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Full text of "Die Gedichte des Königs vom Odenwalde"

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LG 
K783S 

Konig  vom  Odenwalde 

Die  Gedichte  des  Königs  vom 

Odenwalde . . .hrsg von  Edward 

Schröder. 


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Die  Gedichte 
des  Königs  vom  Odenwalde 


Zum  erstenmal  vollständig  herausgegeben  und  mit 
einer   Einleitun.Q?  versehen 


EdTsrard  Schröder 

Professor  an  der  Universität  Marburg 


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Darmstadt 

Selbstverlag  des  Historischen  Vereins  für  das  Grossherzogtum  Hessen 
Kommissionsverlag  der  Hofbucbhandlung  von  A.  Bergsträsser 

1903 


L6r 

Die  Gedichte 
des  Königs  vom  Odenwalde 


Zum  erstenmal  vollständig  herausgegeben  und  mit 
einer  Einleitung  versehen 


EdTÄTard  Scliröder 

Professor  an   der  Universität  Marburg 


498583 


Darmstadt 

Selbstverlag  des  Historischen  Vereins  für  das  Grossherzogtum  Hessen 
Kommissionsverlag  der  Hofbuchhandlung  von  A.  Bergsträsser 

1900 


Sonderabdmck  aus  dem  Archiv  für  Hessische  Geschichte  und  Altertums- 
kunde.    Neue  Folge,  Band  III,  Heft  1. 
Herausgegeben   von    Dr.    Eduard   Anthes. 


JjLmter  dem  wundersamen  Namen  „der  König  vom 
Odenwalde"  birgt  sich,  ein  Dichter  aus  der  Periode  des  Ver- 
falles der  mittelhochdeutschen  Litteratur,  dessen  Lebenszeit, 
Umgebung  und  soziale  Stellung  ich  im  nachfolgenden  genauer 
und  nicht  unwesentlich  abweichend  von  der  vorausgegangenen 
^Forschung  bestimmen  will.  Eben  diese  präziseren  Erkennt- 
nisse mögen  auch  das  Interesse  an  den  Gedichten  selbst, 
das  vorwiegend  ein  kulturgeschichtliches  ist,  steigern  und 
«s  rechtfertigen,  dass  ich  von  ihnen  eine  neue  und  die 
erste  vollständige  Ausgabe  veranstalte,  obwohl  ich  mich  dabei 
nicht  auf  eigene  handschriftliche  Funde  stützen  und  das  zulezt 
von  Karl  von  Bahder  vorgelegte  Material  nur  sichten  und 
nicht  vermehren  kann. 

Seither  muss  man  die  Reimereien  unseres  Poeten  an 
vier  Stellen  zerstreut  suchen:  das  Gedicht  ,,von  den  Barten" 
^Nr.  VII)  in  den  Altdeutschen  Wäldern  der  Brüder  Grimm 
Bd.  2,  S.  84 — 88,  wo  es  ohne  den  Namen  des  Autors  aus 
■der  Gothaer  Hs.  abgedruckt  wurde,  das  ,, Gänselob"  (Nr.  III) 
in  Wackernagels  Altdeutschem  Lesebuch  5.  Aufl.  S.  1137 
bis  1140  mit  Auslassung  von  10  Versen,  die  beiden  Fabeln 
{Nr.  VIII  und  X)  bei  Franz  Pfeiffer  im  Altdeutschen 
Uebungsbuch  S.  155 — 158,  die  acht  übrigen  Gedichte 
schliesslich  und  dazu  ein  unechtes  (Von  dem  Übeln  Weibe) 
in  der  Germania  23,  S.  292 — 314,  wo  sie  im  Gefolge  einer 
eingehenden  Monographie  über  den  Dichter  (ebenda  S.  193 
— 222)  erscheinen.  Der  Herausgeber  K.  v.  Bahder  hat  in 
dieser  Erstlingsarbeit  den  Dialekt  des  Königs  vom  Oden- 
wald sorgfältig  beschrieben,  sodass  neuerdings  G.  Ehrismann 
bei  eingehendem  Forschungen  über  die  ostfränkische  Litteratur 
und  Sprache  des  14.  Jahrhunderts  (Beiträge  z.  Geschichte 
d.  deutschen  Sprache  u.  Litteratur,  hrsg.  v.  E.  Sievers  Bd.  22, 
S.  288  ff".  335  ff.)  an  ilim  eine  gute  Vorarbeit  besass,  und 
er  hat  sich  um  die  Kritik  und  Erklärung  der  Gedichte  ge- 

1* 


4  Edward  Schröder 

"wiss  verdient  gemacht.  Wenn  er  aber  den  fränkischen  Spruch- 
dichter zu  einem  „Spielmannskönig"  stempelt,  wenn  er  ihn 
weiterhin  entgegen  der  zutreffenden  Datierung  J.  B.  Docens- 
(um  1340,  V.  d.  Hagen  und  Büschings  Altdeutsches  Museum 
I,  146)  als  einen  Zeitgenossen  Hugos  von  Trimberg  ansieht 
und  bis  an  die  "Wende  des  13./ 14.  Jahrhunderts  hinaüfrückt 
(wobei  er  allenfalls  einige  der  didaktischen  Gedichte  den 
ersten  Jahrzehnten  des  neuen  Jahrhunderts  zuweisen  will), 
so  hätte  er  damit  nicht  den  Beifall  F.  Vogts  erwerben 
sollen  (Pauls  Grundriss  d.  german.  Philologie  II  1,  382). 

Die  Ueberlieferung  der  Gedichte  des  Königs  vom 
Odenwalde  beschränkt  sich  auf  zwei  Handschriften,  welche 
beide  in  Würzburg  entstanden  sind,  die  eine,  welche  sämt- 
liche Gedichte  mit  ausdrücklicher  Angabe  des  Verfassers^ 
enthält,  um  die  Mitte,  die  andere,  in  der  nur  ein  Gedicht 
namenlos  überliefert  ist,  gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts. 
Die  ausführliche  Beschreibung  dieser  Hss.  wird  den  besten 
Anhalt  zur  Datierung  geben. 

M,  die  jetzt  im  Eigentum  der  Kgl.  Universitätsbibliothek 
zu  München')  befindliche  prächtige  Würzburger 
Pergamenthandschrift  des  Michael  de  Leone  Es  ist  der 
zweite  Band  jenes  grossen  litterarischen  Sammelwerks,^ 
welches  der  der  Mainzer  Patrizierfamilie  Jud  entstammende 
Canonikus  am  Neumünster  und  Protonotarius  des  Würz- 
burger Hochstifts,  Michael  vom  Löwenhofe,  in  den  40er 
Jahren  des  1 4.  Jahrhunderts  unter  Mitwirkung  eines  ganzen 
Stabes  von  Schreibern  veranstaltete.  Vom  ersten  Bande 
sind  nur  noch  Bruchstücke  vorhanden:  aber  wir  besitzen 
vor  dem  erhaltenen  Band  II  das  vollständige  Register  auch 
zu  Band  I  und  wissen  also,  dass  von  dem  König  vom  Oden- 
walde nichts  verloren  ist.  Die  eingehende  Beschreibung 
der  Handschrift,  welche  ßuland  (1851)  im  Archiv  des  hist. 
Ver.  f.  Unterfranken  Bd.  XI  H.  1,  S.  1—59  lieferte,  hat- 
neuerdings  (1897)  eine  höchst  wertvolle  Ergänzung  durch 
die  genaue  Bestimmung  der  Lagen  und  der  Schreiber  in 
Wilh.  Meyers  (aus  Speyer)  Abhandlung  „Die  Buchstaben- 
Verbindungen  der  sog.  gothischen  Schrift"  (Abhandlungen 
d.  kgl.  Ges.  d.  Wiss.  zu  Göttingen,  phil.  hist.  Kl.,  N.  F.  I,  6) 
S.  103 — 107  erfahren,  zu  der  ich  unten  einige  Ergänzungen 
biete.     Es  stellt  sich  heraus,  dass  allein  an   der  Eintragung 

')  Herrn  Oberbibliothekar  Dr.  Schnorr  von  Carolsfeld,  der  mir  die 
Handschrift  zunächst  in  seinen  Geschäftsräumen  zugänglich  gemacht  und 
später  zweimal  ihre  Hersendung  an  die  Marburger  Universitäts-Bibliothek 
gestattet  hat,  sage  ich  dafüi  meinen  aufrichtigsten  Dank. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  5 

der  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  nicht  weniger  als 
4  Schreiber  beteiligt  waren. 

Diese  Gedichte  stehen  auf  Bl.  192  Sp.  1  bis  Bl.  201 
Sp.  4  (I— VII)  und  weiterhin  auf  Bl.  277  Sp.  1  bis  279  Sp.  3, 
Bl.  280  Sp.  1  bis  Mitte  von  Sp.  4  (VIII— XII).  Sie  sind  aber 
nicht  in  zwei,  sondern  in  mindestens  4,  wahrscheinlich  5 
2:eitlich  getrennten  Absätzen  geschrieben.  Das  scheint  von 
vorn  herein  dafür  zu  sprechen,  dass  sie  nicht  etwa  aus 
•einer  fertigen  Gesamtausgabe  kopiert,  sondern  dem  Sammler 
erst  nach  und  nach  zugänglich  wurden.  Die  Eintragung 
geschah  in  folgender  Weise: 

Der  Hauptschreiber  b  des  Codex,  von  welchem  die 
vorausgehenden  Lagen  III  (womit  ursprünglich  die  Hs. 
begann,  s.  W.  Meyer  S.  104  N.  2)  bis  XIX,  BU.  13—191 
herrühren,  schrieb  auch  die  Lage  XX  und  begann  sie  auf 
Bl.  192  mit  K.  v.  O.  Nr.  I  „Kuh",  worauf  er  Nr.  II  „Huhn 
und  Ei",  Nr.  Itl  „Gans",  IV  „Bad",  Nr.  V  „Stroh"  folgen 
Hess  und  dann  mit  dem  von  v.  d.  Hagen  in  seiner  Germania 
Bd.  3,  S.  116  ff.  unter  irreführendem  Titel  gedruckten  Ge- 
dicht zu  Stücken  anderer  Herkunft  übergmg.  Es  fehlten 
also,  mindestens  als  er  diese  Lage  abschloss,  wahrscheinlich 
aber  noch  längere  Zeit,  die  Blätter  197—199:  auf  Bl.  200 
Sp.  1  oben  stehen  die  Epilogverse  zur  ,,Gans"  dicht  vor 
den  Prologversen  zum  „Bade",  womit  dieser  Anschluss  ge- 
sichert ist.  Später  aber  wünschte  der  Schreiber  a,  höchst 
wahrscheinlich  Michael  de  Leone  selber  (,,oder  sein  ver- 
trautester Schreiber"  fügt  Meyer  S.  104  mit  übertriebener 
Vorsicht  hinzu)  das  ,,Lob  des  Schafes"  (VI)  in  passende 
Umgebung  zu  bringen:  so  schaltete  er  in  die  Mitte  des 
Quinio  hinter  Blatt  196  an  den  Schluss  der  „Gans"  ein 
Doppelblatt  ein,  behielt  aber  davon  noch  2^ ja  Spalten  übrig, 
und  da  er  das  (später  auf  Bl.  277  f.  von  ihm  selbst  ein- 
getragene) ,, Schwein",  welches  sich  hier  hätte  unterbringen 
lassen,  offenbar  noch  nicht  zur  Hand  hatte,  Hess  er  noch 
ein  Teilblatt  von  21  Zeilen  Höhe  (199)  einheften  und  nun 
durch  den  Schreiber  h  ^),  der  sich  blasserer  Tinte  bedient, 
das  Gedicht  auf  die  Bartmode  (VII)  kopieren.  Jch  habe  die 
Gedichte  so  numeriert,  wie  sie  zeitlich  eingetragen  sind,  da 
hiermit  von  vornherein  die  Möglichkeit  einer  Chronologie 
gegeben    ist,    auf    die    Michaels    nachträgliche    Anordnung 


')  den  W.  Meyer  S.  164  von  a  nicht  geschieden  hat:  die  Identität 
ist  aber  völlig  ausgeschlossen,  der  Ductus  ist  steiler  und  sorgfältiger,  die 
Majuskelbuchstaben  zeigen  starke  Unterschiede.  —  Dagegen  hat  a  (Michael) 
einmal  vorübergehend  auf  Bl.  201  Sp.  2  den  Schreiber  b  abgelöst:  V 
(, Stroh")  V.  IÜ3 — 108  sind  von  ihm  geschrieben. 


6  Edward  Scliröder 

natürlicli  keine  Rücksicht  nimmt.  Dass  die  Einschaltung 
von  VI,  VII  aber  vor  der  Kopierung  von  VIII — XII  erfolgt 
ist,  ergiebt  sich  auch  daraus,  dass  Michael  (a)  selbst  am 
Schlüsse  der  ,,Kuh"  einen  Hinweis  auf  das  „Schaf*  (und 
keinen  auf  das  Schwein!)  eingeklemmt  hat:  üö'  dru  hlet'e 
uindest  du  vO  de  schafe.  Wenn  es  möglich  gewesen  wäre, 
hätte  er  eben  das  ,, Schaf"'  am  liebsten  hier  direkt  hinter 
die  „Kuh"  noch  untergebracht,  aber  dies  Stück  (I)  schloss 
nicht  mit  dem  Blatte,  hier  war  also  eine  Einheftung  un- 
thulich. 

Die  weitern  Stücke  befinden  sich  am  Schlüsse  der  ersten 
wie  auf  dem  ersten  Blatte  der  zweiten  nicht  mehr  numerierten 
Lage,  die  deutlich  einen  Nachtrag  darstellen.  Ausser  Michael 
(a)  ist  hier  ein  neuer  Schreiber  (f)  beteiligt.  Zunächst 
schrieb  Michael  selbst  mit  Blatt  277  oben  einsetzend  Nr.  VIII, 
IX  und  die  Ueberschrift  von  X  (Bl.  278  Sp.  3  Z.  1,  2); 
dann  überliess  er  dies  Stück  dem  Schreiber  f,  der  es  auf 
Bl.  279  Sp.  3  Z.  4  zu  Ende  führte.  Nun  griff  er  selbst 
wieder  zur  Feder  und  füllte  zunächst  den  Lagenschluss 
annähernd  mit  einem  Gedichte  anderer  Herkunft,  das 
von  Bahder  als  seine  Nr.  XI  aufgenommen  hat.  Da  immer- 
hin noch  7  Zeilen  frei  geblieben  sind,  hat  er  die  nächste 
Lage,  die  er  mit  den  Gedichten  XI  und  XII  (Blatt  280  bis 
Mitte  von  Sp.  4)  eröffnete,  schwerlich  in  einem  Zuge  mit 
dem  vorausgehenden  geschrieben.  Jch  meine  also,  dass  die 
Gedichte  etwa  in  folgenden  Absätzen  geschrieben  wurden, 
wobei  ich  die  Schreiber  immer  hinzufüge: 

I — V:  b  (in  V  gelegentlich  abgelöst  von  a). 

VI:  a  .  .  .  VII:  h. 

—  grössere  Pause  — 

VIII,  IX:  a  -I-  X:  f. 

XI,  XII:  a. 

Dass  die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwald  dem 
Michael  de  Leone  aus  unmittelbarer  Nähe  zukamen,  dafür 
giebt  es  zunächst  noch  verschiedene  Anzeichen.  Bei  dem 
Lobe  des  Strohes  (Nr.  V)  —  aber  nur  bei  diesem  Gedicht 
—  sind  die  Ränder  oben  und  unten  dermassen  mit  Nach- 
trägen des  richtigen  Schreibers  (b)  in  kleinerer  Schrift  be- 
deckt, wie  ich  es  kaum  in  einer  zweiten  mittelalterlichen 
Handschrift  gesehen  habe:  auf  Bl.  200  Sp.  4  unten  4  Zeilen; 
auf  der  Vorderseite  von  Bl.  201  unten  in  5  Columnen 
(8+8+8+6+2)  zusammen  32  Zeilen;  Bl.  201  Sp.  3  oben  6 
Zeilen^);    ebenda  Sp.  4  unten  4  Zeilen.     Dass    es    sich   hier 

')  dazu  quer  über  der  Seite  noch  2  Zusatzverse  von  fremder  Hand. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  7 

durchgehends  um  versehentliche  Auslassungen  handeln  sollte, 
erscheint  ausgeschlossen^):  1)  dem  Schreiber  b,  der  weit 
über  die  Hälft-e  der  ganzen  Handschrift  geschrieben  hat, 
passiert  so  etwas  sonst  so  gut  wie  niemals ;  2)  in  keinem 
Fall  ist  ein  äusserer  Grund  für  die  Auslassung  ersichtlich. 
Man  verfallt  zunächst  auf  den  begreiflichen  Ausweg,  das 
Originalmscr.  des  Dichters  zu  vermuten,  also  den  Schreiber 
b  mit  dem  ,, König  vom  Odenwalde"  zu  identifizieren.  Das 
erweist  sich  aber  sofort  als  unmöglich  wegen  gewisser  Fehler^ 
wie  sie  zweifellos  nur  einem  Abschreiber  passieren. 

Es  handelt  sich  um  folgende  Verse  unseres  Textes: 
39—42,  103—134,  169—174,  219—222.  Alle  miteinander 
könnten  sie  fortbleiben,  ohne  dass  wir  sie  vermissen  würden. 
Das  beweist  aber  bei  der  absoluten  Dispositionslosigkeit 
gerade  dieses  Poems  gar  nichts,  vielmehr  sind  die  Verse 
gewiss  sämtlich  echt,  sie  haben  alle  charakteristischen  Unarten 
unseres  Reimschmieds:  aber  allerdings  sehen  wenigstens  die 
kleinern  Versgruppen  wirklich  wie  Nachträge  aus,  ohne  dass 
es  sich  beweisen  Hesse,  am  deutlichsten  V.  219 — 222,  wo 
offenbar  die  zuerst  etwas  unvermittelte  Einführung  der 
,, Oblaten"  vorbereitet  werden  soll,  dabei  aber  das  nunmehr 
unpassend  gewordene  und  demie  V.  223  stehen  geblieben 
ist.  So  bleiben  nur  zwei  Möglichkeiten,  die  aber  beide 
den  Dichter  dem  Schreiber  örtlich  naherücken  würden: 
entweder  versetzte  der  Zustand  des  Originalmanuscripts  den 
Schreiber  wiederholt  in  Verlegenheit,  er  sah  nicht  immer 
gleich,  wo  er  die  am  Rande  nachgetragenen  Stücke  unter- 
zubringen hatte;  oder  aber  der  Dichter  hatte  von  diesem 
Poem,  das  für  ihn,  wie  wir  sehen  werden,  besonders  cha- 
racteristisch  ist,  eine  zweite,  vermehrte  Ausgabe  veranstaltet, 
und  der  Schreiber  b  trug  deren  Zusätze  nachträglich  an  den 
Rand  seiner  längst  fertigen  Handschrift  ein. 

Einen  weiteren  Hinweis  auf  persönliche  Beziehungen 
Michaels  und  seiner  Schreibgehilfen  zu  dem  Dichter  könnte 
man  in  der  wechselnden  Behandlung  seines  Namens  erblicken: 
wenn  man  in  den  Ueberschriften  zwischen  ,,der  künig  vom 
Otenwalde"  (so  auch  im  Register  c.  XXVI.)  und  „der 
künig"  abwechseln  konnte  —  freilich  ganz  so,  wie  es  der 
Autor  selbst  that,  —  so  scheint  sichs  doch  um  eine  den 
Schreibern  wohlbekannte  Persönlichkeit  zu  handeln.  Und 
wenn  Michael  selbst  sich  herausnimmt,  am  Schlüsse  von  XI 

')  Zugeben  müsste  man  das  allenfalls  für  die  zweite,  grössere  Aus- 
lassung, die  ;32  Verse  (103 — 134)  umfasst,  genau  einen  Spalteninhalt 
unserer  Handschrift:  die  Vorlage  könnte  die  gleiche  (freilich  eine  auch 
sonst  häufige)  Zeilenzahl  gehabt  haben. 


8  Edward  Schröder 

hinter  das  letzte  Eeimpaar:  Ist  das  alles  niht  geeffet  gnuk, 
So  wer  der  kuiiig  niht  gar  klug  noch  mit  einem  sonst  un- 
erhörten Dreireim  hinzuzufügen:  Daz  sprach  ein  alter 
ezzigkrug,  so  mag  diese  übermütige  Anspielung  auf  das 
Lügenmärchen  „Achtzehn  "Wachteln  in  den  Sack"  (v,  4) 
kaum  bestimmt  gewesen  sein,  dem  „König"  und  seinem 
Bekanntenkreise  vorenthalten  zu  bleiben. 

Wann  die  Gedichte  des  K.v.O.  und  namentlich  die 
zweite  Gruppe  (VIII — XII)  in  die  Würzburg-Münchner  Hs. 
eingetragen  wurden,  das  können  wir  ziemlich  genau  be- 
stimmen. Der  Tractat  ,,De  pestilentia"  Bl.  218 — 222  trägt 
den  Beisatz  ,,editus  Parisius  a.  d.  1348"  im  Titel.  Das  auf 
Bl.  232  und  233  stehende  Gedicht  des  Otto  BaJdemann 
und  Lupoid  Hornburg  „Der  zange  strit",  handelt  von  dem 
Auftreten  des  falschen  Waldemar  im  Sommer  1348.  Auf 
Bl.  261^'  unten  am  Rande  hat  Michaels  eigenes  Schriftchen 
zum  Preise  seines  Bischofs  (,,De  laudabilibus  gestis  recolende 
memorie  domini  Ottonis  Wolfskel  Herbipolensis"),  welches 
ursprünglich  mit  einem  Gebet  für  den  verstorbenen  Bischof 
und  den  neuen  Electus  schloss  (Böhmer,  Fontes  I  465,  Z.  18), 
einen  Nachtrag  von  der  Hand  des  Verfassers  in  zwei  kurzen 
Kapiteln  erhalten  (Böhmer  Font.  I  465  Z.  19  bis  466  Z.  2), 
welcher  sich  auf  das  Spätjahr  1345  und  die  Jahre  1349/50 
bezieht  und  zweifellos  im  Sommer  1350  niedergeschrieben 
ist^).  Dieser  Nachtrag,  der  sich  ähnlich  in  der  andern  Würz- 
burger Hs.  findet,  aber  in  der  Ebracher  (Arch.  f.  Unter- 
franken XIII,  203  f.)  fehlt,  ist  im  Context  des  Registers 
c.  XXXII  (Ruland  S.  12)  bereits  einbezogen.  Das  Register 
ist  mithin  nach  dem  18.  Juni  1350  angefertigt. 
Nun  ist  aber  das  letzte  „Kapitel"  dieses  Registers  (XXXI II), 
die  historische  Arbeit  Michaels  „De  cronicis  temporum 
hominum  modernorum",  welche  ursprünglich  mit  dem 
Sommer  1349  schloss  (letztes  Datum  24.  Juli;  bei  Böhmer 
a.  a.  0.  S.  478  Z.  10  conbustorum^)  und  erst  nachträglich 
in  zwei  Absätzen  Erweiterungen  für  1350  und  1353/54 
(bei  Böhmer  S.  479  Z.  8)  erhielt.  Für  diese  Zeitgeschichte 
hatte  Michael  ursprünglich  mehr  Raum  berechnet :  die  ganze 
Lage  Bl.  268 — 279  ist  noch  mit  der  roten  Kapitelzahl  XXXIII 
überschrieben;  als  Michael  schon  auf  Bl.  268  Sp.  3  zu  Ende 
war,    liess   er  für   Nachträge  Bl.  269    frei    und    beauftragte 


')  Die  beiden  Daten  dieses  Kapitels  (Tag  und  Monat)  hat  Michael 
abermals  (mit  hellerer  Tinte)  nachgetragen. 

*)  In  den  gleichen  Schluss  mündet  die  knappe  Kaiserchronik  von 
Karl  d.  Gr.  ab,  welche  ganz  zuletzt  auf  der  angehefteten  Lage  Bl.  281 — 285 
eingetragen  ward. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  9 

den  Schreiber  f,  zunächst  die  Gedichte  des  Heinzelein  von 
Konstanz  Bl.  (270 — 276)  zu  kopieren,  dann  fuhr  er  selbst  (a) 
mit  K.v.O.  Vm,  IX  fort,  überliess  wieder  dem  Schreiber 
f  K.v.O.  X,  füllte  den  Lagenschluss  mit  dem  ,,Uebeln 
Weib"  und  trug  auf  das  erste  Blatt  einer  letzten  heran- 
geholten Lage  (280)  K.v.O.  XI  und  XII.  ein.  Alle  diese 
Stücke  also,  Heinzeleins  beide  Gedichte  und  König 
vom  Odenwalde  VIII — XII  fehlten  noch  bei  der 
ursprünglichen  Anlage  des  Registers,  sind  also 
sicher  erst  nach  dem  Juni  1350  zur  Abschrift 
gelangt.  Rückwärts  zwischen  ihnen  und  K.v.O. 
I  bis  V4-VI-}-VII  stehen  mehrere  Sachen,  die  auf  134  zu 
datieren  sind,  und  dann  die  historischen  Arbeiten  Michaels, 
die  mit  dem  Sommer  1 349  schliessen.  Die  Kopie  der 
Gedichte  I — VII  des  Königs  wird  kaum  vor  das 
Jahr  1348  fallen,  sie  ist  aber  auch  nicht  jünger  als 
der  Sommer  1349.  — 

G,  die  Gothaer  Sammelhandschrift  Ch.  A.  Nr.  216 
(vgl.  Jakobs  und  Ukert,  Beitr.  z.  alt.  Litteratur  II,  2,  294  ff.), 
vielbenützt,  aber  noch  immer  nicht  ausgeschöpft,  enthält 
in  ihrem  poetischen  Teile  auf  Bl.  93  Sp.  2 — 94  Sp.  1  das 
■Gedicht  Nr.  VII  mit  der  später  nachgetragenen  Ueberschrift 
„Von  den  berten",  aber  ohne  Autornamen  (danach  gedruckt 
„Altdeutsche  Wälder"  11,  84—88). 

Der  würzburgische  Ursprung  der  Handschrift  war  auch 
K.  V.  Bahder  S.  195  bekannt,  und  ihr  Wert  für  die  würz- 
burgische Verfassungs-  und  Rechtsgeschichte  ist  zuletzt  von 
Rockinger,  Berichte  über  die  Untersuchung  von  Hand- 
schriften d.  sog.  Schwabenspiegels  X  (Wiener  Sitz-Ber.  phil. 
hist.  Kl.  119,  X,  1889)  S.  28  hervorgehoben  werden.  Die 
Papierhandschrift  besteht  aus  5  verschiedenen  Teilen: 

I.  Bl.  1 — 55  (sieben  signierte  Lagen)  enthält  bis  Bl.  40 
Sp.  2  das  Landrecht  und  von  da  ab  unmittelbar  anschliessend 
das  Lehenrecht  des  Schwabenspiegels;  Mitte  des  14.  Jahr- 
hunderts. 

IL  Bl.  56  —  73  (zwei  unsignierte  Lagen,  die  zweite 
unvollständig)  bringt  Abschriften  von  Würzburger  Kaiser- 
und  Königsurkunden,  beginnend  mit  Arnulf  a.  889  (Mühlb. 
Nr.  1785)  und  heruntergehend  bis  auf  Karl  IV.:  das  letzte 
Stück  (Böhmer  Nr.  1708)  ist  vom  2.  Jan.  1354.  Diese 
Sammlung  ist  zweifellos  angelegt  von  dem  Würzburger 
Protonotar  Michael  de  Leone  (f  3.  Jan.  1355);  das  für  alle 
seine  Sammelhandschriften  charakteristische  Schiboleth  „Nota 
digna"  findet  sich  z.  B.  Bl.  67^.  Es  liegt  aber  hier  eine 
Kopie  aus  der  Zeit  bald  nach  seinem  Tode  vor. 


10  Edward  Schröder 

m.  Bl.  74 — 111,  drei  unter  sich  signierte  Lagen,  ent- 
halten 18  deutsche  Gedichte  didaktischen  und  erzählenden 
Inhalts,  von  denen  6  in  den  Altdeutschen  Wäldern  II  u,  III., 
andere  anderwärts  gedruckt  sind.  Unter  den  ungedruckten 
scheint  am  wichtigsten  das  1341  vor  Lucca  spielende  Ge- 
dicht „Von  eim  münch  und  von  eim  soldner"  Bl.  106  Sp.  'd 
bis  109  Sp.  3.  Die  Gegenstände  sind  sehr  verschiedener 
Natur:  neben  Legenden  (wie  Juliana,  Bruder  Felix)  stehn 
Jnvektiven  auf  die  Geistlichkeit  und  schmutzige  Erfindungen, 
wie  das  in  den  Altdeutschen  Wäldern  III,  164 — 167  ge- 
druckte ,, Gebot  des  Papstes  an  Jungfrauen  und  Trauen'^ 
mit  seinem  blasphemischen  Schluss.  Gleichwohl  vermut 
ich,  dass  die  Sammlung  in  den  Kreisen  der  höheren  würz- 
burgischen  Geistlichkeit  zu  Stande  gekommen  ist,  und  zwar 
mindestens  unter  Beisteuer  des  Michael  de  Leone.  Der  auf 
Bl.  94  Sp.  1—97  Sp.  2  enthaltene  ,,Facetus"  ist,  wie  ich 
mich  an  dem  noch  erhaltenen  Einzelblatte  (es  wird  auf  der 
Münchener  Hof-  ^^nd  Staatsbibliothek  unter  cgm.  195  als 
Fol.  16  aufbewahrt)  überzeugt  habe,  abgeschrieben  aus  dem 
jetzt  zertrümmerten  I.  Bande  von  Michaels  grosser  Pracht- 
handschrift. Das  Gedicht  des  Königs  vom  Odenwald  von 
den  Barten  weist  hingegen  einzelne  bessere  Lesarten  auf;  wenn 
auch  die  Angabe  v.  Bahders  (S.  219)  über  Vers  1  auf  einem 
Irrtum  beruht  (hier  haben  beide  Hss.  funde!),  so  bleiben 
doch  andere  Lesarten  übrig,  welche  es  sicher  stellen,  dass 
hier  0  nicht  aus  W,  sondern  aus  dessen  Vorlage  schöpfte, 
vgl.  die  Varianten  zu  V.  35,  43,  59,  62,  80,  106. 

Als  Stücke  fränkischer  Herkunft,  die  anderwärts  nicht 
überliefert  sind,  nenn  ich  noch  Rupprechts  von  Würz- 
burg „Von  zwei  Kaufleuten"  (zuletzt  hrsg.  von  M.  Haupt, 
Zeitschr.  f,  deutsche  Phil.  7,  65 — 90)  und  des  Johann  von 
Nürnberg^)  ,, Klage  des  fahrenden  Schülers":  f„De  vita 
vagorum"  Bl.  103  Sp.  1  — 105  Sp.  1,  abgedr.  Altdeutsche 
Wälder"  II,  49 — 59).  Auch  in  der  Aufnahme  von  Konrads 
von  Würzburg  „Weltlohn"  Bl.  97,  98  (der  Held  heisst  hier 
,,Wernher  von  Grafenberg")  bekundet  sich  das  fränkische 
Lokalinteresse,  das  Michael  de  Leone  bei  seinen  litterarischen 
Liebhabereien  überall  durchblicken  lässt.  Nichts  in  der 
Sammlung  reicht  über  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  herab, 
die  Handschrift  aber,  d.  h.  dieser  HL  Teil,  gehört  erst  in 
die  Zeit  um  1400. 

IV.  Bl.  112 — 134  (zwei  Lagen  unsigniert),  eine  Samm- 
lung der  Einungen  (composiciones)  zwischen  den  Würzburger 

*)  So  hat  W.  Grimm  richtig  gedruckt  (Nürberg),  Jacobs  las  Ämberg. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  11 

Bischöfen  und  der  Bürgerschaft,  beginnend  mit  Bischof  Iring 
(1261)  schliessend  mit  der  ..Richtung"'  Bischof  Albrechts 
von  Hohenlohe  1357.  Auch  dieser  Teil  ist  ganz  sicher  nur 
die  erweiternde  Abschrift  einer  von  Michael  de  Leone  an- 
gelegten Sammlung:  Bl.  123  Sp.  1  unter  seinem  Bischof 
Otto  von  WolfskehP)  findet  sich  wieder  das  signifikante 
„Nota  digna",  und  vor  den  Scheidebriefen,  welche  den  Zwist 
von  1354  zum  Abschluss  bringen  und  mit  denen  die  Arbeit 
Michaels  (Bl.  129  Sp.  4)  endigt,  hat  er  sich  zunächst  über 
die  Veranlassung  der  ganzen  Sammlung  (Bl.  124  Sp.  4 
unter  der  Ueberschrift  „Tenor  composicionum")  ausgesprochen 
und  dann  eine  eigene  kleine  „Cronica  nota  digna  i!)  de 
obsidione  ciuitatis  Herbipolensis  et  ceteris  ut  infra"  (1354) 
eingeschaltet.  Die  beiden  letzten  Stücke  von  1355  und  1357 
(Bl.  129  Sp.  4  —  Bl.  134)  sind  als  Nachträge  nach  Michaels 
Tode  hinzugekommen. 

