Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at |http: //books. google .com/l
DyGoogle
DyGoogle
DyGoogle
..gniod., Google
DyGoogle
■ Die
Fürstinaen des Hauses
.Bnrgand - Oesterreich
io
den Niederlanden.
Aus Quellen,
Dr. Ernst Manch*
Erste Abtheilung;
Margarethe von York.
Maria von Burgand.
L e i p z ig:
F. A. Brockbaui.
Digniod., Google
:.Googlc ■
Maria von Bnrgnnd
nebst
dem Leben ihrer SüeJinutter
Margarethe von York,
Gemahlin Karla de» Kühnen,
allerlei Beiträgen zai Geschichte 4es fifientlichen
Rechts und des Yolkslebens in den Niederlanden °
va Ende des Jänfzehoten Jahrhooderts,
Iranzösischen, flämischen, hoHändischeu
und teutschen Quellen
^ Dr. Ernst Münch.
Erster Band.
Leipzig:
F. A. B I o c k h a n 1.
;,GoogIc
..gniod., Google
rofeT?-/"*©
Direr Königüchen Hoheit
der
Durchlauchtigsten Frau
Grossherzogin
Sophie zu Baden,
gebonien Prinzessin von Schweden,
ehrfurchtsvollst
der Verfasser.
.igniodD, Google
DyGoogle
EuRB Königliche Hoheit
Aaben dem Vet^mser vorliegende» Werkes
gnädigst die Mrlmtbnist zu ertheilen ge-
ruhtf dasselbe ALLEMBöcaaxBXMo Namen
zue^nen zu dürfen^ damals, als er, mocA
langer Entfernung, das blühende Land
Baden wieder sah, und in den schönern
JErinnerungen seines Lebens schwelgte.
Es war um dieselbe Zeit, wo ein hochbe-
giücbtes, treues zugleich und freisinniges
DyGoogle
Volk seine ersten Huldigungen zu den
Füssen des neuen Herrscherpaares legte.
Die Liebe, welche den Verfasser zu die-
sem Volke seit vielen Jahren erfüllt,
dem er als Öffentlicher Lehrer ernst an-
gehört, und worin zarte und unauflös-
bare Freundschaftsbande mit vielen der
edelsten seiner Bürger ihn verknüpft,
trieb ihn an , ebenfalls eine Blume in den
reichduftenden Kranz zu legen, welchen
aufrichtige Stimmung der Oemüther zu
schlingen, in die Wette sich beeilte. Der
Unterzeichnete fand keine würdigere
..gniod., Google
Gabe, ah eines der Ergebnisse wissen-
achaftlicher Forschtmg in der Geschichte
seines dermaligen Berufs - Vaterlandes,
welches durch gemeinsame Abstammung,
Sprache und zum Theil auch Geschichte
dem unsrigen vielfach verwandt ist. Er
wählte das Bild der anziehenden Persön-
lichkeit und der mann^fachen Schick^
sale einer durch Ltebenswurd^keit, Geist
und Tugend hochgefeierten, und durch
Leiden, seUtst mitten in der glänzendsten
Lage der Menschheit, viehersuchten Für-
ttm, der Stammmutter des gegenwärtigen
DyGoogle
Hauses Oesterretch, sowie der Oründerm
seiner politischen Grösse; neben ihr oder
diesem voran ein anderes Bild einer durch
Schönheit j Geist und Muth nicht minder
ansiehenden liiirstiny melche die Vorzüge
zweier Nationen in sich vereinigte. Er
wählte es mit besonderer Bedeutung, da
Eure Königliche Hoheit so viele Er-
innerungen an die geistigen und sitt-
lichen Vorzüge Jener herrlichen Frauen
gewecht f also dass der Verfasser wohl
nichts Besseres bieten konnte, als was er
hier €mbot, ein tVerhy zwar voll Mängel
DyGoogle
tmd Lucien, mit dem er jedoch coli Lust
und Liehe sich beschäftigt, und darin er
ahtMtngsvoll die bald darauf erfolgten
verhängfiMSSchuieren, den Begebenheiten
des fünfzehnten Jahrhunderts so schla-
gend ähnlichen Ereignisse dargestellt hat.
Dieselbe Parteiwuth, welche den Frieden
und die Eintracht in den Niederlandenf
sowie das Band zwischen Nord und Süd,
m den neuesten Tagen zerstört hat, offien-
bart sich schon in den l^en der Maria,
und dabei zugleich die Arglist und die
Anmaassuug von Fremden ^ welche mit
..gniod., Google
jenen Hydem zum Umstürze des Ganzen
tick vereinigt.
Es ist nicht der Geist der wahren
freiheitf gnädigste Frau , welcher die
Throne der Herrscher erschüttern und
die Welt in Flammen setzen will: es ist
der Geist der Lüge, welcher die Freiheit
und die Throne zugleich bedroht, welcher
nUt der Begeisterung der Ediern sich
ausschmitckt und die Saaten der Weisen
zerstört. Die Freiheit, welche vom Ge-
setze ihre Rüstung en^fangen, ist die
DyGoogle
getreuette Freundin jeher Fürsten, wel-
ehe vertrauensvoll »ich ihr xumetgeny und
Baden bietet ein solch erhebendes Bild
uns dar. Die Tugenden des milden und
gerechten Leopold , verbunden mit den
Bemühungen aufgeklärter Staatsmänner
und eifriger Vaterlandsfreimde , werden
den Beteeis liefern, dass die Federungen
des ewigen Rechts und der unverjährba-
ren Menschenwürde harmonisch mit den
^^g*iffsf* von gesetzlicher Ordnung und
mit liebendem Vertrauen zu den Fiirsten
verbuttdeny dass aber Esfreme, welche
:.Googlc
die Mack$ oder die Freihetty ruhend o^f
nchem Onm dlofen des Oetetxe», $eliwä-
ehen, das Werk gemeinschaftlicher Feind«
des Ti^nes uttd der Freiheit sind. Gegen
jenen Geist der Lüge erhebt sich aber der
bessere Smti des Zeitalters, iatd tausend
HUente und Arme uterden stets m Tagen
der (jteftdur die bedrohten Heiligthümer
schützen.
Auch die edle Maria fand solche mit-
ten in tiefer Betrübniss und Bedränge
nissj es ist der Tugend Vorzug^ dass. Je
DyGoogle
wirrer «ire ijage, detto $tandhqfter die
Treue ihrer Vertheidiger »ich hetvahrt.
Eure Käxiei^rcBB Hobeit werden da-
her das Gemälde der Leiden und An-
strengungen einer FVau voll männlicher
Stärke des Geiste» bei Entwichelung aller
Milde ihres Geschlechts, roll Zärtlichkeit
für einen ritterlichen Gemahl und stolz
heranhlühende Kinder, endlich roll hm-
opfernder Liebe für ihr Land, das in
der That als Mutier sie verehrte — wie
mich immer von Grossen und Niedemt
Einheimischen und Fremden 8Mrme wi-
DyGoogle
der sie erregt worden — nicht verschmä-
hen. Es kömmt aus der Hand eines
Mannes , welchem die Wahrheit in Altem
und für Alle die erste Göttin ist, der
er huldigt, welcher die Ideale der Mensch-
heit auf Thronen und in Hütten mit
gleichem Eifer zu suchen, und die Züge
de» Rechts und der Ereiheity sowie sie
dem Geschichtschreiber und Patrioten
sich darbieten , mit gleich imparteiischer
Begeisterung in Vergangenheit und Ge-
genwart aufzufassen gewohnt ist, mit
VeracAtung- der Schmeichelei, wie des
DyGoogle
Parteigeistes. Die Farben des geschicht-
lichen Lehens müssen reirty frisch und
kräftig vor das Auge der Jetxtwelt ge-
bracht werden, damit dasselbe dtirch den
Anblick der Wahrhaftigheit sich stärie,
und für das Bessere für und für ent-
zündet werde. Was der Wahnsinn der
Menschen auch IVügerisches aufbaut,
Ufas die Imge Verderbliches erfindet, was
die Hoffart Gletssnerisches ausspinnt —
es wird durch den mächt^e^n Arm des
Schicksals zertrümmert, und nur die Ge-
bilde und Bauten der grossartigen Men-
..gniod., Google
sehetmatw, welche Itü$ und Ptan »o»
emer hohem Macht entlehnt^ bestehen
m den evng wechselnden Strömen und
m den emg xerttörenden Stürmen des
Lebens.
Jh ti^tter Ehrßiroit enterbend
BüRER KÖNIGLICHBN HoHEIT
anteiwtitfigster Vtrebter
Dr. Ernst Mütich,
Professor und Bibliothekar Sr. Majestät
des KJtnigt.
DyGoogle
VORWORT.
vrleichwie die Geschichte der Niednr*
land« im Allgemeiaen noch immer nicht
genügend behandelt, und erst theilweiae
au« d«ni unenneBsUchen Vorrath von ge-
druckte» und ungedrudcten Quellen ge-
schöpfl; wordm i»t} DO gilt diess ganz be^
sonders VOR der buj^undischeR und der
bm^undüch-Csterreichischen Periode, wel-
che beide, zumal für den Süden, die des
htkhsten GUnnes, Ruhmes und Reichthums
waren. Romantik, Ritterthum, Kunst, Po-
litik — Alles findet hier seine Rechnung; i
dennoch sind nur wenige tüt^tige Männer
aufgestanden, uro kritisch und geistvoll zu-
gleich da« Vorhandene m benutzen, za sieh-
Uia und darzustellen. Der Graf Bvrante
..gniod., Google
bdiaaptet darin vor allen Andern den Vor-
zug In seiner Geschichte der Herzoge von
Burgund. Aber auch ihm sind wichtige
Quellen entgalten, und Manches bleibt noch
nachzuholen. Die burgundisch- österreichi-
schen Herrscher selbst, sowie die Statt-
halter und Statthalterinnen aus der Mitte
des Erzhauses, sind bis zur Zeit Margare-
thcns von Parma, wo Hooft, Hugo de
Groot und Männer ihres Gleichen dann
auftreten, noch sehr vernachlässigt, und
es steht entweder immer das reinteutsche
oder rein&anzösische, das allgemein -poli-
tische oder das kirchliche Interesse und
Gepräge im Vordergrunde.
Es ist nicht unsere Absicht, eine voll-
ständige Geschichte dieser Periode zu
schreiben; wohl aber möchten wir eine
Anzahl weiblicher' Charaktere, deren Le-
ben und Wirken doch wiederum den Rah-
men für die allgemeine Zeitgeschichte lie-
fert, und für die Niederlande, Teutschland
DyGoogle
und Frankreidi von hoher Bedeutsamkeit
ist, herausheben, und bei Zeichnung ihrer
Individualität zugleich Gemälde der Zeit
überhaupt liefern. Wir meinen die Frauen
der beiden Hauser Burgund und Oester-
reich von da an, wo Beide erst ein-
zeln erscheinen, sodann in Eins zusam-
menfallen, bis da, wo die reinteutschen,
localniederländischen , französischen und
spanischen Elemente sich scheiden. Da
diese Frauen sämmtlich Sprossen emer
Familie sind, so bilden ihre Biographien
zugleich einen innem Zusammenhang und
ein in sich geschlossenes Ganzes. Ueber-
diess erhalten durch sie Kunst-, Literatur-
und Cultur- Geschichte mannigfache neue
Aufschlüsse und Bereicherungen. Es ist
unerklärlich, warum noch Niemand dar-
auf verfallen ist, den poetischen Charak-
ter in diesen Gestalten und in ihrer Wirk-
samkeit hervorzuheben, und die vielen lieb-
lichen und schönen Zuge und Einzelnhei-
DyGoogle
im VOR iliv«n und über 9ie im »ammdn
und dwrfswteUw.
Wir vOTsnchcB «, ohne weiten An-
sprach, als ^ea, die erste Bahn gdbrochen
und den ersten Verauch dazv gemacht gii
h<d>en. In elnüelnen Abtheilnngen sollen
aUo (srsditcglqeQ i
I. Mwrgarethv eon Yori, Hensogin
von Bui:gund, Gemahlin Karls des Küh-
n«»; awac nur dieilweive blutverwandt,
aber durdi Schicloaale und Nragungen eng
niit den folgenden Personen zusammen-
hängend und in ihr Leben und Geschick
eingreifend. Alle auf sie 8i<;h beeiehende
Briefe, Urkunden u. s. w. werden beigetügt.
n. Äfww w« BwguHä, ilire Stief-
toditer, neM allen Reliquien, die von ilu-
zmigeut und Nachrichten über maoucherlei
in Archiven und Bibliotheken vorhandene
Quellen ?u ihrer Geechiehte.
m. Mwgarethe vo» Qesterreich, ihre
und üiIaximiliaRs Totster, erst Gemahlin
DyGoogle
swtiet Könige, «odimn die ein«« dritten
Ffirftm, StattJtalteräi der Niederiande, die
gtHtiüe ßamoüellei mit ihre» geistreichai
Bfriladen und Tatzen, mdt ihrem poUtiadi-
wichtigea Bri^vcedisel, mit den Gedieh'
Wa imd Lobreden (tuftgeKe{chnet«r Schrift-
steller ftn nie, Kumal auch der w äussern
selten gewordenen Cowrotuu Margtteri-
tiquBy mit Nachriditen über Dichter, Mu-
siker und Künstler ihres Hofes, und No-
tizen Über die berüiimte Blbliothdc vMi
Burgund.
IV. LffOnore, Königin von Bwtug^
und JVdwtreicA, MU^aiethi Königin von
Dänemark, Christients IL Gemahlin, und
Mona, Königki von Ungant, ihre Nich-
ten; Letztere ebenßüls vieljäfarige Statt-
halterin der Niederlande, sämmtlich von
Dichtem und Rednern nicht minder ver*
herrlicht; Erstere weiblich - zarter, die
Dritte männlich -fester Natur.
V. Margarethe von Parma^ deren
..gniod., Google
Leben fast reinpolitisch in die Revolution
und in den Freiheitskampf der Niedwlande
eii^reift. Auch bei ihr wird eine voll-
ständige Sammlung der wichtigsten Urkun-
den, Briefe u. s. w. filr die allgemeine
Zeilgeschichte höchst wichtig sein; denn
auch hier ist noch alles theils zerstreut in
vielen einzelnen Werken, theib nodi un-
gedruckt in Archiven aufgeschichtet
Vorstehendes "Werk kann zugleich als
eine Art Prodromus und eine Eigänzung
der Geschichte des Hauses Nassau -Ora-
nien gelten, sowie es wiederum ein für
sich bestehendes Ganzes und einen Cyclus
von Biographien der merkwürdigsten
Frauen im letzten Decennium des fünf-
zehnten und in den sechs ersten des sech-
zehnten Jahrhunderts bildet.
DyGoogle
I.
MARGABETHA VON YORK,
UERZOeiS VOS BURGVSD,
GEMAHLIN KARLS DES KÜHNEN.
DyGoogle
DyGoogle
TT ie wenig Erfreuliches die politische Ge-
schichte der zwei letzten DezenuieD des fanf-
aehnten Jahrhaaderts für den grössern Theil
von Earopa enthielt^ ist anderwärts znr Genüge
gezeigt worden; aber die grosse Bewegung der
Geister in Italien, Deutschland^ Ffanhreich u.
s, Vf., welche eine ne^e Zeitlage vofbereitet«^
und die Summe der sich drängenden Entdeckun-
gen und Erfindungen, der erschlossene Verkehr
AiniB>EDMe. Dia Torzuglichsteif Quellen und Materialien
ED ^eiera Aufsatze sind : M^oirea de Philippe de Commi-
Itei. Loudfes 1747. 4. Dunott du Ckamagt, Mämoires
penr seftlr h l'hiatoire do Colntä de Boiitgdgne. Besan-
9011 l740. 4. MAnoirea tPOtieier ia U Warehe. Ptra-
4hI| ftUraoirea d« Bowrgogoe. Bob. Macjuerof, Recueil
gia^al de l'Burope. Eicellent« ChraDJicke van VUcende-
ren fol. Wondsrlijcke Oorloghen fol. Jean Molintl, Chto-
lücquei. I. IT. Hume, Gescliichte des Hauses Tador. VI.
VII. Sarante Hist. des Daca de Bourgogne. Du Nont
(üorpa d)[doiitatique T. /. ff. StmtU JcRisptudeAtia beioica.
T. n. HMf«r,lLü(dHtagiUMMttr. T. II.
..gniod., Google
mit andern Welttheilen und die ianigere Berüh-
rung; der Völker in dem alten, endlich die rast*
losen Bemühungen für Wiederherstellung der
Altäre der Knnst und WiBsenachaft sprechen
ein warmes Interesse an, und man vergisst gerne
die politisch- kriegerische über der Kulturge-
schickte,
Das vielbewegteste Leben, ausgestattet mit
Poesie und Liebreiz, drängte sich den Städten
Italiens und Burgunds zu, während in England
über Ruinen und Brandstätten und Schaffotten
die bürgerliche Freiheit atlmählig sich ein wenig
erholte, in Helretien zu neuen Triumphen sich
stärkte, und der Ernst der Forschung in Teatach"
land unbekannte Strahlen der Wahrheit in den
Tielhundertjäfarigen Kerker des Glaubens und des
Wissens brachte. Eine der merkwürdigsten Er-
scheinungen bot ohne Zweifel jedoch das Her-
zogthnm Bnrgond unter der Herrschaft Philipps
des Guten dar. In einer glänzenden Kette der
fruchtbarsten Besitzungen von der holländischen
Nordsee bis zu den schweizerischen Alpen
sich ausdehnend, und, unter vielfach bestritte-
uer, französischer Lehttherrlichkeit, auch Ton
dies«n Lande einen der sch5nern Theile in sich
vereinigend, stand Burgnnd in der Beihe enro>
päischer Staaten ersten Rangs, durch seinen
Handel, seinen Beichthom und seinen Einfluss in
politischen Angelegenheiten des WelttheiJs , da.
Der Herzog Philipp war seinen Feinden fnrcht-
:.Googlc
bar, seinen Freuoden unentbehrlich, rah hohem
Kriegsruliine geschmückt, überdies Beschatter
der Künste and Wisseaschaften. Nach Beendi-
gung der mörderischen Franzosen-Kämpfe, oder
zum mindesten seiner Thcilnahme daran, ver-
wandelte er gern sein Schwerdt in die Sichel.
Die flandrisch- brahäntiscben Städte priesen den
Segen seiner Herrschaft. Brügge wurde derMit<
telpunkt des Welthandels. Eine Reihe ansge-
teichneter Ritter, Gelehrter und SSnget zierten
seinen Hof und seinen Staaterath; eine Reihe
von Fürsten und Grossen, welche aus Lehns-
pflicht, oder aus freiem Willen dem Herzoge
dienten, bildete die nächste Umgebung. Die
feine Sttle, von der Anarchie des französischen
Adels, der Zuchtlosigkeit Isabellens von Baiern,
dem blutigen Argwohn Ludwigs und der kriege-
rischen Rohheit der Engländer verscheacht, war
nach Boigund geflüchtet. Arras ward ein grosser
Bazai der Galanterie. Durch das ganze Volk
ging ein fröhlich muthwiUiger Geist; ja bald
kam, im Gefolge üppiger Leidenschaften, der
ganze Uebermuth demokratischer Freihnt, wel-
chen die Aristokratie schlau benutzte, um mit
zur Theilnng zu gelangen.
Dieser Zustand dauerte eine Zeit nach dem
Tode des Guten noch fort, bis die Denkart sei-
nes Sohnes bald allem eine andere Gestalt ver-
lieh. Der troteige Karl^ ein Charakter, weU
eher zum Fürsten wie zum Feldherm za viele
DyGoogle
nad KU wenige EigeaBchiiften bcsasg, reixte bald
im eigenfln Lande, bald bei den Nachbarn and
in der Feme Leidenschaften mannigfacber Art.
Er bekGnipfte sie mit der ganzen Kraft seines
innern UngestüuiB. In allen Untemehraungen
begleitete persönlicher Haas oder pergfinliche
Neigung seine Politik. Sein beldenmüthiger-
Sinn and seine energische Individualität, end-
lich die grossen HüIfskrSfte , welche ihm zn
Gebole standen, nnd der Schrecken» der tot
seinem Namen herging, machten ihn zum ge-
feiertsten Helden jener Periode, und man er-
wartete oder glaubte von seiner Tapferkeit noch
grossere Thaten, als er vielleicht ausgeführt
hat. In den Verhältnissen mit fremden Fürsten
und Nationen verfuhr er nicht minder rück-
sichtslos, als in denjenigen zu den Yaiaiien
und Unterthanen seines Herzogthoms. Zu aol-
chea Uebermath trieben odet- kräftigten ihn
die Bänke italienischer Häuptlinge und Frei-
staaten, die nicht minder machiavellistischen
Unternehmungen eines Ferdinand von Arragon»
die moraliobe Nichtswürdigkeit eines Ludwig
XI. nnd Alexander VI., die erbärmliche Schlaff-
heit eines Friedrich III., die blutigen Fendal-
Kämpfe and Treulosigkeiten der weissen und
rothen Böse. Wo sollte damals ein Fürst,
selbst wenn er für das Recht noch einigen Sinn
hatte, Beispiele des Bessern heinehmenl Seine
Zeit also erklärt Karls des KübaeD Charalfter.
DyGoogle
Die Flamme des Genie's, welche in ihm I»derte,
verwandelte sich leider in eine rerheerende Fa-
ckel, bis der mächtigere Arm schweizerischer
Freiheit sie erfssite und, znmHeil von Europa,
vielleicht auch zu dessen grosiiem Schaden,
aasloscfate. Ein starkes Königreich Bargnnd
hätte- Enropa vor vielem Jammer und Unglück
bewahrt. Diese Wahrheit stellt anch in neosten
Tagen fuhlhar genug sich wieder ein.
Die ganz eigenthnmliche Stellang des Her*
sogs zn Frankreich und die geheimen Wünsche ei-
nes glühenden Ehrgeizes, deren letztes Ziel die
bnrgnndische Königskrone war, fährten ihn zu
Bündnissen mit fjigland und Oesterreich, als
naturlichen Feinden erst genannter Macht. Un-
terhandlnngen mit Friedrich III. über eine Ver-
mählung der jungen Fürstin Maria, Tochter aus
erster Ehe, mit Maximilian , dem Erzherzog, wa-
ren schon früh angeknüpft worden ; der alte Kai-
ser sachte sie eifrig; Karl zSgerte, Hess aber Ge-
währung wenigstens hoffen. Die eigene Heirath
mit einer englischen Prinzessin gehSrte, nach-
dem auch die zweite Gemahlin, Isabelle vonBour-
bon, gestorben, zu den Planen seiner Politik.
Der Gang der Ereignisse in England, wo
Revolutionen, Heirenwechsel, Hinrichtungen and
Gemetzel in rascher Folge sich dräi^ten, hatte
Eduard lY. , aus dem Hanse York, auf den
Thron geführt; aber der neue König hatte mit
dem Hanse Lancaster, den au&ühriBeheii Grossen
DyGoogle
nnd dem UDerschöpfiicheD Genie der Marga-
rethe von Somerset harte Kämpfe za be>
stehn. Als die finstern Wolken rings angezogen
kamen, warf ei seine Blicke anf das Ausland
nnd stachle dorch eine mächtige Alliaiz aich za
stärken. Burgnnd schien die geeignetste zu sei-
nen Zwecken. Zwar widersprachen hier Fami-
lienrücksichten, denn Karl, von seiner Mutter
Eleonore von Portugal, Tochter Johanns von
Gaont, war der natürlichste Verbündete des ne-
benbuhlerischen Hauses Lascaster. Allein die
Staalsgründe entschieden wohl mächtiger als die
Familienrücksichten. Karl neigte sich, in Rück-
sicht auf das geminderte Ansehen des letztem,
zn demjenigen, welcher über die grössern ma-
teriellen und moralischen Kräfte von Englwtd
verfugte. Er schickte seinen natürlichen Bru-
der, den Gross-Bastard Anton von Burgond,
dahin ab, um die Hand der Prinzessin Marga-
rethe, Schwester König Eduards, zu werben.
Diese befand sich damals in heitathfähigem
Alter, und zeichnete sieh durch körperliche
Schönheit nnd seltene geistige Vorzüge aus.
Schon frühe halte sie an den Schicksalen des
Hauses regen Antheil genommen; der Gemahl,
welchem sie sich zu eigen gab, erhielt mit ihr
zugleich eine verständige Bathgebeiin und eine
brauchbare Verbündete.
Als der Antrag Karls des Kühnen bekannt
geworden, Kusseite sich in der Nation nicht
DyGoogle
miodere Zufriedenheit, als bei dem Könige '
selbst. Die Handelsverhälttüsse beider LKader
konnten dnrcb ein solches Bändniss nur bedeu-
tend gewinnen, und die natürliche Eifersucht,
welche zwischen England und Frankreicl^ wal-
tete, mnsste es doppelt angenehm und wün-
schenswerth machen. Der Vertrag, wodurch
Eduard seine Schwester dem Herzog gab, kam
also sehr schnell zu Stande, und ein zweiter,
mit Bretagne, mehrte noch die Zuversicht Bei-
der. (1468.)
Noch in demselben Jahre ging die Heirath
vor sich. Der Bischof von Salisbury und Tho-
mas Vaguant, Franzose von Gebart und ge-
wandter Unterhändler, hatten die Sache nach
Kräften gefördert und die Einwilligung ihres
Herrn nach Brügge fiherbracht. Die Anstalten
za Vollzug des Beilagers in dieser Stadt wur-
den auf das prachtvollste getroffen. Die Bnr-
gundischen Geschichtschreiber, vor .allen aber ,
Olivier de la March«, schildern diese Hochzeit
Karls und Margarethens als das glänzendste
Fest, was je noch im Lande gesehen , worden,
und' erschöpfen sich in Schilderung der Einzu-
heilen desselben. Wir können uns, zumal fiir
die allfttlligen Leierinnen unseres Werkes, nicht
enthalten, hievon einen gedrängten Auszug zn
liefern, nnd das Burgundische Modejournal, als
interessanten Beitrag zur Sittengeschichte jener
Zeit, ein bischeo oasinbreiten.
DyGoogle
10
König Eduard hfttte seiner Schwester ein
reidies Geleit von schSn ausgestatteten Fahr-
zeugen und Tomehmen Edellenten nnd FraaeÄ
mit gegeben. In letzterer Zahl befanden sich
verschiedene Jugendfreundinnen ■ Margaretli«ns
ans den ersten HSusem Englands. Beinahe alle
machten sich, da man in Burgund hierin nicht
den Kürzern ziehen wollte, durch hohe kör-
perliche und geistige Eigenschaften hemerkbar.
Beim Fort Ecluse ging, am 35. Junius, die Lan-
dung Tor sich. Des folgenden Tages erschie-
nen die Herzogin Mutter, Eleonore Ton Lan-
caster, und die Prinzessin Maria, Mademoiselle
von Burgund. Das Fräulein von Axgoeil und
eine grosse Zahl Frauenzimmer, gefolgt von
ansehnlicher Dienerschaar, erschienen zant AVUl-
komm-Besnch, und nahmen mit den Gästen ein
Mittagmahl. Es war ein reizender Anblick für
alle Zuschauer, als beide Schönheiten , die
. Stiefmutter und die Stieftochter, zum ersten Mal
sich sehwesterlich umarmten und eine in der
andern Anblick verloren stand.
"Von Seite der Herzogin Mutter blieben die
Herren von Charny, Rubempr^, Thoolongeou
und verschiedene andere Edle und Damen, als
Ehrengefolge bei der Königlichen Braut. Der
Herzog Katl selbst, von Ungeduld getrieben,
fand sich gleich darauf ebenfalls zu Ecluse ein,
als der Bischof von Salisbnry die Glut der Her-
zen sah, rief er ohne weiters aus; „Gnädiger
..gniod., Google
Herr! Ihr habt daBJenige gefanden, nach dem
Ihr 80 sehnsüchtig getrachtet, und da Gott Euch
diese Dune im Porte des Heils zuführt, so
däacht mir, Ihr solltet nicht von hinnen ziebn,
ohne Ihr die heisse Liebe zu erkennen zu ge-
ben , so Ihr zn ihr tragt, sondern vielmehr gleich
hier Euch verloben." Karl war mit dieser Ab-
kürzung der Fortnalien von Seite des galanten
Bischofs ebenso zu&ieden, als Margarethe, wel-
che, nicht ohne einiges ErrÖ^es, naiv erklärte:
„Sie sey wegen dieser und wegen keiner an-
dern Sache ron ihrem Bruder, dem Könige ron
England, über das Meer geschickt worden.*'
Der Herjiog, nachdem die Verlabniss ge-
schehen, kehrte zwar noch denselbea Abend
nach Brügge wieder, besuchte die Brant aber
tSglich, bis die Anstalten znm feierlichen Ein-
zug völlig bereitet waren. Am 3. JnUus erst
•ollte er demnach vor sich gehn und iwar von
Damme aus, wo Karl, begleitet von mehrern sei-
ner Grossen kurz zuvor eingetroffen war, um die
förnilicbe Yormählung vorzunehmen. Nach die-
sem Werk, 'dessen Einzelnheiten ihn sehr er-
müdet XR haben scheinen, l^te er. sich des
Abends nodi einmal aufs Ohr, als wollte er
Kräfte zn der beschwerliphsten Anstrengung erst
iawmeln.
Inzwisdiea begaben sich die Herren von Ba-
vensteia» Arguflil» Chateau-Guion, St. Fol,
BoassiJ , Viennes , Luxemboi^ , Nassau , der
DyGoogle
12
Bastard vod Burgnnd u. A. Dach Damme, diu
die Piinzesain abzaholen. Sie stieg in eine
reichveraierte Säidite, welche von den selten-
sten Pferden gezogen ward, Margarethe trag
ein weisses, goldverbräintes Hochzeitkleid; ihr
Haupt zierte ein mit Steinen reich hesetztes
Krönchen von Gold. Ihr zunächst sassen, und
sodann auch in andern, mit Cannoisin umge-
schlagenen Sänften, die ans England gekom-
menen Damen, unter denen besonders die Her-
zogin Ton Norfolk dffrch ihre Schönheit Auf-
sehen erregte. Eine zweite Reihe fasste den
Rest (der englischen und der burgandischen
Fraaenzimmer , ohnge^r vierzig bis fünfzig an
der Zahl. Der Historiogiaph des Festes be-
merkt vor allen die geistreiche Frau von Es-
calles, die reizende Wittwe Willibi and die
Damen Clinton und Strop.
Der Zug bewegte sich von Damme bis znm
heiligen Kreuzthor von Brügge ohne Aufent-
halt. Hier wurden die gehörigen Befehle er-
theilt, damit keine Art von Unfall oder Un-
ordnung die Harmonie des Festes störe. Die
Grossen des Hofes, die vornehmem Ritter des-
selben und die Angesehenem der Stadt Stros-
sen in folgender Reihe sich an und bildeten
zwei Reihen, durch welche die Ordonnanzen
des Herzogs jederzeit frei und ungehindert hin
und her reiten konnten: Zuerst kamen alle
geistlichen Peisonen von Rang mit den Beli-
..gniod., Google
13 _
qnien der Heiligen, welche bei allen feierli-
chen Anlässen hemmgetragen worden. Nach
ihnen der GrossTogt nnd die Wethouders too
Brügge, daraaf alle Edeltente, welche zun
Dienste des Hofes nnd znta Geleite det Glos-
sen geharten. Hinter diesen die Ajmbriut-
schützen nnter dem Befehl des Bastards von
Borgnnd; hierauf abermals Kammerherren und
Edellente von verschiedener Raogabstnfang, dile
in goldverbrämten Mänteln von Damast nnd
Atlas, Sammt, Camelof und Seide, iüi deren
Fracht der ehrliche Olivier kanm Worte genug
findet Endlich folgten die Prinzen von ^eblnt
mit ihren Hanptlenten. DieFeldmnsik, welche
ans Künstlern verschiedener Nationen bestand
nnd bei welcher Trompeten und Klarinette die
Hauptrolle spielten, und eine zweite Abthei-
Inng Armbrostschülzen ans England sowohl, als
ans Bargund. Endlich kam Madame Marguerite
selbst, mit dem obbeschriebenen Frauen-Cor-
t≥ zwei Hanptlente der herzoglichen Garde,
Messire de Rosimbor nnd Messire Philippe,
Bastard von Viefrille erhielten nra dieselbe ei-
nen breiten freien Raum, nnd wehrten dem An-
drang der Yolksmasse.
Unter den bnrgundischen Edlen unterschied
man besonders die Ritter des goldenen Vlies-
ses in Pracht des Anzuges und in Würde der
Haltung. Vor allen jedoch stachen Adolf von
Cleve, der Grossbastard von Bnrgund, der Graf
..gniod., Google
14
von Charny and die Herren von Creqai, Des
Cordes, St. Pol, Lalain, Aaxi, Crevecoenr a.
i. Vf. hervor. Unler d«n en^iiehen; die Her-
ren von Escalles (Schwager K. Edaards), On-
devile, Talbot, Montgomer;, Howard, d'Acres,
Chandos, Vagan, Salengier nnd Anperre. De
la Marche bemerkt, etwas lualitiSs-naiT, das«
man alle diese engUacben Herren sehr gat ge-
hriten und gemästet habe.
Nach den Edlen and Damen von hohem Bange
sah tnan die Gesandten der verschiedenen Staa-
ten am bnrgundisehen Hof, Geistliche sowohl
als Weltliche anftreten. Der Kanzler von Bur-
gnnd und der Rath des faorzoglichen Hauses
begleitete sie. Von Prälaten zählte man die
Bischöfe von Salisbarj', Metz, Yerdan, Cam-
bray, Utrecht undDornick; TonLorient, einen
Bitter des Königs von Arragon , mehrere Edel-
lente des Pfalzgrafea am Rhein, die Botschaf-
ter der Republiken Venedig, Florenz und Ge-
nua. Jeder von diesen wetteiferte, den andern
an Prunk zu übertreffen; aber der vereinigte
Prunk aller ward von dem der Burgunder über-
strahlt *).
*) Ke Genueser inbrten täa schdoea Mädchen, in wüs-
sen Daouut gekleidet und za Pferde, bei ^ch. Ea sollte
üne Kdoigstochter TOrstellen, «eiche St. Georg vor Dra-
chen beschützt. Der heitjge lUtter selbst folgte in Persona
nach, in rolbtändigei Rüstung, wie die Legende ihn mahlt,
und halte drei Knapp« zo sdner Bedienung.
..gniod 5, Google
Die Stadt Brügge, durch denn Th«re und
Strassen nunmehr der Zng langsam statt fand,
erschSpfte sich in kostbarem Anfwuid und sinn-
reichen Verzierungen and Spielen, Die Stras-
sen waten mit seltenen Tapeten, seidenen Tü-
chern und Stoffen aller Art behangen, und die
Wohnungen ansge schmückt. Auf den Tapeten
und Tüchern selbst waren die beliebten bibli-
schen Oesohichten ron Adam und £ra (der
Natnt so getreu, als möglich! nachgebildet);
ebenso die Hochzeit der Kleopatra mit Alex-
ander, und andere Dinge der Art mehr, abge-
mahlt oder eingewirkt zn «ehn. Vor dem Pa-
läste des Herzogs hing ein grosses Gemälde,
in Gold und Azur eiugefasst, welches zwei Lö-
wen wies, mit dem grossen Wappen von Bor-
gnnd in deu Klauen« and die Heiligm Georg
und Adrian als Schützer des Landes zur Seite,
unter dem Wappen lagen die Biiehsen Karls
des Kühnen abgezeichnet und stand die Devise:
Je Pay emprü, beigeschrieben. Ebenso waren
ein Grieche mit türkischem Bogen (oder ver-
mutblicb ein Amaut) nnd ein Deutscher abge-
mahlt, ans dessen Schlünde Wein von Beaune
and ßheinwein stromweis in ein grosses stei-
nernes Becken sich ergoss, weraas nach Be-
lieben zu schöpfen Jedermann erlaobt war.
£benso schwamm im Hofe ein grosser Pelikan,
welcher jedoch, statt des Blutes, ebenfalls ein
..gniod., Google
16
kostbares Getiftok aofl dem anfgeritztea Basen
henmter tropfen liess.
Der Zug hatte am vier Uhr des Mor^ns
zu Datnme angefangen , nm zw5]f Uhr stieg die
Braut in dem herzoglichen Hotel ab, und ward
am Eingange des grossen Saales von der Her-
zogin Mutter, dem Fräulein ron Bnrgnnd und
einem Gefolge von etwa hundert Damen erwar-
tet. Während die Sänfte von den Trägern nie-
dergelassen wnrde, ertönte Trompeten- und
Pankenschall.
Eine Reihe von Sälen war auf des Herzogs
Veranataltang zum Empfang der GSste znberei-
tet and über jeden ein Tischmeister gesetzt
worden, weichet die Ehre des Tages besorgte.
Olivier de laMarche weiss nicht, wo er zuerst
anfangen soll, um sein inniges Vergnügen an
der hier geschanten Pracht and Ueppigkeit ge-
nqgsam auszudrücken. Die schSnen und hel-
len Gläser (damals vielleicht noch üne Sel-
tenheit in den Wohnungen ), die grossen, herr-
lichen Spiegel, die kostbaren Tapeten , die
künstlichen Krön- und Wandleuchter, welche
sogar die Gestalt von Schlössern, Beiden, Klip-
pen, Menschen und Thieren künstlich nach-
ahmten, und Bäume, Blätter, Früchte, Blumen
darstellten, Ton der Hand des geschickten Mei<
sters Jean S/aAtn, Kanonicns zu St. Pierre de
l'lsle, ausgeführt, alles dies setzte die Gäste in
unwillkühtliches Erstannen.
DyGoogle
17
In den Gängen ausserhalb des grosseh Saa-
les, doch so, dass Alles, was darin vorging,
den Blicken sich nicht entzog, waren för jene
Damen, welche incognito das Fest mit anzuse-
hen gekommen, mehrere Tribanen errichtet und
drei verschiedene Tische aufgeschlagen. Auch
diese Abtheilung zeichnete sich durch Eleganz
und Erfindung aus.
Wir lassen nunmehr das edle Brautpaar und
die Gäste rahig schmausen, ohne ans mit Mei-
ster Olivter in das Detail der Speisen und in
die Anordnung der Tafel zu verlieren.
Nach beendigtem Mahle ging es zum Turnier
auf dem Hauptmarkte. Der beliebte pa» de
l'arhre d'or ward aufgeführt. Der Herr von
Ravenstein machte den ersten , der Bastard von
Burgund den zweiten Bitter vom goldenen Baum.
Letzterer war von einem Biesen begleitet, wel-
cher einen Zwerg gefesselt hielt. Die Ursache
dieser Fesselang stand in dem Schreiben des
poiinuyvant, genannt ar&re d'or, welcher sich
einen Diener der Dame de l'üte celee nannte,
angegeben. Es war eine Barg künstlich gebaut,
die Thore mit gemalten goldenen Aepfeln ver-
ziert, und ein glänzendes Orchester von Trom-
peten und Clarinetten aufgestellt worden. Die
Damen, wie die Ritter, hatten sich zum Behufe
dieses Spieles in neue, glänzende Garderobe
geworfen.
Die Schranken wurden , nachdem die Kampf-
I. 2
:.Googlc
18
riohter auf teppiebbehangene Stühle sich gesetzt,
and die Dtuneii eines tvunderlieblichen Kreis
^bild«t, endlich erötfoet. Adolf von Cleve and
det Bastard thaten den ersten Gang. Jener ward
mit folgender Anrede an die Damen eingef5hrt,
welche trotz des aherdiümlichen Französisch
nnsem meisten Lesern dennoch verständlich
sein wird: „Trh-haute et irii-puütaHte prin-
eeMte, aut trh - redoutie et toaveraine dame,
et vom antret, nablet priuceuet, dame» et
damaüeiiet, votfez cy aa ancien Chevalier^ gut
det longtempt a friquenti et exercS let armet,
leqvel vout faU trit-hamble riverenee. Si ett
ainti gue par longve vie il ett venu ä te» an-
eient j^urt: et gueit ii te trotne /ort debüiti
de ta pertonne: teliement gu'it ne peut plu» ne
pourrait, let arme» tuymre ^ ne porter , et ä cette
' caute a ditik longvement delaittS le metfier, et
n'ett pat delihM de plu» porter arme». Mai»
tontet Jitojfe» pource gu'ü a tceu cette grande
et nouvelle Jette de noble pai; ei emprite du
Chevalier de tarbre d'or, et la tri» -belle et
ttoble at»enbl4e de damet d'icelle noble com-
ptttgnie il ne »'ett peu tenir, pour ta demiire
main de venir Jaire ton devoir, et te pr6»ente
tri»-hmid>lemeat devant vau», Irkt-haute et trki-
pttittante princette et vout autret nablet pr^-
ceitet, damet et damoitelle». Foui requiert
en taute himililij que le veuillez avoir pour re-
commandi; et moir »en ion vouloir pour agrea~
DyGoogle
Me et d'ores en avant le tenier pour excuti ik
eaute de son antiquUS et deiilitationi et ceite
emprüe achevie, %l entend de toy rendre, et re-
noncer aux artitet eu demowatit toujouri vottre
trii-humble »erviteur, et de tontet damet**
Mit dieaem Bitte, welchem eine Menge Ce-
remonien Toran^egangeo waren, achloss sich
der erste Tag. Eio grosses Baaquet folgte die
Nacht darauf. Alle Färstenthüiner, Grafschaf-
ten nnd Beaitinngan des Heraogs VBüAn in Back-
werken, Speisen und Verzierungen künstlich
angebracht und den GUsten zur Schau darge-
stellt. Darauf kamen nachgemachte oder aus-
gestopfte Thiere hintereinander in den Saal.
Das erste war ein Leopard; er trug in der
Schnauze das Panier von England und eine
Blume, la fleur de Marguerile. Einer der Pa-
lastmeister näherte sich ihm, nahm die Blume
ihm ab und üherreichfe sie, vor dem Herzog
ehrerbietig niederkniend, diesem mit denWorten :
„Durchlauchtiger, hochmächtiger und unüber-
windlicher Fürst, gestrenger Herr und Gebie-
ter! der stolze und furchtbare Leopard von
England kommt, diese edle Gesellschaft zu besu-
chen, und zum Tröste von Euch sowie Enern
Verbündeten, Landen und Untertbanen schenkt
er Euch eine edle Margnerite." Karl empfing
mit froher Laune die Blume, imd der Leopard
verlieas den Saal auf dem gleichen Wege wie-
der, auf welchem er hineingekommen.
2*
DyGoogle
Nach demselben schritt ein grosser L&we,
geschmückt mit Gold und Seide und behangen
mit deraWappea Ton Burgund, daher. Auf ihm
sass die Zwergin der Prinzessin Maria, Ma-
dame de Beangrand, ebenfalls reich gekleidet
als Schäferin in violeltnem Obergewand; zwei
Ritter, die Herren de Ternant nnd Tristran von
Tbonlongeon, dienten ihr zn Begleitern. Der
Löwe sperrte den Rachen nun auf nnd sang
folgendes Gedicht zn Ehren der Braut:
Bien viemie la belle beigere.
De qni )a beaut^ et mani^e
Nous read soulaa (solace) et esperance.
Bien vienne l'eapoir et fiance
De ceste seigneurie entib'e.
Bien devona celle tenir cb^re,
Qtü uons est garante et frontib«
Contre danger, et tant qu'il pense.
Bien vienne!
C'est la aouTce, c'est la mim^e,
De notre force gnmde et fi^e,
Cest notre paix et assenrance,
Dien louons de teile alliance,
Crions, chantons k fie cb^e.
Nach diesem Gesänge machte der Löwe sei-
nen Gang durch den gainzen Saal, nnd als er
ror der jungen Herzogin stand, kniete derselbe
DyGoogle
Hofhieister, welcher die Blume überbrscht, vor
ihr nieder und sprach: „Viel gestrenge Dame,
die Länder, deren Crebieterin Ihr heate durch
Crottes Gnade geworden, sind Eurer Ankunft
hoch eifJreut, and indem sie sich der edlen
Schäferinnen erinnern, durch welche vordem
die Heerdeo gehütet worden sind, nnd welche
jederzeit sich so tugendhaft benomroeD haben,
dermassen, dass diese Länder sie nicht genug
loben können, so machen sie Euch, damit Ihr
mit ihren Tagenden und Eigenschaften besser
vertraut werdet, ein Geschenk mit dieser schö-
nen Schäferin und ihren beiden demüthigen
Dienerinnen, welche Ihr tugendsam gekleidet
vor Euch seht, nnd wollen Eurer Gnade sie
bestens empfohlen haben." Damit ward die
Zwergin mitten auf den Tisch gestellt. Marga-
refha dankte huldreich; der Lowe sang sein
Gedicht noch einmal und schritt sodann gravi-
tätisch aas dem Saale.
Ein Dromedar, saracenisch ausgeschmückt,
löste sofort ihn ab. Es trug auf seinem Bücken
zwei grosse K(5rbe, zwischen denen ein Führer
sass. Als es den hohen Herrschaften näher ge-
kommen, schüttelte es wild das Haupt, die
Körbe öffneten sich, und indianische Vögel flo-
gen heraus und erfüllten den Saal. Endlich
Tüumte man die Tafel ab, and ein gläazrader
Ball begann, welcher bis drei Uhr nach Mit-
ternacht dauerte. Darauf beurlanhte man die
..gniod., Google
22
Gftste, und das Brautpaar verfugte sich zur
Ruhe. Olivier setzt schalkhafte Bemerkungeu
bei, die der Geschieh (Schreiber weder über-
setzen, noch Gommentiren nill.
Die Schmauserrien und Festlichkeiten wurden
den folgenden Montag tettgesetfet. Doch spei-
sten die hohen HetrSchAflen besonders , und die
beiden Herzoglntten bliebfen im Palaste, »Is Aas
Turnier erneuert Warde. Der Herr von Cha-
teaagniöA , Bruder des Prinsea von Orauien
und Neffe des Grafen von Armagnac, brach nean
Lanzen, während det Bitter rOm goldenen Baum
zehn gebrochen; hierfür muBSte erstferer eine
Rnthe von Gold als Sühne bezahlen. Der Ritter
von Visian und iet Herr vOh Viennes, Neffe
des Connetable von Frankreich, folgten hleranf
und bestanden mit Ehren den ritterlichen Stranss;
aber letsterem widerfahr das Gleich« wie dem
von Viennes t der Chevalier de Tarbre de I'or
hatte eilf, er nur sechs Lanzen gebrochen.
Ein neues prachtvolles Banquet erquickte nach
den Mühen des Tages. Unter Trompeten und
Paukenklang pflanzte man zwischen den einzel-
nen Gerichten, im Hintergrund des Saales auf
einer Art von Bühne mit Vorhang, allegorische
Figuren auf, welche die zwSlf Arbeiten des
- Hercules vorstellten. Als in Folge der ersten
That des Helden die Schlangen getftdtet waren,
Otod die erwachten Wärterinnen , mit der Grosse
der G«fiihr erst nach ihrer Besiegnng gani ver-
DyGOOglC
traat, ein durchdringendes Gesdirei hallen hä-
ren lassen, fiel der Vorhang wieder, and ein
angeschlagenes Gedichl theitle dem Pablicnm
eine knrze Gescbichtserzählung mit:
Hercnlea en son bers (berceau) soaa ponvoir de
nouirice
Tua deu^ grands serpeos de force, sans malice.
A Im donc se moustra la forttine propice:
Et son Aire moitnit, innoceut et sang vice.
Puisqne aar deiuf bestens, portä d'ane ventr^,
Fortime se d^part par diverse Uur^
Donc Ton lai«se päir aiiui qu'une ffun^e,
L'antre poitc en ses bras croissaid en renomm^e,
Bien devons Dieu douter, de coeur et de pens^;
Car c'est ciel, qm d^part, ou il veat sa sond^e.
Die zweite Arbeit war die Erlegung des
tückischen Riesen, welchen der Kßnig Philotas
besoldet. Sie war besungen in nachsiehenden
Versen :
HeTculea, pour meuer en.Gr^e le premier
Les moutons et leur laine, comme bon cbevalier,
Decoufit un g^ant, moult cruel et motdt fier,
Et le roi Philotas, dont il fit sondoyer.
Bien devoit Hercnle ^tre aimd par natare.
Qaand pour enricbir Gr^ce emprit teile aTenture:
L^ monstra il aux princes par rEÜson et droicture,
Qu'ils doyveut coqis et veine estendre sans murmure,
Et employer le tempa par Iravail, aans lasseure,
Pour le publique bien: lequet üa out en eure.
DyGoogle
24
Der dritte Act brachte den König Fbilotos,
Theseus undHercnles, die schöne Hesione und
das Meerungehen er gemeinschaftlich zuSBOimen,
und Hercules hatte das Glück, die liebenswür-
dige Priazessin, zum Tröste aller künftig von
Ungeheuern bedrängten Damen und zur Nach-
eiferung für alle galanten Helden, zu befreien.
Der hierauf sich beziehende Vers enthält aus-
drücklich die Moral, für die Damen und ihre
Erlösung keine Mühe noch Gefahr zu scheuen:
Hercules conquesta de l'honneur grand monjoye,
D'ocdre le fier monstre, qni voulait faire proye
D'H^ionne, la belle, fille au grand roi de Troye:
Et mit le peuple ä paix, ä repos et ä joye.
O nobles Chevaliers, o toute gentillesse
i'reoez id exemple, Hercules vous en presse,
Pour garautir les dames, monatrez grand haidiesse.
Faitez vous detrancher pour boneste prouesse,
Deffendez lear honneur; car n'ont d'autre richeese.
Qiii autremeut le fait, il oSense noblesse.
Nach diesem Abenteuer kam das mit den
drei Löwen, weiche Hercules bekämpfte und
erlegte, während der König und der Bauer auf
den Baum sich geflüchtet. Dem Andenken daran
waren folgende Zeilen gewidmet, voll andäch-
tigem Ermahnen zu frommen, nüchternen und
keuschen Leben:
Hercules se trouva assailly des lyons,
Trois CD occit en l'heure, ainsi que nous trouvons,
..gniod., Google
Fier et fort se monstra sur tous les morteU hommes
Plus troDvons ses fmcts grands, plus avaut les lüous i
Les troU lyoos teiribles par Hercules vaiacus,
C'est' le monde, la chaire et le diahle de plus,
L'un soufQe, l'autre atise, et le tiers reuil abus.
Maiats hommes out deceus, devor^ et perdus.
Or soyons bataillans des glaives des vertus:
A ce que de nos ames Dieu ne face refiis.
Für diese Thaten erhielt Hercules die £t-
laubniss, von seinen Anstrengangen ein wenig
auszurulien, Dafür erfreute die Gäste noch ein
Spectakel anderer, höchst wandersamer Art.
Ein Greif, welcher Kopf und Flügel bewegte,
als wäre er lebendig, und Federn von Gold und
Azur hatte, bewegte sich durch den Saal. Sein
Schweif war mit weisser und blauer Seide be-
deckt nnd mit den Buchstaben des Herzogs und
seiner Gemahlin übersäet. AU er den Schnabel
öfifnete, flogen lebendige kleine Vägel heraus.
Trompeten und Clarinelte ertönten zum jubeln-
den Yivat. Man räumte ab, und ein Ball be-
schloss ebenfalls den zweiten festlichen Tag.
Gestärkt durch kurzen Schlummer ritten die
Edlen zur Fortsetzung des Kampfspieles aus.
Johann von Luxemburg, der Herr von Argueil
und Anton von Hallewyn bestanden den Strauss
auf prächtig geschmückten Rossen und von reich
gekleideten Pagen zu den Schranken hingeführt.
Der Herr von Hallewyn erhielt aus den Hän-
DyGoogle
26
den ies Chevaliers die goldene Ruthe. Das
Gastmahl, veranstaltet unter seidenen Gezeiten
zeichnete sieh dnrch neue sinnreiche Erfindun-
gen ans. Alle Städte von Borgend, Brabant,
Flandern, Hennegau, Holland u. s, w. , welche
Karls Oberherrlichkeit anetkannten, waren auf
den Wappen, die man in symmetrischer Reihe
aufgestellt, veranschanlicht. Die Devise des
Herzogs : „Je l'ay emprins ! " und jene Margare-
thens: „Bienen avienne!" glänzten über jedem
Gezelte. Ueberdiess ragte ein hoher Thnrm,
dem von Gorknm nachgebildet, and dnrch ge-
schickte Künstler in Eile aufgerichtet, fast in
der ganzen Höhe des Saales hervor. Karl liess
durch seine Capelle, auf welche er immer viel
Sorgfalt zu verwenden pflegte, seine Lieblings-
nriü'sche auffuhren. Ebenso wurden alle mög-
lichen Thiere nachgemacht, welche verschiedene
Instrumente spielten. Die ausführlichen Be-
schreibungen, welche man davon in de% Chro-
niken liest, sind anziehende Urkunden des da-
mals am Hofe von Bnrgnnd herrschenden Ge-
schmacks und der bizarren Individnidität Karls
des Kühnen.
Nachdem die Thiere abgetreten, stellten sich
die Ritter wieder ein nnd gaben seltsame und
abentenerliche Liebeispiele zum Besten, auf
eine Axt, wie man sie in Romanen der ersten
Sorte findet. Bezauberte Prinzen and gefiingene
Damen girrten ihre Heizensseu&er her und
DyGoogle
erachöpften sich in Anreden voll feiner Anspie-
langen anf die hohen VermShlten. Der Bastard
TOD Burgund, Johann Ton Luxemburg nnd Phi-
lippe de Poitiers turnirten an diesem Tage. Ein
BchÖnes Fräulein, die weisse Dame genannt,
begleitete den letztern zn den Schranken. Sie
aass anf einem Pferde mit einer Hermelin-Scha-
braclie; die Haare fielen ihr in zierlichen Flech-
ten über den Scheitel hemnter; sie aelbst trug
ein prachtvolles Kleid von weissem Atlas nnd
Geschmeide aller Art, Jedermann bewanderte
ihre üppigen Reize und ihren edeln Anstand;
zwei Knappen mit Baretten von violetten em
Säumet und mit goldverbrämten, theils schwar-
zen tbeils carmoisinen Röcken, zierlich aosge-
schlitzt, dienten als Gefolge.
Als die holde Blanchefloar dem Kranze der
Damen näher gekommen war, welche, um das
Turnier behaglich anzuschauen, sich in schöner
Ordnufg aufgestellt hatten, hielt sie an Mar-
garethe nachstehende Anrede:
Tr&s-redout6e, excellente princeue
Droit cy m'envoye, euvers Totre noblesse
Une moult noble et gradeuse dame;
Et m'a reqnis, que devers votu j'adrease
Le Chevalier, pour croistre sa pronesse.
Leqnel aiusi eile avone et confesse
Son serviteiir et senl de ce royamne
Nominer se fidct par nom la dorne Manch»!
DyGoogle
28
Or eile a ea n'agueres coDgnaissance
De cestoy paa (qui est de noble Usance)
Et (In perroD ä l'arbre d'or tres'riche,
Dont pour sccroistre ea gloire et en vaillance,
Le Chevalier, qui la braudit sa lance,
Son serviteur, s'y offire d'amour francfae
Pour le servir en tout humble serrice.
Der Herr von Poitiers gewann nach dem
zehnten Gang den Preis über seinen Nebenbuh-
ler, den Bastard; dagegen siegte dieser über
einen andern, Ciaudo de Vandrey, welcher zu-
letzt tnrnirte.
Am fünften Tage zeichneten besonders ein
Deutscher, der Graf von Solni, und nach ihm
ein zweiter Bastard, Balduin vonBurgund, und
der Herr von Renty, aus dem Hause Croy, sich
beim Kampfspiele aus. Bei dem Banquet aber
prangten Pfauen und Schwäne und die Devisen
des Ordens vom goldenen Yliesse. Hierauf
wurden die Arbeiten des Hercules fort^setzt.
Zunächst reihete sich an die früheren die
Höllenfahrt mit Tfaeseus und Firithous und die
Entführung der Proserpina. Als die Gardine
gefallen, machte ein neuer poetischer Theater-
zettel das Publicom mit der wundersamen Mähr
bekannt :
Hercules entreprit voye inoult-daDgereiue,
Quand alla ä l'enfer, Tabisme penlleuae,
Cerbenis combotit ä la porte douteuse.
DyGoogle
Et reprit Proserpine, la belle et la joyeiue,
Cerbenu signifie p4ch^ le devoyable,
Qui garde des enfers' le goufFre redoutablc,
Or, sojons Hercules le Tullant et buable,
Combattons Cerbems par vertu honorable,
Portant ä Proserpine un bon aecours aidable,
Notre aine retirans hors de vice damnable.
Nach dieser fiiaften Arbeit des Alkmeniden
traten Amazonen aof den Schauplatz. Zwei blü-
hende Fräuleins, in die bekannte Tracht jener
E^ie§;erinnen gekleidet, mit Schwertern umgür-
tet und mit Tiolettenen Baretten auf dem Haupte,
rückten zu Pferde an; eine grosse Menge Frauen
folgten zu Fuss diesen ihren Fühierinnen, be-
wehrt mit allen Waffen der Amazonen. Eine
Anzahr Ritter traf auf sie, ebenfalls kampfge*
rüstet, und nnn ward zu Fuss und zu Boss die
berühmte Schlacht vocgestellt, in der die Scy-
thinnen, wie billig, den Kürzern zogen. Die
hier ausgeführten Evolutionen ergötzten den
Hof und die Zuschauer nicht wenig; den krie-
gerischen Act aber scbloss folgende Moral, auf
dem Vorhang angeheftet:
Hercules le vaUlant et le prcux Theseua,
En deux femmes ann^ea trouv^ent telz vertus,
Que pour tous les perils, on se sunt embatos,
Ds ne furent si pr^ d'estre morta ou raincns.
Puia deux Amazonnes et deux fenunins corps
Contre deux si ptüuants sonstindrent tei9 efforts;
DyGoogle
30
Exempie eM, qn'oa doH craiadre et babülle et dUcorde ;
Son ennemy donter foible, manchot on tors,
Car on a veu soavent (qae bien en est recore)
Qne Jes victoirea sout, ou Dieu donne )ei sorts.
Wie sehr die AnweDdung dieser letztern
Worte ihn selber bald treffen wurde, ahnete
der stolze Karl wol nicht.
Nach den Amftzonen kam die Reihe an die
berüchtigte Schlange, welche höchst künstliob
nachgemacht war, und welche der Held, der
alle möglichen Mordgewehre bei sich trug und
sich nachschleppen Hess, ganz auf gehörige
Weise erlegte. Diese siebente Arbeit war also
besungen :
Heicnlea es palns troora le fier aerpent,
La teste Iny traadia: mais toat incoDtinent
Sept antrea luy sullirent äBerreUlablement,
Mais toatea les trencha Hercule» le vaillant
Qiü nn yice rencontre d'aguet ou d'arenture,
Sept autres en viendra par estrange figure,
Et sera fort constant, qni n'en aura raoisare,
Faiaona comme Hercules ä l'ennemy injure;
Tranchoos luy les sept testes, qui sont plaiaes d'ordure,
Et nous gardons de faire ä vice nourritnre.
Die Anstrengungen bei Ertodtung des lernäi-
schen UngethÜms hatten den starkmüthigen Her-
cules so wenig ermüdet, dass er alsogleich
auch an die Riesen sich machte, die ganze no-
ble GeielUchaft in die Pfanne hieb, mit Aus-
DyGoogle
31
nähme jener, welche itm Gnade flehten und
hnldigten. Daraaf setzte er sich also die Krone
von Kramona auf, und der Dichter mit geschick-
ter Anspielung nnf die Zeitrerhältnisse folg-erte
nachstehende politische Ermahnung an Karls
Widersacher :
Hercules, remirant les hauts murs de Cr.imonne,
Unze g^ans tronva, par maniäre felonne;
Mais ä leur grand pouvoir n'accompta une pronne;
Toua les d^ßt et prit cito et la couronne.
Hercules c; noos monstre vertueui: eKcmplaire:
Que pour toiirbe de gens, de menace ou pour braire,
L'homme chevallereuK ne 3e doit point deffaire :
Uiüa se digne d'avoir de conronne salaire,
Qui contre grand pouVoir ose fronti^te feire;
Car on vojt peu soavent bon defiTendenr deffaire.
Tanz nnd Musik folgte nun von neuem, und
darauf die Bitterspiele, bei deren einem der al-
tere Bastard gefahrlich am Fasse verwundet
wurde. Ein griechischer Zwerg, welchen die
Herzogin Margarethe von ihrem Vater zum Ge-
schenk erhalten hatte, belustigte die GesellschaüE
dorch allerlei Kurzweil , und romantische Alle-
gorien erquickten das Herz der schfinen Welt,
nachdem ihr Zwerchfell mehr als genug erschüt-
tert worden war.
Der Hof hatte Kraft und Muth genug, die
Feierlichkeiten noch vier Tage lang fortzusetzen,
und die Künstler mnssten allen ^harfsinn und
DyGoogle
32
die Damen alle Toilettenfaktik anfwendeo, um
das Interesse auch ferner zd fesselo und die Ima-
gination zn beschäftigen. Ebenso turnirten die
Ritter, welche der stets veränderte Anzog und
die eitle Sacht, einander an Pracht zu überbieten,
ungeheure Summen kostete, jeden Tag fröhlich
fort. Die rielen Einzelheiten sind zn monoton,
als dass wir fortfahren sollten, unsere Leser in
dieselben einzuweihen, obwol vielleicht kein
Turnierbuch jemals die Staatsaffairen von Putz
mit solcher ästhetischen Gründlichkeit behan-
delt und beleuchtet hat, als der ehrliche Oli-
vier de la Marche, welcher immer noch dazu
in Aengsten schwebt, etwas Wesentliches ver-
gessen oder nicht deutlich genug auseinander--
gesetzt zu haben. Niemals ist auch vielleicht
irgend ein Schriftsteller berufener daza gewe-
sen, als Historiograph der Grazien die Annalen
der Toilette von Damen und Herren zu schrei-
ben, als der Chronikant von Barguöd.
Die Beschreibung des nennten Abenteuers gab
Fürsten und Regenten allerlei nützliche Regeln:
Hercules eodronu, Cacas le fort larron
Sea "boeuis luy desroba, trainant k reciüon,
Mais (queiqne fort qa'il fast) l'occit le champion
Et fit de luy suplice sans mercy ne ransou.
Einpereurs, loys et ducs, princes en g^n^ral,
Faites comme Hercules, le tr^ - especisl.
Soyez prompts en justice et ä chascon ^gaL
..gniod., Google
Destrubez les tyram, dont il nc rient qne mal.
Et TOU3 sourienne hien de ce vers principal:
Justi.ce iäit aimer et doater le vassal.
Der Herzog hat dieser Lehre sich gerade
nicht sehr erinnert, als et seinen Vogt im £1-
sass, P. von Hagenbach, nachmals das Volk
so entsetzlich misshandeln liess, aber gleich-
wohl liefert 1*. van Heuter ans Delft Züge von
grossartigstrenger Gesinnong, aus denen her-
vorgeht, dass es mit Handhabung der Gerech-
tigkeit ihm Ernst, und das Gegentheil immer
mehr eine Folge seines heftigen Temperaments,
als vorselzlicher Absicht war.
Der zehnte Act des hercnlischen Dramas
zeigte Fluren nnd Wälder, arbeitende Landleute
und weidende Schaafe, darauf den furchtbaren
erym antischen Eber, welcher jene verwüstete,
diese zeniss; endlich nahte der Held, und er-
schlug das Ungethüm. Der Po^t richtete an
den Herzog folgende Worte:
Faites, conune Hercules, Prince de haut parage,
St vous scavez faiu c'es en vostre baronnage,
Wen vos sugets reg^r, chacun se monsfre sage,
Car certes le sanglier merveüleux et aauvage
Ne fait pas tant k craindre que le mauvais usage.
Die Centauren machten den Beschlnss; der
Po€t preist darauf die Resignation des Helden,
welcher, in der Meerenge von Gades angekom-
I. 3
DyGoogle
men, seinem ferneren Strelen weise ein Ziel
setzte;
Or TODS tous, qui Ibez ceste signifiance,
Mettez borae ä tos faictz, tn monstrerez prudence.
Faites comine Hercales en Tostre desirance.
Et boniez tos d^irs cn mondaine esp^raace,
Car le joiir est escrit (et faot que l'on y pense),
Que pauer ne ponvoDs, pour or ne pour chevänce.
Der nennte Tag schloss anch nebst dem
'Mahltheater die Anstrengungen der Ritter am
den goldenen Baom. Der Bastard, welcher we-
gen seiner Wände nicht gehen konnte, erschien
in einer SSnfte, von Armbrustschützen umge-
ben; nach ihm der Wappenköoig des goldenen
Vliesses mit den Herren von Creqni und ron
Gmthnisen, endlich Aet Herzog Karl selbst in
glftnzendem Harnisch tind in vollständiger Bü-
itnng. Ifam folgten sieben Pagen in mannig-
feche Farben gekleidet. Die Riesen nnd die
Zwerge fehlten acch nicht. Den letzten Gang
that Karl in eigener Person mit dem Herrn von
Ravenstein, Adolf von Cleve, Vater jenes Phi-
lipps, der seiner Tochter, ihrem Gemahl nnd
dem Sohne Leider nachmals so viel zu schaffen
gegeben, sowie dem von Arguel. Die Damen
waren verlegen, wem der Preis zuzuerkennen
sei, da der Herzog, bei seinem bekannten Un-
gestüm oft unglücklich, die wenigsten Lanzen
gebrochen. Man blieb aber bei dem ritterlichen
..gniod., Google
35
Geselz, und so erhielt der LetztgeDaaate den
goldenen Stab. Als diess geschehen, wnrde
das Thor des Schlosses vom goldenen Baum
unter tauschender Feldmnsik geöffnet, und die
sämmtlichen Bitter desselben hielten ihren feier-
lichen Einzag. Der Herzog leitete persönlich
noch eine grosse kriegerische Evolntioa, bei
der er besonders sieh auszeichnete; daraufging
es nach dem Palaste zurück, wo noch ein Spec-
takel, jedoch von friedlicher Art erfolgte. Ein
Wallfisch TOD noch nie gesehener drSsse war
in den einen Saal schicklich hineingebraeht
worden. Als er den Rachen Öffnete, kamen
Syrenen zum Vorschein , welche maurisohe Lie-
der sangen, und Tänze mit zwölf Meerrittern
zom Spiel einer Tambonrine aufführten Bald
setzte es jedoch unter dem Völkcheo Eifersucht
and allerlei Streit hub an. Endlich kamen Rie-
sen und trieben die Sirenen zur Rückkehr in
den Bauch des Thiers. Nach dem Syrenentanze
folgte zu guter Letzt ein Ball der Damen und
eine Unters nchnng der Wappenköoige und
Kampfrichter, wem der Türnierpreis zuzuerken-
nen sei. Die Schmeichelei der Damen, welche
för die vielen Vergnügungen ihren Dank bezeu-
gen wollten, entschied für den Herzog von
Burgund. Aber dieser lehnte den Preis ab, und
er ward an Jean de Ondevile, den Bruder der
Königin von England, Margarethens Schwager,
verliehen, zuerst in seiner Eigenschaft als Frem-
3*
DyGoogle
36
den , aodann als schönen nnd jugendlichen
Manne, und endlich weil er bei dem Turniere
selbst sich in der That tüchtig gehalten hatte ').
Nach diesen zahllosen Festen und Spielen
ruhten die beiden fürstlichen Gatten endlich
aus, und Margarethe tiat bald, von denUnter-
thanen geliebt und von Fremden verehrt, als
Mutter des Landes aof. Es knüpfte sich zwi-
schen ihr und Marien nicht nur ein seht fried-
liches, sondern selbst inniges Verhältniss, und
beide starke Seelen begegneten sich, da Maria
schon als zaites Mägdlein seltenen Verstand
und Charakter entwickelt, schon damals in der
gemeinsamen Idee, wie sehr in ihrer wolken-
ninhangenen Lebenslage Ausdauer und Muth,
Entsagnng und Entschlossenheit nothwendig
seien. Sie vertrauten sich wechselseitig die ge-
heimsten Empfindungen des Herzens, und lehr-
ten einander, bald des Gemahls, bald des Va-
ters wilde Launen mit der sittlichen Kraft er-
tragen, die einem edlern Franengemüthe allein
eigen ist. Der Herzog, welcher die Wei-
ber in der Regel nicht nur nicht liebte, son-
dern sogar floh und ge rings chBtzte, begegnete
seiner Gemahlin mit grosser Achtang, und be-
*) VieUd(;ht oocb aDsiehender, aU die franzöibche
Beichrdbang de» Olivier de U Msrche ist die flämische
der Excellente Chionjcke yan Vlaenderen, wobei auch
riele Vene TorkommeD, Ke Vergleichimg beider genäbrt
groueo GenoM.
DyGoogle
zeigte ihr sogar einige ZSrtliehkeit, iasofern
solche einer Natur, wie die seinige, möglich
werden konnte; ja es scheint sogar, dass sie
anf ihn einige Herrschaft geübt. Auf jeden Fall
bestand das Verhältniss rein und angetrübt bis
za Ende, und die wenigen Tage, welche der
Herzog häaslichen Geschäften und den Empfin-
dungen des Herzens widmete , sah man sie
stets an seiner Seite. Um die beiden Prinzes-
sinnen bildete sich ein schöner Kreis von erge-
benen Grossen und Bittern, worunter besonders
Anton, der Grossbastard von Biirgund, der na-
türliche Bruder Karls, aber ein Mann vom edel-
sten Gemüth und der Familie sehr ergeben,
beider Fürstinnen vertrantestei Freond;, sodann
die Herren Bavenstein, die bei Hofe genies-
Bende Gunst zu Speculationen für die Erhebung
des Hauses Cleve benutzend; Engelbrecht von
Nassau, ein ebenso geistreicher als tapferer
Jüngling, aufblühend in ritterlichem Ruhm ; die
Sprossen der mächtigen Geschlechter Gruithni-
sen, Borsele, Chimaj, Neufchateau, RnbemprS
geh orten.
Die Launen des Gemahls, welche Hohn^
Widerspruch, Aufstand und Krieg nur wilder
steigerten, besiegten oftmals Margarethens feu-
rige Beredsamkeit und entschlossener Sinn,
welche beide mehr, als ihre so grosse Schönheit
"über ihn vermochten. Da, wo sie nicht durch-
drang, lieu sie das Gericht des goldenen YUes-
DyGoogle
38
seil scharfe Rügen über zu heftige Ausbrüche
T erkunden.
Margarethe war und blieb nbrigens eine er-
klärte Engländerin; alles, was zu ihres Hauses
Nutzen und Ruhm dienen konnte, ward Ton ihr
sorglich geföidert. Sie zog daher bald, nicht
nur allein durch ihre Schönheit, sondern aacb
durch ihren Verstand die öffentliche Aufmerk-
samkeit auf sich, und dieser war es auch, der
ihr bei Karl selbst ein beständiges Interesse
sicherte. In der Leere des Herzens, welche
der bloss nach Ruhm und Waffenspiel sehnsüch-
tige Gemahl aaf keinerlei Weise auszni^llen
im Stande war, bildete sich bei ihr ein politi-
scher Charakter ans, welcher mit den Jahren
und den Yerwlckelungea zanafam, und selbst
an Intriken grosses Behagen fand, nm ao mehr,
als glückliche Proben von Gewandtheit dazu
ermnthigten. Oft aber war es auch eine ernste
Nothwendigkeit , materiellen Kräften und d^m
Uebermuthe mächtiger Bedränger die Macht des
Geistes entgegenzustellen. Wir werden sehen,
wie bedeutsam hierdurch Margarethe von York
in die Schicksale ihres alten und neuen Vater-
landes eingewirkt hat. Zunächst aber kehren
wir in den Kreis ihres häuslichen Lebens im
Lande Burgund zurück.
Sie erschien fast immer in Gesellschaft der
jungen Maria und der noch lebenden trefflichen'
Wittwe Philipps des Qatan, und machte geduldig
..gniod., Google
39
alle di.e Kreaz- uni, Qnerzüge mit, welche der
nimmer rastende Heraog von dem einen Ende
seines Reiches zum andern machte. Die Hof-
statt war ein wanderndes Nomadengeselt , das
abwechselod zu Brügge, Gent, Brüssel, Me-
cheln, HeBdin a. s. w. hintereinander aofge-
schlagen. warde.
In letzterem Otte hatte sie im Winter 1468
auf 1469 das Vergbügen, den Prinsen Maximi-
lian TOn Oestorreich znm ersten Male kennen
zu lernen, welcher in Arras mit dem Herzog
zusammengettofien and nach ihrem Schlosse
Hesdin mit demselben anf Besuch geritten war.
Es scheint, dass sie schon damals viele Ach-
tung und Neigung zu dem Erzherzog gewonoeo
habe, was auch auf die Empfindungen der mit
anwesenden Maria mit eingewirkt haben mochte.
Die beiden Fürsten machten von da aus einige
Lustreisen nach verschiedenen Städten, fanden
unterwegs den Grafen Warwick und kehrten
mit dem interessanten Landsmann zu Margare-
then zurück, welche sie bestens bewirthete.
Bald darauf schied der Erzherzog.
Als das Frühjahr angebrochen, kam auch
der Connetable von Frankreich auf Besuch.
Die Herzogin bewirthete ihn festlich zu Gent
und ebenso die Gesandten von Rom, Frankreich,
Polen, Venedig u. b. w. Im Sommer machte
sie verschiedene fröhliche Lastfahrten tax See,
namentlich nach Middelbnrg auf Zeeland mit.
DyGoogle
40
Der Winter 1470 sah verschiedene Hoffeste,
wobei sie die Wirthin machte; sie half die Hoch-
zeit einer Tochter des Bastards, Jeanne de Be-
Toes, mit dem Herrn ron Culemburg und ebenso
die der Jeanne de Berghes mit einem andern
Edelmaone, ausrichten. Mehrere dergleichen
Heirathen kommen aach noch später vor. Nach
den Fröhlichkeiten des Fasching begleitete sie
ihren Gemahl anf einer Wallfahrt nach Ardem-
linrg zu U. L. Frauen; darauf hielten sie sich
meist in den grösseren Städten vonBrabant anf.
Im Mai darauf ward zu Middelbnrg eine
grosse Versaminlung der Bitter des goldenen
Vliesses gehalten, welche der Herzog auch zu
einen glänzenden Bankett Ind. Margarethe lei-
tete das Ganze und erfreute alle Gäste durch -
ihre sinnigen Anordnungen und ihren lebhaf-
ten Geist.
Man liest vonBeisen, welche sie mehrfach,
nm die Herrschaft ihres Bruders zu befestigen,
nach England unternommen hat. Sie unterrich-
tete denselben genau von den französischen,
deutschen und burgundischen Verhältnissen und
brachte ihm Summen und Creditbriefe. Alle
Bewegungen der Parteien im englischen Beiche
verfolgte sie mit unverwandtem Blicke und suchte
den Anhängern des feindlichen Geschlechts vom
Niederland aus entgegen zu arbeiten.
Als Eduard IV. dürftig und von allem ent-
blösst in Holland angekommen, und nicht so-
DyGoogle
41
viel hatte, am den Schiffer za bezahlen, der
ihn übergeßihrt, befand sich der Hof von Bui-
gund in ganz eigener Lage und Stimmnng. Die
Herzogin Mutter, welche damals noch lebte,
sah in ihm den geschwornen Feind des Hauses
Lancaster, Die Herzogin Margarethe fühlte
aber ihres Brndera und des Hauses York zwei-
faches Unglück die tiefste Betrübniss. Aber
wie bedentend auch ihr Einfluss auf den Ge-
mahl und wie entschieden desselben persönliche
Gesinnung sein mochte, so nöthigten ihn doch
die wichtigen Handelsverbältnisse , welche zwi-
schen beiden Ländern bestanden, zu einiger
Zarückhaltang, und er konnte seinen Schwager
nicht alsogleich unterstützen, ohne einen förmr
lieben Bruch herbeizufbhren , welcher von un-
zaberecbnendem Schaden für die Interessen sei-
ner Unterthanen begleitet sein inusste.
Die Hülfe, welche Konig Eduard also vor-
läufig erhielt, beschränkte sich auf Geldsummen
und guten Rath. Dagegen unterstiitzte ihn Mar-
garethe, seine Schwester, auf jegliche Weise*)
in seineu Werbungen von Eriegsvolk, und sie
verwendete sich ancb bei dem Herrn von Gruit-
hosen, Stalthalter der Provinz Holland, das«
*) Auch die Terachiedenen flSmigchen und hoUäodisdi«!
ReimiJironikeD, besoiidera die excellente ChroDjdce van
Vlaenderea und die von Laiigendijck , melden MugAfeÜieiw
boKmdere Thätigkeit in dieier Sache.
DyGoogle
42 .
er TraDSportscfaiffe zur Ueberfiihrang dieser
Truppen nach England lieli (1470). Man liest
TOD verachiedenen Zasammenkünften mit ihrem
Bmder, gowie mit dem Herzog von Glocester.
Margarethe zeigte stets sowohl schwesterliclie
Zärtlichkeit, als politischen Takt.
Das folgende Jahr krönte Eduards Bemühnn-
gen, und er sah sich durch einen kühnen Haupt-
streich wieder auf dem Throne, welchen Hein-
rich YI. und Warwick hintereinander einge-
nommen hatten. Warwick fiel in der Schlacht,
der Jüngling Eduard wurde hingerichtet, seine
Mutter JVlargarethe biisste im Kerker. Als (noch
im Jahre 1471) auch Eleonore von Lancaster,
die Schwiegermutter, gestorben, hatte die Her-
zogin einen bedeutenden Gegner ihrer Plane
am Hofe des Gemahls weniger. Sie schloss
von nan an ihr Interesse fest an das ihrer
Stieftochter Maria, welche bereits das Ziel der
Bewerbungen and Intriken von allen Seiten her
war").
Margarethe lie«s zur Feier der errungenen
Vortheile grosse Feste in Burgund anstellen;
sie erschien in unaufhörlicher Tfaätigkeit and
In genauer Verbindung mit allen grösseren Be-
gebnissen des Tages. Nachdem sie die Augen
') Die Addifioiu it l'Hüfoire du Roy Louü XJ. ent-
halten eine Reihe dnzelilfer Notizen über die Beziehungen
za, ihrem Bruder während der Kiwi^
DyGoogle
ihrer betagten Schwiegermutter zugedrückt, half
sie die Prinzessin Maria von der Bewerbong
des Herzogs ron Kalabrien befreien , Karls
Unterhandlungen mit den Cresandten mehrerer
Mächte regeln, nnd dessen Kriegsrüstungen be-
treiben. Sie leitete daneben das Hanswesen,
gründete Klöster nnd onterstützte Gelehrte za
gleicher Zeit.
Karl der Kühne, welcher inzwischen mit
Frankreich harten Stranss bestanden, sah sich
zwei Jahre darauf (1473) im Besitze der zwei-
ten H&lfte von Geldern und zwar durch Erb-
schaft, nachdem er in den der erstem, durch
freiwillige Abtretung des Herzogs Adolf (für
die wider seinen Sohn geleistete Hülfe) gekom-
men war. Der junge Adolf leistete mit den
Waffen Widerstand, zog jedoch denKürzeren und
kam in lebenslängliche Haft. Die minderjährigen
Kinder des Ueberwundenen, Adolf und Philip-
pine, wurden an Margarethe gesendet, welche
mit mütterlicher Sorgfalt ihrer Erziehong sich
annahm, und soviel in ihren Kräften stand, ihr
Loos rersüssen half, auch den Gemahl zn Shn-
lichem Geiühle stimmte.
Die Unterhandlungen mit König Friederich m.
wegen Vermählung Mariens mit seinem Sohne
Maximilian , nnd die Unterredung zu Trier fan-
den in dem nämlicheu Jahre ebenfalls statt.
Es scheint, dass Margarethe damals ihren Bru-
der, den Herzog von Clarence, noch ausscbliess-
DyGoogle
lieh im Auge hatte, and vielleicht dessfaalb
mehr als einen Bewerbangsplao anderer Fürsten
vereiteln half").
Bald (1474) begannen nun die grösseren
Verwickelungen mit Frankreich , Ren6 von
Lothringen, dem Kaiser und den Eidgenossen,
deren tragischer Ausgang Burgnnd mit so gros-
sem Jammer erfüllt hat. Die Verbindung mit
Eduard von England ward durch Margarethen
eifrig unterhalten und von ihrer Seite Bei-
stand an Truppen geleistet. Ja sie bewirkte,
dasB er in Person nach Calais kam, mit dem
Gemahle sich vereinigte, und den Krieg wi^er
Frankreich betrieb. Allein Ludwigs XI. politi-
scher Verstand überlistcle den englischen Kö-
nig, während sein Gold die Treue der Diener
betäubte. DasrUngewitter, welches Frankreich
gedroht, verzog sich, und Eduard schloss, zn
Karls und Margarethens grösstem Aerger, ein-
seitig seinen Waffens tili stand.
