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Full text of "Die Gesammtliteratur Niederlands, oder, Leben und Wirken der holländischen Schriftsteller seit dem dreizehnten Jahrhundert bis auf unsere Zeit"

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Die 


fiesammtliteratur  Niederlaflds, 

oder 

Leben  und  Wirken  der  holländischen 
Schriftsteller 

seit  dem 

dreizehnten  Jahrhundert  bis  auf  unsere  Zeit. 


Für  Deutsche^ bearbeitet 


von 


Dr.  Friedrich  Otto. 


Hildburgljausen,  Amsterdam  und  Philadelphia. 

Vorlag  des  bibliographischen  Instituts. 
1838. 


w%. 


VreemUling!    dat  stipje  —  ja,  dat  is  ona  Neörland! 
Klein  is  't,    maar   rijker  nog  daii  heel  Europa; 
Rijker  ia  wijzen ,    in  staatsliän  en  lielden, 
Rijker  ia  dichters  ,    die  de  ed'len  bezingen. 

Spandaw. 


Vorrede, 


Bei  Bearbeitung  dieses,  die  Gesammtliteratur  der  Niederlande  umfas- 
senden Werkes  ward  die  Literärgescliichte  von  N.  G.  Van  Kampen 
zu  Grunde  gelegt.  Dasselbe  ist  für  Gelehrte  aller  Fächer,  für  Biblio- 
theken und  Freunde  der  Literatur  bestimmt.  Es  enthält  gegen  drei- 
zehnliundert  niederländische  Sclmftsteller  mit  ihren  Biographien, 
nebst  Angabe  der  literarischen  Verdienste  inid  Werke  derselben,  so 
wie  die  Quellen,  aus  welchen  diese  Nachrichten  geschöpft  sind.  Bei 
jedem  Artikel  ist  die  Periode,  in  welche  die  Wirksamkeit  des  darin 
behandelten  Gelehrten  fällt,  mit  römischer.  Zahl  bezeichnet,  zu  wel- 
chem Behuf  sich  eine  kurze  Uebersicht  der  Hauptepochen  der  nieder- 
ländischen Literatur  angegeben  findet.  Hierauf  folgen  die  Hauptregeln 
der  holländischen  Aussprache  in  Beziehung  auf  die  von  dem  Deut- 
schen abweichende  Aussprache  der  hoUäntlischen  Eigennamen. 

Für  den  Werth  des  hier  zu  Grmide  liegenden  Werkes  bürgt  der 
Name  des  berühmten  Verfassers,  der  bereits  früher  als  Herausgeber 
des  Magazins  für  Literatur,  Wissenschaften  und  Künste, 
und  der  mit  Prof,  Tijdeman  herausgegebenen  Mnemosyne,  so 
wie  als  Verfasser  einer  Geschichte  der  französischen  Herr- 
schaft und  der  Niederlande  rühmlichst  bekannt,  sich  dm-ch  seine 


.  1 

Geschichte  der  niederländischen  Literatur,  welche  das 
neueste  und  vollständigste  über  diesen  Gegenstand  erschienene  Werk 
ist,  ein  bleibendes  Verdienst,  nicht  allem  um  sein  Vaterland,  sondern 
auch  uin  die  gebildete  Welt  überhaupt  erworben  hat. 

Wegen  des  grossen  Interesses,  welches  die  gelehrten 
Niederlande  stets  dem  Auslande  einflössten,  das  den  For- 
schungen derselben  in  allen  Zweigen  des  menschlichen 
Wissens  so  unendlich  viel  verdankt,  darf  der  Bearbeiter  des 
vorliegenden,  zur  Bequemlicldieit  des  Nachscldagens  alphabetisch  ge- 
ordneten Werkes,  welchem  derselbe  diejenige  Brauchbarkeit  zu  geben 
bemüht  war ,  die  seinem  Lehrbuche  der  russischen  Literatur  eine  gün- 
stige Aufnalmie  erwarb,  sich  schmeicheln,  durch  Herausgabe  dessel- 
ben eine  von  den  deutschen  Geleluten  längst  gefühlte  Lücke  aus- 
zufüllen. 


Otto. 


IJebersielit 

der 

Hauptepoclieii  der  niederländisclieii  Literatur. 


I. 

Von  dem  Anfang  der  niederländischen  Literatur  bis  zur  burgimdischen 
Herrschaft;   v.  1250—1433. 

IL 

Anfang  der  Gelehrsamkeit  und  Ausartung  der  Sprache,  oder  von  der 
Erfindung  der  Buchdruckerkunst  bis  zur  Errichtung  der  Universität  zu  Leyden; 
V.  1433  —  1575. 

III. 

Blüthe  der  schönen  Wissenschaften  und  Künste,  oder  von  der  Errichtimg 
der  leydener  Universität  bi^  zum  Frieden  von  Münster  im  J.   1648. 

IV. 

Fortschritt  der  Naturwissenschaften  und  zunehmende  Sucht  des  Aus- 
ländischen. 


Hoher  Flug   der  Sprachgelehrsemakeit   und  Arzneikunde   und  Verfall  der 
niederländischen  Dichtkunst;   v.  1713 — 1780. 

VI. 

Wiederaufleben  der  niederländischen  Dichtkunst;   Verbesserungen  in  der 
Theologie  und  Kanzelberedsamkeit;  v.  1780 — 1820. 


Hanptregeln 

der 

holländischen  Aussprache. 


c  lautet  vor  e,    i,  y  fast  wie  ts. 

q     —     —    u  wie  kw. 

A-     —     wie  SS. 

t     ■ —     in  lateinischen  Wörtern  wie  ts. 

M     —     wie  ü. 

ij  (früher  y)  lautet  fast  wie  ei. 

y  lautet  wie  i,  ist  aber  wie  q  und  x  kein  acht  holländischer  Buchstabe. 

z     —      —    s. 

Verdoppelte  Vocale. 

aa  lauten  wie  ein  gedehntes  a. 
ee      —      —    —        —        e. 

uu     —      —    —        —        ü. 


Diphthonge. 

au  lauten 

wie  au. 

ei      — 

—     ei. 

eu      — 

—     ö. 

ie      — 

—  langes  i. 

oe      — 

—      —     u. 

ou     — 

fast  wie  das  deutsche  au. 

ui     — 

wie     eu. 

aai    — 

—      äi. 

aau  — 

—     äü. 

eett    — 

—     eü. 

uoi    — 

—     öi. 

Triphthonge. 

ieu  lauten  fast  wie  iü. 
oei      —     wie  üi. 

Abkürzungen. 

's  steht  anstatt  des,   z.B.  In  's  Gravenhage,  im  Haag. 
*  —       het,    z.  B.  't  Hertogenbosch,  Herzogenbusch. 

'■  —      te,     z.  B.  f  Amsterdam,   zu  Amsterdam. 


A. 


j%.a  (VI.)  *)  —  ...  Van  Der  —  schrieb 
Geschichten:  „des  Krieges  v.  J.  1793", 
„Wilhelm's  V."  und  „der  Statthalter". 

Abrahams^  (IV.)  —  Galenus  — 
geb.  1622  zu  Zierikzee  in  Zeeland,  gest. 
1706,  war  Arzt,  zuerst  1645  zu  Leyden, 
seit  1646  zu  Amsterdam,  und  einer  der 
berühmtesten  der  sog.  Liebesprediger  un- 
ter den  Mennoniten  **).  1648  daselbst  als 
Prediger  dieser  Gemeinde  förmlich  ange- 
stellt, machte  er  mit  s.  Landsmanne,  dem 
namentlich  des  Hebräischen  kundigen  Adam 
Boreel,  Bekanntschaft,  von  welchem  er 
den  damals  sehr  verhassten  Socinianismus 
angenommen  zu  haben  scheint.  Dieser  Um- 
stand veranlasste  einen  Theil  s.  Gemeinde, 
sich  von  ihm  abzusondern  und  eine  eigene 
Kirche  in  einem  die  Sonne  genannten 
Gebäude  zu  errichten ,  während  die  ihm 
Treugebliebenen  sich  in  dem  Lamme  u. 
im  Thurme  versammelten.  Dies  war 
auch  die  einzige  Spaltung,  welche  in  die- 
ser Gemeinde  wegen  der  Lehre  entstand, 
wogegen  hinsichtlich  der  Kirchen  zu  cht 
unendlich  viele  kleine  Unterabtheilungen 
u.  Gemeinden  in  der  damals  sehr  zahlrei- 
chen mennonitischen  Kirchengeselischaft 
existirten;  so  zählte  diese  zu  Haarlem  allein 
14,000  Seelen,  mehr  als  zwei  Dritttheile  der 
gegenwärtigen  Bevölkerung,  und  in  Fries- 
land gehörten  wohl  ein  Dritttheil  der  Ein- 


*)  Die  hinter  den  Nameu  stehenden  röm. 
Zahlen  zeigen  den  Zeitraum  an,  in  vrelchem 
der  Schriftsteller  lebte.  (S.  die  vorangeschickte 
„Uebersicht  d.  Hauptepochen  d.  niederl.  Li- 
teratur".) 

'♦)  Liebesprediger  heissen  Diejenigen, 
welche,  ohne  akademische  Studien  der  Theo- 
logie, die  Bibel  aus  eigenem  Antriebe  eitrig 
studirten  und  dadurch  der  Gemeinde  mit  Un- 
terricht  u.   Erbauung  vorangehen  konnten. 


wohner  zu  derselben.  Uebrigens  war  Ab  ra- 
hamsz  von  untadelhaften  u.  liebenswür- 
digen Sitten  und ,  luigeachtet  s.  geringen 
Vermögens ,  sehr  wohlthätig.  Seine  Schrif- 
ten bestehen,  ausser  der  „Vertheidigung 
s.  Kirchengesellschaft"  (Amst.  1699),  in 
einer ,, christlichen  Sittenlehre",  welche  da- 
mals bei  den  Streitigkeiten  über  Lehrsätze 
wohl  zu  wenig  Beachtung  fand;  in  einer 
„Abhandl.  über  den  vernunftgemässen  Got- 
tesdienst" ;  in  „vierzehn  Reden  über  das 
Gleichniss  von  dem  verlorenen  Sohne"  (wo- 
von die  drei  letzten  nach  s.  Tode  erschie- 
nen) ,  und  in  noch  einigen  kleinen  theolo- 
gischen Aufsätzen.  Das  Studium  der  heil. 
Schrift  war  nicht  allein  s.  Hauptbeschäf- 
tigung, sondern  auch  s.  liebste  Erholung. 
Dieses  Zeugniss  gibt  ihm  der  streng  re- 
formirte,  aber  unparteiische  u.  gemässigte 
De  La  Rue.  (S.  dessen  „Gelehrt.  Zee- 
land", p.  168,  169.) 

Abresch  (V.)  —  ...  —  geb.  1699 
zu  Hessen -Homburg,  gest.  1782,  war 
Rector,  zuerst  zu  Middelburg,  dann  zu 
Zwolle,  und  Herausgeber  „kritischer  An- 
merkungen" zu  Aeschylus  (1743,  1763, 
3  B.),  zu  Thucydides  (1753,  1755), 
zu  Aristänetus  (1744),  und  zum  N. 
Testament.  Ausserdem  schrieb  er  noch 
,,über  des  Heilands  Versuchung  in  der  Wü- 
ste" (1765)  u.  über  „Obadia"  (1757). 

Ackersdijk  (VT.)  —  W.  E.  —  Her- 
ausgeber der  „Beschreibung  des  Dorfes 
Loemel  u.  dessen  Umgebung,  nebst  Nach- 
richt über  den  zur  Vereinigung  des  Rheins, 
der  Maas  u.  der  Scheide  unternommenen 
Nordkanal"  (Nimwegen  1808),  worin  auch 
die  Geschichte  des  durch  die  Infantin  Isa- 
bella  Clara  Eugenia  zur  Ableitung 
des  holländischen  Handels  nach  Brabant 
angelegten  Eugenien  -  Kanals  von 
1626  vorkommt.  Dieses  Werkchen  ward 
durch   die    Trennung    jenes    zum    Gebiete 


3  Adelbold 

von  Herzogenbusch  gehörenden  Dorfes  u. 
durch  die  Aufmerksamkeit,  welche  die  An- 
legung des  genannten  Kanals  erregte,  ver- 
anlasst. 

Adelbold  (I.)  —  ...  —   Bischof  von 
.  Utrecht,  verfasste  im  XI.  Jahrh.  eine  „Le- 
bensbeschreibung Kaiser  Heinrich's  II.*'  u. 
andere  prosaische  Werke    in   lat,  Sprache. 
(S.  Burmann,  Traj.  Erud. ,  p.  1,  2.) 

Adenez  (I.)  —  ...  —  mit  dem  Bei- 
namen Le  Roi  (wahrscheinlich  weil  er 
Wappenkönig  war).  Herzog  Heinrich III. 
von  ßrabant  liess  ihn  in  Musik  u.  Dicht- 
kunst unterrichten.  Er  brachte  mehrere 
Ritterromane  in  französische  Verse,  womit 
er  sogar  s.  Roman  ,,Cleomades"  beginnt, 
der  Robert,  Grafen  v,  Artois ,  gewidmet 
ist,  und  auf  welchen  Fauchet  wegen 
schöner  Gleichnisse  vielen  Werth  legt.  Es 
ist  zweifelhaft,  ob  Adenez  blos  Copist 
Desjenigen  war,  was  Heinrich's  Toch- 
ter, die  sich  1272  mit  Philipp,  König 
V.  Frankreich,  vermählte,  und  ihre  Freun- 
din Bianca  ihm  dictirten,  oder  ob  er 
selbst  Verfasser  dieses  Gedichts  ist. 

Aegfidius  (II.)  —  Petrus  —  v.  Delft, 
einer  der  Freunde  des  Erasmus,  dich- 
tete lateinisch.  Er  betrauerte  in  Versen 
den  Tod  Kaiser  Maximilian's  I.  u.  er- 
klärte das  Remedium  Amoris  von  Ovid. 
Nicht  zu  verwechseln  mit  ihm  ist: 

Aeg^idius  (II.)  —  Petrus  —  v.  Ant- 
werpen, der  v.  i486  —  15S3  lebte  u.  eben- 
falls lat.  Dichter  war,  sich  aber  nicht  über 
die  Mittelmässigkeit  erhob. 

Aeneae  (VI.)  —  ...  —  berühmter 
Mathematiker,  verf.  ein  vortreffliches  ,, Re- 
chenbuch für  die  niederländische  Jugend", 
welches  von  der  Gesellschaft :  „Zum  all- 
gemeinen Besten"  herausgegeben  wurde, 
u.  begleitete  Van  S  winden  nach  Paris 
zur  Regulirung  der  neuen  Maasse  u.  Ge- 
wichte. 

A^ricola  (H.)  —  Rudolf  —  geb.  1445 
zu  Baflo  in  den  Ommelanden,  bildete  sich 
zu  Groningen  u.  Löwen,  ward  daselbst 
mit  21  Jahren  Magister  der  freien  Künste, 
besuchte  hierauf  Frankreich  u.  Italien,  wo 
damals  durch  die  vielen  aus  Konstantino- 
pel geflüchteten  Griechen,  in  Folge  der 
Einnahme  dieser  Stadt  durch  die  Türken, 
die  schönen  Wissenschaften  mit  Macht  wie- 
der aufzuleben  begannen.  Namentlich  ver- 
weilte er  zu  Ferrara  unter  dem  Schutze 
des  Hauses  von  Este,  welcher  Hof  im 
folgenden  Jahrhundert  auch  dem  Ariosto 
und   Tasso    zur  Freistätte  diente.      Bei 


Agricola  4 

Theodorus  Gaza,  einem  jener  Flücht- 
linge ,    lernte    er   griechisch ;-  das    Lateini- 
sche lehrte  er  selbst  (in  Italien!),  u.  fes- 
selte durch  seine  Beredsamkeit  u.  philoso- 
phischen   Kenntmsse    die    Aufmerksamkeit 
aller  italienischen  Gelehrten.     Zwei  Deut- 
sche,   Dirk  V.  Pleiningen,    Staatsdie- 
ner   des    pfälzischen    Kurfürsten,    u.    Jo- 
hann V.  Dalberg^  Bischof  von  Worms, 
wurden   hier   s.  Freunde   u.    hatten  vielen 
Einfluss    auf  s.  späteres  Leben;    denn   als 
er  nach  s.  Rückkehr  einige  Jahre  zu  Gro- 
ningen   den    lehrreichen  Umgang  s.  altern 
Freundes,  Ganzevoort,  genossen  hatte, 
u.  ihm  damals  die  Leitung  der  lat.  Schule 
zu  Antwerpen  angetragen    wurde ,    gab  er 
gleichwohl    einem    fast    gleichzeitigen  Rufe 
nach  Heidelberg,  zu  s.  Freunden,  den  Vor- 
zug.    Hier  stellte  er  die  griech.  Literatiu" 
für  Deutschland  her,    und   trug   ungemein 
viel  zur  Bildung    des  Geschmacks    für   die 
Alten  bei,  die  den  Todesstoss  der  Mönchs- 
gelehrsamkeit geben  mussten;  denn  Agri- 
cola  u.    s.   berühmten  Zeitgenossen  lern- 
ten die  alten  Sprachen  nicht,  wie  so  viele 
spätere  Gelehrte,  nur  wegen  der  Wörter, 
sondern    hauptsächlich    wegen   der  Sachen. 
Um  die  Sphäre  s.  Studien   ganz   auszufül- 
len,   lernte    er   nach   dem  Beispiele  Gan- 
zevoort's  noch  in  s.  spätem  Jahren  die 
hebräische    Sprache   von    einem  Juden ,   u. 
wandte  sie  zum  bessern  Verstehen  der  heil. 
Urkunden  an.      Er  hielt  auch,   nach    dem 
W^unsche    s.   Freunde,    zur    Abwechselung 
Vorlesungen    in   Worms.      Doch   Deutsch- 
land   konnte   sich   nicht  lange  des  Lichtes 
erfreuen,    das    auf  diese.  Weise,    von   den 
Niederlanden  aus,  sich  demselben  mittheilte. 
Agricola    starb   in  seinem  40sten  Jahre, 
nachdem  er  nur  drei  Jahre    das  Amt  eines 
Professors  bekleidet  hatte.     Seine  Leichen- 
rede ward  von  J  oh.  Reue  hl  in  gehalten; 
der    noch   grössere  Erasmus  verkündete 
s.  Ruhm  (in  Adagio  :  Quid  cani  et  balneo) ; 
ein  Italiener,  Namens  Hermolaus  Bar- 
bar us,  sagte  von  ihm,  dass  Deutschland 
in  diesem  einzigen  Manne  so  viel  Lobens- 
würdiges  vereinigte,    als  Latium    u.  Grie- 
chenland zusammen ;   ein   anderer  berühm- 
ter  Italiener,    Paulus    Jovius,    schrieb 
eine  Lobrede   auf  ihn.      Ungeachtet   man- 
cher Uebertreibungen  S.Freunde  istAgri- 
c  o  1  a  jedoch  als  einer  der  ersten  u.  gröss- 
ten    Wiederhersteller    der    Wissenschaften 
zu  betrachten.     Er  war  auch  lat.  Dichter. 
(Vgl.    s.    Gedichte    mit   denen    von    Dirk 
L  a  u  r  e  n  s  von  Nimwegen    bei  Peerlkamp, 


5  Agylaeus 

„Lebensbeschreib.  niederl.  lat.  Dichter", 
lieber  s.  Leben  u.  ein  \  erzeichniss  seiner 
Werke:  Foppens,  Bibl.  Belgic.  T.  II. 
p.  1079,  1080.  Saxe,  Onomasti  Liter. 
T.  II.  p.  470,  471.  ..Biographien  nieder- 
länd.  Männer  u.  Frauen-'  p.  40  —  51.) 

AgylaeiiS  (II.)  —  Hendrik  —  war 
bemüht,  die  Kenntniss  des  kanonisclien  u. 
Civil -Rechts  aus  dem  Alterthume  zu  schö- 
pfen, übers,  den  Nomo- Canon  des  Pa- 
triarchen Photius  aus  dem  Griechischen 
(Basil.  1561)  und  gab  Justinian's  und 
Kaiser  Leo's  Novellen  (Par.  1560  b.  Ste- 
phan u  s)  heraus.  Er  war  aus  Herzogen- 
busch, musste  jedoch,  als  Vertheidiger  der 
Freiheit,  sich  der  Schwärmerei  s.  Lands- 
leute entziehen  u.  starb  1595  als  Raths- 
herr  zu  Utrecht. 

Aiguillon  (III.)  —  Francjois  D'  — 
aus  Brüssel,  gab  1614  eine  Optica  her- 
aus ,  die  vor  N  e  w  t  o  n's  Zeiten  sehr  ge- 
schätzt \var. 

Aitzeina<  (IV.)  —  Lieuve  Van  — 
friesischer  Edelmann ,  geb.  1660  zu  Dok- 
kum  ,  ging  von  der  Poesie  zur  Politik  über 
u.  ward  Resident  der  Hansestädte  im  Haag. 
Seine  ersten  Werke:  ,. Bericht  der  nieder- 
ländischen Friedensverhandl."  (Lat.  1654) 
u.  „Hergestellter  Löwe,  oder  Discours  über 
das  in  den  J.  1650  u,  1651  (1652)  Vor- 
gefallene" waren  nur  vorausgehende  Pro- 
ben s.  grössern  W^erkes:  „3taats-  und 
Kriegs  -  Angelegenheiten  der  vereinigten 
Niederlande",  w  elches  eine  kostbare  Samm- 
lung von  Staatsdocumenten ,  u.  ausgezeich- 
net ist  durch  Fleiss,  Wahrheitsliebe  und 
Unparteilichkeit  des  Verfassers,  der  ein 
Zeitgenosse  aller  berichteten  Begebenhei- 
ten war  u.  ohne  welchen  die  glänzendste 
Periode  der  niederländ.  Geschichte  (von 
1621  —  1668)  nur  unvollständig  bekannt 
sein  würde.  Dieses  wichtige  Werk  erschien 
im  Haag  v.  1669  —  1672.  7  Thle.  Fol.  u. 
v.  1657  - 1671.  14  Thle.  4. ,  welche  letz- 
tere Ausg.  für  die  vollständigste  gehalten 
wird;  fortges.  v.  Lambert  Sylvius  v. 
1669  bis  zum  Frieden  von  Nimwegen  im 
J.  1679.  Amst.  1685. ;  eine  weitere  B'orts. 
bis  1687,  ebenso  wie  die  v.  Sylvius, 
1  Thl.  Fol.,  scheint  weniger  Werth  zu 
haben.  Competente  Richter  aus  früherer 
u.  späterer  Zeit,  Bayle  sowohl  als  Saxe, 
Pars,  Foppens  u.  Wachler,  vereini- 
gen sich  in  dem  Lobe  des  Aitzema,  der 
von  Männern  aller  Parteien  geachtet  war. 
„Er  war",  sagt  Bayle,  ,.  ein  braver 
Mann,  religiös,    leutselig,  wohlthätig  ge- 


Albinus 


6 


gen  die  Armen  u.  in  der  Politik  wohl  er- 
fahren. Er  sprach  deutsch,  französisch, 
italienisch  und  englisch."  (S.  Bayle, 
Dict.  Art.  Aitzema.  Pars  ,, Namenrolle 
batav.  u.  holl.  Schriftsteller"  p.  113—117. 
Foppens,  T.  II.  p.  813.  Saxe,  Onom. 
T.  IV.  p.  265,  266.  Wachler  „Gesch.  d. 
bist.  Forsch,  u.  Kunst"  I.  Thl.  2.  Absch. 
p.  771,  772.) 

Alberti  (V.)  —  Johannes  —  geboren 
1698  zu  Assen  im  Drenthischen ,  gest.  1762, 
studirte  zu  Franeker  unter  L.  B  o  s ,  und 
erwarb  sich  hierauf  alle  die  Kenntnisse, 
welche  einem  würdigen  Priester  des  gött- 
lichen Wortes  nicht  allein  nothwendig, 
sondern  auch  nützlich  sind.  Von  Homer, 
Xenophon,  Philo,  Josephus  u.  den 
Kirchenvätern ,  so  unentbehrlich  für  die 
Kritik  des  N.  Testaments,  und  von  vie- 
len andern  Autoren  machte  er  Auszüge  u. 
benutzte  sie  zu  der  Ausgabe  des  W  örter- 
buches  von  Hesychius,  wovon  er  den 
ersten  u.  Ruhnkenius,  nach.  s.  Tode, 
den  zweiten  Theil  herausgab.  Wytten- 
bach  (Opusc.  T.  L  p.  562,  563, -627.) 
nennt  ihn  einen  Mann ,  der  unter  den  nie- 
derländischen Theologen  die  grösste  Ge- 
lehrsamkeit im  Griechischen  besass.  1740, 
als  Hemsterhuys  Prof,  d.  Theologie  zu 
Leyden  ward,  hielt  Alberti  daselbst  s. 
Antrittsrede  „  über  die  Verbindung  der 
Theologie  u.  Kritik".  Bereits  1725  hatte 
er  „Observationes  Sacrae  in  N.  T."  her- 
ausgegeben, welche  s.  ausgebreitete  Kennt- 
niss u.  passende  Anwendung  der  profanen 
Schriftsteller  beweisen,  u.  1735  erschien 
s.  ,, Glossarium  Graecum  in  N.  T.  libros". 

Albinusi  (V .)  —  Bernhard  —  ( W  e  i  s  s) 
berühmter  Prof.  d.  Medizin  zu  Leyden, 
wohin  er  1702  von  Frankfurt  a.  d.  O.  be- 
rufen ward,  u.  dessen  Leichenrede  Boer- 
have  1721  hielt. 

Albinus  (V^)  —  Bernhard  Siegfr.  — ■ 
Sohn  des  Vorigen,  geb.  1697,  gest.  1770, 
studirte  zu  Paris  unter  Winsle w  und 
Vaillant  Anatomie  und  Botanik,  ward 
Lector  der  Anatomie  zu  Leyden  und  in 
der  Folge,  nach  dem  Zeugniss  s.  Zeitge- 
nossen, der  erste  Anatom  von  Europa.  Er 
hielt  s.  Antrittsrede :  „de  Anatomia  com- 
parata",  einen  damals  noch  sehr  wenig 
behandelten  Gegenstand,  der  später  Cam- 
per u.  in  unsern  Tagen  Cuvier  unsterb- 
lich gemacht  hat.  Nach  s.  Vaters  Tode 
ward  er  sogleich  Prof.  der  Chirurgie  und 
Anatomie  u.  eröffnete  sein  Amt  mit  einer 
Rede:    „über  die  wahre  Methode  der  Un- 


Albiiius 


Alkemade 


8 


tersuchung  des  menschl.  Körpers".  Hier- 
auf folgten  bald  s.  Beschreibung  des  von 
Rau  dieser  Universität  geschenkten  Ca- 
binets,  mit  dessen  Lobrede  (1725),  die 
Werke  des  Vesalius  nebst  Boerhave, 
die  berühmte  Abhandhmg  „über  die  Kno- 
chen im  menschlichen  Körper"  (1726),  die 
Beschreibung  der  Muskeln  (1734),  die  der 
Adern  u.  Pulsadern,  der  Eingeweide  (1736), 
u.  eine  Abh.  über  die  Farbe  der  Neger 
(1737).  In  demselben  Jahre  begann  er 
mit  der  Abbildung  der  Knochen  s.  grosses 
Werk:  ,, die  Abbildung  u.  Beschreibung  der 
Theile  des  menschlichen  Körpers",  wovon 
der  berühmte  Graveur  Wandelaar  die 
Platten  lieferte.  Beide,  sowohl  Beschrei- 
bung als  Platten  ,  werden  als  Meisterwerke 
betrachtet,  die  Niederlands  Kunst  u.  Wis- 
senschaft zum  Ruhme  dienen.  1744  gab 
A 1  b  i  n  u  s  eine  neue  Ausgabe  u.  Beschrei- 
bung der  anatomischen  Platten  des  ital. 
Arztes  Eustachius,  aus  dem  16.  Jahr- 
hundert, die  zuerst  1712  wieder  aufge- 
funden u.  durch  Lancisi  (doch  mangel- 
haft) herausgegeben  wurden.  Da  diese 
ihm  jedoch,  was  die  Ausführung  betraf, 
nicht  ganz  gefielen,  so  setzte  er  mit  Wan- 
del aar  das  Werk,  wovon  er  in  den  Ab- 
bildungen der  Knochen  eine  Probe  gege- 
ben hatte,  fort,  und  so  erschienen  1747 
s.  noch  nicht  übertroffenen  „Abbildungen 
des  Skelets  u.  der  Muskeln  des  menschli- 
chen Körpers".  Drei  Platten  stellen  das 
Skelet  auf  einem  und  einem  halben  Fuss 
Höhe  vor ,  25  die  verschiedenen  Muskeln 
mit  den  dazu  gehörenden  Knochen.  Al- 
binus  trug  selbst  die  Kosten  dieser  Aus- 
gabe, die  sich  auf  nicht  weniger  als  30,000 
Gulden  beliefen.  1748  gab  er  in  demsel- 
ben grossen  Format  die  Abbildung  der 
Gebärmutter  einer  hochschwangern  Frau, 
1751  die  eines  Fötus,  der  eben  geboren 
werden  soll,  u.  1753  die  der  Knochen  in 
Lebensgrösse,  ebenso  vortrefflich  u.  durch 
denselben  Künstler  besorgt,  heraus.  Von 
1754  bis  1768  erschienen  noch  acht  Bü- 
cher akademischer  Abhandlungen  mit  Be- 
schreibung s.  Präparate ,  u.  1757  eine  Ab- 
bildung der  Chilusröhre.  Albinus 
war,  ungeachtet  dieser  mannigfaltigen  Ar- 
beiten ,  für  die  Anatomie  u.  Chirurgie  ein 
fast  ebenso  grosses  Orakel,  wie  Boer- 
have, dessen  einfachen  Grundsätzen  er 
huldigte,  für  die  Arzneikunde.  Seine  ei- 
gentlichen Entdeckungen  konnten,  nach- 
dem der  Umlauf  des  Blutes  u.  des  Chilus 
in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrb.  gefun- 


den, u.  bei  den  gesammten  Bestrebungen 
der  Anatomen  nicht  sehr  zahlreich  sein, 
aber  er  hat  die  s.  Vorgänger  bedeutend 
vervollständigt,  wie  s.  Annotationes  aca- 
deraicae  beweisen.  Seine  hinterlassenen, 
mehr  ausgewählten  als  zahlreichen  Samm- 
lungen von  Präparaten ,  vereinigt  mit  de- 
nen von  Rau  u.  später  von  Van  D  o  e  - 
veren  (1783),  bilden  das  höchst  ausge- 
zeichnete anatomische  Cabinet  ander 
leydener  Universität,  welches  1820  durch 
den  Ankauf  der  Sammlung  von  Brug- 
mans  fast  noch  verdoppelt  wurde.  (S. 
die  kurze  u.  sachreiche  Eloge  de  Mr.  Al- 
binus in  der  Bibliotheque  des  Sciences  et 
des  beaux  Arts  pour  1771.  T.  XXXVI. 
p.  416  —  465.,  anonym,  aber  wahrschein- 
lich von  Prof.  AUamand,  Collegen  des 
Albinus.) 

Albinus  (IV.)  —  Frederik  Bernh.  — 
jüngerer  Bruder  des  Vorigen,  gest.  1778, 
ward  s.  berühmten  Bruder  1741  als  Le- 
ctor  u.  1747  als  Professor  der  Anatomie 
u.  Chirurgie  zum  Gehülfen  beigegeben,  u. 
nach  dessen  Tode  auch  Professor  der  Phy- 
siologie, deren  damaligen  Standpunkt  er 
in  s.  ausgezeichnet  kurzen  u.  vollständigen 
Schrift:  ,,de  Natura  Hominis"  angab.  Bei 
dem  Antritt  s.  medizinischen  Lehramtes 
behandelte  er  einen  alltäglichen,  aber  wich- 
tigen Gegenstand  :  ,,über  die  Annehmlich- 
keit, den  Nutzen  u.  die  Noth wendigkeit 
des  Spazierengehens". 

Alkemadc  (IV.)  —  Cornelis  Van  — 
geb.  1654  zu  Rotterdam,  gest.  1737,  be- 
schrieb die  Gewohnheiten  des  Mittelalters, 
z.  B.  „das  Kampfrecht"  (1699),  ,,Feier- 
lichkeiten  der  Begräbnisse"  (1713)  u.  „die 
niederländischen  Tischgebräuche "  (1732). 
Ausserdem  gab  er  1699  ,,Melis  Stoke's 
Reimchronik"  u.  ein  Werk  „über  die  Gold- 
u.  Silbermünzen  der  Grafen  u.  Gräfinnen 
von  Holland"  (Delft  1700)  heraus.  Lange 
Zeit  wurde  er  für  den  Verf  der  ,,Reira- 
chronik  Aon  Klaas  Kolijn"  gehalten,  wel- 
ches jedoch  Van  Wijn  widerlegt.  (S. 
dessen  „Histor.  Abendstunden"  p.  142) 
Nach  einem  Briefe  Prof.  Kluit's  an  Prof. 
Te  Water  (in  dessen  „Häuslichem  Le- 
ben" I.  Tbl.  2.  St.)  ist  wahrscheinlich 
Reinier  de  Graaf  der  Verf.  dieser  fal- 
schen Reimchronik.  Dass  Männer,  wie  Van 
Mieris,  Huydecoper,  Wagenaar 
u.  A.,  Alkemaden  für  fähig  halten,  der 
Verf.  derselben  zu  sein ,  ist  ein  glänzender 
Beweis  s.  grossen  Kenntniss  der  niederlän- 
dischen  Alterthümer.      (S.    Van   Wijn's 


9 


Allamarid 


Alphen 


10 


Unheil  über  ihn  in  den  „Histor.  Abendst." 
p.  149.) 

Allainand  (V.)  —  ...  —  aus  Lau- 
sanne, gest.  1787,  war  zuerst  Gouver- 
neur einiger  jungen  Leute  u.  Schüler  des 
grossen  's  Gra  vesande,  dann  1747  Pro- 
fessor zu  Franekcr  und  1749  zu  Leyden. 
Er  bereicherte  die  Beschreibung  der  Vö- 
gel Buffon's  (in  der  hoUänd.  Ausgabe 
des  grossen  Werkes  desselben)  mit  vielen 
wichtigen  Anmerkungen,  grösstentheils  aus 
der  reichen  Sammlung  des  Statthalters, 
welches  auch  der  französische  Verf.  dank- 
bar anerkannte.  Dieses  Cabinet  hatte  da- 
mals einen  sehr  geschickten  Aufseher  in 
Vosmaer,  der  verschiedene  Gegenstände 
desselben  der  Welt   bekannt  machte. 

Allard  (IL)  —  ...  —  aus  Amster- 
dam, gest.  1544  zu  Löwen,  ohngerähr  50 
Jahre  alt ,  war  ein  für  s.  Zeit  gelehrter 
Theolog,  aber  sehr  erbittert  gegen  die 
Protestanten.  Er  scheint  in  einiger  Hin- 
sicht dem  Muster  u.  der  Lehrvveise  Rud. 
Agricola's  gefolgt  zu  sein,  aber  wenig 
Geschmack  zu  besitzen,  wie  s.  auf  sich 
selbst  verfertigte  Grabschrift :  Tota  tegit 
tellus,  «jui  tellus  tota  vocatur,  beweist. 
(S.  Verzeichn.  s.  Werke  bei  Foppens  V. 
I.  p.  38,  39.  Wagenaar,  Amsterdam, 
IIL  Thl.  Fol.   p.  196,  197.) 

Almeloveen  (IV.)  —  Theodoor 
Jansz.  Van  —  geb.  1657  zu  Mijdrecht, 
1697  Prof.  d.  schönen  Wissenschaften  und 
1702  der  Medizin  zu  Harderwijk,  gest. 
1712,  gab  1705  die  „Fasti  Consulares",  den 
Strabo,  Celsus  (1687),  die  Aphorismen 
des  Hippokrates,  den  Coelius  Au- 
relianus  (1709)  u.  die  Briefe  des  Ca- 
saubonus  (1709)    heraus. 

Alphen  (VI.)  —  Hieronymus  Van  — 
geb.  1746  zu  Gouda,  1768  Dr.  d.  Rechte 
zu  Leyden,  dann  Procureur- General  bei 
dem  Gerichtshofe  von  Utrecht,  hierauf 
Pensionär  von  Leyden  u.  endlich  Rath  u. 
Thesaurier- General  der  Union,  ward  1795 
bei  dem  Einfall  der  Franzosen  s.  Amtes 
entlassen  und  lebte  seitdem  im  Haag.  Ei- 
ner der  vorzüglichsten  Dichter  seit  dem 
Wiederaufleben  der  niederländ.  Dichtkunst, 
zeichnete  sich  Van  Alphen  auch  als  Psy- 
cholog, Moralist,  Jurist,  Theolog  u.  Kunst- 
kenner aus.  Schon  1771  u.  1772  erschie- 
nen „Proben  erbaulicher  vermischter  Ge- 
dichte" von  ihm,  in  Verbindung  mit  dem 
haarlemer  Pensionär  P.  L.  Van  De  Ka- 
steele;  hierauf  folgten  1777  „Gedichte 
u.  Betrachtungen",  1779  „Niederländische 


Gesänge",  1781  s.  „Kleinen  Gedichte  für 
Kinder"  (die  viele  Auflagen  erlebten  und 
in  Alier  Händen  sind)  ;  dann  s.  „vermisch- 
ten Aufsätze  in  Prosa  u.  Poesie,  mit  Ge- 
sängen der  Liebe,  und  Cantaten"  (z.  B. 
,,die  Schlacht  auf  Doggersbank",  welche 
die  reinste  Liebe  zum  Vaterlande  athmet, 
vor  allen  aber  „der  Sternenhimmel" ,  der 
das  Herz  mit  Zauberkraft  ergreift),  wel- 
che letztere  unübertroffen  sind.  Van  Al- 
phen ist  der  Schöpfer  dieser  Art  nieder- 
länd. Gedichte.  Nach  einer  langen  Pause 
erschienen  (1801  u.  1802)  s.  „Proben  von 
Liedern  u.  Gesängen  für  den  öffentlichen 
Gottesdienst",  von  welchen  einige  in  die 
kurz  dai-auf  herausgekommenen  „Evange- 
lischen Gesänge  für  die  reformirte  Kirche" 
aufgenommen  sind.  —  Um  Van  Alphen 
als  Dichter  beurtheilen  zu  können,  muss 
man  ihn  als  Menschen  u.  als  Kunstkenner 
betrachten.  Schon  von  Jugend  auf  war 
er  eifrig  der  Lehre  s.  Kirche  zugethan, 
schrieb  1775  eine  Vertheidigung  einiger 
Lehrsätze  der  protestantischen  Religion 
gegen  Eberhard,  und  legte  1786  die 
„Grundsätze  s.  Glaubensbekenntnisse.s"  dar; 
s.  „Christlicher  Zuschauer",  s.  Werkchen: 
„Predigt  das  Evangelium  allen  Wesen,  eine 
Staatsmaxime  im  Reiche  der  Wahrheit  u. 
Tugend"  (1802),  und  sogar,  in  gewissem 
Sinne,  s.  „Anzeige  der  Trefflichkeit  des 
Moses  als  Gesetzgeber  über  Solon  u.  Ly- 
kurg", zeugen  von  s.  Eifer  für  das  Reich 
der  Wahrheit  u.  Tugend,  der  ihn  Chri- 
stus u.  Christenthum  als  den  Mittel- 
punkt der  menschlichen  Wissenschaften  be- 
trachten lässt.  Diese  religiöse  Gluth  be- 
seelt ihn,  er  mag  die  Offenbarung,  die 
Natur,  die  Liebe  oder  das  Vaterland  be- 
singen. Stets  findet  er  den  Grundton  für 
s.  Lied  in  s.  Herzen ,  und  dieser  mit  dem 
Höchsten  n.  Heiligsten  verwandte  Ton  löst 
sich  in  entzückende  Accorde  auf.  Was 
ihn  von  Trip  u.  andern  Dichtern  der  vo- 
rigen Periode,  denen  sich  religiöses  Ge- 
fühl nicht  absprechen  lässt,  unterscheidet, 
ist  Kunstgefühl  u.  Geschmack.  Zu 
den  Lieblingsgegenständen  s.  Studiums  ge- 
hörte die  Aesthetik.  Bereits  1778  gab  er 
den  ersten  u.  1780  den  zweiten  Theil  ei- 
ner Bearbeitung  von  Riedel's  ,, Theorie  der 
schönen  Künste  u.  Wissenschaften"  heraus, 
worin  sich  bei  grosser  Belesenheit  überall 
feiner  Geschmack  u.  strenge  Kritik  zeigen. 
(S.  s.  „Briefe  an  Hrn.  Perponcher"  1779.) 
Diesem  Werke  folgten  zwei  Abhandlungen: 
„über  die  Mittel  zur  Verbesserung  der  nie- 


11 


Alting 


Anslo 


12 


derländisclien  Poesie  und  über  das  Ange- 
borne in  der  Poesie".  —  Fassen  wir  Van 
A  l  p  h  e  n '  s  Verdienste  kurz  zusammen ,  so 
finden  wir,  dass  er  es  war,  der  s.  Lands- 
leuten zum  Theil  die  Höhe  zeigte,  auf 
welcher  sich  damals  die  deutsche  Poesie 
(unter  Geliert  u.  Klopstock)  befand ; 
dass  er  die  Cantate  zu  einer  nie  gekann- 
ten u.  nie  wieder  erreichten  Höhe  brachte, 
den  rechten  Ton  den  vaterländischen  Ge- 
sängen (wie  z.  B.  auf  den  Tod  Prinz  Wil- 
helm's  I.)  wiedergab,  in  dem  religiösen 
Liede  Wärme  des  Gefühls  u.  Stärke  der 
Phantasie  mit  reinem  Geschmack  zu  verei- 
nigen wusste,  während  s.  biegsamer  Geist, 
der  in  dem  Sternenhimmel  Stoff  zu  den 
erhabensten  Betrachtungen  gab,  u.  worin 
er  das  Herz  durch  Beschauung  des  Unend- 
lichen im  Räume  (in  der  ,, Hoffnung  der 
Seligkeit"  besang  er  das  Unendliche  in 
der  Zeit)  zum  höchsten  Enthusiasmus  und 
zur  kühnsten  Hoffnung  hinreisst,  auch  fass- 
lich u.  angenehm  für  das  vierjährige  Kind 
zu  dichten  verstand :  Verdienste ,  die  so 
gross  sind,  dass  sie  den  Namen  Van  Al- 
phen's  bei  allen  Freunden  der  Poesie  u. 
Religion  verewigen.  ( S.  W.  Geysbeek 
„Biogr.  Anthol.  u.  Krit.  W.  B."  I.  Th. 
[der  Sternenhimmel],  p.  23  —  28.)- 

Altin§^  (IV.)  —  ...  —  geb.  1618  zu 
Heidelberg,  gest.  1679,  Prof  der  oriental. 
Sprachen  zu  Groningen,  ward  der  Frei- 
denkerei  beschuldigt.  (Vgl.  Maresius 
u.  Voetius.) 

Amandus  (IT.)  —  ...  —  von  Zierik- 
zee,  Professor  zu  Löwen,  schrieb:  ,,Chro- 
nicon  e  mundi  exordio  ad  ann.  1534", 
Antw.  1534,  welches  Werk  er  den  „Pro- 
birstein  und  die  Jagd  nach  historischer 
Wahrheit"  nannte. 

Amersfoordt  (VI.)  —  Jacob  — 
gest.  1824,  ein  Schüler  van  der  Palm's, 
Professor  (1816)  der  orientalischen  Sprachen 
zu  Harderwijk,  (1820)  der  Theologie  zu  Fra- 
neker,  war  ein  ausgezeichneter  Orientalist, 
dessen  Dissert.  inaug. :  de  Variis  Lectioni- 
bus  Holmesianis  Locorum  quorundam  Pen- 
tateuchi  Mosaici  (1815)  ein  wichtiger  Bei- 
trag zur  txeschichte  der  Kritik  der  Ueber- 
setzungen  des  A.  Testaments  ist. 

Ampzing  (HL)  _  . . .  —  Prediger 
zu  Haarlem,  gab  eine  „Beschreibiuig  von 
Haarlem",  der  er  einen  „niederländischen 
Sprachbericht"  beifügte. 

Anastasio  (III.)  —  Olivarius  a  St. 
—    (oder   De  Crock),    gest.    1674,    ein 


brabanter  Dichter  des  17.  Jahrb.,  schrieb 
„lehrreiche  Gespräche  der  Thiere". 

Andreas  (HI.).  —  Valerius  —  geb. 
1588  in  dem  Dorfe  Desschel  in  Brabant, 
gest.  1656,  studirte  griech.  u.  lat.  Litera- 
tur zu  Antwerpen,  ward  1612  Prof.  der 
hebräischen  Sprache  zu  Löwen ,  1628  der 
Rechte  u.  1638  Bibliothekar  daselbst,  gab, 
ausser  einer  Ortsbeschreibung  der  Nieder- 
lande, mehrere  kleinere  literarische  Werke 
heraus,  begründete  aber  s.  Ruhm  durch 
s.  Literargeschichte,  betitelt  „Bibliotheca 
Belgica"  (1623,  1643  zu  Löwen  4.),  wor- 
in er  die  berühmten  Niederländer  bis  auf 
seine  Zeit  und  ihre  Schriften  durchgeht. 
Fran9ois  Sweerts  beschuldigte  ihn  des 
Plagiats,  doch  mit  Unrecht,  da  s.  Athe- 
nae  Belgicae  1628,  also  5  Jahre  später 
erschienen,  vielmehr  findet  diese  Beschul- 
digung gegen  Erstem  Statt.  Andreas 
rächte  sich  durch  eine  um  die  Hälfte  ver- 
mehrte Ausgabe ,  welche  die  Grundlage 
des  ausführlichen  Werkes  von  Foppens, 
das  im  18.  Jahrh.  erschien ,  bildete.  Wie 
parteiisch  auch  gegen  die  Protestanten 
abgefasst  und  viele  Schriftsteller  von  ge- 
ringem Verdienste  enthaltend ,  ist  jedoch 
diese  Literargeschichte,  besonders  für  die 
südniederländischen  Provinzen ,  unschätz- 
bar. 

Andreas  (III.)  —  Willem  —  von  Ant- 
werpen, Botaniker. 

Ang'e  (VI.)  —  Jeau  Teyssedre  L'  — 
Prediger  der  französ.  Gemeinde  zuerst  zu 
Haarlem ,  dann  zu  Amsterdam ,  machte 
sich  durch  s.  im  Februar  1808  gehaltene 
„Lobrede  auf  Sebald  Fulco  Johannes  Rau" 
bekannt,  der,  zwei  Monate  früher  gestor- 
ben ,  s.  Freund  und  College  war.  Diese 
Rede,  welcher  Bild  er  dij  k  einen  Trauer- 
gesang auf  diesen  grossen  Kanzelredner 
folgen  Hess,  ist  als  Werk  der  Beredsam- 
keit, so  wie  als  Beitrag  zur  Literarge- 
scliichte  von  Wichtigkeit. 

Anslo  (IV.)  —  Reinier  —  geb.  1622 
zu  Amsterdam ,  nahm  in  Italien ,  wohin  er 
sich  1649  begab,  den  katholischen  Glau- 
ben an ,  ward  vom  Papste  mit  einer  gol- 
dnen  Medaille  u.  von  der  Königin  Chri- 
stine von  Schweden  mit  einer  goldnen 
Kette  beehrt,  und  starb  1669  zu  Perugia. 
Vondel  nennt  ihn  einen  Dichter  von 
„zierlicher  Nettigkeit".  Unter  s.  frühem 
Gedichten  zeichnet  sich  die  „Pariser  Blut- 
hochzeit" aus.  Die  Charaktere  desselben 
sind  gut  gezeichnet  u.  die  Leidenschaften 
meisterhaft   in  Bewegung  gesetzt.     Anslo 


13 


Aiitoiii 


Autonides  Van  Der  Goes  14 


schien  traurigen  und  düstcrn  Sujets  den 
Vorzug  zu  geben;  so  ist  s.  Gedicht:  ,,Die 
Pest  zu  Neapel",  voll  von  Schilderungen, 
die  das  Haar  sträuben  machen ,  und  dabei 
für  den  Gegenstand  zu  weitläuftig.  Ausser- 
dem besang  er  heilige  Gegenstände, 
wie  z.  B.  den  Märtyrer  Stephanus,  u. 
verfasste  eine  Anzahl  von  77  biblischen 
Randglossen.  Vornehmlich  auf  diese  bezieht 
sich  das  schöne  Gedicht  von  Brandt: 
„Auf  das  Dichten  von  R.  Ansio".  Seine 
Poesien  erschienen  1713  zu  Rotterdam  von 
J.  De  Haes,  und  enthalten,  ausser  den 
genannten ,  noch  eine  Menge  vermischter 
Gedichte,  z.  B.  Siegestempel  für  Fried- 
rich Heinrich,  Lobgedichte  auf  Chri- 
stine V.  Schweden,  auf  den  Frieden 
zu  Münster,  das  neue  Amsterdamer  Rath- 
haus  u.  s.  w. ,  Geburts-,  Hochzeits-  und 
Leichengedichte  (auf  Hooft,  Van 
Baerle,  Vossius  u.  Mazarin,  letzte- 
res lateinisch,  äusserst  bitter). 

Antoni  (iL)  —  ...  —  Verf.  einer 
ungedruckten  Chronik  der  Niederlande  bis 
auf  Philipp  den  Guten,  welche  mehr 
als  1100  J.  umfasst  u.  eine  Menge  Urkun- 
den enthält. 

Antonides  Van  Der  Ooes  (IV.)  — 
Joannes  —  (eig.  Jan  Antonisz),  geb. 
1647  zu  Goes  in  Zeeland.  Vier  Jahre 
später  Hessen  sich  s.  Eltern  zu  Amsterdam 
nieder.  Schon  frühzeitig  zeigte  er  Nei- 
gung zur  Dichtkunst,  wollte  jedoch  zuerst 
die  lateinische  studiren,  bis  Vondel's 
Ruhm  ihn  zur  holländischen  antrieb.  V  o  n- 
del  entlehnte,  um  ihn  anzufeuern,  einige 
Regeln  aus  dessen  erstem  Werke  von  Be- 
deutung, dem  Trauerspiele  „Trazil,  oder 
das  überrumpelte  Sina",  einem  Werke 
von  Geist,  das  aber  wild  und  ungeregelt 
ist,  und  worin  unter  Andern  ein  Erzprie- 
ster der  Sinesen  vorkommt,  der  den  Kai- 
ser gegen  zwei  Christen  warnt,  nach  dem 
Beispiel  von  Montezuma,  Atabaliba, 
und  die  ganze  Geschichte  von  Mexiko  und 
Peru,  die  er  dem  Kaiser  erzählt.  Mit  20 
Jahren  gab  er'  s.  „Bellona  an  Bart",  ein 
Gedicht  auf  den  Frieden  von  Breda  im 
J.  1667  heraus,  welches  besonders  durch 
glänzende  Einbildungskraft  und  ausseror- 
dentlich fliessendes  Versmaass  ausgezeichnet 
ist,  worin  aber  zu  viel  Gebrauch  von  der 
alten  Götterlehre  gemacht  ist,  welche  ein 
solcher  Gegenstand  höchstens  nur  in  Ver- 
gleichungen  duldet.  Antonides,  durch 
den  allgemeinen  Beifall  angeregt,  beschloss 
jich  noch  in  einem  andern   vaterländischen 


Gegenstande  zu  versuchen  und  wählte  da- 
zu den  Ijstroni,  der  damals  Amsterdam 
die  Schätze  aller  Welttheile  zuführte.  Die- 
ses Gedicht  ist  eines  der  besten,  welches 
die  Niederländer  in  der  beschreibenden 
Gattung  besitzen.  Wie  lebendig  ist  in 
dem  ersten  Buche  die  Beschreibung  der 
Gebäude  längs  des  Ij !  Wie  mannigfaltig, 
neu  und  kräftig  sind  die  Bilder!  Wie  be- 
seelt der  Dichter  Alles,  was  er  berührt! 
Wie  wird  ihm  Alles  Stoff  zur  Verherr- 
lichung des  Vaterlandes !  Wie  betrauert 
er  (bei  dem  Anblick  des  westindischen 
Hauses)  den  Verlust  Brasilien's,  der  kaum 
durch  Eroberungen  im  Osten  wieder  er- 
setzt wird  !  W  ie  verherrlicht  er  (im  2ten 
B.)  die  niederländische  Schifffahrt!  Da 
sehen  wir  den  Geist  von  Atabaliba  (den 
letzten  regierenden  Sohn  der  Sonne,  durch 
Spanicn's  Henker  gemordet)  auf  Peru's 
Strande  wehklagen  und  spuken!  Nieder- 
ländische Schiffer  sehen  ihn  mit  einer  blu- 
tigen Fackel  daher  schreiten  !  Er  erzählt 
ihnen  s.  Schicksal ,  die  blinde  Goldsucht 
der  Spanier,  in  Versen,  die  des  grössten 
Dichters  würdig  sind.  An  einer  andern 
Stelle  besuchen  wir  die  Morgenlande,  so 
üppig  durch  die  Sonne  mit  allen  Schätzen 
des  Pflanzenreichs  begabt,  und  sehen  diese 
Schätze,  mit  all  der  Gluth  der  Poesie  ge- 
färbt, uns  vor  Augen  geführt.  Dort  durch- 
waten wir  mit  dem  Dichter  das  Sandmeer; 
die  Fluth ,  durch  den  Wind  aufgewühlt, 
bedeckt  die  Karaeele,  und  wir  freuen  uns 
mit  unserm  B^ührer,  nach  diesem  aben- 
teuerlichen Zuge,  über  die  Rückkehr  in 
das  Vaterland ;  doch  er  zeigt  uns  noch 
den  Tribut ,  womit  Europa's  Länder  den 
vaterländischen  Strom  bereichern,  u.  zieht 
uns  mit  sich  nach  dem  äussersten  Norden. 
Bei  so  vielen  Schönheiten  ist  der  Ij  ström 
jedoch  nicht  frei  von  grossen  Älängeln, 
aber  Mängeln,  die  von  üppiger  Fülle, 
nicht  von  Armuth  oder  Schwäche  zeugen. 
A  n  t  o  n  i  d  e  s '  Bilder  sind  zwar  etwas  weit 
gesucht,  nicht  immer  passend,  s.  Styl  ist 
zuweilen  hochtrabend ,  anstatt  erhaben ; 
der  Missbrauch  der  alten  Götterlehre  ist 
hier  noch  mehr  bemerkbar  als  in  der  Bel- 
lona; sogar  ist  der  dritte  Gesang  ein 
durchaus  unnötliiges  und  mit  dem  Uebri- 
gen  schlecht  zusammenhängendes  Anhäng- 
sel, die  goldene  Hochzeit  von  Thetis  u. 
P  e  1  e  u  s ,  auf  welcher  luiter  andern  Strö- 
men auch  das  Ij  erscheint,  und  s.  Vorzug 
über  die  andern  gegen  die  Seine  auch  aus 
dem    Grunde    zu    behaupten    sucht ,    dass 


15  Antoiiides  Yan  Der  Goes 


Arminius 


16 


Pythagoras  grosse  Geheimnisse  in  s. 
Namen  (dem  Buchstaben  Y,  oder  wie  man 
jetzt  schreibt ,  Ij )  aufzufinden  wusste ! 
Konnte  der  Dichter,  nachdem  er  so  hoch 
gestiegen  war ,  so  tief  fallen !  Doch  in 
dem  vierten  Buche  erhebt  er  sich  wieder, 
betrachtet  die  Aaterländischen  Dörfer  (wir 
sehen  sie  während  des  Lesens),  beschreibt 
mit  all  dem  Enthusiasmus  der  Vaterlands- 
liebe die  Grossthaten  der  Amsterdamer, 
legt  jedoch  dieselben  unglücklicherweise  — 
einer  wahrsagenden  Wassernixe  in  den 
Mund  ,  die  „ein  kostbares  Geschmeide  um 
den  Kais  hat ,  mit  weissen  Perlen 
von  Schellfischaugen,  niedlich 
und  hübsch  schattirt!"  —  Kleine 
liebliche  Schilderungen ,  wie  z.  B.  ein  Lie- 
beshandel ^  die  Winterbelustigung  auf  dem 
Ijstrom  u.  s.  w.,  beschliessen  dieses  Werk, 
das  mit  allen  seinen  Fehlern  fortleben 
wird ,  so  lange  man  niederländisch  spricht 
und  die  Amstelstadt  von  dem  Ij  bespült 
wird.  —  Ausser  diesen  drei  grossen  Wer- 
ken schrieb  Antonides  noch  verschie- 
dene kleinere  Gedichte,  von  denen  viele, 
unter  andern  „die  Ankunft  von  De  Ruiter's 
Leiche  im  Vaterlande",  den  Stempel  des 
ächten  Dichters  tragen.  Noch  müssen  wir 
des  herrlichen  poetischen  Briefes  an  Ou- 
d  a  a  n  erwähnen  ,  der  den  Titel  führt : 
„Ursprung  von  des  Landes  Unglück". 
Der  Dichter,  entrüstet  über  die  von  den 
Sklaven  Ludwig  XIV.  verübten  Greuel, 
steigt  hinauf  zur  Quelle,  die  Holland  und 
die  Freiheit  so  tief  unter  jene  Bande  von 
Leibeigenen  erniedrigt  hat :  es  ist  die  Skla- 
verei französischer  Sitten,  Sprache  u.  Ma- 
nieren. Der  grosse  Dichter,  der  hiergegen 
so  ernstlich  w  arnte ,  dachte  nicht ,  dass 
diese  heillose  Nachahmung  bald  nach  je- 
ner Zeit  erst  recht  beginnen  würde.  — 
Der  Ruhm,  den  Antonides  durch  s. 
,, Ijstrom''  erlangte,  erhob  ihn  aus  dem 
Stande  des  Apothekers,  wozu  er  von  s. 
Vater  bestimmt  war,  zu  dem  des  Arztes, 
wozu  er  sich  in  Utrecht  geschickt  machte; 
S.Freund  u.  Gönner  Buysero  verschaffte 
ihm  die  nöthige  Unterstützung  und  sorgte 
weiter  für  s.  Glück;  er  verschaffte  ihm 
einen  Posten  bei  dem  Secretariat  der  Ad- 
miralität zu  Rotterdam.  Antonides, 
dadurch  aller  Nahrungssorgen  enthoben, 
verheirathete  sich  1678,  starb  jedoch  schon 
1684,  erst  37  J.  alt.  Er  hatte  einmal 
die  Absicht ,  den  Apostel  Paulus  zum 
Gegenstande  eines  Heldengedichts  zu  ma- 
chen ,    gab  sie  jedoch  später  auf.     Einige 


haben  Antonides  mit  Statius,  Von- 
del  mit  Virgil  verglichen,  doch  scheint 
dieses  Verhältniss  nicht  ganz  richtig  zu 
sein;  denn  steht  der  zeeländische  Dichter 
nur  dem  Verfasser  der  Thebais  gleich,  so 
gleicht  Vondel  Virgil  nicht,  u.  erreicht 
der  holländische  Sänger  Maro,  so  steht 
gewiss  sein  glücklicher ,  erhabener  Zög- 
ling (der  ihn  bei  längerem  Leben  erreicht 
haben  würde)  in  einem  geringern  Abstände 
von  der  Vollkommenheit,  als  Statius. — 
Die  Gedichte  des  Antonides  erschienen 
in  einer  von  D.  Van  Hoogs traten  be- 
sorgten und  mit  des  Dichters  Biographie 
versehenen  Sammlung,  Amst.  1714,  1748. 
4.  (S.  den  kritischen  Artikel  Antonides 
bei  J.  De  Vries,  ,, Gesch.  d.  niederländ. 
Dichtkunst"  I.  Th.  p.  269— 278.  „Biogra- 
phien niederl.  Männer  u.  Frauen"  I.  Th. 
p.  233 — 241.  Ausgewählte  Stücke  aus  s. 
Gedichten  findet  man  bei  Siegenbeek, 
„Proben  niederl.  Dichtkunde"  p.  225  — 
263 ,  u.  die  Vorrede  zu  diesem  Werke 
p.  LXV— LXXII,  enthält  eine  Kritik  über 
ihn.) 

Anziaux  (VI.)  —  N.  —  Prof.  der 
Chirurgie  zu  Lüttich ,  Mitglied  mehrerer 
gelehrten  Gesellschaften  in  Niederland, 
Frankreich  und  Deutschland ,  verf.  eine 
Dissertation  sur  l'operation  Cesarienne  et 
la  section  de  la  Symphyse  du  pubis  und 
einen  Recueil  d'observations  chirurgicales, 
I.  Vol.  1816. 

Arcerus  (HL)  —  ...  —  ein  Friese, 
gest.  1604  zu  Utrecht,  bearbeitete  J am- 
blich us,  zog  sich  jedoch  wegen  zu  ge- 
wagter Conjecturen  Tadel  zu.  Er  suchte 
in  einer  latein.  Ermahnung  s.  Landsleuten 
Geschmack  für  die  alte  Philosophie  einzu- 
flössen. 

Arents  (IV.)  —  Thomas  —  lebte  v. 
1652—  1700,  war  Mitglied  des  von  Pels 
errichteten  Kunstvereins:  Nil  Volentibus 
arduum,  und  Verf.  mittelmässiger  Trauer- 
spiele u.  vermischter  Gedichte.  (S.  Wa- 
genaar „Beschr.  v.  Amst."  Th.  III.  fol. 
p.  251.  De  Vries  „Gesch.  d.  niederländ. 
Dichtkunst"  Th.  I.  p.  259.) 

Arminius  (111.)  —  Jacob  —  geb. 
1560  zu  Oudewater,  gest.  19.  Okt.  1609, 
Prediger  zu  Amsterdam,  dann  1603  Nach- 
folger des  F.  Junius  als  Professor  zu 
Leyden ,  bestritt  1604,  wie  Koornhert, 
die  Lehre  Caiviu's  über  die  Gnadenwahl 
u.  Verstossung  und  ward,  der  Stifter  der 
sogen.  Arminianer  oder  Remonstranten.  (S. 
Art.  G  Omar  US.) 


17 


Arnald 


Aurelius 


18 


Arnald  (VI.)  —  George  D'  -  (Ar- 
naldus),  geb.  1711,  gest.  1740,  grosser 
Rechtsgelehrter  u.  Literat,  der  schon  mit 
dem  4.  Jahre  holländisch  und  französisch 
sprach  und  schrieb  ,  bereits  mit  kaum  12 
Jahren  Homer,  Virgil,  Sallust,Thu- 
cydides,  Pindar  u.  Horaz  las,  latei- 
nische und  sogar  griechische  Verse  machte, 
und  unter  Hemsterhuys  (der  auch  s. 
Leichenrede  hielt)  und  Wesseling  sich 
gebildet,  in  s.  28.  Jahre  Professor  ward. 
(S.  De  Wal  Orat.  p.  62,  6S.  Annotatt. 
p.  341-349.) 

Arntzenius  (V.)  —  Johannes  —  geb. 
1702'  zu  Wesel ,  wo  s.  Vater  Rector  war, 
der  einige  Jahre  darauf  nach  Arnheim  zog 
und  später  nach  Utrecht ;  in  letzterer  Stadt 
bildete  sich  der  junge  Arntzenius  unter 
Cannegieter  u.  Düker.  1726  wurde 
er  Rector  zu  Nimwegen  und  1742  Prof. 
der  Beredsamkeit  u.  Geschichte  zu  Frane- 
ker.  Er  gab  1733  Aurelius  Victor, 
1738  den  Panegyricus  auf  Trajan 
des  Jüngern  Plinius,  1753  den  des  Pa- 
catus  Drapanius  heraus,  und  schrieb 
1725  über  „das  Färben  der  Haare"  und 
über  „das  röm.  Bürgerrecht  des  Apostels 
Paulus"  in  zwei  zusammen  herausgegebe- 
nen Abhandlungen.  Er  starb  1759.  Un- 
ter den  12  Gelehrten  dieses  Namens,  die 
alle  als  lat.  Dichter  sich  versuchten,  ist 
er  in  diesem  Punkte  der  vorzüglichste. 
(S.  Peerlkamp  p.  459.  und  Biblioth.  des 
Sciences  et  des  Beaux  Arts  T.  XHL  [an- 
nee  1760]  p.  243,  244.) 

Arntzenius  (V.)    —    Hendrik   Johan 

—  Sohn  des  Vorigen,  Prof.  d.  Rechte  zu 
Groningen,  versprach  in  s.  Instituta  Juris 
Belgici  civilis  eine  vollständige  Sammlung 
des  Personenrechts  in  Niederland,  die  je- 
doch unvollendet  blieb.  Seine  akademi- 
schen Reden  verbreiten  auch  über  man- 
chen Punkt  des  röm.  Rechts  Licht.  1762 
erschienen  s.  Gedichte. 

Arntzenius  (V.)  —  Otto  —  Oheim 
des  Vorigen,  lebte  v.  1703—1763,  war 
lat.  Schullehrer  zu  Utrecht,  Gouda,  Delft 
u.  Amsterdam,  u.  besorgte  eine  gute  Aus- 
gabe von  Dionysius  Cato. 

Arntzenius  (VI.)  —  Robert  Hendrik 

—  gest.  1824,  war  Reichsadvokat  zu  Haar- 
lem.  Als  zu  Ende  des  18.  Jahrh.  die  da- 
mals eben  errichtete  Gesellschaft  für 
Sprach  -  u.  Dichtkunde  einen  Jubelgesang 
für  die  in  so  vielen  Hinsichten  merkwür- 
dige Periode  ausschrieb,  ward  die  hierauf 
bezügliche  Ode  von   Arntzenius  mit  ei- 


ner ausserordentlichen  silbernen  Medaille 
gekrönt.  Er  theilte  diese  Ode  in  zwei 
Gesänge,  um  vielleicht  wegen  der  grossen 
Fülle  des  Stoffes  einen  Ruhepunkt  zu  ha- 
ben. Sie  enthält  sehr  viele  Schönheiten 
und  befindet  sich  in  dem  I.  Th.  der  Werke 
der  Batavischen  Gesellschaft  für  Sprach  - 
u.  Dichtkunde.  In  der  Versammlung  der 
leydener  Abtheilung  der  holländischen 
Gesellschaft  für  schöne  Künste  und  Wis- 
senschaften ward  von  ihm  ein  Gedicht  auf 
Haarlem's  Heldin,  Kenau  Hasselaar 
(eine  Nachahmung  des  berühmtenEpigramms 
von  Van  Alphen,  w elches  sich  bei  V a n 
Kampen  Th.  II.  p.  381.  angegeben  fin- 
det), u.  später  ein  anderes,  betitelt:  ,,die 
zur  Vollkommenheit  förderliche  Menschen- 
kenntniss" ,  jenes  in  Alexandrinern,  dieses 
in  lyrischem  Versmaasse  vorgetragen.  Nach 
der  Wiederherstellung  Niederland's  machte 
er  sich  noch  durch  kleinere,  zum  Theil 
allegorische  Gedichte,  bei  Gelegenheit 
dieses  grossen  Ereignisses,  und  durch  eine 
Ode  auf  Kaiser  Alexander  vortheilhaft 
bekannt.  Bald  nach  s.  Tode  erschienen  s. 
nachgelassenen  Gedichte  im  Druck. 

Apollonius  (III.)  —  Laevinus  — 
beschrieb  Peru  ziemlich  getreu  und  aus- 
führlich. 

Aurelius  (II.)  —  Cornelius  —  (eig. 
nur  Bruder  Cornelis  von  Gouda  ge- 
nannt, welches  letztere  er,  von  Gold  ab- 
leitend ,  ins  Lateinische  übersetzte  u.  sich 
Aurelius  nannte).  Er  trat  frühzeitig  in 
den  Augustinerorden  zu  Stein  am  Leck 
bei  Schoonhoven,  welches  viele  Gelehrte 
besass  und  viel  für  das  Abschreiben  der 
alten  Classiker  that.  Cornelius  war 
ein  fruchtbarer  Schriftsteller ,  sowohl  in 
Poesie  als  Prosa.  Sein  „Dankgedicht  an 
den  Grafen  Heinrich  von  Nassau"  wegen 
s.  Besiegung  der  Gelderschen,  ist  ein  Ge- 
spräch zwischen  Vesta  und  Neptun  über 
die  Ueberschwemmung.  Von  anderer  Art 
war  seine  Ode:  „Schmerzen  der  Jungfrau 
Maria".  Ein  Streit  mit  Neomagus  oder 
Geldenhauer  über  die  Frage,  „ob 
das  Land  der  Batavier  in  Geldern  oder 
Holland  zu  suchen  wäre"?  gab  Veranlas- 
sung zu  s.  Werke:  „de  situ  et  laudibus 
Bataviae".  Seine  Gedichte  waren  damals 
berühmt,  und  Kaiser  Maximilian,  sein 
Landesherr,  beehrte  ihn  dafür  mit  einer 
Lorbeerkrone.  Auch  schrieb  er  zwei  Bü- 
cher von  Reden  in  Briefen  vermischten 
Inhalts  und  ein  Lobgedicht  auf  Karl  V.; 
ferner    einige    Gelegenheitsschriften ,    als: 


19 


Aurelius 


Baarle 


20 


„die  Erzählung  des  Utrechter  Krieges'', 
und  das  Leben  einiger  Heiligen,  „Feld- 
herrnkrone" oder  „über  die  Pflicht  eines 
guten  Feldherrn"  Leyd.  1568,  bei  Ra- 
phelengius  von  Vulcanius  herausgege- 
ben ;  über  den  Ruhm  und  das  Elend  der 
sieben  freien  Künste,  über  das  Lob  des 
Hauses  Wassenaar,  eine  Betrachtung 
des  traurigen  Zustandes  der  Kirche  u.  die 
Hoffnung  auf  ihre  Wiederherstellung  durch 
Papst  Hadrian  VI.  Allard  von  Am- 
sterdam, der  Beide  gut  kannte,  sagt,  dass 
Cornelis  der  Lehrer  des  Erasmus 
gewesen,  und  wundert  sich,  dass  dieser 
so  wenig  oder  fast  nichts  von  ihm  er- 
wähnt, wiewohl  sie  in  Briefwechsel  stan- 
den.    Wahrscheinlich  wird  sich  dieser  Un- 


terricht auf  einige  Anleitung ,  gefällig 
Briefe  zu  schreiben,  beschränkt  haben. 
Plötzlich  hörte  jedoch  dieser  zuvor  leb- 
hafte Briefwechsel  auf,  wahrscheinlich  in 
Folge  des  Argwohns,  den  Erasmus  durch 
s.  freimüthigen  Tadel  der  Laster  der  Klö- 
ster bei  den  Mönchen  erregte,  so  dass  sie 
verboten,  mit  diesem  derKetzerei  ver- 
dächtigen Manne  zu  correspondiren. 
Die  lat.  Gedichte  des  Aurelius  sind  zu 
Paris  1497,  und  eine  Klage  des  leidenden 
Jesus  zu  Antwerpen  1562  (u.  öfter)  er- 
schienen. 

Aykeina  (IL)  —  Tjalling  —  schrieb 
eine  v.  1533—1536  gehende  ,, Chronik  der 
Ommclande". 


B. 


Baarle  (HI.)  —  Kaspar  Van  —  geb. 
1584  zu  Antwerpen,  kam,  ein  Jahr  alt, 
mit  s.  Eltern,  welche  Verbannung  der 
Sklaverei  und  dem  Gewissenszwange  vor- 
zogen, aus  der  eroberten  Stadt  nach  Hol- 
land, studirte  Theologie  zu  Leyden,  ward 
Prediger  auf  Oberflakker,  Unterregent  in 
dem  Staatscollegium  zu  Leyden  und  seit 
1617  Prof.  der  Rhetorik,  doch  durch  die 
Partei,  die  sich  1618  ans  Ruder  drang, 
wegen  s.  Religionsmeinung  (als  Begünsti- 
ger der  Remonstranten)  abgesetzt.  Er 
wählte  hierauf  die  Arzneikunde  zu  s.  Le- 
bensunterhalt, widmete  sich  aber  haupt- 
sächlich der  Philosophie,  in  welcher  Wis- 
senschaft ihn  (1631)  die  weniger  befange- 
nen u.  staatskundigen  Curatoren  der  Uni- 
versität zu  Amsterdam  auch  als  Professor 
beriefen.  Hier  begann  seine  Freundschaft 
mit  Ho  oft  und  Tesselschade,  doch 
auch  zugleich  von  Zeit  zu  Zeit  eine  Me- 
lancholie, die  endlich  1648  s.  Leben  ein 
Ende  machte.  Van  Baarle  liebte  die 
lat.  Dichtkunst  über  Alles;  doch  sobald 
Liebe  oder  die  Natur  ihn  beseelten,  floss 
auch  s.  holländische  Dichterader  reichlich, 
wie  man  in  mehreren  lieblichen  Gedichten 
sieht,  die  mit  allen  Erzeugnissen  der 
Schule  Hooft's  eine  gewisse  Leichtigkeit 
u.  Gefälligkeit  gemein  haben.  Desto  auf- 
fallender ist  es ,  dass  dieser  Dichter  in  s. 
lat.  Poesien  öfters  dunkel,  zuweilen  schwül- 
stig und  meistens  zu  gelehrt  ist;  dass  er 
stets  die  ganze  Mythologie  und  was  nur 
immer  von  der  alten   Geschichte  möglich 


ist,  in  s.  Gedichte  einzuflechten  sucht,  u. 
vor  Allem,  dass  er  zwei  junge  Freunde 
der  holländischen  Poesie  abhold  zu  ma- 
chen suchte,  nämlich  Van  Der  Burgh 
und  Broster huizen,  beide  bei  Hooft 
u.  Ersterer  auch  bei  Vondel  u.  Wester- 
baan  gern  gesehen*).  —  Seine  lat.  Ge- 
dichte erschienen  1655  bei  Blaau,  von 
welchen  die  auf  Tesselschade  unter 
dem  Titel  „Tessalica"  verfassten  eine 
Ausnahme  von  der  oben  bemerkten  Dun- 
kelheit machen.  (S.  diese  Ausg.  IL  Th. 
p.  428 — 438.)  Hier,  wie  überall,  wo  s. 
Herz  sprach ,  war  Van  Baarle  lieblich 
und  sogar  hinreissend,  wie  die  herrlichen 
UebertragungenBilderdijk's  bei  Schel- 
tema  in  der  Biographie  der  beiden  Schwe- 


*)  Jacob  Van  Der  Burgh,  Herausgeber  vou 
H  o  o  f  t'  s  Gedichten  in  12.,  Mar  Rath  des  Herrn 
Van  Brederode,  dann  Secretär  der  mün- 
sterscheii  Friedeusgesandten,  und  später  Ageni 
Ihrer  Hochmügenden  zu  Lüttich.  Brosterhuizen 
scheint,  zufolge  Hooft,  der  ihn  unsern 
Brosterhuizen  nennt,  ein  gebildeter  Manu 
gewesen  zu  sein ;  ausserdem  ist  nicht  viel  von 
ihm  bekannt.  (S.  Scheltema  ,,Rede  über  die 
Briefe  von  P.  C.  H  o  o  ft"  p.  118,  119.).  Beide 
Dichter  scheinen  einander  sehr  zugethan  und 
von  liebenswürdigem  Charakter  gewesen  zu  sein. 
Van  Baaile  nennt  eie : 

Par   eocium,     sine   feile    prob  um,     sine   lite 
modcstura. 
Et  nnnquam  rupti  biga  sodalitii. 


21 


Bachiene 


Baldaeus 


22 


Stern  p.  174  175,  178  —  183,  194-196 
beweisen.  In  letzterer,  auf  Tesselt- 
jet's  Auge,  ist  wieder  zu  viel  Verstand, 
Mythologie  und  Gelehrsamkeit.  Dies  ist 
jedoch  s.  schwache  Seite  als  Dichter  und 
besonders  zurückstossend  in  s.  eiskalten 
„Hymnus  auf  Christus".  (S.  Poem.  T.  I. 
p.  3.)  Ausserdem  erschien  ein  historisches 
Werk  von  ihm ,  betitelt .  „C.  B  a  r  1  a  e  i , 
Rerum  per  octenniura  in  Brasilia,  gestarum 
ä  Joanne  Mauritio,  Comite,  Historia" 
Amst.  1647.  fol.  Diese,  wohl  allen  Schrift- 
stellern über  Brasilien  bekannte  Geschichte 
gibt,  ausser  einem  historischen  Bericht 
über  die  Thaten  des  Helden,  auch  inter- 
essante Nachrichten  über  den  Zustand 
von  Brasilien  in  diesen  Zeiten  u.  die  Sit- 
ten der  Eingeborenen^  besonders  der  T  a- 
pujas,  die  damals  Bundesgenossen  der 
Niederländer  waren.  (S.  über  ihn  De  Vries 
p.  135-143.) 

Bachiene  (V.)  —  Willem  Albert  — 
geb.  1712  zu  Leerdam,  gest.  1783,  war 
Professor  zu  Mastricht  u.  gab  unter  dem 
Titel :  „  Heilige  Geographie " ,  eine  sehr 
fleissig  zusammengestellte  ,  aber  ein  wenig 
zu  ausführliche  Beschreibung  des  jüdischen 
Landes  und  der  damit  in  Verbindung  ste- 
henden ,  angrenzenden  Provinzen  (Utrecht 
1738-1768.  in  3  Theilen  u.  8  Abtheilun- 
gen, 1769  ins  Deutsche  übersetzt),  dann 
eine  „Kirchengeographie"  (das.  1778,  in  5 
Abth.) ,  worin  die  Eintheilung  der  Nieder- 
lande nach  Classen  und  Synoden  befolgt 
ist,  heraus.  Ausserdem  besitzen  wir  von 
ihm  eine  1764  vei-fasste  Rede:  „de  Ar- 
ctissimo  Astronomiae  et  Geographiae  Con- 
nubio". 

Badts  (V.)  —  ...  De  —  schrieb  in 
flämischer  Sprache  eine  Abhandlung:  „lie- 
ber die  Mittel ,  die  fremden  Bäume  und 
Pflanzen  in  den  Niederlanden  einheimisch 
zu  machen" ,  wofür  er  das  Accessit  er- 
hielt.    (Vgl.  Art.  Seghers.) 

Bajus  (III.)  —  Michael  —  (D eBay), 
geb.  1513  zu  Ath  im  Hennegau,  gest.  1589 
zu  Löwen,  Prof.  der  Theologie  in  letzte- 
rer Stadt  und  berühmt  wegen  s.  theologi- 
schen Gelehrsamkeit ,  ward  von  Philipp 
II.  1563  mit  dem  altern  Corn.  J an s eni us 
auf  die  Kirchenversammlung  von  Trident 
gesandt.  Er  stellte  über  den  dunkeln 
Punkt  der  Gnaden  wähl  aus  Augustinus 
geschöpfte  Lehrsätze  auf,  und  ward  des- 
halb 1567  von  Papst  PiusVI.  verurtheilt, 
welches  Urtheil  Gregor  XIII.  1579  be- 
stätigte.    Es  scheint,    dass    Bajus    den 


strengen  Lehren  Calvin's  über  den  freien 
Willen,  die  allgemeine  u.  besondere  Gnade, 
die  Prädestination  u.  s.  w. ,  mehr  oder 
weniger  zugethan  war ;  Einige  behaupten 
jedoch,  dass  die  Ursache  s.  Verurtheilung 
nicht  in  der  Lehre,  sondern  in  s.  Abnei- 
gung vor  der  scholastischen  Beweisart  u. 
in  s.  bessern  Schreibweise  zu  suchen  sei. 
Bajus  unterwarf  sich  dem  Ausspruche 
Rom's ,  doch  mit  augenscheinlichem  Wi- 
derwillen u.  bewies ,  dass  man  einige  s. 
Lehrsätze  boshaft  verdreht  und  andere  so- 
gar in  das  Werk  eingeschoben  hatte.  Ob- 
gleich man  s.  Stimme  erstickte ,  so  lebten 
jedoch  s.  Meinungen  unter  s.  Schülern  fort. 
(Vgl.  die  Art.  Lessius  u.  Jansenius; 
auch  Dewez  Hist.  Part,  des  Prov.  Bel- 
giques  p.  282.) 

Bakker  (V.)  —  Pieter  Huyzinga  — 
ein  Stromdichter,  geb.  1718  zu  Amster- 
dam, gest.  1801,  war  ein  gebildeter  Kauf- 
mann ,  der,  wie  so  Viele  damals ,  die  Poe- 
sie zur  Erholung  übte ;  doch  mit  der  seich- 
ten Manier  s.  Zeitgenossen  nicht  zufrieden, 
strebte  er  s.  grossen  Landsmann  Ho  oft 
in  Poesie  u.  Prosa  nachzuahmen.  Er  ist 
sehr  bilderreich  und  zuweilen  kräftig.  Un- 
ter s.  Gedichten,  wovon  der  erste  Theil 
1773,  der  zweite  1783  u.  der  dritte  1790 
in  8.  erschien,  zeichnen  sich  folgende  aus: 
„Betrachtungen  der  vaterländ.  Ströme"; 
„Verbannung  der  Dichter",  in  3  Gesän- 
gen ;  „auf  Amsterdam" ,  eine  Uebersetzung 
von  Higt's  schönem  Frühlingsliede  (aus 
dem  Lateinischen) ,  und  ein  Gedicht  auf 
Martinus  Scriblerus. 

Bakker  (VI.)  —  A.  —  Professor  zu 
Groningen,  ein  Vertheidiger  des  thierischen 
Magnetismus,  dessen  er  sich  mit  gutem 
Erfolge  als  Heilmittel  bediente,  bestreitet 
Doornik's  und  eines  Ungenannten  Ab- 
handlung in  der  Schauburg:  über  die 
Wahrscheinlichkeit  der  Abstammung  des 
Menschen  aus  dem  Geschlechte  der  Affen, 
wonach  der  Neger  der  Urmensch,  der  ge- 
bildete Europäer  nur  eine  verderbte,  krän- 
kelnde Race  wäre. 

Balck  (VI.)  —  Dominicus  —  lebte  v. 
1684  —  1750,  war  Jurist,  der  wenig  her- 
ausgab, sich  aber  als  Lehrer  auszeichnete. 

Baldaeus  (IV.)  —  ...  —  Prediger 
zu  Ceylon,  vertauschte  die  prächtigen  Na- 
turschauspiele dieser  Insel  mit  einer  Pre- 
digerstelle in  dem  stillen  Geervliet,  und 
gab  eine  für  jene  Zeiten  sehr  verdienst- 
liche „Beschreibung  der  ostindischen  Kü- 
sten,   Malabar  und    Coromandel,   so    wie 


23 


Balderik 


Barbeyrac 


24 


des  Eilandes  Ceylon"  (Amst.  1672.  fol., 
C.  De  Witt  dedicirt)  heraus.  Beseelt 
für  die  Ausbreitung  des  Christenthums,  sah 
jedoch  Bai  da  US  ein,  dass  sein  Bemühen 
nicht  den  gewünschten  Erfolg  haben  könne, 
so  lange  ihm  die  Religionslehre  der  Hindus 
unbekannt  wäre.  Er  nahm  daher  einen 
der  gelehrtesten  Braminen  zu  sich  in  sein 
Haus,  lernte  Sanskrit  u.  wusste  sich  ächte 
Original abschriften  ihrer  heiligen  Bücher 
zu  verschaffen.  (S.  d.  Vorrede  Jones  Wer- 
kes.) Bald  aus  fügte  s.  Werke  nicht  al- 
lein eine  „malabarische  Sprachlehre",  son- 
dern auch  eine  sog.  „Entdeckung  der  Ab- 
götterei der  ostindischen  Heiden"  hinzu, 
worin  man  viele  ihrer  B'abeln  aus  den 
Pouränams  ,  dem  Ramayan  und  dem  Ma- 
habharat  findet,  die  Niemand  hier,  wohl 
aber  in  den  späteren  Schriften  eines  Son- 
nerat, Jones  und  W i  1  k e n s  suchen 
würde. 

Balderik  (1.)  —  ...  —  Bischof  von 
Doornik,  gest.  1112,  verf.  ein  von  Clo- 
vis  bis  1070  gehendes  „Chronicon  Came- 
racense",  welches  1615  herausgegeben 
wurde. 

Baien  (IV.)  —  Matthys  Van  —  gab 
1677  eine  ,, Beschreibung  von  Dordrecht" 
heraus,  aus  welcher  viel  zu  schöpfen  ist 
hinsichtlich  der  berühmten  Männer  dieser 
Stadt,  und  die  die  frühern  Beschreibungen 
u.  Geschichten  von  J.  Van  Beverwijk 
u.  J.  Van  Oudenhoven  weit  übertrifft. 

Bang^ma  (VI.)  —  O.  —  zu  Amster- 
dam im  Fache  der  Seefahrtskunde  ange- 
stellt und  Mitglied  des  Instituts,  hat  sich 
als  Mathematiker  bekannt  gemacht. 

Banniii;;^  (III.)  —  •  ■  •  —  l^t«  Dich- 
ter, dessen  „Vermischte  Gedichte"  1637 
zu  Leyden  erschienen,  aber  nichts  Em- 
pfehlenswerthes  besitzen.  So  führt  P  e  e  r  1- 
k  a  m  p  ein  fast  unglaubliches  Pröbchen  von 
verdorbenem  Geschmack  daraus  an,  indem 
Bannin  g  Jemandem  wünscht,  dass, 
wenn  er  lüge,  ein  Wall  fisch  ihn 
aussaugen  möge.  Was  durfte  man 
nicht  Alles  im  Lateinischen  sagen! 

Barbeyrac  (V.)  —  Johan  —  geb. 
1674  zu  Lausanne,  gest.  1744  zu  Gronin- 
gen, Prof.  der  Rechte,  die  er  zuerst  zu 
Berlin,  dann  zu  Lausanne  und  endlich  zu 
Groningen  lehrte.  Er  übersetzte  D  e 
Groot's  u.  Puffendorf  f  s  classische 
Hauptwerke  (über  das  Recht  des  Kiieges 
u.  Friedens,  und  über  das  der  Natur  und 
der  Völker,  1706,  1712,  1734.  4.).  Die 
beste  Ausgabe  s.  De  Groot  ist  von  1759 


zu  Leyden,  s.  Puffendorff  1754  zu 
Amsterdam  erschienen.  Er  übers,  ferner 
Cumberland's  Abhandlung  über  die 
Naturgesetze  ins  Französische ,  begleitet 
mit  vielen  erläuternden  Anmerkungen, 
welche  dieselbe  auch  für  das  nichtjuristi- 
sche Publicum  brauchbar  machen,  lieber- 
haupt  war  Barbeyrac  einer  jener  nütz- 
lichen Schriftsteller ,  welche  den  Erzeug- 
nissen der  eigentlichen  Gelehrten  allge- 
meinen Eingang  zu  verschaffen  suchen  u. 
eine  verhasste  Aristokratie  aus  der  Ge- 
lehrten-Republik verbannen.  Er  zog  sich 
die  Ungunst  Vieler,  besonders  die  der 
röm.  Kirche  durch  s.  „AbhandL  über  die 
Sittenlehre  der  Kirchenväter "  zu ,  deren 
Schwäche  u.  Mangelhaftigkeit,  besonders 
als  Grundlage  der  Mönchstugend,  und 
nutzlose  Enthaltsamkeit  er  klar  zeigte. 
Seine  Werke  sind  folgende:  1)  Puffen- 
dorff's  grosses  Werk,  übersetzt  unter 
dem  Titel :  „Le  Droit  de  la  Nature  et 
des  gens"  2  Th.  4. ,  mit  einer  Vorrede  u. 
Anmerkungen.  1706,  1712, 1734.  Der  letz- 
tern Ausgabe  sind  die  akad.  Reden  beige- 
fügt,  welche  von  Barbeyrac  1717  zu 
Lausanne  u.  1721  zu  Groningen  gehalten 
wurden,  2)  Auszug  aus  Puffendorff: 
„Les  devoirs  de  l'homme  et  du  citoyen" 
1  Th.  8.  1707,  1735.  3)  Zwei  Abhand- 
lungen von  N  o  o  d  t  aus  dem  Latein,  ins 
Französische  übersetzt,  1707.  4)  „Traite 
du  jeu " ,  worin  er  diesen  im  Leben  so 
wichtigen  Gegenstand  gründlich  untersucht, 
1709.  5)  ,, Antrittsrede  zu  Lausanne  über 
die  Verbindung  der  Jurisprudenz  u.  Ge- 
schichte", 1711.  6)  ,, Briefe  in  dem  Jour- 
nal des  Savans",  1712,  1713.  7)  Uebers. 
einer  Rede  von  Gronovius,  1714,1731. 
8)  „Discours  sur  la  nature  du  sort" ,  ge- 
gen vier  französ.  Briefe  von  Tencourt, 
1714,  1735.  9)  „Discoui-s  sur  l'utilite  des 
Sciences  et  des  lettres";  zu  Lausanne  ge- 
halten, 1714  zu  Genf  u.  Amsterdam,  und 
zum  dritten  Male  1731  gedruckt ;  hol- 
ländisch mit  drei  andern,  1744.  10)  Ue- 
bers. der  fünf  ersten  Theile  von  Tillot- 
s  o  n '  s  Predigten  aus  dem  Engl,  ins  Fran- 
zösische. Bertrand  und  Beausobre 
haben  die  spätem  übersetzt.  11)  „Discours 
sur  la  permission  des  loix",  1715,  hollän- 
disch 1744.  12)  Uebers.  eines  lat.  Briefes 
von  Leibnitz  über  s.  Bearbeitung  des 
Puffendorff,  1716.  13)  „Discours  sur  le 
benefice  des  loix",  1716,  holländ.  1744. 
14)  „Antrittsrede  zu  Groningen,  über  das 
passende  Studium  der  Jm-isprudenz",  1717. 


25 


Bareiidszoon 


Baimach 


26 


15)  „De  G r  o o t  mit  Barbeyrac's  No- 
ten" 8.  1719,  Termchrt  1735.  16)  „Rede 
bei  Niederlegung  s.  Rectorats"  4.  1721, 
1724,  Amst.  1729,  Paris,  Leyden  1730, 
zum  Beweise,  dass  die  Geistlichkeit  kein 
Recht  hat,  die  bürgerliche  Obrigkeit,  auch 
wenn  sie  verkehrt  handelt ,  von  der  Kan- 
zel herunter  zu  tadeln,  1721,  ho  11.  1744. 
17)  Uebers.  von  Bijnkershoek  über 
den  gesetzlichen  Richter  der  Gesandten, 
sowohl  im  Civil-  als  Strafrechtlichen,  1723, 
1730.  18)  „Defense  du  droit  de  la  Com- 
pagnie  des  Indes  Hollandaises  contre  les 
nouvelles  pretentions  des  habitans  des 
Pays  -  Bas  Autrichiens,  1725.  19)  „Traite 
de  la  morale  des  peres  de  l'Eglise ,  oü, 
en  defendant  un  article  de  la  Preface  sur 
PufiFendorff,  contre  l'Apologie  de  la  mo- 
rale des  Peres  du  P.  Ceillier,  on  fait  di- 
verses reflexions  sur  plusieurs  matieres", 
1728.  20)  „Recueil  de  Discours  sur  diver- 
ses matieres  importantes,  ti'aduits  ou  com- 
poses  par  lui  avec  l'Eloge  historique  de 
feu  M.  Noodt",  Amst.  1731.  2  Voll. 
21)  „Discours  traduit  du  Latin  de  M.  J. 
W.  Hector  sur  la  juste  defense  de  l'hon- 
nenr,  oü  l'on  traite  en  particulier  les 
Duels",  1731.  22)  „Histoire  des  anciens 
traites,  ou  Recueil  historique  et  chronolo- 
gique  des  Traites  repandus  dans  les  Au- 
teurs Grecs  et  Latins,  et  autres  Monumens 
de  TAntiquite ,  depuis  les  tems  les  plus 
recules  jusques  ä  TEmpereur  Charlemagne", 
fol.  1739.  (Der  Verf.  hatte  die  Absicht, 
dieses  Werk  noch  bedeutend  zu  vermeh- 
ren und  zu  verbessern ,  Avie  aus  einem 
Exemplar  erhellt ,  welches ,  von  ihm  mit 
Anmerkungen  versehen,  später  in  den  Besitz 
des   gelehrten   Abresch    gekommen     ist.) 

23)  ,, Traite  philosophique  des  Loix  natu- 
relles ,  par  Richard  Cumberland ,  traduit 
du   Latin     p.    M.    Barbeyrac."     4.     1744. 

24)  Einige  Briefe ,  herausgegeben  nach  s. 
Tode  V.  Puttman,  1772.  Barbeyrac 
beabsichtigte  auch  eine  Ausgabe  des  Ju- 
venalis. 

Barendszoon  (IIL)  —  . . .  —  Be- 
gleiter des  Heemskerk  auf  der  Expedi- 
tion nach  Nosvaja  Semlja  (1596). 

Barlandu.«)  (II.)  —  Adriaan  —  geb. 
1488  zu  Baerlant  in  Südbeveland,  gest. 
1542,  schrieb:  „De  rebus  gestis  Ducum 
Brabantiae",  Lov.  1532,  Brux.  apud  F. 
Foppens,   1665. 

Basnage  (IV.  u.  V.)  —  Jacob  — 
geb.  1653  zn  Ronen,  gest.  1723,  einEmi- 
grc,   später  Prediger   zu  Rotterdam  u.  im 


Haag ,  verf.  „Annales  des  Provinces  Unies 
depuis  1648  jusqu'en  1676",  la  Haye  1719. 
fol.;  eine  „Kirchengeschichte"  (zum  Theil 
gegen  B  o  s  s  u  e  t ) ;  eine  „Geschichte  der 
Juden";  ,.jüdische  Alterthümer".  (8.  VVach- 
1er  II.  B.  I.  Absch.  p.  94,  243.) 

Bast  (VI.)  —  J.  De  —  Canonikus 
V.  St.  Bavo  zu  Gent,  besass  eine  ansehn- 
liche Sammlung  röra.  u.  gallischer  Alter- 
thümer u.  Münzen ,  u.  verfasste :  „Recueil 
d'Antitjuites  Romaines  et  Gauloises,  trou- 
vees  dans  la  Flandre  proprement  dite" 
1804.  in  8.  u.  4.,  1809  mit  2  Anhängen 
in  4.  vermehrt;  „Recherches  historiques 
sur  la  langue  Celtique ,  Gauloise  et  Tu^' 
desque,  1815,  2  Th.  4. 

Baster  (V.)  —  Job  —  Arzt  in  Zee- 
land,  untersuchte  verschiedene  Seepflanzen 
und  Insekten  u.  deren  Fortpflanzung ;  be- 
sonders zeigte  er  den  Nutzen  der  Fühl- 
hörner der  Insekten ;  er  beschrieb  auch 
den  chinesischen  Goldfisch  und  den  für 
Holland  so  gefürchteten  Pfahlwurm.  Bei 
Gelegenheit  einiger  Proben  über  den  Bau 
des  Weizens  glaubte  er  in  der  Bildung 
neuer  Fruchtkeime,  wie  später  Fontana, 
die  Folgerung  einer  stets  geschäftigen  or- 
ganisirenden  Naturkraft  zu  finden.  1760 
gab  er  „Observationes  miscellaneae  de 
Animalculis  et  plantis  marinis  et  eorum 
variis  seminibus"  heraus.  Er  hielt  die 
Zoophyten  u.  Schwämme  noch  für  Pflan- 
zen. 

Baudius  (III.)  —  Dominicus  —  geb. 
1561  zu  Ryssel,  doch  v.  s.  Eltern,  welche 
Alba 's  \  erfolgung  flohen,  zuerst  zu  Aa- 
chen erzogen ,  dann  zu  Genf  unter  Beza 
gebildet ,  hielt  er  sich  kurze  Zeit  in  Ley- 
den, dann  aber  vorzugsweise  in  Frank- 
reich auf,  bis  ihm  1602  die  Professur  der 
Beredsamkeit  zu  Leyden  übertragen  wurde, 
worauf  1611  die  Anstellung  als  Historio- 
graph  von  Holland  erfolgte.  Er  starb 
1613.  Seine  Reden,  Briefe  und  besonders 
die  in  einem  erhabenen  Style  verfasste 
„Beschreibung  des  Waffenstillstandes" 
zeigen  ihn  als  einen  der  besten  lat.  Pro- 
saisten. Auch  s.  Gedichte  gehören  zu  den 
besten  s.  Zeit.  Aber  s.  moralisches  Be- 
tragen verdunkelte  durch  Völlerei,  Wol- 
lust u.  lächerlichen  Hochmuth  alle  s.  Vor- 
züge. (S.  „Biographien  ausgezeichneter 
niederländ.  Männer  imd  Frauen"  IV.  Th. 
p.  240-250.) 

Baunacb  (VI.)  —  ...  —  jung  ge- 
storben in  BMesland,  verf.  den  Roman: 
„Betje  Guizing". 


27 


Bayle 


Bayle 


28 


Bayle  (IV.)  —  Pierre  —  geb.  1647  in 
der  französ.  Grafschaft  Foix ,  der  Sohn  ei- 
nes reformirten  Predigers,  trat  mit  20  Jah- 
ren zu  Toulouse  zum  katholischen  Glauben 
über,  nahm  jedoch  schon  nach  einem  und 
einem  halben  Jahre  die  Religion  s.  Väter 
wieder  an,  worauf  er  sein  Vaterland  ver- 
liess,  sich  zu  Genf,  Ronen  und  Paris  auf- 
hielt und  endlich  Prof.  der  Philosophie  zu 
Sedan  wurde.  Als  zu  Anfang  der  Verfol- 
gung Ludwig  XIV.  1681  diese  Univer- 
sität aufgehoben  wurde,  musste  Bayle  s. 
Fortkommen  ausserhalb  Frankreich  suchen. 
Gr.  Paets  zu  Rotterdam  wirkte  ihm  da- 
selbst eine  Professur  der  Philosophie  und 
Geschichte  mit  500  Gulden  Gehalt  aus. 
Hier  machte  Bayle  sich  sogleich  durch  s. 
„verschiedenen  Meinungen  über  die  Kome- 
ten" bekannt.  Der  Komet  des  J.  1680 
setzte  als  ein  vermeintlicher  Vorbote  des 
Unheils  ganz  Europa  in  Bewegung.  Bayle 
erhob  sich  gegen  diesen  Aberglauben,  aber 
nur  der  kleinste  Theil  des  Buches  handelt 
über  diesen  Gegenstand;  dagegen  verthei- 
digt  er  den  sonderbaren  Satz,  dass  Gottes- 
leugnung  der  Gesellschaft  vortheilhafter 
sei,  als  Abgötterei  und  Aberglaube.  Die 
Veranlassung  dazu  ist  weit  gesucht,  und 
lässt  vermuthen ,  dass  Bayle  den  Kome- 
ten nur  benutzt  habe,  um  seine  Meinungen 
über  gewisse  Dinge  zu  veröifentlichen.  Man 
hat  diesen  Satz  manchmal  angewandt,  zum 
Beweise,  dass  auch  die  wahre  Religion  für 
Bürgerwohl  überflüssig  sei.  Bayle  scheint 
jedoch  die  Folgen  s.  Satzes  nicht  in  ihrer 
ganzen  Wichtigkeit  vorausgesehen  u.  selbst 
gefühlt  zu  haben,  dass  s.  Satz  keineswegs 
ohne  Tadel  bleiben  konnte;  wenigstens 
nannte  er  sich  nicht,  sondern  nahm  den 
Namen  eines  französischen  Katholiken  an. 
Die  Verfolgung  der  Reformirten,  die  nun 
durch  Widerrufung  des  Edicts  von  Nan- 
tes 1685  den  höchsten  Punkt  erreicht  hatte, 
veranlasste  Bayle,  eine  philosoplüsche  Er- 
klärung über  die  Worte  in  dem  Gleichniss 
bei  Lukas:  „zwingt  sie  hinein  zu  gehen," 
dessen  sich  die  Katholiken  zur  Rechtferti- 
gung ihrer  Verfolgung  bedienten,  zu  schrei- 
ben. Hierin  Averden  die  ausdrücklichen 
Sätze  einer  allgemeinen  Duldung  ge- 
predigt; etwas,  das  damals  noch  so  wenig 
beliebt  war,  dass  selbst  die  franz.  Emigres, 
Opfer  dieser  Unduldsamkeit,  Bayle  des- 
halb belästigten.  An  ihrer  Spitze  stand  der 
Prediger  Jurieu  zu  Rotterdam,  ehemali- 
ger College  Bayle's  zu  Sedan,  ^er  s. 
Freund  heftig  kritisirtc,  als  hätte  er  nicht 


Duldung,  sondern  Gleichgültigkeit  gelehrt. 
Doch  dies  war  nur  das  Vorspiel  der  Ver- 
folgung, welche  Jurieu  gegen  Bayle  an- 
regte, indem  er  ihn  namentlich  aus  seinem 
Werke  über  die  Kometen  der  Gottesleug- 
nung  beschuldigte.  Nach  verschiedenen 
Verhandlungen  mit  dem  Kirchenrath  u.  der 
Regierung  ward  Bayle  von  König  Wil- 
helm HI.  1693  s.  geringen  Gehalts  be- 
raubt und  s.  Amtes  entlassen.  Bayle  ar- 
beitete nun  eifrig  an  der  Beendigung  eines 
Werkes,  nämlich:  des  ,.historischen  u.  kri- 
tischen Wörterbuches  berühmter  Staats- 
männer und  Krieger",  welches  s.  Namen, 
hauptsächlich  jedoch  in  der  Literatur,  ver- 
ewigen sollte.  Dieses  Werk  verdient  un- 
ter den  philosophischen  Werken  eine  Stelle, 
weil  darin  verschiedene  zarte  Punkte  ziem- 
lich ausführlich  und  im  Allgemeinen  die 
Geschichte  auf  philosophische  Weise  be- 
handelt ist.  Es  erschien  zuerst  1696.  Ju- 
rieu, s.  unversöhnlicher  Feind,  suchte  die- 
ses Werk ,  das  in  Frankreich  verboten  war, 
auch  in  Niederland  zu  unterdrücken ,  wo 
es  jedoch  nur  bei  Ermahnungen  und  dem 
Widerruf  einiger  Artikel  blieb.  Eben  diese 
Artikel  veranlassten ,  dass  die  Ausgaben, 
wie  die  Amsterdamer  von  1740,  worin  sich 
dieselben  unverändert  befanden ,  auch  am 
meisten  gesucht  waren.  Nächst  dieser  Aus- 
gabe wird  auch  die  Rotterdamer  v.  1720 
sehr  geschätzt.  Die  2.  Auflage  des  WB. 
erschien  1702,  wohl  um  die  Hälfte  ver- 
mehrt. Saxe  (Onomast.  Lit.  T.  V.  p. 
317,  318.)  irrt  sich,  die  Ausgabe  v.  1702 
die  erste  zu  nennen,  u.  die  Ausgabe  v. 
1734  als  zu  Amsterdam  gedruckt  anzuge- 
ben, obgleich  sie  zu  Paris  oder  zu  Tre- 
voux  besorgt  wurde.  Bayle  ward  nicht 
mehr  belästigt  und  starb  1706.  —  Sein 
WB.  unterschied  sich  von  den  meisten 
Werken  dieser  Art  durch  einen  hier  und 
da  lebendigen ,  sogar  wohl  auch  scherz- 
haften Styl.  Tiefe  Gelehrsamkeit,  einen 
Schatz  von  Bücherkunde,  so  wie  Sach- 
kenntniss  kann  man  Bayle  nicht  streitig 
machen.  Dass  aber  s.  Raisonnements  un- 
ter dem  Scheine  vollkommener  Unterwer- 
fung unter  die  heil.  Schrift ,  dem  Unglau- 
ben, welchen  er  zu  begünstigen  schien,  in 
die  Hand  gearbeitet  haben ,  ist  ziemlich  er- 
wiesen. Besonders  in  zwei  Punkten  gab 
er  Anstoss,  nämlich:  in  s.  Vertheidigung 
der  Lehre  der  Manie häer  und  der  der 
Pyrrhonisten.  Es  lässt  sich  nicht  ver- 
kennen, dass  er  die  Meinungen  beider  auf 
das  Kräftigste  darstellt,   und   nur   obenhin 


29 


Bazelinus 


Bekker 


30 


beantwortet,  welches,  wenu  wir  Ihm  glau- 
ben sollen ,  nur  deshalb  geschah ,  um  die 
Nothwendigkeit  der  Ofleubarung,  bei  der 
Unsicherheit  der  Vernunft,  um  so  stärker 
hervortreten  zu  lassen.  Namentlich  machte 
er  sich  dadurch  B'einde,  dass  er  den  Cha- 
rakter David's  in  das  ungünstigste  Licht 
stellte,  während  er  ihn  einen  grossen 
Heiligen  nennt.  Durch  diese  Ironie  Avard 
Bayle  leider  das  Vorbild  von  Voltaire, 
der  sie  jedoch  noch  höher  trieb.  Uebri- 
gens  war  Bayle  in  s.  Privatleben  äusserst 
massig,  eingezogen  u.  sehr  uneigennützig. 
Er  schätzte ,  s.  Gehalts  gänzlich  beraubt, 
dennoch  s.  Freiheit  so  hoch,  dass  er  die 
Anerbietungen  und  Geschenke  von  mehre- 
ren Grossen  nicht  annahm ,  wie  er  früher 
die  Professur  zu  Franeker,  obschon  viel 
vortheilhafter  als  s.  Posten  zu  Rotterdam, 
abgelehnt  hatte.  Ausser  s.  Zwisten  mit 
Jurieu  war  er  auch  mit  dem  berühmten 
Leclerc  in  Streit  verwickelt.  (S.  „Bay- 
le's  Biographie"",  verf.  v.  Des  Maizeaux, 
vor  der  Ausg.  v.  1730  s.  WB. ,  u.  beson- 
ders 1732,  8.  Kürzer  findet  man  sie  in 
den  „Biogr.  niederl.  Männer  u.  B'rauen", 
X.  Th.  p.  1  —  47.  Ein  grosses  Werk  ge- 
gen ihn  schrieb  C  r  o  u  s  a  z ,  wovon  F  o r  - 
mey  einen  Auszug  lieferte.  Diesen  Aus- 
zug übers.  Hai  1er  ins  Deutsche,  Götting. 
1750.) 

Bazelinus  (V.)  —  Joannes  —  Jesuit, 
gest.  1626,  schrieb:  „Annales  Flandro- 
Galliae",  welche,  eine  Periode  von  1300 
J.  umfassend,  bis  1611  gehen.  Huideco- 
per  setzt  ihn  Avegen  s.  Unparteilichkeit 
über  den  fläm.  Historiker  M ei j er.  (S.  des- 
sen „Anmerk.  zu  Melis  Stoke",  HI.  Th. 
p.  502.) 

Beaumont  (HI.)  • —  Simon  Van  ■ — 
zuerst  Pensionär  von  Middelburg ,  dann 
Mitglied  der  Generalstaaten  u.  Abgesand- 
ter nach  Polen,  Schweden  u.  Dänemark, 
hierauf  Pensionär  von  Rotterdam  (1634), 
verf.  hoUänd.  u.  lat.  Gedichte  unter  dem 
Titel:  „Horae  succisivae",  welche  1638 
im  Druck  erschienen.  Er  starb,  80.  J. 
alt,  1654. 

Becanus  (HI.)  —  Goropius  —  leitete 
in  s.  „Origines  Antwerpianae"  die  deut- 
sche Sprache  unmittelbar  aus  dem  Para- 
diese ab,  u.  setzte  ihr  Alter  über  das  der 
hebräischen  Sprache.  Aehnliches ,  doch 
nicht  so  übertrieben,  suchte  S.  VanLeeu- 
wcn  in  s.  „Beschreib,  v.  Leyden"  p.  202 
—  aufzustellen  (S.  Pars  „Namenrolle  d. 
bata  V.  u.  holl.  Schriftst."  Leyd.  1702.  p.  351.) 


Becanusi  (IV.)  —  Willem  —  geb. 
1608  zuYpern,  gest.  1683,  Verf.  v.  Idyl- 
len und  Elegien ,  welche  mit  denen  von 
Hosschius  1688  u.  1700  in  einer  Samm- 
lung erschienen  u.  Christinen,  Königin 
von  Schweden,  dedicirt  sind,  deren  Nieder- 
legung der  Krone,  um  zur  katholischen  Re- 
ligion überzugehen,  der  Dichter  sehr  preist. 
Die  Idyllen  sind  religiösen  Inhalts,  wie 
auch  grösstentheils  die  Elegien.  Sein  Styl  ist 
zart,  einfach  u.  s.  Gegenstande  angemessen. 
Wenn  auch  nicht  ganz  auf  gleicher  Stufe 
mit  Hosschius  u.  WaUius  stehend,  so 
wetteifert  Becanus  jedoch  mit  ihnen.  In 
der  Schilderung  des  von  s.  Mutter  ausge- 
setzten Kindes  Moses  u.  des  von  Maria 
so  ängstlich  gesuchten  12jährigen  Jesus, 
ist  er,  was  Phantasie  u.  Ausdruck  betrifft, 
ungemein  anziehend.  1636  bewillkommte 
er  den  Cardinal  -  Infanten  Ferdinand  bei 
s.  Siegeseinzug. 

Beek  (VI.)  —  ...  Van  —  stellte  mit 
Prof.  Moll  mehrere  wichtige  Versuche  mit 
der  galvanischen  Elektricität  an,  worüber 
berichten:  1)  Journal  de  Physique,  1820. 
T.  XC.  2)  Journal  of  the  Royal  Institu- 
tion, T.  X.  p,188.  3)  Thomson's  An- 
nais of  nat.  Philos. ,  Oct.  1821.  T.  II.  p. 
288.  4)  Edinburgh  philosoph.  Journal,  Jan. 
1822.  No.  11.  p.  83.  5)  Memoirs  of  the 
Astronomie.  Society  of  London,  T.  I.  6) 
Journal  de  Physique,  T.  XCIV.  p.  379. 
7)  Edinburgh  Philos.  Journal,  April  1822. 
T.  IX.  p.  167. 

Beekbuis  (VI.)  —  ...  —  Verf.  ei- 
ner ,, Lebensgeschichte  Jesu",  die  sich  in 
den  Werken  der  Gesellschaft:  „Für  das 
allgemeine  Beste"  befindet. 

Beets  (VI.)  —  J.  —  Apotheker  zu  Haar- 
lem,  schrieb  1815  eine  ,,Volkscheraie". 

Beka  (I.)  —  Johannes  De  —  Canoni- 
kus  zu  Utrecht,  beschrieb  um  1350  die 
„Geschichte  des  dasigen  Stiftes",  die,  von 
Willebrord,  dem  Missionär  im  7.  Jahrb., 
bis  1346  gehend,  Joan  van  Arkel  und 
dem  holl.  Grafen  Wilhelm  IV.  dedicirt 
und  1611,  1643  u.  1702  in  Matthäus' 
„Analecta"  abgedruckt  ist.  Ein  Werk  voll 
Fabeln.  (S.  Foppens,  T.  I.  p.  576.  Pars 
„Namenr."  p.  41  —  43.) 

BeklCer  (IV.)  —  Balthazar  —  geb. 
1634  zu  Warschuizen  in  den  Ommelanden, 
wo  sein  Vater  Prediger  war,  studirte  zu 
Groningen  und  Franeker,  war  hier  einige 
Zeit  Rector  der  lat.  Schule,  und  erhielt 
1657  einen  Ruf  nach  Oosterlittens ,   einem 


31 


Bekker 


Bellamy 


32 


Dorfe  in  Friesland.  Durch  s.  Diensteifer 
sich  den  Hass  einiger  seiner  Coilegen  zu- 
gezogen, sah  sich  Bekker  der  Ketzerei 
beschuldigt.  Er  hatte  nämlich  Geschmack 
anDescartes'  Philosophie  gefunden;  von 
ihm  daselbst,  und  zu  Franeker,  wo  er 
1665  und  1666  Dr.  der  Theol.  und  Pre- 
diger wurde,  verfasste  Lehrbücher  verdäch- 
tigte man  mit  dieser  neuen  Philosophie. 
Bekker  leugnete  dieselbe  nicht  ab,  ver- 
theidigte  sie  aber  als  nicht  der  Religion 
zuwider.  1668  gab  er  die  Schriften :  „Ge- 
reimte Kinderlehre"  und  „Abgeschnittenes 
Brod  für  Vorgerückte"  heraus.  Sein  1670 
zu  Leeuwarden  erschienenes  Buch:  ,, Feste 
Speise  der  Vollendeten"  ward,  so  wie  dem 
Verfasser,  verboten,  junge  Leute  in  deinem 
Hause  zu  unterrichten.  Dies  veranlasste 
ihn ,  Franeker  zu  verlassen ,  und  1675  als 
Prediger  nach  Loenen  zu  gehen,  von  wo 
er  später  nach  Weesp  als  Feldprediger  u. 
1679  nach  Amsterdam  berufen  ward.  Hier 
kämpfte  er  gegen  den  Aberglauben ,  indem 
er  die  thörichte  Furcht  vor  Kometen ,  bei 
Gelegenheit  des  grossen  Kometen  v.  1680, 
angriff.  Dies  war  jedoch  nur  die  Einlei- 
tung zu  s.  Werke:  „Bezauberte  Welt, 
d.  i.  gründliche  Untersuchung  der  Meinung 
hinsichtlich  der  Geister ,  deren  Art ,  Macht, 
Regierung  und  Handeln,  so  wie  das,  was 
die  Menschen  durch  die  Kraft  u.  Verbin- 
dung derselben  thun"  ,  Franeker  1691  ,  8., 
später  Amsterdam ,  4. ,  worin  er  unverhoh- 
len erklärte ,  die  Wirksamkeit  des  Teufels 
auf  Erden  durchaus  nicht  zu  glauben,  ob- 
gleich er  dessen  Existenz ,  aber  als  macht- 
los und  beschränkt,  anerkannte.  Man  hat 
aus  seinen  Ausdrücken  gefolgert,  dass  er 
auch  an  keine  guten  Engel  glaubte,  wie- 
wohl er  sich  darüber  nie  deutlich  ausliess. 
Die  Veranlassung  seiner  Meinung  lag  in 
Descartes'  Philosophie.  Dass  solche 
Ideen  und  Lehren  damals  gewaltiges  Auf- 
sehn machen  mussten,  war  natürlich.  Die 
Synode  setzte  ihn  ab ;  die  Regierung  von 
Amsterdam  bestätigte  dieses  Urtheil,  Hess 
ihm  jedoch  bis  zu  seinem  Tode,  der  1698 
erfolgte ,  seinen  Gehalt.  Auch  ward  er 
aus  der  Kirchengemeinschaft  ausgeschlossen, 
was  ihn  jedoch  nicht  hinderte,  musterhaft 
religiös  in  s.  Gefühlen  zu  sterben,  Bekker 
war  der  Erste ,  der  durch  jenes  Werk  den 
Glauben  an  Gespenster,  Teufelskünste,  Be- 
schwörungen und  Bezauberungen  gewaltig 
erschütterte,  obgleich  die  Deutschen  diese 
Ehre  T  homasius  zuerkennen.  (S.  Saxii 
„Onomast."    T.    V,    p.  173.      „Biograph. 


niederl.  Männer  und  Frauen,"  III.  Th.  p. 
285  —  307.  M  0  s  h  e  i  m ,  „Instit.  Hist.  Ec- 
cles.  Saec.  XVII."  Sect.  II.  Part.  2.  C.  2. 
§.  35,  p.  987.) 

Bekker  —   Elizabeth  —  s.   Wolff. 

Bellamy  (VI.)  —  Jacobus  —  einer 
der  vorzüglichsten  Schöpfer  der  niederlän- 
dischen Dichtkunst,  war  von  schweize- 
rischer Abkunft.  Sein  Grossvater  Hess  sich 
nach  vielen  Reisen  zu  VHssingen  nieder, 
wo  er  seinen  Sohn  nicht  mehr  fand,  der 
sich  daselbst  bereits  früher  verheirathet 
hatte  und  mit  Hinterlassung  einer  Wittwe 
und  eines  5jährigen  Sohnes  gestorben  war. 
Seine  Mutter  gab  ihn  zu  einem  Bäcker  in 
die  Lehre ;  aber  sein«  Seele  schwebte  oft 
in  dem  endlosen  Räume,  während  die  Kun- 
den auf  Brod  warteten.  Prof.  T  e  Water, 
damals  Prediger  zu  VHssingen,  hatte  hie- 
von  Kenntniss  erhalten  und  nahm  sich  des 
jungen  Mannes  an,  dessen  Erstlinge  er, 
wenigstens  was  die  Sprache  betraf,  cor- 
rigirte.  Er  ermuthigte  ihn  und  sandte 
einige  seiner  Proben  an  den  haager  Kunst- 
verein: „Kunst  wird  durch  Arbeit  erlangt". 
Doch  Te  Water  that  mehr:  als  er  des 
Jünglings  Eifer,  sich  den  Wissenschaften 
zu  widmen ,  wahrgenommen ,  brachte  er 
durch  Lambrechtsen  Van  Ritthem 
und  andere  edle  Menschenfreunde  die  Mit- 
tel zusammen,  um  den  Vielversprechenden 
1779  vom  Bäckerofen  weg  und  1782  auf  ^ 
die  Universität  Utrecht  zu  bringen.  Seine 
erste  Manier  war  die  Anwendung  der  My- 
thologie, besonders  bei  Hochzeitsgedichten ; 
doch  ward  ihm  dieser  Unsinn  bald  zuwider. 
Es  scheint,  dass  Van  Haren 's  Geusen, 
die  ihm  Te  Water  verschaffte,  einen 
wunderbaren  Eindruck  auf  ihn  gemacht  u. 
ihm  von  acht  poetischer  Schönheit  eine 
Idee  gegeben  haben.  Zu  Utrecht  öffnete 
sich  ihm  eine  neue  Welt.  Diese  Stadt  be- 
fand sich  damals  in  einer  für  die  Poesie 
vortheilhaften  politischen  Gährung.  Man 
suchte  nämlich  die  alten  städtischen  Vor- 
rechte vor  1674  wieder  zu  erneuern.  Die 
Bürgerschaft  war  mit  einem  grossen  Theile 
der  Nation  misvergnügt  über  die  Führung 
des  englischen  Krieges  und  entrüstet  ge- 
gen die  Briten  wegen  der  Plünderung  auf 
St.  Eustatius.  Dabei  war  Bellamy  Haus- 
genosse eines  der  heftigsten  Volksführer  in 
diesem  Geiste,  des  bekannten  Qu  int  On- 
daatje.  Konnte  es  nun  anders  sein,  dass 
der  von  Poesie  und  Vaterlandsliebe  glü- 
hende Jüngling  in  Versuchung  gerieth,  die 
Leier    für  Niederland    anzustimmen?     Er 


33 


Bellamy 


Bellamy 


34 


that  dies,  und  die  „Vaterländischen  Ge- 
siinge  von  Zelandus"  waren  der  Erguss 
dieses  jugendlichen  Enthusiasmus.  Sienmuss- 
ten ,  theils  ^vegen  ihres  iiinern  Werths, 
theils  ^vegen  der  damals  noch  ungewöhn- 
lichen kühnen  Dichtungsart,  theils  wegen 
üebereinstimmung  mit  dem  damals  herr- 
schenden Geschmack,  allgemeinen  Beifall 
finden.  Sogar  die  Staatsregierung  von 
Vlissingen,  des  Dichters  Geburtsort,  der 
er  sie  dedicirt  hatte,  nahm  sie  wohlgefäl- 
lig auf  und  verehrte  ihm  dafür  ein  Buch- 
geschenk. Der  Ton  ist  wahrhaft  kräftig; 
er  verräth  den  ächten ,  originellen  Dichter 
(wie  hoch  z.  B.  steht  der  Gesang:  „An 
das  Vaterland"  über  den  gleichmässigen, 
sanftfliessenden  Versen  dieser  Zeit  1)  und 
athmet  Entrüstung  gegen  alle  Feinde  des 
Vaterlandes.  Ein  wenig  früher  war  eine 
Auswahl  aus  seinen  „jugendlichen  Gesän- 
gen' erschienen,  die  eben  so  sehr  Anmuth 
und  Lieblichkeit  mit  feinem  Geschmack  und 
Harmonie  des  Ausdrucks  paaren,  als  die 
andern  Kraft  und  Kühnheit  zeigen.  Viel- 
leicht veranlasste  diese  Verbindung  von 
zwei  so  verschiedenen  Eigenschaften,  an- 
fangs Bellamy  mit  G  l  e  i  m  zu  verglei- 
chen ,  obgleich  er  versicherte,  damals 
Gleim  noch  nicht  gelesen  zu  haben.  In 
wie  weit  die  Alten  und  spätere  Dichter 
auf  sein  Genie  gewirkt  haben,  ist  schwer 
anzugeben.  Es  scheint  jedoch ,  dass  dieser 
Einfluss  nicht  besonders  gross  war.  Ge- 
lehrt war  Bellamy  eigentlich  nicht,  und 
er  bedauerte,  dass  eine  zu  späte  Bekannt- 
schaft mit  den  Meisterstücken  Griechen- 
land'» und  Rom's  ihn  so  mancher  Schön- 
heit beraubte,  womit  er  seinen  herrlichen 
Verstand  hätte  nähren ,  stärken  und  ver- 
edeln können.  Zum  Theil  ward  dies  durch 
den  Umgang  mit  Rau,  Kleyn,  Hin- 
löpen  u.  A.,  denen  er  viel  zu  verdanken 
hatte,  vergütet,  Männer,  besonders  der 
erstere,  von  ausgezeichnet  feinem  Ge- 
schmack und  durchdrungen  von  den  klas- 
sichen  Schriftstellern.  Vermuthlich  war  es 
Kleyn,  der  ihn  auf  die  besten  deutschen 
Schriftsteller  aufmerksam  machte,  von  wel- 
chen sich  einige  nicht  zu  verkennende 
Nachahmungen  in  seinen  Gedichten  finden, 
wie  z.  B.  in  der  „Ode  nach  einem  Sturm" 
von  M  o  s  e  s  M  e  n  d  e  1  s  s  o  h  n ,  in  dem  „va- 
terländischen Mädchen"  und  in  dem  „va- 
terländischen Jüngling"  (von  K 1  o  p  s  t  o  c  k). 
Von  holländischen  Dichtern  scheint  er  zu- 
erst Cats  und  vermuthlich  auch  Vondel 
u.  A.  gelesen  zu  haben.     Doch  die  schalen 


Gedichte  des  18.  Jahrb.  bis  auf  s.  Zeit  u. 
der  herrische  Ton  der  Kunstveroine  waren 
ihm  zuwider.  Sein  gesunder  Verstand ,  s. 
schöpferischer  Geist,  sein  ungezwungener 
origineller  Humor  konnten  sich  unmöglich 
mit  jenen  eiskalten  Gesetzen  und  Regeln 
vereinigen ,  welche  nichts  als  unfruchtbare 
Mittelmässigkeit  hervorbrachten.  Es  ist 
sogar  Avahrscheinlich ,  dass  diese  Abneigung 
ihn  den  so  jämmerlich  gemissbrauchten  Reim 
für  die  Poesie  weniger  nothwendig  erach- 
ten Hess:  wenigstens  ist  er  der  Erste,  der 
mit  Van  Alpheii  (doch  noch  glücklicher 
als  dieser)  die  niederländ.  Poesie  mit  reim- 
losen Gedichten,  worin  er  ein  Meister 
war,  bereichert  hat:  s.  Proben  in  diesem 
Fache  beweisen  zur  Gnüge ,  dass  die  holl. 
Sprache,  von  einem  av irklichen  Ge- 
nie behandelt,  für  diese  Dichtungsart 
nicht  minder  geeignet  ist,  als  die  deutsche, 
und  dass  man  es  hauptsächlich  der  Nicht- 
beachtung u.  Verachtung  dieser  Dichtungs- 
art durch  niederländ.  Kunstrichter  zumessen 
muss,  wenn  man  in  derselben,  nach  Bel- 
lamy, durchgehends  so  unglücklich  war, 
wobei  jedoch  keineswegs  die  thörichte 
Sucht  zur  Nachahmung  unberufener  Schrift- 
steller auszunehmen  ist,  welche  meinten, 
dass  diese  Manier  doch  nicht  so  unbequem 
sein  könnte  u.  daher  den  niederländ.  Par- 
nass  mit  Stümpereien  überluden.  Doch 
Hesse  sich  dasselbe  nicht  auch  gegen  die 
Fluth  von  Reimen  sagen ,  mit  denen  man 
Vondel,  Antonides  oder  Hoogvliet 
nachzuahmen  glaubte?  —  Nach  Heraus- 
gabe dieser  zwei  Sammlungen ,  beide  ohne 
den  Namen  des  Verfassers ,  gab  Bellamy 
erst  unter  seinem  Namen  Gesänge  heraus. 
Diese  sind  grösstentheils  ernster,  anziehender, 
als  s.  öfters  fröhlichen  luid  unschuldig  tän- 
delnden jugendlichen,  und  dennoch 
sanfter,  als  s.  kriegerischen  vaterländischen 
Lieder.  Die  Herausgeber  von  B  e  1 1  a  m  y '  s 
Ehrensäule,  die  ihn  sehr  gut  kannten, 
meinen,  dass  er  damals  schon  eine  Ahnung 
seines  nahen  Todes  hatte.  Kräftig,  schön, 
und  minder  durch  noch  übrig  gebliebene 
Nachlässigkeiten  mehr  oder  weniger  der 
Zierde  beraubt,  ist  auch  diese  Sammlung. 
Man  findet  darin  die  meisterhaften  Stücke  : 
„Hier  liegt  mein  Dämon  in  dem  Grabe" ; 
„Wir  haben  eine  Schwester  auf  Erden  ge- 
funden" und  andere,  die  allen  gebildeten 
Niederländern  bekannt  sind.  Ersteres  ist 
selbst  mehr  oder  weniger  zum  Volksliede 
geworden.  Den  Ton  dazu  (die  Klage  einer 
unglücklichen  Geliebten)  fand  Bellamy 
2 


35 


Bellamy 


ßellamy 


36 


in  seinem  Herzen.  Er  liebte  bereits  zu 
Vlissingen  ein  über  ihn  in  Stand  erhabenes 
Mädchen,  welches  durch  seine  Verhältnisse, 
wie  es  scheint,  gezwungen,  1780  im  Be- 
griif  stand ,  sich  mit  einem  Andern  zu  ver- 
heirathen,  der  plötzlich  starb.  Hierauf  be- 
gann Bellamy  seine  Bewerbungen  und 
fand  Gegenliebe.  Auf  der  Universität,  in 
iVIitte  aller  Zerstreuungen  und  Beschäfti- 
gungen, blieb  Bellamy  dieser  Geliebten 
treu,  und  widmete  ihr,  unter  dem  Namen 
PhyUis,  eine  Menge  Gedichte,  die  von 
einer  sowohl  reinen  als  feurigen  Liebe 
zeugen.  Allein  Umstände,  der  Wille  ihrer 
Eltern  und  die  noch  nicht  gesicherte  Sub- 
sistenz  B  e  1 1  a  m  y  '  s  verhinderten  diese  Ver- 
einigung. Er  war  noch  nicht  zu  jenem 
Stande  gekommen ,  worin  er  \'ielleicht  eine 
Zierde  der  Kanzel  würde  geworden  sein, 
und  durch  Beredsamkeit,  wie  jetzt  durch 
Poesie,  sich  würde  ausgezeichnet  haben  — ■ 
als  eine  starke  Erkältung  seine  sonst  feste 
Constitution  untergrub  u.  den  jugendlichen 
Dichter,  bereits  der  Ruhm  des  Vaterlandes, 
im  J.  1786,  erst  28  Jahre  alt,  wegraffte.  — 
Seine  nachgelassenen  Gedichte  (wenigstens 
eine  Auswahl  derselben)  wurden  1790  einer 
neuen  Auflage  der  „Gesänge  seiner  Jugend" 
die  seine  Freunde  besorgten,  beigefügt. 
Ausserdem  hat  er  einige  treffliche  Sachen 
geliefert  in  den  „Proben  für  Verstand,  Ge- 
schmack und  Herz",  die  1784  zu  Utrecht 
erschienen  und  unter  andern  das  Meister- 
stück :  „Röschen"  enthalten ,  w  elches ,  in 
empfindsamem  erzählendem  Tone,  ein  ganz 
vaterländisches ,  ja  ganz  zeeländisches  Ge- 
dicht ist,  indem  es  niederländische  Natur, 
niederländischen  Charakter  und  dabei  zu- 
gleich Gefühle  u.  Empfindvmgen  schildert, 
die  der  menschlichen  Natur  allezeit  und 
überall  eigen  sind.  Obgleich  es  den  eigent- 
lichen Namen  Romanze  nicht  führt ,  so  hat 
es  gleichwohl  für  den  Niederländer  das- 
selbe Interesse,  das  für  Spanier  und  Ita- 
liener die  romantischen  Gedichte  haben, 
die  ihre  alten  Volkssitten  schildern.  Dieses 
Meisterwerk  ist  allgemein  bekannt,  wobei 
noch  zu  bemerken  ist,  dass  die  höchste 
Einfalt  darin  den  Stempel  dem  natürlich- 
sten, wärmsten  Gefühle  aufdrückt,  dass 
keine  Ausschmückung  darin  vorkommt,  die 
nicht  der  Gegenstand  nothwendig  erfordert, 
und  dass  bei  der  grössten  Abweichung  von 
den  Sitten,  Gewohnheiten  und  der  Denk- 
art der  Alten ,  sich  gleichwohl  die  gefeiert- 
sten derselben  dieses  Gedichtes  nicht 
schämen   dürften,    welches    einen  vollkom- 


menen Beweis  von  Bellamy 's  geläutertem 
und  veredeltem  Geschmack  liefert.  Bel- 
lamy's  Gedichten  widerfuhr  die  für  ein 
niederländ.  Werk  seltene  Ehre  einer  Ueber- 
setzung  ins  Deutsche.  Sie  Avurde  zu  Wien 
1790  gedruckt.  In  der  That  artete  Bel- 
lamy's  Geist  sehr  dem  der  damaligen 
deutschen  Schule  nach,  und  J.  P.  Van 
Cap pellen  vergleicht  ihn,  in  einer  bei 
dem  Institut  gehaltenen  Rede,  treffend  mit 
Holty.  Bellamy  ist  einer  der  belieb- 
testen Dichter  seiner  Nation:  man  weiss 
seine  Meisterwerke  auswendig.  Die  meisten 
Gesänge  sind  1816  zu  Haai'lem  durch  L  o  os  - 
j  e  s  in  einem  Bändchen  in  Taschenformat 
neuerdings  herausgeg.  worden;  man  ver- 
misst  jedoch  darin  ,. Röschen",  als  sei  es 
nicht  von  ihm.  Als  Kunstkenner  und 
Prosaist  machte  sich  Bellamy  auch  rühm- 
lichst bekannt  in  dem  zu  Utrecht  erschie- 
nenen ,. poetischen  Zuschauer",  worin  er  s. 
Dichtertheorie  entwickelt.  ZAvei s.  Pre- 
digten (eine  frühere,  mehr  Kriegs  -  als 
Kanzelrede,  zvir  Ermuthigung  der  Theil- 
nahme  in  den  damaligen  Waffen- Vereinen, 
wurde  wenig  bekannt)  sind  nach  seinem 
Tode  durch  den  damals  vlissingschen, 
nachheiigcn  dordrechter  Prediger  Kui- 
pers  mit  einer  trefflichen  Einleitung, 
welche  die  Anlage  und  Bildung  Bella- 
my's  behandelt,  1790  zu  Vlissingen  un- 
ter dem  Titel:  „Zwei  nachgelassene  Pre- 
digten V.  J.  Bellamy,  mit  einer,  ihn  be- 
treffenden Vorre4e"  herausgegeben  worden. 
Bellamy 's  auf  der  Universität  gehal- 
tene Probepredigten,  welche  sich  sehr 
von  der  damals  noch  üblichen  trocknen 
dogmatischen  Manier  entferntexi,  indem 
tiefes  Gefühl  und  Kraft  der  Sprache  sich 
darin  mit  religiösem  Ernste  paaren,  zeigen, 
dass  er  ein  Sterne  einst  hätte  werden 
können,  wiewohl  es  zweifelhaft  ist,  ob 
ein  Sterne  damals  auf  der  holländischen 
Kanzel  würde  Glück  gemacht  haben.  Seine 
Begriffe  von  Toleranz  u,  allgemeiner  Bru- 
derliebe waren  zu  jener  Zeit  noch  selten 
(S.  über  Bellamy:  „Denksäule  auf  das 
Grab  von  J.  Bellamy",  von  W.  A. 
Ocker se  und  A.  Kleyn,  geb.  Ockerse, 
p.  10 — 18,  vgl.  mit  p.  20.  „Mnemosyne" 
IV.  Th.  p.  245—271.  Proben  seiner  Ge- 
dichte enthalten  z.  B.  De  Vries  „Gesch. 
der  nieder).  Dichtkunde"  II.  Th.  p.  297 
—  S07.  Witsen  Geysbeek  ,. biographisches 
u.  s.  w.  W.  B."  I.  Th.  p.  255  —  270. 
Van  Kampen  II.  Th.  p.  391  „Röschen". 
Ueber  s.  reimlosen  Gedichte  s.  „Denksäule" 


31 


Belle 


Bernouilli 


38 


p.  43 — 45;    eine   Probe    bei    V.    Kampen 
^y.  388.  N.  [«].) 

Belle  (V.)  —  Jan  Van  —  schrieb 
einen  „kurzen  Abriss  der  holländischen 
Sprachlehre"  1755. 

BeUegsarAe  (V.)  —  Gabriel  Du  Pac 
De  —  ein  Franzose  und  sog.  Jansenist, 
inachte  sich  als  heftigen  Gegner  der  Je- 
suiten durch  eine  ,. Abhandlung  über  die 
Bulle  Unigenitus"  (1755),  durch  die  Samm- 
lung von  A  r  n  a  u  1  d '  s  Werken ,  durch  einen 
Anhang  zu  der  von  Van  Espen  u.  durch 
eine  ,, kurze  Geschichte  der  Utrechter 
Kirche"  bekannt.  (S.  Saxe  Onomast.  T. 
VIII.  p.  217,  218.) 

Bemmelen  (VI.)  —  A.  Van  —  ein 
geschätzter  reformirter  Kanzelredner. 

Bening^a  (II.)  —  Sicko  —  gab  eine 
von  1492 — 1529  gehende  „Friesische  und 
Grönini^sche  Chronik". 

Bergr  (V.)  —  F.  R.  De  —  ein  Beam- 
ter von  Brüssel  u,  Verf.  einer  gekrönten 
., Abhandlung  über  das  Rom.  Recht  in  den 
Niederlanden". 

Ber§^  (VI.)  —  Ahazueer  Van  Den  — 
dessen  „Lehrbuch  der  biblischen  Geschichte 
für  die  Jugend"  an  40  Auflagen  erlebte. 
Berkbey  (V.)  —  Joannes  Le  Francq 
Van  —  aus  Leyden,  das  er  in  dem  kraft- 
vollen Gedichte:  „Das  verherrlichte  Ley- 
den", vorgetragen  in  der  Spitalkirche  am 
8.  Oct.  1774  bei  der  2ten  Säcularfeier  der 
Befreiung,  besang.  Er  bekleidete  den  neu 
geschaffenen  Posten  eines  Lectors  der  Na- 
turgeschichte daselbst,  hauptsächlich  zur 
Erklärung  des  Naturaliencabinets ,  welches 
Prof.  Allamand  durch  ein  Geschenk  s. 
eigenen  Sammlung  zuerst  angelegt  hatte. 
Er  machte  vorzugsweise  die  Naturge- 
schichte Holland's  zum  Gegenstande  seiner 
Forschungen.  Die  drei  ersten  Theile  der- 
selben enthalten  die  Naturgeschichte  des 
Landes  im  Allgemeinen ,  des  vierten  Theiles 
erstes  Heft  (wobei  es  blieb)  jedoch  nur 
die  Beschreibung  des  Rindviehs,  welches 
letztere  von  Kennern  aber  weniger  geschätzt 
wird.  Ausserdem  schrieb  Berkhey  noch 
folgende  Gedichte:  „Väterlicher  Abschied 
an  meinen  Sohn"  (der  im  ersten  englischen 
Kriege  zur  See  ging);  ,,Der  Seetriumph 
<ler  batavischen  Freiheit",  2  Theile,  bei 
Gelegenheit  der  Schlacht  auf  Doggersbank 
1782  (sehr  mangelhaft) ;  früher  bereits  das 
durch  den  haager  Dichterverein:  „Kunst- 
liebe  spart  keinen  Fleiss"  gekrönte  „Lob 
der  Dankbarkeit";  der  Säculargesang : 
..Das  erniedrigte  u.    verherrlichte  Graven- 


haag"  1776;  „ehrbare  Probeküsschen"; 
„Proben  von  dem  Vermögen  der  hoUänd. 
Dichtkunst  zur  Harmonie",  zu  finden  in 
den  Werken  des  leydener  Diclitervereins: 
,, Kunst  wird  durch  Arbeit  erlangt,"  I.  Th. 
p.  233.  Dieses  Gedicht  war  in  der  That 
ein  Beweis  von  der  Empfänglichkeit  der 
holl.  Sprache  für  Klangnachahmung ,  doch, 
muss  es  nicht  sowohl  gelesen ,  als  recitirt 
werden.  Einige  Nachahmungen  des  Ge- 
töses der  Handwerker,  z.B.  der  Blech- 
schmied,  Drescher,  Hufschmied, 
Bäcker  u.  s.  w. ,  sind  vortreiflich.  W. 
Geysbeek,  der  im  Allgemeinen  L  e 
Francq  Van  Berkhey  Aiel  zu  streng 
kritisirt,  nennt  dieses  Gedicht  ein  eitles 
Spiel  mit  Klangnachahmungen  von 
Wörternmeist  ohne  Sinn.  Später 
erschien  seine  „Batavische  Menschlichkeit", 
das  schlechteste  von  seinen  Producten,  u. 
ein  (weit  besseres)  „Trauergedicht  auf  Wil- 
helm V."  Berkhey  war  in  seinen  Aus- 
drücken zwar  weniger  gebildet  u.  Sonder- 
ling, aber  dessenungeachtet  hatte  er  etwas 
Originelles.  Loosjes,  obgleich  in  po- 
litischen Meinungen  ganz  verschieden  von 
Berkhey,  hat  durch  die  Herausgabe  s. 
„Nachgelassenen  Gedichte"  u.  des  „Geistes 
s.  Schriften"  (1813)  dem  Andenken  dieses 
niederländ.  Dichters  und  Prosaisten,  der 
hohen  Werth  auf  das  Altvaterländische 
setzte,  sein  Recht  widerfahren  lassen. 

Berkhout  (VI.)  _  a.J.  —  Mitglied 
der  Provincial-Commission  Aon  Nordhol- 
land u.  Prediger  zu  Zaandijk,  gab  eine 
von  der  nurdholl.  Schulcommission  sehr  bei- 
fällig aufgenommene  „Probe  einer  kurzen 
Geschichte  des  niedern  Unterrichts  in  Nie- 
derland" Amst.  1824. 

Bernard  (V.)  —  Johan  Steven  — 
geb.  1718  zu  Berlin ,  Arzt  zu  Amsterdam, 
besorgte  Ausgaben  von  mehreren  griechi- 
schen mcdicinischen  Schriftstellern  v.  1743 
— 1757,  nämlich:  von  Demetrius  Papa- 
gomenus,  Hypatus,  Psellus,  Palla- 
dius,  Synesius  und  von  Thomas  Ma- 
gister, dem  Grammatiker. 

Berneville  (I.)  — •  GuIUebert  —  fran  - 
zös.  Minnedichter  am  Hofe  Heinrich' s  III. 

Bernouilli  (IV.)  —  Jean  —  geb.  1654 
zu  Basel,  1695  auf  Empfehlung  des  Mar- 
quis de  L'Hopital  zum  Prof.  d.  Mathe- 
matik nach  Groningen  berufen ,  1705  aber 
wieder  nach  Basel  zurückgekehrt,  wo  ei 
nach  dem  Tode  s.  Bruders,  Jacques, 
eines  ebenfalls  berühmten  Mathematikers, 
als    Professor    der    Mathematik    an    dessen 


39 


Bernouilli 


Bidloo 


40 


Stelle  trat ,  machte  während  seines  Aufent- 
halts in  Groningen  folgende  Entdeckun- 
gen: Brachyotochrone  oder  linea  celer- 
rimi  descensus  (1697),  welche  die  noch 
schwierigere,  bekannt  unter  dem  Namen 
des  Isoperimeters,  u.  einen  heftigen  Streit 
zwischen  den  beiden  Bernouilli's  veran- 
lasste ,  der  wieder  grossen  Einfluss  auf  die 
Fortschritte  der  Mathematik  hatte,  und 
Jean  B.  Gelegenheit  gab,  Aerschiedene 
Schriften  abzufassen,  worin  er  seine  Ent- 
deckungen bekannt  machte.  Hieher  gehö- 
ren die  über  Synchrona,  über  die  Ex- 
ponentialrechnung,  über  die  linea  ae- 
tjuabllls  recessus,  über  die  maxima  et  mi- 
nima, über  den  radius  osculi  u.  s.  w.  (S. 
über  ihn  u.  s.  Geschlecht:  Lalande  „Bi- 
bliogr.  Ästron. "  p.  299.  „  Commercium 
Epistolicum  Leibnitzii  et  Bernouillii'''  T.  I. 
p.  45,  101,  105,  186,  247.  U.  p.  60,  64, 
86,  183,  221,  228.  Reland's  „Galathea", 
herausgeg,  v.  P.  Bosscha.  Bossut  ,, Es- 
sai sur  l'Histoire  generale  des  Mathemati- 
ques"  T.  II.  „Joannis  Bernouillii  Opera" 
T.  I.  p.  179,  231.  De  Luc  „Traite  des 
niodificatlons  de  l'Athmosphere"  T.  I.  p.  22. 
Van  Kämpen  Th.  III.  p.  289.  Moll's 
,, Beitrag  zur  Gesch.  der  mathemat.  Wiss. 
in  den  Niederlanden  im  18.  Jahrh.) 

Bernouilli  (V.)  —  Daniel  —  Sohn  des 
Vorigen,  war  1700  zu  Groningen  geboren. 
Irrig  nennt  Grand-Jean  de  Fouchy 
ihn  einen  Schweizer  (Eloge  de  Dan.  Ber- 
nouilli, Hist.  de  l'Acad.  des  Sciences,  1782). 
Zu  s.  Lobe  als  Mathematiker  wird  es  hin- 
reichen ,  zu  sagen ,  dass  er  in  vielen  Hin- 
sichten der  Mitarbeiter  sowohl ,  als  der 
Freund  des  grossen  Leonard  Euler  war. 
Daniel  B.  verliess  in  s.  Jüngern  Jahren 
die  Niederlande ,  folgte  einem  Rufe  an  die 
Akademie  zu  Petersburg,  von  welcher  er 
eine  der  grössten  Zierden  war  und  wo  er 
bis  1733  blieb ,  dann  zu  Basel  lebte  und 
daselbst  bis  1782  denselben  Lehrstuhl  ein- 
nahm ,  der  s.  Oheim  u.  Vater  so  berühmt 
gemacht  hatte.  (S.  über  ihn  u  seine  Werke: 
Bossut  „Essai  sur  l'Hist.  gener.  des  Ma- 
them."  T.  II.  p.  109  sqq.  Montucla 
„Hist.  des  Mathem."  T.  IV.  p.  289  et  pas- 
sim.  Obiges  Werk  von  Fouchy,  p.  102. 
Lalande  „Bibi.  Astron."  p.  299.) 

Bertel  (III.)  —  ...  —  Abt  von 
Epternach,  gest.  1607,  Verfasser  einer 
,.Historia  Ducatus  Luxemburgensis"  Colon. 
1605,  4. 

Bertholet  (III.)  —  ...  —  ein  Je- 
suit,   verf.    ebenfalls   eine  Geschichte   von 


Luxemburg,  zwar  mit  vieler  Gelehrsam- 
keit, aber  sehr  langweilig  und  in  einem 
schlechten  Style. 

Bertius  (III.)  —  ...  —  zuvor  Re- 
monstrant,  dann  zu  Paris  Katholik  ge- 
worden, besorgte  eine  für  jene  Zeit  gute 
Ausgabe  des  Ptolemäus. 

BetoiiW  (VI.)  —  Johannes  In  De  — 
ausgezeichneter  Geschichts  -  und  Alter- 
thumsforscher ,  verf.  mehrere  Werkchen 
über  die  bei  Nimwegen  gefundenen  Alter- 
thümer  und  Münzen. 

Beuikie  (V.)  —  ...  De  —  Arzt  zu 
Brüssel,  untei'suchte  chemisch  die  Erdarten 
behufs  des  Anbaues  der  Haiden  und  die 
giftige  Eigenschaft  des  Bleies.  Die  Ab- 
handlung ist  in  flämischer  Sprache  ge- 
schrieben. 

Bevel  (VI.)  —  M.  J.  S.  ~  Mathe- 
matiker ,  der  eine  neue  Ausgabe  von  E  u  - 
1er 's  Algebra  besorgte. 

Bevere  (III.)  -^  Cornelis  De  —  Aon 
Ludwig  XlII.  von  Frankreich  geadelt, 
beschäftigte  sich  neben  seinen  mannichfal- 
tigen  Staats  -  und  Gesandtschaftsgeschäf- 
ten mit  den  Wissenschaften ,  besonders  mit 
lat. ,  französ.  und  holländischer  Poesie,  so 
wie  mit  Geschichte  und  Alterthümern.  (S. 
Baien  p.  222.) 

Bever-wijk  (IV.)  —  Jan  Van  — 
schrieb  über  die  Stadt  Dordrecht  (Dordr. 
1640). 

Beverwrfjk  (III.)  —  Johan  Van  — 
gest.  1647,  war  nicht  allein  Arzt,  sondern 
auch  Magister  der  (damals  vorzugsweise 
sog.)  freien  Künste,  dabei  in  Jurisprudenz 
und  Politik  erfahren ,  deshalb  1627  u.  1628 
Schöppe  u.  Rath,  u.  mehrmals  von  Seiten 
des  Staats  nach  den  Staaten  von  Holland 
abgesandt.  Als  niederländ.  Literat  ver- 
dient er  Erwähnung  w egen  seiner  Schrift : 
,,Ueber  die  Vortrefflichkeit  der  Frauen" 
(Dordr.  1643);  wegen  seines  ,, Spanischen 
Xerxes"  eine  Vergleichung  der  Thaten 
der  alten  Holländer  mit  denen  der  Griechen 
(1639);  wegen  des  „Anfanges  Holland's 
in  Dordrecht"  (1640)  u.  wegen  s.  holländ., 
griech.  und  lat.  Gedichte. 

Bicker  (VI.)  —  Lambert  —  Arzt  zu 
Rotterdam,  schrieb  für  die  utrechter  Ge- 
sellschaft: „Uebcr  die  jetzt  so  vielfaltigen 
Nervenkrankheiten"  (1785),  u.  erfand  einen 
neuen  verbesserten  Dampfmesser,  (S. 
,,Neue  Abhandlungen  der  rotterd.  Ge- 
sellsch."  I.  Th.  1800.) 