V.  Bl.  135  —  160  fass  ich  als  Schlussteil  zusammen, 
obwohl  daran  Schreiber  aus  sehr  verschiedener  Zeit  beteiligt 
sind.  Zunächst  in  zierlicher  Schrift  (bald  nach  der  Mitte  des 
14.  Jhs.)  die  Würzburger  Herbstordnung  (Bl.  135  Sp.  1,  2) 
und  die  „Stabunga  juramenti"  mit  der  Polizeiordnung 
Bischof  Ottos  von  1342,43  in  einer  von  der  Würzburg- 
Münchner  Hs.  (Kap.  XXX,  hrsg.  von  Ruland  a.  a.  O.  S. 
74 — 108)  mehrfach  abweichenden  Fassung  (s,  ßockinger  a.  a. 
O.  S.  28  N.  2)  —  bis  Bl.  144  Sp.  2.  Dann  folgt  ein  Kirchen- 
verzeichnis der  Würzburger  Diöcese  (Hand  d.  15.  Jhs.), 
Recepte  (Hand  d.  16.  Jhs.),  schliesslich  Bl.  151 — 160  wieder 
von  einer  Hand  um  1400  die  Statuten  Bischof  Gerhards 
V.  J.  1376. 

Die  gesamte  Ueberlieferung  der  Gedichte  des  Königs 
vom  Odenwalde  geht  somit  auf  den  „obersten  Schreiber" 
des  Hochstifts  Würzburgum  die  Mitte  des  14.  Jhs.,  auf  Michael 
vom  Löwenhofe  zurück:  keines  seiner  Gedichte  macht  in 
unserer  Ueberlieferung  den  Eindruck,  als  habe  es  schon  mehrere 
Handschriften  passiert,  die  verschiedenen  Schreiber  werden 
der  Sprache,  in  welcher  die  Gedichte  geschrieben  sind,  in 
annähernd  gleicher  Weise  gerecht.  Es  ist  mir  bei  einem 
eingehenden  Studium  der  gedruckten  wie  der  ungedruckten 
Litteratur  jener  Zeit,  wobei  ich  namentlich  die  Sammel- 
handschriften berücksichtigt  habe  und  allen  Spuren  der 
Bibliothek  des  Michael  de  Leone  ^)  nachgegangen  bin,  nicht 

])  =  Monumenta  Boica  Bd.  XLI.  S.  81  ff.  (Nr.  XXXIII.) 
")  über    dessen    litterarische  Interessen    und  Verdienste   ich    ander- 
wärts im  Zusammenhang  handeln  werde. 


12  Edward  Schröder 

gelungen,  ein  weiteres  anonym  überliefertes  Gedicht  unserem 
Autor  zuzuweisen.  Der  König  vom  Odenwald  hat  obendrein 
dafür  gesorgt,  dass  seine  Sachen  sich  nicht  so  leicht  unter 
namenlosem  Gut  verlieren.  Es  ist  nützlich,  sich  über  die 
äussere  Signatur,  die  er  mit  leichten  Variationen  allen  seinen 
Dichtungen  mitgab,  genau  zu  unterrichten. 
Die  Autorschaft  unseres  Dichters  ist 

1)  durch  das  Register  in  M  (Ruland  S.  10)  an- 
gekündigt: zunächst  unter  Kap,  XXVI,  das  als  Rede  des 
kuniges  von  Oetheivalde  aufführt  Nr.  I.  IL  III.  VI.  VII.  IV.  V, 
wozu  dann  nachträglich  eine  Anmerkung  etwas  ungenau 
(Ruland  S.  11)  von  den  späteren  Stücken  nur  noch  IX  und 

X  namhaft  macht,  mit  dem  Zusatz  in  Rotschrift:  Ditz  siiche 
dort  hinden  am  ende  dieses  häches  in  dem  dri  und  driczigsten 
Caxntel :  als  das  Register  angefertigt  und  damit  die  Sammlung 
als  abgeschlossen  angesehen  wurde,  fehlten  VIII — XII  noch 
ganz. 

2)  Des  weitern  nennt  sich  der  Autor  in  zweifellos  zum 
Text   gehörigen  Schlusszeilen: 

a)  einfach  der  kü?iig:  in  Nr.  I.  II.  VIII.  IX.  X.  XI. 

b)  der  kiinig  vom   Otemcalde:  in  Nr.  III.  IV.  V. 

3)  Er  nennt  sich  ferner  in  einem  eigenen  kurzen  Pro- 
log: Der  kunig  vom  Otenwalde  in  Nr.  IX. 

4)  Im  Context  führt  er  sich  ein:  in  Nr.  VI  v.  149 
(3.  Pers.  der  kunig);  in  Nr.  VII  v.  11.  16.  113.  117  (Anrede: 
kunig).     Nr.  IX  v.  28  (ich  kunig). 

5)  Die  Ueberschrift  nennt  ihn 

a)  bei  Nr.  VIII :  Bitz  liot  getihtet  kunig  von  dem  Oten- 
walde. 

b)  bei  Nr.  XI.  XII:  Ein  rede  des  kunges. 

Somit  ist  die  Autorschaft  für  die  meisten  Gedichte  in 
mehrfacher  Weise  und  nur  für  XII  durch  die  Ueberschrift 
allein  bezeugt:  da  aber  der  Dichter  in  den  übrigen  11  Stücken 
darauf  hält  sich  zu  nennen,  so  dürfen  wir  auch  diese  Ueber- 
schrift als  von  ihm  selbst  herrührend  ansehen. 

Man  beachte  übrigens,  dass,  so  sehr  auch  der  König 
mit  der  Form  und  Einführung  seines  Namens  variiert,  doch 
immer  einige  Stücke  in  der  Reihenfolge  der  Eintragung  mit 
gleichem  Modus  zusammenstehen:  ein  deutlicher  Hinweis, 
dass  die  handschriftliche  Folge  zugleich  die  Entstehungszeit 
der  Stücke  annähernd  widerspiegelt. 

Unechtes    und  Unsicheres.     Das    zwischen    X   und 

XI  der  Würzburger  Hs.  zur  Blatt-  und  Lagenfüllung 
verwendete    Stück    „Ditz    ist    von  einem    ubeln    wibe" 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  13 

hätte  V.  Bahder  (Germ.  23,  305  f.,  vgl.  220  f.)  schon  darum 
nicht  aufnehmen  sollen^  weil  ihm  jede  äussere  Bezeugung 
der  Autorschaft  iehlt.  Und  auch  innere  Kriterien  sprechen 
gegen  den  König  als  Verfasser.  Zwar  auf  das  Fehlen  eines 
der  charakteristischen  Reime  mit  Abfall  des  infinitivischen 
-  n  lege  auch  ich  kein  Gewicht.  Freilich  entfallen  nach 
meiner  Zählung  auf  die  im  ganzen  830  Reimpaare  der 
echten  Gedichte  (820  Text,  10  Vor-  und  Nachworte)  45  Fälle 
dieser  Art,  also  1:  18 — 19  Reimpaare,  und  unser  Gedicht 
zählt  52  Verse.  Aber  man  kann  deutlich  beobachten,  wie 
der  K.vO.  diese  Reime  als  dialektisch  empfunden  und 
sie  darum  in  I  (wahrscheinlich  seinem  frühsten  Gedicht) 
nur  spärlich  verwendet  hat:  es  entfallen  hier  1  :  59  Reim- 
paare, während  III.  und  IV  1  :  9  Reimpaare  bieten.  —  Die 
beiden  Reime  ä:  ö,  welche  im  „Uebeln  Weib"  dicht  bei- 
einander stehen  (v.  21  f.,  27  f.),  beweisen  eher  gegen  als  für 
den  K.v.O.  Denn  so  sicher  es  ist,  dass  sie  seiner  Aussprache 
durchaus  gemäss  waren,  so  klar  zeigt  sich,  dass  er  sie  meidet: 
von  den  5  Beispielen,  die  er  aufweist,  entfallen  3  auf 
Nr.  V  „Vom  stro",  wo  sie  schwer  zu  umgehen  waren  (Titel- 
reim, 113  f.,  195  f.).  die  beiden  übrigen  begegnen  II  249  f. 
und  X  87  f.;  9  Gedichte  sind  ganz  frei  davon. 

Aber  auch  der  Inhalt  sjpricht  gegen  unseren  Autor. 
So  eng  dessen  Horizont  und  so  klein  sein  Können  ist,  in 
dem  was  er  bietet,  ist  er  selbständig  und  originell:  es  ist 
mir  nicht  gelungen,  ihm  eine  Entlehnung  nachzuweisen,  ja 
nicht  einmal  litterarische  Reminiscenzen  greifbarer  Art  sind 
mir  aufgestossen.  Das  „übele  Weib"  aber  ist  geradezu  aus 
Anleihen  und  Gemeinplätzen  zusammengeflickt:  schon 
V.  Bahder  hat  auf  eine  ganze  Versreihe  hingewiesen,  die 
es  mit  der  in  Lassbergs  Liedersaal  II,  503 — 531  gedruckten 
Jüngern  Version  des  Gedichtes  von  der  bezähmten  Wider- 
spenstigen („Zombraten")  gemein  hat;  er  hätte  auch  die 
von  Moriz  Haupt  (1871)  herausgegebene  Erzählung  „Von 
dem  Übeln  Weibe"  heranziehen  können,  die  ähnliche,  offen- 
bar so  gut  wie  sprichwörtliche  Wendungen  wie  der  Eingang 
des  „Zornbratens"  und  der  „Frauenzucht"  voraussetzt,  aber 
sie  frei  variiert  und  selbständig  ausspinnt. 

Das  in  der  Gothaer  Hs.  Bl.  101  Sp.  3—102  Sp.  1 
ohne  Automamen  überlieferte  Gedicht  von  der  Trunken- 
heit (von  späterer  Hand  „De  ebriosis  et  vinosis"  über- 
schrieben) will  ich  hier  erwähnen,  weil  es  mir  anfangs  wie 
ein  Werkchen  des  K.v.O.  vorgekommen  ist.  Es  steht  in. 
den  „Altdeutschen  Wäldern"  II  188  ff.  abgedruckt  und 
nmfasst  119  Verse.     Wie    bei    K.v.O.    Nr.  II  20    Eierliebr 


14  Edward  Schröder 

haber  von  verschieden  gerichtetem  Geschmack  aufgezählt 
werden,  in  Nr.  IV  20  Gründe  zum  Baden,  in  Nr.  VII  10 
Gründe  für  das  Tragen  eines  Bartes,  so  erfahren  wir  hier 
1 0  Formen,  in  denen  sich  die  Trunkenheit  bei  den  Menschen 
äussert.  Die  würzburgische  Umgebung,  in  der  das  Gedicht 
steht  (wenige  Blätter  hinter  dem  Bartgedicht  K.v.O.  Nr.  VII), 
ein  dialektischer  Reim  wie  87  f.  dar  zu:  tii(yi)^  ein  paar  syntakt- 
ische und  stilistische  Anklänge,  scheinen  auf  die  gleiche  Atmo- 
sphäre zu  weisen,  und  vielleicht  ist  der  Autor  geradezu  ein 
Nachahmer  des  „Königs".  —  Dass  er  mit  ihm  nicht  iden- 
tisch ist,  bezeugen  schon  Reime  wie  v.  5  f.  kün:hestün 
(bestüende) ,  115  f.  meister:  geleisten,  die  sich  der  „König" 
nicht  gestattet. 

Um  die  Zeit  unseres  Autors,  den  wir  bisher  nur  ver- 
mutungsweise in  die  Nähe  des  Michael  de  Leone  gerückt 
haben,  genauer  zu  bestimmen,  haben  wir  einmal  den  Stand 
seiner  Kunst  ins  Auge  zu  fassen :  der  Versbau  verwehrt  es  ohne 
weiteres,  ihn  noch  ins  13.  Jh.  zu  setzen,  aber  da  wir  eine 
zusammenhängende  Kette  ostfränkischer  Litter aturerzeugnisse 
aus  dem  halben  Jahrhundert  zwischen  1300  uüd  1350  nicht 
besitzen,  verbietet  sich  eine  genauere  Datierung  von  tech- 
nischen und  künstlerischen  Kriterien  aus.  Dass  der  König 
für  seine  erste  Fabel  (VIII)  nicht  den  um  1340  publicierten 
,,Edelstein"  des  Ulrich  Boner  (Nr.  70),  für  die  zweite  nicht 
den  um  fast  ein  Menschenalter  altern  ,, Renner"  seines 
Landsmanns  Hugo  von  Trimberg  (V.  3509 — 3629)  benützt 
hat,  erwähn  ich,  ohne  davon  Gebrauch  machen  zu  können: 
es  ist  mir  überhaupt  nicht  gelungen,  eine  direkte  litterarische 
Abhängigkeit  aufzufinden,  so  bequem  sich  die  Erscheinung 
des  Königs  dem  Gesamtbilde  der  Zeit  einfügt,  in  der  wir 
ihn  zu- suchen  haben. 

Es  bleiben  die  Anspielungen  auf  zeitgenössische  Sitten  und 
Ereignisse.  Mit  dem  Tadel  XI  53  f ,  dass  die  Ritterschaft  sich 
wenig  um  die  Lombardei,  Preussen  und  Toscana  kümmere, 
ist  nicht  viel  anzufangen.  Wer  der  Herzog  von  Sachsen 
war,  der  sich  vor  seinen  Gläubigern  ins  Bad  flüchtete  und  nach- 
her den  Humor  besass,  es  auszuplaudern^)  (Nr.  IV  v.  49  f.), 
habe  ich  auch  mit  Hilfe  Paul  Zimmermanns  nicht  ermitteln 
können.  Auch  mit  der  Polemik  gegen  die  „Kesselhüte" 
(in  Nr.  XII),  die  unserm  König  als  eine  recht  unritterliche 
Tracht  erscheinen,  ist  uns  wenig  geholfen:   in  Oberdeutsch- 

')  ob  gerade  in  einem  , Gedichte",  wie  v.  Bahder  in  der  Anmerkung 
S.  311  meint,  scheint  niir  recht  zweifelhaft. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  15 

land  ist  das  Wort  und  die  Sache  freilich  erst  im  14.  Jh. 
bezeugt,  in  Niederdeuts^chland  aber  schon  weit  früher,  und 
unsere  "Waffenspezialisten  lassen  uns  hier  im  Stich :  Wendelin 
Böheim  in  seinem  Handbuch  der  Waifenkunde  kennt  — 
sonderbar  genug  —  die  Bezeichnung  gar  nicht!  Aber  ein 
Gedicht  haben  wir,  für  das  sich  ein  fester  Terminus  ante 
quem  non  gewinnen  lässt:  Nr  VII,  das  als  Traum  eingeführt, 
im  Zwiegespräch  zwischen  dem  Dichter  und  einer  vornehmen 
Dame  neckisch  10  Gründe  anführt,  die  den  Menschen 
veranlassen  können,  einen  Bart  zu  tragen.  Nun  wissen  wir 
aus  zeitgenössischen  Aeusserungen  der  Chronisten  wie  der 
Poeten,  dass  die  Sitte,  sich  den  Bart  wachsen  zu  lassen,  um 
1330  wieder  aufkam.  In  diesem  Jahre  vermerkt  sie  der  in 
solchen  Dingen  sehr  aufmerksame  und  zuverlässige  deutsch- 
böhmische Historiker  Peter  von  Zittau^),  und  die  litterarischen 
und  künstlerischen  Urkunden  stimmen  dazu  aufs  beste. 
Etwa  gleichzeitig  mit  dem  Chronisten  von  Königssaal  schrieb 
der  Verfasser  des  Gedichtes,  welches  ebenfalls  in  der  Würz- 
burg-Münchner Hs.  aufbewahrt  und  von  v.  d.  Hagen  in 
seiner  Germania  3,116 — 129  unter  dem  ganz  verkehrten 
Titel  „Klagegedicht  auf  Herzog  Johann  v.  Brabant"  heraus- 
gegeben ist^) :  ein  Mann  der  alten  Zeit,  der  sich  auch  in 
diese  neue  Mode  nicht  finden  kann  (v.  16lj.  Die  Minne- 
sängerhandschriften B  und  C  und  der  etwas  jüngere  Codex 
Balduineus  kennen  noch  keine  Barte!  Ludwig  der  Bayer 
war  bei  seiner  Kaiserkrönung  im  Jan.  1 328  noch  ohne  Bart, 
und  so  schildert  ihn  Albertino  Mussato  (1329:  Font.  I.  189): 
mento  teretU  auch  auf  den  in  Eiezlers  Geschichte  Bayerns 
II  375  erwähnten  Skulpturen  erscheint  er  bartlos^).  Ob  er 
sich  später  einen  Bart  wachsen  Hess  ?  Heinrich  von  Herford 
{ed.  Potthast)  S.  271  nennt  ihn:  capUlis  et  barba  proUxis 
niger  (?!J  et  diffusus;  seinen  Nachfolger  Karl  IV.  kennen 
wir  nur  bärtig.  In  Franken  dürfte  die  Sitte  schwerlich 
vor  dem  fünften  Jahrzehnt  allgemeiner  geworden  sein:  um- 
soweniger  als  auch  der  Fürstbischof  Otto  von  Wolfskehl 
(f  1345),  wie  sein  Grabmal  im  Würzburger  Dom  beweist, 
dem  Bartscherer  treu  blieb.  Wir  kämen  also  mit  unserem 
Gedicht  auf  die  Zeit  um  1340,  eher  später  als  früher. 

Das  Gedicht  von  den  Barten  ist  als  Nr.  VII  unter  den 
Gedichten  des  „Königs"  eingetragen,  würde  also  nach  meiner 


')  hrsg.  V.  Lorerth,  Die  Königssaaler  Geschichtsquellen  S.  469, 
^)  Ich   habe   dazu  einen   eingehenden    historischen  Kommentar  seit 
Jahren  bereit  liegen. 

*)  nach  den    Mitteilungen   von   Dr.  F.  v.   d.  Leyen,    der   meine    un- 
sicheren Erinnerungen  berichtigt  hat. 


16  Edward  Schröder 

Auffassung  auch  zeitlich  etwa  in  die  Mitte  seiner  litterarischen 
Produktion  gehören.  Ist  es  nun  nötig,  für  diese  paar  Ge- 
dichte mit  im  ganzen  1660  Versen  einen  längern  Zeitraum, 
ein  Jahrzehnt  oder  mehr  anzunehmen?  Ich  glaube  es  nicht. 
Man  rechnet  überhaupt  in  der  mittelalterlichen  Litteratur- 
geschichte  zu  wenig  mit  der  Thatsache,  dass  auch  damals  wie 
heute,  die  dichterische  Bethätigung  für  Viele  nur  eine  Episode 
war.  Gewiss,  Konrad  von  Würzburg  hat  wohl  ein  volles 
Menschenalter,  "Walther  von  der  Vogelweide  und  (170  Jahre 
später)  Peter  Suchenwirt  haben  gar  mehr  als  40  Jahre  hin- 
durch gedichtet,  aber  das  waren  Berufspoeten  mit  einem  wech- 
selnden und  über  weite  deutsche  Landschaften  verbreiteten 
Publikum !  Unser  König  dagegen  war  in  seinem  Hörer-  und 
Leserkreis  beschränkt  und  scheint  „seiner  Künste  Lade"  (IV  1 ) 
nur  wenige  Jahre  geöffnet  zu  haben.  Wenn  es  bestehen  bleibt, 
was  ich  hier  nicht  näher  ausführen  kann,  dass  das  Gedicht 
Nr.  I  auch  das  frühest  entstandene  ist,  Nr.  XII  aber,  das  über 
die  eingerissenen  Missbräuche  im  Fehdewesen  klagt,  zu  den 
letzten  Erzeugnissen  des  Königs  gehört,  so  darf  es  immer- 
hin auffallen,  dass  sich  der  Autor  XII  40  über  die  neuauf- 
kommenden Kesselhüte  beklagt  (Es  kument  an  kezzelhutej, 
während  er  sie  schon  in  1  129  f.  ganz  harmlos  erwähnt 
(Der  riem  am  kezzelhüt  Füren  ritter,  hiehte  gut):  die  That- 
sache hat  aber  nichts  Befremdliches,  wenn  zwischen  den 
ersten  und  den  letzten  Gedichten  des  K.v.O.  nur  wenige 
Jahre  liegen,  sie  also  samt  und  sonders  den  40er  Jahren 
des  14.  Jhs.  angehören. 

Ich  will  die  Entstehungsweise  und  Folge  der 
Gedichte,  wie  ich  mir  sie  vorstelle,  hier  kurz  andeuten. 
Die  Reaktion  gegen  die  konventionelle  Liebes-  und  Frühlings- 
lyrik der  ritterlichen  Gesellschaft  hatte  über  die  höfische 
Dorfpoesie  Neidharts  von  ßeuenthal  hinaus  im  letzten 
Drittel  des  13.  Jahrhunderts  zu  den  Herbstliedern,  Fress- 
und  Saufliedern  der  Schweizer  Minnesänger  Steinmar  und 
Hadlaub  geführt,  die,  von  ihren  Urhebern  zunächst  als 
litterarische  Parodie  gedacht,  bald  den  lebhaftesten  Anklang 

—  wie  alle  Parodien  —  in  jenen  Kreisen  fanden,  die  zu  der 
parodierten  Poesie  selbst  nur  ein  sehr  entferntes  oder  gar 
kein  Verhältnis  besessen  hatten.  An  diese  Richtung  knüpfte 
der  König  vom  Odenwald  an:  selbst  ohne  musikalische 
Anlage  und  Bildung  —  das  beweist  seine  Metrik  Schritt 
für  Schritt  —  konnte  er  sie  nur  in  der  reimpaarigen  Spruch- 
poesie zum  Ausdruck  bringen.    ,, Preisen  so  viele  ihr  Liebchen 

—  ja  werden   selbst   die  alten  Weiber   zu    Grabe  geläutet, 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  17 

SO  "will  ich  lieber  von  der  preiswürdigen  Kuh  singen  und 
von  all  dem  guten  was  sie  uns  spendet"  (I).  „Meine  Kunst 
muss  sich  aufrafien,  und  ich  weiss  ihr  ein  hohes  Ziel.  Der 
Frühling  naht,  und  mit  ihm  alle  Freuden  —  aber  was  ist 
alle  Vogelsang  gegen  das  Gackern  der  Hühner!"  (II).  Mit 
diesen  beiden  umfangreichsten  Gedichten,  dem  Lobe  der 
Kuh  (und  der  Milch)  und  dem  Lobe  des  Huhnes  (und  der 
Eier\  hatte  der  Autor  sich  sofort  ein  eigenstes  Gebiet  ge- 
schaffen, und  der  Beifall  der  Gesellschaft  ermutigte  ihn  zu 
zu  dem  „Gänselob",  das  wie  II  vom  Vogelsang  ausgeht  und 
weniger  gewandt  als  jenes  auf  die  fetten  Bissen  des  „nutz- 
baren Vogels"  überspringt.. 

Damit  aber  glaubte  der  ,, König"  —  und  mit  Recht  — 
sein  Thema,  den  Preis  der  Küchentiere,  erschöpft  zu  haben. 
Er  verfasste  zunächst  das  Gedicht  Nr.  IV  (Miner  kmiste  lade 
müz  tihten  von  dem  bade)  mit  einfacher,  matt  humoristisch 
gefärbter  Aufzählung  der  Gründe,  die  den  Menschen  an- 
treiben, ein  Bad  zu  nehmen.  —  Diese  Manier,  etwas  kunst- 
voller eiügekleidet,  in  Traumgesicht  und  Dialog,  hat  er  bald 
darauf  in  VII  ,,von  den  Barten"  fortgebildet. 

Inzwischen  aber  hatte  er  einen  Einfall,  der  in  die 
Bahnen  der  ersten  Erfolge  einlenken  sollte,  nicht  ohne  das 
Publikum  ein  wenig  zu  verblüffen:  er  verfasste  das  „Lob 
des  Strohes"  (V).  Es  hätte  nahe  gelegen,  dies  ebenso  mit 
dem  Preis  der  Frühlingsblumen  zu  kontrastieren,  wie  das 
Hühner-  und  Gänselob  mit  dem  Preis  der  gefiederten  Sänger 
des  Frühlings.  "Wenn  er  das  unterlässt,  so  such  ich  den 
Grund  dafür  darin,  dass  ihm  die  typischen  Eingänge  von 
I.  II.  III  nicht  mehr  gegenwärtig  waren,  oder  aber  verbraucht 
erschienen. 

Hatte  sich  der  Poet  am  Schluss  von  I.  H  nur  der  „kunig" 
genannt,  so  giebt  er  sich  in  der  Folge  III.  IV.  V  eindrucks- 
voller als  ,,der  künig  vom  Otenwalde"  in  der  letzten  Zeile 
zu  erkennen.  Vielleicht  war  diese  Weiterbildung  des 
Pseudonyms  (oder  auch  die  Ausbildung  eines  Namens  zum 
Pseudonym)  erst  das  Resultat  des  mit  I.  II  erzielten  Erfolgs. 

Und  dieser  Erfolg  hielt  an.  Eine  vornehme  Dame  war 
es,  die  ihn  zu  dem  ,,Lobe  des  Schafes"  (VI)  veranlasste  — 
freilich  kein  junges  Mädchen,  sondern  eine  verheiratete  Frau, 
aber  dies  „Darzu  hat  mich  eine  frauice  bracht^'  v.  2  erinnert 
uns  doch  mit  schmerzlicher  Ironie  an  die  so  ganz  andere 
Zeit,  wo  Walther  von  der  Vogelweide  sang :  nü  muoz  ich 
singen  aber  als  e,  darzuo  hänt  mich  giiote  Hute  bräht  (72,  31  f.) 

Noch  ein  zweites  Mal  kehrte  der  K.v.O.  gediängt 
von  seinem  Publikum  zum  Preis  eines  Küchentieres  zurück: 


18  Edward  Schröder 

Wan  ich  7111  7iiht  7iüwe  hin,  So  sprichet  7naniger  „nu  icol 
hin!  Wir  solden  haben  ein  nüwes:  Kunig^  tihte  uns  ein  ge- 
trüwes!"  Sider  ich  den7ie  müz  nüwe  svn,  So  wil  ich  tihte7i 
V07n  sioin  (IX).  Jene  Sachen,  die  ironischen  Enkomien, 
waren  also  seine  Spezialität,  das  ,,neue",  und  widerwillig 
schrieb  es  dies  letzte,  kleinste  Gedicht  in  der  für  ihn  bereits 
abgethanen  Richtung. 

Inzwischen  hatte  er  sich  mit  der  humoristischen  Schilde- 
rung der  Bartmode  (VII)  auf  dem  satirischen  Gebiete  ver- 
sucht, das  ihm  vorher  durchaus  fern  zu  liegen  schien : 
Gelegenheit  zu  satirischen  Ausfällen  hätte  sich  ihm  auch 
früher  geboten,  wir  sind  manchmal  überrascht,  wie  gleich- 
giltig  seine  katalogisierende  Darstellung  über  Dinge  hinweg- 
geht, die  den  Spott  herausfordern  mussten,  wie  z.  B.  in  II 
171  ff.  der  widerwärtige  junkerliche  Sport  des  Hühnerhetzens, 
der  nur  eben  leise  humoristisch  gefärbt  erscheint. 

Mit  der  Fabel  (VIII  und  X)  betrat  der  K.v.O.  das 
Feld,  auf  dem  er  das  Beste  geleistet  hat:  darin  stimm  ich 
V.  Bahder  durchaus  zu.  Die  Darstellung  ist  hier,  gerade 
wenn  man  des  Königs  letzte,  ihm  unbekannte  Vor- 
gänger, für  VIII  Boner  und  für  X  Hugo  von  Trimberg 
vergleicht,  durchaus  rühmlich,  die  Handlung  durch  einzelne 
feine  Züge  belebt,  der  Dialog  natürlich  und  drastisch.  Der 
Satiriker  tritt  in  der  angehängten  Schlussmoral  scharf  und  mit 
einer  ausgesprochenen  Tendenz  zur  Kritik  öffentlicher  Zu- 
stände hervor:  allgemeiner  gehalten  ist  sie  in  X  115  f.: 
Also  get  geivalt  7iu  vür  daz  reht,  Utid  bricht  daz  kruTnme  für 
daz  sieht  usw;  präziser  zu  einer  Mahnung  an  die  Fürsten 
gestaltet  in  VIII  78  ff. :    Ir  fursten,  die  bedeyiket!  Helfet  den 

dy  bie  uch  bliben  Und  sich  niht  lau  von  uch  triben. 

Tut  hin  die  vederlesen !  Man  ist  versucht,  an  ganz  bestimmte 
Verhältnisse  zu  denken:  etwa  an  Michael  de  Leone,  den 
Gönner  des  „Königs  vom  Odenwalde",  der  unter  Otto  von 
Wolfskehl  eine  hervorragende  Rolle  gespielt  hatte  und  nun, 
nachdem  das  fünfjährige  Schisma  zwischen  dem  Electus 
Albrecht  von  Hohenlohe  und  dem  Provisus  Albrecht  von 
Hohenberg  (nicht  ohne  sein  Verdienst)  beseitigt  und  der 
Provisus  glücklich  nach  Freising  transferiert  war,  viel- 
leicht von  Schmeichlern  des  Hohenlohers  wegen  seiner 
freundschaftlichen,  durch  die  gemeinsamen  litterarischen  und 
wissenschaftlichen  Interessen  genährten  Beziehungen  zu  dem 
Hohenberger  verdächtigt  wurde?  Das  Gedicht  steht  ja  auf 
der  vorletzten  Lage  der  Hs.,  die  wir  frühstens  ins  Spätjahr 
1350  setzen  können.  Aber  freilich,  die  Urkunden  geben 
über  solche  interne  Reibungen  keine  Auskunft. 


Die  Gedichte  des  Köuigs  vom  Odenwalde  19 

Den  Schluss  bilden  dann  die  Gedichte  „vom  "Wideräffen" 
XI  und  ,,voni  Unglimpf  XII.  Hier  verzichtet  der  Dichter 
auf  Eahmen  und  Einführung  durchaus  und  geht  direkt  auf 
sein  Ziel  los :  er  geisselt  dort  die  allgemeine  Yemachlässigung 
•der  Pflichten  gegen  den  Nebenmenschen  und  gegen  das 
Ideale,  hier  speziell  die  Verrohung  des  Fehdewesens. 

Eine  eigentümliche  Episode  in  der  Geschmackswandlung 
des  Autors  —  wenn  wir  von  einer  solchen  reden  dürfen 
und  nicht  vielmehr  an  äussere  Einflüsse  zu  denken  haben 
—  bilden  die  geistlich  gewendeten  Schlüsse  der  späteren 
Enkomien.  Während  I  und  III  einen  ausgesprochen  derben 
Abschluss  finden,  II  wenigstens  recht  nüchtern  ausläuft, 
setzt  der  ..König''  an  den  Schluss  von  V^)  die  Verwendung 
des  Strohs  bei  der  Hostienbereitung  und  lässt  das  ganze  in 
eine  gebetartige  Formel  ausklingen ;  in  VI  wird  das  gepriesene 
Schaf  zuletzt  mit  dem  Erlöser  verglichen  und  der  frömmelnde 
Schluss  wirkt  noch  aufdringlicher.  In  IX*),  wo  die  Auf- 
gabe recht  schwierig  erschien,  überraschen  uns  zuguterletzt 
die  Schweinshaare  als  Weihwedel,  und  so  ist  auch  hier  ein 
fiommer  Wunsch  als  Ausgang  ermöglicht:  den  man  nutzt 
auch  durch  gut,,daz  man  got  Mb  in  siner  hat. 

Ich  weiss  wohl,  das  der  obige  Versuch,  die  Gedichte 
des  K.v.O.  chronologisch  zu  begreifen,  von  einem  starken 
Vertrauen  zu  der  Reihenfolge  ihrer  Eintragung  in  die 
Handschrift  des  Michael  de  Leone  ausgeht  und  noch  der 
Stütze  durch  eine  philologische  Prüfung  bedarf.  Aber  für 
eine  solche  ist  hier  nicht  der  Raum,  und  vorläufig  mag  die 
innere  Wahrscheinlichkeit  einer  derartigen  Entwickelung  für 
sich  sprechen :  von  katalogisierenden,  bequem  (wie  in  I) 
oder  gar  nicht  (wie  in  V)  disponierten  ironischen  Preis- 
Gedichten  auf  nützliche  Tiere  und  Gegenstände,  die  anfangs 
eine  parodistische  Einführung  erhalten  (I — III),  später  auf 
diese  ganz  oder  fast  ganz  verzichten  (V,  VI  und  IX),  zuerst 
-als  eigenste  Einfälle  dargeboten  werden  (I — III  und  V), 
nachher  nur  noch  auf  Wunsch  oder  Aufforderung  aus  dem 
Publikum  entstehen  (VI  und  IX),  folgen  humoristische  Schilde- 
rungen von  Sitten  und  Moden  mit  einfacher  aber  fest- 
gehaltener Disposition  (IV  und  VII),  dann  Fabeln  mit 
satirischer  Nutzanwendung  (VIII  und  X)  und  schliesslich, 
ohne  jede  Einkleidung,  scharfe  Strafpredigten  gegen  die 
ritterliche  Gesellschaft  (XI.  XII). 


