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Full text of "Die gedichte des Folquet von Romans"

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No.  12. 


Romanische  Bibliothek. 


DIE  GEDICHTE 


DES 


FOLQÜET  VON  ROMANS 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


DR.  RUDOLF  ZENKER. 


HALLE  a.  S. 

VERLAG   VON   MAX   NIEMEYER. 

1896. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2011  with  funding  from 

University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/diegedichtedesfoOOfolq 


ROMANISCHE  BIBLIOTHEK 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


DR  WENDELIN  FOERSTER, 

PROF.  DER  ROMANISCHEN  PHILOLOGIE  A.  D.  UNIVERSITÄT  BONN. 


XII. 
DIE  GEDICHTE  DES  FOLQUET  VON  ROMANS. 


HALLE  a.  S. 

VERLAG   VON   MAX   NIEMEYEE. 
1896. 


DIE  GEDICHTE 

DES 


EOLQUET  VON  ROMANS 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


DR.  RUDOLF  ZENKER. 


HALLE  a.  S. 

VERLAG   VON   MAX   NIEMEYEB. 
1896. 


THE  INSTITUTE  OF  tfEDIAEVAL  STUOiES 

10  ELMSLEY   PLACE 
TORONTO  5,   CANA04| 

SEP  2 4  1931 

112 


Seinem  lieben  Vater 

Prof.  Dr.  Friedrich  von  Zenker 

zu  seinem  siebzigsten  Geburtstage 
in  herzlicher  Dankbarkeit 

der  Verfasser. 


PC 
3330 


Vorwort. 


Folquet  von  Romans,  dessen  Werke  hier  zum  ersten 
Mal  in  kritischer  Bearbeitung  erscheinen,  blühte  zu  Anfang 
des  13.  Jahrhunderts  und  gehört  mithin  noch  der  besten 
Zeit  der  provenzalischen  Lyrik  an.  Freilich  nimmt  er 
neben  den  berühmten  Liederdichtern  jener  Epoche,  neben 
einem  Guiraut  von  Bornelh,  Raimbaut  von  Vaqueiras,  Peire 
Vidal  u.  a.  m.  nur  einen  bescheidenen  Rang  ein.  Seine 
poetische  Hinterlassenschaft  ist  von  geringem  Umfang,  und 
wenn  wir  auch  annehmen  dürfen,  dass  ein  grosser  Theil 
seiner  Gedichte  uns  verloren  gegangen  ist,  so  würde  doch 
eben  dieser  Umstand  dafür  sprechen,  dass  dieselben  keine 
weite  Verbreitung  gefunden  haben,  —  wie  ja  auch  von 
den  uns  erhaltenen  mehrere  nur  in  einer  einzigen  Hand- 
schrift überliefert  sind.  Trotzdem  sind  seine  Gedichte  nicht 
ohne  Verdienst,  sie  können  den  besseren  Erzeugnissen  der 
provenzalischen  Literatur  beigerechnet  werden  und  schienen 
mir  einer  kritischen  Ausgabe  wohl  werth  zu  sein.  Dass  für 
eine  solche  nicht  gerade  ein  dringendes  Bedürfniss  vorlag, 
dessen  bin  ich  mir  wohl  bewusst;  sämmtliche  Gedichte 
Folquet's  sind  ja  bereits  an  leicht  zugänglichen  Stellen  ge- 
druckt, auch  bieten  sie  inhaltlich  dem  Verständniss  keine 
besonderen  Schwierigkeiten,   und  was    die  Lebensumstände 


—      VI      — 

des  Dichters  betrifft,  so  war  über  diese  etwas  neues  nicht 
zu  eruiren.  Dessenungeachtet  wird  man  die  Ausgabe,  denke 
ich,  nicht  als  überflüssig  bezeichnen;  wenn  sie  auch  kein 
anderes  Verdienst  hat,  als  dass  sie  den  poetischen  Nachlass 
des  Dichters  feststellt,  bisher  Zerstreutes  zu  bequemer 
Uebersicht  vereinigt  und  von  den  Gedichten  einen  cor- 
rekteren  Text  giebt,  so  dürfte  das  immerhin  genügen,  ihre 
Existenz  als  gerechtfertigt  erscheinen  zu  lassen. 

Benutzt  habe  ich  für  die  Lieder  das  gesammte  hand- 
schriftliche Material;  hingegen  war  mir  für  die  Epistel, 
Nr.  XIII,  die  Cheltenhamer  Handschrift  (jetzt  im  Besitz  des 
des  Rev.  Fitz  Roy  Fenwick)  nicht  zugänglich.  Da  indess 
die  Ueberlieferung  dieses  Gedichtes  in  den  drei  zu  Rathe 
gezogenen  Handschriften  eine  sehr  gute,  nahezu  identische, 
ist,  auch  an  den  wenigen  Stellen,  an  denen  sie  differiren, 
ein  Zweifel  über  die  aufzunehmende  Lesart  kaum  irgendwo 
möglich  war,  so  konnte  die  genannte  Handschrift  meines 
Erachtens  ohne  Schaden  unberücksichtigt  bleiben,1)  Die 
Pariser  Handschriften  sowie  die  von  Mailand  und  Florenz 
habe  ich,  soweit  sie  noch  nicht  gedruckt  waren,  selbst 
verglichen,  ausgenommen  allein  Y  zu  Gr.  156,  10,  welches 
ich  übersehen  hatte  und  welches  Herr  Prof.  Stürzinger  so 
freundlich  war,  nachträglich  für  mich  zu  copiren.  Für  die 
Beschaffung  des  Materials  aus  den  Handschriften  zu  Rom 
(L)  und  Oxford  (S)  bin  ich  zu  lebhaftem  Danke  verpflichtet 


*)  Ob  vielleicht  auch  das  mit  den  Worten  Eu  pren  comiat 
beginnende  Gedicht,  welches  nach  der  Beschreibung  von  Milä  y 
Fontanals,  Rev.  d.  1.  r.  X,  228  in  der  Saragossaer  Handschrift  steht, 
mit  der  Epistel  identisch  ist,  vermag  ich  leider  nicht  zu  sagen, 
da  Mihi  darüber  keine  Auskunft  ertheilt  und  ich  auf  eine  dies- 
bezügliche Anfrage  bei  dem  Besitzer  der  Handschrift,  Herrn 
Pablo  Gil  y  Gil,  eine  Antwort  nicht  erhalten  habe. 


—      VII      — 

den  Herren  Alfredo  Monaci,  Assistent  an  der  Vaticana  und 
Adolf  Neubauer,  Bibliothekar  an  der  Bodleyana,  desgleichen, 
für  Uebersendung  von  Collationen  der  beiden  in  der  Flo- 
rentiner Handschrift  (c)  enthaltenen  Lieder,  bevor  ich  diese 
selbst  einsehen  konnte,  Herrn  Prof.  Stengel  zu  Marburg. 

Was  die  Reihenfolge  der  Gedichte  betrifft,  so  habe 
ich  zunächst  eine  Scheidung  nach  Gattungen  vorgenommen, 
wobei  ich  die  Sirventes-Canzonen  mit  den  Canzonen  vereinigt 
habe,  da  sie  nicht  nur  als  solche  beginnen,  sondern  auch 
ihrem  wesentlichen  Inhalte  nach  sich  als  solche  darstellen. 
Ich  habe  dann  bei  den  Liedern  eine  chronologische  Ord- 
nung angestrebt;  diese  ist  freilich,  da  einige  der  Lieder 
sich  überhaupt  nicht  datiren  lassen,  bei  anderen  das  gegen- 
seitige chronologische  Verhältniss  nicht  zu  bestimmen  ist, 
zum  Theil  eine  rein  hypothetische,  auf  wenig  beweiskräftigen 
Indicien  oder  allgemeinen  Erwägungen  basirte;  immerhin 
schien  mir  auch  eine  solche  im  vorliegenden  Falle  der 
nach  dem  Metrum  oder  der  ganz  äusserlichen  nach  dem 
Alphabet  vorzuziehen  zu  sein;  die  letztere,  die  alphabetische 
Anordnung,  habe  ich  nur  adoptirt  bei  den  Coblenwechseln, 
welche  für  eine  Bestimmung  ihres  gegenseitigen  chrono- 
logischen Verhältnisses  keinerlei  Anhaltspunkte  bieten. 

Hinsichtlich  der  Orthographie  bin  ich  bei  Gedichten, 
die  in  mehreren  Handschriften  erhalten  sind,  überall,  wo 
C  vorlag,  diesem  gefolgt.  Wo  das  nicht  der  Fall  war  — 
nur  bei  Nr.  II  und  XIII  — ,  habe  ich  die  Handschrift  an- 
gemerkt, deren  Schreibung  ich  adoptire.  Doch  habe  ich 
durchweg  folgende  Vereinfachungen  getroffen:  ich  scheide 
zwischen  i  und  j,  u  und  v,  unterdrücke  h  im  Wortanlaut, 
bezeichne  mouillirtes  l  und  n  mit  Ih,  nh,  ersetze  y  durch 
i>  c  =  qu  vor  e,  i  durch  qu,  füge  u  nach  q  ein,  wo  es 
fehlt,  ersetze  g  durch  s,  ss  oder  #,  ex  durch  cs1  sz  durch 


—       VIII      — 

#,  sc  im  Wortanlaut  durch  s,  und  vereinfache  Doppel- 
consonanz  im  Wortauslaut  und  im  Inlaut  nach  Consonanz. 
Gehandelt  wurde  bis  jetzt  über  Folquet  von  Romans 
hauptsächlich  an  folgenden  Stellen:  Hist.  litt,  de  la  France 
XVIII,  621  (Emeric-David);  Cavedoni,  Memorie  della  R.  Aca- 
demia  di  scienze,  lettere  ed  arti  di  Modena  t.  II,  282;  Diez, 
Leben  und  Werke  der  Troubadours2  S.  453;  Zeitschrift  f. 
rom.  Phil.  IX,  133  (0.  Schultz);  Romania  XVIII,  557  ff. 
(G.  Paris). 


Folquefs  Leben  und  Werke, 


i. 

Da  wir  unsere  Kenntniss  von  Folquet's  Lebensum- 
ständen vornehmlich  aus  seinen  Gedichten  zu  schöpfen 
haben,  so  wird  es  unsere  erste  Aufgabe  sein  müssen,  fest- 
zustellen, was  von  dem  in  den  Handschriften  unter  seinem 
Namen  Ueberlieferten  ihm  wirklich  zugehört  und  was  nicht. 

Bartsch  führt  im  Grundriss  Nr.  156  unter  Folquet  von 
Romans  14  Gedichte  auf;  von  diesen  sind  indess  zwei  zu 
streichen,  wie  schon  V 'tthoeft,  Sirventes  Joglaresc  (Ausg. 
und  Abh.  LXXXVIII)  S.  1,  beziehungsweise  Levy,  Guilhem 
Figueira  S.  70  bemerkt  haben:'  n.  7  Luzens  larcs  et  ar- 
äitz  gehört  nämlich  vielmehr  dem  Pons  von  Capdoill,  es 
ist  identisch  mit  Gr.  375,  14  Lials  amies,  citi  amors  ten 
jojos  (Napolski,  Pons  de  Capdoill  S.  69),  nur  sind  in  c, 
welches  allein  die  Attribution  Folquet  von  Romans  auf- 
weist, die  beiden  ersten  Zeilen  abgefallen;  sodaun  sind 
n.  11  und  13  identisch:  Tomate  es  en  pauc  de  valor 
ist  der  Anfang  der  II.  Strophe  von  n.  11;  Bartschens  Ver- 
sehen rührt  daher,  dass  in  CR  die  Strophenordnung  ver- 
tauscht, die  I.  Strophe  zwischen  die  IV.  und  V.  eingeschoben 
ist  und  das  Gedicht  also  mit  der  IL  Strophe  beginnt.  In 
M  wird  dasselbe  übrigens  dem  Guilhem  Figueira  (en 
figera)  zugeschrieben;  dass  diese  Attribution  falsch  ist,  er- 
giebt  sich,  wie  gleichfalls  schon  Levy  a.  a.  0.  S.  12  be- 
merkt hat,  abgesehen  von  der  Uebereinstimmung  der  übrigen 
Handschriften,  daraus,  dass  das  Gedicht  an  Otto  von  Car- 
retto  gesandt  wird;  denn  dieser  wird  bei  Folquet  noch  in  drei 
Gedichten,  Nr.  IV,  V  und  VI  (Levy  sagt:  in  zwei,  weil  ihm 

Zenker,  Folquet  von  Romans.  \ 


—      2     — 

Nr.  IV,  damals  noch  unedirt,  nicht  bekannt  war),  bei  Fi- 
gueira  hingegen  nirgends  erwähnt.  Als  nicht  ganz  sicher 
bezeichnet  nun  Appel,  Provenzalische  Inedita  S.  98,  die 
Autorschaft  Folquet's  noch  für  Nr.  V:  Jeu  no  mudaria; 
Appel  macht  darauf  aufmerksam,  dass  das  Gedicht  in  der 
einzigen  Handschrift,  die  es  überliefert,  in  C,  dem  dort 
gleichfalls  dem  Folquet  von  Romans  zugeschriebenen  Pus 
entremes  nie  sui  de  far  chanso,  Gr.  155,  17  (M.  G.  85), 
das  aber  vielmehr  von  Folquet  von  Marselha  sei,  folge, 
und  zwar  ohne  Ueberschrift  und  ohne  Initiale,  so  dass  nur 
ein  Zeichen  am  Rande  den  Beginn  eines  neuen  Gedichtes 
anzeige.  Doch  meint  Appel,  die  Autorschaft  des  Folquet 
von  Romans  werde  einigermassen  wahrscheinlich  durch  die 
metrische  Form:  ein  Lied  mit  der  Reihenfolge  a  b  a  b  zu 
beginnen,  sei  bei  Folquet  von  Romans  gewöhnlicher  als  bei 
dem  andern  und  die  Mischung  von  weiblichen  Fünfsilbnern 
und  männlichen  Siebensilbnern  komme  ganz  ähnlich  bei 
Folquet  von  Romans  Gr.  n.  6  vor.  Die  Sache  liegt  indess  wesent- 
lich anders.  Dass  nämlich  das  in  C  vorausgehende  Lied  Pos 
entremes  me  sui  de  far  ehanso  wirklich  Folquet  von 
Marselha  zum  Verfasser  hat,  wie  Appel  meint,  das  steht 
nicht  nur  nicht  fest,  sondern  ist  sogar  in  hohem  Grade 
unwahrscheinlich.  Von  den  14  Handschriften,  welche  das 
Gedicht  überliefern,  nennen  allerdings  8  (ADEMOTaf) 
Folquet  von  Marselha  als  Verfasser  und  nur  4  (D a  G  R  S) 
bezeichnen  als  solchen  Peirol,  2  (C  c)  Folquet  von  Romans. 
Dass  indessen  im  vorliegenden  Falle  die  Minorität  der 
Handschriften  gegenüber  der  Majorität  im  Rechte  und  nicht 
Folquet  von  Marselha,  sondern  Peirol  der  Verfasser  ist, 
das  wird  in  hohem  Grade  wahrscheinlich  gemacht  durch 
die  metrische  Form  des  Gedichtes.  Sämmtliche  Lieder 
Folquet's  von  Marselha  nämlich,  soweit  sie  die  Form  der 
Canzone  haben,  22  an  der  Zahl,  sind  abgefasst  in  eoblas 
unisonans  d.  h.  die  gleichen  Reime  gehen  durch  sämmtliche 
Strophen  hindurch1)  (Gr.  155,  26  Vers  deus,  el  vostre  nom 


J)  Die  Angabe  CanehVs,  la  Vita  e  le  Opere  del  Trovatore 
Arnaldo  Daniello.  Halle  1S83  S.  19,  Folquet  v.  M.  bediene  sich 
schon  der  rimas  Singulars,  ist  mithin  nicht  zutreffend. 


—     3     — 

e  de  sancta  Maria  [M.  W.  I,  335],  dessen  Strophen  die 
Reimbindung  AABBB  aufweisen  —  ich  bezeichne  mit 
gleichen  Buchstaben  Strophen,  welche  die  gleichen  Reime 
haben  —  ist  eine  geistliche  Alba  mit  4 -zeiligem  Refrän, 
tritt  demnach  inhaltlich  und  formell  aus  der  Reihe  der 
übrigen  Lieder  heraus  und  kann  hier  nicht  in  Betracht 
kommen);  das  vorliegende  Gedicht  dagegen  zeigt  coblas 
doblas  d.  h.  £s  sind  nur  je  zwei  Strophen  durch  gleiche 
Reime  verbunden  (Str.  II  steht  in  den  Handschriften,  nach 
denen  das  Gedicht  bis  jetzt  allein  gedruckt  ist  —  ES  — 
offenbar  an  verkehrter  Stelle;  das  Schema  für  die  Reim- 
verknüpfung der  Strophen  wäre  nach  diesen  das  folgende: 
ABACCB;  eine  solche  Unregelmässigkeit  widerspricht 
aber  durchaus  dem  Gebrauch  der  Trobadors;  da  nun 
Str.  VI  als  am  richtigen  Platze  stehend  sich  dadurch  aus- 
weist, dass  sie  das  Geleit  enthält,  so  ist  Str.  II  zwischen 
Str.  V  und  VI  einzuschieben,  wodurch  wir  dann  regel- 
mässige coblas  doblas  erhalten).  Eben  diese  coblas  doblas 
hat  nun  der  von  4  Handschriften  als  Verfasser  genannte 
Peirol  mehrfach  verwandt,  nämlich  in  Gr.  366,  4,  11,  12, 
19,  26  und  27.  Dazu  kommt,  dass  genau  die  gleiche 
Reimfolge  ab  b  a  a  c  c  bei  Peirol  nicht  weniger  als  zweimal 
begegnet,  nämlich  in  Gr.  366,  5  (Rev.  d.  1.  r.  1888,  570) 
und  28  (M.  W.  II,  9),  von  denen  das  letztere,  abgesehen 
davon,  dass  es  coblas  unisonans  hat  und  dass  Reim  b 
männlich  ist,  metrisch  identisch  ist  mit  Pos  entremes.  Da- 
gegen hat  Folquet  v.  M.  genau  die  gleiche  Reimfolge  in 
keinem  einzigen  seiner  Gedichte  verwendet.  Was  den  In- 
halt betrifft,  so  liegt  irgend  ein  Bedenken  gegen  Peiroi's 
Autorschaft  nicht  vor;  vielmehr  erinnert  die  Wendung 
Str.  IV  (der  Handschriften): 

Luenh  m'es  dels  hueils,  mas  del  cor  m'es  tan  pres 
cela  per  cui  plane  e  sospire  .  . 

an  ähnliche  bei  Peirol  sich  findende  Wendungen,  so  Gr.  366,  !> 
(Arch.  36,  434),  Str.  III: 

Que  fin  amor  juin  e  lia 

tals  que(s)  pari  luindas  pais  .  . 

ib.  22  (M.  W.  II,  23;,   1.  Toni.: 


Que'l  res  es  que  plus  mi  greya, 
qite  tan  lueinh  de  mi  estai. 

ib.  31  (M.  W.  II,  18),  Str.  I: 

Si  bem  sui  hing  et  entre  gen  estraigna 
eu  mal  pens  er  d'amor  .  ., 

während  mir  bei  Folquet  v.  M.  eine  derartige  Aeusserung 
nicht  begegnet  ist.  Von  Seiten  der  metrischen  Form  würde 
nun  allerdings  auch  der  Autorschaft  Folquet's  von  Romans, 
dem  zwei  Handschriften  das  Gedicht  zuschreiben,  nichts  im 
Wege  stehen,  indem  eines  seiner  Lieder,  156,  10,  in  coblas 
dohlas  abgefasst  ist.  Indessen  würde  im  Hinblick  auf  die 
Zahl  der  Attributionen  seine  Autorschaft  offenbar  nur  dann 
in  Frage  kommen  können,  wenn  sich  ein  gewichtiger  Grund 
für  dieselbe  geltend  machen  Hesse;  das  ist  aber  nicht  der 
Fall,  vielmehr  scheint  mir  der  Inhalt  des  Gedichtes  da- 
gegen zu  sprechen,  insofern  er  nach  meinem  Gefühl  jenen 
frischen  entschiedenen  Ton,  der  Folquet's  Lieder  aus- 
zeichnet, vermissen  lässt. 

Somit  können  wir,  denke  ich,  mit  gutem  Grunde  das 
Gedicht  dem  Peirol  zusprechen.  Dann  ist  also  die  Frage 
nicht  mehr  die,  ob  das  in  C  folgende  Jen  no  mudaria 
statt  dem  dort  als  Verfasser  genannten  Folquet  von  Ro- 
mans nicht  etwa  dem  Folquet  von  Marselha,  sondern  ob 
es  nicht  dem  Peirol  zuzusprechen  sei.  Ich  glaube  nun, 
da ss  diese  Frage  zu  verneinen  ist,  und  zwar  wiederum  aus 
einem  Grunde  metrischer  Art.  Zwar  der  Strophenanfang 
a  b  a  b  und  die  Mischung  von  Fünf-  und  Siebensilbnern 
finden  sich  bei  Peirol  ebensowohl  als  bei  Folquet  von  Ro- 
mans; dagegen  begegnen  wir  nur  bei  letzterem,  nämlich  in 
Gr.  n.  6  und  8,  der  in  der  provenzalischen  Lyrik  seltenen 
Form  der  coblas  Singulars  d.  h.  der  von  Strophe  zu  Strophe 
wechselnden  Reime,  welche  das  Gedicht  aufweist.  Peirol's 
sämmtliche  Lieder  sind  abgefasst  entweder  in  coblas  uni- 
sonans  oder  in  coblas  doblas  oder  es  geht  doch,  wenn  auch 
der  erste  und  zweite  Reim  von  Strophe  zu  Strophe  wechseln, 
wenigstens  der  dritte  durch  sämmtliche  Strophen  hindurch; 
eigentliche  coblas  Singulars  kennt  Peirol  nicht.  Bedenkt  man, 
dass    uns    von    ihm    nicht  weniger    als   25  Lieder  erhalten 


sind  —  ich  rechne  die  Tenzonen  nicht  mit  — ,  so  wird 
man  dieser  Beobachtung  eine  ziemliche  Beweiskraft  nicht  ab- 
streiten können  und  ich  glaube  mich  denn  zu  der  Behauptung 
berechtigt,  dass  Jeu  no  mudaria  aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  in  der  That  von  Folquet  von  Romans  herrührt. 

Es  existiren  nun  noch  eine  Anzahl  Lieder,  für  die  nur 
einzelne  Handschriften  Folquet  als  Verfasser  nennen;  von 
diesen  können  die  meisten  auf  Grund  des  Zeugnisses  der 
weitaus  überwiegenden  Mehrzahl  der  Handschriften  ihm 
ohne  weiteres  abgesprochen  werden;  es  sind: 

Gr.  30,  16.  Arnaut  von  Maroill  zugeschrieben  in  A  C  D  E 
MPSUVc,  Raimundus  in  Q,  Blacatz  in  f,  —  Folquet 
von  Romans  nur  in  C  reg.  R; 

70,  10.  Bernart  von  Ventadorn  ACDGIKMNQVa, 
Guiraut  von  Borneill  P,  Arnaut  von  Maroill  C  reg.  R,  — 
Folquet  von  Romans  ebenfalls  nur  C  reg.  R2; 

155,  2.  Folquet  von  Marselha  A  Da  E  I  K  N  P  V  f,  Ar- 
naut von  Maroill  CR2,  —  Folquet  von  Romans  wiederum 
nur  C  reg.  R; 

155,  13.  Folquet  von  Marselha  ADaIKNPQ,  Pons 
von  Capdoill  a,  anon.  0,  — -  Folquet  von  Romans  C  R ; 

155,  17  wurde  schon  oben  besprochen. 

332,  1.  Peire  von  Bussignac  A  B  C  D  I  R,  Guillem  von 
Bussignac  C  reg.  «,  Peire  Cardenal  Db  T,  Peire  von  Maen 
sac  H,    Richard  von  Berbezill  S    —    Folquet  von  Romans 
nur  M  R2; 

332,2.  Peire  von  Bussignac  ABCDIK,  Peire  von 
Maensac  H,  Raimbaut  von  Vaqueiras  R  —  Folquet  von 
Romans  nur  M; 

352,  2.  Peire  de  la  Mula  A  C  DaR,  anon.  L,  —  Fol- 
quet von  Romans  E. 

Reine  Entscheidung  gewährt  die  Zahl  der  Attributionen 
nur  bei  Gr.  132,  8  Mas  camjat  ai  de  far  chanso  und 
155,  26  Vers  deus  el  vostre  nom  e  de  saneta  Maria. 
Ersteres  Lied  wird  in  C  E  dem  Elias  von  Barjols  —  unter 
dessen  Lieder  Bartsch  es  einreiht  — ,  in  C  reg.  dem  Aimeric 
von  Belenoi,  in  a  dem  Peire  Raimon,  in  R2  dem  Pons  de 
la  Garda,    endlich    in  C  reg.  R    dem  Folquet    von  Romans 


—     6     — 

zugeschrieben.  Gegen  die  Autorschaft  Folquet's  spricht 
offenbar,  dass,  wie  wir  oben  sahen,  das  Register  von  C  und 
R  gemeinsam  ihm  noch  3  —  R  sogar  5  —  andere  Lieder 
falschlich  zuschreiben,  ihrem  Zeugniss  also  keinerlei  Ge- 
wicht beigemessen  werden  kann.  Form  und  Inhalt  des  Gedichts 
würden,  soweit  ich  sehe,  eine  Handhabe  für  die  Entscheidung 
der  Verfasserfrage  nicht  bieten.  Aus  dem  gleichen  Grunde 
können  wir  Folquet  das  zweite  der  genannten  Gedichte, 
Gr.  155,  26,  absprechen,  indem  dieses  ihm  gleichfalls  nur 
im  Register  von  C  und  in  R  zugeschrieben  wird.  Es 
spricht  hier  aber  ausserdem  gegen  Folquet's  von  Romans 
Autorschaft  noch  ein  zweites  Moment.  Es  kann  nämlich 
keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  das  in  Rede  stehende 
Gedicht  und  Gr.  155,  19  Seigner  deas,  qite  fezist  Adam 
(M.  W.  I,  332)  von  demselben  Verfasser  herrühren.  Wer 
die  beiden  von  leidenschaftlicher  religiöser  Inbrunst  erfüllten 
Gedichte  mit  einander  vergleicht,  wird  das  ohne  weiteres 
zugeben.  Nun  nennt  die  einzige  Handschrift,  welche  155,  19 
überliefert,  R,  als  Verfasser  den  Folquet  von  Marselha; 
da  wir  nun  keinen  Grund  haben,  die  Richtigkeit  dieser 
Attribution  anzuzweifeln,  vielmehr  der  Inhalt  der  beiden 
Gedichte  vollkommen  zu  dem  stimmt,  was  wir  über  Fol- 
quet's Charakter  und  Lebensschicksale  wissen,  so  müssen 
wir  auch   155,  26    dem  Folquet  von  Marselha   zuschreiben. 

Es  ist  schliesslich  noch  eines  Gedichtes  Erwähnung 
zu  thun,  welches  Folquet  zwar  nicht  direkt  zugeschrieben 
wird,  für  welches  aber  seine  Autorschaft  vermuthet  worden  ist. 

Gr.  152,  1  und  382,  1  führt  Bartsch  eine  in  PT  er- 
haltene „Tenzone"  —  es  ist  vielmehr  nur  ein  Coblenwechsel 
—  zwischen  Folquet  und  Porcier  auf  (gedruckt  nach  P 
Arch.  50,  282,  die  erste  Strophe  nach  P  unter  Benutzung  von 
T  auch  Choix  V,  148  und  M.W.  III,  105)  und  Schultz,  Zeitsohr. 
f.  rom.Phil.  IX,  133  spricht  die  Vermuthung  aus,  der  Interlokuten' 
sei  vielleicht  Folquet  von  Romans.  Nun  lautet  allerdings  die 
Ueberschrift  in  P:  Cobla  de  FolJcet  e  den  Forcer  del  cont 
de  Tolosa,  indessen  sind  in  Wirklichkeit,  soweit  ich  den  arg 
verdorbenen  Text  verstehe  —  den  eigentlichen  Sinn  des- 
selben vermochte  ich  nicht  zu  enträthseln  —  die  Unter- 
redner   nicht    Folquet    und    Porcier,    sondern    Porcier   und 


—     7     —  ' 

dessen  S eigner  (der  in  der  Ueberschrift  genannte  Graf  von 
Toulouse?)  und  wird  ein  Folquet  darin  nur  in  dritter 
Person  erwähnt.  Die  Ueberschrift  beruht  somit  auf  einem 
Missverständniss  und  Folquet's  Autorschaft  kommt  für  das 
Gedicht  überhaupt  nicht  in  Betracht;  ob  darin  nun  viel- 
leicht von  ihm  die  Rede  ist,  das  interessiert  uns  hier 
nicht  und  wird  sich  auch  schwerlich  entscheiden  lassen. 

Sind  wir  somit  in  allen  diesen  Fällen  zu  einem  ne- 
gativen Resultat  gelangt,  so  liegt  die  Sache  nun  anders 
bezüglich  einer  254  Achtsilbner  umfassenden  Epistel  — 
wohl  als  der  domnejaire  zu  bezeichnen,  wenn  gleich  mit 
domna  nur  beginnend,  nicht  auch  schliessend  — ,  als  deren 
Verfasser  in  einer  der  Handschriften,  die  sie  überliefern, 
Folquet  von  Romans  genannt  wird;  es  ist  die  Epistel: 
Domna,  eu  pren  comjat  de  vos  (Gr.  §  29),  die  in  L  N 
anonym  überliefert  ist,  in  G  dem  Pods  von  Capdoill,  in  c 
aber  dem  Folquet  von  Romaus  zugeschrieben  wird.  Dass 
der  Brief  von  Pons  von  Capdoill  herrühren  sollte  —  wie 
Bartsch  im  Grundriss  annimmt,  doch  mit  der  Bemerkung, 
dass  seine  Autorschaft  nicht  sicher  sei  — ,  das  hat  schon 
Napolski  in  seiner  Ausgabe  dieses  Dichters  (Halle  1880) 
S.  46  als  unwahrscheinlich  bezeichnet;  er  meint,  das  Ge- 
dicht sei  dem  Pons  vielleicht  deshalb  zugeschrieben  worden, 
weil  darin  V.  182  der  Name  eines  von  dem  Dichter  in 
seinen  Liedern  mehrfach  genannten  Freundes,  Andren,  be- 
gegne, während  an  der  betreffenden  Stelle  doch  einfach 
von  dem  bekannten  Romanhelden,  „Andreu  de  France",  die 
Rede  sei.  In  wie  weit  nun  den  von  Napolski  gegen  die 
Autorschaft  des  Pons  angeführten  Gründen  Gewicht  bei- 
zumessen ist,  das  brauche  ich  nicht  weiter  zu  untersuchen, 
da  sich  positiv  zeigen  lässt,  dass  vielmehr  Folquet  von 
Romans  der  Verfasser  sein  muss.  Dieser  Nachweis  lässt 
sich  führen  auf  Grund  von  Lied  II:  Ma  bella  domna,  per 
vos  dei  esser  gais,  welches,  wie  die  Epistel,  gerichtet  ist 
an  eine  Dame,  von  der  der  Dichter  sich  —  offenbar  kurz 
vorher,  und  zwar  infolge  ihrer  Abreise,  —  hat  trennen 
müssen.  Fast  sämmtliche  Gedanken  des  Liedes,  Zeile  für 
Zeile,  zum  Theil  —  und  das  ist  das  wesentlichste  —  mit 
den  gleichen  Worten,  finden  sich    nämlich    in    der  Epistel 


8 


wieder;  ich  stelle  im  Folgenden  die  Parallelstellen  neben 
einander,  links  die  Stellen  des  Liedes,  rechts  die  der 
Epistel : 


V.  2  cral  departir  nie  dones  un 

clolz  bais, 
tan  dolzamen,  lo  cor  del 

cors  mi  trais; 
lo  cor  avez,  domna,  qu'eu 

lo  vos  lais 
per  tal  coven,  qu'eu  no'l 

volh  cobrar  mais 


10  Ma  bella   domna,   a  vos 
me  valha  deus, 
que  mil  aitanz  soi  melh 
vostre  que  meus 

12  ob e dient  plus  que  serf 
ni  judeus 


13  e  de  vos  teng  mon  aloc 
e  mos  feus 

10  e   morrai   tot   aissi    com 
fes  n' Andreus 


?1  qu'eu  ai  ben  vist  e  cone- 
guz  en  sort 
qu'en  breu  de  temps 
m'auran  li  sospir 
mort, 
se  eu  ab  vos  en  chambra 
noin  deport 

26  s'enaissi     mor,     pechat 
n/aurez  e  tort 


30  que  nulla  ren  non  am  tan 
ne  desir 
com  eu  faz  vos 


V.  53  ...  de  cor  soi  mondes  e 

Mos, 
bella  domna,  vos  nüavez  dos, 
que   vos  avez    lo  meit  e'l 

vostre, 
et  ai  ben  talen  que'l  vos 

mostre : 
quan  preses  mon  anellet 

d'or, 
mi  traisses  dinz  del 

cors  lo  cor  . . 

1 0  Domna ,    que  ja   no' m 
valha  deus, 
se     melhz     non     soi 
vostre  que  meus 

129  que  vostr'  oms  soi  e  vostre 
sers, 
plus    obediens    qu'uns 
convers 

48  bella  domna,  valenz  epros, 
de  cui  teing  tot  quant 
ai  en  feu 

1 S 1  e  scm  tenez  en  tal  balansa, 
companhs  serai  An- 

dreu  de  Fransa 
que  mori  per  amor  s'amia 

180  que,  s'en  breu  temps 
non  m'ajudaz, 
mort  mi  trobarez,   so 
sapchatz 


37  mos  vos  n  aurez  pe- 
chat e  tort, 
se  mais  non  m'amaz  viu 
que  mort 

204  quar  ren  del    mon    tan 
non  desir 
cum    faz    vostre    bei 
cors  lejal 


9     — 


34  na f rat  m'avez  .  .  . 


71  qu'eu  non  cre  que  negus 
fos  naz 

con  tan  hei  glavi  fos  n  a  - 
vraz 

com  eu  soi  .  . 

Hier  wie  dort  wird  Salomo  erwähnt,  allerdings  in  ver- 
schiedenem Zusammenhange: 

121  e   val    mais   merccs    que 

razos 
en  amor,   so   dis  Sala- 
mos 


43  que  per   amor  fu   vencuz 
Salamos 


Hier  wie  dort  vergleicht  sich  der  Dichter   mit  Floris, 
allerdings  wiederum  in  verschiedener  Hinsicht: 


6  que  melh  non  pres  a  Raol  I 
de  Cambrais 
ne  a  Flori,    can  poget 

el  palais, 
com  fez  a  mi  . . 


135  que  tan  vos  soi  ferms  e 

lejals 
que  Tristans  fo  vers  Ysout 

fals 
contra  mi,  e  vers  Blancha- 

flor 
Floris  ac  cor  galiador. 