Bidloo  (IV.)  —  G.  —  Professor  zu 
Leyden,  als  Nachfolger  Stuck 's,  ist  all- 


41 


Bilderdijk 


ßildcrdijk 


42 


gemein  bekannt  durch  seine  anatomischen 
Platten,  Avclche  Lair esse's  Kunst  ver- 
schönert hat.  Er  zernliederte  die  Augen 
des  Maulwurfs,  der  Blindschleiche  u.  einiger 
Insekten,  und  beschrieb  den  Leberwurm 
der  Schafe. 

Bilderdijk  (VI.)  —  Willem  —  Nie- 
derland's  grösster  Dichter,  geb.  1756  zu 
Amsterdam,  gest.  den  18.  Dez.  1831, 
machte  schon  auf  der  Mutter  Schoos  Verse. 
Er  studirte  Jurisprudenz  auf  der  Univer- 
sität zu  Leyden,  widmete  sich  jedoch  auch 
der  Theologie  und  IVIedicin  und  erwarb 
sich  eine  gründliche  Kenntniss  der  alten 
und  fast  aller  bekannten  neuern  Sprachen, 
der  Geschichte,  Alterthümer,  Geologie 
u.  s.  w.  Sein  erstes  Erscheinen  in  der 
Reihe  der  holländischen  Dichter  ward  durch 
eine  Preisfrage  des  leydener  Dichterver- 
eins: „Kunst  wird  durch  Arbeit  erlangt," 
1776  „über  den  Einfluss  der  Dichtkunst 
auf  die  Staatsregierung"  veranlasst.  Dieser 
wenig  versprechende  Stoff  w  ard  von  Bil- 
derdijk auf  eine  Weise  behandelt,  wo- 
von man  in  der  hoUänd.  Poesie  noch  keine 
Muster  kannte.  Der  Anfang  ist  kühn  und 
edel,  das  glücklich  gewählte  Vorbild  des 
Tyrtäus,  der  die  furchtsamen  Spartaner 
zu  Felde  treibt  und  dadurch  den  Fall  von 
Messina  veranlasst,  trägt  ungemein  zur 
Belebung  und  sogar  zur  Beantwortung  des 
Gegenstandes  bei,  wiewohl  sich  anmerken 
Hesse,  dass  Tyrtäus  mehr  auf  die  Kriegs- 
Iiihrimg  als  auf  die  Staatsregierung  Ein- 
fluss gehabt  hat.  Aber  ein  Dichter  braucht 
dies  nicht  so  genau  zu  nehmen.  Dasselbe 
Glück,  das  Feith  hatte,  ward  auch  ihm 
sechs  Jahre  früher  (1777)  zu  Theil :  er  er- 
hielt einen  doppelten  Ehrenpreis  für  ein 
Gedicht  in  drei  Gesängen  über  die  „wahre 
Liebe  zum  Vaterlande",  nämlich  den  ersten 
u.  dritten,  den  zweiten  bekam  s.  Freun- 
din De  Lannoy.  Nun  stieg  Bilder- 
dijk von  Stufe  zu  Stufe.  1779  kam  s. 
Uebersetzung  des  Königs  Oedip  von  So- 
phokles heraus.  Dies  war  die  erste 
Probe ,  um  die  Niederländer  mit  dem  Geist 
und  der  Form  der  Griechen  aus  der  Quelle 
bekannt  zu  machen,  und  dadurch  die  bis- 
her durch  sklavische  Nachahmung  franzö- 
sischer Muster  so  tief  gesunkene  Poesie 
wieder  herzustellen.  Jedoch  behielt  er  den 
Reim ,  den  er  sehr  in  Schutz  nahm ,  bei. 
Es  scheint,  dass  das  Vorbild  Bilder- 
dijk'» im  Gegensatz  der  Bestrebungen 
BeUamy's  und  s.  Freunde  das  Meiste 
dazu  beitrug,    um  den  Reim  als  nothwen- 


digen  Bestandtheil  der  niederländ.  Poesie 
beizubehalten,  Dass  jedoch  Bilderdijk 
auch  reimlose  Gedichte  schreiben  konnte, 
hat  er  in  seiner  „Erheiterung"  (1779)  hin- 
länglich bewiesen.  Er  gab  dadurch  selbst 
gegen  sich  den  strengen  Kunstrichtern, 
welche  nicht  allein  die  Hexameter,  sondern 
auch  die  so  natürlichen  Jamben  und  an- 
dere reimlose  Versmasse  aus  der  hoUänd. 
Poesie  verbaiuien  w  ollen ,  die  Waffen  in 
die  Hände.  1784  besang  er  „Odilde",  u. 
1785  erschienen  s.  „Blümchen".  Bilder- 
dijk legte  sich  damals  hauptsächlich  auf 
das  erotische  Fach,  worin  er  sich  mit 
grossem  Glück  versuchte.  Dann  bearbei- 
tete er  mit  Feith  Van  Haren 's  Geu- 
sen, vor  welchen  jedoch  nur  sein  Name 
steht  (1785).  Nach  dieser  gemeinschaft-, 
liehen  Arbeit  entfernten  die  politischen 
Ereignisse,  die  heftigen  Unruhen  in  Nie- 
derland und  die  Bewegungen  der  Parteien 
beide  Dichter  von  einander.  Bilderdijk 
war  für  die  Partei  des  Prinzen,  während 
Feith  der  patriotischen  Partei  eifrig  er- 
geben war,  für  die  er  nicht  allein  mit 
Worten,  sondern  auch  thätig  auftrat.  Kein 
Wunder  also ,  dass  die  Revolution  von 
1787  ihm  einen  solchen  Beschluss,  wie 
Feith,  nicht  einflössen  konnte,  s.  Leyer 
aufzuhängen.  Gleichwohl  sinds.  poetischen 
Erzeugnisse  zwischen  1787  u.  1795  nicht 
zahlreich ;  nur  die  Uebersetzung  des  „Oe- 
dipus  zu  Kolona"  (von  ihm  „Oedip's  Tod" 
genannt)  von  Sophokles  zeichnet  sich 
darunter  aus  und  ist  ein  würdiges  Gegen- 
stück zu  seinem  früher  übersetzten  Koni  g 
Oedip  desselben  Meisterdichters.  Mit 
1795  begann  die  zweite  Epoche  von  Bil- 
derdijk's  Leben.  Bisher  hatten  Jugend, 
Ruhm,  vortheilhafte  Verhältnisse  und  Um- 
gang mit  vaterländischen  Kunstfreunden 
s.  Seele  in  einer  heitern  Stimmung  erhalten, 
die  er  nunmehr ,  und  wie  es  schien ,  für 
immer  verlor  Mit  dem  Hause  Oranien 
verliess  er  auch  das  Vaterland,  s.  Beruf 
als  Advokat  und  schwärmte  als  Verbann- 
ter in  England  und  Deutschland  umher. 
Zu  Braunschweig  musste  er  sich  von  Un- 
terrichtgeben in  den  verschiedenen  Wissen- 
schaften, die  er  kannte,  seinen  Unterhalt 
erwerben.  Er  sah  sein  Vaterland  einer 
Partei  und  Grundsätzen  zur  Beute,  die 
er  verabscheute.  In  Deutschland  nahm  s. 
orthodoxe  Religiosität  nicht  minder  Anstoss 
an  der  zügellosen  Denkungsart,  welchöH 
gerade  damals  den  höchsten  Gipfel  erreicht 
hatte,  und  in  der  That  so  weit  ging,  dass 


43 


Bilderdijk 


Bilderdijk 


44 


man  sich  des  Namens  eines  Christen 
schämte.  Dies  Alles  konnte  auf  den  ge- 
fühlvollen Dichter  s.  Wirkung  nicht  ver- 
fehlen. Er  wurde  schwermüthig,  unzufrie- 
den mit  s.  Schicksal  und  mit  den  Menschen; 
er  zeigte  immer  mehr  einen  tödtlichen  Hass 
gegen  die  Grundsätze  von  Freiheit  der 
Völker  u.  F'reiheit  des  Denkens,  u.  selbst 
einen  Hass  gegen  Deutschland  und  Alles, 
was  Deutsch  war  oder  dem  ähnelte,  ob- 
gleich er  in  Braunschweig  gastfremidschaft- 
liche  Aufnahme  und  sogar  Unterstützung 
von  dem  Herzoge  fand.  So  ward  hier  der 
Grund  gelegt  oder  vielmehr  die  Saat  ent- 
wickelt, welche  früheres  emsiges  Studiren 
in  ihn  gestreut  hatte,  von  der  Krankheit 
der  Seele ,  mehr  noch  als  des  Körpers ,  der 
Hypochondrie,  deren  oft  höchst  sonderbare 
Wirkungen  sich  in  seinen  Urtheilen  über 
die  grössten  und  edelsten  Männer  und  die 
heiligsten  Interessen  der  Menschheit  zeigen, 
wodurch  er  so  weit  unter  den  Punkt  wahrer 
Humanität  herabsinkt,  als  er  sich  auf  der 
andern  Seite  durch  ein  ausserordentliches 
Genie  erhebt ;  ein  Geist ,  der  Alles  um- 
fassen. Alles  schildern  kann,  dessen  Adler- 
blick ungehindert  durch  Zeit  und  Raum 
und  die  Geisterwelt  dahin  schwebt;  der 
die  hoUänd.  Sprache  ganz  in  seiner  Gewalt 
hat,  der  dabei  der  erste  Dichter,  u.  (was 
Genie  betrifft)  der  erste  Sprachkenner  Nie- 
derland's ,  origineller  Philosoph ,  Jurist, 
Geolog  und  Arzt  ist,  und  der  mit  aller 
s.  Trefflichkeit  und  Mangelhaftigkeit  als 
psychologische  Erscheinung  vielleicht  in 
keinem  Jahrhundert  seines  Gleichen  gehabt 
hat.  —  Das  Missgeschick  der  Verbannung 
schien  in  Bilderdijk  das  dichterische 
Feuer  mit  neuer  Gluth  zu  entzünden ,  wel- 
ches in  den  sieben  Jahren  der  Ruhe ,  viel- 
leicht durch  andere  Beschäftigungen,  einiger- 
massen  erloschen  Avar.  Damals  verfasste 
er  die  meisten  Stücke  aus  seiner  „vater- 
ländischen Oraniensucht",  besonders  jenen 
herrlichen  ,, achten  März  zu  Tjondon",  der 
Delille's  Homme  des  Champs  in  einen 
holländischen  BVeund  des  Landlebens  ver- 
wandelte (1803).  Vielleicht  ist  dieses 
meisterhafte  Gedicht  der  Vollkommenheit 
näher,  als  das  französische  Original.  Wäh- 
rend seiner  Verbannung  gab  er  noch  die 
Sammlungen  ,, vermischter  Gedichte"  (1799, 
zwei>Theile)  und  „Poesie"  (1803,  1807, 
vier  Theile)  heraus.  In  den  letzten  befin- 
^en  sich  auch  Gedichte  von  einigen  seiner 
Schüler  und  Freunde.  Unter  den  vermisch- 
ten Gedichten   bemerkt  man  vor  Allen  die 


herrliche  Bearbeitung  von  sechs  Ossian'- 
schen  Gesängen.  Die  tiefe  Schwermuth, 
welche  den  schottischen  Dichter  beseelt, 
stimmte  so  gut  mit  der  des  niederl.  über- 
ein! sie  war  jetzt  ebenfalls  der  Grundton 
seiner  Gesänge  geworden.  Später  gab  er 
auch  eine  Uebersetzung  des  ganzen  „Fin- 
gal",  in  zwei  Theilen,  mit  einer  Abhand- 
lung über  denselben ,  u.  alle  übrigen  klei- 
nen Gedichte  Ossian's  heraus.  Ferner 
erschienen  noch  zwei  Theile  „Allerlei" 
(1804).  Zu  Anfang  des  J.  1806,  unter 
dem  Rathpensionär  S  c  h  i  m  m  e  1  p  e  n  - 
n  i  n  c  k  ,  als  die  Gemüther  abgekühlt  waren, 
kehrte  Bilderdijk  ins  Vaterland  zurück, 
nicht  1799,  wie  die  Galerie  histor.  des 
Contemporains  (T,  II.  1.  Part.  p.  137) 
irrig  angibt.  Dies  erhellt  auch  aus  ,^den 
fünf  Gedichten  auf  der  See  bei  meiner 
(Bil  d  er  d  ij  k 's)  Rückreise  nach  dem 
Vaterlande,  die  sich  in  den  Mannichfaltig- 
keiten  der  hoUänd.  gelehrten  Zeitschrift: 
Letteroefeningen  v.  J.  1806  p.  220,  264, 
311  u.  358  befinden.  Sein  erstes  Erzeug- 
niss  seitdem  war  ein  Meisterwerk :  „Die 
vier  neuen  vermischten  Aufsätze",  in  Prosa 
und  Poesie.  Welche  herrliche  Gedichte 
darunter  sind  nicht  der  ,. Achilles  auf  Scv- 
ros"  und  einige  andere !  Welch  ein  Feuer 
und  Leben !  Es  schien ,  als  ob  die  vater- 
ländische Erde  den  bereits  50jährigen  Dich- 
ter mit  neuer  Gluth  und  neuer  Kraft  be- 
seelte ,  obschon  sein  Körper  sehr  gebrech- 
lich war.  Das  Unglück  von  Leyden  1807 
ergriff  ihn  tief  und  gab  ihm  nicht  allein 
den  Stoff  zu  einem  Gedicht,  voll  male- 
rischer, jedoch  etwas  zu  schauerlicher 
Scenen ,  sondern  auch  Gelegenheit  zu  einer 
edlen  Handlung.  Er  bot  eines  s.  Meister- 
werke: „Die  Krankheit  der  Gelehrten", 
durch  Subscription,  zur  Unterstützung  der 
Verunglückten  an.  In  diesem  Werke  sieht 
man,  wie  ein  wahrer  Dichter  sich  auch 
des  undankbarsten  Stoffes  bedienen  kann. 
Zu  den  am  schönsten  ausgeführten  Par- 
thieen  gehören:  die  Verjüngung  des  alten 
Aeson  durch  s.  Töchter,  welche  ihm  das 
Blut  abzapfen  und  jugendliches  wieder  ein- 
giessen.  König  Ludwig,  in  Gesinnung 
ein  Holländer,  fragte  Bilderdijk  um 
diese  Zeit  in  verschiedenen  auf  Literatur 
bezüglichen  Angelegenheiten  um  Rath,  u. 
ernannte  ihn  zum  Präsidenten  der  zweiten 
Classe  des  von  ihm  gestifteten  und  noch 
bestehenden  Instituts  der  Künste  u.  Wissen- 
schaften. Bilderdijk  glaubte,  dass  jetzt, 
nachdem    Wilhelm  V.    gestorben,    seine 


45 


Bilderdijk 


Bilderdijk 


41) 


Verpflichtungen  gegen  das  Haus  Oranien 
aufhörten,  und  er  allein  dem  Schicksale, 
das  die  Napoleoniden  begünstigte,  nicht 
widerstehen  könnte;  er  war  daher  mit  wah- 
rer Zuneigung  und  mit  Eifer  dem  tugend- 
haften Fürsten  zugethan.  Zahlreich  waren 
nun  s.  Werke,  zum  Theil  im  Verein  mit 
denen  s.  zweiten,  kunstliebenden  Gattin, 
Katharina  Wilhelmine  Bilderdijk:  un- 
ter andern  drei  Theile  Trauerspiele; 
„Wilhelm  von  Holland''  (Graf  Wilhelm  1.); 
„Elfride"  (von  s.  Gattin) ;  „Kormak"  (von 
Bilderdijk,  die  Geschichte  des  Ulysses 
unter  Ossian's  Landsleute  versetzt),  mit 
einer  Abhandlung  über  das  Trauerspiel; 
„Cinna"  (von  Bilderdijk,  nach  Cor- 
neille) u.  „Iphigenia  in  Aulis"  (nach  Ra- 
cine, von  Mad.  Bilderdijk).  In  der  Wahl 
dieser  beiden  Stücke  sieht  man ,  dass  Dich- 
ter u.  Dichterin  sehr  die  französ.  Sprache 
liebten  u.  ihr  huldigten.  Bilderdijk  feierte 
König  Ludwig's  Thronbesteigung  in  ei- 
ner Ode,  worin  man  den  Messias  besin- 
gen zu  hören  glaubt,  und  als  1808  Lud- 
wig s.  Residenz  nach  Amsterdam  verlegte, 
feierte  Bilderdijk  dies  mit  einem  Trauer- 
spiele, „Floris  der  Fünfte"  betitelt,  wor- 
in er  diesen  Grafen,  nach  der  Wahrheit, 
als  den  Beschützer  der  Volksfreiheit  gegen 
die  kleinen  Tyrannen  des  Feudalsystems 
darstellte.  Nach  Ludwig's  Niederlegung 
der  Krone,  als  Napoleon  Hollands  Na- 
men aus  der  Liste  der  Völker  strich, 
brachte  Bilderdijk  Sr.  k.  k.  Majestät 
s.  Huldigung  dar,  und  besang  auch  1810 
zu  Amsterdam  dessen  Vermählungsfeier. 
Hierauf  erschienen  die  Uebersetzungen  der 
j,Loblieder  des  Kallimachus"  und  des  ,, Ver- 
suchs über  den  Menschen'  von  Pope  (letz- 
tere sehr  frei).  In  den  „zerstreuten  Ge- 
dichten" (1809)  findet  man  eine  sehr  gelun- 
gene, abgekürzte  Nachahmung  des  Pervi- 
gilium  Veneris,  einiger  Oden  von  Horaz, 
einen  Sieggesang  von  Pindar.  ein  Paar 
Stücke  von  Theokrit  u.  Ovid,  eine  An- 
zahl Gedichte  von  Boethius  u.  den  An- 
fang der  „Iliade",  welche  er  auf  die  ihm 
eigenthümliche  Weise,  d.h.  frei,  aber  mit 
Beibehaltung  des  Geistes  u.  der  Kraft  des 
Originals  übersetzte.  —  Auch  erschien  von 
ihm  der  fünfte  u.  eilfte  Gesang  der  Odys- 
see in  einer  metrischen  Uebertragung,  u. 
eine  griechische  u.  lateinische  Antho- 
logie. (S.  über  seine  philolog.  Verdienste: 
„Peerlkamp's  schöne  Vorrede  zu  Ooster- 
dijk's  Uebersetzung  des  Horaz.  in  Be- 
ziehung auf  Bilderdijk 's  Nachbildungen".) 


Seine  eignen  Gedichte  sind  aus  verschie- 
denen Zeiten  u.  von  verschiedenem  Werth. 
Inzwischen  hörte  die  Melancholie,  derei» 
wir  oben  erwähnten,  nicht  auf,  an  s.  Ruhe 
zu  nagen ,  u.  wurde  noch  verstärkt  durch 
den  Veilust  von  fast  s.  ganzen  Familie ; 
sie  raubte  ihm  den  Schlaf  u.  bedeckte  diese 
schöne  Welt  vor  ihm  mit  einem  Flor,  durch 
welchen  er  die  Gegenstände  nur  düster  be- 
trachtete u.  keinen  Strahl  von  Freude  für 
sich  selbst  empfangen  konnte.  Dies  offen- 
barte sich  bereits  in  den  Titeln  s.  Schrif- 
ten. Seine  „Herbstblätter"  (1808,  zwei 
Theile)  sollten  die  Abnahme  s.  dichterischen 
Kraft  beweisen ,  bewiesen  jedoch  nur  die 
seiner  heitern  Laune.  Es  sind  darin  viele 
treffliche,  sowohl  eigene,  als  nachgeahmte 
Sachen.  Denselben  Mangel  wollte  das 
Publicum  an  s.  „Wii]terblumen"  wahrneh- 
men, obgleich  jenes'  göttliche  Feuer  ihn 
seit  s.  Rückkehr  ins  Vaterland  mit  neuer 
Kraft  zu  beseelen  schien.  Dies  beweisen 
s.  „Kunst  der  Poesie",  worin  er  die  (fast 
vergessenen)  Rermvereine  des  vorigen  Jahr- 
hunderts in  herrlichen  Versen  dem  Spott 
der  Nachwelt  überlieferte ;  sein  „Hollän- 
disch", welches,  als  Gedicht  betrachtet, 
ein  Meisterstück,  aber  höchst  parteiisch 
und  unbillig  über  Deutschland  ist,  gegen 
dessen  Sprache  u.  Schriftsteller  er  heftig 
eifert.  Dies  Gedicht  möge  Entschuldigung 
in  s.  Kränklichkeit  finden;  aber  die  Ent- 
heiligung ,  die  er  an  der  Menschheit  und 
an  dem  sittlichen  Gefühle  in  „Nero  an  die 
Nachwelt"  begangen  hat,  wird  weder  Zeit- 
genosse noch  Nachkomme  ihm  je  vergeben  ! 
Letzteres  Gedicht  bezweckt  nichts  weniger 
als  eine  Entschuldigung  des  Nero, 
u.  erneuert  Seneca's  Vertheidigung  des 
Muttermordes  ohne  Nothwendigkeit.  Und 
diesem  Gedichte  folgt  ein  „Abschied",  1811 
in  der  hoUänd.  Gesellschaft  der  Künste  u. 
Wissenschaften  zu  Amsterdam  gehalten, 
worin  er  mit  edler  Bescheidenheit  seinen 
Jüngern  Kunstgenossen  Recht  widerfahren 
lässt,  u.  mit  einer  sehr  prophetischen  Pro- 
phezeihung  von  HoUand's  künftiger  Aufer- 
stehung vom  Tode,  in  den  es  damals  ver- 
senkt war,  endigt,  die  jedoch  die  franzö- 
sische Censur  unterdrückte,  seitdem  aber 
besonders  erschienen  ist,  u.  worin  man  die 
edelsten  Gefühle  für  das  Vaterland  u.  einen 
unbegreiflichen  Blick  in  die  Zukunft  be- 
wundert. Hatte  denn  B  i  1  d  e  r  d  i  j  k  die  zwei 
Seelen,  von  welchen  Xenophon  redet?  — 
Inzwischen  hatten  sich  auch  s.  äussern  Um- 
stände verschlimmert:  Ludwig  hatte  den 


41 


Bilderdijk 


Bilderdijk 


48 


Thron  aufgegeben,  Napoleon  Holland 
einverleibt,  und  den  Dichter  des  Gehalts 
beraubt,  welchen  der  König  ihm  angewie- 
sen. So  brachte  der  Dichter  die  drei  Jahre 
der  niederländischen  Sklaverei  auch  in 
bangen  Sorgen  hin  u.  Hess  darin  (ausser 
den  Winterblumen)  nichts  als  eine  unbedeu- 
tende „Luftreise  und  Planetenentdeckung" 
u.  seine  merkwürdige,  meist  aus  Saussure 
und  De  Luc  geschöpfte  „Geologie"'  im 
Druck  erscheinen.  Nach  der  Revolution 
von  1813  stimmte  dann  auch  sogleich  s. 
Leier  mit  der  anderer  bataAÜscher  Dichter 
in  „Holland's  Befreiung'^  ein,  worin,  unter 
andern ,  obiger  Schluss  des  Abschieds  ge- 
funden wird;  „Willem  Frederik,  König 
der  Niederlande,  Festgesang"  (im  März 
1815,  bei  der  Thronbesteigung  Sr.  Maj.); 
„Kriegsgeschrei"  und  „vaterländische  Her- 
zensergiessungen  bei  Napoleon's  Lan- 
dung, Fortschritten  u.  Niederlage".  Diese 
drei  Gedichte  waren  zum  Theil  von  ihm 
und  s.  Gattin.  Ungeachtet  dieser  Thätig- 
keit  wollte  sich  Bilderdijk  schon  in 
das  Reich  der  Todten  versetzen ,  indem  er 
nach  seinen  Herbst-  u.  Winterblumen  nun 
noch  „Affodillen"  (Grabesblumen,  1814)  er- 
scheinen Hess,  worin  unter  Andern  die 
„Ehe"  und  „das  wahre  Gut"  in  dichte- 
rischer Schönheit  prangen.  Er  schien  je- 
doch bald  w  ieder  aufzuleben ,  w  enigstens 
erhob  1817  der  Todte  das  Haupt  von  s. 
Ruhekissen ,  und  brachte  die  „  neuen 
Sprösslinge"  an  das  Licht,  worin  man 
s.  erneutes  Leben  selbst  in  drollichten  Ge- 
dichten (dem  „Lauscher  oder  1.  April") 
wiedererkannte.  Li  den  „Thieren"  sucht 
er  einen  alten  lächerlichen  Glauben ,  der 
unter  Andern  die  Taube  zu  einem  Teufel 
macht,  aufzufrischen,  und  wusste  ihn  mit 
aller  Gluth  der  Poesie ,  deren  er  empfäng- 
lich war,  auszuschmücken.  Unaufhaltsam 
strömte  nun  des  Dichters  verjüngte  Ader, 
die  Amsterdam  (von  dessen  Bewohnern  u. 
Regierung  s.  Denkweise  u.  eine  vereitelte 
Hoffnung  ihn  entfernte)  verlassen  hatte, 
um  sich  zu  Leyden  niederzulassen.  Das 
„Weiss  und  Roth"  (die  grauen  Haare 
des  Dichters  mit  dem  Gesicht  s.  Gattin, 
als  Lilien  mit  Rosen  gepaart)  u.  die  „neuen 
poetischen  Mannichfaltigkeiten"  hatten 
sicherlich  ihren  Werth,  verschwanden  je- 
doch ganz  bei  dem  ,, Untergang  der  Welt", 
den  fünf  ersten  Gesängen  eines  meisterhaf- 
ten Heldengedichts  aus  der  Zeit  vor  der 
Sündtiuth.  Bilderdijk,  der  sich  bereits 
als  Niederland's   Pin  dar  u.    Sophokles 


gezeigt  hatte,  erschien  hier  als  dessen 
Homer  oder  vielmehr  Mi  1  ton.  Welch 
eine  Welt  ist  die,  in  welche  der  herrliche 
Dichter  uns  führt!  Hier  verderbte  Söhne 
von  Adam  durch  Kain  und  Seth,  aber 
noch  voll  der  ursprünglichen  Riesenkraft; 
dort  ein  heiliges  Paradiesgeschlecht,  das 
aber,  durch  irdische  Schönheit  bethört,  eni 
Titanengeschlecht  erzeugt  hat,  dessen 
Kampf  mit  dem  noch  rohen  Erdbewohner 
Bilderdijk  mit  einem  Feuer  malt,  das 
allen  Reichthum  der  holländ.  Poesie  zur 
Schau  stellt.  Wer  weiss  nicht  Kain's 
Gebet  bei  der  Geburt  s.  ältesten  Sohnes 
auswendig?  Wen  hat  die  treffliche  Episode 
von  E 1  p  i  n  e  u.  ihrem  himmlischen  Gelieb- 
ten nicht  tief  gerührt?  Dieses  Gedicht,  das 
als  Fragment  schon  eine  sehr  hohe  Stelle 
einnimmt,  würde,  vollendet,  gewiss  das 
grösste  Dichterwerk  Niederland's  sein.  In 
s.  ,, Frosch-  u.  Mäusekrieg"  erschienen  s. 
witzigen  Ausdrücke  u  s.  geistreicher  Styl 
ganz  für  diesen  Gegenstand  geschaffen. 
Um  diese  Zeit  erschienen  von  ihm  noch: 
Persius  „Sittengeisseln'-  1820;  „März- 
violen" 1821  (worin  einige  Heldinnenbriefe 
und  Nachahmungen  von  Horaz  sich  aus- 
zeichnen) ;  „Grillenlieder,"  1822  u.  später, 
3  Theile;  „Felsenklänge,"  1824.  Diese 
Sammlungen  enthalten  eine  Menge  poli- 
tischer ,  theologischer  Gedichte  und  einige 
schöne  Nachahmungen  der  Alten.  Als 
Sprachkenner  stellte  Bilderdijk  (unter 
Andern)  ein  neues  sinnreiches  System  über 
das  Geschlecht  der  Substantive  auf.  Unter 
s.  zahllosen  Kenntnissen  darf  man  vielleicht 
s.  allgemeinen  u.  holländischen  Sprachkunde 
die  erste  Stelle  einräumen.  So  tief,  wie 
er,  sind  sehr  Wenige  in  das  Heiligthum 
der  Sprache  eingedrungen,  wobei  ihm  s. 
unglaubliche  Kenntniss  der  europäischen 
Sprachen  (selbst  von  Ossi  an 's  ausgestor- 
bener Sprache)  und  einiger  orientalischen 
besonders  zu  statten  kam.  Es  gehörte 
nicht  weniger  als  eine  solche  Gelehrsam- 
keit, zugleich  aber  auch  kein  geringeres 
poetisches  Genie  dazu,  als  das  Seinige,  um 
die  „Abhandlung  über  das  Geschlecht  der 
Substantive"  zu  schreiben,  die  zuerst  nur 
ein  Entwurf  (1809)  war,  später  mehr  aus- 
gearbeitet (1818)  und  endlich  mit  einer 
„Geschlechtsliste  der  Substantive"  be- 
reichert wurde  (1822).  Sein  System  ist 
eben  so  neu,  als  reich  in  Folgerungen;  es 
enthält  aus  dem  Wesen  der  Sprache,  so 
wie  aus  philosophischen  Untersuchungen 
der   Gegenstände  in   Beziehung    auf   unser 


49 


Bilderdijk 


Blanchard 


50 


Denk-  u.  Sprachvermögen  fjeschöpfte  feine 
Unterscheidungen  der  drei  Geschlechter  u. 
der  zu  ihnen  gehörenden  Wörter.  Beson- 
ders in  der  Unterscheidung  des  sächlichen 
verdient  s.  Werk  studirt  zu  werden.  Auch 
in  vielen  Anmerkungen  hinter  s.  Gedichten 
(z.  B.  hinter  dem  Frosch-  u.  Mäusekrieg) 
beurkundet  er  ungemeine  Sprachgelehrsam- 
keit und  ausserordentlichen  Scharfsinn  in 
der  Etymologie,  die  man  stets  bewundert, 
obgleich  sie  wohl  ein  wenig  zu  weit  ge- 
sucht erscheint.  Schade,  dass  Bilder- 
dijk sogar  in  Beziehung  auf  Sprache  un- 
verträglich ist,  indem  er  sich  nicht  ent- 
hält, Männer,  die  in  einem  Punkt  von  ihm 
abweichen ,  gröblich  zu  schmähen.  Man 
sollte  beinahe  an  die  zwei  Nachtwächter 
von  Geliert  denken.  Eine  neue  uner- 
klärliche Eigenheit  dieses  seltnen  Genies ! 
Bilderdijk  schrieb  zu  den  von  ihm  über- 
setzten Trauerspielen  von  Sophokles 
Vorreden  und  Anmerkungen.  Seine  Ab- 
handlung über  das  Trauerspiel,  welche 
1808  erschien ,  befindet  sich  im  zweiten 
Theile  seiner  Trauerspiele.  Die  hinter  der 
Uebersetzung  von  Fingal  befindliche  Ab- 
handlung über  Ossian  von  ihm,  so  wie 
s.  Beiträge  zur  dramatischen  Poesie  kamen 
1823  heraus.  —  Als  juristischer  Schrift- 
steller hat  er  sich  durch  s.  „Observationes 
et  Emendationes"  bekannt  gemacht.  (S.  Ga- 
lerie historique  des  Contemporains  T.  II. 
1.  Part.  p.  134—142.)  ' 

Bilderdijk  (VI.)  —  Katharina  Wil- 
helmina —  berühmte  Dichterin  u.  Gattin 
des  Vorigen ,  die  an  der  Spitze  der  hol- 
ländischen Dichterinnen  glänzte,  gab  die 
meisten  ihrer  Gedichte  zugleich  mit  denen 
ihres  Gatten  heraus.  Unter  den  Trauer- 
spielen sind  von  ihr  „Elfride"  u.  (die  über- 
setzte) „Iphigenia".  Die  Gedichte,  welche 
sie  allein  herausgab,  enthalten  das  treff- 
liche Gedicht:  „Die  Ueberschv\emmung  in 
Geldern",  1809.  Ihre  „Gedichte  für 
Kinder''  erreichen  jedoch  die  von  Van 
Alphen  nicht.  Wie  ihr  Gatte  in  seinem 
„Untergang  der  ersten  Welt",  so  hat  sie  in 
ihrer  trefflichen  Uebersetzung  des  „Ro- 
drigo  der  Gothe"  von  S  o  u  t  h  e  y  ihr 
Meisterwerk  geliefert.  Sie  wurde  1816 
durch  die  gelehrte  Gesellschaft  zu  Gent 
mit  dem  ersten  Preise  auf  die  Schlacht 
von  Waterloo  gekrönt.  (S.  vorigen  Art.  u. 
die  Galerie  historique.) 

Bivul  (VI.)  —  .  .  .  Moreau  De  — 
zuerst  Mitglied  der  zweiten  »ind  dann  der 
ersten  Kammer,  ist  ein  tieissiger  Bearbeiter 


der   Wissenschaften    und    Uebersetzer    des 
„Vitruvius". 

Bizot  (IV.)  —  ...  —  ein  Franzose, 
schrieb  :  „Histoire  metallique  de  Hollande" 
(Paris  1687,  Amst.  1688.  Supplement,  Amst. 
1690),  welche  durch  Van  Loon's  Werk 
mit  Recht  verdrängt  wurde. 

Blaeu  (III.)  —  Willem  Jansz  —  geb. 
1571,  gest.  1638,  ein  gelehrter  Buch- 
drucker, Geograph  und  Mathematiker  zu 
Amsterdam ,  ein  Schüler  und  Freund  des 
Tycho  Brahe,  wurde  durch  seine  treff- 
lichen „Globen"  und  „Karten"  allgemein 
berühmt.  Besondere  Verdienste  erwarb  er 
sich  auch  um  die  Astronomie.  Er  mass 
längs  des  Strandes  den  Abstand  des  Texel 
bis  zur  Spitze  von  Holland,  u.  bestimmte 
die  Polhöhe  an  den  beiden  dieser  Strand- 
linie mit  einem  Zenith  -  Sector ,  den  er 
wahrscheinlich  von  T  y  c  h  o  '  s  Sternwarte 
mitgebracht  hatte.  Alles  hierauf  Bezüg- 
liche verbrannte  mit  s.  Druckerei  1672. 
Blaeu  ist  auch  Verfasser  vieler  interessan- 
ter Werke ,  unter  andern  einer  sehr  schönen 
Anleitung  zum  Gebrauche  der  Globen, 
welche  von  Hortensius,  damals  Prof. 
der  Mathematik  zu  Amsterdam,  aus  dem 
Lateinischen  übertragen  wurde.  Gerard 
Mercator  hatte  schon  früher,  jedoch  nach 
den  Beobachtungen  der  Alten,  in  Nieder- 
land Globen  verfertigt,  die  man  damals 
für  die  besten  hielt.  Blaeu  verfertigte 
die  seinigen  nach  dem  damals  ganz  neuen 
Sternkatalog  des  Tycho  u.  den  Beobach- 
tungen der  portugiesischen  und  niederlän- 
dischen Reisenden.  Nach  der  Zeit  B  l  a  e  u '  s 
haben  keine  in  Niederland  verfertigte 
Globen  gleiche  Berühmtheit  erlangen  kön- 
nen. (,S.  über  Blaeu:  G.  J.  Vossius  „de 
Scientiis  Mathematicis"  C.  42.  p.  40.  Pi- 
card  „Voyage  d'Uranibourg"  p.  195,  in 
den  „Memoires  de  l'Acad.  des  Sciences" 
1666—1699.  T.  VII.  Lulofs  „Einleit. 
zur  Untersuch,  des  Erdballs"  p.  51.  Van 
Beeck  Calkoen  „Allg.  Geogr.  Ephe- 
meriden"  Th.  I.  p.  627.  F  o  p  p  e  n  s  „Bibl. 
Belg.  in  voce".) 

Blaeu  (III.  und  IV.)  — ■  Joannes  — 
Sohn  des  Vorigen,  ein  nicht  minder  be- 
rühmter Mann,  als  s.  Vater,  begann  schon 
in  der  dritten  Periode  ein  Prachtwerk : 
„Atlas  majox-,  sive  Cosmographia  Blaviana", 
welches  aber  erst  1662  im  Druck  erschien. 

Blanchard  (IV.)  —  Nicolaus  — 
(ßlancardus)  geb.  1625  zu  Leyden,  als  Kind 
s.  Vaters  durch  einen  Sturz  vom  Pferde 
u.    seiner  Mutter   durch  die  Pest  beraubt, 


51 


Blanchard 


ßockenberg 


52 


war  ein  Schüler  des  Box  hörn,  Golius 
u.  Salmasius,  1645  Prof.  der  Geschichte 
am  Gymnasium  zu  Steinfurt,  1650  am  Athe- 
näum zu  Middelburg  und  Historiograph  von 
Zeeland,  1669  Prof.  der  griech.  Sprache 
u.  Geschichte  zuFraneker,  und  gab  1649 
„Curtius",  1650  „Florus",  1668  „Arrian" 
über  Alexander,  1683  dessen  andere 
Werke,  das  Handbuch  des  „Epiktet",  das 
Wörterbuch  ,,Harpokration's"  u.  1690  den 
„Thomas  Magister"  heraus.  Blanchard 
starb  1703. 

Blanchard  (IV.)  —  Steven  —  (auch 
Blankaart  und  Blancardus  genannt) 
ein  Sohn  des  Vorigen,  war  aus  Middel- 
burg gebürtig,  studirte  Botanik  u.  Medi- 
zin, u.  Hess  sich  1674  zu  Amsterdam  nie- 
der. Er  schrieb  1676:  „Tractatus  novus 
de  Circulatione  sanguinis  per  fibras,  nee 
non  de  valvulis  in  eis  repertis" ,  Amst.  12. ; 
1680:  „Collectanea  Medica  physica",  Amst. 
8.;  1686:  „Ueber  den  Gebrauch  u.  Mis- 
brauch  des  Thees" ,  u.  ausserdem  noch  in 
s.  Muttersprache :  „Die  neue  umgestaltete 
Anatomie;  Cartesianische  Akademie ;  Praxis 
der  Medicin  u.  Chemie;  Kunstkammer  der 
Chirurgie;  Von  Podagra  u.  Gicht,  Fer- 
mentation u.  Skorbut ;  Ueber  die  Kinder- 
blattern ,  Raupen ,  Würmer ,  Maden  und 
fliegenden  Thierchen ;  Herbarius  oder  Kräu- 
terbuch ;  Lexicon  Medicum  ;  Idea  Medicinae 
praxeos;  Jahrregister  von  medicinischen 
Beobachtungen  und  Wirkung  der  Medika- 
mente". Blanchard,  den  Ha  11  er 
(„Bibl.  Botanica"  L.  VIH.  n.  797.  p.  636) 
einen  grossen  Ausschreiber  nennt,  war  ein 
eifriger  Anhänger  der  Pathologie  von  Boe- 
Sylvius.  (S.  DeLaRue  „Gelehrt.  Zee- 
land" p.  13.) 

Blanken  d.  ä.  (VI.)  —  Jan  — ^  Was- 

Blanken  (VI.)  — ■  Arie  Jz.  — >  serbau- 

Blanken  (VI.) —  Jan  Jz.  — 'kundige. 

Blassiere  (VI.)  —  J.  J.  —  Mathe- 
matiker. 

Bleiswijk  (IV.)  —  Dirk  Van  —  lie- 
ferte aus  alten  Sammlungen  eine  „Beschrei- 
bung von  Delft". 

Bleuland  (VI.)  —  J.  —  Prof.  der 
Medicin  zu  Utrecht,  gab  sehr  genaue  Ab- 
bildungen der  innern  Seite  der  Därme,  u. 
hinterliess  ein  sehenswerthes  Cabinet  ana- 
tomischer Präparate. 

Blijenburg  (III-)  —  Adriaan  Van  — 
geb.  1560  zu  Dordrecht,  gest.  1599,  Raths- 
herr  und  Oberschulze  daselbst,  folgte  in 
s.  Oden  und  Elegien  Horaz,  doch  be- 
sonders Catull,  und  mit  Glück. 


Blijenburg^  (III)  —  Damas  oder 
Thomas  Van  —  Halbbruder  des  Vorigen, 
sammelte  nur  Gedichte  anderer  lat.  Dichter 
moralischen  und  verliebten  Inhalts,  unter 
dem  Titel:  „Cento  Ethicus"  und  „Venus 
Blyenburgica".  (S.  Peerlkarap  p.  170  — 
175.) 

Blijenburg^  (III.)  —  Adriaan  Van  — 
auch  Schultheiss  von  Dordrecht,  gest.  1630, 
gefälliger  lat.  Dichter ,  der  auch  schöne 
und  gelehrte  lat.  Briefe  schrieb,  die  aber 
nicht  gedruckt  sind.  Baien  nennt  ihn 
einen  beredten  Literator,  Altei'thumsforscher 
und  wackern  Dichter. 

Bochius  (IV.)  —  Joannes  —  Jesuit, 
geb.  1555  zu  Brüssel,  gest.  1609  zu  Ant- 
werpen, machte  Reisen  nach  Italien,  Polen 
und  Russland  und  verfasste  meiätentheils 
Gelegenheitsgedichte  auf  die  spanischen 
Landvögte,  und  Umschreibungen  der  Psal- 
men. Foppens  nennt  ihn  den  nieder- 
länd.  Virgil. 

Bockenberg^  (III.)  —  Pieter  Cor- 
nelisz.  —  geb.  1548  zu  Gouda ,  dessen 
Eltern  diese  Stadt  wegen  ihrer  Anhäng- 
lichkeit an  die  katholische  Religion  ver- 
liessen  und  nach  Utrecht  gingen.  Der 
Sohn  studirte  zu  Löwen  u.  wurde  Priester 
zu  Loo  in  Westflandern.  Von  da  begab 
er  sich  nach  Köln ,  dem  Sammelort  der 
aus  Holland  geflohenen  Geistlichen,  ward 
später  Pastor  zu  Cassel  in  Flandern  (1577), 
und  wollte  nach  Rom  gehen,  aber  eine  in 
Italien  herrschende  Epidemie  veranlasste 
ihn ,  Wien ,  Ungarn  und  Böhmen  zu  be- 
suchen. Er  trat  in  den  Jesuiten  -  Orden, 
wurde  Hauskaplan  bei  Fürst  Wilh,elm 
von  Bayern,  ging  hierauf  nach  Mailand 
zum  Erzbischof  Karl  Borromäus;  doch 
S.Veränderlichkeit  führte  ihn  nach  München, 
Augsburg  und  von  da  in  s.  Vaterland  zu- 
rück ,  wo  er  sich  zu  Leyden  niederliess. 
Aber  auch  hier  gefiel  es  ihm  nicht ;  er 
ging  nach  Varik  im  Gelderschen ,  worauf 
er  wieder ,  nach  vielem  Umherschwärmen, 
in  Gouda  bei  s.  Mutter  ankam.  Hierauf 
begab  er  sich  nach  dem  Haag ,  ward  da- 
selbst 1588  Protestant  und  heirathete  1591 
eine  bemittelte  Frau.  Er  wurde  auf  Ol- 
denbarneveld's  Empfehlung  Historio- 
graph der  Staaten  von  Holland,  setzte  die 
Genealogie  der  Grafen  von  Holland, 
der  Bischöfe  von  Utrecht,  der  Häu- 
ser Bredero  und  Wassenaer  auf,  und 
schrieb  eine  allgemeine  Geschichte  bis  zum 
J.  1570  und  eine  Geschichte  der  letzten 
Zeiten  der  röm.  Republik  bis  zum  J.  1609. 


53 


ßoddaert 


Boerhave 


54 


Die  Ursache  s.  Feindschaft  gegen  D  o  u  z  a 
lag  in  der  sogen.  Jalousie  de  metier,  weil 
dieser  auch  hoiländ.  Jahrbücher  schrieb. 
Bockenberg  erlebte  den  Sturz  s.  Be- 
schützers nicht,  sondern  starb  1617.  (S. 
über  ihn :  Walvis  „Beschreib,  von  Gouda" 
p.  293  — S08.) 

Boddaert  (V.)  —  Pieter  —  geb 
1694  zu  Middelburg,  gest.  1760,  ein  ge- 
lehrter Kenner  der  vaterländischen  Alter- 
thümer,  gab  ausser  der  hoU.  Uebersetzung 
von  Crebillon's  Trauerspiel  „Atreus  u. 
Thyestes"  drei  Theile  erbaulicher  Ge- 
dichte 1726,  1751,  1761  heraus.  Unter 
s.  ,, nachgelassenen  vermischten  Gedichten" 
zeichnet  sich  der  Hirtengesang  „Dafne" 
aus. 

Bodel  (T.)  —  Jean  —  geb  zu  Arras, 
einer  der  Ersten,  die  das  Schauspiel  in  s. 
frühesten  rohen  Gestalt  bearbeiteten.  Man 
hat  von  ihm  ein  Stück,  betitelt:  „Le  feu 
de  St.  Nicolas",  worin  ein  Engel,  St.  Ni- 
kolas,  ein  christlicher  Ritter,  ein  Moham- 
medaner, der  König  von  Afrika,  s.  Sene- 
schal,  vier  Admirale  (Emire?),  Auberon, 
ein  Herold,  ein  Gastwirth,  Räuber  und 
Kerkermeister  u.  s.  w.  vorkommen.  Hierin 
lässt  sich  der  schwache  Anfang  des  ro- 
mantischen Schauspieles  erkennen.  Ausser- 
dem scheint  Bodel  auch  die  „Schlacht  von 
Roncevaux"  in  einen  Roman  gebracht  und 
einen  „Abschied  an  die  Bürger  von  Arras" 
gedichtet  zu  haben. 

Boerhave  (V.)  —  Herman  —  geb. 
den  SO.  Nov.  1668  zu  Voorhout  bei  Ley- 
den,  wo  s  Vater  Prediger  war,  der  ausser 
Herman  noch  zwölf  Kinder  hatte.  Der 
junge  Boerhave,  zur  Theologie  be- 
stimmt ,  fand  zu  Leyden  Gönner  in  J. 
Trigland,  Dan.  Van  Alphen  und  J. 
Van  Den  Berg.  Mit  Eifer  widmete  er 
sich  der  Theologie,  indem  er  die  Kirchen- 
väter chronologisch  las ,  der  Mathematik 
und  Philosophie,  worin  er,  zufolge  einer 
Dissertation  über  den  Unterschied  zw- 
schen  Seele  und  Körper ,  die  sogar  eine 
Widerlegung  Spinoza' s  entliielt,  1696 
Dr.  wurde.  Für  sich  selbst  studirte  er 
Jurisprudenz  u.  Politik.  Diese  ausseror- 
denliicheii  Anlagen  veranlassten  s.  Gönner, 
ihm  auch  das  Studium  der  Medizin  zu 
empfehlen,  das  er,  nach  Art  s.  theologi- 
schen Studiums .  ebenfalls  chronologisch 
betrieb,  indem  er  mit  Hippokrates 
begann.  1693  ward  er  Dr.  der  Medizin 
zu  Harderwijk,  gab  jedoch  keineswegs 
den  Plan  auf,  im  Dienst  der  Kirche  nütz- 


lich zu  werden,  als  ein  unvermuthetes 
Zusammentreffen  mit  einem  tollen  Eiferer 
gegen  Spinoza,  den  er  durch  die  Frage, 
ob  er  Spinoza  gelesen ,  verstummen 
machte,  und  der  ihn  deshalb  als  Spino- 
zist  ausgab,  ihm  Widerwillen  gegen  einen 
Stand  einflösste,  in  welchem  man  durch 
eine  unschuldige  Aeusserung  so  leicht  ver- 
ketzert werden  konnte.  Hierauf  widmete 
er  sich  vorzugsweise  der  Arzneikunde; 
doch  verschaffte  s.  Praxis  anfangs  ihm  we- 
nig Einkommen ,  weshalb  er  nebenbei  Un- 
terricht in  der  Mathematik  geben  musste. 
1701  stellte  ihn  Van  Den  Berg  als  Le- 
ctor  in  der  Theorie  der  Arzneikunde  an, 
welches  Amt  er  mit  einer  Rede  zur  An- 
preisung der  Hippokratischen  Me- 
thode eröffnete.  Er  wurde  dadurch  das, 
was  B  a  c  0  für  die  Naturphilosophie  war, 
der  sie  aus  dem  Labyrinth  der  Specula- 
tion  auf  den  einfachen  und  ebenen  Weg 
der  Wahrnehmung  zurückführte.  Er  griff 
damit  die  künstliche,  aber  falsche  Theorie 
des  Sylvius  und  den  Missbrauch  an, 
den  man  von  der  Chemie  in  Beziehung 
auf  Heilkunde  machte;  und  wiewohl  er 
sich  zur  sog.  iatro-mathematischen 
Schule  geneigt  zeigte,  so  betrachtete  er 
jedoch  in  der  Praxis  das  Leben  als  ein 
System  von  Kräften,  keineswegs  als  ein 
passives  Werkzeug,  und  pries  die  Ein- 
fachheit, wodurch  Hippokrates  sich 
unsterblich  gemacht  hat ,  als  den  Stem- 
pel der  Wahrheit  an.  Sein  Ruhm 
begann  nun  sich  auszubreiten,  hauptsäch- 
lich durch  s.  unsterblichen  Lehrbücher : 
„Institutiones  medicae"  (von  1708  bis  1746 
6mal  zu  Leyden,  1722,  1737  u.  1747  zu 
Paris  gedruckt)  und  ,, Aphorismen",  nach 
Hippokrates  (v.  1709  bis  1742  5mal 
zn  Leyden,  v.  1720  bis  1747  5raal  zu  Pa- 
ris u.  1751  zu  Löwen  gedruckt).  Beide 
W^erke  wurden  in  die  meisten  europäischen 
Sprachen ,  ersteres  sogar  auf  Befehl  des 
Mufti  zu  Konstantinopel  ins  Arabische  über- 
setzt. 1709  wurde  Boerhave  ord.  Prof. 
der  Ai'znei  -  u.  Kräuterkunde,  bei  welcher 
Gelegenheit  er  über  die  „Einfachheit  der 
verbesserten  Arzneikunde"  sprach.  Auch 
zeigte  der  Erfolg  die  Richtigkeit  s.  Me- 
thode. Tausende  von  Kranken  strömten 
von  allen  Seiten  herbei,  um  s.  Hilfe  an- 
zurufen; tausend  Andere  (unter  welchen 
der  berühmte  Prinz  Eugen,  Papst  Be- 
nedict Xni.  u.  der  König  von  Preussen) 
fragten  ihn  schriftlich  um  Rath.  Boer- 
have  hatte   in   vielen  Fächern  die  ersten 


55 


Boerhave 


Boerhave 


56 


Männer  Europa'«,  wie  Hemsterhuys, 
Schaltens  und  Albinus  zu  Amtsge- 
nossen ;  doch  Niemandem  hatte  die  Uni- 
versität die  beispiellose ,  nie  wieder  ge- 
sehene Anzahl  von  Studenten,  die  sich  zu 
s.  Zeit  auf  3000  belief,  so  sehr  zu  ver- 
danken, als  Boerhave.  Und  welche 
Schüler  befanden  sich  unter  ihnen !  Ge- 
rard Van  Swieten,  der  würdige  und 
treffliche  Erklärer  s.  Lehrers,  zu  dessen 
Aphorismen  er  die  berühmte  Erläuterung 
herausgab ;  Albert  van  Haller,  be- 
rühmt als  Dichter,  aber  noch  grösser  als 
Untersucher  des  menschlichen  Körpers, 
der  Boerhave's  „Praelectiones  acade- 
micae  in  proprias  institutiones"  (Götting. 
1739)  herausgab ;  Karl  v.  Linne,  die 
alle  nach  Leyden  gekommen  waren ,  um 
Boerhave  zu  hören.  Die  Grossen  der 
Erde ,  z.B.  Peter  d.  Gr.  und  Herzog 
Franz  von  Lothringen,  nachher  Kaiser 
von  Deutschland ,  beehrten  ihn  mit  ihrem 
Besuche.  Von  dieser  Zeit  an  fand  eine 
gänzliche  Umwälzung  in  den  medizinischen 
Studien  statt ;  die  zahlreichen  Schüler  des 
niederländ.  Hippokrates  verbreiteten 
die  Ideen  und  Lehrweise  ihres  Meisters 
durch  ganz  Europa,  wozu  sehr  viel  bei- 
trug, dass  Boerhave  auch  als  Botani- 
ker und  Chemiker  so  luigemein  gross  und 
der  erste  s.  Zeit  war.  1718  ward  ihm 
die  Professur  der  Chemie  übertragen ,  die 
er  mit  einer  Rede :  „De  Chemia  suos  er- 
rores  expurgante"  antrat.  Er  ging  hier 
und  in  s.  „Elementen  der  Chemie"  (1732, 
4.)  den  Mittelweg  zwischen  Sylvius,  der 
die  Arzneikunde  auf  chemische  Principien 
gründen,  und  dem  berühmten  Stahl,  der 
Chemie  und  Arzneikunde  ganz  von  einan- 
der trennen  wollte,  indem  Boerhave  den 
rechten  Punkt  angab ,  wo  Chemie  und 
Arzneikunde  zur  Erreichung  der  heilsam- 
sten Zwecke  sich  vereinigen  müssen.  Vor 
Boerhave  wurde  das  Feuer  durchge- 
hends  nur  für  eine  Modifizirung  der  StofEe 
gehalten;  er  dagegen  dachte  an  einen  be- 
sondern Stoff,  der  sich  in  Wärme,  Licht 
und  Verbrennen  durchgehends  vereinigt, 
sich  jedoch  auch  zuweilen  von  einander 
getrennt  kundgibt.  Er  entwickelte  dies 
in  s.  vortrefflichen  „Abhandlung  über  das 
Feuer",  die  dem  berühmten  R  u  m  f  o  r  d  zu 
dessen  wichtigen  Entdeckungen  Veranlas- 
sung gab.  Sehr  viel  verdankte  auch 
Boerhave  die  Botanik  und  der  botani- 
sche Garten  in  Leyden,  in  welchem  noch 
ein  ehrwürdiger,  von  ihm  gepflanzter  Baum 


das  Andenken  dieses  zweiten  Begründers 
des  botanischen  Gartens  lebendig  erhält. 
Zweimal  wurde  derselbe  zur  Zeit  Boer- 
have's vergrössert,  und  in  dem  doppel- 
ten, von  ihm  herausgegebenen  Katalog 
(1710  u.  1727,  mit  Kupfern)  findet  man 
bei'eits  eine  Beschreibung  von  4000  Gat- 
tungen. Sein  eigenes  Landgut  an  dem 
haarlemer  Kanal  bei  Leyden  (das  noch  den 
Namen  des  grossen  Mannes  führt)  schmückte 
er  mit  allerlei  Gewächsen  aus.  Bei  den 
damals  herrschenden  verschiedenen  Mei- 
nungen über  die  Geschlechtsmerkmale  der 
Pflanzen  nahm  er  die  des  leydener  Pro- 
fessors Her  man  an,  der  die  Frucht  für 
das  beste  Merkmal  erklärte;  doch  verei- 
nigte er  damit  die  Systeme  von  Rau  und 
Tournefort,  u.  beachtete  zugleich  die 
Stamina,  wodurch  er  der  Vorläufer  Lin- 
n  e '  s  wurde  ,  der  auf  diese  ,  wie  auf  die 
pistilla  s  Geschlechtssystem  der  Gewächse 
baute.  Zufolge  eines  der  competentesten 
Richter,  des  Franzosen  Fourcroy,  der 
nach  Lavoisier  wohl  am  meisten  zur 
Bekanntmachung  der  neuern  Chemie  bei- 
getragen hat,  ,, konnte  man  unmöglich  in 
den  regelmässigen  Untersuchungen  Boer- 
have's und  in  den  neuen,  dadurch  ver- 
breiteten Meinungen  den  Ursprung  der 
vorzüglichsten  spätem  Entdeckungen  über 
die  Bestandthelle  der  Pflanzen  verkennen". 
—  Durch  eine  geregelte  und  einfache  Le- 
bensweise ,  durch  massige  Körperbewegun- 
gen, durch  Heiterkeit  des  Geistes,  ange- 
nehmes Leben  auf  s.  Gute  bei  Leyden  u. 
Erholung  durch  Musik  brachte  er  s.  so 
thätiges  Leben  bis  auf  70  Jahre.  Erstarb 
den  23  Sept.  1738  und  fand  einen  wür- 
digen Lobredner  in  Albert  Schulten s, 
s.  Freunde  u.  CoUegen.  Sein  Name  war 
so  allgemein  bekannt,  dass  ein  aus  einem 
andern  Welttheil  kommender  Brief  die  Auf- 
schrift trug:  „An  Boerhave  in  Eu- 
ropa". —  Zu  s.  eigentlich  medizinischen 
Werken  gehören  ausser  den  oben  genann- 
ten :  „Tractatus  de  lue  Aphrodisiaca", 
1728,  föl.  „Praelectiones  de  morbis  Ner- 
vorum",  L.  B.  1761.  „De  Morbis  Oculo- 
rum"  Gott.  1750  (herausg  v  Hai  1er). 
„Consultationes  Medicae",  Gott.  1744  (v. 
demselben).  „Epistolae  ad  J.  Bassand", 
Vindob.  1778,  12.  Ausserdem  gab  er  die 
Werke  von  Drelincourt,  Amst.  1727, 
4.;  von  Piso,  1718,  4.;  von  Vesalius 
und  Eustachius,  1725,  1726.  (mit  Albi- 
nus); die  anatomischen  Werke  des  alten 
Arztes  Aretäus  Cappadox:  „de  Caus- 


57 


Boe-Sylvius 


Bondt 


58 


sis  et  signis  Morborum",  L.  B.  1731,  fol. 
heraus ,  und  besorgte  eine  Ausgabe  des 
„Botanicon  Parisiense"  (1727)  von  dem 
französ.  Botaniker  Vaillant.  (S.  über 
Boerhave  H.  Kosteloot's  „Lobrede  auf 
Boerhave",  im  5.  Theile  der  Werke  der 
holl.  Gesellschaft  der  schönen  Künste  und 
"Wissensch.  u.  „Lebensbeschreib.  der  nie- 
derländ.  Männer  u,  Frauen"  11.  Th,  p. 
134—154.) 

Boe-Sylvius  (IV.)  —  Fran^ois  De 
La  —  geb.  1614  zu  Hanau,  ward  1637 
Dr.  der  Medizin  zu  Basel,  seit  1642  Arzt 
zu  Amsterdam  und  seit  1658  Prof.  d.  Arz- 
neikunde zu  Leyden ,  wo  er ,  nachdem  er 
s.  zweite  Frau  1669  an  der  in  einer 
Rede  von  ihm  beschriebenen  Pest  verloren 
hatte,  1672  starb.  Er  war  ein  Mann  von 
grossen  medizinischen  Kenntnissen  und  der 
Erst«,  welcher  die  von  H  a  r  v  e  y  gemachte 
Entdeckung  von  dem  Umlauf  des  Bluts  in 
Niederland ,  wenigstens  zu  Leyden ,  be- 
kannt machte.  Auch  in  der  Anatomie  war 
er  sehr  geschickt.  Aber  bei  allen  s.  Ta- 
lenten und  Kenntnissen  war  s.  neue ,  auf 
chemische  Entdeckungen  und  philosophi- 
sche Ideen  des  Jahrhunderts  gegründete 
Pathologie,  welche  die  Systeme  des  Ga- 
len u  s  und  Van  Helmont  verwarf  und 
aus  diesen  und  dem  desDescartes  her- 
vorging, sehr  nachtheilig  für  die  Arznei- 
kunde, um  so  mehr,  da  sie  in  ganz  Eu- 
ropa Eingang  fand;  doch  hatte  sie  auch 
viele  Gegner,  wie  z.B.  in  Drelincourt, 
La  Mort,  Pitcairn,  Schoock  und 
Broen.  Die  von  Sylvius  verfassten  u. 
zu  Amsterdam  bei  D.  Elze  vir  1642  er- 
schienenen Werke  enthalten:  „Disputationes 
Medicae,  de  Methodo  medendi,  L.  II., 
Praxeos  Medicae  Idea  nova,  L.  III.  cum 
Append. ,  Opuscula  Varia .  Oratio  inau- 
guralis  de  Hominis  cognitione",  habita, 
L.  B.  1658.  „De  Medicamentis  Chymicis 
Theses,  Epistola  Apologetica  adversus  A. 
Densingium;  Oratio  de  affectus  epidemü", 
a.  1669. 

Boey  (HI )  —  Cornelis  —  aus  Zie- 
rikzee,  Rechtsgelehrter  zu  Dordreeht,  Ad- 
vokat -  Fiskal  u.  Procureur  -  General  über 
Holland  und  Zeeland,  wird  von  De  La 
Rue  (Gelehrt  Zeeland  p.  171.)  einer 
der  edelsten  Geister  s.  Zeit  und 
ein  guter  lat.  u.  deutscher  Dich- 
ter genannt,  der  auch  einige  Gedichte 
von  Cats  in  latein.  Verse  übertrug.  Die 
Kenntniss  der  lat  Sprache  war  damals  so 
geliebt  zu  Dordreeht,   dass   Mädchen   von 


elf  Jahren,  wie  z.  B.  Anna  und  Maria 
Van  Beverwijk,  sie  schon  verstanden. 
Zu  ihnen  gehörte  auch  Boey's  Gattin, 
Anna  Y  a  n  B 1  o  k  1  a  n  d. 

Boisot  (III.)  —  ...  —  aus  Brüssel, 
Botaniker. 

Bollluis  (V.)  —  L.  Van  —  verdienst- 
licher Sprachkundiger,  der  1776  eine 
„kurze  Anleitung  zur  Kenntniss  der  Or- 
thographie, Redetheile  und  Interpunction 
der  holländischen  Sprache",  die  später  öf- 
ter gedruckt  wurde,  herausgab. 

Bollandus  (HI.)  —  Johannes  —  ans 
Tillemont,  der  Fortsetzer  und  Hauptver- 
fasser des  von  Heribert  Van  Ros- 
weyde  (gest.  1629)  aus  Utrecht  be- 
gonnenen und  auf  14  Folianten  berechne- 
ten Riesenwerkes :  „Lebensbeschreibung  al- 
ler Heiligen  der  römischen  Kirche",  welche 
nach  den  den  Heiligen  geweihten  Tagen 
des  Jahres  geordnet,  jedoch  nur  bis  zum 
11.  Oct.  1786  fortgeführt  wurde.  Nach 
ihm  wurden  Bollandisten  die  Jesuiten 
in  Brabant ,  namentlich  Henschen  aus 
Vearad  und  Daniel  Papenbroek  aus 
Antwerpen  genannt,  weil  sie  nach  dem 
Plane  von  Holland  obiges  Werk  mit 
verfassten.     (S.  Foppens  p.  470,  584.) 

Bolt  (V.)  —  Hendrik  —  Rector  zu 
Amsterdam,  war  lat.  Dichter  um  1770. 
.  Bondam  (V.)  —  Pieter  —  geb.  1727, 
Rector  zu  Kampen,  Zutphen ,  Professor 
zu  Harderwijk  und  1773  zu  Utrecht,  Hi- 
storlograph  von  Geldern ,  lieferte  interes- 
sante Beiträge  zur  Kenntniss  der  frühern 
Geschichte  durch  s.  ,, Abhandlung  unge- 
druckter Stücke  zur  Aufhellung  der  vater- 
ländischen Geschichte"  und  „Urkunden- 
buch  der  Herzöge  von  Geldern  und  Gra- 
fen von  Zütphen".  Seine  nicht  heraus- 
gegebenen Stücke  betreffen  meistens  die 
gelderschen  und  Stiftssachen  von  1576  — 
1778.  Er  spendete  Van  De  Spiegel's 
Werke  grosses  Lob ,  und  nahm  nicht  ein 
Stück  in  s.  Werk  auf,  das  auch  bei  die- 
sem gefunden  wurde.  Bondam  erhielt 
auch  Beiträge  von  Kluit.  (S.  dessen 
Vorrede  zu  s.  III.  Th.  p.  XIH,  XVII.) 

Bonn  (VI.)  —  A.  —  Prof.  d.  Chirur- 
gie zu  Amsterdam ,  schrieb  eine  classische 
Abhandlung  über  die  Verbindung  der  car- 
tilago  pubis,  den  Mangel  der  vordersten 
Wand  der  Blase  und  die  Verrenkung  des 
Arms  und  Schenkels. 

Bondt  (VI.)  —  ...  —  Chemiker,  ge- 
hört zu  den  amsterdamer  oder  holländ. 
Chemikern,  welche  das  gaz  olefiant  u.  s.  w. 


59 


Bontekoe 


Borger 


60 


entdeckten.  (S.  „Memoire  sur  la  natura 
des  sulfures  alcalins ,  par  M.  M.  Deiman, 
Paats  Van  Troostwijk,  Nieuwiand  et 
Bondt,  dans  le  Journal  de  Physique,  Juin 
1792,  p.  409.  Annale«  de  Chimie  T.  XIY. 
p.  311.  Journal  de  Physique  T.  XLIII. 
p.  321.  Neues  Journal  der  Physik,  B.  I. 
p.  243.  Nouv.  Experiences  et  Observa- 
tions  sur  divers  Objets  de  Physique.) 

Bontekoe  (III.)  —  ...  —  machte 
1618  eine  Entdeckungsreise  nach  Indien, 
deren  Erwähnung  geschieht  in  den  von 
der  niederländ.  -  ostindischen  Compagnie 
1646  in  2  Theilen  in  4.  herausgegebenen 
Reisen. 

Bontekoe  (IV.)  —  ...  —  Arzt  im 
Haag,  Vertheidiger  der  Krankheitslehre 
von  Bo^-Sylvius. 

Bontius  (lU.)  —  ...  —  Botaniker. 

Bor  (in.)  —  Pieter  Christiaansz.  — 
von  den  Staaten  von  Holland  1615  zu  ih- 
rem Historiographen  mit  einem  für  die 
damaligen  Zeiten  sehr  ansehnlichen  Jahr- 
gehalt von  600  Gulden  ernannt ,  nimmt 
unter  den  Sammlern  niederländ.  Geschich- 
ten die  erste  Stelle  ein.  Er  starb  1635 
zu  Haarlem,  76  J.  alt.  Sein  Werk :  „Ur- 
sprung ,  Anfang  und  Fortsetzung  der  nie- 
derländ. Kriege'-  (Leyd.  1595,  8  B.,  1601 
die  drei  folgenden ,  vermehrt  bis  1584, 
fortges.  Amst.  1621;  ferner  1626,  1630, 
1636  fortges.  bis  1600,  und  in  XXXVU 
Büchern,  4  Theile  fol. ,  mit  zahlreichen 
Beilagen  und  ächten  Stücken ;  Register 
1640;  dann  Amst.  1679,  schönerer  Druck, 
4  Theile;  Auszug  in  Reimen  l6l7,  mit 
Kupfern ,  von  geringem!  Werthe)  erregt 
unsere  Bewunderung  und  ist  die  Quelle 
für  spätere  Schriftsteller,  namentlich  für 
Ho  oft.  Ausserdem  schrieb  er  noch:  , .Be- 
lagerung von  Herzogenbusch",  im  Haag 
1630,  4. ;  ,, Fortsetzung  zur  Chronik  von 
Carrion"  (1576—1619),  1632,  und  die 
dramatischen  Sachen:  „Apollonius  und 
Tarsia",  in  Prosa.  B  o  r '  s  Sprache  istr 
rauh,  s.  Styl  ohne  Frische,  aber  s.  Treue, 
Genauigkeit  und  Unparteilichkeit  machen 
ihn  zu  einer  Autorität,  namentlich  in  Be- 
ziehung auf  die  Geschichte  von  Utrecht. 

Boreel  (III.)  —  Johan  —  geb.  1577 
zu  Middelburg,  gest.  1632,  studirte  Ju- 
risprudenz u.  Theologie,  unternahm  eine 
Reise  nach  dem  Orient,  wo  er  (zufolge 
des  Zeugnisses  von  P.  Cunäus)  einen 
so  grossen  Schatz  von  Büchern  sammelte, 
wie  ihn  nie  oder  selten  unser  Welttheii 
gesehen   hatte.     Auch   kannte   er   Nieman- 


den, bei  dem  mehr  Hülfsmittel  zum  He- 
bräischen zu  finden  waren ,  als  bei  Bo- 
reel. Er  sandte  Cunäus  ein  Exemplar 
des  berühmten  M  a  i  m  o  n  i  d  e  s  zu .  (S.  Pro- 
oemium  Cunaei  in  Republ.  Hebraeorum.) 
Jos.  Scaliger  sagt  von  ihm :  Borel  est 
un  gentil  garcon.  S'il  eüt  demeure  da- 
vantage  en  Syrie ,  il  eüt  amasse  toute 
la  bible  en  Syriaque  ou  en  Arabique. 
(S.  Scaligerana  p.  63.)  De  Groot, 
den  Uebereinstimmung  der  Studien  in  Be- 
ziehung auf  Jurisprudenz ,  Theologie  und 
Sprachkunde  mit  Boreel  eng  verbunden 
zu  haben  scheint,  bezeugte  ihm  s.  Freund- 
schaft in  einem  schönen  Hochzeitsgedichte, 
worin  er  diese  Freundschaft  mit  der  von 
Lälius  zu  Scipio  vergleicht.  Man  er- 
sieht zugleich  aus  diesem  Gedicht,  dass 
Boreel,  nicht  zufrieden,  nur  Fragmente 
aus  dem  Alterthum  aufzusuchen,  auch  den 
Zustand  des  damaligen  Jahrhunderts  und 
die  durch  die  Zeit  in  den  von  ihm  berei- 
sten Ländern  veranlassten  Veränderungen 
aufmerksam  zu  erforschen  suchte,  und  dass 
er  England ,  Frankreich,  Italien,  Deutsch- 
land, Konstantinopel,  Aegypten,  Syrien 
und  Palästina  besucht  hatte.  (S.  Grotii 
Poemata  p.  109  —  111.)  Es  scheint  je- 
doch ,  dass  die  wichtigen  Staatsämter, 
welche  Boreel  nach  einander  bekleidete, 
indem  er  Pensionär  von  Middelburg,  Staats- 
secretär  und  zuletzt  Rathspensionär  von 
Zeeland  war,  ihm  nach  s.  Verheirathung 
keine  Zeit  zu  weitern  Forschungen  bezüg- 
lich orientalischer  Literatur  übrig  Hessen; 
doch  verdient  Boreel  ein  vorzüglicher 
Kenner  derselben  genannt  zu  werden. 

Borg^er  (VI.)  —  Elias  Annes  —  geb. 
1785  an  der  Joure  in  Friesland ,  zeichnete 
sich  frühzeitig  durch  s.  Kenntnisse  aus, 
ward  1807  Lector  der  theolog.  Literatur, 
zufolge  einer  glänzenden  Vertheidigung  ei- 
ner Erklärung  des  Briefes  an  die  G  a  1  a  - 
ter,  die  ihm  die  Würde  eines  Dr.'s  der 
Theologie  verschaffte,  1812  ausserord. 
Professor,  1815  ord.  Prof.  der  Theologie 
zu  Leyden,  vertauschte  jedoch  1817  diese 
Professur  mit  der  der  schönen  Literatur, 
verheirathete  sich  1815  u.  1819,  verlor 
aber  beide  Gattinnen,  denen  auch  er  schon 
1820  nachfolgte.  Wir  besitzen  von  ihm 
zwei  Theile  „Predigten",  wovon  der  2. 
Th.  nach  s.  Tode  erschien,  auf  welche 
hauptsächlich  mit  s.  Ruhm  sich  gründet. 
Seine  „Erklärung  des  Briefes  an  die  Ga- 
later"  u.  seine  lat.  Rede  „über  die  Pflich- 
ten   des   Excgeten"   verrathen,    bei   allem 


61 


Borght 


Bosch 


62 


Genie  des  Verfassers,  die  Schule  des-  Van 
Voorst.  Vk^elch  ein  Kenner  der  Alten 
er  auch  als  Kritiker  war.  zeigt  unter  An- 
derm  die  gelehrte  ßeurtheilung  von  P  e  e  r  1- 
kamp's  Xenophon  Ephesius.  Doch 
s.  grösste  Stärke  lag  in  s.  lat.  Styl,  in 
dem  pragmatischen  Vortrage  der  Geschichte 
u.  in  der  deutlichen  Darstellung  der  schwie- 
rigen Punkte  der  Philosophie.  In  Bezie- 
hung auf  lat.  Styl  hat  vielleicht  Niemand, 
mit  Ausnahme  des  Muretus,  so  ganz 
das  Eigenthümliche,  Charakteristische  von 
C  i  c  e  r  §  getroffen  wie  Borger.  Als  prag- 
matischen Geschichtskenner  haben  ihn  s. 
von  der  holländ.  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften gekrönte  Abhandlungen :  „Ueber 
den  Nutzen  der  pragmatischen  Behand- 
lung der  Geschichte"  (1815)  und  „über 
die  grössere  oder  geringere  Freiheit  der 
Einflechtung  von  Reden  in  die  Geschichte"' 
(1819),  so  wie  s.  1817  gehaltene  Antritts- 
rede „über  den  Lehrer  der  Geschichte  als 
Diener  der  göttlichen,  Vorsehung"  unsterb- 
lich gemacht.  Im  Fache  der  neuern  Phi- 
losophie hat  s.  lat.  ,, Abhandlung  über  den 
Mysticismus"  (1820)  grosse  Verdienste. 
Mit  dem  System  Kant's  beginnend,  stellt 
er  in  derselben  Fichte'su.  Schelling's 
Philosophie  viel  einfacher,  deutlicher  und 
selbst  anziehender  dar,  als  die  Verfasser 
selbst.  Diese  vortreffliche  Abhandlung  hat 
in  Deutschland  weniger  Eingang  gefunden, 
als  sie  verdient.  ,,  Vi  eileicht, "  sagt  Van 
K  a  m  p  e  n ,  „war  sie  zu  deutlich ,  zu  fass- 
lich, d.  h.  für  einige  sog.  Philosophen, 
die  ihre  Nichtigkeit  hinter  leeren  Phrasen 
verbergen,  nicht  tief  genug  geschrie- 
ben." —  Ueberall  zeigt  Borger  s.  Alles 
erfassenden  Geist ,  wovon  er ,  um  mit 
T  o  1 1  e  n  s  zu  reden,  die  Funken  als  Staub- 
gold um  sich  her  ausstreute.  (S.  über  ihn 
die  meisterhafte  „Lobrede  auf  Borger 
von  Van  Der  Palm".  Vgl.  Art.  Palm). 
Bor^bt  (III.)  —  Willem  Van  Der  — 
(A  Castro)  zeichnet  sich  durch  Erhe- 
bung über  alle  brabanter  Dichter  s.  Zeit 
aus.  Man  sieht  deutlich  in  diesem  Manne 
eine  tugendhafte  Seele  u.  guten  Geschmack, 
Entrüstung  über  den  Todtenschlaf  der 
Belgier  in  jenen  Tagen,  Abneigung  gegen 
ausländische  Sitten  und  die  lächerliche  hö- 
fische Kleidung  jener  Zeiten  (seine  Sa- 
tyre  war  in  dieser  Beziehung  bis  auf  das 
letzte  Viertel  des  18.  Jahrh.  anwendbar). 
Auch  sind  s.  Ideen  u.  Erfindungen  keines- 
wegs verwerflich;  er  lässt  Jemanden  in 
einem    Spiegel    (der  Selbstkennt niss) 


überall  umherreisen  und  Jeden  seine  Ge- 
brechen in  demselben  schauen.  In  der 
Beschreibung  des  Schlafs  ist  er  sehr  poe- 
tisch. Doch  war  s.  Flug  wahrscheinlich 
für  den  damaligen  Geschmack  seiner  Lands- 
leute zu  hoch,  so  dass  er  wenig  bekannt 
und  erst  durch  Willems  (II.  Th.  p. 
77  —  86.)  aus  der  Vergessenheit  gezogen 
wurde. 

Borgllt  (V.)  —  Joannes  Franciscus  Van 
Der  —  Verf.  einiger  niedrigen  Trauer- 
spiele für  die  antwerpner  und  lierschen 
Kammern. 

Bos  (IV.)  —  Lambert  —  geb.  1670 
zu  Workum  in  Friesland,  gest.  1717,  war 
1697  Lector  und  1707  Prof.  der  griech. 
Sprache  zu  Franeker.  Er  verfasste  einen 
„Leitfaden  der  griech.  und  röm.  Alterthü- 
mer" ,  der  nicht  allein  in  Niederland,  son- 
dern auch  in  Deutschland  sehr  geschätzt 
war,  da  er  Reichthum  von  Sachen  mit 
Kürze  u.  Deutlichkeit  vereinigt;  „Ellipses 
Graecae",  1702,  1713,  1728,  1748  u.s.w., 
wodurch  er  sich  als  Sprachkenner  berühmt 
machte ;  eine  vortreffliche  kritische  Aus- 
gabe der  sog.  70  Uebersetzer  des  A.  Te- 
staments ,  mit  Schollen  und  verschiedenen 
Lesarten,  1790.  2  Th.  4.  (S.  Vrie- 
moet,  Ath.  Frisiacae  p.  723  —  727,  wo 
Bos  wegen  s.  Moralität,  Bescheidenheit 
u.  Einfachheit  sehr  gerühmt  wird.) 

Boscb  (VI.)  —  ...  Van  Den  —  Ge- 
neral ,  beschrieb  in  einem  vortrefflichen 
Werke  ,,alle  niederländischen  Besitzungen 
in  Asien,  Amerika  und  Afrika"  (im  Haag 
u.  Amsterdam  1818,  2  Th.  8.,  nebst  Atlas 
in  fol.) ,  worin  er ,  oTine  irgend  ein  Sy- 
stem vorzugsweise  zu  vertheidigen,  sich  je- 
doch am  meisten  für  das  alte  aussprach 
und  kräftig  die  frühei'e  holländ.  Verwal- 
tung in  Indien  gegen  die  Schmähimgen 
von  Raff  eis  iji  Schutz  nahm. 

Bosch  (VI.)  —  Jeronymo  De  —  geb. 
1740  zu  Amsterdam,  gest.  1811 ,  war  zum 
Apotheker  bestimmt,  widmete  sich  aber 
dem  Studium  der  Alten,  namentlich  dem 
der  lat.  Dichter  unter  Burmannus  Se- 
en ndus,  welches  ihn  unter  Andern  mit 
Gerard  Hooft,  dessen  Leichenrede  er 
1770  hielt,  bekannt  machte.  Font  ein, 
Stinstra  und  vor  Allen  Wyttenbach 
feuerten  ihn  zum  Griechischen  an.  1773 
wurde  De  Bosch,  statt  Wagenaar, 
erster  Secretär  am  Secretariat  von  Am- 
sterdam. Diese  einträgliche  Stelle  ver- 
schaffte ihm  die  Mittel  zur  Vergrösserung 
s.  Bibliothek,  welche  nach  s.  Tode,  1811, 


63 


Bosch 


Bosscha 


64 


für  eine  sehr  hohe  Summe  verkauft  wurde. 
Für  die  Beantwortung  einer  von  der  Ge- 
sellschaft der  niederländ.  Literatur  zu  Ley- 
den  „über  die  Erfodernisse  einer  Lobrede" 
gestellten  Preisfrage,  erhielt  er  den  gol- 
denen Ehrenpreis.  1781  stellte  die  kurz 
zuvor  errichtete  zweite  Gesellschaft  von 
Teyler  die  Frage:  „welche  die  besten  u. 
deutlichsten  Kennzeichen  für  die  Regeln  der 
Dichtkunst  wären?"  Hier  war  De  Bosch 
in  s.  Element.  Er,  der  feurige  Freund  und 
Verehrer  der  Alten ,  der  bei  V  i  r  g  i  1  und 
Horaz  zu  Hause  war,  Homer  als  einen 
Halbgott  ansah,  er  konnte  nicht  anders, 
als  diese  Muster,  die  Abdrücke  der  Natur, 
an  die  Stelle  der  kalten  Regeln  anpreisen. 
Dies  that  er  denn  auch  mit  Kraft  und 
Beredsamkeit  und  dadurch ,  dass  er  zeigte, 
welchen  Gebrauch  die  Alten,  besonders 
V  o  n  d  e  1 ,  von  diesen  Meistern  des  Schö- 
nen gemacht  hatten.  (Vergl.  seine  ,, Ab- 
handlung über  die  Regeln  der  Dichtkunst" 
Haarlem  1783,  welche  eine  treffliche  Lehre 
für  angehende  Dichter  ist.)  So  ist  De 
Bosch  schnurstraks  Van  Alphen  entge- 
gen, der  überall  nur  Regeln  giebt.  Der 
Verf.  jener  Abhandlung  gab  später,  als 
Fortsetzung  derselben,  einen  „Abriss  der 
Schönheiten  in  der  1 1  i  a  d  e  "  ,  um  seinen, 
der  alten  Sprachen  unkundigen  Landsleu- 
ten gleichsam  die  Anwendung  s.  oben  aus- 
gesprochenen Ansicht  zu  zeigen ,  und  ge- 
wann auch  dadurch  den  goldenen  Ehren- 
preis. Er  machte  denselben  1801  dem 
Deutschen  Tiedemann  über  die  Frage 
streitig:  „Avelchen  Einfluss  die  Dichtkunst 
zur  Bildung  der  Äfenschheit  geäussert?" 
1783  erhielt  er  den  silbernen  Ehrenpreis, 
als  er,  mit  Wyttenbach,  den  Glauben 
der  alten  heidnischen  Welt  über  die  Un- 
sterblichkeit der  Seele  historisch  unter- 
suchte. 1793  verfasste  er  eine  treffliche 
Gedächtnissrede  auf  s.  Freund ,  den  aus- 
gezeichneten Arzt  und  Literaten  H.  G. 
Osterdijk.  1798  wurde  er  Curator  der 
leydener  Universität,  u.  zehn  Jahre  spä- 
ter ,  auf  Befehl  des  Königs  Ludwig,  ei- 
ner der  Gründer  und  eines  der  ersten  Mit- 
glieder des  kön.  Instituts  der  Künste  und 
Wissenschaften.  De  Bosch  starb  1811. 
Sein  Ruhm,  befestigt  durch  die  angeführten 
Werke  und  hauptsächlich  durch  eine  An- 
zahl vortrefflicher  lateinischer  Gedichte, 
von  denen  viele  der  Freundschaft  geweiht 
waren ,  wurde  durch  Van  L  e  n  n  e  p '  s  un- 
vergleichliche Lobrede  1817  ausgesprochen 
und  letztere  von  Westerbaan  ins  Hol- 


ländische meisterhaft  übertragen.  (S.  Mne- 
mosyne,  VHL  St.  p.  1  —  63.) 

BoSCll  (VI.)  -  Bernardus  —  geb. 
1746,  gest.  1803,  war  1779  Prediger  und 
machte  sich  zuerst  bekaiuit  durch  s.  Ge- 
dicht: ,,der  Eigennutz".  Hierauf  mischte 
er  sich  in  politische  Zwiste,  wurde  1787 
abgesetzt,  1796  Volksvertreter  und  1798 
politischer  Schriftsteller.  Er  begann  eine 
Auswahl  von  Lavater's  Werken  u.  eine 
neue  Ausgabe  von  Vondel  zu  veranstal- 
ten ;  beide  blieben  aber  unvollendet. 

Bosman  (IV.)  —  Willem  —  beschrieb 
die  „Gold-,  Zahn-  und  Sklavenküste" 
nach  eigner  Anschauung  und  mit  naiver 
Einfalt,  die  überall  das  Kennzeichen  der, 
Wahrheit  trägt. 

Bosscba  (VT.)  —  Herman  —  geb. 
1755  zu  Leeuwarden,  gest.  1819.  Sein 
Vater  war  Secretär  des  Gerichtshofes  von 
Friesland.  Zu  Deventer  unter  Ruardi  u. 
Wassenbergh  gebildet,  der  s.  väterli- 
cher Freund  wurde,  und  dem  er  nach 
Franeker  folgte,  wo  er  auch  in  Schra- 
der  einen  trefflichen  Lehrer  fand,  wurde 
er  1779  Rector  zu  Deventer,  und  hier 
war  es,  wo  s.  gefühlvolles  lat.  Gedicht 
an  Van  Ommeren,  über  den  Tod  s. 
ersten  Gattin,  ihn  auch  als  Dichter  be- 
kannt machte.  Wegen  s.  patriotischen  Ge- 
sinnungen wurde  er  1788  des  Amtes  ent- 
lassen ,  jedoch  1790  Prorector  zu  Harder- 
wijk.  in  ersterem  Jahre  hatte  er  mit 
Wassenbergh  die  Uebersetzung  der 
Biographien  des  Pinta rch  begonnen,  die 
er  1805  beendigte.  Er  hatte  vorzugsweise 
die  Römer  zu  s.  Aufgabe  gewählt.  Auch 
die  berühmten  Vorlesungen  Blair's, 
Sß  hiller 's  Abfall  der  Niederlande  und 
dann  Denon's  Reise  fanden  in  ihm  einen 
gewandten  Uebersetzer,  und  er  fügte  der 
zweiten  Ausgabe  von  Blair  auch  Anmer- 
kungen hinzu.  1795  wurde  er  Prof.  der 
Geschichte  u.  alten  Literatur  zu  Harder- 
wijk,  wo  er  unter  Anderm  s.  ,,Bibliotheca 
ciassica"  herausgab,  die  ein  gutes  Hand- 
wörterbuch der  in  den  classischen  Schrift- 
stellern zu  findenden  Eigennamen  ist. 
1804  wurde  Bosscha  Professor  zu  Gro- 
ningen, 1806  Rector  zu  Amsterdam  und 
1807  Professor  am  amsterdamer  Athenäum. 
Bereits  früher  hatte  er  sich  (1786)  durch 
s.  „Musa  Daventriaca",  durch  die  Ver- 
herrlichung der  Friedens  von  Amiens  (1802) 
und  durch  ein  Gedicht:  ,.auf  Niederlands 
Wiederherstellung"  an  den  König  (1814) 
rühmlichst   bekannt    gemacht.      Als   latein. 


65 


Bosscha 


ßoxman 


66 


Dichter  besang  er  unter  andern  K  o  s  t  e  r  , 
den  Erfinder  der  Buchdruckerkunst,  und 
als  lat.  Redner  zeichnete  er  sich  durch  s. 
Antrittsreden  zu  Harderwijk  (1795)  „über 
das  Studium  der  alten  Schriftsteller''  und 
dann  „über  das  Lesen  der  Dichter,  als 
Anfang  des  Studiums  der  schönen  Litera- 
tur", zu  Groningen  (1805)  über  die  „kul- 
tivirten  Sitten  u.  Gelehrsamkeit  der  Nie- 
derländer", und  zu  Amsterdam  „über  den 
Handel"  und  „den  Nutzen  der  Geschichte 
des  Mittelalters"  aus.  Nicht  minderes 
Verdienst  erwarb  sich  Bosscha  in  s. 
Geschichte  der  Umwälzung  von  1813  in 
Holland ,  deren  Einleitung  vor  Allem  kurz 
und  sachreich  ist  und  einen  sehr  ange- 
messenen Vortrag  enthält. 

Bosscba  (VI.)  —  P.  —  Sohn  des 
Vorigen,  gab  die  „Galatea  von  Reland" 
(1809),  die  „Captivi  des  Plautus"  und 
später  den  Apulejus  heraus. 

Bosveld  (VI.)  —  Pieter  —  Prediger 
zu  Dordrecht,  dessen  körperliche  Gebre- 
chen ihn  der  Kanzel  entzogen,  zeigte  in 
s.  Schriften  (namentlich  in  s.  Erklärungen 
der  Briefe  des  Paulus)  überall  den  offe- 
nen, unparteiischen  Wahrheitsfi-eund.  Sein 
hinterlassenes  Werk :  „Zeitmesser ,  oder 
kurzes,  chronologisches  Verzeichniss  der 
heil.  Geschichte",  ehrt  nicht  allein  den 
Verfasser,  sondern  auch  das  Vaterland, 
und  würde,  in  einer  mehr  ausgebreiteten 
Sprache  als  der  niederländischen ,  B  o  s  - 
veld's  Namen  allgemein  berähmt  ma- 
chen. In  dem  ersten  Theile  befindet  sich 
der  eigentliche  Chronometer,  oder  das 
chronolog.  Verzeichniss  des  A.  u.  N.  Te- 
staments; im  zweiten  wird  die  ägyptische 
Zeitrechnung  unparteiisch  und  gründlich 
untersucht ;  im  dritten  Aerbreitet  der  Verf. 
ein  neues  Licht  über  die  persischen  Anti- 
quitäten, Glaubenslehre,  heil.  Schriften 
und  die  Person  des  Zoroaster;  der 
vierte  behandelt  das  Alter  der  Babylonier 
und  anderer  asiatischer  Völker,  so  wie 
einige  Begebenheiten  des  N.  Testaments. 
Das  Ganze  hellt  die  früheste  Geschichte 
des  Menschengeschlechts  auf,  das,  zufolge 
der  naturhistorischen  Bemerkungen  Cu- 
vier's,  keineswegs  so  alt  ist,  als  man 
nach  orientalischen  und  ägyptischen  Fabeln, 
trotz  der  Autorität  der  Bibel,  hat  behaup- 
ten wollen. 

Boudetfijn  Van  Avesnes  (I.)  — 
•  ••  • —  Bruder  des  Jan  Van  Avesnes,  Gra- 
fen von  Hennegau,  ist  Verf.   einer  Chro- 


nik dieses  Landes  in  französischer  Sprache, 
gedruckt  zu  Antwerpen  1693.  fol. 

Boudewijns  (IV.)  —  Michael  — 
ein  noch  unterhaltender  Dichter  aus  Ant- 
werpen. 

Boubon  (IV.)  —  . , .  —  eine  der 
ausgezeichnetsten  Schauspielerinnen  der 
alten  amsterdamer  Bühne. 

Bouilliei*  (V.)  —  . . .  —  schrieb  An- 
merkungen zu  Hiob  (1758). 

Bouricus  (III.)  —  Hector  —  aus 
einem  in  der  Gelehrsamkeit  glanzvollen 
Geschlecht,  dessen  Vater,  Jakob,  als 
Rechtsgelehrter  in  den  schweren  Zeiten 
des  Span.  Krieges  Friesland  grosse  Dienste 
leistete ,  während  er  selbst,  durch  Reisen 
in  Belgien ,  Frankreich  und  England  und 
durch  den  Umgang  mit  Casaubonus 
gebildet,  von  1620  bis  1624  Professor  zu 
BVaneker,  dann  Griffier  u.  bald  Raths- 
herr  am  Gerichtshofe  von  Friesland  und 
Mitglied  der  Generalstaaten  wurde.  Er 
starb  1636. 

Bouricius     (IV.)     —     Johannes     - 
Sohn  des  Vorigen,  ebenfalls  Rechtsgelehr- 
ter  und  Rath  am  Gerichtshofe  von  Fries- 
land. 

Boxhorn  (III.)  —  (...)  —  aus  Bergen 
op  Zoom,  ward  1632,  19  J.  alt,  Prof.  der 
Literatur,  1640  der  Rechte  und  1648  der 
Geschichte  zu  Leyden.  Der  Kanzler 
O  X  e  n  s  t  i  e  r  n  berief  ihn  nach  Schweden. 
Er  schrieb  unter  andern  eine  „Allgemeine 
(Welt  -  u.  Kirchen  -)  Geschichte  v.  Ch.  G. 
bis  1650"' ;  eine  „Niederländische  Ge- 
schichte"" ,  hauptsächlich  in  Beziehung  auf 
Kirchensachen,  worin  er  -Näelc,  sonst  un- 
bekannte Nachrichten  mittheilt,  gab  Plau- 
tus,  Cäsar,  Plinius,  Tacitus,  Ju- 
st inus  und  Dionysius  Cato  heraus, 
und  verfasste  eine  Erzählung  der  Einnahme 
von  Breda  im  J.  1637.  j(S.  die  lange  Lis- 
te seiner  Werke  bei  Foppens  Th.  II.  p. 
841  —  843.) 

Boxinan  (VI.)  —  A.  —  aus  Gorin- 
chem ,  hielt  in  der  gelehrten  Gesellschaft : 
,, Bescheidenheit  und  Aufklärung"  verschie- 
dene interessante  Vorträge,  wie  z.  B. 
j,Die  Dichtkunst,  Bildnerin  und  Geschicht- 
schreiberin  des  Menschengeschlechts."  (S. 
Mnemosyne  Th.  VI.  u.  VII.).  Seine 
Gedichte  erschienen  zusammen  1823.  Kraft 
und  Kühnheit  des  Gedankens  und  Aus- 
drucks charakterisiren  diesen  noch  leben- 
den Dichter,  dessen  „Dampf boot"  auch 
ins  Deutsche  (noch  in  Handschrift)  über- 
tragen wurde.     In  s.   Trauerliede:   „Gel- 


61 


Braam 


Brandt 


68 


dern's  Ueberschwemmung"  wetteiferte  er 
mit  Lulofs.  Dass  s.  Seele  auch  eines 
tiefen  Gefühles  fähig  ist,  beweisen  die 
zwei  ausgezeichneten  Gedichte  auf  die 
Vermählung  und  den  Tod  s.  Schwester, 
welche  obige  Sammlung  s.  Gedichte  be- 
schliessen. 

Braam  (VI.)  —  P.  Van  —  Buch- 
händler zu  Dordrecht,  gost.  1819,  betrat, 
als  latein.  Dichter,  die  Bahn  s.  Freundes 
De  Bosch,  doch  mehr  in  vertraulichen 
als  erhabenen  Liedern. 

Braam  Houekgeest  (VI).  —  ... 
Van  —  gab  eine  Beschreibung  s.  Ge- 
sandtschaftsreise durch  China  zu  Philadel- 
phia 1795  in  französischer  Sprache  heraus, 
welche  ein  Gegenstück  der  fast  gleichzei- 
tigen des  Briten  Macartney  ist. 

Brandt  (III.)  —  Johan  —  geb.  1559 
zu  Antwerpen,  gest.  1639,  besorgte  eine 
Ausgabe  des  Cäsar,  und  verfasste,  nach 
Cicero,  eine  „Lebensbeschreibung  be- 
rühmter Männer. 

Brandt  (IV.)  —  Gerard  —  geb.  1626 
zu  Amsterdam,  gest.  1685,  war  zum  vä- 
terlichen Stande  eines  Uhrmachers  bestimmt, 
aber  die  Liebe  zur  Poesie  erwachte  schon 
frühzeitig  in  ihm ,  indem  sie  ihn  in  s.  17. 
Jahre  ein  Fach  wählen  Hess,  das  damals, 
wie  mühsam  auch,  in  Holland  sehr  beliebt 
war,  —  zum  Trauerspiele.  Ein  Stück, 
betitelt  „der  sich  verstellende  Torquato" 
(welches  zu  Rom  spielt ,  jedoch  mit  gänz- 
licher Veränderung  der  Geschichte  u.  so- 
gar der  Namen)  hat  eine  auffallende  Aehn- 
lichkeit  mit  Shakespear's  „Hamlet" 
und  war,  zufolge  Van  Baerle,  kein 
Jünglings-,  sondern  ein  Mannes  werk.  Van 
Baerle  war  jedoch  ein  besonderer  Gön- 
ner von  Brandt,  dem  er  s.  Tochter, 
Suzanne,  zur  Gattin  gab,  nachdem 
Brandt,  angefeuert  durch  die  Liebe,  s. 
Handwerk  aufgegeben  und  sich  in  \ier 
Jahren  zum  Theologen  gebildet  hatte.  Er 
wurde  nacheinander  Remonstrantenprediger 
zu  Nieuwkoop,  Hoorn  und  Amsterdam. 
Seine  spätem  Gedichte  sind  alle  ernster 
Art,  religiöse  oder  moralische  (sogar  in 
den  Hochzeitsgedichten  moralisch  und  er- 
baulich) ,  Leichen  -  und  vermischte  Ge- 
dichte. Aber  s.  grösste  Berühmtheit  er- 
langte er  durch  S.Epigramme,  bei  wel- 
chen die  von  Vondel,  auf  grosse  Män- 
ner, ihm  zum  Muster  dienten.  Am  glück- 
lichsten war  er  in  den  Darstellungen  der 
zwölf  ersten  röm.  Kaiser,  worunter  die 
von  Cäsar,   Augustus,  Otho  u.  Ti- 


t  u  s  sich  besonders  auszeichnen.  Fast  glei- 
ches Verdienst  haben  die  Epigramme  auf 
Germanicus,  Seneca  und  andere  be- 
rühmte Männer,  sowohl  aus  der  Kirchen- 
ais auch  vaterländischen  Geschichte.  Von 
letztern  nennen  wir  die  auf  Wilhelm  L, 
DeGroot,  DeRuiter  u.  Körten  aar. 
Auch  nannte  Vondel  ihn  einen  guten 
Epigrammatiker.  Als  Dichter  kam 
ihm  die  Kenntniss  der  alten  Literatur  zu 
Statten ,  die  er  unter  s.  Schwiegervater  ~ 
sich  erwarb;  doch  scheint  Hooft,  u.  vor 
Allen  Vondel,  die  er  Beide  feurig  Hebte 
und  nach  ihrem  Tode  verherrlichte,  seine 
vorzüglichsten  Muster  zur  Nachahmung 
gewesen  zu  sein.  Seine  Gedichte  wurden 
1688  von  s.  Söhnen  herausgegeben;  eine 
neue  Auflage  derselben  erschien  1725.  — 
Brandt  war  auch  einer  der  besten  Pro- 
saisten s.  Jahrhunderts.  Bereits  1647»  in 
s.  21.  Jahre,  schrieb  er  eine  Leichenrede 
auf  Hooft,  voll  jugendHchen  Feuers  und 
Lebens,  jedoch  von  einem  noch  wenig  ge- 
läuterten Geschmack  u.  überfliessend  von 
der  Ueppigkeit,  welche  jedoch  der  strenge 
Quintilian  so  gern  bei  jungen  Schrift- 
stellern entschuldigt.  Es  scheint,  dass 
Brandt  schnell  dieses  allzu  Blumenreiche 
in  s.  Styl  fühlte  und  verminderte,  da  er 
selbst  den  kraftvollen,  aber  zuweilen  dun- 
keln Styl  des  von  ihm  so  bewunderten 
Hooft  keineswegs  sklavisch  nachahmte. 
So  ist  z.  B.  in  s.  Reformationsgeschichte 
der  erste  Theil  durchgehends  sehr  gut 
geschrieben,  jedoch  die  drei  folgenden, 
worin  die  Streitigkeiten  zwischen  A r mi- 
ni us  und  Gomarus,  deren  Folge,  die 
Dordrechter  Synode  u.  s.  w.  sehr  breit 
erzählt  werden ,  verfallen  zuweilen  in 
tockene  theologische  Abhandlungen  und 
Wortstreite.  Dieses  Werk  führt  den  Titel : 
„Geschichte  der  Reformation  und  andere 
Kirchengeschichten  in  u.  über  Niederland" 
L  Th.  Amst.  1671.  IL  Th.  1677.  III.  u. 
IV.  Th.  1704.  Sie  wurde  auch  ins  Fran- 
zösische und  von  Cumberland  ins  Eng- 
lische übersetzt.  Die  abgekürzte  Geschichte 
der  Reformation  ist  im  Cbronikenstyl  und 
geht  nur  bis  zu  Ende  des  16.  Jahrhunderts, 
Amst.  1658,  8.  (S.  aus  dem  grossem 
Werke  die  in  Siegenbeek's  Proben 
holländ.  Beredsamkeit  befindlichen  Aus- 
züge [im  2.  St.  p.  79—112.]).  Hohem  Flug 
nimmt  s.  Styl  in  der  Bio  graphie  (von 
Niederland's  grösstem  Seehelden)  des  Hm. 
M.  De  Ruiter,  Amst.  1686, 1699  u.  s.  w. 
fol. ,  worin  sich  Brandt  gelbst   eine  un- 


69 


Brandt 


BroekJiuizen 


70 


vergängliche  Ehrensäule  gesetzt  hat.  Doch 
auch  hier  trifft  Brandt  der  Vorwurf,  dass 
er  zuweilen  zu  weitläuftig  geworden ,  und 
sehr  zu  bedauern  ist,  dass  in  der  neuen 
Ausgabe  dieses  sonst  vortrefflichen  Wer- 
kes (von  Engelberts,  Anist.  1790,  6 
Th.  gr.  8.)  jene  leicht  zu  beseitigende 
Breite  nicht  vermieden  worden  ist,  wo- 
durch es  mehr  ein  Handbuch  des  Volkes 
hätte  werden  können.  Ausserdem  verfasste 
Brandt  noch  historische  Werke,  die  je- 
doch weniger  durch  Styl  u.  Beredsamkeit, 
als  durch  Genauigkeit  sich  auszeichnen, 
nämlich :  „  Geschichte  von  Enkhuizen", 
(1666);  „Geschichtskalender";  „Geschichte 
des  Prozesses  von  Oldenbarneveld ,  Hoo- 
gerbeets  und  De  Groot".  Rühmliche  Er- 
wähnung verdienen  ferner  s.  schön  ge- 
schriebenen Biographien  von  Vondel  und 
Ho  oft.  Erstere  befindet  sich  hinter 
dessen  (besten)  Gedichten  oder  Poesie 
(Amst.  1682,  4.  II.  Th.)  und  letztere  vor 
der  Ausgabe  von  1704. 

Brandt  (IV.)  —  Kaspar  —  ein  Sohn 
des  Vorigen,  gest.  1696,  54  J.  alt,  ist 
als  Kanzelredner ,  Dichter  und  Historiker 
bekannt.  Er  schrieb  „10  Predigten  über 
das  Vaterunser"  (Amst.  1703).  Vortreff- 
lich ist  s.  Betrachtung  über  „das  jüngste 
Gericht",  worin  der  Ton  der  Art  des 
Gegenstandes ,  dem  Schrecklich  -  Erhabe- 
nen, vollkommen  angemessen  ist.  Eine 
dauernde  Ehrensäule  setzte  er  sich  durch 
s.  „Biographie  H  u  g  o  D  e  Groot 's",  Hess 
sie  aber  unvollendet,  worauf  sie  von 
Adriaan  Van  Cattenburch  entspre- 
chend fortgesetzt  wurde.  (Vgl.  De  Vries, 
Th.  I.  p.  301  —  304.) 

Brandt  (IV.)  —  Johannes  —  jünge- 
rer Bruder  des  Vorigen,  gest.  1708,  48  J. 
alt,  beschrieb  das  „Leben  des  Paulus"  in 
37  Predigten  (Amst.  1724,  4.).  Seine 
Gedichte,  welche  sanfter  und  weniger 
ernst  als  die  s.  Bruders  Kaspar  sind, 
befinden  sich  in  K.  u.  J.Brandt' s  Poe- 
s  i  e  (1724,  ein  Bändchen  in  4.). 

Brandt  (IV.)  —  Gerard  —  der  zweite 
Sohn  des  berühmten  Gerard,  ebenfalls 
Prediger,  wie  s.  Bruder,  gest.  in  s.  25. 
Jahre,  noch  vor  s.  Vater,  verfasste  „32 
Predigten"  (Rott.  1685,  4.),  die,  wie  die 
s.  Brüder,  einfach,  voll  Kraft  und  zweck- 
gemäss  sind. 

Brechten  (I.)  —  Klaas  Van  —  nach 
Bilderdijk  (Th.  III.  p.  129.  seines 
„sprachlichen  und  poetischen  Allerleis"} : 
Ciais  Verbrechten,   aus  Haarlem,  ist 


einer  der  ersten  Uebersetzer  in  die  Lan- 
dessprache, namentlich  des  französischen 
Romans  aus  dem  sog.  Fabelkreise  „der 
runden  Tafel",  von  König  Arthur  und 
seinen  zwölf  Helden,  und  des  aus  dem 
zweiten  Fabelkreise  von  Kaiser  Karl  d. 
Gr.  und  seinen  Helden  (wie  Wilhelm  v. 
Oranien).  (S.  Van  Wijn,  „historische 
Abendstunden"  p.  264,  265.) 

Bredero.     S.  Co  st  er. 

Breg^gen  Paau^r  (VI.)  —  P.  Van 
Der  —  Remonstrantenprediger  zu  Amster- 
dam und  später  im  Haag,  gab  mit  seinem 
Amtsgenossen  Stuart  Predigten  über  J  o- 
seph  heraus. 

Brink  (VI.)  —  Jan  Ten  —  ein  Schü- 
ler des  L  u  z  a  c  ,  war  zuerst  Rector  der 
lat.  Schulen  zu  Harderwijk,  dann  Profes- 
sor daselbst  und  zu  Groningen ,  luid  be- 
reicherte die  holl.  Literatur  mit  Ueber- 
setzungen  der  Medea  des  Euripides 
von  Plato's  Crito  und  Sokrates 
Apologie,  von  Xenophon's  Denk- 
würdigkeiten jenes  Philosophen,  der  Bio- 
graphie des  altern  und  des  Feldzugs  des 
Jüngern  Cyrus,  der  Catilinaria  von  Ci- 
cero und  von  SaUust's  Krieg  gegen 
C  a  t  i  1  i  n  a.  Ausserdem  gab  er  mit  B  o  s  - 
sc  ha  und  Van  Lennep  zu  Amsterdam 
eine  Zeitschrift  (Bibliothek)  für  die  alte 
Literatur  heraus  (die  jedoch,  wegen  Man- 
gels an  Unterstützung  einging),  worin 
sich  interessante  Aufsätze  u.  Uebersetzun- 
gen  aus  Herodot,  Thucydides,  Lu- 
cian,  Cicero  u.  A.  befinden. 

Brink  (VI.)  —  A.  —  Verbesserer  des 
katechetischen  Unterrichts. 

Brinkutan.  S.  Streck. 

Broeke.     S.  Paludanus. 

Broekhuizen  (IV.)  —  Joan  Van  — 
war  zum  Apotheker  bestimmt,  wählte  je- 
doch den  Kriegsdienst,  um  Zeit  für  s.  li- 
terarischen Studien  zu  gewinnen.  Ueberall 
führte  er  Properz  mit  sich  und  war  so 
glücklich,  als  Waffenbrüder  zwei  Kunst- 
freunde (De  Haas  und  Van  Bergen) 
zu  finden.  Er  stieg  bis  zum  Hauptmann, 
ward  1697 ,  nach  dem  ryswicker  Frieden 
ehrenvoll ,  mit  Beibehaltung  s.  Soldes, 
entlassen  und  starb  1707  auf  s.  Landsitze 
zu  Amstelveen.  Seine  holländischen  Ge- 
dichte ,  ausgezeichnet  durch  Lieblichkeit 
und  treue  Schilderungen  der  Natur,  er- 
schienen zuerst  1684,  und  1711  vermehrt 
von  D.  Van  Hoogst raten.  (S.  Pro- 
ben bei  De  Vries).  Als  lat.  Dichter  er- 
warb er  sich  den  Namen  des  holl.  P  r  o  - 
3* 


71 


Broeii 


Brugmans 


72 


perz,  und  besorgte  sehr  geschätzte  Aus- 
gaben vonProperz  (1702)  und  Tibull 
(1708),  worin  er  jedoch  Seal  ig  er 's  Ein- 
theilung  der  Gesänge  gefolgt  ist,  die  erst 
durch  Heyne  eine  gänzliche  Veränderung 
erfahren  hat.  Peerlkamp,  der  Broek- 
huizen  einen  vollendeten  Dichter  nennt, 
erzählt  von  ihm  folgende  Anekdote:  Bei 
Gelegenheit  der  Leichenrede  s.  Freundes 
F r a n  c i  u s  auf  De  Ruiter  hielt  Broek- 
huizen  den  ausserordentlichen  Zudrang  der 
Menge,  Vielehe  aus  Achtung  für  De  Rui- 
ter oder  aus  Neugier,  den  berühmten 
Francius  zu  hören ,  sich  versammelt 
hatte,  am  Eingang  der  neuen  Kirche  da- 
durch ab ,  dass  er  nur  Diejenigen  einliess, 
welche   ihm   lateinisch  antworten  konnten. 

Broen  (IV.)  —  ...  —  Arzt  zu  Rot- 
terdam und  Gegner  von  Boe-Sylvius' 
Krankheitslehre. 

Broes  (VI.)  —  W.  —  Sohn  des  am- 
sterdamer  Predigers  Petrus  Broes  (zu 
s.  Zeit  berühmt  durch  das  Werk :  „die 
nachdenkenden  Christen")  und  Bruder  des 
früh  verstorbenen  Professors  Broerius 
Broes,  war  zuerst  Prediger  zu  Voor- 
schoten ,  dann  zu  Leyden  und  Amsterdam, 
und  machte  sich  berühmt  durch  eine  sehr 
passende  Predigt  bei  Gelegenheit  von 
Leydens  Unglüek  (1807),  um  die  bestürz- 
ten Bürger  von  dem  Verlassen  der  Stadt 
abzuhalten,  sowie  durch  spätere,  zu  Am- 
sterdam erschienene,  Predigten  zum  Be- 
weise für  „die  innere  Wahrheit  des  Chri- 
stenthums  aus  dem  Inhalte  der  Evangelien 
selbst".  Sein  Styl  ist  kurz,  gedrängt  u. 
kräftig,  doch  deswegen  auch  zuweilen 
dunkel.  Alles  verräth  den  originellen 
Denker ,  den  Mann  von  Verstand  und  Ge- 
fühl. Ausserdem  wird  ihm  das  im  J.  1822 
im  Haag  erschienene  Werk :  ,, Geschicht- 
liche Untersuchung  über  die  äussere  Ver- 
einigung der  Protestanten  in  den  Nieder- 
landen" zugeschrieben.  Nach  diesem  Werke 
und  Ypey's  und  Dermout's  „Kir- 
chengeschichte" kann  man  sagen,  dass  der 
Sauerteig  von  1618  u.  1619  hinwegge- 
nommen ist! 

Brouwer  (HI.)  —  Hendrik  —  be- 
rühmter Seefahrer,  der  durch  eine  mehr 
südliche  Fahrt  (1642)  den  Stürmen  in  den 
Strichen  des  Feuerlandes  entging. 

Browne  (VI.)  —  ...  —  englischer 
Prediger  zu  Utrecht,  schrieb  eine  philo- 
sophische Abhandlung  „über  die  Gleichheit 
^er  Menschen"  (1793). 


Brugiuans  (VI.)  —  Sebald  Justinus 
—  s.  Vater  war  Prof.  der  Mathematik  an 
der  Universität  zu  Groningen  und  be- 
stimmte s.  Sohn  zu  demselben  Fache,  je- 
doch im  Militär ;  aber  die  Neigung  des 
Jünglings  war  mehr  auf  die  Naturwissen- 
schaften gerichtet,  weshalb  der  Vater  ihn 
Medizin  studiren  Hess.  Schon  mit  seinem 
18.  Jahre  wurde  er  Dr.  der  Philosophie, 
zufolge  einer  Beschreibung  der  Fossilien 
in  der  Umgegend  von  Groningen  (wohin 
s.  Vater,  nach  der  Geburt  dieses  Sohnes 
im  J.  1763,  sich  begeben),  und  zu  dersel- 
ben Zeit  Avurde  s.  Abhandlung  „über  die 
Ausrottung  schädlicher  Pflanzen"  von  der 
Akademie  zu  Dijon  gekrönt.  Zwei  Jahre 
später  erhielt  er  von  der  bordeauxer  Aka- 
demie den  Ehrenpreis  für  s.  Abhandlung 
„über  die  Kennzeichen  des  Absterbens  der 
Eichen" ,  und  1785  von  der  zu  Berlin  für 
die  „über  das  Unkraut"  ;  alle  in  französi- 
scher Sprache  geschrieben.  1785  wurde 
er  auch  Dr.  der  Medizin  zu  Groningen, 
zufolge  einer  Abhandlung  „über  die  ei- 
gentliche Beschaffenheit  des  Eiters",  den 
er  als  eine  Absonderung  kennen  lehrte. 
Noch  in  demselben  Jahre  bot  man  ihm, 
jedoch  vergebens,  die  von  Van  Swinden 
erledigte  Professur  der  Physik  an.  Sein 
Ruhm  hatte  sich  nach  Leyden  verbreitet 
und  mit  s.  23.  Jahre  wurde  er  bereits  aus 
dem  Seminar  von  Franeker  als  Prof.  der 
Botanik  nach  Leyden  versetzt,  wo  er 
durch  s.  Antrittsrede  die  „genaue  Kennt- 
niss  der  einheimischen  Pflanzen"  empfahl. 
Ein  Jahr  später  (1787)  erhielt  er  auch 
das  Lehramt  der  Naturgeschichte.  1795 
ward  ihm  die  Professur  der  Chemie  pro- 
visorisch und  1800  definitiv  übertragen. 
Bei  dieser  Gelegenheit  rühmte  er  die  Ver- 
dienste des  H.  Boerhave  (welchem  er 
in  ausgebreiteten  Kenntnissen  und  Schärfe 
der  Kritik  glich)  als  Chemiker.  1794 
machte  er  sich  sehr  verdient  um  die 
Unterbringung  der  kranken  Hanoveraner 
in  dem  grossen  Hospital  zu  Leyden.  Nach 
der  Umwälzung  entwarf  er  einen  Plan  für 
den  Sanitätsdienst  des  Heeres  und  trug  sehr 
viel  zur  Bearbeitung  der  batavischen  Apo- 
theke (1805)  bei.  Brugmans  unterhielt 
inzwischen,  zum  Nutzen  der  Wissenschaft, 
enge  Verbindungen  mit  Frankreich  und 
dessen  ausgezeichneten  Gelehrten.  Hie- 
durch  lernte  er  auch  N  a  p  o  1  e  o  n '  s  Bru- 
der, Ludwig,  kennen,  noch  ehe  derselbe 
als  König  von  Holland  eingesetzt  war, 
nach   dessen  Thronbesteigung  er  s.  Leib- 


73 


Rrugmaiis 


Bruiue 


74 


arzt  u.  Generaldireclor  des  Sanitätsdienstes 
der  Armee  wurde,  wofür  er  schon  früher 
durch  eine  grosse  Apotheke  und  ein  chemi- 
sches Laboratorium  im  Haag  gesorgt  hatte. 
Leydens  Universität  hat  ihm  zu  verdanken, 
dass  sie  weniger  durch  die  Einverleibung  mit 
der  französischen  Universität  gelitten,  als  zu 
befurchten  war,  und  dass  sie  ihre  Biblio- 
thek und  andere  Besitzthümer  ungeschmälert 
behielt.  (S.  Annal.  Acad.  Lugd.  Bat.  1815, 
1816,  p.  4.)  In  diesen  Jahrbüchern  (p.  6 
u.  7.)  befindet  sich  auch  eine  vollständige 
Rechtfertigung  Brugmans,  der  zu  Ende 
des  J.  1813  durch  Leidenschaftlichkeit  und 
Parteilichkeit  als  Anhänger  der  Franzosen 
verdächtigt  ward,  so  dass  es  sogar  einigen 
s.  Feinde  gelang,  ihm  das  Rectorat  der 
Universität  abzunehmen.  Doch  der  er- 
lauchte Fürst ,  den  man  nicht  lange  irre 
führen  konnte  ,  erkannte  bald  die  grossen 
Verdienste  Brugmans'  und  den  Nutzen, 
den  er  den  Wissenschaften ,  dem  Staate 
und  der  Armee  gebracht  hatte  und  noch 
bringen  würde.  Hiervon  gab  er  bald  glän- 
zende Beweise  nach  der  Schlacht  von  Wa- 
terloo ,  indem  er  einen  Plan  zu  Brüssel 
entwarf,  um  die  vielen  Verwundeten  von 
Freund  und  Feind  unterzubringen,  so  dass 
die  Armee  und  vielleicht  das  Land  vor 
einer  Fieberseuche  bewahrt  wurden  ,  wo- 
für er  als  Anerkennung  von  dem  Könige 
von  Preussen  den  rothen  Adlerorden  er- 
hielt, und  indem  er  später  die  naturhisto- 
rischen Schätze ,  das  Cabinet  des  Statt- 
halters, welches  die  B'ranzosen  1795  aus 
Niederland  weggeführt  hatten,  grössten- 
tbeils  wieder  zurückbrachte.  Dieses  Ca- 
binet, welches  von  dem  König  der  ley- 
dener  Universität  geschenkt  Avorden  und 
den  Kern  des  prächtigen  naturhistorischen 
Museums  ausmachte,  wurde  durch  Brug- 
mans unermüdete  Sorgfalt  auf  einer  Reise 
in  Deutschland  (1818)  noch  ansehnlich 
vergrössert.  Auch  ward  durch  ihn  der 
botanische  Garten  um  die  Hälfte  ver- 
grössert und  mit  einer  Menge  neuer  Ge- 
wächse bereichert.  1814  hatte  er  bereits 
zu  Haarlem  den  Ehrenpreis  für  eine  Be- 
schreibung des  Typhus  davongetragen. 
Schade,  dass  Brugmans  nichts  mehr  ge- 
schrieben hat ;  aber  s.  mannigfaltigen  Ge- 
schäfte, sowohl  s.  Lehramtes  in  drei  Fä- 
chern, als  die  Leitung  des  Sanitätsdienstes 
bei  der  Armee  Hessen  ihm  dazu  keine  Zeit 
übrig.  Es  wäre  zu  wünschen ,  dass  einer 
oder  mehrere  s.  Zuhörer  s.  so  ausge- 
zeichneten Vorlesungen  über  die  Naturge- 


schichte, worin  sich  Gelehrsamkeit,  Ge- 
schmack, Kritik,  anziehender  Vortrag  und 
edle  Gefühle  vereinigten,  dem  Publicum  mit- 
theilen wollten.  Brugmans  starb  plötz- 
lich den  18.  Juli  1819.  —  Dieser  be- 
rühmte Arzt,  Chirurg,  Anatom,  Botani- 
ker und  Chemiker  ist  auch  Erfinder  des 
Indifferentialpunktes  zwischen  beiden  Mag- 
netpolen und  einer  neuen  Methode ,  die 
Abweichung  der  Magnetnadel  durch  einen 
eisernen  Stab  und  einen  dazu  verfertigten 
Kompas  zu  finden.  (S.  „Tentamen  philo- 
sophicum  de  materia  magnctica ,  ejusque 
actione  in  ferrum  et  magnetem^',  Fran. 
1765 ,  4.)  Vollständige  Nachrichten  über 
Brugmans  Leben  und  Wirken  sind  in 
den  Lobreden  zu  finden ,  welche ,  durch 
Prof.  Van  der  Boon  Mesch  und  Dr. 
Capadose  verfasst ,  von  der  hoUänd. 
Gesellschaft  der  schönen  Künste  und  Wis- 
senschaften mit  Gold  und  Silber  gekrönt 
wurden  (s.  Th.  VIL  St.  2.  ihrer  Werke), 
und  in  der  von  Van  Kampen  (zum  Theil 
aus  französischen  Quellen)  verfassten  ,, Bio- 
graphie von  S.  J.  Brugmans"  (in  den  va- 
terländischen Studien  für  December  1819, 
Mancherley,  p.  737  -  753). 

Bruin  (V.)  —  Claas  —  geb.  1671 
zu  Amsterdam,  gest.  1732,  verf.  ausser 
Bibel  -  und  Sittengedichten ,  ,, biblische 
Schauspiele  in  Versen"  und  das  „^^eben 
von  Paulus". 

Bruin  (V.)  —  Fräulein  De  —  als 
Schauspielerin  von  Stijl  und  Andern  ge- 
rühmt. 

Bruin  (V.)  —  Van  Oosten  De  —  aus 
Haarlem ,  verf  eine  „Beschreibung  von 
Haarlem"  (1765,  Fol.),  eine  lat.  Abhand- 
lung „über  die  väterliche  Gewalt  bei  den 
Römern"  (1751),  und  eine  „Dissertatio 
de  progressibus ,  quos  per  solum  rationis 
lumen  et  Ethicis  doctrina  fecerunt  morta- 
les,  qui  revelationem  divinam  prorsus  igno- 
rarunt",  L.  B.  1758,  4.),  wofür  ihm  die 
goldene  Ehrenmedaille  zuerkannt  wurde. 

Bruine  (IH.)  —  Johan  De  —  der 
Jüngere  (nicht  zu  verwechseln  mit  De 
Brune),  Dr.  d.  Rechte,  jung  gest.  1649, 
schrieb :  „Wetzstein  der  Vernunft ,  oder 
Hilfsmittel ,  um  von  allen  vorkommenden 
Dingen  richtig  urtheilen  zu  lernen".  Dieses 
zur  Erholung  geeignete  Werk  ist  mit  Ver- 
nanftsprüchen  und  Gedichten  vermischt. 
(Der,  1672  erschienene  2te  Theil  ist  nicht 
von  ihm  und  seiner  unwürdig.)  Vielleicht 
war   von    beiden  genannten  Dichtern  noch 


75 


Bruining 


Bruyn 


T6 


Jan  de  Bruine,  Verf.  von  „Gedichten" 
und  „Minnegedichtchen"  zu  unterscheiden. 
(S.  De  Vries,  Th.  I.  p.  226.) 

Bmining  (VI.)  —  Gerbrand  —  verf. 

1)  in  französischer  Sprache  eine  „Beschrei- 
bung vom  Haag  und  von  Rotterdam,"  war 

2)  Mitarbeiter  an  dem  „Wörterbuche  der 
holländischen  Sprache",  schrieb  3)  fast 
gleichzeitig  mit  Weiland  über  die  „Sy- 
nonymen der  holl.  Sprache",  und  4)  ein 
„geographisches  Wörterbuch".  Ausserdem 
gab  er  viele  andere  kleinere  Werke,  so 
wie  Uebersetzungen  in  holl.  u.  franz.  Spra- 
che heraus. 

Brune  (III.)  —  Johan  De  —  geb. 
1589,  gest.  1644?),  Rathspensionär  von 
Zeeland,  machte  sich  durch  s.  Embleraata 
bekannt,  die  von  De  Vries  (Th.  I.  p.  187 
—  189)  sehr  gerühmt  werden,  und  über- 
setzte die  „Psalmen  David's"  aus  dem  He- 
bräischen ins  Holländische  so  getreu,  dass 
ein  Voetius  und  andere  Kenner  sich  dar- 
über höchlich  verwunderten.  Seine  zahl- 
reichen Werke,  von  welchen  sich  in  De 
La  Rue's  gelehrtem  Zeeland  (p.  20 — 23) 
ein  Verzeichniss  befindet,  sind  zum  Theil 
in  Prosa  geschrieben  und  grösstentheils  re- 
ligiösen u.  moralischen  Inhalts,  M  o  o  n  e  n 
rühmt  namentlich  s.  „Banketwerk  guter 
Gedanken"  (Middelb.  1660). 

Bruning^S  (VI.)  —  Christiaan  —  einer 
der  grössten  Wasserbaukundigen,  vielleicht 
der  grösste. 

Brimings  (VI.)  —  Christiaan  —  d. 
Jüngere,  Wasserbaukundiger. 

Bruning'fl  (VI.)  —  Koenraad  Lode- 
wiik  —  Wasserbaukundiger. 

Bruyn  (IV.)  —  Cornelis  De  —  aus 
Hagenau,  einer  der  berühmtesten  Landrei- 
.senden  aus  dem  Ende  des  17.  Jahrhun- 
derts,  der,  mit  den  Taverniers,  The- 
venots  und  Chardins  zu  vergleichen, 
von  1674  — 1693  Italien,  Kleinasien,  Kon- 
stantinopel, den  Archipel,  Egypten  u.  Sy- 
rien besuchte,  alle  merkwürdigen  Ansichten 
abzeichnete  und  in  Kupfer  stechen  Hess, 
welches  den  Werth  dieses  Werkes  bedeu- 
tend erhöht.  Es  fuhrt  den  Titel :  „L.  de 
ßruyn,  Reisen  durch  die  berühmtesten 
Theile  von  Kleinasien  nach  Scio,  Rhodus, 
Cyprus  u.  s.  w. ,  wie  auch  den  vornehm- 
sten Städten  von  Egypten ,  Syrien  und 
Palästina",  Delft  1698,  Fol.  Seine  zweite, 
1701  unternommene  und  1707  beendigte 
Reise  ging  von  Archangel  über  Moskwa 
durch  Russland  nach  Persien,  von  da  über 
Cochin,    Ceylon   und   Batavia,    und    über 


Persien  zurück.  Dieselbe  ist  nicht  allem 
über  die  russ.  Völker ,  sondern  vor  Allem 
auch  über  die  Ruinen  von  Persepolis  sehr 
ausführlich,  in  deren  Abbildung  er  jedoch 
mit  C  h  a  r  d  i  n  abweicht  und  Letzterm  fort- 
während widerspricht.  Wie  viel  Autorität 
auch  der  französische  Reisende  mit  Recht 
geniesst,  so  darf  man  doch  einem  Aagen- 
zeugen,  der  diese  Ueberreste  mit  dem  Auge 
eines  Malers  sah,  auch  wohl  einigen  Glau- 
ben schenken.  Einen  Theil  der  in  Stein 
ausgehauenen  Bilder  nahm  er  sogar  mit 
sich  und  legte  sie  in  dem  Cabinet  des 
Fürsten  von  Braunschweig  -  Wolfenbüttel 
und  bei  dem  Bürgermeister  W  i  t  s  e  n  nieder. 
Auch  diese  Reise,  welche  unter  dem  Titel : 
„Reisen  über  Moskwa  durch  Persien  und 
Indien"  zu  Amsterdam  1714  erschien,  ist, 
wegen  der  Abbildungen ,  sehr  interessant. 
Beide  Werke  waren  damals  die  besten 
pittoresken  Reisebeschreibungen  nach  dem 
Orient. —  De  Bruyn  hatte  das  Unglück, 
in  den  Verdacht  zu  kommen,  dass  er  der- 
selbe Cornelis  De  Bruyn  wäre  (ein 
Hagenauer  wie  er),  der  als  Mitschuldiger 
an  dem  Mordanschlag  des  berüchtigten 
Van  Der  GraafF  auf  Johan  De  Witt, 
in  dem  Urtheil  des  Gerichtshofes  von  Hol- 
land (29.  Juni  1672)  mit  begriffen  war, 
sich  aber  demselben  durch  die  Flucht  ent- 
zogen hatte.  Diese  Meinung  herrschte  all- 
gemein im  Osten ,  denn  als  der  Reisende 
derselben  zu  Smyrna  aufs  Bestimmteste 
widersprach ,  wollte  man  ihm  kaum  glau- 
ben; er  hatte  sowohl  dort  als  zu  Livorno 
und  Venedig,  ohne  es  zu  wissen,  stets  für 
diesen  Mann  gegolten ,  und  man  wurde 
darin  bestärkt,  weil  er  in  Gesprächen  über 
die  damaligen  Staatshändel  immer  mit  ei- 
niger Leidenschaftlichkeit  die  Partei  des 
Prinzen  von  Oranien  nahm.  Er  bewies 
jedoch  zuerst  aus  dem  Unterschied  der 
Jahre  ,  dann  aus  dem  Stillschweigen  aller 
Hagenauer,  die  ihm  im  Orient  begegnet 
waren ,  über  diesen  Vorfall ,  und  endlich 
durch  ein  Zeugniss  aus  s.  Vaterstadt  die 
Falschheit  dieser  Beschuldigung,  und  er- 
klärte, dass  Derjenige,  der  ihn  mit  ge- 
nanntem Cornelis  De  Bruyn  für  eine 
und  dieselbe  Person  halte,  kein  ehrlicher 
Mann  sei ;  woraus  erhellt ,  dass  sogar  alle 
Prinzlichgesinnten  den  Verworfenen,  der  sich 
an  dem  Vater  des  Vaterlandes  vergriffen 
hatte,  mit  der  tiefsten  Verachtung  betrach- 
teten, und  aller  Verdacht  von  Geroein- 
schaft mit  demselben  wie  die  Pest  flohen. 
(S.    De   Bruyn's  ,, Reisen  durch  Klein- 


77 


Burgundius 


Burnian 


78 


asien"  u,  s.  w.,  Delft  1698,  p.  388-390, 
u.  Van  Wijn  auf  Wagenaar,  Th.XIV., 
p.  64.)  Hr.  Ackersdijk  bemerkt,  dass 
die  Lobgedichte  der  so  geachteten  Männer, 
wie  Francius,  Broekhuizen,  Vol- 
lenhoven  und  besonders  J.  Brandt 
Gerardsz.,  Remonstrant,  wie  Vollen- 
h  o  V  e  n  reformirter  Prediger  im  Haag  (von 
welchen  wenigstens  Brandt  sicherlich 
keinen  Mörder  De  W i  1 1 ' s  gepriesen  haben 
würde),  alle  vor  De  Bruyn's  Reise- 
beschreibung gestellt,  die  Beschuldigung 
hinlänglich  widerlegen.  Auch  hatte  D  e 
B  r  u  y  n  Bekanntschaft  mit  dem  geschätzten 
Schriftsteller  Peter  Rabus,  wie  aus 
dessen  „Büchersaal"  (Mai  41.  Juni  1699) 
hervorgeht,  und  dieser  hat  ebenfalls  De 
Bruyn's  Vertheidigung  (s.  „Büchersaai" 
für  Nov.  u.  Dec.  1699)  so  siegreich  übernom- 
men ,  dass  Niemand  sie  widerlegen  konnte. 
Burg^undius  (111.)  —  Nicolaus  — 
geb.  1586  zuEnghien  im  Hennegau,  studirte 
zu  Gent  u.  Löwen  die  schönen  Wissen- 
schaften, erhielt  1627  von  Maximilian 
von  Baiern  einen  Ruf  als  Prof  d.  Rechte 
nach  Ingolstadt,  ward  hierauf  Rath  u.  Ge- 
schichtsschreiber von  Baiern  u.  des  Hauses 
Oesterreich,  und,  nachdem  er  nach  zwölf- 
jähriger Abwesenheit  nach  Niederland  zu- 
rückgekehrt, 1639  zum  Rath  von  Brabant 
ernannt.  Als  Geschichtsschreiber  ist  er 
zur  span.  Partei  zu  rechnen,  jedoch  nicht 
mit  Strada  und  noch  weniger  mit  Ver- 
haer  zu  vergleichen,  indem  jener  in  s. 
Standpunkt  (aus  Rom)  Alles  verdammt,  was 
nicht  alt-  oder  neukatholisch  ist,  und  dieser 
dieselbe  Beschränktheit  nicht  einmal  in  das 
Verdienst  eines  schönen  Lateins  einhüllt. 
Burgundius  dagegen  ist  so  unparteiisch 
und  dabei  so  kräftig  im  Vortrage ,  dass 
Hooft  nicht  Anstand  genommen,  einige  die- 
ser schönen  Anreden,  welche  er  s.  handelnden 
Personen  in  den  Mund  legt  (und  die  nur 
ausgeschmückt ,  nicht  erdichtet  scheinen), 
mit  einiger  Abänderung  zu  übersetzen.  Es 
herrscht  in  dem  Style  dieses  Mannes  Nach- 
druck mit  Lebendigkeit  u.  Annehmlichkeit 
gepaart.  Er  bediente  sich  viel  der  Schrif- 
ten des  Viglius  Van  Aytta,  mit  dessen 
Geist  der  seinige  einige  Aehnlichkeit  ge- 
habt zu  haben  scheint.  Seine  Werke  sind: 
„Historia  Belgica,  ab  ann.  1558,  ad  ann. 
1567"  (Ingoist.  1629,  Col.  1608),  und  „Hi- 
storia Bavarica,  seu  Ludo^-icus  IV.  Im- 
perator" (Ingoist.  1636,  1645,  1705). 
Ausserdem  hinterliess  Burgundius  auch 
einige  juridische  Werke. 


Burman  (IV.)  —  Pieter  —  zur  Un- 
terscheidung von  s.  Neffen,  der  Aeltere 
genannt,  war  der  grosse  Gegner  von  Le 
Clerc  und  der  Enkel  und  Namensvetter 
eines  im  30jährigen  Kriege  aus  der  Pfalz 
vertriebenen  Predigers,  der  sich  zu  Leyden 
niederliess  ,  und  dessen  Sohn 

Burman  (IV.)  —  Frans  —  gest.  1679, 
1662  Prof.  d.  Theologie  zu  Utrecht  und 
ein  Mann  von  grosser  Gelehrsamkeit  war. 
Er  lehnte  einen  Ruf  nach  Leyden  ab.  Grä- 
vius,  s.  Freund,  meldete  s.  Lob.  Einige 
beschuldigten  ihn  des  Spinozismus, 
wogegen  ihn  s.  jüngster  Sohn  verthei- 
digte.     Er  hinterliess  folgende  zwei  Söhne : 

Burman  (IV.)  —  Pieter  —  der  älte- 
ste, geb.  1658,  gest.  den  31.  März  1741, 
Prof.  der  schönen  Wissenschaften  zu  Utrecht 
und  Leyden,  gab  eine  Menge  (meistens 
kleinerer)  Schriften ,  Abhandlungen  (unter 
andern  zur  Verherrlichung  der  Waffen  der 
Bundesgenossen  im  Kriege  v.  1702 — 1713, 
u.  zur  Vertheidigung  der  Schaubühne,  wo- 
durch er  sich  den  Hass  der  utrechter 
Geistlichkeit  zuzog),  Leichenreden  (unter 
andern  auf  Broekhuizen  u.  Grävius), 
Streitschriften  in  grosser  Anzahl  (denn 
Peter  Burman  war  von  ungemein  zank- 
süchtiger Natur)  und  alte  Classiker  heraus, 
nämlich:  Phädrus  (1698  u.  1727),  Ho- 
raz  (1699,  mit  den  Noten  von  Rutger- 
sius),  Vellejus  Paterculus  (1719), 
Quintilian  (1722),  Valerius  Flac- 
cus  (1724);  ausserdem  den  schott.  Ge- 
schichtsschreiber u.  Dichter  Buchana n, 
bekannt  wegen  s.  vortrefflichen  lat.  Styls 
(1725);  dann  Ovid  (1727,  s.  berühmteste 
Ausgabe) ,  die  kleinern  lat.  Dichter  (1731), 
Sueton(1736)u.  Lucian  (1740).  Nach 
s.  Tode  erschienen  s.  Ausgaben  von  Virgil 
(1746)  u.  seiner  Gedichte  (1748),  die 
von  s.  Neffen ,  dem  Jüngern  Burman, 
besorgt  wurden.  '(S.  Saxii  Onomast., 
T.  V.  p.  466  —  476).  Bei  der  grossen 
Sprachkenntniss  und  Scharfsinnigkeit  Bur- 
man's  darf  man  nicht  verkennen,  dass 
er  u.  seine  ganze  Schule  mehr  die  Wörter 
als  die  Sachen  der  Alten  aufzuhellen  such- 
ten, und  dass  der  Leser,  der  die  Griechen 
und  Römer  studirt,  nicht  nur  eine  Varian- 
tenlese zu  sammeln,  sondern  um  s.  Ge- 
fühl, s.  Geschmack  und  s.  Herz  zu  ver- 
edeln und  Menschen-  und  Sachkenntniss 
zu  erlangen,  dazu  in  diesen  und  ähnlichen 
Ausgaben  wenig  Hilfsmittel  antreffen  wird. 

Burman  (IV.)  —  Franciscus  —  jüng- 
ster Sohn  des  utrechter  Professors  Franz 


t9 


Burman 


Bussche 


80 


Burman,  geb.  1671,  gest.  1719,  war 
1705  Prediger  zu  Amsterdam,  1715  Pro- 
fessor zu  Utrecht,  und  ebenfalls  von  eini- 
ger literarischer  Berühmtheit.  (S.  Bur- 
ma nni,  Traject.  Erud. ,  p.  50  —  55.) 

Blirman  ( V. )  —  Kaspar  —  aus 
Utrecht,  Sohn  des  alten  Peter  Burman, 
ein  Rechtsgelehrtcr  u.  Rathsherr  des  Stadt- 
raths  daselbst ,  gab ,  zur  Literärgeschichte 
der  nördlichen  Provinzen,  das  ..gelehrte 
Utrecht,"  unter  dem  Titel:  „Trajectum 
Eruditum,  Yirorum  doctrina  illustrium  qui 
in  urbe  Trajectensi  nati  sunt,  sive  ibi  ha- 
bitarunt ,  Vitas,  fata  et  scripta  exhibens," 
Traj.  ad  Rhen.  1738,  4.,  und  ausserdem: 
„Utrechter  Jahrbücher",  (s.  Saxii  Ono- 
mast.,  T.  VI.  p.  73.)  heraus. 

Burman  (V.)  —  Pieter  —  zur  Un- 
terscheidung von  s  Oheim,  dem  leydener 
Professor  Pieter  Burman,  gewöhnlich 
Burma nnus  secundus  genannt,  war  der 
tSohn  des  Professors  der  Theologie,  Franz 
Burmann,  geboren  zu  Amsterdam  1714, 
gest.  1778.  Bereits  1735  ward  er,  nach 
Beendigung  s.  akademi-schen  Studien ,  an 
die  Stelle  des  Wesseling  als  Prof.  d. 
Beredsamkeit,  Geschichte  u.  (1741)  Poesie 
berufen ,  folgte  jedoch  1742  einem  Rufe 
an  das  Athenäum  nach  Amsterdam  als  Stell- 
vertreter von  DOrville.  1754  besorgte 
er  eine  verbesserte  Ausgabe  der  Gedichte 
und  Briefe  des  Lotichius;  1760  gab  er 
den  Aristoph eines,  mit  einer  Vorrede  u. 
den  Noten  von  B  er  gier  und  Dukker, 
ferner  Cl.  Claudiani  Opera,  ad  mem- 
branarum  veterum  fidem  castigata,  cum 
notis  integris  M.  A.  Delrii,  H.  Claverii  et 
Th.  Dempsteri ,  auctioribus  N.  Heinsii ,  et 
ineditis  P.  Burmanni,  SjUoge  Variet.  Le- 
ctionum,  Lactantii  Elegio  de  Phoenice, 
vulgo  Claudiano  adscripta,  cum  Curis  se- 
cundis  N.  Heinsii,  et  adnotationibus  P. 
Burmanni  Secundi,"  gr.  4.,  dann  1761  die 
„Rhetorica  ad  Herennium,"  u.  1759 — 1773 
s.  „lat.  Anthologie"  in  zwei  Theilen  in  4. 
heraus,  welche  letztere  eines  s.  vorzüglich- 
sten Werke  ist.  Besonders  ausgezeichnet 
war  Burman  als  lat.  Dichter.  Erzogen 
von  s.  Oheim,  dem  leydener  Professor, 
wurde  er  schon  frühzeitig  in  die  Kenntniss 
der  alten  Dichter  eingeweiht.  Nach  An- 
nahme der  Professur  an  dem  Athenäum 
legte  er  sich  vorzugsweise  auf  die  Ent- 
Avickelung  der  Schönheiten  der  lat.  Poesie, 
wozu  er  unter  den  Alten  Properz,  unter 
den  Neuern  Lotichius  wählte,  und  durch 
diese  Vorlesungen    eine  Schaar   von  Jüng- 


lingen bildete,  welche  sich  der  lat.  Leyer 
mit  Lust  u.  Liebe  widmeten.  Seine  eige- 
nen Gedichte  wurden  1774  u.  1779  (eine 
2.  Sammlung)  herausgegeben.  Burman 
glühte  von  Liebe  für  s.  Land  u.  die  Frei- 
heit. Er  besang  Brederode,  das  Haupt 
des  berühmten  Geusenbundes,  Pascal 
Paoli,  den  Helden  von  Korsica  gegen 
die  Oberherrschaft  von  Genua  u.  Frank- 
reich, und  übergab  die  Ungeheuer,  welche 
die  De  Witts  in  einem  Aufstande,  Calas 
unter  dem  Schein  des  Rechts ,  ermordet 
hatten ,  dem  Fluch  der  Nachwelt.  Dem 
Gedicht  auf  Brederode  geht  eine  an- 
ziehende Einleitung  voran ;  der  Dichter, 
auf  s.  Landsitze  am  Rheine  durch  das 
sanfte  Stromgemurmel  in  Schlaf  gewiegt, 
sieht  im  Traume  eine  der  Gesanggöttinnen, 
Kalliope,  erscheinen,  die  ihm  im  Namen 
der  Freiheit  aufträgt,  zum  zweiten  Jahr- 
hundert des  Geusenbundes  dessen  Helden, 
Brederode,  zu  verherrlichen.  Im  Ge- 
dicht selbst  sind  jedoch  die  Reden  im  Ver- 
bal tniss  des  Ganzen  zu  lang.  —  Burman 
vergrösserte  auch  den  botan,  Garten  in 
Amsterdam,  über  welchen  er  die  Aufsicht 
hatte.  Er  verfasste  eine  „Ceylonsche 
Flora",  besorgte  eine  verbesserte  Ausgabe 
des  Kräuterbuches  von  Amboina  des  Rum- 
phius,  u.  lieferte  eine  Beschreibung  von 
hundert  seltenen  afrikanischen  Gewächsen 
und  der  Kupferstiche  von  westindischen 
Pflanzen  des  Pluymer.  Von  s.  wSohne, 
dem  Jüngern  Burman,  erschien  eine 
neue  „  ostindische  Flora" ,  mit  Angabe 
der  indischen  Pflanzenthiere  u.  einer  Ein- 
leitung zu  einer  „Flora  von  Südafrika". 
Der  von  dem  altern  Burman  hinterlassene 
„Commentar  zu  Properz"  ward  von  L  o  u  w 
Van  Santen  1780  herausgegeben.  (S.  üb. 
ihn:  Saxii  Onomast.,  T.  VI.  p.  533— 
535,  und  Vriemoet  Athen.  Frisiac. ,  p. 
827-831.) 

Burrus  (II.)  —  . . .  —  lat.  Dichter 
zu  Brügge. 

Burtin  ( V. )  —  ...  —  lieferte  die 
Oryktographie  von  Brüssel,  gab  einen  Be- 
richt von  s.  in  dieser  Beziehung  unter- 
nommenen Reise  von  Brüssel  nach  W^averen, 
und  ward  durch  den  Teyler's  Verein 
für  die  Abhandlung  ,,über  die  Revolutio- 
nen u.  das  Alter  der  Erde"  gekrönt. 

Bassche  (II.)  —  Herman  Van  Den  — 
geb.  1468  zu  Münster,  gest.  1544,  war 
einer  der  besten  lat.  Dichter  vor  Janus 
Secundus.  Eines  s.  ausgezeichnetsten 
Gedichte   ist  das,    worin  er  Westphahlen 


81 


ßutkens 


Bijns 


82 


den    Vorzug   vor   Griechenland    u.    Italien 
gibt. 

Butkens  (III.)  —  Christoffel  —  ein 
Mönch ,  der  in  s.  „Trophees  sacrees  et 
profanes  du  Duche  de  Brabant"  Beweise 
grosser  Staatskunde  und  Genealogie  gab. 
Obgleich  von  Einigen  wegen  s.  Forschun- 
gen u.  seines  Vortrages  gepriesen,  wird  er 
jedoch  von  den  Niederländern  absichtlicher 
Untreue  im  Verfälschen  von  Urkunden  (in 
den  „Annales  Genealogiques  de  la  Maison 
de  Lijnden")  beschuldigt. 

Buys  (VI.)  —  ...  —  Kaufmann  u. 
einige  Zeit  J^ector  der  Physik  bei  der  Ge- 
sellschaft: „Felix  Meritis",  zu  Amster- 
dam, beantwortete  die  von  der  im  J.  1785 
errichteten  Gesellschaft:  „Für  das  allge- 
meine Beste" ,  gestellte  Preisfrage  eines 
., Schulbuchs  der  Volksnaturkunde''  (1798), 
wofür  er  die  doppelte  goldene  Ehrenme- 
daille erhielt.  1818  veranstaltete  er  dar- 
aus einen  Auszug,  unter  dem  Titel:  ,, An- 
fangsgründe der  Physik",  uffd  1811  hatte 
er  bereits  eine  „Volksnaturkunde"  zur  Aus- 
rottung des  Aberglaubens  bei  dem  gemei- 
nen Manne  verfasst.  Mit  den  H.  H. 
Van  Marum  u.  Van  Dijk  gab  er  in 
den  Abhandlungen  der  haarlemer  Gesell- 
schaft eine  Erklärung  des  „Echos  zu  Mui- 
derberg". 

Buysero  (IV.)  —  Dirk  —  ein  vor- 
nehmer Mann  aus  Vlissingen,  Secretär  die- 
ser Stadt  u.  Rath  an  der  Admiralität  auf 
der  Maas,  ein  Beschützer  des  Antoni- 
d  e  s ,  schrieb  eine  Menge  Lustspiele  oder 
Possen  (worunter  eine  Uebersetzung  von 
des  T  erenz  Heautontimorumenos  und  eine 
Nachahmung  von  Plautus  Amphitryo), 
z.  B.  „Harlekin"  (1719);  „Betrügereien 
von  Schapyn"  ( nach  Moliere ) ;  „Ent- 
führte Geschwister"  und  „Geschwister 
oder  die  bekehrten  Ehestandshasserinnen" 
(1716);  „Schönste,  oder  der  Entsatz  von 
Scheveningen"  (1717);  „Minne-  u.  Wein- 
krieg,"  Schäferspiel  (1719);  „Triumphi- 
rende  Liebe,"  Friedensspiel;  „Verliebter 
Poet,"  Fastnachtsspiel  (1721);  dann  die 
Trauerspiele :  „Arete"  (1692)  u.  „Astarte" 
(1693).  Buysero,  mehr  Begünstiger  der 
Poesie,  als  selbst  Dichter,  konnte  so  we- 
nig wie  andere  hoUänd.  Dichter  den  rech- 
ten  Ton    des    Lustspiels    treffen,    die    in 


diesem  Stücke  wohlgethan  hätten ,  die 
Franzosen,  namentlich  Moliere,  mit  Bei- 
behaltung der  eigenthümlichen  Volkssitten, 
nachzuahmen. 