')  IV  (das  .Bad*)  fällt  wegen  seiner  besondern  Anlage  aus. 
")  YII  (die    „Bartmode*)    und  VIII  (die   1.   Fabel)  kommen  wieder 
nicht  in  Betracht. 

2* 


20  Edward  Schröder 

Der  Versuchung,  in  diesem  "Wechsel  mit  der  litterarischeri 
Gattung  und  dem  immer  stärkeren  Hervortreten  der  satirischen 
Tendenz  zugleich  eine  Charakterentwickelung  des  Autors 
zu  erblicken,  darf  man  nicht  zu  weit  nachgeben.  Es  steckt 
auch  in  dieser  polternden  Zeitsatire  der  epigonischen  Spruch- 
dichter sehr  viel  litterarische  Konvention,  und  die  Gesell- 
schaft, gegen  die  sie  sich  richtete,  war  abgebrüht  genug 
das  zu  wissen  und  zahlte  den  ungefährlichen  Poeten  gelegent- 
lich ebenso  für  die  Straf gedichte  wie  für  die  Preislieder. 
Gab  es  doch  unter  den  Fahrenden  „schelter"  von  Beruf, 
die  sogar  in  einer  Systematik  der  Gewerbe  als  solche 
aufgezählt  werden  (neben  „erhalden,  Sprechern,  sengern") 
Anz.  f.  Kde.  d.  d.  Vorz.  1856  S.  303. 


Die  Sprache  des  K.v.O.  zeigt  nach  K.  v.  Bahders 
durch  Ehrismann  bestätigter  Darstellung  ausgeprägt  ost- 
fränkischen Charakter:  das  passt  zu  Würzburg,  dem 
politischen  und  geistigen  Centrum  dieses  Dialektgebietes, 
es  widerspricht  aber  auch  nicht  von  vorn  herein  der  Heimat 
des  Dichters,  dem  Odenwald,  dessen  östliches  Randgebiet 
noch  ostfränkisch  ist,  während  er  in  der  Hauptsache  der 
rheinfränkischen  Mundart  zugehört,  s.  zuletzt  die  Karte  in 
0.  Heiligs  Grammatik  der  Mundart  des  Taubergrundes 
(Leipzig  1898).  Es  ist  aber  auch  ebensogut  möglich,  dass 
der  Poet  in  jüngeren  Jahren  aus  dem  rheinfränkischen 
Odenwald  herüberkam  und  sich  die  Besonderheiten  des  Ost- 
fränkischen erst  während  eines  längeren  Aufenthaltes  in 
"Würzburg  angewöhnte:  es  bleibt  immerhin  bemerkenswert, 
dass  er  von  den  charakteristischen  dialektischen  Reimfrei- 
heiten, die  er  sich  später  gestattete,  in  I  das  ä  :  ö  noch  gar 
nicht  verwertet  und  das  -  e :  e(n)  nur  zweimal,  d.  h.  einmal 
auf  59  Reimpaare,  während  sie  späterhin  sich  durchschnitt- 
lich einmal  auf  16  und  in  einzelnen  Stücken  einmal  auf  9 
Reimpaare  einstellen. 

Der  geographische  Gesichtskreis  des  K.v.O.  ist  eng: 
er  reicht  nur  unter  einem  Gesichtspunkt  über  Franken 
hinaus  —  dem  kulinarischen:  V  129  f.  erzählt  er  von  der 
Zubereitung  eines  offenbar  niederrheinischen  (dafür  spricht 
das  Suffix  -hin)  Gebäcks:  grakolikin  daz  izzet  man  U  dem 
Bin",  und  wenn  er,  der  Franke,  dem  hutern  das  allein  ge- 
läufige Wort  ist  (so  121.  VI  29!),  gelegentlich  ein  Gericht 
eier  in  anken  nennt  (H  73),  so  zeigt  er  damit,  dass  ihm  auch 
die  südwestdeutsche  Küche  nicht  ganz  fremd  war.  Wir 
wollen  uns  das  merken. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  21 

Einen  Orts-  oder  Personennamen  nennt  der  „König" 
nirgends:  aber  seine  Dichtungen  setzen  deutlich  ein  höfisches 
Publikum  und  dafür  einen  Mittelpunkt  voraus,  und  als 
diesen  hab  ich  unbedenklich  Würz  bürg  angenoramen.  Das 
lässt  sich  nicht  nur  aus  der  Sprache  und  der  üeberlieferung 
folgern,  wir  haben  auch  ganz  bestimmte  Andeutungen,  die 
sich  so  am  besten  verstehen  lassen.  In  dem  pedantischen 
Streben,  die  Verwendung  aller  Teile  der  Kuh  vorzuführen, 
hat  der  K.v.O.  I  77  auch  die  „helmsliorn" ,  offenbar  die 
sog.  Büffelhörner  als  Helmzierde  gestreift.  II  242  ff.  beim 
Huhn  erwähnt  er  in  demselben  Sinne  die  Federquasten, 
und  hierfür  führt  er  als  Beispiel  an  die  von  Seckendorf, 
von  Ehenheim,  diefhrenz  groz  unde  klein'^) ;  im  „Gänselob" 
(III)  giebt  ihm  bald  darauf  der  „Federwisch"  Anlass,  sich 
etwas  ausführlicher  auf  den  Helmschmuck  der  von  Neuen- 
stein und  von  Veinau^J  zu  berufen  V.  92  ff.: 

Ich  zügez  an  die  von  Nüwenstein, 
die  haben  drunder  ir  ere  bewarf 
vor  den  reinen  frauicen  zart,  [d.  h.  im  Turnier] 
95       und  die  von  Finnauicen 

lant  sich  in  eren  schauwen:  [wie  oben] 

die  füren  hals  unde  haubt,  [sc.  der  Gans  als  Helmschmuck] 

daz  in  lange  ist  erlaubt. 

Und  noch  ein  drittes  Mal,  in  V.  185  ff.,  exemplifiziert  er  auf 
ein  ritterliches  Geschlecht:  die  von  Sahsenflür  führen 
„m  dem  melme''\  d,  h.  im  Turnier,  einen  Strohschaub.  Man 
beachte,  wie  die  Art  der  Einführung  abermals  für  die  von 
mir  angenommene  Chronologie  spricht:  in  I,  wo  die  viel- 
gebrauchten Büffelhörner  doch  so  gute  Gelegenheit  gaben, 
liegt  ihm  der  Einfall,  bestimmte  Geschlechter  namhaft  zu 
machen,  noch  fem,  in  11.  ist  es  eine  flüchtige  Erwähnung, 
in  III.  wird  daraus  unter  ausdrücklicher  Hervorhebung  des 
Turniersports  eine  deutliche  Huldigung  an  zwei  Familien, 
in  V.  verklingt  das  Beispiel  wieder  ziemlich  schematisch, 
aber  das  Turnier  ist  geblieben. 

V.  Bahder  hat  nun  aus  der  Erwähnung  dieser  Ge- 
schlechter, die  alle  in  Ostfranken  zu  Hause  sind,  aber 
ihre  Stammsitze  z.  T.  weit  getrennt  von  einander  hatten^), 
einen  Schluss  auf  das  „Wanderleben"  des  Dichters  und  seine 


')  Die  Vergleichung  der  Wappen  bei  Siebmacher  gibt  v.  Bahder  a. 
a.  0.  S.  211. 

*)  von  Seckendorf  und  von  Ehenheim  im  heutigen  bayr.  Mittel- 
franken, von  Neuenstein  und  von  Veinau  im  württemb.  Jaxtkreis,  von 
Sachsenflur  im  bad.  ünterrheinkreis. 


22  Edward  Schröder 

„Abhängigkeit  von  der  Ritterschaft"  gezogen:  der  Dichter 
nenne  jene  Geschlechter  nur,  ,,um  sich  bei  ihnen  in  Gunst 
zu  setzen"  (S.  212).  Nur  an  der  letzten  Behauptung  ist  ein 
Körnlein  wahres:  gewiss  war  dem  Poeten  an  dem  Beifall 
und  den  Spenden  der  ritterlichen  Gesellschaft  gelegen,  wie 
er  es  am  deutlichsten  in  der  Einleitung  zu  II.  ausspricht, 
V.  5fF.:  liez  ich  iiu  kirnst  verderben,  wie  sblt  ich  denne  er- 
loerhen  der  herren  gunst  und  auch  ir  gut?  Aber  zu  etwas, 
das  einer  Verherrlichung  ähnlich  sähe,  hat  er  doch  eigent- 
lich nur  in  III.  einen  Anlauf  genommen.  Und  hier  wie  in 
V.  erfahren  wir  ja  auch,  wo  er  die  Herren  in  ihrem  Helm- 
schmuck kennen  gelernt  hat :  bei  Gelegenheit  von  Turnieren, 
und  die  fanden  nicht  auf  den  Burgen  des  kleinen  Adels- 
statt, sondern  an  den  Höfen  der  grossen  weltlichen  und 
geistlichen  Herren.  In  Franken  war  insbesondere  "VVürzburg, 
der  Sitz  des  Fürstbischofs,  der  als  Herzog  von  Ostfranken 
an  weltlicher  Pracht  mit  den  mächtigsten  seiner  Standes- 
genossen wetteiferte,  sowohl  im  14.  wie  nach  dem  Wieder- 
aufleben der  Turniere  in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahr- 
hunderts (vgl.  die  sog.  Memoiren  des  Wilwolt  von  Schaum- 
burg von  Ludwig  von  Eyb)  eine  Hauptpflegestätte  dieses 
ritterlichen  Sportes.  Und  alle  jene  fünf  Geschlechter 
gehörten  nachweislich  zum  Vasallenstaat  des 
Würzburger  Hochstifts.  Für  vier  von  ihnen  gibt  hier 
schon  das  älteste,  die  Zeit  des  Bischofs  Andreas  1303 — 1  U7 
umfassende  Lehenbuch,  das  im  Archiv  d.  bist.  Ver.  f.  Unter- 
franken  Bd.  24,  S.  1  fi".  gedruckt  ist,  hinreichend  Aufschluss: 
dort  finden  wir  unter  Nr.  30  (S.  10)  „Go.  de  Sahsenfliir", 
•unter  Nrr.  58  (S.  14),  228  (S.  37),  365  (S.  52),  616  u.  (519 
(S.  88)  und  sonst  Herren  von  Seckendorf,  unter  Nrr.  569 
(S.  80),  818  (S.  114)  Herren  von  Ehenheim,  unter  Nr.  1068 
(S.  149)  ,,Ulr.  de  Nüwenstein".  Die  Namen  Seckendorf^ 
Ehenheim  und  Neuenstein  lassen  sich  auch  aus  Monumenta 
Boica  Bd.  40 — 42  öfter  belegen.  Für  die  Herren  ,,von 
Finnauwe"  schliesslich,  von  denen  einer  (,,Conrat  von 
Fynawe")  Monumenta  Boica  41,  171  (Nr.  69)  in  einer  würz- 
burgischen  Urkunde  Krafts  von  Hohenlohe  v.  J.  1345  als 
Zeuge  erscheint,  hat  mir  Herr  Kreisarchivar  Göbl  in  Würz- 
burg, dem  ich  für  liebenswürdige  Förderung  dieses  Teiles 
meiner  Studien  zu  Danke  verpflichtet  bin,  den  Nachweis 
geliefert,  dass  sie  mit  ,,Heinricus  de  Finauwe"  unter  Bischof 
Wolfram  von  Grumbach  (1322 — 1333)  unter  den  würzburg- 
ischen  Vasallen  auftreten. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  23 

Die  Frage  ;,wer  war  der  König  vom  Odenwalde?'' 
scheint  anfs  engste,  zusammenzuhängen  mit  der  andern 
„was  bedeutel:  sein  Name?"  In  diesem  Sinne  haben 
Wilhelm  Wackemagel  und  Karl  von  Bahder  das  Rätsel  zu 
lösen  versucht.  Der  erstere,  (s.  Wackernagel-Martin,  Litte- 
raturgeschichte  I.  376)  hat  unsern  Autor  bloss  auf  die  Er- 
wähnung der  Helmzierden  hin  (die  sich  aber,  wie  wir  sahen, 
aus  der  Oekonomie  dieser  Kataloggedichte  von  selbst  ergab) 
mit  der  Heroldsdichtung  zusammengebracht  und  hinter  seinem 
Namen  einen  ,, Obersten  im  Heroldsamte"  vermutet  nach 
Analogie  des  französischen  ,,roi  d'armes",  des  englischen 
„king  at  arms"  (mlat.  „rex  armorum",  s.  Du  Gange  s.  v. 
„arma").  In  der  That  hat  es  auch  in  Deutschland  später 
ähnliches  gegeben:  so  ist  1444  am  Hofe  K.  Friedrichs  II]. 
ein  Rudolf  Romreich  als  „kunig  der  wapen"  bezeugt 
(Deutsche  Städte-Chroniken  III,  39y,  36) \\  Aber  hat  denn 
imser  Autor  irgend  etwas  aufzuweisen  von  dem,  was  für  die 
Heroldsdichtung  charakteristisch  ist?  Er  gibt  keine  Wappen- 
blasonierungen,  er  schildert  keine  Turnierfahrten,  er  liefert 
keine  Preislieder  auf  lebende,  keine  Klagegedichte  um  ver- 
storbene Herren.  Mit  Recht  hat  daher  v.  Bahder  S.  214  f. 
gegen  diese  Einordnung  des  Königs  vom  Odenwalde  protestiert : 
aber  was  er  an  die  Stelle  setzt,  ist  kaum  besser.  Er  macht 
ihn  (S.  216)  zu  einem  ,, Spielmannskönige",  zu  einem  ..Ober- 
sten der  Spielleute  im  ganzen  Odenwalde".  Das  klingt 
sehr  schön,  möchte  aber  doch  selbst  im  Falle  der  Wirklich- 
keit ein  Titel  gewesen  sein,  der  wenig  einbrachte:  denn  ob 
es  im  Odenwalde  jahraus  jahrein  soviel  für  die  Spielleute 
zu  verdienen  gab,  dass  sie  sich  auf  dies  Gebiet  beschränken 
konnten,  —  oder  ob  der  Odenwald  zu  jener  Zeit  weitere 
deutsche  Landschaften  mit  Spielleuten  versorgte,  das  scheint 
mir  doch  beides  recht  zweifelhaft.  Und  weiter:  unsere 
Litterarhistoriker  denken  bei  dem  Begriff  ,, Spielmann"  viel 
zu  sehr  an  die  paar  Träger  dieser  Bezeichnung,  die  sich 
litterarisch  bethätigt  haben,  und  viel  zu  wenig  an  die  tausende 
von  Musikanten,  die  mit  oder  ohne  Sangesgabe  die  deutschen 
Lande  durchzogen.  Ein  „König  der  Spielleute"  (,,rex  om- 
nium  histrionum"  am  Hofe  Karls  IV.  1355)  musste  doch  in 
erster  Linie,    mochte  er  nun  von    einem   hohen  Herrn^)  er- 


')  s.  Rud.  Hildebrand  im  Deutschen  Wörterbuch  V.  f697  unter  8), 
wo  man  über  diese  und  verwandte  Bezeichnungen  die  beste  Auskunft 
findet. 

*)  In  den  von  ühland  Germania  6,  324  angeführten  beiden  Fällen 
der  Ernennung  durch  den  Erzbischof  von  Mainz  (1385)  und  durch  Pfalz- 
graf Ruprecht  (1393)  ist  der  .König^  beidemal  ein  Pfeifer! 


24  Edward  Schröder 

nannt  oder  von  seinen  Berufsgenossen  gewählt  sein,  eine 
musikalische  Kapazität  vorstellen,  eine  Art  Kapellmeister, 
Musikdirektor,  Musik  Inspizient,  dem  es  u.  A.  gewiss  oblag, 
bei  grösseren  Festlichkeiten  und  sonstigen  Ansammlungen 
dem  Zudrang  der  unberufenen  Artisten  zu  steuern.  Unser 
Autor  aber,  der  die  Strophenform  gänzlich  verschmäht,  auch 
da  wo  er  strophische  Dichtung  zu  parodieren  scheint,  der 
sich  ausschliesslich  in  harten,  klapperigen  Reimpaaren  be- 
wegt, macht  ganz  und  gar  nicht  den  Eindruck,  als  ob  ihm 
musikalische  Bildung  zu  Teil  geworden  sei.  Man  wende 
nicht  ein,  dass  die  Art  seiner  Katalogdichtung  die  Strophen- 
form ausschliesse :  ein  anderer  Günstling  des  Michael  de 
Leone,  Lupoid  Hornburg  von  Rotenburg,  ,,der  lange  Luppolt" 
(der  sich  in  unstrophischen  Gedichten  als  fleissigen  Leser 
Konrads  von  "Würzburg  zeigt),  hätte  sein  Lobgedicht  auf 
die  ,, Zwölf  alten  Singer"  (von  der  Hagen  Minnesänger  lY. 
881  f.)  auch  weit  bequemer  in  Reimpaaren  dichten  können, 
aber  gerade  den  musikalisch  gebildeten  bürgerlichen  Poeten, 
welche  schon  damals  als  Nachfolger  der  fahrenden  Spruch- 
dichter des  13.  und  als  Vorläufer  der  sesshaften  Meister- 
singer des  15.  Jahrhunderts  in  manchen  grösseren  Städten 
hausten,  ging  die  Pflege  der  strophischen  Kunstform  über 
alles.  Der  Kunstabstand  des  ,, Königs"  von  seinem  Zeit- 
genossen und  Landsmann  Lupoid  zeigt  aufs  deutlichste,  dass 
er  kein  Berufsdichter  war  und  kein  ,, Spielmannskönig"  sein 
konnte! 

Ein  armer  Schlucker  soll  unser  ,, König"  gewesen  sein 
wie  der  typische  Spielmann.  Gewiss,  er  legt  Wert  auf 
Gunst  und  Gabe  der  Herren,  wie  wir  gesehen  haben,  aber 
nirgends  treffen  wir  die  stereotype  Anspielung  auf  die ,, Milde", 
und  was  von  Bahder  S.  213  für  die  Armut  und  Dürftigkeit 
des  Dichters  anführt,  möchte  einer  abweichenden  Deutung 
wohl  fähig  sein.  Ich  spare  mir  die  Betrachtung  der  betr. 
Stellen  (VI.  149  ff.  und  IX.  51  f)  bis  gegen  den  Schluss  auf. 

Der  heute  weitverbreitete  Familienname ,, König"  stammt 
aus  den  allerverschiedensten  Quellen.  ,, Könige"  gab  es  seit  dem 
späten  Mittelalter,  wo  die  bürgerlichen  Familiennamen  auf- 
kommen, in  allen  möglichen  Berufsarten:  vom  Herold  bis 
zum  Abtrittsfeger  herunter  (s.  Hildebrand  a.  a.  0.).  "Weiter 
blieb  der  Name  „König"  (ähnlich  wie  , »Herzog",  ,,Abt", 
,, Bischof")  öfter  an  Familien  haften,  die  einst  auf  Königs- 
eigen gesessen  hatten,  also  ,,küneges  man"  gewesen  waren. 
Dann  steuerten  Häuser,  die  ein  gekröntes  Bildnis  in  Stein, 
Holz  oder  auch  nur  in  flacher  Bemalung  als  Zeichen  führten, 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalds  25 

zu  dieser  Familienbezeichnung  bei.  SchKesslicli  ist  durch 
die  urkundlichen  Forschungen  von  Preuss,  die  freilich  zu- 
nächst nur  das  lippische  Gebiet  betreffen,  erwiesen,  dass 
König  (Konig,  KoningJ  in  ganz  bestimmten  Fällen  nur  die 
patronymische  Ableitung  zu  Kone  („Kuno"),  einer  Koseform 
von  Konrad,  darstellt.  Diese  Erklärung  ist  auch  für  "Würz- 
T^urg,  wo  der  Name  Konrad,  wie  in  ganz  Franken  und 
Hessen,  der  gebräuchlichste  aller  Vornamen  war,  nicht  von 
vornherein  abzuweisen:  in  der  That  finde  ich  hier  Kuning 
sowohl  als  Vornamen  (Mon.  Boica  40,  150  v.  J.  1337)  wie  als 
Zunamen  (ebenda  S.  423  v.  J.  1342).  Daraus  konnte  durch 
einen  bekannten  Lautschwund  (dem  auch  unser  „König" 
mhd.  künic  aus  ahd.  kuning  seine  Entstehung  verdankt)  sehr 
leicht  Künig  werden  und  ist  es  in  Familiennamen  dieser 
Gegend  auch  sicher  geworden.  Aber  die  Erklärung  stimmt 
gerade  für  unsern  Fall  schlecht:  fühlte  man  damals  noch 
(wie  es  wahrscheinlich  ist)  die  Zugehörigkeit  zu  Kuonrat 
und  den  Diphthong  He  in  Küenifnjg,  so  lag  es  durchaus 
nicht  nahe,  einen  solchen,  obendrein  nicht  seltenen  Namen, 
als  „König"  (künig)  umzudeuten  und  ihm  den  Zusatz  ,,vom 
Odenwalde"  zu  geben.  —  Dafür  lockt  eine  andere  Er- 
kläruu'^:  im  Odenwalde  liegt  heute  noch  ein  Ort  mit  dem 
sonderbaren  Namen  ,, König",  an  der  Mümling  zwischen 
Michelstadt  und  Höchst.  Es  ist  die  aus  der  Karolingerzeit 
bekannte  Mark  Quintichü;  Cunticha,  schon  1349  (bei  Simon 
Geschichte  der  Dynasten  und  Grafen  von  Erbach  S.  134) 
als  Kunnich  d.  i.  Künnich  bezeugt,  wie  auch  noch  heute  die 
Aussprache  lautet^).  —  Kam  unser  Autor  etwa  durch  die  Be- 
ziehungen des  einem  Odenwälder  Geschlecht  entsprossenen 
Bischofs  Otto  von  "Wolfskehl  (1335 — 1345)  nach  Würzburg 
und  brachte  seinen  Familiennamen  ,, Künnich",  dem  niemand 
(und  vielleicht  er  selbst  nicht  mehr)  die  örtliche  Herkunft 
ansah,  mit,  so  konnte  dieser  von  Leuten,  die  wie  wir  heute 
in  künig  das  g  am  Schluss  spirantisch  (wie  ch  in  ich)  aus- 
sprechen, für  das  Appellativum  angesehen  und  danach  um- 
gemodelt werden,  —  und  von  da  bis  zum  ..künig  vom  Oden- 
walde" war  nur  noch  ein  kleiner  Schritt.  Eine  Möglichkeit, 
aber  kaum  eine  Wahrscheinlichkeit. 

Wir  verzichten  zunächst  auf  die  Aussicht,  eine  plausible 
Deutung  des  Namens  zu  gewinnen  und  versuchen,  der  Per- 
sönlichkeit des  „Königs  vom  Odenwalde",  die  begreiflicher- 

')  die  Ausführungen  von  Dr.  F.  Schreiber  Archiv  N.  F.  2.  369  ff.  greifen 
im  etymologischen  durchweg  fehl:  sprachlich  ist  gegen  die  Identität  von 
Quinticha  und  Cunticha  nichts  einzuwenden  (vgl.  nhd.  Quitte  und  ahd. 
cutina  =  lat.  cotonea);  das  topographische  kann  ich  nicht  beurteilen. 


26  Edward  Schröder 

weise  unter  diesem  Namen  weder  in  der  gedruckten  noch 
(wie  mir  Herr  Kreisarchivar  Göbl  auf  Grund  eigner  Durch- 
forschung versichert)  in  der  ungedruckten  urkundlichen 
Ueberlieferung  Würzburgs  aufzufinden  ist,  auf  anderem  Wege 
näher  zu  kommen.  Zunächst  kann  es  nichts  schaden,  wenn 
wir  den  würzburgischen  Ursprung  der  Dichtungen  noch 
weiter  festigen. 

Die  Handschrift  des  Michael  de  Leone,  unser  W,  ent- 
hält ausser  den  gleichzeitigen  Dichtungen  des  Lupoid  Hom- 
burg von  Rotenburg  ob  der  Tauber  und  des  Otto  Balde- 
mann  von  Karlstadt  am  Main,  die  aber  gar  keine  Berüh- 
rungen bieten,  ein  echt  würzburgisches  Stück  aus  der  Zeit 
Michaels  und  des  „Königs",  die  von  dem  Bischof  Otto  von 
Wolfskehl  1342/43  erlassene  Polizeiordnung  (WPOOj 
welche  Ruland  im  Archiv  d.  hist  Vereins  für  Unterfranken 
Bd.  11,  S.  74 — 108  zuverlässig  abgedruckt  hat.  Der  Be- 
rührungspunkte mit  unsern  Gedichten  sind  naturgemäss  nur 
wenige,  immerhin  verdient  einiges  hervorgehoben  zu  werden. 
Würzburg  ist  nächst  Bamberg  die  nördlichste  Stadt,  in 
welcher  die  Bezeichnung  pfister  für  den  Bäcker  üblich  war: 
WPO.  §  75.  78.  81;  diese  kehrt  beim  K.v.O.  VIL  82 
wieder,  woneben  freilich  84  auch  der  hecke  erscheint.  Die 
Bezeichnung  des  "Weizenbrotes  wechselt  bekanntlich,  je  nach- 
dem das  Material  (semele)  oder  die  Form  (ivecke)  den  Aus- 
schlag giebt.  In  Würzburg  erscheinen  beide  Ausdrücke 
neben  einander:  semein  WPO.  §  12,  icecke  §  77;  dazu 
semelin  iveckelm  §  10.  11;  ebenso  K.v.O.  VII.  35  semein, 
83  wecke.  Für  das  Schwarzbrot  haben  beide  die  Bezeich- 
nung ruckin  hrot  WPO..  §  9.  75—79,  K.v.O.  VH.  17.  Auch 
die  für  Würzburg  hervorragend  charakteristischen  Collectiva^ 
auf  -lecli,  die  zugleich  als  Plural  der  Diminitiva  auf  -liyi 
dienen,  sind  hier  wie  dort  belegt:  WPO.  §  77  orüveckelech, 
§  78  kächelech,  §  89  käffelech;  K.v.O.  I.  180  haubtlech  (Hs. 
haubtloch).  II.  82  phanküchelecli.  Das  ist  nicht  viel,  aber 
immerhin  genug,  um  die  Gleichheit  des  sprachlichen  Lokal- 
tons zu  bekräftigen. 

Weiter  haben  wir  in  der  Würzburger  Hs,  das  älteste 
Kochbuch  in  deutscher  Sprache,  das  als  „Ein  Buch  von 
guter  Speise"  1844  [von  Maurer-ConstantJ  für  den  Stutt- 
garter Litterar.  Verein  in  Bd.  IX  herausgegeben  und  etwa 
gleichzeitig  von  W.  Wackernagel  in  der  Zeitschr.  f.  deutsche» 
Altertum  5,  11  ff.  unter  Mitteilung  von  Auszügen  besprochen 
worden  ist  (BvgSp.).  Schon  v.  Bahder  hat  den  Wortschatz 
dieses  sprachlich  und  kulturgeschichtlich  interessanten  Büch- 
leins gelegentlich  zur  Erläuterung  der  Gedichte  des  Königs 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  27 

vom  Odenwald  herangezogen,  aber  ohne  auszusprechen  oder 
anzudeuten,  dass  die  Beziehungen  zwischen  ihnen  andere 
als  zufällige  seien.  Eine  nähere  Betrachtung  ergibt  bald, 
dass  die  Ausdrucksweise  beider  sowohl  in  Bezug  auf  den 
lokalen  Hintergrund  wie  auf  die  Voraussetzungen  der  mate- 
riellen Kultur  auffällig  übereinstimmt.  Ich  hebe  nur  weniges 
bemerkenswerte  heryor  und  sehe  dabei  von  allem  ab,  was 
sich  aus  des  trleichheit  des  Schreibers  hinreichend  erklärt, 
wie  etwa  honicsanm  BvgSp.  §  2.  29.  49  und  langsaume 
K.v.O.  IV.  20:  denn  das  BvgSp.  ist  von  demselben  Haupt- 
schreiber b  geschrieben  wie  K.v.O.  I — V  Das  charakte- 
ristische CoUectiv  megelech  BvgSp.  §  91  (K.v.O.  und 
WPO.  s.  o.)  wird  man  schon  nicht  mehr  dazu  rechnen 
dürfen.  Die  bemerkenswerten  Formen  butern  BvgSp.  §  10. 
20.  23.  25.  38.  43—45.  52  u.  ö.  und  müich  BvgSp.  §  1 
(3  mal).  3  (2  mal)  u.  ö.  sind  im  K.v.O.  sogar  durch  den 
Reim  gesichert:  Indem  I.  21,  müich  II.  84.  gelebte  müich  ist 
so  ausser  im  BvgSp.  §  25  nur  eben  beim  K.v.O.  I.  11 
bezeugt.  Ein  Lieblingsgewürz  ist  für  beide  das  peterlin 
(Petersilie)  BvgSp.  §  7.  «.  15.  19.  35  u.  ö.,  K.v.O.  II.  88. 
161,  IX.  36.  krepfelin  treffen  wir  im  BvgSp.  §  44  und 
K.v.O.  II.  131,  IX.  40.  Das  Nebeneinander  von  schon  brot 
BvgSp.  §  9.  21.  22.  31.  47  und  seineln  §  50  für  zwei  Arten 
Weissbrot  kehrt  im  K.v.O.  VII.  17  und  35  wieder.  Die 
flemen  (bei  Lexer  noch  fehlend,  vgl.  aber  Vibnar  S.  104, 
Crecelius  I.  377)  in  der  Bedeutung  von  ,, Nierenfett"  haben 
wir  BvgSp.  §  22  und  K.v.O.  I.  212,  wo  die  Haut  vom 
Nierenfett  zur  Fensterbekleidung  dient.  Von  Fremdwörtern 
taucht  pastede,  bastede  in  unsem  beiden  Quellen  am  frühesten 
auf:  BvgSp.  §  15.  89,  K.v.O.  H.  131.  Ein  anderer  durch 
die  Kochkunst  importierter  Fremdling  erscheint  hier  wie 
dort  in  denselben  zwei  verschiedenen  Formen:  mursel 
BvgSp.  §  28  (mürsel  §  47,  morsel  §  30)  und  K.v.O.  III. 
14  (im  Reim)  —  anderseits  mursal  BvgSp.  §  45  und  K.v.O. 
I.  2b.  37  (im  Vers).i) 

•  Da  man  in  den  Gedichten  keine  vollständigen  Recepte 
erwarten  wird,  so  finden  sich  natürlich  kaum  weitergehende 
Uebere  instimmun  gen :  immerhin  treten  soviel  Berührungen 
zu  Tage,  wie  man  sie  zwischen  derartigen  Reimereien  und 
einem  prosaischen  Kochbuch  nicht  voraussetzt.  Erwähnt  ein 
Gänserecept  BvgSp.  §  42  gekröse^  flugele  und  diech ,  so 
kehren  alle  drei  auch  in  der  gewissenhaften  Aufzählung  der 


')  Dazu  bemerk  ich,  dass  das  ganz  gleichartige  Fremdwoi"t  schapel 
(so  im  Vers  V.  65)  im  Reim  V.  683  als  schapal  (:  liberal)  erscheint. 


28  Edward  Schröder 

essbaren  Bestandteile  des  Vogels  K.v.O.  III.  15.  19.  21 
wieder.  Das  ßecept  8  des  BvgSp.  rät  zum  Füllen  der 
Spanferkel  (ferkelin)  rohe  Eier  zu  nehmen,  das  Rezept  28 
empfiehlt  frische  Eier  an  zerschnittene  Brathühner  zu  schlagen. 
An  ebensolche  Gerichte  denkt  K.v.O.  II.  136  man  füllet  junge 
wenstelin  [mit  EiernJ  oder  II.  100  der  ahtzehende  klopft  sin  ei 
an  ein  hiin.  Die  Zubereitung  zerkleinerter  Hühner  im 
Mörser,  welche  (auf  verschiedene  Art)  BvgSp.'§  11.  23.  28 
beschrieben  wird,  erinnert  an  K.v.O.  II.  164  f.  man  versüt 
ein  htm  zemol    und  stbzzetz  in  eime  mbrser. 