Derselbe  Vergleich  findet  sich  bei  Folquet  noch  zwei 
mal,  nämlich  Nr.  III,  17: 


sowie  IV,  17: 


anc  no  fo  de  joi  tan  rics 
Floris,  quan  jac  ab  s'amia 

E  sapchatz  c7anc  plus  coralmen 
non  amet  Floris  Blanciflor. 


Dazu  kommt,  dass,  wie  ja  schon  aus  den  angeführten 
Parallelstellen  einigermassen  zu  ersehen  ist,  der  Ton  der 
Darstellung  in  beiden  Gedichten  geradezu  identisch  ist; 
wer  dieselben  nach  einander  liest,  der  wird  den  entschiedenen 
Eindruck  bekommen,  dass  Lied  und  Epistel  von  dem  näm- 
lichen Verfasser  herrühren  und  der  gleichen  Situation  ihre 
Entstehung  verdanken  müssen.  Somit  glaube  ich  mich  zu 
der  Behauptung  berechtigt,  dass  die  Epistel  Folquet  von 
Romans  zuzuschreiben  ist. 

Damit  wäre  denn  der  Bestand  von  Folquet's  dichte- 
rischem Nachlass  fixirt;  derselbe  beläuft  sich  auf  13  Stücke, 
nämlich: 


—     10     — 

5  Canzonen:  Gr.  n.  2,  3,  5,  8,  14,  darunter  drei,  Gr.  n.  2, 
3,  14,  als  Sirventes-Canzonen  zu  bezeichnen  —  14  nennt 
der  Dichter  selbst  clianso  sirventes. 

4  Sirventese:  Gr.  n.  6,  10,  11,  12;  davon  eines,  Gr.  n.  12, 
ein  Kreuzlied,  die  übrigen  persönlichen,  politischen,  all- 
gemein moralischen  oder  moralisch -religiösen  Inhalts. 

3  Coblenwechsel :  Gr.  n.  1,  4,   9. 

1  Epistel  (domnejaire):  Gr.  §  29. 

Ich  gehe  nunmehr  über  zur  Erörterung  der  Lebens- 
schicksale unseres  Dichters. 

IL 

Von  Folquet's  Lebensschicksalen  haben  wir  nur  sehr 
mangelhafte  Kunde.  Die  Quellen,  welche  uns  dafür  zu 
Gebote  stehen,  sind  die  folgenden: 

1.  Die  provenzalische  Lebensnachricht. 

2.  Die  bekannten,  von  Gaston  Paris  in  der  Romania 
XVIII,  553  eingehend  besprochenen  Strophen,  in  denen  der 
nordfranzösische  Ritter  und  Trouvere  Hugo  von  Berze  Fol- 
quet  zur  Theilnahme  am  Kreuzzug  auffordert. 

3.  Folquet's  eigene  Gedichte. 

4.  Seine  Erwähnung  in  einigen  Urkunden. 

Die  provenzalische  Lebensnachricht  fasst  sich  sehr 
kurz  und  ist  ganz  allgemein  gehalten: 

Folquet  von  Romans,  meldet  sie,  stammte  aus  Viennois, 
aus  einem  Orte  Namens  Romans.1)  Er  war  ein  tüchtiger 
Joglar,  verstand  es  gut,  sich  an  den  Höfen  zu  bewegen2) 
und  war  von  sehr  munterem  Wesen3);  und  er  war  wohl 
angesehen  in  der  guten  Gesellschaft.  Er  dichtete  Sirven- 
tese nach  Spielmannsart,  in  denen  er  die  Edlen  lobte  und 
die  Schlechten  tadelte  (sirventes  joglarescs  de  lanzar  los 


x)  Arrond.  Valence,  an  der  Isere,  nicht  weit  von  ihrem  Ein- 
fluss  in  die  Rhone. 

2)  So  dürfte  das  prezentiers  en  cort  wohl  am  zutreffendsten 
zu  übersetzen  sein. 

?j)  Es  ist  schwer,  für  das  provenzalische  de  gran  solatz  einen 
adäquaten  Ausdruck  zu  finden;  „ein  guter  Gesellschafter"  würde 
dem  Sinne  vielleicht  noch  am  nächsten  kommen. 


—    11    — 

pros  e  de  hlasmar  Jos  inalvatß),  und  er  dichtete  treffliche 
Coblen. 

Irgend  welche  nähere  Angaben  über  Folquet's  Lebens- 
schicksale erhalten  wir  hier  also  nicht;  welche  Art  von 
Sirventesen  der  Biograph  mit  den  „Sirventesen  nach  Spiel- 
mannsart"  meint,  wird  weiter  unten  besprochen  werden. 

Bessere  Auskunft  als  die  Lebensnachricht  erth eilen 
uns  die  unter  n.  2  und  3  namhaft  gemachten  Quellen.  Die 
Strophen  Hugo's  von  Berze  bieten  uns  zunächst  eine  Hand- 
habe, um  die  Geburtszeit  des  Dichters  annähernd  zu  be- 
stimmen. Da  dieselben  auch  in  anderer  Beziehung  für 
Folquet  von  Interesse  sind,  so  theile  ich  sie  hier  nach  der 
von  G.  Paris  a.  a.  0.  gegebenen  kritischen  Restitution  voll- 
ständig mit.  Sie  lauten  mit  der  nur  in  H  erhaltenen 
Ueberschrift  folgendermassen  : 

N'Ugo   de  Berste  mandet  aquestas  coblas  a  Folquet  de  Rotmans 

per  im  joglar  q'avia  nom  Bernart  d' Ar  gentau  per  predicar  lui 

que  vengues  con  lui  outra  mar. 

Bernarz,  di  moi  Fouquet  qu'on  tient  a  sage 

que  n'emploit  pas  tot  son  sen  en  folie, 

que  nos  avons  grant  part  de  nostre  eage 

entre  nos  deus  usei  en  lecherie; 

et  avons  bien  dou  siegle  tant  apris  5 

que  bien  savons  que  chascun  jor  vaut  pis; 

por  quoi  feroit  bon  esmendeir  sa  vie, 

car  a  la  fin  est  fors  de  juglerie. 

Dieus!  quel  dolor,  quel  perte  et  quel  damage 

oVome  qui  vaut  quant  il  ne  se  chastie!  10 

Mais  tel  i  a,  quant  voit  son  bei  estage 

et  sa  maison  bien  pleine  et  bien  garnie, 

qui  ne  cuide  soit  autre  paradis. 

Ne  le  penseiz,  Fouquez,  beaus  douz  amis, 

mais  faites  nos  outre  meir  compaignie,  15 

que  tot  ce  faut,  mais  Dieus  ne  faudra  mie. 

Bemarz,  encor  me  feras  un  message 

au  bon  marquis  cui  aim  sanz  tricherie, 

que  je  li  pri  qu'il  aut  en  cest  voiage, 

que  Monferraz  le  doit  d'anc eiser ie\  20 

que  autre  foiz  fast  perduz  li  pais, 

ne  fust  Conraz,  qui  tant  en  ot  de  pris 

qu'il  n'iert  ja  mais  nul  teirips  que  Von  ne  die 

que  par  lui  fu  recovreie  Surie. 


—      12     — 

Bernarz,  di  moi  mon  seignor  au  marquis 
que  de  part  moi  te  dont  ce  que  m'as  quis, 
que  fai  la  crois  qui  me  defent  et  prie 
que  ne  mete  mon  avoir  en  folie. 

Wie  G.  Paris  a.  a.  0.  überzeugend  darthut,  stammt  das 
Gedicht  aus  dem  J.  1201;  der  in  Str.  III  genannte  Mark- 
graf von  Monf errat  ist  Bonifaz  I.  (1182 — 1207),  der  Kreuz- 
zug, an  dem  Theil  zu  nehmen  er  wie  Folquet  aufgefordert 
wird,  ist  der  vierte;  ein  zweites,  nur  in  der  einen  der  beiden 
Handschriften  überliefertes  Geleit,  dessen  Inhalt  zu  dieser 
Annahme  nicht  stimmen  würde,  muss  als  späterer  Zusatz 
betrachtet  werden,  beigefügt  in  der  Absicht,  das  Gedicht 
zu  modernisiren,  es  den  Verhältnissen  des  Jahres  1223 
anzupassen.  Verfasser  ist  von  den  beiden  Hugos  von 
Berze  —  Berze-le-Chätel  bei  Mäcon  — ,  welche  nach  Ville- 
hardouin  am  4.  Kreuzzug  Theil  nahmen,  der  jüngere, 
Hugo  von  Berze  der  Sohn,  von  dem  uns  ausserdem  noch 
fünf  lyrische  Gedichte1)  und  ein  unter  dem  Namen  der 
„Bible  au  seignor  de  Berze"  bekanntes  moralisch -didak- 
tisches Gedicht  erhalten  sind.  0.  Schultz,  Zeitschrift  IX,  133 
hatte  gegen  die  Beziehung  des  Gedichtes  auf  den  4.  Kreuz- 
zug Bedenken  geäussert,  und  die  Vermutung  ausgesprochen, 
es  möchte  vielmehr  in  das  Jahr  1215  oder  etwas  später 
zu  setzen  sein,  indessen  ist  auch  er  jetzt  ib.  XVI,  506  der 
Ansicht  G.  Paris'  beigetreten. 

Es  sind  in  diesen  Strophen  nun  vor  allem  V.  3  —  7, 
welche  für  die  Bestimmung  von  Folquet' s  Geburtszeit  in 
Betracht  kommen.  Hugo  erklärt  hier,  er  und  Folquet 
hätten  „einen  grossen  Teil  ihres  Lebens  der  Welt- 
lust (lecherie)  gehuldigt;  sie  hätten  vom  Weltleben  nun 
genug  kennen  gelernt,  um  zu  wissen,  dass  es  den  einen 
Tag  weniger  tauge  als  den  andern,  darum  thäten  sie  gut 
daran,  jetzt  ihr  Leben  zu  verbessern".  Aus  dieser  Aeusse- 
rung  geht  offenbar  hervor,  dass  beide  damals,  also  im  Jahre 
1201,    über    die    erste    Jugend   bereits    hinaus    waren,    wir 

*)  Hgg.  von  C.  Engelcke,  Die  Lieder  des  Hugues  de  Bregi. 
Rostocker  Dissertation.     1885. 

2)  Hgg.  bei  Barbazan  et  Meon,  Fabliaux  et  contes,  t.  II, 
394  —  420. 


—     13     — 

dürfen  annehmen,  dass  sie  mindestens  Ende  der  zwanziger 
oder  Anfang  der  dreissiger  Jahre  standen.  Zu  dem  gleichen 
Schlüsse  scheinen  mir,  was  speciell  Folquet  betrifft,  Vers 
11 — 14  zu  nötigen.  Denn  wenn  Hugo  hier  erklärt,  es 
gäbe  manchen,  dem  sein  bei  estage  und  seine  maison  bien 
pleine  et  bien  garnie  wie  ein  zweites  Paradies  erscheine, 
Folquet  möge  nicht  so  denken,  so  liegt  darin  doch  wohl 
implicite,  dass  Folquet  selbst  im  Besitz  eines  solchen  „wohl 
gefüllten,  wohl  ausgestatteten  Heims"  sich  befand.  Dass 
aber  ein  von  Haus  aus  doch  in  der  Regel  mittelloser,  auf 
die  Gaben  der  Grossen  angewiesener  Joglar,  wie  Folquet 
es  war,  zu  Vermögen  und  Wohlstand  gelangt  sein  sollte, 
ohne  schon  während  einer  längeren  Reihe  von  Jahren 
seinem  Berufe  obgelegen  zu  haben,  das  ist  gewiss  nicht 
eben  wahrscheinlich. 

Haben  wir  somit  für  Folquet's  Geburtszeit  eine  un- 
gefähre Grenze  nach  unten  gewonnen,  so  erhalten  wir 
nun  eine  solche  nach  oben,  wenn  wir  die  Thatsache  in 
Rechnung  ziehen,  dass  zwei  seiner  Liebeslieder,  Nr.  IV  und  V, 
erst  nach  dem  Jahre  1220,  innerhalb  der  Jahre  1220  und 
1228,  entstanden  sein  können,  indem  in  beiden  Friedrich  IL 
bereits  als  Kaiser  bezeichnet  wird.  Sind  die  soeben  aus 
Hugo's  Strophen  gezogenen  Schlussfolgerungen  zutreffend, 
so  muss  Folquet  zu  dieser  Zeit  mindestens  bereits  ca.  50 
Jahre  alt  gewesen  sein.  Das  ist  ja  nun  gewiss  recht  wohl 
denkbar,  aber  andrerseits  ist  es  doch,  besonders  wenn  wir 
den  jugendlich  frischen,  munteren  Ton  dieser  Lieder  be- 
rücksichtigen, gewiss  wenig  wahrscheinlich  —  wenn  auch 
nicht  geradezu  ausgeschlossen  — ,  dass  er  schon  wesentlich 
älter  gewesen  sein  sollte.  Wir  dürfen  demnach  annehmen., 
dass  er,  als  er  die  in  Rede  stehenden  Lieder  verfasste,  im 
Alter  von  50  —  60  Jahren  stand,  —  womit  denn  also  die  Zeit 
seiner  Geburt  annähernd  fixirt  wäre:  dieselbe  ist  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  gegen  1170  anzusetzen.  Es  stimmt  zu 
diesem  Resultate,  wenn  nach  G.  Paris  die  Gebuit  Hugo's 
von  Berze  in  die  gleiche  Zeit  fällt;  denn  es  ist  doch  wohl 
anzunehmen,  dass  die  beiden  Freunde  ungefähr  gleichaltrig 
gewesen  sind. 

Was  nun  Folquet's  Schicksale  betrifft,  so  erfahren  wir, 


—     14     — 

wie  soeben  bemerkt,  zunächst  aus  Hugo's  Strophen,  dass 
er  in  jungen  Jahren  mit  diesem  seinem  ritterlichen  Gönner 
zusammen  ein  lustiges  Leben  geführt  und  die  Freuden  der 
Welt  gründlich  genossen  hatte.  Dass  sein  Sinn  einst  auf 
die  Welt  und  ihre  Lust  gerichtet  gewesen  sei,  gesteht  Hugo 
auch  in  seiner  Bible  ein,  und  was  er  hier  von  sich  sagt, 
das  gilt  gewiss  ebensowohl  von  Folquet.  Die  Welt  (li  siecles), 
erklärt  Hugo,  habe  einst  solchen  Wohlgeschmack  für  ihn 
gehabt,  dass  seine  Gedanken  Tag  und  Nacht  auf  nichts 
anderes  gerichtet  gewesen  seien;  er  habe  sie  mehr  geliebt 
als  irgend  einer.  Auch  welcher  Art  die  Freuden  waren, 
die  sie  ihm  —  und  mit  ihm  also  Folquet  —  bot,  erfahren 
wir  hier:  er  hat  seine  Lust  gehabt  „am  Lachen  und  Singen, 
am  Turnieren  und  Umherziehen,  am  Abhalten  und  Be- 
suchen von  Höfen" : 

V.  93 :  Solaz  de  rire  e  de  chanter, 
et  de  tornoier  e  d'errer 
et  de  corz  mander  et  tenir  .  ., 

auch  hat  er  der  Minne  seinen  Tribut  gezahlt: 

V.  739:  D'un  pechie  c'on  apele  amor 

me  prent  sovent  molt  yrant  paor  . . 

G.  Paris  setzt  in  diese  Zeit,  also  in's  letzte  Jahrzehnt 
des  12.  Jahrhunderts,  die  uns  erhaltenen  5  Lieder  Hugo's; 
dass  auch  Folquet  damals  schon  dichterisch  thätig  war,  ist 
wohl  nicht  zu  bezweifeln,  doch  lässt  es  sich  nicht  ent- 
scheiden, ob  von  seinen  uns  erhaltenen  Gedichten  eines  so 
weit  heraufgerückt  werden  darf  —  wahrscheinlich  ist  es 
nicht;  denn  diejenigen  seiner  Gedichte,  welche  überhaupt 
eine  Datirung  zulassen,  stammen  alle  aus  einer  wesentlich 
spätem  Zeit. 

Die  joie  du  siede  hatte  nun  aber  auf  die  Dauer  Hugo 
nicht  zu  befriedigen  vermocht;  er  hatte  sich,  wie  er  das  in 
den  oben  citierten  Strophen  und  mit  grösserer  Ausführlich- 
keit in  der  Bible  ausspiicht,  von  der  Nichtigkeit  und  Ver- 
gänglichkeit aller  irdischen  Lust  überzeugt;  er  hatte  Ein- 
kehr in  sich  gehalten  und  beschlossen,  „sein  Leben  zu 
verbessern"  — ,  ohne  darum  doch  zum  Kopfhänger  zu 
werden,    denn,    meint    er  in  seiner  Bible  V.  127  ff.,   „auch 


—     15     — 

missmutig,  traurig  und  griesgrämig  kann  man  wol  das 
Paradies  verlieren  und  mit  einem  Herzen  voll  Freude  und 
Heiterkeit,  wenn  man  sich  nur  vor  anderweitigen  Ver- 
fehlungen hütet,  kann  man  es  recht  wohl  gewinnen".  Den 
Anstoss  zu  seiner  Sinnesänderung  scheint  Hugo  eben  die 
im  Jahre  1201  sich  eröffnende  Gelegenheit  zur  Theilnahme 
an  einem  Zuge  nach  dem  heiligen  Lande  gegeben  zu  haben; 
jedenfalls  nahm  er  —  wie  oben  bemerkt,  gemeinsam  mit 
seinem  Vater  —  das  Kreuz.  Zu  dem  gleichen  Schritte 
suchte  er  nun  in  den  citirten  Strophen  seinen  Freund 
Folquet  zu  bewegen,  aber  seine  Mahnungen  blieben  offenbar 
ohne  Erfolg.  Dass  Folquet  an  der  Kreuzfahrt  nicht  Theil 
genommen  hat,  ergiebt  sich  aus  dem  Umstände,  dass  er  in 
einem  seiner  späteren  Lieder,  Nr.  III,  den  Weggang  des 
Markgrafen  Bonifaz  von  Monferrat  nach  dem  Orient  be- 
dauert und  klagt,  mit  ihm  sei  auch  die  Freigebigkeit  von 
dannen  gezogen,  und  dass  er  ebensowenig  dem  weltlichen 
Leben,  der  folie,  in  der  er  nach  Hugo's  Aussage  damals 
ganz  befangen  war,  entsagte,  das  können  wir  daraus  ent- 
nehmen, dass  von  seinen  Liebesliedern  eines  erst  nach  1212, 
zwei,  wie  schon  bemerkt,  erst  nach  1220  entstanden  sind. 
Folquet  muss  sich,  wie  gleichfalls  schon  erwähnt 
wurde,  zu  jener  Zeit  in  sehr  angenehmen  äusseren  Ver- 
hältnissen befunden  haben,  es  scheint,  dass  er  ein  „wohl 
versehenes,  wohl  eingerichtetes  Haus"  sein  eigen  nannte, 
in  dem  er  sich,  mit  Hugo  zu  reden,  „wie  in  einem  zweiten 
Paradiese"  fühlen  konnte.  Somit  führte  er  damals  nicht 
das  unstäte  Leben  eines  von  Ort  zu  Ort  wandernden  Jo- 
giars, sondern  hatte  irgendwo  dauernden  Aufenthalt  ge- 
nommen. Da  Hugo  nun  in  der  III.  Strophe  seines  Ge- 
dichts sich  an  den  Markgrafen  Bonifaz  von  Monferrat  wendet 
und,  wie  wir  eben  sahen,  Folquet  dessen  Wegzug  beklagt, 
so  dürfen  wir  annehmen,  dass  er  an  dem  Hofe  eben  dieses 
bekannten  Gönners  der  Trobadors  verweilte  und  dass  Bonifaz 
Freigebigkeit  vor  allem  es  gewesen  war,  welche  ihn  in  den 
Stand  gesetzt  hatte,  sich  ein  eigenes  Heim  zu  begründen. 
Falls  in  dem  bei  Raimbaut  von  Vaqueiras  Gr.  392,  25 
(M.  G.  1078)  Str.  III  genannten  en  Folquet  c'a  cortezia 
lay  pari  Alexandria  unser  Folquet  —  wie  ich  im  Hin- 


—      16     — 

blick  auf  die  in  der  Biographie  von  ihm  gegebene  Cha- 
rakteristik (vgl.  S.  10)  allerdings  glauben  möchte  —  und 
nicht  Folquet  von  Marselha  zu  verstehen  ist,  so  würde 
diese  Stelle  der  soeben  ausgesprochenen  Annahme  zur  Be- 
stätigung dienen  können,  indem  aus  ihr  hervorgehen  würde, 
dass  Folquet  sich  vielleicht  schon  1195  —  in  dieses  Jahr 
setzt  Schultz,  Briefe  des  Raimbaut  von  Vaqueiras  S.  120 
vermuthungsweise  das  in  Rede  stehende  Lied  — ,  in  jedem 
Falle  aber  vor  1202  zu  Monferrat  aufgehalten  hat.  Sicher- 
lich hat  er  dann  daselbst  die  persönliche  Bekanntschaft 
des  Raimbaut  von  Vaqueiras  und  des  Peire  Vidal  gemacht, 
welche  beide  im  Jahre  1202  am  Hofe  des  Bonifaz  ver- 
weilten (Raimbaut  wahrscheinlich  schon  seit  1196,  vergl. 
Schultz  a.  a.  0.;  P.  Vidal  ed.  Bartsch  S.  LVII). 

Ob  und  wie  lange  Folquet  in  Monferrat  geblieben, 
nachdem  Bonifaz  die  Kreuzfahrt  angetreten  hatte,  das  wissen 
wir  nicht.  In  dem  ältesten  seiner  Lieder,  welches  eine 
Datirung  zulässt,  in  Nr.  III  (Gr.  n.  1 4),  finden  wir  ihn  wieder 
am  Hofe  seines  —  Bonifaz'  —  Sohnes,  des  Markgrafen  Wil- 
helm IV.  von  Monferrat  (1191 — 1225),  jedoch  nur  vorüber- 
gehend. Das  Lied  muss  nämlich,  da  Friedrich  IL  darin  V.  34  als 
„König"  bezeichnet  wird,  entstanden  sein  nach  dem  9.  Dez. 
1212,  an  dem  Friedrich  zu  Mainz  als  römischer  König  ge- 
krönt wurde,  und  vor  dem  22.  Nov.  1220,  an  dem  er  zu 
Rom  die  Kaiserkrone  empfing.  Dass  Folquet  damals  nur 
vorübergehend  am  Hofe  von  Monferrat  verweilte  und  seinen 
dauernden  Aufenthalt  vielmehr  in  seiner  Heimat,  in  Viennois, 
hatte,  das  geht  hervor  aus  Str.  I.  Das  Lied,  eine  Sirventes- 
Canzone,  ist  nämlich  gerichtet  an  eine  Dame  ^u  Viennois, 
deren  Gunst  gewonnen  zu  haben  der  Dichter  sich  rühmt: 
Seit  er  Viennois  verlassen,  denkt  er  an  nichts  anderes  als 
an  ihre  vollendete  Schönheit.  Stets  erinnert  er  sich  des 
Tages,  wo  sie  zu  ihm  sagte:  Schöner  süsser  Freund,  gehe 
schnell  und  säume  nicht,  wenn  du  nicht  willst,  dass  ich 
sterbe.  Ihr  Herren,  fragt  er,  bin  ich  nicht  glücklich,  dass 
die  schönste,  die  ich  weiss,  mir  gesagt  hat,  was  ich  Euch 
eben  sagte?  (1 — 12).  Durch  treuen  Dienst  hat  er  ihre 
Neigung  gewonnen;  wohl  haben  Verläumder  sich  bemüht, 
ihm  zu  schaden,  aber  es  ist  ihnen  nicht  gelungen  (19  ■-  27). 


—     17     — 

In  den  folgenden  beiden  Sirventesstrophen  rühmt  er  den 
Markgrafen  Wilhelm,  „seinen  Herrn",  als  klug,  höfisch 
und  leutselig,  und  erklärt,  es  werde  ihm  leid  thun,  wenn 
er  sich  von  ihm  werde  trennen  müssen;  doch  tadelt  ei- 
sernen Geiz:  König  Friedrich,  meint  er,  habe  mit  Recht 
gesagt,  man  würde  eines  Pickels  bedürfen,  wenn  man  Geld 
aus  ihm  ziehen  wolle  (28 — 36).  Und  doch  habe  kein  Lom- 
barde je  so  viel  um  des  Ruhmes  willen  ausgegeben,  wie 
sein  Vater  (Bonifaz);  als  dieser  nach  Romanien  gegangen 
sei,  da  sei  auch  die  Freigebigkeit  mit  ihm  von  dannen  ge- 
zogen, dadurch  seien  sie,  die  Hofleute,  in  grosse  Not  ge- 
kommen, so  viele  von  ihnen  wanderten  nun  arm  und  bettelnd 
in  der  Lombardei  umher  (37 — 45). 

Aus  dem  Anfang  dieses  Liedes  geht  also  in  unzweideutiger 
Weise  hervor,  dass  Folquet  damals  Viennois  erst  kurz  vorher 
verlassen  hatte  und  dass  er  beabsichtigte,  baldigst  dahin  zu- 
rückzukehren. Aus  seiner  Klage  über  Bonifaz'  Wegzug  lässt 
sich  überdies  entnehmen,  dass  in  seinen  äusseren  Verhältnissen 
seit  dem  J.  1201  sich  ein  Wandel  vollzogen  hatte;  augenschein- 
lich war  er  jetzt  nicht  mehr  der  aller  Sorgen  um  die  Existenz 
überhobene  Mann,  als  welcher  er  in  Hugo's  Strophen  er- 
scheint, sondern  war  genötigt,  als  fahrender  Spielmann  sich 
seinen  Unterhalt  zu  verdienen.  Ueber  den  Zweck  seines 
Besuches  am  Hofe  von  Monferrat  erhalten  wir  keinerlei 
Auskunft.  Ebensowenig  erfahren  wir  etwas  näheres  über 
die  Persönlichkeit  der  Dame,  welche  in  dem  Liede  gefeiert 
wird;  ich  halte  es  nun  nicht  für  unwahrscheinlich,  dass  es 
dieselbe  ist,  an  welche  Nr.  II  (Gr.  8)  und  die,  wie  S.  7 ff. 
gezeigt,  mit  diesem  Liede  eng  zusammengehörige  Epistel 
gerichtet  sind:  hier  wie  dort  hören  wir,  dass  die  Neigung 
des  Dichters  von  Seiten  der  Dame  erwidert  werde  und  die 
eben  citierte  Stelle  V.  7 — 9,  in  der  die  Dame  redend  ein- 
geführt wird,  erinnert  lebhaft  an  eine  ähnliche  Stelle  in 
der  Epistel  V.  172 — 175.  Lied  wie  Epistel  enthalten  eine 
leidenschaftliche,  an  die  Adresse  einer  hochstehenden,  nicht 
genannten  Dame  gerichtete  Liebeswerbung.  Die  Dame  hat 
dem  Dichter  —  so  erfahren  wir  in  dem  Liede  — ,  als  sie 
von  ihm  Abschied  nahm,  einen  Kuss  gegeben;  durch  diese 
Gunst  fühlt  er  sich  hochbeglückt.     „Meine  schöne  Herrin", 

Zenker,    Folquet  von  Romans.  2 


—     18     — 

beginnt  er,  „um  Euretwillen  muss  ich  fröhlich  sein,  denn 
beim  Abschied  gabt  Ihr  mir  einen  süssen  Kuss,  so  süss, 
dass  er  das  Herz  mir  aus  dem  Leibe  zog;  das  Herz  habt 
Ihr,  Herrin,  ich  lasse  es  Euch,  mit  der  Bedingung,  dass 
ich  es  nie  zurückhaben  will;  denn  besser  erging  es  nicht 
Raoul  von  Cambrai  noch  Floris,  als  er  zum  Palaste  empor- 
stieg, als  es  mir  erging,  weil  ich  treu  bin  und  wahr,  meine 
schöne  Herrin"  (1  —  9).  Er  ist  der  ihrige  mit  Leib  und  Seele, 
jegliche  Mühe,  die  sie  ihm  auferlegt,  wird  ihm  angenehm 
und  leicht  sein;  wird  sie  nicht  die  seine,  so  muss  die  Sehn- 
sucht ihn  töten,  sie  allein  kann  ihn  retten  (10 — 27).  Aber 
sie  möge  ihn  nicht  sterben  lassen,  er  liebt  sie  ja  tausend 
mal  mehr  als  er  sagen  kann;  sie  selbst  wird  den  Schaden 
haben,  wenn  sie  seine  Bitten  nicht  erhört ;  je  mehr  er  sie 
sieht,  um  so  schöner  erscheint  sie  ihm  (28  —  36).  Sie  ist 
so  reich  an  Anmut,  dass  Jeder,  der  sie  erblickt,  sich  in 
sie  verliebt;  durch  die  Liebe  wurde  Salomo  besiegt,  so  ist 
auch  ihm  geschehen  (37 — 45).  Den  gleichen  Gedanken, 
in  breiterer  Ausführung,  enthält  die  Epistel.  Der  Dichter 
ist  tief  betrübt  über  die  Abreise  seiner  Freundin,  die  er 
mehr  liebt  als  alles  auf  der  Welt;  sie  hat  sein  Herz  ge- 
fangen genommen,  so  dass  er  keinen  anderen  Gedanken 
hat  als  den,  ihr  zu  dienen.  Im  Traum  weilt  sein  Geist 
bei  ihr,  wie  glücklich  ist  er  dann!  Wenn  er  erwacht, 
möchte  er  sich  die  Augen  ausreissen,  dass  sie  ihn  dieses 
Glücks  berauben.  Sein  Schicksal,  Leben  oder  Tod,  liegt 
in  ihrer  Hand;  unrecht  würde  sie  handeln,  wenn  sie  seinen 
Tod  wollte  (1 — 38).  Er  weiss  wohl,  dass  er  sich  einer 
grossen  Kühnheit  schuldig  macht,  wenn  er  um  ihre  Gunst 
wirbt;  aber  handelt  der  nicht  thöricht,  der  seine  Leiden 
dem  Arzte  nicht  klagt,  der  ihm  helfen  kann?  Darum  will 
er  ihr  sein  Leid  klagen:  er  hat  ja  kein  Herz  mehr,  sie 
hat  der  Herzen  zwei,  das  seine  und  das  ihre;  als  sie  seinen 
Goldring  annahm  und  ihm  dafür  ihre  Börse  gab,  da  hat 
sie  ihm  das  Herz  aus  dem  Leibe  gezogen  und  ihn  zu  ihrem 
Gefangenen  gemacht;  schweres  Unrecht  würde  sie  begehen, 
wollte  sie  ihren  Gefangenen  tödten  —  und  doch,  es  wäre 
der  schönste  Tod,  der  je  einem  Menschen  geworden,  wenn 
er  um  ihretwillen  stürbe  (39 — 73).    Im  Leben  und  im  Tod 


—     19     — 

ist  er  der  ihre,  denn  ihre  Schönheit  hat  nicht  ihres  Gleichen 
unter  der  Sonne;  wenn  er  ihr  Antlitz,  das  weisser  ist  als 
Schnee  auf  Eis,  ihren  rothen  Mund,  ihre  schönen  lachenden 
Augen,  ihre  weisse  Stirn  und  ihre  feinen  blonden  Haare 
betrachtet,  die  heller  leuchten  als  lauteres  Gold,  dann  glaubt 
er  im  Paradiese  zu  sein  und  feiert  in  seinem  Herzen  ein 
Freudenfest.  Freilich,  wenn  er  erwägt,  wie  gering  er  ist 
und  wie  hoch  sie  über  ihm  steht,  dann  muss  er  wohl  in 
Sorgen  leben.  Aber  ihre  vornehme  Geburt  und  ihr  Reich- 
thum  darf  ihm  nicht  schaden,  denn  in  der  Liebe  gilt  ja 
hoch  und  niedrig  gleich  (74 — 120).  So  möge  sie  ihm  denn 
Gnade  beweisen,  da  er  sie  mehr  liebt  als  alles.  Wenn  er 
Jemanden  trifft  aus  dem  Lande,  wo  sie  weilt,  dann  fragt 
er  ihn  aus  und  bringt  ihn  auf  sie  zu  sprechen;  und  dann 
vermag  er  sich  vor  Erregung  nicht  auf  den  Füssen  zu 
halten,  sondern  stürzt  zu  Boden,  so  dass  er  oft  deswegen 
Scham  empfindet.  Wenn  sie  doch  nur  ein  wenig  von  seiner 
Pein  fühlte  (121 — 162).  Unter  Lachen  und  Scherzen  hat 
sie  ihm  eine  Falle  gestellt  und  er  hat  dieselbe  nicht  be- 
merkt, bis  er  gefangen  war.  Sie  hat  ihm  einmal  den  Arm 
um  den  Hals  gelegt  und  ihm  gesagt,  er  sei  der  erste,  in 
den  sie  je  verliebt  gewesen  sei,  und  solle  der  letzte  sein ; 
ja,  wenn  sie  ihm  das  nur  beweisen  wollte!  Wenn  sie  ihn 
so  in  der  Schwebe  lasse,  dann  würde  es  ihm  ergehen  wie 
Andren  von  Frankreich,  der  aus  Liebe  starb.  Aber  in  der 
heiligen  Schrift  steht  geschrieben,  dass  eine  Dame,  die 
wissentlich  ihren  Freund  tötet,  Gott  nicht  sehen  soll! 
Darum  möge  sie  Mitleid  mit  ihm  haben  (163 — 207).  Er 
vermag  ja  Gott  um  nichts  anderes  zu  bitten,  als  dass  er 
sie  ihm  freundlich  stimme.  Wenn  er  die  Kirche  betreten 
hat,  wo  andere  Sünder  Gott  um  Verzeihung  anflehen  für 
ihre  Sünden,  dann  betet  er  zu  ihr,  und  wenn  er  denkt,  das 
Vaterunser  zu  sprechen,  dann  kommen  die  Worte  über 
seine  Lippen:  Herrin,  ich  bin  ganz  der  eure!  So  hat  sie 
ihn  bethört,  dass  er  Gott  und  sich  selbst  vergisst.  Aber 
wenn  sie  ihn  erhören  wollte,  dann  würde  all  sein  Leid  in 
eitel  Freude  verkehrt  werden;  denn  so  gross  ist  die  Macht 
der  Liebe,  dass  eine  Freude,  die  sie  giebt,  tausend  Leiden 
vergessen  macht,  und  nur  den  wird  sie  beglücken,  der  zu 

2* 


—     20     — 

dulden  versteht.  Das  muss  er  besser  wissen  als  alle  andern, 
denn  ihm  haben  in  der  Stunde  seiner  Geburt  drei  Sehicksals- 
schwestern  bestimmt,  dass  er  alle  Zeit  verliebt  sein  solle; 
er  ist  gemacht,  um  den  Frauen  zu  dienen.  „Meiner  Herrin 
ergebe  ich  mich,  meiner  Herrin  gehöre  ich,  denn  ich  bin 
geboren,  um  ihren  Willen  zu  thun,  und  es  helfe  mir  Gott 
und  Gnade  zu  ihrer  Liebe  und  mein  treuer  Sinn" 
(208  —  254). 

