann voll-
214 Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rynchophora.
kommen oder stellenweise unbeschuppt sein, oder auch ganz beschuppt. Die
Schuppen können graugrün oder goldgrün sein. Halsschild vorne kaum ein-
geschnürt. Schildchen halboval mit abgerundeter Spitze. Länge 6 — 9 mm . glauens Strl.
(= calcarahis F.)
— Rücken des Rüssels eben, höchstens schwach eingedrückt. Fühlerschaft gerade,
kaum bis zum Kopfhinterrand reichend. Oberseite dicht gleichmäßig goldgrün
beschuppt oder (beim 2) "^if schwach makelartig beschuppt. Halsschild vom
deutlich eingeschnürt. Schildchen dreieckig zugespitzt, 6 — 9 mm (Abb. 160 F) urticae Deg.
7. Flügeldecken mit anliegenden haarförmigen , grüngoldigen oder kupferigen
Schuppen dicht bekleidet, Geißelglieder 4 — 7, kurz, knopfförmig. 573 — 8 mm piri Tj.
— Flügeldecken nur mit halbaufrechten langen Haaren besetzt, sonst kahl und
glänzend; länglich, schwarz, Flügeldecken heller oder dunkler braun, oft mit
dunklerem Rande, punktiert gestieift, Fühler und Beine gelb bis gelbbraun.
4 — 5 mm ohlongus L.
Gattung Polydrosus Germ.
Habituell der vorigen Gattung, sowohl bezüglich der Form, als auch der Beschuppung
nahestehend, läßt sie sich unschwer von ihr durch den Verlauf der langen wohlaus-
gebildelen Fühlerfurche (Abb. 158 B) trennen. Lebensweise wie Phyllobius. Zahlreiche
Arten, von denen als die häufigsten auf Forstgewächsen folgende zu nennen sind:
1. Erstes und zweites Fühlergeißelglied meist gestreckt und gleichlang. Die Keule
meist spindelförmig, Fühler und Tarsen meist lang (Untergattung Polydrosus) 2
. — Erstes Geißelglied deutlich länger und kräftiger als das zweite. Die folgenden
Glieder meist breiter als lang, die Keule eiförmig zugespitzt. Fühler und Tarsen
kurz (Untergattung Mefalktes Germ.) 6
2. Schaft der Fühler reicht kaum bis zum Hinterrand der Augen 3
— Schaft reicht über den Hinterrand der Augen mehr oder weniger hinaus . . 4
3. Oberseite mit länglichen zugespitzten goldgelben oder kupferigen Haarschuppen
dicht besetzt. Die Haarschuppen des grob punktierten Halsschildes sind zum
Mittelpunkt sternförmig gelagert. Fühler und Beine rot, die Fühlerkeule an-
gedunkelt. Alle Schienen unbehaart. 6— g'/a mm (Abb. itoH). micans F. {=^ 7)/,ollis Ström.)
— Oberseite mit kleinen nmdlichen oder kurz ovalen metallisch hellgrünen oder
blaugrünen Schuppen besetzt, Fühler und Beine rotgelb und die Fühlerkeule
angedunkelt. Hinterschienen in der unteren Hälfte immer mit langen, weißlichen
Zottenhaaren besetzt. 5 — 8 mm sericeiis Schall.
4. Schenkel deutlich scharf und spitz gezähnt 5
— Schenkel ungezähnt (oder höchstens die Hinterschenkel nur sehr undeutlich ge-
zähnt). Oberseite grau oder braun beschuppt und zwar so, daß meist mehrere
abwechselnd graue und braune Binden vorhanden sind. 4 — 6 mm . . . teretieolUs Deg.
5. Flügeldecken mit fleckig angeordneten gelblichen oder hellgrauen, etwas opali-
sierenden Schuppen bedeckt. T,^i^ — 5 mm ceri'imis L.
— Flügeldecken kahl, glänzend schwarz mit scharf begrenzten, weißlichen oder
grünlichen Schuppen bindenartig geziert. 2'/2— 4V2 "■" picus F.
6. Länge 6 — 8 mm. Flügeldecken mit metallisch grünen, länglichen, zugespitzten
Haarschuppen besetzt; nur der erste Zwischenraum an der Naht und die zwei
seitlichen ohne solche, sonst nur mit brauner feiner Behaarung. Fühler und
Beine rostrot, Schenkel angedunkelt [Metallites Germ.) . mollis Germ. (= impar Gozis)
— Länge 3V2 — 5 rnm, alle Zwischenräume der Flügeldecken beschuppt .... 7
7. Schildchen breiter als lang, an der Spitze abgestutzt. Fühler und Beine ein-
farbig rot, Schulterbeule schwach vorstehend. Flügeldecken mit grauweißen
oder kupferigen Haarschuppen gleichmäßig dicht bekleidet. 3V.2 — 5 mm marginatus Steph.
— Schildchen nur so breit als lang, an der Spitze abgerundet. Fühlerkeule und
Schenkelmitte schwärzlich. Flügeldecken kupfrig oder grünlich beschuppt.
Schulterbeule kräftig vorstehend. 4 — 5 mm atomar ius Oliv.
Gattung Scytropus Schön.
Durch den sehr kurzen breiten Rüssel und die kurze Fühlerfurche (Abb. 158 C) von
Polydrosus ausgezeichnet. Forstlich kommt nur eine Ait in Betracht:
Sc. mustela Hbst. Körper langgestreckt parallelseitig, dicht mit schuppenartig verbreiterten,
grauen oder bräunlichen Haaren scheckig bedeckt. Fühler und Beine zum größten Teile heller
oder dunkler rostrot oder braun. Länge 7 — 9 mm. An Madelholz.
Curculionidae. — Kurzrüßler. XI ^
Gattung Barypithes Jacqu.
Die einzig forstlich beachtenswerte Art:
B. araneiformis Schrank ist an ihrem fast kahlen, lebhaft glänzenden Körper leicht zu
erkennen. Von den forstlichen Kurzrüßlern die kleinste Art (2 '/j — 3V, mm); heller oder dunkel-
braun gefärbt; Fühler und Beine bräunlichgelb. Polyphag an Laub- und Nadelholz.
Gattung Brachyderes Schönh.
Die emzige uns interessierende Art ist:
Sr. incanus L., ein mittelgroßer Rüßler (8 — ii'/g rnm) von langovaler Gestalt (Abb. 160 J).
Der ganze Körper ist mit kupfrigen Schuppen und dazwischen mit feinen anliegenden gold-
glänzenden Härchen ziemlich dicht bedeckt. An Kiefern und Fichten.
Gattung Sitona Germ.
Die Sitona- Arten sind durchgehends langgestreckt, parallelseitig , mit kurzem breitem
Rüssel und meist dicht grau oder braun beschuppter Körperoberfläche. Der Halsschild besitzt
gewöhnlich 3 hellere Längsstreifen (Abb. 164, S. 327). Landwirtschaftlich sehr schädlich („Blatt-
randkäfer"), forstlich dagegen nur unbedeutend schädlich. Von den zahlreichen Arten seien nur
folgende zwei genannt:
S. lineattis L. Körper heller oder dunkler, erd- oder lehmfarbig beschuppt. Flügeldecken-
Zwischenräume abwechselnd heller oder dunkler gefärbt, in den Zwischenräumen ohne abstehende
Haare; Halsschild mit dichter und feiner einfacher Punktur. Puhler ziemlich schlank, erstes
Geißelglied fast solang als die beiden folgenden zusammen. Länge 4 '/. — 5 mm (Abb. 164).
Polyphag
S. Regensteiiiensis Hbst. Körper mit weißlichen Schuppen fleckig besetzt. Flügel-
decken in den Zwischenräumen mit reihig gestellten abstehenden Börstchen. Halsschild mit grober
tiefer Punktur. Fühlerschaft, Schienen und Tarsen rotbraun. Länge 4 — 6 mm. Polyphag.
Gattung Strophosomus Steph.
Durch ihre kurzeiförmige gedrungene Gestalt (Abb. 160 L u. M) von den vorhergehenden
Gattungen leicht zu unterscheiden. Forstlich interessieren 3 Arten:
Str. obesiis Marsh. (= ruftpes Steph.) Oberseite dicht und vollkommen beschuppt,
grauweiß bis braun, Flügeldecken meist marmoriert (Abb. 160 M). Zwischenräume der Flügel-
decken fast ganz ohne Börstchen. 4 — 6 mm.
Str. coryli F. (= melanograntmus Forst.). Dem vorigen sehr ähnlich, doch leicht zu
erkennen an der in der vorderen Hälfte kahlen, schwarzen Flügeldeckennaht (Abb. 160 L).
Flügeldecken zwischen der Beschuppung mit ziemlich langen abstehenden Borstenhaaren besetzt,
Länge 4-5V2 mm._
Str. lateralis Payk. Schwarz glänzend, Oberseite nur sehr spärlich mit goldglänzenden
Schuppen besetzt, die nur an den Seiten der Flügeldecken und in der Naht des Schildchens ver-
dichtet sind. Länge 4 — 6 mm.
Gattung Cneorrhinus Schönh.
Eine einzige forstlich beachtenswerte Art:
On. plagiatus Schall. Der ganze Körper dicht mit bräunlichen und weißlichen Schuppen
besetzt.' Die Seiten des Halsschildes und 2 dorsale Längsstreifen weißlich. Flügeldecken meist
abwechselnd heller und dunkler beschuppt. 4^5 — 8 mm (Abb. 160 K).
Biologie und forstliches Verhalten der Kurzrtißler.
Die Kurzrüßler bilden eine biologisch und forstlich ziemlich einheitliche
Gruppe. Alle forstlichen Arten stimmen darin überein, daß sie als Käfer die
Nadeln, Blätter, Knospen oder auch die Rinde von meist jüngeren Pflanzen
befressen und als Larven im Boden nach Art der Engerlinge von Wurzeln
sich nähren. Die meisten sind sehr polyphag und kommen auf Nadel- und
Laubholz aller Art vor.
3'»
Coleoptera. — 7. P'amilienreihe: Rynchophora.
Unsere Kenntnisse über die Biologie der Kurzrüßler sind heute noch recht
lückenhaft; nur von wenigen Arten kennen wir die Hauptzüge der Lebensweise,
doch auch in diesen Fällen gibt es noch Vieles zu erforschen. In Anbetracht
der oft nicht leichten Bestimmung der zahlreichen Arten sind zudem die Angaben
aus der Praxis und in der Literatur vielfach unsicher.
So kommt es, daß auch die forstliche Bedeutung bei einer Reihe von
Kurzrüßlern heute noch nicht völlig geklärt ist. Im allgemeinen kann man sie
zu den „merklich schädlichen" Forstinsekten rechnen. In Kulturen aller-
dings können sie stellen- und zeitenweise, wenn sie in großer Zahl auftreten^
sehr schädlich werden; sie können größere Kulturen vollkommen vernichten.
In dieser Beziehung sind besonders die Gattungen Otiorrhynchus, Strophosomus^
Cneorrhinus und Brachyderes zu nennen. Landwirtschaftlich richten einige Otior-
rhvnchics- und vor allem Sitona-hxX&a. mitunter sehr empfindlichen Schaden an.
Gattung Otiorrhynchus Germ.
'fj^ Otiorrhynchus niger L. Der schwarze Rüsselkäfer.
^ Imago: Siehe oben S. 312 u. Abb. 160 B.
Larve: Nach dem allgemeinen Rhynchophorentyp (Abb. 150). — Rücken mit querstehenden
Keilwülsten, auf dem zweiten bis einschließlich vorletzten Segment mit je 6 kurzen und 6 langen,
zusammen 12 Längsreihen bildenden Haaren. Die Oberseite des ersten Segmentes glatt, stark
glänzend, mit teils vereinzelt, teils in je einer Seitengruppe stehenden Haaren, unmittelbar hinter
dem Kopf verwaschen rostbräunlich gesäumt Die emgekrümmte Bauchseite auf jedem der ersten
Segmente mit einer aus 8 kurzen steifen Borstenhaaren bestehenden Querreihe, welche an jedem
ihrer beiden Enden von einem kurzen vorderen und einem hinteren langen Haar auf wulstiger
Erhöhung flankiert wird. Das stumpfe Endsegment an der Oberseite mit 8, an der Unterseite
mit 4 Haaren in Querreihe. Die Haare sind alle bräunlichgelb. Länge der ausgewachsenen
Larve 12 mm, Dicke bis 4,5 mm (Beling).
Puppe: Auch bei der Puppe sind die Borsten als besonders charakteristische Merkmale
hervorzuheben. Am Kopf stehen zwischen den Augen und nach weiter hinten hin je vier lange
Borsten in Querreihe. Halsschild am gekanteten, steil abfallenden Vorderrand mit 4 ebensolchen
Borsten, im^hinteren Teil mit einer Anzahl meist kurzer, schwärzlicher Borsten in unvollständigen
Querreihen besetzt. Der kegelförmige Hinterleib am Rücken jeden Segmentes mit einer Quer-
reihe von 6 bis 12 ungleich langen, braunen, dornenförmigen Borsten, die auf den hinteren Seg-
menten immer kräftiger werden. Das letzte Segment mit 2 dicken braunspitzigen Dornen und
"6 schwarzbraunen Borsten endigend. Die seitwärts gespreizten, weit vorragenden Kniee mit je
einer langen und oberhalb dieser mit einer weit kürzeren Borste besetzt, Länge 10 mm, Breite
bis 5 mm (Beling).
Vorkommen und Lebensweise. Die geographische Verbreitung er-
streckt sich über ganz Mitteleuropa und zwar vornehmlich auf Gebirgsgegenden.
Die Hauptfraßpflanze ist die Fichte, doch kommt er auch an anderen
Nadelhölzern und Laubhölzern vor.
Die Hauptfortpflanzungszeit fällt (nach Beling 1887) in das* Früh-
jahr (Mai). Die Eier werden in den Boden der jüngeren Fichtenbestände oder
Kulturen abgelegt. Zur Eiablage bevorzugt der Käfer frisch gelockerten
Boden, und speziell durch Frost in Gräben und an Pfianzbeet- Böschungen ent-
standenen Erdöfifnungen (dann aber auch frische lockere Unkraut- und Kompost-
haufen, wie sie z. B. beim Reinigen der Pflanzbeete anfallen). Die bald aus-
schlüpfenden Larven fressen die zarten Wurzeln der jungen Fichtenpflanzen ganz
und schälen die Rinde der etwas stärkeren rein ab, so daß es aussieht, als seien
sie mit dem Messer abgeschabt. Gegen Mitte Juni sind die ersten Larven er-
Curculionidae. — Kurzrüßler.
317
wachsen, verpuppen sich dann an der Stelle, wo sie bis dahin lebten, in einer
innen geglätteten Höhlung. Nach etwa vierwöchentlicher Puppenruhe werden
von Mitte August an die ersten Käfer fertig, die zum Teil in ihren Höhlen
bleiben, um erst im nächsten Frühjahr an der Oberfläche zu erscheinen, zum
größeren Teil aber von der Geburtsstätte wegwandern, um Winterquartier unter
Buschwerk (Vorwüchsen), Gras-, Streu-, Steinhaufen usw. zu beziehen (Regierung von
Niederbayern 1903)1). Nach weiteren Beobachtungen von Beling und Heinz
(1890 und 91), sowie an anderen Otiorrhynchen (siehe unten bei O. sensitivus)
dürfte die Fortpflanzung resp. die Eiablage über den ganzen Sommer
sich erstrecken, so daß man im Winter nicht nur Imagines und Puppen, sondern
auch Larven in verschiedenen Stadien findet. Auch scheint der Käfer langlebig
zu sein und nicht gleich nach der Eiablage einzugehen (siehe unten bei O. sensi-
tivus). Die Generation ist in der Regel einjährig; die Entwicklung
kann sich aber (wie bei sensitivus) durch ungünstige Nahrungsverhältnisse oder
bei späterer Eiablage mehr oder weniger verlangsamen.
Der Käfer selbst frißt vorzugsweise nachts an den oberirdischen
Teilen der Pflanzen (hauptsächlich junger Fichten bis zum Alter von
20 Jahren). Nach AI tum frißt er zuerst platzend an der Rinde dicht über
dem Wurzelstock, steigt aber allmählich höher hinauf, so daß wir ihn anfangs
Sommer in den Maitrieben fressend finden. „Sobald die Ausschlagschuppen ab-
geschoben sind, frißt er in die dichte Masse der jungen Nadeln an einer Seite
eine Höhlung bis auf die Rinde" (Ratzeburg). Auch die fertigen Nadeln be-
frißt er mitunter so stark, daß es fast zum Kahlfraß kommt. — Dei Fraß an
den Blättern geht (wie bei Phyllobius s. unten S. 321) vom Rand aus und
dringt von hier aus in ziemlich gleich breit bleibenden Spalten gegen die Mittel-
rippe zu (ohne die Seitenrippen zu schonen) (Nitsche 1896).
Forstliche Bedeutung. — Otiorrhytichus niger gehört in den Gebirgs-
gegenden von 500 — 1000 m Seehöhe zu den häufigsten Rüßlern in den Wäldern.
Schädlich wird er in erster Linie durch den Larvenfraß, der die jungen
Pflanzen schon im ersten, ältere im zweiten oder dritten Jahre tötet. Bei
Massenvermehrung können an einer Pflanze 20 — 25, ja sogar bis 50 zusammen
fressend gefunden werden. Am meisten zu leiden haben die Saaten, Pflanz-
kämpe und jungen Kulturen. Der Schaden wird um so größer, je grasfreier
die Flächen sind, wohl aus dem Grunde, weil dann die Larven auf die Wurzeln
der Kulturpflanzen angewiesen sind, während ihnen sonst auch noch die zahl-
reichen Graswurzeln zur Verfügung stehen. Auch mag der Umstand hierzu bei-
tragen, daß der Käfer lieber frisch bearbeitete Beete zwecks Eiablage aufsucht
als ältere. Freisaaten in Form von Rillen- und Streifensaaten sind (nach
Beobachtungen in Niederbayern) gleichfalls sehr gefährdet; dagegen scheinen
Vollsaaten wesentlich widerstandsfähiger zu sein (,,ofirenbar, weil bei dieser Art
1) Im Pflanzgalten des Forstamts Zwiesel (Bayer. Wald, 800 m Höhe) wurden in der
Zeit vom 14. bis 23. Aug. durchschnittlich täglich 125 Käfer gefangen, in der Zeit vom 6. bis
10. Sept. erreichten die Fangergebnisse mit 500 Käfern täglich ihren Höhepunkt, um Ende Sep-
tember auf Null herabzusinken.
ojg Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
von Bodenbearbeitung die Bodenlockerung nicht in allen Teilen so gleichmäßig
und intensiv ist wie bei der Streifen- und Rillensaat"). Der Käferfraß steht
bezüglich der Wirkung auf das Pflanzenleben in zweiter Linie; doch ist auch
er nicht zu unterschätzen, besondeis in Verbindung mit dem Larvenfraß. Ab-
gesehen von den Störungen des Saftstromes durch den Rindenplatzfraß werden
die Pflanzen durch den mitunter sehr ausgedehnten Nadelfraß auch noch ihrer
Assimilationsorgane beraubt.
In der Literatur sind eine ganze Reihe von größeren Schäden in Fichten-
kulturen verzeichnet, vor allem aus dem Riesen- und Erzgebirge, aus Thüringen,
aus dem Fichtelgebirge, Bayerischen Wald usw. (Baudisch 1887, v. Ernst 1851,
Eimer 1890, Gumtau 1849 — 52, Gundlach 1887, Haaß 1854, Heinz 1890
und 1891, Kühn 1869, Schaal 1862). Die letzte Mitteilung stammt aus
Österreich, wo 191 1 in einem Pflanzgarten (Ilovca) von 200 000 Fichtenpflanzen
150000 durch O. niger totgefressen wurden.
Wenn der Schaden des schwarzen Rüsselkäfers sich auch hauptsächlich auf
Fichtenkulturen bezieht, so kann er mitunter auch andere Nadelholzpflanzen und
auch Laubholzpflanzen betreffen. So wird über einen empfindlichen Schaden
an Laubholzheistern im Harz berichtet (Schreiber 1893). Verschiedene
Alleebäume (Ahorn, Eberesche, Esche, Hornbaum, Erle), die im Jahre zuvor als
3 m hohe Heister gepflanzt worden waren, wurden durch Zerfressen sämtlicher
Blätter und Benagen der Rinde in der Krone arg beschädigt (am schlimmsten
Ahorn und Eberesche).
Erkennung. — Man erkennt den Oliorrhymchus-Vt^iaW an dem Gelb-
und später Rotwerden der Nadeln und schließlich an dem Vertrocknen der
Pflanzen, welche sich, ihres Wurzelwerkes großenteils beraubt, leicht auch aus
dichtesten Pflanzenbüscheln einzeln ausziehen lassen, wie bei Engerlingfraß. Zur
Differentialdiagnose ist die Larve im Boden zu suchen, die sich ja auf den ersten
Blick durch die Beinlosigkeit usw. vom Engerling unterscheiden läßt.
Bekämpfung. — Als kulturelles Vorbeugungsmittel wird möglichst
geringe Bodenlockerung beim Pflanzen empfohlen, da das $ gelockerten
Boden zur Eiablage vorzieht. Kulturen, welche in berastem Boden ausgeführt
werden, sind weniger gefährdet als solche in entblößtem, da die Graswurzeln den
Larven Nahrung bieten. Daher wird auch mehrjährige Schlagruhe (zur Ver-
rasung des Bodens) angeraten. Zum Schutz von neuangelegten Pflanzengärten
können Käfergräben oder Leimstangen verwendet werden.
Die wirksamste Bekämpfung richtet sich gegen den Käfer und be-
steht in einem konsequenten Sammeln. Dieses geschieht entweder durch
Abklopfen auf Tücher oder in untergehaltene Töpfe i) oder durch Darbietung
geeigneter Verstecke. Als solche können Moos- oder Rasenplaggen oder Wurzel-
büschel zwischen den Pflanzenreihen ausgelegt werden.^) Nach Eckstein
(1904) haben sich Wurzelbüschel aus Knöterichgewächsen, vor allem Ampfer
^) Eimer (1890) sammelte an 3 Tagen mit je 15 jugendlichen Arbeitern auf diese Weise
88000 Stück.
^) Nach Kühn (1869) wurden unter Rasenplaggen auf ca. 15 ha großen Kulturen in
2 Monaten ca i'/g Millionen Käfer gesammelt. — Mit Hilfe von Wurzelbüscheln wurden in
einem ca. 0,70 ha großen Pflanzgarten de-^ Forstamtes Zwiesel (Bayer, Wald) in einer Periode
14400 Käfer gefangen.
Curculionidae. — Kurzrüßler. -, j q
(Rumex sanguineus) besonders bewährt. Die Rasenplaggen müssen, ebenso
wie die Wurzelbüschel vollständig trocken und von Erde möglichst gereinigt
sein. Auch dürfen die Rasenplaggen nur ganz lose auf den Boden aufgelegt
werden; dicht dem Boden aufliegende Plaggen sind völlig wertlos und werden
vom Käfer gemieden (Regierung von Niederbayern 1903). Das Auslegen der
Fangmittel hat unmittelbar nach Schneeabgang zu beginnen und ist — mit
einer vierwöchentlichen Unterbrechung im Monat Juli — bis Mitte September
fortzusetzen. Das Absuchen hat täglich zu geschehen, am besten zur Mittagszeit.
Viel schwieriger gestaltet sich die Bekämpfung der Larven durch
Ausheben der befallenen Pflanzen (mit Ballen) und Absuchen jener. Diese Methode
ist im großen kaum durchzuführen. Auch das Durchglühen der Erde in Saat-
beeten zur Zerstörung der Larve, wie es von einer Seite (F. Zbl. i8g8, S. 314)
empfohlen wird, ist wohl kaum allgemein anwendbar. Ob die von Grundner
(1897) empfohlene Methode der Düngung der Beete mit Kainit den Befall wirk-
lich so günstig beeinflußt, müssen erst weitere Versuche ergeben.
£3uO\. ovatus L.
Dieser viel kleinere, kurze, ovale Rüßler (Abb. 1 60 D) kommt im Gegensatz
zu dem vorigen immer in der Ebene vor.
Forstlich verhält er sich ganz ähnlich wie niger: er tritt wie dieser als
Schädling vornehmlich in Fichtenkulturen auf. Die Larve befrißt die Wurzeln
der jungen Pflanzen, der Käfer die oberirdischen Teile, vornehmlich die Rinde. Der
Rindenfraß wird dadurch besonders verhängnisvoll, daß die Stämmchen meist dicht
über den Wurzelknoten ringsum auf eine Breite von i — 2 mm scharf geringelt
werden, so daß das Holz freiliegt, was natürlich den Tod der Pflanzen zur Folge
hat (Nördlinger, Alt um 1885). Auch an älteren (angehend haubaren) Bäumen
(Fichten und Weißtannen) wurde ein Massenvorkommen der Käfer beobachtet, wo
er die Triebe benagte, so daß diese „rote Nadeln bekamen und der Wald wie
angebrannt aussah" (Nördlinger S. 18).
Bekämpfung wie beim vorigen. Besonders gute Erfolge wurden mit dem
Auslegen von Moosplaggen erzielt, unter denen man jeden Tag die Käfer „hand-
vollweise" sammeln konnte (Nördlinger).
J%Ot. singularis L.
Von A 1 1 u m (unter dem Namen picipes F.) in die Forstentomologie ein-
geführt und zwar als ,,ganz erheblicher Eichenfeind". In den von Altum
angeführten Fällen machte sich der „braune Lappenrüßler" (Abb. 1 60 C) durch
Benagen der Rinde an den Trieben jüngerer Eichen unangenehm bemerkbar; der
Käfer begann an der Spitze und benagte die Rinde allmählich abwärts steigend
und zwar in solcher Ausdehnung, daß viele Triebe abstarben. Das Fressen ge-
schieht nur des Nachts. Außer an Eichen kommt er auch an anderen Laub-
hölzern schädlich vor, vor allem an Obstbäumen, Reben, Rosen usw.,
wo er die Augen und die Rinde der Triebe an Pfropfreisern (in Baumschulen) benagt.
Auch an Nadelhölzern wurde er als Schädling beobachtet (Befressen der
Maitriebe der Tannen und Entrindung ein- und zweijährger Fichten, etwa
4 cm oberhalb des Wurzelknotens auf 2 — 4 cm Länge).
7 20 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
V^^ Ot. sensitivus Scop. (= planatus Hbst.).
Dieser durch die abgeflachten Flügeldecken ausgezeichnete Käfer (Abb. 160 A)
lebt insbesondere im Osten und in den südlichen Alpen (besonders Kalkalpen)
und ist dort gelegentlich schon recht schädlich aufgetreten. Gilb. Fuchs (1897,
1905 und 19 12) hat sich eingehender mit ihm beschäftigt und in mehreren
Mitteilungen seine Larve, seine Entwicklung und seine Schädlichkeit be-
schrieben.
Die Larve ist habituell der oben beschriebenen von 0. nigcr ganz ähnlich und unter-
scheidet sich von dieser hauptsächlich durch die andere Anordnung der Borsten : auf der Ventral-
seite der Abdominalsegmente stehen in der Mitte 4 Längsreihen borstentragender Warzen (je eine
Borste auf einer Warze), seitlich davon eine Reihe von Warzen mit je 2 Borsten. Dorsal folgen
in der Mitte nahe aneinander 3 Reihen Warzen zu je 2 Borsten (auf den letzten 3 Segmenten
zu je 2 Reihen mit je 3 Borsten zusammengezogen). Außerdem stehen auf jedem Hinterleibs-
segment (ausgenommen die 3 letzten) auf einem Querwulst noch 2 Borsten in weiteren Abständen.
Die Entwicklung dauert normal ungefähr i Jahr. Die Frühjahrsbruten
liefern zum nächsten Frühjahr, im günstigsten Fall schon im Herbst, fertige Käfer.
Meist aber bleiben die im Herbst entstandenen Käfer überwinternd im Boden.
Bei Eiablage im Herbst kann bei ungünstigen Bedingungen die Entwicklung bis
zu 22 Monate beanspruchen, wobei die Larven zweimal überwintern.
Der Käfer ist langlebig und kann mehrere Jahre fortpflanzungsfähig
bleiben. Die Befruchtung und Eiablage findet das ganze Jahr über statt; auch
ohne wiederholte Begattung können die 9? reichlich Eier legen.
Der Larvenfraß findet unterirdisch an Wurzeln aller Art statt. Zuerst
werden die feinen Faserwurzeln gänzlich abgefressen, dann, wenn die Larven
größer sind, befressen sie die Rinde bis zur Bodenoberfläche, teils einseitig, teils
ringsum schälend. Die Verpuppung findet 10 — 15 cm unter der Oberfläche in
einer ziemlich großen ovalen Höhlung statt.
Der Käferfraß geschieht oberirdisch am Tage an Nadelhölzern, besonders
an Fichten, seltener an der Weymouthskiefer. Der Käfer befrißt die Nadeln
und Knospen, wobei er meist mit der Gipfelknospe beginnt.
Als Parasiten zog Fuchs aus den Larven die Schlupfwespe (Chalcidide)
Megastigmus aculeatus Soed.
Die forstliche Bedeutung. — Der Schaden durch Larvenfraß an den
Wurzeln der Nadelholzpflänzchen ist mitunter ein ganz bedeutender. Die
Pflänzchen werden zuerst gelb und kränkeln; dann werden die Nadeln rot und
fallen ab und das Pflänzchen stirbt ab. Bei geringerer Vermehrung sieht man
handgroße Stellen in den Rillen kränkeln und absterben, bei stärkerer Vermeh-
rung ganze Rillen und Beete (F'uchs 1897).
Bekämpfung wie beim vorigen.
Außer den hier besprochenen Arten sind gelegentlich auch noch verschiedene andere
Otiorrhynchen durch Fraß an Forstgewächsen aufgefallen, wie:
Ot. poreatus Hbst,, an Tannen.
— scaber L., an jungen Fichtenpflanzen (Plätzen der Rinde).
— sulcatus F., an Laubbäumen (ernstlich schädHch an Reben).
— ligustici L. („Liebstöckelrüßler", ,, Nascher"), an Laubbäumen (besonders schädlich an Reben
und Obstbäumen^
— perdix Ol., an Fichten.
— fuscipes Ol., an Fichten.
— ?nultipu7ictatus F., an P'ichten und Lärchensaaten (Henschel 1885).
— irritans Hbst., an Buchen, Eichen, Weiden, Birken (Blattfraß), an Fichten (Wurzelfraß).
— rotimdaius Sieb., polyphag an Laubhölzern, besonders an Flieder, Liguster usw. (Burkhardt
1918, V. Lengerken 1918).
Curculionidae.
Kurzrüßler.
321
Gattung Phyllobius Schoenh.
Grünrüßler.
Wie Otiorrhvnchus sind auch die Phvllobüis-hxien als Käfer Blatt- und
Nadelfresser, als Larve Wurzelfresser und sehr polyphag; doch als Kater
hauptsächlich an Laubholz, dessen Knospen und Blätter sie (in charakteristischer
Weise) zerfressen. Als die am besten beobachtete, forstlich beachtenswerte Form
sei hier Ph. psittacimis ausführlicher behandelt.
Abb. 161 A. Fraß von Phyllobius psittacinus Germ. Larvenfraß an 3— 4Jähriger Fichtenpflanze
(die Wurzeln sind bis zu den feinsten Wurzelspitzen vollständig der Rinde beraubt). — Nach
Scheidter.
J'^Z PhylL psittacinus Germ. (= aiborator Hbst.) (Abb. 160 E).
Ein anschauliches Bild von der Lebensweise und dem forstlichen Ver-
halten dieses Grünrüßlers gibt Scheidter (191 6):
Die aus den in die Erde gelegten Eiern auskommenden Larven („weiß,
ventral gekrümmt, beinlos, mit längeren hellbraunen Borsten spärlich besetzt")
leben von den Wurzeln aller möglichen Pflanzen. Bei schwächerem Befall
werden die Wurzeln platz- oder streckenweise ringsum befressen, bei stärkerem
Escherich, Forstinsekten. II.jBd. ^^
•^2 2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
hingegen wird der ganze Wurzelteil dicht unterhalb der Oberfläche bis zu den
äußersten Enden der Wurzel der Rinde beraubt, der Holzteil selbst aber nicht
angegangen (Abb. 161 A).
Die Käfer befressen im Mai und Juni die Blätter aller möglichen Laub-
holzarten (Ahorn, Erle, Eberesche, Rotbuche, Eiche usw.) und zwar in sehr
charakteristischer Weise: „Die Blätter werden vom Rande her angefressen, zu-
nächst werden nur seichte Einbuchtungen an den Blättern genagt, die sich
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Abb. 161 B. Käferfraß von Phyilobius psittacinus Germ, an Spitzahorn. Nach Scheidter.
allmählich zu langgestreckten, meist bis zur Mittelrippe reichenden, auch an den
Seitenrippen entlang laufenden, teils gleich breit bleibenden, teils sich stellenweise
"etwas verbreiternden, geschwungeneu, oft gegabelten und verzweigten Fraßstellen
verlängern. Die Blätter sehen dann stark zerzaust und zerschlissen aus.
Bei sehr starkem Auftreten des Käfers bleiben meist von den Blättern nur mehr
die stärkeren Blattrippen, an denen noch einige Reste der Blattfläche verbleiben,
übrig. Der Fraß wird am besten durch die beigegebene Abbildung veran-
schaulicht" (Abb. 161 B).
Curculioriidae.
323
„Nadelhölzer werden in der Regel nicht von diesem Käfer befressen,
wenngleich er auch gelegentlich an den jungen Maitrieben von Fichten
fressend gefunden wurde. Diese werden befressen, wenn sie etwas geschoben
und sich der Knospenschuppen entledigt haben, die Nadeln der Triebe aber
noch dicht beisammensitzen. Der Käfer frißt alsdann meist wenige Millimeter
unterhalb der Triebspitze rundliche Stellen
aus den Trieben, die er nicht selten nach
abwärts verlängert (Abb. 161 C). Die Folge
des Fraßes ist dann ein leichtes Krümmen
der Triebspitze, ein Schaden, der aber beim
Weiterwachsen des Triebes wieder ausgeheilt
wird" (Scheidter 1915).
Forstliche Bedeutung. — Die
Folgen des Käferfraßes sind nur un-
bedeutend. Viel schädlicher jedoch kann
der Larvenfraß werden, besonders wenn die
Eiablage in unkrautreine Saatbeete statt-
gefunden hat. Scheidter berichtet, daß in
verschiedenen Gegenden Bayerns in Pflanz-
gärten ganze Beetreihen mit vielen Tausenden
von 2 — 4 jährigen Fichten durch den Larven-
fraß vernichtet wurden.
Erkennung. — Man erkennt den
Larvenfraß am Gelbwerden der Nadeln.
Wenn man gleich beim Beginn des Gelb-
werdens die Pflanzen auszieht, so kann man
die Larven feststellen (von den etwa auch in
Betracht kommenden Engerlingen außer an
der Kleinheit an der Beinlosigkeit usw. leicht
zu unterscheiden). Häufig aber, besonders in
regenreichen Jahren, behalten die befallenen
Pflanzen sehr lange ein gutes Aussehen und
verlieren ihre Nadeln erst dann, wenn die
Larven verschwunden sind bezw. sich bereits
in die Käfer verwandelt und diese als solche
die Beete verlassen haben. In diesen Fällen
muß uns die Art des Wurzelfraßes auf die
richtige Spur führen: Vom Engerlingsfraß
unterscheidet sich dieser dadurch, daß selbst die feinen Wurzeln nicht durchbissen
werden, sondern das Wurzelsystem vollständig erhalten bleibt, während die Enger-
linge meist alle dünnen Wurzeln abbeißen, so daß nur die Pfahlwurzel übrig bleibt.
Bekämpfung. — Zur Vorbeugung empfiehlt Scheidter in Gegenden,
in denen der Schädling stets häufiger vorkommt, die Pflanzgärten nicht in
der Nähe von Laubhölzern (Ahorn, Erlen, Vogelbeeren usw.) anzulegen. Wo
Abb. 161 C. Käferfraß von Phyllobius
psittacinus Germ, an einem jungen Fichten-
trieb. Nach Scheidter.
■124 Coleoptera. — 7. Familienieihe : Rynchophora.
Laubhölzer um einen, inmitten eines Nadelholzgebietes gelegenen Pflanzgarten
angebaut sind, sind sie zu entfernen. Zur Verhinderung der Eiablage sind
die Beete zur Zeit der Eiablage (Mai-Juni) dicht mit Ätzkalk zu bestreuen (siehe
oben S. 87). Befallene Beete sind nach Entfernung der noch gesunden Pflanzen
wiederholt tief umzugraben, wobei viele der zarthäutigen Larven vernichtet
werden; event. sind die Larven zu sammeln und zu zerdrücken. Daneben kann
durch Absammeln der Käfer (Abklopfen auf Tücher) von den benachbarten
Laubbäumen die Gefahr gemindert werden.
Als forstlich beachtenswert sind noch folgende Arten zu nennen:
Phyllobius argentatus L. Entblättert die Birken zuweilen vollständig ; in Buchenschlägen wieder-
holt in vernichtender Menge aufgetreten; mit andern Rüßlern zusammen eine Buchenkultur
von 4 — 6 ha völlig ruiniert (Altum). ,,Je lichter die Pflanzen stehen, desto größer die Zer-
störung" (Ratzeburg).
— viridicollis F. Bald an jungen Eichen, bald an Buchen, Birken, Weidea, Aspen, bald
sogar an Kiefern in Mengen fressend angetroffen; soll besonders die Knospen angreifen
(AI tum).
— glaucus Strl. (= ealcaratus F.). An Erlen als Schädling beobachtet.
— piri L. (= vespertiniis Gyll., 7nali GylL). Auf jungen Birken Kahlfraß verursacht, sowie
an den austreibenden Eichenknospen schädlich geworden (Altum, Ratzeburg). Auch an
Ulme, Hasel, Ahorn und Roßkastanie (Nördlinger).
— oblongus L. Auf allen Laubhölzern gemein, an Obstbäumen oft sehr schädlich durch Aus-
fressen der Knospen, Abfressen der Blüten und Benagen der Edelreiser.
— maculicornis Germ. Auf Buche und Birke häufig.
— urticae Deg. (= alnefi F.). Auf Erlen und Buchen (Eckstein 1882).
' Gattung Polydrosus Germ.
Lebensweise wie bei der vorigen Gattung: Käfer befrißt Nadeln, Blätter,
Rinde, Knospen; polyphag, doch scheinen einige Arten auf Nadelholz, andere
auf Laubholz sich zu beschränken. Entwicklung noch wenig erforscht, Larven
und Puppen im Boden (Beling 1883)^). Forstliche Bedeutung nicht er-
hebhch.
y;^i Polydr. (Metallites) moUis Germ, und atomarius Ol. (Grüne Fichten-
rüsselkäfer.)
Ersterer Gebirgstier, letzterer auch in der Ebene, beide auf Nadelholz,
ersterer auf Fichte beschränkt, letzterer auch an Kiefer und Tanne. Beide
greifen vorzugsweise die jungen Triebe in Stangenhölzern und Kulturen an,
die sie platzweise oder gar ringelnd benagen, so daß die Triebe nach einiger
Zeit umknicken und absterben. Der Fraß geht bisweilen bis aufs Mark, in einem
beobachteten Falle wurde selbst das Mark an 6 — 8 jährigen Pflanzen ausgefressen
(Altum 1898). Auch die Nadeln werden benagt; an der Kiefer nur die eben
hervorsprossenden kaum i cm langen Nadeln. Zunächst werden die Nadel-
scheiden durchgenagt und dann die jungen Nadeln von unten und von der
Fläche her angefressen, so daß die Oberteile der Nadeln herabhängen und
') Die Angabe von Taschenberg, daß sich die Larve (von Pol. cerviniis) in den
Spitzen der Eichen- und Birkenzweige entwickelt, beruht sicherlich auf einem Irrtum.
Curculionidae.
KurzrüRler.
325
welken (Abb. 162). Die Angabe, daß atomarius auch an jungen Buchen schädlich
aufgetreten sei, beruht vernautlich auf einer Verwechslung mit einer anderen Art.
Als natürliche Feinde bat Kunze (1870) zwei Mordwespen Cerceris variabilis
Schrk. und labrata F. beobachtet, die die Käfer in solcher Menge in ihre
Nester einschleppten, daß diese sie gar nicht alle auf-
nehmen konnten. Auch die rote Waldameise (Formica
ru/aj trägt die Grünrüßler oft massenhaft in ihre
Bauten,
Die beiden Grünrüßler sind mehrfach schädlich
vorgekommen: im Harz, in Thüringen, im Erzgeoirge,
Vogtland, im Schwarzwald (an Tannen) usw.
Sollte eine Bekämpfung nötig sein, so wird
man der Vermehrung am besten durch Abklopfen der
Käfer auf Tücher oder in Fangschirme (in den
Morgenstunden) begegnen.
I' S-ß Polydrosus micans F. (= moUis Ström.) und
cervinus L. /<</
Beide sind vorzugsweise Laubholztiere. Ersterer
soll hauptsächlich an jungen Buchen, Haseln und
Eichen vorkommen, letzterer au Eichen und Birken;
Blattknospen- und Rindenfraß. Altum beobachtete
an Eichen in Pfianzgärten aa Loden und jungen
Heistern Knospenfraß, wobei der Käfer mit feinem
Stich die Hülsen durchbohrte, um sich dann von den
zarten inneren Teilen zu nähren. Gelegentlich
scheinen die beiden auch an Nadelholz vorzukommen;
so soll mica?is einmal von jungen Eichen auf die
untergebauten 3jährigen Weymouthskiefern über-
gegangen sein und deren Nadeln so stark befressen
haben, daß sie nur durch rechtzeitiges Sammeln gerettet
wurden (Br. 1876); und covinus trat (im Harz) an
Lärchen schädlich auf. Zuerst wurden die neu-
gepflanzten Lärchen kahl gefressen und später die
vorjährige Pflanzung teilweise entnadelt. Erstere gingen
ein. Der Fraßverlauf am Stämmchen war von oben
nach unten.
Durch Abklopfen auf untergelegte Tücher wur-
den „Handkörbe voll" gesammelt.
Abb. 162. Käferfraß von.
Polydrosus (Metallites) ato-
marius Ol. an jungen Kiefer-
nadeln. — Nach Eckstein.
Außerdem finden sich in der forstlichen Literatur noch
genannt:
Polydrosus teretieollis Deg. Häufig auf Buchen.
— niarginatus Steph. An Eichen, Buchen, aber auch an Fichten, Kiefern und Lärchen
— sericeiis Schall. Auf Laubbäumen.
— picils F. Auf Birken und jungen Buchen.
326
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
/:Scythropus mustela Herbst.
Die einzige mitteleuropäische Art der sonst mediterranen Gattung wurde
von Baer (1908) in die Forstentomologie als beachtenswertes Kieferninsekt
eingeführt.
Die Lebensweise zeigt einige interessante Einzelheiten: Die Eiablage
findet nicht, wie bei den meisten Kurzrüßlern, in den Boden, sondern zwischen
zwei durch Kitt miteinander verbundene Nadeln (je 10 — 50 Eier) statt und
zwar von Ende April bis Mitte Juni (Abb. 163 A). Die Eier sind anfangs
milchweiß und eiförmig, 0,5 mm lang, später etwas gebräunt. Die nach etwa
5 Wochen auskommenden Larven lassen sich zu Boden fallen und verschwinden
gleich im Boden. Lange elastische Borstenhaare machen sie für diesen meist
I — 3 m hohen Sprung besonders geeignet.
B
Abb. 163. A Eiablage von Scythropus mustela Hrbst. zwischen verklebten Kiefernnadeln; letztere
ind voneinander getrennt, um die Eier und den dünnhäutigen Kitt zu zeigen. B Käferfraß von
Scythropus mustela an Kiefernnadeln. — Nach Baer.
Den Käfer findet man vom Frühjahr bis Spätherbst gewöhnlich an der
Kiefer und zwar meist an den Enden der Zweige, also an den jüngsten
Nadeln, in die er vom Rande her flachbogenförmige Ausschnitte frißt (Abb. 163B).
Das Fraßbild ähnelt sehr dem von Brachyderes, nur sind die Bögen von Scythropus
meist länger und vor allem auch flacher und es wird weniger der Endteil der
Nadeln bevorzugt (Baer 1904). Schaufuß (Calwer) gibt auch Fichte und
Tanne als Fraßpflanze an („Die Käfer benagen die männlichen Blütenkerzen
und Nadeln").
Forstlich kommt ihm nur geringe Bedeutung zu; immerhin kann der
Fraß besonders in Kulturen so auffallend sein, daß man ihn schon von weitem
Curculionidae. — Kurzrüßler. ^27
bemerkt, besonders auch infolge des weißlichen Scheines, der von dem verhärteten
Harze an den Wundrändern herrührt.
Bekämpfung kaum nötig; sonst wohl am besten durch Absammeln.
Gattung Sitona Germ.
Forstlich von geringer Bedeutung; in der forstlichen Literatur finden zwei
Arten Erwähnung: Sil. liiieaUis L. und Regen steinensis Hbst, (s. S. 315).
S. lineatus L. (Abb. 164A), der landwirtschaftlich durch Befressen der
jungen Blätter von Erbsen, Bohnen, Wicken, ferner von Klee und Luzerne sehr
schädlich werden kann (das Befressen geschieht nach Kurzrüßlerart vom Rande
ABC
Abb. 164. Sitona lineatus L. A Imago, B Larve, C Puppe von oben. — Nach Kemner.
her — daher ,, Blattrandkäfer" genannt), kann im Walde durch Befressen der
Kotyledonen und ersten Blätter der Robinie, sowie der letztjährigen Nadeln junger
Kiefern und Fichten in Saatbeeten und Kulturen sich unangenehm bemerkbar
machen (Beling 1883). Auch Nadelholzsamen soll er befressen (Altum).
S. Regensteinensis Hrbst. ist einmal in Gesellschaft anderer Kurzrüßler
{Strophosomus und Polydiosus) beim Eichenknospenfraß beobachtet worden.
/'^s Brachyderes incanus L.
Image siehe oben Seite 315 u. Abb. 160J.
Die Larve ist von Jakob i (1904) eingehend beschrieben. Sie unterscheidet sich von
der Otiorrhynchus -'Ldivve (siehe oben S. 316 u. Abb. 150) vor allem durch die Art der Be-
borstung: die geteilten Hinterleibsringe tragen dorsal auf den voideren Teilstücken in der Mitte
2, auf den hinteren beiderseits der Mittellinie 5 Borsten, von denen i, 2, 4 kurz und dom-
ähnlich mit verdickter Basis, 3 und 5 haarartig gebildet sind. Ventral stehen auf den Hinter-
leibsringen 4 — 10 seitlich je eine zweibehaarte Warze, am Hinterrand 6 kurze kräftige rotbraune
Borsten, die wohl zur Fortbewegimg dienen. Der After ist von einer Anzahl Chitinplatten um-
geben, die bei Otiorrh. niger fehlen.
Bei der Puppe stehen auf den Hinterleibsringen dorsal Querreihen von je 8 Wärzchen,
die je eine kurze braune Borste tragen. Der „hinfällige Anhang" ') {Appendix deeidua) der
Mandibeln ist fast doppelt so lang, wie die Mandibeln selbst.
*) Unter ,,hin fällige m Organ" versteht man den langen zangenartigen vorderen An-
hang der Mandibeln, der außer der Puppe von Brachi/deres noch vielen anderen Kurzrüßlern der
Gattungen Otiorrhynchus, Cneorrhinus, Strophosomus, Pohjdrosus, Phyllobius usw. zukommt,
der aber schon während oder kurz nach dem Herausarbeiten des Käfers aus dem Puppenl^er ab-
zubrechen pflegt unter Hinterlassung eines flachen narbenartigen Höckers auf der Außenseite jeder
Mandibel. Es handelt sich also lediglich um ein Puppenorgan. Über die Bedeutung
dieses Organes ist man sich noch völlig unklar (Jakobi).
321
Coleoptera.
Familienreihe : Rynchophora.
Br. znca?ius ist ein „Charaktertier der Kiefernheiden im Schonungs-
und Dickungsalter".
Überwinterung der Käfer unter Borkenschuppen usw. Eiablage im Frühjahr
im Boden. Die Larven nähren sich von Wurzeln, hauptsächlich von Kiefern.
Zuerst werden die dicken Wurzeln ihrer Rinde beraubt („in kleinen erbsengroßen,
etwas gestreckten Plätzen glatt abgenagt, weiterhin diese dichter beieinander ge-
setzt, so daß sie zu langen Streifen zusammenschmelzen und die Wurzel rings
umgeben^ bis diese schließlich auf Fingerlänge fast völlig kahl ist"); später werden
die feineren Seitenwurzeln angegangen, die geringelt oder auch auf langen Strecken
glatt entrindet werden (Jakobi
1904). Die Normalnahrung
scheinen die Wurzeln älterer 20-
und mehrjähriger Kiefern
(und vielleicht auch des Heide-
krautes) zu sein. Nur gelegent-
lich und un\er besonderen Ver-
hältnissen gehen sie an ganz junge
Kiefernpfianzen ; auch an 2 jäh-
rigen Fichten wurden sie ein-
mal beobachtet (Czech 1880).
Der Käfer befrißt die
Nadeln der Kiefer im Dickungs-
und Schonungsalter, 1) und zwar
meist die den Endknospen nahe-
stehenden Nadeln. Er läßt sich
wie andere Rüßler bei drohender
Gefahr zu Boden fallen, klettert
aber bald wieder empor und zwar
abermals bis zur höchsten Spitze.
Das Fraßbild ist charakterisiert
durch scharfehalbkreisförmig
ausgeschnittene Bogen, die
bei stärkerem Fraß zusammen-
fließen (Abb. 1 65 A). Der Fraß
reicht meist von der Spitze der
Nadeln bis zur Mitte und auch
darüber hinaus. Manchmal nagt der Käfer so tief, daß die Nadel durchbissen
wird. Regelmäßig treten Harztröpfchen an den Wundrändern aus, so daß die
Triebe von dem eingetrockneten Harz oft wie mit Kalk bestäubt aussehen. Die
Endknospen bleiben unverletzt. Ausnahmsweise scheint der Käfer auch an
ABC
Abb. 165. A Käferfraß von Brachyderes incanus L.
an Kiefernnadeln (kleine halbkreisförmige Scharten).
B Käferfraß von Cneorrhinus plagiatus Schall, an Kiefern-
nadeln (große eckige Scharten), C Käferfraß von Stro-
phosomus obesus Mrsh. an Kiefernnadeln. — Nach
Eckstein.
1) Daß er auch ältere Kiefern im Bestandsalter angeht, läßt sich daraus ersehen, daß er
oft in Massen unter dem Leimring angetroffen wird, wie ich bei der vorletzten Nonnenkalamität
in Sachsen wiederholt beobachten konnte.
Curculionidae. — Kurzrüßler. 220
Laubholz zu gehen; so soll er nach Ratzeburg auch an Birken merklich
schädlich geworden sein durch ausgedehnte Schälungen der Rinde.
Forstliche Bedeutung. — Brachyderes wird hauptsächlich älteren
Kiefernkulturen (8 — 15 Jahre) schädlich durch den Käferfraß. Dieser
ruft bei Massenvermehrung sehr auffallende Erscheinungen hervor und kann recht
unangenehm werden. Die Nadeln verfärben sich, werden gelbgrau und braun
und fallen schließlich samt der Scheide ab; infolgedessen sterben manche Zweige
ab. Meist aber bilden sie, da die Endknospen gewöhnlich erhalten bleiben, neue,
wenn auch kümmernde Triebe. Der Fraß kann sich über große Flächen von
vielen Hektaren ausdehnen; die befallenen Flächen machen einen trostlosen Ein-
druck und sehen wie verbrannt aus, wie ich selbst in Sachsen zu sehen Gelegen-
heit hatte.
Der Larvenfraß scheint in diesen älteren Kulturen keine nachhaltige
Wirkung auf die Pflanzen auszuüben. Dagegen wird der Larvenfraß in jungen
Kulturen {Saatbeeten usw.) tödlich; es sind mehrere ausgedehnte Zerstörungen
in Pfianzgärten beschrieben (Czech 1880, Jakobi 1904, Stein 1852).
Natürliche Feinde. — In dem von mir beobachteten Massen vorkommen
sah ich Grabwespen in großer Zahl bei der Arbeit, dann auch zahlreiche Spinnen.
In einer von Brachyderes stark bedrohten Kiefernkultur beobachtete Prof. Vater
(Tharandt) auffallend große Schwärme von Finken, die zweifellos an der natür-
lichen Beendigung der Kalamität Anteil hatten (persönliche Mitteilung).
Bekämpfung. — Wo es sich um Larvenfraß in Pfianzenbeeten handelt,
ist eine Bekämpfung sehr schwer; es kommen hier mehr die obengenannten ver-
schiedenen vorbeugenden Mittel in Betracht. Bei Käferfraß in jungen Kulturen
kann Absammeln (auf Tücher) usw. oder Bespritzen (mit Uraniagrün, Bleiarseniat,
Chlorbaryum usw.) empfohlen werden. Bei älteren Kulturen in größerer Aus-
dehnung dürfte Bekämpfung sich kaum lohnen, bezw. der Nutzen kaum im
Verhältnis zu den Kosten stehen.
-p/f Cneorrhinus plagiatus Schall.
Imago siehe oben Seite 315 u. Abb. 160 K.
Wie der vorige hauptsächlich Kieferninsekt, und zwar vorzugsweise auf
Sandböden vorkommend. Im Gegensatz zu Brachyderes geht der Käfer aber
besonders gern junge i — 2jährige Pflanzen an. Auch das Fraßbild zeigt
einen gewissen Gegensatz: während Biachyderes die Nadeln vornehmlich an der
Spitzenhälfte befrißt, beginnt Cneotrhinus den Fraß, wenigstens bei jungen Nadeln,
gewöhnlich an der Nadelbasis, über der Nadelscheide einsetzend und zwar in
kleinen unregelmäßig gezackten Bogen. Oft bleiben nur schmale Reste der Nadel
übrig, oft nagt der Käfer so intensiv, daß die Nadel über der Scheide durch-
gebissen wird. Bei älteren Nadeln nagt er größere Scharten in die Nadel-
kante (Abb. 165B), die aber nicht halbkreisförmig sind (wie bei Brachyderes)
sondern mehr eckig (Eckstein, Die Kiefer). Der Käfer benagt auch platzend
die zarte Rinde der jungen Pfiänzchen und vor allem auch die eben vor-
schiebenden Triebe.
330
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
Die Hauptfraßzeit fällt in den Monat Mai, in dem auch die Begattung
stattfindet. Der Fraß geschieht hauptsächlich in der Nacht und in den kühleren
Tagesstunden; während der wärmeren Tageszeit vergraben sich die meisten Käfer
in den Sand bis zu 3 cm Tiefe.
Außer an Kiefern wurde der Käfer auch an 4 — 5 jährigen Lärchen
(Nitsche i8g6) und an Eichenheistern (in Gesellschaft von anderen Kurz-
rüßlern) beim Ausfressen der Knospen beobachtet (Altum 1873).
Forstliche Bedeutung. — Cneorrhinus kann in sandigen Gegenden ein
schlimmer Schädling der Kiefernkultur werden. In Dünengebieten und
in der Hannoverschen Heide sind große Zerstörungen durch den Käfer angerichtet
worden und es ist zeitweise die Aufforstung mit jungen Pflänzchen unmöglich
gemacht worden (Altum 1873). An den
einzelnen Pflänzchen fanden sich durch-
schnittlich 5 — 30 Stück, an manchen noch
weit mehr, bis zu 70 Stück.
Bekämpfung. — Vorbeugen kann
man (in verdächtigen Gegenden) durch
starke Bodenbearbeitung, durch welche die
Larven in großer Zahl vernichtet werden;
außerdem durch Umgeben der Kulturen
mit Fanggräben. Sodann wird sich emp-
fehlen ältere Pflanzen zur Kultivierung zu
verwenden.
Die Vernichtung der Käfer kann ge-
schehen am besten durch Bespritzen mit
Giftflüssigkeit oder Absammeln (Käfer sehr
scheu); im letzteren Fall ist auch die
Sandschicht am Fuß der einzelnen Pflänz-
Abb. 166. Rindenplatzfraß von Stropho- chen auf während der Hitze dort vergrabene
somus obesus Mrsh. an einem Kieferntrieb. Käfer zu untersuchen.
Nach Eckstein.
Gattung Strophosomus Steph.
r/i Stroph. obesus Marsh.
Imago siehe oben Seite 315 u. Abb. 160 M.
Kommt vorzugsweise in Kiefernkulturen vor, wo der Ende April er-
scheinende Käfer namentlich i jährige Kiefern zunächst an den Nadeln, dann
an den Knospen und der Rinde (Abb, 166) benagt. Die Nadel zeigt einige
voneinander getrennte Fraßplätze, die meist mit steilem oder flachem Rand bis
zu der gewöhnlich mehr oder weniger gerade ausgenagten Grundfläche gehen
(Abb. 165C).
„Viele Nadeln halten den Fraß aus, sie verfärben sich höchstens in nächster
Nähe des Wundrandes ein wenig, andere dagegen kränkeln, werden in der Um-
gebung der Wunde gelb und brechen ab, bis noch ein weiteres Stück unter
Curculionidae. — Kurzrüßler.
331
Verfärbungserscheinungen abstirbt, und endlich das Nadelpaar mit der Scheide
abgestoßen wird" (Eckstein 1893).
Neben der genannten Vorzugsnahrung nimmt der Käfer auch alte Kiefern,
Schwarzkiefern (3 — lojährig), Weymouthskiefern und Douglasien an (Eck-
stein 1890). Außerdem wurde er auch auf Eichen (Kulturen, Schonungen,
Heisterpfianzen und auch älteren Stämmen), wo er die Knospen und die Rinde
befrißt, angetroffen. Endlich ist er auch auf jungen Buchen als Schädling
beobachtet worden.
Forstliche Bedeutung. — Seine Hauptbedeutung erlangt Str. obesus als
Kiefern-Kulturschädling. Mehrere Berichte über umfangreiche Zerstörungen
(in einem Falle 1 8 Hektar) von 1 jährigen Kiefernkulturen liegen aus Nord-
deutschland (Mecklenburg, Fürstenwalde usw.) vor (Altum 1875, Paschew 1886
Dewerth 1889). In zweiter Linie kommt er als Laubholzschädling in
Betracht. In Eichenschonungen und Heisterpfianzungen hat er (meist in Gemein-
schaft mit Str. coryli) manchen Schaden angerichtet, auch Eichenkulturen in
größeren Ausdehnungen vernichtet (Heß- Beck).
Bekämpfung. — Vorbeugung und Bekämpfung im allgemeinen wie beim
vorigen. Zum Fangen empfiehlt Altum Auslegen von Kiefernreisigbündeln,
durch die er angelockt wird und von denen er von Zeit zu Zeit auf Tücher
abgeklopft werden kann, oder auch das Anlegen von mit Nadelholzreisig gefüllten
Fanglöchern. Bei hochstämmigen Eichenheistern kann der Leimring angewandt
werden, durch den die abgeschüttelten Käfer am Wiederaufsteigen verhindert
werden.
Anhangsweise sei erwähnt: Strophosovtus limbatus F. (= lateralis Payk.), der im all-
gemeinen selten vorkommt, aber doch einmal (im Hannoverschen) schädlich in einer einjährigen
Kiefernstreifensaat aufgetreten ist, die er durch Abfressen der Nadeln völlig ruiniert hat
(Anonymus 1874).
A-zStroph. coryli F.
Der an dem schwarzen Nahtstreifen leicht kenntliche Rüßler (Abb. 160 L.)
lebt ähnlich wie Str. obesus, nur bevorzugt er als Fraßpflanzen junge Fichten
(kommt aber auch an Laubholz vor, s. unten). Überwinterung des Käfers im
Boden, Hauptflugzeit im Frühjahr, Eiablage im Boden. Die Larven nähren
sich von Gras- und Krautwurzeln, Verpuppung Juli- August im Boden (Beling
1883). Auskommen des Käfers August, September.
Die Larve ist (nach Beling) bis 5 mm lang und 2,3 mm dick und besitzt den typischen
Rüsselkäferhabitus. Der kleine, gelbbraune, unregelmäßig grob punktierte Kopf ist mit langen
und steil abstehenden bräunlichen Haaren spärlich besetzt. Jedes Hinterleibssegment auf der
Rückenseite mit einer Querreihe langer, steil abstehender, weitläufig stehender Haare besetzt; auf
der Bauchseite ebenfalls mit je einer Querreihe kurzer, spitzer, brauner, nach hinten gerichteter
Dornzähnchen.
Die Puppe (4 mm lang, 2 mm dick am Thorax) besitzt ebenfalls auf den ersten acht
Hinterleibssegmenten dorsal je eine Querreihe weitläufig stehender, sehr kleiner, nach hinten ge-
richteter brauner Dornzähnchen Endsegment mit 2 durch einen Zwischenraum getrennten,
in Horizontallinie stehenden Hautzähnchen , deren iedes an seinem Ende zwei gebräunte
Spitzchen trägt.
Der Jungkäfer frißt noch im Herbst; hauptsächlich jedoch im Frühjahr
und Sommer. Bevorzugte Fraßpflanzen sind 2 — 3 jährige Fichten, an denen
die Nadeln (vom Rande her), die Rinde (platzweise) und die Knospen benagt
,,2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
werden. Auch an älteren Fichten wui^de er gelegentlich beobachtet, wie er
durch Befressen der sich eben öffnenden Knospen und der jungen Nadeln
Schaden anrichtete (Altura 1894), und ebenso an jungen Kiefern und der
indischen Pinus e.xceha (s. Judeich-Nitsche).
Außer Nadelholz befällt ^orj'/? auch Laubholz, wie Hasel, Eichen, Birken
und Buchen, junge Pflanzen in Pflanzgärten, wie auch ältere Heister usw. Er befrißt
hier besonders die Knospen und die Rinde der jungen Triebe und auch die Blätter.
Forstlich kommt er in erster Linie als Schädling der Fichtenkulturen
in Betracht. Es werden eine ganze Reihe von größeren Kulturzerstörungen durch
ihn (hauptsächlich aus Nord- und Mitteldeutschland) in der forstlichen Literatur
bekannt gemacht (Aßmann 1875, Ranff"t 1876, Brachmann 1879, Altum 1894).
Häufig teilten sich noch andere Rüsselkäfer in das Zerstörungswerk, wie Otiorrh.
sepientrionis^ singularis^ Stroph. obesus und Hylobius abieiis'. Wo letzterer in Gesell-
schaft war, nahm er meist die älteren, coryli die jüngeren Pflanzen an; oder
wo beide gemeinsam an einer Pflanze vorkamen, befraß coryli meist nur die
jüngeren, Hvlobius die älteren Teile derselben.
Auch als Laubholzschädling hat coryli schon empfindlichen Schaden
verursacht, besonders in Pflanzgärten, in denen er verschiedentlich den größten
Teil der jüngeren Pflanzen tötete. Auch Heister, besonders Eichen, haben mit-
unter arg unter seinen Angiiff"en zu leiden: Kümmern, Absterben der Triebe
und der Wipfel (Kirchner 1878).
Bekämpfung wie beim vorigen.
/'/] ßarypithes araneiformis Schrk.
(= Omias brunnipes Oliv.)
Der 2,5 — 3,5 mm lange, lebhaft glänzende, braune Käfer (Abb. 167) über-
wintert als Imago unter Moos, Steinen, abgefallenem Laub usw., erscheint im
Frühjahr (Mai, Juni) an der Oberfläche zum Fraß und zur
Fortpflanzung. Eiablage im Boden, in unmittelbarer Nähe
der von ihm beschädigten Pflanzen. Die nach 2 Wochen
schlüpfenden Larven nähren sich von feinen Wurzeln. Ende
Juli erscheinen die jungen Käfer. Da um diese Zeit auch
noch alte Käfer vorhanden sind, so sind das ganze Jahr und
den größten Teil des Sommers hindurch Käfer anzutreffen.
Der Käfer geht nur des Nachts auf Fraß aus (am
Tage ist er in der Bodenstreu unter Blättern, Moos usw.
versteckt). Seine Hauptnahrung besteht aus weichen
jungen Pflanzenteilen, vor allem Knospen und Schöß-
lingen. Die bevorzugten Nahrungspflanzen scheinen
Weiden zu sein, an denen er olt in großen Mengen an
Abb. 167. Barypithes den Ausschlagknospen fressend angetrofi"en wurde, und zwar
araneiformis Schrk. meist unmittelbar über der Erde bis zu einer Höhe von
Vergr. Original. g^^^ 3 ^^ (Krähe bei Altum 1892). Des weiteren wurde er
beobachtet in Eichen- und Kastanien niederwald-
schlägen, in derselben Weise fressend, auch an Eichenkotyledonen, ferner in
einer jungen Kiefernpflanzung, die jungen eben austreibenden Schosse an-
stechend, endlich auch an Fichtenschößchen nagend (Nördlinger).
Curculionidae. — Kurzrüßler. 3_J3
Forstliche Bedeutung. — Seine Hauptbedeutung erlangt er als Schäd-
ling in Korbweidenanlagen, wo durch Ausfressen sämtlicher Ausschlag-
knospen der im Frühjahr zu erwartende Ausschlag nach dem Schnitt vollkommen
ausbleiben kann. Die Zerstörungen können zeitweise einen recht bedeutenden
Umfang annehmen (Krähe- Altum 1. c). Demgegenüber dürften, wenigstens nach
den bis heute vorliegenden Beobachtungen, die Beschädigungen an anderen
Pflanzen weniger bedeutungsvoll sein. In Eichenniederwäldern kann er aller-
dings, wie in den Weidenanlagen, durch Zerstörung der Ausschlagknospen emp-
findlich schaden. Bei der Beurteilung der Schädlichkeit des Käfers ist zu beachten,
daß er bei seiner versteckten Lebensweise leicht übersehen werden kann und
daß in der Praxis vielleicht manche Schäden, die von ihm herrühren, auf andere
Ursachen zurückgeführt werden.
Bekämpfung. — In Weidenanlagen empfiehlt Krähe, wenigstens eine
Rute auf jedem Stock stehen zu lassen (damit dieser bei Zerstörung der Aus-
schlagknospen nicht abstirbt); ferner Sammeln der Käfer durch Auslegen von
Runkel- und Mohrrübenscheiben, (Rindenstücke, Moosplaggen usw. werden ähnliche
Dienste tun).
Ein verwandter Rüßler, Oinias forticornis Boh. (von den vorigen durch den gedrungeneren
Bau, die kräftigeren Fühler und die kiirzeren, breiteren nach unten geschlossenen t ühlergrubea
unterschieden; Körper rötlichbraun, wenig glänzend, fein und kurz schräg abstehend behaart) ist
einmal in einer Bjchelsaat bchädlich aufgetreten, die er fast gänzlich vernichtete (Nördlinger S. 17).
Literatur über Kurzrüßler.
Altum. 1873, Cnreulio gemmntus (= Cneorrhinus plagiatus). — In : Z. f. F. u. J., S. 32 — 39,
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Langrüßler.
(Curculiones phaiierognathi, Rhynchaenides.)
Systematik.
Übersicht über die Gattungen der Langrüßler.
Fühler ganz nahe den Augen eingefügt, Fühlerfurche grubenförmig (Abb. 168 m),
Rüssel an der Basis (bei der Insertionstelle der Fühler) stark verdickt.
Fühlerkeule ungegliedert. Kleine (27^ — 3V2 '""'') braungefärbte Tiere, mit
tiefer grubenförmiger Punktierung auf Halsschild und Flügeldecken und
spärlicher Behaarung Calandra Clairv.
Fühler mehr oder weniger von den Augen entfernt eingelenkt, Fühlerfurche
rinnenförmig (Abb. 168, mit Ausnahme von m) 2
Curculionidae. — Langrüßler.
335
2. Drittes Taisenglied nur wenig breiter als das zweite, kaum gelappt, Klauen-
glied sehr lang und dünn, fast so lang als die übrigen Glieder zusammen.
Fühlerkeule nur undeutlich gegliedert (Abb. 168I). Unbehaarte, braun
oder braunschwarz gefärbte Tiere 3
Drittes Tarsenglied stark verbreitert und gelappt, Klauenglied höchstens so
lang als das 2. und 3. Tarsenglied zusammen 4
3. Rüssel vor der Einlenkungsstelle der Fühler stark spatenförmig verbreitert und
abgeflacht, Kopf zwischen den Augen mit tiefen Grübchen. Größere Formen,
41^^^ _6 mm. Fühler vor der Mitte des Rüssels eingefügt, Fühlerfurche
weit vor den Augen, ungefähr in der Mitte des Rüssels, endigend (Abb. 168 1).
Cossonus Clairv.
— Rüssel an der Fühlereinlenkungsstelle nicht stärker verbreitert. Kopf zwischen
den Augen ohne oder nur mit angedeutetem Grübchen. Kleinere Formen,
3—4 mm. Fühler in der Mitte oder etwas hinter derselben eingefügt;
Fühlerfurche bis zu den Augen reichend Rhyncohis Steph.
4. Fühler nahe der Spitze eingefügt, Fühlerfurche im vorderen Teil von oben
sichtbar, Rüssel ziemlich kurz und dick (oder wenigstens vorn deutlich ver-
breitert), meist mit deutlichem Längskiel (Abb. 168 a) 5
g h i k l m
Abb. 168. Kopf mit Fühlerfurche von a Hylobius, b Pissodes, c Cryptorrhynchus, d Brachonyx,
e Ceutorrhynchus, f Magdalis, g Orchestes, h Cionus, i Anthonomus, k Balaninus, 1 Cossonus,
m Calandra. — Nach Reitter.
— Fühler mehr in der Mitte eingelenkt, Fühlerfurche von oben nicht sichtbar,
Rüssel meistens ziemlich lang und dünn 6
5. Fühlerfurche sehr schräg nach abwärts gebogen, vor den Augen endigend,
Rüssel kurz und dick, mit starkem Längskiel, Flügeldecken schwarz mit
weißlichgrauer fleckiger Behaarung (Abb. 179), Große Formen, 10 — 15 mm.
Cleonus Schönh.
— Fühlerfurche bis zu den Augen verlaufend (Abb. 168 a), Rüssel länger, vorne
deutlich verbreitert, mit nur wenig erhabenem Längskiel; Flügeldecken
braunschwarz mit gelblichen Haarbinden und Flecken (Abb. 171). Große
Formen, 9— 14 mm Hylobius Schönh.
6. Vorderbrust mit Rüsselfurche, in welche der Rüssel eingeschlagen werden
kann (Abb. 194) 7
— Vorderbrust ohne Rüsselfurche 8
7. Größere Form, 6— 10 mm, Flügeldecken länglich mit parallelen Seiten, an der
Spitze schnabelförmig verengt, mit grober Skulptur, mit großen, runden,
hellen Schuppen, besonders im letzten Drittel und mit einzelnen schwarzen
Borstenbüscheln Cryptorrhynchus 111.
tt6 Coleopteia. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
— Kleinere Formen, i^/, — 4 mm, Flügeldecken meist kurz und breit gebaut,
mit gerundeten Seiten Ceidorrhynchus Germ.
8. Hinterschenkel verdickt (Sprungbeine) (Abb. 170F). Kleinere, 2 — 3 mm,
länglich-ovale Tiere, mit mehr weniger anliegend behaartem Körper. Rüssel
in der Ruhe an die Vorderbrust ^zwischen den Vorderhüften) angelegt . Orchesles 111.
— Hinterschenkel nicht auffallend verdickt, kein Sprungvermögen . .... 9
9. Flügeldecken einfarbig blau oder grün oder schwarz. Oberseite kahl oder nur
ganz spärlich behaart. Körper gestreckt, Flügeldecken mit ziemlich geraden
Seiten, nach hinten zuweilen etwas verbreitert. Halsschild häufig bald m
der Mitte, bald nahe der Spitze mit beuligen Auftreibungen oder Zähnchen.
Schenkel meist gezähnt (Abb. 170A) Magdalis Germ.
— Flügeldecken braun oder braunschwarz oder wenigstens durch mehr oder weniger
dichte Behaarung oder Beschuppung ganz oder stellenweise heller gefärbt . 10
10. Halsschild an der Basis viel schmäler als die Flügeldecken; letztere meist mit
gemeinsamem schwarzen Nahtfleck. Flügeldecken kurz und breit, die beiden
Flügeldecken zusammen fast breiter als lang (Abb. 170C). Körper meist
klein Cioniis Clairv.
— Halsschild an der Basis nicht oder nur wenig schmäler als die Flügeldecken;
letztere ohne gemeinsamen schwarzen Nahtfleck. Flügeldecken länger, zu-
sammen deutlich schmäler als lang 11
11. Schenkel gezähnt (Abb. 170B u. D) 12
— Schenkel ungezähnt (Abb. 170E) 13
12. Flügeldecken fast dreieckig, von der Schulter an nach hinten verengt, Rüssel
auffallend lang und dünn, etwa •^^ so lang (bisweilen sogar länger) als die
Flügeldecken (Abb. 168 k u. 170B). Oberseite meist grau oder braun,
scheckig beschuppt oder behaart. Größere Formen, 6 — 9 mm . . Balaniniis Germ.
— Flügeldecken nach hinten eher etwas verbreitert. Rüssel nicht auffallend lang,
etwa halb so lang als die Flügeldecken (Abb. 170D). Kleinere Formen,
2 — 4V2 nim. Oberseite verschieden gefärbt Anthonomus Germ.
13. Größere Formen, 5 — 10 mm; Flügeldecken braun oder braunschwarz, mit gelb-
lichen Schuppenflecken oder Binden (Abb. 185) Pissodes Germ.
— Kleinere Formen, 2 — 3 mm; Flügeldecken einfarbig, ohne Schuppenbinden
(Abb. 170 E) Braehonyx Schön.
Gattung Cleonus Schönh.
Durch seinen verhältnismäßig kurzen und dicken Rüssel und die Insertion der Fühler
nahe der Rüsselspitze gewissermaßen einen Übergang von den Kurz- zu den Langrüßlern
darstellend. Eine besonders im Osten der paläarktischen Region sehr artenreiche Gattung, von
denen hier nur 2 Arten genannt seien;
Cl. glaucus F. {=turbattis Fahr.). Schwarz, teilweise grau behaart. Oberfläche sehr groß
skulpiert. Die graue Behaarung auf den Flügeldecken ist durch zwei unbehaarte, schwarze,
schräg verlaufende Querbinden mehr oder weniger unterbrochen (siehe Abb. 179). Rüssel
mit stark erhabenem Längskiel, beiderseits davon dicht grau behaart. Länge 12 — 14 mm.
In ganz Europa, in sandigen Gegenden.
Cl. punct'iventns Germ. Etwas kleiner als glmicus\ hauptsächlich dadurch von diesem unter-
schieden, daß Glied 2 der Fühlergeißel länger ist als i (bei glaucus deutlich kürzer).
Körper grauweißlich oder gelblich beschuppt, Flügeldecken mit einer, oft nur undeutlichen,
dunkleren Schrägbinde. Hauptsächlich im Südosten Europas auf P'eldern. Landwirt-
schaftlich sehr schädlich.
Gattung Hylobius Schönh.
■ Die forstlich ungemein wichtige Gattung enthält drei Arten; die alle darin überein-
stimmen, daß sie heller oder dunkler gefärbt und mit gelben Haaren stellenweise bedeckt sind
(siehe Abb. 171, S. 343).
I. Halsschild uneben, mit mehreren dorsalen Eindrücken, Schildchen glatt und
glänzend, Schenkel kaum oder nur schwach gezähnt, Flügeldecken mit zer-
streuten gelben Haa^-fl eckchen. Größte Art, 12 — 16 mm . . piceus Deg. {=pineti F.)
— Haisschild gleichmäßig gewölbt, ohne dorsale Eindrücke, oft aber mit feinem
verkürzten Mittelkiel, Schenkel deutlich gezähnt. Schildchen deutlich punk-
tiert und behaart 2
Curculionidae. — Langrüßler. Systematik.
337
Größe 8 — 13mm; Halsschild grob, längs gerunzelt punktiert; die Punktstreifen
der Flügeldecken bis zur Basis nahezu gleich stark (Abb. 169 A, a) Bauch
an den Seiten gelbfleckig behaart. Häufigste und schädlichste Art. („Der
große braune Rüsselkäfer.") Siehe Abb. 171 S. 343 abietis L.
Kleiner "j^j.-, — 9'/., mm. Halsschild dicht und stark punktiert, die Punkte rund,
die Zwischenräume zwischen den Punkten meist oder nur an einzelnen
Stellen zu Längsrunzeln zusammenlaufend. Punktstreifen auf den Flügel-
decken, an der Basis stärker, nach hinten allmählich schwächer werdend
(Abb. 169 A, b). Bauch ziemlich gleichmäßig behaart. (..Der kleine
Rüsselkäfer") pinastri Gyll. ')
Abb. 169 A. Halsschild- und Flügeldeckenskulptur
von Hylobius abietis L., b von Hyl. pinastri Gyll. — Orig.
Gattung Pissodes Germ.
Diese forstlich ebenfalls sehr wichtige Gattung ist habituell der vorigen in Form und
Färbung ähnlich : doch ist eine Verwechslung ausgeschlossen, wenn man folgende 2 Punkte be-
achtet: bei Hylobius sind die Flügeldecken wesentlich breiter als die Basis des Halsschildes, bei
Pissodes nicht oder nur wenig breiter. Bei Hylobius sind ferner die Fühler nahe der Spitze
des relativ dicken Rüssels eingelenkt, bei Pissodes annähernd in der Mitte des dünnen Rüssels
(Abb. 168 A u. B). Die habituelle Ähnlichkeit der beiden Gattungen beruht nicht auf enger
Verwandtschaft, sondern ist wohl eher als Konvergenzerscheinung aufzufassen.
Die Gattung Pissodes enthält 7 Arten, die alle forstlich mehr oder weniger wichtig sind:
I. Hinterecken des Halsschildes scharf (Abb. 169 B, a u. b) 2
— Hinterecken des Halsschildes stumpf oder gerundet (Abb. 169 B, c) .... 6
') Die Trennung der beiden Arten abietis und ])inastri ist mitunter sehr schwer, so
daß Zweifel, ob es sich wirklich um zwei verschiedene Arten handelt, nicht ganz unberechtigt
sind. Die Frage bedarf noch der Klärung.
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 22
7.7.S Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora. »
2. Hinterecken des Halsschildes spitzig, etwas nach außen vorstehend; Basis des
Halsschildes deutlich doppelbuchtig (Abb. 169 B, b); die großen gnibenförmigen
Punkte auf den Flügeldecken erst ziemlich weit hinter der Flügelbasis be-
ginnend, die hintere Flügelbinde meist außen breiter als innen .... 3
— Hinterecken des Halsschildes rechtwinkelig, nicht vorstehend, Basis des Hals-
schildes nicht oder nur schwach doppelbuchtig (Abb. 169 B, a) . . . . 4
3. Streifen der Flügeldecken mit sehr großen grubenförmigen Punkten, der dritte
und fünfte Zwischenraum zwischen den Punktstreifen deutlich erhaben; vor
der Mitte ohne ausgebildete hellere Haarquerbinde. Größere Form 7 bis
10 mm (Abb. 185 A). In Tannenbeständen pieeae 111.
— Streifen mit regelmäßig gestellten und viel kleineren grubenförmigen Punkten;
Zwischenräume 3 und 5 nur wenig erhaben; vor der Mitte mit einem
queren bindenartigen gelben Querfleck; hinter der Mitte mit einer doppel-
farbigen Querbinde, außen gelb, innen weißlich grau. Kleinere Art, 5 — 7 mm
(Abb. 185 B). In Kiefernkulturen notattis F.
4. Streifen der Flügeldecken mit großen 4 eckigen grubenförmigen Punkten; hintere
Binde schmal einfarbig. Größere Formen 7 — 9 mm (Abb. 185 C). In
Kiefernbeständen pini L.
— Streifen der Flügeldecken gleichmäßig, nicht grubenförmig eingerissen punktiert;
hintere Binde meist außen breiter als innen und meist 2 farbig .... 5
5. Größe 5 — 6 mm, rostbraun, reichlich verschwommen beschuppt, Flügeldecken
fein gestreift mit grob gekörnten Zwischenräumen. Die vordere Schuppen-
binde meist nur aus 2 Flecken bestehend, die hintere außen breiter als
innen, meist außen gelb, innen weißlich (Abb. 185 D). In Kiefernzapfen
mlidirostris Gyli.
Abb. 169 B. Halsschildhinterecken a von Pissodes validirostris Gyll. und scabricoUis Mill., b von
Pissodes notatus F., c von Pissodes piniphilus Hrbst. und harcyniae Hrbst. — Nach Severin.
— Kleiner (4 — 5 mm), schwarzbraun, Flügeldecken stärker gestreift mit feinen und
dicht gekörnelten Zwischenräumen, die vordeie Binde meist stark reduziert
auf einen Punkt. Hintere Binde außen breiter als innen, meist wie bei der
vorigen doppelfarbig. An Fichten scabricoUis Mill.
6. Flügeldecken mit nur einer breiten beschuppten Querbinde dicht hinter der
Mitte. Oberseite außerdem mäßig beschuppt. Grundfarbe des Körpers rost-
braun. Länge 4 — 5 mm (Abb. 185F). In Kiefernscangenholz . . piniphilus Hbst.
— Flügeldecken mit 2 hellgelben mehr oder weniger vollkommenen Schuppen-
binden, I vor und i hinter der Mitte. Oberseite außerdem fast kahl. Farbe
des Körpers bravmschwarz. Länge 5— 6 mm (Abb. 185 E). In Fichten-
wäldern harcyniae Hbst.
Gattung Magdalis Germ.
Die durch ihren einfarbig blauen, grünen oder schwarzen und fast kahlen
Körper ausgezeichnete Gattung enthält eine Reihe forstlich beachtenswerter Arten:
1. Rüssel kurz und gerade, kaum länger als der Kopf; Seiten des Halsschildes
in oder hinter der Mitte mit einem kleinen Höckerchen. Fühler gelb, un-
gefähr in der Mitte des Rüssels eingefügt, Körper klein, 2 — 372 miWi schwarz,
fast matt. Auf Laubholz (Obst usw.) ruficornis L.
— Rüssel länger als der Kopf, mehr oder weniger gebogen .... ... 2
2. Halsschild dicht hinter den Vorderecken mit einem kräftigen, nach außen ge-
richteten Zahn. Körper schwarz, fast matt; 2^/j — 4*/^ mm. Auf Laubholz
(Ulmen) armigera GeofFr.
— Halsächild ohne Zahn hinter den Vorderecken 3
Curculionidae. — Langrüßler. Systematik.
339
3. Augen aus der Wölbung des Kopfes stark hervortretend. — Oberseite blau
oder grün, die Zwischenräume der Punktstreifen auf den Flügeldecken dicht
und ziemlich stark, mehrreihig oder dicht verworren punktiert. Länge 4 bis
5 mm. An Kiefer phleg?naticu Hbst.
— Augen aus der Wölbung des Kopfes nicht hervortretend 4
4. Körper ganz schwarz, glänzend, Flügeldecken am Grunde nicht hautartig ge-
netzt, mit groben, gitterartigen Punktstreifen, die Zwischenräume schmal,
nicht breiter als die Streifen, einfach punktiert. Größte Art, 5 — 9 mm. An
Kiefer meutno)üa Gyll.
— Oberseite blau oder dunkelgrün 5
5. Die Basis der Flügeldecken stark im Halbbogen gerundet, daher in der Mitte
oder gegen das .Schildchen stärker gerundet vorgezogen, Kopf dicht und
deutlich punktiert, Rüssel stark gebogen .6
\ \.i/ P
Abb. 170. Verschiedene Langrüßler
fraxini Deg., D Anthonomus varians Payk
E F
A Magdalis violacea L., B Balaninus nucum L., C Cionus
E Brachonyx pinetiPayk., F Orchestes faglL. — Orig.
— Die Basis der Flügeldecken von der Mitte nach außen gerade, horizontal ver-
laufend, innen um das Schildchen gebogen. Kopf schwach oder undeutlich
punktiert, Rüssel schwach gebogen. 3^/.^ — 5 mm (Abb. 170 A). Entwicklung
in Fichte, Käfer auch auf Birke violacea L.
6. Größere Art; 372 — 5 mm. Zwischenräume der Punktstreifen auf den Flügel-
decken mit einer sehr feinen, seichten Raspelpunktreihe, die Punkte von
hinten nach vorne eingestochen, daher der Vorderrand der Punkte glänzender
und etwas aufgeworfen. An Kiefer frontalis Gyll.
— Kleinere Art; 3 — 3V2 mm. Zwischenräume der Punktstreifen auf den dunkleren
Flügeldecken schmäler, dichter und stärker i — 2 reihig punktiert, die Punkte
einfach eingestochen. An Kiefer duplieata Germ.
22*
340
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Gattung Orchestes III. (= Rhynchaenns Clairv.).
Von den zahlreichen Springrüßlern sind als forstlich beachtenswert folgende 4 Arten
zu nennen :
1. Oberseite vorherrschend rot oder gelbbraun mit oder ohne Zeichnung ... 2
— Oberseite vorherrschend schwarz 3
2. Flügedecken einfarbig gelbbraun, dicht behaart, Halsschild mit feiner Mittel-
furche, die goldgelbe Behaanmg neben der Mittellinie kurz, horizontal ge-
scheitelt. Auf Eichen. 2'/., — 3'/2 t"'" quercus L.
— Flügeldecken mit schwarzen Makeln (von variabler Gestaltung und Zahl), ge-
wöhnlich eine kleine schräge hinter der Basis und eine quere gemeinschaft-
liche auf der Scheibe hinter der Mitte. 2'/^ — 3 mm. Auf Ulvms und
Alnus alni L.
3. Hinterschenkel stark verdickt (Abb. 170F), Seiten der Mittel- und Hinterbrust
nicht weiß beschuppt. Schw'arz, fein behaart, Fühler und Tarsen rot.
2 — 2'/2 mm. Auf Buchen fagi L.
— Hinterschenkel schwach verdickt, Seiten der Mittel- und Hinterbrust dicht weiß
beschuppt. Oberseite wenig dicht behaart. Fühler und Beine gelbrot,
höchstens die Schenkel gebräunt. 2 — 2'/,, mm. Auf Weiden und Pappeln popidi F,
Gattung Balaninus Germ.
Von den durch den auffallend langen und dünnen Rüssel ausgezeichneten „Nußbohrern-'
sind hier zu nennen :
1. Schildchen lang und schmal, Körper schmal. Rüssel beim 2 so lang als der
Körper, doppelt so lang als beim (^. Oberseite mit weißlichen oder blaß
gelblichen Schuppenhärchen besetzt elephas Gyll.
— Schildchen annähernd quadratisch, Körper breiter 2
2. Naht der Flügeldecken hinten mit deutlich abstehendem Haarkamm, Fühler-
geißel dicht abstehend behaart, die letzten Glieder i '/j mal so lang als breit.
Länge 5—7 mm (Abb. 170B) nucum L.
— Naht der Flügeldecken hinten ohne abstehenden Haarkamm, Fühlergeißel nur
mit einzelnen abstehenden Haaren, das letzte Geißelglied doppelt so lang als
breit. 6 — 9 mm glandmm. Mrsh. (= tessellatus Fr., turbatus Gyll.)
Gattung Anthonomus Germ.
Enthält mehrere landwirtschaftlich zum Teil sehr schädliche Arten (z. B. „Apfelblüten-
stecher"); forstlich ist nur eine Art nennenswert:
Ä. varians Payk. („Kiefernknospenstecher", Abb. 170D). Oberseite gleichmäßig be-
haart, Flügeldecken ohne Haarbindenzeichnung. Schildchen meist länger als breit, Halsschild
viel schmäler als die Flügeldecken. Gesättigt rot, Flügeldecken oft dunkel gerändert, Kopf,
Rüssel, die ganze Unterseite und die Tarsen schwarz; Rüssel dünn und rund, glänzend spärlich
punktiert. An Kiefern und Fichten. 2'/., — 3 mm.
Gattung Brachonyx Schönh.
Enthält nur eine Art :
Br. pineti Payk. („Kiefernscheidenrüßler", Abb. 170E). Ein kleiner schmaler Rüßler
mit parallelen Seiten und langem dünnem Rüssel. Oberseite, Fühler und Beine hell rostbraun.
Rüssel und Unterseite schwarz. Der ganze Körper sparsam gelblich behaart. Länge 2.3 bis
2,8 mm.
Gattung Cionus Clairv.
Die einzige forstliche Art (neuerdings in die Gattung Stereonychus Suffr. gestellt) ist
G. fraxini Deg. („Eschenrüsselkäfer"). Durch den Besitz von nur einer Klaue von den übrigen
Cioninen ausgezeichnet. Oberseite braun beschuppt, die Mitte des Halsschildes, sowie ein mehr
oder weniger ausgesprochener und scharf begrenzter, gemeinsamer länglicher Nahtfleck vor der
Mitte der Flügeldecken dunkler beschuppt (Abb. 170C). Hinter diesem Nahtfleck ein wenig
auffälliger, querer, schlecht begrenzter hellerer Schuppenfleck. Färbung übrigens sehr variabel.
Länge 3 mm. Auf Eschen.
Curculionidae. — Langrüßler. Systematik. 24 1
Gattung Cryptorrhynchus 111.
Die durch die Rüsselfurclie in der Vorderbrust leicht kenntliche Gattung enthält nur
eine Art:
Cr. lapathi L. („Erlenwürger", siehe Abb. 194, S. 406). Schwarz oder pechbraun,
dimkel beschuppt und sehr kurz beborstet, die Seiten des Halsschildes, das letzte Drittel der
Flügeldecken und meist auch noch einige kleine Fleckchen auf der Scheibe der letzteren, dicht
weiß und gelbweiß beschuppt. Auf der Scheibe des Halsschildes und der Flügeldecken ver-
einzelt schwarze Borstenbüschel. Länge 5'/j — 9 mm. An Erlen, Weiden und Pappeln.
Die ebenfalls durch Rüsselrinne ausgezeichnete Gattung Ceutorrhynchus Germ, enthält
meist nur kleine Arten von 2— 3V2 mm und ist forstlich ohne Bedeutung. Landwirtschaftlich
dagegen können einige Arten sehr schädlich werden (z. B. Ceutorrhynchus sulcicollis Thoms,
,,der Kohlgallrüßler").
Gattung Cossonus Clairv.
Die Gattung Cossonus weicht im Habitus (wie auch in der Biologie) in manchen Punkten
so sehr von den übrigen Rüsselkäfern ab, daß sie von einigen Autoien zusammen mit der
folgenden und noch einigen anderen Gattungen als besondere Familie aufgefaßt wurde, die ge-
wissermaßen den Übergang zwischen den Rüssel- und Borkenkäfern darstellt.
Die zwei häufigsten Arten sind:
C parallelepiptdus Hbst. — Dunkelkastanienbraun mit rostroten Flügeldecken. Die
Zwischenräume auf den Flügeln viel breiter als die Streifen. Rüssel fast doppelt so lang als
der Kopf. Länge ^^1^ — ö mm.
C. linearis F. — Ebenso gefärbt. Die Zwischenräume auf den Flügeldecken nicht
breiter als diese. Rüssel kurz, nur wenig länger als der Kopf. Länge 472 — 5 mm.
Gattung Rhyncolus Steph.
Die Rhyncolus • Alten sehen zum Teile gewissen Borkenkäfern (Hylesinen) zum Ver-
wechseln ähnlich. Sie sind meist noch wesentlich kleiner als die Cossomis-Anen, schwarz oder
braunschwarz oder braun gefärbt.
Von deQ zahlreichen Arten, die alle in anbrüchigem Holz leben, seien folgende hier
genannt :
1. Rüssel breit, so breit als der Kopf zwischen dem Vorderrand der Augen,
mindestens so lang als der Kopf, konisch. Halsschild fast quadratisch,
grob punktiert, Flügeldecken mit groben Punktstreifen. Länge 3 — 4 mm
Bh. (Ercmotes) porcatus Germ.
— Rüssel schmäler als der Kopf zwischen den Augen, zylindrisch 2
2. Fühlerkeule bgliedrig, Flügeldecken nach außen und hinten zu mit fein raspel-
artiger Skulptur. Einfarbig kastanienbraun, glänzend. 3 mm . . Rh. culinaris Germ.
— Fühlerkeule 7 ghederig. Flügeldecken ohne raspelartige Struktur. Dunkelbraun,
Fühler und Tarsen heller. 3 mm Rh. truncorum Germ.
Gattung Calandra Clairv.
Die durch die stark den Augen genäherte Insertion der Fühler ausgezeichnete Gattung
enthält nur zwei Arten von 2 — 3'/2 mm und dunkelbrauner Färbung [^C. granaria L. und
0ryzae L.), die in Getreide und Reisvorräten leben.
Biologie und forstliches Verhalten der Langrüßler.
Während alle Kurzrüßler biologisch und forstlich sich ähnlich verhalten,
zeigen die Langrüßler eine recht verschiedene Lebensweise: die einen schaden
nur durch Käferfraß, während der Larvenfraß völlig gleichgültig ist {ffy/obi'us),
die anderen umgekehrt hauptsächlich durch Larven fraß {Pissodes usw.), wieder
andere [Anthonomus.^ Brachojiyx) durch Larven- und Käferfraß. Der Käfer-
fraß kann stattfinden an der Rinde [Hylobius), an den Blättern oder an den
Nadeln {Magdalis.^ Ciofius, Äntkonomus, Brachonvx). Der Larvenfraß kann statt-
2 4.2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
finden unter der Rinde in den saftleitenden Schichten und im Holz {Pissodes,
Cryptorrhynchus , Magdalis) ^ in Blattorganen [Or ehestes)^ in Knospen und
Blüten {Anthonomus und Brachonyx) oder in Früchten {Balaninus). Außerdem
gibt es auch rein technische Schädlinge unter den Langrüßlern, die nur in totem
Holze ihre Entwicklung durchmachen.
Die Langrüßler spielen forstlich im allgemeinen eine weit bedeutendere
Rolle als die Kurzrüßler. Gehört doch zu ihnen einer der schlimmsten, ja wir
können wohl sagen, der schlimmste Feind der Forstkulturen, nämlich HyloUus\
auch die Pissodes- kxXj&v^. sind forstlich sehr bedeutungsvoll. Wir sind über die
Biologie der meisten Arten besser unterrichtet, als dies bei den Kurzrüßlern der
Fall war, wenn auch hier, selbst bei den wichtigsten Formen, unser Wissen
zum Teil noch lückenhaft ist.
Die biologisch- forstlichen Gruppen fallen im allgemeinen mit den syste-
matischen zusammen, d. h. die meisten der einzelnen Gattungen zeigen einen
charakteristischen biologisch-forstlichen Habitus.
Gattung Hylobius Schönh.
Von den 3 oben (S. 337) gekennzeichneten Arten interessieren uns in
erster Linie: ahietis und ptjiasiri, die sich biologisch forstlich annähernd gleich
verhalten. Sie stellen die ärgsten Würgengel des Nachwuchses in unsern
Nadelholz-Kulturwäldern dar, vielleicht mit dem Unterschied, daß abietis
in weit größerer Zahl an dem Zerstörungswerk beteiligt ist als pinastri. In der
Literatur wenigstens wird das Zahlenverhältnis der beiden angegeben mit 100
zu 10. Hierbei muß aber bemerkt werden, daß in der Praxis die beiden
systematisch sehr nahe stehenden Arten meistens nicht richtig auseinander gehalten
werden, so daß jenen Angaben kein großer Wert beizulegen ist. ^) Es ist sehr
leicht möglich, daß das Zahlenverhältnis lokal stark schwankt. In der folgenden
Darstellung der Lebensweise usw. von Hylobius abietis L. stellen wir uns auf den
Boden der heute geltenden Annahme, daß die Biologie von abietis und pinastri
in den wesentlichen Punkten gleich ist.
J' i'o Hylobius abietis L.
(Der „große braune Rüsselkäfer" oder auch kurz der „Rüsselkäfer").
Vorkommen und Lebensweise.
Der „Rüsselkäfer" ist über ganz Europa verbreitet und kommt sowohl in
der Ebene, als auch im Gebirge (bis zu 1700 m) überall häufig vor. Ob
abietis und pinastri in ihrer geographischen Verbreitung gleichlaufend sind, oder
ob die eine Art gegenüber der anderen gewisse Gebiete bevorzugt, ist erst noch
festzustellen.
Über die Lebensweise von Hylobius ist schon viel geforscht und noch
mehr geschrieben worden. Trotzdem ist dieselbe heute nichts weniger als völlig
*) Zweifellos wird in der Praxis meistens auf die Größe das Hauptgewicht bei der Unter-
scheidung der beiden Arten gelegt (daher die Bezeichnung „großer" und „kleiner'' Rüsselkäfer),
was häufig zu Irrtümern führen muß, denn es gibt sehr kleine abietis, die kleiner sind als pinastri.
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius.
343
geklärt. Über die wichtige Frage der Entwicklungsdauer (Generation) z. B. wird
seit vielen Jahrzehnten gestritten, ohne daß man bis heute zu einer völlig klaren
Erkenntnis gekommen ist; auch über den ursprünglichen Fraßort, über die Ausübung
des Flugvermögens und viele andere Dinge muß uns erst die zukünftige For-
schung, der sich hier noch ein reiches Feld der Tätigkeit bietet, genauere Auskunft
geben. Die Grundlage zu dem heutigen Stand unseres Wissens ist hauptsächlich
durch die Arbeiten verschiedener Praktiker (v. Lips 1854— 58, Zimmer 1858—60,
v. Oppen 1883 — 92. Grohmann 1913 u. a.) geschaffen, die sowohl durch
exakte Beobachtung, wie experimentell die Lösung des komplizierten Problems
versucht haben.
Wir beginnen unsere Darstellung mit den überwinterten Käfern, die
im Frühjahr — je nach der klimatischen Lage früher oder später — • in Massen
in den Kulturen erscheinen:
Abb.
■I. Hylobius abietis L. (der große braune Rüsselkäfer). A Imago, links vergr., rechts
nat. Gr., B Larve und Puppe. Vergr. — A aus Henschel, B phot. Scheidter.
Wo haben die Käfer überwintert? — In allen möglichen Verstecken
vmter Reisig, Moos, im Boden usw., in den dem Fraß- oder Geburtsort benach-
barten alten Kulturen und Beständen. Von Oppen (1885, S. 95) fand über-
winternde Käfer in großer Zahl in alten ca. 10 jährigen Kulturen, und zwar in
der die Pflanzen umgebenden Grasnarbe, namentlich in unmittelbarer Nähe jener,
sowie im Boden selbst, aus dem sie im Frühjahr Ordentlich herauszuquellen
schienen. Es gelang ihm auch, Löcher im Boden zu finden, aus denen er
mehrmals 4 — 6 Stück Käfer herausnehmen konnte.
Wie alt sind die überwinterten Käfer? — Das Alter der im Früh-
jahr auf den Kulturen erscheinenden Käfer ist sehr verschieden:
1. In der Mehrzahl handelt es sich um Jungkäfer, die im Spätsommer
des vergangenen Jahres ausgekommen sind;
2. können auch noch jüngere darunter sein, die eben die Puppe verlassen
haben (v. Oppen), und endlich
344
Coleoptera. — ". Famiüenreihe: Rhynchophora.
3. sind auch noch ältere Jahrgänge darunter vertreten, und zwar i — 2^/^
Jahre alte (vielleicht auch noch ältere), die also vorher bereits einmal oder
zweimal überwintert haben. Im Frühjahr 1923 können also Käfer von 1923,
1922, 1921 und 1920 vertreten sein.i)
Wie gelangen die Käfer zu den Fraß- und Fortpflanzungsstellen?
— Sowohl fliegend als auch zu Fuß! Nach der heute am meisten verbreiteten
Annahme sind es nur die jungen, noch nicht kopulierten Käfer, die von ihrem
Flugvermögen Gebrauch machen, während die älteren
nicht mehr fliegen. Es würde sich darnach also um
eine Art Hochzeitsfiug handeln, wie bei den Ameisen,
die ja auch nur einmal (nämlich bei der Hochzeit)
fliegen und dann sich nie mehr vom Boden erheben.
Ein großer Unterschied würde aber zwischen beiden
existieren: die Ameisenweibchen werfen nach dem
Hochzeitsflug ihre Flügel ab und berauben sich da-
durch ihres Flügvermögens, die Hylobius dagegen be-
halten ihre Flügel. Es ist aber nicht ausgeschlossen,
daß auch letztere ihr Flugvermögen verlieren, nämlich
durch Atrophie der Flügelmuskulatur. 2) Die
Frage, in welchem Umfang die Rüsselkäfer von ihrem
Flugvermögen Gebrauch machen, ist nicht ohne prak-
tische Bedeutung und bedarf daher der Aufklärung.
Der Käferfraß. — Die lange Unterbrechung
der Nahrungsaufnahme im Verein mit dem erwachen-
den Fortpflanzungstrieb macht die überwinterten Tiere
sehr fraßgierig; sie begeben sich daher nach der Über-
winterung sogleich zu den Fraßpflanzen, um dort
ihren Reifungs- bzw. Regenerationsfraß auszuüben. —
Der Käfer ist polyphag und geht sowohl an Nadel-
ais an Laubholz, allerdings unter deutlicher Bevor-
zugung des Nadelholzes.
Die Hauptfraßpflanzen des Käfers sind Kiefer
und Fichte, und zwar finden wir ihn hauptsächlich
an jungen Pflanzen im Alter von 3 — 6 Jahren. Ob er auch hier wieder eine
Auswahl trifft und die kränklichen oder durch Verpflanzung geschwächte Pflanzen
gegenüber ganz gesunden und auf natürlichem Wege angeflogenen den Vorzug
Abb. 172. Käferfraß von
Hylobius an der Rinde junger
Fichtenpflanzen (Pocken-
narbenfraß). — Original.
1) Die Langlebigkeit der Käfer, die praktisch -forstlich von großer Wichtigkeit, ist
von T. Lips (1854—58), Zimmer (1858) und v. Oppen (1883 und 85) durch Beobachtungen
und Versuche festgestellt und später von G. Fuchs (1912) bestätigt worden. Die Entdeckung
war seinerzeit etwas vollkommen Neues, da man damals als allgemeine Regel annahm, daß die
meisten Insekten (nach der damaligen Ansicht nach ganz kurzer Zeit) nach dem erledigten Fort-
pflanzungsgeschäft absterben.
■^) Bei den Ameisenweibchen findet eine Atrophie dei Flügelmuskulatur statt, d. h. letzlere
wird allmählich resorbiert und zur Ernährung resp. Bildung von Eiern verwandt. Ähnliches
könnte ja auch bei Hylobius stattfinden; Untersuchungen darüber sind im Gange.
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius,
345
gibt, ist noch eine offene Frage. Viele Autoren (seit Ratzeburg) bejahen sie ;
sehr bestimmt und in bejahendem Sinn spricht sich in neuerer Zeit Menzel
(19 12) dafür aus. Nach seinen Beobachtungen geht der Rüsselkäfer „eine Kultur-
fiäche angeflogener Fichten nicht an, sondern nur die gepflanzten" und
zwar „so regelmäßig, daß es das Forstpersonal selbständig, ohne besonderen
Hinweis gleichfalls bemerkt und Mitteilung davon gemacht hat".
Der Fraß an jungen Pflanzen findet fast ausschließlich an der Rinde
statt und zwar in Form eines sogenannten Pockennarbenfraßes (s. Bd. I, S. 203).
Der Käfer setzt, auf seine kräftigen Beine gestützt, den Rüssel rechtwinkelig gegen
die Fraßstelle und frißt rundliche oder ovale, erbsen- bis bohnengroße, tiefe, bis
auf den Bast oder Splint reichende Plätze aus (Abb. 172). Der Umfang der
Wunde ist in der Tiefe geringer als außen (trichterförmig). An den zerrissenen
und gequetschten Wundrändern tritt Harz aus, das den Fraßstellen ein grindiges
Aussehen verleiht. Die Wundstellen können so zahlreich werden, daß sie sich
berühren und nur noch ganz kleine Rindeninseln oder -brücken zwischen ihnen
stehen bleiben und daß der Harzgrind das ganze Stämmchen im Befallbereich
überzieht. Die Hauptfraßstellen befinden sich im unteren Teile des Stämm-
chens, dicht oberhalb des Wurzelknotens; hier stehen die „Pockennarben"
am dichtesten, spitzenwärts werden sie immer mehr vereinzelt, ebenso an den
Ästchen, wo die Käfer auch mitunter fressend angetroffen werden.
Neben den 3 — 6 jährigen Kiefern und Fichten nimmt der Rüsselkäfer
noch jüngere Pflanzen an, ja sogar die Kotyledonen. Ratzeburg (1852)
schildert einen Fraß an eben aufgegangenen Kiefernkeimlingen. Es
werden zunächst die Nadeln, deren Spitzen zu Boden fallen, und dann die
Stämmchen selbst verzehrt, so daß nur ein Stumpf zurückbleibt. Über einen
ganz ähnlichen Nadelfraß in einer i jährigen Kiefernsaat berichtet Ziela-
kowski (1906).
Auch an älteren Pflanzen im Schonungsalter frißt der Käfer, und zwar
sowohl an der Rinde als auch an Nadeln. Die erstere nimmt er nur an jüngeren
(höchstens bis 6jährigen) Trieben an, während er stärkere Rinden meidet. Der
Nadelfraß ist von Scheidter (1920) an den Gipfelpartien 10 — 15 jähriger
Kiefern beobachtet worden, und zwar an jungen, noch von den Schuppen
bedeckten Trieben, die eben anfingen, zu schieben. Der Käfer frißt in dieselben
kleinere oder größere längliche Plätze, ähnlich wie Phyllobius psittacinus (s. oben
Abb. 161 C, S. 323). Der Fraß in Schonungen scheint in manchen Jahren und
Gegenden recht häufig zu sein, aber vielfach nicht als Rüsselkäferfraß erkannt
zu werden (vgl. Ratzeburg, W. 1 1 6).
Endlich kommt Hylobius auch in der Krone von Stangenhölzern und
alten Bäumen vor; manche Autoren nehmen sogar an, daß der Käfer hier
seinen normalen Aufenthalt hat (König 1849, Menzel 1912). Ein anderer
Autor (Kellner 1875) vertritt die Ansicht, daß es hauptsächlich pinastri sei, der
infolge seines besseren Flugvermögens die Krone alter Bäume bevölkert — eine
Annahme, auf die nach dem oben (S. 342) Gesagten nicht viel zu geben ist.
Daß der Rüsselkäfer in der Krone älterer Bäume in größerer Anzahl vor-
2^5 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
kommen kann, zeigen unter anderem die von Altum (1887, S. 303) mitgeteilten
Beobachtungen, wonach 15 — 20 jährige Kiefernstangen stark beschädigt und teilweise
getötet wurden (?) und auch in alten Bäumen (von 50 — 80 Jahren) ein starker Fraß
vorkam. Nach persönlichen Mitteilungen hat Oberforstmeister Lautenschlager
(Sachsenried, Bayern) das Vorkommen in der Krone alter Bäume dadurch fest-
gestellt, daß er im Sommer einzelne Bäume auf Tücher fällen ließ; er konnte
auf den Tüchern gewöhnlich mehrere Rüsselkäfer aufsammeln. Bemerkenswert
dabei war, daß die Bäume im Bestandsinnern weit abgelegen von Brutstätten sich
befanden.
Oberförster Klopfer berichtet (Jahrb. schles. Forstverein 1880, S. 43),
daß beim Schütteln einer ca. 30 jährigen Kiefer Hylobius „so massenhaft herunter-
fiel, wie wenn man an einem Maimorgen die Maikäfer herabschüttelt".
Auch Beobachtungen Scheidters (1920) während der letzten Nonnen-
und Zjj'ü'a- Kalamität in Bayern, wonach unter den Leimringen zahlreiche Hylobius
sich eingestellt haben, zeigen, daß die Käfer nach der Krone streben. Viele der
durch die Leimringe am Stamme festgehaltenen Rüsselkäfer fraßen an der glatten
Rinde (Fichte) dicht unterhalb des Leimringes.
Ob die obigen Anschauungen von König und Menzel zu Recht bestehen,
darüber muß erst noch Klarheit geschafft werden. Direkt von der Hand zu
weisen sind sie nicht; denn das massenhafte Vorkommen auf den Kulturen ist
doch zweifellos lediglich eine Folgeerscheinung der Forstkultur, bezw. Kahl-
schlagwirtschaft.
Außer Kiefer und Fichte nimmt Hylobius gelegentlich auch andere Nadel-
hölzer an: Schwarz- und Weymouthskiefer, Sitkafichte, Weißtanne,
Balsamtanne, Douglasie, Lärche, sogar Wacholder. Weymouthskiefern wurden
als junge Pflänzchen von 2 Jahren an Rinde, Nadeln und Knospen so stark
befressen, daß nur der nackte Holzkörper zurückblieb (Schember 1868); Lärchen
wurden als ältere Pflanzen (i — 2 m hoch) an den Gipfeltrieben angegangen, so
daß diese eingingen (Ost. F.-Z. i8gi, S. 196); Abies bahamica und Thtija occi-
dentalis wurden „sehr erheblich" beschädigt (Jahrb. d. schles. Forstvereins 1887,
S. 37).
Was den Fraß an Laubholz betrifft, so findet derselbe nur da statt, wo
die Laubhölzer von Nadelhölzer umgeben oder mit Nadelholz
gemischt sind. In reinen Laubholzrevieren, entfernt von Nadelholz, tritt
der Rüsselkäfer nicht auf, da hier die Brutstätten fehlen. Die Polyphagie des
Käfers an Laubholz ist beinahe noch größer als an Nadelholz ; wurde er doch schon
auf allen möglichen Laubholzpflanzen angetroffen, wie Eiche, Buche, Birke,
Erle, Weide, Hasel, Eberesche, Rotdorn, Apfelbaum, Kastanien usw.
(Ratzeburg, Altum 1887). Am häufigsten wird er an Eiche (an Heistern, wie
auch den einjährigen Ausschlägen) beobachtet, wo er durch Rinden- und
Knospen fraß zum Teile empfindliche Verluste verursachen kann, besonders
da, wo frische ungerodete Nadelholzschläge sofort mit Eichen besät werden
(Willkomm 1857, Nördlinger, Elias 1880, Altum 1887). Ebenso liegen Berichte
vor über Fraß an Erlenheistern, die durch Knospenfraß beschädigt, ja sogar
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. -ia-j
teilweise zum Absterben gebracht wurden (Ratzeburg W. II. 244, Calezki 1880).
In Saatbeeten hat der Rüsselkäfer mehrfach Buchenkeimlinge angegangen und
(durch Abbeißen dicht unter den Kotyledonen) vernichtet (Micklitz 1855,
Ney 1889) usw. usw.
Fortpflanzung.
Im Mittelpunkt des Widerstreits der Meinungen über den Rüsselkäfer stand
von jeher und steht heute noch die Fortpflanzungsbiologie, vor allem die
Generationsdauer. Es liegen eine ganze Reihe von Beobachtungen und Ver-
suchen vor, die als durchaus zuverlässig erscheinen müssen, die aber trotzdem
in ihren Ergebnissen recht verschieden sind. Wie die Verschiedenheiten zu
erklären sind, muß erst die weitere Forschung klar stellen; heute können wir
nur Vermutungen darüber anstellen.
Es sollen zunächst die einzelnen Phasen der Fortpflanzung ohne Rück-
sicht auf die Generationsdauer kurz dargestellt werden:
PMugzeit. — Die Hauptbegattungszeit (Flugzeit) fällt je nach der Tem-
peratur und Lage in die Monate April bis Juni. Um diese Zeit ist der Käfer
beweglicher als sonst und macht, besonders an warmen sonnigen Tagen, von
seinem Flugvermögen reichlichen Gebrauch (siehe oben S. 344), so daß
man ihn nicht nur in der Nähe seiner Brutstätten, sondern auch entfernt von
ihnen, sogar in bewohnten Ortschaften fliegend antreffen kann. Vereinzelt finden
sich kopulierende Paare auch noch später bis in den Herbst hinein.
Begattung. — Die Begattung (bei der wie bei allen Rüsselkäfern das 6
auf dem $ sitzt) findet sowohl oberirdisch an Stöcken, an Ästen herumUegenden
frischen Reisigs usw. als auch ebenso häufig, ja noch häufiger im Boden statt.
Die Begattung kann sich bei den gleichen Paaren öfters wiederholen den ganzen
Sommer über (v. Oppen 1885, S. gi und 92); doch scheint die Wiederholung
der Kopula durchaus nicht unbedingt notwendig für eine weitere Eiablage
zusein, da isoliert gehaltene einmal begattete $2 zwei Jahre lang Eier
legen konnten (Fuchs 1912).
Eiablage. — Zur Eiablage suchen die ?? im Absterben begriffene,
flach streichende Nadelholzwurzeln bis zu i cm und noch geringerer
Stärke herab, — also in unseren Wirtschaftswäldern namentlich die Wurzeln der
im eben vorübergegangenen Winter gefällten Bäume, vor allem Kiefer und
Fichte, unter Bevorzugung der ersteren. Mit besonderer Vorliebe sollen die
Käfer solche Wurzeln zur Eiablage auswählen, welche mit dem oberen Ende
aus der Erde hervorstehen, also angerissene und abgehackte Wurzeln (v. Oppen
1885, S. 87). Bei fiachstreichenden Wurzeln wird besonders die langsam aus-
trocknende Unterseite belegt. Aber auch die Stöcke selbst werden, allerdings
viel weniger, zur Eiablage benützt; endlich auch zuweilen die Wurzeln lebender
Bäume, wenn sie durch Wagenräder usw. verletzt sind (Altum 1885, Dolles
1890). Sogar an Fangrinden und an Fangkloben, die zum Käferfang aus-
gesetzt waren, wurde verschiedentlich die Eiablage, bezw. die vollkommene
Larvenentwicklung beobachtet (v. Oppen 1892, Scheidter 1915).
•2^3 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Unter anormalen Verhältnissen (z. B. im Zuchtglas) legen die $$ ihre
Eier in der Not in die als Futter dargereichten Zweige, oder einfach an die
Glaswand, oder in den am Boden liegenden Mulm usw. ab (Fuchs 19 17).
Der Vorgang der Eiablage spielt sich folgendermaßen ab: das $ bohrt
mit dem Rüssel ein tiefes Loch in die Rinde der Wurzel usw., so lange bis der
Rüssel bis zu den Augen in der Rinde steckt. Dann wird der Rüssel heraus-
gezogen, das 2 dreht sich um, sucht mit dem Hinterleib durch Betasten das
Loch, legt das Ei hinein, dreht sich wieder um, und stopft das Ei mit dem
Rüssel so tief es geht hinein; meist werden mehrere Eier in einem Rindenloch
untergebracht (Fuchs 1912). Die Periode der Eiablage kann sich bei ein
und demselben 5 über mehrere (2 — 3) Jahre hinziehen; sie beginnt
alljährlich gewöhnlich im April und kann sich bis zum August fortsetzen, wo-
bei die Intensität der Legetätigkeit gegen das Ende der Periode zu stark
abnimmt.
Über die Zahl der Eier, die ein $ ablegen kann, sind wir noch wenig
genau unterrichtet. Bei einem von mir vorgenommenen Zwingerversuch, bei dem
am I. April 2 $ mit i J zu 3 durch Drahtgaze abgesperrten eingegrabenen
Prügeln gesetzt wurden, erzielte ich den Sommer über, also während einer Lege-
periode, ca. 60 Nachkommen von den beiden $$ (also etwa 30 von einem),
eine Zahl, die wohl zu niedrig ist. Da die beiden $? anfangs August tot im
Zwinger gefunden wurden, so handelte es sich möglicherweise um alte 2 jährige
5$, die ihre Hauptlegeperiode bereits im vergangenen Jahre hatten. Scheidter
nimmt als Mindestzahl 60 — 100 Eier an (s. Petraschek 19 14).
Die Legepausen werden zu wiederholter Begattung und zum Fraß
benützt und zwar mit fortschreitender Jahreszeit in absteigender Häufigkeit und
Intensität, entsprechend der abnehmenden Legetäligkeit der einjährigen und dem
zunehmenden Absterben der älteren völlig abgebrunfteten 2- und 3 jährigen ?$.
Die Zahl der in den Kulturen gefangenen resp. fressend beobachteten Käfei
nimmt demnach immer mehr ab und erreicht im Juli den Tiefstand (vgl. Eck-
stein 1905, S. 217). Weiter läßt sich die Kurve nicht mehr verfolgen, da zu
dieser Zeit durch das Auskommen der Jungkäfer der neuen Generation das Bild
verwischt wird. Ob die Abnahme der in den Kulturen fressenden Käfer im
Hochsommer auch noch darin begründet ist, daß die Käfer um diese Zeit mehr
in den Kronen alter Bäume sich aufhalten, muß erst noch untersucht werden.
Larven fr aß. — Nach 2 — 3 Wochen kriechen die kleinen Larven aus;
sie fressen wurzelabwärts zunächst oberflächlich im Bast, später tiefer, auch den
Splint furchend, so daß eine von mehreren Larven befallene Wurzel schließlich
wie eine kanellierte Säule aussieht (Abb. 173). Die Gänge sind meist dicht mit
Bohrmehl ausgefüllt.
In Stöcken, Fangknüppeln usw. beobachtete ich häufig einen ganz charak-
teristischen Fraßgang in Form eines V, d. h. die kleine Larve frißt zunächst
einen längeren annähernd geraden Gang in etwas schiefer Richtung nach abwärts
und biegt dann in spitzem Winkel ab, um wieder nach aufwärts zu streben.
Der aufsteigende Schenkel ist entsprechend der zunehmenden Größe der Larve
Curculionidae.
Langrüßler. Hylobius.
349
bedeutend breiter als der absteigende; eine besondere Verbreiterung befindet
sich stets an der Spitze, wo die absteigende in die aufsteigende Richtung sich
wandelt.
Verpuppung. — Sind die Larven ausgewachsen, so nagen sie sich eine
tiefe Splinthöhle, deren Eingangsloch gewöhnlich mit Nagespänen verstopft wird.
A B
Abb. 173. A Laivenfraß von Hylobius an den Wurzeln eines Fichtenstockes.
B Aufgeschnittene Puppenwiege mit Käfer. Original (phot. Scheidter).
In ihr ruhen sie noch längere Zeit als Larven, und zwar in bauchwärts zu-
sammengeknickter Lage, bis sie sich verpuppen. Die Puppenruhe währt nur kurze
Zeit, ca. 2 — 3 Wochen. Die Jungkäfer verlassen bald nach ihrer Entstehung
ihre Geburtstätte durch ein kreisrundes Ausflugloch. Ausnahmsweise findet die
Verpuppung oberflächlich in einer Art Spanpolster (wie bei Pissodes) statt.
ICQ Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Generation. — Die Frage der Generationsdauer des Rüsselkäfers ist
noch nicht völlig klar. Es sind hauptsächlich 2 Fragen, auf deren verschiedener
Beantwortung die Verschiedenheit der Meinungen beruht:
1. Schreiten die Larven, wenn sie ausgewachsen sind, sofort zur Ver-
puppung, oder bedürfen sie einer längeren Larvenruhe, um verpuppungs-
reif zu werden?
2. Sind die Jungkäfer sofort nach ihrem Auskommen fortpflanzungsfähig^
oder bedürfen ihre Geschlechtsorgane noch längere Zeit zur Ausreifung^
bezw. müssen die Käfer voiher noch einen längeren Reifungsfraß
ausführen ?
Wer die erste Alternative der beiden Fragen bejaht, kommt zur Annahme
einer kurzen, etwa i jährigen (oder noch kürzeren) Generation, wer sie verneint
und also die zweite Alternative als zu Recht bestehend annimmt, kommt zur
Annahme einer längeren, etwa 2 jährigen Generation.
Die zweijährige Generation wird hauptsächlich vertreten von Ratzeburg,
Altum, G rohmann und anderen, teils auf Grund von langjährigen Beobach-
tungen im Walde, teils auf Grund von Versuchen. Auch ich bin auf Grund
von zahlreichen Brutknüppel versuchen, i) die ich 191 5/16 in Bayern, und zwar
in ziemlich extremen Gegenden, nämlich in Isen (Oberbayern, Voralpen) und in
Bodenwöhr (Oberpfalz) anstellte, zu der gleichen Annahme gelangt. In sämt-
lichen Prügeln sowohl in Isen wie in Bodenwöhr vollzog sich der zeitliche Ablauf
völlig gleichlaufend in folgender Weise:
Haupteiablage: Frühjahr April — Juni 191 5.
Hauptwachstumsperiode der Larve: spätestens September 1915 beendet, die
meisten Larven bereits in der Splintwiege.
Larvenruhe: Oktober 191 5 bis Juni/Juli des nächsten Jahres 19 16.
Verpuppung: Juli bis Mitte August 1916.
Auskommen der Jungkäfer: nach 2 — 3 wöchentlicher Puppenruhe, Mitte
August bis September 19 16.
Die Unregelmäßigkeiten, die im ersten Sommer in der Größe der Larven
verschiedentlich beobachtet wurden, glichen sich mit der Zeit aus, spätestens
im folgenden Frühjahr, d. h. diejenigen vereinzelten Larven, die im Herbst noch
nicht vollwüchsig waren und als halb oder ^4 wüchsig unter der Rinde überwin-
terten, erlangten im Frühjahr rasch ihre VoUwüchsigkeit, so daß sie — nach
entsprechend kürzerer Larvenruhe — gleichzeitig mit den im Herbst 191 5 be-
reits ausgewachsenen, im August 19 16 die Käfer ergaben. Am 5. September waren
alle untersuchten Prügel von Hylobius frei, d. h. es befanden sich weder Larven,
noch Puppen, noch auch Imagines in ihnen; die zahlreichen Puppenhöhlen
waren sämtlich leer. Von den (früher) den Prügeln entnommenen Jungkäfern wurden
eine Anzahl in Zwingern gehalten; sie fraßen an den vorgelegten Zweigen,
schritten aber im Herbste nicht mehr zur Begattung. — Die Entwicklung vom
Ei bis Imago beanspruchte darnach etwa 15 Monate, und wenn wir
') Ich bediente mich dabei der Grohmannschen Fanggrubenmethode (siehe unten S. 374).
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius, ^ej
nach der zuletzt genannten Beobachtung annehmen, daß die Jungkäfer erst nach
der Überwinterung zur Fortpflanzung gelangen, so ergibt sich eine zweijährige
Generation.
Ich gelangte also bei den Brutknüppelversuchen in Bayern an verschiedenen
Orten zu den gleichen Ergebnissen, zu denen Grohmann bei seinen Brut-
knüppelversuchen in der sächsischen Schweiz i) und zu denen Ratzeburg,
Altum und andere durch langjährige Beobachtungen des natürlichen
Verhaltens des Rüsselkäfers geführt wurden.
So werden durch das Experiment die Erfahrungen der Praxis bestätigt und
findet das jedem Praktiker geläufige zweimalige Massenerscheinen des Rüssel-
käfers in unseren Kulturwäldern, einmal im Frühjahr, einmal im Herbst seine
Erklärung: im Frühjahr handelt es sich um die zur Fortpflan7ung schreitenden
Käfer (verschiedenen Alters), im Herbste in der Hauptsache wohl um die in
Massen auskommenden Jungkäfer.
Der hier geschilderte Entwicklungsgang ist also tatsächlich einwandfrei von
mehreren Seiten erwiesen. Es kann demnach nicht mehr bezweifelt werden, daß
Hylobius eine zweijährige Generation durchmachen kann.
Demgegenüber stehen andere, ebenso tatsächliche Beobachtungen, die das
Vorkommen einer weit kürzeren Generationsdauer beweisen. Es sind dies
zunächst die Zwingerversuche-) v. Oppens, deren wichtigste Ergebnisse sich wie
folgt zusammenfassen lassen:
') Nach Grohmann kann sich allerdings die Generationsdauer auf 13 — 22 Monate ver-
kürzen bezw. verlängern, je nach den äußeren Umständen. „Eier, die Ende Mai oder anfangs
Juni gelegt werden (weitaus die Mehrzahl), entwickeln sich Ende August, anfangs September des
folgenden Jahres zu Käfern, also in rund 15 Monaten. Aus Eiern aber, die Mitte September
gelegt werden, gehen in der Regel erst Mitte Juni des übernächsten Jahres, also nach
21 Monaten, die Käfer hervor.'^ Grohmann schreibt auch dem Boden, Klima und besonders
den Wärmeverhältnissen einen großen Einfluß auf die Entwicklungsdauer zu.
^) Die Versuchsanordnung war folgende: Auf einem frischen Schlag wurde ein 7 qm
großer Platz ausgewählt und zwar derart, daß ein großer Teil der Wurzeln der an und für sich
nicht zu starken Stöcke nach dem Inneren der für den Brutzwinger bestimmten Fläche ausstrich.
Im Monat März erfolgte die Aufstellung des Brutzwingers selbst und zwar derart, daß die
ausgesuchte Fläche mit einem ca. i m tiefen Graben umzogen, das Innere derselben aber voll-
ständig unbemhrt gelassen wurde. In diesen Graben setzte man einen 1,6 m hohen Rahmen
oder Kasten ohne Boden ein und füllte die sich ergebenden Lücken und Zwischenräume sorg-
fältig wieder mit Erde aus, die außerdem noch, um alle Hohlräume zu vermeiden, festgerammt
wurde. Der Kasten selbst war aus gespundeten Brettern hergestellt und man hatte überdies
noch auf alle Fugen Latten genagelt, so daß selbst beim Austrocknen und Schwinden der
Bretter sich keinerlei die Sicherheit des Zwingers gefährtende Öffnungen bilden konnten.
Der Deckel, der das Ganze schloß, bestand aus zwei getrennten, in Falzen gehenden
Teilen und war in der Hauptsache von verzinntem Eisendraht mit ca. 3 mm Maschenweite her-
gestellt. Dieses Drahtgitter gestattete den freien Zutritt von Licht, Luft und Regen, verhinderte
aber doch dabei sowohl das Ent- als Hineinkommen von Käfern vollständig. Nachdem auf diese
Weise ein Behältnis geschaffen worden war, das bei völliger Abgeschlossenheit, sowohl durch
die Tiefe seiner Eingrabung, als durch seine sonstige Konstruktion genügende Sicherheit dafür
zu bieten versprach, daß weder die darin eingezwingerten Käfer entweichen, noch auch andere
hineingelangen konnten, wurde die Innenfläche des Zwingers noch mit einer Anzahl dreijähriger
Fichten bepflanzt, um so durch gleichzeitige Darbietung von Nahrung neben den als Brutmaterial
geeigneten gewachsenen Stöcken einen Raum zu schaft'en, der sich den natürlichen Verhältnissen
möglichst anschloß und der Lebensweise und den Bedürfnissen des Käfers dabei völlig
Rechnung trug.
In diese Zwinger wurde eine größere Anzahl Pärchen gesetzt, die durch Kürzung je eines
Beines — (^ links, 9 rechts — gezeichnet wurden.
7C2 Coleoptera. — ". Familienreihe: Rhynchophora.
1. Eine eigentliche Schwärmzeit existiert nicht, die Begattung und Eiablage
beginnt mit dem Erwachen aus dem Winterschlaf und dauert den
ganzen Sommer über ununterbrochen fort.
2. Die Entwicklung vom Ei bis zum Käfer dauert ungefähr 12 Monate,
höchstens einige Wochen darüber. Daher kommen auch die Jung-
käfer den ganzen Sommer über (entsprechend der Eiablage) aus.
3. Die Jungkäfer schreiten alsbald nach dem Ausschlüpfen zur Fortpflanzung.
Darnach kommt also auch eine annähernd einjährige Generation vor. i)
Sodann hat Rothe (191 o) eine ganz kurze Entwicklungsdauer vom Ei
bis Imago (von nur wenigen Monaten) beobachtet, und endlich konnten neuer-
dings Wülker (1922) und ich selbst (Escherich 192 i) einwandfrei eine einjährige
Generation mit nur 3 — 4 monatlicher Entwicklungsdauer (vom Ei bis zum Jungkäfer)
feststellen, und zwar beide am gleichen Ort, nämlich im Bienwald in der Rheinpfalz.
Wir beide fanden im Spätsommer (August, September) in Stöcken, die im
Januar des gleichen Jahres gefällt worden waren, bereits fertige Jungkäfer ; daneben
allerdings gleichzeitig auch noch Larven und Puppen. (Letztere rührten in diesem
Falle wohl aus Eiern, die später abgelegt wurden, her.)
Interessant ist nun aber, daß der gleiche Beobachter v. Oppen, der bei
seinen Zwingerversuchen eine einjährige Generation erzielte, bei weiteren Ver-
suchen, die er im folgenden Jahr zur Bestätigung seiner ersten Ergebnisse unter-
nahm, bei denen er aber Brutknüppel verwandte, wiederum zu anderen und zwar
teilweise zu ähnlichen Resultaten gelangte, wie Grohmann, ich und
andere, nämlich zu einer Entwicklungsdauer (vom Ei bis Jungkäfer) von an-
nähernd 15 Monaten. Da ferner die Käfer bei diesen Versuchen erst im August
bis September, ja Oktober auskamen, so darf wohl auch angenommen werden, daß
diese erst im folgenden Frühjahr zur Fortpflanzung kamen, so daß also auch hier
eine zweijährige Generation vorhegen würde.
Zu beachten ist bei dem letzten v. Oppenschen Versuch, daß in den
Knüppeln zum gleichen Zeitpunkt recht verschiedene Entwicklungsstadien an-
getroffen wurden. So z. B. befanden sich in einem Knüppel, der in der zweiten
Junihälfte 1883 mit Eiern belegt worden war, am 18. September 1884 16 Käfer
(weiß bis ganz braun gefärbt), 5 Puppen und 19 Larven, in einem weiteren
Knüppel, der in der ersten Julihälfte 1883 belegt wurde, am i. Oktober 1884
32 Käfer, 5 Puppen und 26 Larven usw.
Zusammenfassend wurden also auf Grund der bisherigen Versuche und
Beobachtungen heute folgende Feststellungen bezüglich der Generationsverhältnisse
von Hylobius gemacht:
1. Eine einjährige Generation mit einer kurzen Entwicklungsdauer vom Ei
bis zum unreifen Jungkäfer von 3 — 4 Monaten.
2. Eine annähernd einjährige Generation mit einer Entwicklungsdauer vom
Ei bis Imago von ungefähr 12 Monaten und sofortiger Fortpflanzung der
Jungkäfer.
1} Eichhoff (1882) nimmt sogai eine doppelte Generation an, ohne aber tatsäch-
liche Belege dafür bringen zu können.
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius.
353
3. Eine annähernd zweijährige Generation mit einer Entwicklungsdauer (vom
Ei bis Imago) von ungefähr 15 Monaten und einer mehrmonatlichen
Reifungsperiode der Jungkäfer.
4. Eiablage über den ganzen Sommer verteilt.
5. Eiablage in der Hauptsache im Frühjahr (April bis Juni).
6. Auskommen der Jungkäfer über das ganze Jahr verteilt, entsprechend der
unter Nr. 4 genannten Eiablage.
7. Auskommen der Hauptmasse der Jungkäfer Ende Juli bis anfangs
September.
Fragen wir nun, wie die so sehr voneinander abweichenden Resultate zu
erklären sind, so ist heute schwer, eine völlig befriedigende Erklärung zu geben.
Zweifellos hat die Temperatur einen gewissen Einfluß, einmal auf den
Beginn der Eiablage und sodann auch auf die Zeitdauer der Entwicklung. Die
Erfahrungen, die Wülker und ich in der warmen Rheinpfalz (3 — 4 monatliche
Entwicklung), und die ich andererseits hundertfach in dem viel kälteren rechts-
rheinischen Bayern ( 1 5 monatliche Entwicklung) gemacht haben, deuten ent-
schieden auf klimatische Einflüsse hin.
Der Unterschied in der Entwicklungsdauer erscheint als ein sehr großer;
doch verliert derselbe an Überraschendem, wenn wir bedenken, daß ja auch in
den weniger warmen Gegenden die Larven im Herbst des ersten Jahres gewöhn-
lich bereits ausgewachsen in der Splintwiege sind und daß sie in diesem Zustand
bis zum nächsten Hochsommer liegen bleiben, um sich dann erst zu verpuppen.
Es ist also in der Hauptsache nur diese annähernd wachstumslose Ruheperiode
der Larve, die in wärmeren Gegenden wegfällt. Möglich, daß die Hylobius-ljdxsQ
zur Verpuppung einer gewissen Wärmemenge bedarf; steht ihr diese am Ende
ihrer Entwicklung noch im i. Jahr zur Verfügung, so kann die Verpuppung noch
im 1. Jahre erfolgen, wenn nicht, muß die Larve so lange überliegen („warten"),
bis die nötige Temperatur sich einstellt, und diese kommt erst wieder im Sommer
des folgenden Jahres.
Verschiedentlich wurde die kurze Entwicklung mit Notreife zu erklären
versucht, v. Oppen bemerkt, daß die Mehrzahl der bei seinen Zwinger-
versuchen erzielten Käfer die normale Durchschnittsgröße der im Freien
geborenen Käfer nicht erreicht hat. Die zu den Versuchen benützten
Stöcke waren nicht besonders stark, die Wurzeln dementsprechend nicht sehr dick,
außerdem wurden die Wurzeln an ihren äußeren Enden abgehackt, so daß die Er-
nährungsverhältnisse nicht sehr günstig waren. So kam der Gedanke auf, daß es
sich um frühreife Hungerformen gehandelt hat. Schon Altum hat auf das
Vorkommen der Notreife hingewiesen und damit auch das von ihm beobachtete
vereinzelte frühe Erscheinen der Käfer resp. die kurze Entwicklungsdauer zu
erklären versucht. Auch Rothe (1910) betont, daß die schon im Spätherbst
erscheinenden Käfer durchgehends nur von geringer Größe waren.
Wenn auch die Notreife- Hypothese für die von Wülker und mir beobach-
teten Fälle sicherlich nicht in Betracht kommt, da die Käfer in diesen Fällen von
völlig normaler Größe waren, so möchte ich sie doch für solche vereinzelte
Esc he rieh, Forstinsekten. II. Bd. 23
■}CA Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Fälle, wo in klimatisch ungünstigen Orten eine kurze Entwicklung in Verbindung
mit auffallend kleinen Käfern gefunden wurde, nicht kurzweg von der Hand
weisen. Wir würden damit zu der Anschauung kommen, daß die so stark
verkürzte Entwicklungsdauer von verschiedenen Faktoren verursacht
werden kann.