Nach  alledem  lohnt  es  sich,  das  seit  seiner  Veröffent- 
lichung wenig  mehr  beachtete  Kochbuch,  das  unserm  Poeten 
unzweifelhaft  zeitlich  und  örtlich  sehr  nahe  steht,  einmal 
näher  ins  Auge  zu  fassen.  Das  Buch  von  guter  Speise 
ist,  was  schon  der  Titel  besagen  will,  kein  Handbuch  für  die 
bürgerliche  Küche.  Suppe,  Gemüse  und  Braten  fehlen  darin 
fast  gänzlich,  wir  erhalten  vielmehr  fast  ausschliesslich  Re- 
zepte zu  Delikatessen :  Geflügel  und  Fische  in  teilweise  raffi- 
nierter Zubereitung,  Ragouts,  Pfeffer  und  Aspics,  Saucen 
und  Brühen,  Compot,  Backwerk  und  sonstige  Nachgerichte 
für  den  Tisch  des  Gourmets.  Es  ist  ohne  weiteres  klar,  dass 
die  Entstehung  eines  solchen  Werkchens  nur  in  der  Nähe 
einer  üppigen  Hofhaltung,  nicht  in  einem  weltabgelegenen 
Kloster  oder  gar  auf  einer  „Ritterburg"  zu  suchen  ist. 

Das  Büchlein  hat,  wie  es  uns  vorliegt,  schon  eine  Ge- 
schichte hinter  sich.  Es  endete  in  der  ersten  Auflage  mit 
den  beiden  Scherzrecepten  53  und  54,  von  denen  sich  das 
erstere  schon  wie  eine  Schlussnummer  einführt  (So  mache 
zum  yttngesten  ein  klein  lecker  köstelin  usw.),  das  letztere 
aber  metrisches  Kleid  trägt  ebenso  wie  der  Prolog.  Das 
ursprüngliche  Ende  bezeichnet  deutlich  der  Satz  hinter  §  54  : 
Diz  ist  ein  gut  lere  von  guter  spise  (S.  19).  Was  dann  folgt 
bis  zu  dem  zweiten  Schluss  Hie  get  uz  die  lere  von  der  kocherie, 
sind  Nachträge  aus  den  Aufzeichnungen  eines  Fachmannes, 
der  seine  Spezialität  in  süssen  Speisen  und  Fladen  hatte: 
von  den  42  Rezepten  dieses  zweiten  Teiles  gelten  11  (56.  57. 
85—93)  „Fladen"  aller  Art,  4  (58-61)  den  Fastenkrapfen. 
Es  tauchen  verschiedene  neue  Wörter  auf  (so  in  §  92.  93. 
94.  95,  das  mir  in  seiner  Bedeutung  nicht  ganz  klare  bastel}, 
auch  die  Ausdrucksweise  weicht  vielfach  ab,  —  trotzdem  ist 
es  möglich,  dass  dieser  Nachtrag  zwar  aus  fremden  Quellen 
geschöpft,  aber  doch  von  dem  Verfasser  des  ersten  Abschnitts 
selbst  hinzugefügt  wurde. 

Ich  habe  mit  Absicht  oben  von  einer  „ersten  Auflage" 
des  Werkchens  gesprochen:    denn  es  handelt  sich  da  nicht 


Die  Gedic  hte  des  Königs  vc  m  Odenwalde  29 

um  eine  zufällige  Ansammlung  bewährter  Rezepte,  wie  sie 
sich  unsere  Hausfrauen  anlegen,  sondern  um  ein  veritables 
„Kochbuch  für  die  feinere  Küche",  dessen  Verfasser  nicht 
ohne  litterarischen  Elirgeiz  war.  Vielleicht  war  die  Würz- 
burger Hofküche  gar  durch  ihn  berühmt  geworden  und 
dieses  Büchlein  zur  Mitteilung  an  befreundete  Höfe  bestimmt.') 
Die  litterarische  Form  spricht  sich  schon  darin  aus,  dass  das 
Ganze  mit  einem  Prolog  in  Reimen  eingeführt  ^)  wird  und 
mit  einem  ebenfalls  gereimten  Scherzrecept  schliesst. 

Im  Prolog  treffen  wir  zwei  dialektische  Reime  von  der- 
selben Art  wie  sie  beim  K.v.O.  wiederkehren:  einen  Reim 
mit  Abfall  des  infinitivischen  -n  :  v.  19  f.  lerne(n)  :  gerne, 
genau  denselben  wie  K.v.O.  X.  3  f.,  und  dann  v.  15  f. 
vernemen :  enscliemen  als  klingenden  Ausgang  und  gleich- 
zeitig e  mit  jungem  Umlaute  -e  reimend,  also  etwa  ent- 
sprechend K.v.O.  IV.  97  f.  verrmnen:  kr  einen  {=  kraemen). 

Sollte  sich  imser  schriftstellemder  Gastronom,  der  so 
viele  seiner  Gerichte  betitelt,  nicht  auch,  wie  das  alle  ehr- 
geizigen Meister  der  Kochkunst  thun,  durch  die  Benennung 
irgend  eines  Rezeptes  verewigt  haben  ?  Da  treffen  wir  u.  A. 
bei  §  49  am  Schlüsse  auf  die  Notiz  ,^u7icl  heizzet  sicallenhirges 
salse''.  Der  Taufpate  dieser  Sauce  oder  dieses  Pfeffers  war 
schwerlich  ein  Feinschmecker  aus  dem  Hause  des  Grafen 
von  Schwalenberg,  sondern  ein  berühmter  oder  selbstbe- 
wusster  Koch  mit  dem  ähnlich  klingenden  bürgerlichen 
Namen.  Nirgends  aber  tritt  die  Benennung  des  Gerichts 
so  aufdringlich  hervor,  wie  bei  §  28 :  das  Rezept  ^)  führt 
sich  nämlich  ein  mit  Diz  lieizzent  küniges  hünre  und  schliesst 
ebenso  mit  daz  heizzent  kiniges  hünre.  Ich  habe  das  natür- 
lich früher  ganz  harmlos  wie  jeder  andere  Leser  als  „Königs- 
hühner" aufgefasst,  so  etwa  wie  wir  eine  „Kaisertorte", 
einen  „Königskuchen"  oder  eine  ,, Königinsuppe"  haben. 
Aber  diese.  Bezeichnungen  sind  doch,  soviel  ich  sehe,  alle 
neueren  Datums  und,  wie  es  scheint,  erst  der  französischen 
Küchensprache  nachgebildet,  die  ja  in  ganz  anderer  "Weise 
als  bei  uns  mit  der  königlichen  Küche  zusammenhängt. 
Das  BvgSp.  hat  denn  auch  in  der  That  gar  nichts  irgend- 


*)  Aus  dem  nächsten  Jahrhundert  haben  wir  in  einer  Basler  Hs.  v. 
J.  1460  ein  Kochbuch  von  ,,meister  Hannsen  des  von  Wirtenberg  koch", 
Zeitschr.  f.  d.  Alt.  9,  365  ff. 

*)  Ob  die  beiden  gereimten  Titelzeilen  dem  Verf.  oder  dem  Schreiber 
gehören,  bleibt  unsicher  und  gleichgiltig. 

*)  Es  ist  eines  jener  drei  (s.  o.  S.  28),  in  welchen  gebratene  resp. 
gesottene  Hühner  zerschnitten  und  in  einem  Mörser  pikant  zubereitet 
werden:  zu  dem  K.v.O.  II.  164  ff.  angedeuteten  stimmt  es  nicht. 


30  Edward  Schröder 

wie  dem  vergleichbares,  und  so  bin  ich  geneigt,  in  jenem 
künig  oder  richtiger  Künig,  der  hier  ganz  wie  sein  Kunst- 
kollege Swallenberg  und  nur  etwas  nachdrücklicher  einge- 
führt wird,  den  Autor  des  Kochbuchs  zu  erblicken.  Mit 
anderen  Worten:  der  Verfasser  des  Buches  von  guter 
Speise  ist  der  König  vom  Odenwalde. 

Wir  kehren  noch  einmal  zu  den  Gedichten  des  Königs 
zurück.  Ich  erwähnte  oben  (S.  20)  die  Enge  seines  Ge- 
sichtskreises und  betonte,  dass  er  nur  im  kulinarischen 
einen  weiteren  Blick  hat.  In  der  That  ist  die  Kenntnis, 
die  dieser  angeblich  ,,in  Armut  und  Dürftigkeit"  auf  den 
Burgen  landsässiger  Ministerialen  sein  Brot  suchende  ,, Spiel- 
mannskönig" von  der  feinern  Kochkunst  besitzt,  staunens- 
wert. Spielend  zählt  er  in  II  zwanzig  Arten  auf,  die  Eier 
zu  bereiten,  er  weiss,  wie  man  ein  Spanferkel  zu  füllen  und 
anzurichten  hat  (II.  136  ff.)  und  wie  man  eine  Kraftbrühe 
aus  Hühnern  herstellt  (II.  164  ff.),  er  kennt  aufs  genaueste 
die  Verwendung  aller  Teile  der  Kuh  (I)  wie  der  Gans  (III), 
er  liefert  die  wertvollsten  Beiträge  zu  der  von  Moriz  Heyne 
ersehnten  ,, Geschichte  der  deutschen  Wurst"  (II.  106,  IX.  14ff.). 

Nun  geb  ich  ja  gern  zu,  dass  die  mittelalterlichen 
Spielleute  so  gut  wie  ihre  modernen  Nachfahren,  die  heutigen 
Poeten  und  Journalisten,  Schauspieler  und  Artisten,  öfters 
Feinschmecker  auch  über  ihre  Verhältnisse  hinaus  sein 
mochten,  aber  wie  einer  von  ihnen  bei  der  beständigen  Ebbe 
im  Geldbeutel  dazu  kommen  sollte,  sich  technische  Er- 
fahrungen in  der  feinern  Kochkunst  zu  erwerben,  das  will 
mir  nicht  in  den  Sinn,  üeberall  blickt  nicht  nur  gute  Kund- 
schaft, sondern  directe  Erfahrung  durch:  „das  nächste  Huhn 
beim  Hahn"  gilt  als  das  beste  (II.  156  f.),  und  während  manche 
Eleischarten  zu  bestimmten  Zeiten  im  Jahre  wenig  schmack- 
haft sind,  gilt  das  nicht  vom  Huhn  (IL  261  ff.).  Und  nun 
gar  das  besondere  Interesse  am  Anrichten,  wie  es  für  den 
Küchenchef  so  charakteristisch  ist!  Bemerkt  der  Dichter 
V.  103  f.  (beim  Stroh)  nur  trocken:  man  bmt  drin  loüdpret, 
vische,  die  mmi  treu  zu  tische^  so  geht  er  ein  andermal 
direkt  zur  Anweisung  über,  wenn  er  II.  137  f.  für  Spanferkel 
empfiehlt:  hauhtlin  unde  füeze  sol  man  in  eiern  grüeze  d. 
h.   „mit  Eiern  garnieren." 

Besonders  lehrreich,  mehr  noch  als  der  Preis  der  „acht- 
baren" und  „nutzbaren"  Haustiere,  ist  das  Lob  des  Strohes  (V). 
Das  Thema  ist  gewiss  —  und  das  sollte  es!  —  auch  dem 
Publikum  überraschend  erschienen,  das  schon  drei  von  jenen 
Enkomien  (I. — III.)  kannte.  Wie  war  er  nur  darauf  ver- 
fallen?    Nicht   etwa    derart,    dass    er    den   Frühlingsblumen 


I 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalds  31 

parodistisch  einen  recht  derben  Eivalen  gegenüberstellen 
■wollte,  —  denn  er  ver:wertet  diese  Antithese  gar  nicht,  wie 
"wir  gesehen  haben.  Er  sah  sich  vielmehr,  nachdem  er  das 
Thema  der  Haushaltstiere  genügend  traktiert  zu  haben 
glaubte,  im  Bereich  seiner  Küche,  die  ihm  die  früheren  Stoffe 
geboten  hatte,  nach  etwas  neuem  um,  und  da  verfiel  er  auf 
das  Stroh.  Das  ganze  Gedicht,  das,  wie  ich  oben  betonte, 
jeder  Disposition  entbehrt,  ist  durchzogen  mit  Hinweisen  auf 
den  Nutzen  des  Strohes  in  der  Küche  und  im  Backofen. 
Man  ist  überrascht,  wie  vielerlei  Yerwendungsarten  sich 
gerade  hier  darboten:  niemand  ausser  eben  einem  Küchen- 
meister konnte  sie  so  im  Gedächtnis  haben.  Das  erste  was 
"wir  erfahren,  ist  die  Verwendung  des  Strohes  zum  Feuer- 
anzünden (V.  10  f.),  den  Schluss  macht  die  Zubereitung  der 
Hostien,  die  an  manchen  Orten  (wie  in  Köln)  besonderen 
„Gottesbäckern"  oblag,  anderwärts  gelegentlich  wohl  auch 
dem  bischöflichen  Koch  anvertraut  werden  mochte.  Und 
dazwischen  hören  wir  u.  A.  vom  Brotbacken  (v.  14  ff.),  vom 
Besengen  der  Schweine  (v.  18),  vom  Herrichten  der  Schinken 
(v.  19  f.),  vom  Braten  der  Fische  (v.  79),  wieder  vom  Backen 
(v.  80  ff.),  vom  Einlegen  der  Bückinge  (v.  99  f.),  vom  An- 
richten des  Wildprets  und  der  Fische  (v.  103  ff.),  vom  Be- 
reiten der  ,,grakölikin"  (v.  128  ff.),  vom  Auslöschen  der 
Kohlen  (?  v.  139  f.),  vom  ,, Beschlagen"  der  Osterbraten 
(v.  145  ff.),  von  Herrichtung  der  Rühreier  (v.  161  f.),  vom 
Weinklären  (v.  16.7  f.). 

üeberblicken  wir  noch  einmal  das  vorgeführte,  so  ist 
ohne  weiteres  zuzugeben:  es  sind  keine  Weisheiten,  die  mit 
7  Siegeln  verschlossen  waren,  jeder  Topfgucker  und  Küchen- 
schmarotzer konnte  sich  schliesslich  derartige  Kenntnisse  er- 
werben. Aber  wem  alle  diese  Dinge  so  in  der  Phan- 
tasie leben  und  stets  gegenwärtig  sind,  der  muss 
ein  Küchenmeister  von  Beruf  seini 

Ich  kehre  nun  noch  einmal  zu  den  oben  S.  24  berührten 
Aeusserungen  zurück,  welche  angeblich  die  Armut  des 
Fahrenden  verraten  sollen,  dem  „bei  Aufzählung  leckerer 
Gerichte  ein  Stossseufzer  entfährt,  dass  er  dergleichen  auch 
gern  eiumal  essen  möchte"  (so  v.  Bahder  S.  213).  Es  sind 
eigentlich  nur  zwei  Stellen. 

VI.  149  ff.  Der  künig  saget  von  schafen  vil,  der  im  doch 
keinz  heklihe  icil.  nu  icol!  so  hegen  ich  mich:  die  si  Jiabent, 
da  hin  ich  umschreib  ich  so:  „Der  König  redet  so  viel  von 
Schafen  —  die  ihm  doch  alle  unter  den  Händen  verschwinden. 
Aber  was  machts"?  ich  finde  meine  Nahrung  [auch  ohne 
Herdenbesitzer  zu  sein]    bei   den  Leuten,    die   genug  davon 


32  Edward  Schröder 

haben".  Noch  einfacher  und  von  v.  Bahder  direkt  missdeutefc 
ist  IX.  51  f.:  Ein  speclin  an  die  vische  —  daz  mich  daz  icht 
verwische!  „Ein  Stück  Speck  an  die  Fische  —  das  darf  ich 
nicht  vergessen!"  nämlich:  ,,in  meiner  Aufzählung",  aber 
vielleicht  auch  mit  Doppelsinn  für  sein  Publikum:  „in  der 
Küche". 

Ich  habe  den  Leser  genau  den  Weg  geführt,  den  ich. 
selbst  gegangen  bin,  obwohl  ich  die  Darstellung  leicht  über- 
zeugender und  jedenfalls  eindrucksvoller  hätte  gestalten 
können:  indem  ich  nämlich  zuerst  alles  aufdeckte,  was  in 
den  Gedichten  des  Königs  vom  Odenwalde  auf  den  Kenner 
der  Kochkunst  und  des  ganzen  Küchenwesens  hinzuweisen 
scheint,  und  dann  aus  der  gleichen  Handschrift  des  Michael 
de  Leone  das  „Buch  von  guter  Speise"  hervorzog. 

Natürlich  hab  ich  nun  in  den  Würzburger  Urkunden 
eifrig  nach  Köchen  aus  jener  Zeit  gesucht,  und  Herr  Kreis- 
archivar Göbl  hat  mich  in  liebenswürdiger  Weise  unterstützt. 
Leider  erscheinen  die  Vertreter  dieser  von  den  geistlichen 
Herren  hochgeschätzten  Kunst  gleichwohl  selten  in  den  Ur- 
kunden: von  dem  Koch  des  Bischofs  Otto  und  von  dem 
Koch  des  Kanonikus  und  Protonotar  Michael  de  Leone  hat 
sich  keine  Spur  auffinden  lassen,  —  und  das  sind  doch  wohl 
die  einzigen  Bewerber  um  den  litterarischen  Ruhm  des 
Königs  vom  Odenwalde.  Aus  der  Zeit  von  1320 — 1360  hat 
Göbl  im  ganzen  drei  ,,coci"  aufgetrieben,  die  alle  drei  den 
gut  würzburgischen  Namen  Konrad  führen:  aus  der  Zeit 
des  B.  Wolfram  von  Grumbach  einen  ,,Conradus  cocus 
Aplonis  Vulpis",  aus  der  Zeit  B.  Ottos  von  Wolfskehl  einen 
„Conradus  Kocus  Her.  de  Tunfeld",  aus  der  Zeit  B.  Albrechts 
von  Hohenlohe  den  Koch  des  Domcantors  Marquard  von 
Heiden,  dem  sein  Herr  1354  testamentarisch  25  Pfund  Heller 
vermachte  („Conrado  coco  meo"  Mon.  Boica  42,  87). 

Ob  unser  Autor  Koch  des  Bischofs  oder  seines  Proto- 
notars  war,  das  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden:  er  könnte 
auch  nach  dem  Tode  des  einen  in  den  Dienst  des  andern 
übergetreten  sein,  denn  der  Electus  Graf  Albrecht  von  Hohen- 
lohe brachte  gewiss  seinen  eigenen  Küchenchef  mit.  Nähmen 
wir  an,  dass  der  „König"  gar  als  ein  „rex  cocorum"  zu 
seinem  Namen  gekommen  sei,  so  müssten  wir  ihm  wohl 
schon  die  bischöfliche  Küchenleitung  zugestehn.  Wie  sehr 
Michael  de  Leone  neben  den  geistigen  die  materiellen  Ge- 
nüsse zu  schätzen  wusste,  das  zeigt  ja  deutlich  genug  die 
Aufnahme  des  ,, Buchs  von  guter  Speise"  in  die  grosse 
Sammelhandsch]  ift ,  wo  es  seinen  Platz  zwischen  dem 
,, deutschen  Lucidarius"    und    einem   lateinischen  ,, Regimen 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  33 

sanitatis''  erhielt  —  wenige  Blätter  von  den  „Liedern  des 
Meisters  von  der  Vogelweide  Herrn  Walthers". 

Also  ein  praktischer  Koch  im  Dienste  eines  geistlichen 
Herrn  —  nicht  etwa  der  Inhaber  des  Küchenmeister-Hof- 
amts  ^)  —  als  Verfasser  von  deutschen  Gedichten,  nüchternen 
und  z.  T.  abgeschmackten  Reimereien  freilich,  die  aber  doch 
einer  der  kundigsten  Litteraturfreunde  jener  Tage  für  würdig 
hielt,  unmittelbar  hinter  die  Gedichte  Walthers  und  Reimars 
eingereiht  zu  weiden:  es  sieht  fast  so  aus,  als  ob  Michael, 
dem  wir  ja  die  Nachrichten  über  Walthers  Grab  in  Würz- 
burg und  Reimars  von  Zweter  (den  er  mit  dem  alten  Reimar 
zusammenwarf;  Grab  in  Essfeld  verdanken,  dadurch  die  an- 
dauernde Pflege  der  „Poesie"  in  Franken  dokumentieren 
wollte. 

So  völlig  isoliert  ist  die  Erscheinmjg  dieses  dichtenden 
Kochs  in  der  Litteratur  jener  Tage  übrigens  nicht.  Auch 
jener  bürgerliche  Heinzelein  oder  Kleinheinze  aus  Konstanz, 
dem  wir  zwei  (nur  in  der  Sammlung  des  Michael  de  Leone 
vereint  überlieferte)  Streitgedichte  verdanken,  war  Küchen- 
meister: im  Dienste  des  Grafen  Albrecht  V.  von  Hohenberg"), 
des  Domherrn  von  Konstanz,  der  im  Jahre  1345  von  Papst 
Clemens  VI.  als  Bischof  von  Würzburg  providiert  wurde, 
ohne  dort  je  durchzudringen.  Ein  sonderbarer  Zufall  frei- 
lich —  und  nichts  als  ein  Zufall!  denn  so  sicher  die  per- 
sönlichen Beziehungen  zwischen  Michael  de  Leone  und  dem 
Hohenberger  bezeugt  sind,  so  wenig  zeigt  sich  eine  Spur 
von  Zusammenhang  zwischen  den  Gedichten  des  Königs 
vom  Odenwalde  und  Heinzeleins  von  Konstanz.  Von  dem 
Küchengeruch  und  Stallduft,  der  jenen  anhaftet,  ist  die 
Poesie  Heinzeleins  unberührt  geblieben:  auf  ihr  ruht  noch, 
im  wesentlichen  durch  Konrad  von  Würzburg  vermittelt, 
ein  Wiederschein  der  höfischen  Glanzperiode  unserer  Dicht- 
kunst. 

Ich  habe  mich  bemüht,  Zeit  und  Ort  des  Königs  vom 
Odenwald  festzustellen  und  -  so  einen  festen  Anhalt  für  die 
litterarhistorische  Einordnung  des  Mannes  zu  gewinnen, 
dessen  Name  unsere  Phantasie  mehr  anregt  als  alle  seine 
Gedichte.  Wie  er  zu  diesem  Namen  gekommen  ist,  ob  er 
ihn  sich  selbst  beigelegt  hat,  nachdem  er  litterarisch  hervor- 
getreten war,  ob  ihn  seine  Umgebung,   seine  Gönner  damit 


')  das  für    das  Hochstift    Würzburg   damals,    soviel   ich    sehe,    die 
Küchenmeister  von  Nortenberg  innehatten. 

•)  vgl.  jetzt  Götting.  Gel.  Nachrichten,  Phü.-hist.  KL  1899,   S.  65  f. 


34  Edward  Schröder 

neckisch  auszeichnen  wollten,  das  werden  wir  nie  erfahren. 
Dass  er  dem  Odenwalde  entstammte,  scheint  selbstverständ- 
lich, dass  er  unter  dem  schlichten  bürgerlichen  Namen 
„König"  in  einer  vornehmen  Würzburger  Küche  seines  Amtes 
waltete  und,  wahrscheinlich  ehe  er  als  Poet  auftrat,  das 
erste  Kochbuch  in  deutscher  Sprache  verfasst  hat,  hoff  ich 
glaubhaft  gemacht  zu  haben. 

Damit  ist  die  Aufgabe  dieser  Einleitung  erschöpft.  Die 
Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde,  so  arm  sie  an  poetischem 
Gehalt  sind,  haben  einen  doppelten  Wert:  sie  sind  einmal, 
besonders  im  Zusammenhang  ihrer  Ueberlieferung  und  Ent- 
stehung betrachtet,  wichtige  Dokumente  zur  Geschichte  des 
litterarischen  Geschmacks;  zum  andern  enthalten  sie  eine 
Fülle  von  Beiträgen  zur  Kenntnis  der  mittelalterlichen  Privat- 
altertümer. Wir  erfahren  nicht  nur,  was  wir  von  dem  Koch 
am  ehesten  erwarten  dürfen,  die  Verwertung  von  Kuh  und 
Kalb,  Schaf  und  Schwein,  Huhn  und  Gans,  Milch  und  Ei 
im  Haushalt  unsrer  Vorfahren  vor  reichlich  500  Jahren, 
auch  hunderte  von  Gegenständen  des  täglichen  Gebrauchs, 
die  äusserst  selten  oder  nie  auf  uns  gekommen  sind,  werden 
im  Fluge  gestreift:  von  den  mit  ,, Tieren  und  Meerwundern" 
bemalten  Bettdecken  aus  Schaf leder  (VI.  119  if.)  herunter 
bis  zu  den  Finkennäpfchen  aus  Hörn  (I.  60  ff.),  den  Nadel- 
büchsen aus  Stroh  (V.  164)  oder  Federkiel  (III.  39)  und 
den  Kinderbällen  aus  Kuhhaaren  (I.  169  0".).^)  Auch  für  die 
Geschichte  der  Sitten  und  Gebräuche  fällt  manches  ab:  den 
„Hahnentanz",  der  später  in  der  Geschichte  der  Fastnacht- 
spiele Bedeutung  gewinnt,  lernen  wir  hier  (II.  235  ff)  hundert 
Jahre  früher  kennen.  Ausgeführte  Schilderungen  dieser  Art 
enthält  leider  nur  das  II.  Gedicht:  v.  170 — 209  wird  uns 
anschaulich  ein  wenig  anmutendes  Vergnügen  der  damaligen 
guten  Gesellschaft  geschildert :  eine  Hetze  auf  zahme  Hühner, 
die  mit  der  rasch  ins  Werk  gesetzten  Zubereitung  der  Beute 
endigt;  daran  schliesst  sich,  eingeleitet  durch  die  Bemerkung 
,,Am  Huhn  wird  mancher  leicht  zum  Koch",  die  Schilde- 
rung des  Treibens  der  Eossbuben,  die  tagsüber  geplagt  und 
abgehetzt,  am  späten  Abend  sich  die  ihnen  überlassenen 
Füsse,  Köpfe  und  Hälse  (kragen)  braten  und  sie  in  Heu  ver- 
steckt dem  Mantelsack  anvertrauen,  um  sich  auf  der  Fahrt 
gegenseitig  mit  dem  auszuhelfen,  was  sie  in  guter  Laune 
ihr  „Huhn"  nennen. 


*)  Auch  eine  neue  Auflage  von  Wattenbachs  ,, Schriftwesen"  wird 
aus  diesen  Gedichten,  besonders  aus  II.  und  V.  allerlei  nützliche  Daten 
gewinnen  können. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  35 

Die  Gedichte  nach  dieser  Richtung  auszuschöpfen,  liegt 
mir  fern:  sollten  die  Anmerkungen  einen  vollständigen 
Kommentar  geben,  so  müsste  er  an  Umfang  das  Werk  des 
Autors  überschreiten.  "Was  ich  hier  gebe,  soll  die  Be- 
nutzung eines  mittelhochdeutschen  Wörterbuchs  nicht  über- 
flüssig machen  und  nur  da  einsetzen,  wo  ich  eine  Schwie- 
rigkeit des  Ausdrucks  heben  zu  müssen  glaube.  Die  fleissigen 
Anmerkungen  v.  Bahders  stellen  eine  oft  stillschweigend 
benutzte  Vorarbeit  dar,  und  mit  freudigem  Danke  bekenn 
ich  mich  dem  ausgezeichneten  Kenner  des  mittelhoch- 
deutschen "Wortschatzes  verpflichtet,  dem  ehrwürdigen  Pro- 
fessor Dr.  Fedor  Bech  in  Zeitz,  dessen  Beiträge  ich  mit 
(F.  B.)  ausgezeichnet  habe.  Die  "Wortliste  zum  Schlüsse 
verzeichnet  kurz  alle  bemerkenswerten  lexikalischen  Belege. 
"Wo  ich  selbst  mit  dem  Verständnis  nicht  durchgedrungen 
bin,   hab  ichs  nicht  verschwiegen. 

Im  allgemeinen  ist  für  die  Ausdrucksweise  und  speziell 
für  die  Syntax  die  Nachlässigkeit  charakteristisch,  mit  der 
eine  Gedankenreihe  oder  ein  Satzgebilde  abgebrochen  wird, 
um  zuweilen  nach  einer  Unterbrechung  oder  Parenthese 
ungeniert  wieder  aufgenommen  zu  werden.  Die  Interpunction 
dieser  Texte  stellt  auch  sonst  dem  Herausgeber  Schwierig- 
keiten in  den  Weg,  die  ich  mir  durchaus  nicht  einbilde 
überwunden  zu  haben. 

Was  die  sprachliche  Form  des  Textes  anlangt,  so  hab 
ich  geglaubt,  hier  mehr  Zurückhaltung  üben  zu  müssen, 
als  mir  sonst  zusagt:  die  Gedichte  des  Königs  sind  in  der 
Hs.  M  von  Schreibern  aufgezeichnet,  die  dem  Dichter  zeit- 
lich und  örtlich  sehr  nahe  standen,  und  diesen  Glücksfall 
soll  man  respectieren  und  sich  vor  einer  Uniformierung 
hüten,  wie  sie  andernfalls  wohl  angebracht  wäre.  Ich  habe 
daher,  abgesehen  von  der  Beseitigung  wirkKcher  Textver- 
derbnisse, nur  solche  Aenderungen  vorgenommen,  welche 
notwendig  waren,  um  dem  Dichter  seine  reinen  Reime  und 
erträglichen  Verse  zu  sichern.  Ueber  alle  diese  Aenderungen 
geben  die  Lesarten  Auskunft,  nur  die  Freiheit,  zwischen  mid 
und  2mde  zu  wechseln,  hab  ich  mir  ohnedies  gestattet. 

Die  Hs.  setzt  innerhalb  der  Gedichte  sehr  selten  ab, 
und  das  entspricht  wohl  dem  etwas  atemlosen  Vortrag. 
Gleichwohl  hab  ich  im  Interesse  des  modernen  Lesers  die 
Absätze  vermehrt. 


3* 


36  Edward  Schröder 


I. 

Bi.  i92Sp.  1    Hie  bebt  sieb  an  die  rede  toii  der  kilwe. 

Maniger  lobt  sins  hertzen  trut: 

So  müz  ich  stille  und  uberlut 

Klagen,  daz  man  glocken  gut 

Den  tugentlozen  luten  tut. 
5      Man  lut  den  alten  wiben, 

Wenne  sie  tot  beliben; 

Daz  ist  ein  michel  müe. 

Man  solt  der  guten  kue 

Lüten  wol  mit  flizze: 
10      Die  git  die  milich  wizze, 

Luter  und  gelebt, 

Der  man  sich  über  hebt 

Wol  gesaltzen  in  dem  huz: 

Da  werden  auch  gute  kese  uz, 
15      Molken  dicke  und  dünne. 

Daz  ist  der  kinde  wünne: 

Von  milich  müs  und  brye 

Ist  auch  ein  gute  krye, 

Wenne  man  schriet:  ,,er  ist  bereit!" 
20      Des  wirt  maniger  da  gemeit. 

Darzü  die  frischen  butern: 

Zwischen  Bolan  und  Salem 

Vant  man  bezzer  ezzen  nie 

Sicherlicher  denne  die. 
25  Güte  mursal  die  sie  treit, 

Die  man  zu  den  rüben  leit. 

Da  pfliget  man  wol  der  lüten  mit. 

So  lücht  man  mit  dem  ünslit. 

Würste  vom  hirne  — 
30      So  werden  uz  der  stirne 

Die  zehen  flegelhüte 

(Daz  ist  auch  ein  gute). 


16  wunne  M     17. 18  brey  aus  bry  :  krey  M     19  er  aus  ez  M     21  Dar- 
aus Da-  M    22  salut'n    M  29.  30  hirn  :  stirn  M    V.  31  Zehen  flegel  hüte  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  37 

Bi.  192  Sp.  2         Damit  man  körn  drischet 

Luter  und  gemischet. 
3ä      Der  gut  rintfleischbraten  hat, 

Dem  wirt  ein  suppe,  hat  er  ein  brät 

So  treits  ein  mursal  heizzet  mark: 

Davon  so  werden  lüte  stark. 

So  macht  man  nz  dem  beine 
40      Würfel  groz  und  kleine, 

Die  laufent  uf  dem  brete  snel: 

Verspilt  manig  bübe  sin  vel, 

Daz  ime  wirdet  zorne. 

So  werden  uz  dem  home 
45      Güte  strelere: 

Waz  junger  kinder  were. 

Der  pflege  man  dermite  wol, 

Als  man  billichen  pflegen  sol. 

Vom  Jiome  laterne, 
50     Die  hat  man  auch  gerne: 

"Wanne  man  licht  drin  tut, 

So  ist  sie  für  den  wint  gut. 

Ich  sage  üch  von  dem  hörne  me: 

Wem  ist  in  dem  rucke  we, 
55      Dem  schrapfet  man  dermit. 

So  han  die  jeger  einen  sit. 

Den  haben  sie  in  uzderkorn: 

Sie  vazzen  in  den  riemen  daz  hom, 

Daz  sie  dermit  blasen  vil. 
60      Wer  denne  vogel  ziehen  wil, 

Lerchen  ader  vinken, 

Den  git  man  daruz  trinken. 

So  bewirfet  man  vorne 

Den  boltz  mit  kuhorne; 
Bi.  192  Sp.  3  65      So  machet  man  mit  krefte 

Uz  hörne  mezzers  hefte; 

So  sehen  die  schribere 

Ir  horner  note  lere: 

Sie  schriben  druz  den  lüten. 
70      So  werden  uz  den  hüten 

Wite  stifel  gut. 