Bijnkerstaoek  (V.)  —  Cornells  Van 
—  geb.  1673  zu  Middelburg,  gest.  1745, 
Präsident  des  hohen  Rathes  von  Holland 
u.  Zeeland,  ein  ausgezeichneter  Jurist,  gab 
1697  ein  Werkchen  über  die  „Contracte" 
heraus,  worauf  eine  ganze  Reihe  grösserer 
u.  kleinerer  Schriften  folgte,  welche  von 
dem  Prof.  Vicat  zu  Lausanne  gesammelt, 
1761  zu  Genf  u.  1766  zu  Leyden  in 
2  Theilen  Fol.  u.  in  6  Theilen  in  4.  im 
Druck  erschienen.  Als  Publicist  war  er 
ein  eifriger  Anhänger  derjenigen  Partei, 
welche  gegen  die  überwiegende  Macht  der 
Statthalter  anstrebte,  .  ' 

Bijns  (II.)  —  Anna  —  Nonne  zu  Ant- 
werpen, welche  um  1520  blühte,  unter- 
wies die  Jugend  im  römischen  Gottes- 
dienst, und  war  die  eifrigste  Widersacherin 
der  Reformation,  welche  sie  in  Versen  be- 
kämpfte, die  keinesweges  so  flach  sind, 
als  man  von  ihrem  Jahrhundert  erwarten 
sollte.  Während  die  Klostergeistlichen  des 
15.  u.  16.  Jahrh.  in  ihrer  Einsamkeit  eine 
weit  reinere  holländische  Prosa  schrieben, 
als  die  Rhetoriker  (Ypey,  p.  397,  398), 
ihre  Zeitgenossen ,  die  das  Hochdeutsch 
der  Regierung  nachzuahmen  suchten;  wäh- 
rend, oder  kurz  nachdem  Jan  Brugman 
sich  als  Kanzelredner  einen  Namen  er- 
worben hatte,  den  das  Sprichwort  „könn- 
tet Ihr  reden  wie  Brugman"  (vgl. 
Wagenaar's  „Amsterdam,"  p.  153,  154, 
in  Fol.),  noch  auf  die  jetzige  Zeit  bewahrt 
hat,  erhob  sich  Anna  Bijns  auch  über 
dieselben  in  dichterischem  Werthe.  Doch 
sind  ihre  schönsten  Stellen  nicht  diejeni- 
gen, wo  sie  gegen  die  Reformirten  u.  die 
Reformation  eifert,  sondern  wo  die  grossen 
Wahrheiten  von  Allem ,  besonders  der 
christlichen  Religion,  sie  beseelen.  (S.Probe 
bei  De  Fries,  p.  34.)  Andererseits  darf 
aber  auch  nicht  unbeachtet  bleiben,  dass 
die  Geistlichkeit  diese  Nonne  über  die 
Massen  gepriesen  hat.  Elichius  Bucha- 
rius  übers,  ihre  Gedichte  noch  vor  der 
hoUänd.  Ausgabe ,  die  wir  besitzen ,  ins 
Lateinische,  und  man  verglich  sie  mit  der 
griech.  ,,Sappho",  die  wunderlichste  Zu- 
sammenstellung, die  sich  denken  lässt. 


83 


Calkoen 


Camper 


84 


c. 


Calkoen  (VI.)  —  Van  Beeck  —  geb. 
zu  Amsterdam,  gest.  1811,  war  Theolog, 
dann  Prof.  d.  Astronomie  zu  Leyden  u. 
später  zu  Utrecht,  gab  eine  vom  Tey- 
1er' s  Verein  gekrönte  Widerlegung  des, 
meistens  auf  ^tronomischen  Principien 
ruhenden,  Systems  von  Dupuis:  „über 
den  Ursprung  der  Religionen",  namentlich 
in  Beziehung  auf  das  Christenthum ,  dann 
in  Zeitschriften  verschiedene  Bemerkungen 
über  astronomische  Gegenstände,  beson- 
ders über  den  Kometen  von  1807,  und  das 
schön  geschriebene  philosophische  Werk- 
chen: Euryalus,  „über  das  Schöne", 
heraus. 

Calftaff  (I.)  —  ...  —  von  Maer- 
lant  unter  die  frühesten  niederländischen 
Dichter  gezählt. 

Camberlijn  (VI.)  —  Ritter  J.  B. 
G.  —  belgischer  lat.  Dichter,  von  dem 
sich  verschiedene  Aufsätze  in  den  „Anna- 
les Belgiques"  (1821  u.  1822)  befinden, 
z.  B. :  „in  caedem  Egmondi,  Typographia 
Costeriana,  Wilhelme  Arausiaco  Principl" 
u.  s.  w. 

Campagpae  (VI.)  —  H.  D.  —  be- 
schrieb 1815  u.  1816  Java  u.  den  asiati- 
schen Handel  der  Niederländer  in  Asien. 

Camper  (V.)  —  Pieter  —  geb.  1722 
zu  Leyden,  gest.  1789  im  Haag,  war  der 
Sohn  eines  Predigers  von  Bata\äa  u.  hatte 
schon  in  s.  Jugend  ungemeinen  Eifer  zum 
Zeichnen,  worin  er  sich  unter  geschickten 
Lehrern  ausbildete.  1746  wurde  er  Dr. 
d.  Phil.  u.  Medizin,  bei  welcher  Gelegen- 
heit er  in  der  erstem  eine  Abhandlung 
„über  das  Gesicht,"  in  letzterer  „über 
einige  Theile  der  Augen"  vertheidigte. 
Nachdem  er  Reisen  nach  London,  Paris 
u.  Genf  unternommen,  erhielt  er  in  letz- 
terer Stadt  seine  Anstellung  als  Prof.  d. 
Philosophie,  Medizin,  Chirurgie  u.  Anato- 
mie zu  Franeker,  die  er  mit  einer  Rede 
über  „die  beste  Welt"  antrat.  Man  er- 
sieht hieraus  Camp  er 's  mannigfaltige 
Kenntnisse.  1755  ging  er  an  das  amster- 
damer  Athenäum  u.  1763  nach  Groningen. 
In  den  letzten  Jahren  s.  Lebens  legte  er 
s.  akademisches  Amt  nieder  u.  wurde  Mit- 
glied des  Staatsrathes,  worin  er  sich  durch 
Heftigkeit  gegen  die  sogen.  Patrioten  von 
1787  auszeichnete.  —  Camper  kauin  ein 
Genie   genannt    werden.     Ohne  s.    vielen 


Verdienste  um  die  Chirurgie  (durch  s.  Ab- 
handlung über  die  Brüche  u.  Bruchbän- 
der), um  die  Geburtshilfe  (durch  s.  Ver- 
suche zur  Prüfung  des  Nutzens  der  Sym- 
photomie  u.  zur  Erklärung  der  Wirkung 
der  Natur  in  dem  descensus  testiculorum 
an  der  Leibesfrucht),  um  die  Arzneiwissen- 
schaft (hinsichtlich  der  Behandlung  der 
Kinder  nach  der  Geburt,  des  Verhinderns 
der  Kinderblattern  u.  der  Viehpest)  u.  s.  w. 
zu  gedenken ,  wollen  wir  nur  s.  grossen 
Verdienste  als  vergleichender  Anatom  er- 
wähnen. In  Betreff  des  Menschen  brachte 
er  die  neue  Idee  der  Gesichtslinie  auf,  die, 
auf  der  horizontalen  Mittellinie  des  Kopfes 
ruhend ,  bei  den  Idealen  oder  Götterbil- 
dern der  Griechen  (dem  Apollo,  der  Venus 
u.  s.  w.)  einen  perpendikulären ,  bei  den 
europäischen  Nationen  fast  einen  rechten, 
bei  den  Morf|olen,  Malaien  u.  Amerika- 
nern einen  mehr  schiefen,  und  endlich  bei 
den  Negern  einen  sehr  spitzen  Winkel 
bildet,  während  die  Seelenkräfte  in  den- 
selben verhältnissmässig  abnehmen,  wie  der 
Winkel  kleiner  wrd.  Trotz  einiger  Be- 
denken ,  die  man  dagegen  vorbringen  könn- 
te ,  dass  z.  B.  nicht  allein  dieser  Winkel, 
sondern  auch  die  Plattheit  des  Schädels 
bei  der  Würdigung  der  Seelenkräfte  in 
Betrachtung  kommt ,  wurde  C  a  m  p  e  r '  s 
Meinung  in  Europa  so  allgemein  angenom- 
men, dass  man  darnach  in  der.  Schweiz 
eine  Reihe  von  theils  wahren,  theils  er- 
dichteten Gesichtsformen  aufstellte,  die  sich 
von  dem  Frosch  bis  zum  idealen  Apollo 
erstrecken.  Gegenwärtig  haben  jedoch  die 
meisten  Naturforscher  dieses  System  als 
nicht  vollkommen  allen  Verschiedenheiten 
entsprechend  aufgegeben.  Aber  Camper 
hatte  um  unser  Geschlecht  noch  mehr  u. 
grössere  Verdienste.  Er  zeigte  in  ver- 
schiedenen Proben,  dass  die  natürliche 
Vollkommenheit  des  Menschen  über  den 
Thieren  weniger  in  dem  offenen,  nach  oben 
gerichteten  Blick,  als  in  der  aufrechten 
Stellung  und  den  willkürlichen  Bewegun- 
gen besteht;  er  wderlegte  die  Meinung 
jener  sog.  Philosophen,  welche  das  Gehen 
der  Thiere  auf  vier  Füssen  für  die  natür- 
liche Anlage  unseres  Geschlechts  hielten, 
und  legte  sich  zu  diesem  Endzweck  haupt- 
sächlich auf  das  Studium  des  Orang-Outang, 
der  Affenart,    welche  unserem   Geschlecht 


85 


Camper 


Capellen 


86 


zunächst  kommt,  die  er  dreimal  sehr  genau 
zergliederte  u.  eigentlich  bekannt  machte. 
Er  bestimmte  den  Unterschied  zwischen 
dem  afrikanischen  u.  asiatischen  Elefanten 
u.  Rhinoceros,  bei  jenem  nach  der  Anzahl 
der  Backenzähne ,  bei  diesem  nach  den 
einfachen  oder  doppelten  Hörnern,  ohne 
s.  Beobachtungen  über  das  Flusspferd  u. 
llennthier  zu  gedenken.  Bereits  drei  Jahre 
früher,  ehe  Hunt  er  *)  die  Luftröhre  in 
den  hohlen  Knochen  der  Vögel  bekannt 
machte,  hatte  er  diese  Wahrnehmung  nach 
Amsterdam  eingesandt.  Er  hielt  die  Röh- 
ren für  das  Fliegen  des  Vogels,  wie  Hun- 
ter für  das  Athemholen  geeignet.  Er 
nahm  das  Gehörswerkzeug  der  Fische  u. 
die  Eigenschaft  der  Zwitterthiere  wahr, 
um  diese  Werkzeuge  im  Wasser  zu  schliessen 
u.  auf  dem  Lande  zu  öffnen.  Hinsichtlich 
der  untergegangenen  Thierarten  war  er  der 
Vorläufer  von  Cuvier.  Noch  immer  sind 
merkwürdig  s.  Beobachtungen  über  den 
Mammouth  u.  über  die  versteinerten  Kno- 
chen im  Petersberg  bei  Maastricht,  die  er 
für  KrokoQilsknochen  annahm.  Cuvier 
hält  sie  für  Knochen  einer  riesenartigen 
Hagedis,  Fügt  man  diesem  Allen  noch 
Camper's  Verdienste  um  die  Erläuterung 
der  alten  Schriftsteller  (Aristoteles, 
Plinius,  Galenus  U.A.),  über  die  Zoo- 
logie hinzu,  so  erscheint  er  in  einem  Glän- 
ze, der  nur  Wenigen  in  s.  Fache  zuTheil 
geworden  ist.  Ausser  den  vielen  anatomi- 
schen u.  medizinischen  Werken ,  verdient 
noch  s.  „Dissertation  sur  la  meilleure  forme 
des  souliers"  einer  besondern  Erwähnung, 
die  er  wahrscheinlich  weniger  wegen  des 
Gegenstandes  selbst,  als  zur  Bestätigung 
folgender  Behauptung  schrieb,  welche  er 
in  dem  avant-propos  derselben  aufstellt: 
J'ai  voulu  prouver  que  le  sujet  le  moins 
important,  füt-il  un  soulier,  un  sabot  etc. 
devait  devenir  interessant  entre  les  mains 
de  quelqu'un  qui  le  possederait  ä  fond,  et 
en  parlerait  avec  connaissance  de  cause. 
(S.  J.  Mulder,  „Oratio  de  meritis  P. 
Campen  in  Anatomiam  comparatam,"  Gro- 
ning.  1808.) 


*)  Dessen  Katalog  des  anatomisch  -  patholo^- 
»cheu  Museums  des  Collegiums  der  Wnndätzte  ia 
Londoa  wurde  vou  Prof.  Jäger  u.  dem  Her- 
ausgeber dieses  Werkes  aus  dem  Eoglischen  ins 
Deutsche  übersetzt,  und  erschien  von  Ersterem 
bearbeitet  u.  mit  Anmerkungen  begleitet  1835 
im  Druck. 


Cannegfieter  (V.)  —  Herman  —  geb. 
1723  zu  Arnheim,  1750  Prof.  des  Civil- 
und  1752  des  Natur  -  und  Völkerrechts 
zu  Franeker,  war  einer  der  berühmtesten 
Rechtsgelehrten  in  Beziehung  auf  die  zu 
diesem  Fache  gehörende  Kenntniss  des 
classiscben  Alterthums,  und  schrieb  „Ob- 
servationes  Juris  Romani" ,  welche,  in  vier 
Bänden,  einen  Schatz  von  Gelehrsamkeit 
enthalten. 

Canter  (HL)  —  Willem  —  aus  Utrecht, 
ein  Schüler  des  Macropedius,  der,  aus- 
gezeichnet durch  frühe  Studien  u.  wissen- 
schaftliche Reisen  durch  Brabant ,  Frank- 
reich, Italien,  Deutschland,  schon  in  s. 
34.  Jahre  starb.  Er  war  ein  gelehrter  u. 
scharfsinniger  Kritiker,  Uebersetzer  und 
Erklärer  der  Cassandra  von  Lykophron 
(welches  dunkle  Buch  damals  besonders 
beliebt  war,  dem  auch  Scaliger  und 
M  e  u  r  s  i  n  s  ihre  Aufmerksamkeit  widmeten). 
Ausserdem  übersetzte  er  einige  Sittensprüche 
der  Pythagoräer,  den  Stobäus,  Aristi- 
des  und, andere  kleinere  Schriften  aus  dem 
Griechischen ,  besorgte  Ausgaben  von  A  e  - 
schylus  und  Sop  ho  kl  es,  und  zeigte  in 
s.  1564  zu  Basel  erschienenen  „Neuen  Les- 
arten" einen  Schatz  neuer  Lesarten.  Ca- 
stalio  nennt  ihn  jedoch  einen  allzu  kühnen 
Verbesserer  der  Alten.  (S.  Burmanni 
„Traj.  erud."  p.  59  —  70.  F  o  p  p  e  n  s 
„Biblioth.  Belg."  T.  I.  p.  394.)  Sein  Bru- 
der ,  Theodorus,  erreichte  ein  viel 
höheres  Alter.  Dieser  war  Mitglied  der 
Staatsregierung  von  Utrecht,  musste  je- 
doch 1611,  der  Neigung  für  die  Römisch- 
gesinnten und  die  span.  Regierung  beschul- 
digt, die  Provinz  verlassen,  worauf  er  in 
Brabant  u.  Friesland  umherirrte,  u.  1617 
in  der  Verbannung  starb.  Auch  er  war 
ein  Kritiker,  doch  das  Unglück,  das  ihn 
zu  verfolgen  schien,  hat  uns  s.  Schriften 
beraubt. 

Capellen  (IH.)  —  Alexander  Van 
Der  —  Herr  von  Aartsbergen,  geb.  zwischen 
1590  und  1600,  gest.  1656  zu  Dordrecht 
und  begraben  zu  Berg  -  Ambacht ,  war  in 
s.  literarischen  Laufbahn,  unter  Andern, 
ein  Schüler  des  Erasmus  im  Arabischen, 
wie  aus  der  Leichenrede  erhellt,  dieVos- 
s  i  u  s  auf  diesen  berühmten  Gelehrten  hielt 
(p.  17).  Hierauf  in  die  Ritterschaft  von 
Zutphen  berufen ,  erhielt  er  durch  Heirath 
die  Herrschaft  Aartsbergen  bei  Berg -Am- 
bacht im  KrimperwaEird ,  wonach  er  von 
den  holl.  Geschichtsschreibern,  auch  von 
Wagenaar,  durchgehends  genannt  wird. 


87 


Cappelle 


Castellio 


88 


Als  Mitglied  der  Generalstaaten  wohnte 
er  1650  der  bekannten  Commission  nach 
den  holl.  Staaten  bei,  um  dieselben  zur 
Einigkeit  mit  Ihren  Hochmögenden  u.  dem 
Prinzen ,  hinsichtlich  der  Abdankung  des 
Kriegsvolkes,  zu  bewegen.  Er  ist  bekannt 
durch  seine  „Denkschriften"  von  1621  bis 
1654,  welche  mit  dem  unglücklichen  Kampfe 
Friedrich's,  erwählten  Königs  von 
Böhmen,  auf  dem  weissen  Berge  bei  Prag 
beginnen  und  mit  dem  ersten  Frieden  mit 
England  im  J.  1654  endigen,  Sie  wurden 
1778  zu  Utrecht  durch  den  bekannten  Jun- 
ker Van  der  Cape  Uen  „tot  den  Marsch" 
herausgegeben ,  um  s.  Ahnherrn  von  der 
Beschuldigung  zu  rechtfertigen,  als  ob  er 
ein  Anstifter  u.  Rathgeber  W  i  1  h  e  1  m '  s  II. 
bei  dessen  gewaltsamen  Massregeln  gegen 
einige  hoUänd.  Staatsmänner  gewesen  wäre. 
In  der  That  geben  diese  Denkschriften  den 
klarsten  Beweis  von  Aartsbergen's  ge- 
mässigter Denkungsart,  der,  wiewohl  ein 
eifriger  Anhänger  des  Hauses  Oranien 
und  Wilhelm's  IL,  keines  weges,  das  Un- 
geregelte in  dessen  Handlungsweise  gut 
hiess  (s.  „Gedenkschr."  Th.  II.  p,  274, 
275).  Er  hatte  sogar  die  Freimüthigkeit, 
Wilhelm  II.  an  das  Loos  Karl's  II. 
von  England  zu  erinnern,  Uebrigens  ent- 
halten diese  Denkschriften ,  deren  Styl  je- 
doch nicht  ausgezeichnet  und  die  Sprache 
mit  vielen  geldernschen  Provinzialismen 
vermischt  ist ,  sehr  viel  Wissenwerthes  über 
die  statthalterliche  Regiening  Friedrich 
Heinrich's  und  Wilhelm's  II. 

Cappelle  (VI.)  —  Jan  Pieter  Van  — 
aus  Zeeland ,  in  s.  Jugend  zu  Leyden ,  je- 
doch später  zu  Amsterdam  wohnhaft;  ein 
Mann,  der  Liebe  für  die  Schriften  der  Al- 
ten mit  Eifer  für  die  Mathematik  u.  Physik 
paarte ,  und  sich  der  nützlichen  Arbeit  w  id- 
mete,  die  hinterlassenen  Werke  in  diesem 
Fache  aufzuhellen.  Er  gab  die  „Mecha- 
nica"  des  Aristoteles,  ein  schweres  Buch, 
heraus ,  und  schrieb  über  die  Brennspiegel 
des  Archimedes,  über  die  Verdienste 
von  Hypatia  und  mehrere  Gegenstände, 
in  einem  reinen  u.  fliessenden  holländ.  Styl. 
Zu  Amsterdam  hielt  er  für  einige  Liebha- 
ber sehr  beifällig  aufgenommene  Vor- 
lesungen über  Chemie.  Nachdem  er  einige 
Zeit  den  Posten  eines  Präceptors  an  der 
lateinischen  Schule  zu  Amsterdam  bekleidet 
hatte ,  wurde  er  am  Athenäum  dieser  Welt- 
stadt als  Prof.  der  holländ.  Literatur  an- 
gestellt, welches  Amt  er  mit  der  schönen 
Antrittsrede  „über  die  Verdienste  der  Am- 


slerdammer  um  die  Beförderung  und  Ver- 
vollkommnung der  holländ.  Literatur"  er- 
öffnete. Einige  Zeit  darauf  wurde  er  auch 
Prof.  der  vaterländischen  Geschichte.  In 
diesen  für  ihn  neuen  Fächern  zeigte  er 
schnell  ganz  zu  Hause  zu  sein, und  zugleich 
damit,  so  viel  als  möglich,  auch  s.  altes 
Lieblingsstudium  zu  verbinden,  wie  aus 
den  „Beiträgen  zur  Geschichte  der  Wissen- 
schaften u.  Literatur  in  Niederland'*  (Amst. 
1821)  hervorgeht,  worin  er  das  Leben 
von  Simon  Stevin,  Cornelis  Dreb- 
bel  und  die  Verdienste  des  Prinzen  Mo- 
ritz als  Mathematiker,  des  G.  A.  Bre- 
dero,  ßoerhave  und  'sGravesande 
als  Physiker,  und  den  Einfluss  der  holländ. 
Literatur  auf  die  deutsche  untersuchte, 

Carolus  (III.)  —  Johannes  —  Pro- 
cureur  -  General  in  Friesland,  schrieb: 
„De  i-ebus  a  Robles  Billaei  in  Frisia  gestis 
Commentarius"  1572,  Libiü  IV. 

Caron  (III.)  —  ,  .  .  —  s,  Lucas. 

Carpeutier  (HI.)  —  ,  ,  .  Le  —  ein 
Geistlicher,  der  nach  Holland  floh,  daselbst 
die  Religion  änderte  und  in  dert  Ehestand 
trat,  später  wieder  zu  der  alten  Kirche 
übergehen  wollte,  wovon  ihn  nur  die  Liebe 
zu  seinen  Kindern ,  die  er  hätte  verlassen 
müssen,  zurückhielt,  gab  eine  chronolo- 
gische „Geschichte  von  Kämmerich  u.  dem 
Kämmerichschen",  mit  vielen  Genealogien, 
heraus ,  welche  die  Römischgesinnten  von 
Süd -Niederland  für  abscheulich  verfälscht 
erklärten. 

Carrion  (II.)  —  Lodewijk  —  ein 
Spanier,  Prof.  der  Rechte  zu  Löwen, 
machte  sich  durch  s.  Ausgaben  der  Ar- 
gonautica  von  Val.  Fl  accus,  desCen- 
sorinus  und  der  Fragmente  desSallust, 
so  wie  durch  eine  „Sammlung  alter  Les- 
arten" und  zwei  solcher  Sammlungen  mit 
Verbesserungen  bekannt.  Berühmte  Ge- 
lehrte seiner  und  der  folgenden  Zeit  je- 
doch ,  z.  B.  ein  Heinrich  Stephanus, 
Justus  Scaliger  und  Lipsius  rühmen 
ihn  nicht. 

Cassander  (IL)  —  Georgius  —  geb. 

1513  zu  Brügge,  gest.  1566,  ein  sehr  ge- 
mässigter urtd  bescheidener  Theolog  ,  aber 
ein  prosaischer  lat.  Dichter. 

Cassel  (VI.)  —  ...  — 'ein  Deutscher 
von  Geburt,  unlängst  gestorben,  war  Bo- 
taniker und  Professor  zu  Gent. 

Castellio  (L)  —  Filips  Wouter  Van  — 
von  Ryssel,  lebte  zu  Ende  des  12- Jahrb., 
und  brachte  die  Thaten  Alexander  d.  G. 
in  ein  Heldengedicht  von  10  Gesängen,  das 


89 


Castro 


Cats 


90 


er  „Alexandreis"  nannte  (s.  Pcerlkamp, 
.,De  Vita  ac  Doctrina  Poetarum  Belglca- 
runi ,  in  Corameiitatiouibus  Societatis  Re- 
gia« Bruxellensis"  Bruxell.  1822,  p.  13—15). 

Castro  (III.)  —  Joannes  A  —  ein 
Miiiorit  aus  Brabant,  dichtete  die  „unver- 
stellte Liebe  des  Himmels". 

Cats  (III.)  —  Jacob  —  geb.  1577  zu 
Brouwershaven  in  Zeeland ,  ward  Dr.  der 
Rechte  zu  Orleans ,  1621  Pensionär  von 
Middelburg  (welches  Amt  er  einem  gleich- 
zeitigen Ruf  zum  Prof.  der.  R.  zu  Leyden 
vorzog),  und  1625  von  Dordrecht,  1627 
Gesandter  des  Staats  in  England,  wo 
Karl  I.  ihm  einen  Ritterorden  verlieh,  u. 
1636  ward  ihm  die  hohe  Würde  eines  Raths- 
pensionärs  von  Holland  zu  Theil.  Von 
nun  an  wenigstens  schien  er  der  Poesie 
Lebewohl  sagen  zu  müssen  ;  doch  die  Muse, 
der  er  huldigte,  blieb  ihm  bis  zu  seinem 
82.  Jahre  treu,  obschon  er  in  den  unruhigen 
Tagen  Wilhelm  II.  zwischen  der  Un- 
gunst des  Hofes  und  der  Unzufiiedenheit 
der  Staaten  von  Holland  sich  Bahn  brechen 
musste.  Aber  s.  einnehmender  friedlicher 
Charakter  wusste  ihm  das  Wohlwollen  u. 
die  Achtung  aller  Parteien  zu  bewahren. 
Von  s.  hohen  Verstände  zeugt  die  Anrede, 
die  er  nach  des  Prinzen  Tode  in  der 
Grossen  Versammlung,  welche  die  erste 
statthalterlose  Regierung  1651  hielt,  an- 
ordnete. Nachdem  er  1652  zum  zweiten 
Male  (jedoch  in  ungleich  verwickeitern 
Verhältnissen,  als  das  erste  Mal)  eine  Ge- 
sandtschaft in  England  (bei  Crom  well) 
bekleidet  hatte ,  legte  er  in  s.  75.  Jahre 
s.  hohen  Würden  nieder,  und  lebte  auf 
Zorgvliet  beim  Haag  im  Genüsse  der  schö- 
nen Natur  für  Gott,  die  Nachwelt  u.  sich 
selbst.  Er  starb  1660,  fast  83  J.  alt.  — 
Jacob  Cats  war,  wie  sich  nach  den  von 
ihm  bekleideten  Würden  erwarten  lässt, 
ein  Mann  von  seltener  Gelehrsamkeit.  Er 
verstand  Griechisch,  Lateinisch,  Italienisch, 
Spanisch,  Französisch  und  Deutsch.  In 
dieser  Hinsicht  glich  er  Hooft  u.  Huy- 
gens.  Wenn  diese  (namentlich  der  Letz- 
tere) oft  nur  für  den  ausgewählten  Kreis 
der  Eingeweihten  dichteten,  der  ihre  kühnen 
Wendungen,  veralteten  oder  verbesserten 
Worte  und  Redensarten  verstehen  konnte, 
wollte  C  at  s  Volksdichter  sein ,  und  hat 
diese  Absicht  so  gut  erreicht,  dass  mehr 
als  ein  Jahrhundert  nach  seinem  Tode  „das 
Buch  von  Vater  Cats"  bei  ehrbaren  Bür- 
gern aus  dem  Mittelstande  das  erste  Buch 
nach  der  Bibel  war.     Kein  Wunder,  denn 


er  bediente  sich  fast  überall  der  Sprache 
des  gemeinen  Lebens ,  und  wählte  Bilder 
und  Ausdrücke  aus  demselben  zur  Ver- 
schönerung und  Erklärung  s.  Gedanken. 
Natürlich  kommen  demnach  wohl  einmal 
einfältige ,  ja  platte  Ausdrücke  vor ;  seine 
Reime  werden ,  um  verständlich  zu  sein, 
hie  und  da  langweilig  und  monoton ;  aber 
dieses  Alles  wird  durch  schöpferische 
Einbildungskraft ,  unerschöpflichen  Witz, 
welche  ihm  einen  seltenen  Reichthum  von 
Bildern  verschaffen ,  die  nicht  aus  dem  Al- 
terthurae,  nicht  aus  fernen  Landen,  son- 
dern aus  der  Natur  des  täglichen  Lebens 
genommen  sind,  vergütet.  Damit  verband 
Cats  eine  ausserordentliche  Menschen- 
kenntniss.  Shakspeare,  sein  Zeitge- 
nosse und  von  einer  ganz  andern  Anlage, 
so  dass  man  Beide  nicht  mit  einander  ver- 
gleichen kann ,  übertraf  ihn  ,  wie  fast  in 
Allem ,  namentlich  bei  weitem  in  der  Schil- 
derung der  Leidenschaften ;  doch  hält  Cats 
in  der  Darstellung  des  gewöhnlichen  Le- 
bens sehr  wohl  einen  Vergleich  mit  ihm 
aus.  Wie  viele  Regeln  der  Weisheit  fin- 
det man  hier  nicht  aus  der  tiefsten  Kennt- 
niss  des  menschlichen  Herzens  geschöpft! 
Es  ist,  als  wenn  der  Rathspensionär,  weit 
entfernt ,  s.  Leben  in  Staatssorgen  zuge- 
bracht zu  haben ,  nur  ein  ruhiger  u.  un- 
bekümmerter Beschauer  der  menschlichen 
Handlungen  im  täglichen  Leben,  besonders 
von  dem,  was  das  Treiben  junger  Leute, 
die  Freuden  und  Beschwerden  des  Ehe- 
standes und  die  Charaktere  der  Ehegatten 
betrifft,  gewesen  wäre.  Wie  angenehm, 
treuherzig  und  natürlich  weiss  er  auch  zu 
erzählen ,  s.  Lehren  der  Weisheit  in  das 
gefällige  Gewand  der  Erzählung  einzuhül- 
len !  Hierbei  kam  ihm  ein  Schatz  von  Vor- 
bildern aus  der  altern  und  neuern  Ge- 
schichte vortrefflich  zu  statten,  und  Cats 
weiss  ihn  durchgehends  sehr  glücklich  s. 
Gegenstande  anzupassen.  Sein  ,, Trauring" 
ist  in  dieser  Hinsicht  ein  Meisterstück ;  es 
ist  eine  Reihe  auf  den  Ehestand  bezüg- 
licher Schicksale ;  doch  herrscht  darin  we- 
niger Erfindung  und  Bilderreichthum ,  als 
in  dem  „Ehestand",  vielleicht  dem  Meister- 
werke des  Dichters ,  worin  er  in  6  Ab- 
schnitten nacheinander  die  Jungfrau,  Ge- 
liebte, Braut,  Frau,  Mutter  und  Wittwe 
in  Erzählungen ,  Gemälden  oder  Gesprächen 
schildert.  Eine  der  schönsten  Stellen  darin 
ist  die  Liebe  von  Rosette  und  Galant,  voll 
innigen  Gefühls ,  natürlicher  Gemälde  und 
angenehmer    Erzähiungsweise,    welche  die 


91 


Cats 


Caudenberg 


92 


Geschichte  zweier  Liebenden  enthält,  die 
auf  einer  wüsten  Insel  einander  Alles  sind. 
Es  ist  derselbe  Zustand,  der  inWieland's 
Oberon  vorkommt,  aber  der  Dichter  fand 
das  Geheimniss,  uns  innig  zu  rühren  und 
unser  Interesse  daran  ohne  Zauberei,  ohne 
Maschinerie  oder  unglaubliche  Wunder  zu 
fesseln.  Die  Erzählung  endigt  traurig  u. 
lässt  den  Leser  in  einer  sanftwehmüthigen 
Stimmung,  die  ihm  theuer  ist.  Cats  war 
vor  Allem  Sittendichter.  Darum  Hess 
er  sich  so  oft  zu  vertraulichen,  unpoetischen 
Ausdrücken  herab ,  damit  er  durch  den 
gemeinen  Mann  verstanden  werden  und 
dieser  s.  weisen  Lehren  befolgen  konnte. 
Wie  bei  dem  Homerischen  Nestor,  floss 
ein  StromSvon  Honig  von  den  Lippen  des 
Greises.  Seine  spätem  Werke :  „Alterthum 
und  Landleben,  Einfallende  Gedanken, 
Hofgedanken,  Sarg  für  die  Lebendigen, 
Gespräch  zwischen  dem  Tode  und  einem 
alten  Manne,  und  zwischen  der  Seele  und 
dem  Körper ,  Achtzigjähriges ,  Zwei  und 
achtzigjähriges  Leben,  und  Gedanken  in 
schlaflosen  Nächten"  (in  welchen  die  Tu- 
gend der  Gastfreundschaft  und  Freigebig- 
keit aus  biblischen  Mustern  und  Sprüchen 
erklärt  wird),  die  Frucht  s.  stillen  länd- 
lichen Aufenthaltes  auf  Zorgvliet,  sind  mehr 
moralisch  und  zeugen  von  des  Mannes 
vortrefflichen,  auf  Religion  gegründeten 
Grundsätzen  und  von  s.  menschenfreund- 
lichen und  wohlthätigen  Gesinnungen ;  doch 
man  würde  Unrecht  haben ,  diese  mehr 
ernste  Stimmung  allein  s.  vorgerückten 
Jahren  zuzuschreiben ,  die  ihn  der  Fröh- 
lichkeit abgeneigt  machten.  Cats  war 
auch  in  seinen  frühern,  mehr  den  Freuden 
dieses  Lebens  gewidmeten  Gedichten  stets 
streng  sittlich,  so  dass  man  auf  ihn  in 
vollem  Maasse  die  französische  Dichterregel : 
„la  mere  en  prescrira  la  Iccture  a  sa  fiUe" 
anwenden  kann.  In  allen  s.  Schriften,  be- 
sonders in  s.  „Spiegel  der  alten  u.  neuen 
Zeit"  nimmt  er  auch  durch  „Sprichwörter" 
die  Weisheit  früherer  Zeiten  zu  Hilfe,  und 
erklärt  sie  auf  s.  Weise,  um  s.  Lesern  die 
wahre  Philosophie  des  Lebens  zu  zeigen. 
Wir  zweifeln  auch  nicht  an  dem  segens- 
reichen Einfiuss,  den  die  Leetüre  dieses 
Dichters  für  die  Tugend  und  guten  Sitten 
während  mehr  denn  einem  Jahrhundert, 
wo  er  allgemein  in  Ehren  gehalten  wurde, 
auf  den  Charakter  der  Nation  gehabt  hat. 
Ausserdem  ist  er  Verf.  des  wenig  bekann- 
ten „Bienenbuches" ,  worin  er  die  Art  und 
Behandlung    dieser  Thiere    beschreibt.  — 


Nicht  allein  die  Inländer,  sondern  auch 
die  Ausländer  verkündeten  s.  Ruhm ;  so 
nenntihn  Val  erius  Andreas  einen  Dich- 
ter von  Lieblichkeit,  der  durch  s.  Geist 
u.  Verstand  zur  Regierung  der  Republik 
geschaffen  war ;  so  vergleicht  der  römisch- 
katholisch gesinnte  Geistliche  F  o  p  p  e  n  s  in 
s.  „Bibl.  Belg."  (Th.  I.  p.  508.)  Cats, 
als  Dichter,  mit  Virgil  u.  Ovid,  und 
bemerkt,  dass  er  bis  zu  s.  fast  hundert- 
jährigen Alter,  wie  unkatholisch  er  auch 
war,  in  s.  in  der  Volkssprache  verfassten 
Gedichten  über  den  jungfräulichen  u.  ehe- 
lichen Stand  keusche  Ohren  auch  nicht  im 
Mindesten  beleidigte.  Cats  dichtete  auch 
einige  wenige,  aber  schöne  lat.  Gedichte, 
z.  B.  s.  ,,Emblemata"  u.  das  Gespräch 
zwischen  Anna  u.  Phyllis  in  der  „Jung- 
frauenpflicht", in  welcher  Borr ich  ius, 
Prof.  d.  Poesie  zu  Kopenhagen,  unver- 
gleichliche Kunst  fand.  (S.  dieses  Zeugniss 
bei  De  La  Rue  „gelehrt.  Zeeland,"  p.  353, 
u.  ferner  über  Cats  in  demselben  Werke 
p.  205.)  Huygens  und  Westerbarn 
feierten  s.  Leichenbegängniss  mit  Lobge- 
dichten; De  Decker  konnte  nicht  be- 
greifen, wie  ein  so  sehr  mit  Staatsgeschäf- 
ten überhäufter  Geist  im  Stande  war,  so 
viele  Dichterwerke  zu  liefern,  die  ein  gan- 
zes Leben  zu  erfordern  schienen.  —  Seine 
Werke  erschienen  1655,  Fol.;  1658  (doch 
damals  noch  nicht  vollständig,  denn  der 
Dichter  fügte  in  s.  letzten  Lebensjahre 
das  „Zwei  u.  achtzigjährige  Leben"  bei ; 
1700,  1712,  1724,  Fol.;  1659,  1665,  4.; 
1720,  fünf  Bändchen,  8.)  Eine  letzte  Aus- 
gabe 12.  besorgte  Feith,  Einzeln  er- 
schienen diese  Bändchen  in  kl.  8.  mehr- 
mals, auch  noch  bei  Lebzeiten  des  Dich- 
ters, z.  B.  „der  Ehestand",  1632;  „der 
Spiegel  der  alten  u.  neuen  Zeit",  1652; 
„Gedanken  in  schlaflosen  Nächten",  1710. 
(S.  über  Cats  De  La  Rue  u.  Foppens 
a.  a.  O.  „Biographien  von  Männern  u. 
Frauen,"  I.  Th.  p.  170.  Van  Effen,  „hol- 
länd.  Zuschauer,"  IL  Th,  p.  49,  u.  Feith, 
„Vorbericht"  vor  der  letzten  Ausgabe  s. 
Werke.) 

Cattenburch  (V.)  —  Adriaan  Van  — 
Remonstrant,  vermehrte  das  Werk  von 
Ph.  Van  Limborch  „über  die  systema- 
tische Theologie"  (1726),  ohne  zur  scho- 
lastischen Dunkelheit,  welche  damals  die 
Jahrbücher  der  Reformirten  bezeichnete, 
s.  Zuflucht  zu  nehmen. 

Caudenberg^  (UI.)  —  Pieter  —  aus 
Antwerpen,  bekannt  als  Botaniker. 


93 


Caudron 


Christiaan 


94 


Caudron  (HI.)  —  Guilllam  —  aus 
Aelst  in  Flandern ,  dichtete  in  eben  so 
schwülstigem  Style  wie  s.  Zeitgenosse  Jean 
Vos,  doch  sind  s.  Verse  viel  rauher.  (S. 
Willems,  Th.  II.  p.  103  —  106.) 

Ceratinufii  (II.)  —  Jacob  —  aus 
Hoorn,  gest.  1530  in  der  Blüthe  s.  Jahre, 
war  Lehrer  des  Lateinischen  u.  Griechi- 
schen zu  Doornik  u.  Löwen,  gepriesen  von 
Erasmus  u.  Junius,  und  gab  ein  Werk- 
chen über  die  „griech.  Aussprache",  eine 
vermehrte  Ausgabe  des  „Griechisch  -  Lat. 
Wörterbuches"  von  Aldus  (15^4),  u. 
eine  Uebersetzung  zweier  Gespräche  von 
Chrvsostomus  heraus. 

Cerisier  (V.)  —  ...  —  schrieb  ein 
„Gemälde  der  niederländischen  Geschich- 
ten", welches  ganz  zum  Nachtheile  der 
Statthalter  u.  zum  Vortheile  jener  Staats- 
partei, die  bis  1787  in  Holland  das  Staats- 
ruder führte ,  verfasst  war.  Viele  neue 
Ansichten  und  besonders  Forschungen  im 
Fache  der  alten  Geschichte,  wie  von  Kluit, 
muss  man  darin  nicht  erwarten.  Zwar 
nimmt  er  einigerraassen  mehr  als  Wage- 
naar auch  die  übrigen  Provinzen  in  s. 
Plan  auf,  aber  in  Kenntniss  der  Sachen 
kommt  er  diesem  nicht  gleich,  obschon  er 
versichert,  Schriften  benutzt  zu  haben,  die 
zur  Zeit,  als  Wagen  aar  s.  Geschichte 
schrieb,  noch  nicht  vorhanden  waren.  Man 
erzählt,  dass  er  von  s.  Buchhändler  durch 
Pfändung  gezwungen  worden  sei,  die  spä- 
tem Bände  seines  Werkes  zu  liefern.  Das- 
selbe wurde  sehr  frei  durch  eine  geübte 
Feder  übersetzt  u.  verbessert. 

Ctaapeauville  (HL)  —  Johan  —  geb. 
1551,  gest.  1617,  war  Geistlicher  zu  Lüt- 
j*  tich,  u.  verf.  eine  Sammlung  der  Schrlft- 
■^  steller  über  dieses  Bisthum  u.  dessen  Ge- 
schichte ,  unter  dem  Titel :  „Episcoporum 
et  Rerum  Leodiensium  Scriptores  varii, 
cum  Notis  et  Censuris",  Leodii,  4.  ,  1612, 
1616,  Tomi  III.,  woraus  die  Kirchenge- 
schichtschreiber Fi  sen  u.  später  Foulon 
viel  entlehnten. 

Castelain  (I.)  —  George  —  geb.  zu 
Gent,  gest.  1474  zu  Valenciennes,  sehr  be- 
rühmt zu  s.  Zeit  u.  sogar  noch  im  16. 
Jahrhundert,  war  nach  Jean  Molinet 
„in  drei  Sprachen  bewandert,  ein 
sehr  geübter  Redner  u.  unvergleichlich  für 
s.  Zeit,  der  unzählbare  Gesänge  auf  das 
glanzvolle  Haus  Burgund  gedichtet  hat". 
Es  erschienen  von  ihm  „Liedchen,  Salo- 
monische Sprüchwörter,  Trauer-  und 
Lustspiele,  Virgilische  Verse  und  Pro- 


saische Gedanken",  deren  Name  sogar  bis 
zum  Papst  gedrungen  ist.  Wegen  dieser 
Verdienste  schlug  ihn  Karl  der  Kühne 
zum  Ritter  n.  machte  ihn  zum  Induclaris 
oder  Geschichtschreiber  des  Ordens  vom 
goldnen  Vliesse.  Der  Historiker  OH  vier 
De  La  Marche  nennt  ihn  s.  Vater, 
Meister  u.  Freund,  die  Perle  u.  den 
Stern  aller  Historiker;  Jean  Le 
Maire  führt  ihn  als  ein  Muster  an,  dass 
man  sich  in  der  französ.  Sprache  eben  so 
lieblich  u.  kräftig  ausdrücken  könne  als  in 
der  italienischen,  die  jedoch  damals  schon 
einen  Boccaccio  gehabt  hatte,  u.  noch 
Macchiavelli  u.  Guicciardini  be- 
sass.  Zahlreich  sind  s.  Werke  u.  zum  Theil 
gedruckt,  wie  z.  B.  „le  temple  de  la  ruine 
d'aucuns  (quelques)  nobles  malheureux 
taut  de  France,  que  d'autres  nations  etran- 
geres,  ä  Timitation  deBocace"  (Paris  1517), 
u.  jjl'Histoire  du  bon  Chevalier,  Mess.  Jac- 
ques De  Lalaing,  frere  de  la  toison  d'or" 
(Brux.  1634,  4.).  Man  sieht  darin  die 
Beschreibung  des  Ritterschlags  der  Vliess- 
ritter. Ferner:  „les  Epitaphes  d'Hector  et 
d'Achilles  avec  le  jugemcnt  d' Alexandre  le 
Grand"  (Paris  1525,  4.),  und  „Chroni- 
ques  abregees,  par  Jorges  L'Avanturier" 
(diesen  Namen  hat  er  von  s.  vielen  Reisen 
in  s.  Jugend),  Paris  1723,  8.  Ausserdem 
befinden  sich  von  ihm  noch  eine  Menge 
Werke  im  Manuscript  auf  der  burgundi- 
schen  Bibliothek  zu  Brüssel ,  unter  andern 
eine  Geschichte  oder  vielmehr  Lobrede  auf 
Herzog  Philipp  den  Guten  und  zwei 
Werke  über  Karl's  des  Kühnen  Tha- 
ten,  nebst  dem  Unterricht  eines  jungen 
Fürsten ,  um  sich  vor  Gott  u.  der  Welt 
gut  zu  betragen. 

Cliasteler  (V.)  —  . . .  Marquis  De  — 
erhielt  1778  den  Preis  für  die  Beantwor- 
tung der  Frage  über  „die  Veränderungen 
der  Wohnsitze  der  Niederländer",  und 
schrieb  1779  einen  „Plan  zu  einer  allge- 
meinen Geschichte  der  Ostreich.  Nieder- 
lande", und  1788  über  die  Göttin  „Ne- 
halennia". 

Chevalier  (V.)  . . .  Abt  —  Astronom. 

Cliokier  (III.)  —  Surlet  De  —  ein 
lat.  Gelehrter,  schrieb  Anmerkungen  zu 
Seneca. 

Cltristemeifer  (VI.)  —  ...  —  Verf. 

einiger  guten  Erzählungen. 

Christiaan  (VI.)  —  ...  —  aus  Hori 
oder  Huy  bei  Lüttich ,  früher  Prof.  am 
Athenäum  zu  Brüssel,  später  Conservateur 


95 


Christinaeus 


Clericus 


96 


des  Arts  zu  Paris,  verf.  das  grosse  Werk : 
„Mecanique  industrielle". 

Christinaeus  (III.)  —  Paulus  — 
geb.  1553  zu  Mecheln ,  gest.  1631 ,  war 
Pensionär  dieser  Stadt,  commentirte  die  Ge- 
wohnheitsrechte von  Mecheln,  u.  gab  ,,Prac- 
ticarum  Quaestionum  decisiones"  heraus. 

Cliristinaeus  (III.)  —  Johan  Ba- 
ptist —  (Christijn)  Kanzler  von  Brabant, 
der  die  Gewohnheitsrechte  von  Brüssel  mit 
einer  französ.  u.  lat.  Uebersetzung  und 
einem  Commentar ,  nebst  den  Lehnrechten 
von  Brabant,  u.  besonders  eine  „Jurispru- 
dentia  heroica  sive  de  Jure  Belgarum  circa 
nobilitate  et  insignia",  beide  zu  Brüssel 
1689  herausgab. 

Ciarisse  (V.)  —  J.  —  geb.  1770  zu 
Schiedam,  widmete  sich  zu  Leyden  und 
Utrecht  der  Theologie,  trat  1792  in  den 
Kirchendienst,  ward  hierauf  Prediger  zu 
Doorn  an  dem  Stift  von  Utrecht,  u.  1797 
zu  Enkhuizen.  Als  Jüngling  war  schon  s. 
feuriger  Geist  für  alles  Schöne  u.  Grosse 
eingenommen;  er  besang  Schiller,  der 
damals  noch  nicht  s.  volle  Höhe  erreicht 
hatte,  u.  legte  sich  mit  Eifer  auf  die  Er- 
zeugnisse des  Geschmacks  u.  der  Gelehr- 
samkeit der  altern  u.  neuern  Völker.  Eine 
unbegreifliche  Bücher-  u.  Geschichtskennt- 
niss  %var  die  Frucht  s.  Anstrengungen  u. 
eines  glücklichen, Gedächtnisses ;  Menschen- 
kenntniss  u.  Ueberredungskraft  waren  die 
Folge  eines  noch  tiefern  Studiums.  Seine 
Kenntniss  im  ganzen  Umfange  der  theolo- 
gischen Studien  verschaffte  ihm  1803  einen 
Ruf  als  Professor  nach  Harderwijk,  wo  er 
s.  Posten  mit  einer  Rede  „über  das  un- 
auflösliche Band  zwischen  den  Lehrsätzen 
u.  Sittenlehren  des  Evangeliums"  antrat. 
1804  ward  er  nach  Franeker  als  Prof.  d. 
Theologie  u.  nach  Groningen  für  die  Phi- 
losophie berufen;  er  beschloss  jedoch  Har- 
derwijk nicht  zu  verlassen.  Nothgedrun- 
gen  war  dies  letztere  dennoch  der  Fall, 
als  Napoleon,  mit  einem  Federzug ,  die 
beiden  Universitäten  Harderwijk  u.  Fra- 
neker (Franeker,  die  Pflanzschule  für 
Leyden!)  1811  vernichtete.  Clarisse's 
Talente  als  Prediger  erwarben  ihm  kurz 
darauf  einen  Ruf  nach  Amsterdam,  wo 
er  bis  1815  blieb ,  und  hierauf  ward  er 
als  Prof.  d.  Theol.  nach  Leyden  berufen. 
Hier  hielt  er  s.  Antrittsrede  ,,de  theologo 
vere  liberali,"  wovon  er  selbst  das  Vor- 
bild gab.  Nach  Brugmans  Tode  (1819) 
wurde  ihm  durch  die  Curatoren  der  Uni- 
versität der  Lehrstuhl  der  Naturgeschichte 


bis  zur  Rückkehr  Reinwardt's  über- 
tragen. Ein  schöner  Beweis  s.  vielseitigen 
Gelehrsamkeit !  —  S.  theologischen  Schrif- 
ten sind  folgende:  Abhandlung  „über  den 
heil.  Geist"  (  1795  )  ;  „Denkwürdigkeiten 
aus  dem  Leben  der  Apostel"  (1797),  eine 
Fortsetzung  des  bekannten  Werkes  von 
Bergen;  Abhandlungen  ,,über  die  Kraft 
des  aus  den  Wundern  entlehnten  Beweises 
für  die  Wahrheit  u.  Göttlichkeit  der  Evan- 
gelienlehre" und  „über  den  Beweis  für  die 
Göttlichkeit  der  Evangelienlehre  aus  der 
christlichen  Sittenlehi'e" ,  beide  mit  dem 
goldenen  Ehrenpreis  gekrönt  von  der  haa- 
ger Gesellschaft  zur  Vertheidigung  des 
christlichen  Gottesdienstes ;  Abhandlung 
„über  die  Mittel  zur  Verhütung  des  Leicht- 
sinns in  Grundsätzen  u.  Sitten ,"  ebenfalls 
mit  dem  goldenen  Ehrenpreis  gekrönt  von 
der  Gesellschaft  für  das  allgemeine  Beste ; 
3  Bände  „Predigten"  (1801,  1810  u.  1817), 
worauf  ein  Band  „öff"entlicher  Reden  für 
Jünglinge"  folgte,  welche  treffliche  Lehren, 
feine  Menschenkenntniss  u.  schöne  Bibel- 
erklärungen enthalten.  Im  Allgemeinen  sind 
Clarisse's  Predigten  voll  mannichfaltiger 
Gelehrsamkeit  und  scharfsinnigen  Bemer- 
kungen, die  den  Mann  von  Genie  verrathen. 

Clercq  (II-)  — ■  Jacob  Du  —  geb. 
1424,  der  Sohn  eines  Rathsherrn  Phi- 
lipp's  des  Guten,  in  der  Kanzlei  von 
Douai,  Ryssel  u.  Orchies,  verf.  eine  v. 
1448—1468  laufende  Chronik  in  altfran- 
zösischer Sprache,  welche  sich  auf  der  bur- 
gundischen  Bibliothek   zu  Brüssel  befindet. 

Clericus  (IV.)  —  Joannes  —  (Jean 
Le  Clerc),  geb.  1657  zu  Genf ,  widmete 
sich  schon  frühzeitig  der  Theologie,  worin 
er  den  Begriffen  der  Remonstranten  folgte. 
Um  diese  kennen  zu  lernen,  Hess  er  sich 
1683  in  Holland  nieder,  da  man  in  Genf 
noch  zu  wenig  Freiheit  Männern  s.  Den- 
kun.gsart  gestattete.  Die  Remonstranten, 
nicht  wenig  geehrt  durch  solch  einen  ge- 
lehrten Ankömmling,  beriefen  ihn  1684  als 
Prof  d.  Philosophie  an  ihr  Seminar  zu 
Amsterdam.  Sein  Hauptfach  war  die  Theo- 
logie; doch  auch  um  die  schönen  Wissen- 
schaften hat  er  sich  durch  eine  Ausgabe 
des  Li  vi  US,  der  Fragmente  der  Lust- 
gpieldichter  Menander  u.  Philemon, 
und  der  „Ars  critica"  in  der  Bearbeitung 
der  alten  Schriftsteller  bekannt  gemacht. 
Gelehrte,  wie  Bentley  u.  der  alte  Bur- 
ma n,  tadelten  an  Le  Clerc  S.Oberfläch- 
lichkeit, Irrthümer  u.  Mangel  an  Kritik, 
namentlich  Letzterer   in    einem,   dem  Ge- 


97 


Cleynaerts 


Cluverius 


98 


bildete«  unwürdigen  Tone.  Obschon  Le 
Clerc  in  Sprachkenntniss  unter  Bur- 
man  stand,  so  zeichnete  er  sich  jedoch 
durch  grosse  Belesenheit,  angenehmen  fran- 
zösischen Vortrag  u.  durch  die  von  ihm 
u.  Bayle  zuerst  eingeführte  Manier  aus, 
die  literarischen  Erscheinungen  in  dazu 
bestimmten  Monatsschriften  in  französischer 
Sprache  zu  beurtheilen,  eine  Manier,  wel- 
che auch  den  gebildeten  Laien  in  der  Li- 
teratur mit  den  Alten  bekannt  machte. 
Ausserdem  rerfasste  er  eine  „Histoire  des 
Provinces  Unies  des  Pays-Bas,  depuis  la 
naissance  de  la  Republique  jusqu'a  la  Paix 
d'Utrecht  et  au  traite  de  Barriere  conclu 
en  1716,"  Amst.  1723,  2  Vol.  Fol. ;  Hol- 
ländisch 1730,  3  Theile,  Fol.,  fortges., 
V.  P.  Le  Clerc  bis  1751.  Dieses  Werk 
ist  von  Parteilichkeit  nicht  frei  zu  spre- 
chen, denn  Le  Clerc  war  ein  eifriger 
Protestant,  ein  Frevuid  von  religiöser  und 
bürgerlicher  Freiheit  (S.  über  ihn:  „Bio- 
graph, niederl.  Männer  u.  Frauen,"  IV. 
136—161.) 

Cleynaerts  (IL)  —  Nicolaas  —  aus 
Diest,  ein  Mann,  nicht  allein  in  der  griech. 
u.  lat. ,  sondern  auch  in  der  hebräischen 
u.  arabischen  Literatur  bewandert,  gab 
„Institutiones  Linguae  Graecae.  (Par.  1563, 
4.  et  8. ;  Francof.  1562  et  1602 ;  Heidelb. 
1529  et  1607;  Leyd.  1642,  und  mehrmals 
mit  Anmerk.  v.  Sylburg,  G.  J.  Vos- 
sius  u.  A.)  heraus.  Diese  Anleitung  zur 
Erlernung  des  Griechischen  enthält  auch 
eine  Tabelle  zur  Kenntniss  des  Hebräi- 
schen. Um  das  Arabische  gründlich  zu 
erlernen,  setzte  er  sich  grossem  Ungemach 
aus,  indem  er  mit  seinem  Freunde  Joan 
Vasäus  aus  Brügge  1535  nach  Spanien 
u.  Portugal,  u.  1540,  zur  Aufsuchung  ara- 
bischer Manuscripte,  die  damals  noch  sehr 
selten  in  Europa  waren,  nach  Afrika  ging. 
Hier  begrüsste  er  den  Kaiser  von  Marocco 
auf  arabisch.  Er  übers,  zuerst  die  Bibel 
ins  Arabische ,  um  den  Mahommedanern 
Lust  zum  Christenthume  einzuflössen,  ward 
deshalb  verfolgt  u.  aller  s.  Bücher  beraubt, 
rettete  sich  aber  nach  Spanien,  u.  starb 
1542  zu  Granada  in  dem  berühmten  Schlosse 
Alhambra. 

CUgnett  (IV.)  —  Jacob  Arnoud  — 
fand  mit  J.  Stern  winke  1  aus  den  kost- 
baren Ueberresten  des  Alterthums  den  Ge- 
schichtsspiegel  von  Ma  er  laut  auf, 
gab  denselben  vermehrt,  mit  einer  interes- 
santen Vorrede ,  so  wie  den  T  e  u  t  h  o  - 
n i s t a   voll  Van  der  Schueren,  später 


(1819)  unt.  d.  Titel:  „Beiträge  zur  alten 
niederl.  Literatur",  den  „Esopet"  (eine 
Sammlung  alter  äsopischer  Fabeln),  u. 
„St.  Gerdenminne"  von  Willem  Van 
Hiilegaertsberg  heraus.  Ausserdem 
machte  Clignett  uns  in  der  Vorrede 
zum  „Teuthonista"  mit  dem ,  unter  den 
moralischen  Schriften  zu  Anfange  des  14. 
Jahrb.  sich  auszeichnenden  überaus  selte- 
nen „Laienspiegel"  bekannt,  einem  Werke, 
Avovon  nur  zwei  Exemplare  vorhanden  zu 
sein  scheinen  5  das  eine  im  Besitz  von 
Sternwinkel,  das  andere  von  Hoff- 
m  a  n  n  aus  Fallersleben,  Prof.  an  der  Uni- 
versität Breslau ,  aufgefunden ,  der  wäh- 
rend s.  Aufenthalts  in  den  Niederlanden 
im  Jahre  1821  sehr  viel  für  alte  niederl. 
Literatur  gethan  hat,  indem  derselbe  auch 
einen,  wohl  anderthalb  Jahrhunderte  spä- 
teren, mehr  asceti  sehen  Laienspiegel 
entdeckte.  (S.  über  diese  beiden  moralischen 
Lehrbücher  Bilde rdijk's  „Sprachliches 
u.  poetisches  Allerlei",  I.  135  —  144.  III. 
123 — 127.) 

Clusius  (III.)—  Karel  —  (De  L' fi- 
el use)  geb.  1526  zu  Arras,  gest.  1609, 
bildete  sich  auf  Reisen  in  Deutschland, 
Frankreich,  Spanien,  Portugal  u.  England 
zum  Botaniker,  und  ward  hierauf  Inspector 
des  botan.  Gartens  zu  Wien.  1587  begab 
er  sich  nach  Frankfurt,  wo  er  amtlos,  mit 
einer  Pension  von  dem  Landgrafen  von 
Hessen  unterstützt,  lebte,  bis  er  1593, 
bereits  67  J.  alt,  einen  Ruf  als  Prof.  d. 
Botanik  nach  Leyden  erhielt.  Diesen  Po- 
sten bekleidete  er  noch  16  Jahre,  und 
starb  gesättigt,  wie  Meursius  sagt, 
von  Jahren  u.  Ruhm.  Sein  Bild  prangt 
im  leydener,  von  A.  Cluyt  angelegten 
Pflanzengarten :  sein  Grabmal  wurde ,  wie 
das  von  Scaliger,  aus  der  aufgehobenen 
Frauenkirche  in  die  Peterskirche  überge- 
setzt. Seine  Beschreibung  der„Plantae  Ra- 
riores  et  Exoticae,  Aromata  et  Medicamenta 
ex  India  orient.  et  Medicamenta  Simplicia 
ex  novo  orbe  delata"  (Antw.  1601,  u.  Lugd. 
Bat.  1605)  ist  s.  vorzüglichstes  Werk. 

Clutius  (HI.)  —  A.  -  gab  1634  eine 
Abhandlung  über  das  Uferaas  (Ephemeris) 
u.  den  Maikäfer  heraus. 

Clutius  -  (III.)  —  T.  —  lieferte 
1697  eine  Beschreibung  der  Bienen. 

Cluverius  (IIL)  —  ...  —  geb.  1580 
zu  Danzig,  gest.  1623,  war  ein  Schüler 
Scaliger 's,  den  er  nach  einer  Reise 
durch  Polen  u.  Deutschland  zu  Leyden  be- 
suchte, u.  sich  auf  s.  Rath  von  dem  ihn 
4 


99 


Coccejus 


Comines 


100 


weniger  ansprechenden  Studium  der  Rechte 
zu  dem  der  Geographie  wendete.  Er  ging 
von  da  nach  Brabant,  um  Lipsius  zu 
sehen;  doch  dieser  war  abwesend,  und 
C  luver  ins  ward  von  Räubern  ausge- 
plündert. Nachdem  er  Ungarn  und  Böh- 
men bereist  hatte  und  bei  dem  Kaiser  in 
Ungnade  gefallen  war,  kehrte  er  nach 
Leyden  zurück ,  sass  auf  Verlangen  des 
kaiserl.  Gesandten  einige  Zeit  im  Gefäng- 
niss  und  durchreiste  nach  s.  Loslassung 
Grossbritannien ,  Frankreich ,  Deutschland 
u.  zu  Fuss  ganz  Italien  u.  Sicilien,  kehrte 
jedoch  sodann  wieder  nach  s.  geliebten 
»  Leyden  zurück ,  wo  die  Staaten  von  Hol- 
land ihm  eine  Pension  von  400  Gulden 
verliehen.  C 1  u  v  e  r  i  u  s  war  ein  Geograph, 
nicht  nach  Art  der  jetzigen  Stubenge- 
lehrten, sondei-n,  gleich  den  Alten,  aus 
eigner  Anschauung  der  Orte  selbst.  Er 
verstand  u.  redete  griechisch,  lateinisch, 
deutsch,  holländisch,  französisch,  eng- 
lisch, italienisch,  böhmisch,  ungarisch  u. 
polnisch.  Ausser  s.  „Allgemeinen,  alten 
u.  neuen  Erdbeschreibung"  besitzen  wir 
auch  von  ihm  eine  Schilderung  des  alten 
Deutschlands.  (S.  Meursius,  Athen.  Ba- 
tav.,  p.  292.) 

Coccejus  (IV.)  —  Joannes  —  (Kock) 
geb.  160^  zu  Bremen,  gest.  1667,  als 
Prof.  d.  hebräischen  Sprache  1636  nach 
Franeker  berufen ,  u.  1643  als  Prof.  d. 
Theologie  nach  Leyden  versetzt,  war  ein 
Vertheidiger  des  Descartes  u.  Gegner 
von  Voetius  über  den  Sabbat.  Seine 
in  lat.  Sprache  geschriebenen  theologischen 
Werke  erschienen  1689  zu  Frankfurt  a.  M., 
1701  zu  Amsterdam  in  8  Theilen  Fol.,  u. 
s.  „Opera  Anecdota  et  Philologica"  1706 
zu  Amsterdam  in  2  Theilen.  (S.  Art. 
Voetius.) 

Coddaeus  (lU.)  —  Willem  —  geb. 
1575,  gest.  1619,  ein  Nachfolger  des 
Raphelengius  u.  Prof.  zu  Leyden,  des- 
sen gelehrte  Vorlesungen  nicht  wenig  zur 
Beförderung  der  hebräischen  Sprachkennt- 
niss  beitrugen. 

Colins  (III.)  —  Pieter  —  schrieb  über 
die  Häuser  Enghien,  Bourbon  u.  Lu- 
xemburg. 

Coinhaire  (VL)  —  B.  M.  N.  — 
französ.  Dichter  zu  Lüttich,  Mitglied  mehr, 
gelehrt.  Gesellschaften,  unter  andern  der 
Society  libre  d'emulation  daselbst,  dichtete 
verschiedene  Idyllen,  von  denen  sich  aus- 
zeichnen: „A  mou  reduit  champetre,  1'^- 
tang,  le  sage  vieillard,  la  Rose. 


Coinmelm  (IV.)  — Geschichts- 
schreiber Friedrich  Heinrich's  u. 
d.  Niederländischen  Krieg sthaten 
während  seiner  Regierung  (Amst.  1651). 
Seine  „Beschreibung  von  Amsterdam"  (1694) 
ist  die  ausführlichste,  über  diese  Stadt  er- 
schienene. 

Commelin  (IV.)  —  Johannes  —  geb. 
1629  zu  Amsterdam,  ge.st.  1693,  vereinigte 
die  Würde  eines  Prof.  d.  Botanik  am 
Athenäum  daselbst  mit  der  des  Rathes 
dieser  Stadt,  welche  ihm  Wilhelm  III. 
1672  verlieh.  Er  machte  den  1682  zu 
Amsterdam  angelegten  botanischen  Gar- 
ten zu  einem  der  ausgezeichnetsten  in 
Europa  und  gab  eine  Beschreibung  von 
dessen  vorzüglichsten  Gewächsen,  so  wie 
von  den  Pflanzen  der  malabarischen  Küste 
(in  s.  „Hortus  Malabaricus") ,  wozu  unter 
Andern  Van  Reede,  VanDrakestein 
beitrugen,  heraus.  Erstere  Beschreibung 
ward  von  s.  Neffen 

Commelm  (IV.)  —  Caspar  —  gest. 
1731,  Mitgehülfe  des  alten  Ruysch,  bis  zu 
zwei  Theilen  Fol.  (Amst.  1697  u.  1701) 
vermehrt.  (S.  über  beide  Commelin's: 
Wagenaar,  „Beschr.  v.  Amsterdam"  HI. 
240.) 

Comines  (I.)  —  Filips  De  —  aus  dem 
Hause  der  Besitzer  dieses  flämmischen  Städt- 
chens entsprossen,  war  lange  Zeit  im  Dienste 
zuerst  von  Karl  dem  Kühnen,  dann 
von  Ludwig  XI. ,  dessen  Feind ,  u.  hat 
uns  in  französischer  Sprache  die  beste  u. 
lebendigste,  v.  1467  —  1498  laufende  Be- 
schreibung von  dem  merkwürdigen  Wett- 
streit dieser  beiden  Fürsten  u.  von  dem 
Feldzuge  Karl  VIII.,  Ludwigs  Sohn, 
nach  Italien  hinterlassen.  Er  wurde  nach 
Ludwigs  Tode  in  den  Kerker  geworfen, 
doch  seine  geschickte  und  männliche  eigene 
Vertheidigung  beschämte  s.  Neider  u. 
setzte  ihn  wieder  in  des  Königs  Gnade 
ein.  Obgleich  des  Französischen,  Spani- 
schen u.  Deutschen  kundig,  fehlte  ihm 
jedoch  die  Kenntniss  der  lat.  Sprache,  und 
dessenungeachtet  verglich  Lipsius  diesen 
Mann,  der,  gleich  Xenophon  u.  Poly- 
bius,  nicht  aus  den  Büchern,  sondern  aus 
sich  selbst  schöpfte ,  mit  den  besten  alten 
Geschichtsschreibern.  Sein  Werk  erschien 
mehrmals,  am  besten  1747  in  4  Theilen 
in  4.,  und  wurde  ins  Italienische,  Spani- 
sche, Deutsche  u.  Holländische  (v.  Ki- 
liaan)  u.  zweimal  ins  Lateinische  über- 
setzt. (S.  Foppen s,  IL  1027,  1028. 
Priestley,    „Vorles.    über   die   Geschichts- 


101 


Conde 


Costa 


lOi 


künde",  holl.  Uebers.  mit  Anmerk. ,  von 
einem  gelehrten  deventerschen  Freundes- 
kreise,  Th.  I.  p.  350,  35 1.) 

Conde  (1.)  —  Jean  De  —  Verf  der 
Erzählung:  „Les  Chanoinesses  et  les  Ber- 
nardines", welche  eine  heftige  Vertheidi- 
gung  der  Minstrels  oder  Menetriers  gegen 
die  Dominikaner  ist. 

Conrad  (VI.)  —  F.  W.  —  Wasser- 
baukundiger. 

Cooman  (HI-)  —  Johanna  —  Gattin 
des  Johan  Yan  der  Mecrschen, 
Rentmeisters  von  Zeeland,  und  eine  der 
Freundinnen  des  Cats,  der  sie  in  s. 
Frau  „die  zeeländische  Perle"  wegen  ih- 
res Geistes,  ihrer  Bescheidenheit  u.  ande- 
rer Tugenden  nennt.  In  der  „Zeeländi- 
schen  Nachtigall"  befinden  sich  von  ihr 
mehrere  Gedichte  an  Cats,  Anna  Roe- 
mersd.,  Abraham  Van  der  Mijle 
u.  A.  (S.  De  la  Rue ,  „Gelehrt.  Zee- 
land'-, p.  27  u.  342.  Scheltema  „Ueber 
die  Töchter  von  Roemer  Visscher",  p.  132.) 

Coopmans  (VI.)  —  Gadso  —  aus 
Franeker,  verf.  das  lat.  Gedicht:  „Pe- 
treis"  (1807),  oder  „Lobgedicht  auf  Peter 
d.  Gr." 

Copes  (IV.)  —  Hendrik  —  geb.  um 
die  Mitte  des  17.  Jahrh.  zu  Herzogen- 
busch, seit  1668  Griffier  der  Lehn-  u. 
Zollkammer  daselbst ,  ein  Freund  der  al- 
ten Erdkunde,  schrieb  über  das  alte  Volk 
der  Toxandrier,  entdeckte  Steine  mit 
alten  römischen  Inschriften  bei  St.  Mi- 
chielsgestel,  u.  machte  eine  wissen- 
schaftliche Reise  nach  Italien,  wo  er  viele 
Bibliotheken  u.  Cablnette  von  Alterthü- 
mern  besuchte ,  u.  kostbare  Manuscripte 
von  Suetonius,  Valerius  Maximus, 
das  Chronicon  Matthaei  Palmerii  u.  S  t  e  - 
phanus  Byzantinus  von  dort  zurück- 
brachte, die  er  freundschaftlich  Grävius, 
Perizonius,  Cuper  u.  Berkellus 
mittheilte.  In  Italien  u.  Deutschland  er- 
warb er  sich  viele  gelehrte  Freunde,  in 
letzterem  unter  Andern  den  grossen  Erd- 
kundigen Cell ar ins.  Copes  ertrank  in 
s.  Geburtsstadt  1708. 

Cordes  (in.)  —  Simon  De  —  machte 
V.  1598—1600  mit  Jacob  Mahn  u.  Se- 
bald  De  Weert  eine  vergebliche  und 
unglückliche  Entdeckungsreise  nach  der 
Südsee.  (S.  über  ihn  u.  die  von  den  hier 
genannten  Seefahrern  gestiftete  Brüder- 
schaft d.  ungebundenen  Löwen: 
Moll ,  „Abh.  üb.  einige  frühere  Seereisen 
der  Niederländer",  p.  105  —  119.) 


Cornelissen  (VI.)  —  ...  —  Botani- 
ker zu  Gent,  unternahm  die  Vertheidigung 
der  beiden  Genter  Brauer  u.  Volksführer 
im  14.  Jahrhundert  (der  Artevelles). 

Corver  (V.)  —  . . .  _  ein  Schüler  u. 
Rival  des  Punt,  führte  zuerst  einen  mehr 
natürlichen  Ton  in  der  Schauspielkunst 
ein,  und  unter  seiner  Leitung  bildeten  sich 
auf  der  neuen  Bühne  zu  Rotterdam  Bing- 
ley  u.  Wattier  +). 

Costa  (VI.)  Isaac  Da  —  Sohn  reicher 
israelitischer  Eltern  aus  Portugal,  ein  Schü- 
ler des  B  i  1  d  e  r  d  i  j  k ,  dessen  Freund  u.  tiefer 
Verehrer  er  ward  (s.  das  Gedicht:  „An 
Bilderdijk,  in  „D  a  C  o  s  t  a '  s  Poesie",  Thl.  I. 
p.  65  —  70),  wagte  in  s.  18.  Jahre  die 
poetische  Uebersetzung  des  schwei'sten 
Trauerspieles  der  Griechen,  der  Perser 
des  Aeschylus.  Welch  eine  Kraft  besitzt 
diese  Uebersetzung !  Wie  oft  schimmert 
die  ganze  Stärke  des  alten  Barden  durch 
das  neuere  Gewand  durch !  Wie  glück- 
lich ist  namentlich  die  Uebertragung  einer 
Erzählung  aus  den  sieben  Helden  vor 
Theben  dieser  Uebersetzung  beigefügt! 
Einige  Jahre  später  bereicherte  Da  Costa 
die  niederländ.  Literatur  mit  einer  Ueber- 
tragung des  Prometheus  von  demselben 
Trauerspieldichter,  worin  die  geringen  Män- 
gel, welche  noch  in  dem  früheren  Werke 
die  Jugend  des  jugendlichen  Uebersetzers 
verricthen,  verbessert  sind.  Dieses  erha- 
bene Stück  war  durch  s.  herrliche  Sprache 
u.  tiefen  Sinn  ganz  für  Da  Costa  ge- 
eignet, den  nichts,  was  gemein  oder  all- 
täglich in  der  Poesie  ist ,  anziehen  kann, 
der  stets  Gegenstände  der  höchsten  Art 
besingt  u.  als  Grundsatz  aufstellt,  dass 
bei  der  Berührung  der  poetischen 
Leier  sich  die  tiefsten  Geheim- 
nisse des  Herzens  offenbaren  (S. 
Vorrede  vor  Da  Costa's  „Poesie"  p.  I.) 
Wie  hat  er  die  Empfindung  der  Seele,  die 
ihn  zum  Dichter  weiht,  nicht  verherrlicht 
in  s.  meisterhaften  Liede:  „Gefühl"!  (S. 
„Poesie,"  Th.  L  p.  144  — 147.)  Seine 
schwärmerische  Begeisterung  Avard  noch 
erhöht  durch  die  Ansicht,  welche  Bilder- 
dijk ihm  beibrachte,  dass  alle  neuern 
Ansichten ,  sowohl  Im  Religiösen  als  Poli- 
tischen, eine  Ausgeburt  der  Hölle  seien, 
gegen  welche  anzukämpfen  man  sich  grosses 


*)  Vgl.  Otto,  „über  die  Schauspielkunst  der 
Holländer,"  im  nürnberger  Friedens-  u.  Kriegs- 
Kourier  v.  9.  März  1832. 

4* 


103 


Coster 


Cras 


104 


Verdienst  erwerbe:  aus  diesem  Gründe 
schloss  er  sich  in  der  Idee  um  so  fester 
an  s.  so  lange  misshandeltes  Volk  an, 
welches  in  s.  Augen  den  Vorzug  des  Al- 
terthums  u.  den,  allein  da  zu  stehen  in  s. 
Gefühlen,  haben  musste.  Und  so  verewigte 
er  es  in  dem  unnachahmlichen  Gedichte: 
„An  Israel",  auf  die  glänzendste  Weise, 
u.  spornte  es  zur  Vollkommenheit  an.  Die 
östliche  u  südliche  Gluth,  durch  die  Ab- 
kunft des  Dichters  erzeugt,  vermählt  sich 
in  s.  Gedichten  mit  der  Kraft  u.  Tiefe  des 
Nordländers,  und  vielleicht  ist  nie  feuri- 
gere Huldigung  der  holländ.  Poesie 
dargebracht,  als  durch  ihn,  der  auf  zwei 
andere  Sprachen  wenigstens  eben  so  ge- 
naue Beziehung  zu  haben  schien ,  und  in 
dessen  Mund  ihr  Lob  also  unparteiisch  ist  u. 
einen  doppelten  Werth  erhält.  (S.  „Poesie", 
Th.  I.  p.  127  —  130.)  Seine  Gedichte, 
unter  welchen  sich  Uebersetzungen  oder 
Nachbildungen  aus  Ovid,  Camoens  u. 
Lamartine  befinden,  zeigen  ihn  als  einen 
der  ausgezeichnetsten  niederländischen  Sän- 
ger ,  dessen  Sprache  voll  dichterischen 
Feuers  u.  Harmonie  ist.  Ein  1818  aus- 
gesetzter Preis  für  die  beste  Tragödie  rief 
s.  „Alfons  von  Portugal",  u.  ein  zwei- 
ter Preis  s.  „Montigny  und  Diatrice" 
hervor,  die  zu  Amsterdam  u.  im  Haag  mit 
grossem  Beifall  aufgeführt  wurden. 

€<H»ter  (III.)  —  Samuel  —  Arzt, 
schrieb  etwas  geregeltere  Schauspiele,  als 
S.Freund  Bredero,  und  ist  in  gewissem 
Sinne  der  Ben  Johnson  Holland 's, 
dessen  Zeitgenosse  er  auch  war.  Brandt 
sagt  von  ihm  (doch  wohl  nicht  ganz  be- 
gründet) ,  dass  er  den  grössten  Dichtern 
die  Krone  hätte  streitig  machen  können, 
wenn  er  s.  geistigen  Einfälle  hätte  bear- 
beiten wollen. 

Coxie  (in.)  —  R.  —  aus  Mecheln, 
Botaniker. 

Coijer  (IV.)  —  Balthazar  —  beschrieb 
eine:  „Reise  unter  der  Suite  des  Hrn. 
Koenraad  Van  Klenck,  ausserord.  Gesand- 
ten der  Generalstaaten  u.  des  Prinzen  von 
Oranien  bei  Sr.  Zarischen  Majestät  von 
Moskwa",  Amsterd.  1677.  J.  Scheltema 
nennt  sie  interessant  u.  erkennt  sie  als 
eine  Autorität  an.  (S.  Scheltema,  „Peter 
d.  G."  Th.  I.  p.  18.  und  „Russland  u. 
Niederlande"  I.  313,  374.) 

Crane  (VI.)  —  ...  De  —  Professor 
zu  Franeker ,  erwies  der  Literatur  einen 
wesentlichen  Dienst  durch   s.    mit   interes- 


santen Noten    vermehrte  öffentliche  Rede : 
„De  Vossiorum  et  Juniorum  familia.'' 

Cras  (VI.)  —  Hendrik  Constantijn  — 
geb.  1739  zu  Wageningen,  gest.  1820  zu 
Amsterdam,  studirte  zu  Leyden  die  Rechte 
u.  lernte  daselbst  Elias  L  u  z  a  c  in  s. 
vollem  Werthe  kennen.  Seine  Doctor-Dis- 
sertation  (1769)  hatte  die  Vertheidigung 
von  Cicero's  Rede  für  Cäcina,  von 
Einigen,  was  die  juridische  Controverse 
betrifft,  nicht  ohne  Grund  angegriffen,  zum 
Gegenstande.  Diese  Schrift  machte  den 
jungen  Rechtsgelehrten  so  vortheilhaft  be- 
kannt, dass  ihm  zwei  Jahre  später  (1771) 
die  Regierung  von  Amsterdam  zum  Prof. 
des  Civil-  u.  (1785)  des  Staatsrechts  berief. 
Seine  Antrittsrede  ,,über  das  Verfahren 
der  bürgerlichen  Regierung  in  der  Beför- 
derung des  Handels"  ward  mit  allgemei- 
nem Beifall  aufgenommen  u.  ins  Französi- 
sche u.  Holländische  übersetzt.  Die  Be- 
weise von  Achtung,  welche  ihm  die  Re- 
gierung u.  Bürgerschaft  von  Amsterdam, 
so  wie  s.  Collegen  u.  Zuhörer  zu  erken- 
nen gaben ,  waren  so  gross ,  dass  er  be- 
schloss,  ihm  gewordene  Rufe  nach  Utrecht 
u.  Leyden  abzulehnen.  1788  wurde  er  auf 
einige  Monate  durch  die  Revolutionärs  vom 
22.  Januar,  s.  Postens  entsetzt,  aber  nach 
der  Umwälzung  vom  12.  Juni  wieder  in 
denselben  eingesetzt,  u.  sogar  mit  dem 
Entwurf  eines  neuen  Gesetzbuches  beauf- 
tragt. Cras  hielt  sich  stets  in  der  Mitte 
der  beiden  einander  hassenden  u.  verfol- 
genden Parteien,  getreu  den  ewigen  Prin- 
clpien  des  Rechts ,  der  Wahrheit  u.  Frei- 
heit, abhold  dem  Kriechen  vor  Despoten, 
aber  nicht  minder  abgeneigt  dem  Schmei- 
cheln des  herrschenden  Pöbels  oder  dessen 
Leiter,  der  Demagogen,  obgleich  er  phi- 
losophisch das  Princip  der  Gleichheit  un- 
tersuchte. 1796  erhielt  er  den  Ehrenpreis 
von  der  Stockholmer  Akademie  für  das 
„Lob  von  Hugo  De  Groot;"  ein  Stoif,  der 
zur  Beschämung  Niederlands  zuerst  von 
einer  ausländischen  Gesellschaft  ausge- 
schrieben wurde,  und  es  würde  unverzeih- 
lich gewesen  sein,  wenn  ein  Ausländer  den- 
selben am  gelungendsten  behandelt  hätte. 
Die  treffliche  Bearbeitung  desselben  durch 
Cras  (meist  aus  juristischem  Gesichts- 
punkte) kam  dieser  Erniederung  zuvor, 
und  erhob,  was  für  Niederland  ein  Pran- 
ger hätte  werden  können ,  zur  Ehren- 
säule. Seine  philosophischen  Abhandlun- 
gen befinden  sich  unter  denen  des  Tey- 
1  ersehen  theologischen   Vereins.     Kern- 


105 


Crock 


Cypriaan 


106 


per,  s.  berühmtester  Zohoier,  verkünde- 
te s.  Lob. 

Croclc.     S.  Anastasio. 

CroCUS  (II.)  —  Conielis  —  aus  Am- 
sterdam,  gest.  1550,  Director  der  lat. 
Schulen  zu  Amsterdam,  schrieb  ausser  An- 
leitungen zur  Erlernung  der  lat.  Sprache 
ein  Schauspiel  aus  der  heil.  Geschichte  u. 
einige  theologische  Werkchen,  zum  Theil 
moralischen  Inhalts,  zum  Theil  zur  Be- 
kämpfung der  sogen.  Ketzer.  Einen  Ruf 
von  dem  König  von  Portugal  an  die  Uni- 
versität zu  Coimbra  ablehnend ,  ging  er 
nach  Rom,  vvo  er  in  s.  50.  Jahre  —  von 
Loyola  selbst  zum  Jesuiten  geweiht  wur- 
de.    Er  starb  jedoch  kurz  darauf. 

Croininelin(VI.)  —  ...  VanWicke- 
voort   —    Botaniker. 

Croon  (IV.)  —  ...  —  ein  Pater,  der 
in  s.  Gedichten  der  Manier  von  C  a  t  s  u. 
P  0  i  r  t  e  r  s ,  jedoch  mit  weniger  Glück, 
folgte.  Die  Sucht  zu  allegorisiren ,  bei 
C  a  t  s  durch  eine  reiche  Ader  originellen 
Scharfsinns  unterstützt,  verfällt  bei  diesem 
selten  in  Regellosigkeit;  Croon  dagegen 
sucht  nicht  allein  in  Allem  sinnbildliche 
Bedeutungen,  sondern  zergliedert  auch  die 
täglichen  Gegenstände  bis  in  das  kleinste 
Detail,  um  darin  allegorische  Bedeutun- 
gen zu  finden,  wie  die  Coccejaner  da- 
mals mit  dem  A.  Testament  es  machten. 
In  demselben  Verhältniss ,  wie  Poirters 
zu  Cats,  steht  Croon  zu  Luiken. 

Croon  (IV.)  —  P.  —  brabanter  Volks- 
dichter u.  Geistlicher,  der  in  der  zweiten 
Hälfte  des  17.  Jahrh.  lebte  u.  in  der  IMa- 
nier  des  Cats  dichtete. 

Cruser  (II.)  —  Herman  —  aus  Kam- 
pen ,  war  Arzt  u.  gab  eine  Erklärung  des 
Hippokrates  (Basel  1570),  eine  lat. 
Uebersetzung  der  kleinern  Schriften  des 
Galen  US  u  die  Biographien  des  Piu- 
tarch  (das.  157S)  heraus.  Er  legte  sich 
später  ganz  auf  Jurisprudenz,  ward  Ge- 
heimerath  bei  den  Herzögen  von  Geldern 
u.  Cleve,  und  starb,  als  er  des  letztern 
Tochter  nach  Preussen  begleitete,  zu  Kö- 
nigsberg. 

Cunaeus  (in.)  —  Petrus  (Van  der 
Kun)  —  geb.  1586  zu  Vlissingen,  gest. 
1638,  war  der  Sohn  eines  Kaufmanns,  stu- 
dirte  zu  Leyden,  zuerst  unter  Arminius 
und  Gomarus,  und  zu  Franeker  unter 
Drusius  Theologie,  dann  wieder  zu  Ley- 
den die  Rechte,  und  wurde  schon  1611 
zum  Prof.  der  lat.  Sprache ,  hierauf  der 
Politik   u.    1615    der  Rechte    an    der  Uni- 


versität zu  Leyden  ernannt.  Bereits  in  s. 
Jugend  geisselte  er  die  damals  so  zahlrei- 
chen Pedanten  gewaltig  in  s.  „Sardi  Ve- 
nales,"  gab  1612  die  Cäsars  von  Ju- 
li a  n  u  s  u.  Anmerkungen  zu  N  o  n  n  u  s  her- 
aus. 1617  erschien  s.  tiefgelehrtes  Werk  : 
,,De  Republica  Hebraeorum  (Lugd.  Bat., 
apud  Raphelengium ,  1632,  LibrI  IV.), 
welches  in  mehrere  Sprachen,  unter  an- 
dern ins  Holländische  übersetzt  wurde. 
Dieses ,  besonders  auf  den  religiösen  Zu- 
stand der  Hebräer  sich  beziehende  Werk  ist 
sehr  anziehend  u.  in  zierlichem  Latein  ge- 
schrieben. P.  Burman,  sonst  sehr  karg 
mit  s.  Lobe,  rühmt  ihn  als  ,,die  mit  at- 
tischem Golde  vereinigte  Lieblichkeit". 
Ausserdem  besitzen  wir  von  ihm  einige  ju- 
ristische Schriften  u.  Abhandlungen,  z.  B. 
die  auf  Leydens  erste  akademische  Jubel- 
feier im  J.  1625.  (S.  Saxii  „Onomast." 
p.  329.  Foppens,  „Bibl.  Belg."  p.  830.) 
Cunäus  war,  s.  eigenen  Geständniss  zu- 
folge ,  kein  Dichter ,  obgleich  einige  zer- 
streute lat.  Gedichte  von  ihm  vorhanden 
sind.  Burman  gab  1725  s.  Briefwechsel 
heraus.  (S.  über  ihn:  De  La  Rue,  „Ge- 
lehrt. Zeeland,"  p.  116-120  u.  Kok, 
„Vaterl.  Wörterb.,"  Th.  X.  p.  574-577.) 

Cunaeus  (V.)  —  ...  —  aus  Leyden, 
erfand  im  J.  1746  dieLeydensche  Fla- 
sche (nach  dem  Orte  der  Entdeckung 
so  genannt),  wodurch  die  Kenntniss  der 
Elektrizität  einen  bedeutenden  Schritt  wei- 
ter gebracht  wurde,  indem  man  ihre  Wir- 
kungen im  Grossen  besser  nachahmen 
konnte. 

Curten  (VI.)  —  P.   -  Mathematiker. 

ClirtiuS  (VI.)  —  .  . .  Donker  —  Kan- 
zelredner. 

Cutliberson  (VI.)  —  ...  —  machte 
die  grosse  Elektrisir- Maschine  für  Tey- 
ler's  Stiftung,  verbesserte  mit  Van  Ma- 
rum  ein  früheres  Instrument  (s.  , .Be- 
schreib, ein.  ungemein  grossen  Elektrisir- 
maschine,"  Haarl.  1785,  4.,  und  „Erste 
Fortsetzung"  u.  s.  w.  von  Van  Marum 
u.  Cuthberson),  und  schmolz  den  Ei- 
sendraht, wozu  früher  stets  eine  Batterie 
gebraucht  wurde,  mit  einer  Flasche.  (S. 
Cuthberson,  „über  die  Elektrizität",  Th. 
III)  Auch  erfand  er  eine  neue  Luft- 
pumpe (S.  „Beschreib,  einer  Luftpumpe".) 

Cypriaan  (IV.)  —  Abraham  —  Sohn 
eines  amsterdammer  Wundarztes,  ward  zu 
Utrecht  Doctor,  Arzt  zu  Amsterdam,  1690 
statt  Stuck  Professor  zu  Franeker,  schlug 
einen  Lehrstuhl  mit  2000  Gulden  aus,  legte 


107 


Daebnan 


Decker 


108 


1695  s.  Amt  zu  Franeker  nieder,  und  er- 
warb sich  vielen  Ruhm  in  der  Chirur- 
gie, namentlich  durch  Erweiterung  des 


Bauchringes  bei  der  Bruchope- 
ration. (S.  Vriemoet,  „Athen.  Fris.' 
p.  699  —  701.) 


D. 


Daelman  (IV.)  —  Karel  Ghislain  — 
geb.  1660  zu  Bergen  im  Hennegau,  gest. 
1731 ,  hinterliess  eine  „Gottesgelehrtheit" 
in  9  Theilen,  welche  in  den  theologischen 
Seminaren  der  katholischen  Niederlande  in 
ziemlichem  Ansehn  stand.  (S.  Dewez, 
..Bist.  Generale/'  T.  \TI.  p.  XXXIX  ; 
Foppens,  .,Bibl.  Belg."  II.  1165.) 

]>aendel8  (VI.)  —  ...  —  schrieb 
über  den  Zustand  der  ostindischen  Be- 
sitzungen der  Niederländer  (im  Haag,  I8l4, 
fol.  mit  drei  Beilagen) ,  worin  er  die  Ver- 
waltung des  General  -  Gouverneurs  Gijs- 
bert  Karel  Van  Hogendorp  zu  recht- 
fertigen suchte.  (S.  Art.  Hogendorp.)  Hier- 
auf erschienen  (das.  1815)  „Unparteiische 
Anmerkungen",  gegen  Daendels  u.  den 
freien  Handel  gerichtet. 

Bainen  (VI.)  —  C.  H  —  war  be- 
müht, die  Verbesserung  der  Höhenmessung 
durch  das  Barometer  (wie  De  Luc  vor- 
schlug) in  einer  Formel  auszudrücken.  S. 
C.  H  Damen,  ,,Diss.  Phys.  et  Meth.  de 
inontium  altitudine  Barometro  metienda," 
H.  C.  1783,  8.  Wichtiger  ist  s.  Abhand- 
lung über  den  Luftballon. 

Damtiouder  (II.)  —  ...  —  Pensionär 
von  Brügge,  und  30  Jahre  Mitglied  des 
Steuerrathes ,  umfasste  in  s.  Schriften  die 
Civil-  u.  Criminal-Rechtspflege.  (S.  dies, 
bei  Foppens,  II.  766,  767.) 

Damianus  (III.)  —  . . .  —  ein  Jesuit 
aus  Arras,  verfasste  die  Geschichte  s. 
Ordens. 

Dandelin  (VI.)  —  ...  —  Ingenieur, 
führte  den  Focale  parabolique  des  Que- 
telet  weiter  aus,  und  schrieb  noch  zwei 
andere  Abhandlungen  :  „Sur  la  Resolution 
Generale  des  equations"  und  „Sur  l'Hy- 
perboloide  de  revolution" ,  welche  sich 
sämmtlich  unter  den  Abhandlungen  der 
brüsseler  Akademie    abgedruckt  finden. 

Dapper  (IV.)  —  Olfart  —  lieferte 
Beschreibungen  von  Amsterdam  (1664), 
Afrika  u.  den  afrikan.  Inseln  (1668),  Ame- 
rika (1671) ,  Natolien  u.  Arabien  (1681), 
Syrien  u.  Palästina  (1677),  Morea  u.  dem 
Archipel,  welche  Dasjenige,  was  man  da- 
mals   über   diese  Länder  wusste,    ziemlich 


gut,  doch  zuweilen  ohne  hinlängliche  Kritik 
zusammengestellt  enthalten. 

!Davids  (VI.)  —  ...  —  Arzt  zu  Rot- 
terdam, dem  die  Ehre  gebührt,  zuerst  die 
Kuhpockenimpfung  daselbst  u.  in  den  Nie- 
derlanden eingeführt  zu  haben. 

Becker  (III.)  —  Jeremias  De  —  Sohn 
eines  Kaufmanns ,  geb.  1609  oder  1610  zu 
Amsterdam ,  gest.  1666  ,  ein  gefühlvoller, 
von  Vondel  „zierlicher  Dichter"  ge- 
nannt, dessen  vorzüglichste  Gedichte  häus- 
liche Gegenstände  besingen,  z.  B.  „An 
meinen  zu  Batavia  verstorbenen  Bruder"; 
„an  meine  Mutter"  (bei  dem  Tode  s.  Va- 
ters), und  „Charfreitag,  oder  Gedichte  auf 
das  Leiden  Jesu".  Die  Verfolgung  der 
Waldenser,  durch  tollen  Eifer  für  Roms 
Kirchenlehre  veranlasst ,  entrüstete  ihn  so 
sehr,  dass  er  das  Elend  derselben  mit 
glühenden  Farben  malte.  De  Decker 
überliess  sich  jedoch  nicht  allein  den  Er- 
giessxmgen  s.  gefühlvollen  Herzens;  er 
trachtete  auch,  s.  Geist  durch  nützliche 
Kenntnisse  zu  bereichern ,  wovon  s.  Ge- 
dichte an  vielen  Stellen  zeugen.  Erzogen 
von  s.  Vater,  der  aus  Liebhaberei  Ge- 
schichte trieb ,  lernte  er  von  selbst  Latei- 
nisch, Französisch,  Italienisch  u.  Englisch, 
u.  verfasste  zu  s.  eigenem  Gebrauche  eine 
holländische  Sprachlehre.  In  der 
ironischen  Manier  Aon  E r a s m u s  gab  er 
ein  „Lob  der  Geldsucht"  in  Versen  her- 
aus. Sein  Gedicht  an  den  Morgen:  „die 
Sonne  ^^iederum  ei'scliienen"  u.  s.  w.  ver- 
dient eine  Stelle  neben  Kamphuizen's 
„Morgenstunde  des  Mais".  Viel  Aufsehen 
machten  zu  jener  Zeit  s.  Epigramme; 
Wagenaar  meint,  dass  er  darin  den  be- 
sten holländischen  Dichtern  gleichkam  oder 
sie  übertraf;  De  Vries  urtheilt  jedoch 
hierüber  minder  günstig.  (S.  über  ihn  s. 
Verehrer  De  Vries,  der  ilun  ein  eigenes 
Werkchen  gewidmet  u.  auch  in  s.  „Gesch. 
d.  niederl.  Dichtkunst,"  Th.  I.  p.  193  — 
202  mit  vielem  Lobe  von  ihm  gesprochen  hat. 
Wagenaar's  „Amsterdam,"  III.  249,250. 
Siegenbeck's  „Proben  niederl.  Dicht- 
kunst," p.  LX— LXV,  183-218.)  Die 
beste  Ausgabe   der  Poesien  Decker's 


I 


109 


Deene 


Despautere 


110 


ist  von  Brouerius  Van  Nibeck,  mit 
der  Biof^raphie  des  Dichters,    1726,  4. 

Beeae  (II-)  —  Eduaard  De  —  ein 
Zeitgenosse  der  Anna  Bijns,  dichtete  die 
„wahrhaftigen  Fabeln  der  Thiere",  ein 
Meisterstück  des  15.  Jahrh.  u.  dieser  Art 
in  holländischer  Sprache. 

Deiman  (VI.)  —  Johan  Rudolf  — 
iVxzt  zu  Amsterdam,  gehört  zu  den  am- 
sterdammer  oder  hoUändisehen  Chemikern, 
welche  das  gaz  olefiant  etc.  entdeckten. 
(Vgl.  Ai-t.  Bondt  u.  „Annales  de  Chimie", 
T.  V.  p.  276.)  Auch  machte  er  zuerst 
die  Gi-undsätze  Kant 's  hinsichtlich  des 
Einflusses  der  kritischen  Philosophie  auf 
die  Naturkunde  in  einer  Rede  über  die 
Grundkräfte  nach  Anleitung  von  Kant  be- 
kannt. (S.  Van  Hemert's  „Magazin  d. 
krit.  Philosophie".) 

Deken  (VI.)  —  Agathe  —  geb.  1741 
zu  Amstelveen,  gest.  1804,  die  unzertrenn- 
liche Freundin  von  Mad.  Wolff,  mit  wel- 
cher sie  niederländische  Sittenschilderungen 
u.  s.  w.  herausgab.  1804  erschienen  von 
ihr  „Lieder  für  den  Bauernstand".  (S. 
ausführlich  Art.  Wolff.) 

Dellebarre  (VI.)  —  ...  —  ein  zu 
Leyden  ansässiger  Franzose,  verfertigte  ein 
verbessertes  Mikroskop. 

Densing  (I^O  —  Antoni  —  geb.  1612 
zu  Meurs,  gest.  1665  zu  Groningen,  ward 
1634  Doctor,  1639  Prof.d.  Mathematik,  Na- 
tur- u.  (1642)  Arzneikunde  zu  Harderwijk,  in 
letzterer  Eigenschaft  1647  nach  Groningen 
berufen,  1652  Leibarzt  des  Prinzen  Wil- 
helm Friedrich  von  Nassau,  Statt- 
halters von  Friesland  u.  Groningen,  ver- 
fasste  viele  medizinische  und  theologische 
Werke,  worunter  Uebersetzimgen  aus  dem 
Persischen  u.  Arabischen,  u.  heftige  Streit- 
schriften gegen  De  La  Boe-Sylvius. 
Sein  vorzüglichstes  physiologisches  Werk 
handelte  über  die  Ernährung  u.  Fortpflan- 
zung. (S.  die  Biographie  desselben  u.  ein 
(7  Spalten  einnehmendes)  Verzeichniss  s. 
Werke  bei  Foppens,  „Bibl.  Belg.",  I. 
71  —  75). 

Dermout  (VI.)  —  F.  J.  —  Hofpre- 
diger im  Haag,  nimmt  unter  den  niederl. 
Kanzelrednern  eine  der  ersten  Stellen  ein, 
und  dessen  herausgegebene  Predigten  (von 
welchen  die  über  Paulus  zu  Athen 
meisterhaft  sind)  zeugen  von  eben  so  viel 
Kenntniss  u.  Geschmack,  als  Ideen-Reich- 
thum  u.  grosser  Beredsamkeit. 

Descartes  (HI.)  —  Rene  —  suchte, 
21   J.  alt,  1617  zu  Amsterdam   ein  Asyl, 


ging  1619  nach  Deutschland,  kehrte  1621 
nach  Holland  zurück,  trug  kurze  Zeit 
unter  Moritz  die  Waffen,  Hess  sich  aber, 
nachdem  er  Brabant,  die  Schweiz  u.  Italien 
bereist  hatte,  1629  in  Holland  förmlich 
nieder,  wo  es  ihm  so  gefiel,  dass  er  in 
einem  Briefe  an  Balzac  (s.  bei  Tho- 
mas, „Eloge  de  Descartes"  —  Oeuvres, 
T.  IV.  p.  127)  darüber  Folgendes  sagt: 
„Gibt  es  ein  Land  in  der  Welt,  wo  man 
iFreier  ist,  ruhiger  schläft,  weniger  Gefah- 
ren zu  fürchten  hat,  wo  die  Gesetze  besser 
gegen  Verbrechen  wahren,  die  Vergiftungen, 
der  Verrath,  die  Laster  weniger  bekannt, 
u.  mehr  Spuren  von  der  glücklichen  u. 
friedlichen  Unschuld  unserer  Väter  übrig 
sind?  Warum  seid  Ihr  doch  so  verliebt  in 
Eure  Luft  von  Italien?  Die  Pest  verun- 
reinigt sie,  die  Hitze  ist  unerträglich,  die 
Abendluft  ungesund,  die  Nacht  voll  von 
Raub  und  Mord.  Fürchtet  Ihr  den  nor- 
dischen Winter?  Selbst  in  Rom  könnt 
Ihr  Euch  mit  all  dem  Baumschatten  u. 
den  Fontainen  nicht  so  gegen  die  Hitze 
schützen,  als  hier  mit  einem  guten  Kachel- 
ofen oder  Kamin  gegen  die  Kälte."  Ver- 
folgt von  Voetius,  der  Descartes  einen 
Gottesleugner  schalt,  suchte  er  nach  mehr 
als  20jährigem  einsamen  Aufenthalte,  ab- 
wechselnd auf  Endegeest  bei  Leyden  u. 
zu  Amsterdam,  ein  Asyl  bei  der  Königin 
Christine  von  Schweden.  Seine  vor- 
züglichsten Werke  kamen  jedoch  in  Hol- 
land heraus,  z.  ß.  1636  s.  „Mechanik", 
1637  s.  Abhandlung  über  die  „philosophi- 
sche Methode",  s.  „Geometrie",  s.  Abhand- 
lung „über  die  Lufterscheinungen  u.  Diop- 
trik",  s.  „metaphysischen  Betrachtungen", 
1644  s.  „Anfangsgründe  der  Naturlehre" 
u.  1646  s.  Abhandlung  ,,über  die  Leiden- 
denschaften",  von  welchen  Werken  beson- 
ders die  Metaphysik  u  Naturlehre  eine  Re- 
volution in  den  Wissenschaften  bewirkten. 

Despautere  (IL)  --  Joan  —  aus 
Ninove  in  Flandern,  von  Einigen  der  nie- 
derländ.  Priscianus  genannt,  war 
Schullehrer  des  Lateinischen  zu  Ryssel, 
Herzogenbusch,  St.  Wy-noxbergen  u.  Co- 
mines ,  wo  er  1520  starb ,  und  verfasste 
zuerst  eine  ausführliche  lat.  Sprachlehre, 
unter  dem  Titel:  ,,Commentarü  Gramma- 
tici,  in  quibus  Rudimenta,  Grammatica, 
Syntaxis,  Prosodia,  de  figuris  et  tropis, 
Par.  1537,  typis  Henrici  Stephani,  Lugd. 
1563",  welche  später  von  Adolf  Van 
Meetkerke  abgekürzt  u.  besser  geord- 
net wurde. 


111 


Desroches 


Divaeus 


112 


Desroches  (V.)  —  ...  —  geb.  i74o 

im  Haag,  gest.  1789,  Historiker,  der  zu- 
erst Director  einer  Schule  zu  Antwerpen, 
später  beständiger  Secretär  der  belgischen 
Akademie  und  eine  Ihrer  ersten  Zierden 
war,  schrieb  mehrere  Abhandlungen  über 
die  ältere  belgische  Geschichte,  die  er 
später  abgekürzt  in  lat.  Sprache  heraus- 
gab, und  hatte  den  Plan,  die  ganze  Nie- 
derländische Geschichte  in  4  Thei- 
leu  (4.)  französisch  herauszugeben,  jedoch 
erschien  davon  nur  der  I.  Theil ,  der  die 
Zeit  vor  den  Römern  umfasst.  Die  Aka- 
demie ertheilte  ihm  1769  — 1771  dreimal 
den  Ehrenpreis  für  Abhandlungen ,  in  Be- 
Treff  des  alten  Zustandes  von  Niederland, 
über  die  Stäi'te  in  den  siebzehn  niederlän- 
dischen ProAdnzen  und  im  Lütticherland ; 
über  die  Grenzen  dieser  Landstriche  zwi- 
schen dem  vn.  u.  IX.  Jahrhundert,  und 
über  den  bürgerlichen  u.  kirchlichen  Zu- 
stand dei'selben  während  des  V.  u.  VI. 
Jahrhunderts.  Letztere  enthält  eine  treff- 
liche Aufklärung  hinsichtlich  des  spätem 
Gottesdienstes  der  heidnischen  Vorfahren 
der  Niederländer.  Hierauf  folgten  Abhand- 
lungen über  die  Grafen  von  Löwen  u. 
das  ,, Testament  von  Remigius",  über  die 
alte  „sächsische  u.  belgische  Sprache," 
verglichen  mit  dem  Etruri  sehen,  und 
über  den  ,, Kriegszustand  der  Niederlande 
von  1100—1500"  (Französisch)  1793. 
(S,  Dewez,  .,Hist.  Generale  de  la  Bel- 
gique."    T.  vn.   p.  LXVH,  LXVHL) 

l>e"Wez  (VI.)  —  ...  —  früher  Unter- 
präfect  von  St.  Hubert,  dann  TJnterrichts- 
Commissär  u.  Jnspector  der  Athenea,  jetzt 
Secretär  der  belgischen  Akademie,  schrieb : 
1)  Histoire  Generale  de  la  Belgique  de- 
puis  la  Conquete  de  Cesar,  Brux.  1806, 
1807,  7  Vol.  8.  2)  Histoire  particullere 
des  Provinces  Belglques,  sous  le  Gouvei-- 
nement  des  Ducs  et  des  Comtes ,  pour 
ser\ir  de  Completement  a  l'Histoire  Ge- 
nerale, Brux.  1816,  4  Vol.  8.  3)  Abrege 
de  l'Histoire,  Brux.  1817,  un  Vol.  8.  Se- 
conde  Edition,  revue,  corrigee  et  augmen- 
tee,  1819.  4)  Dictionnaire  Geographique 
du  Royaume  des  Pays-Pas,  Brux.  1819, 
un  Vol.  8.  5)  Geographie  du  Royaume 
des  Pays-Bas,  Brux.  1819.  25  Edition 
augmentee,  1820.  6)  Histoire  du  Pays  de 
Liege,  2  Vol.  8.  Brux.  1822.  7)  Rheto- 
i'ique  extraite  de  Ciceron,  ou  Principes 
generaux  de  l'art  de  parier  et  d'^crire, 
commun  ä  toutes  les  langues,  Brux.  1818, 
un    Vol.    8.     Dewez   füllte    eine   wesent- 


liche Lücke  aus,  indem  er  aus  alten  Chro- 
niken, die  Wenige  mehr  lesen,  eine  gut 
geschriebene,  unterhaltende  und  ziemlich 
ausführliche  Gesclüchte  von  Belgien  zu- 
sammentrug, die  jedoch  in  den  alten  Zei- 
ten viel  umständlicher  ist,  als  in  den  neuem, 
besonders  in  den  Zeiten  nach  dem  zwölf- 
jährigen Waffenstillstände  bis  zum  Tode 
der  Maria  Theresia.  Dagegen  wird 
die  denkwürdige  Regierung  Joseph's  u. 
der  Aufstand  unter  diesem  Kaiser  umständ- 
lich beschrieben.  In  dem  zweiten  Werke 
erzählt  der  Verf.  die  besondern  Schicksale 
der  verschiedenen  Provinzen,  ausgenommen 
Brabant,  welches  ihm  bei  dem  ersten  zum 
Leitfaden  diente.  Gleichwohl  veranlasst 
ihn  die  Art  s.  Gegenstandes  mehrmals  zu 
Wiederholungen  aus  s.  Allgemeinen  Ge- 
schichte. 

Diemerbroek  (HI.)  —  Job  Van  — 
in  der  IV.  Periode  Prof.  d.  Anatomie  zu 
Utrecht ,  gab  daselbst  ein  anatomisches 
Werk  mit  guten  Abbildungen  heraus,  und 
zeichnete  sich  als  ein  ächter  hippokratischer 
Arzt  durch  s.  Behandlung  u.  Beschreibung 
der  Pest  zu  Nimwegen   im  J.  1635  aus. 

Biericx  (VI.)  —  ...  —  ein  Fiam- 
mänder,  schrieb  sehr  geschätzte  „Memoires 
sur  la  Ville  de  Gand" ,  2  Vol.   8. 

Dieu  (III.)  —  L.  De  —  geb.  1590  zu 
Vlissingen,  gest.  1642,  war  französischer 
Prediger  daselbst ,  dann  zu  Middelburg  u. 
Leyden,  wo  er  Vorlesungen  über  Theologie 
an  dem  damaligen  Waa  Ischen  Staatscol- 
legium  hielt,  lehnte  den  Posten  eines  Hofpre- 
digers u.  ord.  Professors  zu  Utrecht  ab ,  u. 
gab  eine  „Hebräische  Sprachlehre"  mit  einem 
kleinen  Wörterbuche  der  Wurzeln  dieser 
Sprache  (1626),  eine  ,,Hebi-äische,  Syri- 
sche u.  Chaldäische  Sprachlehre"  (1628), 
eine  ,,Uebersetzung  der  Offenbarung  von 
Johannes  aus  dem  Syrischen"  (1627), 
Anmerkungen  zu  einigen  Stellen  des  A.  u. 
N.  Testaments,  aus  alten  orientalischen 
Uebersetzungen  erläutert,  und  „Rudimenta 
Linguae  Persicae,  acc.  duo  priora  capita 
Geneseos  Persice",  L.  B.  1639  heraus. 
(S.  De  La  Rue ,  „Gelehrt.  Zeeland ", 
p.  116—  120.  Bayle,  „Dictionnaire", 
Art.  De  Dieu.) 

Dilft  (III.)  —  Van  Der —  ans  Brüssel, 
Botaniker. 

Divaeus  (H. )  —  Pieter  —  geb. 
1536  zu  Löwen,  gest.  1581  zu  Mecheln, 
schrieb :  „De  Antiquitatibus  Galliae  Bel- 
gicae  sub  Romanis",  Antwerp.  Plant.  1566 
et  1584,  u.  „De  Antiquitatibus  Brabantiae, 


113 


Dodonaeus 


Does 


114 


et  Rerum  Brabanticarum",  L.  XIX,,  Antw. 
1610,  4.,  worin  er  ausführlicher,  genauer 
u.  weniger  fabelhaft  war ,  als  s.  Zeitge- 
nossen, aber  in  einem  fast  unlesbaren  Style. 

Dodonaeus  oder  Dodoens  (II.)  — 
Rembert  —  friesischer  Abkunft,  aber  zu 
Mecheln  1518  geboren,  erweiterte  s.  Kennt- 
nisse auf  Reisen  durch  Frankreich  u.  Ita- 
lien, ward  Leibarzt  der  Kaiser  Maximi- 
iian  II.  u.  Rudolph  IL,  wohnte  lange 
zu  Köln  11.  Antwerpen,  von  wo  er  1582 
als  Professor  an  die  leydener  Universität 
berufen  ward  u.  daselbst  1585  starb.  ^Sein 
Hauptwerk:  „Historia  Stirpiuin"  (meisten- 
theils  aus  einem  medizinischen  Gesichts- 
p(uikte),  erschien  zuerst  in  5  Abtheilungen 
zu  Antwerpen  in  der  Druckerei  von  P 1  a  n- 
tijn  V.  1566  —  1576  u.  zu  Köln  1580  u. 
1583,  später  in  ersterer  Stadt  zusammen 
1644  in  SO  Büchern  (lateinisch  u.  hollän- 
disch mit  Holzschnitten)  in  Fol.  Dieses 
grosse  Kräuterbuch  "enthält ,  wie  sich  von 
einem  Botaniker  des  16.  Jahrhunderts  er- 
warten lässt,  viele  Irrthümer;  auch  er- 
reicht er  als  Naturkenner  s.  Zeitgenossen 
Konrad  Gesner  nicht,  doch  war  er 
der  erste  Botaniker  von  Ruf  in  den  Nie- 
derlanden. Ausserdem  verfasste  D  o  d  o  - 
näus  eine  „Isagoge  Cosmographica  de 
Sphaera,  sive  de  Astronomiae  et  Geogra- 
phiae  principüs",  Antw.  1584,  8.,  u.  gab 
eine  verbesserte  lat.  Uebersetzung  von  Pau- 
lus Aegineta  1546.  (S.  über  s.  Werke 
bei  Foppens,!.  1064»  wo  sie  vollständiger 
angegeben  sind,  als  bei  Meursius,  „Athen. 
Batav.«  125.) 

Does  (III.)  —  Junker  Johan  Van  Der  — 
(Jan US  Douza)  geb.  1545  auf  s.  Fami- 
lienherrschaft Noordwijk,  gest.  1604,  war 
einer  der  achtungswürdigsten  Vertheidiger 
niederländischer  Unabhängigkeit.  Er  hatte 
es  mit  Demosthenes  u.  Erasmus  ge- 
mein, dass  unredliche  Vormünder  nach  s. 
Erbe  strebten  u.  ihn  zu  entfernen  suchten; 
doch  glücklicher,  als  jene  beiden,  vereitelte 
er  ihre  Ränke.  Unter  der  Obhut  s.  müt- 
terlichen Grossvaters,  Franz  Van  Nijen- 
rode,  zu  Delft ,  bildete  er  sich  unter 
Hendrik  Junius  vornehmlich  in  der  lat. 
Poesie,  die  er  über  Alles  liebte,  bezog 
hierauf  die  Universitäten  Löwen  u.  Douai, 
und  begab  sich  mit  Lucas  Fruitier, 
aus  Brügge,  einem  sehr  wissbegierigen,  aber 
weniger  bemittelten  Jüngling ,  nach  Paris. 
Hier  lernte  er  mehrere  ausgezeichnete  Ge- 
lehrte kennen.  Ins  Vaterland  zuiückgeru- 
fen,    ging  er,   auf  Ersuchen    s.    gelehrten 


Freunde,  schnell  wieder  nach  Paris,  liess 
sich  jedoch  kurz  darauf  durch  Heirath  in 
Niederland  nieder.  Wilhelm  \.  sandte 
ihn  nach  England ,  um  bei  Elisabeth 
Hilfe  anzusprechen,  juid  übertrug  ihm  1574 
die  Vertheidigung  Leydens  gegen  die  Spa- 
nier. Es  ist  bekannt,  wie  tapfer  u.  mit 
welch  günstigem  Erfolge  er  dieselbe  lei- 
tete. Auch  als  erster  Curator  erwies  er 
der  Universität  unschätzbare  Dienste.  Nach 
des  Prinzen  Ermordung  begab  er  sich  ins- 
geheim wieder  nach  England,  um  bei  Eli- 
sabeth Hilfe  zu  suchen,  für  welche  er 
grosse  Bewunderung  hegte,  und  der  er, 
nachdem  sich  die  Unterhandlung  mit  Frank- 
reich über  die  Souveränetät  zerschlagen 
hatte,  die  Oberhoheit  antrug,  worauf  Le  i- 
c  est  er 's  Gesandtschaft  erfolgte.  Als  er 
1591  Mitglied  des  Hohen  Rathes  von  Hol- 
land geworden,  hatte  er  den  Schmerz,  s. 
zwei  ältesten  vielversprechenden  Söhne  (s. 
die  folg.  Art.)  vor  sich  zu  Grabe  tragen  zu 
sehen ,  und  starb  selbst  1604  in  einem  Alter 
von  59  Jahren.  Janus  Douza,  allgemein 
bekannt  durch  s.  lat.  Gedichte,  beschrieb 
die  Geschichte  von  Holland  in  lat.  Versen, 
welche  er  mit  s.  ältesten  Sohne  in  eine 
schöne  lat.  Prosa  übertrug.  Natürlich  war 
hier  die  Bahn  zu  brechen,  und  \'iele  Dinge 
mussten  daher  in  dieser  Geschichte  der 
holländischen  Grafen  einem  mehr  kritischen 
Zeitfache  vorbehalten  bleiben ;  gleichwohl 
kämpften  die  D  o  u  z  a '  s  mit  vielem  Glück 
gegen  die  Schwierigkeit,  welche  ihnen  das 
Gemisch  von  Wahrheit  u.  Dichtung  bei 
den  alten  Chronikenschreibern  in  den  Weg 
legte.  De  Groot  u.  A.  begrüssten  denn 
auch  diesen  ersten  Versuch  einer  hollän- 
dischen Geschichte  mit  (vielleicht  über- 
triebenen) Lobpreisungen.  Die  poetische 
Bearbeitung  erschien  im  Haag  1599,  4.,  die 
prosaische  zu  Antwerpen  bei  Plantijn,  1601 
in  4.  Vgl.  Meerman  „auf  De  Groot's 
Parallelen",  Vorrede  XVI,  XXIII, 
XXXII,  Th.  m.  p.  398  —  407.)  Als 
Kenner  der  Alten  war  Douza  ausgezeich- 
net, so  dass  Meursius  ihn  „eine  leben- 
dige Bibliothek ,  ein  lebendes  Museum" 
nannte.  Doch  er  war  mehr  als  ein  Ge- 
lehrter, der  blos  neue  Ausgaben  veran- 
staltet, nichts  aus  eigenen  Schätzen  zu 
Tage  fördert:  er  war  lat.  Dichter  u.  Pro- 
saist des  ersten  Ranges  unter  s.  Zeitge- 
nossen. Er  dichtete  anfangs  in  ernster, 
dann  in  mehr  fröhlicher  Manier;  s.  Leier 
war  dem  Vaterlande,  der  Liebe  u.  seinen 
Freunden  geweiht.    Seine  Gedichte  erschie- 


115 


Does 


D'Orville 


116 


nen  zuerst  zu  Antwerpen  1569,  dann  zu 
Leyden  1575,  1577,  1584,  1586,  1603  u. 
1609  (von  Scrivcrius^  unvollständig. 
Die  Sammlung  enthält  Epigramme,  Ele- 
gien ,  Satyren  ,  Oden ,  dem  Oldenbar- 
neveld  gewdmet,  zum  Theil  auf  die  Be- 
lagerung von  Leyden,  zum  Theil  zu  Ehren 
der  Königin  Elisabeth  (Odae  Britanni- 
cae),  Epoden  (in  Jamben),  Echo,  Lei- 
chengedichte (unter  andern  u.  vor  Allem 
auf  s.  Sohn),  poetische  Briefe,  Minnege- 
dichte u.  s.  w.  Als  Prosaist  ist  er  ausser 
s.  Jahrbüchern  durch  s.  vielen  Briefe  an 
gelehrte  Männer  berühmt;  denn  er  war^ 
wie  Meursius  (Athenae  Batavae  p.  89) 
sagt,  nicht  allein  bei  Nord-  oder  Süd- 
Niederländern,  sondern  auch  bei  Franzosen, 
Deutschen,  Engländern,  Italienern,  Böhmen, 
Polen,  sogar  bei  den  europäischen  u.  asiati- 
schen Griechen  bekannt.  Man  wirft  ihm 
jedoch  eine  allzugrosse  Sucht  nach  alten  Re- 
densarten aus  Plautus  vor,  den  er  vor- 
zugsweise liebte.  Von  s.  Leistungen  als  Kri- 
tiker zeugen  s.  Werke  über  Plautus,  Ca- 
tullus,  TibuUus,  Propertius,  Hora- 
tius,  Sallustius  u.  Petronius  Arbiter. 
(S.  über  diese  Werke  u  ihre  Ausgaben: 
Siegenbeek  ,„Oratio  de  Jano  Douza", 
p.  90  —  94,  u.  Foppens,  I.  546,  547.) 

Iloe(9  (lU.)  —  Jan  Van  Der  —  Sohn 
des  Vorigen,  geb.  1571,  von  s.  Zeitge- 
nossen als  einer  der  ersten  Köpfe  bewun- 
dert, der  Hugo  deGroot  nahe  kam, 
war  Director  der  neu  gestifteten  Bibliothek 
zu  Leyden,  Herausgeber  von  Catull,  Ti- 
buU  u.  Properz  (1579),  Verf.  vonAnmer- 
kungen  zu  Petronius  Arbiter  (1594), 
sogar  zu  Plan  tus  (1596),  Lehrer  Fried- 
rich Hein  rieh's,  in  den  Alterthümern, 
dem  röm.  Recht  u.  der  Mathematik  wohl 
bewandert,  und  starb  an  der  Abzehrung 
in  Folge  grosser  Strapazen  auf  Reisen,  im 
J.  1597.  Jan  Van  Der  Does  war  auch 
ein  vortrefflicher  Dichter.  Sein  grosses 
Lehrgedicht:  „Ueber  den  Sternenhimmel'' 
in  5  Gesängen,  rühmt  Daniel  Heinsius 
sehr.  Ferner  schrieb  er :  „Vermischte  Ge- 
dichte" (Sylvae),  Elegien,  Oden,  Jamben 
u,  Epigramme,  so  wie  auch  eine  Antwort 
von  L  y  n  c  e  u  s  auf  den  Heldinnenbrief  der 
Hypermnestra,  bei  Ovid,  welche  zu- 
sammen 1704  in  einem  Theile  erschienen. 
(S.  Peerlkamp,   p.  163  —  169.) 

Does  (in.)  —  George  Van  Der  — 
der  zweite  Sohn  von  Junker  Johan, 
auch  ein  grosser  Reisender,  und  durch  einen 
sehr  schönen   Brief    aus   Konstanti- 


nopel bekannt,  starb,  wahrscheinlich  auf 
dem  unglücklichen  Seezuge  v.  1599  unter 
s.  Verwandten  Pieter  Van  Der  Does. 
(S.  Siegenbeek,   „Oratio  etc."  p.  126 

—  133,  138  —  141.  In  dieser  gelehrten 
Rede  und  den  beigefügten  Anmerkungen 
findet  sich  alles  weitere  Wissenswerthe  über 
Douza  u.  s.  Söhne  u.  deren  literarische 
Verdienste.  Ueber  Douza  u.  s.  ältesten 
Sohn:  Meursius,  „Athen.  Bat.",   p.  88 

—  91.) 

Does  — '  Frans    —  J     die    andern 

Uloes  — ■  Theodorus  • —  j  Söhne  von 
Douza,  ebenfalls  Literaten. 

Does  (IV.)  —  Johan  Van  Der  —  gab 
1668  eine  Beschreibung  vom  Haag  heraus. 

Doeveren  (IV.)  —  Wouter  (Gaul- 
therus)  Van  —  Prof.  d.  Medizin  zu  Gro- 
ningen u.  Leyden  (1771) ,  wo  er  s.  An- 
trittsrede über  ,,die  Verdienste  der  Neuern, 
welche  der  jetzigen  Arzneikunde  den  Vor- 
zug vor  der  alten  geben",  hielt,  und  1778 
s,  Rectorat  mit  einer  interessanten  Rede 
,,über  die  durch  Arzneimittel  erzeugten 
Krankheiten"  niederlegte,  war  ein  eifriger 
Vertheidiger  des  Impfens,  und  Derjenige, 
den  man  wählte ,  den  Statthalter  Wil- 
helm V.  zu  impfen.  Doeveren  starb 
1783,  und  fand  in  s.  Amtsgenossen  Sau- 
di fort,  an  den  er  einen  Brief  über  den 
glücklichen  Erfolg  des  Einimpfens  der  Kin- 
derblattern zu  Groningen  schrieb ,  einen 
würdigen  Biographen. 

DoornUi  (VI.)  —  J.  C.  —  philoso- 
phischer Naturkundiger,  gab  eine  Probe 
zur  Erklärung  der  metaphysischen  Grund- 
sätze von  Kant's  Lehre  der  Kräfte,  u. 
behandelte  in  diesem  Geiste  mehrere  be- 
sondere Theile  der  Naturkunde.  Fast  alle 
diese  Abhandlungen  befinden  sich  in  Van 
Hemer t's  „Magazin  der  kritischen  Phi- 
losophie". Doornik  u.  ein  Ungenannter 
in  der  Schauburg  suchten  die  Abstam- 
mung des  Menschen  aus  dem  Geschlechte 
der  Affen  wahrscheinlich  zu  machen,  wo- 
nach der  Neger  der  Urmensch,  der  gebil- 
dete Europäer  nur  eine  verderbte ,  krän- 
kelnde Art  sein  sollte ,  wurde  aber  von 
Prof.  Bakker  zu  Groningen  trefflich  wi- 
derlegt. 

D'OrviUe  (V.)  —  ...  —  geb.  1696, 
wurde  von  s.  Vater,  einem  reichen  ham- 
burger  Kaufmann,  auf  die  leydener  Uni- 
versität geschickt,  wo  er  1721  Dr.  d. 
Rechte  ward,  worauf  er  wissenschaftliche 
Reisen  nach  England ,  Frankreich,  Italien, 
Sicüien   und  Deutschland   unternahm,   und 


I 


117 


Drakenborch 


Driessen 


118 


überall  einen  reichen  Schatz  von  Manu- 
scripten  u.  Alterthümem  sammelte,  wes- 
halb ihm  die  Professur  der  alten  Literatur 
an  der  berühmten  Schule  zu  Amsterdam 
(1730)  übertragen  wurde,  welchen  Posten 
er  1742  anBurmannus  Secundus  ab- 
trat. Seine  „Miscellaneae  observationes  " 
(Amst.  1732  —  1739.  Novae  1741),  wovon 
er  selbst  nur  die  letzten  Theile  herausge- 
geben hat,  enthalten  nur  einzelne  Sachen 
von  D'Orville  u.  zum  Theil  die  aufs. 
Reisen  gesammelten  literarischen  Schätze. 
(S.  Ruhnk.  „Elog.  T.  Hemsterhusii ", 
p.  60,  61.)  Die  Ausgabe  s.  wohlausgear- 
beiteten Werkes  über  Sicilien  erlebteer 
nicht  mehr,  da  er  1751  starb.  Sein  Freund 
u.  Nachfolger  Burman  besorgte  dieselbe 
1764.  (S.  Wagen  aar,  Amsterdam,  III. 
Fol.  242.)  D'Orville  gab  auch  einige 
zerstreute  lat.  Gedichte,  so  wie  die  von 
s,  Bruder  Peter  (gest.  1739)  heraus. 

Drakenborch  (V.)  —  ...  —  geb. 
1684,  gest.  1748,  gab  1704  eine  gelehrte 
Abhandlung  über  den  „Präfecten  der  Stadt 
Rom"  (1752  abermals  gedruckt)  heraus, 
und  wurde  1707  Dr.  d.  Rechte  zufolge 
einer  Abhandlung  über  ,,das  Amt  des  Prae- 
fectus  praetorio  unter  den  röm.  Kaisern". 
Durch  diese  beiden  Schriften  zeigte  er  s. 
grosse  Kenntniss  der  röm.  Geschichte,  die 
er  dann  auch  durch  Herausgabe  von  „Silius 
Italicus  u.  Livius"  glänzend  an  den  Tag 
legte.  Die  letztere,  mit  den  Anmerkungen 
vieler  andern  Gelehrten  (1738)  bereichert, 
ist  ein  Meisterstück,  das  Le  Clerc's  Li- 
vius weit  übertrifft  und  fortwährend  in 
ganz  Europa  in  hohem  Ansehen  steht. 

Drapiez  (VI.)  —  ...  Naturforscher, 
der  1821  über  die  „Geologie  der  Provinz 
Hennegau"  schrieb. 

Drebbel  (HI.)  —  Comelis  —  aus 
Alkmaar,  ein  Mann  von  grosser  Erfindungs- 
gabe, u.  bei  allen  s.  Zeitgenossen  nicht 
allein  wegen  s.  vielen  optischen  Kunst- 
stückchen, sondern  auch  hauptsächlich  (wie 
Einige  wollen)  durch  s.  Erfindung  des 
Thermometers,  der  noch  zugleich  Ba- 
rometer war,  berühmt.  Auch  verbesserte 
er  das  Miskroskop,  und  war  Kupfer- 
stecher u.  Erfinder  des  Rothfärbens.  Kep- 
ler nennt  ihn  jedoch  einen  Windmacher, 
der  s.  Glück  in  England  u.  am  Hofe  Ru  - 
d  0 1 p  h ' s  II.  vergebens  suchte ,  und  nach 
Van  Capelle  (s.  dessen  „Beiträge  zur 
Gesch.  d.  Wiss.  u,  Lit.  in  den  Nieder- 
landen") eignete  er  sich  mit  Unrecht  die 
Erfindung   des  Thermometers   zu,   den   er 


bei  Zacharias  Jansen  1620  gekauft 
hatte.  Da  s.  Zeitgenossen,  selbst  in  Gedich- 
ten, voll  von  Drebbel's  Lob  (S.  Her- 
kens „Alemaria  literata"),  von  dieser  Er- 
findung nichts  erwähnen,  so  bleibt  die- 
selbe wenigstens  zweifelhaft.  (S.  über  ihn 
die  (kurze)  Lebensbeschreibung  in  den 
„Biographien  niederl.  Männer  u.  Frauen", 
Th.  VI.  p.  74  —  77.) 

Drelincourt  (IV.)  —  Karel  —  geb. 
1633,  gest.  1697,  Prof.  d.  Anatomie  zu 
Leyden,  als  Boerhave's  Lehrer  berühmt, 
und  von  Ha  11  er  ein  Meister  in  dieser 
Wissenschaft  genannt ,  welches  Lob  er, 
unter  andern,  durch  s.  „anatomischen  Be- 
obachtungen über  die  Eingeweide"  glänzend 
rechtfertigte,  bestritt  die  Pathologie  von 
Boe-  Sy  Iv  ins. 

Drenouter  (III.)  —  ...  —  aus  Brüg- 
ge ,  Botaniker. 

Drieberg^en  (V.)  —  Johannes  — 
remonstranter  Theolog,  übersetzte  u.  ver- 
mehrte das  Werk  von  Prideaux:  „das 
A.  u.  N.  Testament  vereinigt",  und  schrieb 
ein  Werk  über  „die  Verdammung  u.  Ver- 
gebung", ein  Punkt,  der  zwischen  den 
Remonstranten  und  Reformirten  in  Hader 
überging. 

Driessen  (V.)  —  Antonl  —  Prediger 
zu  Mastricht  u.  Utrecht,  dann  Professor 
zu  Groningen,  wo  er  1748  starb,  war 
im  vollsten  Sinne  ein  Verketzerer,  der  fast 
Niemanden,  den  er  im  Verdacht  hatte,  von 
dem  systema  abzuweichen,  verschonte. 
Obgleich  er  am  Buchstaben  der  gewöhn- 
lichen reformirten  Begriffe  mit  aller  Macht 
hing ,  so  war  er  dennoch  dem  protestanti- 
schen Geiste  der  freien  Untersuchung  schnur- 
straks  entgegen.  Ueber  die  geringsten  Ge- 
genstände, die  mit  der  christlichen  Glau- 
bens- u.  Sittenlehre  nicht  einmal  in  Ver- 
bindung standen ,  wie  z.  B.  über  die  „Pe- 
rioden der  Bestätigungen  in  der  Offenba- 
rung von  Johannes",  führte  er  mit  äusserster 
Bitterkeit  Streitigkeiten,  die ,  wie  so  viele 
andere ,  zeigen ,  dass  man  in  jener  Zeit 
Alles  in  dem  Glaubenssystem  haarklein  un- 
tersuchte, u.  nur  an  die  Hauptsache,  Liebe 
zu  Gott  u.  Menschen ,  nicht  zu  denken 
schien.  So  hatte  Driessen  Streit  nicht 
allein  mit  V  e  n  e  m  a  über  die  allgemeine 
u.  besondere  Gnade,  worin  dieser  berühmte 
Mann  nach  dem  Beispiele  s.  Lehrers  Vi- 
t  r  i  n  g  a ,  der  Lehre  der  Gnadenwahl  Ei- 
niger mit  dem  allgemeinen  Wohlwollen 
Gottes  gegen  Alle  zu  vereinigen  suchte;  — 
über   den   sog.  Werkbund,    den   Gott   mit 


II» 


Driisiii 


s 


Dullacrt 


120 


Adiuii  {;(>s<;liloSSoii  liiilicii  sollte,  wovon  tlic 
IJükI  iiic.lils  fiuäliiit. ,  der  ;il)cr  von  i-incni 
<;iM>issi'H  rninrkcr  IMoIcssor  (Moppen 
l)Ui{;  im  17.  Jiilnli.  /iii-rst.  htliaupU-l.  wur 
<lr,  und  <lrii  spiUcr  (Jococjns  u.  seine 
Anliiinf^er ,  so  %\io  die  V  ort  inner  iiul- 
slelllen,  wo^ef^eii  jedocli  Viirinjjii  u. 
Vene  Ulli  niiltiMten  und  •/.u{;leicli  leinten, 
«Iiiss  der  IMenscli  nur  uiitteihiir  «iiii 
Adanr«  l''iill,  un  mittel  bar  we;j;en  s.  ei- 
(fenen  Verderl)ens  {ieslndt  würde.  Der- 
{ileirhen  licIirsiKze  waren  viel  zu  redlieU 
Hir  Dri  essen,  «li'r  nielit  iiiiCliörle,  vor 
Allen  Veiiema  als  renionslrantiseli  {gesinnt 
(eine  entset/lielie  Heselnildifinnf;  in  jeueu 
'ratzen!)  dar/ust eilen.  (N>;l.  Art.  I^ampe.) 
llriUMillN    {\\l.)  .lolianues  (.lau 

Van  l>er  Drieselie)  {;el).  1550  /.u  Ou- 
denaarden,  l>ildi-te  si<d>  zu  CJent  \i.  liöweii. 
Sein  >ater  (oljile  der  {;ereiui;;teu  Leine  ti. 
{TiUfi  als  Verbannter  naeli  Knelaud ;  seine 
Mutter  war  kallioliseli,  blieb  im  Vater- 
Innde  u.  rief  ilu(>n  Sohn  zu  siel».  Kr  folf^te 
dem  Vater,  winde  I57i^  l'rof.  d.  oriental. 
tipraehen  zu  Oxford,  IST?  zu  Leyden  u. 
I5t^5  zu  Kraueker.  Orusius,  ein  Kreund 
ISeu  l  i{ier 's,  tliat  viel  tür  die  Kennt niss 
der  liebräisehen  Sprache,  und  war  nicht 
nllein  in  Krie>land  n.  {janz  INiederlaud, 
sondern  auch  in  vi<'len  liiindern  l'^in>pa's 
beiiiinnt.  Seine  Spiaeh-ielelirsaniki-it  war 
.HO  bekannt,  <lass  man  ihn  ausser  IM  a  r  n  i  x 
u.  A.  zum  l'ebersetzer  iler  Hibel  bestim 
lueu  wollte,  weUliem  jeiloeh  <lie  Synode 
von  Siiilhollaud  ent>ie<ieu  >\ar;  denn  Oru- 
sius  hatte  wt><ieu  s.  INlässifiuuf;  viele  l<'einde. 
Ueber  versehiedene  lliieher  des  \.  'l'esta 
meuts  hat  er  laicht  verbreitet,  und  nicht 
allein  eine  hebräische  Sprachlehre, 
sondern  auch  n\ehrere  >V«M'kcheu  zur  l"'r 
klärunj;'  {;ewisser  Theile  ilorselben  heraus 
•iCficben.  Kr  brach  die  l?alu\  tVn- ilie  sprach- 
liche Krkläruufi  des  \.  'l\\>ita\uenls ,  vM>zn 
jedoch  die  '/.eil  noch  nicht  reif  war.  Als 
Theolof;  halte  er  viele  >Viderwärtijikeilen, 
nameniHch  >  ou  Sxbrand  l.ubbertsz., 
.^eiinMu  KoUcfien,  auszusieben,  blieb  jedoch 
ein  \uhan«;er  der  {iemässi{;ien  l'arlei  u. 
bewahrte  s.  Uuluu.  Des  Tapisuius  beschul- 
dijit,  antwortete  er:  ,, Ich  habe  allein  we- 
jieu  de»  prolestnutischen  Gottesdienstes 
mehr  Schaden  jiclitten,  als  alle  ujeiue  Geji- 
uer  zusammen,  welche  dieser  Gottesdienst 
reich,  so  wie  mich  arm  i:emacht  hat."  (S, 
über  ihn  u.  s.  zahlreichen  Schriften:  Vrie  - 
«noel,  ..Athen.  Kris  ".  Ueov.   l  TtüS,  p.  4^> 


»iiiriiuiN  (III.)  —  Hubert  —  Geist- 
licher zu  Dtreclit,  der  die  strenfje  genfer 
KirchcMZucht  missbilli^^te ,  indem  er  keinen 
Katechismus  {gebrauchte  n.  die  hohen  lieln- 
stück(^,  auf  welche  man  damals  so  sehr 
hielt,  für  unnütz  erklärte.  Auch  erkannte 
er  die  volli'  Autorität  der  Obrij^keit  in 
Kiroh(M\sachen  an,  welche  die  Predif^cr  der 
herrschend<>n  lleli<;ionspartei  (als  ihrer  geist- 
lichen Herrschaft  zuwiderlaufend)  zu  bc- 
st'hneideu  suchten.  (S.  über  Duifhuis: 
,,l{iogrripliien  niederl.  IVliinner  u.  l<'raiien", 
TU,  J.,  u.  Scheltema's  „vermischte  Schrif- 
ten", Tb.  I.,  St.  2.,  p.  124— lfi7.  Letz- 
lerer \( Mgleicht  ihn  in  IMässigung  u.  Recht- 
lichkeit mit  K  rasmu  s  u.  M e I  a  nc  hl  hon.) 

Iluiiii  (V.)  —  ...  —  brachte  das  Le- 
biMi  von  Jacob  dem  Erzvater  in  Keime 
(1752). 

Illiün  (V.)  —  Izaac  — ■  der  Uival  von 
l'unt  in  der  Schauspielkunst,  wiewohl 
Duim  mehr  in  ernsten,  erhabenen  Kolleu 
sich   auszeichnete. 

Ilukor  (V.)  Karel  Andreas  —  geb. 
KiTO  zu  Unna  in  der  Grafschaft  Mark, 
bildete  sich  um  1690  zu  Franeker  unter 
Koell  H.  l'erizonius,  ward  1700  als 
l'rof.  d.  Ilereilsamkeit  u.  Geschichte  nach 
Herborn  berufen,  vertauschte  aber  diese 
Würtle  mit  der  eines  (.'onrectors  im  Haag. 
ICinige  Zeit  darauf  starb  l'erizonius  u. 
antwortete  auf  s.  Todtenbette  ilen  Cura- 
toren  auf  ihre  Krage,    wen   er  für  würdig 


halt« 


iSachfoljier   zu    sein?     Buruiau 


zu  Utrecht  oder  0  u  k  e  r.  K  u  r  m  a n  (A.  A.) 
erhielt  hierauf  den  Kuf,  doch  Düker  folgte 
ihm  zu  lllrecht  171(»,  und  bekleidete  die- 
selbe Würde,  wie  zu  Herborn,  bis  zum 
.1.  17.S4,  als  er  li-±  J.  alt,  schwach  und 
kränklich,  einen  ehrenvollen  Abschied  er 
hiell ,  »uul  sodann  zu  Ijsselstein  u.  Vianen 
noch  aclitzehn  Jahre  lebte,  bis  er,  ein 
Greis  u.  blind.  1752  starb.  Düker  ist 
durch  Herausgabe  von  Klerus  (^1722  u. 
1744),  >or  Allem  aber  durch  die  von 
Thucxdides  (17^P.  dessen  Bearbeitung 
nicht  allein  liefe  Gelehrsamkeit  ,  sondern 
auch  !Mulh  u.  Ausdauer  erheischte,  bekannt ; 
auch  schrieb  er  verschiedene  Anmerkungen 
zu  D  r  a  k  e  n  b  o  r  c  h  '  s  L  i  v  i  u  s  ,  Ü  u  d  e  n  - 
dorp's  Suelonius  (1751),  Aristopha- 
nes  (,l7t?0)  u.  andern  Autoren.  (S.  Saxii 
..Onomast...  T.  VI.  p.  267,  u.  Laudatio 
G.   A.   Dukerii.) 

HilUncrt    (IV.)    —    Heyman   —  geb. 
livH»  .  >i  Kouerdanu  ein  Schüler  des  Kern 
brandt    in  der  Malerei,    trieb  mit   Krfolg 


121 


Dunibar 


Effen 


122 


Musik.  Du;  scliönen  Künste  bcfieuiideten 
iliii  auch  mit  der  Dichtkunst,  worin  er 
>icii  durch  malerische  Schilderungen  aus- 
zeichnete. D.  Van  Hoogstraten  gab 
1719  dessen  Gedichte  in  1  Bändchen  her- 
aus; sie  enthalten:   1)  Geistliche  Gedichte, 

2)  Lobgedichte  auf  herausgegebene  Bücher, 

3)  Leichen  -  und  Grabgedichte ,  4)  ver- 
mischte Gediclite.  Dullaert  war  ein  ver- 
trauter Freund  \on  Oudaan,  doch  auch 
von  Volle  nhoer,  Antonides  u.  Moo- 
neu  gern  gesehen. 

Dunibar  (V.)  —  Gerard  —  Secretär 
der  Stadt  Deventer,  lebte  v.  1681 — 1744, 
und  gab  in  lat.  Sprache  eine  Sammhuig 
ungedruckter  Schriften,  nach  Art  des  Wer- 
kes von  Matthäus,  aus  dem  spätem 
Mittelalter ,  unter  folgendem  Titel :  ,,Ana- 
lecta ,  seu  vetera  aliquot  scripta  inedita", 
Deventr.  1719-1723,  III  VoL  u.  in  hol- 
I  ä  n  d.  Sprache  ein  Werk  über  die  Schick- 
sale s.  Vaterstadt,  betitelt:  ,.Das  kirch- 
liche u.  weltliche  Deventer",  1732,  Fol., 
wovon  der  2.  Theil  von  s.  Neffen  besorgt 
wurde ,  heraus. 

Duym  (III.)  —  Jacob  —  aus  Löwen, 
ein  Militär,  der  1584  in  spanische  Gefan- 
genschaft gerieth,  u.  an  den  Folgen  daAon 
achtzehn  Jahre  kränkelnd ,  in  s.  Erbitte- 
rung gegen  Spanien  ein  „Gedenkbuch"'  in 
6  Schauspielen,  enthaltend:  den  Mord  des 
Prinzen ,  die  Belagerung  von  Leyden ,  die 
von  Antwerpen ,  die  Einnahme  von  Breda 
u.  einen,  Oldenbarne veld  dedicirten 
Beweis,  dass  ein  guter  Krieg  besser  ist, 
als  ein  erheuchelter  Friede,  herausgab. 
Seine  Vaterlandsliebe  und  Geschichtskunde 
flbei-treffen  jedoch   bei  weitem  s.  Verdieji- 


ste  als  Dichter,  die  sehr  mittelmässig  sind. 
(S.  Kantelaar  u.  Siegenbeek,  „Eu- 
terpe«,   p.  107  —  111.) 

Dijk  (M^.)  —  Jacob  Van  —  ein  Kärner, 
von  dessen  Lebensumständen  durch  Van 
Kampen  nicht  viel  bekannt  geworden  ist, 
machte  sich  durch  verschiedene  Gedichte  von 
fröhlicher  oder  erhabener  Art  bekannt,  und 
erhielt  öfter  von  Dichter- Vereinen,  unter 
andern  von  dem  haager:  „Kunstliebe 
.spart  keinen  Fleiss",  den  goldnen  Ehren- 
preis. In  dem  witzigen  Gedichte :  „der 
vergnügte  Arbeitsmann" ,  beklagt  er  sich 
ironisch  über  das  Loos,  welches  ihm  die 
glückliche  Gefühllosigkeit  seiner  Mittage- 
löhner versagt,  und  ihn  dadurch  nur,  im 
Bewusstsein  unbefriedigter  Bedürfnisse,  un- 
glücklich gemacht  hat.  Später  soll  er  ein 
kleines  Amt  zu  Nieuwerkerk  an  der  Ijssel 
erhalten  haben,  welches  ihn  wenigstens 
dem  Stande  des  Tagelöhners  entrückte. 
Man  hat  von  ihm  ein  1791  herausgekom- 
menes Gedicht  in  Versen  von  10  u.  11 
Sylben:  „der  Auszug  Israel's  aus  Egypten" 
(Haarlem  1791),  worin  einige  schöne  Stel- 
len vorkommen  (s.  z.  B.  B.  \T.  S.  168 — 
170  die  Beschreibung  der  Passatwinde  u. 
Anziehungskraft  der  Ebbe  und  Fluth,  bei 
Van  Kampen  II.  403.).  Van  Dijk's 
Verse  sind  fliessend,  doch  ist  noch  viel  zu 
viel  Prosa  in  s.  langen  Gedicht.  Obgleich 
die  haager  Gesellschaft  ihn  mit  dem  grossen 
Landsmanne  Poot  vergleicht,  so  besitzt 
er  jedoch  die  bezaubernde  Natürlichkeit, 
Naivetät  und  Lieblichkeit  desselben  in  kei- 
ner Beziehung.  Indessen  ist  es  fast  un- 
begreiflich, wie  Van  Dijk,  bei  s.  gerin- 
gen Anleitung,  zu  so  vieler  Naturkenntniss 
kam,  die  man  in  s.  Werken  wahrnimmt. 


K 


Eck  (IV.)  —  Cornelia  Van  —  aus 
.\rnhcim ,  gest.  17S2.  war  Prof.  d.  R.  zu 
Franeker  (1685)  u.  Utrecht  (1693),  und 
erwarb  sich  einen  bleibenden  Ruhm  durch 
s.  Hauptwerk :  ,.Principia  Juris  Civilis  se- 
cnndum  ordiuera  Digestorum",  Franeq.  1689. 
Traj.  1694,  1697,  nebst  2  Reden  über  die 
., Vereinigung  der  Dichtkunst  mit  dem  Stu- 
dium des  röm.  Rechts".  Selbst  Hub  er, 
s.  Gegner,  rühmt  ihn  als  einen  gelehrten 
Mann  und  Kritiker.  ' 

Edmond  (II.)  —  ...  —  Secretär  der 
^i<:r  brabanter  Herzöge,  Verf.  einer  unge- 


druckten  Chronik,  -vrelche  von  Antoni 
bis  Philipp  d.  Guten,  über  mehr  als 
1100  J.  geht,  und  eine  Menge  ächter 
Stücke  u.  Urkunden  enthält. 

Effen  (V.)  —  Justus  Van  —  geb. 
1684  zu  Utrecht.  Sein  Vater,  der  Lieute- 
nant war,  bestimmte  ihn  zum  Kriegsdienst, 
doch  legte  er  sich  auf  Jurisprudenz  und 
wTirde  zu  Leyden  1727  Dr.  darin.  1714 
begleitete  er  Hrn.  Van  Duivenvoorde 
als  zw  eiter  Gesandtschafts  -  Secretär  nach 
England,  um  Georg  I.  bei  s.  Thronbe- 
steigung zu  beglückwünschen.     Hier  lernte 


123 


Effen 


Elzevier 


124 


er  Swift' s  Tale  of  the  Tub  kennen, 
u.  übers,  dieses  launige  Werk  ins  Franzö- 
sische, worin  es  unt.  d.  Namen  von  „Conte 
du  Tonneau"  allgemein  bekannt  ist.  Seine 
gründliche  Kenntniss  der  französ.  Sprache, 
die  er  so  gut,  wie  s.  Muttersprache  schrieb, 
verschaffte  ihm  die  Gunst  der  Grossen. 
So  ging  er  1719  mit  einem  deutschen  Für- 
sten nach  Schweden,  1727  als  erster  Ge- 
sandtschafts-Secretär  mit  dem  Grafen  Van 
Weideren  wieder  nach  England,  wo  er 
bereits  Mitglied  der  k.  Gesellschaft  der 
Wissenschaften  war,  und  nun  mit  einer 
goldenen  Ehrenmedailie  geschmückt  wurde. 
5fach  s.  Rückkehr  ins  Vaterland  erhielt  er 
einen  Posten  zu  Herzogenbusch  als  Commis 
der  Landesmagazine,  wodurch  er  sich  in 
Stand  gesetzt  sah,  zu  heirathen ,  starb  aber 
bald  darauf  im  J,  1735.  —  Van  Effen,  im 
vollsten  Sinne  ein  Mann  von  Geschmack, 
kann  der  Schöpfer  des  wahrhaft  schö- 
nen holländischen  Styles  genannt 
werden.  Sein  Misanthrope  (1711), 
eine  Nachahmung  in  französischer  Sprache 
des  so  allgemein  geachteten  englischen 
Spectator,  s.  Zeitschriften  „Journal  litte- 
ralre,  Courrier  politique  et  galant,  Nouveau 
Spectateur  Fran9ois"  und  andere  französ. 
Werke  zeugen  von  vielem  Geist ;  aber  unter 
s.  Zeitgenossen  hat  er  s.  Namen  durch  den 
„Hollandschen  Spectator"  (1731  —  1785) 
verewigt.  Hier  sah  man  zuerst  einen  un- 
gezwungenen, natürlichen  holländischen  Styl 
nach  dem  Vorbilde  der  unsterblichen  fran- 
zös. Prosaisten  dieses  Jahrhunderts.  Nie- 
mand ist  vielleicht,  was  Wahrheit  u.  Zier- 
lichkeit eines  mit  attischem  Salze  gewürz- 
ten Styles  betrifft,  Addison  näher  ge- 
kommen, als  Van  Effen  in  diesem  mit 
Recht  von  Simon  Stijl  für  classisch  ge- 
haltenen Werke.  Die  sog.  Agneschens 
waren  drei  Abhandlungen,  worin  eine  hol- 
ländische bürgerliche  Liebesgeschichte  un- 
nachahmlich naiv  beschrieben  wurde.  An- 
dere (doch,  wie  Van  Kampen  sagt, 
vielleicht  nicht  bessere)  Sitten  Hessen  sie 
in  Vergessenheit  kommen,  bis  S ch eite- 
rn a  sie  daraus  wieder  hervorgezogen  hat. 
(S.  dessen  „historische  u.  literarische,  ver- 
mischte Schriften"  H.  Th.  2.  St.  S.  140— 
185.)  Nicht  allein  Gegenstände  aus  dem 
gewöhnlichen  Leben  behandelte  Van  Ef- 
fen darin,  sondern  verbesserte  auch,  gleich 
seinem  Vorbilde  Addison,  den  Geschmack 
des  Volkes  durch  richtige  Urtheile  über 
Poesie,  z.  B.  über  den  Aran  und  Titus 
von  Jan  Vos  („Holl.  Spectator"   I.   190 


— 192),  und  den  Arsaces  von  Huyde- 
coper  („Holl.  Spectator"  IV.  262,  263), 
über  den  Missbrauch  der  alten  Götterlehre, 
das  wahrhaft  Erhabene  u.  s.  w.  (s.  unt. 
and. ,  Aufsatz  217  im  2.  St.  des  IV.  Th., 
S.  477—490.  der  2.  Ausg.,  Amst.  1756.)  — 
Van  Effen's  Biographie  betindet  sich 
in  den  „Biogr.  niederl.  Männer  u.  Frauen" 
Vn.  120—147.  u.  von  P.  A.  Verwer  vor 
der  2.  Ausg.  des  Spectators  (1756,  kl.  8.). 