Glück and Unglück folgten nun in raschem
Wechsel, und dasselbe Nancy, welches den
streitbaren Herzog als Sieger gesehen, sollte
nach wenig Jahren ihn auf der Bahre, und seine
Streilmassen ringsum vernichtet erblicken.
Margarethe von York, in den Chroniken
*) Ueber du aberflScUliche RaisonneiDeiit vod Variüat
tünuchtUd dicfw IKoge vergl. weiter unten Muia'a Bio-
gnphie.
DyGoogle
45
gewöhnlich nun die oude Princette oder die
Douairiire schlechtweg geheissen, ertrug die
furchtbaren Schläge des Schicksals mit rühm-
licher Entsagung und männlicher Entschlossen-
heit. Zwar machte sie in einer eigens nach
England entsendeten Bothschaft dem Könige
Eduard bittere Vorwürfe über das Verlassen
ihres Gemahls, und der jüngere Bruder, Cla-
rence, unterstützte sie darin"). Sie nnterdrückte
ihren eigenen Schmerz, um denjenigen der ver-
lassenen Maria mildern zu helfen; and sie Ter-
gass das Aufhören ihres fürstlichen Ansehens,
um die Rechte der Stieftochter gegen eine Beihe
von innem and änssern Feinden vertheidigen
sa helfen. Die erste Nachricht von Karls Tode
(1477) ward darch ihre Vermitteinng selbst auf
schonende Weise der Prinzessin mitgetheilt.
Die Gobemaloren und Bäthe hiessen dieselbe,
indem sie der Treue ihrer Unterthanen sie rer-
flicherten, in allem die Bathschläge der Herzo-
gin Wittwe befolgen, welche mütterlich ihrer
lieh annehmen werde. Sie erzeigte den Manen
des gefallenen Gatten auf würdige Weise die
letzten Ehren und traf mit den Gläubigern des-
selben über zahlreiche Privatschulden einen an-
gemessenen Vergleich **).
Beide Franen worden auch bald über die zu
*) Bxcellente Chronjcke Tan Vlaendeien fol. 185.
") Pwaäi» ftUmoire« de Boturgogoe.
DyGoogle
46
ergreifenden Maasregelo unter sich einig. In
dem geheimen Rathe, den sie zusammen bilde-
ten, und welchem der Herr von Ravenstein,
Bnider des Herzogs von Clere und Vetter Karls
des Kühnen, sowie gleich dacauf auch der
Kanzler Hagonet nnd der Herr tod bnberconrt,
beiwohnten, wurde eine Gesandtschaft an den
französischen König beschlossen. Maria sehrieh,
nach dem von Margarethen grosatentheiU ver-
fassten, nnd von ihr auch mit unterzeichneten
Entwurf, an Ludwig XI. Darin war die Absicht
kund gegeben, ihre Hemcherrechte gegen die
Anmaassnngen der Ilandrischen Beinagogen, zu-
mal der Genter, aufrecht zu erhalten. Man
rief des Königs guten Rath und brüderlichen
Beistand an.
Allein der treulose Ludwig, in seinem gan-
zen Leben niemals eines edelmuthigen Ver-
trauens würdig oder fShig, suchte aus den be-
drSngten Umständen nur für sich Gewinn zu
ziehen, nnd die Fürstin vonBurgund mit ihren
Unterthanen zu entzweien. Er verrieth die
Briefe, welche er erhalten, an die Abgeordne-
ten der Genter, und rief dadurch über die zwei
RSthe jenes traurige Loos herbei, welches ein
Beispiel unerhörter Brutalität in der Geschichte
bUdet. Man entfernte zugleich nun Margare-
then von ihrer Stieftochter und Freundin, und
die Demagogen erlaubten sich jede Art von Ge-
waltthat nnd Rechtsvetletzung,
DyGoogle
IVichtsdeBto'weniger £aiid Margarethe von
York bald Gelegenheit nnd Mittel, mit Marien
wieder in Verbindung zu kommen, und es
scheint, daas sie nach einiger Zeit aach wieder
in persönliche Berührung kam. Die Oberhof-
meisterin von Ualleivyn, eine Dame von er-
probter Treae und Einsicht, war die dritte ver-
traate Person, welche bei diesen Berathangen
das Medium bildet« und den Briefrerkehr unter
sich nnd mit dem Auslande besorgte.
Die Frage über die Wahl des Gatten setzte
Mariens Hof vor allem in Bewegung. Marga-
rethens Einflnss war der vorherrschende, und
sie suchte ihn fortwährend zu Gunsten ihres
Bmders Clarence zu benutzen, während die
Gentet für Adolf von Geldern, der Herzog Jo-
hann Ton Cleve für seinen Sohn, die Königin
von England für den Herzog de Ririere und
Kaiser Friedrich III. für Maximilian sich be-
mühten.
Unglücklicherweise gerieth Clarence in den
Verdacht einer Verschwörung wider die Rechte
seines königlichen Broders, and starb, statt in
den Armen der schönen Maria, in einem Fasse
Malrasierweins, nachdem die Art des Todes
ihm freigelassen worden. Es finden sich in einer
flfimischen Chronik") Andeutungen, dass die Her-
zogin einigermassen darein verwickelt gewesen;
*) Bxoelltirte Chronydce tu Vlaendcreo.
..gniod., Google
48
doch war ihr Einflass anf den Bnid«r von der
Art, dasB kein anderes Gefühl in die Länge
wider ihn aufkam. Hierauf wendete Margarethe,
welcher diese Katastrophe im Innern ihres vä-
terlichen Hauses nicht wenig zu Herzen ging,
ihre ganze Aufmerksamkeit den Interessen des
Erzherzogs zu; diesen Prinzen schätzte sie
nnter allen übrigen Bewerbern am meisten, und
sie beschloss, den Gegenstand ihrer Wahl um
jeden Preis zu begünstigen. Sie fühlte sich in
diesem Augenblicke von einem doppelten Hasse
wider Frankreich begeistert, als Tochter Eng-
lands nnd als Karls des Kühnen Wiltwe. Beide
wollte sie an dem treulosen Ludwig, die erlit-
tene Kränkang wegen ihres zeitlichen Exiles
aber an den übermüthigen Gentern rächen.
Mit Entzücken rernahm Friedrich HI. die
Mittbeilungen der Herzogin, und zögerte in
Folge ihrer Auffoderung nicht, alsbald eine Ge-
sandtschaft, bestehend aus mehreren Erzbischö-
fen und angesehenen Reichs für steo nach Gent
abzufertigen. Umsonst wendete Johann von
Cteve Ränke und Drohungen au, um dieselbe
noch auf halbem Wege einzuschüchtern; Mar-
garethe ermuthigte durch heimlich Übermächte
Briefe wieder, nnd die Frau von Hallewyn gab
auf ihren Auftrag Cleve« Sendungen und den
Sprechern der Demagogenpartei den naiven Be-
scheid ; „Die Herzogin Maria sei in mannbarem
Alter nnd bedürfe keines, fiondes zum Gtemahl:
DyGoogle
. 49
ein Kind zo haben, ^ei sie wohl selbst im
Stande." Die Autwort gefiel ' selbst den Fla-
mändern, sie täuschten sich nicht länger über
die Absichten der Fürstin* nnd ergaben sich in
dio Xothwendigkcit nm so mehr, da selbst sie
allm&lig über Ludwigs Endabsichten Verdacht
geschöpft. Die Boten wurden güostig von bei-
den Fürstionen aufgenommen nnd Maximilian
ersucht, seine Brauireise zu beschleunigen.
Die Trauung zwischen dem Erzherzog und
Marien ward mittlerweile durch Vollmacht and
sinnbildlich, in Gegenwart' Margarethens, der
Obristhofineisterin nnd der Bäthe vollzogen.
Die Herzogin legte festlich geschmückt sich auf
ein hochzeitliches Bett, und der eine der Ab-
gesandten streckte das entblSste Bein elienfalls
zwischen den Vorhang. Also brachte es die
Sitte damaliger Zeit mit sich.
Ludwig XI., zu spät von seinem Irrthome
zurückgekommen, welcher ihnvom ersten Tage
nach Karls Tode an in seinem Benehmen gegen
den burgnndischen Hof missleitet, suchte nun-
mehr durch hSmische Briefe nnd lügnerische
Schilderungen der Prinzessin Besorgnisse über
die PfifSÖnlichkeit Maxeos einzuflossen ; allein
Margarethe zerstreute dieselben glücklich. Sie:
stand der reizenden Stieftochter zur Seite, als
am 1. August 1477 der Heissersehnte zu Gent
endlich eintraf.
Die Vermählang ward mit aller erdenklichen
DyGoogle
Pracbt, nach den g;«s«häAigen Anordnungen
d«K HeiBOgin , weleb« die Braut wie den Biitn-
ügam mit ZSttliehkeit überhänfle *), gefeiert,
and Margarethe ioM^ den süfweo Lohn, eio
Weck gestiftet au hmheD, welches mebt nur mit
ihren politiseheo Absichtea in vt^lem Einklage
stand, sondeni auch das innflie 61ück zweier
der edelsten Seelen begFÖndete. Sie genoss d«8
liebeoMten Dankes und d«r hockachtungavoUen
Frenndssbi^ beider Gatten fiiz nad für, wnd es
hertsehte an diesem Hofe eine Eintracht der
Gemüthar,. wt» üe vidleieht nur selten ia dar
tieschifihte sich gezeigt bat. Alle djei bildeten
üne einzige ans eitre anlache Fawüli»j uid Gates
und Bftsea «ard genuinsan gefählt und getragen.
roBwisch«! hatte» im diten Vat^lande all«^
lei wichtige Scencn sick hflgeben. Köaig
Ednard FV. war gtstsrben,; und. lUnhard lU,
nach trenlosar Ermordnng der rechtmässigen
Ecbm des. Thron», gewaltsamer fiesitSur des-
selben and Ejig^ds Geisse! geworden. Aber
a«ek Uw erreidiite die Noinesia nach knraM
Frist,. nnd HeiMvicbi Y«a Biiehmand wacd durch
die Paitai Laneastex soMt K9nig ausgemfen. Di«
Schlacht» weLabs' Riekerd III. mit dem Laban
mgleiobj verb», madsM) dei Tyrannei ein Ende.
*) um Wlederholangen zu vermeiden, tbälen vrir nun-
mdir ihr fecnerea häusliches Leben atets iirZÜBBSHUenhiiege
nit dM' SddUtMl«». du flnIlichM Faaisi. müi
..gniod., Google
. 5t —j-
Der Deiie Monarch sachte ^gen die Riickwü-
karigen des Haases York kräftig ^h za scbS-
imütt. Glei(j]iwoi fanil eif «n IiIbqiI, welches
SFch eiApÖrle, aA' deli' Grafen' Joha de Lineolo,
eiaera ISohne^ Ten Edu^!^ IV. »weiter Schwe-
ster, EKsabeth, vaA «tt ätfn Unternehnmngen
der ReriiiO^n' AfaVgaräthe harte« Wide)rstand.
Sie hegünsfigte Lincoln, fvelcher xum' HSn^e
sich aufeuwerf«« gö*!«hee(;i4^>., ViWfschieAme
persönliche tliAäd«» ^%m e^ owd ibre Frennde' '
am' eä glichen Hofe reizten nodh' niehir zur
Rache. In genaueiüi EittveVstSfldAi«se mit liin-
coln nnd debsetf VertTSOten^ BroQ^^iton und
Eovel, Aalim äie mehrere TatMend detitäohe'
Landsknechte in SbM, Stellte sie anter deif Be-
fehl des tapfern Martin Sward, und sendeM sie,
nebst beiden ob^etotmAt«» Ferren navh Mand.
Von dort aus'wflrd der EiHftifl in England anter-
DOmmen. Aber die SchMohr bbi Stoke (1487)
eBfathied, nsich der (alpfersten Vertheidi^i^
gegen' die Insurg«ntetf. Margarete ward durch)
das Mfiisling«n iftr^S AnMhlags zwar tief er-'
schätte'rf, aber Bdch nich? z*» Bnhe gebmcht.
Se liess ffltlf Jiihre später plöiateeh dnivh' üiw
SlBndlinge Am Gericht äUBS»euen: ihr JV^ffie',-
Bitihard PlantageiVet, If tfriMig von York,' mi dan^
Tower entronnen', WiMriH mätf seiüütf AtuUw
efwfirgt, \aiiL habe eine Zeif \Ktt^ aidh vertwr-
gen gehallen. Iv6tt Sei ei> berek, sein« RetJhte
auf den Thron t'oU' Ebgf and- geltend zu mMhvn.
4"
;;c':,G00glc
' 52
Sie benutzte zu der politischen Comödie, wel-
che sie aufzuführen entschlossen war, die Per-
son eines Emporkömmlings, Pertdn Warbec,
eines getauften Juden, aber von schönem Aens-
sern und vielem Verstände. Dieser ward mit
Geld and Truppen versehen, ani Hofe von Bur-
gn'nd als Herzog von York und Kronprätendent
von England mit aller, einem solchen gebüh-
renden Aufmerksamkeit empfangen , und die
Prinzessin wnsste nicht nur die niederlSndiichen
Regenten und Grossen, sondern selbst Frank;
reich und andere Mächte eine Zeit lang mit
fortzureissen , bis endlich die Sache an den
mSchllgern Umständen und den allzufühlbaren
Zeichen der Täuschung oder des Betruges
scheiterte.
Wir kehren jedoch zu ihr nach den Nieder-
landen zurück, und zwar noch einmal während
der Regierung Eduards IV. In dem Kampfe,
welchen Ludwig XI. durch ungerechte Vorent-
haltung bedeutender Erbtheile der Maria erregt,
und welcher nach nnd nach ungünstig für ihn
sich wendete , entwickelte Margaietha von York
fortwährend ihren Einfluss für das Interesse der
Partei, diß sie ergriffen. Der König, den sie
aus NationalgefÜhl schon gehasst, reizte sie
noch überdies darch Privatbeleidigangcn. Seine
Truppen plünderten und verheerten mit roher
Grausamkeit die Herrschaften, welche ihr als
Wittwengnt vetschrieben worden. Die stolze
.,gniod.,GoOglc
53
Fürstin schrieb darüber an ibren Bruder, König
Eduard; ,,Ihr habt mich hier za einer der be-
deatendaten Damen der Welt gemacht; inzwi-
schen bin ich zar armen Wittwe herabgesunken,
verlassen von Jedermann, besonders von Euch,
der Ihr doch nan mein einziger Herr, Vater,
Gemahl und Bmder seid. Ich vertraue jedoch
fest auf Euch, dass Ihr mich nicht so elend
werdet zu Grttnde richten lassen, wie mir täg-
lich Ton Seile des Königs von Frankreich wi-
derfährt, welcher wirklich sein Möglichstes
thnt, um mich für den Rest meiner Tage zur
Bettlerin zu machen."
Eduard. ward von diesen Vorwarfen sehr be-
troffen und sendete gleich ein paar Tage darauf
(5. April 147S) Thomas d'Annet mit hinreichen-
den Instractionen an Ludwig ab, worin alle
Beschwerden der Herzogin verzeichnet wa-
ren. Darunter Avaren die sechs vorzüglichsten,
folgende: 1) Der französische König hat die
Schwester des englischen, mit welchem er doch
im Frieden lebt , ohne Ursache angegriffen,
2) Die Stadt Cassel, ihr Wittwensitz, ist ein-
genommen und geplündert, und überdies sind
zweiundfunfzig Dörfer verbrannt nnd in ihnen
kein Stein auf dem andern gelassen worden.
3) Die nämlichen Verheerungen hat man auch
im Gebiete der ganzen Kastellanei Oudenarde
angerichtet; ebenso 4) in dem der Probstei Bins
in HennegBu, 5) nicht minder in Qnesnoi ; 6) end-
..gniod^yGoOglc
54
lieh hält der König fortwäfarend die KasteUaneieB
Chavssins nad la Pisrriere in widerrechtlichem
Besitze. Der AJigeordnete FeHangte liir alles
4ies Genugthunng and Entsehädigung. Ludwig
«endete, naeb Dorshsicht dieser Punkte, eben^
falls einen Abg«iirilnetea, Yve de I« Tilli^e,
nach London, mit Geg«iib«B,ehwM'den, aUz.B.:
Margarethe, die Herzogin, habe b^ mehrero
Anläaseo sehr wider seine uad seines Beiehes
Intereftsen gearbeitet. Die PlSnderang einiger
dieser Fürstin angehörenden Stüdte sei nickt des
K&nigs Schuld. Chauasios , la Pixrriere and ' '
Oudenarde seien nach Karls Tode von der Pria-
zessin Maria znm Wittwengnt der Herzogin
geschlagen worden, ohne dass dieselbe hieza
ein Reeht gehabt. Ludwig schloss sein Schreib
ben an Edaard damit: obgleich Margarethe bei
jeder Gelegenheit und nach Kräfteo feindselig
gegen ihn sich bezeigt, so wolle man doch, in
Anbetracht, dass sie eine Wittwe, ond er, der
^'^''■g) geborner Schirmherr aller Wittwen sei,
ebenso ftuch mit Rücksicht quf die königliche
Abkunft der Prinzessin und ihr« Verwand tachaft
mit Eduard, aeinem guten Vetter von England,
sie and ihre Güter in Schutz nehmen, so-
bald sie in Fr^nkreiob ihren Wohnsitz ooft-
schlagen und die festen Plätze ihm anvertrauen
wolle. Diese letztem werde er gadann verthei-
digen, wie seiue eigenen. Dass Margarethe nicht
sehr geaeigt sun konate, dem Fuchse die Eier
DyGoogle
55
zar Hat anzuvertranea und über den Antrag
des TorsdiniitzteD Tyrannen bitter lachte, ver-
steht sich von selbst. Die Bemühnngen Eduards
blieben also fmditlos; daher Margarethe an dem
Kampfe, welchen Maximilian sofort mit Frank-
reich bestand, fortvrSbrend regen Antheil nahm.
Sie anterstützte den Erxhersog auf alle Weise,
nnd sachte dnrch ihre UnterhSadler and die fla-
la&ndische Partei an ihres Bruders Hofe durchaus
die von Ludwig selinlich gewünschte Verlänge-
rung des Waffenstillstandes mit England zu hin-
tertreiben, wenn nicht Maria und Max mit ein-
geschlossen würden. Als sie die Ueberzeuga&g
erhalten, jene htttten nicht kr&ftig genug dafür
gearbeitet, schiffte sie sich seibat nach ihrem
Vaterlande ein, nnd setzte die Vorschläge des
Erzherzogs zn Emeuerong des bekannten Ver-
trages von 1474 zwischen Burgond und England
persSnlich dnrch.
Dieser Vertrag war ein Uaupttrinmph für
Margarethen und nützte der Sache ihrer fürst-
lichen Günstlinge sehr viel. Sie leitete sogar
darauf noch ein Ehererlöbniss zwischen ihr«r
Nichte, Anna ron York, und Maximilians ent>-
gebornem Sohne ein, welches aber spfiter sich
wieder zerschlug *). Ihr Bruder Eduard ver-
hiess seine Vermittlung zwischen Ludwig XI.
und dem Erzherzog.
*) Tergt. Dm Moni und die B«log«n zu dietein Bande.
:.Googlc
56
Inzwiscben hatte Margarethe mit nnaas-
sprechlichem Vergnügen die Entbindung dei
Maria erlebt und den neagebornen Prinzen
Philipp mit grossem Pomp zur Taufe gehoben.
Die Stadt Brügge liess es sich bedeutende Sum-
men hiezn kosten, nnd die alte Gebieterin lei-
tete peraSnlicb die Anstalten. Sie trug den
jungen Erzherzog auf ihren Armen und schritt
mit ihm allein, begleitet von einem gläneenden
Gefolge Ton Rittern and Damen, bis zur Hanpt-
kirche. . Dort erwartete sie der Bischof von
Dornick an der grossen Pforte, and verrichtete
selbst darauf die heilige Feierlichkeit der Tanf-
handlang. Mariens Wunsch gemäss, erhielt er
seinem Grossvater zu Ehren, den Namen Phi-
lipp; Adolf von Ravenstein undPeter von Luxem-
burg, im Namen des alten Kaisers und Kdnig
Eduards, waren mit Margarethen die Pathen.
Nach beendigter Ceremonie schritt die Fürstin
auf gleiche Weise mit dem Täufling zurück bis
auf den grossen Platz. Dort stieg sie aaf die
hierzn erbaute Tribüne, wickelte das Kind von
allen Tüchern los and zeigte es nackt dem Volke,
nm dasselbe ganz von dessen Geschlecht za
überzeugen; and *) zwar mit dem Ansruf: „Seht
hier die würdige Frucht eurer Fürstin und den
*) Dasselb« that ue auch dnige Zeit <lEiiauf hinsicht-
lich des zweiten Kiadee, welches ihr za Ehren den Namen
Margvrtiht in der Taufe eihielt
DyGoogle
57
rechtin&S8ig;en Beherrscher der Niederlande I <'
Die Menge antwortete mit Jabelgeschrei. Nach-
dem Margarethe das Kind wieder bekleidet,
überreichten die beiden dclegitten Pathen ihm
kostbare Geschenke; sie selbst aber hing ihm
eine goldene Kette, mit Perlen reich besetzt, nm
den Hals. Oaranf überschickte sie dem hoch-
beglückten Vater die Bothschaft in das Lager,
welcher durch Frendensalren in allen Städten
des Landes sie verkünden liess und bald darauf
persönlich sich einfand.
Die Herzogin liess sich Bowol die Pflege
der Mntter, als des Kindes äusserst angelegen
sein, und eine flämische Chronik vom sechs-
zehnten Jahrhundert theilt die anziehendsten
Schilderungen des fernem freundlichen Zusam-
menlebens zwischen den drei fürstlichen Per-
sonen mit.
Ludwigs XI. bittere Stimmung gegen Mar-
garethen währte auch im Jahre 1480 noch fort,
und als von Friedensnnterhandlangen zwischen
ihm nnd Maximilian zu Theronanne oder Ax-
ras die Rede war, nnd der König von dem Vor-
haben der Prinzessin horte, denselben ebeafalk
beizuwohnen, schrieb er seinem Gesandten:
„Ihr seid wol Ochsen, wenn ihr glaubt, dass
bei dieser grossen Versammlung Vernunft, wird
angenommen werden. Die Herzogin Wittwe
ist dabei; Grand genug, dass Alles unterwühlt
werden wird." Was er vorausgesehen, traf ein;
.,gniod.,GoOglc
Margatethe, auf den CBg;liach«n Beistand ge~
BtHtzt, Isltete &e flandiiMhaa BerollHnäi^tigtea
blindÜD^, und bestinunte «ie, hartnäckig anf
Rückgabe der nacb Karls des Kühnen Tode
eängesiogeaea Apaaagebesitzungcn, welche Lud-
wig:, all der Krone h eimge fallen , erklärt, ais
Grundlage jedes Ver^eicbs zu beharren. Nach
langen und heftigen Erörterungen schied man
unverrichteter Dinge anseinandet.
Im folgenden Jahre (1482) erlebte sie den
Schmerz , die holde Freundin, Tochter and
Schwester, Maria von Burgund, auf die bekannte
Weise zu verlieren, nachdem sie ihf noch die
treueste Sorge geweiht hatte. Der Abschied
auch von ihr ist in der alten Chronik rührend
ausgedrückt*). Sie empfahl Margarethen ihre
beiden Kinder nochmals, and täuschte sich in
ihrer Hoffnung auf ihren fortgesetzten Eifer für
das Haus keineswegs. Sie vertrat gleichsam
Mutterstelle von nnu an bei Philipp und Mar-
garethen.
Der Name der Herzogin kommt auch noch
Terschiedene Jahre hindurch in den meisten
merkwürdigem Staatsverträgen und Verglei-
chen vor, besonders was die Herausgabe der
ihr entrissenen Besitznngen betrifil; aber man
") Da wir das Leben der Maria von Burgand ebeii-
falla noch za schildern gedenken, «o enthalten wir uns hier
aller WedwbolangeD.
DyGoogle
59
weis«, wie treu beindie dies« sttniotlieh gehftUeii
wui^leiL Gr^fiw« Kafriedeabeit imi >i« im
ScfaoaiBe üirer FtmiU»; sie, 4ie deo Vat«,
Pfailipf den SehihM<n, zitf Tmtt gettfegea, wu
SP glöekUch, a»cb den ültestee JUifintcn, Don
Carlos, geneinsam mit Mai^aretben voa Oester-
reich, als Pathio, daraas xa hebea, und xwat
zo Geot, im Jahre 1499, Zwei KaramerlierreB
gingen vor ihr her, die noch rüstig' im Altw
nit dem Täufling zur Kirche achritt, und stcen-
ten Gold - and Silbennänzea in Menge ans.
Das V«lk brachte auch diesmal dem Hanse
Bnrgnnd jubelnde Lebehochs !
Nwht mehr jedoch erlebte sie die Nieder-
kuDJit Oomia Juana's mit Don Fernando, dem
zweiten Prinzen, sondern in der Oslerwoche
des Jolires 1503 schied sie still und rnbig hin-
nber, und ward zu Mecheln bei den IVancisca-
nern mit allen ihrem Bang gebührenden Ehren
bestattet. Die Familie des Erzhauses und das
ganze Land weihten' ihr aalrichtige Trauer.
Ihre Wirksamkeit für jenes Ifllzter« -nrar ehron-
Toll und nützlich gewesen, und sie hatte nicht
nur etwas vom Geiste ihres Gemahls und von
dem der Margarethe von Flandern, Jakob's von
Baiern und Isabellen's von Bourbon geerbt, son-
dern auch viele Wunden, welche die unglück-
liche Politik desselben ihm schlug, durch weise
Besonnenheit, festen Charakter und versöhnende
Milde zu heilen gesucht. Noch in allen Reixen
..gniod., Google
der Schönheit blühend, hatte sie in einem Alter,
welches Anspräche anf Priratglück immerfort
ZD machen erlaubte, alle eigenen Gefühle den-
jenigen der Fteundechaft und den Interessen
des Landes aufgeopfert. Der scharfe und un-
parteiische H«me, welcher mit ihrem Hang zur
Intrigne schlecht zufrieden ist, preist gleichwol
ihre Tugendhaftigkeit , ihren Verstand , ihre
Liebe zur Sparsamkeit und die Würde ihres
Privatlebens. Eine Reihe nützlicher Stiftungen
in Flandern and Brabant verdankte ihr Entslehen
ihrem frommen Eifer ; sie erschloss der gefallnen
Tugend eine Freistätte zur Wiedererhebong und
setzte gegen ränkevollen Widerspruch der Prie-
ster und Nonnen ihre Ideen siegreich durch.
Sie beschützte Wissenschaften und Künste, und
Niederland und Deutschland verdanken vielleicht
ihr die Erscheinung eines Adrian von Utrecht,
dessen Bildung sie aus ihren Mitteln bestritt,
und für dessen ferneres Loos sie durch Stipen-
dien und Pfründen sorgte '). Das Erzhaus
dankte grösstentheila ihr den Erwerb der Nie-
*) Er promovirte (1491) m Löwen auf ihre Kosten;
erhielt durch ihre Verwendung die einträgliche Pfarrei
Görre auf Seeland und wurde später Professur der llieo-
logie und Dekan der Stiftskirche St. Peter, auch Kanzler
der Universität zu Löwen. Die beiden Margarethen , von
York nnd von Oesterreich, empfahlen ihn euch gemein-
schaftlich als Lehrer des Prinzen Karl.
DyGoogle
61
derlande, so wie Maximilian den Besitz der
schßnaten Fran. In den Annalen von Oester-
reich and Burgand wird sie daher ebenso, als
in den von England nnd Frankreich, bleiben.
In Annalen, Chroniken, Reden, Gedichten und
Epitaphien hat die Hochachtung des Zeitalters
gegen sie klar sich ausgedrückt.
Nachträge und Beweisstellen zur
Biographie Margarethens von
York.
{ExotUente Chronij'eke van Viaenderen.)
Als nn overleden was Elisabeth van Borbon
hertoge Karels wijf, ende die mare van dien
qnani in Inghelant aen den coninck Edewaert,
doe seyde die coninc tot sijnder sasteie Mar-
griete: „O mijn siistere ende mijn liefste ju-
weel, naer dien da't die herloghe ran Borgoen-
gien wewaer es, so wild ick wel dat hi ha
ghebueren mochte tot eenen man ;'* waer up dat
die schone maccht Margrtete antwoorde gaf:
„Dat god aen mi ghehouden helft, dat sal mi
wel ghewoorden." Doe sprac die cooiDck: „o
mijn yuweel, het wäre goet visch diene wel
ghevangen conste. Ende van dyer tijt voor-
DyGoogle
waerl, trwite iy» mae«hl -roattem ontstefcen
met Bafdes totteft voort» hevtoghe Kaieyle, e»
hem Wort onsdecl fHn bnerei doccht, hnyteft
welckeB hi haer »he mee aeynitni« wa« ghiften
vaa vrieDdelie heden, wenr bi si nocb veel raetir
Uefden tWit iracrt» gh««Tech.
Item ap eeatui tntßi^eieW UfelK, sov ^fMft
die Toors Margriet by den coninc baren broe-
der, die welcke si vant alleene staende met
' eenen Raddere, aen eenen Treesoor. Ende die
Coninc willecommende sijn snstere, vraechde
WBt baer begfheerte w&pb4 Ende si ^tfack :
„Here, ic vaslen alle sateidaghe^ ende so doet
ghi ooc, daer omnie comme ick tarenf met a
collacie bonden." Ende in tbesle van der Col-
lacie ao staut dye voors macebt Mavgiiete up,
ende viel Toor den coninc bueren broedet up
bner« bnyeH eade seyde: „Afijn allerliefirte here,
ghi s0]'t eeae tot mi Tanden hertoghe K-aerle
vä» BttTgoeng^eit dat by een goet Tisch Ware,
diene ml ghevangben conste. Weif weerfe
beere, dat ick by dter gracien godls dien fiswb
wet vanghen sonde, in dien ghi mi daer inne
ghehalphieh weerd«n heift. „Ende dbe^ np so
g^ flBtdVFOMte die töws csninc ai'A\iB-: „Mijn
stMteref ae« my en sal ran dien nemmermettr
gbebrec ^li,. want iv bm' gode- lof oommetf tot
rntjoder vaderltekeF eWC, ende ick 9al' hic avta
belpeir met Kjve ende m«t goede."' SäÜria sO'
rees'die Uefde tusscben hen- beeden, ende beime-
DyGoogle
63
Hjck waccB hier insseken vriendta wandeleiu^
iE^ ooc medo die coninck sandt itn bissebop
van Salsbry byden Hertoghe Kaerle, die Int
voorens huwelijck neerstich laboreirde, so dat
thawelick ghenoach secretelick ghesloten was.
Nach dieser eigenthümlich • sentimentalen
Schildeirang vom Ursprange des Verhältnisses
zwlsclien Karl dem Kähnen and Margaiethen von
York» welche mit dem Charakter des Ersteren
sowie mit der Politik des Königs E^luard einen
aeltsEunen Koatrast biMet, werdem die Hini»r-
nisse aufgezählt, welche Lndwig \^ . anf die
ersten erhaltenen Winke hievon dem Vollzug
der Ueirath in den Weg gelegt, sowie aach
die folgenden darüber gepflogenen UoMrliaadlnB!-
gAK. Viellfiicht halte aeben <hmals. Ü» Prin<
zamüm den tieEen €!roU wider de» firaaaiiHiaeieii
K«aig gafajst, dem sie nacfaauia so vielfaohev
Ansbciush gestattete.
Mehncse Capitel» von S. 130^146, g^mt
mumehe di« H«cfazcilsCsieiKdik«tenr ^*>^ ZWM
flämisab niclrt BÜnder anaiehciul, mti mit ebens»
vie^n BefsBäns. und Redssprüjcke«, als- OKriw
de 1a Marche in fkaBzäsifficdleE ^racbe.
Was DMB fiamei tvb Afai^aretiKen bis zur
Hochzeit ihtet Stieftochter m dieses Chmnä
aufgezeichnet steht, trifft in der Hauptsache mit
den Berichten bei andern Schriftstellern zu-
sammen. Nor über ihr Verhältniss zu den nn-
gliicklichen Bruder Clarence findet sich ein
.,gniod.,GoOglc
wichtiges Capitel vor, aas dem wir die Haupt-
sache bereits im Texte angemerkt haben.
Fr. Vinckant et A. Rouleau Annale» de la
Prov. et Comte d'Hainaut. Moni 1648. fol.
Marguerite d'York, pouss^e de charit4 vers
les filles desbanch^es , poiir les remettre an
chemin de salut, fonda dans Mont nne niaison
poiir les retirer, sous le nom des Soeurt de
la Magde/mne, qne oons disons, repentiet, et
lear donna denx maisons avec des reTenng
n^cesaaires. Henry de Berghes Evesque de
^.Qambray leur donna quelqnes points de Begle
k observer, avec l'habit blanc, Selon le desit
de la dite Dame, sans les obliget k ancun voeax,
et avec la puissance, de qaitter la maison Se-
lon lenr volonte. On les establit de la Pa-
roisse de St. Waudru, et ponr l'administration
temporelle, elles fureat mises sons la protection
et conduite da Magistrat. La diste Dame lenr
fist batir nn petit couvent arec nne chapelle
dedi^e ä St. Marie Magdelaine.
(Noch rerschiedene andere Stellen erläateru
nnd ergänzen diese Sache.)
DyGoogle
— ^ 65
''r. Steierl, Selectae ehritt. orb. delicto«. Col.
1618.
Ad Corthasianos.
D. Margaritae Uxoria Caioli Dnc. Burg.
Margaria, Anglonim sum stemmate nata superbo,
Beg^ saror recitanda, Begis filia,
Caroht» eat coojiu Burgundio Uarte peremptua:
Ddu ter novem viduata dego Consules.
Interea qoae cura, rogas? fuit nnica cara,
Viros fovere sacrda, sacrasqne foeminas.
Quid dActi? doctis templorum confero cnras
Qmbnalibet, legem modo uorint sacram.
Quid sibi Magnate«? sibi quid Simoob aliunm?
Haie aadluDt, petentes quod daii est uefas.
Haec aühi fasde Te, uarrabunt cetera veri
Similem expetentea et aacri et docti viri.
:.Googlc
.V,iod.,Googlc
. 11-
MARIA VON BURGÜND.
:.Googlc
:.Googlc
Erster Abschnitt.
Mariens Schicksale bia zur Ver-
mähluDg mit Maximilian von
Oesterreich.
MJie frühem Schicksale des Hauses nnd des
Herzogthoms Btfrgund lie^n ausserhalb ansers
Zweckes und sind von andern Annalisten und
Historikern in französischer, tentscher and
flämischer Zunge zur Genüge geschildert. Da-
hin verweisen wir diejenigen Leser, welche
nähere Belehrung suchen. Im Eingange zu un-
serer Biographie der Maria werde demnach nur
so viel angeführt, dass zum Unglück der Bur-
gunder ihr Herrschergeschlecht mit der könig-
lichen Dynastie ron Frankreich in enge Ver-
. wandtschafCs Verhältnisse kam- und dadurch ein
Apfel der Zwietracht für längere Zeit in die
beiden Länder geworfen ward , welche das
Schicksal abwechselnd von einander riss and zn-
- saramenfögte. Der Meuchelmord, an Johann
ohne Furcht auf der Brücke zn Montereaa ver-
..gniod., Google
70
übt, ' brachte beiden, den Herrschera und den
Staaten, unübersehbaren Jammer und nährte
fiir die Zukunft neue, ja heftigere Glnten des
Hasses, als nur jemals früher vorhanden gewe-
sen. Der Dauphin, Karf, nachmals als König
der Siehente dieses Namens, war eine der ver-
hängnissvoUea P«n«Bea dabeL
Durch die Heirath Herzog Johanns mit der
Etbtochter von Henne^au, Holland und Seeland
waren diese Besitzungen mit dem Hanse Bar-
gnnd vereinigt, und der Besitz der alten Nie-
derlande dadurch TervoILslBiMligt worden. Nach-
dem die Blutrache Philipps des Guten* für die
Manen- BehMS Vateri, dareh da« Unglück det
DoQphiM, immb die Sieg* det Engttndvr and
die Dnmgul» 'FfBnkr*ic)ia ntthr, a)>' geattttigt
worden , stellten dio VerslSbtmng Bnrgnnds nnd
das Schwert der wanderbaren Jeanne d'Arc d«n
Thron der Valois an4 den ßlan» der Lilien
wieder her. Philipp d«r G«te rechtfertigt« dia>
sen N««R«n in hohem Grade dadurch, da» «r
ans den ZwiUen d«« Vaters «nd des 8ofan«s
€«wlnn für sich bu xiehea venohmähle, und
zwar d«m letztern gf^n die Ahndnitg des er>
Stern eine FreiefStt« bot, Jedooh ohne eht^el- -
zlgen Planen Befriedignng xa gewähren. Auf
die Zeiten üppiger Pracht , phantaBievolIen
Knnstlebens, ' «eegenr elcher Indastrie und all-
tnfilig frledsamer Politik: kamen die kriegeri-
schen Tage Karls des Kühnen, deswn CIir-
DyGoogle
71 __
rakter bereits im Leben aeiner zweiten Gemah-
lin geaohildert wotden. Derselbe, unrahig, toll-
kühn, ehrgeizig;, schlacbtendorstig, anklag und
nnbesonneo, den Eindrücken des Hasses allza-
flohnell hingegeben, aber auch grossaitig, un*
verstellt, fireimüthig, widerstritt demjenigen Lud-
wigs XI. iJlzasehr, welcher düater, argwöh-
nisch, verschlagen, treulos, grausam mit den
Schwächen ^der andern seine Laster zn decken
und seine Leidenschaften zu nähren pflegte.
Schon von Kindes Beinen an hasste dieser aus
ganzer Seele Karin, nnd Karl verachtete Lud-
wig aas Herzens Grund. Diese Stimmang der
Gemütber gab sich sehen damals ofien kund,
als dieser noch Dauphin und Flüchtling in Bur-
gnnd, jener aber nur Graf von Charolais war.
Der Dauphin hetzte mit Verleugnen alles
GastrechtB Vater und Sohn an einander; sie
schieden beide mit allen den Gefühlen, in denen
sie während der ganzen Lebensdauer daraaf
sich begegnet haben. Aber der König Ludwig
zog aus dem Hasse des Dauphin grossem
' Gewinn , als -der Herzog Karl aus der Ver^ch^
timg' des Grafen von Charölws. Die sehlimmen
Saaten, welch« er in Bargund aaggestreot, gin-
gen wuchernd au£ Die Vertreibung der no-
. gelrea«n Croys war eine geringe Bache fiir 4ea
erlittenen Schaden durch den Frieden von Ar-
raa. Wirksamer zeigte sich die „Ligue da
bi«D pnbKc'S welche Karl dem Könige auf den
..gniod., Google
Hals Ind. Siege and Niederlag^en weelTselten
zwiscben Beiden; aber die Politik siegte zu-
letzt über die Kraft Ludwig hetzte die Lätti*
eher wider ihn, und zu heftigen Angriffen nnd
grangamen Unbilden wider das Hans Bnrgund
auf und unterstützte sie heimlich aaf alle Weise.
Er brachte ihn mit grossen Vasallen in Hader,
er verführte seine Diener, ja er nahm ihm den
grossen Philippe de Coramines, das hellste Auge
des Zeitalters nach Aeneas ajlvius Piccolon^-
mini. Die Scene von Peronne und die Zerstö-
rung von Lüttich erschütterten die Hoffnungen
Ludwigs nicht. Er verwickelte den Feind, wel-
cher anfs äusserste ihn gedehmüthigt, in Käm-
pfe mit Teutschland nm Geldern. Der Kaiser,
Oesterreich, Lotbringen, die Städte um Ober-
rhein, die schweizerischen Eidgenossen standen
wider Bnrgund auf. Das Bündniss mit England
lösste sich, in Folge listiger Unterhandlungen mit
dein schwachen Eduard, auf. Der Ausgang ist
bekannt. Die einzige Erbin seiner Güter, seiner
Unglücksfälle nnd des Hasses von Ludwig XI.
war die Tochter Maria.
Maria von Burgnnd ward ans der Ehe Karls
mit Isabelle von Bourbon den 13. Febrnar
1457 zu Brüssel geboren. Diese fröhliche Be-
gebenheit fiel gerade in die Zeit, als der Dau- .
phin am Hofe sich aufhielt. - Der Herzog Phi-
lipp war jedoch damals in Geschäften abwesedd.
IMe Tauffeierlichkeiten, welche, wie das Innere
.,gniod.,?];OOgIC-
73
dei füratlicben Gemächer bis auf die Schlnf-
stBtten, Kostbarkeiten und Meubel, von bur-*
gundischen Annalisten sehr aiiBfiibrlich beschrie-
ben werden"), danerten nicht weniger als fünf-
zehn Tage. Der Graf von Charolais und die
Stadt Brüssel wendeten den möglichsten Eifer
dafür an. Ueber vierhandert Fackeln wnrden,
bei Aalass der heiligen Handlung selbst, ver-
brannt; Strassen und Kirchen prachtvoll ver-
ziert. 'Die Henzogin Mutter, Isabelle von Por-
tugal, Philipps des Goten Gemahlin, trug die
Enkelin nach Cauberghe, da der St. Gndula-
Dom allzuweit vom Palaste entfernt war. Der
Dauphin von Frankreich hielt sie mit der Für-
stin, ala Pathe, zur Taufe '*). Die Frau von
Ravenstein (Beatrix von Portugal), Nichte der
Herzo^n, trug die Schleppe des Mantels, in
welchen das Kind ge\^ckelt war; der Gros*- .
baslard, Anton von Burgand, ging ihr zur Sfeite.
Der Herr von Eslampes, Johann von Burgund,
' *) Vergl. besoaders ^e M^moirea ponr lervir k l'bi-
- stoire ia Comtä de Bcnrgoipae par Dunod it Chantage
p. 759 n. B. n. sowie «die Beilagen dieses Bandes. Sie
enthalten einen anziehenden Beitrag zur Gesciuchte der
Sitten und des Luxus jener Periode.
") Elle l'adextia Monsieur le Dauphin lui eeul: et
' oüis diie ä ceux, qui a'y conn6iaaent, que Mr. le Dauplüu
adexireit Beul l'Enfant, parcequ'on n'eüt sceu Uouver son
pardl, peur Tadextrer ä.t'un des cdt^s de Madame: lequcl
kmuiear itmt fort gnu>d, comme j'oüis dite.
DyGoogle
74
Vetter des Herxogi, hielt dj» Kerie, der Heir
'TOD RaTenstein das Salzgefäss, der PriDz von
Geldern, Arnold von Egment^ daa Becken.
Nachdem alles vorüber, ward die Nengeborne
der Fraa von Betz6 , als künftigen Amme, über-
geben.
Maria hatte ihre trefEUche Mutter kaam ge-
kannt, and nnr knrse Zeit hatte der schätzende
Blick des Grossraters auf ihr ruhen können.
Vom achten Jahre an stand sia nnler der har-
ten Zucht ihres Vaters , welcher die zarten Ver-
hältnisse des Bluts, wie wir liereits bemerkt,
wenig achtete, oder vielmehr wenig kannte.
Zum Glück wurden ' ihr als Hofmeisteiiaaen
Anna von Salin s und Maria von Hallewyn, geb.
von Commines, gegeben, zwei Frauen, welche
durch geistige und sittliche Vorzüge einen ho-
hen Grad in der Gesellschaft behauptet, und an
Kenntniss der Menschen und Welt, ihrer Sit-
ten,. Bedürfnisse, Thorheiten und Laster vor
vielen Anderen ihres Zeitalters' sich bereichert
hatten. Nachmals, als die Jangfrau schon et-
was herangewachsen, trug anch die Stiefihulter, '
Margaretbe von YoA, manches zn ihrer wei-
tem . AnsbilduDg bei. So stürmisch der Sinn
des Vaters gewesen, so liiild war der Tochter
Gemiith. Die Trefflichkeit der. Mottet hatte
kich ganz auf sie vererbt und wurde mit nenea
Tugenden vermehrt. Eine gross« Herzensgüte
^seilte sich zum jungfräulichen StoUe« den sie
DyGoogle
75 ■
ni« v«ricMgtMt Düod dntch ein Leben voll Sittea-
■trenge und Reinheit dargestellt hat, ' Ein in-
nigen' religiötes Gefühl, ohne sobivänneriscbe
Uefaertreibnog, gab diesen Tugenden noch ein
höheres Creprttge '). Die Festigkeit des Cha-
nkters, welcher Karin bis zan Uebermass einst
BoBgexeMhnet, zeigte sich bei Muien — und
dies ivsr der einzig« väterlicbe Zng, der sich
bei ihr wiederfand — in richtigefm Gleich-
uais. Mit dem fiiratUchen Aasehen wuaBte sie
die Aatnath einer liebenswürdigen Frau innig
sn veihiaden. Ihr Geist hatte durch Erziehung,
Beispiel, Uebang, Schicksale und YeibSltnisse
eine frühzeitige Reifie eriialteo, und frnh schon
wnsste sie in rerwickelte Geschäft* des Krieges
nnd des Friedens sich zn finden. Es war mehr
die Beieheidenheit einer groisartigen Seele, als
das Bewusstsein wirklicher Schwäche , was ;8ie
bestimmte, der AntoritSt kluger Bäthe und nach-
mals dem Willen- des Gemahls schmiegsam sich
binzageben; denn sie dachte so richtig, als sie
fein empfand und tüchtig handelte, wiewol Zei-
ten und yerhäUniBBe,.wie die ihrigen, auch für
überlegnere, mHnnlicbe Kräfte sehr schwierig
sich darstellten.
Die physischen nnd geistigen Kräfte waren
in Folge des gesunden Urtheils und sichern
Taktes ihrer Lehrerinnen und der übrigen Lei-
') AmHgmrd, fiwU budovi« Kl.
..gniod., Google
— _ 76
terinnen ihrer Jugend gleichoiässig geübt und, ihre
Fähigkeiten dadurch um 80 reicher entwickelt
worden. Die zarte Maria lernte den gelter
trotz dem gewandtesten Ritter zu tummeln und
die gefährlichen Vergiiügnngen der Jagd heste-
hen. Die Tonkunst mit ihren edlen Freuden,
das Schachsptel mit seinem aastrengnngs vollen
Genaise, der ^chlittschnhlanf and andere Spiele
der Art, welche das Zeitalter liebte, gehörten
zu den Zerstreuungen, denen sie gerne sich
hingab. An Sagen, Liedern, CliroDiken ond
Geschieh tsbüchern , deren Vorwurf die Thaten
ihres Geschlechts und die der Vor- und Mitr
weit bildeten, hatte sie das meiste Gefallen i
doch verrieth sie bei Auswahl romantischer
Leetüte einen Geschmack, welcher sowol dem
jungfräulichen Gefühle als der fürstlichen Stel-
lung gleiche Ehre machte *).
Ihre äussern Züge trugen viel von denen des
Vaters, doch hatte sie eine sehr weisse Haut
und lebhaftere, frenndlichere Augen, in denen
ebensowol Güte als Feuer xa lesen war, Ihr Kinn
') HUtoiida w dabat, non illii) qni fabulü Tolomina
implentcs, sc qnae contra raüoneiD natorainque lont, au-
rantea, tenerain aetatem ineodacia admirari narrareque do-
cent, quiqiie oleum igni addentea, e lictig, artefi-ciose ioani-
bu« stuldaiimiaqae amoribus, verboram lenaditiüque in-
fetÜM, in Teiam saepUainie miseriant teaeram adoleacentiam,
per se in hunc morbum BaUa procliveai inganti cum iacom-
modo coDJiriant fltyiun Matitu Bwgmubu,
.,gniod.,GoOglc
77 — •-
war etwas langlicb, und detMnnd etwBB gross,
ein Erbstöck der bargiindiach- franzSsischen Fa-
milie, das nachmals anf alle Habsburger über-
ging, Ton ihr jedoch darcb Kunst and Uebang
besünSglich zu verdeoken gesacht wurde. Ihre
Gestillt war* edel, ihr Körper frisch nnd voll,
und das Ebenmass desselben bot dem Ange ge-
fölUgere Beize dar, als kostbare nnd ausge-
snchte GewBnder xu erhöhen im Sttuide waren.
Meist kleidete sie sich einfach; nach flfimischer
Weise Bah-man ihr Hanpt entweder darch eine
Alt Tnrban geziert, odir durch einen Halbhelm^
oder das Haar zierlich in eine Haaptflecbte za-
sammengebanden nnd durch eine goldene Spin-
del befestigt; ein langer weisser Schleier wehte
von derselben his aber die Hüfte herab. Ein
d^ht anschliessendes Mieder rertieth weder zn
sohl,. 'noch barg es allznängstUch das Heilig-
thnm franlicher Züchtigkeit Eline reiche Per-
lenschnur hing um den Hals; ein Kreuz mit
kostbaren Steinen schmiickte die Brust. Oft,
. besonders wenn sie zu f ferde sti^, oder auf
die Jagd ging, gefiel sie sieh in Amazonin-
tracfat. Man weiss, was dieselbe ihr für Un-
heil brachte ").
*) PoHtiu BttUenu (Elog. Mariae Barg-)- Der Juoit
fiefat mit dcbtbuem VergirageB und mit gaUntei, g«-
•dmuikvollei Auswahl unter allen Schriftitdlern dis but«n
ZOge Hin Poitnat der F&ntlii.
DyGoogle
73
E« iflt durch «inen äflschichtMhreib« von
Borgnod behaoptet worden, daaa sie nicht achöa,
aber voll natfirlicher Grajde und Mirjeität gewe-
sen "). Dies widerstreitet allen übrigni Beiioli-
ten and Ueberlieferangen; ei ist wahr, das«
sie vielleicht an kärperliehen Reixen von^hrra
Stielnmttet Mvgarethe n»d«nd«ml>aam jener
Zeit abertroffen wotdeo; ab« der Elndrcnlc des
Ganaen riss ftr sie hin, andnHHi hat Gemälde,
welche die harten ZSg« in Denknfinxen nnd
Chroniken Lögen ilrafen ").
Unter, die voriflglichsttni Tugenden, weldh«
da» Gemüth der Maria zierten, gehärt wel Aa
heldenmüHiige Ergebung, weU^ sl« üb sdlsn
VerfaSltnimen des Lebens bewahrte, nnd mit
welcher sie allen Stürmen des Jächidcsala wider«
stand. Ste fügtösfchfrehin den Gedanken, dayc
sie ein Opfer des Staats nnd dazu beätinndt
tei, dem Ehi^ize nnd der Politik geopfert m
werden.' Sie betrachtete alle ihre Freier nur
utt den Augen ihres Vaters, war gegen sie
freundlich oder gleichgültig, je nachdem dessen -
Vo'rtheil den Absehlnss oder Brach de« einen
oder andern Ehebfindnisaes jbq fodem sohien***).
*) Blle ätoit bien falte, et quuiqu'elle ne fat pu belle,
eile poisedoit de grecea natordlea et majettoeiueB. D»'
Mi f. 1406.
") Uebci £e Bildnüne der HarU >er^ dea Aitf^atB
in du Boilagmi.
.'") EGitoire de Marie de Bourgopie (Axt. 1S77. &>
;,GoogIc
Nur einmal liebte sie wafarlialt, nnd diese erEite
Liebe ist vom Schiclual mit achoaer Gewähmnj;
belohnt wordeD ; sie genoss sie nicht 'lange, *
aber ganz,
0er «tste sudringUche Freier war Mousiear
von Frankreich, der Bmder des Königs Lnd- .
wig gewesen; die Feinde desselben hatten hieza
am meisten gerathen, Karl gefiel sieh in dem
Gedanken, und zwar ans zwei Gründen; erstens
konnte er die Hoffnung hegen, nat^ Ludwigs Idn-
derlosem Hinscheiden seine Enkel auf dem fran-
sdsischen Königsthrone zu sehen ; sodann hatte
er das Vergnägen, seinen Gegner mit Unruhe
nnd Verdmss über den Umstand erf&llt so se-
Iran, dass der Bruder des Kdnigs ebenso näob-
tig als dieser selbst nehea ihm hemtdien werde.
Der Plan wntde auch vom Aenoge von Bi6>
tagne nnd vom Grafen von St. Pol, den bekannten'
H&aptem der lägne .da bien pnbliqo«, nnter-
stützt. Nichts desto weniger zerschlng er sich,
sowol an iU»ergewichtigen Staatagrfinden, als
anch an der Unent8chlouenh«it des Herzog«.
Es starb Monsieur, ohne seine Absichten er-
reicht zQ haben.
p. 48. Die iMkaopten MimoirM de Bourgognes, t toL k
La Baje 8. Bind ßomaa und Fabeln nach dem damaligea
Zütgeschmack, obne richtig!« Keantniu der gesdiichtlichen
Vtridltiüue, Tid und brut mit aicbt1)arer FdndieliglEeit
..gniod., Google
'Der zweite, welcher in die Reihe der Be-
werber trat , ' war der Herzog von Cala-
'^'eflj'mnttunaBglicher Thronerbe von Neapel,
welcher jedoch in partibus ioimicorum sich be-
fand, damals Besitzer von Lothringeci und Bar.
Seine persönlichen Eigenschaften und YerdieD-
8te, sein ehrfurchtsvolles nnd bescheidnea Be-
nehmen gegen Karl nnd Maria erwuben ihm
die achtungsvolle Theilnahme dieser letztem,
ohne dass sie gerade Liebe für ihn gefühlt
hätte. ' Allein veränderte Umstände' brachten
veränderte Gesinnungen; beiderseits gab man
sich das Wort zurück. Der Herzog blieb übri-
gens mit Pietät dem von Burgnnd ergeben und
fortwährend ein stiller Yerehrer der Maria.
Eine ansteckende Seuche raffte zu Nancy den
fnafündzwanzigjäBrigen Jüngling hinweg. Die
Prinzessin weihte . ihm eine schwesterliche
Thräne und. bewahrte ihm ein freundliches An-
denken.
Als dritter Freier erschien nun Maximi-
lian von OetterreicA, Sohn Kaiser Fried-
richs m. Die Aussichten desselben anf die
Kaiserkrone, sodann auf die Erbschaft seines
Ohms, des Herzogs Sigismund vos Oester-
' reich-Tfiol, waren lockende Gründe genug,
diese Partie zu ergreifen, nnd schienen dem
Hause Burgund neuen Glanz zu verbürgen.
Dazu kamen die äussern Vorzüge des Prinzen
nnd die Anzeichen glänzender Geistesfähigkei-
DyGoogle
81
. ten *). Im Hiütergnmde lag aach noch der ge-
heime Plan Karls, die bnrgondischen Staaten
in ein Königreich rerwandelt und von Frank-
reich auch in der letzten Form nnabhängig zu
sehen. Aber es missfiel derselbe drei dabei
Betheiügten zugleich: dem Kaiser, dem Herzog
SigiBraond und dem Prinzen Maximilian selbst;
der eine fürchtete für die Reichsehre, der an-
dere für die Güter, der dritte für das Uans-
interesse. Es war aber bei einer Unlerrednng
zu Trier, dass diese wichtigen Interessen be-
sonders lebhaft verhandelt worden. Die alten
Chroniken melden darüber Folgendes:
Als nämlich der streitbare Herzog Karl im
*)* I>er Franzose drückt mit groBser Unveracbämthdt
fiber Maria und den trefflicheD Mux sich also ansi ,41
KToit lur tODs ses concDireiiB nn autre avantage, qni nM-
tmt pas indifferent ponr nne jeane Priacease; c'est qu'il
ätoit le Prince de TEnrope le mieux fait. II luoit mime
Fapparenee de quelquei guolif^« britlanlei, gu> n'abow-
tirent a rien dant la luite. Histoire de M. de Bourgogne
p, 55. IHesa heiut denn doch die Natioaalparteillchkeit zu
ntüt, und mit der geschichtliciien Wahrhrät anf eine Weise
Hissbranch getrie1>en, die nur von vielen flämisch -bral>an-
tiachen Schriftatellem in ihren angezogenen Urtheilen über
den nicht beliebten Maximilian übertroflen nird. Ueberhaupt
gehdrte es lange znm gatcn Ton der französischen Histori-
ker, den Charakter und die Thaten jenes trefflichen Für-
■ten heninter zu setzen, hauptsächlich deashalb, ttüI er die
tentache Eigenthümlicbkdt stoher nnd kräftiger, al« irgend
ein anderer, der französischen entgegenstellte.
..gniod., Google
82
JeiitB 1474 vor Neust zog nod mit seineo Kriegs-
schaaren Unge davor lag, kam endlich Kaiser
Friedrich HL mit ansabnlicher Macht hergezo*
geo, in der Absicht, die Stadt zn entsetzen.
Allein er verlor viel Leute im Kampfe wider
die Bnrgnnditchen , and Karl behielt fortwäh-
rend die Oberhand. Die Neigang xa einen
Vergleich ward immer stärker and eine Zusam-
menkunft anf einem kleinen vom Rheine rund
amfloBsenen Eilande bei Nengg verabredet.
Der Hers(^ empfing den Kaiser mit grosser
Mfgestftt in seinem Zelte, also prachtvoll ge-
schmQckt, dwts kaum genug er^Shlt werden
konnte. Aneh der Kaiser, mit so zierlicheid
Gefolg, als zasammen zn bringen ihm möglich
gewesen, bewillkommte den Herzog seinerseits
auf das Freundlichste. Sie sprachen lange mit
eiuEuider über die Gegenstände des Streits , be-
sonders aber über den Erzbischof von Köln und
die Stadt Neuss; endlich kam man aber ver-
schiedene Funkte überein. Der Kaiser, als die
Bedingungen lebhafte ErÖrtemng nach sich zo-
gen, sprach plötzlich gegen Karl einen Lieb-
lingsgedanken seines Herzens ans: Herzog, Ihr
habt eine tchiine junge Tochter, und ich einen
stattlichen Jungen Sohn, noch sind beide frei
nnd ledig; was sagt Ihr dam, wenn wir mit
einander sie vermähltenl Dieis Bündniss würde
den festesten Frieden herstellen, und nicht nur
würden dadorch alle Eore Lande ansehnlich
DyGoogle
TenlBrkt, Bondem aneh nach meinem und Eneim
Tode in Ehre and Wohlfahrt stehen, denn die
Sprossen solch einer Ehe worden kaiserUchen
Namens and kfimea zniu Besitze des römischen
Reiehes, von Allemannien, Oesterreicfa, Tarent,
Kfimthen, Ai^bnrg nnd alles was zBsn römi-
schen Reiche gehört *), Alf der Herzog diese
minniglichen Worte ans Aem Kaisers Mnnd ver-
Bomuien, dadite er bei sich selbst: Das wäre
wirklich eim hübsche Venn&hlnng fär meine
Tochter Maria, und er sprach: „Herr Kaiser,
ich danke Each für den Antrag, den Ihr mir
hier gemacht. Ich bin sehr dam geneigt, dass
Ener Sohn , der junge Herzog von Oesterrcich,
Fran Marien "} nm Weibe nehme. Doch
lasst ans bei Trier darüber ein weiteres spre-
ohen. Mein Volk liegt einstweilen vor Nancy;
das lunss ich vorerst noch BÜcbligen, für den
Schaden, den es mir und den Meinigeo uge-
fügt hat." Der Kaiser entgegnete: „6ott iMse
es Euch und Euern Landen mit dieser Heerfahrt
gut ergehen!"
Die Heirath wwd in der Tfaat zn Trier «b-
Wir geben mit Ab«iolit He naire geograpUidie Cbr-
GDinacriptioii der Wunderlijte Oorloghen, irelche im kriti-
«cheo QvellenTerzeichniBte näher bBschrieben werden sollen.
**) Da* Fridicat FroHW geben die flSmiseheo Chni-
lüken itebi anch den nnrerheiratbeten PrimeBsiiuieii , wäh-
rend die fransfirischen Immer dnrdi Mademoüelle ücb aut-
drikAea.
..gniod., Google ■
84
geHcMoasea, noch ehe die beideo Fürsten von
einander geschieden. Der Kaiser reiste nach
Insbrack und tfaeilte seinem Sohne niit> dass
er onnmehro Brämigam der Maria sei; der Her-
zog aber schrieb an seine Tochter nach Gent,
wo er sie unter Obfant Adolfs von Ravenstein,
als Robewarts des Schlosses, sowie des Grafen
von Romont, gelassen").
Ehe wir jedoch zu diesen selbst niu keh-
ren, müssen wir noch bemerken, dass die Völ-
ker nicht die Stimmang der Füraten theilten,
sondern dass iet bnrgnndische Uebermnth nnd
die tentsche Einfachheit schon hei jener Zn-
sammenknnft sehr sich gerieben; auch dass man
es von Seiten des Herzogs and seiner Lente be-
sonders darauf angelegt hatte, den armen Tent-
sehen binaicbtlich ihrer Pracht, und schlichten
Sitten, welche für grossiert^ galten, die fran-
zösische Abgeschliffenheit, die als Blüte der
Cultnr des Zeitalters briUiren mosste, gegen-
über za halten ").
Diese Erzählung, ans mündlichen VoUusa-
gen von der Chronik aufgefasst und verarbeitet,
mnss jedot^ historisch dahin berichtigt werden,
dass über eine VermShlong der Maria mit Maxj-
')Ueb«r die TeilobnngMirkimde vergl. Amtlgard: Gesta
LodoTici XI. Dipnont Corps diplomat. und die SeJIagBD.
") Vergl. I^ttT Ciesch. ■». SchwabCH, und Menzel
Gesch. der TentKhen.
.,gniod.,GoOglc
milian schon im Jahre 1473 Unlerhandlangeti,
. angekniipfiE worden; dass bei der merkwürdigen
Unterredung zu Trier, welche vor der Belag«>
rung von Nensa gehalten ward, dieaelben förm-
lich Btattgefnnden , der Kaiser jedoch bald die
Ueberzengnn^ gewonnen habe, dass man damit
ihn nnr sm äffen suche. Nachdem daher gegen-
seitig jeder zuerst den VoUzng des Vertrags tod
dem andern erwartet, und der Herzog auf die
Erlheilnng der königlichen Krone*), der Kaiser
aber auf den Vollzug der Heirath gedrungen
hatte, entfernte sieb Friedrich heimlich von
Karls. des Kühnen Hoflager, und somit war das
Ganze abgebrochen **). Späterhin (1475) ward
') Nach einem Briefe Cbarfürtt Albrechts von Bran-
denburg an Henog Wilhehu von Sacbwn hatte der Kaiser
wider Wiasen nnd Willen aüne znstimmeiide Bfkifinuig
hi«za schon ertheilt, nnd nur die iffentliche Veikflndignng
and dei feierliche Act Muten noch. Bäberlm VH. p. 4 — 5.
") TselTe jaer is Hertogh Carel, toegeoaemt den
Btrijdtharen Hertoch, tot Trier in Du^talant by den Key-
MT gerejat, hem verldarende, dat bijd Tooraemen waa, de
Nederlanden tot een Comncrijk te maken, ende tot dien
eynde bclooft hy den Keywr Predericna derde Sone rijn
eerüge Doohter ten boawelijk te gfaerea, ende 't Nederiaat
■otite genoemt worden t' Conüudjk van Borgondlen, also
BorgondieD te vorca een Conincrijk geweait was; Ende
dengle hy hier ovef metten Keyaer in handeHoge wat, so
iner door toedoen Tau Loys den elfde C. van Franckrijk,
een jalouüe benx^ tiuschen den Keyler ende heta, so
dat den Keyser «onder adieo Bobijtelqkea vertrotk, waer
..gniod., Google
Boch einmal in der Sache gehandelt; doch fo-
derte Maximilian eine neuerliche BeatSti^ng
des geschlossenen Verldbniiaes , nach dem Be-
richt hietaber in seinen eigenen Papieren ").
Um dieselbe Zeit war das Hoflager Too
Bnr^nd in der Regel xa Gent. Als der Boite
mit des Herzogs Brief vor das Fräalein trat,
befasd sie sich gerade von Ravenstein , Romont
and andern gelreoen Vasallen des Hanses nm-
gehen. Der Bote fiel auf seine Knie and ktisste
den Brief, welchen er der Prinzessin äber-
reichte. Mit freudigem Zittern erkannte sie
des Vaters Siegel nnd erbrach es ; sie war ihn
so lesen nicht im Stande; der Herr Ten Raren-
stein machte mit dem Inhalte sie bekannt. Alle
Anwesenden theilten ihr Gefühl der Freade
darüber, nnd verbreiteten die Nachricht darch
Brabant, Hennegan, Holland und Seeland. Der
1} eher bringer ward reichlich beschenkt von
Herren und Frauen. Za Gent selbst hielt man
Turniere und Bankette.
Nicht minderes Vergnügen empfand der Erz*
herzog, als sein kaiserlicher Vater mit dem
Geschehenen ihn bekannt machte. Nichtsdesto»
doov dit voomemen acU«r gebleven. £. van Bauweliagm
Fenningh-Boed oft« Wechnijger der Chroniktn , ran
Knick den VII. tat H. Ptiilippiu van Borgandieii. Tot
Rotterd. 1SS7. 4.
') VergL den Wtiuimig. BibtrU» Vil. p. 81.
..gniod., Google
87
weniger ood obgleich d«t Raf von den Reizen
der Biant das Trefflichste verlcfladet, wünschte
er ihr Büdniis und erklärte, das seimge ihr
ebenfalls schicken xa wollen *). Der Kaiser,
der Herzag von Sachsen and der Markgraf von
Brandenburg fanden diess gerathen. Die Fürstia
empfing das Portrait Maximilians za Brügge, und
besah es wohl Kwaniig Mal des Tags mit inni-
gen Behagen, so seht erquickten sie die Züge
des Blattlichen Jünglings; ohne Verweilen ward
auch ihr Konterfey verfertigt und durch den
Uebeibringer des erstem an den Enherzog he-
fSrdert. Dieser, sowie sein Vater, wurden
darch den Anblick der lieblichea Züge begei-
stert nnd entzückt. Von dem Tage aa schlu-
gen die Herzen beider Verlobten in glühender
Minne lur einander **).
*) Ik hebb« ia d«a iSn, dat ick Vran Haiien will«
OTeraeynden bet Hes^i van laja figversD, en dat ic be-
gheere te aieii het fautioen haera Hchaems, so mach ic
-weten, wien ic liefde draglien aal, en A oac der gbelijcke.
") Entweder irren die WtmdtrHjkett OorUgkt» oder
die Clirenigtit$ in Jtojr Lomfi Xl.f vielch« achsD in Jkhre
1468 zu St Georges bd He«dtn lUe bddeu Verlobten dcb
peraönlidt keuiea lernen lassen. Ver^ die Bailagen Qber
Marguctbens und Mariens Familienleben. Violleiclit itt
auch) was in den erstem gesagt wird, bloss poedsche Ans-
echiaücknng der Tbataaehe. Dodi lässt aucb ein dritter
Docb im Jahre 1477 die Herzogin angstvoll auf die Br-
acbcdnong des Piiocen bairen, von dessen PersönUchkrit
König Ludvrig XI. abschreckende Schilderungen gemacht.
DyGoogle
88
Aber noch traten viele schwere Ereignisse
der ErfüUang ihrer Wfinache entgegen. Das
Schicksal trieb den streitbaren Vater Mariens
nach einen Schaaplatz , wo et , trotz aller
Tapferkeit und Ausdauer, einer höhern Macht
erliegen mnsste. Die Politik König Ludwigs XI.,
der als Flöchlling einst Gastfreundschaft bei
Bnignnd genossen , und feierliche Eide beschwo-
ren und gehrochen hatte, einerseits, ond der stolze
Sinn der Eidgenossen andererseits, mit wel-
chen die Blutrache an Peter von Hagenbach in
blutigen Streit ihn verwickelt, rereitelfen die
kühnen Entwürfe, zu deren Ausfühmng die
Heirath Mariens mit Maximilian Ton Oester-
reich wesentlich beitragen sollte.
Im Jahre 1476 kam Marien die inhaltsdiwfere
Botschaft za, dass der Herzog den Schlag bei
Mancy verloren, und Niemand wisse, wo er
hingekommen. Unbeschreiblicher Schreck zu-
gleich überfiel das ganze Land, nicht sowohl
um des erlittenen Verlustes willen, als wegen
der Noth und Gefahren, welche ans der Lage
der Dinge zd entstehen dtoheten *).
Beide waren in der That nicht gering. Der
König von Frankreich hatte gleich anf die erste
Nachricht von dem tragischen Ausgange Karls,
welche ihn in Freudentaumel versetzte, einen
') Chllut Bchitdert die herrschende Stimmimg am krSf-
tjgsten.
DyGoogle
Anschlag auf Burgfond gemacht, und noch bei
der Tafel mehreren Herren Stücke daroD als
Preis ihrer Dienste verheissen. Er foderte Je-
dermann aaf , seine „fünf natürlichen Sinne za
entwickeln." An den Herrn von Craon, der
in der Champagne befehligte, wurden die nSthi-
gen VollmacljteD abgeschickt und ebenso an
die gnten Städte von Borgnad Terführerisehe
Schreiben, darin er viel von seiner Zärtlichkeit
für die geliebte Baase und Pathin sprach, und
die Unterhandinngen über eine VermHhlang der-
selben mit dem Dauphin wieder in Anregung
brachte.
An demselben Tage , an welchem diese
Schreiben von Plessis dn Parc abgegangen (9.
Jänner), erhielten der Bastard von Bnrgond,
welcher von der Sache seines Hauses sich ge-
trennt und die Adniiralswürde von Frankreich
angenommen hatte, sowie Philippe de Com-
mines, der geistreiche Geschichtschreiber und
Staatsmann, Befehl, den Weg nach der Pikardie
und Artois einzuschlagen. Posten und Eilboten
wurden aufgefangen, einestheils um die Verbin-
dung swiscben Burgund nnd Teutschland zu
hemmen, andemtheäs auch, weil man vom
Tode oder Aufenthalte Karls des Kühnen noch
immer keine ganz sichere Nachricht hatte, son-
dern die Knnde seines Falls bloss auf Aussagen
beruhte. Darauf fertigte Ludwig auch Sendlinge
nach Flandern ab, daselbst seine Sache zu ver-
DyGoogle
90
treten. AGt den Ständen seines eigenen Reiches
und mit den grossen Vasallen, znmal dem Her-
sog von Bretagne, setzte er sich ebenblls in
thätigsten Verkehr.
Den folgenden Tag endlich erschien der
Bote des Herzogs Beni tod Lothringen, wel-
cher der peinlichen Ungewiasheit ein Ende
machte und die nähern Umstände von dem
Schlage hei Nancy mittheilte. Der König eilte,
durch eine Wallfahrt nach Puy -Notre-Dame
in Anjoa, den Himniischen seinen Dank abea*
statten. So freTelvoU wurde das Heilige in die
Gelüste irdischer Leidenschaft gemengt. Nach
den Gebeten verwendete ei alle Sorgfalt auf
die Heecbewaffnang, auf die Verpflegung der
Truppen, «uf die Sicherstellung der Treae dec
Beamten und den Gewinn des Vertrauens der
Burgunder. Bedentende Geldsummen zum Be-
hufe von Bestechungen wurden theils bereit ge-
balten, theils verwendet").
Die ersten Nachrichten, welche aus Bnrgund
und Artois einliefen, lauteten ziemlich günstig.
Die Herren von Craon und Amboise, der .Prinz
von Oranien und der Bischof tod Langres wa-
ren mit siebenhundert Lanzen in das Herzog-
thum eingebrochen. Bereits hatten die Stände
desselben zn Oijon sieb veraanunelt. Später
kamen sie in DöIe zuBanunen. Noch immer
..gniod., Google
91
von Karls des Kähnen Tod nicht völlig über-
zeugt, zeigten sie in den .Berathongen viele
Zniückgehaltenheit nnd Vorsicht; doch Hes-
sen sie zu, dass Ocanien and die beiden
Mitfeldherm is jener Stadt ihren Einzog
hielten.
Der Prinz war ans persönlit^en Gründen
des Ehrgeizes and der Rache für die Sache
des Königs eingenommen; des Ehrgeizes, weil
Ladwig ihm die Generallieatenantschaft in bei-
den Burgunds verheissen nnd seine YerschwS-
gemng mit französischen PriBzessinneB Sberdiess
Yomeigung far dieses Land ihm eingeSösst
hatte; der Rache aber, weil Herzog Karl meh-
rere Herrschaften, die von den Oheimen des
Prinzen, den Herren Ton Morency und Chatel-
Gnyon, begehrt worden, deaselbea einst abge-
schlagen, der König aber die Wiederüberant-
wortnng derselben ihm zngcsicbert halte. Als
der erste und reichste Vasall von Bargand war
■ein Einflnss sonat zu allen Zeiten sehr gross.
Er anterstützte die Vorscfaläge Lndwigs anf das
Leidenschfd'tliehBte gegen die Abneigung der
SiBnde, nnd drang aacfadröcklich daranf, dass
sftmmtliche Lande Karls erster««, als natüi^
lichem Vormunde der Prinzessin, übergeben, nnd
die Anstalten zur Vermählung mit einem franzö-
sischen Prinzen, ja, wo möglich, mit dem Dau-
phin selber, angesäumt getroffen würden. Der
Prinz meinte: burgundisches Blnt würde besser
..gniod., Google
92
mit dem franzÖsiHchen , als mit dem teutschen,
sich Terraischen.
Allein er fand hart nackiger q Widerstand,
als er gehofil. Ein Edelmann besonders *) er-
hob sich mit besonderm Eifer und behauptete:
der Beistand von Franzosen würde für die Fran-
zosen wie für das Land von grossem Nachtheil
sein; bald werde der Erfolg lehren, dass der
König Sir sein Interesse, nnd nicht für das der
Prinzessin wirke; die Stände besäasen nicht die
Befiigniss, einseitig über die gegenwärtige Frage
zu entscheiden, denn auch Maria habe ein Wort
dabei zu reden. Die Einwirkung des Prinzen
von Oranien könne nur Verdacht erregen, da
er noch kurz zuvor als Feind des Herzogs nnd
sviner Staaten angetreten sei; man schütze als
Grand der Verbindung mit Frankreich die Noth-
wendigkeit vor, Borgund wider die Angriffe der
siegreichen Lothringer, Schweizer und Teut-
schen ^a schützen ; allein erstere seien hinläng-
lich mit sich selbst beschäftigt, und die zweiten
gar sehr dabei interessirt, dass das wichtige
Land nicht den Franzosen zur Beute heimfalle;
die letztem aber konnten bei dem Wunsche,
Marien mit Maximilian vermählt za sehen, gar
') Va brave et sage geotilhome, le Dom duquel (qui
mMtoit tmitetoU une m^oire ^emelle), ne m'est venu en
cognoisrance, et ne se tronve nomin^ dans l'escript de ce
tempB \k. Oullul MAnolres des Bourgnignons de la
Fnuicbe Corat&
DyGoogle
93
keine Absicht habend Staaten za verwüsten,
die einen Prinzen ans ihrer Mitte zun Herr-
scher erhalten sollten. Der remunftigste Rath-
schlag durfte demnach unter den vorwaltenden
UmstSnden der sein, dass beide Burgnnde alle
ihre Kräfte vereinigten, die Lothringer und
Teutschen beschwichtigten, den Franzosen aber
tapfer Stand hielten; auf diese Weise würden
sie einerseits dem Könige gegenüber unsterb-
lichen Ruhm, bei der Prinzessin aber und ihrem
künftigen Gatten nicht geringen Dank gewinnen.
Dieser Vorschlag machte die Sache eine
Zeit lang unentschieden; aber der Prinz setzte
mit Ueberredung und halber Gewalt es durch,
dass die Städte französische Besatzungen auf-
nahmen, noch ehe die Stände auseinanderge-
gangen. Die Einwohner wichen schweigend der
Üebeimacfat; bei weitem die Mehrzahl bewalirte
der Herzogin treue Anhänglichkeit *).
Während Gewalt anfing, allem Rechte Hohn
tu sprechen, wurden doch äusserlich die For-
men geehrt, und dem Scheine nach Gründe
nnd Gegengründe erwogen. Die Fode rangen
Ludwigs an die Stände jedoch und die Titel,
darauf er sie stützte, waren der Haoptaache
') het habiUns furent contraincts de (emporiser, at-
teodanE d'ex^nuter (comme iU feirent) qnelque bon esplaict,
qni tut propre an Barrice de la Princetae, et pour monstrer
la loyantä, qu'iU hiTineot en lenra coears et a
Golkil 1. c.
..gniod., Google
nach folgende: das Herzogthom nnd die Graf-
schaft Bnrgnnd , die Grafschaften M sBConois,
Charolois nnd Auxerois, die Herrschaften Bar,
Chinon n. s. w. , die Kastelliuiei von Besantjon
gehörten demKSnige, ohne dass Maria den ge-
ringsten Anspruch daran zn machen hstte. All
diess nämlich sei Lehen der Krone Frankreich
nnd könne Ton keiner Fraa innegehalten werden;
denn die französischen Lehen seien Mannlehen,
welche bloss an SSbne von Frankreich nnd
anderen mSnnUche Abkunft übertragen würden,
als Apanage nnd snm Genoss, and niemals sei
den Töchtern des Hauses ein rechtlicher Grund
zugestanden, das Gleiche zu fodern.
Bei dieser Regel blieb man hinsichtlich des
Herzogthnms Orleans, als Philipp, Bmder des
Königs Johann, es innehielt; hinsichtlich der
Grafschaft Poitiers, als Alfona, Brüder des Kö-
nigs Ludwig deg Heiligen, sie besass; hinsicht-
lich ebenderselben, sowie der Herzogtfaumer
Berry und Auvergne, als Jobann, der dritte
Sohn gedachten Königs Johann, Herr dar-
über war.
Gedachte Besitzungen, Burgund and die dazu
gehörigen oder anhSngenden Provinzen waren
auf jenen Ki5nig nicht als Verwandten Philipps
des Kindes, letzten Herzogs vonBurgnnd, son-
dern vermöge des saliaohen Gesetzes, als Per-
tinenzstück der Krone, heinigefallea. Ueber-
diesH ist Burgond, als eine Paiiie von Frankreich
DyGoogle
von der nämlichen Bescbaffenbeit und Art, wie
die Krone aelbst, und geht nnd kehrt nie anf
das Hanpt der Franen wieder. Philipp der
Kühne selbst halle das Herzogthnm nur unter
der Bedingung des Bückfalls an Frankreich
beim Abgang ohne m&naliche Sprossen erhal-
ten. Dieser Fall war nachmals eingetret«i. Die
Grafschaft dagegen war — so lautete der schon
veraltete Einwarf — dnrch den letzten Otto
xnm Vortheil König Philipps des Schöaen und
dessen Sohn, Philipps des Langen, and somit
zum Vortheil der Krone Frankreich, abgetreten
nnd übertragen worden.
In der Eigenschaft als Herzog Ton Burgnnd
machte der König 8000 Livres de Vienne Jahr-
rente ans dem Salxweike von Salins geltend,
and sprach aus demselben Titel die. Yicegraf-
Bchaft Auxone und das Fort St. Laurent an.
In Bezog auf Artois behaoptete er, dasB die
Apuiage, die er daraus beziehe, RobertL ver-
liehen worden; er dehnte solches nnn auch auf
die davon abhängenden Herrschaften, wie Bo-
logne, Guinea, Ponthieu and andere Lehen von
Artois ans. FlaDdem endlich beehrte er als
französisches Lehen, die StXdte am Ufer der
Saonne nebst den Probsteien als Stücke der
Pikardie, ebenso die Stidte Monstreal, Beau-
quesne, Durlena u.' s. w. Nicht minder: L'Isle,
Donay, Orcfaies, Bethaue, als der Krone in
den Jahren 1305 and 1313 durch Graf Robert
.,gniod.,GoOgk'
Ton Flandera zum Vortheil Philipps des Schö-
Den and seiner Nachfolger übertragen , als Ent-
Bchfidigang für jene Somme von 10,000 Franken
pariser Benten, welche die flandrischen Städte
binnen einer bestimmten Frist dem Kfinige zu
bezahlen schuldig waren.
Viele dieser Gründe und Titel waren von
der Art wie jene, welche die Theilungen Po-
lens rechtfertigen sollten, nnd selbst Philippe
von Commines, so sehr er den Interessen des
Königs anhing, erklärte sich von ihrer Unstatt-
haftigkeit überzeugt.
Die Abgeordneten der Prinzessin führten da-
wider nachstehenden Gegenbeweis : das Herzog-
thum Burgund ist ein Kunkellehen and gleich
verschiedenen andern Pairschaften von Frank-
reich aach von Franen, in Abgang männlicher
Eiben, innegehabt worden. Dieser Fall trat
namentlich imter Hugo Capet ein, welcher sich
zum Könige gemacht; denn Gottfried von Bnr-
gnnds einzige Tochter brachte es ihrem GenmbI,
Otto, Bruder gedachten Hngo's, als Heirathsgut
zu (958—964).