Ich  halte  es,  wie  gesagt,  nicht  für  unwahrscheinlich, 
dass  diese  Epistel  sowie  Nr.  II  an  die  nämliche  Adresse 
gerichtet  sind  wie  Nr.  III,  in  welchem  Falle  sie,  da  der 
Dichter  in  ihnen  uoch  als  Werbender  erscheint,  einige  Zeit 
vor  III,  also  innerhalb  der  Jahre  1212  —  oder  etwas 
früher  —  und  1220  verfasst  sein  müssten;  freilich  liegt 
ein  einigermassen  zwingender  Grund  für  jene  Annahme  in 
keiner  Weise  vor.  Vollends  nur  als  möglich  möchte  ich 
es  bezeichnen,  dass  auch  Nr.  I  (Gr.  5)  und  Nr.  IV  (Gr.  3) 
dem  gleichen  Verhältniss  ihre  Entstehung  verdanken  könnten. 

Nr.  I,  für  dessen  Datirung  keinerlei  Anhaltspunkte  vor- 
handen sind,  ist  gerichtet  an  eine  Gräfin,  der  der  Dichter 
aus  der  Ferne  seinen  Gruss  sendet.  Aus  Freude  über  die 
Geliebte  will  er  ein  neues  Lied  singen;  alle  seine  Gedanken 
sind  bei  ihr,  darum  ist  er  froh  und  heiter  (1 — 8).  Un- 
längst hat  sie  ihn  durch  ihren  Stolz  gequält;  aber  nun  hat 
er  reichen  Trost  gefunden,  darum  hat  er  Grund  zu  lachen 
und  zu  singen  und  zu  frohlocken  (9  — 16).  Kummer  und 
Sorge  verscheucht  sie  ihm  durch  ihre  Freundlichkeit; 
schlafend  wandet  er  sich  nach  ihrem  Lande  —  wie  wohl 
thut  es  ihm,  wenn  er  den  Wind  spürt,  der  von  dorther 
weht  (17 — 32).  Er  hat  seinen  Sinn  hoch  gerichtet;  wer 
ihm  früher  gesagt  hätte,  dass  solches  Gut  ihm  zu  Theil 
werden  könnte,  den  hätte  er  für  einen  Thoren  gehalten. 
Nun  möge  das  Lied  zu  ihr  wandern  —  wie  gern  würde 
er  selbst  es  begleiten  und  die  Freundin  aufsuchen  (33 — 48). 

Nr.  IV,  eine  Sirventescanzone,  ist  nach  dem  22.  Nov. 
1220  entstanden,  da  unter  dem  Kaiser,  an  den  der  Dichter 
sie  sendet,  natürlich  Kaiser  Friedrich  zu  verstehen  ist.  Das 
Lied,  das  nur  vier  Strophen  umfasst,  singt  das  Lob  einer 
Dame,   von    der    der  Dichter   bemerkt,    dass  sie  ihm  wohl 


—     21      — 

geneigt  sei.  Die  Toniada  enthält  einen  Preis  des  Grafen 
Otto  von  Caretto  (in  Oberitalien,  nicht  weit  vom  Meerbusen 
von  Genua),  eines  Anhängers  des  Kaisers,  der  nach  Schultz, 
Zeitschr.  VII,  195  —  wo  näheres  über  ihn  —  in  den  Jahren 
1179 — -1231  nachzuweisen  ist;  da  Folquet  seiner  auch  in 
drei  anderen  Liedern,  in  Nr.  IV,  V  und  VI  mit  dem  höchsten 
Lobe  gedenkt,  so  dürfen  wir  annehmen,  dass  Otto  einer 
von  seinen  Hauptgönnern  gewesen  ist. 

Wer  nun  die  Dame  zu  Viennois  war,  an  die  Nr.  III  und 
also  möglicherweise  auch  Nr.  II,  XIII,  I  und  IV  gerichtet 
sind,  darüber  lässt  sich,  bei  dem  Mangel  jeglicher  festen 
Anhaltspunkte,  nicht  einmal  eine  Vermutung  aufstellen. 
An  Beatrix,  die  Tochter  des  Markgrafen  Wilhelm  von 
Monferrat  selbst,  welche  der  Dauphin  Andreas  von  Viennois 
nach  der  im  J.  1210  erfolgten  Verstossung  seiner  zweiten 
Gemahlin  im  J.  1220  heiratete  —  vgl.  über  sie  Schultz, 
Briefe  des  Raimbaut  von  Vaqueiras  S.  121  —  kann  doch 
schwerlich  gedacht  werden.  Dagegen  wäre  es  allerdings 
wohl  möglich,  dass  Folquet's  Aufenthalt  in  Viennois  und 
seine  von  dort  nach  Monferrat  unternommene  Reise  mit 
der  Uebersiedelung  der  Beatrix  im  Zusammenhang    stünde. 

Ende  des  J.  1220  oder  Anfang  des  J.  1221  muss  Fol- 
quet wieder  in  Italien  gewesen  sein,  und  zwar  muss  er 
entweder  direkt  Friedrich's  Kaiserkrönung  am  22.  Nov.  1220 
zu  Rom  beigewohnt  oder  doch  bald  nachher  sich  an  seinem 
Hofe  aufgehalten  haben.  Es  ergiebt  sich  dies  aus  der 
V.  Strophe  von  Nr.  VI  (Gr.  6),  einem  Sirventes,  welches, 
wie  die  gleiche  Strophe  beweist,  bald  nach  der  Kaiser- 
krönung, jedoch,  V.  26  zu  Folge,  nicht  mehr  an  Friedrichs 
Hofe,  entstanden  ist.  Das  Gedicht  gehört,  wie  unten  ge- 
zeigt werden  wird,  zu  den  sirventes  joglarescs  de  lauzar 
los  pros  e  de  blasmar  los  malvatz,  welche  Folquet  nach 
Angabe  der  Biographie  verfasste;  es  hat  zum  wesentlichen 
Inhalt  einen  Appell  an  die  Freigebigkeit  des  Kaisers.  Der 
Dichter  will  sagen,  wo  pretz  zu  finden  sei:  pretz  verweilt 
bei  den  „Höfischen"  und  verlangt  als  Nahrung  Freude  und 
Trefflichkeit  (valor);  pretz  hat  der,  der  unterrichtet,  frei- 
gebig, edelgesinnt  (franc),  leutselig  (iimil),  wohlwollend 
(plazeri)  und  gemeiner  Denkungsart  abhold    (ses  avoleza) 


—      22      — 

ist;  aber  leider  besitzen  nicht  drei  unter  100  Baronen  diese 
Eigenschaften  (1  — 18).  Möchte  doch  von  des  Dichters 
Freunden  nie  einer  reich  werden!  denn  sein  Herr  Friedrich, 
der  jetzt  über  alle  herrscht,  war  ehedem  freigebig,  seitdem 
er  aber  reich  geworden  ist,  hält  er  Land  und  Habe  an 
sich:  so  erzählt  jeder,  der  von  seinem  Hofe  kommt  (19 — 27). 
Aber  er  möge  des  Sprichwortes  eingedenk  sein:  Wer  alles 
behalten  will,  verliert  alles,  und  möge  sich  wohl  hüten, 
dass  das  Rad  sich  nicht  drehe,  denn  darüber  würden  alle 
seine  Feinde  frohlocken  (28  —  36).  Der  Dichter  dankt 
Gott,  dass  er  Friedrich  die  Kaiserkrone  verliehen  hat,  jeder- 
mann urteilt,  dass  sie  ihm  Glück  bringen  müsse  und  mit 
Recht,  denn  er  selbst  ist  Zeuge  gewesen,  mit  welcher  Liebe 
ihm  der  Markgraf  von  Este  und  der  Graf  von  Verona  be- 
gegnet sind  (37 — 45).  So  möge  er  denn  seinen  Freund  — 
Folquet  —  wert  halten  und  ihn  alle  Zeit  reichlich  be- 
denken; er  hat  ja  mehr  als  irgend  ein  anderer  die  Macht, 
gutes  zu  thun;  er  möge  es  dem  Dichter  nicht  verübeln, 
wenn  er  ihm  offen  seine  Meinung  sage;  nur  herzliche  Liebe 
sei  es,  was  ihn  dazu  bewege  (46 — 59).  —  Aus  diesem  Ge- 
dichte geht  also  auch  hervor,  dass  Folquet  ehemals  von 
Friedrich  Wohlthaten  empfangen  hatte,  er  wird  sich  mit- 
hin wohl  zeitweilig  an  seinem  Hofe  aufgehalten  haben. 
Dass  er  es  wagen  durfte,  demselben  mit  solcher  Offenheit 
seine  Meinung  zu  sagen,  lässt  darauf  schliessen,  dass  er 
sich  in  seiner  Gunst  sehr  sicher  gefühlt  haben  muss. 

Gleichfalls  nach  der  Kaiserkrönung,  aber  vor  dem 
28.  Juni  1228,  als  dem  Tage,  an  dem  Friedrich  die 
Ueberfahrt  nach  Palästina  antrat,  müssen  verfasst  sein 
Nr.  V,  VII  und  X,  da  in  ihnen  allen  von  dem  bevorstehenden 
Kreuzzug  des  Kaisers  die  Rede  ist.  0.  Schultz,  Zeit- 
schr.  VII,  196  setzt  diese  Gedichte  kurz  vor  1228  an  und 
speciell  Nr.  X,  ib.  IX,  133,  um  1227,  „als  Friedrich  die  Vor- 
bereitungen zum  Kreuzzug  traf".  Indessen,  da  Friedrich 
das  1212  abgelegte  Kreuzzugsgelübde  1220  bei  seiner  Kaiser- 
krönung erneuert  hatte  und  die  Vorbereitungen  zum  Kreuzzug 
seitdem  nie  ganz  ruhten,  da  andrerseits  in  den  in  Rede 
stehenden  Gedichten  von  dem  Kreuzzuge  nicht  gerade  als 
einem  unmittelbar  bevorstehenden  die  Rede  ist,  sondern 


—     23     — 

in  V  und  VII  Friedrich  nur  aufgefordert  wird,  denselben 
anzutreten,  in  X  aber  nur  der  Fall  gesetzt  wird,  dass  er 
ihn  antrete,  —  so  liegt,  denke  ich,  kein  Grund  vor,  die 
Gedichte  in  engere  Grenzen  als  die  oben  angegebenen  ein- 
zuschliessen. 

Maus,  Peire  Cardenai's  Strophenbau  S.  52,  behauptet, 
Nr.  VII  müsse  zwischen  dem  Juni  1227  (soll  offenbar  heissen 
September,  s.  das  folgende)  und  dem  28.  Juli  1228  ent- 
standen sein,  indem  er  unter  der  „ersten  Ueberfahrt" 
(primier  passatge),  an  der  nicht  Theil  genommen  zu  haben 
Folquet  V.  18  bedauert,  die  Ueberfahrt  des  Herzogs  Hein- 
rich von  Limburg  verstanden  wissen  will,  den  Friedrich, 
bevor  er  selbst  am  letztgenannten  Datum  den  Kreuzzug 
antrat,  schon  im  September  1227  mit  einer  starken  Flotte 
vorausgeschickt  hatte.  Aber  Maus  sagt  seltsamer  Weise 
nicht,  av  eichen  Grund  er  hat,  das  primier  passatge  gerade 
auf  diese  Expedition  zu  beziehen  und  die  von  Levy,  Guilhem 
Figueira  S.  104  darin  vermuthete  Bezugnahme  auf  den  3. 
oder  4.  Kreuzzug  —  nur  der  letztere  kann  in  Betracht 
kommen  —  zu  verwerfen.  Mir  scheint  die  Auffassung 
Levy's  mindestens  ebensowohl  zulässig  zu  sein:  wie  wir 
sahen,  war  Folquet  ja  ausdrücklich  aufgefordert  worden, 
am  4.  Kreuzzug  Theil  zu  nehmen;  ich  sehe  deshalb  keinen 
Anlass,  von  der  gegebenen  Datierung  abzugehen. 

Das  erste  der  drei  genannten,  also  zwischen  1220  und 
1228  verfassten  Gedichte,  Nr.  V  (Gr.  2),  ist  wieder  eine  Sir- 
ventescanzone.  Obgleich  er  weder  Vogelgesang  vernimmt 
noch  Blüten  sprossen  sieht,  —  beginnt  der  Dichter  —  will 
er  doch  nicht  aufhören  zu  singen,  denn  sein  ganzes  Herz 
ist  voller  Freude;  das  dankt  er  seiner  Geliebten,  seitdem 
sie  sein  Herz  gewonnen  hat,  ist  Freude  bei  ihm  Tag  und 
Nacht  (1 — 11).  Ihre  Liebe  hat  ihn  süss  verwundet,  lachend 
und  spielend  ist  sie  ihm  ins  Herz  gedrungen,  ganz  ist  er 
der  ihre  —  wäre  doch  auch  sie  die  seine  (18 — 22)!  Nie 
liebte  ein  Mensch  so  herzlich  und  wartete  so  geduldig  auf 
seinen  Lohn  (29  —  32).  Er  ist  schon  eifersüchtig,  wenn 
Einer  nur  mit  ihr  spricht;  schliesslich  wird  die  Sehnsucht 
ihn  noch  tödten  (36-37;  44).  Die  nun  folgenden  Sir- 
ventesstrophen  enthalten  eine  Aufforderung  an  den  Kaiser, 


—     24     — 

das  Land,  „wo  Gott  geboren  wurde",  und  das  heilige  Grab 
zurückzuerobern,  allzu  lange  schon  hätten  Sarazenen  und 
Mauren  es  in  ihrer  Gewalt.  Daran  schliesst  sich  ein  offenbar 
wieder  an  Friedrichs  Adresse  gerichteter  Tadel  des  Geizes: 
„Ein  reicher  Mann,  der  niedrigen  Sinn  hegt,  thut  wohl  an 
dem  Tage,  an  dem  er  stirbt,  und  es  frohlocken  über  seinen 
Tod  Kinder  und  Verwandte,  denn  lachend  theilen  sie  die 
Schätze,  die  er  angehäuft  hat"   (45 — 62). 

Wer  die  Dame  ist,  der  Folquet  in  diesem  Liede  hul- 
digt, das  wissen  wir  nicht;  nur  soviel  lässt  sich  sagen,  dass 
sie  nicht  identisch  sein  kann  mit  der  in  Nr.  III  besungenen, 
indem  der  Dichter  sich  dort  rühmt,  die  Gunst  der  Dame 
schon  zu  besitzen,  während  er  in  dem  vorliegenden  Liede 
noch  um  dieselbe  wirbt. 

Nr.  VII,  ein  Sirventes,  ist  in  Frankreich,  und  zwar 
höchst  wahrscheinlich  in  Viennois,  entstanden,  da  der  Dichter 
es  über  den  Mont  Cenis  an  Otto  von  Caretto  sendet.  Der 
Ton  des  Liedes  ist  von  dem  der  bisher  besprochenen  sehr 
verschieden:  bittere  Klagen  über  das  Elend  der  Zeit  und 
den  Niedergang  höfischer  Sitten  machen  seinen  Inhalt  aus. 
Der  Dichter  möchte  sterben  vor  Schmerz,  wenn  er  in  seinem 
Herzen  bedenkt,  wie  höfisches  Wesen  (cortezid)  und  fröh- 
liche Geselligkeit  (solatz)  im  Verfall  begriffen  sind;  wer 
sich  mit  Frauendienst  abgiebt  und  heiteren  Sinn  zur  Schau 
trägt,  wer  sich  nicht  von  aller  Freude  lossagt,  den  heisst 
Jedermann  einen  Narren  (1 — 10).  Die  Welt  liegt  im  Argen 
und  die  Geistlichen,  die  doch  das  Gute  fördern  sollten, 
sind  gar  die  schlimmsten;  so  gross  ist  ihre  Bosheit  und 
Schlechtigkeit,  dass  sie  den  Krieg  mehr  lieben  als  den 
Frieden.  Wäre  er  -*■  Folquet  —  doch  schon  bei  der 
ersten  Ueberfahrt  (nach  Palästina)  davon  gegangen  (11 — 20)! 
In  der  Seele  verhasst  sind  ihm  auch  die  schlechten  Reichen; 
durch  ihre  Habgier  und  ihre  Hinterlist  haben  sie  sich  selbst 
des  Adels  entkleidet  und  so  verlieren  alle  ritterlichen 
Tugenden  ihren  Glanz  (21 — 30).  Wäre  doch  ein  Herr  da, 
der  die  Macht  hätte,  ihnen  ihren  Reichthum  und  ihre  Länder 
zu  nehmen,  und  beides  den  Edeldenkenden  zum  Erbtheil 
übergäbe;  könnte  man  doch  die  schlechten  Reichen  weg- 
schicken,  wie    es    die  Lombarden   mit  ihrer  Podestas  thun 


—     25     — 

(31 — 40).  Zum  Schluss  ermahnt  der  Dichter  deu  Kaiser, 
den  Kreuzzug  energisch  anzutreten:  Wir  müssen  es  Christus 
danken,  was  er  aus  Liebe  für  uns  gelitten  hat.  Wohl  dem, 
der  ihm  mit  dem  Zeichen  des  Kreuzes  dient;  seit  man  ihm 
sein  Erbe  geraubt  hat,  ist  die  Christenheit  der  Ehre  bar 
(51 — 60).  In  der  2.  Tornade  wird  Otto  von  Caretto  auf- 
gefordert, sich  der  Kreuzfahrt  anzuschliessen  und  so  seinem 
Ruhme  die  Krone  aufzusetzen. 

Gleichfalls  in  Frankreich,  „zwischen  dem  Meer  und 
der  Durence",  ist  Nr.  X  (Gr.  4),  der  Coblenwechsel  mit  dem 
bekannten  Trobadorgönner  Blacatz,  entstanden,  an  dessen 
Hofe  sich  also  Folquet  wohl  damals  aufhielt.  Folquet 
fragt  den  Blacatz,  was  er  zu  thun  gedenke,  wenn  der 
Kaiser  die  Fahrt  nach  dem  heiligen  Lande  antrete,  ob  er 
an  der  Kreuzfahrt  Theil  nehmen  oder  daheim  bleiben 
werde;  die  Gräfin  von  Provence  habe  unlängst  erklärt,  er 
sei  aus  Liebe  zu  ihr  Sänger.  Blacatz  entgegnet,  er  liebe 
und  werde  Aviedergeliebt,  seine  Dame  könne  mit  ihm  machen, 
was  sie  wolle,  er  ziehe  es  vor,  seine  Busse  „hier,  zwischen 
dem  Meer  und  der  Durence",  nahe  bei  ihrer  Wohnung, 
abzumachen.  —  Die  Gräfin  von  Provence  ist  Beatrix,  die 
Tochter  des  Grafen  Thomas  von  Savoyen,  welche  seit  dem 
Dezember  1220  mit  Baymund  Berengar  IV.  von  Provence 
(1209 — 1245)  verheiratet  war.1)  Folquet's  Bemerkung,  er 
wolle  berichten,  was  Blacatz  zu  thun  gedenke,  zusammen- 
genommen mit  der  Erwähnung  eines  Ausspruchs,  den  die 
Gräfin  unlängst  gethan  habe,  lässt  vermuthen,  dass  er,  be- 
vor er  zu  Blacatz  kam,  sich  selbst  am  Hofe  von  Provence 
aufgehalten  hatte  und  dass  es  eben  die  Gräfin  war,  der 
er  über  Blacatz'  Absichten  Bericht  erstatten  wollte,  dass 
er  mithin  auch  vorhatte,  an  den  Hof  von  Provence  zurück- 
zukehren. 

In  der  gleichen  Zeit  wie  die  drei  zuletzt  besprochenen 
Gedichte,  vermutlich  nicht  lange  vor  1228,  ist  wohl  auch 
Nr.  VIII,  ein  Kreuzlied,  entstanden.  Allerdings  liegt 
ein  zwingender  Grund  zu  dieser  Datierung  nicht  vor;  in- 
sofern   das  Lied    ganz    allgemein    gehalten  ist  und    irgend 


x)  Art  d.  ver.  1.  dates,  nouv.  ed.  8.  7(;i 


—     26      — 

welche  specielle  Anspielungen  gerade  auf  den  Kreuz- 
zug Kaiser  Friedrichs  sich  darin  nicht  finden,  würde 
auch  nichts  im  Wege  stehen,  es  auf  den  Kreuzzug  des 
Jahres  1202  zu  beziehen.  Indessen  scheint  mir  Folquet's 
Aeussernng  V.  3,  er  habe  aus  Kummer  und  Zorn  über  das 
Elend  der  Christenheit  sich  lange  des  Gesanges  enthalten, 
sowie  'der  ganze  tiefernste  Ton  des  Liedes  überhaupt,  schlecht 
zu  dem  Folquet  des  Jahres  1201  zu  passen,  den  Hugo 
von  Berze  glaubte,  ermahnen  zu  müssen,  „dass  er  nicht  alle 
seine  Zeit  in  Thorheit  hinbringe".  Diese  Erwägung,  zu- 
sammengehalten mit  der  Thatsache,  dass  in  den  drei  anderen 
Liedern  Folquet's,  in  denen  eines  Kreuzzuges  Erwähnung 
geschieht,  es  sich  überall  um  den  5.  Kreuzzug  handelt, 
giebt  uns,  denke  ich,  das  Recht,  auf  eben  diesen  auch  das 
vorliegende  Gedicht  zu  beziehen:  Jetzt,  da  der  Frühling 
kommt,  —  beginnt  der  Dichter  — ,  will  er  von  neuem 
seinen  Sang  anstimmen,  denn  schon  allzu  lange  ist  er 
stumm  gewesen  aus  Schmerz  und  Zorn  über  den  Nieder- 
gang der  Christenheit  (1 — 8).  „Grafen  und  Könige,  Her- 
zoge und  Fürsten  und  manchen  Baron  und  manchen  Po- 
destä  sehe  ich  Krieg  führen  aus  reinem  Eigensinn  und  die 
Starken  nehmen  den  Schwachen  ihre  Länder;  und  doch 
müssen  wir  alle  sterben,  das  wissen  wir  wahrlich,  dann 
wird  ein  Jeder  sein  Erbe  verlassen  müssen,  aber  das,  was 
wir  gefehlt  und  gesündigt  haben,  werden  wir  alle  am  Tage 
des  Gerichtes  vorfinden"  (9 — 16).  Dann  werden  denjenigen, 
welche  Gott  gedient  und  ihr  Blut  für  ihn  vergossen  haben, 
ungemischte  Freuden  zu  Theil  werden,  diejenigen  aber, 
welche  sich  an  ihm  verfehlt  haben,  werden  ins  höllische 
Feuer  gestürzt  werden  (17 — 24).  Dann  wird  Weinen  und 
Klagen  sein,  wenn  Gott  sagen  wird:  Gehet,  Unselige,  in 
die  Hölle,  wo  ihr  in  alle  Ewigkeit  gepeinigt  werden  sollt 
unter  Qual  und  Schmerzen  dafür,  dass  Ihr  nicht  glaubtet, 
dass  ich  für  Euch  gelitten  habe;  den  Tod  erduldete  ich 
für  Euch,  dessen  seid  Ihr  nicht  eingedenk  gewesen.  Die- 
jenigen aber,  welche  mit  dem  Zeichen  des  Kreuzes  ge- 
storben sind,  werden  antworten  können:  „Auch  wir,  o  Herr, 
sind  für  Dich  gestorben"  (25 — 32).  „Wehe,  wir  Unglücklichen, 
wie  gross  wird  unser  Schmerz  sein,  und  was  werden  wir  sagen, 


—     27     — 

wenn  wir  auf  blühendem  Gefilde  versammelt  sein  werden 
und  Gott  erblicken  werden  an's  Kreuz  geheftet  für  uns 
Sünder  all,  in  der  Seite  so  kläglich  verwundet,  mit  der 
Dornenkrone  auf  dem  Haupt.  Dann  werden  wir  alle 
wünschen,  dass  wir  das  wahre  Kreuz  und  sein  heiliges 
Grabmal  erobert  hätten"   (33 — 40). 

Ob  Folquet  etwa  selbst  an  dem  Kreuzzug,  für  den  er 
hier  so  eindringlich  wirbt,  Theil  genommen  hat,  darüber 
haben  wir  keinerlei  Kunde.  Ausgeschlossen  ist  es  nicht, 
wenn  auch,  im  Hinblick  auf  das  vorgerückte  Alter,  in  dem 
er  damals  bereits  stand,  nicht  eben  wahrscheinlich.  In 
jedem  Falle  müsste  er  ins  Abendland  zurückgekehrt  sein, 
da  er,  wie  wir  unten  sehen  werden,  noch  zum  J.  1233  in 
Frankreich  nachzuweisen  ist. 

Keinen  festen  Anhaltspunkt  für  eine  Datierung  bieten 
schliesslich  Nr.  XI  (Gr.  9)  und  Nr.  XII  (Gr.  1)  —  die 
beiden  Coblenwechsel  mit  Nicolet  von  Turin  und  mit  dem 
Grafen  von  Blandra  —  sowie  Nr.  IX  (Gr.  10),  ein  Sirventes 
moralisch- religiösen  Inhaltes. 

In  Nr.  XI  bemerkt  Folquet  dem  Nicolet  in  scherzen- 
dem Tone,  er  habe  mit  Bedauern  gesehen,  wie  übel  es 
ihm  im  Kampfe  ergangen  sei;  die  Sporen,  so  habe  er 
sagen  hören,  hätten  ihm  bessere  Dienste  geleistet  als 
die  Lanze;  Nicolet  könne  nicht  leugnen,  dass  er  Harnisch 
und  Schwert,  ohne  einen  Streich  zu  thun,  einem  Diener 
übergeben  habe,  er  möge  sich  fragen,  ob  er  durch  seine 
Handlungsweise  nicht  seiner  Geliebten  Unehre  bereitet 
habe.  Nicolet  erwidert,  mit  den  Burgundern  sei  schlecht 
Kirschen  essen,  gleich  am  Anfang  hätten  sie  ihm  das 
Lachen  vertrieben,  darum  habe  er  sich  schleunigst  em- 
pfohlen und  sich  lieber  dem  tapferen  Grafen  Gottfried  und 
dem  Grafen  Hubert  angeschlossen.  —  Nicolet  von  Turin, 
von  dem  uns  ausserdem  noch  ein  Coblenwechsel  mit  Uc 
von  St.  Circ  (Arch.  34,  411)  und  eine  Tenzone  mit  Joanet 
von  Albusson  (Arch.  33,  297)  erhalten  sind,  blühte  nach 
Schultz,  Zeitschr.  VII,  215  nach  1225;  die  Tenzone  mit  Jo- 
anet setzt  Schultz  in's  Jahr  1238.  In  den  beiden  von 
Nicolet  genannten  Grafen  erblickt  er  wohl  mit  Recht  die 
Grafen  Gottfried  und  Hubert  von  Blandrate,  von  denen  der 


—     28     — 

erstere  in  den  Jahren  1210  —  47,  der  letztere  in  den 
Jahren  1246 — 47  zu  recognoscieren  ist. 

Einer  von  diesen  beiden  Grafen  wäre  nach  Schultz 
auch  zu  sehen  in  dem  Grafen  von  Blandra,  Folquet's  In- 
terlokutor  in  Nr.  XII.  Den  Inhalt  des  Coblenwechsels 
bildet  eine  abfällige  Beurtheilung  einer  gewissen,  nicht 
näher  bezeichneten  Person,  welche  die  Leute  in  rücksichts- 
loser Weise  ausbeute  (tond  e  pela)  und  gut  thue,  sich 
schleunigst  nach  Hause  zu  packen.  Da  aus  dem  Strophen- 
wechsel nicht  hervorgeht,  wen  die  beiden  Unterredner  im 
Auge  haben,  so  besitzt  derselbe  für  uns  nur  geringes 
Interesse. 

Nicht  sicher  datiren  lässt  sich,  wie  gesagt,  auch  Nr.  IX. 
Immerhin  möchte  ich  daraus,  dass  der  Dichter  in  dem  Liede 
von  Todesgedanken  erfüllt  erscheint,  den  Schluss  ziehen, 
dass  es  aus  seinen  späteren,  vielleicht  aus  seinen  letzten 
Lebensjahren  stammt ;  ist  diese  Vermutung  richtig,  so  würde 
man  vielleicht  in  dem  Mangel  eines  sonst  durch  den  In- 
halt doch  so  nahe  gelegten  Hinweises  auf  einen  bevor- 
stehenden Kreuzzug  ein  Zeichen  dafür  sehen  dürfen,  dass 
das  Gedicht  erst  nach  dem  Jahre  1228  entstanden  ist. 

Wenn  er  recht  nachdenke,  meint  der  Dichter,  so  müsse 
er  sagen,  dass  alles  eitel  sei  ausser  Gott  allein.  All  unsern 
irdischen  Besitz  müssen  wir  verlassen,  aller  Reichthum  dieser 
Welt  ist  vergänglich.  Darum  sei  der  Mensch  gottesfürchtig 
und  ohne  Falsch,  ein  Jeder  ist  ja  hienieden  nur  ein  Wanderer 
(1 — 9).  Seit  dem  Augenblicke  seiner  Geburt  ist  der  Mensch 
auf  der  Reise  wie  ein  Pilger  und  es  ist  eine  ernste  Sache 
um  diese  Reise,  denn  Jeder  eilt  mit  raschen  Schritten  dem 
Tode  entgegen,  vor  dem  ihn  nicht  Gold  noch  Silber  retten 
kann  (10 — 16).  Ein  Thor,  wer  sich  nicht  darauf  besinnt, 
von  wannen  er  kommt  und  wohin  er  geht!  Wer  in  seinem 
Leben  nicht  gutes  thut,  dessen  Seele  wird  dereinst  dem 
ewigen  Tode  verfallen  (19 — 27).  Darum  sieh  zu,  was  du 
treibst,  so  lange  es  noch  Zeit  ist!  Plötzlich  kann  der  Tod 
an  den  Menschen  herantreten.  Thue  gutes  so  lange  du 
kannst  (28 — 33).  Keiner,  er  sei  wer  er  auch  sei,  kann 
dem  Tode  entgehen;  keiner  ist  ein  so  geübter  Fechter, 
dass  er  sich  gegen  die  Streiche  des  Todes  zu  decken  ver- 


—     29     — 

möchte  (37 — 45).  Der  Dichter  weiss  nur  einen  Rat:  Dass 
der  Mensch  darauf  bedacht  sei,  Gott  zu  dienen  und  sich 
vor  Fehltritten  hüte,  so  lange  er  dem  Tode  entgegen  geht; 
auch  wir  werden  ja  in  den  Hafen  gelangen,  in  den  alle, 
selbst  die  Könige  und  die  Kaiser,  mit  Schmerzen  einlaufen ; 
dort  werden  wir  vorfinden  alles,  was  wir  gutes  und  schlechtes 
hienieden  gethan  haben  (46  —  54).  Möge  Gott  uns  die 
Gnade  erweisen,  dass  er  uns  vor  dem  Tode  bewahre,  bis 
wir  seinen  Willen  gethan  haben  (55—58). 

Von  den  Gedichten  Folquet's,  welche  eine  sichere 
Datierung  zulassen,  ist  keines  nach  dem  J.  1228  entstanden; 
dass  unser  Dichter  aber  noch  im  J.  1233  am  Leben  war, 
evgiebt  sich  aus  vier  aus  diesem  Jahre  stammenden  Ur- 
kunden, in  denen  er,  wie  zuerst  Schultz,  Zeitschrift 
IX,  133  bemerkt  hat,  als  Zeuge  auftritt.1)  Daraus,  dass 
die  beiden  ersten  dieser  Urkunden,  ausgestellt  zu  Avignon 
am  29.  März  und  am  24.  April  1233,  beide  Bezug  haben 
auf  den  Grafen  Raymund  Berengar  von  Provence,  dürfen 
wir  wohl  den  Schluss  ziehen,  dass  Folquet  sich  damals 
wieder  an  dem  Hofe  von  Provence  aufhielt,  an  dem  er  ja, 
wie  wir  oben  bei  Besprechung  des  Coblenwechsels  mit 
Blacatz  sahen,  schon  vor  dem  J,  1228  geweilt  hatte.  Die 
beiden  anderen  Urkunden  sind  ausgestellt  am  18.  Mai  zu 
Aix  und  Marseille  und  enthalten  Erlasse  des  Kaisers 
Friedrich,  beziehungsweise  seines  Nuntius,  an  Geistlichkeit 
und    Adel    von    Burgund    sowie    an    die    Stadt    Marseille. 


l)  Papon,  Histoire  de  Provence,  pr.  Dr.  55,  56,  57,  58;  nr.  55 
und  58  auch  bei  Winkelmann,  Acta  Imperii,  I.  S.  505  und  509. 
In  nr.  55  schwört  Graf  Wilhelm  von  Forcalquier  vor  dem  kaiser- 
lichen Nuntius  in  seinem  Namen  und  in  dem  des  Grafen  von 
Toulouse  und  ihrer  Freunde,  dass  sie  sich  in  ihrem  Streite  mit 
dem  Grafen  Kaymund  Berengar  von  Provence  und  mit  Arles  dem 
Spruche  des  Kaisers  oder  seines  Nuntius  unterwerfen  wollen, 
nr.  56  hat  zum  Gegenstand  das  Versprechen  des  Grafen  Raymund 
von  Toulouse,  sich  hinsichtlich  der  Beendigung  seiner  Fehde  mit 
dem  Grafen  Raymund  Berengar  von  Provence  der  Entscheidung 
des  Kaisers  oder  seines  Gesandten  fügen  zu  wollen.  Die  3.  Ur- 
kunde betrifft  die  Berufung  der  Geistlichkeit  und  des  Adels  des 
Königreiches  Burgund  behufs  Einziehung  des  Heerbannes.  In 
nr.  58  endlich  setzt  der  kaiserliche  Missus  der  Stadt  Marseille 
einen  Termin  zur  Annahme  seiner  Friedensstiftung. 


—     30     — 

Mit  Folquet  zusammen  werden  in  den  Urkunden  genannt 
dreimal  der  Trobador  Bertran  von  Avignon,  von  dem  wir 
eine  Tenzone  mit  Raimon  de  las  Salas  und  einen  1218 
oder  Anfang-  1219  entstandenen  Coblenwechsel  mit  Gui 
von  Cavaillon  besitzen  (der  Coblenwechsel  hat  die  gleiche 
metrische  Form  wie  Folquet's  Lied  Nr.  II;  vgl.  über  Bertran 
Schultz,  Zeitschr.  IX,  126)  sowie  ein  Willelmus  Augerius, 
in  dem  wir  wohl  den  Landsmann  unseres  Dichters,  den 
gleichfalls  aus  Viennois  gebürtigen  Joglar  Guilhem  Augier 
erblicken  dürfen;  Folquet  hat  also  in  jedem  Falle  die  per- 
sönliche Bekanntschaft  der  beiden  gemacht,  vielleicht  hat 
er  in  näherem  Verkehr  mit  ihnen  gestanden.1) 

Aus  dem  Umstände,  dass  unser  Dichter  nach  dem 
Jahre  1220,  beziehungsweise  1221,  in  Italien  nicht  mehr, 
wohl  aber  noch  dreimal  —  Nr.  VII,  66,  Nr.  X,  27  und  in 
den  eben  erwähnten  Urkunden  —  in  Frankreich  nach- 
zuweisen ist,  dürfen  wir  vielleicht  den  Schluss  ziehen,  dass 
er  nach  jenen  Jahren  Italien,  wo  der  Markgraf  Wilhelm 
und  Kaiser  Friedrich  es  ihm  an  der  nötigen  Liberalität 
fehlen  liessen,  überhaupt  den  Rücken  gekehrt  und  den  Rest 
seines  Lebens  in  seiner  Heimat  Viennois  und  in  der  Provence 
verbracht  hat. 