Eine weitere Frage ist die: Kommt neben der zwei- und einjährigen auch
eine doppelte Generation vor, wie Eichhoff annimmt, oder bleibt die
Generation auch bei der kurzen Entwicklungsdauer von wenigen Monaten zum
mindesten einjährig? Die Beantwortung hängt davon ab, ob der Rüsselkäfer
eine längere Reifungszeit notwendig hat. Nach meinen Beobachtungen ist dies
der Fall: eingezwingerte Jungkäfer fraßen, wie oben schon erwähnt, im Herbst
noch mehrere Wochen an den vorgesetzten Zweigen, schritten aber nicht mehr
zur Kopula, Und auch die von Dr. F. Eckstein im hiesigen Institut an den
vom Bienwald mitgebrachten und den Splintwiegen entnommenen (völlig erhärteten)
Käfern vorgenommenen anatomischen Untersuchungen der weiblichen Geschlechts-
organe deuten auf die Notwendigkeit einer längeren Reifungszeit hin; denn die
Ovarien waren noch sehr klein und völlig unreif! Und so ist wohl anzunehmen, daß
auch die ,,4-Monat-Käfer'' erst im folgenden Frühjahr zur Fortpflanzung gelangen,
daß also in den Fällen von kurzer Entwicklungsdauer eine einjährige Generation
die Regel ist.
Was endlich die obigen Punkte 4 — 7 anbetrifft, so darf der Einfluß unserer
Waldkultur, speziell der Kahlschlag wir tschaft, auf die Lebensweise des
Rüsselkäfers nicht außer acht gelassen werden. Im Urwald wird frisches Brut-
material während des ganzen Jahres, allerdings nur vereinzelt, bald da bald dort
geboten. Die noch nicht abgebrunfteten Weibchen werden daher den ganzen
Sommer über immer wieder neue kräftige Reize zur Eiablage erhalten. Im
Kulturwald wird der Reiz, und zwar in ungemein kräftiger Form, durch das
gehäufte Brutmaterial auf den frischen Schlagflächen gewöhnlich nur einmal im
Jahr, nämlich (wenigstens bei den am meisten üblichen Winterfällungen) im Früh-
jahr, auf die Weibchen ausgeübt. Mit dem Vertrocknen der Stöcke wird dieser
Reiz geringer werden und die Eiablage dementsprechend nachlassen, um erst
wieder im folgenden Frühjahr durch die erneut dargebotenen Stöcke aus der
Winterfällung von neuem kräftig ausgelöst zu werden. So kann sehr wohl
durch die Ordnung im Walde „Ordnung" in die „regellose" Fortpflan-
zung des Rüsselkäfers gebracht, d. h. die Eiablage und das Auskommen
der Jungkäfer, die im Urwald sich mehr oder weniger auf das ganze
Jahr verteilt, in der Hauptsache^) auf einen bestimmten kurzen Zeit-
abschnitt konzentriert werden.
Bei den v. Oppen sehen Versuchen wurde ja durch wiederholtes Darreichen
frischen Brutmaterials der Zustand, wie er im Naturwald herrscht, kopiert, d. h.
■■) Daneben werden natürlich auch eine ganze Anzahl Käfer zu einer anderen Zeit aus-
kommen, da auch in unseren Kulturwäldern durch Einzelnutzungen oder durch Absterben (Wind-
bruch usw.) slets während des ganzen Jahres da und dort vereinzelt frisches Brutmaterial sich
findet zur Anlage neuer Brut, deren Entwicklung, entsprechend dem abweichenden Beginn, zeit-
lich anders verlaufen kann, als die der Hauptmasse.
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. -ice
den Weibchen immer wieder neue starke Reize zur Eiablage zugeführt, worauf
schon AI tum aufmerksam gemacht hat.
Es hat aber keinen Zweck, hier weiter in Vermutungen sich zu verlieren.
Ich wollte durch diese hypothetischen Bemerkungen nur Andeutungen geben,
in welcher Richtung dringend notwendige neue Versuche, die von möglichst
vielen Seiten angestellt werden sollen, sich zu bewegen haben.
Forstliche Bedeutung.
Der Larvenfraß ist völlig gleichgültig, um so schädlicher aber der
Käferfraß, besonders an den jungen, frisch gesetzten Fichten- und Kiefem-
pflanzen. Wir können den Rüsselkäfer, wie oben schon erwähnt, als den
schlimmsten Würgengel der Waldjugend (Nadelholz) im zarten Alter
bezeichnen. Er ist ein Kulturschädling ersten Ranges, der den Fichten-
und Kiefernanbau ungemein erschwert, d. h. fortwährend mehr oder weniger um-
fangreiche Nachbesserungen notwendig macht! Die Vernichtung von 50 ^/q und
mehr der angebauten Pflänzchen durch ihn ist keine Seltenheit. Dazu kommt,
daß das Übel chronisch ist und fast überall, wo Nadelholz ist, auftritt. Nehmen
wir diese Momente zusammen, so verstehen wir, daß der Rüsselkäfer unter allen
Forstinsekten das am meisten genannte, gehaßte und bekämpfte ist.i)
Besonders schlimm ist, daß die Kalamität in stetem Anwachsen
begriffen ist, so daß unsere moderne Forstwirtschaft noch in manche Bedrängnis
durch ihn kommen wird. Es ist dies ohne weiteres verständlich, wenn wir uns
vergegenwärtigen, daß der Rüsselkäfer eine echte Kulturkrankheit darstellt,
d. h. erst durch unsere Forstkultur zu einer Kalamität geworden ist.
Im Urwald sind die Brutstätten nur vereinzelt und stark verteilt, so daß die
Käfer im ganzen Walde zerstreut und im allgemeinen nur in verhältnismäßig
geringer Dichte auftreten. Im Urwald stehen ferner gewöhnlich nicht neben den
Brutstätten gleich die jungen Pflänzchen, so daß der Rüsselkäfer auf älteren
Pflanzen und in den Kronen alter Bäume seine Nahrung suchen muß, wo sein
Fraß weit geringeren Schaden verursacht. Im Kulturwald dagegen sind die
Brutstätten auf den Schlagflächen stark gehäuft, so daß die Käfer aus der ganzen
Umgebung hier in großer Dichte zusammengezogen werden. Und an eben diese
Massenbrutstätten werden die jungen Pflanzen gesetzt, die den hier auskommen-
den und versammelten Käfermengen eine willkommene Nahrung bieten. Wir
ziehen also, mit anderen Worten, große Mengen der Käfer an den
verwundbarsten Stellen in unseren Forsten, in den jungen Kulturen,
zusammen und liefern diese dem Hunger der Massen aus. Wir kommen
dadurch auch der „Bequemlichkeit" des Rüsselkäfers (vgl. v. Oppen 1912) im
*) Wie hoch der jährl. Verlust durch Hylobius in Deutschland anzuschlagen ist, ist
schwer zu berechnen. Er setzt sich zusammen aus den Kosten für das Sammeln und die Nach-
besserungen und aus Zuwachsverlust. Beck (1909) kommt bei der geringen Annahme von nur
I "/g Verlust von jungen Pflanzen auf eine Gesamtnachbesserungsfläche in Deutschland von
5000 ha, was einen Kulturaufwand von ca. '/a Million (Goldmark) bedeuten würden. Da wir
aber durchschnittlich mindestens 5— io"/o Pflanzenverlust annehmen dürfen, so erhöht sich der
Kulturaufwand dementsprechend. Nehmen wir dann noch die Sammelkosien und den Zuwachs-
verlust hinzu, so kommen wir auf einen jährlichen Ausfall von vielen Millionen Goldmark.
23*
oc5 Coleoptera. — 7. Familien reihe: Rhynchophora.
weitesten Maß entgegen, indem wir ihm die Nahrung unmittelbar neben die
Brutstätte hinsetzen und ihm so den weiten Weg in die Krone der Bäume
ersparen. Dies bedeutet aber zugleich einen erhöhten Schutz vor Feinden, denn
daß der Käfer bei den weiten Wanderungen (von der Brutstätte bis in die
Krone alter Bäume) von mehr Gefahren bedroht wird als auf dem kurzen Weg
vom Stock zu dem daneben stehenden Pflänzchen, kann nicht bezweifelt werden.
Die Forstkultur kommt also den Lebensbedingungen des Rüssel-
käfers in jeder Weise entgegen und fördert so wesentlich die Ver-
mehrung, und hetzt außerdem die durch ihre Schuld vermehrten
Heere direkt auf die der Schonung am meisten bedürfende frisch ge-
pflanzte zarte Waldjugend. Wenn die Aufgabe gestellt wäre, aus einem
relativ harmlosen Waldinsekt ein gefährliches Forstinsekt zu machen, so könnte
sie nicht besser gelöst werden, als durch das Verfahren, das dem Rüsselkäfer
gegenüber durch die Methode der künstlichen Verjüngung auf großen Schlag-
flächen angewendet wird.
Natürliche Feinde.
Über die natürlichen Feinde des Rüsselkäfers sind wir im Verhältnis zur
Wichtigkeit der Frage noch wenig unterrichtet. Die Angaben darüber in der
Literatur sind noch späilich und zum Teil auch unbestimmt.
Unter den Vögeln sind bisher folgende Arten als Rüsselkäfervertilger fest-
gestellt: Saat-, Raben- und Nebelkrähe, Elster, Eichelhäher, Tannen-
häher, Star, Blauracke, Singdrossel, Ziegenmelker, Birkhuhn, Reb-
huhn und die Spechte, vor allem Schwarz- und großer Buntspecht. Haenel
beobachtete auch den Grünspecht hackend an Stöcken, die frei von Ameisen
waren. — Nach Eckstein (1901) spielt die Saatkrähe eine Hauptrolle, in
deren Mägen fast stets Hylobius - Reste gefunden werden. Nach W. B a e r
kann auch der Star, da wo die Ansiedlung in den Wäldern gelingt, Bedeutung
als ^//o^m^ -Vertilger erlangen, i)
Von Reptilien nennt Grohmann (1913) Blindschleichen und ver-
schiedene Eidechsen als Rüsselkäferfeinde. Das zahlreichste Heer von Feinden
stellen die Arthropoden. Grohmann (I.e.) führt an: Asseln, Tausendfüße,
Spinnen, Landwanzen, Ameisen, Carabiden, Staphyliniden, Elate-
riden und Schlupfwespen (Braconiden). Endlich weist derselbe Autor auf
^jSehr zahlreich (in den Brutknüppeln) auftretende weiße, ganz dünne, etwa
4 — 5 mm lange Fadenwürmer hin, die sich höchst wahrscheinlich gleichfalls
an der Vernichtung der Rüsselkäferlarven beteiligt haben."
„Ganz hervorragend tätig und nützlich bei der Vertilgung der Rüsselkäfer-
larven zeigten sich (bei den Grohmann sehen Versuchen) die Elateridenlarven und
die Carabiden und deren Larven."
*) Baer fand im Magen der jungen Stare die Rüsselkäfer stets ohne Kopf und Rüssel,
im Magen der alten dagegen stets auch Köpfe und Rüssel. Daraus geht hervor, daß die Star-
Eltern vor dem Verfüttern die Köpfe der Käfer entfernen.
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. 257
,,In Hunderten von Fällen konnten Drahtwürmer und Laufkäferlarven aus
Rüsselkäferlarven herausgezogen werden, in die sie sich hineingefressen hatten,"
Von den Laufkäfern wurden besonders häufig Pterostichiis oblongopunctatus und
Abax striata, ferner Carabus auratus^ cancellatus, granulatus und violaceus in den
Gruben angetroffen" (Grohmann). Auch Ratzeburg (S. 138) nennt Carabus
granulatus als besonderen „Rüsselkäferfeind"; derselbe „beißt die Flügeldecken
ab und frißt von oben in die Brust und den Hinterleib hinein, so daß er von
jedem Käfer nur wenig gebrauchen kann''. Daß Elateridenlarven sich an der
Vertilgung des Hylobius beteiligen, konnte ich mehrfach bei meinen Brutknüppel-
versuchen in Isen bestätigen, bei denen ich wiederholt die Elateriden eingebohrt
in die Hylobiuslarven fand.
Als weitere Hylobiusräuber kommen die großen Raubfliegen, Laphria, in
Betracht. Dr. Nick, der leider so jung verstorbene, ausgezeichnete Zoologe, hat im
Urwald von Bialowies mehrfach Laphiia
beobachtet, wie sie gerade einen Hylobius
aussaugten, wobei die harten Flügel-
decken auseinandergespreizt waren
(Abb. 174) und der Rüssel der Fliege
in die weiche Rückenhaut eindrang
(s. Escherich 1917).
Auch Fliegenlarven scheinen ^^^ ^^^ ^i^^ Raubfliege (Laphria) beim
sich bisweilen in räuberischer Absicht Verzehren eines Rüsselkäfers. Original.
in den Larvengängen und Puppenwiegen ^ °''' ^^ '>
der Rüsselkäfer aufzuhalten. So fand
ich des öftern in Bodenwöhr (Oberpfalz) in den Puppenwiegen der Brutknüppel nur
noch wenig Reste der Puppen und Larven, daneben oder nicht weit ent-
fernt davon in dem Gang eine sehr eigenartige Fliegenlarve, die von Fr.
Eckstein (1920) abgebildet und als der Gattung Brachyopa angehörig fest-
gestellt wurde.
Nach Dolles (1897, S. 262) gehört auch die rote Waldameise (Formica
rufa) zu den Rüsselkäferfeinden; wenigstens soll ^.Hylobius in Nadelholzkulturen
die in der Nähe von Ameisenhaufen sich befindlichen Pflanzen meiden".
Unter den Parasiten spielen die Schlupfwespen, und zwar die Braconiden
die Hauptrolle. Es handelt sich besonders um die Arten Bracon brachycerus
Thoms. und hylobii Ratz, (nigriventris Wesm.), wobei es noch unentschieden ist
(nach Prof. Schmiedeknechts persönlicher Mitteilung), ob es sich wirklich um
zwei verschiedene Arten oder um Synonyme handelt. „Nachdem die Bracon-
larven den Rüsselkäferlarvenkörper bis auf die äußere Haut gefressen haben,
verpuppen sie sich in kleine, dicht beiemander liegende, etwa i mm lange grau-
gelbe Kokons, die vielfach am Kopfschild und an der Haut der von ihnen aus-
gefressenen Larven hängend angetroffen werden" (Grohmann 1. c). — Bei den
Generationsversuchen von Fuchs (19 17) trat Bracon brachycerus so häufig auf,
daß ganze Brüten , zerstört wurden. In einem Hylobius fanden sich meist
I 3 Wespen." Die Kokons hatten verschiedene Farbe und Größe; aus den
■IC- 3 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
größeren und gelben Kokons krochen die 5$, aus den kleineren und weißen
die S6 aus."i)
Auch Do 11 es (1897a) traf die Kokons von Dracon hyiobii stellenweise
sehr häufig, in manchen Puppenwiegen bis zu 15 Stück; vor allem in Brut-
knüppeln, von denen einer ca. 60 Kokons aufwies.
Eine eingehende Schilderung von Bracon hyiobii und seiner Lebensweise
gibt Munro (1914); darnach lebt die Braconidenlarve nicht in der Hylobius-
Larve, sondern als Ektoparasit außen auf derselben und frißt also von außen
die Wirtslarve aus. Ende September spinnt die Larve ihren Kokon, in dem
sie längere Zeit unverändert liegen bleibt, um sich erst gegen Ende Februar
zu verpuppen und nach ca. i o tägiger Puppenruhe zur Wespe zu entwickeln. 2)
Die letzten auskommenden Wespen wurden im April beobachtet (in Schottland).
Als Zahlenverhältnis von ?$ zu c^J gibt Munro 60^0 Weibchen an; Nörd-
linger erzielte nach Ratzeburg (Ichneumoniden) noch einen viel höheren
Prozentsatz von $$, nämlich etwa 90 "/(,. Hyperparasiten konnten bis jetzt
keine festgestellt werden. Die Vermehrung kann denn auch unter Umständen
eine recht bedeutende werden und dadurch die Hylobiusvermehrung stark ein-
schränken. Munro beobachtete in Schottland auf einem Schlag einen Parasiten-
befall von 30 0/0, d.h. 30*^/0 der Rüsselkäferlarven waren parasitiert. All diese
Momente lassen es als dringend wünschenswert erscheinen, daß die angewandte
Entomologie das Studium der genannten Braconiden sich angelegen sein läßt.
Die Praxis hat das größte Interesse daran.
Außer den Braco?i - Arten kommen als Schlupfwespen in Hylobius (nach
persönlichen Mitteilungen Schmiedeknechts) noch in Betracht: Ephialtes tuber-
culatus Geoffr. und wahrscheinlich noch weitere Ephialtes- und ebenso wohl auch
verschiedene Pimp la- Kri^n.
Ferner besitzt Hylobius eine „außerordentlich reichhaltige Nematode n-
Fauna", die sowohl aus echten Parasiten als auch aus bloßen Wohnungseinmietern
besteht (G. Fuchs 19 15). Die bekannteste Nematodenart ist Allantonema
mirabilis Leuck., die im Jahre 1856 von Leuckart beschrieben und neuerdings
von G. Fuchs (1915) und Wülker (1922) eingehender untersucht wurde.
Nach Wülker stellt die Vermehrung des Wurms eine ununterbrochene Auf-
einanderfolge selbstbefruchtender (autogamer) protandrischer Zwitter dar. Die
Infektion des Hylobius findet wahrscheinlich in dessen jüngsten Larvenstadium
statt. Von einem schädlichen Einfluß des Parasiten auf den Rüsselkäfer kann
kaum gesprochen werden; selbst sehr stark infizierte Käfer erscheinen unverändert
und in ihrer Fortpflanzungsfähigkeit keineswegs geschädigt.
Neben Allantoneina hat G. Fuchs (19 15) drei weitere Nematoden bei
Hylobius gefunden, von denen 2 der Gattung Diplogaster und i der Gattung
*) ,,Dle Männchen und Weibchen der Wespe sind verschiedenfarbig, aber auch die
$9 untereinander zeigten verschiedene Färbung, indem bei manchen der Hinterleib ganz gelb
ist, bei anderen dagegen die Spitze schwarz" (Fuchs 1. c).
^) Nach Doli es (1. c.) kommt ein Teil der Wespen schon im Herbst (September) aus.
Cnrculionidae. — Langrüßler. Hylobius. -i eg
Rhabditolaimus angehören. Sie stellen aber nur Wohnungseinmieter der Fraß-
gänge und Puppenwiegen dar und leben (als Dauerlarven) außen auf den Käfer-
larven und -puppen und später auch unter den Flügeldecken der Käfer, ohne
diese irgendwie zu beeinträchtigen.
Endlich wurde von Fuchs (19 15) eine Gregarine (Protozoon) beschrieben
als Gregarina hylobii, die als harmloser Schmarotzer im Darm des Hylobius^ und
zwar sowohl des Käfers als auch der Larve (Wülker) lebt.
Bekämpfung.
Nach dem über die forstliche Bedeutung Gesagten ist es verständlich, daß
gegen die Rüsselkäfer schon viel unternommen wurde und daß die Vorschläge
über Bekämpfungsmethoden Legion sind. Trotzdem sind wir heute noch weit
von einer befriedigenden Lösung der Bekämpfungsfrage entfernt.
Kulturelle und wirtschaftliche Maßnahmen und Vorbeugungsmittel,
Die Rüsselkäferkalamität ist, wie oben ausgeführt, in der Hauptsache eine
Folge der Kahlschlagwirtschaft und der damit verbundenen künstlichen Verjüngung,
Es wird daher Aufgabe der Zukunft sein, eine Änderung der Hylobius-fördernden
Kulturmethoden, bezw. eine Einstellung der Forstkultur in einer dem Rüsselkäfer
abträglichen Richtung anzubahnen. Das bedeutet in erster Linie:
Möglichste Abkehr von der künstlichen und Übergang zur natür-
lichen Verjüngung (siehe darüber auch die Ausführungen Borgmanns im I. Bd.
dieses Werkes, S. 322 ff.).
Wo dies nicht durchführbar ist, sind die Kulturmethoden so zu ge-
stalten, daß möglichst viele Pflanzen verschont bleiben und daß die
jungen Pflanzen dem Rüsselkäferangriff möglichst viel Widerstand
leisten. In dieser Hinsicht ist in erster Linie zu empfehlen:
Die Saat, die mit der natürlichen Verjüngung den größeren Pfianzenreich-
tum gemeinsam hat. Auch soll der Rüsselkäfer die Saatpflanzen weniger angehen
als die gesetzten Pflanzen.
Bei der Pflanzung ist hauptsächlich auf die Verwendung von kräf-
tigen, verschulten Pflanzen zu achten. Solche werden die Rindenverletzungen
besser überstehen und ausheilen als schwächliche. Ballen- und Hügel-
pflanzungen sind dabei der Pflanzung mit ballenlosen Setzlingen vorzuziehen,
da Ballenpflanzungen sicherer und schneller in normales Wachstum kommen.
Man vermeide ferner zu weite Verbände, da bei größerer Pflanzenzahl die Schäden
sich verteilen. Streifenpflanzungen, die bodengleich oder etwas erhöht an-
gelegt werden, besitzen ferner große Vorzüge, da sie in den ersten Jahren leicht
von anwachsendem Gras, Heide usw. durch Behacken frei gehalten werden
können. Dadurch werden einmal von vornherein kräftige Pflanzen erzogen und
sodann wirkt der den nackten Boden in den Streifen treflfende Regenschlag in
der Weise, daß der aufspritzende lockere Boden an den kleinen Stämmchen der
Pflanzen haften bleibt und diese mit „Erdhöschen" umgibt, die gegen den Rüssel-
käferfraß schützen (Borgmann 1913).
7.()0 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rliynchophora.
Die von v. Oppen für Fichten empfohlenen Büschelpflanzungen haben
den Nachteil der schlechten Entwicklung der Einzelpflanzen, durch den der Vor-
teil des eventuellen Verschontbleibens einer größeren Anzahl von Pflanzen mehr
wie aufgewogen wird. Einige Autoren (Nördlinger 1884, Heinike 1858) emp-
fehlen Herbstpflanzungen, da diese zu einer dem Rüsselkäfer wenig zu-
sagenden Verhärtung der Rinde führen sollen.
Auch durch künstlichen Rindenschutz, durch Bestreichung oder Um-
hüllung der einzelnen Pflänzchen mit verschiedenen Stoffen, sucht man diese vor
den Angriffen des Rüsselkäfers zu schützen.
Als Anstrichmittel werden besonders empfohlen: Säurefreier Teer,
Raupenleim und Protektin (Chemische Fabrik von C. Bohlmann in Corbach,
Waldeck). Das Anstreichen geschieht am besten mittels kleiner Bürsten (gewöhn-
licher Wichsbürsten) und zwar vom Wurzelhals bis in den Gipfel hinein unter
Verschonung der Gipfeltriebe. Wird die Pflanze erst nach dem Setzen be-
strichen, so ist um jede Pflanze eine mehrere Zentimeter tiefe Mulde zu
machen, um auch den unterirdischen Teil mit Leim versehen zu können, und
dann die Mulde wieder zuzufüllen. Ein einmaliger Anstrich genügt gewöhnlich
für die ganze Saison; nur in besonders heißen Sommern ist eine Wiederholung
nötig. Der Anstrich ist mehrere Jahre hintereinander zu wiederholen, bis die
Pflanzen der Rüsselkäfergefahr entwachsen sind (vgl. auch Altum 1890). — „Nach
Mitteilung von Forstbeamten sind die einmal im Frühjahr (mit Protektin) be-
strichenen Pflanzen das ganze Jahr hindurch vom Fräße gänzlich verschont ge-
blieben, so daß keine Abgänge zu beklagen waren. In einem Fall, in dem das
Bestreichen im folgenden Jahr unterlassen worden war, wurden dann die Pflanzen
sehr stark befressen, so daß ein sehr hoher Prozentsatz zugrunde ging"
(Scheidter 1915).
Die Erfolge, die bisher mit diesen Anstrichmitteln gemacht sind, sind
fast durchwegs günstig und ermutigen zu weiteren Versuchen in dieser Rich-
tung (vgl. Rubattel 1855, Altum 1890, Frese 1892, Hartwich 1896, Peuster 1912,
Fröse 19 13, Kammer 1913).
Eckstein (Technik S. 115) nennt noch verschiedene andere Anstrich-
mittel, die ähnlich wirken: Elektoral-Verbißsalbe (Huth und Richter in Berlin
SW. 47), Pflanzenschutzfett (Böhm in Erolzheim, Württemberg), Obstbaum-
karbolineum (Schacht in Braunschweig) und endlich ein Präparat der Firma
Dr. Ivo Deiglmayr in München.
Auch durch Schlämmen mit Ziegellehm kann man die Setzpflanzen
längere Zeit vor dem Rüsselkäfer schützen. Die Pflanzen werden vor dem Setzen
in den in einem Faß bereit gehaltenen Lehmbrei (von etwa Mörtelkonsistenz)
bündelweise unter Verschonung der Triebspitze eingetaucht, so daß die ganzen
Pflanzen mit Ausnahme der letzteren inkrustiert werden. Die Lehmkruste hält
sich ca. 5 — 6 Monate und schadet der Pflanze nicht. Anstelle des Lehmbreis
kann auch dick angerührte Kalkmilch verwendet werden. Die Wirkung des An-
schlämmens wird in der Literatur mehrfach gerühmt (Heinicke 1858, Heß-Beck
S. 204, May 1902).
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. 701
Endlich hat man auch durch Umwickeln des Stämmchens mit Werg
(Hornschuh 1908) oder durch Umgeben des Stämmchens mit einer Schutzhülse
aus Zinkblech (Bergner 1904) die jungen Pflanzen voi den Angriffen des Käfers
zu schützen versucht — Methoden, die schon wegen der hohen Kosten sich
für die große Praxis nicht eignen.
Über Versuche, die Kultur als Ganzes zu schützen durch Umgeben
derselben mit Fanggräben, durch Einstreuen von Kalkpulver usw. siehe unten.
In erster Reihe der wirtschaftlichen Maßnahmen gegen den Rüsselkäfer
stand eine Zeitlang die Schlagruhe. — „Bei unmittelbar nach den Schlägen
folgender Kultur kultiviert man dem Käfer direkt ins Maul hinein"; „etwas ge-
fährlicheres kann es überhaupt nicht geben" schreibt AI tum (S. 197). Nach dem,
was wir aber heute über die Generation und die lange Lebensdauer des Rüssel-
käfers wissen, können wir in der Schlagruhe kein geeignetes Mittel zur
Abwehr der Rüsselkäferschäden erblicken. Denn eine einjährige Schlagruhe hat
wenig Wert, da ja die Hauptmasse der Jungkäfer erst im August, September des
folgenden Jahres auskommt und dann die frisch gesetzten Pflanzen angehen
würde, und eine zweijährige Ruhe hat so viele wirtschaftliche Nachteile, daß die
Vorteile dadurch bei weitem nicht ausgeglichen werden. Es sei nur auf das
Zurückgehen der Bodengüte, die Verunkrautung und den Zuwachsentgang ver-
wiesen; Schupfe r führt aus (bei Petraschek 19 14), daß durch die zweijährige
Schlagruhe für die Fichten- und Kiefernkomplexe des bayerischen Staates ein
Jahresentgang von mindestens i Million, für die Koniferenstaatswaldungen des
Deutschen Reiches von mindestens 3,3 Millionen Mark (Gold) sich ergeben — ein
Ausfall, den unsere heutigen gespannten Wirtschaftsverhältnisse weniger wie je er-
tragen. Dazu kommt, daß durch dieses kostspielige Mittel die Vermehrungs-
größe des Rüsselkäfers nicht im geringsten beeinflußt resp. beschränkt
wird, die Massenvermehrung dabei also ruhig weiter geht (vgl. hierüber
auch das von Borgmann im I. Bd. dieses Werkes S. 323 Gesagte).
Eine eindämmende Wirkung kann viel eher durch eine Maßnahme
bei der Holzernte erzielt werden, nämlich durch die Baumrodung ; also dadurch,
daß die Stämme stehend gerodet und mit dem „Waldteufel" der ganze
Wurzelstock herausgezogen wird (Bd. I S. 325). Dabei muß allerdings darauf
geachtet werden, daß auch die vor dem Wurf getrennten Seitenwurzeln sorgfältig
entfernt werden, da ja gerade die Wurzeln mit herausstehenden Enden eine
besondere Anziehungskraft für die Weibchen haben sollen (siehe oben S. 347).
Da die Vermehrung des Rüsselkäfers sehr wesentlich von der Menge des Brut-
materials abhängig ist, so wird sie durch die mit der Baumrodung verbundene
Entfernung der zahlreichen Brutplätze entsprechend verringert.
Die gleiche Wirkung kann erzielt werden durch die unmittelbar auf den
Hieb folgende Stockrodung, wobei natürlich mit der gleichen Sorgfalt wie bei
der Baumrodung verfahren werden muß (vgl. auch Heyer 1864). Die Stock-
rodung kann auch später vorgenommen werden, nämlich erst dann, wenn
die Wurzeln mit Brut besetzt sind. Eine solche verzögerte Rodung vernichtet,
702 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
wenn sie mit baldiger Abgabe der Stöcke bezw. Verbrennung der Wurzeln ver-
bunden ist, einen großen Teil der in der Entwicklung begriffenen Nachkommen-
schaft des Käfers. Natürlich muß das Roden beendet sein, bevor die Käfer
auskommen, nach unserer Auffassung (zweijährige Generation) also spätestens bis
zum Juni des folgenden Jahres.
Manche Autoren versprechen sich von der Stockrodung einen durchgreifenden
Erfolg. Am entschiedensten wird dieser Standpunkt von Scheidter (1915) ver-
treten, der die Ansicht ausspricht, daß „bei einer 3—4 Jahre hintereinander all-
gemein durchgeführten gründlichen Stockrodung der Rüsselkäfer so ziemlich aus
den Wäldern entfernt ist und für mehrere Jahre keine weitere Bekämpfung
dieses Schädlings notwendig wird". Die Rodung müßte allerdings restlos aus-
geführt werden, sowohl im Staats- als im Privatwald, und sich nicht nur auf
Schläge, sondern auch ,,auf die in geschlossenen Beständen jeglichen Alters be-
findlichen Stöcke (aus Durchforstung, von gefällten Fangbäumen usw.) erstrecken".
Theoretisch wohl richtig, stößt der Vorschlag einer obligatorischen, restlosen
gründlichen Stockrodung in der Praxis auf nicht geringe Schwierigkeiten. Die
Praxis hat sich denn auch ablehnend gegen den Vorschlag der obligatorischen
Stockrodung verhalten (Gareis, Graser, Jucht und andere, bei Petraschek 19 14).
Es ist unter anderem darauf hingewiesen worden, daß auch dort, wo die Stock-
rodung seit längerer Zeit in Gebrauch war, keine Abnahme des Rüsselkäfers
stattgefunden hat, da in der Praxis die erforderliche Gründlichkeit gewöhnlich
nicht zu erreichen ist. i) Dann ist auch nicht zu übersehen, daß gegen die all-
gemeine Stockrodung Bedenken waldbaulicher Art geltend gemacht werden können.
Den gleichen Zweck wie die Stockrodung, nämlich die Verhinderung der
Eiablage, verfolgen auch noch andere Vorschläge, wie z. B. die Entrindung der
Stöcke (so tief in den Boden hinein als möglich), das Bestreichen der Stöcke
mit Steinkohlenteer (Merz 1887), Kreosot oder Schwefelsäure (Adkin
1918, Duchesne 1918), das Ankohlen oder das Übererden der Stöcke, oder
das Bestreichen der Abhiebsflächen und freigelegten Wurzeln mit Dipl in —
(Chemische Fabrik Flörsheim) — alles Methoden, die wenig Wert haben, schon
aus dem Grund, weil ein großer Teil des Brutmaterials (die tiefen Wurzeln)
davon unberührt bleibt. Außerdem würde auch das Übererden die mit aus-
gezeichnetem Geruchssinn ausgestatteten Käfer überhaupt gar nicht abhalten, die
unter der Erde befindlichen Stöcke aufzufinden 2), und das Entrinden würde, wie
') In neuester Zeit ist infolge katastrophaler Heizmittelnot das Stockholz ein sehr ge-
suchter Artikel geworden, so daß jetzt — wenigstens im näheren und weiteren Umkreis einer
größeren Stadt — alle nur irgendwie erreichbaren Stöcke gerodet (meist gesprengt) werden. Es
■wird auf diese Weise ein Itxperiment im großen gemacht und es wird interessant sein,
die Rüsselkäferkurve in den nächsten Jahren zu verfolgen. Bei der Art der Rodung ist allei--
dings a priori keine große Wirkung auf die Rüsselkäfervermehrung zu erwarten. Ich ließ durch
Präparator Sei ff verschiedentlich im Winter Untersuchungen an Sprengstellen vornehmen; Überall
wurden zahlreiche Wurzelstücke besetzt mit lebenden Hylobius-Larven gefunden. Der Spreng-
druck hat also jedenfalls den Larven (in den Puppenwiegen) nichts geschadet.
'') Wenn beim Übererden die Erde dicht neben dem Stock entnommen wird, so werden
viele Wurzeln freigelegt und damit der Zweck der Arbeit vereitelt, ja dem Käfer die Eiablage
geradezu erleichtert (Eckstein i. 1.).
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. 763
Scheidter (191 5) ausführt, gerade die entgegengesetzte Wirkung haben, nämlich
infolge des intensiven Harzgeruchs die Käfer massenweise anlocken und zur Ei-
ablage in den unterirdischen Teilen des Stockes veranlassen. i|
Endlich kann auch durch Forsteinrichtungsmaßregeln den Rüsselkäfer-
schäden entgegengearbeitet werden: vor allem durch die Bildung kleiner Hiebs -
Züge, durch welche ein derartiges Wechseln der Schläge ermöglicht wird, daß
von keiner Kulturfiäche aus eher weiter geschlagen wird, bevor der junge Bestand
kräftig genug geworden ist, um den ihn noch trefienden Rüsselkäferfraß aus-
zuhalten. Wenn die Fortsetzung des Hiebes nach 5 — 6 oder 7 Jahren [Schule-
mann (1878) schlägt 10 Jahre vor] erfolgt, so dürfte die anstoßende Schonung
den Rüsselkäfergefahren entwachsen sein.
Die Frage, wie weit die Hiebsfläche des einen Jahres von der des folgenden
entfernt sein soll, läßt sich mangels genauer Kenntnis über Verbreitungsweite des
Rüsselkäfers heute nicht beantworten. Die Meinungen in der Praxis gehen hier
weit auseinander; v. Varendorff (1904) z. B. nimmt an, daß Hylobius von den
frischen Schlägen nicht über 50 m weit wandert, andere halten 100 m, ja sogar
I —3 km Zwischenraum für nötig. Es unterliegt keinem Zweifel, daß durch die
Wechselschlagwirtschaft die Rüsselkäfergefahr für die Kulturen verringert wird;
anderseits aber wird die Vermehrung der Käfer durch sie nicht nur nicht ge-
hemmt, sondern über das ganze Revier verzettelt. Manche Autoren schlagen
diesen entschiedenen Nachteil höher an als den Vorteil und sehen daher in den
großen breiten Hieben die zur Bekämpfung günstigere Wirtschaftsform (Scheidter
bei Petj-aschek 19 14, Junak 1913).
Technische Bekämpfung.
Im Vordergrund aller Bekämpfungsmaßnahmen gegen den Rüsselkäfer steht
wie bei dem Maikäfer :
1. Das Sammeln und Vernichten der Käfer.
Es sind eine Menge Sammelmethoden vorgeschlagen und in Gebrauch,
deren wichtigste sich auf zwei Prinzipien zurückführen lassen: nämlich i. Ab-
fangen durch Anlockung und 2. Abfangen während der Wanderung-
Die beiden Prinzipien werden vielfach auch kombiniert angewendet.
Als Anlockungsmittel werden benützt: frische, harzige, besonders zu-
gerichtete Pflanzenteile (Rinden, Kloben, Stöcke) oder harzig duftende Flüssigkeiten,
die in besonderen Fallen aufgestellt werden.
') Eine wirtschaftliche Maßregel, die seinerzeit in Hochgebirgsrevieren Österreichs ort-
weise Anwendung fand, ist das ., Schiagb rennen"' zur Zeit wo der junge, frisch entwickelte
Käfer auf den Schlägen erscheint. Natürlich findet kein Durchbiennen, sondern nur ein ober-
flächliches Brennen (ein „Überbrennen") des Schlages statt, was sich leicht bewerkstelligen läßt,
wenn man den Schlag oben anzündet und das Feuer nach unten leitet; so hat man es ganz in
der Hand, es nach Ermessen wirken zu lassen. Gewöhnlich erfolgte darauf eine Bestellung mit
Getreide und im nichsten Frühjahr die Aussaat von Waldsamen. Das Getreide schützt vor Ver-
unkrautung, muß aber hoch abgeschnitten werden, damit die jungen Waldpflanzen nicht geköpft
werden. Erfolg: Keine Rüsselkäferkalamität und gelungene Verjüngung (Petraschek i. 1.).
^54 Coleoptera — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Fangrinden. — Das Absammeln mittels Fangrinden ist — wenigstens in
Fichtenrevieren — das am meisten angewandte Verfahren. Zur Gewinnung von
Fangrinden werden im Frühjahr^ wenn die Bäume in Saft gekommen, einzelne
Stämme gefällt und Rindenstücke von 20 — 30 cm im Quadrat geschält. Diese
werden mit der Bastseite nach unten ausgelegt und mit einem Stein beschwert,
damit die Rinden möglichst fest anliegen, sich infolge des Austrocknens nicht
rollen und auch nicht vom Sturme umhergeworfen werden. Man kann auch
Rasenplaggen auflegen, wodurch zugleich das Austrocknen der Rinde verzögert
wird. Die vertrockneten Rinden sind nicht mehr fängisch und müssen durch
neue ersetzt werden, was in heißen Sommern schon nach ca. 14 Tagen zu ge-
schehen hat. Man benützt die alten Rinden wieder zum Schutz der frischen
Stücke, indem man sie auf letztere legt; so kommen allmählich 3 — 4 Rinden
übereinander (Abb. 175B).
Um die anlockende Wirkung zu erhöhen, kann man noch klein ge-
schnittene frische Kiefernzweige (von den jüngsten Trieben) unter die Rinde
A B
Abb. 175. A Fangkioben, B Fangrinden zweimal erneuert. — Aus Eckstein.
legen. Auch mit dem Aufstrich von Terpentinöl oder Kienöl auf die Bast-
seite der Rinde hat man die Anziehungskraft zu verstärken gesucht; wie es
scheint, mit gutem Erfolg, wenigstens betrugen die Fangergebnisse das i Y2 t)is
5 fache (Lehner 1900, Holtzberg 1902, Dörr 1903). i)
Auch alte Rinden kann man nach mehrfacher Erfahrung in der Praxis
durch Anstreichen mit Terpentin wieder fängisch machen, was be-
sonders im ersten Frühjahr, wenn man noch keine frische Fangrinde schälen
kann, von größter Bedeutung ist (siehe unten). Durch Zusatz von geruchlosem
Speiseöl soll die schnelle Verdunstung des Terpentins wesentlich verlangsamt werden,
so daß dadurch die Notwendigkeit des allzuoften Anstreichens vermieden werden
kann. (Graser, Jucht, Müller bei Petraschek 1914-) Vorzüglich soll sich
eine Mischung von Fichtenharz und Terpentin bewähren (Fichtenharz
in einem eisernen Topf leicht erwärmt und dann vorsichtig Terpentin dazu-
^) Von anderer Seite wird dem Terpentinanstrich der Rinden wenig, ja gar keine Wirkung
zugeschrieben. Die Frage bedarf also noch der Nachprüfung.
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. 365
gegossen). Die Mischung bleibt flüssig und läßt sich in Flaschen aufbewahren
(Müller 1. c.)i)
Wann sollen die Fangrinden ausgelegt werden? — Sobald die
ersten Käfer erscheinen. Da dies meist früher der Fall ist, als die Bäume
in Saft kommen und frische Rinde gewonnen werden kann, so muß man sich
zuerst mit der eben besprochenen Auffrischung alter Rinden mit Terpentin usw.
behelfen. Mit dem Auslegen der Fangrinden ist den ganzen Sommer
über bis zum Verschwinden der Käfer fortzufahren.
Wo sollen die Rinden ausgelegt werden? — Sowohl auf den
Kulturen als auch auf den frischen Schlägen. Sehr gute Resultate erhält
man, wenn man sie direkt um die Kulturen sehr dicht legt, um die aus den
Nachbarbeständen angelockten Käfer vor dem Einwandern abzufangen. Auf den
letztjährigen Schlägen legt man die Rinden mit großem Vorteil an die Stöcke,
am besten in die Stockachseln, wodurch sich die Zahl der angelockten Käfer
wesentlich erhöht (Scheidter 1915).
Das Absammeln hat in nicht zu langen Zwischenpausen, während der
Hauptzeit am besten täglich ein- oder auch zweimal zu geschehen. Und
zwar in der Weise, daß die Rinde vorsichtig aufgehoben und umgedreht wird
und die an der Unterseite sitzenden Käfer abgelesen und in ein Gefäß, am
besten eine Flasche, geworfen werden. Zuhause können die Käfer in ein größeres
Gefäß geschüttet und mit kochendem Wasser überbrüht werden. Nachdem das
Wasser wieder abgegossen und die Käfer abgetrocknet sind, werden sie gemessen
oder gezählt. Auf einen Liter gehen ca. 3000 Stück. Die getöteten Käfer
können zum Futter von Hühnern, Enten, Schweinen oder auch zur Herstellung
von Vogelfutter verwendet werden (Eckstein).
Die Fangrindenmethode hat sich, wenn rechtzeitig und kontinuierlich
angewendet, sehr gut bewährt und deswegen auch überall eingebürgert. Den
offensichtlichen Vorteilen der Methode (Billigkeit, leichte Verwendbarkeit, kräftige
Anlockungswirkung usw.) stehen einige Nachteile gegenüber. Diese liegen darin,
daß man die Rinden meist erst später gewinnen und auslegen kann als die
ersten Käfer erscheinen (siehe oben), und sodann, daß sie verhältnismäßig rasch
vertrocknen und daher oft gewechselt werden müssen. Es ist dies besonders bei
Kiefernf angrinden der Fall, die ja überdies, da bei der Kiefer nur die Glanz-
rinde genommen werden kann, sich im allgemeinen viel schwerer vom Stamme
lösen, als bei der Fichte. Man verwendet daher in Kiefernrevieren viel-
mehr die
Fangkloben (auch „Fangknüppel" genannt). — Es sind dünnrindige
Y2 — I m lange, 5 — 8 cm starke Aststücke oder auch gespaltene Kiefern-Scheite,
^) Vor Jahren habe ich Versuche anstellen lassen, die Rinden mit einem Anstrichmittel
zu versehen, das einerseits die Anlockung erhöht, andererseits den Käfer zugleich vergiftet, so
daß das Absammeln wegfallen kann. Es ist gelungen eine Mischung voq harzigen Stoffen mit
Arsen herzustellen, die der Erfüllung der Forderung nahe kam. Die Versuche wurden durch
den Krieg unterbrochen, sollen aber demnächst fortgesetzt werden. Bei den Versuchen konnte
eine unglaubliche Giftfestigkeit des Rüsselkäfers festgestellt werden. Gifte, an denen
andere Tiere sofort zugrunde gehen, machen auf Hylobius gar keineu Eindruck (z. B. Sublimat
u. a.) Ähnliche Erfahrungen teilt auch Jucht mit (bei Petraschek 1914).
■i()() Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
die mit der Rindenseite auf die Erde gelegt werden (Abb. 175 A). Damit der
Knüppel gut anliegt und möglichst lange vor dem Vertrocknen geschützt wird, ist
es gut, wenn in den Boden entsprechend der Dicke des Knüppels eine seichte
Rinne gefertigt wird. Wenn der Harzgeruch infolge des Eintrocknens der Rinde
schwächer wird, so kann durch Einreißen einer Rinne oder Anplätzen des Klobens
mit dem Beil die anlockende Wirkung wieder erhöht werden. Die dabei ab-
fallenden Rindenfetzen werden zweckmäßig auf den Kloben gelegt, um zugleich
eine Zeitlang als Fangrinden zu dienen. Wenn die Kloben ausgetrocknet und
unbrauchbar geworden sind, werden sie als Brennholz aufgesetzt i) und sofort
frische Kloben an ihre Stelle gelegt.
Die auf der Fangfläche ausgelegten Kloben werden in weiteren, regel-
mäßigen Abständen verteilt. Die Zahl der für i ha benötigten Kloben oder
Knüppel schwankt zwischen 30 und 100. Man kann sie auch außerhalb der
Fläche am anstoßenden Holz, oder wo dieses an einen Weg stößt, jenseits des-
selben legen und zwar möglichst dicht und in einer Reihe, zum Abfangen der
zuwandernden Käfer (Eckstein).
Wie bei den Rinden hat man auch bei den Kloben den Versuch gemacht
durch Terpentinanstrich die anziehende Wirkung zu erhöhen. Nach Eckstein
(1905 und „Technik") entspricht die Steigerung des Fangergebnisses nicht der
aufgewandten Arbeit. Nur dann ist das Verfahren zu empfehlen, wenn man aus
irgend welchen Gründen von einer rechtzeitigen Erneuerung der Fanghölzer Ab-
stand nehmen muß.
Beim Absuchen, das, wie bei den Fangrinden, in der Hauptzeit täglich
mindestens einmal zu geschehen hat, werden zunächst die etwa frei auf den
Knüppeln sitzenden Käfer weggenommen, dann wird der Knüppel an einer Seite
hoch gehoben, um die auf der Unterseite sitzenden Käfer zu sammeln. Er darf
dabei nicht nach rechts oder links verschoben werden, damit die etwa auf den
Boden fallenden Käfer leicht gefunden werden und nicht im Gras verschwinden.
Dann wird der Knüppel parallel neben das Lager gelegt, die berindete Seite
nach oben, um die noch sonst an der Rinde sitzenden Käfer, vor allem die
kleinen wurzelbrütenden Hylesinen (siehe unten) sorgfältig ablesen zu können.
Und alsdann wird noch eben so sorgsam der Boden des Lagers nach Rüssel-
käfern und Hylesinen durchsucht, dann der Knüppel wieder in die alte Lage gebracht.
Fangstöcke. — Neben den Fangrinden verdienen die Fangstöcke die
weitgehendste Anwendung in der Praxis. Die frischen Stöcke üben ja ohnehin
eine große Anziehungskraft auf die Rüsselkäfer aus; diese wird nun durch be-
sondere Behandlung noch erhöht, so daß die Wirkung eine außerordentliche wird.
Über die Herrichtung der Fangstöcke schreibt mir Oberforstmeister Puster,
der dieselben in seinem Revier Kandel-Süd (Rheinpfalz) seit Jahren mit größtem
Erfolg anwendet, folgendes:
1) Da die Fangkloben nicht selten vonn Hylobius-5 zur Eiablage benutzt werden und
auch die Larven sich in ihnen entwickeln, so sind sie vor dem Aufsetzen zu entrinden, oder über
Feuer anzurösten, damit die eventuell vorhandene Rüsselkäferbrut zugrunde geht (Scheidter 1915).
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. 557
„Ende März oder in den ersten Tagen des April werden einzelne Stöcke
aufgeräumt, d. h. es wird mit der Hacke die Erde 5 — 8 cm tief vom Stocke und
den Wurzelhöhlen weggezogen und die Rinde auf einer Teilfläche möglichst in
großen Spänen mit der Axt losgetrennt; die losgetrennten Rindenstücke werden
dann wieder naturgemäß auf die entrindete Stockpartie angelehnt und zur Frisch-
erhaltung mit großen Rasen abgeplaggt. Die Arbeit wird geleistet von i Mann
und I Mädchen. Ersterer räumt die Stöcke frei, entrindet und haut die Rasen-
plaggen, letzteres lehnt die Rindenstücke an, plaggt die Fangfiäche des Stockes ab
und zeichnet den Stock durch Einstecken eines grünen Kiefernastes. Das Zusammen-
arbeiten ist nötig, damit das Mädchen als Sammlerin des Käfers alle Fangstellen
kennt."
,Je nach dem Anlauf der Käfer werden die Fangstellen vermehrt und die
trocken gewordenen Fangfiächen erweitert, bis der ganze Stock ringsum entrindet
ist; die Käfer werden täglich — an besonders kalten Tagen kann ausgesetzt
werden — von 2 Mädchen je Bezirk (500 ha) abgelesen, zweckmäßig in Flaschen
mit Patentverschluß verstaut und den Hühnern verfüttert."
.,Fangstätten sind die Kahlhiebe des letzten Winters — also die Käfer im
Frühjahr IQ20 werden an den Winterstöcken 1919/20 gefangen. Wo Winter-
kahlhiebe fehlen, werden entlang des Schlagrandes — also am Saume zwischen
Kultur und Bestand — alle 70 — 100 m je eine Kiefer im Frühjahr (März) gefällt
und der Stock so behandelt, wie oben geschildert."
„Der Erfolg an heißen Tagen nach der oberen Grenze ist etwa die Zahl
von 2500 Käfern, im Durchschnitt täglich 1500 Käfer je i Mädchen; das Er-
gebnis an einem Stock durchschnittlich täglich 20 — 25 Stück, aber auch bis zu
200 Stück, vielfach in Kopula. Ein großer Teil des Käferanlaufs findet sich
am Fuße des Stockes in der Mischung von Erde und kleinen Rindenstückchen.
Gewandte Fängerinnen lesen von einem von einer Anfängerin bereits befangenen
Stock nochmals die gleiche Anzahl Käfer ab, weil sie eben die Käfer verstecke
infolge Spezialausbildung kennen. Darum möglichst die gleichen Personen bei-
behalten und neuzugehende durch Alte schulen."
Wie ich mich selbst an Ort und Stelle mehrere Jahre hintereinander über-
zeugen konnte, ist der Erfolg der Fangstockmethode im Bienwald ein durch-
schlagender. Wo dieselbe richtig durchgeführt wurde, war der Rüsselkäferfraß gleich
Null. Wo sie aber übersehen wurde, waren mehr oder weniger erhebliche Aus-
besserungen notwendig. Auch schon früher wurde von verschiedenen anderen
Seiten die Verwendung der Stöcke zum Absammeln der Käfer befürwortet
(Rothe 1910, Junak 1913).
Fangreisig und Fangspäne. — Frisch gebrochenes Fichten- und Kiefern-
reisig wird zu etwa armlangen Bündeln gebunden und auf den Fangflächen aus-
gelegt. Da das Absammeln von diesen Bündeln recht umständlich ist (Abklopfen
auf Tücher), so wird, wenn man Rinde oder Kloben, zur Verfügung hat, von dieser
Methode abgesehen; nur wenn letztere nicht angewendet werden können, kann
man zu den Reisigbündeln als Ersatz greifen.
Dasselbe gilt von der von dem russischen Oberförster Schanjawsky (1913)
empfohlenen Methode mit Spänen, Schälkanten und sonstigen frischen Holz-
368
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophc
abfallen , die auf dem Schlag ausgebreitet werden. Wenn durch Späne usw.
auch gewiß zahlreiche Käfer angelockt werden, so ist das Sammeln (es sollen
täglich 3 mal alle Späne untersucht werden) so mühsam und zeitraubend, daß
es auf großen Flächen praktisch nicht durchführbar ist.
Fanggräben. — Die Fanggräben (s. Eckstein „Technik", Scheidter 19 15)
verfolgen den Zweck, die Käfer auf ihren Wanderungen abzufangen. Die daher-
kriechenden Käfer fallen in die Gräben , aus denen sie nicht wieder heraus-
kommen, so daß sie darin von Zeit zu Zeit gesammelt werden können. Die
Gräben werden um die Schlagfiächen resp. die zu schützenden Kulturen gelegt
(„Isoliergräben''), außerdem können auch noch, um die Fangwirkung zu er-
höhen, auf der Kulturfläche selbst in größeren oder kleineren Abständen Gräben
in verschiedener Richtung gezogen werden („Durchschnei dungsgräben"). Die
ersteren sollen dazu dienen, die von den Beständen usw. abwandernden Käfer
an der Einwanderung in die Kulturen zu verhindern; die letzteren, die bereits
il^tm. di»uiik__siik_
Abb. 176. Fanggräben („Rüsselkäfergräben"). A Längsschnitt; B von oben gesehen,
die Falllöcher sind gestreift. — Aus Eckstein.
dort befindlichen oder durch Fliegen dorthin gelangten Käfer abzufangen. An
Stelle der Durchschneidungsgräben können auch Fanglöcher mit senkrecht ab-
fallenden Seitenwänden, über die ganze Kulturfiäche verteilt, verwendet werden.
Die Fanggräben sollen schon sehr frühzeitig, spätestens Ende März, fertig
sein (siehe auch Guse 1884, Paschen 1882) und den ganzen Sommer hindurch
bis in den Herbst hinein fängisch gehalten werden. Häufig wird die zeitige
Herstellung der Gräben durch die noch nicht vollendete Holzabfuhr ganz oder
streckenweis gehindert. In diesem Fall ist es vorteilhaft, den Graben, nicht wie
es ziemlich allgemein üblich ist, direkt um die Schlagfiäche zu ziehen sondern
ihn jenseits des Gestells, dicht an das angrenzende Holz zu legen. Die Gräben
fangen auch an dieser Stelle die Käfer ab, stören bei der Holzabfuhr nicht und
werden bei dieser Arbeit auch nicht beschädigt. Ist die Rüsselkäfergefahr größer,
dann können im letzteren Fall an der gefährdeten Stelle die Gräben etwas ver-
längert werden, um ein Überfliegen derselben durch Käfer zu verhindern
(Eckstein 1. c.)
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. i5q
Was die Herstellung der Gräben betrifft, so werden diese einen Spatenstich
breit und ebenso tief gemacht. Die Wände werden senkrecht und rein ab-
gestochen, und von der geebneten Sohle des Grabens wird der überflüssige
Boden sauber ausgehoben. In manchen Gegenden pflegt man statt des ge-
wöhnlichen Spatens solche mit besonderen Dimensionen zu verwenden, so daß
die Gräben schmäler gemacht werden können: nämlich Spaten von nur 12 cm
Breite bei 32 cm Länge. Der Stiel steht in gerader Verlängerung des Blattes.
Auf der Vorderseite ist das Blatt ganz eben, auf der Rückseite ist es in der
Mitte am dicksten. Alle drei Kanten des Blattes sind scharf; man kann daher
mit diesem Spaten graben, stoßen und hauen. Je nach der verwendeten Spatenart
schwankt die Grabenbreite zwischen 12 und 30 cm, die Tiefe zwischen 15 und
40, gewöhnlich ist sie 30 cm.
An jeder Biegung des Grabens, sowie außerdem in Abständen von etwa
10 m werden in der Grabensohle Löcher mit scharfen Rändern angelegt.
Ein Haupterfordernis für die Wirksamkeit der Fanggräben ist, daß sie
fängisch gehalten werden, d. h.: aufgefallene Reiser, die eine Brücke bilden,
müssen entfernt, hineingewehtes Laub herausgebracht, eingefallene oder von
Passanten eingetretene Grabenränder müssen wieder scharf und senkrecht ab-
gestochen werden. Es empfiehlt sich, diese Arbeiten bei dem in regelmäßigen
Pausen erfolgenden Absuchen der Gräben gewissenhaft durchführen zu lassen.
Die Gräben werden meistens 2 — 3 Jahre oder noch länger fängisch gehalten
nnd sind deshalb in jedem Frühjahr, spätestens im März, gründlich nachzubessern.
Nur verhältnismäßig sehr wenig Käfer kommen aus den Gräben wieder
heraus, 1) die meisten, die keinen Ausweg finden, wühlen sich nach einiger Zeit
in den Boden der Fanglöcher ein^ wenn sie nicht vorher von insektenfressenden
Tieren, Kröten, Eidechsen, Vögeln aller Art, besonders Saatkrähen vernichtet
oder vom Menschen gesammelt werden.
Das Sammeln der Käfer in den Gräben hat in bestimmten Pausen zu
geschehen, die entsprechend der Dichtigkeit des Vorkommens länger oder kürzer
sem können; im Frühjahr und im Hochsommer (Juli und August) ist ein öfteres
(womöglich tägliches) Absammeln notwendiger 2) als in den dazwischen liegenden
Monaten. Beim Sammeln wird so verfahren, daß der Arbeiter jedesmal das
ganze Grabensystem durchschreitet und dabei alle Rüsselkäfer, die sich im Graben
und in den Löchern befinden, aufliest und in den mitgeführten Sammeltopf oder
die Sammelflasche wirft. Die nützlichen Tiere, wie Laufkäfer, Mistkäfer, Kröten,
Eidechsen usw., die oft massenweise sich auch in den Gräben befinden und mit
denen der Sammler vorher vertraut gemacht sein muß, müssen aus dem Graben
befreit und möglichst weit durch kräftigen Wurf vom Graben weggeschleudert
werden. ^)
1) Arndt (19 19) beobachtete, daß einige Rüsselkäfer durch Fliegen sich aus den Fang-
gruben zu retten versuchten; sie flogen jedoch stets gegen die Seitenwände des Fanglochs und
fielen daher immer wieder zu Boden.
'^) Streck (1919) empfiehlt eine täglich zweimalige Reinigung der Fanglöcher.
") Spitzenberg empfiehlt, um den Nutzungen ein Entkommen aus dem Gräben zu er-
möglichen, den von der zu schützenden Fläche abgewendeten Grabenrand schief abzustechen
(s. Neud. Forstzeitg. 1922).
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. ^4
370
Coleoptera.
Familienreihe : Rhynchophora.
Die Fanggräben werden vor allem in Norddeutschland viel angewendet
und zwar nach den Berichten aus der Praxis gewöhnlich mit gutem Erfolg.
Wenigstens erreichen die Fangziffern oft sehr respektable Höhen. Andererseits
haften der Fanggrabenmethode eine Reihe von Nachteilen an, die einer all-
gemeinen Anwendung im Wege stehen, und die Scheidter (1915) zusammen-
gestellt hat.
Vor allem ist die Anlage der Gräben durch Bodenverhältnisse stark be-
schränkt; in gebirgigem Gelände, in stark kiesigen oder lettigen Böden würde die
Abb. 177. Verschiedene Kombinationen von Fangkloben und Fanggräben. Die Schlagflächen
sind weiß, a das Holz war frühzeitig abgefahren, der Graben ist am Rande der Fläche; b Holz-
abfuhr war nicht rechtzeitig möglich, der Graben ist jenseits des Gestelles; c ebenso, auch der
Graben an der westlichen Bestandsgrenze liegt außerhalb der Fläche; d Schlagfläche von Rüssel-
käfergraben wie im Falle a umgeben, auf der Fläche Fangkloben; e Schbgfläche mit Rüssel-
käfergraben wie im Falle a, die Fangkloben liegen außerhalb der Fläche; f Schlagfläche mit
außerhalb liegenden Fangkloben ohne Käfergraben. — Aus Eckstein.
Anlage einen großen Arbeitsaufwand erfordern und daher viel zu teuer kommen,
ja vielfach überhaupt unmöglich sein. Sodann wird nur ein relativ geringer Teil
der vorhandenen Käfer in den Gräben gefangen, da ja im Frühjahr viele Käfer
durch Flug die Kulturen erreichen. Ferner werden die Gräben durch Holz-
fällungen, durch Leute, durch starke Gewitterregen usw. häufig so beschädigt, daß
ihre Wirkung wesentlich beeinträchtigt, ja zum Teil auch vollkommen aufgehoben
wird. Und endlich werden doch mitunter sehr viel nützliche Tiere in den
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius.
371
Gräben gefangen die, wenn sie nicht rechtzeitig befreit werden, in denselben
zugrunde gehen. ^)
Diese Nachteile bedeuten ohne Zweifel eine Unterlegenheit der Fang-
gräben gegenüber den oben besprochenen Fangmethoden mittels Fangrinde,
Fangkloben oder Fangstöcken, die überall angewendet werden können. Mit
Fanggräben allein wird jedenfalls der Vertilgungskrieg nicht so wirk-
sam durchgeführt werden können, wie mit den oben genannten An-
lockungs-Methoden, Man wendet daher auch vielfach die beiden Methoden,
Fangrinden und Fanggräben, kombiniert an.
Kombination von Fangkloben usw. und Fanggräben. — Eckstein
(1905) stellt auf Grund langjähriger Erfahrungen und Versuche den Satz auf:
Käfergräben allein genügen nicht zum Schutz der Kulturen; vielmehr
müssen gleichzeitig Fangkloben angewendet werden. Die Kombinierung
der beiden kann entweder in der Weise geschehen, daß die Fangkloben auf der
durch Gräben geschützten Fläche, oder aber so, daß sie außerhalb der Fang-
gräben, diesen entlang, ausgelegt werden (siehe beistehende Abb. 177). Wo
Fanglöcher anstatt der Fanggräben zur Anwendung kommen, sind sie stets mit
Fangrinden zu kombinieren, da sonst die Wirkung zu sehr vom Zufall abhängen
würde. Die Rinden sind auf den Boden der Löcher zu legen. Auch in die
Löcher der Fanggräben können Rinden eingelegt und dadurch die Fangwirkung
wesentlich gesteigert werden. -)
Rüsselkäferfallen. — Alle bis jetzt konstruierten Fallen beruhen auf dem
gleichen Prinzip wie die mit einer Witterung versehenen Fanglöcher. Sie stellen
gewissermaßen transportable Fanglöcher dar. Sie sollen außerdem noch den
Vorzug haben, daß es aus den Fallen kein Entweichen mehr gibt und daher
die hereingefallenen Käfer nicht erst noch täglich gesammelt werden müssen.
Die Fallen bestehen entweder aus Holzkistchen oder Töpfen aus Steingut oder
Flaschen, die in ihrem Innern anlockende Witterung enthalten und die so kon-
struiert sind, daß die angelockten Käfer leicht hinein- aber nicht mehr heraus-
gelangen können und eventuell auch darin zugrunde gehen.
Die Gareissche Rüsselkäferfalle besteht (s. Scheidter 1915) aus einem
ca. 25 — 30 cm langen, 7 cm breiten und ebenso hohen Holzkistchen mit einem
abnehmbaren Deckel aus Holz. In das Kistchen werden einige kleine frische
Zweige von Kiefern gelegt und außerdem noch ein kleines Gläschen mit einer
Witterung gestellt; an der einen Stirnseite befindet sich in der ganzen Breite
eine leichte Falltüre aus dünnem Blech, die nur nach innen sich aufschieben
läßt. Diese Falle wird nun auf den Kulturflächen, Schlägen usw. so ausgelegt,
^) Scheidter (1915) führt folgendes Beispiel an: In der Nähe Berlins wurden von einem
Käfersammler im Monat Juni an 3 Sammeltagen in den Käfergräben gesammelt: 96 tote Mäuse,
I Dutzend Blindschleichen, 5000 kleine und 736 große Carabiden, 32 Cicindelen, 230 Silphiden,
30 schädliche Insekten verschiedener Art und 17 Hylobius; allerdings muß bezüglich der
geringen Zahl der Hylobius dabei berücksichtigt werden, daß im Juni die Rüsselkäfer gewöhnlich
stark im Rückgang sind (siehe auch Kuhnt 1909).
-) Dolles (1885) berichtet, daß aus den mit frischer Fichtenrinde belegten Fanglöchern
eines 180 m langen Käfergrabens schon wenige Stunden nach der Fertigstellung ca. 10 000 Käfer
gefangen wurden.
24*
hl2
Coleoptera.
Familienreihe : Rhynchophora.
daß der Boden der Falle dort, wo die Falitüre ist, mit dem umgebenden Erd-
boden eben ist, dann mit Rasen bedeckt und der Ort, wo sich die Falle befindet,
durch einen in den Boden gesteckten Zweig bezeichnet. Die Käfer sollen von
der Witterung angelockt durch die Falltüre in die Falle kriechen und so in der-
selben gefangen werden. Nach Scheid ter (1. c.) hat die Falle in Bayern, wo
ausgedehnte Versuche mit ihr gemacht wurden, vollständig versagt. Abgesehen
davon, daß sie ziemlich teuer ist und sich leicht wirft und dadurch unbrauchbar
wird, haben sich meist nur sehr wenig Rüsselkäfer in ihr gefangen.
Die Kisselsche Rüsselkäferfalle besteht aus einem Topf aus Steingut
von 20 — 25 cm Durchmesser, der Deckel ist aus Zement und hat auf der Unter-
seite mehrere Erhebungen, so daß zwischen dem Deckel und oberem Rand des
Topfes gerade so viel Zwischenraum bleibt, daß die Rüsselkäfer hineinkriechen
können. Der obere Rand ist nach innen gebogen und abgerundet. Dieser Topf
wird, wie auf der beistehenden Abbildung zu sehen ist, in die Erde ein-
gegraben, bis zur Hälfte mit Wasser gefüllt und dann noch die vom Erfinder
„Hylobin" genannte Anlockungsflüssigkeit hineingeschüttet, der Deckel daraufgesetzt
f^^^m^^;^^^--^.^---^^^-^^^^ " ^^:^M^%
Abb. 178 A. Kisselsche Rüsselkäferfalle, a Deckel, b Gefäß, c Oberfläche des Bodens,
d und e Eingangsraum. — Nach Kissel.
und endlich die geschlossene Falle mit Rasenplaggen bedeckt. Als Vorzüge
dieser Falle werden vom Erfinder angegeben, daß sie sehr lange fängisch bleibt
und nur sehr selten revidiert zu werden braucht. Nach Scheid ter (1. c.) stehen
aber diesen Vorzügen so große Nachteile gegenüber, daß die Falle in der Praxis
nicht empfohlen werden kann. Die Nachteile sind (abgesehen davon, daß die
Töpfe vielfach gestohlen werden): Zerbrechlichkeit, hohe Kosten, geringe Fang-
wirkung und das Fangen nützlicher Tiere ^), also ganz ähnliche Mängel wie bei
der Gareisfalle.
Dieselben Nachteile haften mehr oder weniger auch den übrigen noch vor-
geschlagenen Fallen an, wie dem Fangtopf von Walther '(1909), der Schwabe-
schen Falle (F. Zbl. 19 10, S. 191), den mit Terpentin versehenen eingegrabenen
Flaschen, wie sie von Zimmer (1879) und Eberdt (191 1) empfohlen werden usw.
*) In einem Spessartforst wurden in 2 Jahren in 26 Kisselfallen gefangen:
1078 Stück = 44. 6 7„ Hylobius,
455 ,, = 18,8 „ andere Forstschädlinge,
884 „ = 36,4 ,, nützliche oder gleichgültige Insekten. Auf
einen Topf treffen also pro Jahr nur 41 Hylobius, eine Zahl, die wir unter Fangrinden schon
in wenigen Tagen absammeln können (Scheidter 1. c).
Curculionidae. — Langrüßler. Hylobius. 373
Es konnte sich denn auch keine der Fallen bis heute in der Praxis ein-
bürgern. Ob es sich empfiehlt, diesen Weg der künstlichen Fallen weiter zu
beschreiten, möchte ich etwas bezweifeln, da sich die gerügten Nachteile wohl
schwerlich beseitigen lassen werden.
2. Vertilgung der Larven.
Eine Vertilgung der Larven würde den großen Vorteil haben, daß der
Schädling schon vernichtet würde, bevor er Schaden anrichten und bevor er sich
weiter fortpflanzen kann. Es sind daher auch schon verschiedene Versuche und
Vorschläge in dieser Richtung gemacht worden, ohne aber bis jetzt, zu durch-
schlagenden Erfolgen geführt zu haben. Durch die versteckte Lebensweise der
Larve in den unterirdischen Wurzeln wird der Kampf gegen sie außerordentlich
erschwert.
Es sind vor allem zwei Wege, die bis heute zur Vertilgung der Larven
beschritten worden sind: i. die Rodung der mit Rüsselkäferbrut besetzten
Stöcke, und 2. Darbietung künstlicher Brutplätze und Vernichtung
derselben nach der Besetzung mit Brut. Bezüglich der ersten Methode
ist oben bereits Näheres ausgeführt (s. oben S. 361).
Was den zweiten Weg betrifft, so handelt es sich dabei um sogenannte:
BrutknüppeL — Es sind das i — 1Y2 na lange, etwa armsdicke glatt-
rindige, im Saft gehauene Prügel von frischem Kiefern- und Fichtenholz, die in
den Boden eingegraben werden. Sie wirken stark anziehend auf die Weibchen, die
ihre Eier in die Knüppel legen. Die Anziehung soll nach den Erfahrungen ver-
schiedener Praktiker sogar stärker sein als die der Stöcke; was recht wohl ver-
ständlich ist, da ja die Knüppel in den meisten Fällen frischer sind als die Stöcke.
Einfache Methode. — Die Brutknüppel werden in gewissen Abständen
schräg in den Boden eingegraben und zwar so, daß das obere Ende etwas aus
dem Boden herausragt. Des leichteren Wiederauffindens halber gräbt man sie
am besten reihenweise ein und kann außerdem auch noch durch Stäbe jeden
Knüppel markieren. Diese Knüppel bleiben einige Monate im Boden liegen und
müssen dann rechtzeitig ausgegraben, entrindet oder verbrannt werden. Der
Zeitpunkt ist so zu wählen, daß die Larven noch nicht in den Splint eingedrungen
sind. Da nach unseren Erfahrungen das Eindringen schon im September ge-
schieht, so müßten also die Knüppel, die im Frühjahr gelegt, spätestens im
August unschädlich gemacht werden. Diese einfache Methode wurde schon in
der Mitte des vorigen Jahrhunderts von von Lips (1856) und Georg (1865)
angewendet und später von v. Oppen (1892) als die beste und billigste Be-
kämpfungsmethode des Rüsselkäfers empfohlen. Es wurden daraufhin von der
sächsischen Staatsforstverwaltung Versuche damit auf allen Staatsforstrevieren an-
geordnet, die aber die optimistische Anschauung von v. Oppen nicht bestätigt
zu haben scheinen. Wenigstens ist die Methode späterhin nicht in weitere Auf-
nahme gekommen.
Kombinierte Methode von Grohmann. — Grohmann (1913) sucht
die Wirkung der Brutknüppel zu verbessern, indem er einmal durch Anhäufung
■ijA Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophoia.
einer größeren Anzahl (7 — 12) von Knüppeln an einer Stelle und durch Be-
deckung der Knüppel mit frischem Reisig die Anziehungskraft zu steigern und
außerdem durch die ganze Anlage der Brutstelle auch die natürlichen Feinde
heranzuziehen und zu fördern trachtet.
Die Anlage eines solchen künstlichen Brutplatzes („Fanggrube") geschieht
folgendermaßen: „Es werden zunächst annähernd würfelförmige Gruben von ca.
60 cm Kantenlänge, also von rund 0,2 cbm Raumgehalt, ausgehoben. Der bei
der Herstellung dieser Gruben gewonnene Boden ist, wenn er nicht aus Sand
oder aus reiner lockerer Erde besteht, durchzuwerfen, wodurch eine Feinerde
gewonnen wird, die frei von größeren Wurzeln und Steinen ist."
„Zum weiteren Anbau jener Gruben werden zunächst etwa 8 — 12 Stück
unentrindete, frische, kieferne Pfähle, die oben ca. 7 — 10 cm stark und ungefähr
80 cm, ausschließlich ihrer Zuspitzung am unteren Ende, lang sein sollen, senk-
recht und in möglichst gleichmäßigen Abständen derartig in die Gruben ge-
schlagen, daß sie mit ihren Köpfen ca. 20 cm über die oberen Ränder der
Gruben hinausragen. Die leeren Räume zwischen den Pfählen und den Gruben-
wänden werden alsdann, und zwar bis hinauf zum oberen Grubenrande, mit der
bei der Herstellung der Grube gewonnenen Feinerde ausgefüllt. Diese Feinerde
soll die Gruben überall lückenlos ausfüllen. Sollte die beim Ausheben der
Gruben an Ort und Stelle erlangte Feinerde hierzu einmal nicht ausreichen, so
muß sie an anderen Stellen in der Nähe der Gruben gewonnen und von dort
herbeigeschafft werden."
„Hat man mit der Feinerdefüllung den oberen Grubenrand erreicht, so lege
man in horizontaler Richtung, die Bodenoberfläche als Unterlage benutzend,
strahlenförmig frische, jüngere, ca. 1,0 — 1,5 m lange Kiefernäste derartig zwischen
die aus den Gruben hervorragenden Pfahlköpfe, daß die unteren, stärkeren Ast-
teile nach innen und die oberen, dünnen, mit grünen Nadeln versehenen Zweige
jener Äste nach außen zu liegen kommen."
„Zur Vollendung des oberen Aufbaues dieser Gruben bettet man nun die
vorher näher beschriebene kieferne Astlage nebst den über die Grubenränder
hinausragenden Pfählen, von der Mitte der Grube ausgehend und etwa 30 — 40 cm
über die Grubenränder hinaus, in gewöhnliche, d. h. nicht durchgeworfene, aber
von stärkeren Wurzeln und größeren Steinen befreite Erde ein."
„Um die außen um die Gruben herumliegenden schwachen kiefernen Zweige
möglichst lange frisch und deren stärkere Partien im Innern der Grubenhaube
nebst den ebendaselbst befindlichen Pfahlköpfen recht lange fängisch zu erhalten,
ist es notwendig, daß sich die Erde möglichst dicht an diese Grubenfüllhölzer
anschmiegt."
„Nach Vollendung der Einbettung der ersten Astlage überdeckt man diese
noch mit einer etwa 5 cm hohen Erdschicht und setzt hierauf, genau in der
vorher beschriebenen Weise, noch eine zweite und vielleicht auch noch eine
dritte Lage grünes kiefernes Astreisig auf, bis man mit dem Einlegen jenes Reisigs
und dessen Einbettung bzw. Überdeckung die Grubenpfahlköpfe ca. 15 cm mit
Erde zugedeckt hat. Zum Schluß erhält dieser Aufbau über den Gruben eine
Abdeckung mit Rasenplaggen."
„Auf diese Weise stellt man über der Grube einen kleinen, mit jüngeren,
dünnborkigen, kiefernen Ästen durchsetzten Erdhügel her, der an seiner Peri-
pherie von einem grünen Kranze kieferner Zweige umgeben wird."
„Sollte es irgendwo einmal nicht angängig sein, geeignetes kiefernes Material
zum Ausbaue jener Gruben mit entsprechend niedrigen Kosten oder vielleicht
Curculionidae. — ■ Langrüßler. Hylobius.
375
auch gar nicht auftreiben zu können, so sei hiermit verraten, daß man hierzu,
und zwar mit gutem Erfolge, auch fichtene Pfähle und dergleichen Reisig ver-
wenden kann.
„Nach den bis heute gesammelten Erfahrungen verdient aber die Kiefer
den Vorzug,"
Über die Wirkung und zur Wertschätzung dieser Fanggruben nennt
Grohmann folgende Vorzüge:
1. Infolge der Anhäufung größerer Mengen harzduftenden Reisigs ziehen
sie den Rüsselkäfer in der Regel in nennenswerter Anzahl nach den
Gruben und veranlassen ihn vermöge des Ausbaues derselben in deren Inneres
einzudringen, um an den dortigen, sehr geeigneten Plätzen seine Brut unter-
zubringen.
2. Die Gruben fes'seln den Käfer durch den kiefernen Reisigkranz an
diese Gruben, da er ihnen während der Begattungszeit und Eierablage ent-
Abb. 178 B. Grohmannsche Fanggrube im Durchschnitt.
sprechende Nahrung gewährt. Durch diese äußerst bequem gelegenen Futter-
stellen wird ein Auswechseln des Käfers von den Gruben zwecks Nahrungssuche
vermieden, wodurch wiederum das Befressen der Kulturen außerordent-
lich abgeschwächt und stellenweise oft ganz vermieden werden kann.
3. Diese Rüsselkäferfanggruben gewähren aber auch infolge ihrer Lage und
ihrer Konstruktion verschiedenen Feinden, namentlich Insekten, welche die
Eier, Puppen, Larven und Imagines des großen braunen Rüsselkäfers
vertilgen, Unterschlupf und Brutstätten.
Als Fangfiächen kommen alle Kahlschlagfiächen, sowie alle mit älteren Be-
ständen bestockten Flächen in Betracht, auf denen größere Holzeinschläge statt-
gefurden haben. Auf Kulturfiächen sind anfangs 4 Gruben pro Hektar genügend;
Xlb Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rhynchophora.
später, wenn die an Ort und Stelle erzeugten Käfer erscheinen, müssen fort-
während frische fängische Gruben angelegt werden, also von Mitte Juli ab, in
Zeitabständen von etwa 14 Tagen, neben jede erstmalige Grubenanlage noch
2 Ergänzungsgruben, so daß das Hektar Kulturfiäche am Ende des Jahres
1 2 Gruben aufweist. Bei Kantenschutz genügen anfänglich (April) Grubenanlagen
in Abständen von 60 m; später, etwa von Juni an, sind dazwischen neue Brut-
stätten zu schaffen, die sich in Abständen von 20 m in die ursprüngliche Linie
einfügen sollen.
Größere Erfahrungen von anderer Seite liegen meines Wissens bis heute
nicht vor. Ich habe bei meinen Generationsversuchen meistens die G roh mann sehe
Fanggrubenmethode angewendet, kann aber nicht behaupten, daß in diesen
kombinierten Brutplätzen mehr Brut vorhanden war, als in den einfachen Brut-
knüppeln. Auch bezüglich der Häufigkeit der natürlichen Feinde konnte ich
keinen auffallenden Unterschied bemerken, i) Bevor ein endgültiges Urteil ge-
ällt werden kann, müssen noch ausgedehnte Versuche vorgenommen werden.
Soviel kann aber heute schon über die Brutknüppel überhaupt gesagt wer-
den, daß die Zahl der durch sie vertilgten Schädlinge immer nur eine ver-
hältnismäßig geringe sein wird und daß daher mit Brutknüppeln allein die
Rüsselkäfergefahr nicht gebannt werden kann. Dazu kommen die hohen
Kosten, die besonders die Grohmannschen Fanggruben beanspruchen und die
in keinem Verhältnis zu der Zahl der vertilgten Larven stehen.
Vergiftung der Larven im Stock. — Man hat in Tharandt auch ver-
sucht, die Rüsselkäfer durch Infiltration der nicht gerodeten Stöcke mit Gift zu
töten. Die Stöcke wurden im Mai im Wurzelanlauf 2 — 4 mal angebohrt und
die 15 cm tiefen und 2 cm weiten Bohrlöcher nach Eingießen der Giftflüssigkeit
durch Holzpfropfen verschlossen. Die im September vorgenommene Prüfung er-
gab zwar Verbreitung des Giftes, aber auch die vollständige Wirkungslosigkeit gegen-
über den Käferlarven. (Hess-Beck S. 211.) Der negative Erfolg nimmt nicht
Wunder, wenn man hört, daß man Petroleum und Kupfervitriollösungen ver-
wendet hat, welche beiden Stoffe auf den überaus giftfesten Käfer (siehe oben)
wenig Eindruck machen.
Biologische Bekämpfung.
Die zuletzt besprochenen Grohmannschen Fanggruben stellen, wenigstens
nach des Erfinders Angaben, eine Kombination von technischer und biologischer
Bekämpfung dar; es wird dort nicht nur die Rüsselkäfer brut angesammelt, sondern
es sollen sich in ihnen zugleich auch deren natürliche Feinde in größeren
Mengen ansammeln und vermehren. Die Gruben würden also eine Förde-
rung der natürlichen Feinde des Rüsselkäfers bedeuten. Ob dies wirklich all-
gemein zutrifft, oder ob es sich bei den Grohmannschen Versuchen mehr um
Zufälligkeiten gehandelt hat, müssen, wie eben schon gesagt, erst weitere Versuche
dartun.
*) Dolles (1897a) fand auch in den einfachen Brutknüppeln auffallend viel Braconiden-
Cocons, so daß er sogar den Hauptwert der Brutknüppel viel mehr in der Züchtung dieser
Parasiten als in dem Abfangen der Brut erblickt.
Cuiculionidae. — Langrüßler. Hylobius. -i-jn
Munro (19 14) hält es nach seinen Beobachtungen über die rasche Ent-
wicklung der Schlupfwespe Bracon brachycerus nicht für unmöglich, daß man durch
künstliche Förderung die Vermehrung noch wesentlich erhöhen und so die Schlupf-
wespe zum Kampfe gegen den Rüsselkäfer benutzen könnte — ein
Standpunkt, der der ernsten Prüfung wert ist (s. oben S. 358). —
Dolles (1897a, S. 262) meint, daß man vielleicht durch künstliche Ver-
mehrung von Ameisenhaufen den Rüsselkäfer von den Kulturobjekten ab-
halten könne.
Da die Saatkrähen eifrige Rüsselkäfer -Vertilger sind, so kann sich die
Pflege von Saatkrähenkolonien in großen Wäldern als nützlich erweisen
(Eckstein i. 1.).
Verschiedentlich wird der Hühnereintrieb empfohlen, da die Hühner
die Rüsselkäfer gerne und gierig aufnehmen. Es ist aber leicht einzusehen, daß
diese Methode der biologischen Bekämpfung im größeren Forstbetrieb kaum durch-
führbar ist (Scheidter 19 15).
Endlich soll auch das Aushüten der Kulturen mit Schafen nach
mehreren Berichten aus der Praxis eine gute Wirkung haben, insofern als die
Rüsselkäfer wahrscheinlich durch den scharfen Geruch der Schafe und ihres Mistes
aus den Kulturen vertrieben werden. In verschiedenen Berichten werden dieser
Methode ausgezeichnete Erfolge nachgerühmt. Abgesehen davon, daß man nicht
überall die nötige Anzahl Schafe zur Stelle hat, darf doch auch die Gefahr des
Verbeißens und Zertretens der jungen Pflanzen seitens der Schafe nicht außer
acht gelassen werden. Dazu kommt, daß die Rüsselkäfer nur lokal vertrieben,
nicht aber in ihrer Zahl vermindert werden, so daß dem Mittel kein höherer
Wert beizumessen ist (vgl. Borggreve 1881, v. Lips 1855, Oswald 191 1,
Scheidter 19 15).
Damit ist das Kapitel biologischer Bekämpfung erschöpft. Es ist bis jetzt
nur wenig in dieser Richtung geschehen. Ob überhaupt auf dem Weg der bio-
logischen Bekämpfung dem Rüsselkäfer wirksam beizukommen ist, kann nur durch
ein eingehendes Studium aller seiner Feinde entschieden werden.
Zusammenfassung (Bekämpfung).
Wir haben heute noch kein Allheilmittel gegen den Rüsselkäfer. Es ist
auch sehr zweifelhaft, ob wir jemals mit einem einzigen Mittel auskommen werden.
So müssen wir heute die verschiedenen Wege, die zu einer Milderung der Ge-
fahr führen, kombinieren, um auf diese Weise die Wirkung möglichst zu erhöhen.
An erster Stelle heißt es: Sammeln, sammeln und immer wieder
sammeln, ohne Unterlaß, jedes Jahr und die ganze Saison hindurch, sowohl
auf den Kulturen als auf den Schlagflächen, mit allen nur zur Verfügung stehen-
den Mitteln: Fangrinden, Fangstöcken, Fangkloben, Fanggräben und -löchern (je
nach Holzart, Örtlichkeit usw.); daneben können auch Brutknüppel zur Ver-
nichtung der Brut verwendet werden.
Wird das Sammeln konsequent und gründlich durchgeführt, so
kann der Schaden auf ein geringes Maß reduziert werden.
^yS Coleoptera. — ", Familienreihe: Rhynchophora.
Durch Baum- oder Stockrodung werden dem Rüsselkäfer viele Brut-
plätze entzogen, durch verzögerte Stockrodung außerdem viel Larven usw.
vernichtet.
Wo natürliche Verjüngung möglich ist, ist zu ihr zurückzukehren.
Wo diese nicht möglich ist, verdient die Saat den Vorzug vor der Pflanzung.
Bei Pflanzungen sind nur kräftige Pflanzen zu verwenden; Ballen-
pflanzung ist besonders zu empfehlen.
Die jungen Pflanzen in den frischen Kulturen können durch Rinden-
schutz (Leimanstrich, Schlemmen mit Lehm usw.) vor Rüsselkäferangriff"en be-
wahrt werden.
Endlich sollte auch die Forsteinrichtung auf die Rüsselkäfergefahr ein-
gestellt werden. Neue Hiebe sollten erst wieder nach 6 — lo Jahren, wenn die
erste Kultur der Rüsselkäfergefahr entwachsen ist, an diese sich anreihen.
Sch'agruhe hat wenig Wert, bedeutet dagegen großen Zu wachs Verlust.
Bezüglich der Möglichkeit einer biologischen Bekämpfung müssen
erst noch eingehende Studien gemacht werden.
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Curculionidae, — Langrüßler. Cleonus glaucus. ^gj
7c 5^ Cleonus glaucus F. (= turbatus Fahr.).
(Großer grauer oder weißer Rüsselkäfer.)
Der „große graue Rüßler" (Abb. 179J wird besonders in Norddeutschland
auf sandigem Boden zuweilen in Unmassen in den Käfergräben zusammen mit
Hylobius abietis gefangen. Dies war der Grund, warum ihn Ratzeburg (S. 138)
in die Forstentomologie einführte. Über seine forstliche Bedeutung war sich Ratze-
burg nicht klar. Er führt nur eine Beobachtung Klockmanns an, wonach in
einer Kiefernpflanzung, in der (in Fanggräben) ca. 3000 Cleo?ius gefangen wurden,
an vielen Pflanzen, die anscheinend gesund waren, die Nadeln gelb wurden und
auch die Entwicklung der Maitriebe zögerte.
Es liegt nahe, diese beiden Erscheinungen in ursächlichen Zusammenhang
zu bringen. Um so mehr als Lang (1882) durch Zucht nachgewiesen hat, daß
die Larven, wie die der Kurzrüßler, frei im Boden leben und von jungen
Kiefernwurzeln sich nähren. — Die Käfer scheinen
nach Zwingerversuchen Klockmanns und Eck-
steins (1883) oberirdisch an der Rinde besonders
der Maitriebe und den Nadeln zu fressen.
Nehmen wir diese wenigen bis heute vor-
liegenden Beobachtungen zusammen, so liegt die
Vermutung nahe, daß Cleonus bezüglich seines
forstlichen Verhaltens den Kurzrüßlern, denen er
ja auch systematisch nahe steht, an die Seite zu
stellen ist.
Um volle Klarheit zu schaffen, müssen erst
noch eingehende Beobachtungen über den durch
sein stellenweise sehr häufiges Vorkommen im Abb. 179. Cleonus glaucus F.
\\T ij ff 11 j n-oi .. 11.L j (Großer grauer oder weißer Rüssel-
Walde auffallenden Rußler angestellt werden. käfer.) — Original.
Andere Cleonus- h.x\.en können landwirtschaft-
lich sehr schädlich werden. So stellt Cleonus punctiventris Germ, einen der
schlimmsten Rübenschädlinge im Südosten Europas (Ungarn und besonders Ruß-
land) dar, dessen Imago die Blätter der eben aufgehenden Rübensaat und später
auch der älteren Rüben befrißt, während die Larve die Wurzeln zerstört.
(Jablonowski 1909.)
Literatur.
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Z. f. F. u. J., S. 355.
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Eckstein, 1888, Der weiße Kiefernrüsselkäfer, Cleonus turbatus Fahr. — In: Z. f. F. u. J.,
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Lang, 1882, Zur Biologie des „weißen Kienrüsselkäfers". — In: F. Zbl., S. 502 — 504.
Gattung Pissodes Germ.
Die Pissodes, besonders die größeren Arten, ähneln in ihrem Aussehen den
kleineren Stücken von Hvlohius. Wie diese haben auch die PissodeS'Kx\.&!\ die
382
Coleopteia, — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
„Rindenfärbung" (heller oder dunkelbraun mit hellen Flecken oder Binden). Sie
lassen sich aber von Hylobius ohne weiteres unterscheiden durch die abgerundeten,
nicht hervortretenden Schultern und die Insertion der Fühler in der Mitte des
Rüssels (bei Hylobius der Spitze genähert) (Abb. i68a u. b, S. 335).
Auch in der Lebensweise bestehen manche Ähnlichkeiten wie die Ent-
wicklung der Larve (Abb. 180A u. 199 A, a, S. 412) unter der Rinde von Nadel-
hölzern, die Langlebigkeit des Käfers, die andauernde Fortpfianzungsbereitschaft usw.
Dagegen existieren auf der anderen Seite prinzipielle Unterschiede in
der Lebensweise, die sich besonders deutlich in forstlicher Beziehung aus-
werten: während bei Hylobius der Larvenfraß, da er in Wurzeln von Stöcken statt-
findend, forstlich indifferent ist, ist bei Pissodes gerade der Larven fr aß das
forstlich bedeutungsvolle Moment, da er unter der Rinde lebender
Bäume geschieht und so letztere in ihrer Lebenskraft schwer schädigen, bezw.
zum Absterben bringen kann. Während ferner bei Hylobius der Käferfaß äußerst
^1 B C
Abb. 180. Larve (A) und Puppe (B und C) von Pissodes. — Nach Hopkins.
schädlich ist (durch schwere Verwundungen und Abtöten der jungen Kultur-
pflanzen), kommt bei Pissodes der Käferfraß forstlich nur wenig in Be-
tracht, da er nur gering und meist an weniger empfindlichen Teilen älterer
Pflanzen stattfindet.
Die Lebensweise der meisten Pissodes- Arten (mit Ausnahme von Pissodes
validirostris) ist in ihren Grundzügen ziemlich übereinstimmend. Die Eier werden
in die Rinde von Nadelholzstämmen abgelegt. Die ausschlüpfenden Larven
fressen sich bis auf den Splint durch und machen, diesen kaum berührend, all-
mählich breiter werdende geschlängelte Larvengänge, die stets in einer
charakteristischen, teilweise in den Splint eingreifenden Puppenwiege
mit Spanpolster enden (s. Abb. 186 u. 193 A). Sind mehrere Eier an einer
Rindenstelle abgelegt, so gehen von dieser Stelle die Larvengänge strahlig auseinander;
dieser „Strahlen fraß" (Abb. 181) kann alsdann, allerdings nur bei oberflächlicher
Betrachtung, mit Borkenkäfer- Fraßfiguren, namentlich mit Sterngängen verwechselt
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes.
383
w^l
werden. Bei genauerem Zusehen ist jedoch eine Verwechslung ausgeschlossen : die
Püsodes-FTa&gänge sind Larvengänge, sie werden also allmählich stärker^, die Stern-
gänge der Borkenkäfer sind Muttergänge und bleiben dementsprechend gleich
breit, außerdem gehen von ihnen erst sekundär die Larvengänge ab. Bei sehr
starker Besetzung eines Stammes gehen die Gänge oft wirr durcheinander, so daß
der hier geschilderte Fraßbildhabitus mehr oder weniger undeutlich werden kann.
In allen Fällen sind die Spanpolster der sicherste Anhaltspunkt, deren
Vorhandensein selbst in kleinen Rindenstücken, in denen nur wenig
Gangfragmente vorhanden sind,
die sichere Diagnose ermög-
licht. Sie sind kokonartig und mehr
oder weniger tief in den Splint (selten
mehr in die Rinde) versenkt und daher
meist weißlich oder gelblich. In ihnen
findet die Verpuppung statt, und
in ihnen verfärbt sich auch der Käfer,
der sie schließlich durch ein kreis-
rundes Flugloch verläßt (s. Abb.i93A).
Über die Generations-
verhältnisse herrschten (wie bei
Hylobius) längere Zeit starke Mei-
nungsverschiedenheiten: eine dop-
pelte, I jährige, i ^/g jährige und
2 jährige Generation wurde von den
verschiedenen Autoren vertreten, bis
ziemlich gleichzeitig durch Nüsslin
(1897) und Mac Dougall (1898)
die Frage experimentell und durch
Beobachtung im Freien geklärt wurde.
Die Verschiedenheit der Meinungen
rührte hauptsächlich daher, daß man
zu jeder Zeit die verschiedenen Ent-
wicklungsstadien antraf — was von
den verschiedenen Autoren, je nach
ihrem Standpunkt zur Generations-
frage überhaupt, anders ausgelegt
wurde. Nüsslin und Mac Dougall konnten dagegen nachweisen, daß dieses
Nebeneinander der verschiedenen Stadien auf zwei Eigenschaften (die wir auch
schon bei Hylobius kennen gelernt haben) beruht, nämlich: der Langlebigkeit
des Käfers und der steten Fortpflanzungsbereitschaft des Mutterkäfers.
Die Gesamtergebnisse der beiden Autoren, die wohl für alle Pissodes- kx\.&v^
Geltung haben, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
I. Die Käfer sind in hohem Maße langlebig, bis zu 2 — 3 maliger Über-
winterung.
t^
Abb. 181. Strahlenfraß von Pissodes pini L.
der Rinde, '/g natürl. Größe. — N.
384
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophon
2. Sie sind ungeschwächt fortpflanzungsfähig von Anfang bis Ende der
Saison, selbst im Fall einer nur einmaligen im Frühjahr vollzogenen Begattung.
3. Sie erzeugen deshalb die ganze Saison hindurch sukzessiv immer neue
Brüten.
4. Die Entwicklung der Brüten geht sehr rasch vor sich; sie dauert, wenn
sie in die Sommermonate fällt, 1Y2 — 4V2 Monate (je nach Temperatur und Zeit-
punkt der Eiablage). Wenn sie
dagegen in die Wintermonate
fällt, zieht sie sich infolge längeren
Stillstandes auf 7— n Monate
hinaus. ^'
5. Infolge dieser beiden
letzten Momente kommen das ganze
Jahr über, d. h. vom Frühjahr bis
in den Spätherbst, Jungkäfer aus.
Anh.
A B
Abb. 182. Weibliche Geschlechtsorgane von Pissodes. A unreif, B reif, nach geschehener
Begattung und Eiablage. Keimf. Keimfach, Eir. Eiröhren, Eik. Eikelch, Reo. Receptaculum,
Anh. Anhangsdrüse des Receptaculums, Ut. Uterus, corp. 1. Corpora lutea. Die Corpora lutea
bilden sich durch Zerfall aus den zur Bildung der Eischale nicht völlig verbrauchten Zellen; sie
bleiben zeitlebens als gelbliche Massen bestehen und stellen ein sicheres Zeichen dar, daß das $
schon Eier abgelegt hat. — Nach Nüsslin.
6. Die aus Sommerlarven mit kurzer Entwicklungsdauer entstehenden
Käfer haben noch völlig unreife Geschlechtsorgane (Abb. 182), sie bedürfen daher
noch einer längeren Zeitperiode zur Erlangung der Geschlechtsreife,
so daß die meisten dieser Käfer erst nach der Überwinterung zur Fortpflanzung
kommen, also trotz der kurzen Entwicklungsdauer eine einjährige Generation
haben. Nur ausnahmsweise, bei ganz besonders günstiger Witterung, die schon
einen sehr frühen Beginn der Brüten ermöglicht, kann es vielleicht vorkommen,
daß eine 2. Generation entsteht.
7. Die aus überwinternden Larven mit langer Entwicklungsdauer kommenden
Käfer besitzen wesentlich reifere Geschlechtsorgane (die Entwicklung der Genitalien
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes. '^Ss
scheint hier im Innern der Polsterwiege vor sich zu gehen) und bedürfen infolge-
dessen einer entsprechend kürzeren Reifungszeit, so daß diese Käfer also trotz
der langen Entwicklungsdauer ebenfalls eine einjährige Generation haben.
8. So kommt also der Hauptmasse der Pissodes-Individuen
normalerweise eine einjährige Generation zu.
9. Da der Beginn der Generationen in die verschiedensten Zeiten von
Frühjahr bis Herbst fallen kann, so ergibt sich ein regelloses Durch- und
Nebeneinander der verschiedenen Stadien (Larve, Puppe und Käfer),
so daß fast zu jeder Zeit gleichzeitig alle Stadien nebeneinander angetroffen
werden können, i)
Diese hier geschilderten Generationsverhältnisse bedeuten für den Wald
eine stetig drohende Gefahr und verlangen dementsprechend die
stetige Aufmerksamkeit des Forstmanns bezw. eine ständige Abwehr-
bereitschaft.
Die Pissodes sind im allgemeinen sekundär und belegen nur schlecht-
wüchsiges oder kränkelndes Material. In durch Waldbrand angesengten Kulturen
oder durch Hüttenrauch geschwächten oder stark an Pilzen kränkelnden Beständen
stellen sie sich regelmäßig ein, ebenso nach Nonnen-, Spinner- und Spannerfraß usw.
Sie können jedoch unter besonders günstigen Vermehrungsverhältnissen bei
Mangel von solchem Brutmaterial in der Fortpflanzungsnot auch gesunde
Bäume befallen und so Kalamitäten primärer Natur herbeiführen.
Die Förtpflanzungsziffer der Pissodes - hxXQXi scheint eine ziemlich
hohe zu sein. Erzielte doch Nüßlin (1897, S. 452) mit den ärmlichen Mitteln
einer Zwingerzucht bei nur periodischer Zugabe neuer Bruthölzer von nur
4 Mutterkäfern den ganzen Sommer über fast täglich Nachkommen, an ver-
einzelten Tagen bis zu 12 Stück! „Zu welcher Größe mag erst die Zahl der
Nachkommen in der freien Natur anwachsen können, wo zahlreiche Mutterkäfer
vom ersten Frühjahr an zur Fortpflanzung bereit sind, falls ihnen das Brutmaterial
täglich, ja stündlich zu Gebote stehen sollte!"
Zum Glücke aber für den Forstmann steht den Pissodes ein großes wirksames
Heer von natürlichen Feinden gegenüber, die die Vermehrung stark beschränken.
Unter den Vögeln sind es hauptsächlich die Spechte (Bunt- und Schwarz-
specht), die den Larven unter der Rinde nachstellen. Fast überall, wo Pissodes
sind, findet man Spechteinschläge. Ja, die letzteren machen den Forstmann
häufig erst auf das Vorhandensein der Schädlinge aufmerksam.
Von räuberischen Arthropoden kommen iüx Pissodes vielfach die gleichen
in Betracht wie für Hylobius (s. oben S. 356 ff), besonders auch wieder die
Elateriden- Larven, die des öfteren auch von mir beim Verzehren von Pissodes-
Brut angetroffen wurden. Ratzeburg (F. 36) und Eckstein (1907) nennen
') Bei Hylobius^ der auf Stöcke angewiesen ist, ist die ebenfalls ursprünglich vorhandene
Regellosigkeit durch das auf bestimmte Zeitabschnitte konzentrierte Massenangebot von Brut-
plätzen (Kahlschlagwirtschaft) in eine gewisse zeitliche Ordnung gebracht worden. Bei Pissodes.
der in lebenden Bäumen brütet, steht das ganze Jahr über Brutmaterial in gleichem Maße zur
Verfügung.
Escherich, Forstinsekten. 11. Ed. 25
•236 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
außerdem als Feind der Pmodes-Larven und -Puppen den Cleriden Opi7o mollis L.
(siehe oben S. 181).
In erster Linie unter den Feinden stehen aber die Schmarotzerinsekten,
die in zahlreichen Arten und großer Individuenzahl bei den verschiedenen Pissodes-
Arten angetroffen bezw. aus ihnen gezogen wurden. Führt doch Ratzeburg
nicht weniger als 3 Dutzend verschiedene Schlupfwespenarten i) an, nämlich:
Die Ichneumoniden: Pimpla terebrans, laticeps und linearis, Ephialtes earbonarizis,
Hemiteles melanarius, modeshis, Neurateies papyraceus, XQrides crassipes^ hereymanus (?),
ferner
die Braconiden: Brachistes atricornis, ßrmus und robustus^ Sigalphus cureulionum^
striatulus, Bracon disparator, incompletus^ labrator^ palpebrator und sordidator, Microdus
abseissus^ Spathius brevtcaudis und endlich
die Chalcididen: Eupehnus a^ureus^ Eury tomus spez., ischioxanthus (?), Pteromalns
aemulus. clavatus, Dahlbomii, guttatus, lunula, pellucens^ siispensus und virescens. —
Schmiedeknecht nennt außerdem noch Pimpla instigator.
TA
B C
83. Verschiedene bei Pissodes schmarotzende Schlupfwespen. A Pimpla instigator,
B Pteromalus guttatus, C Bracon palpebrator. — Aus Ratzeburg.
Über eine wohl der häufigeren Schlupfwespen Bracon [Habrobracon] sordi-
dator Rtzb. berichtet Kleine (1908) interessante biologische Einzelheiten: aller
Wahrscheinlichkeit nach lebt die Larve dieser Schlupfwespe ektoparasitisch auf
den Pissodes-'Lzrven. (wie auch Bracon hylobii [siehe oben S. 358] und vielleicht
überhaupt die meisten der an Rinden- und Holzinsekten schmarotzenden Schlupf-
wespen). Zweifellos findet die Belegung sehr zeitig statt, vielleicht schon während
des Eistadiums des Wirtstieres, jedenfalls aber zu einer Zeit, wo die Wirtslarven
noch sehr klein sind und eben mit dem Fressen ihrer Gänge beginnen; und zwar
benutzt das Bracon - ? dazu wohl die vom Käfer in die Rinde gebohrten Eilöcher
und bringt auf diesem Weg seine Eier an die Eier oder kleinen Larven des
Wirtes. Es geht dies daraus hervor, daß das Fraßbild gewöhnlich schon von
Anfang an eine anormale Ausbildung zeigt — als Folge des anormalen Zu-
standes der parasitierten Wirtslarven. „Die Larven sind von Anfang an in ihrer
ganzen Lebensweise irritiert und diese Unruhe und Unbestimmtheit überträgt
sich auch auf die Fraßfigur." Die unter dem Parasitismus ausgebildete Fraßfigur
^) Da die systematische Differenzierung der Pissodes-Arten zu Ratzeburgs Zeiten noch
nicht so scharf durchgeführt war wie heute, so führe ich die Schlupfwespenarten nicht nach den
Wirtstieren getrennt an, zumal wohl auch die meisten der genannten Parasiten bei den ver-
schiedenen Arten zugleich vorkommen.
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes. -jg?
erlangt gewöhnlich nur einen Bruchteil der normalen Fraßfigur (Abb. 184). Würde
eine Belegung erst später, wenn die Larven schon größer sind und sich schon
von dem gemeinsamen Eibezirk weiter entfernt haben, durch die Rinde statt-
finden, so wäre es wohl kaum möglich, daß alle Larven innerhalb einer Fraßfigur
mit einer so tödlichen Sicherheit getroffen würden; denn es ist tatsächlich eine
Seltenheit, daß die eine oder andere Larve eines Fraßbildes verschont bleibt.
Gewöhnlich kommt nur je eine Bracon-Yjaw^ auf jede Pissodes -IjaLZv^. Das
Wachstum der Parasiten- Larve beansprucht ca. 8 Wochen; dann spinnt sie ihren
Kokon am Ende, oder etwas vor dem Ende des Gangs an eben derselben
Stelle, an welcher die Wirtslarve verendet ist. Letztere, resp. ihre Reste liegen
vor dem Kokon als etwa stecknadelkopfgroßer glänzender Körper von gelbbrauner
Farbe. In dem Kokon verharren die meisten Larven noch bis Ende März;
erst dann verpuppen sie sich, um schon nach wenigen Wochen auszuschlüpfen.
Nur wenige Wespen schlüpfen schon im Herbst aus. Die Wespe nagt durch
den Kokon und die Rinde ein stecknadelkopfgroßes kreisrundes Loch und bohrt
sich so den Weg ins Freie. Zuerst erscheinen die dd, erst nach 2 — 3 Wochen
die ??, die an Lebensdauer die 66 weit übertreffen. „Kaum sind die ?? ent-
schlüpft und hat das Zusammenleben vielleicht eine Woche gedauert, so findet man
die 66 tot, während die $2 sich aufmachen, um die Eier an ihre Opfer zu bringen."
Abb. 18^. Anormale Fraßgänge von parasitierten Pissodes -Larven. Die schwarzen Abschnitte
stellen die Parasitenkokons dar. In den beiden unteren Gängen sieht man an den Enden die
verendeten Wirtslarven. — Nach Kleine.
Über die vielen der anderen oben genannten Arten wissen wir biologisch
noch sehr wenig; es liegt also hier noch ein großes Feld für den an-
gewandten Entomologen vor, seinen Forschertrieb zu betätigen.
Die Bekämpfung besteht in der Hauptsache in dem Radikalmittel der
rechtzeitigen Entfernung der befallenen Pflanzen bezw. Bäume und Vernichten
der darin befindlichen Brut; daneben Absammeln der Käfer (direkt oder mit
Fangkloben, Leimringen usw.). Die Bekämpfungsmaßnahmen haben entsprechend
dem oben entworfenen Bild von den Generationsverhältnissen die ganze Saison
über vom April bis Oktober unausgesetzt in Anwendung zu bleiben. Da es sich
um sekundäre Schädlinge handelt, muß unser Augenmerk vor allem auch auf
Beseitigung der primären Ursachen gerichtet sein.
Nach der obigen systematischen Übersicht (siehe S. 337) kommen in
unseren Wäldern im ganzen 7 Arten vor. Diese stimmen zwar in den Grund-
zügen der Biologie (Generationsverhältnisse, sekundäre Natur usw.) mehr oder
weniger miteinander überein, so daß ich mich in dieser Beziehung kurz fassen
kann; anderseits aber zeigt jede der 7 Arten ihre besonderen forstlich biologischen
Eigentümlichkeiten, die eine gesonderte Behandlung erfordern.
25*
388
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Bezüglich ihres Vorkommens an den verschiedenen Holzarten verhalten sie
sich folgendermaßen:
An Kiefer.
An Stamm und Ästen:
Pissodes notatus ¥., vorzugsweise in (3 — 15jährigen) Kulturen, mitunter
Abb. 185. Die verschiedenen Pissodes - Arten. A piceae 111., B notatus F., C pini L..
D validirostris Gyll, E harcyniae Hrbst., F piniphilus Hrbst. — Aus Eckstein.
auch an älteren 30jährigen, ja sogar 120jährigen Kiefern (auch Schwarz-, See-
uiid Weymouthskiefern); ausnahmsweise auch in Fichten und Lärchen.
Pissodes piniphilus Hbst, vorzugsweise in 30 — 40jährigem Stangenholz
(dann auch in der Spiegelrindenregion und den Ästen älterer Kiefern).
Pissodes pini L., vorzugsweise in der Kronenregion älterer Kiefern, an
Weymouthskiefern am ganzen Stamm, an Krummholzkiefern an Ästen (ausnahms-
weise auch an Fichten und jungen Kiefern).
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes.
In den Zapfen:
Pissodes validirosiris Gyll,
An Fichte:
Pissodes hanyniae Hbst.
Pissodes scabricollis Mill.
An Tanne:
Pissodes piceae 111.
An Kiefer.
f^2i Pissodes notatus F.
Kiefernkulturpissodes.
Beschreibung: s. oben S. 338
und Abb. 185 B.
Die geographische Ver-
breitung erstreckt sich über
ganz Europa; Gebirgslagen
scheint er nicht zu lieben. Die
Hauptbrutpflanze ist die
Kiefer (auch Schwarz-, See-
und Weymouthskiefer) im
jugendlichen Alter von 3 bis
15 Jahren. Doch ist er auch
schon an älteren Bäumen, ja
sogar in 100 — 120 jährigem
Altholz verderblich aufgetreten
(Mocker 1903). Einige Male
wurde seine Brut auch in
jungen Fichten und Lärchen
gefunden (Nördlinger S. 18,
Judeich 1869, Anonymus 1 9 1 o).
Auch in Kiefernstöcken, Scheit-
holz usw. vermag er sich zu
entwickeln.
An demnormalen Brut-
material, d. h. an jungen
Kiefernpflanzen, werden die
Eiergewöhnlichanden unteren
Quirlen in Anzahl an einer
Stelle der Rinde abgelegt. Die
davon ausgehenden Larven-
gänge ziehen dicht gedrängt in
leicht geschlängeltem Verlauf
Abb. 186. Pissodes notatus F.', rechts: geschlossene,
links: bereits verlassene Puppenwiegen. — Natürl. Gr.
Original. (Phot. Scheidter.)
nach abwärts, um über dem Wurzelknoten in tiefen bis ins Holz eindrmgenden,
muldenförmigen, elliptischen Puppenwiegen zu enden, die mit langfaserigen Nage-
spänen ausgepolstert und oben verstopft sind. Der fertige Käfer frißt sich durch
ein kreisrundes Loch durch den Spankokon und die Rinde nach außen durch.
^go Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Ist Stärkeres Brutmaterial mit Brut belegt worden, so gehen die Larven-
gänge strahlenförmig auseinander und bekommt also das Fraßbild die für Pissodes
so charakteristische strahlige Form.
Bezüglich Dauer und zeitlichem Ablauf der Entwicklung gelten die oben
(S. 383 — 385) geschilderten Generationsverhältnisse.
Der Imaginalfraß tritt gegenüber den Erscheinungen des Larvenfraßes
stark zurück. Der Käfer frißt gewöhnlich an den Trieben und Zweigen der
Brutpflanzen zur Saftzeit und zwar nicht platzend (wie bei Hylobius), sondern in
der Weise, daß er tiefe Löcher in die Rinde nagt, wobei er seinen Rüssel
fast bis an die Augen einbohrt.
Die Erkennung des notatus-'Qei'Als ist nicht schwierig. Die betreffenden
Pflanzen verraten sich meist durch Verwelken der Triebe und Nadeln und Rot-
werden der letzteren. Eine Untersuchung der unteren Partien der Stämmchen
wird ferner sofort unzweifelhaft kund tun, ob notatus die Ursache der Erscheinung
ist. Denn das notatus-YxzS^^d. ist an seinen meist über dem Wurzelhals ge-
häuften großen Spanpolsterwiegen sofort als solches zu erkennen.
Was die natürlichen Feinde betrifft, so steht dem notatus ein besonders
großes Heer von Schlupfwespen gegenüber; weitaus die meisten der oben
(S. 386) genannten Arten sind aus notatus gezogen.
Forstliche Bedeutung. — Der Imaginalfraß hat keine größere Bedeutung,
wenn auch durch Saftentzug zuweilen einzelne Triebe oder Zweige zugrunde
gehen können (Nördlinger S. 18). Um so gefährlicher ist der Larvenfraß,
besonders da, wo es sich um schlechtwüchsige Kulturen auf geringwertigem Boden
handelt. Auch nach Erkrankungen und Schädigungen der Kulturen kann notatus
überaus verderblich werden. Mehrfach wurden Beobachtungen gemacht, daß nach
Waldbrand auf angesengten Kulturen sehr rasch sich ein starker ;?o/ö;/«i-Befall
einstellt. Ebenso werden durch Wildverbiß kränkelnde, sowie besonders von Schütte
befallene Kiefern bevorzugt. Dagegen werden nach Eckstein (1909) von
Wurzelpilzen tödlich befallene Kiefern vom Käfer nicht belegt.
Bekämpfung. — Zur Vorbeugung sind die Kulturen vor primären Schädi-
gungen möglichst zu schützen: vor allem also Maßnahmen gegen Wildverbiß,
Bekämpfung der Schütte usw. Ist einmal notatus in größerer Zahl in einer Kultur,
so muß mit aller Energie gegen ihn vorgegangen werden, um ein weiteres Umsich-
greifen des Übels zu verhindern. In erster Linie müssen alle als besetzt er-
kannten Pflanzen rechtzeitig ausgerissen und verbrannt resp. (ältere) gerodet
und geschält werden. Da die Käfer die Pflanzen in der Regel vor dem völligen
Absterben verlassen, so hat die Entfernung also vor diesem Zeitpunkt zu geschehen.
Daneben ist das Sammeln der Käfer zu betreiben und zwar unaus-
gesetzt von April bis in den Oktober, womöglich täglich. Es kann geschehen
entweder durch direktes Absammeln von den Stämmchen oder durch Abstreichen
der Pflanzen mit einem Kötscher oder durch Auslegen von nicht zu starkborkigen
angerissenen Fangkloben (ähnlich wie bei Hylobius).
„Wo P. notatus als gefährlicher Kulturverderber auftritt, müssen die beiden
Maßregeln allen anderen Arbeiten in der Weise vorangestellt werden, daß ein
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes.
391
Teil der Arbeiter — wenn nötig täglich — die Fangkloben absucht und alle
8 Tage die welkenden Pflanzen aussucht, bevor er anderweitig angestellt wird.
Es ist mehr gewonnen, wenn eine Kultur gerettet wird, als wenn einige Hektar
mehr bepflanzt werden. Wenn man — wie es leider vielfach üblich ist — die
Vertilgungsarbeiten erst an zweiter Stelle nach anderen Arbeiten oder wie es
häufig geschieht, zur Zeit der Puppenruhe im August vornimmt, dann entgehen
sehr viele Käfer der Vernichtung." (Eckstein, Technik S. 104.)
^/^7«Pissodes piniphilus Hbst.
Kiefernstangen rüßl er.
Beschreibung: s. oben S. 338 und Abb. 185 F.
Der ebenfalls in Europa weit verbreitete Käfer belegt vornehmlich Kiefern-
stämme (auch Weymouthskiefer) mit glatter dünner Rinde, namentlich
Stangenhölzer im Alter von 30 — 40 Jahren. Er findet sich aber auch
in noch jüngeren Beständen ein und vor allem sehr häufig auch in älteren;
in letzteren, auf welche er namentlich bei längerem Fraß gerne überzugehen
scheint, greift er die oberen, dünnborkigen Stammteile an und zwar bis in die
Krone hinein. Bei stärkerem Fraß kann die Belegung so stark werden, daß in
einem Stamme oft mehrere Hundert Larven sich befinden.
Das Fraßbild ist sehr unregelmäßig. Meist liegen die dünnen Anfänge
der einzelnen Larvengänge entsprechend der meist zerstreuten Eiablage mehr oder
weniger voneinander entfernt, doch kommt auch die strahlige Form, wenn auch
seltener, vor. Die geschlärgelten, oft umkehrenden, 10 — 15 cm langen Larven-
gänge verlaufen größtenteils in der Rinde: erst gegen das Ende zu gehen sie
tiefer. Die kleinen und relativ schmalen Puppenwiegen, die meist in ihrer Längs-
richtung der Achse des Baumes parallel sind, gehen ins Holz; ihr Spanpolster
ist fast staubig fein (Abb. 187).
Der Käferfraß findet wie bei notaUis an der Saftrinde junger Zweige statt.
Obwohl piniphilus kränkelndes und unterdrücktes Material entschieden vor-
zieht, so wird er bei starker Vermehrung leicht primär und geht ganz gesunde
Stämme an, die er zu töten imstande ist.
Die Erkennung des Fraßes ist, da er oft an weniger zugänglichen Stellen
stattfindet, nicht so leicht wie bei notatus^ vor allem da, wo es sich um Altholz
handelt. Es werden deshalb die Anfänge des Befalls leicht übersehen. Als erste
äußere Anzeichen können kleine weiße Harzflecke an der Rinde und das Kümmern
der Maitriebe bezw. Dürr werden von Ästen dignen. Häufig führt Spechtarbeit
zur ersten Entdeckung.
Der Schaden durch piniphilus kann sehr bedeutend werden, vor
allem in Stangenhölzern, wo sein Fraß zum schnellen Absterben der Bäume
führt und er bestandszerstörend wirken kann. In der Literatur sind mehrere Fälle
von argen Verwüstungen in Stangenhölzern verzeichnet (vgl. Nitsche S. 382).
Aus eigenen Erfahrungen kenne ich einen starken scheinbar primären Befall in
dem pfälzischen Revier Dahn von einem ca. 50jährigen Stangenholz, das infolge
piniphilus -Yx^S» einging bzw. eingeschlagen werden mußte.
392
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Aber auch im Alt holz kann pi?itphilus sehr unangenehm werden. Nach
Altum (S. 207) kommt er in alten Kiefern sogar weit beständiger und regel-
mäßiger vor, als in den jüngeren Altersklassen; bei Eberswalde z. B. „beherbergt
ihn stellenweise jede im Bestand eingegangene Kiefer". „Es ist nichts leichter,
als seine Spanpolster und Gänge, die meist geschwärzt sind, an den aufgemeterten
Abb. 187. Larvengänge mit Puppen wiegen von Pissodes piniphilus Hrbst. in dünner]_Kiefernriiide.
Natüri. Gr. — Original. (Phot. Scheidter.)
Kloben unter der papierdünnen Rinde aufzufinden." — Piniphilus bildet (nach
Altum) neben Myel. 77iinor die Hauptursache davon, daß der alte
Kiefernwald sich allmählich licht stellt. Diese fort und fort be-
wirkte Lichtung der Altholzbestände ist jedenfalls nicht gering anzuschlagen. Wie
lange piniphilus braucht, um einen alten Baum zu töten, ist noch eine offene
Curculionidae. — Langrüßlei. Gattung Pissodes. 7g-j
Frage. Auch Reisenegger (1889) berichtet über schwere Schäden im Alt-
holz und rechnet /)?«z/'Ä//ttj zu den gefährlichsten Feinden des Kiefern-
waldes, weil er selbst sehr starke Kiefern selbständig tötet, weil er ferner
bei der schwierigen Beobachtung meist lange unentdeckt bleibt und seine Ver-
mehrung daher rasch bedeutend werden kann. Nach dem gleichen Autor geht
piniphtlus Stämme von 80 — 100 Jahren sogar viel lieber an als Stangen.
Bekämpfung, — In erster Linie ist die Vernichtung der Brut zu er-
streben durch Einschlag und rechtzeitige Abfuhr der befallenen
Stangen oder Stämme. Im Falle die Abfuhr nicht rechtzeitig ausgeführt
werden kann, ist durch Schälen der Stämme die Brut zu vernichten. Dies muß
geschehen, bevor die Larven sich in die Puppenwiegen begeben haben. Außer-
dem kann man durch Werfen von Fangbäumen die Käfer vom Belegen
der gesunden Stämme ablenken und die neue Brut in die Hand bekommen.
Da piniphilus die dünnberindeten Zopfenden bevorzugt, so empfiehlt sich das
Werfen nicht nur von Stangen, sondern auch von älteren Stämmen. Der Käfer
belegt mit Vorliebe die Unterseite der Stämme; deshalb empfiehlt Eckstein
(Technik) in Stangenorten, in denen Fangbäume sehr stark angeflogen werden,
folgendes Verfahren: die gefällten Stangen werden in Rollen (Grubenholzdimen-
sionen) geschnitten; zwei derselben dienen als Unterlage, auf welchen so viele
der übrigen nebeneinander gelegt werden, als bequem liegen können. Natürlich
müssen die Hölzer rechtzeitig entrindet werden.
Auch das Herrichten stehender Fangbäume hat sich bewährt.
Die Stämme werden in Brusthöhe auf 40 cm Breite geringelt, rechtzeitig ge-
schlagen und sofort abgefahren oder entrindet. Die Kronen solcher Stämme
werden meist stark beflogen, außerdem bleiben an den Ringelwunden zahlreiche
Käfer im Harze kleben. Das Ringeln geschieht am besten im Mai; im Juni
können die Stämme oberhalb der alten Wunden nochmals 40 — 50 cm breit geschält
werden, wodurch die Wirkung wesentlich gesteigert werden kann (Eckstein 1. c).
_/^&/ Pissodes pini L.
Kiefernbestandsrüßler.
Beschreibung: s. oben S. 338 und Abb. 185 C. Larve s. Abb. 199 A, a, S. 412.
Kommt sowohl in der Ebene als im Gebirge vor. Er belegt vornehmlich
ältere Kiefern (auch Weymouthskiefern) mit seiner Brut, doch auch junges
schwaches Material, letzteres gewöhnlich an der Basis des Stammes (Wichmann
1922). Auch in Krummholzkiefern ist er mehrfach angetroffen worden (Letzner
1854, Nüsslin); selbst aus Fichten soll er schon mehrfach gezüchtet worden sein.
Meistens geht er an die starken borkigen Teile, doch verschmäht er auch
die Partien mit dünner Rinde keineswegs. Nach Judeich (1869) hat er eine
Weymouthskiefer sowohl an Stellen mit nur 5 mm Rindenstärke, wie auch solche
mit vierfach stärkerer Rinde besetzt.
Die Eier werden von dem Weibchen meist häufchenweise abgelegt, und
es entsteht alsdann durch die von einem Punkte ausgehenden Larvengänge ein
typischer Strahlenfraß (siehe Abb. 181 S. 383). AI tum hat Fraßbilder mit bis
394
Coleoptera.
Familienreihe : Rhynchopho
30 Strahlen gesehen. In schwächeren Sortimenten laufen die Gänge ohne Strahlen
wirr durcheinander. Die Länge der einzelnen Gänge kann bis 20 cm betragen;
die Breite derselben und die Größe der Puppenwiegen sowie die Stärke der
Abb. 188. Vollendeter Larvenfraß von Pissodes pini L. an Weymouthskiefer (Splint)
mit oberflächlich liegenden Puppenwiegen. — Aus Koch (phot. Scheidter).
Fluglöcher variiert nach der Größe der Exemplare. Die kreisrunden Fluglöcher
haben 2,5 bis 4 mm Durchmesser.
Die mit groben Spanpolstern (Abb. 188) ausgekleideten Puppen wiegen
greifen meist in den Splint ein, liegen aber in starkborkigen Stämmen teilweise
auch in der Rinde und das Flugloch liegt dann ausschließlich in letzterer. Be-
Curculionidae.
Langrüßler. Gattung Pissodes.
395
setzt der Käfer aber schwache, dünnrindige Stämmchen, so geht die Larve mit-
unter tiefer in das Holz, so daß nach Ablösung der Rinde die Puppenwiegen
selbst nicht sichtbar sind, sondern nur der allmählich in die Tiefe hinabsteigende
Eingang zu denselben. Frißt der Käfer sich dann heraus, so macht er ein
eigenes Flugloch, welches also auch im Holze sichtbar ist. Beide Puppenwiegen-
formen können aber auch in unmittelbarer Nähe nebeneinander an ein und
demselben Fraßstück vorkommen (Beling 1883).
Bezüglich der Generation gilt das oben (S. 383—385) Gesagte.
Die forstliche Bedeutung ist im allgemeinen weit geringer als bei den
beiden vorigen Arten. Größere Schäden sind bis jetzt noch wenig beobachtet worden.
Zur Vorbeugung dient rechtzeitige und gründliche Durchforstung. Die
Bekämpfung besteht in erster Linie in dem rechtzeitigen Einschlag der
befallenen Bäume mit nachfolgender Schälung. Außerdem können auch
Fangknüppel, fest an den Boden angebracht, verwendet werden. „Keine
andere Pissodesart fängt sich so leicht und so absolut sicher; die Käfer, meist
in Kopulastellung, sitzen hauptsächlich auf der Unterseite" (Nüsslin).^)
y.j^., Pissodes validirostris Gyll. (Syn, sirobili Redt.).
" Kiefernzapfenrüßler.
Beschreibung: s oben S. 338 und Abb. 185 D.
Ratzeburg (S. 144) berichtet eine Beobachtung Hartigs über einen
Pissodesfraß in Kiefernzapfen und bezieht denselben auf P. notatus. Zweifellos
handelte es sich in diesem Fall um den
nahe verwandten P. validirostris Gyll.
(= sirobili Redt.). Nach dem gleichen
Autor bewohnt den einzelnen Zapfen
gewöhnlich nur eine Larve, es können
aber auch bis drei Stück in einem
Zapfen vorkommen. „Die befallenen
Zapfen erlangen wohl die normale Größe,
erscheinen aber immer mehr zugespitzt,
von mehr grüner, nachher ins gelb-
graue übergehender Farbe und zeigen,
wegen mangelhafter Ausbildung der
Nüsse, die Schuppen nicht so deutlich
hervortretend."
Über die Gen eration des
Käfers berichtet AI tum (1886), in
dessen Versuchsgefäßen aus von der
Larve besetzten, von niedrigen, kusseligen
Abb. 189. Kiefernzapfen von Pissodes vali-
dirostris Gyll. befallen. Links Zapfen mit Aus-
fluglöchern, rechts durchschnittener Zapfen mit
Larvenfraß. — Phot. Scheidter.
') H. E. Wichmann (1922) empfiehlt in Stangenhölzern Fangbäume in der Weise her-
zurichten, daß man einzelne Stangen in Brusthöhe bis zur Mitte einsägt und nach der anderen
Seite umbricht (die i. Serie Ende Februar, die 2. im Mai). Die Krone bleibt als Duftspender
in Verbindung mit dem Baum liegen. Ende Juni sind die Brüten der i. Serie, Ende August
die der 2 . Serie zu vernichten : mit einer leichten Rodehaue werden die Wurzeln bloßgelegt und
durchgehauen, der Stumpf umgedrückt und ca. 10 Minuten im Feuer geröstet.
,q5 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Kiefern bei Eberswalde gebrochenen Zapfen im Herbste die Käfer auskrochen:
er nimmt eine einjährige Generation an.
Die Angabe von AI tum. daß man bewohnte Zapfen nicht am Boden
finde, trifft nicht allgemein zu. Nitsche fand gelegentlich einer akademischen
Forstreise bei Darmstadt in einem 50 — 60jährigen Kiefernbestande im August viele
Zapfen auf dem Boden, in denen sich zum Teil Larven, zum Teil Puppen befanden.
Der Befall kann stellenweise recht dicht werden. Hartig fand
in der Hasenheide bei Berlin oft die Hälfte oder Dreiviertel der Zapfen eines
Baumes mit Larven besetzt. In der Gegend von Wien wurde validirostris häufig
in den Zapfen der Schwarzkiefer festgestellt.
Die Bekämpfung beschränkt sich höchstens auf Sammeln und Ver-
brennen der herabgefallenen Zapfen.
An Fichte.
Ty^^Pissodes harcyniae Hrbst.
Harzrüsselkäfer.
Beschreibung: s. oben S. 338 und Abb. 135 E.
Der Harzrüsselkäfer kommt im mittleren und nördlichen Europa, besonders
in bergigen Gegenden vor. Er ist ein ausgesprochenes Fichteninsekt, und
befällt vor allem Bäume im Alter von 50— 100 Jahren. Bevorzugt werden unter-
drückte und kränkelnde, durch Schneebruch, Raupenfraß usw. geschwächte Stämme.
Vor allem aber ist er in rauchbeschädigten Fichten beständig zuhause; er ist
hier eine so regelmäßige und charakteristische Erscheinung, daß ihn Gerlach
(i8g8) geradezu als „Rauchrüsselkäfer" bezeichnet.
Im Frühjahr steigen die im Boden überwinternden Käfer am Stamme auf-
wärts zum Fraß und zur Eiablage. In beiden Fällen machen sie tiefe Ein-
stiche in die Rinde, aus denen Harz ausfließt, das allmählich beim Vertrocknen
weiß wird. Die Stämme erhalten dadurch das Aussehen, als ob sie mit Kalk
bespritzt wären. (Abb. 191.)
Wo es sich um Brutlöcher handelt, findet man beim Nachschneiden die
Anfänge der Larvengänge. Die Zahl der Eier und dementsprechend der Gang-
anfänge ist verschieden; oft wird nur ein Ei in dem Loch untergebracht, oft auch
mehr, 2 — 5. In letzterem Falle bekommt dann das Fraßbild eine mehr oder
weniger ausgesprochene strahlige Figur. Die Eiablage findet vornehmlich dort
statt, wo die Rinde schwach und glatt ist, meist oberhalb Brusthöhe, selten tiefer.
In der Regel wird nur der Stamm belegt, nur bei starkem Befall werden auch
Äste angegangen.
Die Gänge (Abb. 190) verlaufen in der Hauptsache in der Rinde, ohne in
den Splint einzugreifen und treiben erstere, soweit sie noch dünn ist, flach wulst-
förmig auf. Sie bleiben aber durchaus nicht immer im gleichen Niveau, so daß
ihr Gesamtverlauf an abgehobenen Rindenstücken nicht immer vollständig vorliegt.
Am Ende der gekrümmt verlaufenden Gänge wird die ca. 7 — 10 mm lange und
3 mm breite, ovale Puppenwiege angelegt, welche meist in der Längsrichtung
des Stammes tief in den Splint eingreift und durch ein längsfaseriges Spanpolster
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes.
397
verschlossen wird. Oft ist der Befall ein so dichter, daß eine Puppenwiege neben
der anderen liegt (Willkomm bei Lorenz 1863).
In verräucherten Fichten, die noch verhältnismäßig frisch und saftreich
sind, findet nach Gerlachs (1898 und IQ07) Beobachtungen häufig eine Ab-
Abb. 190. Larvt-nfiai; von Pissodes harcyniae Hrbst. — Aus Koch.
kapselung statt. Die Larven ersticken im Harz und die Larvengänge füllen
sich mit einer Korkschicht. Diese verkorkten Gänge verlieren allmählich den
Zusammenhang mit der Bast- bezw. Cambiumschicht, so daß sie sich aus den
letzteren vollständig herausheben lassen. Äußerlich erscheinen solche Fraßgänge
39»
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
als „Riefen" (Abb. 192) ein ausgezeichnetes diagnostisches Merkmal, nicht nur
für das Vorhandensein von dem Harzrüßler, sondern nach Gerlach (1907) auch
zugleich für Rauchbeschädigung. Letzteres trifft bei gehäuftem Vorkommen
r. '
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H
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Abb. 191. Harzaustritt infolge zahlreicher
Angriffe von Pissodes harcyniae Hrbst. und
scabricollis Mill. unter dem Leimring. - —
Nach Nitsche.
Abb. 192. Äußerlich sichtbare Larvengänge
von Pissodes harcyniae Hrbst. an einer ca.
40jährigen rauchkranken, aber noch grünen
Fichte. — Nach Gerlach.
sicherlich zu; vereinzelt kommt die gleiche Erscheinung natürlich auch an Bäumen
vor, die durch andere Beschädigungen in den gleichen Saftzustand versetzt sind
wie die Rauchfichten. So fand Fuchs (1905) ganz ähnliche abgekapselte Gänge
in einer Fichte, die am Beginn einer Pilzinfektion stand.
Curculionidae. — Langriißler. Gattung Pissodes. 399
Die Generation ist nach den Beobachtungen und exakten Versuchen von
Kellner (1869) und neuerdings von Gerlach (1907) einjährig und fügt sich
vollkommen in das allgemeine Schema der /*mö</(fj-Generationsverhältnisse ein.
Die forstliche Bedeutung kann, besonders in Gebirgsre vieren, eine sehr
erhebliche werden. In der Literatur finden sich eine Reihe von Berichten
über ausgedehnte Schäden. Die erste größere Kalamität wurde Anfang der
60er Jahre des vorigen Jahrhunderts aus dem Harz gemeldet — daher der
Name „Harzrüsselkäfer". Später erfahren wir von argen Schäden aus dem
Thüringer Wald, dem Erzgebirge, ferner aus Oberbayern (nach dem großen
Nonnenfraß 1890) und neuerdings aus den Rauchschädengebieten Sachsens (siehe
Auhagen 1860, Grebe 1863, Lorenz 1863, Wedekind 1860--63, Nörd-
linger 1863, Beling 1863, Schier 1892, Gerlach 1898 und 1907).
Die Stämme reagieren im allgemeinen nicht sehr schnell auf die Be-
schädigung. Es kann ein Baum von Hunderten von Larven besetzt sein und
dabei doch noch längere Zeit grün bleiben, — wenn nämlich die Larvengänge
nicht an der ganzen Peripherie der Stämme vorhanden sind. Die Rötung der
Wipfel, das Dürrwerden und die Ablösung der Rinde treten dann erst allmählich
ein. Anderseits kann es vorkommen, daß schon ein einziger Gang, der die
ganze Peripherie umfaßt, den Stamm tötet.
Zur Erkennung des /larcj'Tiiae-BeiaWs dienen; im Anfangsstadium vornehmlich
der Harzaustritt, sowohl in feinen glasperlenähnlichen Tröpfchen, die besonders
bei Sonnenschein gut zu sehen sind, als auch in Form von weißen Flecken, in
„Rauchrevieren'' ferner die „Riefen" und im späteren Verlauf außerdem die
Rötung der Wipfel.
Unter den natürlichen Feinden wurde von Gerlach (1898) eine
Braconide in großer Zahl, bis zu 70%, beobachtet (s. hierüber auch oben S. 386).
Bekämpfung. — Zur Vorbeugung sorge man für Erziehung kräftiger
Bäume, entferne bei Durchforstung alles kränkliche und unterdrückte Material
und veranlasse bei eintretenden Schädigungen durch Wind, Schneebruch usw. die
schleunige Fällung und Aufarbeitung aller beschädigten Stämme.
Die Vertilgung hat in erster Linie durch rechtzeitigen Einschlag
mit sofortiger Entrindung der gefällten Stämme zu geschehen. Da das Übel ge-
wöhnlich in den beherrschten Stämmen beginnt, so ist auf diese besonders zu
achten. In Revieren, die dem harc^mae-BefaU besonders ausgesetzt sind, sind
geschickte Waldarbeiter auf das Erkennen befallener Stämme anzulernen. Sie
haben alljährlich im Frühjahr und, wenn bereits die Kalamität größer geworden
sein sollte, den ganzen Sommer hindurch die Bestände systematisch zu durch-
gehen und die befallenen Stämme anzuzeichnen. Ist die Zahl dieser Stämme
noch gering, so können dieselben Arbeiter das Fällen der Stämme und die
weiteren Verrichtungen vornehmen. Sind aber viele Stämme befallen, so be-
auftragt man mit diesen Arbeiten am besten eine zweite Kolonne. Geschieht
die Entrindung zur Zeit, da bereits die Puppenwiegen im Splint angelegt sind,
so genügt das Ettrinden allein nicht, es müssen vielmehr auch die letzteren ver-
nichtet werden, und zwar am besten durch Abbürsten mit Stahldrahtbürsteu.
^OO Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Außerdem kann man auch durch Fangbäume der Vermehrung des Käfers
entgegenarbeiten; diese müssen im April und Mai geworfen werden. Der An-
flug der Käfer ist da besonders stark, wo Baumorte an Schlagflächen und junge
Kulturen angrenzen. Die Stämme sollen in verhältnismäßig engen Abständen
liegen. Die richtige Zeit zur Entrindung muß durch öftere Untersuchung der
Fangbäume ermittelt werden. (Eckstein, Technik S. 108.)
Endlich wird auch der Leimring (in Brusthöhe) zum Abfangen der aus
dem Winterquartier aufsteigenden Käfer empfohlen, „als ein sehr gutes Mittel,
den Pissodesschäden in Fichtenbeständen gründlich zu steuern" (Nitsche 1895).
Da die Käfer schon sehr frühzeitig aufsteigen, müssen auch die Leimringe dem-
entsprechend früh (Februar, März) fertig sein. Das Absammeln unter den Leim-
rmgen hat täglich zu geschehen.
J /2; Pissodes scabricoUis Mill.
Beschreibung: s. oben S. 338.