König Johann erhielt dos Ilerzogthum nicht
wegen des Anrechts der Krone, sondern wegen
des der Verwandtschaft, mit Ausschluss aller
übrigen, welche nach Philipps des Kindes Tode
Anspiöche machen konnten. Denn der Bmder
des Königs, der König von Navarra, Philipp
der Glückliche, mnsste wegen des Erttgeburt-
DyGoogle
rechtes, der Herzog von Bar aber wegen eines
entferntem Grades^ zurückstehen. Auf jeden
Fall beweist ihr Beispiel^ dass es in Frankreich
nichts Ungewöhnliches, die vorzüglichsten Herr-
schaften auch in Händen von Fiaoen zn sehen.
Nunmehr wurde aasführlich die Geschichte
aller Provinzen durchgegangen, worin die Pair-
schaften erblich auf die Töchter gekommen; so
von Flandern, Nonnandie, Aquitanien n. s. w.
Ueberall fast in Europa gilt auch sonst dieses
Rechlsaxiom. Der Aasspruch eines Parlamen-
tes oder der Eigenwille eines Königs ist nicht
die höchste Gesetzes-Antorifät, noch viel we-
niger die Gewalt der Waffen; wo aber Aende-
rungen von der Begel geschahen, so geschah
es durch diese letztere, und bindet daher nicht.
Aber selbst auf Bastarde, wie bei der Graf-
schaft Verte, ging das Erbrecht über; sollte es
bei Töchtern aus legitimer Ehe weniger der
Fall seini Als Hngo Capet den Thron bestie-
gen, gehörte nur ein Theil von Bnrgnnd ihm
zu, oder so viel, dass er den Titel als Herzog
davon fuhren konnte; die übrigen Theile wor-
den erst von ihm und seinen Brüdern im Kam-
pfe oder durch Heirathen gewonnen. Die Ver-
schiedenheit des altburgnndischen Wappens von
demjenigen, welches Hngo in seinem Schilde
geführt, zeugt in dieser Sache ziemlich klar.
Sodann zeugt dafür, was toq der Vermählung
Leudegaidens , der Tochter Herzog Giselherta,
I. 7
..gniod., Google
98
mit Otto, dem Bruder König Hugo'8, gemeldet
wird; diese hatte das Land von ihrem Vater
ererbt und es dem Gemahl als Mitgift zuge-
bracht. Da keine Kinder aus dieser Ehe zu-
räckblieben, so kam das Herzogtbnm nach Ot-
to's Tode auf den dritten Bruder Heinrich. Alle
hiBtorischen Belege sind demnach dafür, dass
das Haus Capet vor seiner Erhebung auf den
franKÖsischen ITiron Burgund innegehabt.
Da die angeführten Beispiele von weiblichen
Erbfolgen dem Könige Johann, Vater Philipps
des Kühnen, nicht unbekannt waren, und er
wohl wusste, dass er rermittelst seiner Mutter
Jeanne das Becht der Nachfolge, aof den Fall
des Hinscheidens von Philipp dem Kinde, in
Burgund besitze, so setzte er sich in den Ge-
nnss der Herrschaft, ohne geradezu das Recht
darauf anzusprechen, ohne erst zu dem könig-
Ii<;hen Wappen, zu dem salischen Gesetz und
dem Heimfall an die Krone seine ZuflutJht zu
nehmen. Denn es wäre die Behauptung zu be-
weisen ihm unmöglich geworden, dass gedach-
tes Herzogthnm jemals der Krone einverleibt
gewesen sei, seit den Tagen, wo Tfaierry und
Richard durch die letzten Könige aus dem
Hause Pipins damit als vollständigem Eigen-
thom beschenkt worden', vielmehr konnte ihm
unverborgen sein, dass vor und nach der Er-
hebung der Capetingec das Herzogthum stets
getrennt gewesen. Unter demselben sind aber
DyGoogle
begriffen: Flandern, Normandie, Bretagne, die
beiden Königreiche Bnrgund und andere fraiH
zösische Herrschaften. Das Wort Heisifall
konnte bei König Johann also nicht gebraucht
werden, sondern er hatte als nächster Ver>
Wandler des letzten Herzogs das Recht aof
die Erbschaft desselben.
Ans derselben Ursache bewie» König Johann,
als er mit Karl von Navaria, s^äteiem Sohne
Margarethens , der Schwester der Jeanne, Bru-
der Herzog Philipp ron Orleans nnd dem Her-
zoge von Bar, seinen Vettern, in Zwist ver-
wickelt wnrde, dass er der ältere Sohn jener
Tochter von Bnrgund sei, welche demnach vor
ihm gekoinraeo sein würde, wäre sie' damals
noch am Leben gewesen. So kam also seine
Linie, niit Ausschluss aller übrigen Bewerber,
zur Nachfolge, and in ebenderselben hatte er
den Vorzug vor seinem Bruder, Philipp ron
Orleans, als dem jnngern.
Auch der ausdrückliche Vorbehalt Karls des
Orossen, hinsichtlich der Petitions- und Besitz-
rechte auf jene Länder, nnd die Schenknngen
König Johanns, des bei Poitiers Gefangenen,
an seine Söhne, nebst den dennlbea beigefüg-
ten Klauseln, fahrte man borgundischer Seits
widei des Königs Fodeningen und Gründe an.
Nach diesem ward, durch rechtshistorische
Erkläning der Urkunde, mittelst welches König
Johann das Hensogtham Bnrgund an seinen
7.
DyGoogle
100
Sohn, Philipp den Kähnen, geschenkt, die Sache
noch ausführlicher, und jeder Einwarf Puolct
für Paakt entwickelt. Allein, es handelt steh
bei dem Könige, also fuhren die Sprecher der
Maria fort, nicht sowohl um Recht, als am
Gewalt. Seine Absicht geht dahin, Bai^nd
zu reinichten, damit auch diesen letzten sei-
ner alten Gegner die Reihe treffe, und damit
der Kön^, der bereits auch seines Bruders
Karl auf so hinterlistige Weise sich entledigt,
in Frankreich, wo er die absolute Monarchie
begründen will, keinen Widerstand mehr finde,
sondern sein Ange ganz allein nach England
Unäber weifen kann.
Dieser Idee ganz nachhüngend , hat er die
Prinzen des Hauses Anjon, hat er den Grafen
von Armagnac geopfert und ihrer Güter sich
bemftchtigt; auch Bretagne sollte die Reihe
treffen, aber an diesem scheiterte er. Dafür
wurden dem Herzog Karl von Burgand Feinde
von allen Seiten an den Hals gehetzt, seine
Feldherren und Vasallen zu Treubruch und
Hochverrath wider ihren Herrn verführt, und
seilte Ermordnhg durch Campo - Basso ver-
abredet.
Nach dem Tode des Herzogs ging des Kö-
n^ erster Gedanke dahin, die Prinzessin Ma-
ria mit seinem Sohne Karl zu vermählen; dies
war zum mindesten ein ehrenvoller und Ternänf-
tiger aogleich; denn dadurch würde die Vasal-
..gniod., Google
101
lin in eine Königin verwandelt,, beide Länder
mit einander verschmolzen, and die Waffen aller
Franzosen znm ersten Mal wieder nach langer
Zeit in einem und demselben Lager vereinigt
worden sein.
Der zweite Gedanke war, auf den Fall, dass
die mannbare Fürstin sich weigern sollte, einen
noch unreifen Knaben zu heirathen, dieselbe
mit einem kleinen französischen Prinzen nach
ihrer eigenen Wahl zu vermählen; er hatte
ihr sodann einen kleinen Strich Landes gelas-
sen,- das Uebrige aber an sich gezogen. Allein
die Furcht, die Prinzessin oder ihr Gemahl
oder irgend eines ihrer Kinder möcbte dereinst
in Yersuchang geialfaen, allfälliges Missver-
gnögen der Burgander zu benutzen, des Restes
ebenfalls sieb zu bemächtigen und das Beispiel
der grossen Vasallen Orleans and Bretagne
nachzuahmen, hiess ihn den letztern Gedanken
aufgeben. Er griff daher zum dritten Mittel,
nämlich: Namen, Waffen, Macht, Devisen und
alle Erinnerungen an Bnrgnnd geradeza zu zer-
stören, und ohne Scheu dasjenige sich anzu-
maassen, was Maria besass.
Die Nachricht vom Tode seines Feindes
hatte ihn mathigei and kühner gemacht; hatte
er doch sich gegenüber Niemanden, als ein
junges verlassenes Madchen, und dessen Armee
nichts, als einige schlecht bewaänete Kriegs-
knechte , die Trümmer des grossen Heeres,,
..gniod., Google
102
mathloa und niedergebeugt durch d«B Unglück
der drei letzten Schlachten.
Das Einzige, was von anmiltelbarem Zugrei-
fen ihn abhielt, war die Rücksicht auf England..
Es stand zu befärchten, dass dieser ewige Feind
Frankreichs die Lage der Dinge benntzen, and
ohne auf die Yerhältnisse der SchwKgersehaft,
die mit dem Herzog ihn verbunden, and ohne
anf die Erinnerung an die Wohlthaten und
Hülfe, die König Eduard als Flüchtiger und
Verbannter ans seinem Reich in Bnrgand einst
genossen, zu achten, mit der Beute desselben
sich bereichern und über Frankreich sodann
triumphiren würde. Es entschloss sich daher
Ludwig zuvörderst Gesandte nach England ab-
zuschicken und ein Heiiathsbändniss'^ sowie
eine Theilung der bargondiscben Verlassen-
Schaft vorzuschlagen. Englische Feldhanptleute
wurden bestochen; der König Eduard handelte
unedel und unwürdig gegen soine Junge Stief-
nichte; er versprach sogar einen Angilff auf
Holland, und lödtete seinen Bruder Clarence,
weil er Marien mit englischem Volke za un-
terstützen vorgehabt! Ludwig aber verstand sich
daza, Holland, das er nicht behalten konnte,
und allenfalU auch Namur und Hennegaa teut-
schen Fürsten, die mit ihm hielten, zu überlas-
sen. Durch seine Sendlinge sollten die ver-
schiedenen Städte Brahants and Flanderns em-
pört imd aamentlicb die Genter aufgereizt wer-
DyGoogle
103
den, ran deren alineitfertigein Auffuhrgeist er
völlig überzeugt schien; der Reat sollte dnrcb
offenbare Gewalt erbalten werden.
Allen diesen Recbtsgründen und gescbicht-
lichen Mqliven fugten die Frenode der PrinKea-
lin die dringlichaten Bitten an die Stände bei,
selbige doch ja nicht za verlassen, snd den ver-
führerischen Worten des Königa kein Gehör zn
schenken. Dies thaten besonders der Herr von
Traisignies, welcher damals zu Poligni ■ich
aufhielt, and Prinz Johann, Sohn des Herzogs
von Cleve, Gene ralstattb alter in der Grafschaft,
durch Briefe «od Boten
Aber es ist naninefar Zeit, von den Staats-
V erhandln ngon in das Innere der verwaisten
Fürstenbarg zd treten, und Marien in ihrem
Schmerz und im Kreis ihrer nächsten Freunde
anfzusnchen ").
Man hatte von Seiten der Rftthe Alles vor-
gekehrt, um das Fränlcin mit der furchtbaren
Botschaft nicht allziuchnell zu liberraschen, und
ihre Fraaen daza vorbereitet. Msirgarethe voB
York selbst, die gebengte Stiefrnuttei, in der
Blüte der Jahre um Gemahl und Krone dod
gebracht, hatte, wie wir firähn' eiz&blt, den
*) OoHut in Terschledeaen Caplteln. Allein eine noch
wichtigere, bisher UDgedruckte Quelle: Querelle de
Marie de BourgogDe avec Louia XI. in der leidcner Bi-
bliothdi. VergL in den Beilagen.
..gniod., Google
IM
eigenen Schmerz heldenmiithig besiegt^ um die
Freandin aofzurichtea.
Der Kanzler Hngonet, gemeinsam mit dbm
Herrn von Lnbeiconrt, trat an der Spitze der
Räthe vor seine Gebieterin and hielt eine An-
rede, worin er tog Wechseln des Geschickes,
TOD Gefohren des Landes nnd des Henogs
sprach , sofort auf die Terlornen Schlachten
fiberging nnd endlich erklärte , ihre Damen wür-
den ihr den Best mittheilen. Dies geschah,
and letztere brachten ihr auf die schonendste
Weise die Gefangenschaft der beiden Ohme
nnd den Tod ihres Vaters hei. Zugleich er-
mahnten sie die Prinzessin, in diesem Unglncke
nicht za verzagen, sondern standhaft den kom-
menden Stürmen zu stehen, und da sie ange-
hört, eine Tochter za sein, dem Lande nunmehr
eine Mutter zn werden. Sie versicherten sie,
was bereits auch Hngonet nnd Imbercourt ge-
than, der treuen Anhänglichkeit ihrer Stände,
nnd empfahlen ihr, in Allem sich nach dem
Rathe der verwittweten Herzogin zn richten,
anf deren Weisheit Jedermann das grSsste Ver-
tranen setze.
Maria, obgleich seit Jahren an Kummer and
Besorgnisse ob des Vaters Tollkühnheit und
Ungestüm gewöhnt, brach gleichwohl, als das
LAngstgefürchtrte nun so plötzlich eingetreten,
in einen Strom von Thränen aus, und äberliess
sich, trotz der zärtlichsten Zureden Margare-
DyGoogle
105
thens und ihrer Frauen der namenlosesten Vet-
zweifluDg. Als die Sprache ihr wieder gewor-
den, wendete sie sich za den Räthen nnd rief
ans: „O ihr Herren des Landes, nun bin ich
ganz eine Waise, ohne Vater und Mutter! Wer
wird mir nun beistehen? Wo soll ich Trost
und Hoffnung finden, ist doch selbst Philipp
von Crevecoeur, den ich als Gesandten nach
Frankreich geschickt, zum Könige tibergegan-
gen! O Adolf von Ravenstein, was werden
wir ansrichten wider den Andrang der Franzo-
sen, die ron allen Seiten uns zn rerderhen
drohen?" Da nahm der Herr von Ravenstein
das Wort und sprach: „O edle Blume, Frau
Maria, Eure Bedrftngnisg nnd Enre Thtänen
rühren mich innigst; aber tragt Geduld, so lang
ein Leben in diesen Adern, werd' ich Euch nie
verlassen *). Dasselbe gelobten Tersohiedene
Andere. Der Kanzler Hngonet setzte noch bei:
„Die Noth wendigkeit erheische, dass ihre Unter-
thanen, zumal die, welche ihr zunächst stun-
den, weniger Theil an ihrem Schmerze nähmen,
als sich wohl gebühcte. Es sei nnn Zeit zu
handeln, nicht zu weinen." Dies war grosse
Verstellung , denn niemals erregle der Tod
eines Fürsten allgemeinem iubel, als der des
•) Wundoriyke Oorlogheo 8. 8. Leider zeigt »ich Id
dieier Chronik gerade, wo die achöiut« Scene gesctuldert
werden boU, eine L&cie tod mehr«reu Blättern.
..gniod., Google
106
Herzogs Karl. Mit AaBnahme Derer, welche
von ihm Würden getragen und nonmehr sie zu
verlieren fürchteten, überlieas sich Alles den
nngemessensten Hoffnungen.
Die Prinzessin fasate sich endlich, wiewohl
sie ihre hülflose Lage ganz begriff und alles
Kommende durchschaute; eine Ait Staatarath
bildete sich unter dem Vorsitz des Kanzlers;
Ravenstein and Hugonet waren die Beisitzer.
Margarethe nahm thätigen Antheil daran, und
es ward verabredet, dase diese vier Personen
alle Beschlüsse und' Briefe jederzeit gemein-
schaftlich unterzeichnen sollten. Es schien, dass
nicht Eines allein die ganze Verantwortlichkeit
bei öffentlichen Acten übernehmen wollte.
Wie schon früher gemeldet ward, so wollte
man — sonderbar genug — noch lange nicht
an den Tod des Herzogs im Ernste glauben,
oder stellte sich wenigstens so. Der Brief an
die Rechnungshanuner zu Mecheln drückt diese
Zweifel Törmlich aus: „Vielgeliebte und Viel-
getreue! Ihr alle kennet hinreichend das herbe
Geschick, welches Monseignenr ohnlSngst za-
gestossen, und welches in solchen Schmerz und
Kummer uns gestürzt hat, zu dem wir weder
Mass noch Worte finden. Nachrichten, welche
von verschiedenen Seiten her uns zugekommen,
lassen zwar die Hoffnung übrig, dass unser Vater
noch gesund und am Leben und, den Händen
seiner Feinde entronnen, an irgend einem sichern
DyGoogle
107
Orte sich befinde, wofür wit Gott inniglich Dank
sagen nnd ihn anflehen, dass es so sein mdge;
nichtsdestoweniger, da es immer sehr iingewiss
ist, wo er wirklich sich aufhalte, wovon wir
jedoch bald in Kunde gesetzt zu werden hof-
fen, und weil leicht allerlei Unruhen io gegen-
wärtigen Umständen vorfallen könnten, so hal-
ten wir es gleichwohl für höchst nothwendig,
~ im Lande und gegen die Unterthanen genaue
und milde Gerechtigkeit auszuüben, sowie man
es von der Rechnnngskammer und allen übrigen
Behörden bisher gewohnt war. Desshalb ver-
mahnen wir Euch dringend, dass jedes Mitglied
streng seiner Pflicht obliege und hinsichtlich
der Steuereinnahmen nnd anderer Dinge alles
so regele, wie es bisher geschehen. Wir sind
überzeugt, dass Ihr dem Herzog dadurch einen
sehr wichtigen Dienst erzeiget ; denn sein
eifrigstes Verlangen geht dahin, dass die Ge-
rechtigkeit pünktlich durch die Kammer nnd
die Stande, die dennal in Kraft bestehen, ver-
waltet werde. Dazu bieten wir Euch uns mit
□nserer ganzen Macht bei allen vorkommenden
Ereignissen an, wo Ihr derselben gebrauchen
solltet, und wir hegen zn Euch ein unbeding-
tes Zutrauen. Gott nehme Euch in seinen hei-
ligen Schutz I Wir wünschen übrigens, dass Ihr,
Herr Präsident der Kammer, nach unserer Stadt
Gent Euch verfuget und zwar bis zum letzten
Tage dieses Monats, die übrigen Rätbe aber
DyGoogle
108
bis zu Eurer Rückkehr auf ihrem Platze vet-
bteiben und den laufenden Bedürfnissen oblie-
gen. Also geschehen. Margarethe — Marie ").
Di« Meianng von Karls Rettung und Ver-
borgenheit war übrigens anch unter dem Volke
zahlreichverbreitet, und es giebt Schriftsteller,
-welche die geringe Theilnahme der Genter an
dem Leichenbegängniss daraus erklären. Denn,
während Viele ihn gefangen in Teutschland,
Andere in Frankreich zurückgehalten sein lies-
sen, liehanptete eine dritte Partei: er sei ir-
gendwo in Bnrgnnd verborgen und werde nach
siebenjäEiriger Busse (etwa wie Nabochodono-
80r) wiederum zur Regierung seiner Staaten
gelangen. Leute, welche kostbare Möbel ver-
kauft, wollten den Preis dafür nicht eher, als
nach des Hei^ogs Rückkehr annehmen'*).
Alle diese Vorkehrungen kamen zu spät;
es fehlte an materiellen Kräften des Wider-
standes, \ne an Zuversicht in die eigne Sache.
Ueberdiess hatte der Eigennutz schon zu selir
die Hände im Spiel. Jeder der grossen Herren
des Herzogthums dachte nur darauf, unter so
*) Hot/nek Tan Pappendregt, Atialecta Belgica. T. II.
P. I. zu Ende. Vergl. auch den Brief im Originale in den
Beilagen.
") Fabert p. 7. Warum das Letztere, irt schwer
auszuBinnen. Etwa, weil jeder gerichtliche Act, mcht in
seinem Namen ausgeübt, ab gesetzlich null erklärt wer-
den konntet
DyGoogle
gateo Bedingungen als möglich, seinen Frieden
mit dem Könige za schlieasen. Die Stände
selbst, welclie für die Prinzessin noch kein be-
sonderes Gefühl von Theilnahme trieb, suchten
dorch Nachgiebigkeit in die Wunsche des Kö-
nigs für das Land einen Zuwachs Ton neuen
Gefreitheiten zu erwerben, statt durch nnberech-
nelen Widerstand gegen dessen Uebermacht die
alten auf das Spiel zu setzen.
Ludwig, von der Stimmung der Gemüther
genau unterrichtet, säumte nicht, sie zu benntzen
und den Foderungen der Stände entgegen zu
kommen. Der Bischof von Albi, Ludwig von
Amboiae, und mehrere Parlamentsräthe von Paris
wurden nnverweilt nach Dyon geschickt, nu
die Unterhandlungen zu betreiben. Die Fo^^-
rungen der Stände waren aber .folgende:
1) Die Bevollmächtigten des Königs haben
ungesäumt das französische Kriegsvolk in *
den Provinzen zu entlassen und dafür zu
sorgen, dass nirgendher ein Schade ge-
stiftet, vielmehr der allenfalls gestiftete
ersetzt werde.
2) Der König macht sich anheischig, durch
offene Patente Jedermann in Stellen , Wür-
den, Diensten, Besoldungen und Pensionen
zu bestätigen, und den gewesenen Anhän-
gern des Herzogs I^rl vaUkoinmene Am-
nestie zu ertheile».
3) Alle seit Herzog Philipps Tode eingefUhr-
DyGoogle
HO"
len neaen Steaera nnd BelaBtnngen sind
für null nnd nichtig erkl&rt.
4) Die BeToIlmficbtigten wenden ihren ganzen
Credit an, am aach andere billige Begeli-
len, welche man bei ihnen anbringen würde,
durchgehen zn machen.
Schon früher hatte der Herr tob Craon bei- *
nahe Alles dieses zugesichert; der Konig eilte,
seine Znstinunnng zu gehen. Noch am 19. JSn-
ner, Bwei Tage nach seiner Abreise von Ples-
sis da Parc, sendete er das Amnestiedecret von
Selommes aas. Die StSnde, sobald neue Ge-
waltbaten angekommen, zögerten ebenfalls auch
TOB ihrer Seite nicht, zu erklBren: da der Kö-
nig einen so guten, grossen and innigen Willen
für das Fräulein von Barguad an den Tag gebe,
so sei er anterth&nig ersacht, alle Rechte seioer
Mündel and Pathin in seinen Schutz und Schirm
zn übernehmen. Sie erboten sich, das Herzog-
thum in seine Hand za stellen, am alle die
Rechte aaszaüben, welche er darin habe oder
haben könne, ebenso auch die Grafschaften
Ma^onnais, Cbarolais und Auxprrois, mit den
Herrschaften Chateau - Chinon and Bar - sur-
Seine; voransgeselzt, dass jene Landschaften
keinen Anstand n&hmen, dem Vertrage beizu-
treten. Unter diesem Vorbehalt erboten sie
sich zur Leistung der- üblichen Eide. Bedangen
ward jedoch auch noch, dass, im Fall der todt-
geglaubte Herzog Karl wieder zom Vorschein
DyGoogle
käme, der König seines Besitzes und ihres Ge-.
horsBiuB sich enlschlage und den neuDJährigen
Frieden halte, welcher za Solothurn geschlos-
sen worden *). Hinsichtlich der Heirath des
Dauphins mit der Prinzessin, welche der König
in's Werk za setzen gedenke, drückten die
Stände ihren Dank ans.
Erst als diese Dinge sämmtlich geschehen
und verabredet worden, erhielten der grosse
Rath und die Rechnuagskammer *), weiche in
dem wichtigsten Zeitpunkte ohne alle Verhal-
tongsregeln gelassen werden, eine Zuschrift
ihrer Gebieterin. Sie enthielt die Antwort anf
die erstes Mittheiinngen vom Einbruch der fran-
zösischen Tmppen in Burgnnd und die Ansin-
nen der königlichen Bevollmächtigten.
„Ihr seid wohl anterrichtet — meldete sie —
dass das Herzogthum Bnrgund niemals eine
Domaine der Krone Frankreich, sondern das
Eigenthnm einer Linie gewesen ist, welche
ganz andere Namen and Wappen führte. Durch
den Tod des jungen Herzogs Philipp fiel es
dem Könige Johann zd; dieyer gab es seinem
Sohne gleiches Namens, für sich und seine ge-
sanunte Nachkommenschaft ohne Unterschied.
Somit weist es einen von den französischen
*) V«rgl. D. StUliüigt ChroDilc and Joh. S/Uilhn
Sdnrriz. GcMbicbt« (Irtiter Band).
'*) Lm gtm du frand Coasnl et dea Conpte«.
..gniod., Google
. Apanagen ganz verschiedenen Charakter auf.
Auch die Grafschaft Charolais ist durch Philipp
von dem Grafen Armagnac angeltanft worden.
Ma^fon nnd Anxerre gingen durch den Frieden
von Arraa an meinen seligen Ahnherrn über,
für ihn and seine Erben, männliche und weib-
liche. Ihr habt alle diese Dinge anseinander-
znsetzen, wenn Ihr es nicht schon gethan.
Bereits hah' ich an den König gesendet, and
die Dinge werden sich schlichten and verglei-
eben. Denn der König selbst hat mich wissen
lassen, dass er*weit entfernt davon sei, mir von
meinem Erbe etwas za rauben. Aus diesen und
andern Gründen trachtet Aufschob zu gewinnen.
Sollte der Statthalter von Champagne sich nicht
zufrieden geben, so trefft wenigstens Anstalten,
das Land im Gehorsam gegen mich zu erhalten
and die besten Städte und Plätze zu behaupten.
Bald soll Euch mit Gottes Hülfe auf irgend
eine Weise Trost und Beistand werden. Ueber-
diess ist die gegenwSrtige Jahreszeit nicht dazu
geeignet, Belagemngen zu unternehmen."
„Was die Bewachung der Frei^afschaft be-
trifft, so ist es nicht nöthig, dass diejenigen,
welche auf der einen Seite mir das Meinige zn
nehmen trachten, sich das Ansehen geben, als
wollten sie es auf der andern mir schützen.
Ich übersende Euch Machtbriefe, am mit den
Teutschen eine Verbindung zu schliessen. Lasst
die Sache durch Simon von Cleron betreiben.
DyGoogle
_ 113
Haltet also, ich ersuche Euch noehmala, sowohl
im Herzogthtim als in der Grafschaft, das Laod
so viel als möglich in meinem Gehorsam, auf
den Fall, dass Euch Verzögerang der Unter-
handlangen nnmöglich; doch mass dies Enre
wesentlichste Sorge sein. Dem Ueberbringer
dürft Ihr völlig trauen." —
Dieser Brief war aus Gent vom 23. J&nner
datirt In einer Nachricht bat Maria, den Prä-
laten, Edlen und Stfidten bestens sie zu empfeh-
len, nnd übergab sich ganz der Trene der Bnr-
gnnder, diese werde sie gewiss allen zn er-
balten wissen, auch wenn die Umstände nöthi-
gen sollten, eine andere Sprache zu fuhren '}.
Nachdem Maria die nuthigslen Vorkehrun-
gen für Sicherang der Herrschaft, und Briefe
an die Stände nnd Städte erlassen, dachte sie
nunmehr darauf, ihrem Vater die letzten Ehren
zn bezeigen. Sie sandte an den Herzog von
Lotbringen und bat um den Leichnam Karls,
welcher einsweilen in der Hanptkirchc von
Nancy beigesetzt worden war. Zugleich unter-
handelte sie bei diesem Gelegenheit wegen Aus-
wechselung der Gefangenen. Letzteres ward vor-
erst noch abgelehnt, ersteres, nach einiger Wei-
gerung, zugestanden. Ren£ tröstete sie über
dea Verlast ihres Vaters und bemerkt«^: Europa
hätte keinen ruhnueichern Mann als ihn beses-
") Barmte.
l.
:.Googlc
sen, hftUe er es mir dahin bringen können, mit
seineia Erblande zufrieden zu sein. Er versi-
cherte sie übrigens seiner aufrichtigen Freund-
Schaft ').
Das Leichenbegängnis s ward mit aller er-
denklichen Pracht gefeiert und ein seiner Ta-
pferkeit nnd GrSsse würdiges Denkmal, anf
der Tochter nnd der Wittwe gemeinsame Ver-
anstaltung, ihm gesetzt**). Allein schon bei
dieser Gelegenheit offenbarte sich der bfise
Geist der flandrischen StHdte, zumal der Gen-
ter, deren Charakter und Tendenz an andern
Orten bereits hinlänglich Ton uns geschildert
worden ist. Letztere murrten laat und unver-
bohlen über die Verschwendung, angebracht zu
Verherrlichung eines Schattenbildes von Grösse
nnd der Manen eines Herrn, der, ihrer Ansicht
nach, eine Geiasel seiner Völker gewesen. Dies
anedle Gefühl gab sich dadurch kund, dass
m^ den Hof und die Priester allein für die
Seele des Verstorbenen beten Hess, und alle
Kirchen leer blieben ***).
Die Abneigung gegen das Fürstenhans ging
bald in förmlichen Trott und später in feindse-
•) Faberl p. 8,
■') S. duaelbe bei OolM.
'**) Dies stimmt mit Faierü BemeikoDg; Tont te
monde aembla combattre k qni färoit de pliu magnifiquea
obseqDM i U memoire de aoo bon Piince (p. 7), schlecht
fiberein.
DyGoogle
115
ligen Widerstand über. Brügge, Briissel, Ant-
werpen verweigerteh die Stenera and Abgaben;
die Einnehmer worden gemisshaDdelt, die Obrig-
keiten verachtet. Der demokratische Geist, wel-
cher in jenen Städten damals vorherrschte, liess
seinem tiefen Hass gegen den Adel freien Lauf
Man beschuldigte Ihn, dem Herzog mit knech-
tischem Eifer gedient und In allen Planen zor
Unterdrückung klter Reahte und Freiheiten mit
täckiacher f^chadenfreude ihn unterstützt zu ha-
ben; man warf ihm vor, dass er des alten flä-
mischen Charakters sich geschämt, und entwe-
der btirgundisches oder franaösisches Gepräge
angenommeni ferner, dass er, in der Begierde,
reichen und mächtigen Fürsten zn dienen, Flan-
dern dem Könige von Frankreich in die Hände
gespielt. Diese Sprache ward zumal da ge-
führt, wo die flämische Sprache und nicht die
JiranzSiisehe die vorherrschende war. Man hasste
das Bargundische ausser allen übrigen Gründen
anch noch aas dem, weil man es als Uebergang
zum Franzoaenthum ansah *).
Des Königs Hand war auch in der That
überall fühlbar; überall begünstigte er den meo-
terischen Geist, der in Flandnn seit anvor-
') Baraale XI. 198—199. Wer die Mühe sich neh-
men mUI, die Verhiltniaae Ton 1477 und 1830 zu verglei-
chen, wird muiche Aehnlichküt zWichen den Part«ien und
ibrcD Zwecken von ehemals und jetzt finden.
.,gniod.,GoOglc —-^
116
denklichen Zeiten bald da, bald dort thUtig
sich gezeigt hatte, and welcher von wahrem
FreiheitsgefShl oft sehr verschieden war. Sein
Hanptgrondsatz dabei war, dass seine Angele-
genheiten desto besser gingen, je schlechter
die der übrigen ständen.
Zn aolchen Planen schien der berüchtigte
Olivier el Dain vor allen Uebrigen mit GescHck-
lichkeit nnd Eifer dienen zu kwinen, und Herr
und Knecht waren in der That gegenseitig ein-
ander würdig. Dem Herrn von Commines, Fta-
münder von Geburt*), und bei aller politischen -
Raffinirtheil ein Mann von Ehre, mochte Lud-
wig im gegenwärtigen Falle weniger trauen; er
bedurfte eines Mannes, welchen PenSnlichkeit
nnd Umstände allen Bedenken dieser Art uner-
reichbar machten, und ein solcher Mann war
Olivier, den einige seiner Zeitgenossen den
„Bösen", andere gar den „Teufel" genannt ha-
ben. Beide Namen entsprachen seiner Rolle
and seinem Rufe.
In der Pikardie ging dem Könige gleich An-
£BDga alles nach Wonach. Des Herrn von Com-
mines Bestechungen und ein Aufstand des Vol-
kes brachten Abbiville in seine Gewalt. Arras
jedoch, von den Herren von Ravenstein and
Philippe de Crevecoeur vertheidigt, hielt län-
*) Die Fmn von Hallcwyn war auch, ni« ichoa gt~
«agt, seiiie VernMidte.
.,gniod.,GoOgk'
117
ger Stand"). Coiumiaes entwickelte in den Uu-
terhandluDgen , die et mit jenen zwei Grossen
pflog, sein ganzes diplomatisches Talent und
lieas es weder an juristischen Sophismen fehlen,
am sie zn überzengen, noch an glänzenden An-
erbieten, um ihre Ttene wankend zu machen.
Inzwischen traf der König, welcher sowol
von den burgnndisoben Ständen freiwillige Bei-
träge zu denYereinigungskosten, als von denen
von Langnedoc eine Stener von 187,975 Lirres
begehrt hatte, persönlich im Lande ein, om die
Unterwerfung von Artois und Flandern zn roll-
enden. Yerachiedene Städte huldigten angen-
blicklicfa; andere riefen von freien Stücken
seine Feldfaerrn herbei. Verrath am Hanee
Bnrgnnd war anter den Hauptleaten und dem
Kriegsvolk an der Tagesordnung; es gab keine
Treue, als für den, der am meisten bez^lte.
Ludwig, von den glücklichen Folgen seiner
persönlichen Gegenwart berauscht, spottete über
Commines und denAdmiral, dass sie erst zwei
Städte ihm zugebracht , während ihm selbst bei
dem ersten Nahen so viele sich ergeben. Fr
versicherte sie, dass Meister Oliviei sich tüch-
tiger als sie erwäbren nnd gewiw bald die
Schlfissel von Gent ihm überbringen werde.
*) Dbsb die Wunierlijken Oorloghen Marien «chon
bei der BotBch&ft von des Vaters Tode über den Venath
CreTecoenrs Bprechen luieD, ist Anagbromui»».
..gniod., Google
118
Die GegenbemerkuDg des Herrn von Argenteau:
es sei höchst unwahrscheinlich, dass decgleicbea
kleine Leute so grosse Dinge vollfiihien, und
ein Volk, wie die Genter, zm Ergebung brin-
gen würden, erregte noch mehr Anzüglichkei-
ten, nnd alle Hofapassmacher ergriffen sie be-
gierig, um knechtische Verehrung der Geniali-
tät ihres Herrn bei dieser Gelegenheit an den
Tag zn legen. Bereits war der König so über-
raütbig, dass er den alten Plan der Yermäh-
Inng des Dauphins mit Marien als Qberflüssig
aufgab und im Staatsrathe blos die sweok-
mtlssigste Art Ton Einverleibung der verschie-
denen bargandischen Provinzen erörtern liess.
Die Heirath sollte blos aaf den sohliramsten
Fall, oder auf den Fall von unvermuthetea
Schwierigkeiten im Hintergrande stehen. Alle
Staatsakten, Erlasse, Reden und Briefe jener
Tage atfamen diese Gesinnung and Sprache.
Er liebta allzusehr, vom Einflass seiner Räthe
frei, nach eigenem GutdQnken in Allem ev
handeb; darum entfernte er von sich siimmt-
llche Mfinner, deren Einsicht die seinige iiber-
flfigeln, oder dei«n Rath seine Entsahlüsse
massigen in wollen schien; ans diesem Grund«
erhielt Comiatnes im wichtigsten Augenblick
eine ausserordentliche Sendung nach Bretagne,
jedoch nicht ohne zuvor dem Könige die Liste
abgegeben zu haben, in welcher die Namen der
vorzüglichsten Anhänger Frankreichs in Flan-
..gniod., Google
119
dern und die Summen verzeichnet standsD,
welche mao als Preis des Verrathes ihnen zu-
gesichert.
Nichtsdestaweniger schadete dieser übertrie-
bene Handel mit allen einflassreichen Personen
des Landes dem Konige in manchen Dingen
wiederum sehr, da er bisweilen nach seiner al-
ten Art knaaserte , und bei Einzelnen zur Geld-
gier aach Ehrgeiz mit in das Spiel sich mischte.
Namentlich beging der Herr de Lude, welcher
an Commines Stelle diese Art Geschäfte fort-
trieb, in den Unterhandlungen mit einem Ver-
wandten desselben, welcher fiir Hennegau ge-
kommen war, jedoch tbeils die Beibehaltung
der alten Verhältnisse dieser Provinz mit dem
teutschen Reiche wünschte, theils fut sich be-
sondre Foderungen stellte, einen groben Fehler,
dass er den Gegenstand allzuleichtsinnig be-
handelte.
Während so auf der einen Seite die bur-
gundifichen Hauptleute ihre Treue and Dienste
lo hoch als möglich verkauften, suchten auf
der andern' die französischen im Lande gelager-
ten Kriegshänpter die grösstmögliche Beute für
ihre eigene Rechnung zu machen. Es bildete
sich ein System von Plünderung und Brand-
schatzung gegen Städte und Flecken aas, und
es wurden überdies so vielerlei Ausschweifun-
gen der Soldateska begangen, dass der König
selbst die Absicht erhalten mnsste, es würde
.,gniod.,GoOglc
120
ihm dadurch das Veruanen der Bewohner uar
wenig gewonnen nnd sein InteresBe schlecht
gefördert werden, um so mehr, da selbst
die dffentUchen Kassen mit ausgeleert wurden.
Die Grossen standen hierbei an der Spitze;
man mnssle daher einesthcils schonen, andrer-
seits Einhalt thun. Ludwig, in Kenntniss ge-
setzt, dasB selbst die nocb vorhandenen Schätze
Karls mit in die angedeutete Kategorie gekom-
men,' erwiderte den Herren von Craon und Ani-
boise, welche auf klnge Weise die Vorwürfe
von sich abzulehnen gesucht, und dem Konige
Bechnong abzulegen sich erboten hatten, in sei-
Dem lakonischen Styl: Er danke sehr, dass sie
die Ehre ihm gönnten, bei Yertheilung der
Beute mit zugelassen zn werden ; immerhin
möchten sie die Hälfte derselben behalten, den
Best aber wünsche er für sich bei Seite gelegt
und die Yertheidigung der Grenzplätze gegen
die Tentachen davon bestritten; sollte ihnen
solches nicht anstehen, so möchten sie die Gel-
der geradenwegs ihm zusenden, und dafür sor-
gen, dasa nichts davon verloren gehe. Sämmt-
lichen Wein in den Kellern des Herzogs schenke
er ihnen.
Die edeln Herren befolgten diesen Befehl
so ziemlich nach dem Worte; sie fuhren fort
zn theilen, dienten jedoch mit dem Reste dem
Monarchen so gut, als möglich. Die Klagen
des Landes kamen nur wenig in Betrachtung.
DyGoogle
Bald ahmte die Freigra&chaft das Beispiel des
Herzogthoins nach. Zwar retteten die Stände
den Bussern Schein und ihre Ehre; sie sprachen
von der Unzulänglichkeit der Fodemn^n des
KSnigB und der Nichtigkeit seines Rechtes auf
ein Kunkellehen; ferner von den Verhältnissen
der Grafschaft zam teutscheu Reiche; allein die
gänzliche Anarchie im Kriegswesen, der Man-
gel an Kraft und Einheit der WiderBtandsmit-
lel, der Anblick überlegner Kriegsmassen und
gränelvolle Anfänge von Mord, Plünderung and
Ausschweifungen machten hald sie zittern und
geschmeidig. Der Herr von Craon verbürgte
auf seine Ehre Wiederherstellung von Ruhe and
Ordnnng auf den Fall der Ergebung; und so
huldigten denn endlich die Stände, wiewol mit
Widerstreben und Vorbehalt aller Rechte , bei-
nahe auf dieselben Bedingungen, wie das Her-
zogthum (10. Februar) *).
Inzwischen befanden sich die Herzogin Maria
und ihr Staatsrath in der nnangenehmiten und
kritischsten Lage von der Welt, und sahra
einen Abgmnd von Gefahren vor sich aufge-
schlossen, ohne Hoffanng, denselben entgehen
oder begegnen zu können.
Zu allen Verwickelungen, welche die flan-
drischen Stände und das Verhältniss znm Konige
von Frankreich gebracht, kamen nun auch noch
') Barattte.
..gniod., Google
die Zudrioglichkeiten und Foderungen der Pro-
vinzen and Städte des Nordens, welche über
Karl den Kühnen nicht geringere Ktagen ge-
führt, als Brabant, Lüujch uod Flandern.
Alsbald nach dem Tode des Herzogs waren
in Holland grosse Bewegungen noter den be-
kannten Parteien, welche das Land so oft zer-
röttet, den Houk'schen und den Kabbeljanw'-
sehen, entstanden. Jene klagten: Aemter wür-
den an Fremdlinge gegeben, Eiogeborne zarück-
gesetzt. Gegenwärtig sei gerade der rechte
Zeitpunkt, diesen und ähnlichen Missbräuchen
mehr au steuern. Man müsse sich demnach
vereinigen und von der jungen Fürstin be-
gehren, dass die alten Vorrechte und Gebräa-
che wieder h«rgefitellt würden. Die Kabbel-
janw'schen billigten diesen Plan, nahmen die
Versöhnung an, und man kam auf mehreren
Tagfahrten zu Haarlem, Leiden und im Haag
überein, dass weder geistliche noch weltliche
Behörden irgend einer Stadt um Bestätigung
ihrer Gewalt einkommen sollten, bis zu gemein-
samer Verabredung über die Bedürfnisse des
Landes. Diese sollte zu Gent in einer allge-
meinen Tagsatznng vor sich gehen. Man ver-
fasste darauf den Entwurf zu einer neuen Charte,
welche alle wesentliche Elemente der frühem
ßechle und Gefreitheiten in sich schllessen sollte.
Als dies geschehen, reisten die Bevollmächtig-
ten von Holland und Seeland nach Gent ab.
DyGoogle
123
Bei Hof«, wo sie erBchienen, wiud denselben
die kritische Lage geschildert, in welcher die
Fürstin und die Lande, ob der feindseligen Ge-
sinnungen and gewaltsamen Eingriffe des Königs
von Frankreich, sioh befänden, nnd man foderle
die Grafschaften zn kräftiger Unterstütsnng mit
ßalh und That auf. Darauf erklärten die Ab-
geordneten: Man sei gewillt, ihrer Gebieterin
Maria mit Leib und Gut beizustehen. Allein
durch die Kriege, welche der verstorbene Her-
zog, ihr Yaler, bis ans Ende seines Lebem
gefGbrt, sei das Land in nicht geringe Armath
gerathen, und mehr berechtigt, Erleichterongeo
anzusprechen, denn dass ihm neue Lasten an-
gesonnen würden. Zudem sei binnen einer An-
zahl Jahre sehr viel gesohehen , was die Freihei-
ten und Vorrechte der Landschaften und Städte
untergraben; diese müssten vor allem Andern
wiederhergestellt werden. Die Abgeordneten
blieben hartnäckig bei dieser Erklärung nnd
setzten so heftig zn, dass Maria sieb dazu ret-
■tand, auf den 14. Marx (Lentemaand) das groiie
Privilegium zu ertheilen, welches in der Ge-
schichte des niederländischen Recht« eine so
merkwürdige Rolle spielt.
Die Herzogin hatte knrz zuvor alle Behör-
den in den Grafschaften bestätigt, namentlich
auch den Herrn von Gruithuisen als Statthaltet
von Holland. Xach Ausstellung des neuen Pri-
vilegiums jedoch ernannte sie an die Stelle des
DyGoogle
124
letztern Herrn Wolferd van Borselen, Herrn
van Veere; auch setzte sie viele andere neue
Beamten ein, welche gleichwohl nicht sämmt-
lieh Eingeborne gewesen zu sein scheinen. Sol-
ches veranlasste in der Folge noch manchen
Streit and heftige Erörteroogen ').
Im Staatsrath der Herzogin wurde wenige
Tage nach der Ankunft des Königs zn Peronne
beschlossen, eine Gesandtschaft an denselben
abzufertigen. Sie bestand ans dem Kanzler Hn-
gonet, dem Herrn von Imbercourt, dem Pro-
tonotar von Cluny, dem Herrn von Gniithuisen
und einigen andern GroBsen. Sie übergaben
Ludwig XI. ihre Vollmachtbriefe, welche von
Marien eigenhändig geschrieben und von der ver-
wittweten Herzogin , sowie von dem Herrn von
Ravenstein, Adolf von Cleve, mit unterzeichnet
waren. Die Prinzessin kündigte in dem Schrei-
ben an den König diesem an, dass sie, gemäss
ihres guten Rechtes, Besitz von der Erbschaft
ihres Vaters genommen und die Zügel der Re-
gierung über die Staaten desselben ergriffen
habe. Ihr ganzes Vertrauen sei auf den Rath
gesetzt, welchen sie gebildet, und der aus der
Herzogin-Wittwe, dem Herrn von Baveostein
und dem Kanzler Hagonet bestehe.
') Wagenaar, Vaderlandathe Historie. IV. Deel,
p. 165 — 173. Ueber das „Gcoot-PriTilegie" vergl. die
AktenslQcke in dea Beilagen und die hiatoriMh - bibllogra-
phiMhen Eiläuterungen zu denselben.
DyGoogle
125
Die Abgeordneten, nachdem die FSmilich-
keiten vorüber, erklärten sich im Namen ihrer
Fürstin bereit: alle die Herrschaften nnd Kron-
güter zurückzustellen, welche durch die Frie-
densschlüsae von Arras, Conflana nnd Peronne
gewonnen worden, kurz za Wiedeiherstellnng
der Dinge auf den vorigen Stand , wie vor Phi-
lipps des Kühnen Zeit. Aach die langbestrit-
tene Gerichtsbarkeit des Parlaments von Paris
verhiess man anzuerkennen; ebenso die Lei-
stung der Lehenapflicfat an den König für Bur<
gnnd, Artois und Flandern. Indem man sich
nnterthänigst za diesen Bedingungen verstand,
hofile man von dem Gerechtigkeitsgeßihl des
Königs, dass er seine Kriegsbanden zurückzie-
hen nnd den besch^ornen neunjährigen Still-
stand von Solothum beachten werde.
Der König gab der Gesandtschaft zur Ant-
wort: Er sei keineswegs gekommen, um das
Fräulein von Bnrgund , seine theure Baase
und Pathin, zu berauben, sondern im Gegen-
theil hege er kein anderes Verlangen, als sie
und ihre Staaten In seinen Schatz zu nehmen.
Es sei solches sogar seine Pflicht, als ihr Ober-
lehensherr, da der Gebrauch in Frankreich es
mit sich bringe, dass im Falle des Abgangs von
Verwandten, die Garde noble einer minderjäh-
rigen Vasallin vom Herrn übemommea werde.
Ueberdies gehe er ernstlich damit am, seinen
Dauphin mit der Prinzessin za vermählen. In-
:.Googlc
zwiscbeD bis diete wichtige Angetegcabcit ins
Reine gebracht sein würde, habe er glcb auf-
gemacht, um mit der Krone alle die Hertschaften
wieder zu vereinigea, welche ihr heimgefallen,
und de« Restes der Staaten des Fräaleins blos
in der Absicht sich bemSchtiget, demselben sie
za bewahren. Auf den Fall, dass man Gerech-
tigkeit ihm verweigere, führe er mit sich eine
Kriegsmacht, stark genug, um «leb solche selbst
za verschaffen.
Die Abgeordneten erklärten, dass sie hin-
sichtlich der erwähnten Hftirath gar keine Voll-
macht zn irgend einer Unterbandltmg bitten;
andererseits bemerkte der Konig, das« er über
keinen andern Punkt Unterhandlungen einzu-
gehen habe. Obgleich man sich also fiber nichts
verstanden, so behandelte Ludwig dennoch die
Bäthe Matiens mit grosser Auszeichnung, und
inoble durch Schmeicheleien sie zu verführen
nnd auf seine Seite herüber zu bringen. Selbst
den Umstand, dass der eine aus der Pikardie,
der andere aus dem Herzogtbum Burgund ge-
bürtig, benutzte er dazu, ihnen vorzustellen,
dass sie keine Teuttc&e, tondem Franzoien
geien. Allein er vermochte Nichts über die
getreuen Diener. Nur der Punkt wegen der
A'ermählung schien ihnen aufrichtig am Herzen
zu liegen , und sie drückten deasbalb ihren
Wunsch enlsebieden aas; der König stellte sich,
als gehe er in ihre Aoiiditen ein und'ala Mi
DyGoogle
127
er von ihrem guten Willen gernhrt; aber im
Innern dachte er ganz anders.
Als der Groasbastard , Anton von Burgaad,
und sein Brader Baldain,' welche beide in fran-
zösischer Gefangenschaft sich befanden, die An-
sinnen des Königs Ternommen, welcher zugleich
an die Gewährung derselben, ale an eine Be-
dingung »ine qua non, ihre Freiheit knüpfte,
regle sich in ihnen das Blut ihres Vaters, und
der burgundische Stolz ward widet französi-
schen Uebermuth wach. Nach kurzer Berathnng
unter einander gab Ersterer den Räthen, welche
mit Ludwigs XI. Erlaubniss sie besuchten und
ihre Ansicht einzuholen gekommen waren, fol-
gende Erklärung: „Ich erkenne nur za wohl den
Plan des arglistigen and Terschmilztea Königs;
wenn er Marien überredet , in seine Anträge ein-
zugehen , so wird unsere Befreiung freilich ohne
Schwierigkeit vor sich gehen; im entgegenge-
setzten Falle schwer und langsam. Allein ich will
nicht, dass unsertwegen die Herzogin etwas thne,
was ihrer unwürdig, oder etwas unterlasse, was
t dem Lande Bargnnd zum grösaten Schaden ge-
reicht. Den Verlust zweier Männer mag man
leicht verschmerzen, wenn es sich um die Er-
haltung eines Staates und die Wohlfahrt von
vielen tausend Menschen handelt. Niemals wird
es der Maria, so Gott will, an tapfem nnd-
geistvollen MSnnem fehlen, welche das, was
allen Niederländern am meisten frommt, einzn-
:.Googlc
128
sehen and za entscheiden wissen. So gtiisst
sie denn also in nnserer heider Namen auf das
frenndlicbste , und ebenso alle die Statthallei
and Räthe, nnd meldet ihnen, unsere eifrigste
Bitte gehe dahin, dass sie die wichtigen Staats*
angelegenheiten männlich und einträchtig ver-
handeln. Und damit lebt wohl'"*)
Ehe die Gesandten zurückreisten, drang Lud-
wig sehr stark daranf, dass, zum Beweis guter
Gesinnung, Arras, das von ihm belagerte, in
seine Hände gestellt werden möchte. Solches
hatte der Herr von Esqaerde, Philippe de Cre-
vecoeur, ihm gerathen, welcher schon früher
mit Comniines Handels eins geworden, jedoch
den Schein der Ehre zu retten entschlossen war
nnd die Uebergabe im Namen der Herzogin
vollzogen zn sehen wünschte. Da wenig Aus-
sicht sich zeigte, mit Gewalt lange zu wider-
stehen, so willigten die Räthe, mit Zustimmung
Mariens nnd unter Vorbehalt ihrer Rechte, ein,
dass Ludwig die Stadt mit seinen Truppen be-
setzte; der andere Theil oder die Vette selbst
ward nicht zugleich mit übergeben.
Als die Abgeordneten nach Gent zurückka-
men, fanden sie die Stadt in wilder Anarchie
begriffen und ihre Gebieterin in grössten Gefah-
ren schwebend. Das Volk hatte die Bürger-
meister, Schöffen und Wethouders abgesetzt.
*) Pont. Heuler p. 48 — 49.
DyGoogle
' 129
Dud den eiaen Theil hingerichtet^ den andern
aber eingekerkert. Gewaltsam halte es die drei
Stände einberufen and denselben von Seiten der
Prinzessin feierlich versprechen lassen, Nichts
ohne ihren Rathschlag than zn wollen. Zu
allein Unglück und nm die Verwirrong zu ver-
mehren, war inzwischen auch der alte Herzog
von Cleve, älterer Bruder des Herrn von Ra-
venstein, in der Sfadt angekommen und betrieb
mit vieler Zodringlichlieit eine Heirath zwischen
Marien und seinem Sohne Johann. Von einer
andern Seite war der Bischof zn Lütlich er-
schienen und fodcrte die seiner Stadt anf lo
grausame Weise entrissenen Bechte und Ge-
freitheiten, wie aach alle die von Karl dem
Kühnen erpressten Geldsummen zaiiick. Um
diesen Foderangen Nachdruck zu verschaffen,
hatte man ihm den furchtbaren Eber aus den
Ardennen, Wilhelm von der Mark'), beigege-
ben, dessen Name allein schon erzittern machte,
nnd dessen grftnelvoller Ruf dnrch persönlichen
Anblick nur noch steigen konnte.
Die Genler waren über die Frage, ob Bor-
gund tentsch bleiben oder franzdsisch . werden
zollte, sehr gleichgültig, nnd sie fürchteten die
Heermacht des Königs ebenso wenig, als die
Empfindlichkeit des Reiches; sie alle belebte
') Ver^. über ihn die Seriplorti rerutn LtodUtunim
I Ch^taweüU, Foulon Aü(. Leo4. o. A.
DyGoogle
130
jetzt BUK ein Gedanke, der Herrschaft sich n
cntledigea, welche ihneB ein Joeh dänehte, nud
aber dessen allxia lange Daner ihr atslz-reps-
Uikaniscber Geist sieh schämte. Der Anblick
von Mariem Schwäche nnd Hulflosigkeit er-
fnUte sie mit Vergnägen nndHofihnng; sie s»a-
Ben vor Allem non darauf, an den rerbassten
RatheH des Herzega , welche so lange ihre Ent-
wätfe dnrcbkreiut, Untige Badie sa oefanen.
Die eigentlichen Urheber jener Acte, dnich
welche sie ihrer PrlvilegieR beraubt and iar
den Widerstand gezüchtigt worden, und die
nBldergesinnten RKthe, welcher zzr Missignng
oft ermahnt hatten, wurden in eine und dieselbe
Kategorie geworfen. Ihr EinQiias galt für Ty-
rannei, nnd ihre Benennang als „FraBzosen"
und „Fremdlinge" reichte hin, dem öffentlichen
Ba»a6 sie preiszngebeQ. Vor allen aber stan-
Aeir in demselben Hngftwet, der Kanzler, nnd
der Herr von ImbercoortL
Diese StinuBtiBg der Gemütfaer war nicht
sehr geeignet, die Idee ciaer Heirath Marieira
mit dem Dauphin za begünstigen. Man ersah
darin einen Plan, die Henschaft des- Franzo-
senthtnis fartxosetzea und die ErMbeiten des
Landes Flandern an einen noch furchliiBrem
Feind, als die Herzoge tod Burgund ihtten er^
schienen waren, zu überliefern, weil derselbe
grössere Macht hatte, jeden Widerstand der
Unterthanen zu bekämpfen.
DyGoogle
Zu dieser allgemein -fmft'ona/en Ansicht ge-
feilte sieli noch der Abachsii vor der ubb»'
icbrSnktea Macht, mit veldier Köaig Ludwig XI.
ober Frankreich herrschte, »it welcher er alle
Rechte nnd Privilegien dar U&terthanen unter-
drückt ") , alle blindlings Beinen Bon. plaüir
Hntcrwonfen , nnd unerschwingliche Stedem and
Abgaben onbedenklich tsr ihnen erhoben hatte.
Sehen d«r Uom» Gedanke matht« die Oenter,
welche auch den bsätea Ftirsten für ein tronri-
gesUebel, und dl« mindeste BeaclHltnknBg per*
sSnlicber Freiheit fvt «taten Nachtheil de« all-
gemeinen, ansäen, kanffchen; nod n«n kam
noch die Persttnlicbkeit de« fransösiscfaen ÜLth-
Barchen hinzu. Ad Hirte und Cb-auBamkeit, Hin-
terlist nnd Meineid hatte er vor omf neben sish
wenige gleichkommende Musterbilder. Er, der
mitten im Frieden eise junge wehrlose Waise,
£e CbenHeas durch leibHch« and geislÜelte.
Verwandtschaft ihm nahe stand, wie ein Axt-
bcrischer Wolf fiberfi«], solhft der eines Latt-
des Freiheit achte», doS üunfteOHi war, aad in
dem auch nicht die geiingVten Erinnerungen ihn
hioKogen? Er, der s)^ ihren gnten Frewnid
nnd Besehätzer nannte , aber gieicbwcthl Stidite,
*) Id einer Hituicht üt di«H vrabr, in anderer aber
■dtr übertrieben, denn ea jat bekanot, Aom Ludwig Xt.
die Stidte hob, freiHcb nra die Grossen und den Adel' ta
ittAaAgta nad M idiwftdnB.
..gniod^yGoOglc
132
Vesten nnd Flecken gewaltsam einDahm, wäh-
rend ein feierlich beschwomer Vertrag and
das ergebnngs volle Flehen seiner Yerwandtin
ihn abhalten sollten, war dieser sehr geeignet,
Vertrauen in andere Eide auf Charten und Per-
gamente einznüässeo? Endlich, wessen konnte
man sich zu dem Charakter eines Fürsten ver-
sehen , welcher zwanzig Jahre voll des schänd-
lichsten Undanks am Untergange desselben
Hanses Bnrgnad gearbeitet, welches in trüben
nnd schicksalschwaagern Tagen Gastfreund-
schaft, Schutz nnd Beistand ihm geleistet? Sol-
che Belrachtnngen stellte der praktische Ver-
stand der rastlos- unruhigen Flamänder an.
Allein es gab von einer andern Seile wie-
derum so viele Gegenrücksichten, dass die Noth-
wendigkeit, mit dem Könige in Unterhandlang
zu treten, gar bald einleachtete. Olivier el
Dain arbeitete nach Kräften, nnd suchte fär
sich das Vertrauen einznflSsien, daa man seinem
Herrn verweigerte, obgleich Einer so schlimm
als der Andere war. Er beredete die Stände
zn Gent, Abgeordnete an Ludwig nach Peroone,
dem damaligen Aufenthalt desselben und dem ein-
stigen Schauplatz seiner Schmach, zu schicken.
Die Personen, welche sich mit der neuen Sen-
dung befassten, waren ihm weit angenehmer
als die Bäthe Mariens ; denn er sah zwar stolze
nnd trotzige, aber in eigentlicher Politik auch
sehr nnerfohme, nnd meist voa beschräokten
DyGoogle
133
Gflsichupunkten und eiaseitigen Sladtinteressflii
aasgehende Mäoner vor sich, deren Verstand
xa überfliigeln war, sobald man die Eitelkeit
kitzeln, oder die Habgier befriedigen konnte").
Sie traten vor ihn mit rauher aber ehrlicher
Sprache, als der einer Partei, welche ihre Sa-
che im Trocknen, und ihr Ansehen geachtet sa-
hen; redeten lang und breit von der Unwürdig-
keit des Planes, ihre Herzogin zn beraaben,
während man dieselbe vielmehr beschirmen
■oUte; sie bctheiiertea die friedliche Gesinnung
Mariens, also zwar, dass sie erklärten, als
Bürgen für dieselbe einstehen zn können, zu-
mal da jene das .Versprechen gegeben , in Altem,
was sie nnteraebmen werde, nar nach dem
Bathe der Stände von Flandern sich zn richten.
Auf diese Anrede lächelte der König iro-
nisch and mit teuflischer Schadenfreude und er-
widerte den Abgeordneten: „Wohl bin ich dess
gewiss, dass lir den Frieden wollt, wärt Ihr
nur Meister der GeichSfte ; in diesem Falle wür-
den wir bald uns verstehen. Allein wenn Ihr
mich versichert, dass das Fräulein von Burgund
Nichts ohne Euren Batfasohlag unternehmen wird,
so halt' i<^ dafür, dass Ihr Sasserst schlecht
berichtet sein müsst, denn ich weiss schon, seit
längerer Zeit, als Ihr selbst, dass Mademoiselle
ihre Angdegenlieiten dorch ganx andere Leute
DyGoogle
— m —
regeln iRssen will, nnd zwar dnreh Leute, die
kelneiwega den Fiiedea lieben!'* —
Die Genter, verwint doreh dien, mit bit-
tf rm Hohn gesalnene Bemeikung, erklärten, dau
lie nicht gewohnt seien, mit ho grossen Per-
sonen verwickelte Fragen zn erSrtem, daas sie
jedoch von der Wahrheit ihrer Behauptung sioh
Terg;ewissert hielten. Darauf Hess der König
Worte ren Papieren fallen, die das Gegentheil
erhärteten.
AU nun die Abgeordneten heftig auf deren
Vorlegung drangen, Hess jener den Brief, wmrin
die Hersogio ihm erklilrt hatte, dasa sie nach
dem Willan der von den Gentem m «ehr ge-
haasten R&the regieren werde, nloht nur lesen,
sondern er gab Ihnen denselben sogar in die
Hand zu beliebiger Verfügung.
Ein uabesehreibliober Unwille ergriff hiep.
bei die Erstaunten ; sie beniiaubten siolir ohne
Weiteres, reisten In aller Elle nach Gentmrflok
und ersohienen in der feierlichen Andlenx, wel-
che die Prinzessin zn Anhörung ihres Berichtes
. verliehen. Die Abgeordneten fingen gleich da>
mit an, die Behauptung des Königs mttxuthel»
len, dass Mademoiselle erklfirt, nicht nach dem
Willen der drei StBude regieren zu woU«b. Er
besitze einen Brief toH ihr, der soidiss ärm-
lich ausdrücke. Muia nulerbraoh den Redner
hastig und mit Feuer, und sagte : Diess sei falsch,
und Niemand werde wohl einen soIoheB Brief
DyGoogle
135
vorzeigen köhaeo. Alsbald sog der rofae Büt-
^r da« Schreiben aiu eeioem Busen hervor
and überführte die Priosessin von der Unwaihr-
beit ihrer BehaofttuDg.
Maria stand, wie vom Blitz gerührt, über
diesen nichtswürdigen Misshrauch deBVertraaeDS
von Seiten Ludwigs, und sah sich ÖQentlioh .
der Beich&maDg preisgegeben. Zwar üasste sie
sich nach einer Pause, in vrelcher Ueberra-
sehuDg ihr den Mnnd geschloasen, und sie ent-
gegnete: „Ich, E^re Fürstin, glaube nicht we-
niger ein Beeht zu besitüea, die MXnner zur
Regierang des Landes nach meiner Wahl n
erküren, als die Stande von Flaodeia nud die
Stadt Gent die Uirigea für ihre Sachen')." Al-
lein der Stadt bemächtigte sich, nachdem der
Yorfall und die Ändienz berichtet worden, Zorn
nnd Wuth, zumal gegen Hngonet und Imber-
court. Was diese, vermehrte, war noch die an-
dere Mittheilnng des Königs, dais die beiden
B8the sehr für die Vetmählang mit dem Dau-
phin arbeiteten. Nun aber bildete gerade die-
ser Punkt den Hanptgegenstand der Furcht der
Stände. Ihr Plan ging dahin , Marien mit irgend
einem tentsch^i Prinzen vom zweiten Range zu
vermählen, welcher den Beistand des Reiches
sichere, ofineMncht, ihre Freiheiten zu sohmSr
lern. Der Hersog von Cleve nnterstütste sie
*) P»KL Buim, Rer. Barg. f. 4B.
..gniod., Google
136
darin nachdräcklich , denn er schöpfte daraus
Ho&biingen für seinen Sohn. Er hetzte dämm
insgeheim die Bürger noch mehr gegen die RS-
the auf. Auch die LiiKicher nnd Wilhelm von
der Mark schürten das Feuer der Zwietracht
ans Kräften , indem sie ' an Imberconrt sich
rächen wolllen, welcher Letztere -nach der be-
kannten Katastrophe Statthalter von Liittich ge-
worden war, ob er gleich diess Amt mit Be-
sonnenheit und Milde verwaltet. Der Graf von
St. Pol ward zu blutigem Hass gegen die zwei
Männer durch die Erinnerung angetrieben, dass
sie es gewesen, welche seinen Vater einst über-
liefert. So vereinigten sich die Leidenschaflen
Vieler, um die za verderben, welchen gleich
Anfangs Verderben geschworen war.
Die Opfer hatten das Kommende, geahnet
und der Volkswuth sich zu entziehen gesucht.
Allein sie wurden bald in dem Kloster, wo sie
sich verborgen, entdeckt und verhaftet; mit
ihnen auch der Protonotar von Clnny, ein drit-
ter bnrgundiscfaer ßatb. Allen alten Gesetzen
des Landes entgegen, stellte man das Verhör
vor einem Specialgerichte an, welches aas er-
klärten Feinden der Beschuldigten zusammen-
gesetzt war, und welchem sogar einer von der
Bande des Ebers der Ardennen beiwohnte.
Die Hauptpunkte der Anklage beschränkten
sich aof drei: 1) die RStbe haben Arras an den
König ausgeliefert; 2) in einem Prozesse zwi-
DyGoogle
137
sehen der Stadt GeDl und einem Privatmanne,
den sie za schlichten hatten, haben sie G«-
schenke nad Geld angenonunen nnd datnach
das Recht bestimmt; 3) sie haben mehrfach ^e
Privilegien der Stadt Gent verletzt, ein za
allen Zeiten todeswürdiges Verbrechen.
Auf den ersten Punkt vertheidigten sich die
Bälhe; was ihnen hier vorgeworfen werde, sei
wahr, doch hätten die Genter, deren Interesse es
nniuittelbar nicht berühre, darüber keineswegs
sie zn richten; anf den zweiten-: sie hätten ein
gutes Gewissen, und die Geschenke von Seite
der Stadt erst nach geschlichtetem Prozesse als
Belohnung für ihre Mnhewaltong angenommen;
anf den dritten: sie hätten hinsichtlich der Pri-
Tilegien der Stadt sich anf eine Weise benom-
men, welche den Vergleichen zwischen der
Stadt and den Herzögen Philipp und Karl, nach
den unglückseligen Kriegen der Genter, ent-
sprochen.
Diese Gründe wnrden jedoch wenig beach-
tet, nnd ebenso wenig die Vorstellungen Cluny's
und Hugonels, dass sie dem geistlichen Stande
angehörten nnd unter dem Schutze der demsel-
ben verliehenen ImmanttSten ständen. "Man
folterte sie sechs Tage hindurch mit barbari-
scher Graasamkeii ') und venirtheilte sie znm
') Id kölner Volkigeidiiclite findet maii tod den älte-
n bU Ruf die nenem Zeiten igk^eu blntdAntigeD und
..gniod., Google
138
' Tode. Die Berafang an das Parlanent von
Paris ward Tcrworfem.
Die UnglücldieheD hatten alio keine andere
Wahl, denn als MSnner and Chiiaten sich zam
finstem Gange vorz abereiten. Rührend war der
Abschied, welchen der würdige Kanalei von
seiner Gattin nahm *).
Maria, welche ihre BSthe mit einer Art
kindlicher Verehrung lieble, hatte Alles, was
in ihren Kräften stand, vetsncht, das Todesur-
theil abzuwenden. Sie hatte ihre Procoratocen
za dem Tribunal als Beisitzer gesandt, aber nan
trieb sie von dannen. Sie hatte selbst an die
Sttbide geschrieben und die alten Landesrechte
für die Gefangenen geltend gemacht; aber ihre
Briefe wurden Terspottet ""). Jetzt trachtete sie
den Vollzog des Urtheils nm jeden Preis xu
verhindern. Verkleidete Sendlinge waren schon
einige Tage vorher anter dem Volke hemrage-
gangen, nm das Mitleid der Menge zn erre^n,
rachsüchtigen Charakter, -wie bei den Flamindern, und zamal
in den Städten Gent and Brggge. Es waren xai lind diua
noch die Wirkungen einer von Prieitein geleiteten bigottan
nnd &Dstem Erziehung, weldie bl«M den VaraUnd znr Pfif-
figkeit ((bärit, dai Herz aber unveredelt läast. Die Revolu-
tion von 1890 bat neuerdingg achauervolle Belege geliefert.
") Vergl. den Briet an die Dame dkpoitiet et du
Süillanl, bei Barmlt XI.
") Pont. V. Hnttr meldet dieu auMlrildüich, doch
dieser alMa.
DyGoogle
Als die Z«it endlich «ich g«näh«rt, wo derselb«
vor sich gehen loUte« verliess «ie deo Palast
KU Fasse , in Trauet gekleidet^ das Haapt
mit einem einfachen Schleier Tethöllt, und
eilte dem Stadthanse 2u, das Leben ihrer ge-
treuen Diener sich zn erbitten. Sie ward nicht
angefaört. In Wahrheit — rief der GiossschÖffe
TOD Gent ihr zu — sie sind ohne triftigen
Grand Terurtheilt ; aber Ihr seht, Madame, dass
das ganze Volle in Wuth ist; man musa es
wohl «ofrieden stellen *).
Die Gefangenen wurden Donmebr ans ihrem
Kerker hervor und auf einen Karren gebracht
Der Zug ging dem Marktplatze zu; eine nner-
messliche Menge Volkes drängte sich zu dem
blutigen Schauspiel. Die Gliedmassen des Kanz-
lers und Imbercourta waren von der Folter so
zerrttdert und zerschlagen, daaa sie nicht mehr
sieh halten konnten, sondern auf das Scbafibtt
hinaufgetragen werden mnaaten. Maria, beiden
gtftssliohen Anblick erbebend , wendete sich,
DÜt anfgelösten Haaren, mit Thräaen in den
Augen ubd mit Worten, die von lautem Schluch-
zen oft unterbrochen wurden» bald links, bald
rechts nn die Wütlienden und flehte: Mitleid
init ihr zu haben und die alten getreuen Räthe
ihres Vaters, die Stützen und PAeger ihrer Ju-
*) Eins «liehe Spnohe nag woU auch der Birgti-
nntter tm Combnigghe im Jatuv 1880 geführt haban.
DyGoogle
140
gend, ihr za Bchenken , welche auB LeideDSchaft
und wider alles Recht verurtheilt worden.
Schon begann bei einem Theile der Za-
sehauer das Mitleid sich za regen ; die Persön-
lichkeit der Fürstin regte das Interesse an, nnd
es ging Unt der Rnf omher, ihr die Freude
zu machen; allein der andere Tfaeil schrie mit
entsetzlichem Griiiune: „die Verrälher müssen
sterben!" Schon erhoben beide Parteien die
Piken wider einander, nnd ein Bürgerkampf
drohte mitten in der Stadt auszubrechen, ab
einige der entschiedensten Häupter der wüthen-
den Partei den Henkern zuriefen: ihre Pflicht
za thnn, was denn auch rasch geschah").
Als Maria das Blat der drei MSnner hinnn-
terströmen sah, sank sie ohnmächtig zusammen
und ward halblodt nach Hanse getragen. Län-
gere Zeit überliesB sie sich, zum Bewnsstsein
wieder envacht, dem grenzenlosesten Sehmerze ;
es war nicht nur das Entsetzen über der Hin-
gewürgten Schicksal , es war anch zugleich
durchdringendes Gefühl von Allverlassenheit in
der kritischen Lage und eine Ahnung aller über
Bnrgnnd einbrechenden Drangsale.
Das bisher Erzählte ist grösstentheils aus
') Nach ttndem Bericbten vrard iu der Art abgeaümmt,
daii die fSr den Tod und die für die Gnade Sprechenden
je rechts oder lioka in eine Rmhe traten; dai Ergebnis
der HehcuU vru für den Tod.
DyGoogle
141
Fhüippe de Comminei geschöpft und tr> also
dessen eigetithümliche Farbe. Die meisten
neqern Geschichtschreiber , selbst Barante, ha-
ben mehr oder minder es nachgesprochen. Al-
lein zur Steuer der Wahrheit muss man beken-
nen, dass jener Staatsmann and SchriftBteltet
in der ganzen Sache etwas interessirt er-
scheint, nnd sein Urtheil daher dem Verdachte
der Befangenheit nicht ganz entgeht; dass fer-
ner das Benehmen der Räthe auch noch von
andern Seiten zn ptnfen ist, als bloss von den
bisher aufgestellten Gesichtspnnkten , nnd dass
wirklich Thatsachen vorliegen, welche anf ihren
Charakter ein zweidentiges Licht werfen, die
Handlungen der Gentet aber in moralischer nnd
juristischer Hinsicht wenigstens in etwas mildern.
Eine Note bei Olivier de la ßfarche')y der
dem burgundtsch-habsburgischen Interesse sehr
ergeben und in der Hauptsache stets ein siche-
rer Gewährsmann ist, spricht ziemlich nngän-
"tig gegen Hagonet nnd Lnbercourt sieb ans,
und wirft ihnen geradezu Verrath gegen den
Herzog Karl und Begünstigung der Interessen
des Königs vor.
Gleichzeitige Denkschriften nnd Chroniken
vereinigen sich', dem Herrn von Argenton ent-
gegen, in der Anklage der Räthe, und es ist
von wichtigen Actenitüeken die Bede, welche
') MianittB dup.
DyGoogle
142
Karl der Eähne noch in laiRma Feldlager vor
Nanc^ fertigte, nnd deren Kenntnits zur rech-
ten Zeit über das Schickval des Forsten nnd
dea Heeres Tielleicht anders entscldeden haben
würde; diese Actenstiicke soll der Kanzler un-
terscfalagen nnd in einem Schranke bei sich auf-
bewahrt haben. Diese Thatsacbe, welche spä-
ter rnehbar geworden. Sei einer der Haapt-
beweggrfinde des anrersühiiticben Haue» der
Center gegen die trealosen Diener ihres Herrn
gewesen , eines Hastei , der nnr in ibrem Blute
gel&icht werden konnte. Freiluh ist diese Note
nicht von de la Marcbe selber, sondern von
dem Cominentatof desselben; aber er beiaft
sich anf Zengnisse , die niciit so leicht xtt ver*
werfen sind. In dieser Hinsicht wäre denn die
Behanptong von Commines, das» der blatige
Act ein Werk persönlicher Racbe gewesen,
■ehr zu emässigen, and auf jeden Fall bleibt
f3r den denkenden Leser das Protoktrfl nicht
gecchlosaen *).
8e Tiel ist jedoch ancb anf der andern Seite
imnerhin wabr, dass die Farm, in welcher der
Prozess geführt, nnd die wilde ErlHftertmg, mit
der er betrieben worden, sehr gegen die Cen-
ter zeagen, and dass nameatUcb der Umstand
der Tbeilnabme Wilhelm« von der Mark, dei
*) Deute hat zaent wieder auf dieien Uputuid >af-
merkMUi gemacht, Hüloin de la Belgifpi*, 'S. V. p^ tM «qq.
DyGoogle
-^ 143
blol^erigsten Mratoes Jener Zeit, am Verhör
und am Ürtheil einen adtweren Verddcfait ^gea
ihre UnbefangeDbeit in dieser Sache begrändet*).
Auf die Hinrichtung der beiden Bäthe folgte
eJD« völlige Veränderung im Stadtregiment und
ira Hofitaats, Eine starke bewaffnete Mitdit
besetzte den Markt, wie zur Zeit der frühem
Rerplutioncn. Alle bnrgandiube Beamten und
Diener wurden Te^agt, mbshandelt oder ge-
brandscfastzt. Vielen zändete man das Haas
über dem Kopfe an. Alles diees geschah nntm
dem Titel gneohtar Znchtigang gegen Feinde
der Stadt und Verräther am Vaterlande "*). Die
HerxegiBoWittwe musste die Stadt veriassen,
als Haaptnrheberiii der InCrike, und ebenso der
Herr von RaTengtein, als Mitnnterzeichner des
Krw&hirten Briefes. De« Bischof Ton Lüttich,
weleher nach aetser Stadt zurück wollte, zwang .
man in Gent zu bleiben, indem alle Thore ge-
sperrt wurden. Maria selbst ward unter ge-
tnaer Aobicht gebalte«, und, aaeh des Herrn
') Aaf bSehrt mpasMade Wei«« auckt VariBoM (Hiatoiie
dt Louii XI.) die Sache zb GiBMttn iet znei Rätbe zn
erkULren. Er führt eiMa Artikd dea Friaiso« vea AriM
(1435) an, aaf welchen die Gefangenen sich bemfen; alleia
dieser Artikel findet üch In dieseiu Friedenavertrage gar
nidit vor.
") Sie kamen, wie in neuester Zeit die getreuen An-
hSuget de» Königs und der Verfaaanng, in den Bau» dtr
»UM«.
:.Googlc
von Argenton hdchst adelig- vornehmer Bemer-
koDg, in die Hfinde der alten Verfolget ihres
Vaters übergeben, welche übrigens in ihren
Handlungen immer melir Narrheit als Bosheit
verriethen, und grobe Handwerks! ente waren,
ohne allen Credit nnd ohne alle Kenntnis« der
zar Begiemng von Staaten erfoderlichen Dinge.
Die Fürstin konnte fortan weder einen Brief
lesen noch' einen Besuch annehmen, ohne be-
sondere Erlaubniss der Genter. SämmtUche
Anhänger des Hofes wurden hierauf ihrer Stel-
len entsetzt und durch entschiedene Demagogen
besetzt.
Die Zwischenzeit benatzte der französische
KSnig bestens, am durch Drohung, Gewalt und
Verführung fast aller Städte von Artois nnd
der Pikardie sich zu bemächtigen. Der Pöbel
in denselben war auch nicht nnthätig, sondern
plünderte, sengte und mordete nach Herzens-
lust. Die meisten Edelleule jener Provinzen
hielten es mit Ludwig, and beschleunigten ver-
rfitherisch die Uebergabe mehr als eines Platzes.
Der König hielt hier Wort und bezahlte gut
and schnell. Am meisten tmg durch seine Kün-
ste der nichtswürdige Herr von Esqnerdes, Phi-
lippe de Crevecoeur, hei, welcher mehr als ir-
gend ein anderer Vertäther dem Hause Bur-
gund anberechenbaren Schaden zufügte *). Es
*) Et hatte gleichwohl wenig Unadi« hierzu, denn e
DyGoogle
— Ui —
war in diesem Mantie etwas Diabolisches, was
mit Ludwig XI. mehr als homogenirte , und die
Schlechtigkeit seines Charakters war ebenso
gross, als seia Genie, sein Unternehmungsgeist
nnd seine Tapferkeit. Die schimpflichsten Sce-
nen fielen in Folge seines Yerfuhrnngseifers zn
, Theroueane und Hesdin vor; die ärgerlichsten
za Boulogne. Der König, gleich als wollte er
alles Recht noch durch feierlichen Znsatz ver-
spotten, machte die Herrschaft dieser, zu Artois
(lehenhar) gehörigen, Stadt der Jangiran Maria
znm Geschenk, zu welcher er stets eine beson-
,dere Andacht trug, und welche in jenen Mauern
besonders heilig war; darauf kniete er, ohne
Gürtel und Sporen, vor ihrem Bilde nieder and
empfing von ihr Boulogne zu Lehen. Als Zei-
chen der Vasallen Schaft aber legte er ein golde-
nes Herz, im Gewicht von 2000 Thalern, nieder
nnd setzte eine ähnliche Verpflichtung für alle
seine Nachfolger fest. Es war eine Art Versach,
den Himmel zu bestechen, dass er einen Schel-
menstreich gut heissen sollte.
Das Volk selbst theilte nicht überall gleiche
Sympathie für die Franzosen i an vielen Orten
musste nachdrückliche Gewalt angewendet wer-
den. Besonders zeigte sich der Widerstand im
Hennegau heftig, obgleich hier die Sprachvet-
war Tom Hofe jederzeit mit Woliltbaten i^berhäuft vrorden.
J>i>th ynr söne Treue glüch An&iigs bezwnfell worden.
I. 10
..gniod., Google
^— 146
wandtaohaft die Gemüther sich oäher hätte brin-
gen aoIleD. Arru weigerte sich, dieThore den
Trappen zn öffnen, selbst nachdem der Konig
einige Zeit zavor Aufnahme erhalten hatte.
Die Hauptmasse der entschiedenen Bargander,
Reste des geschlagenen Heeres oder Flüchtlinge
ans den Städten, hatte sich hier concentrirt. ,
Aber der schlimme Geist, Philipp ron Creve-
GOenr, vereitelte anch hier die Anstrenguogeo
der Bessern; es kam ein nener Vergleich zu
Stande, welcher Folgendes festsetzte : Dem KÖ>
nige wird der Eid der Trene, nnd seinen bür-
gerlichen wie den Kriegs-Behörden Gehorsam bis
za den Augenblick geschworen, wo die Herzo-
gin für die Grafschaft Artois die Lebenspflicht
in der Weise geleistet hat, zu welcher sie ge-
halten ist. Auf den Fall, dass sie dessen sich
weigern nnd einen Feind des Königs zum Ge-
mahl erküren würde, erkennen die StBnde von
Artois die Gra&chaft als bleibend bei der Krone
Frankreich an , nnter Vorbehalt aller alten
Rechte nnd Ge&eitheiten. Der Königs einerseits
sichert allgemeine Verzeihung des Geschehenen
m, und verpflichtet sich, alle Angestellten bei
ihren Aemtern zn lassen; für die meisten war
letzteres die Hauptsache.