Ueber  das  Jahr  '  1233  hinaus  vermögen  wir  Folquet 
nicht  zu  verfolgen;  wann  er  gestorben  ist,  wissen  wir  nicht, 
doch  dürfen  wir,  falls  seine  Geburtszeit  oben  richtig  an- 
gesetzt wurde,  annehmen,  dass  er  die  Mitte  des  Jahrhunderts 
nicht  überlebt  hat. 

Soviel  über  Folquet's  äusseren  Lebensgang  und  den 
zu  ihm  mehrfach  in  Beziehung  stehenden  Inhalt  seiner 
Gedichte.  Von  seiner  Persönlichkeit  vermögen  wir  uns 
auf  Grund  des  Gesagten  wohl  einen  ungefähren  Begriff  zu 
machen.  Wie  wir  sahen,  rühmt  die  provenzalische  Lebens- 
nachricht von  ihm,  „er  habe  es  gut  verstanden,  sich  an 
den  Höfen  zu  bewegen,    sei  sehr  munter  und  unterhaltend 


*)  Der  gleichfalls  in  den  Urkunden  erwähnte  Giraudus 
Auiicus  ist  wohl  identisch  mit  dem  bei  Guilhem  von  Montanhagol 
Gr.  225,  1  (Bartsch,  Denkm.  S.  50)  im  Geleite  angeredeten,  zu  den 
Jahren  1222  und  1244  zu  rekognoscierenden  Guiraut  Amic,  von 
dem  Schultz,  Zeitschr.  XV,  238  handelt. 


—     31     - 

und  wohl  angesehen  in  der  guten  Gesellschaft  gewesen" 
(die  provenzalischen  Ausdrücke  lauten:  prezentiers  en  cort, 
de  gran  solatz  und  ben  onratz  entre  la  bona  gen).  Was 
wir  nun  aus  den  Strophen  Hugo's  sowie  aus  Folquet's 
eigenen  Gedichten  entnehmen  können,  das  scheint  durchaus 
geeignet,  diesen  Angaben  zur  Bestätigung  zu  dienen.  Wenn 
zunächst  ein  vornehmer  Herr,  wrie  Hugo  von  Berze  es  war, 
Folquet,  den  einfachen  bürgerlichen  Joglar,  einer  so  herz- 
lichen Freundschaft  würdigte,  wie  sie  aus  jenen  Strophen 
unverkennbar  spricht,  dann  dürfen  wir  daraus  wohl  den 
Schluss  ziehen,  dass  dieser  nicht  ein  Joglar  gewöhnlichen 
Schlages  gewesen  sein  kann,  sondern  empfehlende  persön- 
liche Eigenschaften  besessen  haben  muss,  welche  ihn  aus 
dem  grossen  Tross  seiner  Standesgenossen  heraushoben,  dass 
er  sich  im  besonderen  eine  feinere  höfische  Bildung  an- 
geeignet hatte,  vermöge  derer  er  sich  in  den  vornehmen 
Kreisen,  denen  Hugo  angehörte,  wohl  sehen  lassen  konnte. 
Eben  dafür  spricht  des  weiteren  doch  wohl  auch  der  Um- 
stand, dass  er  allem  Anschein  nach  bei  den  Frauen  wohl- 
gelitten war.  Wenigstens  finden  sich  Klagen  über  den 
Stolz  und  die  Gleichgültigkeit  der  Dame,  wie  sie  ja  bei 
den  Trobadors  so  häufig  sind  und  wie  sie  z.  B.  in  er- 
müdender Eintönigkeit  den  fast  ausschliesslichen  Inhalt  der 
Lieder  seines  berühmten  Namensvetters,  des  späteren  Ketzer- 
richters Folquet  von  Marselha  ausmachen,  in  den  uns  er- 
haltenen Gedichten  Folquet's  nicht,  aus  allen  —  Nr.  V  aus- 
genommen —  geht  vielmehr  deutlich  hervor,  dass  die 
Neigung  des  Dichters  nicht  unerwidert  geblieben  war  und 
in  der  Epistel  hören  wir  ausdrücklich,  dass  eine  Dame 
von  hohem  Stande  ihn  ihrer  Gunst  versichert  hatte;  aller- 
dings ist  nicht  ausser  Acht  zu  lassen,  dass  möglicherweise 
alle  die  in  Rede  stehenden  Gedichte  dem  gleichen  Ver- 
hältniss  ihre  Entstehung  verdanken  könnten.  Eine  Be- 
stätigung für  die  Angaben  der  Biographie  darf  des  weiteren 
eventuell  auch  darin  gesehen  werden,  dass  die  Zahl  seiner 
vornehmen  Gönner  nicht  gering  gewesen  zu  sein  scheint  — 
wenn  anders  wir  nämlich  alle  jene  Grossen  als  seine  Gönner 
betrachten  dürfen,  welche  er  in  seinen  Liedern  preist  oder 
doch  rühmend  erwähnt;  es  sind  dies:  der  Markgraf  Bonifaz 


—     32     — 

von  Monferrat  (III,  37),  sein  Sohn  Wilhelm  IV.  (III,  28)  — 
welcher  freilich  andrerseits  wegen  seines  Geizes  getadelt 
wird  — ,  Kaiser  Friedrich  IL  selbst  (IV,  26;  VI  passim), 
—  welcher  sich  den  gleichen  Tadel  gefallen  lassen  inuss  — , 
der  Markgraf  Otto  von  Caretto  (IV,  34;  V,  63;  VI,  60) 
sowie  einer  der  beiden  Markgrafen  von  Malaspina  (Wilhelm 
oder  Conrad  I;  III,  46);  vielleicht  sind  ihnen  ausserdem 
noch  Raymund  Berengar  von  Provence  und  Blacatz  bei- 
zuzählen, an  deren  Hof  sich  Folquet  wenigstens,  wie  wir 
sahen,  vermuthlich  aufgehalten  hat.  Wenn  schliesslich  die 
Lebensnachricht  unserem  Dichter  besonders  gran  solatz 
nachrühmt,  so  stimmt  das  einerseits  zu  einer  Bemerkung 
Peire  Vidal's  (ed.  Bartsch  27,  70),  wonach  gai  solatz  vor- 
nehmlich den  Bewohnern  von  Viennois,  Folquet's  Heimat, 
eigen  gewesen  wäre,  andrerseits  zu  dem  Inhalt  seiner  Ge- 
dichte; denn  aus  der  Mehrzahl  derselben  spricht  ein  frischer, 
heiterer,  lebensfroher  Sinn,  gelegentlich,  in  den  Coblen- 
wechseln  mit  Blacatz  und  mit  Nicolet  von  Turin,  macht 
sich  eine  Neigung  zu  Scherz  und  Neckerei  geltend,  und 
ein  liebenswürdig- schalkhafter  Zug  geht  vor  allem  durch 
die  Epistel.  Dass  es  freilich  auch  Zeiten  gab,  wo  all  seine 
Heiterkeit  den  Dichter  verlassen  hatte,  ja  wo  jegliche 
Freude  am  Leben  ihm  geschwunden  war,  das  beweisen  die 
beiden  Sirventese  Nr,  VII  und  VIII,  in  denen  er  sich  in 
bitteren  Klagen  ergeht  über  den  Verfall  höfischen  Wesens 
und  die  unablässigen  zwecklosen  Kriege  der  Grossen.  Beide 
Lieder  legen  zugleich  Zeugniss  ab  von  dem  ernsten,  religiösen 
Geist,  der  in  dem  Dichter  lebte;  noch  stärker  ausgeprägt 
erscheint  dieser  in  dem  Sirventes  Nr.  IX,  in  dem  er,  wohl 
selbst  bereits  von  Todesahnungen  erfüllt,  unter  Hinweis 
auf  die  Kürze  des  menschlichen  Lebens  und  die  Vergäng- 
lichkeit alles  Irdischen,  zu  einem  Gott  wohlgefälligen 
Wandel  mit  eindringlichen  Worten  mahnt. 

Auf  den  Grad  von  Folquet's  dichterischer  Produktivität 
gestattet  natürlich  die  Zahl  seiner  uns  in  den  Handschriften 
überlieferten  Gedichte  einen  Schluss  nicht.  Denn  es  kann 
keinem  Zweifel  unterliegen,  dass  nur  ein  Theil,  —  ver- 
muthlich nur  ein  geringer  Bruchtheil  —  seiner  poetischen 
Erzeugnisse  auf  uns  gekommen  ist.     Einmal  nämlich  hören 


—     33     — 

wir  in  der  provenzalischen  Lebensnachricht,  dass  er  Joglar- 
Sirventese  verfasst  hat,  während  uns  doch  nur  ein  Sirven- 
tes  erhalten  ist,  dem,  wie  unten  gezeigt  werden  wird, 
dieser  Name  zuzukommen  scheint;  sodann  kann  die  eben- 
daselbst sich  findende  Angabe,  er  habe  gute  Coblen  gedichtet, 
sich  doch  schwerlich  nur  auf  die  uns  überlieferten  drei 
Coblenwechsel  stützen;  endlich  ist  es  an  sich  nicht  glaub- 
lich, dass  er,  der  sich  allem  Anschein  nach  viel  an  den 
Höfen  der  Grossen  aufgehalten  hat  und  als  Joglar  darauf 
angewiesen  war,  sich  durch  seine  Kunst  seinen  Lebens- 
unterhalt zu  verdienen,  den  Trieb  zu  eigener  dichterischer 
Produktion  so  selten  empfunden  haben  sollte,  wie  es  der 
Fall  gewesen  sein  müsste,  wenn  sein  geringer  auf  uns  ge- 
kommener poetischer  Nachlass  die  Gesammtheit  oder  auch 
nur  den  Hauptteil  seiner  poetischen  Erzeugnisse  darstellen 
würde.  Wir  werden  somit  annehmen  dürfen,  dass  die  meisten 
seiner  Sachen  eine  weite  Verbreitung  nicht  gefunden  haben 
und  uns  deshalb  verloren  gegangen  sind. 

Was  den  ästhetischen  Werth  von  Folquet's  Ge- 
dichten betrifft,  so  zeichnen  dieselben  sich  zwar  in  keiner 
Weise  durch  eine  besondere  Originalität  noch  auch  durch 
Reichthum  und  Schwung  der  Gedanken  oder  eine  unge- 
wöhnlich kunstvolle  Behandlung  der  Form  aus,  wohl  aber 
muss  ihnen  allen  Wahrheit  und  Innigkeit  der  Empfindung, 
Frische  und  Unmittelbarkeit  des  Ausdrucks  nachgerühmt 
werden.  Es  ist  durchweg  unverkennbar,  dass  der  Dichter 
nicht  etwa  Worte  macht,  dass  er  sich  nicht  in  leeren  Redens- 
arten ergeht  und  es  ihm  auch  nicht  darum  zu  thun  ist, 
durch  neue  Einfälle,  sinnreiche  Wendungen,  ungewohnte 
Bilder  Aufsehen  zu  erregen,  vielmehr  empfangen  wir  über- 
all den  Eindruck,  dass,  was  er  sagt,  ihm  von  Herzen  kommt, 
dass  er  dichtet  aus  wirklichem  inneren  Drang;  seine  Poesie 
trägt,  obwohl  sie  sich  im  allgemeinen  der  Conventionellen 
Formeln  bedient,  doch  kein  conventionelles,  sondern  ein  durch- 
aus persönliches  Gepräge.  Eine  schöne  Wärme  und  Innigkeit 
atmen  besonders  Nr.  II J)  und  die  Epistel,  beide  Stücke  dürften 


*)  Ich  verstehe  nicht,  wie  Emeric  David,  Hist.  litt.  XVIII, 
621,   Angesichts  dieses   Liedes  über  Folquet  das   Urtheil  fällen 

Zenker,  Folquet  von  Romans.  3 


—     34     — 

wohl  dein  besten,  was  die  provenzalische  Lyrik  uns  hinterlassen 
hat,  angereiht  weiden.  Nüchterne,  verstandesmässige Reflexion, 
subtile  Gefühlsdialektik  liegt  Folquet  ebenso  fern,  wie  hohler 
rhetorischer  Prunk.  Seine  Gedichte  treten  sowohl  hinsichtlich 
der  Form  als  hinsichtlich  des  Inhalts  einfach  und  anspruchs- 
los auf,  sie  unterscheiden  sich  in  dieser  Beziehung  vorteilhaft 
von  denen  mancher  anderen  Trobadors,  bei  denen  eine  raffi- 
nirte  Technik  den  Mangel  wahrer  Empfindung  ersetzen  muss; 
sie  scheinen  rasch  und  mühelos  hervorgebracht,  besonders  die 
Epistel  zeichnet  sich  durch  einen  ungemein  leichten,  flüssigen 
Stil  aus.  Vor  der  Verirrung  der  sogenannten  dunklen  Manier 
hat  den  Dichter,  soweit  wir  urteilen  können,  sein  gesunder 
poetischer  Instinkt  bewahrt  und  auch  metrischen  Künsteleien 
zeigt  er  sich  durchaus  abhold.  Von  seinen  9  uns  erhaltenen 
Liedern  sind  nur  3  in  der  bei  den  Trobadors  gebräuch- 
lichsten Form  der  coblas  unisonans  abgefasst,  d.  h.  mit 
gleichen  Reimen  durch  alle  Strophen  hindurch,  eines  zeigt 
coblas  äoblas  d.  h.  Reimwechsel  von  2  zu  2  Strophen, 
die  übrigen  3,  also  fast  die  Hälfte,  weisen  die  einfachste 
Form,  die  im  Provenzalischen  so  seltene  Form  der  coblas 
Singulars  d.  h.  Reim  Wechsel  von  Strophe  zu  Strophe,  auf; 
ausserdem  sind  die  Reime,  die  Folquet  verwendet,  aus- 
schliesslich leichte,  und  von  den  bei  den  Trobadors  so  be- 
liebten Reimspielereien  begegnet  bei  ihm  einzig  und  allein 
zweimal  die  Verwendung  des  Refränreims  (in  Nr.  IV  be,  in 
Nr.  V  cor  .  .  mor).  Dass  ihm  darum  doch  der  Sinn  für 
Wohlklang  und  die  Bedeutung  der  Form  keineswegs  abging, 
das  zeigt  der  leichte  gefällige  Rhythmus  von  Nr.  I  und  V 
sowie  das  Versmass  von  Nr.  II,  welches  mit  seiner  8  maligen 
Wiederholung  des  nämlichen  Reims  das  leidenschaftlich 
drängende  des  Inhaltes  gleichsam  zu  versinnlichen  scheint. 
Alles  in  allem  ist  der  Eindruck,  welchen  Folquet's 
Gedichte  in  uns  hinterlassen,  entschieden  ein  erfreulicher. 
Können  dieselben  auch  nicht  eben  als  bedeutend  bezeichnet 
werden,  so  tragen  sie  doch  durchaus  den  Stempel  der  Blüte- 


kann: „Esprit  chagrin  et  im  pen  froid,  Folquet  de  Romans  ne 
montre  pas  beaucoup  plus  de  chaleur  daus  ses  chansons  d'amour 
que  dans  ses  sirventes." 


—     35     — 

periode  der  provenzalischen  Lyrik  und  ihr  Verfasser  darf 
wohl  darauf  Anspruch  erheben,  unter  den  Dichtern  jener 
sangesfrohen  Zeit  mit  Ehren  genannt  zu  werden. 

III. 

Es  erübrigt  noch  zu  untersuchen,  welche  Art  von  Sir- 
ventesen  mit  den  Joglar  -  Sirventesen,  den  sirventes  jog- 
larescs  de  lauzar  los  pros  e  de  blasmar  los  malvatz 
gemeint  ist,  die  Folquet  nach  Angabe  der  Biographie 
verfasst  hat. 

Der  Ausdruck  findet  sich  in  der  provenzalischen 
Litteratur  nur  noch  zweimal,  nämlich  in  der  Biographie 
des  Augier  (erhalten  in  IK)  Chabaneau,  Biographies  des 
Troubadours  S.  88: 

Ogiers  si  fo  im  joglars  de  Vianes  .  .  .  e  fez  sirventes 
jo glareses  que  lauzava'ls  uns  e  blasmava  los  autres, 

sowie  in  der  Biographie  des  Peire  Guillem  von  Tou- 
louse (erhalten  gleichfalls  in  IK),  Chabaneau  S.  76 : 

Peire  Guillems  si  fo  de  Tolosa  .  .  .  e  fez  sirventes  jo- 
glar es  es  e  de  blasmar  los  baros  .  .  . 

F.  Witthoeft  in  seiner  Abhandlung:  Sirventes  Jogi aresc, 
Ausg.  und  Abh.  LXXXVIII,  hat  sich  nun  bemüht,  darzu- 
thun,  es  sei  unter  einem  sirventes  joglarese  zu  verstehen 
ein  Sirventes,  das  „im  Interesse  eines  Joglars  verfasst  sei:" 
Spielleute,  deren  Repertoire  erschöpft  war,  hätten  wohl 
berühmte  Trobadors  angesprochen,  ihnen  durch  ein  neues 
Lied  zu  einer  Einnahme  zu  verhelfen;  diese  hätten  dem  An- 
suchen oft  willfahrt  und  hätten  dann  in  einem  Liede  ent- 
weder den  Bittsteller  der  Gunst  ihnen  bekannter  Gönner  der 
Dichtkunst  empfohlen,  oder  auch  denselben  zur  Zielscheibe 
ihres  witzigen  Spottes  gemacht,  was  letzteren  nicht  verhin- 
dert habe,  das  Lied  zu  fremdem  Ergötzen  selbst  vorzutragen. 
Als  sirventes  joglarese  wären  mithin  zu  betrachten  Guiraut 
von  Bornelh's :  CardalhaCj  per  im  sirventes,  Bertran  von 
Born's:  Fulheta,  vos  mi  preiatz  que  ieu  ehan  und  Ful- 
heta  ges  autres  vergier  und  ähnliche  Gedichte.  Diese 
Ansicht  Witthoeft's  hat  die  Zustimmung  Jeanroy's  Rev.  des 
Pyrenees  1893,  S.  14  gefunden,  und  auch  Stimming,  Grö- 
bers  Grundriss  II,  2,  S.  23,  ders.,  Bertran  v.  Born2,  S.  46,  und 

3* 


—     36     — 

Kolsen,  Guiraut  von  Bornelh,  Berlin  1894,  S.  14  gebrauchen 
den  Ausdruck  in  dem  von  Witthoeft  vorgeschlagenen  Sinn. 
Dass  W.'s  Ansicht  indessen  nicht  haltbar  ist,  hat  m.  E. 
schon  0.  Schultz  in  seiner  Besprechung  der  genannten  Arbeit 
Littbl.  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1891,  Sp.  237  mit  vollkommen 
ausreichenden  Gründen  gezeigt.  Schultz  weist  einmal  darauf 
hin,  dass  uns  von  keinem  der  drei  in  Rede  stehenden  Dichter 
solche  Sirventese,  wie  sie  Witthoeft  im  Auge  hat,  erhalten 
seien,  und  dann  —  und  dieser  Grund  ist  m.  E.  ausschlag- 
gebend — ,  dass  ja  zwei  von  denselben,  Folquet  und  Augier, 
in  der  Biographie  selbst  als  Jogiars  bezeichnet  werden, 
es  mithin  nicht  einzusehen  sei,  wie  dieselben  solche  Ge- 
dichte hätten  verfassen  können.  Die  Erklärung  nun,  welche 
Schultz  selbst  von  dem  Ausdruck  gibt,  trifft  sicher  das  Rich- 
tige, nur  bedarf  sie,  wie  mir  scheint,  einer  Modifikation. 
Ausgehend  von  der  Biographie  des  Peire  Guillem  von 
Toulouse,  in  der  er  das  e  vor  de  blasmar  als  sinnlos 
streicht,  nimmt  Schultz  an,  sirventes  joglaresc  seien  Sirven- 
tese gewesen,  nicht  für  Jogiars,  sondern  Sirventese,  wie 
sie  Jogiars  zu  verfassen  pflegten,  Sirventese,  in 
denen  die  Barone,  die  nicht  freigebig  genug  waren,  geschmäht 
wurden.  Die  ursprüngliche  Bedeutung  von  sirventes  joglaresc 
sei  also  „Schmähgedicht",  die  in  den  Biographieen  Folquet's 
und  Augier's  gegebenen  Definitionen  stellten  „eine  abge- 
lenkte, sich  mit  dem  Namen  nicht  mehr  ganz  deckende 
Auffassung"  dar.  Schultz  macht  darauf  aufmerksam,  dass 
ein  Sirventes  von  Augier,  Gr.  37,  3,  in  der  That  Schmähungen 
auf  die  flac  ric  und  im  besonderen  auch  auf  die  Barone 
enthalte,  und  dass  ebenso  in  dem  Sirventese  Gr.  205,  6, 
dessen  Verfasser  Guillem  Augier  bekanntlich  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  mit  dem  Joglar  Augier  identisch  ist, 
die  geizigen  Reichen,  die  malvatz  baros  recrezens,  getadelt 
werden.  Ich  bin  nun  mit  Schultzens  Auffassung  des  Aus- 
drucks joglaresc,  insofern  er  ihm  die  Bedeutung  „nach 
Spielmannsart"  beilegt,  vollkommen  einverstanden  und  ich 
glaube  auch,  dass  die  angeführten  beiden  Gedichte  solche 
sirventes  joglaresc  im  Sinne  des  Biographen  sind.  Dagegen 
kann  ich  Schultz  nicht  beistimmen,  wenn  er  annimmt,  man 
habe  im  provenzalischen  mit  dem  in  Rede  stehenden  Aus- 


—     37     — 

druck  jemals  den  Begriff  „Schmähgedicht"  verbunden.  Ich 
bin  nämlich  der  Ansicht,  dass  sirventes  joglaresc  als  ter- 
minus  technicus  für  eine  bestimmte  Gattung  von  Sirventesen 
im  provenzalischen  überhaupt  nicht  gebräuchlich  gewesen 
ist.  Zu  dieser  Annahme  wären  wir  meines  Erachtens  nur 
dann  berechtigt,  wenn  sich  sirventes  joglaresc  auch  allein, 
ohne  nähere  Bestimmung,  gebraucht  fände;  das  ist  aber,  wie 
wir  sahen,  nicht  der  Fall,  vielmehr  hält  in  allen  drei 
Lebensnachrichten  der  Biograph  es  für  notwendig,  noch 
in  einem  Zusatz  zu  erklären,  welche  Art  von  Sirventesen 
er  eigentlich  im  Auge  hat.  Dass  der  Ausdruck  überhaupt 
von  verschiedenen  Autoren  gebraucht  worden  sei,  scheint 
mir  keineswegs  fest  zu  stehen.  Erwägt  man  die  nahe 
Uebereinstimmung  des  Ausdrucks  in  den  drei  Biographieen, 
erwägt  man  ferner  die  Thatsache,  dass  Folquet  sowohl  als 
Augier  aus  Vianes  stammen,  sowie,  dass  alle  drei  Biographieen 
in  den  Handschriften  I  K,  nur  die  Folquet's  ausserdem  noch 
in  dem  mit  I K  nahe  verwandten  A  und  in  H,  erhalten 
sind,  so  scheint  mir  der  Gedanke  nicht  zu  fern  zu  liegen, 
es  möchten  alle  drei  von  demselben  Verfasser  stammen, 
der  sich  den  Ausdruck  vielleicht  selbst  gebildet  und  zur 
Charakterisierung  der  gleichen  Art  von  Gedichten  mehr- 
mals verwandt  hat.  Doch  gesetzt  auch,  es  hätten  sich  ver- 
schiedene Autoren  desselben  bedient,  so  liegt  doch  kein 
Grund  vor,  in  dem  joglaresc  etwas  anderes  zu  sehen  als 
ein  von  jedem  einzelnen  selbständig  gewähltes  Prädikat, 
durch  welches  von  den  im  Folgenden  bezüglich  ihres 
Inhalts  näher  charakterisierten  Sirventesen  ausgesagt  wird, 
dass  eben  Jogiars  solche  zu  verfassen  pflegten.  Dann 
handelt  es  sich  also  nicht  mehr  darum,  eine  im  allgemeinen 
gültige  Definition  von  sirventes  joglaresc  zu  gewinnen,  es 
kann  auch  nicht  mehr  von  einer  „ursprünglichen"  und  einer 
„abgeleiteten"  Bedeutung  des  Ausdrucks  die  Rede  sein,  son- 
dern es  handelt  sich  einfach  um  eine  Definition  von  Fall  zu 
Fall.  Es  kann  nun  allerdings,  wie  mir  scheint,  keinem  Zweifel 
unterliegen,  dass  in  allen  drei  Fällen  genau  die  gleiche  Art 
von  Sirventesen  gemeint  ist.  Nach  Angabe  der  Biographieen 
waren  die  Sirventese  „nach  Spielmannsart",  die  Augier  und 
Folquet  verfassten,   solche  in  denen    die  Einen,    die  Edlen 


—     38     — 

(los  pros),  gelobt,  die  Andern,  die  Schlechten  (los 
malvatz),  getadelt  wurden,  in  den  Sirventesen  des  Peire 
Guillem  wurden  „die  Barone  getadelt".  Die  Edlen  sind, 
wie  ich  mit  Schultz  annehme,  vom  Standpunkt  des  Jogiars 
aus  natürlich  die  Freigebigen,  die  Schlechten  die  Kargen. 
Gemeint  sind  also  in  den  Biographieen  Augier's  und  Folquet's 
Sirventese,  in  denen  die  freigebigen  Herren  gelobt  und  die 
kargen  getadelt  wurden.  Liegt  es  nun  auch  in  der  Natur 
der  Sache,  dass  Lob  und  Tadel  oft  Hand  in  Hand  gegangen 
sein  werden,  so  ist  doch  durch  jene  Definition  in  keiner 
Weise  ausgesprochen,  dass  das  immer  der  Fall  war,  viel- 
mehr können  von  den  betreffenden  Gedichten  sehr  wohl 
die  einen  ausschliesslich  Lob,  die  anderen  ausschliesslich 
Tadel  enthalten  haben.  Insofern  bilden  also  die  dem 
P.  Guillem  zugeschriebenen  Schmäh gedichte  auf  die 
Barone  d.  h.  auf  die  kargen  Barone  nur  eine  Unterart  der 
in  den  Biographieen  Augier's  und  Folquet's  als  joglaresc 
bezeichneten  Gattung  von  Sirventesen  und  es  ist  nicht  der 
mindeste  Grund  vorhanden  zu  der  Annahme,  dass  die  Ver- 
fasser jener  Biographieen  unter  sirventes  joglaresc  irgend- 
wie eine  andere  Art  von  Sirventesen  verstanden  haben 
sollten  als  der  Verfasser  der  Biographie  Peire  Guillem's. 
Da  übrigens  in  letzterer  die  handschriftliche  Lesart  sir- 
ventes joglaresc  e  de  blasmar  los  baros  doch  einmal  keinen 
Sinn  giebt,  so  scheint  mir  im  Hinblick  auf  die  Fassung 
der  beiden  anderen  Biographieen  die  Annahme,  dass  vor  dem 
e  ein  dem  de  lauzar  los  pros,  bezw.  que  lauzava'ls  uns 
entsprechender  Ausdruck,  etwa  de  lauzar,  ausgefallen 
sei,  ebensoviel  Wahrscheinlichkeit  zu  haben  wie  die  An- 
nahme Schultzens,  es  sei  e  fälschlich  eingeführt  worden, 
—  in  welchem  Fall  also  die  Uebereinstimmung  zwischen 
den  Definitionen  der  drei  Biographieen  eine  vollkommene 
sein  würde. 

Es  spricht  nun,  was  Folquet  betrifft,  für  diese  Auffassung 
des  Ausdrucks  sirventes  joglaresc,  dass  in  der  That  eines 
seiner  Sirventese,  nämlich  Nr.  VI,  zum  wesentlichen  Inhalt 
ein  Lob  der  Freigebigkeit  und  einen  Tadel  der  Kargheit 
hat,  indem  der  Dichter  darin  als  eine  der  Haupteigen- 
schaften des  Mannes,  der  auf  pretz  Anspruch  machen  wolle, 


—     39     — 

die  largueza  bezeichnet  und  Kaiser  Friedrich  wegen  seines 
Geizes  tadelt.  Dieses  Sirventes  wäre  also  m.  E.  als  ein 
sirventes  joglaresc  im  Sinne  des  Biographen  zu  betrachten. 
Das  nämliche  Thema  wird  von  Folquet  auch  in  Nr.  III, 
V,  VII  angeschlagen  —  Nr.  VII  insbesondere  enthält  hef- 
tige Schmähungen  auf  die  ric  malvat,  —  doch  können 
die  genannten  Gedichte,  weil  auch  von  andern  Gegenständen 
handelnd,  wohl  nicht  als  sirventes  joglaresc  bezeichnet 
werden.  Eben  der  Umstand  aber,  dass  Folquet  wieder- 
holt auf  das  Thema  zurückkommt,  macht  es  wahrscheinlich, 
dass  er  dasselbe  in  andern  uns  verloren  gegangenen  Sirven- 
tesen  ausschliesslich  behandelt  hatte,  welche  der  Bio- 
graph denn  bei  seiner  Angabe  im  Auge  gehabt  haben  wird. 
Ich  bin  also  der  Meinung,  dass  als  joglaresc  in  den 
Biographieen  bezeichnet  werden  Sirventese  nach  Spiel- 
mannsart und  zwar  sowohl  Sirventese  welche  Lob  der 
Freigebigkeit  und  Tadel  des  Geizes  vereinigt,  als  auch 
solche,  welche  nur  eines  von  beiden,  entweder  Lob  oder 
Tadel  enthielten.  Mir  scheint  diese  Auffassung  bei  unbe- 
fangener Prüfung  der  Thatsachen  die  einzig  mögliche  zu 
sein  und  kaum  einen  Zweifel  zuzulassen;  als  terminus 
technicus  für  Sirventese,  die  für  Jogiars  bestimmt  waren, 
wird  man  den  Ausdruck  sirventes  joglaresc  mithin  zu 
streichen  haben. 


Gedichte. 


Die  proYenzalische  LebensnacMclit 

Handschriften:  A  210,  I  189,  K,  H  51 ;  gedruckt  Eayn.  V, 
152;  Parn.  Occ.  121;  Arch.  34,405  (H);  Mahn,  Biogr.  72;  Cha- 
baneau,  Biogr.  d.  Tr.  94;  Studj  cli  fil.  rom.  III,  650  (A);  ib.  V, 
519  (H). 

Folquet  de  Romans  si  fo  de  Vianes,  d'un  bore  que  a 
nom  Romans.  Bons  joglars  fo  e  prezentiers  en  cort  e  de 
gran  solatz;  e  fo  ben  onratz  entre  la  bona  gen.  E  fetz 
sirventes  joglarescs  de  lauzar  los  pros  e  de  blasmar  los 
malvatz.     E  fetz  molt  bonas  coblas.  5 

1  Folqetz  AH  —  rotmans  H I  —  2  rotmans  HI  —  e  f o 
b.  jogl.  A  —  cortz  K  —  3  las  bonas  g .  A  —  5  E  bis  coblas 
fehlt  K. 


Canzouen  und  Sirventes-Canzonen. 

I. 

Gr.  156,5. 

(Vergl.  S.  20) 
Handschrift  C  228.    Gedruckt  bei  Appel,  Prov.  Inedita  S.  98. 

I.        Jeu  no  mudaria 

qu'un  vers  novel  no  comens 

pel  ioi  de  m'amia 
qu'es  pros  e  conhd'  e  Valens; 
ab  lieis  estai,  on  que  sia,  5 

totz  mos  sens; 

entendens 
en  sui  e  gais  e  jauzens. 

IL        Non  a  gair,  enquera 

qu'us  orguelks  m'avia  mort;  10 

mas  trobat  n'ai  era 
ric  cosselh,  que*m  n'a  estort 
e  trag  del  peril  ont  era, 

a  dreg  port; 

be*  m  vai  fort,  15 

qu'ieu  ri  em  chant  e*m  deport. 

III.        Erguelh  ni  pezansa 
non  ai,  s'aver  non  o  dei, 

quar  tan  luenh  mi  lansa 
la  bella  a  cui  m'autrei,  20 

6  sens]  pessauiens;  die  Conjektur  rührt  von  Appel  her.  — 
16  em  eh. 


—     44     — 

quar  amistat  ni  semblansa 

qu'ela  fei 

endreg  mei 
non  es  qu'al  cor  no'iii  estei. 

IV.        Si  nonqua*m  remire  25 

de  rnidons  son  beih  cors  gen, 

de  lieis  mi  cossire 
e*n  estau  en  pessamen; 
que  ves  son  pais  me  vire 

en  durmen,  30 

contrai  ven; 
tarn  bo  mi  sap,  quant  ieirl  sen. 

V.       El  sobran  estatge, 

lai  on  sos  gens  cors  fis  es, 

ai  mes  mon  coratge,  35 

de  sai  lrn  refier  merces; 
be  m'o  tengra  a  folhatge, 

qurm  disses 

qu'aitals  bes 
esdevenir  m'en  pogues.  40 

VI.        Aras  vai  ta  via, 

que  tot  mon  cor  saps,  chansos! 

mas  petit  m'embria 
quar  no  lai  anam  abdos, 
lai  on  mos  cors  diria  45 

qu'a  rescos 

ab  lieis  fos 
lo  sieus  amics  fis  e  bos. 

VII.         Comtessa  francha  e  corteza, 

largua  e  pros,  50 

mas  chansos 
fauc,  e  sian  lai  ab  vos. 


22    qelam    fezes,    --    25    non   quan.    —    33    sobeiran.    — 
41   uey. 


—     45     — 

IL 

Gr.  156,  8. 
(Vergl.  S.  17  ff.) 
Handschriften:  P  28,  S  162,  c  16  ;  gedruckt  Arch.  33,  309  (P), 
danach  btr.  I  Kaoul  de  Cainbrai  ed.  Meyer  und  Löngnon   Paris 
1882  S.  L.  —  Orthographie  nach  P. 

I.  Ma  bella  domna,  per  vos  dei  esser  gais, 
c'al  departir  me  dones  im  dolz  bais, 
tan  dolzamen,  lo  cor  del  cors  me  trais; 
lo  cor  avez,  domna,  qu'eu  lo  vos  lais 
per  tal  coven  qu'eu  noi  volh  cobrar  mais;  5 

que  melh  non  pres  a  Raol  de  Cambrais 
ne  a  Flori,  can  poget  el  palais, 
com  fez  a  mi,  car  soi  fins  e  verais, 
ma  bella  domna. 