Diese dem hatcyniae nahestehende und meist mit demselben vergesell-
schaftet vorkommende Pissodesart wurde erst im Jahre 1892 in die Forst-
entomologie eingeführt und zwar von Lang, der darauf hinwies, daß die
nach der großen bayerischen Nonnenkalamität im Ebersberger Forst massen-
haft unter den Leimringen angetroffenen Pissodes nicht, wie man bisher an-
nahm, samt und sonders harcyniae waren, sondern daß ein großer Prozentsatz
davon der nahe verwandten Art scabricoUis Mill. angehörten. Nachdem die forst-
liche Welt einmal auf das Voi kommen von zwei Pissodesarten in Fichtenbeständen
aufmerksam gemacht war, wurde scabricoUis fast überall, wo harcyniae vorkommt,
beobachtet und zwar stellenweise sogar weit in der Überzahl. Nach Pauly (1892)
war das Verhältnis von scabricoUis zu harcyniae im Ebersberger Nonnenrevier
etwa wie 3:1; nach Nitsche (1895) fanden sich unter den im Döhlener Rauch-
revier unter den Leimringen gesammelten Pissodes ca. 25 ^/^ scabricoUis.
In der Lebensweise zeigen scabricoUis und harcyniae weitgehendste Über-
einstimmung, nur sind die Fraßbilder (Larvengänge und Puppenwiegen) des scabri-
coUis entsprechend der geringeren Größe durchschnittlich etwas weniger kräftig als
die von harcyniae \ auch bestehen die Spanpolster der ersteren aus viel feineren
Splintspänehen als die der letzteren (Pauly 1892 S. 378).
Bezüglich forstlicher Bedeutung und Bekämpfung gilt das
gleiche, was oben über harcyniae gesagt ist.
An Tanne.
l>4il Pissodes piceae 111.
We i ß t a n n e n r ü ß 1 e r.
Beschreibung: s. oben S. 338 und Abb. 185 A.
Die geographische Verbreitung des piceae fällt mit der der
Weißtanne zusammen. Letztere stellt seine ausschließliche Brutpflanze dar.
Er befällt vornehmlich kränkelndes, schlechtwüchsiges Material, geht aber
bei starker Vermehrung auch an scheinbar gesunde Bäume. Bevorzugt werden
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissudes.
401
40 — 80jährige Stangenhölzer; er wird jedoch auch in jüngeren Beständen
wie in älteren, 100 — 200jährigen Stämmen angetroffen. Gewöhnlich befällt pi
nceae
Abb. 193 A. Vielstrahliges Fraßbild von Pissodes piceae 111., von einer Verwundungsstelle aus-
gehend (Anfangsteil). — Aus Scheidter.
nur den eigentlichen Stamm, nur bei ganz starken Stämmen geht er auch in
die Wipfelpartie (Czech 1889). Auch entwickelt er sich sehr gerne in Stöcken,
Scheitholz, Windfällen usw.
26
Escherich, Forstinsekten. II. Bd.
4o;
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Hinsichtlich der Lage des Bestandes macht der Weißtannenrüßler keinen
Unterschied. Er ist auf den Ost- und Westabhängen, den Süd- und Nordlagen
ebenso gut anzutreffen wie auf Plateaus, in den Tälern und Mulden ebenso wie
auf den Bergrücken und er geht der Höhe nach mit den Tannen, so weit diese
gehen. Ebenso findet er sich
sowohl in den reinen Tannen-
beitänden als auch in den
Mischbeständen mit Fichte; ja
in reinen Fichtenbeständen, die
nur wenig Tannen aufweisen, ist
er in diesen vereinzelten Tannen
anzutreffen. (Scheidter 1919.)
In seiner Lebensweise,
Generation usw. stimmt er in
den allgemeinen Zügen mit
den übrigen Pissodes überein.
Als Eigentümlichkeit ist die
besonders häufige Ausbildung
vielstrahligerFraßfiguren
(Abb. 193 A) zu erwähnen.
Bei keinem anderen Pissodes
kommen so reine vielstrahlige
Fraßbilder vor, wie bei piceae^
besonders in starker Rinde;
20 —30 „Strahlen" sind gar
keine Seltenheit. Es rührt dies
daher, daß das $ an starken
Tannen mit ihrer harten dicken
Rinde Wunden, Astlöcher,
Krebsstellen usw. benützt und
in diesen beschränkten Plätzen
möglichst viel Eier unter-
zubringen sucht. Die einzelnen
Larvengänge erreichen eine
ansehnliche Länge (bis zu
60 cm). Sie verlaufen größten-
teils im Bast und auch die
Puppenwiegen liegen mehr in
der Rinde als im Splint, wes-
halb die Spanpolster meist mehr
bräunlich gefärbt sind (Abb.
193 B).
Die forstliche Bedeutung kann eine sehr erhebliche werden. Nach
den Untersuchungen von Scheidter (19 19) spielt piceae bei der so bedrohlichen
■w
L^
Abb. 193];. [,;uv.n-;,n,L
(Endteil niii Pupjx'nw
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Pissodes. 40^
Erscheinung des „Tannen Sterbens" eine nicht unwesentHche Rolle. Die pri-
märe Ursache dieser Erscheinung ist noch nicht völlig geklärt. Wahrscheinlich
ist sie in der in den betreffenden Revieren geübten Wirtschaftsmethode zu suchen,
da das Tannensterben fast ausschließlich in den im gleichalterigen Hochwald er-
zogenen Beständen auftritt, während die mit Plenterbetrieb bewirtschafteten
Waldungen so gut wie gar nicht von ihm betroffen sind. Offenbar verhindert
jene Wirtschaftsmethode, bei der die einzelnen Stämme stark eingeengt erzogen
werden, die Ausbildung von kräftigen Kronen. In solchen Revieren wird die
Vermehrung des Käfers stark gefördert, so daß er nach einiger Zeit auch noch
anscheinend gesunde Bäume befällt. Das Übel nimmt stellenweise akuten Charakter
an, indem das Absterben der Tannen, die ohne Hinzukommen des Käfers noch
lange Jahre aushalten würden, wesentlich beschleunigt wird. Die Gefährlichkeit
des Käfers ist um so größer, als ein Gangsystem genügt, den Stamm zum
Absterben zubringen. Im Frankenwald, in dem Sc hei dter seine Untersuchungen
anstellte, fand sich kaum ein kränklicher Stamm, der nicht ptceae-Brut oder
Fraßbilder enthalten hätte.
Zur Erkennung des /»/cm^- Befalles dienen nach Scheidter folgende Merk-
male : „Von den schlecht bekrönten, die Merkmale des Tannensterbens aufweisen-
den Stämmen, sind es besonders solche, die bereits eine schüttere, lichte
Benadlung aufweisen. Bei diesen sind nur mehr die letzten 2 — 3 Jahres-
triebe benadelt, die älteren haben ihre Nadeln schon fast durchwegs verloren.
Stämme, die schon gänzlich gipfeldürr sind, sind meist schon von ihm befallen;
starke Wasserreiserbildung bis weit am Stamme herunter, viel dürre Äste am
unteren Kronenteil bei noch einigermaßen grüner, wenn auch schlechter Krone,
braune Triebspitzen an den Zweigen oder den Wasserreisern, vereinzelte dürre
Äste mit noch vorhandenen, aber schon roten Nadeln, noch grüne Krone, aber
im unteren Kronenteile mit dürren, rotgewordenen Ästen und Wasserreisern, oder
dürre, rote Krone mit noch grünen Wasserreisern unterhalb der Krone — alles
dieses sind Merkmale, die anzeigen, daß der Stamm bereits befallen oder doch
stark verdächtig ist. Diese Merkmale sind besonders dort maßgebend, wo der
Tannenrüßler überhaupt stark auftritt. In Amtsbezirken aber oder in Abteilungen,
die gegenwärtig noch weniger stark unter diesem Schädling zu leiden haben, treffen
diese Merkmale nicht immer bezw. nicht für jeden Stamm zu. Hier überläßt
man es am besten dem Personal oder den Arbeitern, nach dem äußeren Aus-
sehen der Stämme jene herauszufinden, die besetzt sind. Die Arbeiter bekommen
darin, wie ich mich verschiedentlich selbst überzeugen konnte, bald eine solche
Fertigkeit, daß ihnen kein besetzter Stamm auskommt, bezw. daß sie nur selten
einen nichtbefallenen mitfällen. Das zuverlässigste Merkmal für das Befallen-
sein sind aber ohne Zweifel die aus den Anbohrstellen hervorquellenden kleinen
Harztröpfchen, die meist unschwer, besonders nach einiger Übung, von unten aus
wahrgenommen werden können."
„Außerdem machen auch die Spechte, die neben den zahlreichen Schlupf-
wespen zu den Hauptfeinden des Tannenrüßlers gehören, den Forstmann auf den
Befall aufmerksam, besonders in noch grünen Stämmen, in denen man den
26*
404
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Schädling noch nicht vermutet hätte. Mitunter findet man Stämme, die von oben
bis unten vollständig oder doch wenigstens auf größere Strecken der Rinde be-
raubt sind."
Die Bekämpfung muß in erster Linie in der Entfernung bezw. Fällung
mit nachfolgendem Entrinden und Verbrennen der Rinde aller befallenen Stämme
bestehen. Dabei darf man sich nicht auf die Herausnahme des bereits gänzlich
abgestorbenen Materials beschränken; denn aus diesem ist der Käfer meist schon
ausgeflogen. Man muß vielmehr vor allem jene Stämme herausnehmen, die die
obengenannten Merkmale des beginnenden Befalls erkennen lassen. Da auch die
Stöcke befallen werden, so müssen auch diese entrindet werden. Dieser Ver-
nichtungskampf läßt sich auch noch durch Werfen von Fangbäumen unterstützen.
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^q5 Coleoptera. — 7. Familien reihe: Rhynchophora.
/'/J^ Cryptorrhynchus lapathi L.
Bunter Erlenrüsselkäfer, Erlenwürger.
Beschreibung s. oben S. 341 u. Abb. 194.
Der an seiner Zeichnung leicht kenntliche Erlenrüsselkäfer ist über den
größten Teil Europas und Asiens (bis Sibiren und Japan) verbreitet und hat sich
auch in Nordamerika eingebürgert (Feit 1905); auch vertikal geht er sehr hoch,
von Tubeuf traf ihn am Arlberg in einer Höhe bis zu 2000 m.
Seine beliebteste Fraß- und Brutpflanze ist die Erle, und zwar sowohl
Schwarz- wie Weißerle als auch die Alpenerle {Alnus viridis). Junge 2- bis
4 jährige Loden werden von ihm bevorzugt, doch werden auch (wenigstens bei
der Weißerle) ältere Stangen bis zu 30 Jahren und mehr belegt. Außerdem
findet er sich auch an Weiden [Salix caprea, viminalis^ purpurea und triandra\
in 2- und mehrjährigen Ruten und in Mutterstöcken, bei einjährigem Schnitt der
A B
Abb. 194. Cryptorrhynchus lapathi L. A Rüssel eingeschlagen, B Rüssel ausgestreckt. —
Aus Boas.
Ruten nur an den Stecklingen und in den Stummeln der früheren Ruten. End-
lich ist seine Brut auch noch in Birken (in den beiden letzten Jahrestrieben)
und in Pappeln angetroffen worden.
Seine Lebensweise ist erst in neuerer Zeit durch Tor ka (1908) und vor
allem durch Scheidter (1913) geklärt worden.
Die Generation ist eine zweijährige und verläuft nach Scheidter
folgendermaßen: Die etwa im August auskommenden Jungkäfer üben bis
zum Spätherbst Ernährungsfraß aus, ohne in diesem Jahr noch zur Kopula zu
kommen. Mit Eintritt der kalten Jahreszeit begeben sie sich in ihre Winter-
verstecke, vor allem in die Bodendecke, dann aber auch in Rindenritzen, alte
verlassene Gänge ihrer Art selbst oder von anderen Erlenfeinden usw. Erst im
Mai des folgenden Jahres kommen sie wieder daraus hervor, um gleich zur
Begattung und Eiablage zu schreiten. Beide Vorgänge setzen sie den
Sommer hindurch fort bis zum August, dann sterben die Mutterkäfer ab. Die
Lebensdauer der Käfer währt also ungefähr ein Jahr.
Curculionidae. — Langiüßler. Ciyptorrhynchus lapathi
407
Die während der ganzen Periode abgelegten Eier kommen merkwürdiger-
weise nicht mehr in dem gleichen Jahr aus, sondern überwintern, und geben
erst im folgenden Jahr und zwar sehr frühzeitig,
meist schon Ende März die Larven. Diese
fressen etwa bis Ende Juli und verpuppen sich
dann. Nach einer kurzen Puppenruhe von
2 — 3 Wochen kommen die Jungkäfer aus.
In den Hochlagen tritt in dem hier be-
schriebenen Entwicklungsbild insofern eine Ände-
rung ein, als die Jungkäfer im gleichen Jahre
nicht mehr ihre Puppenwiege verlassen, sondern
in ihnen bis zum Frühjahr verbleiben (v. Tu beuf).
Die gleiche Erscheinung mag wohl auch in den
tieferen Lagen des Hochgebirges vorkommen,
besonders in schattseitig gelegenen Örtlichkeiten.
Die zweimalige Überwinterung findet also
in verschiedenen Stadien statt, einmal als Jung-
käfer und einmal als Ei. Die lange Entwicklungs-
dauer beruht auf der langsamen Reifung der
Jungkäfer und der langen Latenzperiode der
Eier; die Larven- und Puppenzeit ist dem gegen-
über verhältnismäßig kurz.
Die Eiablage findet meist in den unteren
Teilen der Pflanzen statt, und zwar gewöhnlich
an solchen Stellen, die irgend welche Er-
hebungen vernarbte Wundstellen und dergleichen
aufweisen. Häufig werden an solchen Stellen 2,
3 und mehr Eier nahe beisammenj gefunden,
wobei allerdings für jedes Ei ein eigenes Loch
gefressen wird.
Die auskommende Larve frißt vom Ei
weg zunächst dicht unter der feinen Rinde ge-
wundene, mehr in der Längsrichtung verlaufende
Gänge, die mit dem Wachstum der Larve stets
an Breite zunehmen; sie geht immer tiefer in
den Bast, ohne aber vorerst den Splint zu be-
rühren. Nach einigen Tagen aber (bei dünner-
rindigem Material früher als bei dickrindigem)
kommt sie auf den Splint, diesen anfangs nur
leicht, kaum sichtbar furchend, allmählich aber
stärker befressend (Abb. 195). Sie dringt nun
voB Tag zu Tag tiefer in den Holzkörper ein, um endlich zu dem zentralen
Fraß überzugehen. An der Übergangsstelle frißt sie den Holzkörper platzförmig
aus (was früher als Jugendfraß der Larve angesehen wurde, während dieser Platz-
Abb. 195. Larvenjugendfraß von
Crypt. lapathi L. Die Eier waren
in Mehrzahl um einen Zweigstummel
abgelegt, von dem aus die Larven-
gänge nach oben und unten ver-
laufen. — Aus Scheidter.
4o8
Coleoptera. — 7. P'amilienreihe : Rhynchophora.
Abb. 196. Stärkeres Weidenstück von zahl-
reichen Larvengängen des Cryptoirliynchus durch-
setzt. — Aus Scheidter.
Abb. 197. A Rindensprünge an einem durch
den Larvenfraß von Cryptorrhynchus ein-
gegangenen Schwarzerlen-Bäumchen. Natürl.
Gr. — B Alte vernarbte, durch Larvenfraß
von Cryptorrhynchus verursachte Wund-
stellen eines stärkeren Erlenstockausschlages.
V2 natürl. Gr. — Aus Scheidter.
Curculionidae. — Langrüßler. Cryptorrhynchus lapathi. aqq
fraß aber erst vollführt wird, wenn die Larve schon dreiviertelwüchsig ist). Der
Platz wird mitunter auch noch erweitert, nachdem die Larve bereits den zen-
tralen Gang zu fressen begonnen hat.
Vom ersten Tage des Fraßes an wird der von der Larve genagte Gang
vom Böhrmehl frei gehalten und dieses durch ein feines wie mit einer Nadel
gestochenes Auswurfsloch nach außen geschafft. Dort rieselt es nach abwärts
und bleibt auch, namentlich bei windstillem Wetter oder wenn die Rinde außen
etwas naß ist, an diesei hängen, wodurch sich die Larve verrät. Das Bohrmehl
wird von Tag zu Tag gröber. Solange die Larve nur den Bast frißt, ist es ein-
farbig braun, wenn sie aber den Splint zu fressen beginnt, ist es gemischt mit
hellerem Material, um schließlich, wenn die Larve ins Holz gedrungen ist, ganz
hell zu werden. Die Späne erreichen zum Schluß eine Länge bis lo mm.
Die Larve schafft das Bohrmehl bezw. die Nagespäne in der Weise nach
außen, daß sie es mit dem Kopf vor sich her und durch das Auswurfsloch
hinausschiebt. Es wird aber nicht immer das gleiche Loch zum Auswerfen be-
nützt, sondern wenn die Larve ein Stück weiter gefressen hat, erspart sie sich
den weiten Weg, nagt sich eine neue Auswurfsöffnung und läßt die Strecke
zwischen dem ersten und dem zweiten ungereinigt, also mit Bohrmehl angefüllt.
Erst wenn sie in den Holzkörper eingedrungen ist, behält sie bis zum Ende des .
Larvenfraßes die gleiche Auswurfsöffnimg bei, die dann nur entsprechend ver-
größert wird. Aus dem zentralen Gang werden nur zu Anfang die Späne noch
entfernt, später werden sie im Gange belassen, so daß dieser, wenn die Larve sich
zur Verpuppung anschickt, mit Spänen locker ausgefüllt ist.
Vor der Verpuppung dreht sich die Larve um, preßt die Späne zu einem
festen, das Ganglumen abschließenden Pfropf zusammen; die Verpuppung selbst
findet am äußersten Ende des zentralen Ganges statt und zwar in verkehrter
Stellung, d. h. den Kopf nach abwärts. Hinter der Puppe findet man dann nur
die letzte, bei der Verpuppung abgestreifte Larvenhaut, und wenn die Käfer die
Gänge verlassen haben, auch noch die Puppenhaut.
Der Jungkäfer verläßt den Gang nicht durch ein eigenes genagtes Flug-
loch, sondern durch die letzte Auswurfsöffnung, indem er sich durch die dicht
im Zentralgang angehäuften Nagespäne hindurchwühlt, diese nach rückwärts
schaffend.
In dünnen Stämmchen finden sich selten mehr als 2—3 Gänge neben-
einander, in stärkeren dagegen können sie viel zahlreicher werden, so daß der
ganze Stamm mit Larvengängen dicht durchsetzt ist (Abb. 196), an ganz
schwachen Sortimenten liegt der Längsgang in der Markröhre, an stärkeren mehr
oder weniger exzentrisch.
Die Folgen des Larvenfraßes machen sich zunächst an der Bräunung
der Rinde über den Larvengängen bemerkbar. Später vertrocknet die Rinde,
wird spröde, so daß sie aufspringt und an der Außenseite Risse entstehen (Abb.
197A). Ganz junge, eben kl ein fingerstarke Pflanzen gehen in der Regel ein,
auch wenn nur eine oder zwei Larven in ihnen fressen. Stärkere Pflanzen halten
eine Larve meist aus, bei mehreren gehen auch diese zugrunde. Wenn im
4IO
Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rhynchophora.
Herbst oder Winter stärkere Winde wehen oder Schnee auf den befallenen
Pflanzen lastet, so brechen diese dann meist an den Stellen, wo mehrere Larven
beeinander gefressen haben, ab und das abgebrochene Stück bleibt an der Ab-
bruchstelle hängen. Bei Pflanzen, die den Fraß überstehen, treten an den
Wundstellen Deformationen auf, wie Verdickungen, Einschnürungen, Knickungen
usw. (Abb. 197B), die aber später gewöhnlich wieder ausheilen.
Die Jungkäfer fressen in die
glatte Rinde der i — 2 jährigen Triebe
feine, meist etwas quere Löcher („Stich -
fraß"). Der Rand dieser Löcher ist fein
nach aufwärts gebogen (Abb. 198).
Unter der Rinde sind die befressenen
Stellen bedeutend größer als die außen
sichtbaren Fraß Verletzungen, da der
Käfer seinen Rüssel, wenn er durch
die Rinde durch ist, schief stellt und
rings um das Stichloch den Bast aus-
frißt. Bei dünnrindigen Stämmchen und
Zweigen geht die Fraßverletzung bis
auf den Splint, die Stellen schwärzen
sich und erhalten sich noch längere Zeit.
Allmählich tritt eine Überwallung der
Wundstellen ein, und Torka (1808) hat
beobachtet, daß später kommende Käfer
diese Überwallungen besonders gerne
benagen.
Die Folgen des Käferfraßes
sind im allgemeinen selbst bei starker
Vermehrung nur sehr geringfügiger Natur,
da die Pflanzen diese kleinen Ver-
letzungen bald wieder ausheilen. Nur
bei dünnen feinen Weidenruten können
die bis auf den Splint greifenden Käfer-
stiche schlimmere Wirkungen haben
und die zarten Spitzen zum Absterben
bringen.
Unter den natürlichen Feinden spielen neben den Spechten (Bunt-
specht) die Schlupfwespen die Hauptrolle.
Ratzeburg (lehn.) führt 7 verschiedene Arten an: Die Ichneumoniden Campoplex
graeüis, Ichneumon hassicus^ Pimpla cieatricosa. Reissigii, die Braconiden Braeon
immutator^ Rhogas marginator und die Proctotrupiden Diapria melanocrypta.
Schmiedeknecht (1914) nennt ferner noch Pimpla roborator. Scheidter (1913) fand
zahlreiche Ichneumonidenlarven in den Gängen, ja in einigen dünnen Erlen waren fast alle
Gänge von Schlupfwespenlarven besetzt und zwar in jedem Gang nur i Larve.
Die Erkennung des Befalles ist nicht schwierig: das herunterrieselnde
Bohrmehl bezw. die aus der Auswurfsöffnung hervortretenden Nagespäne, die
Abb. 198. Käferfraß von Cryptorrhynchus
lapathi L. Doppelte natürl. Gr. — Aus
Scheidter.
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Magdalis. ah
vertrocknete gerissene Rinde über den Larvengängen, das Welken der Blätter
sind nicht zu übersehende sichere Kennzeichen.
Die forstliche Bedeutung. — Der Larvenfraß kann sehr erheblich
werden, so daß ganze Erlenbestände vernichtet werden und der Erlenanbau
stellenweise überhaupt aufgegeben werden muß. Zweifellos kann er rein primär
auftreten (nach den Beobachtungen Scheidters und anderer). Auch in Weiden-
hegern kann er arge Verwüstungen anrichten, indem er die Stecklinge tötet und
einen Rutenbüschel nach dem anderen zum Absterben bringt. Auch der Käfer-
fraß (Benagen der einjährigen Ruten an den Triebspitzen) kann in Weiden-
hegern fühlbaren Schaden anrichten, während die Erlen darunter kaum nennens-
wert zu leiden haben.
Bekämpfung. — Das einzige Erfolg versprechende Bekämpfungsmittel ist
die rechtzeitige Entfernung aller mit Larven besetzten Pflanzen und
Stockausschläge im ganzen Fraßgebiet. Scheidter empfiehlt das Ent-
fernen der Pflanzen möglichst so lange hinauszuschieben, bis die ersten Puppen
in den Gängen gefunden werden, und zwar deshalb, weil die $? bis in den
August hinein Eier legen und zwar mit Vorliebe an die bereits mit Larven
besetzten Stämmchen. So können bei späterer Entfernung noch eine Menge
Eier mitvernichtet werden, die, falls die befallenen Pflanzen schon entfernt
wären, an gesunde abgelegt würden. Das Ausschneiden muß auch im folgenden
und womöglich noch im dritten Jahr durchgeführt werden. Die ausgeschnittenen
Pflanzen müssen verbrannt werden. Durch sorgfältige und rücksichtslose Durch-
führung dieser allerdings recht radikalen Maßnahme kann man der weiteren Ver-
mehrung dieses unangenehmen Schädlings mit Sicherheit Einhalt tun.
Mit der Verpflanzung frischer Kernwüchse ins Freie ist am besten erst im
dritten Jahr wieder zu beginnen. Wo dieses aus irgend einem Grund nicht
möglich sein sollte, können die ausgepflanzten Kernwüchse in den ersten Jahren
mit einem Anstrichmittel (Lehm oder Mischungen von Kalk, Kuhmist und
Lehm usw.) gegen die Angriffe des Käfers geschützt werden.
Das Absammeln der Käfer, das auch verschiedentlich empfohlen wird, hat
wenig Erfolg, da der Käfer bei der leisesten Berührung sich herunterfallen läßt
und am Boden, wo er sich eine Zeitlang tot stellt, infolge der Schutzfärbung
schwer sichtbar ist.
Gattung Magdalis Germ.
Beschreibung s. oben S. 338 u. Abb. 170A.
Die Magdalis entwickeln sich sowohl in Nadel- wie in Laubholz, doch
sind nur die in Nadelholz brütenden Arten forstlich beachtenswert,
und auch deren Bedeutung ist im allgemeinen nur gering, da sie stark
sekundär auftreten.
In der Lebensweise, die hauptsächlich durch Baer (1908) näher studiert
wurde, stimmen die meisten Arten wenigstens in den Grundzügen überein, so
daß wir sie gemeinsam behandeln können. Befallen werden junge Stämmchen
oder die 2—3 letzten Triebe älterer Kiefern oder Fichten. Die Hauptflugzeit
412
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
fällt in das späte Frühjahr und den Anfang des Sommers. Die $$ legen meist
mehrere Eier (von goldgelber Farbe) in ein Rindenbohrloch. Die jungen (honig-
gelben) Larven, die sich von der Fissodes-harve daran leicht unterscheiden lassen,
daß sie vorne viel dicker sind und ihr Kopf zum größten Teil in den Prolhorax
eingezogen ist (Abb. 199 A, b), wühlen, zuerst meist eng zusammenhaltend, imregel-
mäßig geschlängelte Gänge in die tieferen Rindenschichten. Später sondern sie
sich ein wenig mehr voneinander und greifen zunächst schwach, dann aber immer
stärker den Splint an. Die Gänge laufen in der Hauptsache zu mehreren neben-
einander mehr oder weniger parallel stammaufwärts oder stammabwärts als tiefe
Furchen im Splint, an deren Enden die Puppenwiegen noch tiefer eingegraben
werden. Die einzelnen Furchen bleiben meist durch zierliche scharfe oder
stumpfe Grate voneinander getrennt, so daß das Fraßbild einige Ähnlichkeit mit
kanellierten Säulen erhält (Abb. 199B, a). Zuweilen gehen die Furchen so tief,
Abb. 199A. a Larve von Pissodes pini L. b Larve von Magdalis violacea L.
(Spessivtseff gez.)
Aus Trägärdh.
daß die Markröhre erreicht wird und namentlich die Puppen wiege in diese zu
liegen kommt. Bei einigen Arten frißt die Larve gleich ohne vorherigen peripheren
Fraß in die Tiefe und höhlt die Markröhre auf eine große Strecke aus
(Abb. 199 B,b).
Die Larve frißt bis in die kältere Jahreszeit hinein und verpuppt sich erst
im folgenden Frühjahr. Die Puppenruhe währt nur kurze Zeit. Die Jungkäfer,
die durch ein kreisrundes Flugloch von 2 — 3 mm Durchmesser die Pflanze ver-
lassen, erscheinen von Anfang bis Ende Mai. Sie leben mehrere Monate, während
welcher Zeit sie teils an ihren Brutpflanzen (an Rinde und Trieben), teils an
anderen Pflanzen (an Blättern) fressen.
Die 'Nadelholz- Mag da h's sind samt und sonders stark sekundär, da sie
nur solche Pflanzen befallen, die durch Pilze (Hallimasch usw.), andere tierische
Schädlinge usw. beschädigt oder schon im Absterben begriffen sind. Häufig kommen
sie mit Borkenkäfern, anderen Rüßlern [Pissodes), Bockkäfern (PogonocAaerus),
Wicklern {lortrix pactolatid) usw. vergesellschaftet vor.
Curculionidae.
Langrüßler. Gattung Magdalis.
413
Unter den natürlichen Feinden spielen wieder die Schlupfwespen die
Hauptrolle. Ratzeburg (lehn.) führt 4 Ichneumoniden , 4 Braconiden und
6 Chalcididen als Magdahs-Paiasiten an.
Ji tat
Abb. 199B.
a Larvenfraß von Magdalis frontalis Gyll. in Kiefer (Phot. Scheidter).
fraß (Markröhrenfraß) von Magd, duplicata Germ. (Nach Eckstein).
^ 1 4 Coleoptera. — 7 . Familienreihe : Rhynchophora.
Forstlich kommt den Magdalis-Arten infolge ihrer sekundären Natur keine
allzu große Bedeutung zu. Sie tragen meist nur zur Beschleunigung des
Absterbens bereits beschädigter oder kränklicher Pflanzen bei. Sie können aller-
dings auch solche Pflanzen abtöten, die sich ohne ihre Dazwischenkunft wohl
wieder erholt hätten, wie z. B. Fichten, die von lortrix pactolana befallen waren
(Czech 1879).
Differentialdiagnostisch kommen hauptsächlich 2 Fraßbilder in Betracht:
das von Pogonochaerus fasciculatus und das von Anobium molle. Die Gänge der
ersten lassen sich leicht dadurch von ^a^a'a/w- Gängen unterscheiden, daß sie
scharfrandig in den Splint eingeschnitten mit feinen weißen Nagespänen gefüllt
sind und in vielen flachen Windungen bandförmig sich um die Zweige schlängeln.
Außerdem werden die Gänge von Pogonochaerus ständig breiter (bis zu 5 mm)
und endigen in einem in das Holz eindringenden Hakengang, während die
Magdah's - Gänge im größten Teile ihres Verlaufs annähernd gleich bleiben
(Abb. 199B, a). Vom Anobium molle-Yx2& läßt sich der Magdalis-Yx2& dadurch
unterscheiden, daß ersterer das Holz nach allen Richtungen in gleicher Weise
durchsetzt, während der Magdalis-¥x2& peripher bleibt (oder ein typischer Mark-
röhrenfraß ist).
Die Bekämpfung beschränkt sich auf Herausreißen und Verbrennen der
befallenen Pflanzen.
Die einzelnen Arten verhalten sich nach Baer (1. c.) folgendermaßen:
l^- /A?6 M. violacea L. (s. S. 339 u. Abb. 170A). — Brütet bei uns haupt-
sächlich in Fichten, besonders in 3 — 15jährigen Kulturen (nach Nördlinger
auch in Seekiefer und Strobe)i). Peripherer Larvenfraß mit tiefen Furchen. Käfer-
fraß skelettierend an den Blättern von Birken.
y.i-i M. frontalis Gyll. (s.S. 339). — Brütet in Kiefer. Fraßbild (Abb. i99B,a)
ähnlich dem vorigen; nur dringen die Larvengänge noch tiefer in den Splint ein
und erreichen nicht selten, besonders bei schwächerem Material, die Markröhre.
Käferfraß an der Brutpflanze (Kiefer) und zwar an der Rinde vorjähriger und
junger Maitriebe (Loch- bezw. Stichfraß ähnlich wie bei Pissodes).
^) In Sachsen tritt violacea L. nach Baer geradezu als nionophages Fichteninsekt
auf. Ratzeburg u. Altum dagegen behandeln violacea kurzweg als Kieferninsekt; doch
geht „aus ihren Beschreibungen keineswegs hervor, daß sie es wirklich mit M. violacea L. zu
tun hatten, sondern eher das Gegenteil". „Bedenkt man, daß es außer der Linn^schen violacea
noch eine M. violacea Desbr. gibt, die mit M. frontalis Gyll., der gemeinsten K.ietem- Magdalis,
identisch ist, und daß bei Ratzeburg und Altum gerade diese völlig unerwähnt bleibt,
so liegt es nahe, daß hier eine Verwechslung vorliegt". ,,Von weit größerer Bedeutung ist in
dieser Hinsicht die Angabe Nördlingers (S. i6), die j\l. violacea 'L. richtig als Fichten- und
iW. frontalis Gyll. als Kieferninsekt bezeichnet, die erstere aber auch als häufigen Bewohner
der Seeföhre und Weymouthskiefer kennen gelernt haf. „Nicht überall ist also M. violacea L.
ein monophages Fichteninsekt, wohl aber gibt sie jedenfalls in unseren Gegenden der Fichte weit
mehr den Vorzug, als dies aus der früheren Literatur zu ersehen war" (W. Baer 1. c).
In Schweden scheint violaceal^. wieder mehr die Kiefer zu befallen. Nach Trägärdh
(1922) kommt sie dort vornehmlich im oberen Teil der Kiefernkronen vor und zwar in i bis
2 cm staiken, 3 — 6 Jahre alten Trieben. Wenn zuweilen junge Kiefernkulturen von ihr be-
schädigt werden, so beruht dies gewöhnlich darauf, daß Kahlschlagflächen in der Nähe sind, wo
die zurückgebhebenen Zweige und Wipfel Brutgelegenheit geboten haben.
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Orchestes. 415
rr/r; M, duplicata Germ., phlegmatica Hbst. und memnonia Gyll. (s. S. 339).
— Brüten in Fichte und Kiefer. Larvenfraß in der Mark röhre, die bis zu
20 cm Länge und mehr ausgehöhlt wird (Abb. iggB, b). Die beiden ersten Arten
fand Czech (1879) in Böhmen als stete Begleiter des Wicklers Tortrix pactolana;
sie verursachten das völlige Absterben vieler von dem letzteren befallenen Fichten,
die sich ohne ihre Dazwischenkunft wieder erholt hätten.
Gattung Orchestes IHig. (= Rhynchaenus Clairv).
Springrüßler.
Beschreibung siehe oben Seite 336 u. 340, Abb. 170 F.
Die durch ihr Springvermögen ausgezeichneten kleinen Rüsselkäfer sind in
der Hauptsache Blattfresser. Die an Forstgewächsen (Buchen, Eichen, Weiden,
i^.
\^
■-^b
Abb. 200 A. a Puppe, b Larve (äUeres Stadium von oben) von Orchestes populi F., c Larve
(jüngeres Stadium) von Orchestes fagi L. (Seitenansicht). Stark vergr. — Nach Tragärdh.
Rüster usw.) vorkommenden Arten stimmen in ihrer Lebensweise in den meisten
Punkten überein:
Die in der Bodendecke usw. überwinternden Käfer kommen frühzeitig im
Jahr heraus, fressen an den Blättern (Löcherfraß) und beginnen bald mit dem
Fortpflanzungsgeschäft. — Das $ legt seine Eier in die Blätter und zwar meist
in die Mittelrippe. Die Larve miniert von da aus gewöhnlich zunächst emen
schmalen Gang, mehr oder weniger parallel den Seitenrippen bis zum Blattrand,
und nagt dann von dort aus einen größeren verschieden geformten Platz zwischen
den beiden Epidermisschichten aus (Abb. 200 B). Nach ca. 3 wöchentlichem
Fraß verpuppt (Abb. 200 A, a) sie sich in einem Kokon, den sie mit einem, wahr-
scheinlich aus den Malpighischen Gefäßen (Tragärdh) stammenden Sekret spinnt
4i6
Coleoptera. — 7. P'amilienreihe : Rhynchophora.
[populi macht keinen Kokon). Nach ca. lotägiger Puppenruhe kommt der Jung-
käfer aus, der von Mitte Juni bis zum Herbst mannigfachen Fraß an den Blättern,
an den Blattstielen und auch an den Früchten ausübt.
Der Schaden besteht also sowohl im Käferfraß (Blatt- und Fruchtabfall),
als in dem Larvenminierfraß, der bei zahlreichem Vorkommen die Pflanzen
eines großen Teils ihres assimilatorischen Gewebes beraubt und dadurch Zuwachs-
verlust zur Folge hat. Die befressenen Blätter bräunen sich an den aus-
gefressenen Stellen. Wenn der Fraß sehr ausgedehnt ist, so erinnert die Er-
scheinung sehr an die Folgen eines strengen Frostes.
Abb. 200 B. a Buchenblatt mit LarvenfraH (Minen) und Käferfraß (Löcher) von Orchestes fagi L.
(nach Boas); b Eichenblatt mit Laivenfraß (Mine) von Orchestes queicus L. (E Eiablage in der
Mittelrippe) (nach Nördlinger); c Weidenblatt mit zahlreichen Blasenminen von Orchestes populi-
Larven (nach Trägärdh).
Eine Bekämpfung läßt sich nicht ^durchführen , ist auch bei dem ver-
hältnismäßig geringen Schaden, den die Springrüßler machen, kaum nötig.
Zudem stehen ihnen eine große Anzahl Parasiten gegenüber, die die Ver-
mehrung einschränken, bezw. eine Übervermehrung immer wieder hinunter^
drücken.
Ratzeburg (lehn.) führt von 4 Orchestes- Arten nicht weniger als 48 verschiedene
Schlupfwespen an, von denen weitaus die meisten den Chalcididen und zwar den Gattungen
Entedon, Eulophus und Ptero?nalus angehören. Von den Braconiden sind die Gattungen
Brachistes, Sigalphus, Esotherus^ Ischius, Microgaster und Spathiu.s vertreten; von den
Ichneumoniden nur 2 Arten: Pimpla aliernans und Pohjsphincta latistriata.
Curculionidae. — Langrüßler. Gattung Orchestes. 417
Im einzelnen verhalten sich die verschiedenen Arten folgendermaßen:
^^'' Orchestes fagi L. (Buchenspringrüßler) (s. S. 340 u. Abb. 170, F.). — Ei-
ablage einzeln an der Unterseite der jungen Buchenblätter in die Mittelrippe, ge-
wöhnlich I Ei, nicht selten aber auch mehrere Eier an ein Blatt. Die Larve
frißt zunächst schmale Minen bis an den Blattrand, dann größere Platzminen
(Abb. 200 B, a); Verpuppung in der letzteren in einem Kokon.
Die Larve macht entsprechend der Änderung des Fraßes Formänderungen durch: in den
ersten beiden Stadien, in denen sie in dem schmalen Kanal frißt, fehlen die zahlreichen Dömchen
auf der Haut und auch die lokomotorischen Wülste auf den Abdominalsegmenten (Abb. 200 A, c),
wie sie dem 3. Stadium, das sie in der geräumigen Blasenmine verlebt, zukommen. (Trägirdh.)
Orchestes fagi nimmt mit Vorliebe ältere Buchenbestände an, besonders
Bestandsränder, doch geht er auch an jüngere Pflanzen und verschont selbst
den Aufschlag nicht. Er tritt oft in so ungeheuren Massen auf, daß die ganzen
Bestände ein braunes Aussehen erhalten und man unwillkürhch an Frost denkt.
AI tum bot sich „auf stundenlangen Fahrten durch die Buchenreviere Rügens
ununterbrochen dasselbe Bild. Millionen und Milliarden Blätter waren an der
Spitze gebräunt von den niedrigsten Zweigen bis zu den höchsten Gipfelpartien".
Gewöhnlich folgen auf Perioden stärkster Vermehrung Perioden mit schwächerem
Befall (Parasitenentwicklung!).
Die Käfer fressen außer an den Blättern (Löcherfraß) auch an den
Blattstielen, was zum Blattabfall führt, und an den Fruchtknoten der weib-
lichen Blüten, ebenso an den Fruchtkapseln, was vorzugsweise Aufklappen und
Taubbleiben zur Folge haben soll. (Altum 1876, Anonymus 19 12.) Übrigens
beschränkt sich der Käfer nicht auf die Buche, sondern er frißt auch an anderen
Pflanzen, wie an Obstbäumen (Kirschen, Äpfeln, Zwetschen), Beerensträuchern,
und sogar an Gemüse (Blumenkohl) und Getreide i). (Siehe Beling 1871,
Altum 1876, Wahl 1904, Wernert 19 12 usw.) Im Herbst geht der Käfer ins
Winterlager in die Bodendecke, in Rindenritzen usw. Nach verschiedenen neueren
Beobachtungen (Roßmäßler, Fauteck) soll er zur Überwinterung an Buchen-
bestände angrenzende Fichtenkulturen besonders bevorzugen.
Der Schaden besteht bei massenhaftem Befall in Zuwachsverlust und
Einschränkung der Buchelmast.
f.V'i Orchestes quercus L. (Eichenspringrüßler) (s. S. 340). — Der rotbraun ge-
färbte Rüßler kommt an allen sommergrünen Eichen vor und hat eine ganz
ähnliche Lebensweise wie der vorige. Das $ legt sein Ei in die Mittelrippe
(unterseits). Die Larve, die sich von der /ä^?- Larve hauptsächlich dadurch unter-
scheidet, daß die Hautdörnchen und Stigmen dunkel gefärbt sind, frißt eine
Strecke weit an dem Hauptnerv; bald aber verläßt sie diesen und frißt eine
ähnliche Minenform wie fagi ins Parenchym (Abb. 200 B, b). Sie verpuppt sich
{ebenfalls wie fagi) innerhalb der Blasenmine in einem kleinen runden gesponnenen
Kokon. (Nördlinger S. 20, Trägärdh 19 10). An der Stelle der Eiablage knickt
das Blatt gewöhnlich nach unten um.
^) Dieses Vorkommen gab Veranlassung zur Aufstellung einer besonderen Art, Gureulio segetts.
Jscherich, Forstinsekten. II. Bd. ^7
4ii
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Nach Heß soll der Fraß vornehmlich auf unterdrücktem Unterholz vor-
kommen. Vultejus (1856) will beobachtet haben, daß die Stieleiche gegenüber
den Traubeneichen bei weitem bevorzugt ist; während nach Nördlinger kein
Unterschied zwischen den beiden gemacht wird. Die Vermehrung kann ungemein
stark werden, so daß jedes Blatt befallen ist und die Bäume wie gescheckt
aussehen.
Orchestes populi F. (Weidenspringrüßler) (s. S. 340). — Befällt haupt-
sächlich Pappeln und Weiden und kann an letzteren schädlich werden (v. Thümen
1887). Die Biologie weicht nach Trägärdh (1910) in einigen Punkten von
dem obigen Schema ab; das $ legt eine größere Anzahl Eier (5 — 10) zusammen
in ein in die Blattepidermis gefressenes Loch, Die Larven beginnen nicht mit
einem schmalen Gang, sondern fressen gleich eine Platzmine von verschiedener
Form aus (Abb. 200 B, c).
Die Larve ist in ihrer Form von dem fagi- und querciis-Ty'^yx's, wesentlich
verschieden; sie ist viel flacher und seitlich an den Segmentgrenzen stark ein-
geschnürt, außerdem besitzt sie ventral und dorsal quere lokomotorische Wülste
(Abb. 200 A, b). Sie spinnt keinen Kokon, sondern die Puppen (Abb. 200 A, a)
liegen frei in den Blasenminen, Die Zahl der Minen auf einem Blatt kann eine
sehr große sein, so daß der größte Teil von ihnen besetzt ist (Abb. 200B, c).
Außer diesen drei Arten kommen noch eine Reihe anderer Orchestes- Kiitn
auf den verschiedenen Forstpfianzen vor (Nördlinger, S. 20):
0. alni L. auf Ulme. Tötete nach Ritzema Bos (1887) in Holland
Ulmen durch 2 Jahre hintereinander wiederholten Kahlfraß,
O. avellanae Don, auf Eichen,
O. ilicis Hbst, auf Birken und Eichen,
O. msci Hbst. auf Birken,
O. Salicis L. auf Salweide,
O. scutellaris F. auf Erlen,
O. semirufus Gyll. auf Birken,
O. Stigma Germ, auf Birken und Weiden.
T2^('> Cionus fraxini Deg.
Eschenrüsselkäfer.
Beschreibung siehe oben Seite 340 u. Abb. 170, C.
Die Fiaßpflanze des Eschenrüsselkäfers ist bei uns ausschließlich die
Esche, im Süden geht er auch an den Ölbaum,
Die Larve ist durch eine besondere Eigentümlichkeit ausgezeichnet: sie hat
die Fähigkeit, aus einem auf der Oberseite des letzten Hinterleibssegmentes be-
findlichen Zäpfchen Schleim abzusondern. Mit diesem ist sie dicht bedeckt,
und aus ihm bildet sie auch vor der Verpuppung einen fast durchsichtigen gelben
Kokon von ca. 3,5 mm Länge. Die Larve ist grünlich gelb, hat einen schwarzen
Kopf und auf dem Prothorax ein geteiltes schwarzes Nackenschild, Sie ist, wie
alle Rüsselkäferlarven, beinlos.
Curculionidae. — Langrüßler. Cionus fraxini.
419
f^m
Die Generation des Käfers ist eine mehrfaciie. Bei uns scheinen nach
Judeich (i86g) wenigstens zwei Generationen vorzukommen, im Süden ge-
wöhnlich drei. Anderseits scheint es auch eine einjährige Generation zu geben
(Boas 1897).
Die Weibchen belegen im Frühjahr die Blätter der Esche mit Eiern. Die
auskommenden Larven, deren Leben bis zur Verpuppung 10 — 12 Tage dauert,
sitzen, durch ihren klebrigen Schleimüberzug festgehalten, meist an der Unter-
seite der Blätter und fressen, die Rippen vermeidend, auf der Blattfläche die
Epidermis und das Blattfleisch platzweise aus (Abb. :oi), lassen jedoch die Epi-
dermis der Oberseite stehen. Die Ränder des Fraßes bräunen sich bald. In
einzelnen Fällen wird auch die Oberseite
angegangen, so daß dann die Epidermis
der Unterseite stehen bleibt.
Will die Larve sich verpuppen,
so zieht sie sich etwas zusammen, der
Schleim erhärtet um sie zu einer t ö n n c h e n-
förmigen Hülle, in der schließlich die
inzwischen noch stärker geschrumpfte Larve
frei liegt und in den 6 — 8 Tage währenden
Puppenzustand übergeht. Die Verpuppung
findet öfters an den Blättern selbst, meist
aber in der obersten Bodendecke statt. Die
Dauer einer Generation im Sommer scheint
also 3 bis höchstens 4 Wochen zu betragen
und es könnte daher auch bei uns wohl
mitunter eine dreifache Generation vor-
kommen.
Der Käfer, der beim Ausschlüpfen
aus dem Kokon ein regelmäßig rundes
Deckelchen abschneidet, frißt Löcher in
die Blätter und verschont selbst die
Knospen nicht. In welchem Zustand das
Tier überwintert, ist noch unbekannt
(wahrscheinlich als Puppe oder Käfer).
Durch den kombinierten Fraß von Larve und Käfer vertrocknen viele
Blätter, und bei starkem Fräße kann es zur teilweisen oder vollkommenen
Entblätterung kommen, so daß dann eine Verwechslung mit Frostschaden
möglich ist (Judeich 1869, Schmidt 1885). Ein Eingehen von Bäumen in-
folge dieses Fraßes wurde noch nicht bemerkt, ist bei der großen Reproduktions-
kraft der Esche auch kaum wahrscheinlich, dagegen kann Zuwachsverlust die
Folge sein. An Oliven ist der Käfer schädlicher, da er Blüten- und Frucht-
bildung verhindern kann.
Durch Abklopfen der Käfer auf untergehaltene Tücher und Schirme
könnte man nötigen Falles den Schaden vermindern.
27*
w
Abb, 2or. Cionus fraxini Deg. Larven-
und Käferfraß, und mehrere Puppen (Kokons).
Phot. Scheidter.
420
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rhynchophora.
/y^z-Anthonomus varians Payk.
Kiefernblütenstecher.
Beschreibung siehe oben Seite 340 u. Abb. 170, D.
Während die Gattung A?ithonomus landwirtschaftlich (besonders an Obst) eine
sehr schädliche Rolle spielt (es sei nur an den Apfelblütenstecher oder „Brenner'"
^^.
Abb. 202. Fraß von Anthonomus varians Payk. a Käferfraß (Reifungsfraß) an Nadeln;
b männliche Kiefern-Blütenkätzchen mit Fluglöchern und Exkrementfäden; c ein Paar zerstörter
Kiefernblüten mit Kokons und aufgeknäulten, mit Pollen bedeckten Exkrementfäden. —
Nach Trägardh.
Curculionidae. — Langrüßler. Anthonomus varians. 421
erinneit), besitzt sie forstlich nur eine untergeordnete Bedeutung. Die
einzige Art, die als forstlicher Schädling (an Kiefer) beobachtet wurde, ist Anth.
varians Payk.
Die bisherigen Angaben in der deutschen forstentomologischen Literatur
stützen sich auf eine russische VeröfTentlichung Lindemanns, die durch Koppen
(die schädlichen Insekten Rußlands 1880) den deutschen Entomologen bekannt
gemacht wurde.
Nach Lindemann nährt sich der Käfer im Mai von den jungen
Nadeln junger Kiefern und den Säften junger Triebe. Mitte Mai findet die
Eiablage statt. Zu diesem Behuf steigen die $$ auf Knospen, bohren mittels
des Rüssels ein kleines Loch hinein und deponieren daselbst ein oder zwei Eier.
Die Larven fressen die Knospe aus, die je nach dem Maße der Be-
schädigung entweder vertrocknet oder einen schmächtigen und imregelmäßigen
Trieb abgibt.
In Rußland kommt die Art stellenweise in enormen Mengen vor und ver-
ursacht (im Vereine mit der folgenden Art) einen krüppelhaften Wuchs der be-
fallenen Kiefern. „Die Bäumchen wachsen unregelmäßig, der Stamm ist gekrümmt
infolge der Vernichtung der Gipfelknospe, die Anzahl der Zweige ist sehr gering
und auch diese sind spärlich mit vergilbten Nadeln besetzt. Sie fristen noch
einige Jahre ihr elendes Dasein, bis sie endlich aus Entkräftung absterben. Wenn
sie sich aber erholen, so werden sie jedenfalls zum Bauholz untauglich."
Nun sind im letzten Jahr unabhängig voneinander zwei Arbeiten erschienen,
die in übereinstimmender Weise ein wesentlich anderes Bild von der Lebens-
weise unseres Rüßlers geben. ^) Die eine Arbeit stammt aus Schweden, von
Tragärdh (1922), die andere aus Österreich, von H. E. Wichmann (1922).
Nach den beiden Autoren werden nicht die Knospen, sondern die männlichen
Blütenkätzchen der Kiefer mit den Eiern belegt; in ihnen entwickeln sich die
Larven, vom Pollen sich nährend; in ihnen findet Ende Juni auch die Ver-
puppung (in einem ovalen, unter reichlicher Sekretverwendung gebauten Hohl-
raum) statt. Nach ca. 8tägiger Puppenruhe schon schlüpfen die Käfer.
Einige Tage nach dem Erscheinen beginnt der Ernährungsfraß der
Jungkäfer, der an den Nadeln der heurigen Triebe stattfindet. Der Käfer
frißt, seinen Rüssel bis an die Augen in die Blattsubstanz versenkend, eine Reihe
(6 — 8) rundliche Löcher, welche an den entwickelten Nadeln meist in der
äußeren Hälfte, an unentwickelten meist im basalen Teil zu finden sind (Abb. 202, a).
Zur Fortpflanzung schreiten die Käfer erst im nächsten Jahr (einjährige
Generation).
Den Befall der Blüten kann man am leichtesten an den weißlich-gelben
Knäueln der fadenförmigen mit Pollenkörnern bedeckten Exkrementen
erkennen, die zwischen den Blüten zum Vorschein kommen (Abb. 202, b u. c).
Die befallenen Kätzchen bleiben kurz. Die Streckung der Achse geht
bestenfalls in den Endteilen den gewohnten Gang. Gleichwohl stäubt meist der
ungeschädigte Endteil aus. Viele Kätzchen bleiben allerdings früh stecken und
verharzen durch und durch (Wichmann). Ein bedeutungsvoller Schaden scheint
jedoch selbst bei massenhaftem Vorkommen den Pflanzen nicht zugefügt zu werden.
') Wie die abweichenden Angaben zu erklären sind, läßt sich schwer sagen ; eine Fehl-
bestimmung von Seiten Lindemanns dürfte kaum vorliegen, da aus der Gegend von Moskau
keine dem varians nahestehende Aiithonovms- Art bekannt ist (Wich mann).
422
Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rhynchophora.
y^^ Brachonyx pineti Payk.
Kiefernscheidenrüßler.
Beschreibung siehe Seite 340 u. Abb. 170, E.
Der Kiefernscheidenrüßler ist durch Zimmer (1833 — 35) in die Forst-
insektenkunde eingeführt worden, und zwar ursprünglich unter dem Namen Cur-
culio roiticis und später unter dem Namen C. mdigena Herbst, wie er auch bei
Ratzeburg bezeichnet wird.
Eckstein (1893a u. b) schildert den Käfer- und Larveafraß. Der Käfer-
fraß besteht darin, daß der Käfer ein kleines rundes Loch in die Epidermis
der Nadel nagt und dann unter der Oberhaut, ohne letztere zu verletzen, das
Nadelparenchym soweit ausfrißt, als sein Rüssel reicht. Die so des Chlorophylls
beraubte Stelle bräunt sich allmählich.
Sein Ei legt der Käfer dicht oberhalb der Nadelscheide oder etwas höher
hinauf in ein an der Innenseite einer Kiefernnadel gefressenes Loch. Die Larve
frißt zunächst unter der Nadelepidermis einen Gang nach unten, bei weiterem
Wachstum wird dieser Gang zu einer offenen Rinne und greift auch in die an-
liegende Innenseite der anderen Nadel des Nadelpaares ein. Das untere
Ende dieses Ganges wird zur Puppenwiege. Der Käfer schlüpft durch ein nach
der Außenseite gefressenes Flugloch aus. Das Nadelpaar bleibt im Wüchse zurück
und verfärbt sich erst unten, dann auf der ganzen Länge und fällt schließlich ab.
Die Larve ist zitronengelb, die Puppe goldgelb.
Das Fraßbild hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem der Kieferngallmücke
{Diplosis brachynterd), so daß Verwechslungen nicht ausgeschlossen 'sind. Doch ist
die Larve der letzteren ohne weiteres von der Käferlarve zu unterscheiden durch
den Mangel eines abgesetzten Kopfes, sodann auch an der orangeroten Färbung
leicht zu erkennen.
Eine Bekämpfung ist, da der Schaden nur sehr geringfügiger Natur ist,
nicht notwendig.
Gattung Balaninus Germ.
Nußbohrer.
Beschreibung siehe oben Seite 340 u. Abb. 170, B.
Von den drei oben (S. 340) beschriebenen, an ihrem sehr langen fadendünnen
Rüssel leicht erkenntlichen Arien verhalten sich nach unseren heutigen Kennt-
nissen B. nucum L. und glandium Mrsh. (= tessellatus F., turbatus Gyll.) bio-
logisch ganz übereinstimmend, so daß
wir sie gemeinsam behandeln können.
B. nucum L. (der Nußrüßler)
und B. glandium Mrsh. (der Eichel-
rüßler) brüten sowohl in Eicheln als in
Haselnüssen. — Das? bohrt mit seinem
dünnen langen Rüssel im Mai, Juni die
halbwüchsige junge Frucht an und schiebt
ein Ei in das Bohrloch. Letzteres ist
sehr klein, vernarbt bald und ist in der
Abb 203. Eicheln von Balaninus glandium ^.^jf^^ ^^^^^^ ^^^^ ^^^^ ^^ erkennen.
befallen. Links Ausbohrlocher der Larven,
rechts Larvenfraß im Kern. — Phot. Scheidter. Die auskommende Larve nährt sich von
Curculionidae. — Langrüßler. Gattungen Cossonus u. Rhyncolus. d2X
dem Kern, den sie ganz oder teilweise verzehrt und in krümmeligen feinen Kot
verwandelt. Die so angegriffenen Früchte entwickeln sich zunächst äußerlich ganz
normal weiter, fallen aber meist etwas früher ab als die gesunden. Die im
Herbst erwachsene Larve bohrt sich durch ein größeres kreisrundes Loch aus
und geht bis zu 25 cm tief in den Boden, wo sie in einer schleimigen ausgeglätteten
Höhle überwintert. Erst im nächsten Jahr verpuppt sie sich kurz vor der Flug-
zeit der Käfer.
Die Generation ist also gewöhnlich einjährig, doch kann auch ein
Überliegen der Larve bis zu 3 Jahren stattfinden (siehe Ratzeburg S. 144).
Die Nußrüßler sind bisweilen so häufig, daß ein großer Teil der Früchte
von den Larven ausgefressen wird. Am meisten werden exponierte oder die
eines einzelnen Fruchtbaumes angestochen, unter denen man dann Tausende
madiger Eicheln finden kann (Altum). Umfangreichere hartnäckige andauernde
Schädigungen sind jedoch nicht bekannt geworden.
Zur Bekämpfung empfiehlt sich das sofortige Auflesen und Vernichten
der zeitig abgefallenen Früchte, bevor sich die Larven ausgebohrt haben. Gegen
die Käfer selbst ist schwer vorzugehen, da sie so lose auf den Blättern usw.
sitzen, daß sie sich schon bei der leisesten Berührung herunterfallen lassen. In
Samenniederlagen wird man auf Reinhaltung der Räume zu sehen haben und
die auf dem Boden oft massenhaft angehäuften Larven vertilgen müssen.
/'-/^i B. elephas Gyll. lebt im Süden in den Früchten der Edelkastanie
und Zerreiche, in ähnlicher Weise wie die beiden vorigen Arten.
Von den verschiedenen kleineren Ba/am'nus- Arten seien noch erwähnt:
" B. villosus F., die aus frischen Eichengallen von Biorrhiza terminalis
gezogen wurde; und
/ ' B. cerasorum Hbst., deren Larve sich in Erlenfrüchten und Kirsch-
kernen entwickelt.
Die Gattungen Cossonus Clairv. und Rhyncolus Steph.
Die beiden Gattungen, zusammen noch mit einigen anderen, werden von
verschiedenen Autoren zu einer besonderen Familie (Cossonidae) vereinigt und
zwischen Rüssel- und Borkenkäfer gestellt. Sie haben auch tatsächlich sowohl
morphologische wie biologische Eigenschaften, die sie den Borkenkäfern nahe-
bringen. Sehen doch auch manche Rhyncolus-Arten gewissen Borkenkäfern (vor
allem den Hylesinen) zum Verwechseln ähnlich, und auch in der Lebensweise
stimmen sie mit ihnen darin überein, daß die 9? zur Eiablage selbst in das
Innere der Pflanzenteile eindringen.
In den Fraßbildern bestehen allerdings wesentliche Unterschiede, inso-
fern, als bei Cossomis und Rhyncolus Mutter- und Larvengänge nicht scharf von-
einander getrennt sind, sondern die Arbeit der Mutterkäfer und der Larven zu
einer untrennbaren Fraßmasse verschmelzen. Die Fraßbilder gleichen dadurch
sehr dem Anobium-Yx'a&.
Auch noch in einem anderen Punkt weichen sie von den meisten Borken-
käfern ab, indem nämlich die entwickelten Käfer wahrscheinlich in der Regel ihre
424
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Geburtsstätte nicht verlassen, sondern im Innern des Holzes verbleiben, Gene-
rationen hindurch sich hier fortpflanzend.
Die Larven von Cossonus usw. zeigen den den Rüssel- und Borkenkäfern
gemeinsamen Typus; es sind weiße, bauchwärts gekrümmte, quergefaltete, bein-
lose Larven mit spärlichen, nur bei genauester Betrachtung auffallenden einzel-
stehenden Haaren (Abb. 204).
Biologisch-forstlich scheinen sich die meisten bei uns vorkommenden
Cossoniden ziemlich übereinstimmend zu verhalten. Sie gehen ausschließlich in
abgestorbenes Holz (anbrüchige Stellen, Stöcke, verarbeitetes Holz usw.) und
durchwühlen dasselbe nach allen Richtungen, so daß ganze Strecken in Bohr-
mehl verwandelt werden (wie bei Anobiufn-¥x2i&)\ oberflächlich bleibt meist eine
dünne Schicht unversehrt. Der Fraß beschränkt sich in der Hauptsache auf den
Splint; in Kernholz geht der Käfer gewöhnlich nicht. Es handelt sich also um
rein technische Schädlinge. Baragli (1885) hat die Holzarten, in welchen die
Abb. 204. Rhyncolus culinaris Germ. i. Seitenansicht des Käfers. 2. Ansicht des Kopfes von
oben mit Andeutung der Augen und des Anfangs der Fühler. 3. Fühler. 4. Seitenansicht der
Larve. 5. Mundwerkzeuge der von oben gesehenen Larve, a Oberlippe, b Vorderkiefer, c Mittel-
kiefer, d Hinterkiefer, e das Fühlerrudiment. — Nach Nitsche.
verschiedenen Cossoniden- Arten gefunden wurden, genau festgestellt, ebenso finden
sich bei Nördlinger (S. 21) zahlreiche Fundortsangaben; darnach scheinen die
meisten Arten polyphag zu sein und jedes in geeignetem Zustand befindliche
Holz, gleichgültig ob Laub- oder Nadelholz, anzugehen.
Was die oben (S. 341) gekennzeichneten Arten betrifit, so ist darüber kurz
folgendes zu berichten:
/:- Cossonus parallelepipedus Hbst. ist einmal in Unzahl in der Höhlung
eines eben gefällten, sonst gesunden Pappelstammes nahe an der Erde gefunden
worden (Kaltenbach 1874 S. 543). Kirsch (1866) fand ihn in allen Ent-
wicklungsstadien in einer hölzernen Wasserleitungsröhre, die 9 Jahre ca. 2 m
tief in der Erde gelegen hatte. Die Tiere hatten das Holz so stark zerstört,
daß es dem Wasserdrucke nicht mehr genug Widerstand hatte leisten können.
„ Cossonus linearis F. wurde aus totem Pappel- und Weidenholz gezogen.
Curculionidae. — Langrüßler. Gattungen Cossoniis u. Rhyncolus.
425
/-'Rhyncolus (Eremotes) porcatus Germ, wurde von Perris (1856) in
Kiefer gefunden, und zwar sowohl in Stöcken, als auch in abgestorbenen
oder gefällten Stämmen oder in Bauhölzern, die zum Teile stark beschädigt
wurden,
/>'' Rhyncolus truncorum Germ, — Heeger (1859) beobachtete diesen
Käfer häufig in Gebäuden, wo er in Tannenholz vorkam und „sich in unglaub-
licher Menge vermehrte und stellenweise bedeutenden Schaden verursachte, in-
dem er z. B. den Fußboden gänzlich unterminierte". Die Käfer erwachen
gewöhnlich schon im März aus dem Winterschlaf und kriechen des Nachts
zwischen den ausgefressenen Gängen herum. Begattung Mai -Juni ebenfalls nur
des Nachts, Eiablage zerstreut einzeln in der Nähe des noch unbenagten Holzes
Ä B C
Abb. 205. Fraßbilder von Rhyncolus culinaiis Germ. A Schwach angegangenes Stück (die äußerste
Splintschicht als papierdünnes Blatt erhalten, nur stellenweise durchbrochen). B Stark befallenes
Stück (die äußerste Schicht ist entfernt). C Radialschnitt. Die Gänge verlaufen meist in der
Längsrichtung in dem weicheren Frühjahrsholz; gegen den Kern zu werden die Gänge immer
spärlicher. Nach Nitsche.
(20 — 25 Eier). Nach 12 — 20 Tagen erscheinen die Larven, die sich ca. 4 Wochen
von dem weichen Holze zwischen den härteren Jahresringen nähren und dann
in einer geräumigen Höhle verpuppen. Nach 2 — 3 wöchentlicher Puppenruhe
erscheint der Käfer.
f^ll Rhyncolus culinaris Germ. Einen ausgedehnten Fraß dieser Art (Abb. 204
u. 205) beschreibt Nitsche (1895), Es handelt sich dabei um ein Vorkommen in
den Grubenhölzern in einem Steinkohlenbergwerk bei Dresden, in einer Tiefe
von ca. 370 m unter der Erde. Der Angriff ging hier gewöhnlich von der Sohle
nach dem Firste der Strecke, also von dem wenigstens einigermaßen feuchteren
Grund nach dem trockenen Oberteile vor sich und übertrug sich ab und zu auf die
426 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Kappen der Zimmerung und die Vorschubpfähle. Zuerst zeigte sich der Fraß
nur an einem einzigen Punkte, bald aber breitete er sich weiter aus, so daß er
in kurzer Zeit eine Streckenlänge von ungefähr 680 m umfaßte.
Der Schaden durch einen derartigen Fraß ist sehr bedeutend, da durch
die Beschädigungen die Gefahr eines Zusammenbruchs der Zimmerung gegeben
wird und infolgedessen kostspielige Auswechslungen notwendig werden.
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4. Familie: Ipidae (Scolytidae).
Borkenkäfer.
Die Borkenkäfer (Ipidae) sind den echten Rüsselkäfern nah verwandt,
unterscheiden sich aber von ihnen
morphologisch: durch das Fehlen des eigentlichen Rüssels, ferner durch
die kurzen, gedrängten, stets geknieten und mit einer meist scharf abgesetzten
knopfförmigen Keule endenden Fühler;
biologisch: dadurch, daß die Weibchen zur Eiablage stets mit ihrem
ganzen Körper in die Pflanze eindringen, um die Eier in besonderen im Bast
oder Splint oder im Holz genagten Gängen (Muttergängen) abzulegen (während
die Rüsselkäferweibchen mit ganz wenig Ausnahmen ihre Eier in mit dem Rüssel
von außen her genagten Löchern unterbringen).
Die Borkenkäfer sind kleine bis kleinste (die größte mitteleuropäische Art erreicht 9 mm)
Käfer von meist walzenförmiger Gestalt, von gewöhnlich dunkler (schwarz bis brauner) Färbung;
verhältnismäßig selten ist eine Zeichnung durch verschiedene Hautfärbung oder durch ein ver-
schieden gefärbtes Schuppenkleid vorhanden.
Kopf meist klein, nur zu einem sehr kurzen, kaum merkbaren Rüssel ausgezogen, dessen
Unterseite fast ganz von dem Kehlausschnitt (Mund) eingenommen ist. Oberlippe mit dem
42{
Coleoptera. — 7. Familien reihe : Rhynchophora.
Kopfscbild innig verwachsen, deshalb im allgemeinen nicht erkennbar. Vorderkiefer kurz und
kräftig, hart und hornig, an der Innenseite meist kräftig gezähnt (Abb. 206a). Mittelkiefer
ebenfalls sehr kräftig, mi breiter, mit starken Borsten besetzter Lade und kurzem, dickem, meist
dreigliedrigen Taster (Abb. 207). Hinterkiefer (Unterlippe) sehr klein und schmal mit kräftigen
dreigliedrigen Tastern, und mehr oder weniger deutlicher Zunge (Abb. 206c). Fühler meist dicht
vor den Augen eingelenkt, stets gekniet, meist sehr kurz; das erste Glied (der Schaft"), stets viel
länger als das dritte; Geißel 4— 7gliedrig, gekeult; Keule immer groß und gut ausgebildet, von
verschiedener Form, Scheiben-, knopfTörmig usw., mit mehr oder weniger deutlichen Nähten,
Abb. 206. Kopf eines Borkenkäfers (Unterseite).
a Vorderkiefer (Mandibeln), b Mittelkiefer (Maxillen),
c Hinterkiefer (Unterlippe). — Nach Spessivtseff.
Abb. 207. Mittelkiefer (l. Maxille)
eines Borkenkäfers, a Cardo, b Stipes,
c Lade, d Taster. — Nach Spessivtseff.
Abb. 208. Obere Ansicht eines Borkenkäfers (Hylesinus), I Kopf, II— IV Vorder-, Mittel-
und Hinterbrust, V Abdomen, i — 8 Rückenplatten der Abdominalsegmente, s Schildchen,
g Punktstreifen der Flügeldecken, h Zwischenräume. — Nach Spessivtseff.
meist fein behaart. Die Fühler können dicht an den Körper angelegt werden. Augen meist
groß, flach, gewöhnlich (nur wenig Ausnahmen) nierenförmig. Flügel vorhanden (nur selten
die Männchen flugunfähig), Geäder nach dem Typus iL Flügeldecken das Abdomen ganz
bedeckend, Absturz der Flügeldecken häufig ausgehöhlt und mit Zähnen besetzt. Die Vorder-
hüften groß, beinahe kuglig, die Hinterhüften quer. Schienen kurz abgeflacht, nach unten ver-
breitert, am Außenrand gekerbt oder sägeartig gezahnt. Tarsen dünn, 5gliedrig, meist drehrund
und ohne Sohlenpolster, das 3. Glied bisweilen gelappt, das 4. sehr klein, oft zwischen den
Lappen des 3. Gliedes versteckt, Klauen einfach (Abb. 208).
Ipidae (Scolytidae).
429
Geschlechtsdijmorphismus oft sehr deutlich durch Unterschiede in der Bildung des
Flügeldeckenabsturzes (cf gezähnt, '^ ohne Zähne oder mit kleineren Zähnen), in der Bildung
des Kopfes, in der Form und Größe des Körpers usw.
Die Larven der Borkenkäfer zeigen typischen R hynchophoren-Habitus (Abb. 209): beinlos,
weich, weißlich, ventralwärts gekrümmt, mit zahlreichen Wulstungen; nur der Kopf stärker
chitinisiert, gelblichbraun oder braun. Der i. Bmstring besitzt dorsal gewöhnlich einige kleine
Hornplättchen ; der 2. und 3. Brustring verhältnismäßig kurz, meist nur mit 2, die Abdominal-
^egmente gewöhnlich mit je 3 Dorsalwülsten (von Hopkins — in der Reihenfolge von vorne
nach .hinten — als „praescutal"-, ,,scutal"- und ,,scutellar"-Wülste bezeichnet). Ventral sind die
3 Brustsegmente durch besonders starke Wülste (an Stelle der Beine) ausgezeichnet.
Die Haut der Larven ist mit zahlreichen teils mikroskopisch kleinen Härchen und Dörnchen
ausgerüstet, deren Ausbildung in einiger Beziehung zur Lebensweise der betreffenden Art (vor allem
dem Grad der Bewegung und der Art des Mediums) steht und eine Unterscheidung der Larven
der verschiedenen Arten ermöglicht. Leise witz hat die Haare und Dornen bei verschiedenen
Borkenkäferarten untersucht und überall Unterschiede festgestellt. Nach seiner Ansicht ist die
ähnliche Ausbildung der Dornen usw. mehr auf die ähnliche Lebensweise als auf Verwandtschaft
zurückzuführen. So sind sich z. B. trotz ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Unterfamilien die
Ä ß
Abb. 209. Larve (A) und Puppe (B) eines Borkenkäfers (Ips typographus L.). Stark vergr.
Original.
Larve von Hylastes palltatus und Drijocoetes autographus sehr ähnlich, die beide in gleicher Weise
alte Nadelhölzer, und zwar am liebsten altes, anbrüchiges feuchtes Material befallen, und deren
Larven ganz unregelmäßige, durcheinandergehende Gänge fressen, während andererseits sogar die
Larven der beiden Kiefernmarkkäfer, M. pinijierda und ndnor, starke Verschiedenheiten zeigen,
obwohl die Imagines so nahe verwandt sind (Leisewitz S. 51) Übrigens sind auch in der Form
des Kopfes und seiner Teile Unterschiede bei den einzelnen Arten vorhanden, wie aus der
Ratzeburgschen Tafel ohne weiteres hervorgeht.
Für den Praktiker kommen aber alle diese minutiösen Unterschiede zur Bestimmung der
Larven nicht in Betracht; für ihn stellen ja die Fraßgänge, in denen er die Larven findet und
die für jede Art charakteristisch sind, ein ausgezeichnetes und leichtes Bestimmungsmerkmal dar
(siehe unten).
„Die Puppen (Abb. 209 B) sind kurz und gedrungen, und erscheinen es deshalb noch
mehr, weil die Flügel über den größten Teil des Hinterleibs, bei einigen fast bis zum Ende
desselben, reichen. Die Unterflügel überragen die Oberflügel weit und beide überdecken das
letzte Fußpaar fast gänzlich. Fühler ziemlich gerade, spitzwinklig vom Kopf abgehend und bis
XQ. den Vorderschenkeln reichend, Dornhöcker sparsamer als bei den Rüsselkäfern, oft nur am
Hinterleib, doch auch hier kurz und nie mit langen Härchen" (Ratzeburg S. 158).
4 20 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Auch bei den Puppen der verschiedenen Borkenkäfer existieren Unterschiede und zwar
teils recht beträchtliche und in die Augen fallende (z. B. Bedornung), die eine Bestimmung der
Art odei wenigstens der Gattung ermöglichen (siehe die Ratzeburg sehen Abbildungen).
Vorkommen.
Die Borkenkäfer sind typische Bewohner holzartiger Gewächse; wir
kennen nur wenige Ausnahmen, in denen krautartige Pflanzen angegangen werden.
Die meisten Arten sind ziemlich wählerisch in bezug auf Holzart, Sortiment,
Baumteil, Gesundheitszustand usw. Manche sind streng monophag, nur auf eine
Holzart beschränkt, andere gehen an einige wenige verwandte Holzarten; ver-
hältnismäßig nur wenige sind stärker polyphag und gehen z. B. alle Nadelhölzer
oder alle Laubhölzer an; und als Ausnahme hat zu gelten, wenn eine Art sowohl
in Laub- als Nadelhölzern vorkommt (Xyl. Saxeseni). Die einen gehen ferner
nur an schwache Sortimente mit dünner Rinde, die anderen vorzugsweise an
starke Stämme resp. Stammteile mit dicker Rinde. Es können sich so z. B. der
große und der kleine Waldgärtner (Myelophilus piniperda und minor) ^ die sich
morphologisch so nahestehen, daß sie nur schwer zu trennen sind, in die Herr-
schaft ein und desselben Stammes teilen, indem der erstere die unteren dick-
borkigen, der letztere die oberen glattrindigen Partien befällt. Eine Reihe von
Arten gehen vornehmlich an die äußerste Kronenregion bezw. die dünnen Äste,
wieder andere an die Wurzelregion. Em Teil von Borkenkäfern endlich bewohnt
die Rinde (Bast oder Splint), andere dringen mehr oder weniger tief ins Holz
ein usw.
Die meisten Arten bevorzugen kränkelndes Material mit stockendem
Saftstrom, sind also sekundär; manche gehen sogar in der Regel nur an ge-
fälltes Holz. Nur eine verhältnismäßig kleine Zahl sind mehr oder weniger
primär. Im allgemeinen verhalten sich die in den Ästen und der Kronenpartie
brütenden Arten mehr primär; sie machen häufig den Anfang und bereiten den
Stamm für die sekundären Arten vor. Auch die Laubholzborkenkäfer sind im
allgemeinen mehr primär. Doch auch die sekundären Arten können bei
starker Übervermehrung und Mangel an geeignetem Brutmaterial unter dem Druck
der Fortpflanzungsnot primär werden und ganz gesunde Bäume befallen, ein
Punkt, der lange Zeit Gegenstand des lebhaftesten Meinungsstreites war. Heute
wird die Möglichkeit des Primärwerdens wohl kaum mehr bestritten werden; auf
ihr beruht ja größtenteils die Gefahr, die von Seiten der Borkenkäfer unseren
Forsten droht. Es muß dabei allerdings berücksichtigt werden, daß durch ab-
norme Witterungsverhähnisse, z, B. große Trockenheit und Hitze, ganze Wälder
in einen krankhaften Zustand versetzt werden können und daß in solchen Fällen
bei einer eventuellen Borkenkäferkalamität nicht eigentlich von einem Primär-
werden gesprochen werden kann; es handelt sich hier vielmehr um die Ver-
wandlung des betreffenden Waldes aus einem allgemein ungeeigneten in ein
allgemein geeignetes Brutmaterial. Ähnliches kann auch, wenn auch in weit be-
grenzterem Maße, bei Windbruch statthaben; in Weichböden werden in mehr
oder weniger weiter Ausdehnung um die Windlöcher die Bäume gelockert und
so in einen für die Borkenkäfer geeigneten Zustand versetzt werden. Doch auch
Ipidae (Scolytidae). — Fraßbilder. ^^1
nach Abzug solcher Massen erkrankungen ganzer Wälder oder Waldteile als Ursache
von Borkenkäferkalamitäten, kennen wir eine Reihe von großen Zerstörungen
durch Borkenkäfer in ganz gesunden Wäldern. Viele Käfer werden beim Ein-
bohren in saftstrotzende Bäume zugrunde gehen (wenn es ihnen nicht vorher
noch gelingt, sich wieder zu entfernen) und so gewissermaßen als Pioniere für
die nachfolgenden dienen, i)
Die meiste Zeit ihres Lebens bringen die Borkenkäfer im Innern
ihrer Fraß- resp. Brutpflanze zu. Hier legt das Weibchen die Eier ab,
hier entwickeln sich die Larven, hier verpuppen sie sich und hier bleiben,
wenigstens bei vielen Arten, auch die Jungkäfer noch eine Zeitlang, um „Reifungs-
fraß" auszuüben. Sie verlassen die Brutstätte hauptsächlich nur zu dem Zweck,
in anderen Pflanzen neue Brüten anzulegen. Eine Reihe derjenigen Käfer, die
ihre Geburtsstätte noch in unreifem Zustand verlassen haben, begeben sich nach
ihrem Austritt vorher noch speziell zur Ausübung des „Reifungsfraßes" an andere
Pflanzenteile, um erst nach völliger Reifung ihrer Geschlechtsorgane die neue
Brutstelle aufzusuchen. Dasselbe trifft häufig auch für abgebrunftete Weibchen
zu, die zum zweitenmal brüten wollen und daher ihre Geschlechtsorgane
regenerieren müssen; wir sprechen in diesem Fall von „Regenerationsfraß"
(s. unten). Diejenigen Käfer, die im Spätherbst ihre Geburtsstätte verlassen, be-
geben sich gewöhnlich in besondere Überwinterungsplätze (s. unten), um erst
im nächsten Frühjahr zum Brutgeschäft zu schreiten.
Familienleben und Fraßbilder.
Ein besonders hervorstechender Zug im Leben der Borkenkäfer ist das
„Familienleben". Ehern und Nachkommen sind in einem Wohnungssystem
beisammen; die ersteren erleben gewöhnlich das Auskommen der Jungkäfer. Im
allgemeinen sind jedoch die einzelnen Familienglieder, wiewohl sie in der gemein-
samen Wohnung leben, voneinander getrennt, indem die Eltern und jeder der
Nachkommen auf besondere Räume verteilt sind, so daß keiner von dem anderen
„etwas weiß". Nur in wenigen Fällen leben die Familienmitglieder zusammen in
einem Raum (z. B. Dendroclotiics micans^ die Holzbrüter usw.); hier kann man
dann auch zuweilen unter den Larven soziale Züge finden.
Das „Familienleben" findet seinen sichtbaren Ausdruck in dem Fraßbild,
das so charakteristisch ist, daß es ohne weiteres als von Borkenkäfern herrührend
zu erkennen ist. Das fertige Fraßbild besteht fast stets aus zwei Hauptelementen :
I. dem Muttergang, bezw. den Muttergängen und 2. den davon ausgehenden
Larvengängen. Dazu kommen in vielen Fällen noch 3. die Ernährungsgänge
der Alt- und Jungkäfer, die vom „Ernährungs-" bezw. „Regenerations-" oder
1) Doch scheint der Käfer bei gesunden Bäumen zum Teil mit besonderer Vorsicht vor-
zugehen, so daß „man wohl sieht, daß er auf etwas ungewöhnliches gefaßt ist''. „Er bleibt'',
schreibt Haas (Ratzeburg 174), .,in diesen Fällen anfänglich nur in der trockenen Rinde, wo
sich ihm kein Hindernis entgegenstellt und macht sich zuerst in dieser einen Gang mit mehreren
Öffnungen. Bedarf er einer Nahrung, so nimmt er sie von der einen oder anderen Öffnung von
der zarten Basthaut. Der Saft tritt nun zwar aus, doch fließt er nicht so schnell und der Käfer
hat Zeit, in seinen Gang zurückzukehren, ohne daß er erstickt wird."
A72 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
„Reifungsfraß" herrühren. ^ Alle diese Elemente können in Form, Richtung usw.
verschieden sein, und so ergeben sich durch die vielen Kombinationsmöglichkeiten
eine Reihe abweichender Typen. Und innerhalb der Haupttypen finden wir
wieder zahlreiche kleinere und größere Unterschiede, die auf der Verschiedenheit
der Länge oder kleinen Verlaufsabweichungen der Mutter- oder Larvengänge, auf
der Dichte der letzteren usw. beruhen, so daß eine große Zahl verschiedener
Fraßbilder resultieren: Es gibt so viele verschiedene Fraßbilder als
Borkenkäferarten oder mit anderen Worten: jede Borkenkäferart macht
ihr charakteristisches Fraßbild 2), so daß letzteres gewöhnlich allein genügt
zur Bestimmung der Art.
Für den Praktiker ist dieser Umstand von großer Bedeutung, da er dadurch
der zum Teil recht schwierigen Bestimmung der Käfer, die nur mit Lupe oder
Mikroskop auszuführen ist, enthoben wird. Es ist deshalb dringendes Erfordernis,
daß der Praktiker sich vor allem mit den Fraßbildern der forstlich wichtigen
Arten vollkommen vertraut macht.
Wir haben, wenn wir hier eine Übersicht über die Haupttypen der Fraß-
bilder geben wollen, zunächst zu unterscheiden zwischen Rindenbrütern und
Holzbrütern. Bei den ersteren liegt das Fraßbild an der Grenze von Holz
und Rinde, bei den letzteren dringen die Gänge mehr oder weniger tief ins
Holz ein.
Fraßbilder (Brutfraß) der Rindenbrüter.
Bei der Einteilung der Brutfraßbilder legen wir in erster Linie die Form
und die Richtung des Muttergangs zugrunde und unterscheiden zunächst
1. lange, gestreckte, röhrenförmige, der Breite der Mutter entsprechende
„Gänge" mit parallelen Seiten, und
2. unregelmäßige „Plätze" von unbestimmter Form.
Was die Gänge betrifft, so teilen wir sie nach der Richtung, die sie zur
Längsachse des Stammes einnehmen, in Quergänge (senkrecht zur Längsachse)
und Längsgänge (parallel zur Längsachse). Dann kommt es darauf an, ob
der Muttergang einfach ist oder aus mehreren Elementen (meist von mehreren
Müttern hergestellt) zusammengesetzt ist. Wir sprechen im ersteren Fall von
„einarmigen", im letzteren von „mehr arm igen" Muttergängen (Längs- oder
Quergängen). Bei den letzteren werden die einzelnen Teile durch ein gemein-
sames Verbindungsstück zusammengehalten oder gehen die verschiedenen Gänge
von einem gemeinsamen Raum, der „Rammelkammer", aus.
') Der ,,Ernährungs'-^- oder ,, Sterilgang" kann bisweilen ein mehrfaches des eigent-
lichen Brutganges betragen, wie z. B. bei Hylastes glabratus^ wo die Bratregion nur einen
kleinen Teil des Mutterganges einnimmt. —
^) Es gibt nur wenig Ausnahmen hiervon, in denen eine Art Wohnungsparasitismus
vorliegt. Ein solcher scheint regelmäßig z. B. durch den kleinen Crypturgus pusühts ausgeübt
zu werden, dessen Mutterkäfer die Einbohrlöcher und Muttergänge anderer Arten benutzt, so daß
oft nur die Larvepgänge Eigenarbeit sind. Ausnahmsweise kommt Wohnungsparasitismus auch
bei anderen, sonst selbständigen Arten vor (z. B. bei chalcographiis^ der gelegentlich die Gänge
von tijpographus benutzt).
Ipidae (Scolytidae). — Fraßbilder.
433
Die Larvengänge verlaufen im allgemeinen, wenigstens beim Beginn,
rechtwinklig gegen die Muttergänge, so daß vom Quergang längsgerichtete und
vom Längsgang quergerichtete Larvengänge entspringen. Nur die an den Enden
der Muttergänge entspringenden Larvengänge gruppieren sich meist strahlen-
Abb. 210A. Schematische Brutbildertypen von Borkenkäfern. — N.
förmig um diese. Im weiteren Verlauf können die Larvengänge, besonders wo
es sich um lange handelt, die Richtung wechseln, so daß sie in ihren Endteilen
mit dem Muttergang wieder parallel laufen. Die Länge der Larvengänge ist sehr
verschieden, selbst bei sehr nahverwandten Arten, so haben z. B. Hylesinus ftaxi?ii
Escherich, Forstinsekten. II. Bd.
28
434 Coleoptera. — 7. P'amilienreihe : Rhynchophora.
und Myelophilus minor nur kurze, Hylesinus crenaius und Myelophilus piniperda
sehr lange Larvengänge. Im allgemeinen hängt die Länge davon ab, ob die
Gänge im nährstoffreichen Splint oder im nährstoffärmeren Bast verlaufen; im
ersteren Fall sind sie meist kurz, im letzteren lang. Das Lumen der Larvengärge
ist bei Beginn sehr gering, und wird, je mehr sich der Gang vom Muttergang ent-
fernt, mit dem zunehmenden Wachstum der Larve immer breiter, um schließ-
lich in einer geräumigen, meist ovalen „Puppenwiege" zu enden, die in der
gleichen Ebene wie der Gang, oder aber tiefer oder oberflächlicher liegen kann.
Mit der Außenwelt steht das Fraßbild zunächst nur durch das Einbohr-
loch, das bei einarmigen Gängen an dem einen Ende, bei den mehrarmigen in
der Rammelkammer gelegen ist, in Verbindung. Zu diesen können noch ver-
schiedene Löcher in den Muttergängen hinzutreten, deren Bedeutung noch nicht
überall sicher erkannt ist („Luftlöcher", „Begattungslöcher") und ferner, wo die
Jungkäfer bereits aiisgeflogen sind, auch noch die zahlreichen Ausfluglöcher,
die meist von den Puppenwiegen ausgehen.
Wo es sich um die „Platz-Muttergänge" handelt, gehen entweder die
Larvengänge getrennt von einander strahlenförmig vom Muttergang ab, oder
aber es kommen überhaupt keine getrennten Larvengänge vor, sondern die
Larven fressen gemeinsam große „Familiengänge"; in diesen Fällen fließen
Mutter- und Larvengänge in einen großen ,,Platz" zusammen {D. micans).
Nach den genannten Merkmalen lassen sich folgende Kategorien von
Rindenfraßbildern aufstellen:
1. Einarmige Längsgänge (Abb. 210A, i a),
2. Zweiarmige Längsgänge (Abb. 210A, 3a),
3. Einarmige Quergänge (Abb. 210A, 2),
4. Zweiarmige Quergänge (auch Klammergänge genannt) (Abb. 210 A, 4a),
5. Sterngänge (mit 3 — 5 und mehr Gängen; (Abb. 210A, 5),
a) Sterngänge mit strahlenförmig divergierenden Larvengängen,
b) Sterngänge mit längs- oder quergerichteten Larvengängen (von ver-
schiedenen Autoren als mehrarmige Längsgänge — auch Gabelgänge
genannt — und mehrarmige Quergänge aufgefaßt),
6. Platzgänge mit getrennten Larvengängen (Abb. 210A, i b),
7. Platzgänge ohne getrennte Larvengänge (Rinden-Familien-
gänge).
Was die Ernährungsgänge betrifft, so sind solche bei den meisten
Rindenbrütern anzutreffen; sie sind sehr verschieden je nach Art und Umständen.
Meist stellen sie Fortsetzungen oder Erweiterungen der Mutter- (Regenerations-
fraß) und Larvengänge (Reifungsfraß) dar, die mitunter hirschgeweihartige Ver-
zweigungen aufweisen können (Abb. 210B).
Meist liegt der größte Teil des Fraßbildes ungefähr in einer Ebene, so daß
das ganze Gangsystem bei der Trennung von Rinde und Holz auf den ein-
ander zugewandten Flächen beider, bald mehr auf jener bald mehr auf dieser,
im Zusammenhang zu erkennen sind. Es gibt auch Fälle, in denen das Fraßbild
Ipidae (Scolytidae). — Fraßbilder
435
auf verschiedenen Ebenen Hegt,"', so daß bei der Abnahme der Rinde nur Teil-
stücke zu sehen sind; hier muß man, wenn man das ganze Fraßbild aufdecken
will, durch Nachschneiden die einzelnen Fragmente in Zusammenhang bringen.
Meist bezieht sich die verschiedene Lagerung auf kleinere Abschnitte, wie z. B.
auf die Puppenwiegen oder die Rammelkammer, in welch letzterem Fall die ein-
zelnen Muttergänge zusammenhangslos zu sein scheinen. Sie kann aber auch das
ganze Fraßbild betreffen, so daß auf der
Unterseite der Rinde lauter kleine Bruch-
stücke sichtbar werden und ein vollkommen
verworrenes Fraßbild erscheint (z. B. bei
Polygraphiis — durch vorsichtiges Nach-
schneiden kann man aus den vielen Frag-
menten einen regelmäßigen Sterngang zum
Vorschein bringen).
Auch andere Fraßbilder, die in einer
Ebene liegen, können mitunter recht ver-
worren und unklar werden, wenn z. B.
durch lang andauernden Reifungsfraß der
Jungkäfer (z. B. bei schlechter Witterung)
oder „Regenerationsfraß'' der Altkäfer das
normale Fraßbild mehr oder weniger zer-
stört wird.
Auch durch Raumeinschränkung
können Abweichungen von der typi-
schen Fraßbildform verursacht werden,
indem z. B, im schwachen Material Quer-
gänge häufig zu „Schräggängen" werden und
Sterngänge mit längs- oder quergerichteten
Larvengängen solchen mit strahlenförmigen
Larvengängen sich nähern, oder die Larven-
gänge zum großen oder größten Teil nicht
zur Entwicklung kommen. Träglrdh (1919)
stellte Fälle fest, in denen in zu dünnen
Stämmen (unter 4,5 cm unterer Durch-
messer) nur 4 *>/() der Larven von M. pini-
perda ihre Entwicklung durchmachten, also
nur 3 — 4 Larvengänge auf den Muttergang
kamen, da die Muttergänge stellenweise so
dicht beieinander lagen, daß die Larven-
gänge nicht Platz genug hatten und eine
Ähnliches kann auch an starken Stämmen bei sehr dichtem Befall ein-
treten, indem auch hier ein Teil der Larven aus Platzmangel keine Gänge an-
fertigt, so daß ein größerer oder geringerer Ausfall der Larvengänge zu^beobachten
ist. Wo es allerdings noch irgend möglich, suchen die Larven durch Ausweichen
Abb. 210B. Ernährangsfraß (Reifungs-
fraß) von Ips typographus L. in Fichten-
splint. — Aus Koch.
Menge Larven ganz jung starben.
436 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
zurechtzukommen, wie ja auch Muttergänge, die einander zu nahe kommen,
bogenförmig sich aus dem Weg gehen, i)
Auch bei nicht ganz geeignetem Zustand der befallenen Bäume
oder bei ungewöhnlich spätem Anflug können die Fraßfiguren Veränderungen
erfahren. So sind die Muttergänge am kürzesten, dabei auch die Eigruben am
gedrängtesten, wenn der Saftandrang dem Käfer zu stark ist oder auch wenn
der Käfer ungewöhnlich spät im Nachsommer anfliegt (R. S. 175).
Ferner kann die Lage, in der der befallene Stamm sich befindet, die
Form der Figur beeinflussen, so beginnt z. B. der Längsgang des großen Wald-
gärtners {Myel. pmiperdd) mit einem krückstockartigen Haken, wenn der Stamm
beim Befall liegt (damit das Bohrmehl leicht herausfällt), während beim stehenden
Stamm der Haken wegfällt.
Endlich kommen noch bei ungewöhnlichen Fraßpflanzen Abweichungen
vom Normaltypus vor; so beobachtete Pauly bei Zuchtversuchen mit Ips typo-
graphus an Kiefer, daß die sonst so kurzen Larvengänge länger und nur all-
mählich verbreitert (piniperda-iähvMch) waren.
Alle diese Variationsmöglichkeiten dürfen bei Beurteilung der Fraßbilder
nicht außer acht gelassen werden.
Fraßbilder (Brutfraß) der Holzbrüter.
Bei den Holzbrütern (Nutzholzborkenkäfern) entwickelt sich die Brut mehr
oder weniger tief im Holz. Infolgedessen ist eine längere radial ins Holz ein-
dringende „Eingangsröhre" notwendig, von der aus erst die eigentlichen Brut-
röhren ausgehen, zunächst in horizontaler Ebene. Eingangsröhre und Brutröhre werden
von der Mutter hergestellt; erstere entspricht dem Einbohrloch resp. dem kurzen
rindendicken Einbohrgang, letztere dem Muttergang der Rindenbrüter.
Bezüglich der weiteren Ausgestaltung des Fraßbildes haben wir 2 Gruppen
zu unterscheiden:
1. Von den Muttergängen aus fressen die Larven nach oben und unten,
also in der Längsrichtung des Stammes, Larvengänge.
a) Die Larven fressen in regelmäßigen Abständen getrennt kurze, ledig-
lich den Puppenwiegen entsprechende Larvengänge: Leitergänge
(Abb. 210A, 7).
b) Die Larven fressen gemeinsame Plätze: Holz-Familiengänge
(Abb. 210A, 8).
2. Die Larven fressen überhaupt keine besonderen Gänge; das Fraßbild
besteht also nur aus Muttergängen, in denen sich die Larven entwickeln:
Gabelgänge.
a) Die Gabelgänge liegen in einer Ebene: horizontale Gabelgänge
(Abb. 210A, 9).
^) Auf welche Weise, d. h. mit welchen Sinnen die sich einander nähernden Käfer von
sich Kenntnis erhalten, ist schwer zu sagen. Eichhoff (S, 46) erklärt das Ausweichen dadurch,
daß eine dünne Wand zwischen je 2 nahe benachbarten Gängen sehr bald so austrocknet, daß
sie für das Insekt nahrungslos wird. Die daselbst nagenden Tiere werden deshalb von der
Nachbarschaft der Gänge ab und nach der Richtung hin gelenkt, wo Holz und Rindenkörper
noch dicker und deshalb safthaltiger und nahrungsreicher sind.
Ipidae (Scolytidae). — Fortpflanzung. ^%y
b) Die Gabelgänge gehen nach verschiedenen Richtungen, indem die
Mutter von den langen horizontalen Gängen aus nach oben und
unten noch weitere längere und kürzere leitersprossenähnliche Röhren
nagt. Das Bild ähnelt dann den Leitergängen, läßt sich aber von
jenen dadurch leicht unterscheiden, daß bei den ersteren die Sprossen
in regelmäßigen Entfernungen abgehen und außerdem alle gleich
lang sind, während bei den letzteren die Sprossen sowohl bezüglich
der Abstände als auch der Länge verschieden sind: Gabelgänge in
verschiedenen Ebenen (Abb. 210 A, 10).
Ernährungsgänge scheinen bei den Holzbrütern nicht vorzukommen. Ein
großer Unterschied gegenüber den Fraßbildern der Rindenbrüter besteht auch
bezüglich der Ausflugslöcher. Während bei den letzteren jeder Jungkäfer
durch ein besonderes von ihm genagtes Ausfiugsloch nach außen gelangt, gehen
die Jungkäfer der Holzbrüter durch die von der Mutter genagten Eingangs-
röhren nach außen. Es besteht also hier auch beim verlassenen Fraßbild nur
eine einzige Kommunikation mit der Außenwelt!
Fortpflanzung.
Sobald im Frühjahr die entsprechende Wärme eintritt und die Bestände
genügend erwärmt sind, kommen die Käfer aus ihren Winterquartieren (entweder
besonderen Überwinterungsplätzen oder ihren Geburtsstätten) heraus, um zur
Fortpflanzung zu schreiten: sie „schwärmen". Dieses Schwärmen geschieht in
der Regel einzeln und ist für den minder aufmerksamen Beobachter unbemerkbar.
Doch unter gewissen Umständen, wenn z. B. nach länger andauernder ungünstiger
Witterung, durch die zahlreiche flugfertige Käfer zurückgehalten wurden, plötzlich
warmes sonniges Wetter eintritt, können sich die ausfliegenden Käfer in großen
dichten Schwärmen oder „ganzen Wolken" sammeln, besonders an Orten (Wind-
bruch, Schneebruch usw.), wo schon längere Zeit eine Übervermehrung statt-
gefunden hat.
Das Ausschwärmen tritt nur an sonnigen Tagen, in der FrühHngszeit
meist mittags, im Sommer mehr gegen Abend auf. Bei den einen Arten (z. B.
dem Waldgärtner, Äfye/. piniperdd) wird der Schwärmtrieb schon durch weniger
hohe Temperaturen, wenn die Tageswärme einige Tage 9*^ Durchschnittstempe-
ratur erreicht hat, ausgelöst; sie schwärmen demnach schon frühzeitig im Jahr
(schon Ende Februar) — „Frühschwärmer". Bei anderen sind höhere Tempe-
raturen (16 — 18<^ C.) nötig (z, B. Ips typographtis); sie schwärmen später im Jahr
(April, Mai, im Gebirge oft erst im Juni) — „Spätschwärmer". Treten Tempe-
raturrückschläge und trübes Wetter ein, was besonders bei den Frühschwärmern
nicht selten vorkommt, so hört das Schwärmen wieder auf und zwar so lange,
bis die nötige Temperatur wieder erreicht ist. i)
^) Nach Fuchs (S. 8) wird im Frühjahr und Herbst das Schwärmen weniger durch die
Mittagstemperaturen als durch die Wärme der Nacht bestimmt. Ist diese kalt, so bedarf es
bei Tage schon einer weit höheren Temperatur, um die Wohnung des Tieres so zu erwärmen,
daß es hervorgelückt wird. War dagegen die Nacht warm, so sehen wir die Käfer am Tage, wenn
die Temperatur steigt, recht bald hervorkommen. Dadurch würde es sich erklären, daß die Käfer
438 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die schwärmenden Käfer, Männchen und Weibchen, i) streben einer passenden
Brutstätte zu, 2) wie geschlagenen Stämmen, Meterstößen, oder auch kränkelnden
stehenden Stämmen usw., um sich dort einzubohren und alsbald mit dem Fort-
pflanzungsgeschäft zu beginnen. In der Auswahl der Brutpflanzen zeigen die
Borkenkäfer ein bewundernswertes Unterscheidungs- und Spürvermögen, indem sie
unter normalen Verhältnissen (d. h. wenn kein Mißverhältnis zwischen der Zahl
der fortpflanzungsgierigen Borkenkäfer und der Menge des Brutmaterials besteht)
mit großer Sicheiheit solche Stammindividuen unter Hunderten und Tausenden
herauszufinden vermögen, die ihren Lebensbedingungen am besten entsprechen.
Zum Einbohren suchen sie gewöhnlich die dünnsten Rindenstellen aus; sie kriechen
deshalb gern unter Borkenschuppen oder in Ritzen der Borke {Ips typographus,
M. piniperda) usw. Die Einbohrlöcher sind daher meist schwer zu finden, im Gegen-
satz zu den Ausflugslöchern der Jungkäfer, die ja direkt nach außen führen.
Bei den monogamen Arten bohrt das Weibchen den Eingang, bei den
polygamen Arten beginnt das Männchen das Brutfraßbild, indem es den Einbohr-
gang und die Rammelkammer nagt. Das Einbohrloch ist unter günstigen Um-
ständen in einigen Stunden vollendet, bei kaltem Wetter und dicker Borke kann
die Herstellung tagelang dauern. Die Richtung der Einbohrgänge ist gewöhnlich
schief von unten nach oben verlaufend (um dem Bohrmehl leichteren Abfluß zu
verschaß'en), wobei es gleichgültig ist, ob der Stamm steht oder liegt. Es können
demnach die Fraßbilder in dieser Beziehung Unterschiede zeigen, je nachdem sie
am stehenden oder liegenden Stamm gefertigt sind. Schon Ratzeburg macht
darauf aufmerksam, daß die Borkenkäfer dem durch die Rinde führenden Bohr-
loch immer eine bestimmte Richtung geben, allerdings mit der Motivierung, daß
dadurch „das Eindringen des Wassers möglichst verhindert werden soll".
Die Begattung findet bei monogamen Arten meistens außen an dem Stamm
vor dem Einbohren statt; bei den polygamen Arten erst nach dem Einbohren im
Innern des Stammes und zwar in der vom Männchen genagten „Rammelkammer". ^)
„Die Begattung ist entweder eine einmalige oder mehrmalige. Es gibt
Borkenkäfer [Hylurgops glabratus\ bei denen, ähnlich wie bei Pissodes, eine ein-
malige Begattung im Frühjahr für das Weibchen genügt, um mehrere Brüten bis
zum Schluß der Saison zu vollenden. Bei anderen Arten ist eine mehrmalige
bei oft so verschiedenen Temperaturen hervorkommen und daß die Käfer aus am Boden liegenden
Stämmen gewöhnlich später ausfliegen als aus stehenden Bäumen (da eben die Temperatur am
Boden nachts viel kühler ist als weiter in der Höhe).
^) Das Zahlenverhältuis der beiden Geschlechter scheint bei den einzelnen Arten sehr ver-
schieden zu sein. Allerdings sind wir bis heute nur bei wenigen Arten genauer darüber unter-
richtet; bei Ece. scohjtus kommen 30—40 J^j' auf ein $, bei X dispar dagegen i c? auf ca.
4 $9, bei Liehtensteini i (^ auf ca. 27 5$ und bei X monographtis und dryographus gar
nur I J auf mehrere hundert $5 (R. F. 158 u. R. W. 377).
*j Ausgenommen hiervon sind die (^(^ verschiedener Holzbrüter (X. dispar^ monographus,
Saxeseni), deren Flügel verkümmert oder völlig rückgebildet sind und die daher flugunfähig sind.
'*) Bei den Arten mit flugunfühigen JJ {X. dispar, monographus usw.) findet die Be-
gattung wohl meist vor dem Ausschwärmeri der $$ in den alten Geburtsgängen oder in deren
nächster Nähe statt. Eichhoff hat den Vorgang in den geöffneten Gängen bei dispar beob-
achtet, wobei ,,das (J das zunächst vor ihm befindliche $ bestieg, nach einiger Zeit über das-
selbe hinauskriechend zum nächsten (vorhergehenden; gelangte und so mit den in der Reihe vor
ihm befindlichen fortfuhr. Nördlinger beobachtete ähnliches bei Saxeseni.
Ipidae (Scolytidae). — Fortpflanzung. a-iq
Begattung schon zur normalen Vollendung eines Brutbildes erforderlich. Ips typo-
graphus kann, wie Experimente gezeigt haben, selbst bei reichlichem Vorrat
von Sperma in der Anhangsdrüse nur eine beschränkte Zahl von Eiern legen,
infolgedessen nur unvollkommene Brutbilder fertigen, sofern nicht neue Begattung
erfolgt. Mehrmalige Begattung ist direkt beobachtet worden und wird für mehrere
Gattungen für nötig gehalten, so für Eccoptogaster, Myelophilus, Ips von Chewy-
reuv, Keodin, Stilantjew. 'Bei Eccoptogaster soll trotz dem streng monogamen
Eheleben in den Brutbildern eine wiederholte Begattung verschiedener Individuen
in besonderen kleinen , äußerlich gelegenen und nur temporär ihrem Zwecke
dienenden Begattungskammern vorhergehen. Nach der Ansicht der russischen
Autoren geschieht die Reinigung der Brutgänge von Bohrmehl ausschließlich zu
dem Zwecke, das Zusammenkommen von Männchen und Weibchen zur wieder-
holten Begattung zu ermöglichen. Da, wo die Gänge normal nicht gereinigt
werden [Polygraphus ^ Ips acuminatus u. a.), finde entweder keine Wiederholung
der Begattung durch das zu den Weibchen gehörige Männchen statt, sei also
nicht erforderlich, oder, wenn erforderlich, fertigten sich die Weibchen Öfifnungen
in ihren Brutgängen an, um ein anderes Männchen direkt zuzulassen" (Nüßlin).
Über den Vorgang der Begattung gibt Chewyreuv ein sehr anschau-
liches Bild von Eccopt. Ratzeburgi: „Er dauert ca. 2^2 — 6 Minuten; ihm geht
ein eigenartiges Kurmachen voraus, eventuell auch ein Kampf zwischen Neben-
buhlern, Sobald das Weibchen eine Eingangsöffnung gefertigt hatte, kam von
außen ein Männchen hinzu, steckte den Kopf in das Loch und streichelte mit
seiner Stirnbürste den Bauch des Weibchens. Ca. i Minute nach diesem Kur-
machen rückt das Weibchen allmählich aus dem Eingangskanal heraus, das
Männchen dreht sich sofort um (mit dem Kopf nach unten !) und die Kopulation
geht vor sich. Die beiden Tiere stehen unter einem Winkel von 90° zueinander,
indem die abgeschrägten Hinterleibsenden sich dicht berühren. Während der
Kopulation streichelt das Männchen den Bauch des Weibchens mit den beiden
Hinterfüßen. Noch bevor die Kopulation zu Ende, ist das Weibchen aus der
Eingangsöffnung herausgekrochen, das Männchen mitziehend, das sich etwas sträubt.
Nachdem das Männchen eine Strecke gezogen hat, trennen sie sich ; das Männchen
versteckt sich schnell im Eingangskanal, während das Weibchen herumläuft. Später
beobachtete Chewyreuv, daß das Männchen nicht mehr da ist, sondern jetzt
ein neues Weibchen; es kamen 2 Männchen, kämpften und eines vollzog die
Kopulation. Es fanden also in ein und derselben Eingangsöffnung mehrfache
Begattungen zwischen verschiedenen Pärchen statt. Wurden diese Öffnungen
später bloßgelegt, so erwiesen sich keine Käfer darin. Es legen also die
Weibchen, ehe sie an die Anfertigung definitiver Brutgänge schreiten, bisweilen
kurze Gänge an (^/g — i cm), gewissermaßen zum Pläsir, die einzig und allein
die Bedeutung temporärer Hochzeitskammern haben!"
Eine Ergänzung in manchen Punkten erfährt diese Schilderung durch Wich-
mann (1909), ^ox Eccopt. laevis bei der Begattung beobachtete: „Will das J die
Begattung vornehmen, so nähert es sich dem 5 und reibt mit seiner behaarten
Stirne am Absturz desselben. Es sind ruckweise vollzogene eckige Bewegungen,
^AO Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
die ziemlich rasch ausgeführt werden. Durch dieses Reiben wird das $ willig
gemacht, das dem J in die Rammelkammer folgt, wo dann die Begattung stattfindet."
Diese „Friktionsbewegungen" scheinen allen Eccoptogasier-Kti&a mit behaarter Stirn
des J eigen zu sein; auch die Xyleborus-hx\^x\ verhalten sich vermutlich ähnlich."
Über die Kämpfe zwischen zwei Männchen von Ecc. laevis berichtet
Wichmann (1. c.) folgendes: „Zwei 66 wollten in einen Fraßgang, in dem sich
ein noch gattenloses $ befand, eindringen. Sie drängten sich eine Weile um
das Bohrloch herum und begannen dann einen originellen Kampf. Sie kehrten
sich mit heftig zitternden Fühlern einander zu, rannten dann mit den Köpfen
mehrere Male zusammen und schoben sich Kopf an Kopf längere Zeit herum.
Eines gab schließlich den Kampf auf und kroch flink ins Bohrloch. Bevor es
noch verschwunden war, war ihm schon das andere nach und hatte es mit den
Mandibeln beim Knöpfchen des 4. Hinterleibsegmentes gepackt, woran es nach
Kräften anzog. Nachdem es aber allmählich schwächer geworden war, mußte es
nach ca. 1 ^/g stündiger Anstrengung den Kampf aufgeben.-' Ratzeburg (W. 377
u. 387) teilt einige Beobachtungen von Nördlinger und Letzner über die
Kopulation mit. „Die hübscheste, wenn auch nicht von großer Sittlichkeit zeugende
Geschichte erzählt Nördlinger von Lichtensieifii: es soll nämlich der Mutterkäfer
durch ein Luftloch von fremden 66 besucht werden und mit diesen eine
neue Rammelkammer anlegen, so daß derselbe verschiedene Familien — mit Stief-
und rechten Kindern — begründet. Ob nun alle Luftlöcher so als Hintertüren
dienen können? Etwas feine Beobachtung!" Letzner beobachtete ähnliche Vor-
gänge won Ecc. Ratzeburgi wie Chewyreuv: er sah viele ?? in Eingangsöffnungen,
das Hinterleibsende herausstreckend, auf 66 harren. „Stundenlang zeigt sich keine
Bewegung. Meist hatten sie ein rosarotes faseriges Bündel an dem mehr als
sonst vortretenden After. Wahrscheinlich dient das zur Anlockung der 66.
Letztere spazierten emsig am Stamm auf und nieder, die ?? suchend."
Nachdem die Weibchen begattet sind, schreiten sie zur Eiablage. Diese
ist bei allen Borkenkäfern (mit Ausnahme der „Wohnungsparasiten") verbunden
mit der Anlage besonderer Brutgänge („Muttergänge"). Wo es sich um
monogame Arten handelt, werden die Brutgänge in direkter Fortsetzung des Ein-
bohrgangs in der gleichen oder auch in abweichender Richtung miniert. Bei
polygamen Arten fressen die Weibchen, nachdem sie in der von dem Männchen
gefertigten Rammelkammer befruchtet worden, von dieser Kammer aus ihre Brut-
gänge nach verschiedenen Richtungen. Während des Grabens der Gänge fressen
die Weibchen in den meisten Fällen in gewöhnlich regelmäßigen Abständen, einmal
links, einmal rechts, ein kleines Grübchen („Eigruben"), welches mit je i Ei be-
legt und dann mit Bohrmehl verklebt wird (Abb. 211). Es kann aber auch
die Anlage gesonderter Eigruben unterbleiben. In diesem Falle werden die Eier
frei oder in besonderem Eilager haufenweise im Multergang abgelegt.
Die Art der Eiablage findet im Fraßbild einen sehr deutlichen Aus-
druck: wo gesonderte Eigruben genagt werden, entstehen stets getrennte Larven-
gänge, wo die Eier haufenweise abgelegt werden, entstehen wenigstens am An-
fang gemeinschaftliche Gänge, — wenn nicht überhaupt die Anlage besonderer
Ipidae (Scolytidae), — Fortpflanzung.
441
Larvengänge unterbleibt und die Larven sich einzig im Muttergang entwickeln
(wie bei den Holzbrütern mit Gabelgängen).
Was die Zahl der Eier betrifft, so ist diese bei den Borkenkäfern ver-
hältnismäßig gering. Wenn wir 50 — 60 Eier für ein 5 annehmen, so ist das
schon eine „hochgegrifiene Mittelzahl" (wenn auch Fälle von 100 und mehr Eiern
vorkommen).
Die Zeitdauer der Eiablage richtet sich nach der Art der Eiablage,^
ob diese getrennt m gesonderten Eigruben oder haufenweise stattfindet. Im
ersten Fall hängt es wieder davon ab, ob die Eigruben dicht beieinander an-
gelegt oder ob sie durch größere Zwischenräume voneinander getrennt sind.
Im allgemeinen dürfte sie sich zwischen 2 und 3 Wochen hinziehen; dabei darf
aber nicht außer acht gelassen werden, daß die Witterung, die Dauer der
Pausen zwischen den Begattungen usw. einen
wesentlichen Einfluß auf den Fortgang der
Eiablage hat und dieselbe stark verzögern,
ja wochenlang ganz unterbrechen kann.
Auch die Weiterentwicklung vom
Ei bis zum Käfer ist stark von den
klimatischen Verhältnissen abhängig. Sie
schwankt zwischen 6 und 13 Wochen, je
nachdem sie in die Vorsommer- oder
Sommerzeit fällt. Hennings hat in seinen
Versuchen sogar noch größere Unterschiede
in der Entwicklungsdauer festgestellt (26
bis 113 Tage), je nachdem er die Brut
größerer oder geringerer Wärme und größerer
oder geringerer Feuchtigkeit ausgesetzt hat
(s. Bd. L, S. 173). Am meisten scheint
die Larvenzeit beeinflußbar zu sein, weniger
die Embryonal entwicklung und die Puppen-
zeit! Übrigens gibt es auch Borkenkäfer, die weit weniger auf Temperatur- usw.
-unterschiede reagieren, so daß Hennings geradezu 2 biologische Gruppen, die
„Beeinflußbaren" und „Nichtbeeinflußbaren", unterscheidet. Im allgemeinen trifft
unter normalen Verhältnissen auf die Embryonalentwicklung 10 — 14 Tage, auf
die Larvenzeit 2 — 4 Wochen und auf die Puppenruhe wieder 10 — 14 Tage.
Mit dem Entstehen des Jungkäfers aus der Puppe ist aber die Entwick-
lung noch nicht abgeschlossen, da die Jungkäfer in den weitaus meisten Fällen
noch unreif sind und noch einen je nach den Arten sehr verschieden (wenige
Tage bis mehrere Wochen) langen Reifungsfraß ausüben müssen, bevor sie
zur Fortpflanzung schreiten können. Doch auch einschließlich dieses Reifungs-
fraßes ist bei den meisten Arten die Gesamtentwicklung vom Ei bis zum reifen
Käfer eine verhältnismäßig kurze.
Abb. 211.
belegten ,
Stück eines- Muttergangs mit
Eigruben". Vergr. — Phot.
Scheidter.
AA2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Generation.
Die Generationsfrage der Borkenkäfer stand lange Zeit im Mittelpunkt eines
teils recht heftigen Meinungsstreites der Forstentomologie. Während auf der
«inen Seite eine i- oder i Y2 jährige Generation als Regel angenommen wurde
(Ratzeburg), verfochten andere eine doppelte Generation als die Norm (Eich-
hoff und andere). Daß so lange über eine doch sehr häufige und aufdringliche
Käfergruppe Unsicherheit und Unklarheit in einem auch für die Praxis so
wichtigen Punkt der Biologie herrschen konnte, daran sind mehrere Gründe
schuld. Vor allem die Unkenntnis von der Möglichkeit eines längeren Lebens
und wiederholten Brütens der Mutterkäfer, sodann die Unkenntnis von dem
für die meisten Arten notwendigen Reifungsfraß der Jungkäfer, ferner die außer-
gewöhnliche Abhängigkeit der Entwicklungsdauer, des Schwärmens, der Eiablage
der meisten Borkenkäfer von Temperatur, Feuchtigkeit usw. und endlich das über
eine längere Zeit sich hinziehende Auskommen einer Familie, entsprechend der
ebenso erfolgten Eiablage.
Alle diese Momente haben zusammen das Bild so verwischt und unklar
gemacht, daß man wohl verstehen kann, wie je nach der Einstellung des Be-
obachters verschiedene Ansichten entstehen konnten. Vor allem mußte not-
wendigerweise der erste der angeführten Punkte (in Verbindung mit dem 2.) dazu
führen, eine vorkommende zweite Brut im Sommer als echte zweite Generation
anzusprechen, da die damalige Schulmeinung es nicht zuließ, anzunehmen, daß
die einmal abgebrunftete Mutter nochmals zu einer Brut schreiten konnte.
So stellt also besonders die Korrektur dieser irrigen Annahme den Wende-
punkt in der Auffassung der Borkenkäferbiologie dar. Diese Korrektur verdanken
wir Knoche, der in mehreren Arbeiten (hauptsächlich über den Waldgärtner)
die Langlebigkeit des Mutterkäfers, die wiederholte Brutfähigkeit
desselben und die langsame Geschlechtsreife der Jungkäfer (Reifungs-
fraß!) dargelegt hat, nachdem einige Jahre vorher Nüsslin die gleichen Fest-
stellungen bei Pissodes gemacht hatte. Die Folge von Knoches Entdeckungen
war zunächst die, daß die zweite Brut im Sommer nicht ohne weiteres als echte
zweite Generation aufgefaßt werden durfte, sondern daß auch an eine zweite Brut des
alten Mutterkäfers (Geschwisterbrut) gedacht werden mußte. Es hieß also jetzt von
Fall zu Fall entscheiden, ob echte zweite Generation oder Geschwisterbrut vorliegt.
Reiche Arbeit hat in dieser Beziehung Fuchs (1907) geleistet, der eine ganze
Reihe Borkenkäferarten daraufhin untersucht hat. Wir ersehen aus diesen Unter-
suchungen, daß die einzelnen Borkenkäferarten sich bezügl. der Generation sehr
verschieden verhalten:
1. Einzelne Arten haben stets nur einfache Generation. Kommen
bei ihnen zweite Brüten vor, so handelt es sich um Geschwisterbruten, von der
regenerierten „alten Mutter" erzeugt. Es gehören hierher die beiden Waldgärtner,
Myel. piniperda und minor, Hylesinus fraxini und die Wurzelbrüter.
2. Die meisten Arten können unter günstigen klimatischen Ver-
hältnissen eine echte zweite Generation erzeugen, unter weniger günstigen
dagegen nur eine einfache (in beiden Fällen daneben auch Geschwisterbruten).
Ipidae (Scolytidae). — Generation. 4^.3
Hierher gehören wohl alle oder doch die meisten der zu der Gruppe der Ipini ge-
hörigen Arten. Außerdem noch einige Hy lesmini, wie Hylastes palliatus und glabratus.
3. Bei vielen Angehörigen der Gattung Eccoptogasier ist doppelte Gene-
ration dieRegel, weil sie im allgemeinen nur in solchen klimatisch günstigen
Gegenden vorkommen, die eine zweite Generation ermöglichen. Außerdem geht
bei ihnen die Reifung der Geschlechtsorgane rasch vor sich, so daß nur ein
ganz kurzer Reifungsfraß i) (von 4—5 Tagen) nötig ist und die Jungkäfer also
schon nach wenigen Tagen imstande sind, eine neue Brut anzulegen.
Diese Feststellungen, die in die letzten beiden Dezennien fallen, haben
die bisher so verworrenen Anschauungen über die Generationsfrage wesentlich
geklärt. Wir wissen also jetzt, daß bei den einen Arten einfache, bei den anderen
doppelte Generation als Regel vorkommt, bei wieder anderen und zwar der
Mehrzahl sowohl einfache als doppelte Generation vorkommen kann (als Funktion
des Klimas). Wir wissen jetzt ferner, daß daneben noch zweite Brüten von den
alten regenerierten Müttern (sogenannte Geschwisterbruten) erzeugt werden können,
so daß also im Sommer die Kinder und Mütter nebeneinander brütend an-
getroffen werden können. -;
Dazu kommt noch ein weiterer Umstand, der das Bild noch mehr
kompliziert: nämlich das über eine längere Zeit sich hinziehende Aus-
kommen der I. Generation, das einmal in der mehr oder weniger aus-
gedehnten Schwärmzeit (also dem zeitlich recht verschiedenen Beginn des Brütens
der verschiedenen Mutterkäfer) begründet ist und sodann in der ebenfalls länger
dauernden Eiablage. So kommt es, daß die einzelnen Generationen und auch
Geschwisterbruten derart ineinander greifen, daß die letzten Käfer der ersten
Generation gleichzeitig oder sogar später als die ersten Käfer der zweiten
Generation (resp. Geschwisterbrut) erscheinen können.^)
Aus alledem ergibt sich, daß bei einem großen Teil der Borkenkäfer das
ganze Jahr über alle Entwicklungsstadien der verschiedenen
Generationen und Geschwisterbruten angetroffen werden und
daß während der ganzen Saison fortpflanzungsbereite Käfer
vorkommen, — eine Erkenntnis, die für die Praxis von großer Bedeutung ist.
^) Derselbe findet nach Beobachtungen von Eckstein (1898), Hennings (1908).
Wichmann (1909), Röhrl (i. 1.) und Spessivtseff (1921) außerhalb der Geburtsstätte statt
und zwar entweder an der Basis junger grüner Sprosse oder Knospen, oder an den Blattstielen
(Abb. 212 B), oder an saftiger Rinde, die die Käfer oberflächlich platzen. Daß der Ernährungs-
fraß von nur so kurzer Dauer ist, rührt daher, daß die Geschlechtsorgane der Eccoptogastemni
beim Auskriechen aus der Puppe schon weiter entwickelt sind (Abb. 212 A) als die der meisten
übrigen Borkenkäfer (Spessivtseff 1921).
*) Vielfach gibt schon das äußere Aussehen der Mutterkäfer (ob abgerieben oder völlig
frisch) einen sicheren Anhaltspunkt, ob es sich um einen alten Mutterkäfer oder um einen Jungkäfer
handelt. Außerdem gibt die anatomische Untersuchung sichere Auskunft (siehe Bd. I, S. 109 ff.).
ä) Nüsslin hat diese Verhältnisse in Formeln gefaßt, die dieses Ineinandergreifen sehr
deutlich veranschaulichen. Er nennt den i. Schwärmtermin einer Art T, die Schwärmdauer vom
ersten bis zum letzten schwärmenden Käfer der betreflfeoden Generation S, die Legezeit vom
ersten bis zum letzten Ei L, die Entwicklungszeit des Eies = E. Für die erste Generation
lassen sich dann folgende 3 Formeln aufstellen:
für den i . Jungkäfer der i . Familie : T -|- E,
für den letzten Jungkäfer der i . Familie : T + L -f- E,
für den letzten Jungkäfer der letzten Familie: T -f- S + L + E usw.
444
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Larven- und Käferfraß.
Der Larven fr aß, der dem Wachstum dient (Wachstumsfraß), findet in
der Rinde (bald mehr im Bast, bald mehr im Splint) oder im Holz statt. Ein
Hauptbestandteil der Larvennahrung scheint der Saft zu sein; wenigstens sind
die Larvengänge, die in saftreicheren Schichten verlaufen, wesentlich kürzer als
solche in saftärmeren Schichten (vgl. Myel. piniperda und mi7ior od^i Hyles. fraxini
1 \ .'
l \
r^i
Abb. 212 A. "Weibliche Geschlechtsorgane von Eccoptogaster laevis Chap. ; a unreif (vor dem
Reifungsfraß), b reif (von einem befruchteten Weibchen), i Eiröhre, 2 Keimfach, 3 Eileiter, 4 recepta-
culum seminis, 5 Anhangsdrüse, 6 bursa copulatrix. — Nach Spessivtseff.
und crenatus). Eine" höhere Stufe der Ernährung haben die Larven vieler Holz-
brüter erreicht; sie nähren sich größtenteils von Pilzen bezv/. besonderen als
<,Ambrosia" bezeichneten Pilzkörperchen, die ein Züchtungsprodukt der Borken-
käfer darstellen. Hier besorgt das ins Holz dringende Mycel die Herbeischaffung
der Nährstoffe, die den Larven in konzentrierter Form, eben in der „Ambrosia",
dargeboten werden.
Der Fraß der Imagines findet in verschiedener Weise und an ver-
Ipidae (Scolytidae). — Larven- und Käferfraß.
445
schiedenen Orten statt und dient verschiedenen Zwecken: bei den unreifen Jung-
käfem zur Ausreifung der Geschlechtsorgane, bei den reifen Jungkäfern zur
Anlage der Brutröhren (bez. Rammelkammer), bei den Altkäfern zur
Regeneration ihrer abgebrunfteten Geschlechtsorgane und event. nochmaliger
.^\'|
P
^
Abb. 212 B,
Verschiedene Formen des Reifungsfraßes von Eccoptogaster laevis Chap. —
Nach SpessivtsefF.
Anlage von Brutröhren, und endlich bei jungen und alten Käfern auch noch zur
Überwinterung. Wir unterscheiden demnach Brut-, Ernährungs-
Reifungs-i), Regenerations- und Überwinterungsfraß.
^) Der Reifungsfraß wird von Pauly und Fuchs als „Nachfraß" und von Knoche als
„Zwischenfraß" bezeichnet. Ich gebe dem Ausdruck Reifungsfraß den Vorzug, weil er ein-
deutig und nicht mißzu verstehen ist.
446 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die verschiedenen Arten des Brutfraßes sind oben (S. 432 — 437) schon
auseinandergesetzt.
Der Reifungsfraß, der von den Jungkäfern nach Verlassen der Puppen-
wiege bis zur Erhärtung des Chitinpanzers und Reifung der Geschlechtsorgane
ausgeübt wird, kann entweder am Ort der Geburt oder außerhalb des-
selben stattfinden. Im ersteren Fall wird entweder einfach die Puppenwiege
mehr oder weniger platzförmig erweitert [Ips acuminatus)^ oder der Fraß schreitet
in der Richtung des Larvenganges weiter (z. B. Pityophthotus)^ oder es werden
läbyrinthische, geweihartig verzweigte, meist den Splint tief furchende Gänge gefressen
(Abb. 210B S. 435), die so überhand nehmen können, daß das ganze Fraßbild unklar
werden kann {Ips iypographus). Bei manchen Arten findet der Reifungsfraß mehr in
der Rinde statt (wie bei Polygtaphus, Cryphalus und anderen). Was den Reifungsfraß
außerhalb der Geburtsstätte betrifft, so findet dieser entweder, nachdem der
Jungkäfer schon an der Geburtsstätte etwas gefressen, unter der Rinde frischen
Materials statt, indem dort weitere Emährungsgänge gefressen werden, oder an
der Rinde junger Pflanzen (Wurzelbrüter), oder aber der Käfer fliegt direkt von
seiner Geburtsstätte weg (ohne dort Fraß verübt zu haben) und bohrt sich in
frische Triebe ein, um das Mark auszufressen , wie die Waldgärtner an Kiefer,
oder in die frische Rinde gesunder Bäume, wie Pteleobius vittatus an Ulme, Hylesinus
fraxini an Esche (eine Folge hiervon sind die als sogenannte „Eschenrosen"
[Abb. 253 B] bezeichneten Wucherungen der Rinde), oder benagt endlich die Basis
junger grüner Sprosse oder Knospen oder Blattstiele (Eccoptogaster) (Abb. 2 1 2 B).
Einzelne Erscheinungen des Reifungsfraßes waren schon seit langem bekannt (wie die
„Eschenrosen", die „Abfälle" und auch zum Teil die Erweiterungen der Fraßbilder),
doch ist ihre Bedeutung als Mittel zur Reifung der Geschlechtsorgane erst durch
Knoches Forschung ins richtige Licht gesetzt worden. Ob allerdings nicht
auch völlig reife Käfer lediglich zum Zwecke der Ernährung zuweilen noch
weiter fressen, ist nicht ohne weiteres zu verneinen. Es würde hierfür der Um-
stand sprechen, daß die Intensität des Reifungsfraßes bei derselben Spezies eine
sehr variable sein kann, und außerdem, daß mitunter schon ganz dunkle Käfer
noch fressen, während andererseits von der gleichen Spezies Käfer in viel
lichterem Zustand ausfliegen zum Brüten (Fuchs).') Durch ungünstige Witterungs-
verhältnisse scheint der Reifungsfraß verlängert zu werden („Schlechtwetterfraß''). 2)
Die Intensität ist auch bei den verschiedenen Spezies und Gruppen der Borker-
käfer recht verschieden, wie G, Fuchs in seiner Arbeit {1907) an einer Reihe
von Beispielen zeigt. 3)
*) Allerdings ist das Ausfärben nicht immer ein sicherer Beweis für erlangte Geschlechts-
reife, Spessivtseff (1921) konnte verschiedentlich bei völlig ausgefärbten Individuen (von
Ece. laevis) noch unausgereifte Geschlechtsorgane feststellen.
^) Fuchs führt auch Fälle von parasitärer Verlängerung des Reifungsfraßes an. Stark
von Nematoden befallene Individuen von Ifs iypographus übten den Reifungsfraß besonders
lang aus. — Dies ist vielleicht darauf zurückzuführen, daß die Geschlechtsreifung durch Er-
nährungsstörung verzögert wird.
^) Pouchs nimmt an, daß für alle Eccoptogaster- Arten das Ausbohren aus der Puppen-
wiege und das Einfressen zur neuen Brut genüge zu Ausreifung der Geschlechtsorgane, daß also
hier ein eigentlicher Reifungsfraß nicht vorkomme. Das ist aber nach den neueren Beobachtungen
von Spessivtseff (1921) ein Irrtum (s. oben).
Ipidae (Scolytidae). — Forstliche Bedeutung. 447
Der Regenerationsfraß der Altkäfer findet, wie der Reifungsfraß, ent-
weder als direkte Fortsetzung des Brutfraßes statt oder außerhalb der Brutstelle.
Im ersten Fall frißt die Mutter, nachdem ihr Eiervorrat erschöpft, entweder den
Brutgang steril weiter oder sie frißt größere oder kleinere platzförmige Er-
weiterungen am Ende des Brutganges aus, bevor sie sich zur Anlage einer neuen
Brut ausbohrt. Der Regenerationsfraß außerhalb der Brutstelle deckt sich meist
mit Reifungsfraß außerhalb der Brutstelle, d. h. die alten abgebrunfteten 55
fressen ebenso wie die jungen an der Rinde junger Pflänzchen oder in der
Markröhre usw., und rufen auch die gleichen Erscheinungen hervor.
Ein Überwinterungsfraß wird durchaus nicht von allen Borkenkäfern
ausgeübt; viele bleiben den Winter über einfach da, wo sie bei Eintritt der
Kälte sich befunden haben, in den Muttergängen, Puppenwiegen oder den er-
weiterten Reifungsfraßplätzen usw., oder auch außerhalb der Brut- bezw. Geburts-
stätte in der Rinde gesunder Bäume (Hylesinus fraxini) oder in der Markröhre
von Trieben [M. piniperdd). In den beiden letzten Beispielen fällt Reifungs-
bezw. Regenerations- und Überwinterungsfraß zusammen. Andererseits kennen
wir aber einen speziellen Überwinterungsfraß, bei dem der Hauptzweck die Her-
stellung geeigneter Winterquartiere ist. So bohren sich die Waldgärtner, soweit sie
nicht in den ausgehöhlten Trieben bleiben, im Herbst zur Überwinterung in Wurzel-
Stöcke oder in die Stammbasis (Abb. 267 B) oder auch in die Wurzeln lebender
Bäume ein. Das Winterquartier kann auch in ganz anderen Holzarten aufgeschlagen
werden, wie beim Tannenborkenkäfer {Ips curvidens)^ der einmal in Buchenrinde,
und beim Fichtenborkenkäfer [Ips iypographus)^ der in Tannenrinde gefunden
wurde. Ein großer Teil der Borkenkäfer überwintert im Moos, in Rindenritzen usw.
Forstliche Bedeutung.
Die Borkenkäfergefahr steht im allgemeinen im umgekehrten Verhältnis
zur Höhe der Forstkultur. Je höher und intensiver diese betrieben wird, desto
geringer die Gefahr. Die Borkenkäfer werden also durch die Kultur zurück-
gedrängt — im Gegensatz zum „Rüsselkäfer", der durch die Kultur gefördert wird.
So sehen wir in Ländern mit noch niederer Forstkultur, wie z. B. Nordamerika,
enorme Borkenkäferschäden, die jährlich viele Millionen von Dollar betragen. So
lesen wir ferner in den früheren Berichten aus dem 18. und Beginn des
19. Jahrhunderts von furchtbaren Zerstörungen auch unserer deutschen Wälder
durch Borkenkäfer (Wurmtrocknis), während wir andererseits heute in Deutsch-
land viel seltener von großen Borkenkäferkalamitäten hören und dann stets nur
im Gefolge vorhergegangner andersartiger Katastrophen (Sturmschäden, Schnee-
bruch, Raupenfraß usw.) oder infolge zeitweiser Vernachlässigung der vor-
geschriebenen Regeln, i)
Die Gründe hierfür liegen darin, daß weitaus die meisten und gerade die
gefährlichsten, am meisten zur Massen Vermehrung neigenden Borkenkäfer -Arten
sekundärer Natur sind, die kränkliches Material benötigen, deren Vermehrungs-
^) Die heutigen Borkenkäferkalamitäten (z. B. die fürchterlichen Zerstörungen in Reich-
raming, N. -Österreich) sind zum Teil als Kriegsfolgen anzusehen, d. h. durch Vernachlässigung,
der Wälder während des Krieges verursacht.
AaS Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
große also in erster Linie von der Menge des kränklichen Materials abhängig ist.
Da nun aber die moderne Forstkultur solches Material unter normalen Umständen
im Walde nicht duldet, so fehlt die Hauptbedingung für eine gefahrdrohende
Massenvermehrung. Drum hat in unseren Kulturwäldern die Entstehung schlimmer
Borkenkäferkalamitäten vorausgegangene Katastrophen zur Voraussetzung, die
große Massen von Brutmaterial liefern, dessen rechtzeitige Aufarbeitung bezw.
Immunisierung längere Zeit beansprucht. In dieser Zeit haben die Borkenkäfer
Gelegenheit, sich so stark zu vermehren, daß, wenn endlich das Brutmaterial ent-
fernt ist, eine Riesenmenge fortpflanzungsbereiter und -gieriger Individuen in ihrem
mächtigen Drang auch weniger geeignetes Material, d. h. gesunde Bäume, befallen
und so zu Zerstörern der umliegenden Wälder werden. Die Borkenkäfer werden
so aus sekundären zu primären Schädlingen (s. oben S. 430).
Neben dem Schaden durch Larvenfraß ist auch der Reifungs- und Regene-
rationsfraß der Käfer zu berücksichtigen. Dieser ist da, wo er außerhalb der
Brutstätte stattfindet, meist ausgesprochen primär (Rindenrosen, Rindenfraß der
Wurzelbrüter, Markröhrenfraß der Waldgärtner). Wir haben also bei einer Reihe
von Borkenkäfern neben dem sekundären noch einen ausgesprochen primären
Schaden, welch letzterer dem ersteren an Schwere gleich sein oder ihn noch über-
treffen kann. Bei den Wurzelbrütern ist überhaupt nur der primäre Käferfraß
schädlich, da der Larvenfraß in Wurzelstöcken stattfindet.
Der Schaden kann physiologisch und technisch sein. Bei den Rinden-
brütern handelt es sich in der Hauptsache um die Zerstörung der saftleitenden
Schicht, also um physiologische Schädigung, bei den Holzbrütern um technische,
indem durch die ins Holz dringenden Brutröhren eine mehr oder weniger starke
Wertminderung des Holzes (bis zur Hälfte und mehr) verursacht wird.
Die meisten Borkenkäfer sind Bestandsverderb er, nur relativ wenige
Kulturverderber (z. B. die Wurzelbrüter durch Imaginalfraß). Welch große
Ausdehnung die Schäden in Beständen nehmen können, zeigt der große Fraß des
Buchdruckers im Bayerischen und Böhraerwald in den siebziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts, der im Gefolge von gewaltigen Stürmen einsetzte und ca. 5 Millionen
Festmeter Fichten zum Absterben brachte. Doch auch in Kulturen können die
Ausfälle durch Borkenkäferfraß recht betiächtliche werden und stellenweise denen
durch Rüsselkäferfraß gleichkommen.
Am meisten haben unter Borkenkäfern Fichte und Kiefer zu leiden, die
auch die größte Zahl von Arten aufweisen ; weit weniger Arten kommen in Lärche
und Tanne vor. Unter den Laubhölzern steht die Ulme in bezug auf Arten-
zahl obenan.
Natürliche Beschränkung der Borkenkäfervermehrung.
Die sekundäre Natur der Mehrzahl der forstlich wichtigen Borkenkäfet ver-
langt kränkelndes oder absterbendes Brutmaterial. Demnach stellt Mangel an
solchem einen hervorragenden, vermehrungsbeschränkenden Faktor dar. Daneben
sind zahlreiche Feinde an der Niederhaltung der Borkenkäfer beteiligt.