Der König sowohl als seine Bevollmäch-
tigten Hessen sich's äusserst angelegen sein,
den Fodemngen und Wünschen der Provinzen,
hinsichtlich der Localbedürfhisse, durch Amne-
DyGoogle
14T
stie, Erleichternng der Abgaben and ZdUe, und
durch Erweiteriing dei Bechte dw Bürger tu
genügen; und deonocii genvann nun ihre Her-
zen nnd ihre Treue nicht. Kaum hatte Ludwig
(Anfangt April) di* Stadt Arras verlassen, so
griff die Gegenpartei wiederum zu dea Waffen
, and erhielt die Oberhand. Die Thoie woiden
geschlossen and alle VerbinduDg mit der Un-
terstadt nad der fipanaflsisehen Besalaang darin
nntMbrochen. Der Bischof, Cardiiud von Bour-
bon, gerieth in Lebensgefahr, ujid Herr de
Lude, der Befehlshaber der Giti, mnssla sich
starker befestigen und Geschnts herbAfühien
lassen.
Der Aufstand, welcher zu Arras mit Glück
gebildet worden, theilte sich auch andern Stfid»
ten der Provinz mit. Donai, Lille nnd Orchies
sympathisitteu mit jener, nnd man unterstützte
sieb gegenseitig mit Waffen. Der Hfraptrest
des vor Nancy geschlagenen Heeres lag in die-
sen letztern OitCD und ergriff begierig die Ge-
legenheit, sieb wieder aassozeiohnen und die
Ungereohtigkek des ^liicksals durch neue
Tapferkeit gut m machen.
Ein bargondischer Edelmann von Entschlos-
senheit, Herr von Arel, welcher delr Prio»
zessfn standhaft treu gehlieheu, stefite sieh an
die Spitze.
Sofort sendete man an den Cardinal, ihn
•idlufodem, d«is «r SitJierheitsbriefB &r'Ab-
10"
..gniod., Google
148
geordnete an den König ond an die Herzogin
ausfertige. Bourbon gewährte. Nach Hesdin,
wo ersterer damals sich anfielt , S^'^S Meister
Oadart de Bussi, ein Pariser von Gebart, aber
in Burgand eingebürgert, an der Spitze mehre-
rer Andern ab. Es war diess ein gleich ver-
ständiger, wie rechtlicher Mann, in seinen
GmadsStzen anbestechlich , in seinen Gefühlen
unbeugsam. Er widerstand den Lockungen des
Königs , welcher durch eine Parlamentsrath-
Stelle ihn hinüberzuziehen gehofft. Der König
empfing die Abgeordneten gnädig und erwiderte
ihnen %uf die Bemerkung, daas sie an den Hof
der Prinzessin nanmehr gehen wurden, um sie
vom Zustande der Stadt zu unterrichten: „Sie
waren gescbeidte Leute, welche wiissten, was
sie m thun hätten." Ohne Verzag reisten sie
anch wirklich nach Gent.
Während sie auf den Weg sich gemacht,
waren die Besatzungen von ValencieaneB , Lille,
Oonai und Orchies , den Herrn von Arci an
der Spitze, aufgebrochen, nm in Arras einzu-
dringen. Da die Burgunder stolz genug waren,
nm nächtlichen Einzag zn verschmähen, ward
den bestürzten Franzosen Zeit gelassen, sich
tum äussersten Widerstände zu rüsten und die
Verstärkung der Kriegsmacht in der obern Stadt
SU verhindern. In der That erhielt Lude die
Oberhand, und nur Arci selbst, mit ungefilbr
600 Mann, konnte in die Stadt sieh werfen. Der
., Google
149
König empfand über die Nachricht voo dieser
Bewegung solche Wnth, and über die von dem
glücklichen Aasgange solchen Uebermuth, dass
er alabald Befehl gab, die Abgeordneten von
Arras auf dem Wege einzuholen and zn ver-
haften. Zu Lena wurden sie, friedlich beim Mit-
tagsmahl sitzend, überrascht und nach Hesdin
geführt. Meister Triatran befolgte die Gedan-
ken seines Herrn gewissenhaft und liess sie fast
in dem Augenblicke ihrer Ankunft hinrichten. Als
Ludwig hievon Kunde erhalten, belobte er den
Eifer seines Dieneis, und veranataltete nur noch,
dass der Kopf Meister Oudarts wieder aus der
Erde genommen und mit einem schartachnen und
mit Hermelin verzierten Pelze angethan , wie es
damals den Parlamentsräthen gebührte, auf dem
Markte zu Hesdin ausgestellt würde. Solch
gransamen Spott trieb der König noch mit den
Opfern, die er geschlachtet, und noch wider-
licher klingt der Inhalt seines Schieibena an
den Herrn von Breasuire, worin der Vorfall
mit teuSitcher Schadenfreude and empörend-
eisigem Lakonismus mitgethellt wnrde.
Die zu Arraa wurden jedoch durch die Be-
richte liieTon nur zu grösserem Hasse, ja bis
zu einer an Wahnsinn grenzenden Wuth ge-
steigert. Sie überschütteten die Franzosen von
den Maaern beronter mit Schimpfworten und
Spottliedera; nod als der König in P«raon her*
zog, die Belagemng lu betreiben, entwickelten
..gniod., Google
sie in der Vertheiäigang eine M furchtbare
Kraft t daM viele der tapfetaten Krieger ihm
«niBhltgeii wnrden and er seibat in Lebensge-
fahr g«rieth. Allein ' diese Kraft erlftbmte an
der Uebemiaoht mni Kriegsnacht der Belagerer,
und erst, ala eia Theil der Mauern geworfen
und tlle Ausfälle zuräokgetrieben worden, mi>
bea die von Arras ihre verZweifluiigBTollfi h»ge
ein. Der trotzige Uebermnth verwandelte
sich in demfilbiges Flehen. Man onterhandelte,
und Lndwig nahm ihre Ergebung Bclbst auf
die Bedingung an, Ana» die BaaatEung frei ab-
ziefaen durfte und dvn Bürgern volle Aainestie
zngeiichert wurde. Er heuchelte Mitleid mit
dem annen Volke, das durch schlinam« Räthe
verführt worden, und beceigte seinen Absehen
vor Yergiessung alles MenBcfaenbluls. Darauf
hielt fii feierlichen Einzug in die Stadt, nicht
durch das Haupttbor. sondern dnroli die-fire-
Bche. Auf dem Markte tief er den Bürgeni Kui
,4hr seid grob g«gea mich ^weeen; . abtr idi
verzeih' Euch. Bleibt hinfür« mir gute Unter-
thanen, und ich will Ench ein gnftidiger Herr
sein ! "
Der König hielt sein Veraprecben wBgen
der Amnestie schlecht; denn Alles, was thäli-
gen Antheil an den Aufstände and an der Yer-
theidigung gegen 1ha genommen, ward hinge-
richtet Lude und die dto^- Befdblshaber,
welche er nach seinem Abrage über die Stadt
DyGoogle
- — 151
selxte, befolgten «ein Beispiel, und jeder Tag
Bah blutige Scfaaupiele und GüterconfiBcationea
in Menge.
Das RachegefUhl .der Einwohner stieg, und
die Hoffnungen der Erlösung erwachten. Man
suchte neue Unterhandinngen mit der Prinzei-
sin anzuknüpfen; aber sie wurden entdeckt, und
neue Opfer fielen. Die französischen Hänpt-
litige bereicherten sich mit dem Gate derselben,
sowie durch Erpressungen jeglicher Art auf das
SchimpfiUchBte und uiachten jede Annäherung
der Gemüther unmöglich. Andrerseits sprach
auch der Cardinal von Bourbon, inzwischen
zum Abte Ton St. Waast ernannt, durch ein
höclut luderliches Leben den Leiden des Lan-
des Hohn, ood die Domherren, welche sich
seiner woUögtigen Verschwendung zu wider-
setzen wagten, wurden von ihm als Rebellen
gegen den König vertrieben.
Aber wir kehren nunmehr von den wechsel-
reicheu Kriegsbegebnissen an den Hof zorfiek.
Nachdem das Blntwerk in Gent vorüber, 'er-
suchte BrSgge die Iranemde Fünitin, in seine
Manem zu kommen und ihren Sitz hinfSro hier
aufzuschlagen. Maria , wohl wissend , dass
der öffentliche GeiBt in letzterm Orte nicht viel
besser als in ersterm bestellt sei, erwiederte:
„Wenn sie von einem Kriegslärm nur in den
andern hineingerathen sollte, so ziehe läe es
vor, in Gent zu verbleiben." Die Behörden ver-
DyGoogle
152
sicherten sie jedoch, dass ihr nicht die gering-
. ste Unrnhe in Brügge znstossen sollte, nnd so
entschloss sie sich denn eadlich, in Folge wie-
derholter dringender Einladungen, nach einge-
holtem Ralh ihrer edlen Herren, zur Reise da-
hin auf Ostern desselben Jahres.
Wirklich ward nm die bestimmte Zeit'Ton
Gent aufgebrochen; man geleitete die Fürstin
his Ursel mit stattlichem Gefolge. Die Brüg-
ger aber zogen entgegen mit einer grossen Menge
Volks, mit Schntters and Bogenschützen, in
reich geschmückten Harnischen, theils zu Pferd
und theils zn Fnss. Ebenso ritten eine beträcht-
liche Zahl edler Herren ond Franen mit; in
Sänften und auf Rossen, kostbar ausataffirt.
Die Stadt hatte in ihren Mauern selbst Nichts
versäumt, um durch Pracht nnd Festlichkeiten
die Freudenlose aufzuheitern. Das Krenzthor
war ganz mit weissen Tüchern behangen, woran,
gehalten durch feine Kordeln, zwei schwarze
Schilde mit den Wappen und Devisen, von Bur-
guhd und der goldenen Namensziifer : M. befe-
stigt waren. Mitten auf dem PfeUei, der die
beiden Thorflügel trennte, hing eine kostbare
Tafel. Von dem Eingange in die Stadt bis zu
der Hofburg standen die Zünfte , in Spaliere anf-
geschaart, jede mit ihrem besondern Fähnlein,
und einem schönen Mädchen, das in weisser
Kleidung und mit Edelsteinen geschmückt, auf
einem Baldachin sagg.
DyGoogle
., 153
Die übrige schSne W«lt von Brügge kam in
geschmackvoll geoidneten ReiheD der Herzogia
entgegen nnd überreichte ihr mit passenden
Sprüchen nnd Anreden durch das Organ von
dreien, die man für die Königinnen des Tages
hielt, einen sinnig-gewnndenen Kranz ans Ro-
sen aof einer kostbaren Platte von Krystall;
diesB Geschenk machte Marien ein ganz beson-
deres Vergnügen, nnd sie erwiederte die Grösse
anf so geistvolle Art, als man von ihr erwar-
ten konnte.
Der Schönheit schloss sich die Kirche an,
repräsentirt in den Mitgliedern sämmtlicher
Stifte nnd Klöster, regnlären nnd nnregniären.
Darauf kam die edle Mnsica nnd liess in man-
nigfachen Variationen sich hören. Nach dieser
die bildende Knnst, mittelst biblischer, mytho-
logischer und allegorischer BildsSnlen mit In-
schriften. Die Geschichten von Moses, Axa
nnd Priarnns waren Gegenstand derselben *).
*) Item aen d' honde mnelenbragge dsec itoDt een rij~
chelic parc met itommen tigueren, hoe dat Moyses jonck
sijade, Terloat vras, ende daer stont gescrevea: „Orniiä
virgo it aqttii Mortem dttibtravil;" ende daer atont Doch
geacreven: „Domitnu Dent patntm ■eatromm, Deut
Abraham, Dea* Jtaae, Beut Jacob miiil ad nat. Item
Toor blaackeberghe stont een ander rijkelic parc, hoe dje
■chooDe maccht Axa die ben«dictie ontfine van hären vadere.
Bade daei »tont geacreven : „Axa Virgo beneüelioKem
Itacepit," ende daeronder atoDt noch geacrevcn: „Ommm
Optra ^ftu itt fiit: nte fiitn twaa UK^utm ntutmit ab to."
DyGoogle
154
Sie waren ia drei Abtheilungen oder Parken,
von der Mülileobtiicke bis zur Hofstatt, anf-
gestellt.
In der Hochstiasse , deren Wähnungen man
mit seltenm Tapeten and Tiiehem, schwarK,
weiss and grün von Farbe, behängen sah, hatte
der Handel seine ^nldigungen bereitet, nod
die Kaoflente der damals noch so reichen und
blähenden Stadt, je nach den verschiedenen
Nationen, versammelt. Eine der bedentendern
Wobnungen glänzte znmal durch Wappen,
woran eine Masse Gold verschwenderisch an-
gebracht, and vor Allem dasjenige des Kaisers
sn sehen war.
Die Prinzessia sass in einer Sänfte, gehüllt
in schwarzes Trauergewand und ohne besondern
Schmnck. Sie verliess sie, dankbar gegen das
Volk voa Zeit ta Zeit sich verneigend, erst,
als man im Prinzenhof angelangt. Dort ward
sie von den Wethonden der Stadt feierlich
begrusst.
Nach den ersten Feierlichkeiten desEmpfangs
fingen gleich wieder die Zwiste an. Die eigent-
Item voor mijaa heren baf stont «ea derde parc, sc«
rijckelic, hoe die ConioghiaiM van Panthasalia tbb den
CodIdc Pryaen van Trayeo bCjdelic ontfangen was, ende
daer iloot getcrevec: ,^anthutalia virga ix ciciMteH
tresattani amicabÜiler reetpta fuit." Ende daer itoot
nach gesnevMi: ,^ faclum ttt gauiiiim m Uta ewitote
mm tKrbtt pbinm» etc."
DyGoogle
165 •
liehen Bürger und die sogenanntMi Fr^sa strit-
ten seit Ififlgerer Zmt über gegenseitige Rechte,
und Maria ward am Unterdrückuag dieser Letz-
tern, Howia nni Auirechthaltung und £rweite-
nng der Pzivilegien der Erstero dringend an-
gegangen. Es kam beinahe unter ihren Aagen
zu Thätliehkeiten, da die Zünfte bewaffnet aof
dem Markte eine drohende Stellnng eiaUahmen
und alle onbeUebten Mitglieder der Stadtbe-
herde gefangen setzten "). Mit Mühe ward eis
blutiger Ausbrach verhindert. Das Nähere er-
a&blt die Bechtsgeschichte der NiMlerbnde un-
ter MarieüB Regierung im Zusammcohange.
Das System, welches die Genter im revolo-
tionSxed TanSMl eingeschlagen, hielt gleich-
wohl nicht lange Stand. Mehrere von den
Uthebem der strengen Ordonnanzen wider die
burgundischen Bäthe, die Freundinnen Maiia's
und die Anhänger der fransSsisohen Partei ge-
reuete es s^OD nach wenig' Tagen wieder. Si«
gedachten des Wechseh der VerhHltaisse, und
dasB eines Tages die Ueberzengung wider 8ie
aufkommen könnte: sie h&tten die Interessen
des Landes und dw Fürstin sagleidi Terrathen,
' dadurch, das« sie zur Lostrennui^ der beiden
Burgunds von den Niederlanden und zur Ver-
einigung der erstem mit Frankreich gewirkt.
*) Die ExctBente Ckronytte von Flantiltrm \n meh-
DyGöogle
156
Allein wi« sehr anch diese spätere Ansicht
über die anfängliche Leidenschaft gesi^t, so
hielt doch falsche Schaam, die den Irrtham oder
die Leidenschaft nicht gestehen wollte, nnd
Furcht vor Ahndong; der Prinzessin sie ab, das
Werk ihrer Ränke wiedernm rückgängig, und
ihre Gebieterin xo mächtig zn machen, dass
ihr solche Ahndung möglich werden konnte.
Sie zogen es vor, anch ferner noch auf die
Schicksale Jener überwiegenden Einfluss zn üben
und ihre plebejischen Anmaassungen auf Kosten
der geschmälerten Fürsten macht fortzusetzen.
Doch geboten Ehre nnd Selbsterhaltnog, die
Franzosen wenigstens von Angriffen auf das
noch unverletzte Gebiet der Niederlande abzu-
halten, nachdem Artois bereits in deren Gewalt
geralhen war. Die Genter rüsteten also ein Heer
aus, bestehend aus etwa 15,000 Mann, theils
Reiterei, theils Fussvolk. Eine Zeit lang im
Zweifel, welchen Feldherrn sie darüber bestel-
len sollten, fiel endlich ihre Wahl auf einen
Fürsten, welcher — nach dem Ausdrucke eines
französischen Geschieht Schreibers — ^von Gott
nnd den Menschen gleich sehr veräacht war."
Es ist im Leben der Margarethe von York
bereits angemerkt wordeo, dass Mariens Vater
den grausamen nnd vatermörderischen Herzog
von Geldern, Adolf, zu ewiger Haft verurtheilt
halte» nachdem er zuvor ihn seines tyrannisch
beherrschten liandes berauht. Diesen Prinzen
DyGoogle
157
. halten die Machthaber den Tages ans seinem
Gefängnisse hervor und übergaben ihm den
Befehl über die bewaffnete Macht von Bur-
gund. Sie verbanden damit den Plan einer Hei-
rathj womit der frühere, die Wahl eines teut-
scben Fürsten dritten Ranges, glücklich verein-
fiart schien. Durch Veiwirklichang desselben
sicherten sie sich eine bestfindige Oberleitung
der öftentlicben Angelegenheiten, da Adolfs Per-
sönlichkeit nnd Dankbarkeit ansser alle Gefahr
von seiner Seite sie versetzte; nnd zugleich
fanden sie einen legitimen Anlass, den stolzen
Sinn der ihnen grollenden Fürstin empfindlich
ZQ demülbigen, dadurch, daas sie dieselbe znm
Ehebnnd mit einem Menschen zwangen, vor
dem sie, wie vor Niemanden, Ekel nnd Grauen
empfand. Die reichste Erbin von Europa sollte
durch diese teuflische Politik zugleich die un-
glückseligste aller lürstlichen Frauen werden.
Allein ihr Todfeind , der König von Frankreich,
welcher um diese Zeit unablässig auf ihr Ver-
derben sann, ward wider Willen ihr Retter,
nnd befreite sie von einer Verbindung, welche
ihr bitterer däachte als der Tod, und welche
ihrem Herzen den ersehnten Gatten ihrer Wahl,
dem Hause Oeste'rreich aber einen nnzuberech-
nenden Zuwachs seiner ohnehin schon bedeut-
samen Hausmacbt verschaffte *).
■y rwtOai, ICstoire da Roy Lovja XT.
..gniod., Google
158
Bereits ist der gateo Dienste gedacht wor-
deii} welche OUvier, der Teufel, seinem Herrn
bei vlelMi diplomatischen Geschäften, anch in
den Niederlanden, geleistet; sodann jedoch des
unglücklichen Erfolges der letzten Sendnag nach
Gent,' die der zum Grafen von Melun erho-
bene Barbier nach Gent übernommen, radlich
der Affairen Ton Domik, Der Herr' von Moa]*
versuchte . fort nnd fort, nnnmehr die Genter
darch Schrecken zu freendliciierM' Sprache zn
zwingen, nnd Terwüstete Alles mit Feuer und
Schwert bis in die Umgegend ihrer Stadt. Adolf
von Geldern erhielt also den Auftrag, den Fran-
zosen Aehnliches im Gebiete Ton.Doxnik zn ver-
gelten y und .man sagte ihm die Hand der Prin-
zessin, als Preis des Gelingens, -ani. Die Macht-
haber verhiessen, dieselbe mit Gewalt dazu zn
zwingen, falls sie in Güte sich nicht bequemen
wollte. Allein das Schicksal war milder als
die Genter, und liess diesen Grfiuel nicht ku.
Eine Kugel raffte den Wütheiich in einem
Treffen hinweg, dos mit fdnnlicher Niederlage
der Genter endigte. Die Uebergabe von Cam-
bray folgte schnell anf dieseo Schlag.
Maria heuchelte darüber eineb Schmerz, den
sie nicht empfand; denn ihr Inneres jnbelte
vielmehr über ein Ereigniss, welches den ver-
hasstesten aller Menschen und eine grosse An-
zahl Werkzeuge schimpflicher Tyrannei zu glei-
cher Zeit ans dem Wege ihr gerftnmt, . Die
DyGoogle
159
G«Dter, empfindlich über den erlitteDen Yer-
loBt, mUchten sich fortan weniger als biehei:
in die Innern Angelegenheiten des Palastes, und
ihre Freunde hatten wieder freiem Zutritt. Man
arbeitete demnach von nun an mehr dipl(>niatiach,
nm ihr HerK oder ihren Verstand für den einen
oder andern Freier za bestechen.
Der Bischof von Lütüch, Ludwig Ton Bour-
boo, wie schon &üher bemerkt worden, die
Seele der firanzSsisclien Partei, nnd als ihr
Oheim und väterlicher Freund, sonst in vielen
Dingen ihr vertraoter Rathgeber war fSr die
Heirath mit dem Dauphin wie zuvor eifrig be-
müht; allein die Anhänger der entgegengesetzten
Systeme wussten vom Hofe ihn zu vertreiben,
nnd ei erlag zu Lüttich der Rache der Einwoh-
ner und der Eisenhand des Ebers der Ardennea
auf furchtbare Weise.
Die zweite Partei war für den altern Sohn
des Herzogs von Cleve, Adolf zu Ravenslein,
welcher am Hofe von Bnrgnnd ebenfalls die
Rolle eines väterlichen Freundes spielte, und
Marien, als von den Gentem bestellter Vor-
mund, fortwährend wie unter der Ruthe hielt*).
Allein diesem Plane stellten sich mehrere
*) Er war ögentlicli su gldcher Zdt ebne Art von
Generalgabemator in Flandern; Jan van DuyttU, oder
Dazaele, hingegen Generalcapitän der Stadt Gent und
OberanfUrer d«r Schotten.
..gniod., Google
HinderDiase Entgegen. Das Gebiet von Clere
irrenzte so nahe bq Holland, dass zn befürch-
ten war, der künftige Gemahl der Herzogin
könnte einst der Macht Gents sehr gefShrlich
werden, nnd zn jeder Zeit gar leicht teutsche
Trappen bis hart an ihre Thore bringen , schon
unter dem Vorwande, wider Frankreich sie zu
führen.
Das zweite Uinderniss lag in der Gemüths-
Btimmnng beider nächsten Interessenten selbst.
Der junge Prinz und Maria waren mit einander
anferzogen worden und hatten allzugenan per-
sönlich sich kennen gelernt, als däss Täa<
schnng von fremder Seite hier stattfinden konnte.
Cleve, nicht unangenehm von Gestalt, aber bös
von Gesinnung und entarteten Geistes, war
nicht der Mann, welcher der hellgebildeten und
tugendhaften Prinzessin würdig schien. Maria
hatte seine Fehler alle mit jenem neugierigen
Scharfsinn beobachtet, welcher jungen Frauen-
zimmern zu Gebote steht, und mit welchem sie
diejenigen bald durchschauen, die man plan-
mässig ihnen zur Ehe aufdringen will, ohne
abzuwarten, oh sie selbst nur im Herzen Liebe
für sie fühlen. Sein ganzer Charakter lag klar
vor ihr aufgeschlagen. Die Zeit, welche ho
manchen Unrollkonimenheiten ein milderes Ge-
präge giebt, hatte Nichts gethan, um diejeni-
gen des Prinzen bei ihr vergessen zn machen;
ja sie hatte vielmehr die innere Abneigung zu
DyGoogle
einem Grade von Vtiracbtung gesteigert, welcbeF
mit einem, aach nalr halbwegs frenndschaftlicben
Verh<DiiSse sich keineswegs vertrag. Trotz
der nnaofhorliehen ZndriDglichkeilen des Vaters
konnte sie diess Gefühl nicht ganz bezwingen,
and wie immer die Umstände und die Bedürf-
nisse ihres Landes ihren schleunigen Entscbloss
zu einem die Parteien so berahigenden Schritt,
wie die Wahl eines Gatten, sie auflodern moch-
ten, 80 war Maria dennoch offenherzig genng,
zugestehen: dass, wenn sie auch einst, in Folge
väterlichen Willens, Gewalt genug über sich be-
hauptet, um dnrch eine Vermählung mit dem Prin-
zen, den sie niemals lieben gekonnt, ja wofal
verachtet hatte, sich unglücklich zu machen,
sie doch jetzt, aU selbstständige Meisterin ihres
Schicksals, zu einem solchen Schritte sich kei-
neswegs berufen fühle, der ihre Person einzig
und allein betreffe. Nach dieser Erklärung,
welche das Herz des Vaters allerdings verwun-
den konnte, sendete der Herzog seihen Sohn
nach Cleve zurück ').
Der dritte Freier war d<t|' .JG^aS de Rivers,
König Eduards IV. von England Schwager vob
seiner Gemahlin her. Er besaas ausgezeichnete
Vorzüge des KSrpers und des Geistes. Für ihn
arbeitete Mariens Stiefmutter, welche mit der
nicht minder einflussreichen Königin übet poli-
■) Nach Farilbn; p. 2504^360.
l. 11
DyGoogle
ÜBche EreignisM bftufig tvßwnmwVirkta unä
von ibrwn Brnder veM«hlBdeii dof^t« '). Sie v«r-
bie« in dem Falle einer Vsnuqblttng Miwift» mit
den Qritf«n 4«n BiQ^h £agl«t)d« mit Frankreich,
du» £r«eheinfln «iwr «ngUwhen Awnee jo Flan-
d4in« den Abtohluss eine« ^olmtR- und TniU-
bündnifl»«« mit d«n Niederlanden und die Wie-
dereroberong aller durch Ludwig XI. erebwten
Provinxon, AUeio reravbiedene Un^tilnde nnd
mra«l die wadusme ^ferBocht Edofirda traten
hemmend diesem Plane entgegen. Später soUte
der Heryog von CUrenoe an die Stelle des
Grafen treten "").
*) Fartllai redet also tob der KSalgln von Bnglftnd :
„qiü gMiTornoit le Roy wn maiy par eea duurmet ti \ea
Aacloi* pv ion tinnt",
**) SeltMim gmag Mxlt Varitbu tack noch Polgen-
dM) tiLa HUle «how, 9*1 pwDquoit au Coint« do Eirlm,
ebut da n'Mr« pM ni de Uaison SoDTaraine: cependant
eile guf^t peur liij' dQOwr raxcliuian. On a ddja remaiv
qa£, qoe Marie de Boargogne ägit des dcax Cdtez soitie
de I'augDste Mnison de France. Elle 89avoit, qu'il n'y
avoit polnt d'aDIaiice toet-ä-Mt conveaable ponr eile hors
de cette HalaoR; et iquo;fqa'aIla fdt reaala« de D'^pauier
aami ^no^mM, eile «iroit 4t4 ^«Me, qqe Lonia Ouia
tut litn <le lu} räprpciher, qit'elle «e f4t mäwlliancte jus-
qil'au pojrn de se donaer U.n ho|B|]ie ai et ileyi dana la
copdition privie." p. 260 — «61. Also das Haus Yorjc,
welches SD lange mit dem Bnidergeschlechte Lancaster um
Englands Krone buhlte, war Lein königlichcst als» ^e Vcr-
bindang einer Valota mit dneiQ Schwtgei dca Königs von
..gniod., Google
— ie3 —
Der Elrzherzog Maximilian ward der Glück-
liche > begUostigt darcb persünlichß Eigenschaf-
ten, durch feierliche Verträge, durch günstige
Umstände, durch die Achtung' der Herzogin
Mutter and die eigen« Neigung Mariens. Beide
Letztern erinnerten sich gern und oft seiner
liebenswürdigen Erscheinung vor einer Anzahl
Jahren im Schlosse zn Hesdin. Margarethe und
die Frau von Hallewyn übernahmen, wie schon
früher gesagt, das Geschäft, ihn zu Geltend-
macbang des alten Verlöbnisses aufzufodern,
und tilgen beiden Theilen dazu ihre ei&igea
Dienste an. Die Bedenklichkeiten der Stände
wurden durch die naiv- energische Sprache der
Oberhofmeisterin besiegt, deren Philipp de
Commines selbst nicht ohne schalkhaftes Lä-
cheln gedenkt'), und welche zwar alle Umste-
henden zu schallendem Gelächter bewegte, aber
gleichwohl als triftig, natürlich nnd den Um-
ständen gemäss gefunden ward '*).
Der Einwilligung der Stände also sicher,
welche die wachsende Noth des Landes endlich
zu einem Entschlüsse gebracht, ordnete der
Eogland eine WiialUanee} Bin trauriger Geichichtachrei-
ber, vrelcbet nicht einmai die oothdüdligtte Genealogie
and die Reibe der Tbeilnchmer ut Stinlte der beidMi Ro-
•en keimt!
') nßMoim, L. vni.
") Pen». Beuter.
11'
..gniod^yGoOglc
_„ 164
Kaiser eine festliche Oesan^schaft, begleitet
TOD mehr als 300 Pferden , ab , aai gab ibnen
den kostbaren Ring mit, welchen sein Sohn
einst Ton Marien zamj P&nd ihrsr Trene er-
halten.
Die Antwerpener Chronik *) eixfthH, die Her-
xogin sei anmUtelbar TOr Ankunft dieser Bot-
schaft über die Niederlage and den Tod Adolfs
ron Cleve in Trauer versenkt gewesen-, ein Ana-
chronismas» welcher der epischen Haltung des
Ganzen enupricbt, nnd dem Verfasser, der Alles
voll Treu nnd Glauben beschreibt, versieben wer-
den mnsa. Vielleicht übte Maria in der That
noch eine Weile Verstellung (eine Kaust, worin
ihre eigen thümliohe Lage früh sie unterrichtet
haben mochte), um den Unwillen des Heisogs
über ihre biidierige Abaetgung zd «twaffnen
•der seine Frenndaehafi sieh wieder zu erwer-
ben, so langem Ut sie ihrer Sache gewiss
schien. Wir lassen, um den Leser des Reizes
dieser Einkleidsng nicht zu berauben, so viel
müg^ieh, die Chronik selbst reden.
Maria, von dem Ereignisse bei Doroik tief
etgriffen, rief ans: „Mein theurer Vetter und
Herr von Ravenstein t Was sollen wir nun
treiben! Haben wir doch den frommen Fürsten
von Geldern nnd alles Geschütz and eine grosse
Menge Volks verloren, das der gottvergessene
*) Pie womitrl^et*m Ootlogktn.
:.Googlc .
16&
Tonioy Giennaa uns ertödlet. O Bomont, edlet
Graf, und Ihr Herrea alle, die Ihr hier mich
mosteht, weu Bollen wie machen f Da eirt>
gegDete Letzterei : ,,Tre£ELiche Fürslin, gebt
Euoh doch znüriedea; es wird sich Alles zam
Bestea wenden: vertraut dem Willen GottM,
der wird es Each zum Glücke lenken!'* Mit
RoiBont vereinigten sich Bavenateia und Anders
in solchen Tc&itangen.
Während sie noch so sprachen, bau Heri
Jan van Daysele bereingeeilt nnd rief: „Gni-
digste Prinzeisin, «rhebt Euer Herz snr Freode,
denn ich bring' Euch neue Mähr." Mmia nickte
ungläubig, die erstickten TluSnen kaum zu-
rückhaltend, mit dem Haupte; da eiiählte Da;-
sele: dass eine Giesandtachaft von Seiten Kaiser
Friedrichs gekommen, bestehend ans den Erz-
biftchof von Trier, dem Bischof von Metz, dem
reichen Herzog Ludwig vop Baiarn and dem
Kanzler Jotten; diese begehrten bei ihr Gehör.
Die Hersogin hiess sie willkomme« sein and
gab Befehl xa ihrem festliohen Empfutg. Als
alle Anstalten getroffen waren, uad man die
Fremden bereits längs der SotcJde hfCaazivlkeA
sah , konnte Maria ihre Ungeduld nicht länger
bemeistem; sie bestieg ihren Renner und ritt,
umgeben Ton ihren schönsten Franen *), ihnen
') Die bade goddinui icheoen da» nanicliai, wtat «
mlle «eer rijdcelijck TMchierC vrarea. WonierL OtrUgk.
DyGoogle
166
entgegen. Die vier Hetreo hielten eine pas-
aende Anrede, welche sie sehr wohl aufnahm;
sie grÜBSte jeden insbesondere und kfisHte ihn
auf die Wange; das Entzücken entlockte ihr
sogar Thränen. Die Boten selbst standen ganz
verlorea im Anschauen der. reizenden Jung-
frau und bewunderten den Anstand, mit dem '
sie zu Pferde sass, und die Kraft, mit d^r sie
die Zügel hielt; denn „sie war sehr wild von
Geist." Den ganzen Weg über pflog man freand-
licfaer Reden, und Ritter und Hofdamen mach-
ten wechselseitig schnell Bekanntschaft unter-
einander ").
In der Hofburg angekommen, wurden sie
auf das herrlichste bewirthet; die Stadt, nach
alter Sitte , schenkte de'n Wein. Man überliess
sich nuninehro ganz der Freude, und sie öffnete
gegenseitig die Herzen. Maria klagte den Gä-
sten das grosse Leid, welches König Ludwig
täglich ihr und ihren Unterthanen zufüge, und
wie sie von Jedermanns Hülfe entblösst sei. Da
nahm der Erzbischof von Trier das Wort und
sagte: „Edle Prinzessin von Bnrgnnd! Uns
Viere haben der römische Kaiser Friedrich und
*) Pie viec ambasaaden reden aevea haer, en vrou
Marie reet tuachen hen vieren, en A ander heereo reden
al contende met baer dienatyrounen. Deo staet van hea
allea reet som vore som acbt«re. Äldai reden die heren
methen lieden te hove, dur d van bann peerden ston-
..gniod., Google
167
der Erzherzog von Oesterreich Maximilian hier-
her entaendet, um zu erfahren, ob das Verlöb-
nias in Kraft erhalten werden soll, welches
zwischen dem Letztem nnd Euch, mit Zastim-
mong Eorea Vaters, des Herzogs Karl seligen
Gedächtnisses, zuerst za Neuss und sodann zu
Trier, in Gegenwart vieler vornehmen Herren,
stattgefunden 1" Hierauf übergab der Sprecher
das eigenhändige Schreiben des alten . Kaisers
nnd den Diamantring, mit der fernem Frage,
ob sie denselben für den einst gegebenen er-
kenne? ")
Maria erwiederte: „Hochgeborne and edle
Herren! J)a% Wort, welches einst mein Vater
seliger, der Herzog Karl, ausgesprochen, das
soll in guter Würde aufrecht erhalten bleiben,
wenn anders die Stände meines Landes nicht
entgegen sind." Den Ring selbst, welchen. sie
küsste, erklärte sie für den einst an ihren
Bräutigam Maximilian iibermBchten. Von dem
Vertrage, der damals geschlossen worden, be-
sitze sie noch eine Abschrift. Die Grossen,
' welche Mitglieder der Stände waren , von
Bavenstein an der Spitze, erklärten sich, im
') J>er uoverachämte VariUat bemerkt: Maximilian
habe in der Manier Beines Laadea am die Prinzesain ang«-
haltea, d. h. „dans lea formea lei plus grossi^res." Hier
Buchte billigemüw ge&agt werden, weldie Zärtlichk^t
und Galanterie denn Ludwig XI. damala gegeu föratliciie
Frauen beobachtet?
.,gniod.,GoOgk-
_ 168
Namen derUebrigen, ungefragt, in bejahendem
Sinne. Daranf bat der Herzog von Baietn, vl-
cher die Apkanft Maximilians in Flandern vor
VerflasB eines Monata fest zasicberte, die Feier-
liclikeit des BeiLagers nach gewohnter Sitte
anzuordnen, womit Maria aisbald einverstanden
war. Ein glänzendes Fest ward an deinselbeD
Tage noch gehalten^ und nachdem die ganze
8tBdt, voll Hoffnung, durch eine endliche Ver-
mShlang ihrer Gebieterin den zweifelhaften Zu-'
stand der Dinge entfernt xa sehen , Theil daran
genommen, Bauket und Tanz geendigt, und Her-
ren und Damen sich entfernt, wurde die Fürstin
auf ein prachtvoll zugleich mit zwei Wappen ans-
Btaf^rles Bett, and zwischen sie und den Her-
zog, der in zierlichem Harnisch ebenfalls Platz
neben ihr nahm, ein blosses Schwert gelegt, zum
Zeichen, dass der Bräutigam gegen alle ihre
Feinde sie and ihr Land beschützen werde ').
*) Die Chronik drückt sich naiv also darüber aus:
„Ghi HeereD en Vron Marie, op die voorwaerde eo op die
Gondicie beloven wi n hier den prince, äai jon^e her''
toghe Maxiaiiliarai n te bringhene e«r een maent van deien
dagbe, ende Toort vron Marie moet ic u bealapen uiten
n»me van hem, ab in conterpande van aijn ghetronde nijf;
CD deen helft Tau lüjn Ucbaem moet ghenapent lijo tot
een littecken, dat hi uwe viandeD ral hnlpen keerea ende
BCt mtdite uit den velde tl«ea. KU ia du last dea Key-
■an ende ooc aiJDs soona Maximiliaso. Doen aprac her
Adolf van Baveileyn, segghende: Heer Hertoghe, ghi wlt
DyGoogle
Die Phantasie dei Verfassers der wnnder-
baren Kriegithaten lässt den feierUchea Act
am Ende des Abends vor sich gehen and eine
Wache von BogeiiaGhützen das fürstliche Ge-
mach behüten; allein es scheint aas andern
Berichten, dass er am Tage vorgenommen wor-
den sei, nnd zwar in Gegenwart der Herxogin-
Mnttei and der Bäthe. Nach ihm, sowie nach
mehreren andern holländischen, flämischen nnd
brabantischen Chroniken, hatte die Heirath auch
gar keine Einsprache erfahren; allein eine ge-
nauere Ansicht anderer Quellen, znmal des
Berichtes der Gesandten selbst, die Stellen des
Weisskunig nnd des Thenerdank, femer die
übrigen flandrischen , brabantischen und holtän-
discben Chroniken, welche «ämmtlich mit ein-
ander übereinstimmen , widerlegen das poetische
Gemälde, schUdem die vielen Ränke Adolis
von Ravenstein, welcher noch immer für sei-
nen Sohn bisher gehofft nnd mit Gmithoieen
nnd Romont sicher die Originale zn den drei,
auch in der brabanter Chronik beschriebenen
Widersachern Maximilians geliefert bat, sowie
aach die wenige Neignng der übrigen Grossen
daer aßiebbeu t\ uwe bdiefen. O Muie Friacasse, >Tat
ae; dyei toe? Die Frincease antwooide: Ghy beeren, nat
ghi ungaende dien aen mi begheerdt, ic bens te vredeo,
len pro^rt« Tan niijn gbemejnte, en ^ nüja landen." Die
Cereioonifl ■niiA nim itntfBhrHeh beichrieben. Woniert
DyGoogle
für den Vollzog des YerlöbnisseEi. Wenn man
dagegen andrerseits die geoffenbarte Freude der
Flamäader im Allgemeinen darüber und ihren
HasB wider Frankreich mit diesen Thalsachen
nicht recht zasammenreimen kann, so hebt sich
der Widerspruch durch den Umstand, dass die
Grossen und die Städter zweierlei Interesse,
nod diese Letztern, im Blicke auf die Lage der
Niederlande, ihre Gesinnungen geändert hatten.
Der Herr von Bavenstein, als Verwandter und
' alter Freund der Maria von Vaters Zeiten her,
mochte es persönlich immerfort mit der Fürstin
wohl nicht übel gemeint liaben, und die mei-
sten neuern Geschichtscfareiber stellen ihn durch-
aus unrichtig in ein /eindteliget Verhältniss
der Prinzessin gegenüber, da er im Gegentheil
auch nachher noch oft rathend und hülfreich
erscheint; aber eine schwer zu beschwichti-
gende Eitelkeit hatte ihn bestimmt, an seine
Treue gegen das Haus Karls des Kühnen den
Wunsch der Erhebung seines eigenen Hauses
dnrcb eine Heirath zu knüpfen. Er hatte daher
vielleicht, nach der Zurückweisong des altem
Sohnes, einen äfanlicben Plan mit seinem zwei-
ten, dem nachmals so berühmt oder berüchtigt
gewordenen Pliilipp von Cleve, entworfen, wel-
cher die Verschmähung seiner Familie durch
Anzettelung langjährigen Bürgerkriegs und Un-
terhaltung feindseliger Elemente bitter genug
gerächt und bald in der Opposition der Grossen,
DyGoogle
bald in der Abneigung der Gomeinen, dem Hanse
Oesteneich einen niemals völlig besiegten Geg-
ner ia den Niederlanden groHSgezogen hat. Was
Philippe rott Crevecoenr begönnen, nnd Groit-
hniaen fortgesetzt, brachte Philipp von Cleve
nachmals zu einem vollendeten System.
Bei dieser Stimmung eifersüchtiger Grossen,
welche ohnehin einen teutschen Prinzen ungern
im Besitze dpr schönen Fraa und der schönen
Länder sahen, mag man sich die Ränke leicht
erklären, welche gegen die vier Gesandten
selbst nach ihrer ^^l^unft angesponnen wurden,
nnd die letzten Zeichen des Widerspruchs der
Stände. Sowohl letztere seihst, als die Au-
dienz bei der Fürstin mossten einigermassen
erstritten werden *).
Einer der nützlichsten Freunde , welcher
durch seine Mitwirkung die letzten Bedenklich-
keiten der Genter schwinden machte nnd Maxi-
milians Werbung kräftig nnterstülzte , war der
gefangene Grossbastard, Mariens Oheim. An-
ton von Bnrgund schrieb mit derselben Treue
an seine bedrängte Muhme , welcher et
schon früher, hinsichtlich des Ansinnens Lud-
wigs XI., Trost nnd Math zugesprochen, auch
jetzt von seiner Lotharingischen Haft aus , nnd
ebenso den Ständen von Flandern : dass die
Heiratb mit Maximilian Herzog Karls WiUe
') MSlUn Reichstags -Theater. B. I. S. S4. 55.
:.Googlc
172
gewesen, und dasi der Selige noch kurz vor
der letitea Schlacht in semer 6egenwart die
spätem TrRctste mit Frankreieh förmlich wi-
derrufen habe. Wer nnn wohl das Recht be-
sitze , Marien zu zwingeD, dass sie nicht ihress
eigenen Herzen folge ? *).
Das Beilager durch Yollnuicht war jedoch
nicht Bo rasch roHzogen worden, als die Un-
gednid der meisten Chroniken i|nd Geschicht-
schreiber alsbald zu Gent nach Ankunft der
Gesandten geschehen lästt; denn diejenigen
Glieder der Stände, welche zu Gent sich be-
fanden, konnten wohl im Namen der einen
Stadt, aber nicht auch in dem der übrigen ent-
scheiden. Maria rief also eine allgemeine Ver-
sammlung der niederländischen Stände nach Lö-
wen zusammen, wohin auch die kaiserliche
Gesandtschaft eingeladen ward. Nach einer
weitläufigen Rede des ErzfaiBchofs Von Mainz,
worin Längstbekanntes abennal auseinanderge-
setzt wurde, gaben die Generalstaaten ihre Ein-
willigung, und es wurde zugleich die Heiraths-
Abrede in arknndlichei Form niedergesetzt und
besiegelt '"), gemäss der niederländischen Staata-
nnd Privat- Rechte. Die beiden Prälaten kehr-
ten (den 23. Heumond) mit dem Docnmante und
mit frenndlichen Schreiben and Gesdiwikeo der
') MulterM Reichstags -TheatrUm I. <
") Vergl, die Beilagen.
DyGoogle
173
beidea Herzoginnea xa den behackten Bräu-
tigam znrü^*). Bondouin de lainnoj, Marien»
Oberhofmeiater, ging in der Eigenschaft eines
Gesandten mit. Der Herzog and der Kanzler
aber bliaban in Gent bis zur Ankunft des Prin-
zen. Das gemeine Volk in den StSdten ward
der Knnde des Geschehenen fingseist froh; es
fanden Feste zar Feier dieses Entschlnsses ihrer
Fürstin schon im Vorans statt, und die Bede-
rffkeri setzten sich mit passenden Gedichten
and Beden in Bewegung**). Ebenso hielt man
') K« exceUente Chronydce v, Tlatnierai, fol. 190iq.
") Einer dieser Talluthümlichen Befirtjfnen, wddie
Muien zugeichickt worden, lautete also;
Hijne gheminde ick lödda heitelick,
Aeumet hoe letCel miia Toys gheacht es
ReRcdie«tt mijn lijdcn Bmertelick,
In also Tirre aUt in ha macht es.
Ben weese, een maecht die dos Torciacht «s,
Van hem die my ter vonlen hief,
Acli doet ml bijstant, eert al veramacht es,
No«yt volck so goede cause besief.
Betraut in gode bebby my lief
Voor een maecht vecbten es es eor en nrueobt,
Raept moed gbi bluscht bn eygbea grief,
God (al ans helpen bi} Bijnder dnecht.
Odc biddic bu minlic hebt of ghi mnechC
' Eendrachtigchejt tsamen wats gfaeadiicht.
Beweyst in dj beycracht nz ongebii«eht.
Int meesi« tdIc en licht dye victorie niet
fi!ere jooat en dnecht mijn liele ha bledt.
DyGoogle
Bettage für glückliche Beendignng der Hoch-
zeitfeietlichk«iten und für Erholtang des Frio-
deD8 ").
Maria benutzte die Zwischenzeit, nm in
den Terichiedenen flandrischen und brabanti-
lohen Städten, die sie nach einander bereiste,
alte Privilegien und Gerecbtsame zu beschwö-
ren und neue zu ertheilen. Es war fast keine
Gemeinde, welche nicht den Znstand der Dinge
benatzte und Ton der Fürstin etwas herans-
presste, was früher niemals g-efadert, oder doch
niemals erhalten worden war. In der Bechlsfo-
Bchichte der Niederlande unter Marien« Herr-
Sy my als jonghe prineesse cleena
J)oet byatant, dat hn god Tmecht Teileene!
ExetlltnU Chronyke Cap. LXV.
•) Also blijckt in dit naervolghende tncamaeim.
Jonstelicke sielkij» vouchtu ter bedinge
Inwendiglie tränen aenschaut ons eere,
ftoBin deser oorloghe crljcht ons beuredinge
Voort dat god debruioft in duechtü raere,
Voorspoedicb wetere, bldt daeronirae seeA
Vervlijt odb bonefadua dona es en loy
Verloorne goda heiegben vnl ivijsor leere,
Lacen anders blijven nij int vernoy,
VcrlecD es b' voIei wijsheyt al idet dan hoy
Coofortart ons dan in ons Terswaren,
Conadencie sniaect niet dan sondegben toy;
Cracht doet ons dies gien in oogat übaren,
Met procesiien inuilic teo predicaren.
£ini iitttibe fol. 91.
DyGoogle
175
Schaft werden wir Gelegenheit finden, za zei-
gen, wie diese Zugeständnisse bis zum Scha-
den der Freiheit selbst ausgedehnt wurden, and
wie der Provinz iaigeist auf Unkosten der Na-
tionalkraft seine Gelüste befriedigte. Wenn je
ein Land in frSherer Zeit den Beweis geliefert,
dass die Freiheit durch Uebertreibnng sich selbst
geläfarlich werden kann, so sind es, ausser den
italienischen Freistaaten, die niederländischen
Provinzen. Allein bei jenen brachte der schö-
pferische Geist des Südens in dem grossen
Kampfe der KrSfie zugleich unvergängliche Blfi-
then der Cnltur, Knnst nnd Wissenschaft her-
vor, welche der Humanität iur die verübten
Gifinet Ersatz gewährten, aber welche Denk-
male liefern, ausser ewig sich wiederholenden
Gemetzeln, Hinrichtungen und Grausamkeiten,
die Bürgerkriege der Niederländer bis zur öster-
reichischen Periode*
Die Wirksamkeit Philipps des Guten war
mehr französischen Ursprungs, die Hemmungen
kamen jederzeit von Innen. Das I>and brachte
viele grosse Charaktere, aber wenig grosse Tha-
ten hervor, und das Beste war jederzeit von
Aussen eingeimpft. Es dürfte für einen Ge-
Bchichtschreiber kein unwichtiger Versuch sein,
einmal eine Parallele zwischen den Parteinngen
der Gibellinen und Guelfen und jenen der Hon-
ders und Kabeljaaws, sowie ihrer politischen
nnd moraluichen Einwirkung auf beide Länder,
DyGoogle
176
düTchEnfohren. Ueber letxteie mangelt weDig-
Btra* noch immer eine genügende Arbeit.
Alsbald nachdem die Nachricht vom glück-
lichen Erfolge der Botschaft za Wien einge-
troffen, ordnete der Erzherzog die ReiseanstaU
ten. Der W^ ward über Frankfurt am Main
genommen; der Kaiser lad eine Anzahl Für-
Ken and StSnde zur Unterslütinng des Zuges
ein und bestimmte jene Stadt als Sammelplatz.
Besonders freundlich mahnte er die Glieder des
Hauses SachKen za der niederländischen Braat-
fahrt ein ■).
Gern hätte der firanzSsische KSnig dieselbe
verhindert, und da ein falsches Gerücht aus der
einfachen Zusammenknnft in Frankfort einen
fBrmltohen Reichstag mit allerlei kriegerischen
Abaicbteo gegen fremde Staaten bildete, so
ergriff er denAnlass, am den bekannten Histo-
riker Robert Gaguin ebenfalls dahin abzu-
schicken, mit folgender Erklärung an die
Beichsstände :
„Zwischen dem beil. rÖm. Reiche teulscher
Nation nnd der Krone Frankreich bestehe ein
altes FreondschaftsverbBltnisi ; der Kaiser Fried-
rich möge sich vorsehen, dass Nichts geschehe,
was dasselbe trübe oder auflöie, indem dadnrch
für die gesammte Christenheit nnznberechnen-
der Nachtheü erwachsen kSnnte. Das Frftutein
*) VergL i»B Btteripl in den BeilogM.
DyGoogle
177
von Burgand sei der Krone Frankreich ver-
wandt und lehenpflichHg. Demnach sei es un-
gebührlich nnd den französischen Gesetzen zu-
wider, dass sie als Prinzessin von 9eblüt zn
einer Ehe schreite, ohne Yorwissen nnd Ein-
willigung des Königs." Allein der Botschafter
vernahm schon zu Slrassburg, wohin er erst
Ende Jnni's gelangte, dass von keinem Bei chs-
tage die Bede, nnd Maximilian bereits auf
dem Wege nach Köln sei; daher hielt er es für
zweckmässiger, seine Bückreise nach Frank-
reich anzutreten. Er hatte zu Mainz, wo die
Gesandten der Maria schon vorher die Gemü-
ther wider ihn aufgereizt und den Eraherzog,
wiewohl vergeblich, erwartet hatten, und nach-
mals auch zn Köln, welche Stadt äusserst feind-
lieh gegen die Plane Ludwigs XI. sich zeigte,
grosse Gefahren bestanden, und unter allen
Fürsten nur den einzigen Herzog von Jülich ger
fanden, welcher seiner sich annahm, jedoch
auch dieser mehr in der Absicht, um vor. der
Volkswuth ihn zn schützen, als um seine Auf-
träge zu befördern *). Auf Umwegen kam Ga-
guin demnach durch die Champagne und Artois
nach der Helraath zurück.
Höchst anziehend ist in den Chroniken, zu-
mal in den Konderlijcken Oorloghen, der Gram,
') V«rgL R. Gaguini Annal. Her, GalUcar. JL X. p.S7S.
]ffüir«rf Reichstags -Theater S. 57.
I. 12
..gniod., Google
178 —
die Wnth und die Verzweiflung deB franzosi-
schen Königs beschrieben, welcher alle Ele-
mente zu beschwören sncht, nm den tödlichen
Schlag von seinen bisherigen Planen abzuweh-
ren und die Verm&hlnng zu verhindern. Er
nimmt selbst za den gefangenen E^en Zuflucht
und berätb sich über Mittel und Wege. Aber
sie gewähren ihm keinen bessern Trost. Die
Ereignisse sdireiten vor, während er auf Hem-
mung sinnt, und die Burgunder kehren zu Ge-
fühlen Ton Pflicht und Treue zurück*).
Von Franküirt aas reiste der Erzherzog über
Köln, Düren, Aachen, Maastricht, Doest, Lö-
wen, Brüssel nnd Dendremonde nach Gent,
wo er den 18. Angust endlich wohlbehalten
Die Beschreibung seiner Reise, von einem der
sächsischen Gesandten rer&sst, enlhfilt viel An-
ziehendes, sowohl in Hinsicht auf die Ortsbe-
■chteibong, als auf den Charakter der beglei-
tenden Fürsten nnd Ritter und auf Stimmung
und Gesinnung der Einwohner in den verschie-
denen Städten. Die Jungfrau von Burgund hatte
nberall ihre Sendlinge nnd Späher, und ihre
Gesch&ftitrfigec und Botschafter, welche sowohl
über sätiuntUche Vorfölle der Reise sie unter-
richten, als für die möglichste Bequemlichkeit
') Di«. Otrlegkt» enthftlten darüber aehrere Capitel,
welche ganz dramatisch lolcb«» daritellen.
..gniod., Google
des Geliebten uad Verlobten soi^en mnssten.
Za Maastricht hatte gelbst der grimmige Wil-
helm von der Mark die Artigkeit, ihm einen
Besuch za machen nnd mit 400 Pferden ihn
bis Löwen zu begleiten. In d'eser Stadt ward
er feierlich mit Prozession, brennenden Kerzen
und allerlei kui^weiligen Spielen empfangen *).
Nach der einen Chronik hatten die Lowener
ihren Meyer (Schnitheissen) weit voransgesandt,
um über des Prinzen Reiseplan ErknndigingeD
') Binneu dien U die tydinghe komea t« Loven Ma
den Meiere Heer Lodew^c Pinnoc , aen die Bor^nneettere
«Dde -wethouders van dei atadl, dat (lertAge Mudmilia^D
was JI mijlen na Ldtcd, dies si alle te peerde Baten, ende
reden liem eerlljc te ghemoete, om hem ininlijc te ontfane,
also dat behoorte. Want hi met schoonen state quam tut op
dieLoo, daer atelden si haer oordene om heerlijcken in te
comen. Sijn mana Tan wapenen te peerde reden vijfdick,
die dnjtsche kiiecht«n fingen tusBchen bejden ooc 'räfdicke,
die hellebaerdierB over beeda lijdeB van den jongbeo heitoge.
Voor hem reden die tneebisacoppenen die bertoge van Zasseii.
By bem reet Brandenborcli ende die Lantgrave ran Hcasen.
Coenrat sjin Nar liep bi hem H. Maximiliaen, ende all sijn
edele reden hioota hoofts met peerlen cranskena, die coste-
Bjc waren thd gestheenten. Masmillaen reet in een silve-
fca banasch over dat hamaich was een «wart flaweelea
bourgoena cmjs. All« drye edele hadden dck ooick eea
«wart fluweelen Bonrgoens cruys over haerlieden hamaacb.
Aen baerlieden lancen die si roerden, waren Tossesteerten,
den groten atandaert «aa smart damast, ende alle ^e stai^
daerden waren swart sonder eenen, dye was root, wit-
een «wart
12*
o;,GoogIc
180 ■
einztuiehen and ihm es ztir Pflicht gemacht,
nicht wiederzukehren, ehe und bevor er den
Sohn des Kaisera von Angesicht erblickt. Nach
einer starken Uebertreibnng hatte der Meyer
ihn wohl 100 Meilen oberhalb Köln getroffen
nnd Rücksprache mit ihm über die Drangsale
des Landes genommen. Max hatte die Verri-
cbernng ertheilt, binnen einigen Tagen in Köln
zn sein , nnd anverweilt znm Entsätze seiner
Braut mit so grosser Heeres macht herbeizu-
eilen, dass es ihre Feinde verdriesseo sollte.
Zum Pfand seiner gu&digen Gesinnung schenkte
er dem Meyer einen schönen goldenen Becher
mit 1000 nngar'scben Dncalen.
Als der Herr van Pynnoc in Löwen zurück-
gekommen, traf er die vier Stände von Flan-
dern versammelt, seiner Mittheilongen harrend,
welcher sie aus grosser Sorge befreite, da die
Kriegsgefahren tfiglich grösser und die Berichte
trauriger geworden waren. Es erwachte somit
eine Art anfrichtiger Neigung für die Heirath,
welche bisher nur mittelst Zustimmung zn den
persönlichen Wünschen Mariens, und in Folge
der noch grössern Abneigung gegen König Lud-
wig beschlossen worden war. Es war von
Löwen aas, dass Abgeordnete der Stünde zur
Bewillkommnung des Erzherzogs bis Maastricht
entgegen gesendet wurden *). Er nahm bei dem
*) ExeOtnU ChrmtfAt, fol. 188 sqq.
DyGoogle
181
Meyer, der solches zur Ehre sich ansbat, seine
Herberge; das übrige Gefolge aber übernachtete
bei Herrn Claes van St. Goricq.
Am glänzendsten aber war die Aufnahme zn
Brüssel, Montags nach St. Lorenzentag. Sämuit-
liche Innungen oder Ambachten standen unter
ihren Fahnen nnd mit rauschender Musik aufge-
stellt. Allegorisch-historische Mimik und kostbare
Tücher vor den Häusern gaben einen Begriff von
dem Geschmacke und dem Reichthume der Stadt.
Der alte Herr von Ravenstein hatte seiner ausser-
halb der Mauern, auf einer Rossbahre, geharrt;
der junge Herzog, sein Sohn, aber zu Pferde. Die
Fürstin mit den schönsten Damen ihres Gadems
and der Stadt, in reicher Kleidung, paradirten
nicht minder. Es wurden Tänze und Figuren
mannigfacher Art dabei au^eführt, und es schien
unter den Wirthen eine aufrichtige Fröhlichkeit
zu herrschen. Mit Freudenthränen und aufge-
hobenen Händen pries man den Angekommenen
als Erretter. Merkwürdig ist, dass man dem
Erzherzoge die Weiterreise nach Gent auszu-
reden, und ihn durch die Furcht vor Bewegungen
unter der trotzigen Volksmosse daselbst da-
hin zu bringen suchte, das Beilager in Brüssel
zu vollziehen. Allein diess war, nach den be-
reits getroffenen Anordnungen, nicht wohl mehr
möglich, und auch eine förmliche Kriegserklä-
rung wider die Genter gewesen, welche man
DyGoogle
bei ihrer überoas reizbaren Sllmmang ohnebin
sehr zn achonen hatte *).
Maximilian wnrd überdiess von heftiger Sehn-
ancht getrieben, die Biant einmal in seine Arme
ZB sehliesHen; doch verbarg er sein Gefühl in
den Mantel der Pflicht , Fürstin, sowie Land und
Leute wider die Franzosen beschützen za müs-
sen. Die leunderiaren Krtegs(äi(/'e drücken
diesen innern Zustand mit liebenswürdiger Ge-
schwätzigkeit ans, näd lassen die Prälaten nnd
Fürsten in der iSothwendigkeit ihn bestärken,
nnverweilt nach Gent zu reiten *').
Die Reise ging also des folgenden Tages wei-
ter nach Dcndremonde. So oft die Fürsten,
welche baarhäuptig, gescliinückt uit Perlen-
kränzen nnd bnrgnndischeh Kreuzen, dahenit-
ten, durch einen neuen Ort kamen, liessen sie
sich, sie mochten einzeln oder neben einander
niuott, chacim l'boiKran^t; chaBoo le prlMiit. Oneqnei A
bc«B prince ae fea v«ti; sDcqaes »i bean ttieäl ne Iniit miT
UOfltre Title. Les naia» joincUa var le dd, r«Bierdoi«nt
NoBtia-Seigneur de ceste jojeuae adreoue. Les yanx, qui le
regardoient, administroient si grande jaie au coenr, qn'il,'~eii
; ent mQIe et mille courera de lannes : et lea bouches qni
pOToIent parier disoient: Füe Bourgogntl Tivt, qui *»t
v«n»S vim MaxitaUiumtl J. nolUtl cap. 46. p. 97.
*■) Wy gheloofen wel dat waer is. Dwell Lern die
Hertoghe Maximiliaen giotep daoc mate.
DyGoogle
183
reiten, jederzeit ein blMses Schwert vortragen.
Diess war vielleicht mehr Vorsicht aU Cere-
monie. Doch anch in erstgenannter Stadt war
der Empfang sehr freundlich.
Die Braut selber hatte mit nicht minderer
Ungeduld geharrt. Schon von Löwen ans war
ihr die Nachricht von Maxens Ankunft auf nie-
derländischem Boden zngekonuaen ; der Bote
hatte ein Pferd todt geritten und konnte keu-
chend kaum seine Depeschen übergeben. Sie
fragte ihn wiederholt: „ob er denn anch wirk-
lich Wahres verkünde." Jener beschrieb so-
dann, was er gesehen; den stattlichen Zng,
die Pracht der Ritter, die Schönheit des Für-
sten und Andere^ mehr. Maria gab ihm ein rei-
ches Geschenk, für welches der Bote mit flä-
mischer Naivet&t auf die schönen Franen sich
bedankte, dass Alles zum Lachen gebracht
wnrde ').
') Die wakers ende dsrthiers gavent boveu te kennen
aen TTon Marie, «n mijn here van Ravestejn, dat daer
eeo bode was comen, die goede nieiiwe tijdlnghe brockte,
daer si alle af verblijt senden atjn. Vron Marie dit barende,
bevai dat in«D den bode by baer liet comen, op dat si hem
aprekcn mochte. Aidss was gheerken die bode van Lueteil
inne gbelaten, ende gheleyt bi Vroa Alane, bi mijn here
van Raveate^n, Toort bi dander heren, die daer bi haer
waren. Als hi bi vrou Marie quam, groette hijse leer,
ende voort all« dander heeren, met soeter apraken, also
hi wel conate, ende hi knidde ter «erden. Vron Marie de-
..gniod., Google
184
Endlich, Montags nach Maria Himmelfahrt,
war das Ziel erreicht, nnd der Erzherzog ward
von dem Hofstaate and dea Einwohnern zu
Gent ausserhalb der Thore aaf das Feierlichste
empfangen. Was der flämische Laxas erfinde-
risch auftreiben konnte, ward hier den &emden
den op staen ende sprac: Bade, wat ia die blijde oyeninare
die gU ons brepghtl Doen aprac die bode: O ghensdige
Princesie, ic brenge u die tijdtnghe, dat die jonghe her-
toge V. OoatenrijcLe , Mairiiniliaen dea Keysera Fredeiik
sone is op dese vre le Lueuen in Brabant met ichoone
State Teel edele mannen te peerte ende ooc te voete. Vrou
Marie dal hörende, Terblijde seere ende sprac: O lioTe
bode, eest ooc waracbticb, hebdy hem selven gesien? Dje
bode antwoorde daecop en aprac: Ghenadige vronwe, jae
ick, ende alle dedele die hy met liem brochte, reden bloota
booft» int volle liamaach, ele op eijn hooft liebbende een
sdioone CTBn« Tan peerlen en gesteenten die seer costelijcke
waren, met om te vrijkelijkene. Mer boven al nun dei
Keyaers sone oyt van schoonhede, van franheden, Tal
welgbemaedliede, so dat ic sijos gbelijcke daer oiet eiuach
Tan alle denghenen, die ick ersacb; nochtans sach ic daer
meenigen rromen, schonen fraejen man, cloec in die wa-
pene, ende seer wel ghemonteert. Als dit boorde Vrou
Marie, beer A. t. RaTGsteyn ende alle di andem beeren,
waren A seere verblijt door die tijdinghe di hi daer brocble.
Ende Vrou Marie gaf den bode Leeuwea voor sijn ^ifte,
om dat hi haer die blijde tijdinghe brochte. Gheerken ^e
bode was te«re Tcrblijt, ende hi bedancte haer* netdallen
Beere, ende hi aeyde om dat si alle lachen soliden: hieraf
moeten die schoone Tiouwen meto deeleo. Mit dien schiel
hi van daer. Wonitrlyckt OorlogAta p. 9.
DyGoogle
185
Fürsten zur Schau gestellt. Noch nie jedoch
war übrigens auch ein tentschee Gefolge mit
solchem Kostenanfwande in ein fremdes Land
gezogen, uad der Anblick so vieler stattlichen
und reich geschmückten Bitter in ihren glän-
zenden Harnischen und in ihrem trotzig edlen
Wesen erregte allgemeine Bewunderung*).
Ueber dem Portal des Thores, dnrch das
der Fürst von Oesterreich ritt, las man in la-
teinischer Sprache die Worte: „D» litt unter
Herzog; ttrette uruem Streit, und lo Du et
thutt, werden teir in Allem Deinen Geboten ge-
horchen !" Nur mit Mühe konnte Maximilian
mit den vornehmsten Begleitern dnrch die wo-
gende Volksmenge bis zum Schlosse gelangen,
') Verschiedeae GeacMchtachreiber mchen auch bei
diesem AnksB die Armnth der tentschen Füntea, den Geiz
des Kaisers Friedrich and die Grtnsieretd dea Gefolges
von Maximilian herrorzuheben. Aber alle uedeTläadiacheD
nod (eutscheD Hanptqnellen iptechen anf das Entschieden-
ste fQr das Gegentbeil. Die Nachricht, dass MaximiliaD
von seiner Braut erat Geld entlehnt habe, niu ihrer würdig
erichdaen zu kSnnen, ist dn frostiger 8pas« des erfin-'
dimgsr^chen N«de* franzSsischer Historiographen, nnd
ebeDio unwahr als eine andere NotiE, dasa König Lodnig XT.
noch kurz vorher den Prinzen als einen ungestalten Mann,
ja als eine Art Ungehener, beschrieben, nnd Marien
dadnrch mit Sclireclcen erfüllt habe. Sie baUe ihn froher
Ja persSnlich geiehen nnd ein getreues Conteffey nachmals
von ihm erhalten nnd bewabit, wie wir uätm früher
bemerkt haben.
..gniod., Google
186
und aach hier wiweD die Zugänge so versperrt,
dasB er kaam die Treppe gewann. Die Prin-
zeasin und die Herzogin-Wittwe standen ober-
halb derselben und empfingen ihn, nach Landes-
sitte, mit freundlichem Kusae, die holdselige
Brant aber, überwallend ron dem Gefühle end-
lichet ErhiSrnng ihrer Wünsche, glücklicher
ErlSsnng aus so vielen Leiden, und hingerissen
vom Anblick des trefflichen Jünglings, welcher
in stolzer Schone, vom Kopf bis zu den Füssen
in silberner Rüstung, vor ihr stand, rief ihm
die von Thräneu begleiteten Worte zu: „Nun
sei willkommen das edelste teuteche Blut, nach
dem mein Herz so lange sich gesehnet ! " *).
Die Prälaten, nach vielen frommen Betrach-
tungen, welche sie über die wohlthätigen Fol-
gen dieser Verbindung für das Land, wie für
die Liebenden angestellt, und nachdem sie die
Fürstin mit den Worten der Schrift begriisset:
„Maria hat den bessern Theil erwftblt," wen-
deten sich zn derselben nnd riefen pathetisch und
. mit Anwendung des bekannten Textes ans:
„Glückselige unter den Frauen! Auf Dich hat
') Teratoat, als hectoghe Haximiliaen bi vrou Marie
quani, omheUte hy haer en ei htm aeer lieflijcke; daer was
ecne vricndelijcke onlfanck van beede sijden. Wondtrl.
Oorlogh. p. 11, Der Theuerdank drickt im letzl«ii Ca-
pitcl ohngeßhr dssaeibe aus, als der Held, Dach ünmtlich
überstandeaeii Ge&ihi'en, am den lüssen Lolui der Minne
bittet.
:.Googlc
__- 187
der erhabene Kaiser Friedrich sein Ange ge<
worfen, and sein Sohn zam Freand und Gemahl
Dich auserkoren. Diesem wirst Da einen Solin
gebähren, welcher sein Volk ans den Finster-
nissen des Todes befreien soll. Sein Name
wird gross sein unter den Menfichen, denn er
wird der Sprosse des mächtigsten aller Fürsten
sein." Diese Anrede erwiederte Maria mit klu-
ger Demnth, in die Ideen der Bischöfe schnell
eingebend; „Ich bin eine schlechte IVIagd mei-
nes bochgebietenden Herrn. Gefallt es ihm,
also geschehe es, and sein Wille ist mein Ver-
gnügen." •)
Margarethe nnd die Fraa von Hallewyn be-
deuteten dem Glücklichen: „Die Jong&an von
Bargnnd bewahre ein Xelkenblömlein ; das ge-
bühre seiner Gnaden zu Sachen." Der Biänti-
gam begann mit zwei Fingern zücbtiglich dar-
nach zu Sachen, mocht' es aber nicht gewinnen.
Da sprach der Erzbiscbof von Trier, mit einer
Galanterie, die dem Pr&laten nicht übel anstand :
„Schnürt der Jungfrau das Gewand auf, so
wird das Blümlein Euch bekannt werden." Der
Erzherzog that also; er löste bescheiden and
mit zitternder Hand das Mieder Marions und
holte die Nelke ron dem hochklopfenden Bnsen
') J. UoUiul, Chroiüques. Cap. 46. „Je nia la pc-
üt« anseile de moa ttea-ezodleot Sugnenr. PeiBqD'il liü
pl^, qa'iüiui idt: it me ddet tr^-bien [il<üre.'1
.,gniod.,GoOgk"-
188
der sittig- erröthenden und in zarter Schaam
erglähendeo Geliebten hervor. Er kusste die
Blume sowohl als den Altar, von dem er sie
liinweggenommen *). -
Bald darauf meldete nun der Marschall
von Pappenheim in Auftrag des Prinzen, dass
männiglich zu seiner Herberge kehren sollte,
und so man des Dienstes begehren dürfte,
würde man es schon verkündigen. Die Lieben-
den, nach dem ersten Gespräch- and Grüsse-
Wechsel, setzten sich zu Tische; mit ihnen
die Fürsten von Trier, Baden '*) nnd Anhalt.
Margarethe hatte Jedem für Unterhaltung ge-
sorgt, dadurch, dass sie die schönsten Damen
ihnen zu Genossinnen gab. Die jungen Prin-
zessinnen von Geldern nnd Cleve machten die
Honneurs an der Tafel. Man war daran fröh-
licher Dinge bis eine Stande nach Mitternacht.
Darauf ritt Jeder nach seiner Herberge.
•) Daa Reichttagi-Thealrum (S. 6iu. 6ä.), wo man
solche erotische Gemälde schwerlich gesncht haben nürde,
sichert uns gegen den Verdacht eigener Ausmalnng der
Scene. Die OSenherzigkeit, womit ein wahres Natar- und
ächönbeits- Gefühl, ohne Gefahr vor dem Vorwurfe der
Indecenz, hier sich ausspricht, bildet einen anziehenden
Contraat zoi IHigendheuchelei onaerer modernen Etikette.
") El war der Markgraf Karl, von Mätttr'n immer
ungeschickt von Badaw genannt, welcher mit MoximiHan
gezogen. Nach der Chrenyeke van Hollandt war es Mark-
graf CArMtopA ndt uAmm zwd SShnen Aio^ und FAttffp.
DyGoogle
189
Dienstags darauf hatte die wirkliche Ver-
mählung in der Capelle des Schlosses statt.
Die Herren sänuntlich waren schwarz ge-
kleidet und trugen kostbar veizierte Helme,
Barette und Mutzen; der Erzherzog kam auch
diessmal in gilbernetn Harnisch vom Kopf bis zu
den Füssen. Margarethe nahm ihn liebend bei
der Hand and führte ihn zum Altar. Darauf
holte sie die Braut, welche von den Gräfinnen
Ton Chimay nnd Wincester begleitet war. Ma-
ria trug ein kSsttich weisses Gewand von Da-
mast, durch und durch mit Gold äberstickt;
über demselben ein Mäntelchen Ton demselben
Zeuge, gefüttert mit Hermelin. Den Leib am-
scbloss ein Gürtel von Gold und mit den sel-
tensten Edelsteinen besetzt, und von demsel-
ben hing ein gleich reicher Beutel herunter.
Ihr Haupt zierte die Krone von Bnrgund, wel-
che in sich das' Seltenste nnd Merkwürdigste
an Juwelen und Steinen vereinigte, was der
Reicbthum und der Luxus früherer Herzoge zu-
sammengehäuft. Das kastanienSranne Haar
hing in grossen Locken geringelt über den
blendend weissen Nacken. Die Frau von Ra-
TCDstein und eine natürliche Tochter Herzog
Philipps des Guten trogen die Schleppe ihres
Kleides. Die edelsten Damen nnd Verwandten
des Hauses bildeten das übrige Gefolge und
geleiteten sie bis in die Nähe des Altars. Mar-
garethe und Maria hielten einander innig und
DyGoogle
190
schweigend bei der Hand *). Der päpstliche
Legat verrichtete selbst die Feierlichkeit.
Der Bräutigam und die Braat knieten de-
müthig zur Erden; sie liielten darauf einander
schweigend in den Armen. Und als ihre Blicke
liebend sich einander begegnet, ergriff sie das
Gefühl ihres Glückes so mächtig, dass Beide
die Farbe wechselten nnd weiss wie der Sclmee
wurden **). Margarethe aber, die Hanptschüpfe*
rin dieses Glückes , schloss den Bräutigam eben-
faUs nun mit schwesterlicher Zärtlichkeit in
den Ann, kÜMte ihn auf den Mund and rief:
„Nun habt Ihr, womach Ihr so sehnsüchtiglicb
begehrt ! " "")
Der Legat setzte die Ceremonie weiter fort,
verlas die Erlanbniss des heil. Vaters zo die-
ser Vermählung, welche wegen naher Ver-
wandtschaft nöthig geworden. Er segnete sie
mehrmaU, über Nator und Pflichten des Ehe*
Standes sie der Länge nnd Breite nach belehrend.
Darauf nahm er des Herzogs Hand und steckte
den Ring, welchen dieser darin hatte, an den
Finger der Prinzessin, mit den Worten: „Mit
•) Clronyehe v. Hollandt p. S71— 372. Der Anzug
und der Schmack Mvieaa aiad wohl in 4er b«i Sfierü ab-
gebildeten Denkmünze der EiTzähluDg am getreueiten nacb-
kominend Ausgedrückt.
'*) Dwelc was eeo teeken rsn terUlicker Uefden.
"*) ExetUeiitt Ckronyeke m» FJtuniertn f. 191 aqq.
DyGoogle
191
diesem Ringe geh'' icb Euch meine männliche
Treue!" Sodann steckte er dem Btfintigam den
Ring Mariena an den Mittelfinger and sagte:
,^it diesem gelob' ich Euch gegenseitige Treae '
und Liebe, und Alles das zu halten, was zwi-
schen Euerm Yater und dem meinigen einst
verabredet worden, in Bezug auf meine Länder
und Provinzen!" Und nun gab der Prinz sei-
ner Braut ein Stück Goldes, welches sie in
ihren Beutel steckte.
Nach diesem ward die Messe im Innern der
Capelle gelesen. Die Stufe des Hochaltars, vor
dem sie knieten, war mit 6old und Stoffen reich
Russtaffirt, und grüne, kostbar durchwirkte Ge-
stnhle mit Kissen, worauf die Wappen von
Bnrgnnd, standen ßir das Brautpaar bereit.
Adolf und Philippine von Geldern, die durch
Margarethens Sorgfalt erzogenen Waisen des
unglücklichen Herzogs, welchen Maria stets
mit schwesterlicher Liebe begegnet, hielten
Wachskerzen in der Hand. Der Legat sang
das Amt mit lanter Stimme. Bei der Opferung
reichte er den Vermählten die Patene; heim
Paternoster segnete er sie wiederholt; und beim
Pa.v vobi» küsste er den Herzog auf die Wange,
dieser aber seine Braut. Darauf genossen sie
das heilige Abendmahl.
Ein reiches Bankett stärkte von den An-
strengungen der Feierlichkeit. Der Bräutigam
und die Braut, mit noch vielen Orationen und
DyGoogle
192
BenedietioDen begrüsst, nafaiaen für eine Weile
Urlaub von einander, sahen sich jedoch bald
wieder und zwar aUein; ihre Herzen strömten
zum erslen Male frei nnd schwelgerisch in ein-
ander *).
Das Gefolge des Erzherzogs verlor die Ge-
duld, da es nicht weniger, als eilf Standen auf
neue Befehle seines Herrn warten musste, wie
der Gesandtenbericht, mit ziemlicher, hier nn-
mitlbeilbarer Naiv etat sich an ad rückt. Wir
Qbergeben nonmeht die fernem EinzelnbeitOD
Ton den Gastmählern, Tänzen nnd Freuden der
Ritter, Damen nnd Bürger, von den Verdriess-
lichkeiten anter den verschiedenen Geleiten der
mitgezogenen Fürsten, von den Berährangen
der wälschen und tentschen Manieren und von
den Artigkeiten, welche man sich gegenseitig
erzeigt. Bald ward aaf borgnndisch, bald aof
teutsch getanzt. Margarethe suchte überall
bestmögliche Fröhlichkeit unter den Gästen zu
verbreiten. Der Hauptberichterst alter erzählt
von den femern Vorg'ängen in der Haupt-
sache folgendes: Mittwochs, nach dem Essen,
vor der Vespeizeit, trat der watsche Untermar-
schalk in die Herberge der fürstlichen Äbgeord-
') CAronycht «an BoUandt, Zetlanil tnx. Alles hier
Kiz&blte ist treo historisch. Eine VergWchung der poeti-
gchen Scene mit jener der Hochzeit Siegfrieds und duimlüt-
den« in dea Nibelungen dürfte nicht geringes Tntereise
gewäbreo.
..gniod., Google
193
neten nnd bat sie, bei der Herzogin tod Oester-
reich auf den Abend ein Banket zu feiern;
desEgteiclien lud Maximilian dnrch Rudolf von
Pappenheiiu ein. Die Gäste setzten sich, meist
ohne Ordnung nnd Unterschied^ sowie sie Platz
gewonnen, nieder. Die Tafeln waren mit Spei-
sen nach der Landesart besetzt, und »war
Alles aaf einmal. Das Gemach strotzte von
Gold und Edelgestein. Des süssen Getränkes ward
so viel aufgetragen, dass schon das Inländische
die Zangen lähmte. Der Reiche von Nassau
hatte den Ehrentanz; darauf kam Jdhann von
Bergen; hernach Maximilian selbst , und sodann
die Fürsten von Baden und Anhalt, welch« teutsch
tanzten; doch wurde fleissig auch mit französi-
schen nnd flämischen Tänzen abgewechselt.
„Es erschien die bemeldete Herzogin von Oester-
■ reich mit guten Sitten, mit hoher Vernunft,
mit geradem Leibe, lieblicher Farbe, schwa-
chem Gesicht, mit etwas grossem Mund and
(gehüllt) in Ylolfarbe, das Ihre Gnaden ein
wenig entzieret; ihr Alter,' als man vernommen,
bei achtzehn Jahren. Sie trog auf dem Haople,
als die Art fodert, ein dünn seiden Tuch, in
die H5he geformet, wie zwei Hörnet. Bei ihr
erschienen viel Jungfrauen, wohlgezieret und
schön. Der Fürst von Oesterreich in ein gol-
den Stück, als etliche sagten, ganz tait subtilen
sUberneD Drähtleio überzogen, ganz auf Wall-
fisc'.waar gekleidet."
I. 13
DyGoogle
194
Die FestlichkeiUn mannigfacher Art, damn-
ter aatnal ein Ringelitechen bemerkt werden
moBs, wShieten bis Sonnabends in der Nacht fort.
Am Sonntage selbst aber ward ein feierliches
Hochamt gehalten, welchem der Erzherzog mit
seiner Braut, seine fürstlichen Begleiter, ein
Ausschusa der flandriaehen Stände nnd eine an-
zShlbare Menge ViJks beiwohnten, and nach
dessen Beendigung Maximilian den Eid anf die
Rechte nnd Freiheiten des Landes leistete.
Wfthrend er schwor, Ifintete der Eidwart die
Glocke, damit die Gen;eine nnd Gesellen in
Gent es h3ren sollten.
Nach solchen Formalien, deren Beobachtung
die Bürget mit der grBssten Aengstlichkeit ab<
gewartet, ritt der Prinz auf den grossen Markt
und sodann auf das Stadthans und nahm andrer-
seits nunmehr auch das Volk in Pflicht and
Treue. Während der Eid verlesen ward, äber-
sah er «oa einem Fenster, zn dessen Verziemng
keine Pracht gespaH worden, die wogende
Menge.