II.  Ma  bella  domna,  a  vos  me  valha  deus,  10 

que  mill  aitanz  soi  melh  vostre  que  mens, 
obedient  plus  que  serf  ni  judeus, 
e  de  vos  teng  mon  aloc  e  mos  feus, 
e  null  trabalh  no  me  pot  esser  greus, 
soi  ca  vos  plaza,  anz  m'es  plasenz  e  leus,  (      15 
e  morrai  tot  aissi  com  fes  n'Andreus, 
e  volgra  mais  qu'agues  mort  vint  romeus, 
ma  bella  domna. 

III.  Ma  bella  domna,  ja  vos  am  eu  tan  fort, 

se  no  vos  ai,  venguz  soi  a  mal  port,  20 

qu'eu  ai  ben  vist  e  coneguz  en  sort 

qu'en  breu  de  temps  m'auran  li  sospir  mort,    <A 

se  eu  ab  vos  en  chambra  no*m  deport; 

ha,  dolza  res,  vostre  cor  s'i  acort 


1P  durchweg  dompna.  —  6a  mol  de  c.  c   —  cambras  S 

—  7  ni  cf 

10  ma  bella  domna  wird  in  allen  3  Handschriften  nur  am 
fccnluss  jeder  Strophe  wiederholt,  nicht  am  Anfang  der  folgenden 
wo  es  aber  durch  das  Versmass  gefordert  wird.  —  vallia  c  — 
die  Handschriften  haben  im  Reim  alle  die  Formen  ohne  s:  deu 
meu,  mdeu  etc.  —  11  sön  c  —  13  mon  feu  P  S  c  —  14  non  ü  c 

—  17ualgraS.  F* 

22  maura  P  —  sorspir  P  —  23  a  v.  P  S  —  non  c. 


—     46     — 

que  ren  sen  vos  no  me  pot  dar  conort;  25 

s'enaissi  mor,  pecliat  n'aurez  e  tort, 
ma  bella  clomna. 

IV.  Ma  bella  domna,  no  me  laissaz  morir, 
que  mill  aitant  vos  am  qu'eu  no  sai  dir, 

que  nulla  ren  non  am  tan  ne  desir  30 

com  eu  faz  vos  per  cui  plang  e  sospir, 

lo  danz  er  vostre,  s'enaissrm  faz  languir; 

can  plus  vos  vei,  mas  vos  ve  enbelir, 

nafrat  m'avez,  no  sai  tant  d'eschermir, 

ab  dolz  esgart  et  ab  genz  acolhir,      .  35 

ma  bella  domna. 

V.  Ma  bella  domna,  de  vos  soi  enveios; 
sabez  per  que?  car  es  valens  e  pros 
e  ges  parlant  e  d'avinent  respos; 

c'om  no  vos  ve  que  non  si'  amoros,  40 

que  deus  vos  det  cors  ab  bellas  faichos, 

e  ja  no*us  pes,  s'en  soi  un  paoc  gelos, 

que  per  amor  fu  vencuz  Salamos, 

aissi  soi  eu,  cortesa  res,  per  vos, 

ma  bella  domna.  45 

III. 

Gr.  156,  14. 

(Vergl.  S.  16  ff.) 

Handschriften:  C  228,  E  132,  R  15,  T  182.  V.  28  —  45  sind 
gedruckt  und  übersetzt  bei  Diez ,  L.  u.  W.2  S.  453;  das  ganze 
ist  kritisch  herausgegeben  nach  sämmtlichen  Handschriften  von 
Appel,  Prov.  Ined.  S.  1 00. 

I.  Una  chanso  sirventes 
a  ma  dona  trametrai, 
qu'anc  pueis  d'alre  non  pensai, 

25  poi  P  S  c  —   26  pechaz  P  S  —  34  del  scrimir  P  S. 

40,  4 1  com  no  uos  ue  de  cors  ad  bellas  faichos  P  —  40  qanc 
on  qe  non  si  anioros  c  —  41  de  cors  Sc  —  bella  c  —  42  sein 
P  —  43  e  p.  a.  c. 

E  3  bis  1 2  durch  Ausschneiden  verstümmelt;  es  fehlt :  1  (p)ueys 
—  5  mas  —  6  (d)el  dia  —  8  (to)ste  —  9  no  sia  —  1 1  la  plus  —  12  vos. 
=  l  sirventes  c.  R.  —  3  p.]  pus  eys  C  —  d'  fehlt  T  —  pens  sai  C. 


—     47      — 

pus  parti  de  Vianes, 
mas  de  sa  beutat  complia;  5 

qu'ades  nii  soven  del  dia 

qu'ellaTn  dis:   „belhs  dous  anrics, 

vai  tost,  e  guarda  no*t  trics, 
si  vols  que  morta  no  sia". 

IL       Senhors,  e  no'Di  n'es  ben  pres,  10 

quar  la  plus  belba  qu'ieu  sai 

m'a  dig  so  que  dig  vos  ai? 

jamais  no*ni  devede  res, 
qu'ab  lieis  ai  tot  quan  volia 
d'amor  e  de  drudaria,  15 

malgrat  de  mos  enemics; 

anc  no  fo  de  ioi  tan  rics 
Floris,  quan  jac  ab  s'amia. 

III.  Per  gent  servir  ai  conques 

de  midons  tot  quan  mi  plai;  20 

e  quar  m'i  trobet  verai, 

mi  det  mais  que  no*m  promes, 
e*m  tornet  el  cor  la  via; 
anc  no  m'i  noc  gelosia 

ni  fals  lauzengiers  enics,  25 

que  n'an  fag  manhs  fals  prezics, 
mas  elha  no'ls  en  crezia. 

IV.  De  mossenhor  lo  marques 
de  Monferrat  vos  dirai 

que  mal  m'er,  quan  me*n  partrai,  30 

tant  es  savis  e  cortes 
e  de  belha  companhia; 
mas,  qui  ver  en  jutjaria, 

4  puöis  T  —  5  mas  fehlt  R  —  beuta  conplida  T  — 
7  bei  T  —  8  non  tr.  T. 

10  nomen  es  T  —  es  C  ß  -  peres  T  —  11  que  s.  C  R  — 
12  cieu  T  —  13  non  CR  —  deuedieres  T,  deman  res  C  R  — 
14  Puois  aitot  q.  v.  T   —   17  An  T. 

19  sutrir  E  —  23  al  E  —  uida  T  —  24  noc  unleserlich  C 
—  25  lauzengier  C  —  26  man  T  —  faitz  E  —  manli  C. 

28  mossenher  C,  mon  senhor  E  —  29  monfort  T  —  S\  t.  e 
s.  T  —  32  bei  T  —  33  e  quil  C,  e  qui  R  -  iuraria  E. 


—     48     — 

ver  dis  lo  reis  Frederics 

que  mestier  i  auria  pics,  35 

qui  Faver  trair'  en  volria. 

V.       Et  anc  Lombartz  tan  no  nies 

per  pretz,  qui  ver  en  retrai, 

cum  fes  sos  paire,  que  fai 

gran  sofrait'  a  nos  cortes;  40 

quant  anet  en  Romania, 
tenc  larguez'  ab  lui  sa  via, 

e  mal  aja  Salonics, 

tans  en  fai  anar  mendics 
e  paupres  per  Lombardia.  45 

VI.  Malespina,  guerentia 

vos  port  que  granren  d'amics 
avetz  e  pauc  d'enemics 
lai  on  renha  cortezia. 

IV. 

Gr.  156,  3. 

(Vergl.  S.  20) 
Handschrift:  T  183;  gedruckt  bei  Appel,  Prov.  Ined.  S.  96. 

I.       Cantar  vuolh  amorosamen, 
situt  no  vei  fuolha  ni  flor, 
que  free  no*m  fai  ne  gels  paor, 
tant  ai  lo  cor  gai  e  gausen; 
e  autressrm  plai  alegrars  5 

d'ivern  com  d'estiu  o  cantars, 
puois  per  servidor  mi  rete 

34  rey  C,  reys  R  —   35   mestiers  C  R,  obs  T  —  aurian  C 

—  36  lauzar  tal  ren  u.  C  R  —  uolia  E. 

37  Que  C  R  —  Ceganc  T  —  lombart  C  R  T  —  38  qil  — 
39  sou  CR  —  p.  o  qe  f.  T  —  40  sofraccia  a  T  —  42  large 
ab  R  —  43  sanh  lonicx  C,  solonicx  T  —  44  Qe  tans  C,  Tant  T 

—  faie  T  —  45  paubre  T. 

47  Vos  en  p.  T,  Li  p.  C  —  granrens  T  —  48  Aura  C, 
Auzetz  R  —  pauex  CR  —  49  renhab  C. 

2  tute, ;  flors.  —  3  Ci  —  no  f.  —  gel  paurs.  —  5  Cautres- 
sim.  —  6  cantrs.  —  7  p.  son  s. 


—     49     — 

tals  qu'es  complida  de  tut  be. 
IL  Anc  domna  non  m'er  tan  plaisen 

ni  ab  tan  entera  valor;  10 

et  a  be  plus  fresca  color 

que  rosa  ni  flors  d'angilen, 

bella  bocha,  bels  voltz  e  nars, 

et  estai  li  tant  gen  parlars 

c'a  nuls  tenips  no  vos  dira  re  15 

mas  onors  e  plazers  e  be. 

III.  E  sapchatz  c'anc  plus  coralmen 
non  amet  Floris  Blanciflor 

qu'ieu  am  lieis  que*m  val  em  socor; 

e  noi  son  privatz  d'avol  gen;  20 

ja  mi  no  plai  aprivasars 

ab  un  croi  ni  trop  consilhars 

ab  lausengier,  car  qui  los  cre 

pro  fai  de  mal  e  pauc  de  be. 

IV.  Ogonet,  porta*m  per  presen  25 
ma  canson  al  emperador, 

qu'el  sap  ben  triar  lo  melhor, 
tant  a  de  valor  e  de  sen; 
e  par  ben  als  sieus  rics  afars 
s'el  s'es  pros,  qu'anc  no  fo  sos  pars;  30 

co  plus  om  retrai  que  i  ve 
a  des  i  trop  eu  mais  de  be. 
V.  Emperaire,  bei  senher  cars, 
no  cre  que  sia  plus  francs  bars 
que'l  coms  de  Caret,  que  mante  35 

pretz  e  fai  tuz  jortz  mais  de  be. 

8  t.  ce  c.    —   tutg. 

9  me  t.  —  10  ualor]  ssalosrs  —  1 1  a  be]  ab  —  colors  —  12  f.] 
frolr  — -  J3  e  bei  nas  —  14  et  fehlt  —  15  tenp  —  no  fehlt. 

18  blanciflors  —  20  sont  —  gentc,  —  21  aprivasers  — 
22  abm  —  23  ab]  ni  ab. 

25  p.  p.]  perresent  —  26  inas  —  eperadors  —  27  meglliors 
—  28  ualors  —  29  al  sieu  —  31, 32  undeutlich,  31  nur  herauszulesen: 
co  plus  so  reter  qelue,  der  obige  Text  beruhtauf  Conjektur;  32  eu  fehlt. 

33  Eperaire  —  34  que  fehlt,  es  einzuschieben,  schlägt  schon 
A.  vor;  franc  —  35  del  cont  dcl  C.;  A.:  del  conte  de  C.  —  36  de 
fehlt,  ist  schon  von  A.  eingeschoben. 

Zenker,  Folquet  von  Romans.  4 


—     50     — 

V. 

Gr.   156,  2. 

(Vergl.  S.  22  f.) 

Handschrift:  L  32;  gedruckt  Archiv  34,  426;  Strophe  I  auch 
Zeitschrift  III  378. 

I.       Aucel  no  truob  chantan 
ni  no  vei  flor  novella, 
mas  ieu  nom  lais  de  chan 
ni  de  joi  quim  n'apella; 

qu'en  joi  ai  tot  mon  cor,  5 

qu'om  no  sai  qu'ora's  mor 
e  ma  donna*m  te  let, 

qu'ab  joi  plagen 
mon  fi  cor  gazanhet, 

per  qu'ieu  lim  ren;  10 

qu'ainch  puois  no  fui  ses  joi  noit  ne  dia. 

IL       De  joi  deu  far  semblan 
qui  fm    amors  capdella, 
per  qu'ieu  fach  son  coman, 
quar  tan  gen  me  cembella;  15 

qu'en  tal  ai  mes  mon  cor 
c'onors  m'er  si  lai  mor; 
que  s'amors  me  nafret 

tan  douchamen 
qu'inz  en  mon  cor  m'intret  20 

jogan  rizen; 
totz  soi  sieus  —  qu'aissi  fos  ella  mia! 

III.       Tan  Tarn  de  bon  talan 
que'l  cor  me  ressancella, 

quez  ainch  no  amet  tan  25 

Tristanz  Ysolt  la  bella; 
qu'ieu  sai  de  mon  fin  cor 
que  per  sobramar  mor, 
qu'ainch  mais  hom  no  amet 

tan  coralmen  30 

1    Aucels   —    2   flors    —    IG   mos    cor   —    17    muor   — 
20  coi  fehlt. 


51 


ni  melhz  no  atendet 
son  joi  sofren; 
qu'aissi  conquer  amics  bon'  amia. 

IV.       Qui  m'en  vol  tener  dan, 

aj'  en  son  olh  postella,  35 

qu'ieu  ai  temencha  gran, 

quan  nigus  li  favella; 

donna,  ajaz  chal  cor, 

que  mieus  es  lai  que  mor, 

qu'ainch  un  jor  no*m  lonhet  40 

vostre  cors  gen 
ni  re  no  desiret 

tan  coralmen; 
las,  ar  crei  quel  desimrs  m'aucia. 

V.       AI  emperador  man,  45 

pos  valors  renovella, 
que  mov'  ab  esfortz  gran 
contra  la  gen  fradella 
ez  aj'  en  dieu  son  cor, 

que  sarrazi  e  mor  50 

an  tengut  li  destret 

trop  lonjamen 
la  terr'  on  dieus  nasquet 
el  monumen, 
e  tank  he  que  per  lui  cobrat  sia.  55 

VI,       Ries  om  qu'es  d'avol  cor 
fai  be  lo  jor  que  mor 
e  son  n'alegr'  e  let 

fil  e  paren, 
qu'aicho  qu'el  amasset  60 

parton  rien; 
gardaz  si  fai  foldat  qui  s'i  fia. 

VII.       N'Oth  del  Caret,  lo  cor 
avez  on  prez  no  mor; 

38  chail  —  40  ujor  —  44  deszirs  —  49  dieus  —  55  be  fehlt. 

4* 


—     52     — 

qu'ainch  nulhz  bars  no  renhet  65 

plus  franchamen 
ni  genchers  no  obret 

home  valen, 
per  qui'eu  am  la  vostra  senhoria. 

Sirventese. 

VI. 

Gr.  156,  6. 
(Vergl.  S.  21.) 
Handschriften:   A  210,   C  218,   D  134,  E  131,   H  40,  I  190, 
K  175,  P  28,  E  15,  S  163,  T  182.    In  P  S  fehlt  die  letzte  Strophe 
nebst  den  beiden  Toniaden,  in  CEET  die  zweite  Tornada. 

Wie  gewöhnlich  bilden  die  Handschriften  ADIK  zusammen 
eine  Gruppe;  sie  weisen  einen  gemeinsamen  Fehler  auf  (mit  CT) 
V.  48:  sos  amics  für  son  amic,  welches  durch  den  Reim  car 
gefordert  wird,  und  haben  gemeinsame  Varianten  V.  2,  8,  12,  19, 
23,  28,  37,  39,  u.  s.  f.;  dass  von  ihnen  wieder,  wie  auch  sonst, 
D  I  K  sich  näher  stehen,  darf  wohl  aus  dem  diesen  (mit  T)  ge- 
meinsamen Fehler  V.  24  reingna  für  tenha  geschlossen  werden,  wie 
denn  auch  ihre  Varianten  V.  2 :  Far  vuelh  eu  un  sirventes,  gegen- 
über A :  Far  vuelh  un  nou  sirventes  und  V.  9 :  ques  daital  vianda 
gegenüber  A:  qa  daital  vianda  schwerlich  ursprünglich  sind. 

Als  eine  zweite  Gruppe  sind  auszusondern  die  Hand- 
schriften PST;  sie  zeigen  gemeinsame  Fehler  V.  43:  si  cum  vi 
laltres  für  qu'ieu  vi,  sous  autrei  und  V.  28 :  Duna  uoill  qe  siaz 
cert  für  Mas  dJuna  re  sia  cert ;  ausserdem  haben  sie  gemeinsame 
Varianten  gegenüber  allen  übrigen  Handschriften  V.  1,  24,  26,  34, 
37,  45.  Eine  Unterabteilung  bilden  wieder  P  S;  beide  gehen 
offenbar  auf  die  gleiche  direkte  Vorlage  zurück,  ihr  Text  ist, 
auch  bezüglich  der  Orthographie,  —  abgesehen  von  ganz  mini- 
malen Abweichungen  —  geradezu  identisch.  Der  Vereinigung 
von  T  mit  P  S  zu  einer  Gruppe  scheint  nun  allerdings  zu  wider- 
sprechen, dass  dieses,  wie  oben  bemerkt,  mit  ADIK  V.  48  den 
Fehler  sos  amics  und  mit  D  I  K  V.  24  den  Fehler  reingna  gemein 
hat;  ich  sehe  hier  keinen  andern  Ausweg  als  die  Annahme,  dass 
T  eine  zweite  Vorlage  des  Typus  D  I  K  benutzt  habe,  wodurch 
es  sich  denn  auch  erklärt,  wenn  T  V.  56  mit  ADIK  greu  für 
mal  der  übrigen  Handschriften  liest. 

Zu  einer  dritten  Gruppe  lassen  sich  zusammenfassen  die 
Handschriften  C  E  H  R;  sie  haben  gemeinsam  die  fehlerhafte 
Lesart  V.  44,  45:  so  quel  al  marques  d' Est  fei  El  coms  (es 
müsste  heissen:  e  al  conte,  was  aber  das  Versmass  verbietet, 
s.  die  Anmerkung  zu  der  Stelle)  de  Verona,  ferner  die  Varianten 


—     53     — 

V.  1,2,  44,  48.  Innerhalb  dieser  Gruppe  muss,  wie  es  scheint, 
wieder  ein  engerer  Zusammenhang  angenommen  werden  zwischen 
CEE;  diese  Handschriften  lesen  V.  8  melhor  für  seignor  aller 
übrigen  Handschriften  und  entbehren  der  2.  Tornada,  welche 
in  H  erhalten  ist.  Andrerseits  spricht  nun  aber  für  eine  Unter- 
abteilung EHR  V.  15,  wo  an  Stelle  der  offenbar  richtigen  Lesart 
ei  a  von  ADIK  und  C  E  en  cui  a,  H  cui  a,  R  on  a  hat,  welch 
letztere  Lesart  doch  wohl  durch  Aenderung  des  Copisten  behufs 
Herstellung  der  richtigen  Silbenzahl  aus  der  von  E  entstanden 
ist ;  und  wiederum  eine  Unterabteilung  GEH  scheint  gefordert 
durch  V.  52,  53,  wo  diese  Handschriften  fälschlich  far  für  fatz 
und  veus  für  vec  vos  der  übrigen  Handschriften  lesen.  Wie  man 
sieht,  kommt  man  in  allen  drei  Fällen  nicht  durch  ohne  die  An- 
nahme, dass  zwei  von  den  Handschriften  C  H  R  eine  doppelte 
Vorlage  benutzt  haben,  nämlich  in  Gruppe  C  E  R  —  C  und  R, 
in  Gruppe  E  H  R  —  H  und  R,  in  Gruppe  C  E  H  —  C  und  H, 
indem  es  nicht  wahrscheinlich  ist,  dass  C  V.  15,  H  V.  8  und  R 
V.  52,  53  selbständig  die  ursprüngliche  Lesart  sollten  wieder- 
gefunden haben.  Da  nun  C  anerkanntermassen  eklektisch  ver- 
fährt (vgl.  Böhmer's  Rom.  Stud.  II,  401)  und,  wie  gleich  gezeigt 
werden  wird,  C  und  R  vermutlich  auf  die  gleiche  Quelle  zurück- 
gehen, so  entscheide  ich  mich  für  die  Gruppe  C  E  R  und  nehme 
für  C  und  R  Benutzung  einer  zweiten  Vorlage  an.  Dass  C  R 
aus  der  gleichen  Quelle  geschöpft  haben,  wird  wahrscheinlich 
gemacht  durch  V.  24,  wo  beide  li  par  ques  tenha  für  li  platz 
que  tenha  aller  übrigen  Handschriften  und  durch  V.  58,  wo  sie 
—  mit  D,  worüber  unten  —  allein  finalmen  für  coralmen  lesen.  Dem 
widerspricht  nicht,  wenn  die  C  E  gemeinsamen  Fehler  V.  4  mi 
demanda  für  demanda  und  V.  53  resp.  54  falhimen  fai  sich  in 
R  nicht  findet,  indem  eben  R  die  erwähnte  zweite  Vorlage  hier 
zu  Rate  gezogen  haben  wird. 

Was  nun  das  Verhältnis  der  hiermit  abgegrenzten  Gruppen 
ADIK,  PST  und  C  E  H  R  zu  einander  betrifft,  so  liegt  ein 
Grund,  die  beiden  ersteren  auf  einen  gemeinsamen  Typus  zurück- 
zuführen nicht  vor.  Dagegen  möchte  ich  allerdings  glauben, 
dass  ein  solcher  zu  statuiren  ist  für  P  S  T  und  C  E  H  R,  auf 
Grund  nämlich  von  V.  15  und  V.  1.  V.  15  haben  wir  folgende, 
sämmtlich  fehlerhafte,  Lesarten:  en  cui  ha  E,  cui  a  H,  on  a  R, 
e  cui  a  T,  quilla  P  S;  ich  bemerkte  oben,  dass  die  Lesarten 
von  II  und  R  jedensfalls  erst  aus  der  Lesart  von  E  entstanden 
sind;  mit  dieser  nun  ist  identisch  die  Lesart  von  T,  und  was 
die  Lesart  von  P  S  betrifft,  so  ist  es,  da  sie  gleichfalls  relativisch 
an  das  vorhergehende  anknüpft,  m.  E.  wahrscheinlich,  dass  auch 
sie  behufs  Herstellung  der  durch  das  Metrum  geforderten  Silben- 
zahl erst  aus  der  Lesart  von  E  T  entstand.  Somit  hätten  wir 
hier  einen  sämmtlichen  Handschriften  der  beiden  Gruppen  ge- 
meinsamen Fehler.  V.  4  haben  C  E  fälschlich  nol  mi  demanda, 
T  nolm  demanda,  welches  offenbar  auf  die  Lesart  von  C  E  zurück- 


54     — 


gelit.  Da  nun  sonst  kein  Grnnd  vorliegt,  für  T,  für  das  wir 
oben  schon  die  Benutzung  einer  zweiten  Vorlage  des  Typus 
D  I  K  anzunehmen  uns  genötigt  sahen,  noch  eine  dritte  Vorlage 
des  Typus  C  E  zu  statuieren,  da  andrerseits  H  R  und  P  S  leicht 
unabhängig  von  einander  des  Metrunis  wegen  das  fehlerhaft 
eingeführte  mi  weglassen  konnten  —  PS  mit  Aenderung  von  nol 
oder  nolm  in  non  — ,  so  liegt  die  Annahme  nahe,  dass  auch  dieser 
Fehler  schon  in  der  gemeinsamen  Vorlage  der  beiden  Gruppen 
enthalten  war.  Ich  glaube  deshalb,  dass  sich  das  Verhältniss 
der  Handschriften  durch  folgendes  Schema  darstellen  lässt: 

0 


y(?) 


a 

A 

ß 

D 

\ 

i 

K 

II 


s 


C  R 

Das  Gedicht  ist  gedruckt  Lex.rom.  I,  486;  Archiv  33,  308  (P); 
Bartsch,  Prov.  Lesebuch  86  (R);  Prov.  Chrestom.4  195  (CE I);  M.  W. 
111,98;  Studj  d.fil.rom.  III,  650  (A);  ib.  V,  484  (H). 

I.  Far  vuelh  un  nou  sirventes, 

que  razon  n'ai  granda, 
e  dirai  de  pretz  on  es, 

s'om  tot  noT  demanda: 
pretz  sojorn    ab  los  cortes  5 

e  noi  quier  liuranda, 

mas  joi  e  valor 
e  ten  celui  per  senhor 

qurl  da  tal  vianda. 

1  Eu  farai  un  s.  P  S  T  —   eu  un  s.  D  I K,   un  nouel  s.  II 

—  2  pos  r.  C  E  II  R,  et  raison  PS-n'  fehlt  D  S  -  4  so  t.  D  - 
nol  mi   d.   C  E,  nolm  T,    non  PS   —    5   lo   c.  P  S,  lor  c.  I  K 

—  6  non  A,  noll  S,  noill  P,  no  lur  T,  nos  H  —  7  e  fehlt  II  — 
et  amor  A  —  8  tenc  E  —  rnelhor  C  E  R  —  9  ques  (qui  es  C) 
daital  C  D  I  K,  qill  dai  tal  P  S,  quil  dat  a  H,  qa  daital  A  — 
vida  C. 


—     55     — 

IL  Pretz  vol  ome  conoissen  10 

ab  fina  largueza, 
franc  e  umil  e  plazen 

e  ses  avoleza, 
a  celui  se  don'  e*s  ren 

ei  a  s'amor  meza;  15 

mas  pauc  n5a  conques, 
qu'en  cen  baros  non  a  tres 

complitz  de  proeza. 

III.  Jamais  negus  mos  amics 

no  vuelh  rics  devenka,  20 

pos  mos  senker  Frederics, 

que  sobre  totz  renha, 
era  larcs  ans  que  fos  rics; 

er  li  platz  que  tenha 

la  terr'  e  l'aver,  25 

aisso  m'en  comta  per  ver 
cascus  qui  qu'en  venha. 

IV.  Mas  d'una  re  sia  cert 

qu'als  savis  aug  dire: 
qui  tot  vol  tener  tot  pert;  30 

en  aiso  se  mire 
e  tenha  donar  ubert 

quel  roda  no*s  vire 

10  om  c.  T,  om  enconoisses  PS  —  11  tuta  LT  —  12  leial 
e  p.  A  D  I  K,  leial  et  cortes  PS  —  14  si  dona  eis  ren  A,  no 
dona  res  P  S  —  1 5  en  cui  ha  E,  e  cui  a  T,  cui  a  H,  quilla  P  S, 
onaE-  16  paucs  (paucxR)  ACDER-  17  mill  b.  S,  null 
b.  P  —  coinpli  P  S. 

19  nulhs  de  m.  a.  C  E  H  E  —  20  esde venha  E  —  21  per 
mo  C  —  s eignen  I  K  —  22  qi  H  —  teingna  1  —  23  quera  C  — 
fo  1.  enanz  A  D  I  K  -  quel  E,  qil  (eil  T)  H  P  S  T  —  24  or 
P  S  T,  anz  H  —  li  par  ques  CR  —  qel  H,  qil  P  S,  eil  T  — 
reingna  D  I  K  T  —  26  caisoin  T  —  comtan  ADK,  contora 
P  S,  cömtom  T,  canta  c  —  27  qeni  P. 

28  Mas  ben  uuoill  que  sapcha  cert  A  D  I  K,  Dana  uoill 
qe  siaz  cert  P  S,  Duna  uoigll  ce  si  acort  T  —  29  cal  s.  D  T, 
ca  il  sabi  P  S  -  -  30  tenir  ADPST-31  etena.  II  —  en  so 
se  remire  A  K,  en  so  remire  I,  e  no  sen  remire  D  —  33  qe 
H  P  S  —  nois  u.  A. 


—     56     — 

so  desus  desotz, 
qu'al  virar  faria  totz  35 

sos  enemics  rire. 

V.  Et  am  dieu  que  sus  l'a  mes 

e  l'a  dat  Corona, 
e  son  cosin  lo  marques, 

que  cascus  razona  40 

que  venir  Irn  deu  grans  bes, 

eil  razos  es  bona; 

qu'ieu  vi,  so*us  autrei, 
l'amor  que  cel  d'Est  11  fei 

e\L  coms  de  Verona.  45 

VI.  Per  qu'eu  li  vuelh  cosselhar, 

car  Tarn  ses  bauzia, 
que  son  amic  tenga  car 

e  ric  tota  via, 
que  ben  a  poder  de  far  50 

miels  c'om  qu'el  mon  sia 

fatz  d'ome  valen; 
vec  vos  doble  falhimen, 

si  non  o  fazia. 

VII.  Emperair',  ieu*s  vuelh  prejar  55 

que  ja  mal  no*us  sia, 

34  lo  d.  H,  cel  d.  P  S  T  —  35  qtiel  v.  C,  car  v.  E  — 
fai  totz  H. 

37  Anz  am  P  S  T,  E  laus  (lau  CE)  CEE,  E  ia  H  -  lo 
mes  A  —  qi  sul  a  mes  T  —  39  e  moseuhor  CEE,  en  mons.  II 

—  41  venir  leu  deuret  g.  b.,  que  fehlt,  PS  —  li  deu  T  —  42  er. 
C  E  H  E  P  S  T  —  et  ualora  b.  P  S,  euentura  b.  T  —  43  e  vic 
ADIK  —  si  com  ui  laltres  PST  —  44  so  quel  al  (que  al  C  E) 
marques  dest  fei  C  E  H  E  —  li  fes  P  S  T  —  45  el  cont  P  S  T, 
com  E. 

40   Daitant  1.  v.  T   —   qvvull   v.  E,   quiel  v.  II  —  lo  v.  A 
C  D  T  -  47  ce  1.  T  —  48  sos  amics  ACDIKT-t.  cars  T  - 
49  rics  A  C  D  I  K  T  -     50  cel  na  ben  p.  T    -  del  f .  D  E  II I  K 

—  dar  C  —  51  mais  H  —  miel  re  dorn  cel  m.  s.  T  —  52  far 
C  E  II  —  53  veus  CEE,  e  vos  T  -  gran  d.  C  —  f.  fai  E  — 
54  sil  T  —  fai  si  no  f.  C. 

56  greu  A  D  I  K  T  —  non  s.  T. 


—     57     — 

s'ieirs  die  mon  talen, 
que  car  vos  am  coralmen, 
vos  mostr'  aital  via. 

VIII.  N'Otz  del  Carret,  be*us  tenc  car,  60 

car  en  Lombardia 
no  sai  plus  valen, 
ni  negus  no  inen  desraen 
de  ben  qu'eu  en  dia. 

VII. 

Gr.  156,  11  und  13. 

(Vergl.  S.  22  ff.) 

Handschriften:  C  229,  M  237,  R  52,  T  183,  c  16.  In  M 
wird  das  Gedicht  dem  Guillem  Figueira  (en  figera)  zugeschrieben, 
vgl.  S.  1.  Die  Anordnung  der  Strophen  in  C  R  weicht  von  der 
in  M  T  c  ab ;  das  Gedicht  beginnt  dort  mit  Str.  II,  Str.  I  ist 
zwischen  Str.  IV  und  Str.  V  eingeschoben;  wie  schon  oben  be- 
merkt, ist  Bartsch  dadurch  verleitet  worden,  das  Gedicht  im 
Gr.  156  zweimal,  als  n.  11  und  n.  13,  aufzuführen.  Str.  VI  und 
die  2.  Tornada  sind  nur  in  T  c  überliefert,  die  1.  Tornada  steht 
ausser  in  T  c  nur  noch  in  C,  hier  aber  in  etwas  abweichender 
Fassung.  M  schliesst  mit  V.  50,  R  mit  V.  47,  der  aber  hier,  wie 
in  C,  ersetzt  ist  durch  V.  50;  V.  48  —  50  lauten  in  C  anders  als 
in  M  T  c. 

Was  das  Verhältniss  der  Handschriften  betrifft,  so  sondern 
sich  zunächst  C  R  auf  Grund  der  verkehrten  Anordnung  der  Stro- 
phen und  auf  Grund  von  V.  47  als  Gruppe  ab.  Dass  die  Strophen- 
folge von  C  R  thatsächlich  fehlerhaft  ist,  unterliegt  wohl  keinem 
Zweifel.  Str.  I  von  M  T  c  enthält  offenbar  die  Einleitung,  zwischen 
Str.  IV  und  V  passt  sie  nicht  in  den  Zusammenhang.  Ebenso 
haben  V.  47  ff.  augenscheinlich  M  T  c  das  richtige ;  die  Lesart 
von  C  lässt  sich  ohne  Schwierigkeit  aus  der  von  M  T  c  ableiten : 
in  der  gemeinsamen  Vorlage  von  C  R  werden  V.  47—49  von 
M  T  c  ausgefallen  gewesen  sein,  so  dass  V.  50  unmittelbar  auf 
V.  46  folgte;  in  dieser  verkürzten  Form  wird  uns  die  Strophe  in  R 
geboten;  der  Schreiber  von  C  hingegen  dichtete,  um  die  Strophe 
voll  zu  machen,  selbständig  drei  neue  Verse  hinzu.  Wollte  man  um- 
gekehrt annehmen,  die  Lesart  von  C  sei  die  ursprüngliche,  so  wäre 
es  schwer  begreiflich,  wie  aus  dieser  die  Lesart  von  M  T  c  hätte 
werden  sollen ;  man  müsste  dann  annehmen,  es  sei  in  der  Handschrift, 

57  sieu  E  II  T  —  en  d.  T  —  58  finamen  C  D  R  —  qe  tan 
v.  H  —  59  mostri  tal  T,  mostrarai  tal  D. 

60-64  fehlt  GERT  —  63  deffen  D. 


—     58     — 


welche  die  Quelle  der  gemeinsamen  Vorlage  von  M  T  c  bildete, 
V.  48  —  50  des  Textes  von  C  abgefallen  gewesen  und  es  habe 
der  Schreiber  der  Vorlage,  um  die  Strophe  voll  zu  machen, 
zwischen  46  und  47  des  ursprünglichen  Textes  die  Verse,  welche 
jetzt  als  V.  47 — 49  in  MTc  stehen,  eingefügt.  Offenbar  wäre 
es  in  diesem  Falle  nicht  einzusehen,  warum  der  Schreiber  V.  46 
und  AI  auseinandergerissen  und  die  selbstfabricirten  Verse  zwischen 
sie  eingefügt  haben  sollte,  statt,  wie  es  doch  am  nächsten  lag, 
einfach  an  V.  47  drei  neue  Verse  anzuhängen.  Ich  glaube  deshalb 
die  Lesart  von  M  T  c  als  die  ursprüngliche  und  die  Lesarten  von 
R  und  C  als  aus  ihr  abgeleitet  betrachten  zu  sollen. 