Unter den Vögeln sind es vor allem die Spechte, die den Borkenkäfern
nachstellen. Der vielseitigste ist der große Buntspecht, dessen Einschläge bereits
Ipidae (Scolytidae). — Natürliche Beschränkung. aaq
bei fast allen Borkenkäferarten festgestellt sind, im besonderen bei MyeL piniperda
und Dendroctonus micans^ dann bei Ips typographus^)^ sexdentatus^ amitinus^
curvidens, Polygraphus poligraphus ^ Hylesinus fraxini und den verschiedenen
Eccoptogastef-hx\&s\\ der mittlere und kleine Buntspecht bleiben infolge ihres be-
schränkten Vorkommens an forstlicher Bedeutung hinter dem großen wesentlich
zurück. Auch der Schwarzspecht ist jedenfalls kein Borkenkäfer verachter, wenn er
es auch in erster Linie auf die großen Holzameisen abgesehen hat; wurden doch
einmal in einem Magen 650 Stück Ecc. Ratzeburgi gefunden. Außerdem sind
noch zu nennen der Baumläufer (Certhia)^ die Spechtmeise (Sitia); ferner
die Bachstelze, die Finken usw., welche auf schwärmende Borkenkäfer Jagd
machen (s. v. Vietinghof f).
Noch ein weit größeres Gegengewicht gegen die Borkenkäfervermahrung
dürften die kleinen Feinde aus der Klasse der Insekten darstellen, die
teils als Räuber, teils als Parasiten von den Borkenkäfern und deren Brut sich
nähren. Leider sind unsere Kenntnisse hierüber noch mangelhaft und es liegt
hier noch ein dankbares Feld für Forstzoologen vor. Doch auch nach unserem
heutigen lückenhaften Wissen ist die Zahl der räuberischen und parasitischen In-
sekten eine sehr große, wie aus der sehr wertvollen Zusammenstellung Kleines
(1908 und 1909), der wir hier in der Hauptsache folgen, zu ersehen ist.
Was die Räuber betrifft, so gehören diese neben Libellen, die schwärmende
Borkenkäfer abfangen, und der Larve der Kamelhalsfliege (Rhaphidia) ^ die der
Brut nachstellt, meist den Käfern an und zwar vor allem den Familien der
Carabiden, Staphyliniden, Scaphidiiden, Nitiduliden, Cucujiden, Colydiiden, Histeriden,
Cleriden, Tenebrioniden und Pythiden.
Besonders wichtig unter diesen sind die Staphyliniden, Cleriden und
Histeriden (s. oben S. 47, 50 u. 178). Zahlreich sind die Staphylinen, die sowohl
als Larven als auch als Imagines in den Borkenkäfer-Gängen sich aufhalten, um
von deren Brut sich zu ernähren. Ihre forstliche Bedeutung wird dadurch noch
erhöht, daß .sie sich nicht nur auf die Larven, Puppen und Jungkäfer be-
schränken, sondern namentlich auch die Eier in großer Menge fressen. Die
wichtigsten Arten sind oben (S, 48 u. 49) erwähnt.
Von größerer Bedeutung ist Clerus fotmicarius L., der ja als Borkenkäferfeind
allgemein bekannt ist. Der Käfer selbst vertilgt die am Stamm ein- und aus-
fliegenden Borkenkäfer-Imagines, die er mit den Vorderbeinen ergreift und dann
„köpft" (s. oben Abb. 86 S. 178), während die Larve in die Borkenkäfergänge ein-
dringt und dort auf Larven, Puppen und Jungkäfer Jagd macht. Sie treten stellen-
und zeitweise in großer Zahl auf: Kleine fand in einem Borkenstück (30x40cm),
das so dicht von Borkenkäfern befallen war, daß die Innenseite in schnupftabak-
ähnliches Fraßmehl verwandelt war, 43 Cleriden-Larven (darunter 31 Clertis
formicatius), die (im Verein mit einigen anderen Raubinsekten) die Borkenkäfer-
brut fast völlig vernichtet hatten. Auch Fleischer (1877) ^"^^ Nüsslin haben
^) Nach A. von Vietinghoff (s. oben S. 80, Fußnote 2) scheint der große Buntspecht
bei Typographus-K.d.\a,m{tz.ien nur geringe Bedeutung zu haben; ,,das Fehlen des großen Bunt-
spechtes in solchen Revieren wirkt geradezu auffällig.''
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 29
4^0 Coleoptera. — 7. Familien reihe: Rhynchophora.
eine starke Clerus - Wirkung beobachten können. Jedoch stellt sich eine solche
hochgradige Vermehrung keineswegs so regelmäßig bei den Borkenkäferkalamitäten
ein , wie etwa Tachinen oder Schlupfwespen bei den verschiedenen schädlichen
Schmetterlingen, wo die Parasiten meist schon in kurzer Zeit die Oberhand bekommen.
Auch die Histeriden können in großer Zahl auftreten und so der Ver-
mehrung der Borkenkäfer entgegenarbeiten. Doch ist ihr Vorkommen noch viel
weniger allgemein als das von Clerus. Bickhardt fand in Corsika in einem
Hochgebirgsurwald in 2 vom Sturm gefällten und von zahlreichen Borkenkäfern
befallenen Pinienstämmen ca. 400 Histeriden, die 5 Arten angehörten (darunter
Platysoma oblongtmi in 120, Paromalus parallelepipedus in 150 und Plegaderus
saucius in 80 Exemplaren). („Auffallend gering war hier die Zahl der Clerus^
von denen kaum ein Dutzend gefunden wurden"). Auch ich fand im Urwald
von Bialowies stellenweise verschiedene Histeriden in den Borkenkäfergängen,
während ich solche in unseren Forsten bisher nur sehen angetroffen habe.
Näheres über die bei Borkenkäfern angetroffenen Histeriden siehe oben S. 51.
Größer noch als die Zahl der Raubinsekten ist die der Schmarotzer-
wespen. Kleine führt weit über 100 verschiedene Spezies an, die bis jetzt
bei Borkenkäfern festgestellt wurden, ihre Zahl wird sich aber sicher noch weit
erhöhen. Mit wenigen Ausnahmen — Fuchs fand in der Leibeshöhle der
Imagines von Ips typographus öfter die Larven der Schlupfwespe Diplochis omnivons
Walk. — leben sie ektoparasitisch an den Borkenkäferlarven; gewöhnlich
trifft je I Parasit auf jede der letzteren, doch werden zuweilen auch mehrere
(bis 6) an einem Wirtstier saugend angetroffen. „Mit ihren Mundwerkzeugen
fest in den Körper des Wirtes verbissen, wird dieser seine Plagegeister nicht
mehr los; er findet sich zwar anscheinend ganz wohl dabei und entwickelt einen
gesunden Appetit, aber in das Stadium der Puppenreife gekommen, zeigen sich
die Spuren der Erschöpfung. Die Parasiten, die inzwischen erwachsen sind, ver-
lassen nun das Wirtstier. Dieses schrumpft mehr und mehr zusammen und an
seiner Stelle sieht man bald die Schmarotzerpuppen liegen" (Kleine).
Über die Art der Infizierung der Borkenkäferbrut mit Schlupfwespeneiern
liegen noch nicht viele exakte Beobachtungen vor. Ratzeburg, der doch wie
kaum ein anderer die Ichneumoniden kannte, schreibt (lehn. d. F. S. 178) bei
den Pteromaliden : „Man begreift schon nicht , wie sie in so großer Menge nur
bis unter die harte Rinde vieler Hölzer gelangen können, da nur wenige der
Xylophagenfeinde einen hervorragenden Bohrer haben. Leider hat man sie noch
nie in actu beobachtet. Wahrscheinlich benutzen sie Bohr-, Luft-
oder Kloakenlöcher, um durch diese ihre Eier hinein-
zuschiebe n." Auch Kleine nimmt diesen Weg als den häufigsten an.
Rosenfeld dagegen hat neuerdings durch direkte Beobachtung an dem kleinen
Chalcididen Rhopalicus suspensus festgestellt , daß dieser seine Eier mit Hilfe
seines Bohrers durch die Rinde hindurch in die Gänge von Ips
typogtaphus einbringt! „Das $ kriecht lebhaft den Stamm entlang und tastet
mit seinen beweglichen Fühlern alle Stellen genau ab. Dort, wo es unter der
Oberfiläche der Rinde die Larve oder Puppe des Borkenkäfers herausspürt,
Ipidae (Scolytidae). — Natürliche Beschränkung.
451
a
bleibt es stehen, hält die Spitze des Hinterleibes auf die Stelle, klappt den
Bohrer auf und senkt ihn langsam und vorsichtig bis auf den Grund ein, wobei
die Flügel und der Hinterleib in zitternder Bewegung sind." „Eine Eiablage
dauert 8 — 10 Minuten; hierauf zieht die kleine Wespe die Legeröhre behutsam
heraus, klappt den Bohrer wieder ein, dreht sich noch einige Male um die Bohr-
stelle herum und tastet sie mit den Fühlern ab, äst und rupft die Flechten des
Stammes, um nach kurzer Zeit wieder an einer anderen Stelle ihre Legetätigkeit
aufzunehmen. Die Eier werden dicht in die Nähe der Borkenkäferlarven oder
Puppen gelegt, und bald kann man auf diesen die weißen, anfangs kaum i mm
langen, fußlosen, madenförmigen Larven der Schlupfwespen sehen, welche rasch
auf eine Länge von 4 mm
heranwachsen und ihrem
Wirt von außen aufsitzen."
„Die Larve haftet ihrem
Wirt fest an, vollführt
heftige saugende Bewe-
gungen, drückt ihren Vor-
derteil wiederholt in den
ganz bewegungslosen Leib
der Borkenkäferlarve ein,
wobei diese deutlich hin
und hergerissen wird. Wäh-
rend die Borkenkäferlarve
immer kleiner wird und
schließlich zu einem bräun-
lichen Sack zusammen-
schrumpft, schwillt die
Chalcidierlarve zu einem
4 mm langen fetten, runden
Tönnchen an" (Abb. 213).
Ist die Wirtslarve voll-
ständig ausgesogen , was
nach 2 — 3 Wochen der Fall ist, so beginnt die Verpuppung. Die Farbe der
Puppe (pupa libera) ist anfangs hellgelblich braun, wird von Tag zu Tag
dunkler, zuletzt schwärzlich, metallisch glänzend. Die Entwicklungszeit der
genannten / Schlupfwespe von der Eiablage bis zum Ausschlüpfen der Imago
beträgt 38 — 45 Tage, so daß also mehrere Generationen im Jahre zu-
stande kommen können.
Die Zahl der Schlupfwespen kann dementsprechend sehr groß werden.
Rosen feld zog aus einem mit Ips chalcographiis und amitinus besetzten Fichten-
prügel (40 auf 12 cm) in 3 Wochen 80 Chalcididen. Besonders stark wurden die
stehenden, wipfellosen, mit Borkenkäferbrut reichlich belegten Stümpfe in
(von Wind) verbrochenen Fichtenstangenhölzern belegt. Rosenfeld konnte an
warmen, windstillen Nachmittagen bis zu 50 $$ an einem solchen Stumpf bei
29*
Abb. 213. Der Borkenkäferparasit (Schlupfwespe) RhopaHcus
suspensus Rtzb a Puppe des Borkenkäfers, b Puppe des
Parasiten, c Wespe vor der Eiablage, d bei der Eiablage, e junge
Rhopalicuslarve auf einer Borkenkäferlarve, f ausgewachsene
Rhopalicuslarve auf der ausgefressenen Borkenkäferlarve.
Vergr. — Nach Rosen feld.
AC2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
der Eiablage beobachten. Er rät deshalb, diese Stümpfe, besonders in sonnigen,
geschützten Lagen, bis zuletzt stehen zu lassen, um die Gradation der Schlupf-
wespen zu fördern. Ungemein günstig für die Entwicklung der Ichneumonen
ist trockenes Wetter. „Die Schlupfwespen wären wohl", meint Rosenfeld, „allein
imstande, die Borkenkäfer zu vernichten; es würde aber ein längerer Zeitraum
hierzu nötig sein, währenddem viele Waldbestände dem Borkenkäfer zum Opfer
fallen würden.'- Ebenso beobachtete Fleischer (1877) bei der Borkenkäfer-
katastrophe im Böhmerwald (1869 — 1877) eine sehr wirksame Tätigkeit der
Ichneumoniden und Karnach (1917) berichtet ähnliches vom Auftreten der
Schlupfwespen bei der Borkenkäferkalamität in den Beskiden. Doch allen Be-
richten läßt sich entnehmen, daß die Vermehrung der Schlupfwespen bis
zu der zur Bezwingung der Borkenkäfer nötigen Höhe sehr lange
Zeit in Anspruch nimmt oder diese überhaupt nicht erreicht. Es be-
steht also auch hier ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Parasitenwirkung,
wie wir sie bei den verschiedenen primären Schmetterlingen (Kiefernspinner, Eule,
Schwammspinner usw.) regelmäßig sehen, was schon daraus ersichtlich ist, daß
Borkenkäferkalamitäten, sich selbst überlassen, meist einen fürchterlichen Umfang
annehmen, ja zur völligen Vernichtung der betreffenden Baumart in dem Befalls-
gebiet führen können (siehe Amerika). Den Grund hiefür glaube ich darin zu
sehen, daß die Schmarotzer in ihrer vermehrungsbeschränkenden Rolle der sekun-
dären Natur der Borkenkäfer angepaßt sind, d. h. in der Kette der vermehrungs-
beschränkenden Faktoren bedeutend weniger Glieder einnehmen als bei den pri-
mären, da bei den sekundären Insekten schon durch den Mangel von Brut-
und Fraßmaterial der Vermehrung eine Grenze gesetzt ist.
Endlich sind als Schmarotzer der Borkenkäfer i) noch eine Gruppe von
kleinen Würmern zu nennen, nämlich die Nematoden. Ihre Bedeutung hat
in neuer Zeit Gilbert Fuchs (1915) erforscht: Man findet sowohl in den Gängen
als in den Borkenkäfer -Imagines, stellenweise sehr häufig, diese Würmer, die
verschiedenen Gattungen und Arten angehören und sich auch biologisch recht
verschieden verhalten: die einen, die der Gattung Jylenchus angehören, sind
echte Parasiten, die anderen, hauptsächlich den Gattungen Rhabditis und Diplo-
^öj/<?r zugehörig, sind Wohnungseinmieter oder „Hausfreunde" („Oikophilen").
Wir wollen hier nur die ersteren berücksichtigen: sie und anfänglich auch
ihre Larven leben in der Leibeshöhle des Käfers. Nach der ersten Häutung
wandern die Larven in den Enddarm des Käfers; von da aus gelangen sie in
den Mulm der Gänge und verwandeln sich hier nach der zweiten Häutung in die
freilebende Generation.
Die Wirkung der parasitischen Nematoden auf die Vermehrung der
Borkenkäfer erstreckt sich auf folgende Punkte: einmal wird eine Anzahl der Jung-
käfer zum Absterben gebracht oder doch wenigstens in ihrer Lebensenergie stark
geschwächt. Sodann wird die Eiablage bei infizierten $$ um etwa 40% ver-
mindert und die Möglichkeit für die Käfer, Geschwisterbruten anzulegen, sehr
*) Über parasitische Milben siehe unten bei Ips laricis F.
Ipidae (Scolytidae). — Erkennung, 453
herabgesetzt. Ferner wird durch die Infektion der „Reifungsfraß" der Jungkäfer
verlängert und dadurch eine zweite Generation im selben Jahr verhindert, und
endlich sterben viele Käfer früher ab als es sonst normalerweise der Fall wäre.
Zu bemerken ist noch, daß in feuchten Jahren die Vermehrung bezw. die
Parasitenwirkung gefördert, in trockenen und warmen dagegen gemindert wiid.
Da aber gerade die trockenen Jahre für die Borkenkäfervermehrung besonders
günstig sind, so wird man für den Gesamtverlauf einer Kalamität nicht allzuviel
von der Tätigkeit der Nematoden erwarten dürfen.
Außerdem fand Fuchs auch noch einige Protozoen als Schmarotzer von
Borkenkäfern und zwar im Darm eine Gregarine (Gre^ari?ia typographi G. Fuchs),
und in der Leibeshöhle ein Sporidium (Telosporidium typographi G. Fuchs),
von denen das letztere absolut tödlich auf den Käfer wirkt, während die Gre-
garine nur bei starker Infektion den Käfer schädigt.
Erkennung.
Das erste und sicherste Kennzeichen eines Borkenkäferbefalls bei weitaus
den meisten Arten ist das Bohrmehl, das während der Bohrtätigkeit der Weib-
chen (Anlegung des Brutganges) aus dem Einbohrloch herausrieselt. Teils liegt
es als kleine Häufchen vor letzteren, teils stäubt es herunter und verteilt sich
über eine größere Stammpartie, wobei es an Vorsprüngen der Rinde, an Moos,
Flechten, Spinngeweben usw. hängen bleibt. Durch Anprallen des Stammes
kann man die Erscheinung des Bohrmehls noch deutlicher machen. Treten starke
Regen ein, so kann das Bohrmehl vollkommen abgewaschen werden, so daß
dieses Merkmal (wenigstens zeitweise) verschwindet. Die Farbe des Bohrmehls
ist verschieden und richtet sich nach der Lage des Mutterganges im Stamm, ob
in der Rinde oder im Holz: im ersteren Fall ist es braun und weiß gemischt,
im zweiten rein weiß bezw. gelblich. Ist die Zeit der Bohrmehlerzeugung vorbei,
so verschwindet das Kennzeichen durch Regen, Wind usw, immer mehr und
mehr, bis nichts mehr davon zu sehen ist.
In manchen Fällen (z. B. bei dem Waldgärtner oder bei De?idroctonus
micans) entstehen um das Bohrloch Harzansammlungen, die in Form von
größeren oder kleineren und zum Teil auffallend gefärbten (gelben) „Harz-
trichtern" sichtbar sind und als gutes diagnostisches Merkmal dienen können.
Auch sonst kann durch Austreten von „Harz tropfen", die mehr oder weniger
weit vom Bohrloch aus herunterfließen, der Befall von Borkenkäfern angezeigt
werden, besonders wenn der Befall im Spätsommer oder Herbst (in der Zeit
des absteigenden Saftstromes) stattfindet.
Diesen ersten Kennzeichen, die, wenn sie nur vereinzelt auftreten, große
Aufmerksamkeit und ein geübtes Auge erfordern, folgen, soweit es sich um den
Befall stehender, lebender Bäume handelt, bald deutlichere Reaktions-
erscheinungen des Baumes, die sich einmal in einem mißfarbigen grauen
Aussehen und Abblättern der Rinde (meist in der Mitte des Stammes) und
sodann in Veränderungen der Krone kundtun. Letztere sind verschieden,
je nach der Lage, der Befallszeit usw.; sie beginnen mit dem Welkwerden und
A<.A Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
schwachen Verfärben und enden gewöhnlich mit dem Rotwerden und Ver-
dürren. Bisweilen aber kommt es auch vor, daß die Nadeln plötzlich hängen
und, ohne gelb zu werden, noch grün herabfallen („nadeln").^) Handelt
es sich um einen Frühjahrs- und Frühsommerbefall, so treten die Kronen-
symptome gewöhnlich ziemlich rasch ein (da die mit dem aufsteigenden Saft
sich neubildende Krone nicht genügend Nährstoffe erhält); bei späterem Befall,
der nach der Kronenbildung stattgefunden, tritt die Kronenreaktion gewöhnlich
erst viel später auf (oft erst im nächsten Frühjahr), während hier die Rinden-
reaktion sich durch Harztropfen und stellenweisen Abfall deutlicher zeigt. Daß
übrigens die Kronen- und Rindensymptome stark von der Witterung beeinflußt
werden, daß z. B. bei feuchter Witterung die Reaktion sich viel länger hinziehen
kann als bei heißer, trockener, braucht kaum besonders betont zu werden.
Zu den hier genannten Symptomen, die teils direkt von der Arbeit des
Käfers kommen, teils Reaktionen des befallenen Baumes darstellen, kommt noch
die Arbeit des Spechtes, der sich meist einstellt und durch seine Einhiebe
und platzweise Entrindung den Forstmann oft als erster auf die Anwesenheit von
Borkenkäfern aufmerksam macht.
Vorbeugung.
Da die Borkenkäfer größtenteils sekundär sind, also nur kränkelndes oder
wenigstens nicht mehr vollsaftiges Material angehen, so ist der Weg zu ihrer
Niederhaltung klar gezeichnet.
a) In erster Linie ist auf Erziehung gesunder frohwüchsiger Bestände
zu sehen; vor allem bei der Fichte, die besonders unter Borkenkäfern zu leiden hat.
b) Sodann ist reinliche, saubere Wirtschaft eines der wichtigsten
Mittel, die Borkenkäfer unschädlich zu halten. Also regelmäßiges, gründliches
Durchforsten, möglichst baldige Entfernung oder Unschädlichmachung (Immuni-
sierung) alles den Borkenkäfern zum Brüten zusagenden, kränkelnden, absterben-
den und toten Materials. Die Immunisierung geschieht durch Schälung der
gefällten oder geworfenen Stämme. Wo das Prinzip der sauberen Wirtschaft durch-
geführt wird, existiert keine Borkenkäfergefahr. Wo die Durchführung derselben
durch Windbruch- oder Schneebruchkatastrophen zeitweise unmöglich gemacht ist,
erfolgt sofort automatisch ein sprungweises Ansteigen der Gefahr, die nur durch
rasches Aufarbeiten der Windhölzer wieder gemindert oder gebannt werden kann.
c) Es ist die fortlaufende Beobachtung des Borkenkäferstandes durch
Fang- oder Kontrollbäume (s. unten) von der Verwaltung moderner Forsten
als regelmäßige Aufgabe durchzuführen. Die Kontrollen sind nach heißen und
trockenen Jahren (die immer gefahrdrohend sind) und nach Raupenfraß besonders
sorgfältig auszuführen. Ergibt sich eine Vermehrung des eisernen Bestandes, so
sind sofort Abwehrmaßnahmen zu ergreifen. Man darf aber bei den Kontrollen
die Aufmerksamkeit nicht lediglich auf die Fangbäume konzentrieren, sondern
hat auch die stehenden Bäume stets im Auge zu behalten, besonders die in
^) Durch Anprallen der Stämme läßt sich das „Nadeln" leicht feststellen, was beim Aus-
suchen der befallenen Stämme sehr gute Dienste leisten kann.
Ipidae (Scolytidae), — Abwehr. 4 SS
der Umgebung der Fangbäume und auch in besonders sonnigen Lagen („Wurm-
lagen").
d) Da die Borkenkäfer großenteils monophag sind, so bilden gemischte
Bestände wie gegen die meisten Forstschädlinge so auch gegen die Borkenkäfer
einen guten Damm gegen katastrophale Überverraehrungen.
Abwehr.
Die Abwehr der meisten Borkenkäfer geschieht nach der gleichen Methode,
die sich zum größten Teil in dem Wort „Fangbaum" erschöpft. Dieser Methode
Hegt die Idee zugrunde, durch künstliche Schaffung von besonders geeignetem
und zusagendem Brutmaterial die Borkenkäfer vom gesunden Material abzuziehen
und so einen großen Teil des Borkenkäferheeres aus dem Wald zu extrahieren.
Die Fangbaummethode ist überall, wo Forstkultur getrieben wird, zum Allgemeingut
des Forstschutzes geworden. Tausendfältige Erfahrungen lehren, daß wir in ih^
ein wirksames Abwehrmittel gegen Borkenkäfer besitzen. Die Fangbäume werden
entweder eigens gefällt oder man benutzt einzelne vom Wind geworfene oder
von der Langholzfällung herrührende Stämme hierzu. Sie werden solange be-
rindet gelassen bis die Larven erwachsen bezw. sich in Puppen zu verwandeln
im Begriff sind. Bestimmte Regeln betr. der Zeit lassen sich nicht aufstellen,
da die Entwicklung je nach der Witterung und Art sehr verschieden verlaufen
kann. Es muß daher öfter revidiert werden. Ist jener Moment gekommen, so
ist die Rinde (am besten auf Tücher) zu schälen und zu verbrennen. Das
Verbrennen ist, wo nur immer möglich, durchzuführen, da viele Larven ihre
Puppenwiegen nicht bloß in der Bastschicht, sondern unmittelbar unter der äußeren
Borkenschicht anlegen, wo sie ihre Entwicklung zum Käfer auch in der los-
gelösten Rinde vollenden. Über die Widerstandsfähigkeit der hnagines (gegen
Nässe oder Kälte), selbst der noch unausgefärbten, siehe unten (S. 579).
Während man früher bezüglich der Art der Fangbäume keine Unter-
schiede bei den verschiedenen Borkenkäfern machte, hat Sedlaczek neuerdings
durch eingehende Versuche dargetan, daß durch eine Differenzierung, die
dem besonderen Geschmack der einzelnen Borkenkäfer angepaßt isty die Wirkung
der Fangbäume noch erhöht werden kann. Durch Kombination der ver-
schiedenen Behandlungsmethoden mit den Fällungsterminen einerseits, der
herrschenden Jahreswitterung und den Standortsverhältnissen andererseits ergibt
sich eine große Zahl möglicher Fälle. Es konnten noch lange nicht alle Möglich-
keiten erprobt werden, und es lohnt sich gewiß, noch weitere Versuche in der
von Sedlaczek angegebenen Weise auszuführen.
Nach Sedlaczek müssen wir vor allem unterscheiden zwischen solchen
Borkenkäfern, die die Trockenheit (wie typographus,. chalcographus, curvidens usw.)
und solchen, welche dieFeuchtigkeitlieben [palliatus, antographus, piceae, piniperda
usw.) und müssen dementsprechend für trockene und feuchte Fangbäume sorgen.
Sedlaczek unterscheidet zunächst stehende und liegende Fangbäume.
Die stehenden Fangbäume kommen weniger für die Praxis als für
wissenschaftliche Versuche in Betracht. „Man erhält sie dadurch, daß
456 Coleoptera. — 7. Familienreihe; Rhynchophora.
man in Brusthöhe einen handbreiten, den ganzen Baum umschließenden Rinden-
streifen durch Ringschnitte isoliert und auf diesem Streifen entweder die Rinde
beläßt (Doppelringschnitt) oder dieselbe entfernt (Ringelung); oder, indem man
die Krone absägt (Entgipfelung) oder die Äste entfernt (Schwentung). Bei „Doppel-
ringschnitt" stockt der Saft zunächst in der Zone des isolierten Ringes, der ober-
halb des Schrittes befindliche Teil des Stammes erhält wenig und dünnen Saft:
solche Stämme trocknen daher ober der Ringzone rasch aus. Manchmal aller-
dings vernarbt die Schnittstelle und der Stamm lebt weiter. Immerhin kann es
mehrere Jahre dauern, bis ein derartig verletzter Baum über der Ringzone für
Borkenkäfer fängisch wird. Der Stock wird bei Doppelringschnitt bald sehr
feucht und für Feuchtigkeit liebende Bast- und Borkenkäferaiten — auch Rüssel-
käfer — fängisch. Noch länger können sich „geringelte'* Bäume, also solche,
welchen in Brusthöhe ein handbreiter Rindenring entnommen wird, erhalten. Bei
solchen Stämmen fungiert die Wurzel das erste Jahr ganz normal, und der Saft
steigt auch durch die Splintschichten unbehindert empor — während er beim
Doppelringschnitt, wie oben erwähnt, stockt. Mit Hilfe des aufsteigenden Saftes,
der Reservestoffe und der frisch gebildeten Nährstoffe entwickelt sich der Baum-
teil über dem Ringe weiter. Der im Kambium herabsinkende Saft kann aber
natürlich nur bis zur Ringstelle herabwandern und so entsteht über dem Ring
ein verdickter Rindenwulst, während der Teil unterhalb des Ringes nicht mehr
in die Stärke wächst, also schwächer bleibt. Häufig werden solche Stämme an
der Ringelstelle vom Sturme abgebrochen. Geschieht dies nicht, so stirbt endlich
die Wurzel infolge Unterernährung langsam ab und der Stamm vertrocknet total.
Dann ist er natürlich ein gesuchtes Objekt für die Trockenheit liebenden Borken-
käferarten. Entgipfelte Stämme und Schwentlinge führen in den Splintschichten
an den unteren Teilen des Stammes reichlich Wasser, das durch die gesunden
Wurzeln emporgetrieben wird ; da aber die aufsaugende Wirkung der Krone fehlt,
staut es sich in geringer Höhe vom Erdboden. Diese Wasseransammlung kann
so mächtig sein, daß die Rinde der unteren Stammpartien naß wird und solche
entnadelte, entastete oder entkronte Stämme aussehen, als ob man sie am
Fuße begossen- hätte. An entwipfelten oder entasteten Stämmen siedeln sich
daher an den unteren Teilen bald Feuchtigkeit liebende Bast- und Borkenkäfer-
arten an, während sie in den oberen, schwächeren Partien von den Trockenheit
liebenden Arten befallen werden."
„Trotz der vorzüglichen Anziehungskraft, die eingeschnittene, geringelte, ent-
kronte oder entastete Fangbäume in stehendem Zustande ausüben, werden doch,
wie schon gesagt, in der Praxis diese Fangbaumarten gewöhnlich nicht in An-
wendung gebracht, weil die Einrichtung umständlich ist, der Befall und die Ent-
wicklungsstufen der Käfeibrut an stehenden Bäumen schwer festgestellt werden
können und besonders die geringelten Stämme erst nach i — 2 Jahren fängisch
werden."
In der Praxis kommen daher vor allem die liegenden Fangbäume in
Betracht, von denen es ebenfalls mehrere Arten, nämliche beastete und ent-
Ipidae (Scolytidae). — Abwehr. Acy
astete, vollberindete und der Länge nach streifenweise entrindete
(skarifizierte) gibt.
„Man hat behauptet, daß gefällte Bäume, welchen die Beastung belassen wird,
rascher austrocknen als entastete. Das ist nur bedingungsweise richtig. An ge-
schützten Orten, etwa im Innern von Beständen, und bei feuchter Witterung
transpirieren die Blätter an gefällten Bäumen allerdings noch einige Zeit und ent-
ziehen der Splintschicht Wasser, so daß solche Bäume mehr austrocknen. Dies
macht sich bald in der Weise geltend, daß die Trockenheit liebenden Käfer an-
fliegen, während die Feuchtigkeit liebenden Arten, vor allen lineatus^ solche Stämme
seltener als am selben Orte liegende entastete Stämme zur Brutanlage wählen.
An Orten, die der Sonne und dem Winde ausgesetzt sind, wird aber das Laub
(Nadeln) bald unfähig zu transpirieren, so daß dem Stamme trotz der Beastung
nicht mehr Feuchtigkeit entzogen wird als den am selben Orte liegenden entasteten
Stämmen; überdies beschatten die Äste auch die Stammteile teilweise. An
solchen exponierten Stellen können daher beastete Fangbäume sogar länger als ent-
astete fängisch bleiben."
„Die Anziehungskraft der Fangbäume für Bast-, Borken- und Rüsselkäfer
wird dadurch wesentlich erhöht, daß man an der nach oben gerichteten Seite der
liegenden Stämme zwei oder drei Längsstreifen der Rinde ausschneidet, skarifiziert.
Dadurch wird zwar die berindete Anflugfläche verringert, aber der Harzgeruch
an den rindefreien Streifen lockt besonders die den Kulturen schädlichen Bast-
käfer {^Hylastes-hxitXi) und Rüsselkäfer {Pissodes und Hylobms) oft in großen Mengen
an, und diese Schädlinge bleiben dann an den frischen, mit Harz überronnenen
Stellen kleben. Der Anflug erfolgt an den skarifizierten Fangbäumen etwas früher
als an solchen mit unverletzter Rinde, und die Brut kommt oft nicht zur Ent-
wicklung, da die Rindenstreifen rasch abtrocknen und sich parasitische und
räuberische Insekten in großer Zahl einzustellen pflegen. Die Skarifikation unter-
stützt sohin auch die biologische Bekämpfung der Borkenkäfer.
Bei der Auswahl der zu fällenden Stämme darf man aber nie außer acht
lassen, daß die Lage und Standortsbeschaffenheit in erster Linie für den An-
flug in Betracht kommen. Schließlich sei noch auf den Eicfluß der Jahreszeit
hingewiesen. Dieser macht sich besonders bei der Fällung von Fangbäumen
gehend. Im Winter gefällte Fangbäume sind meist in der folgenden Vegetations-
bezw. Flugperiode schon fängisch, wogegen im Frühjahr oder Vorsommer ge-
worfene oft im selben Jahre noch keine große Wirkung haben, im nächsten da-
gegen meist schon so zersetzt sind, daß sie ebenfalls nur geringe Anziehungskraft
avif die Bast- und Borkenkäfer haben. Wie man sieht, ist also die Wahl der
Fangbaummethode keineswegs einfach und bei der Unberechenbarkeit der künf-
tigen Witterung überhaupt immer etwas unsicher, weshalb es geraten erscheint,
stets mehrere Arten von Fangbäumen zu versuchen. Man wird dann nicht nur
die Käfer zu Revisions- oder Vernichtungszwecken sicherer anlocken, sondern
auch Gelegenheit haben, die lokalen Gewohnheiten der einzelnen Arten zu
studieren, was wieder sehr wichtig ist, denn das Borkenkäferproblem ist eine ver-
wickelte Sache und es läßt sich nicht schematisch behandeln."
4c8 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
„Soll ich", schreibt Sedlaczek weiter, „der mir gestellten Aufgabe^), die Fang-
baummethoden für die verschiedenen Arten der Bast- und Borkenkäfer zusammen-
zufassen, nachkommen, so würde ich dies in folgender Weise tun: Ich nehme an,
daß das Gebiet ein Jahresmittel von 6 — 8° C. habe, die Fällung der Bäume im
Winter erfolge, Ringelungen wegen des späten Eintritts des Fängischwerdens und
der Schwierigkeit der Revision weniger in Betracht kommen und die Käfer in
normaler Zahl vorhanden sind. Dann gilt für die wichtigsten Nadelholz - Bast-
und Borkenkäfer folgendes:
A. Bei Fichte: i. Für Hylastes cuniculariiis: Womöglich die Stämme
einige Monate früher mit Doppelringschnitt versehen, fällen und streifenweise ent-
rinden, wieder nach einigen Monaten die am Boden aufliegeÄde Seite unter-
suchen. An geschützten Orten den Baum entasten, an exponierten Äste be-
lassen.
2. Für Hylastes palliatus'. An exponierten Orten beastete, an geschützten
entastete liegende Fangbäume. Als stehende Fangbäume entkronte oder total
entastete Schwentlinge.
3. Für Polygraphus poligraphus: Im Vorjahre geringelte Bäume fällen. Äste
belassen, streifenweise entrinden. Stehende Fangbäume: ringeln oder mit Doppel-
ringschnitt versehen. Werden lange nicht fängisch, aber dann sehr wirksam
und sicher,
4. Für Ips chalcographus: Fangreisig und Fangknüppel am besten. Liegende
Fangbäume entasten, nur im Schatten Beastung lassen. Stehende Fangbäume
ringeln oder Doppel ringschnitt.
5. Für Jps amitinus: Liegende Fangbäume beastet, stehende Fangbäume
mit Doppelringschnitt,
6. Ips typographus: liegende Fangbäume, womöglich im Herbst vorher
ringeln, Winter oder Vorfrühling fällen. Nicht vorher geringelte skarifiizieren. An
geschützter Stelle entasten, an exponierten Orten Beastung lassen. Stehende
Fangbäume ringeln.
7. H. lineatus: liegende Fangbäume entasten, Rinde unversehrt lassen.
Stehende Fangbäume entkronen oder Schwentlinge.
B. Bei Tanne: i. Für Oyphalus piceae. Liegende Fangbäume: entasten.
Stehende Fangbäume: ringeln.
2. Für Ips curvidejis: Liegende Fangbäume entasten, nur an sehr exponierten
Stellen Beastung lassen. In geschützten Lagen sind Fangbäume gegen diese Art
überhaupt selten wirksam. Stehende Fangbäume an exponierten Standorten mit
Doppelringschnitt versehen,
C. Bei Kiefer: i. Für Hylastes ater: Liegende Fangbäume an geschützter
Stelle, streifenweise entrinden, besonders Unterseite.
2, Für Hylastes palliatus: Liegende Fangbäume in geschützter Lage, entasten;
stehende Fangbäume entkronen oder Schwentlinge.
^) Ich hatte Herrn Dr. Sedlaczek gebeten, für dieses Werk seine reichen Erfahrungen
zusammenzufassen. Da aber der Druck des II. Bandes sich so lange verzögerte, wurde die
Arbeit schon vorher in der Zeit. f. ang. Ent. abgedruckt.
Ipidae (Scolytidae). — Das System. 4 cq
3. Für M. pi7iiperda'. Liegende Fangbäume entasten; stehende Fangbäume
lingeln oder mit Doppelringschnitt versehen — sind aber nur in der Partie unter
dem Ringe wirksam. Ring daher möglichst hoch anzubringen.
4. Für M. minor: Liegende Fangbäume beastet. Stehende Fangbäume
ringeln oder mit Doppelschnitt versehen, auch Stämme entkronen; der Anflug an
die stehenden Fangstämme aber spät und unsicher.
5. Ips sexdentatus: Liegende Fangbäume in geschützter Lage entasten, in
freier Lage Beastung lassen.
6. Für Ips proximiis: Liegende Fangbäume in geschützter Lage beastet
lassen, in freier Lage entasten, eventuell vorher Doppelringschnitt und streifen-
weise Skarifizierung ; kurz, auf jede Art rasches Austrocknen herbeiführen, aber
direkte Besonnung weniger günstig. Stehende Fangbäume entkronen oder mit
Doppelringschnitt versehen. An stehenden Fangbäumen Anfall später als an
liegenden.
7. Für X. lineatus: wie bei Fichte und Tanne." —
Die hier von Sedlaczek vorgeschlagene Differenzierung kommt haupt-
sächlich für normale Verhältnisse (Vorbeugung) in Betracht. Wo es sich um
Massenvermehrungen handelt, in denen die Käfer bereits zu primären An-
griffen übergegangen sind, wird jeder Fangbaum angenommen, der vor einer
Stunde gefällte ebenso stark wie der im Winter gefällte. Es kann sich in solchen
Fällen nur noch darum handeln, eine genügende Menge von Fangbäumen recht-
zeitig zu fällen, um gegen die Flut fortpflanzungsgieriger Tiere einen Damm zu
errichten. Wie die Bekämpfung einer Kalamität durchzuführen ist, ist unten
bei Besprechung des Ips typographus ausführlich geschildert.
Das System.
Geschichtliches.
Das System der Borkenkäfer hat viele Bearbeiter gefunden und daher auch
viele Wandlungen erfahren, wie aus der folgenden einem Vortrag Nüßlins (191 1)
entnommenen kurzen, historischen Übersicht zu ersehen ist : „Während sämtliche
Borkenkäfer im Systema naturae Linnes als Kategorie nur den Gattungsrang
(Gattung Bosirichus) einnehmen, bilden sie schon 1807 bei Latreille eine Art
Unterfamilie der 29. Familie der Curculionites, die in eigentliche Rüsselkäfer und
Borkenkäfer {Scolytani) zerlegt wurde. Bei Lacordaire finden wir die Borken-
käfer als 63. Familie Scolytides zur Familie erhöht und zusammengefaßt. So ist
es geblieben bis zur neuesten Zeit (Thomson 1868, Bedel 1888, Seidlitz, Reitter,
Nitsche, Sahlberg, Hagedorn u. a.). Es darf jedoch nicht verschwiegen werden,
daß einzelne Autoren zum Teil schon vor Lacordaire den Borkenkäfern da-
durch höheren Kategorienrang verliehen hatten, daß sie die Borkenkäfer in mehrere
Familien zerlegten, ohne jedoch von den Zeitgenossen und von den Nachfolgern
beachtet worden zu sein. So brachte schon 1849 Redtenbacher die Borken-
käfer in zwei Familien unter: 36, Familie Bostrichi (mit Platypus^ Bosirichus,
Cryphahis, Oypiurgus und Xyloterus) und 37. Familie Hylesini (mit Eccoptogaster,
Polygraphus, Hylesinus, Dendroctonus , Hylurgus und Hylastes)^ während er der
a()Q Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
ungeheuren Masse der Rüsselkäfer und deren Verwandten nur eine Familie
(38. Familie Curcidiones) zugewiesen hatte. Eichhoff und Bedel haben eben-
falls aus den Borkenkäfern zwei Familien gemacht, indem sie Platypia von
allen übrigen Borkenkäfern trennten, und Tredl hat neuerdings eine Teilung
der Borkenkäfer in drei Familien gewählt {Eccoptogasteridae, Ipidae, Platypodidae),
während früher Lindemann eine Teilung in vier Familien vorgenommen hatte
{Scolytidae, Hylesinidae, lomicidae und Platypidae). Damit haben wir die Frage
nach dem Kategorienrang der Borkenkäfer historisch erörtert. Die richtigste
Lösung liegt zweifellos bei Eichhoff (Bedel), der nicht nur zuerst die Gattung
Piatypus zur Familie erhoben und allen übrigen Borkenkäfern entgegengesetzt hat,
sondern auch schon 1847 die Frage aufgeworfen hatte, ob die Familie der
Platypidae ihre Stellung überhaupt unmittelbar neben den Scolytidae einnehmen
dürfe. Dieser scharfsichtigste Systematiker der Borkenkäfer hat diese Frage mit
vollem Recht getan, denn Piatypus hat unter allen Rhynchophoren eine Ober-
lippe und reiht sich dadurch neben die Anthribidae, entfernt sich dagegen von
den Cossonidae^ Scolytidae, Curculionidae, Attelabidae und Apionidae.'-'-
„Es kann nach dieser Erkenntnis kein Zweifel mehr aufkommen, daß die
Platypidae und Scolytidae als zwei weit getrennte Familien der Rhynchophora auf-
gefaßt werden müssen, und nicht in einer Familie zusammengefaßt werden
dürfen. Die Scolytidae oder „Borkenkäfer" behalten also in diesem Sinne den Rang
einer Familie."
„Was nun die bisher versuchte Einteilung dieser engeren Borkenkäfer (ohne
Piatypus) betrifft, so kommt auch hierin Eichhoff in seiner Ratio usw. der syste-
matischen Logik am nächsten, indem er die ^,Tomicinen'-'- in 14, darunter 6 ein-
heimische, Unterfamilien getrennt hat. Dazu kämen noch, da Chapuis die
übrigen Borkenkäfer als Mitarbeiter Eich hoff s bearbeitet hat, für die Einheimischen
die 4 Subtribus [Hylesinidae , Phloeotribidae , Polygraphidae und Scolytidae verae
= Eccoptogaster) hinzu, wodurch für die einheimischen Borkenkäfer im ganzen
6 + 4 = 10 Gruppen entstehen würden. Diese 10 Gruppen von Eichhoff-
Chapuis stellen in der ganzen bisherigen Literatur dasjenige dar, was sich am
meisten einem natürlichen logischen System der Borkenkäfer nähert. Allerdings
enthält auch dieses System noch wirkliche große Fehler. So sind die Zusammen-
stellungen von Liparthrum, Chryphalus, Ernoporus, Trypophloeus unter Cryphalidae,
von Taphrorychus mit Pityographus ^ und die Erhebung der Phloeotribidae zum
Rang einer mit den Polygiaphidae und Eccoptogasteridae gleichwertigen Gruppe
ganz verfehlt, dagegen zeigt es von hohem systematischem Takt, daß Eichhoff
die Gattung Crypturgus zur Unterfamilie erhoben, ebenso Xyleborus und Xylotetus
als Unterfamilie getrennt hat. Es läßt sich nicht verschweigen, daß alle Neue-
rungen seit Eichhoffs und Chapuis' systematischen Versuchen erhebliche Ver-
schlechterungen darstellen."
Das System Nüßlins.
Eine wesentliche Vertiefung hat die Borkenkäfersystematik durch Nüßlin
(191 1 und 12) erfahren, der alle äußeren (morphologischen) und inneren (ana-
Ipidae (Scolytidae). — Das System. Adi
tomischen) Merkmale berücksichtigte und auf Grund dieser eingehenden Unter-
suchungen eine Klassifikation der Borkenkäfer auf phylogenetischer Basis zu
schaffen versuchte. Nüßlins System ist zweifellos das wissenschaftlich
am besten begründete, da es auf breiterer Grundlage beruht.
Als besonders wichtiges Merkmal von höchstem diagnostischem Wert be-
trachtet Nüßlin den Bau, bezw. die chitinisierten Innenteile des sogenannten
Kaumagens. Er folgt darin R. Lindemann, der schon 1875 ^^^ ^^^ hohen
systematischen Wert dieses Merkmals hingewiesen hat.
Der Kauraagen (Proventriculus) ist zwischen Speiseröhre und Magen der-
art eingeschaltet, daß er den hinteren Abschluß des Vorderdarmes darstellt, der
eine kurze Strecke in den vordersten Teil des Mitteldarmes eingestülpt erscheint
und, je nach den Gruppen, im
Prothorax bis Metathorax gelegen
ist. Schon bei der Larve findet
sich hier eine homologe, in den
Mitteldarm eingestülpte Verbreite-
rung des Vorderdarmendes. Bei
der Imago gleicht er einem Sack,
der am hinteren Ende in 8 Teile,
in die Kauapparate Lindemanns
(Abb. 214), zerlegt ist. Darnach
Abb. 214. Ein Teil des Kaumagens von Carpnob.
unterscheiden wir im Proventn- minimus F. — Aus Nüßlin.
culus 2 Abschnitte: den vorderen
„Sack", der nach vorne in den Oesophagus übergeht und den hinteren „Kau-
magen" (im engeren Sinne), der sich nach hinten durch die Verengerung des
Rüssels in den Magen (Mitteldarm) sich einstülpt. Der Kaumagen besteht der
Quere nach aus 8 Kauapparaten; jeder der letzteren wieder aus einem vorderen
„Plattenteil" und dem hinteren „Ladenteil" (Abb. 215).
Der Ladenteil besteht bei allen Borkenkäfern aus paarigen „Bürsten".
Der vordere Anfangsteil der Bürsten enthält verschieden geformte zugespitzte
Stäbe, die als „Sperr borsten" bezeichnet werden. Diese sowohl als auch die
Borsten der Bürsten können mit schmalen stabartigen Teilen beginnen, deren
schiefe und reihenweise Anordnung die steilen „Abdachungen" der Ladenteile
bilden. Vor dem Übergang der basalen Abdachungsstäbe in die Bürsten können
zahnartige Fortsätze, die „Abdachungszähne", vorkommen.
Der Plattenteil kann paarig, durch eine Trennungslinie (die „Mediane")
geschieden (Abb. 215, b u. c), oder auch unpaar (Abb. 215, a) sein. An seinem
Hinterende finden sich häufig sogenannte „Haken zahne", vor diesen und ecken-
wärts besondere Borsten, die „Ersatz sperrborsten". An den Platten können
quere Chitinleisten oder Querreihen von Chitinzähnchen auftreten ; in diesen Fällen
können in schiefen Reihen angeordnete Zahnbildungen vorkommen, welche an die
Abdachungszähne am Ladenteil erinnern. Die Zähne bilden markierte, nach
vorne zu divergierende Linien, welche als „Kreuz linien" bezeichnet werden
(Abb. 215, Kr.).
462
Coleopteia. — 7. FamUienreihe : Rhynchophora.
Als weiteres, sehr brauchbares Merkmal hat Nüßlin die Bildung der
Hinterflügel herangezogen. Er zeigte, daß in der Form, im Geäder, Gelenk-
bildung usw. große Unterschiede bestehen, die sich systematisch sehr gut ver-
werten lassen. Vor allem lassen sich 2 Gruppen unterscheiden, je nachdem die
Flügel an ihrer Basis gelappt (Lappenflügel) und ungelappt (Ganzrandflügler) sind,
Erst.
Abd.
Sp.
Kr.
Z. u.
Z, s.
Abb. 215. Kauapparat von verschiedenen Kaumägen. a Myel. piniperda L., b Cryphalus piceae
Rtzb., c Ips typographus L., d Xyloterus signatus F. — Abd. Abdachung, Abdz. Abdachungs-
zähne, Erst. Eürsten, Esp. Ersatzsperrborsten, Hkz. Hakenzähne, Kpl. Kauplatte, Kr. Kreuzlinie,
Z. m. Zähne am medianen Kauplattenrand, Z. s. Zähne im Sack, Z. u. Zahnreihe im unpaaren.
Ansatz. — Aus Nüßlin.
sodann kommt es viel darauf an, ob die Flügel an der Basis schmal oder breit,
von ein, zwei oder drei Adern gestützt sind, ob das Gelenk in Y^ oder ^/g der
Flügellänge gelegen ist usw. (Abb. 216).
Ferner werden die Geschlechtsorgane eingehend berücksichtigt, die so-
wohl im weiblichen wie im männlichen Geschlecht systematisch sehr brauchbare
Ipidae (Scolytidae). — Das System.
463
Merkmale abgeben. Im weiblichen Geschlecht (Abb. 217) sind vor allem
wichtig: die Kittdrüsen (ob fehlend oder vorhanden, ob paarig oder unpaar,
ob groß oder klein, kugelig oder zylindrisch), ferner Begattungstasche (fehlend oder
vorhanden, gut ausgebildet oder rudimentär usw.) und Receptaculum seminis mit
Samengang und Anhangsdrüse (Form und Größe des Receptaculums, Länge des
Samengangs, ob letzterer getrennt von der Begattungstasche mündet oder in diese,.
Abb. 216. Hinterflügel verschiedener Borkenkäfer, a Hyles. fraxini Pz. (Ader III = Media,
Basalteil der Flügel breit und durch 2 Adern IV ' und IV ^ gestützt) ; b Polygraphus poligraphus L.
(Basalteil breit, mit Einkerbung, mit 2 Adern IV ^ und 1V-); c Pityophth. micrographus L.
(Basalteil ohne Adern, gelappt, „Lappenflügel"). — Aus Nüßlin.
oder ob letztere funktionell durch den verbreiterten Basalteil des Samengangs er-
setzt wird).
Die männlichen Geschlechtsorgane (Abb. 218) bestehen aus den
paarig angelegten Hoden, den paarigen Vasa deferentia, welche am distalen
Ende die „Zunge" und einen paarigen oder unpaaren Drüsenschlauch (Schleim-
drüse) entwickeln. Die „Zunge" enthält die Mündungen des letzteren sowie des
Vas deferens und tritt in zentrale Verbindung mit dem vorderen becherförmig
verbreiterten Ende („Becher") des Ductus ejaculatorius. Zwischen dem.
464
Coleoptera. — 7. Familien reihe: Rhynchophora.
verdickten Becherrand und dem oberen Umfang der Zunge hat sich eine mantel-
artige Hülle gebildet („Mantel"). Die Zunge, der Becher und der Mantel sind
Abb. 217. Weibliclie Geschlechtsorgane, von a Hyles. fraxini Pz., b Cryphalus piceae Rtzb. —
Anhd. Anhangsdrüse, Begt. Begattungstasche, Comp. Compressionsmuskel , Corp. Corpora
lutea, Kittd. Kittdrüse, Rec. Receptaculum , Samg. Samengang, Sp. Sperma in den Eikelchen,
Sp. V. Spiculum ventrale, Ut. Uterus, Vagp. Vaginalplattenreste, 8 St. Reste der 8. Ventralplatte,
8 Trg. 8 Dorsalplatte, — Aus Nüßlm.
Abb. 218. Männliche Genitalorgane von a Myel. piniperda L., b Cryphalus piceae Rtzb.,
c Crypturgus cinereus Hbst. A Aufsatz, B Becher, Dej. Ductus ejaculatorius, E. pl. Endplatten,
Fü. Füßchen, Ga. Gabel, H. Hoden, Ma. Mantel, Schi. Schleimdrüsen, Sp. g. Spiculum gastrale,
Vd. Vas deferens, Z Zunge. Bei der Abb. b ist nur i Hoden gezeichnet; auffällig ist hier der
lange Peniskörper; bei der Abb. c ist der langgestreckte, dem Ovar ähnliche Hoden und der
kurze Ductus ejaculatorius besonders bemerkenswert. — Aus Nüßlin.
Ipidae (Scolytidae). — Das System.
465
Stark kontraktil und dienen zur Regulierung des Austritts von Samen und Schleim-
drüsensekret. Der Ductus ejaculatorius wird bald unpaar und tritt nach ver-
schieden langem Verlauf mit dem Penis in Verbindung. Die Form des Hodens
(länglich, ovarienähnlich, viereckig, rundlich, rosettenförmig), die Bildung des Vas
defere'ns, Form der Schleimdrüse (paarig oder unpaar), Gestalt, Größe, Stellung
des Bechers und vor allem des Mantels, Länge und Gestalt des Ductus sind
von Gruppe zu Gruppe verschieden und stellen konstante, systematisch höchst
wichtige Unterscheidungsmerkmale dar. i)
a h c
Abb. 219. Männlicher Begattungsapparat von a Pit. bidentatus Hbst , b Ips duplicatus Sahlb.,
•c Myel. piniperda L. End Endplatten, Fü Füßchen, G, Ga Gabel, Kö Körper, Ri Rinne,
St Stengel (Spiculum gastrale). — Nach Lindemann.
Noch mannigfaltiger in Gestalt und Aufbau als die inneren männlichen Ge-
schlechtsorgane ist das Chitinskelett der männlichen Begattungapparate
(Abb. 219). Schon im Jahre 1875 hat Lindemann (1875) in einer vortreff-
lichen Studie auf die hohe Bedeutung dieses Apparates für die Borkenkäfer-
systematik hingewiesen; aber erst durch Nüßlin und G. Fuchs (191 1 u, 1912)
wurden diese Studien wieder aufgegriffen und vervollkommnet. Der männliche
Apparat ist ungemein kompliziert gebaut und es bedarf schon gründlicher Ver-
tiefung, um sich zurechtzufinden. Wir haben an ihm zu unterscheiden (Abb. 219):
^) Es ist allerdings dabei zu berücksichtigen, dal5 verschiedene Teile der Geschlechts-
organe je nach dem Reifezustand des betreffenden Individuums in ihrer Größe sehr verschiedaa
«ein können (^vgl. Bd. I, S. 113).
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 3°
466
Coleoptera, — 7. Familienreihe: Rhyncliophora.
1. Zwei Hüllen, eine äußere und eine innere. Die erstere umfaßt ge-
wöhnlich die innere in Form einer „Gabel". Die innere (von Lindemann „Körper"
genannt) stellt den eigentlichen Penis dar; bei einigen Gattungen bildet er eine
gleichmäßig chitinisierte geschlossene Röhre, in weitaus den meisten Fällen da-
gegen ist er dorsal ohne stärker chitinisierten Schluß, es findet sich hier eine
zarte Haut, in die allerdings verschieden geformte Chitinplatten („Endplatten")
eingelagert sein können. Von der Basis der Peniskörper ragen nach vorne in
den Körper des Käfers hinein zwei längere dünne Fortsätze, die mitunter doppelt
so lang sein können als der Penis und die als „Füßchen" bezeichnet werden;
die sind entweder mit dem Körper fest verwachsen oder aber gelenkig verbunden.
2. Die Einlagen in die Hüllen: sie sind um den Ductus ejaculatorius
herumgelagert und können in einen „medianen unpaaren" und „seitlich paarige"
Schi.
Mal.
Schi.
Mal.
Abb. 220. a Mitteldarm von Hyl. fraxini Pz. mit zahlreichen Schlauchdrüsen (Schi.) vor den
6 Malpighischen Gefäßen (Mal.); derselbe von Anisandrus dispar F. mit nur i Paar Schlauch-
drüsen (Schi.). — Aus Nüßlin.
Teile zerfallen. Der erste, „Rinne" genannt, hat den Ductus in seinem Verlauf
durch die Penisröhre hindurch zu stützen. Die letzteren dienen wohl gleichfalls
als Stütze des zum „Präputialsack" erweiterten Endabschnitt des Ductus, der
übrigens auch fehlen kann.
3. Das Spiculum gatrale (auch „Stengel" genannt), ein Chitinstab von
verschiedener Form, der außerhalb der Hüllen meist seitlich gelegen ist, und
wohl zur Hervorziehung und Rückziehung und als Stütze des Penis dient, i)
') Lindemann faßt die beiden Hüllen („Gabel" und „Körper") und den Stengel als
„primäre Bestandteile" zusammen und die Einlagen (die er als „Aufsatz" bezeichnet) als
„accessorische Bestandteile".
Ipidae (Scolytidae). — Das System. 467
Alle die hier genannten Bestandteile sind ungemein mannigfaltig gebaut
und lassen sich systematisch sehr gut verweiten sowohl für Gattungen und
Gattungsgruppen als vor allem für Arten. Die beiden Hüllen („Körper" und
„Gabel") und der „Stengel" (die „primären Teile" Lindemanns) fehlen keinem
Borkenkäfer und zeigen auch in größeren Gruppen einen mehr oder weniger
gleichartigen Bau, während die Einlagen (die accessorischen Teile oder der „Auf-
satz" Lindemanns) ganz oder teilweise fehlen und selbst innerhalb einer Gattung
die größten morphologischen Unterschiede zeigen können (vergl. den verschiedenen
Bau der Rinnen in Abb. 219 a — c).
Auch den Darmkanal (Abb. 220) hat Nüßlin systematisch zu verwerten
gesucht. Die Länge des ganzen Daimtraktes (im Verhältnis zur Körperlänge) und
vor allem der Bau des Mitteldarmes (Fehlen oder Vorhandensein und Zahl von
Schlauchdrüsen und Divertikel) bilden systematisch wichtige AnhaUspunkte.
Schlauchdrüsen (Abb. 220, Schi.) treten bei allen Gattungen auf, jedoch in sehr
verschiedener Zahl (von i — 8 Paar). Divertikel fehlen bei einer Reihe von
Gattungen {Eccoptogaster^ echten Hylesinen, Holzbrüter), bei anderen fips) kommen
sie in größerer Zahl (38 Paare), bei wieder anderen in geringere Zahl (8 bis
20 Paare) vor. i)
Daneben hat Nüßlin natürlich auch die zahlreichen äußeren Merkmale,
wie Fühler, Flügeldecken, Bau der Tarsen usw. so weit als möglich berück-
sichtigt.
Auf Grund der gesamten inneren und äußeren Morphologie hat Nüßlin
ein System aufgestellt, nach welchem die Familie der Ipidae (exkl. Platypidae)
in 15 mehr oder weniger gleichwertige Kategorien (Unterfamilien) eingeteilt wird:
I. Unterfamilie Eccoptogasterinae.
3. Tarsalglied herzförmig, 2 lappig, Flügeldecken gerade bis zur Spitze verlaufend, nicht
herabgewölbt, stets einfach behaart. Flugflügel sehr lang mit dem Gelenk in '/^ der Länge,
ganzrandig. Bauchprofil vom 4. Segment (2.) an plötzlich treppenförmig aufwärtssteigend. Fühler-
keule ganz eigenartig, mit kleinem schuppenförmigem Basalglied; 7gJiedrige Geißel. Kaumagen
einzigartig mit kräftigen, in der Mediane knopfartig zusammenstoßenden Platten, keine eigent-
lichen, d. h. aufeinandergelegten Bürsten, ohne Sperrborsten bezw. mit einer Lücke an dieser
Stelle; Darmtrakt ohne Divertikel, Mitteldarm daher sehr kurz, nur mit Schlauchdrüsen; Kinn
relativ kurz, erstes Lippen tasterglied auffallend groß. $ Genitalien mit großer Bursa, aber ohne
Kittdrüsen. (^ Genitalien mit rosettenförmigen Hoden, Penis ganz eigenartig mit flacher platten-
förmiger Gabel ohne Spangen, Aufsatz kaum entwickelt, Präputialsack vorhanden, kegelförmig
grob bezahnt. 7 Stigmen. 8. $ Tergit schwach und untergetaucht, Spiculum ventrale, Reste
des 8. 2 Sternits und der Vaginalpalpen deutlich vorhanden.
Monogam. Laubholzarten. Einarmige Längsgänge, selten Ouergänge. Jungkäfer ohne
Geschlechtslatenz.
2. Unterfamilie Hylesininae.
3. Tarsalglied 2 lappig, Flügeldecken am Hinterende herabgewöibt, seltener einfach be-
haart, meist beschuppt. Flugflügel mit wohlentwickeltem Basalleil , Gelenk in V-, Länge, ganz-
randig. Fühlerkeule immer deutlich geringelt oder scharf gegliedert, -Geißel 5 — jgliedrig. Kau-
') Es bestehen hier deutliche physiologische Relationen : die von Säften und Pilzen sich
nährenden Borkenkäfer („Splintkäfer", Holzbrüter) haben kurzen Mitteldarm ohne Divertikel,
während die Bast- und Borkenbrüter zur Bewältigung bezw. besseren Verarbeitung der umfang-
reichen, aber nährstoffarmen Nahrung einen langen, hochkomplizierten Mitteldarm mit zahlreichen
Divertikeln und Schlauchdrüsen besitzen.
30*
468 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
magen fast einzigartig, immer statt der paarigen Platten mit „unpaarem Ansatz" mit querreihigen
Chitinzähnchen ; Mitteldarm ohne Divertikel und kurz. Kinn meist herzförmig und kurz, seltener
schwach verlängert, viereckig, i. Lippentasterglied groß. $ Genitalien mit sehr großer Bursa,
und großen Kittdrüsen, (J Genitalien mit rosettenförmigen Hoden, engem Becher und weitem
Mantel. Penis mit Präputialsack, meist mit deutlichen unpaaren und paarigen Aufsatzieilen.
5, 6 oder 7 Stigmen. 8. 5 Tergit frei oder bedeckt, vom 8. 9 Eternit meist unpaare, selten
paarige Reste zeigend, Spiculum ventrale sehr selten {Hylastinus^ Phloeosinus, Xylechinus)^
Vaginalpalpenreste nur bei Hylesinus. Alle monogam. Laubholz- und Nadelholzarten. Einarmige
Längsgänge oder (meist) doppelarmige Quergänge, ausnahmsweise Plätzfraß. Geschlechtslatenz
und in der Folge einjährige Generation vorherrschend.
3. Unterfamilie Gry pturginae.
3. Tarsalglied ungelappt, zylindrisch. Flügeldecken hinten herabgebogen, einfach behaart,
alternierende Reihen von größeren Gruben mit kleinen Tasthaaren und kleinen Gruben mit
größeren gezähnelten Haaren. Flugflügel ganzrandig. Basis sehr schwach mit breiter konkaver
Bucht (einzigartig), trotzdem mit gerader Ader IV, mit sehr langen basalen Wimpern. Körper
langgestreckt. 4. Tarsalglied deutlich. Fühlerkeule ungeringelt, derb, oval-eckig, Geißel zwei-
gliedrig. Alle Hüftenpaare zusammenstoßend. Kaumagen mit sehr kurzem unpaarem Ansatz
mit wenig Querreihen ; Mitteldarm mit 2 Paar langen Schlauchdrüsen und zahlreichen Divertikeln ;
Unterlippentaster mit gleichlangen Gliedern. ^ Genitalien mit kleinen Kittdrüsen, großer Bursa,
Anhangsdrüse in der Mitte ansitzend. (^ Genitalien mit langgestreckten paarigen, den § Keim-
fächern ähnliche Hoden, die kleinen Becher fast direkt dem unpaaren Ductus ejaculatoriiis auf-
sitzend, letzterer sehr kurz und breit, Mantel geräumig; Peniskörper winzig und primitiv mit ge-
rolltem unpaarem Aufsatz oder ohne Aufsatz, Spiculum gastrale terminal verästelt, Präputialsack
fehlt. 7 Stigmen. 8. ^ Tergit frei und chitinisiert, 8. 5 Sternit klein plattenartig. Meist
Brutparasit, an Nadelholz. Mit sehr ursprünglichem und sehr gemischtem Charakter.
4. Unterfamilie Hypoborinae.
Flügeldecken mit großen umwallten Gruben in Reihen, die vorn gezähnelte Tasthaare
tragen, in den Zwischenreihen bandförmige gestreifte und gezähnelte Schuppen, Ganzrandflügler
mit schmaler langbewimperter Basis ohne Ader IV. Körper klein, kurz, hylesinusartig. Mittel-
hüften voneinander getrennt. 4. Tarsalglied kaum sichtbar. Fühlerkeule zusammengedrückt, ver-
hüllt, d. h. auf der Innenfläche ohne oder mit weniger Haarreihen als auf der Außenseite, Geißel
4 — 5 gliedrig. Kaumagen mit paarigen, wie aus Schuppenreihen zusammengesetzten Kauplatten.
Kurzer Mitteldarm mit I Paar langer Schlauchdrüsen und ca. 8 Divertikelpaaren. Lippentaster-
glieder ungefähr gleichlang, Kinn länglich. $ Genitalien mit sehr großer, tief von der Scheide
getrennter Bursa, Kittdrüsen scheinbar an der Basis der Bursa einmündend, Anhangsdrüse mündet
unmittelbar neben dem glockenartig erweiterten Samengang. 1^ Genitalien mit nahe am unpaaren
Ductus ejaculatorius stehenden Kelchen, oberständigem Mantel, median stark verdicktem Ductus
ejaculatorius^ Penis sehr einfach, ohne Aufsatz, ohne Endplatten, mit ringförmiger Gabel.
5. Stigmen. 8. $ Tergit vorragend, stark chitinisiert. 8. § Sternit mit zarter Platte und langem
Spiculum ventrale. Monogam. Polyphag.
5. Unterfamilie Ernoporinae.
Flügeldecken mit Grubenreihen mit Tastborsten, dazwischen Reihen von Schuppen mit
gezähneltem Rand. Unterflügel ähnlich wie bei Hypoborus. Körper klein hylesinusartig und
zugleich cryphalusartig. Mittelhflfteu getrennt. 4. Tarsalglied sehr entwickelt. Fühlerkeule zu-
sammengedrückt mit gerundeten Querreihen von Haaren, Geißel 4gliedrig. Kaumagen mit
hylesinenartigem, querreihigem, unpaarem, aber nach vorn durch Chitin isierung scharf abgesetztem
Ansatz, Mitteldarm mit 2 Paar Schlauchdrüsen und 8 Paar Divertikeln (tihae), Kinn länglich,
die 3 Lippen tasterglieder fast gleichlang. 5 Genitalien ohne Kittdrüsen mit goßer Bursa,
knotigem Übergang des Receptaculums in den Samengang. (^ Genitalien mit paarigen länglichen
Hoden, vas deferens zu kolossalen Samenbehältern anschwellend (ähnlich Hypoborus), Kelch und
Mantel klein, Ductus ejaculatorius gleich breit in den Penis eintretend, Penis ohne deutlich
abgesetzte Füßchen mit paarigem dorsal umgebogenem nach hinten zugespitztem Aufsatz, Gabel
sehr klein. 5 Stigmen. 8. 2 Tergit schwach entwickelt, nur mit kurzem chitinisiertem Rand
vorsehend. 8. § Sternit ein Schild an der Basis der Bursa bildend. Monogam. Quergänge.
Laubholz.
6. Unterfamilie Cryphalinae.
Flügeldecken mit Gmbenreihen und mit leicht gezähnelten Haaren oder (stellenweise) ohne
beide, in den Zwischenreihen mit kurzen gezähnelten Schuppen. Unterflügel ähnlich Ernoporus,
jedoch mit zahlreichen Borsten am basalen Vorderrand. Gestalt hylesinusartig, jedoch mit halb-
Ipidae^(Scolytidae). — Das System. 469
kreisförmigem Halsschild, das am Vorderende in einem Halbrund Zähnchen trägt. Mittelhüften
weit getrennt. 4. Tarsalglied sehr klein, 3. Tarsalglied der Vorderbeine leicht herzförmig. Fühler-
keule durch deutliche Einschnitte geringelt, Geißel 4gHedrig. Kaumagen mit großen Platten,
sehr langen, oft am Ende gegabelten Sperrborsten; Mitteldarm mit 4 (2 Paar?) Schlauchdrüsen
und 12—14 Paar Divertikeln, sehr lang, Kinn länglich, die 3 Lippentasterglieder etwa gleich-
lang. 5 Genitalien mit großer unpaarer Kittdrüse, ohne Bursa, Receptaculum und Anhangs-
drüse rudimentär verkümmert, die vereinigten Eikelche zum Reservoir für die Samenmasse
umgebildet; (J Genitalien mit fast direkt dem unpaaren Ductus ejaculatoriiis ansitzenden
Kelchen mit engem Mantel, Ductus ejaculatorius sehr lang, der untere Teil innerhalb einer
Muskelhülle schneckenförmig aufrollbar, Penis enorm gestreckt, ohne Aufsatz, mit Endplatten,
Gabel ringförmig mit zwei parallelen Zapfen, ohne Präputialsack. 7 Stigmen. 8. $ Tergit ver-
deckt, sehr schmal, mit dem schmalen 8. 9 Sternit zu einem Segmentring verbunden. Spiculum
ventrale deutlich. Monogam. Plätzgänge. Eiablage haufenweise. Nadelholzarten.
7. Unterfamilie Polygraphinae.
Flügeldecken mit undeutlichen und unregelmäßigen Grubenreihen, mit einfachen Tasthaaren,
dazwischen in Reihen stehende, lange breite Schuppen. Ganzrandflügel mit stumpfwinkehger
Bucht an der Stelle der Lappenbucht, breiter Basis mit Ader IV ^ und IV '-. Gestalt hylesinus-
ähnlicb. Mittelhüften weit getrennt. 4. Tarsalglied deutlich. Fühlerkeule ungeringelt, solid zu-
sammengedrückt und unsymmetrisch (erinnert an Xyloterus und Crypturgus), Geißel 5gliedrig.
Kaumagen mit kräftigen Kauplatten, in der Mediane nach vorn stark divergierend, mit starken
gekrümmten Randzähnen (Taphrorychus-ähnlich), Mitteldarm reich an Schlauchdrüsen (ca. 8 Paar)
und Divertikeln (ca. 20 Paar) sehr lang, nur von J^s- Arten übertroffen, Kinn länglich, erstes
und zweites Lippentasterglied ungefähr gleich. 9 Genitalien mit großer Bursa, sonst normal,
Anhangsdrüse in der Mitte mündend; J Genitalien: Becher unterständig und fast dem un-
paaren Ductus ejaculatorius aufsitzend, Mantel geräumig, Schleimdrüse unpaar, Ductus ejacu-
latorius kurz und breit in den Penis übergehend, Penis mit unpaarer Rinne, sonst an Hylesinen
erinnernd. 7 Stigmen. 8. $ Tergit bedeckt, weich. 8. Sternit leistenartig mit medianem Vor-
sprung. Polygam. Sterngänge. Polyphag.
8. Unterfamilie Carphoborinae.
Flügeldecken mit nahe in Reihen stehenden Gruben mit Tasthaaren, zwischen den Reihen
kleine Schuppen (minimus). Lappenflügel mit Gelenk in 35 — 41 "/„ der Länge und mit gerade
laufender Ader IV. Gestalt auffallend hylesinusartig. 4. Tarsalglied deutlich. Fühlerkeule oval-
viereckig, durch deutliche Einschnitte geringelt, Geißel 5gliedrig. Kaumagen mit paarigen, in
der Mitte nach vorn ausgeschweiften, auf der medianen Hälfte querreihig gekerbten Kauplatten,
die basalen Sperrborsten auffallend bogenförmig quer und nach vorn gekrümmt, Mitteldarm kurz,
jedoch mit 3—5 Paar Schlauchdrüsen und ca. 7 Paar Divertikeln. Lippentasterglieder etwa
gleichlang. ^ Genitalien normal, Anhangsdrüse in der Mitte mündend; (;^ Genitalien: Becher
ziemlich lang gestielt, von mäßig großem Mantel, Mantelhöhle zur Reifezeit mit eiweißarligen
festen Massen, Sperma dringt in die Mantelhöhle. Ductus ejaculatorhis lang, gleichbreit in den
Penis eintretend, Penis primitiv mit kleinem Körper, schmalen Endplatten und unpaarer un-
gerollter Rinne, die hinten in eme Spitze übergeht, Gabel oft undeutlich halbringförmig.
5 Stigmen. 8. 9 Tergit chitinisiert frei, 8. $ Sternit paarig und behaart. Polygam. Stern-
gänge. Polyphag.
9. Unterfamilie Trypophloeinae.
Flügeldecken mit undeutlichen Grubenreihen, alternierend mit dichtgestellten, gezähnelten
Schuppen. Lappenflügler mit zart chitinisierter konkaver Ader IV, Fransen beginnen schon im
Lappeneinschnitt. Gestalt cryphalusartig, mit vorderer Halsschildskulptur. 4. Tarsalglied sehr
deutlich. Fühleikeule langgestreckt, verhüllt 3gliedrig, Geißel Sgliedrig. Kaumagen mit rudi-
mentärem Kauplattenteil, Mitteldarm relativ kurz, mit 2 — 3 Paar Schlauchdrüsen und 8 Paar
Divertikeln, die groß und sowohl an der Basis als an der Spitze verengt sind. Kinn länglich,
I. Lippentasterglied am größten. 9 Genitalien: Kittdrüsen auff"allend groß, Samengang kurz und
distal stark erweitert, Anhangsdrüse nahe am Ende mündend; (J Genitalien: Becher klein, vom
Mantel umfaßt (hylesinenartig), Ductus ejaculatorius kurz, gleichbreit in den Penis eintretend
und ihn bis nahe zum Ende durchziehend, Penis einfach, hinten mit dorsalen stark von Poren
durchsetzten Stücken, Lindemanns Endplatten, zwischen diesen ein Paar Stäbe, Gabel über die
Hälfte den Penis umfassend. 5 Stigmen. 8. 9 Tergit bedeckt, nur hinten schwach hellgelb
chitinisiert, 8. 9 Sternit zart dreieckig mit Spiculum ventrale. Monogam. Laubholzgattung.
.jQ Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
10. Unterfamilie Pityophthorinae.
Flügeldecken nur mit Haaren, ohne Schuppen, zahlreichen Grubenreihen mit Tasthaaren
in der Mitte der Gruben, Haare nach hinten größer und schwach gefiedert, zwischen den Reihen
einfache Lochpunkte. Lappenflügler mit kleinen zungenförmigem Lappen ohne Ader IV. Körper
länglich, tomicinenartig, im J und 5 Geschlecht hinten mit Furchen. Fühlerkeule läng-
lich, durch Einschnitte geringelt, Geißel Sgliedrig, alle Hüftpaare zusammenstoßend. Schienen
linear. Tarsen mit deutlichem 4. Glied. Kaumagen mit paarigen median nach vorn stark diver-
gierenden, auf der Fläche querreihig gekerbten Platten (ähnlich Carphoborus). Mitteldarm relativ
kurz, jedoch mit ca. 3 Paar Schlauchdrüsen und 11 Paar Divertikeln. Langes Kinn, Lippen-
tasterglieder wenig an Länge verschieden. 5 Genitalien mit kleinen Kittdrüsen, kleiner Bursa
und einem aufgerollten stellenweise chitinisierten und zu einer Chitinerweiterung angeschwollenen
Samengang, Anhangsdrüse in der Mitte einmündend, J Genitjilien mit unterständigem Becher,
kleinem aufsitzendem Mantel, unpaarer Schleimdrüse und langem fast gleichbreiten Ductus eja-
culatorius, der breit in den Penis eintritt und ohne Präputialsack mit hinter dem Körper vor-
stehender Röhre endet, Gabel ringförmig geschlossen. 7 Stigmen. 8. $ Tergit bis auf zarte
Reste rückgebildet. Vom 8. 5 Sternit bleibt ein Rest des Spiculums übrig. Polygam. Stern-
gänge. Nadelholzarten. (^ reinigt (EichhofT) die Brutgänge nicht. $ mit gelblicher Stirnbürste.
II. Unterfamilie Xyloterinae.
Flügeldecken mit rudimentären Grubenreihen, alternierend damit Reihen gewöhnlicher
Haare, Lappenflügler mit stark erweitertem Apikal- und Wurzelfeld, mit Adern IV^ und IV^
Ader I reicht fast bis zur. Spitze. Fransen fehlen. Gestalt mehr hylesinusartig, doch mit ver-
stecktem Kopf. Alle Hüftenpaare aneinanderstoßend. Tarsen mit deutlichem 4. Glied, Glieder
I — 3 breit und kurz. Fühlerkeule solid, kompreß, fast dreieckig, mit einem vorstehenden
AVinkel, Geißel 4gliedrig. Kaumagen nur mit Bürsten, deren chitinisierte Basis unpaar nach
vorn vorspringt, Mitteldarm kurz mit nur einem Paar langer Schlauchdrüsen, Kinn länglich, die
3 Lippentasterglieder ca. gleichlang und auffallend kurz, das Endglied längsgestreift, die Unter-
kieferladenzähne schwach 5 Genitalien mit großen kugeligen Kittdrüsen, ohne Bursa, Anhangs-
drüse gegen das Ende einmündend; J Genitalien: Becher kurzgestielt, unterständig, Mantel klein,
Ductus ejaculatorius mäßig lang, gleichbreit. Penis hylesinenartig, mit unpaarem und paarigem
Aufsatz. 6 Stigmen. 8. $ Tergit klein versteckt. 8. $ Sternit ein schmaler Chitinstreifen auf
der Scheide. Monogam. Nutzholzkäfer mit Leitergängen. Polyphag. Imagines leben von Saft
und Pilzen, Larven teils von Holz, teils von Saft.
12. Untertamilie Dryocoetinae.
Flügeldecken verschieden. Lappenflügler, das Gelenk normal in Vt^ der Länge. Gestalt
verschieden. • Fühlerkeule deutlich verhüllt, Geißel sgliedrig. Kaumagen mit sehr kräftigen
median stark gezähnten Platten, ohne eigentliche Abdachungszähne, Mitteldarm lang mit 3 bis
4 Paar Schlauchdrüsen und 9 — 12 Paar Divertikeln. $ Genitalien mit kleiner Bursa, kleinen
Kittdrüsen, kurzem Samengang, Anhangsdrüse in der Mitte einmündend, cf Genitalien: Becher
mit strahlenartigen Fortsätzen des Lumens, um welche sich die Lappen des rosettenförmigen
Mantels gruppieren, Ductus ejaculatorius nach unten zu stellenweise verdickt, Penis mit kurzen
kräftigen Füßchen, die Rinne vorn und hinten aus dem Körper vorragend, vorn mit einem
elastischen Bogen fest ansitzend, hinten gabelig geteilt, der elastische Bogenteil dient zum Heraus-
schnellen des Gabelendes, Ductus ejaculatorius mündet ohne Präputialsack in dem zugespitzten
Gabelende. 6 Stigmen. 8. 9 Tergit stark chitinisiert und frei. Monogam in Laubholz und
Nadelholz.
13. Unterfamilie Xyleborinae.
Flügeldecken mit Reihen von Gruben, die Tasthaare von Grubenlänge tragen, alternierend
längere Haare und kleinere Gruben. Lappenflügel ($). J Flügel verkümmert. Gestalt gestreckt
(außer dispar ^), Halsschild vorn gerunzelt, hinten glatt oder fein punktiert. Tarsen schlank-
gliedrig. 4. Tarsalglied deutlich. Fühler wie bei Unterfamilie 12. Kaumagen nur aus Bürsten
und Sperrborsten bestehend, Chitinbasis (im Gegensatz zu Xyloterus) mit paariger Veranlagung,
Mitteldarm nur mit 1 Paar Schlauchdrüsen, trotzdem lang. $ Genitalien: längliche Kittdrüsen,
keine getrennt mündende Begattungstasche, dafür ist die Basis des langen und mehrfach auf-
gerollten Samengangs zur Aufnahme des Penis angeschwollen, Receptaculum birnförmig, rötlich-
braun und ohne Chitinquerstreifen, Anhangsdrüse mündet stielförmig unmittelbar neben dem
Samengang; (j" Genitalien wie bei Unterfamilie 12, aber mit unpaarer Schleimdrüse. Penis ähn-
lich wie bei Unterfamilie 12 mit bogenförmig vorn angesetztem Rinnenende, hinteres Ende paarig
Ipidae (Scolytidae). — Das System. ^-j i
oder unpaar. 6 Stigmen. 8. $ Stergit stark chitinisiert und frei. Begattung am alten Brutort.
Nur das 5 (flugfähig) begründet die Familie an neuem Brutort. Nutzholzkäfer. Eiablage
haufenweise. Brutgänge verschieden. Larven und Imagines leben von Säften und Pilzen.
14. Unterfamilie Thamnurginae.
Flügeldecken mit dichten, nicht immer regelmäßig verlaufenden Grubenreihen, meist mit
alternierend verlaufenden, längeren und kürzeren Haaren, bei Xyloeleptes Absturz mit Zähnen.
Lappenflügler. Gestalt gestreckt, tomicinenartig. 4. Tarsalglied deutlich. Fühlerkeule deutlich
(Thamnurgns) oder undeutlich {Lymantor, Xyloeleptes) verhüllt, Geißel 4- {Lymantor) oder
Sgliedrig. Kaumagen mit langem Bürstenteil und mehr oder weniger kurzem paarigem Platten-
teil, letzterer mit durchlaufenden oder nur in der medianen Hälfte entwickelten Kerbzähnchen-
reihen, Mitteldarm mit spärlichen (i— 2 Paar) Schlauchdrüsen und spärlichen (3 Paar) Divertikeln
(Lymantor nur mit unpaarer Schlauchdrüse, ohne Divertikel), 2. Lippentasterglied am längsten.
(^ Genitalien mit verwandter Penisbildung, kurzem einfachem Körper ohne Endplatten, langen
Füßchen, verschiedenartiger Rinne, ringförmiger Gabel, kurzem Spiculum gastrale; $ Genitalien
verschieden. 7 Stigmen. 8. $ Tergit stark chitinisiert frei, 8. $ Sternit reduziert, mit Spiculum
ventrale. Monogam. Brutgänge verschieden. Leben in Kräutern, Sträuchern und Laubhölzern.
15. Unterfamil'jie I]pji;nae.
Flügddecken mit Reihen großer umwallter Gruben mit kleinen Tasthaaren und alter-
nierenden Reihen einfacher Haare, hinten mit mulden- oder zweiteilig -rinnenförmigem Absturz
mit Zahnbildungen bei J und 5, oder nur beini (j". Lappenflügel. Gestalt typisch tomicinen-
artig, im einzelnen jedoch verschieden. Mit (ips) oder ohne (Pdyogenes) spitzem Fortsatz
zwischen den Vorderhüften, mit deutlichem 4. Tarsalglied. Fühlerkeule bald vollständig, bald
weniger vollständig verhüllt, Geißel 5gliedrig. Kaumagen mit großen homogen chitinisierten
Platten, mit Hakenzähnen und Sekundärsperrborsten und mit langen Abdachungszähnen, außer-
dem am Medianrand gezähnt, Mitteldarm lang mit zahlreichen Schlauchdrüsen und Divertikeln,
2. Lippentasterglied etwas länger als i. $ Genitalien ohne Bursa mit breitem Samengang;
cf Genitalien mit unterständigem Becher, kleinem Mantel und unpaaren Schleimdrüsen, Ductus
ejaculatoriits lang, stellenweise verdickt, Penis mit kompliziertem Körperbau, mit dem Körper
verwachsenen Endplatten, langen, losgelösten Füßchen, unpaarem verschieden gebildetem Aufsatz
ohne Präputialsack. 7 (6) Stigmen. 8. $ Tergit frei und kräftig chitinisiert. 8. $ Sternit eine
Querplatte. Polygam. Meist Sterngänge (außer larieis). Nadelholzbewohner.
Von diesen 15 Unterfamilien stv^llte Nüßlin in seinem Leitfaden die 11 forstlich in Be-
tracht kommenden in folgender dichotomischer Tabelle, teils auf inneren teils auf äußeren Merk-
malen basierend, dar.
I. Flügeldecken laufen im Längsprofil in fast gerader Linie nach hinten; ihre
Spitze ist nicht herabgewölbt, das Bauchprofil steigt vom 2. Segment an
plötzlich nach oben; Kopf von oben sichtbar, Halsschild sehr groß und
länglich. Schienen mit Haken am Außenende, 3. Tarsalglied herzförmig.
Monogam, nur in Laubholz, einarmige Lot- oder Quergänge
I. Unterfamilie Eceoptogasterinae
I a. Flügeldecken hinten mit der Spitze herabgewölbt, Bauchprofil niemals plötzlich
und steil nach oben aufsteigend.
2. Drittes Fußglied, wenigstens am Vorderbein, 2 lappig, Mittel- und Hinter-
hüften stets durch Zwischenräume getrennt, Mittel- und Hinterbrust
zwischen den Mittelhüften fest verwachsen.
3. Fiugflügel mit breitem Basalrand und Adern IV, Kaumagen mit un-
paarem Ansatz, der allmählich in die Bezahnung des Sacks übergeht,
Fühlergeißel 5- bis 7gliedrig, Kopf von oben sichtbar. Monogam,
in Laub- und Nadelholz, einarmige Längsgänge, i- und 2 armige
Quer- oder Schräggänge 2. Unterfamilie Hylesininae
3 a. Flügel mit schmalem Basalteil, ohne Ader IV, Kaumagen mit kräf-
tigem Plattenteil, Fühlergeißel nur 4gliedrig, Halsschild halbkreis-
förmig, mit vorderem Höckerfleck. Monogam in Nadelholz, Piätz-
gänge mit haufenweiser Eiablage 3. Unterfamilie Cryphalinae
2 a. Alle Fußglieder zylindrisch.
3. Fühlerkeule solid, ungeringelt.
4. Fühlergeißel nur 2gliedrig, Körper langgestreckt, Halsschild länglich,
Skulptur gleichförmig. Kleinste Borkenkäfer von i — 1,2 mm, Mono-
gam an Nadelholz, Brutparasitismus 4. UnterfamiUe Orypturgiiiae
,^2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.v
4a. Fühlergeißel 4 — 5gliedrig, Käfer 1,8 — 3,5 mm.
5. Fühlergeißel 5gliedrig. Ganzrandflügel mit Kerbeinschnitt, Kau-
magen mit median grobgezähnten Platten. Flügeldecken infolge
feiner Beschuppung seidenartig schimmernd. Hylesinenartig.
Polygam, Sterngänge 5. Unterfamilie Polygraphinae
5 a. Fühlergeißel 4gliedrig, Lappenflügel fast ohne Fransen, Kaumagen
ohne Platten, nur mit Bürstenteil, mit halbkreisförmigem Hals-
schild, Augen 2teiHg. Monogam, Holzbrüter, Leitergänge
6. Unterfamilie Xyloterinae
3 a. Fühleikeule geringelt oder geghedert. Alle Lappenflügler.
4. Gestalt hylesinenartig, Halsschild breiter als lang, Kaumagen mit
median divergierenden Kauplatten, diese mit feinen Querreihen,
Flügeldecken mit winzigen Schuppen. Klein, 1 — 1,5 mm lang.
Polygam. Sterngänge • . . 7. Unterfamilie Carphoborinae
4a. Gestalt tomicinenartig: Halsschild länger als breit, den Kopf ein-
schließend und von oben bedeckend. Flügeldecken ohne Schuppen.
5. Fühlerkeule nur durch seitliche Einschnitte geringelt, Lappenflügel
mit spitzem Lappen. Flügeldecken hinten mit Furchen parallel
der Naht, 1,5 — 2 mm lang. Polygam, in Nadelholz, Sterngänge
8. Unterfamilie Pityophthorinae
5a. Fühleikeule ringsum geringelt, meist auf Innen- und Außenseite
verschieden, meist auf der Außenseite verhüllt.
6. Kaumagen mit kräftigen Kauplatten.
7. Abdachungszähne stark entwickelt, Flügeldecken hinten
beim J und $, oder nur beim J mit Absturz und
Zähnen. Polygam, in Nadelholz, meist Sterngänge und
mehrarmige Längsgänge . 9. Unterfamilie Ipinae
7a. Abdachungszähne kaum entwickelt, Flügeldecken hinten
ohne Auszeichnungen, Fühler mit schief becherförmigem
ersten Glied. Monogam in Laub- und Nadelholz, Längs-
und Quergänge 10. Unterfamilie Dryoeoetinae
6a. Kaumagen ohne Platten, nur mit Bürsten (ähnlich wie bei
Xylotems), Käfer tomicinenartig. J und 9 sehr verschieden.
(^ flügellos und selten. Holzbrüter, in Laub- und Nadelholz.
Nur die $$ können an die neuen Brutstätten anfliegen «
II. Unterfamilie Xyleborinae
Bestimmungstabelle.
Die folgende Bestimmungstabelle, deren Text Herr Forstmeister F. Scheidter
(München - Solln) an der Hand der vorhandenen Tabellen, besonders der
Reitt ersehen „Bestimmungstabelle der Borkenkäfer" auf meine Bitte zusammen-
gestellt hat, soll lediglich praktischen Bedürfnissen entgegenkommen, d. h.
sie soll den interessierten Forstmann bezw. den Forstentomologen in den Stand
setzen, ohne die zeitraubende und schwierige Präparation innerer Organe, ledig-
lich nach äußeren Merkmalen, die in den meisten Fällen mit einer guten Lupe
festzustellen sind, die ihm häufiger vorkommenden Arten zu bestimmen. Es ist
dahei die einfache und für die praktische Handhabung recht brauchbare Drei-
teilung der Borkenkäfer in Eccoplogasierinae, Hylesininae und Ipinae beibehalten,
wenn dieselbe auch den Forderungen eines wissenschaftlichen Systems nicht ent-
spricht. Jedenfalls wird aber der Praktiker mit dieser Dreiteilung eher zum Ziele
gelangen als mit der obigen, 11 Unterfamilien aufweisenden Tabelle Nüßlins,
die zwar wissenschaftlich wohl begründet ist und den Verwandtschaftsverhältnissen
innerhalb der Borkenkäferfamilie weit mehr entspricht als jene, für den Praktiker
aber wegen der Heranziehung innerer Organe unbrauchbar ist.
Was die Auswahl der Arten betrifft, so sind in erster Linie alle wirtschaft-
lich in Betracht kommenden Arten berücksichtigt, sodann aber auch solche, die,
ohne bisher sich wirtschaftlich bemerkbar gemacht zu haben, dem Forstmann doch
häufiger begegnen. Seltene Arten, die nur vereinzelt auftreten, sind weggelassen.
Ipidae (Scolytidae). — Bestimmungstabelle.
473
Familie Ipidae.
Tabelle der Unterfamilien.
Flügeldecken gegen die Spitze fast horizontal verlaufend, Bauch vom 2. Segment
an nach dem Ende schief aufsteigend (Abb. 221), Halsfchild an den Seiten
kantig gerandet, Außenrand der Vorderschienen glatt, unbezahnt, in einen
nach innen gebogenen Haken endigend I. Unterfamilie Eecoptogasterinae {Scolytinae}
Flügeldecken am Ende plötzlich stark abfallend (Absturz^, Bauch gerade ver-
laufend, zum mindesten nicht steil aufsteigend (Abb. 206 a u. b), Halsschild
an den Seiten abgerurdet, ohne Kante, Außenrand der Vorderschienen ge-
zähnelt oder wenigstens in einem nach außen gerichteten Zahn endigend . 2
a b
Abb. 221. Eccoptogaster Ratzeburgi Jans, a J, b 9 (N.).
Abb. 222. Tarsen a von einem
Hylesinen. b einem Ipinen (aus
SpessivtseiT).
a
Abb. 223
Kopf und Halsschild von a Hylesine,
b Ipine (aus Spessivtseff).
2. Halsschild gleichartig punktiert, drittes Fußglied herzförmig und zweilappig
(Abb. 222a), Kopf geneigt, von oben meist sichtbar (Abb. 223a)
IL Unterfamilie Hylesininae
— Halsschild vorne meist runzelig oder höckerig, nach hinten zu punktiert oder
glatt, drittes Fußglied einfach, walzig (Abb. 222b), Kopf von oben her
meist nicht sichtbar, vom Halsschild überragt (Abb. 223b) . IH. Unterfamihe Ipinae
Tabelle der Gattungen.
I. Unterfamilie: Eecoptogasterinae.
Sie umfaßt nur die einzige Gattung Eccoptogaster {Scolytus).
IL Unterfamilie: Hylesininae.
1. Basalrand der Flügeldecken gekerbt, gezähnelt oder gehöckert und meist mehr
oder weniger aufgebogen (Abb. 224) 2
— Basalrand der Flügeldecken einfach gekantet, nicht aufgebogen (Abb. 234).
Fühlergeißel 7gliedng 13
2. Der gezähnelte Basalrand der Flügeldecken ist jederseits, häufig stark, gebogen,
in der Mitte durch das Schildchen unterbrochen (Abb. 224) 3
— Der Basalrand der Flügeldecken gerade oder fast gerade, in der Mitte kaum
unterbrochen 12
3. Fühlerkeule aus drei deutlich getrennten Gliedern bestehend (Abb. 225a) . . 4
— Fühlerkeule solid, oval oder eiförmig, die einzelnen Glieder nicht getrennt,
sondern nur geringelt (Abb. 225b) 5
A^» Coleopteia. — 7. Familien reihe : Rhynchophora.
4. Halsschild am Rande der Scheibe vorne mit erhabenen Körnchen besetzt
Gattung Phloeophthorus WoU. 2
Halsschild ohne Körnchen Gattung Pkthorophloeus Rej . 3
5. Augen am Innenrande tief ausgeschnitten Gattung Phloeosinus Chap. 4
— Augen ohne tiefen Ausschnitt am Innenrande "
6. Vorderhüften durch einen breiten Fortsatz der Vorderbrust voneinander getrennt 7
— Vorderhüften nahe zusammengerückt 'O
Abb. 224. Dendroctonus micans
Kugel, (aus Spessivtseffj.
d h
Abb. 225. Fühler verschiedener HylesLninen: a Phloeoph-
thorus, b Hylesinus, c Hylurgus, d Myelophilus, e Dendroc-
tonus , f Carphoborus, g Hylastes , h Polygraphus, (Aus
Nitsche u. Nüßlin.)
^ f?)
Abb. 226. a Hylesinus, b Pteleobius (N.).
Abb. 227. a Hylastes aler Payk., b Hylastes
cunicularius Er., c Hylurgops palliatus Gyll, (N.).
7. Flügeldecken von der Seite gesehen einen gleichmäßigen flachen Bogen bildend,
hinten nicht plötzlich steil abfallend. Bauch gegen die Spitze zu aufsteigend
(Abb. 226a). Fühlergeißel 7gliedrig. Keule lang zugespitzt (Abb. 225b)
Gattung Hylesinus Fabr.
— Flügeldecken keinen gleichmäßigen flachen Bogen bildend, sondern hinten vor
der Spitze mehr oder minder steil abfallend, Bauch horizontal (Abb. 226 b) 8
8. Flügeldecken und Halsschild mit dicht beisammensitzenden Schüppchen bedeckt
(Abb. 232 b u. c) Gattung Pteleobius Bedel.
— Flügeldecken und Halsschild mit Börstchen, zwischen denen häufig auf den
Flügeldecken einzelne schmale Schüppchen stehen, bedeckt 9
Ipidae (Scolytidae). — Bestimmungstabelle. a-jc
9. Der zweite Zwischenraum über der tiefen Seitenfurche der Flügeldecken be-
sonders in der hinteren Hälfte mit kräftigen kegelförmigen Dornen ver-
sehen. Zwischenräume der Flügeldecken mit 1—3 Borstenreihen
Gattung Hylastinus Bedel. 8
— Der zweite Zwischenraum über der Seitenfurche der Flügeldecken ohne solche
Domen. Zwischenräume der Flügeldecken mit liegenden Schuppenbörstchen,
zwischen denen einzelne abstehende Schuppenbörstchen stehen, bedeckt.
Gattung Xylechimis Chap. 7
I o. Vorderrand des Halsschildes gerade, in der Mitte nicht ausgebuchtet. Fühler-
geißel ögliedrig') li
— Vorderrand des Halsschildes in der Mitte ausgebuchtet. Fühlergeißel 5gliedrig
(Abb. 225 e) Gattung Dendroetontts Erichs. 9
11. Zwischenräume der Punktstreifen dicht behaart, Halsschild länger als breit.
Fühlerkeule annähernd kugelig (Abb. 225 c) Gattung Hylurgns Latr. 11
— Zwischenräume der Punktstreifen nur mit einer Reihe weit auseinander stehender
Borsten versehen, Halsschild breiter als lang. Fühlerkeule länglich (Abb. 225 d)
Gattung Myelophäiis Eichh. 10
12. Die Augen am Innenrande sehr tief ausgerandet, manchmal in zwei Teile ge-
schieden. Fühlergeißel b — 3gliedrig. ^) Fühlerkeule zusammengedrückt ohne
scharfe Nähte (Abb. 225 h) Gattung Polygraphus Erichs. 14
— Die Augen am Innenrande nur ausgebuchtet, nicht tief ausgeschnitten, Fühler-
keule oval-viereckig, deutlich geringelt (Abb. 225 f) . . Gattung Carphobortis Eich. 15
13. Halsschild breiter als lang, nach vorne verengt und vor der Spitze leicht ein-
geschnürt (Abb. 227 c). Flügeldecken gegen die Spitze zu leicht verbreitert
Gattung Hyliirgops Lee. 12
— Halsschild mindestens so lang als breit, vielfach länger, vorne nicht eingeschnürt
(Abb. 227a u. b). Flügeldecken parallel. Fühlerkeule klein, oval, nicht
merklich zugespitzt (Abb. 225 g) Gattung Hylastes Erichs. 13
III. Unterfamilie: Ipinae.
1. Halssschild ganz punktiert, nicht gekörnelt oder gehöckert, Fühlergeißel zwei-
gliedrig (kleinste Formen) (Abb. 228a) Gattung Grypturgus Erichs. 16
— Halsschild wenigstens im vorderen Teile gekörnelt, gehöckert oder schuppig ge-
gerunzelt. Fühlergeißel mehr als zweigliedrig 2
2. Halsschild (von der Seite gesehen) bucklig gewölbt mit grobem Höckerfleck
in der Mitte (Abb. 229b), Basis sehr fein gerandet. Flügeldecken beschuppt
oder sehr fein behaart mit dazwischen stehenden Haar- oder Borstenreihen
(sehr kleine Formen) 3
— Halsschild ohne scharf abgegrenzten Höckerfleck, von der Seite gesehen gleich-
mäßig gewölbt, punktiert oder gleichmäßig gekörnt (Abb. 229a), Basis nur
selten gerandet, Flügeldecken unbeschuppt, unbeborstet, nur einfach behaart 5
3. Fühlergeißel viergliedrig (Abb. 228 b -c) 4
— Fühlergeißel fünfgliedrig. Absturz der Flügeldecken neben der Naht meist
niedergedrückt und daselbst am 3. oder 4. Zwischenraum der sehr feinen
Punktstreifen mit einem Höckerchen oder einer Beule. Fühlerkeule fast
drehrund, langeiförmig mit Borstenringen (Abb. 228 d) Gattung Trypophloeiis Fairm. 19
4. Vorderrand des Halsschildes in der Mitte ohne vorragende größere Höckerchen,
Augen innen ausgerandet. Fühlerkeule rundlich-oval, mit gerade erscheinenden
beborsteten Quernähten (Abb. 228 b) Gattung Cryphalus Erichs. 17
— Vorderrand des Halsschildes in der Mitte mit zwei oder mehr vorragenden
Höckerchen, Augen innen nicht ausgerandet. Fühlerkeule oval, mit mehr
weniger nach vorn konvexen, beborsteten Quernähten (Abb. 228 c)
Gattung Ernoporus Thoms. 18
') Seitner (1911) u. Röhrl (1914) machen darauf aufmerksam, daß das i. auf den
Schaft folgende Glied (das 2. Fühlerglied) morphologisch nicht der Geißel zuzuzählen ist,
sondern eine durchaus selbständige Stellung einnimmt, und dem Tasterträger der Maxillen und
dem Trochanter der Beine entspricht. In dieser für die Praxis bestimmten Tabelle wollen wir
aber die in allen Bestimmungstabellen gebräuchliche Zählweise beibehalten und alle zwischen Schaft
und Keule gelegenen Glieder als der Geißel zugehörig zählen.
^) Röhrl (19 14) hat durch Untersuchung einer größeren Zahl von Polygrajjhus-Fühlern
festgestellt, daß die Zahl der Geißelglieder durch Verwachsungen zwischen 5 und 3 schwanken kann.
476
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.j
5. Halsschild mit gleichmäßiger von' vorne nach hinten zu allmählich feiner
werdender Skulptur. Flügeldecken am Absturz in beiden Geschlechtern nicht
ausgehöhlt 6
— Halsschild an der Basis einfach punktiert oder glatt '7
6. Augen am Innenrande ausgebuchtet. Halsschild gleichmäßig gewölbt mit reib-
eisenförmiger, nach hinten zu schwächer werdender Skulptur. Oberseite mit
dichter abstehender Behaarung. Fühlerkeule von rundlichem Umriß
(Abb. 228 e) Gattung Drijocoetes Eichh. 25
— Augen in zwei vollständig gesonderte Teile geschieden (Abb. 229a), Halsschild
quer und breit mit feiner quergerichteter schuppenartiger Skulptur, Oberseite
spärlich behaart. Fühlerkante derb, nach vorne etwas verbreitert, nicht
durch Borstenreihen gegliedert (Abb. 228 f) Gattung Xyloterus "Enchs. 28
Abb. 228. Fühler verschiedener Ipinen : a Crypturgus, b Cryphalus, c Ernoporus, d Trypophloeus,
e Dryocoetes, f Xyloterus , g Xylocleptes , hj Pityophthorus, i Anisandrus. — (Nach Nitsche
u. Nüßlin.^
Abb. 229. a Xyloterus, b Cryphalus (aus Spessivtseff).
7. Halsschild an den Seiten mit seichter, schräger oder querer Depression, gleich-
mäßig gewölbt 8
— Halsschild in der Mitte mit hoher, kegelförmig vortretender Wölbung, an der
Seite ohne Depression 12
8. Spitzenrand der Flügeldecken einfach und unmittelbar das Abdomen umfassend 9
— Spitzenrand der Flügeldecken doppelt, der innere Rand umfaßt das Abdomen,
der äußere begrenzt den Flügeldeckenabsturz. Dieser entweder in beiden
Geschlechtern gleichstark bezahnt oder beim Männchen stark, beim Weibchen
schwach gezähnt (Abb. 241 A) Gattung Ips Degeer. 23
Ipidae (Scolytidae). — Bestimmungstabelle.
477
9. Vorderrand des Halsschildes ohne feinen Höckerkranz, glattrandig, Halsschild
vorne gekörnt, hinten punktiert, Schildchen fein punktförmig, kanm sichtbar.
Fühlerkeule beiderseits mit konzentrischen, spitzenwärts stark konvexen
Borstenreihen (Abb. 228g) Gattung Xyloeleptes Ferrari 24
— Vorderrand des Halsschildes mit feinem Höckerkranz 10
10 Basis des Halssrhildes gerandet, Flügeldecken am Absturz neben der Naht
mit geglätteter Längsfurche (Abb. 237). Fühlerkeule oval an den Rändern
deutlich geringelt, fast gegliedert (Abb. 228 h) . . . Gattung Pityophthorus Eichh. 20
Basis des Halsschildes ungerandet n
1 1 Halsschild auf der hinteren punktierten Hälfte mit einer glatten, flachen Längs-
schwiele. Flü^eldeckenabsturz außen beim Männchen mit großen Zähnen,
beim Weibchen mit kleinen Höckerchen bewehrt (Abb. 238) Gattung Pityogenes Bedel. 22
— Halsschild ohne glatte Längsschwiele in der Mitte. Absturz der Flügeldecken
ohne Zähne, höchstens mit feinen Körnchenreihen besetzt Gattung Taphrori/chyus Eichh. 2 i
12. Halsschild rundlich, nicht länger als breit, Vorderrand mit einem Kranze kleiner
Höckerchen. Fühler = 228 i Gattung Anisandrus Ferrari. 26
— Halsschild meist zylindrisch und länger als breit, Vorderrand glattrandig, ^ohne
Höckerkranz, erst hinter dem Vorderrande gekörnt . . Gattung Xyleborus Eichh. 27
Tabelle der Arten.
I. Unterfamilie: Eecoptogasterinae.
I. Gattung Eccoptogas ter (Scolytus GeofFr.).
I. Zweiter Bauchring in der Mitte mit einem Dornfortsatz oder Höcker bewehrt
(Abb. 230 a — c) 2
Zweiter Bauchring ohne Dornfortsatz oder Höcker in der Mitte 4
Abb. 230. a Eccopt. Kirschi Skal.
b Eccopt. multistriatus Mrsh., c Eccopt. ensifer Eichh.
Aus Spessivtseff.
2. Der zweite Bauchring in der Mitte nur mit einem kleinen nach hinten und
unten gerichteten Höcker versehen (Abb. 230a). 2,5 mm. Ulme E. Kirschi Skalitzky.
— Dornfortsatz groß und kräftig (Abb. 230b — c) 3
3. An den Seiten des 2.-4. Bauchsegments sind die Spitzenränder eckig, zähnchen-
förmig ausgezogen (Abb. 230b). 2—3,5 mm. Ulme (Abb. 236a) E. multistriatus Mrsh.
— Die Spitzenränder an den Seiten des 2.-4. Bauchrings ohne zähnchenförmige
Erweiterungen. Der Dornfortsatz am 2. Bauchring lang und an der Spitze
leicht hakenförmig aufgebogen (Abb. 230CJ. In der Mitte des 4. Bauch-
segments ein kleines Höckerchen am Rande. 2—3 mm. Ulme . . E. ensifer Eichh.
4. Flügeldecken nur mit einer Art Punktstreifen. Die Streifen dann nahe bei-
sammensitzend (Abb. 231b) ■ ■ ^°
— Flügeldecken mit zweierlei Punktstreifen: zwischen den groben Punktstreifen
sitzen weniger zahlreiche, feine Punkte in Reihen oder unregelmäßig stehend
(Abb. 231a) 5
5. Stirn beim Männchen mit kurzem feinem, beim Weibchen mit kräftigem Längs-
kiel. Birke. 4,5-7 ijim E. Ratzeiurgt Janson.
— Stirn flach gewölbt, in beiden Geschlechtern ohne Längskiel 6
6. Seiten des Halsschildes über der Seitenkante besonders im vorderen Teil sehr
dicht und grob punktiert. Länge 3—3,5 mm. Weißbuche . . E. carptm Ratzbg.
— Seiten des Halsschildes über der Seitenkante besonders im vordeien Teil kaum
dichter, höchstens etwas gröber punktiert 7
478
Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rhynchophora:
; . Zwischenräume der groben Punktstreifen auf den Flügeldecken unregelmäßig
punktiert, Punkte der Zwischenräume nicht in Reihen stehend. 4 — 6 mm.
Ulme E. scolytus Fabr.
— Zwischenräume der groben Punktstreifen der Flügeldecken mit nur i Reihe
feiner Punkte versehen, selten die ersten Zwischenräume neben der Naht mit
außer der Reihe stehenden feinen Punkten 8
8. Punkte der Hauptstreifen sehr nahe, meist nur Punktbreite, beisammenstehend 9
— Punkte der Hauptstreifen der Flügeldecken weiter, meist das Doppelte und
mehr der Punktbreite, auseinanderstehend. 3 — 4 mm. Obstbäume . . E. malt Bechst.
q. Nahtstreifen hinter dem Schildchen ziemlich lang und tief eingedrückt. Flügel-
decken schwarzbraun, bisweilen heller braun, 3.5 — 4,5 mm. Ulme . . E. laevis Chap.
— Nahtstreifen hinter dem Schildchen nicht eingedrückt, Flügeldecken hellbraun,
2—3 mm. Ulme E. pyginueuft Fabr.
10. Die über der Seitenkante des Halsschildes, besonders am vorderen Teile stehenden
Punkte sind länglich, eng zusammengedrängt und meist zu kurzen Längs-
runzeln zusammengeflossen. Halsschild länger als breit. 2 — 2,5 mm. Obst-
baum E. rugulosiis Ratzbg.
— Die über der Seitenkante des Halsschildes besonders am vorderen Rande dicht
gedrängt stehenden Punkte sind rund und nirgends zu Längsninzeln ver-
flossen II
Abb. 231. Flügeldeckenskulptur
von a Eccopt. Ratzeburgi Jans.,
b Eccopt. intricatus Rtzb. —
Aus Spessivtseff.
Abb. 232. a Pteleobius K^aatzi Eichh. (Flügeldeckenabsturz),
b u. c Schuppen auf den Flügeldecken von Pteleobius vittatus
F. (b) und Kraatzi Eichh. (c). — Aus Spessivtseff.
II. Zweites Bauchsegmect senkrecht aufsteigend. 3 — 4,5 mm. Ahorn . . E. aceris Knotek.
— Bauch vom Vorderrand des zweiten Segments bis zur Hinterleibsspitze schief
abfallend. 3 — 4 mm. Eiche E. intricahis Ratzbg.
II. Unteriamilie: Hylesininae.
2. Gattung Phloeophthorus Wollaston.
Hierher nur Phl. rhododactylus Marsh. 1,3 — 1,8 mm groß, schwarz, gelb oder
greis behaart, länglich, fast walzenförmig, nahezu ohne Glanz. Flügeldecken
mit quer gezogenen Punkten gestreift und breiteren, runzelig punktierten,
unregelmäßig beborsteten Zwischenräumen. In Besenpfrieme. Einer der
wenigen Borkenkäfer, die ihre Entwicklung in krautartigen Gewächsen
• durchmachen.
3. Gattung Phthorophloeus Rey.
Hierher nur: Phth. spinulosus Rey. 1,8 — 2,2 mm lang, schwarz, Kopf und Hals-
schild meist dunkelbraun oder schwarz. Fühler und Beine größtenteils rot.
Flügeldecken mit groben Punktstreifen und schmalen mit in einer regel-
mäßigen Reihe stehenden, aufgerichteten gelben Börstchen besetzten Zwischen-
räumen. Fichte.
Ipidae (Scolytidae). — Bestimmungstabelle. 470.
4. Gattung Phloeosinus Chapuis.
Hierher nur: PhL thujae Perris. 1,5 — 2 mm groß, pechschwarz, gelblich behaart
mit hellbraunen Fühlern und Tarsen. Kurzeiförmig, Halsschild quer, vorne
seicht eingeschnürt. Flügeldecken gestreift, Zwischenräume sehr fein runzelig
punktiert und beborstet. Dritter Zwischenraum auf dem Absturz beim
Männchen mit stark gehöckertem Kamm, beim Weibchen schwächer gekielt
und gehöckert. Thuien.
5 . Gattung H y 1 e s i n u s Fabr.
1 . Flügeldecken und Halsschild behaart oder- fast kahl, ohne Schuppen .... 2
— Flügeldecken und Halsschild dicht mit helleren und dunkleren Schüppchen be-
deckt (scheckig) 3
2. 4 — 6 mm groß, oval, kahl oder nur mit einzelnen kurzen, börstchenförmigen
Härchen. Flügeldecken mit tiefen gekerbten Streifen und stark gerunzelten
Zwischenräumen. Halsschild vorne mit Raspelkörnchen, hinten punktiert.
Kopfschild am Vorder, and mit tiefer Ouerfurche. Esche ■. . . . H. crenatus Fabr.
— 2,5 — 3 mm. Unterseite fein behaart, Oberseite mit dunklen oft gelblichen
Haaren. Die Haare längs der Flügeldeckennaht dichter und länger, meist
gelblich, Kopfsschild ohne Querfurche. Esche . H. oleiperda Fabr.
3. Flügeldecken an der Basis um das Schildchen herum mit einem dichten Höcker-
flecken quer gestellter Höcker. Halsschildvorderrand gekörnt. Oberseite
ungleich scheckig beschuppt. Schüppchen dachziegelartig übereinander liegend.
3 mm lang. Esche H. fraxini Panz.
— Von voriger Art nur biologisch an dem Fraßbild (siehe Abb. 255, A) und nach
inneren Merkmalen, äußerlich gar nicht zu unterscheiden. 3 mm. Esche H. orni Fuchs.
6. Gattung Pteleobius Bedel.
I. Flügeldecken mit feinen Punktstreifen, zweiter Zwischenraum die Flügeldecken-
spitze erreichend. Schüppchen des Halsschildes und der Flügeldecken fein.
1,8 — 2,2 mm. Ulme (Abb. 232a) Pt. vittatus Fabr.
— Flügeldecken mit starken Punktstreifen, zweiter Zwischenraum vor der Spitze
■ der Flügeldecken abgekürzt. Schüppchen grob, dicht gedrängt sitzend.
1,8 bis 2 mm. Ulme (Abb. 232b u. c) Pt. Kraafxi Eichh.
7. Gattung Xylechinus Chapuis.
Als einzige Art hierher X pilostts Ratzbg. 2,2 — 2,5 mm schwärzlich, Flügel-
decken dunkelbraun, Fühler und Beine rostrot. Halsschild schmäler als die
Flügeldecken, vorne kaum eingeschnürt. Fein runzelig punktiert, Behaarung
fein und quergerichtet. Flügeldecken mit anliegenden feinen Schuppenhärchen
und neben der Naht mit noch feineren und rein weißen Schuppenhärchen.
Zwischen! äume in der Mitte mit aufrecht stehenden, kurzen, in Reihen ge-
setzten Börstchen. Fichte.
8. Gattung Hylastinus Bedel.
Hierher nur H. Fankhauseri Reitt. Halsschild dicht lunzelig punktiert, ohne
Mittelkiel, matt. Flügeldecken mit gelben Börstchen auf den Zwischen-
räumen. Punktstreifen kräftig, die beiden ersten neben der Naht vertieft;
vorletzter Zwischenraum von der Mitte zur Spitze gehöckert. 2 — 2,8 mm.
9. Gattung Dendroctonus Erichs.
Hierher größte Borkenkäferart, 7 — 9 mm. D. micans Kugelann. Schwarz, überall
lang aufstehend gelblich behaart, aber ohne anliegende Grundbehaarung, Hals-
schild ungleich punktiert, vorne eingeschnürt. Flügeldecken mit kräftigen
aber flachen Punktreihen. Zwischenräume ungleichmäßig gekörnt. Fichte.
10. Gattung Myelophilus Eichh.
I. Zweiter Zwischenraum der Punktstreifen am Abstürze der Flügeldecken ohne
Körnchenreihe und daher vertieft erscheinend (Schattenfurche). 3,5 — 4,8 mm.
Kiefer (Abb. 233A u. 236B) M. piniperda Lin.
— Zweiter Zwischenraum der Punktstreifen am Abstürze der Flügeldecken, wie
die angrenzenden mit einer Körnchenreihe. 3,5 — 4 mm. Kiefer (Abb. 233 B)
M. minor Hartig,
48o
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
^11. Gattung Hylurgus Latreille.
Hierher einzige Art: H. lignijierda Fabr. Schwärzlich braun, abstehend behaart
mit helleren Fühlern und Beinen, langgestreckt. Seitenbehaarung am Hals-
schild länger als an den Flügeidecken. Halsschild punktiert. Punktstreifen
regelmäßig, kräftig. Zwischenräume mit abstehenden gelben Haaren. 5 bis
6 mm. Fichte (Abb. 234).
12. Gattung Hylurgops Lee,
I. Große Art, 4,5—5 mm. Halsschild viel schmäler als die Flügeldecken. Hals-
schildseiten dicht und fein punktiert. Zwischenräume der Flügeldecken nur
in der hinteren Hälfte mit deutlicher Körnchenreihe. Fichte . . //. glabratus Zetterst.
Abb. 233. Flügeldeckenabsturz a von Myelophilus piniperda, b von Myel. minor.
Aus Spessivtseff.
Kleinere Art, 2,5 — 3 mm. Halsschild nur wenig schmäler als die Flügeldecken
(Abb. 227 c). Halsschildseiten runzelig punktiert. Die Körnchenreihe auf
den Zwischenräumen der Flügeldecken auch in der vorderen Hälfte vor-
handen. Fichte und Kiefer H. palliatus Gyll.
Abb. 234. Hylurgus ligniperda F. — Abb. 235. Carphoborus miuimus. —
Aus Spessivtseff. Aus SpessivtseiT.
13. Gattung Hylasles Erichson.
1 . Größere Arten von mindestens 4 mm Länge 2
— Kleinere Arten unter 4 mm, meist 3 mm Größe 3
2. Halsschild viel länger als breit. Halsschildränder von oben gesehen wenig ge-
rundet (Abb. 227a). Flügeldecken mehr wie doppelt so lang als zusammen
breit. 4,5 — 4,8 mm. Kiefer //. ater Payk.
— Halsschild so lang als breit, nach vorn stärker verengt (Abb. 270b). Halsschild-
ränder von oben gesehen deutlich gerundet. Flügeldecken kaum doppelt so
lang als zusammen breit. Käfer im ganzen gedrungener als ater und infolge
rauherer Oberfläche weniger glänzend. 4,5 mm, selten unter 4 mm. Fichte
H. cunicularius Erichs.
3. Punktstreifen der Flügeldecken stark und tief, Zwischenräume schmäler als die
Streifen und nur mit einer einzelnen Reihe feiner und kurzer Börstchen be-
setzt. Halsschild wenig länger als breit. Körper gewöhnlich pechbraun mit
schmutzig braunrötlichen Flügeldecken. 2 —2,3 mm. Kiefer . . //. attenuatus Erichs.
Ipidae (Seolytidae). — Bestimmungstabelle. ^gj
Punktstreifen der Flügeldecken weniger tief, nur der Nahtstreif gröber punktiert
und tiefer eingedrückt. Zwischenräume nicht schmäler als die Streifen, hinten
mit einer, vorne mit zwei um egelmäßigen Reihen sehr feiner Haarbörstcheu
besetzt
4
4. Halsschild so lang als breit, seitlich gerundet, und nach vorne verengt. Rüssel
an der Basis ohne Längsstrichel. Größer, breiter und plumper als die folgende
Art. 2,8—3 mm- Kiefer ' H. opaeus Erichs.
— Halsschild etwas länger als breit, seitlich wenig gerundet, nach vorne etwas mehr
verengt, Rüssel an der Basis mit kurzem, eingedrückten Längsstrichel.
2,5—3 mm. Kiefer H. angustatus Herbst.
14. Gattung Polygraphus Erichson.
1. Beine braun, Schenkel noch dunkler, fast schwarz, nur Tarsen gelb. Flügel-
decken ohne Körnchenreihe auf den Zwischenräumen von der Mitte zur
Spitze. Fühlerkeule sehr groß, am Ende stumpf zugespitzt, Mittel- und
Hinterschienen gegen die Spitze zu allmählich verbreitert und am Außen-
rande nicht gezähnt, sondern nur fein gekerbt. 3 mm. Kirsche P. grandiclava Thoms,
— Fühler und Beine gelb. Flügeldecken auf den Zwischenräumen mit einer feinen
bis gegen die Spitze reichenden Körnchenreihe. Fühlerkeule von mäßiger
Größe. Mittel- und Hinterschienen an der Spitze plötzlich stärker erweitert
und am Außenrande deutlich gezähnt 2
2. Vorderrand des Kopfschildes deutlich breit ausgebuchtet, mit glattem, meist auf-
geworfenem Rande, Fühlerkeule am Ende zugespitzt. Halsschild fein
punktiert, glänzend, mit glätterer, verkürzter Mittellinie. 2.2 — 3 mm (Abb.
236 C). Nadelholz P. poligraplms L.
— Vorderrand des Kopfschildes gerade abgeschnitten, Fühlerkeule an der Spitze
abgerundet. Halsschiid stark und dicht punktiert mit feiner glatter Mittel-
linie. 1,8 — 2,2 mm. Fichte, Kiefer P. subopacus Thoms.
15. Gattung Carphoborus Eichh.
Hierher nur C. rninitnus Fabr. 1,2 — 1,5 mm, schwarz, fein gelblich oder grau
beschuppt. P'ühler und Tarsen gelb. Zweiter Zwischenraum der Flügel-
decken verkürzt, am Absturz furchenartig vertieft. Dritter Zwischenraum
mit der erhöhten Naht am Spitzenrand schräg verbunden (Abb. 235 u.
236 D). Kiefer.
III. Unterfamilie: Ipinae.
16. Gattung Crypturgus Erichs.
I. Oberseite glänzend. Halsschild fein, wenig dicht punktiert, am Grunde haut-
artig genetzt, etwas länger als breit. Flügeldecken höchstens doppelt so
lang als zusammen breit, mit separierten Punktstreifen, die Punkte rund.
1 — 1,1 mm. Fichte (Abb. 236E) Q. pusillus Gyll.
— Oberseite matt. Halsschild matt, am Grunde zellenartig chagriniert, auf
der Scheibe wenig dicht, sehr fein, oft fast erloschen punktiert. Flügel-
decken mit Kerbstreifen. Punkte in die Quere gezogen. 1,1 — 1,2 mm.
Kiefer C. cinereus Hrbst.
17. Gattung Cryphalus Erichs.
1. Flügeldecken mit einzelnen langen aufwärts stehenden Haaren besetzt. 1,1 bis
1,8 mm. Tanne Q. jnceae Ratzbg.
— Flügeldecken nur mit kurzen, kaum bemerkbaren Haaren oder mit dichten
Reihen kurzer Schuppenbörstchen besetzt 2
2. Flügeldecken doppelt oder fast doppelt so lang als zusammen breit. Punkt-
streifen am Absturz viel feiner oder ganz erloschen 3
■ — Flügeldecken höchstens i^j^mai. so lang als zusammen breit, pechbraun. Punkt-
streifen fein aber deuthch, auch am Absturz deutlich vertieft. 2 mm. Lärche
C. intermedius Ferrari.
3. Flügeldecken ohne oder mit nur angedeuteten Punktstreifen, pechbraun, mit
helleren Flügeldeckenschuppen. 1,5—2 mm. Fichte C. saltuarius Wse.
— Flügeldecken punktiert gestreift. Punktstreifen nach hinten zu erloschen. Ober-
seite pechbraun. 1,2—1,8 mm (Abb. 236E). Fichte C. abietis Ratzbg.
Escherich, Foistinsekten. II. Bd. 31
482
Coleopteia. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
18. Gattung Ernoporus Thomson.
I. Flügeldecken z^l^ma\ so lang als zusammen breit. Halsschild mit breitem und
wenig regelmäßigem Höckerfleck. 1,5—2 mm. Buche R fagi F.
— Flügeldecken kaumi7^mal so lang als zusammen breit, Halsschild mit schmalem,
grobem, quer vierreihigem Höckerfleck. 1,1 — i, 5 m- Linde . . . . E. tiliae Panz.
1 . K
Abb. 236. A Eccopt. multistriatus Mrsh.,'? B Myelophilus piniperda L., C Polygraphus poli-
graphus L., D Carphoborus minimus F., E Crypturgus pusillus Gyll., F Cryphalus abietis Rtzb.,
G Pityophthorus micrographus L., H Dryocoetes autographus Rtzb., I Xyloterus lineatus Oliv.,
K Xyleborus dryographus Rtzb.
19. Gattung Trypophloeus Fairm.
I. Flügeldecken fast glatt, am Absturz in beiden Geschlechtern abgeflacht und da-
selbst nur der Nahtstreif tiefer eingedilickt. Absturz beim Männchen schon
von der Mitte an beginnend, daher flach, beim Weibchen steiler. 1,2 bis
1,6 mm. Aspe Tr. asperahts Gyll.
Ipidae (Scolytidae). — Bestimmungstabelle.
483
— Flügeldecken mit mehr oder weniger sichtbaren Punktstreifen. Absturz in
beiden Geschlechtern erst weit hinter der Mitte der Flügeldecken beginnend
und daher viel steiler als bei voriger Art. 1,5 — 2,1 mm. Aspe. Tr. granidatus Ratzbg.
20. Gattung Pityophthorus Eichh.
1. Spitze der Flügeldecken etwas eckig vorgezogen, Körper lang und schmal . . 2
— Spitzenrand der Flügeldecken gemeinschaftlich abgerundet, Nahtecke nicht vor-
stehend 3
2. Flügeldecken am Absturz neben der Naht mit breiter, glatter Längsfurche, diese
erst im letzten Drittel der Flügeldecken beginnend (Abb. 237 a). 1,1 bis
1,5 mm. Fichte (Abb. 236 G) P. micrographus L
— Flügeldecken am Absturz neben der Naht mit langer und tiefer Längsfurche,
diese schon fast in der Mitte der Flügeldecken beginnend. 1,1 — 1,5 mm.
Fichte P. exsculptus Ratzbg.
Y^'
^>
-^H*'
a b 0
Abb. 237. Flügeldeckenabsturz von: a Pityophth. micrographus L., b Pityophth. Lichtensteini
Rtzb., c Pityophth. glabratus Eichh. — Aus Koch (Röhrl gez.).^
3. Außenrand der Furche am Flügeldeckenabsturz mit einer Reihe auf kleinen
Höckerchensitzender, langer Haare besetzt (Abb. 237 b). 1,8— 2 mm. Kiefer.
P. Lichtensteini Ratzbg.
— Außenrand der Furche ohne lange, abstehende Haare. Oberseits meist kahl
erscheinend (Abb. 237 c). 1,6— 2 mm. Kiefer P. glabrattts Eichh.
a b c d
Abb. 238. Flügeldeckenabsturz von a Pityogenes chalcographus L. (j", b derselbe $, Pityogenes
quadridens Hartig, d Pityogenes bistridentatus Eichh. — Aus Koch (Röhrl gez.).
21. Gattung Taphrorychus Eichh.
Als einzige Art hierher: T. bicolor Hrbst. 1,6—2,3 "im. Pechschwarz oder
braun, von mäßigem Glanz, ziemlich lang weißlich behaart. Fühler und
Beine blaßbräunlich. Halsschild vorne merklich gerundet und verschmälert,
auf der Mitte der Scheibe quer eingedrückt. Flügeldecken dicht punktiert
gestreift, Zwischenräume kaum schwächer punktiert als die Hauptstreifen.
Hinten steil abgestumpft mit merklich vertieftem Nahtstreifen. Buche.
22. Gattung Pityogenes Bedel.
I. Absturz der Flügeldecken am Rande mit längeren, scharfen, mitunter gams-
krückenartig gebogenen Zähnen (Abb. 238 a, c,d) ^
484
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rhynchophora.
— Absturz der Flügeldecken nur mit kleinen, höckerigen Erhebungen, nie deut-
lichen Zähnen (Abb. 238 b) .... 6
2. Absturz mit jederseits drei deutlichen, fast gleich großen Zähnen, zweiter Zahn
meist am kräftigsten entwickelt (Abb. 238a') 3
— Absturz mit einem gamskrückenartig gebogenen Hakenzahn (Abb. 238 c u. d) 4
3. Punktstreifen der Flügeldecken nur schwach angedeutet, seitlich vor der Spitze
ganz erloschen Flügeldecken bis zum ersten Zähnchen so lang als zusammen
breit 2 — 2,3 mm. Fichte (Abb. 241 B, a u. b) P. chalcographus L.
— Punktstreifen der Flügeldecken fein, aber deuHich; sie erreichen, wenn auch
feiner werdend, die Spitze. Flügeldecken bis zum ersten Zähnchen etwas
länger als zusammen breit. 2,2 — 2,5 mm. Kiefer P. trepanatus Nördl.')
4. Vor dem Hakenzahn nur sehr kleines Höckerchen (Suturalzähnchen) oder dieses
auch ganz fehlend (Abb. 239V 1,8 — 2,5 mm. Kiefer . . P. bidentatus Hrbst. J
— Außer dem Hakenzahn noch ein deutliches kurzes Zähnchen am unteren
Drittel des Absturzes 5
5. Suturalzähnchen ganz fehlend oder nur schwach angedeutet (Abb. 238 cj. 1,7
bis 2,2 mm. Kiefer F. quadridens Hartig J
— Suturalzähnchen deutlich und kräftig. 2,5 — 2,8 mm (Abb. 238 d). Latsche.
P. bistridentatifs Eichh. o
6. Stirn mit großer lochartig ausgehöhlter Grube 7
Abb. 239. Flügeldeckenabsturz von
Pityogenes bidentatus Hrbst. — Aus
Koch (^Röhrl gez.).
Abb. 240. Kopf mit Stirngrube von a Pityogenes chalco-
graphus L., b Pityogenes trepanatus Nöidl. — Aus Koch
(Röhrl gez.).
— Stirn stets ohne Grube. P. bidentatus Hrbst., quadridens Hartig, bistndcntattts Eichh. $$
7. Stirngrube halbkreisförmig (Abb. 240a); vor dieser eine braune, matte, dicht
und kurz tomentierte Stelle, die den Vorderrand des Kopfschildes erreicht.
Pichte P. chalcographus Lin. 5
— Die Stirngrube kreisrund, sehr tief, ohne Tomentpolster davor (Abb. 240 b).
Kiefer P. trepanatus Nördl. 5
23. Gattung Ips Degeer.
1. Von den am Rande der Flügeldecken stehenden Zähnen ist der dritte oder
vierte der größte und an der Spitze geknöpft (Knopfzähnige. Typographus-
gruppe) 2
— Keiner der Zähne am Flügeldeckenabsturz ist geknöpft 5
2. Absturz jederseits mit 6 Zähnen, davon der vierte am längsten und geknöpft
(A.bb. 241 A, a). 6— 7,2 mm. Kiefer I. sexdentatus Boerüer.
— Absturz jederseits mit 4 Zähnen, davon der dritte am größten und geknöpft
(Abb. 241 A, b) 3
^) Nah verwandt mit trepanatus ist monacensis Fuchs. Der Absturz beim cf (nach
2 Drittel der Flügeldecken beginnend) von oben gesehen kurz und breit, von der Seite gesehen
steil. Absturzränder scharf, mit je 3 Zähnen bewehrt. Die obersten Suturalzähne klein, spitz,
nach hinten gerichtet, einander stark genähert, der folgende Hauptzahn breit mit hakenartiger
nach hinten gerichteter Spitze. Der dritte Zahn ist ein Kegelzahn mit aufgerichteter Spitze.
Stirne des $ ohne Grube. Lebt an Kiefer.
Tpidae (Scolytidae). — Best mmungstabelle.
485
Absturz matt, seifenglänzend, undeutlich punktiert, Kopfschild vorne mit einem
Höckerchen. 4,2 — 5,5 mm. Fichte 1. typographus Lin.
Absturz, deutlich punktiert, stets etwas glänzend 4
Naht des Basalgliedes der Fühlerkeule fast gerade, Stirn beim (^ mit kleinem
Höckerchen hinter dem Vorderrand, Absturz der Flügeldecken allmählich
abfallend, mit Ausnahme einzelner Haare an der Basis kahl zerstreut punk-
tiert. 4 mm. Fichte, Kiefer (var. niontanus Fuchs an Arve) . / amitimis Eichh.
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g II i
Abb. 241 A. Flügeldeckenabstürze, a Ips sexdentatus Boern., b Ips amitinus Eichh., c Ips
acuminatus Gyll. , d Ips Mannsfeldi Wachtl., e Ips curvidens , f Ips laricis F., g Ips suturalis
Gyil. J, h derselbe ^ , i Ips proximus Eich. (j'. — Aus Koch (gez. Röhrl) u. Spessivtseff^e).
Naht des Basalgliedes der P'ühlerkeule in der Mitte stark bogig vorgezogen,
Stirn rauhgekörnt, matt, beim (j" ohne Höckerchen, Absturz der Flügel-
decken vom 2. Zahn ab fast senkrecht, längs der Naht und den vorderen
Seiten lang behaart, am Grunde zerstreut punktiert. 5 — 5,5 mm. Lärche.
/. cembrae Heer.
Der 2. oder 3. Zahn ist durch Verschmelzung zweier nahe zusammengerückter
Zähne an der Basis stark verbreitert und zu einem zweispitzigen Doppel-
zahn geworden. (Doppeizähnige. ^c^«w^^?^ö<^/s- Gruppe.) .... 6
486
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
— Von den Zähnen am Flügeldeckenabsturz ist keiner zweispitzig 7
6. Der unterste der drei Zähne am Flügeldeckenabsturz ist zweispitzig (Abb. 241 A, c),
beim Weibchen nur einspitzig. 2,2 — 3,5 mm. Kiefer ..../. actmiinatus Gyll.^)
— Der mittlere Zahn am Rande des Absturzes ist sehr breit und zweispitzig
(Abb. 241 A, d). 3—3,2 mm. Kiefer I. Mannsfeldi Wachtl.
7. Beiderseits des Flügeldeckenabsturzes sind beim cf je drei große mehr minder
hakenförmig gebogene Zähne vorhanden. Der zweite Zahn von oben her
ist der größte. Zwischen dem 2. und 3. Zahn je zwei kurze kegelförmige
Zähnchen. Beim $ sind nur die drei großen Zähne als stärkere Kegel vor-
handen . (Hakenzähnige. Curvide?is -Gruppe, Untergattung Pityokteines
Fuchs.) (Abb. 241 A, e.) 8
— Die Zähne des Absturzes sind einfache Kegelzähne verschiedener Größe, nie
geknöpft, doppel- oder hakenzähnig. (Kegelzähnige. Lar«e2S- Gruppe.) 10
Abb. 241 B. a Pityogenes chalcographus L. , b derselbe von der Seite, c Ips cutvidens Ger
8. Zweiter Zahn an der Spitze nur wenig gebogen, kürzer und verdickt. 2 bis
2,3 mm. Tanne 1- Voran izotvi Jakobs.
— Zweiter Zahn des (^ stark hakenförmig gekrümmt und sehr lang 9
9. Erster Zahn senkrecht nach aufwärts gebogen (Abb.. 241 A, e u, 241 B, c). 2,5
bis 3,2 mm. Tanne 1 curvidens Germ.
— Erster Zahn fast horizontal verlaufend. 2,3 — 3,5 mm. Tanne. . . . 1. spiniden s 'Reitt.
10. Beiderseits des Absturzes nur je 4 Zähne, der zweite Zahn am breitesten
(Abb. 241 A. i). Der vierte steht etwas unter der halben Höhe des Ab-
sturzes. 3—3,8 mm. Kiefer 1. proximits Eichh. 2>
— Beiderseits des Absturzes 5 Zähne, Zahn drei und vier nur niedrige Höcker;
beim $ nur Zahn i, 2 imd 5 als niedrige Höcker vorhanden 11
') Hierher noch l. duplicatus Sahl., an Fichte (s. unten S. 594).
^) Hierher noch IjiS erosus Weil, und longicollrs Gyll, beide an Kiefer (s. unten S. 545).
Ipidae (Scolytidae). — Bestimmungstabelle.
487
II. Absturz breit, fast kreisförmig, Zähne auf dem Rande des Absturzes stehend.
Die beiden ersten Zähnchen neben der Naht (Suturalzähnchen) voneinander
so weit entfernt, wie vom 2. Zahn (Abb. 241 A, f). Flügeldecken zwischen
den Punktstreifen weitläufig fein punktiert. 3 — 4 mm. Kiefer ..../. laricis F.