Derm  leder  rehte  tut, 

Fürfuze  unde  soln, 

Wotsecke  unverholn, 


35  vor  brate  Rasur  M    39  machet  M  45.  46  streler :  wer  M    47 

dermit  M   49  hörn  M    49.  50  latern  :  gern  M  53  hom  M    63  biwerfet  M 

63.  64  vorn  :  hörn  M   65  macht . .  kreft  M    66  hörn  M    67.  68   schriber  : 
1er  M    72  reht  M    73  und  suln  M 


38  Edward  Schröder 

75      Hute  über  den  saumner, 
Der  wil  man  niht  ember, 
Brustleder,  triehter,  helmshorn; 
So  lidert  man  damit  die  sporn. 
So  wil  ich.  niht  vermuche: 

80      Ich  sage  ü  vom  sluche, 

Damit  man  abe  lezzet  den  win: 
Der  ist  auch  rinderin, 
Und  die  silhalsen  wert, 
Da  imie  ziehent  die  pfert, 

85      Und  die  jochriemen, 

Daz  verkert  mir  niemen. 
Da  ziehen  auch  die  rinder  an. 
Des  beget  sich  manig  man: 
Giirteln  breit  unde  smal, 

90      Die  man  treit  uberal, 
Uzzem  bein  rinken  dran 
Tragen  frauwen  unde  man. 
Hantschüch  und  vingerhut. 
Wer  dez  bedarf,  dem  ist  ez  gut ; 

95      Bulgen  unde  taschen. 

Man  macht  uz  hüten  ilaschen, 
Bi.  192  Sp.  4         Triehter  unde  zaphen  drin, 
Daz  beheltet  den  win; 
Fezzel  unde  scheide 

100      (Swert  und  mezzer  beide). 
Und  die  wehen  fütervaz. 
Noch  müz  ich  tihten  baz: 
Die  blasbalge  müzzen  her, 
Daz  ist  auch  der  smide  ger. 

105      So  ist  denne  der  zagel  edel: 
Daruz  wirt  ein  gut  wedel, 
Wenne  man  pfert  beslahen  sol, 
Daz  man  dermit  weren  sol. 
Daz  orgeln  hellen  überlut, 

110      Daz  kumt  allez  von  der  hut; 
Von  ädern  ein  hengel 
In  dem  glokenswengel ; 
Falkenhuben,  wintbant, 
Armleder,  beingewant, 

115      Wopenhentschühe,  kürin, 
Daz  ist  allez  liderin 


76  emb'n  M   79  v'^muchew,  n  fortradiert  M    91  rinken  von  anderer 
Hand  auf  Rasur  M    96  machet  M    108  kan  weren  wol? 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  39 

Und  ist  von  der  kuwe  kumen, 

Daz  wir  alle  han  vemumen. 
Ich  sage  von  einer  decke; 
120      Uz  hüten  macht  man  secke 

Über  hüben  und  den  heim: 

Wa  man  sie  fürt  durch  den  melm, 

Daz  ez  schon  belibe 

Und  den  rost  vertribe. 
125      Man  uberzuht  denne  her 

Mit  ädern  schilt  und  bukeler 

Und  mit  kuwehuten, 

Daz  sag  ich  den  luten. 

Der  riemen  am  kezzelhüt 
Bi.  i93Sp.i  130      Füren  ritter,  knehte  gut. 

Von  der  hüte  einen  stül, 

Daz  ist  gut  für  den  pfül. 

Ein  bisschof  drufe  sitze. 

Der  pfliget  guter  witze. 
135  Man  wil  auch  nit  vermiden, 

Man  hat  die  hut  zu  bliden; 

Und  wil  üch  denne  mere  sagen: 

In  dem  hangenden  wagen 

Macht  man  küwehüte, 
140      Daruf  sitzen  brüte. 

Ich  sage  mere  von  der  hut: 

Man  machet  groze  bücher  trut, 

Daran  man  singet  unde  list. 

Waz  v^  der  hüte  kumen  ist, 
145      Trummen  und  tammureu, 

Dabi  sol  man  niht  truren. 

Ez  ensin  niht  träume: 

Geiseln,  halftern,  zäume, 

Stigleder,  bintriemen,  afterreif, 
150     Furbuge,  taschen  man  begj'eif, 

Gegenleder,  [lederjgurt: 

Ein  man  deste  baz  gehurt. 

So  ziert  man  setel  reine 

Mit  leder  und  mit  dem  beine. 
155  Nu  müz  ich  mich  noten: 

Die  kint  die  spiln  der  koten; 

Nu  sol  ich  gedenken 

Der  küssin  uf  den  benken, 

121  mein  M  123.  124  beleih  :  vertreib  M  129  riem  M  132  pfül  M 
133  druf  M  137  mer  M  142  macht  groz  M  145.  146  tammum :  trurn  M 
147.  148  träum  :  zäum  M  151  Gegen  leder  gurt  M  153  zieret  M  153. 
154  rein  :  bein  M 


40  Edward  Schröder 

Die  sint  mit  hüten  überzogen; 

160      Hieran  ist  man  unbetrogen, 
Bi.  193  Sp.  2         Die  holtschühe  sint  hie  vor, 
Uf  den  get  man  enpor, 
Schuhe  wit  und  enge, 
Die  kürtze  und  auch  die  lenge, 

165      Und  limeln  zeware. 

So  macht  man  uz  dem  hare 
Bambast,  seil  unde  filtz ; 
So  macht  man  zaumgetiltz  (?), 
Den  kinden  hors  zu  eim  balle: 

170     Dar  nach  so  laufFen  alle 
Beide  wider  unde  für. 
Man  sieht  den  zagel  in  die  tür. 
Damit  man  zühet  uf  und  zu. 
Daz  kumt  allez  von  der  kü. 

175         Noch  ist  daz  lob  niht  voUebraht 
Daz  von  der  küwe  ist  erdaht: 
Sie  bringet  junge  kelber  knuz, 
Da  werden  varren,  ohsen  uz: 
Die  feizten  kalbeskrose, 

180      Die  haubtloch  sint  niht  böse; 
Gesoten  und  gerostet 
"Wirt  man  ir  getröstet. 
Daz  ist  allez  niht  gelogen : 
Armbrust  und  hürninbogen 

185      Töhte  niht  ein  halbez  ei, 

Ez  brech  allez  gar  enzwei,        • 
Wenne  die  zehen  ädern  gut, 
Die  man  von  der  küwe  tut. 
Zerfe,  damit  man  spennet 

190      (Einer  der  da  rennet), 
Scheiden  über  armbrust, 
Daz  ist  der_  selben  gelust. 
Bi.  193  Sp.  3  So  nimt  man  denne  klawen. 

Die  swartzen  und  die  grawen, 

195     Und  drauwet  paternoster  druz 
Und  macht  dem  tüfel  einen  gruz. 

Ir  went,  ich  wolt  ü  rosen, 
Vergezze  ich  nu  der  blosen: 
Daz  ist  auch  ein  guter  pfeifersag. 

200     Der  denne  gelebt  den  viertag. 


160  umbetrogen  M     165  limeln  Beck  ]  luneln  M     165.  166  zwar 
har  M    179  feitzten  M    196  machet  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  41 

So  wirt  ez  auch  ein  blaterspil. 

Der  derme  hunde  verjagen  wil, 

Der  stricke  ein  blasen  an  den  zagel: 

So  wenet  er,  ez  si  der  hagel, 
205      Und  schriet  mit  grimme. 

So  lernen  drufe  fwimme 

Beide  knaben  unde  kint, 

Wa  sie  uf  dem  wazzer  sint. 
So  tünt  denne  die  lute  daz, 
210     Die  niht  haben  venfterglaz, 

Sie  beginnent  remen 

Der  vil  guten  ilemen, 

Sie  beziehen  ire  venster  mit 

Nach  dem  altem  gutem  sit. 
215  Lebern,  nieren,  lungen, 

Hertze,  gurgeln,  zungen, 

Mütze,  sultze,  füzze, 

Daz  müllin  alfo  füzze, 

Manigvalt  dermelin 
220      Wizzer  denne  ein  hermelin. 

So  künde  ich  nimmer  vollenklagen, 

Daz  ich  vergezzen  het  des  magen 

Und  des  üters  also  gut, 

Daz  man  da  rostet  uf  der  glüt, 
B1.193  Sp.4  225      Und  den  feizten  arsdarm.  — 

Daz  getünge  nimt  man  also  warm 

Und  bestricht  [da]  mit  den  boden. 

Der  böse  ecker  denne  wil  roden. 

Der  bedarf  des  mistes  wol  derzü. 
230  Man  solt  einer  guten  kü 

Billicher  klagen  iren  lip, 

Denne  ein  übel  alt  wip. 

Daz  die  jungen  sin  gemeit, 

Daz  was  ie  den  alten  leit. 
235      Der  genade  die  von  der  küwe  ge. 

Der  enweiz  der  künig  niht  me. 
Hie  get  daz  uz  von  der  kü, 
Daz  sol  üch  dünken  sin  kein  mü. 


204  went  M  206  lern  druf  M  210  -glaz  aus  -faz  M  219  derm- 
lin  so  vin  M    227  dem  boden  M    231  billichen  M   235  ku  If 

Hinter  den  Schlussversen  steht  von  der  Hand  a  (d.  i.  Micliaels) 
in  M:  üb'  dru  blet'e  uindest  du  v5  de  fchafe. 


42  Edward  Schröder 


II. 

Bi.  i93Sp.4Mitte.    Diz  ist  YOii  dem  hfiii  und  dem  ey, 
Da  Yindet  man  rede  manigerley. 

Wer  ich  der  kimste  niht  ze  laz, 

So  wolt  ich  tihten  etwaz. 

Waz  mir  darum  geschiht, 

Ich  laze  doch  underwegen  niht. 
5     Liez  ich  nu  kunst  verderben, 

Wie  solt  ich  denne  erwerben 

Der  herren  gunst  und  auch  ir  gut, 

Der  ritter,  knehte  hochgemut? 

Nu  wil  ich  tihten,  ab  ich  kan, 
10      Gein  der  zit  so  hebe  ich  an. 
Der  liehte  sumer  nahet, 

Der  winter  hinnan  gahet. 

Den  süln  wir  varn  lazzen. 

Des  frauwen  sich  die  blazzen, 
Bi.  i94Sp.i   15      Die  da  trurig  sin  gewest. 

leder  vogel  wil  sin  nest 

Aber  wider  machen 

Und  lazzen  truren  swachen; 

Da  legent  sie  ir  eyer  in 
20      Und  brütent  junge  vogellin. 

So  grünent  die  wisen 

Beide  jenen  unde  disen. 

Der  walt  der  stet  mit  bletem. 

Oheim  unde  vetern, 
25      Basen  unde  mümen, 

Frauwet  üch  der  blümen. 

Die  springent  uf  dem  anger, 

Er  ift  ir  worden  swanger. 

Vial,  lilgen,  grüner  kle 
30      Siht  man  da  herfür  ge 

Und  des  meyen  blute. 

Das  meint  des  sumers  gute. 

So  wollen  sich  die  hecken 

Mit  rosen  bedecken, 
35      Du  beide  nimmer  valwe. 

So  kumet  storch  und  swalwe, 

5  künste  M    18  trurn  M     26  Fraut  M     29  lilgen  übergeschrieben 
über  blumen  M    34  bedeken  M    36  kumt  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  43 

Eglester  und  heher 

Die  machentz  dennoch  weher; 

Den  gauch  den  hört  man  gütze, 
40     Daz  ist  hierzu  nutze, 

Lerchen,  troschebi,  nahtigal, 

Was  die  gesingen  uberal; 

Und  die  kleinen  vogellin 

Die  lazzen  auch  ir  swigen  sin, 
45      "Wenne  sie  sind  also  frech: 

In  gent  ir  munde  so  gezech, 
Bi.  194  Sp.  2  Däz  sie  wol  singen  nu  dermit. 

Daz  ist  gein  dem  sumer  sit. 

Der  gesang  wer  gar  enwiht, 
50      Und  getzten  die  hüner  niht!  * 

Nu  wil  ich  allez  abetün. 

Ein  ahper  vogel  ist  ein  hün! 

Von  dem  hün  kumt  daz  ey 

Und  brenget  manigerley 
55      Güter  gerihte: 

Davon  müz  ich  tihte! 

Wolt  ir  nu  sprechen,  ich  wer  frum, 

Waz  gnade  von  dem  eye  kum, 

Die  wolt  ich  bescheide 
60      Man  und  frauwen  beide. 

Der  erste  wil  ufz  geverte 

Und  macht  sin  eye  herte; 

Der  ander  sprichet:  „truter. 

Brat  mir  min  eye  luter". 
65      Der  dritte  wil  sin  toter  weich, 

Er  git  ime  anders  einen  streich; 

Der  vierde  wil  drin  niht  stopfen, 

Er  machet  einen  kolhopfen; 

Daz  diinket  den  fünften  nihtes  wert, 
70      Er  sieht  sin  ey  in  den  hert. 

Der  sehste  wil  sine  in  ein  smaltz. 

Darüber  wirfet  er  ein  saltz; 

Der  sibende  eier  in  anken. 

Davon  wil  er  niht  wanken. 
75     Daz  wil  dem  ahten  lieben: 

Er  sieht  eier  über  grieben. 

Der  nünde  sprichet  danne: 

„Reich  mir  eine  pfanne 

38  mahtenz  M  47  über  nu  von  anderer  Hand  wol  M  54  maniger- 
leie  M  64  Brate  M  65  sine  M  72  wirft  M  75  den  ahten  M  77  nuende  M 
78  ein  M 


44  Edward  Schröder 

Bi.  i94Sp.3  Und  rür  mirs  under  einander. 

80     Darzü  bin  ich  selbander". 

Der  zehende  ift  also  frech 

Und  eischet  pfanküchelech; 

Der  eilfte  ift  fo  getrilich 

Und  sieht  sine  in  ein  milich; 
85      Der  zwelfte  hat  [im]  uzerkorn 

Und  "wil  sin  eier  verlorn;  . 

Der  drizehende  eischet  sicherlich 

Peterlin  und  ezzich, 

Da  snidet  er  sin  eyer  in; 
90      Der  vierzehende  [macht]  ein  süffelin: 

Dem  ist  in  dem  haubet  we, 
•  Daz  ez  ime  davon  zerge. 

Der  fünfzehende  der  wil  schallen 

Und  eischet  ein  hirn  wallen; 
95      Der  sehzehende  einen  eierbri, 

Da  wil  er  sitzen  bi. 

Der  sibenzehende  giht:  „ich  enrüchen" 

Und  wil  ein  eyerküchen; 

Der  ahtzehende  wil  ein  anderz  tun 
100      Und  klopfet  sin  ej  an  ein  hün; 

Der  niinzehende  füllet  hüner  mit, 

Daz  ist  auch  ein  guter  sii; 

Der  zweinzgest  [tut]  an  ein  molken  daz  ey  — 

Lihte  werden  ir  zwei. 
105  Daz  wil  ich  sagen  ie: 

In  hirnwürste  tut  man  sie. 

So  wil  mans  auch  ge füllet  han: 

Daz  machet  einer  der  ez  kan. 

Eyermüser,  kachelmutzen, 
110      Der  endarf  man  da  niht  tutzen, 
Bi.  194  Sp.  4  Die  machent  schone  frauwen. 

Die  mag  man  gerne  schauwen. 
Wie  danne  ist  ein  man  wunt. 

Dem  ift  das  ey  gesunt, 
115      Da  wirt  doch  uz  ein  pflaster  — 

Daz  enist  kein  laster. 

Man  müz  daz  ey  zu  tinten  han. 

Einer  der  da  schriben  kan. 

Man  pulvert  mit  und  stirket 
120     Hüllen,  der  ez  wirket. 


80  selbe  ander  M  89  snit  M  91  haubt  M  95  sezehende  M  102  site  M 
103  zweingest  M    109  karhel  mutzen  M    110  tutzen  M    119  stirket  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  45 

Man  verbet  win  und  armbmst 

Mit  den  eiern,  daz  ist  gelust. 

Mit  den  eiern  machet  man 

Leder  daz  man  tut  an:  . 
125      Hentschühe  wizze, 

Die  man  treit  mit  flizze; 

Wizze  stival  gemeit. 

Die  man  treit  durch  klükeit. 
Man  sieht  sie  auch  an  fische 
130      Die  man  treit  zu  tische. 

Krepfelin  und  bastede 

Macht  man  uz  eyem  bede; 

Eyer  uf  dem  scharte, 

Der  mag  man  gerne  warte. 
135      Dennoch  miiz  einz  sin: 

Man  füllet  junge  wenstelin, 

Haubtlin  unde  fuzze 

Sol  man  in  eyern  gruze, 

Morchen,  krebze,  junge  swin, 
140      Da  fült  man  auch  die  eyer  in. 

Fladen  gedüiet, 

Ze  oftem  fleisch  gewihet 
Bi.  i95Sp.  1  Ift  mit  eyem  überslagen 

Und  siht  manz  after  wege  tragen, 
145      Gehacket  darunder 

Wiz  und  gel  besunder. 

Eyer  gewurtzet, 

Man  hat  sie  auch  gestiirtzet.  — 
So  werden  junge  hüner  druz, 
150      Die  da  laufen  also  knuz: 

Die  siht  man  also  gerne, 

Und  heizt  ein  nüwe  eme. 
Nu  ift  daz  kein  überlast: 

Wer  hat  einen  lieben  gast, 
155      Er  wil  in  früntschaft  manen: 

Daz  neheft  hün  bi  dem  hauen 

Hat  man  für  die  besten, 

Die  bret  er  sinen  gesten. 

So  ift  im  unverboten, 
160      Er  habe  ein  hün  gesoten, 

Mit  peterKn  ein  brü  daran. 

Wer  ez  vermag,  der  wil  ez  han. 

123  macht  M  124  der  ez  1  vor  daz  M  132  beide  M  139  krebzze  J/ 
145  Gehaket  drunder  Jf  151  also]  alzu  M  151.  152  gern:  ern  M  155 
in  ]  im  Jf    159  im  ]  nu  M    161  dran  M    162  wilz  Jf 


46  Edward  Schröder 

So  verswige  ichz  dennoch  dol: 
Man  versüfc  ein  him  zemol 

165      Und  stozzetz  in  eime  mörser 

Und  eischet  denne  ein  tücli  her, 
Daz  manz  derdurch  winde ; 
Daz  nützt  ein  krank  gesinde. 

So  würde  die  herfart  nimmer  gut: 
■  170      Wenne  daz  hün  git  hohen  müt 

Grafen  unde  frien. 
Die  laufen  unde  schrien: 
Sie  sint  gewopent  ader  bloz, 
Nach  dem  hün  get  ein  doz 
Bi.i95Sp.2  175      Mit  ftecken  und  mit  brügel, 
Sie  werfenz  an  die  flügeL 
Ritter  unde  knehte 
Die  haben  ein  gebrehte, 
Sie  schrien  alle  „vaha,  vach!" 

180      Nach  dem  hüne  ist  in  gach 
Über  zun  unde  graben, 
"Werz  begrifet  der  wilz  haben. 
Einer  sprichet  „sicherlich: 
Unders  holtz  verslüft  ez  sich". 

185     Den  [andern]  ist  alfo  gach 
Unde  slifen  binden  nach, 
Daz  er  niht  selber  hruz  kan  kumen. 
Einer  helfe  ime  denne  ze  frumen. 
So  geschiht  in  denne  heil, 

190      Daz  sie  ir  han  ein  michel  teil. 
Sie  fürenz  in  dem  sweize, 
Biz  sie  wollen  erbeize. 
So  sint  sie  worden  murwe. 
Man  tut  hin  daz  gehürwe, 

195      So  Stent  sie  unde  lachent, 
Biz  sie  ein  für  gemachent. 
Man  heizzet  wazzer  über  tu: 
Da  sehen  fürsten,  grafen  zu, 
Biz  man  sie  beraufet, 

200      Gebrüet  und  beftraufet. 
So.  schriet  dirre  unde  der: 
„Saltz  und  lebern  und  magen  her!" 
Die  müz  man  denne  holn 
Unde  werfen  uf  die  koln. 

205      E  sie  vollen  gebraten  sin, 

leslicher  sprichet:   „der  ist  min" 

168  nutzet  ein  kranke  M    182  begrift  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  47 

Bi.i95Sp.3  ünde  zückenz  uz  der  glüt, 

Daz  git  in  hohen  müt. 

Den  ez  brennt  der  schriet  „ochl"  — 
210  Daz  hün  daz  machet  manigen  koch, 

Fuzze  unde  hünerhaubt 

Sint  den  hüben  ein  derlaubt. 

Des  tages  habent  sie  erbeit, 

So  sint  sie  gein  der  naht  gemeit, 
215      So  gent  sie  unde  raten, 

Biz  die  andern  [han]  gebraten. 

Die  heizzet  man  denne  dar  tragen. 

Der  breter  der  hat  die  kragen, 

Die  in  über  worden  sin, 
220      Da  stözzet  man  ein  heu  in 

Und  ftecketz  in  den  wotsak 

Lihte  biz  an  den  dritten  tak, 

Daz  in  aber  not  wirt; 

Ir  keiner  denne  verbirt. 
225      Zu  sime  knehte  sprichet  er: 

„Hol  mir  ein  hün  her, 

Lüga.  wie  rotsam  ich  bin." 

Er  sprichet  zu  eime:  „zerra  hin! 

Und  büt  eime  bi  dir, 
230      So  gib  ich  eime  bi  mir".  — 
Daz  lat  üch  wol  behagen  I 

Man  setzet  den  hauen  uf  den  wagen, 

Daz  er  künde  die  zit 

Des  nahtes  so  man  nider  lit.  — 
235      Den  hauen  zu  glantze 

Setzet  man  uf  im  tantze. 

Da  siht  man  ümbe  springe 

Meide  und  getelinge. 
Bi.  195  Sp.  4  So  er  darzü  nimme  gut  ist, 

240      So  hat  man  aber  einen  list, 

Daz  man  in  abe  tut. 

So  sin  denne  die  vedem  gut, 

Daruz  so  wirt  ein  quaste. 

Stet  uf  dem  heim  vaste: 
245      von  Seckendorf,  von  Ehenheim 

die  fürenz  groz  unde  klein. 
Und  denne  die  kappunen, 

Die  grawen  und  die  brunen. 


209  brennet  M  234  nider  Ut  v.  Bahder  ]  sich  nider  leit  M  236  ime  ]k 
237  um  M    243  quast  M 


48  Edward  Schröder 

Die  swartzen  und  die  roten, 
250     Daz  sin  auch  gute  broten! 

Swer  der  selben  vil  hat, 

Daz  ist  ein  gut  husrat, 

Daz  vom  hün  kumen  ist. 

ISo  müz  man  haben  auch  den  mist: 
255      Davon  so  sol  man  machen 

Die  roschen  lilachen, 

Die  leg  man  über  und  under. 

So  ift  daz  auch  ein  wunder: 

So  kündet  daz  hün  den  tag, 
260      Des  ich  niht  verswigen  mag. 
Fürwar  so  sprich  ich: 

Manig  fleisch  leidet  sich 

Zu  eimal  ime  jare, 

Denne  daz  hün  zware, 
265      Daz  ist  gut  durch  daz  jar; 

Daz  sage  ich  üch  offenbar. 

Als  ich  üch  bescheiden  wil, 

Man  nert  damit  daz  vederspil. 

Wotmol  unde  bestehaubt, 
270      Bringet  daz  hün,  des  mir  gelaubt. 
Bi.  196  Sp.  1  So  hat  daz  nahthün  daz  reht, 

Daz  sprechen  ritter  unde  kneht, 

Die  eigen  lüte  mit  behaben 

Und  herberge,  so  sie  zu  draben. 
275      Daz  hat  in  got  beschaffen  — 

Und  kanz  der  künig  beklaffen. 
Hie  endet  sich  die  rede  gut 
Vom  hün,  die  manigem  git  hohen  müt. 


III. 

[DER   GENSE    LOB.] 

Diz  ist  die  rede  von  der  gense, 
Daz  ist  kein  gedense. 

Man  seit  von  wiltprete, 
Daz  habe  gut  gerete. 
Man  giht  von  vogelsingen: 
Ich  mein  ein  bezzerz  bringen! 


263.  264  jar:  zwar  M 

III.  Der  Titel  ist   ans  V.  114  entnommen.    1.  2  wiltpret :  geret  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  49 

5      Nahtigal,  troscheln,  zisen, 
Ich  wil  ein  bezzerz  brisen: 
Galander,  lerchen,  amselan, 
Die  haben  alle  niht  daran, 
Pfowen,  hüner,  ente, 
10      Daz  ist  allez  ein  getente: 

Ich  sage  [ü]  in  der  kurtzen  frist. 
Wie  nutzber  vogel  ein  gans  ist! 

Ez  si  tunkel  ader  hei, 
So  treit  sie  riche  mursel; 
15     Hüte  und  die  diehe. 

Da  wolt  ich  von  niht  fliehe. 
Und  die  pfaffensnitze, 
Dabi  so  wolt  ich  sitze. 
Flügel,  kemmenaten 
20      Weren  gut  gebraten, 
Bi.  i96Sp.2  Kragen,  füzze,  krose 

Wem  niht  gesoten  böse. 
Daz  drüfet  in  die  pfannen. 
Von  dem  sage  ich  dannen: 
25      (Daz  lazzet  üch  niht  müwe) 
Daz  wirt  ein  gute  brüwe. 
Und  daz  sie  grozze  eyer  leget, 
Daruz  man  junge  gense  heget. 
Daz  ich  sage,  daz  müz  heruz: 
30      Und  kernen  zweinzig  in  ein  huz, 
Lege  ein  gans  bim  füre 
Ez  tühte  sie  gehüre, 
(Von  dem  füir  get  ein  rauch  r^ 
Sie  gedehten  alle:  „ir  wirt  dir  auch". 
35  Sin,  du  mir  die  kunst  bemerst. 

Nu  hebt  sich  der  nutz  aller  erst. 
Als  ich  üch  bescheiden  wil: 
Man  schribet  mit  dem  vederkil 
Und  nützt  in  zu  dem  nadelkar; 
40      Man  vidert  boltze,  zeine  gar, 
Damit  ein  man  sin  hus  derwert, 
Darinne  er  sine  kint  emert. 
Ich  tihtez  alterseine: 
Man  vehet  mit  dem  beine 
45      Wachteln,  die  man  izzet. 
Der  ez  rehte  mizzet, 

7  amelsan  M  8  dran  M  20  Wem  M  25  muwe  über  ruwe  M  31.  32 
fuir  :  gehuir.ilf  32  tüht  M  34  gedenken,  ht  übergeschrieben  M  35.  36  stehn 
in  M  mit  Verweisungszeichen  hinter  37.  38    39  nutzet  M    40  zein  M 

4 


50  Edward  Schröder 

Noch  get  der  nutz  niht  abe: 

Die  snider  müzzen  [ir]  auch  habe, 

Als  ich  üch  bescheiden  wil: 

50     Sie  nauwen  über  vederkil. 
Maniger  macht  durch  die  lust 
Den  vederkil  inz  arenbrust, 
Bi.  196  Sp.  3  Daz  die  nuz  niht  uz  var. 

Daz  ist  noch  niht  der  nutz  gar: 

55      Der  vederkil  ist  so  vin, 

Man  vazzet  kuwegsilber  drin. 
So  hat  die  gans  einen  sit, 
Daz  man  vehet  wolfe  mit, 
Wa  man  sie  bindet  uf  ein  hurt. 

60     Ez  ist  ein  nutzberlich  geburt, 
Ungelich  den  tuben. 
Man  hat  den  kil  zur  hüben, 
Daran  so  hanget  ein  slape: 
Die  fürt  ein  frischer  knape. 

65     Ein  fischer  wils  niht  mangeln 
Er  hat  den  kil  zun  angeln, 
Daz  er  die  snür  trage  empor. 
Noch  ift  daz  beste  hie  vor: 
Ez  ist  ungelogen, 

70     Man  hat  den  kil  zum  steinbogen, 
Daz  er  die  senwen  scheide. 
Darnach,  sol  man  sich  kleide, 
Die  gans  die  hat  nütze  vil: 
Die  wiberin  spült  über  den  kil, 

75      Damit  sie  hüllen  weben 
Und  deste  baz  geleben. 
Man  hat  in  zu  dem  blaterspil, 
Da  einer  bleset  durch  den  kil, 
So  man  zu  tantze  pfifet, 

80      Mit  banden  sich  begrifet. 
Ein  diehe  veder  krumbe, 
Macht  man  die  reizzel  drumbe. 
Man  enmag  ir  niht  emper. 
Ez  ist  auch  ein  guter  wehter. 
Bi.  196  Sp.  4  85     Mit  dem  vederwische 

Kert  man  benke  und  tische 
Und  wedelt  mit  [den]  koln. 
Wer  ir  bedarf,  der  heiz  sie  holn 


60  nutzberliche  M     61  Unglich  M     74  spulen(t)  ?      81.  82  krump 
drump  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  51 

Unde  bindenz  u£  den  heim: 
90     Dar  under  ftubet  der  melm. 

Der  mirz  nit  gelaubefc  ein, 

Ich  zügez  an  die  von  Nuwenstein, 

Die  haben  drunder  ir  ere  bewatr 

Vor  den  reinen  frauwen  zart, 
95      Und  die  von  Finnauwen 

Lant  sich  in  eren  schauwen: 

Die  füren  hals  unde  haubt, 

Daz  in  lange  ist  erlaubet. 
Nu  get  [aber]  der  nutz  an: 
100     Mit  dem  bein  pfifet  man, 

üaz  die  lüte  werden  hochgemut. 

Hort  waz  man  uf  den  betten  tut, 

Da  die  vedern  inne  sint: 

Daruf  machet  man  die  kint, 
105     Ein  man  mit  sinem  wibe: 

Die  reinen  zarten  libe 

Würkent  heren,  furften, 

Die  sol  nach  eren  durften, 

Pfaffen,  ritter,  knehte, 
110      (Ich  wene  ich  rede  rehte) 

Burger  und  gebur. 

Die  rede  wart  mir  sur 

Unde  tun  sie  bekant: 

Der  gense   lob  ist  sie  genant 
115      Und  hat  getihtet  balde 

Der  künig  vom  Otenwalde. 
Bi.200Sp.i  Hie  hat  die  rede  von  der  gense 

ein  ende, 
Nieman    sol    mich    dar    üm[be] 

phende. 


IV. 

Dicz  ist  von  dem  bade, 
Baz  ist  nieman  kein  schade. 

Miner  künsten  lade 
Mfiz  tihten  von  dem  bade: 
Durch  wie  vil  sache  badet  der  man 
Daz  wil  ich  roten,  ab  ichz  kan. 


89.  90  heln  :  mein  M    90  stubt  M    91  gelaubt  M    114  genselob  M 

4* 


52  Edward  Schröder 

5         Die  ßnne  haben  mir  geseit: 

Einer  bade  durch  reinikeit, 

Der  ander  vor  froste 

Mere  denne  vor  roste, 

Der  dritte  gedenket,  ez  G.  nutze, 
10     Und  badet  für  den  urdrütze. 

"Wer  wil  den  vierden  strafe? 

Er  badet,  daz  er  geslafe. 

Der  fünfte  ift  in  der  maze: 

Er  bat,  daz  man  ime  laze. 
15      Der  sehte  badet  über  lut, 

Daz  in  jucket  die  hut. 

Der  sibende  badet  gahe, 

Daz  man  ime  daz  haubet  twahe. 

Der  ähte  ift  niht  da  heime 
20     Und  badet  langseime, 

Biz  man  ime  kleider  wasche. 

Darum  bat  er  niht  rasche. 

Der  nünde  badet  uff  er  vart, 

Daz  man  ime  scher  den  bart. 
25      Der  zehende  get  auch  dar 

Und  badet,  daz  er  gut  spar. 

Der  eilfte  badet  uf  den  sin, 
Bi.  200  Sp.  2  Daz  man  lone  für  in. 

Der  zwelfte  der  hat  witze: 
30     Er  badet,  daz  er  ges witze. 

Der  drizehende  ist  also  behaft 

Und  badet  durch  geselleschaft. 

Der  vierzehende  badet  drinne 

Und  went,  er  süUe  minne. 
35      Den  fünfzehenden  müt  und  badet  auch, 

Daz  er  gerüwe,  und  flüht  den  rauch. 

Dem  fehtzehenden  schüche  swacht; 

Er  badet,  biz  mans  ime  gemacht. 

Der  sibenzehende  [ist]  wunt  und  nit  ze  geil 
40      Und  badet,  daz  er  werde  heil. 

Der  ahtzehende  dünket  ungeberde, 

Er  badet,  daz  er  nühtern  werde. 

Der  nünzehende  gibt:  „es  müze  mir  tüge" 

Und  badet,  daz  er  getrinken  müge. 
45     Der  zweinzigest  müz  des  bades  gern 

Vor  sinen  schuldern: 


13.  14  moze  :  lazze  M  18  haubt  M  20  langsaume  M  21  wahsse  M 
31  drizenhen  M  35  funfzehende  muwet  M  36  fluhet  M  37  seht- 
zehende  M     38  bat  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  53 

Wenne  er  sie  niht  zu  rillten  hat, 
So  birget  er  sich  in  daz  bat, 
Hertzoge  von  Sahsen  schänden  on, 
50     Er  giht,  er  habez  auch  geton. 
Nu  ist  daz  bat  so  manigvalde  — 
Daz  tiht  der  künig  vom  Otenwalde. 