Für  die  Stelle  nun,  die  wir  M  anweisen  wollen,  ist  es 
entscheidend,  ob  wir  die  allein  in  T  c  überlieferte  Strophe  VI 
für  echt  oder  für  interpolirt  halten.  Da,  soweit  ich  sehe,  von 
Seiten  ihres  Inhalts  sowohl  als  ihrer  Form  ein  Bedenken  gegen 
ihre  Echtheit  nicht  vorliegt  und  auch  die  sicher  echte  2.  Tornada 
in  T  c  allein  erhalten  ist,  so  ist  m.  E.  kein  Grund  vorhanden,  ihre 
Echtheit  in  Zweifel  zu  ziehen.  Dann  geht  also  M  mit  C  R  auf 
die  gleiche  Quelle  zurück,  da  es  doch  nicht  wahrscheinlich  ist, 
dass  zwei  Schreiber  unabhängig  von  einander  die  nämliche  Strophe 
weggelassen  haben  sollten.  Im  übrigen  nimmt  bezüglich  der 
Textüberlieferung  M  allerdings  durchaus  eine  Sonderstellung  ein, 
irgendwelche  Fehler  hat  es  mit  C  R  nicht  gemein. 

Dass  endlich  T  c  zu  einer  Gruppe  zu  vereinigen  sind,  be- 
weisen die  Lesarten  von  V.  18  (hier  war  quäl,  das  c  fehlt,  offenbar 
schon  in  der  Vorlage  ausgefallen,  T  setzt,  um  die  Silbenzahl 
voll  zu  machen,  lo  ein),  22,  27,  40,  4L 

Danach  können  wir  folgenden  Handschriften  -  Stammbaum 
aufstellen : 

0 


M 


C 


R 


Das  Gedicht  ist  gedruckt  Rayn.  IV,  126;  P.  0.  121;  M.  W. 
III,  97;  ib.  III,  106;  kritisch  herausgegeben  wurde  es  schon  von 
Levy,  Guillem  Figueira  S.  70,  aber,  da  Levy  die  Identität  vöp 
Gr.  11  und  13  zu  spät  bemerkt  hatte,  nur  nach  MTc  und  mit 
Zugrundelegung  von  M,  welches  gerade  einen  stark  überarbeiteten 
Text  zeigt.  In  der  Lesung  der  Handschriften  weiche  ich  bis- 
weilen von  Levy  ab. 


—     59     — 

I.  Quan  eng  chantar,  ieu  plane  e  plor 
per  so  que  vei  esdevenir, 
car  per  pauc  no  mner  de  dolor, 
quan  en  mon  cor  pens  e  cossir 

la  perd'  e*l  gran  dampnatge  5 

qu'a  pres  cortezia  e  solatz; 
que  si  de  servir  vos  mesclatz 

ni'us  donatz  alegratge, 
totz  diran  que'us  etz  fols  provatz, 
si  de  tot  joi  no  vos  laissatz.  10 

IL  Tornatz  es  en  pauc  de  valor 
lo  segle,  quii  ver  en  vol  dir, 
ei  clergue  son  ja  li  peior 
que  degran  los  bes  mantenir, 

et  an  aital  uzatge  15 

que  mais  amon  guerra  que  patz, 
tan  lur  plai  malez'  e  peccatz, 

per  qu'al  premier  passatge 
m'en  volria  esser  passatz, 
quei  mais  de  quan  vei  mi  desplatz.  20 

III.  E  son  ves  eis  mezeis  trachor 
li  ric  malvat,  per  queis  azir, 
quil  an  uelhs  e  non  an  lugor, 
nin  re  no  sabon  avenir 

que  sia  d'agradatge;  25 

qu'aissiis  eissorba  cobeitatz, 

2  daisso  C,  de  so  R  —  cieu  v.  T  —  3  qa  c,  qe  M  —  5  la 
gran  perda  el  d.  M  —  7  servir]  chantar  M  —  no  m.  T  —  8  nieus  E 

—  9  il  diran  Tc,  hom  dira  M  —  que'us]  vos  C  R  T  —  fols  auratz 
C  R  —  qe  fols  iest  p.  M  —  10  totz  joys  M  —  ioi  fehlt  T. 

12  segles  Mc  —  qui  v.  C  R  —  13  qel  c.  M  —  clerc  T  — 
14  qi  c  —  lo  ben  enantir  T,  lo  mon  in.  M  —  15  im  tal  Tc,  ital  R 

—  16  guerras  c  —  17  e  m.  T  —   18  per  quel  R,  per  lo  T  — 
quäl  fehlt  c  —  19  volgra  ieu  M. 

2 1  Entrella  mezeises  son  t.  M  —  vers  eus  T,  vers  lor  c  — 
22  lo  (le)  mais  dels  rics  T  c  —  nazir  C  R,  air  c  —  per  cieu  lasir  T 

—  23  quels  CR  —   qe  nueg  ni  iorn  non  hau  1.  M,  qil  ant  oilc. 
on  non   a  1.  c,   qe  igll  an  uogiil  e  n.  a.  lusor  T    —    '24  res   C  R 

—  qen  re  T  c  —   qe  sapchon  en  ren  a.  M  —  25   qe  lur  torn  a 
barnage  M  —  20  tan  los  essorba  M  —  asorba  T. 


—     60     — 

enjans,  feuni'  e  malvestatz 

que  perdut  an  paratge, 
e  per  aisso  pert  sas  clardatz 
pretz  e  valors  e  Halt  atz.  30 

IV.  Ben  volgr'  aguessem  un  senhor 
ab  tan  de  poder  e  d'albir 
qu'als  avols  tolges  la  ricor 
e  nois  laisses  terra  tenir, 

e  dones  Teretatge  35 

a  tal  que  fos  pros  e  prezatz, 
qu'aissi  fol  segles  comensatz, 

e  no*i  gardes  linhatge, 
e  müdes  om  los  rics  malvatz, 
cum  fan  Lombart  las  poestatz.  40 

V.  Ar  prec  al  bon  emperador 
que  s'es  crozatz  per  dieu  servil- 
que  mov'  ab  fors'  et  ab  vigor 
ves  la  terr'  on  dieus  volc  murir 

e  mes  son  cors  en  gatge  45 

per  nos  en  fo  en  crotz  levatz, 
et  es  totz  oms  desesperatz 

qui  no*i  a  ferm  coratge, 
qui  ve  com  el  fo  clavellatz 
per  nos  e  batutz  e  nafratz.  50 

27  e.  e  dol  am.M  —  enjans  fehlt  T  —  feunia  e  m.j  c  fina 
m.  Tc  —  28  per  qan  perdut  p.  M  —  perdut]  destrutz  T  c  — 
29  ez  enaissi  x>ero  M  —  per  aicels  T,  p.  aqels  c. 

31  agesem  T,  agessen  c,  accem  CR  —  fossem  dun  scinhor  M 

—  32  aib  aitan  de  T  —  33  quäl  c  —  avols]  auls  T  —  34  ni  no 
lur  laises  T  —  noil  c  —  e  fezes  lals  pros  departir  M   —   36  qui  c 

—  entre  los  ualentz  eis  pr.  M  —  37  fo  lo  s.  M  —  38  lignagnos 
T,  parage  M  —  39  hom]  totz  M  —  40  si  c.  f.  lombart  poestatz 
C  R,  ansi  com  peior  abatz  T,  si  com  fai  prior  et  abaz  c. 

41  E  p.  C  R  —  al  nostre  e.  M  —  42  qui  c  —  per  qe 
si  croge  p.  d.  s.  M   —  43  qel  m.  T  —  esmou  a.  f.  e  sa  v.  M 

—  44  uenscr  T  —  uenc  m.  Tc,  in  c  übergeschrieben  uolc  — 
45  cor  Tc  —  47 — 49  fehlt  in  CR,  auf  46  folgt  50:  e  per  nos 
b.  e  n.;  damit  schliesst  R,  in  C  folgt  als  v.  48  —50 :  Don  fam  grau 
vilanatge  Quar  per  nos  son  tan  sufertatz  Los  turcx  fals  e  des- 
nofetatz  —  47  tot  hom  c  —  ces  t.  oms  T,  e  t.  h.  es  M  —  49  el 
fehlt  T        quie  con  fon  marturiatz  M  —  50  M  schliesst  mit  v.  50. 


—     61     — 

VI.  Tut  deuriam  aver  paor, 

quar  melh  no  li  sabem  grazir 
so  qu'el  sofri  per  nostr'  amor; 
qu'el  receup  mort  per  mort  auch*, 

tan  volc  nostr'  omenatge;  55 

per  que  fo  de  bon'  ora  natz 
totz  om  quii  servira  crosatz 

ni  faral  sieu  viatge; 
qu'anc  pos  qu'el  fo  deseretatz, 
non  ac  onor  cristiandatz.  60 

VII.  Emperaire,  si  be#us  pessatz 

cum  dieus  fai  vostras  voluntatz, 

mout  l'aurez  bon  coratge; 
qu'el  vol,  et  es  ver,  so  sapchatz, 
que  vos  cobretz  sas  eretatz.  65 

VIII.  Sirventes,  Mon  Cenis  passatz 
et  an  Oth  del  Carret  digatz 

qu'ieirs  tramet  per  messatge 
qu'el  s'an  lai  on  Jesus  fo  natz, 
puois  er  son  bon  pretz  coronatz.  70 

VIII. 

Gr.    156,    12. 
(Vergl.  S.  25.) 

Handschriften:  C  '229,  E  15,  M  247;  in  M  ist  die  Ueberschrift 
Uns  clers.  C  und  E  haben  gegenüber  M  gemein  die  Anordnung 
der  Strophen  —  in  M:  I,  II,  V,  IV,  III  —  sowie  die  Mehrzahl  der 
Varianten,  vergl.  5,  11,  14,  15,  u.  a. 

Das  Gedicht  ist  gedruckt  bei  Eayn.  IV,  123  und  M.  W.  III,  96. 

I.  Quan  lo  dous  temps  ven  e  vai  la  freidors 
e  de  razo  atruep  mout  gran  viutat, 
ben  dei  chantar,  quar  trop  n'aurai  estat, 

51  deurian  c  —  paura  T  -  52  sabon  c  —  53  sofre  c  — 
57  quel  T  c  —  59  can  T. 

61  ben  uos  T  —  62  fay  dieus  C  —  faic  T  —  63—65  lauten 
in  C:  E  lavetz  fin  coratge  Hom  dira  vos  etz  coronatz  De  pretz 
sobre  totz  e  renhatz;  der  Eest  fehlt  C  -  63  li  au.  c  —  64  vers  c 
—  65  co  T  —  (h)erita(t)z  T  c. 

66  Serventes  c  —  68  qieu  uos  T,  qeus  c  —  69  quez  an  c. 

1  Qan  lc  uai  e  uen  1.  f.  M  —  2  de  —  viutat  fehlt  M     uieutat  E, 


—     62     — 

et  a  m'o  tont  marrimenz  e  dolors 

que  ai,  quan  vei  anar  a  perdemen 

e  destruire  sanhta  cresti antat 

e  tot  segle  vei  perdut  e  torbat, 

per  qu'ieu  nom  puesc  dar  gran  esbaudimen. 

IL  Comtes  e  reis,  ducs  et  emperadors, 
e  manh  baro  e  manhta  poestat 
vei  guerrejar  per  plana  voluntat 
e*l  fort  tolon  als  frevols  lurs  onors; 
e  morrem  tilg,  so  sabem  verainen, 
doncs  laissara  quascus  sa  er  etat 
e  so  qu'aurem  de  tort  e  de  peccat 
trobarem  totz  al  jorn  del  jutjamen. 


10 


15 


III.  Quan  dieus  dira:   „Selhs  qu'an  freitz  ni  calors 
sufert  per  mi  ni  lur  sanc  escampat 
e  m'an  blandit  e  temsut  et  amat 
e  m'an  servit  e  fag  be  et  onors,  20 

aquilh  seran  ab  gaug  ses  marrimen, 
e  selhs  qu'auran  de  mi  tort  ni  peccat 
ses  falhimen,  que  no'ls  er  perdonat, 
cairan  lains  el  foc  d'infern  arden." 


IV.  Adoncs  er  fag  Lira  e*l  dols  el  plors,  25 

quan  dieus  dira:   „Anatz,  malaurat, 
ins  en  infern,  on  seretz  turmentat 
per  tos  temps  mais  ab  pena  et  ab  dolors, 
quar  non  crezetz  qu'ieu  sufris  greu  türmen; 
mortz  fui  per  vos,  don  vos  es  mal  membrat."        30 
E  poiran  dir  selhs  que  morran  crozat: 
„E  nos,  senher,  mort  per  vos  eissamen." 

4  marrimen  CR  -  5  qieu  hai  qar  u.  M  —  7  troblat  M. 

9  e  e.  C  M;  ducs  fehlt  R  —  11  pl.  cobeitat  M  —  12  eis 
fortz  CR  —  14  e  laissera  .  .  la  er.  M  —  15  e  quant  au.  M. 

17  e  c.  M  —  18  e  1.  M  —  19.  ni  t.  R  —  20  ni  m.  s.  ni  mä  f. 
be  ni  onor  R  —  22  e  p.  c  —  23  noilh  e.  M. 

25  eis  d.  eis  pl.  C;  el  dol  el  plor  R  —  28*  fehlt  M  — 
29  sufri  C  —  30  m.  soy  R;  p  uos  fui  mortz  .  .  .  mal  menat  M 
—  32  p  vos  mort  M. 


—     63     — 

V.  Ailas  caitiu!  com  grieus  er  la  dolors 
e  que  direm,  qnan  serem  ajostat 
en  camp  florit,  on  veirem  clavellat  35 

dieu  en  la  crotz  per  totz  nos  peccadors, 
e  pe'l  costat  nafrat  tan  malamen 
e  de  ponhens  espinas  coronat! 
Adoncs  volgram  quascus  aver  cobrat 
la  vera  crotz  el  sieu  sanh  monimen.  40 

IX. 

Gr.   156,   10. 
(Vergl.S.27f.) 

Handschriften :  C  229,  E  310,  G  116,  J  4,  P  28,  R  52,  S  164, 
Y  2,  c  14,  f  5,  i»)  107,  t*)  77;  in  G  Y  anonym.  Der  Copist  von  Y 
war  ein  Franzose,  die  Formen  sind  grossenteils  französirt ;  ausser- 
dem ist  die  Seite,  auf  der  das  Gedicht  steht,  stark  abgenutzt, 
so  dass  von  einzelnen  Wörtern  fast  nichts  mehr  zu  sehen  ist 
und  die  Lesarten  vielfach  unsicher  werden,  t  enthält  nur  Str.  1, 
III  und  IV. 

Die  Beziehungen  der  12  Handschriften  zu  einander  sind 
ziemlich  verwickelte.  Zunächst  weisen  GPSYcfV.  56  eine 
gemeinsame  Lücke  auf  und  eben  diese  Handschriften,  dazu  noch  E 
und  i,  haben  V.  50  gemein  den  Fehler  nos  conven  für  nos  er. 
Trotzdem  geht  es  nicht  an,  E  G  P  S  Y  c  f  i  zu  einer  Gruppe  mit 
der  Unterabteilung  G  P  S  Y  c  f  zu  vereinigen,  da,  wie  unten 
gezeigt  werden  wird,  i  mit  R  auf's  engste  verwandt  ist  und  f 
gleichfalls  in  fast  sämmtlichen  übrigen  Fällen  zu  J  R  i  steht; 
wir  müssen  f  und  i  ausscheiden  und  annehmen,  dass  beide  stellen- 
weise eine  zweite  Vorlage  benutzt  haben.  Es  bleibt  also  be- 
stehen die  Gruppe  E  G  P  S  Y  c,  mit  deren  Ansetzung  im  Ein- 
klang steht  V.  14,  wo  alle  diese  Handschriften  fälschlich  totz  vor 
eslaissatz  einschieben.  Schwierigkeiten  macht  indessen  die  Zu- 
teilung von  E;  allerdings  stellt  sich  E  in  dem  eben  erwähnten 
Falle  sowie  V.  50  (s.  o.)  zu  G  P  S  Y  c,  auch  geht  es  speciell  mit 
G  Y  c  V.  31  und  V.  37  —  denn  das  fet  der  Handschrift  ist  doch 
sicher  zu  fehle  zu  ergänzen  —  und  mit  G  c  V.  7,  aber  andrerseits 
weist  es  den  G  P  S  Y  c  fehlenden  Vers  56  auf  und  hat  mit  J  f 

33  fehlt  CR—  34  direz  R;  qez  aurem  tuit  q.  s.  a.  M 
—  35  cap  C;  eu.M  —  36  dieus  . .  .  tug  li  peccador  C  —  37  ez 
er  feritz  el  costat  duramen  M  —  39  be  uolriam  adonc  a.  c.  M. 

1)  Die  von  Stengel,  Zeitschrift  I,  387  abgedruckte  Kopen- 
hagener Handschrift. 

2)  Ich  bezeichne  mit  diesem  Buchstaben  das  von  P.  Meyer, 
Daurel  et  Beton.  Paris  1 880  S.  LIXX— CXX  beschriebene  Didot'sche 
Manuskript. 


—     64     — 

gemein  die  Varianten  V.  14  enlaisatz  für  eslaisatz  und  V.  53  —  54 
trobarem-caurem.  Wir  werden  im  Hinblick  auf  die  grössere  Zahl 
gemeinsamer  Varianten  E  von  G  P  S  Y  c  nicht  trennen  dürfen, 
aber  wir  werden  nicht  umhin  können,  anzunehmen,  dass  es  gleich- 
falls nachträglich  aus  einer  zweiten  Vorlage,  und  zwar  aus  einer 
Vorlage  des  Typus  J  f,  einzelne  Lesarten  aufgenommen  hat. 
Innerhalb  der  Gruppe  E  G  P  S  Y  c  gehören  nun  wieder  P  S  eng 
zusammen;  von  ihnen  gilt  auch  hier  das  oben  bei  Lied  VI 
bemerkte,  ihre  Ueberlieferung  ist  identisch.  Sodann  besteht 
eine  nähere  Verwandtschaft  zwischen  GYc,  wie  die  Varianten 
V.  17  plus  für  mais,  V  31  a  dolor  für  ab  dolor  und  V.  37  fehle 
für  frevol  zeigen;  was  ihr  gegenseitiges  Verhältnis  betrifft, 
so  steht  c  teils  zu  Y  teils  zu  G ;  es  hat  mit  Y  gemein  die  Fehler 
V.  4  tutz  las  heritaz-  touz  les  heritaz,  V.  3  qe  hörn  lais — que 
om  laise,  V.  17  e  qant  om  uiu  plus  dans  ( — 1),  V.  49  ver  la  mort, 
auch  wohl  die  Lesart  V.  43,  —  denn  dem  cum  faxt  un  fol  des- 
mesurai  in  Y  liegt  doch  jedenfalls  eine  Wendung  mit  com  fal, 
wie  sie  c  bietet  (com  fal  sordeior)  zu  Grunde  — ,  endlich  die 
durch  die  Uebereinstimmung  der  übrigen  Handschriften  —  aus- 
genommen J  —  als  fehlerhaft  erwiesene  Variante  V.  55 :  preghen 
dieu  —  our  prion  deu;  andrerseits  stimmt  c  mit  G  V.  7  und  33, 
beidemal  deuria  für  deu,  V.  23  e  sen  für  car  sen,  V.  29  mens 
que  für  mentier  que  und  V.  28  At  bezw.  Ar  für  Donc.  Es  Hesse 
sich  also  ebensowohl  eine  Unterabteilung  Y  c  als  G  c  recht- 
fertigen; ich  entscheide  mich  für  die  letztere  Möglichkeit,  mit 
Ansetzung  einer  zweiten  Quelle  für  G,  da  eine  solche,  und  zwar 
eine  Quelle  des  Typus  J,  mir  ohnehin  auf  Grund  von  V.  4  und 
V.  42  für  G  angenommen  werden  zu  müssen  scheint. 

Mehrfache  gemeinsame  Varianten  gegenüber  allen  anderen 
Handschriften  thun  dar  die  enge  Zusammengehörigkeit  von  R 
und  i,  vergl.  V.  11,  20,  44,  51,  52,  53;  zu  ihnen  tritt  f  auf  Grund  von 
V.  2  und  52  und  diesem  wieder  ist  nahe  verwandt  t  (nur  3  Strophen, 
s.  o.),  wie  V.  3  (die  gemeinsame  Vorlage  von  E  f  t  hatte  offenbar 
an  der  Stelle  von  laloc  eine  Lücke,  die  in  den  drei  Handschriften 
verschieden  ausgefüllt  wurde),  20,  21,  30,  34,  36  zeigen,  doch  hat 
letzteres,  nach  V.  4,  22  zu  schliessen,  daneben  noch  eine  Hs. 
des  Typus  G  verwertet.  Auf  die  gleiche  Vorlage  mit  Rif(t) 
muss  dann  J  zurückgehen,  wie  sich  ergiebt  aus  dem  ihm 
mit  f  gemeinsamen  Fehler  V.  44 :  mal  plag  für  nul  plag,  der 
offenbar  auch  in  der  Quelle  von  R  i  vorhanden  war,  hier  aber, 
weil  sinnlos,  in  son  plag  geändert  wurde,  sowie  aus  der  ihnen 
gemeinsamen  Variante  V.  53,  54  (s.  o.),  die  offenbar  gleichfalls 
auch  in  der  Quelle  von  R  i  stand.  Wir  erhalten  somit  eine 
Gruppe  J  f  (t)  R  i,  welche  in  der  That  allen  übrigen  Hand- 
schriften gegenüber  eine  Reihe  gemeinsamer  Abweichungen  auf- 
weist: V.  17  sei  que  und  qui  (J)  für  für  quant  hom,  on  om,  com, 
V.  22  mogutz  für  vengutz  (ausgenommen  t),  V.  34  breu  dora  für 
breu  de  temps,  pa\ic  de  temps,  un  sol  puntz,  V.  37  Non  ia  für 
Queu  oder  Eu  non  vei.    Doch  müssen  wir,   wie   oben  bemerkt, 


—     65     — 


für  f  und  i  auf  Grund  von  V.  50  und  56  die  Benutzung  einer 
zweiten  Vorlage  des  Typus  G  P  S  Y  c  ansetzen,  durch  welche 
Annahme  es  sich  denn  auch  erklärt,  wenn  beide  Handschriften 
V.  9  mit  G  P  S  Y  c  es  viandans  für  em  viandan  J  R  lesen,  und 
wenn  i  V.  28  mit  der  Variante  Or  zu  G  c  (G  At,  c  Ar)  steht.  Aber 
auch  J  tritt  mit  der  Variante  V.  55  (s.  o.)  aus  der  Gruppe  Rf  i 
heraus,  es  wird  somit  auch  für  dieses  die  Annahme  einer  zweiten 
Quelle  des  Typus  G  Y  c  nicht  zu  umgehen  sein. 

Was  endlich  C  betrifft,  so  werden  wir  dieses  in  Berück- 
sichtigung der  Thatsache,  dass  es  anerkanntermassen  mit  R  nahe 
verwandt  ist,  der  Gruppe  J  f  R  i  zuweisen  dürfen,  wenn  auch 
ein  Beweis  für  seine  Zugehörigkeit  zu  dieser  Gruppe  aus  den 
Varianten  nicht  zu  entnehmen  ist. 

Somit  dürfte  folgendes  Schema  das  Verhältnis  der  Hand- 
schriften annähernd  richtig  darstellen: 

0 


ß 


E    P 


9 


Y 


G  c  t  f    R 

Das  Gedicht  ist  gedruckt  Lex.  rom.  I,  488;  M.  W.  III,  99: 
Arch.  35,  104  (G);  M.  G.  1073  (R);  Archiv  49,  305  (P);  Zeit- 
schrift I,  394  (i);  P.  Meyer,  Daurel  et  BetonLXXXIX  (Str.  I,  III. 
IV  nach  t). 

I.  Quan  be  me  sui  apessatz, 
tot-  l'als  es  niens  mas  dieus; 
qu'om  laissa  l'aloc  e'ls  fieus 


Strophe  I  ist  in  E  durch  Ausschneiden  verstümmelt,  es  fehlt : 
Quan  .  .  tot .  .  dieu  ...  eis  f ...  .  tatz  .  .  .  mal  .  .  .  espassamens  per 
quom  d  .  .  . 

1  mi  sui  ben  a.  G  —  On  mielhs  m.  s.  a.  R  —  E  quat  heu 
m.  s.  b.  a.  Y  —  perpensatz  J  —  2  tutz  lals  c,  touz  laus  P  S,  totz 
laus  t,  toi  lautr  G,  .  .  .  lalre  E  —  tout  autre  est  ren  mais  semr  (?) 
deu  Y  —  nulha  res  non  es  m.  d.  R  f  i  —  3  laissale  alos  C  —  los 
alos  .  .  .  ieus  E,  alos  e  f.  J,  la  locs  el  feus  P  S,  lalou  el  fieu  i, 
onors  e  f.  R,  solas  e.  f.  f,  teres  e.  f.  t  —  con  laisa  los  alou  el  feu  G, 
que  om  laise  le  lonc  el  faic  Y,  qe  hom  lais  lalou  el  feu  c. 

Zenker,  Folquet  von  Romans.  5 


—     66     — 

e  totas  las  eretatz; 

ricors  del  segle  malvatz  5 

non  es  mas  trespassamens, 

per  qu'om  deu  esser  temens 

e  lejals  ses  totz  enjans, 

quar  quascus  es  viandans. 

IL  Qu'aitan  tost  cum  om  es  natz,  10 

mou  e  vai  coma  romieus 
a  jornadas  et  es  grieus 
lo  viatges,  so  sapchatz; 
que  quascus  vai  eslaissatz 

vas  la  mort,  qu'aurs  ni  argens  15 

non  Ten  pot  esser  guirens, 
et  on  om  mais  sai  viu  d'ans 
ses  dieu,  mais  fai  de  sos  dans. 

III.  E  tu,  caitiu,  que  faras, 

qui  conoisses  mal  e  be?  20 


4  t.  sas  eretatz  R  f,  tutz  1.  her.  c,  touz  lez  h.  Y,  las  autras 
(autres  t)  ereptatz  G  J  t  —  5  el  ricor  GJPRSci,  ela  ricor  E, 
quel  ricor  Y  f  —  6  mais  un  tr.  c  —  7  deuria  G  c,  ...  euria  E 

—  tremenz  S,  trement  Y  —  8  ehal  f  —  sus  i  —  tut  enzan  G  R  Y  t 

—  9  que  qu.  C  G  J  i  —  em  v.  J  R  t  —  vianda  G,  viandan  R. 

10  Aissi  t.  C,  Aitan  t.Rci,  Car  tan  t.  E  P  S  Y,  Sti  t.  G  — 
cant  hörn.  R  —  11  mou  enuia  P,  m.  en  uai  S,  vai  e  mou  R  —  com 
r.  Pc,  come  r.  S,  co  fal  romieu  R,  cum  fa  romeu  i  —  12  azornada 
Gi,  aiornaz  c  —  breu  G  —  13  lo  viatges  so  fehlt  R  —  14  via  i 

—  enlaisatz  J  —  car  cascuns  vay  enlassatz  f,  que  ia  pueis  que 
es  lassatz  R,  cascuns  uai  totz  enlaisatz  E,  car  c.  v.  tuz  eslaissaz 
S,  e  vai  sen  tot  eslaisaz  G,  car  si  sen  uay  cha6un  tont  eslaissat 
Y,  qa  hom  sen  va  toz  eslaissaz  c ;  der  Vers  fehlt  in  P  —  15  vers 
GPS,  ver  Y  c,  ves  J  —  a  la  m.  R  —  16  ne  li  p.  aueir  Y  —  li 
p.  R  —  garenz  S  P  Y  cf  —  17  et  can  hom  m.  P  S,  e  qui  mais  J 

—  com  mais  uiu  hom  dans  E,  e  qand  hom  plus  s.  v.  d.  G,  e  qant 
om  uiu  plus  d.  c  Y  (in  Y  nach  plus  4  Buchstaben  ganz  verwischt), 
e  sei  que  may  sai  vieu  dan  R,  e  sei  qui  sai  mai  vien  danz  i, 
e  sei  que  m.  sa  uiu  d.  f  —  18  ses  d.]  ni  dias  R  —  i  fai  i,  fai 
mais  G  —  son  d.  P  S  Y  c,  son  dan  G  R. 

19  Las  tu  i  —  chatis  P  S,  chaitis  Y  —  20  qe  conois  los 
mais  el  be  G,  qe  conosc  lo  mal  el  ben  P  S,  que  conoisses  le 
mal  et  el  bien  Y,  qui  conoisel  mal  e  ben  c,  que  sabes  los  mais 
sei  bes  R  i  —  m.  eis  bes  E,  mais  eis  (e  t)  bens  ft. 


—     67     — 

fols  es  si  non  t'en  sove 

don  iest  vengutz  ni  on  vas; 

s'en  ta  vicla  be  no  fas, 

tu  mezeis  t'es  escarnitz 

e  si  s'en  part  1' esperitz,  25 

carguatz  de  peccatz  mortals, 

ta  mortz  es  perpetuals. 

IV.  Donc  garda  cum  obraras, 
mentre  vida  te  soste, 

quen  pauc  d'ora  s'esdeve  30 

que  om  mor  en  un  traspas; 
per  qu'om  non  deu  esser  las 
de  ben  far,  quan  n'es  aizitz; 
qu'en  breu  de  tems  es  falhitz 
lo  jois  d'aquest  segle  fals,  35 

qu'a  totz  es  mortz  cominals. 

V.  Non  i  a  frevol  ni  fort 
que  tan  sapcha  d'escremir 

21  greu  er  C  —  ten  soues  E,  ti  souens  f,  te  souen  G  c,  ti  soue 
JE  —  sei  ne  ti  s.  Y  —  Si  dontcas  no  ti  sobes  t  —  22  inogutz 
J  R  f  i  —  e  ont  v.  Y  —  un  es  v.  n.  un  v.  P  S  —  23  sin  C  J,  si  en  R, 
ni  en  t,  e  sen  G  c,  que  sen  P  S  f ,  quar  sa  E,  car  sen  Y  —  24  tiest 
J  R,  ten  escarnis  E,  te  scarnis  G,  nes  e.  P  S,  eis  scarnit  Y  — 
25  que  si  C,  aisi  s.  p.  E  car  sei  s.  Y  —  e  sin  pert  lo  speriz  G 
—  26  del  P  S,  dels  J  —  peccat  mortal  R  —  27  la  toa  mortz  E  — 
er  p.  CRfi,  sera  Y  —  perpetual  R  —  qar  a  tutz  es  mors  p.  c. 

28  Donx  E  J  R  f,  Dun  P  S,  Adont  t,  Ar  c,  At  G,  Or  i  —  cant 
o.  R  —  29  mentre  que  J,  mentier  que  Y,  mens  que  G,  meine, 
que  c,  tan  quan  C,  tan  com  PS  —  vidat  soste  J,  vide  te  sostes 
E,  v.  ti  sosten  f  —  30  breu  d'ora  C  R  f  t,  breu  de  temps  G  — 
qa  mantas  uez  c,  car  mainte  feis  Y  —  sendebe  t,  se  denen  G, 
qen  deuen  c,  deuient  Y  —  31  com  mor  E,  com  sen  mor  G,  com 
es  mors  P  S,  fehlt  t  —  32  pour  que  Y  —  deuria  G  c  —  p.  que 
non  qeu  hom  t  —  V.  33  — 47  sind  in  E  durch  Ausschneiden 
verstümmelt,  erhalten :  de  .  .  .  en  breu  de  tems  ....  seigle  fals 
cat  .  .  .  Eu  no  uei  fet .  .  .  cha  descremir  .  .  .  quar  non  gar  .  .  . 
zura  ni  tort  .  .  .  e  lo  plus  bei  c  .  .  .  per  nuill  pla  .  .  .  trag.  Eu  no 
sai  ma  .  .  .  .  se  prengua  d.  s.  —  33  q.  est  a.  c,  qui  nes  ai.  GPS  f, 
en  est  aisit  Y,  car  ades  es  auzit  t  —  34  pauc  de  t.  G,  breu  dora 
J  R  f  t  —  quen  breu  dores  hom  f.  i  —  car  en  breu  t.  Y,  qan  un  sol 
puntz  c  —  es  fenit  t  —  35  la  iost  R  —  36  qu'  fehlt  G  f  t  —  la  m.  Y. 

37  Quar  noy  a  C,  Eu  no  vei  E  P  S  c,  Qeu  non  uei  G,  Que 
heu  ni  uey  Y  —  feble  n.  f.  G  Y  c,  fet .  .  .  E  —  38  qar  t.  c  — 
de  lescremir  Y. 


—     68     — 

qu'a  la  mort  puesca  gandir; 

qu'il  non  garda  agur  ni  sort,  40 

dreg  ni  mezura  ni  tort; 

qu'aissi  tost  pren  lo  melhor 

el  plus  bei  co*l  sordeior 

e  negus  hom  per  nulh  plag 

no*s  pot  gardar  del  sieu  trag.  45 

VI.  Eu  non  sai  mas  im  conort: 
qu'om  pesse  de  dieu  servir 
e  qu'om  se  gart  de  falhir 
mentre  que  vai  vas  la  mort; 
qu'a  passar  nos  er  al  port  50 

on  tug  passon  ab  dolor, 
li  rei  e  l'emperador, 
e  lai  trob'  om  atrazag 
lo  ben  el  mal  qu'om  a  fag. 

39  o  posca  R  —  40  tan  guarde  C,  qe  n.  c,  car  ni  g.  Y,  car 
n.  g.  E,  quil  non  val  f  —  qui  uol  gardar  aur  ni  sort  ß  —  41  fehlt 
in  C  —  ni  d.  GPScf  —  in  Y  nur:  dreit  nie  .  .,  das  übrige  aus- 
gekratzt —  42  quaitan  t.  G  J  E  f  i,  cautressi  Y  —  tost]  leu  f  — 
prendal  m.  c  —  ruelor  C  —  43  el  p.  b.  c]  com  fal  c  —  com  lo 
peior  G  —  col  s.]  cum  fait  un  fol  desmesurat  Y  —  el  plus  ric  cum  lo 
peior  C  —  el  plus  pauc  con  la  mayor  f  —  44  ui  n.  P  S,  pero 
n  c  —  e  doncx  nulh  h.  R,  e  ya  negun  f  —  mal  plag  J  f,  son 
plag  Ri,  negun  p.  Y  —  45  non  puosc  c  —  guandir  CR  —  nos 
gardara  f  —  de  son  t.  C  Y  f  i7  daquel  t.  R,  del  soi  t.  c. 