— Absturz schmäler, lang eiförmig, Zähne neben dem Seitenrand des Absturzes,
näher der Naht stehend. Die beiden Saturalzähnchen vor dem Absturz der
Flügeldecken voneinander viel weiter entfernt, als vom 2. Zahn (Abb. 241 A,
g u. h). Flügeldecken zwischen den Punktstreifen runzelig punktiert. 2,8
bis 3,2 mm. Kiefer L suturcdis Gyll.
24. Gattung Xylocleptes Ferrari.
Als einzige Art hierher: X bispinus Duftsch. 3 mm. Pechbraun glänzend, greis
behaart. Beine rostbraun. Fühler und Tarsen gelblich. Halsschild mit ab-
gerundeten Hinterecken, vorne höckerig, hinten dicht und tief punktiert mit
glatter Mittellinie. Flügeldecken mehr als doppelt so lang als das Hals-
schild. Punktreihen sehr dicht. J mit tief kreisförmig eingedrücktem
Flügeldeckenabsturz, auf dem beiderseits ein scharfer gerader Dorn steht.
5 am Absturz flach abwärts gewölbt, die erhöhte Naht und zwei Reihen
auf dem Absturz mit Körnchen besetzt. Waldrebe.
Abb. 242. Anisandrus dispa
5, b u. b' (j. — Aus SpessivtsefF.
25. Gattung Dryocoetes Eidih.
1. Naht fast eben. Streifen neben der Naht nicht vertieft (Abb. 236 H). 3 bis
4 mm. Nadelholz Dr. autographiis Ratzbg.
— Naht erhaben, Streifen neben der Naht, besonders am Absturz stark furchen-
artig vertieft 2
2. Die gekielte Naht am Absturz der Flügeldecken mit einigen in Reihen stehenden,
kleinen Körnchen. Punktierung der Hauptreihen tief und kerbartig. 2,5
bis 3 mm. Eiche Dr. villosus F.
— Die gekielte Naht am Absturz ohne Körnchenreihe, glatt. Punktierung der
Flügeldecken normal. 2 mm. Erle Dr. alni Georg.
26. Gattung Anisandrus Ferrari.
Hierher als einzige Art: A. dispar Fabr. (^ 2 mm, 2 3 — 3.5 n^"'- Körper schwarz-
braun, Fühler und Beine gelb. Flügeldecken mit Punktstreifen. Zwischen-
räume mit sehr feiner Punktreihe, am Absturz übergehend in eine äußerst
feine Körnchenreihe. Die zwei inneren Streifen am Absturz deutlich ver-
tieft. 9 ^^^^ zylindrisch (Abb. 242 a u. a'), braunschwarz, spärlich behaart,
Fühler und Beine gelb. 3 — 3,5 mm. (^ klein, verkehrt eiförmig, flach ge-
wölbt {Ahh. 242 b u. b'). 2 mm. Laubholz.
27. Gattung Xylebonis Eichh.
^ und 9 sehr verschieden. (^ ungeflügelt, ihre Geburtsstätten fast nie verlassend,
daher sehr selten. Die Angaben beziehen sich deshalb in erster Linie auf
die flugfähigen ^.
488
Coleoptera. — 7. Fam'lienreihe: Rhynchophora.
1. Schildchen rudimentär, versenkt und nicht" sichtbar. Flügeldecken-Absturz matt
mit feiner Körnchenreihe an der Naht und am 3. Zwischenraum (Abb. 243 a).
9 pechbraun. 2 — 2,3 """"• d braungelb, flach. 1,5 — 1,8 mm. Laub-
und Nadelholz X Saxeseni Ratzbg,
— Schildchen deutlich sichtbar, nicht zurückgebildet 2
2. Halsschild kugelig, nicht länger als breit (Abb. 244 a), die konische Wölbung
hinter der Mitte liegend. $ 2 — 3 mm. ^f klein, Halsschild viel länger als
breit und glatt. 1,5 mm X cryptoc/raphus Ratzbg.
— Halsschild länger als breit, zylindrisch (Abb. 244b). Die konische Wölbung
liegt in oder vor der Mitte. (^ Halsschild vorne ausgehöhlt, Vorderrand
aufgebogen oder mit einem Hörnchen bewehrt 3
3. Halsschild von oben gesehen fast rechteckig (Abb, 244 b). Vorderrand tief
niedergebogen, gerade abgestutzt, in der Mitte mit flacher und kurzer Aus-
buchtung. 3,5 — 4 mm. J Halsschild vorne ausgehöhlt. Höhle punktiert,
vorne abgerundet und aufgebogen. 3 mm X. eurygraphus Ratzbg.
— Halsschild vorne abgerundet, Randlinie von oben sichtbar 4
4. Die konische Wölbung, von der Seite gesehen, liegt in der Mitte; schwarz-
braun, Beine und Fühler gelb. Nahtstreif am Absturz flach gefurcht.
Höckerchen daselbst stehen neben der Naht und am 3. Zwischenraum. 2,5
bis 3,5 mm .X Pfeili Ratzbg.
a b
Abb. 243. Flügel deckenabsturz von a Xyleborus Saxe-
seni Rtzb., b Xyleborus monographus F. — Aus
Spessivtseff.
Abb. 244. a Xyleborus crypto-
graphus Rtzb., b Xyleborus eury-
graphus Rtz. — Aus Spessivtseff.
— Die konische Wölbung des Halsschildes vor der Mitte gelegen, hellrotbraun oder
braunrot 5
5. Flügeldeckenabsturz stark abgeflacht, matt und glatt, ohne Streifen, Naht nicht
erhaben, neben der Naht und weiter nach außen einzelne, weitgestellte,
ziemlich große Höckerchen (Abb. 243 b). 5 3 "^"^' d 2 — 2,5 mm. Eiche.
X. monographus F.
— Flügeldeckenabsturz glänzend, dorsale Streifen daselbst vertieft. Nahtstreif
etwas tiefer eingedrückt; auf allen Zwischenräumen des Absturzes in Reihen
stehende, kleine, körnchenartige Höckerchen (Abb. 236 K). 5 2— 2,6 mm.
d 2 mm. Eiche X dryographus Ratzbg.
28. Gattung Xyloterus Erichs.
o' Vorderkopf parallel und Stirn tief ausgehöhlt, ^ Vorderkopf konisch verengt,
Stirn gewölbt.
1. Flügeldeckenabsturz neben der Naht kurz und tief gefurcht, überall ziemlich
dicht behaart, Fühlerkeule am Ende zugespitzt. 3 mm. Laubholz X domest/icus L.
— Flügeldeckenabsturz kaum gefurcht und nur mit einzelnen kurzen und feinen
Härchen besetzt. Fühlerkeule am Ende abgerundet 2
2. Flügeldecken in groben Reihen punktiert, Punkte rundlich, an den Seiten etwas
ungeordnet, am Absturz in Runzeln stehend. 3,5 mm. Laubholz X. signatus Fabr.
— Flügeldecken fein punktiert gestreift. Punkte auch an den Seiten regelmäßig,
aber feiner, am Absturz feiner werdend (Abb. 229 a u. 236 I). 3,5 mm.
Nadelholz . X liiwatns Oliv.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Birke. 480
Biologie und forstliches Verhalten der einzelnen Arten.
Bei der Besprechung der einzelnen Arten wollen wir aus praktischen
Gründen das biologisch forstliche Verhalten, d. h. die Art des Angriffes
auf die Pflanze zur Einteilung benützen und darnach drei Hauptgruppen aufstellen :
„Rindenbrüter", „Wurzelbrüter" und „Holzbrüter". Innerhalb dieser Gruppen
werden wir ebenfalls nach biologisch forstlichen Gesichtspunkten Untergruppen bilden,
wodurch dem Forstmann das Auffinden der gesuchten Art nach Möglichkeit er-
leichtert wird.
„Rindenbrüter.''
Die Larven entwickeln sich unter der Rinde von Stamm und Ästen, aus-
nahmsweise auch von fiachstreichenden Wurzeln lebender Bäume. Hauptschaden
im allgemeinen durch Larven fraß.
„Wurzelbrüter."
Die Larven entwickeln sich unter der Rinde von Stöcken und deren Wurzeln
(ausnahmsweise auch von lebenden Wurzeln). Hauptschaden durch den Käferfraß
(Reifungs- und Regenerationsfraß) an jungen Pflanzen.
„Holzbrüter."
Die Brut entwickelt sich mehr oder weniger tief im Holz selbst. Tech-
nische Schädlinge.
I. Rindenbrüter.
Weitaus die größte Zahl aller Borkenkäfer gehören zu den Rindenbrütern.
Sie schaden hauptsächlich dadurch, daß durch ihre Gänge (Mutter- und Larven-
gänge) die saftleiterden Schichten zerstört werden und so der Saftstrom zur
Krone teilweise oder ganz unterbrochen wird. Die Schädigung ist also in der
Hauptsache physiologischer Natur. — Unter den Rindenbrütern befinden sich die
gefährlichsten, große Katastrophen verursachenden Borkenkäfer. Im folgenden
sollen die wirtschaftlich wichtigsten Arten im einzelnen besprochen werden und
zwar nach den Holzarten.
A. Laubholz.
Rindenbrüter an Birke.
Die Birke beherbergt nur i Rindenbrüter nämlich
y ^r,, Eccoptogaster (Scolytus) Ratzeburgi Jans.
Großer Birkensplintkäfer.
Gehört zu den größten Arten (4V/2— 7 mm). Die Art ist an dem erhabenen Längskiel
auf der Stirn von dem fast ebenso großen Ulmensplintkäfer leicht zu unterscheiden. (Tab. S. 477.)
Fraßbild wie bei den meisten Eccoptogaster -kxX^n: einarmiger Längs-
gang (Abb. 245, A). Muttergang bis 10 cm lang, meist mit mehr oder weniger
490
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
deutlicher hakenförmiger Krümmung beginnend. In ihrem Verlauf werden zahl-
reiche nach außen führende Löcher angefertigt, die als „Luftlöcher" oder „Be-
gattungslöcher" bezeichnet werden (Abb. 245, B). Letztere Bezeichnung ist die
zutreffendere, da sie der wiederholten Begattung während der Eiablage dienen
und so gewissermaßen die ,, Rammelkammer'' ersetzen (s. oben S. 439). Erreichen
doch auch viele der Löcher die Oberfläche gar nicht und können daher gar nicht
als Luftlöcher dienen. Nicht selten gehen von den Muttergängen, senkrecht zu
ihnen, kurze Quergänge ab, die ebenfalls derartige Löcher aufweisen, und die als
„Ernährungsgänge" des d aufgefaßt werden. — Die Larvengänge stehen dicht
beieinander und greifen von Beginn an schon schwach in den Splint ein. So-
Ä B
Abb 245. Eccoptogaster Ratzeburgi Jans. A Fraßbild am Splint einer Birke (Original).
B Stück eines Birkenstamms mit den ,,Luft-" oder „Begattungslöchern" des Käfers (N).
bald die Gänge eine Länge von 2 — 3 cm erreicht haben, gehen sie allmählich
auseinander, so daß später meist ein 2 — 5 mm breiter Zwischenraum zwischen
den Gängen unbefressen stehen bleibt. Dadurch gehen die an den Enden des
Brutganges entspringenden Larvengänge in die Längsrichtung über. Die Larven-
gänge können eine Länge von 15 — 25 cm erreichen. — Das ganze Fraßbild er-
langt dadurch eine beträchtliche Größe und ist im Splint um so tiefer ein-
geschnitten, je dünner die Rinde ist. Die Puppenwiegen liegen in Bast und
Rinde und sind im Splint nicht tiefer versenkt als der Larvengang. Die Zahl der
Larvengänge beträgt zusammen meist 50 — 60. Tredl zählte als Maximum
9Ö entwickelte Gänge (rechts 49, links 47).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Birke. <gj
Generation und Entwicklung. — Nach den Versuchen Paulys (1892)
und den Beobachtungen Tredls (19 15) an den verschiedensten Plätzen Europas
hat Ratzeburgi nur eine einjährige Generation — im Gegensatz zu vielen
anderen Eccoptogaster- Kiien^ für die eine zweijährige Generation die Regel oder
wenigstens möglich ist. Die Schwärmzeit beginnt in Deutschland im allgemeinen
zwischen i. — 15. Juni und dauert je nach Witterung 3 — 5 Wochen. Die Jung-
käfer üben (nach Tredl) keinen Nachfraß aus, verfärben sich schnell und sind
nach dem Schwärmen gleich brutbereit, i) Die 2 2 sterben nach 3 — 4 Monaten
im Brutgang ab (Tredl). Überwinterung als Larve.
Forstliche Bedeutung. — Ratzeburgi 'kdsm merklich schädlich werden, indem
er bei besonders starker Vermehrung auch scheinbar gesunde Birken angreift, die
er durch wiederholten Angriff zum Absterben bringen kann. Nach Tredls Be-
richt sind (1904 und 1905) in der Umgebung von Regensburg, nachdem alle
kränklichen Birken durch Ratzeburgi zum Absterben gebracht worden waren, auch
sehr viele anscheinend ganz gesunde Birken befallen worden. In diesen Fällen
begann der Angriff in der Krone, in 5 — 10 cm starken Ästen. Allmählich ging
der Käfer tiefer am Stamm herab, bis innerhalb 4 — 5 Jahren der ganze Stamm
bis zum Wurzelanl|iuf besetzt war und der Baum zum Absterben gebracht wurde.
Er befiel sowohl 20- als 80jährige Birken. Die Schädlichkeit wird sich aber be-
sonders in ausgedehnten Birkenwäldern, wo der minderwertige Standort lediglich
der genügsamen Birke zusagt, diese daher durch andere Holzarten nicht ersetzbar
ist, geltend machen ; ferner in Parkanlagen, wo die Birke wegen ihrer ästhetischen
Wirkung und Schnellwüchsigkeit als besonders wertvoll gilt. In Rußland, wo
ersteres vielfach zutrifft, treten nicht selten größere Waldbeschädigungen auf. Ich
selbst habe im Bialowieser Urwald einen anscheinend durch Ratzeburgi zer-
störten, mehrere Hektar großen Birkenbestand angetroffen.
Bekämpfung. — Die Erkennung ist bei Ratzeburgi-'^&idW besonders leicht,
infolge der auf der weißen Rinde weithin sichtbaren Begattungslöcher-Reihen.
Auch Spechtarbeit weist gewöhnlich schon frühzeitig auf den Befall hin. Die
Bekämpfung geschieht am besten durch stehende Fangbäume (liegende geht
der Käfer im allgemeinen nicht an). Dieselben werden in der Weise hergerichtet,
daß man an einzelnen Birken (in einem größeren Fraßherd 5 — 12 pro Hektar)
50 cm oberhalb des Wurzelansatzes mit der Axt eine bis in den Splint ein-
greifende, etwa 12 cm breite Ringkerbe im Herbst oder Frühjahr einhackt. Die
im 2. Jahr darauf mit Larven besetzten Bäume werden über Winter gefällt und
abgefahren (Tredl). Der beste Zeitpunkt, die Fangbäume zu kontrollieren, ist
Mitte Juni bis Ende Juli, da in dieser Zeit durch das ausfallende Bohrmehl der
^) Nachdem bei immer mehr Arten der Gattung Eccoptogaster Reifungsfraß festgestellt
wurde (bei laevis^ intricatus^ scolyhis^ rugidosns) möchte ich hinter diese Angabe Tredls ein
Fragezeichen machen. Das schnelle Ausfärben ist kein Beweis für die Geschlechtsreife, ebensowenig
wie bei vielen Borkenkäfern die helle Färbung einen Beweis für die Geschlechtsunreife darstellt.
Spessivtseff (1921) hat völlig ausgefärbte Käfer von E. laecis Reifungsfraß ausüben sehen
und sich auch durch anatomische Untersuchung überzeugt, daß die äußerlich fertig erscheinenden
Käfer innerlich noch nicht völlig ausgereift waren.
492
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Befall zuerst sichtbar wird. Die Revision soll aber stets bei trockenem Wetter
erfolgen, da das Bohrmehl durch Regen abgespült wird.
Als Parasiten nennt Kleine (1909) nur 2 Schlupfwespen: Pteromalus capitahis Forst,
und lunulus Rtz.
Rindenbrüter an Ulme.
An Ulme finden sich eine größere Anzahl von Rindenbrütern, von denen
die meisten der Gattung Eccoptogaster und 2 der Hylesininen- Gattung Pteleobius
angehören. Als forstlich bedeutungsvoll sind vor allem zu nennen Eccoptogaster
scolytus^ multistriatus und laevis^ und Pteleobius vittatus^ als seltener ferner Eccopt.
Kirschi^ ensifer^ pygmaeus und Pteleobius Kraatzi.
, Eccoptogaster (Scolytus) scolytus F. (= Ecc. Geoffroyi Goeze.)
Großer Ulmensplintkäfer.
An Größe (4—6 mm) dem
Ratxeburgi (s. oben) nicht viel nach-
stehend, unterscheidet sich von diesem
vor allem durch das Fehlen des kurzen
Längskieles auf der Stirn. Die P'ärbung
ist schwarz oder pechbraun, mit meist
braunen , oft angedunkelten Flügel-
decken und rötlichen Fühlern und
Tarsen (s. oben S. 478).
Außer an Ulme wurde
Eccopt. scolytus gelegentlich noch
gefunden an Pappel, Weide^
Esche, Hainbuche, Kork-
eiche.
Fraßbild: Einarmige
Längsgänge (Abb. 246 B, a).
Muttergang von wechselnder
Länge, meist kurz {2 — 3 cm
lang), bisweilen aber auch bis
10 cm lang; 2,5 - 3 mm breit.
Larvengänge ausgedehnt, mit-
unter 10 — 15 cm lang, ent-
sprechend der verschiedenen
Länge des Brutganges in sehr
verschiedener Zahl. Puppenwiege
gewöhnlich in der Rinde, nur
bei dünner Rinde in den Splint
eingreifend.
Nach Beobachtungen Röhrls
in Nordfrankreich kommt auch
ausgedehnter Ernährungsfraß
fuf f'^F^R Ernährungsfraß von Eccoptogaster scoly- ^^, ^^j ^^^^ j^ ^^^^ ^^^ 3uf-
tus t. i< raßstucke m der Sammlung des Münchener
Institutes (von A. Röhrl eingesandt). — Original. fallenden Gängen bezw. Löcher»
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Ulme.
493
an der Basis der Blattstiele und den Abzweigstellen kleinerer Äste (Abb. 246 A),
ganz ähnlich wie bei laevis und intricalus'" (briefliche Mitteilung).
Generation. — Eine doppelte Generation ist wohl die Regel (AI tum,
Nüßlin, Knöche). Erste Schwärmzeit Ende Mai, zweite Mitte bis Ende August.^)
Forstliche Bedeutung. — Hauptsächlich Alleeschädling. Seine wirtschaft-
liche Bedeutung liegt nicht so sehr darin , daß er stärkere kränkelnde Stämme
anfliegt und dieselben schließlich tötet, sondern darin, daß er hoch im Wipfel auch
gesunde Bäume primär befäUt, die Zweige tötet und dann abwärts steigt. Geht
sowohl an junge als an alte Bäume (Alt um). Kann ganze Alleen zum Absterben
Abb. 246 B. "Fraßbilder von a Eccoptogaster scolytus F., b Eccoptogaster
Etwas vergr. — Aus Nüßiin.
multistriatus Mrsh.
bringen (Frankreich, England). Ein sehr bekannt gewordener Fall von Alleebaum-
zerstörungen in Deutschland durch scolytus (im Verein mit der folgenden Art) ist
der von Ratzeburg^berichtete auf dem Tempelhofer und Schöneberger Ufer zu
Berlin, wo verpflanzte Bäume von 20 — 30 cm Durchmesser, die durch Grund-
wasser geschädigt waren, infolge dieser Angriffe eingingen.
Auch der Ernährungsfraß kann durch Abtöten der Stockausschläge recht
schädlich werden, vor allem beim Niederwaldbetrieb (Röhrl i. 1,).
Bekämpfung. — Fangbäume bezw. starke Fangäste haben sich gut bewährt.
Zu erproben wären stehende Fangbäume, wie sie Tredl (siehe oben) gegen
^) Einige Autoren (Knotek, Barbe y) halten die doppelte Generation für Ausnahme.
Pauly nimmt überhaupt nur einfache Generation an.
494
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rhynchophora.
Ratzehmgi empfohlen hat. Einschlag der befallenen Bäume und Verbrennen
der Rinde und der mit Brut besetzten Äste.
Ecc. scolytus wird in seinen Fraßgängen von einer Reihe Feinden verfolgt. Kleine
(1909) führt als solche an: den Käfer Auloniiim trisule.atuni Fourc. und die Schlupfwespen
Dendrosoter Middendorffi R., protuberans N., Curtisii R., Bracon initiatellus R., Ecphylus
eccoptogastriB.., Phaeogenes nanus Ws., Hernäeles aesHvalis Grw.^ melanarms Grv., Spathius
exarator L. und exanmilatus R., Elackistus leucogramma R., Cheiropachus quadrum F.,
Cerocephala cornigera Ws., Pteromalus capitatus Forst., bimaculatus N., brunnieans R.,
laneeolatus R., lunulus R. und valleculus R.
Bauchring (Abb. 230a) leicht zu erkennen (
Außer
Eccoptogaster multistriatus Marsh.
Kleiner Ulmensplintkäfer.
Viel kleiner als die vorige Art (2 — 3,5 mm); außerdem an dem großen Dornfortsatz aro
oben S. 477).
an Ulme gelegentlich noch an Aspe
und Pflaumenbaum gefunden.
Fraßbild ein einarmiger Längsgang, von sehr
wechselnder Länge (2 — 6 cm), dem vorigen Sjinlich;
jedoch Muttergang entsprechend der Kleinheit des
Käfers viel schmäler, die Larvengänge meist in noch
größerer Zahl (bis 50 auf jeder Seite) vorhanden, viel
dichter stehend (Abb. 246B, b).^) Ernährungsfraß
wie beim vorigen (Röhrl).
Generation, Lebensweise und forstliche
Bedeutung im großen und ganzen wie bei E. scolyiuSy
mit dem er häufig gemeinsam vorkommt und zwar
meist in der Weise, daß scolytus den starken unteren
Stammteil und die starken Äste befällt, während im
oberen Stammteil und in den Zweigen multistriatus frißt.
Letzterer befällt auch sehr gerne jüngere Alleebäume,
die kränkeln oder die erst frisch gesetzt worden sind
(Scheidter i. 1.).
Als P^inde führt Kleine außer einigen schon bei scolytus
genannten noch an: Encoela minuta Gir., Coeloides scolyticida
Meteorus albicornis Ruth, und brevipes Wsm.
Abb. 247. Fraßbild von
Eccoptogaster ulmi Redt.-')
(Var. von multistriatus). —
Nach Eggers.
Wsm.
Eccoptogaster laevis Chap. ^)
/ "'/• Mittlerer Ulmensplintkäfer.
Etwas größer als der vorige (3 — 4 mm). Ohne Dornfortsatz am 2. Bauchring (s. ob. S. 478).
Der Muttergang (Abb. 248) stellt einen einarmigen Längsgang dar,
ziemlich lang, 4 — 10 cm, meist mit geräumiger lammelkammerartiger Erweiterung
') Der meist als Varietät zu multistriatus gezogene Ecc. ulmi Redt, ist nach Eggers
(1904) auf Grund des abweichenden Fraßbildes (Abb. 247) als selbständige Art anzusehen. Das^
charakteristische Merkmal des Fraßbildes besteht darin, daß die Larvengänge bei weitem weniger
zahlreich und weniger dicht gestellt sind (höchstens 1 1 auf i cm Länge in unregelmäßigen
Zwischenräumen). Ferner findet sich stets eine rammelkammerartige Erweiterung am Beginn,
des Mutterganges (ähnlich wie bei E. laeris).
^) Mit laeins synonym ist wahrscheinlich der von Eggers aus Dänemark beschriebene
Loevendali.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Ulme.
495
beginnend.!) Larvengänge sehr fein und dicht gestellt, ihr Anfang ganz im Bast
gelegen, erreichen eine Länge bis zu 8 cm. Puppenwiegen tief ins Holz gehend.
Über den Ernährungsfraß (Reifungsfraß) dieser Art liegen verschiedene
Beobachtungen vor, die, da sie von allgemeinerem Interesse für die Gattung
Eccoptogaster sind, hier eingehender berücksichtigt werden sollen. Nach Wichmann
(1909) führen die Jungkäfer, bevor sie zur Brut schreiten, stets einen Reifungs-
fraß aus, indem sie an ganz dünnrindigen Stämmchen die oberen Rindenschichten
in kleinen plätzeförmigen Stellen von meist länglicher, oft nur ritzenartiger Gestalt
benagen. Eingehende Beobach-
tungen veröffentlicht in neuester
ZeitSpessivtseff aus Schwe-
den: Die jungen Käfer kriechen
unmittelbar nach dem Verlassen
der Puppenwiege aus, um
anderwärts einen 4 — 5 tägigeu''
Reifungsfraß auszuüben. Der-
selbe geschieht in verschiedener
Art und Weise. „Am häufigsten
werden die grünen Sprosse, so-
wie auch der Trieb des vorigen
Jahres befallen. Die Käfer
bohren sich entweder an der
Basis der grünen Sprosse oder
an der Basis der Seitenknospen
ein, und setzen ihr Zerstörungs-
werk dadurch fort, daß sie im
Innern des Triebes einen kurzen,
ungefähr ^/^ cm langen Gang
ausbohren; manchmal werden
die saftigen grünen • Sprosse
und sogar die Blattstiele an
beliebigen Stellen angegriffen
und von außen und von innen
zerstört (s. oben Abb. 2 1 2 B,
S, 445). Im ganzen erinnern
diese Beschädigungen an die Fraßspuren des in Amerika auf Hikory brütenden
Eccopt. quadrispinosus-^ auch die Folgen sind dieselben: Welken der angegriffenen
Sprosse und Zweige. Bei Abwesenheit belaubter Sprosse begnügen sich die Käfer
mit der saftigen Borke, wie Wichmann bereits geschildert." — Daß Eccopto-
gaster nur eines kurzen Reifungsfraßes bedarf, rührt nach den anatomischen Unter-
Abb. 248. Zwei FralJbilder von Eccoptogaster laevis Chap.
(die Larvengänge sind, da größtenteils im Bast gelegen^
nur undeutlich zu sehen). — Original (phot. Scheidter).
') Das Fraßbild von laevis scheint übrigens recht variabel zu sein, bezw. zu Ab-
weichungen zu neigen: So bildet Kemner einen abnormen Muttergang mit langer gebogener
Rammelkammer ab und Wichmann berichtet sogar von zweiarmigen (mit i J und 2 ^^
besetzten) Muttergängen (Längsgängen), von denen er einige abbildet.
496
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
suchungen Spessivtseffs daher, daß die Geschlechtsorgane der frisch geschlüpften
Käfer bereits wesentlich weiter entwickelt sind (s. Abb. 212 A, S. 444) als bei
den meisten übrigen Borkenkäfern. S. auch bei E. solytiis und intricatus.
Ecc. laevis hat sich verschiedentlich als forstlich beachtenswert gezeigt —
in Österreich (Wichmann 1909), Böhmen (Czech), Bosnien (Knotek) und
Schweden (Kemner 19 19) — durch Befall von Ulmenalleen (auch in Ge-
meinschaft mit Ecc. scolytus). Nach Wich mann (1. c.) ist laevis in der Gegend
von Brück a. M. (Steiermark) der häufigste Ulmensplintkäfer. Ständig bewohnt
er dort eine Ulmenallee, von der durch ihn nicht selten Bäume getötet werden.
Meist befällt er die Äste und Zweige, die er zum Absterben bringt. Auch bei
München (im englischen Garten) ist laevis eine häufige Erscheinung.
Zur Bekämpfung wird sorgfältiges Aussägen und Vernichten der Äste
empfohlen.
Als weitere, jedoch seltener vorkommende Eccoptogaster-KxiQn. kommen
noch folgende drei Arten an Ulme in Betracht:
'y'^72 Eccoptogaster Kirschi Skal.
Beschreibung s. oben S. 477 u. Abb. 230 a.
Tritt hauptsächlich in Rußland auf, wurde jedoch auch in Böhmen und
Posen gefunden; brütet wahrscheinlich ausschließlich in glattrindigen Stämmchen
oder Gipfelenden alter Ulmen.
Muttergang sehr kurzer Längsgang (72 — 1^/2 '^^1 ^^^^ ^^^^^ mit Bohrmehl
gefüllt (Abb. 249). EingangsöffnuDg befindet sich an einem Ende des Ganges
oder auch in der Mitte. Die wenigen Eiergrübchen
(4 — 10, höchstens 14) liegen meist am Ende des Ganges,
oder wenn das Bohrloch in der Mitte, auch an beiden
Enden. Wegen der geringen Eizahl eines Ganges
nimmt Chewyreuv an, daß jedes $ mehrere Gänge
anlegt. Die Gänge werden sehr oberflächlich unter
der Epidermis angelegt, so daß die Rinde längs der-
selben sehr bald aufplatzt und häufig auch Saft aus
den Rissen fließt. Die Larvengänge ebenfalls erst
sehr oberflächlich , vertiefen sich aber bald nach der
Innenseite des Bastes und hinterlassen in ihrem letzten
Teil Spuren auf dem Splint (infolgedessen zeigt sich
sowohl auf der Unterseite der Rinde wie auf dem
Splint ein Labyrinth von durcheinander laufenden
Larvengängen).
Generation einjährig, Eiablage von Mitte Mai
bis August. In Rußland wurden 10 — 12jährige dichte
Ulmenpflanzungen oft stark befallen und anscheinend ganz gesunde Pflanzen zum
Absterben gebracht; auch alte Ulmen vom Gipfel her abgetötet (Eggers 1906).
-Abb. 249. Fraßbild von
-Eccoptogaster Kirschi Skal. —
Aus Spessivtseff.
Eccoptogaster ensifer Eichh.
Beschreibung; s. oben^S. 477 u. Abb. 230c.
Dieser durch eigentümliche Hinterleibsbildung (Abb. 230 c) ausgezeichnete
.Eccoptogaster ist biologisch dadurch besonders bemerkenswert, daß er (was in der
g Ipidae (Scolyti
Rindenbrütei an Ulir.e,
497
Gattung Ausnahme ist) ein mehrarmiges Gangsystem anlegt und demgemäß
in Polygamie lebt.
^^'' Das Fraßbild besteht meist aus 2- oder 3 armigen Brutgängen, die meist in
der Längsrichtung von einer gemeinsamen Rammelkammer ausgehen; selten kommen
auch einarmige Längsgänge vor (A.bb.
250). Die Länge der einzelnen Gänge be-
trägt 2 — 3Y2 cm, die Breite ca. i mm;
die Zahl der Eier in einem Gang 70 — 80.
In seinem forstlichen Verhalten gleicht
er ganz dem vorigen (s. Eggers 1906).
Lebt scheinbar ausschließlich an Ulme
(hauptsächlich Südiußland).
/ ''Eccoptogaster pygmaeus F.
Beschreibung: s. oben S. 478.
Muttergang in der Regel ein ein-
facher nach oben gerichteter Längsgang
von 2 — 3, höchstens 5 cm Länge; die
größte Eizahl 116, im Durchschnitt 60.
Der Mutlergang geht von einer kleinen
haken fötrD igen Kammer aus. Es kommen
auch (wie bei ensi/er) 2- und 3 armige Brut-
gänge vor. Die Muttergänge liegen sehr
oberflächlich, direkt unter der Epidermis,
ebenso die Anfänge der Larvengänge.
Später gehen diese jedoch tiefer bis auf
den Splint.
E. pygmaeus befällt in Rußland die
Feld-Flatterulme und den Bergrüster und
zwar mit Vorliebe, wie die beiden vorigen,
junge Stämmchen oder die Gipfel älterer
Bäume (s. Eggers 1906).
Tredl nennt auch noch Fagus
silvatica, Carpinus betula und Oka europaea
als Brutpflanzen,
Die geographische Verbreitung er-
streckt sich über einen großen Teil von
Europa. Tiedl nennt Italien, Spanien, viele
Orte in Deutschland, Böhmen, Österreich,
Ungarn und Rußland.
Abb. 250. Fiaßbilder von Eccoptogaster
ensifer Eichh. an Ulme. — Aus Spessivtseff.
yijji) Pteleobius vittatus F.
Bunter Ulmenbastkäfer.
Hat in seiner äußeren Erscheinung eine gewisse Ähnlichkeit mit dem kleinen Eschenbast-
käfer {Hyl. fraxini), vor allem durch die gescheckte Färbung (Beschuppung); läßt sich aber von
diesem leicht unterscheiden, einmal durch seine Kleinheit und sodann durch die Form, Flügel-
deckenwölbung und Verlauf des Bauches (s. Abb. 226b, S. 474 u. Abb. 232 b, S. 478).
Das Brutfraßbild stellt einen typischen doppelarmigen Quergang
dar, im ganzen 2 — 4 cm lang, hauptsächlich in der Rinde verlaufend. Die
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 3-
498
Coleoptera. — 7. P'amilienreihe : Rhynchophora.
mittlere Eingangsröhre geht nicht bis auf den Splint, so daß an der Innenseite
der Rinde die beiden Arme des Muttergangs durch eine kleine, unverletzte
Rindenstelle getrennt erscheinen. Die Larvengänge sind kurze in der Rinde ver-
laufende Längsgänge (Abb. 251).
Nach den Beobachtungen Strohmeyers (1916) kommt bei viitatus auch
Ernährungsfraß vor, indem die Käfer sich in die Rinde einbohren und dort
kurze Gänge machen, wodurch grindige Stellen, sogenannte „Rindenrosen"
(Abb. 252) entstehen. Bei glattrindigen, jungen Stammpartien wählen die Käfer
besonders überwallte Astansatzstellen, weil hier die von ihnen bevorzugten Rinden-
Abb. 251. Pteleobius vittatus F. Bratfraßgänge Abb. 252. Ernährungsfraß von Pteleobius
in Ulmenrinde. Nat. Gr. (N.). vittatus F. („Rindenrosen") an Ulme. —
Aus Strohmeyer.
risse vorhanden sind. In diesen Fällen treten die Rindenrosen wulstig hervor.
Bei älteren Stämmen mit rauher rissiger Rinde bohrt er sich an beliebigen Stellen
ein, da ja hier überall Rindenrisse vorhanden sind; die an solchem Material ent-
standenen Rindenrosen sind mehr flach.
Der die „Ulmenrosen" verursachende Fraß kann sowohl zum Zweck der
Ernährung („Reifungs- und Regenerationsfraß") als auch zur Überwinterung dienen
(„Überwinterungsfraß"). ^)
') Mit dieser Entdeckung Strohmeyers entfällt der von Fuchs (1917) vermutete bio-
logische Gegensatz von vitlaius und fraxini; es besteht vielmehr zwischen beiden eine weit-
gehende Übereinstimmung, indem beide Ernährungsfraß ausüben und durch diesen die sogenannten
„Rindenrosen" erzeugen.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Esche. 4QQ
Nüßlin nennt Pteleobius vittatus einen „ausgesprochenen Frühschwärmer"
(schon Ende März). AI tum nennt Mai und August als Schwärmmonate.
Vittatus kommt häufig mit den obigen Ulmensplintkäfern {E. scolytus und
muliistnatiis) gemeinsam vor. Ein wirklicher Schaden durch vittatus wird nur
einmal in der forstlichen Literatur erwähnt, nämlich von Schindler (1861), der
berichtet, „daß in einem ungarischen Forst 12 Stück i bis 2 Zoll starke und 6
bis 10 Schuh hohe Rüsterstämmchen dem Käfer zum Opfer fielen".
Der nah verwandte Pteleobius Kraatzi Eichh. (s. oben Abb. 232, a u. c,
S. 478) scheint sich biologisch, auch bezüglich der Fraßbilder, genau wie vittatus
zu verhalten.
Als Feinde von Pt. rittatus nennt Kleine nur die Käfer (Clavicornier) Xe»wsoma
elongatum L. (Abb. 57, D, S 119) und Hypophloeus fraxini Kugel.
Rindenbrüter an Esche.
Die Esche wird von mehreren Rindenbrütern befallen, die alle der gleichen
Gattung, Hylesinus^ angehören.
k%*f*) Hylesinus fraxini Pz.
Kleiner (bunter) Eschenbastkäfer.
An seiner buntscheckigen Beschuppung der Flügeldecken, die er nur noch mit Fteleohins
vittatus teilt, leicht zu erkennen (Unterschied von letzterem s. S. 474 u. Abb. 226).
Die geographische Verbreitung fällt mit der der Esche zusammen
und reicht von Skandinavien bis nach Tunis und von Spanien bis Rußland.
Außer an Esche (Hauptfraßpflanze) im Süden auch an Ölbaum; aus-
nahmsweise an Akazie (Keller 1882) und Apfelbaum (Henschel 1882), ferner
noch an Fraxinus ornus, Syringa vulgaris, Juglans nigra^ Quercus pedunculata.
Fraßbild. — Die Muttergänge sind an stehenden Stämmen regelmäßige,
doppelarmige Quergänge, von 6 — 10 cm Länge und 1^/2 mm Stärke mit
kurzer mittlerer Eingangsröhre. Larvengänge kurz (durchschnittlich ca. 4 cm),
dichtgedrängt, meist ziemlich senkrecht nach oben und unten abgehend. Mutter-
wie Larvengänge schneiden gewöhnlich tief ins Holz ein (nur in sehr stark-
borkigen Stämmen verlaufen sie mehr in der Rinde als im Splint). Daher sieht
ein stark befallenes entrindetes Stammstück aus als wäre es mit zierlichem,
künstlichem Schnilzweik versehen (Abb. 253, A). Die Puppenwiegen liegen
entweder mit ihrer Längsachse in der Peripherie des Holzes oder sie dringen
senkrecht in dasselbe ein.
Die Fraßfiguren können verschiedentliche Abweichungen vom be-
schriebenen Typus zeigen. In sehr aUen starkborkigen Stämmen können die
ganz wagrecht verlaufenden Muttergänge die Länge von zusammen 15 — 16 cm
erreichen. Hier verschwindet auch gewöhnlich der Eingangsstiel vollständig
und man sieht dann auf der Innenseite der Rinde nur das Einbohrloch, von
dem aus nach rechts und links die beiden Arme des Mutterganges ab-
gehen. Umgekehrt werden die Muttergänge in schwachem Material (Stangen,
Ästen) kaum 4 — 5 cm lang; die beiden Arme liegen hier oft nicht in derselben
32*
500
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
B
Abb. 253. Hylesium fraxini Pz. A Eschenstämmchen mit zahlreichen Brutfraßgängen dicht be-
setzt. Kat. Gr. B „Eschenrindenrosen" , verursacht durch den Ernährungsfraß des Käfers.
Nat. Gr. — Aus Scheid ter.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Esche. eoi
Richtung, sondern trennen sich von dem Eingang in verschiedenem Winkel.
Auch wenn der Befall in liegenden Stämmen stattgefunden hat, werden die
Fraßbilder recht unregelmäßig; indem die Eingangsröhre einen stumpfen oder
spitzen Winkel mit den sehr ungleichmäßig ausgebildeten Muttergängen bildet
(Chewyreuv).
Die Menge der Gänge ist oft ganz unglaublich; letztere stehen dann
so dicht, daß Gang an Gang gedrängt erscheint und buchstäblich nicht i qmm
ohne Fraßgang ist. Nitsche zählte an einem Stammstück von 2,8 m Länge,
einem oberen Umfang von 32,5 und einem unteren von 60 cm annähernd
24000 Ausfluglöcher!
Neben dem Brutfraß übt H. fraxini (wie Ptel. vittatiis) einen Ernährungs-
fraß aus zum Zweck der Reifung bezw. Regeneration und einen Über-
winterungsfraß. Dieser Fraß wurde zuerst von Noerdlinger (S. 40) nach-
gewiesen, von Henschel (1880) genauer untersucht und von Knoche in seiner
wahren Bedeutung erkannt. Der Käfer bohrt sich in der Krone der Eschen oder
an jungen Stangen an deren Schäfte in die grüne Rinde ein, um hier zu minieren.
Die verschieden verlaufenden Gänge sind selten länger als 2 cm, liegen aus-
schließlich in der Grünrindenschicht und sind lediglich gedeckt von der äußeren
dünnen Rindenhaut. Durch wiederholten Befall dieser Stellen, meist durch mehrere
Käfer, entstehen durch Risse, Sprünge und Überwallungen jene rosettenartigen
krebsähnlichen Grindstellen, die als „Eschenrosen" bezeichnet werden (Abb. 253, B).
Die Generationsverhältnisse sind recht verschieden beurteilt worden.
Die einen Autoren nahmen eine doppelte Generation an (Eichhoff, Barbey u. a.),
andere eine einfache (Ratzeburg). Zweifellos kommen Sommerbruten vor. Doch
stellen diese, wie Knoche und G. Fuchs gezeigt haben, keine echte 2, Generation
dar, sondern nur eine „zeitlich verschobene Fortsetzung der ersten Generation",
also eine „Geschwisterbrut". Die genannten Autoren konnten feststellen, daß
nach Beendigung der Frühjahrsbrut die Mutterkäfer die Gänge in sehr munterer
Verfassung verlassen und sich in die Krone der Eschen begeben, um sich dort
in die grüne Rinde einzubohren (wie es später auch die Jungkäfer tun). Nach-
dem die Mutterkäfer einige Zeit Regenerationsfraß ausgeübt haben, schreiten sie
zur Anlage neuer Brüten.
Die Schwärmzeit fällt gewöhnlich in die Monate März-Mai. Ausnahms-
weise (nach sehr milden Wintern) kann das Schwärmen schon wesentlich früher
beginnen; so beobachtete Keller (iQiö) schon am 10. Februar Weibchen bei
der Anlage von Brutgängen. In solchen Fällen ist die Möglichkeit einer echten
2. Generation neben Geschwisterbruten wohl nicht von der Hand zu weisen.
Forstliche Bedeutung. — Iraxi'm he(ä\h jedes Alter der Esche und geht
bei starkem Befall auch an die dünnsten Äste bis Bleistiftstärke ; i) für gewöhnlich
jedoch werden Heister bis zu einem Durchmesser von 3 — 5 cm verschont.-)
^) In letztem Fall sind die Gänge fast stets längsgestellt (Münchener Sammlung).
*) Ausnahmsweise wurde fraxini sogar in letztjährigen Trieben und einjährigen Stock-
ausschlägen gefunden (Henschel 1882). Er hatte sich hier in die Knospenachseln und die
Knospen selbst eingebohrt und zwar so zahlreich, daß die Schosse sicher bald absterben mußten.
CQ2 Coleoptera. — y.- Familienreihe : Rhynchophora.
Ob er nur sekundär ist und nur kränkelndes Material annimmt, oder aber auch
ganz gesundes, darüber sind die Meinungen geteilt. Frohwüchsiges Jungholz
wird jedenfalls stets gemieden. Ältere Bäume dagegen scheint er, auch wenn
sie ganz gesund sind, anzugehen; der Anfang erfolgt bei solchen (ähnlich wie
bei Eccopt. scolytus an Ulme) meist oben am Wipfel und geht von da allmählich
nach unten, bis schließlich der ganze Baum von oben bis unten mit Fraß über-
zogen ist. Erst trockene Reiser und schwache Zweige, dann Absterben stärkerer
Äste und endlich Eingehen des ganzen Baumes sind die Folgen dieses Fraßes.
In den Isarauen bei München hatte /raxi?ii sich über die Eschen hergemacht,
die infolge Überschwemmung länger unter Wasser gestanden hatten. Auch
nach Schildlausbefall wurde ein starker Angriff beobachtet (Scheidter). Außer
stehenden Stämmen befällt der Käfer mit Vorliebe auch gefällte Stämme, auf-
bereitetes Holz, Meterstöße und dergleichen.
Bekämpfung. — Die Vorliebe für geschlagenes Holz läßt als Abwehr- und
Vorbeugungsmittel das Werfen von Fangbäumen empfehlen. Dieses hat zum
erstenmal spätestens bis Ende März und dann nochmals bis spätestens Mitte
Juli (zu welcher Zeit der wiederholte Anflug der regenerierten Mutterkäfer statt-
findet) zu geschehen. Auch stehende Fangbäume, hergestellt durch Beschädigung
starker Stämme an der unteren Partie, werden empfohlen (A.ltum).
Ein großes Parasitenheer verfolgt die Brut. Bei Zuchtversuchen Scheidters kamen
bisweilen mehr Schkipfwespen heraus als Käfer. Kleine führt folgende Schlupf wespenarten als
bei fraxini gefunden an: Coeloides fdiformis R, melanotus Wsm., Gheiropaehus quadrum
F., Eusandaluni inerme R., Bracon caudatus R., longicaudis R., Spathius exarator,
Dendrosoter protuberans N., Hecabolus sulcatus Curt., Gerocephala cornigera Ws., Eupel-
mus Degeeri Dahn., Eurytoma flavocapsnlaris R. , flavovaria R., nodulosa R., ischioxantha
R., Pteromalus bimaeulatus Ns., bivestigatus R., fraxini R.. Rhaphiteltts Ladenbergi R.,
Tridymus xylophagorum R.
C'^f*i Hylesinus orni Fuchs.
Der ähnliche bunte Eschenbastkäfer.
Dieser vor kaum einem Dezennium von Fuchs entdeckte Käfer gleicht
dem vorigen so sehr, daß die beiden Arten nur schwer auseinander zu halten
sind. Dagegen lassen sich die Fraßbilder der beiden Arten gut voneinander
unterscheiden. Omi frißt wie fraxini einen doppelarmigen Quergang, auch die
Eiablage erfolgt in derselben Weise; doch ist der Verlauf der Larvengänge
wesentlich verschieden. Während bei fraxini sämtliche Larvengänge vollständig
von einander getrennt verlaufen, stehen die von orni so dicht beieinander, daß
sie zum großen Teil miteinander verschmelzen (Abb. 255, A). Sie sind kurz
wie bei fraxini und erreichen höchstens eine Länge von 3 cm. Am Ende geht
die erwachsene Larve zur Verpuppung in den Splint.
Er brütet hauptsächlich in dünnem Material, in Ästen älterer Stämme bis
zu 8 cm Stärke. Häufig findet man seine Gänge untermischt mit jenen von
H. fraxini und oleiperda^ wo dann der Unterschied der Fraßbilder besonders
deutlich zum Ausdruck kommt.
H. omi ist im allgemeinen gar nicht so selten, er wurde aber bisher meist
mit den beiden ebengenannten zusammengeworfen (Scheidter 19 16).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Esche. ^03
"Plfi Hylesinus crenatus F.
Großer schwarzer Eschenbastkäfer.
Bedeutend größer als die vorigen (ca. 4^/2 — 5'/., mm), länglich eiförmig, gewölbt, einfarbig
schwarz, fast unbehaart (s. Tab. S. 479).
Außer an Esche auch an Eiche (Rußland) und Syringe. — Geo-
graphische Verbreitung wie bei fraxini.
Die Brutgänge (Abb. 254) stellen in der Regel zweiarmige Quergänge
dar, deren einer Arm aber häufig nur sehr kurz ist („anderthalbarmiger Quergang").
Die Muttergänge sind auffallend breit (ca. 5 mm), im Gegensatz zur Länge,
die selten mehr als 8 cm (für beide zusammen) erreicht. Gewöhnlich werden
die Muttergänge nach einiger Zeit geschwärzt. Bei starkrindigen Stämmen,
die crenatus in erster Linie angeht, ist kein längerer Einbohrgang (Stiel) vor-
handen. Das Einbohrloch ist auf der Innenseite der Rinde häufig von einer .
schmalen Brücke überdeckt.
Die Larvengänge sind dagegen sehr lang (bis zu 30 cm), so daß sie
zuweilen um den Stamm herumgehen. Anfangs laufen sie eine kurze Strecke in
der Längsrichtung nach oben und unten, biegen dann aber mehr oder weniger
rechtwinkelig in der Queirichtung ab, so daß sie schließlich zum Teil den Mutter-
gängen parallel veilaufen. Sie greifen deutlich in den Splint ein und sind ge-
wöhnlich vollgestopft von den Exkrementen der Larve. Die großen ovalen
Puppenwiegen liegen in der Grenze von Rinde und Holz, jedoch mehr in
der Rinde. An stark besetzten Stämmen verwirren sich die Gänge derartig, daß
man nur selten ein klares Bild bekommt.
Ein Ernährungsfraß (Reifungs- und Regenerationsfraß) scheint bei crenatus
(im Gegensatz zu fraxini) nicht vorzukommen (Fuchs 1907 S. 7). Dagegen
fressen sich die Käfer zum Überwintern (nach Beobachtungen von Eggers)
am Fuße der befallenen Bäume im moosigen Wurztlanlauf bis etwa Brusthöhe
besondere kurze Überwinterungsgänge.
Die Generationsverhältnisse sind noch wenig geklärt. Die in der
Literatur vorhandenen Angaben sprechen für eine doppelte Generation, und
zwar in der Art, daß aus den in der i. Flugperiode (April, Mai) abgelegten
Eiern bis zum Juli die Käfer entstehen, welche wieder brüten, und deren Nach-
kommen dann als Larven überwintern. Doch überwintern vielfach auch die
Käfer und Altum ist geneigt, einen April- und Oktoberflug anzunehmen.
(Nitsche 1881, Altum 187Q.) Der Oktoberflug bedeutet wohl sicher das Auf-
suchen und Einbohren in die Winterquartiere (Eggers).
Forstliche Bedeutung. — Hyl. crenatus ist im allgemeinen seltener als
fraxini und fehlt in manchen Gegenden ganz. Er bevorzugt die ganz starken
dickborkigen Stämme, kommt zuweilen aber auch an den Asten und an
schwächeren Stämmen mit noch dünner Rinde vor (hier brüten nach Scheidter
meist kleinere Exemplare.) Die stärksten Stämme sind von ihm oft von oben bis
unten dicht besetzt. Seit einiger Zeit tritt crenatus in München im englischen
Garten an starken Alteschen sehr zahlreich auf (Scheidter). — Er geht wie
fraxini gerne an Fangbäume.
An Parasiten nennt Kleine nur drei Schlupfwespen: Ecphijhis luilesini R., Peri-
lampus micaiis Ns., Dendrosoter plcmus R.
504
Coleoptem..-' — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Abb. 25z
Biutfraß von Hylesinus crenatus F. in einer alten starkborkigen Esche. Nat. Gr.
Aus Sclieidier.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbriiter an Esche.
505
Abb^255. A Brutfraß von Hylesinus orni Fuchs in einem Eschenast. Nat Gr. B Fraß von
Hylesinus oleiperda F. in einem jüngeren, glattrindigen Eschenstämmchen. Nat. Gr. —
Aus Scheidten
5o6 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
'■"' Hylesinus oleiperda F.
Der kleine schwarze Eschenbastkäfer.
Beschreibung s. oben S. 479.
Dieser ist dem Habitus nach eine verkleinerte Ausgabe des vorigen. Seine
eigentliche Heimat ist dort, wo der Ölbaum gedeiht. Er kommt aber vieler-
wärts auch in Deutschland vor und geht bis Dänemark, wo er hauptsächlich die
Esche befällt. Außer an den beiden genannten Baumarten wurde er gelegent-
lich noch gefunden an Fra.xmus ornus^ Syrhiga, Ligustei; Eleagniis und Fagus
silvaiica (?).
Sein Fraßbild (Abb. 255,6) hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem von
fraxini und wird auch vielfach mit ihm verwechselt. Jedoch läßt es sich un-
schwer von ihm unterscheiden, vor allem an den wesentlich längeren Larven-
gängen, i) Das Gangsystem isl sehr schön und fein gearbeitet. Der Mutter-
gang ist ein deutlich doppelarmiger Quergang, der, scharf in den Splint
eingegraben, eine Breite von nur 2 mm erreicht. Bei fast allen Fraßbildern
findet man einen wenige Millimeter langen Einbohrstiel, der nur ausnahmsweise
bei sehr dickborkigen Stämmen sehr kurz sein oder auch ganz fehlen kann. Die
Eigruben liegen sehr dicht beisammen. Die Larvengänge sind viel länger wie
bei fraxini und verlaufen ähnlich denen von crenatus: die in der Mitte liegenden
gerade nach auf- und abwärts, die äußeren zuerst senkrecht, dann nach außen
abbiegend. Sie erreichen eine Länge von 5 — 7 cm, und gehen am Ende bis
zu I cm tief in den Splint, wo sich auch die Puppenwiege findet.
Ein besonderer Reifungs- und Ernährungsfraß scheint nicht vorzukommen.
H. oleiperda befällt bei uns hauptsächlich schwächere Eschenslämmchen
bezw. die Äste stärkerer Stämme; jedoch findet man ihn zuweilen auch an
stärkeren, aber noch glattrindigen Stämmen, Dickborkige Stämme geht er nur
selten an (Scheidter 1916). In Karlsruhe wurden eine Reihe junger Eschen einer
Allee durch ihn zum Absterben gebracht.
Parasiten: Die beiden Schlupfwespen Helcoz/isus biachycenirus G. und
Bracon stabilis Ws,
Rindenbrüter an Eiche.
An Eiche (als Hauptbrutpfianze) kommen bei uns nur zwei Rinden-
brüter vor,
Eccopiogasler ijitricatiis Rtzb. und
Dryocoetes villosus F.
Als gelegentliche Brutpflanze wird die Eiche noch von verschiedenen
anderen Arten besucht, wie von Eccoptogasier laevis (Hauptpfianze Ulme), Hyle-
sinus crenatus und praxini (Hauptpfianze Esche).
*) Nüßlin (1898) spricht im Gegensatz zu den anderen Autoren von „auffällig kurzen'
Larvengängen.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Eiche.
507
/'i^? Eccoptogaster intricatus Rtzb.
Bauch vom Vorderrand des 2. Segmentes bis zur Hinterleibsspitze schief abfallend. Die
Punktstreifen auf den Flügeldecken nur angedeutet. Schwarz, Flügeldecken pechbraun, Fühler
und Beine gelbrot. Die Geschlechter durch 2 über dem Mund stehende, gelbe, spitze Haarpinsel
des (j zu unterscheiden. Größe 3 — 3,5 mm (s. oben S. 478).
Ä#t^.
A B C
Abb. 256. Eccoptogaster intricatus Rtzb. A Brutfraß an Eichenstämmchen. Original (phot.
Scheidter), B u. C Ernährungsfraß der Käfer (Reifungsfraß) an jungen Eichentrieben (nach Eckstein).
Sein Hauptbrutbaum ist die Eiche, auch ausländische Arten, daneben ist
er noch in der echten Kastanie, Buche, Hainbuche, Pappel und Weide gefunden
worden. Er ist über ganz Europa verbreitet und überall nicht selten.
Die Form der Fraßfigur (Abb. 256, A) des intricatus ist sehr charakteristisch
und kommt sonst nur noch einmal (bei Ecc. carpini s. S. 514) vor.
eo8 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Fraßbilder bestehen aus kurzen, einarmigen, den Splint tief furchenden
Quergängen von i bis höchstens 3 cm Länge. Von ihnen gehen, gleichfalls in
den Splint tief eingreifend, längsgerichtete, etwas geschlängelte, 10 bis 15 cm
lange Larvengänge ab, deren Puppenwiegen bald in der Rinde liegen, bald in
den Splint eindringen. Isolierte Fraßfiguren sind verhältnismäßig selten, dagegen
findet man oft schwächere Stämmchen und sogar solche bis zu 15 cm Stärke
derartig besetzt, daß einzelne Larvengänge kaum mehr unterscheidbar sind, viel-
mehr der Splint in seiner ganzen Ausdehnung durch parallele Längsfurchen wie
kanelliert erscheint. Die Muttergänge, deren Einzelbezirke man nicht mehr ab-
grenzen kann, erscheinen dann als kurze Querfurchen.
Eine doppelte Generation scheint nach Fuchs vorzukommen. Er
fand in den warmen Lagen Kärntens den i. Anflug von Mitte Mai ab, dann
im September zumeist wieder halbwüchsige Larven. Bei ungünstigen Witterungs-
verhältnissen wird nur mit einfacher Generation zu rechnen sein. Judeich er-
zielte bei öfteren künstlichen Zuchten stets nur einjährige Generation mit über-
winternden Larven.
Über den Ernährungsfraß des iniricatus berichtet Eckstein (1898):
Die Käfer fressen zur Zeit, da die Eiche in Blüte steht, an der Basis der jüngsten
Triebe von oben her^ also im Astwinkel sitzend, ein ihrem Körperumfang ent-
sprechendes Loch in den Teil des vorjährigen Triebes, welchem der diesjährige
Zweig aufsitzt. Infolge dieser Beschädigung vertrocknet der Zweig und fällt ab
(Abb. 256, B und C). Zweifellos handelt es sich hier um einen Reifungs- bezw.
Regenerationsfraß, wie er ähnlich noch bei anderen Eccoptogasier-hx\.&w festgestellt
wurde (s. oben bei laevis^ scolyius usw.). i)
Die Ansichten über die Schädlichkeit des intricatus sind sehr geteilt.
Während ihn die einen für stark sekundär halten und sein Vorkommen nur in
absterbenden oder abgestorbenen Ästen annehmen, liegen auf der anderen Seite
doch auch Berichte vor, die an seiner Schädlichkeit keinen Zweifel lassen. Wenn
auch der überall abgedruckte Bericht Audouins, wonach im Bois des Vincennes
gegen 30000 Stück 25 — 30jährige Eichen durch intricatus getötet worden sein
sollen, zu einigem Zweifel Anlaß gibt, so ist doch sicher, daß unser Käfer an-
scheinend gesunde Eichen, besonders junge Pflanzen befällt und abtöten kann;
frisch gepflanzte Heister scheinen ihn besonders anzuziehen (s. auch bei multi-
striatus S. 494). Ger lach berichtet einen Fall, in dem eine Anzahl im November
gepflanzte 15 — 20 jährige Eichenstangen von 7 — 8 cm Brusthöhe - Durchmesser
im nächsten Jahr derart von intricatus befallen wurden, daß sie gefällt werden
mußten.
Das wirksamste Bekämpfungsmittel besteht im rechtzeitigen Aushieb
und Unschädlichmachen der befallenen Pflanzen.
Als Parasiten führt Kleine an: Aspidocolpus carinator Nels. und intricator Rtzb.,
Dendrosoter protuberans N., Galyptus rogosus R., Rhoptroeerus eccoptogastri R., Elachistus
leueogramma R., Eurytoyna eccoptogastri R , striolata R., Pteromalus bimaculatus N. und
Gleonymus pulchellus Wsm.
^) Darnach war K. Eckstein der erste, der das Vorkommen eines Reifungsfraßes in
der Gattung Eccoptogaster festgestellt hat.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Eiche.
509
Dryocoetes villosus F.
Durch die erhabene Naht und furchenartige Vertiefung (besonders am Absturz) des
Streifens neben der Naht von dem Fichten- Dryocoetes [autograpkus s. S. 487) deutlich unter-
schieden; auch kleiner als dieser. Flügeldecken mit sehr tiefen Punktreihen. Pech- oder rost-
braun, von geringerem Glanz, sehr lange und dicht gelblich behaart. Länge 27, — 3 mm.
Sein Brutbaum ist fast ausschließlich die Eiche; einige Male ist er auch
in der zahmen Kastanie und in Rotbuche gefunden. Er ist fast über ganz
Europa von Spanien bis nach Skandinavien und Rußland verbreitet. In Deutsch-
land überaU nicht selten.
w
i"t^'!,.;'i
Abb. 257. Fraß (Muttergänge) von Dryocoetes Abb. 258. Fraßbild von Ernoporus fagi F.
villosus F. in Eiche. - in Buchenrinde. — Aus Lövendal.
Die Brutgänge (Abb. 257) erinnern etwas an die curvidens- oder Voroni-
zowi-G?iü^& d. h. es sind unregelmäßig unter der Rinde verlaufende 2 — 7 armige
Gänge, die von einer Rammelkammer ausgehen und gewöhnlich quer verlaufen
(s. auch Nördlinger S. 33). Die Larven fressen in der Rinde, dieselbe oft voll-
kommen zerwühlend.
Der Käfer lebt nach Eichhoff mit Vorliebe in der dicken Rinde der
untersten Stammpartien, namentlich an Stockholz alter gefällter oder stark an-
brüchiger Eichen. Eine größere forstliche Rolle scheint er ebensowenig wie der
an Fichte vorkommende Dryocoetes autograpkus zu spielen.
Als Feinde kommen nach Kleine in Betracht: die Käfer Seniusoma elongatuni L.
und Hypophloeus fasciaius F. und die Schlupfwespen Microdus rticjidosus N., Ptero-
iiiahis bi)nactdatus N., Spinolae R., Rhoptroeerus xylojikagorwrii R.
eiO Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Rindenbrüter an Rotbuche.
Die Rotbuche hat 2 Rindenbrüter als Hauptbrutpflanze, beide den Ipinen
angehörig:
Ernoporus fagi F. und
Taphrorychus bicolor Hbst.
Als gelegentliche Bewohner wurden noch folgende Arten auf Buche
gefunden:
Eccoptogaster laevis (Hauptpflanze Ulme), pygmaeus (Ulme), carpini (Hain-
buche), intricatus (Eiche), Hylesinus oleiperda (Ölbaum und Esche) und Dryocoeles
villosus (Eiche).
Ernoporus fagi F.
Der kleine (i — 2 mm) Käfer ist an dem Höckerfleck des Halsschildes, an dem am
Vorderrande des Halsschildes in der Mitte vorragenden Höckerchen und den nach vorn konvexen
Quernähten der Fühlerkeule leicht zu erkennen. Der Körper ist langgestreckt, walzenförmig,
pechschwarz mattglänzend, mit gelblich greisen Schuppenhärchen bestäubt, Fühlerkeule und Beine
(mit Ausnahme der dunkleren Schenkel) bräunlich gelb (s. Tab. S. 482).
Der Brutgang ist in Form und Länge auffallend unregelmäßig und ver-
läuft meist zwischen den Markstrahlen (Abb. 258). Fuchs (1905) fand bei
Fraßbildern in dicker Rinde von Stämmen ausgesprochene Längsgänge. Die
wenigen, im Anfang sehr feinen Larvengänge haben meist einen geschlängelten
Längsverlauf. Das ganze System nimmt einen sehr beschränkten Raum ein;
sowohl die Gänge als die längsgestreckten Puppenwiegen greifen in den Bast
und selbst in den Splint ein (Barbey).
Generation doppelt, Schwärmzeit im Mai und Juli.
Der Käfer nistet sich mit Vorliebe in der Nähe der Astwinkel bis zu 6 cm
starker Äste und Zweige ein; am Stamm selbst findet man ihn viel seltener
(Fuchs 1905). Da er in der Regel nur welke absterbende Äste angreift, kann
von einer forstlichen Schädlichkeit kaum gesprochen werden. Man
trifft die Art in allen Buchenwäldern, über ganz Europa verbreitet, bis zum
höchsten Standort des Buchenvorkommens.
Als Feinde führt Kleine an: die Schmarotzerkäfe r iVemosowa elongatwn L. und
Rhinosimus planirostris F. und die Schlupfwespen Ecphylus hylesini R. und Spathius
exarator.
'? "iffj Taphrorychus bicolor Hbst.
Kleiner Buchenborkenkäfer.
Beschreibung siehe oben S. 483.
Sein Fraßbild ist ebenso unregelmäßig und schwer zu beschreiben wie
das der vorigen Art, an das es deutlich erinnert. Zuweilen zeigen die Gänge
Neigung zur Sternform (Abb, 259).
Er befällt, wie der vorige, namentlich absterbende Äste, gefällte Stämme
und Scheitholz und ist daher forstlich ohne wesentliche Bedeutung. Auch
in seiner Verbreitung stimmt er mit der vorigen Art ziemlich überein, doch soll
er im nördlichen Europa weniger häufig sein. Ausnahmsweise wuide er einige
Male auch an Walnußbäumen und der Hainbuche gefunden.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbiüter an Obstbäumen. cjj
Die Generation ist doppelt; erste Schwärmzeit März, zweite Ende Mai an-
fangs Juni.
Eine nahverwandte Art, Taphr. Bulmerincqui Kol. lebt ganz ähnlich in
Buche, ist aber weit seltener als bicolor.
Kleine nennt als Feinde: die Käfer Netnosoma elongatuni L., Laemopliloeus-
monilis F. und Hi/pophloetts fraxmiKuge].vmd die Schlupf w es pen Ptei-omalus Spinolae R.
und Rhoptrocerris xylophagonwi R.
Abb. 259. Fraßbilder von Taphrorychus bicolor Hbst. in Buche. — Original (phot. Scheidter);
Rindenbrüter an Obstbäumen.
Als spezifische Obstbaumrindenbrüter sind zu nennen: Eccoptogaster malt
Sechst. (= pruni Rtzb.) und rugulosus Rtzb. und Polygraphus grandiclava Thoms.
J^i'7;Eccoptogaster mali Bechst. (Syn. E. pruni Rtzb.).
Großer Obstbaumsplintkäfer.
Länge 3,5 — 4,5 mm. Schwarz, glänzend, Fühler und Beine rotbraun, Vorderrand des
Halsschildes und Flügeldecken braun. Letztere mit zweioilci Punktstreifen (s. Tabelle S. 478).
Der Käfer befällt mit Vorliebe Pflaumenbäume, dann aber auch Äpfel-,
Bim- und Kirschbäume und Quitte; außerdem kommt er auch an Eberesche,
Mehlbeerbaum, Traubenkirsche, Ulme und Weißdorn vor. Er ist über ganz
Europa verbreitet und überall häufig.
Das Fraßbild (Abb. 2to) ist meist sehr regelmäßig. Der Muttergang ist
ein einarmiger Längsgang (bisweilen etwas schräg gestellt, an dünnen Zweigen
auch mehr oder weniger gewunden) von 5 — 12 cm Länge, meist mit einer
deutlichen rammelkammerartigen Erweiterung beginnend. Die gewöhn-
lich dichtgestellten Larvengänge sind wenig geschlängelt, und verlaufen zuerst
senkrecht oder schwach geneigt, um später mehr oder weniger in die Längs-
richtung überzugehen; ihre Zahl beträgt 50 — 60 auf jeder Seite. Mutter- und
Larvengänge greifen meist tief in den Splint ein, die Puppenwiegen dringen,
zum größten Teil senkrecht in das Holz ein.
512
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Generation ist nach Knotek (I897) eine doppelte. Die Schwärm-
zeiten fallen in die Monate Mai, Juni und dann wieder August, September, die
2. Brut überwintert als Larve.
Der Käfer befällt vor allem kränkliche, schwächliche, schlecht gedüngte
Bäume nach heißen trockenen Sommern (vgl. HofTmann 19 16), sowohl am Stamm
als an stärkeren Ästen.
Abb. 260. Brutfraß von Eccoptogaster raali
Bechst. — Original (phot. Scheidter).
Abb. 261. Brutfraß von Eccoptogaster rugu-
losus Rtzb. — Original (phot. Scheidter).
Zur Vorbeugung und Bekämpfung müssen die Obstbäume durch
sachgemäße Behandlung (Düngen usw.) gesund erhalten werden; ferner ist
schwächliches oder kränkliches Holz (Äste) zu entfernen und vernichten. Als
Fangbäume kann man wertlose Bäume im Spätherbst ringeln, so daß sie im
Frühjahr von den Käfern angenommen werden; Ende Juni müssen sie entfernt
werden. Auch Bestreichen der Stämme und Äste mit Obstbaumkarbolineum vor
«der Flugzeit kann gute Wirkung erzielen.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Obstbäumen. cj^
Als Parasiten führt Kleine folgende Schlupf wespen an: Doryctes p07)iarms R.eiah.,
Elaehistus leucogramma R,, Mieroplectron fuscipennis Z., Pteromalus spec, Rhaphitelus
maculatus Welk.
Eccoptogaster rugulosus Rlzb.
Der kleine Obstbaumsplintkäfer.
Durch seine kleinere Gestalt (2 — 2,5 mm) — er gehört zu den kleinsten Eccoptogaster-
Arten — und die einfachen Punktstreifen auf den Flügeldecken (s. Tabelle S. 478) leicht vom
vorigen zu unterscheiden.
Polyphag an Obstbäumen wie der vorige, mit dem er meist zusammen vor-
kommt. Außerdem ebenfalls an Weißdorn, Eberesche usw.
Das Fraßbild (Abb. 261) stellt wie beim vorigen einen einarmigen
Längsgang dar. Doch ist der Muttergang gewöhnlich wesentlich kürzer (i bis
3 cm) und meist ohne rammelkammerartige Erweiterung am Anfang; auch
ist die Zahl der Larvengänge geringer (10 — 20 auf jeder Seite), i) letztere ver-
laufen mehr geschlängelt und unregelmäßiger als bei malt. Die Puppenwiegen
sind wie bei diesem tief in den Splint eingesenkt.
Verschiedentlich wurde im Frühjahr ein Imaginalfraß (ähnlich wie bei
scolytus, laevis und intricatus) beobachtet: die Käfer bohren sich in ganz junge Triebe
oder in die Polster der Blattknospen ein (Reh). Hennings (1908) sah Imagines
die oberflächlichen Schichten der Rinde platzend abweiden, und Gornostav (ig 16)
beschreibt gemeinschaftliche rosettenartige Miniergänge, welch beide Erscheinungen
wohl als Reifungsfraß zu deuten sind.
Rugulosus befällt mehr die Krone (Äste und Zweige); auch junge, schlecht
versetzte Bäumchen fallen ihm oft zum Opfer. 2) Im übrigen verhält er sich
wirtschaftlich wie niali, mit dem er sich häufig zusammen in einen Baum teilt.
Bekämpfung wie bei vorigem.
Zahlreiche Parasiten töten oft den größten Teil der Brut. Kleine führt folgende
Schlupfwespen an: Cahjptus longieollis Rtzb., Barichneumon ridibundus G., Alysia
manducator Pz., Blacus fuseipes Gour., Caenocoelius analis Nees., Diachasma cephalotes
Wsm , Doryctes pomarius Reinh., Ecphyhis eecoptogastri Rtzb., Sigalphus flavipalpis Wsm.,
Spathius brevicaudis Rtzb,, Elaehistus leucogramma Rtzb., Eurytoma eecoptogastri Rtzb.,
Rhaphitelus maculatus Walk., Pteromalus bimaculatus Ns., Alecopolabus fasciiventris Wsm.,
Diapria nigra Nees. und Teleas punctata Gir.
'-.VrPolygraphus grandiciaya Thoms.
Die Charakteristik der Art s. Tabelle S. 481. Seitner (191 1) glaubte auf Grund seines
Befundes einer verschiedenen Fühlergliederzahl (grandielava 6, poligraphus 5 Geißelglieder)
ersteren genetisch von letzterem trennen zu sollen und stellte hierfür die Gattung Pseudopoly-
graphus auf. Nach den Fühleruntersuchungen Röhrls (1914) ist die Gliederzahl in der Gattung
Polygraphtis so variabel, daß die Zahl der Geißelglieder jedenfalls nicht zur Aufstellung einer
Gattung berechtigt.
Der Hauptbrutbaum ist die Kirsche, außerdem wurde er merkwürdiger-
weise gar nicht selten auch an der Zirbelkiefer (P. cembrd) gefunden. Diese
^) In Amerika, unter den klimatisch günstigeren Bedingungen, ist die Fortpflanzungsenergie
stark gesteigert. Die Muttergänge erreichen da eine Länge von 4 — 5 cm, die Zahl der Larven-
gänge steigt bis 40 jederseits, die Zahl der Generationen auf 2 — 4 oder 5 (Reh).
■'') In Amerika hat das Vordringen der San Jose- Schildlaus rugidosits durch Schwächung
der Obstbäume sehr begünstigt.
Escherich, Forstinsekten. IL Ed. 33
5M
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Polyphagie (an Laub- und Nadelholz) ist etwas so ungewöhnliches bei den
rindenbrütenden Borkenkäfern, daß es naheliegt, die Identität des Kirschen- und
Arvenkäfers zu bezweifeln. Seitner hat denn auch die Vermutung ausgesprochen,
daß die Arvenart systematisch von der Kirschenart zu trennen sei und für den
Fall der Richtigkeit seiner Ansicht den Namen Pseudopolygraphus cembrae vor-
geschlagen. Baer (191 1) konnte jedoch durch Zuchtversuche nachweisen, daß
Abb, 262. Brutfraß von Polygraphus
grandiclava Thoms. an Prunus avium. —
Nach Seitner.
Abb. 263. Brutfraß von Eccoptogaster
carpini Rtzb. an Hainbuche. — .[Original
(phot. Scheid ter).
die Kirschenart auch in Nadelholz (Kiefer und Arve) mit Erfolg brütet, so daß
wir also tatsächlich in dem Kirschen- und dem Arvenkäfer die gleiche Art {Poly-
giaphus grandiclava) zu erblicken haben.
Das Fraßbild (Abb. 262) ist wenig bestimmt und sehr variabel, der Mutter-
gang ist einarmig, doppelarmig oder ein mehrarmiger (3 — 4) Sterngang mit deut-
licher Rammelkammer. Die Gänge sind 1Y2 — 2 mm breit und 3 — 4Y2 cm lang
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Hainbuche. c i c
und greifen, wie auch die Rammelkammer, stark in den Splint ein. Die Larven-
gänge liegen mehr im Bast und greifen den Splint nur oberflächlich an. Ver-
schiedentlich finden sich sowohl an der Rammelkammer als an den Gängen
größere oder kleinere Erweiterungen, die wohl auf Ernährungsfraß zurückzuführen
sind und die das Fraßbild oft recht undeutlich machen.
Die Generation scheint einjährig zu sein. Eggers fand im Winter
Puppen, im Mai frisch eingebohrte Käfer, im Spätsommer noch nicht aus-
gewachsene Larven. Seitner fand das ganze Jahr über alle Entwicklungs-
stadien.
Über die wirtschaftliche Bedeutung wissen wir wenig. Eggers fand
ihn einmal in „vom Sturm gebrochenen Ästen", ein andermal in „absterbenden
unteren Zweigen". Darnach scheint er stark sekundär zu sein.
Rindenbrüter an Hainbuche.
Der Hainbuche gehört nur ein Rindenbrüter als spezifisch an: Eicoptogaster
carpini Rtzb.
Als gelegentliche Bewohner wurden außerdem noch in ihr gefunden:
Eccoptogasier scolytus (Hauptpflanze Ulme), pygmaeus (Ulme), intricatus (Eiche),
£?720/)o;m /fl^/ (Rotbuche) , TaphrorycJms bicolor (Rotbuche) und Dryocoetes coryli
(Hasel).
- Eccoptogaster carpini Rtzb.
Dem intricatus (Eiche) nahestehend, unterscheidet er sich von diesem durch die etwas
kleinere, insbesondere schlankere und nach hinten weniger verschmälerte Gestalt, durch die feinere
Punktierung der Halsschildseiten und durch die Skulptur der Flügeldecken, die zweierlei Punkt-
streifen aufweist (s. Tabelle S. 477). Pechschwarz, mäßig glänzend, mit bräunlich gelben Fühlern,
Schienen und Tarsen und bräunlichen Flügeldecken. Länge 3—3,5 mm.
Hauptsächlich an Hainbuche, doch auch an Rotbuche, Hopfenbuche,
Hasel und Eiche gefunden. Über ganz Europa von Spanien bis Skandinavien
und Rußland verbreitet.
Das Fraßbild ist dem von Eccoptogaster intricatus (s, oben S. 507) sehr
ähnlich: es besteht aus einem einarmigen, tief in den Splint eingreifenden
Quergang und von diesen ausgehend, gleichfalls tief im Splint, lange, schwach
geschlängelte, längsgerichtete und ziemlich dichtstehende Larvengänge von ca. 10 cm
Länge (Abb. 263). Nach Knoteks (1897) Funden an Hopfenbuche in Bosnien
sollen die Biutgänge etwas kürzer und schmäler und die Zahl der Larvengänge
etwas geringer sein als bei intricatus. Nach Eggers (1904) trifft dies bei seinem
in Hessen gesammelten Hainbuchenmaterial nicht zu, die Gänge erreichen hier
stets eine recht ansehnliche Länge (bis 5 cm).
Eccoptogaster carpini scheint nirgends häufig zu sein und meist an kränk-
lichen, absterbenden oder geköpften Hainbuchen vorzukommen. Forstlich wohl
ziemlich bedeutungslos.
Als Paras4t nennt Kleine nur. die Schlupfwespe Dendrosoter protuberans N.
33*
ci6 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
' Rindenbrüter an Ahorn.
Die einzige nennenswerte Art an Ahorn ist Eccopiogaster acens Knotek.
Außerdem kommt an ihm noch vor Diyocoetes aceris Lind. (Rußland) und
coryli Perr. (Hauptpflanze Coiylus avellana).
Eccoptogaster aceris Knotek.
Beschreibung s. Tabelle S. 478.
Diese von Knotek (1892) in Bosnien in mehreren Ahornarten entdeckte
Art ist hauptsächlich ein Gebirgstier, das mit den Ahornen in eine bedeutende
Abb. 264. Brutfraß von Eccoptogaster aceris Knotek. — Aus Spessivtseff.
Höhe steigt. Er kommt allerdings auch in tieferen Lagen vor (im Wiener Hoch-
schulgarten gefunden!).
Der Muttergang (Abb. 264) ist ein 1,5—3 cm langer, über 3 mm breiter,
tief in den Splint eingreifender, fast gerader Längsgang. Die Larvengänge sind
sehr zahlreich — bei einem Brutgange bis zu 1 1 o — und dicht, greifen von
Anfang an tief in den Splint, berühren oder kreuzen sich nie und stehen, bis auf
die äußersten, welche sofort umbiegen und in der Stammrichtung bis zu 12 cm
Länge verlaufen, fast senkrecht auf dem Muttergang, um später erst strahlen-
förmig auseinanderzugehen. Die Puppen wiegen liegen in der Rinde. Der ganze
Brutgang ist sehr regelmäßig, zierlich und charakteristisch.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. e j 7
Eine größere forstliche Bedeutung kommt ihm kaum zu, da er meist
nur an gefällte Bäume geht, wo er glattrindige Stämme und stärkere Äste bevor-
zugt (Knotek 1897 und 1904).
Anhang.
Außer den bisher genannten Pflanzen kommen auch noch in verschiedenen
anderen Laubpflanzen Borkenkäfer vor, auf die aber ihrer wirtschaftlichen
Bedeutungslosigkeit halber hier nur kurz hingewiesen werden soll :
An Erle: Dryocoetes alni Georg (s. Tabelle S. 487). Fraßgänge unregel-
mäßig und schwierig zu beschreiben. Brutgang ein Längsgang, mehr oder weniger
verzweigt, den Holzfasern folgend, 2 — 6 cm lang. Die sehr ungleichmäßig an-
geordneten Larvengänge verlaufen bald längs, bald quer und verwirren sich so,
daß stellenweise in der Rinde oder im Bast ganze Plätze ausgebohrt erscheinen
(Barbey). Mehrere Abbildungen der Fraßgänge finden sich bei Fuchs (1905).
An Linde: Emoponis tiliae Panz. (s. Tabelle S. 482). Brutgang doppel-
armig, von i ? genagt, quer verlaufend; jeder Arm i — 4 cm lang, bisweilen der
eine Aim kürzer als der andere. Die Larvengänge gehen senkrecht ab und er-
reichen keine große Länge (Barbey). An absterbenden Zweigen.
An Hasel: Dryocoetes coryli Perr.
An Aspe: Trypophloeus asperatus Gyll. und granulatiis Rtzb. (s. Tabelle
S. 482).
Fraßbilder ähnlich wie bei den Ciyphalus-KxiQn (s. S. 481); Nördlinger
nennt sie „hieroglyphisch". Sie liegen dicht unter der Oberhaut der Rinde; die
Larven wühlen in der Rinde. Ich fand die Art öfter in Bialowies an Pappeln.
An Goldregen: Hylasti?ius Fankhauseri 'R.o.iXX. (s. Tabelle S. 476). Doppel-
armige Quergänge. Larvengänge in Längsrichtung, zuletzt sich schlängelnd. Gute
Abbildungen bei Barbey (Taf. 5, Abb. 5) und bei Fuchs (1906), der eingehende
Schilderung der Biologie gibt (s. außerdem auch Barbey 1905).
An Waldrebe: Xylockptes bispinus Duft. (s. Tabelle S. 487). Brutgang
ein doppelter Längsgang.
An Efeustämmen: Kissophagus hederae Schmidt. — Muttergänge etwas
geschwungene Längsgänge, deren Form aber meist schwer zu erkennen ist. Larven-
gänge sparsam vorhanden und sehr kurz (Eichhoff, Barbey).
An Besenpfrieme (auch an Ulex europaeus und Cytisus laburnimi)
Phloeophthorus rhododactyliis Marsh. — Muttergänge sind Gabelgänge, deren Gabel-
schenkel fast längsgestellt nach oben verlaufen.
An Klee (auch an Spartium imd Cytisus): Hylastinus obscurus Marsh.
(= tnfolii Müll.). — Unregelmäßige Gänge in den Wurzeln.
B. Nadelholz.
Rlndenbrüter an Kiefer.
An der Kiefer kommen eine ganze Reihe von Rindenbrütern vor, sowohl
aus der Gruppe der Hylesinen als der Ipinen. Hier sollen nur diejenigen Rinden-
51!
Coleoptera. — 7. Familien reihe : Rhynchophora.
f/chfe/Tsfe/ni
cinereus
yon minor Mufter^arrffe/i
su^üra/is
Abb. 265. Die wichtigsten Rindenbrüter an der Kiefer (Fraßbilder und Verteilung).
Original. M. Dingler gez.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. ciO
brüter besprochen werden, für die die Kiefer die Hauptfraßpflanze dar-
stellt, während diejenigen, welche die Kiefer nur gelegentlich oder ausnahmsweise
befallen, nur namentlich angeführt werden unter Hinweis auf die ausführliche
Besprechung an anderer Stelle. Ebenso wird bezüglich der polyphagen Arten
verfahren; sie werden unter einer Nadelholzart, bei der sie im allgemeinen am
häufigsten vorkommen, behandelt und bei den anderen nur genannt.
Die wichtigsten Kiefernrindenbrüter sind folgende (s. Abb. 265):
Typische Kiefernbewohner.
I. Vorzugsweise im Stamm.
Myelophilus {Blastophagus) piniperda L.
— — minor Hart.
Ips sexdentatus Boern.
— amitinus var. montanus Fuchs.
— acuminatus Gyll.
— Mannsfeldi Wachtl.
— laricis F.
— suturalis Gyll.
— proximus Eichh.
II. Vorzugsweise in Ästen, Zweigen oder jungen Pflanzen.
Carphoborus minimus F.
Polygraphus grandiclava Thom.
Fityogenes bidentattis Hbst.
— quadridens Hart.
— bistridentatus Eichh.
— trepanatus Nördl.
— monacensis Fuchs.
Pityophthortis Lichtensteini Ratz.
— glabrahis Eichh.
III. Sowohl im Stamm als in Ästen, meist als Raumparasit bei anderen
Borkenkäfern.
Crypturgtis cinereiis Hbst.
Gelegentliche Kiefernbewohner.
In zweiter Linie oder ausnahmsweise gehen ferner die Kiefer noch folgende
Arten an:')
Hylurgops palliatiis Gyll. — Polyphag an Pityophthorus micrographus L. — Fichte.
Nadelholz, bes. an Fichte. — exsculptus Ratz. — Fichte.
— glabratus Zett. — Fichte. Pityogenes chaleographus L. — Fichte.
Dendroctonus micans Kugel. — Fichte. Ips typographus L. — Fichie.
Polygraphus poligraphus L. — Fichte. — amitinus Eichh. — Fichte.
— subopaeus Thoms. — Fichte. — cembrae Heer. — Lärche.
Crypturgus pustllus Gyll. — Fichte. — duplicatus Sahlb. — Fichte.
Cryphalus piceae Ratz. — Tanne. i — curvidens Germ. — Tanne.
— abietis Ratz. — Fichte. |
I. Vorzugsweise im Stamm brütend.
^ ' Myelophilus (Blastophagus) piniperda L.
Der große oder gemeine Waldgärtner.
Die typische Form ist schwarz, Fühler und Tarsen rot. Manchmal kommen auch Exem-
plare mit roten Fjügeldecken vor (var. rubripennis Reitt.).
Besonders wichtig (zur Unterscheidung vom kleinen Waldgärtner) ist die kurze glatte Furche
(„Schattenfurche") am Absturz der Flügeldecken neben der Naht (s. Abb. 233 a, S. 480J.
') Bei jeder Art ist die Hauptbrutpflanze a
r20 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Fraßpflanze außer der gemeinen Kiefer noch viele andere, ja viel-
leicht alle Pinusarten (Seekiefer, Weymouthskiefer, Legföhre usw.). Ausnahms-
weise auch an Fichte (Gigglberger 1867, 1868 und 1873, Nördlinger,
Nitsche, Scheidter i. 1.) und Lärche (Sibirien).
Die geographische Verbreitung ist gleich derjenigen seiner Nährpflanze
eine circumpolare, indem der große Waldgärtner sowohl in ganz Europa und
Nordasien bis nach Japan, als auch in Nordamerika vorkommt. Südlich geht er
bis zu den Kanarischen Inseln.
Brutfraß. — Die Brutgänge (Abb. 266 A) stellen eiqarmige Längsgänge dar
von durchschnittlich 10 cm Länge; doch erreichen sie nicht selten auch eine
Länge bis zu 15 und 16 cm. Sie liegen fast vollkommen im Bast und furchen
den Splint nur ganz oberflächlich. Die Gänge sind wenig gerade und zeigen
vielfach kleinere oder größere Krümmungen; auch ist ihr Verlauf durchaus nicht
immer genau längsgerichtet, sondern oft mehr oder weniger schräg, ^) so daß bei
einem dichtbesetzten Stamm ein recht unregelmäßiges und unruhiges Bild entsteht.
Die Einbohrlöcher, die sich durch das aus braunen und weißen Partikelchen
gemischte Bohrmehl verraten, führen nicht in einer Radial-, sondern stets in einer
Tangentialebene zum Splint. Sie haben einen Durchmesser von ca. 2,5 mrn.
Die Herstellung des Einbohrloches und der bis zum Splint führenden Eingangs-
röhre erfordert ca. 2 — 3 Stunden. Am Anfang des Mutterganges findet sich
meist eine rammelkammerartige Verbreiterung, die vielleicht zur Begattung vor
und während des Brutgeschäftes dient (vgl. auch Krausse iQ22a). Gewöhnlich
findet übrigens die i. Begattung bereits vor der Anlage des Mutterganges und
während des Einbohrens des 2 in die Rinde statt. Die meisten Muttergänge
weisen mehrere (bis zu 4) „Luftlöcher" auf, die einen etwas kleineren Durch-
messer besitzen, nämlich 2,25 mm, als die Einbohrlöcher. Durch sie dringen
auch häufig fremde Männchen in den Brutgang ein, um das stets gefällige 9
von neuem zu begatten (Wolff 1920).
Als besonders charakteristisches Kennzeichen des ptniperda -Mutterganges
gilt die „krückstockartige" Krümmung des Anfangsteiles. Diese ist jedoch,
worauf Chewyreuv zuerst hingewiesen, durchaus nicht immer vorhanden, sondern
wird nur dann verfertigt, wenn gefällte, liegende Stämme befallen werden;
denn die Krümmung hat den Zweck, dem Bohrmehl einen leichteren Abfluß zu
verschafifen. Die Krümmung verläuft daher auch stets in der gleichen Richtung,
nämlich bodenwärts. In stehenden Stämmen fehlt die krückstockartige
Krümmung (Abb. 266 A). Hier verlaufen die Fraßgänge stets von unten nach
oben, an liegenden dagegen auch umgekehrt. Die Muttergänge sind fast stets
von einer feinen, hellen Harzkruste ausgekleidet, wie auch die Bohrlöcher,
die meist recht verborgen unter Rindenschuppen angelegt werden, gewöhnlich
von kleinen gelben Harztrichtern umgeben sind.
^) Eine Schrägstellung kommt namentlich bei drehwüchsigen Kiefern vor, da die Gänge dem
Faserverlauf des Splintes folgen. Aus demselben Grunde sind in starkborkigen Stöcken die
Muttergänge oft vollständig unregelmäßig, schräg, quer, gebogen, schlangenförmig gewunden usw.
(Scheidter).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer
52 1-
Die Eini sehen liegen ziemlich nah beieinander, allerdings können auch
längere oder kürzere Strecken auf der einen oder anderen Seite steril, d. h. ohne
Eiablage sein. Die Zahl der Eier in einem Muttergang kann bis loo und mehr betragen.
r^
Abb. 266 A. Myelophilus piniperda L. Nahezu vollendeter Brutfraß in Kiefer. Der Fraß fand am
stehenden Stamme statt (daher Muttergänge ohne „Krückstock"). — Aus Koch (phot. Scheidter).
Die Larvengänge, die entsprechend der Eiablage dichtgedrängt stehen,
gehen zunächst senkrecht vom Muttergang ab, um nach kurzem Verlaut nach
unten und oben umzubiegen. Sie sind sehr lang und gehen bei stärkerem Be-
.r22 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
fall wirr durcheinander. Sie liegen ebenso wie die Muttergänge fast vollständig
im Bast. Am Ende des Larvenganges gehen die erwachsenen Larven tiefer in
die Borke und verpuppen sich hier in länglichen Puppenwiegen, die die fertigen
Käfer durch kreisrunde Fluglöcher verlassen. Letztere haben ungefähr den
gleichen Durchmesser wie die Luftlöcher, nämlich 2,25 mm.
Die Fluglöcher sind immer nur einzeln über die Rindenoberfläche ver-
streut. Die Zahl der Fluglöcher entspricht durchaus nicht immer der Zahl der
Eier bezw. Larvengärige; im Gegenteil, für gewöhnlich ist ihre Zahl wesentlich
geringer (Trägärdh 191 9, Wolff 1920). Dies beruht meist darauf, daß aus
Raummangel nur ein Teil der Brut zur vollen Entwicklung gelangt. Der
Raummangel kann in einem zu geringen Durchmesser der befallenen Bäume be-
gründet sein. So stellte Trägärdh fest, daß in Stämmen von weniger als 4,5 cm
Durchmesser nur 4 % der Larven ihre Entwicklung durchmachen, was etwa 3 bis
4 Stück pro Muttergarg entsprechen würde. Doch auch in stärkeren Stämmen
(von 7 cm Durchmesser) fand Trägärdh als Maximalziflfer nur 15 Fluglöcher.
In diesen Fällen ist der Raummangel auf einen zu dichten Befall zurück7uführen.
Auch durch einen längeren, ausgedehnten „Verzögerungsfraß" der ausgeschlüpften
Jungkäfer, die durch länger andauernde ungünstige Witterung am Ausschwärmen
verhindert werden, können junge Larven oder auch Puppen derselben Familie
derart gestört werden, daß ihre normale Entwicklung in Frage gestellt wird
(Wolff 1. c.) — Des weiteren können auch, ebenfalls auf dem Wege des Ver-
zögerungsfraßes, von früher ausgekrochenen Käfern bereits gefertigte Fluglöcher
von anderen als Ausgang benutzt werden, so daß dann die Zahl der Fluglöcher
geringer ist als die Zahl der darunter wirklich geborenen Familienmitglieder
(Eich hoff). Endlich kann auch durch die zahlreichen Feinde eine starke Ver-
minderung der Brut und damit der Fluglöcher verursacht werden.
Mißlungene Brutgänge („Versuchsgänge"). — Sehr häufig wird man
beim Nachschneiden von Einbohrlöchern keinen vollendeten Brutgang, sondern
entweder nur einen kurzen, blind endigenden Gang oder einen im Harzfluß er-
stickten Käfer finden. Im ersten Fall kann es sich unter Umständen um ein
Winterquartier (s. unten) handeln; es können aber auch mißlungene Brut-
gänge sein. Stets trifft dies zu für solche Einbohrlöcher, die anfangs Februar
noch nicht vorhanden waren; denn dann können dieselben nur von angeflogenen
$2 herrühren, die zur Anlage des Brutganges schreiten wollten (Wolff). Im
zweiten Fall (im Harz erstickte Käfer) kommen überhaupt nur mißlungene An-
griffe in Betracht. Solche Versuchsgänge können sehr zahlreich sein; Trägärdh
zählte an einer 73 jährigen Kiefer auf i m Länge 193 derartig mißlungene Brut-
gänge, durch welche der Baum zum Absterben gebracht wurde. Die Häufigkeit
ist zu verstehen, wenn es lichtig ist, daß der große Waldgärtner stehende Bäume
nur dann mit Erfolg bebrüten kann, wenn sie vollkommen im Absterben begriffen
sind (Wolff), und daß er in der Not bei starker Vermehrung mangels geeigneten
Brutmaterials seine Angriffsversuche auch auf stehendes Holz von anderer Be-
schaffenheit zu richten gezwungen ist und dies auch tatsächlich in großem Um-
fang ausführt (Trägärdh, Wolff).
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbiüter an Kiefer.
523
Blind endigende Einbohrlöcher können übrigens noch eine andere Ursache
haben. Tritt nämlich beim Einbohren plötzlich ungünstige Witterung ein, so
unterbricht das $ die Einbohrtätigkeit sofort, um sich in der Tiefe irgend einer
Rindenspalte zu verkriechen. Tritt dann wieder besseres Wetter ein, so beginnt
es mit seiner Arbeit von neuem, in den weitaus meisten Fällen nicht am alten
Bohrloch, sondern an einer anderen Stelle. So können also unter Umständen
auch an vollkommen geeigneten Brutbäumen unvollendete Einbohrlöcher vorkommen.
Ernäbrungsfraß. — Neben dem Brutfraß findet beim Waldgärtner noch
ein sehr charakteristischer Ernährungsfraß außerhalb der Geburtsstätte
statt und zwar in den Trieben der Kiefern, deren Markröhre er aushöhlt
(Abb. 266 B). Die Altkäfer gehen, nach-
dem sie ihre erste Brut vollendet, zum
Regenerationsfraß schon frühzeitig (schon
von Mitte Mai ab), da die heurigen Triebe
noch nicht ausgebildet oder verholzt sind,
in die vorjährigen Triebe, die Jungkäfer
zum Reifungsfraß wesentlich später in die
nunmehr ausgebildeten und schon mehr
oder weniger verholzten diesjährigen Triebe.
Das Einbohrloch ist stets von ausgetretenem,
in Form eines gelben Trichters verhärtetem
Harz umgeben und daran leicht kennt-
lich. Dem Ausbohrloch fehlen die Harz-
trichter stets. Übrigens fehlen bisweilen
besondere Ausbohilöcher. In diesem Falle
wird der Käfer rückwärts laufend — wozu
er sehr gut imstande ist — den Gang
zum Einbohrloch wieder verlassen (Wolff
1. c). Die ausgehöhlten Triebe werden in
der Regel durch den Fraß dürr und
brechen an der Einbohrstelle ab. Diese
„Abfälle" oder „Abbruche"') bedecken bei stärkerem Befall oft zu Tausenden
den Boden.
Überwinterungsfraß. — Sobald anhaltender Frost eintritt, in unseren
Breiten also im November und Dezember, verläßt der Käfer die Triebe und
bohrt an der Stammbasis, vom Wurzelhals bis etwa 1V2 ^ hoch, durch die
Rinde bis nicht ganz auf den Splint reichende, schräg nach oben in einer Länge
von ca. 5 cm die Rinde durchziehende, 2,5 mm weite Röhren (Wolff). Die
Einbohrlöcher sind von kleinen Häufchen von Wurmmehl und Harzkrümelchen
bedeckt (Abb. 266 C); die Ausbildung von Harztrichtern scheint oft zu unterbleiben.-)
Abb. 266 B. TriibfraD (Ernährungsfraß)
des ,, Waldgärtners". Ein vom Käfer aus-
gehöhlter Trieb (bei d aufgeschnitten);
c Bohrloch mit Harztrichter. — N.
') JNicht zu verwechseln mit „Absprüngen" bei Selbstreinigung nach reichen Samenjahren ;
bei Fichten auch Eichhornabbisse!
-) Die Winterquartiere werden immer wieder von neuem benutzt; man findet deshalb an
alten Stämmen selten frische Einbohrlöcher.
524
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Man findet die Winterquartiere immer da, wo zahlreiche Abbruche den Boden
bedecken.
Generation. — Die Generation ist, wie vor allem durch die Untersuchungen
Knoches nachgewiesen wurde, eine einfache. Es kommt allerdings im Sommer
zuweilen eine zweite entwicklungsfähige Brut vor, jedoch stammt diese nicht
von den Jungkäfern — stellt also keine wirkliche zweite Generation dar — sondern
von den Altkäfern, die die erste Frühjahrsbrut schon hinter sich haben und
durch den beschriebenen Regenerationsfraß in den Trieben in die Lage versetzt
Abb. 266 C. Zahlreiche Überwinterungsgänge des großen Waldgärtners an der Basis eines-
Kiefernstammes. — Aus Trägärdh.
sind, noch ein zweitesmal zu brüten. Allerdings ist dabei die Zahl der ab-
gelegten Eier gewöhnlich geringer als bei der ersten Eiablage und erreichen dann
auch die Muttergänge nicht die Länge der bei der i. Brut gefertigten.
Die zweite Brut (Geschwisterbrut) ist durchaus nicht die Regel. Nach
Trägärdh ist sie in Schweden sogar recht selten, trotzdem der Regenerations-
fraß eine regelmäßige Erscheinung ist. Es hängt wohl hauptsächlich von dem
Vorhandensein oder Fehlen von passenden Brutbäumen ab, ob eine zweite
Brut zustande kommt oder nicht. „Der Regenerationsfraß des Waldgärtners
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. ^25
scheint demnach die Aufgabe zu haben, im späten Sommer auftretende Brut-
möglichkeiten auszunützen oder mit anderen Worten, eine Reserve zu bilden, die
eventuelle Angriffspunkte auszunützen vermag" (Trägirdh), i)
Der große Waldgärtner ist ausgesprochener Frühschwärmer. Die
Käfer werden von den ersten warmen Frühjahrstagen (Februar, März) 2) aus ihren
Winterquartieren hervorgelockt. Zu dieser Zeit sind sie oft in riesigen Mengen
auf den Winterschlägen, von denen das Holz noch nicht abgefahren wurde, in
den Holzniederlagen von Sägmühlen usw. zu beobachten. Die anfliegenden
Tiere sind zum Teil schon begattet oder die Begattung findet unmittelbar nach
dem Anflug, während des Einbohrens und im begonnenen Gang selbst statt.
„Das Schwärmen ist hier ein wahrer Hochzeitsflug."
Der Geschlechtstrieb ist zu dieser Zeit ein sehr stürmischer. Knoche
(1907 a) hat bei vielen ?? beim Einbohren 2 — 3, sehener 4 — 5, in einzelnen
Fällen 6 und einmal 7 Spermatophoren in der Begattungstasche gefunden. Dies
bedeutet, da das J bei jeder Kopula nur i Spermatophore abgibt, ebensoviele
Begattungen. Wirklich monogam wird das Tier erst mit dem Beginn der Brut;
doch auch da können, wie oben bereits erwähnt, durch die Luftlöcher noch
fremde 6d zu dem $ kommen, um es wiederholt zu begatten. Übrigens genügt
nach den Zuchtversuchen Knoches (1907b) eine einmalige Begattung zum Ver-
lauf einer regelrechten Brut.
Die Schwärmzeit wird von klimatischen Verhältnissen stark beeinflußt. Bei
rauher Frühlingswitterung verspätet sich der Flug oft so sehr, daß man noch bis
in den Mai hinein frische Gänge findet. Auch die Entwicklungsdauer der Brut
wird durch die Temperatur stark beeinträchtigt und kann um mehrere Wochen
verzögert bezw. beschleunigt werden.
Lautäußerungen der J^f- ^^^ 66 ^^^ großen (wie auch des kleinen) Waldgärtners
vermögen einen Ton von sich zu geben, der sich nach Wolff am besten mit dem , .Knarren'''
neuer Stiefel vergleichen läßt. Der Ton erfolgt meist 2 bis 3 mal, oft 4 mal hintereinander. Die
Käfer fangen sofort damit an, wenn sie auf einen Widersland stoßen.-*) Das Zirpen ist ziem-
lich laut; bringt man ein halbes Dutzend ^fj in ein Reagenzglas, so schallt das Zirpen der
Tiere so laut aus dem Glas, daß man es in 3 m Entfernung noch deutlich wahrnehmen kann.
') In Zwingerversuchen gelang es Knoche (1907a) durch Ansetzen alte Käfer direkt
nach Absolvierung ihrer ersten Brut, also ohne Regenerationsfraß in den Trieben, zu einer neuen
Brut zu veranlassen. Alle diese Altkäfer starben aber bald, im oder noch vor Monat Juli, ohne
zu einer 3. Brut geschritten zu sein, auch wenn sie wieder an frisches Holz gesetzt wurden und
•den Darm vollgepfropft von Nahrung hatten. Bei Versuchen, bei denen die Mütter nach der
I. Brut Triebe zu fressen bekamen, geschah das nicht. Auch bei Jungkäfern, die sofort nach
Ausflug angesetzt wurden, gelang es, einige ohne Markröhrenfraß nach wenigen Wochen zur
Fortpflanzung zu bringen. Allerdings erzielten diese nur eine geringe Anzahl von Nachkommen;
außerdem kamen Unregelmäßigkeiten während der Brut vor, die bei normalen Brüten von lang-
sam geschlechtsreif gewordenen Tieren fehlen. ,,Die Ernährung in den Trieben begünstigt die
Körperzellen entschieden gegenüber den Geschlechtszellen. Sie gewährleistet den langsam heran-
reifenden Jungkäfern eine den Strapazen der Eiablage gewachsene Ausbildung; die Ernährung
dagegen in dem geschlagenen Holz bietet wiederum den Geschlechtszellen Vorteile vor den
Körperzellen, führt aber dadurch sowohl bei Jung- wie bei Altkäfern meist einen frühzeitigen
Tod infolge Erschöpfung herbei" (Knoche 1907 a).
-) Als frühesten Schwärmtermin beobachtete Scheidter den 9. Februar.
^) Man kann dies experimentell jederzeit auch bei einem frei z. B. auf dem Tisch herum-
laufenden Käfer hervorrufen, wenn man in ihren Weg die beiden eng aneinander gelegten
Finger so hinhält, daß sie ein sackartiges Hindernis bilden, in das der vorwärtsmarschierende
Käfer sich förmlich einzubohren sucht. Bei diesem gewaltsamen Vorwärtsdrängen wird man ihn
sehr deutlich zirpen hören, im stillen Zimmer gut auf 25 cm Entfernung.
C26 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Verbreitungsvermögen. — Der Waldgärtner entfernt sich, wenigstens-
beim Aufsuchen der Triebe zum Zweck des Ernährungsfraßes, im allgemeinen
nicht weit von seiner Brutstätte; er sucht hauptsächlich diejenigen Kiefern auf^
die dem Brutplatz am nächsten sind. Die daraus folgende Lokalisierung des
Kronenschadens ist z. B. deutlich ersichtlich in der Nähe von Sägmühlen,
Meilern, Bauplätzen, wo Holz gelagert wird usw. Werden die gefällten Bäume
in durchforsteten Beständen zerstreut liegen gelassen, so verteilt sich der Kronen-
(Trieb-) Fraß über den ganzen Bestand; werden sie dagegen an einen Weg
gebracht, so konzentriert sich der Triebfraß auf längs des Weges stehende Bäume
(Trägärdh 192 1). — Beim Schwärmen an die Brutstätte kann er dagegen weite
Entfernungen überfliegen (nach Scheidter 2 — 3 km).
Forstliche Bedeutung. — Der große Waldgärtner bevorzugt Stämme bezw.
Stamm partien mit starkborkiger Rinde, geht aber auch in Stangenholz und
Kulturen von 10 — 15 Jahren. Bezüglich seines Schadens müssen wir zweierlei
beiücksichtigen. i. Die Wirkung des Brut- und Überwinterungsfraßes am Stamm
und 2. die Wirkung des Ernährungsfraßes in den Trieben.
Schädigung durch Brut- und Überwinterungsfraß: Die Schäden
durch den Brutfraß sind vielfach überschätzt worden. Mit Erfolg, d. h.
daß es zur normalen Entwicklung der Brut kommt, befällt der große Wald-
gärtner nur frisch gefällte oder aber vollkommen im Absterben begriffene
Stämme. Bloß kränkelndes Material (in den Folgejahren z. B. nach „Kahlfraß'*^
sich wieder voll begrünendes Holz) ist dem Geschmack des Waldgärtners durch-
aus nicht voll entsprechend. Wolff (1920) hält daher auch die Gefahr einer
Massenvermehrung nach Raupenfraß gar nicht für so groß, wie manche Autoren,,
welche Eichhoffs Autorität folgen, glauben. Es sollte aber doch unserer Ansicht
nach die Gefahr nach Raupenfraß auch nicht unterschätzt werden; jedenfalls ist
in solchen Fällen stets erhöhte Aufmerksamkeit am Platze.
Trägärdh drückt das forstliche Verhalten folgendermaßen aus: „Wenn
ein Kiefernbestand durchforstet wird und die gefällten Stämme liegen bleiben,
so werden sie unfehlbar vom Waldgärtner eibelegt und später werden die Kronen
der zurückgebliebenen Bäume von den in den gefällten Stämmen entwickelten
Käfern beschädigt. Damit ist aber füi gewöhnlich der Angriff zu Ende, und
die Käfer werden nicht eher wieder in diesem Bestand auftreten, als bis er
aufs neue durchforstet wird (vgl. auch Wolff 1920, S. 239).
Allerdings gehen die Käfer, wie oben bereits ausgeführt, in der Not auch
mehr oder weniger gesunde Stämme an, wo sie aber mit ihrer Bohrtätigkeit
gewöhnlich nicht weit kommen. Sind die mißlungenen Angriffe sehr zahl-
reich, so können einzelne Bäume durch sie zum Absterben gebracht werden
(s. oben S. 523). Wie die mißlungenen Angriffe dürfte auch der Überwinterungs-
fraß den befallenen Stämmen nicht selten zum Verderben gereichen, worauf
schon Ratzeburg und Taschenberg, in neuerer Zeit Trägärdh und Wolff
aufmerksam machten. Sie alle berichten übereinstimmend Fälle, in denen infolge
Vorhandenseins massenhafter Überwinterungsgänge Kiefern abgestorben sind.
Ipidae (Scolytidae).
Rinderbriiter an Kiefer.
527-
Schädigung der Krone durch den Ernährungsfraß: Der Ernährungs-
fraß der Waldgärtner ist wie der Fraß der meisten nadel- und triebfressenden
Insekten primär. Beim großen Waldgärtner ist der Triebfraß zweifellos der
forstlich bedeutungsvollere. „Verglichen mit den nadelfressenden Insekten
sind die Waldgärtner, besonders in Anbetracht ihrer geringen Größe, unerhört
verschwenderisch" (Trägärdh); können doch durch die Aushöhlung eines
vorjährigen Triebes eine ganze Anzahl diesjähriger Triebe getötet werden.
Abb. 267, A zeigt einen vorjährigen Jahrestrieb mit 3 wohlentwickelten dies-
Abb 267. TiiebfraB des Waldgärtners (Myelophilus piniperda und minor). A Kiefernzweig
mit Einbohrloch ; über diesem drei abgestorbene Triebe (aus Eckstein). B Ausgeheilter Triebfraß-
(aus Trägärdh).
jährigen Jahrestrieben, alle dem Untergang geweiht; dadurch werden außer den
Sproßanlagen nicht weniger als 600 Nadelpaare zerstört.
Zum Triebfraß gehen die Käfer sowohl an alte Bäume als auch an
Stangenhölzer und Kulturen. Sind die gebohrten Triebe klein und dünii,
wie die Seitentriebe an älteren Ästen, so brechen sie, vom Winde bewegt, an
der Stelle des Bohrloches ab und fallen, meist mit dem noch darin sitzenden^
Käfer, herunter. Sind sie stärker und saftreicher, wie die frischen Kronentriebe,
so bleiben sie stehen und es entwickeln sich dann oft neue Knospen aus den
S2\
Coleoptera.
Familienreihe: Rhynchophora.
Nadelscheiden, wodurch der Trieb ein buschiges Aussehen erhält. Die Aus-
höhlung kann auch durch Callusbildung ausheilen, wobei die angegriffene Stelle
anschwillt; der Zuwachs wird dann in dem auf den Angriff folgenden Jahr
beträchtlich gehemmt, so daß die Triebe und ihre Nadeln kürzer bleiben, doch
schon im folgenden Jahr entwickeln sie sich wieder normal (Abb. 267, B).
„Die von starkem Triebfraß
heimgesuchten Kiefern nehmen bald
ein so eigentümliches Aussehen an,
daß man sie schon von weitem er-
kennt. Junge Stangen sind noch
weniger entstellt, denn es ragt nur
der HöhentrJeb unverhältnismäßig
lang und dünn hervor, oder auch
aus den Seitenästen gucken einzelne
dicke Büschel auf langen kahlen
Stengeln wie Türmchen heraus.
Ältere Bäume aber erkennt man
gar nicht wieder, so sehr weichen
sie in der Bildung der Krone von
ungestört im Schluß erwachsenen,
schön gewölbten Kiefern ab" (R.).
Einige erhalten eine auffallende
Ähnlichkeit mit Zypressen oder
Fichten, andere mit beschnittenen
Taxusbäumen usw. (daher der Name
„Waldgärtner" , hortulani naturae
famulus Linnes); die Bäume be-
kommen auch im Innern fehlerhafte
Verzweigungen und fangen endlich
an wipfeldürr zu werden (Abb. 268).
Die Erscheinung wird um so auf-
fallender, je länger der Angriff
dauert; daher finden wir die am
meisten zerzausten Bäume in der
Nähe von Holzlagerplätzen, Säge-
mühlen, Kohlenmeilern usw., wo
Jahr für Jahr neue Angriffe er-
folgen (Abb. 269 A).
Wenn auch die Bäume nach vorübergehendem Triebfraß den Schaden
durch Bildung von Ersatztrieben wieder heilen können, so daß er nach einigen
Jahren nur schwer zu entdecken ist, und auch längeren Fraß ausheilen können,
so ist doch ein nicht zu unterschätzender Zuwachsverlust stets die Folge. Nach
Trägärdh kann dieser (bei einer Verminderung der assimilierenden Masse von
30 0/0) 22^1^ betragen, so daß also ganz bedeutende Werte durch den schein-
Abb. 268. Wipfel einer etwa 80jährigen Kiefer,
-der infolge mehrjähriger Angriffe des Waldgärtners
abgestorben ist. — Aus Trägärdh.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Kiefer.
529
bar unschuldigen Angriff vernichtet werden. Wenn der Verlust der assimilieren-
den Masse sehr groß wird, so können ältere Kiefern dadurch zum Absterben
gebracht werden. Trägärdh teilt Fälle aus dem nördlichen Schweden mit, wo
alte Bäume durch den Ernährungsfraß getötet wurden. Häufig tritt zu dem
Abb 269 A. Kiefernbestand, nahe einer jSägemühle, mehrere Jahre hindurch vom Waldgärtner
befallen. — Aus Trägärdh.
Escberich, Forstinsekten. II. Bd. 34
530
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Triebfraß nach einiger Zeit Brut- und Überwinterungsfraß am Stamm hinzu,
wodurch der Tod der Bäume natürlich beschleunigt wird.
Zu dem direkten Schaden des Triebfraßes kann noch ein indirekter
Schaden hinzutreten. Einmal dadurch, daß durch ihn der ohnehin lichte Kronen-
schluß der Kiefer noch weiter gelichtet wird, was nachteilig auf den Boden
Abb. 269 B. Samenkiefern, vom Waldgärtner stark beschädigt. — Aus Tiägärdh,
wirkt; und sodann dadurch, daß auch zahllose Zapfen verloren gehen, wo-
durch das Wirtschaften in Samenscblägen unmöglich gemacht werden kann
(Abb. 269 B).
Erkennung, — Die Erkennung des Brut- Fraßes ist nicht schwierig.
Der frische Befall der Stämme kennzeichnet sich deutlich am Bohrmehl und
häufig auch an den gelben Harztrichtern in den Rindenrissen. Das ausgebildete
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. csj
Fraßbild ist durch den langen einarmigen Längsgang, zum Teil mit Krückstock-
anfang, und vor allem an der Harzauskleidung der Brutgänge leicht zu erkennen.
Bei älterem, starkem Befall löst sich die Rinde in großen Partien vom Stamm.
Irgend eine Verwechslung mit dem Brutfraß einer anderen Art ist ausgeschlossen.
Der Ernährungsfraß der Waldgärtner (hier verhalten sich die beiden Arten
völlig gleich) ist an der zugeschnittenen, zerzausten Krone schon von weitem zu
erkennen; dann an den zahlreichen Abfällen am Boden. Hierfür können aller-
dings auch andere Tiere in Betracht kommen; so erzeugt Anobium Higrinum^ das in
den Kiefern trieben seine Entwicklung durchmacht, ebenfalls Abfälle (s, oben S. 187);
doch findet sich dann in denselben eine Larve, während in den Abfällen von pini-
perda, wenn überhaupt noch ein Tier darin enthalten ist, stets ein Käfer (Imago)
ist. Der Anobiumfraß ist auch eine verhältnismäßig seltene Erscheinung und
stark sekundär. Vereinzelt wurden auch Wurzelbrüter in den Kiefernzweig-
spitzen gefunden, wie Hylastes aier (Pfeil) und Hylurgus ligniperda (Knoche). Es
ist wohl möglich, daß bei systematischer Untersuchung eines großen Materials
von „Abfällen" solche Fälle häufiger vorkommen, i) Handelt es sich um einen
Markröhrenfraß in Kulturen, so kommen differenzialdiagnostisch die Trieb-
wickler in Frage, da sie ähnliche Erscheinungen erzeugen können. Hier ist
darauf zu achten, ob Kot in dem Hohlraum vorhanden ist : in diesem Fall liegt
stets Wicklerfraß vor. Die Stärke des Befalls und die örtliche Ver-
breitung im Revier ist an den Abfällen und den in der Gegend der Abfälle
zu suchenden Winterquartieren an der Stammbasis leicht festzustellen.
Bekämpfung. — Da der große Waldgärtner ausgesprochen sekundär ist
und besonders gerne gefälltes Holz annimmt, so ist in erster Linie dafür zu sorgen,
daß alles gefällte Holz rechtzeitig (vor Ende Mai)^) geschält (und die
Rinde verbrannt) oder rechtzeitig (vor Ende März) abgefahren wird bezw.
das wirklich absterbende Holz gefällt und ebenso behandelt wird.=^)
Wird diese Regel eingehalten, so ist im allgemeinen einer gefährlichen Ent-
wicklung vorgebeugt und eine weitere Bekämpfung überflüssig. „Für die Be-
kämpfung des Waldgärtners ist es viel wichtiger auf das rechtzeitige Entrinden
des gefällten Holzes zu achten (falls rechtzeitige Abfuhr sich nicht durchsetzen
läßt) als ängstlich das stehende Holz (das in Wahrheit gar nicht so leicht be-
brütet wird) zu kontrollieren" (Wolff).
Da der Waldgärtner gerne auch in frischen Stöcken brütet, so sind auch
diese bis zum Boden zu entrinden. Ferner soll zur Vorbeugung die Anlage
von größeren Holzlagerplätzen inmitten von Waldungen oder in deren unmittel-
*) Professor W o 1 f f - Eberswalde ist eben mit solchen Untersuchungen beschäftigt.
-) Es ist hierbei darauf zu achten, ob wirklich pinipercla vorliegt bezw. die Hauptmasse
ausmacht, und nicht minor, denn letzterer fliegt später; es ist daher bei ihm auch die Ent-
rindung zu einem späteren Termin (etwa 4 Wochen später) auszuführen. Die Feststellung der
Art (ob piniperda oder minor) kann an den aus den Abfällen ausgenommenen Käfern vor-
genommen werden.
') „Handelt es sich bei Durchforstungen um Stämme mit niederem Durchmesser von unter
3,5 cm, so können diese ohne Gefahr unentrindet im Walde liegen bleiben. Ja, dies ist sogar
angebracht, da sie als Käferfallen wirken. Denn von den Eiern, die die Käfer in solche dünne
Stämmchen ablegen, entwickelt sich nur em äußerst geringer Bruchteil (ca. 0,50 "/o*''" (Trägärdh).
34*
C7 2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
baren Nähe verboten werden; denn sie bilden reine Zuchtanstalten für die Wald-
gärtner (Scheidter).
Ist einmal eine größere Kalamität ausgebrochen, so ist mit Fangbäumen
zu arbeiten. Sedlaczek empfiehlt liegende entastete, oder aber auch stehende
Fangbäume, die möglichst hoch geringelt sind, weil die Käfer nur die unter dem
Ring befindliche Stammpartie angehen. Nitsche rät zur Herstellung stehender
Fangbäume durch Köpfung von Kiefern an der Stelle, wo die dünne, hellbräun-
liche Rinde anfängt; es wurden damit hervorragende Erfolge erzielt. Bei größeren
Kalamitäten wird man sich natürlich nicht lange mit der Herstellung stehender
Fangbäume aufhalten, sondern nur liegende verwenden.
Die Zahl der Mitbewohner und Feinde ist Legion. Kleine führt folgende Käfer an;
Rhixophagus depressns F., nitidulus F., politus III., bipustidatus F. und parallelocollis GH..
Atheta spec, Glischrochüus quadripusiulatus L., Hypophlocas fasciatus F., Thectura euspi-
data Er.. Clerics formicarius L., Cylistosoma lineare Er,, Nitidula obscura Er.; ferner die
Schlupfwespen; Hemiteles aentivalis Grv., nielanarius Grv., Plectiscus spilotus Forst., Spathius
breincaudis R., Bracon palbeprator R., Dendrosoter Middendorffi R.' und protuberans Nees.,
Hemiptarsenus unguicellus Z., Pteromalus Latreillei R., lunuliis R., Spinolae R., stcs-
pensus R., violaceus R , Rhoptrocerus xylophagorum R., Cheiropachus pulchellus W.,
quadrum F., Habrobraeon instabüis Mrs.
Unter den Käfern ist besonders Glerus formicarius hervorzuheben, der ein Hauptfeind
des großen Waldgärtners ist. Die Schlupfwespen treten mitunter so häufig auf, daß oft ganze
Familien zerstört werden oder wenigstens nur ganz wenig Jungkäfer zur Entwicklung gelangen
(was oben schon als einer der Gründe für die geringe Zahl der Ausflugslöcher angegeben wurde,
s. S. 522), Eingehendere Beobachtungen über den Braconiden Dendrosoter protuberans und
den Ophioninen Plectiscus spilotits Forst, sind^von Kleine (1910 und 1907) veröffentlicht.
Krauße (1922) fand neuerdings den Käfer Epuraea obsoleta F. in mehreren Exemplaren
in einem frisch angelegten Muttergang, Da die Eier in den Einischen fehlten, so ist anzunehmen,
daß sie von dem Käfer aufgefressen wurden. Ferner konnte Krauße auch noch Rhixophagits
depressus der Liste der Feinde des großen Waldgärtners hinzufügen.
Myelophilus (Blastophagus) minor jHartig.
Der „Kleine Wal|dgärtner''.
Dem piniperda sehr ähnlich, läßt sich von ihm am sichersten durch die gleichmäßige
Skulptur des Flügeldecken-Absturzes bezw. das Fehlen der sogenannten „Schattenfurche" unter-
scheiden (s. Abb. 233, b, S. 480).
Die Färbung ist dagegen kein sicheres Merkmal, wiewohl in den weitaus meisten- Fällen
die Flügeldecken bei minor rotbraun, bei piniperda schwarz oder braunschwarz sind.
Bezüglich der Färbung nennt Krauße 3 Varietäten:
Myel. tninor var. fuseipennis Krauße, mit dunklen Flügeldecken ^ziemlich selten),
Myel. minor var. flavipennis Krauße, mit gelbbraunen Flügeldecken,
Myel. minor var. flavus Krauße, mit gelbbraunem Körper.
Die Hauptbrutpflanze ist die gemeine Kiefer, daneben kommt er
wie piniperda auch an allen anderen Kiefer- Arten {Pinus austriaca., pinaster.^ leuco-
dermis.^ strohus, cembra^ picea, montana) vor ; ganz selten auch an Fichte. — Auch
die geographische Verbreitung scheint im großen und ganzen mit der von
piniperda übereinzustimmen.
So nahe sich die beiden Waldgärtner systematisch stehen, so verhalten sie
sich biologisch in manchen Punkten recht abweichend, i)
^) Diese biologischen Verschiedenheiten haben auch zuerst dazu geführt, die beiden Arten
zu trennen. Die Unterscheidungsmerkmale, die der Autor von minor, Hartig, anführt, sind
zur Unterscheidung der beiden Arten außerhalb der charakteristischen Brutgänge unbrauchbar.
Das einzig sichere Merkmal, die „Schattenfurche", wurde erst später, und zwar durch „den großen
Künstler und Entomologen'' Samuel Weber, der die Tafeln XII und XIII für Borkenkäfer
in den Forstinsekten Ratzeburgs gezeichnet, entdeckt (vgl. M. Wolff 1920).
Ipidae (Scolycidae).
— Rindenbrüter an Kiefer.
533
Das Fraßbild ist gänzlich verschieden von dem des piniperda: die Mutter-
gänge des minor sind in . der Regel doppelarmige Quergänge, die tief im
Splint verlaufen und mit einem kurzen Eingangsstiel in der Mitte versehen sind.
Die wenig dichtstehenden (mehrere Milhmeter voneinander entfeinten) Larven-
Abb. 270. Brutfraß von Myelophilus minor Hartig in Kiefer (Siilint. am Fangbaum). Nat. Gr. —
Aus Koch (phot. Scheidter),
gänge sind nur kurz, ca. 2 — 3 cm lang, und verlaufen ziemlich gerade nach
oben und unten. Gegen das Ende zu gehen sie tiefer in den Splint, um
schließlich in die Puppenwiegen überzugehen. Letztere dringen mit ihrer Längs-
achse in radiärer Richtung in das Holz ein, so daß ihre Lage nur durch ein
kreisrundes Loch angezeigt wird.
e-iA Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Muttergänge können bei dichtem Besatz, an dünnem Material, an Ast-
stellen usw., starke Abweichungen erfahren, die von dem normalen Typus
nicht mehr viel erkennen lassen. Milani (1893) bildet eine große Reihe solcher
abnormer Brutgänge ab: teils ist nur ein Arm voll ausgebildet, der andere nur
stückweise oder gar nicht, teils ist die Eingangsröhre lappenartig erweitert, teils
die Richtung der Arme eine andere (schräg oder längsgerichtet), teils ist auch
die Zahl der Arme vermehrt, so daß sternförmige Bilder resultieren usw. Auch
auf der beigegebenen Photographie (Abb. 270) kann man schon manche Ab-
weichungen finden; es muß dabei allerdings berücksichtigt werden, daß es sich
hier um den Befall eines liegenden Fangbaumes handelt, was schon daraus zu
ersehen ist, daß die Eingangsröhre einmal von unten nach oben, einmal von
oben nach unten verläuft.
Ein Unterschied gegenüber piniperda besteht auch bezüglich der Ausflug-
löcher. Während diese bei piniperda nur spärlich und im Mißverhältnis zur
Eizahl bezw. Zahl der Larvengänge stehen, sind sie bei minor gewöhnlich „voll-
zählig" vorhanden, in ziemlich regelmäßiger Verteilung zu beiden Seiten der beiden
Quergänge. Dadurch fallen sie auf der hellen Spiegelrinde sofort auf. „Sie um-
geben das auf die Rindenoberfläche projiziert gedachte Fraßbild wie die Per-
forierung das Bild auf der Briefmarke" (Wolflf). Die „Vollzähligkeit" spricht
jedenfalls dafür, daß die Brut meist voll zur Entwicklung gelangt.
Auch hinsichtlich der von ihm bevorzugten Rindenbeschaffenheit weicht
minor von piniperda ab: er geht mit Vorliebe an solche Stämme oder Stamm-
teile, die noch mit dünner Glanzrinde versehen sind, also an Stangenhölzer oder
an die oberen Teile älterer Stämme. Nicht selten kommen die beiden Arten an
ein und demselben Stamm vor; miliar im oberen, glattrindigen Teil, piiiiperda im
unteren, dickborkigen. Doch ist diese Trennung durchaus nicht etwa haarscharf,
sondern man kann bisweilen auch minor in dickerer und piniperda in dünnerer
Rinde finden (s. auch Abb. 271).
Der Ernährungsfraß findet in genau der gleichen Weise in den Trieben
statt wie beim großen Waldgärtner (siehe dort). Die Überwinterungsplätze
sind noch nicht festgestellt; sie dürften aber wohl ebenfalls dort zu suchen sein,
wo piniperda überwintert, nämlich an der Stammbasis (Wolft 1920).
Die Generation ist einjährig wie bei piniperda\ die Schwärmzeit etwa
2 — 4 Wochen später wie bei diesem.
Forstlich ist der kleine Waldgärtner weit schädlicher als der
große. Sein Brutfraß ist wesentlich „primärer", er geht nicht nur gefälltes und
im Absterben begriffenes Holz an, sondern geht mit Vorliebe stehendes Holz
an, und zwar noch relativ gesundes. Sodann greifen seine Quergänge tief in den
Splint ein, was bei dichtem Befall leicht zu einer völligen Unterbrechung der
Saftleitung führen kann. Endlich scheint seine Brut weit weniger gefährdet zu
sein durch Feinde usw., wie aus den zahlreichen Fluglöchern geschlossen werden
kann. Der Schaden durch den Ernährungs- oder Triebfraß ist der gleiche wie
bei piniperda.
Ipidae (Scolytidae\
Rindenbrüter an Kiefer.
535
Bekämpfung. — Entsprechend dem mehr primären Auftreten sind Fang-
bäume (mit dünner, glatter Rinde) hier weit mehr indiziert als beim großen
Waldgärtner. Sedlaczek empfiehlt entweder liegende, beastete Fangbäume oder
stehende geringelte oder mit Doppelringschnitt versehene, oder auch Stämme köpfen.
Abb 271. Brutfraß von Myelophilus minor Hrtg. u. piniperda L. in Kiefer (Rinde, am
Fangbaum). ^4 "^t- ^^- ~ -^^^ Koch (phot. Scheidter).
Bei den Fangbäumen ist zu beachten, daß die Puppen im Holz liegen, daß also
die Entrindung nur dann ihren Zweck erfüllt, wenn sie vor der Verpuppung
geschieht.
Die Zahl der Parasiten ist wesentlich geringer als bei Myel. pmiperda. Kleine führt
nur folgende Schlupfwespen an: Phijgadeuon stibmuticus Thoms., Dendrosoter lyrotuberans
Nees, Cheiropachus pulchellus W. und quadrum F., Pteromalus axureus R.
^•15 »Coleoptera. — ". P'amilienreihe: Rh)mchophora.
An Käfern wurden in den Brutgängen gefunden: Dromiits quadrinotatus Pz., Epuraea
oblonga H., Pityophagus ferrugineus L., Rhix.ophagus depressus F., ferrugitieus L. und
hi2mstulatus F., Placusa tachyporoides Waltl., Phloeopora reptans Er., Phloeonomus pusiUus
G., Quedhis scintillans Gr. und fiäiginosus Gr.
Besonders hervorzuheben ist das Fehlen des Clerus (vgl. auch Wolff).
'' Ips sexdentatus Boern.
Der große oder zwölfzähnige Kiefernborkenkäfer.
Gehört zu den größten Vertretern der Gattung Ips^) (s'/j — 8 mm) und ist an der Be-
zahnung des Absturzes („knopfzähnig") leicht zu erkennen (6 Zähne, davon der 4. am längsten
und geknöpft). (S. Tabelle S. 484, Abb. 241 A, a.)
Der gewöhnliche Brutbaum ist die gemeine Kiefer; außerdem wurde
er noch gefunden an Pinus austriaca^ pinaster^ leitcodermis^ zuweilen auch und
zwar in stärkerem Auftreten an der Fichte.
In der geographischen Verbreitung folgt er der gemeinen Kiefer von
Lappland bis an die Mittelmeeiküsten und Tfanskaukasien, und vom Atlantischen
bis zum Stillen Ozean.
Die Brutgänge (Abb. z"]!) stellen zwei- oder gewöhnlich drei- (mit-
unter auch 4-)armige Längsgänge dar, die von einer geräumigen Rammel-
kammer ausgehen und durch ihre enorme Länge auffallen. Können sie doch
zusammen bis i m lang werden, während die Breite des Mutterganges 4 — 5 mm
beträgt. In den Gängen befinden sich vielfach „Luftlöcher". Die Larvengänge
sind verhältnismäßig kurz, rechtwinklig vom Muttergang ausgehend und sich rasch
verbreiternd und mit einer großen, runden, schüsseiförmigen Puppenwiege endigend.
Das ganze Fraßbild bleibt fast ausschließlich in der Rinde, nur an dünnrindigen
Stücken greift der Muttergang schwach in das Holz ein. — Der Reifungsfraß
der Jungkäfer findet am Ort der Geburt von den Puppenwiegen aus statt, in
Form von unregelmäßigen Plätzen oder geweihartig verzweigten Gängen.
Die Generation ist gewöhnlich eine doppelte. Sowohl Nitsche als
Knoche (1905) und Fuchs (1907) haben eine solche festgestellt. Die erste
Flugzeit fällt in die Monate April, Mai, die zweite in die Monate Juli, August.
Die Überwinterung geschieht gewöhnlich als Käfer, seltener als Larve.
In forstlicher Hinsicht kommt dem großen Kiefernborkenkäfer keine
allzu große Bedeutung zu, da er stark sekundär ist und meist nur gefälltes
Holz angeht. Man findet ihn daher gewöhnlich auf Schlägen und Holzplätzen
und zwar nur in starken Stämmen. Bemerkenswert ist, daß er hier oft in
den höheren Partien der Stämme, wo die Rinde dünn wird, wohnt, wodurch sich
das häufige Verkümmern der hier zu stark in den Splint eingebetteten Brut er-
*) Die Gattung Ip)S vertritt „einen hochdifTerenzierten und an speziellen Anpassungen be-
sonders, reichen und abgeleiteten Typ der Borkenkäfer, der ausschließlich dem Nadelholz angehört,
und zugleich der artenrelcliste zu sein scheint. Weitaus die meisten Arten leben polygam und
machen teils mehrarmige Längs-, teils Sterngänge, wobei das J die Eingmgsröhre und die
Rammelkammer fertigt. Äußerlich ist das hervorstechendste Merkmal in der Flügeldeckenskulptur
am Hinterende der (j'^j' gelegen, ein Merkmal, das bald in gleicher, bald in schwächerer Aus-
bildung auch beim $ vorkommt. Die Skulptur besteht aus einer breiten Mulde oder Furche,
deren Außenränder mit Zähnen versehen sein können." Diese sogenannten ., Abstürze" dienen
zur Reinigung der Brutgänge, welche Arbeit ganz besonders den (^J zukommt. Die Reinigung
der Brutgänge hinwieder geschieht zur Ermöglichung wiederholter Begattungen (Nüßlin).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer.
537
klären dürfte. Wahrscheinlich nimmt ihm in diesen Fällen Myelophiliis piniperda,
der ja immer früher kommt, den Platz weg, da sich dieser am liebsten am
unteren Stammende einquartiert, wo dann die Gänge des Nachzüglers nicht mehr
S i •^'^*^
Abb. 272. Brutfraß von ips sexdentatus Boern. A Ausgebildetes, großes in Wirklichkeit 83 cm
langes Fraßstück in Kiefer, B ein Teil desselben in V2 "^^ Gr., C Anfang eines Brutganges in
Fichte (bei x das Bohrloch). — Aus Nitsche.
genügend Platz finden. Diese Umstände mögen auch vielleicht seine Vermehrung
in niederen Grenzen halten. An stehende Stämme scheint sexdentatus nur un-
gern zu gehen und nur in der Not, wenn durch liegendes Holz seine Vermehrung
K-iQ Coleoptera. — 7. Familienreüie : Rhynchophora.
ungewöhnlich begünstigt worden war. Über größere, ausschließlich durch sexdentatus
hervorgerufene Kalamitäten in unseren Ländern ist in der Literatur bis jetzt nichts
zu finden. Dagegen scheint er im Osten (Rußland) häufiger als Folgeerscheinung
von vorhergegangenem Fraß anderer Insekten (Eule. Spanner usw.) oder Wald-
brand vorzukommen und schädlich zu wirken.
Mitunter geht er auch an Fichte, wie Ratzeburg, Nördlinger, Neu-
meister (1871) und andere beobachtet haben. Besonders beachtenswert ist
der Bericht Neumeisters, da hier — es handelte sich um einen infolge eines
Windbruches im Dezember 1868 bei Dresden aufgetretenen Borkenkäferfraß —
sexdentatus auch an stehenden Fichten und zwar in recht schädlicher Weise
aufgetreten ist. „Es ist unbestreitbar", schreibt Neumeister, „daß sexdentatus
die stehenden Bäume ebenso stark wie typographus befallen kann und mithin
ceieris paribus^ gefährlicher für die Fichte als für die Kiefer wird, die er ja in
der Regel nur im liegenden Zustand annimmt. In zwei Abteilungen trat sexden-
tatus so durchgängig und massig auf, daß man anfangs wohl glauben konnte, es
mit besonders großen Exemplaren des typographus zu tun zu haben, i)
Sollte eine Bekämpfung notwendig werden, so hat diese nach den all-
gemeinen Grundsätzen zu geschehen: Fangbäume, in geschützter Lage entasten,
in freier Lage Beastung lassen.
Als Feinde (bezw. Mitbewohner) nennt Kleine auflallendenveise keine Schlupf-
wespen, sondern nur eine größere Anzahl Käfer, nämlich: Clerus formicarius "L., Omaliuni
vile Er., Hypophlotus fraxtni K., Phloeonomus pusillus Gr. und minimus E., Phloeopora
reptans Er., Placusa atrata Shlb., complanata Er., infitna Er., Cylistosoma oblongum F. und
Nudobius coUaris E.
-r^ylps amitinus var. montanus Fuchs.
Der große Arvenborkenkäfer.
Gehört wie sexdenlatus in die Gruppe der knopfzähnigen Borkenkäfer (Typographus-
' Gruppe), ist jedoch kleiner als der vorige (4,5 mm) und auch durch die geringere Zahl der Ab-
sturzzähne (4) von diesem unterschieden. Wurde meist mit cembrae Heer, der in erster Linie
an Lärche und nicht, oder wenigstens seltener, an Arve vorkommt, verwechselt bezw. für
synonym mit diesem gehalten (Keller 19 10), bis Fuchs (19 13) auf Grund eingehender bio-
logischer und anatomischer Studien im Engadin gezeigt hat, daß die auf der Arve und auf-
rechten Latsche vorkommende Art unbedingt von der in der Lärche brütenden
spezifisch zu trennen ist. Die erstere gehört in den Formenkreis des amitinus (er be-
schreibt sie als besondere Varietät, var. montanus)., ^) während auf die letztere cembrae Heer
zu beziehen ist.