Ade  .  ade  .  ade  ,  ade  . 

Diz  ist  uz  vom  bade. 


V. 

Diz  ist  die  rede  vom  stro 

Der  sie  sacht  der  vindet  sie  aldo. 

Einer  git  geteilter  vil, 

Der  ander  nimt  welhez  er  wil. 
Bi.  200  Sp.  3  Nu  bin  ich  uberein  kumen 

Und  han  mir  ein  geteilz  genumen: 
5     Borten  dar  von  liden 

Die  wolt  ich  lieber  miden 

Denne  die  vom  stro: 

Machen  die  lute  fro. 

Ez  ift  ein  edelliche  stuir: 
10      Mit  ftro  enzundet  man  daz  fuir, 

Da  becket  man  den  lüten  bi: 

Daz  lazze  ich  also  ß. 

Ez  ift  niht  ein  ungelaube: 

Von  ftro  kument  schaube, 
15      Damit  man  nu  decket 

Und  in  dem  ofen  becket 

Schonez  unde  ruckin. 

Mit  ftro  senget  man  die  swin, 

Man  ftozzet  in  die  backen, 
20     Die  henken  sie  zu  dachen. 

Mit  ftro  man  ftuben  hitzet. 

Man  lit  druf  unde  sitzet. 

Dennoch  weiz  ich  einen  list: 

Vom  ftro  kummet  auch  der  mist, 
25      Man  tünget  ecker,  garten  — 

Daz  sage  ich  den  zarten. 

48  birgt  M  49  one  M  9  stuir  M  10  enkundet  M  14  hier  und  an 
vielen  andern  Stellen  (18.  24.  28.  59.  61  usw.)  wird  der  Vers  glätter, 
wenn  wir  mit  v.  Bahder  die  z.  B.  in  v.  57.  63  von  der  Es.  bewahrte  Dativ- 
form strowe  einfuhren;  ich  habe  mich  aber  dazu  nur  vor  der  letzten 
Hebung  berechtigt  gehalten.    17  Schonz  M 


54  Edward  Schröder 

Ich  rede  ez  on  ge verde: 

Mit  ftro  ftrauwet  man  pferde; 

Man  kert,  wisschet,  ribet  mit, 

30     Daz  man  deste  baz  gerit. 

Man  ftrauwet  eseln  und  küwen 
(Die  lütten  unde  lüwen), 
Swinen,  schofen,  geizze. 
Uf  stro  wehset  weizze, 
Bi.  200Sp.  4  35     Da  werden  wizze  semein, 
Die  weren  gut  bi  hemeln. 
Uf  stro  wahsen  rispen  — 
Die  sin  bezzer  denne  ispen  — , 
Da  wird  brimel,  grutze, 

40     Daz  ist  auch  gar  nütze, 
Und  den  pferden  füter: 
Daz  meint  haber  guter. 
Waz  ufem  strowe  ste, 
Des  wil  ich  ü  sagen  me  — 

45      Ez  wer  anders  gar  verlorn: 
Gersten,  dinkel  unde  körn. 
(Beide  kichern  unde  ris 
Daz  beheltet  sinen  pris, 
Erweiz,  linsen,  wicken.) 

50      Uz  stro  kan  man  stricken 
Seil  damit  man  bindet, 
Wes  man  niht  derwindet. 
Daz  stro  deckt  man  bi  die  huf: 
Damit  bindet  man  die  reben  uf. 

55      Daz  rede  ich  one  haz: 
Korbe  unde  fütervaz 
Kument  von  dem  strowe  gut. 
Schaubin  sezzel,  schatehüt, 
Von  stro  b  adehüte 

60     Geben  gut  gemüte. 
Von  stro  schribestüle, 
Semfte  und  niht  küle. 
Von  strowe  buckeler  und  schilt, 
Der  mich  noch  nie  bevilt. 

65      Strowin  schapel  unde  ring, 
Daz  ist  auch  ein  gut  ding. 

Der  matten  uf  den  benken 
Von  stro  sol  ich  gedenken. 


35  wem  M  V.  39 — 42  Nachtrag  am  untern  Band  M,  fehlt  hei  v.  Bahder 
43  stro  M    48  sine  M    53  decket  M    bl  Kumt  vom  M    59  Vom  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  55 

Mit  stro  blest  man  blosen  wit, 
70     Wa  man  sie  den  kinden  git. 
Bi.  201  Sp.  1  Von  stro  ein  kleines  schaubelin 

Stozzen  frauwen  spinnein  in. 

Man  trit  daz  stro  in  den  kleib, 

Daz  er  bi  einander  bleib. 
75     Daz  stro  sol  man  reichen, 

Mit  stro  kan  man  zeichen 

Säten  die  man  sauwet, 

Die  snit  man  unde  mauwet. 

Uf  stro  brotent  vische. 
80      Vom  stro  ofenwische, 

Damit  man  den  ofen  kert, 

Des  sich  manig  pfister  nert. 

Ufm  stro  backen  wecke, 

Die  schüzzet  in  der  becke, 
85      Von  dem  stro  kumet  rauch. 

Mit  stro  verstozt  man  flaschen  auch, 

Mit  stro  liihtet  man  nahtes  hein, 

Daz  ieman  stoze  sine  bein. 
Ich  sage  von  dem  strowe  me: 
90     Man  strauwetz,  daz  man  drufe  ge, 

Uf  dem  yse  (daz  ist  ein  list) 

Und  swa  der  wek  entreinet  ist. 

Einz  mir  wol  gevellet: 

Mit  stro  man  vögeln  stellet. 
95      Ich  wil  ez  niht  verderben: 

Stro  in  saltzkerben, 

Daz  sie  oben  sin  behüt. 

Man  stro  in  legein,  butten  tut. 
In  daz  stro  machet  man 
100     Bükinge,  der  ez  kan. 

Wa  man  denne  niht  hat  laub, 

Man  nimt  stro  unde  schaub, 
Bi.  201  Sp.  2  Man  bint  drin  wilpret,  vische, 

Die  man  treit  zu  tische. 
105     Zwor  ich  wolte  wette: 

Stro  under  bette 

Leget  man,  daz  weiz  ich  wol, 

Also  man  zu  rechte  sol. 


73.  74  klab :  blab  M  85  Vom  stro  kumt  M  89  vom  stro  M 
90  druf  M  96  in  ]  vn  iif  98  butten  legein,  aber  mit  angedeuteter 
Umstellung  M  V.  103  — 108  ist  (im  Context)  von  der  Hand  a  (MichaelsJ 
geschrieben  M    107  Legt  M    108  Als  M 


56  Edward  Schröder 

Mit  rtro  bewint  man  gerne 
HO      Sicheln  in  der  erne 

Von  dem  stro  kumet  heil: 

"Wa  man  hat  hier  veil, 

Da  fteket  man  uf  ein  stro, 

Daz  man  ez  erkenne  do. 
115     Vom  rtro  üseln  wert, 

Die  man  zu  dem  wahs  begert, 

Daz  man  in  tafeln  ribet 

Und  denne  darin  schribet. 

Durch  stro  man  laugen  rennet, 
120      Mit  stro  man  lieht  enbrennet. 

Wer  danne  trinket  durch  den  halm, 

Daz  druff  stet  daz  mag  er  maln. 
Der  rede  solt  ir  gaumen: 

Stro  zu  beltzbaumen. 
125      Man  leget  stro  under  vaz, 

Daz  sie  liegen  deste  baz. 

Dennoch  ist  unverswigen: 

Durch  stro  hefen  wirt  gesigen, 

Daz  heizzet  grakolikin, 
130     Daz  izzet  man  bi  dem  Rin. 
Stro  in  komit 

Fürt  man  in  den  landen  wit. 

Het  ichs  vergezzen,  daz  wer  übel: 

Uz  stro  macht  man  vensterschübel 
135     Und  stoze  in  die  hüte, 

Daz  wil  ich  bedüte. 

Einz  wil  in  mir  türme: 

Mit  stro  tot  man  würme. 

Stro  in  den  eschen, 
140      Damit  sie  koln  leschen. 

Dennoch  han  ich  einz  gespürt: 

Mit  stro  man  die  zene  stürt. 

Noch  sol  ich  begriffen: 

Man  hat  [daz]  stro  zu  pfiffen. 
145     Mit  stro  besieht  man  broten 

Zu  Ostern  (die  sie  hoten), 

Mit  stro  man  sie  betraufet 

Einem  der  sie  kaufet. 


109.  110  gern :  eren  M  111  Vom  stro  kumt  M  114  manz  M  117 
tafeln  aus  vseln  M  118  drin  M  121  danne  eingeschaltet  M  haln  aus 
halm  M  122  druff  aus  vf  M  128. 129  stro  w.  g.  Hefen  daz  M  135  stoz  M 
V.  135—166  auf  Bl.  201  r  unten  am  Rande  nachgetragen  M  141  einz 
am  Band  nachgetragen  M    147, 148  betrauft :  kauft  M    148  Eim  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  57 

Daz  rede  ich  one  nit: 
150     Mit  stro  man  gut  uf  git, 
Ez  si  ho  ader  nider, 
Mit  stro  liht  man  ez  in  wider.  — 

Von  stro  kumet  keffech, 
Daz  machet  daz  vihe  frech. 
155      Von  ftro  kummen  agen, 
Sol  man  in  ofen  tragen. 
Man  hat  auch  strobenke  vil. 
Mit  stro  mizzet  man  die  spil: 
Mit  dem  habn  zühet  man, 
160     Einer  gewint  dem  andern  an. 
Mit  stro  rüren  eier 
Swaben,  Franken,  Beier. 

Ez  ist  noch  niht  betihtet  gar: 
Stro  zu  dem  nadelkar. 
165      Wa  man  pfert  verkaufen  wil, 
Mit  stro  zeich  [ent]  man  ir  vil. 
Bi.  201  Sp.3  Über  stro  tut  man  win. 

Der  wirt  klor  unde  vin. 
Stro  man  under  setel  leit, 
170      Swa  man  pfert  zu  vil  gereit 
In  überigen  hitzen, 
Wa  lle  [denne]  geswitzen. 

Stro  man  in  die  bucher  leit, 
Davon  wird  ein  underscheit. 
175      Bambast  unde  strosag, 

Der  schuhe  ich  niht  verswigen  mag, 
,  Da  stozzet  man  stro  in, 

Daz  die  füzz  iht  liden  pin. 
Strowin  seten  unde  nest 
180      Die  sin  lange  vor  gewest. 
l  Zwar  ez  ist  ein  klüger  sit: 

^  Man  zieret  taschen,  kappen  mit 

^j  Und  die  jungfrauwen  fchapal, 

1:^  Die  sie  tragen  liberal. 

f:  185  Stro  uf  [dem]  helme 

*  Fürt  man  in  dem  melme, 

':■  Daz  ist  ein  weideliche  für: 

Und  sin  auch  die  von  Sahsenflür. 


152  lihet  M  153  kumt  kefiehe  M  154  macht . .  freche  M  158  mizt  M 
161  rurn  M  V.  169—174  oben  am  Bande  nachgetragen  M  171  vbegbigen  31 
178  zum  Anschluss  hieran  hat  eine  kaum  jüngere  Hand  oben  am  Rand 
in  M  nacligetragen :    Den  ars  wischet  man  auch  mit  stro 

Des  werden  die  verer  selten  vro. 
183  jungfrauwe  M    185.  186  heim  :  melm  M 


58  Edward  Schröder 

In  der  herferte 
190      Hat  man  schaube  herte; 

Maniger  dar  nach  gahet 

Und  herberge  mit  vahet. 

Man  stült  mit  unde  tischet 

(Daz  ist  unvermischet), 
195      So  hutten  sie  mit  dem  stro. 

Daz  sage  ich  hie  und  anderswo: 

Snahtes  liget  maniger  druf, 

Mit  liebten  schrien  sie:   „heb  uf!" 
Mit  stro  kan  man  dempfen: 
200      Wa  man  denne  wirt  kempfen, 

Mit  ftro  macht  man  kreizze; 

Dinne  wirt  in  heizze, 

Wa  man  denne  turnieret, 

Mit  ftro  wirt  gezieret 
Bi.  201  Sp.4  205      Die  wehen  zäum  und  die  ros, 

Die  da  waten  durch  daz  mos, 

Daruf  man  eren  weitet 

Und  den  pris  beheltet. 

Ich  spriche  daz  uf  mine  zuht: 
210      Uf  stro  wehset  reine  fruht, 

Damit  man  kumer  büzzet. 

Daz  stro  si  gegruzzet! 

Da  minnet  man  sich  ufe: 

Dar  uz  wirt  ein  hufe, 
215      Davon  lüte  werden. 

Ez  wehset  uz  der  erden. 

Von  stro  kumet  hoher  müt, 

Daz  von  der  siden  niht  entüt. 
Der  also  gewaltig  ist, 
220      Der  hat  gemäht  den  list 

Und  ez  allez  bedaht 

Daz  er  hat  voUebraht.  — 

Und  denne  der  kloren  oblaten, 

Dem  sol  man  niht  geraten. 
225      Daz  rede  ich  one  spot: 

Darin  kumt  der  edel  got, 

In  reiner  priester  hende 

Lezzet  er  sich  wende, 

Darum  daz  wir  sin  haben  frumen 
230      Und  daz  wir  zu  gote  kumen; 

213  mint  M  uf,  e  von  anderer  Hand  zugesetzt  M  215  vor  lute  durch- 
gestrichen ein  M  217  kumt  M  V.  219 — 222  unten  am  Band  nachg  etragen  M 
219  als  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  59 

Daz  siüle  wir  ime  getruwe 

Und  nit  die  minner  büwe. 

Also  hat  gesprochen  yoch 

Der  künig  vom  Otenwalde  doch. 


VI. 
sp.  197  sp.  1  Diz  ist  ein  rede  von  dem  schafe, 

Die  sol  nieman  nit  tu  strafe. 

Getichtes  han  ich  nu  derdacht, 
Darzii  hat  mich  ein  frauwe  bracht, 
Die  hat  ein  edelichen  man. 
Ich  nenne  ir  nicht,  sie  loube  mirs  dan. 

5     Man  sol  michs  uugefraget  lan! 
Sint  ich  es  ir  verlobet  han, 
So  hebe  ich  an  schire 
Und  sage  von  eime  thire 
Und  tichte  von  dem  schafe. 

10     Man  wache  oder  slafe, 

So  hot  man  sin  nutz  und  ere. 
Wer  mir  daz  verkere, 
Der  tedte  mir  unrechte. 
Die  herren,  ritter,  knechte, 

15      Die  sich  der  schaf  nu  begen, 
Fürsten,  greven  dar  noch  sten, 
Daz  He  an  den  schafen  haben  teil. 
Nu  ist  ez  niht  ein  groz  unheil, 
Wer  ir  hat  den  vollen. 

20      Sie  tragen  auch  die  wollen, 
Die  man  weschet  unde  schirt, 
Da  nu  riche  wat  uz  wirt. 
Die  hüte  man  auch  gerwet. 
Die  wollen  zceyset,  verwet. 

25      Sie  kemmen  unde  spinnen. 
Damit  sie  gut  gewinnen, 
Sie  haspeln  unde  winden 
Vorne  unde  binden, 
Sie  spulen,  weben,  walken, 

30      Damit  lie  auch  wol  schalken. 


Am  Schluss  von  Hand  a  in  M: 

Hie  get  uz  der  rede  vom  ftro 

Quere  plus  in  fine  huius  voluminis  in  tertio  folio. 
5  mich'  von  späterer  hand  für  mich  sin  M    10  slaphe  M    14  hern 
rittere  vn  M 


60  Edward  Schröder 

Bi.  197  Sp.  2  Sie  wollen  sich  auch  niht  schäm, 

Sie  spannen  ez  an  die  ram, 
Sie  smiren,  karten,  strichen, 
Davon  sie  sich  geliehen. 

35      So  mezzen  ez  watmenger. 

Und  wirt  geschorn  mit  der  scher; 
Die  snider  schroten  manig  cleit: 
Da  gewinnet  ez  ein  underscheit. 
Weme  schaf  geraten  wol, 

40     Dem  wirt  kiste  und  käste  vol, 
Er  hat  auch  golt  und  silber, 
Stir  und  auch  die  kilber. 
Der  maniges  wol  gedihet, 
Daz  manz  zu  oftern  wihet. 

45      Sie  sint  groz  unde  dein 

Und  cleident  füze  unde  bein 
Mit  hofen  und  mit  focke. 
Auch  füter  unter  rocke; 
Sie  cleyden  houbt  unde  Hb, 

50      Sie  zirent  man  unde  wib, 
Knaben  und  die  meyde, 
Sie  brengen  augenweyde 
Mit  manteln  und  mit  rocken  gar. 
Ir  nemet  der  kursenbelze  war: 

55      Die  sint  swarz  unde  wiz. 

An  tenisch  legit  maniger  fliz: 
Daz  inist  kein  klugheit, 
Wenne  man  sie  vor  die  kelte  treit. 
Waz  nutzes  an  den  schaf en  lit, 

60      Taphart,  kutten,  kotzen  wit, 
Muniche  und  nunnen  schepeler, 
Die  sie  tragent  vil  gewer. 
Bi.  197  Sp.  3  Man  solz  auch  in  der  kirchen  han, 

Wenne  ez  tut  der  prister  an, 

65     Hüben,  surkat,  sufen, 
Suknie,  vilze,  gufen, 
Tücher  ubir  bare, 
Daz  sage  ich  vor  wäre: 
Man  henkit  sie  ubir  den  wagen. 

70      Davon  muz  ich  sagen: 
Fiirbüge,  setel,  afterreyf, 
Daz  man  mit  tuche  begreyf. 


32  Spannes  M    33  smirn  M    44  man  ez  M    50  wip  M    59  scafen  M 
63  sol  ez  M    65  suphen  M    71.  72  afterreyfe  :  begreyfe  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  61 

Und  maniger  hande  flecke, 

Daz  die  hut  icht  blecke. 
75  Molken,  ziger,  scheffekese, 

Der  milch  man  auch  wol  genese, 

Bruwe  von  kesen  herte 

Weren  gut  geverte, 

Auch  butem  von  den  schafen 
80      Die  sol  nieman  strafen. 

Zu  vasten  ez  sich  junget. 

Mit  schafen  auch  man  tunget. 
Hort  der  wehen  liste: 

Sie  vischen  mit  dem  miste, 
85      Da  siehe  phert  uf  stallen. 

Daz  sage  ich  uch  allen. 

Noch  mer  nutz  daz  ich  meine: 

Fleisch,  fuze  und  beine, 

Krose,  haupt,  hirn,  sülzen  gut, 
90     Zungen,  unslit,  kappen,  hut 

Kumet  von  den  schafen  vil, 

Und  manig  suze  seitenspil 

Kumt  von  schafe  darmen. 

Ich  sagez  riehen  und  armen. 
Bi.  197  Sp.  4  95      Auch  wollenslcher  snure, 

Sullent  si  vaste  rure. 

Ir  sullet  auch  vememen: 

Man  vindet  in  den  kremen 

Hantschu.  rymen,  bütel, 
100      Daruz  so  werden  kütel. 

Nu  wil  ich  beduten: 

So  werden  uz  den  hüten 

Gürtel,  taschen  unde  schüch 

Hosenestel,  pergemint  und  buch, 
105      Futervaz,  watsecke. 

Darin  man  cleider  stecke. 
Scheffin  leder  ist  gesunt. 

Wer  ist  in  den  vinger  wunt, 

Wo  die  bösen  bloteren  sin, 
110      Da  hört  ein  wullin  fadin  in. 

Wer  dan  hat  ein  materaz, 

Der  lit  in  reisen  deste  baz, 

Und  ist  von  wollen  gemacht. 

Ir  hat  der  deckelachen  acht, 
115      Geformet  und  geviret, 

Damit  man  beste  ziret. 


80  straphen  M    90  and  hut  M   91  Kumt  M    93  Kumet  M 


62  ■        Edward  Schröder 

Damit  (?)  hat  man  sie  auch  ruch, 
Die  legt  man  über  vor  den  schuch. 
Lederlachen  malet  man  — 

120     Daz  tut  einre  der  daz  kan  — 
Mit  tyren  und  (mit)  merwunder: 
Man  minnet  drufFe  und  drunder. 
Der  edeln  frauwen  namen 
Die  wirken  an  den  ramen 

125      Mit  iren  claren  henden 
Tucher  bi  den  wenden, 
Bi.  198  Sp.  1  Zyechen  unde  teppich, 

StuUachen,  daz  sage  ich, 
Gurte  haben  sie  uzderkorn 

130      Und  einz,  dran  henket  man  daz  hörn. 
Von  wollen  manige  snure  dar, 
Und  die  sie  flechten  in  daz  har, 
Die  kurzen  und  die  langen. 
Und  da  die  hüte  an  hangen. 

135      So  hant  sie  bruche  wullin, 
Da  zihent  sie  sich  unten  in 
(Des  hant  sie  sich  beraten), 
Daz  note  ire  veter  taten. 
Von  den  schafen  gemeit 

140     Kumen  riche  wapencleit. 
Decke  und  coopertur. 
Von  schafen  gehur, 
Des  maniger  wirt  gefrumt 
Und  weidelichen  kumt. 

145      Uf  dem  heim  stent  die  wider 
Beide  hoch  unde  nider. 
Krump  gehorn  tragen  die  stern. 
Die  sint  gut  zu  luchtern. 

Der  kunig  saget  von  schafen  vil, 

150      Und  im  doch  keinz  beklibe  wil. 
Nu  wol,  so  begen  ich  mich, 
Die  sie  habent,  da  bin  ich. 

Ein  iglich  erzebischof, 
Wil  er  kumen  in  de)i  hof, 

155      Der  sol  habe  ein  pallium, 

Daz  muz  von  den  schafen  kum. 
Daz  schaff  vil  manigen  riebet. 
Nu  höret  weme  ez  glichet: 


118  legit  M    121  merwundern  M    122  dar  uffe  und  darunder  M 
130  daran  M    144  wedelichen  M    157.  158  rieht  :  glicht  M    158  hört  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  63 


BL  198  Sp.  2  Wanne  man  ez  tötet, 

.160      Keins  schrien  s  ez  sich  notet  — 
Daz  habet  uch  vor  keinen  spot: 
Also  tet  der  edel  got, 
Willichlichen  er  ez  leit. 
Sin  riche  wolle  uns  sin  bereit, 
165      Daz  wir  alle  kumen  dar  in 
Des  helffe  uns  die  muter  sin. 


VII.     - 

Von  den  langen  berten  der  lute, 

Die  sie  von  zehen  Sachen  tragen  hüte. 

Hort  der  spehen  funde, 
Die  wil  ich  uch  künde, 
Die  laufen  in  der  werlde  hin: 
Als  manig  haubt  als  manig  sin! 

5  Mich  duht  in  einem  träume. 

Wie  unter  einem  bäume 
Ein  fchone  frauwe  mir  widergienk, 
Die  mich  fo  tugentlich  enphienk. 
ich  dankt  der  erentrichen. 

10     Do  fprach  fie  zuchteclichen: 

,,Saga,  kunig,  war  ftet  din  ger?" 
Ich  sprach:  ,,frawe,  ich  wil  da  her". 
Sie  fprach:  ,,ich  folt  dich  frogen: 
Wolt  ez  dich  niht  betrogen, 

15      Eins  solt  du  bescheide  mich". 

Sprach  fie,  ,, kunig,  des  bit  ich  dich." 
Ich  sprach:  ,,frawe,  nu  sagent  an. 
Ich  bescheide  uch  wes  ich  kan" 
Do  fprach  He  zu  mir  life: 

20      ,,Du  folt  mich  unterwife, 
Die  die  langen  berte  tragen. 
Von  den  solt  du  mir  etwaz  sagen. 
Bi.  198  Sp.  3  Wie  fie  daz  nu  gemeinen. 

Des  solt  du  mich  vereinen: 

25      Ob  einer  als  für  fech  oder  als  füz, 
Oder  ob  er  in  trage  müz." 


160  Cheins  M  1  der,  vgl.  VI  83  ]  die  G  2  euch  künden  G 
5  frauw"  i¥9  erentrichen  so  MG  11  gir  G  12.  17  u.ö.  fraw'  M  14  niht 
fe.hlt  G    17  nun  G    20  solt  fehlt  G    25  si'ch  M  sie  G 


64  Edward  Schröder 


30 


„Frawe,  daz  sage  ich  nit  von  in", 
Sprach  ich,  ,,ich  weiz  einen  andern  lin". 
Do  fprach  die  frauwe  wolgetan: 
,,Den  folt  du  mich  wizzen  lan". 


I.  Worumbe  der  erste  treit  den  hart 
Ich  sprach:  „frawe,  einer  treit  einen  zorn 
Gen  eim,  der  hot  sin  huld  verlorn, 
Der  tet  ime  einen  widerdriez, 
Daz  er  ime  felbe  gehiez, 
35     Daz  er  nimmer  bart  geschirt, 
Biz  er  an  im  gerochen  wirt; 
Darumb  er  sinen  bart  nu  treit, 
Ez  -ß  ieman  lieb  oder  leit". 

II.  Von  dem  andern  harte. 
Die  frawe  fprach:  ,,nu  fag  mir  me, 

40     Wie  ez  umb  den  andern  ste." 
,,Der  ander  hat  einen  andern  list, 
Daz  er  ein  schult  schuldig  ist, 
Daz  er  den  bart  niht  schern  wil  abe, 
Biz  er  die  schult  vergolten  habe. 

45      Der  selbe  dunket  sich  gewer: 

Dar  umb  wil  er  den  bart  nit  scher". 

III.  Von  dem  dritten  barte. 
Die  frawe  sprach  mit  sitten: 
,,Nu  sag  mir  von  dem  dritten". 
,,Der  dritte  wil  eine  wallevart: 

50      Dar  umb  treit  er  sinen  bart, 
Daz  er  des  niht  wil  werden  an, 
Bi.  198  Sp.  4  Die  wallevart  sie  vor  getan. 

Und  treit  in  auch  dar  umbe 
Die  sliht  und  auch  die  krumbe". 

nn.  Yon  dem  virden  barte. 
55      Mich  frogt  die  edel  frauwe  gut. 

Wie  der  vierde  wer  gemut. 

,,Der  vierde  ift  im  selber  zart 

Und  lat  wahfen  finen  bart, 

Daz  ez  bedut  die  manheit. 
60      Dar  umb  er  sinen  bart  nu  treit". 


30  due  M  du  G  die  roten  Ueberschriften  fehlen  G  34  er  fehlt  G 
selben  G  35  Dar  M  38  ieman  ]  im  if  43  den  fehlt  M  48  vmb  den  G 
51  des  barts  M  54  sliht  M  krumme  MG  58  wahsche  M  59  bedeutet 
G  beduht  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  65 

V.  Von  dem  fünften  barte. 

Die  frauwe  fpracli:  .,nu  sage  mir  baz 
Von  dem  fünften  etewaz". 
„Der  fünfte  want  dem  barte  by 
Und  ift  sins  mütes  also  fry, 
65      Der  meint  fiir  ander  lute  tun 
Und  treit  sinen  bart  durch  rün. 
Nu  lert  mich  ie  min  tummer  sin, 
Geschehs,  man  saget  ez  von  in". 

VI.  Von  dem  sehsten  barte. 

Die  frawe  sprach:  ,,nu  sag  mir  bi  der  zit", 
70     Wie  ez  umb  den  sehsten  lit''. 

„Der  sehst  ift  ein  gevangen  man, 
Daz  er  gerne  were  von  dan, 
Daz  er  sinen  bart  wil  trage, 
Biz  daz  man  in  ledig  sage". 

VII.    Von  dem  sibenden  barte. 

75     Da  sprach  die  edel  frauwe  zart: 
„War  umb  treit  der  sibend  bart?" 
„Der  sibend  treit  in  hin  und  her, 
Als  billich  als  dir  und  der. 
Also  meint  er  an  dem  sinne  sin 
Bi.  199  Sp.  1  80       Und  treit  den  bart  drumb  uz  und  in". 

Vin.  Worumb  der  ahte  bart  trage. 

Die  frawe  sprach:  „nu  trachte: 

Wie  lebt  danne  der  achte?" 

,,Der  achte  in  im  selber  tobt: 

Er  hat  als  ture  gelobt, 
85      Daz  er  ein  wil  minne, 

Die  hat  er  in  dem  sinne, 

Daz  er  den  bart  niht  scher  wil  e, 

Biz  daz  sin  wille  an  ir  derge. 

Darumb  treit  er  sinen  bart. 
90      Nu  seht,  wie  lit  ez  dem  so  hart". 


61  die  sprach  M  62  etwaz  M  64  sines  MG  also  fehlt  M  65.  66 
tun  :  run  M  68  Gescheh  ez  G  saget  ez  ]  sagts  M  sagt  G  69.  70  zi't  : 
liet  M  79  in  den  sinnen  G  80  darumb  auch  M  82  dan  G  83  aht  M 
84  tur  M  85  ein  ]  in  G  85.  86  minnen :  sinnen  G  87  scher  ]  sehen  G 
88  erge  G     90  liet  M 


66  Edward  Schröder 

IX.  Von  dem  nunden  harte. 
Die  frawe  sprach:  ,,nu  sage  mir: 
Wie  gevellet  der  nünde  dir?" 
,,Der  nünde  treit  in  durch  sin  lieb, 
Und  ist  er  doch  kein  minnendieb. 

»5     Niht  anders  so  gert  er  daby, 
Wenn  daz  er  ir  Hb  auch  sy, 
Und  meint  sins  herzen  frauwen. 
Mit  hart  lat  er  sich  schauwen 
Bi.i99Sp.2  In  irem  dinst  ze  aller  zit. 

100     Wart,  wie  na  ez  deme  lit". 

X.  Wovon  der  zehende  trage  bart. 
Da  sprach  die  vil  gehure: 

,,Nu  tu  mirs  zeiner  sture, 
Weist  du  von  dem  zehenden  iht, 
Des  solt  du  verswigen  niht." 

105      ,,Ich  sag  uch,  frawe,  in  kurzer  frist: 
Dem  zehenden  ez  gesetzet  ist. 
Wer  bart  in  sinem  orden  treit. 
Durch  got  so  lit  er  erbeit. 
Niht  anders  kan  ich  mich  verstan, 

110      Wor  umbe  fie  die  berte  han". 

Die  frawe  fprach:  ,,ich  bin  nit  am, 
Damit  han  ich  daz  ervarn." 
Sie  fprach:  ,,kunig,  got  lone  dir!" 
Sie  kert  sich  umme  und  gienk  von  mir. 

115      Do  ich  der  frauwen  nimmer  sach, 
Sie  rief  herwider  unde  sprach: 
,,Kunig,  dir  ist  einz  vergezzen, 
Daz  solt  du  noch  drin  mezzen". 
Bi.  i99Sp.  3  Ich  sprach:  ,,frauwe,  on  allen  haz, 

120      Saget  ir  mir,  waz  ift  daz?" 

Sie  sprach:  ,,da  liez  ichs  gut  sin, 
Daz  im  der  bart  niht  in   den  win 
Hienge,  wan  er  trunke. 
Und  ime  her  ab  iht  sunke. 

125      Von  reinelichen  ryspen, 

Von  salbein  und  von  yspen  — 
Dar  ab  wer  bezzer  trunken  zwar. 
Dann  von  irem  hartes  har". 


98  la  G  100  nach  G  102  zu  einer  MG  106  ez  ]  er  M  107  Der  G 
sim  M  108  got  fehlt  G  118  dar  in  MG  119  one  M  &n  G  120  ir  mir 
]  mir  nun  G  121  daz  liez  ich  alles  sin  G  122  im  ]  in  MG  123  Hieng  M 
124  ich  G     128  barts  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  67 

Ich  sprach:  ,,frawe,  nu  wol  hin, 
130     So  get  ir  unde  sagets  in. 
Ich  wil,  zarte  frauwe  min, 
Da  mit  unbeworren  sin". 


vm. 

Bi.277Sp.i  Ditz  hot  gelichtet  kunig  Ton  dem  Otenwalde: 
Ton  der  muse  rat  uff  die  katzen, 
daz  da  get  uff  die  da  raten  daz  sie  nicht  tun  wollen. 

Ein  richer  man  der  hett  ein  hus, 

Darinne  wonet  manig  mus. 

Ein  katz  die  tet  in  manig  leit. 

Die  braht  sie  [dicke]  in  arbeit: 
5     "Welch  mus  ir  was  entrannen, 

Die  ducht,  sie  hett  gewunnen. 

Si  wonet  bi  in  drinne: 

Die  muse  warn  in  dem  sinne, 

Wie  sie  mit  der  katzen  teten, 
10     Daz  sie  vor  ir  fride  heten. 

Der  muse  was  vil  zesamen  komen 

Und  hetten  einen  berat  genomen, 

By  einander  warn  sie  gewesen. 