46  noi  J  R  —  Non  y  sai  C,  0  ni  as  c,  Ära  non  uei  G,  H om- 
ni uey  Y,  Non  uei  i  —  mas  un  fehlt  G  —  47  qe  hom  pens  c,  com 
se  pung  PS,...  se  prengua  dieu  s.  E,  com  so  (?)  pens  Y,  mais 
com  pens  G  Rf  i,  cal  com  p.  J  —  en  d.  s.  c  —  4b  e  que  s.  g.  E, 
e  ques  garde  J  —  se  gardi  P  —  e  que  ora  s.  g.  Y  —  49  m.  quom 
v.  C  R  i,  mentre  sen  v.  P  S,  mentrom  v.  c  —  que  fehlt  E  —  vau 
v.  i  —  a  1.  m.  R  —  menter  con  (?)  enver  1.  m.  Y,  qades  uas  hom 
u  1.  m.  G  —  50  qar  PSc,  que  Y,  e  G  —  nos  conven  a.  p.  GPS 
Y  c  f  i  —  car  nos  cauem  passar  a.  p.  E  —  als  portz  f,  a  cel  p.  Y 
—  51  pason  tugh  R  i  —  a  dolor  E  G  Y  c,  ab  paor  R  —  52  et  r. 
et  e.  P  S  Y  c,  e  li  r.  el  e.  E,  reys  coms  et  e.  R  i,  coms  e  reys  enpera- 
dors  f  —  53  trobon  a.  C  —  e  lai  trobarem  J,  lai  trobarem  E, 
e  trobarem  f,  aqui  parra(n)  R  i  —  in  Y  von  dem  Verse  auf 
Rasur  nur:  tout  entresait  —  54  los  be  el  mals  G,  el  b.  e.  m.  c, 
lo  mal  el  ben  s,  los  mals  eis  bes  E,  lor  mals  eis  ben  i,  li  mal 
el  bei  R  —  que  an  f.  C,  caurem  f .  E  J  f ,  cauras  f.  R,  couen  an 
f .  i  —  in  Y  nur :  lou  ben  et .  .  .  que  .  .  ge  .  .  fait. 


—     69     — 

VII.  A  dieu  prcc  per  sa  doussor  55 

que  nos  fassa  tan  d'onor 
quems  guart  de  mortal  aguag, 
tro  son  plazer  ajam  fag. 

Coblenwechsel. 
X. 

Gr.  156,  4. 

(Vergl.  S.  22  u.  25.) 

Handschrift:  II  51;  gedruckt  Archiv  34,405;  M.  G.  1134; 
Studj  di  fil.  rom.  V,  519. 

I.       En  chantan  volh  que'm  digatz, 
senh'en  Blancatz, 
se  vai  l'emperaire 
vas  la  terra  don  deus  fon  natz, 

vos  qirea  pessatz  5 

o  quen  cuiatz  faire ; 
qu'eu  volrai  retraire 
zo  que*us  n'er  veiaire, 
sei  viatge  vos  agenza 
o  si'os  platz  la  remanenza ;  10 

c'ancor  non  a  gaire 
qu'il  contessa  de  Proenza 
dis  que  per  sa  entendenza 
eratz  gais  e  chantaire. 
En  Blancatz  li  respondet  en  aquesta  cobla: 

IL       En  Falquet,  ben  o  sapchatz  15 

qu'eu  sui  amatz 
et  am  ses  cor  vaire 
leis  en  cui  es  fina  beutatz 

55  Preguem  (preghen  c)  dieu  J  c,  Hour  prion  deu  Y  — 
56  fehlt  in  G  P  S  Y  c  f  —  quelh  n.  C  i,  quem  E   —  57    guar  C 

—  quem  g.  E  G  P  S  f ,  qe  nesgard  c,  nos  g.  R  —  dcl  m.  a.  C  P  S 

—  58  tro  1  sieu  p.  J  ß  c  —  lajam  C,  li  ayam  f  —  aia  E  P  S  —  taut 
que  son  plaixer  ayan  fait  Y  —  pro  qaia  mais  de  ben  faiz  G.  — 

7,  8  Qeu  volrai  qem  digatz  Zo  qeus  ner  ueiaire  Qeu  volrai 
retraire  —  9  e  s.  viatz  —  13  que  fehlt  —  15  be  —  o  fehlt.  — 
1.9  en  lei  c. 


—     70     — 

e  gais  solatz ; 

qu'elam  po  desfaire  20 

e  se*s  vol  refaire, 

que  de  prez  es  maire; 
ab  sen  et  ab  conoissenza 
et  ab  bels  dichz  de  plaisenza 

sap  cor  de  cors  traire ;  25 

eu  farai  ma  penedenza 
zai  antre  mar  e  Durenza 
apres  del  seu  repaire. 

XL 

Gr.  156,  9  und  310,  2. 

(Vergl.  S.  27.) 

Handschrift:   H  54;   gedruckt    Archiv  34,412;    Studj  di  fil. 
rom.  V,  534. 

Falquet  de  Roman  a  Nicolez: 

I.      iVicolet,  gran  malenansa 

ac,  can  vos  vi  desconfire; 

mais  vos  valgron  que  la  lanza 

li  esperon,  zo  auc  dire; 
d'aizo  no  vos  podetz  esdire  5 

que  l'ausberc  el  bran  rudolen 
rendes  ses  colp  ad  un  serven, 
ni  no-us  en  podetz  escondire; 
gardatz  si  fezes  falhimen 
vas  la  bella  que*us  acuolh  gen.  10 

Nicolez  de  Turrin  li  respondet: 

IL      Trop  son  de  dur'  acoindanza 

Borgonhon,  per  qe'ls  adire, 

Falquet,  qu'a  la  comensansa 

me  tolgron  solatz  e  rire; 
enoios  son  al  meu  albire,  15 

per  quem  parti  de  lor  fugen 
e  segi  lo  comte  valen 

21  resfaire. 

3  qe  mais  —  5  no  vos]  nos  —   10  la  bei. 

11  dura  coindanza  —  17  segil  c. 


—     71     — 

Godofre  de  cui  sui  servire 

el  pro  comt'  Ubert  eissamen 

c'avia  de  vezer  talen.  20 

XII. 

Gr.  181,  1  und  156,  1. 

(Vergl.  S.  27.) 

Handschrift:  H  51;    gedruckt  Archiv  34,407;   Studj    di  fil. 
rom.  Y,  522. 

Lo  coms  de  Blandra: 

I.  Pois  vezem  qu'el  tond  e  pela, 
Falquez,  e  no  gara  cui, 
s'eu  era  no*m  gart  de  lui, 
serai  folz,  zo  poira  dire; 

äoncs  conselh  li  darai  gen  —  5 

et  er  folz  s'el  no  l'enten  — 

c'ades  son  viatge 
tenha  dreit  vas  son  estatge; 
que  zai  van  las  genz  disen 
que  per  eine  cenz  marcs  d'argen  10 

no*ill  calria  metre  gage. 

Falquetz  de  Roman  li  respos: 
IL  Aissi  com  la  clara  Stella 
guida  las  naus  e  condui, 
si  guida  bos  prez  selui 

qu'es  Valens,  francs  e  servire,  15 

e  sei  fai  gran  falhimen 
que  fo  pros  e  s'en  repen 

per  avol  corage; 
que  un  sai  tal  c'a  mes  en  gage 
prez  e  valor  e  joven  20 

si  quel  febres  lo  repren 
qui  renquer,  tant  lh'es  salvage. 

5  pero  c.  —  7,8  cades  tegna  s.  v.  Dreit  lai  v.  s.  e. 
18  per  flac  a.  c.  —  21  si  qe  la  f. 


—     72     — 

Epistel. 

XIII. 

Gr.  §  29. 
(VergLS.  17  ff.) 

Handschriften :  G  120,  L  57,  N  20,  c  1 7 ;  dazu  komuit  möglicher- 
weise noch  die  Handschrift  von  Saragossa,  da  diese  ein  mit  den 
Worten  Eu  pren  comiat  beginnendes  Gedicht  enthält,  vergl.  das 
Vorwort.  Der  Brief  wird  in  G  dem  Pons  von  Capdoill  zu- 
geschrieben, er  steht  anonym  in  L  N;  die  richtige  Attribution 
Folchet  de  Roman  findet  sich  nur  in  c. 

Gedruckt  sind  bei  Eayn.  Lex.  rom.  I,  489  V.  1  —  70,  83  —  94, 
105—144,  150—164,  169—175,  181—254  nach  L;  nach  c  ist  das 
Gedicht  gedruckt  bei  Napolski,  Pons  de  Capdoill,  Halle  1 880,  S.  1 08. 

Die  Orthographie  ist  die  von  c ;  N  konnte  ich  nicht  benutzen. 

Donna,  eu  pren  comjat  de  vos, 

ez  anc  non  fui  plus  angoissos 

com  soi  de  vostra  departia; 

e  comant  vos  a  deu,  m'amia, 

per  cui  mos  cors  languis  e  fönt,  5 

que  mais  vos  am  que  ren  del  mont; 

car  depuesc  que'us  paiiai  nius  vic, 

ren  del  mont  tan  non  m'abelic; 

car  neguna  tan  ben  non  fai 

tot  quant  a  valen  pretz  s'eschai,  10 

ni  neguna  tan  ben  non  di 

bels  plazers  ni  tan  gen  non  ri. 

Qu'ab  bei  semblan,  franc  e  cortes, 

avez  mon  cor  lassat  e  pres, 

tan  que  d'al  re  non  pueis  pensar  15 

mais  de  vos  servil*  et  onrar; 

e  s'en  grat  servir  vos  sabia, 

jamais  marriment  non  auria, 

donna,  que  ja  no*m  valha  deus, 

se  melhz  non  soi  vostre  que  meus.  20 

Que  la  nueit,  quan  soi  endurmiz, 

s'en  vai  a  vos  mos  esperiz; 

donna,  ar  ai  eu  tan  de  ben 

4  in'  fehlt  G  c  —  10  t.  qu.]  cho  q  G  —  16  et  amar  G  c  — 
22  ab  v.  G  —  23  donna  ar  agues  eu,  eu  einkorrigiert,  c  —  ar 
aij  argues,  übergeschrieben  au,  G. 


—     73     — 

que  qnan  resvelh  e  m'en  soven, 

per  pauc  no*m  voih  los  olhz  crebar,  25 

quar  s'entremetton  del  veibar; 

e  vauc  vos  per  lo  leicb  cerchan, 

e  quan  no*us  trob,  remau  ploran; 

qu'eu  volria  toz  temps  dormir, 

qu'en  sonjan  vos  pogues  tenir.  30 

Mas  aissi,  con  vos  plaira,  sia, 

qu'en  vos  es  ma  morz  e  ma  via; 

qu'autra  no  me  pot  ajudar, 

vos  me  podez  far  e  desfar; 

qu'eu  am  pro  mais  per  vos  morir  35 

que  per  autra  domna  guarir; 

mas  vos  n'aurez  pecbat  e  tort, 

se  mais  non  m'amaz  viu  que  mort. 

E  sai  ben  que  gran  ardimen 

faz,  domna,  quar  en  vos  m'enten,  40 

que  ben  sai  c'a  mi  non  s'atanh ; 

pero  fai  que  fol  qui  no's  planh 

al  mege  qui  lo  pot  guarir; 

qu'om  non  se  deu  laissar  morir, 

que  non  fassa  son  mal  saber  45 

al  mege  qui  li  pot  valer; 

per  qu'eu  o  faz  saber  a  vos, 

bella  donna,  valenz  e  pros, 

de  cui  tenh  tot  quant  ai  en  feu; 

e  comandarai  vos  a  deu,  50 

que  senz  cor  vauc  e  senz  cor  venh, 

e  ses  cor  ades  me  sostenh, 

que  de  cor  soi  mondes  e  blos, 

bella  domna,  vos  n'avez  dos; 

que  vos  avez  lo  meu  el  vostre,  55 

et  ai  ben  talen  quei  vos  mostre: 

quan  preses  mon  anellet  d'or, 

mi  traisses  dinz  del  cors  lo  cor, 

qu'anc  pueis  en  mon  poder  non  fo, 

25  no  v.  G  —  26  sentremettcnt  c  —  31  com  p.  c  —  41a] 
ab  G  —  c'a  mi]  ca  mort  c  —  42  fai  fol  qi  no  se  (sen)  p.  G  c  — 
48  cortesza  e  p.  L  —  50  qe  v.  G  c. 


74 


anz  remas  en  vostra  preiso ;  60 

e  vos  per  fin    amor  enteira, 

domna,  mi  des  vostr'  almosneira, 

don  eu  vos  rent  eine  cenz  merces, 

qu'ainorosamen  m'avez  pres; 

e  farez  peccat  a  sobrer,  65 

s'auciez  vostre  preisoner, 

domna;  mais  d'aitan  me  conort 

qu'anc  om  non  fez  tan  bella  mort 

com  eu  farai,  s'eu  mor  per  vos, 

per  que*n  dei  esser  mout  jojos;  70 

qu'eu  non  cre  que  negus  fos  naz 

con  tan  bei  glavi  fos  navraz 

com  eu  soi,  ni  ab  tan  plazen; 

o  muer'  o  viu',  a  vos  mi  ren; 

que  vostre  cors  non  a  parelh  75 

en  tan  quan  hom  vei  lo  solelh, 

que  tan  l'avez  bei  e  ben  fach 

qu'il  autre*m  semblan  esser  lach; 

que  quan  vei  la  gul'  e  la  fassa, 

plus  blancha  que  neus  sobre  glassa,  80 

e  vei  lo  menton  ben  assis, 

ben  euch  esser  en  paradis; 

e  quan  vei  la  bocca  vermelha 

qu'anc  deus  non  sap  far  sa  parelha 

per  baisar  ni  per  rire  gen  85 

ni  per  enamorar  la  gen, 

adonc  soi  eu  enamoraz 

que  non  sai  que  die  ni  que  faz; 

e  quan  vei  vostras  bellas  denz, 

plus  blanchas  que  n'es  fins  argenz,  90 

e  vostra  color  natural 

que  deus  fez  que  noi  a  ren  al, 

aissi  soi  d'amor  entrepres 

que,  qurm  sona,  no'ill  respon  ges. 

Quan  vei  vostre  bei  nas  traitiz  95 


:0  p.  qti.]   qeu  en  G  —  74  on  muoira  o  uia  G 
fehlt  G  —  78  que  li  au.  L  —  ni  fehlt  G  —  84  la  p.  G 


r.  L,  non  r.  c  -  -  95  traitz  c. 


75 


G 


e*ls  cils,  ginhosez  e  petiz, 

eis  bels  olhs,  rienz  en  la  testa, 

de  joi  faz  dinz  mon  cor  gran  festa; 

e  quan  vei  lo  fron  bei  e  blanc, 

tal  que  son  parelh  non  vi  anc, 

e  vei  los  cabelhz  genz  e  sors 

qui  reluison  plus  que  fins  ors, 

si  soi  esperduz  e  pensis 

que  non  sai,  si  soi  morz  o  vis. 

Domna,  no'us  aus  dir  mon  corage, 

mas,  si  be*m  volez  el  visage 

esgardar,  lo*i  porez  chausir, 

que*us  es  cella  qui'm  fai  murir, 

e  si  esguardaz  cals  vos  ez, 

de  quäl  beutat  e  de  quäl  prez, 

ni  de  mi,  qui  soi  ni  quan  valh, 

toz  temps  viurai  mais  ab  trebalh; 

mas  non  mi  den  noire  parages 

ni  riqueza  ni  auz  linhages; 

c'om  non  deu  gardar  en  amor 

gran  parage  ni  gran  richor; 

qu'amors  deu  esser  comunals, 

pois  Tuns  es  ves  l'autre  lejals; 

quar  fm'amors  pren  a  amic 

tan  tost  lo  paubre  com  lo  ric, 

e  val  mais  merces  que  razos 

en  amor,  so  dis  Salamos; 

per  qu'eu  dei  ben  trobar  merce 

en  vos,  pos  mais  vos  am  que  re; 

domna,  tot  aissi  o  fai  deus, 

quar,  qui  melhz  lama,  melhz  es  seus. 

Donc,  pos  eu  vos  am  mais  e  plus, 

melhz  vos  dei  aver  que  negus; 

que  vostr'  om  soi  e  vostre  sers, 

plus  obediens  qu'uns  convers; 

e  s'en  amor  volez  entendre, 

non  vos  devez  ves  mi  defendre, 

98  gran  fehlt  G  —  105  au  c  —  106  ben  v.  c  —  107  lor 
108  faiz  G  —  109  esez  c  —  110  e]  ni  G  —  112  a  t. 


100 


105 


110 


115 


120 


125 


130 


c,  lo 
G. 


—     76     - 

qu'encar  non  fassaz  mos  plazers, 

se*l  deus  d'amor  es  dreiz  ni  vers. 

Que  tan  vos  soi  ferms  e  lejals  135 

que  Tristans  fo  vers  Ysout  fals 

contra  mi,  e  vers  Blanchaflor 

Floris  ac  cor  galiador. 

Envcrs  vos  soi  tan  francs  e  fis 

que,  quan  truep  omen  del  pais  140 

on  vos  estaz,  noil  aus  parlar 

nrm  pueis  partir  nrm  sai  lonliar, 

anz  li  vauc  demandant  razos 

tant  que  lo  faz  parlar  de  vos; 

e  adonc  non  me  pueis  tener  145 

en  pes,  anz  mi  ven  a  cliaer, 

si  que  vergonha  n'ai  soven; 

chascuns  s'en  vai  aperceven; 

qu'eu  non  o  pueis  far  desconoisser, 

qu'uns  orbs  o  poria  conoisser  150 

que  vos  m'avez  pres  e  lazat; 

e  volgr'  aguesses  la  mitat 

o*l  terz  o*l  quart  del  mal  qu'eu  ai, 

qu'adonc  sabriaz  co  m'estai. 

Mas  vos  non  sentez  la  dolor  155 

ni'l  mal  qurm  ven  de  fin  amor, 

ez  eu  non  serai  jamais  lez, 

se  vos  vostra  part  non  sentez; 

qu'adonc  sabriaz  vos  de  ver 

que-us  es  cella  quvm  fai  doler;  160 

qu'altre  mal  mi  semblavan  juec 

tan  qu'eu  senti  d'amor  lo  fuec. 

Vers  es  Feixemples  de  Rainart: 

tals  se  cuida  chalfar  qui  s'art; 

quar  el  primer  acondamen  165 

me  trais  pres  de  vos  planamen, 

e  vos  ab  joi  et  ab  solaz 

133,34  mon  plazer  . .  .ver  L  c  —  134  e  v.  L  —  13G  Yseutz  L 

—  139  En  vers]  E.  que  L,  Aues  qe  G,  Aues  qeu  c;  tan  fehlt  G  c 

—  144  qeu  G  -  -  lös  f.  L  —  146  mi  ven]  inaue  L  —  se  v.  G  — 
150  poriad  e  —  161  qautres  mals  L  —  165  lo  p.  G. 


—     77      — 

mi  tendez  en  rient  im  laz 

qu'eu  non  gardei  tro  que  fui  pres: 

aissi  fai  d'amor  sobrepres.  170 

E  pagues  nii  ben  coma  fol, 

quan  mi  meses  lo  braz  al  col 

e'm  disses  qu'eu  era  primers 

amics  e  seria  derer s 

don  vos  anc  fos  enamorada;  175 

ar  fos  la  veritaz  provada! 

A!  que  n'agues  crebat  Fun  huelh! 

Domna,  ben  sai  qu'eu  die  orguelh, 

mas  non  m'en  devez  piez  voler, 

que  per  toz  luecs  vos  ai  dit  ver;  180 

e  se*m  tenez  en  tal  balansa, 

companhz  serai  Andreu  de  Fransa 

que  mori  per  amor  s'amia; 

e  pueis  venc  tart  la  repentia; 

qu'ella  s'en  repenti  mout  fort,  185 

quar  non  l'ac  eschapat  de  mort. 

Atrestal  avenra  de  me, 

domna,  se  non  avez  merce; 

que,  s'en  breu  temps  non  m'ajudaz, 

mort  mi  trobarez,  so  sapcliaz,  190 

e  so  es  ben  veritaz  pura 

que  trobem  en  sainta  scritura: 

que  domna  que  aucit  lo  seu 

a  escien,  non  vei  pueis  deu. 

Ma  bella  domna,  se  vos  plaz,  195 

de  mi  vos  prenda  pietaz; 

que  mort  me  podez  far  cazer 

o  viu  me  podez  retener; 

qu'eu  soi  tot  en  vostra  merce, 

faire  mi  podez  mal  o  be.  200 

Mas  eirs  prec  per  vostra  franquesa, 

quar  es  del  mont  la  plus  cortesa, 

la  plus  plazens  e  la  plus  bella, 

171  cö  a  f.  L  —  173  em  dis  quez  eu  G  —  175  donc  c  — 
177  Ab  que  L  —  187  auentura  d.  m.  c,  avengra  d.  ni.  L  —  195  sill  L 
—  201  eup.  G. 


—     78     — 

e  eil  qui  genzer  se  capdella, 

qu'un  pauc  m'aleugez  mon  martir,  205 

quar  ren  del  mon  tan  non  desir 

com  faz  vostre  bei  cors  lejal; 

que  deu  non  sai  querre  ren  al, 

domna,  mas  que*us  meta  bon  cor 

vas  vostr'  amic  qui  per  vos  mor;  210 

qu'eu  vos  dirai  que  m'esdeve 

per  vos  c'am  mais  que  nulla  re : 

quan  m'en  soi  intraz  al  moster, 

si  com  autres  pechaires  quer 

a  deu  perdon  de  sos  pechaz,  215 

ez  eu  vos  or  entre  mos  braz; 

qu'eu  non  sai  far  autr'  orazon, 

anz  pens  tant  a  vostra  faison, 

que  quan  eu  cuit  dir  patre  nostre, 

ez  eu  die:  domna,  tot  soi  vostre;  220 

aissi  m'avez  enfoletit 

que  deu  e  me  en  entroblit. 

Pero  tant  es  granz  la  vertuz 

de  vos,  a  cui  me  soi  renduz 

que,  srm  faziaz  d'amor  tan  225 

que  me  retenguesses  baisan, 

mos  maltraicbz,  qu'es  pejers  que  morz, 

devenria  jois  e  deporz 

e  serian  tuit  mei  sospir 

e  mei  afan  e  mei  desir  230 

tornat  en  joi  et  en  dolzor; 

que  tals  es  la  forsa  d'amor 

qu'uns  bens  fai  oblidar  cent  mals 

e  uns  jois  cent  iras  mortals, 

ni  non  sab  d'amor  ben  jausir  235 

qui  non  sab  celar  e  sofrir, 

ni  ja  non  sera  benananz 

qui  non  es  sofrenz  e  celanz. 

205  uialeugesez  L  c,  malegras  G  —  208  qua  d.  L  —  211  mes 
desie  c  —  213  el  m.  G  215  perdös  G  ==  219  eu  fehlt,  dire,  G 
—  221  enfollit  c  —  222  en]  m  L  —  225  srm]  sen  c. 


—     79     — 

Enaissi  o  cre  et  o  cuit, 

e  d'aiso  sai  eu  mais  que  tuit,  240 

qu'e  mi  non  a  ren  mais  amors; 

qu'aisrm  faderont  tres  serors 

en  aquel'  ora  qu'eu  fui  naz, 

que  toz  temps  fos  enamoraz, 

qu'amors  nos  partes  ja  de  me  245 

ni  eu  d'amor  per  nulla  re; 

d'amor  soi  e  d'amor  me  plai 

tot  quant  ella  mi  dis  ni  fai, 

qu'eu  soi  faiz  per  domna  servir, 

qu'anc  res  nom  poch  tant  abellir.  250 

Midonz  m'autrei,  midonz  mi  ren, 

qu'eu  nasqui  per  far  son  talen, 

e  valha  mi  deus  e  merces 

en  s'amor  e  ma  bona  fes. 

239  o  vor  cre  fehlt  c  —  249  dönas  L. 


Anmerkungen. 

i. 

Schema  :5a'7b5a'7b|7a'3b3b7b 

6  Strophen,  1  Tornada,  coblas  Singulars.  Die  Tornada  über- 
nimmt von  der  letzten  Strophe  nur  den  Eeim  b,  für  a  tritt  ein 
neuer  Eeim  ein,  welcher  also  ohne  Bindung  bleibt.  Ein  Gedicht 
gleicher  Form  ist  bei  Maus,  Peire  Cardenal's  Strophenbau  (Ausg. 
u.  Abh.  V)  nicht  verzeichnet. 

16.  cm  chant.  Reflexives  chantar  findet  sich  auch  in  dem 
von  Tobler  in  den  Sitzungsber.  der  Berliner  Ak.  d.  Wiss.  1885  II, 
941  edirten  Liede  des  Bernart  von  Ventadorh  Gr.  70,  24  nach  der 
Lesart  von  C  E:  Atressrm  chant  e  ni'esbaudei)  Tobler  nimmt 
es  in  den  Text  auf  mit  der  Bemerkung,  der  reflexive  Gebrauch 
von  chantar  „sei  wohl  denkbar,  wenn  auch  vielleicht  nicht  er- 
weislich"; vgl.  dazu  Diez,  Gr.  III4,  192. 

19.  Als  Objekt  zu  mi  lansa  ist  erguelh  ni  pezansa  zu 
ergänzen:  „weil  sie  mir  ihn,  d.  i.  den  Kummer,  so  fern  hält." 
Man  vermisst  das  hinweisende  Pronomen;  vielleicht  ist  mi'l  lansa 
zu  lesen. 

25.  Si  nonqucvm  remire  „wenn  ich  auch  nimmer  schaue." 
Appel  liesst  Si  non  quan,  was  aber,  wie  er  selbst  anmerkt,  keinen 
passenden  Sinn  giebt ;  die  Correctur  rührt  her  von  Levy,  Litteratur- 
blatt  XIV,  Sp.  17. 

37.  be  rrfo  tengra  a  folhatge  etc.  „wohl  würde  ich  es  als 
eine  Torheit  betrachtet  haben,  wenn  mir  Jemand  gesagt  hätte, 
dass  solches  Glück  mir  dadurch  zu  Teil  werden  könnte."  Das 
Relativum  mit  condicionalem  Sinn  =  si  quis  ist  im  Prov.  häufig, 
vgl.  Diez,  Gr.  IIP,  384,  auch  Tobler,  Vermischte  Beiträge  zur 
franz.  Gramm.  S.  99.  Ueber  den  Gebrauch  des  einfachen  Tempus 
für  das  umschriebene  im  condicionalen  Satzgefüge  (tengra  —  disses 
für  agues  tengut  —  agues  dit)  handelt  Diez,   ib.  365. 

45.  lai  ist  zweisilbig. 

IL 

Schema:  10  a  10  a  10  a  10  a  10  a  10  a  10  a  10  a  4  b' 

5  Strophen,  coblas  Singulars.     Die  Cäsur  steht  überall  nach 

der  betonten  4.  Silbe;   epische  Cäsur  liegt   vor  im  ersten  Verse 

jeder  Strophe  sowie  V.  15  und  32. 


—     81     — 

Gleiche  Form  hat  der  Strophenwechsel  Gui's  von  Cavaillon 
mit  Bertran  Folco  von  Avignon  Gr.  192,2  =  83,2:  Doas  coblas 
farai  en  aquest  so  (Arch.  34, 406),  nur  hat  die  Refrainzeile,  welche, 
wie  in  unserem  Liede,  die  Anrede  enthält,  männlichen  Reim. 
Der  Strophenwechsel  fällt  nach  Schultz,  Zeitschrift  IX,  126  Ende 
1218  oder  Anfang  1219.  Da  das  Lied  keine  sichere  Datierung 
zulässt,  so  muss  es  unentschieden  bleiben,  auf  welcher  Seite  die 
Priorität  ist.  Strophen  aus  einreimigen  oder  assonirenden  10-Silb- 
nern  mit  viersilbiger  Refrainzeile  wurden  bekanntlich  in  der  alten 
Romanzendichtung  verwendet;  der  Refrainzeile  entbehrend  be- 
gegnen sie  auch  sonst  nicht  selten ;  wie  es  scheint,  wurden  sie,  ihrem 
epischen  Charakter  entsprechend,  zumeist  in  Sirventesen  angewandt. 
Aus  Strophen  von  je  5  einreimigen  1 0-Silbnern  mit  6-silbiger  Refrain- 
zeile besteht  das  berühmte,  im  Kerker  gedichtete  Lied  des  Richard 
Löwenherz  Gr.  420,2.  —  Ueber  die  Verwendung  der  Refrainzeile  in 
der  provenzalischen  Lyrik  vergl.  Maus,  a.  a.  0.  S.  94  Anm.  20. 

6.  Wie  schon  die  Herausgeber  des  Raoul  de  Cambrai  S.  L 
bemerkt  haben,  enthält  dieses  Epos  in  der  uns  vorliegenden 
Fassung  nichts,  worauf  sich  Folquet's  Anspielung  beziehen  könnte ; 
Raoul  hat  allerdings  eine  Geliebte,  Heluis  de  Ponthieu,  aber  diese 
tritt  erst  nach  Raoul's  Tode,  Tirade  180—182,  auf.  Birch-Hirsch- 
feld,  Epische  Stoffe  S.  76  meint,  der  Dichter  nenne  den  Raoul 
hier  wohl  nur,  weil  er  einen  Reim  auf  als  brauchte;  ich  möchte 
eher  glauben,  dass  ihm  das  Epos  in  einer  von  der  uns  vorliegenden 
abweichenden  Fassung  bekannt  war. 

7.  Anspielung  auf  V.  2035  ff.  des  Romans  von  Flore  und 
Blancheflore  ed.  du  Meril,  Paris  1856.  Erwähnungen  dieses  Romans 
bei  anderen  provenzalischen  Dichtern  s.  bei  Birch- Hirschfeld, 
a.  a.  O.  S.  31. 

III. 

Schema:   7a7b7b7a|7c'7c'7  d  7  d  7  c' 

5  Strophen,  1  Tornada,  coblas  unisonans. 
Gleiche  Form  und  gleiche  Reime  zeigen  noch  drei  uns  er- 
haltene Gedichte,  nämlich  Arnaut  Plagues  1,  hgg.  von  Appel, 
Peire  Rogier  S.  85,  Bernart  von  Tot-lo-Mons  3,  hgg.  von  dem- 
selben, Prov.  Inedita  S.  47,  sowie  Uc  von  St.  Circ  21,  hgg.  von 
Witthoeft,  Sirventes  Joglaresc  S.  54 ;  die  Herausgeber  haben  an 
den  genannten  Stellen  zugleich  über  die  Form  gehandelt.  Vor- 
bild für  die  übrigen  war  nach  dem  Zeugniss  des  Uc  von  St.  Circ 
das  Lied  des  Arnaut  Plagues: 

Messonget,  un  sirventes 

ni'as  quist,  e  donar  lo  t'ay 

al  plus  tost  que  ieu  poirai 

et  son  d'en  Arnaut  Plagues. 
Das    Gedicht   des  Bernart    ist  wie  das  des  Folquet  eine 
Sirventes-Canzone ;  dieser  Umstand,  sowie  die  auf  der  einen  oder 

Zenker,  Folquet  von  Komans.  6 


—     82     — 

anderen  Seite  doch  wohl  auf  Reminiscenz  beruhende,  fast  voll- 
kommene Uebereinstimmung  von  V.  35  bei  Bernart:  ni  fa/s 
lausen giers  destrics  und  V.  25  bei  Folquet:  ni  fals  lausengiers 
enics  machen  es  wahrscheinlich,  dass  dem  einen  von  beiden  das 
Gedicht  des  anderen  als  Muster  gedient  hat.  Bernart's  Lebenszeit 
steht  nicht  fest;  ist  mit  dem  von  Bernart  genannten  Grafen 
Heinrich,  wie  Chabaneau  vermutet,  der  Graf  Heinrich  IL  von 
Rhodes  (1274— 1302)  gemeint,  so  wäre  die  Priorität  auf  Folquet's 
Seite;  ister  dagegen  identisch  mit  Heinrich  I.  von  Rhodes  (1214-27), 
wie  Appel  wohl  für  möglich  hält,  so  könnte  das  Verhältniss  auch 
ein  umgekehrtes  sein.  (Appel  findet  hier,  nebenbei  bemerkt, 
eine  Schwierigkeit  darin,  dass  Bernart  2  V.  22—24  (Inedita  S.  46) 
einen  Grafen  von  Comminge  und  Astarac  preise,  während  doch 
die  beiden  Grafschaften  nicht  vereinigt  waren.  Die  betreffende 
Stelle  lautet  bei  Appel: 

pero  pels  pros  es  plus  prezatz 
lo  coms  de  Cumenges,  sapchatz, 
(de  bonas  gens  vuelh  dire  be) 
e  d' Astarac,  que  pretz  mante. 

Der  Anstoss  ist  leicht  zu  beseitigen,  wenn  man  nicht,  wie 
Appel  thut,  V.  22  als  Parenthese  betrachtet,  sondern  hinter 
sapchatz  Semikolon  setzt  und  d' Astarac  als  abhängig  fasst  von 
dire  be:  „von  guten  Leuten  will  ich  gutes  reden  und  —  speciell  — 
von  Astarac  d.  i.  vom  Grafen  von  Astarac") 

14,  15.  Diese  beiden  Verse  sind  vollkommen  identisch  mit 
zwei  Versen  bei  Rainion  von  Miraval  Gr.  406,42  (M.  G.  1089) 
Str.  IV;  die  Strophe  wird  citirt  in  Raimon  VidalFs  Novelle  So 
fo  el  temps  dorn  era  jays  und  lautet  in  der  Ausgabe  von 
Cornicelius,  Berlin  1888,  V.  681—88  folgendermassen : 

Pus  ma  dona  m'a  coven 

c'autr'amic  non  am  ni  bays, 

ia  dieus  ncrni  sia  verays, 

s'ieu  ia  per  nidW  autra'l  men; 

c'ab  Heys  ai  tot  cant  volia 

d'amor  e  de  drudaria; 

que  menor  ioy  ni  pus  marih 

no  vuelh  c'ab  Heys  mi  remanh. 
Wir  haben  es  also  bei  einem  der  beiden  Dichter  mtt  einer 
Reminiscenz  zu  thun.  Das  Lied  des  Miraval,  der  noch  zwischen 
1216  und  1218  am  Leben  war  (Diez,  L.  u.  W.2  S.  319)  muss,  da 
unter  dem  in  der  Tornada  genannten  Audiart  Raimon  VI.  von 
Toulouse  zu  verstehen  ist  (Diez,  S.  308),  innerhalb  der  Jahre 
1194  —  1222  entstanden  sein,  eine  genauere  Datirung  ist,  soweit 
ich  sehe,  nicht  möglich;  das  Lied  Folquet's  stammt,  wie  in  der 
Einleitung  gezeigt,  aus  den  Jahren  1212  —  1220.  Die  Frage,  bei 
welchem  der  beiden  Dichter  Reminiscenz  vorliegt,  lässt  sich  mithin 
mit  vollkommener  Sicherheit  nicht  entscheiden.  Da  indess  Miraval 


—     83     — 

der  weitaus  bekanntere  und  auch  der  ältere  ist  —  der  Beginn 
seiner  dichterischen  Thätigkeit  wäre  nach  Suchier,  Jahrbuch  XIV, 
122  um  1180  anzusetzen  — ,  so  ist  es  sehr  wahrscheinlich,  dass 
die  Reininiscenz  auf  Seiten  Folquet's  ist. 

28.  mossenher  lo  marques.    Vgl.  S.  23. 

37.  Et  „und  doch". 

39.  sos  paire.    Vgl.  S.  22. 

43.  Salonics.  Nach  der  Eroberung  von  Constantinopel,  Ende 
September  1204,  war  Bonifaz  das  Königreich  Thessalonich  zu- 
gefallen. 