Et gab daranf derselben seine Abaicht kund,
nach drei fernem Tagen Rast zu Gent, gen
Brügge sich verfiigen nnd alle Anstalten zur
Vertheidignng des Landes gegen den König von
Frankreich treffen zn wollen; was einen sehr
gnten Eindruck auf das Publikum machte. Seine
mannhafte PeraSnlichkeit enthielt schon in sich
selbst eine Bürgschaft und durchdrang das
DyGoogle
igS
Volk mit neuer Hoffnung nnd mit nenem Le-
bensmiithe.
Der Evtbeixog, anf das Schlosa zurückge-
kehrt, dankte nun allen seinen Begleitern für
die bezeigte Freundschaft von Beginn des Zu-
ges an bit hieher, und beurlaubte die Botschtiftet
jener Fürsten, welche demselben aus Auftrag
ihrer Herren bis Gent gefolgt waren; mebferen
der Fürsten und Ritter aber machte er AntrBge,
in seine Dienste treten zu wollen; der Erzher-
zog ahnete die Zukunft und fühlte den Werth des
Beistandes von erprobten WafftDbrtidem. Der
grftsste Tbeil des Zuges trat den Rückweg erst
am letzten Tage an, d. h. an demjenigen, wo
Max ebenfalls gerastet war, am nach Brügge
sieh zu begeben. Diess War auf ausdrückliche
Bitte geschehen. Man sieht bierans, dass man
den Gentern noch immer nicht völlig tränte
nnd jederzeit sehr auf seiner Hat war.
Die Bückreisenden empfingen von der Für-
stin Geschenke verschiedener Art, and ebenso
von den StSdten, durch welche sie nach und
nach gelangten; doch leuchtet' oneb bei ihnen,
nach der fiesehreibai^ der sitcbsisoben BoU
Schaft, et^s MissrergnSgen harr», wie wenn
sie nicht genug bedacht worden wären, nnd
bisweilen spricht sich Empfindlichkeit Über
den einen oder andern Missgri ff gegen sie, bei
Anlass der Vermählungsfestlichkeiten , komisch
aas. Es war nicht anders möglich; die Berüh-
13'
DyGoogle
196
rang mit ganz andern Sitten und Menschen
musBte bisweilen Verwirrung veranlaBsen, and
da die Fläminger das Gross - Ceremonienbuch
sSmnitlicher Chnrfütsten und Fürsten des heil,
roro. Reichs nicht genau stndirt hatten, so ward
natürlich bald der eine, bald der andere Stand
in der Person seiner Abgeordneten zurück-
gesetzt *).
Der Erzherzog heschloss, nunmehr nnrerweilt
auch nach Brügge zu ziehen, und sowohl das
eigentliche Hochzeitfest daselbst zu feiern, als
die Freiheiten und Privilegien der Stadt zu be-
schwören, worauf man bereits so ungeduldig
harrte. Jede Zögemng von Seiten eines neuen
Herrschers erregte schnell in den Herzen jener
selbst gewaltsamen Demokraten Argwohn und
Misstranen. Am 28. August ging die Abreise
von Gent vor sich. Die StEinde, die edlen
Herren, die Bürger nach den verschiedenen
Zünften, die fremden Kaufleute nach Nationen,
die Schotters aber nach alter Sitte gereiht, hat-
ten zu Brügge bereits alle Anstalten getroffen,
und mit schwarzen Standarten, darauf Tauben
abgebildet zu sehen waren, sowie mit einer
grossem, welche das Bild einer Jungfrau wies,
versehen, sich in Ordnung aufgestellt. Maximi-
') Ueber die Details vergl. das mehi* angefahrte Reich4-
tagt-Thtatrum, wo auch säinmtUche Gaben specificirt zu
finden nnd.
..gniod., Google
197 - —
lian erschien auch dieBsmal in pEacbtvoller
Räitang; auf einem Bosse, das vom Kopf bis
zu den Füssen mit goldenen und silbernen Ket-
ten behängen war. Die Empfangsfeierlichkei-
ten, die Inschriften, die Verzierungen, die
Fackelzüge glichen den früher angezeigten *).
Die Beschwörung der Freiheiten ging mit nicht
weniger Ausfnhrlichkeit und Prunk vor sicli.
Von Brügge zogen die Neuvermählten nach
Antwerpen, wo die zu Gent und Brügge stalt-
gefundeoen Bewillkommnungen, Huldigangen
und Ceremonien sich wiederholten **). Wir ver-
weisen, was die Einzelnheiten der Yerfassungs-
acte betrifft, auf die Recfatsgeschichte zu Ende
der Biographie.
Alle diese Dinge beschrieb der nachmalige
*) Unter den InachrifCen zeichneten sich nachitehende
aus : „Benedictua , qui veiüt in nomiiM Dondni." Unter
dem Bilde Julius Cssars, vor dem die ESuier huldigend
knieten: „Gtorions^me princepa, defende no«, ne peiea-
mns." — Ein seltumer Begriff- WiderBpmcli Ton Seite su
wüthcnder RepablikaoeT wie die Brügger, — „SapienUam
amavi et eiqnisiTi a javentutB mea, et exquUivi eam spon-
Bsm mihi oisumere." Aach das Porträt des Kaisers Theo-
dosius prangte dabei: „Justiüa indutna fni, et vestivi me,
■icut Teitimenbi et diademate, Jodide meo." Ein fl&mi-
«cher chonologiBcheT Hauptieim aber bildete den Scblugs:
„Maximiliaen hooch prinche ontfaen Achtenttmodch in
Ongit M. nf ghedaen.
**) Exetllmtt Chronsekt ettn VUtmdtren.
..gniod., Google
Historiograith von Bui^nd, Jetm JVelinetj in der
schwulsligen Sprache, die ihm lo sefar eigen*),
in einer langen, blumenreichen Rode, welche
oftmals wie eine Predigt klingt, and welche
das Hanpttheraa der Sermonen des Legaten,
sowie der Erzbischöfe von Trier nnd Mains
neben historischen Tbatsachen aufgenommen za
haben scheint. Von Bibeltes.ten , faistoriachen
Namen, Mytliologien und Allegorien wird darin
oft geistvoll, oft bis xnm Ekel überladen, Ge-
branch gemacht. Maximilian, in dessen Namen
Mo/inet tiefe Bedeutung und Winke des Schick-
sals ersieht, ist ihm der vollkommenste Menaofa,
Bitter nnd Fürst; Maria die Blume, Krone und
Zierde der Frauen des Jahrhunderts ").
Biese historische Rede MolitteU ist nm so
merkwürdiger, als die Grundideen und Haupt-
grundsätze - darin niedergelegt werden, nach
welchen die Dynastie damals geherrscht zu ha-
ben scheint, und können somit zugleich als po-
litisches Glaubensbekenntniss des Geschicht-
schreibers gelten, welches freilich oft ein sehr
biblisch -serviles, von den consdlntionnellen
") Ueber Molinet als Kchta: und Hiatoriker vergl.
das fcrit. QueHenverzeichniss in den Beilagen. Auch Mr. de
Reiffenherg „Notices bdc Ib Bibtlotheqae dite d« Bourgo-
gne." BruxeU. 1829. T. I.
") Chroniqne* de J. MoKitet, Chap. XI; v«rgl. die
Beilageo.
DyGoogle
199
Tbeoriea der flUmuchen Städte hiinmelweit ver-
schiedenes war:
„Das Volk, welches in FiDStemissea wandelt,
hat ein grosses Licht gesehen.^' (Jeiaiaa IX.)
,J}er göttlichen, menschlichen und natür-
lichen Einrichtung zufolge, sind untergeordne-
tere Wesen durch höhere geleitet und regiert,
die sterblichen dnrch unsterbliche, die sichtba-
ren durch unsichtbare, die menschlichen durch
göttliche. Gleichwie es nur ein einziges himm-
liflches Reich und einen einzigen Gott und ewi-
gen Kaiser giebt, welchem al|k erschaffenen
Dinge gehorchen und welcher dnrch seine nn-
Irügliche Güte diese höhere Monarchie verwal-
tet, deren Bestandth eile die englischen, je nach
der Beschaffenheit ihrer Natur und dem Grade
ihres Ranges geordneten Schaaien, Throne und
Hoheiten bilden; also haben wir in diesem nie-
dern Erdenreich auch nur einen einzelnen Kai-
ser, welchem die Welt xinsbar ist, und wel-
cher durch seine Majestät sie und das Rad der
Begebenheiten leitet, sowie den ganzen Kreia
untergeordneter Personen, als da sind: Könige,
Herzöge, Markgrafen, Grafen u. s. w,, jeder
nach seinem Range."
„Diesem Kaiser, welcher den glorreichen
Namen eines Aogustas angenommen, sind wir,
wie schon Vegetiut bemerlct hat, Treue, Erge-
benheit und Gehorsam schuldig, gleichsam als
dem gegenwärtigen und verkörperten Gotte."
DyGoogle
g^eder, der einem kaiserlichen Edicte Ge-
horsam verweigert, ninss als sein Feind be-
trachtet werden, da ein solches Edict gleichsam
ein Abbild des SoayerSns selber ist."
„Der ewige Kaiser sah sich einst genötbigt,
die bösen Engel vom Himmel auszaschliessen,
desshalb, weil sie, von Uebeimuth getrieben,
ihren Sitz nach Norden verlegt wissen wollten,
um dadurch der höchsten Majestät selbst ähn-
lich zu werden, und nachdem sie auf diese Erde
gekommen, sind diese verstossenen Engel die
schlimmsten geistigen Feinde geworden ; auf
gleiche Weise haben sich empört, einestbeils
des heil. Reiches bemächtigt, und sind unsere
irdischen Feinde geworden, jene Leute von der
fränkischen Nation, welche, ursprünglich troja-
nischer Abstammung, im Herzen von Germanien
sieb niedergelassen, und zwischen Rhein und
Donau von dessen Mark sich genährt. Diese
Leute haben die Frechheit gehabt, in der sikara-
brischen Stadt sich unabhängig von der kaiser-
lichen Krone zu erklären; sie bewohnen die
untern Gegenden und nennen in der Regel sich
FraHchoüy allein nach dem Griechischen soll-
ten sie eher Ferochoii heissen, ihrer angeerb-
ten Graasamkeit nnd Unbändigkeit wegen. Sie
sind die Haaptfeinde, welche gegenwärtig ans
versuchen und schlagen, welche uns Verheis^
snngen machen , jedoch blos den Ruin bringen,
und welche das heilige kaiserliche Bild seiner
DyGoogle
201
Slelle in der geistlichen Kammer entkleiden
nnd dafür ihren babylonischen Götzen aufpflan-
zen wollen. Auf dieselbe Welse, wie einst
das Volk Gottes anter der Hand des Königs
Pharao litt, nnd datch Nabuchodonosor in Ge-
fangenschaft abgeführt wurde , weiden nnn
auch die armen Untcrthanen des einst so hoch
geehrten Hauses Bargnnd grausam zerQeiacht,
gegeisselt, mit Füssen getreten und geknech-
tet. Das Gesetz ist umgestürzt , die Tempel
sind entweiht,, die Altäre zertrümmert, die
Schiffe: ausgeplündert; das Geschrei der schmäh-
lich Unterdrückten nnd nnmenschlicli Miashan-
delten dringt big zu Gott empor nnd ruft des-
selben schwere Bache auf die Urheber dieser
Thaten herab,"
„Das arme verlassene Früulein von Burgund,
gebengt im Herzen, in ThrSnen zerfltessend,
erscheint vor seinem Schöpfer und verklagt in
schmerze nre icher Klage das Geschlecht des
Mars , des Gottes der Schlachten. Sie ruft den
Adel , unter dem sie so manchen Vasallen zählt,
um Beistand für sich an ; sie erhebt ihre Stimme
zum Obetbanpt der Welt, jenem geheiligten
Reiche der Tentschen. Der ewige Triumpha-
tor, der Vater der Waisen, der Tröster der
Betrübten, hat den harten Druck seines cbrlsu
liehen Volkes vernommen, und die thränende
Bitte seiner demüthigen und frommen Magd er-
hSrt; mit seiner süssen Milde erquickte er ihr
DyGoogle
juogftSoUcbes Herz, erbarmte sich ihres ua-
schuldigen Blutei, und beschloss in seiner
Gnade die Wiederherstelinng des gewaltthätig
beschimpften Thrones von Burgand. Weil je-
doch dieser Fall in den Bereich der zeitlichen
Herrschaft einschlägt, and er gerne menschli-
chem Muthe einen S|iielrauni vergönnt, darin
er durch ritterliche Thaten die ewige Seligkeit
verdienen kann, so sandte er trotz dem, dass
er seine Gerichtsbarkeit über Alles sich vorbe-
halten, die Bittstellerin an seinen weltlichen
Stellvertreter, den erhabenen und glorreichen
Kaiser Friedrich, allezeit Mehrer des Beichs."
„Kanm waren die Beschwerden und Bitten
der edlen Jungfrau in der kaiserlichen Audienz
zur Kenntniss seiner trinmphir enden Hoheit ge-
kommen, als diese inniges Mitleid über die
Sache und mit der Demuth seiuer Magd empfand,
und den Unterdrückten beizustehen sich rasch
entschloss. Und wie einst durch eine Jnngfrau
Maria aus königlichem Geschlecht die Befreiung
ihres Volkes und des Menschengeschlechts her-
vorging, also sollte anch jetzt durch das Bünd-
niss einer andern Jungfrau Maria, ebenfalls aus
königlichem Geblüle, Errettong, Freiheit, Wie-
derherstellung, Frieden and Ordnung den Bur-
gundern zurückkehren.'*
Der Chronist überlas st sich nach diesem
pathetischen Eingange einer noch begeistertem
Anrede, and weiss vor Entzücken sich kaum
..gniod., Google
203
zu faisea; dsrdaf aber beweist er, dass die
Vereinigung Marieoa mit Maximiliaa oiclit an-
ders, als 8egenr«ich sein könne, möge man sie
nach dem einen oder andern der vier m einer
gISoklicben Heiratb durchaus nolbwendigen Er-
fodernisse betracbten; nämlioh: nacb der Weit-
heil, Schönieit, dem Reichthun nad der Grotte.
Nnn aber stösst der Historiograph erst recht
in die Posaune, und nachdem er Maxen als
„klug in der Tbat, besonnen im Bathe, vor-
sichtig in der Rede, imstandsvoU in der H^tnng,
gewandt in der Staatsknnst, elegant in der Schrift,
spitzfindig in der Untersachung , andächtig in
der Kirche, katholisch im Glauben, mildthätig
gegen die Armen, human gegen seine Freunde,
onternehmeDd gegen seine Widersacher, tapfer
in den Waffen, angenehm bei den Damen,
zScbtig im Gemüth, ausgerüstet mit Kenntnis-
sen jeder Art u. a. w." hingestellt hat, preist
er auch eine Reihe ron Tagenden an dem Fiäa-
lein, Tugenden, welche aus ihs ein Modell
ihres Geschlechts und eins zweite Rebekka,
Esther oder Sybille machen müssten.
Sehr artig ist die Schildemng des zweiten
Punktes, der Schöakeit beider Gatten. Pygma-
lion konnte — nacb onserm Molinet — kein
vollendeteres Ideal zu seinem unsterblichen
Kunstwerk gefunden haben, als Maxens Ge-
stalt; er ist ein wiedererstandener Naisiss, und
wenn dem Absalon die reiche Fülle seiner tchö-
..gniod., Google
204
neu Goldhaare das Leben gekostet, so wird
MaximiliaD hineichtlich dieser weit über iba
dea Preis gewinnen. Ea kann im Lande Bnr-
gond kein ancb noch so reizendes Frauenzim-
mer geben, das nicht, wenn es einen aolchen
Gorgias znm Gemahl — wie der Ptioz von
Oesterreich — erhielte, zn&ieden sein inüsste.
Wenn auch andererseits die Prinzessin eben
nicht ein Ansbnnd von Schönheit (de n appa-
rente mongtre) ist, so ist sie doch immerhin
sehr niedlich, graziös, lieblich und liebenswür-
dig, von angenehmer Haitang und sehr schö-
nem KSrperwuchs. lieber den Rest mögen die
Damen entscheiden; ich aber sage: ihr ausneh-
mend bescheidenes Wesen und ihr lebhafter
Geist zugleich wiegen wohl ein Meisterstiick
von Schönheit auf.
Natürlich werden nan auch , und' zwar mit
gesteigerter Weitschweifigkeit, bei dem Punkte
des Reichthum» die gegenseitigen Vorzüge hervor-
gehoben, sowohl was die Abkunft des Paares,
als den Umfang seiner bereits geerbten und
noch zu erbenden Länder betriff):. Der Histo-
. riograph macht sohin Ausflüge ins Gebiet der
Geographie, die ihm nicht besonders glücken;
denn nach ihm sind Römer, Britten und Hen-
negauer gemeinschaftlich von Troja hergekom-
men; diese Stadt ist die Urquelle der Herrlich-
keit aller nachmaligen Könige, Herzöge, Gra-
fen nnd Barone; das Hans Bui^nnd gründete
.,gniod.,GoOglt:
205
io Europa und Asien Reiche und Städte. Rom
und Frankteich, RomnlaB nnd Franciolaa, die
jüdische Geschichte and der heidnische Olymp,
Jnlins Cäsar und Baro, König David and Bru-
nehild erscheinen bnnt antei einander. Nach
Molinet, der sich auf Nikolaut Renclerq und
andere berühmte Geschlchtachreiber der Beider,
als seine Qaellen, beruft, behauptet er endlich :
Branehanlt, ein Zeitgenosse König Davids, habe
in sieben verschiedenen Richtungen Reiche ge-
stiftet, welche alle mit dem seinigen zusam-
mengehangen, nämlich; Dänemark, Norwegen,
Preussen, Sklavonien, Ungarn, Germanien, Al-
lobrogien, Celtenland, Sequanien, Russland,
Neastrien, Aquitanien und Spanien. Aus die-
Sern Königsgescblechte stammten die Fürsten und
Grafen von Hennegau; wie glanzvoll erscheint
also nicht die Abkunft der Prinzessin Maria!
Aber nun kömmt erst noch die GrStge. Sie
stammt aus einer Dynastie, welche zuerst die
aller christlichste genannt wurde, und welche
reichet als irgend eine andere an kanonisirten
Heiligen and Heiliginnen ist. Was sind die
Hänser Orleans, Savoyen, Lothringen gegen
dieses Haus, zu dem dasjenige der Grafen von
Hennegau gehört? Und hat wohl Frankreich in
seinem reichen Liliengatten irgend eine aus-
gesuchtere, dnftendere, blüliendere, glanztei-
chere Blnme, als jenes Fräolein aas dem bur-
gundischen Herrscherstamm, welches zur Rech-
..gniod., Google
206
ten and zur Linken, in auf- und abiteigen-
der Linie nnr Kdoi^e und Herzoge aU Sip-
pen siehtf
Eb liegt alio klar am Tage, dasa unter
allen jetst regierenden Fürstinnen ei keine giebt,
welche an Ruhm, Erhabenheit and GtÖBse der
Jangftau von Burgund vetglichen werden mag.
Sie ist edel von Körper und noch edler in ihrer
Seele, und gleich ihrer seliges Mutter, Madame
de Charolaia, der Tochter des gaten Herzogs
Ton Bourbon, demätbig, sanft und gut roti
Wesen. Sie trügt den Namen der himmlisdiea
Jungfrau Maria, und gleich dieser folgt sie den
Pfaden der Weisheit, und ist zugleich eine
Königin der Bannherzigkeit und der Milde, und
eine Inhaberin aller guten Sitten nnd Yorzüge
ihres Gesehlechts. So wie der Name jener
himmlischen Maria ein Gegenstand der Verherr-
lichung der Engel und dessen Bedeutung für eine
Dame die all erheilbringendste ist, so wird auch
derjenige dieser irdischen nicht ohne trostreiche
Empfindang ausgesprochen und ohne heilbrin-
genden Sinn Pär die Zukunft, der uns sie selbst
als einstige Beherrscherin sehen Ifisst.
:.Googlc
Zweiter Abschnitt.
Die Schicksale Maria's von Bur-
gund vom Zeitpunkt ihrer Ver-
mähiung mit Max.imiliaD bis zu
ihrem Tode.
■tMaximilian machte nunmehro Anstalt, den Krieg
mit (tem KSoige von Frankreich tüchtig zn betrei-
ben und das Weib seines Herzens in ihren so hart
angefochtenen Rechten zu schirmen. Dem Gra-
fen von Romont, zum Generalcapitän von Artois
ernannt, and dem Landgrafen von Hessen, sei-
nem trenen Frennde, wurden Hauptrollen dabei
zugedacht. Eine ansehnliche Menge teutschen
Kriegsvolkes zn Fnas und zn Ross brannte vor
Ungeduld, den Uebermuth der Franzosen züch-
tigen EU helfen. In dieser Stimmung nahm es
von der Prinzessin begeisterten Urlaub. Der
Erzherzog, von welchem inzwischen auch Mainz
und Sachsen Abschied genommen, sandte die
beiden Feldherren voraus, und verhiesa onge-
sRnmt nachzukommen; jetzt noch trieb ihn ge-
byGoogle
bi«tflri8che Pfliebt, ia alleo übrigen Städten,
wo es noch nicht geschehen, die verschiedenen
Rechte zv begchwören.
Der Herr von Crevecoeiir war init bedenten-
dem Kriegsvolk in Aitois, und vorzugsweise
bei Theronane und in den Umgegenden gela-
gert; er hatte den Grafen von Nivere and meh-
rere andere Feldhauptleute von Rang bei sich.
Diese entsandte er vor Arras zu neaen Angrif-
fen auf die Stadt. Sie verbrauchten Kriegs-
listen und Geschosse wider die Besatzung mit
gleicher Geschicklichkeit und setzten dem Be-
fehlshaber Wouter Tan Oyn jeden] Tag hefti-
ger zu.
Inzvrischen war der Graf von Romont und der
Lendgraf von Hessen, welche von dieser Gefahr
Nachricht erhalten hatten, in Eilmärschen vor
gedachter Stadt angekommen. Unter dem don-
nernden Schlachtruf : „Hie Oesterreich und Bur-
gund!" fielen die teatscben Knechte über die
französischen Bogenschützen mit grossem Un-
gestüm her und zerstreuten ihre Reihen. Cre-
vecoenr floh nach Blangef. Die gefangenen
Landleute ans der Gegend, welche mehrere
Tage hindurch Ton dem Feinde mnthwillig ge-
quält worden, entliess man nach Hause; die
Sieger plünderten die Leichname der Erschla-
'genen nnd warfen sie darauf in eine einzige
grosse Grube; darauf hielten die beiden Feld-
herrea ihren Einzug in die Stadt und wuidea
DyGoogle
von den angit^freiten' Bürgern mit Jubel be-
gräsu. Dbb folgenden Tages eilten sie, St.
T'hom^'zD verwahren, gegen welchen Ort, laat
xag«]i]Miiitieiien>'Gerütfate»^' Crevecoeur bereits,
dci'Gelingebs üidmlitib sicher ,' einien heimlicheii
Angriff) '«nttrorfsn hatte. Der Landgraf über-
nahm in Person den Befbfal Über. -die Besatzung
des' BoteK dem damaligen. ' 'Umstinden bdchst
wiohtig«» Blatzbs.' '' - I' ■ r
' Den Het^n von K«<tue«dflK wärmte der Schimpf
r»r AiTas:'^elr^ 'idod seinfiegleiter Nevera, das
Gef^U jdes-'Sfchmermstfa^ilend, rief abs; „Der
Teufel h^'(ta« Bitsswlk ihei-gezaBbert, das so
mqnlgtii^ig iins in den Röcken fiel, in eiiiem
Aagenblick, -woiwir itu U«berg«be' der Stadt
gewiss sein- konhten. Aber geschehen ist nun
g^sofaeheniVtH— i^,^^ wahl^ — ' ISsst der Sftmi-
fohe, Bsziehtcrstattw den französiichen Ober-
feldherrn daranf . ttrwiedem — so ist es; ver-
maledeit seien all': diejenigen, die ubs diesi
angethan!-.: Hat d^' Herzog' Maximilian noch
f'iele solcher frischen Männer, so werden wir
mancherlei Ungvinach »dulden mässenL- 'in
Wahrheit, es sind Kerls wie 'Bissen, mA in den
Waffen so gefibt, dass. ändere. -Fradzosen gal^
»ioht Stieb halten ikoablcra.Sicheslichj wenn
wir die Flucht nicht ergriffen, würden sie uns
alle getödtet, oder doch gefangen haben^ Der
Graf vonRomont und.derXandgzaf von Hessen
fiigten ans Schimpf und Mord zn; allein, so
I. 14
.,gniod.,GoOglc
210
vaiiT ioh Philipp von Crevecoenr bcin«, ieh
will an den Flamfindarn Bache nehmen; es ist
noch nicht aller Tage Abend; komm' ieh wie-
der in ihr Land, so loll mancher FUmingoi
weinen, der jctit öbenaütfaig lacht!**" — Sol-
che und andere Worte mehr ndoten nnter lioh
die Anführer der Feinde,
IniwiBchen hatten Maria und Maximilian
hintereinander Ryssel (lille) nad Cortrjk (Conr*
trai) bereiat, nnd nicht nar von den Biii^m
die Beweise der ionigaten AnhäogUdiknt, aon-
dem aneh von edlen Herren ana Henn^^a nnd
Arteil, welche an ilinen gereist waren, die Zo-
sicherong des thfttigaten Beistandes arhalton, i
König Uidwig XI. teinerseita war durch die
Nachricht von der Schlappe hei Arras hSdiit
Terdrieaslidi geworden, hoffte aber, schnell
■leb wiederum fassend, znu miodestcn durch
•ine Ueberlistnng tob St. Thomas einigen Er-
lati und Genngthntmg an erhalten *). Anf den
Bath daa Hei»^ von AlenQon antschloss er
sich, «inige leimr Anhanget in St. Thomas,
darnntait er besonden anf einen gewissen Jan
d« la Hajre, Sehaltheisscoi oder Wethooder der
Stadt, vieles baute, für einen geheimen Streik
SU verwenden. Er sandt« dem Letzten, eineas
*) (B?) ^nw naEJcx idtta nnneD emd« «vroer ainen
e«dt, i^gHtde: Tax le Pu qaa Dien! Je ul mij eens
wrekts «Ut paa g«eft, ou eat.
DyGoogle
211
erprobten Spion and RSnketdunled am seiner
eigenen Schale, insgeheim ein Schreiben n,
woiiD er ihm fSr die Bemeiatemng oder den
Verrath der Stadt 3000 Kronen als Belohnung
anbot. Der K3nig irar in seinen Einfall so
verliebt, dasi er St. Thomas bereits als sein
Eigenthom ansah, und davon, als von einet
anageaachten Sache, sprach*).
Jan de la Hsye leitete -wirklich, gemeinsam
mit der Bande, die er befeUtgte, Alles se eia^
dass er dem K3nige nnr die Thore erSfflien
m kSnnen glanhte g allein einer der Hüter der-
selben, welchen er n gewinnen sachte, var-
rietfa den Anschlagt derVerrfither ward herbet
geholt, verh&rt nnd anf die Folter gelegt, da-
mit «r die MitHchaldigen bezeichne. Deis wei-
gerte er sich beharrlieh, wiewohl er die Hab-
gier bitter rerflnehte, welche ihn in diese Lage
gchraoht. AI« KBnig Lndwlg daranf, der Ab-
rede gemftss, unter die Manem von St. Thomas
geritten kam, sah er das Werkseng seines Tru-
ges bereits am Stadtthor hangen. Die fibrigen
waren, anf das erste GerBcht von des Führers
Qefahr, ans der Stadt gewieben. Der KfilHg
that einen schweren FlniA vor Aei^r nnd
meinte: „man habe diessmal eines Flelschhaners
*) „Haer wansn bedriodit neoighcD meotdien, desgha-
BJcx lal ije Coniac ooc vir«D, want njn wanen u1 bem
lle^toi,** raft der Ktne nmwtr «ArihAen Chnmikantea aiu.
,14-
..gnioa., Google
— - 212; —
Gang gethaii." Der Heir von Crevecoeor be-
fl&Dftigle ihn dnroli das VeraprecheD, einen Zug
längs der Lys nnteinehmen and dorcli das An-
zünden einer Beihe von Ortschaften, sowie dorch
einen Hanptangtiff auf die KriegsmaGht der Fla-
niänder ihn r&ehen sn wollen. Der Seneschall
von der Norinandie sollte 2a diesem Behuf mit
einer Ahtheilnng Heerbanden voransräcken, was
auch geschah! Der König selbst und sein Feld-
herr rüsteten zn Therouanne, wohin sie zurüclc-
gekebrt, sich za Grösserem.
Die atmen Landlente, geplündert, abgebrannt
und gemisshandoltf liefen nach Ypern , nnd klag-
ten dem Erzherzog nnd Marien ihre schwere
Noth. Max versprach glSnzende Genngthnung;
auch die Herzogin redete ihnen Trost zn, mit
den Worten: „Kinder, gebt Euch doch zufrie-
den; Ener Schaden betrübt uns inniglich, aber
er soll Euch ersetzt' und gerochen werden!"
Der Prinz war entschlossen, alsbald persönlich
ins Feld zn zieheni vergebens suchten Romont
and Ravenslein, nnd von Nassan Herr Engel-
biecbt ihn abzuhalten; er rief mit edlem Un-
willon aas: „Soll ich meine und Marions Un-
teithanen vom Feinde schinden lassen, nnd hier
massig im Neste sitzen bleiben! Fürwahr, das
br&chte mir grosse Schmach!" Mit Mühe nur
gewann es Maria durch zärtliches Kosen, nnd
dadorcb, dass sie alsbald auf Absendung eines
tüchtigen Haufen Volkes gegen den nar drei Mei-
DyGoogle
313
len weit entfernteo Feind rieth, .über des Gatten
jogendliofaen Ungestüm, dass er „noch Maas
hielt;" sie gingen Arm in Arm zom Bankette;
aber der Erzherzog sprach murmelnd immer
vor sich hin: „Es ist eines Prinzen würdig,
dass. et seihst für seine Unterthanen sorgt, und
immer tut sie in Wehr nnd Waffen steht!"
Der Fetdhaapbn&nn , Jan de Gheest, nahm
Rache für ihn, und jagte den Franzosen die ge-
machte Beute wieder ab. König Ludwig, aufs
neue hierdurch beschimpft, suchte nun durch
Aufhetzung der Lüttieher wider ihren Bischof
nnd die Regierong Marieos auf dieser Seite zum
mindesten sich zu entschädigen, und eä gingen
demnach geheime Unterhändler mit Boten nach
jener Stadt ab.
Inzwischen hatten Max und JVIaria Ypern
verlassen, um zu Byssel nnd Dooai in der Graf-
schaft Hennegau und im Lande Namnr, sowie
im Herzogthnin Brabant, die Huldigung anzu-
nehmen und die Privilegien zu beschwören.
Die Prinzessin war nach Antwerpen vorausge-
ritten, und es war festgesetzt, später daselbst
wiederum zusammenzutreffen. Des Erzherzogs
Einzug in allen Städten, ging auf glänzende
Weise vor sich, nnd man schien überall gleich
sehr von Begeisterung za. dem Herrscherpaar
nnd vom Hass wider die . Franzosen erfällt.
Maria ihrerseits fand zu Antwerpen einen
besonders freundlichen Empfang. Nach über-
D, Google
214
■taadtoMi FflrtUoUccUeB war Uir cnrttt Gvg
snm Grabe ihrer Matter, irelohe in dicier Stadt^
in St. MichMU Dom, beerdig war. Ihr fron-
OMa Hera itr&mte hier in ■till^ EriannungeD
und !■ laatea Gebeten für die Seele der Ver-
kllrtsD fiber. Die Rnheetttte der Todtni gab
ihr eise etärkeade Kraft and ihren Thrinen m
den künftigen Sttiimen des Lebene eine innere
Weihe. Naeh diesem trat ile wieder ia den
Saal der Fr&blidwn nnd wohnte der ^ehre^
bei, weldie die Hftapter der Stadt ihr an Ehren
Teranetaltet.
Wahnnd dieser Feite nrbeitete inswiicben
sn Lätti^ lohwaner Vemtfa, und Wilhetm
Ton Aremberg entfaltete aetne böten Küate.
Die von Loon boten starken Wideratand. Als
•r mit gefthrliehen AaachlMgea wMer des Her-
zogs Macht und Leben selbst nach Namnr, wo
damals das Hoflager war, sich wagt», kamen
aune wüsten DEnge endÜ^ an den Tag. Der
gehwme Briefwechsel fiel in des Primen Hand,
und er aandte den £&or, aof ein Pferd geben-
den oad Ten vier BeM^Mndirem bewacht, dem
Bisdwfe von Lnttieh sn. Daranf reiste Max
nach LSwen und Herxogei^scfa , wohin Maria
ebenfalls in EUe gwitten kam. Denn ihre
Sahaaneht naeh dem Gatten war bei der aonat
featgesianten und ataikmnthigen Frau ao nn-
iiberwiadlioh, dasa die ohne ihn veifloaaenen
Tage ihr Jahre dftochten, nnd der Gennss der
DyGoogle
315
Liebe iauner nur etirkere FlAmmen in. Ihram
Henen anfaehte. Es trieb sie eine Art ge-
heimer AfaBtiDg, dwM ihr CÜüek ndi für kurze
Dnner ihr xagemeesen «ei; darnm wollte sie den
Becher derFrende bis mr Neige, nnd so lange
leeren, als das Leben freandlioh ihn ihr darbot.
Die Meiarei TenBerdogeiAosch^— wie die Pio-
vinx Nord-BralMUtt frfiher gmaant worden ist —
huldigte nan ebenfalls dem Herracbarpaare and
mnpfing deaien Eid gegenseUig. Herr Barth»«
lomä von VaseUtein, Jan Ton Egmont und
Kornelis van Berten leisteten ihnen in der
Stadt GmeUiGbaA and leiteten die Feierlich'
keiten ■).
-Vom Bosefae ^ng der Zng satfh Antwerpen
inrück, wo der Böiger Aahftn^ii^eit das
Paar rereinigt noc^ einmal bei sich zn. sehen
wünschte. Man enehS^fte sich von Nettem im
BinDreichenBewlIlkommiieu..Vordem Stadtfaanse
war eine grosse Tribüne Bofgesehlagen, sUseD
mit Tapexeten and inwendig^ mit der koetbarMen
Seide 8DtBta£&rt. Des Henogs Wappen prangte
in der Mitte; aar Bediten raid Linken hingen
die der Harkgrafschafi. Des folgenden TagM
worden die Handvesten beschworen. Die Bnr>
g«, der Bastard von Brabant and die Henen
*) Historie van d? stad en meyerie vaa'» Heriogen
Boi, als mede de vgmaemite daeden van te hertogen
VW BnUwnt
.,gniod.,GoO(jJc
— sie —
TOD Cni7k«y)«ck, tä» dasuilige Vsnreser. der
Markgrafscliaff , an d«! Spitze, fügt^a den Ban-
ketten Geschenke Ton hoheiN'Wexdw bei. Eine
Menge TerdfichtigenBaubgesiDdelB, das in die-
sen Tagen der St^t sich zu nähern gwagt,
ward 'aufgefangen und algetbaa.
Der Erzherzog war bald hienivf.nit geinetai
Lager itAoh Lens in Artoiii 'au^f^ii^bhen: '.Bier
Tereitclte er mefareve heimKche Ränke Lnd\rigs
und seiner Sendlinge. Einen' Hauptmann, wel-
cher im Interesse der FranzosoB^ einen h5cbst
verderblichen Anschlag aasgeitrfitet , bekam er
in seine'Gewalt^iund: lieiH iko' als Ansspfther
nach kriegs rechtlichem Spruche hängen, loder
Tielntehr thatea ea\die 'Behörden zii Brügge,
wohin! niaii dan. Gifangen^n: gesandt ').
'. Bei idsni' Könige' äosierte .aich nach dieseü
Widerwärtigkeiten dei:'l;}Viiinaoh,;dilrch üngeü-
aobe. FriedensünterhandlungeRlKeit an starkem
Rüstungen zu gewinnen. MaxJuitian selbst hatte
ihm daiaa einen bequemen Aalass ^geben.'
'::Bal4 nach beendigten FrendeoEesten hatte
di«;ier 'nämlich dem K-fi^ige ' einen bittern Brief
geschrieben, wMin besondeirB geklagt' war:, das«
Ludwig den Solotbiun er i frieden so scfamähHch
gehrochen, und einön Tlicil dlir Domänen nnd
Herrschaften, die Vpdame Mari^, seiner Gemah-
lin, zugehörten, allem Recht and aller Billig-
') Wonderi. Oorlogh. p. 25 d
DyGoogle
317
k«it SOM Hohn, an sich gezofen. Sollte es
wirklicb Punkte zu regeln geben, worüber das
Recht nicht ganz klar sei, bo sei er, der Prinz,
gern bereit, anf dem Wege des Vergleichs sie
xn erledigen. Uebrigens gebreche ea ihm dnrch-
Ros weder an Muth für seine Penon , noch am
Beistande befreundeter Fürsten, nin ungerechte
AnniaasBungen mit Nachdruck zu bekämpfen.
Der König hatte in seiner Antwort mit dem
feierlichen Sch^vur sich entschuldigt, den er zu
Rheims geleistet, und welcher ihn verpflichte,
die Rechte der Krone ungeschmälert zu erhal-
ten. Er warf der Herzogin die lehensrecbt-
widrige Zurückhaltung von Provinzen vor, wel-
che durchaus nach ihres Vaters Tode an die
Krone Frankreich zurückfallen mussten. . Auch
für Herrschaften, die sie aas verschiedenen
andern Rechtstilein besass, verweigere sie die
Huldigung dem Monarchen. Nichtsdestoweni-
ger erbot sich Ludwig, wenn man seine so ge-
rechten Beschwerden würdigen wollte, Abgeord-
nete ins Iiager nach Lens zu schickeoi wo der
Prinz um diese Zeit gelagert war.
Der Kanzler d'Oriole, Philipp Pol, Herr
von la Roche, GulPot, der Bailli von Verman-
doi, der Herr von Esquerdes, GuiUanme Bische,
Herr von Apremont, Kriegsschatzmeister, und
Pliilibert BoutiUat trafen mit den Herren de
Lannoi und von Slarrhemberg, sowie mit eini-
gen andern Räthen des Erzhenogs und der
..gniod., Google
— ai8 —
Huia sosaimnen *). Die Cbronik *^ eniklt dia
Verbandliuigen sehr naiv also:
Die Feldhanptlente erklärten ihrem Gebieter
Maximilian: „Die Waffeamhe stünde uns an,
wire nar dem Könige wa tränen. Laeit nns
darum anf jeden Fall Bargen, Yesten nnd Städte
tflchtig mit Volk vergehen." Aof diese» lies«
Maximilian den Herzog vor sich kommen nnd
gab iiun folgenden Bescheid: „Sagt dem KSnige
Lfldwig, Eurem Herrn, ich nehme die seobs
Monate an, aber auf dai Geding, daxs keiner
der Seinigen anf meine Leute einen Anschlag
mache, noeh irgend einen meiner Untertbaneii
miflshandle, sonst werd' ich anf eine Art Raehe
nehmen, dass es ihm granen soll.'*
Der WaffenstillBtand wari vorerst nur auf
xebn Tage angenommen, sodann aof nnbeitinunte
Frist, gegea vorherige AafJniDdnng von ^er
Tagen, verlKngert. Doch sollte er anf das Her-
KOgthnm nnd die Grafschaften Bnrgond sieb
nicbt erstrecken. In der That ward er hier
gar nicht, and auch in den Niederlanden nnr
schlecht beobachtet***).
*) BaranH XI. 805. S07.
**) IK« WvHitrl. Owrlogk. p. 26. u. •. w. IKe Ge-
bort Philippi geht der RnSblvng voran, wa* natCrUdi t&a
AaaebronluDUa M.
el. c
DyGoogle
219
WlhreDd der Bote nach Theronann« Kurfick-
' eilte, deckte der Herzog die Grenzen auf das
Bette; Hea»en, CfaimaT-, Bomont und Braaden-
bnrg blieben zn ihrer Hnth. Die Antwort, wel-
che König Ludwig empfangen, wärmte ihn et-
was; er erkandigte sich nach des Prinzen Stel-
lang and seines Volkes Stärke, und war ver-
wundert, CO hdren, dasB 80 viel Edle zur Seite
ihm stünden, und in den Flämingem solche Za-
veraicht herrsehte. Die französisohen Grossen
aber. Welche ihn umgaben, bedeuteten ihm : er
inüsse Ton den Flämingem keine so geringe
Moinnng hegen; sie besSssen, wenn sie Ter-
einigt wären, eine farchtbare Afacht, so, dass
sie wohl ehedem Frankreich selber bezwungen,
und anch jetit dürfe man auf harten Stoss sich
gefasst machen. Der König achtete solcher
Worte nicht sehr viel, sondere meinte: er sei
selbst Stark genug, um aof dieis Volk mit Ver-
achtung herabbticken zu kennen; am sie besser
zn seinem Willen zu bringen, werde er noch
«ine neue Abtheilang Beiter, sodann die Frao-
qaenuwtBner und £e Atemberger aufbieten;
diese würden statt seiner den Handel wohl zu
Ende bringen, ohne dass ex besonder« Mühe
anwenden müsstc. Vergebens erinnerte ihn der
Hercoig von Orleans an den so eben'beichwo-
renen Vertrag; der König sendete zu jenen
Verbündeten Werbboten, welche zur Verhee-
DyGoogle
— sao —
TDDg des Landes seiner Gegner sie aufreizen
sollten *).
Es ist Jedoch nnnmefar an der Zeit, zn den
Ereignissen in Bnrgu'nd zornclunkehren , nnd
sowohl die Verhältnisse Burgands und Lud-
wigs ZB andern europäischen Mächten, und die
nenen Affairen auf dem bisherigen Schauplätze
des Krieges, als die T baten und Unternehmun-
gen des Priozen von Oranien, sowie die der
ihm gegenüberstehenden Feldherren Ludwigs im
Zusammenhange zu schildern. Zwischen diesen
Begebenheiten, welche ein abermaliger Waffen-
stillstand fat einige Provinzen kaum auf kurze
Daner unterbrach, haben wir zugleich die Pri-
vatgeschichte Mariens und ihres Gemahls an
den geeigneten Stellen wieder einznschalten.
Der König, dessen Gemüth nach dem grau-
samen Justizmorde, an seiner eigenen Familie
verübt, täglich wilder, argwöhnischer, blutgie-
riger, fajaatischer geworden, heftete gleichwohl
in dem hartnäckigen Kampfe, den er mit Marien
nnd Maximilian führte, fortwährend den Blick
auf alle politischen Yerhältnisse, welche auf die
Entscheidung der grossen Frage ihm zu Gun-
sten oder Nachtheil einwirken konnten. Wäh-
rend daher der Erzherzog die kostbare Zeit mit
nutzlosen Belagerungen einzelner Festungen ver-
lor, unterhandelte Ludwig für seine Interessen
■) fFnitrt. Oortogien.
DyGoogle
221
an mehr als einem earöpSiflchen Hofe, So mit
Bretagne, welcfaas aeit einiger Zeit zu Marien
sich hingeneigt; 80 mit Venedig, mit Aragon,
mit Portagal, ja mit dem Kaiser selbst, welcher
die Attentate wider Cambrai, die Reichsatadt,
hSchst übel empfunden hatte, während er für
die übrigen Angelegenheiten seines Sohnes nnd
seiner Schwiegertochter eben nicht sehr eürig
sich bemühte.' Lndwig schob auch hinsichtlich
Cambrai's, wie Bnignnds, alle .Schuld auf
das lehenrechtwidrige Benehmen Karls nnd
Marions.
Der HanptgegeDStand seiner Sorge aber blieb
England. Hier war des Volks Gesinniing und
Margarethens von York Einflnss ihm sehr hin-
derlich , und nur dag charakterlose Wesen
Konig Eduards Hess ihm noch Hoffnung, für
seine Plane doch noch mit Erfolg wirken ta
k8nnen.
Schon um die Zeit, wo die Heirath des
Fräuleins von Burgund mit dem Prinzen von
Oesterreich bereits entschieden war, hatte er
eine glänzende Gesandlschaft nach London ab-
gefertigt, an deren Spitze Gui, der.Erzhischof
von Vienne, stand. Seine Beredsamkeit wirkte
mächtig unter den englischen Grossen, noch
mehr aber das reichlich gespendete Gold, ge-
gen welches die Habsucht der stolzen Lords
nichts weniger als unempfindlich war. We-
nige Wochen vergingen , und ein Waffen-
DyGoogle
ftUlstand onf sieben Jabre ward zn Paeqaig;ni
naterzeicfaoet, nnd einige Zeit daianf sogar
auf die ganze Lebensdauer beider Kdaige aus-
gedehnt *).
Zn Anfang des folgenden Jahres (1478) sandte
König Eduard Lord Howard, Sir Richard Tnn-
stall und den Doktor Langton nach Frankreich,
um den Waffenstillstand in einen festen and
daoerbaften Frieden umzuwandeln. Ludwig aaa-
derte lange mit der entscheidenden Antwort, da
er seinem Nachbar nicht TöUig tränte; endlieh
aber, nachdem er durch mehrere seiner lUthe
den Dr. Langton besonders klag ausgeholt
hatte, ward er über die wirklich günstige Ge-
sinnung Ednards in sichere Kenntniss gesetvt,
und erfahr die bisherigen Hindernisse eine«
ganz freandachaftUchen Verhältnisses, deren
rcrzüglichstes in VetsSgernng der Oeldsnmraen
für Mai^;aretha von Sommersets Freiheit be-
stand. Der englische KBnig hatte die Schwach-
heit, «ich desshalb zn entschuldigen, das* er
den Werbern Maria's nnd ihres Gemahls die
Werbung erlaubt, and sieh dahin an erklären,
dass dieselbe blos anter der Bedingung, das
geworbene Kriegarolk einzig wider Geldern
and Laxanburg, und niemals wider den K3nig
Ludwig selbst zn verwenden ,'< gestattet wor-
den sei.
DyGoogle
223
LnAwig war über solche Mitthailnngen hoch
erfreut, und die guten Dienste der von ihm mit
Penaicnen entluBeoeD Lord« Howard niid Hastlogs
•chienen leine Sache aaf das Beate gestellt so
haben; als die neoen heftigen Berührungen, In
welche er mit der Herzogin -Wittwe von Bur-
gvnd geriethf derselben einen neuen gefWir-
Uehen Stow versetiten.
Von dem Haaao seines Hentens getrieben, hatte
er knrxe Zeit zuTOr das Witthum Margarethena
Ton York anf eine Eusserat feindselige Art ao-
gegiiffen und verwüstet, wie schon im LebeA
derselben beschrieben worden, nnd dadurch das
nnrers^hnlichite RachegefUhl bei dieser ohne-
hin ihm grollenden Prinzessin erregt. Ihr Bru-
der von England, theils ans wirklicher Nei-
gong zur geliebten Schwester, theils ans Fnreb«
Tor ihren femsm Vorwürfen, denen sein sehwa-
eher, von ihr oftmals beherrschter Geist sich
nicht zu entziehen vermochte, that bei Ludwig
das Beste, nm den Handel ins Reioe m brin»
gen; allein dieser zog ihn, mittelst allgt«
meiner nnd nlehtskostender Versprechungen, In
dieLBnge, bis die, bereits früher angedeuteten,
Zerwflr&iase im Innen des engliadien KSnigs-
Kanses Ednard IH, mehr m «einen ChiastMi
stimmten, da auch Margaiethe. in die AfiUre
ihres Lieblings, des Hersogs von Clarence, ver-
wickelt schien, übrigens ohne die gefiUirlichan
BückwirkoBgan zn thailen, denn bald trat sie
..gniod., Google
224 — ~
wieder als die sehr geliebte und verhfttacfaelte
Schwe«ter auf*).
Die fl&raischen Chroniken ttellea diese £r-
eigniBie, sowie die Bemühungen Margaretbeu
fOr Maria anid Maximilian, etwai verworren dar,
jedoch mit vielen ansiehenden £inxe]nheiten
über den Aufenthalt der Doaairidie in England
und ihre Unterredungen mit Eduard wie mit
ClareiM«. ' Merkwürdig ist auch die Ton den
meiaten Annalisten übergangene Oescbichte Vob
einer Werbung Lndwigs, im EiäTerstandnisse
mit Lord H«ward, noeh im Jahre 1477 odec
1478, welche sie durch ihre Sendlingezu hi»-
tertteiben gewosst. Mehrere Schiffe waren mit
grossen Geldsummen und Geschenken nach
England ausgerüstet worden, um, durch Ho-
wards Vesmlttelung,: 10,000 B<^enBchützen zn
erhalten. AJbbaid hatte sie davon Nachricht
erhalten, und von Brügge aus den Grafen vod
Bomont in Kentalnias gesetzt. Der Graf säumte
nicht, mit einer Abtheilung Volks- nach Dnnkir-
ahetl . zn marschiren , nm die Abreise jener
Weibschiffe XU verhindern. Er bemantite meh-
rere Fahrzeuge, die im dortigen Hafen lagen,
liesa Jedoch aus -Vorsicht die buTgundischcFla^e
herunternehmen, nm vom Feinde nicht sogleicli
erkannt in werden; darauf segelte er aus dem
Hafen, in der^ lUcbtung von Bneuen bis za
•) BmtmmH I. & Exe. Ckntmrkt
DigniodD, Google
225 — -
dem Punkte ' hin , welchen die franzSsischen
Fahrzeuge nolhweadig passiren mussten.
Die Bargundischen hauen halben Wind und
Begelten darum rasch hindurch; die Gegner aber
mussten lange laviren und konnten nur gelten
schnell segeln. Endlich kamen Erstere so nahe,
dass sie die Franzosen den Küsten von Hain-
ton entlang die Richtung nach England nehmen
sahen. Basch gab Roinont das Zeichen, segelt«
dicht an die Feinde an, Hess die Fahne Ma-
riens, mit dem Wappen von Oesterretch geziert,
aufstecken und die Parole rufen; „Qni viveV
Die Franzosen antworteten: „Vive le Roy de
Franchel" und ogleieb geschah der Angriff. Die
Burgundischen warfen brennende Fackeln und
andere Materialien in die dn>i Schiffe und enter-
ten sie. Heftiger Kampf begann am Bord; eine
Menge Franzosen wurden in die See geworfen,
und zwei Schiffe förmlich erobert. AI« die
Mannschaft des dritten den Handel verloren
sah, eilte sie auf B5ten an das Land, dem
Könige die Hiobspost zu übeibringen; dertiraf
von Romont aber fuhr mit seiner Beute nach
Slays, wo dieselbe verkauft und aus dem Er-
löse den Soldaten der rückständige Sold be-
zahlt ward. Zu Gent empfing ihn Maria mit
dankbarer Freude, und man hegte an ihrem
Hofe die Hoffnung, dass durch dieses Aben-
teuer die Lust nach Hnlfeleistnngen zu Gun-
I. 15
..gniod., Google
226
■ten Ladwigi den Engländern benommen Bein
würde •).
Während der Soenen in England, der Kata-
Itropbe Clarence's and den verschiedenartigen
Uoterhandlangen hatte der Krieg in Flandern
(im Winter 1478) fortgedauert. Die franz&-
sische Armee stand, vor der Anlmnft des Kö-
nigs , anter den Befehlen des Grafen von Dam-
martin bei Qnesnoi. Beide Parteien bescbrfink-
ten sicbjedocb anf einzelne Scharmützel, lieber-
fillle, Plünderungen, Verwüstnngen ; der trau-
rig -monotone Charakter der meisten Kriege
jener Zeit. Der Umstand, dass nichts Ent-
f cbeidendes nnternommen wurde, gereichte übri-
gens den FlamSndern mehr zum Nutzen, als
den Franzosen. Denn sie ordneten und vec-
Märkten sich immer tüchtiger, und die Wieder-
erscbeinnng Maximilians im Lager kob das
Selbstgefühl 4ind steigerte den Muth der Sei-
nigen.
Als er Ton Marien das letzlemal Abschied
genommen, halte er die Trauernde, welche be-
reits ihrer Entbisdung entgegensah, der Pflege
des RuDwords, Adolf ron Ravenstein, wieder-
)m\t empfohlen und demselben eingeschärft, se-
*) Wonitrlijdct Oerlogk. Sie eraäblen in «Dem Brnste
und aufrichtig geaag; idieser VorfaB habe dm Lord Ho-
ward den Kopf gekoatet
DyGoogle
bald das wichtig;e EreigniBS eingetref en , es un-
gesäumt ihm za melden.
Maria konnte kaum vor tiefem Herzeleid
sich fassen; denn des Gatten kriegerischer Un-
gestüm und thatenverlangende Jugend malten
ihr im Geiste tausend Gefahren vor, welchen
er zur Beute heimfallen könnte. Res est sol-
Itcifi plena timoris amor! —
Endlich, am 22. Janius 1478, während Maxi-
milian gerade im Lager bei Pont-ä-Vendin sich
befand, kam Maria zu Brügge mit einem schö-
nen and gesunden Knaben nieder, welcher den
Namen Philipp erhielt. „Das geneine Wesen
und das arme Volk jener Lande — bemerkt
Jean Molinet — seit langer Zeit durch Tyran-
nei nnterdrückt, jubelten im Herzen hoch anf,
und erwarteten das Ende der grossen Trühsale.
Es war der Nation, als wenn sie aast der Fin-
Bterniss wieder hervor ans Liciit gezogen wor-
den, und sie achtete sich nicht minder glück-
lich, als das Volk Israel, als es ans der elen-
digen Dienstbarkeit des Königs Pharao sich er-
löset sah. Seine Traurigkeit verwandelte sich
in Freude, seine Verzweiflung in Trost, sein
Elend in Kraft, und zwar nicht ohne Grund.
Denn das erlauchte Hans Burgund, in welchem -
der Tod so furchtbar gewiitbet hatte, and das
dem völligen Ruine nahe war, erhielt durch die
Gebart dieses männlichen Sprösslings wieder
einen Stab für unser Alter, eine Zierde ßr
15*
:.Googlc
228
uDBer Land, einen starken Arm für den Streit,
ein Schwert gegen die Feinde, einen Port des
Heils nnd der Rettung."
Drei Tage lang feierte man za Brügge, und
nachmais in allen Städten des Landes das
glückliche Ereigniss. Dankprozesaionen , Ften-
denfeaer, National tanze, Ringelspiele verherr-
lichten es. Am 2S. Junius ging die Tanfe vor
sich, bei welcher Abgeordnete Ton ganz Flan-
dern mit zugegen waren. Achtzig Edelleute
eröffneten das Gefolge; eine reiche Zahl von
Prälaten und Priestern, die Bischöfe von Dor-
nik und Sarepta an der Spitze, sodann der
Kanzler des Vlieisordens, der jnnge Bastard
von Bnrgnnd und viele Fürsten und Grosse,
nebst den Tomebmsten Damen, mit deren aus-
führlichem VerzeichnisB wir den Leser verscho-
nen, nnd von denen wir blos die Frauen von
Ravenstein nnd Geldern, Adriane von Bnrgnnd,
Agnese von Bonrbon, Johanne von Knlemburg,
die von Hallew^o und Gmithusen nennen, schlös-
sen den prnnkvoUen Reihen. Die Feier lieh -
ketten selbst sind bereits im Leben Margare-
Ihens, der Pathin des Prinsen, geschildert.
Die Mutter drückte den Neugeborenen, als
er nach der Taufe ihr zurückgebracht worden,
mit Inbmnst an das Herz nnd iuhlte sich über-
glücklich •).
*) Bt ce jovr HooMJpwnr da Holembaix i
.,gniod.,GoOglc'
Nicht minder glücklich v/aw der Vater, wel-
cher grosser Noth und Sorgen, sowohl was sein
Herz, als seine Politik betraf, nunmehr erlöst
war. Der Bote, welcher Tag und Nacht in
einem fort geritten war, bis er Pont de Yendin
erreicht, wurde königlich beschenkt, und das
ganze Lager, dem die Gebnrt des Prinzen darch
Trompetenschall verkündigt worden, theilte
seine Freude *). Man horte Nichts als Trom-
melngewirbel und Schalmeyen, und neue Lie-
der wurden auf die glückliche Begebenheit
et argent araot les mes et aa travera da march^ cd tr^a-
grande aboadance. Paurquoy les trompettea dnrenant grande .
resjoQysiement, ensemble les ti^raulta crfoient hanltemeDt:
„Largeiiel Largeiie!" I'enfant ssulTemeat rapportä, sana
quetqae destourbier, a rhoitel deMU dict, Madame de Baur-
goingne sa marine, entra en tme chambre tendue de tres-
riche tapisaerie d'or, oü estoit an dresgoir lichenient gami,
Dn lict de parement, et on aiiltre, oil Madame conchoit,
avironnie de Damea et Damoiaelle» k grand plantd et gar-
Aie pai mesaire Robert de MenneTille, son m^etre d'hostel,
et Monirignenr de Monsqueran, maütre d'hoitel de Hft-
dame Marguerite de Bourgogne; et U fut ce noiiTel chrä-
tien apellä Philippe, präentä it aa tr^a-redout^ m^re,
Madame d'Auatrica, qni le receot k trfs-grand joje; puia
on donna vin et espicea. J. Moliatl Cbap. 59.
*) Eia Poet des Lagere improvinrta den latmiüacben
Vera!
„Ommbna acceptua r^nat dotub, eccel Fhilippua."
MoUnit Cbap. S9.
,;m;,G00<^Ic
*
gedichtet*) and von dem Volke- fleissig abge-
suDgen **).
Der Erzherzog, welcher gerade um diese
Zeit einen neuen Späher des Königs gefangen,
und eine Bande von 600 Franzosen niederge-
*) Eine Incamation anf Philipp« Geburt lautet abo:
XXII. In Junij Marie ghelach
RaTesteju, Saint Pol, de DawBgiers
Hieven Philips np «int^ Pictera dach
Siote Donaei ghedoopt, lof den beatiere.
Anno MCCCC «o. LXXVlfl. >
Flsndria gaude, Francia luxit, Brugia in arb«
Pallo produsit Aquilae Doxisaa Leonem.
Exe. Chreityekt f. 318.
") Mijn beere ran Ravestsyn gat den bode eenen
brief, tot hem aeggende; Bode rjidt wech met haeaten, ao
verre tot ghi cnmt hj den hertoghs, enäe gheeft hem de-
■en brief. Dye bode aeyde: Ick saelt gheerne doen, ic en
aal niet rüsten voot ick ben te Pontevendy, oft ter plaetaa
daer die Hertoghts ia. Dus aadt dye bode op een reet sj-n-
der veerden na Dizmnyden, na Poperinghen, ende also
overe na di RirieTe van Pontevendy, ao langlie niet neei-
aticheden over berch ende dal rijtende, dat bj bi tbejt
quam, mer die tente Tan H. MaximiL en kende hy nyet.
Doen vraechde b; na den hertoghe, die hem daer gewesen
was ataende voor aijn .tante. Hl reet by den hertoghe en
acreet van lijn peert, ter eerden knielende voor den her-
toghe. Hy cnite den brief dye hem mijn beere van Ra-
vesteyn hadde gliegeveu, ende gafien den H. Maa. dy cd
op brack. Maer eent ao vraechde hi, hoe aijn vronwe
Toer? Die hode autwoordende ipcac: Seer wel, alsoo uwe
ghenade vinden aal in den brief; eni. enz. Wmdvl. Oorlogh.
DyGoogle
231
worfen hatte, sprach in einem Briefe, den et
durch den Ueberbringer der freudigen Nachricht
an seine Gemahlin sandte, sowohl seines Her-
zens GefGble über die erhaltene grosse Botschaft
aus, als auch der GeSngstigten Muth wegen der
Begebnisse des Tages zu; er bat Margarethen
von York nnd den Herrn von Bavenstein, für das
Weib seines Herzens, wie bisher, nnd auch für
. den theuern Sprössling hinfiiro redlichst Sorge
tragen zn wollen, nnd er erklärte, seinerseits
der siebersten Hoffnung zu sein, dass er seiner
and ihrer Feinde Meister bleiben würde ').
Die Familie nnd die treuen Freunde des
Hauses, Margarethe insbesondere, empfanden
die herzlichste Freude über die erhaltenen
Mittheilungen. Letzlere war stolz daranf,
die Beschützerin des theuern Helden gewe-
*) Der gemüthlichs BrieF lautet im Ori^ml aber
„Salujt ende groeteniiw «ea vroB Marie, miju tief tronwe.
Stjt goeti moeti, en doet n 'wel ta gbemakel Ic hop«
mijn reyte «al ieec goet nljn, iraat Toor Leu* ia Artoya
^a Tenlegea meer dan lei liondert Fraiuoyien,. eode den
capiteyn heb ic selTs ghevaen met mijader hint, dus hopa
ick noeh meer der vlctorie te verrerveD. Ende ick bidde u,
B«er Adolf tbd RsTaneyii, dat gh; met Margriets tmi
York dye oude Princeue wel gade «laen nllt ttdu Maria
miJn beoiinde wijf, ende Philippni, mijnea lone. Ic bope
eer lanc bij u te comen, om te beüen, hoe ghj ende alle
a» vrienden Taren moecht. Scrijft mi weder overa ho«
dat met u alten i«, ende hoe dat gby alle vaart, Djwt near
ep deei tijt. Wotii<rl. Oarhgh. g- 25.
.,gniod.,GoOgk'
aen zu sein, welcher noch in jungen Jahren
„ein so kluges Herz und einen so stolzen Sina"
in sich trag, und so männliche Thaten bestand.
Alsbald wurde ihm auf das heizlichste zuriick-
geschriehen und von dem Innern seines Hauses
ebenfalls das Tröstlichste berichtet.
Am 19. des Heumond hi^t die Herzogin zu
Brügge ihren Kirchgang; alle Glocken ertönten,
alle Strassen hallten von Freudengeschrei. wider,
und die schönsten Jungfrauen überreichten der
Gebieterin Blumenkränze und Lieder *).
Maria pflegte des zarten Lieblings mit der
hingehendsten Mnttertreae in eigener Person,
nnd es bedurfte der eifersüchtigen Wachsam^
keit der flandrischen Stände nicht einmal, wel-
che von Amtswegen eine Art Beistandschaft und
Kuratel aastibten. Das Kind selbst gfidieh mit
ausserordentlicher Schnelle und verrieth früh
schon einen lebhaften heitern Geist.
Der Erzherzog bereiste nach diesem Ereig-
niss nonmehro verschiedene StSdte, wie Douai,
Ryasel, Valenciennes n. s. w., hinter einander,
suchte die Besatzungen dieser wichtigen Punkte
zu standhafter Vertheidigung zu entflammen
und brachte ihnen die nöthigsten Geld- und
Lehensmittel. Den Bürgern selbst verlieh er
neue Gerechtsame nnd Freiheiten, auch ver-
-) IHe Eteell. Chro». twn FUunderen foL 208 d
■cb)ld«rt w>lches ansföhrlich.
..gniod^yGoOglc
233
sicherte er sie seines ritterlichen und fürstlichen
Schatzes gegen jede Gewalt von Innen nnd
Aussen *),
\aeh den Yorgängen hei Conde, welches
die Franzosen nnrdurch Verrath genommen, sam-
melte Maximilian ein nenes Heei zii Bergen
(Mons). Fast alle Edle Hennegau's trafen in
seinem Lager ein und vereinigten sich brüder-
lich mit denen Flanderns. Der König aber
war nach Arras gegangen nnd halte, da der
Gegner durch Waffen noch nicht besiegt wor-
den, einen gerichtlichen Kamj»f gegen ilin,
oder vielmehr gegen Maria, eingeleitet, welcher
weiter unten im Zusammenhange beschrieben
werden soll.
Maximilian dagegen nahm zu Pont-ä-Yendin
mit nngeföhr 20,000 Mann aufs neue eine feste
Stellung ein und sann über einen Hauptplan.
Der Wiedergewinn Cond4's war das erste Ziel ;
der König aber, welcher wohl erkannte, dass
diessmal die Uebermacht bei den Bnrgundiscben
sei, Sherliess von freien Stücken, und ehe noch
die Belagerung ordentlich begonnen, jene Stadt
ihrem Schiclualj d. h. seine Armee steckte sie
an verschiedenen Punkten in Brand, nnd Ludwig
löste so auf vandalische Weise das den Bür-
gern für die frühere gastfreundliche Aufnahme
gegebene "Yenprechen schonemfer Behandlung.
*) Btrmttit XL 896. 898.
..gniod., Google
234
Ein gleiches Looa erfuhr Mortagne. Die Masse
der franzSsischen Heerbattden wälzte sich so-
fort QueSDOi zu, während der Erzherzog in der
BichtuDg von Valenciennes sich bewegte. Der
Graf Dammartin schlag einen Angriff der Elfi-
mlnger zurück, aber ohne Gewinn fiii ihn and
ohne Verlust für diese Letztern.
Es regte sich bei den beiden kriegführenden
Theilen gegenseitig das Bediirfniss einiger Ruhe.
Daher geschahen Anträge eines neuen AVaffen-
stillslandes. Am fi. Junius 1473 ward ein sol-
cher auf acht Tage eingegangen, nnd der Herr
Ton Ctoj, Graf zu Chiinay, spielte dabei die
Bolle des vorzüglichsten Unterhändlers. Lnd-
wig wünschte den Stillstand auf längere Dauer,
doch kam man blos für Hinf fernere Tage übet-
ein. Yergebens waren die eifrigen Bemühun-
gen Oliviers de la Marche; die Ftäminger er-
riethen des Königs Stimmung und Lage, und
je mehr dieser einem entscheidenden Treffen
auswich, desto mehr setzten jene sich in ach-
tanggebietenden Stand. Sie überschritten den
Kanal de la Heale, stellten sich in völliger
Schlachtordnung anf, und sendeten Herolde,
eine Schlacht anzubieten.
Allein die Verfassung beider Heere litt keine
grossen Unternehmungen; es gebrach an Le-
bensmitteln, welche Ton den ausgeplünderten
oder erschöpften Städten nicht mehr in solcher
Menge, als dag BedürfniM foderte^ herb«ige-
D, Google
235
schaSl werden konnten. So erzwang denn die
Noth den Vertrag über einen eiiqährig;en Waf-
fenstil latand.
Der König bequemte sich diessmal zu un-
gewöhnlichen Opfern. Um mit dem teutachett
Reiche nicht ferner in Feindseligkeiten zu sein,
und die bnrgundischea Händel nicht zu ÄfTairen
des Kaisers and des Reichs zu machen, machte
er sich anheischig, alle seine Trappen aus dem
Hennegau'schen zu ziehen. Er stellte hielur
die nöihigen Ordres ans. Quesnoi, za dessen
Verbrennung er nichtsdestoweniger heimtückisch
gerathen hatte, ward, da der Feldherr edler
als der König dachte, unbeschädigt dem Herrn
de BosshI, Bevollmächtigten des Erzherzogs,
übergeben.
In besonderer Lage befand sich Doraik.
Diese Stadt, welche man als im Königreiche
gelegen ansah , war nichtsdestoweniger von flan-
drischen Städten umgeben. Besatzung und Ein-
wohner hatten nicht aufgehört, trotz des Waf-
fenstillstandes, Ausfälle und Stieifzüge zu ma-
chen, sodass die letztgenannten Städte aufs
Uebelste mitgenommen wurden, and deu Unter-
händlern Maximilians darüber Rache schworen,
dass sie ihre Stellung, jeuer Stadt gegenüber,
festzusetzen vergessen hatten. Es musste somit
in Bezug auf Dornik ein besonderer Vertrag
geschlossen werden. Solches geschab zu grossem
Verdrais deijenigen, für welche die Plöndening
..gniod., Google
eine Quelle des Reichthutns war, und welche
naniuehro der Bache der Flainänder ausgesetzt
wurden, wie ein Chronist sich ausdrückt.
Die Reihe kam nun auch an Cambrai. Die-
ser Ort sollte dem Reiche zuräckgegtellt wer-
den; nach den grausamsten Verwüstungen und
willkürlicben Bedruckungen von Seiten der
Kriegshäupter und Statthalter stellte der König
in Person eine Art Ordnung und Gerechtigkeit
wieder her. Man kam auch über gemeinschaft-
liche Besatzung im Schlosse von beiden Par-
teien überein *).
Als Maria die Nachricht vom Abscbluss des
Stillstandes empfangen, war sie im innersten
Herzen froh, da er den Gemahl für eine ge-
raume Zeit ihr wiedergab. Sie ordnete Alles
zn festlichem Empfange desselben an. Von
Ungeduld der Liebe getrieben, war er auch
alsbald ans dem Lager nach Brügge mit weni-
gem Gefolge vorangeeilt. Als die Trompeten
die Ankunft des Ersehnten im Weicbbilde der
Stadt verkündigten, eilte sie, aller Rücksich-
ten der Hofsitte vergessend, unter das'Haupt-
thor, den jungen Philipp auf dem Arme; und
als der Prinz vom Pferde gestiegen, stürzte
sie mit dem tbeuera Pfand ihrer Liebe ihm ent-
gegen und rief mit grosser Innigkeit des Ge-
*) J. Molinel Chap. 60. enthält den Vertrag am voll-
sländigst«»; v«rgl, die Beilagen.
DyGoogle
£37
iniithes, den Säugling ihm in die Arme Ie<
gend, ans: „Herr, das schenk' ich Euch zum
WiUkomm; seht hier Eurea Sohn, nnser Bei-
der Kind, dan jungen Philipp, aus kaiserlichem
Stamme." Max schloss den S&ngUng aa seiil
Herz und sprach : „Gesegnet sei das edle bnr-
gundische Blnt, und Heil dem, der nach Philipp
TOB Valois den glorreichen Namen trägt, doch
mnss er fortan nun memen Namen tragen; was
sagt Ihr dazn, geliebte Marial" Die Fürstin
erwiederte: .„Herr, was Euch beliebt, das ge>-
fallt auch mir; Euer Name muss billig roran-
gehen." Und also hiess der junge Philipp fiir-
der von Oeiterreick. Die beiden Gatten aber
ritten nach ihrer Herberge; die getreuen Ritter,
in die Freude derselben sich theilend, folgten.
Sofort treten nun Oranien und die Ereig-
nisse in den Bnrgunds auf die Scene.
Bereits früher ist bemerkt worden , wie -
der Prinz von Oranien die im Anfange der
hnrgundischen Wirren gespielte Rolle zn Gan-
Bten der Maria gewechselt und zu den Füssen
seiner rechtmüssigen Gebieterin zurückgekehrt
sei; ferner, wie er in der Franche - Comt£ wi-
der den Herrn von Craon wirksam aufgetreten.
Den Vorwurf wegen solchen Widerspruchs zwi-
schen beiden Handlangsweisen entwaffnete er
durch die ErklSrang: „loh habe längere Zeit
eine Heirath Mariens mit dem Dauphin für das
Vortheilhafteste angesehen, and diesen Plan
..gniod., Google
ans allen Kräften zn befördern gesncht; die
Wahl der Prinzessin hat anders entschieden;
unterwerfen wir uns ihrem Willen!" Also re-
dete er auch zu den Frei-Bargondern, deren
GeraUthei er auf jede Weise nun niastimmen
wollte.
Nachdem KSnig Ludwig XI. durch ein
Schreckenssystem die gegen Maria forldanernde
Sympathie der Bewohner dieser Grafschaft be-
straft, und Craon durch allzugrosse Sicherheit
und Zuversicht den grossem Theil wieder ein-
gebüsst halte, während Oranien, nunmehr Ge-
nerallieutenant in sämmtllchen Prorinzen der
Herzogin, von den Yaudrey's unterstützt, das
Redlichste gethan, concentrirle sich der Streit
hauptsächlich um die Mauern vonVesoul, wel-
ches ebenfalls gefallen, von den Franzosen
aber aufs Neue nun eingeschlossen war. Lei-
der entschied sich das Kriegsglück auch diess-
mal wider Ludwig XI.; in Treffen und Hinter-
halten wurden ihm Tansende der besten Söld-
ner erschlagen, und die Flnthen der Saone
färbten sich von Franzosenblut; andere Haufen
6elen in die unerbittliche Hand des aufgereiz-
ten Landvolks; Craon war nach Grey geflüch-
tet, dem einzigen wichtigen Orte, welcher dem
Könige noch in der Franche - Comt6 geblieben.
Der Zorn Ludwigs bei allen diesen VorfUIlea
war ohne Grenzen. Er liess dem Prinzen von
Oranien, wie einem gewöhnlichen Staatsveibre-
DyGoogle
23Ö — "
eher, den ProzeBi machen, dnreh einen Sptnoh
de> Parlamentes von Grenoble das Fürstenthaia
Orange ihm abschätzen und der Dauphin^ et
einverleiben; den Prinzen selbst hing man int
Bildniss an Händen und Füssen aaf, und zwar'
in allen Städten des Herzogthnms Bargand;
ÜB faktische Ausführung an seiner Person selbst
ward dem Herrn von Craon aufgetragen, wel-
cher freilich dazu grossere Lust, als Gelegen-
heit halte.
Der Prinz, mehr ausgezeichnet durch das
grosse Geräusch, welches diese Art von Rache
in Europa machte, als dnrch die Misshandlnng
seines Namens in der Meinung gebrandmarkt,,
suchte des Königs Hass seinerseits redlichst za
verdienen. Dieser Letztere ging so weit, dass
er, auf die verdächtigen Aussagen eines Aben-
teurers hin, Ocanien sogar als Giftmischer hin-
zustellen suchte, und durch das Parlament
neue Unheile zn dem bereits erlassenen fEllleB
Hess. Diese Anschuldigung, welche mehr Lud-
wig XI. selbst, als seinem Gegner, ähnlich sah,
hatte im Publikum nicht die gewünschte Wii^
kung; man glanbte meistens alle Verbrechen,
sobald sie anf des Königs eigene Beclinung
kamen, und selten eins, sobald es gegen ihn
gerichtet war. Man hatte sich daran gewöhnt,
dass er zu Meuchelmord und Giftmischung selbst
oft nnffoderte, hlos um gegen diejenigen, welche
•r TerderbcD wollte, Stoff tind Vorwand zu haben.
:.Googlc
Der Brader dei Prinzeo, Hugo von Chalons,
Herr zu Chateau- Gojon , rückte mit starken
Haufea nanmehr vor Grey, um den Franzosen
auch diesen letzten Ort noch zu entreissen. Aber
Craon, durch das Unglück weiser und kräftiger
geworden, schlug die Stürme ab und tödtete
dem Grafen über 1200 Mann. Die Frei-Bur-
gnnder eilten, für die Einbusse Ersatz zu neh-
men, und fielen verwüstend in die Graftchaft
Cfaarolais ein; sie verbrannten St. Gengonl and
eroberten im Herzogthume Burgund mehrere
feste Plätze. Auf die Kunde hiervon erklärte
sich jetzt auch die Partei der Maria entscbie-
.dener inDijon. Der Bürger Chretieti Noot er-
hob die Fahne des Aufstandes, tödtete den Prä-
sidenten des neu eingesetzten Parlaments und
erfüllte die Stadt mit Mord und Verwirrung.
DerBrandsioff iheihe sich auch andern Städten
mit; schon halten die Einwohner von Chalons
den Abfall beschlossen: da eilte Craon mit
Macht herbei, verhinderte ihre und Toulon-
geons Anschläge, und stellte mit Hülfe des hur-
gnndischen Adels, welcher in seinem Verrathe
dnd in seiner Abneigung gegen Maria beharr-
lich lieh zeigte, einigermassen das Gleichge-
wicht wieder her. Der Aufschwung des getreuen
Volkes ward also hier durch die rereioigten
Bemühungen des Feindes von Aussen und der
Widersacher im Innern wieder unterdrückt.
In der Franche-Comt^ ging es nicht n
:.Googlc
341
leiehti hier wirkte Alles zusammen für die In-
teressen der Maria, nnd der Hass gegen die
Franzosen wurde vorherrschend. Craon suchte
die Empörung dnrch verdoppeltea Schrecken zn
ersticken. Von dem Gewinne Döle's hing daa
Meiste ab. Er leitete somit die Belagerung die-
ser zweiten Hauptstadt der Grafschaft ein, und
mehr als 14,000 Mann Kernlruppen, sowie eine
änssetst zahlreiche Artillerie wurden daza ver-
wendet.
Der Herr von Toulongeon befehligte in Ddle
an der Spitze einer sehr geringen Besatzung;
aber der Muth der Bürger ergänzte den Man-
gel an numerischer Macht; alle Classen, die
Studirenden der Universität mit eingeschlossen,
nnd diese voran, ergriffen die Waffen und
schwuren , für die Sache der geliebten und ver-
ehrten Maria bis zum Aeussersten zu stehen.
Hie Briefe Kaiser Friedrichs III., weichet in
diesem Augenblicke mehr Trostworte und Ver-
mahnungen als Geldsummen und Truppen
schicken kannte oder wollte, steigerten die Ent-
schlossenheit. Die Universität ging allen an
Beharrlichkeit und Eifer voran; ihr Beispiel
goss auch in das Herz der Frauen und Mädchen
die Flammen der Begeisterung, und Craons
verachtungsvoller Spott vermehrte nur die Er-
bitterang nnd schliff noch schärfer das Schwert
des Widerstandes. Mörderische Stürme wurden
heldeumüthig -abgeschlagen und durch allgemeine
L 16
..gniod., Google
Aufille erwiadart, wddie <t«ii Fraaaoien mbc
Menge ihtar besten Leute kaUcten. WübreiMl
ihie Väter, Söbae und Brüder in bnnem
Kani^e mit den Feinden üch nuuen, lagen
Jene grosaheraigeM Seelen aaf den Kniecn in
Kirchen nnd Kapellen, oder bewachten die Zu-
gänge, und sorgten iiir Stfirkang sad ErqDwknng.
TriunpbireDd kehrten die Dolenaer in ihre
Maaern aarnck, and der nnerbittlidie Craoa
liess znm Abzug blasen. Jährliche Dankfcate,
TMi den Frauen im rerhfingnisa vollen Angen-
Uicke angelobt, verherrlichten die Tbat der
Aettang; mhmrtdle Devisen, ven Maria v^
liehen, verewigten daa Andenken an dieselbe.
deich darauf schlugen die Vandrej'a noch
da» TrQmmet der Belagerungaamee , and der
Prinz TOB Oranien einen Theil der Bentinng
TOB Cirej. Da fiel endlich aneh dieser I%itz
ia die l^nde der Erzbenogltelien ; die Franzo-
tan verHessen ihn in Flammen, die sie Torher
aach angezündet;, aibar die Reiterei der Fraacba-
Comteien lachte ibcen Ruin dadurnh, dasa sie
die Mordbrenner In Slüeke hieb.
Das Ansehe» Craons hatte dnrek diese g»-
hinfiten UnfiLlle bei dem eiUtterten Könige be-
devtcnd gelitten; vergebana strengte er die letx-
ten KrttfitB für Wiederherateünag des veBlomen
Kriegflglnekx an; aelbat sein gelungener lieber-
ftfl Oraniena bei Gy, nnd aeia erfolgloser
Si^ über Toaloagaon (weldrar bei dieaaa An-
DyGoogle
243
l«iM in ■•!■• Eläade gmielh) kontito ei nicht
wniem henIcUen. Unermaislit^« RiiicIitimBCT
trSstetea iea is Un^aiide gcfaLÜntm FeMbem
mat sennea Getcmiy wohin «r, darHafganM nnd
den Gesrhttften antangendT sich znrüciligeza^;««
Itttle. CharUwiM Chaumont, Hmf za Anboise,
toigtB IImb ia aeine» ^cilm;. ein Charakter voll
TspferkMt und Einsidit^ T«U Tnaa nad Un-
•igfennäti^eit für die Intensatn des KSt^s.
Die Sachen des Priozen Ton Oramen selbst
stasden, trerlz all' d«r aDgedentetca^ rnlnneidMa
Veniehtoi^eD, nicbts vreniger ats gi&Dseard;
Er halt» sein' Privatgui im Dicaste der Sa«be,
weicher er sieh geweiht, «» zieaalicb sag»,
«etat; er sewartete Tcrgebcas voa: den reinheny
aber geiziges O&eini MaxiiBiliHiu, d«n Eia-
henoge Sigiswaiid in Tjrol, Getdaateratütanng;
and Äea« hemmte «eise Plane und Operatiaasa
nicht wenig. Es war ein grones Ungtäch, dm
oft die R&tbe der Gtegnex selbst vsa Lodwig %l.
bestsehen waren oad desaen Abaiehten wwt ^eds
Weise befSrdein halfes'.
Von praktiMkevem Naftnen: zeigte «iefl nia
diese Zeit die Freundschaft der twAviiSfrittHe»
Ktägmantn. Diese, obgieioli des KAaiga Söld-
aer nnd Verbündeter mterstütsteir daana^
bsimrlich Ha Ba^nder nrit Batht and Tbof,
aad gingen aut Urnen VerbändaiMe eiw. Urs
geinnde Politik zeigte ihnen die Gefalir franzS-
sitchec Nachbarachaft für ihien Staat. Sq nur
16*
..gniod., Google
244
war es demnach m&glich, daas sie fast in der-
«elbea Periode xa Lnzern einen Traktat mit Lud-
wig, and einen andern mit Maiia schloBsen. Sie
verboten öffentlich unter Todesstrafe BSstungen
wider den König, und erlaubten dagegen Btill-
schweigend allen denen den Dnrcbzng, welche
bei den Burgundischen Dienste zu nehmen eilten.