Ggeling^  (VI.)  —  ...  —  gemüthli- 
cher  Kanzelredner  zu  Leyden ,  bekannt 
durch   s.    „Weg  der  Seligkeit",   2  Theile. 

Eikelenlierg  (V.)  —  Simon  —  geb. 
1663  zu  Alkmaar,  gest.  1738,  gab  nütz- 
liche Beiträge  zur  Kenntniss  der  Schick- 
sale von  Westfriesland  (unter  d.  Titel: 
„Gestalt  von  Westfriesland  vor  1300", 
Alkmaar  1714,  4.)  im  Allgemeinen  u.  von 
s.  Geburtsstadt  insbesondere  („Alkmaar  u. 
seine  Geschichte",  Alkmaar  1739,  4.)  her- 
aus. Nach  s.  Tode  erschien  s.  „Chronik 
von  Egmond". 

Binde  (IV.)  —  Jacob  Van  Den  — 
(Jacobus  Eyndins),  ein  Militär,  geb. 
zu  Delft,  gest.  1614,  schrieb  eine  bis  1296 
gehende  „lat.  Chronik  über  Zeeland",  die 
erst  nach  des  Verf.  frühem  Tode  heraus- 
gegeben wurde. 

Siising^a  (VI.)  —  ...  —  Verfertiger 
eines  sehr  künstlichen  Planetarium,  von 
Van  Swinden  beschrieben. 

£kama  (VI.)  —  ...  —  Prof.  zu 
Leyden,  unter  dessen  Leitung  das  berühmte 
Observatorium  daselbst  errichtet  ist. 

Klst  (lU.)  —  WUlem  Van  Der  —  aus 
Flandern,  gab  1622  einige  Gedichte  geist- 
lichen u.  andern  Inhalts  heraus. 

Elter  (VI.)  —  ...  —  geb.  zu  Woestho- 
ven ,  hat  sich  unter  den  niederländ.  Dich- 
terinnen durch  einige  kühne  Gedichte  in 
den  „poetischen  Gemälden"  (1801)  vor- 
thellhaft  bekannt  gemacht. 

Elzevier  (VI.)  —  K.  —  gab  (1761) 
„Probe  einer  neuen  holländischen  Sprach- 
lehre" heraus. 

Elzevier  (in.)  —  Abraham  u.  Bo- 
naventura —  zu  Leyden,  Buchdrucker  er- 
sten Ranges  in  Europa ,  in  der  gelehrten 
Welt  allgemein  bekannt  durch  ihre  vor- 
trefflichen Ausgaben  der  alten  Classiker, 
gaben  auch  geographische  Beschreibun- 
gen der  verschiedenen  Länder  von  Europa 
heraus,  welche  (mit  der  hebräischen  Re- 
publik von  C  u  n  ä  u  s  ,  der  griechischen  von 
Ubbo  Emmius  und  der  römischen  von 
Scriverius)    32  Bändchen    in    kl.    12., 


125 


£menes 


Erasmus 


126 


unter  dem  Namen  von  Respublicae  oder 
Staaten,  ausmachen.  Dazu  kommen  noch 
16  Bändchen  von  andern  Buchhändlern.  Der 
Werth  dieser  Arbeiten  ist,  nach  den  Verfas- 
sern, ungleich ;  doch  wurden  sie  zu  jener  Zeit 
sehr  gerühmt  und  sind  gegenwältig,  wie 
Wach  1er  („Gesch.  d.  histor.  Forschung 
u.  Kritik",  B.  I.  Abth.  2.  S.  723)  bemerkt, 
zu  sehr  vergessen  u.  zu  wenig  geachtet. 
(S.  Van  Kampen  Ilf.   646.) 

Emenes  (IV.)  —  Jacob  Van—  (1635 
— 1679)  verfasste  Anmerkungen  zu  Vlr- 
gil,  welche  nach  s.  Tode  in  3  Theilen 
herauskamen.     Broekhuizen   rühmt  sie. 

Emmius  (UI.)  —  Ubbo  —  geb.  1547 
zu  Grietzijl  in  Ostfriesland,  wegen  s.  An- 
hänglichkeit an  Calvin 's  Lehre  1588  zu 
Norden  in  s.  Vaterlande  als  Rector  abge- 
setzt, aber  1594  nach  Groningen  berufen, 
wo  er  1614  einer  der  ersten  u.  berühm- 
testen Professoren  auf  der  neu  errichteten 
Universität  wurde  und  1625  starb.  Er 
ist  der  wahre  u.  classische  Geschichts- 
schreiber von  Friesland ,  auch  Verf.  der 
Biographie  des  Grafen  Wilhelm  Lud- 
wig, Statthalters  von  Friesland,  .dann 
einiger  kleinerer  Schriften  über  die  friesi- 
schen Alterthümer,  eines  chronologischen 
•  u-  staatswissenschaftlichen  Werkes  u.  einer 
geographischen  und  politischen  Beschrei- 
bung von  Alt-Griechenland.  Seine,  in  gu- 
tem Latein  geschriebenen',  Werke  sind: 
1)  Rerum  Frisicarum  Historiae  Decades, 
Franeq. ,  Arnhem  ,  Gron. ,  L.  B.  1596  — 
1615 ;  ganz  zu  Leyden  bei  Elzevier,  1617, 
mit  d.  W. :  de  Frisia  et  Frisiorum  Repu- 
blica ,  Gull.  Lodovicus ,  Comes  Nassovius, 
Gron.  1621 ,  4.  2)  Historia  nostri  tem- 
poris,  Gron.  1722.  3)  Opus  Chronologi- 
cum  No\-um,  Gron.  1619.  4)  Appendix 
Genealogica ,  ibid.  1620.  5)  Vetus  Grae- 
cia  illustrata,  1626,  1632,  und  in  dem 
Thesaurus  Antiquit'atum  Graecarum  von 
Grono^^us,  T.IV.  (S.  Foppens  IL  1150, 
1151  und  Wachler  L  2,  757—760.) 

Engellierts  (VT.)  —  ...  —  schrieb 
(von  1796  —  1799)  über  den  ursprüngli- 
chen Zustand  der  vereinigten  Niederlande 
bis  auf  die  gräfliche  Regierung,  wozu 
Van  Wijn  u.  A.  wichtige  Beiträge  liefer- 
ten, und  vertheidigte  in  emem  besondern 
Werke  die  Ehre  des  niederländischen  Vol- 
kes. Ersteres  Werk  führt  den  Titel:  ,,der 
ursprüngliche  Zustand  und  die  Geschichte 
der  vereinigten  Niederlande"  (Amst.  1784 — 
1799,  4  Theile)  und  betrifft  blos  die  Bata- 
vier,  die  er  ausführlich,  doch,  wie  es  scheint, 


mit  zu  viel  Vorliebe  schildert.  Engel- 
berts trieb  die  Zeichnen  -  und  Malerkunst, 
und  hat  selbst  einige  Platten  für  dieses 
Werk  gezeichnet. 

Eng^elbard  (VI.)  —  Nicolaus  — 
General- Director  von  Niederland's  Indien 
und  Gouverneur  von  Java's  Nordostküste, 
verfasste  eine  ,,Uebersicht  des  Zustandes 
der  niederländ.  Besitzungen  in  Ostindien, 
unter  der  Verwaltung  des  General  -  Gou- 
verneurs Herman  Willem  Daendels ,  zur 
bessern  Kenntniss  u.  Würdigung  von  des 
Mannes  willkürlichen  und  eigenmächtigen 
Regierung" ,  im  Haag  und  zu  Amsterdam, 
1806,  8.  Die  Stellung  des  Verfassers  gibt 
den  Geist  zu  erkennen,  in  welchem  dieses 
Werk  abgefasst  ist,  wie  auch  die  Befug- 
niss ,  welche  derselbe  hatte ,  um  gegen 
Daendels  seine  Stimme  zu  erheben. 

£piscopius  (III.)  —  Simon  —  (Bis- 
se ho  p)  remonstrantisch  gesinnter  Theolog, 
gab  1634  eine  „Unterweisung  in  der  Theo- 
logie" heraus,  welche  von  Vielen  als  ein 
Meisterstück  einer  freien  und  biblischen 
Denkweise  angesehen  w^rde. 

JBrasmuS  (IL)  —  Desiderlus  —  dessen 
eigentlicher  Name  (nach  der  Mode  jener 
Zeiten ,  als  man  noch  keine  eigentlichen 
Familiennamen  hatte)  Gerrit  Gerrits - 
zoon  war,  trug  mehr  als  irgend  Jemand 
am  Ende  des  15.  und  zu  Anfange  des  16. 
Jahrhunderts  zur  Wiederherstellung  der 
Wissenschaften  u.  des  wahren  Geschmacks, 
zur  Verbannung  des  schlechten  Mönchsla- 
teins und  des  Mönchswesens  bei.  Sein 
Vater,  Gerrit  Elias,  wohnte  zu  Gouda, 
seine  Mutter,  Elisabeth,  zu  Siebenbür- 
gen. Sie  gebar  ihn  ausserehelich  zu  Rot- 
terdam am  28.  Oct.  1467,  während  Ger- 
rit in  Rom  war  und  dort  in  den  geist- 
lichen Stand  trat.  Seine  Blutsverwandten 
nahmen  sich  jedoch  des  Kindes  an  und 
brachten  es,  nach  einigen  verlorenen  Jah- 
ren, als  Chorsänger  zu  Utrecht,  in  s.  eilf- 
ten  Jahre  auf  die  Schule  in  Deventer,  die 
damals  mit  Recht  vor  allen  berühmt  war. 
Agricola  nahm  schon  bei  einem  Besuch  in 
dieser  Schule  die  ausserordentlichen  Fähig- 
keiten des  Knaben  wahr  und  prophezeihte 
in  ihm  einen  grossen  Mann.  Hegius  bil- 
dete ihn  nicht  allein  in  der  lateinischen, 
sondern  auch  in  der  damals  noch  so  wenig 
geübten  griechischen  Sprache,  und  der  scho- 
lastischen Philosophie  war  er  schnell  voll- 
kommen Meister.  Als  die  Pest,  die  Eu- 
ropa um  1480  heimsuchte,  nicht  allein  s. 
Mutter,  sondern  auch  mehrere  s.  Bekann- 


127 


Erasmus 


Brasmus 


128 


ten  wegraffte,  kehrte  er  nach  Gouda  zurück, 
doch  hier  starb  auch  s.  Vater  und  über- 
liess  ihn  habsüchtigen  Vormündern,  welche, 
gleich  denen  über  Demosthenes,  sich 
mit  dem  Eigenthum  ihres  Mündels  zu  be- 
reichern und  ihn  zu  diesem  Zwecke  nur 
für  ein  Kloster  (damals  ein  Tempel  der 
Dummheit)  geschickt  zu  machen  suchten, 
wo  er  mit  einer  kleinen  Mitgift  für  s.  Le- 
ben versorgt  sein  sollte.  Der  erste  Plan 
hierzu,  in  einem  geistlichen  Erziehungs-In- 
stitut zu  Herzogenbusch  gelegt,  wo  er 
zwei  Jahre  blieb ,  wurde  ebenfalls  durch 
die  Pest  vereitelt.  Ein  zweiter  ward  im 
Kloster  Sion  bei  Delft,  und  ein  dritter  in 
dem  von  E  mm  aus  oder  zu  Steene  bei 
Gouda,  versucht,  wo  Erasmus,  theils 
durch  Versprechungen,  theils  durch  schmei- 
chelhafte Vorstellungen,  theils  durch  Dro- 
hungen und  wirklich  angewandten  Zwang 
endlich  das  Klostergelübde  ablegte.  Hier 
blieb  er  fünf  Jahre,  sich  über  den  Verlust 
s.  Freiheit  mit  der  \ielen  Zeit  tröstend, 
die  andere  Mönche  dem  Müssiggange  oder 
der  Unzucht,  er  dagegen  (wiewohl  s.  Le- 
bensweise durch  böses  Beispiel  auch  nicht 
ganz  tadellos  war)  dem  Studium  der  alten 
Schriftsteller  und  der  lateinischen  Dicht- 
kunst wdmete,  und  lernte  zwei  wissen- 
schaftliche Männer  aus  Gouda,  Willem 
Hermansz.  und  Cornelius  Aurelius 
kennen ,  welcher  letztere  ihn  auf  die  in 
den  Werken  der  Kirchenväter  zu  finden- 
den Schätze  aufmerksam  machte.  Doch 
vor  Allem  waren  diese  Leidensjahre  durch 
die  Schickung  der  ewigen  Vorsicht  segens- 
reich für  die  Menschheit,  weil  Erasmus 
darin  die  damaligen  Klöster,  diese  Höhlen 
der  Faulheit  und  Zügellosigkeit,  in  der  Nähe 
kennen  lernte  und  nachher  mit  solchen  star- 
ken Zügen  malte,  dass  die  Reformation  da- 
durch nicht  wenig  befördert  ward.  End- 
lich sah  er  sich  aus  dieser  Prüfung  erlöst. 
Der  Bischof  von  Kamerijk  wählte  ihn  1491 
zu  s.  Geheimschreiber  auf  einer  Reise  nach 
Rom,  um  daselbst  den  Cardinalshut  zu  er- 
halten *).  Doch  die  Unbeständigkeit  dieses 
Kirchenhirten,  der  überdies  s.  Absicht  ver- 
fehlte, veranlasste  Erasmus,  s.  Aufent- 
halt in  Paris  zu  nehmen,  zu  der  Zeit  be- 
rühmt als  einer  der  vornehmsten  Sitze  der 
scholastischen  Philosophie  und  Theologie. 
Hier  trieb  er  auch  wieder  Griechisch,  doch 


musste  er  aus  Mangel  an  Büchern  und 
Lehrern  in  dieser  Sprache  grösstentheils 
s.  eigner  Führer  sein.  Inzwischen  machte 
er  einen  Ausflug  nach  Kamerijk  zu  s.  Gön- 
ner und  nach  Holland.  Zu  Paris  hatte  er 
wenig  Ansehen,  dessenungeachtet  wurde 
ihm  durch  den  englischen  Grafen  von 
Montjoye  eine  neue  Laufbahn  eröffnet. 
Er  begab  sich  nach  England,  wo  er  sich 
schon  damals,  doch  besonders  in  der  Folge, 
als  er  bei  einem  spätem  Besuche  daselbst 
in  dem  mit  Recht  berühmten  Thomas 
M  0  r  u  s  einen  Herzensfreund  fand ,  sehr 
wohlgefiel.  „Bei  den  Engländern",  pflegte 
er  zu  sagen,  „ist  der  Triumph  wahrer  Ge- 
lehrsamkeit". Das  erste  Mal  jedoch  wurde 
er  daselbst,  wie  es  scheint,  nicht  in  seinem 
Werth  erkannt.  Er  ging  zum  dritten  Male 
nach  Paris  und  zog  seitdem  eine  Zeit  lang 
(zu  Anfange  des  16.  Jahrh.)  hin  und  her 
in  den  Niederlanden  (besonders  nach  Lö- 
wen) ,  in  Frankreich  und  England.  Im 
J.  1508  ging  er  nach  Italien  ,  wo  damals 
die  Wissenschaften  und  schönen  Künste 
unter  den  Medicis  u.  andern  Beschützern 
in  voller  Blüthe  standen  ♦).  Hier  ver- 
tauschte er  s.  Mönchsgewand  mit  des 
Papstes  Erlaubniss  mit  dem  eines  Welt- 
priesters,  besuchte  Bologna,  die  Pflanz- 
schule für  Freunde  des  römischen  Rechts, 
Venedig,  Padua,  Rom,  wo  er  s.  Neigung 
für  die  griechische  Sprache  durch  den  Um- 
gang mit  Musurus  und  Karteroma- 
chus  befriedigen  konnte  und  sich  wahr- 
scheinlich daselbst  niedergelassen  haben 
würde,  wenn  nicht  Heinrich  VIIL,  der 
1509  den  englischen  Thron  bestieg,  ihn 
zu  sich  gerufen  hätte.  Nun  zog  er  Eng- 
land Italien  vor  (obgleich  man  ihn  zu 
Turin  zum  Dr.  der  Theologie  gemacht 
hatte),  und  schloss  den  bereits  erwähnten 
Freundschaftsbund  mit  Morus.  In  Eng- 
land schrieb  er  eines  seiner  meistgelesenen 
und  in  die  meisten  Sprachen  übersetzten 
Werke :  „das  Lob  der  Narrheit"  (Enco- 
mium  Moriae) ,  worm  er  vor  Allem  die 
Geistlichen  und  Mönche  furchtlos  durch- 
hechelt. Auch  machte  er  daselbst  Bekannt- 
schaft mit  dem  gelehrten  Italiener  A  m  m  o- 
n  i  u  s.  Nach  einem  fünfjährigen  Aufent- 
halte kehrte  er  1514  in  s.  Vaterland  zu- 
rück und  wurde  Rath  seines  Landesfiirsten, 


*)  lieber  die  Jünglingsjahre  von  Erasmuu 
8.  Scheltema'g  „vetmischte  Schriften" ,  1.  St. 
S.    G4,    100. 


♦)  S.  Roscoe'a  „Biogr.  von  Leo  X.",  4  Th. 
gr.  ö. ,  ins  Holländische  übersetzt  mit  Anmer- 
kungen von  Henke. 


129 


Erasmus 


Erasmus 


130 


des  (damals  noch  unmündigen)  Erzherzogs 
Karl.  Nunmehr  war  s.  Ruhm  bereits  so 
fest  begründet,  dass  die  grössten  Gelehr- 
ten und  alle  Fürsten,  weiche  die  Gelehr- 
samkeit beschützten ,  ihn  mit  Lobeserhe- 
bungen überhäuften  und  zum  Theil  zu  sich 
nöthigten.  Aber  Erasmus,  der  die  Frei- 
heit über  Alles  liebte  und  vielleicht  fürch- 
tete, durch  die  blutigen  Kriege  dieser 
Periode  in  Verlegenheit  zu  kommen,  oder 
zu  Etwas  gegen  s.  Gefühl  gezwungen  zu 
werden ,  wählte  s.  Aufenthalt  vorzugs- 
weise zu  Basel,  einer  freien  Stadt  in  der 
»Schweiz ,  wo  er  die  letzten  zwanzig  Jahre 
s.  Lebens  grösstentheils  zubrachte,  obgleich 
er  dann  und  wann  auch  Löwen  u.  Frank- 
reich besuchte.  Doch  ward  es  ihm  mög- 
lich, s.  ihm  theure  wissenschaftliche  Ruhe 
in  dieser  an  grossen  Ereignissen  schwan- 
gern Zeit  zu  bewahren.  Die  Reformation 
von  Luther  brach  aus  und  nun  rief  man 
von  allen  Seiten,  dass  dieser  das  Ei 
ausbrüte,  welches  Erasmus  gelegt 
hätte.  Gleichwohl  schloss  sich  Eras- 
mus nie  öffentlich  an  die  Kirchenverbes- 
serer  an.  Seine  Furchtsamkeit  war  davon 
keinesweges  die  alleinige  Ursache.  Die 
Moralität  war  bei  ihm  die  Hauptsache  im 
Gottesdienst ;  Alles,  w  as  dagegen  verstiess, 
wie  das  schändliche  Leben  und  die  heil- 
losen Lehren  der  Mönche,  die  Idee,  dass 
äusseiliches  Gepränge,  Wallfahrten  und 
Feste  den  wahren  Gottesdienst  ausmachten, 
bekämpfte  er  unerschrocken ,  und  verthei- 
digte  deshalb  anfangs  die  Reformation  bei 
den  Kurfürsten  von  Mainz  und  Sachsen, 
als  Luther  die  Ablasskrämerei  angriff, 
und  feuerte  ihn  selbst  an ;  besonders  ge- 
fiel es  dem  grossen  Manne,  dass  Luther 
sich  auf  die  Vernunft  und  heil.  Schrift, 
nicht  aber  auf  die  päpstlichen  Bullen  be- 
rief *).  Als  aber  der  Reformator  selbst 
unduldsam  ward ,  als  er  durch  Uebertrei- 
bung  der  zu  jener  Zeit  besonders  nütz- 
lichen Lehre  von  der  Kraft  des  Glaubens, 
im  Gegensatz  der  öfters  misverstandenen 
guten  Werke,  so  weit  ging,  die  Freiheit 
des  menschlichen  Willens  in  Abrede  zu 
stellen,  trennte  sich  Erasmus,  der  jetzt 
seinerseits  L  u  t  h  e  r '  s  Lehre  als  schädlich 
für  die  Moralität  ansah,  ganz  von  ihm; 
und    es   war  eben   dieser  Punkt,   worüber 


er  (auf  dringendes  Verlangen  der  mäch- 
tigsten katholischen  Fürsten)  gegen  ihn 
schrieb*^.  Auch  sah  der  edle  Mann,  der 
selbst  sanft  von  Natur,  s.  Gegner  nur  mit 
feinem  Spott  strafte,  die  Heftigkeit,  den 
Zorn  und  die  Hitze,  wodurch  Luther 
sich  allzu  oft  hinreissen  Hess ,  ungern, 
und  warnte  ihn  davor  bereits  im  J.  1519**). 
Endlich  war  dem  Freunde  der  Wissenschaf- 
ten und  Künste  die  Leidenschaftlichkeit 
zuwider,  womit  die  Bilder  in  den  Kirchen 
heruntergerissen  und  zertrümmert  wurden. 
Erasmus,  viel  zu  aufgeklärt ,  um  die 
ungereimte  Fabellehre  der  Legende  selbst 
durch  schöne  Malereien  verewigt  zu  sehen, 
wollte  einen  Mittelweg  einschlagen  und  die 
Wände  der  Kirchen  mit  Darstellungen  aus 
dem  Leben  von  Jesus  verzieren***).  Eras- 
mus misbilligte  auch  die  abscheuliche  Un- 
verträglichkeit, die  Andersdenkende  zum 
Feuer  verdammte,  schlechterdings  u.  ohne 
Ausnahme.  „Es  ist",  sagte  er,  „gegen 
alle  Billigkeit,  dass  man  das  P'euer  zur 
Bestrafung  des  L-rthums  anwende,  es  sei 
denn,  dass  daraus  Aufruhr  und  Missethaten 
entspringen,  die  den  Tod  verdienen  f)". 
Er  zeichnete  sich  in  dieser  Hinsicht  vor 
Calvin,  der  S er v et  verbrennen  Hess,  u. 
selbst  vor  Melanchthon  aus,  der  diese 
Greuelthat  guthiess.  Besass  auch  dieser 
Niederländer  all  das  Feuer  und  die  Kraft 
nicht,  welche  Gott  zur  Ausführung  des 
grossen  Vorhabens  Luthern  verlieh,  so 
irrt  man  jedoch,  wenn  man  glaubt,  dass 
er  sowohl  an  Verstand  als  Sittlichkeit  ei- 
nigermassen  unter  ihm  stand.  Zufolge  die- 
ser Gesinnung  konnte  denn  auch  dem  grossen 
Manne  der  Bildersturm  zu  Basel,  der  da- 
selbst 1529  Statt  fand,  nicht  angenehm 
sein.  Dennoch  sah  er  darin  mehr  Schwär- 
merei und  tollen  Eifer,  als  Heiligenbilder- 


')  S.  Roscoe,  „Leo  X.",  Th.  III.  S.  256, 
257.  Seckendorf,  ,,Histoire  de  la  Refor- 
liiation",  Vol.  I.  ann.   1520,    §.  35. 


*j  „Lasüt  uns  gestehen" ,  sagte  er  anders- 
wo, „dass  der  Glaube  die  Herzen  rechtfertigt, 
d.  h.  reinigt,  vorausgesetzt ,  dass  wir  zugeben, 
dass  Werke  der  Liebe  zur  Seligkeit  nöthig 
sind  und  der  wahre  Glaube  nicht  unfruchtbar 
sein  kann."  Diese  von  Munting  in  den 
,, Seltenheiten  aus  den  Zeiten  der  Reforma- 
tion" ( S.  145)  angeführte  Stelle  kommt  vor 
in  Erasmu»  Werke:  ,,de  Amabili  Ecclesiae 
Concordia". 

**)  S.  Erasm.  Epist.  L.  VI.  p.  245.  XIII. 
p.   442.  XXI.  p.   279. 

'♦*)  S.  Roscoe,  IV.,  104,  105. 

+)   S.  Seckendorf  a.     d.    O.    ann.   1524,    §.   80. 

5 


131 


Erasmus 


Erasmus 


132 


Schändung;  denn  anderswo  spottete  er  über 
die  Bilder ,  die  sich  nun  so  geduldig  unter 
die  Füsse  werfen  lassen,  da  sie  doch  vor 
VIters ,  wie  es  hiess ,  bei  der  geringsten 
Beleidigung  bereit  waren,  sich  durch  ein 
Wunder  zu  rächen.  Er  begab  sich  daher 
nach  Freiburg  im  Breisgau  und  fuhr  fort, 
sich  daselbst  eifrig  mit  den  Wissenschaf- 
ten, der  Ausgabe  der  Kirchenväter,  von 
Aristoteles,  üemosthenes  und  andern 
classischen  Schriftstellern  zu  beschäftigen. 
Jm  J.  1553  erhielt  er  ein  Geschenk  von 
200  Gulden  von  den  Staaten  von  Holland. 
Aber  für  die  Cardinalswürde,  die  ihm 
Papst  Paulus  III.  zu  verleihen  gedachte, 
wollte  er  keinen  Schritt  thun.  1536,  im 
69.  Jahre  s.  Lebens,  starb  dieser  ewige 
Ruhm  von  Niederland,  ausserhalb  demsel- 
ben, in  s.  geliebten  Basel,  ohne  abergläu- 
bisches Gepränge,  allein  auf  Gottes  Gnade 
in  Christo  vertrauend.  Seine  treuen  Freun- 
de Amersbach,  Frobenius  (der  Druk- 
ker  s.  Werke)  und  Episcopius,  um 
derentwillen  er  nach  Basel  gekommen  war, 
ernannte  er  zuVollziehern  s.  letzten  Willens; 
sie  mussten  s.  Güter  zur  Unterstützung  von 
Greisen ,  Armen ,  zur  Ausstattung  junger 
Mädchen  und  zum  Studiren  bedürftiger 
Jünglinge  anlegen  *).  —  Erasmus  hatte 
dreierlei  Feinde :  die  Mönche,  gegen  wel- 
che er  s.  ganzes  Leben  hindurch  unermüdet 
geschrieben  und  gesprochen  hatte;  einige 
übertriebene  Protestanten ,  die  ,  besonders 
in  letzterer  Zeit,  ihm  s.  Mässigung  und 
Rechtlichkeit  nicht  vergeben  konnten,  und 
einige  Schulgelehrte  s.  Zeit,  die,  sei  es 
aus  persönlichem  Hasse  oder  dass  er  ihres 
beschränkten  Wissens  spottete,  kein  lat. 
Wort  zu  gebrauchen,  als  das  in  Cicero  ge- 
standen, ihn  mit  Schmähungen  u.  Lästerun- 
gen überhäuften.  Von  ersteren  war  solches 
keinesweges  zu  verwundern.  Er  bekann- 
te, zufolge  des  Zeugnisses  Aon  Melanch- 
thon,  dass  Luther  zwei  grosse  Sün- 
den begangen  hätte:  „dem  Papst 
nach  der  Krone  und  den  Mönchen 
nach  den  Bäuchen  zu  greifen**)". 
In  Jedermanns  Händen  sind  s.  witzigen  „Ge- 
spräche", durch  welche  er  dem  Papst- 
und  Mönchsthum  (welches  er  stets  sorg- 
fältig von  dem  Katholicisnuis  unterschied) 
vielleicht  eben  so  viel  Schaden  gethan  hat,  als 


der  Reformator.  Man  lese  nur  s.  „Francisca- 
ni  oder  7rroj;fo-7rAor(Tioi",  s.  ,,Concio  sive 
Merdardus",  s.  „Pex'egrinatio  Religionis" 
ergo",  s.  ,,Cünvivium  Religiosum",  s.  „Nau- 
fragium"  u.  A. ,  worin  er  nicht  allein  die 
Misbräuche  der  röm.  Kirche  scharf  tadelt, 
theils  in  einem  strafenden ,  theils  in  einem 
scherzenden  Tone  *)  :  sondern  auch  den 
ächten,  wahren  Gottesdienst  in  Tugend  u. 
göttlicher  Gottesfurcht  bestehen  lässt,  und 
an  der  Seligkeit  der  braven  Heiden  so 
wenig  zweifelt,  dass  er  ausruft :  Heiliger 
Sokrates!  bitte  für  uns!  und  dann 
begreift  man  leicht,  wie  ein  löwensches 
Priesterheer**),  aus  Auftrag  der  Facultät 
an  dieser  Universität,  eine  Anzahl  irriger, 
schändlicher  und  ketzerischer  Sätze  aus  s. 
Werken  sammelte,  dass  die  zu  Paris  einen 
ähnlichen  Schritt  that,  und  dass  die  Kir- 
chenversammlung von  Trident  s.  Werke  auf 
das  Verzeichniss  der  verbotenen  Bücher 
setzte.  Eben  so  natürlich  ist  es,  dass  ein 
Mann ,  der  sich  um  des  Volkes  willen 
an  die  Gemeinschaft  s.  Kirche  hielt,  die 
den  freien  Willen  gegen  Luther's 
Uebertreibung  vertheidigte,  der  nichts  als 
Beilegung  des  Zwiespaltes  suchte,  und  der 
gesagt  haben  sollte:  „ich  würde  mich  zu 
den  Arianern  halten,  wenn  es  die  Kirche 
nur  gethan  hätte",  dass  solch  ein  Mann  den 
heftigen  Luther  amEnde  s.  Lebens  wenig 
zufrieden  stellgn  musste,  so  dass  demzu- 
folge Erasmus  noch  sehr  der  Kennt- 
niss  Christi  ermangelte  ***),  und  dass 
nach  hundert  Jahren  der  reformirte  Pre- 
diger Jakobus  Leeuwius  zu  Rotter- 
dam auf  der  Kanzel  Erasmus  einen  Li- 
bertin  imd  Freigeist ,  der  aller  Reli- 
gionen gespottet  hätte,  nennen  durf- 
te f).  Die  dritte  Classe  von  Feinden, 
welche  keinen  religiösen,  sondern  einen 
wissenschaftlichen  Hass  gegen  ihn  hatte, 
war  keinesweges  die  gelassenste.     An  ihrer 


I 


^*)   S.  Monting  a.   a.  O.   p.  55. 
'•)  S.    G.    Arnold,    ,, Gesch.    il.    Kirchen    ii. 
Ketzer",  Fol.   11.  Th.  S.   ü07. 


*)  Er  wagte  unter  Anderm  in  letzterem  zu 
sagen,  dasa  ein  Schüfbrüchiger  nicht  wohl  thun 
würde,  den  heil.  Petrua  anzurufen,  weil  er 
bereits  ertrunken  sein  könnte,  ehe  der  Heilige 
sich  seines  Auftrages  bei  Gott  entledigte ,  80 
dass  CS  am  Besten  wäre,  den  allgemeinen  Va- 
ter unmittelbar  selbst  anzurufen.  Colloq.  Edit. 
Elzev.   1G77,    p.  183,  184. 

**)   S.   J.  Henteuius,  bei  Foppens,   II.  233. 

'•♦)  S.  G.  Arnold  a.   a.  O. 

+)  S.  Schelteraa's  ,, vermischte  Schriften", 
S.    107. 


133 


Erasmus 


Erasmus 


134 


Spitze  stand  der  herühmte  Italiener  Ju- 
lius Cäsar  Scaliger.  Weil  Erasmus 
in  s.  ,,Ciceronianus"  die  Abgötterei,  mit 
Cicero,  die  sich  damals  aus  Italien  über 
Europa  verbreitete,  angegriliVn  hatte,  nann- 
te Scaliger  ihn  einen  Betrunkenen,  einen 
Vatermörder,  kurz,  einen  abscheulichen  Bö- 
sewicht *).  So  führte  man  zu  jener  Zeit 
Avissenschaftliche  Streitigkeiten !  Man  muss 
die  Gelassenheit  von  Erasmus  bewun- 
dern, der  in  allen  diesen  Zwisten  nie  die 
Grenzen  der  Mässigung  verliess ,  ausser 
gegen  die  Mönche,  die  geschworenen  und 
um  so  gefährlicheren  Feinde  des  Christen- 
thums  und  der  Sittlichkeit,  da  sie ,  gleich 
den  Pharisäern  von  Alters  her,  ihre  Bos- 
heit, Unwissenheit,  Ünseligkeit  unter  dem 
Mantel  von  Frömmigkeit  und  Rechtlich- 
keit verhüllten.  So  diese  (im  Streit 
mit  Luther),  sagt  er**),  die  Ober- 
hand bekommen,  bleibt  nichts 
mehr  übrig,  als  eine  Grabschrift 
für  Christus  zu  schreiben;  er  wird 
dann  nicht  wieder  auferstehen***). 


Unter  den  Zeitgenossen  von  Erasmus, 
mit  welchem  dieser  vortreffliche  Mann  ver- 


*)   S.  Bayle,    Dict.  Art.   Erasme. 

")   S.   Epist.  Erasmi,    24.  Maii  1520. 

*'♦)   Folgende    Liste    enthält    die   voTEÜglich- 
steu  Werke    und  L'ebersetzungen    dieses    celte- 
iieu  Mannes,    die    erst  durch  s.  Freund  Fre- 
beuiuB   1546  in   Druck   erschienen: 
I.   Theil.      Wissenschaftliche    Aufsätze: 

De  duplici  Copia  Verborum  ac  Reruin,  L.  II. 

Uebersetzung  der  Sprachkunde  von  Theodo- 
rua   Gaza. 

Syntaxis ,  sive  de  Constructione. 

Uebersetzung  einiger  Werke  des  Lucianus. 

De  Ratione  conscribendi  Epistolas.  (Uebcr 
den  Briefstjl.) 

De  Pueris  institueudis ,  de  Ratione  studio- 
rum,  de  Civilitate  morum  puerilium.  Declamatio 
in  Laudem  Mediciuae,  liber  Parabolarutn,  L'eber- 
setzungen  aus  Libanius,  de  Colloquio  (1522); 
dieses  Meisterstück  von  Styl,  Scharfsinn,  ge- 
sundem Verstände  und  theologischer  Aufklärung, 
aus  diesem  Grunde  auch  mehrmals  verboten, 
wurde  doch  in  einer  Anzahl  von  24,000  Exempla- 
ren verkauft.  De  recta  latini  graecique  sermonis 
l'rouunciatione  (er  vertheidigte  die  gewöhnliche 
Aussprache  des  Griechischen  gegeu  den  ver- 
weichlichten Dialekt  der  Neugriechen).  Cice- 
roniauus  (das  Werk,  welches  ihm  so  viele 
Feinde  machte).  Uebersetzuugen  aus  Galenuti 
und  zwei  Trauerspiele  des  Euripides  (Hekub^ 
und  Iphigeuia);  eine  Erklärung  der  IVux 
lies  Ovjdius ;    Epigramme   und  andere  Gedichte. 


II.  Theil.  Adagiorum  Chiliades  IV.  (Vier- 
tausend Sprüchwörter  —  1500  zu  Venedig  bei 
Aldus  gedruckt  — ,  wissenschaftlich  und  mo- 
ralisch bearbeitet;    eines  s.   besten   W'erke). 

III.  Theil.  XXV  III  Bücher,  oder  1299  Briefe 
(mit  einem  Anhange  von  noch  517)  ,  unschätz- 
bar für  die  Kenntuiss  s.  Lebens  und  s.  Zeiten. 

IV.  Theil.  l'ebersetzungcn  aus  Plutarchus; 
Encominm  Moriae  (Lob  der  Narrheit),  eine  Sa- 
tyre  voll  Geist  und  Witz,  vor  Allem  auch  ge- 
gen die  Geistlichkeit  gerichtet,  da,  wie  er  sagt, 
die  Welt  noch  durch  Ceremonieu  und  mensch- 
liche Satzungen  in  tiefen  Schlaf  versenkt  war, 
in  England  im  J.  1510  in  einer  Woche  ge- 
schrieben, und  1512  iu  Frankreich  gedruckt. 
Panegyricus  Philippo  I.  ( dem  Schönen )  dictus. 
Institutio  Principis  Christiani  ad  Carolum  V. 
Declamatio  de  Morte.  Quaerela  Pacis.  Lin- 
gua. (Ueber  den  Gebrauch  und  Misbrauch  der 
Sprache,  ein  Werkchen,  in  der  katholischen 
Kirche  streng  verboten.!  De  senectutis  iucom- 
modis  Carmen.  Liebersetzungen  aus  Isokrates 
und  Xenophnii. 

V.  Theil,  enthält  kleine  fromme  Aufsätze  in 
Prosa  und  Poesie,  von  denen  selbst  die  Feinde 
des  Erasmus  bekennen  müssen,  dass  sie  mit 
einer  Lieblichkeit  abgefasst  sind ,  die  man  bei 
s.  gottesfurchtigen  Zeitgenossen  nicht  findet. 
Enchiridion  Militis  Christiani  (das  Wort  En- 
chiridion  ist  hier  doppelsinnig  und  kann  auch 
einen  kurzen  Degen  bedeuten)  ist  darunter  Mohl 
das  vorzüglichste  ( gedr.  1503 ).  Unter  diesen 
Aufsätzen  ist  die  Christiani  matrimonii  insti- 
tutio  zu   Rom  verboten. 

Der  VI.  Theil  enthält  das  N.  Testament  mit 
der  Erklärung  und  den  Anmerkungen  zu  dem- 
selben (151Ü),  Leo  X.  dedicirt.  Erasmus 
achtete  Leo  als  Beschützer  der  Gelehrsamkeit 
hoch,  und  dies  Hess  ihm  die  verderbten  Sitten 
dieses  Kirchenhirten  und  s.  Hofes  iibersehen, 
die  sicherlich  schreiend  abstachen  von  dem  ihm 
gewidmeten  iV.  Testament.  Oder  wollte  Eras- 
mus vielleicht  eine  beisseude  Ironie  darunter 
verbergen,  wie  Voltaire,  als  er  s.  Maho- 
med  Papst  Bencdictus  XIV.  dedicirte  ? 

VII.  Theil.  Paraphrase  des  N.  Testaments. 
Durch  beide  Werke  hat  Erasmus  für  die 
gründliche  Kenntuiss  der  Urkunde  des  Chri- 
stenthums  bei  Gelehrten  fast  denselben  Nutzen 
gestiftet  als  Luther  bei  dem  Volke  durch  s. 
hochdeutsche  Uebersetzung.  Diese  Goldmine 
wurde  von  Beiden  zugleich ,  voo  verschiedenen 
Seitea ,    bearbeitet.     Man    weiss ,    dass    das  N. 

5* 


135 


Erasmus 


Erpeiiius 


136 


trauten  Umgang  und  Briefwechsel  unter- 
hielt, verdienen,  ausser  den  bereits  ge- 
nannten italienischen  Gelehrten,  der  ge- 
lehrte Venetianische  Buchdiucker  Aldus 
Man'utius.  Thomas  Morus,  Corne- 
lius Aurelius,  s.  älterer  Mitschüler,  u. 
Christoffel  Longolius  besonders  Er- 
wähnung. Der  Erste  hat  verschiedene 
Werkchen  geschrieben,  wie  z.  B.  bei  Ge- 
legenheit einer  Streitfrage,  die  zu  London 


Testament  ^■or  Erasmus  und  Luther  so  gut 
als  ein  unbekanntes  Buch  war,  und  grosse  Gefahr 
lief,  ein  verbotenes  Buch  zu  werden.  Die  lö- 
wener  Theoh)gen  (deren  Universität  damals  schon 
der  Sitz  der  Finstemiss  war),  tobten  hauptsäch- 
lich gegen  das  IV.  T.  des  Erasmus. 

VIII.  Thcil.  Uebersetzungen  aus  Kirchenvä- 
tern, als  aus  Chrysostomus ,  Athapa^ius,  Ori- 
genes  und  Basilius.  Wie  für  das  N.  T. ,  so 
brach  Erasmus  anch  die  Bahn  für  die  Kennt- 
uiss  der  Kirchenväter,  gleichwie  er  denn  auch, 
ausser  der  Sammlung  s.  Werke ,  mit  grossem 
Fleigse  und  Mühe  die  sehr  ausgebreiteten  Schrif- 
ten von  (152G)  Iren  aus,  (1519)  Cyprianus, 
(1536)  Origenes  (mit  einer  Einleitung),  La- 
ctantius  (de  Opificio  Dei) ,  mit  Anmerkungen, 
(1529)  Ambrosius,  (1522)  Hilarius,  (1516) 
Hieronymus,  u.  (1529)  Augustinus  (beide 
mit  Anmerkungen),  (1530)  Chrysostomus 
und  (1532)  Basilius  herausgegehen  hat. 

Der  IX.  Theil  enthält  Vertheidigungsschrif- 
ten  von  Erasmus  gegen  s.  Feinde. 

Biese  Werke  sind  von  J.  Le  Clerc  (Cleri- 
CU9)  hei  dem  berühmten  Buchdrucker  Vau  der 
Aa  zu  Leydcn  im  J.  1703  in  10  Theilen  wieder 
gedruckt  worden,  denen  alsdann  noch  einige 
Streitschriften  gegen  Luther,  Ulrich  von 
Hütten  und  andere  kleine  Schriften  hinzu- 
gefügt sind.  S.  Foppens,  ,,Biblioth.  Bel- 
gica",    p.  233  —  237. 

Ausserdem  erschienen  noch  mehrere  von  ihm 
zur  Herausgabe  besorgte  griechische  und  latei- 
nische  Autoren,    die    er    besonders  liebte,    wie 

(1531)  Aristoteles,   (1533)  Demosthenes, 

(1532)  Terentius,  (1519)  Cicero  (de  Officiis 
et  Quaestiones  Tusculanae) ,  (1531)  Livius, 
Seneca,  (1525)  Pliuius  'd.  Aelt.),  Sueto- 
nius,  (1517)  Curtius,  (1533)  Ptolemäus, 
Aelius  Spartianus  und  Diony  siu  s  Cat  o. 
Man  fragt  sich :  wie  war  ein  Mann  im  Stande, 
80  viel  zu  arbeiten ,  da  gegenwärtig  ein  Ge- 
lehrter ,  der  uns  z.  B.  eine  gute  Ausgabe  des 
Aristoteles  geben  wollte,  schon  genug  für  s. 
Leben  und  s.  Ruhm  gcthan  za  haben  glauben 
würde. 


aufgeworfen  wurde:  ,,über  die  Insel  der 
ßatavier" ;  „eine  Vertheidigung  von  Ba- 
tavien's  Ehre" ,  und  „die  Kaiserskrone, 
oder  über  die  Pflichten  eines  gtiten  Kai- 
sers" (wofür  Kaiser  Maximilian  ihn 
eines  Lorbeerkranzes  würdig  hielt),  später 
1586  mit  einander  von  dem  Prof.  Vulca- 
nius  zu  Lejden  herausgegeben.  Ferner 
hat  man  von  ihm:  ,,über  die  berühmten 
Männer  und  Namen  in  Holland";  „über 
die  Thaten  des  Hauses  Wassenaer",  (H. 
S.  in  der  leydener  Bibliothek)  und  andere 
Werkchen  ,  noch  in  Manuscript. 

Eremita  (IH. )  — ■  Daniel  —  geb. 
1584  zu  Antwerpen,  gest.  1613  zu  Livor- 
no,  geachtet  von  Scaliger,  Casaubo- 
nus  u.  Gruterus,  trat  zu  Florenz  in 
Dienste  des  Grossherzogs  Cosmo  de  Me- 
dicis,  und  reiste  in  solchen  an  viele 
deutsche  Höfe.  Seine  „Vita  aulica  et  ci- 
vilis" erschien  von  Grävius  1701  mit  ei- 
nigen kleinern  Stücken.  Auch  s.  Reise  an 
den  Hof  des  Kaisers  Rudolf  \l.  und  an- 
derer Fürsten  hat  er  beschrieben.  Sein 
Latein  ward  sehr  geschätzt. 

Erinerins  (V.)  —  J.  —  machte  sich 
durch  s.  „Zeeländischen  Alterthümer"  um 
die  zeeländische  Geschichte  verdient. 

ErpeniujS  (in.)  —  Thomas  —  (Van 
E  r  p)  geb.  1584  zu  Gorinchem,  gest.  an  der 
Pest  1624  zu  Leyden,  hatte  sich  der  Theo- 
logie gewidmet,  legte  sich  aber  auf  Sca- 
liger's  Rath  ausschliesslich  auf  die  orien- 
talische, namentlich  a  r  a  b  i  s  c  h  e  Literatur, 
unternahm  zu  diesem  Zwecke  eine  Reise 
durch  Europa,  und  lernte  zu  Venedig,  wo 
er  mit  Türken  Umgang  hatte,  auch  Tür- 
kisch, Persisch  und  Aethiopisch. 
Sein  Ruf  im  Arabischen  war  bald  so  gross, 
dass  für  ihn  (1613)  der  Lehrstuhl  in  die- 
ser Sprache  zu  Leyden  errichtet  wurde, 
mit  der  Erlaubniss,  auch  lebende  orienta- 
lische Sprachen  zu  lehren.  Wegen  des 
Mangels  gedruckter  Werke  in  dieser  Spra- 
che errichtete  er  selbst  eine  Druckerei  da- 
für. Wir  verdanken  diesem  unermüdlichen 
Gelehrten  (dessen  \  orlesungen  die  Lust 
zu  diesem  Studium  so  anregten,  dass  nicht 
allein  Theologen  ,  sondern  auch  Mediziner 
und  Juristen  sich  des  Arabischen  be- 
fleissigten,  wie  z.  B.  die  beiden  zeeländi- 
scheii  Staatsmänner  Bor eel  und  De  Bru- 
ne,  von  denen  der  Erstere  a\if  Reisen 
durch  Afrika  und  Asien  eine  Menge  in- 
teressanter arab.  Manuscripte  entdeckte,  die 
später  zum  Theil  an  Erpenius  kamen), 
nicht     allein    eine    arabische    Sprach- 


137  Esciuy  Van  Heiiienoord 

lehre  und  Rudimenta.  sondern  auch  eine 
hebräische,  chaldäische  und  syrische,  so 
wie  die  Ausgabe  mehrerer  arabischer  Schrift- 
steller, als:  Lok  man,  (1615)  ,, arabische 
Sprüchwörter",  (1614)  die  ,. Geschichte 
Joseph's"  aus  dem  K  oran,  (Lugd.  Bat. 
1717)  die  ,, Geschichte  der  Saracenen" 
von  El-Makin,  mit  einer  lat.  Ueber- 
setzung.  Seinen  Plan ,  den  ganzen  Koran 
herauszugeben ,  vereitelte  der  Tod.  Des 
Mannes  Ruhm  war  so  ausgebreitet ,  dass 
der  Erzbischof  von  Sicilien,  ja  der  König 
von  Spanien,  ihn  mit  den  schönsten  Ver- 
sprechungen dahin  einluden,  um  einige  alte 
Urkunden ,  die  Niemand  entziirern  konnte, 
zu  erklären;  der  Kaiser  von  Marocco  be- 
wunderte die  Zierlichkeit  des  arabischen 
Stjles  s.  Briefe  (S.  Meursius,  ,,Athe- 
nae  Batavae".  p.  801 — 803.  und  des  verst. 
Prof.  Amersfoordt  zu  Franeker  ,, Oratio 
de  studio  Litt.  Arabicarum",  Harderw.  1816, 
p.  14  — 18.)  (namentlich  üb.  d.  Werth  s. 
Rudimenta.) 

Escury  Van  Heinenoord  (VI.)  — 
Baron  H.  CoUot  d'  —  Curator  der  Uni- 
versität zu  Leyden  u.  IMItglied  der  Ver- 
sammlung der  General-Staaten,  zeichnete 
sich  als  lat.  Dichter,  besonders  in  Herol- 
den aus.  Dieser  eifrige  Beschützer  der 
Wissenschaften  und  vaterländischen  Lite- 
ratur verf.  das  gelehrte  Werk :  „HoUand's 
Ruhm  in  Künsten  und  Wissenschaften", 
und  behandelte  in  s.  Gedichten  (Carminum 
Fasciculus)  allerlei  Gegenstände,  auch  aus 
den  neuern  Zeiten,  in  lateinischer  Sprache. 
Unter  andern  ,, Antonius  Hambroek,  Kenau 
Hasselaer  an  die  haarlemer  Fi'auen" ;  und,  in 
den  Heldiiuienbriefen ,  „die  Mutter  Gustav 
Wasa's  an  ihren  Sohn",  bereits  Verthei- 
diger  der  schwedischen  Freiheit;  ..Gustav 
Adolf  an  s.  Truppen",  ,,Ebba  Brahe",  mit 
der  Antwort,  „Egmond  an  Sabina  Van  Boi- 
jeren",  s.  geliebte  Gattin,  „Anna  Boleyn 
an  Heinrich  VIH.",  ..Abassa  an  Haroun  al 
Raschid",  ihren  Bruder  u.  künftigen  Mör- 
der, ,, Peter  der  Grosse",  „auf  den  Tod  des 
Prinzen  Friedrich",  „Jenner"  u.  s.  w.  Ein 
Gedicht  gegen  den  berüchtigten  Parny, 
Verfasser  des  gotteslästerlichen  Gedichts : 
.,Guerre  des  Dieux  anciens  et  modernes", 
athmet  ganz  den  niederländischen  gottes- 
fürchtigen   Geist. 

EiSdre  (VI.)  —  J.  —  Mathematiker. 

Espen  (IV.)  —  Zeger  Bernard  Van  — 
geb.  1646  zu  Löwen,  Lehrer  des  kanoni- 
schen Rechts  da.selbst .  bestritt  die  unum- 
.«chränkte    Herrschaff    des    röm.    Hofes   u. 


Everardi 


138 


der  geistlichen  Gewalt  über  die  welt- 
liche, so  wie  die  Grundsätze  der  Jesuiten. 
Deshalb  von  unversöhnlichen  Theologen 
verfolgt ,  verliess  er  sein  Vaterland  und 
suchte  zuerst  zu  Mastricht,  dann  zu  Amers- 
foort  ein  Asyl,  wo  er  1728  starb.  Seine 
Werke,  worunter  das  „Jus  ecclesiasticum 
Universum"  das  vorzüglichste  ist,  .sind  1748 
zu  Köln  u.  1753  vollständig  zu  Paris  (unt. 
d.  Namen  Löwen)  in  4  Th.  Fol.  ge- 
druckt, und  mit  den  Anmerk  von  Gibert 
über  das  kanonische  Recht  bereichert. 
Ueber  s.  Leben  findet  man  viele  Einzeln- 
heiten in  dem  Büchelchen  von  Bachusius 
(Kanonicus  zu  Brügge,  gest,  1779):  „De 
Zcgero  Bernardo  V  an  Espen".  (S.  ..Dict. 
Hist.  des  Pays-Bas".  I.  179-  180.  De- 
vvez,  Hist.  Partie.  IV.  292,  293.) 

Espinvy  (HI.)  —  Filips  —  (1552^ 
1633)  verf.  eine  genealogische  Geschichte 
von  Flandern  (mit  vielen  Beilagen). 

Estius  (III.)  —  Willem  —  (Van  Est) 
geb  1542  zu  Gorichem,  gest  1613,  Kanz- 
ler der  Universität  zu  Douai,  ist  Verf.  des 
sehr  gerühmten  Werkes:  ,, Erklärung  der 
Briefe  des  Paulus"  (1631). 

Everardi  (II.)  —  Nicolaas  —  Vater 
der  berühmten  Dichter  dieses  Namens, 
worunter  Janus  Secundus,  geb.  zu 
Grijpskerke  in  Zeeland,  gest.  1532  zu 
Mecheln,  ein  sehr  berühmter  Rechtsgelehr- 
ter, wurde  Dr.  jur.  1493  zu  Löwen,  1508 
Mitglied  des  hohen  Rathes  zu  Mecheln, 
1510  Vorsitzer  des  Gerichtshofes  von  Hol- 
land im  Haag,  und  1528  Vorsitzer  des 
hohen  Rathes  zu  Mecheln.  Man  hat  von 
ihm  eine  zuerst  theilweise  zu  Löwen,  dann 
durch  s.  Söhne  verbesserte,  im  J.  1552 
herausgeg.  „Topica"  oder  Sammlung  recht- 
licher Beweisgründe,  und  „Consilia,  sive 
Responsa  juris",  Lov.  1554.  Antw.  1577 
u.  1643. 

Everardi  (II.)  —  Adriaan  Marius  — 
ältester  Bruder  von  Janus  Secundus, 
Kanzler  von  Gelderland  u.  Zutphen,  gest. 
1568  zu  Brüssel,  übertrug  eines  der  Bü- 
cher von  Lucianus  in  lat.  Prosa  und 
einige  Gespräche  in  lat  Vermaass.  Ausser- 
dem schrieb  er  noch  Elegien,  Epigramme, 
Briefe  und  ein  Trauergedicht  auf  s.  Bru- 
der Jan. 

Everardi  (II.)  —  Nicolaas  Grudius 
—  der  zweite  Bruder  von  Janus  Se- 
cundus, lebte  in  Brabant  und  wurde  von 
Karl  V  zum  Geheimschreiber  des  Ordens 
vom  güldenen  Vliess  ernannt.  Seine  Mo- 
ralität    luid  Talente    erwarben   ihm   allge- 


139 


Eyck 


Feitama 


140 


meine  Achtung.  Er  schrieb  ausser  einer 
„Apotheosis"  des  Grafen  Maximilian  van 
Buren  noch  gottes  fürchtige  Ge- 
dichte, unter  dem  Namen  „Negotia", 
vielleicht  deshalb,  weil  er  dieselben  nicht 
als  Zeitverlust  angesehen  haben  wollte.  Er 
starb  1571  zu  Venedig.  Eine  Inschrift 
unter  s.  Bildnisse  sagt ,  dass  s.  Gedichte 
dem  grossen  lat.  Dichter  Vida  sehr  gefielen. 


Eyck  (VI.)  —  Simon  Speijert  Van 
Den  —  Prof.  der  höhern  Mathematik  und 
Naturkunde  zu  Leyden,  hat  verschiedene 
hierauf  bezügliche  Werke  und  lateinische 
Gedichte  geschrieben,  wovon  die  Note  das 
Verzeichniss  enthält*). 

Eysson  (IV.)  —  Hendrik  —  Prof.  zu 
Groningen,  Natur-  und  Arzneikundiger, 
beschrieb  den  Knochenbau  der  Kinder. 


F. 


Faber  (VI.)  _  Timeus  —  Prof.  zu 
Franeker,  von  De  Wal  ein  vollkom- 
mener Rechtsgelehrter  genannt. 

Fahrenheit  (V.)  —  Daniel  Gabriel 
—  aus  Danzig,  erfand  in  Holland  einen 
bessern  Thermometer,  der  daselbst  u. 
in  England  noch  in  Gebrauch  ist  (wie  der 
von  Reaumur  durchgehends  in  Frank- 
reich und  Deutschland).  Er  kam  1701  nach 
Amsterdam  auf  ein  Comptoir,  fühlte  sich  aber 
zu  einem  andern  Beruf  bestimmt  und  legte 
sich  auf  das  Verfertigen  von  Werkzeugen, 
besonders  Barometer  u.  Thermometer ,  die 
er  zu  einer  vorher  unbekannten  Vollkom- 
menheit brachte.  Er  war  der  Erste,  wel- 
cher vergleichende  Thermometer  verfertig- 
te; auch  füllte  er  zuerst  die  Thermometer 
mit  Quecksilber;  zuvor  gebrauchte  man  Al- 
kohol, welches  auch  bei  vielen  noch  lange 
in    Gebrauch   war.     B^ahrenheit   erfand 


auch  einen  Areometer,  später  verb^- 
sert,  unter  dem  Namen  Areometer  von 
Nicholson  u.  Gravi nieter  von  Guy- 
ton M  o  r  V  e  a  u  bekannt.  Auch  schrieb  er 
einige  in  den  ,,Philosophical  Transactions'' 
befindliche  Abhandlungen. 

Falkenburg^  (II.)  —  Gerrit  —  aus 
Nimwegen ,  gab  die  Dionysiaca  des  N  o  n- 
nus  1569   heraus. 

Feitama  (V.)  —  Sybrand  —  geb. 
1694  zu  Amsterdam,  gest.  1758,  zuerst 
zur  Theologie  u.  dann  zur  Handlung  be- 
stimmt ,  legte  sich  ganz  auf  die  Zeich- 
nen- und  Dichtkunst,  und  erwarb  s.  Ruhm 
bei  der  Nachwelt  durch  die  metrische  Be- 
arbeitung von  Fenelon's  Telemach  u. 
Voltaire's  Henriade.  Er  übertrieb 
Horazens  Lehre,  denn  er  brachte  mit 
ersterem  mehr  als  dreissig  Jahre  und  mit 
letzten«   wohl    zwanzig   Jahre   zu.     Seine 


*)  Orationcs  diiae  —  de  vi  Matbeseoe  sub- 
liminris ,  quae  ceniitar  in  Physica,  Astronomi- 
ca  alütique  Discipliiiis  et  Artibus  perficiendis 
et  de  studio  Hydraulices  inprimis  in  nostra 
Rep.  excnleiida  (L.  B.  1797).  Institutioues  Phy- 
sicae,  in  usiim  auditorum  digestae,  L.  B.  1800 
(ein  Handb.  für  s.  Vürlesungen).  Anfangsgründe 
der  Differential-  und  Integralrecbnung ,  Ley- 
den 1803.  Dann  noch  verschiedene  Abhandlun- 
gen in  dem  ,,Ivunst-  und  Literatur  -  Boten", 
z.  B.  über  die  Kräfte,  durch  welche  der  Zu- 
stand der  Körper,  hinsichtlich  der  Festigkeit, 
Flüssigkeit  und  elastischen  Flüssigkeit  bestimmt 
wird  (1^00,  Nu.  339),  und  Anhang  zu  dieser 
Abhandlung  (1802,  No.  34).  Zwei  Briefe  über 
den  Electro  -  Magnetismus  und  Abh.  über  den- 
selben (1821,  IVo.  20,  und  21.  Jan.  1822,  No. 
15,  16  u.  17),  im  J.  1823  besonders  herausge- 
geben. Auch  in  der  Bibliotheque  universelle 
(Oct.  1821) :  Experieuces  sur  l'Electro  -  Magne- 
tisme,  und   (AoiU  1822)  Me'raoire  sur  TElcctro- 


Magnelisme ,  et  principalement  sur  la  maniere 
par  laquelle  on  peut  expliquer,  jusqu'ä  un 
certain  de'gre  de  vraigemblance  ,  plusieurs  phe- 
nomenes    magne'liques. 

Gedichte:  De  ingenii  humani  praestantia 
et  sagacitale  in  variis  artibus  ac  disciplinis, 
raaxime  in  Mathemalicis  ,  Physicis  atque  Astro- 
nomicis  conspicua,  L.  B.  1808.  —  De  Natura, 
L.  B.  1810.  —  De  Nihilo  nobis  penitus  cognito 
in  rerum  Natura,  sive  de  arctis  ,  qui  humanae 
quarumvis  rerum  Cognition!  positi  sunt,  limi- 
tibus ,  L.  B.  1818.  —  De  Lumine ,  tanquam 
primo  agcnte  in  Mundo  spectando,  im  , , Lite- 
ratur-Boten"  für  1823,  No.  13.  Dann  noch 
verschiedene  jugendliche  und  Gelegenheit» -Ge- 
dichte, ein  Gedicht  an  den  König  im  J.  1816. 
Endlich  war  noch  182G  unter  der  Presse :  Poema 
de  Deo.  Hymnus  in  Deum.  Poema  in  Län- 
dern Geometriae,  et  de  Mentis  humanae  facul- 
tatibuÄ  et  immortalitate.  Zu  Haarlem,  bei 
>■.  Loosjes. 


141 


Feith 


Feith 


142 


Gedichte,  keine  Ergiessiingen  eines  glühen- 
den Herzens,  waren  zierliche  und  treffliche 
Verse,  worin  die  erste  Frage  war:  dulden 
die  Sprachregeln  diesen  Ausdruck  ?  die 
zweite :  betordert  er  die  Schönlieit  des 
Verses?  die  dritte:  ist  er  poetisch?  Da  er 
keine  andere  Beschäftigung  hatte,  als  über 
die  Kunst  zu  denken  und  zu  sprechen  ,  so 
ging  er  s.  eigenen  Gedichte  und  die  s. 
Kreunde  mit  unerbittlicher  Strenge  durch. 
Sein  Zeitgenosse  De  Kruyff  erkennt  ihm 
mit  Recht  mehr  Verstand  und  Kritik,  als 
Kühnheit,  Erfindung  u.  Phantasie  zu  ;  doch 
galt  er  bei  s.  Zeitgenossen  als  Dichter  für 
ein  Orakel.  Als  Uebersetzer  betteissigt  er 
sich  nicht  immer  der  Treue ,  indem  er 
■z.  B.  die  meisten  Stellen  der  Henriade, 
welche  den  katholischen  Gottesdienst  prei- 
sen, veränderte.  Die  henliche  Prosa  des 
Krzbischofs  von  Kamerijk  brachte  er  in 
treffliche  Heldenverse.  —  Als  Trauerspiel- 
dichter trat  er  schon  in  s.  Jugend  mit 
dem  „Fabricius"  auf.  Er  verfasste  so- 
dann die  Trauerspiele:  „Titus  Vespa- 
.•lianus"  u.  „Romulus"',  ausserdem  ein  alle- 
gorisches Stück :  „Die  triumphirende  Poesie 
und  Malerei"  (1720—1724).  Die  eiff 
darauf  folgenden  Trauerspiele  von  ihm  wa- 
ren Uebersetzungen  aus  dem  Französi- 
schen. Seine  dramatischen  Werke  kamen 
ohne  den  Namen  des  Dichters,  aber  mit 
s.  Devise:  „Studio  fovetur  Ingenium",  im 
J.   1735  in  2  Theilen  in  4.  heraus. 

Feith  (ni.i  —  Everard  —  aus  El- 
burg  in  Geldern ,  verfolgte  meistens  und 
endigte  s.  Laufbahn  in  Frankreich.  Er 
suchte  in  s.  Homerischen  Alterthü- 
mern  die  Lebenszeit  Homer 's  zu  be- 
stimmen.   (S.  Saxii  „Onomast."  IV.  125.) 

Feith  (VI.)  —  Rhijnvis  —  geb.  7. 
Febr.  1753  zu  ZwoUe,  v/ard  1770  Dr.  d. 
Rechte  zu  Leyden ,  bald  darauf  Bürger- 
meister in  ZwoUe  u.  dann  Steuereinneh- 
mer daselbst ,  gab  bei  herannahendem  Alter 
s.  Amt  auf,  um  auf  s.  Landgute  bei  ZwoUe 
den  Musen,  s.  Freunden  u.  sich  zu  leben. 
Um  das  J.  1778—1782  war  er  der  Freund 
u.  mehrmals  Preisbewerber  mit  der  Ba- 
ronin De  Lannoy,  und  zu  der  nämli- 
chen Zeit  durch  Kunstliebe  sehr  an  Bil- 
derdijk  gefesselt,  der  jedoch  in  der  Poe- 
.sie  einen  andern  Weg  einzuschlagen  schien. 
Feith  las  u.  liebte  die  Deutschen 
und  hat  nicht  wenig  von  der  Farbe  ihrer 
Poesie  angenommen.  Seine  ernste,  mehr 
oder  weniger  zur  Schwermuth  gestimmte 
Seele   beschäftigte     sich    am    liebsten    mit 


den  erhabenen  Gegenständen  der  Religion 
und  des  Vaterlandes,  luid  mit  der  Betrach- 
tung der  Natur  aus  einem  religiösen  und 
philosophischen  Gesichtspunkte.  Er  er- 
klärt sich  hierüber  in  der  Vorrede  zu  s. 
Grabe.  ImJ,  1779  erhielt  er  von  dem  ley- 
dener  Kunstvereine:  Kunst  wird  durch 
Arbeit  erlangt,  eine  goldne  Ehrenme- 
daille auf  das  Heil  des  Friedens, 
und  war  seitdem  mit  einem  der  ausge- 
zeichnetsten Mitglieder  des  Vereins ,  Jan 
De  Kruyff,  bis  zum  Tode  durch  die  in- 
nigste Freundschaft  verbunden  *).  Der 
Krieg  von  1780  weckte  Feith's  ganze 
Vaterlandsliebe,  wie  die  von  Bell  am  y, 
auf,  und  veranlasste  s.  den  Ruhm  der  al- 
ten Holländer  Aerherrlichendes  Siegeslied 
zur  Jahresfeier  des  Sieges  auf  Doggers- 
bank (1782).  In  demselben  Jahre  erhielt 
Feith  den  Preis  von  dem  haager  Dichter- 
verein für  das  Gedicht  K  arl  V.  bei  der  Ab- 
tretung der  Niederlande  an  Philipp,  s. 
Sohn.  Demselben  haben  wir  auch  s.  herr- 
liches Gedicht  ,,an  die  Freiheit"  und  das 
„an  mein  Vaterland"  zu  verdanken.  Als  der 
Verein:  Kunst  wird  durch  Arbeit 
erlangt,  das  Lob  De  Ruiter's  vor- 
schlug, sandte  Feith,  ganz  durchdrungen 
von  Enthusiasmus  für  Niederland's  edelsten 
Helden,  eine  Ode  und  ein  ausführliches  Ge- 
dicht in  Alexandrinern  ein.  Letzteres  ward 
der  goldenen,  die  Ode  der  silbernen  Eh- 
renmedaille würdig  ei-kannt;  doch  Feith, 
mit  der  Ehre  zufrieden,  schlug  die  dop- 
pelte Ehrenmedaille  aus;  die  zartfühlenden 
Vorsteher  des  leydener  Dichtervereins  stell- 
ten dem  Dichter  hierauf  die  Exemplare  der 
Ehrenmedaillen  in  einer  silbernen  Dose  zu, 
auf  welcher  das  Bildniss  des  Helden  mit 
einer  Aufschrift  in  getriebener  Arbeit  sich 
befand,  welche  den  Dichter  der  nämlichen 
Unsterblichkeit  versicherte,  wie  den  wür- 
digen Gegenstand  s.  Gedichte.  In  der 
That  gehören  diese  zwei  Gedichte,  beson- 


*)  Es  scheint,  daas  die  seiitimeutale 
Manier  in  Prosa  u.  Poesie,  zu  der  Zeit  au3 
Deutschland  herüber  geweht,  auf  Feith  eini- 
gen Einfluss  gehabt  hat,  denn  s.  beiden  Ro- 
mane ,, Julia"  (1783)  und  ,, Ferdinand  und  Cou- 
stantia"  (1785) ,  wie  schön  und  lebendig  auch 
geschrieben  ,  tragen  davon  unverkennbare  Spu- 
ren. Doch  wichtigere  Angelegenheiten  heilten  die 
Nation  von  diesem  Fieber  der  Verweichlichung, 
der  Folge  (wie  in  Deutschland)  von  Erschlaf- 
fung durch  lange  Ruhe 


143 


Feith 


Feith 


144 


ders  das  ausführlichere,  zu  den  besten  des 
Dichters ,  woran  gewiss  der  schöne  Stoff 
auch  viel  Antheil  hat.  Die  hierauf  gefolg- 
ten Zwistigkeiten  mit  Joseph  II.  und  die 
Aussicht  auf  einen  Landkrieg  entlockten  s. 
Feder  die  kühne  Ode:  „an  die  Feinde 
Niederland's"  und  das  „Volkslied  in  der 
Manier  des  Tyrtäus",  während  der  Bund 
mit  Frankreich  (1785),  welche  Macht  nicht 
ohne  eigene  Opfer  den  Kaiser  zufrieden 
gestellt  hatte,  den  Dichter  antrieb,  dieselbe 
zu  besingen.  Die  äussere,  später  in  Nie- 
derland hergestellte  Ruhe  veranlasste  ihn, 
mit  Bilderdijk  das  Meisterstück  des  O. 
Z.  \an  Haren,  die  Geuzen,  in  Styl  u. 
Sprache  (die  schwächste  Seite)  umzuarbei- 
ten und  in  einem  äusserlich  angenehmen 
Gewände  herauszugeben.  Competente  Kri- 
tiker sind  der  Meinung,  dass  der  Van 
Haren  anklebenden  Rauhheit  von  Bil- 
derdijk u.  Feith  auf  das  Trefflichste 
abgeholfen  worden,  obwohl  nicht,  ohne 
dass  hie  u.  da  Einiges  von  der  Kraft  ver- 
loren gegangen  ist  *).  Die  hierauf  eintre- 
tenden Landeshändel  entfernten  beide ,  im 
J.  1784  noch  so  eng  verbundenen  Dichter, 
Feith  n.  Bilderdijk,  einigermassen  von 
einander.  Der  Erstere  war  mit  Leib  und 
Seele  der  Staatspartei  zugethan,  und  hat 
davon  mehrere  Beweise  gegeben,  z.B.  in  s. 
Gedicht :  „an  die  edlen  Bürgerschaften  von 
Zwolle  und  Hattem"  ♦*) ,  „an  die  vater- 
landsliebenden Regenten  von  Niederland", 
„Ehrenkrone  für  Niederland's  würdige  Re- 
genten", und  besonders  durch  das  kurze, 
aber  schöne  Gedicht :  „an  meine  Leier", 
bei  der  Umwälzung  von  1787,  welches 
von  Entrüstung  glüht  über  die  Theilnahme 
des  Fremdlings  an  den  Bürgerzwisten,  in 
s.  Art  und  aus  s.  Standpunkt  betrachtet 
nicht  minder  vortrefflich,  als  der  „Lei- 
chengesang auf  das  Grab  von  Niederland'', 
von  Helmers.  Feith  hielt  s.  Wort. 
Nicht  allein  während  der  Herrschaft  von 
1787  bis  1795,  sondern  auch  nach  der 
Umwälzung  des  letztgenannten  Jahres,  de- 
ren Tendenz  zur  Vernichtung  der  nieder- 
ländischen Unabhängigkeit  ihm  bald  ein- 
leuchten musste,  dichtete  er  keine  vater- 
ländischen Gesänge  mehr,  ausgenommen 
einen  einzelnen  wehmüthigen  Laut  ,,bei 
der    Erinnerung    an    das    Vorgeschlecht" 


*)  S,  De  Vries,  „Gesch.  d.  nieder!.  Dicht- 
kunst",  II.  207.  (X.  2.) 
•')  a.  a.  O.  ü3,  6'J,  78. 


(1804),  bis  die  grossen  Ereignisse  von 
1812  u.  1813  den  sechzigjährigen  Sänger 
die  Leier  wieder  ergreifen  Hessen ;  er  selbst 
konnte  sie  nach  einem  Vierteljahrhundert 
wieder  dem  Recht  u.  der  Wahrheit  weihen ! 
Der  von  ihm  damals  angegebene  Ton 
(„der  Fall  Napoleon's")  und  die  Dedica- 
tion  des  fünften  Theiles  s.  „Oden  und 
Gedichte"  an  den  damaligen  souveränen 
Fürsten  (1814)  beweisen,  dass  das  alte 
Feuer  in  dem  Dichter  noch  nicht  erloschen 
war,  und  dass  s.  Herz  stets  nur  für  die 
Ehre,  das  Glück  und  Bestehen  s.  Landes, 
nicht  für  eine  Partei  als  Partei  geschlagen 
hatte.  —  Bis  hierher  betrachteten  wir 
Feith  als  vaterländischen  Sänger. 
Aber  wie  feurig  er  auch  s.  Vaterland  lie- 
ben mochte,  die  Gottesfurcht  hatte  in 
s.  Herzen  noch  tiefere  W^urzeln  geschlagen. 
In  allen  s.  Dichtungen  herrscht  ein  from- 
mer Ton,  der  dieselben  veredelt  hat.  Gleich- 
wohl  ist  es  keinesweges  der  systemartige 
Ton  von  Trip,  Voet  u.  Schutte;  es 
sind  keine  Reden  in  Versen ,  sondern  Er- 
giessungen  des  durch  die  Betrachtung  oder 
Erwägung  von  Gottes  Grösse  und  Wohl- 
thaten  in  der  Natur,  Vorsehung  und  Of- 
fenbarung getroffenen  Herzens.  Diese  Ge- 
dichte machen  in  der  Sammlung  der  „Oden 
und  Gedichte"  den  grössten  Theil  aus. 
Wir  erwähnen  nur  die  glänzende  Ode: 
„an  den  Menschen".  Nicht  geringer  ist: 
„Gottes  Barmherzigkeit"  (1783).  In  den 
spätem  Gedichten  ist  meist  Alles  religiös, 
da  Feith,  w  iew  ohl  stets  ernst ,  mit  zu- 
nehmendem Alter  die  Welt  immer  mehr  aus 
dem  Gesichtspunkte  der  Religion  betrach- 
ten lernte.  Man  kann  jedoch  nicht  ver- 
kennen, dass,  wie  sehr  auch  Erhabenheit 
der  Ideen,  Kraft  der  Ausdrücke  und  kühne 
und  edle  Bilder  diese  Poesien  auszeichnen 
und  beleben,  dennoch  dann  und  wann  eine 
gewisse  Einförmigkeit  darin  gefunden  wird, 
vielleicht  durch  die  gleichartige  Behand- 
lung derselben  Gegenstände.  Feith  hat 
auch  zwei  Cantaten  gedichtet:  „die 
INlenschenliebe"  und  die  „Widerwärtig- 
keit" (Onweder),  welche  jedoch  den  Can- 
taten des  Van  Alphen  nicht  gleich  zu 
kommen  scheinen.  —  Ausser  der  Ode  hat  er 
sich  im  Lehrgedicht  und  der  drama- 
tischen Poesie  versucht.  Das  „Grab" 
erschien  1792  und  zeigte  s.  Stärke  in  die- 
ser Gattung  von  Dichtungen,  welche  unter 
den  Händen  der  täglichen  Dichter  nichts 
weiter  als  gereimte  Prosa  werden.  Auch 
ist  dieser  Stoff  ganz    für   diesen  Dichter 


145 


Feith 


Feith 


146 


des  Gefühls  und  der  Schwermuth  berech- 
net. Es  ist  nicht  allein  die  schwarze  Dü- 
sternheit  des  Grabes,  die  er  malt:  die 
sanfte  IMorgenröthe  der  Ewigkeit  wirft 
darauf  beständig  einen  lieblichen  Schim  • 
mer ,  ein  rosenfarbenes  Licht.  Der  Geist 
hat  etwas  von  Young,  doch  ohne  des- 
sen glänzendes  betrügliches  Genie.  Wohl- 
angebrachte Episoden  beleben  dasselbe, 
gleich  wie  das_  „Alter"  (1803),  worin 
unter  andern  die  treffliche  S(jhilderung 
des  frischen,  grünenden  Alters,  dem  kin- 
dischen Greisenalter  nach  einem  kränkelnd 
zugebrachten  Leben  gegenüber,  nebst  dem 
schönen  Lobe  des  Cats ,  sich  auszeichnet, 
welches  durch  das  Bild  einer  Mutter,  die 
ihrer  eitlen  Tochter  vergebens  Geschmack 
an  diesem  Dichter  der  Natur  und  guten 
Sitten  einzuflössen  sucht,  lebendig  darge- 
stellt wird.  Der  Schluss  des  „Grabes", 
eine  Betrachtung  der  Unsterblichkeit,  er- 
hebt sich  zu  einem  hohen  lyrischen 
Tone.  In  der  Versification  übertreffen  we- 
nige niederländische  Gedichte  diese  zwei 
Lehrgedichte  in  dem  nach  dem  Stoffe  be- 
rechneten, Sanftfliessenden ,  welches  auch 
den  Gefühllosesten  hinreisst  und  fesselt. 
Feith  gesteht  selbst,  dass  s.  „Grab" 
ihm  eine  Erholung  war  und  von  ihm  mit 
besonderer  Liebe  bearbeitet  ist  *).  In  den 
letzten  Jahren  hat  der  alte  Dichter  (aber 
in  dessen  Auge  das  Feuer  der  Jugend 
lebt)  zwei  neue  treffliche  Lehrgedichte: 
die  „Einsamkeit"  und  die  „Welt", 
herausgegeben,  in  welchem  erstem  jedoch 
ein  Lob  der  Klöster  und  selbst  des  le 
Trappe  in  Verwunderung  setzt.  —  Nach 
s.  Anlage  zu  urtheilen,  musste  ein  Dichter 
wie  Feith,  indem  er  das  Trauerspiel  be- 
arbeitete ,  dazu  vaterländische  oder  reli- 
giöse Gegenstände  zur  Behandlung  wäh- 
len. Gleichwohl  ist  kein  einziges  Stück 
aus  der  niederländischen  Geschichte  von 
ihm  hervorgebracht  worden.  „Thirsa,  oder 
der  Sieg  der  Religion",  wird  von  Vielen 
für  s.  Meisterstück  gehalten  (1784).  Der 
Gegenstand  ist  der  bekannte  Fall  der  Israe- 


*)  Dasselbe  ist  von  einem  Deutschen,  einem 
in  holländischen  Diensten  stehenden  Officiere, 
Namens  P.  F.  L.  v.  Eichstorff,  in  deut- 
sche Alexandriner  übersetzt  worden,  und  be- 
findet sich  in  dessen  „deutscher  Blnmenlese 
aus  niederländischen  Dichtern,  nebst  einer  Ab- 
handlung über  die  niederländische  Poesie", 
Leipzig,  1826,  in  8.  (bei  Wienbrack). 


litin  mit  ihren  sieben  Söhnen,  aus  den 
Zeiten  der  Maccabäer  und  des  Antiochus 
Epiphanes.  Um  desto  besser  die  Einheit 
zu  bewahren,  wird  vorausgesetzt,  dass  be- 
reits sechs  Söhne  den  Märtyrertod  gestor- 
ben sind;  den  siebenten  hat  der  Tyrann 
noch  am  Leben  gelassen,  um  ihn  durch 
Versprechungen  und  Drohungen  zur  Ab- 
götterei zu  verleiten  ;  doch  die  Ermahnun- 
gen der  edlen  Mutter  (Thirsa)  und  der 
Einfluss  der  Religion  siegen  über  die  Furcht 
aller  Körperschmerzen ,  und  der  Jüngling, 
bald  durch  s.  Mutter  begleitet,  fällt  als 
ein  Schlachtopfer  der  heidnischen  Verfol- 
gungssucht. Man  sieht,  wie  einfach  dieser 
Gegenstand  ist,  in  der  griechischen  Ma- 
nier; es  gebricht  demselben  keinesweges 
an  trefilichen  Stellen  und  die  Poesie  ist 
schön.  Von  ähnlicher  Axt  ist  s.  „Lady 
Johanna  Gray"  (1791),  die  man  als  eine 
Märtyrin  für  die  geläuterte  Religion,  unter 
der  grausamen  Maria  in  England,  an- 
sehen kann.  Doch  ist  zu  sehr,  schon  im 
Anfange,  der  Ausgang  vorauszusehen.  Viel 
lebendiger  ist  die :  „  Ines  de  Castro " 
(1794),  wovon  der  Gegenstand,  die  gehei- 
me Ehe  des  portugiesischen  Königssohnes 
Don  Pedro  mit  einem  Landmädchen,  der 
Mord  dieser  Unschuldigen  durch  Adelstolz 
und  falsche  Politik ,  und  die  Wuth  des 
Gemahls,  aus  derLusiade  des  Camoens 
hinlänglich  bekannt  sind.  Auch  hier  ist 
es  dem  gefühlvollen  Dichter  sehr  geglückt. 
Mitleiden  für  das  unglückliche  Schlacht- 
opfer und  Entsetzen  vor  Pedro's  Rache 
einzuflössen.  Geringer  scheint  der:  „IMu- 
cius  Cordus",  ein  Gelegenheitsstück,  das 
zur  Zeit  der  französischen  Revolution  ge- 
schrieben und  bei  der  holländischen  im  J. 
1795  herausgegeben  wurde.  Die  hochtra- 
benden Worte  jener  Zeit<sind  darin  nicht 
gespart.  —  Als  Kunstkenner  u.  Kunstrichter 
ist  Feith  nicht  weniger  verdienstlich, 
denn  als  Dichter.  Man  kennt  s.  goldgekrönte 
Abhandlung  über  das  Heldengedicht 
(1781)  *).  Seine  ausgezeichneten  wissen- 
schaftlichen Briefe  (1784  u.  später  Amst. 
1792,  6Theile;  der  IL,  III.  ü.  IV.  Th.  der 
neuen  Ausgabe  in  kl.  Format)  und  Bei- 
träge, mit  Jacobus  Kantelaar  her- 
ausgegeben (worunter  ,, Etwas  über  das 
Trauerspiel"),  welche  beide  so  sehr  zur 
Läuterung  des  Geschmacks  und  Befreiung 
des  Genies  aus    veralteten  Fesseln   beige- 


*)  S.  Th.  VI.  der  kl.  Ausgabe  s.  Briefe. 


147 


Fisen 


Fontaine 


148 


tragen  haben;  nicht  zu  gedenken  s.  ge- 
krönten Preisschriften,  bei  gelehrten  Ge- 
sellschaften, über  Gegenstände  der  Philo- 
sophie und  Religion ,  z.  ß.  über  den  Ein- 
fluss  der  Staatsregierung  auf  die  Religion; 
über  die  Nothwendigkeit  religiöser  Begriffe 
für  Tugend  und  Sittlichkeit  bei  civilisirten 
Völkern,  beide  bei  Te  vi  er 's  theologi- 
schem Vereine  zu  Haarlem;  und  über  den 
Beweis  für  die  Wahrheit  und  Göttlichkeit 
des  Evangeliums,  aus  den  Wunderwerken 
des  Heilandes  und  s.  Apostel  entnommen, 
bei  dem  haager  Vereine  zur  Vertheidi- 
gung  der  christlichen  Religion.  (S.  über 
Feith,  „Galerie  des  Contemporains".) 

Fisen  (HI.)  —  Bartholomeus  —  be- 
schrieb :  ,,Flores  Ecclesiae  Leodiensis,  sive 
Vitae  Sanctorum  et  Aliorum,  qui  rariori 
virtute  eam  Ecclesiam  ornarunt,  Rijssel 
1647",  und  „Historia  Ecclesiae  LeocÜen- 
sis",  Vol.  I.  (bis  1252),  Vol.  II.  (nach  des 
Verfassers  Tode,  bis  1612),  Lüttich  1696, 
Fol. 

Finnin  (V.)  -  Phil  -  Arzt,  gab 
1769  in  französischer  Sprache  einige  Nach- 
richten über  Surinam  und  das  niederländi- 
sche Guyana. 

Focquenlirocb  (III.  oder  IV.)  — 
A.  Van  —  ein  im  17.  Jahrh.  zu  Amster- 
dam lebender  Arzt,  der  auf  der  Küste  von 
Guinea  starb,  weil  er  vielleicht  lieber  Verse 
als  Recepte  schrieb ,  machte  sich  durch  s. 
„Riesenstreit" ,  „Liebe  im  Krankenhause" 
und  ., burleske  Aeneide"  bekannt.  Seine 
Gedichte  erschienen  1723.  Was  man  in 
s.  sog.  „  burlesken  Heldengedichten "  am 
meisten  komisch  findet,  ist  die  Verkleidung 
der  alten  Helden  u.  Götter  in  gewöhnliche 
Menschen  unserer  Zeit,  und  zwar  gröss- 
tentheils  vom  gemeinsten  Schlage.  Fokke 
verbesserte  jenen  Styl  später  in  Prosa, 
indem  er  die  rohen  Ausdrücke  wegschaffte, 
jedoch  alles  in  dieser  Verkleidung  Lachen- 
erregende beibehielt. 

Fokke  ISimonsz  (VI.)  —  Arend  — 
geb.  1755  zu  Amsterdam ,  Sohn  des  be- 
kannten Kunstgraveurs  Simon  Fokke, 
ward  1778  zu  Amsterdam  Buchhändler,  er- 
hielt aber  später  ein  Amt  am  Archiv  zu 
Amsterdam.  Es  ist  schwer  anzugeben, 
miter  welche  Rubrik  s.  Werke  gehören, 
die  weder  Romane,  noch  Geschichte,  noch 
eigentliche  wissenschaftliche  Abhandlungen, 
sondern  Karrikaturen  der  Geschichte 
und  Literatur  voll  Geist,  Gelehrsamkeit 
und  Humor  sind.  Fokke  ist  der  Callot 
und  Hogarth   der   niederländischen  Lite- 


ratur. Ausser  einigen  ernsthaften  Werken, 
die  von  einer  ausgebreiteten  Gelehrsamkeit 
zeugen  (wie  z.  B.  ^,Katechlsmus  der  Kün- 
ste und  Wissenschaften",  11  Theile  in  8.), 
machte  er  sich  hauptsächlich  durch  s.  hu- 
moristischen Vorlesungen  bei  der  Gesell- 
schaft Felix  Meritis  in  s.  Geburtsstadt 
bekannt.  Seine  Komik  bestand  meistens 
in  einer  Parodie  ernsthafter  Gegenstände, 
worin  er  sich  jedoch  stets,  mit  löblicher 
Strenge  des  Heiligen  und  Ehrwürdigen 
enthielt  (sogar  in  der  Biographie  von  Z. 
E.  Arlmanes,  Freiherr  vom  Scheol 
und  Gehenna,  überschritt  er  diese  Gren- 
zen nicht).  Vornehmlich  war  die  alte  Fa- 
bellehre u.  Geschichte  Gegenstand  s.  lau- 
nigen Darstellungen;  so  trägt  er  in  der 
„humoristischen  Reise  durch  Europa"  und 
„in  dem  Büchelchen  des  Kamins"  die  Ge- 
schichte von  Frankreich  u.  England  auf 
eine  Weise  vor,  die  selbst  dem  ernstesten 
Gelehrten  ein  Lächeln  abnöthigen  muss ; 
und  in  dem  (trefflich  ausgeführten)  Alma- 
nach  „  Ernst  und  Scherz  für  das  acht- 
zehnte Jahrhundert"  (1801,  1802,  1803) 
die  Geburt  der  Minerva  u.  s.  w.  Auch 
erläuterte  er  verschiedene  Redensarten  mit 
unnachahmlichem  Witze,  und  s.  „Ironisch- 
komisches Wörterbuch"  ist  ein  Schatz 
witziger  Bemerkungen.  Durch  s.  Meister- 
werk: „der  moderne  Helikon"  (1802) 
verdrängte  er  das  Sentimentale  ganz, 
welches  damals  jedoch  schon  stark  im  Ab- 
nehmen war.  Oft  bediente  er  sich,  um 
das  Lachen  zu  erregen,  der  platten  Volks- 
sprache, die  er  vortrefflich  anzuwenden 
verstand.  Nicht  oluie  Glück  übersetzte  er 
(z.  B.  in  s.  Almanach)  mehrere  Poesien 
von  Anakreon  und  Moschus.  Fokke 
verlor  mit  der  französischen  Herrschaft  s. 
meisten  Unterhalt   und  starb  im  J.  1812. 

Fokkeus  (IV.)  —  ...  —  schrieb  über 
die  Stadt  Amsterdam  (Amst.  1662). 

Fontaine  (I.)  —  Jean  De  La  — •  lebte 
im  14.  Jahrh. ,  war  aus  Valenciennes  und 
ein  Zeitgenosse  des  Froissart,  schrieb, 
mit  Anspielung  auf  s.  Namen,  das  französ. 
Gedicht :  „  Fontaine  des  amoureux  de 
science  "  ,  herausgegeben  von  L  e  n  g  1  e  t 
Du  Fresnoy.  Seine  Wissenschaft 
war  der  Stein  der  Weisen  (l'oeuvre 
d'or) ,  womit  er  alle  Krankheiten  u.  Qua- 
len zu  heilen  meinte.  Dieses  Gedicht,  worin 
Wissenschaft,  Rede  und  Natur  als  sinn- 
bildliche Wesen  vorkommen,  vollendete  er 
1413.  Der  französische  Styl  der  Verse  ist 
für  jenes  Zeitalter  ziemlich  blühend. 


149 


Foppens 


Froissard 


150 


Foppens  ( V. )  —  Johan  Frans  — 
seb.  1689  zu  Brüssel,  gest.  1761,  Prof. 
der  Philosophie  zu  Löwen,  Canonicus  zu 
Brügge  und  Erzdiaconus  von  Mecheln,  ver- 
mehrte u.  führte  die  von  V'alerius  An- 
dreas begonnene  „Bibliotheca  Belgica, 
sive  virorum  in  Belgia  vita  scriptisijue  il- 
lustrjum  Catalogus,  continens  scriptores  e 
Valerio  Andrea,  A. Miraeo,  F.  Sweer- 
tio,  aliisque,  recensitos,  usque  ad  annum 
1680",  Brux.  17S9,  II  Vol.  4.  bis  auf  s. 
Zeit  (1739).  Dieses  Werk  enthält  eine 
.sehr  grosse  Anzahl  Biographien  von  he- 
rühmten  Männern  und  Verzeichnisse  ihrer 
Werke,  die  man  zum  Theil  anderswo  nicht 
»o  beisammen  findet,  aber  auf  der  andern 
Seite  auch  eine  Fluth  von  unbedeutenden 
Nachrichten  über  raittelmässige  Schrift- 
steller, meistens  Geistliche  aus  Belgien, 
welche  der  Erwähnung  u.  Abbildung  (denn 
auch  damit  ist  das  Werk  versehen)  un- 
Avürdig  sind.  In  der  Vorrede  befindet  sich 
eine  Ermahnung  des  Censors  oder  Bischofs: 
vor  Allem  keine  Ketzer  zu  preisen,  da  der 
heil.  \  ater  solches  ausdrücklich  verboten 
hätte  und  es  von  ihnen  ja  auch  nichts  zu 
preisen  gäbe.  Zum  Glück  hat  jedoch 
Foppens,  obgleich  er  verspricht,  sich 
pünktlich  daran  zu  halten,  dieses  nicht 
immer  gethan,  sondern  mehrmals  an  Pro- 
testanten verdientes  Lob  gespendet,  ob- 
gleich man  ihn  nicht  immer  als  einen  un- 
parteiischen Beurtheiler  und  kritischen  Wür- 
diger der  Verdienste  anerkennen  kann.  — 
Ausser  obiger  Fortsetzung  der  Geschichte 
der  niederländischen  Literatur  haben  wir 
von  ihm  noch:  „Batavia  Sacra,  sive  Res 
gestae  Apostolicorura  virorum".  „Auberti 
Miraei  Opera  Diplomatica  et  Historiae, 
edita ,  adnotationibus  illustrata ,  aucta", 
1723,  1734,  Fol. 

Forestus  (III.)  —  ...  —  aus  dem 
alten  und  blühenden  Geschlechte  der  Fo- 
resten zu  Alkmar ,  geb.  1522  daselbst, 
berühmter  Arzt  zu  Alkmar  und  dann  zu 
Delft,  wo  er  bei  der  heftigen  Pest  1557 
durch  grossen  Eifer  sich  auszeichnete,  hat 
sehr  vollständige  Wahrnehmungen  über  ver- 
schiedene seltene  Krankheiten  und  neue 
Heilmethoden  angegeben,  und  sich  beson- 
ders gegen  den  damals  herrschenden  und 
noch  jetzt  nicht  ganz  ausgerotteten  Wahn, 
die  Kennzeichen  aller  Krankheiten  in  dem 
Urin  zu  entdecken  (in  s.  Buche  „de  incer- 
to  urinarum  judicio")  ausgesprochen.  Er 
verfasste  ausserdem :  „Observationes  et  Cu- 
rationes  Medicae",    Libri    XXXII.   Lugd. 


Bat.  apud  Raphelengium,  1589  —  1610, 
IV  Vol.  Fol.  —  „Observationes  et  Cura- 
tiones  Chirurgicae",  Libri  IX.  JI  Vol.  Fol. 
Forestus  starb,  des  Lebens  satt,  1597. 
(S.  ausführlich  C.  Sprengel  ,.pragra. 
Gesch.  d.  Medicin",  III.  Th.  VUI.Abschn., 
§.  88.) 

Four  (VI.)  _  ...  —  Prof.  der  Ma- 
thematik zu  Lüttich. 

Fournier  (VI.)  —  Karel  Lodewijk  — 
aus  Ypern  in  Westttandern,  hinterliess 
,,  Schauspiele  und  Poesien"  (gedr.  1821, 
6  Theile)  in  flämischer  Sprache,  in  denen 
man  vergebens  attisches  Gold  sucht.  Eins 
s.  Gedichte  heisst  „die  Sündfluth".  Schau- 
spiele von  ihm  sind:  „der  Schuhtiicker"; 
„Kummer  in  Reichthum". 

Franc  (I.)  —  Martin  Le  —  Dichter 
aus  dem  15.  Jahrh.,  widmete  Philipp  dem 
Guten  ein  sinnbildliches  Gedicht :  „Estrife 
(Streit)  de  Fortune  et  de  Vertu",  wahr- 
scheinlich noch  auf  der  burgundischen  Bi- 
bliothek zu  Brüssel  zu  finden. 

Franciw^  (IV.)  —  Petrus  —  (Pieter 
De  Frans)  geb.  1645  zu  Amsterdam, 
1674  Prof.  der  Beredsamkeit  u.  Geschich- 
te, u.  1686  der  griechischen  Sprache,  starb 
1704,  berühmt  als  Kenner  der  Alten  und 
als  Redner  und  Dichter,  namentlich  durch 
das  lat.  Trauergedicht  auf  De  Ruiter 
allgemein  bekannt,  welches  er  später  ins 
Holländische  übersetzte  (s.  Brandt,  „Le- 
ben De  Ruiter's",  p.  1009,  und  Art. 
Broekhuize  n).  Auch  besang  er  den 
Sieg  De  Ruiter's  über  die  französische 
u.  englische  Flotte  bei  Kijkduin  (1673). 
in  des  Gegenstandes  würdigen  Versen ,  u. 
ausgezeichnet  ist  sein  Lobgedicht  auf  An- 
to  nides. 

Fresinga  (III.)  —  Reinico  —  schrieb 
„Memorien  der  denkwürdigen  Dinge,  die 
in  den  niederländ.  Provinzen  von  Fries- 
land, Oberijssel,  Omlanden,  Drenthe,  Gro- 
ningen und  Lingen  geschehen  sind",  in  den 
Analecta  von  Dumbar  (1576 — 1582); 
merkwürdig  hauptsächlich  wegen  des  Ab- 
falles von  Rennenberg. 

Froissard  (I.)  —  ...  —  geb.  um 
1337  zuValenciennes,  Canonicus  u.  Schatz- 
meister des  Capitels  zu  Chimay  im  Hen- 
negau und  des  heil.  Petrus  zu  Rijssel, 
lebte  lange  am  Hofe  Eduard  IH.  und 
Richard  IL,  und  schrieb  auf  Veranlas- 
sung des  Robert,  Herrn  von  ße  auf  ort, 
s.  ungemein  lebendige  und  naive  „Chronik 
der  französischen  Geschichte"  seit  1326 
bis  1400,  welche  hauptsächlich  die  Kriege 


151 


Fruitiers 


Ganzevoort 


152 


zwischen  den  Engländern  und  Franzosen 
behandelt,  und  mit  Verbannung  des  frühern 
dürren  Chronikenstyles,  die  Sitten  u.  Denk- 
art jener  Zeiten  schildert.  Das  Werk  er- 
schien zu  Paris  1503  -  1505  u.  1518,  im 
Englischen  1523 ,  von  dem  berühmten 
Sleidanus  in  lat.  Sprache  abgekürzt 
(Paris  1537  u.  mehrmals  anderwärts),  u. 
durch  Pötten  Van  Der  Loo  ins  Flä- 
mische übersetzt*).  Doch  Froissard 
war  auch  Dichter,  ausgezeichnet  in  Balla- 
den, Ringel-,  Liebes-  und  Hirtengedich- 
ten. Seine  Gedichte ,  1362  begonnen  und 
1394  beendigt,  haben  zum  Theil  sonder- 
bare Titel,  wie  z.  B.  „Le  Paradis  d'amour, 
le  Temple  d'honneur,  la  Fleur  de  la  Mar- 
guerite ,    la  Prison    amoureuse ,    Chansons 


rojales  en  l'honneur  de  Notre-Dame,  Plal- 
doyer  de  la  rose  et  de  la  violette"  u.  s.  w. 

Fruitiers  (II.)  —  Jan  —  (lebte  zu 
Ende  dieser  Periode) ,  gebürtig  aus  Mid- 
delburg,  Bittschriftenmeister  des  Prinzen 
von  Oranien ,  lieferte  eine  Uebersetzung 
von  Jesus  Sirach  und  „kleine  Lieder", 
die  nicht  ohne  Verdienst  und  in  einer  rei- 
neren Sprache,  als  gewöhnlich  in  diesem 
Zeitalter,  abgefasst  sind.  (S.  De  Vries, 
I.  42  -  44.) 

Fullonius  (II.)  —  Willem  —  aus 
Hagenau,  von  Albert  von  Branden- 
burg, Herzog  von  Preussen,  zu  s.  Rath 
berufen,  schrieb  (um  1540)  lateinische 
Lustspiele,  die  gewiss  nunmehr  vergessen 
sind. 


G. 


Oabbema  (IV.)  —  Simon  Abbes  — 
aus  Leuwarden ,  Geschichtschreiber  von 
Friesland,  gab  (1 55 4)  Petronius  Arbi- 
ter und  das  Privilegium  Veneris, 
nebst  einigen  andern  erotischen  Ge- 
dichten, und  (1661)  die  Briefe  von  Vi- 
glius  Van  Aytta  an  Hopperus  her- 
aus. Seine  Geschichte  von  Friesland,  oder 
„Nachricht  von  Leuwarden"  (von  1190 
bis  1573)   erschien  zu  Gouda  1703. 

Oaleuus  (HI.)  —  Mattheus  —  ka- 
tholischer Geistlicher  aus  Westkapelle  in 
Zeeland,  lebte  in  der  zweiten  Hälfte  des 
16.  Jahrb.,  ward  1564  als  Prof.  der  Theo- 
logie nach  Douai  berufen,  wo  er  auch  die 
hebräische  Sprache  lehx-te.  Zur  Be- 
lohnung s.  Eifers  erhob  ihn  der  König  von 
Spanien  zum  Kanzler  dieser  Universität, 
die  er,  als  zum  Studium  der  Theologie  s. 
wallonischen  Unterthanen  bestimmt ,  be- 
sonders beschützte.  Seine  Werke  sind  alle 
dogmatisch,  im  Geiste  der  katholischen 
Kirche,  ausser  drei  Leichenreden,  dem  Le- 
ben von  WiUebrord,  dem  berühmten  Be- 
kehrer der  Friesen,  einer  Ausgabe  derRhe- 
torik  des  Alcuin  US  (Zeitgenossen  Karl's 
d.  G.)  ,  und  der  Biographie  des  Diony- 
sius  Areopagita.  Er  starb  1573,  erst 
45  Jahre  alt.     (S.  De  la  Rue,  „Gelehrt. 


•)  S.  Foppens,  II.  643.  Diese  Chronik 
wurde  von  Engverrand  De  Moustrelet 
bis  zum  Tode  PhilippH  des  Guteii  im  J. 
1167  fortgei-etzt. 


Zeeland",  p.  147,  148.  —  P^oppens,  11., 
865,  866.) 

Ganzevoort  (II.)  —  Wessel  —  aus 
Groningen ,  der  berühmteste  Schüler  des 
Thomas  a  Kempis  im  Kloster  der  heil. 
Agnes  bei  Zw  olle,  bildete  sich  weiter  in 
dem  damals  so  berühmten  Köln,  legte  sich 
auf  die  scholastische  Philosophie,  besuchte 
die  Universitäten  Heidelberg,  Löwen  u. 
Paris  u.  die  Kirchenversammlung  zu  Basel, 
ward  von  s.  Gönner  Della  Rover e,  da- 
maligem Papste  Sixtus  IV.,  nach  Rom 
gelockt,  nahm  jedoch  weder  W  ürden  noch 
Vortiieile  an ,  luid  bat  nur  —  um  eine 
vollständige  hebräische  und  griechi- 
sche Bibel,  mit  der  er  in  s.  Geburtsstadt 
zurückkehrte.  Durch  das  Studium  der 
scholastischen  Philosophie  hatte  er  dieselbe, 
fast  zwei  Jahrhundert  vor  B  a  c  o ,  verach- 
ten lernen ;  auch  sah  er  wohl  in  der  Bibel, 
dass  das  damalige  Christenthum  nicht  das 
der  Offenbarung  war.  Wegen  s.  Klarheit 
,,das  Licht  der  Welt"  genannt  (im 
Gegensatz  der  Scholastiker)  ward  er 
später  für  den  Vorläufer  Luther 's  ge- 
halten. Doch  gegen  den  Strom  zu  schwim- 
men, kam  ihm  zu  gefährlich  vor;  er  bil- 
dete lieber  im  Stillen  einige  Jünger,  denen 
er  s.  Lehren  mittheilte,  vor  Allem  Ru- 
dolph Agriko  l  a.  (S.  Mosheim,  In- 
stitut. Hist.  Ecclesiast.  Saec.  XV.  T.  IJ. 
§.  XXV.  p.  627.  Einige  der  zahlreichen 
Manuscripte  von  Ganzevoort  sind  ver- 
loren, andere  durch  Mönciie  verbrannt; 
das  Ucbrigc    ersclüen   zu  Groningen    I6l4 


153 


Garnier 


Gerard 


154 


11.  zu  Amsterdam  1617.  Bereits  viel  früher 
(1522)  Avaren  einige  s.  kleinen  Schriften: 
,.Farrago  rerum  theologicarum"  genannt, 
mit  einer  Vorrede  und  Lobrede  L\ither's, 
zu  Leipzig  herausgekommen.) 

Oarnier  (VL)  —  ...  —  Prof,  zu 
Gent,  Verf.  mehrerer  mathematischen  Lehr- 
bücher und  einer  Schrift  über  die  Ma- 
schinerie, zu  linden  in  den  Werken  der 
brüsseler  Akademie. 

Craubius  ( V. )  —  Hieronymus  David 
—  geb.  1705  zu  Heidelberg,  seit  1731 
Lector  der  Chemie  und  Prof.  der  Medicin 
u.  Chemie  seit  1734  zu  Leyden ,  war  der 
Nachfolger  von  Boerhave.  1775  legte 
er  mit  Ehren  s.  Amt  nieder  u.  starb  1780. 
Er  erwarb  sich  mit  Recht  den  Namen 
eines  „summus  Pathologus".  Seine  ,,In- 
stitutiones  Pathologiae  iNIedicinales"  (1758) 
sind  hiervon  ein  sprechender  Beweis.  Auch 
verdient  s.  Werk :  ,.de  Regimine  Mentis, 
quod  estMedicorum",  L.  B.  1764,  alles  Lob. 

C^eeraai'd.     S.  Thomas. 

Oeldenhauer  (II.)  —  Gerard  — 
aus  Nimwegen,  wovon  er  auch  wohl  den 
Naraen  No  vi  omagus  trägt,  zuerst  Geist- 
licher unter  dem  utrechter  Bischof  Phi- 
lipp von  Burgund ,  dessen  Leben  er  be- 
schrieb ,  begab  sich  hierauf ,  als  er  Pro- 
testant geworden,  von  Löwen  nach  Mar- 
burg, wo  er  Geschichte  lehrte.  Auf  einer 
Reise  nach  Wittenberg  wurde  er  (1542) 
von  Räubern  ermordet. 

«eider  (VI.)  —  J.  De  —  zuerst  Prof. 
am  Hotel  des  Pages  König  Ludwigs 
von  Holland,  dann  an  der  Kriegsschule  zu 
Delft  und  seit  1819  zu  Leyden,  verf.  eine 
„mathematische  Geographie"  (2  Th.  8), 
nach  dem  Plane  von  Guthrie,  und  eine 
„Anleitung  zur  theoretischen  und  prakti- 
schen Geometrie",  gr.  4.,  sehr  gepriesen 
von  Meermann,  indessen  ,, Jahrbüchern 
des  Königreichs  Holland",  mit  einer  Karte, 
1809.  Enthusiastisch  für  s.  Fach  einge- 
nommen, widmete  er  s.  Leben  ganz  dem- 
selben *). 


*)  Seine  übrigen  Werke  sind:  ,,  Anfangsgründe 
der  Arithmetik",  1793.  ,,Abhand].  über  die  Te- 
legraphen", 1794  ,, Ewiger  Kalender",  IfiOO. 
,, Mathematische  Abhandlungen",  1801.  ,, Astro- 
nomische und  physische  Erdbeschreibung",  1802, 
II.  Th.  1807 ,  als  Anleitung  zu  einer  Ueber- 
setznng  von  Gnthrie's  mathematischen  Vor- 
lesungen, I.  u.  II.  Cursus,  1808,  1809.  „An- 
fangHgründe    der    Geometrie",     1810,    2.    Aufl. 


Cremma  (II.)  —  Reinier  —  aus  Dok- 
köm  in  Friesland,  von  Karl  V.  sehr  ge- 
achtet, berühmt  als  Geograph  u.  Mathe- 
matiker, hinterliess:  „Arithmeticae  Practi- 
cae  Methodus" ,  Antw.  1570.  „De  Prin- 
cipiis  Astronomiae  et  Cosmonomiae  et  Cos- 
mographiac  deque  usu  Globi  Cosmogra- 
phici";  „Charta,  sive  Mappa  Mundi",  de 
Annuli  Astronomici  usu"  caet.  „De  Lo- 
corum  describendorum  ratione",  caet. 

Oenuna  (II.)  —  Comeiis  —  Sohn 
des  Vorigen,  Prof.  zu  Löwen,  erlangte 
grössern  Ruf  als  s.  Vater,  und  schrieb 
über  den  grossen  Kometen    des  J.  1577. 

Crenois  (V.)  —  Graf  De  St.  —  be- 
schrieb in  einem  Buche  in  Folio  (Monu- 
mens  Anciens)  eine  grosse  Anzahl  nie- 
derländischer Urkunden,  die  sich  in 
den  verschiedenen  Archiven  der  südlichen 
Provinzen  damals  befanden ,  wovon  jedoch 
sehr  viele,  besonders  zu  Rijssel ,  zur  Zeit 
der  französischen  Revolution  vernichtet 
wurden. 

Oentius  (III.)  —  ...  —  persischer 
Sprachkenner,  gab  Saadi's  „Rosengarten" 
(Saadi  Gulistan,  Pers.  et  Lat.,  Amst.  1655, 
Fol.  Lat.,  1687,  12.)  heraus. 

Gerard  (VI.)  —  ...  —  Secretär  der 
brüsseler  Akademie  *) ,  dann  Auditeur  bei 
der  Rechenkaramer  zu  Brüssel,  bearbeitete 
mit  Glück  die  „Geschichte  Süd- Nieder- 
lands". Ausserdem  gab  derselbe  eine  1786 
zu  Brüssel  vorgelesene  Untersuchung  über 
die  „burgundischen  Münzen  in  den  Nie- 
derlanden" ,  und  über  ,,das  zu  Dornik  im 
J.  1391  gehaltene  Begräbniss  eines  Ritters" 


1817.  „Geometrische  Analysis",  eine  Anleitung 
für  Geübtere,  1813.  „Die  ersten  Grundsätze 
der  Arithmetik",    2  Th. ,    1812,    1814,    2.  Aufl. 

1818.  1819.  „Beweis  über  die  positiven  und 
negativen  V^erhältnisse  der  Grössen" ,  1816. 
,, Geometrie  für  die  Infanterie  u.  Cavalerie",  1816. 
,, Abhandlung  über  den  Gebrauch  von  Halley'a 
Sextaut",   1817.      „Anfangsgründe  der  Algebra", 

1819.  „Höhere  Geometrie",  2  Theile.  „Dif- 
ferential - ,  Integral  -  und  Variationsrechnung", 
3.  Th.  —  Auch  nahm  De  Gelder  thätigen 
Antheil  an  den  Feldausmessungen  im  König- 
reich Holland,  womit  General  Rraijenhoff 
1798  beauftragt  war,  und  wovon  1813  ein  aus- 
führliches Werk  nebst  Karte  erschienen  ist. 
(S.   Art.  Rraijenhoff.) 

*)  S.  Otto,  „Rückblick  auf  die  belgische 
Akademie",  im  Correspondeuten  v.  u.  f.  Deutsch- 
land  V.    14.  Dec.   1833. 


155 


Gerdes 


Goedaart 


156 


in  den  Werken  der  Akademie  1788  heraus. 
Aus  s.  hinterlassenen  Schriften,  welche, 
vom  König  Wilhelm  angekauft,  im  haa- 
ger Reichs-Archiv  aufbewahrt  Averden,  tritt, 
wie  der  Archivar  De  J  o n g e  bemerkt ,  in 
Beziehung  auf  Geschichte ,  Literatur  und 
Alterthumskunde  der  Name  Gerard  glanz- 
voll hervor. 

G-erdes  (V.)  —  Daniels  —  geb.  zu 
Bremen,  studirte  1719  zu  Utrecht,  war 
1724  Prediger  zu  Wageningen,  1726  Prof. 
zu  Duisburg ,  1735  Prof.  d.  Theologie  zu 
Groningen  u.  dann  Mitglied  der  Akademie  zu 
Berlin,  starb,  67  Jahre  alt,  1765.  Er  ist  ein 
sehr  fruchtbarer  Schriftsteller,  der,  unter 
andern,  vermischte  theologische 
Schriften,  an  denen  viele  andere  Ge- 
lehrte mit  gearbeitet  haben ,  zu  Duisburg 
von  1732 — 1738,  so  wie  später  zu  Gro- 
ningen: ,, Denkwürdigkeiten  hinsichtlich  der 
Uebergabe  der  augsburgischen  Confession" ; 
,, Blumenlese  von  Stücken,  die  sich  auf  Li- 
terargeschichte, besonders  der  Kirchenre- 
form, beziehen";  ein  ,,Compendium  Theo- 
logicaeDogmaticae";  „Jahrbücher  derKir- 
chenreform"  (1744 — 1752)  :  „Scrinium  An- 
tiquarium  sive  Miscellanea  Groningana  nova 
ad  Historiam  Reformationis  Ecclesiast.  prae- 
cipue  spectantia",  1748,  acht  Theile  4. 
herausgegeben  hat.  (S.  .,Biblioth.  des  Scien- 
ces et  des  Beaux  Arts",  T.  XXIU  (1765) 
P.  L  p.  257  —  261.) 

Crescbier  (HI.)  —  ...  —  Pater,  aus 
Brügge,  dessen  Sittenpoesie,  genannt:  „der 
Weltprüfstein",  emc  freie  Nachahmung  aus 
dem  Lateinischen,  gewissermassen  in  der 
Manier  von  Cats  gedichtet  ist. 

©esscher  (VI.)  —  D.  Vau  —  Wund- 
arzt zu  Amsterdam,  schrieb  ein  „allgem. 
System  der  Wundarzneikunde". 

"Oeuns  (VL)  —  M.  Van  —  Prof.  d. 
Medicin  zu  Utrecht,  eine  Zierde  s.  Facul- 
tät,  schrieb  dem  Zellengewebe  eine  höhere 
Bestimmung  zu. 

Creuns  (VI.)  —  Steven  Johannes  Van 
—  Sohn  des  Vorigen  u.  s.  Amtsgenosse 
an  der  Universität  zu  Utrecht ,  berühmt 
als  Botaniker. 

Crliewiez  (III.)  —  George  De  — 
Conseiller  du  Roi ,  Referendaire  en  la 
Chancellerie  de  FJandre,  dessen  „Institu- 
tions du  Droit  Belgique"  aufs  Neue  1758 
zu  Brüssel  herausgegeben  wurden. 

«iselbert  (IL)  —  ...  —  Kanzler 
Boudewyn's  des  Tapfern,  schrieb  eine 
Chronik  von  Herman  und  Rykhilda  im 
Hennegau    und   Flandern,    bis   auf  Bou- 


dewyn's Tod  (ohngefähr  ein  Jahrhundert 
umfassend),  welche  1783  Marquis  v.  Cha- 
s  t  e  1  e  r  herausgab. 

Criselinus  (IL)  —  ...  —  geb.  bei 
Ostende ,  verband  alte  Sprachkenntniss  u. 
das  Studium  der  lat.  Dichter  (Pruden- 
tius  u.  Ausbnius)  mit  der  Arzneikunde. 

Ooddaeus  (HL)  —  Conradus  — 
Prediger  zu  Vässen ,  ein  merkwürdiger 
Dichter  des  17.  Jahrh. ,  der  schon  damals 
die  Sylbenmaasse  der  Alten  auf  die  holländ. 
Sprache  überzutragen  versuchte.  In  der 
Vorrede  s.  1656  den  Staaten  von  Geldern 
gewidmeten  ,, Neuen  Gedichte  ohne  Reim" 
(Harderwijk,  ia  lang  4.)  vertheidigt  er 
den  Gebrauch  des  reimlosen  Maasses,  mit 
Beziehung  auf  Gesner,  der  im  16.  Jahrh. 
schon  deutsche  Hexameter  gemacht 
hatte.  Seine  Verse  sind  jedoch  sehr  hart 
und  steif,  und  oft  prosaisch,  wie  dies  s. 
„Schaubühne  der  alten  Welt",  welche  eine 
kurze  Schilderung  der  vornehmsten  alten 
biblischen  Personen  gibt,  beweist.  Auch 
hat  Goddäus  die  Psalmen  in  verschie- 
dene ungereimte  Sylbenmaasse  gebracht. 
Noch  nennen  wir  s.  „Schwanengesang", 
„Höilenbrand" ,  „Vermischte  Gedichte", 
letztere  zum  Theil  s.  Freunde  Martinius 
gewidmet. 

CrOde'wijk  (HL)  —  Margaretha  Van 
— '  eine  sehr  gelehrte  Frau,  die  Italienisch, 
Französisch,  Englisch,  Griechisch,  Lateinisch 
verstand ,  und  die  Anfangsgründe  der  he- 
bräischen Sprache  lernte,  um  nicht  allein 
das  N. ,  sondern  auch  das  A.  Testament 
in  der  Ursprache  lesen  zu  können.  Ausser- 
dem liebte  sie  Dicht-,  Gesang-  und  Ton- 
kunst ;  sie  zeichnete,  malte  u.  stickte  mei- 
sterhaft ,  besonders  Landschaften ,  Blumen 
und  W  asser partien.  Sie  starb  1677,  fünf- 
zig Jahre  alt. 

Oode'HTJk  (HL)  —  Pieter  Van  — 
Vater  der  Vorigen,  verf.  mehrere  Gelegen- 
heitsgedichte auf  die  merkwürdigen  Ereig- 
nisse jener  Zeit,  als:  auf  die  Eroberung 
von  Breda  (1637),  und  Tromp's  Sieg  in 
den  Dünen  (1639) ,  eine  Trauerklage  auf 
den  Tod  des  friesischen  Statthalters  Hein- 
rich Kasimir  von  Nassau  (1640),  auf 
die  Eroberung  Sas  van  Gent  (1644), 
den  Tod  Friedrich  Heinrich's  (16*7) 
und  den  Münster  sehen  Frieden(1648), 
so  wie  auch  ein  „Lob  der  Frauen".  Er 
starb,  76  Jahre   alt,  1669. 

Ooedaart  (IV.)  —  Johannes  —  Ma- 
ler zu  Middelburg,  verfasstc  aus  eigenen, 
während    drcissig   Jahren    angestellten  Be- 


157         Gocdenhuizen 

iibachtunjren  eine  „Metamorphosis  Natura- 
lis'-', oder  „historische  Beschreibung"  der 
Würmer,  Fliegen  und  anderer  dergleichen 
Thierchen,  die  er  auch  nach  der  Natur  ab- 
zeichnete. Die  zwei  ersten  Theile  dieses  jetzt 
sehr  seltenen  Werkes  wurden  1662  u.  1667, 
der  dritte ,  nach  s.  Tode ,  von  Prof.  D  e 
Mey  gedruckt,  welcher  Gelehrte  es  einer 
lateinischen  Uebersetzung  würdigte  (1668), 
und  endlich  ward  dieses  Werk  (eine ,  wie 
Hr.  Van  Kämpen  bemerkt,  seltne  Ehre 
für  ein  holländ.  Werk)  auch  ins  franzö- 
sische übersetzt  (Amst.  1700,  3  Th.  8.), 
und  zu  London  Ton  M.  List  er  abgekürzt. 
Bei  der  Abbildung  der  äussern  Form  rich- 
tete Goedaart  hauptsächlich  s.  Aufmerk- 
samkeit auf  Insekten  und  Vögel.  Jedoch 
fanden  einige  s.  Ansichten  über  die  Yer- 
wandelungen  der  Insekten  Widerlegung 
durch  Swammerdam. 

Goedenhuizen  (III.)  —  Casabona  — 
Botaniker,  der  die  Carduus  Casabonae  aus 

,  dem  Orient  brachte. 

Croens  CHI-)  —  Van  —  Prof.  zu 
Utrecht,  behauptete  1775  den  verfälschten 
griechischen  Styl  der  Schreiber  des  N. 
Testaments,  ward  darüber  angegriffen  und 
genöthigt,  sich  mit  der  Autorität  von  Chry- 
sostomus,  Erasmus,  Camerarius, 
Casaubonus  u.  Hemsterhuys  zu  ver- 
theidigen. 

•  ©oeree  (IV.)  —  Willem  —  geb.  1635 
zu  Middelburg,  war  Buchhändler  u.  schrieb 
verschiedene  nützliche  Werke,  die  von  aus- 
gebreiteter Belesenheit  zeugen,  unter  an- 
dern: „Jüdische  Alterthümer"  (Amst.  1690 
u.  1700,  2  Th.  Fol.);  „Mosaische  Ge- 
schichte", 4  Th.  Fol.  Beide  Werke  mit 
Kupfern ;  zwei  Fortsetzungen  der  „Re- 
publik der  Hebräer"  von  C  u  n  ä  us;  ausser- 
dem noch  „Kirchen  -  und  Weltgeschich- 
ten", 4.,  und  einige  Werke  über  die  Ma- 
ler- und  Baukunst. 

Golius  (III.)  —  Jacob  —  aus  Ha- 
genau,  berühmter  Orientalist  und  Prof.  zu 
Leyden,  hatte  bereits  früher,  noch  bei  Le- 
benszeit seines  Lehrers  Erpenius,  eine 
niederländische  Gesandtschaft  nach  Ma- 
rocco  begleitet,  und  daselbst  nicht  wenige 
Manuscripte  aufgefunden,  unter  andern  die 
Jahrbücher  von  Fetz  und  Materialien  für 
die  Geschichte  der  Sherifs.  Nach  Er- 
penius Tode  besuchte  Golius,  indessen 
Amt  er  folgte ,  die  Geistesproducte  der 
Araber  noch  näher  an  der  Quelle.  Eine 
Reise  von  vier  Jahren  nach  Aleppo ,  Ara- 
bien   Mesopotamien  u.  Konstantinopel  ver- 


Gomarus 


158 


schallte  ihm  einen  unschätzbaren  Vorrath 
der  ältesten  u.  seltensten  Manuscripte,  weil 
die  Türken  s.  Kenntnisse  als  Arzt,  die  er 
uneigennützig  anwendete,  mit  Hochachtung 
vergalten,  so  dass  der  Sultan  ihn  sogar  zu 
s.  Geographen  erhob.  Eine  Frucht  dieser 
Reise  war  das  giosse  Arabische  Wör- 
terbuch, w  elches  in  der  Kenntniss  dieser 
Sprache  eine  neue  Periode  eröffnete,  und 
noch,  nach  so  vielen  Fortschritten  dieser 
Wissenschaft,  von  den  Gelehrten  mit  Nutzen 
gebraucht  wird.  Auch  von  der  persi- 
schen Sprache,  die  er  nicht  vor  s.  54. 
Jahre  lernte,  schrieb  Golius  ein  vollstän- 
diges Wörterbuch,  welches  dann  1669  zu 
London  gedruckt  wurde  *).  Im  Chine- 
sischen hatte  er  es  in  der  Kenntniss  der 
Bücher  so  weit  gebracht,  dass  er  im  Stande 
war,  den  Atlas  von  China  vermehrt  her- 
auszugeben. (S.  über  Golius,  Amers- 
foordt,  „Oratio  de  studio  Litt.  Arabica- 
rum",  Harderw.  1816,  p.  13.) 

Oolins  (III.)  —  Pieter  —  Bruder  des 
Vorigen,  wurde  katholisch  u.  Karmeliter, 
und  war  in  demjßtndium  der  arbischen 
Literatur  nicht  miTOer  thätig.  Er  vollzog 
eine  Mission  nach  dem  Orient ,  sowohl  zu 
Aleppo,  als  in  Palästina,  stiftete  ein  Klo- 
ster s.  Ordens  auf  dem  Berge  Libanon, 
und  wirkte  hauptsächlich  mit  zur  Heraus- 
gabe der  arabischen  Bibel  zu  Rom 
(1671).  Er  starb  zu  Surate.  Seine  Re- 
ligionsveränderung that  der  innigen  Freund- 
schaft beider  Brüder  keinen  Abbruch ,  und 
der  Mönch  rühmte  sich,  dass  die  Achtung 
vor  dem  Namen  Golius  ihm  eine  solche 
günstige  Aufnahme  im  Orient  verschafft 
hätte.  Er  übersetzte  ,,die  Nachfolge  Jesu 
Christi"  von  Thomas  a  Kempis  aus 
dem  Lateinischen  ins  Arabische,  und  aus 
dem  Arabischen  ins  Lateinische  einen  Band 
mit  arabischen  Sprüchen,  einen  Theil  des 
Korans   u.  s.  w.     (S.  Foppens  I.   188.) 

Cromarus  (III.)  —  Franciscus  —  aus 
Brügge  in  B^landern.  auf  den  Universitäten 
Deutschlands  und  Englands  gebildet,  seit 
1587  Prediger  zu  Frankfurt  und  seit 
1594  Prof.  zu  Leyden,  widerlegte  das 
Schreiben  des  Arminius  gegen  den  Streit- 
punkt der  Gnadenwahl  u.  Verdammung. 
Als   Moritz   auf  die  Seite  der  Contra- 


*)  S.  Persisches  Lexicon  vor  Castel- 
li's  Lexicon  Heptaglotloii ,  Loud.  1G69,  1689, 
Fol.  oder:  Willmet,  p.  194.  (S.  Art.  W  Ul- 
me t.) 


159 


Gorkum 


Graevius 


160 


R  e  m  o  n  s  t  r  a  n  t  e  n  trat ,  loderte  der  Kir- 
chenstreit in  hellen  Flammen  auf.  Die 
Synode  zu  Dordrecht  ward  zusammenbe- 
rufen, die  Schüler  des  Arrainius  (Remon- 
stranten)  Avurden  verurtheilt,  und  die  C  a  1- 
vinische  Lehre  von  Staatswegen  einge- 
führt. Die  Geschichte  dieser  Streitigkei- 
ten ist  von  beiden  Parteien  natürlich  sehr 
verschieden  dargestellt.  Zu  den  remon- 
strantischen  Schriftstellern  gehört  der  alte 
Uitenbogaard,  zu  den  Contra-Remon- 
stranten  Trigland*). 

eorkum  (VI)  —  L-  M.  Van  —  Verf. 
einer  „Beschreibung  der  Stadt  u.  des  Stadt- 
gebietes von  Turnhout"  (Mecheln  1790) 
und  „Kurze  Darstellung  von  Alt -Nieder- 
land" (Brüssel  1789).  Beide  Werke  im 
brabanter  Dialekt. 

Gorlaeus  (HI.)  —  Abraham  —  geb. 
1549  zu  Antwerpen,  lebte  später  zu  Delft, 
wo  er  1609  starb,  erwarb  sich  um  Mün- 
zen ,  Ringe  u,  geschnittene  Steine  der  Al- 
ten einiges  Verdienst.  (Foppens,  I.  1, 
2.     Wachler,  B.  I.  Abth.  2.   S.  711.) 

Ooropins  (II.)  --^Johan  —  (Beca- 
nus)  geb.  1518  zu  Ifflvarcnbeek,  gest. 
1572,  schrieb  über  den  „Ursprung  von 
Antwerpen",  u.  fand  sowohl  die  nieder- 
länd.  Sprache  als  auch  die  Philosophie  des 
Orpheus  in  der  Arche  des  Noah.  (Fop- 
pens, II.  649.  Er  hiess  eigentlich  Jan, 
u.  war  aus  Gorp,  einem  Weiler  bei  Hil- 
varenbeek ,  gebürtig  ) 

Oorter  iV.)  —  David  De  —  Prof. 
zu  Harderwijk  u.  Leibarzt  der  Kaiserin 
von  Russland,  gab  1749  einen  „kurzen  Be- 
griff" u.  ein  „System  der  Arzneikunde" 
heraus.  (Er  unterwarf  nicht  allein  die 
Muskeln,  sondern  auch  die  andern  Kör- 
pertheile  dem  Naturgesetz,  u.  unterschied 
sich  dadurch  von  Boerhave,  der  das 
Lebensprincip  der  Alten  zwar  nicht,  wie 
Stahl,  für  die  Seele,  aber  doch  auch 
für  nicht  ganz  körperlich  hielt.)  Ausser- 
dem lieferte  er  auch  eine  Beschreibung  der 
inländischen  Gewächse. 


')  Uitenbogaard' 8  Kirchengeschichte  er- 
schien zu  Rotterdam  1647.  Der  Verf.  starb, 
nach  merkwürdigen  Schicksalen,  als  remonstran- 
tischer  Prediger  im  Haag  1644,  in  einem  Alter 
von  87  Jahren.  Sein  Gegner  Trigland, 
aus  \  ianen  ,  war  Prediger  zu  Amsterdam  v. 
IfilO  — 1634.,  hierauf  Prof.  zu  Lejden,  wo  er, 
71  Jahre  alt,  1654  starb.  Seine  Kirchen  ge- 
schieht en  erschienen  zu  Leyden  1650. 


Goudtaoeven  (III.)  —  WouterVan  — 
Verf.  einer  „Chronik  von  Holland",  die 
von  1449-1620  geht  u.  von  De  Clerc 
bis  1636  fortgesetzt  wurde. 

Ooudoever  (VI.)  —  Antoni  Van  — 
zuerst  Rector  zu  Zwolle,  trat,  als  Pro- 
fessor nach  Utrecht  berufen  ,  1816  s.  Amt 
mit  einer  Rede:  „De  antiquis  historicis  cum 
recentioribus  comparatio"  an.  Unter  s. 
Lehrer  und  nachherigen  Collegen  Van 
Heus  de  vertheidigte  er  1803:  „Disputa- 
tio  Phiiologica  de  Polybii  laudibus". 

C^otidriaan  (VI.)  —  Adriaan*Fran- 
9ois  —  Wasserbaukundiger. 

^oudriaan  Arieszoon  (VI.)  — 
B.  —  Wasserbaukundiger. 

Crovertsz.     S.  Nemius. 

«raaf  (IV.)  _  R.  De  —  Arzt  zu 
Delft,  entdeckte  die  Kunst,  in  die  Gefässe 
einen  gefärbten  Stoff  zu  spritzen,  um  den 
Umlauf  des  Blutes  zu  zeigen. 

Oraevius  (IV.)  —  Jan  George  — 
geb.  1632  zu  Naumburg,  gest.  1703,  ge- 
bildet in  Sachsen  u.  zum  Theil  zu  Deventer 
unter  Jan  Frederik  Gronovius,  u. 
zwei  Jahre  lang  zu  Amsterdam  unter  Mo- 
rus  u.  Blondei,  ward  Professor  1656 
zu  Duisburg,  1658  statt  s.  nach  Leyden 
berufenen  Lehrers  Gronovius  zu  Deven- 
ter, u.  1661  zu  Utrecht,  wo  er,  ungeach- 
tet wiederholter  Rufe  nach  Amsterdam, 
Leyden,  Venedig  u.  Heidelberg,  blieb.  Er. 
war  ein  Gelehrter  von  sehr  liebenswürdi- 
gem Charakter,  wie  dies  s.  Devise :  „si  ^is 
amari  ama",  u.  die  von  einem  Gelehrten 
ihm  gesetzte  Grabschrift :  „er  war  der 
vorzüglichste  Gelehrte  s.  Zeit,  nach  Aller 
Urtheil ,  ausser  dem  seinen" ,  bezeugen. 
Seine  Zuhörer  trugen  ihn  auf  ihren  Schul- 
tern zu  Grabe.  Broekhuizen  nennt 
ihn  einen  grossen,  ja  den  ersten 
Mann  in  der  classischen  Litera- 
tur; Düker:  das  Haupt  der  Ge- 
lehrten s.  Zeit;  Fabricius:  einen 
Mann,  über  alles  Lob  erhaben  und 
von  ausserordentlicher  Gelehr- 
samkeit. (S.  Bayle,  „Lettres",  T.'lL 
p.  375.  Burman  „Traject.  Erudit.", 
p.  112  —  116.'  Saxe,  „Onomast."  T.  V. 
p.  35,  36.  39.)  Seine  Sammlung  der  röra. 
Alterthümer  erschien  unter  dem  Titel : 
Graevii,  ,, Thesaurus  Antiquitatum  Ro- 
manarum", Ultr.  et  L.  B.  1694  —  1699; 
Venet.  1732,  XII.  Vol.  Fol.  Ausserdem 
besorgte  G  r  a  e  v  i  u  s  eine  Ausgabe  folgen- 
der Autoren,  mit  Anmerkungen  sowohl  von 
sich   als   von   Andern:    Lucian's   Soloe- 


IUI 


Gramniaije 


Gravesande 


(02 


cista  (1648),  Hesiod  (1649),  Justin 
(1649),  Sueton  (1672),  Florus  (1680), 
Catull,  Tibull  und  Properz  (1680), 
Cicero's  Briefe  (1677),  namentlich  die 
ad  familiäres  (nochmals  1693,  und  mit  den 
Noten  von  ihm  allein  1689,  11  Theile  in  12.)» 
die  an  Atticus  (1684,  ebenfalls  in  11 
Theilen ) ,  Cicero's  Abhandlung  über 
die  Pflichten  (1688)  und  dessen  Reden 
(1699 ;  alle  diese  Werke  des  lat.  Redners 
nicht  allein  mit  s.  eigenen  Anmerkungen, 
sondern  auch  mit  denen  früherer  Gelehr- 
ter). Ferner:  Julius  Cäsar  (1697)  mit 
den  Erklärungen  von  Dionysius  Vos- 
sius,  nebst  verschiedenen  Werken  von 
Meursi US,  Petit,  Ferrarius,  Juuius, 
Hu  et  u.  A.  Sein  Augenmerk  war,  nach 
Homer,  Philostratus  und  die  Politik 
des  Aristoteles  herauszugeben,  aber  er 
wurde  darin,  wie  in  der  Biographie  von 
Wilhelm  III.,  wozu  er  mit  einem  Jahr- 
gehalt von  1000  Gulden  angestellt  war, 
durch  den  Tod  unterbrochen.  (S.  Bur- 
manni  Traj.  Eiud.,  p.  116 — 121.) 

Grammaije  (HI.)  —  Jan  Baptist  — 
von  Antwerpen ,  doch  aus  einem  geldern- 
schen  Geschlechte,  Geschichtschrei- 
ber der  Südniederlande,  ein  uner- 
müdeter  Forscher,  der  die  historischen 
Quellen  in  s.  Vaterlande  aufspürte ,  Hol- 
land, Deutschland,  Italien  u.  Spanien  be- 
suchte ,  von  Seeräubern  gefangen ,  ver- 
schiedene Gegenden  Afrika's  sah ,  die  er 
auch  beschrieb,  nach  s.  Rückkelu-  von  den 
Erzherzögen  mit  Eiiren  überhäuft  wurde, 
sodann  noch  einmal  Mähren,  Schlesien  u. 
andere  Theile  von  Deutschland  bereiste, 
starb  1631.  Seine  „Geschichten  u.  Alter- 
thümer  von  Namur"  entsprachen  jedoch 
nicht  den  von  ihm  gehegten  Erwartungen, 
indem  er  z.  B.  die  Grafen  von  Namur  bis 
zur  Zeit  Salomo's  hinaufführt.  Ueber 
Brabant  u.  Flandern  u.  deren  Städte,  ins- 
besondere Breda ,  über  Mecheln  und  Ka- 
merijk  erschienen  s.  Untersuchungen  zu 
Löwen  1708  in  2  Theilen,  Fol.  Auch  bei 
diesem  Historiker  muss  man,  so  wie  bei 
vielen  brabanter  Geschichtsforschern  s.  Zeit, 
keine  grosse  Gelehrsamkeit  u.  Mittheilung 
wichtiger  Berichte  suchen,  die  jedoch  unter 
einer  Menge  von  Märchen  u.  auch  wohl 
Unwahrheiten  ^die  sie  auf  guten  Glauben 
annahmen) ,  begraben  sind.  Seine  Berichte 
über  andere  Welttheile  tindet  man  in  s. 
„Diarium  Argilense",  Ath  1622,  8.;  „Afri- 
ca  illustrata" ,  Tornh.  1622 ;  „Asia  sive 
Historia    Universalis    Asiaticarum   Gentium 


et  Rerum  domi  forisque  gestarum'"  (!), 
Antw.  1604,  Francof.  1611,  4.  (S.  über 
ihn  Foppens,  I.  568^ — 570.  De\yez, 
,,Hist.  particuliere  des  Provinces  Bclgi- 
ques'-,    T.  III.    p.  276,  277.) 

Crratama  (VI.)  —  Seerp  —  geb. 
1757,  seit  1783  zuerst  Advokat,  dann  Kauf- 
mann zu  Harlingen,  1798  nach  Harderwijk 
u.  1801  als  Prof.  des  Naturrechts  nach 
Groningen  berufen  (s.  ausführlich:  „Ga- 
lerie historique  des  Contemporains"',  T.  V. 
p.  194,  195),  ist  durch  eine  Menge  juristi- 
scher Schriften,  unter  andern  durch  s.  An- 
trittsrede zu  Hardei'wijk  „über  die  späte 
u.  wenig  fortgeschrittene  Bildung  der  Rö- 
mer, wie  a"US  ihren  Gesetzen  zu  ersehen", 
u.  später  durch  s.  „Juristisches  Magazin" 
bekannt  geworden. 

€rraven\reert  (VI.)  —  J.  Van  's  — 
übersetzte  mit  Glück  Homer's  Iliade  u. 
Odyssee  in  holländische  Verse. 

Crravesande  (V .)  —  Willem  Jacob  's 
—  geb.  1688  zu  Herzogenbusch,  schien  sich 
zuerst  den  schönen  Wissenschaften  zu  wid- 
men, denn  er  begann  1713  im  Haag  ein 
Journal  Litteraire,  welches  er  bis  1722 
fortsetzte.  Im  J,  1715  ging  er  als  Ge- 
heiraschreiber  der  niederländ.  Gesandtschaft 
nach  London,  wo  er  sich  mit  Newton's 
Philosophie  bekannt  machte.  Hierauf  ward 
er  1717  als  Prof.  d.  Mathematik  u.  Astro- 
nomie an  die  Univei'sität  zu  Leyden  be- 
rufen, wo  er  eine  Antrittsrede;  „De  Ma- 
theseos in  Omnibus  scientiis,  praecipue  Phj  - 
sicis  usu,  nee  non  de  Astronomiaeperfectione 
ex  Physica  haurienda"  hielt.  Er  war  der 
Erste,  welcher  sich  das  Verdienst  erwarb, 
Newton's  Philosophie  auf  dem  Continent, 
■v^enigstens  in  Niederland  einzuführen.  Schon 
1720  (Newton  lebte  noch)  gab  er  s. 
„Physica  Elementa  Mathematica  experi- 
menlis  confirmata  sive  Introductio  ad  Phi- 
lüsophiam  Newtonianam"  (L.  B.  1720,  1721, 
II  Vol.)  heraus,  welche  1725  u.  1742 
wieder  gedruckt  u.  1723  zum  Gebrauche 
der  Universitäten  abgekürzt  wurden  (auch 
diese  Abkürzung  wurde  1728,  und  von  s. 
Zuhörer  Allamand  1744  wieder  abge- 
druckt, so  wie  auch  ins  Französische  u. 
Holländische  übersetzt.  Diese  Elementa 
physica  werden  einen  ausschliesslichen  Werth 
behalten,  weil  darin  Alles  auf  mathema- 
tische Beweise  gegründet  ist.  1727  gab 
er  „Anfangsgründe  der  allgemeinen  Ma- 
thematik" heraus.  1730  ward  ihm  der  Un- 
terricht der  bürgerlichen  u.  Kriegsbaukunde 
in  der  holländ.  Sprache,  u.  1734  der  Lehr- 


163 


Greeve 


Gronovius 


164 


stuhl  der  Philosophie  übertragen ,  ^vorauf 
er  1736  eine  „Einleitung  in  die  Philoso- 
phie, umfassend  Logik  u.  Metaphysik" 
herausgab  *).  Hierin  lag  jedoch  s.  Stärke 
nicht,  aber  wohl  in  der  „Experimental- 
physik", die  erst  seit  s.  Zeit  in  Nieder- 
land über  alle  Muthmassungen  u.  Hypo- 
thesen den  Sieg  davon  getragen  hat.  Sein 
,,follis  hydrostaticus"  gab  eine  sichtbare 
Vorstellung  von  den  Gesetzen  des  Gleich- 
gewichts der  Flüssigkeiten.  Seine  Werke 
verbreiteten  grosses  Licht  über  verschie- 
dene Zweige  der  Naturkunde.  So  ist  z.  B. 
Das,  was  er  in  s.  nachgelassenen  Werken 
über  die  Luftpumpen  sagt,  noch  das 
Beste,  was  man  über  die  Theorie  dersel- 
ben hat.  Er  besass  in  hohem  Grade  die 
Gabe ,  Werkzeuge  zu  erfinden  oder  zu 
verbessern,  um  abstracte  Lehrsätze  der 
Physik  anschaulich  vor  Augen  zu  stellen. 
Auch  erwarb  er  sich  grosse  Verdienste  um 
den  Wasserstaat,  indem  er  mit  s,  Collegen 
Wittichius  u.  dem  Geometer  Cruquius 
einen  Plan  zur  Correction  der  Merwe  ent- 
warf, 's  G  r  a  V  e  s  a  n  d  e  starb  1 742.  (S. 
„Oeuvres  Philosophiques  et  Mathematiques 
de  M.  G.  J.  "s  Gravesande,  ressemblees 
et  publiees  par  J.  N.  S.  Allamand,  qui  y 
a  ajoute  Thistoire  de  la  vie  et  des  ecrits 
de  VAuteur",  Amst.  1774,  4.,  2  Vol.) 

Greeve  (VI.)  —  Egbert  Jan  —  um 
1754  zu  Deventer  geboren,  glänzte  als 
Orientalist  zu  Franeker.  Er  war  Selbst- 
denker u.  glaubte  das  lange  gesuchte  Maass 
in  den  hebräischen  Gesängen,  besonders  in 
den  Schriften  der  Propheten ,  gefunden  zu 
haben.  Schon  zu  Deventer  gab  er  (1788 
in  4.)  die  letzten  Capitel  von  Hiob  mit 
Anmerkungen  heraus ,  und  fügte  eine  Ab- 
handlung über  die  hebräischen  Sylben- 
maasse,  namentlich  die  von  Hiob  hinzu. 
Später  wandte  er  s.  System  auf  J es a las, 
JVahum  u.  Habakuk,  begleitet  mit  einer 
lat.  u.  holländ.  Uebersetzung,  an.  Gelehr- 
te ersten  Ranges  betrachten  jedoch  s. 
System  als  eine  scharfsinnige,  aber  einer 
Grundlage  ermangelnde  Hypothese.  Er 
starb    1811.      Sein    Freund    Feith,    der 


•)  S.  Saxe,  Onomast.  T.  VI.  p.  225,  226. 
Te  Water,  Narratio  de  Acadeinia,  Lugd. 
Batav.,  p.  207.  J.  N.  S.  Allamand,  Oratio 
de  vero  Philosopho.  Dictionnaire  historiqnc 
de  Prosper  Marc  band,  T.  11.  p.  214— 248. 
J.  F.  Von  Cappella,  „Beiträge  zur  Ge- 
schichte der  Gelehrsamkeit  u.  Wissenschaften 
in   NicdcTland",   Amst.  1802,   p.  200  —  297. 


Dichter,  ehrte  s.  Gedächtniss  durch  eine 
kurze  Lobrede  (jedoch  niclit  unter  diesem 
Titel). 

Crregporius  Von  St.  Vincenz  (HL) 
—  . . .  —  geb.  1584  zu  Brügge,  trat  1604 
in  den  Orden  der  Jesuiten  und  starb  1607 
zu  Gent.  Er  lehrte  Mathematik  zu  Lö- 
wen, und  bemühte  sich  vergebens,  die  Qua- 
dratur des  Zirkels  zu  finden,  machte  aber 
bei  dieser  Gelegenheit  mehrere  nicht  un- 
wichtige Entdeckungen. 

Grelee  (L)  —  Jaquemar  —  geb.  1290 
zu  Ryssel  in  Flandern ,  schrieb  beissende 
Satyren  in  französischen  Versen  gegen  die 
Grossen  u,  Geistlichen.  Am  Ende  s.  Bu- 
ches sieht  man  Fortuna's  Rad,  über  wel- 
chem ein  Fuchs  steht,  mit  Hochmuth  u. 
List  auf  beiden  Seiten,  die  ihm  versichern, 
dass  er  nicht  fallen  wird ,  da  er  zwei 
Geistliche  neben  sich  habe. 

Crronovius  (Hl.)  —  Jan  Frederik  — 
geb.  1611  zu  Hamburg,  begab  sich  mit 
2i  Jahren  nach  Groningen,  um  unter  Mat- 
theus die  Rechte  zu  studiren,  unternahm 
gelehrte  Reisen  nach  Holland,  England, 
Frankreich  u.  Italien,  und  wurde  zuerst 
an  das  Athenäum  zu  Deventer,  dann  an 
die  Universität  zu  Leyden  berufen ,  wo  er 
sich  durch  s.  Gelehrsamkeit  u.  kritische 
Bearbeitung  der  Alten  grossen  Ruf  er- 
warb. 1639  erschienen  s.  „Observationes" 
in  3  Theilen  zu  Leyden,  1643  s.  Werk 
„über  die  Sestertien  der  Römer",  dann 
Aulus  Gellius,  1665  Livius,  1682 
Seneca's  Trauerspiele  und  1680  s.  Aus- 
gabe von  Hugo  de  Groot's  Werk:  „de 
Jure  Belli  et  Pacis",  nicht  zu  gedenken 
vieler  kleinerer  Schriften.  Sein  Livius 
wird ,  sowohl  was  Kritik  des  Textes ,  als 
die  Noten  betrifft,  für  s.  Meisterwerk  ge- 
halten. Er  war  für  Livius,  was  Lip- 
sius  für  Tacitus  und  N.  Heinsius  für 
Ovid  war.  (S.  Biblioth.  Lat.  Fabricii. 
T.  I.   p.  285.) 

Oronovius  (IV.)  —  Jacob  —  (Jan 
Frederiksz.)  geb.  zu  Dordrecht,  Prof.  d. 
Geschichte  1672  zu  Pisa  und  1679  zu 
Leyden,  wo  er  1716  starb.  Broekhui- 
zen,  Burman  und  andere  competente 
Richter  stellen  ihn ,  was  Gelehrsamkeit 
betrifft,  tief  unter  s.  Vater  (s.  den  vorigen 
Art.)  Er  machte  sich  durch  Herausgabe 
folgender  Autoren  bekannt :  P  o  1  y  b  i  u  s 
(1670),  eine  s.  besten  Ausgaben,  die  s. 
Ruhm  begründete;  Tacitus  (1673),  Li- 
vius (1679),  Pomponius  Mela  (1685), 
Cicero  (1692  vollständig,  nur  die  Ausg. 


105 


Gronovius 


Groot 


166 


V.  Gruterus  einigermassen  revidirt  und 
bequemer  eingetheilt) ,  A  ra  ni  i  a  n  u  s  M  a  r- 
cellinus  (1693),  Makrobius  (1694), 
Harpokration  (1696),  die  alten  (sog. 
kleinern)  Geographen  (1697),  Sueton 
(1698),  Phädrus  (1703),  Arrian  (1704), 
Gell  i US  (1706),  die  Kirchenväter  Mi- 
nucius  Felix  und  Cyprianus  gegen 
die  Abgötter  (1709),  und  noch  viele  an- 
dere kleinere  Schriften  (s.  Saxii  Ono- 
mast. T.  V.  p.  179 — 183,  worin  auch  zum 
Theil  s.  Gelegenheitsschriften  genannt  sind. 
Er  hatte  mit  Perizonius  einen  heftigen 
Streit  über  das  griech.  Wort,  welches  für 
das  Aufhängen  des  Judas  gebraucht 
ist!!!).  Wie  Grävius  um  die  röm.  Al- 
terthümer,  so  machte  sich  Gronovius 
um  die  griechischen  durch  s.  „Thesaurus 
Graecarum  Antiquitatum"  (L.  B.  1697, 
1702,  XII  Vol.  Fol.)  verdient.  Auch  als 
Rechtsgelehrter  zeichnete  er  sich  aus  durch 
s.  ,.Histona  Pandectarum  authentica"(1685, 
1730)  und  durch  die  Vergleichung  der 
florentinischen  Handschrift  der  Pandekten, 
zu  welchem  Zweck  er  s.  Reise  nach  Italien 
unternahm. 

Crronovius  (V.)  —  Abraham  -  Sohn 
des  Vorigen,  gest.  1775,  gab  Justin  (1719, 
2.  Ausg.  1760),  Pomponius  Mela  (1722, 
1748),  Aelian,  die  Variae  Historiae 
(1731),  die  Natura  Animalium  (1744) 
und  Pomponius  Mela  (1743),  meist 
mit  Anmerkungen  von  Andern,    heraus. 