Wie  vor  der  katzen  sie  genesen, 
15      Ein  fumeme  spiczmus 

Gar  kundig  in  dem  hus 

Die  sprach:  „mich  dunket  einz  gar  gut, 

Davon  wir  alle  sin  behüt". 

Die  andern  sprachen:  ,,nu  sag  an! 
20      Du  machst  sin  uns  auch  immer  man, 

Und  gib  uns  dinen  truwen  rat, 

Wan  ez  uns  kummerlichen  stat". 

Sie  sprach:  ,,nu  lazt  uch  wol  behagen, 

Ich  wil  ez  uch  joch  ietzunt  sagen. 
25     Nicht  bezzers  ich  erdenken  kan: 

Da  sollen  wir  henken  an 

Der  katzen  eine  schellen, 

Die  sol  gar  lut  erhellen, 

Wa  die  katze  here  ge, 
B1.277  Sp.2      30      Daz  wir  uns  verbergen  e, 

132  unbewoUen  M 

1.  2  hus :  mus  M    10  hetten  M    28  lut  M 


68  Edward  Schröder 

Wan  die  schelle  erklinge. 

Daz  sul  wir  voUenbringe" . 

Die  andern  sprachen:  „wol  dich  wart! 

Daz  din  ie  gedacht  wart, 

36      Daz  was  ein  edel  stunde, 
Sit  du  mit  dinem  munde 
Uns  sogtan  lere  kanst  geben, 
Daz  wir  fristen  unser  leben. 
Und  ist  allez  wol  bedacht  — 

40     Hett  wir  ez  auch  voilebracht!" 
Ein  alte  mus  die  was  wise, 
Beide  gro  unde  grise, 
Die  saz  mitten  under  in 
Und  sprach:  ,,ez  ist  ein  klüger  sin! 

45      Dunkt  ez  uch  dann  alle  gut, 

Sol  ich  dann  sagen  minen  müt?" 
Die  andern  sprachen  alle:  ,,ja!" 
Do  redde  sie  hinwider  da 
Und  sprach:  ,,du  solt  auch  bedenke, 

50     Wer  der  katzen  die  schein  an  henke, 
Daz  sie  ir  icht  abe  valle!" 
Secht,  da  swigen  sie  alle. 
Sie  zugen  iren  ödem  in, 
Ez  ducht  sie  nicht  gar  gut  sin. 

55      Die  vor  da  hetten  grozen  bracht, 
Der  wart  aller  widermacht. 
Die  alte  mus  die  sprach  in  zu: 
,,Berot  ir  uch  biz  morgen  frü: 
Welch  dann  die  schelle  an  henke  wil, 

60      Die  kume  bie  dem  selben  zil".  — 
Des  morgens  qwam  ir  ir  keine  dar : 
B1.277  Sp.3  Sie  bliben  alle  uzze  gar. 

Diz  bispel  bedutet  die  reter. 
Die  vil  geroten  hin  und  her: 

65      Wann  mans  ding  sol  grifen  an, 
So  gent  sie  alle  verre  hindan. 
Maniger  git  dem  andern  rete, 
Daz  er  selber  note  tete; 
Daz  mag  man  bi  den  smeichern  spur: 

70     Die  bringen  sich  mit  Worten  für  — 
Wann  ez  an  den  ernest  get, 
Daz  ir  keyner  dann  bestet. 


40  auch  ]  oegg  M    42  grä  M    48  Do  redde  ]  Redden  M    56  wider 
mabt  M    63  rether  M    66  verre  hindan  ]  hin  verre  in  dan  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  69 

Wer  niclit  bliben  wil  daby, 

Der  solt  in  keinem  rate  sy. 
75      Der  by  dem  dinge  bliben  wil, 

Der  ret  ez  billich  unde  vil. 

Der  selben  keiner  wenket.  — 
Ir  farsten,  die  bedenket! 

Helfet  den  dy  bie  uch  bliben 
80     Und  sich  niht  lan  von  uch  triben. 

Ez  lege  herren  dicke  swer, 

"Wann  ir  frumen  diener, 

Die  haben  elenthaften  mut. 

Den  solt  ir  mite  teiln  uwer  gut! 
85     Tut  hin  die  vederlesen! 

"Wer  wil  mit  den  genesen? 

"Wirt  er  gein  in  vermutet, 

Si  lazen  in,  so  ez  giltet. 

Die  lib  und  gut  da  wagen 
90     Mit  frunden  und  mit  magen, 

Die  selben  daz  ding  derwinden, 

Die  lazen  uch  dort  binden. 

Lat  ir  varen  die  smeicher  hin : 
B1.277  Sp.4  Ir  siet  unbewart  mit  in. 

95         Also  hot  der  kunig  getichtet  doch, 

und  get  die  katze  one  schellen  noch. 


IX. 

Ditz  ist  ein  rede  yon  dem  swin 
Und  auch  yon  dem  nütze  sin. 
Die  hot  getiht  so  balde 
Der  kunig  Tom  Otenwalde. 

"Wan  ich  nü  niht  nüwe  bin, 
So  sprichet  maniger:  „nü  wol  hin! 
"Wir  solden  haben  ein  nüwes, 
Kunig,  tihte  uns  ein  getruwes!" 
Sider  ich  danne  müz  nüwe  sin. 
So  wil  ich  tihten  vome  swin. 
Ir  schrien  mag  man  billich  doln  — 
Von  in  küment  lebersoln. 


74  rat  M      81  h'rn  M      swere  M        82  dinnere   M        89  übe  M 
92  uch  ]  dich  M 
6  vom  M 


70  Edward  Schröder 

Gefüllet  und  gebroten: 

10     (Nu  wol  in  die  sie  boten!) 
Gebrüet  und  gebecbet, 
Des  sint  sie  ungeswecbet. 

Nu  sol  icb  betrachten 
Wurste  in  vier  achten: 

15      Vom  hirne  und  vom  sweize, 
Auch  leberwürste  heize, 
und  wurste  vom  brote, 
Die  behelt  man  spote. 
Braten  bie  der  glüte 

20     Geben  auch  gemüte, 

Betreifte  sniten  drunder, 
(Daz  inist  kein  wunder). 
Höbet,  oren,  zegel,  füz 
Und  einez  damit  ez  rüz, 

25     Und  die  vier  swinin  bein 
B1.278  Sp.  1  In  ezzig  und  in  galrein ; 

Zunge,  mutze  und  den  magen, 
Davon  müz  ich  kunig  sagen: 
Davon  werdent  biegerichte. 

m     Nu  merket,  waz  ich  tichte! 

Die  blasen  nützet  man  auch  wol, 
"Worzü  man  sie  nützen  sol. 
So  hot  man  spek  uff  erwiz 
In  daz  hün  und  an  den  spiz. 

36     Wa  gesoten  hünre  sin. 

Daran  hört  spek  und  peterlin. 
Dannoch  leg  ich  einz  darbi: 
Griben  in  müz  und  uff  die  bri. 
Phankuchen  und  krepfelin 

40     Küment  alle  von  dem  swin. 
Klozze  vom  buzl  — 
Die  dünken  sich  so  hüzl. 
Edel  wiltbreht  so  ist  daz. 

Ich  sage  uch  vom  swme  baz: 

45      Schultern  unde  hammen 
Nerent  meide  und  ammen; 
Vom  swine  kument  veizte  krut 
Sie  ezzent  brütgam  unde  brut. 
Ez  ifb  ein  gewonlicher  sit: 

50     Man  bezzert  alle  koft  damit. 


9. 10  gebroten  :  boten  M  11.  12  gebecht :  ungeswecht  M  15  hirn  M 
15.  16  sweiz  :  heiz  M  17.  18  brot :  spot  M  21  Betreift  M  24  einz  M 
33.  34  erweiz  :  spicz  M  36  gebort  M  37.  38  daibie  :  bri'  M  44  swin  M 
45  Schulthern  M    47.  48  krut :  brut  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  71 

Ein  speclin  an  die  vische, 

Daz  mich  daz  icht  verwische! 

Die  zene  nützet  wer  ez  kan, 

Ez  sin  frauwen  oder  man. 
55      Die  grozen  smerleibe  unde  smalz, 

Darzu  müz  man  haben  salz. 

Man  smirt  damit  an  maniger  stat 
Bi.278Sp.2  Leitern,  daz  sie  werden  glat. 

Bucher,  setel,  bugkeler 
60     "Werden  von  der  hut  gewer. 

So  haben  danne  die  smide  snel 

Von  der  hiite  schurtzevel. 

Riemen  uff  dem  helme 

Furn  sie  in  dem  melme, 
65      Nehften  und  vurbinden, 

"Wa  sie  sie  veil  vinden. 

Riemen  zu  dem  scharsach, 

Daz  selb  ich  hört  unde  sach, 

Daz  er  daran  strichet  vil, 
70      Wan  er  die  berte  scheren  wil. 

So  vint  man  von  der  hüte  bereit 

Gurtein  smal  unde  breit. 

Ich  sag  uch  von  den  bürsten  wor: 

Damit  suchten  sie  daz  hör; 
75      Ein  ieglich  schüchworchter 

Mag  der  bürsten  nicht  enper; 

"Weber  und  auch  die  moler 

Haben  zu  den  borsten  ger, 

Darzü  ein  ieglich  goltsmit 
80      "Wirket  auch  sin  werk  damit. 

Mit  den  borsten  machet  man 

Gleser  schoen,  wer  ez  kan. 

So  sin  danne  die  bürsten  edel: 

Man  tut  sie  in  den  wihewedel, 
85      Den  man  nützet  auch  durch  gut, 

Daz  man  got  hab  in  siner  hüt. 

Der  kunig  hat  gemachet  daz: 

"Wer  ez  nu  kunne,  der  tichte  baz! 


51.  52  vische  :  verwische  M    54  sint  M    81  mäht  M    85  nutzt  M 


72  Edward  Schröder 


X. 


Bi.278Sp.3yoii  dem  wolfe,  vom  huiide  und  von  dem  esel 
nnd  von  irre  bichte. 

"Waz  guet  gemute  machet 

Und  wes  man  vil  gelachet, 

Wo  ich  daz  mocht  gelerne, 

Daz  wolde  ich  tichten  gerne. 
5  Dru  tier  die  wolten  wallen, 

Daz  "wil  ich  sagen  uch  allen: 

Wolt  ir  des  nicht  empern, 

Ich  laz  uch  wizzen,  wer  si  wem. 

Ein  Wolf,  ein  Esel  und  ein  Hunt, 
10     Die  taten  ire  sunde  kunt, 

Ir  eins  wolt  dem  andern  bichten 

Und  iren  sunden  lichten. 

Die  sunde  wart  dem  dritten  swer! 

Nu  höret  wunderliche  mer. 
15  Der  Wolf  zu  dem  Hunde  sprach  — 

Nu  muget  ir  hören,  wi  er  jach: 

„Hunt,  höre  mich,  als  tun  ich  dich." 

Der  Hunt  sprach:  „gerne,  daz  tun  ich. 

Wolf,  sich:  ich  wil  dir  geben  trost, 
20     Daz  du  von  sunden  wirst  erlost". 

Der  Wolf  sprach:  ,,so  hebe  ich  an. 

Wo  ich  by  dye  gense  quam, 

Waz  ich  der  mochte  erbizze, 

Daz  tet  ich  wol  mit  flizze, 
25      Si  weren  krump  oder  siecht". 

Der  Hunt  do  jach:  „da  hette  du  recht". 

„Des  nachtes  brich  ich  in  den  stal, 

Dy  schaff  derbizze  ich  uberal, 

Waz  ir  nicht  mag,  dy  lazze  ich  ligen. 

30      Sich  Hunt,  hyezu  bin  ich  gedigen". 

Bi.278Sp.4  Der  Hunt  do  sprach:   ,,la  hine  gani 

Ez  ist  allez  wol  getan". 

,,Ich  beyz  ein  swin,  pfert  und  eine  kü". 

—  Der  Esel  stunt  und  horte  zu  — 
35      ,,Wann  ich  danne  undir  daz  vihe  lief, 

So  enruchte  ich  waz  der  hirtte  rief, 


3  mochte  M    SA  gelern  :  gern  M    1  ir  des  ]  irs  M    29  die  Aender- 
ung  waz  [ich]  ist  kaum  nötig 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwal«le  73 

Da  karte  ich  mich  wenig  an: 

Waz  mir  fuget,  ich  trug  ez  hindan. 

Ich  leyt  mich  drüber  und  az  mir  gnüg". 
40     Der  Hunt  sprach:  „daz  was  din  gefug". 

.,Niht  mer  so  wil  ich  bichten  dir", 

Der  Wolf  sprach:  ,,Hunt,  nu  bicht  ouch  mir!" 
Der  Hunt  sprach :  ,,daz  wil  ich  tun : 

Laz  mich  haben  dinen  sun!" 
45      Der  Hunt  sprach:  ,,ich  wil  verjehen, 

Daz  ich  dich  dicke  han  gesehen, 

Daz  du  etwaz  trüge 

Swer  und  ungefüge. 

Ich  wart  an  dich  gehetzet: 
50     Du  wurde  nye  geletzet 

Von  mir,  ich  liez  dich  lauffin  hin; 

Andirswo  stunt  mir  der  sin. 

Mich  schulten  vrawen  unde  man, 

Ich  dorste  den  Wolf  nicht  griffen  an; 
55      So  ziimt  min  herre  und  sin  knecht." 

Der  Wolf  do  sprach:  „daz  were  unrecht, 

Daz  yeman  an  dir  reche, 

Daz  du  din  truwe  nicht  breche." 

,,Wann  man  min  danne  nicht  gar  wol  phlag, 
60      So  beyt  ich  bitz  hin  kam  der  tag: 

Waz  ich  kese  in  der  stuben  vant, 

Di  gaz  ich  alle  do  zuhant, 
Bi.379Spi  Ez  were  küche,  vleysch  oder  brot". 

Der  Wolf  do  sprach:  ,,des  tet  dir  not!" 
65      -Ich  bizze  ein  verlin,  ant  oder  hün". 

Der  Wolf  do  sprach:  ,,das  salt  du  tun". 

,, Nicht  wil  ich  dir  bichten  me, 

Frege  den  esel,  wiez  im  st«". 

Der  Wolf  do  sprach:  ,,nu  sage  mir, 
70     Esel,  wie  ist  ez  gangen  dir? 

Alle  dine  sunde 

Salt  du  mir  hye  künde". 

Der  Esel  sprach:  ,,waz  sal  ich  sagen?! 

Ich  han  grozze  secke  getragen, 
75      Siege  han  ich  vil  derliten; 

Ich  bin  ouch  gellecht  geriten. 

Ich  trug  auch  kotzen  die  woren  swer." 

Der  Wolf  jach:  ,,was  sollen  dise  mer? 


:-i9  acz  M   43.  44  tun  :  sun  M    5,5  meyn  M   59  meyn  M    63  vleychs  M 
65  oder  ]  ein  M    72  künden  M    75  derliden  M 


74  Edward  Schröder 

Du  bist  mit  sunden  ubirladen! 
80     Sag,  wem  du  getan  hast  schaden." 

Der  Esel  sprach:  ,,so  bicht  ich  baz. 

Eins  morgens  was  ez  sere  naz: 

Ich  gieng  ein  hohen  berg  [hin] uff 

Und  trug  gar  swer  uf  miner  huff. 
85      Min  meyster  der  do  vor  mir  gieng, 

Daz  heu  im  uz  den  schuhen  hieng, 

Daz  er  drin  hatte  gestozzen. 

Do  mochte  ich  nicht  gelozzen, 

Daz  ich  mich  nider  bücket, 
90      Ein  wenig  ich  do  gezucket: 

Dazu  mich  der  hunger  twang. 

Darnach  stunt  aller  min  gedang. 

Daz  ist  daz  groste  daz  ich  ye  getet  — 

Daz  bicht  ich  hye  an  dirre  stet." 
Bi.279Sp.2    95  Der  Wolf  sprach:  ,,hastu  daz  getan? 

We,  wie  muez  ez  dir  dergan! 

Ez  wirt  an  dir  gerochen: 

Du  hast  din  trüwe  gebrochen 

An  dime  rechten  herren! 
100      Din  schade  der  muez  sich  merren. 

Zucket  ich  einer  gans  eine  feder, 

Man  sprach,  ich  hette  gezzin  leder." 

Der  Wolf  sprach :  ,,Hunt,  du  solt  mir  sagen: 

Waz  büze  sol  der  Esel  tragen?" 
105      Der  Hunt  sprach  do  sozehant: 

,,Do  hat  er  den  Ein  verbrant! 

Der  babist  kondez  im  nicht  vergeben ! 

Ich  wene,  ez  koste  im  auch  sin  leben. 

Nicht  anders  kan  geraten  ich." 
HO      Do  sprach  der  Wolf :  ,, als  dunckt  auch  mich." 
Der  Wolf  der  beyz  do  forne  dran. 

Der  Hunt  der  greyf  in  binden  an. 

Da  waz  nichtznicht  wider: 

Der  Esel  lag  dernider. 
15  Also  get  gewalt  nu  vur  daz  recht 

Und  bricht  daz  krumme  für  daz  siecht. 

Wer  den  andirn  ubirwinden  mag. 

Der  stozzit  in  gerne  in  den  sag. 

Wem  manz  ding  gelimphen  wil, 
120     Waz  der  tuet,  daz  heyzzet  spil. 

81  beicht  M  82  Eins  morge  M  86  hyeng  M  87  dorin  If  90  do 
sin  Jf  92  meyn  M  95  wegen  der  sprichwörtlichen  Anspielung  in  v.  102 
ist  vielleicht  der  Hunt  der  Sprechende?  100  mern  M  110  also  duncket  M 
113  da  ]  daz  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  75 

Wem  manz  nicht  [wil]  gelimphen, 
Mit  dem  wil  nieman  schimphen. 
Veit  der  stein  uf  den  kriig, 
So  wirt  er  zerbrochen  gnüg; 
125      Veit  der  krüg  uff  den  stein, 

So  kumpt  er  selten  gantz  hin  heim 
B1.279  Sp.3  Also  tet  der  "Wolf  und  der  Hunt: 

Dy  gazzen  den  Esel  in  den  slunt. 

Der  künig  gar  unmüzig  was, 
Biz  daz  zusamen  er  ez  gelas. 


XI. 

B1.280  sp.i      Ein  rede  des  knnges  von  dem  widereffen. 

Kond  ich  getichte  vinden, 
Ich  wolte  nicht  erwinden, 
Ich  tichte  wiez  in  der  werlde  stat. 
Mit  eren  manger  sich  begat, 

5      Manger  auch  nach  schänden  strebt: 
Und  daz  ist  ungelich  gelebt. 
Von  den  snoden  wil  ich  varn, 
Mit  den  byderin  mich  bewam, 
Die  nach  steten  truwen  sten 

10      Und  mit  tugenden  sich  begen. 
So  tiht  ich  von  der  werlde  list, 
Der  manigvalt  verborgen  ist, 
Und  auch  ist  offenlichen 
Den  armen  und  den  riehen. 

15  Ein  list  der  heizt  das  widereffen, 

Dorumb  so  soll  mich  nieman  treffen. 
Daz  effin  manigvaltig  ist, 
Daz  nieman  kan  den  selben  list 
Volschriben  und  durchgrunde. 

20     Alle  tage  nüwe  funde 
Vinden  die  uf  erden  sint. 
Daz  ist  der  vater  und  sin  kint; 
Die  Stent  nach  argen  listen, 
Und  heizzent  alle  cristen. 

25      Mangem  mak  man  nicht  getruwen, 
Daz  ieman  mog  uf  in  gebuwen. 


126  heym  M 

11  tiht,  e  wol  übergeschrieben  M  13. 14  -liehen,  riehen,  e  nachträg- 
lich übergeschrieben  M    23  listen  M    26  gebuwen  M 


76  Edward  Schröder 

Ein  bruder  wider  bruder  ist, 

Igslicher  der  hot  sinen  list; 

Ein  kint  ist  wider  den  vater  sin, 
30     Dorumb  so  muz  er  liden  pin; 

Ein  frawe  auch  efFt  iren  man; 
B1.280  sp.2  "Wo  er  sich  niht  behüten  kan. 

Daz  ist  ein  ungetruwer  list, 

Des  manig  fraw  unschuldig  ist, 
35     Die  man  darzu  nicht  nennen  sol. 

Manig  erber  wip  ist  tugende  vol, 

Die  mannen  geben  guten  mut 

Und  doch  vor  schänden  sint  behut. 
Ein  widereffen  muz  ich  rure: 
40     Man  sweret  nu  die  grozten  swure, 

Des  sie  wenig  sin  gebeten. 

Got  wolle  die  argen  sweren  jeten 

Uz  der  guten  lute  samen! 

Die  von  guter  art  ie  kamen, 
45      Die  suUen  miden  unrecht  sweren, 

Damit  sie  die  sele  neren. 
Ein  widereffin  ich  bedute, 

Daz  effin  triiFet  gar  vil  lute: 

Raub  und  brant  daz  ist  ir  site, 
50      Da  woln  sie  lop  irwerbe  mite. 

Wer  des  allermeist  nu  tut. 

Der  ist  frey  und  hochgemut. 

Lamparten,  Pruzssen  und  Tusckan, 

Da  kerent  sie  sich  wenig  an, 
55     Und  wollen  doch  sin  gesellen  — 

Und  graben  under  die  s wellen. 

Hievor  man  über  swellen  gie, 

Drunder  hin  sliefent  sie: 

Daz  ist  auch  ein  widereffen, 
60      Damit  sie  mangen  treffen. 

Ift  daz  allez  niht  geeffet  gnug 

So  wer  der  kunig  niht  gar  klug. 

40  swert  M  43  gute  lothe  M  44  guther  M  48  trift  M  49.  50 
sith  :  mithe  M  .51  nu  tut  M  auf  V.  62  folgt  noch:  Daz  sprach  ein 
alter  ezzigkrug  M 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  77 

XII. 
B1.280  sp.3     Ein  rede  des  kunges  von  dem  ungelimph. 

Hie  vor  was  truw  und  eren  spil: 

Die  ist  auch  noch  und  nicht  so  vil. 

Funden  ist  ein  nuwez  reht. 

Hievor  was  ritter  oder  kneht, 
5      Er  hiez  den  vinden  widersagen; 

Ee  er  uf  sie  wolde  jagen. 

Ein  andern  site  habent  sie: 

,,Ich  sach  sinen  kachelofen  nie" 

Gibt  einer  —  unde  brennet  in; 
10      Also  stet  des  selben  sin. 

Ein  ander  ist  vermezzen: 

„Ich  han  keins  phawen  gezzen 

Mit  im''  gibt  er  zu  der  stunt, 

Niht  anders  widersagt  sin  munt. 
15      Daz  ist  ein  böser  sitte ! 

So  sprichet  dann  der  dritte: 

,,Er  ist  min  gevater  noch  min  tot, 

Ich  bin  als  bald  do  als  eyn  bot, 

Der  im  widersagen  sol. 
20      Ich  wil  sine  kuwe  hol." 

Hievor  ein  werder  furste  reit 

Mit  graven,  herren  unverzeit 

Uf  der  beide  und  durch  daz  gras, 

Aldemach  er  danne  was. 
25      Ein  ritter  gut  der  hilt  daby: 

„Wie  manig  ros  mag  da  gesy? 

Sprach  er,  der  mirs  wolte  spehen!" 

Ein  rischer  sprach:  „ich  wils  besehen." 

Er  reit  zutz  in  und  besach, 
30     Er  quam  erwider  unde  sprach, 

Als  er  gebrufet  hete; 
Bi289Sp.4  Daz  seit  er  ime  stete. 

Der  rosse  der  ist  vil  abkumen; 

Ein  nüwe  frag  hon  ich  vernumen: 
35      Man  solt  noch  krönten  helmen  fregen  — 

Die  sint  wol  halbe  underwegen. 

Bekelhuben,  slappen 

Furten  ritter  und  knappen ; 


7  siten  M     17.  18  toet  :  boet   {oder  toct :  boct  ?)  M     31.  32  het  : 
stet  M    32  im  ilf 


78  Edward  Schröder 

Sich  wandelt  ir  gemute: 
40     Ez  kument  an  kezzelhute, 
Daz  man  sie  nennet  uberal 
Und  sie  brufet  an  der  zal. 
Nu  wil  ichs  lazzen  underwegen: 
Sie  sint  doch  gut  für  den  regen 
45     Und  geben  für  die  sonnen  schaten. 
Innen  haben  sie  badewaten 
—  Sam  mir  der  heilige  Crist!  - — 
Daz  ez  ein  schemlich  wopen  ist 
Einem  riehen  ritter  gut, 
50     In  fürt  dan  einer  vor  armüt. 
Ez  ist  niht  ein  guter  schimph 
Und  heizzet  wol  ein  ungelimph. 


49  richer  M 


"»X— 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  79 


Anmerkungen. 


F-  B.  =  Fedor  Beck,    v-  B.  =  v.  Bahder 
I. 

3  f.  glocken  guot  (der  Gegensatz  dazu  boese  glocke  in 
Konrads  v.  Haslau  Jüngling  V.  909)  lutea  (correcter  lüten) 
tuon  „gute  Glocken  zum  Läuten  bringen"  d.  h.  „Gutes  laut 
nachreden".    F.  B. 

12  der  man  sich  über  bebt  war  ich  geneigt,  mit  v.  B. 
zu  über  setzen  „von  der  man  sich  aufhebt'' ;  F.  B.  übersetzt 
„auf  die  maji  sich  ettcas  einbildet",  „die  tnan  für  überaus 
köstlich  hält". 

27  der  luten,  der  schwaclie  Genetiv  hat  eine  Parallele  in 
miner  kunsten  IV  1. 

31  Die  zeben  flegelbute  icie  187  die  zeben  adem  (F.B.) 

83  silbalsen  „hab  ich  sonst  nicht  gelesen;  balse  nicht  = 
Kummet  (v.  B.J,  aber  ein  Riemen,  der  die  Stelle  des  Kummets 
[besonders]  bei  den  ZugocJisen  vertrat  (?),  vgl.  seibogen  et 
strenge  in  den  Erfurter  Weistümern  hrsg.  v.  Kirchhoff  44,  14" 
(F.B.) 

100  swert  und  mezzer  beide;  ich  hob  es  nicht  für  erlaubt 
gehalten,  den  Lativ  in  den  Reim  beiden  ( :  scheiden)  einzu- 
führen, da  auch  swert  und  mezzer  ohne  die  zu  ericartende 
Kasusendung  sind;  dieselbe  Unterdrückung  der  Flexion  auch 
V  33  swinen,  scbofen.  geizze  (:weizze)  und  VI  121  mit 
tyren  und  merwunder  ( :  drunder). 

115  kurin  bleibt  unerklärt;  v.  B.  idll  es  als  Plural  eitles 
kürie  zu  frz.  courroie  =  lat.  corrigia  stellen,  F.  B.  ist  ge- 
neigt, darin  ein  nachgestelltes  Attribut  kurin  „ledern",  „coria- 
ceus"  zu  erblicken. 

132  pfül  (:stül!j  für  pfulwe  bleibt  eine  auffällige  Form, 
die  icie  Vermengung  mit  pfuol  „palus"  aussieht;  aber  die 
Vermengung  ist  schliesslich  nicht  sonderbarer,  als  der  Zusam- 
menfall von  Eis  und  Eisen  u.  ä.  in  andern  Dialekte?!. 

150  man  begreif  (sc.  mit  Rindsleder),  vgl.  VI  72  Daz 
man  mit  tuche  begreyf,    ico  auch  zugleich  unter   dem  Reim- 


80  Edward  Schröder 

zwang  das  Präteritum  statt  des  Präsens  wiederkehrt.  Diese 
sprachliche  Freiheit  —  oder  vielmehr  Rohheit  —  ist  für  unsern 
Reimschmied  charakteristisch:  vgl.  die  sie  hoten  ( :  broten, 
gebroten)  für  die  si  haben(t)  V  146.  IX  10,  daz  ez  bi  ein- 
ander bleib  ( :  kleib)  V  74,  und  sogar  der  Konjunktiv  daz  man 
deste  baz  gerit  ( :  mit)  V  30. 

165  luneln  der  Hs.  erklärte  v.  B.  für  die  tat.  lunulae, 
„mondförmige  Zierstücke  aus  Metall'^,  was  aber  \J  hier  keinen 
Sinn  gibt  und  2)  in  Deutschland  sonst  unbezeugt  ist.  So  hab 
ich  die  Konjektur  von  F.  B.  in  den  Text  aufgenommen:  limeln 
(für  limmeln)  aus  limbeln  sind  „Schuhflecke' ^ :  sowohl  zum 
Schmuck  (etwa  in  roter  Färbung)  wie  zur  Reparatur  der 
Fussbekleidung. 

167  bambast,  s.  zu  V  175. 

168  getiltz  (aus  Kuhhaaren!)  bleibt  in  jedem  Falle 
etymologisch  unklar,  mag  ich  nun  zaumgetilz  als  „Fransen 
am  Zaumzeug"  nehmen,  oder  es  mit  F.  B.  als  zum  getilz 
„zum  Tändeln,  Spielen"  auflösen  und  dann  aufs  folgende 
beziehen. 

169  hors  ist  jedenfalls  =  häres  Gen.  zu  nehmen  und 
nicht  etwa  =  höre  ez  „gehöre  es". 

1 80  haubtloch  für  haubtlech  (Kollektiv,  dann  auch  Plural 
zu  haubtlin)  hab  ich  nicht  angetastet,  obwohl  II  82  pfankuchelech 
■durch  den  Reim  auf  frech  gesichert  ist:  es  kann  sehr  wohl 
aus  -lach  (Weinhold  Mhd.  Gramm.  §  280)  im  Nachton  ent- 
standen sein. 

189  £f.  F.  B.  (der  zu  dieser  Anmerkung  das  beste  beige- 
stetiert  hat)  war  geneigt  zu  lesm:  Zerfe,  damit  man  spennet, 
Einem  der  da  rennet  Scheiden  über  armbrust.  Allein  die 
Aenderung  in  einem  ist  überflüssig:  der  parenthetische,  das 
Reimpaar  füllende  Satz  mit  Einer  erläutert  mir  das  man, 
'Wie  ähnlich  an  einer  ganzen  Reihe  von  Stellen:  vgl.  II  117  f. 
Man  müz  daz  ey  zu  tinten  han:  Einer  der  da  schriben  kan; 
VI  119  f.  Lederlachen  malet  man  —  Daz  tut  einre  der  daz 
kan ;  V  90  f.  In  daz  stro  machet  man  Bukinge,  der  ez  kan ; 
Vl4öf.  Mit  stro  besieht  man  broten  Zu  Ostern  (die  sie 
hoten).  Also  einer  der  da  rennet,  ein  Reisiger,  oder  wohl 
genauer:  ein  reitender  bewaffneter  Bote  pflegt  mit  deyn  zerfe 
die  Armbrust  zu  spennen  d.  h.  zu  spannen  —  oder  etiva:  zu 
umspannen?  spennen  7iehm  ich  als  die  bekannte  schwache 
Nebenform  zu  dem  starken  spannen,  ich  7nuss  also  den  freund- 
lichen Hinweis  von  F.  B.  auf  die  geschift  oder  gespenet 
armbrust  bei  Brucker,  Strassburger  Zimft-  u.  Polizeiordnungen 
S.  15  ablehnen^  da,  dies  spenen  (d.  i.  spsenen)  ztt  spän  „Holz- 
span" zu  gehören  scheint,  wie  schiften  zu  schaft.     Aber  was 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  81 

icar  U7id  wozu  diente  der  zerf,  der,  wie  uns&re  Stelle  ergibt, 
aus  Rindersehnen  hergestellt  ward?  Ganz  unklar  ist  der 
Sinn  der  Stellen,  ivo  gezer{p)fe  im  Jung.  Titurel  auf  scher(p)fe 
reimend  begegnet,  in  verdächtiger  Nachbarschaß  mit  geserwe, 
D&n  dem  es  denn  auch  die  Gelehrten  nicht  zu  trennen  ver- 
mögen, s.  zidetzt  Borchling,  Der  jütigere  Titurel  (Gott.  1897) 
S.  121;  auch  die  gezerpes  kist  bei  Thilo  von  Kulm,  in  der 
der  bogen  behalten  ist  (Walter  Müller,  TJeber  die  mitteldeutsche 
Paraphrase  des  Buclies  Hiob,  Halle  1882,  S.  34),  bringt  keine 
Klarheit.  In  Ulrich  v.  Eschenbachs  Alexandreis  V.  12292  u. 
17413  steht  gezerf  (aJ.  zerO  beidemal  neben  bogen,  tmd  in 
dieser  Nachbarschaß  erscheint  das  Wort  dann  noch  iciederholt 
in  Rüstungsinventaren  utid  Waffenlisten  des  14.  Jlis.:  so  bei 
Zeller- Wer dmüller,  Die  Züricher  Stadtbücher  I  38  (Nr.  99): 
162  ambrust,  47  cerf  (vgl.  die  Anm.  4  ebenda);  ibid.  S.  47 
(Nr.  121):  6  armbrüst  und  3  gecerf  und  ein  spanbank, 
2  armbrust  und  gecerf ;  ferner  bei  Schmeller- Frommann  II 1149: 
1000  t«la  et  zwei  zerif  (Waidhofen  1316),  1  zerif  cum  telis 
paganicis  (Waidhofen  1303);  20  puchsen,  20  armbrost,  5  klain 
spanböck,  9  zerff,  2000  pfeil.  Die  zerfe  erscheinen  hier  immer 
in  geringerer  Anzahl  als  die  Armbrüste,  meist  gegen  die 
Hälfte;  sie  icaren  nicht  identisch  mit  den  Spannböcken  oder 
Spannbänken;  da  aber  das  weseyiüiche  an  ihnen  die  Rinder- 
sehnen icaren,  so  scheint  mir  doch  nur  zweierlei  möglich:  ent- 
weder icar  es  eine  kleinere  Armbrustioinde,  oder  aber  es  waren 
die  Armbrustsehnen  selbst,  vielleicht  besonders  starke,  sodass 
dann  also  Y  189  nur  eine  Erläuterung  oder  Ergänzurig  zu 
Y.  187  f.  wäre. 