Der Prinz von Oranien , durch seine Neuen-
burgscben VerhSltniase mit den Eidgenossen
vielfach in Berührung, .hatte bei den Untei^
handlnngen Bahn gebrochen. Eine Gesandt-
schaft war noch im Jahre 1477 an Mariens Hofe
erschienen, und anf das huldvollste empfangen
worden. Man wSlzte die Schuld des Unglück«
in den drei Schlachten (hei Granson, Murten
und Nancy) anf ein höheres Geschick, anf die
Fehler der Vögte und auf b^dagenswertfae Miss-
verständnisse *). Doch musste die Fürstin die
Freundschaft solch gieriget Söldner thener ge-
nug bezahlen, und das Geld mangelte daför.
Andrerseits gingen tentsche Söldner, welche
□nter burgundiacher Fahne gedient, haufenweise
lur französischen über, weil diefiezahlang da-
selbst richtiger floss.
Nichtsdestoweniger zeigten die Einwohner
des Herzogthums denselben Enthusiasmus für
Maria, wie die der Freigrabchaft. Jeder
Tag sah einen neuen Abf^ oder eine neue
*) MiäUn Schw. Geachidile, letzter Band. Banmu I. c.
:.Googlc
245
Uebergabe des einen oder andern Platses. Der
Strom der Bewe^ng riss aach Zweifelhafte
oder minder Gutgesinnte mit sich fort. Was
solche Dinge bedeutend f5rderte , war die lüb-
müng, welche, in Folge des Feldhermwechsela,
in die Operationen des feindlichen Heeres ge-
kommen war.
Karl Ton Amboise entwickelte grössere Be-
sonnenheit und Energie zugleich, als aein Vor-
gänger Craon. Er trat zuerst als Diplomat and
später als General auf. Er wnsste einen grossen
Theil der Teutschen von der Prinzessin Sache
abtrfinnig, und die Schweizer unthätig zu machen.
Während er durch grosse Gelder sie in sein
Lager hinüberzog, kirrte der König, sein Herr,
den Stolz der freien Eidgenossen dadurch, dass
er ihren republikanischen Formen und ihrer
weltgeprieaenen Tapferkeit schmeichelte und
sieh deif Titel eines „Bürgers von Bern", als
den für ihn allerehr envollsten ansbat, sowie
anch, dass er in den Sffentlichen Verhandlun-
gen mit den Cantonen den „des besten Freundes
und ersten Verbündeten der löblichen Eidgenos-
tenschiA" Ton sich gebrauchte"). Auch verstand
er es, mit grosser Geschicklichkeit die Erinnei-
mogen an die schweren und TteUacben Unbilden
') II fallet, poni lui accorder ce tltre, faire ud pas«»-
droit au Dac de Saroie, qui £toit le prämier en date.
..gniod., Google
246
i«UiBft BD naclMii, welche jene Bepnblik tob
de« Himera Habiburg und Qvrgnnd erduldet. Et
ward daher immer mehr die Idee gangbar, daM,
wUireiid dieae beiden als die geechwomen Erb-
feinde der Schweizer UngeUellt worden, Frank-
reich der nlchste und natiriide VetbÖRdete
derselben bleiben müsse.
Nachdem Karl Toa Anboiae durch Unler-
handlflDgen so glücklich rorgearbeitet, begann er
haninehro anch auf offenem Felde seinem Feind«
znmsetzen. Er vemicbtete den A^iderstand 4er
Partei Marieni im Herzogthom nnd unterwarf
daeaelbe fast gans dem Könige. Der Prinx von
Oranien, theiU ia Folge wichtiger Versänm-
niMe, theils durch die Notbwendigkeit der Ver-
tfaeidiguog der Freigrafs^aft zaruckgeballen,
iberiie«a die Provins ihi«m Schicksale. Er
begnügte lieh, Simon von Gningcjr«nit einigeo
Tmppea ^hin za beordern, welche aMr etwu
Eibebliches nntzurit^tea weder Kraft noch
Willen besnssen. && ging denn aacb Verdnn,
wcleheB man in 4unaügeff LfigO) nngeicbiokt
gienng, na balten fest aiab vMgesetxt, duicb
Stern en die Frann— n aber; Benane, wrietMS
Ittnger steh Tcrtfiei^gte, büaate nncfamaU sei*
■en WidentAMl iaTtk vn^vbenve BrandncbMtSBB-
gen; Aassonne aber fiel durcb Yerratb.
Amboise, auf diesem Punkte ferner nicbt
mehr gehemmt, brach sofort onn auch in die
Franche-Comte ein. D61e, welches dai «rste
DyGoogle
Mal a» beroMdi uoli gehalten, erlag codUdi
b«i eiBeoerlei Belagenuig ebeo&iUji A%m Ga-
flctiicke in Folge s<^n(iliGbea Verratfas. Eint
gewonavae Partei and 'die iontschea SöUner
brachtea bei«inem T«rabredef en , falschen Asa-
Uäf «IM« Masse frantosiscfaer Freischätaan mit
d«rch die Ttiore hereid; die Stadt sah sich
pbMalkh übenchweuHit und bewältigt, fedu
ferner« WidenstanJ war fruchtlos. Eine allge-
UMine Plündcrw^ ümi aUHt, «od eine gänxticfa^«
Einascfaerniig yaü oade ta 4b8 Traaersfi«!, w*l-
«hea der Herr roo Chaanont, sor Säfana Bii
den früher erlittenen Schimpf der WaffKMhr«
aainea Monarchen anOtihrte.
Glnckllcher war Beaanqon, wekliea, ala freta
Stadt des teutach^i Reich«s, nur dea Schatz
und nicht däe Henaehafi vMi Bwgnnd aaar-
kanot hatte. Kein drüigeiidcs Interess« be-
«timmte die Bürger aar Wehr gegen die Trwp-
f«m Lndwlgs; und da Karl von Antbaiae du
JBocbte Bod PrivUegian der widttigan Stadt xa
ahrMt verhteaa and «ine Urkunde darüber ana-
stallte, ao «fihete sie, in Folge Veigleidis, di«
Tihore. Letxerer aalbst ward, gegen die G«>
«r«ihDheit der ünoiöaiBchcn FeUfaenran, gewis*
aMhaft beabadhtM. j)er Rest des Lnndea £id
Min «lue adiwer« Arbeit, nach Einnahme dar
Hauplplfitze , dem Kiinige otitnfatls so.
Dieser, so hocher&eut er über all' die
glänzenden Erfolge war, fühlte doch eine dop-
..gniod., Google
pelte Uorah«, iheiU bei dem Gedanken, dasB
Amboixe, nach Craons Beiipiel, dadurch zum
Uebetmathe verleitet, die erworbenen Tro-
päen durch irgend ein Unglück wieder ver-
scherzen könnte, theiU auch bei dem, dass
die Iftngere Anwesenheit in der blühenden Pro-
vinz seine Feldhaiiptleute und Soldaten vev-
weichlichen dürfte. Er gab daher seinem Feld-
herrn eine andere Bestimmung, nämlich die
Besetzung des Herzogthums Luxemburg, wo
zahlreiche Verständnisse mit der dortigen fran-
zosischen Provinz den günstigsten Ausgang zu
verbürgen schienen ").
Ehe wir jedoch die dortigen Vorfälle me^
den, mnss des augenblicklieben Aufstandes er-
wähnt werden, welcher das rastlos -nnrnhige
Gent um jeue Zeit zu zerrütten drohte.
„Als die tödliche Zwietracdit — so erzählt
Molinet mit seinem gewöhnlichen Pathos — nvr
mühsam ein wenig eingeschläfert, and von den
Fürsten ini einige Zeit in Folge der angenom-
menen Waffenruhe sich vertrieben sah, sachte
sie, die niemals unthätige, eine andere Stitte
auf, wo sie ihre grausamen Werke fortsetzen
möchte. So geschah es denn, dass sie zo'Eade
des Februars in Gent sich niederliesi und die
Meuterer dieser Stadt \f;ider meine gnädige«
Herren von der Jnstiz empörte."
') OaUlari i. H. W,
DyGoogle
Die Veranlassung gab eine anbedentende
Erböhnng der Malz- oder Bier-Stener. Die
betheiligte Zunft brachte alsbald anch andere
in Bewegung; verschiedenen Personen, die man
für die Urheber der Neuerung ansah, wurde
der Tod geschworen. Die Behörden traten mit
bewaffnetet Hand dazwischen; inehiere Tage
lang stritt man sich in den Strassen hernm, bis
die Aufruhrer endlich auf allen Punkten über-
wältigt und zu Paaren getrieben worden. Nur
ein kleiner Hanfe hielt lange noch in einer
Kirche Stand, die sie wie eine Festung ver»
th eidigten.
Verschiedene der Hartnäckigsten waren auf
dem Platze geblieben; andere hatten die Flucht
ergriffen. Von den Gefangenen begnügte man
sich die meisten aus der Stadt au verbannen;
acht oder zehn der schlimmsten jedoch winden
aof dem Markte enthauptet. Die Punkte, welche
Uir Verbrechen enthielten, waren folgende: Es
war ihr fester Entscbluss gewesen, die zwei
Baillis, die zwei Dekane und die Schöffen der
beiden Bänke, und endlich alle diejenigen zu
tödten, welche sich ihrem „näiriabhen Auf-
stand" entgegensetzen würden; sodann did Kir-
chen von St. Peter, St. Bavon, die der drei
Bettelorden, endlich alle reichen Bürger und
Xombarden za plündern. Das Schlimmste abeir
von Allem war wohl ihre Absicht: alle relthen
nnd hübschen Wittwen mit jungen Leuten aus
.igniodD/GoOgle
2S0
ikter JkCtta cu vuheü-athea, nnd 4>e VciTai-
sMg XU äadei», d«Bit sie die Stadt köBftig
Mtcfa ihnM Gntdüoiben m regeren im Stande
Es ist früher ichoa enShlt worden, duii
der Köaig tod Frankreich , «]s er das letxte Mal
v«a Cambrai schied, die Lilie« von dsu Stsdt-
thore wegbringen, und den Reichsadler wieder
aofiiflaDBen liesa; und ferner, dass er dem Be-
fehishaber i» Schlosse de Seiles strsoge JKea-
tralität anempfahl. Nicbtsdestoweoiger eilte
Lenis de la Salle, sich stark zn befestigen,
am von da aus die von Cambrai stets im Zmim
nad in Forcht zu eifaalten. Die Bärg«c liessen
sich hitfai^ eine Bande tentscher BfiehsMi-
•ohützeo TOB Vale««ie«Bes aus kommen, ebens«
eine Abtheilang ^Jesehüta und Train, nm gegen
^Adlige Zndriaglicbkeiten der Franzosen sieb
mm scürmch. Die Herren voa, Booiwa uad Her-
diie« leisteten ifasen vcm Bachnia «us iaUti'
^•n Beistand.
Die Cmabreser wäre« ^rtschlossen, die Fi9U-
zosna in iibrer Verte selbst «nn aimgretTwi
allein «inige reühs Indtvidnen ans ihrer Mitte,
Welteke ihre Scfaätc« oncfa deraelbpa geflOobtM
haften, waten «n eebr bei der Sadie betheili^
■is dass cäne Besehiewang in ibren WünseJwn
liegen kenate. Sie veriaäderten also die dn»-
■ . I- i) M tUt i tC^ 6«.
DyGoogle
251
fSbfung der Maanegel, und sah«n «t liabsr,
dasi die Franzosen aaf ihre Stadt sohossea and
manche Le>ate tödteten, statt durch mntbig«B
ÄDgriff cnTonakonmen. Mbd twvchte das Ge-
Schulz sofort noch ValenicienBes , nod di« Hee-
ren TOD BouBS« und Herchiea kehrt«» zn ihren
Getcbäften xaiäck.
Jacques de Luxerahnrg «nd der Herr von
Fiennes bewahrten abwechselnd Bonchain die
■evtl Monate bindnrcfa in sieaitidieiB Friede«.
Gegen Ende Aprils jedoch fährten die Batgwi*
diHGben, von geheimen Anhängern tmterstötKt,
•inen Schliß auf de Soles ans, und nahraen
die Bnrg; die Besatinng ward kriegsj|;eSaiigeit.
Nadidein die beiden Anföhrer durch die Pforte
St. Johann in Cambrai ihre» EiiKOg g^ialMtt
und mit Kriegsbedürfaissen sieb verstttrkt, aa«h
die Gefangenen von deSolea freigeg^ea, rück-
ten si« T«r Crevecoear, Ebb«, Laidaing and
Honeoonrt, welcbe '«ämntlicb sieb antenvarfea.
Nach dreiatfindigem Sturme wand daratif a««b
die Barg Badiain ganaaunan , da di» iEünwohoer
der Stadt glaidies Naia^, vor der Baobe dar
Fraazosen ziMerod, die Borgnadiadun selbM auf
das dringendsta bienn eiogcladen batten. Bean-
ravoir^ Avm Bastard vo« St. Pol angabareAd,
folgte. Nichtsdestoweniger verloren Jene nach
allgemeinem Wiederbeginn der Feindsaligkeiten
ha Mai mehrere der eroberten Plätze w!e3er,
da die Freischätsen dea Königs Ludwig luioe
DyGoogle
252
AmtrengaD^n gespart hatten; nur von Bohain
Biassten die Franzosen anrerrichteler Dinge
abziehen.
Der gröaste Dorn im Ange war den Letz-
tem die 8tadt Douai, aus Spott nur die rolhe
Stadt genannt. Diese zählte viele tapfere and
stolze Kriegsleute unter ihrer Besatznng, und
die Feldherren der Maria and det Erzherzogs,
Bomont, Fiennes, Chanterain, Saleazar und
Andere unterhielten rüstig diesen Math. Sie
verstfirkten die bereits vorhandenen Werke,
legten deren neue an, Hessen liefe Gräben am
die Stadt herum aufiiihren nnd besetzten alle
Posten mit grosser Sorgfalt *).
Ehe aber liier etwas von Seiten Creveeoeurs
anternoRimen wurde, erlitten er und sein Bru-
der Antoine grosse Schmach vor derselben Stadt,
die den Namen ihres Geschlechts trag. Bo-
mont, Fiennes nnd Santray waren nächtlicher-
weile dort angekommen, hatten Anlon von Cre-
vecoenr überfallen, und den Ort selbst gestürmt
nnd geplündert. Mit Zähneknirschen empfing der
Feldherr Philipp den oenen Unglücksbericht nnd
schwur: „Wenn er noch zwei Jahre das Leben
behalte, diesen Streich den Burgnndiscben zn
vergelten **)." Sein Gefolge aber meinte : „Er
•) MoNaet Chap. 64.
") Der Dialog, den die Chronik (di« WönderL Oor-
Itghat) ihn Mit aÖDem Bmder haltm läirt, ift aehr anäe-
DyGoogle
253
habe ihnen schon mit Wtioher zum rorans es
gethan, und liethen ihm einstweilen, von Hes-
din ans, wo das Hauptvolk lag, eine Kriegs-
list anf Douai auszuführen. Einzelne Partieen
von Soldaten sollten, als Marktleute verkleidet,
in die Sitadt sich einschleichen und den übii-
gen die Thore öffnen." Aber die Sache miss-
lang, und die Franzosen wurden mit blutigen
Köpfen, und mit grossem Schimpfe beladen,
nach Hans geschickt *).
Der Herr von Bouggu gab sich alle Mühe,
Cambrai zu erhalten, was von den Franzosen
onaufbörlich bedroht wurde. Mit Arras an-
terhielt er geheime Einverständnisse, and die
scblinune Gesinnung der Bürger dieser Stadt
machte denKÜnig so sehr besorgt, dass ei den
grSssten Theil derselben heraustrieb und ins
Innere von Frankreich verpflanzte, dagegen
aber eine Anzahl Franzosen ans ergebenen
Städten zur Ansiedelung in Arras bestimmte.
Es erhielt von der Zeit an den Namen „Fran-
cbe-Ville"; der Offizial des Bischofs aber
nannte sich später: „0.ffiei^i$ Lüertinen-
*ü" "). — Die prachtvoUe Ablei St. Yedast
hend. Jeder Sieg Aber die Franzosen wird Ton den Flä-
mingern mit der ledieügsten Babmredigkeit in die Länge
und Breite erzälilt.
') Molinet Chip. 64. tFonJerl Oorlegk. p. 8i-86. '
**) ^eniez — ruft MsIm«! ans — qve) doril an coeor
..gniod., Google
i'Anss, g«xiert dnrdi so viele rimvüFäi^ Prie-
■tcr, lag fbvtari wüite, and vfmri Mos tod robes
Kriegsle«lea besetzt; Icrwh körte man noch
•ine Mesie ed^ einen feierlicheK Gesaig;; das
riecben der {nnnösiseliea Rftnber, nneitlliobe
Lieder nnd Spiele traten bd die Stelle dar-
■elben ■).
WiÜirend des Wstfenatilktandes wai die
Shadt Feriam (Firiom} ron Fraasoses, BnifiiB-
dem, Spaniern, Lothringern nnd BarrcFn, s«w>c
▼•■ allerlei g;eRiiKliteD ^Idtiuppen genwinsam
beswttt geweeen, wel^e DiclstB ala Raab nnd
Hfindarug fncben wai dae Hcnogthnui Lnxe»-
bw^ und, das Gebiet Ten Meta sehr bedrück-
ttm. Vim dlttsei» st^mi^cbcn ZusUnd cm Ende-
rm leaekca,. belagerte dei Graf voa. Ckma^,
nnterstätzt tsm La- Baifae^ dem. EJbir aus de«
i* autaat k* ob» que k» mttre», b l'aagri^
(«IX dipartiment du Ueu de kuc aatint^, et delaJHUit
lenr» häritages, nalBona, gardiru et lieux |;iIaiBani„ et qni-
rant estrange patrie diiT^rente ä leur nation." Ein nücdi-.
gea GegeartScK znr ßekaontea Maasregel des llIiGrina.
*) „Aimi estolettt tant prienn et poSia dispers, fiigf-
tift , Tagabead» et Kendiana pa« lei pajr. Et estment leon
eloiitres, dortotrs et devotes chapelles planes des r^ligienx
de Man, de gendannes et compaignons de guerre, les-
qnels, en lieux de plaina chanta notables et k Biea adm~
aaiiB, chsntoient chaasoof iofamea et deshonestea et k loi
depIaisBDs, jonoient ä des, k tables, cartes et anltres jeax
m^ehaata, •* «a IWu d» «aincte lectara g — i — t k Dien
ii^ue." KaÜMt p. ISe.
..gniod., Google
253 ■
AnttoBWMt, dem Manofaall vim Laxembai^ «ad
«■igen ^Mlern Fähiem , wui an <Eer Spitie von
Biig«fäbr 10,000 MaBBj £e Stadt, und bonibar-
dirte si« auf das Heftige, bii si« «or Uvb«-
gabe «icli renUod (27. Jimiu 1479) "). Aber
*> „Pcaduit CBB Uirta la Tille de Tertom Mtoit gar-
nie de Franfois, Buiugoignons, Espagiwb, Lerraine, «t
Bairois entremesHs eosemble, et de pliiiia>ra lontierB et
grand pUlard« de gverre, taut de choTil qae de ^ed, les-
qneh teoaUnt la ]>Hch£ de LHxenbonrg, et cenx de Meti
«n tria-grande nibjeetion, Dont, pou däivm lei pays i
renricoo de cette craelle et mis^nble aerritude et ezUiper
la {Wotene racMne de cette faoUe ef bomble laiOBiwii«^
Homeigoe^ le Caat* de CUraajr, La Barbe, k Sanier
d'ArdeoDe, le maruial de hxaxakiemrg, le SeigneM d'Aa- .
M, le SeigDcor du Vay^ W SmgMui d'Eatroen, le Yeau
de Bonzentoii et lea Nsmartä , «n nrnnbra qaari de dix
■ille, asiügwent la -riUe, et kt^ella M hanibl«BMnt bat-
tOB de b»baj'dBa et graa engina."
„Ceux, lesqaeU eatoient dedana, doubtoieBt l'aseMdt; et
ceuDM dempt^ .et monlt «hoconragte, T«yan» ^» pliu
kvaot ne polrest temer aatia, teant ceotrifati far pve
. Diceuitd de queric lenra a{ipoiiitemeiu; at tse^verent ea
subBtanoB tnöetä tel ql^ü ■'aasoiC"
„A. VkatMa supplicatian et leqneatre de l'eijco de Lo-
r»do et gena d» gaem, msytat, jmtice, et habUBUs de
la Tille de Verton, ACeuarägiieur kCbrnte de Cbh— y, p«e-
■icr ChambelUu de loan trte-iedeabU Seigneor, Moni^
gneor le Sac d'Antiice, de Bcargongne, et lon Ke W wi M t
gteAral ea wa paya da LazeaibauTg; aojonrd'hai lingt-
•epti«ne janr da ca praHot mo» da Joia, a pand le trait^
..gniod., Google
266
nun mfit den Gesohichtsehreiber die glänzende
Tropäe TOD Gainegate, nnd damit das ausge-
zeichnetste Ereigniss des ganzen Krieges , nach
einem andern Schauplatz.
Der Erzherzog Maximilian hatte für die sei-
„Premier, 1«. ville de VertoD aera mise es mains de
mon dict Seignenr le Lientenuat, et de ce en aeront ball-
te de bona hostages."
„Item, toUB priBonaien qni sont des pays et serriteors
de mon tres-redoubt^ Srignear, de Madame la Oncheue
la compaigne, et qui tont es maiDB des gern de gneire
eatani au dit Verton, et od qu'ils eoient, aeront qnites; et
autres prisoaiiieri, •taat de Metz et avtres lieux, eeront
nU es inains de mon dict Seignenr le LieuteQBut et de ce
. eu balUeroat lei dicts geiis de gaerre bona hostages."
„Item, toui gens de guerre, tant de cheval que de pied,
qui setont des rojaulmes de France et d'Espaigne, a'en
iroot a {ä«d et «n ponrpoint, nn Uanc baiton eu leor
poing, saus pevoir portec anlcnne diose de leon bagnes
et biens."
„Et toas anlb-e», qid Bont des pays de mon dict Sü-
gneor et Hadame la Duchease sa compaigne, ou manans et
habitans en lenrs dicta pays, demoureront ea la boane
gräce et plaisir de mon dict Seignenr le Llentenant."
„Bt tons ceni, qm sont des paya de Lorraine et Bar-
rois, 011 qni aont infractenis de paix ou traictä laict pac
Measeignenra dea alliancea de la Hanlte Allemagne, da-
DODTeront an bon plaLnx et Tolontd de mon dict Seigneor
le IJeutenanL"
„Et lera comprii le Grand G9et an traict« de cenlx,
qni a'ea iiont nn blanc baaton en lenr poing."
. „Et ne polront le« dicta ge» de gnane eitre ponr la
DyGoogle
257
ner Gemahlin Maria nnd ihm selbst zn^fii^eii
Unbilden bei mehreren Anlässen an König Lud-
wig XI., in der Person seines Feldherrn Phi-
lipp de Crevecoear, Bache genommen; doch
■t^le ein entscheidender Schlag die unwandel-
bare Treue der Burgunder gegen das ange-
stammte Fürstenhaus nnd die aligelieble Maria
noch glänzender bewähren, nnd ihr jagendli-
cher Gemahl als Schirmer ihrer ihm anvertrau-
ten Lande sich in der Meinung der Niederlän-
der stärker als je befestigen.
Als der sechsmonatliche Waffenstillstand,
welchen der französische König so schlecht ge-
halten, im Julius des Jahres 1478 endlich ab-
gelaufen war, brannte er vor Begierde, mit dem
pment eo Ja dite ville de VerIwD, ne aller dedani nn
moia is placea de Dampvillera, Marrille, Chuuery et Lonp-
per; et mon dit Selgaeur le Lieutenant ten canduire le«
dicti genB de guerre« jaaques oultre la riviere d'Othan
•urement et saDlreraent des attjeta et serviteDn de moa dict
Sügnenr et de ceulx de la <dt4 de Metz."
„Toutes les quellea cbosef, et nne t^acoae d'icellei,
noDa, Perico de Iiorado, ponr moi et ponr toutes le« gen*
de guerre, taot de cberal qoe de pied et noiu , inajeur,
jn»tice et commonaiitä de In dite TÜle de Verton avana
promia et juH de bien et loyaumeat entreteiür le traictj
dessus dict et le contenn d'icelui, tänoins noa seingi na-
aneli de moi, Perico, et de noos, let dit« mayear, jnttice et
boorgeoia cy mit, le dit Tingt-sepÜeme de Juin l'an mit
^Datre centi soixante diz neuf." Jb/ütf Chap. 6S.
I. 17
..gniod., Google
258
tienloMB Feinde in oflener FeldschlBcfat sich zu
metsen, und er zog in der CiegeDd von St. Omer
eine nBgewöhiiliche Tmppeninacht zosRimneii,
welche ans Bargnndem, Teotichen, Flämin-
getn und Pikarden, sowie ans englisehen und
Seidnern mehterer anderer Ntfionen bestand.
Hierzu stiessen spKter anch nocb die Heerhan-
fen des Prinzen von Oranien nnd des Grafen
von Chimay. Man berechnete die Gesammtzahl
der vorhandenen Streitmasse auf etwa 27,&00
Mann. Maximilian verliess St. Omer am 25.
Jalin* nnd nahm sein Lager tat drei Tage za
Arqaes, sodann zu Clarqnes; endlich rückte er
Tor Theronanne, an der Grense Ton Flandern
und Artois, , Jenes schlimme Fenster, dnrch
welches der französische Zagwind nnanfhörlich
blies; er wollte es für immer versperren nnd
zunageln," also erklärt sich der Historiograph
der'Regentin Matgarethe. Der Prinz stellte sich
an, als sei er zu einer formlichen Belagerang
der Stadt entschlossen, nnd Hess auch wirklich
sein Geschütz aufpflanzen, Schanzen auffuhren
nnd Laufgräben eröffnen; sein Hauptlager war
bei der Abtei St. Jean-au-Mont. Allein die
Franzosen empfingen ihn gleich bei seiner An-
kauft mit einem fürchterlichen Feuer aus Feld-
schlangen, SD dass seinen Truppen die Arbeit
s&ner wurde. Auch die 400 LanzentrSger und
die 1500 ArmbruBtschützen , welche in der Stadt
lagen, nnd welche der Herr von St. Andrieo
..gniod., Google
259
aU FeldhasptmanD befehligtet machten den Flä-
mändern viel za achaffen.
Der Prinz errieth bald den Plan der fran-
xdsisefaen AnfBhrer , ihn %a einer grossen
Schiacht zu nSthigen; sein tapferer Sinn ver-
mochte ihn jedoch , sie keineswegs abzuleh-
nen, oder vielmehr sein eigener «ehntiichtiger
Wunsch traf mit der Absicht des Feindes in-
nigst xnsammen.
Dreihnndert Lanzen des Letztern waren be-
reits bei dem grossen Dorfe Tenen aufgestellt
nnd harrten nngednldig irgend eines Ahenteoers.
Max beschloBs, diese Abtheilnng ohne ZSgern
onzogreifen , und trug demnach die Sache sei-
nem Kriegsrathe vor, welcher iszwischen aller-
lei Bedenken hegte, zumal aus dem Grande,
dass man selbst im Ganzen nur 826 Lanzen
habe, qnd von diesen ein grosser Theil so den
Operationen seihet nicht in dem Maasse zu ge-
brauchen sei, wie die Noth des Augenblickes
wohl erfodere.
Gleichwohl kam man znletEt dahin überetn,
dais Le Petit Saleazar, begleitet von etwa 126
Rittern, den Angriff aaf die Franzosen begin-
nen sollte. Dieser Saleazar, „niemals müde,
da, wo es ein gutes Abenteuer galt, kühn wie
Hektor, verschlagen wie IJlfss, glücklich wie
Cäsar, und seiner kleinen Scipionen mehr ver-
sichert, als Achill einst seiner Myrinldoner" —
also betitelt den wackcm Kriegamann det vie|-
17»
..gniod., Google
phrasige Molinet — ritt bis Tenen, wo er
die Franzosen alsbald überraschte und scfalog.
Er nahm ihnen grosse Beute an Pferden ab
and kehrte mit etwa 50—60 Gefangenen in das
Lager zurück.
Bald darauf erscholl das Gerficht, die Fran-
zosen seien zu Blangey (in den flämischen Chro-
niken Blangijt) angekommen. Der Erzherzog,
„lechzender nach dem Anblick ihrer Fahnen,
als der Hirsch nach der Wasserqnelle," wollte
selbst bei jenem Orte sie aufsuchen; allein der
Kriegsrath seiner edeln Barone, in solchem
Waffenhandwerke besser geübt, als der jugend-
lich unerfahrene Prinz, stellte ihm mit vielen
Gründen ror: wie Blangey ein ganz unangreif-
barer Ort sei, sowohl schon dnrch seine natür-
liche Lage und durch seine Flüsse und Canüle,
als durch die angelegten Verscbanznugen, also
dass Maximilian von dem Gedanken abliess,
den Feind Her anzngreifen. Einer der Gefan-
genen Saleazars (welch' Letzterer oft „das Ange
im Lager seiner Feinde hatte") theilte die
Notiz mit, dass der Herr von Crevecoeur einen
allgemeinen Schlag wider sie für Samstag, den
17. August, festgesetzt habe. Bei dieser Kunde
schlug dem Erzherzog das Herx hoch auf toc
Freude, denn in einem franzSsischen Heere
einmal recht wüthen zu können war seit ISn~
gerer Zeit der herrschende Gedanke seiner Seele
gewesen. Allein da seine Streitmacht in drei
DyGoogle
verachiedeDe groase Heersäulen oder Einzel-
Armeea vertheilt war, deren jede der andera
Dicht so leicht za Hülfe kommea konnte, ao
hielt man eine inllränderang des Lagers nnd
der Stellung für nöthig, ehe die Feinde näher
gekommen. Das Geschütz, die Gezelte nnd
das Gepäck worden desshalb nach Äire gebracht;
darauf nahm man die erste Stellung wieder ein.
Es ist nicht zu beschreiben, welche schänd-
liche Schmähworte, empörende Spottlieder and
giftige Beleidigungen die Franzosen ins bargnn-
disch-flSmische Lager hinüber schlenderten, und
wie sie mit triuinphirendem Hohngelächter aus-
riefen: „Die Feinde sind geflohen; wir haben
sie vor uns hergejagt!" Aber ea fiel Allea
ganz, anders ans, als sie gedacht.
Die Fläminger, welche diese Dinge ange-
liürt, wurden aufs äusserste erbittert und schwu-
ren, an den Franzosen bluüge Rache zu nehmen.
Der Herr von Fiennes, Marschall, erhielt den
Auftrag, Brücken zu schlagen, nnd die Herren
von Liilain und Berghes begleiteten ihn dabei;
der van Mingoval aber ward vom Erzherzoge
ansgeschickt , einen passenden Uebergangsponkt
aofzufinden, wo man Volk und Train gemäch-
lich hiaübergeleiten konnte. Eine kleine Brücke
stand beim Bache Cresecq schon fertig; für die
Mehrzahl der Compagnien jedoch, sowie für
das Gepäck und das Bombardierzeug mnsate
üne gioxaeie ent noch geachlagwi weiden. AU»
:.Googlc
262
nicht immag&nglich Nothwendige and alles
Banmsterial ward dbgIi vollbrachter -Ueberfahrt
in diu Walser geworfen, damit der Feind aich
deisen nieht bem&chtigea könne. Herr Engel-
bert von Nassan, der ritterliche Graf, dessen
Tfaaten nachmals in alle tentsche nnd wSliebe
Lande erschollen, und welcher diese Arbeiten
mit rascher Geschicklichkeit geleitet, Hess die
Ffthre durch eine Abtheilang Ton 4000 FlamSn-
deni, unter Befehl von Lonis de Cene nnd
Georges d'Escomet, bewachen.
Samstags in aller Frühe geschah der Hanpt-
äbergang über denFlnss, in schdner nnd preis-
werther Ordnung; die Burgnndischen zogen,
FBhnlein fflr FShnlein, nadi dem jenseitigen
Ufer, „singend nnd freudetrunken, wie Bräute
na Hochxeil." Alle dürsteten gierig nach Streit.
Die Franzosen ffihlten nicht mindere Lust, sidi
einmal rieht mit ihren Feinden zn messen, über
welche sie des Sieges sich scfaen vergewissert
hielten. Sie brachen also bei Blange/ aa^
marschirten bei Libnrg durch, nnd Hessen ihr
Gepftck und ihre MandvonStbe nach dem Berge
Enqni bringen. Ihre Macht bestand aas 22
FShnleins, 1800 Lanzen, 14,000 Bogenschützen
und ein« zahlreichen fliegenden Artillerie, deren
Hauptstücke zu Qringade nnd Girade aufgestellt
waren. Als sie selbst anf dem Berge endlich
fti^elangt, schien dessen HShe mehr ein nnge>
henres StSek dm feinsten Stahls, denn ein
:.Googlc
263
Stück Erdreich zu sein, also erglSoKten die
Schwerler und Speere und ihre Helme und
Büstnngen im Strahle der aafgehenden Sonne
iDB Thal hernieder. Zwischen diesem Berge
Enqui nnd dem bnrgandischen Heere stand abef
noch ein anderer grosser Hügel, Eigtmifgate
oder Gtättegate ') genannt, auf welchem der
Herr von Baudriconrt mit einer Anzahl Banden
erschien, um za Scharmützeln; zwischen den
beiden Hügeln selbst lag die Hauptmacht der
Franzosen.
Als der Erzherzog die furchtbaqB Macht sei-
ner Feinde erschaut, ward sein Muth keines-
wegs geschwächt, sondern vielmehr erhöht; ei
ordnete rahig die Sehlacht nnd gab Saleazar
Befehl, die ersten Scharmützel tapfer auszn-
halten. Das gesammte Heer ward jetzt in ein«
einzige Masse gebracht. An ihrer Spitze stan*
den 500 englische Bogenschützen unter Thomas
d'Orican, denen ungefähr 3000 Tentsche mit
Hakenbüchsen beigefügt wurden. Hierauf ka-
men die Schützen des Erzherzogs selbst, von
der erprobtesten Gewandtheit und Fertigkeit im
Handwerke. Herr Anton de Dus^e, Bastard
Ton Burgund und OberstallmeiHter , tmg das
Hauptbanner, Josias de Heim das Banner von
Oeslerreich: „das Zeichen der Zuversicht, den
Port dos Schirmes.** Unter ihm traten auf: dio
•) Aaeta Emgw^isttt.
..gniod., Google
264
Schaaren der Grafen von Bomont, Nassan und
Joigny und vieler anderer streitbarer Edlen , nn-
ter denen wir die \ainen der Herren von Ra-
venstein, vonBeveren, von Croy, von Fiennes,
Lalain, Lnxembnrg, Lannoy, Harn, Berghes,
Habonrdin, Ligne, Barbenchon, Erchonwez,
Montigny, Mingowal, d'Adise (Daysele), Pier-
nez, Chanteraine, Briinen, Famars, Quleavrain,
Chimay, Grnithuisen, Saleazar, Zncre, Le Meine
de Benti n. s. w. vorzugsweiHe anführen. Alle
beseelte das eine Gefühl, diessnial sei ihnen
keine andere Wahl gestellt, als zwischen Tod
oder Sieg, zwischen der Befreiung Burgonds
oder schimpflicber Knechtschaft.
Der Graf von Bomont war Haoptanfuhrer
der Fl&minger; an seiner Seite and nnter ihm
führten die ZoUern, Salenove, d'Anby, de Zn-
cre nnd einige andere erprobte Waffengenossen
an. Auch det Graf von Nassau hatte eine grosse
Zahl flämischen Fussvolks nnd Armbrustschützen
anter seinem Befehle. Ein edler Borgundier,
La Mouche, stand ihm an diesem Tage hülfreich
bei; ebenso Jan de Bye, Philippe d'AU, Bobia
Gaillard, Claude deRosaillon nnd einige andere
in KriegageschafteD tiefbewanderte und ergraute
Ritter unterstützten ihn in allen seinen Opera-
tionen mit Batb nnd That. Die 135 Lanzen,
welche der Erzherzog selbst zu führen über-
nahm, bestanden aus dem Kerne des Ganzen
und wurden in solcher Art BufgesteUt, dass
..gniod., Google
sie überall zu EutacheidiiDg herbeifliegen
konnten.
Während dieser Zeit waren aber anch di«
Franzosen nicht müssig gewesen, sondern hau
ten ihre Sachen anfs Beste geordnet. Der Herr
von Esqnerdes, Philippe de Crevecoem, Gene-
rallieotenant des Königs in Bnrgand , hatte
erprobte Feldherren und ansgezeichnete RUter
am sich. Wir nennen davon ans nabms weise
die Herren von BandtiGonrt, St, Pierre, Magn;,
Brandelies de Champagne, La Sanlragne, St.
Andrien, Bellay, Conbiian, Le Moine, Cochier
de Beanvoisie, Kerkelevont, d'Aillon, Pierrin
des Aiges, Torsi, Joyense, Chanu und Mann-
nonry, „sämmtlich Feinde alles Friedens, Schü-
ler des Mars, Geissler der Völker, hart wie
Metall, leicht wie Hirsche und geübt im Ver-
giessen Ton Menschenblat."
Der Herr Ton Crevecoenr, dessen Jngend
im glorreichen Hause von Burgnnd gepflegt,
nnd welcher als Milch bm der des streitbaren
Karls mit ihm zugleich erzogen worden, brannte
gleicbwohf vor Ungeduld, seinen rtichtmissigen
Herrn und Fürsten za verderben. Er stachelte
seine Bitter und Kriegslente durch Alles, was
in ihren Gemüthem Anklang and Eingang fin-
den moebte, und. hielt anter andern folgende.
Anrede ao sie:
„Edle Bliithe der Ritterschaft, gefürchtet
dnrch ganz Eoiopa , Lente hoch beröhmt in in
.,gniod.,GoOglc
gaDien Welt, bereits hat £aer Ann so glot^
reiche Thateo Tollbracht, und Ihr seid lo Til-
len Gefahren ohne Uebel entschlüpft, dais ich
des8 sicher bin, Ibr werdet auch an diesem
Tage ein nnrerzagtes Herz bewähren. Erfüllt
dämm Eore feierlichen Versprechen f dient dem
Könige gnt! gewinnet neue Ehrel Habt Ihr
je Kriegslist snd Kriegskaost an den Tag ge-
geben, so bewShit Eure Meisterschaft] heate!
Blicht her einmal auf diese hochmüthige Mass*
von geschwomen Feinden, die Ihr so oftmals
zn beliKnipfen gewünscht; betrachtet diese wi-
derbellen den , anfrülirisehen Hunde, welche die
Verfolger nnsers schönen Königreiches sind,
und welche den Glanz unserer Krone verdun-
keln wollen. Aufl liefert sie an die Spitze Eurer
Schwerter I tfaut Eure Pflicht, denn die Stunde
der Entscheidung ist nun angebrochen I "
Der Fürst von Oesterreich aber nnterliess
von seiner Seite ebenfalls nichts, was die
Sireitbegierde in den Seelen der Seinigen wecken
und zu edler Begeisterung sie entflammen
konnte; doch redete er in anständigerer Spra-
che von seinen Feinden, als der trotzige Cre-
vecoeuT von ihm und den Seinigen, „Freuet
Each — also rief er den Streitglnheoden zn —
freuet Euch, meine Kinder, ans vollem Herzen.
Der langersehnte Tag ist endlich angebrochen.
Wir werden die Fransosen beim Barte fassen,
dieselben, welche ans so oft aaf unsere Felder
DyGoogle
267
gelaofeo, welche nnsere Güter rerwüstet, nnaere
Hftaser verbranot, nod pecsÖnUch ans genÜH-
handelt haben, ßranclit Eure Sinne; denn der
Augenblick ist dringend. Unier Streit iit gut
nnd gerecht. Boft Gott xa Eurer Beschntznng
an; er allein kann den Sieg nns Terleiben. Ge-
lobt ihm demnach mit irilligem Henen, dau
Ihr zu Ehren leinek Leidens drei Freitage hin-
ter einander nur Brot nnd Wasser geniessea
wollt, und so seine Bannfaarsigkeit Euch erhd-
Ten will} so werdet Ihr sieher an diesem Tage
den Sieg daran tragen!"
Das ganze Volk erhob bteraof die Httnd«
nnd schwär, also zu thun, wie der Herrscher
geboten. Vor Allen aber waren die Flämingsr
ausser sich vor Freude darüber, dass Gelegen-
heit zu Thaten einmEil nun geworden; Viele
sogar Tergossen Thränen der Freude, nnd rie-
fen: „O edle Blome der Jagend, kanigliohet
Sname, kaiserliebe Pflanze, Herzog, Erzherzog
nnd berühmter Weltfdrst ! der Du aus der Arche
Deines vSterli^en Hauses gestiegen und nach
Flandern gekommen bist, um ans unserer tiefen
Knechtschaft nni zu erlösen. Wir sind Deine
getreue Heerde; Du bist unser Taterliober Hirt!
Wir sehen vor nns die hnngrigen Wolfe, wel-
che schon die Zähne fletschen und den Bachen
aufsperren, uns zu beissen und zn vencblin-
gen. Zweifle nicht au ans, erhabener Beherr-
seher, wir werden mit Dir leben ond stadwn;
.,gniod.,GoOgk"-
268
und hast Dn jemala treue Unterthanfln gekannt,
bereit, ihrem Herrn zu dienen. Du wirst sie
im gegenwärtigen Aogenblicke thatkräftig vor
Dir erblicken!"
Um nnter den Edlen den Trieb zu männ-
lichen Thaten noch mehr zu erwecken, schlug
der Erzherzog kurz Tor der Schlacht verschie-
dene neue Ritter des Yliesses, eis: Charles de
Cioy, Herrn de Quieuvrain (altem Sohn des
Grafen von Chimay), Ädiien de Blois, Jean
Gncy, Georges de la Roche, Pierre de No^^elles,
Ludwig van Praet, Jan van Gniithuisen, Michel
de Coodi, Anton de Barlette, Thomas d'Aiuican
und einige Andere.
Kanin war das Looszeichen gegeben, so be-
zeichneten sich die englischen Söldner, welche
an der Spitze standen, nach Sitte ihres Volkes,
mit dem Zeichen des Kreuzes und kUssten die
Erde. Die Burgunder und Fläminger, denen
Wind und Sonne günstig waren, erhoben ein
donnerndes Geschrei. Es war gerade zwei Uhr
Nachmittags, nnd die Hitze brannte glühend auf
Jedermann herab; nichtsdestoweniger vergassen
die Erzherzoglicben Speise nnd Trank, und
man hörte weit und breit den Schlachtruf er-
tönen: „Vive St. Georges! Vire Bourgogne ! " ')
*) Du Fraozösiiche war äit Hofifraehs, und Koch
die det ConunaBdo'i hdm Hene,- weil damkU ttehre»,
iMhdiBiBU Rbgerüwiie ProTinzen ätr NiederlMtde, auMcr
DyGoogle
Die Schaaren des Prinzen setzten den Fran-
zosen wacker zn, sodass ' der H«rr' von Esqtier-
des sich genöthigt sah, seine Macht in grosso
Schwadronen za vertheilen, um überall den
Bnrgundischen Widerstand leisten zu können.
Er wählte sich etwa 500 bis 600 Lanzen und eine
erlesene Zahl von Freischützen ans, mit den
Ordonnanzschützen , welche unmittelbar ihm ge-
folgt. Dieselben erhoben ein iorchtbares Ge-
schrei nnd begleiteten es mit den drohendsten
Gebehrden; sie marschirten in der Richtni^
TOQ Dunkirchen ein, machten einige &LM^e
Bewegungen, und warfen sich von einem Ge-
hölze aus mit grossem Ungestüm aaf die bnr-
gnndiscfaen Garden zu Pferde. Diese hielten
den Angriff längere Zeit standhaft ans nnd sach-
ten sich mit mehrern andern Compagnien zn
vereinigen, welche inzwischen ebenfalls vorge-
TÜckt. Allein die Franzosen hinderten dnrch
Uebermacht diese Vereinigung, sofanitten sie
von den Pikarden ab , welche zunächst zu ihnen
zu stossen im Begriffe gewesen, und 1»achten
sie so sehr ins GedrKnge, dass sie den Weg
den baden Borgondi, welche BÜnrntlich Dater der Herr-
■chaft dea Hwiie> Borgnnd geitanden, diese Sprache rede-
tCQ, und weil Söldner ans Fränkisch aed England den
Fcldnig mitmacbt«!, welche die flimiBche Sprache nicht
ventandeD. Doch war die Landutpracit, wie fast aus
allen Chroidkeo dieser Zeit heirorgeht, die flSmische. Alle
Bidetleütongen geichaheo fait immer in dieiem Idtoiii>
.,gniod.,GoOgk'
270
von Theronanne einschlageD mussteD. Die Her-
reD Ton Brimeu, Boaienton und Wolkenstein
worden bis an die Grfiben von Aire darcb eine
Abtheilnng FransoHen verfolgt, an welche un-
mittelbar aach noch eine andere sich Bcbloss.
Nnninehi aber itieasen sie anf die Masseii
jes Gn^en von Nassau, welcher die Fransosen
so tflchtig in Empfang nahm, dass es ihnen
hoiss genng wurde, nnd das» sie weder die Bo-
gen gehörig spuiaen, noch die Schwerter na«h
Notbdurft schwingen konnten; sie worden dem-
nach bis in dem nächsten Derfe snriickgeworfen,
und ein gr&nliehes Blutbad begann unter ihnen.
Der Streitlftrm war so gross, nnd der Ton der
Trompeten ko gellend, „dass Gott selbst nicht
gehört worden wäre, wenn er in diesem Augen-
blicke hätte donnern wollen", wie Melinet
poetisch ticb BBsdrfiokt.
Der Enheraog in Person Umpfte heldenmfl-
thig, erlegte mit eigener Hand verschiedene
Foüide, und nahm mehrere andere gefangen.
Auf das Gerücht von diesem neuen Zufalle rück-
ten 300 frische Lanzen vom Heere der Franzo-
sen heran, machten eine Seitenbewegnng und
unternahmen in der fiichtnng von Viefvilte einen
mörderischen Angriff anf den Train des Erz*
herzoga, tödteten viele Mannschaft, sowie eine
Menge wehrlcaen Volkes , und verübten entsetz-
liche Grausamkeiten. Sie erbeuteten alles Vor-
handene, den Schatx des Erzherzogs und die
..gniod., Google
271
Kriegfcasae mit eingeteehnet. Die Trnppfln,
wsiche znr Bedeckang hier gelasBen worden,
lietsen diese Dinge ifiinnitlich im Stich, um
unter der Fahne de» GeaammtheereB dnrch mnthi-
ges Streiten einen Bahm zq erwerben, tvelchM
den Vereinzelten auf dieier Seite unmöglich
werden konnte.
Die Franzosen inzwischen standen mit be-
harrlicher Anstrengang den ArmbrostsdiätseD
und dem Fuuvolke der Grafen von Bomont und
Nassau entgegen; doch mnssten sie unverrich-
teter Sache nnd in grosser Verwiirung ablassen.
Die Schaaren, die der. Graf Engelhrecht fiihrte,
machten auch die mörderischsten Angriffe zu
Schanden. Der von Nassau stand fest und an-
beweglich, wie eine Maaer.
Endlich nahete eine neue Abtheilnng Fran-
zosen von dem Haapthee^, nnd ihr Stoss war
so iSrchterlicb, das* sie fast das ganze Ge-
schütz des Eizherz<^B erbeutete, and die Stel-
lang der Streitenden hatte sieh inzwischen der-
massen verändert, dass Wind nnd Licht gegen
die BnrgimdischeD waren. Die Franzosen feuer-
ten nun auf sie aas ihrer eigenen ArtiUerie nnd
brachten ihre Beihen in Yerwiming.
Diese Noth ersah der Giaf von Romont noch
zur guten Stande, und voll Verzweiflung, dass
die Ehre des Tages auf einmal wieder verloren
geben sollte, kehrte er plötzlich mit Verstärk
knng in das zweite Treffen znr&ck, störst»
..gniod., Google '
272
„wie ein Tiger, und «wie von gKttlielier Einge-
haag und Kraft b^eistert**, auf die Feinde,
welche das eriieotete GetchütE dea Erzherzogs
bereits auf dessen eigene Schaaren Uiteteo,
nahm ihnen solches wieder ab, und wüthete
nan mit Macht gegen die Franzosen. Noch we-
nige Minuten, nnd die Burgunder waren Meister
des Sehlachtfeldes. Eine grosse Menge von
Geschütz nnd Mnndvorrath, nnd eine nnzähl-
bare Beate fielen den Siegern in die Hände.
Die Franzosen flohen, aof allen Punkten
geworfen und geschlagen, in verschiedenen
Btchtnngen, and wurden von den nachsetzenden
Burgundern, Flttmingem nnd Teutschen bis un-
ter die Thore von St. Pol, Hesdin, Bethune
und Darlea verfolgt. Mehrere dieser Städte
weigerten sich, sie auiznnehmen, nnd der Geist
des Volkes im Allgemeinen zeigte sich so gnt
bnrgnndiach , dass , wenn man den ersten
Schrecken. benutzt hätte, ein grosser Theil der
entrissenen Provinz Aitois der rechtmässigen
Gebieterin gehuldigt haben wnide *).
Zu Brügge und Gent hatte man inzwischen
in der peinlichsten Ungewissheit über die Lage
der Dinge im Feldlager geschwebt, und die
') Die HanptqDeUen zur Geicbichte der Scblacht b«i
Blangüi oder Gulnegate iind: TFtnitrl. Oorlogk. — Pi. dt
Comi»et, Molrntt, Brnnml* (Letet«rer fMt wSrtüch utch
iem Vorigeu).
DyGoogle
273
NachrichMn Tom Yerlnite dei Geschütses,
Schatxes und GepSckes waren die ersten gewe-
seD, welche die bekümmerte Maria erhalten. Sie
ward daher von aasaerorden(]ichem Januner nnd
von mancherlei Schreckbildern über das Schick-
sal des Geliebten erfüllt. Die Furcht malte ihr
hundert wahricfaeinliche Gefahren vor ; es
dänchte ihr stets, dass ihr Gemahl doch allza
jaog Hei, nnd fost all' sein Geleite ebenfalls
ans Jünglingen, nnd nur aus wenigen Alten
dabei bestehe. Der Herr Ton Ravenstein aber
tröstete sie bestens *). Bald erfuhr sie anch,
dass dsB Glück sich wieder gewendet, und bei
demselben Orte der K5nig geschlagen worden
sei, wo sein Feldherr so hinterlistig gehandelt.
Die Chronik setzte mit grosser Uebertreibnng
den Verlust der Franzosen auf mehr als 4<^000
Mann.
Die Herzogin, ireudetiunken nach bitterm
Kammer, ordnete in allen Städten des Landes
Feste zur Feier des Sieges an , und die Strassin
ertönten von Gesfingen und Refrains **) ; sie
*) Nach dem Berichte daes GeiitlichcD, deuen Name
nnd Werk mu nicht gleich wieder beifällt, b&tte RaTen-
■tMD der Herzogin togat die Nachricfat Ton Maxens Falle
VHMhnell ^berbracht, mit erneuerter Hofinuog, du« tätar
■tiner Söhne nnn in deueo Stelle treten vrerde.
") Biner denelben lautet akoi
Hopelick herte
Eerneerdich prioche
I. 18
..gniod., Google
274
selbit eilte nach Gent larfick, am alle nöthi-
gen MaaBregeln za treffen, welche aaf Unter-
halt nnd Urgänziing ihrer Stteittiuu^t - Betfag
hatten.
Rijiende 'aterre
Vlaanucbo volck
Ontnend» Hex
Grier^cb venleghen
I>a kItcd hausende
Onde n tdIcL meeat
Myracle goda
Annende gfay
Verfiiyit wBMT
TiMUrlinfr B vlaoa
Het facht« mcn
Leen die djt vnl moeta
Jbcius nil ba
All Vn. in Ougit
Weertiek Toor ods
Hoejt CD WB9 ^e crone
Alanlick gheadert
Cniieosdick ^rooit
Crachdch vergadert
Oouckelick dat beglooft
CImo altrraiudie rooft
Lerereode ter doot
Try ongheDDoat
Trnecht e» dies gioot
Vlooch in hovreii Bchoot
Vechteiide voor hn recht
Tenmoort in bloede root
In dat ghvre^
DyGoogle
_„ 275
Während der KSnig seiDen aDglncklichen
Feldherra mit etwas scheeler Miene zd Paris
empfing', WQhin ex ihn eiligst eDlboten^ hielt :dei
Erzhenog, welcher anf einige Wochen Urlaub
sich genommen, zu Gent einen feierlichen Ein-
xng, unter grossem Jnbel der Bürger, welche
den Verlust seines Schatzes dnrch bedenteade
Geschenke und freiwillige Beiträge ihm vei^es-
sen za machen suchten. £r kSaste seine Ge-
mahlin nnd seinen Sohn vor allem Volke mit
grosser Inbmnst, nnd erklärte,' dass sein Schwert
noch scharf genug sei, um sie Beide, sowie
das Land seihst, gegen die ungerechte Gewalt-
that der Franzosen zu Bcbimten; was Alles anf
die Flamfinder elektrisch wirkte *),
Im October des Jahres 1479 zog der Erz-
henog die Hauptmasse seines Heeres wieder
zusammen; in der Gegend von Air e, anf ver-
schiedenen Punkten, lagen über 900—1000 Or-
donnanzpferde nnd an die 36,000 Foftsgänger,
sowohl Burgunder, als Flamfinder und Braban-
ter. Der Prinz Hess alsbald die Veste Malan-
Jooite tlinwaert ledit
Ick hier can gfaeacrijreii
Ingbelick benrecfat
Hem alle dijne roucbt in «endraclitidiede
Speghelt bu hier in m hebdy vrede.
ExetUenlt Chrottgeke van FImtndmn.
■) ExeO. Chromgek*. — WmderL Oarügk.
18"
..gniod., Google
276
QOy belagern, welche durch drei, ziemlich an-
sehnliche Forts und eine tapfere Besatzung ver-
theidlgt wurde. Allein das Geschütz des Gra-
fen von Romont und die nnaafhSiIich ernener-
ten Stniroe brachten wKhrend drei Tagen den
Belage' ^en so grossen Nachtheil, dass zwei der
Forts 1 die Hände der Trappen des Erzher-
zogs fielen. Gegen die Gefangenen wurde das-
selbe Kriegsrecht beobachtet, welches König
Ludwig seinerseits in der Regel zu üben pflegte,
nümlich : sie wurden fast alle anfgekniipft. Auch
der Anführer, Cadet Ramonet, eines bessern
Schicksals werth, erlitt schmerzvollen Tod.
Als die Leote im dritten Forte solche Dinge
mit angesehen, zogen sie es, endlich znm
Aenssersten gedrängt, vor, Bich selbst in die
lAfi m sprengen, und die Feinde, welche beo-
tegierig zu nahe sich gewagt, büssten ihre Vor-
eiligkeit theaer genug. Die Besatzung des
Schlosses Liettes ahmte diesa Beispiel naeh,
warf selbst den Feaerbrand in Thürme nnd
Maoem, nnd zog sich dahin, wo sie am sicher-
sten sich halten konnte. Nach einem Besuche
ZQ Zällera, das dem Herrn von Yanrin eigen
war, kehrte die bnrgnndiscbe Heeresabtheilung,
welche alte diese Dinge vollbracht, ins Lager
des Prinzen znrück *).
*) ESa Liebling Hueoi, Wolfgang von Polhüm, und
mahrere uidere Ge&uig«iie «oUteD, da der über Rumm^
:.Googlc
— arr —
Maximilian, nach GrÖsserm begierig, sen-
dete seinen Herold des Vliesses an den Herzog
von Geldern, des Königs Generallientenant, ab,
welcher gerade damals zu Heidin verweilte;
doch dieser hochmuthige Vasall gab schnöden
Bescheid. Der Erzherzog zog sich bis in die
Nähe von Arras und suchte den Feind za einer
neuen Hauptschlacht zu bewegen ; aber die
Franzosen verachmfihlen solches, in Erinnerung
an Guinegate. Wir äbergehen die vielen klei-
nen Gefechte, Angriffe, YerheeniDgen , Plün-
derungen u. s. w. bei Solennes, Bethune, The-
ronanne, St. Pol, Bourbnrg, welche weder in
der Hauptsache etwas entschieden, noch an
und für sich einiges Interesse gewähren.
In diese traurige Periode der Gewaltsamkeit
und des Blutdurstes ßllt wieder ein heiteres
Familienfest am Hofe von Burgond. Maria war
(am 10. Jänner 1480) von einer Tochter entbun-
den worden, welche in der Taufe den Namen
Mnrgarethe — der geliebten Süefinutter und
Freundin zu Ehren — erhielt. Der Piinz von
Hlnricbtnng InMent erintterte Ludwig ao Holrtev Trirtrui
raenrilte txtU blanche f<lr den Strick gegeben, fflr Jenen
nnd adne Gefährten bÜMen. Enteret entreim dem Tode
wie dordi ön Wunder; denn adioD hatte er die Ltitet be-
siegen. El erregt ein Moderbares Gefühl, wdm man auf
den Holzidudttea der alten Chroniken fut nach jeder Frea-
deOKene einen Act äee hohen Jutis von dieser Art abge-
bUdet Mit.
:.Googlc
Omnien hielt mit der Herzogin- Wittwe , als der
Pathin, sie Bnr Taufe. Der pfipsiiiche Legat
nahm in St. Gadnla die heilige Handlaag vor.
Als maft dem glnckliohen' Vater bei der Rück-
kehr da» Knid vorwies, wnsEle er sich vor
Bühmngi lange nioht zu fassen, und er froh-
lockte lant ob der „nenen süssen Frucht im Gar-
ten seines Lebens" und der nenen Ehre, wel-
che seinem Hanse zu Theil geworden. Freaden-
spiele feierten das Ereignisi, wie gewöhnlich;
der Erzherzog aber kam nicht vom Bette der
Wöchnerin, und „sorgte für Alles, was einer
»etcien Frau zu than sich gebührte" *).
Es ist anziehend, mitten in den Berichten
über Siaatswirren , An&uhr, Kämpfe, Belage-
rnngen und diplomatische Verwickelungen, Ton
Zeil m Zeit anf liebliche Schilderangen vom
Leben Matia's im häuslichen Kreiae, mit ihrem
Gatten, ihren Kindern und ihren Franen, wie-
derum zn Btossen, von der Zeit ihrer ersten
Sohwaogctt^chaft an bis zu Ihrem Tode, als die
zarte Sorge Margarethens fiir die physisch Lei-
dende und im Herzen vielfach Betrübte, die
heitern Spiele des jungen Philipps (wie z. B.
als man ihn scherzhaft' mit hölzernem Schwerte
zum Ritter schlug), woran die Flainänder kein
geringes Vergnügen bezeugt, die Luatpartien
der Herzogin mit ihrem Gatten, die mehrfachea
*) tFonilerl. Oarhgkttt. — J. Moliatt.
DyGoogle
Abeateaer zu Brügge and Hencogenbosch » alle
in Folge der aosterordentlichen Lebhafii^eh
Marien« herbeigeführt. Bei einem jener Tar-
niere wwr einst ein prachtvolles SchiuigerfiBte
für den Hof errichtet worden. Die Herzogin,
mit etoem reichen Gefolge schSner Frauen and
Jangfrauen, trat auf dastelhe; man verübte
aber so vielen Mnthwillen, dass die Breter
nicht langer die Lait ertragen konnten, son-
detn die Tribüne einstürzte, mit Allem was
darauf sieb befanden. Maria hatte weder für
ihre Schaamhaftigkeit, noch für ihren Leib
Schaden genommen ; desto komiHchem An-
blick bot die Mehrzahl des Gefolges, nnd die
Fürstin wollte sich darüber halb todt lachen,
nnd that es nm so rabiger, als von keinem
wirklichen Unglücke die Rede war, sondern
bei den meisten Alles sich aaf leichte Qae^
sehnngen an Haften und Knien beschrBokte,
worüber die eine Chronik in nicht wenig bos-
haften Bemerknngen sich anslässt.
Ungemein anziehend ist auch der Bericht
über die Art der Beschäftigungen im Innern
des Palastes, wenn der Hof vollständig unter
sieh beisammen war. Man sieht daraus, dafls
das Leben daseibat nicht blos politisch oder
erotisch war, sondern eine tiefere Ansicht von
der Bestimmung des geistigen Menschen und
den Pflichten der Herrscher die beiden Gatten
erföllt habe. Gleich in den ersten Rosenmona-
..gniod., Google
280
ten der Liebe begannen sie eine Art wechsel-
seiügea Unterrichte, und jeder Tbeil lehrte
den andern die Spracbe, deren Kenntnisa ihm
noch fehlte. Anch Margarethe von York nahm
Theil daran, nnd lehrte den Erzherzog das
flämiache, darin sie es znr Fertigkeit gebracht
haben mnaste. Der Wem-Kunig ist die Tor-
züglichste and sicherste Quelle biefür *).
*) „Alis Nun die firewdt der Hochtzait vi
ein jegcUcher widenimb tiaim in hawss kamen nai, be-
gimnt der Jung Kowg tob tag zu tag, lich gegen aünem
gemahl in lieb nod frenndUchafft zd ofTeabaren, vad als"
Sy also , a\a zeit bey ain annder wonneten , haeben S; a>,
Ains da« annder lein spracb zu lerneD, vnd ain jedes nard
juBonnderhait beflissen, des anndern sprach in Icartz zn ler-
nen; nnn erfordert die gross natturSt, das der lang weiss
knnig snner gemahl sprach, nemlichen die Burgundisdie
sprach, pald lernet, damit Er säner Gemahl lamtd, dester-
pasa Regiren mocht. Alsdann ünem Jeden knnig not thnet,
■einer Underthannen sprach zn knndten, und uns aölicher
nraach, het der Jnng konig, za seiner gemahl sprach, aon-
deo vlnw, und lernet dieselb sprach in knitzer Zeit, und
kandt diesdb sprach alls wol reden, vcrsteen und schra-
ben, als were Er ain gebornec von derselben sprach ge-
nett, Salich apnch Ime, in yü me^ichen Sachen, und
nemlichen in den grossen kriegen, zu sonndem Nutz nnd
Gnetem kam." Weitt-Kttnig 117.
„Wienol der Jnng weiss kunig vil mae het, seiner
hawi&awen sprach zn lernen, so understnndt Er sich doch
daneben die flemiscb sprach so lernen. Dann es was ain
alte Fnntin von diser spradi. Die begeret oft, nüt dem
Jungen weissen konig cn reden, desglalohen het der Jnng
:.Googlc
281
Nach dieseo Notizea und bei der aUgemein
bekannten, ganz vorzüglichen Bildung, die
Maximilian von Oesterreich in jedem Zweige
der Wisaenachaft, und in jeder edlern Knast
genossen*), klingt die Stelle Barante't höchst
befremdlich, dass der rohe Vater des Etzher-
zogs ihm keine Erziehung gegeben, dass aber
sein edles Aeussere und sein anslandvolles We-
sen ihm Achtung bei den Flam&ndern erworben;
diess Alles wird blos ans dem Umstände gefol-
gert, dass Max bei der Ankunft im Lande das
FranzSsiscbe noch nicht gekannt, und erst spä-
weisi Vaiüg auch oSt gern mit Ir geredt, rad ans sali-
clier Ursach beflisB Er dch so vast, das Er dieeelb flemisch *
sprach auch lernet, Tod die obgemelt alt forstiD lernet Ine
dieielb sprach mit sannderm vleiss, dann wann der Jung
weiss konig mit Ir redet, het Sy «onuder frewdt darab,
Tnd lernet dieselb sprach, das Er die kundt reden, vrie
sein aigen sprach, vad kam Ime sSlichs auch 2U grossen
«taten, dann da« lanndt derselben sprach gehSrt auch sei-
ner gemahl zu, Tnd het dai in seiner Kegirong, Alls Er
Nun mit demselben Volk Ir sprach reden kundt, helen Sy
darab ^n gross wolgebllen, vnd trnegen dardurch sonndere
ndgnng zn Lue." Ebenderi. 118. •
MSgUcb jedoch näre es auch, dass die Frau von Ra*
Tenstein diesen Unterricht im Flämisdien, und Margaretbe
den im Englischen gegeben, davon im folgenden Ca|^
des Weiu-Kiaügt ebenfalls die Eede ist.
*) VergL den Weiu-Iümig in täaee ReilM von Capl-
tela, und den Anfsatü: BÜAotgtguekiektt MMximHiaiu f.,
Tom Verf. in Ffilitu Jalub&cliem 1881.
..gniod., Google
ter es erlernte *). . Natürlich koiiDte der kaiun
achtxehqjKhrige Prinz nooh nicht alle Sprachen
nm diese Zeit gelernt haben^ wiewohl er achon
vieie ventaad. Doch ^ebSrte er so. d«i ^otg-
artigem Naturen, weldie ihr gaoxea Leben hin-
dorch lernen an müflaen glauben, und welche
selbit in vorgerücktem Alter neofi Kenntnitae
ZB sammeln nicht Tenchmähen. Alle , der
teutBche^ Geichichte Kondigen, wnrdea ihm
dies» Zeugnüts geben.
Nicht minder anziehend ist ailch zu lesen,
wie Maria von Zeit zu Zeit ihrem Gemahle und
seinen Leuten Standreden über Klugheit und
Vorsicht hielt, wie sie brieflich den älteren
Feldherren die erfahrungslose Jugend ihres
theuern Bitters zu wachsamer Hut anempfahl,
und wie sie stets demselben mehr zu viel, al«
zn wenig zutraute. In dem Staatsiathe, wie
hei festlichen Anlässen redete sie eine bald
traaUcfae, bald energische Sprache, stets mit
heitern Scherzen und Witzspielen untermengt;
aber immer izt es das liebende Weib, welches
am scfaöDsten und liebenawätdigsten durch Alles
hervorblickt; nnd über die Fürstin siegt**).
Wir dürfen aus manchen Aenssernngen mit
Grund schliessen, d^s ihre Bildung mehr fran-
') SHtotn it^ Dan da Bowrgogxe XT.
**) ffioraber nnd in venchiedenea rinMlnen Chromkao
firie zflntnnle Stellea
;, Google
983
zSaiseh denn tentsch war, und für erttere , wie
fBr die Sprache selbst, eine entschiedene Vor-
liebe bei ihr blieb. Sie selbst erklärte entere
für ihre Muttersprache, und wenn sie nicht durch
Rücksichten an die Niederlande gebunden war,
wo das Flämische durchanfi Carialsprache blieb,
erliesH sie Briefe und Edicte meist in französi-
scher Sprache. In damaliger Zeit mochte sol-
ches sehr natürlich scheinen, denn die Sitten und
Bilder waren an den meisten europäischen H5-
fen etwas plump, und bei den Flamändern viel-
leicht am allerplumpsten ; nur Italien, Frank-
reich und Burgund waren die Staaten, wo Kunst
and Romantik die Lebensformen etwas veredelt
nnd verfeinert hatten. Damit ist aber nicht
gesagt, dass es den Tentschen an geistigem
Schwung und Gefühl für das Schöne gefehlt
habe; das Vaterland der Hohenstaufen , der
MinnesKnger nnd grossen Künstler war reich
an ausgezeichneten Geistern; aber gleichwohl
war seit dem Untergange des schwäbischen Hau-
ses mehr Rohheit wieder eingerissen, und Ueber-
ladung von Luxns an den Höfen benrkondete
Dicht selten einen falschen Geschmack, welcher
den Fremden häufig zum Gegenstand des Witzes
diente. Dass die Tentschen an gründlicher
Bildung gemeinsam mit den Italienern damals
auf der Höhe des Zeitalters standen, ist bekannt.
Doch wir kehren zu den politisch -kriegeri-
schen Begebenheiten in den Niederlanden nnd
.,gniod.,GoOgk'
Bargnnd nuGck. Im Heanegan war inzwiscliea
ebenfaÜH mancherlei rorgegao^en. Nach dem
WaffenBtillBtande hatten Raubbanden die 3ffent-
licfae Sicherheit, znm empfindlichsten Schaden
der Bewohner, gestört, welche von der bewaff-
neten Macht za Valenciennes eiogefangen nnd
sodann hingerichtet wnrdea. Allein mit den
grossem Rotten, an deren Spitze dienstlose
Haaptleate nnd raubgierige Edle standen, konnte
man nicht so leicht fertig werden *). Der Herr
von Cbimay, Statthalter der Herzogin in der
Provinz, suchte dem Uebel bestmöglichst sa
steaern; allein ieine Remotutranz, so rortreff-
lich sie in der Theorie war, hatte gleichwohl
keinen Erfolg, da die niedem Behörden und
die PoUzeibeamten nicht mitwirkten , oder wohl
gar mit den Plünderern nnd Quälern gemein-
same Sache machten.
Als den drei Ständen von Flandern durch
den Herrn von Trazegnies solches angezeigt
worden, sendeten sie tausend Pikeniere unter
*) Et alnsi qne In petita chati soiit de plns ligäre
prinw, qae ne lont lei grans chata inouffloa, qui deiTclop-
peat Im grifFes de leon patei, quind ili tont ahon. Im
peüts compagnoiia ae laiBsercnt preadre et peudre ; mai» le*
gros lODtierE de guerre, qoi ettoient faTorUte et porU»
d'aolcniiR gram - BUgneon, ne lonfiroient eulz approGber
dn meoD peuple, aini lea grlffoient et mordolent horrible-
■nent, obfänj* et cndordi en Icun roberiei, [öllAdei et
JbäMf 281.
DyGoogle
■ 285
dem Befehle Adrians ron Basaengfhes and Adrians
Ton Liedekerke, sowie 600 andere ans der
Kastellanei Ath aus. Diese Truppe sclilug die
Biehtnng von Mods ein, and erwartete von Va-
lenciennes her Verstftrknng.
Sie erreichte nnt allmälie; and mühsam ihren
Zweck, da die Tomehmen RSnber weit mehr
Künste, als bewafinetea Widerstand entgegen-
setzten, und die Thore mehrerer Städte ver-
schlossen; eine gute Anzahl büsste zu Ath mit
dem Kopfe fiit den Landfriedenbrach; andere
gelobten hinfüro Gehorsam, and dem Erzherzog
ihre Dienste. Ein fbi^htbarer Winter nnd eine
noch iorchtbarere Hnngersnoth vereinigten sieh
mit den Plagen, welche die Menschen selbst
einander zugefügt.
Bald nach der Eroberung von Verton, ge-
gen Pfingsten des Jahres 1480, erschienen die
Franzosen über 20,000 Mann stark , ange-
ftihrt von dem Goavemear der Champagne,
Herrn von Chaomont, aofs nene im Herzog-
thnme Lnxemharg, nnd suchten das Verlorene
wiederzugewinnen. Verton konnte auch nicht
lange die Belagerang aushalten, da ein sehr,
zahlreiches Geschütz von grossem Caliber Tag
nnd Nacht die Manem erschütterte, nnd fiel
bei einem Hanptstnrm. Nur Wenige von der
BesEAzung retteten ihr Lehen. Yvni, ans Man-
gel KU Unterstützung, folgte; ein Angriff von
tiOO Reitern ans Ailoa aof Laxembnrg kam
..gniod., Google
tbeaer zn stehen. Dagegen errang der Herr
von Chimay wi^demm einige Vortheile tot klei-
neren Bargen.
Um die Mitte des Angntt erschienen Maximi-
lian und Maria zu Nai|)iur> in der Absicht,
persönlich nach Lnxembarg sich za begeben,
und den Math der Ihrigen wieder anzufrischen ;
der Prinz von Oranien and der Herr de Cban-
teceine begleiteten sie auf dieser Beise^ und
die Sachen nahmen bald eine andere Wendang,
besonders nachdem letztgenannter Edle den
Oberbefehl übernommen, and Virnel^arg, l^as-
saa, Chimay, Boussa und Croy ihrerseits k^f-
tig mitgewirkt; der grössere Tbeil des Landes
•chWnr dem Enherzoge and Marieq Gehorsam,
Sie hatten in Laxemborg selbst IhreQ feier-
liehen Eüisng gehalten, and von den Ständen
die Huldigung angenommen. Die Freiheiten
nnd Gerechtsame, welche die alten Grafen ofd
Herzöge theils dem Lande überhaupt,, theils
einzelnen Städten gegeben, wurden bei diesem
Anlass von beiden Gatten bestätigt *).
Kaum, war jedoch das fürstliche Paar abge^
reist, so gerieth der Herr von Chiuiay, welcher
im Schlosse zurückgebliebep , in grosse Ge-
fahr darch das meuterische teatsche Soldrolk,
welches raubend und plündernd in die Umge-
*> Btriholei muolre An Duch^ de Lniemboucg et du
ConU de CUnj. T. VI et TH. VeigL die BoUagoi.
..gniod., Google
gend sich warf und iha letbtt gleicbsam be-
lagerte.
Von Lnxeinbnrg jedoch wenden wir ans nach
dem lange verlasienen Norden der Niederlande
xnrück, weichet als ein nicht minder bewegter
Schanplatz von inneren Veiwickelnngen nnd
Kftmpfen lieh dantellt.
Wir heben die hollKndischen Angelegenhei-
ten anter Mariens Regierang bei dem allgemei-
nen Landtage iäinmtlicher ProTinzen der Nie-
derlande za Gent nnberlihrt gelauen. Alsbald
nai^ diesem Landtage brach der inzwischen nnr
anagesetzte Streit z^rischen den Hoaders und
Kabbeljawfl aofs nene aOs. Die noch immer drü-
ckenden Abgaben bildeten deni vorzüglichBten
Gegenstand der ÖffiAntÜcIlett Unzufriedenheit ; so-
dann die Niehthandhabung der HandrestiB Jana
von Baiern, welches die Fremdlinge ansdrück-
lieh von den btfdentenden' Staatsfimtern aus-
BchlosH, tini übet die Verwdtung Lndwigs von
BrB^e, Herrn von GraitfauiBen, welchen man
dnrch «inen HollSnder 'ersetzt haben wollte *).
Die HoUders eräffhefen die Scenen za Gouda,
wo ihr Anhang auB der Mehrzahl der Einwoh-
ner bestand, nnd wo Jan van Kats, Schlossvogt
der Maria, durch seine Persönlichkeit man-
nigfach ^e Erbitterang hervorgeriifea liatte.
Die Aiifrfifarer reichten in trotzigem Tone ab-
*) Htwun 6r»Ten tui Hollaadt ms.
o;,GoogIc
gefaitte Denluchriftfla ein, darin sie Über Un-
terdrückang ihrer Privilegien klagten, von den
Schöffen and Wethonders Rechenschaft von
der Art der Verwendung des Staatsgutes be-
gehrten, and anf bessere Organisation des Ma-
^trats drangen. Da derselbe grösstentheüs
ans Kabbeljaws znsanunenge setzt war, so sah
man leicht, worauf sich letztere Beschwerde
vorzüglich bezog. Die StadtbehSrde, von den
Umständen gedrängt, wich denselben klnger-
weiie, und die Honders nahmen die erledig-
ten Stellen ein. Engelbrecht von Nassau, Herr
zu Breda , in Holland ein populärer Name,
wnrde , in Folge der Vemiittelang Johanns von
Motttfort, für Jan van Kats gewSfalt, und der
neu eingesetzte Rath von Maria ohne Einrede'
bestätigt. AelinUche Dinge gingen auch zu
Scfaoonboven vor, wo die Kabbeljaws den förm-
lichen Angriff nicht erst abwarteten, sondern
ihrer Widerpart äeiwlllig daa Feld rBamten.
Zn Dortrecfat traten beide Parteien vereinigt
wider die bestehende Oidnnng der Dinge auf;
Beide verlangten den Zustand wie vor Karls
des Kühnen Regierangsantritt, sowie strenge
Rechenschafit übei die Yerwendang der Stadt-
einnahmen. Der Magistrat sagte Beides zu;
aber die Opposition wollte, dass Ersterer, bis
man über Alles im Reinen sein würde, persön-
lich in Haft sich stellen sollte. Darüber ge-
rieth die Stadt in allgemeine Gähmng, da jede
DyGoogle
289
Partei sich etwas vorzuwerfen, und nicht das
beste GewisseD hatte, somit Beide gegenseitig
sich vorwaifen, dessen sie sich selbst achnldig
gemacht. Die neutralen Bürger legten sich end-
lich ins Mitte], und vierzig der angesehensten
Bäthe und Wethouders, sowohl Honders aU
Kabbeljaws^ masstea wirklich ins Geßlngniss
wandern und Bechnung stellen. Das Ergebniss
war, dass die Letztern grosse Geldsummen nn-
terschlagen hatten; beschämt und verwirrt ge-
lobten sie dem Gemeinwesen völlige Erstattung
binnen zwei bis drei Jahren. Darauf Hess man
sie los, und Einer nach dem Andern wich ans
der unheimlichen Stadt. Die Honders feierten
ihren Sieg und leiteten fortan das Ganze.
Auch der bisherige Schnltheiss von Dort-
recht, Jakob Poot Pietersson, war, der Necke-
reien müde, zuletzt abgetreten und nach Ant-
werpen ausgewandert; Adrian Westfaaling Jans-
sen aber zu seinem Nachfolger bestellt worden.
Um dieselbe Zeit zerrütteten die Parteien
aoch Hoorn, wo Dirk Janssen Banjaart an der
Spitze der Missveignügten so lange die Gemü-
ther der Stadt und der Umgegend bearbeitet,
bis das Landvolk in Schaaren angezogen kam,
und, vereinigt mit Banjaarts Anhang, dem Ra-
the verschiedene neue Zugeständnisse auszu-
pressen anchle. Der Schnltheiss Martin Ve-
laar, gegen den der Parteigeist am meisten sich
gerichtet, wfihnte, durch einige Erklärungen
I. 19
.,gniod.,GoOgk"-
die Geinüther beruhigen , und darch ver-
mehrte Dienerschaft mit glänzender Linie den
Borgern imponiren z« können. AUein diess
brachte deuAnfetand erst recht zur Reife; man
erhob sich mit wüthendem Geschrei gegen diese
Aeusaemngen aristokratischen Trotzes, wie es
schien, nnd federte nebenbei die Ab«chafiFang
verbasster Accite, nnter der Drohong: diese
Maasregel müsse ergriffen werden, nnd soUten
anch alle Herren darüber zu Gmnde gehen.
Endlich begriff der Magistrat seine Stellnng
bener; die fatalen Edicte Karls des Kähnen,
ein immerwährender Gegenstand tiefer Empfind-
lichkeit der freiheitstolzen Holländer, wnrden
herbeigeholt, nnd in spottreichem Ununge anf
Stangen in der Stadt hemmgetragen; darauf
schnitt Banjaart selbst die Siegel davon ab.
Fernere Begehren der Gemeinde, als z. B.
das Becht, den Versammlungen des Rathes bei-
mwohnen, blieben anerhört , bis sie anf gewalt-
same Weise durchgesetzt, und verschiedene
Personen von Bang verhaftet, anch das Hans
des nach Gent abgegangenen Scholtheissen ge-
plündert worden. Obgleich nun dieser Letztere
mit der Urkunde Mariens, welche in seinem
Amte ihn bestätigt, nach Hoorn zurückgekom-
men war, BO sah er sich doch gezwungen, das-
selbe an Banjaart, den Günstling der aufreg-
ten Menge, Bbcntreten. Die Bathstellen wur-
den sfimmtUch mit Günstlingen desselben besetzt,
DyGoogle
- — 291
and den fHihain Inhabeto derselben förnUchc
Versprechen abgenonunen, dass sie niemali trach-
ten würden, sich ihrer jemals wieder eu hemäch-
tlgen. Einer derselben hatte beim Ansbruch der
Unruhen die Unklugheit begangen, za äussern:
„Heate oder morgen müssten doch noch Köpfe
ipringen" ; dafür nSthigte man ihn , einen
künstlich gemachten Kopf bis zur Kirche fen
tragen und bei dem Kreuze damit Ittngere Zeit
fltehen zn bleiben. Nach dieseil Scenen ward
«< wiederum ruhiger xn Hoorn.
Es war ein Glück für die Stftdto Amst«r-
dam, Haarlem nnd Delfi, daw die Kabbeljaws
.darin die stärkere Partei bildeten; so wurden
sie für diessmal von der Geiaael de« Bil^r-
kampfes befreit. Man begnügte sich zu Am-
iterdam die Zahl der Schoppen m Termehreo,
und der Umstandi das« man auch von der andern
Partei einige in denBath aufnahm, trag zu Ver-
hindernng schlimmer Auftritte' nicht wenig bei.