Crroot  (11.)  —  Gerrit  —  eigentlich 
Geert  Groote  (Gerardus  Magnus),  geb. 
1340  zuDeventer,  studirte  zu  Paris,  ward 
daselbst  Magister  der  freien  Künste,  er- 
hielt zu  Köln  u.  Aachen  das  Amt  eines 
Kanonikus,  legte  sich  auf  scholastische 
Philosophie  und  die  sogen,  schwarze 
Kunst,  verbrannte  jedoch  nach  einer  zu 
Deventer  überstandenen  Krankheit  die  hier- 
auf bezüglichen  Bücher.  Er  legte  s.  Ka- 
nonikat  nieder ,  blieb  einfacher  Diakonus 
und  predigte  in  der  Landessprache  unter 
allgemeinem  Zulauf  eine  reinere  Moral,  wo- 
durch er  sich  von  den  Mönchen  Verfol- 
gung zuzog.  Dies  und  s.  schwacher  Kör- 
per nöthigten  ihn,  s.  Predigen  aufzuge- 
ben. Er  widmete  sich  nun  allein  dem 
Jugendunterricht,  der  in  Mönchslatein  u. 
Griechisch  bestand ,  und  die  Bibel ,  die  er 
unentgeltlich  vertheilte ,  war  der  Zweck 
s.  Unterrichts.  Auch  gab  er  in  einer  be- 
sondern Anstalt  jungen  Mädchen  Beschäf- 
tigung in  Handarbeiten.  Er  starb  erst 
44   Jahre    alt,    und    vermachte   s.   ansehn- 


liches Vermögen  der  Brüderschaft:  Pratres 
in  commune  viventes,  so  wie  s.  für  die 
damalige  Zeit  bedeutende  Bibliothek,  durch 
welche  die  Kenntniss  der  Bibel  und  der 
profanen  Schriftsteller  sehr  vermehrt  ward. 
Aus  der  von  ihm  schon  1730  gestifteten 
Schule  zu  Deventer,  welche  mit  der  be- 
rühmten gröningschen  Schule  wetteiferte, 
und  an  der  im  15.  Jahrh.  Hegius,  der 
Lehrer  des  Erasmus  stand,  gingen  viele 
berühmte  Männer  hervor,  z.  B.  Papst  H  a- 
drian  VI.,  R.  Langius,  Cäsarius 
(s.  Saxe,  Onomast.  T.  III.  p.  102  und 
Bayle  in  voce)  und  Ascursius,  ein 
gelehrter  Buchdrucker  (s.  Delprat,  in 
dem  Rec.  auf  der  Recens. ,  Nov.  1823, 
S.  433  —  447). 

«root  (III.)  —  Hugo  de  —  geb.  1583 
zu  Delft,  bezog  schon  in  s.  zwölften  Jahre 
die  Universität  zu  Leyden ,  disputirte  in 
s.  vierzehnten  zur  Bewunderung  der  gröss- 
ten  Gelehrten  ,  die  ihn  damals  schon  mit 
Erasmus  verglichen,  wurde,  als  er  1598 
Oldenbarneveld  nach  Frankreich  be- 
gleitete, von  Heinrich  IV.  mit  dessen 
Bildniss  u.  einer  goldenen  Kette  beschenkt, 
zeigte  sich  schon  frühzeitig  als  ausseror- 
dentlicher Kritiker  und  lateinischer  Dich- 
ter, und,  nach  s.  Verheirathung  mit  Ma- 
ria von  Reigersbergen  im  J.  1608, 
durch  die  Abhandlung:  „de  Mare  libero" 
als  zukünftigen  Gesetzgeber  des  Staats- 
rechts. Hier  führte  die  Vaterlandsliebe 
ihn  zur  Aufstellung  unbestreitbarer  Wahr- 
heiten. In  der  Schrift :  „de  Antiquitate 
Reip.  Batavicae"  (Lugd.  Bat.  1610,  4.) 
Hess  er  sich  zu  der  unrichtigen  Behaup- 
tung verleiten,  dass  Niederland  stets,  selbst 
von  fränkischen  und  spätem  Fürsten  un- 
abhängig gewesen.  De  Groot,  für  diese 
Schrift  von  den  Staaten,  denen  er  sie  wid- 
mete, belohnt,  erhielt  1611  von  den  Ge- 
neral-Staaten den  ehrenvollen  Auftrag,  die 
Geschichte  der  Republik  zuschreiben, 
den  er  mit  Enthusiasmus  annahm,  so  dass 
dieses  grosse  Werk,  wie  Casaubonua 
berichtet,  bereits  1613  vollendet  war.  Doch 
die  Kirchenstreitigkeiten  beraubten  die  Welt 
noch  lange  dieses  Geschenkes,  Man  weiss, 
wie  sehr  De  Groot  darein  verwickelt  war. 
Wegen  s.  unablässigen  Bemühungen,  diese 
Streitigkeiten  zu  beenden  ,  wurde  er  mit 
Oldenbarneveld  und  Hogerbeets 
ins  Gefängniss  gesetzt  und  mit  Letzterra  zu 
ewiger  Gefangenschaft  verurtheilt,  worin 
er  jedoch  nicht  aufhörte,  für  Christenthum, 
Wissenschaft  und  Vaterland  zu  arbeiten. 
6  * 


167 


Groot 


Groot 


168 


Durch  die  Klugheit  s.  musterhaften  Gattin 
aus  Loevestein  befreit ,  arbeitete  er  in 
Frankreich  s.  Apologie ,  unter  dem  Titel : 
„Apologeticus  eorum,  qui  HoUandiae  West- 
frisiaeque  et  vicinis  nationibus  ex  legibus 
praefuerunt  ante  quae  evenit"  (1618.  Par. 
1622,  zu  Hoorn  holländisch)  aus,  deren 
Gründe  s.  Verfolger  nicht  widerlegen,  wohl 
aber  das  Werk  verbieten  und  Lebens  -  u. 
Vermögensstrafe  gegen  den  Verf.  ausspre- 
chen konnten.  Richelieu 's  Feindschaft 
—  vielleicht  niedrige  Eifersucht  auf  un- 
erreichbare Grösse  —  beraubte  De  Groot 
der  ihm  verliehenen  Pension  von  SOOOLivres. 
Er  begab  sich  daher  wieder  ins  Vaterland, 
und  hoffte,  dass  der  Groll  geschwunden 
sein  würde,  welches  aber  nicht  der  Fall 
war,  weshalb  er,  ungeachtet  Hooft's 
Vermittelung,  den  edlen  Verbannten  im 
Lande  zu  behalten,  1631  nach  Deutschland 
fliehen  musste.  Zu  Hamburg  wurde  er  von 
dem  schwedischen  Reichskanzler  Oxen- 
stierna,  der  ihn  (namentlich  wegen  s. 
Werkes  „de  jure  Belli  et  Pacis")  zu  wür- 
digen wusste,  zum  Gesandten  in  Frank- 
reich ernannt.  Diesen  Posten  bekleidete 
er  von  1635  bis  1645  mit  Eifer  u.  Treue ; 
doch  als  er  durch  einen  ihm  beigegebenen 
Agenten  in  s.  Ehre  sich  gekränkt  fühlte, 
nahm  er  s.  Abschied ,  kam  selbst  nach 
Schweden,  starb  aber,  auf  der  Rückreise, 
nach  einem  ausgestandenen  Sturme,  zu 
Rostock.  Solch  ein  unstätes  Leben ,  so 
viele  Widerwärtigkeiten  musste  der  Mann 
in  s.  Verbannung  aus  dem  Vaterlande  er- 
dulden, der  die  Perle  an  Niederlands  Eh- 
renkrone war !  Sollte  man  nicht  denken, 
dass  dieses  ihn  mit  Bitterkeit  gegen  das- 
selbe erfüllen,  und  die  Geschichte  des  Va- 
terlandes, an  welcher  er  s.  ganzes  Leben 
hindurch  arbeitete,  namentlich  die  Ge- 
schichte von  Prinz  Moritz,  dem  Haupt- 
urheber s.  Unfälle ,  einige  Spuren  davon 
getragen  haben  musste?  Bei  gewöhnlichen 
Geistern  wäre  dies  natürlich  gewesen  und 
würde  sogar  bei  ungewöhnlichen  Menschen 
einige  Entschuldigung  finden;  doch  Hugo 
De  Groot  war  über  allen  Hass  erhaben. 
Die  „Jahrbücher"  und  „Geschichte  von 
Niederland",  wovon  jene  eine  kurze  Skizze 
der  Umwälzung,  von  ihrem  Anfang  bis  zur 
Regierung  von  INI o ritz,  letztere  diese 
Regierung  selbst  bis  zum  Waffenstillstand 
(1588  — 1609)  enthalten,  strömen  nicht 
allein  in  dem  Lobe  der  Anfänge,  welche 
die  Republik  gründeten ,  sondern  auch  in 
dem   der    nassauischen    Helden    über.      Es 


ist  sogar  merkwürdig,  dass  De  Groot  in 
s.  fünf  Jahrbüchern  (deren  einziger  Fehler 
ist ,  dass  sie  zu  kurz  sind) ,  die  Thaten 
Wilhelm  I.  nur  berührt ;  in  s.  achtzehn 
Geschichtsbüchern  dagegen  die  preiswür- 
digen Kriegsthaten  des  Moritz  ausführ- 
lich meldet.  Erst  nach  s.  Tode  kam  die- 
ses Denkmal  des  Genies  („Annales  et  Hi- 
storiae  de  Rebus  Belgicis" ,  Amst.  1657, 
Fol.  1658 ,  8. ,  bei  Blaau) ,  gepaart  mit 
tiefer  Gelehrsamkeit  und  unermüdlichem 
Fleisse,  heraus,  und  wurde  durch  s.  Sohn 
den  Staaten  von  Holland  gewidmet  (so 
waren  die  Zeiten  verändert ! ).  Da  die  Be- 
gebenheiten vor  1588  nur  kurz  angeführt 
werden,  so  macht  das  Werk  von  Hooft 
mit  dem  von  De  Groot  ein  treffliches 
Ganzes  aus,  indem  es  von  1555  bis  1609 
geht.  De  Groot  ist,  so  wie  Hooft, 
dem  Style  des  Tacitus  gefolgt  und  des- 
halb hie  und  da  wohl  ein  w  enig  dunkel ;  doch 
lohnt  es  sich  der  Mühe,  die  man  anwen- 
den muss,  um  den  Sinn  zu  ergründen,  denn 
dieser  Sinn  ist  meist  tief  und  wahr.  (S. 
Wach  1er,  Gesch.  d.  histor,  Forschung 
u.  Kunst,  p.  784-788.)  Unparteilich- 
keit zeichnet  ihn  über  Alles  aus ,  und 
gleichwie  der  grosse  Mann  in  der  Religion 
jeder  Partei  gab,  was  ihr  zukam,  und  bei 
den  Katholiken  das  Gute  nicht  übersah, 
so  dass  er  gern  eine  Vereinigung  der  Chri- 
stenheit bewirkt  hätte;  so  liess  er  auch 
den  Spaniern  und  Spanischgesinnten  mehr 
Recht  widerfahren ,  als  irgend  ein  Schrift- 
steller der  Republik.  Mit  einem  Worte, 
er  hatte  sich  auf  jene  Höhe  geschwungen, 
von  welcher  ein  Geschichtschreiber  auf  die 
Thaten  der  Menschen  herabschauen  muss. 
Welcher  von  den  Historikern  hat  schöner 
die  Ueberwinterung  auf  Nowaja  -  Semlae, 
die  Schlacht  bei  Nieuwpoort  beschrieben? 
Bentivoglio  will  in  dieser  letztern  zu 
sehr  Dichter  sein;  De  Groot  beschreibt 
diese  Schlacht  ganz  nach  Art  der  Alten. 
Auch  in  der  Erzählung  des  zwölfjährigen 
Waffenstillstandes  erkennt  man  den  Staats- 
mann w ieder.  De  Groot  schrieb  auch 
eine  besondere  Geschichte  der  „Belagerung 
von  Grol"  im  J.  1627.  —  Als  Alterthums- 
kenner,  Literat  u.  Patriot  gab  De  Groot, 
nachdem  er  1597  den  Doctorhut  empfan- 
gen hatte ,  zwei  Jahre  darauf  s.  Anmer- 
kungen zu  dem  schweren  Martianus  Ca- 
pe IIa,  eine  lateinische  Uebersetznng  eines 
Werkes  von  Stevin:  ,, über  die  Hafenauf- 
findung", 1600  den  Aratus  und  Anmer- 
kungen zu  Lucanus,  1623  Stobaeus  mit 


169 


Groot 


Groot 


170 


einem  Anhange  dramatischer  giiechisclier 
Fragmente  heraus.  Die  lange  Vertheidi- 
gung  von  Ostende  begeisterte  ihn  zu  einem 
t reiflichen  Heldengesang,  nach  Art  einer 
Prosopopöe  der  belagerten  Stadt.  In  s. 
,,Adaraus  exul"  (mit  einigen  andern  heili- 
gen Gedichten  1601  unter  dem  Namen 
Sacra  herausgegeben)  versuchte  er  eine 
neue  Art  von  Trauerspiel,  aus  unsern  heil. 
Schriften  entlehnt,  worin  Vondel  später 
so  sehr  sich  auszeichnete,  während  dasselbe 
Trauerspiel  gewissermassen  Milton  das 
Muster  zu  s.  verlorenen  Paradiese  gab. 
Sein  ,, Christus  patiens"  (leidender  Christus) 
war  ein  zu  erhabener  Gegenstand  für  das 
Trauerspiel;  auch  erlagen  s.  Kräfte  dar- 
unter. Aber  in  dem  ,,Sophampaneas"  oder 
„Joseph  am  Hofe",  so  schön  von  Vondel 
übersetzt,  begünstigte  der  dramatische  Stoif 
s.  Dichtertalent.  Er  umschrieb  poetisch 
die  Geschichte  von  Jonas  und  andere 
Bibelstellen.  Auf  diese  Weise  besang  er 
die  Religion  imd  deren  Helden;  aber  auch 
das  Vaterland  erwärmte  s.  edle  Brust.  Er 
verherrlichte  in  s.  j,Silvae"  die  nassaui- 
schen Helden,  den  Freiheitskrieg  (nach 
Bor),  die  Belagerung  von  Leyden ,  die 
Schlacht  von  Nieuwpoort,  den  Prinzen  Mo- 
ritz, die  letzte  Seeschlacht  von  Heems- 
kerk,  den  Waffenstillstand.  Wir  spre- 
chen nicht  von  s.  andern  vermischten  Ge- 
dichten ,  worin  er  unter  andern  die  Be- 
schäftigungen des  gewöhnlichen  Lebens  u. 
den  täglichen  Hausrath  auf  das  Glück- 
lichste in  lateinische  Verse  einzukleiden 
wusste,  bemerken  aber  nur  noch  mit  einem 
Worte,  dass  s.  Uebersetzung  der  zwei 
griechischen  Trauerspiele  von  E  u  r i  p  i de s : 
Phoenissae  u.  Hippolytus,  welche  noch  bei 
s.  Leben ,  und  die  der  „griechischen  An- 
thologie", welche  erst  1795  von  Jeronyrao 
De  Bosch  herausgegeben  wurde,  von 
gründlicher  Kenntniss  beider  Sprachen  nicht 
allein,  sondern  auch  von  einem  feinen  poe- 
tischen Gefühle  zeugen ,  das  die  Schön- 
heiten der  Alten  zu  fühlen  und  fühlen  zu 
lassen   verstand  *).     Im   Allgemeinen   war 


•)  Ueber  die  Bildung  und  literarischen  Ver- 
dienste De  Groot'a  findet  man  viel  Gutes, 
unter  Anderen,  bei  Meerman,  in  der  Vor- 
rede zu  dessen  übersetzter  (und  zugleich  im 
Originale  herausgegebener)  ,,Vergleichung  der 
Republiken",  Harl.  1801.  und  in  der  vortreff- 
lichen Lobrede  von  Cras  auf  De  Groot's 
g;i>-Ghische   Anthologie.     Der    I.   Thei!  erschieu 


De  Groot's  Geist  so  ganz  von  d ALeetü- 
re  der  Alten  durchdrungen,  dass  er  in  den 
meisten  seiner  Schriften,  wo  der  Gegen- 
stand solches  nur  einigermassen  erlaubte, 
reichliche  Beispiele  aus  denselben  darein 
verflocht,  auf  die  Weise  wie  Plutarchus 
und  Montaigne,  welches  ihm  jedoch 
von  Einigen  den  Tadel  zuzog,  dass  er 
mehr  Literatur  als  Philosophie  besässe.  — 
Hugo  De  Groot,  der  wegen  s.  unpar- 
teiischen Betrachtung  aller  Religionssyste- 
me von  einigen  Eiferern  für  einen  Katho- 
lischgesinnten, für  einen  Socinianer,  ja  für 
einen  Gottesleugner  gehalten  wurde,  wandte 
in  der  Verbannung,  ungeachtet  s.  mannig- 
faltigen juristischen ,  archäologischen  und 
andern  Arbeiten,  s.  Zeit  dazu  an,  die  Er- 
klärung der  heil.  Schrift  auf  die  gramma- 
tische Erklärung  und  den  Zusammenhang, 
nicht  auf  Systeme  oder  scholastische  For- 
men zu  gründen.  Seine  Anmerkungen  zum 
A.  und  N,  Testament,  besonders  zum  Evan- 
gelisten   Matthäus  *),     waren ,    wie   s. 

1795,  der  II.  1797,  der  III.  1798  und  enthält 
den  Text  der  Anthologie  mit  der  Uebersetzung 
von  Grotius.  Der  IV.  Th.  erschien  nicht 
vor  1810,  und  enthält,  ausser  den  Anmerkun- 
gen von  Salmasius  (der  De  Groot's  lite- 
rarische Verdienste  angriff ,  dafür  aber  von 
V  0  n  d  e  1 '  8  scharfer  Geissei  in  dem  bekann- 
ten Verse : 

O  Farizeeusche  grijns,  met  schijngeloof  ver- 
nist,  etc. 
gestraft  wurde),  auch  einen  Theil  des  Com- 
mentarius  von  De  Bosch,  wovon  die  Fort- 
setzung und  der  Schluss  nach  s.  Tode  von  Prof. 
Van  Lennep  in  einem  V.  Th.  herausgegeben 
ist,  der  noch  Supplemente  u.  Register  hinzugefügt 
hat.  —  Ueberall  führt  De  Bosch  die  Ver- 
dienste De  Groot's  als  Uebersetzers  mit 
Feuer  und  Herzlichkeit  an;  er  sagt  in  s.  Zu- 
eignung an  Heyne  vor  dem  II.  Th. ,  dass 
diese  ausführliche  Art  der  Ueberarbeitung  mit 
vollkommener  Beibehaltung  des  Sinnes,  so  dass 
das  Original  in  der  Uebersetzung  neue  An- 
muth  und  Zierde  erhält,  als  über  die  Kräfte 
des  menschlichen  Verstandes  gehend  betrachtet 
werden  müsste  ,  wenn  nicht  De  Groot's  Ge- 
nie  die  Möglichkeit  davon  bewiesen    hätte. 

*)^De  Satisfactione  Chrifti,  advcrsus  Soci- 
num ,  1617.  Annotat.  in  Vetus  Testamentum, 
3  Vol.  Paris.  1614.  In  IV.  Evangelia,  Amst. 
1644.  In  Acta  et  Epistolas  Apostolorum,  Paris. 
1646.  In  Epistolas  Canonicas  et  Apocalypsin. 
Amst.  1630.  Opera  omnia  Theologica ,  Amst. 
apud  Blaau  ,   1670. 


ni 


Groot 


Groot 


172 


früherii0in(l  spätem  erklärenden  Werke, 
und  s.  Abhandlung  über  den  „Antichrist", 
der  Anfang  einer  unparteiischen  Erklärung 
der  heil.  Bücher,  und  nachdem  mit  dem 
Tode  des  grossen  Älannes  Neid  und  Par- 
teilichkeit beschwichtigt  wai'en  *)  ,  erkann- 
ten alle  wahre  Gelehrte  in  ihm  den  grossen 
grammatischen  Erklärer ,  obschon  s.  Mei- 
nung hinsichtlich  des  Antichrists  und  der 
Bedeutung  der  Propheten  keineswegs  über- 
all Eingang  fand.  Doch  es  war  nicht 
allein  als  V  er  besserer  der  theologi- 
schen Studien**),  sondern  auch  als 
Vertheidiger  des  Christenthums,  dass 
Hugo  De  Groot  alle  Gelehrte  s.  Zeit 
hinter  sich  Hess.  Sein  im  loevensteinschen 
Kerker  und  zum  Gebrauche  der  niederlän- 
dischen Seeleute  verfasstes  Gedicht:  „Be- 
weis für  die  wahre  Religion" ,  trug  er  in 
lat.  Prosa  über,  unter  dem  Titel:  „Be- 
weis für  die  Wahrheit  der  christlichen  Re- 
ligion" ,  ein  Werk ,  w  elches  zweimal  ins 
Französische,  ins  Holländische,  Englische, 
zweimal  ins  Deutsche,  ins  Dänische,  Grie- 
chische, Persische  (durch  die  katholischen 
Missionäre  nach  dem  Orient) ,  Arabische 
(durch  Pococke,  auf  Kosten  von  R. 
Bayle),  Malaiische,  Chinesische  u.  s.  w. 
übersetzt  ist.  De  Groot  zeigt  darin  zu- 
erst den  später  so  oft  mit  gutem  Erfolg 
betretenen  Pfad,  die  Wahrheit  und  Gött- 
lichkeit des  Christenthums  aus  Thatsachen 
zu  beweisen ,  und  das  Aeussere  mit  dem 
innern  Beweise  zu  vereinigen.  Obgleich 
denn  auch  sein  letztes  Capitel  (gegen  die 
mahomedanische  Religion,  welche  man  da- 
mals noch  sehr  mangelhaft  kannte)  weniger 
befriedigend  ist,  so  war  er  dagegen,  wenn 
über  jüdische  Lehrsätze  gesprochen  wird, 
ganz  auf  seinem  Gebiete;  vielleicht  hat  er 
jedoch  in  den  beigebrachten  Thatsachen 
aus  den  Kirchenvätern  ein  wenig  zu  viel 
auf  ihre  Autorität  vertraut.  —  Auch  als 
Rechtsgelehrter  nimmt  De  Groot,  na- 
mentlich  in  der  Theorie  des  Rechts, 


eine  der  ersten  Stellen  ein.  Sein  Werk: 
„de  Jure  Belli  et  Pacis"  erschien  zu  Paris 
1625,  4.  (Amst.  1632,  1642,  8.  und  un- 
zählige Male  nachher*).  Gustav  Adolf, 
der  grösste  Held  s.  Zeit  und  dabei  ein 
vortrefflicher  Staatsmann,  bediente  sich 
desselben  als  Handbuch  und  nahm  es  stets 
in  s.  Zelt  mit.  In  ganz  Europa  ist  dieses 
Werk  ein  Orakel ,  nicht  allein  der  Ge- 
lehrten, sondern  auch  der  Cabinette  in  Be- 
ziehung auf  Völkerrecht  gew  orden ,  und 
hat  zu  einer  Menge  Erklärungen  inner- 
und  ausserhalb  der  Niederlande  Veranlas- 
sung gegeben,  worunter  die  des  Prof.  Bar- 
be} rac  zu  Groningen  zu  den  besten  ge- 
hört**). Einige  tadeln  in  demselben  eine 
Menge  Allegate,  die  mehr  von  der  Bele- 
senheit ,  als  von  dem  eigenen  Urtheile  des 
Verf.  zeugen  sollten ,  wiewohl  dieselben, 
auch  nur  als  Beiträge  zur  Geschichte  von 
der  Denkweise  der  Völker  über  Contro- 
versen  des  Rechts,  noch  immer  von  Wich- 
tigkeit sind.  Rousseau  hat  De  Groot 
in  s.  ,,Contract  social"  heftig  angegriffen 
und  beinahe  als  Feind  liberaler  Grund- 
sätze ausgeschrieen.  Doch  Rousseau  war 
ein  Freund  der  Freiheit  auf  dem  Papiere 
und  schrieb  viel  Überdieselbe;  De  Groot 
war  es  in  s.  Herzen  und  wTisste  für  sie 
Gefängniss  und  Verbannung  zu  ertragen. 
Kurz  vorher,  als  er  so  die  Grundsätze  des 
Völkerrechts  entwickelte,  hatte  er  (noch 
in  dem  loevensteinschen  Kerker)  das  po- 
sitive Landrecht  von  Holland  auf  eine 
Weise  vorgetragen,  die  jetzt  noch  als  Mu- 
ster betrachtet  wird.  Diese  „Einleitung 
in  die  holländische  Rechtsgelehrsamkeit" 
ist  in  der  Landessprache  behufs  ausüben- 
der   Rechtsgelehrter   und   Sachwalter  ge- 


*)  Wie  sehr  De  Groot,  noch  ausser  a. 
politischen  Verfolgung  im  Vaterlande ,  Neid  u. 
Lästerung  verfolgten,  darüber  s.  Bayle,  Art. 
Gro  ti  U8. 

**)  Prof.  Van  Voorst,  einer  der  ersten 
jetzigen  Ausleger  von  Europa,  erkennt  De 
Groot  als  Ausleger  der  H.  S.  die  erste  Stelle 
zu,  und  vergleicht  ihn,  in  der  trefflichen  la- 
teinischen Rede  über  diesen  Gegenstand ,  mit 
£  rn  e  8t  i. 


*)  Es  vrar  Ludwig  XIIL  gewidmet.  Man 
hat  von  demselben  eine  deutsche  und  hollän- 
dische ,  zwei  englische ,  zwei  französische  und 
eine  schwedische  Uebersetzung  (S.  Biographie 
De  Groot's  von  Brandt  und  Catten- 
burch  u.  „Biogr.  uiederl.  Männern.  Frauen", 
IL  11.).  Zu  Rom  wurde  das  Buch  zuerst  gün- 
stig aufgenommen  und  gelesen;  doch  der  Geist 
der  Finsterniss  siegte  auch  in  diesem  Falle 
und  stellte  dasselbe  auf  die  Liste  der  verbo- 
tenen Bücher,  wegen  falscher  Lehrsätze, 
wegen  Unwahrheiten,  Wucher  und 
des  Haltens  von  Kebsw  eibern.  S. 
Foppen  8,  T.  I.  p.  493. 

*•)  De  Groot  mit  Noten  von  B  a  rb  e  y  r  ac, 
in  8.    (2.   vermehrte  Ausg.   1735). 


173 


Groot 


a rutcrus 


174 


schrieben  *).  Man  sagt,  dass  dieselbe  zu- 
erst zur  Unterweisung  s.  Dieners  W.  Van 
De  Vjcide  bestimmt  war.  Zwei  Jahr- 
liunderte  haben  den  Werth  dieses  vortreff- 
lichen praktischen  Werkes  nicht  vermin- 
dern können;  der  berühmte  Prof.  Van  De 
Kressel  gebrauchte  es  als  Leitfaden  s. 
Vorlesungen  über  das  heutige  hollän- 
dische Recht,  und  allegirte  es  noch  im 
J.  1800  in  s.  ausgezeichneten  ,,Theses  Juris 
HoUandicae".  Berühmte  Rechtsgelehrte 
schrieben  Erklärungen  dieser  Einleitung, 
wie  z.  ß.  G  r  ö  n  e  w  e  g  e  n ,  später  S  c  h  o- 
rer.  Lulius,  B.  und  P.  Van  Spaar 
und  J.  Van  Der  Linden  erläuterten  es 
in  ihren  juristischen  Observationen 
(1776  ff.,  in  vier  Bänden).  Dreissig  Fra- 
gen ,  von  diesen  Männern  gestellt ,  beant- 
worteten der  genannte  M  r.  W.  S  c  h  o- 
rer  und  H.  Van  Wijn  im  J.  1776. 
(Ueber  die  Verdienste  DeGroot's  als 
Rechtsgelehrter  hat  Gras  in  der  oben  an- 
geführten Lobrede  auf  Grotius  gehan- 
delt.) 

Oroot  (IV.)  —  Pieter  De  —  Sohn 
des  Vorigen,  geb.  1615,  Verbannter  mit 
s.  Vater,  an  vielen  Körperschmerzen  lei- 
dend, im  Dienste  fremder  deutscher  Für- 
sten, dann,  ins  Vaterland  zurückgekehrt, 
1660  Pensionär  von  Amsterdam,  1667  Ge- 
sandter in  Schweden ,  Pensionär  von  Rot- 
terdam, Gesandter  in  Frankreich  und  hier- 
auf (im  Juni  1672)  einer  der  Gesandten 
über  die  Capitulation  des  Landes, 
unter  dem  Schein  des  Friedens  mit  Frank- 
reich; später  verbannt,  des  Hochverraths 
angeklagt,  jedoch  hiervon  unter  Wil- 
helm in.  freigesprochen,  kehrte  er  wieder 
in  das  Vaterland  zurück  u.  starb  1678  auf 
s.  stillen  Landgute  **).  Darf  man  sich 
wundern ,  dass  Jemand ,  bei  einem  .siechen 
Körper,  mit  so  schwierigen  n.  undankbaren 
Geschäften  belastet,  sich  nach  Ruhe,  nach 
i'inem  friedlichen  Leben  sehnte  ?  Dieses 
Verlangen  zeigt  sich  denn  auch  in  den 
wenigen,  aber  schönen  Gedichten,  die  wir 
von  ihm  besitzen.  (S.  die  Rede  des  ehrw. 
Westerbaan  in  dem  von  Van  Kampen 
herausgegebenen   „Magazin    für  Literatur, 


Wissenschaften  u.  Künste",  Th.  111.  p.  66. 
Ferner,  über  ihn  als  Dichter,  den  sehr 
ausführlichen  Artikel  bei  De  Vries,  I. 
242—250.) 

Oruterus  (IIL)  —  Janus  —  (Jan 
De  Gruyter),  geb.  1560  zu  Antwerpen, 
lebte  von  s.  vierten  bis  zu  s.  neunzehnten 
Jahre  in  England.  Von  da  ging  er  nach 
Leyden,  war  Schüler  des  Lipsius  und 
ward  Dr.  d.  Rechte.  Hierauf  begab  er 
sich  nach  Frankreich  u.  nach  verschiede- 
nen Ländern  Europa's.  Als  Professor  nach 
Heidelberg  berufen,  verlor  er  Alles  und 
auch  s.  Bibliothek  bei  der  1622  erfolgten 
Plünderung  der  Stadt  durch  die  Baiern, 
welche  so  viele  Schätze  alter  u.  deutscher 
Gelehrsamkeit  theils  vernichteten,  theils 
nach  München  u.  Rom  wegführten.  Einige 
Zeit  hielt  er  sich  zu  Strassburg  auf,  ward 
hierauf  als  Prof.  d.  Geschichte  u.  grlech. 
Sprache  nach  Groningen  berufen ,  starb 
jedoch ,  ehe  er  diese  Stadt  erreichte.  Zu 
Lejden  hatte  er  sich  zum  Alterthumskenner 
gebildet;  durch  .Scaliger  u.  Welser 
unterstützt,  sammelte  er  die  zu  s.  Zeit 
bekannten  lat.  Inschriften  :  eine  grosse  Auf- 
gabe, deren  Lösung  sich  später  eine  be- 
rühmte französ.  Akademie  zu  einem  ihrer 
Hauptzwecke  setzte  *).  Eine  Menge  von 
Ausgaben  lat.  Autoren  erschien  durch  s. 
Sorge  oder  erhielt  einige  Aufhellung.  Zu 
den  ersten  gehört  Cicero,  so  sorgfältig 
revidirt,  dass  Ernesti  dieselbe  s.  Aus- 
gabe zu  Grunde  legte  (1618),  Livius 
(1609),  Seneca  (1594);  zu  den  andern: 
Plautus,  Sallust,  Florus,  Velle- 
jus  Paterculus,  Martial,  Tacitus, 
Plinius  d.  J.,  die  Historiae  Augustae 
Scriptores.  Die  besten  spätem  Heraus- 
geber haben  s.  Verdienste  anerkannt:  Dra- 
kenborch  wegen  Livius,  Decker  we- 
gen Florus,  ßurman  d.  J.  wegen  Ci- 
cero. Zu  s.  übrigen  Werken  gehören: 
„Thesaurus  criticus"  (Francof.  1602), 
„Chronik  der  Chroniken"  (1614),  unter  d. 
Namen  von  Joannes  Gualterus,  eine 
„Blumenlese"  (mit  mehr  Gelehrsamkeit  als 
Geschmack  veranstaltet)  von  alten  u.  neuern 
Weisen,    Strassb.  1624,   2  Th.   Fol.     (S. 


•)  S.  Foppen  s,  T.  I.  p.  105,  106.  •)  Die  Acade'mie  des  iuscriptioiis  et  belle!« 
•')  De  Groot  wurde  voa  dem  Advokaten  Lettres.  Das  Werk  des  Gruterus  führt  den 
Van  M  iddelgeest  vertheidigt  in  einer  Rede,  Titel:  ,,In8criptioues  antiquae  totius  orbis  Ro- 
woriu  mehrere  Stellen  von  Beredsamkeit  vor-  mani  in  absolutissimum  corpus  redactae",  Hei- 
kommen, u.  die  man  in  Scheltema's  „ver-  delb.  1603.  Gravi  us  hat  davon  1707  zu 
inisrhteu  Schriften",  Th,   III.   Abth.  2,  findet.  Amsleidam  eine  neue  Aasgabe  besorgt. 


175  Grijpskerken 

über  ihn:  Foppens,  I.  548,  549.     Saxii 
Onomast.  IV.  7  —  9) 

Crrijpskerken  (TU.)  —  Junker  Ja- 
cob Van  —  schrieb  ein  vortreffliches  Werk 
„über  die  Grafschaft  Zeeland",  enthaltend 
eine  Darstellung  der  alten  Staatsverfassung 
derselben.  Es  blieb  jedoch  Manuscript, 
wurde  aber  mehrmals  abgeschrieben  und  von 
den  Professoren  K 1  u  i  t  (in  s.  „Historia  cri- 
lica  Comitatus  Hollandiae")  und  Te  Water 
(„Bund  der  Edlen",  IV.  St.)  benutzt,  er- 
vvähat  und  gerühmt.  Auch  De  J o n g  e , 
Substitut-Arcbivar  des  Reichs,  ist  im  Be- 
sitze einer  solchen  Abschrift. 

Cruepin  (VI.)  —  Jan  —  geb.  1715 
zu  Vlissingen,  Schöppe  und  Rath  daselbst, 
gest.  1766,  ein  Kenner  der  Griechen  u. 
Römer,  verfasste  französische  u.  holländi- 
sche Gedichte,  und  machte  sich  durch  s. 
beissenden  aber  wohlverdienten  .Spott  auf 
die  schlechte  Psalmenreimerei  des  Da- 
theen  (vgl.  Art.  Mar  nix)  bekannt,  wel- 
ches ,  ausser  den  mehr  ernsten  Bestrebun- 
gen des  Predigers  A  n  d  r  i  e  s  s  e  n  zu  Verc, 
wahrscheinlich  viel  beigetragen  haben  mag, 
dass  diese  Verunstaltung  von  David 's 
unsterblichen  Gesängen  (anderthalb  Jahr- 
hundert zu  spät !)  durch  eine  schöne  poe- 
tische Bearbeitung  (1759)  ersetzt   wurde. 


Haas 


1T6 


(S.  Mnemosyne,  VI.  St.,  p.  179  — 
202  ) 

Ouicciardini  (II.)  —  Lodovico  — 
NelTe  des  berühmten  ital.  Geschichtsschrei- 
bers, gest.  1589  zu  Antwerpen,  verfasste 
Italienisch  eine  „Beschreibung  der  Nie- 
derlande", und  zeigte,  wie  sehr  die  Ita- 
liener noch  in  der  Kunst  des  Vortrags  über 
den  Niederländern  standen.  Das  Original 
erschien  zu  Antwerpen  1567,  die  hollän- 
dische Uebersetzung  von  Kiliaan  1612,  die 
lateinische  zu  Amsterdam  1613,  Fol.  u.  4., 
und  1660,  8.  Minder  berühmt  und  be- 
kannt sind  s.  „Denkschriften  der  vornehm- 
sten Begebenheiten  in  Europa  und  beson- 
ders in  Niederland". 

ßulielini  (III.)  —  Hadrianus  —  (Ha- 
drian  Willemsz.)  aus  Vlissingen,  ein 
Jüngling,  widmete  sich  zu  Leyden  unter 
Scaliger  und  zu  Paris  unter  Casau- 
bonus  mit  dem  grössten  Eifer  der  orien- 
talischen Literatur,  starb  jedoch  noch 
sehr  jung  daselbst ,  sehr  betrauert  von  s. 
beiden  Lehrern. 

©uyse  (I.)  —  Jacob  De  —  Verf.  einer 
französischen  Chronik  von  Hennegau. 

©uyse  (I.)  —  Nicolaes  De  —  ein  Ver- 
wandter des  Vorigen,  schrieb  die  Schick- 
sale der  Stadt  Bergen,  so  wie  eine 
Chronik  der  Grafen  vom  Hennegau. 


H. 


Haaf  (VI.)  —  G.  G.  Ten  _  Arzt  u. 
Chirurg  zu  Rotterdam ,  gab  die  Beschrei- 
bung einer  Menge  Krankheiten  und  ver- 
schiedener Heilmethoden. 

Haafner  (VI.)  —  J.  —  (oder  Haf- 
ner) beschrieb  s.  Leben  unterhaltend  in 
folgenden  Reisebeschreibungen  über  Indien : 
,. Schicksale  und  frühere  Seereisen"  (nach 
des  Verf.  Tode  1820  herausgegeben) ; 
„Fussreise  durch  die  Insel  Ceylon"  (1810); 
„Reise  in  einem  Palanquin"  (1808);  ,, Reise 
nach  Bengalen  u.  Rückreise  nach  Europa" 
(1822) ,  ebenfalls  durch  s.  Sohn,  nach  des 
Vaters  Tode,  herausgegeben.  Diese,  auch 
ins  Deutsche  übersetzten  Werke  haben  das 
Verdienst ,  die  Greuel  der  Engländer  auf 
dem  Festlande  Indien's  und  den  Schauder 
erregenden  Mord  von  Millionen  von  India- 
nern durch  Hunger  (um  so  greulicher ,  da 
er  kaltblütig  geschah)  den  Nachkommen 
in  ihrer  ganzen  scheussiichen  Gestalt  über- 
liefert zu  haben ,    so  dass  nun  entschieden 


werden  kann,  ob  Raffles  und  andere 
Männer  einer  mit  Missethaten  überladenen 
Nation  Recht  haben ,  die  Niederländer  in 
Indien  vor  dem  Auge  Europa's  auf  das 
Schmählichste  zu  schänden. 

Haan  (V.)  —  Abraham  De  —  geb. 
1707  zu  Amsterdam,  ein  Hirtendichter,  er- 
nährte sich  durch  Unterricht  im  Zeichnen 
u.  starb  1748.  Seine  Leier  ertönte  von 
einfachen  natürlichen  Tönen.  ( S.  De 
Fries,  II.  165  —  169.  ,, Hirten-  u.  ver- 
mischte Gedichte",  1757  von  der  Dichterin 
Van  der  W i  1  p  herausgegeben.) 

Haar  (VI.)  —  J.  Van  Der  -  Wund- 
arzt zu  Herzogenbusch ,  verbreitete  viel 
Licht  über  die  Verrenkung  des  Armes  und 
des  Schenkels,  über  das  Abnehmen  der 
Gliedmassen,  über  hydrops  ovarii  u.  die 
Klumpfüsse. 

HaaJS  (V.)  —  Frans  De  —  Enkel  des 
Gerard  Brandt,  geb.  1685  zu  Rotter- 
dam, gest.  1723,  widmete  s.  geringes  Ta- 


177 


Haas 


Hall 


178 


lent  der  biblischen  Poesie ,  u.  ist  durch  s. 
..Judas  der  Verräther"  (1714)  u.  s.  „Jonas 
der  Bussprediger'  (1720,  4.)  bekannt. 

Haas  (V.)  —  Frans  De  —  ein  Ver- 
wandter der  berühmtea  Lucretia  Wil- 
lielmina  Van  Merken,  geb.  1708  zu 
Rotterdam,  gest.  1761 ,  war  Sittendichter, 
bekannt  unter  Anderm  durch  s.  „Verherr- 
lichtes u.  Erniedrigtes  Portugal"  (1755), 
eine  Erzählung  des  Erdbebens  zu  Lissa- 
bon, und  s.  „Umschreibung  des  verlorenen 
Sohnes",  in  s.  „Erbaulichen  Gedichten". 
De  Vries  vergleicht  diesen  hochgeprie- 
senen Reimer  (als  einen  Contrast)  mit  dem 
fj         Dichter  W.  Van  Haaren. 

Hackman  (V.)  —  . . .  —  gab  An- 
merkungen zur  Genesis,  Exodus  u.  Le- 
viticus  (1735)  heraus. 

Haen  (V.)  —  Antoni  De  —  Prof.  u. 
Leibarzt  zu  Wien,  Erklärer  der  Krank- 
heitslehre s.  Lehrers  Boerhave,  Heraus- 
geber einer  vortrefflichen  „ratio  raedendi", 
u.  mit  Van  Swieten  u,  Jacquin  Be- 
gründer einer  holländ.  Schule  der  Arznei- 
kunde u.  Chemie  daselbst ,  welche  den 
holländ.  Namen  in  Oestreich's  Hauptstadt 
verewigt  hat.  Haen  war  ein  sehr  scharf- 
sinniger Mann,  der  jedoch  früher  der  Theo- 
rie, auf  Kosten  der  Erfahrung,  folgte,  wie 
z.  B.  in  s.  Ansichten  über  die  Einimpfung 
der  Blattern.  Dieses  heilsame  Schutzmit- 
tel, durch  die  berühmte  Reisende,  Mary 
Wortley  Montague,  aus  der  Türkei 
nach  Europa  (1718)  gebracht,  wurde  dreissig 
Jahre  später  von  dem  amsterdammer  Arzt 
Tronchin  in  den  Niederlanden  einge- 
führt, der  an  s.  eigenen  Sohne  davon  das 
erste  Beispiel  gab.  Gleichwohl  fand  das- 
selbe lange  Zeit  keinen  Eingang ,  wozu 
religiöse  Vorurtheile  mitwirkten ,  welche 
noch  in  der  folgenden  Periode  von  der 
Kanzel  aus  bekämpft  werden  mussten. 

Haer  (in.)  —  Floris  Van  Der  —  aus 
Utrecht,  gest.  1634  zu  Löwen,  87  J.  alt, 
verf.  eine  „Darstellung  der  niederländischen 
Unruhen"  in  einem  bessern  Styl ,  als  der 
brabanter  Geschichtsschreiber  \  e  r  h  a  e  r . 
Er  war  am  Hofe  der  Erzherzöge  gern  ge- 
sehen u.  hielt  zur  span.  Partei.  (S.  Fop- 
pens,  L  278.) 

Hagren  (IV.)  —  Johan  Van  Der  — 
geb.  1651  zu  Leyden,  gest.  1739,  war 
Prediger  zu  Amsterdam  u.  stellte  sehr  ge- 
naue Untersuchungen  über  die  Chrono- 
logie, vor  Allem  die  kircliliche  ,  beson- 
ders über  den  P  aschal  cyclu  s  der  orien- 
»al.  u.  Occidental.  Kirchen  an. 


Habn  (V.)  —  Johan  David  —  Prof. 
d.  Medicin  zu  Utrecht  (1763),  nach  Ley- 
den berufen  1775  ,  wo  er  1784  starb. 

Ha'itsina  (V.)  —  ...  —  Herausgeber 
der  arab.  Poesien  von  Ibn  Doreid  (1773), 
u.  Uebersetzer  von  Genesis  (1766), 
Exodus  (1771)  u.  Jeremias  (1769). 

Haie  (f.)  —  Adam  De  La  —  mit  dem 
Beinamen:  Le  Bossu,  verf.  im  13.  Jahrh. 
ein  holperichtes  Schauspiel :  „Le  Mariage 
ou  le  fou",  worin  6  Personen,  unter  an- 
dern ein  Ritter  u.  Hirten  vorkommen. 

Halitgar  (L)  —  ...  —  Bischof  von 
Kamerijk,  lat.  Schriftsteller  des  9.  Jahrh., 
hinterliess  religiöse  Schriften.  Die  griech. 
Sprache  war  ihm  so  wohl  bekannt ,  wie 
die  lateinische ,  u.  s.  Gesandtschaften  an 
dem  Hofe  von  Konstantinopel  beweisen, 
dass  er  auch  in  der  Politik  bewandert 
war. 

Hall  (VL)  —  Maurits  Cornelis  Van  — 
aus  Vianen ,  studirte  zu  Utrecht  u.  Ley- 
den, ward  hier  Dr.  d.  Rechte,  liess  sich 
hierauf  als  Advokat  zu  Amsterdam  nieder, 
wo  er  sich  durch  grosse  Beredsamkeit  aus- 
zeichnete. 1795  wurde  er  Oberrichter  u. 
1798  vom  Volke  zum  Repräsentanten  ge- 
wählt. Nun  erklomm  s.  Ruhm  als  eines 
der  ersten  niederländischen  Rechtsgelehrten 
schnell  den  höchsten  Gipfel.  Doch  Van 
Hall  lebte  nicht  allein  für  s.  Beruf  oder 
die  Politik.  Er  war  einer  der  ersten  Be- 
gründer der  Gesellschaft:  Tot  Nut  van  't 
Algemeen  (für  das  allgemeine  Beste)  u. 
trug  auch  als  Vorsitzer  zum  Gedeihen  die- 
ses wohlthätigen  Vereins  bei.  1813  stand 
er  als  Oberstlieutenant  an  der  Spitze  des 
Landsturms.  Folgten  Helmers  u.  Loots 
mehr  ihrem  Genie  oder  den  Neuern,  so 
scheint  Hall,  der  die  Alten  genau  kennt, 
sich  dieselben  zum  Muster  genommen  zu 
haben.  In  s.  beiden  prosaischen  V^erken : 
„Plinius  Secundus"  u.  „Mcssala  Corvinus" 
hat  er  eine  neue  und  ihm  eigene  Form 
angewendet,  um  die  meisten  Schriften  des 
römischen  Alterthums  und  dessen  berühmte 
Männer  seinen  nicht  gelehrten  Landsleuten 
auch  durch  eingeflochtene ,  sehr  fliessende 
poetische  Uebersetzungen  lateinischer  Dich- 
ter kennen  zu  lehren.  Seine  andern  in 
einem  Bande  enthaltenen  Gedichte ,  von 
verschiedenem  Inhalt,  sind  zum  Theil  Denk- 
male der  Freundschaft,  die  ihn  mit  Kins- 
bergen,  Feith  und  andern  berühmten 
Landsleuten  verband;  männlicher  Ernst  u. 
feiner  Geschmack  zeichnen  dieselben  aus. 


179 


Hall 


Hamcomius 


180 


Hau  (VI.)  —  F.  Van  —  Verf.  einer 
von  der  Gesellschaft  für  Sprach-  u.  Dicht- 
kunde gekrönten  Preisschrift  auf  Johan 
de  Witt. 

Halma'  (V.)  —  Fran^ois  —  aus  Lan- 
gerak,  Buchhändler  zuerst  zu  Utrecht,  dann 
zu  Leuwarden,  und  verdienstlicher  Sprach- 
kundiger ,  gab  ( mit  Verbesserungen )  ein 
noch  geschätztes  „Wörterbuch  der  hollän- 
dischen und  französischen  Sprache"  1710 
heraus. 

Hamaker  (VI.)  —  Hendrik  Arendt  — 
Prof.  zu  Leyden,  legte  sich,  nachdem  er 
schon  in  der  griechischen  Literatur  durch 
s.  „Lectiones  Philostrateae"  grosse  Tüch- 
tigkeit gezeigt  hatte,  auf  die  orientali- 
sche, während  er  die  griechische ,  latei- 
nische und  die,  von  ihm  gründlich  gekann- 
ten, neuern  occidentalischen  Sprachen  nur 
als  Hülfsmittel  s.  Lieblingsfaches  benutzte. 
Vor  Allem  war  er  bemüht,  die  Geschich- 
te und  den  frühern  u.  jetzigen  Zustand 
des  Orients  aus  den  Quellen  selbst  auf- 
zuhellen, u.  wie  willkommen  musste  ihm  da- 
her, nach  zweijährigem  Aufenthalt  zu  Fra- 
neker  an  dem  Athenäum ,  der  Ruf  nach 
Leyden,  als  Ausleger  des  Legats  von  War- 
ner, dieses  reichen  Schatzes  von  1300 
orientalischen  Handschriften ,  sein !  Schon 
s.  Antrittsrede:  „de  Religione  Mohamme- 
dana, magno  bellicae  virtutis  apud  Oiien- 
tales  incitamento" ,  zeigte  s.  ßelesenheit 
in  den  orientalischen  Schriften,  die  er  seit- 
dem noch  weit  mehr  hat  blicken  lassen 
«lurch  s.  kritische  Angabe  eines  Theiles 
der  historischen,  zu  dem  Warnerschen 
Schatze  gehörenden  Handschriften;  ein 
Werk,  dem  er  grösstentheils  s.  Leben  ge- 
widmet hat,  und  welches  diese  zu  lange 
vernachlässigten  Reichthümer  der  gelehr- 
ten Welt  zur  Schau  stellen  wird.  Die 
von  Humbert,  einem  zu  Tunis  ansässi- 
gen Niederländer,  zu  Karthago  gemachte 
Entdeckung  von  Steinen  mit  alten  puni- 
schen  Inschriften  gab  Hamaker  neue 
Gelegenheit,  s.  seltene  Kenntniss  der  Spra- 
chen und  Sitten  des  Alterthums  zu  zeigen. 
Nicht  nur  machte  er,  zufolge  der  hebräi- 
schen und  andern  verwandten  Sprachen, 
das  punische  Alphabet  bekannt,  son- 
dern wusste  auch ,  aus  diesen  sonst  wenig 
wichtigen  Inschriften ,  eine  Menge  That- 
sachen  in  der  alten  Geschichte  zu  erläu- 
tern, um  Andern  interessante  Winke  zu 
geben,  und  die  Existenz  von  zwei  zuvor 
unbekannten    Gottheiten:     Tholath    und 


T  h  0 1  e  d  ans  Licht  zu  bringen  *).  Ausser- 
dem hat  er  sich  durch  die  Bildung  eines 
Schülers  wie  Uylenbroek  Verdienste  er- 
worben, dessen  unter  ihm  vertheidigte  Dis- 
sertation über  den  arabischen  Geographen 
Ibn  Haukai  eine  Meinung,  die  selbst 
von  Männern  wie  Ouseley  u.  Sylvestre 
de  Sacy  angenommen,  als  ungegründet 
darstellt,  indem  er  beweist,  dass  nämlich 
das  Werk  des  genannten  Schriftstellers  zum 
Theil  einer  noch  vorhandenen  persischen 
Handschrift  gefolgt  ist,  welche  dieselben  für 
eine  Uebersetzung  oder  sogar  für  einen 
Auszug  von  s.  Arbeit  hielten.  —  Die  Kennt- 
niss Hamaker 's  in  der  alten  u.  neuen 
Geschichte  u.  Erdbeschreibung  kommt  voll- 
kommen seiner  erstaunenswürdigen  ,  selbst 
Persisch,  Türkisch  u.  Aethiopisch  umfassen- 
den Kenntniss  in  den  Sprachen   gleich. 

Hamcomius  (HL)  —  Martinus  — 
(Hamkemen),  gest.  1607  nach  «inem  thä- 
tigen  Antheil,  den  er  in  Religions-  und 
Bürgerzwisten  dieser  Zeiten ,  und  zwar 
zum  Besten  der  spanischen  Partei  und  ka- 
tholischen Religion  nahm.  Er  meldet  selbst 
in  einem  s.  lateinischen  Gedichte ,  dass  er 
dreimal  aus  s.  Vaterlande  verbannt  und 
einmal  in  einem  Gefecht  besiegt  wurde; 
dass  viermal  eine  Stadt,  worin  er  belagert 
ward,  überging,  und  er  sich  einmal  daraus 
mit  Schwimmen  retten  musste,  ohne  dass 
dieses  Alles  s.  Muth,  noch  s.  Treue  zu 
schwächen  vermochte.  Zufolge  Foppens 
(IL  855.)  verdient  er  um  so  viel  mehr 
Lob,  als  er  sich  selbst  gebildet  hatte. 
Seine  „Frisia ,  seu  de  Viris  rebusque  Fri- 
siae  illustribus" ,  in  zwei  Büchern  verfasst 
u.  1620  zu  Franeker  gedruckt,  ist  zum 
Theil  in  Prosa,  zum  Theil  in  Versen  über- 
setzt. Ausserdem  hat  er  noch  ein  „Theatrum 
Regum,  Pontificum  et  Principum  Frisiae" 
verfasst,  welches  zu  Amsterdam  mit  dem 
Uebrigen  zusammen  gedruckt  wurde ;  doch 
den  Werth  dieser  Werke  kann  man  daraus 
ersehen,  dass  er  s.  Geschichte  mit  Friso 
beginnt,  den  er  313  Jahre  v.  Ch.  G.  re- 
gieren lässt,  welches  beinahe  Dasselbe  ist, 
als  ob  Jemand  die  niederländische  Ge- 
schichte von  dem  fabelhaften  Bato,    oder 


•)  Am  Ende  der  Schrift  Hamaker's  über 
dieseu  Gegenstaud  ist  ein  Epiinetriim  s.  Amts 
genossen  Reuvens,  worin  dieser  einige  Hy- 
pothesen, z.  B.  dass  die  Steine  aus  dem  alten 
Karthago  sein  sollten  u.  s.  w.  weuiger  erwie- 
sen findet. 


181 


Hamelsfeld 


Haren 


182 


die  franzosische  von  Franc us,  dem  Sohne 
Hector's,   beg^innen  wollte. 

Hamelsfeld  (VI.)  —  Ijsbrand  Van 
—  einer  der  eifrigsten  Mitglieder  der  pa- 
triotischen Partei,  bei  der  Umwälzung  1787 
zu  Utrecht  seines  Amtes  als  Prof.  ent- 
lassen, hielt  sich  dann  zu  Leyden  auf, 
^vurde  1795  Mitglied  der  ersten  National- 
versammlung, und  lebte  nachher  amtlos 
zu  Amsterdam.  Unter  s.  zahlreichen  Schrif- 
ten sind  zu  nennen :  s.  „Biblische  Geogra- 
phie" ,  ein  für  Bibelfreunde  sehr  nützli- 
ches, mitFleiss  u.  Gelehrsamkeit  geschrie- 
benes Werk ;  s.  „  Biblische  Geschichte '' 
(2  Th.),  inid  die  „Allgemeine  Geschichte 
der  christlichen  Kirche",  in  20  (und  mit 
Ypey's  Fortsetzung  26)  Bänden.  Er 
führte  dieselbe  bis  auf  die  Zeit  der  Re- 
iormation.  Dieses  Werk  ist  brauchbar, 
aber  allzu  ausführlich.  In  demselben  ist 
jetzt  aufgenommen  s.  im  J.  1789  u.  spä- 
ter, nach  dem  Muster  von  Michaelis, 
verfasster  ganzer  Band  der  heil.  Schriften 
des  A.  u.  N.  Testaments,  mit  Anmer- 
kungen für  nicht  Gelehrte,  worin  man, 
bei  vieler  Kenntniss  der  Sprachen  u.  Sit- 
ten, gleichwohl  zu  sehr  die  Spuren  des 
ehrwürdigen  Alterthums  vermisst. 

Hanewinkel  (VI.)  —  S.  —  Predi- 
ger zu  Vierlingsbeek ,  jetzt  zu  Ravestein, 
verf.  eine  „historisch  -  geographische  Be- 
schreibung der  Stadt  und  des  Gebietes 
von  Herzogenbusch",  mit  einer  neuen  Char- 
te ,  Nimwegen  1803 ,  das  vollständigste 
Werk  über  diesen  wichtigen  Theil  der 
Provinz  Nordbrabant,  und  besonders  genau 
hinsichtlich  der  Angabe  der  Orte  des  Ge- 
biets. 

Harduinus  (III.)  —  Justus  —  aus 
Gent ,  verwandt  mit  Zeveotius  und  ein 
Freund  des  L  i  p  s  i  u  s ,  ist  durch  eine  An- 
zahl geistlicher,  aus  den  Psalmen,  dem 
hohen  Liede  u.  s.  w.  entlehnten  Gedichte 
bekannt.  Seine  Verse  sind  fliessend  und 
naiv. 

Haren  (V.)  —  Willem  —  aus  einem 
alten  adeligen  Geschlechte  in  Friesland, 
geb.  1710,  Landamtmann  von  dem  Bilt, 
sass  mehrmals  in  der  Versammlung  der 
Generalstaaten  und  war  zur  Erhebung 
Wilhelm  IV.  (1747),  dessen  besonderer 
Freund  er  war,  sehr  behülflich.  Bereits 
1742 ,  als  zwei  streitige  Parteien  in  der 
Republik  bestanden,  von  welchen  die  eine 
auf  Beobachtung  der  Verträge,  welche  mit 
Oestreich  zur  Aufrechthaltung  der  weib- 
li'^hen    Erbfolge   geschlossen  wurden,   und 


auf  Widerstand  gegen  Frank reich's  un- 
rechtmässigen Angriff  ihrer  Macht  drang, 
die  andere  den  Nutzen  des  Staates,  in  der 
Bewahrung  einer  vollkommenen  Neutralität, 
—  jedoch  mit  Uebertretung  der  geschlos- 
senen Ucbereinkunft  — •  gelten  Hessen,  er- 
hob sich  Van  Haren  laut  gegen  diese 
nur  allzu  gewöhnliche  politische  Ketzerei, 
und  bewies,  gleich  Rom's  beredtestem  Con- 
sul,  dass  das  Nützliche  nie  von  dem  Recht- 
lichen getrennt  werden  könne.  Vier  Ge- 
dichte, worunter  drei  Nachahmungen  der 
berühmten  Oden  des  H  o  r  a  z :  „Integer 
vitae,  scelerisque  purus",  „Delicta  majorum 
immeritus  lues"  und  „Justura  et  tenacera 
propositi  virum",  dienten  dazu,  um,  trotz 
der  Schwierigkeiten,  die  edle  Stimmung  der 
Nation  zu  erregen  oder  zu  unterhalten. 
Mit  Bewunderung  nimmt  man  darin  eine 
in  Niederland  ganz  ungew  öhnlictie  Sprache 
in  der  Mitte  des  18.  Jahrh.  wahr:  eine 
Sprache,  voll  Gefühl,  Kraft ,  dichterischen 
Feuers,  und  jenes  erhabenen  Tons,  welchen 
Horaz,  den  Van  Haren  nachahmte,  von 
s.  Dichter  forderte.  Van  Haren  schil- 
dert s.  Gemüth  und  s.  Denkweise  in  dem 
ersten  derselben,  welches  er  an  Imhoff 
richtet,  jenen  berühmten  General-Gouver- 
neur des  niederländischen  Indiens,  der  des 
Landes  Ansehen  mit  so  viel  Glanz  aufrecht 
hielt.  Schade,  dass  der  Dichter,  durch 
lügenhafte  Berichte,  den  greulichen  Mord 
der  Chinesen  im  J.  1740  zu  billigen  scheint. 
Das  längste  und  berühmteste  dieser  Ge- 
dichte, der  Leo ni das,  hat  vielleicht  den 
wenigsten  poetischen  Werth.  Das  Gedicht 
enthält  einen  Wortstreit  zwischen  Leoty- 
chides,  der  Sparta  der  Gewalt  des 
Xerxes  unterwerfen  will,  und  Leoni- 
das,  der  solches  missbilligt  u.  auf  klugen 
Widerstand  dringt.  Die  Einleitung  ist  ganz 
prosaisch ,  doch  der  Ton  hebt  sich  all- 
mälig ;  -säelleicht  absichtlich  ist  die  Sprache 
des  Leotychides  ungemein  matt,  ver- 
glichen mit  der  des  Leonidas;  und  der 
herrliche  Schluss  setzt  dem  Werke  die 
Krone  auf*).  Man  kennt  den  Erfolg  von 
Van  Harens  Bemühungen.  Trotz  allen 
Widerstrebens  der  Partei,  welche  die  Neu- 
tralität zu  behaupten  suchte,  wurden  Ma- 
ria Theresia  die  durch  Verträge  ver- 
sprochenen Truppen  zugesendet ;  nach  u. 
nach  verwickelte  man  sich  mehr  und  mehr 


*)   S.    Proben    in    Vau    Kämpen    II.     141, 
Note  r. 


183 


Haren 


Haren 


184 


in  Krieg;  Frankreich  eroberte  die  östrei- 
chischen  Niederlande  und  machte  sogar 
einen  Einfall  in  die  vereinigten  Nieder- 
lande; hierauf  stand  das  Volk  auf,  ver- 
nichtete die  statthalterlose  Regierung  und 
rief  Wilhelm  IV.  aus.  So  wurde  der 
feurige  Wunsch  Van  Harens  erfüllt,  der 
sich  noch  einige  Zeit  lang  der  wiederher- 
gestellten statthalterischen  Regierung,  doch 
nur  kurz  des  Lebens  s.  Freundes,  des 
Prinzen,  erfreuen  konnte.  Er  bekleidete 
hierauf  noch  den  Posten  eines  Abgesandten 
an  den  Hof  des  Regenten  zu  Brüssel,  des 
Prinzen  Karl  von  Lothringen.  —  Van 
Haren  war  jedoch  nicht  allein  lyrischer*), 
sondern  auch  Heldendichter.  Sein  grosses 
Werk  Friso,  König  der  Gangariden  u. 
Prasiaten ,  urafasst  eine  ganze  versificirte 
Geschichte,  allein  auf  die  alten  friesischen 
Voikstraditionen  und  Chroniken  des  Win- 
semius  u.  Anderer  gestützt,  deren  Un- 
gereimtheit Ubbo  Emmius  hinreichend 
bewiesen  hat.  Auf  solche  Fabeln  im  Hel- 
dengedicht zu  bauen',  ist  fast  eben  so,  als 
wenn  man  Francus,  den  Sohn  des  Rek- 
tor, aus  Ilium  nach  Frankreich  bringen 
u.  dort  das  Lilienreich  stiften  lassen  wollte. 
Ein  Heldengedicht  darf  doch  nicht  ganz 
aus  der  Luft  gegriffen  sein ;  es  muss  sich 
auf  einige  historische  Wahrheit  gründen, 
welche  nach  Belieben  mit  s.  Erfindungen 
auszustaffiren  und  zu  verzieren,  natürlich 
nachher  dem  Dichter  freisteht.  Ueberdies 
verstösst  der  Friso  jeden  Augenblick  gegen 
die  Sitten  und  Gewohnheiten  der  Völker, 
die  er  schildert.  Friso,  ein  Rajah  aus 
Hindostan,  und  s.  Oheim  Truphis,  be- 
ten den  Gott  des  Zoroaster  an,  und 
der  letztere  leitet  dabei  s.  Abkunft  von 
Bacchus  ab;  der  Rajah  Charsis  auf 
Ceylon  und  alle  andere  indischen  Fürsten 
beten  Jupiter  an;  Alle  haben  griechi- 
sche Namen  u.  Sitten  ;  in  Bengalen ,  bei 
der  Mündung  des  Ganges,  ist  ein  Wald 
von  hohen  Tannenbäumen  u.  was 
dergleichen  mehr  ist.  Was  die  Franzosen 
couleur  locale  nennen ,  fehlt  gänzlich  im 
Friso,  sowohl  in  Indien,  als  in  Nieder- 
land ,  wo  der  Held  ein  Asyl  sucht ;  nur 
von  Rom  sind  die  Sitten  wohl  bewahrt. 
Doch   wir  müssen  von  diesem  wenig  gele- 


')  Wir  erwähuen  s.  herrliches  lyrisches  Ge- 
dicht: „das  menschliche  Leben"  ,  zu  finden 
in  dem  ,, Friesischen  Bienenkorbe"  u,  von  D  e 
V  r  i  e  H  aufgen  ommcn . 


senen  Gedicht  einen  kurzen  Abi'iss  geben. 
Der  Plan  scheint  dem  T  e  1  e  m  a  c  h  des  F  e- 
nelon  entlehnt.  Friso,  Sohn  des  Stavo, 
eines  Königs  der  Gangariden ,  wird  durch 
einen  Tyrannen  Agram m es  des  Thrones 
beraubt;  er  findet  auf  s.  Flucht,  an  der 
Mündung  des  Ganges,  s.  Oheim  Truphis, 
einen  Philosophen  von  der  Religionssekte 
des  Zoroaster,  der  sich  vor  ihm  ver- 
birgt unter  dem  Namen  Leomaat;  sie 
suchen  und  finden  ein  Asyl  auf  der  Insel 
Taprobane  (Ceylon)  bei  dem  Könige  Char- 
sis, einem  alten  Freunde  von  Truphis. 
Friso  hat  hier  Gelegenheit,  einen  gefahr- 
lichen Aufruhr  zu  dämpfen  und  das  Haupt 
der  Empörer  zu  vernichten ;  doch  nach 
Charsis  Tode  wird  dieser  Dienst  von 
dessen  Sohn  und  Nachfolger  Cosroes, 
einem  feigen  und  hochmüthigen  Fürsten,  mit 
der  lasterhaften  Pasiphae  vermählt,  übel 
vergolten.  Friso  u.  Truphis  verlassen 
die  Insel ,  nachdem  sie  einen  Aufruhr  zu 
ihrem  Besten  gestillt  haben.  Die  Flotte, 
die  sie  nach  Indien  zuiückführt ,  strandet 
auf  der  cannanischen  Küste,  wo  der  hel- 
denmüthige  Jüngling  abermals  den  Fürsten 
Orsines,  einen  Abkömmling  des  Cyrus, 
aus  den  Händen  von  Aufrührern  befreit, 
welches  ihm  jedoch  durch  die  Hülfe  des 
Oberpriesters  der  Magier  leicht  gemacht 
wird ,  und  dafür  des  Fürsten  Tochter, 
Atossa,  zur  Gattin  erhält.  (Diese  Liebe 
wird  zärtlich  und  gleichwohl  zart  beschrie- 
ben.) Damit  Friso  nach  Rom  kommen 
könne,  muss  sich  gerade  ein  Kundschafter 
jener  Republik,  Proculus,  zu  Pasargada 
befinden.  Alexander  kommt  auf  s.  Rück- 
zug aus  Indien  dahin,  lässt  Orsines,  in 
Folge  falscher  Beschuldigungen  eines  ehr- 
losen Kastraten ,  hinrichten ,  und  würde 
dasselbe  Loos  Friso  u.  Truphis  haben 
erfahren  lassen,  wenn  diese  nicht,  durch 
Ptolomäus  gerettet,  mit  dem  Römer  (aus 
Persien)  zu  Schiffe  die  Flucht  nach  Rom 
genommen  hätten  (wie  ?  dies  erfährt  man 
nicht ;  inzwischen  durchkreuzen  sie  Arabien 
u.  kommen  nach  Tyrus).  Die  Beschrei- 
bung der  Begebenheiten  von  Rom  in  dieser 
Periode  (dem  Jahrhundert  Alexander' s) 
sind  chronologisch  richtig,  und  namentlich 
Van  Haren  geglückt,  deshalb,  weil  ihm 
diese  Geschichte  u  Sitten  besser  als  die 
andern  bekannt  waren.  Aber  um  von  Rom 
nach  Friesland  zu  kommen,  werden  wieder 
sonderbare  Ereignisse  erfordert.  Truphis 
gibt  sich  (warum  jetzt  erst ,  wird  nicht 
angegeben)   Friso    zu    erkennen;    dieser 


185 


Haren 


Haren 


186 


findet  s.  Mutter,  die  durch  eine  Reihe  von 
Ereignissen  nach  Cadix  gekommen  war, 
wieder,  und  beschliesst ,  mit  ihr  zu  Pto- 
lomäus,  seinem  Retter  u.  Freund,  nach 
Egypten  zu  segeln;  doch  ein  heftiger  Sturm 
treibt  ihn  in  den  atlantischen  Ocean ;  sie 
gelangen  zu  der  Insel  Vectis ,  treffen  dort 
einen  gewissen  vertriebenen  britischen  Prin- 
zen Arge  nto  rix,  der  ihnen  das  Land  der 
Alanen ,  an  der  mittlem  Rheinmündung 
(das  jetzige  Niederland)  als  ein  sicheres 
und  wünschenswerthes  Asyl  anräth.  Friso 
folgt  dem  Rathe,  kommt  zu  den  Alanen, 
erlöst  sie ,  mit  Hülfe  eines  Engels ,  von 
Oromasdes  ,  von  einem  feurigen  ,  Vernich- 
tung gebärenden  Drachen  aus  dem  Ab- 
grunde, und  wird  (da  er  nun  auf  dem 
Wege  ist)  durch  den  Engel  nach  der  Hölle, 
dem  Strafort  der  Verdammten,  geführt,  der 
in  der  Weise  Fenelon's,  jedoch  schwä- 
cher, beschrieben  wird.  Gleichwohl  sieht 
man  mit  Vergnügen  darin  den  Dichter,  der 
zugleich  Edelmann  und  Volksführer  war, 
gegen  den  Zweikampf  u.  die  Erfindung  der 
Folter  wohlverdiente  Strafen  zuerkennen. 
Von  dort  zurückkehrend  wird  er,  wegen 
s.  Verdienste,  von  den  Einwohnern  als 
König  anerkannt  und  so  der  Gründer  u. 
Namengeber  des  Volkes  der  Friesen.  — 
Wenn  diese  Dichtung  (der  es  in  einzelnen 
Partien  nicht  an  Lebendigkeit  der  Einbil- 
dungskraft gebricht)  in  der  Ausführung 
durch  die  Kraft  poetischer  Sprache  unter- 
stützt wäre,  so  würde  daraus  bei  all  dem 
Abenteuerlichen  und  Unwahrscheinlichen, 
gleichwohl  ein  interessantes,  ja  bezaubern- 
des Gedicht  haben  entstehen  können ;  aber 
in  dem  Friso,  besonders  in  der  ersten 
Ausgabe,  sieht  man  das  Fehlerhafte  des 
poetischen  Vortrages.  Der  Mangel 
desselben  macht,  dass  dieses  Gedicht,  bei 
dem  besten  Willen,  zwanzig  Mal  aus  den 
Händen  fällt.  Hart  wie  Metall  sind  die 
V' erse ;  sie  tragen  den  Stempel  einer  noch 
rohen,  ungebildeten  Sprache;  man  glaubt 
sich  ins  16.  Jahrhundert  zurückversetzt, 
und  es  scheint,  dass  Spiegel,  wenn  er 
ein  Heldengedicht  gemacht  hätte ,  ohnge- 
fähr  so  geschrieben  haben  würde.  Die 
Verbindung  der  Sätze  ist  zuweilen  beinahe 
französisch ,  so  dass  man  eine  seltsame 
Uebersetzung  aus  einem  oder  dem  andern 
französischen  Dichter  zu  lesen  glaubt.  Da- 
bei leidet  das  Ganze  an  üblem  Geschmack. 
Beides  macht  den  Friso  zuweilen  unver- 
ständlich. Jn  der  seitnern  Ausgabe  in  4. 
findet  man  jedoch  mit  angenehmer  Ueber- 


raschung  die  meisten  dieser  Stellen  ent- 
weder erträglicher  gemacht  oder  fliessender 
geworden,  abgekürzt  oder  gänzlich  weg- 
gelassen. Diese  Ausgabe,  von  zwölf  in 
zehn  Gesängen  zusammengezogen  ,  enthält 
dagegen  verschiedene  schöne  Stellen,  die 
die  erste  gar  nicht  hat :  ein  deutlicher 
Beweis,  wie  nützlich  es  ist,  lange  Gedichte 
wieder  durchzusehen,  namentlich  bei  Den- 
jenigen, welche  mehr  dichterische  Anlage, 
als  Uebung  in  ihrer  Muttersprache  haben, 
wie  dies  unbezweifelt  bei  Van  Haren 
der  Fall  war.  Doch  das  Auffallendste  bei 
der  Sache  ist,  dass  die  erste  Ausgabe  in  8., 
die  von  dergleichen  harten ,  übellautenden 
Stellen  w  immelt  *),  von  dem  grossen  Sprach- 
kenner (und  Dichter)  Balthasar  Huy- 
decoper  corrigirt  ist,  während  der  Dich- 
ter, bei  der  so  merklich  verbesserten  zwei- 
ten Ausgabe,  nur  s.  eigenen  Genie  u.  Ge- 
fühl für  das  Schöne  gefolgt  zu  sein  scheint. 
Gleichwohl  sind  bei  weitem  noch  nicht 
alle  Härten ,  alle  gezwungene  und  dunkle 
Constructionen  auch  aus  der  Ausgabe  in  4. 
(die  1758 ,  und  also  siebzehn  Jahre  später 
als  die  in  8.  in  Druck  erschien)  ver- 
schwunden. Noch  immer  sticht  in  dieser 
Hinsicht  der  Friso  unvortheilhaft  von  den 
Werken  Van  Winter 's  u.  Van  Mer- 
ke n '  s  ,  ja  sogar  von  denen  F  e  i  t  a  m  a '  s  ab. 
Doch  dieser  Mangel  wird  durch  viele  Schön- 
heiten vergütet.  Der  Friso  ist  reich  an  Ge- 
mälden, worunter  viele  schon  von  De  V  r  i  e  s 
angezeigt  worden.  (Dabei  müssen  wir  vor 
Allem  nicht  vergessen,  dass  die  Ausgabe 
in  4.  mehrere  neue  Gemälde  enthält).  Wir 
sahen  bereits,  dass  Van  Haren  die  Liebe 
des  Friso  und  der  Atossa  gefällig  be- 
schreibt ;  s.  Anrufung  der  Liebe  (der  keu- 
schen Venus  Urania),  zu  Anfange  des 
6.  Buches,  ist  wahrhaft,  erhaben  und  zeigt 
schön  das  edle  Gemüth  des  Dichters,  wel- 
ches diesen  Himmelssprössling  von  ihrer 
unkeuschen  Schwester,  die  Fenelon, 
Van  Haren 's  Vorbild,  so  sehr  zur  Schau 
gestellt  hatte,  wohl  zu  unterscheiden  wuss- 
te  **}.  Die  Charaktere  übrigens  sind 
entweder  absichtlich  schlecht,  wie  z.  B. 
Agram  mes,  Torymbas,  Bagoas, 
oder  vollkommen  tugendhaft ,  wie  Friso, 


•)  Z.  B.  I.  B.  in  8.  S.  20.  V.  355.  V.  383  ff. 
II.  B.  S.  43.  V.  75,  97  ff.  III.  B.  S.  103. 
V.  577.  IV.  B.  S.  51.  V.  112  ff.  S.  129.  V.  433. 
V.  B.    S.   166.    V.   475  u.   s.  w. 

••)  VLB.  V.l.  S.182,  in  8.  Von  Kampen. 
II.   148.    Note  y. 


18t 


Haren 


Haren 


188 


Truphis,  Orsines,  Papirius,  und  im 
Allgemeinen  alle  Römer,  —  die  sanfte» 
Schattirungen  zwischen  gut  und  böse,  diese 
Mannichfaltigkeiten  von  Charakteren,  wo- 
durch Homer  und  Tasso  sich  so  sehr 
auszeichnen,  hat  Friso  nicht.  Die  Nei- 
gungen sind  edel  u.  gut;  die  Hinneigung 
zu  einer  republikanischen  Regierung  ist 
durch  das  Rom  gespendete  Lob  sehr  be- 
merkbar ;  dennoch  erkennt  der  Dichter 
weislich  an ,  dass  die  Republik  für  keine 
grosse  Staaten  vortheilhaft  ist  *).  Die  Fa- 
bel des  Gedichts  hat  wenig  übernatürliche 
Wesen;  nur  in  den  zwei  letzten  Büchern 
wird  der  Held  unmittelbar  durch  den  Him- 
mel beschützt,  und  sogar  in  die  Hölle  ein- 
geführt. Hier  lässt  Van  Haren  (in  dem 
letzten  Gesänge  der  Ausgabe  in  4.)  Friso 
von  einem  Engel  (nach  dem  Beispiel  des 
Virgil)  die  Schicksale  s.  Nachkommen, 
namentlich  die  des  niederländischen  Auf- 
standes gegen  Spanien ,  und  der  Prinzen 
von  Oranien  bis  auf  Wilhelm  V.  schauen, 
worin  das  glückliche  Gemälde,  dass  diese 
Niederländer,  Friso' s  Abkömmlinge,  s. 
alles  Vaterland  in  Indien  und  Taprobane 
wieder  erobern  werden ,  obenhin  berührt 
ist,  jedoch  eine  weitere  Ausführung  ver- 
dient hätte.  —  Van  Haren  war  zum  ly- 
rischen Dichter  (weit  mehr  als  zum  Hel- 
dendichter) geboren,  und  hätte  er  sich  an 
dieses  Fach  gehalten ,  so  würde  Nieder- 
land vielleicht  einen  P  i  n  d  a  r  oder  T  y  r- 
t  ä  u  s  in  ihm  gefunden  haben.  Sehr  richtig 
hat  Voltaire  s.  besondern  Verdienste  in 
dieser  Beziehung  gewürdigt  (wiewohl  er 
wahrscheinlich  kein  Wort  von  ihm  im  Ori- 
ginal lesen  konnte) : 

Demosthene  au  Conseil,  et  Piiidare  au  Pamasse, 
L'auguste  Liberte  marche  devant  tes  pas; 

Tyrtee    a    dans    ton    sein    repandu    son 
audace. 
Et  tu  tiens  sa  trompette,  organe  des  combats. 

Haren  (V.)  —  Onno  Zwier  Van  — ■ 
geb.  1713  zu  Leeuwarden ,  durch  s.  Ab- 
kunft u.  eigne  Geschicklichkeit  zu  ver- 
schiedenen Staatsämtern  berufen,  Ober- 
amtmann von  Stellingwerf ,  und  nachher 
Felddeputirter  im  französischen  Kriege  von 
1745,  bevollmächtigter  Minister  des  Staats 
bei  den  protestantischen  Schweizer-Canto- 
nen ,    General  -  Commissär    der   schweizer 


Truppen  im  niederländischen  Dienst,  ausser- 
ordentlicher Abgesandter  zum  Friedenscon- 
gress  zu  Aachen  (1748),  und  bevollmäch- 
tigt (als  Repräsentant  Prinz  W  i  l  heim s  IV.) 
zur  Reguliruug  aller  Angelegenheiten  der 
Lande,  die  durch  den  Frieden  zurückge- 
geben wurden,  Mitglied  der  General-Staa- 
ten, des  Staatsraths  und  der  Admiralität 
von  Amsterdam,  —  war,  wie  s.  Bruder, 
ein  grosser  Freund  u.  eifriger  Vertheidi- 
ger  der  Interessen  Wilhelms  IV.  Nach 
dem  Tode  dieses  Fürsten  und  der  Frau 
Statthalterin,  seiner  Gemahlin,  hatte  Van 
Haren,  von  dem  Schauplatz  der  Welt  ent- 
fernt u.  aufs.  Landgut  in  Friesland  zurück- 
gezogen, viele  Unannehmlichkeiten,  wie  z.  B. 
einen  wiederholten  ( olFenbar  angelegten ) 
Brand  in  s.  Hause,  wodurch  er  s.  Bibliothek 
u,  viele  wichtige  Papiere  verlor,  —  und  vor 
Allem  einen  sehr  unangenehmen  Process  mit 
s.  nächsten  Umgebungen  über  die  Beschul- 
digung eines  Verbrechens,  das  selbst  bei 
Heiden  für  das  allerabscheulichste  galt, 
welche  Beschuldigung  Einige  einer  Hof- 
kabale zuschreiben.  —  Van  Haren  hat 
sich  unsterblich  gemacht  durch  s.  Geu- 
z  e  n  *) ,  ein  vaterländisches  Gedicht ,  oder 
von  Feit h  u.  Bilderdijk  eine  „Samm- 
lung vaterländischer  lyrischer  Gesänge" 
genannt.  Dieses  Meisterwerk  wahrer  Poe- 
sie durchdringt,  wo  man  es  auch  auf- 
schlägt, eines  Jeden  Herz  mit  warmem  Ge- 
fühl für  Vaterland,  Freiheit,  Menschen- 
werth,  Frömmigkeit  und  Tugend.  Van 
Haren  stellt  sich  auf  einen  hohen  Stand- 
punkt ;  er  überschaut  die  Welt,  die  Mensch- 
heit im  Grossen  und  jauchzt  dem  Siege 
der  Niederländer  zu ,  weil  er  eine  Stufe 
ist  zur  Erhebung  unseres  Gescldechts  durch 
Leiden  zum  Glück  und  zur  Vervollkomm- 
nung. Seine  grosse  Kenntniss  fremder  Län- 
der u.  Völker  thut  ihm  dabei,  sowohl  in 
den  Vergleichungen,  als  in  den  Schilde- 
rungen grosse  Dienste.  Das  Gedicht,  zu- 
erst 1769  unter  dem  Titel :  ,,das  Vater- 
land",  dann  1771  und  1776  zu  Zwolle 
(ein  Nachdruck  1772  zu  Amsterdam)  unter 
dem  Namen  der  Geuzen  herausgegeben, 
beginnt  mit  Niederland's  Unterdrückung 
durch  die  Spanier,  der  Darstellung  der 
Bittschrift  der  verbundenen  Edlen,  —  Al- 
ba's  Ankunft  u.  Grausamkeiten,  und  geht 
dann  über  zum  Hauptgegenstande,  der  An- 


*)    In    den    Zeiten     Van   Haren 's     Maren 
Freilieit  u.  Republik  noch   Synonymen. 


•)   Ein  Scliiinpfname    der    Protestanten  ,    der 
eigentlich   „Bettler,    Laiul.^trcicher"   bedeutet. 


189 


Haren 


Harlsoeker 


190 


kunft  der  Geuzen  vor  dem  Briel  und 
der  Eroberung  dieser  Stadt.  Von  hier  an 
verlässt  der  Dichter  die  Geschichte  und 
flicht  eine  Anzahl  Episoden  ein,  wie  z.  ß. 
den  Traum  des  Prinzen ,  ihm  durch  Gott 
zugesandt,  und  der  die  zukünftige  Grösse 
Niederland's  dem  Auge  s.  Seele  zeigt 
(7—12.  Gesang);  De  Rijk's  Gesandt- 
schaft nach  England ;  die  Erzählung  von 
llozemond;  Erinnerung  an  Adelheide 
(22.  23.  Gesang)  u.  s.  w.  —  Die  Ankunft 
der  Prinzen  in  Holland  beschliesst  das  Ge- 
dicht *) ,  welchem  man,  mit  Ausnahme  des 
Aniiiugs,  ungern  den  Namen  eines  Helden- 
gedichts versagen  würde ;  wenigstens  ist 
das  Sylbenmaass  durchaus  kein  Hinderniss. 
Wer  hat  das  Gesetz  vorgeschrieben,  dass 
alle  Heldengedichte  in  monotonen  Alexandri- 
nern geschrieben  sein  müssen?  Wenigstens, 
wenn  man  Tasso's  „befreitem  Jerusalem" 
diesen  Namen  nicht  streitig  machen  will, 
sveil  es  in  Strophen  von  acht  Zeilen  gedich- 
tet ist,  so  findet  man  auch  keinen  Grund, 
Van  Haren's  Geuzen,  in  das  sehr 
schön  zu  lesende  Sylbenmaass  von  zehnzei- 
ligen  Couplets  gebracht,  und  das  sonst 
alle  Erfordernisse  eines  Heldengedichts  in 
hohem  Grade  besitzt,  diese  Benennung  zu 
entziehen.  Ueber  das  Nähere  dieses  Pracht- 
juwels niederländischer  Poesie  verweisen  wir 
auf  Das,  was  De  Vries  (Gesch.  d.  nie- 
(ierl.  Dichtk.  U.  207  —  227)  so  trefflich 
darüber  gesagt  hat.  Wir  bemerken  nur 
dies  noch,  dass  Das,  was  Willem  V  au 
Haren  selbst  für  den  früher  fast  unles- 
baren Friso  gethan  hat,  durch  die  beiden 
Wiederhersteller  der  holländischen  Dicht- 
kunst, Bilderdijk  und  Feith,  für  die 
Geuzen  gethan  ist,  die  jedoch  (beson- 
ders die  Ausgabe  von  1776)  auch  nach 
der  äussern  Form  viel  höher  standen,  als 
tler  Friso.  Doch  hierdurch  ist  diese  Aus- 
gabe nun  zum  Theil  das  Werk  dieser 
beiden  Herren,  anstatt  Van  Haren's, 
geworden.  Obgleich  Beide  beinahe  fast 
gleichen  Theil  an  demselben  hatten,  hat 
dennoch  Bilderdijk  s.  Namen  allein 
vorgesetzt. —  Van  Haren  hat  noch  mehr 
Gedichte  ,  w  orunter  sehr  schöne ,  verfasst, 
grösstentheils  vaterländischen  Inhalts,  näm- 
lich die  lyrischen  Gesänge:  „die  Frei- 
heit", „der  Handel",  „der  Ackerbau",  „die 
Erscheinung",  „die  Impfung",  „der  Kauf- 
mann",   „der    Staatsmann",     „die    Gei- 


ster"*), „Lebewohl  eines  alten  Vaters  an 
s.  Sohn,  der  auf  dem  Kriegsschiffe,  der 
Argo,  fährt",  Probe  einer  Uebersetzung 
aus  Pope's  „Versuch  über  den  Menschen", 
„der  Messias",  „Lobgesang  auf  die  INInsik", 
und  zwei  Trauerspiele :  „Wilhelm  der  Er 
ste" ,  und  ,,Agon ,  Sultan  von  Bantam". 
Ausserdem  hat  Van  Haren  noch  einige 
Werke  in  Prosa  geschrieben,  wie  z.  B. 
„Biographie  des  J.  Kamphuis,  von  Ja- 
pan" (ein  sinnbildliches  Werkchen,  auf 
Niederland  anwendbar),  ,,Vei"such  eines 
alten  Mannes  an  die  Jugend  von  Nieder- 
land,  über  Esra  IIL  V.  12.,  bei  dem 
Anfange  des  dritten  Jahrhunderts  der  Union 
im  J.  1779,  Neujahrswunsch  an  meinen 
jüngsten  Sohn  im  J.  1778 ,  und  Leichen- 
rede auf  Wilhelm  IV". 

Wlartog  (VI.)  —  H.  De  —  Mathe- 
matiker. 

Hartsinck  (V.)  —  Jan  Jacob  — 
gest.  1778  (einer  der  Commissäre  der  am- 
sterdammer  Bühne) ,  verfasste  das  Lust- 
spiel:  „der  Minderjährige". 

Hartsinck  (V.)  —  ...  —  aus  Am- 
sterdam, gab  Nachrichten  in  niederländi- 
scher Sprache  über  Surinam  und  das 
niederländische  Guyana. 

Hartsoeker  (IV.)  —  Nicolaas  — 
wetteiferte  in  den  Naturwissenschaften  mit 
den  berühmtesten  Männern  s.  Zeit.  Er  w  ar 
1656  zu  Gouda  geboren,  zeigte  früh  eine 
unbegrenzte  Neigung  zu  Allem,  was  mit 
der  Astronomie  nur  einigermassen  in  Ver- 
bindung stand^  und  trieb  eifrig  Mathematik. 
Hierauf  legte  er  sich  auf  das  Verfertigen 
von  Mikroskopen.  Die  damit  angestellten 
Untersuchungen  führten  ihn,  vermittelst  an 
der  Lampe  geschmolzener  Glaskügelchen 
zur  Entdeckung  der  Thierchen  im  männ- 
lichen Saamen,  woraus  er  den  Ursprung 
des  Lebens  erklären  zu  können  glaubte, 
und  worüber  er  mit  Huygens  beinahe  in 
Streit  gerathen  wäre  hinsichtlieh  der  ersten 
Entdeckung.  Huygens  hatte  Hartsoe- 
ker  im  J.  1678  mit  nach  Paris  genom- 
men und  verschaffte  ihm  daselbst  Zugang 
bei  den  berühm.testen  Gelehrten  und  wis- 
senschaftlichen Instituten.  Unter  Andern 
erwarb  er  sich  auch  die  Freundschaft  des 
Cassini,    für    den   er,    nach  vielen   ver- 


Rnst  mijne  lier,    Oranje  komt. 


*)  Dieses  Gedicht  zeichnet  eich  vor  den  übri- 
gen an  VortrefTlichkeit  aus.  S.  De  Vries, 
p.  229. 


191 


Hartsoeker 


Haverkamp 


192 


geblichen  Versuchen,  ein  Teleskop  von 
60  Fuss  Brennpunkt  verfertigte.  Auch 
entdeckte  er,  dass  man  durch  Vereinigung 
mehrerer  Magnetstäbe  die  Kraft  der  ein- 
zelnen verstärken  konnte.  1679  verheira- 
thete  er  sich  in  Holland  und  kehrte  1684 
wieder  nach  Paris  zurück,  wo  er  zwölf 
Jahre  blieb.  Er  hielt  sich  nicht,  wie 
Leeuwenhoek,an  eine  einzelne  Untersu- 
chung, sondern  s.  feuriger  Geist  strebte, 
die  ganze  Natur  in  Hypothesen  zu  um- 
fassen, wovon  man  wohl  das  Ungegriindete 
später  eingesehen  hat,  die  aber  stets  durch 
neue  Untersuchungen  der  Wissenschaft 
Nutzen  brachten.  So  lehrte  er  zwei  Haupt- 
stoffe, der  eine  flüssig,  unendlich,  unzer- 
trennlich, stets  in  Bewegung;  der  andere 
aus  verschiedenen  kleinen  Körpern  be- 
stehend, die  in  dem  ersten  Hauptstoffe 
herumschweben.  Er  hatte  die  erste  (ge- 
wiss noch  dunkle)  Vorstellung  des  später 
von  Buffon  mit  so  glänzender  Beredsam- 
keit vorgetragenen  Lehrsatzes ,  dass  die 
Himmelskugeln  ausgeworfene  Stücke  des 
brennenden  Körpers  der  Sonne  seien,  be- 
schränkte jedoch  dies  nur  auf  die  Kometen. 
Er  glaubte  an  bildende  Seelen,  die  nicht 
allein  die  verlorenen  Körpertheile  wieder 
erzeugen,  sondern  auch  die  Saamenthier- 
chen  bilden ;  ja  er  glaubte  die  Bewegun- 
gen der  Planeten  dergleichen  bildenden 
Seelen  zuschreiben  zu  müssen.  Von  N  e  w- 
ton's  Lehre  der  Anziehung,  welche  s. 
beiden  Lehrsätze  geradezu  vernichtete,  war 
er  ein  erklärter  Gegner,  und  im  Allgemei- 
nen nichts  weniger  als  gemässigt  in  s. 
Zwisten.  Die  grössten  Männer  s.  Zeit, 
einen  Huygens,  Bernouilli,  Newton, 
Leibnitz,  schonte  er  nicht,  doch  wollte 
er  auch  s.  Hypothesen  nicht  für  unfehlbar 
angesehen  wissen.  Fürstengunst  ward  ihm 
in  reichem  Maasse  zu  Theil:  Peter  d.  G. 
wollte  ihn  1699  mit  sich  nach  Russland 
nehmen;  der  Landgraf  von  Hessen -Kassel 
und  der  Kurfürst  von  der  Pfalz  machten 
sich  einander  die  Ehre  streitig ,  ihn  an 
ihrem  Hofe  zu  haben;  er  folgte  des  Letz- 
tern Rufe  als  Prof.  der  Philosophie  zu 
Heidelberg.  Leibnitz  stellte  ihn  zu  Ha- 
nover  dem  Kurfürsten  Georg  I.  (später 
König  von  England)  und  der  Kurprinzessin, 
berühmt  durch  ihre  Liebe  zu  den  Wissen- 
schaften ,  so  w  ie  der  Kurfürstin  von  der 
Pfalz ,  s.  Beschützerin ,  vor.  Nach  ihrer 
Reise  nach  Italien  (der  Kurfürst  war 
früher  gestorben)  kehrte  Hartsoeker 
nach    Niederland    zurück ,     Hess    sich    zu 


Utrecht  nieder,  wo  er  1725  In  einem  Alter 
von  fast  70  Jahren  starb  *). 

Hasselt  (VI.)  —  ...  Van  —  machte 
über  die  alte  niederländische  Geschichte 
Mittheilungen ,  die  er  aus  alten  gräflichen 
Berichten  geschöpft  hatte. 

Hasselt  (V,)  —  Jacob  Copes  Van  — 
zeigte  in  einer  1760  geschriebenen  „Disser- 
tatio  de  usu  atque  autoritate  Juris  Civilis 
Romanorum  in  Geldria" ,  dass  vor  Alters 
die  Einwohner  von  Geldern  kein  geschrie- 
benes Recht  hatten,  und  dass  man  erst  im 
14.  Jahrh.  die  Verordnungen  der  Herzöge 
zu  sammeln  anfing.  Das  röm.  Recht,  wie 
sehr  vielleicht  schon  früher  in  Kraft,  und 
woraus  vielleicht  die  geldcrnschen  Ge- 
wohnheitsrechte ihren  Ursprung  entlehnten, 
wurde  erst  von  Karl  dem  Kühnen  1473 
bei  der  Errichtung  des  Gerichtshofes  zu 
Arnhcim    in  Kraft  gesetzt. 

Havart  (V.)  —  ...  —  persischer 
Sprachgelehrter,  gab  den  ,,persischen  Baum- 
garten" ,  Amst.  1688,  12,  und  „den  per- 
sischen Geheimschreiber"  heraus. 

Haverkamp  (V.)  —  Sigebert  — 
1718  Prediger  zu  Radt  am  Haringvliet  in 
Oberflakker,  als  er  die  Vertheidigung  der 
Christen  von  Tertullian  mit  verbesser- 
tem Text  u.  einer  fortlaufenden  Erklärung 
herausgab.  Zwei  Jahre  später  wurde  er 
Lector  der  griechischen  Sprache  zu  Ley- 
den  u.  1721  Prof.  daselbst.  Gross  ist  die 
Anzahl  s.  Schriften  **) ,  meistens  über  die 
Münzkunde  u.  Uebersetzungen  aus 
dem  Italienischen,  behufs  des  grossen 
Thesaurus  Rerum  Italicarum,  eine  Fort- 
setzung des  von  Rom  u.  Griechenland  von 
Gronovius  u.  Grävius.  Die  vorzüg- 
lichsten davon  sind:  Lucretius  (1725), 
Flavius  Joseph  US  (die  am  besten  be- 
arbeitete Ausgabe  dieses  Schriftstellers ), 
Eutropius  (1729),    Dionysius  Perie- 


*)  S.  8.  Lebensbeschreibung  (aus  den  Eloges 
des  Fontene)le)  in  den  „Biographien  nie- 
derl.  Männer  u.  Frauen",  II.  174  —  193.  Seine 
Werke  im  Französischen  sind:  ,, Essai  de  Diop- 
trique",  Par.  1694.  ,,Principeti  de  Physique", 
Par.  1696.  „Conjectures  Physiques",  1707,  170H. 
,,Ecclaircissemens  eur  les  Conjectures  Physi- 
ques", 1710.  en  suite  1712.  ,,Recueil  de  plu- 
sieurs  Pieces  de  Physique",  1722  (gegen  New- 
ton). Er  war  Mitglied  der  Akademien  von 
Paris  u.  Berlin. 

**)  S.  das  Verzcichniss  derselben  bei  S  a  x  e, 
Onomast.  T.   VI.    p.  347  —  350. 


193 


Havermans 


Hecmskcrk 


194 


getes  (1736),  Orosius  (1738),  Sallu- 
stius  (1742).  Er  versah  den  Thesaurus 
Morel  lian US,  eine  Sainiiilnng von  Älüuzen 
der  römischen  Familien,  mit  einer  fortlau- 
fenden Erklärung  (1734, 1752,  3  Th.  Fol.) 
u.  schrieb  über  die  Aussprache  des  Griechi- 
schen (1736 ,  1740).  Ausserdem  verfasste 
er  eine  ,.Introductio  in  historiam  patriam" 
(Leyd.  1739,  8.),  u.  hielt  eine  Rede  über 
den  interessanten  Gegenstand:  „Von  dem 
Anstände  des  Redners,  oder  der  äussern 
Beredsamkeit". 

Havermans  (IV.)  —  Adriaan  — 
schrieb  eine  „kurze  Darstellung  u.  Nach- 
richt von  der  Geschichte  Brabant's",  Leyden, 
1652.  (S.  Pars,  „Namen-Rolle",  p.  104.) 

Heda  (II.)  —  Willem  —  aus  Alphen, 
Geheimschreiber  Philipp 's  des  Schönen, 
Canonicus  zu  Utrecht  u.  Erzdiaconus  zu 
Arnheim,  gest.  zu  Antwerpen  1525,  setzte 
die  Utrecht  er  Chronik  vonBeka  fort. 
Er  galt  zu  s.  Zeit  für  einen  Alterthums- 
kenner,  und  die  spätem  Jahrhunderte,  in 
die  s.  Chronik  fiel,  schlössen  natürlich  viel 
Fabelhaftes  aus,  welches  die  frühere  Ge- 
schichte von  Beka  hatte.  Ausserdem  schrieb 
er:  „Genealogia  seu  Panegyricus  Austria- 
cus",  voll  Fabeln  (natüi-lich,  um  dem  öst- 
reichischen  Adelstolz  zu  schmeicheln),  und 
„Biographien  der  britischen  Missionäre  zur 
Bekehrung  der  Heiden".  Diese  Handschrift 
ist  verloren.   (S.  Foppens,  1.  405,  406.) 

Heemskerk  (Hl.)  — ■  Johan  Van  — 
geb.  1597,  Neffe  des  berühmten  Admirals 
und  Verwandter  Hugo  De  Groot's, 
studirte  V.  1617—1621  die  Rechte  zu  Ley- 
den. Hier  gab  er  die  niedliche  Samm- 
lung von  Gedichten,  freier  Nachahmungen 
Ovid's,  heraus,  welche  unter  dem  Titel: 
„Minnekunst,  Liebesgedichte,  Vermischte 
Gedichte",  ohne  Namen  des  Verf.  erschie- 
nen,  und  die  von  Burman  und  ßroek- 
huizen  sehr  gerühmt  wurden.  Schel- 
te ma  nannte  zuerst  Heemskerk  als  den 
Verf.  derselben  *).  Diese  freie  Bearbei- 
tung ist  ein  getreues  Bild  der  amsterdam- 


*)  In  einer  eigenen  Abhandlung  in  der  Ge- 
sellschaft Felix  Meritis ,  gedr.  in  des  Verf. 
„Vermischten  Schriften",  I.  Th.  3.  St.  S.  49— 
144.  He  em  ske  rk  ahmte  die  ,,Ars  amandi",  dag 
,,Remedium  Amoris"  u.  die  „Amores"  Ovid's 
nach.  Diese  Sammlung,  nach  der  damaligen 
Mode  bei  Liederbüchern  ,  in  lang  12.  gedruckt, 
erlebte  bereits  1626  eine  2.  Auflage.  Die  er- 
stere  ist  Anna  Roemeredocbter  Vis  sc  her 
gewidmet. 


mer  Sitten  vor  200  Jahren,  woraus  erhellt, 
dass  in  dem  damaligen  Verkehr  der  jungen 
Leute  eine  gewisse  Ungebundenheit  statt 
fandj  wovon  sich  auch  bei  andern  Dich- 
tern dieser  Jahrhunderte  Spuren  finden, 
während  zugleich  in  dem  Volke  eine  Nei- 
gung für  Gesang  herrschte,  der  noch  bei 
keinem  Fremden  Nahrung  zu  suchen  brauch- 
te, sondern  sich  auf  einheimische  Erzeug- 
nisse beschränken  konnte.  Heemskerk 
rühmt  die  Liedchen  von  Breero,  Van 
Hooft,  Koster,  Cats  ,  ^  Hein  sius, 
Huygens,  Doublet,  Verbürg  und 
Brosterhuizen  (s.  „Minnekunst",  2.  Aus- 
gabe, S.  116  -119).  Später  Hess  er  sich 
als  Advokat  im  Haag  nieder ,  diente  der 
ostindischen  Gesellschaft  und  wurde  1640 
Schöppe  zu  Amsterdam,  wo  er  1656  starb. 
Als  Rechtsgelehrter  hat  er  viele  Verdienste 
um  die  Verbesserung  der  Criminal-Rechts- 
ptlege,  hinsichtlich  der  Folter ,  die  er  ab- 
geschafft oder  wenigstens  sehr  gemildert- 
haben  wollte ,  um  die  Insolvenzerklärung, 
die  langwierigen  Processe  und  die  Strafe 
der  sog.  Hexenmeister.  Diese  letztern  Ge- 
genstände behandelte  er  in  s.  ,,Batavischen 
Arkadia"  (Amst.  1637 ,  dann  [vermehrt] 
1639,  mehrmals,  namentlich  im  Haag  1756, 
gr.  8.),  einer  sonderbaren  Mischung  von 
Ernst  u.  Scherz,  welche  die  Erzählung 
einer  Lustreise  einiger  jungen  Leute  durch 
Südholland,  besonders  zwischen  dem  Haag 
u.  Leyden  enthält,  auf  welcher  Gegen- 
stände der  Alterthuras-,  Geschichtskunde 
u.  Rechtsgelehrsamkeit,  und  —  Galanterie 
in  den  Gesprächen  der  Reisegefährten  be- 
handelt werden.  Diese  „Arkadia"  gefiel 
so  sehr,  dass  sie  eine  neue  Art  von  lite- 
rarischen Producten  in  der  holländischen 
Sprache  erzeugte,  unter  welchen  die  „Wal- 
chersche  Arkadia"  von  Gargon,  die 
„Südholländische"  von  Bruin,  und  die 
,,der  Umgebungen  von  Harlem"  durch 
Loosjes  die  meist  bekannten  Nachahmun- 
gen Heemskerks  sind.  Der  Styl  ist 
leicht,  fliessend  u.  wechselt  angenehm  nach 
Maassgabe  des  Stoffes  ab.  Lu blink  fand 
die  Prosa  von  Heemskerk  nicht  minder 
reich  an  Bildern  als  die  Gedichte  des 
Cats.  Auch  findet  man  hier  einige  Poe- 
sien eingeflochten ,  worunter  sich  die  Sie 
geslieder  auf  die  Eroberung  von  Ma  - 
stricht  \\.  Rhijnberk  auszeichnen. 

Heemskerk  (III.)  —  Jacob  Van 
berühmter   Seehcld   u.   Entdeckungsreisen- 
der,   suchte  1596   die  nordöstliche  Durch 
fahrt  nach  Amerika  vergebens. 


195 


Heerckmans 


Heinsius 


196 


Heerckmans  (HI.)  —  Elias  ~ 
Dichter  des  ,. Lobes  der  Seefahrt"  (in  6  Bü- 
chern ,  Amst.  1635.  Eine  Geschichte  der 
Schifffahrt  in  Versen,  von  den  frühesten 
Zeiten  an;  jedes  Buch  umfasst  eine  Pe- 
riode. Das  Werk  ist  mehr  als  historischer 
Beitrag  zu  diesem ,  damals  für  die  Nie- 
derländer besonders  wichtigen  Stoffe,  denn 
als  Dichtwerk  der  Beachtung  werth). 

Heerfcens  (V.)  —  .  .  .  _  aus  Gro- 
ningen (1725  — 1801),  lateinischer  Dich- 
ter, gab  unt,er  Anderm  1760  eine  „Reise 
nach  Venedig"  in  lat.  Versen ,  dem  sehr 
gebildeten  Grafen  Van  Lijnden  gewid- 
met, heraus,  dessen  Empfehlungsbriefe  ihm 
in  Italien  vielen  Zutritt  bei  Gelehrten  u. 
Bibliotheken  verschafft  hatten.  Heerkens 
scheint  s.  Reise  in  einem  sehr  üblen  Hu- 
,  mor  beschrieben  zu  haben.  Keine  Beschrei- 
bung von  Naturscenen ,  w  orin  das  Land, 
„wo  die  Zitronen  blühen",  so  ausgezeich- 
net ist!  Alle  Mühseligkeiten  der  Reise  be- 
klagt er ,  und  fliegt  fast  über  die  Alpen ; 
Kunstwerke  allein ,  wie  z.  B.  das  Amphi- 
theater zu  Verona,  die  Kirchen  von  Vi- 
cenza  und  das  Antlitz  fürstlicher  Personen 
können  s.  Unzufriedenheit  versüssen.  (S. 
.,Biblioth.  des  Sciences  et  Beaux  Arts", 
T.   XIII.  (\nnee  1760),  p.  474—480.) 

Hegpius  (II.)  — ■  Alexander  —  Lehrer 
in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrh.  auf 
der  durch  Gerrit  De  Groot  1370  ge- 
stifteten Schule  zu  Deventer,  der  er  dreissig 
Jahre  mit  Ruhm  vorstand.  Nur  s.  Pflicht 
u.  der  Bildung  sich  auszeichnender  Schü- 
ler lebend ,  hinterliess  er  wenig  Schriften. 
(S.  Foppens,  I.  44,  45.  Erasmus  in 
Adagio :  Quid  cani  et  balneo ,  w  orin  das 
schönste  Denkmal,  welches  Hegius  sich 
errichtet  hat.) 

Heide  (IV.)  —  A.  De  —  zu  Middel- 
burg  (1684)  gab  eine  anatomische  Abhand- 
lung des  Schaalfisches ,  und  zwei  Jahre 
später  die  des  Bandwurms,  des  Leberwurms 
der  Schaafe,  die  der  Medusa  und  des  Um- 
laufs des  Blutes   in    den  Fröschen    heraus. 

Heinsius  (HL)  —  Daniel  —  geb. 
1580  zu  Gent,  begab  sich  mit  den  Seinen 
schon  in  s.  Kindheit  nach  den  vereinigten 
Niederlanden  in  Folge  der  Uebergabe  s. 
Geburtsstadt  an  die  Spanier.  Seine  erste 
Bildung  erhielt  er  im  Haag,  von  wo  er  mit 
s.  Vater  nach  Middelburg  in  Zeeland  und 
von  da  nach  Franeker  in  Friesland  zog. 
Zu  Leyden  widmete  er  sich  der  Jurispru- 
denz;  doch,  da  er  mit  s.  neunten  Jahre 
bereits  Verse  machte,  und  durch  s.  schnellen 


Fortschritte  in  der  Literatur  die  Freund- 
schaft des  grossen  Scaliger  gewann, 
ward  ihm  in  s.  23.  Jahre  ein  Lehrstuhl 
in  der  griechischen  u.  lateinischen  Litera- 
tur, u.  dann  die  Aufsicht  über  die  öffent- 
liche Bibliothek  übertragen.  1618  zeigte 
er  sich  als  Geheimschreiber  der  Abgeord- 
neten des  Staats  bei  der  Synode  von  Dord- 
recht  in  keinem  günstigen  Lichte :  er 
eiferte  sehr  für  die  Unverträglichkeit  u.  die 
Verurtheilung  der  Remonstranten.  Er  war 
ein  Mann  von  grosser  Gelehrsamkeit,  als 
Sprachkenner,  Kritiker  u.  lateinischer  Dich- 
ter durch  ganz  Europa  berühmt.  Sein 
Wahlspruch  war  gleichwohl  (ein  Beweis 
s.  vielumfassenden  Geistes):  Quantum  est 
quod  nescimus !  Er  starb  1655.  Als  nie- 
derdeutscher Dichter  ist  er  wohl  nicht  so 
allgemein  bekannt,  hat  jedoch  auch  in  dieser 
Beziehung  sich  Verdienste  erworben.  Die 
Gedichte  sind  verschiedenen  Inhalts:  Hel- 
dengesänce  ,,auf  Heemsk  e  r  k's  Sieg 
u.  Tod  bei  Gibraltar";  „auf  die  Belagerung 
von  Lejden  und  Ostende";  Minnelieder 
und  Elegien  an  Anna  Visscher,  und 
Allegorien  nach  Art  des  Cat's;  (Cu- 
pido's  Amt,  und  Embleraata  der  Liebe 
genannt),  ,, Lobgesang  auf  Bacchus",  worin 
der  Gebrauch  und  Misbrauch  des  Weines 
angegeben  wird  *) ,  und  —  (unmittelbar 
darauf  folgend ! )  „Lobgesang  auf  Jesus 
Christus" ,  mit  einer  ausführlichen  Erklä- 
rung. Die  grösste  Ehre,  welche  Hein- 
sius widerfahien  konnte,  war,  dass  der 
Verbesserer  der  deutschen  Poesie,  Martin 
Opitz,  die  letzten  Stücke  desselben  in 
s.  Muttersprache  übertragen  hat ;  und  ein 
deutscher  Schriftsteller  sagt  ausdrücklich : 
„dass  die  Freundschaft  des  grossen  D  a- 
niel  Heinsius  (zu  Leyden ,  wo  er  sich 
einige  Zeit  aufhielt)  Opitz  hauptsächlich 
zu  dem  sinnreichen  und  weisen  Dichter  bil- 
dete, der  er  später  wurde"  **).  Deutsch- 
land hat  demnach  die  Anfönge  s.  gegen- 
wärtigen Reichthums  im  Fache  der  Poesie 
Niederland  zu  danken  ;  denn  Opitz  zeich- 
nete sich,  zufolge  des  einhelligen  Zeugnisses 
aller  Kenner  der  deutschen  Literatur,  vor 
allen  Dichtern  des  17.  Jahrhunderts  aus, 
und   wurde   das    Vorbild,    worauf   im    18. 


*)  Er  schickte  Um  zur  Durchsicht  oder  zum 
Verbrennen  an  P.  Scriveriue;  doch  dietier 
gab  ihn  heraus. 

*♦)  S.  Jörden'8  Lexic.  deutscher  Dichter 
u.  Prosaisten,   Art.   Opitz. 


197 


Heinsius 


Helmers 


198 


Jahrhundert  die  Verbesserer  der  aufs  Neue 
gesunkenen  Poesie  die  Dichter  wiesen.  Als 
Bearbeiter  der  alten  Sprachen  war  s.  Ruhm 
jedoch  noch  grösser.  Als  er  in  Seal  ig  er 
einen  ausgezeichneten  Lehrer  gefunden,  wid- 
mete ersieh  hauptsächlich  dem  Griechi- 
s  c  hen,  worin  er  eine  Menge  Autoren  von  Zu- 
sätzen reinigte  oder  aufhellte.  Er  begann  mit 
Anmerkungen  zu  Silius  Italiens,  gab 
hierauf  Theocritus  heraus,  jedoch  man- 
gelhaft (1604),  dann  Hesiodus,  die  Poe- 
tik des  Aristoteles,  die  Paraphrasis 
des  Apollonius  Rhodius  zur  Ethik 
des  Aristoteles,  Maximus  Tyrius, 
Theophrastus,  Clemens  Alexandri- 
nus,  und  unter  den  Römern  Ho  rat  ins, 
Seneea  und  Terentius  (alle  v.  1603 — 
1629).  Ausserdem  erschien  von  ihm  eine  Be- 
schreibung der  Politik  des  Aristoteles, 
„heilige  Unterweisungen  zumN.  Testament", 
in  20  Büchern,  zwei  Trauerspiele  „Auria- 
cus"  (Oranien),  und  ,.Herodes  der  Kinder- 
mörder" ,  ein  Theil  lateinischer  Gedichte, 
Reden,  (unter  Anderm  das  Lob  des  D  o  u  z  a , 
an  dem  er  sehr  hing,  des  Prinzen  Moritz 
u.  Gustav  Adol  phs)  und  eine  Erzählung 
der  Eroberung  von  Herzogenbusch. 
Sein  Ruhm  verbreitete  sich  überall  hin, 
besonders  bei  Völkern ,  die  er  verherrlicht 
hatte;  Gustav  Adolph  machte  ihn  zu 
s.  Rath  u.  Geschichtsschreiber;  die  Re- 
publik von  Venedig ,  der  er  Glück  ge- 
wünscht hatte  bei  Gelegenheit  des  Bünd- 
nisses mit  Niederland,  decorirte  ihn  mit 
einem  Ritterorden.  Doch  der  gelehrte 
Casaubonus  nennt  ihn  stets  mit  einem 
Schein  von  Geringschätzung:  pusillum  Sca- 
liserum.  (Die  Liste  s.  Werke  s.  bei  Fop- 
pen s,  L  227,  228.  Seine  niederländi- 
schen Poemata  sind  von  s.  Freunde  Scri- 
verius  gesammelt  u.  1616,  1618  u.  1622 
zu  Amsterdam  herausgegeben.  Auch  D  e 
Fries  („Gesch.  d.  niederl.  Dichtkunst" 
L  l3l  —  134)  spricht  mit  Lob  von  ihm). 

HeinsiuiS  (IV.)  —  Nicolaas  —  (Da- 
nielsz)  geb.  1620  zu  Leyden,  gest.  1681, 
war  Prof.  zu  Leyden  und  machte  schon  in 
s.  17.  Jahre  vortreffliche  lateinische  Verse. 
Auf  s.  mannigfaltigen  Reisen  von  1642 — 
1670,  nicht  allein  in  Schweden,  wo  er 
Abgesandter  des  Staats  war,  in  Deutsch- 
land u.  in  Italien ,  sondern  auch  nach 
Frankreich,  England  u.  Russland,  war  er 
unermüdlich  beschäftigt ,  durch  Sammlung 
u.  Vergleichung  von  Handschriften  für  s. 
Lieblingstudium,  namentlich  dem  Ovid's, 
der   gelehrten    Welt    nützlich    zu    werden 


(s.  Peerlkamp,  „de  Vita  Belgarum  qui 
Lat.  Carmina  composuerunt",  p.  392).  In 
spätem  Jahren  wählte  er  das  stille  Vianen, 
um  s.  literarischen  Schätze  zu  ordnen  u. 
zu  bearbeiten.  Seine  vortrefflichen  An- 
merkungen zum  Ovid  sind  nach  s.  Tode 
in  der  grossen  Ausgabe  dieses  Dichters 
durch  den  altern  Burman  (1727)  aufge- 
nommen. Er  selbst  gab  auch  diesen  Dich- 
ter mit  sehr  verbessertem  Text  heraus, 
s.  Beschützerin  Christine  von  Schwe- 
den gewidmet,  die  ihn  sehr  achtete  und  ihn 
zum  Ankauf  von  Büchern  nach  Deutschland 
u.  Italien  sandte,  jedoch  nachher  sich  der 
Uebernahme  derselben  weigerte,  wodurch 
Heinsius  beträchtlichen  Schaden  erlitt. 
Er  war  einer  der  besten  lateinischen  Dich- 
ter s.  Zeit,  und  legte  bei  Herausgabe  seiner 
Gedichte  so  viel  feinen  Geschmack,  Scharf- 
sinn u.  Fleiss  an  den  Tag,  dass  man  ihn  den 
Sospitator  der  Dichtkunst  nennen  könnte, 
welchen  Namen  er  insbesondere  in  Beziehung 
auf  Ovid  verdiente.  Seine  ersten  lat.  Ge- 
dichte, die  er,  25  Jahre  alt,  zu  Paris  her- 
ausgab ,  sind  sehr  selten  geworden ,  und 
weichen  von  der  spätem  Ausgabe  deshalb, 
weil  er  unaufhörlich  daran  verbesserte, 
sehr  ab.  1666  kam  eine  vollständigere 
Sammlung  s.  Gedichte  zu  Amsterdam  her- 
aus ,  fand  jedoch  wenig  Absatz ,  wegen 
der  Misgunst  s.  Feinde,  so  dass  keine  neue 
Auflage  mehr  davon  besorgt  wurde.  Diese 
Feinde  waren,  zufolge  Peerlkamp  (1.  1, 
p.  391 — 396),  einige  engherzige  Theo- 
logen, schlechte  Dichter,  und  übertriebene 
Englischgesinnte  (denn  Heinsius  konnte 
die  Engländer  nicht  leiden).  Zwei  der- 
selben ,  einen  Fiskal  von  Holland  ,  C  o  r- 
nelis  Boy,  und  Dr.  Planter  zu  Breda, 
stellte  er  in  s.  „Saturnalien"  an  den  Pran- 
ger. Er  gab  mehrere  alte  Schriftsteller, 
von  deren  Geist  er  ganz  durchdrungen 
war,  heraus,  unter  Andern:  Claudia- 
nus  (1666).  Nach  Ruh nken  ins  war  er 
im  Verbessern  der  Dichter  glücklicher,  als 
der    Prosaisten. 

Meliners  (VI.)  —  Jan  Frederik  — 
Kaufmann  zu  Amsterdam,  von  hoher  Bil- 
dung, widmete  s.  Müsse  der  Poesie  u.  Hess 
1788  bei  Uylenbroek  in  dessen  „poeti- 
schen Handschriften"  s.  „Nacht"  drucken, 
die  ihn  bereits  als  einen  Dichter  von  aus- 
gezeichneten Anlagen  erseheinen  liess.  1790 
kam  s.  „Sokrates"  in  drei  Gesängen  her- 
aus ,  der  jedoch  damals  wenig  Aufsehn 
machte ,  da  man  der  poetischen  Lebensbe- 
schreibungen   müde    war,    und    vielleicht 


199 


Helmers 


Helniers 


200 


(^vie^vohl  ohne  Grund)  fürchtete,  dass 
diese  auch  eine  von  dem  gewöhnlichen 
Schlage  sein  würde.  1798  erschien  von 
ihm  „Dinomache',  die  Befreiung  Athen's 
behandelnd ;  doch  der  eigentliche  Ruhm 
des  Dichters  begann  mit  den  1801  ge- 
dnickten  „poetischen  Gedenkbildern".  Wie 
viele  Perlen  schimmern  darin!  Die  „Ode 
an  Buonaparte"  (im  J.  1799),  eines  Ho- 
raz  nicht  un^vürdig,  ist  eines  der  erha- 
bensten Erzeugnisse  der  niederländischen 
Poesie,  voll  Feuer,  Geist  und  Leben.  Wer 
kommt  da  als  Sieger  aus  dem  Osten? 
fragt  sich  der  Dichter;  wird  er  das  Un- 
geheuer der  Anarchie  besiegen?  Hierauf 
wendet  er  sich  zum  Helden  selbst  u.  bittet 
ihn,  im  Namen  Europa's,  der  Menschheit, 
diese  blutdürstigen  Ungeheuer,  welche  die 
Civilisation  damals  wieder  mit  fast  türki- 
scher Wuth  bedrohten ,  zu  zügeln  und 
Ordnung  u.  Freiheit  herzustellen ;  und  er 
gelobt  ihm  hiefür  den  Dank  der  Nachkom- 
men,  u.  einen  Platz  neben  Wilhelm  I.  u. 
Teil,  während  er,  im  entgegengesetzten 
Falle,  ihn  nicht  undeutlich  mit  dem  Fluch 
bedroht,  der  auf  Marius  ruht.  Wenn 
man  dieses  Gedicht  verdammen  könnte, 
weil  es  den  Namen  des  später  so  verhasst 
gewordenen  Mannes  an  der  Stirn  trägt  u. 
s.  Lob  enthält,  so  bedenke  man,  dass  Alles, 
was  loyal  n.  gemässigt  in  Europa  dachte, 
zu  der  Zeit  in  Napoleon  s.  Erretter 
gegen  die  Jakobiner  erwartete.  Und  nun 
der  Vers:  „der  Dichter"  von  Helmers, 
diese  sprechende  Schilderung  eines  ganz 
andern  Wesens,  als  das,  was  mau  noch 
dreissig  Jahre  zuvor  in  Holland  so  nannte, 
eines  Wesens,  welches  die  edelsten  Ge- 
danken und  Vorstellungen,  womit  s.  Brust 
schwanger  geht,  sich  auszudrücken  be- 
müht! In  dem  Gedicht  ,,an  die  Freiheit" 
bezeugt  Helmers  s.  Abscheu  vor  jener 
Misgeburt ,  welche  die  damaligen  franzö- 
sischen Tyrannen  unter  jenem  Namen  ver- 
götterten ,  und  welche  nichts  als  viel- 
köpfige Gewaltherrschaft  war.  Er  zeigt 
die  unwidersprechliche  Wahrheit,  dass  auch 
in  Monarchien  Freiheit  wohnen  kann,  wählt 
jedoch  dazu  sehr  unglücklich  das  Beispiel 
von  China ;  denn  gerade  in  China  ist  der 
Mensch  durch  Tyrannei  ein  niedriges  u. 
kriechendes  Wesen,  ohne  Gefühl  des  eige- 
nen Werthes,  geworden.  —  Das  lyrische 
Gedicht:  „James  Cook"  hat  eine  schöne, 
wahrscheinlich  von  Camoens  entlehnte 
Erdichtung.  Der  Geist  des  Südpols  sieht 
den   kühnen  Briten  s.  Heiligthurae  nahen: 


er  erscheint,  gebietet  dem  Verwegenen  zu 
fliehen,  und  weissagt  ihm  s.  Schiffbruch 
an  Sandwich's  Strand.  1806,  kurz  vor 
der  Vernichtung  der  holländischen  Republik, 
Hess  Helmers  in  dem  damaligen  Wo- 
chenblatte: „der  Stern",  jenes  herrliche 
„Fragment  eines  ungedruckten  Trauer- 
spiels" erscheinen ,  worin ,  unter  dem  Na^ 
men  von  Griechenland,  der  Untergang  Nie- 
derland's  in  den  stärksten  Farben  geschil- 
dert und  die  Nation  aufgerufen  wurde, 
mit  dem  Wrack  zu  wuchern  gegen 
i  h  r  e  D  r  ä  n  g  e  I-.  Man  kennt  die  dadurch 
geweckte  allgemeine  Begeisterung  und  die 
Anhänglichkeit  an's  Vaterland,  die  dieser 
Gesang  erhöhte*).  1809  u.  1810  erschie- 
nen .  in  2  Theilen ,  andere  Gedichte  von 
Helmers,  wovon  besonders  der  2.  Th. 
dem  vaterländischen  Herzen  wohlthut.  Die 
beiden  Oden :  „an  den  Ruhm" ,  der  aus 
Niederland  entflohen  war,  und  ,,Ermuthi- 
gung"',  über  dessen  beispiellos  tief  ge- 
sunkenen Zustand,  wurden,  noch  ehe  die 
französische  Censur  die  Presse  in  Fesseln 
legte,  bekannt  gemacht:  wie  würden  sonst 
Verse ,  wie  die  darin  enthaltenen ,  ihrem 
argwöhnischen  und  spähenden  Auge  ent- 
gangen sein!  Doch  in  dem  sonst  ausneh- 
mend schönen ,  bilderreichen  „Cato  zu 
Utika"  Avird  das  Lob  des  Selbstmordes  u. 
das  Zurückwünschen  der  stoischen  Lehre, 
weil  sie  ihn  predigte,  zum  Anstoss.  Auch 
in  dem  Gedicht :  „  Sittenlehre " ,  wie  in 
dem  ,. Jesus' von  Nazareth",  in  den  nach- 
gelassenen Gedichten,  hat  Hel- 
mers zu  sehr  s.  Abneigung  vor  dogmati- 
schen ReligionsbegrilTen  blicken  lassen : 
wenn  gleich  auch  in  letzterm  Gedichte  herr- 
liche Stellen  vorkommen,  die  von  der  hohen 
Idee  zeugen,  welche  Helmers  sich  von 
dem  Stifter  unserer  Religion,  als  Sitten- 
lehrer, gemacht  hat.  Dieses  Gedicht,  oder 
vielmehr  der  rührende  u.  wahrhaft  reli- 
giöse Schlussgesang  hinter  demselben,  war 
auch  der  Schvvanengesang  des  Dichters. 
Schon  lange  war  er  der  französischen  Po- 
lizei ein  Dorn  im  Auge.  Man  wusste,  dass 
er,  der  alle  Fremdherrschaft  verabscheute, 
1795  einen  Leichengesang  „auf  das  Grab 
von  Niederland"  verfasst  hatte,  dass  er 
der   Dichter   war  von   dem   so   berühmten 


*)  Es  ist  merkwürdig ,  dass  die  Griecheu 
sich  in  neuerer  Zeit  buchstäblich  in  derselben 
Lage  befanden,  M-orin  Helmers,  unter  ihrem 
Namen ,  die  Holländer  von  läü6  schildert. 


201 


Helmers 


Helniont 


202 


„Fragment  au  die  Griechen",  und  von  so 
vielen  vaterländischen  Liedern ,  die  alle 
Abschen  vor  der  Zwirjghcrrschaft  athnie- 
ten,  und  endlich,  dass  er  allen  diesen 
die  Krone  aufgesetzt  hatte  durch  seine, 
aus  dem  glühendsten  Herzen  entquollene 
..Holländische  Nation",  ein  Gedicht  voll 
Feuer  u.  Leben,  wovon  vielleicht  der  Ge- 
genstand zu  reich  war  für  die  Behandlung 
in  sechs  Gesängen.  Auch  scheint  die  Ein- 
theilung  in  Älaterien:  „Sittlichkeit,  Hel- 
denmuth  zu  Lande ,  zur  See ,  Schifffahrt, 
Wissenschaften  und  schöne  Künste"  ein 
wenig  zu  methodisch;  doch  es  würde  Ein- 
seitigkeit u.  Vorurtheil  verrathen ,  wenn 
man  viele  Schönheiten  ersten  Ranges  die- 
sem Gedichte  absprechen  wollte ,  welches 
die  Nation  nicht  allein  mit  Enthusiasmus 
aufnahm,  sondern  auch  seitdem  mehrere 
Auflagen  erlebte,  worin  die  durch  die  Cen- 
sur  verstümmelten  Stellen  wieder  herge- 
stellt wurden.  Die  Episoden  ( und  dass 
das  Gedicht  fast  ganz  aus  Episoden  be- 
steht ,  ist  die  Schuld  des  Gegenstandes ) 
sind  durchgängig  vortrefflich  gewählt  u. 
sehr  gut  ausgeführt.  Wem  sind  die  von 
Beyling,  von  Claasens,  von  Adeka 
und  Afron  nicht  bekannt*)?  Mit  einem 
Worte,  Freiheits-  und  Vaterlandsliebe  be- 
seelen dieses  Gedicht  von  Anfang  bis  zu 
Ende :  u.  dies  wollte  die  damalige  Regierung 
nicht,  welche  die  Holländer  zu  zwingen 
beabsichtigte,  Neu-Franzosen  zu  sein,  um 
sie  die  ruhmvollen  Tage  ihrer  Väter  ver- 
gessen zu  machen.  Man  versichert,  dass 
schon  Befehl  zur  Gefangennehmung  Hel- 
mers aus  Paris  gegeben  war,  als  der 
Tod  ihn  am  26.  Februar  1813  derselben, 
so  wie  allen  weitern  Verfolgungen  entzog. 
Er  erlebte  also  nicht  mehr  die  Befreiung 
s.  Vaterlandes,  die  er  so  feurig  gewünscht 
und  besungen  hatte,  eine  Befreiung,  wel- 
che noch  in  diesem  Jahre  Statt  fand.  — 
Wenn  Begeisterung  für  die  Kunst  u.  das 
Schöne,  Gefühl  für  das  Höchste  u.  Edel- 
ste der  Menschheit,  und  tiefe  Kenntniss 
von    den    Gegenständen,    die   er    besingt, 


•)  Wegen  Beschränktheit  des  Raumes  führt 
Van  Kämpen  aus  den  drei  Sammlungen  von 
Helmers  („Gedichte",  1809  u.  IBIO)  „IVach- 
gelassenen  Gedichten"  (nebst  einigen  aus  den 
„Poetischen  Denkbildern",  1814  u.  1815,  2  Thle.). 
der  „Nachlese  von  Gedichten" ,  1815 ,  und  den 
„üeukbildern",  nur  Das  an ,  was  ihm  vorzugs- 
weise schön   dünkt. 


den  wahren  Dichter  allein  bilden  mussten,  so 
mnss  man  Helm  er s  unter  die  grössten 
Dichter,  nicht  allein  Niederland's,  sondern 
vielleicht  auch  der  neuern  Zeiten  rechnen. 
Aber  er  liess  sich  zu  sehr  von  s.  Gegen- 
stände hinreissen,  statt  ihn  zu  beherrschen. 
Er  revidirte  u.  feilte ,  wie  es  scheint ,  zu 
wenig  die  Werke,  die  aus  s.  Feder  flössen; 
daher  Fehler,  wie  z.  B.  in  dem  Dichter, 
wo  Petrarca  im  ersten  Couplet  ein 
Jüngling  ist,  und  im  zweiten  silb er- 
weisse Haare  hat.  Die  grosse  Kenntniss 
Helmers  in  Allem,  was  die  neuere  Li- 
teratur enthält,  vornehmlich  aus  fremden 
Ländern,  welche  ihm  durch  Reisebeschrei- 
bungen,  seine  Lieblingslektüre,  genau  be- 
kannt waren ,  verleiteten  ihn  oft  zu  un- 
nöthigem  Entlehnen  von  Bildern  aus  entle- 
genen, weniger  bekannten  Gegenden,  wel- 
che er  eben  so  gut  in  s.  Vaterlande  oder 
in  der  Nähe  desselben  hätte  finden  können, 
wie  z.  B.  in  dem  Gedichte  an  s.  Kunst- 
freund Falck,  für  den  er  jenen  „Säcu- 
himsgesang"  verfasste,  „der  mit  dem  Nia- 
gara anhebt,  der  mit  Dounergetöse  herun- 
terstürzt auf  das  Wrack  des  Vaterlandes 
am  Ende  des  18.  Jahrhunderts"  *).  Um  ein 
Wrack,  nicht  zu  zertrümmern,  sondern  so- 
gar zu  zermalmen ,  würde  ein  Wasserfall, 
wie  der  des  Rheins  genügen ;  und  das 
Wrack  bestand  doch  noch?  Mehr  Züge 
dieser  Art,  wo  das  Ungeheure,  Uebertrie- 
bene  von  dem  Dichter  anstatt  des  Grossen 
gewählt  wird,  selbst  Spuren  des  Unver- 
standes u.  hie  u.  da  von  hartem  u.  ver- 
nachlässigtem Versmaasse,  entstellen  diese 
sonst  vortrefflichön  Dichtungen;  doch  der- 
gleichen Mängel  sind ,  im  Vergleich  des 
Vielen ,  welches  darin  glänzt ,  nur  we- 
nige **). 

Helinont  (HL)  —  Joan  Baptista  Van  — 
aus  einem  alten  adeligen  Geschlechte,  geb. 
1577  zu  Brüssel,  hatte  bereits  mit  16  Jah- 
ren s.  Studien  zu  Löwen  beendigt,  die 
ihm  jedoch  mit  Sokrates  nur  die  kost- 
bare Wissenschaft  verleidet  hatten  (so  un- 


*)  S.  „Nachgelassene  Gedichte",  IL  Th. 
p.  165. 

•*)  Helmers  hat  das  Glück  gcliaht ,  von 
drei  ausgezeichneten  Dichtern  u.  einem  Ge- 
lehrten eine  Huldigung  zu  empfangen,  die, 
mit  8.  Gedichten,  s.  Andenken  vcrcMigen  wird, 
u.  worin  man  weitere  Nachrichten  über  ihn 
findet,  nämlich  von  Van  Hall,  H.  H.  n,  B. 
Klyu  u.  Meijer,  1815. 


203 


Helu 


Hemert 


204 


bekannt  bei  den  stolzen  Schulgelehrten 
jenes  Jahrhunderts)  ,  dass  er ,  im  Verhält- 
iiiss  zu  dem  Vorhandenen,  nichts  wuss- 
te.  Von  nun  an  mehr  die  Beschaffenheit 
der  Dinge  untersuchend,  legte  er  sich  auf 
Theologie,  Philosophie,  ja  Zauberei,  ohne 
jedoch  befriedigt  zu  werden.  Solch  ein 
Mann  konnte  auch  an  dem  damaligen  me- 
dicinischen  Schlendrian  kein  Behagen  fin- 
den. Er  verwarf  daher  die  Autorität  der 
Alten ,  in  so  weit  sie  blos  Autorität  war, 
und  trachtete  darnach ,  der  Arzneikunde 
durch  die  Chemie,  die  sich  damals  gerade 
aus  dem  Chaos  der  Alchemie  herauszu- 
wickeln begann ,  einen  bessern  Weg  zu 
bahnen.  Man  nannte  ihn  deshalb  Philo- 
soph us  per  ignem.  Selbst  s.  Irrthümer 
sind  für  die  Wissenschaften  von  Nutzen 
gewesen,  so  wie  die  s.  Zeitgenossen  Des- 
cartes.  Wie  dieser  durch  Voetius,  so 
erfuhr  Van  Helmont  Widerw  artiges 
durch  die  römischen  Verketzerer,  u.  konnte 
sich  nur  durch  einen  feierlichen  Widerruf 
Desjenigen  aus  dem  Gefängniss  retten ,  was 
in  s.  Buche:  „über  die  magnetische  Heilung 
der  Wunden" ,  für  ketzerisch  gehalten 
wurde.  ( S.  Foppens,  I.  570,  571.  — 
„Biographien  niederl.  Männer  u.  Frauen", 
V.  Th.  p.  274  —  280.) 

Hell!  (1.)  —  Jan  Van  —  Verf.  der 
„Brabanter  Thaten",  aus  3  Büchern  u. 
fast  10,000  Versen  bestehend,  übersetzt  in 
lat.  Verse  von  H.  C.  De  Dongel  berghen, 
im  17.  Jahrh.  (s.  Paquot  „Hist.  Litt,  des 
Bays  -  Bas" ,  p.  103)  ;  das  Gedicht  hat  den 
Sieg  s.  Landsleute  über  die  Geldernschen 
bei  Woeringen  durch  Herzog  Jan  von 
Brabant  im  J.  1288  zum  Gegenstande. 
Helu  erzählt,  was  er  gehört  u.  gesehen 
hat,  und  ruft,  gleich  zu  Anfange,  Gott 
zum  Zeugen  der  Wahrheit  des  von  ihm 
Gesagten  an ,  indem  er  sich  auf  diese 
Weise  gegen  alle  Beschuldigung  dichteri- 
scher Ausschmückung  verwahrt.  Seine 
Schilderung  Herzog  J  a  n '  s  zeigt  uns  den 
ächten  Ritter  jenes  Jahrhunderts ;  er  ist 
ein  Löwe,  vor  dessen  Stimme  die  kleinern 
Thiere  die  Flucht  ergreifen ;  die  Feinde 
sind  Eber,  welche  weder  Jagdspiesse  noch 
Schwerter  scheuen.  Die  Reiter  ruhen  nach 
dem  Kampf  auf  „Betten  von  Helmen  u. 
Platten".  Helu  ist  also  mehr  Dichtei", 
als  er  sein  will ,  während  Andere  ver- 
gebens Apollo  u.  die  Gesangsgöttinnen  an- 
rufen, um  ihre  Prosa  in  Poesie  zu  verwandein. 

Helvetius  (V.)  —  Jan  —  einer  der 
besten  lateinischen  Dichter  dieser  Periode, 


starb  1772.  Ein  Bewunderer  u.  Schüler  des 
Jüngern  Burman,  verherrlichte  er  dessen 
Kenntnisse  u.  Vaterlandsliebe,  womit  erden 
Verfall  der  Gelehrsamkeit  durch  den  zu- 
nehmenden Luxus,  beschrieben  hat.  Frank- 
reich, als  der  Mittelpunkt  dieser  Modenarr- 
heiten ,  welche  anhaltende  und  würdigere 
Studien  verdrängten,  wird  darin  mit  unge- 
wöhnlicher Kraft  u.  einem  beinahe  prophe- 
tischen Vorgefühle  angeredet,  dass  es  näm- 
lich in  s.  nahen  Fall  Niederland  mit  sich 
ziehen  werde.  Diese  Sprache  ist  im  J.  1772, 
fünfzehn  Jahre  vor  der  französischen  Re- 
volution ,  gewiss  sehr  merkwürdig.  (S. 
die  von  L.  Van  Santen  verfasste  Bio- 
graphie desselben  in  der  „Nouvelle  Biblio- 
theque  Belgique.) 

Heinelaers  (HI.)  —  ...  —  aus  dem 
Haag,  ein  Schüler  des  Lipsius,  beschrieb 
die  Münzen  (von  Cäsar  bis  Hera- 
klius)  aus  dem  Cabinet  des  Herzogs  von 
Aremberg,  mit  viel  Kenntniss  u.  Ge- 
schmack. 

Hemert  (VL)  —  Paulus  Van  —  geb. 
1756  zu  Amsterdam,  reformirter  Prediger 
zu  Baren,  dann  zu  Wijk  bei  Duurstede, 
und  1790  Prof.  der  Literatur  u.  Philoso- 
phie bei  den  Remonstranten  in  Amsterdam, 
in  Folge  einer  von  Teyler's  theol.  Ver- 
eine gekrönten  Abhandlung  über  einen  Ge- 
genstand, der  mit  s.  Briefwechsel,  den  er 
mit  Prof.  B  o  n  n  e  t  über  den  Gebrauch  der 
Rede  in  religiösen  Dingen  früher  führte, 
übereinstimmte.  1795  machte  er  zuerst 
Kant 's  Philosophie  (4  Theile,  8.)  s. 
Landsleuten  bekannt,  worauf  1799  das  „Ma- 
gazin für  die  kritische  Philosophie"  (6  Thei- 
le, 8.)  folgte.  Kant's  Meinungen  wur- 
den jedoch  von  zwei  Seiten  angegriffen. 
Feith  hielt  dieselben  in  s.  „Briefen  an 
Sophie"  für  weniger  übereinstimmend  mit 
dem  Christenthume;  Wyttenbach,  in 
dem  letzten  Stück  s.  „Bibliotheca  critica", 
für  mehr  oder  weniger  ungereimt.  Die 
Anhänger  der  kritischen  Philosophie  (Dr. 
Deiman,  die  Dichter  Kinker  u.  Hel- 
mers) trennten  sich  gegen  diesen  doppel- 
ten Angriff.  Kinker  trat  gegen  Feith, 
in  s.  Briefen  an  Sophie,  in  einem  zu  schar- 
fen Tone  auf.  Länger  u.  heftiger  war 
der  Streit  von  Seiten  Van  Hcmert's  u. 
Wyttenbach's  in  des  Letztern  Philo- 
mathie  und  des  Erstem  Briefen  gegen 
den  leydener  Professor  ( 1810  ).  Dieser, 
des  Streites  müde,  antwortete  nicht  mehr, 
fand  aber  in  dem  damaligen  zierikseeschen 
Rector  Mahne  Hülfe,  der  „Epistolae  So- 


205 


Hempel 


Hemsterhuis 


206 


dalium  Socratlcorum  Philomathiae"  heraus- 
gab. Nun  sammelte  Van  Hemert  alle 
s.  Kräfte  in  dem  „ironischen  Nevijahrsge- 
schenk"  (1814)  siegreich  gegen  s.  alten 
Gegner.  Nützlicher ,  als  in  diesem  hefti- 
gen Federkriege,  zeigte  sich  Van  He- 
mert, seit  s.  Aufenthalte  zu  Amsterdam, 
als  eifriger  Beförderer  und  Serretär  der 
Gesellschaft  der  Wohlthätigkeit ,  wozu 
er  u.  s.  alter  Freund  Kinker  möglichst 
beigetragen  u.  sich  dadurch  bei  der  Nach- 
kommenschaft wahrhaft  verdient  gemacht 
haben.  1807  u.  später  gab  Van  Hemert 
noch  eine  „Lektüre  beim  Frühstück  und 
Theetisch"  heraus,  in  welcher  er  in  einem 
leichten,  populären  Style  (worin  er  in  der 
That  ausgezeichnet  ist)  die  Grundsätze  s. 
Schule  u.  Kant 's  moralische  Erklärung 
der  heil.  Schrift  allgemein  anziehend  zu 
machen  suchte. 

Hempel  (H.)  —  Gerrit  —  geb.  1466 
zu  Gouda,  war  1512,  1515,  1517,  1522 
u.  1530  eines  der  Mitglieder  des  Stadt- 
magistrats. Er  erfand  einen  Himmelsglo- 
bus von  neuer  Construction,  u.  eine  leich- 
tere Methode,  die  Sterne  zu  messen.  Sein 
Werk:  ,,Astrolabii  Fabrica  tarn  universalis 
quam  particularis  stellati"'  ward  1619  zu 
Arn  heim  gedruckt.  (S.  Foppens,  1.362, 
und  Waivis,  „Beschreibung  von  Gouda", 
p.  229.) 

Henusterhuis  (V.)  —  Tiberius  — 
geb.  1685  zu  Groningen,  bezog  schon  in 
s.  l4.  Jahre  die  Universität  daselbst,  stu- 
dirte  unter  Bernouilli  Mathematik,  be- 
gab sich  wegen  Perizonius  nachLeyden, 
wo  er  auf  Ansuchen  der  Curatoren  die  Hand- 
schriften der  Bibliothek  ordnete,  und  ward 
durch  die  allgemeine  Stimme,  in  s.  18.  Jahre, 
zum  Nachfolger  des  Jak.  Gronovius  in 
dem  Lehrstuhle  der  griechischen  Literatur 
begünstigt,  musste  jedoch  wegen  besonde- 
rer Rücksichten  Sigebert  Haverkamp 
weichen.  Gleichwohl  wurde  er  1704,  erst 
19  Jahre  alt,  Prof.  der  Mathematik  und 
Philosophie  zu  Amsterdam,  wo  er  mit  dem 
lateinischen  Dichter  Huizen  u.  den  bei- 
den Alterthumskundigen  Bergler  u.  Kü- 
ster Bekanntschaft  machte.  In  s.  21.  J. 
gab  Hemsterhuis  Julius  Pollux  her- 
aus, doch  der  englische  Kritiker  Bentley 
zeigte  ihm ,  bei  grossem  Lobe ,  gleichwohl 
die  ünvollkommenheiten  davon  in  einer 
Menge  Verbesserungen  von  griechischen 
Lustspieldichtern.  Fast  hätte  diese  Täu- 
schung dem  Jüngling  Abneigung  gegen  die 
kritische  Behandlung   der  Griechen   einge- 


flössi ;  er  erkannte  s.  Misgriffe ,  ermannte 
sich  jedoch  bald,  folgte  dem  Beispiele  des 
Bentley,  las ,  mit  den  ältesten  begin- 
nend, die  classischen  Schriftsteller  mit  kri- 
tischem Augej  und  studirte  nicht  nur  die 
eigentlich  gelehrten ,  sondern  auch  die 
mehr  wissenschaftlichen  Werke  der  Alten. 
Seine  Verdienste  um  die  griechische  Spra- 
che verschafften  ihm  1717  die  Professur 
derselben  zu  Franeker  und  1740  zu  Ley- 
den ,  wobei  er  noch  vaterländische  Ge- 
schichte vortiug.  Den  grössten  Ruhm  er- 
warb er  sich  durch  Einführung  einer  ver- 
besserten Lehrart  der  griechischen  Spra- 
che u.  der  mehr  sachlichen  Erklärung  der 
alten  Schriftsteller.  Seit  Scaliger's  Zei- 
ten, in  denen  die  griechische  u.  lateinische 
Literatur  vereint  blühten,  hatten  die  grossen 
Männer,  deren  sich  die  Niederländer  rühm- 
ten ,  bis  auf  Gravi  US  beide  Sprachen 
mit  gleichem  Eifer  bearbeitet.  Zu  Ende 
des  17.  Jahrhunderts  hatte  der  Einttuss  der 
französischen  Gelehrten,  eines  Le  Clerc 
u.  Anderer,  die  mehr  im  Lateinischen  als 
im  Griechischen  bewandert  waren,  eine 
eben  so  unbillige  als  bequeme  Vorliebe  für 
erstere  Sprache  eingeführt.  Hemsterhuis 
bemühte  sich,  der  nachtheiligen  Gewohnheit 
durch  Vorlesungen  und  Beispiel  entgegen- 
zutreten ,  und  legte  sich  daher  vorzugs- 
weise auf  das  Griechische.  Er  zeigte,  wie 
imendlich  viel  Schönheiten  dem  Leser  der 
Römer,  welcher  die  Griechen  nicht  gründ- 
lich kennt ,  entgehen  müssen ;  er  bewies, 
dass  die  Sprache  jener  grösstentheils  aus 
dem  äolischen  Dialekte  der  Griechen  gebildet 
ist ;  aber  er  dachte  dabei  auf  ein  Mittel, 
das  hierzu  so  mühsame  Studium  der  grie- 
chischen Sprache  zu  erleichtern.  Er  führte 
die  Sprache  auf  wenige  Wurzelwörter 
einer  Sylbe  zurück,  und  s.  „System  der 
Analogie,  Ableitung  u.  Zusammenstellung", 
welches  die  zahllosen  Regeln  u.  Ausnahmen 
der  alten  Sprachforscher  verdrängte,  zeigte 
nicht  allein  die  schöne  griechische  Sprache 
als  ein  vollendetes  Gebäude,  sondern  auch 
die  einfachste  Manier,  ihre  anscheinend 
verwickelte  Wortforschung  kennen  zu  ler- 
nen. Die  Erfahrung  bestätigte  die  Ent- 
deckung des  Hemsterhuis,  u.  als  die 
wahren  Gelehrten  in  ganz  Europa  sie  früher 
oder  später  erkannten,  wurde  die  griechi- 
sche Sprache  im  18.  Jahrhundert,  beson- 
ders in  den  Niederlanden,  in  Deutschland. 
England  u.  Frankreich  mit  einem  Eifer  u. 
mit  einem  Erfolge  betrieben,  deren  sich 
selbst  die  Morgenröthe  der  classischen  Lite- 


207 


Hemsterhuis 


Hemsterhuis 


208 


ratur  kaum  rühmen  kann.  Wenigstens  war 
die  neue  Methode  für  die  Sachkenntniss 
ungemein  förderlich.  Schon  lange  war  die 
kritische  Behandlung  der  Alten  mehr  ein 
nutzloser  Streit  über  Worte,  als  ein  Hülfs- 
niittel  zur  Kenntniss  der  Sachen  geworden. 
Hemsterhuis  erweiterte  ihre  Sphäre  u. 
fährte  ein  freies  Studium  ein ,  wobei  man 
nicht  blos  über  die  Schale  stritt,  sondern 
auch  den  Kern  zu  gewinnen  suchte.  Ge- 
wiss lag  in  der  Methode  des  Hemster- 
huis nur  der  Keim  dieser  mehr  sachlichen 
Behandlung :  er  selbst  legte,  wie  es  scheint, 
noch  zu  viel  Werth  auf  die  Worte  allein; 
gleichwohl  athmct  in  seinen ,  zwar  nicht 
zahlreichen,  Schriften  offenbar  der  Geist, 
welcher  die  Werke  s.  Freunde  u,  Nachfolger 
beseelt  und  die  neuere  Sprachgelehrsamkeit 
PO  vortheilhaft  von  der  alten  unterscheidet. 
Er  selbst  machte  s.  System  der  Analogie 
nicht  durch  den  Druck  bekannt,  sondern 
überliess  dieses  s.  Schülern.  Ausser  s.  Ju- 
gendarbeit über  Julius  Polin x  (1706) 
gab  er  ausgewählte  Gespräche  von  L  u- 
oianus  (1732),  dessen  Werke  mit  einer 
neuen  Uebersetzung  (1743)  (unvollständig 
geblieben),  den  Plutus  des  Aristopha- 
nes(l744),  Xenophon  Ephesius*, 
Hesychius  u.  Thomas  Atticista  her- 
aus. Ausserdem  schrieb  er  noch  auf  den  Rand 
von  Ausgaben  vieler  Autoren  s.  Anmerkun- 
gen. Vielleicht  wundert  man  sich  über  die 
kleine  Anzahl,  vielleicht  auch  über  die  Wahl 
der  herausgegebenen  Werke:  jedoch  grosse 
Bescheidenheit,  und  der  Wunsch,  nichts  als 
Dasjenige,  was  der  Vollkommenheit  so  viel 
als  möglich  nahe  kam,  zu  liefern,  war  da- 
von die  Ursache,  Hemsterhuis  starb 
1766.  Das  Glück ,  welches  ihm  in  Mitte 
der  Wissenschaften,  s.  Lust,  ein  82jäh- 
riges  Alter  hatte  erreichen  lassen,  gab  ihm 
auch    unter    s.    Schülern     einen    Lobred- 


ner *) ,  dessen  Werk  wegen  des  reinen 
u.  gefälligen  lateinischen  Styls  für  unnach- 
ahmlich gehalten  wurde,  ehe  noch  deren 
Verf.  selbst  duich  s.  Schüler  Wytten- 
b  a  c  h  eine  dergleichen  Huldigung  empfan- 
gen hatte  **). 