Die Biutbäume des montanus sind die Arve oder Zirbelkiefer (Pitiüs cembra)
und die aufrechtstehende Latsche. Er ist ausgesprochenes Hochgebirgsxier.
Das Fraßbild (Abb. 273) hat starke Neigung zur Variation; die Mutter-
gänge stellen verschiedenarmige Sterngänge dar. Am häufigsten sind dreiarmige,
doch kommen auch 4- und 5 armige, andererseits auch zwei- und sogar (aller-
dings selten) einarmige vor. Die Muttergänge sind, wo ihnen eine ungehemmte
^) Von der Richtigkeit der Bestimmung in diesem Falle hat sich Judeich überzeugt.
^) Fuchs (1. c.) gibt folgende Unterschiede gegenüber dem typischen a7«^Y^'/»^^s an: Käfer
größer bis ca. 4,5 mm, derber, hinten nicht so sehr verschmälert, stärker und etwas dichter
skulpiert, stärker und länger behaart. Stirn rauher, aber doch noch glänzend. (^ mit einem
starken Korn über den Mandibeln. Fühlerkeule größer, oval.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Kiefer.
539
Entfaltung geboten wird, mitunter von bedeutender (bis 25 cm) Länge und nicht
selten verlaufen sie dann in weitem Bogen. Die Rammelkammer ist geräumig,
zeigt keinen Zapfen, was bei amiiinus die Regel ist, und greift wie die Mutter-
gänge stets deutlich in den Splint ein. Brutgänge und Rammelkammer sind
stets vom Bohrmehl sauber gereinigt (die Reinigung geschieht hier nach Keller
[1903] allein durch das ?). Sowohl Reif ungs fraß der Jungkäfer, über mehrere
Wochen sich erstreckend, um die Puppenwiegen herum, als auch Regenerations-
fraß der Mutterkäfer an den Enden der Muttergänge kommt regelmäßig vor.
Die Generation ist eine einfache, jedoch können die Mutterkäfer nach
Regenerationsfraß noch zu einer zweiten Brut schreiten, die eine doppelte Gene-
ration vortäuschen kann. Die erste Flugzeit fällt
auf Ende Mai bis Anfang Juni. Die Larvenperiode
dauert etwa 4 Wochen; im September sind aus-
gereifte Käfer vorhanden, die überwintern. Die
zweite Brutperiode der regenerierten ?$ beginnt
Ende Juli und liefert bis zum Winter ausgewachsene
Larven, teilweise auch Puppen (Keller 19 10).
Im Hochgebirge ist der Arvenborkenkäfer
stark verbreitet und forstlich sehr beachtens-
wert. In der Schweiz, in den Kantonen Grau-
bünden, Wallis und Tessin erscheint dieser Käfer
von 1400 m an geradezu gemein und zwar sowohl
an stehendem Material als auch an Lagerholz
(Keller). Im allgemeinen wird starkes Material, da-
neben aber auch schwächeres Holz und sogar dünne
Äste angegangen.
Als einen Hauptfeind des großen Arvenborkenkäfers,
der einen wesentlichen Anteil an dessen Vermehrungs-
beschränkung hat, beobachtete Keller (1903) die Kamel-
halsfliege (Rhaphidia) (s. S. 31). Er traf diese häufig bis
hoch hinauf (1900 m) in den Fraßgängen unter Arvenborke
und macht sie dafür verantwortlich, daß oft nur ein kleiner Abb 27? Fraßbild von lüs
TeU der Brut sich entwickelt oder leere und zerrissene ^^^ i^ontanus Fuchs an aufrechter
ChitmhüUen unausgefärbter Borkenkäfer m den Gängen zu Latsche; an den Enden Regene-
hnden smd. rationsfraß. - Nach G. Fuchs.
j^-lcy Ips acumioatus Gyll.
Der sechszähnige oder scharfgezähnte Kiefernborkenkäfer.
Gehört in die Gruppe der „doppelzähnigen" ; von dem vorigen durch die wesentlich
kleinere Gestalt (2,2 — 3,5 mm) und die verschiedene Absturzbezahnung (nur 3 Zähne, der letzte
zweispitzig) leicht zu unterscheiden (s. Tab. S. 486 u. Abb. 241 A, c).
Der Hauptbruibaum ist die gemeine Kiefer; sonst noch an Pi?iiis
austriaca^ uncinaia^ leucodetmis; selten an Fichte. Die geographische Ver-
breitung reicht von Lappland bis Sizilien und vom Kamtschatka bis Spanien.
Er bevorzugt dünne Rinde, geht demnach in die oberen Stammpartien
alter Stämme oder in Stangenhölzer oder in die Zweige.
540
Coleoptera. — 7. Familienreihe; Rhynchophora.
Seine Fraßbilder (Abb. 274) stellen schöne vielarmige Sterngänge
mit geräumiger Rammelkammer dar. Die Muttergänge sind ca. 2 — 2,5 mm
breit und können sehr lang (bis 40 cm) werden; sie laufen gebogen, manchmal
scharf geknickt und auch gegabelt. Häufig stehen benachbarte Fraßbilder
durch Vereinigung einzelner Muttergänge miteinander in Verbindung („Ver-
\
Abb. 274. Brutfraß von Ips acuminatus Gyll. A Zwei Brutbilder mit begonnenen Muttergängen
und Eigruben; beide Längen durch einen „Verbindungsgang'' zusammen. B Fast vollendest Brut-
bild, die Larvengänge stehen weit voneinander ab. — Aus Nüßlin.
bindungsgänge"). Die Larvengänge stehen ziemlich weit voneinander entfernt
und werden gewöhnlich nicht sehr lang. Bei vollendeten Fraßbildern sind allent-
halben platzförmige Erweiterungen, vom Reifungsfraß der Jungkäfer und
Regenerationsfraß der Mutterkäfer herrührend, zu sehen. Die Muttergänge
und Larvengänge greifen tief in den Splint ein; erstere sind meist mit Bohrmehl
verstopft, ebenso die Rammelkammer.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. e^I
Die Generation ist gewöhnlich einfach, kann wohl aber auch doppelt
sein. ^) Acuminahis ist ziemlich wärmebedürftig und schwärmt spät, erst im
Mai. Die Eiablage erfolgt in auffallend großen Abständen, ein Beweis, daß die
Keimfächer die Eier nur langsam produzieren. Das $ scheint hierzu nicht öfters
der Begattung zu bedürfen, da es ja infolge der Verstopfung der Gänge mit
Bohrmehl für immer von dem J getrennt ist (Fuchs 1907). Chewyreuv
(1907) meint allerdings, daß die $$ sich dadurch schadlos zu halten verstehen,
daß sie für die „Gehilfen des Mannes" besondere Eingänge („Luftlöcher") und
zwar in ganz besonders großer Zahl anlegen. — Die $$ fressen am Ende des
Mutterganges buchtige Erweiterungen oder Miniergänge, um sich dann schief
durch die Rinde ins Freie zu bohren. Fuchs schließt daraus, daß die 55 eine
zweite Brut machen können.
1 Forstlich ist er entschieden beachtenswerter als sexdentatus^ da er mehr
primär ist, wie schon aus seinem Vorkommen in den oberen Stammpartien und
den Zweigen hervorgeht. Er ist in Deutschland allerdings nur stellenweise häufig,
so z. B. im Südwesten. Nüsslin (1898) bezeichnet acuminaius als „zweifellos
einen der schädlichsten Kiefernborkenkäfer der Karlsruher Gegend". Dasselbe
gilt für Schweden: In einigen Gegenden ist er selten oder fehlt er fast ganz,
in verschiedenen anderen Gegenden dagegen, hauptsächlich im nördlichen
Schweden, ist er nach Trägärdh einer der gewöhnlichsten Borkenkäfer und
die auf der Kiefer dominierende Art. Er brütet dort auch in ganz dünnen
Zweigen von i — 1,5 cm Durchmesser (zum Unterschied vom kleinen Waldgärtner,
der nur in Zweige geht, die mindestens 4 cm Durchmesser haben). Auch in
Rußland scheint er eine häufige Erscheinung zu sein und recht schädlich zu
werden.
Ips Mannsfeldi Wachtl.
Dem aeuminatus sehr nahestehend, unterscheidet sich von ihm hauptsächlich durch
den FUigeldeckenab Sturz. Dieser ist mäßig steil, fast kreisförmig ausgehöhlt, stark glänzend und
ist am Rand mit 3 Zähnen besetzt, von denen der mittlere sehr breit und zweispitzig ist (bei
aeuminatus ist der unterste zweispitzig). In der Größe stimmt er mit aeuminatus überein
(2,5—3,8 mm).
Der Hauptbrutbaum ist die Schwarzkiefer; selten auch an der ge-
meinen Kiefer. Bisherige Fundorte: Kärnten, Nieder -Österreich, Bosnien,
Herzegowina, Korsika.
Das Fraßbild (Abb. 275) ist ähnlich dem von aeuminatus, ein Sterngang
mit großer Rammelkammer. Die Muttergänge, 3 — 7 (gewöhnlich 4) an der
Zahl, sind ca. 1,5 mm breit und können 10 — 15 cm lang werden; sie verlaufen
vorwiegend gerade, seltener geschwungen, bisweilen rechtwinkelige Knicke zeigend,
und furchen den Splint mehr oder weniger tief. Die Larvengänge stehen
weit auseinander {^j^ — 2 cm!), berühren den Splint nur oberflächlich und bleiben
relativ kurz (ca. 4 cm). Die Puppenwiegen liegen in der Bastschicht. Einen
Ernährungsfraß machen sowohl die Mutterkäfer, die das Ende der Brutgänge
f .^) Knotek (1897) gibt für Zentral- und Südbosnien die doppelte Generation als
Regel an.
542
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
muschelförmig ausnagen, als auch die Jungkäfer, die um die Puppenwiegen platz-
förmige oder geweihähnliche Gänge fressen.
Die Generationsverhältnisse scheinen ähn-
liche wie bei acuminatus zu sein. Jedenfalls sind die
Mutterkäfer imstande, noch ein zweitesmal zu brüten;
auch eine echte zweite Generation kann, wenigstens
in wärmeren Lagen, vorkommen (Knotek 1899, Fuchs
1907)-
' Ips laricis F.
Der vielzähnige Kiefernborkenkäfer.
Ist der Hauptvertreter der Gruppe der kegelzähnigen
Borkenkäfer (Untergattung Orthotomicus Ferrari) : Die 5 einfachen
Kegelzähne stehen auf dem Rand des breiten, fast kreisförmigen
und fast senkrecht abfallenden Absturzes. Flügeldecken zwischen
den Punktstreifen weitläufig fein punktiert, Länge 3 — 4 mm.
(Tabelle S. 487, Abb. 241 A, f.)
Als Brutbaum kommt in erster Linie die ge-
meine Kiefer in Betracht, dann auch die Fichte,
seltener Pinus strobus, halepensis , Abies pectinata und
Larix europaea. Die geographische Verbreitung
ist eine sehr große und scheint mit der der Kiefer
zusammenzufallen.
Die Brutgänge sind sehr unregelmäßige, meist
kurze (3 — 5 cm lang), oft mit einem stiefelartigen Knick
beginnende Längs- oder Schräggänge, die in ihrem
Verlauf Erweiterungen, Ausbuchtungen, Verzweigungen
aller Art zeigen können (Abb. 276). Die Eier werden
haufenweise abgelegt (bis zu 50 Stück). Die
Mm
Abb. 275. Brutfraß von Ips Abb. 276. verschiedene Fraßbilder (halbschematisch) von Ips
Mannsfeldi Wachtl. in Kiefer laricis F. a Eierhaufen, b Larven, welche zum Teil Familien-
(Splint). */j nat. Gr. — Aus gänge machen. Einbchtloch schwarz. — Aus Nitsche.
Koch (phot. Scheidter).
Larven fressen zunächst gemeinsam, den Muttergang unregelmäßig erweiternd,
später dagegen machen sie auch, wenigstens einzelne, getrennte Larvengänge.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. '\A'\
Obwohl der Käfer erst spät (Mai) schwärmt, kommt doppelte Generation
vor, was schon Ratzeburg angegeben und dann Fuchs (1907) bestätigt hat.
Lands ist ausgesprochen sekundär, geht nur an kränkelnde und vor
allem gefällte Stämme. Sehr häufig fand ich ihn im Bialowieser Urwald; er war
dort einer der häufigsten Borkenkäfer sowohl an gefällten Kiefern als Fichten. i)
Groß ist die Zahl der Parasiten und sonstigen Mitbewohner der Zar?e?"s- Brüten.
Kleine führt folgende Käfer auf: Heterhelus rubiginostis Er., Coryphium angusticolle Steph.,
Tliectura ctispidata Er., Leptusa analis Gl., Omalium pvsilluni Gr., Paromaliis paraUelepi-
pedus Hbst., Phloeopora reptans'Ex. und Hypophloeus fraxini K. ; ferner folgende Schlupf-
wespen: Bracon palpebrator R., Eurytoma flavocapsularis R. . Pteromalus aemidus R.,
suspensus R,, violaceus R., Rhoptrocerus xylophagoritm R., Diapria vertictllata Latr. K rause
(191 7) fand auf Inrieis eine Milbe (im Hypopusstadium), die er als Calvolia Rneissli beschrieb.
■ - .Jps suturalis Gyll. und proximus Eich.
Die beiden Arten stehen den vorigen sehr nahe, lassen sich aber durch die Art der Be-
zahnung des Absturzes gut von laricis trennen (siehe Tabelle S. 486 u. 487 u. Abb. 241g— i).
Beide haben als Brutbaum die gemeine Kiefer, kommen außerdem
noch an der Schwarzkiefer, Arve [suturalis) und an der Fichte vor. Die geo-
graphische Verbreitung erstreckt sich (für beide) über ganz Europa, von
Italien und Spanien bis Lappland und Rußland.
Auch bezüglich der Fraßbilder besteht weitgehende Übereinstimmung
bei suturalis und proximus. Beiden liegt die Sterngangform mit getrennten
Larvengängen zugrunde, wodurch sie sich weit vom /ßrzVw-Fraßbild entfernen.
Andererseits fällt die Unterscheidung der suturalis -Yx^&^g\xx von der des proximus
nicht leicht, so daß es oft nicht möglich sein wird, ohne den Verfertiger die
Fraßbilder mit Sicherheit zu trennen.
¥m proximus (Abb. 2jy A) werden folgende Merkmale angegeben: Mutter-
gänge ca. 1,8 mm breit, an dünnrindigem Material, zu zweien, dreien (bis 5)
aus der relativ kleinen, mit zapfenförmigen Fortsätzen versehenen Rammelkammer
entspringend und gewöhnlich in der Längsrichtung („Längsstemgänge")
verlaufend. Die Gänge können sehr lang sein und sind meist schlangen förmig
gebogen, den Splint tief furchend. Die Larvengänge ziemlich dicht gestellt (viel
dichter z. B. als bei acumiriatus). gegen das Ende zu den Splint schwach furchend,
sich oft durchkreuzend. In den von Bohrmehl gereinigten Larvengängen kann man,
die Rinde gegen das Licht haltend, nadelstichfeine Luftlöcher (6 — 10) erblicken,
die von den Larven ausgenagt sind (Henschel 1894). Für suturalis (Abb. 277 B)
gelten folgende Kennzeichen: Muttergänge etwas schmäler (1,5 oder noch weniger),
meist zu mehreren aus der oft mit zapfenartigen Fortsätzen versehenen Rammel-
kammer entspringend und gewöhnlich mehr schräg verlaufend. 2) Muttergänge
und das Ende der regelmäßig verteilten, ziemlich eng stehenden Larvengänge
den Splint furchend; Puppenwiegen oft ins Holz versenkt. In den Larvengängen
Luftlöcher wie bei proximus.
*) Die Angabe Ratzeburgs, daß .^.laricis auch auf den Kulturen die jungen Kiefern
angeht und sie in Gesellschaft des Bostrichus bidentatus und des Hylasies ater und attenuatus
zerstört", beruht sicher auf Irrtum.
^) Nüßlin (1898) fand in dünnen Sortimenten (5jährige Schwarzkiefern) äußerst lange,
U-förmig umkehrende Lotgänge. Ich selbst fand in Bialowies ein ähnlich stark gebogenes Fraß-
bild am Ende eines starken Kieferstammes (Escherich 1917, S. 103 Abb. 35).
544
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Wenn die angegebenen Merkmale (besonders die Verlaufsrichtung) typisch
ausgebildet sind, ist eine Unterscheidung wohl möglich. Da aber die Fraßbilder
stark variieren, so heben sich die Unterschiede oft auf. Dann kommt vielleicht
die Breite des Mutterganges noch als einziger Anhaltspunkt in Betracht.
Abb. 277 A. Brutfraß (Anfang) von
ilps proximus Eichh.
Abb. 277 B. Brutfraß von Ips suturalis Gyll. (Kiefern-
rinde). — Aus Koch.
Über die Fortpflanzungsverhältnisse usw. ist noch wenig bekannt.
Beide scheinen wie laricis Spätschwärmer zu sein (erste Hälfte des Mai). Die
zweite Flugzeit fällt in den Juli und August. Die Überwinterung erfolgt größten-
teils als Imago (Eichhoff). Eine echte doppelte Generation hat Fuchs bei
proximm festgestellt.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. 545
Über die forstliche Bedeutung liegen bis heute nur wenig Berichte vor.
Da beide dünne Rinde (obere Stammpartien, Stangenholz) bevorzugen (häufig als
Begleiter des acuminaius)^ so dürften sie mehr primär sein als laricis. Schreiner
fand proxinms zahlreich in einem frischen noch harzreichen Kiefernwindbruch,
woraus Eich hoff schließt, daß er „wohl gefährlich sein könne", zumal er wohl
auch an junge Pflanzen gehe. Auch siäuralis kommt an frischsaftigeren Bäumen
häufiger vor als laricis, weshalb auch dieser forstlich bedenklicher sein dürfte.
Nüsslin (1898) fand suhiralis einmal in Herrenwies (Bad. Schwarzwald) an
ca. 5 jährigen Schwarzkiefern, diese tötend. Saalas (1919) berichtet, daß in
Finnland „von den drei häufigen Kiefernborkenkäfern, Ips proximus, acuminatus
und suturalis, der letzte in brandgeschädigten Kiefernwäldern den größten
Schaden anrichtet, indem er oft zum Verdorren der vom Feuer geschwärzten
Bäume beiträgt". „Als Hauptgrund zu seiner Verbreitung muß der Waldbrand
bezeichnet werden." Ips proximus fand Saalas hauptsächlich an liegenden Bäumen
und Kiefern - Brennholz, doch manchmal auch an halbabgestorbenen stehenden
Bäumen.
Als Parasiten von suturalis führt Kleine den Histeiiden Plegaderus saucius E. und
die Schlupfwespe Eusandalwn inerme R. an.
Hierher noch:
Jjm;' Ips erosus Woll.
(Syn. Tomicus rectangulus Eichh.)
Dem laricis täuschend ähnlich, so daß er meist mit ihm verwechselt bezw. übersehen
wurde. Absturz der Flügeldecken ist wie bei diesem steil, fast senkrecht, mit tief punktiertem,
kreisförmigem Eindruck, an dessen Rand 3 oder 4 Zähne stehen, von denen der unterste in der
Mitte hegt. (^ jederseits mit dichtstehenden Zähnen, deren zweiter als eine dreieckige, an der
Spitze scharf rechtwinkehge, an der Basis mit dem 3. Zähnchen verbundene Platte oder Seiten-
wand hervortritt (Abb. 278 A). J jederseits nur mit 3 Zähnen; zwischen dem 2. und 3. Zahn
nur ein stumpfes Höckerchen. Körper schmal gestreckt, 3—4 mm lang, pechschwarz, grau behaart.
Die Art ist hauptsächlich in Südeuropa, namentlich in Portugal, Frank-
reich, Italien, Kroatien, Anatolien, Griechenland und im Kaukasus zu Hause, auch
in Syrien und Algier verbreitet. Nach Knotek (1899) gehört er auch der Ge-
birgsfauna der nördlichen Herzegowina an, allerdings in einer etwas kräftigeren
Form (Var. robustus Kn.). Durch diesen Fund „fällt er aus seiner eigentlichen
mediterranen Verbreitungszone heraus und bildet den Übergang zur mittel-
europäischen Fauna".
Als Brutpflanze sind bis jetzt festgestellt: Pinus halepensis (wohl die Haupt-
pflanze), dann Pinus pinastet, silvestris, laricio und leucodermis. An letzterer fand
sie Knotek in der Herzegowina; er vermutet, daß die Art auch in der Schwarz-
kiefer vorkommt.
Das Fraßbild steht dem von proximus am nächsten. Es handelt sich
nach Knotek (1899) meist um 2- oder 3 armige Brutgänge von je 4 — 5 (mit-
unter auch bis 8) cm Länge und 2,5 mm Breite, die den Splint scharf furchend,
in der Regel (wo es sich um 2 armige handelt) in entgegengesetzter Richtung,
zumeist die Holzfaser schneidend, also in diagonaler Richtung, selten gerade,
verlaufen. Gehen sie einmal gerade, so ist das Fraßbild von proximus-Yx2&
kaum zu unterscheiden. „Der Verlauf der einzelnen Arme ist meist sehr un-
regelmäßig, häufig in scharfem Bogen die Holzfaser quer durchschneidend, um
Escherich, Forstinsekten. 11. Bd. 35
546
Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rhynchophora.
sich sogar ganz im Halbkreis umzubiegen und parallel mit dem Anfangsstück gegen
die Rammelkamer, ja selbst über diese hinaus, neben dem andern in entgegen-
gesetzter Richtung verlaufend, weiterzugehen." Bei 3 armigen Gängen gehen die
beiden eine Gabel bildenden im leichten Bogen aus der Rammelkammer heraus.
Die 6 — 7 cm langen, wenig geschlängelten Larvengänge liegen ausschließlich
im Bast und gehen, wenn sie Platz haben, strahlig auseinander, ähnlich wie bei
Eccoptogaster. Die Puppenwiegen liegen ebenfalls in der Rinde. Die Jungkäfer
fressen vor dem Ausflug zwischen Rinde und Splint dendritisch verzweigte
Reifungsgänge, die ganze Umgebung des Fraßbildes bis zur Unkenntlichkeit unter-
wühlend.
Knotek hat in den Gebirgslagen {Herzego\\ina) doppelte Generation
beobachtet und auch durch die Zucht festgestellt. Die erste Flugzeit fällt dort
in die Monate Juni, Juli, die 2. Ende August bis Ende September, Im Mittel-
meergebiet soll er 3 Generationen machen.
Perris bezeichnet ihn als äußerst gemein (in Südfrankreich) und für Kiefern
jeder Art als sehr verderblich. ^ Er greift Bäume jeden Alters an und läßt sich
Abb. 278 A. Flügeldeckenabsturz
von Ips erosus Woll. — Aus
Spessivtseff.
Abb. 278 B. Flügeldeckenabsturz von Ips longicollis Gyll. J
(links) u. $ (rechts). — Aus Spessivtseff.
auch vor der stärksten Borke nicht abschrecken. Knotek fand ihn (in der
Herzegowina) in noch grünen, aber stark beschädigten jungen Stämmen (der
Panzerföhre) bis zu 15— 20 cm Durchmesser, und zwar nicht nur an Stamm,
sondern auch an Ästen bis 4 und 5 cm Stärke.
Ips longicollis Gyll.
Ebenfalls zur /öWc^s-Gruppe gehörig; durch sehr langgestreckte Gestalt, besonders des
Halsschildes ausgezeichnet. Absturz (Abb. 278 B) fast senkrecht, der 2. Zahn breit, stumpf,
beulenförmig, oben flachgedrückt und abgeschliffen, beim $ ohne, beim J mit einer ganz nach
innen gekrümmten, kleinen Spitze. Zwischen diesem und dem Apikaizahn stehen seitlich
2 Höckerchen (beim $ nur undeutlich ausgeprägt); dagegen ist beim $ die Naht am Absturz mit
kerbartiger Körnchenreihe. Käfer pechschwarz oder pechbraun, glänzend bräunlichgreis behaart,
mit rotbraunen P'ühlern und Beinen. Länge 4 — 4,5 mm.
Die Art lebt hauptsächlich auf Kiefer, vor allem auf der gemeinen Kiefer,
dann auch auf Pinns maritima, laricio^ austriaca und taurica; nach Chewyreuv
auch auf Fichte. Sie scheint über ganz Europa verbreitet zu sein ; sie ist bekannt
aus Südfrankreich, Spanien, der Insel Korsika, dann aber auch aus Skandinavien,
fpidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer
547
Litauen, Taurien, Rußland,« Krim, Ungarn, Schlesien, „Sie dürfte im übrigen
Mitteleuropa nicht fehlen, jedoch nur auf gewisse Lokalitäten beschränkt sein."
Das Fraßbild ist ganz eigenartig und mit keinem andern Fraßbild von
europäischen Borkenkäfern zu verwechseln. Man kann es höchstens mit dem
des nordamerikanischen Dendroctonns fron-
taits vergleichen. Die Muttergänge ver-
laufen völlig unregelmäßig, ohne bestimmte
Richtung, sind vielfach gebogen, ver-
zweigt und verästet und treten mit Nach-
bargängen in Verbindung, so daß ein
ganzes Netzwerk von Gängen m der Rinde
entsteht (Abb. 279). Die Eigruben sind
(nach Chewyreuv) nicht seitlich, sondern
in der Mittellinie angebracht, von wo
aus die Larven sich in die Dicke der
Rinde hineinfressen. Die Larvengänge
bleiben daher meist verdeckt, nur bei
dünner Rinde sind sie sichtbar. Die
Muttergänge erreichen oft eine ungeheure
Länge (ca. ^/^ m) und sind gewöhnlich
mit Bohrmehl gefüllt. Es werden also,
da die ursprünglichen Paare dadurch ge-
trennt sind, „Ergänzungsehen" in be-
sonderen Ergänzungseheausgängen ge-
schlossen werden (Chewyreuv).
In Rußland scheint iongicoUis zu
den häufigen Borkenkäferarten zu gehören ,^^ ^ c n , > „• ^ ,>
,,?.,., , , , ° . Abb. 270 Brutfiaß von l])s Icngicollis Gyll.
und forstlich nicht unbedeutend zu sein. ^ ^ y^ Spessivtseff
IL Vornehmlich in Ästen und Zweigen oder jungen Pflanzen brütend.
JJc: Carphoborus minimus F.
Kleinster Kiefern-Bastkäfer.
Die Gattung Carphobortis ist in obiger Bestimmungstabelle (S 475) unter die Hylesinen
eingereiht. Sie ist ausgezeichnet durch den gerade verlaufenden, gezähnelten Basal-
rand, und unterscheidet sich von der darin ihr gleichenden Gattung Folygraphus durch die weit
weniger tief ausgeschnittenen Augen und die deutlich geringelten Fühler (s. Abb. 225 f, Abb. 235
u. 236 D). Die für unser Gebiet forstlich in Betracht kommende Art Carphoborus minhnus
ist sehr klein (1,3 — 1,8 mm), schwarz, fein gelblich und grau beschuppt.
C. minimus brütet an der gemeinen Kiefer (daneben auch an Pinus
austriaca^ montana und leucodermis) und zwar nur in dünnem Material, jungen
Pflanzen und namentlich in schwächeren und schwächsten Ästen. Seine
Gänge (Abb. 280) sind typische Sterngänge, die eine große Ähnlichkeit mit
denen der Piiyophthorus - kriexi {Lichtensteini und glabratus) besitzen (siehe unten
S. 556); die 3 — 5 Muttergänge sind allerdings nur 0,5 mm breit und greifen
weniger tief in den Splint ein als bei diesen Arten. Die Larvengänge weit von-
einander entfernt und kurz.
Er schwärmt früh (April) und bringt es wohl zu einer echten zweiten Gene-
ration. Überwinterung meist als Käfer.
35*
548
Coleoptera. — 7. Familienreihe : Rhynchophora.
Sein Hauptschaden besteht darin, daß er an der Lichtung der Kronen
(im Verein mit Piiyogefies bide?itaius, Myelophilm] pitiiperda und minor und
Pogonochaerus fasciculatus) erheblichen Anteil hat. In Kulturen dagegen, wo er
mit Pit. bidentatus gelegentlich haust, ist (nach Altura) sein Schaden nicht wesentlich.
iM
Abb. 280. Bnitfraß von Carphoborus
minimus F. an Kiefernzweig. — Aus
Eckstein.
281. Brutfraß von Polygraphus grandiclava Thoms.
an Arve. — Aus Koch.
Da er meist als Käfer überwintert, so kann man gegen ihn durch Sammeln
und Verbrennen des von den Herbststürmen herabgeworfenen Reisigs vorgehen.
Als Parasiten sind eine ganze Reihe von Schlupfwespen bei Carphoborus fest-
gestellt: Ecphijlus hylesini R., Spathius brevicaudis R.. Holopedina spec, Entedon caudatus
R., hylesinorum R., pinctorum R., Pteromalus ax,iireus R., aziirescens R., dubius Nees,
ramulorum R., siccatorum R. und vicarius R. ; ferner der Käfer Nemoso^na elongatum L.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Kiefer.
549
Polygraphus grandiclava Thoms.
Das Vorkommen des sonst an Kirsche (als Hauptpflanze) brütenden
P, grandiclava (s. oben S. 513) an Arve ist scheinbar ein häufigeres (jedenfalls
mehr als bloß gelegentliches), so daß es gerechtfertigt ist, ihn hier bei den
Kiefernborkenkäfern nochmals zu behandeln, zumal seine Fraßbilder an Arve
von denen an Kirsche etwas abzuweichen scheinen.
Seitner (191 1), der in dem Arventier ja sogar eine besondere von grandi-
clava verschiedene Art vermutete, beschreibt das Arvenfraßbild folgendermaßen:
„Die ursprüngliche Form ist in unregelmäßigen Windungen ein von einer Rammel-
kammer ausgehender, tief in den Splint gearbeiteter zweiarmiger Längs-, Quer-
oder Diagonalgang, dessen schließliches Aussehen durch den später hinzutretenden,
sehr mannigfaltigen Regenerationsfräß der Mutterkäfer bedingt ist, so daß man
wohl sagen kann, daß kein Brutgang dem anderen trotz der an sich äußerst
scharf ausgeprägten Käferarbeit gleich sieht (Abb. 281). Charakteristisch ist der
durch den nicht selten vorkommenden Wechsel in der Richtung und durch das
Aufgeben bereits angefertigter Arme hervorgerufene unregelmäßige Verlauf der
tief in den Splint gemeißelten, oft ungleich breiten mit überhängenden Wandungen
versehenen Brutgänge, welche durch den späteren Regenerationsfraß, der sich in
zahlreichen dendritisch geformten Ausstülpungen und Erweiterungen um die
Rammelkammer und am Ende der mit Eiern belegten Muttergänge äußert,
häufig die sonderbarsten Formen annehmen. Die sehr langen, mäßig tief in den
Splint gearbeiteten Larvengänge halten im allgemeinen die Längsrichtung ein und
endigen in einer tief in den Splint versenkten Puppenwiege."
Seitner fand grandiclava verschiedentlich in Steiermark und Tirol in den
durch den natürlichen Reinigungsprozeß absterbenden unteren Ästen.
/ >, Pityogenes bidentatus Hbst.
Der bekannteste und häufigste Vertreter der hakenzähnigen Kiefern-Ipinen. Durch
die 2 großen hakenförmig nach unten gekrümmten Zähne am Oberrand des fast kreisförmigen
Absturzes beim (^ leicht zu erkennen, Var. ^ Hbst. besitzt über dem Hakenzahn jederseits
noch ein kleines, stumpfes Zähnchen (Abb. 282 b).
Hauptbrutbaum ist die gemeine Kiefer; daneben an Pinus austriaca^
montana^ mantima^ stiobus, ferner seltener an Lärche, Fichte, Tanne und Pseudo-
a b c d
Abb. 282. Flügeldeckenabsturz {(^) von a Pityog. bidentatus Hbst. (forma typica), b Pityog.
bidentatus var. ß, c Pityog. quadridens Htg, , d Pityog. bistridentatus Eichh. — Aus Nitsche.
isuga Douglasii. Die geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz
Europa, von Finnland und Skandinavien bis Südfrankreich und von da über
Norditalien und Griechenland bis tief nach Rußland, überall da, wo ausgedehnte
Kiefernwaldungen vorkommen.
550
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Biutgänge sind typische Sterngänge (Abb. 283). Von einer ge-
meinsamen, ausgebuchteten, tief eingeschnittenen Rammelkammer gehen 3 — 7 ver-
schieden lange (i — 5 cm) Muttergänge von ca. i mm Breite ab, in schwächerem
Material mehr längsgerichtet, in stärkerem Material mehr nach allen Seiten aus-
einandergehend, im Verlauf verschiedentlich gebogen
oder geknickt. Die Eigruben stehen bei schwachem
Holz meist weitläufig und fallen stellenweise ganz
aus, während sie bei stärkerem Material ungleich
dichter und unregelmäßiger verteilt stehen. Mutter-
gänge wie Rammelkammer greifen gewöhnlich tief
in den Splint ein, während die meist geschlängelten
Larvengänge anfangs den Splint nur oberflächlich
schürfen, um erst gegen das Ende tiefer ein-
zudringen. Die ovalen Puppenwiegen liegen zum
größten Teil im Splint. Die Larvengänge sind von
verschiedener Länge und verwirren sich zuletzt. An
den Muttergängen befinden sich verschiedentlich
Ausbuchtungen, besonders am Ende (Regenerations-
fraß), ebenso sind die Larvengänge bezw. Puppen-
wiegen vielfach verbreitert zu großen Plätzen (Reif ungs-
fraß), wodurch das Fraßbild mitunter unklar gemacht
wird. Die Muttergänge sind stellenweise von Bohr-
mehl erfüllt, was die ?? veranlaßt, zur Erreichung
neuer Begattungen Erweiterungen, die nach außen
münden (s. oben) zu nagen, um fremden dd den
Zutritt zu ermöglichen (Chewyreuv).
Bidentatus ist Spätschwärmer (Mai bis Juni).
Die erste Brut ist bis Ende Juli fertig. Wahrschein-
lich folgt eine echte zweite Generation. Daneben
werden, nach dem ausgedehnten Regenerationsfraß
zu schließen, auch Geschwisterbruten von den regene-
rierten $9 vorkommen. — Überwintert als Larve,
Puppe und Imago.
In forstlicher Beziehung gehört bidentatus
zweifellos zu den schädlichsten Kiefernborken-
käfern, vor allem deshalb, weil er relativ primär
ist. In den alten Kiefernbeständen, wo er ungemein
häufig in den Ästen brütet, trägt er viel zur Lich-
tung der Krone bei und bereitet dadurch die Bäume
für Angriffe von ausgesprochen sekundären Insekten
vor. Nicht selten wird der Wipfel oder auch das ganze obere Drittel dürr
(Willkomm 1871). Viel bedenklicher noch ist seine Rolle als Kulturschädling.
Er geht ganz gesunde Pflanzen der verschiedenen Kiefernarten, namentlich im Alter
von 5 bis 12 Jahren, aber auch noch jüngere an und tötet sie, häufig im Verein
Abb. 283. Brutfraß von Pityo-
genes bidentatus Hbst. in Kiefer
(halbvollendet). Nat. Gr. — Aus
Koch (phot. Scheidter).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer. eej
mit Ptssodes notatus. In der Literatur finden sich eine ganze Reihe von aus-
gedehnten Kulturzerstörungen durch <^/^^«/ö;//(;^ (Taschenberg, Nördlinger, Altum u. a.).
Der letzte Autor berichtet auch über größere Verwüstungen in Weymouths-
und Seekiefernkulturen, desgleichen über vernichtenden, ausgedehnten Fraß in
Kiefernstangenhölzern.
Auch in Fichtenkulturen wurde bidentatns^ allerdings nur ausnahmsweise,
gefunden. Der einzige Fall von größerem Schaden in Fichtenkultur wird von
Hartig (1870) berichtet aus Schleswig- Holstein, wo über die Hälfte der Pflanzen
einer 8- bis 9jährigen Fichtenkultur, die im Schutze eines alten Kiefernbestandes
durch Saat erzogen und dann freigestellt worden war, durch bideiitatiis vernichtet
wurde.
Zur Abwehr ist wiederholte gründliche Durchforstung und rechtzeitige Ent-
fernung des Reisigs und alles sonstigen seine Vermehrung begünstigenden Brut-
materials auf den Schlägen erste Pflicht, ebenso in Kulturen Entfernen und Ver-
nichten aller befallenen Pflanzen. Zur Anlockung dienen Fangbäume (un-
geästete) und Fangreisig, das nach 4 Wochen zu verbrennen und immer wieder
zu erneuern ist.
Als Parasiten werden von Kleine eine große Reihe Schlupfwespen angeführt:
Dendrosoter Middeiidorffi R. und Perrisi Gir., Bracon palpebrator R , labrator R., Caero-
jiachys Hartigi R., Ecphylus hylesini R., Spathius brevicaudis R., genicidatus R., Eu-
sandalum abbreviatum R., iridens R., Pteromalus axiireus R., axurescens R., sieeateruni
R, siispensus R., violaceus R., Rhopaliscus guttatus R, Rhoptrocerus xylophagoruni R.;
ferner folgende Käfer: Ehixophagtis ferruginens Payk. und bipustulatus F., Laemophloeiis
alternans Er., Hypophloeus linearis F. und spec.
Pityogenes quadridens Hart.
Dem bidentatus sehr nahe stehend, nur dadurch von ihm unterschieden, daß das 1^ unter-
halb des Hakenzahnes jederseits noch i Zähnchen im unteren Drittel des Absturzes besitzt
(Abb. 282 c).
Bezüglich Vorkommens und Lebensweise mit bidentatus im allgemeinen
übereinstimmend; in seiner Verbreitung jedoch scheinbar mehr örtlich begrenzt.
So fand Eichhoff bei Zabern im Elsaß ausschließlich quadridens („zu Tausenden
in zartrindigen Kiefernklaftern und Reiserholz"), dagegen keinen ei"nzigen biden-
tatus. Bei München kommt quadride?is nicht vor, sondern nur bidentatus, bei
Augsburg dagegen fand Scheidter nur qnadride?is und keinen bidentatus.
Es hat demnach den Anschein, als ob die beiden Arten einander vertreten.
Außer in den bei bidentatus genannten Bäumen kommt quadndens auch in Arve
vor (Keller 19 10, Barbey).
Auch das Fraßbild von quadridens (Abb, 284) ist dem von bidentatus
sehr ähnlich und in den meisten Fällen nur sehr schwer zu unterscheiden.
Eichhoff gibt zwar einige Unterschiede an, die ganz konstant sein sollen, näm-
lich: „Rammelkammer, Brutarme und Larvengänge verlaufen ausschließlich in
Rinde, Bast und Kambium, der Splint wird nur ganz oberflächlich berührt
(während bei bidetiiatus Rammelkammer, Brutarme und Puppenwiegen tief in den
Splint eingreifen). Außerdem sind bei quadridens die Larvengänge regelmäßiger
verteilt und viel zahlreicher vorhanden, so daß meist die Unterseite der Rinde
552
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rhynchophora.
von den Larven und Käfern durchaus zerwühlt wird." Wenn man aber eine
größere Anzahl Fraßstücke vergleicht, so fällt es schwer, von einer Konstanz im
Sinne Eichhoffs zu reden; die Fraßbilder sind vielmehr recht variabel und
richten sich anscheinend nach der Stärke des Holzes usw. Es gibt gewiß Stücke,
die die von Eichhoff angegebenen Merkmale besitzen, andere dagegen lassen
sich von bideniatjis-S>i\icke'C). kaum unterscheiden. Auch Keller (19 10) weist
darauf hin, daß die Eichhoff-
schen Unterscheidungsmerkmale
nicht allgemein gültig sind, und
daß z. B. Muttergänge und Rammel-
kammern auf seinen Fraßstücken
tief in den Splint eingreifen.
/
y^ "Pityogenes bistrid entatus Eich h.
Der kleine Arvenborkenkäfer.
Etwas größer als quadridens
und von diesem vor allem dadurch unter-
schieden, daß das (^ am Absturz jeder-
seits außer den beiden diesem zu-
kommenden Zähnen noch je kleinere
Zähnchen oberhalb des großen Hacken-
zahnes besitzt (Abb. 282 dj.
Bistndeiitatus kommt vor-
nehmlich auf Latsche und Arve,
seltener an der Föhre, Schwarz-
kiefer, Lärche und Fichte vor;
dementsprechend erstreckt sich
auch seine geographische Ver-
breitung im großen und ganzen
auf die Regionen der beiden Ge-
birgskiefern, Keller (1903 u.
191 1) nennt ihn einen „aus-
gesprochenen Gebirgsbewohner",
der (in der Schweiz) nicht unter
1500 m Meereshöhe herabgeht.
Abb. 284. Brutfraß von Pityogenes quadridens Hrtg. j^^^ Maximum seiner Häufigkeit
Vollendeter Fraß m Kiefer (Splmt). — Nat. Gr. — " °
Aus Koch (phot. Scheidter). erreicht er von 1700— 1800 m,
doch geht er noch beträchtlich
höher." Keller fand ihn noch in 2210 m Höhe bei Riffelalp in der Arve
brütend. Für unsere Gegend sind Kellers Angaben nicht ganz zutreffend, in-
sofern als bisbidentatus bei uns in der oberbayerischen Hochebene (Voralpenland)
überall (besonders in den Mooren), wo Latschen wachsen, vorkommt, also wesent-
lich tiefer herabgeht als Keller in der Schweiz beobachtet hat.
Die Fraßfigur (Abb. 285) stellt (wie bei den beiden vorher besprochenen
Arten) einen typischen Sterngang dar, der tief in den Splint einschneidet. Die
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Kiefer.
553
Muttergänge, 3 — 5 an der Zahl, sind oft stark gebogen und können sehr lang
sein (bis 1 1 cm). Die Larvengänge sind bald lang und geschlängelt, bald kurz,
stark gebogen und dann arabischen Schriftzeichen sehr ähnlich; zuweilen fehlen
sie auf längere Strecken ganz.
„Der Reifungsfraß der Jungkäfer ist nicht sehr ausgiebig, er besteht ent-
weder in einer einfachen Verlängerung der Larvengänge oder es wird eine wenig
ausgedehnte dendritische Figur aus-
genagt. Auch Regenerationsfraß
kommt vor, indem der Muttergang
verlängert und am Ende platzartig
erweitert wird."
Die Generation ist wohl,
wenigstens in den hohen Lagen,
einfach (Fuchs); wenn im Juli
wieder neue Muttergänge mit frisch
abgelegten Eiern beobachtet werden,
so rühren diese zweifellos von rege-
nerierten Mutterkäfern, die zu einer
zweiten Brut ( Geschwister brut) ge-
schritten sind, her (Keller).
Forstlich verhält er sich wie
seine beiden obigen Verwandten.
Er bevorzugt schwächeres Material
und geht selbst an ganz dünne
Zweigeund junge Pflanzen. Keller
sah ihn bei Pontresina eine ganze
Anzucht junger Arven zum Ab-
sterben bringen. An alten Arven
kommt er häufig in Gesellschaft des
großen Arvenborkenkäfers (Ips a7ni-
tinus var. montanus) vor.
Pityogenes trepanatus Nördl.
Syn. PUyogenes anslria<:us Wachtl.
Steht dem auf Fichten vorkommen-
den, etwas kleineren P. chalcographiis
bezüglich Körperform und Bezahnung des
Flügeldeckenabsturzes des (^ sehr nahe;
dagegen ist das 9 durch ein überaus
charakteristisches Merkmal, das tiefe,
kreisrunde Loch auf der Stirne, vor allen übrigen Arten der Gattung sehr gut aus-
gezeichnet (s. Tab. S, 484 u. Abb. 240, b).
Irepanatus bewohnt in erster Linie die Schwarzkiefer; seltener die
gemeine Kiefer. Er scheint über einen großen Teil Europas verbreitet, wie aus
den verschiedenen Fundortsangaben (Niederösterreich, Kärnten, Korsika, Württem-
berg, Hannover, Dänemark usw.) hervorgeht.
Abb. 285. Brutfraß von Pityogenes bistridentatus
Eichh. in Arve (Splint). — Aus Keller.
ir~A Coleoptera. — 7. Familien reihe: Rhynchophora.
Der Fraßgang ist ein in der Regel dreiarmiger Sterngang mit einer im
Verhältnis zur Körpergröße des Käfers ungewöhnlich großen und tief in den
Splint eingreifenden mehrfach buchtig erweiterten Rammelkammer. Die Mutter-
gänge erreichen eine Länge von 4 cm, sind i mm breit, gewöhnlich stark
bogenförmig geschwungen, selten gerade verlaufend, tiefer in den Splint als in
die dicke Rinde eingeschnitten und nicht selten gegabelt. Die Eigruben sind
groß und in ungleich weiten, meist großen Abständen angelegt, überhaupt sehr
unregelmäßig verteilt, fehlen auch vielfach bei einzelnen Armen auf einer Seite
ganz. Die Larvengänge sind bis 4 cm lang und verlaufen, häufig sehr stark
geschlängelt, zumeist in der Bastschicht, den Splint nur ganz oberflächlich
furchend. Die Puppenwiegen liegen in der Rinde und sind auf dem Splint
entweder gar nicht oder nur ganz schwach zu sehen.
Trepanatus kommt sowohl in den Ästen und Zweigen älterer Stämme als
in jungen Pflanzen und Stämmchen vor.
■■■■• Pityogenes monacensis Fuchs.
Dem vorigen sehr nahe stehend, doch das $ ohne Loch (auch ohne halbkreisförmiges)
auf der Stirn (s. oben S. 484 Fußnote).
Der Käfer wurde 19 11 von G. Fuchs bei München (Schleißheim) ent-
deckt und zwar unter dünner Rinde in den Gipfelpartien absterbender Föhren.
Das Fraßbild stimmt in den Grundzügen mit dem aller Pityogenes- h.x\.&t\
überein, d.h. es stellt einen Sterngang dar. Fuchs (191 1) beschreibt die Einzel-
heiten wie folgt: „Das Mutterfraßbild setzt sich zusammen aus einer tief in
den Splint genagten und für die Verhältnisse unseres Käfers sehr großen,
oft über 2 cm in einer Dimension messenden Rammelkammer, die noch
durch kürzere Blind- (Ernährungs-) Gänge des Männchens erweitert wird, und
aus mehreren Muttergängen, bis sechs an der Zahl. Diese Muttergänge sind
4 — 9 cm lang und i mm und darüber ungleich breit, Sie sind nicht gerade,
sondern geknickt gebogen, mit Ausstülpungen versehen und am Ende schließlich
durch einen Regenerationsfraß des Weibchens unregelmäßig erweitert. Sie sind
tief in den Splint genagt. Die großen Ei kerben sind nicht sehr zahlreich,
unregelmäßig und in gemessener Entfernung von einander angebracht. AH dies
deutet darauf hin, daß das Weibchen zur Ablage eines Eies viel Zeit und Er-
nährung braucht, die Eireifung eine langsame ist."
„Von den Eikerben aus gehen die Larvengänge vielfach geschlängelt und
einander durchkreuzend, aber zuweilen auch annähernd gerade verlaufend. Sie
sind ziemlich lang, bis 6 cm, greifen stark in den Splint ein, fast so stark wie
die Muttergänge." „Die Puppenwiegen liegen im Splint."
Im südlichen Europa kommen noch zwei Pilyogenes- Krien in Kiefern vor:
P. Lipperti Henschel, der in Aleppokiefern vorkommt und zwar sowohl
in Kulturen als auch in der Krone älterer Stämme und in Zweigen bis zur Bleistift-
stärke. Fraßbilder nach dem dtdenda/us -Typus (Henschel 1885 u. Knotek 1899).
P. pilidens Rttr., der in erster Linie in Schwarzkiefer, dann auch in
Panzer föhre (Pinus leucodermis) vorkommt, sowohl in der Krone älterer Bäume,
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Kiefer.
555
als besonders in Stangenholz und Kulturen, und der merklich schädlich werden
kann. Eine eingehende Schilderung seiner Lebensweise und besonders seines
Fraßbildes gibt Knotek (1899).
7 "' . Pityophthorus Lichtensteini Rtzb. und glabratus Eichh.
Diese beiden kleinen (1,5 — 2 mm) Borkenkäfer (Charakteristik s. Be-
stimmungstabelle S. 483) verhalten sich biologisch und forstlich ziemlich überein-
stimmend. Beide haben als Hauptbrutbaum
die gemeine Kiefer, der erstere ist außerdem
auch noch in Pinus strobiis, pinaster und laricio,
letzterer auch in der Lärche gefunden. Beide
kommen fast ausschließlich in dünnen bis
dünnsten Zweigen (bis zu i, ja 0,5 cm Stärke)
vor und beide verfertigen (wie alle Pityoph/horus-
Arten) Sterngänge (A.bb. 286), die einander
sehr ähnlich und ohne die Verfertiger wohl kaum
voneinander zu unterscheiden sind. Rammel-
kammer und Muttergänge greifen sehr tief in
das Holz ein (bei dünnen Zweigen bis ins Mark!)
und sind scharf umgrenzt, so daß man sie für
künstliches Schnitz werk ansehen könnte (Barbsy).
Die Muttergänge (2 — 6 an der Zahl) verlaufen
nach allen Richtungen, bei ganz dünnen Ästen
spiralig um den Ast heium und können bis 6 cm
lang werden, ihre Breite beträgt 0,75 mm bis
I mm; sie sind meist mit Bohrmehl angefüllt.
Die Schwärmzeit fällt in den Mai. Dann
findet man zum zweitenmal im Juli sich ein-
bohrende Käfer.
Die beiden Arten gehören nicht zu den
häufigen Kiefernborkenkäfern. Sie können aber
doch gelegentlich in Lärchen- und Kiefern-
kulturen Schaden anrichten, zumal sie nach
Eichhoffs und Barbeys Bäobachtangen ganz
gesunde Pflanzen anzugehen scheinen.
Außer diesen beiden kommt bisweilen
noch eine dritte Päyophihorus- kxi an Kiefer vor,
nämlich der nur r — 1,2 mm lange Pityophthorus
pubescens Mrsh. {= ramulorum Perr.), der ganz
ähnliche, nur kleinere Sterngänge wie die obigen
macht und nur auf die dünnsten Kieferntriebe
(nicht über i cm stark) beschränkt ist. Er kommt vornehmlich in der Strand-
kiefer (Pinus maritima) vor, wurde aber auch in der gemeinen Kiefer und
der Schwarzkiefer in Deutschland gefunden, jedoch nur selten.
Abb. 286. Pityophthorus Lichten-
steini Rtzb. Muttergänge mit Ei-
grübchen in Kiefer (Splint). Nat.
Gr. — Aus Koch (pbot. Scheidter).
556
Coleoptera. — 7 . Familienreihe: Rynchophora.
III. Sowohl am Stamm als an Zweigen, meist in Raumparasitismus mit
anderen Borkenkäfern brütend.
f.Y' Crypturgus cinereus Hbst.
Der schwarze, glanzlose, graubehaarte Käfer gehört zu den kleinsten Formen (1,2 — 1,4 mm)
der Unterfamilie der Ipinae und ist durch die zweigliederige Fühlerkeule (s. Abb. 228 a) und den
einfach punktierten, nirgends gekörnelten Halsschild von den übrigen Ipinen leicht zu unterscheiden.
Er bevorzugt die Kiefer (geht aber auch ziemlich häufig die Fichte an)
und scheint über ganz Mitteleuropa (südlich bis Algier) verbreitet zu sein.
Abb. 287. Fraß von Crypturgus cinereus Hrbst. ausgehend von den Muttergängen des Myel.
minor Htg. in Kiefer (Rinde). Außergewöhnlich klares Fraßbild. Nat. Gr. — Aus Koch
(phot. Scheidter).
Er ist wie sein Verwandter an der Fichte (C. pusillus) teil weiser Raum-
parasit, indem er sich gerne in den Gängen anderer Borkenkäfer aufhält bezw.
die Bohrlöcher anderer größerer Arten (wie Myelophilus minor^ Pityoge?ies
bidendatus usw.) benützt, um in die Borke zu gelangen.^) Das Brutbild, das von
den fremden Gängen ausgeht, ist sehr unklar und läßt sich kaum beschreiben;
es stellt ein unregelmäßiges Gewirr von Brut- und Larvengängen dar. Mitunter
kann man eine Art Rammelkammer entdecken, von der einige mit kleinen
Eigruben versehene Brutröhren ausgehen, die sich bald stark verwirren
(Abb. 287).
^) Kleine (1908) beobachtete verschiedentlich, wenn auch selten, selbständige und isolierte
Fraßbilder; diese befanden sich stets nur unter dünner Spiegelrinde und zeigten zum Teil Stern-
gang-Form.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. 557
Der Käfer bohrt sich im Frühjahr als Begleiter anderer Arten, bezw. nach
diesen ein. Im Juli, August liefert die erste Brut fertige Imagines; ebensolche
findet man dann wieder im Herbst. Fuchs (1903) nimmt doppelte Generation
an, Kleine (1908) dagegen nur einfache. Forstlich kommt ihm keine allzu
große Bedeutung zu, „da die mit ihm meist zusammenlebenden größeren Borken-
käfer viel schädlicher wirken, so daß die Wirkungen des kleinen cinereus dagegen
verschwinden." Allerdings wurde er auch vereinzelt als Kulturverderber gefunden-
Rindenbrüter an Fichte.
Die Zahl der Fichtenborkenkäfer steht der der Kiefernborkenkäfer nicht
viel nach. Unter ihnen befinden sich Schädlinge von größter Bedeutung, wie
der Buchdrucker, Ips iypographus^ und sein naher Verwandter amitinus^ welche
Bestandsverderber allerersten Ranges darstellen und oftmals Fichtenwälder —
von Hunderten, ja Tausenden von Hektar — vernichtet haben. Ihnen schließt
sich eine Reihe anderer Arten an, die in ihrer Bedeutung den beiden zwar nach-
stehen, von denen aber einige doch auch empfindlichen Schaden zufügen können,
sowohl allein für sich als auch ganz besonders durch Ergänzung bezw. Ver-
schlimmerung des Fraßes vom typographus. Endlich werden noch manche von
solchen Arten aufgeführt, deren forstliche Bedeutung zwar nur eine geringe ist,
die aber dem Forstmann doch bisweilen recht häufig begegnen, so daß sie sein
Interesse beanspruchen.
Typische Fichtenbewohner.
I. Vorzugsweise im Stamm brütend.
Dendroctomis micans Kugel. Xylechinus jnlosus Rtzb.
Hylurgops palliatus Gyll. Polygraphus poligraphus L.
— glabratus Zett. — subopaeus Thom.
Ips typographus L. Chryphalus abietis Rtzb.
— amitinus Eichh. ' — saltuarms Wse.
Pityogenes chalcographus L. Dryocoetes aufographiis Rtzb.
II. Vornehmlich in Ästen und Zweigen oder in jungen Pflanzen.
Phthorop/iloeus spinulosus Rey., Pityophthorus niicrographus L. und exsculpius Rtzb.
III. An Stamm und Ästen als Raumparasit.
Crypturgus pusiUus Gyll.
Gelegentliche Fichtenbewohner, die für gewöhnlich in einer anderen
Holzart brüten.
Myelophihis piniperda L. — Kiefer. 7/js sexdentatus Boern. — Kiefer.
— minor Hart. — Kiefer. — . cenibrae Heer. — Lärche
Crypturgus cinereus Hbst. — Kiefer. — acimiinatus Gyll. — Kiefer.
Cryphalus piceae Rtzb. — Tanne. — laricis F. — Kiefer
Pityogenes bidentatus Hbst. — Kiefer. — proximtis Eichh. — Kiefer.
— quadridens Hart. — Kiefer. — suturalis Gyll — Kiefer.
— bistridentatus Eichh. — Kiefer. — curvidens Germ. — Tanne.
I. Vorzugsweise im Stamm brütend.
Dendroctonus micans Kug.
Der „Riesenbastkäfer".
An seiner Größe (7 — 9 mm) — er ist der größte der europäischen Borkenkäfer — leicht
zu erkennen. Schwarz gefärbt, überall lange, aufstehende, gelbliche Haare, Halsschild vorne ein-
geschnürt (s. Tab. S. 479 u. Abb. 224).
558
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
cf7a/coffrap/7m
exsccj/pf^uj
F/c/ife
aufograp/7as
mcrv^rap/rus
f-i/poffrafi/7i/s
Abb. 288. Die wichtigsten Rindenbräter an Fichte (Fraßbilder undj Verteilung). Schematisch.
Original, M. Dingler gez.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte.
559
Normale Brutpflanze ist bei uns die Fichte; daneben kommt er auch,
allerdings selten, an Kiefer vor. Kleine nennt auch noch die Tanne. Die
geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz Mitteleuropa und in
Asien bis Sibirien.
Mkatis ist die einzige europäische Art der in Nordamerika so zahlreich,
mit 22 Arten, vertretenen (Hopkins 1909) und in forstlicher Beziehung dort so
überaus bedeutungsvollen Gattung Dendrodonus. Als eigentliche Heimat der
Gattung ist wohl Nordamerika zu betrachten.
Das Fraßbild (Abb. 289) ist ganz besonderer Art und oft schwer in
seinen einzelnen Elementen richtig zu deuten. Nach Pauly (1892), dem wir
Abb. 289. Dendroctonus niicans Kug A Brutbild mit begonnenem Larvenfraß: a (punktiert)'
Bohrloch, b Bohrmehlpfropf, cc eigentlicher Mutteigang, d Luftloch, ee Eierlager, ff Larven-
familiengang, gg dichtgedrängte Larvenfiont. B Verschiedene Formen von Muttergängen. Aus
Nitsche (nach Pauly).
die erste richtige Beschreibung der otzVö«.?- Fraßbilder verdanken, haben wir
folgende Bestandteile zu unterscheiden: i. einen von Bohrmehl freigehaltenen
Gangteil, in welchem der Mutterkäfer wirtschaftet und welchen man Mutter-
gang im engeren Sinn nennen kann (Abb. 28g, A, cc), 2. von demselben aus-
gehend, dicht mit Splintspänen und Rindenmehl vollgestopfte Erweiterungen, in
welchen die Eier haufenweise abgelegt werden, und die man als Eilager be-
zeichnen kann (Abb, 289, A, ee), und 3. den Larvenfamiliengang, welcher
meist mit schmaler Basis vom Eilager entspringt (Abb. 289, A, ff).
Das Einbohrloch (Abb. 289, A, a) liegt versteckt und wird zu einer ge-
wissen Zeit vom Mutterkäfer mit einem derben Pfropf von fest zusammengepreßtem
Bohrmehl verschlossen, der einige Zentimeter weit -in den Brutgang hineinragen
.560 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
kann und an seinem inneren Ende offenbar durch den von dem Käfer ausgeübten
Druck ausgehöhlt erscheint. Äußerlich ist das Bohrloch deutlich gekennzeichnet
durch das reichlich austretende Harz, welches, vielfach mit Nagemehl ver-
mischt, sich bald in krümlige, weiße Klumpen verwandelt, die wie abgefallene
Mörtelbrocken aussehen. Dies ist namentlich an den Wurzeln charakteristisch,
während an den höher gelegenen Angriffsstellen häufig Harztrichter von be-
deutender Größe auftreten, die von einem Gang durchbohrt sind.
In dem Muttergang finden sich gewöhnlich einige Luftlöcher. Die Breite
des Mutterganges beträgt entsprechend des Kalibers des Käfers 4 — 4^/2 mm,
die Länge bis 7 cm, meist weniger. Die Richtung des Mutterganges ist
sehr verschieden. Man findet streng lotrecht geführte Gänge und ebenso scharf
wagrecht gebohrte und daneben solche von allen zwischen diesen beiden Senk-
rechten möglichen Richtungen. In den wenigsten Fällen verläuft der Muttergang
gerade, meist ist er gebogen, geschweift, oder auch ein- oder zweimal geknickt.
Bevor er sich zu dem Eilager erweitert, bleibt er eine längere oder kürzere
Strecke (1 — 4 cm) mehr oder weniger zylindrisch. Er schneidet ziemlich tief in
Rinde und Splint, so daß das Fraßbild ebenso schön auf dem Splint wie auf
der Rinde zu sehen ist.
Dieser Brutgang im engeren Sinn wird nun von dem Käfer zu einem
großen Eilager (Abb. 289, A, ee) erweitert. In einfachen Fällen bekommt da-
durch der vom Mutterkäfer angefertigte Gangteil, also Muttergang und Eilager.
die mehr oder weniger regelmäßige Form eines Messers oder einer Hacke. Durch
Verkürzung des zylindrischen Teiles des Brutganges, durch Biegungen und regel-
mäßige Erweiterungen desselben zu Eilagern kann eine große Mannigfaltigkeit von
Gangfiguren entstehen (Abb. 289, B). Das Eilager ist mit Splintspänehen und
E.indenmehl dicht vollgepfropft. Häufig werden auch noch die Seiten und das
Ende des Brutgarges mit Bohrmehl gepolstert.
Das Fraßbild wird gewöhnlich dadurch verwirrt, daß mehrere benachbarte
zusammenfließen, wodurch die Larvenfamiliengänge eine große Ausdehnung er-
langen können. „Während andere Borkenkäferarten ihre Gangsysteme oft in er-
staunlich regelmäßigen Abständen voneinander anlegen und dadurch imstande
sind, ausgedehnte Strecken von Stämmen und Ästen gleichmäßig zu be-
setzen und die gegebene Fläche gleichmäßig auszunützen, scheint D. micans im
Gegenteil eine gewisse Neigung zu gruppenweisem Brüten zu besitzen, welche viel-
leicht mit seiner Gewohnheit zusammenhängt, von engbegrenzten Angriffspunkten,
nämlich Verwundungsstellen, aus ein ursprünglich gesundes Brutmaterial allmählich
zu überwinden.
Die Fortpflanzungsbiologie ist recht kompliziert und heute noch nicht
völlig geklärt, trotz der zahlreichen Untersuchungen, die von einer ganzen Anzahl
von Forschern darüber angestellt wurden. Den größten Fortschritt über die
Generationsfrage brachten die Zuchtversuche Paulys (1892)1). Über das eigen-
artige Larvenleben hat Rudolph Koch (1909) uns gut unterrichtet.
') Bei Pauly findet sich auch eine erschöpfende Darstellung der früheren Literatur.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. 56 1
Ein eigentliches Schwärmen ist bei micans bis jetzt noch nicht beobachtet
worden. Die Begattung soll am Ort der Geburt in den Ernährungsgängen er-
folgen. Die Eiablage findet nicht einzeln in gesonderten Grübchen, sondern
haufenweise statt; trotzdem zieht sie sich über eine längere Zeit (nach Pauly
bis 8 Wochen) hin, da die Ablage schubweise in zusammengekitteten Paketen
erfolgt und zwar in sehr großen Zeitabständen. Man kann dies schon
daraus ersehen, daß, während schon zahlreiche Larven in allen Größen fressen,
immer noch zahlreiche Eier in den Eilagern gefunden werden können. Die Ge-
samtzahl der Eier dürfte 100 — 150 betragen.
Nachdem die Lärvchen aus den im Eilager, teils in Haufen, teils zerstreut
im Bohrmehl eingebetteten Eiern ausgekrochen, suchen sie den freien Rand des
Eilagers zu erreichen, d. h. jenen, welcher an das unversehrte Rindengewebe
grenzt, um von dort aus ihren Fraß zu beginnen.
Im Gegensatz zu anderen Borkenkäferlarven, welche sich mit ihren Gängen
gegenseitig ausweichen, hat die micans-\.^.xvQ, den Drang in engster Gemein-
schaft mit ihren Geschwistern zu fressen und sucht in direkte Berührung
mit ihnen zu kommen. Die frischgeschlüpften Larven sammeln sich zu einem
Trupp, in welchem sie dicht aneinandergedrängt (in ganz dicker Rinde wohl auch
in 2 Reihen übereinander), sich der ganzen Länge nach berührend, in fest-
geschlossener Front fressend, vorrücken, wobei sie selbst eine langgestreckte gerade
Gestalt (nicht eine gekrümmte, wie meist angegeben und abgebildet i) ist) ein-
nehmen (Abb. 290A).
Diese Freßart behalten die Larven bis zur Verpuppung bei. Das ver-
schiedene Alter bildet dabei durchaus keine Störung. Es gesellen sich dann die
jungen Larven zusammen und fressen dicht neben den großen ohne jegliche
Zwischenwand einen ihrem geringeren Körperumfang entsprechenden flacheren
Fraßplatz aus; jedoch auch zwischen ihren größeren Geschwistern sieht man sie
einzeln oder in kleinen Gruppen vereint an dem gemeinsamen Rand des Fraß-
platzes fressen. Stößt die fressende Larvenkolonie beim Fortschreiten des Fraßes
auf ein Hindernis, z. B. einen kleinen Ast oder eine eingetrocknete Rindenstelle,
so kommt es häufig vor, daß sich die bis dahin vereinigten Larven in 2 Gruppen
teilen, die nun gesondert fressen. In solchen Fällen werden in der Bohrmehl-
platte (s. unten) Straßen zwischen den Gruppen freigehalten (Abb, 290A), auf
denen ein gegenseitiger Besuch der Larven der einen Gruppe zu denen der
anderen stattfindet. 2)
Nicht alle die hundert und mehr Larven einer /«/«töwj- Familie sind gleich-
zeitig und ausschließlich mit dem Fressen beschäftigt, es befinden sich stets eine
Anzahl (5 — 15%) hinter der Front der fressenden Larvenkette, die die Reinigung
*) Dies rührt daher, daß sich die Larven beim Ablösen der Rinde sofort krümmen (Koch).
-) Im Gegensatz zu den »^^■caws-Larven. die so friedhch miteinander hausen, bekämpfen
sich die Larven anderer Borkenkäfer (und auch der Cerambyciden. Pissodes usw.) aufs heftigste.
Auch typograp]u(s-\.^T\tw, mit micans-l^arven zusammengesetzt, bissen in einem Versuch Kochs
(1909) viele der letzteren tot. Einen Grund für dieses feindliche Verhalten erblickt Koch darin,
daß die Larven von typograpJnis klebrig sind, bei Berührung aneinander haften und so sich
_gegenseitig beim Fressen stören, während die mü'ans-'La.rven diese Eigenschaft nicht zeigen.
Escherich, Forstiosekten. II. Bd. 36
562
Culeoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchopliora.
des Fraßraumes besorgen, ferner an der für micans so überaus charakteristischen
Bohrmehlplatte arbeiten und endlich auch die schon oben erwähnten Kom-
munikationsstraßen (durch die Bohrmehlplatte hindurch) zwischen den einzelnen
Fraßtrupps freihalten. Es hat sich also eine Art Arbeitsteilung in der Familie
Abb. 290 A. Dendroctonus micans Kug. Larvenfamiliengang; Larvenfront in verschiedene Ab-
teilungen geteilt, die durch die Bohrmehlplatte durchziehende Gänge miteinander in Verbindung
stehen. Hinter der „Front'' eine Anzahl Larven mit der Reinigung des Fraßraums usw. be-
schäftigt. — Original (phot. Scheidter). ;
ausgebildet. Es kostet den Larven viele Mühe, die Kotreste ihrer Geschwister
und die den Darm nicht passierenden Nagespänchen nach rückwärts zu schaffen
und mit ihren stark chitinisierten Kopfkapseln fest zu der Bohrmehlplatte zu-
sammenzupressen. Wenn die Larven eine Zeitlang das Reinigungsgeschäft be-
sorgt haben, drängen sie sich, wohl getrieben vom Hunger, von hinten her
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte.
563
zwischen die Reihen ihrer fressenden Geschwister ein, von denen dann andere
zur Übernahme der Arbeit an der Bohrmehlplatte sich nach hinten begeben.
Die Bohrmehlplatte besteht nicht allein aus Bohrmehl, sondern es werden in sie
auch die Reste der Chitinhäute nach den einzelnen Häutungen, überhaupt jeder
Abfall, sogar die Leichen gestorbener Kameraden eingebettet.
Hinter der allmählich ungefähr kreisförmig fortschreitenden Fraßfront bleibt
jeweilig ein i oder mehrere Zentimeter breiter, von jeglichem Abfall sauber ge-
haltener Raum frei, von dem aus Straßenzüge, oft mehrfach verzweigt, die Bohr-
Abb. 290 B.
Dendroctonus micans Kug Bohrmehlplatte mit ''zahlreichen Puppen
(phot. Scheidter).
Original
mehlplatte durchziehen, die alle Larven derselben Familie miteinander in Ver-
bindung halten. Oft kommt es nämlich vor, daß eine oder mehrere oder auch
alle Larven eines Fraßtrupps ihren alten Fraßraum verlassen und zu einem
anderen Trupp hinwandern, um dann mit diesem gemeinsam weiterzufressen.
Der Zweck der Bohrmehlplatte ist nach Koch ein doppelter: einmal stellt
sie einen Schutzwall gegen die Nachstellungen ihrer Feinde (vor allem Rhizophagus
grandis) dar und sodann dient die Platte als Verpuppungsraum. Sind näm-
lich die Larven ausgewachsen, so verlieren sie ihren Geselligkeitsdrang und ver-
fertigen, jede für sich, in der Bohrmehlplatte länglich ovale, völlig isolierte
36*
5^4
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchopliora.
Puppenwiegen mit sorgfältig geglätteter Innenwand (Abb, 290 B). Ebenso eifrig,
wie sie früher die Gesellschaft ihrer Artgenossen suchten, bemühen sie sich nun als
Abb. 291. Fraßbilder verschiedener amerikanischer Dendroctonus-Arten, das fortschreitende Zu-
sammenrücken der Larvengänge zeigend, a Dendr. convexifrons Hopk., b Dendr. ponderosae
Hopk., c Dendr. pseudotsugae Hopk., d Dendr. piceaperda Hopk. — Aus Escherich.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte, ^65
Puppe, eine Scheidewand zwischen sich und ihren Geschwistern aufzurichten. In
der Puppenwiege ruht die Larve bauchwärts gekrümmt bis zur Verpuppung, die
nach sehr verschieden langer Wartezeit erfolgt, i)
Ein Ernährungsfraß findet in ausgedehntem Maße statt und zwar in Form
von netzartig verbundenen Gängen, die den großen Familienfraßplatz umgeben
und einfassen. In diesen Ernährungsgängen überwintert ein Teil der Käfer
(s. unten) und in ihnen soll auch die Begattung stattfinden.
Die Entwicklungsdauer ist eine für Borkenkäfer sehr lange. Nach
Paulys zahlreichen Versuchen steht soviel fest, daß vom Einbohren der Mutter-
käfer bis zur Verwandlung der Hauptmasse der Brut in ausgefärbte Jungkäfer
annähernd i Jahr vergeht, also einjährige Generation vorliegt. In Kochs
Zimmerzuchten fielen auf das Larvenleben 65 — 68 Tage, auf das Puppen-
stadium 2 — 3 Wochen, die Ausreifung der Jungkäfer, die zuerst größtenteils noch
weiß sind, zum mindesten mehrere Wochen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß,
wie bei den meisten Borkenkäfern, so auch bei micans (ja bei diesem beinahe
noch mehr als bei den übrigen) die Temperatur einen wesentlichen Einfluß auf
den zeitlichen Verlauf der Entwicklung hat. Hat doch Pauly durch Vergleichs-
versuche festgestellt, daß die Larvenentwicklung von micaits bei gleichmäßiger
Zimmertemperatur beinahe in der halben Zeit verläuft wie im Freien. 2)
Die Generationsverhältnisse werden nicht nur durch die Witterungs-
einflüsse kompliziert, sondern auch durch individuelle (d. h. im Individuum be-
gründete) Verschiedenheiten bezüglich der Wachstumsgeschwindigkeit. Die gleich-
zeitig und unter ganz gleichen Bedingungen abgelegten Eier einer Mutter ent-
wickeln sich durchaus nicht immer gleich rasch. Ebenso schreitet auch die Ent-
wicklung der Larven, die unter ganz gleichen Ernährungs- und anderen Be-
dingungen gehalten werden, oft sehr ungleichmäßig vor. In analoger Weise
dauert die Puppenruhe unter ganz gleichen Bedingungen bei manchen Tieren
kurz, bei manchen wieder unverhältnismäßig lang, und gleichzeitig aus der Puppe
entstandene Imagines brauchen ebenso wieder verschieden lang bis zur Ausfärbung,
') Pauly hält im Gegensatz zu anderen Autoren die haufenweise Eiablage und den
Gruppenfraß der Larven bei micans nicht für das Ursprüngliche, aus dem sich die getrennte
Eiablage und der getrennte Larvenfraß entwickelt haben, sondern für das Abgeleitete. „Der
w/ea?2S-Larvenfraß ist der vollkommenste, den es gibt, und seine Form zweifellos sekundär. Nur
die Not kann die 7mcans -I^a.r\e dazu gebracht haben diese äußerste Sparsamkeit in der Aus-
nützung der ihr dargebotenen Nahrung zu erlernen und als Spezieseigenschaft auszubilden, und
Not an Futter besteht tatsächlich für die Larve, solange sie noch nicht die Grenzen des Fraß-
gebietes der Gruppe von Gangsystemen erreicht hat, dem sie angehört. Das sparsame Fressen
kann sie nur an der Stelle der Not, wo Mutter- und Larvengänge sich drängen, gelernt haben."
Letztere Erscheinung, das gruppenweise Brüten, hängt wiederum damit zusammen, daß die An-
griffe von engbegrenzten Stellen (Wunden) ausgehen. Wenn wir die Fraßbilder und Fraß-
gewohnheiten der nordamerikanischen Dendroctonus berücksichtigen, so erscheint dieser Paulys
Standpunkt nicht ohne Berechtigung. Weitaus die meisten der nordamerikanischen Arten besitzen
getrennte Larvengänge, von diesen sehen wir eine Reihe von Übergängen zu den Familiengängen
überleiten (Abb. 291). In Nordamerika besitzen nur 2 Arten {Dendr. terebrans Oliv, und Valens
Lee.) Familiengänge wie tnicans; diese haben auch eine ähnliche Lebensweise wie micans. indem
sie vorzugsweise an der Basis der Stämme an verletzten Stellen vorkommen.
-) Die von Pauly (1. c.) mitgeteilten Ergebnisse von Nitsches künstlichen Zucht-
versuchen, die im selben Jahr (der Eiablage) noch Jungkäfer zeigten, bilden demnach keinen
Widerspruch zur Annahme einer normalerweise einjährigen Generation.
c56 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
bezw. bis zur Reifung ihrer Geschlechtsorgane (Koch). So verstehen wir, wenn
wir auch noch die über eine längere Zeit sich hinziehende Eiablage berück-
sichtigen, daß man im Sommer alle Entwicklungsstadien von micans (vom
Ei bis zum Jungkäfer) finden kann.
Wie nun durch gleichmäßige Wärme in Zimmerzuchten die Entwicklungs-
dauer wesentlich abgekürzt werden kann, so kann sie auch durch tiefere Tempe-
raturgrade, wie sie in hohen Lagen herrschen, entsprechend verlängert werden;
so daß es zu einer zweijährigen Generation kommt. Fuchs (1906) hat eine
solche in Kärnten bei 1000 m Seehöhe beobachtet. Nach Eckstein (1904)
ergibt sich die zweijährige Generation hauptsächlich daraus, daß die im Sommer
ausgekommenen Jungkäfer erst noch unter der Rinde überwintern, um dann erst
im Juni des nächsten Jahres zur Eiablage zu schreiten, während bei einjähriger
Generation die Jungkäfer noch im selben Jahr ihres Auskommens ihre Eier ab-
legen. Daß micans im Freien unter natürlichen Bedingungen in Mitteleuropa eine
doppelte Generation erzeugt, wie manche Autoren, wie Eichhoff, Stein (1854),
Ulrici (1873) annehmen, beruht sicher auf einer falschen Deutung, bezw. Ver-
knüpfung der beobachteten Erscheinungen, i)
In forstlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, daß De?idr. micans durch-
aus nicht überall in gleicher Häufigkeit vorkommt, sondern in vielen Gegenden
geradezu selten, daß sein schädliches Auftreten nur sporadisch ist. Größere
Schäden sind bis jetzt hauptsächlich aus dem Harz, Thüringer Wald, Erzgebirge,
der Eifel, aus der Aschaffenburger, Koblenzer und Aachener Gegend, ferner aus
Belgien (Hertigenwald) berichtet.
Der Käfer unterscheidet sich in forstlicher Beziehung von den meisten
übrigen Rindenbrütern dadurch, daß er krankes Material, d. h. Bäume mit
stockendem Saftstrom zu seiner Entwicklung nicht braucht, sondern in normalem
Saft stehende Bäume annimmt. 2) Allerdings wählt er hier zu seinem Angriff
am liebsten bereits beschädigte Stellen mit Harzaustritt. Da nun solche
Stellen am häufigsten an den tieferen Stammpartien vorkommen (Schälwunden,
Verletzungen durch Fällung), so finden wir auch den . Käfer gewöhnlich sehr
niedrig brütend, an den frei zutage tretenden Wurzeln, am Wurzelanlauf oder
an Stämmen bis zu Brusthöhe. Doch greift er, wo geeignete Wundstellen in
den oberen Stammpartien sich finden, auch dort an. So berichtet Glück
(1876) von einem ausgedehnten Befall der oberen Stammteile in 15 — 20 m
Höhe nach Beschädigung der Gipfelpartien durch Schnee und Eisbruch. Ja, es
genügt schon eine durch Reibung des benachbarten Astes geschädigte Rinden-
stelle, um den Käfer anzulocken.
') Unter ganz besonders günstigen Bedingungen in warmen Jahren an sonnigen Waldorten
kann ja wohl die Entwicklung im Jahre der Brutablage noch bis zur Entstehung flugfähiger, d. h.
ausgedunkeltet- Käfer gedeihen, doch es wird auch in diesen Fällen von der gesamten Brut nur
ein bedeutungsloser Bruchteil noch ausfliegen und neue Brut abzusetzen versuchen, so daß dieser
Fall keine Bedeutung hat für Aufstellung von Generationsregeln (Pauly).
*) Einige Beobachter fanden micans allerdings sekundär, im Gefolge von anderen Schädi-
gungen wie Hallimasch (Baudisch 1903), Rotfäule oder Borkenkäfern anderer Art, wie tijpo-
graphus^ chaleographus usw. (Bergmüller 1903).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrütei an Fichte, 567
Der Käfer ist zu den sehr schädlichen zu rechnen. Wenngleich sein
erster Angriö durchaus nicht sofort tödlich wird, so gehen doch bei fortgesetztem
Fraß neuer Generationen die Bäume ein. Am Stamme kommt es namentlich
darauf an, ob nur ein geringerer Teil der Peripherie angegangen oder derselbe
ringsum befressen ist. In letzterem Falle geht der oberhalb der Fraßstelle
gelegene Teil ein. Die Wurzeln sterben unterhalb der angegriffenen Stelle ab;
ist nur eine Wurzel so beschädigt, so lebt der Stamm weiter, die Zerstörung
einer größeren Anzahl der Hauptwurzeln tötet ihn jedoch. Geschieht dies mit
vielen Stämmen, so wird der Bestandesschluß gefährdet. Randbäume in südlicher
und südöstlicher Lage, sowie lichte, warme Bestände sind am meisten gefährdet.
Am häufigsten werden Stangenhölzer von 20 — 40 Jahren befallen, mitunter aber
auch ältere Bäume von 60—120 Jahren (Glück 1876, NüÄlin 1898).
Ausnahmsweise ist micans in unserem Faunengebiet auch in Kiefer in
ausgedehnterer Weise aufgetreten, so im Böhmer Wald (Henschel 1885) und im
Nordosten Deutschlands (Altum 1888) und noch anderen Orten (s. Pauly 1892).
In Rußland kommt micans nach Lindemann ebenso häufig an Kiefer wie an
Fichte vor. In Finnland dagegen wurde er bis zur geographischen Nadelholz-
grenze ausschließlich an Fichte gefunden; er spielt jedoch da infolge seines
seltenen Vorkommens keine bemerkenswerte Rolle.
Abwehr. — Die Erkennung des Befalls ist durch die großen Harz-
trichter sehr erleichtert. Zur Vorbeugung ist vor allem auf die Erziehung
gesunder, an den unteren Teilen unbeschädigter Stämme zu achten. Mit Recht
betont daher Eichhoff, daß Büschelpfianzung, welche häufig zur Bildung von
Zwillingen führt, vermieden werden sollte und man bei der Durchforstung von
letzteren nicht nur den einen Stamm, sondern, wenn tunlich, beide entfernen
muß. Ungefährlich sind dagegen Büschelpflanzungen, wenn sie zur Gewinnung
schwachen Materials zeitig genug ausgeschnitten werden. Ferner sind bei der
Durchforstung vor allem die Stämme mit Rindenbeschädigungen (Schäl -
wunden usw.) zu entfernen. ■ Auch durch Anstrich der Rindenwunden mit Teer,
Raupenleim, Kalkmilch oder mit einem guten Karbolineumpräparat kann micans
vom Angriff abgehalten werden.
Die Bekämpfung hat hauptsächlich darin zu bestehen, daß die befallenen
Bäume zu schlagen und zu schälen sind (Rinde verbrennen!), und die Stöcke,
falls die untersten Stammteile auch befallen sind, sorgfältig gerodet werden. Auch
die Stockhölzer sind dann, am besten mit dürrem Reisig durchsetzt, in lockere
Haufen zu schichten und anzubrennen, bis die Rinde verkohlt ist (Ulrici 1873).
Severin (1910) empfiehlt ferner das Ausschneiden der befallenen Stellen,
wobei die abfallenden Rindenteile mit der Brut in einer Schürze, die mit ihrem
unteren Ende um den Stamm gebunden ist, aufgefangen werden. Die Abfälle
sind natürlich zu verbrennen (mit Ausnahme der etwa darin befindlichen Schlupf-
wespenkokons). Fangbäume sind gegen micans infolge seines primären Ver-
haltens ohne Wirkung.
Als natürliche Feinde haben sich besonders die Schlupfwespen Pimpla terebrans,
Dendrosoter Middendorffi R. und Ecphylus hylesini R. und die Käfer (Clavicornier) Rhixo-
jjliagus grandis Gyil. und depressus F. und einmal auch eine Elateriden-Larve bemerkbar gemacht.
568
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Über die Lebensweise von Bhix. grandis und seine Wirksamkeit als w^^'ea«s-Verti]ger erfahren
wir einiges von Bergmüller (1903). Anfangs leben die Bhixophagus-'La.rven von vegetabilischer
Kost, später nähren sie sich hauptsächlich von der Brut (Eier, Larven, Puppen und Jungkäfer)
des micans. Auch die Imagines der RliKophagiis beteiligen sich an diesem Vertilgungweik.
Bergmüller fand viele »licans -¥ 2im\\\en vom Rhizophagus vollständig vernichtet.
Hylurgops palliatus Gyll.
(Syn, Hylasies palliatus Gyll.)
Die Gattung Hylurgops ist durch den einfachen (nicht aufgebogenen) Basalrand der
Flügeldecken und die 7gliedrige Fühlergeißel von den übrigen Hylesinen-Gattungen gut zu unter-
scheiden. H. palliatus ist die kleinere der beiden europäischen Arten (2,5 — 3 mm), rostrot oder
braun, oft mit dunklerem Kopf (s. Tabelle S. 480).
Polyphag an Nadelholz, doch unter Bevorzugung der Fichte. Tredl
nennt außerdem nocii als Brutpflanzen: Pitais silvestris^ cembra^ austriaca^ leuco-
dermis^ strobiis^ pinea^ marititfia^ Abies
peciinata, Larix europaea. — Seine
geographische Verbreitung er-
streckt sich über ganz Europa und
das nördliche Asien, von Spanien
bis Sibirien und Italien bis Lappland ;
er kommt auch in Nordamerika vor.
Sein Fraßbild (Abb. 292) ist
selten klar erkennbar, da der Käfer
meist dicht gedrängt in Massen brütet
und daher die Larven die ganze
. Bastschicht in Mulm verwandeln. Die
A B
Abb. 292. Brutfraß von Hylurgops palliatus Gyll. A Anfangsfraß, B Vollendeter |Fraß an
Fichtenrinde. — Aus Koch.
Brutgänge sind kurze, 2 bis höchstens 5 cm lange Längsgänge, meist mit deut-
lichen Stiefelhaken, oft gebogen oder schräg gestellt. Die Ränder verlaufen un-
regelmäßig, sind stellenweise eingeschnürt, stellenweise buchtig erweitert und be-
kommen dadurch mehr ein dickdarmähnliches Aussehen. Nach Knotek (1899)
rührt der unregelmäßige Verlauf der Brutgänge davon her, daß die $$ ihre Eier
auf zweifache Weise (oft in einem Brutgang kombiniert) unterbringen: einmal
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. ' c^q,
einzeln in separaten Eigruben und sodann in gemeinschaftlichen Eikammern, in
welchen mehrere Eier (bis 5) in einer Reihe eng aneinanderliegend abgelegt
werden. Die Larvengänge sind auffallend lang, meist unregelmäßig verlaufend,
sich oft durchkreuzend und ein Netzwerk bildend, in ihren Anfangsteilen oft
nicht voneinander getrennt (entsprechend der gemeinschaftlichen Eiablage).
Die Fortpflanzungsverhältnisse d.&'s, paUiatns sind noch nicht völlig ge-
klärt. Er ist Frühschwärmer (März — April); im Juli findet man ihn wieder beim
Brutgeschäft. Da die Mutterkäfer ihre Brutgänge verlassen, um anderswo in frischem
Material dendritische Gänge zu fressen (Regenerationsfraß), so sind wohl die
Julibruten zum Teil auf die alten Mütter zurückzuführen. Bei der großen
Häufigkeit, in der die Julibruten oft auftreten, ist aber doch wohl anzunehmen,^
daß auch Jungkäfer daran beteiligt sind, daß also eine doppelte Generation vor-
kommt; in weniger günstig gelegenen Brutstücken ist dagegen die Entwicklung
langsamer und die Generation einjährig (Fuchs 1907). Die Überwinterung
findet sowohl als Käfer als auch als Larve und Puppe statt; Ratzeburg fand
übeiwinternde Käfer unter Buchenrinde.
Forstlich kommt dem palliatus trotz seiner Häufigkeit im allgemeinen
keine große Bedeutung bei, da er stark sekundär ist und gefälltes Holz
bevorzugt. Man findet ihn besonders an schattigen Orten an Meterstößen oder
dort liegenden Stämmen, Klötzen oder an Stöcken. An stehenden Stämmen
findet er sich gewöhnlich in Begleitung bezw. als Nachzügler anderer Borken-
käfer. Nach Saalas (19 19) gehört pallialus in Finnland an Fichte wie auch
an Kiefer zu den allerhäufigsten Borkenkäfern, er spielt jedoch, da er immer
nur stark sekundär auftritt, auch dort als schädliches Insekt keine Rolle.
Andererseits finden sich in der Literatur auch einige Angaben über ein
schädliches Auftreten. „Wenn wirklich der Bostrichus abietiperda Bechsteins
wie Ratzeburg vermutet, identisch mit palliatus ist, so hat er Anfang des
19. Jahrhunderts in den Rudolstädter Tannenwaldungen 60 — 80 Bäume zum
Eingehen gebracht." Ferner berichtet Stein (1852) über ein schädliches Vor-
kommen in 20 — 40jährigen Fichten in Gemeinschaft mit poligraphus. Altum
beobachtete in Fichtenbeständen, die stark unter Schneebruch gelitten haben,
den massenweisen Anflug von palliatus an den Bruchstellen. Von hier aus
erstreckte sich der Fraß allmählich absteigend, so daß ein Ersatz der ab-
gebrochenen Spitze durch sogenannte Bajonettbildung verhindert und die kranken
Baumstumpfen anderen Feinden preisgegeben wurden.
Als natürliche Feinde führt Kleine an: die Käfer Oxijlaemus ei)lindricus P., Phloeo-
nonms ptisillus Ct., Phloeopora reptans 'Er.^ angustiforniis B., Rlti-,ophagas bipustulattis F,
parvuhfs Payk., depressus F., dispar Payk. und Plegaderus vulncratus Pz.; ferner die
Schlupfwespen Pteromalus Spinolae R., ae»ndns R. und Elioptrocerus xylophagorum R.
Hylurgops glabratus Zett.
(Syn. Hylastes deciimatius Er.)
Unterscheidet sich von der vorigen Art durch die größere Gestalt (4,5 — 5 mm) und dea
viel schmäleren Halsschild. Färbung dunkelbraun" (s. Tabelle S. 480).
Kommt fast ausschließlich an Fichte vor; selten an Pi7ius cembm. Seine
geographische Verbreitung ist ebenso groß wie die von palliatus^ und
570
Coleoptera. — 7. FamUienreihe : Rhynchophora.
erstreckt sich über ganz Europa und das nördliche Asien bis Sibirien und Japan;
kommt ebenfalls m Nordamerika vor. Doch ist sein Auftreten in Mitteleuropa
hauptsächlich auf gebirgige Gegenden beschränkt; er ist vorzugsweise Gebirgs-
tier. In Deutschland wird er im Harz, Thüringer Wald, Riesengebirge, Bayerischen
Wald und in den Alpen (bis 2000 m) gefunden, ebenso in den Schweizer,
Tiroler und Steierischen Alpen; dann tritt er wieder in Lappland und Sibirien
auf. Dies läßt die Annahme zu, daß glabratus in unseren Gebirgen als nordisches
Relikt zu betrachten ist, das nach der Eiszeit in die Alpen eindrang (Keller 19 10).
Die Fraßfigur (Abb. 293) hat eine unverkennbare Ähnlichkeit mit der
von palliatus. Auch hier sind die Brutgänge kurze, 4 — 7 cm lange Längsgänge.
Von dem Einbohrloch geht zuerst ein sehr
kurzer Schräggang, und von diesem ein
Blindgang ab, der entweder quergestellt
ist oder auch abbiegt und in entgegen-
gesetzter Richtung vom Muttergang verläuft
(im ersteren Fall entsteht eine krückstock-
artige Bildung). Der Muttergang ist tief in
den Splint genagt und verbreitert sich oft
gegen die Spitze zu etwas. Die Larven-
gänge liegen dagegen zum größten Teil in
der Rinde und furchen den Splint nur
oberflächlich. Da die Eier nicht in ein-
zelnen Gruben über die ganze Länge der
Muttergänge verteilt sind, sondern in
kleinen Häufchen im unteren Teil (in der
Nähe des Einbohrloches) abgelegt werden,
so strahlen die Larvengänge jederseits
von einer kleinen, dem Einbohrloch be-
nachbarten Partie des Mutterganges aus,
die zunächst von den kleinen Larven ge-
meinsam etwas erweitert wird. Die Zahl
der Larvengänge beträgt höchstens 30; sie
haben einen unregelmäßigen, geschlängelten
Verlauf und erreichen eine Länge bis zu
8 cm, um in den Puppenwiegen, die
zur Hälfte im Splint liegen, zu endigen.
„Der Reifungsfraß der Jungkäfer ist ungemein ausgiebig; er beginnt mit
einer einfachen Ausweitung oder hirschgeweihartigen Ausdehnung der Puppen-
wiegen. Später wird durch platzweises Fressen das Larvenfraßbild zerstört, so
daß höchstens noch die Mutterfraßgänge erkennbar sind" (Keller 1. c).
Die große Ausdehnung der sterilen Partie des Muttergangs deutet auf einen
ausgiebigen Regenerationsfraß hin, imd dieser wiederum läßt darauf schließen,
daß die $2 zu mehreren Brüten befähigt sind.
Abb. 293. Brutfraß von Hylurgops
:glabratus Zett. Der größte Teil des Mutter-
gangs ist steril. — Nach Trägirdh.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Fichte.
571
Die Generation ist wohl eine einfache. Das Schwärmen erfolgt spät:
Mai, Juni; die Ausreifung der Jungkäfer scheint, nach dem ungemein aus-
gedehnten Nachfraß zu schheßen, sehr langsam zu erfolgen. Die im September
fertigen Käfer kommen im Gebirge keinesfalls mehr zum Schwärmen. Sie über-
wintern, um erst im nächsten Jahr zur Brut zu schreiten.
Über die forstliche Bedeutung Hegen nicht viele Angaben vor.
Ratzeburg berichtet, daß er „teils mit palliatus zusammen, teils allein eine
Anzahl guter Stämme zerstört hat." Nach Fleischer (1877) erschien er gegen
Ende der großen Borkenkäferkalamität im Böhmerwald im Jahre 1874 mancher-
orts als einer der häufigsten schädlichen Käfer, stets in Gesellschaft von auto-
graphus und palliatus. Über ein schädliches Vorkommen in der Zirbelkiefer
berichtet Henschel (1882), daß er in Steiermark stehende Stämme befallen und
in Gemeinschaft mit Ips cembrae
zum Absterben gebracht hat. r^ ,^ \
J*j!'7';Xylechinus pilosus Rtzb.
Ein kleiner (2,2 — 2,5 mm)
schwärzlicher Käfer mit dunkel-
braunen Flügeldecken und rosaroten
oder braunen Fühlern und Beinen.
Flügeldecken und Halsschild mit
Börstchen, zwischen denen häufig auf
den Flügeldecken einzelne schmale
Schüppchen stehen (s. oben S. 479.)
Brütet fast ausschließ-
lich in Fichte; nur einmal an
Lärche gefunden (?). Die geo-
graphische Verbreitung
erstreckt sich über den größten
Teil von Europa, über das ganze
Fichtengebiet; in den Alpen
wurde er bis 1600 m Seehöhe
angetroffen.
W--
-*— ^^
y^.
Abb. 294.
Brutfraß von Xylechinus pilosus " Rtzb. —
Aus Koch.
Das Fraßbild (Abb. 294) besteht normalerweise aus einem doppelarmigen.
nahezu rechtwinkelig zur Holzfaser verlaufenden Quergang, dessen beide Brut-
gänge durch einen kurzen senkrecht dazu gestellten Eingangskanal verbunden
sind. Letzterer ist in den meisten Fällen unregelmäßig erweitert, an eine Rammel-
kammer erinnernd. Es handelt sich aber höchstwahrscheinlich nicht um eine
solche, sondern um den Ernährungsfraß des Mutterkäfers, ebenso wie die Er-
weiterungen, die man gewöhnlich am Ende eines der beiden Quergänge findet.
Selten sind die beiden Muttergänge gleich lang, meist der eine mehr oder weniger
kürzer, ebenso ist auch die Zahl der Eigruben in den beiden Gängen meist verschieden.
Die Larvengänge sind verhältnismäßig wenig an der Zahl; mehr als 20 in
einem Brutgang gehören zu den Seltenheiten. Sie gehen meist senkrecht ab und
greifen wie auch die Brutgänge kaum in den Bast ein. Die Form des Fraß-
bildes ist übrigens ungemein variabel, wie aus den Abbildungen von Jaroschka
572
Coleoptera.
Familienreihe: Rhynchophc
(1898), dem wir die besten Beobachtungen über die Biologie des Xylechinus ver-
danken, zu ersehen ist.
Er ist Spätschwärmer; die Mehrzahl schreitet im Mai und Juni zur Fort-
pflanzung. Die Generation scheint nach den Beobachtungen und Versuchen
Abb. 295, Biütiidij vuu Polygraphus poHgraphus L. in Fichtenrinde. A Anfangsfraß, nur Teile
der Muttergänge sichtbar. B Vollendeter Fraß, ein dichtes Gewirr von Gangfragmenten zeigend. —
Aus Koch.
Milanis (1898) eine einfache zu sein. Doch können wohl die Mutterkäfer
nach ausgeübtem Regenerationsfraß (s. oben) zum zweitenmal zur Brut schreiten.
Die Spätbruten im Herbst, von denen Milani spricht, werden wohl Geschwister-
bruten gewesen sein.
Ipidae (Scolj'tidae). — Rindenbrüter an Fichte. cj-i
Eine wirtschaftliche Bedeutung kommt dem Xylechinus trotz seiner
großen Häufigkeit, in der er oft auftritt, kaum zu, da er nur abgestorbenes Material
anzugehen scheint (Milani). Nach Jaroschka (I.e.) befällt der Käfer „meist
die unterdrückten Stämme in geschlossenen Fichtenstangenorten, welche sich unter
dem Schutz der umstehenden Bäume viel länger feucht zu halten vermögen und
so der Entwicklung desselben förderlicher sind, als eine abgesägte Stange, die
längere Zeit in einem trockenen Raum aufbewahrt wurde. Kopersky (i8g8)
hat ihn bei Untersuchung von mehr als loo Stämmen (mit Ausnahme eines
einzigen Falles) ausschließlich in fast gänzlich abgestorbenen Bäumen gefunden
und hält ihn daher für ein ganz indifferentes Insekt."
Polygraphus poligraphus L. (= pubescens F.) und subopacus Thoms.
Die Polygrophus-Axitw sind an der derben nahtlosen Fühlerkeule, den geteilten Augen
und dem einfachen zylindrischen (nicht herzförmigen) 3. Fußglied leicht zu erkennen. Über die
Unterschiede der beiden Arten s. Bestimmungstabelle S. 481.
Beide Arten brüten vornehmlich in Fichte; erstere ist außerdem noch in
Abies pectinala^ Pinus silvestris, cembra und strobiis, letztere noch in Pinus silvestris
und mofiiafia gefunden worden. — Die geographische Verbreitung erstreckt
sich über Nord- und Mitteleuropa; jedoch ist poligraphus bei uns weit häufiger
als siibopactn (in Finnland scheint letzterer die häufigere Art zu sein).
Biologisch scheinen sich die beiden Arten mehr oder weniger überein-
stimmend zu verhalten : allerdings liegen über subopacus bis jetzt nur sehr spärliche
Beobachtungen vor. Die Angaben im folgenden beziehen sich auf poligraphus.
Über das Fraßbild herrschte längere Zeit keine klare Vorstellung, da so-
wohl Muttergang wie Larvengänge gewöhnlich in verschiedenen Mantelebenen
verlaufen und daher beim Ablösen der Rinde meist ein dichtes Gewirr von
Gangfragmenten sichtbar wird (Abb. 295, B). Nur in dünner Rinde liegt das ganze
Fraßbild oder wenigstens der größte Teil der Brutgänge offen zutage (Abb. 296).
Meistens ist es, wenn man das Fraßbild in seiner Gesamtheit erhalten will,
notwendig, die äußere Hälfte der Rinde ganz sorgfältig abzutragen. Die so dar-
gestellte Fraßfigur ist ein ausgesprochener Sterngang mit auffallend großer
Rammelkammer. Die davon ausgehenden Brutgänge, 3 — 8 an der Zahl, sind
ca. 1,8 mm breit, erreichen eine Länge von 3 — 6 cm. Meist sind sie mehr oder
weniger geschlängelt oder gebogen. Die Larvengänge stehen nicht besonders
dicht und verlaufen zum großen Teil mehr oder weniger längsgerichtet. Bei
dichtem Besatz lassen sich die einzelnen Gänge gar nicht mehr erkennen, da
dann die ganze Rinde durchgefressen ist.
An manchen Fraßbildern lassen sich auch deutliche Spuren von Reifungs-
fraß der Jungkäfer (unregelmäßige Erweiterungen der Puppenwiegen), sowie von
Regen erations fraß der Altkäfer (platzartig sich durch die Rinde schraubend)
erkennen (vgl. Tafel VHI bei Fuchs 1907).
Die Seh wärm zeit fällt in die Monate April, Mai. Unter normalen Ver-
hältnissen kommt es zu 2 Generationen im Jahr (neben Geschwisterbruten).
Von Mitte Juli bis Ende August kann man das frische Einbohren des Käfers
und seine Brutanlagen beobachten. Nüßlin (1904) stellte bei subopacus eine
echte zweite Generation durch Zucht fest.
574
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Forstlich kann Polygraphus potigtaphus erheblichen Schaden anrichten,
worüber in der Literatur sich zahlreiche Mitteilungen finden (Stein 1852, Döbner
1862, Ahlemann 1862, -Joseph 1878, Thurn 1885 u. a.). Besonders in jüngeren,
20 — 40jährigen Beständen kann
er recht schädlich werden, indem
er nicht nur einzelne Stämme,
sondern größere Gruppen und
Horste zum Absterben bringen
kann. Ich habe solchen horst-
weisen Befall als Folge von Blitz-
wirkung beobachtet.
Bekämpfung mit Fangbäumen.
Als Parasiten und Räuber
wurden bei den beiden Arten gefunden
die Schlupfwespen Pteromalus
aemulus R., capitatus Fürst., lanceo-
laiifs R., navis R. und Spinolae R.
und Rhoptroceriis xylophagorum R.,
ferner die Käfer: Rh/i^ophagus paralle-
locollis Gyll., Hypopläoeus linearis F.,
Homalota sp., Phloeonomus piisillus G.
und Phloeopora reptans Er.
'^•^^r:' Ips typographus L.
Der „Buchdrucker" oder
„große achtzähnige Borken-
käfer".
Gehört in die Gruppe der knopf-
zähnigen Arten, deren Absturz jederseits
mit 4 Zähnen (davon der 4. am längsten)
besetzt ist. Durch die matte, seifen-
glänzende Skulptur leicht von seinem
Nächstverwandten {amitimis) zu unter-
scheiden (s. Tabelle S. 485).
Der normale Brutbaum des
typographus ist die Fichte. Da-
neben kommt er gelegentlich auch
an Kiefer und Lärche (s. hierüber
auch bei amitinus S. 593) vor. —
Die geographische Verbrei-
tung entspricht derjenigen der
Fichte, reicht also von Lappland
bis zu den Alpen und vom Ural
v,^ '-'■"' bis nach Frankreich. Er ist vor-
wiegend Mittelgebirgstier , kommt jedoch auch in der Ebene vor, wie z. B. die
großartigen ostpreußischen und russischen Kalamitäten beweisen; andererseits steigt
er in den Hochgebirgen bis zu 2000 m Höhe an.
Abb. 296. Brutfraß von Polygraphus poligraphus L.
in dünner Kiefernrinde, die bterngangform in der
ganzen Ausdehnung erkennen lassend. — Aus Koch
,«^^1, - ., . (phot. Scheidter).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte.
575-
Die Biutgänge (Abb. 297) sind ausgesprochene Längsgänge, gewöhnlich
,. gerade wie Zeilen" verlaufend. Je nach der Zahl der 9?) die sich zu einem
d gesellen, stellen die Fraßbilder einarmige, doppelarmige oder dreiarmi'ge
(seltener 4 — yarmige) Längsgänge dar. Weitaus in der Mehrzahl sind die
doppelarmigen Gänge; sie sind als das normale Tv/'ograp/ius-Fra.ß>hi\d an-
zusprechen. Die einarmigen treten dagegen zahlenmäßig zurück, ebenso die drei-
oder gar die mehrarmigön.
Abb. 297. Brutfraß (vollendet) von Ips typographus L. an Fichte (Bastseite der Rinde). Bei-
a Rammelkammer, in der Rinde verborgen. */, nat. Gr. — Nach G. Fuchs.
Wo es sich um doppei- und dreiarmige Fraßbilder handelt, sind^die ver-
schiedenen Brutarme durch eine geräumige Rammelkammer miteinander ver-
bunden. Letztere liegt aber gewöhnlich vollständig in der Rinde, so daß man
sie in unverletzt abgeschälten Stücken gar nicht sieht, wodurch einarmige Fraß-
bilder vorgetäuscht werden können. Erst wenn man durch Entfernen der inneren
Bastschicht die Rammelkammer freilegt, erkennt man, daß die scheinbar selb-
ständigen Brutgänge zusammengehören zu einem Fraßbild. In den meisten
Muttergängen befinden sich einige Luftlöcher.
5/6
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die oberen und unteren Gänge (bei einem doppelarmigen Fraßbild) liegen
häufig nicht in einer Linie, sondern der untere Gang entspringt etwas seitlich
und mündet mit einer Krümmung in die Rammelkammer, mit anderen Worten,
die Linie macht in der Rammelkammer einen kleinen Knick. Chewyreuv
(1907) hält diese Erscheinung für charakteristisch für Fraßbilder am stehenden
Stamm und erklärt sie damit, daß auf diese Weise das Verschütten des
unteren Ganges durch das aus dem oberen Gang fallende Bohrmehl verhindert
■wird. Auch der Einbohrkanal soll nach demselben Autor stets so angelegt
werden, daß das Bohrmehl leicht herausfällt bezw, herausgeschafft werden
kann: beim stehenden Stamm von unten nach oben gehend in gerader Linie
mit dem oberen Brutgang, am liegenden Stamm von der Seite in die Kammer
mündend. Am liegenden Stamm sollen ferner nach Chewyreuv die drei- und
mehrarmigen Fraßbilder viel häufiger sein als am
stehenden, da hier nicht so leicht Verschüttungen
der anderen Gänge vorkommen wie bei diesem.
Hennings (1907/08) hat die Angaben Chewy-
reuvs nachgeprüft und keineswegs immer bestätigt
gefunden; d. h. die verschiedenen Formen des
Fraßbildes, die verschiedenen Richtungen des Ein-
bohrganges usw. unterschiedslos am stehenden wie
am liegenden Baum angetroffen. Er bezweifelt
daher nach seinen Befunden das Bestehen solcher
Gesetzmäßigkeiten im Sinne Chewyreuv s. Die
große Variabilität in der Richtung des Einbohr-
kanals dürfte nach Hennings darauf zurück-
zuführen sein, daß der Käfer, der ja zum Ein-
bohren sich stets tiefere Rindenspalten oder ver-
deckte Stellen unter den Rindenschuppen aus-
sucht, nun auch durch die besondere Eigen-
tümlichkeit der jeweils ausgewählten Stelle in der
Richtung, in welcher er sich einbohrt, beeinflußt
wird. Ähnlich äußert sich übrigens schon Ratzeburg darüber: „Sie fangen gerne
bei alten, starken Bäumen unter einer etwas abstehenden Schuppe an zu bohren und
vermeiden es klüglich, nicht unnütz dabei auf zu zahlreiche Rindenschuppen zu treffen."
Bei sehr starkem Befall ergeben sich infolge der Raumnot alle möglichen
Abweichungen vom Normalbild, wie Krümmungen, schiefer Verlauf, Ver-
bindungen zwischen Brutgängen von verschiedenen Fraßbildern usw. (vgl. Hennings
1907, S. 221). Eine eigenartige Form stellt das in Abb. 298 abgebildete
5 armige Fraßbild dar, das ich in Planegg bei München gelegentlich der großen'
Kalamität 1921/22 an einem gefällten Stamm fand: die beiden der Stammbasis
zugekehrten Enden („Gabelzinken") sind doppelt, nur durch eine ganz dünne
Wand getrennt; die beiden inneren Gänge zeigen auf beiden Seiten Eigruben,
während die äußeren nur auf der Außenwand solche aufweisen. Die Überfülle
von fortpflanzungslustigen $2 mag diese Bildung veranlaßt haben.
Abb. 298. Brutfraß (Anfang) von
Ips typographus L. 5 armiger
Muttergang. — Orig.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an P'ichte.
577
Die Breite der Muttergänge beträgt ca. 3 — 3,5 mm; ihre Länge ist sehr
verschieden und schwankt zwischen 6 und 15 cm, vereinzelt sind auch noch
längere Gänge beobachtet worden. Die Länge der Gänge entspricht durchaus
nicht immer der Zahl der abgelegten Eier, sondern läßt auch deutliche Be-
ziehungen zu klimatischen Verhältnissen erkennen. Bei kaltem Wetter nagt näm-
lich das $ seinen Gang ruhig weiter, während die Ablage der Eier unterbrochen
oder wenigstens stark reduziert wird. Ähnliches geschieht beim Ausbleiben von
öfteren Begattungen. Daher kommt es,
daß der Zwischenraum zwischen zwei
benachbarten Eigruben ein recht ver-
schiedener (2 — 10 mm) sein und also
ein sehr langer Muttergang mitunter
weniger Eier beherbergen kann als ein
wesentlich kürzerer. In der Mehrzahl
allerdings enthalten die kürzeren Gänge
auch eine geringere Zahl von Eiern, wie
besonders bei den zweiten Brüten regene-
rierter Altkäfer zu beobachten ist, deren
Brutgänge gewöhnlich deutlich kürzer
sind als bei der ersten Brut. Alle diese
Momente erklären die große Mannig-
faltigkeit in der Ausbildung der Brut-
gänge, in der Verteilung der Eigruben
und die so verschiedene Zahl (20 — 100)
derselben in einem Muttergang.
Ist schon dementsprechend die
Zahl der Larvengänge und ihre Ent-
fernung voneinander eine recht ver-
schiedene, so kommt als komplizierendes
Moment noch hinzu, daß bei dichter
Besetzung viele Larvengänge sich nur
sehr unvollkommen, d. h. nur in den ersten Anfängen entwickeln können.
Besonders wo es sich um 3 (oder mehr-)armige Gänge handelt, sind auf dem
Zwischenraum zwischen den 2 parallel verlaufenden Gängen (Gabelzinken) gar
keine oder nur sehr unvollkommene Gänge ausgebildet. Die Larvengänge sind
verhältnismäßig kurz, gewöhnlich 5 — 6 cm, verlaufen meist etwas geschlängelt, ver-
breitern sich rasch, um in einer ziemlich großen, schüsseiförmigen Puppenwiege
zu endigen.
Das fertige Fiaßbild läßt meist auch noch deutliche Spuren von mehr oder
weniger ausgedehntem Ernährungsfraß erkennen. Der Regenerationsfraß der
Mutterkäfer besteht entweder in einer einfachen sterilen Verlängerung des Brut-
ganges oder platzartigen Erweiterung des Gangendes oder in geweihartig ver-
zweigten Gängen; ebenso zeigt sich der Reifungsfraß der Jungkäfer gewöhnlich
in Form von größeren oder kleineren „Plätzen" um die Puppen wiege oder
Escherich, Forstinsekten. IL Bd. 37
Abb. 299. Reifiingsfraß (hirschgeweihförmig)
von Ips typographus L. '/^ nat. Gr. — Aus
G. Fuchs.
£-.^3 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
von netzartig oder geweihförmig verzweigten Gängen (Abb. 299) wie beim
Regenerationsfraß. Die Ausdehnung des Ernährungsfraßes hängt nicht nur von
inneren physiologischen Bedingungen des Käfers, sondern auch von äußeren Ein-
wirkungen ab, vor allem Klima und Witterung. Durch trübes, kaltes Wetter
werden die Käfer am Ausfliegen verhindert und zu weiterem Ernährungsfraß ver-
anlaßt ; es kann dann ein so ausgedehnter Reifungsfraß stattfinden, daß das Fraßbild
in seinen einzelnen Teilen völlig verwischt wird, besonders bei dichtem Befall.
Sowohl die Mutter- als die Larvengänge liegen zum größten Teil in der Rinde
und markieren sich nur ganz oberflächlich im Splint. ^)
Fortpflanzung. — Typographus gehört zu den Spätschwärmern. Wenn
auch die von Eichhoff und Pauly (1888) vertretene Anschauung, daß typo-
graphus das Schwärmen nicht unter 20 ^ C. beginnt und zu Massenausflügen noch
höherer Temperatur bedürfe, durch Versuche und Beobachtungen von Hennings
(1907), Fuchs {1907), Nüßlin u. a. als nicht immer zutreffend nachgewiesen
und unter gewissen Bedingungen wesentlich tiefere Schwärmtemperaturen festgestellt
wurden (s. unten S. 580), so wird doch der erste Schwärmtermin selten vor den
10. oder 15. April fallen. Vor allem ist es warmer Sonnenschein, der das Aus-
und Anfliegen begünstigt.
Nach dem Anflug nagt das 6 zunächst den Einbohrgang und die Rammel-
kammer und erwartet hier die ihm alsbald nachfliegenden ??, um die erste
Kopula mit diesen zu vollziehen. Die befruchteten $? beginnen sofort mit dem
Brutgeschäft, indem jedes seinen Brutgang nagt und die Eier darin ablegt. Sie
verfahren dabei (Chewyreuv) folgendermaßen: Zunächst wird rechts und links im
Gang je eine Eigrube genagt, dann legt das $ ein annähernd ellipsoides Ei von
I — 1Y2 mm Länge in den Gang, bückt sich, faßt das Ei mit den Kiefern und
bringt es in die Eigrube, wo es mit Hilfe der Beine in der Längsachse fest-
gelegt und mit etwas Bohrmehl zugedeckt wird. Dann wird ein zweites Ei gelegt
und in der gleichen Weise in der gegenüberliegenden Eigrube untergebracht.
Erst wenn dies geschehen, geht das ? daran den Muttergang ein kleines Stück
weiter zu nagen, um hier weitere 2 Eier unterzubringen und so schreitet der
Muttergang in dem Maße fort, in welchem sich die Zahl der Eier vermehrt.
Wie oben schon erwähnt, gehört typographus zu den Arten, die einer
öfteren Begattung bedürfen; jede Kopula befähigt das ? zur Ablage von etwa
6 — 12 Eiern. Wird eine wiederholte Kopula verhindert, dann hören die $? mit
Eierlegen auf, fressen jedoch ihren Gang weiter. Die Einstellung der Eiablage
ist, wie Nüßlin (1907) festgestellt hat, nicht auf eine Erschöpfung der Samen-
vorräte in den weiblichen Genitalien zurückzuführen, sondern wohl auf eine
Herabstimmung des Wohlbefindens und eine hemmende Beeinflussung der Sexual-
triebe, wobei sich allerdings individuelle Verschiedenheiten bei den einzelnen
„Witwen" zeigen.
') Die hier gegebene Schilderung des Fraßbildes bezieht sich auf die normale Fraßpflanze,
die Fichte. Die Fraßbilder in Kiefer sollen längere und infolgedessen auch nur allmählich
breiterwerdende Larvengänge zeigen, die etwas an die von Myelophilus piniperda erinnern
(Pauly).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. ^70
Die wiederholte Kopula findet stets in der Rammelkammer statt, die zu
diesem Zweck immer wieder von den 99 aufgesucht wird. Es ist daher not-
wendig, daß die Muttergänge von Bohrmehl freigehalten werden. Die Reinhaltung
wird zum größten Teil von den Jc^ besorgt. Das 2 bringt das Bohrmehl mit
seinen Beinen in seine Flügeldeckenabsturzgrube, und sobald sich hier eine
gewisse Menge angesammelt hat, naht sich das d, schafft das Mehl in der
gleichen Weise in seinen eigenen Absturz, kriecht dann rückwärts aus dem Mutter-
gang in die Rammelkammer und schüttet die Ladung in den Einbohrkanal.
Generation. — Über die Generationsfrage des typographus ist viel dis-
kutiert und polemisiert worden. Während auf der einen Seite eine einjährige
Generation als die Norm angesehen wurde, hielten andere an einer doppelten
oder gar dreifachen Generation fest, i) Die eingehenden Zuchtversuche und Be-
obachtungen von Pauly (1888), Nüßlin (1905), Hennings {1907) und Fuchs
(1907) in Verbindung mit Knoches Studien über den Regenerations- und
Reifungsfraß haben die Frage soweit geklärt, daß es heute keine prinzipiellen
Zweifel mehr gibt.
Wir wissen heute, daß sowohl einfache als doppelte Generation
vorkommt und daß es vor allem Witterung und Klima ist, welche die
Generationsfrag e des typographus entscheiden. Unter einigermaßen nor-
malen Verhältnissen in mittlerer Lage ist die doppelte Generation die Regel
und zwar mit ungefähr folgendem Verlauf:
Erstes Schwärmen: Mitte April bis Ende Mai.
Entwicklung bis zum gelben Jungkäfer: 5^/2 — 6 Wochen.
Reifung des Jungkäfers (Ausdunklung, Aushärtung und Geschlechtsreife): 2 bis
3 Wochen, also Gesamtentwicklung vom Anflug des i. Mutterkäfers bis zum
Ausflug des I. Jungkäfers 2 — 2^/4 Monate.
Beginn der zweiten Generation Ende Juni bis Ende Juli. Erscheinen der
reifen Käfer der zweiten Generation Ende August bis Anfang Oktober (die
zweite Generation, wenigstens die aus späten Eiern kommenden Individuen, ent-
wickelt sich infolge der tieferen Temperaturen gewöhnlich etwas langsamer).
Unter sehr günstigen Bedingungen können auch die Jungkäfer der zweiten
Generation noch ausfliegen, aber nicht um eine dritte Generation zu beginnen,
sondern um anderswo zu überwintern (z. B. im Wurzelanlauf von Fichten, wo sie
sich kurze, gebogene Gänge als Winterquartiere nagen).
Unter weniger günstigen Bedingungen (naßkalter August und September)
kann die Entwicklung der Brut so verzögert werden, daß sich nur ein Teil noch
zu Jungkäfern entwickelt, während die Mehrzahl als Larven oder Puppen zur
Überwinterung kommt. ^)
Durch besonders ungünstige Witterungsverhältnisse kann der hier geschilderte
Verlauf noch viel weiter beeinflußt werden. Vor allem durch ein kaltes, reg-
*) Eine gute historische Übersicht gibt G. Fuchs (1907).
2) Wie überaus widerstandsfähig Ujpügraphus selbst als Larve ist, hat Cogho (1875) ge-
zeigt. Winterkälte kann den Larven nicht schaden, ebenso werden sie durch ein kürzeres Ver-
flößen der Stämme nicht getötet; Käfer, welche 3 Wochen in geflößtem Hulz eingefroren waren,
flogen später ungestört aus.
37*
ego Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
nerisches Frühjahr, wodurch das Schwärmen stark verzögert werden kann. Pauly
gibt 20 ^ C. als Schwärmtemperatur an. Allerdings ist, wie schon gesagt, diese
Temperatur nicht unbedingt erforderlich, wie vor allem Fuchs gezeigt hat. Wenn
nämlich das eben begonnene Schwärmen durch plötzliche Temperatursenkung und
trübe regnerische Witterung für längere Zeit unterbrochen wird, so daß die völlig
geschlechtsreifen Käfer unter der Rinde gehalten werden, so können diese Käfer
auch bei verhältnismäßig niedriger Temperatur ausschwärmen. Trotzdem wird
aber auch in solchen Fällen durch kalte Temperaturen das Schwärmen und
Eierlegen ganz wesentlich hinausgeschoben. Kommt hierzu noch ein ungünstiger
Sommer, so daß auch die Entwicklung zum Jungkäfer mehr oder weniger ver-
langsamt wird, so ergibt sich eine nur einfache Generation,
Nüßlin (1905) machte im regnerischen Jahr 1903 im Schwarzwald die
Beobachtung, daß die Reifung und Ausdunklung der Jungkäfer infolge der kalten
Sommermonate so langsam sich vollzog, daß die meisten, selbst die dem Anflug
von Ende Mai entstammenden Jungkäfer noch am 30. September unter der
Rinde verharrten und in der Geschlechtsreife sehr zurückgeblieben waren. Da
die Mehrzahl dieser Jungkäfer erst im folgenden Mai zum Ausflug gelangt sein
konnten, so brauchten diese zur Entwicklung von Ei zu Ei etwa 12 Monate,
anstatt 2 Monate wie in normalen Sommern!
Derartige gewaltige Unterschiede in der Entwicklungsdauer können auch in
ein- und demselben Jahr in nächster Nachbarschaft vorkommen, wenn der eine
Ort starker Erwärmung durch Besonnung ausgesetzt ist, der andere derselben ent-
behrt. Besonders im Gebirge ist der Faktor der Exposition, nach der sich die
Besonnung richtet, von größerer Bedeutung, vor allem dann, wenn eine solche
sonnige Lage noch außerdem licht und räumdig bestockt ist und die Strahlung
des Bodens dazukommt. Da kann es sein, daß in solcher Lage typographus
doppelte Generation hat, während er einige hundert Schritte entfernt in kühler
Schattenseite nur einfache Generation hat (Fuchs 1907).
Wie überaus schwankend die Entwicklungsdauer ist, geht am besten aus den
Angaben hervor, die Hennings über das Verhalten von typographus in den
Jahren 1903, 1905 und 1907 im badischen Schwarzwald macht:
„1903: Der Anflug war Ende Mai erfolgt, am 5. August zeigte sich der
Beginn des Jungkäferstadiums, welches durch die ungünstige Witterung derartig
in die Länge gezogen wurde, daß am 30. September die Mehrzahl der Jung-
käfer noch unausgefärbt unter der Rinde in der Nähe der Puppenwiegen zu
finden war; eine zweite Generation war demnach nicht mehr zu erwarten und
die einzige Generation 1903 dauerte also ca. 12 Monate,
1905: Nachdem der Anflug am 12. Mai erfolgt war, gelangte die junge
Brut in ungefähr einem Monat bis zur Verpuppung; nach weiteren 11 Tagen
war das Puppenstadium beendet und der Ausflug der Jungkäfer geschah im
Juli; diese Jungkäfer gingen sofort an die Begründung der zweiten Generation,
1905 hatten wir also 2 Generationen, von denen die erste nur 2 Monate
9 Tage, bezw, sogar nur i Monat 25 Tage brauchte.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. cgi
1907: Der Anflug war am 12. bezw. 21. Mai erfolgt; am 14. Juli waren
Puppen noch nicht zu finden; die am weitesten vorgeschrittenen Larven waren
voll erwachsen, zu einer Zeit also, zu welcher 1905 bereits der Ausflug
der Jungkäfer erfolgte. Es ist nicht anzunehmen, daß diese Brut noch im
Laufe des so ungünstigen Sommers zum Ausflug kommen konnte, so daß wir
also 1907 wieder eine Beschränkung auf eine Generation hatten."
Auch durch Versuche hat Hennings (1. c) die große Beeinflußbarkeit des
typographus durch äußere Faktoren dargetan und Differenzen von 87 Tagen
erzielt, indem die Gesamtentwicklung vom Ei bis zum Freikäfer bei 24 *^
(trocken) nur 26 Tage, bei 14° (feucht) dagegen nicht weniger als 113 Tage
dauerte (s. Bd. I S. 173).
Herrschen schon durch die starke Abhängigkeit der Entwicklungszeit von
äußeren Einflüssen (Klima und Witterung) große Unregelmäßigkeiten im Erscheinen
der einzelnen Stadien, so wird das Bild noch weiter kompliziert dadurch, daß
auch die alten Mutterkäfer nach ausgeübtem Regenerationsfraß nochmals im-
stande sind, eine Brut (Geschwisterbrut) zu erzeugen. Nüßlin (1905)
schreibt dieser nochmaligen Fortpflanzungstätigkeit der Mutterkäfer allerdings
keine besondere Bedeutung zu. Nach den Beobachtungen von Fuchs dagegen
schreiten die Mutterkäfer oft in ausgedehntem Maße zur 2. Brut; bei seinen
Zuchten schwärmten im Juni fast sämtliche Mütter aus und brüteten nochmals
und zwar in regelrechten Gängen. Von Mutterkäfern, die er im Juli und August
einer stehenden Fichte entnommen hatte, brüteten die zuerst entnommenen
größtenteils und regelrecht, die später entnommenen allerdings weniger und in
kurzen Gängen und die letzten überhaupt gar nicht mehr. Fuchs nimmt so-
gar an, daß einzelne solcher Mutterkäfer im nächsten Frühjahr nochmals brüten.
Jedenfalls haben die Mutterkäfer von typogiaphus eine auffallend lange Lebens-
dauer, indem sie, im Herbst geboren, vom nächsten Frühjahr bis zum
nächsten Herbst weiterleben und sogar nochmals überwintern können, i) So
stellen also die Mutterkäfer ohne Zweifel einen beachtenswerten Faktor im
Typographus -V ox\.orQXCi&a. dar; spricht doch Fuchs einen von Judeich mit-
geteilten Flug vom 4. — 10. Juni als zweiten Flug der Mutterkäfer an. 2)
Nehmen wir nun alle die hier besprochenen Faktoren zusammen, nämlich
den von Klima und Witterung so sehr beeinflußten Beginn und Verlauf der
Schwärmzeit, die ebenso stark beeinflußte Entwicklungsdauer und endlich die
Langlebigkeit und wiederholte Brutbereitschaft des Mutterkäfers, so verstehen wir
') In den Versuchen von Fuchs blieben zwei Käfer zwanzig Monate am Leben.
^) Es ist nicht uninteressant zu erfahren, daß die alten Schriftsteller des 18. Jahrhunderts
bereits diese Rolle der Mutterkäfer beobachtet oder vielleicht besser geahnt haben. So schreibt
Gmelin im Jahre 1787: „Ist aber die Witterung im "Weinmonat warm und trocken, so fliegt
der neuerdings entwickelte und der alte Käfer noch einmal aus, sucht neue Nahrung, fällt neue
Bäume und neues Holz an und legt unter die Borke von diesen, die er auf ähnliche Weise zer-
stört, seine Eier." Auch über die lange Lebensdauer des typographus finden sich bei Gmelin
Angaben, wonach das Alter sich höchstens auf i Jahr, gewöhnlich nur auf ein halbes erstreckt.
Auch noch zu Ratzeburgs Zeiten warf man gelegentlich die Frage nach dem längeren Leben
der Mutterkäfer und sogar der zweiten Brüten auf. Doch sie verschwinden sofort wieder und
hinterlassen nur noch Zweifel und Unsicherheit (s. Fuchs 1907, S. 17).
cg2 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
das bunte Durcheinander der Erscheinungen bei einer lypographiis-
Kalamität, das ununterbrochene Auftreten neuer Brüten, den ununterbrochenen
frischen Befall neuer Bäume usw. Unterbrechungen treten nur bei schlechter,
naßkalter Witterung ein; an warmen, sonnigen Tagen gibt's ein fortwährendes
Schwärmen fortpfianzungslustiger Käfer, ein fortwährendes Einbohren an gefällten
und stehenden Stämmen, ein fortwährendes Herabrieseln von Bohrmehl. Alte
Mütter bohren sich gleichzeitig mit und neben ihren Kindern ein, und ebenso
können sich gleichzeitig die Jungkäfer der ersten und zweiten Generation und
der zweiten Brüten (Geschwisterbruten) von alten regenerierten Müttern aus-
bohren. Kurz, die Ergebnisse der neueren Forschung „zeigen aufs klarste die
während der ganzen Saison mögliche Fortpflanzungsbereitschaft und
die damit verbundene stetig drohende Gefahr."
Forstliches Verhalten.^)
Ips ivpograplms ist in unserem Faunengebiet weitaus der wichtigste bezw,
schädlichste Borkenkäfer. Wenn wir von Borkenkäfer-Kalamitäten reden,
so handelt es sich in 99 von 100 Fällen um den „Buchdrucker"; er neigt von
allen unseren Borkenkäferarten am meisten zur Massenvermehrung. Sein eiserner
Bestand ist an und für sich ein ziemlich hoher, so daß es nur eines geringen
Anstoßes bedarf, um die Flamme hochschlagen zu lassen. Da er, wie die
meisten Borkenkäfer sekundär ist, also vor allem kränkliches Holz aufsucht, so
genügt das zeitweise Vorhandensein größerer Mengen solchen Materials, um die
Zahl rasch über die Normalzahl hinauswachsen zu lassen. Und ist dies einmal
geschehen, sind einmal Millionen fortpfianzungsgieriger Käfer vorhanden, so gehen
sie in ihrer Not, wenn das am besten geeignete kränkliche Material erschöpft
ist, an ganz gesunde, vollsaftige Bäume und werden so primär. 2)
In unseren Kulturforsten geht der erste Anstoß zur Massenvermehrung
meist von Schnee- oder noch mehr von Windbrüchen oder von Raupen-
fraß aus. Es wird z. B. durch Wind ein größeres oder kleineres Loch in den
') Bei den folgenden Ausführungen über das forstliche Verhalten und die Bekämpfung
stütze ich mich auf die Berichte Nüßlins über die Kalamität im bad. Schwarzwald (PfuUendorf),
ferner besonders auf die Berichte, die Forstmeister Scheidter über den Verlauf der in den
letzten Jahren in Bayern, vor allem im Starnberger Revier (bei Planegg), aufgetretenen Massen-
vermehrungen verfaßt hat (für die Ministerial- Forstabteilung), und endlich auf eigene Beob-
achtungen bei den letztgenannten Kalamitäten. Unsere hier niedergelegten Erfahrangen decken
sich im allgemeinen mit den während des Druckes dieses Werkes veröffentlichten Angaben von
F. v, Schollmeyer-Lichtenberg (1923).
^) Die Frage, ob typographns auch gesunde Bäume befällt oder nur kranke, war lange
Gegenstand eines erbitterten Streites, der so alt ist als die Wahrnehmung, daß es Wurmtrocknis
gibt. Wer sich für die ältere Literatur hierüber interessiert, möge die betreffenden Abschnitte
in Gmelin's 1787 erschienenem ausführlichem Buche lesen, in welchem der besonnene Mann
schließlich (S. 136) zu dem Urteile kommt, daß die letztere Meinung mehr für sich hat als
die erstere, und dann fortfährt: „Wenn sie es aber auch nicht hat, so scheint es mir, solange
wenigstens bis die entgegengesetzte Meinung noch nicht bis zur vollkommenen Gewißheit be-
wiesen ist, ratsamer, ein Verfahren ferner zu befolgen, durch welches man der Geschichte zufolge
in älteren Zeiten den Wurm so oft bis zur Unschädlichkeit vermindert hat, als ein neues einzu-
führen, das sich auf eine so sehr widersprochene Meinung gründet. Und gesetzt auch, der Wurm
falle nur kranke Bäume an, so stimmen doch alle Beobachter darin überein, daß diese Bäume,
wenn sie der Wurm nicht angegriffen hätte, noch Jahre lang grün geblieben wären, und die
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. «83
Bestand gerissen; die geworfenen Stämme bleiben aus irgend welchem Grunde
(in der letzten Zeit meist aus Arbeitermangel — Kriegsfolge!) längere Zeit liegen,
und vermehren so mit einem Schlag die Brutgelegenheit außerordentlich. Wird
diese nur während einer Saison ganz oder auch nur zum Teil gelassen, so
genügt das, aus einer erträglichen, praktisch ungefährlichen eine unerträgliche,
praktisch gefährliche und verderbliche Zahl zu machen — man denke an die
Fortpflanzung in geometrischer Progression, an die große Nachkommenschaft, die
jedes $ erzeugen kann (bis 100), an die Möglichkeit der doppelten Generation usw.
Wird nun in der Folge der Vermehrung nicht mit der größten Energie entgegen-
getreten, so ist die Katastrophe da.
Der Verlauf ist nun meist der, daß von den Entstehungsherden (Wind-
löchern) aus zunächst die Randbäume, die ja meist auch etwas vom Winde
gelockert und ferner durch die plötzliche Freistellung in ihrem physiologischen
Zustande nicht mehr ganz auf der Höhe sind, befallen werden, so daß die
befallene Fläche sich konzentrisch oder auch buchtenweise erweitert. Im letzteren
Fall fließen die Buchten durch den unausbleiblichen Befall der dazwischen-
stehenden Inseln oder Streifen bald zusammen. Neben diesem kontinuierlichen
Weitergreifen des Befalls entstehen häufig auch in einiger Entfernung (50 — 100 m
und weiter) davon i) in den umgebenden Beständen isolierte kleinere oder größere
horstartige Befallsstellen („Käferlöcher"), die sich ebenfalls stets erweitern, um
schließlich unter sich und mit dem Ursprungsherd zu konfluieren und so zur
wesentlichen Vergrößerung des letzteren beizutragen. Je nach der Witterung, je
nachdem nur eine oder zwei Generationen erzeugt werden und die Altkäfer in
geringerem oder stärkerem • Maße zu zweiten Brüten schreiten , vollzieht sich
dieser geschilderte Prozeß langsamer oder schneller.
Greift der Mensch überhaupt nicht oder nur ungenügend ein, und bleibt
die Witterung einigermaßen günstig, so kann der Todeszug unentwegt weiter-
gehen über ganze Wälder von riesenhafter Ausdehnung. Denn wie oben schon
erwähnt, stellt sich bei den Borkenkäfern nicht, wie bei den meisten primären
meisten unter ihnen gutes, brauchbares Holz behalten hätten, vielleicht sich wieder ganz erholt
hätten, daß sie hingegen, wenn sie der Borkenkäfer anbohrt, in wenigen Monaten unhaltbar so
daraufgehen, daß, wenn sie nun nicht bald gefällt werden, auch ihr Holz ungemein an Güte ver-
liert. Ist also jenes Verfahren in älteren Zeiten nicht auch aus dem Grunde ratsam, um jene
kranken Bäume vor ihrem schnellen Verderben und Absterben in Sicherheit zu setzen, umsomehr,
da es nach den Verteidigern der ersten Meinung so äußerst schwer ist, kranke Bäume, ehe sie
der Wurm anfällt, immer zuverlässig zu erkennen?"
„Als Beispiele vernünftiger, sachlicher Besprechung der Fr^e seien die Arbeiten von
Blondein (1874/76) rühmend hervorgehoben, während solche tolle Elaborate, wie die von
Baroch (1878), der geradezu von einer Nützlichkeit der Borkenkäfer spricht, und Reviezky
(1886) wohl nur als Kuriositäten angeführt werden können^' (N.).
^) Typographus scheint im allgemeinen sich nicht weit vom Ort seiner Geburt zu ent-
fernen und sich am liebsten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Brutgeschäft einzubohren. Ein
Überflug auf weite Strecken dürfte wohl nur ganz ausnahmsweise, bei Mangel von Nahrungs-
bezw. Brutmaterial vorkommen, wie von Holzlagerplätzen zu den nächstgelegenen Waldungen.
Die in der Literatur mitgeteilten Fälle von angeblich weiten Überflügen und plötzlicher Infektion
von vorher ganz gesunden borkenkäferfreien Wäldern sind nicht beweiskräftig genug, um ihnen den
Wert von Tatsachen zuschreiben zu können. Das angebliche „plötzliche Auftreten" kann in den
meisten Fällen auch auf einem Übersehen der Anfänge beruht haben. Vgl. hierzu auch Cogho
(1874 b), der die Möglichkeit eines weiteren Überschwärmens bestreitet.