Der Besitz des Schlosses Mniden gab der
Regierung einen festen Punkt in diesen Gegen-
den. ISichtsdestoweniger fehlte es auch hier
an Intriken und Störnngen nicht; doch nahmen
sie keinen heftigen Charakter an.
Den Stolz der HoUfinder hob es nicht wenig,
als noch im Jahre 1477 ihre Kriegsflotte eine
Abtheilung französischer Schiffe wegnahm und
die Sicherheit anf dem Meere wieder herstellte.
Aber der König wnsste später durch Wegnahme
19*
.,gniod.,GoOglc
der ganzen Hfiringsflotte das AndeDken an die-
sen Schimpf glänzend »a tilgen *).
Nach der Huldignng der Nord -Provinzen
der Niederlande, welche wir schon früher be-
merkt, kam zu Ryssel am 12. Julias 1478 zwi-
schen Maximilian und Maria einerseits, und
König Eduard IV. andrerseits ein Handels- und
E^ch fang -Vertrag zu Stande, welcher für beide
LSnder von grÖRiter "Wichtigkeit war.
Dia geldrische Frage beschäftigte Boforl Ma-
rien und ihren Gemahl vorzugsweise, Uie Kin-
der des verstorbenen Herzogs, Karl und Phi-
Uppine, waren nach Karls des Kühnen Tode
unter Vormnndschafit ihrer Muhme, Katharine,
gestellt worden, und Lndwig XI., an welchen
diese um Schulz sieb wandte, gab ^e Zusiche-
rung kräftigsten Beistandes; Maria und Max
aber weigerten sich» wie natürlich, die noch
immer zu Gent behaltenen nnd mit grosser
Sorgfalt erzogenen Waisen herauszugeben. Die
Provinz selbst hing an Urnen, nnd machte
grosse Anstrengungen zu ihrer Befreiung. Der
Bischof von Münster, Heinrieh von Schwarzen-
berg, zom Scbirmherm des Herzogthums wäh-
*) Früher jedoch hatte auch eine hoUändiiche, zu Am-
Rterdam anagerüitete Flotte von 85 Schiffeo Vorthtile Aber
die frenzSrische erfochten und dieie zur RQckkehc au die
helmathlicbe KQste gezwungen. /. Koek Ainateldamache
Jaarboekco. Anwterd. 1781. I. DmI.
DyGoogle
rend der Abwesenheit Karls nnd Philippinens
ernannt, leitete die ftffentUehen Angelegenhei-
ten; das Ansehen des burgnndischen Hofes ward
ferner nicht anerkannt, und bald worden Gel-
dern nnd Zfitphen von Holland nnd Brabant
aus mit den Waffen bekämpft. Nach allerlei
WechselfWen gewannen Maria nnd Maximilian
die Oberhand, nnd die beiden Provinzen leiste-
ten ihnen (1478) die feierliche Hnldigung "),
Inzwischen hatten sich die Unrahen zn Hoorn
erneuert, in Folge des Versuches einer Gegen-
nmwälzung von Seiten der überwundenen Kab-
beljaw'schen Partei, allein ohne Erfolg für diese ;
ihre schlimme Lage vermehrte sich blos da-
durch, sowie die Zahl der Yerbannten. Glück-
licher war diese Partei zu Leyden. Unter dem
Verwände einer angestifteten Verschwörnng
und eines beabsichtigten Mardanschlages der
Houder'schen , kamen die beiden Bürgermeister,
Gerhard van Poelgeest nnd Willem van Zyl, in
den Fall, die Stadt verlassen zu müssen. Die
Herren Jan van Egmond, Jan van Wassenaar,
Willem van Schagen, Jan van Bietveld nnd
Jakob van Kats, an der Spitze einer Anzahl
Bürger aus Haarlem, Delft und dem Haag, hiel-
ten im Julius 1479 ihren Einzug in Leiden;
*) Ueber Karl und Philippiae von Geldern und inter-
essante Romane in Walter Scott'icher Mauler von dorn Fla-
minder' Mokt und dem Engländer ßrMam voduuiden.
.,gniod.,GoOg|i:
2M
das Regiment wurde in ihrem Sinne bestellt,
uad ein groBser Theil der Gegner vertriebeo.
Bald darauf k^m die Reibe aach an die
Houders za Haarlem; ein angeblicher Versuch
junger Edlen t«i dieser Partei veranlasite hef-
tige Beibungen and den Sieg des Kabbeljaw*-
acben Prinzipa.
Auch zu Botlerdam fühlte man die Wehen
der grossen Entzweiung. Der Generalstatlhal-.
tec von Holland, Wolfart van Borsden, hatte
(zu Anfang dei Jahres 1479) s&mmtliche Städte
und Edle zu einer allgemeinen YerBanunlutig
nach jener Stadt beschieden. Allein die Furobt
vor Umtrieben der Houdera hielt den Bürger-
meiater Jan van Reimerswaale ab, die Abgeord-
neten von Dortrecht, Gouda und andern Orten,
wo die Partei vorherrschte, einzulassea; ja so-
gar der Generalstatthalter selbst ward an der
Tafel anr Abreise genöthigt, da er als ein ei&i-
ger Beschützer der Houder'sohen galt. Solches
mehrte nur die Erbitterung. KGlten im Haag
trieben die Parteien ihr Spiel , und die Kabbel-
jaws, denen Borselen beharriloh den Wieder-
einlass ihrer Verbannten in Dorirecht, Gouda,
Sehoonhoven und Ondewater (inzwischen eben-
falls in Gährung) abgeschlagen hatte, vergriffen
sich sogar an der Dienerschaft und an dem Pa-
läste des Statthalters. Die von Egmond und
Wassennar waren die Anstifter der Unruhen
gewesen. Der Statthalter, damals auf Seeland
DyGoogle
abwesend, zog mit rächeriscben Kriegshaaren
wider den Haag, nabni seinen Palast wieder
ein, und liesa die Hänser der Kabbeljaws plün-
dern. Diese jedocb übten alsbald nacb seiner
Abreise Wiedervergeltnng an den Häusern der
Hondera. Der Statthalter verlegte sofort des
obersten Gerichtshof nach Rotterdam, nm die
Haager für solchen Unfng zu strafen. Noch im
Sommer desselben Jahres fiel das grosse Un-
glück Tor, wodurch die ganze Häringaflotte bei
Cherbonrg in französische Gewalt gerieth. Nur
der glorreiche Ausgang der Schlacht bei Gui-
negate konnte für den Verlust Sühne and Trost
gewähren.
Dieses Ereigniss ' setzte den Erzherzog in
den Stand, eine Beise nach Holland zn unter-
nehmen, um die Leidenschaften der Parteien zu
bändigen und den zerrütteten Dingen wiederum
einige Gestaltung zu geben. Ueberdiess waren
die Steuern, deren Maximilian zu Fortsetzung dea
französischen, sowie dea geldrischen, inzwischen
wieder entloderten Krieges bedurfte, einHanpt-
beweggrund seiner Erscheinung im Norden.
Die einfloBsreichaten Häupter der Kabbel-
jaws, Ton denen wir den grössern Theil bereits
genannt haben, suchten aufrichtig mit dem Hofe
sich zu veraöhnen, vielleicht weil sie der Uu-
mheo aelbflt müde oder von Ehrgeiz and Sacht
nach Aemtem, getrieben waren. So kam also
die VerwUligang von 80,000 PhUippathaI»n (zu
..gniod., Google
30 Groschen flämischer Wahnuig) auf ^cht
Jahre und einer Rnndsoinme von 100,000 Tha-
lern baar int Namen der drei Landschaften Hol-
land, Seeland, und Friesland, nicht schwer zu
Stande; daßir gab der Prinz denselben neue
Freiheiten. Amsterdam, Leyden nnd Haarlem,
welche sich ungünstig gezeigt, wurden durch .
die Zosicherung eines durch Holland zu ßihren-
den Kanals gewannen. Diese Nachgiebigkeit
der Kabbeljaws Ward von dem Hofe mit Ent-
fernung des verhassten Gnhemators Borselen
belohnt. Der Patriotismns der HollKnder nnd
ihrer VerbSndeten , im Besitze materieller Vor-
theile, kümmerte sich wenig nm den Genuas
der neuerworbenen politischen Freiheit, and sie
Hessen sogar die Anstellung eines Hennegaaers,
Jobst de Lalaing, als Nachfolger Boraele's in
der Generalstatthalterschaft zu. Die Yerschwä-
gemng dieses fremden Edelmannes mit den Bre-
derode's beschwichtigte die Abneigung der Hod-
ders. Max finderte auch das Personal des ho-
hen Gerichtshofes, welcher inzwischen wieder
nach dem Haag verlegt worden war. Lalaing
erhielt gemessene Befehle zu Anfirechthaltung
des Landfriedens; allein mit Ausnahme Hooms
nnd Gonda's achtete Niemand auf dieselben. Bios
in diesen beiden Städten wurden die Kabbel-
jaws, nach gethanen demüthigen nnd feierlichen
Znsicbernngen eines friedlichen Wesens, wie-
derum in den Schoos der Bfirger auigenonunen.
..gniod^yGoOglc
297
' Die Abreise des Erzherzog ans Holland gali
dag LooBzeiehen za oeaen blntigea Auftritten,
wobei an{ dem einen Punkte die Hondeis, auf
dem andern die KabbelJawB den Meister spieU
teo. Zn Anfang des JSnners 1481 watd von
Anhängern der Eratern ein Anschlag aof Ley-
den entworfen nnd auch -wirklich aasgeföhrt.
Ein Gelderer, Beyer von Brnckbnisen} stand
an der Spitze; nnter dem Geschrei: „Breeioo!
Breeroo! (Breederoode) Montfort «tc," woide
dasRaihbans gestürmt; es Sog gleich daranf zn
grossem Schaden der benachbarten Strassen in
die Laft, da, dotch Zufall oder aus Absicht,
die aufgehäufte Pnlvermasse im untern Gewölbe
entzündet -worden war. Fait alle bedeutenden
Kabbeljaws wurden gefangen gesetzt, nnd alle
Stellen von den Siegern eingenommen. Eine
Miliz von 6000 Mann, anf tüchtigem Fass ein-
gerichtet, sollte der nenen Ordnung der Dinge
Kraft verschaffen.
Allein die Houders zn Leyden hatten etwas
begonnen, was sie in die Länge nicht durch-
setzen konnten; sie hatten nicht erwogen, dass
die Kabbeljaws zu Haarlem , Delft und Amster-
dam an der Spitze, nnd der Erzherzog und
Maria mit denselben einig seien. Man beschloss
daher am Hofe am uo mehr den Uebermuth der
Houders za züchtigen, als die so eben genann-
ten drei Städte dringend darum ihn angingen.
Der Herr ron Lalaing rückte ohne Sänmen
DyGoogle
in die Gegend von Lejden, imd oalim alle
Sehlöifer uad Orte, welche der Stadt als Vw-
niaaem und Bollwerke bisher gedieat; dien
setzte die Hoadera in nicht geringe Bestürzang,
noch mehr aber die Kande Ton dem gehädfiten
Uogliicke, das ihre Partei in Dortrecht, Goada,
SchoonhoTen und Oadewater getroffen, welche
StKdte aämmtlich in die Hände der Kabbeljaws
snrückgerathen waren. Die Hofpforte im Haag
war mit Tomehmen Gefangenen angefüllt In
allen Städten kamen die Gegner der Honders
wieder an das Ruder, nnd worden von Maria
und ihrem Gemahl in ihren Aemtern neu be-
stätigt.
Endlich erkannte Leyden, daw es des Hofes
nnd der Gc^er vereinigtex Macht in die Länge
nicht werde wiederstehen können, und es de-
müthigte sich vor dem Erzherzoge und toi sei-
ner angestammten Giebieterin. Hinrichtungen,
Aechtongen, Gütereinziehungen rächten an Ein-
zelnen das Verbrechen desAufstaades; die Mehr-
zahl der Gefangenen erhielt Gnade aof die instän-
digen Fürbitten der Henogin Margarethe , wel-
che früherer Dienste mancher Honders dankbar
sich erinnerte. Unter den Häuptern, welche
im Haag wegen Ungehorstoi und Aufruhr wi-
der die Frau von Oesteneich tind Burgund xnm
Tode gefahrt wurden, befanden sich vorzüglich
der Schultfaeiu von Dortrecht, Adrian JanssoD
Westfaling, und der Bürgermeister Dirk von
..gniod., Google
Beaumont; sie fielen nicht ohne aulricbtiges
Bedauern Mancher, welche in ihnen blos stand-
hafte, vielleicht allm eifrige Verfechtet der Pri-
vilegien des Landet gegen TerfaasnQgswidrige
Anginnen and Eingriffe dea Hofes erblickten.
Fortan blieb Utrecht der eissige Mittel-
punkt nnd die einzige Stütxe der unterliegenden
Hooders, and die Gewalt des Bischofs, David
Tan Bnrgand, Bmders von Kail dem Kühnen,
aehr geschmSlert. Maximilian fasste den Ent-
■ehluBi, aach hier sein and seiner Gemahlin
Ansehen nra jeden Preis zn befestigen; aber
der wider die Utreohter nntemonunene Kampf
kostete grössere Anstrengungen, als et wohl
geglaubt heben mochte; sie schlagen die hol-
l&ndische Streitmacht bei dem Kanäle von Jnt-
faas, doch zogen sie bei Westbroek in einem
blutigen Treffen den Kümem, Naerden, Jnt-
faas, Emmenes, Baam und Zoest gingen bei
diesen Affairen hintereinander in Flammen auf.
Die Utrechter stellt«! dem Bischöfe David den
Primen Engelbreeht von Cleve, als Sehirmherrn
und Regenten, en^;egen; aber der gestörte Han-
delsverkehr und die grosse Hungersnoth be-
stimmten znm Anknüpfen von Unterhandlungen,
Zn Schoonhoven hatte eine Znsammenkunft der
Ahgeotdneten vieler holländischen Stfidte und
des Generalgubemators Lalaing mit Bevollmäch-
tigten von Utrecht statt; jedoch (fhne Erfolg. Die
Einnahme von Vianeo, einem Nefien Lalaings
..gniod., Google
angehörig, war eine der letztern Tropäen der
Bürger. Der Tod Mariena trat naohmalB Hö-
rend in diese Begebenheiten ein '}.
,^Ie diese Feindseligkeiten — bemerkt Gaä-
lard mit vielem Scharfsinne — konnten anf der
einen nnd der andern Seite wohl einigen Pcirat-
peitonenBahm, aber zuletzt in der Hanptsache
doch keine Entscheidang bringen. Ein lang-
wieriger Krieg zwischen zwei, nngeföhr gleich
starken Mftcfaten erzeugt als Besultat ungefähr
die gleiche Summe von errungenen Vor- und
erlittenen Nacbtheilen, dem zufolge wechsel-
seitige ElrBchöpfong wechselseitig zn einem Frie-
den notliigt, den man mit etwas mehr Verstand
irüher hätte haben können, oder niemals hfitte
brechen sollen. Im Allgemeinen sind es anch
mdit Bündnisse and Trnctate, als Kriege, wel-
che das Loos der Staaten in Europa bestimmen.
Man kennt darin das Becht der Eroberung nicht,
jenes faassenswerthe Vorrecht minder gebildeter
Nationen **). Allein wenn die Kriege der Er-
oberer hassenswerth sind, weil ihr Gegenstand
') VergL über dieie hollind. Affiüren i die eicell. Chro-
njke T. Vlaenderen — Vtliiu Chroo. vw Hooni — Die
Chronyken vac HoUandt, Zeelandt en Vrietlaudt — Sim.
tan Leeuwen — Oroulhoetm — BmerwycJb — AT. Sa-
Itn. Mareiand — SligltnJuirtt — MoUatt in den bekann*
Un Werken; endlich WagoMar TaderL Hbtorie VI.
**) Der franzödtche G«iclilchtachrdber macht hier
eine bnaaende Sfttyre aof «diM dgeoe NfttiMi.
..gniod., Google
301
ein ungerechter, ao sind die onsrigen lächer-
lich, weil sie ohne allen Gegenstand, und weil,
wenn die Wage zu stark nach einer Seite
drückt, man gleich wieder neue Gewichte Kr
die leichtere Schale näthig hat. Unsere Kriege
sind, nm ganz eigentlich mich auszudrücken,
grausame Spielpartien, bei welchen die ver-
schiedenen Mächte sich so gat unter und wi-
der einander vereinigen, als möglich, fast im-
mer nur für kleine, oft chimärische Interessen,
und welche oft damit endigen, dass alle dabei
verloren und nichts dabei gewonnen haben."
Der französische Monarch überzeugte sich
radlich von der Wahrheit dieser Ansicht, so-
wie derjenigen, dass er Maxen in die Länge
doch nicht würde besiegen, und dass die Macht
dieses Fürsten (zumal vereinigt mit der bald
noch zu erbenden Hanamacht) die seinige im-
mer würde im Schach halten kSnnen. Auch der
Umstand entging seiner Aufmerksamkeit nicht,
dass die Niederländer, die Genter mit einge-
schlossen, anfingen, für die Fürstin aufrichtige
Neigung zu empfinden; in den Herzen der an-
terjocbten Burgunder selbst erhielt sich fort-
während ein heiliges Feoer treuer Anhänglich-
keit und Liebe zur angestammten Gebieterin.
Der tiefe Menschenkenner zu Tours ahnete diess,
sowie die daraus entstehenden Wechselfälle;
noch irrte d^r grüsste Theil des Adels der Fiei-
grafscbaft in Wäldern umher, bereit zn kühnen
..gniod., Google
302
Uatemehmnngen manaigfacherArt; dietem miuB-
ten Vor wand and Gelegenheit künftig abge-
acbnitten werden. Der geßlhilichste Feind für
Ludwig XI. aber war die penönliciie Vereb-
rang, welche man Maxinüiatt zollte. Diese
Verehrung war, wie selbst ein französischer
Historiograpb bemerkt hat, die Frucht seiner
Tugenden. Der Prinz, der so rein in seinen
Sitten, 80 tugendhaft in allem Wirken und
Watten dastand, erhielt noch grössern EinJlnss
in der Meinung durch die Rolle, welche er als
Gatte und als Bitter der interessanten und an-
gebeteten Maria überaommen. Die Geburt
zweier Kinder hatte die Niederländer noch mehr
an die Herzogin gefesselt; selbst Mutter, föblte
auch sie die Leiden und Freuden der grössern
Familie nunmehr zwiefach und ganz.
Eine moralische Macht von anderer Art,
deren bedenUamen Einfluss wir schon früher
geschildert, und welche auch in der letzten Zeit
mit erneuerter Stfirke wirksam auftrat, -war die
' zärtliche Freundschaft der verwittweten Herzo-
gin von Burguad, Margarethe von York, und
ihre unversShnliche Feindschaft gegen den fran-
zösischen König. „Die edle Frau — wir las-
sen nun anch einen Franzosen sie schildern —
welche auch jetzt noch Ansprüche machen
konnte "), wies- beharrlich alle Anträge auf ihre
') „BUe' ebdt jetuw eaoor«, ctpoi»nt.nüwBMbkmetit
..gniod., Google
303
Hand znrSck. Sie lebte nnnnterbrochen nur für
Marien nnd deren Gemahl, and kein persön-
licher fiewe^mnd — bemerkt ein Franzose —
war jemals im Stande gewesen, die Reinheit
ihrer grossmäthigen Gefühle zn trüben. Maximi-
lian ond Maria waren gleiclisam ihre Kinder
geworden, und sie arbeitete wie eine Mntter
nnr fiir sie. Ihrer Schritte liir das junge Paar
in England selbst, beim Könige, dem Parla-
mente, den Grossen, ist schon früher Erwäh-
nung geschehen; wir bemerken also hier nur,
doss andi eine Vermählung zwischen dem noch
in der Wiege befindlichen Philipp nnd einet
Tochter Eduards ebenfalls ihr Werk war. filos
die 50,000 Thaler, welche Ludwig XI. pünkt-
lich auszahlte, hielten König Eduard noch vom
Brache mit jenem ab. Margarethe vermochte
ihre Stiefilochter , diese Snmme für sich zn über-
nehmen, und das letzte Bond zwischen den
beiden Königen war zerrissen. England er-
klärte sich fortan för Marien und Maximilian.
Margarethe wirkte auch auf einem andern
Punkte mit nicht geringerem Erfolge. Sie suchte
den Herzog von Bretagne an England und Bur-
Mnger k des Douvelles näcea. On lui proposa des puti«
avoDtagenx ; eile les retusa toDB." GaiÜard 192. la dec
That war Margarethe damals noch nicht dreissig Jahre alt,
und ihre Schönheit noch imgemiDdert. Verschiedene Stel-
len bei Annalisteo dieser Zeit deuten daraut
..gniod., Google
— 304 ,
gund xa ziehen, und uaterhaodelle desshalb-eine
Heirath zwischen der Erblochter Anna und dem
Prinzen von Wales, ihrem Neffen. Die .alten
Verbindungen zwischen den Häusern und Bnr*
gund wurden erneuert. Von London and Nie-
derland aus spann die schlaue und geistreiche
Frau eine Menge der feinsten politischen Fä-
den, welche der Krone Frankreich die grösste
Gefahr, und dem mühaamen Lebenswerke Lud-
wigs XI. den Untei^eng drohten.
Die politischen Verhältnisse wirrten sich
daher täglich mehr, besonders da nach die
Schweizer über die Fortschritte des französi-
schen Monarchen eifersüchtig nnd ob dessen
buignndischer NachbEuwcbaft besorgt, sowie
durch die angedrohte Kriegserklärung des Kai-
sers etwas eingeschüchtert wurden. Nun kam
auch noch der allgemeine Schrecken Europa's vor
der Türkenmacht, nach Constantinopela tragi-
schem Falle, und endlich der zerrüttete Zustand
der Gesundheit Ludwigs XI. dazu.
Durch all' diese Dinge bestimmt, wünschte
der Künig die Verlängerung des Waffenstill-
standes, welcher im Jahre 1481 auf sieben Mo-
nate geschlossen worden, und er begnügte sich,
als derselbe, nicht ohne zahlreiche Schwierig-
keiten, zu Stande kam, die gegenseitigen Rechte
Frankreichs und Burgunds, und seine und Ma-
riens Verhältnisse auf staatsrechtlichem Wege
erörtern zu lassen.
.,gniod.,GoOglc
305
Merkwürdig genng, hatte er in dieser letz-
ten Hinsicht Bchon im Jahre 1478 za seltsamen
Pioeednren seine Zuflucht genommen, um der
an Marien ausgeübten Gewaltthat in Bezug auf
Bnrgund, Artois und Flandern einen Schein
TOD Asstand und Gerechtigkeit zu geben. Man
hatte bnrgundischer Seits zur Genüge dai^ethan,
dass, zumal die beiden lietzten Provinzen, in
früherer Zeit von der französischen Krone ab-
getrennt worden, und bei derselben sodann zu
Lehen gegangen. Doch hatten sie auch diese
letztere Eigenschaft nie verlängnet, und die
Meinung der gründlichsten Juristen dahin eich
vereinigt, dass die Lehen auch auf Weiber
übergehen könnten. Jene Provinzen waren auch
blos durch die Heirath eines borgnndiichen
Prinzen mit der Erbin von Flandern dem Hanse
Burgund zugefallen; somit hatte der König von
Frankreich nichts Anderes von den Grafechaf-
ten anzusprechen, als die Huldigung und den
Eid der Treue.
Aber Ludwig XI. hatte bereits etwas ans-
gesonnen, was ihn seiner Ansicht nach zum
vülligen Schiedsrichter der Schicksale j«ier Pro-
vinzen machte. Die Felonie Karls des Kühnm
gegen ihn musste zur Folie dienen; da der Her-
zog jedocb bereits vor zwei Jahren gestorben,
nnd die persönliche Yorladung vor den <d>er-
sten Lehenhof somit nnmöglich war , sollte
Maria, die Erbin, dafitr bauen. Der König
I. 20
.,gniod.,GoOglc
Hess der Fürstin nnd ihrem Gemahl sicheres
Geleit anbiet«n, am in Person oder durch Pro-
cnratoren vor den Pairs von FraDkreich ihren
Vater über die angeschuldigten Punkte zo ver-
iheidigen. Ludwig bot an, auch eineiV Legaten
des Papstes und Abgeordnete des Kaisers, so-
wie des tentscfaen Reiches, zuzulassen.
Natürlicherweise weigerten sich Maria und
Maximilian , ihre Sache dem Spruche eines
Parlaments preiszugeben, welcher zum vorans
schon zu Gunsten des Köuigs gefasst war. Die
Untersuchung ward demnach ohne Weiteres in
den üblichen Formen eingeleitet, nnd in langer
Reihe von Thatsachen and Raisonnenients eu(>
wickelt, wie der Herzog Karl dein Königreiche
Ungemach ohne Zahl bereitet and gegen den
rechtmässigen Oberlehensherm Untren« viel-
facher Art geübt. Auch die Tochter, Maria,
sei in seinen Fnsstapfen fortgewandelt nnd habe
in Briefen die Stände des Landes zum Unge-
horsam wider den König von Frankreich auf-
gereizt; ein noch grösseres Verbrechen aber
durch die Schreiben begangen, worin sie die
Eidgenossen und England zum Kriege wider
denselben König an^e muntert. Der Kaiser
Friedrich III. trat ins Mittel und schilderte in
einem langen Manifeste sämmtliche Ungerech- -
tigkeiten Ludwigs gegen das tentsche Reich and
das Herzogthnm Burgund. Der König antwor-
tete seinerseits ni^ Beschwerden andrer Art.
..gniod., Google
307
Als Gründe und Gegengründe frachtlos von bei-
den Theilen verscliwendet worden, kam die
Beihe an die Waffen wieder, wie wir' bereits
ausführlich erzählt haben.
Alle di« Remonstrances, Besognes und Rap-
ports in den folgenden and in den letzten Jah-
ren hatten keinen günstigem Erfolg; doch zÖ>
gerte diessmal Maximilian, als et den Gegnei'
ermüdet sah, mit Absicht, nnd, des nahen To>
des ven^Lndwig XI. gewiss, trachtete er dftm
roindeijäbrigen Nachfolger, Karl VUI!, dieselbe
Lage zu bereiten, welche 'dessen Vater einst
der rerwaisten Maria, beim Tode des ihrigen,'
herbeigeführt. Man hatte daher von burguadi*
scher Seite eine Reihe Ausflüchte, den End-
frieden in die Lunge zu ziehen^ und wenn der-
selbe auch endlich darchaos eingegangen wer-
den musste, so wollte man ihn doeh so günstig
und vortheilhaft , als möglich, schlicssen. Mar-
garethe steckte bei dem Allen mit ihren uner-
schöpäichen Rathschlägen im Hinterhalte, und
wenn Ludwig auch die alten Verwickelungen
glücklich beseitigt, so hatte sie jederzeit wie-
derum neue, achwierigere herbeigeführt*).
Ungefähr um diese Zeit nahmen der Erz-
herzog und seine Gemablin an Philipp de Cre-
vecoenr und den Anhängern des französischen
Königs für vieljährige Untreue and Kränkung
') Gaillarä Hist. de Marie de BonTgogni,
20*
..gniod., Google
dadurch Ba«he* dass alle die Betreffenden, wel-
che Mitglieder des Vlieases waren, in einer
feierlichen Sitzung za Herzogenbnach ansge-
stossen worden*).
Am 2. September 1481 kam Maria in Brüs-
sel zum dritten Male nieder, nnd zwar mit einem
Knaben, welcher in der Tanfe den Namen JiranXt
za Ehren des Herzogs Franz von Bretagne , er-
hielt. Die heilige Handlang, welche in der
Kirche von St. Gudnla vor sich ging, waxd von
einer Menge rangehender Feierlichkeiten be-
gleitet; daz Kind starb jedoch bald darauf**).
*) VergL die Beilagsn über dieaea Fest and ein frü-
here« ZQ Brügge.
") „Et pDur cfl^brer !& ■olraunit^ da bapüaement da
celui uifEint, fut faicte nne boille comuiBiichaiit an dit hostel
t^ fiuBiit k Vigüse de Sainte-Goule (Gudule); et y avoit
Dne torche de üx piedi de longaear; et eitait Jiooneste-
ment coDTerte de drapa de couleur, et lea raes tappiasjei
conne au jouc du aacre. Au miliea de l'^liu de 8t.
Gonle, lichement tapiasäe, estoit uq honrd aomptueoMment
jdifid, OD eatoieat lea fona notablemeat •oinäa, et aosii
Heaaeignellra , lea präata et nümatrea de l'^gliie, qqi le
bapteune debTtneat &c(»iiDplir."
„Bn teste noble compagnie allecent sni od cheraUet
Bl dist bapteame Honaeigneur Philippe d'Autriche, Comte
de Charolloia, et Mademoiselle Marguerite, aa soenr, en-
fkna da dit Dac et Dudiease; et fut baptiaä le dit eofant
pir Hoiueigneor Hemi de Berghea, £veaqne de Camlway;
«t le tindrent aur lea fona Honaeigneur Philippe de Cray,
CoMte de Chimay, an nara du Dne de Bcetaigne, en la
DyGoogle
Das Unglück , welches Marien mit dem drit-
ten Kinde widerfahren, war der Vorbote eines
noch gröBsern, das sie selbst traf, ond zwar in
Folge einer ihrer Liebhabereien, wovon Adolf
von Barensteins wamnngSToller Rath vergebens
sie znräckznhalten gesucht.
Am 22. \ovember 1481 war Maria noch ein-
mal nach der Grafschaft Hennegan gereist, am
daselbst in Person die Hnldigang anzonehme»,
welche bisher blos durch Abgeordnete geleistet
worden. Zn Mona nnd zn Valenciennes wurde
sie auf das Feierlichste empfangen. Man hatte
in letzterer Stadt die Strassen, wie gewöhnlich,
mit kostbaren Tapeten geschmückt, and auf die
sieben Verse des „Ave Maris Stella'* sinnt^iche
FignrcD and historische Pantomimen in Lebens-
grSsse geordnet, welche der Fürstin, die solche
Sachen sehr liebte, ein besonderes Vergnügen
machten. Des folgenden Tages wurde in dem
sogenannten Grafensaal der feierliche Schwor
contemplation et foTcnr doqaal il fnt nommä fVoifOÜ.
MoDseigneni Ferry de Cluuj, Cardinal do Toaniay, le tint
paraUemeot iTecq Madune la Piincesse d'Oraog«; et fut
luct oe baptisement le vingt-Mptieine jour du nuü» da
Scptembre aa deum dict. Le jour St Etienne eiuuiTBat -
treapsMa de ce lüecle le dit Francob; de qoei tont le
people da pays fat, fort ennuy^, auurBialneinent les Bnixel-
luii} car ceux, qui de aa nativitä avoieut eu rejouissance,
eurent alors pour lon tr^pas tr^-angoiaeuse deaplaiaance."
J. Hoinul Clup. 85.
..gniod., Google
310
geleistet; die BesaUnngen von Gaise, St. Qnen-
tia und andern Städten der Bunde, lagerten
sich, nm ihr ein Bild der Kriegsgräuel recht
anschaulich zu geben, um Cond4, nod die Frau
von Bnrgund sah die lodernden Wachtfener
nnd die Verwüstungen der Nacht am folgenden
Morgen ganz in der Nähe, nicht ohne Grauen
und Schrecken. Sie eilte von Valenciennes
weg nnd nach Brügge zarück, um daselbst, ge-
meinsam mit ihrem GemfAle , welcher von dem
Lager Urlaub genommen hatte, einen Theil der
Jahreszeit zozubringefi. Sie traf vor ihm ein,
and je näher der Frühling rückte, desto mehr
fühlte sie schmerzliche Sehnsucht nach ihm in
ihrem Herzen; denn unaufhörlich breitete sich
Über ihr ganzes Wesen ein trüber Flor and
eine unendliche Bangigkeit, sobald sie von Max
getrennt war. Der Herr von Bavenstein trö-
stete sie bestens, und meldete ihr endlich die
Ankunft des Prinzen im Weichbilde, Noch
niemals war der Erzherzog von den Einwoh-
nern mit solchen Beweisen von Aufmerksamkeit
und niemals mit solcher Zärtlichkeit von Ma-
rien empfangen worden, als dieses letzte Mal,
wo sie zusammentrafen.
Als der Erzherzog die Gattin, welche eben
mit einem vierten Kinde schwanger ging, in
der Hofburg nmfasste, entströmten ihr heisse
Thränen der Freade und des Schmerzes zu-
gleich, denn es war wie eine Ahnung, was sie
DyGoogle
311
dnrchfahr und ihr sagte, dass sie ihn snm letzten
Male in ihre Arme achliesse. Sie empfand nun
anch für and für eine iineodüche Schwermatb,
welche durch nichts mehr verdrängt nerden
mochte. Vergebens befragte sie der Prinz vm
den Grund; sie Itonnte selbst ihre Gefühle nicht
deuten, sondern sprach blos: „Mein Herr and
Frennd! mir fehlt nichts; lasst uns fröhlich sein
nnd morgen snisammen auf die Jagd gehen , denn
es dürstet mich nach dem Freien ! " Max sicherte
ihr solches willig zu und veranstaltete durch
Ludwig von Gruilhuisen die Jagdpartie; diess
geschah zu Anfang des MSrzmonats 148?.
Kaum war der Morgen angebrochen, so
setzte sieh Alles in Bewegung und zu Pferd;
die Herzogin, wie gewöhnlich, mit ihrem Sper-
ber und begleitet von ihren Frauen, welche
auf niedlich verzierten Saamrossen hinter ihr
herritten; die Herren Engelbert von Nassau,
von Beveren, Gmithaisen, Chimay and Andere
waren im Gefolge des Paozen. Maria erSffoete
rüstjg die Falkenjagd, während ihr nicht min-
der ungestümer Gemahl dem Wilde nachspürte
und mit seinen Jägern voranstürmte.
Verschiedene Beiger waren schon gefimgen
worden, nnd die Prinzessin, ungewöhnlich hei-
ter über den Erfolg, ritt immer rascher dnreh
den Than, bis sie auf einem Baume einen be-
sonders grossen Beiger ersah, nach welchem
sie ihren Vogel alsbald fliegen Hess. Das Pferd
..gniod., Google
. 312
wollte jedoch niclit vorwärts, da eine Kragt
(ein Wasset^aben) hemmend daEwischen lag;
und als sie es mit der Hand heftig schlug, am
es znm Spninge darüber zn vermögen, ward es
plfttulich sehen und warf die Reiterin anf eine
so nnglückliche Weite ab, dass sie fiber einen
Baomstrunk, das Pferd aber auf sie, fiel.
Ihr Jammerruf zog schleunige Hülfe von Sei-
ten des Gefolges herbei. Man trag «ie, nach-
dem die furchtbare Last von ihr abgewälzt
worden, in das znnächststefaende Hans, und
eilte, dem Erzherzoge zu melden, wie seiner
Gemahlin ein Unglück zugestoaaen, und sie stark
ge^netscht worden sei. Maria war jedoch nicht
nur einfach geqoetscht worden, sondern das
Boss hatte ihr einige Rippen zerbrochen,- ein
Baumatrunk war ihr in den Leib gegangen und
hatte sogleich einen starken Blntverlnst nach
sich gezogen. Sie verschwieg aber ihren fürch-
terlichen Schmerz nnd den grossten Thail des
Uebels. Maximilian kun in «ntsetzlicher Angst
daher gesprengt, nnd äberliess sich, als er seine
Gattin in solchem Zustande erblickte, einem
unendlichen Jammer. Sie selbst jedoch sprach
ihm Trost nnd Mnth ein, und bat blos, dass
man sie anf einer Ronbahre nach Brügge brin-
gen mdchte, was anch alsbald geschah.
In der Hofburg angekommen and in ihre
Kammer gebracht, erhielt sie stärkende Arz-
neien. Aber da sie, aus nnieitiger Sdhaam, die
DyGoogle
313
Hanptwnnde Tenchwieg und ttandhaft einer
nShern Besichtigung answich, konnte ihr die
nöthige Hülfe nicht gesehaffi werden. Der Erz-
herzog verwünschte den Tag, wo er fUr eine
eitle Last das Thenerste anf das Spiel gesetzt.
Ihm blieb die schwere Gefahr nicht lange ver-
borgen , und er rief mit gesteigerten Klagen ans ;
„Soll ich nan verlieren die Fracht meines Le-
bens, nad die Wohlfahrt meines Landes? Sol-
len meine Kinder Waisen werden, die noch so
• jnng and zart sindf Mein geliebter Sohn Phi-
lipp, mein süssea TSchterlein Margarethe, schei-
det Eure Mntter jetzt schon von Euch, «o habt
Ihr und das Land allzuviel verloren t Daa sei
Gott geklagt!" Der Herr von Ravenstein trö-
stete ihn sanft und ßihit« ihn an der Hand zum
Lager der Kranken. Maximilian kniete vor
demselben nieder und &agte sie in dem Tone
der innigsten liebe: „Maria, meine Minne, wie
fahrt Ihr?" da lispelte die Herzogin leia und
z&itlich dankend: „Hwr und Fürst I ich hoffe,
es soll Allel gat werden; aber ich bitte Euch
dringend, lasst ungesfiomt die Ritter vom VliesBe
kommen, desn ich habe mit ihnen Wichtiges
za spretien.**
Der Erzherzog willfahrte Maria's Wniweh,
Hess inzwischen za Brügge feierliche Bit^ilnge
anstellen, und verordnete, dass man das heilige
Sacrament vorantrage, damit vielleicht durch
deaaeo Kraft der Kranken in ihrer harten Noth
..gniod., Google
geholfen werde. Er selbst wohnte in Person
and'baarbanpt einet solchen Procession bei, nnd
alle Edlen folgten ihm, anter dem Zuströmen
und der Theilnahme einer nnztthlbaren Menge
Volks. Alles vereinigte sich zu flehentlichem
Gebete am Rettung der Fürstin. Nachdem diess
geschehen , eilte er zur Leidenden zurück, deren
Kräfte sichtbar Abgenommen hatten. Margare-
the TOn York, die Frau von Chimay und an-
dere ihrer Damen umstanden sie mit Trost und
Hülfe, nnd wehrten ihren Thr&nen nur dann, ;
wenn es galt, die noch häufigem des Prinzen
zurückzuhalten. Et selbst ward nicht müde,
mit „lieblichen Worten** zu ihr zu reden, und
hielt ihre kalte Hand fieberhaft in der seini-
gen. Endlich waren die Ritter vom goldenen
Vliesse sSnuntlich eingetroffen und wurden
der Herzogin angemeldet. Man bemerkte dar-
unter vorzüglich die Grafen von Romont, Clii-
may und Nassau, den Markgrafen von Bran-
denburg nnd die Herren von Fiennes, Dayselo,
Beveren, Gruithuisen n. s. w. Als der Erzher-
zog, welcher zu ihrem £^mpfange hinuntergeeilt
war, mit ihnen in die Kammer trat, rief er:
„O Maria, mein Trost und Leben, wie steht
est Will das Uebel sich noch nicht bessern?"
Die Fürstin etwiederte mit betrübtem Herzen:
„O Herr und Fürst, es steht schlecht mit mir,
nnd ich fühle, dass wir scheiden müssen. Ich
habe demnach eine dringlich« Bitte an Euch,
DyGoogle
315
Ihr Herren vomVIiesse, nämlich, dags Ihr mei-
nem Berrn, demHenoge, die Trene bewahren
wollt, 8o Ihr ihm geschworen; dass Ihr in sei-
ner Noth ihn nicht verlassen, sondeni Ihm so
gut und geneigt verbleiben möget, wie Ihr es
seither and bis zu meinem Tode gewesen. Hal-
tet — ich bitte Euch wiederholt dumm — den
Eid, den Ihr geleistet, zosammenznstehen wie
Brüder, und bleibt seine Freunde and meiner
Kinder Freunde , dann sterb' ich getrost." Die
Ritter alle, in grosser Rührung, schwären ihr
Gewährung nnd schieden von dannen. Die Für-
stin fühlte ihr Herz erleichtert; nor Maximilian
stürmte, übermannt von dem Augenblicke, in
die Hofflar und liess seinem grenzenlosen
Schmerze abermals freien Lauf.
Nach einer Weile kehrte er an das Siech-
bette zurück, da man das Ende der Leidenden
jede Stunde erwarten konnte. Er stellte sich
mit Margarethen, den Kindern and den getreuen
Frauen vor die Sterbende. Diese, filicke der
zärtlichsten Liebe auf ihn heftend, fühlte durch
sein namenloses Leiden ihren Hingang nur noch
mehr erschwert, und seine strümenden Thrftnen
drangen gleich blutigen Pfeilen in ihr gebro-
chenes Herz. Sie bat ihn demnach mit zittern-
der Stimme, „die Kammer doch zu verlassen,
da es so besser für sie Beide sein dörfEe." Der
Prinz aber rief ans : „Liebe , was verlangt Ihr
voB mir? Ich soll Euch in dieser Stunde ver-
..gniod., Google
316
lasaen, und mein Heiz ist ho schwer nnd ge-
presst, wie niemals eines Edelmannes Herz!
Ach! daB sei Gott geklagt!" Nichtsdestoweni-
ger ging er auf Ravensteins Ersuchen, die
Kranke za schonen, und auf dag Versprechen,
jederzeit fleisgig Knnde von ihrem Befinden ihm
bringen zu wollen, in sein Gemach. Dort rang
er verzweiflangaroU die H&nde und zerraufte
sich das Haar.
In sämmtlichen niederländischen Geschicht-
Bchreibern findet sich keine so zarte, so röh-
rende Scene, als die Schilderang der letzten
Stunden der Maria, wie sie in den Chroniken
in schlichtem, einlUtigem Styl and mit ange-
nehmer Weitschweifigkeit geschildert sind, nnd
der Einklang Aller, oh sie in flfimischer, in
holländischer oder in franzdsischer Sprache ab-
gefasst sind, beurkundet die grosse Liebe, wel-
che das Land zu ihrer Person und za ihrem
treuen, mütterlichen Walten getragen.
Inzwischen waren die vom Vliesse noch ein-
mal nach der Hof barg gekommen , nm noch die
etwaigen Befehle der Fürstin za rernehmen,
und mit ihnen auch der Bischof von Domick,
in der Absicht, geistlichen Trost za spenden.
Die Herzogin schien za schlafen, aber es war
der nahende Schlaf des Todes. Nach einer
Weile regte sie sich wieder, aber auf die Frage
über ihr Befinden, schüttelte sie daa Haupt nnd
sprach : „es ist mit mir sehr schlimm gestellt."
DyGoogle
— 3ir —
Und imii begann sie nBch dem Gemahl sich za
sehnen, über das Schwinden des Gedächtnisses
sich za beschweren , über ihr junges Leben za
jammem, von dem sie schon jetzt scheiden
müsse, und klagte bitteilich sich selbst als die
Urheberin ihres Unglücks an. Noch düsterer
traten aber die Drangsale des Landes vor ihre
Seele, die sie alle übersah, und besonders la^
ihr schwer auf dem Herxen, dass der Friede
mit dem KSnige von Frankreich noch immer
nicht geschlossen sei. Sie fürchtete Gefahren
für den Erzherzog, Gefahren für ihren Sohn,
Gefahren für die Niederlande, und erneuerte
Uire Vermahnnng an die anwesenden Grossen
auf das Dringlichste, dass sie doch aller drei
tüchtig sich annehmen nnd dafür wirken möch-
ten, dass weder die beiden Fürsten, noch das
Land za knrz kSmen. Allen flössen Tbr&nen
aber die Wangen, und sie schwuren wiederholt
dem Hause Bargund-Oesterreich Schirm und
Treae bis an ihr Ende.
Maria dankte mit freundlicher Miene und
sprach: „Ihr Herren, nun will ich minniglich
sterben, und dem allmächtigen Gotte danken da-
für, dass er mir nicht länger hienieden zu ver-
weilen gSnnt. Zwar hätt' ich gern noch eine
Zeitlang Anfschab gehabt; da es ihm aber an-
ders gefallen, so will ich seinem Willen mich
fügen und ihn am Verzeihung bitten för das
hofiärtige Leben, das ich gefuhrt." Da tnrt
..gniod., Google
318
der Bischof mit salbnngsieicher Rede zu ihr,
lind redete lang und viel von dem bittera Lei-
den und Sterben, von der Versöhnung und den
Verdiensten Christi, und übergab sie der un-
endlichen Gnade desselben, welche allen frommen
Glänbigen gewiss sei. Endlich schloss er mit
den Worten: „Ehrwürdige Fürstin, haltet dieas
Alles zu Herzen nnd achtet nicht mehr auf die
eitle Glorie dieser Welt; denn die Welt ist
bettäglich, und Alles, was sie in sich fast, ver-
gänglich. Aber das Reich Gottes ist ewig und
unvergänglich." Maria hörte ihn mit frommer
Ergebung an und dankte freundlich; daraufrief
sie die unendliche Barmherzigkeit des Eriösers
an , in dessen Reich sie noch vor Abend zu sein
hofile, and begann nunmehr Abschied von Jeder-
mann zu nehmen.
Zuerst rief sie; „Ade, theuerster Maximi-
lian, kaiserliches Blut, wir müssen fortan ge-
schieden sein! Ade, geliebter Philipp, mein
Sohn, noch so zart von Jahren; Du wirst fiir
lange Zeit eine mutterlose Waise bleiben ! Ade,
süsses Töchterlein Margarethe! Ade, ihr beid«
junge Wesen! ach, ich verlasse Euch allzu-
bald; aber ich darf nicht länger zögern, ich
mnss zu denjenigen, die vor mir hinübergegan-
gen. Ade, Adolf von Ravenstein, mein treuer
Freund in aller Noth. Ade, edler Bannerträger
Romont, der Du meinen Herrn jederzeit be-
schiimt. Ade, Engelbert von Nassau, gleich-
DyGoogle
319
falls mein Freund in so mancher heissen Scblacht.
Ade, Prinz von Oranien , Fiennes, Chimay, Be-
veren , Grulthuisen , ihr Alle vom Yliesse , lebt
ewig wohl. Ade, mütterliche Freundin und
Schwester Margarethe von York. Ade, Ihr
Frauen, treue Beschützerinnen meiner Kinder!"
Und nun raffte sie ihre letzten Kräfte zusam-
menini Blick auf ihr Land, und lispelte krank-
haft und zitternd: „Ade, meine Herrschaft von
Burgund und ihr alle meine Provinzen der Nie-
derlande, und da, edle Stadt Brügge, die noch
einmal mich in deinem Schoosse empfangen.
Ich gehe wohl allzuzeitlich von euch; aber wi-
der den Tod giebt es kein Mittel; ich fiihle,
mein Stündlein nahet!" Da sank sie mit dem
Haapte zurück, und die Augen begannen zu
brechen.
Nunmehr Hess der Bischof ein paar grosse
Kerzen anzünden, an deren einer ein grosser
goldener Gnadenpfennig hing. Maria schlug noch
einmal die Augen auf, wiederholte ihren Ab-
schied, und bat alle die Herren um Yerzei-
hnog für das Leid, welches sie dem Einen oder
Andern vielleicht in ihren „kindischen Tagen"
zugefügt haben möchte.' Sie rang daranf län-
gere Zeit stark and heftig mit den Qualen der
Auflösung, rief den Beistand des Bischofs apd
der Heiligen an, und verschied endlich mit
fironunem Ruf zu Gott und seinem Sohne. „Es
war ein unheilbringender Tod für alle Lande,*^
.,gniod.,GoOglc
setzt einer der Chroniatea tiefbewegt hinzu.
Der Tag, an dem er stattgefnaden, war der
27. März 1482').
Die Edlen hielten nnn Rath, wie dem Prin-
zen die niederRchlagende Nachricht am leichie-
*) Qaiüard (p. 805) eatnirft am Schhuse leiner Iho-
graphüchen Sldice folgrade Cluurakteriadk voa Marien,
welche viel Wahre«, aber uich manche« Unrichdgaafgefaiite
und Spielende enthSlti
„Cette vie n courte avoit itt agiKe de« plni -rio-
lentea traverae«. Son enfanc« üit tri«ta, la JeuaesH mal~
heqrenie. Cependant le lort lemblint depid« qvelque temp«
■'dtre laaaj de la pen&mter. Son manage protpävit, te«
Bujet« avoleat enfia renda justice k «ei vertoa, lea Gantois
avoient fatei de la rävolte k Yadontlea. Ui adaiiroient
arec enthonaiasme cette donceur affable et giniceiua, su-
pjriaore anz ontrafei et ä la vengeance, qui n'avoit jamais
■ü qoe pardooner on r^compenaer; cette tendreue pour »es
peuplei, la premi^re qnalitj dea loiiTendiis; cet attachement
k toni Ml ddvoin de S^le, d'BpoQBe, da M^, d'Ämie,
de SooTeraine; cet amoor de l'Ordre et de la Jaitice, cette
patieoce dana le malhenr; cette modesde dana la prospecit^
tonte« ce« Tertne paiaible« et tonchante«, qu! la rendirent
plus aimable qne cäibre. Bn effpt, Harie n'affecta paint
oe« qualitJB ^atantes, m^liea de verta et de vice, qai ont
ilevi an rang de« pliu gra^^s hommea les SemicamU, le«
Z^obie«, lea laabellei, les Bliaabeth, etc. Ou ne la vit
point k la täte de «es ann^a : eile avoit affäire h un Ci/-
nu — dit Pierre Matthieu — et eile n'iloit powt une
l%Mtyri(. Elle n'enleTa point k «on man le« r^nes da
gouTeraement. Elle Im partagea Molement, an grand
aranlage de rAichidnc mäne, et de «e« titata. Blle D'ent
qne le« vertu de «Dil lex«; na!« eile lea est tonte«, c«
DyGoogle
stea beinbcingen sei, and sie kamea überein,
unmerklich um darauf hinKa^hien. Sie äbet-
liessen die Leiche den Frauen, welche sie wu-
schen nad mit kjostbaren Essenzen besprengten,
and gingen in die Kammer Maximilians, wel-
cher mittlerweile ebenfalls zwiachea Tod und
Leben geschwebt. Die Frage, wie es mit der
Kranken stehe, beantworteten sie mit einem
},Wobl!" Er ahnete das Geschehene und brach
von iVeoem in grenzenlosen Jammer ans : „Ver-
maledeiter Tod, was habe ich Dir gethan, dass
Da mein schönes, junges Weib so froh mir ge-
nommen, das liebste, das tbeaarste Franenbild,
das meine Aogea jemals gesehen? O Maria,
geliebte, treae Moria, meine Uoffnang, meine
Wonne , wo ist nun die Freundschaft geblieben,
die so inniglich war zwischen uns Beiden? O
meine Kinder, nun seid ihr Beide zwei arme
Waisen I Wo soll ich noo femer Trost her-
nehmen 1 Ich will hingehen nnd mich auch ent-
leiben, damit ich jenem süssen Wesen znr Seite
begraben werde. Wahrlich, nie hat ein Ritter
bitterern Gram erduldet, ; wie ich ; Gott sei's
geklagt!" Die vier Herren, itavensteia, Nas-
sau, Romont und Beveren, trösteten den Prin-
zen mit all' den Gründen, welche in einem
n'Moit point Dn Härot, c'jtoit une femme aimable, uu
•ellemeDt ümie et que Im rdgreta lea pliu ^c^rea i
iMit an tombeto."
I. 21
..gniod., Google
sdeh«n Falle gewöhnlich angeweadet werden,
nnd snchteD seine Sorge von der Geitorbenen
ab und aaf die hülflosen Kinder, anf das lei-
dende Land an richten, dai seine» Annes nun
wider Ludwig und Crerecoenr bedürfe. Max
faiBte sich endlich, venprach, das zerbrochene
Leben der Gemahlin an den Feinden ihrer Staa-
ten feierlich sa rKchen , and begehrte bloB noch
eimnal die Leiche Mariens an sehen, mit den
Worten: „Nie, so lange ich lebe, werde ich
diess tränte Weib vergessen!"
Sie wurde inzwischen sorgMtlg und köst-
lich balsamirt und angekleidet, auf ein Parade-
bett gelegt, und das bestörKte Volk ohne Be-
denken sragelassen. Sie hatte, nach Gewohn-
heit, die Ilande gefaltet; ihre Züge waren wie
die einer Schlammernden. Als Max das schiene
bkiohe AnllitB sah, ans dem so oft das reinste
Qlück der Liebe ihm gelächelt, küggte er zit-
ternd den Terschlossesen Mnnd, den keine harm-
los -mothwilligen Scherze mehr bewegen soll-
ten, und es war> als wolle er noch einmal die
entflohenen Lebensgeister zu einem einzigen
süssen Gmsse, und die entfesselte Seele zn
neuem, innigem Verbände mit der seinigen be-
schwören. Sein Herz wollte ihm fast brechen,
nnd die Klagen strömten mit den Thränen reich-
lich und in die Wette herror.
Die verwittwete Herzogin, welche ihn und
die Verstorbene die ganze Zeit ihres Beisam-
..gniod., Google
323 1
laenieini faindnioh so «ras nnd Bchwestvrlich
geliebt halte, straft* di«89 Uebermua mit sant-
tein Tadel; sie erinBerte ihn an Rücksichten
gegen die omstriiendeu Freunde und an Pflich-
ten fiir das Land. Doch Hess er nochmals den
Ausmf hören: „Waren mir doch Vater nod
Matter, ja alle »eine Vasallen dafür gestor-
ben! denn die dahin nnn geschieden, frar mir
lieber als Alles auf der Weh, und ala selbst
Vater and Matter mir gewesen 1" Maria wnrde
in der Kirche V. L. F. zn .Brügge auf des Feier*
liebste begraben, and eineMenge TodlenAniterj
Traiierlieder nnd Volksgebete drQckten die Ge-
fühle der Hinterbliebenen und die Sorgbit ffir
das Heil ihrer Seele ans *).
Maximilian hielt Wort; er vergass sein gan-
zes Leben hindurch niemals die tugendhafte
und liebenswürdige Maria, das Weib seines
Herzens und seiner Jagend. Noch in spftten
Jahren erweckte die Erinnerung an sie Ihm
ThrSnen and Sehnsucht nach dem verlornen
Liebensglück. Kr fand es in dem Arme keiner
andern Fraa wieder; seine Zärtlichkeit ging
Tetdoppelt auf die hinterlassenen Kinder über,
von denen Philipp der Mutter and des Vaters
Schönheit und Ritterlichkeit, Margarethe aber
beider Aelteni Verstand and Geist, wie eine
') Ueb«r di« Gedidite auf Maria'i Tod, über äi4 Grab-
«cliriflai, Bloßen n. ■■ w. verg). dk Bdlagea.
21'
..gniod., Google
33A -^~
ForUetzoDg des Wesena Beider, geerbt za ha-
ben Bcfaienea. Mit Maiiens Tode begann für
die Niederlande eine Reihe der verworrensten
Schicksale anzubrechen, oder vielmehr diejeni-
gen, deren Knäal schon bei ihrem ersten Anf-
treten gewanden lag, entwickelten lieh nnn-
mehr in rascher Folge, and nur die lange Ver-
waltung der klngbn und starkmüthigen Marg»-
tethe beschwor noch einmal in einer nüunrei-
chen Zwischenperiode die Geister der Zwie-
tracht iind des Bürgerkrieges unter den ver-
schiedenen Provinzen, welche die Nator zu den
gesegnetsten geschaffen hat, während ihre Ge-
sefaichte die allerunglücklichste ist.
:.Googlc
Dritter Abschnitt.
Die Rechtsgeschichte Burgunds
und der Niederlande unter der
Regierung Maria's.
A, Die Verwaltung von Burguad unter dem
Haute Vaioig bit zum Uehergange der
Gr((/ieht^ an Frankreich.
Mßie Rechtaverhältnisse nad Rechtsanstalten der
firuhern, rSmiscbeo nad fränklBchen, Perioden
in Burj^nd zu entwickeln and za beschreiben,
liegt ausserhalb anserer Aufgabe, und gehört
theils in die teutsche , theils in die französische
Rechtsgescbichte , worin in neuester Zeit durch
so geniale als gründliche Gelehrte, hervorge-
gangen aus der Mitte unseres Volkes, so ~Vie>
les geleistet worden ist. Nur über die folgen-
den Zeitabschnitte reihen wir somit diesem
niuerm Werke aus den Berichten nnd Auf-
schlüssen der Schriftsteller des Landes eine ge-
drängte Schilderung zam Verständnisse mancher.
.,gniod.,GoOglc
in der politischen Geschichte der Herzogin Ma-
ria angodentefen Punkte nnd BBziehnngen zn
den Stfinden, Behörden und Würdentrttgem,
und zu Groisen nad Gemeinen des eigentlich-
bargnndischen Antheils ihrer HerrBchaft, liier an.
In den frühem Jahrhunderten hatte der geist-
liche Friedensrichter, oder der Offizial von
Besannen, dem Parlamente nnd den kfiniglichen
itichtem zoi Seite, einen wichtigen Einflnss,
nicht nnr auf rein -kirchliche Geschäfte, son-
dern auch auf alle Angelegenheiten des bnrger-
lichen Rechtes, ansgeQbt. In der Folge ward
derselbe jedoch anf rein -persönliche and geist-
liche Fälle, zumal aber anf diejenigen, welche
Verbrechen gegen die Religion und die Kirche
betrafen, beschränkt. Die königlichen Richter
erkannten zwar selbst über Streitigkeiten, wel-
dte auf Benefixien nad Zehnden Bezog hatten,
allein aus keinem wirklichen Rechtatitel. Aneh
nach gefiÜltem Eritenntnisse des weltUehen Ge-
richtes präfte der kirchliche Richter noch ein-
mal nod bestätigte, verwarf oder crmässigle
dasselbe. Erat ia dam Zeilraoiae nach der Ver^
einigsng der Gtitfschaft nit dem französischen
Königrei<^e schritt die weltliche Macht Btreng
gegen diese Anmaassnng der geistlichen ein and
untersagte durch PatlamenldescUüsse allen
Laien die Unterwerfung unter das Ansehen des
Oßiziids von Besan^on.
Was die Oericbtdliarkeit der Laien betraf,
.,gniod.,GoOgK
327 - —
so halte schon der Eingang in d«n burgnndi-
schen Gesetzen die Richter dieser Nation, von
welcher die nachmalige Gra&ehaft gleiches Na-
mens, wie das grosse Königreich, einen Be-
standtheil gebildet, näher bezeichnet. £a wa-
ren die Optimates, die Comites Consiliarü, Da- '
mestlci et Majores Domns, Cancellarii, et tarn
Burgandiones qnam Romani Civitatum aat Pa-
goram Comites, vel Jadices depntati. Somit
war ein Theil der Richter vom König« , der an-
dere von der Nation nnmitlelbar gewählt; und
sie bestanden theils ans den Vornehmsten der^
selben, theils ans den grossen GiiterbesitEern,
Avelcb« die Anführer des Heerbannes waren.
Sie hatten das Recht, den j&hrlichen Volksver-
Sammlungen, den AssembUes gin^rales, beizu-
wohnen, wo die Fragen über Krieg nnd Frie-
den, aber die neuen Gesetze nnd die Regiemag
des Landes entschieden wurden. Zu Ende bei-
nahe jedes Jahres aber bildeten sie Piovinzial-
und Communal-Versammlungen, nm gemeinsam
mit dem Grafen die sogenannten Procis de con-
seqaence abznthon. Sie hiesseo, wie bekannt:
Lendes oder Barons, nnd die VerBtunmlnngen
selbst: Malberge, Malstätten, was mit Plaids
und Parlement zusammen triffi.
Nachdem die gewöhnlichen Sitzungen dieses
Parlaments nach und nach eingegangen, und
die Wörde der Grafen and Herzoge angefangen,
»blich zn werden, eigneten sich die Barone
.,gniod.,GoOglc
1
328
die Rechtspflege auf eigene Rechnung zn, die
sie frfiher blos im Namen des Staates geübt,
und sie verbanden diesefbeB, als 90 ipso ihnen
zustehend, mit ihren Bürgen nnd Gütern; selbst
der niedere Adel riss sie ebenfalls an sich;
doch gab er dem hohem irgend ein Zeichen,
dass er sie al; delegirt von dem hähern übe,
und er schmückte bald mit diesem, bald mit
jenem scheinbaren Titel sich ans. Die gewöhn-
lichen Edlen standen somit unter den Baronen,
die Barone nnter den Grafen and Herzogen, and
die letztern selbst wiederum unter dem Sonrerän.
Dieses Institut brachte in der Rechtsverwal-
tung einen neuen Gebrauch in Kraä^ Der Herr
des Lehens wurde der Richter seiner Vasallen,
nicht als ob er ein Recht besessen, für sich
allein über sie zu erkennen, sondern er that
es gemeinsam mit ihren Pairs, d. h. der Ver-
sammlung der übrigen Vasallen, welche von ihm
abhingen. Wurde er in Streitigkeiten mit ihnen
verwickelt, so brachte er sie vor den Baittij
Ton dem man an seinen Obern sich berufen
konnte. Von daher schrieb sich der Ursprung
der Attiien, welche nachmals durch die ganze
Grafschaft Burgnnd in den Äemtern der alten
Baronien das Recht verwaltet.
Anfänglich sassen die Grnndherren in Per-
son zu Gericht; nachmals vertrauten sie die
Ausübung der Rechtspflege in allen Dingen,
welche nur leichte Summen, persönliche HSn-
.,gniod.,GoOglc
1k
del und wenig bedeutende Irrnngen betrafen, und
ebenso anch die Instivction von gröasem denen
von ihren Beamten «n, welche in der Regel mft
Einnahme der Gefälle auf ihren Gütern beauf-
tragt waren; diese hiesaen Pr&vot» (Praepotid)
oder Maires, Meyer (Villici). Auch diese Bich-
terämter gingen eiblich auf die Familien über,
und der Ertrag derselben verschmolz mit ihren
sonstigen Einkünften. So entstanden die nie-
dera Gerichtsbarkeiten. Die Herren, mitKrie-
' gen Busw&rts beschäftigt, übertrugen später die
Sorge des zu Gerichte-Sitzens oftmals Indivi-
duen aus dieser Beamtenclasse, welche je nach
dem ersten oder zweiten Grade der Instanz,
in der sie erkennen dürften, im Bargundischen
die Titel Chiüelams oder Baälif» hatten.
Die Grafen, deren Amt zu Ende der Karo-
linger-Zeit einging, hatten ihren Aufenthalt -
fiir Bnrgnnd der Eine za Besannen, die Andern
aber in den vier Cantonen Varasque, Port,
Scodingue und Amous. Sie wurden nachmals
dnrch UntergrtifeH oder Vicomtet (Vice-Domini)
ersetzt, welche sfimmtlich von dem einen noch
gebliebenen Grafen abhingen. Auch ihre Würde
ward erblich. Der Vicomte von Besannen be-
kannte sich zum Vasallen desErzbist^ofs, wel-
cher des heiligen römischen Beiches Fürst ge-
worden; die übrigen vier aber trugen ihre Wür-
den von der Erbgraftchafi Boigund zu Lehen,
and nannten sich von den Oiten, wo sie ge-
;,GoogIc
330
wohnlich die Gerechtigkeit aaiübten, nämlieh:
von DöIe, Salin«, Veiool nnd Baanie.
In der ganzen Provinz gab es also Beamte,
bekannt nntet dem Titel: Preröts, jeder la
seinem Gebiete mit Einnahme der Gefölle und
mit Bewahrung der Domänen beauftragt, wo er
zugleich die niedere Gerichtiharkeit ausühte.
Ueberdiesa war ihnen eine allgemeine Gerichti-
harkeit übet die Erzeagniste des Bodeni anver-
traut. Dicht nur in den Herrschaften der DomSne,
sondern anoh in andern Gebieten ihrer Districte.
Der Graf heslallle ebenfalls Richter, welche
die hohe nnd mittlere Jutic in jeder seiner
Herrschaften bildeten, onter dem Titel ron
Kastellanen; die Anfiücht über die Forste trog
ein anderer Beamter, der On^er.
SSmmtlicbe Prevots waren der Oheranbicht
des SinSehal nnterworfen, welcher an der Spitze
der Beamten des fnrstlichen Hauses stand nnd der
Verwalter seiner Güter war. Dieser versam-
nelte die bewaffnete Macht und befehligte sie
unter Oberaufuhrung des Connetable. Die S£-
nichansa^e der Grafschaft Borgund wurde erb-
lieh im Hause Rans; von diesem kam sie auf
das Ton R^ey, nnd endlich auf die Familie
Vergy.
Der erste Beamte des freigrBflichen Hauses
führte den Titel eines Connetable; seine Ver-
riehtnngen waren sehr wichtig nnd darum nicht
erbU<^. Als es keine festrefidirenden Grafen
DyGoogle
331
mehr gab, bSrte ihr Titel anf; doch daaerteD
die Senesehalle oder ihre Verrichtangeo seibat
in der Wurde eines Marichnlls von Burgund,
dea Obetbefehlshabers sämmtlicher Trappen,
noch lort. Nach der Yereiitlgniig Bnrgnnds mit
Oesterteieh ward anch dieser neae Titel mit
dem eines Gourerneors vettaascht.
Nach den Bestimmungen des Leheorechts
erkannten die Grafen über Streitigkeiten ihrer
Vasallen in den Plaids oder in den Baronever-
sammlungen; in diejenigen, welche sieh anf
den Gebieten der Edlen begaben, mischten sie
sieb nicht. Vor der Mitte des dreizehnten Jabr-
handerts finden sich keine Baillis vor *). Sie
naren nachmals die ordentlichen Richter In den
Doraanialgebiet«) nnd über die Unlerthanen des
Fürsten. £dle, Priester und auch Unterthanen
der Herren, welche Beschwerden über diese
Letstern aDzabringen hatten, konnten damit
sich an sie wenden. Der Gener albailli oder
GroBSVoigt der Giafschaft fährte daher anch
den Titel: Gardien (vielleicht Eins mit dem
flämischen Ruwaard oder BtAwart).
Bis zn den Zeiten Philipps des Kühnen hatte
es nnr einen üozigen Ballll vea Bnrgnnd ge«
geben; dieser Fürst emamite Jedoch deren stwei,
') Hoe de Poligni nar der ente BaiUi G^d^bI An
Comtä de Bourgogne. Dwnod glaobt, daM du Amt ia
Folge der VenrachiäBiigaDg des Soueschallatea, durch die
FuBiUe Bigwg, snfgekoimneu sei.
..gniod., Google
davon einer von Amont, der mdere von Aval
tÜMs; Philipp der Gate fngte noch einen drit-
ten hinza, welcher von Döle den Titel erhielt.
Die Bailli'a wurden gewöhnlich ans der
Mitte des hohen Adels genommen. Anfänglich
entschieden sie die Proaeaae allein, and hielten
ihre Assisen in verschiedenen Haaptorten ihrer
Gerichtsbarkeit abwechselnd. Allein die Ver-
vieliältigung der Gesetze, prozednrea snd Ge-
sefa&fte setzte sie in die Nothwendi^eit, Stell-
vertreter zn wShlen, welche gemeinschaftlich mit
ihnen oder in ihrem Namen die vorkommenden
FSlte behandeln mnssten; ja später ward ihnen
diese Collegialität sogar zur Pflicht gemacht. In
der Wahl der Personen seihst zn solchen Iien~
tenantsstellen waren sie durch gewisse Vor^
Hohriften und Rücksichten sehr beschränkt.
Die residirenden Grafen hatten keine andern
Conseils, als ihre Gronbeamte nnd StahtrS^er
(Grands Officiers et Batons). Die Register der
Beohnnngskammer beweisen dagegen, dass die
gemeinsiunen HersSge und die Grafen von Bnr-
gnnd aas der späten Periode vier verschiedene
Conseils errichtet: ein engeres oder den Staats-
ratb, einei^ grossen Rath, einen Kriegsrath
und ein Finanzconseil. Der Erstere war aus
blos sechs Personen zasammengesetzt, welche
ans dem Adel, dem Priester- und Advocaten-
Stande hergenommen wurden. Er hielt seine
Sitzangen im Palaste des Herzogs und beglei-
., Google
335
tefe ihn fiberall. Die Zahl d«r Mitglieder des
grosien Rathes war DDbestimmt; die FSrsteii
beriefen dazu Edle, Priester nnd Rechtsgelehrte,
nach freier Wahl. Die Beqnetenmeister, die Pa-
lastbeamte und die GeheimschreUier hatten vet-
möge ihres Amtes das Recht, demselben beiXH-
wohnen. Der Sitz dieser BehSrde war D^on. Der
Hersog eröfihete ihre Verhandlangen in der Regel
selbst; in seiner Abwesenheit der Kanzler, oder
der Präsident. Die Justiz gehörte mit in Seine
Abtheiinng. Im Kriegsrathe sassen:' der Kanzler,
der erste Kammeriierr, der Marschall von Bnr-
gnnd, der Admiral, der Grossmeister, dei Mar-
schall von Lost, der Marschall der Quartiere,
der Grossmeister der Artillerie, der Wappen-
k5nig des goldenen Yliesses, einige ari'abrene
und kenntnissreiche F.dle, die der Herzog selbst
wählte, and zwei Gebeinischreiber, welche die
Berathnngen leiteten und die Protokolle abfaas-
ten. Ihr Versanunlnngssaal war in der Woh-
nung des GrosskSmmerers. Alle Beschlüsse wur-
den dem Herzoge jederzeit erst vorgelegt.
Der Finanzrath hatte ebenfalls gleich dem
grossen Rathe zu Dijon seinen Aufenthalt, Die
Mitglieder waren: der Maitre de la Chambre
aux Deniers, die Tr^soriers des Finances,
der IUcereur-G£n£ra], der Tr^sorier des Gaerres,
der l'Argentier nnd der Audiencier *).
*) Wir geben Uer üe altan tigenthümlielieii Nbbmi.
..gniod., Google
3S4
Der grosse RBtb entschied alle JostissacbeD,
in denen Berafang an die Plaids, die Jonn ge-
niraax oder die Parlamente stattfand. Diese
Pailamente worden voin Herzoge abwechselnd
in dem einen and dem andern Bnrgnnd eröffiiet.
Die Wahl des Ortes hing zwar von der Be-
quemlichkeit des letztern ab; doch war in der
Regel Döle der Sitz für die Grafschaft, Banme
ßr das Herzogthum, St. Laurent fär das Land
Oatre-Saonne (im Jahre 1237 mit dem Hetzog-
thnme vereinigt).
Die Parlamente, als eine Fortsetzung der
alten Plaids •Gin^nx, genossen sowohl durch
den Umstand, dass der Fürst in Person, oder
später durch seinen Kanzler"), ihnen vorsass,
und durch ihr Alterthum, wie durch die Wich-
tigkeit der abgehandelten Materien und die
Wahl der Personen, ans denen sie gebildet
waren, grosses Ansehen im Luide.
In der Folge haben sich zwischen den Ge-
Bcbicbtscbreibern mannigfache Zwiste vitm den
Umfang der Befagnisse der Parlament« erho-
ben, je nachdem dienstbeflissener Eifer oder
Freibeitsgefühl den Eingriffen der Macht in die
Rechtsverhältnisse alterer Zeit viel oder wenig
zuzuwenden oder zn entziehen bemüht war.
Auch Ist das Parlament za Döle mit der Cham-
') Wai oDter Philipp dem Guten, KmI dem KQbneo
imd Maria der Fall war.
DyGoogle
335
bre de Conaeil des Fürsten bisweilen verwech-
selt worden. Wie anch französische Historio-
graphen der spStern Zeit, ans leieht erklär-
lidien Granden, es in Abrede gestellt, so gebt
doch ans Urkanden and Zeitbüchern klar her-
vor, dass die Farlamento weteniUche Vorrechte
genossen nnd constitutionnelle Beschränkungen
der Macht der Herzöge in mehrem Zweigen
der ^^etzgebang nnd Staatsverwaltang geltend
machten *).
Das Parlament zn Ddle im Jahre 1451 stellte
seohszehn Artikel fest, welche die Gebräuche
fär die Freigrafsehaft enthalten, nnd künftig bei '
Entscheidung der Processe als Noimea gelten
sollten. Die Stände jedoch verlangten, dass
die Gebräuche des Landes in der Regel darch
BflTollmäehtigte und nach Torangegangsner Prü-
fung verlßcirt werden sollten. Der Herzog wil-
') Goliuf, von Dunod beitritten. giebt daraber fol-
genden Aufichlusai ,^a premiire inititvtioii d'aaüette, w-
nir^ du Parlement de Frsncbe Comt£ choisie k Däle, eat
due HU bon Duc Philippe, leqad en Flandre but le Conseil
PrivÄ mia ä Mslines en 1455, et ea Bourgogne le Parle-
ment de Ddle en 1423, et liü doniut toutei lea pmteiinces
^ la. SouTeraioetä, mAne d'Bvia» Bor le« conititatioiu da
Prince, ponr les homologuei, pablier et mirseoir, dispenMr
contre le« Bdits, babiliter, proroger 1« tempB, donner reUi-
tulion en eaüei , et enfin Commander ce quo le Prince com-
manderoit; sanf ponr lea deniera publica, legitimation de*
bfttarda, graeea pour dAit« et dfirogadoD k la coutume
gäidrale.
:.Googlc
ligte, bei forfgeietztem Widerstände, in diese
Fodemng, nnd die UnterHocfanng mnsBte künf-
tig düTcb sechs seiner Rfithe ans allen Ständen
vorgenommen werden; von diesen Rfittiea wor-
den drei dnrch den Herzog selbst ernannt, die
übrigen drei dnrch die Stände. Die Bevoll-
mächtigten traten zusammen und arbeiteten eine
Art Gesetzbuch aus, bestehend aus dem Coü-
tome en dix-neuf titres. Eh erhielt die ^j^eh-
raignng des Fürsten durch die Lettres Patentes
vom 28. Christmonat 1469. Alle andere Bran-
che waren ansgeschlossen ; in Fällen, welche
die neunzehn Artikel nicht vorgesehen, ent-
schied das ritmische Recht. Dieses Gesetzbuch
mit den offenen Briefen Philipps des Gnten
wurde au das Parlament nacli Döle gesandt,
und von den drei BaiUi's der Provinz in allen
Hauptorten öffentlich verkündigt.
]VIit ziemlicher Gewissheit kann angenommen
weiden, dass das Parlament der Freigrafschaft
zu Däle erst unter der Regierung Karls des
Kühnen seinen bleibenden Sitz in jener Stadt
genommen *).
Als nun dieser Fürst gestorben , und die fran-
zösische Heereimacht in die beiden Bnrgnnds
*) Orhel, Mitglied dieser Behörde, ÜuäXt darüber
AüBEÜge BUS Briefen nad Acten dei Herzoge mit; Dunod
nill gie jedoch nicht al> echkgeodeu Beweia für jene Be-
hanpbing gelten laaseo.
DyGoogJe
337
eingebrochen wai, gab König Ludwig XI. eben-
falls Lettres-Patentes berans, dea Inhalts: ^ie
Principaleo der drei StSnde dieser Provinzen
hätten ihn ersacht, in dem Herzogthame Bdf-
gand einen obersten Gerichtshof (Conr sonve-
raine) anzuordnen und einzusetzen, weichet
Gerichtthef det Parlament» geaannt werden
sollte, bestehend ans einem Präsidenten, zwölf
Käthen und andern Beamten, in der gleichen
Zahl, wie weiland das Parlament zu Banne.
Dieser Gerichtshof sollte auch die Grandi'Jaura
du Ducke betitelt werden können, und dessel-
ben Ansehens geniessen, wie das Parlament za
Paris, von welchem diese Grands-Jours einst
abgehangen. Ebenso sei er, der König, gebe-
ten worden, die Parlamente zu D6le und St,
Laurent für die Grafschaften Bnrgnnd , Au^onne
und die andern Gebiete Ton Ontre-Söne auf-
recht zu erhalten, als diejenigen, welche von
Alters her die obersten GerichtshSfe darin ge-
bildet, and den Umfang der herkömmlichea
Rechte derselben zu bestätigen. Er, der König,
setze nun im Herzogthame eine Coor et-Jaria-
diction souveraine ein, unter dem aasschliess-
lichen Namen eines Parlaments, welches an
die Stelle und in die Bechte der frühem Granda-
Jours treten sollte ; das gleiche YerbUltniss
werde auch künftig mit den Parlamenten zu
Döle und St. Laurent ataltfioden, d. h, ihre
I. 22
..gniod., Google
älterthamliobe Bmtlminntig aiü* dfltuidtMa «r-
haltflü bleiben*)."
Der König Änderte jedoch bald leiben Enl-
ichluBS, nachdem er ron der UndidgUchkeit
-itcfa Bbetzeagt, dais diese Parlaniente, in Folge
der Uitmhen in beiden Burgnndi, tich vfirden
erhalten können, and er fQhrtfl dafür gleich im
nKehsten Mai eioe Chambte de ConteU zb Dijott
ein, welche die Rechtsh&ndel iti den beiden
nrbviflzöni kfinftfg idlein za sAhlfchten befi^
«ein sollte. Nachdem fer der Volkabewegong
und de» Waffen wiederum Meiater geworden,
atellU er im Angnai gleichirofal die angeho-
benen Parlamente wiedmr her, nm in der Volks-
meinnag nicht allräsehr anznatossen, und er
beaaftragte den BiHchbf von Albf , Ludwig d'Am-
bolH (Bradel- des Hem von Cfawmont), seiaen
Statthalter iA But^nd, mit yoUriehung d«
neoea LeHreS- patentes, die <dar6ber erlassen
trovdm waren.
Dijm Uieb abrigMiS der Süls der Ptarlattente
de* Henogthams, und der Ressorts ven St. Lan-
rent und Stilins für d4« Gnftehaft. Diesi^lMi
BeamleB waren VMi Al>ei4]e!iig«n biü Osterft
und von Oslftl« bis Unser Lieben Fiaa im
Antust ta Salim in Wirksamkeit.
Üer grou« Bath ^m grand Conseil) erhtblt
■> Lettraa Patente! i. i. 18. Hu* 1477 (Dmm«,
596-SW).
:.Googlc
seiae HbnptaBabildoDg oaler Phüipp dem 6ateii.
Er amfaaMB alle DeparteneBte der HtaaUrtr-
w^tnng, die JiuBtiz, ^a PolizAi, die Finanzen,
diB Fragen über Krieg Bad Feieden , die KJoterr
haadlun^n mit den framden Mächten, die Ad-
miFalilfit ^d Marine, and äa» dubemiam der
TenehiedaDea Pioriiuen. Er war der nniver-
sdle, dev Hof-, Collstenil- and Staalsratb.
Die GesohSüte, welck« ihn zur EnUclieidung
Tsrgslegt wurden, biessva die groiten Materie».
Karl der Kübne erhob ihn mta obenten
Parlanwatehnf (Sonreraina Cour de ParlemeiU),
ned verlegte leiaen Sitz nach Medteln (1473).
£r gab ssines Yerric^a^eo nwib grössete
AiudEihnitag; «ad sehlng aiub alle die bishai
ausgudilsiuDsn Gegesstfinde der Jnatizverwal-
tnag das«, in der Absicht, ihn auf diese Weise
in gleiche Lii^e und dem Parlamente von Paris
gegenüber zu stellen. Sein Anflehen und seine
GesclAfite waren dieselben. Allun gleichwie
da« Parlament . von Paris aad das Ministerion
Mwei von einander sehr Terschiedeue Autorir
lAlen bildeten, also bestand aaeh in Bürgend
wfthrend Karls des Kühnen Herrschaft ein he-
dembuider Unterschied zwischen der Macht dfW
grosaee Raths tob ehemals, und darjenigen,
welche die wichtigem Staatsgeschä&e und 4i0
grandes matiäres wirkUch behandelte. Dexj^er-
zog entschied — WBfi bei .KjBJ^eqi ba^ewtev
Charakter zum voram ucb ervvt^n lies« r~
22"
..gniod., Google
340
Aber Krieg und Frieden, ohoe mertt die Ent-
würfe dazu nach Mechelo sa schicken *).
Mit dem Tode Karis des Kühnen borte das
nene Parlament anf; denn die Henogln Marm
berief alsbald die Abgeordneten ans sSmmt-
licfaen zahlreichen Provinzen ein, und die Ge-
necalversammlang za Gent, welche im Februar
des Jahres 1476 eröffnet warde, trachtete ^e
Staattbedürfnisse, von einem doppelten Stand-
pnnkte, dem des Gesammtlandes und dem der
einseinen Provinzen ausgehend, zu berathen und
Am ergangenen Bescbwerdeu abzuhelfen.