*)  Die  Verbesserungen  u.  Zusätze  zu  diesem 
Schriftsteller,  die  Hemsterhuis  meist  nach 
Vermuthuiig  hinzugefügt  hatte ,  wurden  durch 
eine  Handschrift,  welche  später  D'Orville 
fand,  fast  alle  bestätigt  (s.  Ruhnkeuii, 
,,Elog.  T.  Hemsterhusii" ,  p.  15).  So  gross 
war  der  Scharfsinn  des  Hemsterhuis!  Ei- 
nige halten  jedoch  s.  System  der  griechischen 
Analogie  für  allzu  einfach,  da  die  Sprache 
nicht  ganz  aus  sich  selbst,  sondern  auch  aus 
nndern  gebildet  sein  muss,  movou  ihre  Zusam- 
meujiteHiMig  Spuren  tragen  muss.  Dies  mögen 
die  Gelehrten   entscheiden ! 


*)  Elogium  T.  Hemsterhusii ,  Auetore  Da- 
vide Ruhukenio,  1768.  Edit.  secunda,  1789. 
Zuerst  genannt:  „de  perfecta  Critici  forma  ia 
T.  Hemsterhusio  conspicua",  woraus  das  meiste, 
Hemsterhuis  Betreffende,  hier  entlehnt  ist. 

*')  Eine  Parallele  zwischen  Hemsterhuiu 
u.  Schaltens  befindet  sich  im  Art.  Schul- 
ten 8.  —  Hinsichtlich  des  Systems  der  Ana- 
logie ist  noch  zu  bemerken  ,  dass  es  auch  von 
Valckenaer  angeuommeu  wurde,  wie  s.  ,,Scho- 
lae  in  N.  T."  beweisen ;  doch  vor  Allem  ist 
die  Thesis  merkwürdig,  welche  sich  hinter  J. 
H.  Koppier's  „Observata  Philologica"  (1771 
unter  ihm  zu  Leyden  vertheidigt)  befindet: 
,, Lingua  Graeca  Tiberio  Hemsterhusio ,  qui 
illam  per  annos  fere  LXX  excoluit,  probabiliter 
videbatur  ex  suo  velut  solo  enata.  Voces  qui- 
dem  Orientales  in  illam  fuerunt  invectae ,  sed 
vel  per  Palaestinos  Mercatores ,  vel  per  ad- 
venas  ex  Oriente.  —  Gegen  die  Meinung,  dass 
Hemsterhuis  diesem  Systeme  s.  Nachfol- 
gers, nämlich:  Alles  aus  dem  eigenen 
Wesen  der  griechischen  Sprache  zu 
schöpfen,  völlig  S.Zustimmung  gegeben  habe, 
führt  Bibliothekar  Geel,  in  s.  „Anecdota  Hem- 
sterhusiana"  Praef.,  verschiedene  Bedenken  an. 
Neuere  Untersuchungen  haben  in  der  That 
nicht  allein  den  genauen  Zusammenhang  zwi- 
schen griechischer  u.  orientalischer  Bildung  ge- 
zeigt ,  sondern  auch  den  Ursprung  vieler  grie- 
chischen AVorte  u.  Sprachformen  aus  orientali- 
schen Sprachen  auf  eine  Weise  dargethan,  die 
nicht  wohl  blos  an  das  Einführen  durch  Kauf leute 
oder  Reisende  denken  lässt ,  indem  die  Grie- 
chen denn  doch  sicherlich  aus  dem  Orient,  wo- 
her sie  gekommen  u.  ihre  Bildung  erhielten, 
viel  übrig  behalten  haben  müssen.  —  Bei  s. 
Lucianus  ist  grösstentheils  die  Uebersetzung 
\ou  J.  Matthias  Gesuer  benutzt,  so  dass 
der  Ausdruck:  ,,ucue  Uebersetzung"  nur  zum 
Theile  gilt.  Unvollständig  geblieben 
ist  die  Ausgabe  auch  nur ,  in  so  fern  es  die 
Bearbeitung  von  Hemsterhuis  betrifft;  die- 
selbe ist  später  durch  J.  F.  Reitz  (1743,  ia 
3  Theilen)  beendigt,  wozu  dessen  Bruder  um- 
ständliche Register  hinzugefügt  hat.  Hr.  Geel 
hat  einen  Anhang  zu  den  Noten  von  H  em  s  ter- 
liuis  zu  Lucianus  herausgegeben.  Zu  Xeno- 
phou     Ephesius,     Hesychius,    Thomas 


209 


Hemsterhuis 


Hemsterhuis 


210 


Hemsterbuis  (V.)  —  Frans  —  Sohn 
des  Vorigen,  geb.  1720,  gest.  1790,  machte 
während  s.  Lebens  wenig  Aufsehen ,  weil 
er,  wie  Saxe  sagt,  zu  sehr  das  XixO^s 
ßttLaui;  liebte.  Sein  Name  schwebte  nicht 
auf  Aller  Lippen,  wie  der  s.  Zeitgenossen 
D'Alembert,  Diderot  u.  Helvetius, 
die  nicht  verdienten,  in  s.  Schatten  zu 
stehen ,  aber  viel  Aufsehen  machten  durch 
den  vornehmen  Ton ,  mit  welchem  sie 
das  Heiligste  u.  Beste  antasten  durften 
und  durch  ihre  Verbindung  mit  Vol- 
taire, dessen  allzu  berühmte  Feder  sich 
gern  zur  Erreichung  seiner  Absichten  da- 
mit beschäftigte,  ihren  Ruhm  zu  verbrei- 
ten ,  wie  denn  auch  s.  Schriften  ii.  die  s. 
IMitarbeiter  (vor  Allem  ihre  unnützen  Bü- 
chelchen gegen  die  Religion)  in  der  dienst- 


Magister  gab  Hemsterhuis  Anmerkungen 
heraus,  ohne  jedoch  den  ganzen  Teit  zu  revidiren  ; 
von  Ersterem  findet  mau  die  IVoteulu  den  ,,0b8er- 
vationes  miscellaneae",  von  den  Letztern  in  den 
Ausgaben  von  AJberti  u.  Bernard.  —  Fol- 
gendes ist  das  Verzeiohniss  der  Werke  des 
Hemsterhuis,  so  weit  sie  Van  Kampen 
bekannt  geworden,  nämlich:  ,, Julius  Pollux", 
1707.  —  ,,Luciani  Colloquia  selecta"  (mehrmals 
gedruckt).  —  ,,Ari8tophanis  Plutus"  (1T14).  — 
Anmerkungen  zu  Xenophon  Ephesius  in 
den  „Observationes  miscellaneae".  —  Anmer- 
kungen zu  Johannes  Chrysostomus,  in 
,,RapheIii  Observationes  in  N.  Test."  —  Sechs 
akademische  Reden,  —  über  Paulus  (von 
Valckenaer  1748  herausgegeben);  „de Linguae 
Graecae  praestantia  ex  ingenio  Graecorum  et 
moribus  probata" ;  ,,de  Litt,  humauiorum  stu- 
diis  ad  mores  emendandos  virtutisque  cultum 
conferendis" ;  „de  Mathematura  et  Philosophiae 
studio  cum  literis  humanioribus  conjungenda" ; 
,,in  obitum  Campegii  Vitringae  filii";  „in  obi- 
tum  Arnaldi".  —  Ferner  viele  zerstreute  An- 
merkungen in  Alberti's  Hesychius ,  Er- 
liest i's  Callimachus,  im  Lextcon  Platoni- 
cum  von  Ruhnkenius,  Bernard's  Tho- 
mas Magister,  Burman's  Propertius  (von 
Van  Sauten  vollendet).  —  In  den  ,,Auecdo- 
ta  Hemsterhusiana",  von  Geel  im  Staube  der 
leydener  Bibliothek  aufgefunden,  sind  meist 
Anmerkungen  zu  Lucianus,  doch  auch  zu 
Julius  Pollux,  Harpo  cration,  die  ,, Cä- 
saren" von  Kaiser  J  u  1  i  a  n  u  s  und  Apollo- 
nius  Rhodius.  Wahrscheinlich  befinden  sich 
auch  verschiedene  Anmerkungen  ohne  Namen 
in  den  ,, Miscellaneae  Obsert'ationes"  u.  9.  w. 
von  Hemsterhuis. 


fertigen  Presse  des  amstcrdamer  Buch- 
händlers Marc  Michel  R  e  y  bis  ins  Un- 
endliche vervielfältigt  wurden.  Doch  zu 
dieser  Classe  von  Leuten,  die  ihre  Un- 
kunde  u.  Oberflächlichkeit  durcli  Unver- 
schämtheit verlarven,  gehörte  Hemster- 
huis nicht.  Kr  war  nicht,  wie  jene  Männer, 
wenig  bekannt  mit  den  Sprachen  u.  Sitten 
des  Alterthums,  über  welches  sie  von  oben 
herab  ihre  Aussprüche  erliessen ;  im  Ge- 
gentheil ,  welch  eine  Schule  konnte  für 
ihn,  um  Kenntniss  des  Griechischen  u.  La- 
teinischen zu  erlangen,  geeigneter  sein,  als 
die  s.  Vaters  u.  von  Ruhnkenius?  Der 
Letztere  war  es,  der  ihm  die  Liebe  für 
Plato  einflösste,  welche  ihn  seitdem  nie 
verliess,  wiewohl  er  sich  weniger  bestimmt 
dem  literarischen  Beruf  widmete ,  sondern 
ein  Amt  bei  des  Landes  Steuern  beklei- 
dete, welches  ihm  jedoch  zu  s.  gelehrten 
Lieblingsstudien  Zeit  liess.  Glänzen  wollte 
er  durchaus  nicht;  still,  gleich  einem  sanft 
rieselnden  Bache,  lloss  s.  Leben  dahin, 
und  erst  nach  s.  Tode  beginnen  die  Nie- 
derländer ihren  grossen  Landsmann  (nach 
dem  Beispiele  der  Franzosen  u.  Deutschen) 
zu  würdigen.  Er  hat,  ausser  einem  wohl- 
gelungencn  Briefe  über  die  Bildhauer- 
kunst an  De  Smeth,  verschiedene  Dia- 
logen nach  Art  des  Plato  geschx-ieben, 
unter  welchen  „Aristee,  ou  de  la  Divi- 
nite",  und  „Sophyle,  ou  de  la  Philosophie" 
die  berühmtesten  sind.  Mit  Recht  sagt 
VVyttenbach  von  ihm :  „Er  hatte  s. 
eignen  Geist  ganz  nach  Plato  gebildet; 
er  hat  in  s.  französisch  geschriebenen 
Werkchen,  die  abstractesten  Controversen 
der  Metaphysik  so  angenehm  u.  deutlich 
dargestellt ,  dass  man  zweifelt ,  was  mehr 
zu  bewundern  ist,  des  Mannes  Scharfsinn 
oder  die  ursprüngliche  Sokratische  Lieb- 
lichkeit; dass  man  wenigstens  Plato  selbst 
im  Französischen  reden  zu  hören  glaubt." 
In  dem  Aristeus  beweist  er,  auf  neuen 
Pfaden,  die  Existenz  Gottes;  in  der  So- 
phyle bekämpft  er  die  damals  so  allge- 
meine Meinung  der  Materialisten. 
Hemsterhuis  schrieb  seine  Dialogen 
französisch.  Die  holländische  Sprache,  so- 
wohl in  Prosa  als  Poesie ,  war  damals  zu 
einer  solchen  Tiefe  herabgesunken,  die 
französische  dagegen ,  durch  die  unsterb- 
lichen Bemühungen  von  Montesquieu, 
Buffon  u.  Rousseau  zu  einer  solchen 
Höhe  gestiegen,  dass  man  es  dem  Manne 
von  feinem  Geschmack,  dem  Zögling  der 
Griechen ,    weniger  übel   nehmen   konnte. 


211  Hemptinne 


Heringa 


212 


wenn  er  zu  s.  philosophischen  Untersu- 
chungen nicht  die  Sprache,  welche  die 
neuen  Scholastiker  zur  Barbarei  verunstal- 
ten, isondern  die  des  Verf.  der  „Natur- 
geschichte" und  „Emil's"  wählte.  Seine 
Bilder ,  deren  er  sich ,  nach  dem  Beispiel 
s.  grossen  Meisters ,  bedient ,  sind  durch- 
gehends  neu ,  stets  passend,  z.  B.  des  Fa- 
dens der  Spinne  mit  dem  gesunden  Ver- 
stände, in  der  Sophyle  (p.  6 — 8),  und 
des  Boots  an  den  Ufern  eines  grossen  Stro- 
mes, welches  von  der  Strömung  des  Was- 
sers, wie  der  Adler  durch  die  der  Luft,  von 
selbigem  fortgetragen  Nvird,  mit  der  Seele  des 
Menschen,  die  durch  Gemeinschaft  mit  Gott, 
die  Tugend  desselben  ausübt  (am  Schluss 
des  Aristeus).  Seiner  Sprache  brauchte 
sich  kein  geborener  Franzose  zu  schämen. — • 
Von  s.  Werken  gibt  Wyttenbach  (Opusc. 
T,  I.  p.  576,  577)  an:  ,, Lettre  surune 
piece  antique  du  Cabinet  de  M.  de  Smeth",  la 
Haye  1762,  fig.  —  „Lettre  sur  la  Scnlp- 
ture  a  M.  de  Smeth",  Amst.  1769.  —  „Sur 
les  Desirs",  Paris  1770.  —  „Lettre  sur 
l'horame  et  ses  rapports",  1772.  —  «Sur 
le  Caractere  de  M.  Fagel",  Paris  1773, 
8.  —    „Sophyle,    ou    de   la   Philosophie", 

1778.  —    „Aristee,    ou   de  la   Di\-inite", 

1779.  —  „Alexis,  ou  l'Age  d'or",  Riga 
1778,  12.  Zusammen  1792  zu  Paris,  wo 
auch  1809  eine  neue  Prachtausgabe  der 
sämmtlichen  Werke  des  Hemsterhuis 
im  Druck  erschienen  ist. 

Hemptinne  (VI.)  —  ...  —  Apothe- 
ker zu  Brüssel ,  schrieb  (1817)  über  die 
Anwendung  des  Dampfes  in  den  Fabriken 
und  in  der  Haushaltung. 

Hendrik  (Heinrich)  HL  (L)  —  Her- 
zog von  Brabant  u.  Schwiegervater  Phi- 
lipp's  des  Kühnen,  unter  dessen  Regie- 
rung (v.  1248  —  1260)  die  französische 
Dichtkunst  blühte,  war  nicht  allein  Min- 
nedichter in  der  Art  der  Troubadours,  son- 
dern schuf  auch  in  einem  gewissen  Sinne  seine 
eigene  Schule.  Seinen  Gedichten  fehlt  kei- 
nesweges  Lieblichkeit.  (S.  Probe  bei  Van 
Kampen,    HL  3.) 

Hendriks  (IH.)  —  J.  —  friesischer 
INIathematiker,  dessen  Kenntnisse  in  diesem 
Fache  zum  Sprüchwort  wurden  und  ihm 
zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts  einen  Jahr- 
gehalt von  1200  Gulden  von  den  General- 
Staaten  verschafften. 

Henkel  (VL)  —  Wessel  Albert  Van 
—  geb.  zu  Leyden,  zeichnete  sich  in  der 
Erklärung  der  Bibel  aus.  Einige  Abhand- 
lungen .    voll  Gelehrsamkeit   u.  Kritik ,    in 


der  „Bibliothek  der  theologischen  Litera- 
tur", machten  auf  den  einfachen  Landpre- 
\  diger  von  Grootebroek-  aufmerksam  ,  der 
1815  an  das  Athenäum  zu  Franeker  und 
1818,  nach  dem  Tode  von  Nuys  Van 
Klinkenberg,  an  das  von  Amsterdam 
berufen  wurde.  Sein  Predigtstyl  ist,  —  wie 
es  sich  von  einem  so  gründlichen  Erklärer 
erwarten  lässt  —  gelehrt,  ohne  jedoch 
dadurch  das  Rührende  und  Gemüthliche 
ausser  Acht  zu  lassen. 

Hennert  (V.)  —  Johan  Frederik  — 
ein  Deutscher  von  Geburt ,  doch  durch 
langen  Aufenthalt  in  Holland  eingebürgert, 
war  Prof.  d.  Philosophie  zu  Utrecht.  In 
s.  „Auserlesenen  Abhandlungen",  aus  den 
Schriften  der  berliner  Akademie  übersetzt, 
finden  sich  auch  eigene  Aufsätze  und  Bei- 
lagen ,  die  alle  fasslich  und  populär ,  zum 
Theil  sogar  angenehm  geschrieben  sind. 
Hinsichtlich  der  Scharfsinnigkeit  zeichnet 
sich  die  vielleicht  nicht  ganz  unparteiische 
Untersuchung  der  Philosophie  des  Spi- 
noza aus,  welche  daselbst  in  einem  sehr 
günstigen  Lichte  erscheint. 

Hennert  (VI.)  —  .  .  .  —  Naturkun- 
diger zu  Utrecht,  beantwortete  eine  Preis- 
frage über  die  Theorie  der  Höhenmessung 
durch  das  Barometer,  beschäftigte  sich  mit 
der  Untersuchung  der  Bahn  des  im  An- 
fange dieser  Periode  entdeckten  Planeten 
Uranus,  und  schloss,  dass  man  für  die 
Strahlenbrechung  keine  unfehlbaren  Regeln 
feststellen  könne,  da  sie  nach  Ort  und 
Jahreszeit  verschieden  sei  imd  daher  jeder 
Astronom  dergleichen  Regeln  auf  s.  Wohn- 
platz beschränken  müsse. 

HerinckX  (IV.)  —  Willem  —  geb. 
1619  zu  Helmont,  Oberhaupt  der  Missio- 
nen in  Holland,  1677  Bischof  von  Ypern, 
gest.  1678,  machte  sich  durch  eine  ,, Summa 
Theologiae  Scholasticae  et  Moralis ,  ad 
raentem  S.  Bonaventurae  Doctoris  Sera- 
phici"  (Antw.  1678,  1704,  IV  Vol.  Fol.) 
bekannt. 

Hering^  (VI.)  —  ...  —  Verf.  der 
„Schaubühne  der  alten  u.  neuen  Staatsereig- 
lüsse  des  Vaterlandes" ,  1789  u.  später. 

Hering'a  (VI.)  —  J.  —  Prediger  zu 
Nijkerk  auf  der  Veluwe  und  zu  Vlissingen, 
Prof.  u.  Universitätsprediger  zu  Groningen 
und  zu  Utrecht ,  legte  sich  mehr  auf  Bil- 
dung von  Schülern,  als  auf  Schriftstellerei, 
wiewohl  s.  Bearbeitung  von  Bergen 's 
„Denkwürdigkeiten  aus  dem  Leben  Jesu, 
mit  praktischen  Anmerkungen",  eines  der 
beliebtesten  Hausbücher  des  Niederländers 


213 


Heringa 


Heurnius 


214 


wurde.  Seine  populäre  Erklärung  der  Berg- 
rede Jesu,  von  der  Gesellschaft:  Für  das 
allgemeine  Beste  mit  Gold  gekrönt, 
ist  eine  schöne  Ausarbeitung.  Sein  letztes 
Werk:  „der  geistliche  Rathgeber"  ist  für 
die  Pastoral-Theologie  von  Wichtigkeit. 

Hering'a  (V.)  —  Adriaan  —  Arzt  zu 
Leeuwarden,  gest.  1779,  theilte  „kritische 
Anmerkungen"  und  „Verbesserungen  zu 
mehreren,  meist  griechischen  Schriftstellern" 
mit 

Herman  (IV.)  —  J.  —  Apotheker  zu 
Brüssel,  gab  1652  einen  Katalog  seines, 
mit  seltenen  Gewächsen  bereicherten,  Gar- 
tens heraus. 

Hermannus  (11.)  —  Willem  —  ver- 
fasste  das  „Bellum  Geldricum"  (mit  dem 
bekannten  Herzog  Karl,  bis  1509). 

Hermansz  (II.)  —  Willem  —  aus 
Gouda,  einer  von  den  Freunden  des  Eras- 
mus,  Neffe  des  Aurelius,  wurde,  fast 
gleichzeitig  mit  Erasmus,  Mönch  in  dem 
berühmten  Kloster  Stein.  Erasmus  be- 
zeugt: den  Verstand  und  die  Ge- 
lehrsamkeit dieses  Jünglings,  mit 
Bescheidenheit  gepaart,  stets  be- 
wundert zu  haben  U.S.W.  Seine,  wie 
es  scheint,  übertriebene  Bescheidenheit  war 
Ursache,  dass  nur  wenig  von  ihm  das  Licht 
sah.  „Du kannst  Alles",  schrieb  ihm  Eras- 
mus vergebens,  „so  Du  nur  Muth  dazu 
hast."  Ohne  s.  Wissen  gab  Erasmus 
eine  „Sylva  odarum"  von  ihm  heraus,  wel- 
che von  den  pariser  Studenten  mit  unbe- 
schreiblicher Begierde  gelesen  ward.  Ausser- 
dem dichtete  er  eine  „Expostulatio  Christi 
moralis"  ( Antw.  1559),  „Hieronymi 
Vita  et  passio",  ein  Gedicht  auf  St.  Bavo, 
den  Schutzheiligen  der  haarlemer  und  gen- 
ter Kathedralen,  und  eine  Uebersetzung 
des  geldernschen  Krieges ;  ferner  übersetzte 
er  einige  Fabeln  A  e  s  o  p '  s  aus  dem  Grie- 
chischen in's  Lateinische,  und  scheint  auch 
selbst  einige  Fabeln  gedichtet  zu  haben; 
auch  hat  man  von  ihm  noch  eine  Anzahl 
Briefe.  Aber  die  Schüchternheit,  s.  herr- 
schender Charakterzug,  war  Veranlassung, 
dass  er  zuletzt  dem  verfolgten  Erasmus 
untreu  wurde.  Als  nämlich  Erasmus 
ihm  s.  Werk :  „Adagia"  mit  der  Bitte  über- 
sandte ,  darüber  s.  Urtheil  ihm  Avissen  zu 
lassen,  schrieb  dieser,  sein  hier  gewiss 
feigherziger  Freund,  da  es  nur  einem  ver- 
traulichen Briefe ,  nicht  dem  Publicum, 
galt :  „Ich  bin  verlegen ,  wie  ich  unsern 
Erasmus  zufrieden  stellen  soll.  Ich  fürch- 
te sowohl  zu  sprechen,  als  zu  schweigen." 


Armer  Mann  mit  aller  s.  Gelehrsamkeit! 
ruft  Van  Kampen  aus.  —  Hermansz 
starb  1510.  (S.  Erasmus,  Epist.  34, 
394  ad  Cardin.  Epist.  395  ad  Henr. 
V.  d.  Berg,  Epist. 410,  adCorn,  Aurel., 
445,  ad  Guil.  Hermann.;  auf  die  Be- 
richte über  Aurelius  und  Hermansz 
zusammen  in  Wal  vis  „Beschreibung  von 
Gouda",  4.,  p.  233—244.) 

Hesdin  (V.)  —  ...  —  Wappenherold 
von  Namur,  schrieb  über  König  Zwen- 
tibold  von  Lothringen,  Sohn  Kaiser 
A  r  n  u  1  p  h '  s  zu  Anfange  des  zehnten  Jahr- 
hunderts, und  über  Herman  von  Sach- 
sen, Gemahl  der  Rykhilda  vom  Hen- 
ne gali. 

Hesselink  (VI.)  —  Gerrit  —  geb. 
1755  zu  Groningen,  studirte  daselbst  Theo- 
logie, Philosophie  u.  Naturwissenschaften, 
wurde  1778  Magister  Artium  u.  Dr.  der 
Philosophie ,  1781  Prediger  zu  Bolsward 
und  in  s.  31.  Jahre  Prof.  der  Theologie 
und  Philosophie  zu  Amsterdam  an  dem  Se- 
minar der  Mennoniten.  Damals  erschien  s. 
„erklärendes  Wörterbuch",  welches  ihn  be- 
kannt machte.  Ausser  verschiedenen  Preis- 
schriften, als:  „über  die  Verbindung  zwi- 
schen der  Mosaischen  und  christlichen  Re- 
ligion" ;  „über  Zweifelsucht  u.  vorschnelles 
Urtheil" ;  „über  den  Einfluss  der  bürger- 
lichen Regierung  auf  die  Religion" ,  und 
einigen  naturhistorischen  Schriften,  hat  er 
auch,  ausser  s.  Fache,  eine  mit  Recht  ge- 
schätzte „holländische  Prosodie"  heraus- 
gegeben. 

Hes.selS  (V.)  —  Frans  —  geb.  1680 
zu  Rotterdam,  gest.  1746,  ein  Freund  von 
Broekhuizen  und  Reland,  und  von 
Burman  sehr  gerühmt,  liftte  die  alten 
Dichter  so  sehr ,  dass  er  mit  s.  Freun- 
den den  Geburtstag  Virgil's  feierte. 
Einige  s.  Gedichte  befinden  sich  in  den 
„Deliciae  poeticae"  von  Van  Santen. 
Er  führte  den  Titel  eines  Prof.  zu  Rotter- 
dam und  wurde  später  Domherr  zu  Utrecht. 

Heule  (III-)  ■ —  Christiaan  Van  — 
ein  Messkünstler,  verf.  1626  eine  ,,Gram- 
matica  oder  Sprachkunst". 

Heurnius  (III)  —  Joannes  —  der 
erste  Prof.  d.  Medicin  an  der  Universität 
zu  Leyden,  geb.  1643  zu  Utrecht,  kannte 
mit  s.  eilften  Jahre  kaum  die  Buchstaben, 
holte  aber  später  durch  unablässiges  Stu- 
diren und  auf  Reisen  nach  Frankreich  und 
Italien,  wo  er  solch  einen  Ruhm  erlangte, 
dass  der  venetianische  Gesandte  zu  Kon- 
stantinopel ihn   mit    sich    nehmen    wollte. 


215 


Heusde 


Higt 


216 


Alles  nach.  Zu  Pavia  bot  ihm  der  be- 
rühmteste Professor  s.  Tochter  zur  Ehe 
an,  worauf  gewiss  eine  Professur  erfolgt 
sein  würde ;  aber  er  fürchtete,  nicht  ohne 
Grund,  die  Eifersucht  und  Dolche  der  Ita- 
liener. So  ging  er  nach  zwölijähriger  Ab- 
wesenheit schleunigst  nach  Utrecht  zurück, 
und  ward  1581  nach  Leyden  als  Prof.  be- 
rufen, welchen  Posten  er  zwanzig  Jahre 
lang,  bis  zu  s..  Tode  im  J.  1601,  mit  Ruhm 
bekleidete  (s.  Meursius,  „Athenae  Ba- 
tavae",  p.  135,  136).  Seine  medicinischen 
Werke  umfassen  eine  Erklärung  des  H  i  p- 
pokrates  und  eigene  Abhandlungen  über 
verschiedene  Theile  der  Arzneikunde. 

Heusde  (VI.)  —  Filips  Willem  Van  — 
(1806)  Professor  zu  Utrecht,  wo  er  den 
Geschmack  für  die  ächte  pragmatische 
Bearbeitung  der  Geschichte  und  für  das 
Schöne,  welches  er  so  trefflich  in  s.  „Ora- 
tio de  pulchro"  (Ultraj.  ad  Rhen.  1818)  zu 
schildern  wusste,  beförderte,  zeichnete  sich 
unter  Wyttenbach's  Schülern  durch 
ein  „Specimen  criticum"  zu  Plato  aus; 
auch  schrieb  er  eine  „Diatribe  in  Civitates 
antiquas".  Das  Resultat  s.  langwierigen 
Untersuchungen  über  Plato  wird  bal- 
digst zum  Druck  erwartet. 

Ueujssen  ( V. )  —  Hugo  Franciscus 
Van  —  katholischer  Geistlicher  im  Haag, 
verfasste  folgende,  ursprünglich  latei- 
nisch geschriebene,  sodann  ins  Hollän- 
dische übersetzte  und  mit  vielen  Anmer- 
kungen vermehrte,  von  J.  Van  Rhijn 
herausgegebene  Werke ,  welche  alle  für 
den  Kenner  der  Kirchengeschichte  und  Al- 
terthümer  der  vereinigten  Niederlande  von 
Wiciitigkeit  sind  und  21  Bände  umfassen, 
nämlich:  „Balavia  Sacra",  Antwerpen  1713 
u.  1716,  3  Theile,  4.  „Geschichte  oder 
Beschreibung  des  utrechter  Bisthums",  Ley- 
den 1719,  3  Th.  „Alterthümer  und  Stif- 
tungen des  eigentlichen  Südhollands  und 
Schielands,  1.  Th.  8.,  des  Rheinlandes", 
und  wohl  vorzüglich  die  „von  Leyden, 
Delfland,  Kennemerland,  Amstelland,  Nord- 
holland ,  Westfriesland  ,  Zeeland ,  2  Th., 
Fricsland,  Groningen,  Drenthe,  dem  Bis- 
thum  Deventer,  der  Stadt  und  dem  Ge- 
biete Herzogenbusch" ;  endlich  ein  A  n- 
h  a  n  g  A  on  Drakenborch  und  Beschreibung 
der  bischöflichen  Münzen  und  Siegel  von 
Utrecht  von  F.  Van  Mieris,  Leyden 
1726. 

Heuter  (III.)  —  Pontus  de  —  (H en- 
tern s)  geb.  1535  zu  Delft,  Canonicus  zu 
Gorinchem,  verliess,   dem   durch  Luraey 


veranlassten  Morde  der  katholischen  Geist- 
lichen daselbst  kaum  entronnen,  s.  Vater- 
land und  begab  sich  nach  St.  Truijen. 
Er  schrieb  eine  „Holländische  Orthogra- 
phie" (bei  Plantijn  1581),  die  „Ge- 
schichten des  Burgundischen  und  Oestrei- 
chischen  Hauses",  wovon  s.  „Geschichte 
der  Niederländischen  Trennungen"  (1564 
— 1575)  eine  Fortsetzung  ist.  Die  ,,Res 
Burgundicae"  erschienen  1583  und  die  ,,Res 
Austriacae"  1598  zu  Antwerpen.  Obige 
Fortsetzung  ist  der  spanischen  Partei  gün- 
stig; doch  so  sehr  war  die  Presse  in  Bel- 
gien gedrückt,  dass  die  drei,  dieselbe  aus- 
machenden Bücher,  wegen  einiger  freimü- 
thigen  Ausdrücke,  nicht  nur  bis  1649  un- 
gedruckt und  bei  den  Franziskanern  zu 
Brüssel  verwahrt  blieben,  sondern  auch 
nach  ihrem  Erscheinen  unterdrückt  wurden. 

Heyden.    S.  Thymo. 

Heylen  (V.)  —  P.  J.  -  Prof.  d. 
Philosophie  zu  Löwen,  behandelte  das  „ge- 
schriebene Recht  in  Belgien"  vom  7.  bis 
zum  Anfang  des  13.  Jahrhunderts ,  und 
etwas  später  (1782)  über  „alte  Römische 
Denkmäler"  in  Belgien. 

Keyningen  (V.)  —  H.  Van  —  Pre- 
diger zu  Ryswyk,  machte  sich  durch  bibli- 
sche Arbeiten  bekannt. 

Heyns  (III.)  —  Pieter  —  südnieder- 
ländischer Dichter,  brachte  einen  aus  Or- 
telius  „Erdbeschreibung"  gezogenen 
,, Spiegel  der  Welt"  in  Reime.  Sein  Sohn 
Zacharias,  ein  Drucker  zu  Z wolle,  war 
ein  besserer  Dichter,  bekannt  durch  s. 
„Emblemata"  (s.  De  Fries,  I.  49,  50, 
52  —  57). 

Higt  (V.)  —  Ernst  Willem  —  geb. 
1723  zu  Dokkum,  bildete  sich  zu  Franeker 
unter  Valckenaer  und  zu  Amsterdam 
unter  Burmannus  Secundus,  ward 
1749  Rector  zu  Alkmar  und  starb  1762. 
Seinen  Ruhm  erwarb  er  durch  ein  in  tro- 
chäischen Versen  abgefasstes  Gedicht:  „in 
reditum  veris",  von  Huyzinga  Bakker 
in's  Holländische  übersetzt.  Auch  über- 
setzte er  Bion  u.  Moschus  in  lateini- 
sche Verse,  welche  sich  bei  Valckenaer 
(1781)  und  in  den  „Deliciae  poeticae''  von 
Van  Santen  befinden.  Einige  ausge- 
wählte Gedichte  der  noch  un  gedruck- 
ten von  ihm,  hat  Ypey  1803  zu  Har- 
derwijk  herausgegeben.  Higt  bearbeite- 
te auch  die  niederländische  Sprache  und 
Poesie,  und  Ypey,  der  Verf.  der  „Ge- 
schichte    der    niederländischen    Sprache", 


217        Hillegaersberg 

stellt  ihn  '^p.  553)  selbst,  in  dieser  Hin- 
sicht mit  Van  Haren  in  eine  Reihe. 

Hillegaersberg  (I.)  —  Willem  Van 
—  einer  der  holländischen  Improvisatoren 
des  14.  Jahrhunderts,  hinterliess  ein  Ge- 
dicht ,,über  die  Hoekschen  und  Kabel- 
jauwschen  *)  Zwiste",  welches  zuerst  1817 
in  De  Jonge's  „Abhandlung  über  die 
Hoekschen  und  Kabeljauwschen  Parteien" 
(p.  269  —  280)  bekannt  gemacht  wurde. 
Dieses  kurze  Gedicht  schliesst  mit  mora- 
lischen Ermahnungen  zur  Eintracht.  Zu- 
folge C 1  i  g  n  e  1 1 '  s  „Vorrede  zu  den  Bei- 
trägen für  die  alte  Niederländische  Lite- 
ratur" existirt  von  Hillegaersberg  ein 
117  Gedichte  enthaltendes  Manuscript. 

Hinlopen  (V.)  —  Nicolaas  —  ver- 
dienstlicher Sprachkundiger,  gab  Huyde- 
coper's  Probe  von  Sprach-  und  Dicht- 
kunde, mit  Anmerkungen  bereichert,  heraus. 

Hinlopen  (VI.)  —  J.  —  einer  der 
vertrauten  Freunde  Bellamy's,  von  Kö- 
nig Ludwig  zum  Staatsrath  und  Ritter 
des  Ordens  der  Union  ernannt,  gest.  1808, 
hat  wenig  oder  nichts  herausgegeben,  war 
aber  nach  den  Verfassern  der  „Denksäule 
auf  Bellamy"  ein  sehr  glücklicher  Nach- 
ahmer und  Uebersetzer  der  Alten,  und  hat 
ein  schönes  poetisches  Portefeuille  hinter- 
lassen. Er  bildete  mit  Bellamy,  Rau, 
Kleyn,  Carp,  Ockerse  und  einigen 
Ändernden  utrechter  Freundeskranz. 
Dieser,  so  wie  der  ohngefähr  zehn  Jahre 
früher  zu  Göttingen  bestandene  Dichter- 
kranz der  Jünglinge  Stolberg,  Voss, 
Hölty,  Bürger,  Leise witz,  Miller 
u.  A.  hatten  ungemein  vielen  Einfluss  auf 
die  Poesie  ihres  Vaterlandes.  (S.  Van 
Cappellen's  schöne  Vergleichung  zwi- 
schen Bellamy  und  Hölty,   p.  12.) 

Hoboken  (IV.)  —  Nicolaas  —  aus 
Harderwijk,  gab  eine  gute  „Anatoraia  se- 
cundinarum"  des  menschlichen  Körpers 
(1675)  u.  bereits  früher  (1670)  der  Kühe 
heraus. 

Hoekstra(VI.)  —  ...  —  Verf.  einer 
„Lebensbeschreibung  der  Apostel,  in  den 
Werken  der  Gesellschaft:  „Für  das  allge- 
meine Beste". 

Hoeufft   (VI.)   —   ...    —    gefälliger 


HoUebcek 


218 


*)  Huksch  und  Kabeljausch  bezeichnen 
Factionünamen  der  Anhänger  der  Gräfin  Mar- 
garet ha  von  Baiern  und  ihres  Sohnes,  %rel- 
che  im  14.  u.  13.  Jahrhundert  viele  Unruhen 
iu  Holland  erregten. 


lateinischer  Dichter,  gab  1801  Louw  Van 
Santen's  Gedichte,  zum  Theil  nach 
dessen  Tode  heraus. 

Hoeven  ( IV. )  —  ...  Van  Der  — 
hellte  die  Alterthümer  der  vereinigten  Pro- 
vinzen, besonders  von  Holland  auf,  in  s. 
„Urkunden-Chronik  von  Alt-Batavien,  Alt  • 
Friesland  und  Frankenland"  (I.  Th.  im 
Haag  1645,  IL  Th.  Leyden  1646,  Fol.), 
die  x9ii  dem  J.  99  v.  Ch.  bis  863  n.  Ch, 
geht ,  in  welches  Jahr  damals  gewöhn- 
lich die  Entstehung  der  Provinz  Holland 
gesetzt  wurde.  Hoeven  widerspricht  je- 
doch dieser  Annahme  und  zeigt  im  Ganzen 
viel  Kritik. 

Hoeven  (^T.)  —  A.  Des  Amorie  Van 
Der  —  Remonstrantenprediger  zu  Rotter- 
dam ,  vorzüglicher  Kanzelredner,  der  sich 
Chrysostomus  zum  Muster  genommen. 

Hoffer  (III.)  —  A.  —  Herr  von  Bom- 
menede,  Bürgermeister  von  Zieriksee  imd 
Rentmeister  der  zeeländischen  Domäne,  geb. 
1589,  gest.  1644,  ist  durch  mehrere  theo- 
logische übersetzte  Werkchen,  und  hol- 
ländische Poemata  CAmst.  1635,  4., 
mit  Kupfern)  bekannt.  (S.  De  La  Rue, 
p.  179  —  182.) 

_  Hofman  (IV.)  —  ...  —  schrieb  1654 
einen  „  Wörterschatz  " ,  später  sehr  ver- 
mehrt und  verbessert  von  dem  amsterda- 
mer  Arzt  Meijer  in  3  Theilen,  eine  Er- 
klärung von  Bastard  -  ,  Kunst  -  und  ver- 
alteten Wörtern  enthaltend. 

Hogendorp  (>VI.)  —  Gijsbert  Karel 
Van  —  schrieb  „Abhandlungen  über  den 
ostindischen  Handel",  1802,  wovon  der 
2-  Th.  das  Cap  der  guten  Hoffnung,  nach  Aus- 
zügen aus  den  besten  Reisebeschreibungen, 
genau  kennen  lehrt ;  ,,  Beiträge  zum  Staats- 
haushalt", zum  Dienste  der  Generalstaaten 
gesammelt,  welche  sehr  gut  geschriebene 
Berichte  „über  die  Statistik  des  neuen 
Königreichs    der    Niederlande"    enthalten. 

Hollandes  (IL)  —  Jan  De  —  be- 
schrieb den  „Aufstand  zu  Gent  gegen  Karl 
V."  (1547),  herausgegeben  in  den  Analecta 
von  Hoynck  Van  Pape ndrecht. 

Hollebeek  (V.)  —  Ewald  —  schrieb 
„Akademische  Rede  über  die  Verachtung 
der  Offenbarung  in  Niederland,  und  die 
Hauptursachen  derselben  (s.  „Biblioth.  des 
Sciences  et  des  Beaux  Aj-ts",  T.  XXIII, 
P.  I.  (1765)  p.  265),  zu  welchen  letztern 
die  Presse  des  Marc  Michel  Rey  gehört, 
aus  der  V  o  1 1  a  i  r  e '  s  und  s.  schamlosen 
Nachfolger  Werke  (meist  mit  d.  Druckort 
London)  zahlreich  hervorgegangen. 


219 


Homberg 


Hoofman 


220 


Homberg  (IV.)  —  Willem  —  Che- 
miker, geb.  1652  zu  Batavia,  erhielt  zum 
Theil  s.  Erziehung  zu  Amsterdam  u.  liess 
sich  später  in  Frankreich  nieder.  Er  nahm 
unter  den  frühern  Chemikern  der  franzö- 
sischen Akademie  mit  Geoffroy  u.  den 
beiden  Lemerys  eine  ehrenvolle  Stelle 
ein.  Die  Boraxsäure  und  den  Phos- 
phorus,  der  s.  Namen  trägt,  zählt  man 
unter  s.  ■vornehmsten  Entdeckung^.  Er 
starb  1715  zu  Paris.  (S.  Eloge  de  M. 
Homberg,  Memoires  de  l'Acad.  Royale  des 
Sciences-S  1715,  p.  82.) 

Homessen  (V.)  — •  ..  .  —  gab  eine 
„Erklärung  des  19.  Psalms",  1769. 

Honert  (V.)  —  Taco  Hajo  —  geb. 
zu  Hendrik  Ido  Ambacht,  Prediger  zu 
Amsterdam  und  dann  Prof.  zu  Leyden, 
schrieb  ein  Werkchen  unter  dem  Titel : 
„Die  wahrhaftigen  Wege,  welche  Gott  die 
Menschen  führt",  worin  er  die  Noth wen- 
digkeit der  Offenbarung  zu  beweisen  sucht. 

Honert  ( V. )  —  Jan  Van  Den  — 
Sohn  des  Vorigen ,  geb.  1693,  gest.  1758, 
vertauschte  den  Handel  mit  der  Theolo- 
gie, wurde  Prediger  zu  Katwijk,  Enkhui- 
zen  und  Haarlem,  Prof.  zu  Utrecht  und 
Leyden,  machte  sich  bekannter  als  s.  Va- 
ter, und  s.  Einfluss  war  so  gross,  dass  man 
ihn  den  Papst  von  Niederland  nannte.  Als 
solcher  wollte  er  denn  auch  das  Anathem  über 
Zwingli  aussprechen,  den  er  ins.  „Insti- 
tutiones  Theologiae  didaqtico-elenchticae" 
(1735)  einen  Pelagian  nennt.  Als  Coc- 
cejaner  bewies  er  hinsichtlich  der  Voe- 
tianer  eine  zur  damaligen  Zeit  verdienst- 
liche Mässigung,  frischte  jedoch  den  Streit 
über  die  allgemeine  und  besoadere  Gnade 
wieder  auf  in  s.  „Dissertatio  de  gratia  Dei, 
non  universal!,  sed  particulari",  zeigte  aber 
durch  s.  gemässigtes  Betragen  gegen  Van 
den  Os,  dass  er  aus  Ueberzeugung  han- 
delte. Dessenungeachtet  beschuldigte  man 
ihn  in  so  fern  der  Unredlichkeit,  „dass  er 
die  dordrechter  Synode  nicht  zur  ständigen 
und  unverbrüchlichen  Regel  des  Glaubens 
aufgestellt  hatte."  (S.  Ypey,  VH.  137 
—142,  381—392.  VIH.  57,  61, 172—174.) 

Honert  (HI.)  —  Rochus  Van  Der  — 
geb.  1572,  ein  Staatsmann,  der  für  Dordrecht 
in  der  V^ersammiung  von  Holland  sass,  und 
zweimal  nach  Schweden  und  Polen  zur 
Abschliessung  eines  Waffenstillstandes  zwi- 
schen den  beiden  Kronen,  den  er  glück- 
lich zu  Stande  brachte,  abgesandt  wurde. 
Ausserdem  war  er  Curator  der  lateinischen 
Hochschule,  und  dichtete,  in  der  Manier  der 


Rhetoriker,  die  Trauerspiele:  „Thamar", 
und  „Moses,  der  Gesetzsammler"  (s.  Ba- 
ien, „Dordrecht",  p.215),  Leyden  1611. 
Hoofman  (IV.)  —  Elizabeth  — 
grosse  Dichterin  und  eine  der  gelehrtesten 
Frauen  Niederlands,  geb.  1664,  zeigte 
schon  früh  grossen  Eifer  für  die  Wissen- 
schaften (sie  soll  schon  mit  ihrem  sechsten 
Jahre  gedichtet  haben) ,  welches  ihre  El- 
tern veranlasste,  sie  von  dem  Conrector 
S  1 0  r  m  zu  Haarlem  in  den  alten  Sprachen 
unterrichten  zu  lassen.  Hier  machte  sie 
für  ein  Mädchen  erstaunliche  Fortschritte, 
und  hatte  in  fünf  Jahren  die  vornehmsten 
lateinischen  Historiker  und  im  Griechischen 
Aelianus,  Anakreon  und  sogar  Pin- 
darus  gelesen.  Mit  ihrem  "sechzehnten 
Jahre  machte  sie  lateinische  Verse  und  gab 
poetische  Uebersetzungen  aus  Anakreon 
und  Horatius  in  holländischer  Sprache. 
Seitdem  fand  sie  ihr  Vergnügen  und  ihre 
Erholung  in  der  lateinischen  und  holländi- 
schen Dichtkunst  bis  zu  ihrem  Tode,  be- 
sonders in  der  letztern.  Sie  bedurfte  die- 
ser Erholung,  denn  die  Widerwärtigkeiten 
ihres  Lebens  waren  gross.  Für  die  aus- 
gezeichneten Geistesgaben,  die  sie  besass, 
verlor  sie  häusliches  Glück  und  bald  auch 
Vermögen ,  durch  die  Schuld  ihres  Gatten, 
Pieter  Koolaert.  Diese  Ehe  schien, 
wegen  gleichen  Standes  und  einiger  Kunst- 
liebe des  Mannes ,  nur  alles  Heil  zu  ver- 
sprechen: —  Francius  u.  Broekhui- 
z  e  n ,  Freunde  und  Kunstgenossen  der  Dich- 
terin ,  verherrlichten  dieselbe  mit  Gedich- 
ten ;  —  doch  die  unselige  Sucht,  zu  glän- 
zen, verleitete  Koolaert,  nach  und  nach 
all  sein  Vermögen  und  das  s.  Gattin  zu 
verschwenden ,  so  dass  sie ,  sechsundfunfzig 
Jahre  alt,  sich  mit  ihm  nach  Kassel  bege- 
ben musste ,  um ,  entfernt  von  ihrem  Va- 
terlande, von  ihrem  theuren  Haarlem,  das 
Gnadenbrod  eines  deutschen  Fürsten  zu 
essen !  Und  gleichwohl  liebte  sie  diesen 
Urheber  ihres  Unglücks  nicht  allein  im  An- 
fange ihrer  Ehe,  als  sie  den  Jammerton 
eines  gebrochenen  Herzens  bei  Gelegenheit 
einer  gefährlichen  Krankheit  ihres  Mannes 
anstimmte,  oder  ihn  in  ihrer  Jugend  inmit- 
ten des  Vaterlandes  und  des  Ueberflusses 
an  s,  Geburtstage  mit  frischen  und  duften- 
den Dichterblumen  bewillkommnete:  nein, 
auch  im  Auslande,  als  die  Zeit  ihre  Haare, 
wie  den  Gipfel  des  benachbarten  Meissner- 
berges,  mit  Schnee  bedeckt  hatte!  Sie 
tröstete  sich  in  fremden  Landen ,  wo  ihr 
Gatte  den  Posten  eines  Commerzien-Direc- 


221 


Hooft 


Hooft 


222 


tors  bekleidete,  mit  der  vaterländischen 
Dichtkunst  über  ihr  Unglück:  sie  besang 
den  Landgrafen ,  ihren  VVohlthäter ,  und 
s.  Sohn,  den  König  von  Schweden,  der  sie, 
aus  Dankbarkeit  dafür ,  a  erhungern  üess, 
und  starb  endlich,  72  Jahre  alt,  in  grosser 
Dürftigkeit.  Alle  diese  Gelegenheitsge- 
dichte zeichnen  sich  durch  wahre  dichte- 
rische Gluth,  Gefühl  und  Phantasie  vor  der 
Menge  von  Gedichten  dieser  Art  aus ,  wo- 
mit vor  und  nach  dieser  Zeit  der  nieder- 
ländische Parnass  überschwemmt  ward.  In 
glücklichern  Jahren  hatte  sie  zu  einem 
Keste,  welches  ihr  Gatte  Peter  d.  G. 
und  der  Katharina  gab,  diesen  „Atlas 
des  Nordens"  besungen.  Doch  es  waren 
nicht  allein  Gelegenheitsgedichte ,  die  sie 
unsterblich  machen.  Ihre  „Schaubühne  der 
Verwüstung",  die  Unbeständigkeit  alles 
Irdischen  darstellend,  wird  von  einem  com- 
petenten  Kunstrichter*)  mit  Recht  unver- 
gleichlich kühn,  erhaben  und  er- 
greifend genannt.  Es  sind  Betrachtun- 
gen, gleich  den  bekannten  ,,Trümmern" 
von  Volney,  doch,  nach  langem  Umher- 
irren in  den  Hallen  des  Todes ,  in  einer 
viel  tröstlicheren  und  freudigem  Aussicht 
endigend ,  die  ihr  die  Religion  zeigt. 

Hooft  (III.)  —  Pieter  Corneliszoon  — 
Schöpfer  der  holländischen  Prosa ,  begab 
sich  nach  gemachten  Studien  zu  Leyden 
nach  Italien,  von  wo  er  an  die  Kammer: 
In  Liebe  blühend,  jenen  berühmten  ver- 
sificirten  Brief  schrieb ,  welcher ,  w  ie  der 
von  Addison  aus  demselben  Lande  (ein 
Jahrhundert  später)  ein  bleibendes  Denk- 
mal der  Dichtkunst  ist.  Der  Genius  Ita- 
liens war  ihm,  dies  bezeugt  er,  in  der  Ge- 
stalt einer  jungen  Frau  am  Arno  erschie- 
nen. Nach  drei  Jahren  kam  er  (1602)  zu- 
rück und  gab  in  demselben  Jahre  bereits 
das  sanftfliessende  Schauspiel  ,, Granida" 
heraus ,  w  orauf  zehn  Jahre  später  die 
Trauerspiele :  „Gerard  Van  Velzen"  und 
1617  ,,Baeto"  folgten,  welches  letztere 
weit  mehr  Schönheiten  enthält,  und  worin 
man  besonders  jenen  trefflichen,  des  Dich- 


*)  Prof.  Siegenbeek  in  s.  Abhandlung 
über  Elisabeth  Koolaert,  geb.  Hoof- 
man,  „Euterpe''',  2.  St.  p.  122  — ,  heraus- 
gegeben, nebst  der  Sammlung  ausgewählter  Ge- 
dichte von  ihr ,  im  J.  1774 ,  von  ihrem  Bluts- 
verwandten W.  Kops.  Ein  Fragment  aus  der 
,, Schaubühne  der  Venvüstung"  befindet  sich 
bei  Van  Kampen  I.  478,  479. 


ters  würdigen  Jungfrauen-Chor  bewun- 
dert, der  das  Elend  der  Verbannung  schil- 
dert. Hooft  war  auch  Minnedichter,  der 
als  solcher  zum  Erstaunen  die  Biegsamkeit 
und  Lieblichkeit  zeigt,  deren  die  hollän- 
dische Sprache  fähig  ist.  Sehr  verschieden 
ist  das  Maass  seiner  Minnelieder,  aber  fast 
stets  wohllautend  und  dem  Gegenstande 
angemessen.  Doch  ist  dies  ihr  einziges  Ver- 
dienst nicht.  Mit  der  Annehmlichkeit  Ana - 
kreon's  verbindet  Hooft  seinen  oft 
schalkhaften  Verstand,  und  zuweilen,  wenn 
der  Gegenstand  es  erfordert,  empfindsame 
Zartheit.  Seine  Gesanggöttin  ist  bald  sinn- 
lich, wie  die  von  Tibull  (z.  B.  in  dem 
unbeschreiblich  lieblichen  Liede:  „Heilige 
Venus"  u.  s.  w.),  bald  wieder  erhaben,  wie 
die  von  Petrarca,  und  es  ist  schwer  zu 
entscheiden,  welche  Art  ihr  besser  geglückt 
ist.  Da  Hooft  gerade  zu  jener  Periode 
in  Italien  war,  als  Marini  die  Poesie  zu 
entstellen  anfing,  so  darf  man  sich  nicht 
wundern ,  dass  seine  Dichtweisc  davon  ei- 
nige Spuren  trägt.  (S.Gedichte  in  12., 
p.  118,  127,  131,  177.)  Inzwischen  muss 
jeder  Unparteiische  anerkennen,  dass  diese 
Mängel  nur  gering  sind  und  bei  weitem 
überwogen  werden  durch  die  ungemeine 
Lieblichkeit,  mit  welcher  er  die  Sprache 
sowohl  als  die  Poesie  bereichert  hat.  (S. 
a.  a.  O.  p.  109,  128,  l47,  262  —  ein 
Hochzeitgesang  auf  s.  Freundin  Tessei- 
schade:  „Kupido  streng  von  Herrschaft...", 
eine  schöne,  allerliebste  Schmeichelei,  voll 
Phantasie ,  Reichthum  an  Sprache  und  mu- 
sikalischem Wohllaut  —  .)  Mitten  in  die- 
sen Studien  und  der  Abfassung  s.  histori- 
schen Werke  (deren  wir  weiter  unten  ge- 
denken) schloss  Hooft  s.  Tage  in  Frie- 
den, ohne  an  den  heillosen  Bürgerzwisten 
jener  Tage  Theil  zu  nehmen.  Im  J.  1609 
als  Drost  von  Muiden  und  GooUand  ange- 
stellt, theilte  er  sein  Leben  zwischen  ge- 
treuer Pflichterfüllung  und  dem  Dienst  der 
Gesanggöttinnen.  Er  war  zweimal  ver- 
heirathet,  mit  Christina  Van  Erp, 
und  Leonora  Hellemans.  Tief  traf  ihn 
der  Tod  seiner .  ersten  Gattin  (1624)  und 
zweier  Kinder,  doch  fand  er  in  der  zwei- 
ten vollkommenen  Ersatz.  Liebe,  Freund- 
schaft, Kunst  und  Wissenschaft  verschö- 
nerten noch  20  Jahre  (v.  1627  —  1647) 
s.  Leben.  Das  Schloss  zu  Muiden,  wo  er 
sich  fortwährend  aufhielt,  wurde  ein  Sam- 
melplatz der  edelsten  Geister ,  und  hier 
war,  so  zu  sagen,  der  Brennpunkt,  von 
wo  die  Strahlen  der   Poesie,   der  Sprach- 


223 


Hooft 


Hooft 


224 


rcinigung  und  überhaupt  der  schonen 
Künste  und  Wissenschaften  für  Niederland 
ausgingen.  Dieses  Schlcss,  wechselsweise 
mit  der  Stadt ,  war  der  Vereinigungspunkt 
dieser,  aus  vertrauten  Freunden  bestehen- 
den amsterdamer  Dichterschule,  wo  T  e  s  - 
seischade  als  Königin  den  Vorsitz  führte; 
wo  Huygens,  Van  Baarle,  und  dann 
und  wann  auch  Vondel  ihren  Ruhm  be- 
sangen ,  wo  sie  alle  Feste  zierte ,  Allem 
den  gefälligen  Ton  der  ächten  Bildung  gab, 
und  die  Burg  zu  Mulden  zu  Niederlands 
Helikon  oder  Parnass  erhob.  —  Hooft 
schrieb  „sprachkundige  Beiträge",  die  bei 
Hoogstraten  in  s.  „  Geschlechtsta- 
belle",  und  später  vermehrt  von  Ten 
Kate  in  s.  Hauptwerk  in  Druck  erschie- 
nen. Er  verwarf  alle  Fremd-  u.  Bastard- 
wörter, und  obgleich  er  in  dieser  Hinsicht 
wohl  zu  weit  ging,  so  hatte  er  doch  sei- 
nen guten  Grund  dazu;  denn  die  Sprache 
hatte  (um  dieses  Gleichniss  zu  gebrauchen) 
einen  gleich  kräftigen  Verbesserer  nöthig, 
wie  der  Gottesdienst  Luther,  der  lieber 
etwas  zu  viel,  als  zu  wenig  aufräumte. 
(S.  Ypey,  „Gesch.  d.  niederl.  Sprache", 
p.  465.)  —  Als  Historiker  nimmt  Hooft 
eine  der  ersten  Stellen  ein.  Vorbereitet 
hierzu  durch  funfeigmalige  Lesung  des 
T  a  c  i  t  u  s ,  schrieb  er  eine  „Geschichte  Hein- 
rich d.  G.",  worin  man  zuerst  den  Ge- 
schichtsstyl  in  treffenden,  grossen  Schilde- 
rungen, unter  andern  der  Beschreibung 
der  „St.  Bartholomäusnacht"  wahrnimmt. 
Hugo  deGroot  wünschte  der  Asche  des 
grossen  Königs  Glück ,  solch  einen  grossen 
Historiographen  gefunden  zu  haben,  und 
Ludwig  Xni.  beschenkte  Hooft  dafür 
mit  einer  goldenen  Kette ,  mit  dem  S  t. 
Michaelisorden,  und  erhob  ihn  und  s. 
Geschlecht  in  den  Adelstand.  Dieses  Werk 
erschien  1626,  dann  Amst.  1638,  4.,  1652 
in  12.  In  s.  „Unglücklichen  Verhältnissen 
der  Erhebung  des  Hauses  Medicis"  wer- 
den die  Unglücksfälle  eines  fürstlichen  Ge- 
schlechts dargestellt,  welches  das  Empor- 
steigen von  Kaufleuten  zu  Souverains  mit 
häuslichem  Kunimer  schwer  gcbüsst  hatte. 
Diese  zu  Amst.  1649  und  dann  in  s.  Wer- 
ken erschienene  Schrift,  ist  jedoch  die  am 
wenigsten  vollständige  unter  s.  historischen 
Werken.  Die  Krone  s.  Ruhmes,  u.  was  ihn 
bei  allen  Völkern  und  Zeiten  verewigen 
wird,  sind  s.  „Niederländischen  Geschich- 
ten", von  1555  bis  1584  (bis  zum  Tode 
Wilhelm  I.).  Sie  erschienen  zuerst  1642, 
mit  der  Fortsetzung  1654,  1656,   mit  der 


Biographie  des  Historikers  von  Brandt 
1677,  neue  u.  beste  Ausgabe  1703,  alle 
Fol.,  von  den  Professoren  Siegenbeek, 
Simons  u.  Van  Ca p pelle  mit  Anmer- 
kungen in  8.,  I.  Th.,  1820.  Neunzehn 
Jahre  brachte  er  mit  demselben  fast  ohne 
Unterbrechung  zu.  Dieses  für  jeden  Nie- 
derländer classische  Werk  übertraf  durch 
Bündigkeit,  Kernhaftigkeit,  philosophischen 
Blick,  unparteiische  Würdigung  der  Saclien 
(indem  es  selbst  dem  Feinde  Recht  wi- 
derfahren lässt),  reine  Sprache,  Erhaben- 
heit und  Geist  des  Vortrages ,  nicht  allein 
alle  niederländischen,  sondern  auch  alle  da- 
maligen historischen  Werke,  und  unter  de- 
nen, seit  dem  Wiederaufleben  der  Gelehr- 
samkeit, kommen  ihm  nur  Macchiavelli 
u.  Guicciardini  gleich,  und  de  Thou, 
der  ihn  vielleicht  übertrifft.  Doch  auch  s. 
Mängel  dürfen  nicht  übersehen  werden. 
Er  wählte  sich  Tacitus  zum  Vorbilde, 
und  folgte  diesem  kräftigen,  aber  zuwei- 
len gedrängten  und  dunkelen  Schriftsteller 
ein  wenig  zu  viel.  Wiewohl  diese  Ge- 
schichte für  den  holländischen  Prosastyl 
und  für  die  Sprache  eine  neue  und  bessere 
Epoche  eröffnete,  so  verfällt  jedoch  s. 
Sucht,  nichts  als  acht  holländische  Wörter 
zu  gebrauchen ,  dann  und  wann  ins  Lächer- 
liche. In  dem  Plane  des  Werks  hat  Hooft 
für  den  Leser  das  Unangenehme,  die  Er- 
zählung genau  nach  der  Chronologie  ein- 
zurichten. Dessenungeachtet  wird  dieses 
Werk  für  Jeden,  der  es  unternimmt,  et- 
was im  Holländischen  zu  schreiben,  stets 
unentbehrlich  bleiben.  Man  lernt  daraus, 
die  Geschichte  mit  herrlichen  Lehren  der 
Weisheit  zu  verknüpfen,  den  Geschichts- 
styl  mit  Auswahl  bilderreicher  Ausdrücke 
zu  verschönern,  und  findet  dort  den  Pro- 
bierstein ächter  holländischer  Wörter,  von 
welchen  viele  der  Autorität  des  Hooft 
bedürfen ,  um  von  unsern  neuern  Puristen 
nicht  für  Germanismen  ausgeschrieen  zu 
werden.  Mit  dem  Einweben  erdichteter 
Reden  fügte  er  sich  der  Mode  der  Alten 
und  dem  Geschmacke  s.  Jahrhunderts,  wie- 
wohl sie,  nach  Wachler's  Zeugniss,  voll- 
kommen dem  Charakter  der  Personen  u. 
Zeiten  angemessen  sind  *).  Mehrere  Theilc 
dieses  Werkes  weichen  den  Alten  in  der 
Kunst  der  Darstellung  nicht.  Herrlich, 
und  Tacitus  vollkommen  würdig ,  ist  die 


*)  S.  Wachler's    ,, Gesch.  d.  histor.  For- 
schung U.Kunst",  GötUng.  1813,  I.  B.  II.  Abth. 


225               Hooft  Hoogvliet            226 

Einleitung.  Der  Mord  zu  Naarden ,  der  genau  angegeben :  wir  wollen  hier  nur  von 
Entsatz  von  Leyden,  der  Einzug  von  Don  öem  Style  dieser  Briefe  sprechen.  Es  ist 
Juan  in  Brüssel,  die  spanische  und  f ran-  nicht  zu  verkennen,  dass  viele  nach  der 
zösische  Furie  zu  Antwerpen,  die  \er-  Lampe  riechen,  d.  h.  dass  sie  in  einem 
nichtung  von  Parma' s  Brücke  vor  dieser  zu  gesuchten,  weniger  ungezwungenen 
Stadt  sind  mit  treffender,  und,  nach  der  Style  abgefasst  und  voll  von  Bildern  u. 
Art  des  Gegenstandes,  bezaubernd  schö-  witzigen  Ausdrücken  u.  Wortspielen  sind 
ner,  anziehender  oder  grausenerregender  (wie  z.  B.  der  313.  Brief:  an  Rochus 
Wahrheit  beschrieben.  Seine  Nachrichten  Van  Der  Hoonaert,  der  202.  B. :  an 
über  Amsterdam,  wo  s.  Vater  und  s.  Ver-  Tess  elschade).  Ungeachtet  dieser  Aus- 
wandten bei  der  Regierung  angestellt  wa-  schmückungen,  die  ihm  gleichsam  zur  zwei- 
ten, sind  besonders  ausführlich,  genau  u.  ten  Natur  geworden ,  sieht  man  überall  den 
wahr.  (S.  W  a  g  e  n  a  a  r ,  Vorrede  des  VI.  Biedermann ,  den  Freund  von  Wahrheit, 
Th.  der  vaterländ.  Gesch.  p,  VII.)  *).  —  Tugend  und  Recht,  den  Vertheidiger  der 
Als  Prosaist  nimmt  Hooft  die  erste  Stelle  Unterdrückten,  den  feingebildeten  Men- 
ein.  Seine  Briefe  sind  durchgehend«  schenkenner  und  Staatsmann.  (S.  Br.  176, 
Meisterstücke   in  ihrer  Art.     Mehr  als  200  286.) 

derselben  befanden  sich  bereits  bei  den  Hooft  (V.)  —  Gerrit  —  Secretär  der 
Werken  dieses  grossen  Schriftstellers ,  als  Bürgermeister  der  Stadt  Amsterdam ,  er- 
der amsterdamer  Schöppe  Gerrit  Van  regte  viel  versprechende  Hoffnungen  als  la- 
Papenbroek  noch  eine  fast  dreimal  so  teinischer  Dichter;  wenn  nur  der  Tod  ihn 
starke  Anzahl  derselben  zusammenbi-achte,  nicht  schon  in  s.  18.  Jahre  (1786)  weg- 
die  ausser  den  bereits  bekannten,  von  dem  gerafft  hätte! 

gelehrten  und  feinen  Huydecoper  1738  Hoo^evecn   (V.)    —  ...  —  Rector 

herausgegeben    wurden.     Die    Wichtigkeit  zu  Delft,  ausgezeichnet  durch  Gelehrsam- 

dieser  Briefe    für  Staats-    und   Literärge-  keit,  besonders  im  Griechischen,  verfasste 

schichte    und    Literatur    im     Allgemeinen,  den  Commentarius  auf  das   Werkchen  von' 

die   Nachrichten   über   den    Charakter  der  F.  Vigerus:    „de   idiotismis  Graecae  di- 

Tesselschad  e,    des  Huygens,    Van  ctionis",  1766,  3.  Ausg.,  auch  in  Deutsch- 

Baarle,  DeGroot,Vossius,  Reaal,  land  von  Z  eun  e  herausgegeben ;  und  ein 

Justus  Baek  undHooft's  selbst,  ist  von  Werk:  ,,de  Doctrina  particularum  Linguae 

Scheltema   in    dessen  Abhandlung    über  Graecae,  H  Voll.,  4.  (S.  Wyttenbach, 

Hooft's  Briefe  (auch  zu  finden  in  dessen  „Vita  Ruhnkenii",  p.  563,  Opusc.  L) 

„Vermischten    Schriften",    H.  Th.,  1.  St )  Hoog^ht  (V.)  —  . . .  Van  Der  —  Pre- 

diger,    gest.   1716,    gab    1696    „Kern  der 

hebräischen  Sprachkunde  und  Wortfügung", 
*)  Wälirend  Klemigkeiten  aas  andern  Spra-  und  1705  eine  „Hebräische  Bibel",  die 
chen  ins  Holländische  übertragen  wurden ,  hat  sehr  gebraucht  wurde ,  heraus. 
Hooft  in  keiner  Sprache  einen  Uebersetzer  ge-  Hoo^StratCn  (IV.  u.  V.)  —  David 
fanden,  und  selbst  Schiller,  der  denselben  Van  —  Arzt,  dann  Lehrer  an  den  lateini- 
Gegenstand  behandelte,  kannte  ihn  nur  aus  sehen  Schulen  zu  Amsterdam  bis  zu  s. 
der  deutschen  Uebersetzung  von  Wageuaar.  Tode  1724,  vereinigte  das  Studium  der 
Schade,  dass  das  allgemeine  Vorurtheil  gegen  holländischen  Sprach- u.  Dichtkunde  mit  dem 
die  holländische  Sprache  auch  diesen  Schrift-  der  lateinischen,  und  schrieb  ,, lateinische 
steller  beseelte,  so  dass  er  es  nicht  der  Mühe  Gedichte",  die,  in  Elegien  verliebten  In- 
werth  hält,  für  die  Geschichtsschreiber  in  die-  halts  bestehend,  von  P.  Vlaming  1728 
ser  Sprache  dieselbe  zu  erlernen!  Aber  im  Hol-  herausgegeben  wurden.  Ausserdem  ver- 
ländischen  ist  mit  dem  Wiederaufleben  des  Ge-  fasste  derselbe  (1700)  zuerst  eine  „Ge- 
schmackes für  wahre  Poesie  und  lebendigen  schlechtsliste  von  selbstständigen  Nenn- 
Prosastyl    auch    der   Eifer    für  Hooft    wieder  Wörtern". 

erwacht.     Prof.  Siegen  beek  weckte  ihn  durch  HoOj^liet    (V.)    Arnold    —   geb. 

8.  Rede  über   „Hooft,    als  Dichter    und  Ge-  zu  Vlaardingen,    zeigte    als  Buchhalter  zu 

Schichtsschreiber"  (Leyden  1800),   durch  s.  ,,Pro-  Dordrecht  s.  ersten  poetischen  Versuche  s. 

ben  holländ.  Beredsamkeit"  (2  Th.  1T99  u.  1809).  Freunden,    die    ihm    riethen,    sich  auf  das 

Prof.   Ypey  hat  ihm  in  s.  „Gesch.  d.  niederl.  Studium    der  Alten    zu  legen.      Er  machte 

Sprache"  ausgezeichnet  Recht  widerfahren  las-  sich  daher  die  lateinische  Sprache  zu  eigen 

sen,  p.  451  —  459.  und  übersetzte  in  Versen  Ovid 's  „Fasti", 

8 


22T 


Hoogvliet 


Hopperus 


228 


1729.  Obgleich  noch  weit  von  Vollkom- 
menheit entfernt ,  machte  diese  Ueber- 
setzung  doch  so  viel  Aufsehen,  dass  1732 
eine  2.  Auflage  davon  erschien.  Mit  Ruhm, 
aber  ohne  Vermögen ,  ging  er  nach  Vlaar- 
dingen  zu  s.  Eltern  zurück  und  wurde 
Gold-  und  Silberhändler.  Am  Sterbebette 
s.  frommen  Vaters  fasste  er,  auf  dessen 
Wunsch ,  den  Plan  einer  poetischen  Le- 
bensbeschreibung von  Abraham  dem 
Erzvater,  und  so  entschied  die  religiöse 
Regung  des  alten  Hoogvliet  vor- 
nehmlich die  Richtung,  welche  die  nieder- 
ländische Poesie  im  18.  Jahrhundert  neh- 
men sollte.  Gross  u.  reich  ist  dieser  Ge- 
genstand ,  mit  angemessener  epischer  Frei- 
heit behandelt.  Er  bearbeitete  das  ganze 
Leben  Abraham 's  auf  die  Weise  der  al- 
ten cj kuschen  Dichter  und  der  Achilleis 
von  Statins,  und  musste  daher  viele  auch 
weniger  poetische  Partien  in  s.  Plan  auf- 
nehmen, während  ihm  zugleich  die  Ein- 
heit, dieses  grosse  Erforderniss  eines  Hel- 
dengedichts, fehlte*).  Gleichwohl  hat  er 
in  so  weit  die  Vorschriften  des  Horaz  be- 
folgt, als  er  die  Lebensbeschreibung  des 
Heiden  nicht  mit  der  Geburt  beginnt.  Der 
Schauplatz  des  Gedichts  öffnet  sich  in 
Egypten ,  wohin  sich  der  Erzvater  bege- 
ben hatte,  um  der  Theurung  in  Kanaan 
2U  entgehen,  und  bei  Gelegenheit  s.  be- 
kannten Schicksale  daselbst  erzählt  er  dem 
Könige  s.  frühern  Lebenslauf  (3.  Buch). 
In  diesen  drei  ersten  Gesängen  sind  die 
poetischen  Licenzen  der  Geschichte  am 
zahlreichsten.  In  den  neun  letzten  Gesän- 
gen wird  der  Erzählung  von  Moses  Schritt 
vor  Schritt  gefolgt ;  dieselben  enthalten 
viele  prosaische  Stellen  ,  sind  jedoch  dabei 
voll  wahrer  poetischer  Schönheiten.  Be- 
sonders zeichnet  er  sich  in  den  Beschrei- 
bungen aus  ( schwach  ist  er  dagegen 
in  der  Charakterschilderung).  Der  ge- 
schmackvolle De  Vries  rühmt  unter  An- 
derm  die  Beschreibung  Egypten's,  der  man 
den  Untergang  von  Sodom  im  7.  B,  hinzu- 
fügen kann.     Mit  Recht  ist  das  10.  B.  be- 


*)  Er  ruft  im  Anfange  —  wer  sollte  e§  glau- 
ben? —  die  theologischen  Schriftsteller  als  8. 
Muse  an  ,   und  sagt: 

Gelehrte  Männer!    lehrt  mich  Bibel- 
wahrheit schreiben. 
Doch  gleich  darauf  folgt  eine   Anrufung  Gottes 
selbst,  die  anendlich  besser  ist  und  an  die  von 
Mi  1  ton  erinnert. 


rühmt  wegen  der  herrlichen  Schilderung 
von  Abraham's  Emptindungen  bei  dem 
Befehl  des  Opfers  von  Isaak.  Schon  der 
Anfang  ist  feierlich  u.  sanft  anziehend ;  er 
versetzt  uns  sogleich,  wie  eine  schöne  Mu- 
sik, in  die  passende  Stimmung,  um  diese 
grosse  Geschichte  zu  beschauen.  Die  zwei 
letzten  Bücher  .sind  (mit  Ausnahme  eines 
schönen  Gleichnisses  im  Anfange  des  12.) 
wenig  mehr  als  gereimte  Prosa.  Mit  allen 
Mängeln  dieses  Gedichts  sprach  dasselbe 
den  Geschmack  s.  Zeitgenossen,  die  der 
moralischen  Seite  des  Lehrgedichts  vor 
der  Gluth  der  wahren  lyrischen  oder  epi- 
schen Erhebung  den  Vorzug  gaben,  zu 
sehr  an,  um  jenen  allgemeinen  Beifall  zu 
finden.  Dazu  gesellte  sich  das  Verdienst, 
worauf  man  damals  besonders ,  als  auf  das 
Höchste  in  einer  Dichtung,  zu  sehen  an- 
fing :  eine  ausgezeichnete  Versification. 
Durchgehends  herrscht  in  Hoogvliet's 
Alexandrinern  eine  gehörige  Abwechse- 
lung ;  sie  fliessen  leicht  und  wohllautend, 
doch  nicht  eintönig,  dahin.  —  Hoog- 
vliet hatte  das  Glück,  die  ganze  Fülle 
s.  Ruhmes  zu  geniessen  und  ihn  nicht  zu 
überleben.  Auch  seine  zeitliche  Wohlfahrt, 
die  einige  Zeit  minder  günstig  war,  ver- 
grösserte  sich  zusehends ;  er  verheirathete 
sich  1735  (bereits  48  Jahre  alt),  und  er- 
reichte ein  Alter  von  76  Jahren.  Ermu- 
thigt  durch  den  allgemeinen  Beifall ,  be- 
schloss  er,  sich  an  die  Lebensbeschreibung 
des  Heilandes  zu  w  agen ,  fühlte  jedoch  da- 
zu gewiss  s.  Kräfte  zu  schwach.  Ein  Theil 
s.  hierzu  gesammelten  Materialien  ging  un- 
ter dem  Titel  von  „Evangelischen  Ver- 
suchen" in  s.  „Vermischten  Gedichte" 
über  (1738,  1753),  worunter  sich  einige 
schöne  Stücke  befinden.  Aber  Hoog- 
vliet musste,  am  Schlüsse  s.  „Abraham", 
weder  an  die  Ehrensäule  gedacht  haben, 
welche  nach  s.  Tode  die  Meinung  viel- 
leicht noch  Jahrhunderte  mit  Glorie  um- 
geben würde,  noch  s.  Werk  mit  dem  ei- 
nes Homer,  Virgil  und  O v i d  vergli- 
chen haben. 

Hopperus  (II.)  —  Joachim  —  sehr 
berühmter  Rechtsgelehrter,  geb.  zu  Sneek, 
bildete  sich  daselbst,  zu  Haarlem  u.  Lö- 
wen, besuchte  Frankreich,  und  wurde  1549 
Prof.  d.  Rechte  zu  Löwen,  und  von  1566 
—  1576  Siegelbewahrer  der  niederländi- 
schen Angelegenheiten  bei  dem  König  zu 
Madrid.  Ausser  s.  Hauptfache  waren  ihm 
auch  die  schönen  Wissenschaften  nicht  fremd, 
wie   aus   s.   Vorlesungen    über   den  (selbst 


229 


Hopperus 


Houttuyn 


230 


von  Cicero  für  sehr  schwer  erklärten) 
Timaeus  von  Plato  erhellt.  Hier  ent- 
stand s.  Freundschaft  mit  Vi  gl  ins,  des- 
sen College  er  in  dem  grossen  und  bald  in 
dem  geheimen  Rath  zu  Mecheln  war.  Kö- 
nig Philipp  gebrauchte  ihn  vornehmlich 
zur  Errichtung  der  neuen  Universität  zu 
Douai ,  welche  für  die  wallonischen  Nie- 
derländer bestimmt  war.  1566  rief  ihn 
Philipp  nach  Spanien,  von  wo  er  jene 
merkwürdige  Correspondenz  mit  Viglius 
(s.  Art.  Viglius)  führte,  und  wo  er  bis 
zu  s.  bald  nach  1576  erfolgten  Tode  voll- 
kommen in  des  Königs  Gunst  blieb ,  der 
ihn  zum  Herrn  vonDalem  und  Ritter 
machte.  Von  s.  zahlreichen  juristischen 
Werken  sind  die  vorzüglichsten:  „Isagoge 
in  veram  Jurisprudentiam",  Libri  Vlll. 
„Seduardus,  sive  de  vera  Jurispruden- 
tia",  Libri  XU.  „Ferdinandus,  sive 
de  Institutione  Principis",  Lib.  I.  Antw. 
1590,  Fol.,  et  Brunsv.  1656,  4.  Ausser- 
dem schrieb  er  ein  interessantes  Werk  über 
die  Revolution  unter  Philipp,  unter  dem 
Titel:  ,,Recueil  et  Memorial  des  troubles 
des  Pays  -  Bas  du  Roy  (von  des  Königs 
Abreise  bis  zum  J.  1566),  herausgegeben 
von  Hoynek  Van  Papendrecht  in  den 
„Analecta  Belgica"  (1743). 

Hopperus  (HI.)  —  ...—-  Botaniker, 
Hess  die  Sonnenblume  aus  Madrid  kommen. 
(S.  Annales  generales  des  Sciences  Phy- 
siques,   Brux.  1819,    p.  XXVII.    et    suiv.) 

Hörne  (IV.)  —  Johan  Van  —  geb. 
1621  zu  Amsterdam,  Sohn  eines  General - 
Gouverneurs  vom  niederländischen  Indien, 
ging  nach  zu  Utrecht  beendigten  Studien 
nach  Italien ,  wo  er  eine  Zeit  lang  unter 
den  Venetianern  diente  und  verschiedene 
Seereisen  machte,  wurde  zu  Basel  Dr.  d. 
Medicin,  hierauf  Prof.  der  Anatomie  und 
Medlcin  am  Athenäum  zu  Amsterdam,  dann 
(1653)  an  der  Universität  zu  Leyden ,  wo 
er  1670  starb.  Er  war  sehr  gelehrt,  ver- 
stand sieben  Sprachen,  und  machte  wich- 
tige Entdeckungen  in  der  Kenntniss  des 
menschlichen  Körpers.  (S.  Foppens, 
„Bibl.  Belgica",  II.  662.)  Seine  Werke 
sind :  „Epistola  de  Aneurismate",  in  J.  Bar- 
tholini Hist.  anatom.  Aneurismatis  dissecti. 
Panorm.  1644,  8.  „Novus  Ductus  Chy- 
liferus",  L.  B.  1652,  4.  „Microcosmus, 
seu  brevis  Manuductio  ad  Historiam  cor- 
poris humani",  L,  B.  1660,  1665.  Lips. 
1675,  12.  .i^Miy.QOT^x^t] ,  i.  e.  brevissima 
Methodus  Chirurgiae",  L.  B.  1663,  12. 
Lips.    1665.     „Botalli    Opera    Medica    et 


Chirurgica,  repurgata  et  methodicc  dispo- 
sita",  L.  B.  1660,  8.  „Galenus  de  Ossi- 
bus Gr.  et  Lat.  cum  Vesalii,  ceterorumque 
Exercitationibus",  L.  B.  1665,  12.  „Pro- 
dromus  Observationum  circa  partes  geni- 
tales in  utro(iue  sexu",  1668  ,  12.  „Obser- 
vationes  Anatomico  -  Medicae" ,  Amsterd. 
1674,  12. 

Hortensius  (II.)  —  Lambert  —  ei- 
nes Gärtners  Sohn  (woher  nach  der  dama- 
ligen pedantischen  Gewohnheit  s.  Name) 
aus  Montfoort ,  übersetzte  den  P 1  u  t  u  s , 
die  Wolken  u.  die  Ritt  er  (Utrecht  1557) 
des  Aristophanes,  mit  Anmerkungen. 
Ferner  schrieb  er  einige  satyrische  und 
Hochzeitsgedichte.  Er  stand  der  lateini- 
schen Schule  zu  Naarden  vor,  zur  Zeit 
des  schrecklichen  Blutbades  durch  die  Spa- 
nier im  J.  1572.  Schon  war  s.  natürlicher 
Sohn  (er  war  Priester)  vor  s.  Augen  er- 
mordet und  das  Herz  aus  dem  Leibe  ge- 
rissen ;  schon  war  der  Dolch  auch  auf  ihn 
gezückt,  als  die  Dankbarkeit  eines  vor- 
maligen Schülers,  der  zufällig  unter  den 
Spaniern  diente,  ihm  das  Leben  rettete 
und  Bossu  überredete,  ihn  gefangen  zu 
nehmen.  Der  Veilust  s.  Vermögens  war 
ihm  gleichgültig,  nur  wünschte  er  s.  An- 
merkungen zum  Lucanus  zu  retten.  Er 
beschrieb  das  naardensche  Blutbad  als  Au- 
genzeuge, starb  jedoch  schon  im  folgenden 
Jahre. 

Hosscilius  (in.)  —  Sldronius  —  geb. 
1596  zu  Merckhem  bei  Dixmuiden ,  gest. 
1653  zu  Tongeren ,  lateinischer  Dichter, 
nach  Baillet  der  schönsten  Jahrhunderte 
Rom's  würdig,  erhielt  den  Namen  des 
zweiten  Ovid,  obgleich  er  nur  geist- 
liche Gegenstände  besang.  Die  sechs  Bü- 
cher s.  „Elegien"  (Antw.  1656,  1688,  1700) 
enthalten  viele  schöne  Gedichte.  In  den 
neun  ersten  vergleicht  er  das  menschliche 
Leben  mit  einer  Seereise,  einem  nicht  al- 
lein oft  bearbeiteten  Gegenstande,  sondern 
der  auch  hier  viel  Genie  erfordert,  um 
nicht,  neunmal  verändert,  monoton  zu  wer- 
den. Diese  Klippe  verstand  jedoch  Ho  fi- 
sch ins  glücklich  zu  umschiffen. 

Houttuin  (IV.)  —  Adriaan  —  schrieb 
„Relpubl.  Batavae  (bis  auf  die  Zeit  der 
Grafen  geführt),  L.  L"  Hag.  Com.  1689, 
gewidmet  dem  Rathspensionär  F  a  g  e  1.  (S. 
Pars,  „Namenrolle",  p.  125.) 

Houttuyn  (V.)   —  ...    —    Arzt   zu 
Groningen,    gab  1761  einen    von  Gelehr- 
ten  sehr  geschätzten   Commentar  über 
die  Naturgeschichte  von  Linne. 
8* 


231 


Houwaert 


Huber 


232 


Houwaert  (HI.)  —  Ja»  Baptist  — 
aus  Brüssel,  Rath  und  Rentmeister  von 
Brabant,  gest.  1599  in  einem  Alter  von 
68  Jahren,  schrieb  vier  Tauerspiele:  „Mars 
und  Venus",  „Aeneas  und  Dido",  „Nar- 
cissus  und  Echo",  „Leander  und  Hero", 
ferner:  „der  Hof  von  Pegasus",  in  16  Bü- 
chern, und  noch  einige  kleinere  Werke. 
(S.  dieselben  bei  Foppens,  I.  571,  und 
De  Vries,  I.  53  Note.) 

Hoynck  Van  Papendrecht  (V.) 
—  Cornelis  —  geb.  1686  zu  Dordrecht, 
Priester  im  Haag,  dann  Secretair  des  Erz- 
bischofs von  Mecheln ,  Generalvicar  und 
Kanonikus  daselbst,  wo  er  1753  starb.  Er 
schrieb  die  „Geschichte  des  utrechter  Bis- 
thums  nach  der  Reformation",  vornehm- 
lich um  die  sogen.  J  ans eni st  en  in  nach- 
theiliges Licht  zur  stellen ,  welchem  Gegen- 
stande er  auch  noch  sechs  Briefe  widmete. 
Unter  dem  allgemeinen  Namen  von  ,,Ana- 
lecta  Beigica''  gab  er:  eine  Lebensbeschrei- 
bung des  Viglius  Van  Zuichem  Van 
Aytta,  von  ihm  selbst  beschrieben,  mit 
gelehrten  Anmerkungen  des  Herausgebers, 
das  Testament,  die  Genealogie  u.  s.  w. 
dieses  Staatsmannes  ,  ausserdem  dessen 
interessante  „  Nachricht  vom  Zehnten " 
und  die  wichtigen  Briefe  des  Viglius 
an  Joachim  Hopperus,  seinen  Freund, 
damals  am  Hole  von  Madrid,  von  welchen 
Wagenaar  in  s.  „Vaterländischen  Hi- 
storie" viel  Gebrauch  gemacht  hat.  Im 
2.  Th.  befinden  sich  ausgewählte  Briefe 
von  Viglius  an  verschiedene  Personen, 
das  französische  Büchelchen  des  Hoppe- 
rus über  den  Anfang  der  niederländischen 
Unruhen,  und  die  Bücher  des  Jan  Ba- 
ptistaDeTassis  über  denselben  Gegen- 
stand (v.  1559— 1598),  und  endlich  eine  Ab- 
handlung von  dem  Herausgeber  über  die 
von  Philipp  d.  Guten  in  Holland  er- 
richtete Rechenkammer  und  Gerichtshof. 
Der  3.  Th.  beginnt  mit  einer  Abhandlung 
über  die  Uebergabe  des  Stifts  von  Utrecht 
an  K  a  r  1  V.  (aus  einer  Handschrift  zu  Lö- 
wen), eine  Liste  vornehmer  utrechter  Geist- 
licher, eine  Sterbeliste  von  Geistlichen  zu 
Breda ,  ein  Urkundenbuch  und  Sterbeliste 
des  Domcapitels  zu  Geervliet,  und  andere 
weniger  interessante  Stücke;  zum  Schluss 
die  „Memoires  de  Jean  d'HoUandes 
6ur  la  revolte  des  Gantois  en  1539  contre 
Charles  V.",  und  das  Urtheil  Kari's 
gegen  diese  Stadt.  —  Das  Werk  ist  in  3 
Theilen  in  4.  im  Haag  bei  G.Block  1743 


herausgegeben.  (S.  „Dictionn.  historique 
des  Pays-Bas.",  T.  H.  p.  124,  125.) 

Huber  (IV.)  _  Ulrik  —  geb.  1636 
zu  Dokkum  in  Friesland,  gest.  1669,  Prof, 
der  Beredsamkeit  u.  Geschichte  zu  Frane- 
ker,  und  1636  auch  der  Jurisprudenz,  war 
ein  Muster  von  Fleiss ,  indem  er  von  6  Uhr 
des  Morgens  bis  8  Uhr  Abends  öffentlichen 
mid  Privatunterricht  ertheilte ,  und  dabei 
noch  eine  grosse  Menge  von  Werken  her- 
ausgab. 1665  folgte  er  Wissembach 
als  Prof.  der  Rechte,  und  erhielt,  wie  die- 
ser, 1667  den  Titel :  Professor  priraarius. 
Grossen  Ruhm  erwarb  er  sich  durch  meh- 
rere lateinische  u.  niederländische  Schrif- 
ten über  das  friesische  Landrecht. 
Seine  Vorlesungen  über  das  Civilrecht  nach 
Justinian's  Institutionen,  und  über  das 
römische  u.  heutige  Recht,  nach  den  Pan- 
dekten ,  waren  für  Friesland  von  classi- 
scher  Autorität,  und  verdienten  auch,  allein 
hinsichtlich  des  röm.  Rechts,  Ausleger  wie 
Thomasius  und  andere  ausgezeichnete 
Juristen.  Er  begründete  in  Niederland 
den  Unterricht  des  Staatsrechts.  Sein 
College  u.  Lobredner,  Vitringa,  rühmt 
s.  Massigkeit ,  und  dennoch ,  obgleich  kein 
Theolog,  liess  er  sich  in  theologische  und 
liteiärische  Fehden  ein  mit  Roell,  P  e- 
rizonius  und  Van  Eck.  Die  Anzahl  s. 
Schriften  nimmt  in  Vriemoet's  „Athen. 
Fris."  sechs  Seiten  ein.  Seine  erste  war 
eine  wissenschaftliche  Abhandlung  „de  ge- 
nuina  aetate  Assyriorum,  et  regno  Medo- 
rum",  Fran.  1662;  hierauf  folgten  „Di- 
gressiones  Justinianeae"  (1670);  „de  Jure 
Civitatis",  L.  III.  1672,  1684,  1694,  1708, 
1752.  ,,Positiones  Juris  Contractae",  Fran. 
1682;  ,.Auspicia  Domestica  Exercitatio- 
num",  1682  (unter  Anderm  eine  Verglei- 
chung  des  friesischen  Rechts  mit  dem  rö- 
mischen); ,, Heutige  Rechtsgelehrsamkeit", 
Leeuwarden  1686,  2  Th.,  dritte  Ausg. 
vermehrt  von  Z.  Hub  er,  1726,  4.  Ausg. 
1742 ;  „Institutiones  Historiae  Civilis", 
Voll.  III.  1692,  1703  (sehr  getadelt  von 
Perizonius);  ,,Eunomia  Romana,  sive 
Censura  Censurae  Juris  Justitianei",  Fran. 
1700,  1724;  ,.Opera  niinora" ,  Ultraj. 
1746,  2  Voll.  4. 

Huber  (V.)  —  Zacharias  —  Sohn 
des  Vorigen,  geb.  1669,  gest.  1732,  zu- 
erst Advocat,  dann  Prof.  zu  Franeker, 
1716  Rathsherr  am  Gerichtshofe  von  Fries- 
land, gab  vermehrt  das  niederländische 
Werk  s  Vaters  über  die  ,, Friesische  Rechts- 
gelehrsamkeit" (1726),   und    .,Dissertatio- 


233 


Hubert 


nes  Juridicae  et  Philologlcae",  Fran.  1702 
u.  1706,  2  Voll.  4.  heraus.  (S.  Vriemoet, 
„Ath.  Fris."  711  —  715). 

Hubert  (UI.)  —  Antoni  De  —  Schöppe 
von  Zieriksee ,  ein  Dichter  des  z\yeiten  Ran- 
ges dieser  Periode,  gab  durch  s.  poetische 
Bearbeitung  der  Psalmen  einen  nöthigen 
Unterricht  für  alle  Freunde  der  holländi- 
schen Sprache ,  und  nahm  Theil  an  der 
holländischen  Uebersetzung  der  Bibel.  Diese 
Uebersetzung ,  das  einzige  Gute ,  welches 
man  der  Synode  von  Dordrecht  zu  danken 
hat,  machte  durch  die  Richtigkeit  und 
Schönheit  ihrer  Sprache ,  wobei  man  festen 
Regeln  folgte,  beinahe  so  viel  Aufsehen, 
als  Luther  durch  s.  deutsche  ein  Jahr- 
hundert früher,  und  hatte  Einfluss  genug, 
um  die  zweite  Person  der  einfachen  Zahl 
der  persönlichen  und  besitzanzeigenden  Für- 
wörter (du,  dijn)  ausser  Gebrauch  zu  brin- 
gen. (S.  De  La  Rue,  „gelehrtes  See- 
land", p.  181 — 183.  Scheltema,  „Rede 
über  Hooft's  Briefe",  p.  66,  und  Ypey, 
„Geschichte  d.  niederl.  Sprache",  p.  461.) 

Hudde  (IV.)  —  ...  —  Bürgermeister 
zu  Amsterdam,  gest.  1704,  verdient  einen 
ausgezeichneten  Platz  unter  den  Mathema- 
tikern, Astronomen  und  Staatskundigen  s. 
Zeit,  der  zuerst  die  Geometrie  des  Des- 
cartes  in  Schwang  brachte.  Leibnitz 
bezeugt,  dass  er  Vieles  entdeckte,  was 
später  von  Andern  auch  ans  Licht  ge- 
bracht wurde.  (S.  Wagenaar,  „Beschr. 
V.  Amsterdam",  III.  239.) 

Hudson  (III.)  —  Hendrik  —  ein  Eng- 
länder, ward  für  niederländische  Rechnung 
auf  Entdeckungsreisen  ausgesandt,  auf  de- 
nen er  den  nach  ihm  benannten  Hudsons- 
fluss  n.  die  Provinz  Neu-Ni  ederland 
(Neu -York  u.  Neu -Jersey)  entdeckte. 

Hues  (I.)  —  ...  —  aus  Kamerijk, 
schrieb  eine  Art  Satyre  auf  Heinrich  HJ., 
König  von  England ,  unter  dem  Titel : 
„La  male  honte". 

Hulibald  (I.)  —  ...  —  aus  St.  Amand, 
Mönch  und  berühmter  lateinischer  Schrift- 
steller des  9.  Jahrhunderts. 

Hulshoff  (V.)  —  Allard  —  geb. 
1734  zu  Groningen,  1755  Dr.  d.  Philoso- 
phie ,  berühmter  Mennonitenprediger  zu  Am- 
sterdam (von  1760  bis  1795) ,  bekannt 
durch  s.  philosophischen  Schriften.  Schon 
1758  gab  er  eine  ,, Beschauung  der  be- 
sten Welt'  heraus,  worin  er  zu  beweisen 
suchte,  dass  das  System  von  Leibnitz 
und  Wolff  die  Grundsätze  der  natürlichen 
Religion  zu  untergraben  Veranlassung  gab. 


Huydecoper  234 

1760  erschien  von  Johannes  Petsch 
eine  philosophische  und  theologische  Ver- 
theidigung  der  besten  Welt.  Hulshoff 
hatte  eingesehen,  dass  Leibnitz  der 
menschlichen  Freiheit  zu  nahe  trat;  Petsch 
beantwortete  dies,  indem  er  ihn  einen  Pe- 
lagianer  und  Socinianer  nannte ,  gegen 
welche  man  damals  den  weltlichen  Arm 
anrufen  konnte.  Hierauf  liess  er  1764, 
1765,  1767,  1770,  1773  u.  1789  verschie- 
dene philosophische,  zum  Theil  gekrönte 
Abhandlungen  folgen.  Hulshoff  strebte, 
sich  stets  so  deutlich  und  populär  als  mög- 
lich zu  machen.  Dieser  tiefdenkende  Phi- 
losoph, der  während  des  grössten  Theiles 
s.  Laufbahn  in  gewissem  Sinne  Ratio- 
nalist war ,  nahm  am  Abend  s.  Lebens 
die  Hauptartikel  des  christlichen  Glaubens, 
zufolge  der  alten  Erklärung  der  Prote- 
stanten ,  einfach  an.  In  diesem  Geiste  sind 
die  „vierzehn  Predigten",  die  nach  s. 
Tode  erschienen ,  abgefasst.  Menschen- 
kenntniss  und  Kraft  des  Ausdrucks,  zu- 
weilen malerischer  Vortrag  u.  schöne  Wen- 
dungen, die  den  ursprünglichen  Denker 
verrathen ,  sind  die  Hauptverdienste  dieser 
geistlichen  Reden,  unter  welchen  sich,  nach 
dem  Urtheile  competenter  Richter,  die 
über  die  Jahreszeiten  besonders  aus- 
zeichnet. Sie  findet  sich  in  den  „Proben 
niederländischer  Beredsamkeit"  von  Prof. 
Siegenbeek  aufgenommen.  (S.  W.  De 
Vos,  ,. Leben  und  Charakter  des  Allard 
Hulshoff",  Amst.  1795,  8.) 

Hulthem  (VI.)  —  ...  Van  —  Bota- 
niker, zuerst  zu  Gent,  dann  zu  Brüssel 
Griffier  der  Generalstaaten,  schrieb  einen 
interessanten  „Discours  sur  l'Etat  ancien 
et  moderne  de  l'Agriculture  et  de  la  ßo- 
tanique  dans  les  Pays-Bas",  60  pages. 

Huiinaeu!^  (III.)  -  Augustijn  —  geb. 
1521  zu  Mecheln ,  Prof.  d.  Theologie  zu 
Löwen ,  machte  sich  unter  den  Bearbeitern 
des  Aristoteles  einigen  Namen. 

Huydecoper  (V.)  —  Balthazar —  geb. 
1695  zu  Amsterdam ,  aus  dem  patricischen 
Geschlechte  der  Huydecopers  Van 
M  a  a  r  s  e  V  e  e  n ,  war  Schöppe  zu  Amster- 
dam und  Drost  von  Texel ,  und  hinterliess 
als  Sprachkenner  s.  Volke  zwei  Meister- 
werke ,  nämlich :  eine  neue  sehr  verbes- 
serte Ausgabe  des  alten  Reimchroniken- 
.schreibers  Melis  Stoke,  und  die  „Probe 
von  Sprach-  und  Dichtkunde"  zu  Von- 
del's  Uebersetzung  derVer Wand- 
lungen des  Ovid.  Die  Ausgabe  von 
Melis  Stoke  bearbeitete  Huydecoper 


235  Huydecoper 

nach  5  Handschriften,  die  er  selbst  mit 
den  Buchstaben  A,  B,  C,  T  u.  U  an- 
führt. Van  Wijn  glaubt  (in  s.  „histor. 
Abendstunden",  p.  282),  dass  er  in  s.  Ab- 
änderungen hie  und  da  ein  wenig  zu  streng 
gewesen  sei,  und  lieber  allein  der  Hand- 
schrift A,  als  der  besten,  hätte  folgen  sol- 
len. Wie  dem  auch  sei,  so  zeugen  nicht 
allein  die  Stoke  gewidmete  Kritik,  son- 
dern auch  der  reiche  Schatz  von  Anmer- 
kungen des  Herausgebers,  sowie  die  unter 
dem  Text,  besonders  unter  dem  Titel  von; 
„ausführlichem  Anmerkungen,  Anhängen, 
Verbesserungen  und  Zugabe"  von  unge- 
meinem Fleisse  u.  Scharfsinn.  Das  zweite 
Sprachwerk  wird  für  Huydecoper's 
Meisterwerk  gehalten.  Es  enthält  fortlau- 
fende Anmerkungen  zu  Vondel's  Ueber- 
setzung  von  Ovid's  Verwandlungen,  doch 
nicht  allein  zu  Vondel's  Styl,  sondern 
auch  zu  den  darin  vorkommenden  Worten, 
deren  Angemessenheit,  Gebrauch  bei  alten 
Schriftstellern  u.  s.  w.  Man  sieht  deutlich, 
dass  Huydecoper  diese  Uebersetzung 
nur  als  ein  Magazin  gebraucht  hat,  um 
darin  die  ausgezeichneten,  aus  dem  Schatze 
s.  Sprachgelehrsamkeit  geschöpften  An- 
merkungen niederzulegen.  Das  Werk  kam 
17S0  in  1  Theil  in  4.  heraus,  u.  erschien  1782 
u.  folgende  Jahre  sehr  verbessert  von  dem 
ieydener  Sprachkenner  Frans  Van  Le- 
lyveld,  und  nach  dessen  Tode  von  Ni- 
colaasHinlöpen  in  Druck,  Huyde- 
coper u.  Lelyveld  haben  sich  hier  ein 
Denkmal  errichtet,  welches  dauern  wird, 
so  lange  die  niederländische  Sprache  ihre 
Reinheit  behält  und  die  Nation  auf  deren 
Bewahrung  bedacht  ist.  — •  Huydeco- 
per war  einer  der  ersten  niederländischen 
Sprachkenner;  doch  auch  als  Dichter  hat 
er  sich  bekannt  gemacht,  namentlich  durch 
s.  Trauerspiel  ,, Achilles",  worin  unter  die- 
ser Titelrolle  der  berühmte  Schauspieler 
Punt  unter  dem  Zujauchzen  von  ganz 
Amsterdam  auftrat*).  Sein  „Oedipus"  ist 
eine  schwache  Nachahmung  eines  längst 
vergessenen  Werkes  des  Alterthums  von 
Corneille,  den  er  vergebens  über  Vol- 
taire's  „Oedipe"  zu  erheben  suchte.  Weit 
besser  ist  der  „Arsaces",  dem  der  gelehrte 
Van  Effen  (ins.  „Holland.  Zuschauer", 
Th.  IV.  S.  262,  26S)  wohlverdientes  Lob 


Huygens 


236 


spendet.  Ausserdem  hat  Huydecoper 
die  Satyr  en  u.  Briefe  des  Horaz  sehr 
fliessend  und  natürlich  übersetzt,  aber  hier 
und  da  wohl  ein  wenig  zu  sehr  den  Hol- 
länder gezeigt,  wie  z.B.  in  der  5.  Satyre, 
oder  in  der  Reise  von  Rom  nach  ßrundu- 
sium  durch  die  pomptinischen  Sümpfe,  die 
auch  zu  viel  von  der  Reise  mit  einer  hol- 
ländischen Treckschute  hat.  (S.  „Satyren 
u.  s.  w.  des  Horatius  von  B.  Huyde- 
coper", Amst.  1737,  p.  42.) 

Hliyg^ens  (HI.)  —  Constantin  — 
Herr  von  Zuylichem,  geb.  1596  im 
Haag,  erhielt  von  s.  Eltern  eine  sorgfäl- 
tige Erziehung.  Von  den  Musen  zum  Lieb- 
ling erkoren,  liebte  er  schon  mit  s.  5. 
Jahre  den  Gesang ,  lernte  schnell  die  Zi- 
ther und  Französisch,  weniger  schnell  La- 
teinisch, bis  ihn  jedoch  bald  die  göttliche 
Beredsamkeit  eines  Cicero  und  noch  mehr 
die  Poesie,  die  er  (in  s.  Muttersprache) 
bereits  mit  unwiderstehlichem  Hange  trieb, 
befeuerte ;  dabei  wurde  er  in  der  Natur- 
philosophie ,  in  der  griechischen  Sprache, 
worin  er  so  reissende  Fortschritte  machte, 
dass  er  sie  sogar  sprach  und  darin  dich- 
tete, ferner  in  der  Kriegskunst,  im  Fech- 
ten, Reiten,  Voltigiren,  Schwimmen  und 
in  andern  Körperübungen ,  von  s.  Vater 
im  Zeichnen,  in  der  Miniatur-  u.  Oelma- 
lerei,  im  Rechnen  und  in  der  Buchführung, 
ausserdem  in  der  Mathematik  und  dann 
auch  in  den  Anfangsgründen  der  Rechts- 
gelehrsamkeit unterrichtet*).  Hierauf  wurde 
er  auf  die  Universität  zu  Leyden  geschickt, 
wo  er  jedoch  nur  kurze  Zeit  (bis  1612) 
sich  aufhielt.  Eine  Reise  an  den  Hof  Kö- 
nig Jakob's  von  England,  zu  welchem 
Zwecke  er  die  auf  dem  Continent  noch 
wenig  bekannte  englische  Sprache  lernte, 
lehrte  ihn  den  Umgang  mit  Fürsten  und 
Grossen.  Nach  seiner  Rückkehr  ward  er 
(1619)  als  Gesandtschaftssecretär  dem  be- 
kannten Aerssens  Van  Sommelsdijk, 
der  das  Freundschaftsbündniss  mit  Venedig 
befestigen  musste,  beigegeben.  Auf  Be- 
fehl s.  Eltern  zurückgekehrt,  ohne  Flo- 
renz, Rom  und  Neapel  gesehen  zu  haben, 
worüber  er  noch  in  s.  Alter  s,  Schmerz  in 
reizenden  Versen  crgoss,  ward  er  wieder 
nach  England  gesandt,  wo  er  den  be- 
rühmten Mathematiker  D  r  e  b  b  e  1  kennen 
lernte.     Nach    Moritzens    Tode    erhielt 


*)   S.  ,,Närnb.    Friedens-     und    Kriegskurier 
V.   !>.  März  1832  „über  die  Schauspielkunst  der  *)    S,    C.    Hngenii,      „de    Vita    propria", 

Holländer"   vom  Herausgeber  dieses  Lesikoos,        Harl,  1817,  p.  1  — 18. 


237 


Huygens 


Huygens 


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er  den  ehrenvollen  Posten  eines  Gehet  tn- 
schreibers  des  neuen  Statthalters,  Prinzen 
FriedrichHeinr  ich's,  den  er  62  Jahre 
lang  mit  der  grössten  Treue  bekleidete. 
Auch  ins  Lager  folgten  ihm  die  Gesang- 
göttinnen ,  wo  er  viele  Gedichte  verfasste, 
die  er  später  unter  dem  Titel:  ,,Moraenta 
desultoria"  („Musestunden",  1625),  und 
„Kornblumen"  (1658  u.  1672)  herausgab. 
Kurz  nach  s.  Vaters  Tode  (1624)  ver- 
mählte er  sich  mit  Susanna  VanBaerle. 
Das  Leben  dieser  vortrefflichen  Frau  be- 
sang er  in  einem  s.  besten  Gedichte,  „Ta- 
gewerk" genannt,  weiches  das  edle  Ge- 
präge eines  Mannes  trägt,  der  sich  von  der 
Last  eines  wichtigen  Amtes  nirgends  lieber, 
als  bei  Frau  und  Kindern ,  und  bei  den 
Wissenschaften  erholte  Bei  Ho  oft  und 
Tesselschade  brachte  er  viele  glück- 
liche Tage  zu  und  weihte  ihnen  manches 
Gedicht.  Vielleicht  wäre  (ohne  Verschie- 
denheit der  Religion)  s.  Ehe  mit  der  hol- 
ländischen Corinna  geschlossen  wor- 
den, wenigstens  sagt  der  verliebte  Van 
ßaerle  voll  Spott:  „Sie  ist  die  Eure, 
Konstantin!  Als  Ritter  weichet  Ihr  dem 
Fussknecht".  Aber  auch  alle  diese  Theuren 
und  Freunde  sähe  er  vor  sich  zu  Grabe 
tragen :  das  grösste  Unglück  des  hohen 
Alters!  —  Vor  Allem  war  Hofwijk  s. 
Lust  u.  sein  Leben;  Hofwijk,  welches 
noch,  unter  der  Menge  von  Lusthäusern, 
die  zwischen  Leyden ,  Delft  u.  dem  Haag 
sich  erheben ,  in  aller  s.  altfränkischen 
Einfachheit  (so  wie  es  sich  vor  zwei  Jahr- 
hunderten in  Kupfer  vor  Huygens  Werke 
befindet)  den  Namen  s.  Besitzers  ins  Ge- 
dächtniss  zurückruft.  Auch  diesem  Lieb- 
lingsaufenthalte widmete  er  ein  schönes  Ge- 
dicht. Hier  empfing  er  s.  Freunde ,  na- 
mentlich die  aus  Amsterdam  u.  Mulden,  zu 
unschuldiger  Kurzweil  oder  steifem  Ernste, 
zu  gymnastischen  Spielen,  nicht  zu  Kar- 
tenspielen. Nach  dem  Tode  Friedrich 
Heinrich's,  s.  Freundes  und  Gönners 
(1647),  sähe  er  sich,  in  mannigfaltige  Ge- 
schäfte verwickelt,  diesem  Lustorte  ent- 
rückt, indem  er  Gesandtschaften  nach  Brüs- 
sel, Paris  (zu  Ludwig  XIV.),  England 
(zu  Karl  II.)  und  endlich  (1665,  in  ei- 
nem fast  70jährigen  Alter)  nach  dem  Für- 
stenthume  Oranien  unternahm.  Es  glückte 
ihm,  letzteres  s.  rechtmässigen  Herrn  zu- 
rückzugeben ,  und  nach  vierjähriger  Abwe- 
senheit kehrte  er  endlich  heim,  that  hier- 
auf noch  eine  Pilgerreise  nach  dem  alten 
Stammhause  der  nassauischen  Helden,  und 


begab  sich  zum  vierten  Male  mit  Wil- 
helm 111.,  der  kurz  nach. s.  Rückkehr  nach 
England  wieder  in  die  Würden  s.  Väter 
eingesetzt  ward,  Huy  gens  sah  nicht  al- 
lein s.  Sohn  an  s.  Stelle  als  Geheiraschrei- 
ber  des  Prinzen  angestellt,  sondern  erlebte 
auch  die  Rettung  des  Staats  durch  den 
jungen  Helden  von  Oranien  und  den 
wiederhergestellten  Frieden  (1678).  Jni 
J.  1686  starb  der  glückliche  Greis,  90 
Jahre  alt.  —  Huygens,  ein  gründlicher 
Kenner  der  lateinischen,  griechischen,  fran- 
zösischen ,  englischen ,  deutschen  ,  italieni- 
schen und  spanischen  Sprache,  dichtete  in 
allen  diesen,  oder  übersetzte  daraus.  So 
übersetzte  er  z.  B.  die  englischen  Gedichte 
des  John  Donne,  die  König  Karl  I. 
für  unübersetzbar  hielt ,  in  schönes  und 
oft  fliessendes  Holländisch ,  so  wie  viele 
Spruch  Wörter,  unter  dem  Titel;  „Spa- 
nische Weisheit",  aus  der  Sprache  des 
Cervantes  u.  Calderon.  Seine  eige- 
nen italienischen,  oder  lateinischen,  oder 
englischen  Gedichte  trug  er  zusveilen  in 
s.  Muttersprache  über.  Durch  diese  An- 
eignung fremder  Schätze  musste  die  kaum 
gebildete  Sprache  sehr  bereichert  werden; 
doch  ist  deshalb  Huygens  manchmal  steif, 
unpolirt  und  schwer  zu  verstehen;  dagegen 
der  Inhalt  sehr  oft  reichlich  lohnend  *). 
Huygens  ist  mit  Ho  oft  und  Vondel 
vielleicht  der  erste  holländische  Dichter. 
Nicht,  als  ob  alle  Sachen,  die  er  anführt, 
ihm  zugehörten  ;  wenige  Dichter  waren  rei- 
cher an  Uebersetzungen  u.  Nachbildungen  ; 
aber  die  Form  ist  ihm  ganz  eigen :  er 
stempelt  Alles,  was  er  schreibt,  mit  s. 
eignen  Genie.  Von  zwei  grossen  Mängeln 
ist  er  jedoch  nicht  frei  zu  sprechen:  Nie- 
drigkeit in  Ausdrücken  u.  Unzüchtig- 
keit, wenigstens  Undclikatesse  der  Sprache. 
Dies  beweisen  viele  s.  ,,Epigrammata"  (in 
8  Büchern)  und  der  Schwank  von  Trijntje 
Cornelis,  der  anstössig  ist.  Koop- 
m  a  n  s  bemerkt  jedoch  sehr  richtig  (in  C  o  n- 
stantijn  Huygens,  als  Mensch  u. 
Dichter  betrachtet,  in  No.  4  u.  5 
der  Monatsschrift:  „Letteroefeningen"  [Stu- 
dien der  schönen  Wissenschaften]  für  1809), 
dass  Huygens,  trotz  dieser  Ueppigkeit 
s.  Feder,  nie  in  Zügellosigkeit  ausartete, 
wovon   man   sich   jetzt   durch   die  seitdem 


')  S.  z.  B.  „Tagewerk"  137.  („Kornblu- 
men", p.  405.  Ausg.  V.  1658.)  Bei  Van  Käm- 
pen, Th.  I.  p.  152. 


239 


Huygens 


Huygens 


240 


herausgekommene,  von  ihm  selbst  verfasste, 
poetische  Lebensbeschreibung  vollkommen 
überzeugt*).  Dass  Huygens  sich  viel 
mit  Dem  beschäftigte ,  was  besonders  ihn 
betraf,  kann  nicht  geleugnet  werden  *♦). 
Dies  beweisen  s.  „Hofwijk" ,  s.  „Tage- 
werk" und  viele  andere  Stellen  in  s.  übri- 
gen Gedichten.  Endlich  verdient  Huy- 
gens in  s.  Wortspielen  keine  Nachahmung, 
die  einige  s.  besten  Werke  entstellen,  wie 
z.B.  die  durch  die  Abwesenheit  des 
Drostes  verfehlte  Reife.     Dies   geht 


*)  S.  ,,Sermonuin  de  Vita  Propria  L.  II." 
cura  Peerlkamp,  Harl.  1817,  mit  einer  achö- 
nen  holländ.  l'ebersetzung  von  L  o  o  sj  es.  Fer- 
ner: F.  H.  Peerlltamp  ,,über  die  zwei  er- 
sten und  zwei  letzten  Lebensabschnitte  von  C. 
Huygens".  Letteroefeningeu ,  Mai  1817  u. 
Januar  1818. 

**)  Huygens  hat  jedoch  auch  viele  Ge- 
dichte verfasst,  die  auf  ihn  selbst  oder  seine 
Freunde  keine  Beziehung  haben ,  z.  B.  ,,das 
prächtige  Mahl",  an  s.  Freund  Cats,  eine 
Satyre  auf  die  damalige  Kleiderpracht,  im 
Geiste  Juvenals.  „Batava  Tempe"  (,,Vor- 
wäldchen  beim  Haag"),  worin  zwei  Liehende 
mit  vieler  Naivetät  geschildert  werden.  »?Sit- 
teubilder",  nur  von  Huygens  bearbeitet,  ge- 
wistiermassen  die  Charakterschilderungen  des 
Theophrastus,  aber  mehr  auf  die  Stände 
als  auf  die  Personen  bezogen.  Ein  König, 
Dichter,  Büttel,  Bauer  und  geckenhafter  Hof- 
manu  gehören  unter  die  am  meisten  gelunge- 
nen. Hinter  denselben  befinden  sich  ,, Städte- 
stimmen" ,  oder  poetische  Darstellungen  der 
holländ.  Städte  und  einzelner  Dörfer.  „Von 
Allem" ,  oder  vermischte  Gedichte  von  sehr 
mannigfaltigem  Inhalt.  Das  Gedicht  ,,an  die 
freien  Niederlande"  ist  sehr  schön.  Auch  viele 
Kleinigkeiten  von  wenig  oder  keinem  Werth, 
z.  B.  eine  , ,011a  podrida"  aus  Holländisch,  Fran- 
zösisch,  Italienisch,  Spanisch,  Lateinisch,  Eng- 
lisch, Deutsch  und  Griechisch,  worin  der  Dich- 
ter wahrscheinlich  s.  Sprachgelehrsamkeit  auf 
einmal  zur  Schau  stellen  wollte.  Auch  eine 
Lebersetzung  aus  Guarini's  „Pastor  fido". 
„Religion".  ,, Augentrost  an  Parthenina"  (Frau 
Lucretia  Van  TreUo),  ,,über  die  Ver- 
finsterung ihrer  Augen".  Der  Dichter  hat  in 
den  Noten  eine  ausserordentliche  Belesenheit 
in  den  alten  Schriftstellern,  die  er  anführt,  an 
den  Tag  gelegt.  Seine  Absicht  war,  zu  zeigen, 
dass  meist  alle  Menschen  blind  sind  im  Er- 
kennen ihrer  wahren  Interessen.  Die  oben  an- 
gegebenen ,,Epigrammata"  u.  s.   w. 


so  weit,  dass  er  am  Schlüsse  s.  „Tage- 
werks" nicht  unterlassen  kann,  Wortspiele 
auf  den  s.  Gattin  gegebenen  Namen,  Sterre 
(Stern) ,  deren  Tod  er  betrauert ,  zu  ma- 
chen. Doch  haben  wenige  Dichter  die 
Kraft  und  den  Reichthura  der  holländischen 
Sprache  so  sehr  gezeigt,  wie  Huygens, 
wie  dies  z.  B.  die  vielen  Namen  beweisen, 
welche  er ,  nach  Maassgabe  ihrer  verschie- 
denen Eigenschaften,  der  Sonne  gibt*). 

Huygens  (IV.)  —  Christiaan  —  Sohn 
des  Vorigen ,  geb.  1629 ,  zeichnete  sich 
schon  in  s.  Jugend,  namentlich  in  der  Ton- 
kunst ,  doch  vor  Allem  durch  die  Wimder 
der  Natur  und  ihrer  Gesetze  gefesselt ,  in 
der  Mathematik  aus,  so  dass  man  ihm, 
wenn  wir  s.  grossen  Vater  glauben ,  den 
Beinamen  Archimedes  gab  *').  Mit  s. 
13.  Jahre  begann  er  Mechanik  zu  trei- 
ben, wozu  er  besonders  grosse  Lust  hatte, 
und  in  s.  17.  begab  er  sich  auf  die  Uni- 
versität Leyden ,  besuchte  Dänemark ,  Eng- 
land ,  Frankreich,  wo  er  1655  Dr,  d.  Rechte 
wurde  und  zu  Paris  sich  niederliess ,  da 
ihm  C  o  1  b  e  r  t  einen  ansehnlichen  Jahrgehalt 
und  einen  Platz  bei  der  Academie  der  Wis- 
senschaften verschaffte.  Hier  blieb  er  v. 
1666  —  1681  ,  brachte  jedoch  die  letzten 
Jahre  s.  Lebens  in  s.  Vaterlande  zu ,  und 
starb  im  J.  1695  ,  neun  Jahre  nach  s.  Va- 
ter. —  Bei  Aufzählung  s.  Verdienste  müs- 
sen wir  zuerst  s.  mathematischen ,  dann 
s.  naturhistorischen  und  endlich  s.  astro- 
nomischen Entdeckungen  erwähnen,  wobei 
wir  uns  jedoch  hier  nur  auf  Angabe  der 
wichtigsten  beschränken  können.  Zu  den 
erstem  gehört  s.  Erfindung  der  Pendel - 
u  h  r.  Das  Buch ,  worin  dieses  Uhrwerk 
beschrieben  wird ,  dedicirte  er  1658  den 
Staaten  von  Holland  '**).  In  der  Natur- 
kunde verbesserte  er  das  System  des  Des- 
c  a  r  t  e  s  über  die  Ursache  der  Schwere, 
bahnte  gleichsam  zur  Erfindung  der  Schwer- 
kraft die  Bahn,  und  entdeckte  das  dop- 
pelte Barometer.     Wie  glücklich  war 


*)  S.  „Vorwäldchen",  p.  94.  Bei  Van 
Kampen,  Th.  I.  p.  158.   IVotcp. 

♦')  C.  Hu  genii ,, de  Vita  propria".  Ed.  Peerl- 
kamp ,  L.  II.  p.  75  ,  7G.  Der  bescheidene  Va- 
ter verschweigt  es ,  dass  er  der  erste  Lehrer 
s.   Sohnes  war. 

*'*)  S.  über  Huygens,  als  Erfinder  der 
Pendeluhren ,  eine  Abhandlung  des  Professors 
Van  S winden,  in  den  Werken  der  1.  Kl. 
des  Instituts,  III.  Th. 


241 


Huygens 


Idsinga 


242 


er  nicht  ia  Entdeckungen  hinsichtlich  der 
Schwere  der  Luft,  der  Grade  der  Kälte 
und  der  Ursache  der  sogen.  Nebenson- 
nen! Als  Astronom  zeigte  er  den  Nutzen 
von  Jäagern  Teleskopen,  und  s.  Cosmo- 
theoros,  ein  erst  nach  s.  Tode  heraus- 
gegebenes Werk ,  verräth  tiefe  Blicke  in 
die  Ordnung  des  Weltalls.  Er  erfand  ein 
Instrument  zur  Erklärung  der  Planeten- 
bahnen ,  und  gab  1690  eine  Abhandlung 
über  das  Licht  heraus.  Doch  vornehmlich 
hat  er  sich  berühmt  gemacht  durch  s.  „Sy- 
stema  Saturnium"  (1679) ,  worin  die  Ent- 
deckung des  so  merkwürdigen  Ringes  des 
Saturnus  und  eines  dritten  Trabanten  die- 
ses Planeten  beschrieben  ist.  Von  s.  zahl- 
reichen Schriften,  namentlich  der  „Opera 
varia",  Leyden  1682,  4.,  zum  Theil  nach 
s.  Tode  („Opera  reliqua",  Amst.  1728,  4.) 
herausgegeben ,  verdienen  folgende  eine  be- 
sondere Erwähnung :  ,,Horologium  oscilla- 
torium ,  sive  de  motu  pendulorum ,  ad  ho- 
rologia  aptato,  demonstrationes  Geometri- 
cae".  „De  causa  gravitatis".  „De  vi  cen- 
trifuga".  „De  coronis  et  parheliis".  ,,Di- 
optrica".  „Traitedela  lumiere".  „Systema 
Saturnium"  (1679).  Sein  frühestes  Werk 
(1651)  war:  ,,Theoremata  de  Quadratura 
Hyperboles ,  ElUpsis  et  Circuli".  Auch 
gab  er,  zum  Gebrauche  für  Liebhaber  des 
Spiels ,  eine  Abhandlung  über  die  Berech- 
nung in  demselben  in  holländischer  Sprache 
und  algebraisch  bearbeitet  heraus.  Seine 
Handschriften  vermachte  Huygens  der 
leydener  Universität.  Van  S  winden 
lernte  dieselben  zuerst  kennen ,  und  die 
Curatoren  der  Universität  übertrugen  Hrn. 
Uylenbroek  die  Untersuchung  und  Her- 


ausgabe derselben.  Auf  Befehl  des  Königs 
der  Niederlande  sollte  zuerst  der  Brief- 
wechsel von  Huygens  mit  Jjeibnitz  und 
dem  Marquis  De  l'Höpital  auf  Kosten 
des  Landes  gedruckt  werden.  (S  Le- 
bensbeschreibung des  Huygens,  doch 
kurz  u.  oberflächlich  abgefasst,  in  den 
,, Biographien  niederl.  Männer  u.  Frauen", 
n.  Th.  p.  227  —  232.  —  Einen  edeln  Zug 
von  Huygens  Charakter  führt  Van  Kam- 
pen (fh.  lU.  p.  293)  an:  Als  die  neue 
Analy  sis  durchzudringen  begann,  war 
Huygens  bereits  bejahrt;  er  hatte  grosse 
und  wichtige  Entdeckungen  ohne  dieses 
Hülfsmittel  gemacht.  Es  gibt  Gelehrte, 
die  Das ,  was  sie  nicht  kennen ,  verachten, 
und  die  da  wähnen,  dass  Das,  wozu  sie 
keine  Lust  oder  Zeit  haben,  es  sich  zu  eigen 
zu  machen,  auch  keine  Beachtung  verdiene. 
Huygens  handelte  anders.  Vielleicht 
fühlte  er  sich  selbst  gross  genug,  um  über 
Neid  und  Eifersucht  erhaben  zu  sein.  Er 
sah  mit  Bewunderung  und  Vergnügen  die 
Fortschritte,  welche  die  Mathematik  durch 
Leibnitz,  Newton  u.  die  ßernouil- 
lis  machte.  Er  gab  dies  in  den  unzwei- 
deutigsten Ausdrücken  zu  erkennen ,  und 
sagte  voraus,  was  man  noch  ferner  von 
diesen  grossen  Entdeckungen  zu  erwarten 
habe.  So  dachte  Huygens  im  64.  Jahre 
s.  Alters,  zwei  Jahre  vor  s.  Tode!). 

Hyperus  (L)  —  Andreas  —  nach  s. 
Geburtsstadt  Ypern  so  genannt ,  geb.  1511, 
gest.  1564,  war  katholischer  Theolog,  be- 
suchte Paris,  Deutschland,  England,  und 
ward  1542  reformirter  Professor  zu  Mar- 
burg, wo  er  vorzugsweise  Homiletik  lehrte. 
(S.  ßayle,  „Dictionn.  Art.  Hyperius".) 


I. 


Ides  (IV.)  —  Evert  Ysbrandts  —  aus 
Glückstadt,  Gesandter  Peter  d.  G.  in 
China  (v.  1692  —  1695),  beschrieb  s.  Reise 
durch  Sibirien  in  holländischer  Sprache, 
unter  d.  Titel :  „Dreijährige  Reise  nach 
China,  zu  Lande,  von  dem  moskowitischen 
Gesandten  E.  Y.  Ides",  Amst.  1704,  4. 
In  dieser  Reise  findet  man  interessante 
Nachrichten  über  die  Tungusen  und 
Mammu  thszähne  ,  welche  er  aus  dem 
Munde  der  alten  sibirischen  Russen  gehört, 
dass  nämlich  dieses  Thier,  einem  Elephan- 
ten  ähnlich,  sich  vor  der  Sündfluth,  als 
es  in  Sibirien  noch  wärmer  war,    daselbst 


aufgehalten  haben  soll,  und  hierauf,  nach- 
dem sich  das  Klima  verändert  hatte ,  unter 
der  Erde ,  durch  die  Kälte  vor  Verwesung 
bewahrt  worden  sei.  Man  sieht  also,  wie 
wenig  die  Meinung  der  jetzigen  Geologen 
in  dieser  Beziehung  Anspruch  auf  Neuheit 
machen  kann. 

Idsinga  (V.)  —  J.  H.  Van  —  schrieb  : 
„Staatsrecht  der  Vereinigten  Niederlande", 
2  Th.  Fol. ,  welches  wichtige  Erläuterun- 
gen über  die  Geschichte  des  Staatsrechts 
enthält.  Der  Verf.  widerlegte  hier  zuerst 
die  bis  dahin  herrschende  Meinung,  als  ob 
die  Niederländer  von  den  Bataviern  bis  zu 


243 


Immerzeel 


Isaac 


244 


Karl  V.  stets  ein  freies  Volk,  während 
die  gräfliche  und  fürstliche  Macht  allezeit 
durch  das  Ansehen  des  V^olkes  beschränkt 
gewesen  seien.  Kluit  übergab  diese  That- 
sache  mehr  der  Pubücität  in  s.  „Historie 
der  holländischen  Staatsregierung". 

Inunerzeel  d.  J.  (VI.)  —  J.  —  ein 
bekannter  Dichter  zu  Rotterdam,  ward 
zu  Dordrecht  geboren,  bekleidete  1805 
einen  Posten  bei  dem  Ministerium  des 
Innern  im  Haag,  widmete  sich  jedoch 
seitdem  dem  Buchhandel.  Immerzeel 
hat  grosse  Verdienste  um  die  holländische 
Poesie.  Die  diesem  Dichter  eigenthümiiche 
Laune  ist  nicht  selten  mit  tiefem  Gefühl 
gepaart,  und  zeigt  sich,  unter  Anderm,  in 
dem  schönen,  acht  niederländischen  Ge- 
dichte: „Hugo  Van  'T  Woud",  welches 
die  Sitten ,  das  Glück  und  die  Unglücks- 
fälle dieses  Holländers  schildert.  Wenn  Hol- 
land in  M  es  schert 's  „goldner  Hoch- 
zeit" eine  Vossische  Luise  besitzt,  so 
hat  es  in  diesem  Gedicht  einen  Hermann 
undDorotheaGöthe's,  welchen  ersieh 
auch  zum  Muster  nahm.  Ausserdem  dich- 
tete er:  „Hoiland's  Wassernoth  im  J. 
1809".  „Für  Geistigaufgeräumte",  1813, 
voll  fröhlichen  Humors,  „die  Mutterliebe", 
in  4  Gesängen,  frei  nach  dem  Französi- 
schen, 1819,  und  s.  übrigen  Gedichte, 
1823,  2  Theile.  Ueber  letztere  Sammlung 
sagt  ein  geschmackvoller  Kunstrichter  Fol- 
gendes: „Schön  ist  diese  Sammlung  im  All- 
gemeinen. Man  kann  es  Immerzeel, 
wegen  s.  Originalität  kaum  vergeben, 
dass  er  so  oft  Uebersetzungen  von  minder 
ausgezeichneten  Sachen  geliefert  hat.  Seine 
Romanzen:  „Leyden  entsetzt",  „die  Flucht 
H.  de  Groot's",  „Paris  Urtheil",  „Trijn 
von  der  Lemgrube",  „Attala's  Tod"  u.  s.  w. 
sind  sehr  malerisch  und  lebendig  ge- 
dichtet. Die  Gedichte:  „Die  Hoffnung", 
„Fortuna",  „Gelassenheit",  ,, Mütterlicher 
Kummer",  „Werth  der  Mutter"  u.  s.  w. 
athmen  ganz  den  Geist  eines  Tollens, 
dem  sie  zur  Ehre  gereichen  würden.  Un- 
ter s.  lyrisches  Gedicht:  „Jan  Luiken" 
würde  Bilderdijk  getrost  s.  Namen 
setzen  können.  Aber  einzig  in  ihrer  Art  sind : 
„Lottchen  zu  ihres  Vaters  Geburtstag", 
„Lottchens  Hochzeitstag"  und  „Lottchens 
Wochenbett",  besonders  das  Erste  ganz; 
und  die  Schilderung  des  holländischen 
Morgen  in  demselben  ist  als  eines  der 
Meisterstücke  holländischer  Poesie  zu  be- 
trachten". Das  Land  in  den  ,, Geistig- 
aufgeräumten" ist    wahrhaft    komisch  und 


stellt  die  prosaische  Seite  des  Land- 
lebens poetisch  dar.  Seine  Romane: 
,,Balthazar  Knopius"  und  „der  Blinde"  sind 
ebenfalls  humoristische  Dichtungen.  Auch 
hat  man  von  ihm  noch  eine  fliessende 
Uebersetzung  von  Delille's  Gedicht:  La 
Pitie,  unter  dem  Titel:  ,,das  Mitleiden", 
eine  dergleichen  von  s.  ,,D  i  t  h  y  r  a  m  b  e  auf 
die  Unsterblichkeit  der  Seele",  eine  andere 
von  Renouard:  „Sokrates  im  Tem- 
pel von  Aglaura",  ein  Gedicht,  welches 
die  Gesellschaft  für  Sprach  -  und  Dicht- 
kunde mit  der  ungewöhnlichen  silbernen 
Ehrenmedaiile  krönte  ;  „Religion  die  Stütze 
der  bürgerlichen  Gesellschaff'  und  andere 
kleinere ,  öfters  Gelegenheitsgedichte. 

Ing^eu  (III.)  —  S.  —  ein  Dichter 
zweiten  Ranges  (s.  „Euterpe",  p.  112 — 125). 

Ing^enhousz  (VI.)  —  ...  —  Natur-^ 
kundiger  u.  Chemiker,  geb.  1730  zu  Breda, 
brachte  die  meiste  Zeit  s.  Lebens  in  Eng- 
land,  Frankreich  u.  Deutschland  zu,  und 
starb  zu  Wien,  wo  er  mit  der  Tochter 
des  Baron  Jacquin  verheirathet  war.  Er 
machte  zuerst  den  Versuch  mit  dem  Ver- 
brennen des  Eisens  im  Oxygene,  erfand 
ein  neues  Eudiometer  (s.  Brief  von 
ihm  an  Pringle.  „Philos.  Transactions", 
Vol.  LXVI.  p.257),  u.  bereicherte  P  riest- 
ley's  Entdeckung  von  der  Verbesserung 
der  Luft  durch  die  Gewächse,  mit  der 
wichtigen  Bemerkung ,  dass  die  Pflanzen 
die  Luft  in  wenigen  Stunden ,  doch  nur 
bei  Sonnenschein,  reinigen  können,  des 
Nachts  dagegen  eine  schädliche  Luft  ex- 
haliren ,  und  dass  diese  Kraft  nur  in  den 
Blättern  der  Gewächse  existirt.  (S.  Ex- 
periments upon  Vegetables'",  Lond.  1779 
und  s.  Lebensbeschreibung  in  T  h  o  m  son '  s 
„Annais  of  Philosophy",  September  1817, 
Vol.  X.  p.  161.) 

Iperen  (V.)  —  ...  Van  —  gab  An- 
merkungen zum  Propheten  Ob  ad  ja  und 
zudem  hohen  Liede,  1776.  (S.  Will- 
met, „Abhandl.  üb.  d.  Zust.  d.  Orient. 
Literatur  in  Holland  während  des  18 
Jahrb.",  p.  218-227.) 

Isaac  (IL)  —  der  Vater  und  Johan 
Isaac  der  Sohn  —  aus  dem  Dorfe  Stolk- 
wijk  im  Krimpenerwaard ,  lebten  gleich- 
zeitig mit  Koster  um  1440,  waren  zu- 
folge De  Groot  u.  französischer  Schrift- 
steller*)   die   Schöpfer   der   Chemie. 


*)  Angeführt  bei  Meerman  in  s.  Anmer- 
kungen zu  De  Groot'8  Verfleichungen  der 
Republiken,    III.  Th.  p.  15&— 160. 


245 


Isaac 


Jansenius 


246 


Ihre  Versuche  waren  von  solcher  Wich- 
tigkeit, dass  Theophrastus  Paracel- 
sus  im  16.,  und  Boylc  im  17.  Jahrh.  die- 
selben nachmachten  und  die  Ehre  der  Er- 
findung erhielten,  während  die  bescheidenen 
Holländer  (die  \YahrscheinIich  in  Flandern 
ansässig  waren)  vergessen  wurden.  Die 
Werke  dieser  beiden  Isaac's,  die  man 
bei  Meer  man  aus  Lenglet  Du  Fres- 
noy  (Th.  III.  p.  157)  angegeben  findet, 
sind  (von  Isaac  dem  Vater)  „De  triplici 
ordine  Elixiris  et  Lapidis  Theoria",  Bern. 
1608.  „Opera  vegetabilia,  ubi  de  Quintis 
essentis  agitur".  „Mineralia  opera,  seu  de 
lapidePhilosophico",  Middelb,  1600.  „Opera 
Universalia  et  vegetabilia",  Arnh.  1617. 
,,Secreta  revelatio  Operationis  manualis'-, 
caet.  „De  lapide  Philosophico",  Francof. 
1669.  „Manus  philosophorum  secreta  et  oc- 
cultata",  caet.  „Opus  Saturni".  .,Rariores 
Chemiae  Operationes",  Lips.  1814,  ins  Hol- 


ländische übersetzt.  (Auch  die  vier  letz- 
ten sind  von  Isaac,  zufolge  Meerman 
p.  157,  obgleich  p.  158,  durch  einen  Druck- 
fehler, Joh.  Isaac  bei  denselben  steht).  — 
Von  Johan  Isaac  (s.  Sohne):  „Frag- 
menta  Chemica,  e  Combachio  edita", 
12.,  Geismar.  1647. 

Isselt  (III.)  —  Michael  \'an  —  aus 
Amersfoort ,  ein  Priester ,  entfloh  bei  der 
Revolution  nach  Köln,  begab  sich  hierauf 
nach  Nimwegen,  und  als  dieses  1591  vom 
Prinzen  Moritz  eingenommen  wurde,  nach 
Hamburg,  wo  er  bis  zu  s.  Tode  (1597) 
bei  einigen  italienischen  Kaufleuten  Dien- 
ste leistete.  Er  verfasste  eine  „Historia 
rerum  memorabilium  in  Belgia  sub  Phi- 
lippo  II.  Hispaniae  Rege,  ab  ann.  1566 
usque  ad  1597",  die,  wie  sich  leicht  ein- 
sehen lässt ,  nicht  sehr  unparteiisch  ge- 
schrieben ist. 


Jacquin  (V.)  —  ...  — ■  aus  Leyden, 
bereicherte  durch  s.  auf  Kosten  des  deut- 
schen Kaisers  gemachten  Reisen  nach  Ame- 
rika und  durch  s.  botanischen  Schriften 
die  Wissenschaft. 

Jaü  I.  (I.)  —  Herzog  von  Brabant, 
regierte  von  1260 — 1294,  war  ein  deut- 
scher Minnesänger,  von  dem  man  mehrere 
Liederfindet  in  Manesse's,  durch  Bod- 
mer  1758  u.  1759  zu  Zürich  herausgege- 
benen Sammlung,  woraus  erhellt,  dass  die 
schwäbische  Sprache  damals  auch  in  Nie- 
derland gesungen  ward,  ( S.  Probe  bei 
Van  Kampen  Th.  III.    p.  8.) 

«Fanigon  (V.)  —  Fran9ois  Michael  — 
ein  französischer  Flüchtling,  gest.  1730, 
unternahm  eine  ., Statistik  der  Vereinigten 
Niederlande".  Das  Werk  ist  unvollendet, 
und  gibt  in  zwei  Bändchen  (1729,  12.)  nur 
die  allgemeine  Einleitung.  Der  Verf.  ward 
durch  den  Tod  verhindert,  die  Beschrei- 
bung der  verschiedenen  Provinzen  zu  lie- 
fern. (Ueber  die  Fortsetzung  dies.  Werks 
s.  Art.  W  a  g  e  n  a  a  r.) 

Jansen  (III.)  —  Zacharias  —  wohnte 
zu  Middelburg  in  Zeeland,  erfand  daselbst 
um  das  J.  1590  die  Fernröhre,  die  da- 
mals nicht  länger  als  15  oder  16  Zoll 
waren ,  wovon  die  ersten  Prinz  M  o  r  i  tz 
und  Erzherzog  Albert  zum  Geschenk  er- 
hielten.    Um   1610   oder   1618   erfand    er 


mit  s.  Sohne  die  grossen  Teleskope  u. 
zusammengesetzten  Mikroskope. 

«fansenius  d.  Aelt.  (III.)  —  Corne- 
lius —  geb.  zu  Hülst  1510,  gest.  1576, 
seit  1568  Bischof  von  Gent ,  schrieb  eine 
„Uebereinstimmung  der  Evangelien",  und 
„Anmerkungen  zu  den  Psalmen  und  Sprü- 
chen" (1549,    1569,  1589). 

Janseniu.^  (HI.)  —  Cornelius  — 
(Cornelis  Jansen)  geb.  1585  zu  Acquoy 
bei  Leerdam ,  seit  1617  Prof.  d.  Theolo- 
gie u.  1635  Bischof  von  Ypern,  starb  1638. 
Er  war  ein  grosser  Gegner  der  Protestan- 
ten, und  nahm  es  dem  Könige  von  Frank- 
reich (in  einer  herausgegebenen  Schrift: 
„Mars  Galliens")  sehr  übel,  dass  er  die 
Ketzer  in  Deutschland  u.  Niederland  un- 
terstützte. (S.  Bayle,  Dictionn.  Art. 
Jansenius.)  Auch  führte  er  wegen  der 
Behandlung  der  Katholiken  in  Herzogen- 
busch einen  Federkrieg  mit  dem  bekann- 
ten Voetius.  Doch  s.  hinterlassenes 
Werk:  Augustinus,  worin  er  die  Lehre 
dieses  Kirchenhirten  hinsichtlich  der  mensch- 
lichen Freiheit  und  göttlichen  Gnade  dar- 
stellte,  ward  1641  von  Urban  VIII.  u. 
von  Alexander  VII.  verdammt  und  ein 
gewaltiger  Zankapfel  in  der  römischen  Kir- 
che, indem  Jansenius  Lehre  eine  Menge 
Anhänger  in  Brabant  und  Frankreich  fand, 
zu  welchen  Pascal,  D'Arnauld  u.  Ni- 


247 


Japix 


Joncktys 


248 


cole  gehörten,  welche  die  Autorität  des 
Papstes  nicht  anerkennen  wollten.  Diese 
Anhänger,  von  ihren  Gegnern  mit  dem  Na- 
men Jansenisten  benannt,  lehrten  die 
Prädestination  u.  forderten  strenges  Busse- 
thun.  Ihre  Gegner  waren  namentlich  die  Je- 
suiten, welchen  sie  eine  verderbliche  Sitten- 
lehre vorwarfen.  Obgleich  Clemens  XI. 
1705  diesen  jansenistischen  Anhang  zum 
dritten  Maie  verdammte,  so  dauerte  je- 
doch diese  Reibung  in  der  katholischen 
Kirche  bis  auf  unsere  Zeit  fort.  (S,  über 
Jansenius:  Foppens,  I.  p.  204 — 209, 
und  „  Biographien  niederländ.  Männer  u. 
Frauen",  III.  Th.  p.  190—197.) 

Japix  (III.)  —  Gisbert  —  (Jacobs) 
ein  berühmter  friesischer  Dichter,  lebte  v. 
1603  — 1666  zu  Bolsward,  wo  er  Schul- 
lehrer war,  erhob  sich  durch  gründliche 
Kenntniss  s.  Muttersprache  und  des  ver- 
wandten Holländischen  ,  so  wie  durch  das 
Studium  der  Meistersänger  in  letzterem, 
eines  Hooft,  Vondel,  Huygens  u.  A., 
über  die  meisten  s.  damaligen  CoUegen. 
Er  war  nicht  allein  von  s.  Zeitgenossen, 
dem  als  Literaten  u.  Geschichtsschreiber 
bekannten  Gabbema,  sehr  geachtet  und 
gerühmt,  sondern  auch  BVanciscus  Ju- 
nius  kam  aus  England  nach  Bolsward, 
um  sich  von  dem  Dichter  in  der  friesischen 
Sprache  unterrichten  zu  lassen.  Seine  Ge- 
dichte (Friesche  Riimlarije  —  wie 
Ypey  in  s.  „Gesch.  der  holländ.  Sprache" 
p.  513 — 515  angibt)  enthalten  Minnelie- 
der, Gespräche,  vermischte  Stücke  und 
52  Lieder  von  David,  in  fi'iesischen  Ver- 
sen. Die  erste  und  beste  Ausgabe  ist  zu 
Bolsward  1668,  zwei  Jahre  nach  dem  Tode 
des  Dichters  herausgekommen;  die  zweite, 
zu  Leeuwarden  1681  durch  Gabbema 
besorgt,  ist  mit  einigen  Stücken  in  Prosa 
vermehrt,  doch  in  der  Orthographie  und 
ausserdem  voll  grober  Fehler.  Man  hat  in 
neuerer  Zeit  mehrmals  neue  Ausgaben  die- 
ses Dichters  angekündigt.  Prof.  E  v  e  r- 
wijn  Wassenbergh  hat  s.  Biographie 
u.  Schriften  in  einer  lateinischen  Abhand- 
lung, welche  in  den  ,, Beiträgen  zur  Kennt- 
niss des  FViesischen  Dialekts"  eingerückt 
ist,  u.  Prof.  Rinse  Koopmans  in  einem 
holländischen ,  im  „Magazin  für  Wissen- 
schaft, Kunst  u.  Geschmack"  von  War- 
nars befindlichen  Aufsatze  bekannt  ge- 
macht. Ypey,  der  diesen  Dichter  in  dem 
angeführten  Werke  p.  514 — 527  ehrenvoll 
erwähnt,  stellt  ihn,  für  s.  Land,  als  Sprach- 
reiniger u.  Dichter  mit  Hooft  gleich. 


Jaricbs  (IL)  —  Sybe  —  verfasste 
eine  „Friesische  Chronik" ,  welche  vom 
Apostel  Thomas  bis  zum  J.  1435  geht, 
und  1725  von  Brouerius  Van  Nidek 
herausgegeben  wurde. 

Jeune  (VI.)  —  .  .  .  Le  —  Arzt  zu 
Verviers,  schrieb  eine  Flora  der  Umge- 
gend von  Spaa  (doch  ohne  die  Krypto- 
gamen). 

Joncktys  (III.)  —  Daniel  —  geb.  zu 
Dordrecht,  Arzt  u.  Schöppe  zu  Rotterdam, 
schrieb  1651  gegen  die  Folter,  deren 
schreienden  Misbrauch  er  bewies  und  we- 
nigstens Mässigung  verlangte.  Auch 
trug  er  viel  zur  Abschaifung  der  Hexen- 
processe  bei  (s.  Scheltema,  „Ver- 
mischte Schriften",  I.  Th.  3.  St.  p.  63). 
Er  übersetzte  mehrere  Werke  des  be- 
rühmte! breslauischen  Arztes  Sennert  aus 
dem  Lateinischen  ins  Holländische.  Zur 
Erholung  schrieb  er  in  holländischer  Spra- 
che (worin  auch  s.  andern  Werke  ver- 
fasst  sind  )  ,, Liebesgedichte  oder  Röschen's 
Aeugelein",  voll  artigen  Witzes  und  lieb- 
lich ;  doch  wählte  er  einen  Gegenstand, 
der  nothwendig  auf  die  Länge  monoton 
werden  muss,  denn  wie  geschickt  u.  sinn- 
reich der  Dichter  auch  sein  mag,  so  kann 
er  unmöglich  einen  ganzen  Band  hindurch 
dem  Leser  für  nichts  weiter  als  zwei  schöne 
Augen  Interesse  einflössen.  Er  mischt  zum 
Theil  Prosa  in  s.  Gedichte  nach  Art  des 
Dumoustier  („Lettres  ä  Emilie  sur 
la  Mythologie").  Dass  Joncktys  noch 
etwas  A'on  der  alten  Gewohnheit  des  Mit- 
telalters u.  der  französischen  Schule  des 
Dürfe  hat,  um  die  Liebe  haarklein  aus- 
zukramen, kann  man  schon  aus  der  Vorrede 
s.  Werkes:  ,, Liebesgedichte  auf  die  an- 
ziehende Liebenswürdigkeit  des  schönen 
Röschens,  nebst  einem  Beweise,  worin  die 
Liebesreize  am  meisten  bestehen",  entneh- 
men. Letzterer  ist  eigentlich  Prosa ,  mit 
vielen  Versen  durchflochten.  De  Vries,  der 
ins.  ,, Gesch.  d.  niederl.  Dichtkunst",  Th.I. 
p.  202  —  207  Proben  von  diesem  Dichter 
gibt,  ist  von  den  Schönheiten  s.  Gedichte 
entzückt.  Van  Kampen  jedoch  findet, 
dass  s.  Darstellungen  Alles,  nur  nicht  neu, 
sind ,  und  s.  ganzes  Verdienst  nur  in  der 
Lieblichkeit  des  Ausdrucks  besteht.  Ausser- 
dem verfasste  Joncktys  noch  das  Ge- 
dicht :  ,, Heutige  Venus  und  Minerva,  oder 
Streit  zwischen  denselben"  (über  den  P^ang), 
Dordr.  1641. 

Jon§^  —  Hadrianus  De  —  s.  H.  Ju- 
ni u  s. 


249 


Jonge 


Junius 


250 


Joiig^e  (VI.)  —  J.  C.  De  —  Substitut- 
Archi\  ar  des  Reichs ,  zeigte  sich  als  ein 
würdiger  Schüler  des  Van  Wijn  durch 
s.  interessanten  Untersuchungen  über  die 
Entstehung  der  Hukschen  u.  Kabel- 
jauschen  ZAviste,  durch  s.  Lebensbe- 
schreibung des  Floris,  Vogts  von  Hol- 
land während  der  INIinderjährigkeit  Flo- 
ris V.,  und  durch  s.  Geschichte  des  be- 
rühmten Seehelden  Evertsen. 