584 Coleoptera. — 7, Familienreihe; Rhynchophora.
Insekten, nach Verlauf von einem oder einigen Jahren ein so großes Heer von
Feinden ein, daß die Kalamität nach einer mehr oder weniger bestimmt
vorauszusagenden Zahl von Jahren von selbst wieder zusammenbricht. Es treten
zwar auch bei Typograßkus - Kalamitäten zahlreiche Feinde (Raubinsekten und
Parasiten) auf, doch sie genügen, worin die meisten Beobachter übereinstimmen,
in der Regel nicht, dem Übel Einhalt zu tun. Es sind nur wenige Fälle an-
gegeben, in denen die Kalamität durch Parasiten beendet worden sein soll; so
berichtet Ratzeburg (W. 381), daß bei dem großen Borkenkäferfraß, der auf den
gewaltigen Nonnenfraß in Ostpreußen folgte (siehe unten), der Käfer aller mensch-
lichen Kräfte spottete und so lange wirtschaftete, bis die Natur selbst — durch
Vermehrung der schmarotzenden Ichneumonen — ihn zur Unschädlichkeit zurück-
führte." i) Auch Saalas (19 19, S. 405) teilt Fälle von so starker Überhand-
nähme von Parasiten mit, daß dadurch der Borkenkäfervermehrung Einhalt
geboten wurde. So hätte sich an einer Fichte (in einem Bruchmoor Finnlands),
die voll von frischen Fraßbildern des iypographus war, kaum auch nur ein ein-
ziges Individuum entwickeln können; denn statt der Borkenkäfer gab es am Ende
der Larvengänge zahlreiche leere Puppenhülsen von einer zu der Gattung Bracott
gehörenden Schlupfwespe.
Es findet natürlich auch jede Borkenkäferkalamität einmal ihr Ende, sei
es durch eingetretenen Mangel an Brutmaterial, sei es durch längere Zeit hin-
durch herrschende ungünstige Witterung, sei es durch Erschöpfung der Fort-
pfianzungsenergie in Verbindung mit Krankheiten, Parasiten und Feinden, doch
tritt dieser Zustand in der Regel erst nach einer langen Reihe von Jahren ein,
nachdem große Waldesstrecken verwüstet sind; mit anderen Worten, die Natur-
hilfe kommt so spät oder wenigstens so unregelmäßig, daß sie von
dem Praktiker nicht in Rechnung gestellt werden kann oder darf.
Am meisten sind ältere Fichtenbestände von 80 — 100 Jahren der
Typographus-Geiahx ausgesetzt, jüngere Bestände sind weniger beliebt, und Stämme
unter 50 Jahren werden nur selten angenommen. Gewöhnlich findet der An-
flug unterhalb der Krone statt und schreitet dann von da abwärts bis etwa
I — 2 m über dem Erdboden; der Basalteil des Stammes bleibt meist frei. Die
volle Besetzung des Stammes innerhalb dieser Grenze kann in i — 2 Wochen, bei
starker Massenvermehrung aber auch in ganz kurzer Zeit, in i Tag oder gar
nur in wenigen Stunden erfolgen. Wenn trotzdem auch in letzterem Falle die
oberen Brüten eher auskommen als die unteren, so rührt das von den höheren
Temperaturen her, die in der oberen Region herrschen und durch die die Ent-
wicklung beschleunigt wird.
Die Lieblingsplätze des Buchdruckers sind warme, trockene Lagen, kleine
Blößen und Bestandsränder. Außer an stehende, kränkelnde Bäume geht er
^) In seinen Forstinsekten (S. 186) zitiert dagegen Ratze bürg zustimmend folgende
Worte Pfeils: ,,Eine sorgfältige Vertilgung des Borkenkäfers ist umso dringender zu empfehlen,
als er nicht, wie die Raupen, periodisch erscheint, und von selbst wieder verschwindet, sondern
sich vielmehr so lange vermehrt und erhält, als er noch Holz zu seiner Fortpflanzung tauglich
vorfindet,"
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. C85
mit Vorliebe auch an frisch gefäUte Stämme, die in ihrer Beschaffenheit diesen
sehr ähnlich sind, ferner auch in nicht zu alte Meterstöße, die er von oben bis
unten belegt.
Bei Massenvermehrung überschwemmt er alle erreichbaren
Revierteile und geht dann, wie schon gesagt, auch an völlig gesunde Bäume.
Allerdings glückt hier nicht immer das Eindringen, bisweilen gelingt es dem Baum^
die ersten Angriffe abzuschlagen. Man kennt diese Stämme an den um die
Einbohrlöcher sich bildenden Harztrichtern. Schneidet man hier die begonnenen
Gänge nach, so findet man in der Regel keine erstickten Käfer darin ; die Käfer
scheinen also sich noch rechtzeitig zu entfernen, um voraussichtlich an anderen
Stämmen ihr Glück zu versuchen (Nüßlin 1905, Scheidter).
Starker Befall wirkt durch die Zerstörung der Basthaut tödlich („Wurm-
trocknis"). , Äußerlich machen sich die ersten Wirkungen in verschiedener
Weise geltend, je nachdem der Befall im Frühjahr oder Sommer stattgefunden
hat. Bei frühzeitigem Befall tritt eine Störung des Rohsaftaufstieges zur Krone
ein; infolgedessen wird deren Ernährung im Frühjahr beeinträchtigt, was zum
baldigen Kümmern und Absterben und damit zur Rötung der Krone führt.
Je nach dem Zeitpunkt und der Intensität der Störung tritt die Rötung früher
oder später, beschränkter oder umfassender ein. Das Rotwerden beginnt gewöhn-
lich mit den ersten heißen Tagen im Juni und setzt sich bis zum September
fort. In schattigen Lagen und bei feuchter Witterung kann das Rotwerden noch
wesentlich verzögert werden.
Bei spätem Befall (2. Generation), wenn die Krone schon ausgebildet ist und
erstarkte Triebe erreicht hat, und der Abstieg der Säfte mit neu assimilierter
Nahrung in der Rinde in vollem Gang ist, bestehen die ersten auffallendsten
Symptome in einem Verfärben, Aufbacken und schließlichem Abfallen
der Rinde zunächst an der oberen Stammpartie, während die Nadeln noch
längere Zeit grün bleiben. Später tritt natürlich auch hier Rötung ein (oft erst
im Januar bis März). Vor dem eigentlichen Rotwerden nehmen die Nadeln
einen mehr oder weniger mißfarbigen (graugrünen bis gelblichgrünen) Ton an,
sie sitzen auch nicht mehr so fest und fallen zum Teil beim Prellen herunter
(,,nadeln").
Bekämpfung einer Kalamität.
Erkennung. — Wie bei allen Insektenkalamitäten so ist auch beim Buch-
drucker die rechtzeitige Erkennung der drohenden Gefahr die beste Gewähr
zur wirksamen Abwehr. Es ist daher das wichtigste Gebot, die Anfangssymptome
des Befalls genau zu beobachten.
Das allerwichtigste Anfangserkennungsmerkmal besteht in dem Austreten
von Bohrmehl bezw. in dessen Ansammlung zwischen Rindenschuppen, an
Flechten, in Astwinkeln, am Boden nahe der Stammbasis, an Spinngeweben usw.
Allerdings ist dieses Kennzeichen nur relativ kurze Zeit wahrzunehmen, da
Bohrmehl nur bis zur Vollendung des Mutterganges, im einzelnen Brutgang etwa
14 Tage, am ganzen Baum i — 2 Wochen länger ausgeworfen wird. Man muß
cgö Coleoptera. — 7. Familienieihe: Rhynchophora.
also damit rechnen, daß spätestens 4 Wochen nach Befallsbeginn das Symptom
nicht mehr oder nur noch in Spuren zu sehen ist, besonders wenn inzwischen
Regenfälle eingetreten sind.
Die anderen meist noch angegebenen Anfangssymptome wie das Vorhanden-
sein von Einbohrlöchern und Harzaustritt sind weit weniger brauchbar und
zuverlässig. Die Einbohrlöcher sind meist versteckt und, besonders wenn der
Befall in den oberen Partien stattgefunden hat, leicht zu übersehen; und Harz-
austritt erfolgt durchaus nicht immer, da derselbe von der Jahreszeit und dem
Gesundheitszustand der Bäume abhängig ist (s. oben). So bleibt also als das
einzige absolut sichere und für jeden Aufsichtsbeamten oder Forstarbeiter leicht,
erkennbare Anfangssymptom der Bohrmehlausfall innerhalb der ersten Wochen.
„Es kann nicht genug gemahnt werden, daß der Wirtschafter seine Forstwarte
und Holzhauer auf dieses untrügliche Kennzeichen hinweist" (Nüßlin).
Als später eintretende Merkmale erfolgt das Verfärben und Abfallen
der Nadeln („nadeln"), und das Grauwerden und Abfallen der Rinde. Hierzu
können in dieser Zeit auch Spechtverwundungen der Rinde kommen. Als das
letzte Symptom, das den nahenden oder bereits erfolgten Tod anzeigt, erscheint
das Rotwerden der Krone.
Meist wird anfänglich erst das letzte Symptom bemerkt, wodurch den
Borkenkäfern natürlich ein erheblicher Vorsprung gegeben wird.
Bekämpfung. — Ist eine Massen Vermehrung eingetreten und hat eine
Kalamität begonnen, so heißt es angesichts der raschen Entwicklung des Käfers
keine Zeit zu verlieren, sofort mit aller Energie die Bekämpfung aufzunehmen
und so schnell als möglich auszuführen. Dabei ist aber gleich von vornherein
zu betonen, daß infolge der starken Beeinflussung der Ij'pograp/ms-'Entwicklnng
durch die Lage, Witterung und das Klima hier eine Schematisierung noch
weniger wie bei anderen Insekten angebracht ist. Mehr wie anderswo
ist hier biologisches Denken und scharfe biologische Beobachtung notwendig.
Mit Recht bemerkt daher Nüßlin (1905): „Die richtige Behandlung einer Borken-
käferkalamität stellt so hohe Anforderungen, daß es fraglich ist, ob diesen von
jedem Wirtschafter genügt werden kann. Gerade deshalb sollte sie niemals
demselben allein überlassen bleiben, und sollten spezielle Sachverständige zur
richtigen Zeit hinzugezogen werden."
„Erstes und oberstes Gesetz bei jeder Borkenkäferbekämpfung muß sein,
den Ausflug zu verhindern oder doch zu beschränken, weil bei typographus der
Ausflug als fast gleichbedeutend mit Wiederanflug an gesundes Holz betrachtet
werden muß."
Zu diesem Zweck müssen daher alle Stämme, welche Brüten ent-
halten, gefällt und unschädlich gemacht werden, ehe die Jungkäfer
zum Ausflug gelangen.
Es kann demnach auch die Frage, die sich jedem Wirtschafter, der vor
die Aufgabe der Bekämpfung einer beginnenden Kalamität gestellt ist, zuerst auf-
drängt: „Soll zuerst die Räumung und Unschädlichmachung des altbefallenen,
mehr oder weniger rot und dürr gewordenen Holzes oder diejenige der noch
Ipidae (Scolyddae). — Rindenbrüter an Fichte. 587
grünen, frisch befallenen Bäume vorgenommen werden?", nicht generell beantwortet
werden. Im allgemeinen ist zwar Ratzeburg zuzustimmen, wenn er sagt: „Es
kommt alles darauf an, wenn beide (,alte und frische Trocknis') infolge Arbeiter-
mangel nicht zugleich berücksichtigt werden können, zuerst die frische vorzu-
nehmen"; doch kann es auch Verhältnisse geben, wo die schematische Befolgung
dieses Grundsatzes ein Fehler wäre. Nehmen wir an, daß das Rotwerden infolge
dichten Befalls der ersten Generation schon frühzeitig erfolgt, wenn, besonders
im unteren Teile, noch eine Masse Brut, Puppen und Jungkäfer vorhanden sind,
während die frisch befallenen Stämme erst junge Larven enthalten, so ist es
zweifellos geboten, zuerst die ahbefallenen Stämme zu entfernen und unschädlich
zu machen und dann erst an die frischen Stämme zu gehen, in denen vielleicht
erst nach Wochen ausgewachsene Larven und Puppen erscheinen. Sind dagegen
aus den roten Bäumen die Jungkäfer bereits ausgeflogen, so wäre es ein Fehler,
kostbare Zeit mit der Fällung solcher Bäume zu verlieren.
Es muß in den Waldteilen bezw. mit den Stämmen begonnen werden,
welche die reifsten, am bäldesten ausfiugbereiten Käfer enthalten, dagegen kann
da noch gewartet werden, wo die vom Käfer befallenen Hölzer mehr oder
weniger junge Brut enthalten. So kann z. B. da, wo die zweite Generation im
Larvenstadium in den Winter geht, bis in das erste Frühjahr mit der Fällung
gewartet werden.
Um die Bekämpfung in diesem Sinne durchführen zu können, muß der
Wirtschafter sich stets genau unterrichten i. über die jeweils frisch
befallenen Stämme und 2. über den Verlauf der Entwicklung bezw.
über die Zahl der Generationen.
Über den ersten Punkt, den jeweiligen frischen Befall, kann nur dadurch
Sicherheit erlangt werden, daß einige alte, geschulte Arbeiter ständig das Revier
begehen und alle Stämme, die Bohrmehlausfall oder sonstige Borkenkäfersymptome
(z. B. „nadeln") zeigen, markieren.
Um über den zweiten Punkt, den Entwicklungsverlauf und die Zahl der
Generationen, Klarheit zu erhalten, müssen stehende und gefällte Stämme von
Zeit zu Zeit untersucht werden. Insbesondere ist es von Wert, durch Werfen
von Fangbäumen im April und Mai den Beginn der i. Generation festzustellen,
von welchem alsdann unter Berücksichtigung der Witterungsverhältnisse bezw.
der Beobachtung an weiteren Probestämmen der wahrscheinliche Verlauf der
Generationen abgeleitet werden kann.
„Nur auf solche Weise kann der Wirtschafter einen Vertilgungsplan ent-
werfen, der zugleich eine gesicherte Vernichtung des Käfers, wie eine Einsparung
an Arbeitskräften ermöglicht, insofern, als eine rationelle Zeiteinteilung möglich
gemacht wird."
„Neben der Entfernung und Unschädlichmachung der befallenen Bäume
sind, sofern nicht noch für den Anflug brauchbares Windwurfmaterial vorhanden
ist, ständige Fangbäume zur Vernichtung der stets neu ausschwärmenden Käfer-
massen zu werfen und zwar in nicht zu geringer Zahl. Der Anflug ist ständig
zu kontrollieren und falls die dargebotenen Fangbäume bald vollbesetzt werden,
^88 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhyrchophora.
sind fortgesetzt neue Fangbäume nachzuwerfen. Geschieht dies nicht, so sind
die weiter anschwärmenden Käfer gezwungen, stehende Bäume anzugehen.
Eine zweite Serie von Fangbäumen ist ca. 3 — 4 Wochen nach dem i. An-
flug in unmittelbarer Nähe der zuerst geworfenen Fangbäume zu werfen, um die
zu einer 2. Brut aus den Fangbäumen der i. Serie sich ausbohrenden alten
Mutterkäfer an diese zu ziehen. Der Zeitpunkt des Werfens der 2. Serie ist
dann gekommen, wenn beim Nachschneiden von Gängen in den Fangbäumen
der I. Serie die Beobachtung gemacht wird, daß die Mutterkäfer den Brutgang
steril verlängern, also Regenerationsfraß treiben.
Eine 3. Serie von Fangbäumen ist notwendig, wenn die Jungkäfer der
I. Generation zum Ausschwärmen kommen. Diese Serie kommt nur für die in
den stehenden Stämmen herangewachsenen Jungkäfer in Betracht, die nicht recht-
zeitig entdeckt und vernichtet werden konnten. Denn in den liegenden Fang-
bäumen muß durch rechtzeitige Entrindung die Entwicklung der Jungkäfer ver-
hindert werden.
Werden ferner im Innern von Beständen Käfernester entdeckt, in denen
sich die Nachkommenschaft bereits zum Teil zu Jungkäfern entwickelt hat,
so sind gleichzeitig mit der Fällung dieser Käferbäume in unmittelbarer Nähe
dieser einige Fangbäume zu werfen, um den beim Entrinden zahlreich zu Boden
fallenden Jungkäfern Gelegenheit zu geben sich einzubohren und so sie von
stehenden Stämmen abzuhalten.
Ebenso sollten beim Entrinden der Fangbäume in deren direkter Nähe
neue Fangbäume geworfen werden, um die dabei herabfallenden Mutterkäfer
daran zu verhindern, zur Fortsetzung ihres jäh unterbrochenen Brutgeschäftes an
benachbarte, stehende Stämme anzufliegen" (Scheidter).
Endlich empfiehlt es sich in allen Lagen, von den Fangbäumen einzelne als
Kontrollbäume liegen zu lassen, um über die fortlaufende Entwicklung unterrichtet
zu sein (s. obenj. Diese bleiben auch noch länger unentrindet, müssen aber
dann natürlich ebenfalls entrindet werden, spätestens wenn die ersten Puppen
sich zu Jungkäfern entwickelt haben.
Bei einer Massenvermehrung, da die Käfer im höchsten Drange zur Fort-
pflanzung sich befinden und, wie schon mehrfach betont, auch völlig gesunde
Stämme annehmen, gehen die 2$ an jeden Fangbaum, mag er eben frisch gefällt
sein oder schon Wochen oder Monate liegen, mag er entastet oder mögen ihm
die Äste belassen sein. Eine besondere Vorbereitung, wie sie oben von Sedlaczek
für die zur Vorbeugung dienenden Fangbäume vorgeschlagen wurde, würde
bei Kalamitäten nur Zeitverschwendung bedeuten. Nur bezüglich der Lage der
Fangbäume ist zu beobachten, daß am wirksamsten die sind, die an lichteren
Stellen, an Bestandsrändern, an vorhandenen Lücken oder Blößen geworfen
werden, doch sollen sie möglichst so liegen, daß sie nicht allzuviel von der Sonne
beschienen werden, damit sie nicht zu schnell austrocknen. Dagegen haben Fang-
bäume im Innern dichter, schattiger Bestände gar keinen oder nur sehr geringen
Wert, da die ausschwärmenden Mutterkäfer im allgemeinen die dichten Bestände
meiden.
Ipidae (Scolytidae). — Rinderibiüter an Fichte. eSq
Die Unschädlichmachung der befallenen Stämme und Fangbäume ge-
schieht durch gründliche und rechtzeitige Entrindung. Rechtzeitig ist sie
dann, wenn sie vorgenommen wird, solange der Schädling sich noch im Larven-
stadium befindet. Hier genügt das einfache Entrinden, wogegen ein Verbrennen
der Rinde nicht nötig ist, da die freigelegten Larven sich nicht mehr weiter-
entwickeln, sondern unter dem Einfluß der Sonne usw. zugrunde gehen. Anders,
wenn die Entrindung zu spät erfolgt, zu einer Zeit, da schon Puppen oder gar
Jungkäfer vorhanden sind, dann ist das restlose Verbrennen unbedingt ge-
boten. Wenn auch die Puppen, die beim Entrinden herausfallen, zugrunde
gehen, i) — so verpuppen sich doch, besonders bei dickerer Rinde, ein sehr
hoher Prozentsatz der Larven innerhalb der Rinde, so daß also die Puppen in
der Rinde verborgen bezw. geschützt sind. Diese werden sich zum größten Teil
auch in der losgelösten Rinde zu Käfern entwickeln und wieder ausschwärmen
können. Was die bei der Entrindung zu Boden fallenden Jungkäfer') betrifft,
so werden solche, die noch völlig weich, zum größten Teil zugrunde gehen;
wenn sie jedoch einigermaßen erhärtet sind, so werden sie wohl imstande sein,
sich wieder einzubohren, um zunächst den Reifungsfraß auszuüben und dann
zur Brut zu schreiten.
Das Verbrennen hat vorsichtig und sachgemäß zu geschehen.
Bleibt die Rinde längere Zeit liegen und wird sie dann zusammengescharrt und
häufen- oder armweise zum Feuer getragen, so wird dadurch einer großen Zahl
von weichen Jungkäfern Gelegenheit gegeben, ihren Chitinpanzer zu erhärten,
oder den schon erhärteten Käfern, auszuschwärmen. Dies sollte, soweit als mög-
lich, verhütet werden. Ratzeburg und andere schlagen vor, beim Entrinden Tücher
unterzulegen, was jedoch bei großen Kalamitäten schwer durchzuführen ist.
Scheidter empfiehlt, möglichst große Rindenstücke loszulösen und zwar in der
Weise, daß man in der Mitte der Stammoberseite der Länge nach einen schmalen
Streifen abschält und dann die Rinde nach rechts und Hnks durch Untergreifen
mit dem Schöpser im ganzen vom Stamm loszulösen sucht. Auf diese Weise
verbleiben die meisten Käfer in der Rinde und die herausfallenden werden in
dem Rindenstück wie in einem Korb aufgefangen. Die Rindenstücke sind dann
sogleich zum Feuer zu tragen und zwar mit der Innenseite der Rinde nach
aufwärts. Auf diese Weise gelingt es, die Jungkäfer fast restlos dem Feuertod
zu übergeben, wie ich mich selbst mehrfach überzeugen konnte.
Es ist endlich darauf zu achten, daß die Rinde wirklich verbrennt, denn
ein bloßes Anrösten genügt nicht, da dadurch durchaus nicht immer alle in dem
Stück befindlichen Käfer getötet werden, wie bereits Judeich beobachtet und
^) Bei Versuchen, die Scheidter anstellte, entwickelte sich nur ein verschwindend kleiner
Prozentsatz der aus den Puppenwiegen gefallenen Puppen zu Käfer, die noch dazu zum größten
Teil Krüppel waren. Scheidter (i. 1.) meint, daß die Puppen zur Verwandlung zum Käfer
ihrer Puppenwiegen bedürfen, um sich an deren "Wänden anhalten bezw. stützen zu können.
Auch mag ein zu rasches Vertrocknen der Exuvialflüssigkeit bei den der schützenden Puppen-
wiege entnommenen Puppen mit an ihrem Tode schuld sein.
"^) Wie groß die Zahl der beim Entrinden herausfallenden sein kann, hat v. Berg (1886)
durch einen Veisuch festgestellt: Danach fielen beim Ablösen der Rinde über '/g der vorhandenen
Käfer herunter, während kaum 7« i° den Rindenstücken verblieb.
5go Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora,
wie bei der jetzigen Kalamität in Planegg bestätigt wurde (vgl. hierzu auch die
Ausführungen von Cogho (1879) über die große Lebenszähigkeit des typographus).
Mit der Rinde sind auch die Äste zu verbrennen, nicht wegen typo-
graphus^ der nur selten in Ästen brütet, sondern wegen der mit ihm meist zu-
sammen vorkommenden Astbrüter, vornehmlich Pit. chalcographus und micro-
graphus.
Wird die Typograp/ms-B&kä.va^iMng in dieser hier geschilderten
Weise vorgenommen, so ist es möglich, die Vermehrung in i bis
2 Jahren so einzudämmen, daß die Gefahr für den Wald gebannt
ist. Allerdings bedarf es hierzu einmal einer umsichtigen, ziel-
bewußten Leitung, die den schwankenden Verhältnissen der Typographus-
Biologie zu folgen versteht, und sodann eines ausreichenden Kampf-
personals, das die übertragenen Aufgaben auf das gewissenhafteste
ausführt.
Parasiten und Raubinsekten.
Wenn man bei einer Typographus -Y.2\zxmm. Rindenstücke ablöst und die
Fraßbilder genauer untersucht, so findet man außer den Verfertigern und eigent-
lichen Bewohnern meist noch eine größere Zahl anderer Tiere: winzige Milben,
Nematoden und Fliegenlarven, kleinste Staphylinen, Schlupfwespenlarven —
Puppen und Imagines — , ferner die rosaroten großen C/^raj- Larven usw.; kurz,
die Typographus-Yz.m\\\Q. beherbergt in ihrem Heim auch eine Menge Gäste.
Viele von ihnen mögen harmlos sein und sich damit begnügen von den Abfällen
des Typographus-lA2M%\\2iXXt?, etwas abzubekommen, andere dagegen haben es auf
ihre Wirte selbst abgesehen und wollen von ihrem Körper leben, entweder indem
sie sie direkt auffressen, oder indem sie parasitisch von ihren Säften sich nähren.
Leider sind wir bis heute nur bei verhältnismäßig wenigen von den vielen Mit-
bewohnern genauer über die Stellung gegenüber ihren Wirten unterrichtet, und es
wäre eine überaus dankbare Aufgabe, einmal die gesamte Einwohnerschaft in
den Typographus-GsingQn einer systematischen Untersuchung zu unterziehen. Unsere
heutigen Kenntnisse erschöpfen sich in der Hauptsache mit der Rolle der Clerus-
Larven, der Schlupfwespen und Nematoden; und auch von den Schlupfwespen
wissen wir nur bei einigen wenigen Arten Näheres über ihre Biologie. Das
wichtigste darüber ist oben im allgemeinen Teil über die Borkenkäfer (s. S. 450)
mitgeteilt (vgl. hierzu auch Fleischer 1877).
Kleine (1908; 09) führt folgende Schmarotzerkäfer als bei typographus gefunden
an: Clerus formicarius L., rufipes Rtt., Epuraea sutiiralis Rtt., Eypophloeus pini Pz.,
Nemosoma elongatwn L., Placusa inßma Er., Cylistosoma lineare Er., Megaderus saueius
Er., Quedius laevigatus Gyll. und ocliropterus Er., Rhizophagus cribrahts Gyll. und ferru-
gineus P., Niidobius lentus Geov. ; ferner folgende Schlupfwespen: Coeliodes bostriehorum
Gir., Doryctes obliterans Nels , Acrocormus multicolor Rtz., Pteromalus oMeticola Rtz. und
Spinolae Rtz. und Rhoptrocertos xylophagorum Rtz.
G. Fuchs (19 15) nennt außerdem noch Diploehis omnivoris Wall., deren Larve in der
Leibeshöhle der Imagines lebt und Rosenfeld den Chalcidier Ropaliscus stispensus, dessen
Biologie oben eingehend geschildert ist (S. 450).
Scheidter spricht in seinen Berichten von einer kleinen Chalcidier-Art in den Mutter-
gängen, in die sie durch das Einbohrloch des Mutterkäfers gelangen. „Es scheint sich hier um
eine Art zu handeln, die dem Käfer selbst in den Muttergängen nachstellt und ihn dort an-
Ipidae (^Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte, cqi
sticht." Des öfteren konnte ferner Scheidter eine andere Chalcidier-Art beobachten, besonders zur
Zeit des i. Ausfluges im Mai, die die anschwärmenden Käfer außen an den Stämmen anstachen.
Welche Rolle die Raubinsekten und Parasiten für den Verlauf und die Beendigung von
Kalamitäten haben, darüber ist oben schon mehifach berichtet (s. S. 452 u. S. 584).
Über die Bedeutung der Vogelwelt bei einer Ti/pographi(S-Ka\&mhät gilt das oben (S. 449)
im allgemeinen Teil Gesagte. Vgl. auch von Vietinghoff (1923).
Geschichtli'ches.
Die Berichte über das Vorkommen der "Wurm trocknis , auch Wurmfraß, Fichtenkrebs,
Sohrung, Darre, Dürrwerden genannt, in Deutschland reichen ziemlich weit hinauf. In Krebels
(1802) tabellarischer Übersicht der Waldverheerungsgeschichte von 1449— 1799 ist die erste
Wurmtrocknis im Harze 1649 angeführt und es folgen dann gleich die Jahre 1665 und 1677.
168 1 bis 1691 wird im Harze das Übel durch schleuniges Niederhauen und Verkohlen gedämpft,
die Verheerungen wiederholen sich aber schnell und nehmen von 1703 an bedenklich zu, um
eigentlich das ganze Jahrhundert hindurch in den mitteldeutschen Gebirgswäldern nicht mehr auf-
zuhören, trotzdem man 1707 mit rationeller Abwehr beginnt, nicht wie früher die bereits ganz
dürren Stämme, sondern die „frische Trocknis'-, d. h. die noch mit Larven besetzten Bäume, zu-
erst haut und die Borke verbrennt.
Die Anschauungen über die Natur des Übels waren damals noch sehr primitiver Natur;
allerdings darf man es dem Pastor Christian Lehmann zu Scheibenberg im Erzgebirge, einem
übrigens recht gescheiten Manne, der 1699 seinen bekannten ,, Historischen Schauplatz derer natür-
lichen Merkwürdigkeiten in dem Meißnischen Ober-Ertzgebirge'- herausgab, nicht allzuhoch an-
rechnen, wenn er sagt: „Ich vermeine, man müsse diesem sonderlichen Siechthum unterschiedliche
Ursachen beimessen, teils der Sideration (!) und giftigem Thau, der auf die Wälder fällt und eine
große Fäulniß verursacht, daß allerhand schädliches Ungeziefer und Gewürme zwischen der Rinde
und Holtz wachset, sich tieff in den Kern einfrisst und den balsamischen Saft vergiftet und ver-
zehret. Wie dann viel Gewürme innerhalb der Rinde und des Holtzes gefunden wird und man
observiret, daß die schwartzen Roßkäfer sich an das Gehöltze fest anhangen, mit dem Schwanz
durch die Rmde bohren, und ihren Unrath hineinschmeißen. Daher große Maden mit schwaitzen
Köpfen wachsen, die sich tieiT ins Holtz hineinfressen." Hat doch noch der Verfasser der
„Grundsätze der Forstökonomie", W. S. Moser 1757 nicht viel klarere Vorstellungen, trotzdem
bereits R. F. von Flemming in seines „Vollkommenen Teutschen Jägers anderem Haupttheil"
1724, S. 76 und 77, eine ganz verständige Schilderung der wirklichen Entwicklung der Boiken-
käferlarven gibt, die er allerdings durchaus als sekundär ansieht.
Aber erst gegen das Ende des 18. Jahrhunderts beginnt eine einigermaßen mit unseren
heutigen Anschauungen vergleichbare Auflassung der Natur des , .fliegenden schwarzen Wurmes",
wie man damals den Borkenkäfer nannte, platzzugreifen, im Zusammenhang mit der allgemeinen
Hebung der entomologischen Kenntnisse, welche sich damals unter Linneschem Einflüsse voll-
zog. Es erscheint nun eine Unmasse kleiner, nach unseren Begriff'en mehr oder weniger wunder-
barer Schriftchen über den Borkenkäfer mit rohen Abbildungen, welche aber doch zur Klärung
der Anschauungen beitrugen, und unter denen einige besonders rühmlich hervorgehoben zu
werden verdienen, z. B. die kleine Broschüre des herzogl. Braunschweig-Lüneburgischen Ober-
forstmeisters von Sierstorpff (1794), während Gmelins Abhandlung über die Wurmtrocknis
ein zusammenhängendes, gutes Bild des damaligen Zustandes der mitteldeutschen Gebirgswälder,
namentlich im „Communionharz" gibt. War doch hier allerdings die Erscheinung so besorgnis-
erregend, daß sie sich dem einsichtigen Beobachter geradezu gewaltsam aufdrängte. Seit 1772
nahm die Wurmtrocknis stark überhand, erreichte 178 1 bis 1783 den höchsten Grad und erlosch
erst gegen 1787. Um einen Begriff von dem Umfang der Verheerung zu geben, genügt es zu
sagen, daß nachGmelin (1787) die Anzahl aller im Communionharz trocken gewordenen Stämme
1781: 182451 Stück, 1782: 259106 Stück betrug. In letzterem Jahre allein waren daselbst
3359 Waldmorgen neu abgestorben und Ende 1786 betrug im Zellerfelder Foistdistrikte, der aus
5 Forsten bestand, die Anzahl der in Trocknis auf dem Stamme stehenden und abgeborkt liegen
gebliebenen Stämme nicht weniger als 446 284 Stück, so daß man ganz gut annehmen kann, daß
im ganzen durch diesen Fraß gegen 3 Millionen Fichtenstämme vernichtet wurden. Eine solche
Höhe erreichen dann die Fräße, welche 1795 ^'s 1798 im Voigtlande, 1818 und 1828 in der
Provinz Preußen und 1835 bis 1836 in Württemberg wüteten, nicht (Grunert 1864).
Von den späteren Fraßen sind zwei besonders lehrreich, der ostpreußische in den
Jahren 1857 bis 1858, beziehungsweise 1862, und der im Böhmerwald in den Jahren 1871
bis 1875. Ersterer war ein sekundärer Fraß, welcher dem dort seit 1854 auftretenden Nounen-
fraße, über den wir noch später zu berichten haben werden, folgte. Wer die genaueren Daten
kennen lernen will, ist zu verweisen auf die gründlichsten Berichte, welche Grunert (1864) und
Willkomm (1864) gegeben haben. Hier genüge es zu sagen, daß nach Grunert die Ver-
wüstungen in dem Regierungsbezirk Gumbinnen von 1854 bis Ende 1862 sich folgendermaßen
stellten:
592
ColeoiUera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Flächeninhalt in Morgen
Menge des abgestorbenen Holzes in
Massenklaftern ä 70 Kubikfuß
der ganzen
Reviere
der ver-
wüsteten
Flächen
durch
Raupenfraß
durch 1 „
■w-c c 0 Summe
Käferfraß
Staatsfürsten
Privatforsten .
847 823
237350
224244
59000
I 609 095
225 000
966 607
452 500
2575702
677 500
I 135 173
283 244
I 834 095
1419 107
3253202
Hierbei ist zu berücksichtigen, daß nach Forstmeister Schulz der Raupenfraß dem Käfer-
fraß gegenüber meist zu hoch angesprochen wurde. Von dem abgestorbenen Holze waren bis
Oktober 1862 verwertet 2353566 Klafter Derbholz und außerdem noch 154470 Klafter
Stockholz und Reisig, die nebst jenem Derbholze gewonnen worden waren; unverwertet blieben
zu jener Zeit noch 40672 Klafter aufbereitetes Holz. 858964 Klafter Holz auf dem Stamme,
außerdem an Stockholz 432 642 Klafter und i 396 997 Klafter Reisig. Es wurde daher
durch den nachfolgenden Borkenkäferfraß ziemlich ebensoviel Holz vernichtet wie durch den
Raupenfraß.
Anders verhielt es sich mit dem großen Borkenkäferfraß im Böhmerwald und im
Bayerischen Wald. Hier waren große Wind- und Schneebrüche die erste Ursache. Der
furchtbare Sturm, welcher am 7. Dezember 1868 in ganz Mitteldeutschland, in Böhmen, Schlesien
Mähren hauste, hatte auch den Böhmerwald getroffen, so z. B. auf dem Kubany allein i OD Joch
Urwald vernichtet und überall Borkenkäfergefahren heraufbeschworen, namentlich in Zentral-
böhmen, wo ihm am 9. November desselben Jahres ein verheerender Schneesturm vorausgegangen
war, welcher wohl l Million Klafter Holz, auf der 3800O Joch großen Domäne Zbirow allein
95000 Klafter, geworfen und gebrochen hatte. Wäre es möglich gewesen, die mächtigen Bruch-
massen rechtzeitig aufzuarbeiten, wie es anderwärts vielfach geschehen konnte, so wäre kaum die
große Borkenkäferverheerung eingetreten. In der Hauptsache wurde man wohl erst 1870 damit
fertig und die 1869 liegenden Bruchmassen bildeten die ersten Brutstätten für eine ungewöhn-
lich große Menge von Borkenkäfern. Zum Unglück traf nun der grol'iartig verwüstende, von
Südwest nach Nordost laufende Sturm in der Nacht vom 26. zum 27. Oktober 1870 den Böhmer-
wald, welcher viele Millionen von Klaftern warf, die für den ohnehin massenhaft vorhandenen
Borkenkäfer neue willkommene Brutwiegen boten. Die zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte
langten zu der schwierigen Aufarbeitung der haushoch aufgetürmten Bruchmassen n'cht hin, und
trotz wiederholter, rechtzeitiger Gesuche, welche namentlich, insoweit sie die Bitte um Gewährung
von Militäraushilfe betrafen, anfänglich abschlägig beschieden wurden, entschloß sich die k. k.
Staatsregierung erst 1873, also viel zu spät, mit Geldvorschüssen usw. helfend einzuschreiten
Bei der infolge von Aibeitermangel namentlich in den kleineren Privat- und Gemeindewaldungen.
z. B. in Außergefield, ungenügenden Bekämpfung in den Jahren 187 1 und 1872 hatten sich von
den älteren Herden aus die Käfer in geradezu entsetzlicher Weise vermehrt und fielen massen-
haft auch gesunde Bäume und Bestände an. Hier war ihre Bekämpfung überdies noch durch
das Vorhandensein ausgedehnter, im Zusammenhang liegender Komplexe von Althölzern wesent-
lich erschwert. Bei der durch Forstrat Swoboda 1873 unternommenen Bereisung des Böhmer-
waldes zeigt es sich, daß in den Bezirkshauptmannschaften Krumau, Prachatitz, Schütten-
hofen und Klattau zusammen 104100 ha Waldfläche befallen waren. Mit 1400 fremden aus
Krain, Tirol usw. zugezogenen und 7000 einheimischen Arbeitern wurden nun Gegenmaßregehr
energisch in Angriff genommen. Zur Herstellung der für die Abbringung der Hölzer nötigen
Straßen wurden vom böhmischen Landtage looooo fl. bewilligt und die gleiche Summe vom
k. k. Ackerbauministerium vorschußweise gewährt. Auf den fürstlich Schwarzenbergschen Herr-
schaften waren überdies durch Krainer und Tiroler Arbeiter mehrere ausgedehnte Holzriesen ge-
baut worden. Die Opfer, welche die Waldbesitzer selbst bringen mußten, lassen sich nicht be-
ziffern; es sei hier nur erwähnt, daß allein auf den Domänen Krumau, Winterberg, Stubenbach,
Groß-Zdikau und Bergreichenstein im Jahre 1873 ^^'^^ einer Waldfläche von 51800 ha 141000 fl.
an Vertilgungskosten aufgewendet werden muJjten. Im Jahie 1875 konnte die Gefahr als über-
wunden angesehen werden. In den oben genannten vier Bezirkshauptmannschaften waren
mehr als 300000 Fangbäume gefällt worden, und die Aufbereitung der befallenen Hölzer, welche
durch viele Tausend Arbeiter mit einem Lohnaufwande von i 300000 fl. bewirkt wurde, ergab
ungefähr 2700000 fm.
Werden die Verheerungen durch den Borkenkäfer von ihrem Beginn an bis Ende 1874
zusammengefaßt, so ergeben sich nachstehende Ziffern
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte. 593
bis 1873 3 590 ba Bestandsfläche mit i 496 000 fm Holzmasse,
im Jahre 1873 , . 2 769,2 ,, ., ., i 069 200 ,, „
„ ,, 1874 2652,8 „ ., „ 1060850 ,.
zusammen 9012.O ha Bestandsfläche mit 3632050 fm Holzmasse,
wozu im Böhmerwaldgebiete für 1875 noch weitere 2176 ha mit 358 590 fm hinzukommen.
Leider sind die Daten über diesen Borkenkäferfraß nicht so aktenmäßig zusammengestellt
wie die aus Ostpreußen, immerhin geben aber der Reisebericht von Willkomm (1876), der
Bericht von Swoboda (1874) ^i"<^ einige andere Zeitungsberichte ein allgemeines Bild über die
Verheerungen. Über den Verlauf des Fraßes im Bayerischen Walde berichtet Schwappach
{1875) '^d über die gleichzeitig in Österreich. - Schlesien stattgefundenen Borkenkäferschäden
Karbas ch Eine Borkenkäferverwüstung im Gouvernement Moskau 1882/83 schildert
Thürmer (1885).
In neuerer Zeit (1903 — 1906) ist im Schwarzwald (PfuUendorf) eine Kalamität aufgetreten,
die von Nüljlin (1905) eingehend geschildert wurde. In der neuesten (Nachkriegs-) Zeit sind
sowohl in Deutschland als auch in Österreich kleinere, größere und auch ganz gewaltige "Wald-
verheerungen durch typographus vei-ursacht, die wohl in der Hauptsache als Kriegsfolgen
(Arbeitermangel!) zu betrachten und die zum Teil heute noch nicht abgeschlossen sind.
Ips amitiaus Eichh.
Dem typograpliiis sehr nahestehend, bez. der Zähne des Flügeldeckenabsturzes mit ihm
übereinstimmend, jedoch ohne weiteres von ihm zu unterscheiden durch den stark glänzenden
und deutlich punktierten Flügeldeckenabsturz. Im allgemeinen etwas kleiner (4 mm) als
typographus.
Die Hauptbrutpflanze ist die Fichte, daneben kommt er in Abüs
pectinata, Larix europaea^ Pinus silvestris., austriaca^ leucodermis^) und peuce vor.
Die Angaben Kleines vom Vorkommen in Arve und Latsche beziehen sich
wohl auf die var. montanus Fuchs (s. S. 538). Das Vorkommen des amitinus in
Kiefer scheint ziemlich häufig zu sein und es liegt nahe, die Angaben früherer
Autoren (von SierstorpfT 1813, Stein 1854, Veit 1867 u. a.) über das mitunter
auffallend starke Auftreten des typographus in Kiefer auf den damals noch un-
bekannten, bezw. noch nicht von typographus getrennten amitinus (erst 1871 be-
schrieben!) zu beziehen, zumal mehrfach die verschiedene Form der Fraßbilder
hervorgehoben ist.
Die geographische Verbreitung dürfte mit der von typographus über-
einstimmen; sein Vorkommen innerhalb dieses Gebietes scheint aber weniger all-
gemein und auch weniger häufig zu sein. Er tritt allerdings oft mit typographus
zusammen auf, jedoch durchaus nicht als Regel.
Sein Fraßbild (Abb. 300A u. B) ist dem von typographus ähnlich, läßt
sich aber doch meist von ihm unterscheiden. Die Mehrarmigkeit (3 — 7 Gänge)
ist hier die Regel, während bei typographus dies für die zweiarmige Form gilt.
Die Arme gehen ferner bei amitinus meist mit einem großen Bogen von der
Rammelkammer ab und verlaufen oft auch schräg, so daß sich das Fraßbild
mehr der Form von typischen Sterngängen nähert. Die Rammelkammer ist ge-
wöhnlich auf der Innenseite der Rinde sichtbar, wie überhaupt das ganze Fraß-
bild mehr im Splint liegt. Die Muttergänge sind meist nicht so lang und auch
enger als bei typographus.
') Knotek (1897) fand in der Herzegowina amitinus als häufige Erscheinung an der
Panzerföhre (P. leucodermis), während er ihn dort in Fichtenbeständen nur selten antraf.
Escherich, Fcrstinsekten. II. Bd. 3 8
594
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Forstlich verhält sich amitimis ganz ähnlich wie typographus. Häufig kommt
er mit letzterem zusammen an einem Stamm vor, wobei er die oberen Stammoartien
mit dünnerer Rinde b,evorzugt, wie er auch an schwächeres Material geht (Stangenholz).
Bekämpfung wie bei typographus.'^')
Abb. 300. Brutl'iaß von Ips amitinus Eichh. — A Anfangsstadiuni, nat. Gr. (Nüßlin).
^^_^ B Vollendeter fraß, V, nat. Gr. (Koch).
') Hierher noch
Abb. 301. Flügeldeckenabsturz
von Ips duplicatus Sahlb. J. —
Nach Snessivtseff.
Ips duplicatus Sahlb.
Syn. Judeichi Kirsch, reetangidiis Ferrari, infiicatus Eich.
Dem typographus ähnlich, doch der 3. Zahn des Ab-
sturzes nicht geknöpft, und der 2. und 3. Zahn an der Basis
plattenförmig miteinander verwachsen (Abb. 301); nähert sich
dadurch dem aeuminatus.
Aus Finnland und dem Ural (Judeich) beschrieben;
und kommt (nach Teplouchow) in dem ganzen mittleren,
europäischen Rultland vor; er wurde auch in Österreich und
Steiermark (als infucatus) und einmal auch in Deutschland
gefunden.
Lebt hauptsächlich an Fichte, seltener an Kiefer
und Arve. Die Fraßbilder sind denen von amitimts sehr
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Fichte.
595
' Pityogenes chalcographus L.
„Kupferstecher" oder „sechszähniger Fichtenborkenkäfer".
An der langgestreckten, furchenartigen Form des Flügeldeckenabsturzes, der jederseits
mit 3, beim (j' starken, beim 5 schwachen Zähnen besetzt ist, leicht zu erkennen. i,8 — 2 mm
(Abb. 241 B, a u. b, S. 486).
Der Hauptbrutbaum ist die Fichte; seltener an den verschiedenen
Kiefern- Arten (Pinus silvestris, montana^ nigricans^ cembra^ strobus)^ an Lärche,
Weißtanne und Abies sibirica. In der geographischen Verbreitung folgt er
der Fichte bis nach Skandinavien und bis zum Ural.
Die Fraßfigur stellt einen Sterngang dar; das Bild wird allerdings da-
durch mehr oder weniger unklar, daß die Rammelkammer meist in der
Rinde verborgen ist, so daß auf der Innenseite des losgelösten Rindenstückes
gewöhnlich nur die Brutarme zusammenhangslos (Abb, 302) zu sehen sind (im
abgekürzten Sprachgebrauch: „Sterngang ohne Rammelkammer" — im Gegensatz
Abb. '302. Brutfraß von Pityogenes chalcographus L. in Fichte. A Eine Rolle in ^4
B Baststück in '^;„ nat. Gr. Rammelkammer nicht sichtbar. — N'.
zum Sterngang mit Rammelkammer bei Pit. micrographus usw.). Bei sehr dünner
Rinde kann allerdings auch die Rammelkammer sichtbar werden, so daß dann
das ganze Fraßbild auf der Innenseite zum Vorschein kommt (Abb. 303). Die
Muttergänge, 3 — 6 an der Zahl, gehen radiär von der Rammelkammer aus-
einander und verlaufen gewöhnlich sichelförmig gekrümmt. Ihre Breite beträgt
I mm, ihre Länge durchschnittlich ca. 6 cm. Die verhältnismäßig kurzen (2- -4 cm)
Larvengänge sind zahlreich und stehen dementsprechend nahe beieinander.
ähnHch, d. h. stellen 3 — 4 armige Sterngänge dar, deren Arme hauptsächlich in der Längsrichtung
verlauien: Larvengänge meist viel spärlicher (20 — 25 auf einen Muttergang) als bei typographus
und amiiinus. Eine ausführliche Beschreibung des Fraßganges nach Teplouchow findet
sich bei Wachtl (1895).
Nach Saalas (1919) „scheint duplicatus (in P'innland) den gleichen Schaden (am Baum)
wie sein Verwandter 1. typographus anrichten zu können; aber da er als eine seltene Art zu
bezeichnen ist, kommt ihm nicht annähernd die gleiche forstwirtschaftliche Bedeutung zu wie
diesem".
38*
cq6 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Sie furchen den Splint nur oberflächlich, ihr Endstück liegt gewöhnlich im
Rindeninnern.
Die Generation ist bis weit hinauf ins Gebirge gewöhnlich eine doppelte.
Sein Flug im Frühjahr dehnt sich zuweilen recht lange aus — /) dafür ist seine
Entwicklung, wenigstens an günstigen Orten, ziemlich rasch. Der zweite Flug
findet von Mitte Juli bis Mitte August statt (Fuchs). Auch Pauly (rl
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Abb. 303. Brutfraß (vollendet) von Pit. chalcographus L. in Kiefer (Splint). Rammelkamnier
sichtbar. Nat. Gr. — Aus Koch (ph. Scheidter.)
gelangte durch Zuchtversuche zu den gleichen Ergebnissen; zugleich zeigt dieser
aber auch, wie stark die Entwicklungsdauer bei chalcographus durch die Temperatur-
verhältnisse beeinflußt werden kann (ähnlich wie bei typographus). Hennings
(igo8), der ebenfalls mehrfach doppelte Generation festgestellt hat, hält unter
besonders ungünstigen Verhältnissen auch eine einfache Generation für möglich.
*) Da chalcographus einer wesentlich niedrigeren Schwärmtemperatur (Pauly gibt 13" R.
an) bedarf als typographus, so schwärmt er gewöhnlich auch etwas früher als dieser.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte.
597
In forstlicher Beziehung ist chalcogtaphus entschieden zu den sehr
schädlichen Borkenkäfern zu zählen. Er bevorzugt die dünne Rinde und
nimmt daher mit Vorliebe Stangenhölzer an und in älteren Beständen die oberen
Stammteile und die Äste. Doch geht er bisweilen auch starke Fichten an.
Andererseits wurde er auch in 8 — 1 2 jährigen Fichtenkulturen gefunden, in denen
er größeren Schaden verursachte (Henschel 1878).
Häufig kommt er mit typographus vergesellschaftet vor, in der Weise, daß
er die Kronenpartie und typographus die weiter unten gelegenen Stammregionen
befällt. Oft geht der chalcographiis-'^Q.{2i}^ dem typographus zeitlich voraus, bezw.
wird durch ersteren der Baum für letzteren geeignet gemacht. Doch kann
chalcographus auch allein großen Schaden anrichten; so sah ich im Bienwald
(Rheinpfalz) einen 60 — 80jährigen Bestand, der längere Jahre unter Nematus-
Fraß zu leiden hatte, schwer geschädigt und zum größeren Teil vernichtet. Die
Bäume waren von oben bis unten dicht mit chalcographus-Y\2&\y\dLt.xvi besetzt.
Bei der Bekämpfung gelten die gleichen Richtlinien wie für typographus.
Neben den Fangbäumen leisten auch Fangknüppel und Fangreisig, das recht-
zeitig zu verbrennen ist, gute Dienste.
Von Parasiten nennt Kleine nur eine Pteromaliden-Art {Pteromalus abieticula).
S'cy Cryphalus abietis Rtzb. und saltuarius Winn. (= asperatus Rtzb.)
Gekörnte Fichtenborkenkäfer.
Zwei kleine (1,2 — 2 mm) Ipinen, die an dem scharf abgegrenzten Höckerfleck des Hals-
schildes leicht zu erkennen sind (Abb. 229, b, S. 476 u. Abb. 236, F, S. 482). Die beiden Arten
unterscheiden sich hauptsächlich durch die verschiedene Flügel-
deckenskulptur {saltuarius ohne oder nur mit angedeuteten Punkt-
streifen, abietis^ wenigstens vorne, deutlich punktiert gestreift).
Beide brüten vorzugsweise in Fichte, wurden
jedoch auch in Tanne, Kiefer, Weymouths- Kiefer und
Schwarzkiefer angetroffen. Sie sind über ganz Mittel-
europa verbreitet.
Die Fraßfigur (Abb. 304) beider Arten besteht
in einem platzweise ausgefressenen, bald mehr einem
Längs- bald mehr einem Quergang ähnelnden Mutter-
gang, in dem die Eier haufenweise abgelegt werden.
Die Larven fressen gewöhnlich sehr eng aneinander
stehend, getrennte und geschlängelte Larvengänge von
2 — 4 cm Länge und meist längs gerichtetem Verlauf.
Häufig sind aber die Larvengänge so verworren, daß
man einen deutlichen Eindruck von irgend welcher
Regelmäßigkeit nicht erhält.
Es sind ausgesprochene Frühschwärmer, die schon im März erscheinen
und unter günstigen Bedingungen auch in den höheren Regionen (14 — 1500 m)
eine doppelte Generation machen. Im Juli bis August fand Fuchs (1Q05)
Jungkäfer beim Einbohren; bis Ende September war die 2. Generation fertig.
Die Mutterkäfer waren meist tot im Brutraum; sie scheinen also weiterhin keine
Abb.. 304.511 Brutfraß von
Cryphalus abietis Rtzb. — N.
egg Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
hervorragende Rolle zu spielen. Der Reifungsfraß der Jungkäfer vollzieht sich
in der Umgebung der Puppenwiegen.
Mit Vorliebe befallen die beiden Crvphalus- krten Stangenholz (20 — 40 jährig)
und zwar meist zuerst in der oberen Region an den Astquirlen, von wo aus sie
allmählich nach unten gehen. Sie greifen aber auch noch ältere Stämme an
und andererseits auch junge Fichten von 8 — 12 und sogar ganz junge Pflanzen
von 2 — 6 Jahren (Ratzeburg), ebenso wurden sie in 6 — 12 jährigen Weymouths-
Kiefern gefunden. Häufig kommen sie vergesellschaftet mit anderen Borken-
käfern vor, wie poligraphus , palliatus, iypographus, micrographus^ chalcographus^
pusilhis usw.
Die forstliche Bedeutung der beiden YioSA^d-Cryphalus ist noch wenig
geklärt. Eichhoff hält sie für ebenso schädlich wie den Tannen- O;;)'/?/^«/«^.
Barbey schreibt ihnen eine geringere Bedeutung zu^ und Ratzeburg rechnet sie
zu den merklich schädlichen Insekten, besonders im Hinblick auf ihr Vorkommen
in jungen Pflanzen, die sie zweifellos abtöten, also als Kulturverderber,
In letzterem Fall wird die möglichst baldige Entfernung und Vernichtung
der befallenen Pflanzen als wirksamstes Mittel geboten sein.
Als Parasiten sind bis jetzt nur 3 Schlupfwespen gefunden: Eurytoma spec, Ptero-
malus eapitatus Forst, und navis R.
' "1 ' Dryocoetes autographus Rtzb.
Zottiger Fichtenborkenkäfer.
Braun, etwas glänzend, lang greisbehaart. Halsschild gleichmäßig gewölbt, mit reibeisen-
förmiger, nach hinten schwächer werdender Skulptur, nach hinten verengt, Flügeldecken an der
Basis breiter als der Halsschild, mit vortretenden Schultern, grob punktiert gestreift, Naht fast
eben, Streifen neben der Naht nicht vertieft (im Gegensatz zu den Laubholzarten vülosus und
alni s. oben S. 487). Absturz nicht ausgehöhlt (s. Abb. 236, H, S. 482).
Brütet fast ausschließlich an Fichte, selten an Weißtanne, Weymouths-
Kiefer und Lärche, Die geographische Verbreitung erstreckt sich über
ganz Europa von Spanien bis Sibirien.
Seine Fraßbilder (Abb. 305 A u. B) sind sehr unübersichtlich und ver-
worren. Sie bestehen aus kurzen (höchstens bis 6 cm) unregelmäßigen, gebogenen,
geschlängelten und spornförmigen , gewöhnlich längs oder schräg verlaufenden
Muttergängen, die verschiedentlich Erweiterungen oder Verzweigungen aufweisen.
Die Larvengänge sind, da die $? ihre Eier gruppenweise am Ende und in den
Verzweigungen ablegen, in ihren Anfängen nicht getrennt wahrnehmbar; sie sind
von unbestimmter Form, vielfach gezackt, geschlängelt und gebogen und laufen
wirr durcheinander. Dazu kommen meist dendritische Gänge des Reifungs-
fraßes der Jungkäfer, wodurch das Bild noch verworrener wird.
Die Generation ist wohl sicher doppelt. Fuchs (1907) fand ihn an
Holzlagerplätzen von Mitte bis Ende Mai m den Abendstunden und dann wieder
Mitte bis Ende Juli fleißig schwärmen. In warmen Südlagen schwärmt er beide
Male jedesmal 3 — 4 Wochen früher. Ende Juli kann man ihn wohl in allen
Stadien finden, jedoch vorwiegend bei Anlage der Brut. Da man im fertigen
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte.
599
Muttergang bei vorgeschrittener Brut sehr selten alte Käfer findet, so vermutet
Fuchs, daß das Durcheinander der Entwicklungszustände von zweiten Brüten
der Mutterkäfer herrührt.
Forstlich ist er trotz seiner großen
Häufigkeit nur von sehr untergeord-
neter Bedeutung, da er stark sekundär
ist und meist die Stämme erst dann an-
greift, wenn sie von anderen Borkenkäfern
bereits wieder verlassen sind. Mit Vor-
liebe befällt er ältere Stöcke oder den
unteren Teil alter stehender, abgestorbener
Fichten oder schon längere Zeit auf dem
Boden liegende Stämme. Ausnahmsweise
wurde er einmal von Nüßlin in der
unteren Partie von etwa 5 jährigen Fichten-
pfianzen, die oben von chalcographus an-
gegriffen waren, brütend angetroff"en.
N itsche stellt autographus zu den Wurzel-
Abb. 305. Brutfraß von Dryocoetes autographus Rtzb. — A Anfangsstadiuni. B Vollendeter
P'raß in Fichtenrinde. — Aus Koch.
brütern und zwar lediglich auf eine Anmerkung Judeichs hin (in den „Wald-
verderbern" 7. Aufl. S. 65): „Ähnlich {^\q ctmicularius \x^-^.) benagt j unge Fichten-
pflanzen auch BostT. aiäographcs'' . Da meines Wissens diese Angabe Judeichs
allein steht, so dürfte es sich vielleicht um einen Irrtum oder um eine ganz ver-
6oo
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rynchophora.
einzelte Erscheinung handeln, jedenfalls erscheint daraufhin allein die Stellung
des autographus zu den Wurzelbrütern nicht gerechtfertigt.
II. Vornehmlich in den Ästen und Zweigen oder in jungen Pflanzen
brütend.
Phthorophloeus spinulosus Rey. (Syn. Phth. rhododactylus Rtzb., nee. Marsh.).
An der aus drei deutlich getrennten Gliedern bestehenden Fühlerkeule leicht kenntlich.
Ein kleiner Hylesine (1,8—2,2 mm) schwarz, Kopf und Halsschild dunkelbraun, Fühler und
Beine zum größten Teil rot. Flügeldecken mit hohem
gekämmten Basalrand. Er hat eine gewisse Ähnlichkeit
mit Xylechinus (s. S. 479), doch ist er kleiner, aber
länger als dieser und die Fühler tragen eine größere Keule.
Kommt, wie es scheint, ausschließlich an
Fichte vor, besonders in Gebirgsgegenden von
Nord- und Mitteleuropa (besonders Deutschland,
Österreich, Rußland).
Das Fraßbild ist meist deutlich ausgeprägt.
Der Muttergang ist doppelarmig gegabelt. Die
Arme, von denen fast regelmäßig einer verkürzt
ist, verlaufen jedoch nicht quer sondern schräg,
indem sie von der kurzen Eingangsröhre in
spitzem Winkel auseinandergehen (Abb. 306).
Die Larvengänge, wenig zahlreich, gehen in un-
regelmäßigen Abständen von den Brutgängen ab
und sind größtenteils längsgerichtet; sie können
10 cm Länge erreichen. Eingangsröhre und
Muttergänge liegen im Splint, die Larvengänge
auch in der Rinde. Die Brutgänge können übrigens
starke Abweichungen zeigen (Abb. 307), indem
z. B. sich der eine Brutarm nochmals teilt und
so Neben- und Hauptarm abermals eine steile
Gabel bilden, ähnlich wie der Mittel- und End-
sproß eines Hirschgeweihes, wodurch der ganze
Gang einer Sechsender -Stange gleicht (Knotek
1897)-
Abb. 306. Fraß von Phthorophloeus Er brütet hauptsächlich in Fichtenästen
spinulosus Rey. - Aus Koch. ^^ur abgestorbenen?), oft in Gesellschaft des
Abb. 307. Anormale Gänge von Phthorophloeus spinulosus Rey. — Nach Knotek.
Ipi
(Scolytidae). — Rindenbrüter an Fichte.
6oi
Buprestiden Atitka.xia quadripunctata. Ob er forstlich schädlich werden und ob
er auch zum Absterben der Äste beitragen kann, darüber fehlen noch Beobach-
tungen.
' :;i!. Pityophthorus micrographus Gyll. (Syn. P. pityographus Rtzb.).
„Kleiner" oder „furchenflügliger Fichtenborkenkäfer."
Der winzige (i — 1,5 mm) Fichten-PifyophthorKS ist an dem etwas eckig vorgezogenen
Spitzenrand der Flügeldecken von den beiden obigen (S. 555), an Kiefern brütenden Arten gut
zu unterscheiden (s. auch Abb. 236g und 237a).
Der bevorzugte Brutbaum ist die Fichte; er kommt aber gelegentlich auch
an fast allen übrigen Koniferen vor, wie an der Tanne, den verschiedenen Kiefern,
an Lärche, Zeder, Tsuga canadensis und Pseudo-
tsuga Douglasii. Er ist über einen großen Teil
von Europa, von Spanien bis Skandinavien ver-
breitet.
Sein Fraßbild (Abb. 308) ist ein typi-
scher Sterngang, bei welchem von einer tief
in den Splint eingefressenen Rammelkammer
4 — 7 mehr oder weniger geschwungene, mit
weitläufig gestellten Eigrübchen (Gegensatz zu
chalcographus ! ) besetzte Muttergänge von nur
0,5 — 0,7 mm Breite und 2— 5 cm Länge aus-
gehen. Obgleich auch auf der Rinde deutlich
sichtbar, sind sie doch auch stets in das Holz
tief eingeschnitten und mit ganz scharfen Rändern
versehen. Die Muttergänge gehen gewöhnlich
nicht regelmäßig radspeichenartig auseinander,
sondern haben eine deutliche Neigung quer zur
Holzfaser zu laufen. Die Larvengänge, die eben-
falls, wenigstens teilweise, im Splint verlaufen,
stehen ziemlich weit voneinander entfernt und
folgen im allgemeinen der Längsrichtung, soweit sie Platz finden. Bei Platzmangel
schlagen sie natürlich auch eine andere Richtung ein, ja man sieht sie bisweilen
auch einmal direkt umkehren. Die Puppenlager sind längsgestellte Rindenwiegen.
Zur Unterscheidung vom chalcographus-Yxz&\>\\di beachte man vor allem die
tiefere Lage der Rammelkammer (das „Fehlen" der R.) bei chalcographus^ ferner
den mehr queren Verlauf der Muttergänge, ihre scharfen Ränder, ihre geringe
Breite, das tiefe Eingreifen in den Splint, und endlich die weitgestellten Larvengänge.
P. micrographus ist Spätschwärmer. Fuchs (1907) fand ihn im Kanker-
thal (Kärnten) stets im Mai sich einbohren und Brut anlegen, desgleichen wieder
beim selben Geschäft Ende Juli und anfangs August, so daß im September kleinere
oder größere Larven vorhanden waren. Die Mutterkäfer waren meist tot in den
Gängen. Fuchs glaubt aus diesen Befunden auf eine doppelte Generation
schließen zu dürfen. Nach Hennings (1908) ist micrographus sehr abhängig
Abb. 308. Brutfraß von Pityophthorus
micrographus Gyll. — Aus Koch.
6o2
Coleöptera.
Familienreihe: Rhynchophora.
von äußeren Einflüssen, so daß es unter Umständen nicht mehr zu einer vollen
2. Generation kommt.
Als Parasiten führt Kleine folgende Schlupfwespen an: Tychoporus spec., Pteromalus
■aeniuhis R.. f-aj/ifofus R., navis R., Spinolae R., Rhoptrocerus xylophagoriim R. — Ferner
sind folgende Käfer bei micrographus gefunden: Laeviojyhloeus ferrugineus St. und alternans
Er. und NciiidSoiiKt elongatum L,
Pityophthorus exsculptus Rtzb. (Syn. P. macro-
graphus Eichh. 1881).
Dem vorigen sehr nahestehend, aber noch länger und
schmäler: die Längsfurche am Flügeldeckenabsturz nach vorn bis
nahezu zur Mitte reichend (bei micrographus nur das letzte
Drittel einnehmend).
Ist fast immer nur in Fichte angetroffen, selten
in Kiefer. Bis jetzt in Deutschland, Österreich, Böhmen
und Frankreich gefunden.
So schwierig die Käfer von micrographus und
exsculptus auseinanderzuhalten sind, so leicht sind die
Fraßbilder zu unterscheiden. i) — Sie stellen bei
exsculptus Sterngänge mit längsgerichteten Muttergängen,
vielleicht richtiger mehrarmige (2 — 6) Längsgänge dar,
die von einer meist kreisrunden Rammelkammer aus-
gehen. Die Brutgänge, die eine Breite von 0,5 bis
0,75 m besitzen, können erstaunlich lang werden (bis
35 cm!) und greifen tief in den Splint ein (Abb. 309).
Die Larvengänge stehen sehr weit (i — 3 cm) von-
einander entfernt; gegen das Ende der Muttergänge
wachsen diese Entfernungen und das Ende des Mutter-
ganges ist völlig steril und meist schwach erweitert.
Die Larvengänge sind ziemlich lang (5 — 6 cm),
schlängeln sich im weitern Verlauf und sind an ihren
Enden oft erweitert. Die Puppenwiegen liegen meist
in der Rinde, selten im Splint. Die Jungkäfer fressen
einen Reifungsfraß schief durch die Rinde , seltener
labyrinthisch und den Splint furchend.
Über seine Biologie ist noch wenig bekannt.
Er ist viel seltener als der vorige und wird haupt-
sächlich in absterbenden Fichtenästen gefunden, oft zusammen mit Antliaxia
quadripwictata (Buprestide) oder mit Phthorophloeus spinulosus (s. oben S. 600).
IIL Am Stamm und an Ästen, meist als Raumparasit von anderen
Borkenkäfern.
Crypturgus pusillus Gyll.
Der winzige Fichten-Crypturgus (i mm) ist von dem oben (S. 556) besprochenen Kiefern-
Ciypturgus [cinereus) durch die glänzende, fast glatte, kaum behaarte Oberseite gut zu unter-
scheiden. Körper schwarz, die Flügeldecken braun oder die ganze Oberseite braun.
Abb. 309. Fraß von Pityoph-
thorus exsculptus Rtzb. —
Aus Koch.
'j Hervorragend schöne Abbildungen von Fraßbildern gibt Fuchs (1907, Tafel I).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbi
üter an Fichte.
603
Die über ganz Europa, südlich bis Algier, östlich bis Japan i^und auch in
Nordamerika) verbreitete Art lebt vor allem in Fichte, doch findet sie sich auch
in Tanne, Lärche und den verschiedenen Kiefernarten; Nüßlin fand sie „zahl-
reich unter der Rinde von Legföhren auf der Badener Höhe", 1000 m, Keller
(1910) in Arvenzweigen (zusammen mit Pit. qtiadridens) usw.
Über seine Lebensweise, Fraßfigur usw. ist das gleiche zu sagen wie bei
Cryptiirgus cinerens (s. S. 556), daß nämlich auch er mit Vorliebe die Bohrlöcher
und Gänge anderer Borkenkäfer benützt, um in die Borke zu gelangen und daß
das meist von den fremden Gängen ausgehende Brutbild ein unregelmäßiges Ge-
wirr von Brut- und Larvengängen darstellt (Abb. 310). Perris beschreibt das
Fraßbild als einen verhältnis-
mäßig breiten Längsgang ohne
Rammelkammer, von dem sehr
dicht gestellte, stark gewundene
Larvengänge abgehen; Barbe y
als einen „wagerechten der Rammel-
kammer entbehrenden Brutgang
und dicht nebeneinander laufende
gewundene', senkrechte Larven-
gänge". — Generationsverhältnisse
wie bei cinereus (doppelte Gene-
ration).
Er geht sowohl Stangen-
hölzer verschiedenen Alters als
auch ältere Bäume von mehr als
80 Jahren als auch jüngere
Pflanzen an. Die meisten Autoren
sehen ihn als forstlich unbedeu-
tend an. Ratzeburg rechnet
ihn dagegen zu den merklich
schädlichen Arten undHenschel,
der ihn auch als Nachzügler anderer Arten betrachtet, bemerkt: „Doch soll man
sich dadurch nicht täuschen lassen. Im Gebirge kommt sehr häufig das Ab-
sterben von 12 —15 jährigen Fichten auf sein Sündenregister und ist daher sein
Schaden durchaus nicht so unbedeutend, wie man seither anzunehmen pflegt."
Im allgemeinen aber dürfte für piisillus das gleiche gelten, was oben für cinereus
gesagt wurde, daß nämlich seine forstliche Bedeutung „nur gering ist, weil er
in den allermeisten Fällen andere, größere und wichtigere Borkenkäfer als Vor-
arbeiter hat; höchstens könnte er sich einmal an ganz jungen Pflanzen un-
angenehm bemerkbar machen" (Eichhoff).
Abb. 310. Fraß von Crypturgus pusillus GylL, aus-
gehend von den Muttergängen von Dryoc. autographus
Rtzb. — Aus Koch.
5o4 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Rindenbrüter an Tanne.
Bis vor ca. 20 Jahren kannte man nur zwei spezifische Tannenborkenkäfer:
den krummzähnigen {Ips curoidens Germ.) und den kleinen Tannenborkenkäfer
[Cryphalns piceae).
Um die Wende des Jahrhunderts wurde nun Ips curvidens auf Grund
morphologischer und biologischer Unterschiede in mehrere Arten aufgeteilt, so
daß wir heute drei selbständige krummzähnige Tannenborkenkäfer unterscheiden
müssen: Ips cuiuidens Germ., Vorontzowi Jakobson und spinidens Reitt. Wenn
auch die Unterschiede nicht groß sind, so sind sie doch konstant und berechtigen
um so mehr zu einer spezifischen Trennung, als auch das biologische Verhalten
Verschiedenheiten aufweist. Durch die Arbeiten von Jakobson (1895), Barg-
mann (1897), Reitter (1897), Knotek (1899a) und Fuchs (191 1) ist die
Artberechtigung der drei Formen über allen Zweifel gestellt, so daß heute die
drei Arten allgemein anerkannt sind.
Es kommen also für unser Faunengebiet folgende Arten in Betracht:
Als typische Tannenborkenkäfer:
IjjS curvidens Germ.
— Vorontzowi Jakobs.
— spinidens Reitt.
Gryjihalus piceae Rtzb.
Als gelegentliche Tannen bewohnen
Dendrontonus mdcmis Kugel. Hauptbrutbaum die Fichte.
Polygraphus poligraphus L. Fichte.
Crypturgus pusillus Gyll. Fichte.
Cryphalus abietis Rtzb. Kiefer.
Pityophthorus micrographus L. Fichte.
Pityogenes chalcographns L. Fichte.
— bidentatus Hbst. Kiefer.
Ips amitinus Eichh. Fichte.
— laricis F. Kiefer.
Dryocoetes aiiiograjihiis Rtzb. Fichte.
Ips curvidens Germ.
Der krummzähnige Tannenborkenkäfer.
Der bekannteste Vertreter der ,. Krummzähnigen'', hauptsächlich charakterisiert durch den
sehr langen und stark hakenförmig gekrümmten 2. Zahn der (^ und den senkrecht nach aufwärts
;nen ersten Zahn (Suturalzähnchen). 2,75 — 3,3 mm (Abb. 241 A, e u. 241 B, c).
Der gewöhnliche Brutbaum ist die Weißtanne und zwar in der so über-
wiegenden Mehrzahl der Fälle, daß er nur in Tannenwäldern wirklich als heimisch
anzusehen ist. Außerdem wurde er gelegentlich noch angetroffen in Abies Nord-
manniana^ Abies Pichta und balsamea^ ferner in der Lärche und der Libanonzeder
(Keller 1857), in der gemeinen Kiefer und Weymouthskiefer (Nördlinger 1864,
1870, Fuchs 19 13, S. 82). Er ist überall in Europa verbreitet, wo die Weiß-
tanne bestandsbildend vorkommt, also hauptsächlich in den Mittelgebirgen, wie im
Schwarzwald, Thüringer Wald, Frankenwald, in der Rauhen Alp, in den Vogesen,
im Erzgebirge usw.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Tanne. 605
Das Fraßbild ist sehr charakteristisch und kaum mit einem anderen zu
verwechseln. Der Muttergang besteht gewöhnlich aus einem doppelarmigen Quer-
gang mit einem mehr oder weniger langen Eingangsstiel. Die beiden Brutgänge
werden, wie es scheint von einem $ genagt. Häufig wird von einem 2. Weibchen
von demselben Einbohrloch aus ein zweiter eben-
solcher Fraßgang nach unten gefressen, so daß
jene eigentümlichen „Doppelklammern" entstehen.
In diesem Falle befinden sich in dem Fraßbild
nach mehrfachen Beobachtungen von Nüßlin
2 ? und I d"; es wird also von einer bigamen
Familie hergestellt (Abb. 311). Eine Rammel- Abb. 311. Ganz junges Brutbild von
. Ips curvidens Geim., zwei begonnene
kammer ist zwar auf der Innenseite der Rinde doppelarmige Wagegänge mit je i 5
meist nicht sichtbar, doch ist eine solche nach hängenl mit ihren Eingangsröhren
„,,,.„, 1 o 1 • 1. / \ . . (Stielen) zusammen. Nat. Gr. —
Wachtl (1895) und Scheidter • (1920) stets Aus Nüßlm.
vorhanden; in am meisten bevorzugten stark-
borkigen Stämmen liegt sie radial zum Stammquerschnitt, in dünnberindeten Stämmen
dagegen ist sie auf der Splint- oder Bastseite deutlich zu erkennen (Abb. 312).
Nicht immer tritt das Fraßbild in der geschilderten Form auf, ja in den
meisten Fällen zeigt es größere oder kleinere Abweichungen davon. Einmal
kann die Länge und der Verlauf der Brutarme sehr verschieden sein, schräg
gestellt, gebogen, geknickt oder gegabelt; der eine Arm kann ferner viel kürzer
sein als der andere, oder kann auch ganz fehlen (Abb. 313). Auch der Ein-
gangsstiel kann von recht verschiedener Länge und sogar bis auf einen ganz
kleinen Rest reduziert sein, in welchem Falle das Bild einem typischen Sterngang
nahekommt. Endlich kann auch die Zahl der Arme stark schwanken und bis 10
gehen, wobei die Brutarme etagenförmig unter- und übereinander stehen (s. Abb. B
bei Wachtl 1895). Bei sehr dichtem Befall wird der Verlauf der einzelnen
Fraßbilder so atypisch, daß es schwer fällt die Grundform zu erkennen (Abb. 314).
Die ziemlich dicht aneinander gereihten Larvengänge verlaufen in der
Längsrichtung nach oben und unten, sind bei genügendem Raum nur wenig, im
andern Fall jedoch sehr stark geschlängelt oder gewunden und erreichen eine
Länge von 6 — 7 cm.
Sowohl Mutter- als Larvengänge verlaufen im Bast und Rindenkörper und
greifen meist nur oberflächlich in den Splint ein, und zwar erstere mehr als
letztere. Zur Verpuppung fressen sich die Larven meistens tiefer, ungefähr
3 — 4, aber auch bis zu 8 und 10 mm (Scheidter) in den Splint ein, um dort,
also ganz im Holz, in der Längsrichtung des Stammes ihre kleinen Puppenwiegen
anzulegen (Abb. 315); das zu den Puppenwiegen führende Bohrloch wird mit feinen
Bohrspänen verstopft. In diesem Falle findet man unter der Rinde keine Puppen-
wiegen, sondern am Ende der Larvengänge auf dem Splint nur kleine, weißliche,
punktförmige Erhöhungen (eben jene Bohrmehlpfropfen) von kaum i mm Durch-
messer; entfernt man diese, so sieht man darunter das kleine Einbohrloch, das
zur versteckten Puppenwiege führt. Oft liegen aber auch, besonders im starkborkigen
unteren Stammteil, die Puppenwiegen im Bast oder nur oberflächlich im Splint.
5o6 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Ips curvidetts gehört zu den Frühschwärmern^ der bei besonders
günstiger Witterung und Lage schon Mitte März zu schwärmen beginnt (Barg-
mann 1897). Im Durchschnitt findet der Anflug anfangs bis Mitte April statt,
Abb. 312. Sehr dünn berindetes Gipfelstück einer "Weißtanne mit zahlreichen Muttergängen und
deutlich, sichtbaren Rammelkammern von Ips curvidens Germ. — Aus Scheidter.
er kann aber bei sehr ungünstiger Witterung auch erst in den ersten Wochen
des Mai geschehen (Hennings, 1908, gibt den 10, Mai als Beobachtungstag an!).
Es geht daraus die starke Abhängigkeit der Schwärmzeit von Temperatur und
Witterung deutlich hervor. Die Embryonalentwicklung dauert ca. 13, das Larven-
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Tanne.
607
und Puppenstadium je 17—21 Tage, dazu kommt noch die Zeit des Reifungs-
fraßes, die Hennings auf 20 Tage angibt, so daß die Gesamtentwicklung
ca. 9 Wochen währt. Im Juli schreiten die Jungkäfer der i. Generation zu
neuen Brüten. Unter besonders günstigen Bedingungen soll es noch zu einer
3. Generation kommen (Bargmann 1897, Kahlich 1865). Neben der 2. Gene-
ration scheinen gelegentlich auch Geschwisterbruten (zweite Brüten der alten
Mutterkäfer) vorzukommen (Hennings 1. c. S. 227).
Curvidens ist der häufigste und gefährlichste Feind der Weißtanne.
Wo diese in reinen, ungemischten Beständen vorkommt, ist auch er zu finden.
Mit Vorliebe befällt er alte Tannen mit starker Borke, doch auch in schwächeren
Sortimenten ist er gelegentlich anzutrefien. Sein Anflug erfolgt fast ausschließlich.
Abb. 313. Brutfraß von Ips curvidens Germ. ^Muttergänge mit teilweise begonnenen Larven-
gängen. Nat. Gr. — Aus Nüßlin.
in den Gipfelpartien, von wo er nach unten fortschreitet. Bei starker Ver-
mehrung findet man die Stämme von oben bis zu den Wurzelanläufen so dicht
von seinen Gängen besetzt und durchwühlt, daß fast keine unbefressene Stelle
auf dem Splint zu finden ist. In erster Linie befällt er Randbäumq, größere
Lücken in Beständen und greift von hier aus weiter. Die von ihm im Frühjahr
beim i. Anflug befallenen Stämme verraten schon nach wenigen Wochen seine
Anwesenheit durch Gelb- und Rotwerden der Nadeln; die im Sommer und Herbst
befallenen Stämme behalten längere Zeit ihre grüne Krone.
Wenn curvidens auch, wie fast alle Borkenkäfer, sekundär ist, so wird er
bei stärkerer Vermehrung doch leicht primär, und geht dann die wüchsigsten
und gesündesten Bäume an, die er zum Eingehen bringt. Allerdings wird er
6o8
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
beim Angriff auf gesunde Bäume anfänglich durch das ausfließende Harz zurück-
geschlagen; doch werden die Bäume durch wiederholten Angriff allmählich so
geschwächt, daß sie ihm schließlich doch zum Opfer fallen. Das austretende Harz
Abb. 314. Innenseite der Rinde eines von Ips curvidens Germ, stark befallenen Weißtannen-
stammes. Muttergänge weichen von der normalen Form vielfach bedeutend ab. — Aus Scheidter.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Tanne.
609
vertrocknet außerhalb in kleinen, weißen Tropfen, und bei stärkerem und wieder-
holtem Angriff sind solche Tannen dann meist von oben bis unten dicht mit
diesen weißlichen Harztröpfchen bedeckt, so daß sie wie mit Kalk bespritzt er-
scheinen. Auf der Innenseite der Rinde entstehen dann an den Einbohrstellen
kleine, bräunliche Flecke (Scheid ter 1920).
Wenn die Schäden, die curvidens in Tannenwaldungen verursacht, auch
bei weitem nicht an die großen Verheerungen des lypographus in Fichten-
waldungen heranreichen, so sind sie doch empfindlich genug. Fälle, in denen
tausende von den schönsten
Stämmen durch ihn (meist
in Zusammenarbeit mit Cry-
phalus piceaej zum Absterben
gebracht wurden, sind häufig
genug (vgl. z. B. Kaiich 1865).
Beim sogenannten „Tannen-
sterben'% das sich in ver-
schiedenen großen Tannen-
gebieten bemerkbar macht,
und dessen primäre Ursachen
noch nicht mit Sicherheit er-
kannt sind (s. S. 403), ist cur-
videns eine regelmäßigeBegleit-
erscheinung (Scheidter 191g).
Die Bekämpfung ist
wie bei typograt>hus (s. oben
S. 586) durchzuführen. Sie
hat in der Hauptsache in
der rechtzeitigen Entfernung
der besetzten stehenden
Stämme und in ausreichen-
der Darbietung von Fang-
bäumen zu bestehen. Wann
die Fangbäume zu werfen
sind, richtet sich, wie bei
typogratihns^ nach den Witte-
rungsverhältnissen bezw. nach
der Entwicklungsdauer der einzelnen Generationen, die genau zu verfolgen ist. Die
I. Hauptserie wird spätestens anfangs April, die 2. bis Mitte Juni zu werfen sein,
und eventl. noch eine 3. Mitte September. Dazwischen sind noch für Vor- und
Nachzügler und für Geschwisterbruten Fangbäume in mäßiger Zahl bereitzuhalten.
Da die Puppenwiegen zum größten Teil im Holz liegen, so ist Haupt-
bedingung für eine wirksame Bekämpfung, daß die Entrindung der Fang-
bäume vorgenommen wird, bevor die Larven sich zur Verpuppung in
den Splint begeben. Sollte trotzdem einmal die rechtzeitige Entrindung ver-
£sch er ich , Forstinsekten. II. Bd. 39
Abb. 315. Zahlreiche ungefähr 5 — 7 mm tief im Sphnt
liegende Puppenwiegen von Ips curvidens Germ. —
Aus Scheidter.
6io
Coleoptera. — 7. Familienteihe: Rhynchophora.
nach, innen gebogen, fast gerade, dick.
Säumt worden sein, so sind unverzüglich neben den so vernachlässigten Fang-
bäumen eine entsprechende Zahl weiterer Stämme zu fällen, damit die aus ihnen
ausfliegenden Jurgkäfer sich sogleich in diese einbohren können (s. Scheidter
1920).
An Parasiten führt Kleine (1909) nur die 2 Schlupfwespen Conostigmus pusillus
Rtzb. und Ehoptrocerus xylophagorum. Rtzb. an.
Ips Vcrontzowi Jakobs.
Dem vorigen sehr ähnlich, aber kleiner (2 — 2,5 ^^) ""^i durch die verschiedene Zahn-
bildung am Flügeldeckenabsturz von ihm gut zu unterscheiden. Der große 2. Zahn kaum
walzig, die Spitze abgestumpft oder abgeschrägt; der
I. Zahn (Suturalzähnchen) nicht ganz senkrecht auf-
gerichtet, sondern mehr schräg nach oben und hinten
gerichtet. Vermutlich handelt es sich bei dem von
Eichhoff als var. (von ciirvidens) bezeichneten Tieie
(,',Körper um die Hälfte oder ein Drittel kleiner") um
Vorontxowi ., ebenso bei den von Reitter in der
I. Aufl. seiner Bestimmungstabelle (1894) genannten
,, Hungertieren des curvidens^ welche ihm vorzüglich
aus der Wiener Gegend vorlagen". In einer 3 Jahre
später erschienenen Arbeit (1897) und in seiner Fauna
germanica erkennt Reitter Vorontxowi als selb-
ständige Art an.
Die geographische Verbreitung
scheint nach den bisherigen Befunden der
von curvidens nicht viel nachzustehen. Bis
jetzt ist Vorontzoiüi bekannt aus dem Elsaß,
Baden, Österreich, Böhmen, Schlesien, Rußland
und Bosnien.
Biologisch verhält sich Voronizowi
gegenüber cwvidens in einigen Punkten ver-
schieden: so bevorzugt er im Gegensatz zu
letzterem die oberen Wipfelpartien und Äste
(bis 2 cm Stärke), also glattrindiges Material.
Es bestehen also in dieser Beziehung ähnliche
Verhältnisse zwischen den beiden wie zwischen
dem großen und kleinen Waldgärtner. Und
sodann stellt das Voron/zowt-F tsl Eihild ge-
wöhnlich einen typischen Sterngang mit stets
deutlicher Rammelkammer dar (Abb. 316).
„Die einzelnen Arme, verhältnismäßig sehr breit und tief im Splint angelegt,
gehen in einer Anzahl von 3 — 9 Stück anfänglich radspeichenförmig von der
geräumigen Rammelkammer aus, nehmen dann aber bald Querrichtung an, ins-
besondere in schwachem Astholz. Ihre Länge beträgt 2—3 cm, ausnahmsweise
bis 5 cm. Die Stellung der Arme erinnert an F. chalcographus, während sie durch
ihre Tiefe und die der Rammelkammer denen des P. micrographus näherstehen,
aber immer derber und knorriger erscheinen. Auch die Einischen zeichnen sich
durch die für den kleinen Käfer unverhältnismäßige Größe aus und sind dicht
eine an der andern angelegt" (Knotek il
Abb. 316. Brutfraß von Ips Vorontzowi
Jakobs. Unten ein fünfstrahliges Brut-
bild. Muttergänge in langer Ausdehnung
um den Ast herumlaufend. — Aus Nüßlin.
Ipidae (Scolytidae).
Rindenbrüter an Tanne.
6ii
.' ?..-vIpS spinidens Rttr. (Syn. Tomicus helerodon Wachtl 1895).
Durchschnittlich etwas größer als Vorontxotci (2,3 — 3,5 mm) und vor allem durch die
horizontale Stellung des Suturalzähnchens, das in der gleichen Flucht, wie die anderen Absturz-
zähne stehen, gelegen ist, von diesem sowie von ciirvidens zu unterscheiden.
Diese Art wurde 1894 von Reitter aus dem Kaukasus beschrieben, aber
nach dessen Angaben auch in Mähren, Böhmen und Siebenbürgen gefunden.
Wachtl (1895) beschreibt die gleiche Art unter dem Namen heierodoti aus
Niederösterreich. Knotek kennt ihn aus Bosnien, Nüsslin stellte ihn in Baden
und Bargmann in den Vogesen fest. Seine Verbreitung dürfte demnach die
gleiche sein wie die seiner Verwandten.
Über die Biologie ist noch nicht allzuviel bekannt. Nach Bargüiann
befällt spinidejis wie der vorige vorwiegend die oberen Stammteile, steigt jedoch
zuweilen auch tiefer am Stamm herab. Er fertigt „echte Sterngänge an mit
einer geräumigen Rammelkammer, von der die sehr langen (bis 10 cm) Brut-
arme radspeichenartig ausgehen, die längsgerichteten viel häufiger sich knicken
und die Querrichtung einnehmen. Im Verhältnis zur Länge und zur Größe des
Käfers erscheinen sie schmal; sie sind tief in den Splint eingeschnitten."
(Knotek 1899.)
Cryphalus piceae Rtzb.
Der kleine Tannenborkenkäfer.
An seiner Kleinheit ^ 1,1 — 1,8 mm), dem stark gewölbtem Halsschild mit dem groben
Höckerfleck leicht zu erkennen. Braun, greisbehaart; Flügeldecken gewöhnlich heller, undeutlich,
kaum sichtbar punktiert.
Sein Brutbaum ist fast ausschließlich die Tanne, nur ganz ausnahms-
weise wurde er an anderen Koniferen gefunden, an Kiefer, Fichte (Nörd-
linger), Lärche (Henschel 1878) und Thuja. Seine geographische Ver-
breitung fällt wie bei ciirvidens, mit
dem er oft gemeinsam vorkommt, mit
der der Weißtanne zusammen. Vertikal
scheint er etwas höher zu gehen.
Bargmann fand ihn in den Vogesen
(an Fangbäumen) mit 41% seines
Gesamtvorkommens in Höhen zwischen
800 und 1000 m.
Cr. piceae macht wie der Fichten -
Cryphalus (s. oben S. 597) unregelmäßige,
platzartige, mit verschiedenen Er-
weiterungen und Ausbuchtungen ver-
sehene Muttergänge, die zum größten
Teil im Bast liegen und sich auf dem
Splint nur wenig abzeichnen. Besondere
Einischen werden nicht genagt, sondern
die Eier haufenweise (20-40 Stück) lose f^ ^i?- Muttergang von Cryphalus piceae
^ ^ -' Rtzb. mit Eiern. Ca. "/^ nat. Gr. — Aus
in den Muttergängen abgelegt (Abb. 317). Scheidter.
39*
6l2
Coleoptera.
". Familienreihe: Rhynchophora.
Die Larven fressen vom Rand des Mutterganges weg nach allen Seiten hin
strahlenförmig verlaufende, mehr oder weniger gewundene Gänge, die zum größten
Teil im Bast liegen (Abb. 319). Am Ende der Larvengänge verfertigen die
Larven eine kleine, stets in der Längsachse des Stammes gelegene Puppenwiege,
die etwas tiefer in den Splint eingreift, aber nicht wie bei curvidens im Holz
gelegen ist. Bei starkem Befall kreuzen sich die Larvengänge vielfach und laufen
wirr durcheinander, den ganzen Bast durchwühlend; in solchen Fällen J findet
Abb. 318. Zahlreiche Muttergänge von Ciyphalus piceac Abb. 319. Brutfraß von CryphaluL
Rtzb. auf der Splintseite einer sehr stark besetzten Tannen- piceae Rtzb. auf der Innenseite der
Stange. Nat. Gr. — Aus Scheidter. Rinde. Nat. Gr. — Aus Scheidter.
man kaum i qcm unbefressene Bastschicht und die Rinde läßt sich dann leicht
in größeren Stücken vom Stamm ablösen.
Der kleine Tannenborkenkäfer ist ein Frühschwärmer, der je nach Lage
und Witterung das i. Mal schon im März und April, das 2. Mal ungefähr im
Juni schwärmt. Ungünstige Witterung kann den i. Anflug allerdings stark
zurückhalten. Beobachtete doch Hennings (1908) bei Karlsruhe das i. Schwärmen
erst am 13. Mai und im Schwarzwald gar erst am 20. Mai, im ersten Fall voll-
erwachsene Larven am 10. Juni, im 2. Fall erst am 15. Juli. Bei Karlsruhe
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Tanne. 613
vergingen also vom Einbohren bis zur Verpuppung 4 Wochen, im Schwarzwald
gerade die doppelte Zeit, ein Beweis, wie sehr Cr. piceae in seiner Entwicklung
von der Witterung abhängig ist. Die Generation wird wohl in den meisten
Fällen eine doppelte sein, möglicherweise kann es auch noch zu einer 3. kommen.
Scheidter (1920), der den Käfer im Frankenwald gründlich zu beobachten
Gelegenheit hatte, fand dort im September in den Stämmen fast überall Jung-
käfer, die zum Teil schon ausgeflogen waren; nur ein geringer Prozentsatz war
noch im Larven- und Puppenstadium.
Er befällt am liebsten dünnrindiges Material, also Krone und Äste älterer
Bäume und vor allem Stangenholz; im Gegensatz hierzu behauptet allerdings
Barbey, daß er „alten Bäumen von großen Dimensionen den Vorzug vor den
jungen, rasch wachsenden Stangen gibt". Jedenfalls beginnt in alten Beständen
sein Angriff stets in den oberen dünnberindeten Gipfelpartien und stärkeren
Ästen, und schreitet von da nach unten zu fort.
Auf felsigem nahrungsarmen Boden stehende Tannenwälder behagen ihm
besonders, vor allem auf Südostabhängen. In erster Linie fallen ihm kränkliche
Tannen, welche von der Mistel befallen sind oder aus irgend einem anderen
Grund zum Absterben neigen, sowie diejenigen, deren Gipfel abgebrochen, oder
die anormales Wachstum zeigen, verwundet oder mit Efeu überzogen sind,
zum Opfer (Barbey). Sehr gern befällt er auch die im Bestände und auf den
Hiebsflächen liegengelassenen Gipfelstücke, Bei starker Vermehrung geht er aber,
wie curvidens, auch an vollkommen gesunde Stämme, die er allein oder im
Verein mit curvidetis (zu dem oft noch Pissodes piceae tritt) zum Absterben bringt.
Im allgemeinen gehen nach Scheidters Beobachtungen die von piceae befallenen
Stämme langsamer ein als die von curvidens besetzten. Sie behalten viel länger
die Nadeln, an denen sich zuerst eine leichte Verfärbung zeigt, bis sie später
gelb und dann allmählich braun werden und schließlich abfallen. Häufig findet man
noch teilweise grüne Stämme, die schon fast fertige Käfer in den Gängen aufweisen.
Forstlich ist er zu den sehr schädlichen Insekten zu rechnen, der für
die Tannenwälder mindestens ebenso gefährlich ist wie curvide?is, besonders für
die im Stangenholzalter befindlichen Bestände. Nach Scheidter findet er sich
weniger in Nestern (horstweise) als vielmehr in einzelnen Stämmen, meist aber
dann über den ganzen Bestand verteilt. Der genannte Autor hält ihn jedenfalls
für einen nicht gering zu nehmenden Schädling, ja, er ist der Überzeugung, daß
er schädlicher als cmvidens werden kann.
Der erste bekanntgewordene größere piceae-Yx2& (in Verbindung mit curvidcjii)
ist von Riegel (1856) aus Württemberg beschrieben. Die Bemerkung von
Kaiich (1865), daß Bostrichus abietis in Schemnitz 1863 häufig an jungen
Tannenbeständen aufgetreten sei, bezieht sich offenbar auf unseren Käfer.
Schwere Beschuldigungen gegen ihn erhebt auch Eich hoff, welcher ihn 1872 in
den Vogesen als sehr schädlich kennen lernte und ihn gleichwie neuerdings
Scheidter als den schädlicheren der beiden Tannenborkenkäfer anzusehen
geneigt ist. In letzter Zeit ist er im Frankenwald (Bayern) recht schädlich und
hartnäckig aufgetreten, worüber Scheidter mehrfach berichtet (1919 u. 1920).
6 14 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Bekämpfung ist die gleiche wie bei curvidens: Entfernen bezw. Un-
schädlichmachung der besetzten stehenden Stämme und Werfen von Fangbäumen.
Als Fangmaterial sind als besonders geeignet Stangen zu werfen; auch die bei
den Haupt- und Durchforstungshieben anfallenden Gipfelstücke und stärkeren
Äste üben eine große Anziehung auf piceae aus. Man soll sie deshalb bei An-
wesenheit des Käfers im Walde längere Zeit liegen lassen, bis sie mit Brut
besetzt sind, und dann rechtzeitig verbrennen. Ebenso ist die bei der Entrindung
der Fangbäurae anfallende Rinde zu verbrennen, da viele Mutterkäfer oder
schon entwickelte Jungkäfer in ihr haften bleiben. Die r. Fangbaumserie muß
bereits anfangs März geworfen sein, die 2. im Mai, und event. noch eine
3. im Herbst. Auch hier ist es, wie bei typographiis und curvidens von großer
Wichtigkeit, daß der Wirtschafter bezw. sein Personal über die Entwicklung des
Schädlings fortwährend durch Kontrollbäume auf dem laufenden gehalten ist und
darnach seinen Plan zur Bekämpfung aufstellt. Scheidter macht auch darauf
aufmerksam, daß „die Abgabe der mit Brut besetzten Gipfelstücke an die
Bevölkerung nicht zu empfehlen ist, selbst wenn ihr die Auflage gemacht würde,
das Material sogleich zu verbrennen. Denn in der Regel geschieht es ja doch
nicht und so würden auf diese Weise die Käfer nur weiter verschleppt und ver-
breitet werden."
Als Parasiten gibt Kleine nur i Schlupfwespe: Rhoptrocerus xylo-
phagorum an.
Rindenbrüter an Lärche.
Bis heute kennen wir nur 2 typische Lärchenborkenkäfer: Ips cembtae
Heer und Cryphalus intermedius Fern, von denen der erste auch erst seit etwa
I Dezennium als typisches Lärchentier erkannt wurde.
Dagegen ist eine ganze Reihe anderen Baumarten angepaßter Arten ge-
legentlich auch auf Lärche gefunden worden; es sind dies: Myelophilus pini-
perda L, (Kiefer), Xylechinus pilosus (Fichte), Crypturgus pusillus (Fichte), Cryphalus
piceae (Tanne), Piiyophthorm glabraius (Kiefer), micrographus (Fichte), Piiyogenes
chalcographus (Fichte), bidendatus (Kiefer), bistridetitatus (Kiefer), Ips typogtaphus
(Fichte), iaricis (Kiefer), curvidens (Tanne) und spinidens (Tanne).
/' ?frv Ips cembrae Heer.
Der große Lärchenborkenkäfer.
Während man lange Zeit die in Lärche und Arve brütenden Borkenkäfer für eine Art
gehalten hat, haben Keller (1910) und Fuchs (1913) gezeigt, daß die auf den genannten
beiden Baumarten vorkommenden Tiere verschieden sind. Letzterer hat ferner dargetan, daß es
sich um 2 spezifisch zu trennende Formen handelt, von denen das Lärchentier dem Heerschen
cemhrae entspricht, während das Arventier zum Formenkreis des atnitinus gehört (s. oben
S. 538).') — Daß Heer für seinen cembi'ae die Arve als Brutbaum angibt, rührt wohl daher,
daß diese Art auch gelegentlich auf Arve vorkommt, und daß er in der Folge die Lärchen- und
Arventiere, die sich ja sehr nahestehen, nicht voneinander getrennt hat.
^) Auch der ausgezeichnete, leider so früh verstorbene Borkenkäferforscher Tr^dl schreibt,
alle angeblichen amitimts, die aus Lärche stammen, sich als cembrae erwiesen haben.
Ipidae (Scolytidae). — Rindeiibiüter^an^Lärche.
615
Wir schließen uns dem Standpunkt von Fuchs an und beiiehen den vorzüglich auf
T.ärche vorkommenden Ips auf cembrae Heer. Derselbe unterscheidet sich von dem ihm am
Abb. 320. Brutfraß von Ips cembrae Heer in Lärchenrinde. Verkl. — Original (phot. SeifFj.
nächsten stehenden amiiiims hauptsächlich durch seine größere Gestalt (5,5 mm, mnitimis nur
4 mm), seine rechteckige, nach hinten nicht verschmälerte Form, durch das Fehlen des Stirn-
höckers beim J, und durch den Bau der Fühlerkeule, deren Nähte zur Spitze vorgezogen sind.
5i6 ColeQptera. — ". Farnilienreihe : Rhynchophora.
Der Hauptbrutbaum von Ips cembrae (in unserem Sinn) ist die Lärche.
Daneben kommt er auch auf Arve (Scheidter), Kieter (Fuchs) und Fichte vor
(Nechleba 1923 u. Fuchs).
Die Angaben über seine Verbreitung sind nach der Fuchs'schen Definition
der Art zu revidieren: in den Alpen ist er weit verbreitet und geht vertikal bis
zur Lärchengrenze; Barbey fand ihn noch bei 2300 m. Nach Nechleba tritt
er seit einigen Jahren in Pürglitz in Böhmen schädlich auf.
Das Fraßbild (Abb. 320) stellt gewöhnlich einen 3- und mehrarmigen
Sterngang dar (ganz ähnlich dem von ainithitis)] seltener sind ein- und doppel-
armige Formen. Die Gänge sind, wo sie Platz haben, mitunter von bedeutender
Länge und verlaufen oft im Bogen. Bei sehr dichtem Besatz werden die Formen
durch Ausweichen, Unterdrückung usw. sehr unregelmäßig; auch kommt es in
solchen Fällen nicht selten zu Verbindungen benachbarter Gangsysteme. Mutter-
gänge und Rammelkammer sind stets gut ausgescheuert. Luftlöcher fehlen oder sind
nur in geringer Zahl vorhanden. Die Larvengänge stehen, wo sie sich entfalten
können, sehr dicht und sind wenig geschlängelt. Sie liegen, wie auch die Brut-
gänge, größtenteils in der Rinde, ebenso wie die Puppenwiegen. Sowohl Rege-
nerationsfraß (entweder als sterile Fortsetzung des Mutterganges oder als Aus-
sackungen seiner Enden), als auch Reifungsfraß (Erweiterung der Puppenwiegen
oder dendritische, teilweise den Splint tief furchende Gänge) läßt sich bei vollendeten
Fraßbildern meist feststellen.
Die Generationsverhältnisse sind noch nicht völlig geklärt. Keller (19 10),
dem wir die eingehendsten Beobachtungen verdanken, nimmt einjährige Gene-
ration an, jedoch eine 2. Brut der Mutterkäfer, die eine doppelte Generation
vortäuschen kann. „Die erste Brutperiode fällt nach ihrem Beginn in den An-
fang Juni, sie liefert im September ausgereifte Käfer, die überwintern. Die
2. Brutperiode (Geschwisterbrut) beginnt Ende Juli oder anfangs August und
liefert bis zum Winter ausgewachsene Larven, teilweise auch Puppen."
Ips cembrae gehört zu den gemeinsten und gefährlichsten Feinden der
Lärchenwälder, vor allem in den Alpen. Doch trat er in neuer Zeit auch in
Böhmen in den Pürglitzer Waldungen recht schädlich auf. Es sind ihm da nach
Nechleba (1923) in den letzten zehn Jahren 500 fm zum Opfer gefallen. Der
ungünstige Standort 1), vorhergegangener Nonnen- und Mottenfraß dürften (im
Verein mit Dürre) die Bestände für den Borkenkäferangriff vorbereitet haben.
Ganz gesunde Lärchen auf halbwegs günstigem Standort blieben größtenteils ver-
schont. Auch die Fichten wurden in den Pürglitzer Waldungen angegangen,
jedoch nur sporadisch und nur durch Nonnenfraß stark geschädigte,
" "■■■'■ Cryphalus intermedius Ferr
Der kleine Lärchenborkenkäfer.
An der Kleinheit (2 mm), dem gewölbten Halsschild mit dem auffallenden Höckerfleck
leicht zu erkennen. Flügeldecken höchstens i^l^maX so lang als zusammen breit, Punktstreifen
fein aber deutlich. Pechbraun (s. Tab. S. 481).
') Die Lärche wurde dort vor ca. loo Jahren als vermeintlicher Bodenverbesserer und
Mehrer sowohl des Massen- als des Geldertrages an Stelle des früheren autochthonen Laub-
holzes im großen eingebracht.
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrütei- an Tanne.
617
Er brütet wohl fast ausschließlich in Lärche; ob er, wie Ferrari angibt,
auch auf Kiefern vorkommt, erscheint sehr zweifelhaft. Er scheint ein aus-
gesprochenes Hochgebirgstier zu sein, das hauptsächlich in den Alpen Österreichs,
Kärntens, Tirols und der Schweiz zu Hause ist. Hinter die von Trcdl noch an-
gegebenen Fundorte: Italien, Hessen
und Oldenburg darf wohl ein Frage-
zeichen gesetzt werden.
Der Lärchen- Cryphalus frißt
(wie seine Verwandten auf Kiefer
und Fichte) „einen kleinen, unregel-
mäßigen Platzgang in der Rinde
(Abb. 321), welcher auf dem Splint
gewöhnlich nur ganz wenig sichtbar
ist. Die Larven fressen wirr durch-
einander und verwandeln bei starker
Besetzung die ganze Kambialschicht
in pulverförmiges Bohrmehl, so
daß auch die Muttergänge manch-
mal schwer erkennbar sind. Die
Puppenwiegen sind auch im Splint
deutlich markiert. Insbesondere in
schwächerem Material, an Astwinkeln"
(Koch).
Bezüglich der Generations-
frage bedarf es noch genauerer
Beobachtungen, um mit Sicherheit
sagen zu können, ob die Generation
einfach oder doppelt ist. Fuchs
(1907, S. 48) beobachtete im Juli,
August das frische Einbohren und
fand in denselben Fraßstücken im
, Oktober lauter ausgebildete, schwarze
Käfer. Die alten Mutterkäfer traf er
im Oktober meist tot im Brutraum
vor. Diese Beobachtung läßt wohl auf
eine doppelte Generation schließen,
weil die jungen Herbstkäfer überwintern und vermutlich , ähnlich den übrigen
Gattungsgenossen, zeitlich im Frühjahr schwärmen. Die junge Frühjahrsbrut kann
bis Juli gut ausgebildet sein und im August neue Brüten anlegen, die bis zum
Oktober fertige Käfer geben (Tredl 1908).
Tredl(i9o8) fand den Käfer in (vom Schnee und Wind) geworfenen Lärchen
und zwar in den 4 — 10 cm starken Gipfelpartien, insbesondere in der Nähe der
Astquirl und auch in einzelnen starken Ästen. Er kommt aber wohl auch (wie
seine Verwandten auf Fichte und Kiefer) in stehenden lebenden Bäumen vor.
Abb. 321. Brutfraß von Cryphalus intermedius
Ferr. an Lärche (SpHnt). Nat. Gr. — Aus Koch
(phot. Scheidter).
6ii
Coleoptera.
7. Familienreihe: Rhynchophora.
Rindenbrüter an Juniperus (Wactiolder) und Thuja (Lebensbaum).
In unserem Faunengebiet tritt an den genannten Cupressaceen eine
Hylesine auf:
/ •'•'Phloeosinus thujae Perris.
Ein kleiner Hylesine, von 1,5 — 2 mm, pechschwarz, gelblich behaart mit hellbraunen
Fühlern und Tarsen. Von Hylesinus usw. durch die am Innenrand tief ausgeschnittenen Augen
leicht zu unterscheiden. Auch seine Fühler mit nur einseitig durch 2 Einschnitte 3 geteilter Keule
macht ihn leicht erkenntlich (s. Tab. S. 474 u. 479).
Die Art gehört dem südlichen Europa an, kommt aber auch bei uns nicht
selten vor, vor allem in Wacholder und in Thujen. Bugnion (1887) fand
,sie auch in Sequoia giga7itea.
Der Mutterkäfer macht kurze,
doppelarmige Längsgänge (von
2 — 4 cm), die von einer kleinen,
schrägen, oft hakenförmigen, mehr
oder weniger weiten Aushöhlung
(Rammelkammer?) ausgehen (Abb.
322) und gewöhnlich tief im Splint
eingeschnitten sind. Die Larven-
gänge gehen anfangs senkrecht vom
Muttergang ab, wenden sich aber
nach kurzem Verlauf auf- und ab-
wärts und beginnen sich bald zu
drängen und durcheinander zu
laufen. Die Larvengänge befinden
sich größtenteils in der Rinde. Zur
Verpuppung jedoch dringen die
Larven meist senkrecht ins Holz
ein (ähnlich wie curvidens) und ver-
stopfen das Eingangsloch mit Bohr-
mehl. Es kommen übrigens häufig
mehr oder weniger starke Ab-
weichungen von diesem Normalbild
vor, von denen Torka (1906) eine
ganze Reihe abgebildet hat.
Die Generationsverhältnisse sind noch wenig geklärt. Nach Bugnion
(1887) findet die Begattung im Juli statt, die Eiablage dauert bis Oktober an.
Die überwinternden Larven verpuppen sich erst gegen Ende des folgenden Früh-
jahrs; Ende Juni erst findet die letzte Metamorphose statt — also eine einjährige
Generation. Torka (1906) beobachtete in Norddeutschland das Auskommen
der Käfer aus der Puppe Ende Mai. Am 2. Juni fand er fast alle Käfer schwarz
verfärbt. Das Durchbohren der Rinde geschah vom 8. — 15. Juni. „Eine Eigen-
tümlichkeit konnte man bei diesem Käfer stets beobachten, nämlich die, daß der
Abb. 322. Brutfraß von Phloeosinus thujae Perr.
in Wacholder. — Original (phot. Scheidter).
Ipidae (Scolytidae). — Rindenbrüter an Juniperus (Wacholder) und Thuja (Lebensbaum). 5 IQ
Käfer nach dem Verlassen der Puppenwiege in dieselbe zurückkehrte, aber mit
dem Kopf zuerst und hier längere Zeit verblieb. Erst nach dem 20. Juni, als
die Temperatur höher stieg, erfolgte das endgültige Verlassen derselben." Wahr-
scheinlich handelt es sich hier um einen Reifungsfraß. Barbey nimmt an, daß
im warmen Klima Südeuropas, wenn das Schwärmen frühzeitiger erfolgt, die
ganze Entwicklung bis zur fertigen Imago vor Anfang des Winters zum Abschluß
gelangt. Henschel schreibt unserer Art eine 2 jährige Generation zu.
Der Käfer tritt auch in Deutschland mancherorts häufig in Wacholder
auf. So berichtet Torka (1906), daß er in der Umgebung von Schwiebus
überall, wo Wacholder in größerer Menge .auftritt, nicht selten zu finden ist.
Er geht sowohl in stärkere Stämmchen als in ganz schwache Zweige. Die
von ihm befallenen Büsche erkennt man an den rot verfärbten Nadeln. Er
tötet die Büsche bis zur Wurzel. Bugnion beobachtete in Lausanne mehrere
Zweige von Sequoia giganlea von unserem Käfer befallen, die bald zu welken
begannen und abstarben.
Unter dem Titel „Juniperus als Sterbequartier verschiedener Borkenkäfer-
männchen?" berichtet Simmel (1818) über die von ihm in Krain wiederholt gemachte
Beobachtung, daß die Wacholderäste von einer ganzen Reihe von Borkenkäferarten beflogen
wurden, die sich auch einbohrten, um. jedoch nach kurzer Bohrtätigkeit (die Gänge waren in den
meisten Fällen nur gerade so groß, daß sie den Käfer bequem aufnehmen konnten) abzusterben.
Die Untersuchung ergab, daß es sich durchwegs um (j'^j' handelte. Simmel hält die Gänge
füi „Sterbequartiere". Möglicherweise handelt es sich um den Versuch eines Regenerationsfraßes,
bei dem die Mehrzahl der Käfer aus Entkräftung zugrunde gegangen sind. Es wurden folgende
Arten festgestellt: Cryphalus abieiis^ Pityophthorus und Pityogenes chalcographus.
11. Wurzelbrüter.
Gegenüber den Rindenbrütern treten die Wurzelbrüter ganz wesentlich
zurück, sowohl bezüglich der Zahl — es kommen für unser Gebiet nur 6 Arten
in Betracht — als auch bezüglich der forstlichen Bedeutung. Wenn sie auch als
Kulturschädlinge eine verderbliche Rolle spielen können, so erreichen ihre
Schäden doch niemals die ungeheuren Ausmaße, wie sie bei Rindenbrütern vor-
kommen.
Sämtliche Wurzelbrüter sind Hylesinen; sie gehören (mit einer Ausnahme)
der Gattung Hylastes an, welche überhaupt nur wurzelbrütende Formen enthält.
Für unser Faunengebiet kommen folgende Arten als Wurzelbrüter in Betracht:
Hylurgus lignipei'da F, Länge 5 — 6 mm.
Hylastes ater Payk., Länge 4,5—4,8 mm.
— cimicmlarius Er, Länge 4—4,5 mm.
- attenuatus Er., Länge 2-2,3 rn^"
— opacus Er., Länge 2,3 — 3 mm
— angiistatus Hbst., Länge 2,5 — 3 mm.
Alle die genannten Arten haben einen ziemlich übereinstimmenden Habitus: langgestreckt,
walzenförmig, schwarz oder teilweise schwarzbraun, mäßig glänzend oder matt, Behaarung (mit
Ausnahme von Hylurgus) wenig auiTallend. Zur Unterscheidung dienen die Größe (große Formen
von über 4 mm: ligniperda, ater^ cwiicularms^ kleine Formen unter 4 mm: attenuatus, opacus,
angustaius), die Form des Halsschildes, der Flügeldecken usw. Die Unterscheidung ist nicht
immer leicht, wird sich aber doch an der Hand der obigen Bestimmungstabelle (S. 480) ziemlich
sicher durchführen lassen.
Was die Fraßpfianzen betrifft, so gehen die meisten an Kiefer, nur eine
Art an Fichte.
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
An Kiefer kommen vor: Hylurgus ligniperda F., Hylastes ater Payk.,
attenuatus Er., angustatus Hbst. und opacus Er., an Fichte dagegen nur:
Hylastes cunicularius Er.
Daß eine Art an Kiefer und Fichte zugleich vorkommt, ist eine Ausnahme;
Tredl erwähnt dies nur von Hyl. atigustatiis. Bei cunicularius gibt er neben der
Fichte noch die Lärche als Fraßpfianze an.
Im übrigen stimmen die sämtlichen wurzel-
brütenden Hylesinen biologisch und forstlich so
weitgehend überein, daß wir sie hier unbedenk-
lich gemeinsam behandeln können.
Sämtliche hier zu erwähnende Formen sind
Frühschwärmer, die meist als Käfer über-
wintern, in den ersten warmen Frühjahrstagen
die neuen Nadelholzschläge besuchen und hier
die flachstreichenden Wurzeln von Stöcken, sowie
diese selbst mit Eiein belegen. Die normale
Fraßfigur aller Arten besteht aus kürzeren oder
längeren, einarmigen Längsgängen mit regel-
mäßigen Eiergrübchen und quer abgehenden
Larvengängen, welche allerdings nur, solange die
Larven noch ganz jung und die Gänge sehr kurz
sind, deutlich getrennt bleiben, später aber sich
stets so kreuzen und verwirren, daß die ganzen
tieferen Rindenlagen auf beträchtliche Ausdehnung
hin in braunes, dem „Schnupftabak ähnliches"
Fraßmehl verwandelt sind. Hierbei können
übrigens auch die Jungkäfer beteiligt sein, die
mitunter noch einige Zeit unter der Rinde fressen.
Für gewöhnhch aber wird der Reifungs-
fraß außerhalb der Geburtsstätte aus-
geführt und zwar entweder wieder an Stöcken
oder an feucht liegenden Stämmen oder Scheit-
holz, wo sie sich oft massenhaft einbohren und
kolonnenweise fressen, oder aber an jungen
3 — 10jährigen Kiefern- oder Fichten-
pflanzen, wo sie teils unterirdisch am Wurzel-
teils über der Erde oberhalb des Wurzelknotens
hier die gleiche Erscheinung wie beim Hylobius
vor, der ja auch seinen Reifungsfraß an der Basis junger Pflanzen ausführt (s. oben
S. 344). So ermnern auch die Fraßbilder der Wurzelbrüter (Abb. 323) deutlich
an Hylobius-Yxd&\ doch lassen sie sich durch die Form meist leicht davon unter-
scheiden : Die Hylesinen dringen entsprechend ihrer Natur als Borkenkäfer tiefer
ein, machen längere Gänge und unterhöhlen vor allem auch streckenweise die
Rinde, was bei Hylobius niemals vorkommt. Grindiger Harzausfluß findet sich
beim Hylesinenfraß ebenso wie bei Hylobius.
Abb. 323. Ernährungsfiaß von
Hylastes ater Payk. an junger
Kiefer. — Nach Eckstein.
knoten und an der Pfahlwurzel,
die Rinde befressen. Es tliegt
Ipidae (Scolytidae). — Wurzelbrüter. 02 1
Gelegentlich geht der Käfer zum Brüten auch in die Wurzeln
lebender Pflanzen. Es existieren verschiedene Angaben darüber so bei
Henschel, Judeich und Nitsche (S. 455); es handelt sich allerdings nur
um ganz vereinzelte Fälle, Beck dagegen berichtet (Forstschutz I, S. 250), daß
H. cuniculariiis im Erzgebirge in den Wurzeln 30 jähriger Fichten in solchem
Maße brütend gefunden wurde, daß mehrere der befallenen Bäume eingingen.
Doch dürfte auch dieser Fall als Ausnahmeerscheinung, vielleicht durch örtliche
Verhältnisse verursacht, anzusehen sein.
Im allgemeinen gilt für alle Wurzelbrüter, daß ihr Brutfraß forstlich
indifferent ist, daß sie dagegen durch ihren Ernährungsfraß an
jungen Pflanzen zu Kulturschädlingen schlimmster Sorte werden
können (ebenbürtig dem Hauptwürger der Waldjugend, dem Hylobius).
Die Rindenverletzungen am bezw. über dem Wurzelhals der im zartesten
Alter stehenden Pflanzen üben dieselbe Wirkung auf deren Leben aus wie Hyiobius-
Fraß, ja oft nur noch rascher, wenn nämlich die Fraßgänge ringförmig um das
Stämmchen herumlaufen. Die Pflanzen kränkeln, die Nadeln werden gelb und
es tritt der Tod ein. Nur wenige Opfer der Wurzelbrüter überleben den Fraß;
es sind dies namentlich die etwas älteren Pflanzen, die aber meist dann Miß-
bildungen am Wurzelknoten behalten.
Bei weitem am häufigsten und verbreitetsten ist Hylastes ater^ der nicht nur
die gemeine Kiefer, sondern auch alle anderen bei uns kultivierten Pinusarten
angeht und sodann H. ainicularius, der ater an der Fichte vertritt. Die kleinen
Arten treten diesen gegenüber etwas zurück. Attermatus scheint mehr die süd-
lichen und gemäßigten Gegenden Europas zu bewohnen, während die anderen
über ganz Europa bis nach Skandinavien und Sibirien verbreitet sind.
Die Generation ist wohl bei allen Arten unter einigermaßen normalen
Verhältnissen doppelt. Die zweite Generation beginnt ihr Brutgeschäft etwa im
Juli und ergibt etwa Ende September die fertigen Käfer, die in der Bodendecke,
unter Rindenplatten usw. überwintern. Übrigens bedürfen die Fortpflanzungs-
verhältnisse der Wurzelbrüter noch in mehrfacher Hinsicht der Aufklärung.
Was die Bekämpfung betrifft, so hat diese im großen und ganzen nach
dem Prinzip der Bekämpfung des Hylobius zu geschehen, mit dem die Wurzel-
brüter ja sowohl biologisch als forstlich in den Grundlinien übereinstimmen.
Alle die vorbeugenden Maßnahmen, die dort für den Rüsselkäfer angegeben sind,
gelten in gleicher Weise für die Wurzelbrüter, und ebenso die dort empfohlenen
Vertilgungsmethoden wie die Fanggräben und vor allem die Fangrinden
und Fangkloben. Über alle diese Punkte ist oben (S. 359fr.) nachzulesen.
Über die Erfolge, die durch koDsequente Anwendung von Fangkloben und Fangrinden
erzielt werden können, seien hier nach Heß- Beck (Forstschutz I, S 251) einige Angaben wieder-
gegeben : ,, Fangkloben sind vom Forstmeister Boden im Revier Freienwalde a. d. O. mit
großem Erfolg gegen //. ater angewandt worden. In der Zeit vom i. April bis November
wurde auf 26 ha mit 8412 Fangkloben etwa 2,8 Millionen Käfer .(d. i. 333 Stück mit einem
Kloben) gefangen. Im nächsten Jahr stellte sich in der gleichen Zeit von April bis November
das Fangergebnis von 7724 Knüppeln auf 1,56 Millionen Käfer (also durchschnittlich 200 Stück
für einen Knüppel). ,,Über gleich gute Erfolge mit Fangkloben, die auf der unteren Seite ein-
522 Coleoptera. — ". Familienreihe: Rhynchophora.
gerissen wurden, berichtet Thaler aus Hessen. Fangrinden bewährten sich bei der Bekämpfung
von H. cunicularius auf einem Revier bei Olmütz. Man fing unter den 25 qcm großen Rinden-
stücken bis zu 50 Käfer" (auf einmal).
Die bereits angegriffenen, durch ihr Welken kenntlichen Pflanzen sind zu
entfernen und verbrennen. Von besonderer Wichtigkeit ist es aber hierbei, daß
die kranken Pflanzen nicht einfach herausgezogen werden, weil alsdann die an
den Wurzeln fressenden Käfer, namentlich bei trockenem Wetter, abgestreift im
Boden zurückbleiben. Dieselben müssen vielmehr mit Ballen ausgehoben, dann
mit trockenem Reisig durchsetzt zusammengehäuft und verbrannt werden.
Als Feinde der Wurzelbrüter führt Kleine nur einige Käfer an, nämlich Pityoi)ha(i>is
ferrugineus L.. Platysoma angiistahini Duft. (Hister.) und Atheta celata Er. (Staphyl ),
III. Holzbrüter.
Die Zahl der holzbrütenden Borkenkäfer ist gegenüber den Rindenbrütern
ebenfalls eine geringe und auf nur 3 Gattungen Xylotems, Xyleborus und Ajii-
sandrus beschränkt. Sie bilden biologisch eine sehr charakteristische Gruppe. Ihr
gemeinsames biologisches Hauptmerkmal besteht darin, daß sie ihre Brutgänge
tief ins Holz hinein versenken und also die ganze Entwicklung vom Ei bis zur
Imago im Holz sich abspielt. Damit hängt eine andere Eigentümlichkeit der
Holzbrüter zusammen, die ihnen schon viel Interesse von Seite der Zoologen
und Botaniker eingetragen hat: die Pilzzucht.
Die holzbrütenden Borkenkäfer gehören zu den pilzzüchtenden Tieren, wie
es solche unter den Ameisen, den Termiten eine ganze Reihe gibt und wie wir
auch schon bei einem andern Käfer {Hylecoetus s. oben S. 173) kennen gelernt
haben. Das Wesen der Pilzzucht besteht darin, daß die betreffenden Tiere ganz
bestimmte Pilze am Ort ihrer Entwicklung aussäen, pflegen und derart be-
handeln, daß sie besondere nährstoffreiche Körperchen, die „Ambrosia" bilden,
die zur Ernährung der Tiere, vor allem der heranwachsenden Brut dienen. Die
Pilze bezw. die Myzelien besorgen die Extraktion der spärlichen Nährstoffe aus
dem Holz und nehmen so den Larven die Arbeit ab, sich selbst durch das
Holz zu fressen und die Nährstoffe mühsam zusammenzuholen. Die Larven
brauchen nur die „Ambrosia" abzuweiden, in der die Nährstoffe gesammelt werden
und die ihnen gewissermaßen fortwährend ins Maul wächst. So stellt die Pilz-
zucht zweifellos eine höhere Ernährungsform dar.
Bei den Ameisen und Termiten werden besondere Mistbeete (sogenannte
„Pilzkuchen" oder „Pilzgärten") für die Pilze errichtet, bei den Holzbrütern werden
die Wände der Brutgänge zur Aussaat benützt. Zum erstenmal wurde die Er-
scheinung der Pilzzucht (bei Ameisen in Brasilien) von Oberforstmeister Möller
studiert, dessen Entdeckung großes Aufsehen erregte und der sich durch seine
klassischen Untersuchungen einen dauernden Namen in der zoologischen und
botanischen Wissenschaft erworben hat.
Bei den Holzbrütern beachtete den Pilzbelag als erster Schmidberger
(1836), der allerdings noch nicht wußte, daß dieser Überzug ein Pilz ist; er
beobachtete aber schon ganz richtig, daß der Wandbelag den Larven zur Nahrung
dient und benannte ihn deshalb „Ambrosia". Erst Th. Hartig (1884) erkannte
Ipidae (Scolytidae). — Holzbriiter („Nutzholzbockenkäfer"). 62^
die Pilznatur des Wandbelages und beschrieb den Pilz als Motiilia Candida (wegen
der anfänglich blendend weißen Farbe). Nach H artig ruhte die Ambrosiafrage
mehrere Dezennien hindurch, bis sie erst wieder im Jahre 1897 durch den
Amerikaner Hub bar d aufgenommen und um ein wesentliches Stück vorwärts
gebracht wurde. Dieser machte vor allem die wichtige Feststellung, daß die Pilze
nicht mit den Holzarten, sondern mit den Käferspezies wechseln. Sodann beob-
achtete er, daß der Pilz regelmäßig von den Larven abgeweidet werden muß,
wenn er die typischen Ambrosiazellen erzeugen soll. Andernfalls, d. h. wenn
das Abweiden aufhört, trete Absterben der Ambrosia unter Braunfärbung ein
(Schwarzfärbung der Gänge). Hubbar d hielt die Ambrosia für echte Conidien.
Ein Dezennium später beschäftigte sich der Botaniker Neger (1908) mit dem
Ambrosiapilz der Holzbrüter, vor allem mit der Frage der Übertragung vom Ge-
burtsort zum neuen Brutort. Es gelarg ihm nicht, die Ambrosiazellen zur
Keimung zu bringen, was ihn zur Anschauung brachte, daß die Ambrosiazellen
keine Conidien seien.
Kurze Zeit darnach ist nun eine ausgezeichnete Arbeit des Schweizers
Schneider- Orelli (1913) über die Lebensweise des Anisandrus dispar erschienen,
in der die meisten der noch zweifelhaften Punkte klargestellt werden. Er wies
durch die Zucht nach, daß die Ambrosiazellen wirkliche Conidien sind (also eine
Bestätigung Hubbards). Sodann wies er nach, daß die Mutterkäfer im Muskel-
magen immer lebende Nährpilzzellen mit sich führen, die nicht zur eigenen Er-
nährung verwendet werden und die selbst während mehrmonatlichen Hungerns
nicht verdaut werden. Werden diese Zellen dem Tier entnommen und auf ein
geeignetes Substrat gebracht, so fangen sie sofoit an zu keimen. Sie erhallen
wahrscheinlich erst durch den Aufenthalt im Darm ihre Keimfähigkeit. Nach
diesen Befunden geschieht die Übertragung des Pilzes wohl in der Weise, daß
die Mutterkäfer während der Herstellung der Brutgänge die Ambrosiakonidien
ausbrechen, worauf die Vegetation des Pilzes beginnt.
Interessant sind auch die weiteren Beobachtungen Schneider-Orellis,
daß „der Mutterkäfer die Art des Wachstums der Nährpilzrasen von Anfang an
stark beeinflußt und auch ständig kontrolliert. Dies ergibt sich daraus, daß der'
Pilzbelag in den Bohrgängen, aus denen das Muttertier entfernt wurde, gewöhn-
lich bald ein anormales Aussehen bekommt, indem zahlreiche Hyphen von der
moniliaartigen wieder in die fädige Wachstumsform übergehen. Besondere Sorg-
falt scheint die Mutter auf Regulation der Feuchtigkeit in dem Bohrgang zu ver-
wenden, indem sie zur Zeit, wo die Hauptentwicklung der Pilzrasen vor sich geht,
das Gangsystem oder einzelne Seitengänge desselben durch Pfropfen von Bohr-
mehl verschließt, wodurch die Luftfeuchtigkeit im Innern erhöht wird."
Mit dem zunehmenden Wachstum der Larven verschwindet der weiße
Pilzüberzug immer mehr, so daß zur Zeit der Verpuppung die Gangwände eine
tiefschwarze Farbe aufweisen, die durch kleine Fleckchen weißer Pilzräschen, die
sich noch hier und da finden, kaum unterbrochen wird. Die ersten Anzeichen
einer Dunkelfäiburg der Gangwände kann man übrigens schon zu der Zeit be-
obachten, wo der weiße Pilzbelag noch seine üppigste Entwicklung aufweist. Die
624 Coleoptera. — 7. Familienreihe; Rhynchophora.
Verfärbung des Pilzrasens läßt sich auch dadurch hervorrufen, daß man zur Zeit
der reichsten Pilzentwicklung alle Tiere aus dem Gange entfernt. Alsbald färben
sich dann die Ambrosiarasen oberseits allmählich gelblich und unterseits braun,
um schließlich in ihrer ganzen Dicke dunkel- oder schwarzbraun zu werden.
Man darf nicht etwa annehmen, daß die normalen Brutgänge absolute
Reinkulturen des Nähipilzes im strengsten Sinne des Wortes enthalten. Praktisch
genommen handelt es sich jedoch um solche, da der Nährpilz meistens von An-
fang an über die anderen Pilzkeime das tatsächliche Übergewicht besitzt und
dasselbe unter der Mitwirkung des Mutterkäfers und der Larven auch im Laufe
der weiteren Entwicklung beibehält. —
Die Fraßgänge der Holzbrüter, ihre verschiedenen Formen wie Leiter-,
Gabelgänge in einer und Gabelgänge in verschiedenen Ebenen sind oben
{S- 436) schon eingehend geschildert. Ebenso ist dort darauf hingewiesen, daß
die Jungkäfer keine eigenen Ausfluglöcher bohren, sondern durch das Einbohr-
loch ihre Geburtsstätte verlassen.
Über die Generationsverhältnisse sind wir noch keineswegs überall im
klaren. Viele Autoren nehmen für die meisten Arten doppelte Generation an.
Für eine Art (Anis, dispar) hat nun neuerdings Schneider- Orelli (1913)
nachgewiesen, daß er bestimmt nur einjährige Generation hat.
Die Befiuchtung findet bei manchen Arten am Ort der Geburt statt, in
diesem Fall fliegen die $$ also schon befruchtet aus, um dann allein ihre neuen
Brutgänge anzufertigen.
Die Holzbrüter sind in der Hauptsache technische Schädlinge („Nutz-
holzborkenkäfer"), eine Art (dupar) allerdings geht sehr gern auch an junge,
lebende Bäume und kann diese zum Absterben bringen.
Der Befall von Holzbrütern ist meist leicht zu erkennen an dem weiß-
lichen Bohrmehl, das sich schon von weitem vom bräunlichen Bohrmehl der
Rindenbrüter unterscheiden läßt.
Im folgenden sollen nun die einzelnen Arten der Holzbrüter besprochen
werden und zwar nach der Form ihrer Fraßgänge.
A. Die Fraßgänge stellen „Leitergänge'' dar.
(Die Leitersprossen werden von den Larven genagt.)
Hierher nur die Gattung Xyloterus Er. (= Trypodendron Steph.) mit
3 Arten.
' ' Xylotcrus lineatus Ol.
An dem stark gewölbten, vorne gekörnten Halsschild, und den glänzenden gelbbraunen
Flügeldecken mit dunkler Längszeichnung leicht zu erkennen. Länge 3 mm (s. Tab. S. 488 u.
Abb. 229 a u. 236, J).
Er befällt ausschließlich Nadelhölzer und zwar vorzugsweise die Fichte,
Tanne und Kiefer, seltener die Lärche, Latsche, Arve und Weymouthskiefer.
Seine geographische Verbreitung erstreckt sich über ganz Europa, ferner über
ganz Rußland bis Sibirien; er kommt auch in Nordamerika vor.
Ipidae (Scolytidae). — Holzbrüter („Nutzholzborkenkäfer").
625
Sein Fraßgang (Abb. 324, 4) ist ein typischer Leitergang: zunächst die
radiär eindringende Eingangsröhre von wechselnder Länge, von ihr ausgehend
meist 2 Brutarme, in der gleichen Ebene liegend und gewöhnlich den Jahres-
ringen folgend. Doch kommen zahlreiche Abweichungen von diesem
Normaltypus (wenn man hier überhaupt von einem solchen reden kann) vor:
oft gehen mehrere Arme von der Eingangsröhre ab, bisweilen auch nur einer,
oft gehen auch von den Brutarmen wieder Verzweigungen ab; ebenso variabel
ist die Richtung der Brutarme, die oft schräg durch die Jahresringe verlaufen usw.
(siehe die Abb. 324 u. 325, a). Die Gänge gehen selten tiefer als 5 — 6 cm in
Abb. 324. Verschiedene Formen der Fraßgänge von Xyloterus lineatus Oliv, (schematisch),
a b Eingangsröhren, b c Brutröhren. — N.
das Holz und beschränken sich meist auf das Splintholz. Ältere Gänge sind
stets geschwärzt.
Die Eigruben werden unten und oben, meist abwechselnd und in ziem-
lich regelmäßigen Abständen angelegt. Die darin untergebrachten Eier werden
mit Nagespänen verstopft, so daß sie durch eine Scheidewand vom Muttergang
getrennt sind. Die Larven fressen kurze, zylindrische Gänge nach oben und
unten (Leitersprossen), nur so groß, daß die ausgewachsene Larve und die Puppe
Platz darin hat. Vor der Verpuppung dreht sich die Larve um, so daß die
Puppe den Kopf gegen die Brutröhre gewendet hat. Während der Larvenent-
Escherich, Forstinsekten. II. Bd. 4°
626
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Wicklung wird die Scheidewand zwischen Larvengang und Brutröhre durch die
Nagespäne, Exkremente und Larvenhäute immer massiver.
Über die Pilznahrung, die die Larven ausschließlich genießen, ist oben
(S. 622) ausführlich berichtet.
Lineatns ist ein Frühschwärmer, der schon im März, April, nach den
ersten frühlingswarmen Tagen nach Abgang des Schnees anfliegt. Seine Gene-
ration wird von den meisten Autoren als doppelt angegeben. Am Schwärmen
beteiligen sich beide Geschlechter; die Begattung findet am Eingang statt, indem
das $ von der Eingangsröhre aus dem „außen umhersuchenden brünstigen J die
Hinterleibsspitze zur Befruchtung darbietet" (Eichhoff). —
Abb. 325. Fraß von Xyloterus lineatus Oliv., a verschiedene Formen von Fraßgängen (Brut-
röhren), b eine Brutröhre mit Larvengängen („Leitersprossen"). — Aus Koch (phot. Scheidter).
Der Käfer befällt vornehmlich geworfenes oder frisch gefälltes Holz,
besonders solches, das in schattigem Besland liegt (ist doch Feuchtigkeit Haupt-
bedingung für das Gedeihen des Nährpilzes), während die auf sonnigen Kahl-
hieben liegenden Stämme mehr oder weniger verschont werden. Das gleiche
gilt für die frischen Stöcke, die ebenfalls gern angegangen werden (vgl. Richter
191 8). Der Schaden ist also ein technischer. Bei dem massenhaften Vor-
kommen des linealus bleibt, wenn die Verhältnisse einige Zeit für ihn günstige
sind, kein Baum verschont. Man kann in solchen Fällen alle Stämme über und
über bedeckt mit den weißen Bohrmehlhäufchen sehen. Der Verlust, den vor
allem die Sägewerke erleiden, kann dadurch oft ein recht empfindlicher werden;
ein Drittel Wertminderung und noch mehr ist nichts außergewöhnliches.
Ipidae (Scolytidae). — Holzbrüter („Nutzholzborkenkäfer"). ^2^]
Zur Vorbeugung ist vor allem darauf zu achten, daß dem Käfer mög-
lichst wenig Gelegenheit zum Brüten geboten wird. Am besten geschieht dies
durch raschesten Abtransport der Stämme aus dem Walde. Da der Käfer
auch Stöcke aufsucht, so sollten auch diese rechtzeitig entfernt werden. Wo die
Entfernung nicht durchführbar ist, kann durch Entrindung der Stämme und
Stöcke die Gefahr in vielen Fällen gebannt werden. Wo freilich hohe Luft-
feuchtigkeit herrscht, wird dieses Mittel nicht immer den gewünschten Erfolg
haben, da die Käfer auch entrindete Stämme angehen, wenn sie nur den für
die Nährpilzentwicklung nötigen Feuchtigkeitsgrad besitzen (Simmel 1919 und
viele frühere Autoren). Um die gefällten Bäume zu immunisieren, kommt es
also lediglich darauf an, sie möglichst rasch zum Austrocknen zu bringen,
um so dem zur Entwicklung der Brut unbedingt notwendigen Nährpilz die
Lebensbedingungen zu entziehen. Man hat deshalb in verschiedenen Gegenden
die Sommerfällung in der Saftzeit mit sofortiger Entrindung eingeführt; hier-
bei trocknen die Stämme so schnell und gründlich aus, daß sie in kurzer Zeit
ungeeignet zum Brüten für Imeaius werden.
Auch Fangbäume (im Schatten liegend und entastet) können Verwendung
finden. Diese müssen aber rechtzeitig aufgearbeitet, d. h. dünngespalten werden,
damit das Holz schnell austrocknet.
Fankhauser (Schweiz. Zeit. f. Fw., 19 12) berichtet, daß mit Bespritzung
der Stämme mit Giftflüssigkeit (Bordeauxbrühe) gute Erfolge in einem Schweizer
Sägewerk erzielt wuiden. In dieser Richtung dürften systematische Versuche
vielleicht noch manches Brauchbare ergeben.
Als Feinde erwähnt Kleine nur 4 Käferarten: Epiiraea angustata Er., und
laeviuscula GH., Rhixophagus depressus F. und Hgpophloeus castaneus F.
T- a<ji Xyloterus domasticus L. und signatus F.