46.  Malespina.  Entweder  Wilhelm  (1 194 —  1220)  oder  Con- 
rad I.  (1 1 96—?).  „Der  Name  des  Gebiets  fiel  bei  den  Malaspina  mit 
dem  Geschlechtsnamen  vollkommen  zusammen",  in  den  Urkunden 
und  Chroniken  stets  marchio  Malaspina,  Gen.  marchionis  Mala- 
spinac  etc.,  vgl.  Schultz,  Briefe  des  Rannbaut  von  Vaqueiras  S.  63. 

IV. 

Schema:  8a8b8b8a|8c8c8d8d 

4  Strophen,  1  Tornada,  coblas  unisonans;  be  in  der  letzten 
Zeile  der  Strophe  ist  Refrainwort.  Die  Form  gehört  bekanntlich 
zu  den  meistgebrauchten  der  provenzalischen  Lyrik. 

9.  plaisen.    Acc.  in  Funktion  des  Nom. 

22.  Appel  schlägt  vor,  zur  Erreichung  der  Silbenzahl  zu 
lesen:  ahm  croi  ni'm  plai  trop  consilhars. 

27.  Worauf  sich  dieser  Vers  bezieht,  weiss  ich  nicht;  von 
Dingen,  zwischen  denen  der  Kaiser  eine  Auswahl  treffen  könnte, 
ist  im  Vorhergehenden  nicht  die  Rede.  Sollte  vielleicht  eine 
Strophe  ausgefallen  sein  ?  Das  Gedicht  mit  seinen  4  Strophen  ist 
auffallend  kurz. 

31,32.  Ich  übersetze  den  durch  Conjektur  hergestellten 
Text:  „Je  mehr  man  (mir)  erzählt,  was  man  dort  (beim  Kaiser) 
sieht,  um  so  mehr  lobenswertes  finde  ich  daran  (an  seinen  Hand- 
lungen)." Jedenfalls  muss  dies  ungefähr  der  Sinn  der  beiden 
Zeilen  sein. 

35.  Der  Vers  hat  bei  Appel,  wie  dieser  selbst  bemerkt, 
eine  Silbe  zu  viel. 


Schema:  6a6b'6a6b'  |6c6c  6d4e6d4e  9  f 


5  Strophen,  2  Tornaden,  coblas  unisonans;  cor  und  mor, 
als  Reime  durch  sämmtliche  Strophen  hindurchgehend,  sind 
Refrainworte ,  das  erstere  stets  Obl.  Sing,  von  cor,  Herz,  das 
letztere  =  *morit,  ausgenommen  Strophe  V,  wo  es  =  Manri; 
weitere  Beispiele  für  Verwendung  von  Refrainworten  giebt 
Stimming,B.  de  Born1  S.  192. 

6* 


—     84     — 

Sehr  beachtenswert  ist  der  die  Strophe  schliessende  Neun- 
silbner,  der  nach  Bartsch,  Zeitschr.  III,  371  sonst  von  der  Kunst- 
poesie der  Franzosen  wie  der  Provenzalen  so  gut  wie  ausge- 
schlossen ist,  Die  Leys  I,  112  erklären,  derselbe  habe  keinen 
angenehmen  Rhythmus  und  sei  deshalb  von  den  alten  Dichtern 
nicht  angewandt  worden ;  nur  dann  gewinne  er  einen  besseren 
Klang,  wenn  nach  der  4.  oder  5.  Silbe  ein  Eeim  eingefügt  werde. 
Der  Vers  findet  sich,  abgesehen  von  dem  in  den  Leys  citirten 
Beispiel,  im  Provenzalischen  nur  noch  ein  einziges  Mal,  bei  Guilhem 
Figueira  ed.  Levy  Nr.  7,  hier  aber  mit  der  Cäsur  nach  der  3.  Silbe. 
Häufig  begegnet  er  dagegen  in  altfranzösischen  Refrains,  also 
auf  volkstümlichem  Gebiet,  s.  die  von  Bartsch  citirten  Beispiele, 
der  übrigens  keltischen  Ursprung  für  den  Vers  vermutet.  Refrain- 
artigen Charakter  trägt  er  ja  auch  hier;  durch  seine  Stellung  am 
Strophenschluss,  durch  seine  syntaktische  Selbstständigkeit  sowie 
dadurch,  dass  der  Reim  ia  Korn  ist.  Eine  feste  Cäsur  weist  er 
nicht  auf;  dieselbe  fällt  Strophe  II,  IV,  V  und  Torn.  II  nach  der 
3.  Silbe,  ist  Strophe  I  und  III  wohl  nach  der  4.  anzusetzen  und 
scheint  Torn.  I  überhaupt  zu  fehlen. 

6.  „Denn  ich  weiss  Niemand,  der  augenblicklich  stürbe." 
Dieser  sonderbare  Gedanke  hat  wohl  nur  den  Zweck,  die  An- 
bringung des  Refrainworts  mor  zu  ermöglichen. 

21.  jogan  rizen.  Ueber  solches  „Unvermitteltes  Zusammen- 
treten von  zwei  Adjektiven  oder  Participien  im  Provenzalischen" 
handelt  O.Schultz,  Zeitschrift  XVI,  513.  Die  Verbindung  rizen 
jogan  oder  jogan  rizen  findet  sich  häufig.  Die  vorliegende  Stelle 
citirt  Seh.  als  Beispiel  dafür,  dass  der  Ausdruck  formelhaft  ge- 
worden ist. 

24.  resancellar  ist  bei  Raynouard  nicht  verzeichnet;  es  ist 
jedenfalls  =  resarcellar  und  dieses  eine  Ableitung  von  im  afr.  be- 
legten resarcir,  „reprendre  de  la  force,  de  lavigueur"  (s.  Godefroy). 

35.  aja  en  son  olh  postella.  Weitere  Beispiele  für  diese 
Verwünschung  s.  bei  Stimming,  B.  de  Born1,  S.  231. 

38  —  43.  Ich  übersetze:  „Herrin,  nehmt  hier  mein  Herz,  denn 
besser  ist  es,  dass  es  dort  (d.  i.  bei  Euch)  stirbt  (oder :  besser 
ist  es  dort  als  dass  es  sterbe?);  denn  nicht  einen  Tag  entfernte 
es  mir  (d.  i.  Hess  es  mich  vergessen)  Eure  schöne  Gestalt  und 
nichts  ersehnte  es  so  herzlich." 

44.  Der  Vers  hat  in  der  Hds.  eine  Silbe  zu  wenig ;  den  Vorschlag, 
für  desirs  desiriers  zu  lesen,  macht  schon  Bartsch,  Zeitschr.  III,  371. 

51.  destret  =  destrictus  hat  e,  es  liegt  also  unreiner  Reim 
vor;  solche  unreine  Reime  von  e  zu  e  finden  sich  bei  den  Tro- 
badors  bekanntlich  hie  und  da,  s.  die  Beispiele  welche  Levy, 
Litteraturblatt  IV,  Sp.  319  zusammenstellt;  ganz  gewöhnlich  sind 
sie  bei  dem  Italiener  Zorzi,  vgl.  Levy's  Ausgabe  S.  34. 

62.  si  „ob  nicht". 

68.  ome  valen.     Loos,  Nominalflexion  im  Prov.   (Ausg.  u. 


—     85     — 

Abh.  XVI)  S.  33  bezweifelt  das  Vorkommen  des  hier  durch  das 
Versmass  gesicherten  N.  S.  ome  für  die  ältere  Zeit,  während  er 
allerdings  für  das  14.  Jh.  selbst  Belege  beibringt. 

VI. 

Schema:  7a5b'   7  a  5b'  I   7a5b'    5c7c5b' 


6  Strophen,  2  TornadeD,  coblas  Singulars. 

Das  Sirventes  stimmt  in  der  Form  überein  mit  Peire  Raiinon 
von  Toulouse  10 :  Pessamen  ai  e  cossir  (M.  W.  I,  14),  einer  Canzöne, 
nur  haben  wir  hier  coblas  doblas.  Da  Peire  wesentlich  älter  ist 
als  Folquet  —  Diez  setzt  ihn  in  die  Jahre  1170  —  1200,  Folquet's 
Gedicht  stammt  aus  dem  Jahre  1220  oder  21,  —  so  ist  die  Priorität 
auf  seiner  Seite. 

33.  que'l  roda  no's  vire.  Stimming,  B.  de  Born2,  S.  197 
citirt  diesen  Vers  als  Beispiel  dafür,  dass  im  Provenzalischen 
die  französische  Endung  -e  statt  -a  eintreten  könne,  —  offenbar 
mit  Unrecht,  da  vire  doch  Conj.  ist:  „Damit  das  Rad  sich 
nicht  drehe". 

37  —  45.  „Und  ich  liebe  Gott,  weil  er  ihn  erhöht  hat  und 
ihm  die  Krone  verliehen  hat,  und  seinen  Vetter,  den  Markgrafen, 
demi  jeder  urteilt,  dass  ihm  (dem  Kaiser)  viel  Gutes  daraus  (aus 
der  Kaiserkrönung)  erwachsen  muss,  und  dieses  Urteil  ist  richtig  ■ 
denn  ich  sah,  das  versichere  ich  Euch,  mit  welcher  Liebe  ihm 
der  Markgraf  von  Este  begegnete  und  der  Graf  von  Verona",  d.  h.: 
das  freundliche  Entgegenkommen,  welches  ihm  schon  die  ge- 
nannten beiden  Fürsten  bei  seiner  Krönung  —  oder  in  Folge 
seiner  Krönung  —  bewiesen  haben,  berechtigt  zu  der  Erwartung, 
dass  ihm  noch  weiterer  Segen  aus  derselben  erwachsen  wird. 
Das  li  V.  41,  das  ja  syntaktisch  auf  den  Markgrafen  zu  beziehen 
wäre,  kann  meines  Erachtens  trotzdem  nur  auf  Kaiser  Friedrich 
gehen,  da,  V.  55  —  59  zu  Folge,  unter  dem  li  V.  44  und  46  doch 
allein  er  verstanden  werden  kann.  Die  Annahme,  dass  Folquet 
bei  dem  li  das  eine  Mal  den  Markgrafen,  das  andere  Mal  den 
Kaiser  im  Sinne  habe,  ist  doch  wohl  nicht  zulässig. 

37.  Et  am  dieu.  An  sich  würde  mir  die  Lesart  von  C  E  R 
e  laus  (lau)  dieu  besser  zusagen,  aber  das  aufgestellte  Hand- 
schriftenschema weist  sie  ab;  wollte  man  sie  als  ursprünglich 
betrachten,  so  müsste  man  PST  von  C  E  H  R  trennen  und  für 
ADIK  und  PST  eine  gemeinsame  Quelle  statuiren.  Dem 
würde  ja  nun  in  sofern  nichts  im  Wege  stehen,  als  die  Ansetzung 
einer  gemeinsamen  Quelle  für  C  E  H  R  und  P  S  T  nicht  allzu 
fest  begründet  ist.  Indessen  da  anderweitige  Indicien  für  eine 
Zusammengehörigkeit  von  ADIK  und  PST  nicht  vorhanden 
sind  und  auch  die  von  ihnen  gebotene  Lesart  doch  wohl  zu 
rechtfertigen  ist,  so  wagte  ich  es  nicht,  auf  diese  Stelle  allein 
eine  abweichende  Auffassung  des  Handschriftenverhältnisses  zu 
begründen. 


—     86     — 

39.  son  cosin  lo  marques.  Cavedoni,  Trovatori  provenzali 
alla  corte  dei  marchesi  d'Este  S.  276  vermutet,  es  sei  hier 
vielleicht  Azzo  VII.  von  Este  gemeint,  der  sich  Vetter  Friedrich'sII. 
habe  nennen  können  mit  Rücksicht  auf  Giuditta  von  Este,  Mutter 
Friedriche  I.  Doch  ist  diese  Beziehung  natürlich  ausgeschlossen, 
da  ja  Azzo  gleich  nachher,  V.  44,  als  cel  d'Est  genannt  wird. 
Vielmehr  kann  unter  dem  eosin  kein  anderer  als  der  Markgraf 
Wilhelm  von  Monf errat  verstanden  werden,  der  auch  in  der  den 
Strophen  Hugo's  von  Berze  nachträglich  angefügten  zweiten  Tor- 
nada  (Rom.  XVIII,  559)  als  Friedrich's  „Vetter"  bezeichnet  wird. 
Das  Haus  Monferrat  war  mit  den  Hohenstaufen  verwandt  durch 
Wilhelm's  Grossvater  Wilhelm  III. ,  der  Giulitta,  die  Schwester 
Kaiser  Konrad's  III. ,  zur  Frau  hatte  (Sicardi  Chron.  in  Rer.  it, 
Script.  VII.)  Uebrigens  ist  das  Lob  des  marques  an  dieser  Stelle  wohl 
nur  durch  das  Reimbedürfniss  veranlasst,  denn  in  den  Gedanken- 
gang der  Strophe  passt  der  Vers  nicht,  da  sich  UN.  41  m.  E.,  wie 
bemerkt,  nur  auf  Friedrich  beziehen  kann  und  also  über  V.  39 
hinweg  wieder  an  V.  38  anknüpft. 

44,  45.  Die  Lesart  von  C  E  H  R  ist  zu  verwerfen,  da  der 
Obliquus  von  coms  im  Provenzalischen  stets  zweisilbig  ist,  s.  Loos, 
Nominalflexion  im  Prov.  S.  33;  der  Vers  hätte  dann  eine  Silbe 
zu  viel.  Der  Markgraf  von  Este  ist  Azzo  VII.  Novello,  der  Sohn 
Azzo's  VI.,  der  1215  seinem  Bruder  Aldobrandino  in  der  Regierung 
gefolgt  war.  Er  war,  damals  erst  14-jährig  (geb.  1206,  vgl. 
Winkelmann,  Philipp  v.  Schwaben  und  Otto  IV.  v.  Braunschweig, 
II,  410),  Friedrich  bis  Modena  entgegengezogen  und  war  bei  der 
Kaiserkrönung  anwesend,  bei  welcher  Gelegenheit  er  mit  der 
Mark  Ancona  belehnt  wurde  (Winkelmann,  Friedrich  IL,  L  123). 
In  dem  Erlass  Kaiser  Friedrich's  vom  März  1221,  in  dem  dieser 
ihm  den  Besitz  aller  seiner  Erblande  bestätigt,  wird  er  bezeichnet 
als  dilectus  fidelis  noster  Azzo  Marchio  Estensis  (Muratori,  Anti- 
chita  Estense  I,  426).  Mit  dem  Grafen  von  Verona  kann  nur 
Azzo's  Freund  und  Verbündeter,  der  Graf  Richard  von  San 
Bonifazio,  gemeint  sein,  der  in  Verona  eine  grosse  Rolle  spielte 
und  speciell  im  Jahre  1220  daselbst  das  Amt  eines  Podesta  be- 
kleidete (Chron.  rer.  Veron.  in  Onuphrii  Panuvini  Antiqu.  Veron. 
S.  191). 

VII. 

Schema:  Sa8b   8a8b  I  6  c'  8  d   8d6c'  8d8d 


6  Strophen,  2  Tornaden,  coblas  unisonans. 

Ueber  die  Form  handeln  Levy,  Guilhem  Figueira  S.  27  und 
Maus  S.  50  —  53.  Levy  teilt  den  Abgesang  in  zwei  dreigliedrige 
Versus;  der  regelmässig  nach  der  4.  Zeile  des  Abgesanges  ein- 
tretende Sinnesabschnitt  scheint  mir  indessen  mehr  für  die  oben 
gegebene  Gliederung  zu  sprechen.  Maus  verzeichnet  nicht  weniger 
als  5  Gedichte,  welche  gleichen  Bau  und  gleiche  Reime  aufweisen. 


—     87     — 

Als  Erfinder  der  Form  betrachtet  er  den  Guiraut  von  Bornelh 
(Nr.  51,  M.  W.  I,  185),  doch  hält  er  auch  die  Möglichkeit  nicht  für 
ausgeschlossen,  dass  als  solcher  Bertran  von  Born  (Nr.  42  bei 
Stimming2)  zu  betrachten  sei.  Ob  übrigens  Bertran's  Lied  wirklich, 
wie  Maus  annimmt,  vor  1 1 99  entstanden  ist,  bleibt  nach  Stimming 
S.  48  ungewiss,  da  das  Geleit,  auf  welches  sich  die  Zeitbestimmung 
gründet,  möglicherweise  unecht  ist 

1.  Aehnlich  sagt  Guiraut  von  Bornelh  242,43:  AI  co  m'ave, 
dieiis  m'aiut,  Qu' er,  quan  cug  chantar,  plor.  —  plane  e  plor. 
Weitere  Beispiele  der  Alliteration  im  Provenzalischen  s.  bei 
Stimming,  B.  de  Born1  S.  236;  Appel,  Peire  Kogier  S.  22;  Kolsen, 
Guiraut  von  Bornelh,  Berlin  1894,  S.  106. 

9.  Es  liegt  eine  Construktion  ano  xotvov  vor;  der  gleiche 
Fall  bei  Schultz,  Prov.  Dichterinnen  Nr.  IV,  19. 

18.  al  premier  passatge.  Wohl  der  4.  Kreuzzug,  an  dem 
Teil  zu  nehmen  Folquet  ja  aufgefordert  worden  war,  vgl.  S.  12. 

40.  Die  Podestas  in  den  lombardischen  Städten  wechselten 
bekanntlich  jährlich. 

VIII. 

Schema:  10  a  10  b   10  b  10  a  I   10  c  10  b    10  b  10  c 


5  Strophen,  coblas  unisonans. 

Gleichen  Bau  und  gleiche  Beime  weist  auf  Bichard  von 
Berbezill  10:  Tuit  demandon  qu'es  devengucV  amors  (M.W.  111, 36). 
Richard  blühte  nach  Diez,  L.  u.  W.2,  S.  432  zu  Anfang  des  13.  Jh. ; 
da  sein  Lied  eine  Canzone  ist,  das  vorliegende  aber  ein  Sirventes, 
so  wird  er  als  der  Erfinder  der  Form  zu  betrachten  sein. 

2.  „Und  da  ich  an  Stoff  grosse  Billigkeit  finde"  d.  i.  da 
sich  mir  reichlicher  Stoff  zum  Singen  darbietet.  Die  Uebersetzung 
von  Rayn.  Lex.  V,  544,  wo  die  Stelle  citirt  wird:  De  raison  je 
tr ouve  moult  grand  avilissement  halte  ich  nicht  für  zutreffend. 

13.  e  „und  doch",  wie  III,  37. 

14 — 16.  V.  14  steht  zu  den  beiden  folgenden  in  gegen- 
sätzlichem Verhältniss:  sein  Erbe  wird  jeder  verlassen,  aber 
seine  Sünden  wird  er  am  jüngsten  Tage  wiederfinden. 

22  —  24.  que  no'ls  er  perdonat.  Es  liegt  hier  offenbar  der 
von  Diez,  Gr.4  III,  339  besprochene  Fall  vor,  dass  „der  mit  der 
Copula  eingeleitete  Satz  einem  Gegenstand  des  Hauptsatzes  irgend 
ein  näher  bestimmendes  Verhältniss  beilegt";  que  no  =  „in  der 
Weise,  dass  nicht",  „ohne  dass".  —  no'ls.  los  für  lor  belegt  Bohn- 
hardt,  das  Personal-Pronomen  im  Altpro v.  (Ausg.  u.  Abk.  LXXIV), 
S.  38  aus  gascogniseken  Texten ;  käufig  ist  es  im  Catalanischen, 
s.  Appel,  Peire  Regier,  Anm.  zu  1,  19;  enklitisch  angelehnt  findet 
es  sich  auch  Bartsch,  Chrest. *  331,  38;  347,10;  400,21. 


—     88     — 

IX. 

Schema :7a   7b   7b  7a|7a7c7c7d7d 

6  Strophen,  1  Tornada,   coblas  doblas. 

Ein  Gedicht  von  identischem  Bau  scheint  nicht  zu  existiren ; 
dagegen  findet  sich  die   gleiche  Eeimordnung  allerdings  häufig. 

5.  Der  Vers  hat  in  allen  Handschriften  ausser  in  C,  dem 
ich  folge,  eine  Silbe  zu  viel;  das  Asyndeton  und  das  Fehlen 
des  Artikels  bei  ricors  ist  freilich  auffällig;  ich  wüsste  aber  nicht, 
wie  Abhülfe  geschafft  werden  sollte. 

37.  No  i  wird  allerdings  häufiger  einsilbig  gebraucht,  doch 
findet  es  sich  auch  zweisilbig  nicht  eben  selten,  vgl.  Suchier, 
Dkm.  S.  510,  Anm.  9. 

40,  41.  Aehnlich  im  Girart  de  Koss.  (ed.  K.  Hoffmann)  V.  5093  : 
No  i  ac  gardat  mesura,  agur  ni  sort. 

X. 

Schema:  7a  4a  5b'  8  a  4a  5b'  I  5  b'  5b'  7c'  7c'  5b'  7c'  7c'  6b' 


Ein  Gedicht  von  gleichem  Bau  existirt  nicht. 

1.  Der  correspondirende  Vers  von  Strophe II  hat  nur  6  Silben; 
auf  welcher  Seite  der  Fehler  ist,  lässt  sich  nicht  entscheiden, 
doch  liegt  die  Annahme  wol  am  nächsten,  dass  vor  sapchatz  ein 
o  oder  lo  ausgefallen  sei. 

7,  8.  Vers  7  der  Handschrift  wird  als  unecht  erwiesen  durch 
Strophe  II,  welche  an  dieser  Stelle  augenscheinlich  einen  correkten 
Text  bietet,  während  in  Strophe  I  schon  die  Wiederholung  von  Qeu 
volrai  V.  7  und  9   der  Hds.  auf  Textverderbniss  schliessen  lässt. 

9.  viatge  ist  Conjektur;  ein  Substantivumm  viatz,  welches 
die  Handschrift  bietet,  existirt  meines  Wissens  nicht. 

XL 

Schema:  7a'  7b'  7a'  7b'  I   8b'  8c  8c  8b'  8c  8c 


Im  Bau  sowohl  als  in  den  Keimen  stimmt  mit  dieser  Cobla 
überein  Gaucelm  Faidit  17:  Com  quem  des  benanansa  (M.  G.  125), 
eine  Maria  von  Ventadorn  feiernde  Canzone,  welche  nach 
Robert  Meyer,  Gaucelm  Faidit.  Heidelb.  Diss.  1876  in  die 
Jahre  1199  —  1201  fällt.    Die  Priorität  kommt  also  Gaucelm  zu. 

XII. 

Schema:  7a'  7b    7b  7c'  I  7d7d5e'7e'7d7d7e' 


Die  ursprüngliche  Silbenzahl  einiger  Verse  konnte,  da  sie 
in  beiden  Strophen  einige  Male  differirt  und  aus  dem  Text  nicht 
hervorgeht,  auf  welcher  Seite  der  Fehler  ist,  nur  ermittelt 
werden  auf  Grund  eines  Vergleiches  mit  Peire  Eaimon  von 
Toulouse  5:   Atressi   cum  la  candela  (Bartsch,   Chrest. 4  S.  87), 


—     89     — 

einer  Canzone,  die  gleichen  Bau  und  in  Str.  I  und  YI  auch  gleiche 
Reime  aufweist  mit  dem  vorliegenden  Coblenwechsel  (Peire's  Ge- 
dicht zeigt  teilweisen  Reitwechsel  von  Strophe  zu  Strophe,  Str.  VI 
hat  schliesslich  wieder  die  gleichen  Reime  wie  Str.  I,  jedoch  in 
anderer  Reihenfolge).  Peire's  Canzone  ist  vor  1196  entstanden, 
da  mit  dem  König  von  Aragon,  an  den  sie  sich  wendet,  Alfons  II. 
gemeint  ist  (Diez,  L.  u.  W.2  S.  98);  die  Priorität  ist  natürlich 
auf  Seiten  Peire's. 

1.  tond  epela  „scheert  und  rupft".  Die  Verbindung  begegnet 
in  übertragenem  Sinn  öfter,  so  B.  de  Born  ed.  Stimming2  14,24: 
e  no'ls  enoi  se  be'ls  pela  ni'ls  ton;  P.  Cardenal  51,  15:  cobeitatz 
pela  e  ton  e  rauba  et  acuza  e  pren.  In  gleichem  Sinn  rindet 
sich  in  der  Verbindung  mit  tondre  gebraucht  raire,  s.  die  Bei- 
spiele bei  Stimming'  Anm.  zu  28,9.  Im  Gegensatz  stehen  pelar 
und  tondre  bei  Guiraut  von  Bornelh  69, 28,  Ausg.  von  Kolsen, 
G.  v.  B.  Berlin  1894,  S.  77:  Mais  vtielh  pelar  mon  prat  c'  autre 
lo'm  tonda.  (Der  Herausgeber  fasst  in  den  Anm.  S.  107  pelar 
„enthaaren,  die  Haare  abbrühen"  im  Sinn  von  „gänzlich  enthaaren", 
tondre  „abscheeren"  im  Sinn  von  „nur  teilweise  der  Haare  be- 
rauben". Diese  Auffassung  und  die  auf  ihr  beruhende  Deutung 
der  Stelle  S.  95  vermag  ich  nicht  für  zutreffend  zu  halten.  Dass 
ich  „lieber  den  ganzen  Ertrag  meines  Feldes  selbst  einernte,  als 
dass  ich  einen  Anderen  einen  Teil  davon  nehmen  lasse",  das 
versteht  sich  denn  doch  wohl  von  selbst.  Der  Sinn  der  Stelle 
kann  dem  Zusammenhang  nach  nur  der  sein:  entweder  umgekehrt: 
Lieber  will  ich  den  Ertrug  meines  Feldes  nur  teilweise  — 
oder:  gar  nicht  (pelar=  ausrupfen  vor  Eintritt  der  Reife?)  — 
einernten,  als  dass  ein  Anderer  ihn  nimmt,  oder  aber:  Lieber 
will  ich  den  Ertrag  meines  Feldes  langsam,  mit  Mühe  ein- 
ernten, als  dass  ein  Anderer  ihn  erntet  (pe lar  =  abrupfen  d.i. 
mühsam,  langsam  ernten,   tondre,  abmähen,  ernten  schlechthin?). 

5.  Der  Vers  hat  in  der  Hds.  eine  Silbe  zu  viel,  wie  der 
correspondirende  Vers  bei  P.  Raimon  beweist;  doncs  ist  Conjektur. 

7,  8.  V.  7  hat  in  der  Hds.  zwei  Silben  zu  viel,  V.  8  eine  zu 
wenig,  wie  wiederum  ein  Vergleich  mit  P.  Raimon  zeigt ;  von 
den  verschiedenen  sich  darbietenden  Möglichkeiten  einer  Remedur 
dürfte  die  in  den  Text  aufgenommene  die  nächstliegende  sein, 
da  sich  die  Ueberlieferung  der  Hds.  dann  sehr  einfach  erklärt 
durch  die  Annahme,  ein  Copist  habe  tenga  zu  V.  7  gezogen, 
habe  dann  des  Reimes  wegen  tenga  Und  son  viatge  umgestellt 
und  V.  8  behufs  Erreichung  der  erforderlichen  Silbenzahl  lai, 
zweisilbig  gesprochen,  eingefügt. 

18.  Der  Vers  hat  in  der  Hds.  eine  Silbe  zu  viel;  ftac  ist 
entbehrlich. 

XIII. 

23.  „Herrin,  dann  (nämlich  wenn  mein  Geist  bei  Euch 
weilt)  bin  ich  so  glücklich,  dass  etc."    Die  Lesart  von  c,  auf  die 


—     90     — 

auch  die  Lesart  von  G  wol  zurückgeht,  Hesse  sich  zwar  zur  Not 
auch  rechtfertigen:  „Herrin,  wäre  ich  doch  jetzt  (nämlich  wachend) 
so  glücklich  (sc.  wie  ich  im  Traum  bin)!  denn  etc.";  indessen 
kann  an  der  Ursprünglichkeit  der  Lesart  von  L  kein  Zweifel  sein. 

29.  qu'eu  volria  toz  temps  clormir  etcv  Anders  empfindet 
der  Verfasser  des  von  P.  Meyer,  Bibl.  de  1'  Ec.  des  Chartes  28, 139 
publicirten  Briefes;  dieser  verkürzt  sich  den  Schlaf  nach 
Möglichkeit,  um  wachend  möglichst  viel  an  die  Geliebte  denken 
zu  können : 

V.  181.    Se  lieve  (1.  S.)  tempre  et  couche  tart 
Poxir  penser  ä  vo  douch  resgart. 

42.  fax  que  fol.  Ueber  diese  Verwendung  von  que  als  rela- 
tives Neutrum  ohne  determinatives  ce  mit  Ellipse  eines  faxt  oder 
feroit  handelt  Tobler,  Vermischte  Beiträge  zur  franz.  Gramm.  S.  11  f. 

50.  Dieser  Vers,  syntaktisch  selbständig,  steht  logisch  doch 
dem  vorausgehenden,  durch  de  mi  eingeleiteten  Eelativsatze 
gleich:  „von  der  ich  alles,  was  ich  besitze,  zu  Lehen  habe  und 
die  ich  Gott  befehle";  denn  V.  51  gibt  offenbar  den  Grund  an 
nicht  für  V.  50,  sondern  für  V.  47. 

72.  Wir  haben  hier  jene  bekannte  Ellipse  des  relativen 
Ausdrucks  nach  verneinenden  Formeln  wie  „es  gibt  Niemand", 
„es  gibt  Nichts",  von  der  Diez,  Gr.  III4,  381  handelt;  in  der 
Kegel  ist  nicht  nur  der  regierende,  sondern  auch  der  abhängige 
Satz  negativ,  der  hier  vorliegende  Fall,  dass  der  letztere  der 
Negation  entbehrt,  findet  sich  selten.  Nach  Diez  wäre  nicht 
das  Pronomen,  sondern  die  Conjunktion  qxie  zu  ergänzen, 
doch  kann  an  unserer  Stelle  offenbar  nur  das  Pronomen  ergänzt 
werden:  „es  hat  Niemand  gelebt  von  der  Art,  dass  er  mit 
einem  solchen  Schwerte  verwundet  worden  wäre",  gäbe  keinen  Sinn. 

84  —  86.  Napolski  setzt  vor  qu'anc  und  nach  gen  V.  86 
Gedankenstrich,  betrachtet  den  Satz  also  als  Parenthese  und 
nimmt  qxte  im  Sinne  von  „denn".  Diese  Auffassung  ist  offenbar 
unzutreffend;  vielmehr  haben  wir  es  hier  mit  jenem  von  Diez 
Gr.  III4,  380  erwähnten  Fall  zu  tun,  dass  „das  Casusverhältniss, 
welches  die  Partikel  que  zu  vertreten  hat,  durch  ein  in  demselben 
Satz  enthaltenes  Personalpronomen,  oder,  wenn  der  Gen.  gemeint 
ist,  durch  das  Possessiv  angezeigt,  der  verwahrloste  Casus  also 
nachträglich  bestimmt  wird".  Wir  haben  genau  die  gleiche 
Construktion  V.  92  und  100,  nur  dass  das  an  vorliegender  Stelle 
und  V.  92   zu   supplirende  tal  V.  100  ausdrücklich  gesetzt  wird. 

92.  „Welche  Gott  so  machte,  dass  es  in  ihrer  Art  nichts 
anderes  gibt"  d.  h. :  der  Gott  keine  gleich  machte ;  vgl.  die  voran- 
gehende Anmerkung. 

109.  Die  sonderbare  analogische  Form  esez  in  c  vermag  ich 
nderweitig  nicht  zu  belegen. 

121.  Weder  dieser  noch  ein  ähnlicher  Gedanke  findet  sich 
i  Salomo. 


—     91     — 

140.  hörnen.  Eine  seltene  Form  für  den  Obl.  Sing,  und 
Nom.  Plur;  einige  Belege  s.  bei  Mahn,  Grammatik  S.  272. 

171.  „Und  Ihr  bezahltet  mich  wie  einen  Toren"  d.h.  unge- 
nügend, mit  Worten  —  mit  denen  nur  ein  Tor  zufrieden  ist  — , 
statt  mir  Eure  Liebe  durch  die  Tat  zu  beweisen. 

1 76  ff.  „Würdet  Ihr  mir  doch  die  Wahrheit  (dieser  Eurer 
Behauptung)  jetzt  beweisen!"  Aber  kaum  hat  der  Dichter 
diesen  Wunsch  ausgesprochen,  so  überkömmt  ihn  die  Befürchtung, 
er  möge  zu  viel  gesagt  haben.  „Ja,  fährt  er  fort,  ich  verdiente, 
dass  man  mir  dafür  (als  Strafe  für  meine  Kühnheit)  das  eine 
Auge  ausstäche." 

184.  tart  „zu  spät." 

216.  entre  mos  braz  „zwischen  meinen  Armen"  d.  h.  das 
Haupt  zwischen  meinen  Armen;  es  ist  hier  also  angezeigt  die 
Stellung  eines  im  Knieen  betenden,  der  die  Arme  aufgestützt, 
die  Hände  gefaltet  und  das  Haupt  zwischen  die  Arme  geneigt 
hat,  d.  h.  die  Stellung  eines  mit  tiefster  Inbrunst  betenden. 

219.  f.  Aehnlich  sagt  Uc  de  la  Bacalaria  in  seiner  Alba 
Gr.  449, 3  (M.  W.  III,  212)  Str.  II:  Depus  mon  cor  li  donelis, 
(Mahn  nach  Eayn.  druckt  doneris,  der  Eeim  fördert  aber  l)  Tis 
Pater  noster  non  dis,  Ans  qu7  ieu  disses:  Qui  es  in  Coelis,  Fon 
a  Heys  mos  esperitz. 

239.  Enaissi  bezieht  sich  auf  das  Vorhergehende. 

241.  qu'  „denn". 


Sclilussbemerkung. 

„Herr  Prof.  Fo erster  macht  mich,  da  die  Aushängebogen 
des  bereits  zu  Ende  gedruckten  Heftchens  ihm  in  Vorlage  ge- 
bracht werden,  darauf  aufmerksam,  dass  in  verschiedenen  Texten 
der  Dichter  F  a  1  q  u  e  t  heisst  und  dass  dies,  nicht  F  o  1  q  u  e  t ,  mög- 
licherweise die  richtige  Namensform  sei.  Ich  muss  zugeben,  dass 
die  Frage  eine  Untersuchung  verdient  hätte;  augenblicklich  fehlt 
es  mir  indess  an  der  Zeit  und  den  Hilfsmitteln,  eine  solche  vorzu- 
nehmen. Ich  werde,  sobald  es  mir  möglich  ist,  an  anderem  Orte 
auf  die  Frage  zurückkommen.  Sollte  wirklich  ein  Fehler  vorliegen, 
so  wird  man  mir  denselben,  hoffe  ich,  nicht  zu  schwer  anrechnen, 
da  sämtliche  Forscher,  die  bisher  über  den  Dichter  geschrieben 
haben,  denselben  Folquet  nennen,  und  mir,  trotz  der  abweichenden 
Schreibung  einiger  Handschriften,  ein  Zweifel  an  der  Richtigkeit 
dieser  Namensform  nicht  gekommen  war." 

Florenz,  Oktober  1895.  Rudolf  Zenker. 


Druck  von  Ehrhardt  Karras,  Halle  a.  S. 


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