Jor1>Out  (IV.)  —  Paul  —  aus  äem 
Hennegau,  gest.  1693,  war  kaiserl.  Leib- 
arzt u.  gab  eine  „Allgemeine  Arzneikunde" 
heraus. 

Jordens  (VI.)  —  Gerard  David  — 
lateinischer  Dichter,  geb.  1714  zu  Deven- 
ter,  gest.  1803,  schrieb:  „Gellia'',  ein 
schönes  Liebesgedicht  (1763),  und  „Jo- 
seph", ein  Heldengedicht  (1795).  ( S. 
Peerlkamp,  ,,de  Belgis  qui  Latina  Car- 
mina  composuerunt"  p.  505 — 509.) 

Juuius  ( II. )  —  Hadrianus  —  (De 
Jo  n  g) ,  einer  der  grössten  Lateiner  des 
16.  Jahrhunderts,  geb.  1511  zu  Hoorn, 
bildete  sich  zu  Haarlem ,  Löwen  u.  Paris. 
Zu  Bologna  wurde  er  Dr.  d.  Medicin .  die 
er  mit  vielem  Ruhm  in  England  ausübte, 
und  dann  königl.  Leibarzt  in  Dänemark. 
1564  kehrte  er  nach  Haarlem  zurück,  wel- 
cher Stadt  er  die  Ehre  der  Erfindung  der 
Buchdruckerkunst  wieder  verschaffte.  Bei 
der  Belagerung  dieser  Stadt  (1572  u.  1573), 
wo  viele  s.  zum  Druck  fertigen  Schriften 
zu  Grunde  gingen,  entfloh  er  und  diente 
dem  Prinzen  von  Oranien  als  Arzt.  Hier- 
auf lebte  er  zu  Arnemuiden  in  Zeeland, 
wo  er  1575  starb.  Seine  vorzüglichsten 
Werke  sind  :  ..Emblemata  et  Aenigmata", 
Antw.  Plant.  1565.  „Nomenclator"  (W.  B. 
in  7  Sprachen),  Plant.  1567,  1577.  Fran- 
cof.  1599.  ..Lexicon  Graeco  -  Latinum", 
Basil.  1548,  Fol.  ,,Adversaria"  (vermischte 
Schriften),  VI  Bücher.  ,,Commentarius  de 
anno  et  mensibus  et  Fasti" ,  Bas.  1556. 
,,Adagia"  (Sprüchwörter,  Nachlese  zu  de- 
nen von  Erasmus,  800  an  der  Zahl), 
Bas.  1558.  „Philippeis,  seu  Carmen  he- 
roicum  in  nuptias  Philippi  II.  et  Mariae 
Reginae  Angliae*  ,  Lond.  1554,  4.  Drei- 
zehn Jahre  nach  s.  Tode  erschien  s.  Haupt- 
werk: „Batavia",  über  den  alten  Wohn- 
sitz der  Batavier  u.  Franken,  worin  man 
auch  die  berühmte  Stelle  über  Koster*) 


findet  (L.  B.  1588,  4.  Dordr.  1652).  Er 
schrieb  dieses  Werk  als  Historiograph  von 
Holland.  De  Groot  bekennt,  dass  dieses 
Werk  und  die  Chronik  von  Douza  ihm 
fast  alle  Materialien  zu  s.  antiquarischen 
Schriften  über  Holland  geliefert  haben. 
Der  Styl  desselben  ist  jedoch  rauh.  Fer- 
ner: „Poemata",  Antw.  Plant.  1599.  Ausser 
diesen  Originalwerken  übersetzte  er:  Eu- 
napius,  über  das  Leben  der  Sophisten; 
Hesychius  von  JVlilet;  die  Symposia- 
c a  von  Plutarchus,  und  die  medicini- 
schen  Fragstücke  von  Cassius  latro- 
sophista.  Der  letztern  Uebersetzung 
fügte  er  den  griechischen  Text  bei.  Noch 
gab  er  mit  Anmerkungen  heraus:  Plau- 
tus,  Virgilius,  Horatius,  einen  Theil 
von  Seneca,  Plinius,  Nonius  Mar- 
cellus  u.  Fulgentius.  Auch  besorgte 
er  einen  Auszug  der  besten  Anmerkungen 
von  Eustathius  zuHomerus,  in  einem 
Theile,  den  er  „Füllhorn"  nannte  und  der 
1558  zu  Basel  bei  Froben  gedruckt 
wurde.  (S.  über  Junius,  Foppens, 
p.  14,  16.  Saxe,  III.  234,  628.  „Bio- 
graphien niederl.  Männer  u.  Frauen",  IV. 
328  — 334  ) 

Junius  (HI.)  —  Franciscus  —  ein 
Franzose  aus  Bourges,  geb.  1545,  gest. 
1602,  wird  nach  mannigfaltigen  Verhält- 
nissen u.  Schicksalen  1592  Prof.  d.  Theo- 
logie zu  Leyden ,  wo  er  bis  zu  s.  Tode 
blieb.  (S.  „Biographien  niederl.  Männer 
u.  Frauen",  VI.  136—147,  und  Meur- 
sius,   Athen.  Batav.   p.  163.) 

Junius  (V.)  —  Franciscus  —  zweiter 
Sohn  des  Vorigen,  geb.  1587  zu  Heidel- 
berg, war  zuerst  Soldat,  widmete  sich  je- 
doch nach  dem  Frieden  den  Wissenschaf- 
ten, besonders  dem  Griechischen,  Hebräi- 
schen ,  Lateinischen  und  der  Mathematik, 
wählte  sodann  den  geistlichen  Stand  und 
ward  auf  Empfehlung  De  Groot's  1617 
Prediger  zu  Hillegondsberg;  doch  nach 
einigen  Jahren,  bei  der  Verfolgung  der 
Remonstrantischgesinnten  des  Amtes  ent- 
setzt, reiste  er  "nach  Frankreich  (1620) 
u.  England,  wo  er  dreissig  Jahre  blieb  u. 
Bibliothekar  bei  dem  berühmten  Grafen 
von  Arundel  und  Erzieher  dessen  Sohnes 
wurde.  Hier  legte  er  sich  auf  das  Stu- 
dium der  angelsächsischen  u.  andern  alten 
nordischen  Sprachen ,  namentlich  des  Go- 
thischen,    Cimbrischen  (der  Muttersprache 


6.  Dccbr.  1831  den  Anfsatz :  ,, Mainz  und  Haar- 
*)  S.  Närnb.  Friedens  -   n.  Kriega-Kurier  v.     lern"     von  Otto. 


251 


Junius 


Kantelaar 


252 


der  Schweden,  Dänen  u.  Isländer  nebst 
aller  ihrer  Töchter)  und  Alt  -  Friesischen. 
Ein  auf  Veranlassung  des  Grafen  geschrie- 
benes Werk  „über  die  Malerei  der  Alten" 
(gedr.  1637  zu  Amsterdam  bei  Blaau) 
war  eines  der  ersten  über  diesen  Gegen- 
stand und  von  ihm  selbst  ins  Holländische 
u.  Englische  übersetzt.  Um  1650  liess  er 
sich  zu  Amsterdam,  hierauf  im  Haag  nie- 
der, wo  er  eine  „Harmonie  der  Evange- 
lien" herausgab,  und  sich  alsdann  auf  eine 
noch  wenig  bearbeitete  Wissenschaft,  die 
vergleichende  Sprachkunde,  beson- 
ders zur  Aufhellung  der  Sprachzweige  des 
deutschen  Stammes,  legte.  1651  gab  er 
ein  „Wörterbuch"  der  Sprachwurzeln  und 
„Willer amus  Umschreibung  des  hohen 
Liedes"  1655  heraus.  Hierauf  begab  er  sich 
wegen  des  Studiums  der  friesischen  Landes- 
sprache nach  Friesland ,  und  brachte  zu 
diesem  Zwecke  zwei  Jahre  zu  Molquerum, 
Hinlopen,  Workum ,  hauptsächlich  aber  zu 
Bolsward  bei   Jap  ix  zu.     Später  trieb  er 


eifrig  Alt-Gothisch ,  und  gab  die  berühmte 
Uebersetzung  der  Evangelien  des  gothi- 
schen  Bischofs  Ulphilas,  dieses  kost- 
bare und  damals  einzige  Denkmal  des  äl- 
testen bekannten  Zweiges  des  germani- 
schen Sprachstammes  (es  ist  bekannt,  dass 
der  unermüdete  Angelo  Mai  nunmehr 
auch  zu  Rom  beträchtliche  Fragmente  der 
übrigen  Bibelübersetzung  aufgefunden  hat), 
welches  sich  von  der  Mitte-  des  4.  Jahr- 
hunderts unserer  Zeitrechnung  datirt,  nach 
dem  berühmten  in  der  königl.  schwedi- 
schen Bibliothek  befindlichen  sog.  Codex 
argenteus  mit  der  angelsächsischen  Ueber- 
setzung der  vier  Evangelien  aus  dem  8. 
oder  7.  Jahrhundert,  und  ein  gothisches 
Glossarium  im  J.  1665  zu  Dordrecht  her- 
aus. Im  J.  1675  kehrte  er  wegen  Unter- 
suchung von  Manuscripten  nach  England 
zurück,  und  starb  zu  Windsor  bei  s.  Nef- 
fen IsaakVossius.  (S.  De  Crane, 
„Oratio  de  Vossiorum  Juniorumque  fami- 
lia",  p.  27,  28,  33,  34.  Nott.  p.57et  seqq.). 


K. 


Kainpen  (VL)  —  N.  G.  Van  —  S. 

Vorrede  dieses  Werkes. 

Kamphuizen  (in.)  —  Dirk  Ra- 
faelszoon  —  geb.  1586  zu  Gorinchem,  stu- 
dirte  zu  Leyden,  wo  er  Ar  min  ins  An- 
hänger ward.  Deshalb  verfolgt  und  von 
dem  unglücklichen  Ledenberg  (Barne- 
veld's  Freund)  zum  Prediger  befördert, 
ward  er  1619  abgesetzt  und  musste  sich 
einige  Zeit  zu  Norden  in  Ostfriesland  auf- 
halten. Ungeachtet  harter  Verfolgungen 
ward  s.  feurige  Menschenliebe  dadurch  nur 
noch  vergrössert :  er  unterstützte  die  Dürf- 
tigen von  s.  Armuth ,  stand  den  an  der 
Pest  Sterbenden  bei  und  begrub  Leichen, 
die  Jeder  floh.  Von  da  zog  er  nach  Har- 
lingen,  doch  auch  hier  nicht  sicher,  da 
niedrige  Habsucht  die  500  Gulden  verdie- 
nen will,  die  auf  Entdeckung  des  Men- 
schenfreundes gesetzt  sind ,  begibt  er  sich 
nach  Ameland,  wo  jedoch  die  Luft  ihm 
nicht  zusagt,  und  endlich  nach  Dokkum, 
wo  es  ihm  vergönnt  ist,  die  letzten  Tage 
s.  mühseligen  Lebens  zu  beschliessen.  Er 
starb  daselbst  1626.  Während  s.  Aufent- 
halts zu  Harlingen  u.  Dokkum  schrieb  er 
s,  „Erbaulichen  Gedichte",  jenes  unver- 
gängliche Denkmal  christlichen  Glaubens 
und  lauterör  Tugend.     Ausser  dieser  Samm- 


lung (woraus  die  Mai-Morgenstunde 
als  eines  der  schönsten  Lieder  bekannt  u. 
berühmt  ist)  schrieb  Kamphuizen  auch 
eine  poetische  Umschreibung  der  Psal- 
men. Sehr  richtig  bemerkt  ein  berühmter 
Kunstrichter,  dass  die  kräftige,  sinnreiche, 
bündige  Manier  dieses  Dichters  das  Werk 
s.  eigenen  Genies  war,  das  sich  durch 
keine  Widerwärtigkeit  beugen  liess. 

Kantelaar  (VI.)  —  Jacobus  —  geb. 
1759  zu  Amsterdam ,  widmete  sich  auf 
dem  Athenäum  daselbst  mit  solchem  Eifer 
den  Wissenschaften,  dass  Schultens  ihn, 
mit  den  vorzüglichsten  Zeugnissen  ver- 
sehen, auf  die  Universität  zu  Leyden  über- 
gehen liess ,  wo  er  sich  bald  die  Freund- 
schaft und  Achtung  des  Ruhnkenius  u. 
Valckenaer  erwarb.  Ausgerüstet  mit 
orientalischer  und  occidentalischer  Sprach- 
kenntniss  kehrte  er  zurück,  ward  Prediger 
bei  den  Reformirten  zu  Westwoude  u.  bald 
darauf  in  den  schönen  overysselschen  Flek- 
ken  Almelo  berufen.  1781  schrieb  er  ein 
„Specimen  Academicum  in  quaedam  N.  T. 
loca".  Fortgerissen  von  der  Volks-Partei, 
legte  er,  als  der  Adel  1787  durch  Preussen 
den  Sieg  davon  trug,  s,  Amt  nieder,  ging 
nach  Amsterdam,  wo  er  ausschliesslich  den 
Wissenschaften  lebte.     Hier  schrieb  er  un- 


253 


Kasteele 


Kate 


254 


ter  Anderin  die  schöne  „Abhandlung  über 
das  Hirtengedicht",  welche  1791  von  der 
Gesellschaft :  ,, Kunst  wird  durch  Arbeit 
erlangt",  gekrönt  und  in  den  2.  Theil  der 
„Werke  der  Gesellschaft  für  schöne  Kün- 
ste u.  Wissenschaften"  aufgenommen  wur- 
de. 1793  hielt  er  in  der  Gesellschaft: 
„Für  das  allgemeine  Beste",  eine  Rede 
,,über  den  Einttuss  der  wahren  Aufklärung 
auf  das  Loos  der  Frauen",  welche  er  mit 
Anmerkungen  versehen  herausgab,  und  be- 
gann mit  Feith  die  Beiträge  über  al- 
lerlei Gegenstände  der  schönen  Wissen- 
schaften, welche  zur  Bildung  des  Ge- 
schmacks viel  beigetragen  haben.  Am  20. 
Juni  1794  hielt  er  auf  den  Tod  Schul- 
tens  in  der  oben  erwähnten  Gesellschaft 
(Kunst  u.  s.  \v. )  jene  berühmte  Lobrede 
auf  s.  Lehrer,  welche,  mit  Ausnahme  der 
von  Van  der  Palm  auf  Borger,  die 
beste  in  der  niederländischen  Literatur  ist. 
Die  Revolution  von  1795  entrückte  Kan- 
teiaar  diesen  friedlichen  Beschäftigungen. 
Von  Overyssel  zum  Mitglied  der  National- 
versammlung gewählt,  war  er  durch  sie- 
gende Beredsamkeit  bald  eines  der  Häup- 
ter der  gemässigten  Partei.  Doch  über 
rohe  Gewalt  und  physische  Kraft  ver- 
mochte Beredsamkeit  nichts.  Mit  Hülfe  von 
Soldaten  ward  er  mit  den  andern  Häup- 
tern der  Gemässigten  am  22.  Jan.  in's  Ge- 
fängniss  und  erst  den  12.  Juni  durch  eine 
neue  Revolution  in  Freiheit  gesetzt.  Ob- 
gleich wieder  zu  Staatsämtern  berufen, 
lehnte  er  dieselben  ab ,  und  gab  sich  (ein 
sonderbarer  Entschluss  für  einen  solchen 
Geist)  dem  Effektenhandel  hin.  In  den 
letzten  Jahren  s.  Lebens  wurde  er  durch 
Körper  -  u.  Seelenleiden  zu  anhaltender 
Beschäftigung  unfähig ;  doch  gab  er  noch 
mit  Siegenbeek  die  literarische  Zeit- 
schrift „Euterpe"  heraus,  worin  er  unter 
Anderm  die  Biographien  von  mehreren  we- 
niger bekannten  niederländischen  Dichtern, 
so  wie  ein  Gedicht  auf  Schi  minel  pen- 
nin ck  gab.  Kantelaar  starb  1821.  Zu 
bedauern  ist ,  dass  so  wenig  von  ihm  bis 
jetzt  in  Druck  erschien,  doch  liess  Prof. 
Siegenbeek  die  baldige  Herausgabe  einer 
von  ihm  veranstalteten  Sammlung  s.  ver- 
schiedenen Werke  hoffen. 

Kasteele  (VI.)  —  Pieter  Leonard 
Van  —  Pensionär  von  Haarlem,  als  solcher 
ein  grosser  Beschützer  der  Volks  -  oder 
patriotischen  Partei  und  einer  von  Denen, 
welche  das  Regierungs-Reglement  für  Haar- 
lem entwarfen.     1787  wurde  er  des  Amtes 


entlassen,  erschien  jedoch  1795  wieder  auf 
dem  Schauplatz,  und  in  die  Nationalversamm- 
lung berufen,  zeichnete  er  sich  im  Finanz- 
fache aus,  bei  welchem  er  in  allen  Regie- 
rungswechseln ,  auch  unter  Ludwig  Na- 
poleon, der  ihn  achtete,  angestellt  blieb. 
Er  starb  1811.  Kasteele,  vortheilhaft 
als  Dichter  bekannt,  schrieb  (mit  Alphen, 
s.  Freunde)  eine  Sammlung  „E^rbaulicher 
Poesien" ,  worunter  sich  mehrere  vortreff- 
liche Kirchenlieder,  die  auch  zum  Theil 
unter  die  evangelischen  Gesänge  der  re- 
forniirten  Kirche  aufgenommen  sind ,  wie 
z.  B.  „Jesus  Herrlichkeit" ,  „Jesus  Ge- 
burt" befinden.  Während  er  amtlos  zu 
Haarlem  lebte ,  trug  er  einige  Gesänge 
Ossian's  aus  Macpherson's  Ueber- 
setzung  in  holländische  Hexameter 
über;  ein  gewagtes  Unternehmen,  welches 
ihm  aber,  nach  dem  Urtheil  der  Kenner, 
geglückt  ist,  wie  nicht  minder  die  von  ihm 
1798  gegebene  Uebersetzung  von  Klop- 
stock's  u.  Wieland's  Oden. 

Kasteleyn  (V.)  —  Pieter  Johannes  — 
geb.  zuBreukelen,  war  Apotheker,  ein]  tüch- 
tiger Chemiker  und  Dichter.  Ausser  einer 
sehr  gelungenen  Uebersetzung  des  deut- 
schen Trauerspieles  C  o  drus  von  Croneck 
und  anderer  Stücke  deutscher  Dramatiker 
schrieb  er  die  Trauerspiele:  Eduard  HL 
und  Olintes,  so  wie  zwei  Theile  ver- 
schiedener Poesien ,  worunter  Oden  und 
das  Lehrgedicht  ,.ein  fester  Glaube  an  die 
Vorsehung",  im  7.  Th.  der  Schriften  von 
der  leydener  Gesellschaft:  „Kunst  wird 
durch  Arbeit  erlangt".  Er  starb ,  nach 
einem  nicht  glücklichen  Leben  1793,  erst 
43  Jahre  alt. 

Kate  (V.)  —  Lambert  Ten  —  geb. 
1674  zu  Amsterdam,  lebte  still  u.  zufrie- 
den, in  ehelosem  Stande,  von  Unterricht 
in  der  Mathematik,  im  Rechnen  und  Buch- 
fuhren. Er  war  der  Erste,  welcher  den 
wahren  Ursprung  der  holländischen  Spra- 
che untersuchte.  Bereits  1708  schrieb  er 
einen  Brief  an  s.  Freund  V  er  wer,  der 
zwei  Jahre  später  unter  dem  Titel :  „Ueber- 
einstimmung  zwischen  der  gothischen  und 
niederdeutschen  Sprache"  erschien;  ein 
Büchelchen,  welches  selbst  von  Schlegel 
in  den  heidelberger  Jahrbüchern  mit  ver- 
dientem Lobe  erwähnt  wird.  Nachdem  er 
Mösogothisch ,  Fränkisch ,  Angelsächsich, 
Hochdeutsch ,  Isländisch  u.  Friesisch  mit 
dem  Holländischen  und  die  für  Ihn  unzu- 
länglichen Vorarbeiten  eines  Hoogstra- 
ten.  Kok,  Winschoten,  Nyloe,  Se- 


255 


Kate 


Kemper 


256 


wel  u.  Verwer  verglichen  hatte,  wurde 
die  Juniussche  Ausgabe  der  berühmten 
Uebersetzung  der  Evangelien  von  Ulphi- 
las  (S.  Art.  Junius)  eine  reiche  Fund- 
grube für  seine  Untersuchungen.  Er  be- 
handelte die  Sprache  wie  die  Gegenstände 
der  Maler-,  Bildhauer-  u.  Tonkunst,  wor- 
in der  Künstler  das  ideale  Schöne  auf- 
sucht*). Aus  diesem  erhabenen  Standpunkt 
betrachtet,  mussten  Regelmässigkeit  und 
Wohllaut  in  der  Sprache  ihn  besonders 
fesseln.  Nach  sehr  interessanten  angestell- 
ten historischen  Sprachforschungen  grün- 
dete er,  mit  der  Fackel  der  Philosophie  in 
der  Hand ,  gleich  s.  Zeitgenossen  H  e  m- 
sterhuis  u.  Schultens,  die  Sprache 
auf  die  Analogie  und  regelmässige 
Ableitung,  und  wurde  dem  zufolge  be- 
reits der  unbekannte  Vorläufer  der  vor- 
trefflichen Werke  eines  Adelung,  Vater 
und  anderer  philosophischer  Sprachkenner. 
Seine  1723  in  zwei  Theilen  in  gr.  4.  er- 
schienene „Anleitung  zur  Kenntniss  des 
erhabenen  Theiles  der  holländischen  Spra- 
che" ist  ein  classisches  Werk,  welches  in 
philosophischer  Hinsicht  und  durch  scharf- 
sinniges Eindringen  in  den  Geist  der  all- 
gemeinen Sprachkunde,  später  nur  von 
Bilderdijk's  „Geschlechter  der  Nenn- 
wörter", und  in  musikalischer  Auseinan- 
dersetzung der  Laute  allein  von  K 1  i  n- 
ker's  „Abhandlung  über  die  holländische 
Prosodie"  übertroifen  wird.  Aber  Ten 
Kate,  ein  Jahrhundert  früher,  brach  die 
Bahn ,  und  noch  nennen  sich  die  grössten 
Sprachkenner,  wie  alle  die  des  18.  Jahr- 
hunderts, mit  Dankbarkeit  seine  Schüler. 
Er  starb  1732.  —  Ausser  s.  grossen  Sprach- 
werke gab  er  noch  einige  andere ,  meist 
theologische     Schriften    heraus ,     nämlich : 


♦)  Ten  Kate  war  eiu  vorzüglicher  Kenner 
der  schönen  Künste ,  vertraut  mit  dem  Maler 
Huisum,  dem  er  eine  bessere  Methode  der 
Blumenmalerei  an  die  Hand  gab,  und  mit  dem 
berühmten  Bildhauer  Xavery,  in  dessen  Ate- 
lier er  einen  Blitze  |  schleudernden  Jupiter ,  den 
der  Künstler  nicht  treffen  koonte,  in  kurzer  Zeit 
zu  dessen  Verwunderung  aus  dem  Marmor  her- 
vorrief. (S.  T  Olli  US,  „Abhandl.  über  Ten 
Kate"  p.  32 ,  31 ,  aus  welcher  man  die  schöne 
Stelle  von  Ten  Kate  in  dessen  ,, Anleitung 
zur  Kenntniss  des  erhabenen  Theiles  der  hol- 
ländischen Sprache" ,  worin  er  die  ideale  uud 
kunstgerechte  Behandlung  der  Sprachgelehrsam- 
keit anpreist,  am   besten  , erklären  kann. 


,,den  Schöpfer  und  seine  Regierung  aus 
seinen  Schöpfungen  zu  erkennen" ,  nach 
dem  Englischen;  —  „Abhandlung  über  das 
Leben  und  Sterben" ,  nach  dem  Französi- 
schen des  Mornay,  1728;  —  „Drei  wich- 
tige Betrachtungen  des  Gemüths",  1728;  — 
„Das  Leben  unseres  Heilandes  Jesus  Chri- 
stus, oder  Uebereinstimmung  der  vier  Evan- 
gelisten", 1732  (nach  Ten  Kate's  Tode 
herausgegeben).  Noch  befinden  sich  in 
der  Bibliothek  des  Athenäums  zu  Amster- 
dam vier  Theile  in  Fol.  Handschriften 
von  ihm ,  welche  enthalten :  „Abhandlung 
über  die  Lautkunde"  (musikalisch  behan- 
delt, schon  von  1699);  —  „über  das  Er- 
forderniss  der  Dichtkunst" ;  —  „mathema- 
tischer Entwurf  der  Schreibkunst"  (1702); 

—  ,, Briefwechsel  mit  H.  Van  Limborch" 
(im  Haag) ;  —  ,,über  das  Verhältniss  der 
menschlichen  Glieder"  u.  s.  w.;  —  „Ab- 
handlung über  das  ideale  Schöne  der  Ma- 
ler, Bildhauer  und  Dichter"  (1724  in  fran- 
zös.  Sprache  erschienen),  und  endlich  ,5Er- 
örterung  und  Beschreibung  von  Zeichnun- 
gen". (S.  über  Ten]  Kate:  „Siegenbeek's 
Museum"  L  Th.  p.  1—37.  H.  Th.  p.  202 

—  219.) 

Keessel  (VT.)  —  Dionysius  Gode- 
fried  Van  De  —  geb.  1738  zu  Deventer, 
studirte  zu  Leyden ,  arbeitete  zuerst  als 
Advokat  am  haager  Gerichtshofe,  ward 
hierauf  1762  als  Professor  nach  Groningen 
u.  1771  nach  Leyden  berufen,  welcher 
Universität  er  45  Jahre  lang  zur  Zierde 
diente,  während  s.  Vorlesungen  eine  Menge 
der  geschicktesten  Juristen  bildeten  u.  er 
zu  s.  Zeit  wahrhaft  der  niederländische 
Scävola  war.  Er  starb  1816.  Seine 
Verdienste  hat  s.  College  Van  Voorst 
in  einer  ,, Oratio  de  Consensu  Principum 
Europaeorum  in  profitenda  Religione  Chri- 
stiana" (p.  30 — 33)  bei  der  jährlichen  Er- 
wähnung der  Ereignisse  der  Universität 
sehr  beredt  gewürdigt.  Ausser  sechs  Re- 
den über  s.  Fach  hat  er  Lehrsätze  zur 
Erklärung  von  De  Groot's  „Einleitung 
in  die  holländische  Jurisprudenz"  (1800, 
in  4.)  herausgegeben. 

Kemp  (IV.)  —  Abraham  —  gab  1656 
eine  ,. Beschreibung  von  Gorinchem". 

Kemper  (VL)  —  Jan  Melchior  — 
geb.  zu  Amsterdam ,  bildete  sich  auf  dem 
Athenäum  unter  Cras  u.  Wyttenbach 
zum  Juristen  und  Literaten,  wurde  1798 
Prof.  zu  Harderwijk,  1806  Prof.  des  Ci- 
vilrechts  zu  Amsterdam,  und  1809  des  Na- 
tur-   u.  Staatsrechts   zu  Levden.     Wie  er 


257 


Kempher 


Kiliaan 


258 


diesem  Berufe  entsprochen,  bezeugen  s.  zahl- 
reichen Zuhörer;  ^vie  er  damit  die  feurig- 
ste Vaterlandsliebe  und  die  grössten  Auf- 
opferungen für  das  Vaterland  verbunden 
hat,  dies  möge  die  Geschichte  bezeugen. 
^Vährend  ein  Stassart  eifrig  die  Gardes 
dhonneur  für  s.  Herrn  und  Meister  aus- 
suchte, %virkte  ihm  Kern  per  mit  Lebens- 
gefahr entgegen.  Als  die  Revolution  be- 
wirkt war  und  Kern  per  \mter  glänzenden 
Aemtern  die  Wahl  hatte,  trat  er  wieder  in 
s.  Posten  als  Prof.  zu  Lejden  ein ,  und 
nur  darum  nahm  er  in  der  Versammlung 
der  Staaten  eine  Stelle  an,  um  Niederland 
durch  ein  neues  Gesetzbuch  von  den 
Gesetzen  Napoleon's  zu  befreien,  wel- 
che Bestrebungen ,  wie  es  scheint ,  nicht 
ganz  fruchtlos  sein  werden.  Seine  akade- 
mischen und  andern  Reden ,  sowohl  in  la- 
teinischer als  holländischer  Sprache ,  ath- 
men  eine  männliche  Beredsamkeit,  worin 
er  eine  der  Stützen  in  Niederland's  Ver- 
sammlung der  Staaten  ward.  Er  trug 
zweimal  in  dem  Teylerschen  Verein  den 
Preis,  das  zweite  IMal  den  goldenen  da- 
von: „über  den  Einfluss  der  Staatsereig- 
nisse seit  fünf  und  zwanzig  Jahren".  Wer 
K  e  m  p  e  r ,  diesen  Mitbefreier  Niederland's 
von  dem  französischen  Joche ,  der  im  Juli 
des  J.  1826  starb,  näher  kennen  lernen 
will,  der  lese  Van  der  Palm 's  Lobrede, 
Klijn's  Grabrede,  Siege nbeek's,  den 
23.  Sept.  1824  in  dem  grossen  Hörsaale 
der  leydener  L^niversität  dargebrachte  la- 
teinische Huldigung,  welche  sich  in  den 
Annalen  dieser  Universität,  und  in"s  Hol- 
ländische übersetzt,  in  der  Neuen  Mne- 
mosyne  der  Herren  H.  W.  und  B.  T. 
Tijdemann  im  V.  Th.  p.  303  —  335  be- 
findet. 

Kempher  (V.)  —  G,  —  verfasste 
unter  Anderm :  „Chronik  der  Aebte  von 
Egmond"  (Alkm.  1732,  4);  „Vierte  Säcu- 
larfeier  der  leydener  Universität"  (1725,4.); 
, .Beschreibung  von  Japan"  (Amst.  1733, 
Fol.) ;  „Schäfergedichte"  (Leyden  1732,  4.) 
und  Uebersetzung  der  Hymnen  von  Pru- 
dentius    (Amst.,  8.). 

Kerckring^  (IV.)  —  Theodor  —  aus 
Hamburg,  Arzt  zu  Amsterdam,  gest.  1693, 
beschrieb  die  nach  ihm  benannten  Klappen 
des  Darmkanals  in  s.  „Specilegium  anato- 
micum"  (Amst.  1670),  und  verfasste  eine, 
gute  Beobachtungen  enthaltende  „Osteo- 
logia    foetuum". 

Merseboom  (VL)  -  Willem  —  Ma- 
thematiker. 


Kesteloot  (VI.)  —  ...  —  vorher 
Arzt  zu  Rotterdam  und  im  Haag,  dann 
Professor  zu  Gent  u.  College  des  Kluys- 
kens,  zeigte  in  s.  „Lobrede  auf  Boer- 
have",  besonders  in  den  Noten,  einen  Schatz 
medicinischer  Kenntnisse. 

Keulen  (II  u.  III.)  —  Ludolf  Van  — 
geb.  1539  zu  Hildesheim,  gest.  1610,  hielt 
sich  in  Holland  auf,  war  Prof.  des  Fe- 
stungsbaues zu  Leyden  u.  schrieb :  „Von 
dem  Zirkel;  Tabellen  der  Sinusse,  Tan- 
genten und  Secanten",  zuletzt  „vom  Zins" 
(2._Ausg.  Leyd.  1615,  nach  s.  Tode  von  s. 
Wittwe,  Adriana  Symons,  besorgt;  die 
1.  Ausg.  erschien  1596  zu  Delft,  dem  Prin- 
zen Moritz  dedicirt).  In  diesem  Werke 
befinden  sich  auch  s.  „Künstlichen  Fragen", 
worin  er  viele  Kenntnisse  der  Analysis  u. 
Geometrie  s.  Zeit  an  den  Tag  gelegt  hat, 
und  von  welchen  der  Mathematiker  Lau- 
rens Praalder,  Lehrer  an  der  Stiftung 
der  Frau  Van  Renswouds  zu  Utrecht, 
später  Auflösungen  gegeben  hat.  Ferner : 
,, Arithmetische  und  Geometrische  Funda- 
mente", Leyd.  1616,  wovon  ein  Jahr  früher 
S  n  e  1 1  i  u  s  eine  lateinische  Uebersetzung, 
und  das  Buch  über  den  Zirkel  1619  in 
lateinischer  Sprache  herausgab.  Das  von 
Keulen  berechnete  und  durch  eine  grosse 
Menge  Zahlen  ausgedrückte  Verhältniss 
des  Umfanges  zum  Diameter  des  Zirkels, 
bekannt  unter  dem  Namen  der  Ludolf- 
schen  Zahl,  hat  demselben  einige  Be- 
rühmtheit erworben.  (S.  Kästner's  geo- 
metr.  Abhandl.  ,   2.  Samml. ,    Gott.  1791.) 

Kicl£X(VI.)  —  ...  De— Apotheker  zu 
Brüssel,  verfasste  eine  Flora  dieser  Stadt, 
machte  meteorologische  Beobachtungen  da- 
selbst, u.  unternahm  1822  mit  dem  Ma- 
thematiker Quetelet  eine  Reise  nach  der 
merkwürdigsten,  zu  wenig  bekannten,  Höhle 
von  Han  in  den  Ardennen,  auf  den  Gren- 
zen von  Namur,  Lüttich  u.  Luxemburg. 

Kiliaan  (III )  —  Cornelis  —  geb.  zu 
Dulfel  in  Brabant,  50  Jahre  Corrector  der 
P  laut  ijn  sehen  Druckerei,  benutzte  s. 
Müsse  dazu,  mehrere  lateinische  Epigram- 
me zu  verfertigen,  Comines  u.  Guic- 
ciardini  in's  Lateinische  zu  übersetzen 
und  sein  berühmtes  „Wörterbuch  der  hol- 
ländischen Sprache"  zu  schreiben,  welches 
den  damaligen  Zustand  dieser  Sprache 
sehr  gut  kennen  lehrt.  Kiliaan,  1607 
in  einem  Alter  von  ohngefähr  70  Jahren 
gestorben,  ward  wegen  dieses  Werkes  das 
höchste  Lob  der  Zeitgenossen  und  Nach- 
kommen zu  Theil.  Lipsius  sagte  von 
9 


259 


Kinker 


Kirckhoff 


260 


ihm:  „wer  Holländisch  liebt,  muss  Kiliaan 

lieben";    Huydecoper  nennt  ihn:   „die 

einzige   Fackel,   an   der   wr    gegenwärtig 

unsere    Kerzen    anzünden    müssen",     und 

Ten  Kate,  der  Kiliaan's  Wörterbuch 

das   allervortrefflichste  nennt,   sagt; 

dass    sein    Lob    nicht    genug    vergrössert 

werden     kann.        Die    frühern     Ausgaben 

dieses  Werkes   waren   Ton   1588   u.  1598 ; 

die  dritte,  von  1599  zu  Antwerpen,  Avurde 

von  dem  Verf.  selbst  revidirt  und  für   die 

beste  gehalten.     Die  darauf  folgenden  von 

1623   u.    1632   zu   Utrecht   w^erden    eben- 
falls für  gut  gehalten,  doch  die  beste  ist  die 

von  Van  Hasselt,  Utrecht  1772,  2Thei- 

le  ,    4. ,  mit  interessanten  Anmerkungen  u. 

Anhängen  von  dem  Herausgeber. 
Kinker  (VI.)  —  Johan  —  geb.  1764 

zu  Nieuw er-Amstel ,  widmete  sich  der  Ju- 
risprudenz  und    trieb    als  Lieblingsstudiura 

Philosophie    und   Dichtkunst.     In  letzterer 

zeichnet  er  sich  durch  einen  philosophischen 

Schwung  aus,   neigte    sich  jedoch  anfangs 

mehr    zur    Manier    der   Franzosen,    deren 

Sprache  u.  Literatur   er  vollkommen  Älei- 

ster  ist,  und  übersetzte  unter  Anderen  die 

„Tempelherren"  des  Raynouard  (1805). 

Sein  erstes,    nicht   unberühmtes  niederlän- 
disches Trauerspiel :  ,,Almanzor  und  Zähra" 

erschien  1804.     Er  übersetzte  Schiller's 

,, Jungfiau  von  Orleans"  und  ,,Maria  Stuart" 

in  ungereimten  Jamben.  Kinker  war  mit 
Van  Hemert  der  vornehmste  Beschützer  in 
Niederland  von  Kant' s  Philosophie.  Seine 
Uebersicht  derselben  ist  sogar  in's  Französi- 
sche übersetzt  worden.  Zu  den  Gegenstän- 
den, welche  ausser  der  Philosophie  s.  Geist 
am  meisten  beschäftigten,  gehörte  die  Theo- 
rie der  Sprache  ,  besonders  in  musikalischer 
Hinsicht,  und  man  kann  sagen,  dass,  wie 
Bilderdijk  in  der  Etymologie,  so  Kin- 
ker in  der  Lautlehre  der  Sprache  die 
erste  Stelle  einnimmt.  Hiervon  gab  er 
einen  glänzenden  Beweis  durch  die  gelehrte 
Abhandlung:  „eine  Probe  der  holländi- 
schen Prosodie,  nach  dem  Rhythmus  und 
dem  Metrum  der  Alten,  in  so  weit  beide 
in  der  holländischen  Poesie  eingeführt 
werden  können".  Sein  Gefühl  für  Musik 
veranlasste  auch  s.  Lob  des  Haydn,  den 
er  schön  besungen  hat,  dann  die  Poesie, 
zwei  Gedichte,  die  s.  Schüler,  der  Artil- 
lerie-Lieutenant von  Eichstorff,  in's 
Deutsche   übersetzt   hat*).     Kinker  be- 

*)  P.F.L.  V.  Eichstorff,  „deutsche  Blu-     einer    Abhandlung   über    die  nieder!.    Poeile", 
menlese    aus    niederländigchen    Dichtem,    nebst     Leipzig,  IPM.  b.  Wienbrack. 


sang  auch  1801  das  neue  Jahrhundert, 
1802  den  allgemeinen  Frieden,  und  hatte, 
in  den  ersten  Jahren  nach  der  Revolution, 
den  vorzüglichsten  Antheil  an  der  politi- 
schen humoristischen  Zeitschrift:  ,,der  Wie- 
derkäuer" (Her kaauwer ),  worin  er  im 
Allgemeinen  die  Politik  im  Grossen  als  ein 
Mittel  betrachtet,  die  Menschen  zu  den 
Begriffen  zu  erziehen,  die  nach  s.  Mei- 
nung die  höchsten  und  wahren  sind,  und 
die  er,  wie  aus  mehreren  s.  Gedichte  er- 
hellt, in  dem  Orden  der  Freimaurer  zu 
finden  glaubt.  Kinker  ging  1818  als 
Prof.  der  Philosophie  und  niederländischen 
Literatur  nach  Lüttich. 

KJnshot  (HL)  —  Caspar  —  aus  Ha- 
genau ,  befand  sich  im  Gefolge  der  Abge- 
sandten zum  münster 'sehen  Frieden,  starb 
aber  schon  zu  Anfang  s.  politischen  u.  li- 
terarischen Laufbahn  im  J.  1650,  erst  25 
Jahre  alt.  Er  Avar  der  vertraute  Freund 
von  Nicolaas  Heinsius,  und  unter 
den  zahlreichen  Gesandten  bei  diesem  Frie- 
denscongresse  w  ar  K  i  n  s  h  o  t  als  Literat, 
namentlich  von  dem  Cardinal  Chigi,  nach- 
herigem Papst  Alexander  VII.,  sehr  ge- 
achtet. Von  den  neuern  Schriftstellern  rüh- 
men diesen  lateinischen  Dichter:  Hoeufft 
(„Parnassus  Latino  -  Belgiens  " ,  p.  181), 
Peerlkamp  (ib.  324  —  330)  u.  Collot 
D'Escury  („Holland's  Ruhm",  IL  Th. 
p.  85,  86.  Anmerk. ,  p.  227,  262)  um 
die  Wette.  Seine  von  Jacob  Grono- 
vius  1684  herausgegebenen  Gedichte  ent- 
halten in  vier  Büchern :  1)  „  Religiöse 
Gedichte",  2)  „Elegien  und  Eklogen", 
3)  „Waffenthaten" ,  4)  „Vermischte  Ge- 
dichte". Darunter  scheinen  sich  Gedichte 
auf  den  Entsatz  von  Leyden  und  den  mün- 
sterschen  Frieden  auszuzeichnen.  Die  Be- 
scheidenheit dieses  Dichters  war  so  gross, 
dass  er  s.  Gedichte  verbrennen  wollte;  da 
aber  schon  zu  viele  derselben  im  Umlauf 
waren,  so  gab  er  einem  Freunde  den  Auf- 
trag ,  eine  Auswahl  daraus  zu  veranstalten. 
Äirckhoflf  (VI.)  —  . . .  Ritter  De  — 
geb.  1789  im  Limburgischen,  verfasste  einige 
sehr  geschätzte  medicinische  Werke,  näm- 
lich :  , .Dissertation  sur  l'air  athmosph^rique 
et  de  son  influence  sur  l'^conomie  animale", 
Strasb.  1811,  4.,  2.  Ausg.  Maastr.  1816, 
8.  „  Observations  m^dicales  faites  pen- 
dant  les   campagnes  de  1812  et  de  1813, 


261 


Kist 


Kluit 


262 


ou  Histoire  des  maladies  observees  k  la 
grande  armee  Francaise,  lors  de  ces  Cam- 
pagnes",  Maastr.  1814,  8.,  2.  Ausg.  1822 
bei  Van  Schoonhoven  zu  Utrecht  iii's 
HoUändische  übersetzt  von  Dr.  Van  der 
Bosch  aus  Rotterdam.  „Hygiene  mili- 
taire",  Maastr.  1815  (2.,  sehr  vermehrte 
Ausg.  1823) ,  in's  Holländische  übersetzt 
von  Dr.  Milius  zu  Amersfoort.  „Obser- 
vations  pratiques  sur  la  fievre  adjnanii- 
que" ,  Anv,  1818 ,  8.  „Abhandlung  über 
den  militärischen  Sanitätsdienst",  Utr.  1822, 
8.  Ausserdem  schrieb  De  Kirck  ho  ff,  un- 
ter Anderm,  über  „Plica  Polonica",  „Gan- 
grene nosocomiale" ,  eine  Art  von  Phthi- 
sie  muqueuse ,  welche  Aufsätze  sich  in  der 
raedicinischen  Zeitschrift  „Hippokr  ates" 
u.  anderwärts  zerstreut  finden. 

Kist  (VI.)  —  Ewald  —  geb.  1762  zu 
Woerden,  1796  Prediger  zu  Arnhem  und 
1797  zu  Dordrccht,  wo  er  bis  zu  s.  Tode 
1822  allgemeine  Liebe  u.  Achtung  genoss, 
war  wegen  s.  Strenge,  Gemüt hlichkeit  u. 
seines  tief  ergreifenden  Vortrags  berühmt, 
und  verband  mit  ersterer  die  schönen  Kün- 
ste u.  Wissenschaften,  welche  das  Leben 
verschönern  und  das  Gemüth  veredeln.  Mu- 
sik ,  Kenntniss  der  Alten ,  ihrer  grossen 
Dichter,  Redner  u.  Philosophen,  so  wie 
die  der  neuern  Zeiten,  trugen  zu  s.  Bildung 
bei,  und  daher  der  sichere  Styl,  jene  darin 
herrschende  Deutlichkeit  und  Zierlichkeit, 
welche  Van  der  Palm,  wie  er  öffent- 
lich bezeugt  hat,  zum  Muster  gedient  ha- 
ben. Seine  literarischen  Verdienste  be- 
weisen unter  Anderm:  ein  Theil  Reden 
über  allerlei  Gegenstände  der  Beredsam- 
keit, Philosophie  u.  Literatur;  s.  Lobrede 
auf  den  geistreichen  und  gelehrten  Buch- 
händler u.  lateinischen  Dichter  VanBraam, 
und  s.  Lob  Geliert's  in  der  Mnemo- 
syne.  Als  Prediger,  in  s.  Hauptfache, 
gab  er  „Predigten  über  Gottes  Tugenden" 
(Amst.  1803)  und  andere  Predigten  heraus. 
Einige  s.  nachgelassenen  Predigten  sind 
von  s.  ältesten  Sohne  mit  einer  Biographie 
des  Vaters  herausgegeben  worden. 

Kist  (VI.)  _  .  .  .  —  Verf.  folgender 
Romane :  „Junker  von  Blankenheim",  „der 
wiedergefundene  Ring  des  Gyges",  „Eduard 
von  Eichenhorst" ,  „  die  Wunderbrille  " , 
„Barend  von  Porderen"  u.  einiger  andern, 
unter  welchen  der  mehrmals  in  Druck  er- 
schienene „Ring  von  Gyges",  eine  Samm- 
lung niederländischer  Charaktere  oder  häus- 
licher Scenen,  zu  welchen  der  Verf.  ver- 
mittelst des  bewussten  unsichtbarmachenden 


Ringes  den  Zutritt  hat,  bei  weitem  den 
Vorzug  Aerdient. 

Klerk  (I.)  —  Nicolaas  De  —  aus 
Antwerpen,  setzte  in  s.  „Brabanter  Tha- 
ten"  die  Geschichte  von  ßrabant  bis  zum 
J.  1350  fort. 

Kleyn  (VI.)  —  Johan  Pieter  —  der 
zweite  Freund  Bellamy's,  bekleidete 
einen  Posten  am  Gerichtshofe  zu  Arnhem  u. 
machte  sich  vortheilhaft  als  lyrischer  Dichter 
bekannt.  Er  besass  in  s.  Gattin,  A.  Kleyn, 
geb.  Ocker se,  eineKuustgenossin,  welche 
mehrmals  ihre  Leier  mit  der  seinigen  er- 
tönen Hess ,  und  1809  s,  „nachgelassenen 
Gedichte"  herausgab.  Sein  früher,  1805 
erfolgter  Tod  hinderte  ihn,  eine  vollstän- 
dige Theorie  der  Kunst,  wenigstens 
der  Dichtkunst  zu  schreiben,  von  welcher 
jedoch  einige  Fragmente  in  der  von  Van 
Kampen  u.  Tijdeman  herausgegebenen 
Mnemosyne,  nämlich:  ,,Ueber  die  schö- 
nen Künste  und  Wissenschaften  im  Allge- 
meinen und  die  Dichtkunst  u.  Dichtkunde 
im  Besondern"  (im  ersten),  „über  das  Epi- 
gramm" (im  zweiten)  und  „über  das  Schä- 
fergedicht" (im  vierten  Stück)  sich  befin- 
den und  des  Dichters  ausgebreitete  Bele- 
senheit beurkunden.  (S.  auch  das  1.  St. 
p.  XI  und  Kleyn's  Biographie  im  „Re- 
censeuten  auch  der  Recensenten"  für  1807, 
No,  2,  p.  85.)  Die  innige  Freundschaft, 
die  Bellamy  für  Kleyn  hatte,  ist  aus 
dem  Gedichte:  ,,an  meinen  Kleyn", 
welches  sich  in  derselben  Sammlung  (im 
2.  St.  p.  105—109)  befindet,   zu  ersehen. 

Klilikenbergr  (VI.)  —  Dirk  —  Ma- 
thematiker. 

Klinkhamer  (V.)  —  ...  —  be- 
schrieb das  Leben  des  Apostels  Petrus 
(1725)  in  Versen. 

Kluit  (VI.)  —  Adriaan  —  geb.  1735 
zu  Dordrecht ,  widmete  sich  zu  Utrecht 
den  alten  Sprachen  u.  der  Literatur,  ward 
Präceptor  der  lateinischen  Schulen  zu  Rot- 
terdam, hierauf  im  Haag,  1764  Rector  zu 
Alkmaar,  1769  zu  Leeuwarden,  1770  zu 
IVIiddelburg ,  dabei  Lector  der  Beredsam- 
keit u.  griechischen  Sprach©,  1776  Pro- 
fessor daselbst,  u.  1781  Prof.  der  Archäo- 
logie zu  Leyden,  welches  Amt  er  mit  einer 
Rede  „über  das  Recht  der  Niederlande 
zum  Abfall  von  Philipp"  antrat,  welche 
Ariele  Gegenschriften  veranlasste.  Acht  u. 
zwanzig  Jahre  kämpfte  er  muthig  u. ,  von 
s.  Standpunkt  aus,  consequent  gegen 
den  Vert  heidiger  der  Souveränetät  des  Volks. 
Nachdem  er  schon  als  Rector  zu  Middel- 
9* 


263         Kluyskens 

bürg  in  Flandern  und  Brabant  verschie- 
dene Materialien  gesammelt  hatte,  gab  er 
nun  s.  gelehrtes  Werk:  „Historia  Critica 
Comitatus  HoUandiae  et  Zeelandiae"  in 
4Th.  in  4.,  1780  u.  1189  einen  Leitfa- 
den zu  s.  Vorlesungen  „über  das  alte  nie- 
derländische Völkerrecht-',  u.  1790  u.  1791 
s.  „Geschichte  der  Bündnisse  des  Verei- 
nigten Niederland'^''  heraus.  1785  hatte 
er  die  Souveränetät  der  Staaten  von  Hol- 
land vertheidigt,  1793  s.  Bedenken  über 
die  französischen  Rechte  des  Menschen  ge- 
äussert, und  1794  Anmerkungen  zu  dem 
Kriege  mit  England  von  1780  (zum  Vor- 
theile  der  Engländer)  geschrieben.  1795 
ward  er  durch  die  Partei  der  ausschliessen- 
den  Freiheitsfreunde  s.  Amtes  entlassen, 
jedoch  1802,  bei  Gelegenheit  des  Friedens 
von  Amiens ,  durch  die  nachsichtigere 
Staatsregierung  >vieder  in  dasselbe  einge- 
setzt. König  Ludwig,  der  s.  Grund- 
sätze besonders  gutheissen  musste,  über- 
trug ihm  1806  den  neuerrichteten  Lehrstuhl 
für  Statistik.  Doch  nicht  lange  erfreute 
sich  die  Universität  von  Neuem  des  Un- 
terrichts dieses  gründlich  gelehrten  Man- 
nes; er  kam  jämmerlich  bei  Leyden's  un- 
vergesslichem  Unglück  im  J.  1807  um's 
Leben.  Die  Frucht  wahrscheinlich  s.  amt- 
losen Jahre  war  das  trefflich  gearbeitete 
Werk :  ,.  Geschichte  der  holländischen 
Staatsregulirung",  welches  jedem  unent- 
behrlich ist,  der  eine  richtige  Kenntniss  der 
alten  Gesetze  u.  Staatsfornien  Niederland's 
zu  erlangen  wünscht.  K  1  u  i  t  hat  als 
Kenner  des  holländischen  Staatsrechts  sei- 
nes Gleichen  nicht ,  denn  er  ist  durch- 
gehends  gründlicher,  und  in  diesem  Punkte 
ausführlicher  als  Wagenaar.  Ausserdem 
schrieb  er  noch  ein  unter  die  guten  Werke 
über  die  Theologie  zu  zählendes  unter  dem 
Titel:  „  Vindiciae  Articuli  6,  ?),  to", 
in  welchem  er  vornehmlich  die  Erklärung 
der  schwierigen  Arbeit  der  Volkszählung, 
worin  sich  Lucas  bei  der  Geburt  Christi 
versucht,  zum  Zweck  hatte. 

KluyskeiiN  (VL)  —  ...  —  Prof.  zu 
Gent,  dabei  erster  Officier  de  sante  der 
niederländischen  Heere,  Mitglied  des  Insti- 
tuts der  Niederlande  und  der  ärztlichen 
Commission  von  OstHandern ,  gab  heraus : 
„Abhandlung  über  die  Kuhpocken" ;  eine 
medicinische  Zeitschrift  unter  dem  Titel : 
,,Annalcs  de  litterature  medicale  etrangere": 
,, Memoire  sur  la  fievre  inflammatoire  ty- 
phoide qui  a  regne  dans  la  Province  de 
la    Flandre   Orientale"   (1817);   ,,Disscrta- 


Koning 


264 


tion  sur  l'ophthalmie  contagieuse,  qui  regne 
dans  quelques  bataillons  de  l'Armee  des 
Pays-Bas"  (1809).  Ausser  s.  aus  dem 
Englischen  des  Darwin  besorgten  fran- 
zösischen ,  mit  Anmerkungen  bereicherten 
Uebersetzung  der  ,,Zoonomie  oder  Ge- 
setze des  organischen  Lebens" ,  hat  er 
noch  mehrere  kleinere  Abhandlungen  ver- 
fasst,  die  sich  theils  in  den  Werken  des 
Instituts ,  theils  anderswo  zerstreut  finden. 

Klyn  (VI.)  —  Hendrik  Härmen  — 
geb.  1773  zu  Amsterdam ,  war  Zuckersie- 
der,  u.  machte  sich  vortheilhaft  als  vater- 
ländischer Sänger  bekannt.  1809  besang 
er  die  Sternkunde,  1812  die  Triften. 
Grössern  Ruhm  erwarb  er  sich  durch  s. 
Trauerspiel  Montigni,  welches  sich  fort- 
während mit  dem  grössten  Beifall  auf  der 
Bühne  erhält.  Auch  war  er  Mitheraus- 
geber der  nachgelassenen  Gedichte  von 
Helm  er  s.  Klyn  zeichnet  sich  als  Dich- 
ter vor  s.  Bruder  Barend  (s.  folgenden 
Artikel)  in  dem  Erhabenen  und  Kühnen 
aus ,  und  schildert  daher  mehr  das  Histo- 
rische oder  grosse  Naturscenen. 

Klyn  (VI.)  —  Barend  —  Bruder  des 
Vorigen ,  geb.  1774  zu  Amsterdam ,  eben- 
falls Z.uckersieder  u.  vaterländischer  Dich- 
ter, unterscheidet  sich  von  s.  Bruder  mehr 
durch  das  Sanfte  u.  Sentimentale  ,  indem 
er  friedliche  Charaktere  u.  häusliches  Le- 
ben ,  insbesondere  alte  holländische  Tu- 
genden und  ehrwürdige  Gebräuche ,  und 
zwar  treffend  schildert.  Seine,  meist  we- 
niger umfangreichen  Gedichte  sind ,  wie 
die  s.  Bruders,  unlängst  in  einem  Bänd- 
chen in  Druck  erschienen. 

Hnoop  (VI.)  —  . . .  —  Mathematiker. 

Koen  (V.)  —  Gysbert  —  Rechtsge- 
lehrter zu  Harlingen  u.  fleissiger  Bearbei- 
ter der  alten  Sprachkunde,  gab  1766  einige 
W^erkchen  über  die  griechischen  Dialecte 
in  derselben  Sprache ,  mit  Anmerkungen 
versehen ,  namentlich :  „Gregorius  Corin- 
thus    de  dialectis"  heraus. 

Köhler  (V.)  —  .  .  .  —  bearbeitete 
Abulfeda's  Werk  über  Syrien. 

Kok  (IV.)  -  A.  L.  —  schrieb  1649 
eine   ,, kurze  holländische  Sprachlehre". 

Kolbe  (V.)  —  ...  —  gab  eine  für  jene 
Zeit  nicht  schlechte  „Beschreibung  des  Kaps 
der  guten  Hoffnung"  zu  Amsterdam  1727 
in  2  Theilen  Fol.   mit  Kupfern  heraus. 

Kouing'  (VI.)  —  Cornelis  De  —  lie- 
ferte eine  „Beschreibung  von  Haarlem". 

Koning  (^  I-)  —  Jacobus  —  Griffier 
bei    dem   Friedensgericht    zu    Amsterdam, 


265         Konijnenburg 


Koornhert 


266 


{^est.  d.  3.  April  1832,  schrieb,  nachdem 
er  das  Technische  der  Buchdruckerkunst 
erlernt  hatte,  nacli  zwanzigjährigen  Studien 
hinsichtlich  dieses  Gegenstandes,  eine  von 
der  haarlenier  Gesellschaft  der  Wissen- 
schaften im  J.  1816  gekrönte  Abhandlung 
über  „Haarlem's  Anspruch  auf  die  Erfin- 
dung der  Buchdruckerkunst  von  Laurens 
Koste  r".  Diese,  später  noch  durch  meh- 
rere Anhänge  vermehrte  Schrift  wurde 
auch  abgekürzt  in's  Französische  übersetzt. 
Eine  von  der  Regierung  von  Haarlem  1822 
ernannte  Commission  zur  Feststellung  der 
Zeit  dieser  Erfindung  setzte  dieselbe  zwi- 
schen 1420  u.  1425,  und  ordnete  die  vierte 
Säcularfeier  im  J.  1823  als  dem  Mittel- 
jahre von  beiden,  an,  bei  welcher  Feier 
auch  Koning,  der  durch  s.  Abhandlung 
dieselbe  veranlasste,  eine  goldene  Medaille 
überreicht  wurde.  Van  Kampen  spricht 
sich  im  I.  Theile  s.  Geschichte  der  hol- 
ländischen Literatur  (p.  32.  Note  d)  über 
diesen  Gegenstand  dahin  aus,  dass  Gut- 
tenberg  u.  Scheffer  blos  Yerbesserer 
einer  Kunst  gewesen  seien  ,  welche  in  den 
Niederlanden  zuerst  das  Licht  der  Welt 
erblickt  habe ,  theilt  jedoch  daselbst  die 
Bedenken  mit,  welche  ein  geachteter  brüs- 
seler  Gelehrter  dagegen  erhebt  (s.  Nürn- 
berger Friedens-  u.  Kriegs -Kurier  v.  6. 
December  1831  den  Artikel:  Mainz  und 
Haarlem,    von  Otto). 

Honijnenburg^  (VI.)  —  J.  —  Prof. 
an  dem  Remonstranten- Seminar  zu  Am- 
sterdam, schrieb  vermischte  Aufs-ätze 
(Amsterd.  1818)  z.  B.  „über  die  Ehrsucht", 
,,über  das  moralische  Schöne",  „über  die 
Vollkommenheit  der  Geschichte  und  des 
Geschichtschreibers". 

Koopmans  (VI.)  —  Rinse  —  Prof. 
an  dem  Mennoniten-Seminar  zu  Amsterdam, 
gab  s.  in  der  Gesellschaft  Felix  Meri- 
tis  gehaltenen  Reden  1819  zu  Amster- 
dam in  zwei  Theilen  heraus ,  wovon  der 
1.  Theil  meist  philosophischen  Inhalts  ist, 
der  2.  aber  zum  Theil  über  die  nie- 
derländischen Literaten  (  K  a  m  p  h  u  y  z  e  n  , 
Huvgens  u.  G.  Jakobs)  handelt. 

Koornhert  (III.)  —  Dirk  Volkerts- 
zoon  —  geb.  zu  Amsterdam,  wohnte  vor 
dem  Ausbruche  der  damaligen  Unruhen  in 
Holland  zu  Haarlem ,  wo  er  sich  durch 
Kupferstechen  ernährte,  und  dabei  aus  Ei- 
fer für  religiöse  Untersuchungen  Lateinisch, 
u.  ausserdem  Musik,  Gymnastik  und  auch 
Philosophie  trieb.  1562  war  er  Staatsse- 
cretär   zu    Haarlem.     1566   suchte   er   das 


öffentliche  Predigen  der  rcformirten  Reli- 
gion daselbst  zu  befördern,  \ind  ward  des- 
halb in's  Gefängniss  gesetzt ,  nach  dem 
Haag  gebracht,  wo  sein  Leben  in  Gefahr 
war.  Es  glückte  ihm  jedoch ,  das  Land 
zu  verlassen,  wo  Alba's  Inquisition  re- 
gierte. Bei  der  Revolution  kehrte  er  zu- 
rück, und  erhielt  das  ehrenvolle  Amt  eines 
Secretärs  der  Staaten  von  Holland.  Treu  s. 
Grundsätzen  von  Wahrheit,  Recht  u.  Tu- 
gend ,  nöthigten  ihn  die  Verfolgungen  des 
Bösewichts  Lumey,  den  er  entlarvte,  zu 
fliehen,  er  kehrte  jedoch  nach  dem  genter 
Frieden  zurück.  Nun  konnte  er,  von 
Oranien  beschützt,  ruhig  in  s  Vater- 
lande wohnen  bleiben,  dem  er  alle  s.  Kräfte 
zur  Vertheidigung  religiöser  Freiheit  weih- 
te. Dem  zu  Folge  ward  s.  Leben  auch 
unstät,  er  hielt  sich  abwechselnd  zu  Haar- 
lem, wo  er  das  Notariatsamt  annahm,  zu 
Delft  und  Gouda  auf,  wo  er  am  29.  Octo- 
ber  1590  starb.  Koornhert  war  Phi- 
losoph im  wahren  Sinne  des  Wortes,  doch 
nicht  für  den  Freund  neuer  Systeme,  son- 
dern für  das  Volk.  Um  die  Philosophie 
der  Alten  auf  den  vaterländischen  Boden 
zu  verpflanzen  ,  übersetzte  er  C  i  c  e  r  o  '  s 
Werk  „über  die  Pflichten",  „den  Trost  der 
Philosophie"  von  Boethius,  und  war 
bemüht,  im  Geiste  des  Erstem  eine  Sit- 
tenlehre abzufassen,  wobei  die  noch  un- 
gebildete holländische  Sprache  ihm  grosse 
SchN-Nierigkeiten  in  den  Weg  legte,  die  er 
jedoch  glücklich  zu  besiegen  wusste.  Als 
Dichter  hat  er  wenigere  Verdienste,  indem 
er  s.  sehr  gesunde  Philosophie  nur  in  oft 
ungleiche  Reime  brachte.  Doch  auch  hierin 
war  ihm  die  noch  nicht  biegsame  Sprache 
hinderlich.  Um  sie  zu  einem  glücklichen 
Werkzeug  der  Gedanken  zu  machen ,  ar- 
beitete er  mit  der  verdienstlichen  Rede- 
kammer zu  Amsterdam:  in  Liebe  blü- 
hend —  er  war  eines  ihrer  thätigsten  Mit- 
glieder —  an  einer  Grammatik,  von  wel- 
cher er  die  Vorrede  schrieb,  und  die  1584 
in  Druck  erschien.  Eines  s.  besten  Ge- 
dichte hat  den  Titel :  „Gebrauch  und  Mis- 
brauch  irdischer  Güter",  und  ist  eine  Art 
von  philosophischem  Gedicht.  Höher  würde 
s.  Ruhm  als  Dichter  steigen,  wenn  man 
ihn  wirklich  als  den  Dichter  des  alten 
Volksliedes :  „Wilhelmus  von  Nassau"  an- 
sehen dürfte,  worauf  jedoch,  wie  es  scheint, 
Aldegonde  grossem  Anspruch  hat.  Der 
grösste  Theil  s.  Werke  (Amst.  1630,  3Th., 
Fol.)  besteht  aus  religiösen  Streitschrif- 
ten.    Auch   gab  er  eine  Uebersetzung  der 


267 


Kooten 


Laet 


268 


Odyssee.  (S.  über  Koornhert  als  phi- 
losophischen Schriftsteller  die  schöne  Ab- 
handlung von  Siegenbeek,  und  über  s. 
Leben:  Wagenaar,  „Amsterdam",  Th. 
Iir.  p.  202,  203  und  „Biogr.  niederl.  Män- 
ner u.  Frauen",  II.  103  u.  f.) 

Kooten  (VI.)  —  Theodorus  Van  — 
in  die  Bürgerzwiste  von  1787  verwickelt, 
dann  Reisegefährte  von  Jan  Valckenaer 
nach  Spanien,  starb  1813.  Seine  „Deliciae 
Poeticae"  (1792  — 1803),  eine  Sammlung 
mehrerer  Dichter  und  von  Van  Santen 
begonnen ,  werden  unter  die  besten  latei- 
nischen Dichterfrüchte  unserer  Zeit  ge- 
zählt, und  man  zweifelt,  ob  die  Sieges- 
palme hierin  Van  Santen  oder  ihm  ge- 
bühre. 

Kootwijk  (in.)  —  Johan  Van  — 
beschrieb  s.  Reise  nach  dem  Gelobten 
Lande. 

Kops  (VI.)  —  ...  —  zuerst  Mennoni- 
tenprediger  zu  Leyden,  dann  Commissär 
des  Ackerbaues,  u.  1815  zum  Prof.  der 
Oekonomie  zu  Utrecht  befördert. 

Krafit  (V.)  —  J.  L.  —  Verf.  einiger 
nicht  unverdienstlichen  „Fabeln",  dessen 
Hauptverdienst  jedoch  in  der  Reinheit  der 
Sprache  besteht. 

Kraijenlioff  (VI.)  —  C.  R.  Th.  — 
General ,  berühmt  durch  s.  angewandte 
Mathematik  (namentlich  auf  das  Kriegs- 
wesen), dessen  hydrographische  Un- 
tersuchungen, nach  dem  Urtheil  des  Prof. 
Moll,  eines  der  wichtigsten  Werke  sind, 
welche  in  der  letztern  Zeit  in  Niederland 
erschienen. 

Krul  (III. )  —  Jan  Hermanszoon  — 
ein  Schmied,  bekannt  als  Dichter  der  „Pa- 
piernen  Welt"  (Amst.  1646) ,  folgte  dem 
sanftfliessenden,  jedoch  einfachen  Style  des 
Cats,  u.  schrieb  (zufolge  Wagenaar 's 
„Amsterdam",  III.  Th.  p.  245)  einige 
Trauer-  u.  Lustspiele. 

Kruyff  (VI.)   —  Jan  De  -•  zuerst 


Fabrikant,  dann  Friedensrichter  zu  Ley- 
den, ein  Freund  von  Feith  u.  Van  der 
Palm,  gest.  1822,  machte  sich  durch  das 
schöne  Gedicht:  „die  Hoffnung  des  Wie- 
dersehens", und  durch  einige  ausgezeich- 
nete Inschriften  bekannt.  Ausserdem  schrieb 
er  eine  von  der  Gesellschaft  für  Sprache 
u.  Dichtkunde  gekrönte  Lobrede  auf  Cor- 
nelis  Pieterszoon  Hooft,  u.  eine  noch 
ungedruckte  Uebersetzung  des  4.  Buches 
von  Virgil's  „Aeneide''. 

Kuiper  (IV.)  —  Gijsbert  —  (Gis- 
bertus  Cuperus)  aus  Hemmen  in  Gel- 
derland ,  Professor  u.  dann  Bürgermeister 
zu  Deventer ,  ein  grosser  Liebhaber  der 
Archäologie  und  Numismatik ,  dem  compe- 
tente  Kritiker  ausgebreitete  Belesenheit  u. 
feinen  Geschmack  zuerkennen ,  schrieb : 
„Observationum  Librilll.,  in  quibus  multi 
auctorum  loci  explicautur  et  emendantur, 
varii  ritus  eruuntur,  et  numi  elegantissimi 
illustrantur" ,  Ultr.  1670;  —  „Apotheosis 
Honieri" ,  Amstel.  1683,  wovon  sich  für 
Ungelehrte  eine  Abbildung  und  kurze  Be- 
schreibung in  Pope 's  ,, Essay  on  Homer'% 
vor  dessen  Uebersetzung  der  Iliade  p.  80. 
der  londoner  Ausg.  v.  1718  befindet.  (S. 
Saxe,  Onomast.  T.  V.  p.  175-178,  der 
ein  Verzeichniss  s.  Werke  gibt). 

Küster (IV.)  —  ...  —  aus  der  Graf- 
schaft Lippe,  Prof.  d.  Literatur,  zuerst  zu 
Amsterdam,  dann  zu  Berlin  und  später, 
Katholik  geworden ,  zu  Paris ,  gab  ausser 
mehreren  archäologischen  Abhandlungen 
Jamblichus  über  das  Leben  von  „P  y- 
thagoras",  mit  einer  lateinischen  Ueber- 
setzung (1707),  dann  den  Lustspieldichter 
Aristophanes  (1710)  heraus,  durch  wel- 
che letztere  Ausgabe  er  sich  grosse  Ver- 
dienste erwarb,  und  unterwarf  die  Ausgabe 
des  Herodotus  von  Gro  novius  (1715) 
einer  strengen  Untersuchung. 

Kuyper  (VI.)  —  G.  —  Chemiker. 
(S.  Art.   Van  Marum.) 


L. 


üaet  (in.)  —  Johannes  De  —  aus 
Antwerpen,  beschrieb  die  „Neue  Welt"  in 
allen  ihren  Theilen ,  besonders  die  Be- 
sitzungen der  Spanier  u.  Portugiesen,  und 
schrieb  gegen  De  Groot  „über  den  Ur- 
sprung der  amerikanischen  Völker",  indem 
er  denselben  älter  angab  als  dieser.  De 
Groot    antwortete    in    einem    beissenden 


Tone,  seines  langen  Bartes  u.  schlechten 
Lateins  spottend.  Beide  Abhandlungen  er- 
schienen 1643.  Auch  war  Laet  einer  der 
besten  Mitarbeiter  an  den  Respublicae 
Aon  Elze  vier,  für  welche  er  Portugal, 
Spanien,  Frankreich,  Niederland,  Polen 
(mit  Litthauen,  Preussen  u.  Lieflaud),  die 
Türkei,   Persien  und  Hindostan  beschrieb. 


269 


Lambrecht 


haiinoy 


270 


Diese  Werkchen  bilden  gewissermasscn  eine 
Taschenbibliothek  der  Erdbeschreibung  des 
17.  Jahrhunderts. 

liambrecht  (IV.)  —  Jan  —  ein  Dich- 
ter von  einigem  Ruf  aus  Brügge.  Er  be- 
sang den  „Pyrenäischen  frieden"  und  pa- 
rodirte  in  einer  s.  Possen  die  lächerliche 
Sucht  nach  dem  Französischen ,  welche  in 
unserer  Zeit  die  gebildeten  Stände  in  Bel- 
gien  fast   in  Franzosen    umgewandelt    hat. 

Iiambrecbtseu  (VI.)  —  N.  C.  — 
Herr  von  Ritthem,  gest.  1823  in  hohem 
Alter  zu  Middelburg,  war  einer  der  Mit- 
arbeiter der  Anhänge  und  Nachlesen  zu 
Wagenaar,  und  lieferte  über  die  Alter- 
thünier  des  Vaterlandes  viele  Aufsätze  in 
den  Werken  der  zeeländischen  Gesellschaft 
der  Wissenschaften ,  unter  andern :  „über 
das  entdeckte  Grab  Wilhelm  II."  oder  „Flo- 
ris  der  Landvoigt",  über  „De  LaRue*, 
und  die  „Beschreibung  von  Neu-Nicder- 
land"  ,  worin  die  frühere  Geschichte  der 
holländischen  Colonien  in  Nordamerika, 
besonders  das  später  in  Neu- York  um- 
getaufte Neu-Amsterdam,  dessen  Ursprung 
beinahe  vergessen  ist  und  der  sich  in  den 
Carrikaturen  von  Washington  Ir- 
win g  wiederfindet,  aufgehellt  wird.  Auch 
im  3.  Th.  p.  127,  129  der  Schriften  der 
Gesellschaft  für  niederländische  Litera- 
tur zu  Leyden  befindet  sich  von  ihm 
ein  Aufsatz:  „über  die  Redekammer  zu 
Middelburg".  . 

liampe  (V.)  —  Frederik  Adolf  —  geb. 
1683  zu  Detmold,  war  v.  1720  —  1727 
Professor  der  Theologie  zu  Utrecht  und 
seit  1726  der  Kirchengeschichte,  u.  hielt 
sich  in  den  religiösen  Spaltungen  s.  Zeit 
zu  den  Coccejanern.  Da  er  jedoch  da- 
bei auch  s.  eigenen  Ideen  geltend  machte, 
so  erhielten  s.  Anhänger  den  Namen  der 
Strengen.  (S.  Ypey,  „Gesch.  d.  christ. 
Kirche  im  18.  Jahrb.",  VII.  Th.  p.  142— 
144,  229  —  266,  371  —  376.) 

I^ange  (II.)  — ■  Karel  De  —  aus  Brüssel 
(oder,  nach  Andern,  aus  Gent),  gab  die 
„Officia",  den  „Cato",  den  „Laelius" 
und  die  „Paradoxa"   des  Cicero  heraus. 

Ijan§^endijk  (V.)  —  Pieter  —  geb. 
zu  Amsterdam ,  lebte  die  meiste  Zeit  zu 
Haarlem,  nachdem  er  s.  Jugend  in  küm- 
merlichen Verhältnissen  mit  s.  Eltern  in 
Amsterdam  und  im  Haag  zugebracht  hatte. 
Hierauf  folgte  eine  unglückliche  Heirath, 
wobei  er  s.  Gewerbe  des  Damastwebens 
u.  Patronenmachens  vernachlässigte,  wo- 
durch s.  Umstände  sich  bis  zu  s.  66.  Jahre 


wenig  verbiesserten.  Zuletzt  stellte  iim 
die  Regierung  als  Stadtgeschichtsschreiber 
an,  und  schuf  ihm  ein  sorgenfreies  Aus- 
kommen bis  zu  s.  1756  erfolgten  Tode. 
Die  Natur  schien  ihn  zum  Lustspicldichter 
bestimmt  zu  haben,  denn  schon  in  s.  16. 
Jahre  schrieb  er  das  bekannte  Stück:  „Don 
Quixote  auf  der  Hochzeit  von  Lamancha", 
nach  dem  berühmten  Roman  von  Cer- 
vantes, welches  fortwährend  mit  den 
später  vom  Verf.  angebrachten  Verbesse- 
rungen mit  Beifall  aufgeführt  wird.  Noch 
mehr  durch  Humor  ausgezeichnet  ist  der 
„  Krelis  Louwen "  oder  ,,  Alexander  der 
Grosse  auf  dem  Dichtermahle".  Langen- 
dijk  war  nicht  allein  Lustspieldichter, 
sondern  versuchte  sich  auch  in  den  mei- 
sten niedern  Gattungen  der  Poesie.  Im  bur- 
lesken Style  folgte  er  jedoch  zu  sehr  dem 
üblen  Geschmack  des  Focquenbr och, 
und  im  ernsten  ist  er  oft  matt  und  zu- 
weilen nichts  mehr  als  Reimer  von  Ge- 
schichten, wie  z.  B.  in  s.  ,, Lebenslauf  der 
Erzväter",  „Grafen  von  Holland  in  chro- 
nologischen Gedichten",  u.  „Biographie  Wil- 
helm I.",  welche  beide  letztern  er  als 
'Factor  für  die  haarlemer  Redekammer : 
„Treue  muss  sich  beweisen",  verfasste. 
Er  beschrieb  auch  die  Umgebungen  von 
Cleve  u.  machte  Epigramme  in  der 
Manier  des  Huygens,  u.  gute  Hirten-, 
Fischer-  u.  Bauernlieder.  Nur  ein 
Trauerspiel  erschien  von  ihm ,  nämlich : 
„Julius  Cäsar  und  Cato",  die  Uebersetzung 
eines  mittelmässigeu ,  jetzt  vergessenen 
französischen  Stückes,  Lange  ndijk's 
sämmtliche  Gedichte  sind  in  4  Theilen  in  4. 
herausgegeben ,  mit  Ausnahme  der  „Gra- 
fen von  Holland",  der  andern  Geschich- 
ten in  Versen  und  der  „Beschreibung  von 
Cleve".  Von  s.  „vermischten  Gedichten" 
hat  De  Vries  Proben  raitgetheilt.  (Ueber 
ihn  als  burlesken  Dichter  s.  D  e  Vries, 
„Gesch.  d,  niederl,  Dichtkunst",  IL  64 — 
66.  Der  „Aeneas  m  seiner  Sonntagsklei- 
dung" ist  eine  der  vielen  Parodien  von 
Virgil,  wie  deren  auch  Frankreich  und 
Deutschland  besitzen.) 

liang^evelt.     (S.  Macropedius. 

Ijangius  (III.)  —  ...  —  aus  Gent, 
Botaniker. 

IJaiinoy  (V.)  —  Juliana  Cornelia  Ba- 
ronesse De  —  geb.  1738  zu  Breda,  wo 
der  Adelstolz  ihrer  Familie  es  unter  seiner 
Würde  hielt,  den  Geist  der  Tochter  ge- 
hörig auszubilden.  Aber  die  Natur  liess 
sich    nicht    fesseln.     Das   Mädchen    lernte 


2tl  Lansberghe 

für  sich  selbst  Französisch ,  Englisch  und 
ein  wenig  Lateinisch,  unter  der  Leitung 
des  Prof.  Schonck,  und  die  französische 
und  holländische  Poesie  wurden  ihre  Lust. 
Katharina  IL,  der  sie  eines  ihrer  Werke 
in  französischer  Sprache  widmete,  belohn- 
te sie  mit  ihrem  Beifall.  Hierauf  gab  sie 
die  Trauerspiele  „Leo  der  Grosse"  (1767), 
die  „Belagerung  von  Haarlem"  (1770)  u. 
,  Cleopatra''  (1776)  heraus,  Stücke,  wel- 
che damals  sehr  gepriesen  wurden,  1780 
erschien  von  ihr  eine  Sammlung  Gedichte, 
worunter  z.  ß.  das  „Gastmahl",  eine  Sa- 
tyre  auf  die  damaligen  Gastereien;  ,.die 
wahre  Liebe  zum  Vaterlande",  wofür  ihr 
von  der  leydener  Gesellschaft  der  Sprach- 
und  Dichtkunde  der  zweite,  u.  Bilder- 
dijk  der  erste  Preis  zu  Theil  wurde. 
..Gesänge  von  Tyrtäus",  „Augustus  am 
Grabe  Alexanders",  „Lebewohl  des  Regu- 
lus",  „Curius  an  die  Gesandten  der  Samni- 
ter''.  Ihr  Gedicht:  „Karl  V.  an  Philipp  II." 
erhielt  nach  dem  mit  Gold  gekrönten  Ge- 
dichte von  Feith  den  Ehrenpreis  von 
der  haager  Gesellschaft  für  Dichtkunde  *). 
Ihre  andern  lyrischen  Gedichte  haben  das 
Lob  der  Dankbarkeit,  das  der  Vertheidiger 
von  Leyden  (Van  der  Does,  Van  der 
Werff  u.  Van  H out),  und  den  wohl- 
thätigen  Einfluss  der  Dichtkunst  auf  die 
Religion  zum  Gegenstande.  Diese  aus- 
gezeichnete Dichterin  starb  1782  zu  Geer- 
truidenberg.  Kurz  vor  ihrem  Tode  ver- 
ordnete sie,  alle  ihre  übrigen  Gedichte  zu 
verbrennen,  welches  von  ihrem  Bruder  nur 
allzu  buchstäblich  geschah.  Was  davon 
gei-ettet  wurde,  gab  Bilderdijk  1783 
heraus.  Man  findet  darunter  namentlich 
eine  „Ode  auf  des  Landes  Vertheidiger" 
(die  doggersbankschen  Helden  im 
J.  1781),  voll  Feuer,  Gefühl  u.  Leben, 
Lobgedichte  auf  ihre  Trauerspiele  von  Bil- 
derdijk, Feith,  Limburg,  Loncq, 
U-''  len  b  r  oek  u.  A. 

Iiansberglie  (III.)  —  Matthys  — 
aus  Gent ,  Astronom ,  entwickelte  eine 
Theorie  der  Bewegung  der  Himmelskugeln, 
worin  er  zur  Zeit  der  Verfolgung  des  Ga- 
lilei den  Muth  hatte,  sich  für  das  Sy- 
stem von  Coperniku.s  zu  erklären. 


Lebroussart 


272 


*)  Kurz  daranf  starb  die  Dichterin  ,  so  dass 
Feith  die  Nachricht,  wer  s.  Mitbewerberin 
war,  und  von  ihrem  Tode  zu  gleicher  Zeit 
erhielt.  (S.  „Nachgelassene  Gedichte",  p.  132, 
J50.) 


IJaprei  (III.)  —  Jacob  —  aus  Mid- 
delburg,  Zeitgenosse  von  Jansen,  mit 
dem  er  gleichzeitig,  aber  zufällig,  die  T  e- 
leskope  u.  Mikroskope  erfand  und 
sie  zu  verbessern  suchte.  ( S.  De  La 
Rue,  „Gelehrtes  Zeeland",  p.  299—304, 
die  Bekanntmachung  der  Stadt  Middelburg 
selbst  über  diese  Erfindung,  und  das  Zeug- 
niss  des  Abgesandten  Boreel  an  P.  Bo- 
rellus,  aus  dessen  Werk:  ,,de  vero  Te- 
lescopis  Inventore",  p.  25 — 37.) 

K<aunay  (V.)  —  ...  De  —  Natur- 
kundiger, schrieb  über  den  Orichalcus 
der  Alten. 

]jau\reren1)ur^h  (M.)  —  .  .  .  — 
entdeckte  mit  den  sog.  amsterdamer  oder  hol- 
ländischen Chemikern  Deiman,  Bondt, 
Nieuwland,  Paots  van  Troostwijk 
unter  Anderm  das  Gaz  olefiant.  (S.  j,Jour- 
nal  de  Physique",  Juin  1792,  p.  409. 
„Annales  de  Chemie",  T.  XIV.  p.  311.) 

liavallee  (VI.)  —  ...  —  aus  Kor- 
trijk,  jetzt  zu  Paris,  schrieb  mehrere,  von 
dem  französischen  Institut  mit  Beifall  auf- 
genommene Werke  z.  B.  „Geometrie  de- 
scriptive" ,  in  4.;  „Theorie  du  Dessein", 
in  4. 

I<e1)roussart  (VI.)  —  ...  —  ein 
Franzose,  geb.  1747  bei  Beauvais,  seit 
1778  Prof.  d.  Rhetorik  am  königl.  CoUe- 
gium  zu  Gent,  1784  in  gleicher  Eigen- 
schaft zu  Brüssel ,  u.  später  Prof.  der  Li- 
teratur, besorgte  die  besten  Ausgaben  der 
„Annalen"  von  Oudegherst,  und  be- 
reicherte dieselben  mit  kritischen  u.  ge- 
lehrten Anmerkungen.  1787  erhielt  er  von 
der  brüsseler  Akademie  den  goldenen  Eh- 
renpreis für  eine  Lobrede  auf  Karl,  Her- 
zog von  Lothringen,  Landvogt  der  östreichi- 
schen  Niederlande,  einen  von  den  Belgiern 
sehr  geliebter  Fürsten.  In  den  neuern 
Denkschriften  dieser  Akademie  findet  man 
neun  interessante  Abhandlungen  von  s. 
Hand,  welche  sich  auf  die  Geschichte  der 
Süd-Niederlande,  meist  auf  Flandern ,  be- 
ziehen, unter  andern:  „Dissertation  sur 
le  Comte  d'Alost".  Er  starb  1818  u.  hin- 
terliess  einen  Sohn,  der  sich  vorzugsweise 
auf  französische  Literatur  gelegt  hat.  (S. 
..Literärgeschichte  der  2.  Cl.  des  niederl. 
Instituts",  —  wovon  er  Mitglied  war,  — 
Werke,  II.  Th.,  p.  X  — XII,  1820,  u. 
,, Schriften    der  brüsseler  Akademie"). 

lioliroussart  (VI.)  —  ...  —  Sohn 
des  Vorigen ,  schrieb  einen  ,.Dialogue  en 
vers"  bei  Gelegenheit  eines  Besuches  des 
Rathsherrn  Fran9ois  de  Neufchä  teau 


2T3 


Leclerc 


Lennep 


274 


in  Belgien ;  ein  Gedicht :  „les  Beiges", 
das  von  dem  französischen  Institnt  geprie- 
sen wurde  und  den  von  einem  Verein  zu 
Aalst  ausgesetzten  Preis  erhielt,  und  ein 
Schauspiel:  ,,le  Corsaire",  nach  Lord  By- 
ron. Auch  war  er  IVIitarbeiter  an  der  zu 
Brüssel  erschienenen  ,, Galerie  des  Con- 
temporains'',  einem  geschichtlichen  Werke, 
welches  sich  die  schwierige  Aufgabe  setz- 
te, von  den  berühmten,  bekannten  oder 
berüchtigten  ^Männern  unserer  Zeit  in  al- 
phabetischer Ordnung  Nachricht  zu  geben. 

Ijeclerc(IV.)  S.  Art.  Clericus.  Sein 
mit  Anmerkungen  versehenes,  —  zu  Am- 
sterdam 1703  in  4.  erschienenes  ,,Nou- 
veau  Testament,  traduit  sur  l'Original 
Grec"  hielt  man  den  Lehren  des  Sabel- 
lius  u.  Socinus  günstig,  weshalb  man 
es  zu  verbieten  suchte. 

]Leeu"weii  (IV.)  —  Simon  Van  — 
geb.  1627  zu  Leyden,  gest.  1685  im  Haag, 
war  Untergreffier  des  hohen  Raths  von 
Holland  u.  Zeeland,  ein  iMann  von  uner- 
müdlicher Thätigkeit,  doch  nach  Einigen*) 
von  wenig  Ki'itik  und  Genauigkeit,  behan- 
delte in  s.  ,,Batavia  illustrata"  den  Ur- 
sprung, Fortgang,  die  Sitten,  den 
Ehren-,  Staats-  u  Gottesdienst 
von  Alt-Batavien,  und  den  Adel  u.  die 
Regierung  von  Holland  (1685),  schrieb  über 
Leyden  u.  ein  ,.  Römisch  -  Holländisches 
Recht",  und  besorgte  eine  schöne  Ausgabe 
des  ,, Corpus  Juris"  in  Fol.  1663,  aus  wel- 
cher die  Handausgaben  von  1654,  1681  u. 
1700  entstanden  sind. 

lieeu'W^enlloek  (IV.)  —  AntoniVan 
—  aus  Delft ,  entdeckte  durch  das  Mi- 
kroskop unter  Anderm  die  Kügelchen  im 
Blute,  die  Cochenille  -  Lisekten  ,  die  Infu- 
sionsthierchen ,  und  besonders  die  Thier- 
chen  der  Samenfeuchtigkeit,  worauf  Har  t- 
soeker  ein  neues  System  baute,  welchem 
später  Buffon  grösstentheils  gefolgt  ist. 
Diese  Entdeckungen  setzten  um.  so  mehr 
in  Erstaunen,  da  Leeuwenhoek  nicht 
auf  die  gewöhnliche  Weise  sich  gebildet 
hatte,  so  dass  der  Bürgermeister  Hudde 
von  Amsterdam,  selbst  ein  grosser  IMathe- 
matiker,  von  ihm  sagte:  „Das,  was  allen 
Mathematikern  u.  Naturforschern  entgan- 
gen ist ,  blieb  einem  Ungelehrten ,  wie 
Leeuwenhoek  vorbehalten." 

liClyveld  (V.)  —  Frans  Van  —  ver- 
dienstlicher Sprachkenner  zu  Leyden ,   der 


1782  zuerst  eine  verbesserte  Ausgabe  von 
Huydecoper's  ,, Probe  von  Sprach-  u. 
Dichtkunde"  besorgte. 

Ijeinming^e  (11.)  —  .fohannes  De  — 
Verf.  einer  „Gröningschen  Chronik"  v.  1110 
— 1436. 

liemmius  (H.)  —  Levinius  —  aus 
Zierikzee ,  studirte  zu  Gent  und  w  idmete 
sich  zu  Löwen  der  Medicin  u.  Theologie. 
Nach  dem  Tode  s.  Frau  trat  er  in  den 
geistlichen  Stand,  ward  Kanonikus  zu  Zie- 
rikzee, wo  er  1568  starb,  nachdem  er 
40  Jahre  als  Arzt  prakticirt  hatte.  Er  war 
von  schöner  Gestalt  und  heiterer  Laune, 
wodurch  er  s.  Patienten  oft  mehr  als  durch 
Tränke  heilte.  Sein  Sinnspruch :  ,,Rerum 
irrecuperabiliura  summa  felicitas  oblivio", 
stimmt  hiemit  überein.  Er  schrieb  über 
„die  verborgenen  Naturwunder',  „über  die 
Beschaffenheit  des  Körpers",  ,,über  Wohl- 
verhalten nach  Körper  und  Seele",  ,,über 
das  vorgesteckte  Lebensziel",  ,,über  un- 
schuldige Seelen-  und  Körperfreuden",  „Er- 
klärung der  biblischen  Gleichnisse,  von 
Kräutern  u.  Bäumen  entlehnt'',  „dasW^ahre 
und  Falsche  der  Sterndeuterei" ,  und  gab 
eine  „Beschreibung  von  Zeeland".  Auch 
als  Botaniker  wird  er  sehr  gerühmt.  (S. 
Foppens,  T.  IL  p.  792.  De  La  Rue, 
„gelehrtes  Zeeland",  p.  187,   188.) 

lienncp  (V.)  —  Johan  Daniel  Van  — 
Prof.  der  Philologie  u.  Literatur  zu  Gro- 
ningen u.  Franeker,  ward  1724  geboren 
und  starb  schon  1771.  Er  war  ein  aus- 
gezeichneter Schüler  des  Valckenaer, 
und  besorgte  eine  Ausgabe  des  „Raubes 
der  Helena"  von  Coluthus  (1747),  die 
sog.  „Briefe  des  Phalaris"  mit  einer  latei- 
nischen Uebersetzung,  nach  s.  Tode  von 
Valckenaer  (1777), so  wie  (1778)  dessen 
,,Analogia  Linguae  Graecae"  herausgege- 
ben. Sein  ,,Etymologicon  Linguae  Grae- 
cae" erschien  erst  1790  durch  den  harder- 
wijker  Prof.  Scheltema  zu  Utrecht  im 
Druck. 

I<ennep  (VI.)  —  David  Jacob  Van  — 
geb.  1774,  Prof.  am  Athenäum  zu  Amster- 
dam, ein  vortrefflicher  lateinischer  Dichter, 
dessen  „Rusticatio  Manpadica"  eine  Samm- 
lung gefälliger  Gedichte  ist,  und  der  als 
Redner  unter  den  Ersten  glänzt  in  s.  „Be- 
schreibung der  verschiedenen  Epochen  des 
Ursprunges,  der  Blüthe  u.  des  Verfalls  der 
Literatur"  *).     1809  gab  er  s.  schöne  Aus- 


•)   Z.  B.  nach  Mattheus  „de   Nobilitate",  *)   Euterpe,  von  Kantelaar  u.  Siegen- 

S  a  X  e ,  Onomaet.  IV.  .555.  b  e  e  k. 


275 


Leo 


Leusdeii 


276 


gäbe  der  „Herolden"  von  Ovidius  und 
Sabinus  (1812  vermehrt)  heraus.  Um 
s.  lateinischen  Styl  zu  würdigen ,  bedarf 
es  blos  der  Erwähnung  s.  „Lobrede  auf 
de  Bosch"").  Neue  Verdienste  um  den  hol- 
ländischen Prosastyl  hat  sich  Van  Len- 
nep  auch  durch  s.  herrliche  „Lobrede  auf 
Van  Swinden"  erworben. 

X<eo  (II.)  —  Gerardus  —  (eigentlich 
Leeuw)  war  der  dritte  Freiuid  des  Eras- 
mus,  der  s.  Beredsamkeit  und  Gelehrsam- 
keit sehr  rühmt,  und  einer  der  ersten  Buch- 
drucker zu  Gouda ,  der  s.  eigenes  Werk : 
„Gesta  Romanorum  moralisata"  1480 
druckte.  Ausserdem  schrieb  er  eine  „Crea- 
turarum  moralisatio". 

Iieoninus  (II.  u.  III.)  —  Elbert  — 
(De  Leeuw)  aus  Bommel,  1550  zu  Lö- 
wen zum  Dr.  creirt,  war  wegen  s.  grossen 
Gelehrsamkeit  u.  Bescheidenheit,  wie  ehe- 
mals Atticus,  bei  Staatsmännern  aller 
Parteien  beliebt,  und  Wilhelm  I.  als  ge- 
mässigter und  unterhandelnder  Staatsmann 
von  unschätzbarem  Werthe.  1581  wurde 
er  Kanzler  von  Gelderland,  1584  Mitglied 
der  Gesandschaft  nach  Frankreich,  um 
Heinrich  III.  die  Oberhoheit  anzubieten. 
Er  starb  zu  Arnhem  1598 ,  in  einem  Alter 
von  79  Jahren,  und  hinterliess  folgende 
Schriften  über  das  römische  Recht:  „Com- 
mentarii  de  Usufructu,  de  Jure  Emphy- 
leulico,  in  Libr.  IX.  Codicis,  Centuria 
Conslliorum,  Emendationum  sive  Observa- 
tionum,  Libri  VII".  Die  ,, Centuria"  wur- 
den noch  während  s.  Lebens  1584,  die 
übrigen  nach  s.  Tode  (1600  —  1610)  her- 
ausgegeben. 

liernutius  (III)  —  Janus  —  aus 
Brügge,  ein  Freund  desLipsius,  wurde 
asf  s.  Reise  nach  Artois  vom  B'einde  ge- 
fangen ,  und  musste  sich  mit  einer  schwe- 
ren Summe  loskaufen.  Nach  s.  Befreiung 
brachte  er  s.  Leben  auf  einem  Landgute 
zu,  und  schrieb  ..Ocelli",  „Basia",  j^Ele- 
gien"  (1579) ,  „Epigramme"  u.  „Idyllen". 
In  den  .,Basia"  übersetzte  er  Vieles  aus 
griechischen  Schriftstellern,  oder  ahmte 
lateinische  Muster  nach. 

licsage  Ten  Broek  (VI.)  —  . . , 


*)  Es  ist  merkwürdig,  dasa  Lennep's  Ge- 
burt von  Bosch  besungen  wurde,  desseu  ,, Le- 
ben und  Tod"  s.  dankbarer  Schüler  so  treff- 
lich beitchriebea  hat.  S,  „Galerie  historique 
des  Contemporaias",  Tom.  VI.  2  part.  p.  243. 


—  Notar  zu  Naaldwijk,  ein  Werber  der 
Jesuiten. 

liescailje  (IV.)  —  Catharina  —  eine 
damals  sehr  gefeierte  Dichterin,  Tochter 
des  Dichters  und  Buchhändlers  Jacob 
L  e  s  c  a  i  1  j  e ')  ,  scheint  V  o  n  d  e  1'  s  grosse 
Meinung  von  ihr  nicht  gerechtfertigt  zu 
haben,  wie  dies  ihre  Uebersetzungen  oder 
Nachahmungen  französischer  Schauspiele 
von  Rotrou  u.  Corneille  beweisen.  Aus- 
serdem gab  sie  eine  Sammlung  „Vermisch- 
ter Gedichte"  heraus,  die  sich  nicht  über 
das  Mittelmässige  erheben.  (S.  Wage- 
naar, ,, Beschreib,  von  Amsterdam",  Ili. 
Th.  Fol  ,  p.  250,  253.  De  Vries,  „Ge- 
schichte der  nlederl.  Poesie",  I.  Th,  p. 
258,  290.) 

I^essiuS  (III.)  —  ...  —  ein  Jesuit 
aus  Brecht  bei  Antwerpen  (1554  — 1623), 
bestritt  die  Meinung  des  Bajus  über  die 
Prädestination.  Die  Universitäten  zu  Lö- 
wen und  Douai  verdammten  s.  Schrift  als 
mit  dem  halben  Pelagianismus  betteckt, 
worauf  sich  Lessius  auf  den  Papst  be- 
rief, und  s.  Sache  endlich  günstig  ent- 
schieden ward. 

l^ette  (III.)  —  •  •  •  —  schrieb  Anmer- 
kungen zu  den  Gesängen  von  Debora 
u.  Moses,  und  beschäftigte  sich  mit  der 
Archäologie  der  Israeliten. 

Iieupenius  (IV.)  —  Petrus  —  Pre- 
diger zu  Amsterdam,  schrieb  „Anmerkun- 
gen über  die  holländische  Sprache"  (1649). 

Ileus  (II )  —  Arnold  De  — ^  geb.  zu 
Beläil  bei  Ath  im  Hennegau ,  machte  E  u  - 
klides  s.  Landsleuten  bekannt,  und  ward 
als  Arzt  und  Mathematiker  von  Iwan 
Wassiljewitsch  dem  Grausamen 
nach  Moskau  berufen,  wo  er  1571  bei  dem 
Einfall  der  Tataren  in  den  Flammen  ums 
Leben  kam.  (S.  Dewez,  „Hist.  Partie.'-, 
der  jedoch  den  Brand  Moskau's  unrichtig 
ins  Jahr  1575  setzt.  Vgl.  Laconibe, 
„Abrege  Chronologique  de  THistoire  du 
Nord",  p.  439.) 

lieusden  (IV.)  —  Johannes  —  geb. 
1624  zu  Utrecht,  daselbst  als  Professor 
1699  gestorben,  lehrte  das  Jüdisch- 
Hebräische  zu  Amsterdam,  und  gab  un- 
ter Andern!  folgende  Werke  heraus :  „Bi- 
blia  Hebraica,  adjecta  sunt  judlcia  tum 
Professorum  Leydensium,  tum  Rabbinorum 
Amstelodamensium".  Amst.  typis  Joseph 
Atthiae  Judaei,  1667,  2  Vol.  8.     „Versio 


*)  Poeta  Laureatuä  von  Kaiser  Leopold. 


271 


Leyden 


Limborch 


278 


LXX  Interpretura",  Amst.  1683.  „  No- 
vum  Testamentum  Graecum",  Traj.  1675; 
.,Clavis  Graeca  N.  Test.,  cum  annotatio- 
nibus  philologicis",  Traj.  1672.  8.;  „Cla- 
vis  Hebraica  et  Philologica  Vet.  Testam.", 
Lejd.  1673;  „Hebräische  und  chaldäische 
Sprachlehre'-,  Utr.  1688  (ins  Englische, 
Deutsche  u.  BVanzösische  übersetzt)  ;  „Le- 
xicon  Hebraeo- Latinum",  1687,  8.  (S. 
V  erzeichniss  s.  Werke  bei  B  u  r  m  a  n , 
„Traject.  Erudit.",  p.  187 — 191,  wo  auch 
p.  185  u.  186  eine  Skizze  s.  Lebens  vor- 
kommt) 

lieydeii  (IL)  —  J.  G.  Van  —  ein 
haarlemer  Karmelitermönch ,  schrieb  drei 
Chroniken :  von  den  Bischöfen  von  Utrecht 
und  Grafen  von  Holland  bis  1417,  von  den 
Aebten  von  Egmond  bis  1524 ,  und  (in  den 
,.Analecta"  des  Matthaeus),  von  den 
Herren  von  Broderode  bis  i486. 

I*eydekker  (IV.)  —  Jacobus  —  geb. 
zu  Middelburg  1656,  Prediger  zu  Ritthem, 
an  der  Wilhelmstadt,  zu  Heusden  und  zu- 
letzt zu  Middelburg,  wo  er  1729  starb, 
verfasste  eine  „Kirchengeschichte"  (Dordr. 
1691,  Grön.  1731,  8.),  und  verfocht  die 
Rechtgläubigkeit  s.  Kirchengesellschaft  ge- 
gen den  Papst.  Er  vertheidigte  die  dordrech- 
ter  Synode  gegen  Brandt' s  Geschichte 
der  Reformation,  und  feierte  1719  die  Sä- 
cularfeier  dieser  Synode,  unter  dem  son- 
derbaren Titel:  „Triumph  der  göttlichen 
Wahrheit,  Gnade,  Friede  (!)  imd  der 
Reiter  auf  dem  weissen  Pferde".  Wie  s. 
Bruder  (s.  folg.  Art.)  schrieb  er  gegen 
Bekker,  auch  wieder  unter  dem  wun- 
derlichen Titel :  „Der  philosophische  Teu- 
fel" (1692).  Doch  s.  am  meisten  geschätz- 
tes Werk  ist :  „Adam ,  Moses  und  Chri- 
stus'^,  oder  „Erzväterliche,  jüdische  und 
christliche  Alterthümer,  seit  der  Welter- 
schaffung bis  1700-',  Middelb,  1702,  Grön. 
1732,  4. 

lieydehker  (IV.)  —  Melchior  — 
Bruder  des  Vorigen,  geb.  1642  zu  Mid- 
delburg ,  studirte  zu  Utrecht  unter  V  o  e  - 
tius,  zu  Lejden  unter  Coccejus  und 
Spanheim,  ward  1678  als  Professor  nach 
Utrecht  berufen,  und  starb  1721.  Sehr 
zahlreich  sind  s.  Schriften  ,  besonders  zur 
Vertheidigung  der  kirchlichen  Orthodoxie, 
unter  Andern  gegen  B.  Bekker.  Er 
schrieb  unter  Anderm  einen  „Kern  der 
Theologie",  eine  „Vertheidigung  der  refor- 
mirten  Lehre",  eine  „Geschichte  der  Janse- 
nisten",  und  ein  Buch  über  die  „Republik 
der  Hebräer".     De    La    Rue,    der   in  s. 


„gelehrten  ZeelaHd",  p.  54  —  56  eine  voll- 
ständige Liste  s.  Werke  gibt,  sagt,  dass 
dieselben  nicht  allein  bei  Protestanten ,  so- 
wohl in  Niederland  als  Deutschland  (in  je- 
ner Zeit) ,  sondern  auch  bei  Katholiken 
viel  Beifall  fanden. 

Iieydekker  (IV.)  —  Cornelia  — 
Schwester  der  beiden  Vorigen,  aus  Mid- 
delburg, war  der  hebräischen  Sprache 
kundig,  und  schrieb  einige  erbauliche 
Werkchen. 

Iieydis  (I.)  —  Philippus  A  —  (oder 
Von  Leyden),  geb.  zu  Leyden,  zuerst 
zum  geistlichen  Stande  bestimmt,  und  Pa- 
stor zu  Zieriksee;  doch  1369  zu  Paris  zum 
Prof.  d.  Rechte  ernannt,  wurde  er  beson- 
ders durch  seinen  Vortrag  des  kanoni- 
schen Rechts  berühmt.  Später  erhielt  er 
eine  Stelle  als  Kanonikus  im  Hennegau, 
wurde  Rathsherr  bei  dem  Grafen  Wil- 
helm V.  von  Holland  aus  dem  baierischen 
Hause,  und  seit  1373  Generahacar  des 
utrechter  Bisthums.  Als  er  sich  in  Auftrag 
des  Herzogs  AI  brecht  von  Baiern  nach 
Rom  begeben,  wurde  er  mit  einer  reichen 
und  ansehnlichen  Präbende  des  Bisthums 
Utrecht  beschenkt.  Er  starb  1380  zu 
Utrecht,  und  vermachte  s.  für  jene  Zeit  be- 
deutende Bibliothek  s.  Geburtsstadt  Ley- 
den. Sein  Hauptwerk:  „De  Cura  Reipu- 
blicae  et  sorte  principantium"  (Leyd.  1516, 
Fol. ,  eine  spätere  Auflage  ist  voll  Fehler), 
ward  bei  der  Gelegenheit  veranlasst ,  als 
Wilhelm  V.  in  s.  ersten  Jahren  durch 
das  Verschenken  s.  Domänen  den  Weg  zu 
den  schweren  Lasten  bahnte,  welche  spä- 
ter die  Einwohner  drückten.  Auch  ist  die- 
ses in  gutem  Latein  abgefasste  Werk  für 
die  vaterländische  Geschichte  u.  die  Kennt- 
niss  der  Entstehung  der  hukschen  und  ka- 
beljauschen  Zwiste  von  Wichtigkeit.  Aus- 
serdem schrieb  er  „Tractatus  Juridico-po- 
litici,  quibus  accessit  auctoris  vita  et  index 
legum  ad  quas  scripsit" ,  Amst.  1701 ,  4. 
(s.  Foppens,  p.  1036),  von  welchen 
einer  „de  formis  et  semitis  Reipublicae  gu- 
bernandae"  handelt.  (S.  H.  W.  Tijde- 
man  (gekrönte)  „Abb.  üb.  d.  buk.  u.  ka- 
belj.  Parteien",  Leyd.  1815,  p.  35  —  46.) 

JDexius  (VI.)  —  ...  — verdienstlicher 
katholischer  Theolog. 

Kiievens  (III.)  —  ...  —  gab  1574 
Gregorius  von  Nyssa  heraus. 

Iiimborcb  (IV.)  —  Filips  Van  — 
ein  geachteter  Remonstrant  und  Freund 
des  Locke,  gab  1660  Briefe  gelehrter 
Männer,  meist  theologischen  Inhalts,  spä- 


2T9 


Linibourg 


Lipsius 


280 


ter  ein  theologisches  System,  welches  sich 
durch  Mässigung  auszeichnete,  und  s.  be- 
rühmtes Werk :  „De  veritate  Religionis 
Christianae  amica  collatio  cum  erudito  Ju- 
daeo"  (Goud.  1687,  4.)  heraus,  wodurch 
er  jedoch  den  Zweck ,  die  Juden  zu  be- 
kehren ,  nicht  erreichte. 

liiinliourg'  ( V. )  —  Robert  De  — 
Naturkundiger,  der  über  das  Land  von 
Luxemburg,  Lüttich  und  Halle,  und  über 
die  Fossilien  der  Niederlande  Wahrneh- 
mungen mittheilte. 

liinden  (HL)  —  Johan  Antonides  Van 
Der  —  Arzt  zu  Enkhuizen,  dann  (1639) 
Professor  zu  Franeker,  und  seit  1650  zu 
Leyden ,  schrieb  eine  „Physiologie  und 
Theorie  der  Fieber",  welche  ganz  von  der 
des  Galenus  abwich.  Früher  war  dieser 
Gelehrte  ein  grosser  Vertheidiger  der  Al- 
ten, besonders  des  Hippokrates,  dem 
er  sogar  Kenntniss  von  dem  Umlaufe  des 
Bluts  zuschrieb ,  obgleich  derselbe  erst  von 
Harvey  entdeckt  wurde. 

Iiinden  (VI.)  —  Johan  Van  Der  — 
ausgezeichneter  practischer  Jurist  u,  Ue- 
bersetzer  mehrerer  Werke. 

Itinshoten  (HL)  —  Jan  Huygen  Van 
—  geb.  zu  Haarlem ,  hielt  sich  dreizehn 
Jahre  in  Indien  auf,  beschrieb  s.  „indi- 
sche Reise  1596",  welche  1598  ins  Deut- 
sche und  1599  ins  Lateinische  übersetzt 
wurde ,  worin  er  unter  Anderm  bemerkt, 
dass  die  Ananas  keine  ursprünglich  in- 
dische Pflanze ,  sondern  von  den  Portu- 
giesen aus  Brasilien  dahin  verpflanzt  wor- 
den ist.  Er  machte  auf  dem  enkhuizener 
Schilfe:  der  Merkur,  zuerst  die  Ent- 
deckungsreise der  nordöstlichen  Durchfahrt 
(1594)  als  Conunis  mit,  und  entdeckte  die 
Waigazstrasse  und  die  M  a  a  1  s  o  n  s  - 
in  sei.  1595  unternahm  er  mit  De  la 
Dale  eine  neue,  aber  minder  glückliche 
Reise  nach  dem  Norden  als  Obercommis, 
von  welcher  dieser  muthige  Seefahrer  nach 
Enkhuizen  zurückkehrte,  u.  daselbst  1611 
starb.  (S.  G.  Moll,  „Abhandl.  über  ei- 
nige frühere  Seefahrten  der  Niederländer", 
p.  1  —  38.) 

liipsiius  (HL)  —  Justus  —  einer  der 
frühesten  Professoren  an  der  Universität 
zu  Leyden ,  ward  1547  in  einem  Dorfe 
zwischen  Brüssel  u.  Löwen  geboren.  Schon 
mit  s.  zwölften  Jahre  machte  er  lateinische 
Verse.  Auf  einer  Reise  nach  Italien  lernte 
er  den  grossen  Latinisten  Muretus  ken- 
nen, der  ihn  sehr  schätzte.  Er  lebte  zu 
Rom    in    dem   Hause    des    wohlbekannten 


Cardinais  Gran v eile,  besuchte  hierauf 
die  Franche-Comte  u.  Deutschland,  wor- 
auf er,  in  s.  Vaterland  zurückgekehrt,  den 
Ruf  nach  Leyden  erhielt  und  annahm,  be- 
sonders um  sich  des  persönlichen  Umgangs 
mit  D  o  u  z  a  zu  erfreuen ,  den  er  schon 
kannte  und  hochschätzte.  Doch  Levden 
sollte  ihn  nicht  lange  behalten;  s.  Herz 
zog  ihn  nach  s.  Heimath,  und  unter  dem 
Vor  wände,  die  Wasser  von  Spaa  zu  ge- 
brauchen, verliess  er  die  Republik  1592, 
und  kehrte  nicht  wieder  zurück,  da  Phi- 
lipp H.  u.  die  Staaten  von  Brabant  sich 
beeiferten,  ihm  den  Lehrstuhl  der  Ge- 
schichte zu  Löwen  anzubieten.  Hier  ward 
er,  wiewohl  mehr  Stoiker  als  Christ,  Ver- 
theidiger der  unglaublichsten  Wunder  und 
der  Verketzerungen,  worüber  der  edle 
Koornhert  gegen  ihn  auftrat.  D o u - 
za's  Geist  war  durch  s.  Freundschaft  für 
Lipsius  in  diesem  Punkte  so  befangen, 
dass  er  diesen  Schritt  dem  Holländer  und 
Protestanten  übel ,  und  den  Vertheidiger 
der  LKpiisition  in  Schutz  nahm.  (S.  Sie- 
gen beek,  „Laudatio  Jani  Dousae",  p. 
109.)  Lipsius  starb  1609  zu  Löwen. 
Um  die  Literärgeschichte ,  die  lateinische 
Sprache  u.  Alterthümer  hat  er  grosse  Ver- 
dienste. Er  beleuchtete ,  zur  Erklärung 
des  Polybius,  das  römische  Kriegswe- 
sen in  allen  s.  Theilen,  erklärte  einzelne 
Stücke  aus  Cicero,  Varro,  Properz, 
Valerius,  und  besorgte  eine  Ausgabe 
von  Vellejus  Paterculus;  doch  seine 
Jjieblingsschriftsteller  waren  Seneca  (der 
Philosoph)  u.  T  a  c  i  t  u  s.  Mit  einer  blin- 
den Liebe,  die  keine  Mängel  sieht,  hing 
er  an  Ersterem  und  an  der  stoischen  Phi- 
losophie überhaupt,  für  welche  er  auch 
eine  Manuductio  und  drei  Bücher  über 
ihre  Physiologia  schrieb,  auch  so  viel  als 
möglich  ihre  Lehre  in  das  glänzendste  Licht 
stellte.  Ueber  Tacitus  verbreitete  er 
ein  ganz  neues  Licht ,  und  noch  ist  s.  Aus- 
gabe davon ,  nebst  s.  Anmerk\uigen  zu 
diesem  Geschichtsschreiber  unserer  Väter, 
dem  Zergliederer  des  Herzens  der  Tyran- 
nen ,  von  der  höchsten  Wichtigkeit,  und 
würde  allein  hinreichen  ,  den  Namen  von 
Lipsius  zu  verewigen.  Auch  schrieb  er 
sechs  Bücher  über  die  Staatswissenschaft, 
staatswissenschaftliche  Cluster  in  zwei  Bü- 
chern ,  und  eine  Beschreibung  der  Stadt 
und  Universität  von  Löwen.  Man  sieht, 
dass  Lipsius  namentlich  die  lateinischen 
Schriftsteller  des  silbernen  Jahrhunderts 
von   Rom   liebte;    und    in  der  That  ist  s. 


281 


L'isle 


Loon 


282 


iStjl  kühn,  kräftig,  doch  auch  kurz,  zu- 
wpilea  gesucht  und  niclit  lieblich ,  wie  der 
s.  Lehrers  Muretus,  der  sich  die  gol- 
dene Zeit  von  Rom  zum  Vorbild  genom- 
men hat,  so  dass  man  s.  Leetüre  jungen 
Freunden  der  Wissenschaften  nicht  genug 
empfehlen  kann.  —  Seine  Werke  bestehen, 
zufolge  der  Ausgabe  von  Balthasar  Mo- 
retus  (1637),  in  6  Theilen  Fol.  Der 
erste  enthält  kritische  Sachen,  abweichende 
Lesarten,  Verbesserungen  von  und  Anmer- 
kungen zu  alten  Schriftstellern  (meistens 
in  den  Text  aufgenommen),  und  ein  VVerk- 
chen  über  die  reinere  Aussprache  des  La- 
teinischen ;  der  zweite ,  s.  mannigfaltigen 
Briefe;  der  dritte,  s.  archäologischen  Ab- 
handlungen, s.  Löwen  und  s.  Vertheidi- 
gung  der  brabanter  Wundererzählungen; 
der  vierte  seine  staatswissenschaftlichen 
Schriften  ,  s.  „Manuductio  ad  Stoicam  Phi- 
losophiam"  und  „Physiologia  Stoicorum"  ; 
der  fünfte  s.  T  a  c  i  t  u  s  und  der  sechste  s. 
S  en  e  ca. 

I<'isle  (I.)  —  Richard  De  -  (Lille) 
aus  Ilyssel ,  lebte  um  1300  und  schrieb 
eine  allegorische  Erzählung  über  „honte  et 
puterie" ,  woraus  die  tiefe  Sittenverderbt- 
heit  jenes  Jahrhunderts  erhellt. 

IiObeliiiS  (in  )  —  Matthias  —  Leib- 
arzt Wil  hei  m  1. ,  verf.  das  grosse  Werk: 
„Plantarum  seu  Stirpium  Historia",  Lond. 
1572,  1655,  4.  Antw.  1576;  (nach  dem 
Zeugniss  dieses  grossen  Botanikers  zählte 
man  1576  in  den  Niederlanden  mehr  Pflan- 
zen ,  Bäume  und  Sträucher ,  als  in  Grie- 
chenland, Spanien,  Deutschland,  England, 
Frankreich  und  Italien)  und  „Kräuterbuch 
oder  Beschreibung  von  allerlei  Gewächsen, 
Kräutern ,  Sträuchern  und  Bäumen ,  von 
Matthias  Lobel,  Arzt  der  fürstl.  Ex- 
cellenzen", zu  Antwerpen  bei  Chris tof- 
fel  Plantijn  1581  in  Fol.  (Mit  Abbil- 
dungen versehen.) 

IjOChem  (VI.)  —  ...  Van  —  zu  De- 
venter,  ist  unter  die  noch  lebenden  Dich- 
ter zu  zählen. 

I'Ogger  (VI.)  —  ...  —  Wundarzt  zu 
Leyden,  vortheilhaft  bekannt  durch  meh- 
rere von  der  haarlemer  Gesellschaft  der 
Wissenschaften  gekrönte  Preisschriften. 

IiOngolius  (II )  —  Christoffel  —  aus 
Schoonhoven  (oder  aus  Mecheln),  einer  der 
Freunde  des  E  r  a  s  m  u  s ,  der  den  Styl  des 
Cicero,  aber  die  Sachen  des  altern  Pli- 
nius  liebte,  durchreiste  zur  Erklärung  der 
Naturgeschichte  des  Letztern  Italien,  Frank- 
reich ,   die  Schweiz ,  Deutschland ,  Spanien 


und  England.  In  Italien  war  er  sehr  ge- 
achtet u.  ein  Freund  des  Cardinais  Bembo. 
Auch  Er  asm  US  schätzte  ihn  hoch,  und 
wechselte  Briefe  mit  ihm  über  s.  Cicero- 
nianismus.  Longo  lius  starb  1522  zu 
Padua,  33  Jahre  alt.  Er  war  einer  von 
denjenigen  Gelehrten,  welche  nach  der 
Gewohidieit  der  damaligen  Zeit  alle,  oder 
doch  die  vornehmsten  Wissenschaften  zu 
umfassen  strebten.  So  schrieb  er  unter 
Anderm  das  Lob  des  Plinius,  Erklärun- 
gen zu  dessen  Naturgeschichte ,  eine  Ge- 
schichte der  Gewächse,  eine  Rede  zum 
Lobe  König  Ludwig  XII.  und  der  fran- 
zösischen Nation ,  Erklärungen  über  das 
Civilrecht,  Gedichte  und  Briefe  (natürlich 
Alles  in  lateinischer  Sprache). 

JLong^olius  (II.)  —  Gysbert  —  aus 
Utrecht,  widmete  sich  der  Medicin  u.  den 
Wissenschaften ,  hielt  sich  einige  Jahre  zu 
Deventer  als  Schuldirector  und  Stadtarzt 
auf,  bis  er  in  den  Dienst  des  Erzbischofs 
und  Kurfürsten  Her  man  von  Köln  trat, 
der,  wie  Longolius,  im  Geheimen  der 
Reformation  anhing.  Vielleicht  veranlasste 
ihn  Letzteres,  einen  Ruf  nach  Rostock  an- 
zunehmen, er  starb  jedoch,  ehe  er  diesem 
folgen  konnte,  zu  Köln  1543,  erst  36  Jahre 
alt.  Religionshass  verweigerte  ihm  ein  ehr- 
liches Begräbniss  ;  s.  Freund ,  der  Kurfürst, 
gab  ihm  dasselbe  zu  Bonn.  Er  gab  Plau- 
tus,  Cicero's  Briefe  und  die  lateinische 
Uebersetzung  des  P  hi  los  trat  us  (das  Le- 
ben von  Apol  lo  nius)  heraus,  vermehrte 
ein  griechisch  -  lateinisches  Wörterbuch, 
schrieb  Anmerkungen  zu  Ovid's  Werken, 
zur  ,,Rhetorica"  bei  Herennius,  Cor- 
nelius Nepos,  Lauren tius  Valla, 
und  übersetzte  einige  moralische  Werke 
des  Plutarch  ins  Lateinische. 

IJOOn  (V.)  —  Gerard  Van  — •  ent- 
wickelte die  vaterländische  Geschichte  aus 
einer  ihrer  Aveniger  geschätzten,  aber  gleich- 
wohl N-sichtigen  Quellen:  —  aus  der  Nu- 
mismatik, in  S.Werke:  ,, Niederländische 
Geschichtsmünzen",  im  Haag  1723,  4 
Theile,  Fol,  von  Van  Effen  1732  ins 
Französische  übersetzt;  begann  jedoch  da- 
mit erst  von  der  Regierung  Philipp  II. 
an.  Auch  für  die  frühere  Geschichte  war 
er  nicht  unthätig.  Seine  „Urgeschichte 
Holland's"  (im  Haag  1734,  2  Tk,  Fol.), 
und  „Ursprüngliche  Regierungsart  von  Hol- 
land" (Leyden  1744)  sind  sehr  gelungene 
Werke  von  Dem .  w  as  w  ir  über  die  Zeiten 
vor  und  unter  den  ersten  Gi'afen  Merk- 
würdiges   wissen.     Später    bewies    er    die 


283 


Loos 


Loosjes 


284 


alte  Lehnsabhängigkeit  Holland's  vom  deut- 
schen Reiche  (Leyden  1748),  wogegen  je- 
doch später  Huydecoper  so  heftig  auf- 
trat. 

liOOS  (II.)  —  Cornelis  —  (Callidius) 
um  1540  zu  Gouda  geboren,  vertheidigte 
die  katholische  Religion  in  s.  Werke:  „De 
spiritu  vertiginis  utriusque  Germaniae  in 
Religionis  dissidio",  4.,  1579,  1580,  1581, 
liess  jedoch  so  viel  Mässigung  blicken,  dass 
die  Katholiken  ihn  für  einen  halben  Ketzer 
hielten.  Ausserdem  schrieb  er :  „lUustrium 
Germaniae  utriusque  scriptorum  Catalogus" 
(1581,  8)ti  der,  wie  Foppens  sagt,  fast 
nur  die  Geburtsorte  der  Schriftsteller  an- 
gibt. 

liOOSJes  (V  I.)  —  Adriaan  —  geb.  1761 
zuHaarlem,  wo  s.  Vater  Mennonitenpredi- 
ger  war,  widmete  sich  dem  Buchhandel 
imd  erwarb  sich  darin  einen  Namen,  so- 
wohl durch  die  zahlreichen ,  in  s.  Verlage 
erschienenen,  als  auch  von  ihm  verfassten 
Werke.  Er  war  einer  der  eifrigsten  Pa- 
trioten jener  Zeit,  welches  er  bereits  1786 
durch  s.  Trauerspiel:  ,,Gevaarts  u.  Gijze- 
laar"  und  durch  eine  Menge  kleinerer 
Schriften  an  den  Tag  tegte.  Dieser  pa- 
triotische Eifer  entfremdete  ihn  jedoch  we- 
der s.  Berufe,  noch  den  Wissenschaften. 
Von  s.  Kenntniss  der  vaterländischen  Ge- 
schichte ,  der  alten  Sprachen  u.  Literatur 
hat  er,  noch  kurz  vor  s.  Tode,  durch  die 
Uebersetzung  der  Biographie  von  Huy- 
gens,  durch  ihn  selbst  verfasst, 
in  fliessenden  holländischen  Versen  rühm- 
liche Proben  gegeben.  Dabei  war  er  un- 
gemein thätig  für  das  Wohl  seiner  Neben- 
nienschen ,  besonders  s.  Stadtgenossen ; 
alle  nützliche  Einrichtungen  fanden  in  ihm 
einen  feurigen  Vertreter ,  besonders  die 
haarlemer  Gesellschaft:  Für  das  allge- 
meine Beste.  Vor  Allem  liebte  er  s. 
Vaterland  und  die  Religion.  Vergebens 
suchte  er  1806  durch  eine  Bittschrift  an 
den  gesetzgebenden  Körper  dem  durch 
Einsetzung  eines  fremden  Königs  drohen- 
den Schlage  der  holländischen  Unabhän- 
gigkeit zuvorzukommen  5  1813  und  später, 
bei  Wiederherstellung  des  Hauses  Oi'anien, 
ertönten  s.  Jubeilieder.  Von  s.  Frömmig- 
keit hat  er  in  s.  zahlreichen  Werken,  so- 
wohl in  Prosa  als  Poesie,  die  schönsten 
Beweise  geliefert;  noch  im  letzten  Jahre 
s.  Lebens  besang  er  mit  Enthusiasmus  den 
Helden  des  Reformationsfestes  (1817).  Er 
starb  plötzlich  zu  Anfange  des  Jarires  1818. 
—  Loosjes  Werke    sind   sehr  zahlreich, 


doch  nicht  alle  von  gleichem  Werthe.  Als 
Dichter  hat  er  viel  fjr  das  Schauspiel  ge- 
arbeitet, das  er  sehr  liebte,  aber  keines 
s.  Stücke  wurde  aufgeführt.  Einige  der- 
selben haben  ausserordentliche  oder  ergrei- 
fende Ereignisse  aus  dem  häuslichen  Le- 
ben zum  Gegenstande,  wie  z.  B.  „der 
Untergang  der  Stadt  Roemerswale",  „Ame- 
lia  Fabricius"  (das  Unglück  von  Delft  im 
J.  1654),  und  „Ebba  Niels",  Bei  allen 
s.  Dichtungen  folgte  er  vorzugsweise  der 
Manier  der  Franzosen,  für  deren  Literatur 
er  sehr  eingenommen  war,  und  aus  welcher 
er  unter  Anderm  die  ,,drei  Naturreiche"' 
von  D  e  1  i  1 1  e ,  mit  gelehrten  Anmerkungen 
übersetzte.  Eines  s.  letzten  und  besten 
Werke:  „der  letzte  Seezug  des  Admirals 
de  Ruiter",  in  sechs  Gesängen ,  ist  daher 
auch  wenig  verschieden  von  den  Helden- 
gedichten des  18.  Jahrhunderts.  Obgleich 
er  sich  darin  genau  an  das  Historische 
hält,  und  nichts  Fabelhaftes,  nichts  Wun- 
derbares, und  wenig  Episoden  die  Erzäh- 
lung beleben,  welche  auch  im  Uebrigen 
nicht  mit  den  zahllosen  Funken  dichte- 
rischen Vortrags  glänzt,  womit  ToUens, 
wiewohl  ebenfalls  der  Geschichte  getreu, 
jedes  Blatt  s.  Nowaja  Semlja  hellleuch- 
tend strahlen  lässt,  so  liest  man  jedoch 
,,  de  Ruiter's  letzten  Seezug "  mit  Ver- 
gnügen ;  der  vaterländische  Gegenstand, 
der  wahr  und  mit  Feuer  dargestellte  Held, 
die  wohlangebrachten  Episoden,  die  uns 
durch  Mannigfaltigkeit  nicht  verwirren,  die 
vaterländische  Giuth  des  Dichters,  die  er 
s.  Lesern  mittheilt ,  und  viele  schöne  Verse 
sichern  diesem  Gedichte  (welches  beson- 
ders bei  s.  Erscheinen  in  den  traurigsten 
Tagen  der  französischen  Tyrannei  Aller 
Aufmerksamkeit  fesselte)  einen  bleibenden 
Werth.  Im  J.  1816  besang  er  in  einem 
herzlichen  Tone  die  mehr  ruhmreiche,  als 
entscheidende  „Schlacht  bei  Algier".  Nach 
s.  Tode  erschienen  s.  nachgelassenen  Ge- 
dichte in  zwei  Theilen.  Als  Prosaist  ist 
Loosjes  nicht  minder  ausgezeichnet.  In 
s.  trefflichen  „moralischen  Erzählungen" 
(Haarlem  1804,  3  Theile)  findet  man  acht 
niederländische  Charaktere  nach  dem  Le- 
ben geschildert ,  unter  denen  wir  nur  an 
„Sara  Houttuin"  und  an  alle  in  dieser 
Erzählung  vorkommende  Personen  erinnern. 
Seine  „Susanna  Bronkhorst"  (Haarl.  1806, 
6  Th.)  ist  eine  niederländ.  Clarissa ,  mit 
einem  Lovelace  u.  einer  Sinclair,  und  einer 
der  besten  niederl.  Romane.  Hierauf  wählte 
der  Verfasser  eine  andere  Gattung  von  er- 


285 


Loosjes 


Loots 


286 


dichteten  Erzählungen ,  nämlich  in  zusam- 
menhängenden FamiliengemäUlen  die  leben- 
digen Darstellungen  der  Sitten  s  .Vorväter 
vom  Anfange  des  17.  bis  tief  in  das  18. 
Jahrhundert.  Die  ersten  dieser  zwei  Ro- 
mane: „Maurits  Lijnslager"  (Haarl.  1808, 
4  Tb.)  und  ..Hillegonda  Buisman''  sind  die 
besten,  weil  der  Stoff  Avichtiger  und  an- 
genehmer ist,  indem  sie  die  schönste  und 
kräftigste  Periode  der  Nation  umfassen; 
dagegen  mussten  die  folgenden:  „Robert 
Hellemans'  und  ,. Johannes  Wouter  Blom- 
mestein"  schwächer  sein,  weil  sie  eine  Pe- 
riode des  Verfalles  und  der  Einschlurame- 
rung  der  Nation  schildern.  Ein  Gemälde 
aus  dieser  letztern:  „Junker  Reinoud  Jan 
Vin  Golstein  auf  Scherpenzeel",  schildert 
einen  geldernschen  Edelmann  aus  den  Zei- 
ten des  französischen  Krieges  von  1793  u. 
1794,  in  Briefen,  wie  die  Susanna  Bronk- 
horst.  In  s.  historischen  Romanen  dienen 
die  eben  nicht  ungewöhnlichen  Schicksale 
von  Leuten  aus  dem  bürgerlichen  Leben 
zum  Leitfaden  ,  um  die  ausgezeichneten  Be- 
gebenheiten und  Thaten  der  grossen  Män- 
ner aus  dem  damaligen  Jahrhundert  damit 
zu  verknüpfen,  und  lebendiger,  als  im  ge- 
wöhnlichen historischen  Style,  darzustellen. 
Auch  Ausländer,  wie  Milton,  Galilei, 
kommen  darin  vor.  Aber  einen  bestimmten 
Plan  darf  man  in  ihnen  nicht  suchen;  das 
Bestreben,  das  häusliche  Leben  der  Nie- 
derländer getreu  darzustellen ,  lässt  ihn 
viele  minder  wichtige ,  ja  kleinliche  Um- 
stände aufnehmen.  Dessenungeachtet  wer- 
den diese  Werke,  namentlich  die  zwei  er- 
sten ,  bei  dem  Niederländer ,  der  alte  Sit- 
ten und  Tugenden  liebt,  stets  in  Ansehen 
bleiben.  Eine  andere  Art  historischer  Ro- 
mane waren  die  in  Gesprächen,  worin 
er  der  Geschichte  noch  getreuer  blieb,  \yie 
in  dem  „Frank  Van  Borselen"  und  ,,Ja- 
coba  Van  Beijeren,,  (1770,  1791)*),  in  der 
„Charlotte  von  Bourbon"  (1792),  dem 
,,Hugo  de  Groot  und  Maria  Van  Rei- 
gersbergen"  (1794),  der  „Louise  De  Co- 
ligny"  (1803),  dem  „Johan  De  Witt" 
(1805),  „Arnold  Geesteranus  und  Susanna 
Van  Oostdijk",  den  „Römischen  Antiken 
von  Freiheits  -  und  Vaterlandsliebe"  (1798). 
—  Hofman  Peerlkamp,  Rector  an 
den  lateinischen  Schulen  zu  Haarlem,  spä- 


ter Professor  zu  Leyden,  hat  dem  Anden- 
ken seines  Freundes  durch  eine  kurze  und 
kräftige  Rede  Huldigung  dargebracht. 

KiOOts  (VL)  —  Cornelis  —  gest.  im 
Haag  den  10.  October  1834  in  einem  Al- 
ter von  70  Jahren ,  als  Dichter  und  Pa- 
triot berühmt,  war  zur  Handlung  bestimmt, 
beschäftigte  sich  jedoch  frühzeitig  mit  Poe- 
sie und  schon  in  s.  vierzehnten  Jahre  mit 
dramatischen  Versuchen.  VondeTs  Pa- 
lamedes  und  Satyren,  sowie  eine  prosai- 
sche Uebersetzung  von  Tasso  waren  die 
einzigen  Gedichte,  die  er  lesen  konnte.  Die 
damaligen  poetischen  Verhältnisse  in  s.  Va- 
terlande ,  die  das  Genie  so  manchen  Dich- 
ters weckten,  blieben  auch  nicht  ohne  Ein- 
fluss  auf  Loots.  Er  schrieb  anonym  va- 
terländische Herzensergiessungen  in  dem 
Geiste  der  vor  dem  September  1787  in 
Holland  herrschenden  Partei.  Diese  Ge- 
dichte wurden  von  Nomsz  in  eine  Zei- 
tung eingerückt,  welches  den  jungen  Dich- 
ter mehr  und  mehr  ermuthigte,  auf  dieser 
Laufbahn  fortzuschreiten.  Bei  Uylen- 
broek  eingeführt,  erwarb  er  sich  einige 
Kenntnisse  und  kam  mit  Helmers  in  Ver- 
kehr, dessen  Bekanntschaft  ihm  in  jeder 
Beziehung  nur  vortheilhaft  sein  konnte'). 
Diese  Bekanntschaft  ward  später  noch  ver- 
trauter, da  Loots  sich  mit  dessen  Schwe- 
ster verheirathete.  Von  1795  an  machte 
er  sich  durch  folgende  patriotische  Gedichte 
bekannt:  „Der  Sieg  der  Niederländer  bei 
Chattam"  (1799),  die  „Volkswuth,  oder 
der  Mord  der  De  Witte"  (1802),  und  die 
,,Batavier  zur  Zeit  des  Julius  Cäsar"  (1805). 
Dieses  letztere  war  ein  kühnes  Unterneh- 
men in  jener  Zeit,  wo  Napoleon  Hol- 
land Gesetze  vorschrieb ;  denn  während 
ToUens  ,,Lucretia"  in  Amsterdam  nicht 
aufgeführt  werden  durfte,  gab  Loots  je- 
nes dramatische  Gedicht  heraus,  worin  ein 
Barde  den  Bataviern,  die  im  Begriff  sind, 
sich  mit  Rom  zu  verbinden ,  das  Unglück 
und  die  Schande  von  solchen  ungleichen 
Bündnissen  mit  glühenden  Farben ,  mit 
Zügen  aus  der  neuesten  Geschichte  des 
übermächtigen  Frankreichs  malt,  und  ih- 
nen Befreiung  von  der  erniedrigenden  Bun- 
desgenossenschaft verheisst.  Auch  entging 
er  wegen  dieses  Gedichts,  sowie  Hel- 
mers wegen  s.  „Fragments  eines  nicht 
herausgegebenen    Trauerspiels"   nur  durch 


•)  S.  „Erlanger  Mitt«-o»hsblatt"  vom  26. 
Aug.  1835  den  Anfsatz:  Jac  ob  a  Tan  B  e  i  je- 
ren  (Baiem)  ,  von  Otto, 


*)  S.  Lo 0 1«' Vorrede  im  I.  Th.  s.  Gedichte; 
eine  Art  Aatobiographie  des  Dichters. 


287 


Loots 


Lublink 


288 


Vermittelung  des  Königs  Ludwig  der  von 
Napoleon  gegen  sie  beschlossenen  Ver- 
liaftung.  Seine  Muse  beschränkte  sich  je- 
doch nicht  allein  auf  vaterländische  Gegen- 
stände ;  auch  die  höhern  Angelegenheiten 
der  Menschheit  begeisterten  dieselbe.  Seine 
„Zwingherrschaft"  (1800)  ist  ein  Gegen- 
stück zu  Helniers  „Freiheit".  Kühn  ist 
s.  „Gesang  bei  dem  Begijnien  des  19.  Jahr- 
hunderts"; sanfter  (zufolge  des  Gegenstan- 
des) der  „Allgemeine,  zu  Amiens  geschlos- 
sene Friede".  Zweimal  war  Loots  in 
poetischen  Preisschriften  bei  der  Gesell- 
schaft für  Sprach-  und  Dichtkunde  der 
Mitbewerber  von  Tollens:  in  „Hugo 
De  Groot"  (1804)  blieb  er  Sieger,  und 
erhielt  die  goldene,  wie  Tollens  die  sil- 
berne Ehrenmedaille ;  im  ,,Lobe  E  g  m  o  n  d's 
und  Hoorne's"  (1806)  trug  dagegen  Tol- 
le ns  die  erste  Siegespalme  davon.  Unter 
der  fi-ahzösischen  Oberherrschaft  besang 
Loots  die  holländische  Sprache  u. 
die  Säcularfeierder  amsterdamer 
Börse.  Bei  Holland's  Befreiung  liess  er 
s.  Stimme  mit  andern  vaterländischen  Sän- 
gern zu  ihrer  Verherrlichung  erschallen. 
Der  König  wohnte  1814  dem  Vortrage  ei- 
nes Gedichts  bei,  welches  Loots  bei  die- 
ser Gelegenheit  verfasst  hatte.  Auch 
brachte  er  um  diese  Zeit  dem  Andenken 
Helmers  (1814)  und  seiner  Gattin  (1817) 
eine  Huldigung  dar.  Auf  Verlangen  des 
Staatsdieners  Falck,  eines  Freundes  der 
Literatur,  besang  er  1814  die  Greuel  des 
Sklavenhandels,  und  aus  eigenem  An- 
triebe das  ,jLob  des  Bürgerstandes".  Die- 
ses Gedicht,  dessen  Inhalt  vor  Allem  den 
ächten  Holländer,  der  müde  des  Adelstol- 
zes und  zu  stolz  ist,  um  nach  den  nichti- 
gen Verdiensten  zu  kriechen,  die  allein 
von  den  Vorvätern  entnommen  sind,  so 
trefflich  schildert ,  beschreibt  unter  Anderm 
in  einer  seiner  glänzendsten  Stellen  die 
Reise  Alexander's  von  Amsterdam  nach 
Zaandam  im  J.  1814.  Doch  diese  Episode 
gehört  nicht  hierher,  da  Alexander  nur 
Peter  ehren  wollte,  der  sich  daselbst  mit 
einem  bürgerfichen  Gewerbe  beschäftigt 
hatte.  Unter  den  „neuen  Gedichten"  von 
ihm  ist  das  Lob  Friedrich  Heinrich's 
ausgezeichnet.  Loots  sammelte  alle  s. 
Gedichte  in  vier  Theilen  (1816—1817), 
worauf  1821  noch  eine  zweite  Sammlung 
(„Neue  Gedichte")  folgte.  Unter  densel- 
ben befinden  sich  auch  viele  von  geringem 
Werthe.  Wie  war  es  z.  B.  möglich,  dass 
ein  Loots  bei   s.  kleinern   Sachen   neben 


dem  lieblichen  Gedichte  an  Feith  (Ged. 
1.  176)  auch  das  triviale  an  Jeronimo  de 
Vries  (das.  178)  setzen  konnte! 

I<OUvrex  (IV.)  —  Mattlüas  Willem 
Van  —  geb.  1665  zu  Lüttich,  gest  1734, 
war  im  Civil-  und  Kirchenrecht  sehr  be- 
wandert, und  gleich  einem  Orakel  um 
Rath  gefragt.  Einen  Beweis  davon  gibt 
ein  Process  Fenei  on's,  worin  Louvrex 
der  Anwalt  s.  Gegners  war.  Der  grosse 
Erzbischof  hört  dies,  bittet,  die  Schrift 
des  lütticher  Rechtsgelehrten  lesen  zu  dür- 
fen ,  überzeugt  sich  daraus  von  s.  Unrecht, 
steht  ab  von  s.  Forderungen  und  übersen- 
det Louvrex  die  Sammlung  aller  seiner 
Werke  mit  einem  sehr  verbindlichen  Schrei- 
ben ,  worin  er  ihn  um  s.  Freundschaft  bit- 
tet. Dieser  Zug  ehrt  eben  so  sehr  das 
Herz  des  Verf.  des  Telemachs,  wie  den 
Verstand  des  Juristen.  Seine  Werke  ent- 
halten ,  ausser  s.  Anmerkungen  auf  die 
„Observationes  et  res  judicatae"  von  D  e 
Mean,  eine  Sammlung  von  Schriften, 
welche  das  lütticher  Landrecht  und  die 
Beziehungen  dieses  ßisthums  zu  andern 
Mächten,  die  Erwählung  der  Dekane  in 
den  Kathedralen  betreffen,  theils  in  latei- 
nischer, theils  in  französischer  Sprache. 
Letztere,  die  ,,Dissertationes  Canonicae 
etc.",  sind  1729  Fol.,  die  Sammlung  über 
das  lütticher  Landrecht  von  1714  — 1735 
in  3  Theilen  Fol.,  und  nochmals,  vonBou- 
dew  ijn  Hodin  vermehrt,  in  4  Th.  Fol. 
zu  Lüttich  1751  gedruckt.  (S.  .,Dict. 
Hist.  de  Pajs-Bas",  T.  IL  p.  39,  40, 
68,  69.) 

liUblink  d.  J.  (VI.)  —  Johannes  — 
einer  der  vornehmsten  Wiederhersteller  der 
neuern  niederländischen  Literatur ,  ward 
1736  geboren,  und  starb  1816.  Seine  zu 
Rotterdam  1823  in  2  Theilen  vom  Buch- 
händler Immerzeel  herausgegebenen  Ab- 
handlungen zeigen  von  feinem  Geschmack, 
klarem  Urtheil,  Liebe  zur  Religion,  phi- 
losophischem Blick,  und  einem  Stjle,  der 
nichts  Hochtrabendes  hat,  sondern  wie  ein 
stiller,  lieblicher  Bach  dahin  fliesst.  Die 
darin  behandelten  Gegenstände  sind  von 
verschiedener  Art;  es  waren  bei  der  Ge- 
sellschaft: Concordia  et  Libertate  gehal- 
tene Reden.  Der  erste  Theil,  der  mehr 
vermischten  Inhalts  ist ,  enthält  unter  An- 
derm die  „über  die  Fröhlichkeit" ,  worin 
Lublink  seine  eigene  Scelenstimmung, 
die  Frucht  eines  reinen  Gewissens,  schil- 
dert; der  zweite  Theil  hat  meist  die  Ver- 
theidigung   der   christlichen    Religion ;    die 


289 


Lucas 


Lulofs 


290 


wechselseitige  Beziehung  der  Philosophie, 
Dichtkunst  und  Beredsamkeit,  und  andere 
moralisch  -  philosophische  Stoife  zum  Ge- 
genstande. Auch  als  poetischer  Ueber- 
setzer  war  er  nicht  unverdienstlich,  wie 
dies  einige  Fabeln  von  Geliert  bewei- 
sen ;  doch  vor  Allem  gehört  er  unter  die 
Uebersetzer  in  Prosa ,  w  eiche  die  Literatur 
ihres  Landes  wahrhaft  bereichert  und  dem 
durch  sie  übersetzten  Schriftsteller  Ehre 
angethan  haben.  So  trug  er  Geliert's 
moralische  Lehren,  Stolberg's  Reisen, 
Thomson's  Jahreszeiten  und  besonders 
Y  0  u  n  g '  s  Nachtgedanken  trefflich  ins 
Holländische  über.  Auch  s.  ,. Briefe",  die 
1803  erschienen  ,  sind  sehr  anziehend. 
L  üb  link  fand  in  Weste  rbaen  einen 
würdigen  Lobredner. 

üucas  (III-)  —  .  •  .  —  schrieb  mit 
Caron  über  Japan. 

liuiJkeii  (IV.)  -  Jan  —  (1649—1712) 
in  s.  Jugend  ein  Freund  der  Ergötzung, 
Hess  er  s.  Gefühl  in  der  „deutschen  Leier" 
ertönen ,  einer  Sammlung  von  Liedern, 
welche,  einzelne  ausgenommen,  keines- 
wegs so  anstössig  für  die  Sittlichkeit  sind, 
als  man  bei  s.  übermässigen  Strenge  glau- 
ben sollte,  womit  er  dieselben  nach  gänz- 
licher Aenderung  s.  Denkweise  zu  vernich- 
ten suchte.  Styl  und  Versmaass  in  diesen 
Poesien  sind  fliessend  und  angenehm;  nur 
die  Sprache  ist  nicht  immer  gewählt.  Lui- 
ken's  Genie  verfiel  nun  auf  die  Aetz-  u. 
Gravirkunst,  worin  Kenner  s.  originelle 
und  kräftige  Manier  sehr  rühmen.  Er  be- 
schränkte sich  vorzugsweise  auf  biblische 
oder  religiöse  Gegenstände,  z.B.  in  seinen 
Folio-  und  Quart -Bibelplatten,  und  eine 
Menge  kleiner  sinnbildlicher  Werke,  die 
von  dem  Künstler  selbst  mit  entsprechen- 
den Versen  strenger  Sittlichkeit ,  doch 
nicht  frei  von  Mysticismus,  versehen  sind. 
Man  kennt  s.  „Geistlichen  Hausrath ,  Je- 
sus und  die  Seele,  des  Menschen  Begin- 
nen, Mitte  und  Ende  u.  s.  w."  Uebrigens 
war  Luiken  einer  der  edelsten  Menschen, 
allein  streng  gegen  sich  selbst,  von  un- 
begrenzter Wohlthätigkeit    gegen    Andere. 

liUlofs  (V.)  Johannes  -7  geb.  1711 
zu  Zütphen,  gest.  1768,  Prof.  der  Mathe- 
matik und  Astronomie  zu  Leyden,  gab  ein 
nützliches  W  erk  unter  dem  Titel :  „Intro- 
ductio  ad  cognitionem  atque  usum  utrius- 
que  globi"  (1743  u.  1748),  dann  in  hol- 
ländischer Sprache  eine  ,, Einleitung  zu  ei- 
ner Natur  -  u.  mathematischen  Beschauung 
des  Erdballs"  (Leyden  u.  Zütphen  1750), 


welches  Kästner  in  Göttingen  in's 
Deutsche  übertrug,  heraus.  Ausserdem 
hat  Lulofs  grosse  Verdienste  um  den 
Wasserstaat,  durch  s.  astronomischen  Be- 
obachtungen ,  Feststellung  der  Länge  des 
Secundenzeigers,  und  durch  s.  Werk  über 
die  Weinvisirkunst,  die  er  in  Auftrag  der 
Staaten  von  Holland  schrieb. 

liUloffS  (VL)  —  Barteid  Hendrik  — 
geb.  1787  zu  Zütphen,  ward  1809  zu  Gro- 
ningen Dr.  d.  Rechte,  später  Advocat,  und 
unter  der  französischen  Regierung  Substi- 
tut des  kais.  Procurators  am  Gerichtshofe 
daselbst.  Dabei  legte  er  sich  mit  Eifer 
auf  deutsche  Literatur.  Schiller  und 
Voss  wurden  s.  Lieblingsdichter,  von  wel- 
chem Letztern  er  die  naive  Louise  in  hol- 
ländische Prosa  übersetzte.  Diese  und  an- 
dere poetische  Arbeiten  verschafften  ihm 
1815  den  Lehrstuhl  der  niederländischen 
Literatur  zu  Groningen ,  den  er  mit  einer 
Rede  „über  die  Verbindung  der  eigenen 
Literatur  und  Sprache  eines  Landes  mit 
dessen  Unabhängigkeit"  antrat.  Einige 
jugendliche  Mängel  darin,  die  dieser  Rede 
von  einer  Seite ,  die  in  Allem ,  was  dem 
Deutschen  nachartete,  nichts  als  Verder- 
ben und  Untergang  für  niederländische  Li- 
teratur sah,  eine  sehr  ungünstige  Beur- 
theilung  zuzog,  veranlasste  ihn  zu  einem 
Federkrieg,  den  man  nur  mit  s.  Jahren 
entschuldigen  kann.  Edler  drückte  er  bei 
dem  Hinscheiden  s.  einzigen  Kindes  und  s. 
Gattin  die  Gefühle  aus,  die  dasselbe  s. 
tief  bekümmerten  Herzen  einflösste.  Er 
suchte  für  diesen  Verlust  Zerstreuung  in 
unermüdlicher  Arbeit,  widmete  sich  dem 
Studium  der  mit  dem  Deutschen  verwand- 
ten oder  daraus  hervorgegangenen  Spra- 
chen, namentlich  der  alt  friesischen, 
englischen,  dänischen  und  schwe- 
dischen, die  er  nebst  den  alten,  jetzt 
ausgestorbenen  Dialekten  in  einer  „Skizze 
einer  Uebersicht  der  deutschen  Sprache, 
oder  der  germanischen  Sprachzweige'  ver- 
glich ;  ein  Werk  voll  gelehrter  Forschun- 
gen und  feiner  Bemerkungen.  Kurz  dar- 
auf gab  er  eine  „Anleitung  zur  niederlän- 
dischen Rhetorik"  heraus,  und  erhielt  den 
Preis  für  eine  von  der  Gesellschaft  der 
schönen  Künste  und  Wissenschaften  aus- 
geschriebene „Lobrede  auf  Wilhelm  I." 
(S.  „Galerie  hist.  des  Contemp.",  T.  VI. 
2.  partie,  p.  343  f.)  Diese  verschieden- 
artige und  emsige  Thätigkeit  liess  ihm, 
wie  es  scheint ,  wenig  Zeit  zur  Poesie, 
wenigstens  zur  Durchsicht  und  Herausgabe 
10 


291 


Lazac 


Maalson 


292 


s.  Gedichte  übrig,  gleichwohl  erschien  von 
ihm  1820  ein  schönes  Gedicht  auf  die 
Ueberschwemmung  in  Geldern.  Ausge- 
zeichnete Erzeugnisse  s.  Muse  sind  unter 
andern  s.  Gedichte :  die  „Abendphantasieen" 
und  der  „Ostindienfahrer",  welche  in  dem 
„Musenalmanach"  eingerückt  sind.  Lu- 
iofs  besitzt,  bei  einer  lebendigen  Einbil- 
dungskraft, eine  grosse  Gewalt  über  die 
Sprache  und  zugleich  die  bei  den  Hollän- 
dern seltene  Kunst  der  Declamation  in  ei- 
nem sehr  hohen  Grade. 

liuzac  (  VI. )  —  Joan  —  geb.  1750  zu 
Leyden,  bezog  bereits  mit  s.  14.  Jahre  die 
Universität  daselbst,  ward  1768  Dr.  d. 
Rechte,  dann  Advocat  im  Haag  und  spä- 
ter Mitredacteur  des  „Französischen  ley- 
dener  Courant" ,  welche  Zeitung  seitdem 
die  am  meisten  gelesene  in  Europa  wurde. 
Er  verfocht  die  heilige  Sache  der  j^meri- 
kaner,  genoss  die  Ehre,  der  Freund  eines 
Washington  und  Adams  zu  werden, 
erhielt  vom  Kaiser  Leopold  die  goldene 
Denkmünze,  und  schmeichelhafte  Briefe  von 
den  Höfen  von  Polen  u.  Preussen.  Auch 
s.  Vaterland ,  für  welches  er  1785  u.  1786 
eine  grundgesetzliche  Wiederherstellung 
wünschte,  Hess  ihn  nicht  unbelohnt;  er 
wurde  1785  Valckenaer' s,  s.  Lehrers, 
Nachfolger  als  Professor  der  griechischen 
Sprache  und  vaterländischen  Geschichte 
zu  Leyden.  Nach  der  Revolution  von  1795 
ward  er  wegen  s.  gemässigten  Ansichten 
s.  Amtes  entsetzt,  und  1798  s.  „Courant" 
verboten,  doch  1802  mit  Kluit  wieder 
reactivirt,  mit  welchem  er  am  unglückli- 
chen 12.  Januar  1807  das  Leben  verlor. 
Luzac's  Verdienste  als  Literat  beruhen 
nicht  allein  auf  einen  gründlichen  Un- 
terricht der  griechischen  Sprache,  son- 
dern auch  auf  drei  Sammlungen  sog.  Ex- 
ercitationes  academicae ,  welche  er  1792 
u.  1793  herausgab,  auf  der  Ausgabe  der 
Fragmente  von  Callimachus,  die  Val- 
ckenaer hatte  erscheinen  lassen,  und  auf 
dessen  Abhandlungen  über  den  Juden  u. 
Philosophen  Aristobulus,  Bearbeiter  ver- 
schiedener Werke  der  Alten.  Seine  eigenen 
„Lectiones  Atticae"  wurden  nach  s.  Tode 


von  s.  Schüler  Sluiter,  und  in  dessen 
„Lectiones  Andocideae"  Luzac's  Samm- 
lungen über  diesen  griechischen  Redner 
herausgegeben. 

liUZac  (V.)  —  Elias  —  von  Abkunft 
ein  Franzose,  aber  in  Niederland  geboren, 
schrieb  mehrere  Werke  in  französischer 
Sprache  über  das  Natur-  und  Völkerrecht 
und  über  die  Statistik.  Seine  Bearbeitung 
von  Wolf f 's  kurzem  Begriff  des  Natur- 
und  Völkerrechts  (177j2)  und  hinterlassene 
Abhandlungen  über  das  Natur  - ,  Civil  - 
und  Staatsrecht  (1802)  verdienen  alles 
Lob.  Das  aus  4  Theilen  bestehende  Werk : 
„La  Richesse  de  la  Hollande",  welches  un- 
ter diesem  weniger  genauen  Titel  die  Ge- 
schichte des  Handels  und  der  Schifffahrt 
der  Niederländer  seit  den  fiühesten  Zeiten 
enthält,  Avovon  Luzac  das  Manuscript 
kaufte,  ist  von  einem  in  Niederland  an- 
sässigen Franzosen ,  und  besonders  in  der 
holländischen  Uebersetzung  oder  vielmehr 
Bearbeitung  von  Luzac  („Holland'sReich- 
thum")  ein  Meisterstück.  Ueber  s.  Werk- 
chen: ,,Sur  le  bonheur,  ou  nouveau  Systeme 
de  jurisprudence  naturelle"  (Amst.  1820) 
s.  Prof  Cras,  „Notice  sur  la  Vie  et  les 
Berits  de  Luzac". 