In Gestalt und Färbung dem vorigen ähnlich, unterscheiden sie sich hauptsächlich durch
die abgerundete Fühlerkeule und den kaum gefurchten Flügeldeckenabsturz von diesem (s. Tabelle
S. 488).
Beide Arten brüten ausschließlich in Laubholz; sig?iatus bevorzugt stark
die Eiche, im übrigen kommen sie in Buche, Birke, Hainbuche, Ahorn, Erle,
Linde, Akazie, Vogelbeere, Prunus usw. vor.
Ihr Fraßbild ähnelt sehr dem von Hneahis, d. h. es sind typische Leiter-
gänge. Ihre Form ist sehr variabel, nicht nur individuell, sondern auch nach
der Holzart. In Eiche ist nach Strohmeyer (1907) die Eingangsröhre meist
auffallend kürzer (durchschnittlich wesentlich kürzer als bei linealus) und die
davon ausgehenden Brutarme folgen gewöhnlich genau den Jahresringen.
In anderen Holzarten dagegen, wie z. B. in Buchen und Birken, ist die Ein-
gangsröhre meist viel länger und dringen die Brutröhren viel tiefer ins Holz
ein, die Jahresringe schräg oder auch fast senkrecht durchschneidend (Abb. 326).'
Strohmeyer führt dieses Verhalten auf den verschiedenen Bau des Holzes
zurück. „Das strenge oder weniger genaue Einhalten der Jahresringrichtung bei
Anlage der Brutröhren scheint im Zusammenhang zu stehen mit der mehr oder
weniger verschiedenen Beschaffenheit des Frühjahrs- und Sommerholzes. Es ist
40*
628
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
klar, daß Holzarten, in deren Jahresringen Gefäße und Festigungsgewebe
ziemlich gleichmäßig verteilt sind, dem Käfer weniger Veranlassung geben, ein-
und demselben Ring zu folgen als solche, bei denen die Leitungsbahnen im
Frühjahrs-, die Festigungszellen im Sommerholze vorherrschen."
Die Angaben der meisten Autoren, wonach die Fraßbilder der beiden
Laubholzbrüter von lineatus sich durchwegs dadurch unterscheiden sollen, daß bei
letzterem die Eingangsröhre kurz und die Brutröhren den Jahresringen folgen,
während bei den ersteren die Eingangsröhre viel länger und die Brutröhren
stets die Jahresringe schneiden sollen, entsprechen also nicht den tatsächlichen
Verhältnissen (zumal ja auch bei Hfieatus so viele Ausnahmen von der Regel
vorkommen), —
Die Generation scheint nach den Beobachtungen von Tredl bei signatiis
wohl eine doppelte: der i. Anflug fand im März statt (sonniges Wetter,
Mittag 8 — \2^ C.), anfangs Juli begann der
Ausflug, der bis Ende des Monats dauerte
(vom Einbohren der Mutterkäfer bis zum
Ausschwärmen der Jungkäfer vergingen ca.
16 Wochen). Daß die Jungkäfer zu einer
neuen Brut schritten, wurde zwar nicht direkt
beobachtet, Tredl zweifelt aber nicht an der
Möglichkeit. Bei domesticiis dagegen hat Tredl
stets nur ein einmaliges Schwärmen im Früh-
jahr beobachtet.
Die Begattung findet wohl wie bei
lineatus außen am Stamm am Eingang des
Fraßgangs statt. Das 6 hilft beim Hinaus-
schaffen des Bohrmehls. Die Eitern verlassen
(nach Tredl) nach vollendetem Brutgeschäft
den Fraßgang und sterben ab. „In den Brut-
gängen dürfen sie ja nicht absterben, weil
sie durch ihren Körper den einzigen Ausgang für die Nachkommenschaft ver-
sperren würden."
Der Schaden ist der gleiche wie bei lineatus^ nur ist bei den wertvolleren
Laubhölzern der Verlust oft noch empfindlicher. Sirohmeyer (1907) macht
übrigens darauf aufmerksam, daß an Eichen der Schaden meist nur geringfügig
ist, da, wie erwähnt, hier die Fraßgänge gewöhnlich auf die wasserleitende
Holzzone, den Splint, der ja ziemlich wertlos ist, beschränkt sind.
Die Abwehrmaßnahmen sind im Prinzip die gleichen wie bei liiieatus;
vor allem kommt es auch hier auf die möglichst rasche Abfuhr der Stämme an.
Als Feind führt Kleine nur den K.Mex Ne))ioso»ia eloiigatmn L. an (beiX doniesticus).
Tredl traf bei signatus einen anderen Käfer in Anzahl, Rhixophagus dispar Payk, der einen
Teil der Eier und Larven der Borkenkäfer aufgezehrt hatte.
Abb. 326. Fraßgang von Xyloterus
domesticus L. — N.
Ipidae (Scolytidae). — Holzbrüter (,. Mutzholzborkenkäfer").
B. Die Fraßgänge stellen Familienholzgänge dar.
(Die Larven fressen gemeinsam platzförmige Fraßräurae aus.)
Hierher nur i Art
629
7/ , Xyleborus Saxeseni Rtzb.
Gehört zu den kleinen Arten der Holzbrüter. 5 pechbraun 2-
1,8 mm (s. Tab. S. 488).
,3 mm , (J braungelb
Ist einer der polyphagen Borkenkäfer, der nicht nur alle bei uns
vorkommenden Laubhölzer, sondern ebenso auch Nadelhölzer, v.'ie Kiefer,
Fichte, Tanne, Lärche angeht, und sogar in einem chinesischen Zierstrauch
(Koelreuteria paniculata Laxm.) gefunden wurde. Er ist über ganz Europa und
Rußland bis Sibirien verbreitet und kommt aiich in Japan und Nordamerika vor.
Abb. 327. IraHgange von Xyloterus signatus F. in Birke — Original.
Biologisch ist Saxeseni gut charakterisiert durch seinen Fraßgang. Ein-
gangsröhre und Brutgang sind ähnlich wie bei den Xyloterus- hxX.&[i\ die Larven
fressen jedoch nicht getrennte Kammern wie dort, sondern einen gemeinsamen
Familienplatzgang, wodurch die Brutröhren nach oben und unten unregel-
mäßige, buchtige Erweiterungen erfahren (Abb. 328). Die Eingangsröhren ver-
schwinden also nach kürzerem oder längerem Verlauf gewissermaßen in den
Familiengängen. Nicht selten geht von der Brutkammer ein neuer Gang in das
Innere des Stammes, der wieder in einer solchen Brutkammer enden kann, ja
selbst eine 3. kann noch in dieser Weise angelegt werden (Reh). Der Familien-
gang kann sehr verschieden groß sein; Loos fand solche von dem Bruchteil
eines Quadratzentimeter bis zur Größe von 19 qcm. An der Herstellung der
großen Gänge sind oft gleichzeitig die Nachkommen von mehreren Familien
beteiligt, in welchem Fall meist auch mehrere Eingangsröhren zu den Familien-
gängen führen. „Daß auch später schwärmende Käfer die bereits fertiggestellten
Gänge ihrer Art benützen, um dort ihre Brut abzulegen, dürfte sich wohl ziem-
630
Coleoptera. — 7. Familienreilie : Rhynchophora.
lieh sicher daraus ergeber, daß mitunter in einem Familiengang mit einem ein-
zigen Zugang sich verschiedene Stadien des Käfers (wie Imagines und Larven)
vorfinden" (Loos). Es kann dies übrigens auch davon herrühren, daß die Ei-
ablage sich über längere Zeit hinzieht. Die Zahl der Käfer in einem Gang ist
denn auch sehr unterschiedlich. Loos fand in kleinen Gängen 20 — 30 Käfer
oder Larven, in großen bis 200 und mehr Käfer.
Die Fortpflanzungsverhältnisse sind noch wenig geklärt. Die Zahl
der JJ ist sehr gering, sie verhält sich zur Zahl der $$ wie i : 25. Die
kleinen fiugunfähigen (j'cä" begatten die $$ wahrscheinlich im Plätzgang vor dem
Ausschwärmen der letzteren (s. unten bei dispar S. 635). Das $ ist also im
neuen Brutgang allein und reinigt denselben auch allein vom Bohrmehl, Kot usw.
Der Pilzrasen in den Mutter- und Larvengängen bräunt sich bald (während er
bei den meisten anderen Arten, so lange das Larvenwachstum währt, weiß bleibt).
Abb. 328. Fraß von Xyleborus Saxeseni Rtzb. (Familienplatzgang) in Laubholz. Nat. Gr. —
Aus Koch (phot. Scheidter).
Die Generation wird von den meisten Autoren als doppelt angegeben.
Im Winter findet man alle Stadien in dem Plätzgang. Die Jungkäfer bleiben
nach Nördlinger, dem wir die eingehendste Schilderung über Saxeseni verdanken
oft noch lange (ein Vierteljahr) im Gang beisammen. Vielleicht üben sie hier
Reifungsfraß aus?
Er geht in krankes, namentlich vom Blitz geschlagenes Holz und sehr oft
in Stöcke. Aus Astholz zopfkranker Eichen hat ihn Eichhoff zu tausenden
gezogen. Er greift auch unberindetes Holz an, wenn es nur noch saftreich ist.
Auch junge Heister geht er an, wie dispar^ und kann so auch physiologisch
schädlich werden.
Forstlich ist Saxese?it bis jetzt noch wenig schädlich aufgetreten, da-
gegen scheint er in Obstbaumschulen nicht ganz ungefährlich zu sein.
C. Die Fraßgänge stellen „Gabelgänge" dar.
(Die Larven nehmen keinen Anteil an der Herstellung der Fraßbilder,)
In dieser Gruppe sind wieder 2 verschiedene Gangformen zu unter-
scheiden.
Ipidae (Scolytidae). — Holzbrüter („Nutzholzborkenkäfer").
631
a) Die Gabelgänge liegen in einer Ebene.
Hierher gehören verschiedene Arten der Gattung Xyieborus: nämlich mono-
graphus Rtzb., dryographus^ enrygraphus^ cryptographns und Pfetli^ von denen aber
nur den beiden ersteren größeres forstentomologisches Interesse zukommt.
.Ä<^yLaKA>.
Abb. 329. Verschiedene Fraßbilder von Xyieborus monographus F. In der oberen Abbildung
links ein Teil eines Piatypus- Ganges (breiter). — Nach Strohmeyer.
J '/'^ Xyieborus monographus L.
Der ,, kleine schwarze Wurm".
Walzenförmig, rotbraun, glänzend, sehr fein behaart. Flügendeckenabsturz stark abgeflacht,
matt und glatt ohne Streifen, Naht nicht erhaben, neben der Naht und weiter nach außen einzelne
weitgestellte, ziemlich große Höckerchen (s. Abb. 243b). (^ 2 — 273 mm, $ 3 mm.
632 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Brütet hauptsächlich in Eiche, gelegentlich in Kastanien, Ulme und Buche.
Über ganz Europa verbreitet.
Die Mutterkäfer bohren eine radial in den Baum eindringende Eingangs-
röhre ^), von welcher sie seitlich einfache oder geweihartig verästelte Brutröhren
in dem Stammquerschnitt anlegen. Die Eingangsröhre ist meist etwas ge-
schwungen, 1 — 8 cm lang, also mitunter nur im Splint verlaufend, mitunter aber
auch bis in den Kern eindringend. Die Brutröhren folgen teils den Jahresringen,
teils schneiden sie dieselben und sind mehr oder weniger gebogen (Abb. 329).
In die Brutröhre werden die Eier in kleinen, Häufchen abgelegt. Die aus-
schlüpfenden Larven liegen zuerst in Knäueln und ordnen sich später reihen-
weise. Sie vollenden hier ihre Entwicklung, ohne während derselben irgend etwas
selbständig zu der Erweiterung der Gänge beizutragen. Ihre Nahrung besteht
ausschließlich aus der Ambrosia des Nährpilzes.
Die Generation ist nach Eichhoff doppelt. Der Käfer erscheint schon
früh im Jahr, Ende März anfangs April. Im Juni, Juli ist die i. Generation fertig.
Die Begattung findet wohl meist im Holz an der Geburtsstätte statt, da die 66
flugunfähig sind.
Der Käfer befällt vornehmlich frische, liegende Stämme und Stöcke;
er verschmäht aber auch stehende Bäume nicht, doch nimmt er meist nur ältere
absterbende Eichen, besonders solche, die durch Baum- oder Blitzschlag oder
durch ausgedehnten Bockkäferfraß stark geschädigt sind. Wie die meisten Holz-
brüter so macht auch er kaum einen Unterschied zwischen berindeten und un-
berindeten Holzstellen; 'nur müssen letztere noch genügend Feuchtigkeit im Innern
haben (Nährpilze!). Trockenes Holz meidet er; wird frisches Holz, in das er
sich eingebohrt, durch Aufspalten zum raschen Eintrocknen gebracht, so verläßt
er dasselbe, während die etwa schon darin vorhandene Brut zugrunde geht.
Der Schaden ist rein technischer Natur. Namentlich kann der Ver-
lust bei zu feiner Verarbeitung geeigneten Eichen ein ganz bedeutender werden.
Als Vorbeugungsmittel empfiehlt sich baldige Entfernung der krank-
haften Eichen, die oft die Sammelorte zahlreicher Kolonien jahrelang bilden, und
der Stöcke, ferner möglichst baldige Abfuhr der gefällten Stämme.
In den Gängen halten sich nicht selten, wahrscheinlich als Feinde, verschiedene Käfer
auf wie Nemosoma elongatum^ Colydiiim fHifor^me^ Oxylaemus caesus und cylindricus und
HypopJiloeus bicolor (Eichhoflf).
' '^Xyleborus dryographus Rtzb.
Von dem vorigen durch die etwas kleinere Gestalt (J 2, $ 2 — 2^/2 mm) und die Skulptur
des Flügekleckenabsturzes (glänzend, Nahtstreifung etwas tiefer eingedrückt, auf allen Zwischen-
räumen in Reihen stehende kleine, körnchenartige Höckerchen) verschieden (s. Tab. S. 488).
Verhält sich biologisch sehr ähnlich wie der vorige, sowohl bezüglich der
Brutpflanzen (hauptsächlich Eiche) als bezüglich der Fortpflanzung usw.
^) Die 59 sollen sich beim Eindringen in den Holzkörper oft der von anderen Holz-
brütern gebohrten Eingangsöffnungen bedienen.
Ipidae (Scolytidae). — Holzbrüter (,, Nutzholzborkenkäfer"). 63 J
Auch sein Gangsystem (Abb, 330) zeigt nach Strohmeyer (1910) große
Ähnlichkeit mit dem f/iofwgraph(s-Frd&hi\d^), ja es sieht aus „wie monograp/ius-Fra&
en miniature". Sein Ganglumen ist deutlich kleiner als bei diesem. Im eigent-
lichen stark verkernten Stammholz mit sehr schmaler Splintpartie weicht der Käfer
dem Kern aus und gibt dem Gang tangentiale Richtung; im saftreichen Holz
der Wurzelansätze aber und in jüngeren Stämmen dringen die Gänge hauptsäch-
lich in radialer Richtung vor und erstrecken sich bis in den Kern. Meist er-
Abb. 330. Fraßbild von Xyleborus dryographus Rtzb. Nat. Gr. — Nach Strohmeyer.
reichen die Gänge eine Länge von 3 — 5 cm, längere Gänge als solche mit 8 cm
konnte Strohmeyer niemals finden.
Sein forstliches Verhalten gleicht dem von monographis.
Von den übrigen Xyleborus-Arten sei hier nur kurz erwähnt, daß
X. eiirygrapkics Rtzb., mehr im Süden beheimatet, in Kiefern,
X, Pfeili Rtzb., ebenfalls mehr in den südlichen Teilen Europas vorkommend, haupt-
sächlich in Erle, und
X. cryptographits Rtzb , der über ganz Kuropa verbreitet zu sein scheint, in Pappel
brütet.
Die Lebensweise dieser 3 Arten ist noch wenig erforscht. Forstlich spielen sie jedenfalls
nur eine sehr geringe Rolle.
b) Gabelgänge in verschiedenen Ebenen.
Hierher nur
/ r , ^. Anisandrus dispar F.
Ungleicher Holzbohrer.
Durch den großen Unterschied der beiden Geschlechter besonders gekennzeichnet , der
ihm auch den Namen verschaffte (s. Tabelle S. 487 und Fig. 242).
Dispar ist ein ungemein polyphages Laubholztier Es gibt kaum eine
Laubholzart, in der er noch nicht festgestellt ist: in Eiche, Buche, Kastanie,.
^) Das von Eichhoff (1878) dem dryograpJius zugeschriebene Fraßbild gehört, wie
Strohmeyer nachweist, sicherlich nicht dieser Art an. Die Beschreibung und Abbildung paßt
vielmehr ziemlich genau auf das Fraßbild von Piatypus ^ das Eichhoff, wie er angibt, nicht
kannte (s. unten S. 639).
634
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Nußbaum, Hainbuche, Birke, Erle, Linde, Weide, Esche, Platane, Ahorn, Akazie,
Wein, Obstbäumen verschiedener Art. Ja er ist sogar, wenn auch selten, in
Nadelholz gefunden, in Kiefer und in Thuja. Seine Verbreitung erstreckt sich
über ganz Europa von Italien und Spanien bis Skandinavien; ferner über Ruß-
land bis Sibirien und Kleinasien.
„Das Merkmal, welches die Fraßfigur dieses Käfers vor allen anderen
auszeichnet, ist das Auftreten der sekundären Brutröhren. Das Weibchen
treibt, wie bei allen anderen Holzbohrern, eine kürzere oder längere Eingangs-
röhre radial in den Baum, legt dann in demselben Stammquerschnitt ungefähr
in der Richtung der Jahresringe primäre Brutröhren an und bohrt von diesen
weiter fressend sekundäre, rechtwinklig von diesen abgehende, der Richtung der
Holzfas'er folgende, längere oder kürzere Brutröhren zweiter Ordnung nach
oben und unten. Die Länge der Eingangsröhre und die Zahl und Länge der
Brutröhren erster und zweiter Ordnung ist sehr ver-
schieden, besonders nach der Stärke des befallenen
Materiales. In stärkeren Stämmen und Stöcken kann
die Länge der Eingangsröhre 3 — 6 cm betragen. Die
Brutröhren erster Ordnung gehen dann entweder vom
Ende der Eingangsröhre regelmäßig nach rechts und
links den Jahresringen folgend, oder es zweigt sich
bereits früher eine oder die andere primäre Brutröhre
von der Eingangsröhre ab, oder die Brutröhren gehen
schräg nach innen, mehrere Jahresringe schneidend.
In schwächerem Materiale bleiben die Eingangsröhren
oft sehr kurz. Die Brutröhren erster Ordnung folgen
meist streng dem Verlaufe der Jahresringe, und wenn
von einem Punkte zwei derselben nach rechts und
Unks abgehen, so können beide zusammen fast einen
Kreis um den innersten Stammkern beschreiben (Abb. 331), wie dies schon
Ratzeburg und Altum richtig schildern, und wie wir selbst beobachtet haben.
Die sekundären, i — 2 cm langen Brutröhren weichen nur selten bedeutend von
der Richtung der Holzfaser ab. In ihrer Bedeutung für das Tier sind die Brut-
röhren beider Ordnungen einander gleich" (N.).
In beiden halten sich die Larven auf, von dem die Wände überziehenden
Nährpilzrasen lebend.
Die Eiablage findet succesive mit dem Fortschreiten der Bohrarbeit statt.
Das I. Eierhäufchen wird gewöhnlich schon abgelegt, wenn ein Horizontalgang
mit einer vertikalen Abzweigung (Brutröhre 2. Ordnung) hergestellt ist. Zur Zeit
der Eiablage findet man das Bohrloch, oft auch die Mündungsstelle des mit
Eiern belegten Gangarmes mit einem feuchten Bohrmehlpfropf verstopft, wodurch
wahrscheinlich die für das Wachstum des Nährpilzes günstigsten Feuchtigkeits-
verhältnisse geschaffen werden (wenigstens zeigt der Pilzrasen in dieser Periode
eine ungemein üppige Entwicklung). Nachher fährt das $ mit der Herstellung
Brutfraß
Abb. 33
Anisandrus dispar F
Ratzeburg.
von
Aus
Ipidae (Scolytidae). — Holzbrüter („Nutzholzborkenkäfer"). 51 e
der anderen Teile des Gangsystems fort und legt wiederum ein Eihäufchen
ab usw. Die Zahl der Eier beträgt pro Häufchen ca. 6 Stück.
Einige Tage nach der Eiablage schlüpfen die jungen Larven aus, so daß
die zuerst hergestellten Gangverzweigungen schon Larven enthalten können, lange
bevor das Muttertier mit seiner Bohrarbeit zu Ende gekommen ist. Sind die
Larven ausgewachsen, so füllen sie den Querschnitt des Ganges nahezu aus, eine
Larve dicht hinter der andern liegend, mit ihren weißen Körpern einen auf-
fälligen Kontrast zu den fast ganz abgeweideten, jetzt tiefschwarzen Gangwänden
bildend. Die Puppen ruhe dauert ca. 10 — 14 Tage. Der Mutterkäfer hält
sich während der ganzen Entwicklung immer in der Kolonie auf und zwar meist
in der Nähe der Eingangsöffnung, wo er von Zeit zu Zeit Exkremente heraus-
schafft. Nach dem Ausschlüpfen der Jungkäfer geht das alte $ meist aus dem
Gang heraus und geht zugrunde; oft aber bleibt es noch bis zum Herbst im
Brutgang am Leben.
Die Jungkäfer überwintern im Innern der Gänge, dicht gedrängt einer
hinter dem andern. Sie nehmen kurz nach dem Ausschlüpfen noch geringe
Pilzmengen auf und nagen auch gelegentlich kleine Löcher in die Gangwände
(Reifungsfraß?).
Die d(j erlangen schon wenige Tage nach dem Ausschlüpfen die Geschlechts-
reife und suchen nun die $$ zur Kopulation auf, die im Gang stattfindet.
Dabei kommt ihnen die Zwerggestalt zunutze (wären die JJ gleichgroß wie die
$9, so würde eine Kopula in den Gängen überhaupt ausgeschlossen sein). Bei
der Kopula ist Kopf und Bruststück des J so fest auf den Flügeldeckenabsturz
des 5 gepreßt, daß sie infolge ihrer Kleinheit und abgeflachten Gestalt kaum
über die Rückenlinie des letzteren hervorragen und der ganz gekrümmte kleine
Körper des J fast nur als rückwärtige Verlängerung des weiblichen Körpers
erscheint.
Trotz der geringen Zahl der ö"d (die Zahlenverhältnisse von ci' zu $
stellten sich bei verschiedenen Zählungen wie 5:18, i:i8, 3: 26, 5 : 23,
10 : 23, 7 : 33 und 1:41 usw.) in den Jungkäferkolonien werden bis zum Herbst
doch alle $$ befruchtet; ja, da die (jS ihre Tätigkeit im Frühjahr bis zum Aus-
schwärmen der $$ eifrig fortsetzen, so ist anzunehmen, daß die letzteren nicht
nur einmal, sondern wiederholt befruchtet werden. Die Aufgabe der fiug-
unfähigen (j(j ist zur Zeit des Ausschwärmens der jungen $9 erledigt; sie gehen
alle an Altersschwäche zugrunde.^) Beim Ausschwärmen kommen die ?$ nach-
einander aus dem gleichen Bohrloch, alle rückwärtslaufend, heraus. Sie können
sich schon am gleichen Tag wieder einbohren und zur Gründung einer neuen
Kolonie schreiten. Die Periode des Ausschwärmens kann sich über lange Zeit,
fast 2 Monate, erstrecken.
Die Generation ist nach Schneider-Orellis (1913) Beobachtungen
und Zuchtversuchen — im Gegensatz zu den Angaben der meisten Autoren —
') Sog. Junggesellenkolonien, wie sie Hub bar d für von den 5$ verlassene Xyleboriis-
.<j(j als charakteristisch angibt, konnte Schneider-Orelli bei dispar nie beobachten.
()■>() Coleoptera. — 7. Familien reihe: Rhynchophora.
eine einjährige. Unter mehr als 100 Brüten, die zusammen über 2000 $?
enthalten haben mochten, fand sich kein einziger Käfer, der im gleichen Jahr,
in dem er geboren wurde, selber zur Eiablage schritt. Selbst in dem heißen
Sommer 191 1, in dem zahlreiche Jungkäfer schon Ende Juni die Puppenhülle
verlassen hatten, kam es zu keiner 2. Generation. Die Jungkäfer verblieben viel-
mehr in den Brutgängen den Herbst und Winter hindurch bis zum Frühjahr, da
die Schwarmzeit gekommen war. Gelangen gelegentlich einmal, durch irgend
welche Umstände veranlaßt, weibliche Jungkäfer vorzeitig (im Jahr ihrer Geburt)
nach außen, so verkriechen sie sich in eine Ritze oder Höhlung der Baumrinde,
oder bohren sich auch einen neuen etwa 5 mm tiefen Gang, um darin zu über-
wintern. „Dabei handelt es sich nicht um einen Ernährungsfraß, wie durch Darm-
untersuchungen festgestellt wurde; auch bleiben die Wände solcher Notgänge
frei von Pilzrasen." —
Durch dieses gelegentliche vorzeitige Hervorkommen einzelner Jungkäfer
kann mitunter eine 2. Generation vorgetäuscht werden, ebenso dadurch, daß die
alten Mutterkäfer nach der Vollendung ihrer Nachkommenschaft nicht immer zu-
grunde gehen, sondern oft noch Monate am Leben bleiben und wahrscheinlich
dann auch zu erneuter Eiablage befähigt bleiben.
A. dispar befällt sowohl gefällte Stämme und Stöcke als auch
lebendes Material, vor allem Heister, Ob er wirklich völlig gesundes,
frohwüchsiges Material annimmt, oder gar „nur in dem gesündesten, vollsaftigsten
Holz vorkommt und brütet", wie vielfach behauptet wurde, ist nach dem Ver-
halten fast aller übrigen Borkenkäfer doch sehr unwahrscheinlich. Wir geben in
dieser Beziehung Eichhoffs Meinung recht, daß dispar krankhaftes Material
vorzieht. Schlechter Standort, unterdrückter Stand (vgl. Neger 1909), große
Dürre, Versetzen, ungenügende Düngung (bei Obstbäumen) genügen, um die
Heister in einen borkenkäfergünstigen Zustand zu versetzen. Schneider-
Orelli (1913) kommt auf Grund sehr großer Erfahrung zur gleichen Ansicht
wie Eichhoff: er hat noch nie einen von dispar stark befallenen Obstbaum ge-
sehen, der bei genauerer Untersuchung nicht Spuren anderweitiger Schädigung
oder Schwächung aufgewiesen hätte. Als Schädigungen kommen hauptsächlich in
Betracht Frost, Mäusefraß, Stammverletzungen, Wurzelrückschnitt beim Versetzen
älterer Bäume und stärkerer Rückschnitt der Krone. Tritt natürlich z. B. in einer
Baumschule oder großen Obstplantage eine starke Übervermehrung ein, so wird
er, wie das auch bei anderen Borkenkäfern der Fall ist, in seiner Not auch
primär werden und versuchen, auch wirklich ganz gesunde Bäume anzugreifen.
In der forstlichen Literatur sind eine Reihe von Fällen mitgeteilt, in denen
hunderte, ja in einem Fall sogar 3000 Eichenheister durch dispar zugrunde
gerichtet worden sein sollen (vgl. Altum S. 321). In einigen dieser Fälle wird
ausdrücklich angegeben, daß auch noch andere Käfer (z. B. Agrilus) daran be-
teiligt waren. Viel zahlreicher als in der forstlichen sind die Klagen in der land-
wirtschaftlichen, speziell der Obstbaumliteratur. Gehört dispat doch mit zu den
gefürchtetsten Obstbauminsekten. Der Tod der Pflanzen tritt bei stärkerem
Befall rasch ein. Bei schwachem Befall dagegen, wo nur wenig Bohrlöcher vor-
Ipidae,(Scolytidae). — Holzbrüter („Nutzholzborkenkäfei"). 637
banden sind, kann der Baum die Krankheit überstehen und wieder völlig ge-
sunden. 1)
Die Erkennung des Befalls ist leicht: die Einbohrlöcher und das gelbe
Bohrmehl sind deutliche Anzeichen. Bei Eiche tritt auch noch die intensive
Dunkelfärbung der Umgebung des Einbohrloches hinzu, die durch einen aus diesem
kommenden Saftfiuß hervorgerufen wird (Neger 1909). 2)
Zur Abwehr ist zu empfehlen: vor allem Entfernung alles nutzlosen
Materials, in dem der Käfer brüten kann, also Stöcke von Eichen, Buchen usw.;
ferner rechtzeitige Entfernung und Vernichtung der befallenen Heister. Handelt
es sich um wertvolles Material, so können bei schwachem Befall die Pflanzen
eventuell dadurch gerettet werden, daß man nach dem Vorschlag Schneider-
Orellis (191 7) in die Bohrlöcher Wattepfropfen mit Schwefelkohlenstoff getränkt
einführt und darauf die Löcher selbst mit Lehm verschmiert. In Obstpflanzungen
wurde sehr guter Erfolg damit erzielt. Die zur Abhaltung der ?? allenthalben
empfohlenen Schutzanstriche mit Karbolineura, Lehmmischung usw. haben nach
Schneider-Orelli wenig Erfolg. Dagegen stellt das Umwickeln der Stämme
mit Rapperstoff einen vollen Schutz dar, ein Mittel, das natürlich nur in kleineren
Verhältnissen (wie Obstgärten) Anwendung finden kann.
Schlupfwespen führt Kleine keine an; er erwähnt nur einen Käfer Bhinosimus plani-
rostris F. (s. Abb. 94 C, S. 195), der in seinen Gängen gefunden wurde.
5. Familie Platypodidae.
Die Platypodiden wurden ihrer Lebensweise halber in den meisten älteren
entomologischen Schriften mit den Ipiden vereinigt und als L^ntergattung der-
selben behandelt. Sie zeigen aber weder morphologisch noch anatomisch nähere
Verwandtschaftsbeziehungen zu den Borkenkäfern.
Auch keiner der übrigen Rhynchophoren- Familie
stehen sie näher, so daß ihre Stellung als selb-
ständige Familie wohl gerechtfertigt ist.
Habituell unterscheiden sie sich von den Borken-
käfern vor allem durch den senkrechten breiten Kopf
(Abb. 332), der breiter als das Halsschild ist (was bei , o
den Borkenkäfern niemals vorkommt). Augen rundlich,
gewölbt, hervorragend, Fühler nicht gekniet, kurz, mit ^bb. 332. Piatypus cyhndrus F.
stets 4gliedriger Geißel und großer plattgedrückter End- ^ ^afer, B Vorderbem. — (N.)
keule. Halsschild walzenförmig, vorne gerade abgestutzt.
An den Seiten zur Aufnahme der Schenkel ausgebuchtet. Schenkel und Schienen breitgedrückt,
die Vorderschienen auf der Außenfläche meist mit parallelen Schrägleisten. Tarsen 5 gliedrig, sehr
lang und zart, I. Glied wenigstens so lang als die folgenden zusammengenommen (vergl. auch
Strohmeyer 19 18).
^) Nach Neger (1900) spielt sich der Ausheilungsvorgang folgendermaßen ab: Aus den
Wundrändem wächst ein Callus hervor, welcher durch den von ihm ausgeübten Druck, zunächst
allerdings ein weiteres Aufreißen der Rinde über dem Flugloch bewirkt, so daß ein Hof von
spindelförmigem Umriß entsteht. Durch Überwallung wird dieser geschlossen und das Loch
durch einen aus Callusgewebe bestehenden ziemlich weit nach innen vordringenden Pfropf ausgefüllt.
*) Neger nimmt an, daß der Saftfluß frisch angebohrter (gesunder) „Eichenheister" nicht
nur insofern für die angegriffene Pflanze von Vorteil ist, als er die Käfer zum Ersticken bringt,
sondern auch dadurch, daß er der Ausbreitung des Ambrosiamyzels entgegenwirkt.
638
Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Platypodiden sind in der Hauptsache Tiere der Tropen und Subtropen.
In unserem Faunengebiet kommt nur i Gattung mit 2 Arten vor: Platypiis
cyliiidnis F. und cylmdriforniis Reitter, die sich folgendermaßen unterscheiden lassen:
Halsschild deutlich und ziemlich dicht punktiert, die abwechselnden Zwischenräume
der Flügeldecken beim (^ nach hinten deutlich gekielt und vor dem Ab-
stürze zahnartig verkürzt, von da der Absturz wenig steil abfallend. Seiten-
rand zwischen dem großen Endzahne des (^ und dem marginalen Schwielen-
zahn nicht ausgerandet, dazwischen mit 2 Kerbzähnchen besetzt 5 — 5,5 mm.
An Eiche Pl. cylindrus Fabr.
Halsschild sehr erloschen punktiert, fast glatt, alle Zwischenräume der Flügeldecken
beim J nach hinten kielförmig erhöht und vor dem Abstürze zahnartig ver-
kürzt, alle Zähnchen fast gleich entwickelt, die abwechselnden kaum größer
als die anderen, von da zur Spitze gebrochen abfallend. Der Seitenrand
zwischen dem großen Endzahn und dem marginalen Schwielenhöcker aus-
gerandet und daselbst ohnt Xerbzähnchen. An Eiche . . PI. cylrndriforviis Reitt.
Biologisch und forstlich scheinen sich die beiden Arten mehr oder weniger
übereinstimmend zu verhalten, so daß wir sie hier gemeinsam behandeln können.
^( /Piatypus cylindrus F. und cylindriformis Rtt.
Der Hauptbrutbaum ist die Eiche, vereinzelt ist cylindrus auch in
Buche, Esche und Kastanie und cylindriformis in Buche gefunden. PL cylindrus
ist über ganz Europa und über einen großen
Teil von Asien verbreitet und kommt auch
in Nordamerika vor, cylindriformis ist bis jetzt
nur in den Vogesen, Algier, Korsika, Sizilien
und im Kaukasus gefunden worden. Da die
beiden Arten leicht verwechselt werden, so
ist es bei genauerer Beachtung der Unter-
schiede wohl möglich, daß das Verbreitungs-
gebiet der letzteren Art sich noch wesentlich
erweitert.
Die Biologie der Kernkäfer ist vor
allem durch Stiohmeyer (1906 und 1907)
erforscht und aufgeklärt worden, dem wir in
unserer Darstellung hauptsächlich folgen.
Sehr auffallend sind die Larven gebaut, so
daß sie sich von Borkenkäferlarven ohne weiteres
unterscheiden lassen. Die ganz junge Larve hat einen
stark verbreiterten Kopf und einen ovalen Körper, der
breiter als hoch ist und seitlich stark vorspringende
Wülste mit großen Borsten besitzt (Abb 333 a). All-
mählich geht diese ovale Körperform in die walzenförmige über, wie sie der ausgewachsenen
Larve zukommt. Diese ist etwa 7 mm lang, hinter der Mitte etwas verdickt, am Hinterende
plötzlich abgestutzt, mit abschüssigem, abgedachtem After (Abb. 333 b). Von den 12 Segmenten
ist das I. am größten und nach oben wulstförmig erhöht, so daß die beiden folgenden klein
zu nennen sind; die Segmente sind vielfach mit Höckern und Borsten ausgestattet, die als
Fortbewegungsorgane dienen. Die Mundwerkzeuge sind bei der erwachsenen Larve (auch
relativ) viel stärker ausgebildet als bei den jungen.
Abb. 333. Junge (a) und ältere (b)
Larve von Piatypus. — Nach Strohmeyer.
Platypodidae.
Ö39
Die Fraßgänge an Eiche 1) werden nach Strohmeyer folgendermaßen
angelegt (Abb. 334). Das 2 bohrt sich von einer Vertiefung der Borke aus
radial in den Stamm ein; ihm folgt ein d, das hauptsächlich die HerausschafFung
des Bohrmehls übernimmt. Letzteres ist sehr langfaserig und hierdurch vom
Bohrmehl der vorher besprochenen Holzbrüter leicht zu unterscheiden. Ist das
2 je nach dem Saftgehalt des Holzes bis zur Kernholzgrenze gekommen, so
wendet es sich in kurzem Bogen nach der Seite und nagt, in der gleichen Ebene
bleibend einen Gang annähernd in der Jahresringrichtung. Oft kommt es vor,
daß auch, nach der anderen Seite ein solcher Gang angelegt wird.
Der Verlauf dieser Röhren ist mehr oder weniger wellenförmig, ihre Länge
kann 30 cm und mehr betragen. Von einem oder mehreren beliebigen Punkten
eines dieser Seitengänge dringt nun das $ in radialer Richtung gegen die Stamm-
mitte vor und legt hierbei bald nach rechts, bald nach links Seitengänge an, die
Abb. 334. Fraß des Eichenkemkäfers, Platyous cylindriformis Rttr.
Nach Strohmeyer.
in einem rechten oder spitzen Winkel abzweigen. Der Radialgang ist häufig an^
der Spitze mehr oder weniger nach einer Seite umgebogen und manchmal bis
18 cm lang.
In dem außerordentlich saftreichen Wurzelholz oder sehr feucht gelagerten
Stämmen hält der Käfer viel weniger streng die gleiche Querschnittebene ein;
man fandet hier oft Gänge, die sich direkt in der Achsenrichtung hinziehen und
ihrerseits sich wieder schräg nach oben und nach unten verzweigen. Auch durch
unregelmäßigen Faserverlauf, Aststummel, Faulstellen oder sehr rasches Austrocknen
der äußeren Stammteile werden Abweichungen von der Normalform veranlaßt.
In letzterem Fall kommt es vor, daß der Käfer die Anlage der Gänge an der
Kernholzgrenze ganz unterläßt und direkt in das Kernholz dringt.
Die Gänge werden stets sehr rein gehalten, Kot und Bohrmehl werden
ständig herausgeschafft, zu welcher Arbeit sich der Absturz des d sehr gut eignet.
^) In Buche weichen die Gänge entsprechend dem verschiedenen Bau des Holzes von.
den Eichengängen etwas ab (Strohmeyer 1907).
,540 Coleoptera. — 7. Familienreihe: Rhynchophora.
Die Eier werden während der Bohrarbeit, die ersten schon nach Anlage
der ersten Splintgänge, haufenweise abgelegt. Die Bohrtätigkeit des Q und die
Eiablage soll sogar im Winter fortgesetzt werden.
Die Larven, hauptsächlich die älteren, lauten mit Hilfe ihrer Segraent-
wülste (s. oben) in den Gängen lebhaft hin und her und nähren sich (wie die
holzbrütenden Ipiden) vornehmlich von Pilzen. Während der Entwicklung nagen
die Larven keine eigenen Gänge ; erst wenn sie erwachsen sind, bohrt jede von
der Brutröhre aus ihre eigene Puppenwiege, in Form von kurzen, zylindrischen
Röhren, und zwar stets horizontal, dem Faserverlauf folgend. So erhält das Fraß-
bild eine Ähnlichkeit mit den Leitergängen der Xyloterus- Arten. Während aber
hier die Leitersprossen richtige Larvengänge darstellen, die schon von der jungen
Larve hergestellt und in denen die Larve ihre ganze Entwicklung durchmacht,
sind beim Piatypus- Fraßbild die Leitersprossen lediglich Puppenwiegen. ^)
Die Flugzeit ist sehr spät, Strohmeyer beobachtete im Elsaß erst am
6. und 8. Juli den massenhaften Anflug an Stöcken und Stämmen. Die Ent-
wicklung einer Familie zieht sich sehr lange hin; man kann in einem Gangsystem
alle Stadien nebeneinander finden. Bemerkenswert ist die Beobachtung Stroh-
meyers, daß im Winter bereits ausgefärbte Jungkäfer erst anfangs Juli, frühestens
Ende Juni schwärmten. Die Generation ist jedenfalls einjährig.
Der Kernkäfer befällt sowohl stehendes Hoiz (dieses meist am unteren
Stammteil) als auch Stöcke und liegende Hölzer bis zum Astholz. Liegende
Stämme werden in ihrer ganzen Länge gleichstark angegangen, an den Seiten
und unten etwas mehr als oben. An den Baumstümpfen bohrt sich der Käfer
am liebsten dicht über der Bodenoberfläche und an den Ansatzstellen der dicken
Hauptwurzeln ein, während der zuerst austrocknende, oberste Stockteil meist ganz
verschont bleibt; ob die Stöcke entrindet oder berindet sind, ist ziemlich gleichgültig.
Der Schaden des Kernkäfers ist rein technischer Natur. Dadurch,
daß er viel tiefer wie die anderen Borkenkäfer [Xyloterus und Xyleborus) in die
Stämme eindringt, sind die Verluste weit empfindlicher als bei diesen. Die Wert-
minderung kann 50^0, ja, bis 90% betragen.
Vom Praktiker wird der Piatypus -B^idW nicht immer als solcher erkannt
und mit Xyloterus domesticus, signatus^ Xyleborus monographus, dryographus, Saxeseni
oder Anis, dispar verwechselt. Die Fraßbilder geben auch häufig kein klares Bild.
Leichter zu verwerten sind die Einbohrlöcher. Auf Grund des viel größeren
Kalibers (s. Abb. 335) wird man zunächst feststellen können, ob monographus^
Saxeseni oder dryographus vorliegt. Sind diese Arten ausgeschlossen, so bleiben
nur dispar und signaius (bezw. domesticus). Zeigt sich in keinem Bohrloch der
charakteristisch gezahnte Absturz des Kernkäfers oder das weiße, scheibenähnliche,
flache Hinterende seiner Larve (die ja lebhaft in den Gängen hin- und her-
^) Manche Autoren faßten die Leitersprossen als Bestandteile des Käferfraßes auf (ent-
sprechend den Sprossen bei dtsparl). Doch konnte Strohmeyer diese Anschauung durch
direkte Beobachtung und Experimente als irrtümlich nachweisen. Man findet auch niemals die
„Leitersprossen" in den Gangsystemen, solange keine verpuppungsreifen Larven oder Puppen
vorhanden sind.
Literatur über Borkenkäfer.
641
wandert), so bleibt (da die Untersuchung des Bohrmehls für den Praktiker keinen
sicheren Anhalt gibt) nur übrig, durch einen Axthieb in den wertlosen Splint ein
Stück Rinde oder Holz abzulösen, und die darin befindlichen Käfer und Larven
zu betrachten, die sich ja von den ge-
nannten Borkenkäfern ohne weiteres
auch von dem weniger Geübten unter-
scheiden lassen (Strohmeyer).
Betreffend der Abwehr sei folgen-
des gesagt: Will der Holzhändler sich
vor Schaden bewahren, so sorge er da-
für, daß die Eichenstämme rechtzeitig
abgefahren werden; als spätester Termin
hat Mitte bis Ende Juni zu gelten. Um
die Durchführung dieser einfachsten und
sichersten Maßregel zu erleichtern, wäre
es angebracht, daß die Förstverwaltungen
die Eichenstammhölzer möglichst früh
zum Verkauf brächten. Die anderen vielfach empfohlenen Mittel, wie Vernichtung
der Brut in den Stöcken durch Sprengung (wodurch deren Austrocknung be-
schleunigt wird) oder Entrinden der Stämme, können wohl ganz gut wirken, sind
jedoch in ihrem Erfolg bei weitem nicht so sicher wie die rechtzeitige Holzabfuhr.
Abb. 335. Ausbohrlöcher verschiedener Eichen-
holzborkenkäfer, a Xyloterus signatus F.,
b Xyleb. monographus F., c Xyleb. dryo-
graphus Rtzb., d Anisandrus dispar F., e Xyle-
borus Saxeseni Rtzb. — Nach Strohmeyer.
Literatur über Borkenkäfer.
Die Borkenkäferliteratur ist ungemein umfangreich und es ist ganz unmöglich, hier auch
nur einen Bruchteil aller über mitteleuropäische Borkenkäfer erschienenen Arbeiten anzuführen.
In dem Verzeichnis sind vielmehr nur solche Arbeiten aufgenommen, auf die im Text Bezug
genommen ist.
Glücklicherweise besitzen wir eine ausgezeichnete „Übersicht über die Gesamt-
literatur der Borkenkäfer vom Jahre 1758—1910'^ von Tredl und Kleine (1911), in
der wohl nur ganz wenige unbedeutende Arbeiten fehlen dürften und die jedem, der sich mit
Borkenkäfern wissenschafthch beschäftigt, unentbehrlich ist. Die Fortsetzung dieser Übersicht (bis
1920), von Kleine bearbeitet (Tredl ist leider mzwischen gestorben), ist in der Zeitschrift
für angewandte Entomologie Bd. IX erschienen.
Das große Interesse, das die Borkenkäfer seit jeher bei Zoologen und Forstwirten ge-
funden, hat eine Anzahl größerer Monographien gezeitigt, von denen hier die von Ferrari
(1867), Chapuis (1875), Lindemann (1875), Eichhoff (1878 und 81), Löwendal (1898),
Barbey (1901) und Spessivtseff (1907) zu nennen sind.
Außerdem sind eine Reihe monographische Bearbeitungen über einzelne Spezial-
gebiete der Borkenkäferkunde erschienen, so von Wachtl (1884), Nüßlin (1911), Kleine
(1908/09), Tredl (1907), Fuchs (1907) und anderen.
Eine Zusammenstellung der „Nahrungspflanzen und Verbreitungsgebiete der
Borkenkäfer Europas" verdanken wir Tr^dl, eine statistische Studie über denselben Gegen-
stand und ferner eine Zusammenstellung der Feinde der Borkenkäfer R. Kleine,
und eine gute Bestimmungstabelle E. Reitter. Außerdem sind in allen forstentomologischen
Hand- und Lehrbüchern die Borkenkäfer meist mit besonderer Sorgfalt und Ausführlichkeit be-
handelt (Ratzeburg, Altum, Judeich-Nitsche, Eckstein, Nüßlin usw.).
Als besonders verdienstvolle Borkenkäferforscher, die unsere Kenntnis wesentlich gefördert
haben, seien erwähnt: Altum, Chewyreuv, Cogho, Eggers, Fleischer, Fuchs,
Hennings, Henschel, Knoche, Knotek, Keller, Nördlinger, Nüßlin, Pauly,
Schneider-Orelli, Stro'hmeyer, Trägärdh, Wachtl, Wichmann: in Amerika vor allem
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♦♦
Sachregister.
Die kleingeschriebenen Wörter bedeuten Artnamen, die hinter diesen Namen stehenden Buch-
staben die Anfangsbuchstaben der Gattungen. Die mit * bezeichneten Seitenzahlen, welche stets
an den Schluß der Zahlenreihe gestellt sind, beziehen sich auf Abbildungen. Wo Gattung und
Art ausgeschrieben sind, beziehen sich die Namen auf Parasiten.
A.
Aaskäfer 49.
Abax 357.
Abfälle oder Abbruche 523.
abietinum An. 184, 186.
abietis An. 186, 187.
— C. 481, 557, 597, 604,
482*, 597*.
— H. 337, 342, 343*.
— H, Larvenfraß 349*.
— L. 121.
— S. 126.
Abstürze 536.
acanthopygia Ch 20.
Acanthocinus 209, 210, 221,
219, 240*.
Acanthoderes 209, 219. 214*.
aceris Ecc. 478, 516, 516*.
— L- 301-
Acridiidae 4.
Acridiinae 8.
acridiorum Coc. 7.
— Lach. 6.
Acridium 8.
Acrocormus multicolor 590.
Acrulia 49.
aculeatus M. 320.
acuminatus Ips 486, 539, 557,
485*, 540*.
Adalia 122, 125, 123*-
Adelocera 154, 165.
Adephaga 38.
aedilis Ac. 209, 210, 219, 221,
208*, 240*.
Aegosoma 215.
aegyptiacum Acr. 8.
aenea An. i ii*.
— C. 113.
— D- 139, 135*-
— M. 275, 286, 288.
aeneoniger L. 160, 159*.
aeneum C. 218, 221, 239, 238*.
aeneus C. 156, 160, 162, 163,
157*, 158*, 159*.
aequator H. 224.
aeruginosus L. 158, 161.
affinis Chr. 139, 142, 135*.
Agelastica 275, 286, 289.
agilis Dr. 46.
Agonum 45
agricola A. HO.
Agrilinae 132, 133, 139, 142,
145*-
Agrilus 133, 139, 145, 148,
149, 146*.
Agriotes 154, 156, 159, 161,
162, 163
Agrypnini 154, 156.
Ahornbock 24".
Alecopolabus fasciiventris 513.
alneti Ph. 324.
alni Ag. 275, 286, 289, 274*.
— Eiplatten 286*.
— Larven 287*.
— D. 139.
— Dr. 487, 517.
— O. 340, 418.
Allantonema 358.
AllecuHdae 202, 204.
alliariae Rh. 304.
Alpenbock 246.
alpina P. 8.
— R. 216, 246*.
alternans L. 121, 551, 602.
Alysia manducator 513.
Ambrosia 444, 622.
Ameisen, weiße 22.
Ameisenkäfer 177.
Ameisenlöwe 29, 30*.
amitinus Jps 485, 593, 557,
604, 485*, 594*.
— V. montanus 538.
Amphibiotica 27.
Amphimallus 105, 106.
Anacharis 33.
Anaglyptus 2 18.
analis A. 49.
— L. 49, 543,
Anamerentoma i.
Anaspis 204.
Anatis 125.
angustata E. 120.
angustatum P. 51.
angustatus A. 139, 146, 149.
— H. 481, 619, 620.
angusticolle An. 184, 186.
angusticollis L. 119*.
Anisandrus 477,487, 633,487 *.
Anisoplia iio.
Anisoptera 29.
Anobiidae 177, 182, 185*.
— Larve 183*.
Anobium 180, 183, 186 ff, 531.
— Käferfraß 189*, 190*.
Anomala HO..
Anoplura 22, 26.
Anoxia 108, 103*
Anthaxia 133, 137, 139, 141,
181, 231, 138*.
Anthonomus 336, 340, 420,
335*-
Antophora 182.
Anthrenus 128, 127*.
Anthribidae 300, 301.
Anthribus 301, 302*.
Apate 183, 187, 188. 191.
Apfelblütenstecher 340.
Aphodius 166.
apiarius Tr. 182.
Apioninae 303, 309.
Apion 309*.
Apoderus 306, 307, 304*.
apterus L 56.
Apter\'goten 3.
aquatica P. I.
araneiformis B. 315, 332.
arborator Ph. 321.
arcuatus Cl. 214, 2 18, 248*.
— Larvengänge 249*, 250*.
argentatus Ph. 312, 324.
arietis Cl. 218, 251*.
armigera M. 338.
Aromia 216, 254.
Arthropleona i.
Arvenborkenkäfer, großer 538.
648
Sachregister.
Arveiiborkenkäfer, kleiner 552.
arvensis C. 45.
arvicola L. 192.
asellus C. 158*.
Asemum 235, 238, 166, 217,
221, 233*.
aspaiagi C. 274*.
Aspenbock, kleiner 260.
asperatus C 597.
— Th. 482, 517.
Aspidocolpus 508.
Aspigonus 224.
Atanycolus demigrata 264.
ater A. 149.
— H. 480, 619, 620, 474*,
620*.
— P, 202.
— X 224.
aterrimus A. 156, 160, 161,
163.
Atheta 49, 532, 622.
Athous 154, 157, 158, 160,
162, 165.
atomarius P. 314, 324.
— Käferfraß 325*.
Atropus 25.
Attagenus 128, 127*.
attelaboides R. 302.
Attelabus 305, 307, 304*.
attenuatus H. 480, 619, 620.
Aulonium 121, 494, 119*.
aurata C. 113, iii*.
auratus C. 45, 41*.
aurichalceus D. 128
auricollis Agr. 139, 145, 150,
130*.
auricularia F. 20*.
auronitens C, 45.
Ausbohrlöcher verschiedener
Eichenholzborkenkäfer 641*,
austriaca A. HO.
austriacus P. 553.
aulographus Dr. 487, 557, 598,
604, 482*, 599*.
avellanae O. 418.
B.
Bacchus Rh. 304.
bajulus H. 217, 221, 232,
233*. 234*.
Balaninus 336, 340, 422, 335 *.
Balkenschröter 54.
Bandit 42.
barbatus S. 202, 195*.
Barbitistes 12, 13.
Barichneumon ridibundus 513.
Barypithes 3 II, 315, 332.
Baumschröter 54.
Begattungslöcher 490.
Bembidium 47.
berolinensis D. 139.
betulaeRh. 305, 307, 304*, 308*.
betuleti A. 139, 146, 150.
— Rh. 305, 306, 304*.
bicolor H. 632.
— T. 205, 483, 510, 511*.
bidentatus P. 205, 484, 549,
557, 604, 484*, 549*, 550*.
— P. var. 549*.
bifasciatum Rh. 215, 221, 241.
bifasciatus C. 139, 142, 188,
145*-
biguttata T. 202, 195*.
biguttatus A. 139, 147, 148,
145*-
— St. 10.
Billaea irrorata 263.
binotatus H. 204.
bipunctata C. 122, 125, 123*.
bipunctatus T. 10.
bipustulatus Ch. 126, 122*,
123*.
— Rh. 120.
Birkensplintkäfer großer 489.
bispinosa A. 184, 187.
bispinus X. 487, 517.
bistridentatus P. 484, 552, 557,
483*, 549*, 553*.
Blacus fuscipes 513.
Blasenfüße 4, 27, 26*.
Blastophagus 519, 532.
Blatthornkäfer 54.
Blattidae 21.
Blattkäfer 271.
Blattlauslöwen 32.
Blattroller 303
— ohne Blattschnitt 305.
— mit Blattschnitt 306.
— mit einseitigem Schnitt 306*.
— mit zweiseitigem Schnitt 307,
306*.
Blattstecher 304.
Blattwickel 305*.
Blattwickler oder -roller 304.
Bleiarsenat 291, 298.
Blitophaga 49.
Bockkäfer 207.
boleti B. 204.
Boletophagini 204.
Boletophagus 204.
Bombyliden 7.
Borkenkäfer 427, 428*.
— Abwehr 455.
— als Raumparasit 556, 602.
— Anhang 517.
— an Ästen und Zweigen 547.
600.
— an Klee 517.
— an Laubholz 489.
— an Nadelholz 517.
— an Spartium 517.
— Begattungsapparat männlich
465*.
— Bestimmungstabelle 472.
— Biologie und forstliches
Verhalten 489.
— Brutbildertypen 433.
— Brutgänge, mißlungene 522.
Borkenkäfer Darmkanal 467.
— dichotomische Tabelle nach
Nüßlin 471.
— Erkennung des Befalls 453.
— Ernährung 444.
— Familienleben 431.
— Fichtenbewohner, typische
557-
— Fichtenbewohner, gelegent-
liche 557.
— Flügeldeckenabstürze 483 *,
I 484*, 485*, 488*.
— forstliche Bedeutung 447.
— Fortpflanzung 437.
— Fraßbilder 431, 436.
— Fühler 474*, 476*.
— Generation 442.
— Geschlechtsorgane, weibliche
444*-
— großer achtzähniger 575.
— Kiefernbewohner, typische
519
— Kiefernbewohner, gelegent-
liche 519.
— Kiefernbewohner im Stamm
brütend 519.
— Kopf- und Halsschild 428*,
473*-
— Larven- und Käferfraß 444.
— Larve und Puppe 429*.
— Literatur 641.
— Mitteldarm 466*.
— Muttergang mit Eigruben
441*.
— natürliche Beschränkung der
Vermehrung 448.
— Parasiten 492, 494, 499,
502, 503, 506, 508, 509,
510, 511, 513, 515, 532,
535, 538, 539, 543. 545,
548, 551, 568, 570, 575>
59O) 597, 598, 602, öio,
614, 622, Ö27, 628, 632,
637.
— Regenerationsfraß 447
— Reifungsfraß 446, 445 *.
— System, geschichtliches 459.
— System Nüßlins 460, 467.
— Tabelle der Arten 477.
— Tarsen 473*.
— Überwinterungsfraß 447.
— Vorbeugung 454.
-^ Vorkommen 430.
Bostrychidae 183.
Bostrychus 183.
Bothrideres 121.
Brachistes atricornis 386.
— firmus 386.
— robustus 386.
Brachkäfer 106.
Brachonyx 336. 340, 422, 335*.
Brachycentrus brachycentrus
264.
brachycerus Br. 357.
Sachregister.
Ö49
Brachyderes 1 63 , 311, 315,
Brachyderini 310, 311.
Brachylacon 156.
Brachymera II 7, 126.
brachyntera D. 422.
Brachyopa 357.
Bracon brachycerus 357.
— caudatus 502.
— disparator 386
— hylobii (= nigriventris) 357.
— immutator 410.
— incompletus 386.
— initiatellus 494.
— initiator 224
— labrator 386, 551.
— longicaudis 502.
— multiarticiilatus 264.
— obliteratus 224
— palpebrator 532, 543, 551,
386*.
— sordidator 386.
— spathiiformis 192.
— stabilis 506.
Bruchidae 206, 299.
Bruchus 299.
brunnea S. 108, 11 1*.
brunnipes B. 332.
Bryodema 10.
Buchdrucker 575.
Buchenborkenkäfer, kleiner 5 10.
Buchenspringrüßler 417.
Bücherlaus 25.
Bulmerinqui T. 511.
buoliana T. 187.
bupresticida C. 132.
Buprestidae 129.
Buprestiden-Larven 130*.
— Fluglöcher und Puppen-
wiegen 131*.
— Fraßgang 131*.
Buprestinae 132, 133, 139,
135*-
Buprestis 133, 134.
buprestoides M. 150*.
buprestoides Sp. 213, 221, 237,
214*.
Byctiscus 305. 306, 304*.
c.
Caenocoelius analis 513.
Caenoptera 215, 221, 239*.
Caeropachys Hartigi 551.
caesareus St. 48.
calamobius 211.
Calandra 334, 341, 335*.
— Literatur 427.
Calathus 46.
calcaratus Ph. 314, 324.
Callidium 212, 216, 217, 221,
235, 269, 233*.
— Larvengänge 238*.
Caloptenus 6, 10.
Calopteryx 29.
Calopus 202.
Calosoma 41.
Calotermes 24.
Calvolia Kneißli 543.
Calyptus longicollis 513.
— rogosus 508.
campestris C. 40.
— G. 18.
Campoplex gracilis 410.
Camptosomata 273.
camptoxipha J. 13.
cancellatus C. 45.
candens A. 141.
caninum D. 79.
canis Tr. 26.
Cantharidae 168.
Cantharis 168*.
capitis P. 26.
capreae G 275, 282, 286.
— Fraßbild 282*.
capucina A. 184, 188, 191.
— E. 151.
Carabidae 39.
Caraboidea 39, 38.
caraboides M. 202.
— Syst. 54.
Carabus 45, 164, 41 *.
carcharias S. 141, 209, 210
220, 223, 208*, 212*, 256*
— Fraßbilder 257*, 258*.
cardinalis N. 1 24.
Cardiophorini 154, 156, 157
Carphoborinae 469.
Carphoborus 475, 547, 481
548*, 480*, 482*.
carpini Ecc. 477, 515, 514*
Cassidinae 276.
castaneus C. 156, 160, 161,
157*, 158*, 159*-
— H. 627.
castanipes M. 158*.
celata A. 49.
— H. 49.
cembrae Ips 485, 557, 614
615*.
— Ps. 514.
Cerambycidae 206, 207, 214*
— Literatur 270.
Cerambycinae 213.
Cerambycini 213, 216.
Cerambyx 216, 242, 207*
212*, 214*.
— Larve 207*.
ceramboides Ps. 202.
cerasorum B. 423.
Cerceiis 132, 325.
cerdo C. 207, 216, 212*, 243*
— Larvengänge und Puppen-
wiegen 244*.
Cerocephala cornigera 494, 502
cervinus P. 314, 324, 325.
cervus L. 53, 54*,
Cerylon 121.
Cetonia 113, 11 1 *.
Cetonia Engerling 60, 61*.
Cetoniini 156, 113
Ceutorrhynchus 336, 341, 335*.
chalcographus P. 484,486,557,
595, 596, 604, 483*, 484*,
486*, 595*, 596*.
Chalcophora 132, 134
Cheiropachus pulchellus 532,
535-
— quadrum 494, 502, 532,
535-
chelicornis G. 26.
Chelidura 20.
Chilocorini 125, 126.
Chilocorus 126, 122*, 123*.
Chlorbaryum 7.
Chrysobothris 133, 139, 142,
130*, 138*.
Chrysomela 182.
Chrysomelidae 207, 271, 274*.
— Larve und Puppe 271*.
Chrysopa 32*, 33.
Chrysopidae 29.
chrysostigma Ch. 138, 139, 142.
Cicindela 40, 41 *.
Cicindelidae 39.
Cicones 118.
cinerascens P. 9.
cinereus C 481, 557, 556*.
Cionus 336, 340, 418, 335*.
— Literatur 427.
Cis 118.
Cisidae 118.
cisteloides C. 46.
cisti B 299
clavatus Sp. 192.
Clavicornia 117,
clavipes A. 209, 219, 208*,
214*.
Cleonus 335, 336, 381.
Cleonymus pulchellus 508.
Cleridae 177, 193.
Clei-us 177, 449, 520, 532, 538,
541, 590, 178*.
Clythra 286.
Clytus 216, 218, 221, 248*,
251*.
Cneorrhinus 31 1, 315, 329.
Coccidulini 125.
coccinea P. 195*, 205*.
Coccinella 122, 125, 296, 123*.
— Entwicklungsstadien 122*.
Coccinellidae 121.
Coccinellinae 125.
Coccinellini 125.
Coccobacillus 7.
Coeliodes bostrichorum 590.
— filiformis 502.
— melanotus 402.
— scolyticida 494.
coerulescens Oe, 10,
coeruleus A. 139, 145, 149.
— C. 182, 192, 181*.
Coleoptera 35.
650
Sachregister.
Coleopteroidea 35.
cunicularius H. 480, 619
, 620,
collaris N 49.
474*.
— Rh. 192.
Curculio 417, 422.
- X. 224.
Curculiones adelognathi 3
10.
Collembola i.
Curculiones phanerognathi 334.
Colydiidae 118. 121.
Curculionidae 300.
Colydium 121, 632, 119*.
CurcuHonides 310.
completus H. 192.
curculionides A.305, 307,
304*.
conicus Rh. 304.
Cursor O. 216, 221, 238
Conostigmus pusillus 610.
curvidens Jps 557, 604,
485*,
conspersa P. 141.
486*, 605*, 606*,
607*,
constrictus B. 12.
608*, 609*.
contractus A. 224.
cuspidata H. 49.
— B. 121,
cyanea Ph. 133, 136,
130*,
convexus C 45.
135*.
Copeognatha 25.
cyanescens A. 149.
Copris 55*.
Cychramus ii8.
Coprophaginae 55.
CycHca 273.
Coraebus 133, 139, 142, 144,
cylindricum Syn. 54*.
188, 143*.
cylindricus O. 121.
coriaceus C. 45.
cylindriformis PI. 638,
639*-
coriarius P. 215, 221.
cylindrus PI. 638, 637*.
cornus F. 197.
CyHstosoma Hneare 532,
590.
Corrodentia 22, 4.
— oblongum 538.
corticalis X. 151.
Cytoneura stabulans 79,
291.
Corticaria 118.
coryli A. 149, 306, 304*.
D.
- Dr. 517.
Dacne 118.
- Str. 315, 331, 313*.
danicus P. 9.
Corymbites 154. 156, 160, 161,
decastigma M. 139, 141.
162, 163, 165, 166.
decemlineata Ch. 296*.
Corynetes 177. 182, 192, 181*.
decipiens P. 139, 140,
141.
Coryphium angusticoUe 543.
135*.
Cossonidae 423, 341, 423.
Decticus II.
Cossonus 335, 424.
decumanus H. 570.
— Literatur 427.
DendroctoDus 475, 479,
547,
Coxelus 118.
557, 604, 477*.
crassicoruis A. 49
— amerikanische (Fraßbilder)
- H. 27.
565*.
crenata D. 121, 119*
Dendrophagus 118.
crenatus H. 479, 503, 504*.
Dendrosoter Curtisii 494
cribratus Rh. 120.
— Middendorffi 494, 532
551,
Criocephalus 217, 221, 235,
567.
238, 233*.
— Perrisi 551.
Crioceris 273.
- planus 503.
cruentatus N. 125, 123*.
— protuberans 502, 508
515,
Cryphalinae 468.
532, 535-
Cryphalus 475, 481, 557, 597,
denticornis L. 27.
604, 611, 616, 476*
deplanatum P. 51.
482*.
Deporaus 305, 306, 304*.
Cryptarcha 118.
depressa L. 29.
Cryptocephalus 273.
depressus P. 195*.
cryptographus X. 633, 488*.
— Rh. 120.
Cryptophagidae 118, 341, 406.
Dermaptera 3, 20.
Cryptorrhynchus 335*.
Dermestes 128, 127*.
— Literatur 426.
Dermestidae 126.
Cryptostoma 276.
dermestoides H. 171,172,
170*.
Crypturginae 468.
— Larve 171*.
Crypturgus 475, 481, 556,557,
destructor J. 6
602, 604, 482*.
detritus Cl. 218, 251*.
Cucujidae 118, 120.
Dexia 79.
Cucujus 118.
Dexiinae 79.
culinaris M. 202.
Dexiosoma 79.
- Rh. 341, 424*, 425*.
Diacanthus 156.
Diachasma cephalotes 513.
Diaperini 204.
Diaperis 204
Diapria melanocrypta 410.
— "'gra 513.
— verticillata 543.
Dicerca 133, 139.
Dickmaulrüßler 311.
Dionaea nitidula 263.
Diphyllus 118.
Diplochis omnivoris 590.
Diplogaster 358.
Diplosis 422.
discisus PI. 51.
di<:juncta M 79.
dispar A. 633, 487*, 634*,
641*.
— G. 25.
— Rh. 120.
Ditoma 118, 121, 119*,
Diversicornia 38, 116.
divinatorius Tr. 24*.
Dolopius 154, 156, 157, 159,
161, 163, 166.
domesticum A. 190.
domesticus O. 180, 192, 181*.
— X. 488, 627, 628*.
Donacia 273.
Doppelringschnitt 456.
Dorcadion 211.
Dorcus 54.
Dornschrecke 8.
Dorj'Ctes obliterans 590.
— pomarius 513.
Doryphora 296.
Drahtwürmer 153.
Dromius 45, 536.
Dryocoetes 476,487, 509, 517.
557, 604, 482*, 598*.
Dryocoetinae 470.
dryographus X. 488, 632, 482 ',
633*, 641*.
Düsterbock 235.
Dungkäfer 55.
duplicata M. 339, 415.
— Larvenfraß 413*.
duplicatus Jps 486, 594.
Dynastini 56, II4.
E.
Eccoptogaster 477, 478, 489,
492, 494, 496, 507, 511,
513, 515, 51^, 473*, 483*.
Eccoptogasterinae467,473, 477.
Echthrus nubeculatus 264.
— populneus 264.
Ecphylus eccoptogastri 494, 513.
— hylesini 503, 510, 548, 551,
567.
Ectobia 21.
Eichelrüßler 422.
Eichenbock, großer 242.
Eichenerdfloh 292.
Eichenspiingrüßler 417.
Sachregister.
651
Eichenwidderbock 248.
Eintagsfliegen 27, 28.
Elachistus leucogramma 494,
508, 513-
Elater 154, 157, 165, 166.
Elateridae 129, 152.
— Käfer 157*.
— Käferfraß 161*.
— Larven 159, 153*, 158*.
— Larvenfraß 162*.
— Literatur 167.
Elaterini 156, 157.
elatus C. 145.
elegans P. 192.
elephas B. 340, 423.
eim leaf beetle 291.
elongatum C. 121, 119*.
— N. 120, 119*.
— P. 51-
elongatus A. 139, 146, 149,
145*-
— T. 181, 192.
emarginatum A. 184, 186.
Embidiaria 4.
Empusa 6.
Endomychidae 118.
Endomychus 118.
Engerlinge 52, 55, 59, 61 *.
Ennearthron 118.
ensifer Ecc. 477, 496, 477*,
497*-
ensifera A. 33.
Entedon caudatus 548.
— chalybaeus 264.
— hylesinorum 548.
— pinctorum 548.
Entgipfelung 456.
Entomobrya 2.
Entomobryidae i.
Ephemera 28.
Ephemerida 27.
Ephialtes 33, 264, 358.
Ephippigera 1 2 .
Epicauta ioo.
Epuraea 118, 119*, 120*.
— angustata 627.
— laeviuscula 627.
— oblonga 536.
— obsoleta 532.
— suturalis 590.
Erdlaufkäfer 44.
Erdwolf 13.
eremita O. 113, in*.
Eremotes 341, 425.
Ergates 215, 221, 235, 238,
236*.
Erichsoni D. 128.
Erlen Würger 341,
Ernährungsfraß (Reifungsfraß)
435*.
Ernobius 184, 187, 188
Ernoporinae 468.
Ernoporus 475, 482, 510, 517,
509*.
erosus Jps 486, 545, 546^.
Eschenbastkäfer, ähnlicher
bunter 502
— großer schwarzer 503.
— kleiner bunter 499.
— kleiner schwarzer 506.
Eschenrindenrosen 501, 500*.
Eschenrüsselkäfer 340, 418.
Eucnemidae 129, 150.
Eucnemis 151.
Eucoela minuta 494.
Eupandalum abbreviatum 551.
— tridens 551.
Eupelmus azureus 386.
— Degeeri 502.
Eupodae 273.
eurygraphus X. 633, 488*.
Eurytoma eccoptogastri 508,
513
— flavocapsularis 502, 543.
— flavovaria 502.
— ischioxantha 386, 502.
' — nodulosa 502.
Eurytoma spec 598.
— striolata 508.
Eusandalum inerme 502, 545.
Exochomus 126.
exsculptus P. 483, 557, 602*.
faber E. 215, 221, 235, 238,
214*, 236*.
— Larvenfraß 236*.
fagi A. 149.
— E. 482, 510, 509*.
— O. 340, 417, 339*. 415*.
416*.
Familienholzgänge 629.
Fangbaum 455.
Fangbaummethode nach Sed-
laczek 458.
Fangheuschrecken 4.
Fankhauseri H. 479, 517.
farinosa H, 112, 1 1 1 *.
fasciata M. 202
fasciatus A. 301.
fasciatus C. 142.
— H. 509, 532, 195*.
— Tr. 114, III*.
fasciculatus P. 219, 221, 229,
414, 208*. 210*, 214*,
230*.
fastuosa Cr. 182.
Federlinge 4, 25.
Feldgrille 18.
Feldheuschrecken 4, 25.
Feldmaikäfer 57.
Felsenspringer 3.
ferrugineus L. 121, 602, 119*.
— Rh. 120.
Feuerschröter 53.
Fichtenbock 221.
Fichtenborkenkäfer, furchen-
flügeliger 601.
Fichtenborkenkäfer, gekörnter
597-
— kleiner 601.
— sechszähniger 595.
— zottiger 598.
Fichtenrüsselkäfer, grüner 324.
filiforme C. 121.
Filzlaus 26.
fimetaria J. i*.
flabellicornis H. 171, 170*.
flavicoUis C. 24.
flavicornis P. 51.
flavipennis M. v. 532.
flavipes P. 192.
flavomaculata B. 134.
flavus M. V. 532.
Florfliegen 29, 32*.
floricola C. I13.
Forficula 20*.
Forficularia 20.
Formica 325, 357.
formicarius Cl. 177, 180, 449,
532, 538, 590, 178*.
formiciformis T. 192.
forticornis O. 333.
fossor St. 48.
fraxini C. 340, 418, 339*.
— H. 205, 479, 499, 511,
538, 543, 500*.
frigidus Ot. 312.
Frischii A. in.
frontalis D. 547.
— M. 339, 414.
— Larvenfraß 413*.
Fruchtbohrer 304.
fuliginosus Qu. 49.
fuUo P. 102, 103*, 104*.
fungorum T. 204.
fusca C. 168.
fuscipennis M. v. 532.
fuscipes Ot. 312, 320.
— Th. 192.
fuscum St. 10.
— T. 217, 221, 223*.
G.
Gabelgänge 630.
— in einer Ebene 631.
— in verschiedenen Ebenen 633.
Galeruca 275, 282, 292. 289*.
Galerucella 275, 282, 289^.
Galerucinae 275.
galloprovincialis M. 220, 221,
228*.
Gartenlaubkäfer iio.
Geoffroyi Ecc. 492.
Geotrupes 55*.
— Engerling 60, 61*.
germanica Bl. 21.
— Ph 21.
germanus C. 166.
Geschlechtsorgane von Borken-
käfern 463, 464*.
Getreideblasenfuß 27.
652
Sachregister.
Getreidelaubkäfer iio.
gibbus H. (Rh.) 200, 201*.
glabratus C. 45.
- H. 480, 557, 570, 571*-
- P- 555, 483*-
glacialis E. 2.
glandium B. 340, 422*.
glaucus Cl 336, 381.
- Ph- 314, 324-
Gleichflügler 28.
Gletscherfloh 2.
Glischrochilus 120, 532, 119*.
Gnorimus 114.
Gomphocerus 10*.
G )natoceri 303, 310.
Goniodes 26, 25*.
Gracilia 212, 217, 2b8.
gracilis C. 211.
- Eph. 33
graminicola H. 112.
granaria C. 341.
grandiclava P. 481, 513, 549,
514*, 548*.
grandis Rh. 120, 119*.
granulatus C. 45.
- Tr. 483, 517.
Graslaubkäfer 112.
Gregarina 359.
Grillen 3, 4, 13.
Grohmannsche Fanggrube 375 *.
Grubenhaisbock 235.
Grünrüßler 312, 321.
Gryllidae 13.
grylli E. 6*.
Gryllotalpa 13.
Gryllus 18.
guttatus Ft. 38Ö*.
H.
Haarlinge 22, 25, 26.
Habrobracon instabills 532.
Habrocytus tenuicornis 264.
haematodes C. 119*.
Haematopinus 27.
haemorrhoidalis B. 133, 134.
- H. 27.
Hallomenus 204.
Haltica 292.
Halticinae 283.
Halyzia 125.
harcyniae F. 181, 396, 388*.
- Larvenfraß 397*, 398*,
Harpalus 200, 46*.
Harzrüsselkäfer 396.
Haselbock 266.
Hausbock 232.
Hecabolus sulcatus 502.
hederae K. 517.
Helcon 224.
Helcoztysus brachycentrus 506.
Heliopathes 200, 201*.
Heliothrips 27.
Helmi D. 128.
Helops 205.
Helosus 33.
Hemerobius 32.
Hemiptarsenus unguicellus 532.
hemipterus V. 114.
Hemiteles aestivalis 494, 532.
— completus 192.
— melanarius 386, 494, 532.
— modestus 192, 386.
Herrgottskäfer 121.
Heterhelus rubiginosus 543.
heterodon T. 611.
Heteromera 39, 193, 195*.
— Larven 202 *, 205*.
— Literatur 205.
Heupferd 11.
Heuschrecken 3.
hippocastani M. 57, 58*.
Hirschkäfer 53.
Hirschschröter 53
hirta (hirtella) Tr. 113.
hirtus A. 158.
Hispinae 276.
Hister 165, 50*.
Histeridae 50.
histeroides C. 121.
Hodotermes 23.
Höckerschrecke 10.
Holomerentoma 3.
Holopedina spec. 548.
holosericea S. 109.
holosericeus F. 166.
Holzbohrer 304.
— ungleicher 633.
Holzbrüter 489, 622, 436*.
Holzläuse 4, 25, 24*.
Homalota 49. 574.
Hoplia 112, III*.
HopHini 56, 112.
horlicola Fh. iio, iii*.
hortulani naturae famulus 528.
hybrida C. 40, 41.
Hydrophilus 116.
Hylastes 475, 480, 481, 569,
576, 619, 474*.
Hylastinus 475, 479, 517.
Hylecoetus 169, 170, 174,
176.
— Larve 171*.
— Larvenfraß 172*, 173*-
Hylesininae 467, 473, 478.
Hylesinus 479, 499, 502, 503,
506, 474*-
hylobii Br. 357.
— Gr- 359-
Hylobius 166, 335, 336, 342,
337*-
— Bekämpfung 359.
— Fanggräben 368*, 370*.
— Fanggruben 375*.
— Fangkloben und -rinden
364*.
— Feinde 356.
— Käferfalle 372.
— Literatur 378.
Hylotrupes 217.221,232,233*,
234*.
Hylurgops 475, 480, 557, 569,
570, 474*-
Hylurgus 475, 480, 619, 480*.
Hypoborinae 468.
Hypophloeus 194, 205, 499,
509, 511, 532, 538, 543,
551, 574, 590, 627, 632,
195*-
I.
Ichneumon hassicus 410.
ilicis O. 418.
impar F. 314.
Impressum C. 121.
incanus Br. 315, 327, 313*,
328*.
indigena C. 422.
inflata A. 49.
infucatus Ips 594.
Initiator Br. 224.
Inocellia 31.
Inquisitor C. 43, 44*.
— Rh. 215, 221, 214*, 241*.
instigator F. 386*.
insubricus Rh. 217, 24Ö*, 247*.
intermedius C. 481, 616, 617*.
intricatus C. 45.
— Ecc. 478*, 507*.
Ipidae 300, 427, 473.
— 118, 119*, 120*.
Ipinae 471, 473, 475, 481.
Ips 186, 505, 476, 484, 536,
538, 539, 541, 542, 543.
545, 546, 557, 575, 593,
594, 604, 610, 611, 614.
irritans Ot. 320.
Isaria 6.
Isophya 13.
Isoptera 22.
Isorhypis 1 5 1 .
Isotoma I, 2.
italicus C. 10, 6*.
Juliuskäfer, großer 103.
Junikäfer 103, 106.
K.
Kabinettkäfer 128.
Käfer 34.
Käferlöcher 583.
Kamelhalsfliege 29, 31*.
Kauapparat 462.
Kaumagen von Borkenkäfern
461*.
Kiefernbastkäfer. kleinster 547.
Kiefernbestandsrüßler 393.
Kiefernblattkäfer, gelber 294.
— schwarzbrauner 295*.
Kiefernblütenstecher 340, 420.
Kiefernborkenkäfer, großer
zwölfzähniger 536
— sechszähniger oder scharf
gezähnter 539.
Sachregister.
653
Kiefernborkenkäfer,vielzähniger
542.
Kiefernkulturpissodes 389.
Kiefernprachtkäfer, großer 134.
Kiefcrnscheidenrüßler 340, 422.
Kiefernstangenrüßler 391.
Kiefernzapfenrüßler 395.
Kiefernzweigbock 229.
Kirschi Ecc. 477*, 496*.
Kissophagus 517.
Klebefächer 294
Kleiderlaus 26.
Kleiner schwarzer Wurm 631.
Kletterlaufkäfer 41.
— kleiner 43.
Köhleri P. 216, 247.
Kohlgallenrüßler 341.
Kolbenwasserkäfer 116.
Kopfhornschröter 54.
Kopflaus 26.
Kraatzi Pt. 479, 499, 478*.
Kugelspringschwänze 2.
Kupferstecher 595.
Kurzflügler 47.
Kurzrüßler 310.
— Biologie 315.
— Imago 313*.
— Kopf mit Fühlerfurchen
310*.
— Literatur 333.
L.
Labia 21.
labrata C. 325.
Lachnidium 6.
Lachnosterna 89.
Lacon 154, 156, 160, i6«, 162.
Laemophloeus 121, 511, 551,
602, 119*, 120*.
Lärchenborkenkäfer, großer 614.
— kleiner 616.
Läuse, echte 4, 22, 26.
laevigatus Qu. 49.
laevis Ecc. 478, 494, 495 *.
— Geschlechtsorgane weibliche
444*.
— Reifungsfraß 445*.
laeviuscula Cl. 274*.
Lamellicorn-'a 38, 52*.
Lamia 209, 219, 255.
Lamiinae 219
— Larven 208*.
— Puppen 210*.
lampros B. 47, 46*.
lampsanae C. 145.
Lampyris 168.
Landlibelle 30.
Langrüßler 310, 334, 339*.
— Biologie 341.
— Köpfe 335*.
lanipes H. 205, 195*.
lapathi Cr 341, 406*.
— Larvenfraß 407 *, 408 *.
— Käferfraß 410*.
lapathi Feinde 410.
Laphria 132, 166, 357*.
Lappenrüf^ler 311.
lapponica Bl. 21
lardarius D. 127*.
Laria 299.
Lariidae 299.
laricis Ips 205, 487, 557, 604,
485*, 542*.
lateralis M. 202.
— Str. 315, 331.
Lathridiidae 118.
Lathridius 118, I19*.
latus Tr. 26.
Laubheuschrecken 4, 10.
Laubholzböcke 242.
Laubkäfer 53, 57.
Laufkäfer 39.
— als Feinde des Rüsselkäfers
357.
Lautäußerungen der Männchen
von Myel. piniperda 525.
Lecanium 301.
Leitergänge 624.
lentus N. 49, 48*.
Lepisma 3
Lepismatiden 3.
Leptinotaisa 296*.
Leptusa 49, 543.
Leptura 166, 215, 216, 221,
237*.
Lepturini 213, 215.
Lesser sehe Falle 18.
Lethrus 56.
Leucotermes 24, 22 *.
Libellen 27, 28.
Libellula 29, 29*.
Lichtensteini P. 483*, 555*.
Liebstöckelrüßler 320.
ligniperda H. 480, 619, 620.
hgustici Ot. 320.
limbatus Str. 331.
Limonius 154. 157, 158, löo,
161.
Limothrips 27.
Lindenprachtkäfer 140.
lineare P. 51.
linearis A, v. 149.
— C. 341, 424.
— H. 205.
— O. 209, 210, 220, 266,
2o8*, 256*.
hneatus A. 156, 159, 162,
163, 157*, 159*-
— S. 315, 327*.
— X. 488, 482*, 624, 625*,
626*.
lineola G. 275, 282, 289.
Liopus 209, 219, 252.
Lipperti P. 554.
Lipeurus 25 *.
Lissoderma 204.
Lissonota arvicola 192.
Litargus 118.
lividum C. 218, 269,
Lochmaea 275, 282.
Locusta 1 1 .
Locustidae 10.
Loevendali Ecc. 494.
longicolle An, 186.
longicollis Ips 486, 546 *, 547 *.
— M. 275.
longicorne An. 184.
longicornis Tr. 25*, 26.
Lucanidae 53.
Lucaniden Larve 52*.
Lucanus 53, 54*.
lucifugus L. 24, 22*.
Ludiini 156.
Luftlöcher 490.
Luperus 275.
luridum T. 217, 221 *.
luteola G. 275, 289*.
— Fraßbilder 290*.
Lycoperdina 118.
Lycorina trianguliphera 264.
Lymexylon 176, 170*.
— Larvenfraß 175 *.
Lymexylonidae 169.
Lypha dubia 278.
lyrocephalus H. 27.
Lytta 196, 197*.
— Käferfraß 198*.
M.
Machiliden 3.
Macquartia praefica 278.
macrographus P. 602.
maculata G. lo.
— L. 216.
maculicornis Ph. 313, 324,
Magdalis 231,336.338,41 1.335*.
— Literatur 426.
Maikäfer 57 ft.
Maikäferpilz 89.
Maiwürmer 193.
major N. 215
Malachiini 169.
Malachius 169.
Malacodermata 117, 167.
— Literatur 176.
mali Ecc. 478, 511, 512*.
— Ph. 324.
Mallophaga 22, 25*.
Malthinini 169.
Malthinus 169.
manca A. 139, 141.
Mannsfeldi Ips 486, 541, 485*,
542*.
marginatus D. 161, 163, 157",
159*.
— P. 314, 325.
marginellus Dr. 46.
mariana Ch. 133, 134, 135*.
Marienkäferchen 121.
Markröhrenfraß in Kulturen 531.
I marmorata C. 113.
I maroccanus St. 6, 9, 10.
654
Sachregister
Masicera silvatica 263.
Mannerheimi A. 45.
Maulwurfsgrille 13, 14*,
Meconema 13.
Megachile 182.
Megastigmus 320.
Mehlwürmer 193.
Meigenia bisignata 278.
melancholicus C. 166.
Melandrya 202.
Melandryidae 202.
Melanimon 200.
melanogrammus Str. 315.
Melaoophila 133, 139, 141.
Melanotus 159, 166.
melanura N. 202.
Melasia 202.
Melasis 150.
melasoides J. 151.
Melasoma 273, 277, 286.
Meloe 200.
Meloidae 196.
Meloiden 6.
Melolontha 57, 58*.
Melolonthinae 55, 56.
Melolonthini 56, 57.
memnonia M. 339, 415.
meridianus St. 216,
Mesosa 209.
metallicum Sc. 204.
Metallites 314, 324.
Meteorus albicornis 494.
— brevipes 494.
micans D. 479, 557, 604, 474*,
559% 563*, 564*-
— P. 314, 325, 313*.
Microdus abscissus 386.
— rugulosus 509.
Microgaster ater 33.
micrographus P. 557, 601, 604,
482*, 483*, 601*.
Microplectron fuscipennis 513.
Microphthalma 79.
micropus Tr. 26.
Microzoum 200.
migratorius P. 6, 8*.
minimum O. 49.
minimus C. 481, 547, 480*,
482*.
minor C. 215,221, 214*, 239*.
— Larvenfraß 239.
— L. 21
— M. 479, 532, 557, 239*,
48o^ 533*. 535*.
minuta G. 217, 268.
mirabilis A. 358.
Mistkäfer 53, 55.
modestus H 192.
molitor T. 202, 193*.
molle An. 186, 188, 189, 190,
191, 192, 414, 185*;
moUis O. 180.
-. P. 314, 324, 325, 310*,
313*-
Molorchus 215, 239*.
monacensis P. 484, 554.
Mondhornkäfer 56, 55*.
Monilia Candida 623,
Monochamus 209, 219, 221,
225, 228, 226*, 227*, 228*
— Larve und Puppe 206*.
monographus X. 488, 631*,
641*.
montanus Ips var. 485, 538,
553. 539*-
mordax Rh. 215, 269.
Mordella 194, 202, 204.
Mordellidae 202, 204.
Mordellistena 202.
morio A. 133, 137, 202, 130*.
moschata A. 216, 254, 253*.
Moschusbock 254.
Mulmbock 235.
multipunctatus Ot. 312, 320.
multistriatus Ecc 494, 477*,
482*, 493*.
murinus L. 156, 160, 161,
162, 157*, 158*, 159*.
museorum A. 128, 127*.
Museumskäfer 128.
mustela Sc. 314, 326, 310*.
— Eiablageund Käferfraß 326*.
mutillarius Cl 180.
Mycetochara 204.
Mycetophaginae 118.
Mycetophagus 118.
Myelophilus 475, 479, 519, 532,
557, 480*. 482*.
Mylabris 200.
Myrmeleo 29, 30*,
mysticus Cl. 218, 221, 251*.
N.
Nacerda 202.
Nadelholzbockkäfer 221.
Xadeln 586.
nana T. 46.
Nashornkäfer 114.
nasicornis Or. 114.
navale L. 175, 176, 170*.
— Larve 175*.
nebulosa C. 174*.
— M. 209, 208*.
nebulosus A. 301.
— L. 209, 219, 252.
Necrobia 181.
Necydalini 213, 215.
Necydalis 215.
Nematoden (parasitische Wir-
kung) 452.
Nemonychidae 300, 301.
nemoralis C. 45.
Nemosoma elongatum L. 120,
499, 509, 510, 511, 548;
590, 602, 628, 632, 119*.
Neomysia 125.
Neurateies papyraceus 386.
Neuropteroidea 29.
niger A. 158, 163.
— Ot. 312, 316, 313*.
nigrinum An 184, 187.
nigritula A. 133. 137.
nigriventris Br. 357,
nitens C. 45.
Nitidula obscura 532.
Nitidulidae 118, 120, 179.
nivalis E. 2.
nobilis G. 114.
nocivus A. v. 149.
notatus P. 118, 338*, 388*,
389-^
novemmaculata B. 133, 134,
130*.
Noviini 125.
Novius 123, 124, 125, 123*.
nucum B, 340, 422, 339*.
Nudobius 49. 538, 590, 48*,
Nußbohrer 422.
Nußrüßler 422.
Nutzholzborkenkäfer 624.
Oberea 209, 210, 220, 26t*.
obesus Str. 315, 313*, 330*.
obliteratus Br. 244.
oblonga E. 120.
oblongoguttata C. 125.
oblongopunctatus Pt. 46.
oblongum P. 51*.
oblongus Ph 314, 324, 310*,
obscura C. 168*.
obscurus H. 517
Obstbaumsplintkäfer,großer5 1 1
— kleiner 513.
ocellata C. 125, 122*, 123*.
ochropterus Qu. 49.
octoguttata B. 133, 134, 135*
octopunctata S. 220, 265.
oculata O. 220, 266, 256*.
— Larvengang 266*.
Ocypus 48.
oczkayi B. 12.
Odonata 27, 28.
Oedemeridae 202.
Oedipoda 10.
Oedipodinae 8.
Ölkäfer 6, 20.
Ohrwürmer 3.
Ohrwurm, gemeiner 20.
oleiperda H. 479, 506, 505*.
olens O. 48*.
Omalium 48, 49, 538, 543.
Omaseus 164.
Omias 332.
Oothecaria 3, 21.
opaca S. (Bl.) 49.
opacus H 481, 619, 620.
Opatrini 200.
Opatrum 200, 201*.
ophiopsis Rh. 29, 31*.
Opilo 177, 180, 192, 181*.
Sachregister.
655
Orchestes 336, 340, 415, 417,
335*.
— Literatur 426,
— Parasiten 416,
Orientalis P. 21*.
orni H. 479, 502, 505*.
Orthoceri 303.
Orthoptera 3, 4.
Orthopteroidea 3.
Orthotomicus 1^42.
Oryctes 114.
oryzae C. 341.
Osmia 182.
Osmoderma I13, iii\
Ostoma 118.
Ostomidae 118, 120.
Otiorrhynchini 310.
Otiorrhynchus 163, 310, 31 1,
312, iio.
— Rüssel mit Pterygidien 311*.
ovatus Ot. 312, 319, 313*.
Oxylaemus 121, 569, 632.
Oxymirus 216, 221, 238.
Pachyta 216, 214*.
Pachytylus 6, 8, 9*.
Palingenia horaria 28.
palliatus H. 480. 557, 569,
474% 569*.
palpebrator B. 386.
Palpicornia 38, 116.
Pappelbock, großer 257.
parallelocoUis Rh. 120.
parallelopipedus C. 341, 424.
- D- 54.
- P. 51.
Paromalus 51, 543.
parvulus Rh. 120.
pectinicornis Pt. 181, 186, 188,
189, 191, 192, 185*.
Pediacuü 118.
Pediculus 26*.
Pedinini 200.
Pelatachina tibialis 263.
pellio A. 128, 127*.
Pelzfresser 22, 25.
Pelzkäfer 128.
perdix Ot. 311, 320.
perforans A. 184, 187, 188.
perforata S. 209, 220, 265,
256*.
- Fraßbilder 265*.
Perilampus micans 503.
Periplaneta 21 *.
Peritelus 310.
perla Ch. 33
perlae P. 33.
pertinax A. 184, 188. 189, 190,
191, 185*.
Pezotettix 8.
PfeUi X. 488, 633
Phaenops 133, 136
Phaeogenes nanus 494.
Phasmoidea 3. 4.
phlegmatica M. 339, 415.
Phloeonomus minimus 538.
— pusillus 536, 538, 569, 574.
Phloeophthorus 474, 478, 517.
Phloeopora angustiformis 48,
569-
— reptans 48, 536, 538. 543,
569. 574-
Phloeosinus 474, 479, 618.
Phthirius 26.
Phthorophloeus 474, 478, 557,
600.
Phygadeuon submuticus 535.
Phylan 200. 201 *.
Phyllobius 310, 312, 321.
Phyllodecta 275, 279.
Phyllodromia 21.
Phylloperta 1 10. 1 1 1 *.
Physopoda 27.
Phytodecta 275.
Phytophaga 39, 206.
piceae C. 481. 557. 604, 611*,
612*.
— P. 338, 400, 388*.
Fraßbild 401 *.
piceus H. 116, 336.
picipes Ot. 312, 319.
picus P. 314, 325.
pilidens P. 554.
pilosa An. 108.
pUosus X. 479, 557, 572*.
Pimpla 358.
— alternans 264, 416.
— cicatricosa 410.
— flavipes 192.
— instigator 386.
— laticeps 386.
— linearis 386.
— Reissigii 410.
— roborator 410.
— terebrans 231, 386, 567.
pinastri H. 337, 342.
pineti Br. 340, 422, 339*.
— H. 336.
pini A. 186, 187.
— Cr. 273, 294, 274*.
— H. 205 590
— P. 338, 393, 388*.
— Larve 412 *.
— Larvenftaß 383*, 394*.
pinicola L. 275. 274*
piniperda M 479, 519, 535,
557, 480*, 482*, 521*.
piniphilus P. 338, 391, 388*.
— Larvengänge 392 *.
Pinselkäfer 114.
piri Ph. 314, 324.
pisorum B. 299.
Pissodes 181, 211, 224, 336,
337, 381, 335*, 338*.
— Arten 388*.
— Geschlechtsorgane 384*.
— Larve und Puppe 382*.
Pissodes, Literatur 404.
— Parasiten 386*, 387*.
pistor M. V. 228.
Pityogenes 205, 477, 483, 549,
551, 552, 553, 554- 557.
595, 604.
Pityokteines 486.
Pityophagus ferrugineus 120,
536, 622.
Pityophthorinae 470.
Pityophthorus 205, 477, 483.
555- 557, 601, 602. 604,
482*.
Placusa atrata 49. 538.
— complanata 49, 538.
— depressa 49.
— infima 49, 538, 590.
— tachyporoides 536.
plagiatus Cn. 315, 329, 313*.
Plagiodera 273, 279
Plagionotus 218, 248.
plana H. 49.
planatus Ot. 320.
Platydema 204.
Platypodidae 300, 637.
Piatypus 638*.
Platysoma 622, 51*.
Plecoptera 27.
Plectiscus spilotus 532.
Plegaderus 51, 545, 569, 500.
plumbeum An. 186, 188.
Pocadius 118.
Podura 2.
Poecilonota 33, 139, 140.
Poecilus lepidus 46.
Pogonochaerus 136, 181, 209,
219, 221, 229, 230*.
poligraphus P. 4^1, 557, 574,
604, 482 % 573*, 575*."
politus Rh. 120.
Polydrosus 311, 314. 324.
Polygraphinae 469.
Polygraphus 205, 475, 481,
513,549,557,574.604,482*.
Polyphaga 38.
Polyphylla 102, 103*, 104*.
Polysphincta elegans 192.
— latistriata 416.
— soror 192.
pomonae A. 309*.
populi M. 273, 277, 279*.
— Larven 277*.
populi O. 340, 418, 415*.
— Fraßbild 416*.
populi Rh. 305, 306.
populnea S. 209, 210, 220,
208*, 214*.
— Fraßbilder 261*.
porcatus Ot. 320.
— Rh- 341, 425-
Porizon 33.
Prachtkäfer 129.
--- zweibindiger 142.
praeusta T. 209. 208*, 210*.
656
Sachregister.
praeustus E. 157*.
purpureus C. 156.
Rhaphitelus Ladenbergi 502.
praticola A. 137.
Purpuricenus 216, 247.
— maculatus 513.
Prionini 213.
pusillum 0. 49.
Rhinomacer 302 *.
Prioiius 215, 221.
pusiUus C. 481, 557, 602, 604,
Rhinosimus 194, 204.
Prionychus 202.
482*, 603*.
~ planirostris 510, 637.
Prosternon 1 66.
pygmaeum B. 47.
— ruficollis 195*.
Protozoen als Borken
käfer-
— C. 212, 268.
Rhizophagus 118, 120.
Schmarotzer 453.
pygmaeus Ecc. 478, 497.
— bipustulatus 532, 536,
551.
Protura I.
pyrenaea I. 13.
569.
proximus Ips 486, 543,
557.
Pyrochroa 104, 205*.
— cribratus 590.
4«5*, 544*.
Pyrochroidae 204.
— depressus 532, 536,
567,
pruinosus S. i *.
Pythidae 204.
569.
pnini Ecc. 511.
Q.
— dispar 569, 628.
Pseudocistela 202.
— ferrugineus 536. 551,
590
Pseudophonus 46.
quadridens P. 205, 484, 551,
— grandis 567, 119*.
Pseudopoiygraphus 513,
SH'
557. 483*, 549*. 552*.
— nitidulus 532.
psittacinus Ph. 312. 313
*.
quadriguttatus G. 120.
— parallelocollis 532, 574.
- Käferfraß 322*.
quadrimaculata P. 216, 214*.
— parvulus 569.
— Larvenfraß 321 *.
quadrimaculatum B. 47.
— politus 532.
Psocide 24*.
quadrimaculatus H. 50*.
Rhizotrogus 106, 103*.
Psociden 25.
- L. 29 ^
— Engerling 60, 61 *.
Psophus 10.
quadrinotata I. 119*.
rhododactylus Ph. 478,
517,
Pteleobius479, 497,474*,
478*.
quadrinotatus Dr. 46.
600.
Pteromalus abieticola 590
597-
quadripunctata A. 133, 137,
Rhogas collaris 192.
— aemulus 386, 543,
569.
231. 135*.
— marginator 410.
574. 602.
— Cl. 286.
rhombeus A. 160, 166,
158*
— azurescens 548, 551.
- s. 50*.
159*.
— azureus 535, 548, 55
I.
- X. 50.
Rhopalicus guttatus 551.
— bimaculatus 494, 502
508,
quadripustulatuni L. 204, 195 *•
— suspensus (Borkenkäfer-
5^9, 513-
quadripustulatus Ch. 126.
parasit) 590, 451*.
— bivestigatus 502.
— G. 120, 532, 519*.
Rhopalopus 217. 246.
— brunnicans 494.
quadrispinosus Ecc 495.
Rhoptrocercus eccoptogastri5o8
— capitatus 492, 494,
574.
Quedius 49.
— xylophagorum 509,
511
598. 602.
— fuliginosus 536.
532, 543. 551. 569,
574
— clavatus 386.
— laevigatus 590.
590, 602, 610, 614.
— Dahlbomii 386.
— ochropterus 590.
Rhynchaenides 334.
— dubius 548.
— scintillans 536.
Rhynchaenus 340, 415.
— fraxini 502.
quercetorum H 292, 274*.
Rhynchites 304, 305, 306
307
— guttatus 386*.
Fraßbild 293*.
Rhynchitinae 303.
— lanceolatus 494, 574.
quercus O. 340, 417.
— Literatur 30g.
— Latreillei 533.
Eraßbild 416*.
Rhynchophora 39, 300.
— lunulus 386, 492, 494,
532.
R.
— Mundwerkzeuge 301*
.
— navis 574, 598, 602.
Rhyncolus 335.341, 423,
425
— pellucens 386.
racemosum L. 301.
— Literatur 427.
— ramulorum 548.
Rammelkammer 438.
Riesenbastkäfer 557.
— siccatorum 548, 551.
ramulorum P. 555.
Riesenkäfer 1 1 4.
— Sieboldi 278.
RatzeburgiEcc. 477, 489,473*,
Rindenbrüter 489.
— Spinolae 509, 511,
532,
478*, 490*.
— an Ahorn 516.
5K 574, 590, 602.
raucus Ot. 3 II.
— Aspe 517.
— suspensus 532, 543,
^51.
Rebschneider 56
— Besenpfrieme 517.
— valleculus 494.
Rebstecher oder Rebstichler
— Birke 489.
— vicarius 548.
305.
- Efeu 517.
— violaceus 532, 543, 5
51.
rectangulus Tom. 545.
— Eiche 506.
— virescens 386.
Regensteinensis S. 315, 327.
— Erle 517.
Pterostichus 46.
Rehschröter 153.
— Esche 499.
Ptilinus 181, 183, 186,
192.
Reitkröte 13, 14.
- Fichte 557, 558*.
pubescens H. 46.
Rennkäfer 46.
— Goldregen 517.
- P- 205. 555, 574.
Rentwurm 13, 14.
— Hainbuche 515.
— Rh. 304.
reticulatus B. 204.
- Hasel 517.
pubis Ph. 26.
Rhabditolaimus 359.
— Juniperus (Wacholder)
618.
pulsator An. 191.
Rhagium 204, 215, 221, 241,
— Kiefer 517, 518*.
pulsatorius A. 25.
269, 214*.
— Lärche 614.
punctiventris Cl. 336, 38
I.
rhamni Cl. 218.
— Linde 517.
Puppenräuber 43
Rhaphidia 29, 539, 31 *.
— Obstbäumen 511.
Sachregister.
657
Rindenbrüter an Rotbuche 510.
— Tanne 604.
— Thuja (Lebensbaum) 618.
— Ulex europaeus 517.
— Ulme 492.
— Waldrebe 517.
Rindenkäfer 46.
Rindenläuse 25.
Rindenrosen 498.
Ringelung 456.
Ringschnitt 456.
rivulare O. 48.
robustus Ips var. 545.
RQsalia 216, 246.
Rosenkäfer, kleiner iio.
rosticis C. 422.
rotundatus Ot 320.
rubra L. 216. 221
— Ausfluglöcher 237*.
rubripennis M. v. 519.
Rüsselkäfer 302.
— großer brauner 342.
— großer grauer 381.
— schwarzer 316.
rufa F. 325, 357.
ruficollis C. 181.
— Rh. 195*.
ruficornis M. 338.
rufidorsum E. 200.
rufipes Cl. 180, 590.
— M 159, 166.
— Ph. 275.
rufomarginata E. 119*, 120*.
rufovillosum A. 186, 188, 189.
191, 185*.
ruf US A. 166.
rugulosus Ecc. 478, 513, 512*.
rusci O 418.
rustica B. 133, 134, 135*.
— C. 169.
— D. 79-
lusticus Cl. 218, 254, 251*.
— Larve und Puppe 254*.
— Cr. 217,221,235,238,233*.
Rutelini 56.
rutilans P. 139, 140, 135*.
sabulosum O. 200, 201*.
saccharina L. 3.
saliceti M. 273, 277.
Salicis O. 418.
saltans I. 2.
saltuarius C. 481, 557, 597.
Sandkäfer 39.
sanguineum C. 217, 269, 214*.
sanguineus E. 157.
Saperda 141, 210, 219, 220,
223, 223, 252, 256*.
Sarcophaga albiceps 263.
Sarcophagiden 7.
sartor M. 219, 221, 223, 225,
22b*, 227*.
— Larvenfraß 227*.
Escherich, Forstinsekten. 11.
Sattelschnecken 1 1 .
Saxeseni X. 629, 488*, 603*,
641*.
scaber Or. 312, 320.
scabricollis P. 338, 400.
scabricorne Ae. 215.
scabrosus A. 301.
scalaris S. 2oq, 220, 252*.
Scaphidema 204.
Scarabaeidae 54.
Schaben 3, 21.
Scheibenbock, blauer 235.
— metallischer 239.
Schmidti P. 8.
Schnarrheuschrecke, blaue 10.
Schneewurm 168*.
Schneiderbock 225, 240.
Schnellkäfer 152.
Schusterbock 225.
Schwefelkohlenstofl" 18.
Schwentung 456.
scintillans Qu. 49.
Scolytidae 427.
Scolytinae 473.
Scolylus 473, 477, 489, 492.
scolytus Ecc. 478, 492*, 493*.
Scopolii C. 216, 246, 214*.
— Puppenwiege 246*.
scutellaris O. 418.
Scymnini 125.
Scymnus 121, 126, 122*.
Scytropus 311, 314, 326.
sedezimguttata C. 125.
segetis C. 417.
segetum An. iio.
Selatosomus 156, 165.
semirufus O. 418
sensitivus Ot. 311, 313, 320,
313*.
septempunctata C. 125, 296,
I23^
sepulchralis A 133, 137.
Serica 60, 108, 109, 61*, iii*.
sericeus P. 314, 325.
Sericini 56, 108.
serraticornis C. 202, 195*.
serricauda B. 12*.
Serropalpa 202.
setosus H. 27.
se.xdentata A. 187, 188.
sexdentatus Ips 484, 536, 557,
485*, 537*.
sexguttatus A. 139, 145, 149.
sexpunctatus A. 45.
Sigalphus curculionum 386.
— flavipalpis 513.
— striatulus 386.
signatus X. 488, 627, 629*,
641*.
Silberfischchen 3.
Silpha 49, 200, 50*.
SUphidae 49.
Silvanus 118.
silvatica C. 40.
singularis Ot; 312, 319, 313*.
Sirex 227.
Sitona 311, 315. 327.
Sminthurus 2, i*.
Solieri Ch. 133, 139.
solstitialis Rh. 106, 103*.
Sonnwendkäfer 106.
Soronia 118
soror P. 192.
Spanische Fliege 196.
spaihiiformis Br. 192.
Spathius brevicaudis 386, 513,
532, 548, 531.
— clavatus 192.
— exannulatus 494,
— exarator 494, 502,
— geniculatus 551.
speciosissima C. 113.
Speckkäfer 127.
Spermophagus 299.
spinidens Jps. 486, 604, 611.
spinulosus Phth 457, 478, 600*.
Spitzmäuschen 309.
Spondylini 213.
Spondylis 211, 213, 221, 347.
Sporotrichum 6, 291.
Springapparat eines Schnellkäfers
152*.
Springrüßler 415.
Springschwänze i .
squalidus L. 25*.
Stabheuschrecken 3.
stabulans C. 79.
Staphylinoidea 38, 47.
Staphylinus 48*.
Staubläuse 25.
Stauronotus 6, 9, 10.
Steinhüpf er 3.
Steiniella callida 278.
Stenobothrus i o.
Stenochorus 216.
Stereonychus 340.
Stemoxia 128.
Stetophyma 10.
Stigma O. 418.
striatum An. 184, 188.
— Käferfraß 189", 190*.
— As. 166, 217, 221, 235,
233*-
stridulus P. 10.
Strophosomus 311, 315, 330.
Stutzkäfer 49, 50.
subauratusA.139 145, 147, 149.
subdentatus Ot. 312.
subfuscusA. 158,160, 162, 159*.
subopacüsP. 203,481,557,574.
subulatus T. 8, 19.
suis H. 27.
sulcatus Ot. 320.
sulcicoUis C. 341.
sutor M 209, 219, 221, 225,
208 •.
suturalis Ips 487, 543, 557,
485*, 544*-
42
658
Sachregister.
suturalis S. 126.
Sycophant 42.
sycophanta C. 42, 41*.
— Rh. 215, 269.
Sympleona 2.
Synchita 118.
Synodendron 54*.
Systenocerus 53.
T.
tabaci Th. 26 *.
Tachlnen aus Melasoma 278.
Tachiniden 7.
Tachyta 46.
Tätigkeit von Rhynchites betulae
307*.
Tannenborkenkäfer, kleiner 61 1 .
— krummzähniger 604.
Taphrorychus 205, 477, 483,
510.
Teerschütten 294.
Teleas punctata 513.
Temnochila 118.
tempestiva A. iio.
Tenebrio 202, 193*.
Tenebrionidae 200, 202, 204.
tenuis A. 149.
terebrans D. 566.
— P. 231.
Teredilia 117, 177.
— Literatur 193.
tereticolHs P. 314, 325.
Termiten 4, 22, 23*.
tessellatum An. 186, 191.
tessellatus B. 340, 422.
— C. 154, 160, 161, 159*.
testaceum C. 218, 269.
— Larvengang 269 *.
Tetrastichus xanthomelaenae
291.
Tetratoma 194, 204.
Tetropium 217, 221*.
Tetrops 209.
Tettiginae 8.
Tettix 8, 10, 19.
te.xtor L. 209, 214, 219, 208*,
210*, 255*.
Thaninurginae 471.
Thanasimus 177.
Tharops 151.
Thectura cuspidata 532, 543.
Theocolax formiciformis 192.
Thrips 26*.
thujae Phl. 479, 618*.
Thyphaeus fuscipes 192.
Thysanoptera 4, 27.
Thysanuren 3.
Thysanuroidea 3.
tibialis O. 200, 201*.
— Ph. 275, 279.
— Tr. 26.
tiliae E. 482, 517.
Tillus 177, 181, 192.
Tomicus Syn. 545, 611.
Tomoxia 202, 195*.
Torymus quercinus 264.
tremulae M 273, 277, 279*,
Eiablage 277 *.
trepanatus P. 553, 484*.
Trichiini 56, 114.
Trichius 114, 1 1 1 *.
Trichodectes 26, 25*.
Trichodes 177, 182,
Tridymus xylophagorum 502.
Triebbohrer 304.
trifolü H. 517.
Triplax 118.
tristis Rh. 306.
trisulcum A. 121, 119*.
Tritoma 118.
Troctes 24*.
Troctiden 25.
tropicus Cl. 218.
Tropinota 113.
Trotzkopf 191,
truncorum Rh. 341, 425.
Trypodendron 624.
Trypophloeinae 469.
Trypophloeus 475, 482, 517.
Tryxalinae 8, 9.
tuberculatus B. 10.
- E. 358.
turbatus B. 340, 422.
- Cl. 336, 381.
turkestanicus H. 23.
Tychoporus 602.
typographus Ips 186, 485, 557,
575. 576*, 577*.
Bekämpfung 586.
Erkennung des Befalls 385.
Forstliches Verhalten 582.
Fortpflanzung 578.
Generation 579.
Geschichtliches 591.
Massen Vermehrung 585.
Parasiten und Raubinsekten
590
u.
Uferbolde 27.
Ulmenbastkäfer, bunter 497.
Ulmenrosen 498.
Ulmensplintkäfer, großer 492.
— kleiner 494.
— mittlerer 494,
ulmi Ecc. 494*.
undata S. 49.
undatus C. 139. 142, 144.
Ungleichtlügler 29.
Uraniagrün 7.
urticae Ph, 314, 324, 313*.
Valens D. 566.
Valgini 56, 114,
Valgus 114.
validirostris P. 338, 388*. 395*.
variabile C. 269.
variabilis C. 325.
— G. 114.
varians A. 340, 420, 339*.
— Fraß 420*.
yariegatus A. 301.
variolosa P. 13g, 140, 141.
varium M. 13.
varius A. 301, 302*.
Verbindungsgänge 540.
Verbrennen der Rinden 589.
verrucivorus D. 11
versicolora PI. 273, 279, 274*.
vesicatoria L. 196, 197*.
vespertinus Ph. 324.
vestimenti P. 26.
viburni G. 292.
viennensis Ph. 2 "'S, 279. ■
vigintipunctata M. 275, 274*.
vile O. 49.
villosa A. 108, 103*.
villosus B. 299, 423.
— Dr. 487, 509*.
viminalis Ph 275, 274*.
violacea M. 414, 339*.
I — Larve 412*.
violaceum C. 218, 221, 235,
■- p. 204.
vioiaceus C. 45.
virgo C. 29.
viridicollis Ph. 312, 324.
viridis A. 139, 149, 145*.
viridissima L. 11.
vitellinae Ph. 275, 279. 274*.
vittatus Pt. 479, 497, 478*,
4q8*.
Vorontzowi Ips 486, 604, 610*.
vulgaris Ch. 33.
— G. 13.
— M 57, 58*.
vulgata E. 28.
vulgatissima Ph. 275 , 279,
274*.
— Larvenfraß 281*.
w.
Waldbock 237.
Waldgärtner, großer oder ge-
meiner 519.
— kleiner 532,
— Abgestorbener Wipfel 528*.
— Bekämpfung 531, 535.
— Beschädigte Samenkiefern
530*.
— Erkennung desSchadens 530.
— Ernährungsfraß 531, 534.
— Forstliche Bedeutung 525,
534-
— Triebfraß 523*, 527*.
— Überwinterungsgänge 524*.
"Waldgärtner , Verbreitungs-
vermögen 526,
— Verschnittene Kiefern 529*.
Waldmaikäfer 57, 58*.
Waldohrwurm 20.
Walker 102. 103*.
Wanderheuschrecken 5, 6, 7.
Wanderheuschrecke, europäische
8.
— marokkanische 9.
Warzenbeißer 1 1 .
Weberbock 255.
Weichkäfer 167.
Weidenblattkäfer, blaue 279.
— gelbe 282.
-- rote 277.
Weidenbock, rothalsiger 266.
Weidenspringrüßler 418.
Weißtannenrüßler 400.
Sachregister.
Werre 13, 14.
Windlöcher 383.
Wurm, großer schwarzer 245.
— kleiner schwarzer 631.
Wurmlagen 455.
Wurmtrocknis 585.
Wurzelbrüter 446, 489, 619.
— an Fichte 620.
— an Kiefer 620.
X.
Xanthochroa 202.
Xestobium 184, 188
Xorides ater 224.
— collaris 224.
— crassipes 386.
— hercynianus 386.
Xyleborinae 470.
I Xyleborus 204, 477, 487, 629,
631, 632, 482*.
Xylechinus 475, 479, 557, 572.
Xylobius 151.
Xylocleptes 477, 487, 517.
Xylodrepa 50.
Xylophurus lancifer 264.
Xyloterinae 4"0.
Xyloterus 488,624,627,476*.
482*.
Xylotrechus 218, 254.
Zickzackwurm 146.
Zimmerbock 240.
Zonabris 200.
Zuckergast 3 *.
Zwerghirschschröter 54.
Zygoptera 28, 29.
Autorenregister.
Auf den mit * gekennzeichneten Seiten findet sich der Autorname unter einer Abbilduns
270,
50,
142,
149,
176,
205,
230,
239,
256,
281.
317-
330,
378.
414,
499,
570,
389,
Adkin 362. 378.
Ahlemann 223, 225, 241,
575^ 642.
Altum 8, 16, 40, 48, 49,
104, 110, 140, 141,
144, 145, 146, 147,
161, 162, 163, 167,
187, 200, 201, 204,
223, 226, 227, 228,
231, 234, 236, 237,
240, 241, 243, 247,
266, 270, 278, 280,
293, 296, 298, 299,
319, 324, 325, 327,
331, 332, 333, 346,
392. 393, 395, 404,
417, 423, 426, 493,
502, 503, 551, 568,
634, 641, 642.
Andres 427.
Anonymus 331, 333, 378,
404, 417, 426.
Armbruster 149, 151.
Arndt 369, 378.
Assmann 332, 333, 378.
Audouin 508.
Auhagen 399, 404.
B.
Bach 260.
ßaer W. 12, 19, 79, 104, 107,
109, 114, 115, 124, 126,
136, 137, 151, 236, 260,
262. 263. 270, 278, 288,
326-, 333, 356, 411, 414,
426, 514, 642.
Baragli 424, 427.
Barbey 144. 236, 240, 270,
493, 501, 510, 517, 551,
555, 603, 616, 619, 641,
642.
Bargmann 604, 607, 61 1, 642.
Baroch 642.
Baudisch 163, 167, 174, 176,
270, 318, 333, 567, 643.
Beauregard 199.
Bechstein 260.
Beck 87. 331, 621.
Bedel 459, 460.
Beling 154, 155, 158, 160,
162, 167, 316, 317, 324,
327, 331, 333, 378, 395-
399, 404, 417, 426, 642,
Bengston 123.
Berg V. 589, 642.
Bergmiller 567, 569, 642.
202*, 223,
419, 427.
378.
Bergner 361, 378.
Bickhardt 49 , 51
450, 642.
Biedermann 378.
Blondein 583, 642
Boas 74, 79, 114,
2bo, 270, 406*
Bock 288, 298.
Boden 79. i 14, 621.
Boeker 123, 126.
Börner 1.
ßoldyrev 14, 15*, 19.
Bolle 189*, 192, 193.
Borggreve 163, 167, 377
Borgmann 359.
Br- 333-
Brachmann 332, 333.
Brauer 115.
ßredemann 19.
Bücher 4, 5 *, 7 *, 9
Bugnion 618, 642.
Buntschev 13, 19.
Burgess 42, 47, 123.
Burkhardt 320, 333.
Buysson 155.
c.
Calezki 347, 378.
Calwer 35, 166, 254
Cecconi 259, 270.
Chapuis 469, 641, 642
Chewyreuv 439, 440, 496, 501,
546, 550, 641, 642.
Cogho 579, 583, 590, 641, 642.
Cornelius 280, 298.
Czech 46, 47, 2b2, 328, 333
401. 404
10, 19.
326.
Davail 291
Davis J. 7:
Day 128.
Debey 30
. 426, 496.
D.
298.
, 115-
Debey 2>0~ "■, 308.
Decoppet 60, 62, 63, 68, 75,
76, 77, 78, 90, 115. .
Dewerth 331, 333.
Dingler, M. 80, 115, 122*.
Dobers 426.
Dochnal 298.
Döbner 149, 151, 225, 260,
575, 642.
Dörr 364, 378.
Doflein 30*, 34.
Dohse 288, 298.
Dolles 347, 371, 378, 404.
Duchesne 362, 378.
Dücker v. 404.
Dufour 89, T m.
I ^"
Eberdt 372, 379.
I Eckstein, F. 60, 193. 354,
I 379, ^»42.
Eckstein, K. 10, 19, 23*, 47,
70*, 90, 102, 104*, 106,
III, 115, 151, 161*, 164,
174, 176, 178, 179, 198*,
205, 233, 234, 235, 238*,
239, 249, 257*, 258*, 266,
270, 280, 281*, 282*, 318,
324, 325*, 328*. 329,330%
331, 333, 364*, 368*, 370*,
379, 381, 385,390,400,404,
413*, 422, 426, 427, 443,
507*, 508, 548*, 567, 642.
Eggers 260, 270, 494*, 496,
497, 503, 515- 641, 642.
Eichhoft 252, 352, 379, 404,
436, 439, 442, 438, 460,
501, 509, 517, 522, 544,
545, 551, 555, 567, 568,
578, 609, 613, 630, 632.
633, 636, 641, 642.
Eimer 318, 334.
Elias 296, 298, 346, 379.
Engel 274*.
Enslin 9, 19.
Erichson 109, 115, 149, 299.
Erne 203, 204, 205.
Ernst V. 318, 334.
Escherich, K. 3, 22, 24, 63,
70. 71, 109, 115, 124, 126,
136, 151, 182, 205, 236,
249, 270, 352, 379, 426,
543, 565*, 642.
Ettmüller 379.
Fahre 298.
Fankhauser 627,
Fauteck 417, 426.
Feddersen 64, 72, 73. 75, 115.
Feit 278, 290*, 291, 298. 426.
Ferrant 165, 252.
Ferrari 617, 641, 642.
Fischbach 379.
Fleischer 46, 47, 48, 49, 51,
52, 126, 178, 228, 449,452,
572, 641, 642.
Flemming v. 591.
Forbes 78, 115,
Ford, G 155, 167.
Forel 16, 19.
Friederichs, K. 165, 167.
Fröse 360, 379.
Fuchs, G. 320, 334, 344, 379
Autorenregister.
66 1
398, 404, 437, 442, 445,
446, 450, 452, 453, 465,
■ 501, 502, 503, 510, 517,
536, 538, 539*. 541, 542,
543. 544, 553, 554, 557,
567, 570, 574,- 576, 577*,
578, 581, 590, 597. 598,
601, 602, 604, 613, 614,
615, 641, 642, 643.
Fiilmek 28.
Ganglbauer 36, 38, 39*, 207,
270.
Gareis 362,
Georg 379, 404, 373.
Gerhardt 104, 105, 115.
Gerlach 404, 508, 396, 399.
Germer 170*, 171, 176, 206*.
Gernet 225, 370.
Gerschel 404
Gerstäcker 9, 19, 297, 298.
Giebel 25*.
Gigglberger 520, 643.
Glenn 289*, 291, 298.
Glück 567, 568, 643.
Gmelin 581, 591, 643.
Gornostav 513, 643.
Graser 562.
Grassi 22 *.
Grebe 399, 404.
Grohmann 166, 167, 343, 373,
375*, 379-
Gnindner 319, 334.
Grunert 8, 10, 19, 591, 643.
Gumppenberg 163, 167.
Gumtau 149, 150, 318, 334.
Gundlach 318.
Guse 270, 368, 379.
H.
Haas 431.
Haase 334.
Haass 318.
Hacker 122, 126.
Haenel 80, 88, 89, I15.
Hänssler 284, 285*.
Häufler 106, 107, 115.
Hagedorn 495.
Hartig 162, 167, 212, 295, 551,
622, 643
Hartwich 360, 379.
Hase, A. 26
Heeger 291, 298, 425, 427.
Heer 48.
Heinicke 360, 379.
Heinz 317, 318, 334.
Heis 308.
Hennings 441, 443, 513, 578,
580, 596, 601, 607, 612,
641, 643.
Henry 404.
Henschel iii, 115, 334, 343*,
379, 404, 426, 499, 501,
543, 554, 568, 571, 603,
621, 641, 643.
Herrik 298.
Heß 331, 379, 404, 418, 427.
Heß-Beck 38, 102.
Heyden v. 175, 212, 228, 265,
270.
Heyer 361, 379-
Heymons 34, 54, 128.
Hlawsa 225, 270.
Hoffmann 512, 643.
Holste 42, 44, 47, 50, 187, 193.
Holtzberg 364, 379.
Hopkins 178*, 180, 382*, 429,
559, 641, 643-
Hornschu 379.
Horst 153, 155*, 164, 167.
Howard 298.
Hubbard 623, 635, 641, 643.
Huygens 309.
J.
Jablonowski 201, 381.
Jakobi 327, 334.
Jakobson 604, 643.
Jakowlew 291.
Jaroschka 573, 574, 643.
1116s 142, 151.
Joseph 575, 643.
Jucht 362.
Judeich 162, 223, 230, 296, 389,
393, 404. 419, 508, 538,
581, 589, 594, 599. 643.
Junack 363, 379, 404.
Kaiich 613, 643.
Kaltenbach 424, 427.
Kammer 360, 379
Karbasch 593, 643.
Karnach 452.
Kelch 109.
Keller 196, 205, 243, 245, 270,
288, 298, 499, 501, 538,
539> 551, 552, 553, 571,
604, 614, 616, 641, 643.
Kellner 293, 298, 345, 379,
399. 405-
Kemneri8i*, 182, 183*, 185*,
188, 190*, 192, 193, 208*,
209, 2IO*, 226, 230. 240,
253, 257*, 270. 298, 327*,
427, 495, 406, 643.
Keodin 439
Kienitz 76
Kirchner 332, 334.
Kirsch 424, 427.
Kissel 372*, 379.
Kleine 46, 47, 48, 51, 52, 120,
126, 132, 136*, 151, 193,
226, 260, 263, 270, 386,
405, 449, 450, 492, 494,
499, 502, 503, 508, 509,
510, 511, 513, 532, 535,
538, 543> 551, 556, 559,
570, 590, 602, 609, 614,
622, 627, 628, 641, 643,
644, 646,
Klingelhöffer 139, 298.
Klockmann 381.
Klopfer 346.
Knoche 442, 445, 446, 493,
501, 524, 525, 531, 536,
579, 641, 644.
Knotek 142, 151, 493, 496,
512, 515, 516, 541, 542,
545, 554, 555, 569, 593,
600, 604, 611, 641, 644.
Koch 16, 17, 19, 136*, 138*,
173*, 227*, 230*, 295*,
394*, 397*, 402*. 435*,
483*, 484*, 485*, 521*,
533*, 535*, 542*, 544*,
548, 550*, 552*, 556*, 560,
561, 562, 564, 566, 569=^,
571, 573. 644.
König 284*, 345, 379.
Koppen 222, 223. 270, 280,
298 421, 427.
Kollar 8, 19, 644.
Kopetzky 573. 644.
Korb 248.
Korff 165, 167.
Kraatz 64, 115.
Krähe 270, 278, 281, 283,
284*, 298, 332.
Krausse 179, 520, 532, 644.
Krebel 591, 644.
Kreß 115.
Kühn 318, 334.
Künstler 8, 19.
Kuhnt 379.
Kunze 334.
La Baume 6, 7.
Lakon 89.
Lamey 151. 245.
Lampa Sven 115.
Lang 298, 381, 405.
Laubinger 379.
Lautenschlager 346.
Lehmann Chr. 591.
Lehner 364, 379.
Leinweber 291.
Leisewitz 60, 115, 130, 151,
429, 644.
Lengerken v. 47, 320, 334.
Lenk 144, 151.
Lelzner 280, 298, 405, 440.
Leuckart 358.
Lindemann 223, 225, 421, 460,
465, 466, 641. 644.
Linne 23, 176
Lips V. 343, 379, 380.
Lodes 12, 19.
Löwendal 509*. 641, 644.
662
Autorenregister.
Loos. K. 79, 88, 115, 630, 644.
Lorenz 380, 397, 399, 404.
Losch 284, 298.
Lucas 200, 205.
Lüstner 20, 21.
M.
Mac Dougall 383, 405.
Marchall 291, 298.
Marker 405.
Marlatt 32*.
Marrot 197.
May 360, 380.
Mennegaux 298.
Menzel 345, 380.
Merle 33.
Merz 362, 380.
Micklitz 347, 380.
Milani 534, 573, 644.
Mocker 405.
Möller 622, 644.
Moll 176, 190, 192, 193.
Mollandin de Boissy 140, 151.
Mülinen 115.
Müller 364.
Munro 358, 377, 380.
N.
Nechleba 616, 644.
Neger 174, 176, 623, 637, 644.
Neumeister 538, 644.
Ney 347, 380.
Nick 357.
Nielsen 79, 267, 270.
Niessing 14, 19.
Nitsche 33, 46, 47, 133, 162,
176, 230, 234, 240, 256,
262, 307, 317, 330, 330,
334, 396, 400, 405, 425,
427, 459, 474*. 476=^. 501,
503, 520, 532, 536, 537*,
542*, 549*, 559*, 599. 621,
644.
Nördlinger 137, 142, 149, 151,
163, 226, 230, 234, 235,
236, 240, 243, 247, 252,
254, 260, 265, 276, 291,
319, 324, 332, 346, 380,
389, 399, 405, 414, 417,
418, 424, 438, 439, 440,
501, 509, 517, 520, 538,
551, 604, 630, 641, 644.
Nüßlin 38, 83*, 108, 222*,
223*, 228, 229, 283, 383,
385, 405, 439, 442, 443,
449, 459^ 460, 465, 467,
474*, 476*, 493, 499, 506,
536, 540*. 541, 543, 545,
568, 574, 578, 579, 580,
581, 582, 585, 586, 593,
599, 603, 604, 611, 641,
644, 645.
Ogiewski 76.
Oppen V. 343, 380.
Osterberg 140, 151, 426.
Oswald 377, 380.
Pannewitz v. 294, 296, 299.
Panzer 236.
Paravicini 16. 19.
Pariser 32, 33, 34.
Paschen 334, 368, 380.
Pasche w 331.
Pauly 223, 400. 405, 436, 445,
491,493.559,560,561,562,
566,567,568,578,579,596,
641, 645.
Perris 46, 60. 130*, 132, 134,
139, 140, 151, 179, 182, 2CO,
205, 228,229,234, 235, 23b,
237, 238, 240, 266, 269, 270,
294,299,425,426,427,546,
603.
Petraschek 348, 380.
Peuster 360, 380.
Pfeil 170. 176, 531, 584.
Pillai 2.
Pitasch 10.
Pollak 19,
Pomerantzew 46.
Prediger 193.
Prell I.
Prochnow 152*, 153, 167.
Puster 64, 66, 68, 69, 70, 71,
72*, 74, 76, 77,79. 82, 85,
86, 87, 88, 89, 90, 91, 95,
99, ICO, loi, 115, 366.
R.
Rambur 34.
Ranfft 334.
Raspail 63. 73, 115,
Ratzeburg 10, 11, 29, 31, 48
69,78,79,92, 109, 113, 124
142, 147, 148, 149, 161, 162,
163, 169, 176, 182, 187, 194,
199, 203, 204, 212, 223, 236,
242,245, 253, 266,286, 288!
293,299,306,317,324,329
345,380,381,385,395,405,
413,414,416,422,429,438,
440,442,450,493,501,526,
538,543,570,572,581,584
587. 598, 603, 634.
Redtenbacher 19, 50, 205,459.
Regierung von Niederbayern
334-
Reh I*, 2, 5, 6*, 14*, 16, 18'.
19, 22, 26*, 27, 65, 107,
115, 154,197, 201,241,297,
299. 513-
Reichert 21.
Reisenegger 393, 405.
Reitter36, 38, 150*, 228,310*,
335*, 459. 604, 6f;9. 641,
645.
Rewiezky, v. 583, 645
Richir 380.
Richter 8, 19, 645.
Riegel 405, 613, 645
Ritzema Bos 2, 16, 19, 75,
418, 426.
Röhrl 475, 492. 494, 513- 645-
Rörig 18*, 79, 115.
Rösel von Rosenhof 30.
Romanowski 107.
Rosenfeld 450, 45 i *, 590, (»45.
Rosenhauer 294, 299.
Roßmäßler 417, 426.
Rothe 115, 352. 380.
Rubattel 360, 380.
Ruschka 264.
s.
Saalas 45, 46, 47. 49, 51. 52,
118, 126, 169, 176, 545, 570.
584, 595, 645.
Sacre 299.
Sahlberg 459.
Sajo 115.
Sammereyer 380.
Saxesen 1 1 o.
Schaal 46, 47, 225, 318, 334.
Schäffer i.
Schanjawsky 367, 380.
Schaufuß 36, 254, 326.
Scheel 426
Scheidter 58, 58*, 103*, 115,
122*, 138, 143, 190*, 205.
221. 260, 261*, 263, 267.
277*, 288, 294, 295, 299.
305*, 306*, 308*, 32I*,322*,
323*, 334' 343, 345. 346,
380, 395*, 401*, 402, 405,
406, 407*, 408*, 410, 413*.
419*, 422*, 426, 472, 492,
502, 503, 500*, 504*, 505',
506,520,525.526,532.551,
581,585,588,589,590,591.
604, 606*, 608*, 609*, 611*,
612*, 613. 645.
Schember 346, 380.
Schier 399, 405.
Schindler 499, 645.
Schiödte 158*, 159*, lOo, 200,
205, 207, 225, 271.
Schmidbeiger 622, 645.
Schmidt 419,
Schmiedeknecht 357.
Schmitt 271.
Schneider G. 31, 34.
Schneider-OreUi 623, 635, 636,
637, 641, 645.
Schönichen 152*, 153, 167.
Schollmayer-Lichtenberg v. 582,
645-
Schräge 80.
Autorenregister.
663
Schreiber 318, 334.
Schreiner 136, 137, 139, 151.
545-
Schröder, Chr. 122, 126.
Schupf er 361.
Schuhmacher 45, 47.
Schultheiß 108.
Schwabe 372.
Schwappach 593, 645.
Schwartz 21.
Sedlaczek 288, 299, 334, 405.
455, 458, 532, 535. 588.
645-
Seidlitz 459.
Seiff 362.
Seitner 475, 513, 514, 5i5'
545. 645.
Severin 405, 568, 645.
Sierstorpff 591, 645.
Silvestri 22, 24*, 32*, 122*.
Simmel 619, 645.
Simon 380.
Smits van Bürgst 270, 288, 293.
Spessivtseff 36*, 4 1 2*, 443, 444*,
445*, 446. 473*, 474*, 478*,
480*, 485*, 487*, 488*, 491,
495,496*, 497*, 516*, 546*,
547, 646.
Spies 405.
Spitzenberg 369.
Stäger 40, 47.
Stehlik 167.
Stein 329, 334, 5(17, 570, 575,
646.
Stellwaag 305.
Stilantje w 439.
Streck 369, 380.
Strohmeyer 147, 148, 151*. 171,
174, 177. 247, 248. 267, 268,
271, 498*, 627, 628, 630,
633^ 638, 639, 640, 641, 646.
Suffrian 182.
Swoboda 593, 646.
Syrutschek 8, 19, 141, 151.
T.
Tarnani 79, 115.
Taschenberg 107, 267, 293,
324, 526, 551.
Teichmann 427.
Teplonchow 594, 595, 646.
Thaler 405.
Theobald 241.
Thiersch 299.
Thomson 459.
Thümen v. 418, 426.
Thürmer 593, 646.
Thum 574, 646.
Tölg 116.
Torka 12, 13, 19, 136, 137,
151, 229,231,271,405,406,
426, 618, 619, 646.
rägärdh 152, 226, 228
251,
4<
420,
522,
. 529,
646.
•497,
, 646.
Trägärdh ±^^, ^^^^ ^^^^ ^
252. 271, 405, 412*, 4
415*, 416, 417, 418, ■
421, 426, 427, 435,
524*, 526, 527, 528*,
531, 54T. 571'- ^'4T.
Tredl 4(10. 4.)0, 4<)i. 4^3
5(19, ()i7, ()20, 628, 041
Tregomain de 144, 152.
Trost 405
Tubeuf V. 91, 407, 426
Tümpel 13, 19, 21, 27.
u.
Ulrici 567, 5(18, 646.
Urban i6g, 177.
Vanhoudenhove 426.
Varendorff v. 363, 380.
Vater 329.
Veit 646.
VerhoeiT 3, 20. 21.
Vietinghoft' v. 80, 449, 591.
Vill 87, 90, Hfl.
Vogel 79, 80
Vultejus V. 418, 426
w.
Wachtl 130*. 150, 152, 203
204, 205, 226, 227, 228,
605, 611, 641, 646.
Wagner 85.
Wahl 417, 426.
Walther 372, 380.
Wasmann 303, 306, 307.
Weber 67, 116, 532.
Wedekind 399, 405.
Weise 299.
Werner 417, 426.
Westermeier 405.
Wichmann 395, 405, 421, 427,
439, 440. 443, 495- 496,
641, 646,
Wiederhold 380.
Wildermuth 33.
Willkomm 346, 397, 550,
593. 646.
Witte 90, 405.
Wolff 31, 34, 520, 522, 523,
525.526,531.532,534.646.
Wülker :;52, 380.
Xambeu
Zacher 9, 16, 19, 21.
Zander 182, 193.
Zdarek 16. 19.
Zebe 426.
Zielakowski 345, 380.
Zimmer, A. 205, 294, 299,
343. 372, 380, 422, 427.
Zimmer, K. E. G. 380
Zimmermann 200.
Zweigelt 60, 61, 62, 63, 64.
65, 66, 67, 68, 69, 70, 71,
73. 74- 75. 76, 77, 78, 79,
99, "6.
Druckfehlerverzeichnis.
Es wird gebeten, die hier verzeichneten Druckfehler vor dem Lesen des Buches richtig
zu stellen :
Seite 20I Erklärung der Abb. 97 C lies: Phylan statt Phylen.
Seite 215 Zeile 26 von unten (bei Leptura L.) lies Abb. 1036 statt 103 c.
Seite 300 und die folgenden lies: Rhynchophora statt Rynchophora.
Seite 303 Zeile 9 von unten (Überschrift) lies: Rhynchitinae statt Rynchitinae.
Seite 382 Zeile 4 von unten und Seite 383 Zeile 18 von oben ist der Hinweis (Abb. 193 A)
zu streichen.
Seite 389 Erklärung der Abb. 186 lies: Aus Koch statt Original. Außerdem steht die Ab-
bildung verkehrt.
Druck von Hermann Beyer rfc Söhne (Beyer & Mann) in Langensalza.