212  mit  den  flemen,  die  als  Fensterbekleidung  dienen,  isi 
hier  die  iceiche  Haut  zwischen  Bauch  und  Hinterschenkeln 
gemeint  (Vümar,  Idiotikon  von  Kurhesseii  S.  104;  Crecelius, 
Oberhess.  Wörterbuch  S.377). 


II. 

14  f.  die  blazzen,  die  da  trurig  sind  gewest  und  die 
sich  nun  ganz  besonders  über  deyi  Frühling  freuen,  sind  ganz 
gewiss  nicht  die  Blässhüh'ner  „fulicae  atrae"  (v.  B.),  die  ja 
m.  W.  gar  nicht  bei  uns  zu  überunntern  pflegen,  schwerlich 
mich  „die  Blossen,  Nackten,  Armen''  (F.  B.),  sondern  am 
ersten  noch  „die  Blassen,  Kränklichen^ ,  die  sich  am  meisten 
nach  dem  Frühling  gesehnt  haben. 

35  valwe(n)  ist  natürlich  der  dem  König  geläufige  ost- 
fränk.  -  thüring.  Infinitiv  ,.fahl  icerden,  fahl  sein"  und  darf 

6 


82  Edward  Schröder 

nicht  mit  v.  B.   als   Ädjectiv  gefasst  und  dann  durch   Ein- 
schaltung eines  ist  gestützt  werden. 

68  kolhopfen  aus  kogelhöpfen  hat  ?Uchts  anstössiges, 
wenn  loir  den  Rauptaccent  so  für  den  zweiten  Bestandteil 
ansetzen,  vgl.  die  heutigen  Eigennamen  Eothkohl,  Linnenkohl, 
zur  Bedeutung  vgl.  Schmeller- Frommami  I  880. 

83  für  getrilich  weiss  auch  der  kundige  F.  B.  keine 
Auskunft. 

109  das  handschriftliche  karhel  lässt  sich  ebensoleicht  in 
kackel  loie  in  karchel  ändern,  und  da  für  letzteres  bisher 
keine  befriedigende  Erklärung  vorliegt  (auch  F.  B.,  Germ.  24, 
425  f.  gibt  keine  solche),  so  mag  die  Vermidung  kachelmutzen 
j^ Mutzen,  die  in  oder  auf  der  Kachel  gebacken  werden^\  er- 
laubt sein. 

136  f.  junge  wenstelin  sind  die  Spanferkel,   deren  Kopf 
und   Füsse  man   in   eyern   gruze,    d.  h.  beim  Anrichten   mit 
Eiern  garnieren  soll. 

139  vgl.  BvgSp.  S.  9  Nr.  23. 

141  f.  vgl.  VI  43  f. 

152  ein  nuwe  erne  (,,eine  neue  Ernte")  für  eine  jmige 
Brut  Hühner  kann  ich  sonst  nicht  belegen. 

153  „es  ist  nicht  überflüssig  zu,  erwähnen.'' 
178  haben  für  heben. 

194  daz  gehurwe  „den  Kot'',  hier  wol  der  Abfall,  alles 
loas  ungeniessbar  ist. 

253  ff.  ist  schwerlich  „eine  scherzhafte  Anweisung"  (v.  B.): 
ich  vermute,  dass  man  getrockneten  Hühnerkot  tatsächlich  zmn 
Stärken  des  Bettzeugs  benutzte.  Welchen  Wert  das  Mittelalter 
einer  „krachend"  steifen  Wäsche  beimass,  zeigen  die  Belege 
für  röschez  betgewant,  pette  im  Deutschen  Wörterbuch  VIII 
1162  s.  v.  rösch  3)  und  für  krachend  bette,  bett  mit  krachen- 
den leilachen  (aus  den  Weistümern)  bei  Lexer  II 1700,  krachend 
tischlachen  im  Deutschen  Wörterbuch   V  1920  unter  4)  b)  ^). 

269  f.  Wotmol  und  bestehaubt  Bringet  daz  hün  ver- 
steh ich  so:  das  Huhn  erscheint  als  Abgabe  im  Geleit  von 
Watmal  und  Besthaupt.  (Das  Komma  hinter  bestehaubt  ist 
zu  streichen.) 

271  ff.  übersetz  ich  so:  „So  hat  es  mit  dem  „Nachthuhn" 
/offenbar  ein  terminus  der  RechtsspracheJ  die  rechtliche  Be- 
wa7idtnis,  dass  Ritter  und  Knechte  es  beanspruchen  (sprechen), 
welche  darauf  und  auf  Herberge  bei  plötzlicher  Einkehr  gegen- 
über ihren  Eigenleuten  ein  Anrecht  haben". 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  83 

III. 

7  amelsan  der  Handschrift  Mb  ich  in  amselan  geändert, 
obwohl  auch  diese  Formjnit  ihrem  archaisch  aussehenden  -an 
—  auffällig  bleibkrietleicM  darf  man  an  die  Dojypelheit  schapel 
vnd  schapal,  mursel  nnd  mursal  erinnern. 

17  ..Pfaffenschnitte^''  heissen  nach  dem  Deutschen  Worte?'- 
buch  VII  1592  die  besten  Stücke  vom  Braten,  „insbes.  die 
Brustschnittchen  vom  gebratenen  Geflügel.'^ 

19  kemmenaten  bleibt  mir  hier  unverständlich :  es  f<chemt 
ein  Teil  des  ,.  Gänsekleins^^  damit  gemeint  zu  sein.  Bech  denkt 
an  Gänsebrüste:  wohl  im  Kamin  geräucherte? 

35  „Verstand,  Ueberlegung,  du  steigerst,  regst  an  meine 
Kunst l''^  vgl.  IV  5  Die  sinne  haben  mir  geseit. 


IV. 

28  Daz  man  lone  für  in  versteh  ich  nicht.  Heisst  es 
etica:  ,^entzieht  sich  der  Lohna2iszahlung" ,  flieht  ins  Bad  vor 
seiJien  Lohnarbeitern,  wie  der  zicanzigste  vor  seinen  GläiOjigern? 
Bech  gibt  auch  das  „seibat"  zu  erwägen  und  veneeist  für 
diese  Einrichtung  auf  das  TJrkundenbuch  von  Arnstadt  S.  148. 

37  dem  .  .  ,  schüche  (Gen.)  swacht,  „gebricht  es  an 
Schuhzeug^' . 

^        *  V. 

1  ff.  7nei7it  offenbar  das  sog.  ,Jeu  parti^,  in  dem  die  Vorzüge 
zweier  contrastierter  Gegenstände  oder  Begriffe  discutiert  oder 
dialogisch  erörtert  icerden.  So  werden  hier  im  Eingang  die 
seidenmi  Borten  zurückgestellt  zu  Gunsten  des  Strolis.  Ich 
han  mir  ein  geteilz  genumen  wird  also  Jieissen:  ich  habe 
meine  Partei  genommen,  —  riämlich  die  Partei  des  Strolis.  Bech 
erinnert  zu  VI.  2  auch  an  die  sprichwörtlicJie  Bedensart  von 
teilen  unde  wein. 

33  geizze  statt  geizzen  detn  Reim  zu  Liebe,  s.  zu  I  100. 

38  Ein  besonders  grelles  Beispiel  sinnloser  Reimfüllung. 
53  Ist  dem  Sinne  nach  zweifelhaft:  ist  an  anitergium  zu 

denken?  Bech  gibt  zu  erwägen  (und  meine  Interpu7iktimi  nimmt 
das  auf):  der  Weinbergarbeiter,  der  die  Reben  aufbindet,  hat 
das  dazu  nötige  Stroh  an  die  linke  Hüfte  gesteckt. 

Ib  Daz  stro  sol  man  reichen  kann  sich  nur  auf  einen 
rechtssymbolischen  Act  beziehen,  wie  er  deutlicher  V  150  ff.  er- 
scheint. 

96  saltzkarb  mitteldeutsche,  besonders  rheinische  Neben- 
form von  -korb,  s.  Deutsches  Wörterbuch  V  1797;    der  salz- 

6* 


84  Edward  Schröder 

korb  (vgl.  Spütendorfs  Benkunlrdigkeüen  ed.  Opel  S.  lOS  und 
Becks  Glossar)  ist  ein  oben  loeit  und  unten  spitz  geflochtener 
Korb  von  Salweide,  zum  Sieden  gebraucht,  nach  Hondorf,  Be- 
schreibung des  Salzwerkes  in  Halle  S.  59  (F.  B.). 

122  Der  Vers  ist  mir  wie  v.  B.  miklar  geblieben. 

131  f.  Hierzu  notier  ich,  obwohl  mir  ihre  Bedeutung  nicht 
ganz  klar  ist,  die  sprichwörtliche  Wendung  „Stroh  gehört  ins 
Kummet^'  bei  Theob.  Hock,  Schönes  Blumenfeld  (1601)  4,  80 
Ein  Stroh  ins  Cummet  nur  thnt  ghern;  50,  10  Ey  in  eim 
Kummet  gehört  ein  Stro. 

173  f.  Strohhalme  als  Lesezeichen. 

IIb  bambast  m..  hat  v.  B.  als  bambs  bei  Frisch  und  im 
Beutschen  Wörterbuch  1  1095  nachgewiesen:  gleichwohl  ist  die 
Bedeutmig  keineswegs  sicher.  Ursprünglich  mag  das  Wort, 
aus  bombyx,  bombycium  abgeleitet,  eine  Polsterung  aus  Baum- 
toolle  oder  eine  Baumicollenauflage  auf  Wunden  bezeichnen. 
Aus  Haaren  bestehend  scheint  der  bams  bei  Stieler  und  der 
bombast  oben  1  167;  hier  neben  dem  Strohsack  loeiss  ich  ihn 
nicht  recht  zu  deuten. 

177  f.  vgl.  X  86  f. 

189  —  192  Ich  bin  mir  über  das  Verhältnis  der  ersten 
beiden  Verse  zu  den  beiden  folgenden  nicht  klar:  V  191,  192 
ist  offenbar  der  Strohwisch  als  Kennzeichen  der  Herberge  oder 
Gastwirtschaft  gemeint. 

193  Für  tischen  verweist  Bech  (der  mir  auch  für  stulen 
und  hütten  reichlich  Belege  zur  Verfügung  stellt)  auf  Zarncke, 
Priester  Johatmes  I  Abt.  S.  966,  848  ich  wolt  iu  chünden 
disen  rät,  wie  sich  der  herre  getischet  hat.  Ob  hier  von 
Strohdecken  auf  Tischen  die  Rede  ist,  oder  von  einem  festen 
Strohüberzug  auf  der  Tischplatte,  ist  nicht  zu  entscheiden. 


VI. 

30  damit  sie  auch  wol  schalken  kann  nur  heissen  „wo- 
bei sie  auch  tüchtig  betrügen^' :  sei  es  durch  schlechtes  Material, 
sei  es  durch  schlechte  Arbeit. 

33  karten  mit  der  Weberkarde  behandeln;  vgl.  Schiveicl- 
nitzer  Tuchwirkerordnung  (a.  1SS5)  im  Cod.  dipl.  Silesiae 
VIII  17,  10  wolle  slon,  karten  adir  schern  (F.  B.J. 

42  Wemi  kilber  hier  die  Mutterlämmer  sind  (ahd.  chil- 
bira,  chilburra,  „agna^',  so  liegt  es  nahe  in  stir  eine  Verderb- 
nis aus  ster(n)  „Widder^'  (so  V.  147)  zu  vermuten. 

56  tenisch  hat  natürlich  nichts  mit  dem  Damicild  zu  tun 
(v.  B.);   es  ist  das  bekannte,  sehr  dünne  dänische  Leder  von 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  85 

Lammfellen,  das  hier  als  schlechter  Schutz  gegen  die  Kälte 
bezeichnet  icird. 

66  sufen  (suphen)  j^wd  67  gufen  bleiben  unsicher,  schon 
der  Form  nach;  loiU  man  suphe  als  entstellt  aus  schope 
„Jacke^'  (Lexer  II  770)  erklären,  so  bleibt  für  das  Reimicort 
keine  passende  Bedeutung  übrig;  und  icenn  man  gufe  etica 
=  goufe,  koiphe  d.  L  fz.  coiffe  nimmt  (etica  wollene  Kopf- 
bedeckung hinter  dem  Helm),  so  entsteht  die  imigekehrte  Schioierig- 
keit.  Immerhin  bin  ich  jetzt  geneigt,  als  die  vom  Dichter  ge- 
icollten  Formen  supfen  :  gupfen  anzuseilen. 

100  mhd.  kiutel,  nhd.  keutel  (Deutsches  Wörterbuch 
V  656)  bedeutet  sonst  eine  kleine  herabhängende  Geschiculst, 
scheint  aber  hier  einen  kleinen  Beutel  zu  bezeichnen. 

1 35  flP.  Wenn  ich  die  Stelle  recht  versteh,  ist  hier  vom 
7ieumodischen  Aufkmnmen  (daz  note  ire  veter  taten)  icollener 
Hosen  oder  icohl  richtiger  UnterJiosen  die  Rede,  die  man  über 
die  Beine  anzog,  icährend  die  alte  „Bruch''^  um  die  Ober- 
schenkel geknüpft  ward. 

VII. 

38  Ich  bin  nicht  sicher,  ob  hier  die  Lesart  von  G  icirk- 
lich  den   Vorzug  verdiente  vor  im  M. 

63  want  (want)  dem  harte  by  ,^bildet  sich  eticas  ein  auf 
seinen  Bart^^? 

IX. 

8  lebersol(e)  im  Wachtelm.  (ed.  Massmann)  V.  102. 
F.Bech  iceist  mir- das  Wort  als  Eigetinamen  nach  im  Nassau. 
Vrkundenbuch  III  802  z.  J.  1356157;  ferner  Ennen  Quellen 
z.  Gesch.  V.  Köln  I  285  .  .  .  dabant  carnes  de  porco  cum 
condimento  dicto  leyversole  et  cum  smalendeyer,  vgl.  S.  290; 
die  lateinische  Bezeichnung  liegt  wohl  vor  Zs.  f.  d.  Alt.  XV,  516 
„salsucia  jecorina", 

41  f.  buzl :  huzl  bleibt  unsicher;  bei  buzl  könnte  man  an 
beuzel  m.  „tuberculum'^  (Deutsches  Wörterbuch  1 1755  f)  denken, 
wofür  Stieler  266  auch  bützel  ,.tuber  jutnentorum''  bietet: 
unklar  bliebe  immerhin,  welclie  essbaren  „  Geschicülste^'  gemeint 
sind;  hüzl  könnte  allenfcdls  an  hiuze  „munter,  keck^^  ange- 
schlossen u'erden. 

65  nebsten  bleibt  unerklärt,  man  wird  es  aber  wohl  als 
nesten  (vgl.  V  43  wiltbrebt)  nehmen  und  zu  nestel  „Schnür- 
riemen^^  stellen  dürfen. 

65  vürbinden,  icas  hier  gemeint  ist,  bleibt  unsicher;  F.  B. 
7iotiert,  dass  das  Wort  im  ersten  Druck  des  Schicabenspiegels 


86  Edward  Schröder 

als    Variante   zu   virmbinde    erscheint  (Lassberg  S.  166  d  = 
Wackernagel  §  845  Ayim.  241  u.  246). 


X. 

76  gellecht  gehört  zu  galle  (vlozgalle)  „Beule,  Blase"  bes. 
der  Pferde,  s.  Deutsches  Wch^terbuch  IV  la,  1196  f.  s.  vv. 
gällicht  und  gallig,  gellig. 

102  Hier  wird  offenbar  auf  das  bekannte  Sprichiüort  an- 
gespielt, das  schon  bei  Freidank  138,  17  erscheint:  Der  hunt 
hat  leder  gezzen,  so  man  dienstes  wil  vergezzen  und  in 
zahlreichen  ähnlichen  Wendungen  bezeugt  ist;  s.  Zingerle,  Die 
deutschen  Sprichiüörter  im  Mittelalter  S.  74;  dazu  Benner  18865 
Swer  truwen  und  dienstes  wil  vergezzen,  Der  sprichet,  sin 
liunt  hab  leder  gezzen.  Dann  wird  mayi  die  Worte  am 
ehesten  dem  Hunde  zutrauen,  und  dazu  stimmt,  dass  V.  108 
der  Wolf,  der  doch  in  der  Ueberlieferung  von  V.  95  ab  spricht, 
wider  das  Wort  erg^'eift.  Es  scJwinen  also  zwischen  V.  100 
u.  108  ein  paar  Verse  ausgefallen  zu  sein,  die  eine  Bede  des 
Hundes  einleiteten. 

105  Do  hat  er  den  Ein  verbrant,  unmögliche  Anschul- 
digung, für  die  das  Deutsche  Wörterbuch  VUI  854  einen 
ältesteti  Beleg  aus  dem  etivas  jungem  Teichner  beibringt. 

123 — 126  ein  Sprichwort,  für  das  hier  der  älteste  Beleg 
vorzuliegen  scheint;  vgl.  Körte,  Die  Sprichwörter  der  Deutschen 
Nr.  8572;  Wander,  Sprichwörterlexicon  II,  1643  („Krug" 
Nr.  25). 

XI. 

Was  der  Verfasser  unter  widereffen  versteht,  lässt  sich 
nicht  so  leicht  sagen:  er  meint  offenbar  eine  Umkehr  alter 
Sitte,  lüobei  doch  die  äussere  Haltung  und  der  alte  Anspruch 
gewahrt  erscheint.  Der  Ausdruck  selbst  begegnet  bereits  in 
eitler  lyrischen  Strophe  der  Berner  Handschr.  Ditit.  II 260  unten 
(s.  MSH  III  417  b):  waz  diu  minne  widereffendes  kan! 

56  graben  under  die  s wellen  übertragen  für  „betrügen" ; 
vgl.  die  vom  Deutschen  Wörterbuch  IX  2489  citierten  Stellen 
aus  dem  Wilden  Mami  tmd  Ottes  Eraclius. 


XII. 

8  Der  Kachelofen  dürfte  damals  in  Franken  noch  etwas 
ziemlich  neues  geivesen  sein;  für  das  Wort  haben  ivir  hier 
den  frühsten  Beleg;  z.  Sache  vgl.  Heyne,  Deutsches  Wohnungs- 
wesen S.241. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde  87 

31  krönte  (d.  i.  gekrönte,)  helme  sind  nicht  die  icirk- 
lichen  Kopfbedeckungen  der  Ritter,  die  hier  vielmehr  kezzel- 
hute  heissen  (V  40),  sondern  die  Helme  des  Adelswappens:  es 
scheint,  dass  ftn-moch  auf  vornehmen  Rang,  nicht  mehr  auf 
Kriegstüchtigkeit  Wert  gelegt  wird. 

36  versteh  ich  nicht. 

46  Die  bade  waten,  mit  denen  nach  dem  Spott  des  Dichters 
die  Kesselhüte  innen  ausgestattet  sein  sollen,  weiss  ich  7iicht  zu 
deuten.  Gilt  dem  König  schon  der  Versuch,  den  Druck  des 
Eisenhelms  durch  ein  netzartiges  Futter  (wate  ^.Zugtietz'^)  ah- 
zuschicächen,  als  verweichlichend  und  schimpflich? 


88 


Edward  Schröder 


Wortliste. 


Wörter,  die  in  den  Anmerkungen  besproclten  sind,  hah  ich  mit  einem  *  versehen; 
solche,  für  welche  der  König  vom  Odenwalde  die  einzigen  oder  die  frühsten  tnhd.  Belege  zu 
bieten  scheint,  sind  durch  Sperr  druc  k'  ausgezeichnet.  Die  Mehrzahl  der  Wörter  wird 
hier  nur  als  Beitrag  zum  altdeutschen  Lexikon  aufgeführt. 


ader  f.  Sehne  1 111.  126. 
afterreif  m.  Hinterriemen 

1149.  VI  71. 
agen  fplur.  zu  agen  m.)  Spreu 

V155. 
anke  f.  Butter  II  73. 
armleder  n.  1114. 
arsdarm  m.  1  225. 

bache  swm.  Schi?iken,  Speck- 
seite V  19. 

badeMt  m.  f von  Stroh)  V59. 

*badewate  f.  fim  Kesselhut) 
XII  46. 

*bambast  m.  I  166.  V  175. 

bastede  II 131. 

begen,  sich  (m.  gen.  d.  Sache) 
sich  abgehen  mit,  ernähren 
von  I  88.  VI  15.  151;  (m. 
präp.  mit)  XI  10. 

beingewant  n.  I  114. 

beltzbaum  m.  frisch  gepfropf- 
ter Baum  V  1 24. 

bemeren  sivv.  =  bemeren 
III  35. 

berat  m.  VIII  12. 

bestehaubt  n.  II  269. 

blaterspil  n.  Spiel  auf  dem 
Ludelsack  III  77. 

*blazzen,  die  (=  blassen  ?) 
II 14. 


breter  =  brätaere  II  218. 

brustleder  n.  177. 

buckeler  m.  Schild  mit  Buckel 

126.  V63.  1X59. 
bulge  f.  Tasche,  Sack  I  95. 
butern  Z'.  I  21  u.  ö. 

c  vgl.  k. 

diech^^.  diehe  n.  Oberschenkel 

III 15,  dazu: 
diehe-veder  f.  III  8 1 . 
dol  =  täl    aus  tälanc    heute 

II 163. 

eiermuos  7i.  II 109. 
erne  f.  V  110;  ein  nuwe  erne 
=  eine  junge  Brut  II  152. 


f  vgl. 


V. 


galrei  =  galreide  f.   Gallerte 

1X26. 
gegenleder  n.  I  151. 
*gehürwe  7i.  Kot,  Abfall  (Ein- 

gewäde?)  II 194. 
gelimphen  swv.   c.  dat.  pers. 

eine7n  etwas  nachsehen    X 

119.121. 
gelebte    milich     „coagulum" 

111. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde 


89 


*gellecht  aclj.  mit  Gallen, 
Geßchwülsten  behaftet  X  76. 

gestürtzet  eier  II 148. 

geteling  m.  jtmger  Bursch 
II  235. 

geteilte  n.  Spielerei,  Possen 
III 10. 

getünge  «.  Du)ig,  Mist  1226. 

getzen  s^cv.  gackern  (der  Hüh- 
ner) II 50. 

gefug  m.  Schicklichkeit,  was 
einem  zukommt  X40. 

gewer  (gewaere)  aclj.  zuver- 
lässig, haltbar  IX  60. 

*glocke  f.,  guote  g.  en  lüten 
14. 

grakolikin  n.  ein  niederrhein- 
isches Hefeyigebäck  V  129, 
vgl.  niederländ.  krakeling, 
Kringel,  Bretzel. 

gutzen  sicv.  vom,  Rufe  des 
Kuckucks  II 39. 

hamme    f.     Hinterschenkel, 

Schinken  1X45, 
helms-liorii  n.  I  77. 
hirnwurst  f.  II 106. 
huUe   f.     Ueberkleid,     Mantel 

ni20.  III  75. 
hurt  f.  Flechtwerk  (über  eitler 

Wolfsgrube)  III  59. 
hüt  m.   Ueberzug  1  75. 
Lutten  stüv.  V  195. 


ispe    (yspe) 
VII 126. 


7n.    Ysop   V38. 


jochrieme  m.  185. 
jungen  sicv.  refl.  gebären  VI  81 . 

*kaclielmutze  (f.)  ?  II  109. 
*kachelofen  m.  XII  8. 
kalbes-krose  n.  I  179. 
*karten  sicv.  VII  33. 
*keffech  n.  V  153. 


*kemmenate  f.  ?  III 19. 

kezzelllüt  1 129.  XII 40. 

kilber  f.  Mutterlamm  VI  42. 

kleib  m.  Lehm  zum  kleiben 
V73. 

knuz  adj.  keck,  munter  1 177. 
II 150. 

*kolliopfe  sicm.  II  68. 

coopertur  f.  Pferdedecke,  Scha- 
bracke VI  141. 

koete  f.  Knöchel  (als  Würfel) 
I  156;  vgl.  Deutsches  Wörter- 
buch V  1885. 

kotze  f.  Korb,  Rückenkorb 
X77. 

krepfelin  7i.  n  131.  1X39. 

krye  f.  Kampfgeschrei  1 18. 

*kronte  helme  XII  35. 

krose  n.  U12i.  VI  89. 

*küri(n)  ?  1115. 

kursenbelz  m.  VI  54. 

*k&tel  ?  VI  100. 

langseime  adv.  IV  20. 

lazen  (einem)  zur  Ader  lassen 

IV  14. 
leberwurst  f.  IX  16. 
[lederjgurt  m.  1  151. 
*Hmel  =  limbel  n.  ?  1 165. 
Udem  sicv.  I  78. 
louben  =  erlouben  VI  4. 
lunel  ?  vgl.  limel. 
lütten  SICV.  (=  lüten)  voti  der 

Stimme  des  Esels  V  32. 
luwen  swv.    (=  lüejen)    vom 

Rindvieh  V32. 

materaz  n.  VI  111. 
mau  wen  =  maejen  V  78. 
melm  m.  Staub  1190;    meta- 

phor.  Turnier  V  186.  IX  64. 
mezzers-haft  m.  I  66. 
morcbe  f.  II  139. 
mursal  n.    I  25.  37;     mursel 

III  14. 


90 


Edward  Schröder 


nadelkar  n.  Nadelbüchschen 

III  H9.  V  164. 
*nahtliün  n.  II  271. 
iiauwen  =  nsejen  III  50. 
*nelisten  ?  IX  65. 
note     adv.    notgednmgen, 

schiverlich  VI  138.  VIII  68. 
nuz  f.  nussförmige  Vertiefimg 

im   Schafte    der   Armbrust 

III 53. 

ofenwisch  m.  V  80. 

peterlin  n.  Petersilie  II  161. 

IX  86. 
*pfaffensnitz  m.  III  17. 
phankuchelech     dem,    plur. 

kleine  Pfannkuchen  II  82. 
pfeffersag  m.  I  199. 
*pfül  für  pfulwe  I  132. 

reizzel  7n.  Lockspeise  III  82. 

remen  (=  rsemen)  stcv.   stre- 
ben, trachteyi  I  211. 

rihten  siüv.  zufriedenstellen, 
bezahlen  IV  47. 

rintfleisch-brate  m.  135. 

*rösch  adj.  II.  256. 

ruckin  adj.  von  Roggen  V  17, 

rüzen  swv.  scJinüffeln,  wühlen 
1X24. 

*saltzkarb  m.  V  96. 
sat  (=  sät)  f.  plur.  säten  V  77. 
saumner  m.  ==  soamsere  I  75. 
sauwen  sivv.  =  ssejen  V  77. 
Schalken  siüv.  betrügen  VI  30. 
schapal  n.Y  183 ;  schapel  V 65. 
schart  m.  Pfanne  II 133. 
schaub  m.  Strohwisch,  -bündel 

V14. 
schaubelin  7i.  V  71. 
schaubin  adj.  von  Stroh  V  58. 
schepeler  m.  Schlüterkleid  der 

Mönche  und  Nonnen  VI  6 1 . 


schonez  brot  n.   Weizenbrot 

V17. 
schribestül  m.  V  61. 
schüchworchter  m.  IX  75. 
schuldere  m.  Gläubiger  IV  46. 
sete  f  Korb  V  179. 
*silhalsen  ?  I  83. 
slape,  slappe   f.    beutelartiger 

Ansatz  einer  Kopfbedeckung 

III  63.  XLI37. 
smerleib  m.  Laib  Speck  oder 

Schmalz  IX  55. 
speclin  n.  kleines  Stück  Speck 

1X51. 
spmnel  f.  Spindel  V  72. 
spülen  stüv.  III  74.  VI  29. 
stallen  swv.  harnen  (vom 

Pferde)  VI  85. 
steinboge   siom.    Bogen    zum 

schleudern  von  Steinen   III 

70. 
ster  swm.  Widder  VI  147,  vgl. 

zu  VI  42. 
stigleder  n.  I  149. 
stirken  swv.  =  sterken  II  119. 
stival  m.  II  127. 
stoz  m.  im  Hut:  Futter  V 135. 
strelere  m.  Kamm  1 45. 
strobank  f.  V  157. 
stülen  swv.  Sitze  bereiten  V  1 93. 
suffelin  7i.  Tränklein  II  90. 
suknie  f.  VI  66. 
sün  m.  Sühne  X44. 
surkat  m.  VI  65. 
*s wachen  sicv.  IV  37. 
sweiz  m.  Blut  (geschlachteter 

Schiveine)  IX  15. 
swere  sicm.  der  Schwörer 

XI  42. 

taphart  m.  VI  60. 
*tenisch  (leder)  VI  56. 
*tischen  sicv.  V  193. 
*turmen  sicv.  =  tirmen  „ter- 
minare"  ?  V  137. 


Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde 


91 


tutzen  siüv.  zum  Schweigen 
bringen,  verschiveigen  II 110. 

uherig  adj.  übennässig  V171. 

überlast  f.  II 153,^^-  — 

urdriitze  stm.'fVerdruss,  Ekel 
IV  10. 

üsel/l  Aschenstmibchen  V  115. 

falkenhube  f.  I  113. 
*valwen  swv.  II 35. 
vederlese  simn.  Federleser, 

Schmeichler  VIII  85. 
venstersohübel  m.  Fensterladen 

V134. 
verlorne  eier  II  86. 
vermutet    werden    zu    milde 

werden  VIII  87. 
vermuchen  sivu.  unterschlagen, 

verschweigen  I  79. 
verstozen  swv.  (Flaschen)  zu- 
stopfen  (oder   verpacken   ?) 

V86. 
vidern  swv.  III 40. 
vingerhüt  m.  (aus  Leder)  I  93. 
flegelhüt  m.  lederner  üeber- 

zug  des  Dreschflegels  131. 


*fleme  f.  1212. 

fregen  swv.  =  fragen  X  6S.. 

XII  35. 
*vurbinde  f.  1X65. 
furbuge  n.  1 150. 
f&rfüz  m.  Socke  I  73. 
fütervaz    w.   Futteral    I  101. 

VI  105  (von  Leder);    V  56 

(von  Stroh). 

wapenhent schuh  m.  1 115. 
watmal  (wotmol)  n.  grobes 

Wollenzeug  II 269. 
watmenger  m.  Tuchhändler 

VI  35. 
watsack  m.  VI  105. 
*wenstelin  n.  II 136. 
wiberin  f.  =  Weberin  HI  74. 
wintbant  n.  Hundeseil?  1 113. 
wollensleher-snür  f. 

VI  95. 

*zaumgetilz  n.  ?  I  168. 
zein  m.  Pfeilschaft  III  40. 


92       Edward  Schröder,     Die  Gedichte  des  Königs  vom  Odenwalde 


Nachträge  zur  Einleitung. 


Die  lange  Verzögerung  des  Druckabschlusses  ermöglicht 
es  mir,  hier  noch  zwei  Notizen  nachzutragen. 

Zu  S.  3 :  Zur  Sprache  des  Königs  vom  Odenwald  vgl. 
jetzt  auch  Zeitschr.  f.  d.  Alt.  44,  290.  305:  K.  Zwierzinas 
Bemerkungen  über  die  e- Reime. 

Zu  S.  12  f.:  inzwischen  ist  das  Gedicht  „Von  dem 
Übeln  Weibe"  (Germania  23,  305)  von  K.  Euling  in  seinen 
„Studien  über  Heinrich  Kaufringer"  (Breslau  1900)  S.  24 
schon  für  die  litterarische  Nachwirkung  des  Königs  vom 
Odenwalde  ins  Feld  geführt  worden!  Um  so  nachdrück- 
licher sei  hier  wiederholt,  dass  sich  dies  Stück  nur  durch 
eine  Unachtsamkeit  v.  Bahders  unter  die  echten  Gedichte 
eingeschlichen  hat. 


Druck  der  L.  C.  Wittich'schen  Hofbuchdruckerei,  Darmstadt. 


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Druck  der  L,  C.  Wittich'scheii  Hof  buchdruckerei,  Darmstadt, 


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