Fast einmüthig beschloss man eine Adresse
an die Fürstin des Inhalts: „Dass das fraglicbe,
nenerrichtetfl Parlament wieder aufgehoben, ond
jeder Provinz eine eigene Reebunngikammer —
statt der bisherigen gemeinsamen — zurückge-
geben werden möchte.** Dieser Bitte war bei-
gefügt: „Es aei billig und nothwendig, dasa
Jede der verschiedenen Landschaften nach ihrer
EigenthQmllchkeit nnd Natnr dnrch Eingebome,
nicht durch Fremdlinge (wie unter der frühem
Regierung allerdings bis zum Uebermaass der
Fall gewesen) verwaltet, auch jede im Genosse
ihrer alten Fr«iheiten , Privilegien , Keuren
ond GebrKnche unverknmmert gelassen werden
möchte."
*) BU dahin sind: Dwtod de Chanrngt, OoUut und.
^e Hülokre du Parlntent da D^on die Hauptc|aelleii
d[«ter rechtihiitorifcbeii Uebnrncht.
.,gniod.,GoOglc
—^ 341
Durch eiDe Acte vom 11, dei nSnlichen Mo-
natt Tcrwilligte Marin die Begehren der Stände
in folgflndea Audrückea; „Qne les Coniitoires
dn Parlement et antres pnis B'agnerea mis ans
ä Malines cesseroient et d6s-lä en arant Beroient
aniantiB k perpetnit6, et demeoieroient deati-
taez, Sans poavoir jamaU en tems futnrs plua
^figer semblablM JadieatnreB: qae tontei le«
Canses, qni itoient attraites par Evocation an
dit Parlement et j pendoient eneore ind^ciaea,
teroieDt renvoyia avec tons les Actes et Eacri-
tnres y appartenans, vers les Lienx, Loix et
Jages^ desqnels icelies estoient ^Toqnis, ponr y
£tre procid^ avant en icelies, comme il con-
vlendroit seien Droit et Contnoies."
Mittelst einer zweiten Acte von demselben
Tage erhielten die geistlichen Stände und Glie-
der von Flandern auch noch die nachstehenden
VeigQnstignngen von Seiten der Jnngfrnn von
Bnrgnnd: „Qne tous les Proois pendant an
Parlement it Malioes et tonchant les Pals de
Flandres, et Habitans d'icelny, ensemble les
Procis renroyez & la Chambre dn Tresor, et
des G^niranx illec aerojent renvoyez k la
Chambre de Conseil ordinaire en Flandres, en
tel itat qo'ils aeroient, ponr 6tte jngez et ter-
minez en Icelle Chamhre, comme il appiqrtien-
droit. Qa'elle remettroit la Chambre des Com-
ptes riaidant li Malinet ponr autant qu'il ton-
choit le Pals et Comt6 de Flandres, et ce qui
..gniod., Google
3t3
y appartjent, ensflinblB to» let Bigistrei, Chai-
tres, UvTM, Comptes et sotrca enieignemens
•j repoaBns ceaoernaD» le di^ PiAs, et fakoit le
tont Tenir i lAtle, «vl aültnrs en Flmdrca, oä
eUe le tr«av«r«it bon et Iny plMniit;'*
So gingen denn alle jnridisehen SehSpfnn^n
KrtIs des Kofanen für immer eis, und daaPai^
lament hSrte nieht mr fSrmlich anf, sonderm
keiaie Mitglieder zerstrenten mA saash in der
That. Bas St^bteksal HngenetB «od ladrtncanirts
und des Aaditora Gros ist bokannti F«nf d«
^»£■'71 Bistihof Ttm Darnik, «Of Hioh nach Itai-
li«n ZDiti^, -no er nariimidB Cardinal wurde
und im Jahre 1483 za Rom star^. Mehrere
andere Rätbe traten in die Dt«nste KöMig I^nd-
^gs XI. y wekbier ein neaes Parlarasttt in 4eni
Tan ihm eraibenm Heraog;thnnie BM^^nd nM-
%etzte tind Leonard d« Pottes ntm entMi BrK-
«Menten davon bestellte. Wilhd« von it«ehe-
t^rt wnT<dein'iderFolg«}faB^r'ro«FnihkTeii^;
Thomas d* PltiiAes^ Herr so Maigny , dagegen
Iftfarfe in die Dienste Maxin^liani znrüdc (11492),
nitdhte« er eine Zelt lang das -Ant eiaes «wei-
ten -Pritsidenten beim Parlamente m Biyra -he-
Icleidet. Von den gviidicben SGt^edern dei
-anfgelöBton PailaniMrts von Mecbeln widmeten
-sidi drei so ganx den Intereffsen der -fi-anaöu-
'wfaen Krone, dais «io die reichen Aisthnmer
'Poitlere , Antm und Anxenw «m fteic ihrer
Ajistrengungen «rhielHn.
DyGoogle
343
Die bürgerlichen Mitglieder (les Gens du
Pays) sachten nach der Zerstreuung andete
Steilen im Land« auf. Jetm de la Bonrerin in
Brvbant; Philipp Wieland (a)v Schnftettdler
aatfgeieichnet) in Flaaderit, als Kanzlsr der
Giafichaft (1483); Panl de Baenst, Herr «d,
Vormizelle, aber wurde znn Präsidenten dex
CouB^ils deraelban ernannt *),
*) „ExpoiltloD lüitcriq^a et jurjdiqne des Pririlig«*
de b Protiaee de Flindrci et des Prärogatirea da Coa-
ml ^OTindal pur lea Prändmit et Gens du la^e CoiumI
<te B. U. rimpentrice-RaDe (M&rie TbiiHB), ComteaM
de FlondreB eta. ordonad en Fluidres, contre les Prtaident
et Gent da grand Consell de Sa Majestä k Maline«." Gand
1753: in fol. Eine bAt wichtige Staatiichrift, all Mana-
•eript gedruckt, and Terfaut bei Gelegenheit ichwerer
IrraDgen fib«r die CkimpetenigegeiMSiide swiscfaeo beiden
ateUen. Man findet darin aodi die foUitio^gaten und
giA[idlidut«a ÄDfacfalQue aber ZuaMmnenaeteung, Befug-
■ioae and Verrichtungen des ProTinnalconHÖIi nui nikond-^
lieben Docamraiten and Chroniken geaohöpft. In demielben
Faicik'el (anf der köni^. Bibliothek Im Haag) , welche«
dieaelbe enthält, finden rieb auch die ,^etti dei Privil^gef,
Ltttfot«, Fia«ebUei, DroUa, htif, J^e^rea, ,b«Baes Cou-
«tuoes et U»age», dout lea Beorgpw'trca et Bcheviu dn.
P&ya et tenoir dn Franoq, Noble«, Nid<d>les et gäadrale-
meot toua lea habitana d'icehiy paja ont joajr et paä da
dnut a bon et leal titre, Muba les prwiiwa Co|Dtv et
Comteaaet de Flandre, lea S)ici de Botirgoigpe de l|t ftbu-
■OD de Fcaoce, lea Pftoce» de la niuMfa d'Autcicfae k con-
men«« de L'Bmpereiv SfaxiiiüUai), ig^v de SStrji* i»
BowgoigHt noiQie Juiiitij^ in O^c Cfaule dp Boni-
.,gniod.,GoOglc
344
B. Die BeeittverhäÜniite «o» Brabant, unter
der Regierung Marient '),
Das Herzogtbma Brabant hatte yon den Be-
herrschern in mehrern frühern Perioden, znmal
aber von Jan II. , den Herzögen ans den Häa-
aem Laxembnrg and Sachsen, sehr bedentenda
Privilegien and Gerechtsame erhalten, welche
joigne, confiim jes de PhSippe le Bei, de l'Emperenr Cbarle
le Quint et de tauti ses illustres deecendans, jiuqn'k Chaile
■econd Roy de« Eipagnea, Comte de Flandre, de floriente
memoire, Leqnel, animä du m^me esprit de «ea predece*-
sears pour le bien de aes lujets, y peraeiera jaaqu'ä et
aprei lon dernier Boupir, ce qui pftroit par la teneur de
um testament et dermere volonte en [Bcommandant & lon
■Qcceueur de faire olwerrer lea Loii, Privileges et Coa~
gtnmei, ce qoe le Roi Philippe V k present reguant a bica
voula nitifiei, ea faisuit ierment de les obaeirer, le jour
de soB inauguratiaii le 19 de Mara 170ä." fol. Dieae
SanmluDg entbilt nelirere nichtige Stücke, von deuen die
Originale Terioren gegangen, und welche anderwärta nir-
gendwo gedruckt aniutrefTen siod. Sie befindet sioli anf
der kSni^. Bibliothek im Haag.
*) „EI liMtre jp la Gloria dd Dueado de Brebanle,
demofdado por la Hiatoria Genealoglca de lUi Principee
SoberoDOi 7 enriqnezido con el teioro de loi Privilegioi,
Ordonnaims y Reglamentoi jnridico«, politicoi, y econo''
iDicoa de la tUIb de Bniwela*.** fol. Dem KSdge -von
Spaniea zagetigaet. E^e höchst nichtige und sdtene
Sammlnng und die Hanptqnelle des öffentlichen Kecbta f9r
die ProTinzeD, die das Henogithom Brabant gebildet. Vergl,
damit Btaitiu Tiophtes d« Siabut. Belgia Sacra.
..gniod., Google
345
aaeh von den bargandiichea Behemchem '
gtossentheilB bestätigt wordea. Mit Karls det
KnhneD abaolutistischem Walten waren übrigens
aach die BiabSnter höcbst unzufrieden geweseai
desto mehr beeilten sie sieb , naehdem die An-
gelegenheit wegen des Parlaments, der Rech-
nnngskammer und des obersten Gerichtshofes
beendigt worden, von Marien, der neuen Be-
herrscherin, nnd ihrem Gemahl und Mitregen-
ten MaximüiaH ebenfalls die Beschwerung der
Torhandenen, nnd die Ertbeilang der noch fer-
ner gewünschten Freiheiten zn erhalten.
Es ist schon im Verlaufe der Biographie Ma-
rions selbst der verschiedenea Reisen in den
grössern Slfidten des Herzogthums Meldung ge-
schehen, welche der Prinz theils allein, theils
gemeinsam mit seiner Gemahlin unternommen.
Am 5. December 1477 ging die Hanptfeieriich-
keit vor sichi und Max beschwor zu Löwen auf
das Evangelium die Blyde Incomptie im Namen
geiner Hau^rau, auch bestätigte er sümmtliche
von dieser sowohl als ihren Vorfahren gege-
benen Urkunden und Freibriefe. Es entband
der Erzherzog in dem Haoptinstrumente die
gemeinsamen Untertbanen ihres Eides der Treue
anf den Fall, dass entweder er oder einer sei-
ner Nachkommen jemals wider diese Briefe
etwas Verlragbrächiges unternehmen würden.
Weil sich jedoch in der Joyense Entrie Ma-
rieni allerlei Gebrechen nnd streitige Pnnkte
..gniod!, Google
346
yerfattden, welclw eiaer weitern Aml^anfr odet
Verbeaaeiang bedmfleD, so gab Maximilian im
JSnner des Jahraa 1476 «ine sogenannle Provi-
sion, des Hanpfinhalti :
1) der Umstand, dass, den Privilegien gemlisSi,
die Landstände bq Antwerpen noch nieht
versammelt worden, solle diesen Privilegim
8eU>st keinerlei Sefaadea bringen;
2) der Ratfa von Brf^ant solle sich künftig
dnrchans innerhalb des fiä'eises seiner Be-
fugnisse bewegen, und nieht in diejenigen
der Stfidte sich «nmiBchen;
3) die Reqoetennieister sollen den Staaten von
Brabant den Eid der Treae für genane Be-
wahraag der Landesfreiheiten ablegen;
4) der berzoglicfae Rath solle keiner Dinge nivk
nnterwinden, wdiche anf die Beebtspfleg«
in den Städten sieh beziehen, .sAm im Weg«
der Refbtmation, sowie waa jw Heizogen-
bosch, zaThienen nnd in Streitsacben zwi-
schen Beasiten des Herzogs ond den Par-
teien xa Terfligen beliebt hätte;
6) die Bechtsbank xn Eersele nnd die Bem-
fatkg der DStfes Bercbeycke, Westerboven,
R^ove nnd Domele, in Zwisten mit Kass-
ier nnd Bntb von Brabant, blieben £ortet-
halten, wie w«iland asu IL»XQg KwJs Zeit;
ti) dos Maridxecbt in den t^entchiiedeneii Sitäd-
Cen, weUies von Kanter 'Und Kath bii-
inÜMi — <wit «• mhsi— n woUe — g«at8tt
..gniod., Google
347
worden) loUe für fremd« kowohl als «in- -
k^nuu^ KnuQeute in aeinsr gEuu«n alten
Freiheit und in ^er ganzen Gestalt, wie toi^
dem, gegen Erlegung der gaaetstUcben Zölle,
fortbestehea ;
7) Kanflente, welche in Herzogenbosch den Zoll
bezahlt bfitten, sollten an Molle und ElBvaer
keinen feinem mehr zu entrichten haben;
8) die Zölle zu Antwerpen, Rypermonde nnd
Tonrnehoad sollten nicht erhäht werden
düEfen ;
9) die Giiterfnbren von Brüssel und andern
Stttdten, welebe ihren Weg bei Antwerpen
vorbei nnd nach Bnrgen, und von da zoriick-
nSlunen, tollten durch die Seeowisobe Zoll-
stätte bei Ysikeroet furder keine Beein-
trächtigung mehr erleiden, nnd dem jüngst
erlassenen Nantizationedict gemäss, den
Kanfleaten die über Gebühr al^enoRmieneQ
PfMinige snd Pf&nder zarückgestelh wwden ;
10) alles zu münzende Gold nnd Silber solle
tutagert werden;
11) alle Beamteten im I^uide taUten den Sehwar
auf die Piirilegien leisten;
12) die Herren Angnatn van 4en Boobenen,
Ritter JTaa van Greeseo, Meyer der ^tadt
' Löwen, nnd Hendrik Reamale, welch«, den
Landeapiivilegäea zuwider, sn Lüttich be-
■ehwert wordan, sollten ihtvt Uagebühr
.,gniod.,GoOglc
34S
13) TOD i«n Besehverden der Einwohner vod
Eenele fiber di« ko ihrem Nacbtheilo un-
terhalten« Jagd dagelbst aolle Rechenschaft
gegeben werden;
14) kein Drostaert (Drost) BoUe sein Amt an-
treten dürfen, ehe er nicht xavor die Lan-
dsHTerfatsung beschworen;
15) die Eingeseasenen von Antwerpen und an-
dere Bürger der Markgrafschaft sollten ihrer
Frohnden nnd Liefernngen an den Herzog
von Jülich entlassen werden;
16) TOD verkanften Gütern werde zn Herzogen-
bosch künftig kein andres Schiffgeld mehr
entrichtet, als die Privilegien zulassen;
17) alle brabantischen Angelegenheiten würden
in Zakunft blos durch den Rath roa Bra-
bant eatschieden;
18) die Siegelrechte nnd Scbreibergebühren
erhielten darch die Staaten nnd den Kanz-
ler von Brabant künftig eine regelmässige
Taxation ;
19) alle Rathsstellen, deren Schöpfung mit dem
Geist der Landesprivilegien im Widersprä-
che stehen, würden aufgehoben;
20) keine Finanzkammer habe mit Erledigung
von Rechtssachen im Lande Brabant sich
mehr zu befassen;
21) der Rechtsstreit, welcher zwischen dem
grossen Ratbe und verschiedenen Kanfleo-
ten der Stadt Lyon über die im Heno^an'-
DyGoogle
gehen dieaen Letzten abgenommenen Waa-
reo noch immer obschwebe, solle seine end-
liche Erledigung erhalten, nnd zwar im In-
teresse des Sffenlllchen Credits des Landes;
22) der Herzog trage dafür Sorge, dass die
Brabänter hinsichtlich der KanfiDaannsgüter
unangefochten bleiben, welche weiland vom
Herzoge Karl entwälirt worden;
33) die Befugnisse der Förster, Hnndebalter,
Otternjager n. s. w. würden geregelt;
24) der vor der Stadtbebürde zu Brüssel oh-
schwebende Process des ehemaligen Artil-
leriemeisters Orlande de Moqostan solle vor
den grossen Bath des Herzogs gebracht,
nnd der Yollzog des Spruches ssinec Zeit
den Aebten von Villan, Dilegem und An-
dern ubertrageD werden;
25) die Wahlen in den Abteien und Prälatnren
sollten durchaus frei und ungehindert sein.
Der Best betraf noch geistliche Pfründen im
Hersogthnme, worüber Max nnd Maria der
brab&ntiBchen Pr&latnr volle Berahigang vei^
hiessen.
Die alten Qetehlechter zn Briiflael waren in
Folge ilirer schlechten Wirthsehaft nnd ihrer
Unternehmungen gegen die Freiheiten der Bür-
ger nm ihren firühem Einflnss nnd endlich auch
am ihre Stellen gekommen; die Gemeinen oder
die sogenannten Nationen hielten die meisten
denelben besetzt, und Maria hatte darüber am
DyGoogle
4. Janttw t477 ein« baMtStigende Urknnda ans-
gestellt. Da jene die Voriiebs des Erzfaerzogs
fDr den Adel kannten, so vrendetan aie gegen
das Jahr 1480 ihr MSglichuei an , um dia ent-
rinenen Vorrechta wieder an eriialten; aia stell-
ten ibm mit vielerlei Grüadan und Sophismen
▼or, wie di« Nationen gmsaenlheils die Urheber
der meisten Meoiereien nnd dorch B«tmg in den
Besiti dar Stadtragiernng gekommen seien, nod
dass ihr Uebergewicfat dia Rechte des Soave-
rttna, wie ihre eigenen, beeinfrfichti^: 80 dran-
gen sie denn in der That endlich durch; Max
▼ernichtet« den Brief seiner Gemahlin und er-
nenerta die alten Ordonnanzen des Herzogs
Wenzeslaoa i/om Jahre 1375 nnd die Znsatz-
■rtikel de« Bnwaerta tob Bubaat, PfaiUpp von
St. Pol, vom Jahre 1430. Uehar das Ganze
kam demaaeh etee Aeta mit falgandeD Bestün-
mnngan heriuia:
1) die Wahl der 8oh5S«i an Bräaael soll« Ehr-
lich, am St. Johanoisafaead, «rnsoect WMdw*
3) dia GeaeUeditar «eilten mal dem BtadthasM
eine Liste von Personen ans ihrer Uittn,
Ba«h ebenem Gntdnnken, xa entwerfen be-
reehtigt sein, «nd diesalhe dem Erzharwg
oder dasaen Bevrilmä*^ igten übei^jwben^
welche fBr jede« Gsichlet^ einen SefaöS«
basteUcn wärdem^
3) aa dem glräihen Tage solle andi aa^eidh
&r die Gaadilechter «te gwaainnchwftliffhBr
DyGoogle
351
Obcrbürgenneister ernannt werdea; wie in
frühem Zeiten;
4} ebenso h&tten die Natiooea ein Verzeichniss
Ton achtzehn Personen ans ihrn* Mitte zu
äbermachen, damit ein Bürgermeister und
drei Schöffen daraus bestellt werdenkünnten;
5) die sechs Rathsmänner sollten mit einander
abwechseln ;
6) um Schöffe zn BrÜBsel werden za können,
sei hinfüro dnrchans nothwelidfg, dass man
Bürger der Stadt, in der Ammanei ange-
sessen sei und znm mindesten eine Jafar-
rente von 50 Golden geniesse;
7) dieselbe Bedingting sei an die Stelle des
Bürgen» eis (ers nnd der ScfaölFen der Na-
tionen geknüpft;
8) beim Absterben eines Scbüffen solle alsbald
ZOT nenen Wahl in gesetzlicher Form ge-
schritten werden;
9) ffie SdiÖffen and Reatmeister sollten alle
zwei Jahre itßle iteiea nod emettert werden;
10) die Rentmeister oder Terwaltra der Stadt-
einkünfie, deren Zahl auf sechs festgesetzt
werde, sollen ans den sechs ersten Notablen,
drei ans den OescUechtern, nnd drei ans
den Nationen genommen werden;
11) beim Absterben des Einen oder Andern
werde, wie bei den Schöffen, alsbald zn
neuer Wahl geschritten;
12) die Deien und die vier Achten der Qe-
.,gniod.,GoOglc
352
tekleeiter HtUen ani den Schöffen nnd dem
GesammtkÖiper derselben, nnd jene der
Nationen ans den zwei Bürgermeistern und
andern Personen der Letztern, welche im
Amte ständen, sowie ans dem Gesammtkor-
per ebenderselben gewählt werden. Alle
Jahre sollen auf beiden Seilen zwei Achten
austreten, ond die übrigen nicht länger als
zwei Jabre bleiben ; eben so solle za Ende
jedes Jahres einer der Deken austreten;
13) vier Personen ans den Geschlechtern nnd
vier ans den \ationen sollen die acht Frie-
densrichter, gewählt aus den Schöffen, den
Bürgermeistern und andern \otabIea bilden;
14) um die Parteilichkeit bei den Wahlen in
der Art za verhindern, wie sie vor Zeiten
in Brüssel sich knnd gegeben, sollen die
austretenden Magistrate eine Liste von No-
tablen übergeben , welche ihren Eid auf die
Landesverfassung besonders geschworen;
15) zu Obermomboirs sollen bestellt werden
die abgehenden Bürgermeister und die er-
sten Schöffen der Geschlechter, wie der
Nationen, mit den zwei vorgehenden Bür-
germeistern und einem der Schöffen für
das erste Jahr;
16) zu Momboirs (Pflegern, KastvSgten) der
Gotteshäuser würden einerseits die sieben
Schöffen der Geschlechter, und andrerseits
die zwei Bürgermeister, drei Schöffen der
DyGoogle
Nationen und die Dekeo der C^dea etnannt.
Ihre AmtBTerrichtang solle aof zwei iahte
sich beachränken, jedes Jahr in Gegenwart
zweier Wethoaders der Geechlechter, eini-
ger andern ans der Mitte der Nationen, so-
wie zweier Rentmeisler and einiger Becfa-
nnngsräthe (Yisiteerder van de Rekenin-
gfaen); endlich
17) die Bewachung der Porten und Thnrnie
der Stadt solle unter die Magistrats personea
beider Theile nach einem billigen Verhält'
nisse Tertheilt werden.
Di« Klagen über unbefugte Einmischnng des
Kanzlers und des Rathes von Brabant in Sachen
der Rechtspflege nnd Verwaltang, welche, der
LandeSTerfassang und den Privilegien gemäss,
vor die Magistrate der Commuaen gebort, dauer-
ten inzwischen noch längere Zeit fort, und der
Hof wnrde mit bittern Vorwürfen. so lange be-
stnnnt, bis auch diese endlich dnrch eine neue
Acte (datirtMecfaeln, tun Ostern 1480) beseitigt
wurden.
Die firüssler, nicht zoErieden, mit dem Ton
Maximilian and Maria erhaltenen Plaoaert Sber
die Art der Emeaemng der Behörden, begehr-
ten ein noch festeres Reglement, und es ward
endlich im April 14S1 formlich gegeben. Die
Bestimmangen des Frühem erhielten grüssere Er-
läuterung im Einzelnen, die Terschiedenen ein-
tretenden FttUe nähere Bezeicluiang, and die Ge-
I. 23
..gniod., Google
ietsg«bBiig, Adminiitration , öffentliche Sidier-
lisitspoUzdi, iowie auch die SitteDpollzel nnd
di« Kleidertraoht, die Stadtvertbeidigung, die
Strafen, die Verbannangen und viele andere
Paukte mehr und mehr mit besonderer Genaoig-
keit Erörterung ond Erledigang. Ihre Verglei-
ehang gewfthrt ein anziehendes Gem&lde vom
Treiben der Parteien und ¥on der Richtung des
öffentlichen Geistes.
Aafrflhrisehe Scenen, die noch im Jalure 1461
EU Brüssel stattgefanden , nnd durch welche
nicht nnr verschiedene Personen schwere Krän-
kangen an ihrer Ehre , sondern auch bedeuten-
den Verlast an ihren 6ntem erlitten, veran-
lassten, in Folge erhobener Klagen, eine strenge
Untersuchung, welche der Generalstatthalter
Mariena, Adolf von Cleve, anordnete, und end-
lich ein Injurien- und Sicherheits- Mandat, wo-
durch man tbeils haftige Reactionen in der Ge-
genwart XU verhüten, theils auch gewaltsamen
Ausbrüchen des Parteigeistes in der Zuknnft
vorbeugen wollte. Trotz dieser Vorkehrungen
und trotz aller Sorgfalt der Magistrate für Auf-
rechthaltung der Privilegien, und trotz aller
billigen Zugeständnisse des Hofes und seiner
feierlichen Erkl&rangen im günstigsten Sinne
für die Verfassung des Landes , war es doch —
wie ein älterer Berichterstatter sich ausdriickt —
all ob man eüt^en Möhren gevaicien hätte. Es
kam xa netten onangenebman BeiührungeB swi-
DyGoogle
355
sehen den Ständen ond der Re^erung, dtnn
Entere sahen in jeder LehensBasseriing der
Letzt«:» einen anagedachten Plan su Vemieh-
tnng der Freiheit. Somit ntossten nene Untere
handlangen gepflogen und nene Vergleiehe ge-
lehlossen werden. Diees geaebah noch im De-
cember des Jahres 1461. Die Verhftltnisae nri*
sehen Kanzler nnd Bath tod Brabant einerseits,
nnd den Bürgermeistern, Wethonders, SehSffen,
Decanen, AmmKonern, Ambachten «. s. w. ait-
drerseiu wnrden nochnaU ger^elt, nnd aneh
die minatidsesten Punkte dabei nidit aoaset
Acht gelassen.
C. Die Bechtnerhältnitte von Flandern v>äh'
rend der Begierung Marien» *),
Das öffiantliehe Recht der Grafschaft Flas-
dern bestand von den Ufestea Zeiten bis znr
*) Die Hanptqo^e fflr diesen Abscbnitt üt daa nich-
tige WerL: „Verzameling tbh XXV origioeele Cbsiten,
PriTilegien en Keoren van de Provincie vaD VlaenÜeren
Tan de XHI, XIV, XV en XVI Benw, zoo in de Arcliie-
*en Tan bet Land Tan Waes, ala tei Greffie tui d'Heeren
Schepenen, ea in de Archieren der Stad BeHd banutende,
door t berel en op kost Tan de Staeten der leive Pro-
tinde gednikt in de Jaeren 1787 en 1788." Gend. fol.
Ke Samminng ward zur Zeit, als die Unmhen In Flandern
wider KSnig Joseph II. BUBznbrechen begannen, anf BefeU
der Staaten TcranitalteL Nadiden man nimUeh luge nnd
23*
..gniod., Google
356
Periode der Maria aas aebt Frieäegien, Chartera
and Keuren. Die erste Uckuade stellte der Graf
Thomas von Saroyen und die Gi&fin Johanna
von ConstaDtino{iel im Junios 134t ans, und
zwar in lateinischer Sprache. Diese Keure de
Waes bestätigte Dachmals Herzog Philipp der
Gate von Burgund, als Graf von, Flandern, za
Byssel, im März 1453, nod zwar in französi-
scher Sprache; ond im Jahre 1531, König
Karl V., welcher den HauptschÖffen der Graf-
schaft die schriftliche Wcisnng der Procetse
gestattete.
Die fernem Urkanden sind die Charter,
darch König Philipp den Schönen von Frank-
vielfiuh von verletztca Iitindeipri*ile^eii vod Rechten g«-
•prodMn, lachte man dietelbca ent in den Archiven lu-
nauDCn; denn der ^rÖMt« Tb«i war im Luide selbit, Vor-
■tehnen nnd Niedern, ODbekinDt. Der also Euiuiuiieage-
itoppelte Codex juris publici muMt« all Unterlage der He-
clamationen vrider das System dei Kidsen dienen, doch
-worden nur wenige Exemplare gedruckt und als Manuscript
■n die Behirden versandt. Der Bachdmdter (Beioard
Poelmann) log jeda«h eiüge mdir ab, äe als groue Sel-
teabeit verkauft nnd theoer bezahlt worden, lodeiieu fehlt
aodi diesen der Titel ond die Inhaltsuizeige, und du auf
der kSnigl. Bibliothek im Haag befindliche gehört xa den
paar wenigen completten. Dieses letztere Bxemplar, ans
der Verl>sBenicha.ft des Bibliographen Qtrari angekauft,
hat viele nichtige handschriftliche Noten , Verbeaserangeii
vbA BrUUiterangen. Auch enthält es die oben mitgethdUen
■iotisen Qber die Bntatehnng und ScUcksala der Sammlnof .
..gniod., Google
357
reich im Jahie 1295 (von Paris buk), ond zwar
in Folge bitterer Beschwerden der Fläminger
über unleidliche Lasten nnd Bedräckungen, ans-
gesteUt; der Friedens- nnd Yersöhnangsvertrag
zwischen dem Grafen von Flandern, Ludwig
van Maele, nnd den Gemeinden des Landes,
welcher zu Mecbeln am 1. December 1379 ge-
schlossen worden; (ebenderselbe ist nach einer
berichtigtem Abschrift noch einmal abgedruckt);
die Punkte und Ansncben der Schöffen von Gent
und der Abgeordneten von Brügge, Ypern und
des Landes der Freien an Herzog Jobana den
Unerschrockenen von Burgund, nebst den dar-
auf ertheiltea Antworten, vom 21. April 1405;
die Ordonnanz und Antwort desselben Fürsten,
unmittelbar vor seiner Abreise nach Frankreich
(Rfssel, den 28. Jnlius 1417) in französischer
Sprache; die Charte Philipps des Guten, aus-
gestellt den 9. Angust 1423 vor seinem Einsag
in Burgand.
\anmebr tritt in dem Codex Maria in die
Reihe, nnd zwar mit sechs Urkunden, davon
fünf auf sie selbst, nnd die letzte auf ihren
Gemahl Maximilian komme
sogenannte Pr»viiie und du
ttellt an alle ihre Lande
(Gent den 11. Sporkelemon
ben, nach einer Varianten A
3) die Privilegien, Freikeitt
lervanzen , zugestanden zum
DyGoogle
35g
de* der Freien (G«iit den 11. Spark«lftinonat
1476); 4 nnd b) die Briefe der &tUffe% «»»
Gtent und Brügge, wodurch si« %u dem zwi-
achen der Herzogin and dem Erzherxg^ einer-
seits und den schweiaerischen Eidgenoaseo
andrerseits eingegangenen Frieden ihre Zu-
Stimmung ertheilten (vom April 1478), tämmt-
lich in flämischer Sprache; 6) endlich der wich-
tige Friedensvertrag von Arra* (33. December
1482) iwischen König Ludwig XI., dem Ers-
herzöge, und den südlichen und nördlichen
Provinzen der Niederlande, in franaSsiscber
Sprache.
Allein noch finden sich in den Plaoaerten-
bfiehem, Arohiren und Protokollen der flandri-
schen StSdte viele andere GeseUe, tbeils all-
gemeinen, theils besondem Inhalts, Wir wer-
den Otts bemöhen, eine Uebersicht der Anstren-
gangen zn geben, welche von den Sl&nden der
Grafschaft, den drei bedeutenden Städten und
dem Lande der Freien während der fUnf Jahre
von Mari^B* Regierung mr Anshildnng und
Erweiterung der bereits beaeatenen Privilegieo
gewagt, nnd die Zngvständnisae und Acte, wel<
eh« von der Fürstin und deren Gemahl den
Flamändera während «tteaea Zeitmums ertheilt
worden sind *).
*) Hierin riad nniere HauptfÜIireri „Btaueoari rfa
N««rtt>«M« JurbMfctD ru den Ltiria van den Vryeii, m-
..gniod., Google
359
Noch im FebrnaT des Jahres 1476, ab Ma-
ria gerade lu Geat sich aafhieU, drangen die rom
Lande derJFreie» auf Bestätigung ihret Schöffen-
anttalt, and die Herzogin stellte eine Acte aus,
welche die von ihren Vorfahren gegebenen Pri-
Tilegien beitätigte. Die Zahl dei Schaffen
.ward anf gechs und zwanzig featgegetzt *).
Am 30. März desgelben Jahres empfing die
Stadt Brügge ihre Briefe, Keoren und Freihei-
ten in mehrern einzelnen Punkten ansehnlieh
Tennebxt oder zum Vortheil der Bürger ab-
geändert **). Gegen Ende des Jahrea fanden
jedoch neue Unterhandlangen, besonders von
Seilen der Freien, statt, welche sie seit ISngerec
Zeit, von den StSdtem immer durchkreuzt, für
das Recht der MitstandschaüE angeknüpft hatT
ten; die Genter undBrügger, welche ilüce Fr«i-
dert zyn eerste Beginzelen tot en iMt den Iwet« 1764."
Tot Bmgge 1785. 8. IL Deel. „CmtU iMiboeken d«
Stadt Brügge." — Vermischte Materialien in cleii vmA
melirfach angsFOhrten flÜniiachen Chroniken: „Wonitrl^ekt
Oorloghttt*' und „Exallatlt Ckronijcke tan VUuKieren."
Ueber die Organisation der Städteverfaiaungea und rer-
ichiedenen Inititate derselben, Itt welche eiozeln wir Uer
nicht eingehen können, Tergl. die trefffidie Sclrift Toa
RkMftati: „\at Communea de la Elandr&" S.
*) Diese Acte iit im Brflgger- Stadt- Arcbir aod zwar
im sogenannten Rw)den-Botk nüt Nr. HL foL SO. ver-
ceiehnet.
") PmnpUtt»-Bo*k Nr. VI. foL 219.
..gniod., Google
heit 80 werth hielten nod fast in jedem Jahre
Alles dafür in Aufruhr und Flammen setzten,
konnten sich nicht dasn entschliessen , sie anch
an Andern zu ehren, und ihr stolz-ochlokrati-
Bcher Geist unterdrückte mannigfach die wohi-
beg;riindeteB Ansprüche einer zahlreichen Classe
der flämischen BevälkemDg. Endlich ward dem
Lande der Freien gleichwohl für seine Beharr-
lichkeit der Sieg. Maria erkannte es feierlich
als viertes Glied der Provinz, mit Sitz nnd
Stimme hei allen Berathnngen üher gemeinsame
Angelegenheiten nnd Bedürfnisse derselben, an.
Ein „ewig danerndes Privilegium" hezeichnele
den Umfang seiner Rechte *).
Diese Ewigkeit danerte jedoch nnr vrenige
Monate; schon vor Ostern 1477 war das Re-
präsentationsrecht der Freien wiederum dnrch
sogenannte Brieven van Abalitie, in Folge ge-
waltsamer Zndringtichkeit der Stände , vernich-
tet worden, and man findet den Namen der er-
stem neben den drei Leden van Viaenderen blos
anhangsweise beim Ausschreiben einer Steuer
angeführt, zu deren Abführang sie, unter An-
drohung von Zwangsmaasregeln , aufgefodert
werden *').
In den ersten Tagen des Mai war der be-
rüchtigte Aufruhr zn Gent ausgebrochen, wel-
') PampUrm-BoA Nr. VI. fol. 287
") BMitn-BtA-^t. IV. fcl. 1Ö4.
..gniod., Google
361
eher deo Tfirtiaaten RSthen Maiia'B, wie bereits
erzählt worden ist, das Leben kostete. Dieselbe
Partei, welche das blutige Schanspiel aufge-
führt, hatte anch das Collegium der Freien für
aufgehoben erklärt, und an dessen Stelle zwei
Bürgermeister und Tier Schöffen gesetzt, wel-
che jahrlich ernenert werden sollten. Das Pri-
Tileginm der vierten Gliedschaft blieb vernich-
tet, und blieb es bis zum Jahre 1485, um wel-
che Zeit eine günstigere Wendung der Dinge
eintrat *).
Bei Aolass der Vermählung Mariens nothig-
ten die Stände von Flandern der Fürstin eine
Provüioa und verschiedene Gesetze ab, die
sowohl auf die öffentliche Sicherheit, als auf
die Landesbewaffnung sich bezogen. Bald dar-
auf, im September (1477), erschienen zu Brügge
Bevollmächtigte des Herzogs und seiner Gemah-
lin, in der Person des Abtes van den Duinen,
des Herrn von Gruithuisen, Philipps von Store
und des Wouters van der Grachten. Sie nahmen,
am St. Gillistage, eine neue Wahl von Schöffen
vor, deren nunmehr dreizehn bestellt wurden.
Der Erzherzog beschwur auch alle Verord-
nungen und Privilegien Karls des Kühnen. Dar-
auf wurden die Weten zu Brügge mehrfach ge-
ändert. Die Freien erhohen über die Milstände,
*) tUgitlen van de Kamtr van it» Lmti* vtm it»
Cfjr« fdl. J.
:.Googlc
welche aie so gewaltumi and illiberal TerärKitgt
halten^ bittere Klagen, fodeiten die Bestäti-
gung des Zostaadea der letzten sieben Jahte,
wfthrend welcher ihre Verhältnisse bedeutend
veibessert worden waren, sowie das entrissene
' Privilegium Maria'i ziuück. Eine flämische
Chronik wagt die Behauptung: die Freilaeten
hätten die bereits vom Hofe beschwomen Ge-
setze ZQ cotrumpiren ge sacht. Sie federten
jedoch nur ihr gutes, Terfassungsmässiges Recht.
Maximilian gab jetzt eine nene Erklämng
von sich, mit einem neuen Formulare des bis-
herigen SchKfiTeneides. Die Gesetze der Vryn*
laeten sollten fortan auf die Grundlage der
neuen Privilegien geregelt werden; alle Beru-
fungen auf bestimmte Weise and mit jedes Ein-
seinen Namen versehen, vor sich gehen; die
Schöffen aus den drei Abtbeilangen der OiU
/reien, Nordjreiea und Wei(freien eTamint vim~
den. Mehrere Herren aus der Mitte des Lau-
des zeigten sich damit anzufrieden; endlich
wurde gleichwohl ein Bettand erwirkt und öffent-
lich ausgemfen. Man feierte diese Gesetzre-
fonn durch einen allgemeinen Bittgang.
Am meisten machte dem Hofe die ßegnli-
rung des Münzieeieni *) zn schaffen, welches
unter der Regierung Karls in gräuliche Ver-
*) Vm(1. di» darüber erichienea
den Bdlagen.
DyGoogle
363
nirroog gerüthea war, and dem Credit dei. Lan-
des nicht geringen Nachtheil brachte. Aao^
das Sleaersystem sn Slays ward einer gröad-'
liehen Verbesserimg unterworfen , nnd den
irgerlichen Wacherbriefen Dachdrücklich Ein-
halt gethan. Die Sluyser aetsten diesen Refor-
mea einen sehr hartnäckigen Widerstand ent-
gegen, sachten die Brügger mit ins Interesse
zu ziehen nnd ihres Beistandes sich zu ver-
sichern. Der hohe Rath Ton Flandern Tersnebte
indessen zu allseitiger Zuitiedenheit nüttelnd
einzDSchreiten.
Die Klagen über den Münxfoss danerten
jedoch unnDterbrocben fort; man trachtete von
Seiten der Begiemng den Werth der Scfaeido-
laünze zu erhöben, nnd steigerte den Werth
der Philipps- nnd Karls -Pfennige von 4 auf
44-* und sp&ter sogar auf ö: ein Unternehmen,
das zwar die Verlegenheit des Augenblicks in
etwas minderte, aber für Handel nnd Credit
eben nicht die günstigsten Wirkungen hatte.
Diese Experimente mit dem Mfioxfosse liefer-
ten auch in der Folge noch unter Maxens Vor-
mund scbaftlicher Regierung fär seinen Sohn
Philipp einen reichen Stoff von Beschweidra
und An&tänden , welche besonders Herr Engel-
breoht von Nassau mit so grosser Energie m
dSmpfeo wuMte.
Nicht minder heftig waren die Kligen über
die unrerbttltnissmasaigQ Seiuldenlaat wcmüt
..gniod., Google
364
die flandrischen Stftdte, zumal aber Brügge,
sich beacbwert glaubten. Sie mehrte sich ia
Folge der vielen Anstalten znr Landesverthei-
dignng, nnd besonders der Aasbesserang der
Vesten nnd Borgen, und der Anlegung neuer
Schnliwefaren gegen UeberKlle der Franzosen.
Die FlSminger zeigten sich anch hier als ein
flonderbarea Volk: sie foderten von Marien und
Maximilian kräftige Maasregeln gegen Ludwig,
aber es sollten dieselben ohne Geldopfer be-
werkstelligt werden.
Nichtsdestoweniger Hess man eine Abgabe
von 100 Pfennigen auf das Gesanuntvemtögen
jedes Bürgers sich gefallen. Anch in dem wich-
tigen Industriezweige der Bierbrauereien wur-
den neue Anordnungen getroffen. Die betheiligte
Zunft erhob darüber einen entsetzlichen L&rm;
es kam zu Aufständen, wie in Marions Ge-
schichte bereits erzählt worden ist, nnd die
Brngger, Genter, Yprer und Sluyser bildeten
eine Art regelmässiger Opposition, welche zahl-
reiche Verhaftungen und Verbannungen zur
Folge hatte. Bald äusserte sieb der Parteigeist
nnnüttelbar gegen den Hof, bald mittelbar ge-
gen die eingesetzten Behörden. Dieses Beispiel
wirkte selbst auf die Brabanter, und als Maria
gerade einst zu Brüssel Hof hielt, entstand in
der Nacht ein so furchtbarer Tumult, dass die
Herzogt, geschreckt, ihr Lager verliess, und
kaum mit dem Nöthigsten bedeckt, von dem
DyGoogle
3C5
Fenster des Palastes heraus FersÖhnende Worte
zur wildtobenden Menge heranterreden mosste.
Eine allgemeine Yeräammlung der flandri-
schen Stände zu Gent, im Jahre 1478 gehalten^
beschäftigte sich mit den Mitteln, die Öffentlichen
Bedürfnisse auf so schonüche Weise als mög-
lich für die Interessen der Gemeinden zu he-
streiten. Eine erhöhte Auflage auf das Bier ge-
hörte zu den dabei angenommenen ; anch diess-
mal erhob sich von Seiten mehrerer Zünfte ge-
waltiger Widerspruch, jedoch ohne Erfolg.
In den Yerhällnissen der Freien waren in-
zwischen ebenfalls einige Neuerungen vorgegan-
gen. Die Schöffen , Philipps Herr von Mal-
degem, Roeland Herr von Pouckes, Willem
van Grysperre und einige andere aof Lebens-
zeit Gewählte hatten (am 2S. November 1478)
einen güustigen Spruch gegen die nur auf Jah-
resfrist erDBonten Bürgermeister und Schöffen
des Landes der Freien in der zu Brüssel ge-
haltenen grossen Rathsversammlung , und die
Einsetzung in ihr Amt, daraus man sie vertrie-
ben, wieder erhallen. Doch liess man den Par-
teien frei, in kurzen Denkschriften ihren Streit
auf dem Wege Rechtens weiter auszuführen *);
auch waren die Magistratur für Damme und die
Angelegenheiten der Appendant - Laeten schon
einen Monat früher mehr geregelt worden *").
') Sooden-Botk Nr. III. foL 31.
") Ibid. [Ol. 204.
..gniod., Google
In demselben Jahre fand auch eine allge*
meine Versammlung der Freien statt, welcher
Herr Philipp Wieland, derzeit Bärgermeister
der Schöffen, Rath und Requctenmeister, Tor-
sasa. Man trachtete darin, znr grüssem Bern-
faignug des Landes, die ahgedankten Schöffen
dllbin za vermögen, dass sie aller fernem An-
sprüche freiwillig sich begaben, und daa vom
Eraherxoge angenommene System, dem alten
Geiste der Verfassong getreu, zn nnterstfitzen.
Im Weigemngsfalle sollte die Gemeinde die
Sache vor das Colteginm %a fernerer Berathnng
bringen. Die mit zur Versanimlnng berufenen
alten Schöffen behielten sich jedoch vor, dass
ihnen die TheUnahme daran zu keinem Nach-
tbeile gereichen sollte, und bethenerten, dass
sie nicht ihre persönlichen-, sondern des Landes
Interesse verfochten. Es worden demnach in
Folge dieses Umstandes keine allgemeinen Voll-
machten für das Land ausgestellt, da der Ge-
genstand dieses selbst nicht beträfe ; man über-
liess dem Vorsitzer, welcher ja doch der Aus-
leger der Vorrechte nnd Privilegien der Graf-
schaft sei, an den Gesetzen dasjenige zu ändern,
was er dem Vortheile derselben am zuträglich-
sten finden würde ').
•) Pampieren-Beek Nr. VI. foL SS&-S4«.
..gniod., Google
367
D. Die Recklsverhii/lnüte im Nord - Nieder-
lande, zumal in Holland^ Seeland und
Frietland. — Die hlyde Incomst. — Veber
die Privilegien im Allgemeinen.
Die Siteste Inauguration der niederländiBcheil
Beherrscher hiesB die Blyde Inkomst, die In-
(rede, Inhuldiging; sie gingen unter vielen,
meist kriegerischen, Feierlichkeiten vor sich,
and Spiele und Feste der Vornehmen und des
Volkes begleiteten dieselben.
Obgleich mehrere spätere Schriftitellei in
den vereinigten Provinzen zwischen den eigent*
liehen Batavern oder Holländern , und den Ka-
Dinefalern oder Friesen einen Unterschied dar-
zathan gesucht haben, so zeigt sich doch bei den
beiden stammverwandten Völkersohaften eine
und dieselbe Art der Inaaguration. Eine Stelle
in Klaat Kolynt alter Retmehronik spricht be-
zeichnend hierfür. Sie lautet:
Ente in fan te Friesen Scaer
Te Sudermada wolde gangea
Na Kostüme 't Schild ontfangtn.
Spraken zi overlut
Zi ne wilden van em gebrat
Niet sien, nochte em hulden,
Nochte zine dwaiich dulden *).
') VerfL duüber die icbac&iiuiigeii Glaasen voat tan
Tkgt H. de Groot (Reap. Batav.), £e Aiunerk. zu Vclw
..gniod^yGoOglc
I
Mit 4ik' Inaagnration selbst darf jedoch der
erste Einzng der Beherrscber nicht Terweehselt
werden. Zwar fanden dabei ebenfalls rauschende
FtendenbezeiguDgen statt; allein der eigentliche
Schwur- and Huldigongs-Act ging erst später
vor sich. Gewöhnlich ertönten sodann alle
Glocken, und die Schntterei stand in feierlicher
Parade da. Die Person des Tages aber ward
durch die Stadkouder-Poort in den Grafenhof
geführt. Diese Oration oder dieser feierliche
Einzag ward von den benachbarten Brabantern
Blgde Inkemitgenaaat, und mit der Hulde selbst
in Eins zosanunengeschmolzen ; daher auch ihren
Fuadamenialgetetxen der Name: „Biyde Inkomtt,
Laeti Introitut, Jopetuei EntrSet"^ geworden ist.
Yiele hollfindisohe Publicisten nehmen das
Erbrecht ihrer Grafen in den betreffenden Pro-
vinzen in Ansprach, da nach dem Aussterben
der Karolinger das oberherrliche Ansehen des
Kaiserthnms in denselben so gnt als untergegan-
gen sei. Zwar wurde Dirk II. noch tob Otto II.
zum Grafen Ton Holland und Seeland, durch
ein noch vorhandenes Diplom, bestallt; doch
meinen jene Schriftsteller, der Kaiser habe einen
Solöcismus damit begangen, nnd sie verlegen
den Ursprung der holländisch-seenwischen Erb-
Stokt R:ra-Cbroa;k, van Heutdm (Hiat Bpiicop. . Me-
diob.), W. WMioßlMiT. VBD Äver-YsMil, und A- M«-
Ikaei Kami. Bdg. vm.
..gniod., Google
grafschaft bis in die Zeiten Karls des Kahlen
zurück. Andere, von gediegenem Kenntnissen
und kritisch6rin Blicke , haben in gelehrten
historisch-staatsrechtlichen Werken,- nnd ge-
stützt auf Urkunden, die an unterbrochene Ober-
hoheit des römisch - tentschen Reiches übet ihr
Vaterland von den Zeiten seiner Errichtung an,
bis auf Karl Y. darzufhun gesucht, wie beson-
ders Miert'i nnd van Loon, welche MSnner
überhaupt um die Rechtsgeschichte , wie um die
politische der Niederlande bleibendes Verdienst
sich erworben haben.
Nach der Meinnng Ersterer fiel — wenn
man schärfer blickt nnd der Ansicht der Letz-
teren zu folgen sich veranlasst sehen muss —
das Recht der Wahl det Grafen, in Folge des
Aussterbens der alten Erbgrafenlinie, dem Volke
anheiin. Solches halten sie zumal durch das int
Jahre 1351 , znr Zeit G. Wilhelms geschlossene
Bündniss verschiedener Städte bestätigt, da in
dem darüber gefertigten Vertrage die Worte
vorkommen: ,,Ende teuer dat täte dat otu
Heere gebrake londer oir van zyne lyve, dat
God verhoede, $oe kebhen wy gemeenlick gelo^
gheenen Heer t'on^aen, wy eu tauen gemeen-
lick oH^aen."
Nach der Wahl oder nach der Anerkennung
des erblichen Fiirsten wurden die Primlegien,
Gebräuche , Cotlamen , Immunitäten und Fuada-
mentalgetetze entweder vor oder während dem
■ I. ■ . 24
..gniod., Google
370
Acte der Holdignug selbst feiwlioh bekififtigt.
0er Schwur des Fanten eothielt dos Venpre-
chen: dem Lande gute Treae za leisten, dessen
Macht SU erhalten nnd za mehren, die Unter*
thanen zu vertheidigen und strenge Gerechtig-
keit für nnd gegen Alle zu üben. Diess Ver-
sprechen konnte jedoch nicht blos den Ständen
des Landes im Allgemeinen ertheilt, sondern
es musste jeder einzelnen Gemeinde noch be-
sonders gegeben, die Yerfagsnng jeder dersel-
ben besonders sanctionirt, und somit die Hul-
digung in jedem einzelnen Orte gleicbsam wie-
derholt werden.
Darin unterschied sich die VerfasBong der
Niederlande von derjenigen vieler andern ger-
manischen Länder. Als die YerbKltnisse der
Herrscher nnd die Bedürfnisse des Landes noch
einfacher waren, mochte diese strenge Rechts-
gleichheit und diese Achtung toi der Indivi-
dnalität wohl genauer und gewissenhafter beob-
achtet werden kSnnen; nachdem aber die Nie-
derlande unter den Fürsten aus der letzten
burgundischen nnd der neuen österreichischen
Periode in den Kreis grosser Wellbegebenhei-
ten gezogen worden, geschah den Privilegien
und Gerechtsamen der Einzelnen vielfacher Ab-
trag; daher die vielen Klagen über Rechtsver-
letzung und Eidbruch, und die vielen Meute-
reien and Aufstände. Die Revolution im Staats-
rechte dieser Provinzen lag mehr in der veiän-
DyGoogle
371 —
d«rten Lage der Z«it nnd im Zutanimeiidrang«
der BegebenheAen, all in vonetzlicher Will-
kür und im aoBgesprochenmi Hange nach Ab-
ulntiRmuB.
Bei den VerfaBsangen and Freiheiten det
niederländischen ProTinzen mnss man sich übri-
gens Ja kein durchdachtes Recfalssystem, keine
Terbindendfl Grundidee nnd einen Innern Zn-
sammenhang denken. Die meisten entstanden
allmKlig and bei verschiedenen Veruilassangen,
bald in Folge von Verdiensten der einen oder
andern Commone in Kriegen and BSndnissen,
oder in Folge entrichteter Geldsammen nnd
ansserordentlicher Stenerrerwillignngen bei
dringenden Verlegenheiten der Grafen ; nnd
sie flössen so in die bereits erworbene Masse
Gber, bis etwn spater irgend ein CollectirnanM
oder eine gemeinschaftliche Rubrik den Schein
eines einzigen Codex ihr gab. Dieas war
z. B. mit der Sammlung von Bewilligungen,
Gesetzen nnd Verordnangen, im grotaen Pri-
vilegium der Maria von Burgund ffir Holland
nnd Seeland, in den IjemtUrteven van het Bgh
van NymKegen, Over-Beiiaee «nz., für Gel*
dem, und in dem Landbriev van Bitschop Ar^
noud van Hoorn für Utrecht, der Fall. Be-
rühmte Schriftsteller, wie Philipp von Leidm
nnd Andere, beschäftigten sich in sehr gelebr-
ten Tractaten mit der Frage: ob diese enor^
nen Privilegien vor den Naofafolgem Derer, so
24-
DyGoogle
^— 3T2
sie auagestellt, ' widennfen werden konnten
oder nicht? alles Ernstes. Während dieser ge-
lehrten Untersnchung hatte das Schwert oder
der Macchiavellismas bereits dieselbe überflüssig;
gemacht, und die Frage in einem Sinne entschie-
den, dass es der ganzen Anstrengongen meh-
rerer Menschenalter, and aller -geistigen and
materiellen Kräfte der Edelsten nnd Weisesten
bedurfte, nm die alte nnd neue Zeit auf eine
der Bildung wie der Freiheit gleich zuträgliche
Weise mit einander zu versöhnen.
Verständig genug hatten auch eifrige An-
hänger der politischen Freiheit schon frühe den
grossen Nachtheil bemerkt, welcher eben die-
ser Freiheit in Bezug auf das Gemein- Bette
durch übertriebene Begünstigung und Ausstat-
tung der einzelnen Communen erwuchs, nnd sie
tadelten mit Recht sowohl die Provinzialstaaten,
welche durch kein Fund amen (algesetz solchem
Unfage des PriTilegien - Erpressens oder Er-
schleichens gewehrt, als die Räthe, welche
ihren Fürsten die Verleihung nicht ausgeredet.
Es geschah wohl von diesem richtigen Gesichts-
punkte aus, wenn die Friesen iliren Verträgen
mit dem Herzoge von Geldern die Bestimmung
einschalteten : „Dat die Fürst van Gelre die
Steden in Vriesland, van wat party waeren,
gheen privilegien of vryheden solde geren of
verleenen in praejadicie en achterdeel der Land*
schappen en wjken, solx wat bj den Stadhol-
., Google
373
der oft« Berelslayden doer qnade informacie
waer gegeven, solde aül zyn."
Dass die Bestinunangen , welche das grosse
PriTÜeginm der Maria enthielt, dnrchaoa über-
triehen und zum Nachtheile der Krone, sowie
vielleicht dei Consolidirnng der Staatskraft und
zar Befestigung der Grundlagen einet wohlrer-
staDdenen Freiheit selbst gegeben worden, war
noch ror dem sechzehnten Jahrhundert Ansicht
einiger Patrioten, und noch mehr diejenige
der fürstlichen Bathgeber, welche die allzu-
Btarke Beschrfinkung der Macht eben so schmerz-
lich empfanden , als dieser Letztem für anwür-
dig betrachteten. Viele gingen in ihrem ver-
werfenden Urtfaeile noch weiter, and behaupte-
ten: die Nachfolger Mariens seien die Dinge
nicht zn halten schuldig, welche man der min-
deijähiigen fürstlichen Jnngfraa in Tagen der
- Bedrängniss abgezwungen.
Es scheint, dass die letztere Meinung schon
in Philipps des Schönen Cabinete siegreich
ward; denn ungeachtet sein Vater Maximilian,
als Momboir der Mutter und nachmals als sein
Vormund, die beschwornen Verträge gehalten
hatte, 10 fand er selbst, der König nod Erz-
herzog, es nicht för oöthig, bei der Gelegen-
heit, wo er alle Charten seiner Vorgänger und
auch die PrivUegien seines Vaters erneuerte,
ein Gleiches mit deqjenigen der Mutter zn thnn ;
ja das PriTilegiom ist in der oben angezeigten
.,gniod.,GoOglc
374
Beihe tob Charten völlig anigelasaen und
ignorirt, aDgeachtet es an der Spitze oder am
Ende von allea hätte stehen sollen. In gtei-
ebem Geiste handelte auch nach ihm die Schwe-
ster Margaretha , als Oberst atthalterin der Nie-
derluide, nnd sie weigerte sich geradezu, die
mütterlichen Freibriefe xn beschwören. Die
Bechtslehier Hollands während der Republik
«rgiessen sich über solch ein Benehmen in bit-
tere Klagen, wie zu erwarten war, nnd beson-
ders trifft ihren Collegen Zapaeui, der als Ver-
theidiger desselben aufgetreten, ihre scfa^ste
Ahndung *).
'y „Nnin Tera acripaeric Zt/paeui — also SuHert sich
tan 2%y« (De Inangnr. Princip. Belg. Cap. IV.) — jore
dnbiUri potent: etenim ei Fritiltgium Ulud 3fa^um re-,
spiciajnaa, negBTem, eitortom itli fuiwe: qnippe dndam
acte ilUm (Honam) apud antecewatea vigoemot illa« lege*
in aaam edictum contractae, qnae Tel ad aalatem 'pabUcam
absolute ftdobant cantelasqae praeMribebant cootra ad-
fectatam prioniin Comitam tjrannidem. Hanc tcto poterta-
tem competiiase Ordiiubua, negare baud potcrit, qoi here-
ditarinm quidem illonim impeiium , origine laa tarnen electi-
cinm fuiHe cogitet. Injurios aic fuiiset Zypaeua in Ordi-
nes, qaernin est absolute foitqae semper limnl cum Frio-
dpe emeadare et cotngtat oaeroi rtnpnblicae ; ü vero, nt
WBJicio, noonulla ciritatoB ügalaiia privtlegia retpexerit,
escutandoB Tidetur, modo revokat, succeiaorea et haec
dein , preüo Tel preübiu indoctoa mox confirmaaie , nt
paolo poat Tidebimn». Potentia sna confiiiu et «atia pro
Imperio Ordmibu dedarabat PUfippw: „„DmI Ajp ftmm
..gniod., Google
_ 375
£. Da» grotte Privilegium der Maria för die
Gre^tchaften Holland, Seeland und Fries-
land. Rückblick at^f die Reckttverhältniite
einzelner niederländiicher Städte , loteie aiif
Geldern ttnd Luxemburg .
Bereits ist an xwei Stellen der Biogiaphi«
Mariens jener Begeboiase erwähnt worden, wel-
che anmittelbar nach dem Tode ihres Vaters
in Nord-Niederiand stattgefanden , femer der
Anstrengnngen , welche sowohl die drei Graf-
schaften im Allgemeinen, als einzelne Gemein-
den insbesondere za Verbessernng ihres Rechts-
zustandea imtemommen. Die Chroniken dieser
Provinzen schildern ziemlich breit, und für den
ausländischen Leser ohne grosse« Interesse,
die Schritte hin and her, von der einen Seite,
AM itigehuUlgt te tpordta aU ttfaeitig m müilMrlfk
Printt CR Htert , Grmve van Holland en Htert van Frin-
Innif;"" quBii vero electitiiu hereditarius Princeps pacta et
beneficia msjatum haud iniqna confinnare haud obilriage-
retar. „„Dar hy dt Privilegien hettpetre» mlde, £a dt
Herl»gen PUlipi tn Kord en dentletr Voonaele» Brtmt»
m Gramtmtn wm Heiland ttt Httrmt <n Frouatn tm»
Vritiltmd gtgtve» haiden."'^ Sicdoe vero Ordioeiet i»-
qos omnia Philippi Boni et Coroli AndacU acta, rata haben^
uhilqae extordoaibai opponere debuiuent? San« contra-
riam prodentiorea e noitratiboi probarunt «t anb Carolo T
et PbiUppo n in effectnm äedinenmL Tentu band
andebant Ordinal conlzahiMera Ragi tone tes^ori* Hia-
.,gniod.,GoOglc
376
um die gefoderten Maasregeln abzuwenden, von
der andern, om dieselben dnrchzaaetzen. Die
wirre Lage dei Dinge und die grosse Noth,
darin die Herzogin, einerseits wegen der Gen-
ter und Brögger, andrerseits wegen des Königs
Ludwig XI. sich damals befand, hatten sie znr
Annahme auch der härtesten Bedingungen and
nnbeliebtesten Artikel vermocht. Man fand für
gerathen, Viel aufzugeben, um Einiges zu retten.
Sämmtliche Punkte, worüber Beschwerde
. und Streit obgewaltet, wurden in einer Haupt-
urknnda erledigt, welche gleichsam eine neue
Charte für die drei Grafschaften bildete, and
den Namen des grouen Privilegiumr erhielt.
Jeder einzelnen Prorinz kamen jedoch noch
besondere Bestimmungen zu gute, welche in den
verschiedenen PI akaatenbü ehern, ausser dem ge-
meinsamen GrandgesetzQ, meistens mit aufge-
nommen worden sind.
Selbst ein sehr republikanisch gesinnter Hi-
stbriograph der nachmaligen vereinigten Pro-
vinzen*) gesteht, dass die Hollfinder viel zu viel
Wesens von jenem Privileginm gemacht hätten.
Da es im Znsammenhange (anter den Urkunden
des zweiten Bandes) den Lesern milgetheilt wer-
den wird, so heben wir hier für die der hol-
Iftndiachen Sprache weniger Kundigen nur die
wesentlichsten Artikel heraus.
•) Wngtnaar XIV. V.
.,gniod.,GoOglc
377
Die Herzogin macht sich verbindlich, kei-
nem Fürsten, als Gemahl, die Hand zu reichen,
welchen nicht die Herren von Geblüt und die
Stände der drei Grafschaften ihr anrathen nnd
genehmigen werden. Holland wird von der dem
Herzoge Katl im Jahre 1475 Terwilligten Steuer
frei erklärt, obgleich fünf von den sogenann-
ten sechs grossen Städten, nämlich: Dortrecht,
Delft, Leiden, Amsterdam nnd Gonda, schrift-
lich hiezu sich verpflichtet. Auch die 500,000
Kronen anssergewohnlicher Jahressteuer, wozu
man früher sich verstanden, uaterblieben hinfüro.
Dortrecht nnd Südholland insbesondere werden
von der Entrichtung der 6000 Elinkaarts ent-
bunden, welche man als jährliche Abgabe und
als Aeqaivalent für die bisher entrichteten und
künftig abzutragenden Steuern im Jahre 1468
eingegangen.
Alle Aemter und Stellen, deren Vergebung
im Bereiche der Befugnisse des Souveräns steht,
sollen von der Herzogin Niemand anderm, als
Eingebornen, anvertraut werden können. Nie-
mand soll fÜrder zwei Stellen zn gleicher Zeit
bekleiden, ein Gegenstand, welcher seit einiger
Zeit besonders ärgerlich auf die Meinung des
Volkes eingewirkt. Der Missbrauch der Ver-
pachtung der Aemter hört hinfüro ebenfalls auf.
Auch dadurch war die Verwaltung mehrerer
ehrvergessenen Grossen, in ihrer Eigenschaft
als Statthalter, befleckt worden.
o^yGooglc
378
Der Rath voa Holland wiid künftig ans
einem Statthalter nnd acht Beisltzetn gebildet;
zwei derselben mStten Edle von Gebart, die
übrigen Recfatsgelehrte , und zwar sechs ans
Holland, zwei aber ans Seeland genommen
sein. Diesen acht RSthen werden noch zwei
andere (ebenfalls Nord -Niederländer aas den
zwei Provinzen) beigefügt, welche ihr Amt ob-
entgeltlich verwalten. Vor den grossen Rath
sollen in erstem Gerichtsstande keine Angele-
jg;enheiten gebracht werden kSnnen, in welchen
der Spruch, alten Rechten gemäss, den einzel-
nen Städten nnd Dörfern zusieht, sondern blog
solche, in denen von dem Urtheile der Unter-
gerichte eine Berofong stattfindet.
Das Recht der Städte und Landschaften, das«
Niemand aoss erhalb ihrer Grenzen gerichtet
werden dürfe, soll in Kraft bestehen. Die Or-
ganisation nnd Zusammensetzung der Gerichte
soll nach den alten Normen vor sich gehen.
Den Städten bleibt es frei, sowohl nnter
sich, als mit andern Provinzen der Niederlande,
an denselben Orten zusammen zu kommen nnd
in Verbindung zu treten, welche ihnen belieben.
Keine Zölle nnd keine Abgaben sind ohne
Einwilligung det Stände auszuschreiben nnd
zu erheben. Sämmtliche Bewohner sind bei
ihrem freien Handel, Vetkefar nnd Gewerbe
zu schützen.
Die Herzogin and ihre Nachkommen können
DyGoogle
379
keinen Krieg» weder znm Angriff nocbi zur
Vertheidignng , ohne die Stände eingeben; thun
sie es dennoch, so erlischt die Verbiodlichkeit
des Dienstes für die Eingesetsenen , obgleich
eine Ordonnanz des rentorbenen Herzogs hieza
ennächtigt.
In allen Briefen, den offenen sowohl als
den versiegelten, wird man binföro der teut-
iciea Sprache allein sich bedienen.
Alle gr&flichen Befehle ermangeln ihrer Kraft,
wenn sie den Vorrechten der Städte widerstreiten.
Die Becbnangskammer zu Mecfaeln soll, in-
sofern sie holländisch' seenwische Angelegen-
heiten betrifft, nach Holland rerlegt werden.
Jedem Staatsbürger bleibt es unbenommen,
seine im Schiffbruch verunglückten Güter zu
sich zn nehmen, gegen Erlegung einer billigen
Taxe. (Sie waren früher, als der gräflichen
Schatzkammer gehörend, angesprochen worden.)
Die kleinetn Bedienungen, als z. B. Kirchen-
und Schul-Aemter, Botenstellen u. s. w., wer-
den auch künftig von Denjenigen vergeben,
welche seit sechzig Jahren sie vergeben hatten.
Keine Münze soll geprägt, noch ihr Coara
erhöbt oder herabgesetzt werden können, als
mit EinwilUgting der Stände. Für Holland bleibt
Dort recht die Münzstätte.
Das Land Strien wird als mit der letzten
Grafschaft für immer vereinigt erklärt.
Keine Provinz entrichtet Steuern, fnt die
.,gniod.,GoOgk'
aifl ihre Zastiimnung nicht ertheilt. Keia Graf
von Holland darf künftig in Person kommen
und Steuern fodern.
Es ist untersagt, die Lehen irgend eines
Bewohners der zwei Provinzen zur gräflichen
Tafel zu ziehen , ehe und bevor er nicht durch
ein gerichtliches Urtheil seiner Felonie über-
führt worden.
Die Herzogin verpflichtet sich, dnrch keine
Briefe die Befngniss zu ertheilen, Moder zam
Salzbrennen aus Grundstücken zu graben, wel-
che in den eingedeichten Ländern in Holland,
Seeland und Friesland gelegen sind.
Alle diese Punkte und noch viele andere
von geringerer Wichtigkeit beschwor Maria bei
der BIfdc Incomst, und ihr Kanzler und ihre
Räthe, sowie der Statthalter und der Rath von
Holland, mussten sie ebenfalls bei Antritt ihrer
Aerater zu erfüllen geloben.
Es lässt sich nicht läugnen, dass gleich an-
fangs mehrere Bestimmungen nicht sehr beob-
achtet, und dadurch mehr odei minder gegrün-
dete Beschwerden veranlasst wurden, welche
auch den Bruch des gegenseitig zu Leistenden
nach sich zogen. Allein wenn die Regierung
der Maria, um nicht ganz zur Puppe der Stände
herabzusinken, nach befestigterer Gewalt strebte,
in einem Zeitpunkte, wo sie, von äussern Fein-
den rings umlagert, derselben allerdings be-
durfte, so trieben auch auf der andern Seite
..gniod^yGoOglc
381
die Gemeindea und Landschaften ihre Fodernn-
gen oftmals ins Unglaubliche und Unmögliche —
wie schon im frühern Abschnitte angedeutet
worden ist — und über dem Hange zur Indivi-
daalität und Selbstständigkeit, welcher in einem
allgemeinen dunkeln Gefühle von Freiheit ohne
Ziel sich kund gab, vergassen die Provinzen
oft ganz, dass sie ein gemeinsames Vaterland,
die Niederlande, bildeten oder bilden sollten,
und dass für das grössere Ganze jeder Einzelne
etwas von seinem, selbst begründeten, Rechte
aufopfern mnss.
Der Erzherzog Maximilian säumte nachmals
nicht, sowohl unmittelbar nach seiner Heirath,
als nachdem seine Gemahlin gestorben, das
von derselben Gegebene zu betätigen, und die
desshalb gefertigten Urkunden erscheinen meist
gemeinsam mit dem grossen Privilegiuni ab-
gedruckt *).
*) Unter den Schätzen der Hof- und Stantsbibliothek
im Haag befihdet sich ein Codex dieser Eandraaten auf
Pergament, in 4., fünf and zwanzig Blittei stark. Das
erste Blatt bat folgende Worte zur Ueberschrift :
f^et raer m greot Primlegit van Vrou Maria f t«
Oent an im Biiäeneap *lk ander m»l den Sleitem
A. 1476, g^tven votr HoUt (Haüani), Vrieüant,
Zttlmnt, ete. tn ook nogh in Vtreeht, A. 76."
Zn Ende des enten Blattea aber steht, den Text un-
tetbrecheod, noch eine andere hiBtorische Bemerkong: „k.
1478 approbeert Hertog MaximUiaen als Kerokelijke Voocht
.,gniod.,GoOglc
382
Die Frieten erhielten nocb einen besondera
grossen Brief, weloher sowohl in lateinischec
als in der Landessprache vorhanden ist, nnd in
en momboir van njn Vrou Maria, voorsz. groot Privilegie
in d«i Hag« op rijn huys lijnde «d 't itah hier agtei."
Der Bftum auf dem Pergamente, der die letzten awM
Zdlen enthilt, zeigt noch einige, mit Bchnächerer Dinte,
hier überscbriebene Worte.
Diese Bandvesten , wovon der Haagtr - Abdruck Tont
Jahre 1663, und der bei MitrU (Handvesten der Stad
Leyden) herrührt, sind unstreitig unprüaglich fSr die Stadt
Alkmaar erlaiBen norden, und eine Copie der bernhntea
Urkunde, welche kauSg Toa Vielen ist beatritten worden,
je nachdem die Becht«tüatoril[er mehr oder nindar Grttnde
(ür oder gegen ihre Echtheit aofgefonden haben.
Aus der zweiten Bandveste oder dem Privilegium Ton
Maximilian, als gesetzlichem Anwalt (Momboir) aeiner
Gemahlin Waria, nnd in der Eigenschaft als KirchenTogt
der Stadt Alkmaar (28. Mars 1478) erlassen, geht hervor:
1) das« diese Urkunde vom Herzoge hauptsächlich «r-
theilt worden zur Befestigung nnd Bestätigung der
schon früher von Alkmaar genossenen Rechte und
Freihdten ;
2) dass dieses beiondere Privileginm nudh mit densel-
ben Worten, das qnaesdende groot Privilegie van de
Gravione Maria, d. d. 14. Uarz 1476, bekfäfügt,
welches denn auch n diese« Ende voransgesclückt
Ba nuss Verwunderung orregen, dasa Eyidenberg
oder Boomkamp, in Ihren ,,6ttchi*d»aiitt» van Alekmaar*'
gar keue Erwähnung von üuem Privilegium machen, das
för die Rechts - Verhältnisse jener Stadt doch lo wichtig,
und dessen Echtheit wohl mhhi allem Zweifel ist; Doch
DyGoogle
383
welchem alle von dea früherD Grafen ertheilten
Privilegien hinter einander angeführt werden*).
Aber nicht nar die Grafschaften äbefhanpt,
sondern auch beinahe jede einzelne Stadt in
Brabant, Flandern, Holland n. s. w., erhielt
mebr stellt sich dieie Vemundening ein, wenn man ge-
radezu, S. S5 jenes Werkes, ron einer ,^a)atigiag aan
i* Sitae groole Baek door MagimitiaaH op den 2 April
1478 bittain Aletmaar gtdan" tiest und sooiit eine Ur-
kunde von fünf Tage späterm Datum angezogen findetj
endlich, wenn nao anf die ausdrückliche Stelle itöut; dass
Maximüuui zum Vogt aeinea nünderj ährigen, mit Frau
Maria gezeugten Sohnes, hestaüt worden sei.
Ans den Hanävttttn und Prieitegitn der StSite Leg-
4m, heransgegeben tod Mierit, und den Mitiivei vam dem
Deleantie, Freteniit en Btioftt van de Stadt Haarlem
erüeht man, dou die letztere Stadt nicht, gläch Delft,
Leydeo und Amsterdam , ein besonderes Kiemplar der vier
Briefe oder Gopten dea grossen PriTÜeginma von Maria
empfangen hatte, wohl aber:
1) daas man vier Copien desselben auf gemeine Kosten
dea Landes rerfertigen, und an die Stidte Dortrecbt,
Delft, Lejden nnd Amsterdam Teraenden Hess;
2) daas Haarlem den Vorrang über die Städte Delft,
Leyden und Amsterdam ansprach;
5) dass Enr Entscheidung hierüber das Loos Torgeichla-
gen and die Art und Weise der Vertbeilnng der Co-
pien Ton der Orig^nal-Urtonde und dem Siegel auf
augemeaiena Weise geregelt i^urde.
') Vergl. die Beilagen und Sek»arze»htTg Placaaten-
boek Tin Vrieilant T. I., eine kostbare, grouartig ange-
legte und gründlidi dnrchgeföhite Urknudenummlung.
..gniod., Google
besoadere VergnnstiguDgen and. GerechtBame,
wie wir schon einmal bemerkt haben. So finden
sich TOR Brüssel, Antwerpen, Lierre, Amsterdam,
Rotterdam, von Briel und dem sogenannten Lande
Voorne eine Reibe Urkunden, wichtigern oder
geringfügigen! Inhalts, welche för das Ganze
hier kein Interesse darbieten, nnd meist auf
besondere Oertjichkeiten sich beziehen *).
Die Verhältnisse des Herxogthnms Geldern")
wurden meistentheUs erst nach dem Tode Ma-
riens, unter der vormnndschaftlichen Regierung
Maximilians, geregelt. Der Statthalter, Adolf
von Nassau, spielt dabei eine Hauptrolle*").
Da das Herzogthnm Luxemburg meist eine
Episode in der Geschichte der Niederlande bil-
det, nnd mehr denselben zur Seite, als znsam-
menhängend mit den Schicksalen der übrigen
Provinzen, betrachtet werden muss, so führen
wir am Schlüsse in Bezug auf diese Besitzung,
sowie auf die Grafschaft Cbiay, nur an, dass auch
diese beiden die alten Freibriefe und Gerechtsame
bestätigt erhielten, nachdem sie an Marien und
') ^«''g'- di^ Beilagen and die Sttehryvmgi wat thn
Britl m der Lanie van Voome.
") Vergl. die Beilagea.
'") Potttani Hi«L Geldrica, van Spatn GeidiiedMÜi
na C^lderen I. II. Adsertio Juris Cuoli V. in ducafaim
Geldriae. S., mit öner wichtigen Urkunde, weictie Marien*
imd ihrer Ansprüche erwälmt.
DyGoogle
335
Maximllinn die gefoderte Haldigang geleistet.
SolchcH geschab iowohl in dem Herzögtbnme and
der Grafschaft im Allgemeiaen , als In d*n eitt-
zelneb St&dten, namentltch in der Hauptstadt
Selbst insbenondere. Die melaten dieser Privtlä'
g^en and Rechte bestehen sich auf Rückgabe des
früher entrissenen Steg«l9, anf Zölle Und Ohm-
gelder, Handel und Verkehr. Die Verwaltung
und die Gesetzgebung erhielten mannigfache
Verbesserungen, doch wurden sie erst unter
der Regierang Karls V., namentlich durch die
Statthalterionen Margarethe I. und Maria von
Ungarn , völlig geregelt *).
Wenn man die ganze Reihe von urknnd-
liehen Verrichtungen übersieht, welche wäh>
rend Mariens Regierung vor sich gegangen, so
musB man sich über den Umstand wundern, dass
bei den ewig sich wiederholenden Beschwerden
and gehäuften Verwickelungen noch Kopf und
Zeit für andere Dinge übrig geblieben > und
noch mehr über den Vorwarf erstaunen, welchen
man bisweilen dieser Periode, als einer Periode
der Willkür und Rechtsverletzung, bat machen
können. Niemals, weder früher noch spSler,
*) BtrthoUt Histoire du I>uch£ de Lnxembourg et du
ComU de C\äay. T. VH ; vergl. damit die BeUagen und
die Schrift dea Verfassers: „Da« GrosdierzogUniiQ Luxem-
burg, Integrirender Theil des teutschen Bundesgebi«ts, in
sräneu älteni, bistoris«h -staatsrechtlichen VerhlitiuMeD etc.",
Brannschndg, bei Vievreg, 1S81.
I. 25
..gniod., Google
hatten die Niederlande eines grössern Umfanges
Ton politischer nnd bürgerlicher Freiheit sich
zu erfrenen, es sei denn, dasi die Anarchie,
welche ein anssch weifender DemokratisraaB, zu-
nal In Flandern, angestrebt, mit diesem Namen
sich schmücken wollte, und als letztes Ideal
nnd Ziel im Hintergninde stand.
DyGoogle
Nachschrift.
-Wie kleine Biographie „Margarethe voa York*'
war schon früher geschtieben, ehe der Verfas-
ser den Entscfalnss gefasst hatte, das grossere
Werk über „Maria von Burgund" anszuarbeiten.
Jene dient somit als eine Art Einleitung, würde
aber, wenn dem Verfasser die Wahl noch frei-
gestanden hätte, mit in die zweite Schrift ver-
woben worden sein, nm den Uebelstand der
Wiederholung mehrerer Thatsachen im Leben
beider Fürstinnen zu vermeiden. Ganz aber
BoUte der frühere Aufsatz nicht verworfen wer-
den, und da eine Biographie die andere ergänzt,
so werden sie aach neben einander wohl sich
lesen lassen.
Der Verfa&ser^der Maria von Bnrgnnd würde
manche Partie noch ausfülirlicher und sorgfölti-
ger behandelt haben, wenn ihn nicht der Ana-
brnch der belgischen Revolution einerseits nm
die Benutzung vieler, in der borgundischen Bi-
bliothek zu Brüssel aufbewahrten, handischrifiE-
25«
..gniod., Google
litten Qaellen, welche ifam bereits xogedacht
waren, andrermeits die darans entatandene Reihe
von BegebenbeiteD nm die gehörige Geiatea-
BÜBunaDg and Mane gebracht hKtte. Er reicht
somit sein Werk nicht ohne einige Besorgnias
dar, doch bearbeitet ana ho vielen Mateiialiea,
ala ihm zn Gebote gestanden.
An dem venpiteteu Dmcke des eisten,
Iftngit angekündigten, Bandes tragen die poU-
tiachen Erei^uaae allein die Schnld.
Münch.
DyGoogle
Ornckfehlet ood Berichtigungen
nur
Maria von Bnrgnnd.
. 59 Z. 7 V. n. st Jakob's ). Jakobea'B.
72 - 11t. u. Ut anf dorchzoftreiclHn.
75 bd der Charakteristik Maiiena muM (in Folge des
ZeugniMCB von Ponlui Htuttrut) bei^fügt wer-
Aea: dass na aofbranaeDder Natar und zum Zorne
etwas geneigt, aber ia demselben Augenbli<^
Buch wieder yersöhnt und milde war, nnd durch
doppelte F'reundlichkeit diesen *on ihrem Vater
geerbten Fehler wieder gut zu machea rachte.
78 HiuBichÜich der äussern Gestalt Mariens luuas daa
Urtheil einer geistvollen Frau: Madam* de Im*-
(cn (Histoire de Louis XI) verglidien neiden.
Auf jeden Fall hat ibr neuester Biograph in dem
Leben ihrer Stiefmutter etwas zn viel gesagt,
wenn er sie, hinsichtlich der äassero Reize, in
eins Reihe mit Margarethen von York gesetzt,
welche eine vollendet« Schönheit war.
ai Die Zusammenkunft Friedrich* III. mit Karl dem
Kühnen ist im WeUi - Kwäg anf anziehende
Weise beschrieben.
83 Ut der Note üb«r die Bedeutang TrotOM beizoni-
gen, da» in vieleo Chroniken Mademoiselle auch
dardi JoncTTonwo gegeben wird.
103 ut in der Note der Satzt Allein eine noch
angedruckte Quelle, Qnorelle etc. gänz-
lich dnrchzuatreichen , da dieses Actenstück der
Leidener BlbHolliek, wiewohl es eine andere
Ueberscbrift führt, mit dem bei Läbmu (Corp.
dipl. J. Gent) ond im II. Bande der Biographie
ebenfaUs abgedruckten dn und daaselbe ist.
..gniod., Google
). 171 Z. 9 w. o. tt. ■chSnen Fnu t iutereisaiiteii
Frftu
-183-15 *. M. St. mit fl&mucher NaiveUt 1. mit Com- ■
plimeiitenTotl flämischer Naivetät
-187 - 12 T.o. it alM gescheba es, 1. bo geicbebe es,
- 195 - 14 T. u. lt. dui man 1. dtiia d«r Hof
- SiS - 1 V. •■ «L koBot« es lucht Aie<l«r becateUen. ).
könnt« diese WiedeiheraUHuDf nicht
- 267 - 10 T. 0. ab und m 1. und nen*
DyGoogle