Ijynden  (VI.)  —  ...  Baron  Van  — 
ein  Schüler  Wyttenbach's,  schrieb 
eine  Abhandlung  über  Panaetius  den 
Philosophen,  von  welchem  Cicero  das 
Muster  (und  vielleicht  mehr)  s.  Meister- 
werkes „über  die  Pflichten"  entlehnte. 
Van  Lynden,  1808  zum  Doctor  promo- 
virt,  ward  später  Curator  der  Universität 
und  des  Athenäums  zu  Franeker. 

liyoiinet  (V)  —  ...  —  französischer 
Emigre ,  ansässig  im  Haag,  war  ein  treff- 
licher Kunstzeichner  und  unermüdeter  Na- 
turforscher. Er  gravirte  zu  Trembey's 
Werk:  „Memoires  pour  servir  k  l'histüire 
d'un  genre  de  Polypes  d'eau  douce  a  bras 
en  forme  de  cornes  (Leyd.  1744 ,  4.)  die 
Platten ,  und  bereicherte  die  Wissenschaft 
durch  s.  zuerst  gemachte  Entdeckung  der 
doppelten  Fortpflanzung  der  Blattläuse  u. 
durch  Zergliederung  einer  Raupe  bis  in 
ihre  kleinsten  Theile. 


M. 


IVIaaijen  (III.)  - 

1611    das    nach   ihm 
Eismeere. 


—   Jan   —   entdeckte 
benannte    Eiland   im 


Maalson  (III.)  —  Fran9ois  —  (eigent- 
lich Maakschoon)  Arzt,  doch  mehr  als 
Staatsmann   berühmt,   war   Pensionär   von 


293 


Maaswijck 


Maerlant 


294 


Enkhuizen ,  Mitglied  der  Staaten  von  Hol- 
land für  Westfriesland ,  welches  er  zu  ei- 
ner besonderen  Provinz  zu  erheben  suchte, 
zweimal  Abgesandter  nach  England  (1575 
u.  1585)  und  1587  nach  Deutschland,  ver- 
eitelte in  selbigem  Jahre  Leicester's 
Anschlag  auf  Enkhuizen ,  und  war  einer 
von  Denen ,  welche  die  berühmte  Kirchen- 
ordnung von  1591  entwarfen,  die  so  viel 
Macht  der  bürgerlichen  Obrigkeit  verlieh. 
Auch  im  Griechischen  war  er  sehr  bewan- 
dert, und  man  hat  noch  viele  Briefe  von 
ihm ,  die  er  in  dieser  Sprache  an  G  e  m  m  a 
schrieb ,  mit  dessen  Antworten.  Aber  be- 
sonders zeichnete  er  sich  als  Begünstiger 
der  Seefahrt  aus,  womit,  wie  er  wohl  ein- 
sah ,  Holland ,  aber  besonders  Enkhuizen, 
stehen  oder  fallen  musste.  Er  half  mit 
Rath  und  That  an  dem  „Spiegel  der  See- 
fahrer" s.  Stadtgenossen  Lucas  Jans- 
zoon  Wagenaar,  und  beförderte  unge- 
mein die  Reisen  nach  Nowaja  Semlja, 
weshalb  auch  eine  der  zuerst  entdeckten 
Inseln  s.  Namen  führte. 

JWaaS'VI'ijck  (IV.)  —  Pancratius  — 
(Maasvicius)  aus  Leyden ,  geb.  1658, 
gest.  1719,  Lehrer  des  Lateinischen  zu 
Delft  und  im  Haag,  gab  1694  die  Kriegs- 
listen von  Polyänus  mit  s.  Anmerkungen 
und  die  von  Casaubonus,  so  wie  auch 
verschiedene  Erklärungen  zu  Virgil  heraus. 

Macquet  (V.)  —  Jan  —  geb.  1731 
zu  ßrouwershaven,  gest.  1798,  Arzt  und 
Bürgermeister  zu  Zieriksee ,  machte  sich 
als  strenger  Kritiker  der  Werke  niederlän- 
discher Literatur,  durch  s.  „Poetischen 
Erholungen"  (1772  —  1779,  3  Theile), 
woraus  wir  das  Hirtenlied  „Koridon"  er- 
wähnen, welches  ohne  ideale  Schönheit 
ist,  und  durch  s.  Werk  über  die  Krank- 
heiten in  der  Bibel ,  die  er  medicinisch  be- 
urtheilt  und  erklärt,  bekannt. 

mCacropedius  (II.)  —  George  — 
(Langeveit)  aus  Herzogenbusch,  bil- 
dete zu  Utrecht  viele  Schüler,  und  war 
nicht  allein  im  Griechischen  und  Lateini- 
schen, sondern  auch  im  Hebräischen,  Chal- 
däischen  und  in  der  Mathematik  sehr  be- 
wandert. Dabei  schrieb  er  erbauliche 
Trauer-  und  Lustspiele,  Sprach-,  chrono- 
logische und  religiöse  Werke,  sowie  zwei 
Abhandlungen  über  die  Dialektik  und  den 
Briefstyl.  Er  starb  1558.  (S.  Foppens, 
1.340.  Saxe,  IIL  235.  Burman,  200  — 
203.  Bei  diesen  findet  man  das  Verzeich- 
niss  s.  [jetzt  vergessenen]  Werke.) 

Maerlant   (I.)  —    Jacob  Van  —  er- 


ster mehr  bekannter  niederländischer  Dich- 
ter, geb.  1235,  gest.  ISOO  zu  Damme  in 
Flandern ,  wo  er  den  Posten  eines  Schrei- 
bers bekleidete ,  ward  wegen  s.  Gelehr- 
samkeit von  s.  Zeitgenossen  als  ein  Wun- 
der angesehen.  Da  die  damalige  Sprache 
sich  noch  nach  fremden  Mustern  bilden 
musste,  so  übersetzte  er  mehr,  als  er  .selbst 
verfasste.  Zu  diesen  Uebersetzungen  ge- 
hören eine  „Reimbibcl",  oder  uralte  Ue- 
bersetzung  der  Bibel ,  nach  Comestor 
(einem  französischen  Gelehrten  des  12.  Jahr- 
hunderts, von  dem  man  sagt,  dass  er  die 
Bibel  aufgegessen  habe).  Maerlant  trug 
dieses  Werk ,  eine  Sammlung  der  Bibel- 
schriften des  A.  Testaments  ,  und  eine  Har- 
monie der  Evangelisten  aus  dem  Neuen, 
in  flämische  Reime  über,  nebst  der  Ge- 
schichte der  Zerstörung  Jerusalem's  von 
Josephus,  als  einer  sehr  passenden  Fort- 
setzung zum  N.  Testament.  Ausser  dieser 
ältesten  Bibelübersetzung  übersetzte  er 
auch  eine  Naturgeschichte  aus  dem  Latei- 
nischen von  Albrecht  von  Keulen,  — 
wahrscheinlich  arbeitete  er  dies  Werk  mehr 
aus  unter  dem  Titel:  „Blüthe  der  Natur 
oder  des  Bestiaris" ;  —  Sittensprüche 
von  Aristoteles;  eine  „Geschichte  des 
trojanischen  Kriegs"  *) ;  eine  „Lebensbe- 
schreibung von  Franciscus  dem  Heili- 
gen", und  endlich  s.  Hauptwerk,  den  „Hi- 
storischen Spiegel"  aus  dem  Lateinischen 
von  Vincent  De  Beauvais,  das  zum 
Theil  von  J.  A.  C lignett,  und  J.  Steen- 
winkel  1784  und  1785  herausgegeben 
wurde.  Es  enthält  eine  allgemeine  Ge- 
schichte bis  auf  Maerlant's  Zeit.  Von 
ihm  selbst  besitzen  wir  zwei  Sittengedichte : 
„Wapen-Martijn"  u.  ,,Verkeerde-Martijn" 
(nach  den  ersten  Worten  der  Gedichte  so 


•)  Hiervon  ward  ein  intere§9antes  Fragment 
Von  dem  Alterthumsforscher  J.  C.  Acker  sdijk 
zu  Rotterdam  (s.  ,,Neue  Werke  d.  Gesellsch. 
für  uiederl.  Literatur" ,  T.  I.  St.  1.)  aufgefun- 
den ,  welchea  die  bekannte  Geschiclite  von 
Troilus  und  Ciessida,  aus  Dares  dem 
P-hrygier ,  welche  auch  Shakspeare  Stoff 
zu  einem  Schauspiele  gab ,  enthält.  Es  ist  be- 
merkenswerth ,  dass  scArohl  die  mittelalterlichen, 
als  auch  spätere  romantische  Dichter  stets  den 
Geschichten  des  Pseudo- Dares  den  Vorzug 
vor  denen  des  Homer  gegeben  haben.  Sollte 
hierin  nicht  ein  Beweis  liegen  für  die  innere 
(nicht  zufällige)  Verschiedenheit  der  classi- 
sehen  und  romantischen  Poesie  ? 
10* 


295 


Mahne 


Mander 


296 


genannt) ,  worin  des  Verf.  richtige  Den- 
kungsart  über  die  damals  so  verkehrten 
Verhältnisse  der  Menschen  und  die  eigent- 
liche Würde  des  Adels  deutlich  durchleuch- 
tet. Diese  Gedichte  sind  zufolge  Ypey's 
,, Gesch.  d.  niederl.  Sprache",  p.  325,  im 
J.  1496  zu  Antwerpen  gedruckt,  jedoch 
Jetzt  sehr  selten.  P'erner  dichtete  M  a  e  r  - 
1  a  n  t  „die  drei  Gerten"  (oder  Zweige, 
woraus  das  Kreuz  aufgewachsen  sein  sollte), 
gedruckt  zu  Antwerpen  l480  u.  1550,  und 
ein  Gedicht,  genannt:  „von  dem  Lande 
über  dem  Meere",  um  1291 ,  eine  Auffor- 
derung zu  einem  Kreuzzuge  gegen  die  Sa- 
racenen ,  welche  damals  Acre ,  das  letzte 
Bollwerk  der  Christen  in  Palästina,  er- 
obert hatten.  (S.  Van  Wijn,  p.  297.) 
Aus  allem  Dem  erhellt,  dass  Maerlant 
wohl  mit  Recht  den  Namen  des  Vaters 
perdeutschenDichter,  d.  i.  Schrei- 
ber (oder  Schriftsteller)  trägt,  da  er  fast 
alle  Gegenstände  des  Wissens  damaliger 
Zeit  behandelt  hat. 

Mahne  (VI.)  —  Willem  Leonard  — 
Lieblingsschüler  Wyttenbach's,  zuerst 
an  den  lateinischen  Schulen  zu  Amersfoort, 
dann  zu  Zieriksee,  und  1817  als  Prof.  zu 
Gent  angestellt,  zeichnete  sich  durch  eine 
Schrift  über  den  peripatetischen  Philoso- 
phen Aristoxenus  (1793)  aus.  Ferner 
erschien  von  ihm :  ,,Crito  ,  sive  Dialogus 
de  literarum  inprimis  Latinarum  studio 
recte  colendo",  und  die  Biographie  s.  Leh- 
rers Wyttenbach  (1823). 

MatlU  (in.)  ■ —  Jacob  —  unternahm 
mit  Simon  de  Cordes  u.  Sebald  de 
Weert  v.  1598 —  1600  eine  vergebliche 
und  sehr  unglückliche  Reise  nach  der  Süd- 
see. Man  fuhr  nach  unaussprechlichen  Müh- 
seligkeiten durch  die  Magellanische  Strasse. 
Von  den  sieben  Schiffen  kam  nur  eins  zu- 
rück, die  übrigen  fielen  dem  Feinde  oder 
den  Japanern  in  die  Hände.  (S.  Moll's 
Erzählung  dieser  Seereise  in  dessen  „Ab- 
handlung über  einige  frühere  Seezüge  der 
Niederländer,  p  105  — '119,  besonders 
wegen  der  von  diesen  Seefahrern  gestifte- 
ten „Brüderschaft  des  ungebundenen  Lö- 
wens".) 

Maire  (III.)  —  Jacob  Le  —  entdeckte 
1616  durch  die  Strasse  Le  Maire  und 
längs  des  Caps  H  o  o  r  n  einen  viel  beque- 
meren Weg ,  der  die  beschwerliche  Fahrt 
durch  die  Magellanische  Strasse  be- 
deutend abkürzte. 

Maire  (I.)  —  Jean  Le  —  zu  Bavay 
im    Hennegau    geboren,    daher   sein    Bei- 


name: der  Belgier,  brachte  einengros- 
sen Theil  seines  Lebens  in  Frankreich  im 
Dienste  mehrerer  Herren  und  dann  von 
Anna  von  Bretagne,  Königin  von  Frank- 
reich ,  zu.  Er  dichtete  jedoch  auch  einen 
Leichengesang  auf  Philipp  den  Schö- 
nen, im  Namen  von  dessen  Schwester, 
der  Landverweserin  Margaretha  von  Oest- 
reich,  die  1530  starb.  Auch  gab  er  auf 
Verlangen  dieser  Fürstin  s.  „Illustration 
de  la  Gaule  Belgique",  und  bei  ihrer  Ver- 
mählung :  „la  Couronne  Margueritique" 
heraus.  Man  hat  noch  von  ihm :  „drei 
Erzählungen  von  Cupido  und  Atropos" ; 
eine  Antwort  König  Ludwig' s  XII.  an 
Hector  von  Troja,  und  „Epitre  de 
l'amant  verd"  (eines  Papagai's  der  Herzogin 
Margaretha). 

Malapert  (III.)  —  Carolus  —  aus 
Bergen  im  Hennegau  (1581  —  1630),  ein 
Jesuit,  Prof.  d.  Mathematik  zu  Douai,  vor- 
trefflicher lateinischer  Dichter  eines  Trauer- 
spieles ,,Zedekia",  von  Trauergedichten 
auf  das  Leiden  Christi,  vermischter  Ge- 
dichte (Antw.  1616  u.  1634)  und  von  2 
Büchern  „über  die  Winde".  In  dem 
Trauerspiele  ist  er  feierlich ,  folgt  jedoch 
zu  sehr  S  e  n  e  c  a.  Sein  Gedicht  über  die 
Winde  ist  eine  Beschreibung  eines  Sturms, 
der  1606  in  Belgien  viele  Verwüstungen 
anrichtete ,  und  den  er  der  göttlichen  Rache 
zuschreibt,  weil  das  Volk,  anstatt  in  die 
Kirche  zu  gehen,  sich  den  Vergnügungen 
ergeben  hatte.  Die  Darstellung  nähert  sich 
dann  und  wann  den  Grenzen  des  Gemei- 
nen ,  ist  jedoch  zusveilen  lebendig  und  na- 
türlich ,  wie  z.  B.  in  der  Beschreibung  ei- 
nes Knaben ,  der  im  Sturme  s.  Tauben 
verloren  hatte.  Im  2.  Buche  wird  die  Ent- 
stehung der  Winde  behandelt.  (S.  Fop- 
pens,  I.  157  u.  Peerlkamp,  23  —  238). 

Mauieranus  (II.)  —  Nicolaas  —  aus 
Luxemburg,  Poeta  laureatus,  doch  kein 
Southey,  prophezeite,  aus  Dankbarkelt 
für  diese  ihm  widerfahrene  Ehre,  Phi- 
lipp U.  eine  ungestörte,  glückliche  Re- 
gierung, ein  goldenes  Zeitalter  und  die 
Wiedereroberung  von  Jerusalem  und  An- 
tiochicn.     (S.  Peerlkamp,  p.  49.) 

Mander  (III)  —  Karel  Van  —  geb. 
1548  zu  Molebeeke  in  Flandern,  suchte  in 
freien  Provinzen,  zuerst  zu  Haarlem  und 
dann  zu  Amsterdam,  ein  Asyl ,  wo  er  1604 
starb.  Er  übersetzte  die  Iliade  u.  Vir- 
gil's  Werke;  s.  Styl  ist  der  der  Dialek- 
tiker und  voU  von  Bastardworten.  Nach 
Foppens  (Th.  I.  p   163)  schrieb  er  auch 


29T 


Manger 


mehrere  Trauer-  und  Lustspiele.  Am  mei- 
ste» machte  er  sich  jedoch  als  Maler  und 
Biograph  der  Maler   bekannt. 

Mang^er  (V.)  —  ...  —  Sohn  eines 
Professors  zu  Mastricht ,  war  selbst  Prof. 
der  orientalischen  Sprachen  zu  Franeker, 
übersetzte  die  Geschichte  Timur-Beg's 
ins  Lateinische ,  mit  Noten ,  und  benutzte 
dabei  Schulten«,  anGolius  gesandte 
und  unter  den  Papieren  von  H ernst er- 
huis  gefundene  Anmerkungen.  Ausserdem 
erläuterte  er  1782  Hosea.  (S.  VVill- 
met,  211  —  215.) 

Mann  (V.)  —  ...  —  der  berühmte  Abt, 
schrieb  über  die  Häfen,  worin  Cäsar 
sich  nach  Britannien  einschiffte,  und  eine 
„Naturgeschichte  der  Seeprovinzen",  wel- 
che eigentlich  eine  physische  Ortsbeschrei- 
bung von  Westflandern  ist.  Er  untersuchte 
die  Nordsee  und  die  Fischerei  in  derselben, 
die  Sundfluthen,  die  Sandbänke  und  Ebbe 
und  Fluth  des  mittelländischen  Meeres,  die 
marees  aeriennes  oder  den  Einfluss  von 
Sonne  und  Mond  auf  die  Atmosphäre  u. 
s.  w. ,  welche  Untersuchungen  der  b  rüs- 
seler Academie  eingesandt  wurden.  (S. 
Dewez,  Rapport  über  deren  Werke  u. 
die  neue  Sammlung  derselben.) 

Klarcgpraf  (IlL)  —  George  —  be- 
schrieb Brasilien,  dessen  natürliche  Be- 
schaffenheit ,  die  Gebräuche  und  Sprache 
der  Bewohner  dieses  Landes  und  von  Chili. 
(S.  Art.  Piso.) 

Jüarchand  (V.)  —  Prosper  —  ver- 
fasstc  ein  „literarisches  Lexicon",  2  Theile 
Fol.,  nach  dessen  Tode  herausgegeben  von 
Prof.  AI  lern  and  zu  Leyden,  der  sich  we- 
gen des ,  s.  sterbenden  Freunde  gegebenen 
Versprechens,  der  undankbaren  Mühe  un- 
terzog ,  die  kleinen  Stückchen  Papier, 
worauf  das  Werk  geschrieben  war,  in  Ord- 
nung zu  bringen ,  die  kleine  Schrift  mit 
Hülfe  eines  Vergrösserungsglases  zu  lesen 
und  auch  ein  solches  für  den  Setzer  des- 
selben zu  besorgen ,  das  erste  Werk, 
welches,  wie  er  sagt,  mit  einem  Mi- 
kroskop gedruckt  ist.  (S.  „Bibl.  des 
Sciences  et  des  Beaux  Arts",  T.  IX.,  1. 
part.,  p.  196-199.) 

marche  (L)  —  Oiivier  De  La  —  wiewohl 
ein  Burgunder  von  Geburt  (1427) ,  brachte 
er  doch  den  grössten  Theil  s.  Lebens  in 
den  Niederlanden  am  burgundischen  Hofe 
zu ,  und  starb  1501  zu  Brüssel.  Sein  am 
meisten  bekanntes  Werk  sind  die  „Me- 
moires  v.  1435—1499",  Lyon  1561,  Fol., 
Gent  1567,  4.,  später  mehrmals,  und  unter 


Margaretha  von  Oestreich    298 

Andern»  zu  Löwen  1648  in  4.  gedruckt. 
Man  lernt  aus  diesem  Werke  die  Lebens- 
weise des  burgundischen  Hofes  genau  ken- 
nen. Auch  in  Versen  schrieb  er  Mehreres, 
z.  B.  das  Leben  und  den  Tod  Karl's  d. 
Kühnen,  unter  dem  Titel :  „Chevalier 
deliber^",  dann:  „le  Parement  ou  le 
triomphe  des  Dames,  Poeme  des  VIL  dou- 
leurs  de  la  Vierge  Marie,  et  autres  ou- 
vrages  pieux"  (in  der  Bibliothek  des  Es- 
curial) .  le'  Miroir  de  la  Mort  etc.". 

Jflarck  (V.)  —  Frederik  Adolf  Van 
Der  —  (1719  —  1800),  Prof,  zu  Gronin- 
gen, verstiess  durch  s.  Natur  recht,  ei- 
nestheils  gegen  die  Rechtsgelehrten ,  die 
ihren  Justini  an  über  Alles  liebten  und 
fürchteten,  dass  Marck's  Lehre  das  röm. 
Recht  verkürzen  könnte,  anderntheils  ge- 
gen die  Theologen,  welche  von  dem  Na- 
turrechte Nachtheil  für  die  christliche  Of- 
fenbarung fürchteten.  Diese  beiden  Par- 
teien, deren  Hass  gegen  Marck  wohl 
nur  darin  s.  Grund  hatte,  dass  er  gegen 
Voetius  die  gänzliche  Abhängigkeit  der 
kirchlichen  Macht  von  der  bürgerlichen  auf- 
stellte, veranlassten  1773  s.  Absetzung;  er 
ward  jedoch  sogleich  nach  Lingen  berufen. 
(S.  ,,Vaterl.  Gesch  ".  Fortsetzung  zu  Wa- 
genaar, XXIV.  Th.  p.  337  —  351.) 

IMIaree  (VL)  —  ...  —  Naturforscher 
zu  Löwen,  schrieb  über  die  geschwefelten 
Metalle. 

MareSius  (IV.)  —  Samuel  —  (Des- 
marets)  geb.  1599  in  der  Picardie,  gest. 
1673 ,  Prediger  zu  Herzogenbusch  u.  hier- 
auf Prof.  zu  Groningen .  ein  heftiger  Geg- 
ner von  De  Groot.  Labadie  und  den 
Vertheidigern  des  1000jährigen  Reichs,  war 
25  Jahre  lang  mit  Voetius  in  Streit, 
vereinigte  sich  jedoch  später  mit  diesem 
gegen  Alting  und  Coccejus.  (S.  Art. 
Voetius.)  B  a  y  1  e  fand  die  Liste  seiner 
Werke  gewaltig  gross;  er  hatte  die  Ab- 
sicht, dieselben  in  4  Th.  Fol.  herauszu- 
geben. Die  meisten  betreffen  die  Theo- 
logie, 

Margparetba  von  Oestreich  (II.) 
—  Tante  Karl's  V.  und  Land  Verweserin 
der  Niederlande  bis  1530,  war  eine  Be- 
schützerin der  Wissenschaften ,  und  nament- 
lich für  französische  Literatur  eingenom- 
men ,  die  sie  in  Niederland  einzuführen 
suchte.  Sie  schrieb  selbst  sehr  gut  Fran- 
zösisch für  jene  Zeit,  unter  andern  eine 
Geschichte  ihrer  Unglücksfälle,  den  Ver- 
lust ihres  Gemahls,  ihres  einzigen  Sohnes 
und   Bruders,    so    wie   einige   Gedichte   in 


299 


Marne 


Marre 


300 


einer  Sammlung ,  die  sich  auf  der  brüsse- 
1er  Bibliothek  befindet.  Sie  liebte  auch 
sehr  Tanz  und  Musik.  Ihr  Papagai  ward 
von  Jean  le  Maire,  dem  Belgier, 
unter  dem  Namen:  „I'amant  verd"  besun- 
gen. Einige  ihrer  Lieder  zeugen  von  wah- 
rem Gefühle  und  Empfänglichkeit  für  die 
ernste  Seite  des  Lebens.  Es  scheint,  dass 
sie  einen  Unbekannten  zu  einer  Ueber- 
setzung  in  das  Französische  des  deutschen 
Gedichts  ihres  Vaters,  Maximilian, 
worin  dieser  unter  dem  Namen  Theuer- 
dank  s.  eignen  Thaten  beschreibt,  ver- 
anlasste. Wenigstens  ist  die  Uebersetzung, 
welche,  nach  der  Handschrift  des  Herrn 
Gerard,  früher  auf  der  Bibliothek  der 
Sorbonne  vorhanden  war,  ihr  zugeeignet, 
und  wurde,  zufolge  des  Schlusses  der  Zueig- 
nung, zu  Mecheln  1528  verfasst.  T  heuer- 
dank ist  darin  mit  Chiermerciant  über- 
setzt. 

Marne  (V.)  —  Jan  Baptist  De  —  ein 
Jesuit,  geb.  1669  zu  Douai,  gest.  1756  zu 
Lüttich ,  schrieb  eine  „Geschichte  der  Graf- 
schaft Namur",  die  von  Paquot  als  die 
be^t  geschriebene  aller  niederländischen  Ge- 
schichten ,  ja  fast  als  die  einzige  gerühmt 
wird ,  welche  diesen  Titel  verdient ,  da  die 
übrigen  nur  Jahrbücher  sind.  (S.  „Dict. 
hist.  par  TAbbe  de  Fell  er",  T.  IL  p. 
60.  61.) 

marnix  (III.)  —  Filips  Van  —  Herr  v. 
St.  Aldegonde,  war  sehr  früh  ein  feu- 
riger Patriot  und  acht  christlicher  Mann, 
der  Verf.  des  C  o  m  p  r  o  m  i  s  s,  oder  des  Bun- 
des der  vereinigten  Edeln,  weshalb  er,  bei 
der  Ankunft  der  Spanier,  nach  Deutsch- 
land entfliehen  rausste.  Hier  war  er  die 
rechte  Hand  des  grossen  Wilh  e  Im  I.  von 
Oranien ,  und  schrieb  die  meisterhafte  Sa- 
tyre:  ,, der  Bienenkorb  der  h.  röm,  Kirche" 
(die  niederländischen  „Lettres  Provincia- 
les"), worin  bereits  ein  hübscher  holländi- 
scher Styl  sich  des  Stoffes  des  Mittelalters 
zu  entledigen  suchte.  Man  kann  auch  für 
sehr  wahrscheinlich  annehmen ,  dass  um 
das  J.  1569  von  Aldegonde  das  bekannte 
Volkslied :  „Wilhelm  von  Nassau"  gedich- 
tet ist.  —  Nach  der  Staatsumwälzung  von 
1572  war  Aldegonde  des  Prinzen  Dol- 
metscher auf  der  ersten  freien  Staatsver- 
saramhing  zu  Dordrecht.  Später  von  den 
Spaniern  gefangen,  ward  er  auf  Verwen- 
dung des  Prinzen  endlich  gegen  Mondra- 
gon  ausgewechselt.  1575  hatte  er  an 
der  misglückten  Friedensunterhandlung  zu 
Breda  ,    1576  an  der  besser  geglückten  zu 


Gent  Theil ,  und  ward  hierauf  noch  zu  ver- 
schiedenen wichtigen  Staatsverhandlungen 
u.  Gesandtschaften,  namentlich  1575  in  Eng- 
land, 1578  auf  dem  Reichstage  von  Worms  u. 
1 580  in  Frankreich ,  um  den  Herzog  von  A  n- 
i  o  u  zur  Uebernahme  der  Regierung  der 
Niederlande  zu  nöthigen,  verwendet.  So- 
dann vertheidigte  er  Antwerpen  gegen 
den  Herzog  von  Parma.  Nach  der  Ue- 
bergabe  dieser  Stadt,  die  ihm  die  Vereinig- 
ten Niederlande  sehr  übel  nahmen,  wid- 
mete er  sich  vorzugsweise  theologischen 
Studien,  übersetzte  die  Psalmen  in  hol- 
ländische Verse,  und  zwar  unendlich  bes- 
ser, als  die  holperichten  Reime  Datheen's 
(vgl.  Art.  Guepin),  von  denen  zwei  Jahr- 
hunderte lang  Niederland's  Dome  wieder- 
hallen mussten,  und  begann  eine  neue  hol- 
ländische Uebersetzung  d.  Bibel. 
Er  starb  1598  in  einem  Alter  von  60  Jah- 
ren. (S.  s.  Biog.  V.  Prins  in  den  „Le- 
bensbeschreib.  niederl.  Dichter  und  Dich- 
terinnen", von  der  Gesellschaft:  „Kunst 
wird  durch  Arbeit  erlangt",  Th.  I.  Te 
Water,  „Bund  der  Edeln",  IlL  43-90. 
„Biog.  niederl.  Männer  und  Flauen",  IV. 
128—136.  Foppens,  II.  1036  —  1038, 
und  das.  die  Liste  s.  Werke.) 

Marre  (V.)  —  Jan  De  —  geb.  1696 
zu  Amsterdam,  brachte  s.  Jugend  auf  der 
See  und  in  Indien  zu.  Weder  das  rohe 
Matrosenleben,  noch  die  Grausamkeiten, 
deren  sich  die  Niederländer  damals  gegen 
die  Eingeborenen  schuldig  machten,  konn- 
ten die  Seele  dieses  braven  und  gottes- 
fürchtigen  Mannes  verwildern.  Inmitten 
der  stürmischen  Meere  der  südlichen  He- 
misphäre, unter  dem  üppigen  Himmel  und 
Angesichts  der  majestätischen  Berge  von 
Java,  blieb  De  Marre  der  sanften  Muse 
s.  Landsleute  getreu,  und  beschrieb  darin 
Batavia  in  6  Büchern.  Man  würde  dar- 
in vergebens  ein  lebendiges  Gemälde  der 
Tropenländer  erwarten ;  es  ist  mehr  ge- 
schichtlich u.  topographisch.  In  ähnlicher 
Weise  ist  seine  „Ehrenkrone  für  das  Cap 
der  guten  Hoffnung".  Seine  „Betrachtun- 
gen über  Gottes  Weisheit  in  der  Ordnung 
der  Geschöpfe"  tragen  Beweise  s.  Gottes- 
furcht. Ueber  s.  sog.  Hofgedichte.-  Rust- 
wijk,  Groeneveld,  Boom  u.  Bosch 
s.  De  Vries,  IL  115.  Als  Dramatiker 
ist  De  Marre  vor  Allem  durch  s,  „Jacoba 
Van  Beijeren"  (von  Baiern)  bekannt, 
ein  Stück  ,  welches  sich  durch  s.  interes- 
santes Sujet  und  durch  fiiessende  Verse 
lange  auf  der  Bühne  erhielt.     Sein  „Mar- 


301 


Marree 


Mattheus 


302 


CU8  Curtius"  ist  weniger  bekannt  und  aucli 
von  geringerem  Werthe.  De  M a r r e  lebte 
von  1736  bis  zu  s.  1763  erfolgten  Tode 
zu  Amsterdam ,  wo  ihn  die  Regierung  mit 
einem  ziemlich  einträglichen  Posten  be- 
günstigte. 

marree  (VI  )  —  ...  De  —  gab  Be- 
richte über  die  Küste  von  Guinea. 

martinet  (V.)  —  Jan  Floris  —  ge- 
bürtig aus  Deurne,  einem  Dorfe  bei  Her- 
zogenbusch ,  war  Prediger ,  zuerst  zu  Edam, 
dann  zu  Zütphen ,  und  schrieb  eine  „Na- 
turgeschichte' (1778),  für  alle  Classen 
von  Lesern  berechnet,  ein  Werk,  das  in 
der  That  in  Niederland  nicht  allein  mit 
der  grössten  Begierde  gelesen  ward,  son- 
dern dem  auch,  wie  Hr.  Van  Kampen 
bemerkt,  die  höchst  seltene  Ehre  der  Ue- 
bersetzung  in's  Deutsche  widerfuhr. 
Die  angenehme  ,  unterhaltende  Schreibart, 
eine  Menge  interessanter  Sachen,  sichern 
demselben,  vor  Allem  mit  den  Anhängen 
und  Anmerkungen  von  De  Vries  ver- 
mehrt, einen  bleibenden  Werth,  und  selbst 
der  ausgezeichnete  Ulkens  hat  dieses 
Werk,  auf  einen  Theil  abgekürzt  und  mit 
den  spätem  (sehr  mannigfaltigen)  Ent- 
deckungen bereichert ,  neuerdings  einer 
neuen  Ausgabe  nicht  unwürdig  gehalten. 
Ausserdem  wurde  es  in's  Englische  und 
sogar  in's  Spanische  übersetzt.  (S.  A. 
Van  Den  Berg,  „Lebensberichte  von 
Martinet",  1796.) 

IIKartiiiuS  (UL)  —  Franciscus  —  geb. 
1611  zu  Kampen,  und  gest.  1653  als  Pre- 
diger zu  Epen,  ein  von  H  o  o  f t  gerühmter 
Dichter,  schrieb  ein  Trauergedicht  „über 
das  Leiden  Christi',  welchem  der  „Triumph 
der  Auferstehung"  und  einige  (zum  Theil 
fröhliche )  vermischte  Gedichte  folgten. 
Die  3.  Ausg.  s.  Gedichte  erschien  zu  Rot- 
terdam, ohne  Angabe  des  Jahres. 

Jflarum  (VJ.)  —  Martinus  Van  — 
Arzt  zu  Haarlem  und  Lector  an  Teyler's 
Stiftung,  ein  geschickter  Chemiker  und 
Physiker,  verbesserte  Sengwerd's  grosse 
Luftpumpe  und  richtete  dieselbe  mit  der 
gewöhnlichen  so  ein,  dass  beide  jetzt  nicht 
allein  die  Luft  verdünnen,  sondern  auch 
verdicken  können.  Auch  verfertigte  er 
eine  tragbare  Feuerspritze.  (S.  „Erste 
Fortsetzung  der  Versuche  mit  Teyler's 
Elektrisirmaschine",  Haarl.  1787,  4.) 

Masius  (IL)  —  Andries  —  aus  Len- 
nik  bei  Brüssel,  ein  Jurist,  trieb  ausser 
Latein ,  Griechisch  und  den  neuern  Spra- 
chen auch  Hebräisch  und  Syrisch,  schrieb 


eine  „syrische  Grammatik"  (Antw.,  b.  Plant. 
1750),  übersetzte  Verschiedenes  aus  dem 
Syrischen  und  ein  Werk  des  Kirchenvaters 
Basi  lius. 

Jflasseeuw  (IL)  —  Christiaan  —  aus 
Warneton  (1469  —  1546)  ,  schrieb  eine 
,, Chronica  raultiplicis  Historiae  utriusque 
Testamenti",  Libri  XX.  Antw.  1540,  wor- 
an er  50  Jahre  arbeitete, 

Mastenbroek  (VI.)  —  Fenna  — 

Verfasserin  von  Erzählungen ,  liefert  in 
ihrem  Roman  „Wilhelmina  Noordkerk" 
eine  gelungene  Darstellung  niederländischer 
Sitten. 

Matelief  (III.)  —  ...  —  ein  Seefahrer, 
gibt  Nachrichten  über  das  damals  noch 
wenig  bekannte  Indien  (1607). 

Mattheus  d.  Ä.  (III.)  —  Antonius  — 
geb.  1564  zu  Frankenberg  in  Hessen,  Prof. 
der  Rechte  zu  Herborn ,  Marburg  (1606) 
und  Groningen  (1625),  gest.  1637,  schrieb 
Anmerkungen  zu  den  Institutionen  und 
CoUegia  Juris,  und  kleinere  Abhandlungen 
über  besondere  Materien  des  röm.  Rechts; 
—  ein  Mann,  von  Foppen  s  der  Papi- 
nian  s.  Jahrhunderts  genannt,  der 
das  seltene  Glück  hatte,  noch  bei  Lebzei- 
ten s.  vier  Söhne  als  Professoren  in  ver- 
schiedenen Fächern  auf  vier  Universitäten 
angestellt  zu  sehen. 

Mattheus  (HL)  —  Antoni  —  der 
zweite  Sohn  des  Vorigen,  geb.  1601  zu 
Herborn,  gest.  1654,  ist  berühmter  als  s. 
Vater,  ward  1628  nach  Harderwijk  und 
1634  nach  Utrecht  berufen,  und  zeichnete 
sich  vor  Allem  in  der  Bearbeitung  des 
Strafrechts  aus.  Sein  „Commentarius  de 
Criminibus  ad  Libr.  XLVII  et  XLVIII. 
Digestorum ,  cui  adjecta  brevis  et  succincta 
juris  municipalis  interpretatio''  (Traj.  1644, 
4.;  1661,  4.  Vesal.  1672,  1700,  Colon. 
Rauracorum  1715  ,  1727.  Dusseldorp.  1732. 
Genevae  1760.  Antwerp.  1761)  ist  zwar 
nach  einem  imvoUkommenen  System ,  je- 
doch ziemlich  vollständig  bearbeitet.  Er 
brachte  die  Grundsätze  des  röm.  Rechts 
mit  den  niededändischen  Gesetzen  in  Ue- 
bereinstiminung ,  und  zeigte  in  diesem 
Werke  einen  philosophischen  Kopf  und  ein 
menschliches  Herz,  während  zugleich  sein 
Werk  sich  durch  reiche  Belesenheit  und 
einen  männlichen  Styl  auszeichnete.  Für 
die  an  die  Regierung  von  Utrecht  gerichtete 
Dedication  desselben  erhielt  er  600  Gul- 
den. (S.  eine  Liste  s.  übrigen  Werke  bei 
Saxe,  „Onomast.  Liter."   T.  IV.  p.  408, 


303 


Mattheus 


Meerman 


304 


dessen  Angabe  vollständiger  ist ,  als  die 
von  Burman  („Traj.  erud."  p.  217.) 

Mattheufit  (HI.)  —  Johan  —  älterer 
Brnder  des  Vorigen ,  ebenfalls  Prof.  der 
Rechte,  zu  Kassel. 

Mattheus  (III.)  —  Koenrad  —  (1603  - 
1638)  Bruder  des  Vorigen,  Prof.  d.  Me- 
dicin  zu  Groningen. 

Mattheus  (lU.)  —  ChristofFel  — (1608 
— 1647)  Bruder  des  Vorigen,  Prof.  d.  Me- 
dicin ,  der  griechischen  Sprache  und  Logik 
zu  Harderwijk. 

Mattheus  (IV.)  —  AntonI  —  der  dritte 
berühmte  Mann  dieses  Namens,  Sohn  des 
utrechter  Professors,  geb.  1635,  gest.  1710, 
Professor  1660  zu  Utrecht  und  1673  zu 
Leyden ,  war  ein  unermüdeter  Schriftstel- 
ler über  Niederland  und  Herausgeber  ei- 
nes sehr  alten  unbekannten  Schreibers  über 
den  „Krieg  zwischen  Utrecht  und  den 
Drenthern"  (Leyd.  1690),  der  alten  „Chro- 
nik von  Egmond"  (1692),  zweier  Schrift- 
steller über  Amersfoort,  einer  alten 
„Chronik  von  Brabant  bis  1485"  (1707), 
und  des  für  die  Geschichte  des  Mittel- 
alters sehr  wichtigen  W^erkes  :  „Veteris 
Aevi  \nalecta"  (Leyd.  1698  —  1710,  10 
Th.  8.,  und  im  Haag  1738,  1740,  6  Th. 
4.),  welches  über  vieles  minder  Bekannte 
aus  der  niederländischen,  besonders  utrech- 
ter Geschichte  nicht  allein,  sondern  auch 
aus  der  allgemeinen  Geschichte  und  Geo- 
graphie Licht  verbreitet.  (S.  Burman, 
„Traj.  Erud."  p.-  221  — 226.  Saxe, 
„Onom.  Liter."  T.  V.  p.  75.)  Eines  s. 
besten  Werke  sind  die  „Fundationes  et 
fata  ecclesiarum  dioecesis  Ultrajectinae",  L. 
B.  1703.  (S.  Burm.  1.  c.  p  227.)  Aus- 
serdem schrieb  er  noch:  „De  Nobilitate, 
<ie  Principibus ,  Ducibus ,  Comitibus  in 
Comitatu  HoUandiae  et  Dioecesi  Ultra- 
jectina" ,  Libri  IV.  Amst.  et  Lugd.  Bat. 
1686  (worin  er  Urkunden  u.  andere  ächte, 
unbekannte  Stücke  mittheilt),  und:  „De 
Jure  Gladii  in  Dioecesi  Ultrajectina" ,  L. 
B.  1689. 

MauricfuS  (V.)  -  Jan  Jacob  —  geb. 
1692  zu  Amsterdam,  gest.  1768,  war  nicht 
allein  in  gelehrten  ,  sondern  auch  in  prak- 
tischen Wissenschaften  so  ei-fahren ,  dass 
man  ihn  zuerst  zum  Pensionär  von  Purme- 
rende,  dann  zum  Residenten  der  General- 
staaten zu  Hamburg  und  später  zum  Ge- 
neralgouverneur von  Surinam  erhob.  Er 
vert'asste  das  Trauerspiel  ,,Sesostris",  wel- 
ches mit  grossem  Beifall  aufgeführt  wurde; 
ausserdem  ein  Gedicht   auf  den  „leidenden 


und  wieder  erstandenen  Heiland"  (1714), 
„Seegesänge,  Poetische  Erheiterungen, 
wissenschaftliche  vermischte  Aufsätze  und 
juristische  Erholungen". 

Mean  (IV.)  —  Karel  De  —  Herr 
von  Altin,  aus  Lüttich,  lebte  von  1604 
—  1674,  bekleidete  ansehnliche  Posten,  und 
zeichnete  sich  dnrch  s.  Eifer  gegen  die 
Ketzer  aus.  Sein  Hauptwerk:  „Jus  Civile 
Leodiensium,  Romanorum  aliarumque  gen- 
tium", wovon  die  beste  Ausgabe  zu  Lüttich 
1740  in  8  Theilen  Fol.  erschien ,  wurde 
durch  Louvrex's  Anmerkungen  ausführ- 
lich erläutert. 

Meertoeecb  (III)  —  Adriaan  Van  — 
verfasste  eine  „Allgemeine  Geschichte  des 
16.  Jahrhunderts"  (und  bis  1620),  zum  Ge- 
brauche der  katholischen  Niederländer,  ge- 
gen Van  Meteren  und  andere  Refor- 
rairte  (Antwerp.   1620,  Fol). 

Meerman  (V.)  —  Gerard  —  geb.  1722 
zu  Rotterdam  u.  Pensionär  dieser  Stadt, 
widmete  s.  ganzes  Leben,  das  er  nur  auf 
49  Jahre  brachte,  und  s  grossen  Schätze 
den  Forschungen  der  Wahrheit  und  Wis- 
senschaft. Ausser  einem  Werke  über  die 
höhere  Mathematik  (die  Fluxions-Rechnung) 
und  einigen  kleineren  juristischen  Schriften 
trat  er  1751  mit  s.  ,, Thesaurus  Juris  Ci- 
vilis et  Canonici"  vor  das  gelehrte  Publi- 
cum. Dieses  Werk ,  eine  Sammlung  von 
Werken  französischer  und  spanischer  Juri- 
sten, kam  bis  1755  in  7  Theilen  Fol.  her- 
aus ,  und  \vurde ,  neun  Jahre  nach  dem 
Tode  des  Verfassers,  1780  von  s.  gelehr- 
ten Sohne,  Johan  Meerman,  mit  einem 
8.  Theile  oder  Supplement  fortgesetzt. 
Doch  besonders  hat  sich  Meerman  in 
Europa  durch  s.  „Origines  Typographicae" 
(1761)  bekannt  gemacht,  indem  er  darin 
die  Ehre  der  Erfindung  der  Buchdrucker- 
kunst für  Haarlem  und  Koster  in  An- 
spruch nimmt,  wiewohl  Mangel  an  nöthi- 
ger  Kenntniss  des  Technischen  dieser  Kunst 
ihn  annehmen  liess,  dass  Koster  nur  höl- 
zerne Buchstaben  gebraucht  hätte ,  wäh- 
rend später  Koning  bewies,  dass  er  sich 
metallener  bediente. 

Meerman  (VI.)  —  Johan  —  Sohn  des 
"Vorigen,  geb.  1753  im  Haag,  bildete  sich 
zu  Leipzig  und  Göttingen  unter  Ernesti 
und  Heyne,  zu  Leyden  unter  Ruhnke- 
n  i  u  s ,  V  a  l  c  k  e  n  a  e  r  luid  P  e  s  t  e  1 ,  und 
ward  1774  Dr.  jur. ,  bei  welcher  Gelegen- 
heit er  eine  interessante  Dissertation  schrieb: 
,.Ueber  die  Lösung  des  vormaligen  Reichs- 
verbandes   zwischen    dem    heil,    römischen 


305 


Meerman 


Meetkerke 


306 


Reiche  und  den  Staaten  der  Vereinigten 
Niederlande",  welche  Lösung  er  besonders 
in  dem  augsburger  Vertrag  von  1548  fin- 
det. In  demselben  Jahre  erschien  auch  s. 
gelehrte  Abhandlung:  „Ueber  das  hollän- 
dische Staatsrecht.  Hierauf  besuchte  Meer- 
man Grossbritannien,  Frankreich,  die 
Schweiz,  Italien  und  Deutschland.  1787 
ging  er  mit  s.  Gattin  abermals  nach  Gross- 
britannien, und  d\irch  Preussen  und  Oest- 
reich  wieder  nach  Italien,  namentlich  nach 
Neapel  und  Sicilien  (1791 ,  1792) ,  worauf 
er  sich  nach  der  in  s.  Vaterlande  statt- 
gefundenen Staatsumwälzung  nach  dem 
Norden  von  Europa  und  nach  Dänemark, 
Schweden ,  Russland  und  Polen  begab 
(1797  —  1800).  Die  Früchte  dieser  Reisen 
machte  er  in  drei  Werken  über  die  ge- 
nannten Länder  bekannt.  Meerman  war 
Schöppe  s.  Vaterstadt,  Mitglied  der  Ver- 
sammlung von  Holland  und  mehrmals  Prä- 
.sident  der  Generalstaaten ,  eifrig  dem  Statt- 
halter und  der  alten  Regierungsform  zuge- 
than,  und  blieb  daher  von  1795  —  1802 
ohne  Anstellung,  wurde  aber  hierauf  Prä- 
sident der  Departementalregierung  von  Hol- 
land und  als  solcher  ernannt,  um  die  vor- 
trefflichen hamburger  Armeneinrichtungen 
in  Niederland  einzuführen.  1806  bewill- 
kommnete er  König  Ludwig  innerhalb 
der  Grenzen  der  Provinz ,  bei  welchem  er 
in  grosser  Gunst  stand  und  zum  Kam- 
merherrn und  Director  der  Künste  und 
Wissenschaften  ernannt  wurde.  Alle  diese 
Aemter  versah  er  bei  s.  unermesslichen 
Reichthum  ohne  Belohnung.  Auch  Na- 
poleon schätzte  und  ehrte  ihn ,  indem 
er  ihn  zum  Senator  und  Offizier  der  Eh- 
renlegion ernannte.  Da  er  sich  durch  den 
bei  diesen  Ernennungen  gewöhnlichen  Eid 
gebunden  glaubte,  ging  er  1813  nach  Pa- 
ris zurück,  welches  ihm  natürlich  viele 
Feinde  zuzog.  Nach  Napoleon' s  Sturz 
in's  Vaterland  zurückgekehrt ,  blieb  er  ohne 
Amt  und  starb  1815.  —  In  einem  Alter 
von  dreissig  Jahren  unternahm  er  s.  ,, Ge- 
schichte des  Grafen  Wilhelm  11.  von  Hol- 
land ,  römischen  Königs".  Er  betrachtet 
diesen  Fürsten  sowohl  in  s.  Regiervmg  über 
Holland ,  als  auch  über  das  deutsche  Reich, 
und  dabei  den  Zustand  von  Beiden:  die 
Sitten,  Gewohnheiten,  Religion,  Staats- 
verfassung und  Gesetze.  Auch  dieses  Werk 
ist  reichlich  mit  Beilagen  und  Beweis- 
stücken versehen  und  ein  sehr  wichtiger 
Beitrag  zur  Geschichte  des  13.  Jahrhunderts. 
Ausserdem  haben  Geschichte  und  Literatur 


M  e  e  r  m  a  n  eine  Menge  mehr  oder  weni- 
ger wichtige  Schriften  zu  verdanken,  wie 
z.  B.  die  „Vergleichung  zwischen  den 
Bündnissen  der  Achäer,  Schweizer  und 
Niederländer" ,  welche  von  der  Academie 
der  schönen  Wissenschaften  in  Paris  ge- 
krönt wurde;  DeGroot's  „Vergleichung 
der  Republiken  von  Athen ,  Rom  und  Nie- 
derland", zufolge  eines  Manuscripts  des 
grossen  Mannes  herausgegeben,  übersetzt 
und  mit  sehr  gelehrten  und  interessanten 
Noten  versehen  (im  letzten  Theile  befin- 
det sich  eine  Uebersetzung ,  in  reimlosen 
Versen,  von  den  „Rittern"  des  Aristopha- 
nes);  „ungedruckte  Briefe  von  De  Groot 
an  Oxenstiern"  (1807);  „Bericht  der  er- 
sten Reise  Peter  d.  G.  in  Holland"  (1811), 
seitdem  durch  Scheltema's  Werk  ver- 
dunkelt; „Geschichte  der  Belagerung  von 
Leyden  unter  Jan  Van  Beijeren  (Jo- 
hann von  Baiern),  im  J.  1420";  eine 
„Vergleichung  zwischen  Josua,  Antonin 
dem  Frommen  und  Heinrich  IV."  (1807), 
und  „Beweise  der  göttlichen  Weisheit  in 
der  Geschichte"  (1806).  Als  Dichter  ist 
er  minder  ausgezeichnet ,  denn  s.  Hexame- 
ter sind  rauh ,  holprig ,  ohne  Wohllaut, 
sowohl  in  der  Uebersetzung  von  Klop- 
stock's  „Messiade"  (die  jedoch  mit  sehr 
schönen,  zu  Wien  gestochenen  Kupfern 
verziert  ist) ,  als  auch  in  dem  Gedichte 
„Montmartre",  welches  einige  sehr  gelun- 
gene und  für  jene  Zeit  gewagte  Stellen 
enthält,  indem  er  Napoleon  die  Ver- 
dienste der  Holländer  vor  Augen  führt, 
und  ihn  ermahnt,  diese  zu  schonen.  (S. 
das  treffliche  „Elogium  Johannis  Meer- 
manni",  Amst.  1817  von  Gras,  und  den 
Art.  über  ihn  in  der  „Galerie  historique 
des  Contemporains",  T.  VIL  p.  37  —  40.) 

REeersch  (V.)  —  ...  Van  Der  — 
remonstrantischer  Professor  zu  Amsterdam, 
übersetzte  die  Kirchengeschichte  des  Eu- 
sebius,  mit  erläuternden  Anmerkungen. 

meesa  (V.)  —  ...  —  beschrieb  die 
inländischen,  besonders  friesischen  Ge- 
wächse ,  und  machte  sich  auch  durch  eine 
Abhandlung  über  die  Moospflanzen  u. 
den  Nutzen  der  Kräuterkunde  vortheilhaffc 
bekannt. 

meetkerke  (II.)  —  Adolf  Van  — 

ein  Gelehrter  aus  Brügge,  der  auch  im 
niederländischen  Freiheitskriege  keine  un- 
bedeutende Rolle  als  Chef  des  Rathes  von 
Flandern  zur  Zeit  der  Trennung  von  Spa- 
nien, und  als  Abgesandter  zu  der  mis- 
glückten    Friedensunterhandlung   zu    Köln 


307 


Mellants 


Merken 


308 


(1579)  gespielt  hat,  deren  Verhandlungen 
er  1580  zu  Antwerpen  herausgab.  Nach 
der  Einnahme  s.  Vaterstadt  durch  Parma 
ging  er  in  4je  nördlichen  Provinzen,  schlug 
sich  zur  Partei  Leicester's,  folgte  dem- 
selben nach  England,  und  starb  1591  zu 
London,  wo  man  in  der  (alten,  1666  ab- 
gebrannten) St.  Pauls  -  Kirche  eine  sehr 
ausführliche  Grabschrift  fand,  die  s.  gan- 
zen Lebenslauf  umfasste.  Meetkerke 
schrieb :  „De  veteri  et  recta  pronunciatione 
Jjinguae  Graecae  (Brug.  1565.  —  Brug. 
et  Antw.  1576),  gab  die  Idyllen  yon 
Moschus  und  Bion  (Löwen  1572)  her- 
aus, und  übersetzte  Theokrit's  Epi- 
gramme in's  Lateinische. 

Mellants  (HL)  —  Peeter  —  bra- 
banter  Dichter  des  17.  Jahrhunderts,  ein 
Karthäuser,  dichtete  die  Lebensbeschrei- 
bung des  Heil.  Bruno,  und  „die Kreuz- 
züge", 1693. 

Jllenll  (VL)  —  ...  —  ein  Schüler 
Willmet's,  unlängst  gestorben,  ist  durch 
eine  Abhandlung  über  Antara  bekannt. 

Mennesier  (I.)  —  ...  —  französi- 
scher, in  Niederland  geborener.  Dichter 
des  13.  Jahrhunderts,  war  Orateur  und 
Chronikenschreiber  ron  Johanna,  Gräfin 
von  Flandern,  und  bearbeitete  den  Roman 
,.Perceval  le  Gantois'',  der  1530  zu  Paris 
gedruckt  wurde. 

Mercator  (11.)  —  Gerard  —  geb. 
1512  zu  Rupelmonde  in  Flandern,  be- 
Üeissigte  sich  der  Dialektik  unter  Macro- 
pedius,  der  Mathematik  und  besonders 
der  Erdbeschreibung ,  für  welche  letztere 
Wissenschaft  s.  Wohnort  Antwerpen  sehr 
geeignet  war.  Er  verfertigte  einen  für  jene 
Zeit  vortrefflichen  Atlas,  und  besorgte 
eine  verbesserte  Ausgabe  des  Ptolemäus. 
Karl  V.  u.  Wilhelm,  Herzog  von  Jü- 
lich u.  Cleve,  schätzten  und  ehrten  ihn. 
Auch  schrieb  er  ein  Buch  ,,über  die  Schö- 
pfung und  Bildung  der  Welt",  als  Einlei- 
tung zu  s.  Atlas ,  welches  die  Verketzerer 
jener  Zeit  wegen  schädlicher  L-rthümer  hin- 
sichtlich der  Erbsünde  verdammten.  Mer- 
cator legte  sich  auch  auf  die  mit  s.  Haupt- 
studium so  verwandte  Chronologie.  Er 
starb  zu  Duisburg,  wohin  er  sich  wegen 
der  Unruhen  in  s.  Vaterlande  begeben 
hatte,  im  J.  1594.  Seine  vorzüglichsten 
Werke  sind :  „Tabulae  ac  Descriptiones 
Geographicae  Orbis  universi" ,  Duisburg 
1595,  4.,  zuerst  in  getrennten  Karten  her- 
ausgegeben. „Globi  terrestris  sculptura", 
1541.     „Globi    coelestis  sculptura",  Lov. 


1587.  ,,De  usu  annuli  Astronomici",  Lov. 
1552.  „Chronologia  a  mundi  exordio  ad 
ann.  1568".  „Harmonia  Evangelistarum", 
Duisb.  1592,  4.  Ausserdem  erschienen  von 
ihm  Erklärungen  über  den  Brief  Pauli  an 
die  Römer,  einige  Capitel  des  Ezechiel 
und  die  Offenbarung  des  Johannes,  wor- 
in er  eine  unbefangene  Denkweise  an  den 
Tag  legte,  welche  man  damals  Ketzerei 
nannte. 

Merken  (V.)  —  Lucretia  Wilhelmina 
Van  —  eine  der  grössten  Dichterinnen  Nie- 
derland's,  geb.  1722  zu  Amsterdam,  von 
mütterlicher  Seite  aus  dem  Geschlecht  Van 
Baerle  u.  Brandt,  verheirathete  sich 
erst  in  ihrem  46.  Jahre  mit  Nicolaas 
Simon  Van  Winter,  und  Beide  ver- 
edelten u.  bildeten  wechselseitig  ihre  poeti- 
schen Talente  aus.  Noch  unverheirathet 
gab  sie  das  Lehrgedicht :  „den  Nutzen  der 
Widerwärtigkeiten"  heraus.  Eigene  Un- 
glücksfälle (deren  besondere  Umstände  nicht 
allgemein  bekannt  sind)  gaben  ihr  zu  diesem 
Gedicht,  zufolge  des  ersten  Verses:  ,,Ik 
zing,  door  druk  geleerd,  het  Nut  der  te- 
genspoeden"  Veranlassung.  Als  Lehrge- 
dicht ist  dieses  eines  der  besten,  welches 
die  Niederländer  besitzen.  Hierauf  folgte 
(1766)  der  David  und  eilf  Jahre  nach 
ihrer  Verheirathung  (1779)  der  Germa- 
nicus.  Beide  sind  Heldengedichte,  wenn 
man  auch  Lucan  's  Pharsalia  dieses  Na- 
mens würdig  hält.  David  ist  keine  poe- 
tische Lebensbeschreibung,  denn  die  Dich- 
terin beginnt  ihre  Erzählung  mit  David 's 
Erhebung  zum  Schwiegersohne  des  Königs, 
und  endigt  dieselbe  mit  s.  Thronbesteigung ; 
sie  enthält  also  eine  Handlung:  die 
Flucht  David's  vor  Saul.  Esfehlt 
darin  das  Wunderbare ,  welches  ein  Hel- 
dengedicht (im  Sinne  der  Alten)  zu  einem 
Heldengedicht  stempelt,  aber  ohne  diesen 
Mangel  besitzt  der  David  ungemein  viel 
Werth,  u.  ist  eines  der  schönsten  hollän- 
dischen Gedichte  des  18.  Jahrhunderts,  in- 
dem der  Ton,  die  ganze  Haltung  desselben 
die  Aufmerksamkeit  fesselt  und  uns  in 
eine  angenehme,  schwermüthige  Stimmung 
versetzt.  Der  Ger  mani  cus  wird  durch 
den  competenten  Kunstrichter  De  Vries 
(„Gesch.  d.  niederl.  Dichtk."  IL  262.)  über 
den  David  gestellt,  und  zwar  mit  Recht 
hinsichtlich  der  Ausführung  der  Einzeln- 
heiten, nicht  aber,  wie  Hr.  Van  Kampen 
meint,  was  den  Plan  des  Werkes  betrifft. 
Den  Gegenstand  dieses  Gedichts  bilden  die 
Streifzüge  des  Germanicus  mit  s.  Rö- 


309 


Merken 


Merula 


310 


mern  in  das  Land  der  freien  Deutschen,  zu 
Land  u.  zu  Wasser.  Frau  Van  Winter 
war  jedoch  in  der  Wahl  der  Periode,  worin 
ihr  Held  auftritt,  unglücklich.  Obgleich 
Gerraanicus  allerdings  ein  liebenswür- 
diger Held  ist,  so  ist  er  es  jedoch  nicht  so- 
wohl den  Deutschen  gegenüber,  als  viel- 
mehr im  Vergleiche  der  verderbten  Nach- 
folger des  Romulus,  unter  Denen  er  als 
ein  Stern  erster  Grösse  glänzte.  Sein  häus- 
liches Glück  mit  Agrippina  (damals  eine 
sehr  grosse  Seltenheit  in  Rom) ,  die  Ab- 
neigung des  Tiberius  gegen  den  Hel- 
den ,  s.  ergreifender  Tod  in  der  Blüthe  s. 
Jahre  durch  diesen  Tyrannen,  und  die  An- 
kunft s.  von  der  betrübten  Agrippina 
begleiteten  Asche  :  diese  Scenen  ,  welche 
Tacitus  fast  zum  Dichter  erheben,  bilden 
den  anziehendsten  Theil  von  Germani- 
cus  Geschichte;  und  gerade  diese  hat  die 
Dichterin  zum  Theil,  oder  nur  als  unter- 
geordnete Theile  behandelt,  oder  ganz  aus 
ihrem  Plane  ausgeschlossen ,  .der  sich  nur 
mit  s.  Kriegsthaten  bis  zu  s.  Triumphzuge 
in  Rom  allein  beschäftigt.  Dagegen  ent- 
hält es  jedoch  auch  schöne  und  treffende 
Partieen  u.  Stellen,  wie  z.  B.  die  Liebe 
des  Helden  zu  s.  Gattin,  die  Schilderung 
der  See  in  dem  4.  Buche,  des  Opfers  für 
Jupiter,  des  teutoburger  Waldes,  der 
Schlacht  zwischen  den  Deutschen  und  Rö- 
mern ,  des  Sturmes ,  der  die  Flotte  des 
Germanicus  befällt  (13.  B,  341.),  des 
Rückzuges  des  Helden  über  die  Alpen  (16.  B. 
438  u.  441.)  und  s.  Triumphzuges  in  Rom. 
Doch  das  Ganze  widerstrebt  unserm  Ge- 
fühle u.  entbehrt  der  Einheit ;  aber  nicht 
zu  verkennen  ist ,  dass ,  besonders  in  den 
letzten  Gesängen ,  mehr  eigene  Erfindun- 
gen angetroffen  werden,  als  im  David 
(z.  ß.  im  13.  B.  339).  Aber  das  Wun- 
derbare ist  sowohl  hier,  als  im  David 
ausgeschlossen,  der  als  Ganzes  mehr  Ein- 
druck auf  uns  macht,  als  viele  der  ver- 
schiedenen Partieen  in  dem  Germanicus. 
Ausser  diesen  Gedichten  schrieb  Van  Mer- 
ken Trauerspiele,  von  welchen  am  meisten 
bekannt  sind :  „Belagerung  und  Entsatz 
von  Leyden"  und  „Jacob  Simonsz.  De 
Rijk*'.  Das  erstere  zeichnet  sich  mehr  durch 
das  reiche ,  allgemein  bekannte  Sujet ,  als 
durch  die  Behandlung  ans ,  die  einiger- 
massen  dabei  zurückgeblieben  ist.  Für  den 
mehr  sanften  Geist  von  Frau  Van  Mer- 
ken war  dieser  Gegenstand  in  der  That 
zu  tragisch.  De  Rijk  dagegen,  der  edle 
Gefühle   zur  Schau   stellt,    war   passender 


für  sie.  Man  weiss,  dass  dieser  Haupt- 
mann der  niederländischen  Haufen ,  einer 
der  ersten  Vertheidigcr  der  Freiheit ,  von 
den  Spaniern  gefangen,  lange  Zeit  nach- 
her, mit  einigen  Andern,  unter  denen 
Marnix,  gegen  Mo ndragon  ausgewech- 
selt wurde.  Reqnesens  suchte  diesen 
Punkt  der  Capitulation  zu  umgehen ,  und 
wollte  endlich  De  R i j k  allein  freigeben, 
der  jedoch  grossmüthig  dieses  ausschlägt 
mit  den  bekannten  Versen : 

'K  begeer    de    vrijheid    niet  ten  Koste  van 

mijn  eer, 
Geef  inij  mijn  Ketens  weör. 

In  der  Darstellung  dieses  Wettstreites  zwi- 
schen Interesse,  Ehre  und  Pflicht  war  die 
Dichterin  sehr  glücklich.  Von  ihren  übri- 
gen dramatischen  Arbeiten  sind  zu  bemer- 
ken: die  ,,  Camisards",  der  Kampf  det 
braven  Protestanten  in  Frankreich  gegen 
Ludwig  XIV.;  „Maria  von  Burgund", 
die  sturmbewegte  Minderjährigkeit  u.  Em- 
pörungen der  Demagogen  unter  dieser  Für- 
stin ,  Tochter  Karl's  des  Kühnen; 
„Louisa  D'Arlac"  versetzt  uns  nach  Flo- 
rida, und  schildert  die  Rache  für  einige 
durch  die  Spanier  ermordete  französische 
Protestanten.  Dieses  Stück  erregt  wenig 
Interesse ,  so  wenig  wie  „Sibylla  von  An- 
jou",  Gemahlin  des  letzten  Königs  von  Je- 
rusalem, aus  den  Zeiten  der  Kreuzzüge, 
und  „Gelonide",  ein  Stück  aus  den  schön- 
sten Zeiten  Griechenland's ,  die  Aufopfe- 
rung der  Mutterliebe  darstellend.  Dieses 
letztere  ist ,  nach  dem  Muster  der  Alten, 
mit  Chören  versehen ,  eine  damals ,  vor 
mehr  als  einem  Jahrhunderte,  ungewöhn- 
liche Erscheinung. 

MEcrula  (III.)  —  Paulus  --  geb.  1558 
zu  Dordrecht,  gest.  1607,  studirte  zu  Ley- 
den ,  besuchte  Frankreich ,  die  Schweiz, 
Italien ,  Deutschland  u.  England  ,  widmete 
sich  nach  s.  Zurückkunft  der  praktischen 
Jurisprudenz,  ward  1592  Prof.  d.  Geschichte 
zu  Leyden,  als  Nachfolger  des  L  i  p  s  i  u  s, 
u.  1598  Reichshistoriograph.  Er  schrieb 
eine  Menge  Werke,  die  nebst  s.  Biogra- 
phie in  Baien 's  „Beschreibung  von  Dord- 
recht" (p.  208  —  210)  angegeben  sind. 
Ausser  Eutropius  (1592)  gab  er  auch 
noch  die  Fragmente  von  Ennius  heraus, 
schrieb  die  Biographien  von  Erasmus  u, 
Franciscus  Junius  und  verschiedene 
historische,  archäologische,  topographische 
u.  juristische  Werke ,  unter  andern  eine 
politische  u.  Kirchengeschichte  der  ersten 


311 


Messhaert 


Meursius 


312 


zwölf  Jahrhunderte  nach  Christus,  wo- 
von Willem  Meruia  die  Fortsetzung  bis 
1600  in  holländischer  Sprache  lieferte.  Nach 
Baien  ist  das  Meiste  Manuscript  geblie- 
ben. Meruia  war  auch  in  der  Geogra- 
phie gründlich  erfahren.  Seine  „Cosmo- 
graphia  generalis,  L.  III.  Particularis  IV.", 
Europa,  Spanien,  Frankreich  u.  Italien 
enthaltend  (Amst.1605,  1621,  1636),  ist  ein 
für  die  damalige  Zeit  ausgezeichnetes  Werk. 

Messhaert  (VI.)  —  N.  —  Menno- 
nitenprediger  zu  Rotterdam ,  schrieb  eine 
Vorlesung  über  „den  vollkommenen  Red- 
ner", bei  Eröffnung  der  Versammlung  der 
holländischen  Gesellschaft  der  schönen  Kün- 
ste und  Wissenschaften  1821  gehalten,  eine 
Abhandlung,  worin  das  Muster  die  Regeln 
bekräftigt. 

IfEesschert  (VI.)  —  Willem  —  aus 
Rotterdam,  dessen  Gedicht:  „die  Schlacht 
von  Waterloo"  von  der  holländischen  Ge- 
sellschaft der  schönen  Künste  u.  Wissen- 
schaften den  goldenen  Preis  erhielt.  Grösse- 
ren Fortschritt  in  der  poetischen  Di- 
ction,  welche  die  rotterdamer  Dichter  die- 
ses Jahrhunderts  in  hohem  Grade  besitzen, 
zeigt  s.  Gedicht  „auf  die  Gesellschaft  der 
Wohlthätigkeit",  u.  ein  Meisterstück  darin 
ist  s.  allerliebstes  Gedicht :  „die  goldne 
Hochzeit",  welches  durch  Einfachheit  des 
Plans,  wie  durch  treffliche  Ausführung  der 
Details,  Nai^etät  des  Ausdrucks  u.  Ver- 
edelung der  Sprache  des  gemeinen  Lebens 
für  die  Niederländer  Das  ist ,  was  die 
„Luise"  von  Voss  für  die  Deutschen  ist, 
wiewohl  beide  Gedichte  wegen  des  in  bei- 
den Ländern  herrschenden  verschiedenen 
Geschmacks  —  des  Idealen  in  Deutschland, 
des  Realen  in  Niederland  —  nicht  vergli- 
chen werden  können. 

meteren  (III.)  —  Emmanuel  Van  — 
geb.  1535  zu  Antwerpen ,  ein  Neffe  von 
Ortelius,  gest.  1612  zu  London,  wo  er 
seit  1583  niederländischer  Consul  war, 
schrieb  über  die  niederländischen  Re- 
volten vom  Anfang  der  burgundischen  Re- 
gierung in  Niederland ,  vornehmlich  seit 
1555,  der  Abdankung  Karl' sV.,  bis  1612. 
Besonders  lesenswerth  ist  dieses  Werk  hin- 
sichts  s.  Vaterstadt  und  alles  Dessen,  was 
den  Handel  betrifft  (er  selbst  war  Kauf- 
mann) ,  z.  B.  des  ganzen  Handelsvertrags 
zwischen  Heinrich  VII.  und  Philipp 
dem  Schönen,  1495  geschlossen.  Van 
Meteren  ist  im  Allgemeinen  weit  mehr 
gelesen  als  Bor,  welches  besonders  s.  we- 
niger langweiligen  Style  zugeschrieben  wer- 


den kann.  Sein  Werk  fuhrt  den  Titel: 
„Historia  Belgica  nostrl  potissimum  tempo- 
ris  ad  annum  usque  1598",  hierauf  in  hol- 
ländischer Sprache,  1599,  1605,  1608, 
1610,  1611  (zuDanzig),  1614,  1623,  1638, 
1647,  1652,  1660;  auch  zu  Gorinchem, 
10  Theile  8.,  in's  Deutsche  übersetzt, 
1614,  1640  u.  1669,  2  Theile  Fol.,  und 
in's  Französische,  im  Haag  1618,  Amst. 
1670  (wo  p.  32  —  35i  obiger  Handelsver- 
trag). Dieses  Werk  ward  bis  1619,  und 
später  von  Bau  dar  t  bis  1624  fortgesetzt. 

Metius  (III.)  -^  Jacob  —  aus  Alk- 
mar,  Verbesserer  der  Teleskope  u.  Mi- 
kroskope. 

mietius  (III.)  —  Adriaan  —  Bruder 
des  Vorigen,  aus  Alkmar,  von  1597  bis 
1635  Professor  zu  Franeker ,  gab  die 
„Sphärenlehre"  in  5  Büchern  u.  „ein  Sy- 
stem der  Astronomie"  in  3  Büchern ,  so 
wie  noch  einige  andere  mathematische 
Werke  heraus.  Er  starb  in  hohem  Alter, 
und  ward  in  s.  Grabschrift  Hipparchus, 
Ptolemäus,  Alphonsus  von  Kastilien 
u.  Tycho  Brahe  gleichgestellt. 

Meursius  (III.)  —  Johannes  —  geb. 
1579  zu  Loosduinen,  ein  trefflicher  Archäo- 
log,  erläuterte  in  s.  16.  Jahre  den  fast 
unverständlichen  Lykophron,  ward  1610 
Professor  zu  Leyden  und  1611  Historio- 
graph  von  Holland,  musste  jedoch  wegen 
s.  Anhänglichkeit  an  Oldenb  am  eveld 
s.  Vaterland  meiden,  und  folgte  einem  Ruf 
als  Prof.  d.  Geschichte  an  die  dänische  Uni- 
versität zu  Soroe,  welches  Amt  er  von  1625 
bis  1639  bekleidete.  Seine  Feder  war  so 
fruchtbar,  dass  er  sich  rühmt,  während  er 
Professor  zu  Leyden  war,  mehr  griechische 
Autoren  herausgegeben  zu  haben ,  als  alle 
übrigen  Professoren  zusammen  in  den  er- 
sten 50  Jahren  des  Bestehens  dieser  Uni- 
versität. Ausserdem  verbreitete  er  visl 
Licht  über  die  griechischen,  besonders  athe- 
niensischen  Alterthümer,  Gesetzgeber,  Ge- 
setze ,  Spiele ,  Tänze  u.  s.  w .  Eines  s. 
vorzüglichsten  Werke  ist  eine  Sammlung 
aller  merkwürdigen  frühern  und  spätem 
Nachrichten  über  die  drei  berühmten  In- 
seln Cypern,  Kreta  u.  Rhodus.  Auch 
die  vaterländische  Geschichte  bearbeitete 
er  mit  Glück  ,  gab  jedoch  darin  durch  s. 
Freimüthigkeit  Anstoss.  So  musste  er  s. 
„kurze  Geschichte  des  Waffenstillstands", 
seiner  ,, Geschichte  Niederland's  unter  Al- 
ba" (1614)  ganz  umgearbeitet  hinzufügen. 
Meursius  war  nach  Einigen  zu  sehr 
bloss   Sammler:   es  fehlte  ihm   reifes  Ur- 


313 


Meij 


Minellius 


314 


thell ,  klares  Ordnen  und  fester  Gesichts- 
punkt zur  Betrachtung  des  Behandelten ; 
doch  erkennen  ihm  Gravi  us  u.  Corsi- 
nus  bedeutende  Kenntnisse,  Fleiss  u.  Be- 
obachtungsgabe zu.  Die  Liste  s.  zahlrei- 
chen Werke  gibt  er  selbst  in  s.  Lebens- 
beschreibung r,.Athenae  Batavae"  p.  192  — 
198,  jedoch  nur  bis  zu  s  Rufe  nach  Soroe), 
dann  Foppens,  Th.  L  p.  689  —  691, 
Saxe,  „Onomast."  T.  IV.  p.  84  —  86, 
„Analect."  p.  574,  und  Wachler  l.  B. 
2.  Abth.   S.  708. 

Meij  (IV*.)  —  Joan  De  —  abstam- 
mend aus  einem  angesehenen  flämischen 
Geschlecht,  geb.  1617  zu  Middelburg,  be- 
suchte England ,  Frankreich ,  die  Schweiz 
u.  Deutschland,  begab  sich  1643  als  Pre- 
diger nach  St.  Eustathius ,  wo  er  in  hol- 
ländischer, französischer  u.  englischer  Spra- 
che predigte.  1645  zurückgekehrt,  ward 
er  1649  als  zehnter  Prediger  nach  Mid- 
delburg berufen.  1652  war  er  Prediger  zu 
Mecheln  bei  den  holländischen  Abgeordne- 
ten in  der  Chambre  mi-partie  zur 
Beilegung  der  noch  schwebenden  Mishel- 
ligkeiten  mit  Spanien,  und  1676  Prof.  d. 
Theologie  u.  Naturphilosophie  zu  Middel- 
burg. De  Meij  starb  1678,  ausgezeich- 
net durch  Rechtlichkeit  und  Mässigung. 
Seine  Werke  sind  zu  Middelburg  1681  u. 
zuDelft  1704  in  einem  Foliobande  gedruckt. 
Ausser  verschiedenen  Werken  schrieb  er 
1661  eine  „Physiologia  Sacra". 

Meijer  (II.)  —  Jacobus  —  geb.  1491 
zu  Vleteren,  bildete  sich  zu  Paris  unter 
Despautere  und  unter  Erasmus,  be- 
gab sich  zuerst  nach  Ypern,  dann  nach 
Brügge  und  starb  als  Pastor  zu  Blanken- 
berg  1552.  Er  verfasste :  .,Flandricarum 
Rerum  T.  X.  de  Origine,  Antiquitate  etc. 
Coniitum  Flandriae",  Brug.  et  Antw.  1530. 
„Chronicon  Flandriae",  Norimb.  1538,  4.; 
auch  abgedruckt  in  den  „Commentarii  sive 
Annales  Flandrici",  L.  XVII.  Antw.  1561, 
Francof.  1580.  Es  geht  bis  zum  Tode 
Karl's  des  Kühnen.  Seines  Bruders 
Enkel,  Filips,  hat  dieses  Buch  bis  1617 
fortgesetzt.  (S.  Foppens,  I.  528,  529, 
1038,  und  Dewez,  „Hist.  Part,  des  Prov. 
Belg."  T.  III.  p.  275.)  Auch  schrieb 
Meij  er   einige  lateinische  Gedichte. 

MEeijer  (IV.)  —  Laevinus  —  Jesuit, 
geb.  1655  zu  Gent,  gest.  1730  zu  Löwen, 
schrieb  ein  lateinisches ,  später  von  ihm 
auch  in's  Holländische  übersetztes  Lehr- 
gedicht „über  den  Zorn",  welches  sich 
durch  Reinheit  des  Ausdrucks,  und  in  der 


Uebersetzung  durch  sehr  fliessende  Verse 
auszeichnet. 

Helfer  (VI.)  —  J.  D.  -  geb.  an 
dem.selben  Tage,  wie  Tollens,  Mitglied 
des  IVational-Instituts,  in  welchem  er  mit 
ihm  um  den  Altersrang  loosen  musste ,  ist 
durch  s.  „Esprit  des  institutions  judiciai- 
res"  (jetzt  in  6  Theilen  vollständig) 
In  -  und  Ausländern  als  philosophischer 
Rechtsgelehrter  und  Geschichtsforscher  be- 
kannt. Auch  hat  er  einen  vorzüglichen 
Antheil  an  dem  von  Tijdeman  heraus- 
gegebenen Briefwechsel  von  Rechtsgelehr- 
ten. Seine  Prozessverhandlung  für  Lud- 
wig Napoleon,  Graf  von  St.  Leu,  wel- 
cher auf  den  Pavillon  bei  Haarlem  An- 
spruch machte ,  enthält  mehrere  Proben 
gerichtlicher  Beredsamkeit. 

Jüicliault  (I.)  —  Pierre  —  Secretär 
Karl's  des  Kühnen,  schrieb  die  Ge- 
dichte: ,,le  Doctrinal  de  Cour",  in  Prosa 
und  Versen,  ,,la  danse  aux  aveugles",  u. 
eine  Trauerklage  auf  den  Tod  der 
Gräfin  Charolois,  Karl's  Gemahlin. 

HieriS  (V.)  -  Frans  Van  —  aus 
Leyden ,  ein  eifriger  Sammler  für  die  va- 
terländische Geschichte,  gab  1726  zu  Ley- 
den die  „Beschreibung  der  bischöflichen 
Münzen  und  Siegel  von  Utrecht",  1732 
im  Haag  die  „Geschichte  der  niederländi- 
schen Fürsten",  in  3  Theilen,  1740  die 
alte  „Chronik  von  Holland",  1748  zu  Ley- 
den eine  ,, Abhandlung  über  die  Lehnbar- 
keit  der  Grafschaft  in  Holland",  die  „Ant- 
werpener Chronik",  4.,  1753 — 1756  in 
4  Th.  Fol.  zu  Leyden  das  „Grosse  Ur- 
kundenbuch  der  Grafen  von  Holland,  Zee- 
land  und  der  Herren  von  Friesland",  1757 
in  8.  eine  ,, Abhandlung  über  die  Zusam- 
menstellung der  Geschichte,  namentlich  der 
von  Holland",  1759  in  Fol.  „Urkunden, 
Privilegien,  Gnadenbriefe,  Rechte  und  Frei- 
heiten der  Stadt  Leyden",  und  1762  — 
1770  in  3  Th.  Fol.  „Beschreibung  der 
Stadt  Leyden"  heraus. 

mUlius  (V.)  —  ...  —  Professor  zu 
Utrecht,  schrieb  „Rudimenta  Linguae  Per- 
sicae  hodiernae,  in  Dissertationibus  selectis", 
L.  B.  1743,  und  gab  für  den  Handgebrauch 
die  griechische  Uebersetzung  des  A.  Testa- 
ments mit  verschiedenen  Lesarten  aus  der 
leydener  Bibliothek  heraus. 

Minellius  (VI.)  —  Johannes  — 
(Lehrer  an  einer  lateinischen  Schule  zu 
Rotterdam),  besorgte  von  Salin  st,  Te- 
renz,  Virgil,  Horaz,  Ovid  u.  s.  w. 
(1653)  Ausgaben,    die  wegen  der  Sacher- 


315 


Miraeus 


Monceaux 


316 


klärungen  für  den  ersten  Schulunterricht 
von  Nutzen  waren. 

Miraeus  (HI.)  —  Aubertus  —  (La 
Mire)  geb.  1573  zu  Brüssel,  Siegelbewah- 
rer u.  Bibliothekar  s.  Oheims,  des  Bischofs 
von  Antwerpen,  dann  Generai-Vicar  dieses 
Bisthums,  ein  Mann  von  ungemeinem  Fleisse 
und  unermüdlicher  Thätigkeit,  hat  \iele 
Verdienste  um  die  Erforschung  der  kirch- 
lichen Alterthümer  des  südlichen  Nieder- 
lands, besonders  was  die  geistlichen  Orden 
betrifft.  Sein  Styl  ist  jedoch  matt,  und 
er  besitzt  weder  Kritik  noch  Geschmack, 
aber  desto  mehr  Aberglauben.  Auch  schrieb 
er  „Elogia  illustrium  Belgiae  Scriptorum", 
Antw.  1609,  4.     Er  starb  1640. 

Modderman  (VI.)  —  ...  —  gab 
1810  Nachrichten  über  Deutschland. 

Moens  (VI.)  —  Petronella  —  Wittwe 
Van  Streek's,  eine  berühmte  Dichterin, 
welche  unlängst  den  50.  Jahrestag  ihres 
Dichtersieges  feierte.  Sie  ward  1763  in 
einem  friesländischen  Dorfe,  wo  ihr  Vater 
Prediger  war,  geboren.  Mit  ihrem  vierten 
Jahre  des  Gesichts  beraubt,  wurde  sie 
nichts  destoweniger  eine  Dichterin,  welche 
aus  der  Erinnerung  ihrer  frühesten  Jugend 
die  Schönheiten  der  Natur  mit  Lebendigkeit 
schilderte.  Zu  Bergen  op  Zoom,  wo  sie 
später  lange  Zeit  wohnte,  gab  sie  mit  Ber- 
nardus  Bosch  verschiedene  prosaische 
u.  poetische  Werke  heraus.  Es  erschienen 
1788  ihr  „Ehrenkranz  für  Aardenburg", 
welchen  Ort  ihr  Vater  "  zum  Aufenthalt 
wählte,  als  sie  zwei  Jahre  alt  war,  —  1789 
„erbauliche  Gedichte",  —  1791  die  Ge- 
dichte: „Oldenbarneveld";  „die  Ge- 
brüder De  Witt";  „Hugo  de  Groot", 
—  1794  „Gedichte  vermischten  In- 
halts", —  1798  „Früchte  der  Einsam- 
keit", und  1803  gab  sie  Loosje's  Ge- 
dichte von  dem  „Reichthume,  dem  Mittel- 
stande und  der  Armuth"  heraus.  Wahr- 
scheinlich hat  Petronella  Moens  noch 
mehrere  Gedichte  verfasst ,  da  keine  voll- 
ständige Liste  ihrer  Werke  bekannt  ist. 
Auch  als  Verfasserin  von  Romanen  ist 
sie  geschätzt ,  worin  sie  sich  eines  poe- 
tisch-prosaischen Styls  bediente,  der  je- 
doch ein  wenig  zu  blumenreich  ist ,  ob- 
gleich ihre  mannigfaltigen  Werke  dieser 
Art  sich  durch  edle  und  rein  religiöse  Ge- 
fühle auszeichnen.  Gegenwärtig  lebt  diese 
gefeierte  Dichterin  zu  Utrecht. 

Molanus  (II.)  —  Joannes  (Ver- 
meulen)  geb.  1533  zu  Ryssel,  legte  sich 
auf  scholastische  Philosophie   und  Theolo- 


gie, war  Professor,  königlicher  und  päpst- 
licher Curator  zu  Löwen,  und  starb  1585. 
Er  verfasste  ehie  Menge  Schriften  über 
philosophische ,  kirchengesclüchtliche  und 
auf  Legende  sich  beziehende  Gegenstände, 
die  „Jahrbücher  von  Löwen"  (die  jedoch 
nicht  gedruckt  und  nur  bei  Valerius 
Andreas  angegeben  sind)  und  über  „Mi- 
litia  Sacra  Ducum  ac  Principum  Braban- 
tiae",  Antw.  Plant.  1592,  8. 

Molinet  (I.)  —  Jean  —  Bibliothekar 
der  Margaretha  von  Oestreich, 
Tante  Karl's  V.,  Historiograph  der  bur- 
gundischen  u.  östreichischen  Fürsten,  und 
Canonicus  von  ü.  L.  F.  zu  Valenciennes, 
wo  er  1507  starb,  schrieb  eine,  von  1474 
— 1507  laufende  Chronik  (eine  Fort- 
setzung von  Chastelain's  Geschichten), 
welche  ungedruckt  geblieben  ist  und  sich 
früher  in  der  Bibliothek  der  doornikschen 
Hauptkirche  befand.  Ausserdem  brachte 
er  den  Roman  de  la  Rose  in  Prosa,  auf 
Verlangen  Philipp 's,  Herzogs  vonCleve. 
Seine  „Faicts  et  Dicts "  sind  zu  Paris 
1537,  und  die  daraus  gezogenen  Gedich- 
te daselbst  1723  gedruckt.  Vor  Zeiten 
sah  man  in  der  Kirche  zu  Valenciennes  s. 
Portrait  mit  einer  französischen  Unter- 
schrift, worin  er  Apollo' s  u.  der  Mu- 
sen Liebling  und  ein  zweiterOvid 
genannt  wird. 

Moll  (VI.)  —  .  .  .  —  Professor  zu 
Utrecht,  ein  würdiger  Schüler  des  De- 
la  m  b  r  e,  machte  wichtige  Versuche  mit  der 
galvanischen  Elek tricität,  worüber 
das  Journal  de  Physique,  1820,  T.  XC, 
das  Journal  of  the  Royal  Institution,  T.  X, 
p.  188,  Thomson's  Annais  of  nat.  Phi- 
los.,  Oct.  1821  ,  T.  II,  p.  288,  das  Edin- 
burgh philosoph.  Journal,  Jan.  1822,  Nr  11, 
p.  83,  die  Memoirs  of  the  Astronomical 
Society  of  London,  T.  I. ,  das  Journal  de 
Physique,  T.  XCIV,  p.  379,  und  da.s 
Edinburgh  Philos.  Journal ,  April  1822, 
T.  IX,  p.  167  berichten. 

Momma  (IV.)  —  Wilhelmus  —  aus 
Hamm ,  als  Prediger  nach  Middelburg  be- 
rufen, ward  als  Neuerer  vom  Prinzen  Wil- 
helm III.  wieder  abgesetzt. 

Monceaux  (II.)  —  Fran^ois  —  Herr 
von  Froideval,  aus  Artois,  lateinischer 
Dichter,  Gesandter  des  Herzogs  von  Par- 
ma in  F' rankreich,  wo  er  ausser  einer  poe- 
tischen Umschreibung  des  hohen  Liedes, 
den  44.  Psalm,  auch  ein  „Paradies"  und 
eine  Beschreibung  s.  Landgutes  herausgab. 


31t 


Moniot 


Muller 


318 


Jfloniot  (I.)  —  ...  —  aus  Arras,  viel- 
leicht ein  Mönch,  französischer  Minnedich- 
ter, der  um  das  Jahr  1250  lebte. 

Mona   (VI.)    —    J.   B.   Van    —   aus 

Brüssel,  Dr.  d.  Medicin,  Prof.  der  Physik 
u.  Chemie  an  der  Universität  zu  Löwen 
und  Mitglied  vieler  gelehrten  Gesellschaf- 
ten, hat  eine  „Pharmacopee  manuelle*'  u. 
,,Pharmacopee  generale",  so  wie  auch  ein 
„Journal  de  Chimie  et  de  Physique"  in 
6  Theilen  8.  herausgegeben.  Ausserdem 
übersetzte  er  das  Werk  von  Davy,  unter 
dem  Titel :  „Elemens  de  Chimie  philoso- 
phique". 

Montanus  (II.)  —  Paulus  —  (Van 
der  Berghe)  Rathsherr  zu  Utrecht,  ein 
Vertheidiger  der  spanischen  Partei,  schrieb 
ein  geschätztes  Werk :  „de  Jure  tutelarum 
et  curationura''  (nach  des  Vaters  Tode  von 
s.  Sohne  herausgegeben),  Lugd.  Bat.  1597, 
P'rancof.  1607  u.  Hagae  Comit.  1656. 

nioiitanus  (III.)  —  Petrus  —  aus 
Delft,  Prediger  in  dem  Nieuwen  Hoorn, 
gab  eine  Neue  Kunst,  genannt  die 
Sprach  kunst  (Sprachlehre)  zu  Delft  1635 
heraus.  (S.  Pars,  ,, Namenrolle"  p.  153.) 
Wunderlich  sind  die  Namen ,  die  er  den 
Buchstaben  gibt. 

lUontanus  (IV.)  —  Amoldus  —  lie- 
ferte in  s.  „Wundern  des  Ostens"  die  Ge- 
schichte Ostindiens,  von  den  fabelhaften 
Eroberungen  des  Bacchus  u.  Sesostris 
an,  bis  auf  die  der  Niederländer,  und 
fügte  den  Merkwürdigkeiten  des  Landes, 
Klimas  und  der  Volkssitten  die  Helden- 
thaten  der  niederländischen  Admirale  und 
Seeleute  in  diesen  Gegenden,  eines  Van 
Noort,  Van  Nek,  Matelief,  Van 
Der  Hagen,  Spilbergen,  Bontekoe 
u.  A.  hinzu. 

Moonen(IV.)  —  Arnold  —  geb.  1644 
zu  ZwoUe,  1668  Prediger  an  dem  Har- 
denberg u.  1679  zu  Deventer,  wo  er  1711 
starb.  Mit  dem  Geiste  und  den  Sprachen 
des  Alterthums  vertraut,  braucht  Moonen 
viele  Ausdrücke  von  Virgil  ins.  Hirtenge- 
dichten, worin  man  niederländische  Ge- 
mälde sieht ,  die  jedoch  für  das  Hirtenge- 
dicht weit  weniger  passen,  als  die  anziehen- 
den ,  abwechselnden  Gefilde  oder  Berge 
von  Griechenland ,  SiciJien ,  Italien  oder 
der  Schweiz,  während  die  Sitten  der  hol- 
ländischen Bauern  durchaus  nichts  Ideales 
haben.  Viele  dieser  Hirtengedichte  sind 
Allegorien  und  verherrlichen  Gegenstände 
der  Bibel  oder  Freunde  des  Dichters.  Die 
darin     vorkommenden     Anspielungen     auf 


Kriegs  -  oder  andere  politische  Vorfälle 
schwächen  jedoch  den  rein  poetischen  Ge- 
nuss  dieser  ländlichen  Gesänge.  Moonen 
gab  s.  erste  Sammlung  von  Gedichten  1700 
unter  dem  Titel :  ,, Heilige  Hirtengedichte, 
Hirtenlieder,  Hochzeits-,  Geburts-,  Lei- 
chen-, Grabes-,  Sitten-,  Bilder-,  Lob-, 
Kling  - ,  Vermischte,  biblische  Gedichte  u. 
Uebersetzungen"  heraus.  Eine  Ausgabe 
s.  nachgelassenen  Gedichte  besorgte  Poot 
1720.  Als  tüchtiger  Sprachkenner  zeigt 
sich  Moonen  in  s.  „Holländischen Sprach- 
lehre, zum  Gebrauch  von  In-  und  Aus- 
ländern, nach  mehreren  Schriftstellern  und 
Anmerkungen  bearbeitet  und  herausgege- 
ben", 1706.  Diese  Sprachlehre  vvar  (zu- 
folge Y  pey ,  „Gesch.  d.  niederl.  Sprache", 
p.  537)  ein  Handbuch  für  alle  Freunde 
der  Sprache  während  mehr  denn  drei  Vier- 
teln des  18.  Jahrhunderts.  Moonen  war 
auch  ein  für  s.  Zeit  nicht  unverdienstlicher 
Kanzelredner,  wie  dies  z.  B.  s.  schönen 
Predigten  „Paulus  zu  Athen",  ,,Paulus 
unter  den  Heiden"  beweisen. 

SEoonen  (V.)  —  ...  —  süd-niederlän- 
discher  Dichter  einiger  Allegorien. 

Morgester  (VI.)  —  ...  —  Mathe- 
matiker. 

Morinus  (V.)  —  ...  —  Professor 
der  orientalischen  Literatur  zu  Leyden  u. 
dann  zu  Amsterdam,  geb.  1625  und  gest. 
1700,  bearbeitete  den  samaritanischen 
Text  der  fünf  Bücher  Moses. 

Mort  (IV.)  —  J.  La  —  Professor  der 
Medicin  zu  Leyden  ,  bestreitet  die  Krank- 
heitslehre von  Boe-Sylvius. 

niouskes  (I.)  —  Philippus  —  geb. 
zu  Gent  u.  gest.  1282,  gab  eine  gereimte 
„französische  Geschichte"  voll  Märchen  her- 
aus ,  die  mit  H  e  1  e  n  a '  s  Raub  beginnt  und 
den  ganzen  trojanischen  Krieg  be- 
schreibt. Man  leitete  damals  die  Franzosen 
von  Franc  US,    Hektor's  Sohn,  ab). 

lüulder  (VI.)  —  J.  —  ausgezeich- 
neter Chirurg,  Professor  der  Medicin  zu 
Franeker  und  zu  Groningen,  gest.  1810, 
bekannt  durch  s.  Lobrede :  „De  Meritis 
Petri  Camperi  in  Anatomiam  compa- 
ratam"  (Gron.  1808),  vollbrachte  glück- 
lich zwei  der  schwersten  und  selten  vor- 
kommenden Operationen :  die  Ablösung  des 
Schenkels  an  der  Hüfte  und  die  Wegnah- 
me des  ganzen  Kniegelenks. 

ItluUer  (VI.)  —  J.  N.  Statins  — 
dessen  „Abhandlungen  über  den  Selbst- 
mord",   vorgetragen   in    der  Gesellschaft: 


319 


Munniks 


Felix  Meritis,  vou  derselben  1817  im 
Druck  erschienen. 

muimiliS  (IV.)  —  J,  —  geschickter 
Chirurg,  machte  sich  durch  s,  „Chirurgia 
ad  praxin  hodiernam  adornata"  bekannt. 

Muntinck  (IV.)  —  Abraham  —  Arzt 
und  Professor  der  Botanik  und  Chemie  zu 
Groningen ,  der  nach  vielen  Reisen  durch 
Europa  die  gröninger  Universität  mit  einem 
schönen  Garten  bereicherte.  Er  war  selbst 
ein  iieissiger  Beobachter,  und  s.  „Wahres 
Studium  der  Pflanzen"  (Amst.  1672,  4) 
für  jene  Zeit  ein  sehr  gutes  Werk.  Auch 
schrieb  er  1681  über  den  Skorbut. 
Muntinck  starb  1685.  (S.  „Dict.  histor. 
des  Pays  -  Bays",  Anv.  1786,  T.  II.  p.  92, 
93.  Sein  Vater,  Heinrich  M.,  gab  1646 
einen  „Hortus  Botanicus"   heraus.) 

Muntin^he  (VI.)  —  H.  —  geb.  1752 
in  dem  gröningschen  Dorfe  Termunten, 
studirte  1766  zu  Groningen,  unter  Schrö- 
der, die  orientalischen  Sprachen,  ward 
1775  Dr.  der  Theologie,  1789  Prof.  der 
Theologie  u.  Kirchengeschichte  zu  Har- 
derwijk  und  1798  zu  Groningen,  welches 
Amt  er  mit  allgemeinem  Beifall,  auch  wegen 
s.  gemässigten,  aufgeklärten  und  wahrhaft 
liberalen  Denkungsart,  bekleidete.  Seine 
„Geschichte  der  Menschheit  nach  der  Bibel" 
(1.  Th.  Amst.  1801  ,  XI.  Th.  im  Haag 
1817),  welcher  die  alte  hebräische  Ur- 
kunde zu  Grunde  gelegt  ist,  enthält  viele 
wichtige  Ideen.  Noch  als  Professor  zu 
Harderwijk  gab  er  die  vortreffliche  hol- 
ländische Uebersetzung  des  Buches 
H i 0 b ,  von  Schultens,  die  der  Verf. 
unvollendet  gelassen  hatte,  mit  s.  Fort- 
setzung heraus.  Muntinghe  allein 
kommen  s.  Uebersetzungen  der  Psalmen, 
der  Sprüchwörter  u.  des  Prediger 
(1804,  1805)  mit  Anmerkungen  zu,  worin 
der  Uebers.,  nach  dem  Urtheil  der  Kenner, 
sehr  glücklich  die  Mitte  zu  halten  wusste 
zwischen  sklavischer  Anhänglichkeit  an  das 
alte  Kirchensystem  u.  dem  ikarischen  Fluge 
der  höhern  Kritik.  Auch  schrieb  Mun- 
tinghe eine  „Dogmatik".  (S.  „Galerie 
bist,  des  Contemporains'^,  T.  VII.  1.  Part. 
p.  191,  192.) 

Idurmellius  (II.)  —  Johannes  —  aus 
Roeremonde,  Conrector  u.  Rector  der  la- 
teinischen Schulen  zu  Münster ,  wo  er  die 
verbesserte  Lehrart  einführte,  von  1500 
bis  1515  zu  Alkmar  und  dann  zu  Deventer 
bis  zu  s.  1517,  wahrscheinlich  durch  Gift, 
erfolgten  Tode;  ein  Mann,  dessen  Schrif- 
ten zahlreicher  als  die  s.  Lehrers  Hegius, 


Musschenbroek       320 

das  Gebiet  der  Sprach  -  und  Dichtkunde, 
der  Kritik,  der  scholastischen  Philosophie 
und  Pädagogik  umfassten,  und  der  mit  als 
Wiederhersteller  der  alten  Literatur  be- 
trachtet werden  kann.  (S.  Foppens, 
T.  II    p.  699,  700.) 

Musius  (IL)  —  Cornelis  —  (Muis) 
lateinischer  Dichter,  geb.  1533  zu  Delft, 
•studirte  zuerst  zu  Löwen,  dann  zu  Paris 
u.  Poitiers  anfangs  Theologie  und  schola- 
stische Philosophie,  legte  sich  dann  jedoch 
auch,  zur  Erholung,  auf  die  Poesie  des 
Jahrhunderts  von  Augustus,  die  er  mit 
Glück  nachahmte.  In's  Vaterland  zurück- 
gekehrt, lebte  er  36  Jahre  ungestört  als 
Priester  in  dem  St.  Aagten  -  Kloster  zu 
Delft.  Der  70jährige  gemässigte  M  u  s  i  us , 
der  bei  der,  1572  ausgebrochenen  Revolu- 
tion der  schrecklich  gemishandelten  Prote- 
stanten nach  Leyden  floh ,  wurde  von  dem 
schändlichen  Lumey  auf  die  grausamste 
Weise  ermordet.  Seine  Gedichte  sind 
alle  ernsten  und  zum  Theil  religiösen  In- 
halts, nämlich:  „Oden  \md Psalmen", 
„über  die  Flüchtigkeit  der  Zeit",  „Lob 
der  Einsamkeit"  und  einige  „Loblieder 
auf  Heilige".  (S.  „Biogr.  niederl.  Män- 
ner u.  Frauen",  IV.  Th.  p.  305— 308.) 

Musschenbroek  rv.)  —  Pieter  — 

aus  Leyden,  lebte  v.  1692  bis  1761,  war 
zuerst  Professor  zu  Duisburg,  dann  seit 
1723  zu  Utrecht,  und  nach  1740  zu  Ley- 
den, wo  er  Mathematik  u.  Naturphiloso- 
phie lehrte.  Seine  physikalischen  Ver- 
suche und  Entdeckungen  finden  sich  in 
folgenden  Werken  von  ihm  zerstreut:  „Ele- 
menta  Physico-Mathemalica" ,  Traj.  1726, 
8.  et  L.  B.  1741,  8.  „Dissertationes  Phy- 
sicae  experimentales,  geometricae  de  Magne- 
ta"  etc.  L.  B.  1729,  4.  „Tentamina  ex- 
perimentorum  naturalium" ,  ibid.  1731 ,  4. 
,,Institutiones  Physicae" ,  L.  B.  1734,  8. 
1741,  1748,  8.  (Im  J.  1739  in  holländ. 
Sprache :  „Anfangsgründe  der  Naturlehre", 
auch  in's  Französische  übersetzt  von  Mas- 
suet:  „Essays  de  Physique" ,  1739,  4. 
2  Vol.)  „Introductio  ad  Philosophiam  Na- 
turalem, ex  edit.  J.  Lulofs",  L.  B.  1762,  4. 
2  Voll.  Ferner  in  den  „Ephemerides  rae- 
teorologicae,  Ultraj.  anni  1729,  b.  Dissert. 
phys.  et  mathem."  L.  B.  1729.  Mus- 
schenbroek, wie  wohl  ein  höchst  ver- 
dienstlicher Physiker,  besass  jedoch  den 
Scharfsinn  's  Gravesande's  nicht.  Seine 
Stärke  bestand  mehr  in  Anstellung  von 
Versuchen  und  Beobachtungen.     Besonders 


321 


Mutzenbechei- 


Nannius 


322 


verdienen  s,  meteorologischen  und  magne- 
tischen Untersuchungen  grosses  Lob.  Seine 
Versuche  über  die  Haarröhrchen  sind  merk- 
\'vürdig.  Er  erfand  das  Atmometer  und 
Pyrometer,  und  bediente  sich  bereits  der 
Elektricität  zur  Erklärung  des.  Regens. 
Noch  verdient  s.  1730  zu  Utrecht  bei  Nieder- 
legung s.  Rectorats  gehaltene  „Oratio  dea 
Methodo  instituendi  experimenta  Physic" 
bemerkt  zu  werden,  so  wie  überhaupt  die 
mehr  analytische  Methode  in  s.  Schriften. 
Auch  übersetzte  Musschenbroek  die 
Versuche  der  Mitglieder  der  florentinischen 
Akademie:  del  Cimento,  in's  Lateini- 
sche, und  gab  sie,  mit  Anmerkungen  be- 
reichert, heraus.  Sein  Bruder  Jan  Van 
Musschenbroek  war  ein  ausgezeichne- 
ter Instrumentenmacher,  und  es  sind  noch 
Werkzeuge  von  ihm  vorhanden,  die  besser 
sind,  als  man  sie  jetzt  in  Niederland  ver- 
fertigen kann.     (S.   Saxe,    „Onoraast. " 


T.  VI.  p.  262,  263,  679,  u.  T  e  Water, 
„Narratio",  p.  38.) 

Mutzenbecher  (V.)  —  .,._  lu- 
therischer Prediger  im  Haag,  erklärte  ver- 
schiedene Stellen  des  N.  Testaments  aus 
dem  von  ihm  herausgegebenen  grossen 
„Wörterbuche  zur  Septuaginta  von  Bie hl" 
(1779). 

Muylwijk  (III.)  -  Matthys  Van  — 
ein  dordrechter  Dichter,  gab  nach  s.  Reise 
nach  Rom  s.  „Ausländischen  Krieg  oder  Römi- 
sche Liebessiege"  heraus.  Auf  diese  etwais 
unsittlichen  Gedichte  schrieb  er  religiöse, 
aber  von  geringerem  Werthe. 

MEijle  (III.)  —  Abraham  Van  Der  — 
geb.  1558  ,  gest.  1637  als  Prediger  zu 
Dordrecht,  schrieb  eine  Abhandlung  „de 
Antiquitate  Linguae  Belgicae"  (Lugd.  Bat. 
1611),  worin  er  zuerst  die  überraschende 
Aehnlichkeit  der  holländischen  Sprache  mit 
dem  Persischen  gezeigt  hat. 


N. 


JVaaldwiJk  (II.)  —  Jan  Van  —  der 

berühmte  letzte  Anführer  der  Hoekschen, 
verfasste  die  „Alte  Gouda'sche  Chronik" 
oder  Geschichte  von  Holland,  Zeeland, 
Friesland  u.  Utrecht,  welche  von  dem  er- 
sten Grafen  von  Holland  bis  1477,  zum 
Tode  Karl's  des  Kühnen  geht,  und 
später  bis  zum  Tode  Philipp's  IL,  mit 
Anmerkungen  bereichert,  von  Petrus 
Scriverius  fortgesetzt  wurde.  Obgleich 
nicht  unparteiisch  ,  verw  arf  N  a  a  1  d  w  i  j  k 
jedoch  die  Märchen ,  womit  alle  frühern 
Chroniken  angefüllt  waren. 

IVaarssen  (III)  —  Johan  Van  — 
(Narsius)  aus  Dordrecht,  zuerst  remon- 
strantischer  Prediger  zu  Grave,  doch  hier- 
auf Arzt ,  wozu  er  sich  in  Caen  bildete, 
ward  Leibarzt  Gustav  Adolph's  und 
dabei  s.  Historiograph.  Er  reiste  nach 
Moskwa,  folgte  Gu  stav  Adolph  nach 
Deutschland  und  liess  sich  in  Preussen  nie- 
der, um  während  des  Königs  Aufenthalt 
daselbst  s.  Thaten  besser  vernehmen  zu 
können.  Van  Narssen  war  holländischer 
sowohl ,  als  französischer  und  lateinischer 
,  Dichter,  und  besang  vornehmlich  die  Gross- 
thaten  s.  Beschützers  in :  „Riga  devicta", 
Riga  1625 ;  „Poemata  Suedo  -  Borussica, 
Moschovitica ,  Miscellanea" ;  „Gustavidos, 
sive  de  Bello  Sueco  -  Austriaco  ,  L.  III.", 
Hamb.    1632    (die    letzten  Feldzüge  Gu- 


stav's  in  Deutschland);  „Miscellanea, 
L.  X.";  „Gustavus  saucius,  Tragedia,  Re- 
gis  Funebria".  1635  ging  er,  in  den  hol- 
ländischen Dienst  zurückgekehrt,  als  ausser- 
ordentlicher Rath  von  Indien  nach  Bata- 
\"ien,  wo  er  zwei  Jahre  später  starb.  (S. 
Paquot,  „Memoires  pour  servir  ä  l'Hi- 
stoire  litteraire  des  Pays-Bas",  p.  172, 
und  Baien,  „Dordrecht",  p.  214.) 

ÜTaeranus  (HI.)  —  Samuel  —  ein 
Dichter  aus  Dordrecht,  der  in  einem  Lied- 
chen hinter  s.  erbaulichen  Banquet 
oder  Ehe  -  u.  Hochzeitsgesetzen  das  in  der 
holländ.  Poesie  selten  vorkommende  Vers- 
maas ,  dessen  sich  später  Bürger  in  s. 
Leonore  bedient  hat,  nämlich  das  von 
acht  Versen,  anwendet,  wovon  der  1.  u.  3., 
2.  u.  4.,  5.  u.  6.,  7.  u.  8.  auf  einander 
reimen,  welches  eine  für  das  Ohr  angeneh- 
me Wirkung  hervorbringt. 

SiTannius  ( 11. )  —  Pieter  —  geb. 
1500  zu  Alkmar,  Rector  daselbst,  dann 
Professor  zu  Löwen,  wo  er  studirt  hatte, 
gest.  1557,  gab  Anmerkungen  auf  Ci- 
cero's  Reden  gegen  Verres,  auf  ein- 
zelne Schriften  von  Livius,  VIrgil, 
Horaz,  den  Kirchenvater  Ambrosius 
und  das  A.  Testament,  einige  lateini- 
sche Reden  über  die  damaligen  Zeitum- 
stände, und  Uebersetzungen  (aus  dem 
Griechischen  in's  Lateinische)  aus  De- 
ll 


323 


Nauta 


Nieuport 


324 


raosthenes,  Aeschines,  Plutarch, 
den  Kirchenvätern  Athanasiiis,  Basi- 
lius  und  Chrysostomus  heraus.  (S. 
Foppens,   Th.  II.   p.  994,  996.) 

IVauta  (V.)  —  Simon  —  Prediger  zu 
Wolvega,  verfasste  eine  gute  Leichenrede 
auf  Onno  Zwier  Van  Haren  1779. 
(S.  Ypey,  p.  557.) 

IVeedham  (V.)  —  ...  —  Abt,  so 
bekannt  durch  s.  Entdeckungen  mit  dem 
Mikroskop,  schrieb  über  die  Bienen 
u.  Ameisen. 

UTeets  (III.)  —  Huberts  —  süd- nie- 
derländischer Dichter  (1635). 

]irelis  (V.)  —  Cornelis  Franciscus  De  — 
Abt ,  später  Bischof  von  Antwerpen ,  ein 
sehr  gelehrter  Alterthums  -  u.  Geschichts- 
kenner, nahm  an  den  Arbeiten  der  brüsse- 
ler  Akademie  thätigen  Antheil,  wovon  1773 
8.  Betrachtungen  über  ein  altes  Denkmal 
im  Dornikschen  u.  1776  über  verschiedene 
Punkte  der  niederländischen  Geschichte 
zeugen.  Er  betrachtet  hier  die  Geschichte 
aus  einem  pragmatischen  Gesichtspunkte, 
den  Charakter  und  die  Sitten  der  Belgier 
zur  Zeit  der  Römer  u.  s.  w.  In  einer  s. 
Untersuchungen  leitete  er  den  Namen  Bra- 
bant  von  Propontii  ab,  welcher  die- 
sem Lande  von  den  Römern  gegeben  sein 
sollte.  1790  gab  er  ein  Werk,  auf  der 
einen  Seite  lateinisch,  auf  der  andern 
französisch,  betitelt:  „Belgicarum  Rerum 
Prodromus ,  sive  de  Historia  Belgica  ejus- 
que  Scriptoribus  praecipuis  Commentatio" 
heraus,  worin  er  den  Grund  zu  einer  Li- 
teratur der  Süd-Niederlande  im  Fache  der 
Geschichte  legte.  Dieses  Werk  ist  jedoch 
unvollendet  geblieben. 

HKTeniiuS  (IL)  —  Johannes  —  (Jan 
Govertsz)  aus  Herzogenbusch,  ein  Geist- 
licher und  später  Schullehrer  zu  Köln, 
Nimwegen ,  Herzogenbusch  u.  Amsterdam, 
verfasste  eine  Uebersctzung  des  Till  Eu- 
lenspiegel in  lateinischen  Versen. 

IVierstrasz  (VI.)  —  J.  L.  —  rot- 
terdamer Dichter,  der  Sänger  des  Erlö- 
sers, wurde  von  der  antwerpener  Ge- 
sellschaft für  das  Besingen  von  Rubens 
und  das  „Lob  des  niederländischen  Fleisses" 
mit  der  goldenen  Medaille  gekrönt  u.  seit- 
dem durch  s.  „John  Howard"  u.  an- 
dere Gedichte,  nicht  minder  durch  Dich- 
tergluth  als  durch  Menschenliebe  ausge- 
zeichnet, mit  Recht  hochgeachtet. 

Meuhof  (HL  u.  IV.)  —  Johan  — 
(Nieuwhoff)  gab  die  Beschreibung  s. 
Gesandtschaft  nach  China,  worin  er  unter 


andern  die  alte  Hauptstadt  Nanking  be- 
suchte (zu  Amst.  1664,  1665,  Fol.  1666, 
deutsch,  in  4.)  heraus,  welche  von  s.  Bru- 
der Heinrich  mehrmals,  so  wie  s.  „Bra- 
silianischen See-  und  Landreisen"  nebst 
„See  -  und  Landreisen  durch  verschiedene 
Gegenden  von  Ostindien",  wobei  sich  un- 
ter andern  eine  ausführliche  Nachricht  von 
der  Stadt  Batavia  befindet,  (beide  zu 
Amsterdam  1682,  Fol.  mit  ausgezeichneten 
Kupfern)  in  Druck  erschienen. 

lITieupoort  (V.)  —  Willem  Hendrik  — 
(Nypoort)  dessen  Geburtsjahr  u.  Her- 
kunft unbestimmt  ist,  war  ein  Schüler  des 
Perizonius,  hielt  sich  zu  Utrecht  als 
Lehrer  auf,  u.  gab  1712  s.  Erklärung 
der  Gebräuche  der  alten  Römer 
unter  dem  Titel :  „Rituum  qui  olim  apud  Ro- 
manos fuerunt  succincta  Explicatio"  zu 
Utrecht  heraus,  welche  wegen  des  Reich- 
thnms  an  Sachen  und  bequemer  Uebersicht 
stark  gebraucht  ward  und  eine  Menge  Auf- 
lagen erlebte,  nämlich:  1716,  1723,  1734 
(durch  Otto  u.  Reitz),  1746,  1774  zu 
Bautzen,  1713,  1733  zn  Strassburg,  1738 
zu  Berlin,  1767  (mit  einer  Einleitung  von 
Gesner)  u.  1784.  Ausserdem  erschien 
von  ihm  noch  eine,  jedoch  weit  weniger 
bekannte  und  gebrauchte,  „Römische  Ge- 
schichte". 

]¥ieuport  (VI.)  —  ...  De  —  Com- 
mandeur  des  Malteserordens ,  vor  einigen 
Jahren  Mitglied  der  zweiten  Kammer  der 
General  -  Staaten  ,  zufolge  Moll  vielleicht 
der  grösste  Mathematiker  Niederland's,  lern- 
te noch  in  hohem  Alter  so  viel  Griechisch, 
dass  er  in  die  neuen  Denkschriften  der 
brüsseler  Akademie  „  Animadversiones  in 
Platonem"  lieferte.  Auch  als  lateinischer 
Dichter  ist  er  sehr  glücklich,  gab  jedoch  nur 
einzelne  Stücke  heraus ,  unter  andern  in 
den  Annales  Belgiqnes  v.  Febr.  1822  das 
schöne  Gedicht:  „Mathesi  Eucharistium", 
und  sang  D.  J.  Van  Lennep,  zum  28. 
Dec.  1818,  zu:  „Responsus  ad  versus,  qui- 
bus  literarum  Academiam  Bruxellis  primum 
ingressus,  ipsam  allocutus  est".  .Seine  ma- 
thematischen, seit  1780  bis  1820  in  den 
Denkschriften  der  brüsseler  Akademie  er- 
schienenen Abhandlungen  sind :  (  A  n  c  i  e  n  s 
M6moires.)  ,,Sur  les  codevelopp^es  des 
courbes;  sur  la  propriete  pr^tendue  des 
voüte  en  chainettes ;  sur  luie  machine  pro- 
pre ä  lever  des  fardeaux  considerables." 
(Nouveaux  Memoires. )  „  Esquisse 
d'une  Methode  inverse  des  formules  inte- 
grales definies;   sur   la   propriöte  generale 


325 


Nieuwelant 


Nieuvvold 


326 


des  ElHpses  et  desHyperboles;  sur  l'Equi- 
libre  des  corps  qui  se  balancent  librement 
sur  un  fil  flexible,  et  sur  celui  des  corps 
flottans;  sur  la  theorie  des  probabilit^s  au 
jeu;  Reflexions  sur  des  notions  fondamen- 
tales  en  Geometrie."  Im  J.  1806  wurde 
eine  mathematische  Abhandlung  von  ihm 
an  das  französische  Institut  eingesandt, 
welches  dieselbe  in  s.  Schriften  abdrucken 
liess. 

STieu'welant  (III.)  —  Willem  Van 
Den  —  (,1584—1635)  schrieb  8  Trauer- 
spiele (für  die  Kammer:  der  Oelzweig 
oder  Levkoje):  ,,Saul,  Claudius, 
Domitius,  Nero,  Livia,  Cleopa- 
tra, Sophonisbe  und  Soli  man",  die 
nicht  ohne  Werth  sind;  der  Nero  ward 
1618,  auf  Staatskosten,  zu  Antwerpen  mit 
grossem  Beifall  aufgeführt ,  wie  auch  das 
schöne  Lehrgedicht :  Von  dem  Men- 
schen, oder  über  die  Eitelkeit  der  Welt, 
das  Elend  des  Lebens  und  die  Ruhe  des 
Todes.  (1621).  Nieuwelant  vsar  zu- 
gleich Maler  und  besuchte  Italien. 

llTieuwenliuyzen  (VI.)  —  ...  — 
ein  wahrscheinlich  noch  lebender  Dichter, 
verfasste  ein  Gedicht  auf  Buonaparte, 
1802. 

ÜITieuweiitijt  (IV.)  —  Bemard  — 
aus  Purmerend,  Arzt  u.  Verf.  des  „Rech- 
ten Gebrauches  der  Weltbeschauungen" 
(Amst.  1716,  4.),  welches  eine  Teleologie, 
oder,  wie  der  Verf.  in  der  Vorrede  sagt, 
eine  Scopologie  ist,  um  die  weisen  Ab- 
sichten Gottes  in  der  Schöpfung  anzuzeigen, 
und  worin  beinahe  Alles,  was  man  damals 
über  die  Natur  wusste,  zusammengestellt 
ist,  weshalb  es  auch  in's  Deutsche  und 
Französische  übersetzt  wurde.  Wahrschein- 
lich war  dieses  Werk,  worin  er  das  Stu- 
dium der  Naturwissenschaften  mit  der  Re- 
ligion in  Verbindung  bringt,  hauptsächlich 
gegen  Spinoza  u.  dessen  Anhänger  ge- 
richtet. 

STieuwland  (V.)  —  Petrus  —  Theo- 
log, Verfasser  „exegetischer  Ergötzungen". 

STieuwland  (VI.)  —  Pieter  —  geb. 
1764  im  Diemermeer,  ward  von  s.  Vater, 
einem  Zimmermanne,  in  den  Anfangsgrün- 
den der  Rechen  -  und  Messkunst  unter- 
richtet, und  machte  schon  in  s.  siebenten 
Jahre  Verse,  die  einen  nicht  mittelmässi- 
gen  Geist  ankündigten.  Bernardus  De 
Bosch  nahm  ihn  zu  sich;  s.  Bruder  Je- 
ronimo  unterrichtete  ihn  im  Griechischen 
und  Lateinischen,  und  Aeneä  in  der  Ma- 
thematik.    Bereits   in  s.  dreizehnten  Jahre 


konnte  er  den  Vorlesungen  der  Professoren 
am  Athenäum  beiwohnen.  Hier  waren  T  ol- 
lius  u.  Wyttenbach  s.  Lehrer,  unter 
welchen  er  1780  Proben  s.  Kenntnisse  durch 
Abhandlungen  über  Terenz  und  (1783) 
über  den  weniger  bekannten  Stoiker  Mu- 
sonius  ablegte.  Er  begab  sich  nach 
Leyden,  um  noch  Ruhnkenius  zu  hö- 
ren ,  ward  Candidat  der  Philosophie  und 
widmete  sich  unter  Van  S winden  ganz 
der  Mathematik ,  so  dass  ihm  1787  das 
Amt  eines  Professors  zu  Utrecht  angetra- 
gen wurde,  das  er  jedoch  zu  Gunsten 
Hennert's  nicht  annahm.  1788  gab 
Nieuwland  einige  s.  spätem,  trefflich 
gelungenen  Gedichte  heraus,  unter  wel- 
chen s.  „Orion",  wie  dieses  Gestirn  selbst 
unter  den  es  umgebenden  Himmelslichtern, 
sich  auszeichnet.  1789  wurde  er  zu  Am- 
sterdam Lector  der  Mathematik,  Astrono- 
mie und  Seefahrtskunst,  und  1792  Prof. 
der  Mathematik  und  Physik  zu  Leyden. 
1797,  drei  Jahre  nach  s.  Tode,  nachdem 
ihm  acht  Monate  früher  s.  Gattin  und  s. 
kaum  gebornes  Kind  vorangegangen  waren, 
erschien  ein  Bändchen  Gedichte  von  ihm, 
worin  sich  eine  Elegie  auf  jene  befindet, 
die  zu  den  besten  gehört  und  dem  schö- 
nen Gedicht  Haller's,  auf  den  Tod  s. 
Doris,  am  nächsten  kommt.  Diese  Samm- 
lung enthält  noch  eine  Menge  lieblicher 
Gedichte  auf  s.  Gattin ;  die  frühere  be- 
steht mehr  aus  Uebersetzungen  alter  grie- 
chischer und  lateinischer  Dichter.  Unter 
s.  Uebersetzungen  ist  die  des  „Täubchen" 
von  Anakreon  unübertrefflich,  welche 
sich  in  der  Sammlung  von  1787  (p.  73, 
und  bei  De  Vries,  p.  317— 319)  befindet. 
Als  Mathematiker  war  er  nicht  minder 
ausgezeichnet ;  er  gab  mit  Van  S  w  i  n- 
den  den  ,,Almanach  für  Seeleute",  so  wie 
auch  eine  Abhandlung  „über  das  Bestim- 
men der  Länge  auf  der  See"  (1787)  und 
1792  den  1.  Th.  eines  „Lehrbuches  über 
die  Seefahrtskunst"  heraus,  welches  durch 
s.  frühen  Tod  unvollendet  blieb.  (S.  über 
ihn  u.  s.  Werke:  „Galerie  histor.  des 
Contemporains" ,  T.  VII.  2  partie,  p.  292, 
293.  Van  Swinden's  „Leichenrede  auf 
Nieuwland",  Amst.  1795,  und  die  Vor- 
rede von  De  Vries  vor  der  kleinen  Aus- 
gabe s.  Gedichte,  1824.) 

UTieuwold  (VI.)  —  Jan  Hendrik  — 
geb.  1737,  seit  1770  Prediger  zu  Warrega, 
einer  der  ersten  und  vorzüglichsten  Ver- 
besserer des  Unterrichts,  hat  sich  durch 
Einführung  der  Lautirmethode  und  durch 
11* 


327 


Nodell 


Nuck 


328 


eine  Menge  nützlicher  Kinderschriften  un- 
vergesslich  gemacht  (S.  „Allg.  Wörterb.  der 
Künste  u.  Wissenschaften  von  G.  Nieu- 
wenhuis",  No.  2.  p.  119  —  123,  worin 
besonders  die  Unterrichtsmethode  des 
Nieuwold,  und  der  Plan,  den  er  dabei 
befolgte,  sehr  gut  entwickelt  sind.) 

IVodell  (VI.)  —  Jan  Adam  —  Rector 
zu  Rotterdam,  ein  gelehrter  Mann  und  la- 
teinischer Dichter,  dessen  drei  Sammlun- 
gen Gedichte  (1775,  1794  u.  1796  her- 
ausgegeben) Peerlkamp   sehr   rühmt. 

lüToel  (VI.)  —  ...  —  Professor  am 
Athenäum  zu  Luxemburg,  Mathematiker. 

KToinsz  (V.)  —  Jan  —  geb.  1738  zu 
Amsterdam,  legte  sich  blos  auf  Poesie,  die 
ihn  bei  s.  sorglosen  Lebensweise  in  dürf- 
tigen Umständen  im  St.  Peter  -  Hospital 
1803  sterben  Hess,  obgleich  er  die  Bühne 
mit  vielen  sehr  gelungenen  Stücken  berei- 
cherte. Zu  s.  besten  Trauerspielen  ge- 
hören: „Cora",  nach  der  bekannten  Er- 
zählung aus  Mar  montel' s  „Incas''  (durch 
Kotz  ebne 's  spätere  Bearbeitung  von  der 
Bühne  verdrängt);  „Zoroaster"  (die 
viele  Verehrer  und  Gegner  fand);  „die 
Herzogin  von  Coralli",  und  „Maria 
von  Lalain".  Letzteres  wurde  in  der 
Wage  scharf  kritisirt,  doch  gibt  der  all- 
gemeine Beifall ,  den  es  lange  Zeit  fand, 
besonders  durch  die  grosse  Schauspielerin 
Wattier  in  der  Titelrolle,  und  des  Bing- 
ley  als  Parma,  diesem  Stücke,  worin  der 
Geist  des  18.  Jahrhunderts  und  dabei  eine 
gewisse  Gluth  der  Freiheits-  und  Vater- 
landsliebe herrscht,  Anspruch  auf  mehr 
als  Mittelmässigkeit.  Von  geringerem  Wer- 
the  ist  „De  Ruiter",  welches  grössten- 
theils  gereimte  Dialoge  oder  Monologe  in 
Prosa  enthält.  Auch  übersetzte  Nomsz 
mehrere  französische  Stücke,  unter  andern 
Racine's  herrliche  „Athalia",  in  nie- 
derländische Verse.  Als  Lustspieldichter 
stellte  er  in  s.  „Jähzornigen"  acht  hol- 
ländische Charaktere  dar,  besonders  einen 
altfränkischen  Amsterdamer,  dessen  uner- 
schütterliche Kaltblütigkeit  sich  wahrhaft 
possierlich  ausnimmt  neben  dem  stürmischen 
Wesen  eines  aufbrausenden  Nebenbuhlers. 
Weniger  gelungen  ist  s.  Heldengedicht 
„Wilhelm  I."  (Amst.  1779)  zu  nennen, 
da  es  fast  nichts  Anderes  ist,  als  die  in 
fliessenden  Versen  gegebene  Geschichte 
einer  Periode,  so  sehr  geeignet,  selbst  den 
Historiker  zum  Dichter  zu  machen.  (Vgl. 
De  Fries,  II.  294.) 
KiToodt  (IV.)  —  Gerard  —  aus  Nim- 


wegen ,  geb.  1647 ,  glänzte  als  Rechtsge- 
lehrter (seit  1671)  an  der  hohen  Schule 
daselbst,  ward  1679  nach  Franeker,  1683 
nach  Utrecht  und  1686  nach  Leyden  be- 
rufen, wo  er  1725  starb.  Noodt  that 
viel  für  Natur  -  und  Staatsrecht.  Seine 
Werke  wurden  zweimal  von  ihm  selbst 
(1713  u.  1724)  und  hierauf,  zehn  Jahre 
nach  s.  Tode,  von  Barbeyrac  in  2  Th. 
Fol. ,  und  mit  der  Biographie  des  Verfas- 
sers bereichert ,  herausgegeben.  Zu  den 
vorzüglichsten  derselben  gehören :  „Pro- 
babilia  Juris",  Leyd.  1674,  1679,  1691, 
1704,  IV  Bücher.  „Oratio  de  causis  cor- 
ruptae  Jurisprudentiae" ,  Traj.  1689,  4. 
„De  foenore  et  usuris  L.  lU."  Leyd.  1698. 
,,De  Jure  summi  imperii  et  lege  Regia", 
Leyd.  1699,  in's  Französische  (von  Bar- 
beyrac) und  in's  Englische  übersetzt. 
„Julius  Paulus,  sive  de  partus  expo- 
sitione  apud  veteres" ,  Leyd.  1700,  1710. 
„De  Religione  ab  Imperio  jure  gentium 
libera",  1706,  in's  Holländische,  Deutsche, 
Französische  u.  Englische  übersetzt.  (S. 
Burmaa,  „Traject.  Erud."  p.  249— 253, 
Vriemoet,  „Athen.  Fris."  p.  587  — 
596.) 

ÄToort  (HL)  —  Olivier  Van  —  umse- 
gelte V.  1598  —  1601  die  Welt,  u.  folgte 
dabei  Magellan  u.  Drake. 

KToydekijn  (I.)  —  ...  — von  Mae  r- 
lant  unter  die  frühesten  niederländischen 
Dichter  gezählt.  Bilderdijk  hat  einige 
Fragmente  von  ihm  aus  einer,  auf  der 
königl.  Bibliothek  befindlichen  Pergament- 
Handschrift  in  s.  „Sprach-  u.  Dichtkun- 
digen Mannigfaltigkeiten"  herausgegeben. 
Eines  davon  ist  wahrscheinlich  aus  der 
Mitte  des  13.  Jahrhunderts,  als  die  Ritter- 
schaft noch  im  üppigsten  Flor  war,  und  man 
findet  darin  eine  Vergleichung  zwischen 
ritterlichem  Muth  und  Gluth,  welche 
ganz  zum  Vortheil  des  erstem  ausfällt, 
besonders  auch  deshalb ,  weil  derselbe, 
ausser  dem  Gut ,  auch  Frauenliebe 
verschafft. 

Xuck  (IV.)  —  Antoni  —  1690  Pro- 
fessor zu  Leyden,  beschrieb  die  Wasser- 
gefasse,  die  Ol  aus  Rudbeck  1651  ent- 
deckt hatte,  und  verstand  dieselben  so  gut 
zu  füllen   und   zu   behandeln,   wie  Andere  .' 

die  Blutgefässe;  eine  Kunst,  die  hernach 
verloren  ging,  jetzt  ausser  Gebrauch  gekom- 
men ist,  und  in  späterer  Zeit  wieder  als  et- 
was Neues  zum  Vorschein  gebracht  wurde. 
(S.  Vriemoet,  „Athen.  Fris.'^  p.  699. 
Boerhave,  ,,Praelect.  cum  Not.  Halleri" 


329 


Numan 


1.576.  E.  Sandifort,  „Mus.  anat.  acad. 
L.  B."  praef.  p.  XI.) 

IKTuman  (III.)  —  Philipps  —  Secretär 
von  Brüssel,  daselbst  1617  gestorben,  ver- 
fasste  unter  andern  einige  Gelegenheits- 
schriften, den  ,, Kampf  der  Seele"  u.  s.  w., 
Brüssel  1590,  4.  _(S.  Foppens,  II.  1040. 
Kantelaar  u.  Siegenbeek,  ,,Euterpe", 
p.  126—128.) 

IVyenburg^  (V.)  —  Egmond  Van  Der 
—  Verf.  einer  „Reise  nach  Egypten,  Sy- 
rien und  dem  gelobten  Lande" ,  welche 
Heyman  1720  herausgab,  und  worin  sich 
über  den  Süden  von  Palästina  und  den  Berg 
Sinai  einige   neue  Nachrichten   befinden. 


Oosterdrjk 


330 


Urijendaal  (V.)  —  Laurens  ■ —  latei- 
nischer Dichter ,  besang  den  Sieg  auf  der 
Scheide  im  J.  1631 ,  aber  in  einem  allzu 
schwülstigen,  nicht  wahrhaft  erhabenen 
Tone. 

ÜTyhoff  (VI.)  —  . . .  —  Professor  zu 
Harderwijk,  gab  eine  Schrift  „über  den 
Spinozismus",  1804  eine  Uebersetzung  von 
Tieftrunk's  Werk  „über  den  Staats- 
haushalt" heraus ,  der  er  eine  wichtige 
Abhandlung  ,,über  den  Eudämonismus"  hin- 
zufügte. 

ISTyloe  (V.)  —  ...  —  schrieb  eine 
Anleitung  zur  holländischen  Sprache. 


o. 


Ockerse  (VI.)  —  ...  —  widmete 
sich  dem  geistlichen  Stande,  war  1797  u, 
1798  Mitglied  der  zweiten  National  -  Ver- 
sammlung ,  seitdem  Prediger  zu  Limmen, 
und  später  Hauptredacteur  der  Zeitschrift : 
„der  Stern'',  bei  der  Gesellschaft  der  Wohl- 
thätigkeit.  Er  schilderte  in  s.  „Früchten 
und  Resultaten  eines  sechzigjährigen  Le- 
bens" s.  eigenes  Leben.  Sein  „Entwurf 
zu  einer  allgemeinen  Charakteristik"  (1788 
bis  1797 ,  3  Theile)  charakterisirt  einen 
durch  Welt-,  Menschenkenntniss  und  aus- 
gewählte Leetüre  in  den  verschiedenen 
Charakteren  der  Völker,  und  besonders  des 
niederländischen  Volkes,  dem  der  3.  Theil 
gewidmet  ist,  gründlich  erfahrenen  Mann. 
Der  Schluss  des  3.  Theiles  enthält  revo- 
lutionäre Charakterzüge,  welche  damals 
vorherrschend  waren.  Später  schrieb  die- 
ser geistreiche  u.  wahrheitsliebende  Schrift- 
steller in  s.  „Napoleonischen  Reden"  eine 
Art  von  Philippica  gegen  diesen  Eroberer. 

Ogier  (III.)  —  Willem  —  brabanter 
Dichter  des  17.  Jahrhunderts.  (S.  Wil- 
lems,  IT.  Th.   2.  u.  3.  St.) 

Omalius  (VI.)  —  . . .  D'  —  schrieb 
einen  „Essai  sur  la  Geologie  du  Nord  de 
la  France",  Par.  1809. 

Oinmelius  (II.)  —  Henricus  —  schrieb 
über  den  geldernschen  Krieg  (Marb,  1542.) 

Ommeren  (VI.)  —  Richeiis  Van  — 
geb.  1746,  gest  1798,  Rector  zu  Amers- 
foort  und  seit  1785  der  lateinischen  Schu- 
len zu  Amsterdam,  wo  er  s.  Stelle  mit  der 
Rede :  „de  prudente  veterum  poetarum 
lectione  optima  \irtutis  altrice"  antrat. 
1789  erschienen  von  ihm  zwei  Reden,  wor- 


in er  Horaz  in  der  ersten  als  Mensch, 
und  in  der  zweiten  als  Bürger  von  Rom 
charakterisirt.  Seine  1778  herausgegebene 
Sylvia  enthält  nach  Peerlkamp's  Ur- 
theil  Stücke,  welche  Janus  Secundus 
gemacht  zu  haben,  wünschen  würde.  Unter 
s.  übrigen ,  sehr  zerstreuten  Gedichten  ist 
das  auf  den  Tod  von  H.  A.  Schultens 
(1793)  eines  der  schönsten.  Ausserdem 
gab  Van  Ommeren  eine  Blumenlese  aus 
den  lateinischen  Liebesdichtern  heraus,  und 
war  Mitarbeiter  an  der  „Bibliothek  der  alten 
Literatur".  (S.  Pcerlkamp,  „de  Belgis 
qui  Latina  Carmina  composuerunt",  p.  489 
—  493.)  Die  vielen  Jünglinge,  deren  Ge- 
schmack er  zuerst  weckte,  fanden  später 
in  den  Vorlesungen  von  Wyttenbach 
und  im  Umgange  mit  De  Bosch  die  beste 
Anleitung  zur  Bildung  ihres  lateinischen 
Styls,  sowohl  in  Prosa,    als  in  Poesie. 

Op  den  Hoef  (V.)  —  Nicolaas  Wil- 
lem —  ein  Wundarzt  zu  Amsterdam,  geb. 
1715,  gest.  1765,  schrieb  die  Lustspiele: 
„Die  Jungfrau  nach  der  Mode",  „der  ver- 
mählte Philosoph",  und  „Timon  derMen- 
schenhasser". 

Opineer(II.)  —  Pieter  —  geb.l526i 
gest.  1595 ,  verfasste  ein  „Opus  Chrono- 
graphicum  orbis  universi  usque  ad  ann. 
1580",  Antw.  1611.  und  eine  „Geschichte 
der  Märtyrer  von  Gorinchem".  (S.  Fop- 
pens, I.  48,  174.  II.  996.  Wachler, 
„Gesch.  d.  bist.  Forsch,  u.  Kunst",  I.  B. 
2.  Abth.  p.  730,  731.) 

Oosterdijk(VI.)  —  H.  G.  —  Arzt  zu 
Amsterdam,  übersetzte  Einiges  von  Homer 
und  Horaz;  letzterer  erschien  von  ihm  zu 


331 


Orlers 


Oudaan 


332 


Haarlem  1819,  herausgegeben  vonPeerl- 
kamp. 

Orlers  (III.)  —  Jan  —  Geschicht- 
und  Ortsbeschreiber   Leyden's. 

Ortelius  (II.)  —  Abraham  —  geb. 
1527  zu  Antwerpen,  gest.  1598  daselbst, 
widmete  sich  nur  den  Wissenschaften.  Sein 
Hauptwerk:  ,,Theatrum  orbis  terrarum" 
(Antvv.  1570)  erwarb  ihm  den  Namen  des 
Ptolemäus  s.  Jahrhunderts,  einer 
Zierde  s.  Geburtsstadt,  ja  der 
Welt.  Ausserdem  schrieb  er:  „Aurei  sae- 
culi  imago"  (1598),  ein  Gemälde  des 
goldnen  Zeitalters,  welches  er  in  den 
Wäldern  des  alten  Deutschlands  (zur  Zeit 
des  Tacitus)  findet,  und  eine  ,, Reise 
durch  Belgien"  mit  Vivianus  (1588). 
Ortelius  war  Geograph  Philipps  II. 
Lipsius  rühmt  in  einer  Grabschrift  s. 
B'estigkeit,  Rechtlichkeit,  treue  Freund- 
schaft u.  Friedensliebe,  und  bezeugt,  dass 
er  ohne  Streit,  Frau  und  Kinder 
lebte.     (S.  Foppens,  p.  3.) 

Orval  (I.)  —  Gillis  D'  —  schrieb  die 
Biographien  der  Bischöfe  von  Lüttich. 

Os  (V.)  —  ...  Van  Den  —  Prediger, 
ward  durch  einen  höchst  willkürlichen  Aus- 
spruch der  overysselschen  Synode  als  irre- 
ligiös abgesetzt. 

Otto  (V.)  —  Everard  —  geb.  1685 
zu  Hamm ,  zuerst  Professor  der  Jurispru- 
denz zu  Duisburg,  1720  nach  Utrecht  be- 
rufen, von  wo  er  1739  nach  Bremen,  ^als 
Mitglied  des  Rathes  dieser  freien  Reichs- 
stadt, sich  begab.  Er  war  ein  Vielschrei- 
ber, dessen  mannigfaltige  Werke,  worun- 
ter eine  Anzahl  die  Erläuterung  römischer 
juristischer  Schriftsteller  und  Alterthümer 
im  Allgemeinen  zum  Gegenstande  hat,  sich 
nicht  immer  durch  Gründlichkeit  empfehlen ; 
doch  ist  das  Lob,  welches  Hugo  s.  ,, Ab- 
handlung über  die  zwölf  Tafeln"  zollt, 
zur  Würdigung  s.  Verdienste  im  Allgemei- 
nen bemerkenswerth.  Wenigstens  gebührt 
ihm  der  Ruhm,  die  Statistik  als  eine 
besondere  Wissenschaft  von  der  Politik 
oder  Staatswissenschaft  getrennt  u.  daiin 
Unterricht  ertheilt  zu  haben.  Auch  lie- 
ferte er  zur  allgemeinen  Staaten- 
kunde, nach  Art  der  alten  Republiken 
von  Elze  vi  er,  einen  Abriss,  der  jedoch 
nicht  vollständig  ist,  da  er  nur  den  Süd- 
westen von  Europa  umfasst. 

Oudaan  (IV.)  —  Joachim  —  war  eine 
Stütze  der  Gesellschaft  der  Collegian- 
ten,  welche  zum  Schutze  der  verfolgten 
Remonstrantischgesinnten  von  den  Brüdern 


Van  der  Kodde  zu  Rheinsburg  gestiftet 
wurde.  Obgleich  s.  Geburtsort  Rheins- 
burg und  der  Stand  s.  Eltern  ihm  keine 
gelehrte  Bildung  zu  versprechen  schienen, 
so  erlangte  er  dieselbe  doch  durch  den 
berühmten  Scriverius,  dem  er  dagegen, 
als  dieser  hochbejahrt  erblindete,  zum  Vor- 
leser diente.  Es  ist  sonderbar,  dass  junge 
Dichter  damals  mit  einer  der  schwersten 
Gattungen  der  Poesie,  dem  Trauerspiele, 
ihre  Laufbahn  eröffneten.  Oudaan  be- 
trat dieselbe  in  s.  zwanzigsten  Jahse  mit 
„Johanna  Gray",  der  berühmten  Für- 
stin ,  welche  während  der  Religionsverfol- 
gung in  England,  zur  Rache  für  die  be- 
leidigte Thronsucht  Marien s,  das  Schaffet 
bestieg.  Oudaan  hatte  nämlich,  voll  re- 
ligiösen Eifers,  die  Absicht,  der  Heldin 
Vondel's,  Maria  Stuart,  eine  pro- 
testantische, grössere  Heldin  gegenüber  zu 
stellen.  Die  Absicht  war  löblich,  minder  die 
Ausführung.  Bewundert  man  in  Vondel's 
„Maria  Stuart",  bei  allem  Mangel  an  Plan  u. 
Anordnung,  die  fliessenden  Verse,  so  sind 
dagegen  die  Verse  Oudaan's  rauh  und 
steif,  besonders  in  deri  Chören,  und  ausser- 
dem ist  das  Stück  mehr  ein  religiöser 
Wortstreit  über  die  Wahrheit  des  katho- 
lischen Glaubens.  In  dem  „Konradin" 
hatte  er  ein  ähnliches  Augenmerk,  nämlich, 
den  Misbrauch  der  päpstlichen  Gewalt  zu 
zeigen ;  doch  auch  hier  findet  sich  der 
ächte  dramatische  Geist  nur  in  dem  wahr- 
haft tragischen  Anfang,  wo  die  beiden 
Fürsten  von  Schwaben  und  Oestreich  durch 
allerlei  Anzeichen  ihren  nahen  Tod  ahnen, 
den  Konradin  hochherzig  verachtet.  Aber 
dieses  deutet  zugleich  völligen  Mangel  der 
Intrigue  an,  da  man  schon  zu  Anfange  des 
Stücks  das  Ende  weiss.  Doch  ist  „K  o  n- 
radin"  besser  als  „Johanna''.  Ou- 
daan's Absicht  soll  bei  „dem  verworfe- 
nen Hause  von  Eli"  mehr  religiös,  als 
poetisch  gewesen  sein;  er  wollte  näm- 
lich das  Nichtige  der  Ceremonien ,  durch 
unwürdige  Geistliche  vollzogen,  zur  Schau 
stellen.  Dieses  Stück  hat  grössere  Schön- 
heiten ,  als  die  beiden  vorigen ,  und  O  u- 
daan,  der  diese  als  unreife  Producte  ver- 
urtheilte  (welchem  Urtheil  sie  jedoch  ent- 
gingen), wählte  s.  „Haus  von  Eli"  nicht 
unwürdig  der  Nachwelt.  Die  Verse  sind 
fliessender,  der  Knoten  interessanter.  — 
Oudaan  war  der  Staatspartei,  welche  den 
anders  Denkenden  ausser  der  herrschenden 
Kirche  den  meisten  Spielraum  gab ,  am 
stärksten  zugethan,  und  verherrlichte  des- 


333  Oudegherst 

halb  den  grossen  Johan  de  Witt  mehr 
als  irgend  ein  niederländischer  Dichter,  In 
der  zweiten  Abtheilung  s.  Gedichte,  die 
den  sonderbaren  Namen  von  „Staatsfallen" 
führt,  sind  die  meisten  ruhmreichen  Er- 
eignisse der  ersten  statthalterlosen  Zeit, 
besonders  die  glorreiche  Unternehmung  auf 
Chattam,  mehr  als  einmal  besungen.  Sehr 
schön  ist  das  Gedicht :  ,,der  Löwe  ver- 
söhnet mit  Britannien*'.  In  der  „Religions- 
und Pflichtübung"  ist,  bei  vielem  Unpoe- 
tischen, viel  Gutes,  worin  man,  dort  war- 
me Vaterlandsliebe  und  die  Liebe  zur 
Freiheit  in  Religion  und  Bürgerstaate,  hier 
eine  strenge  Sittlichkeit  bemerkt.  Den 
schändlichen  Mord  an  den  D  e  \V  i  tt  s  wagte 
er  in  einem  Schauspiele  zu  brandmarken, 
und  er  scheute  sich  nicht ,  den  hochver- 
ehrten Calvin  als  Urheber  des  gericht- 
lichen, an  Servetns  vollzogenen  Mordes 
darzustellen,  und  diesem  die  Märtyrerkrone 
zuzuerkennen.  Mit  einem  Wort:  Oudaan 
war  der  Koornhert  des  17.  Jahrhun- 
derts. Auch  war  s.  Dichtungsart  hart 
und  rauh ,  wie  in  den  Meisterstücken  des 
•Letztern ,  doch  ist  er  weniger  zu  ent- 
schuldigen, da  er  die  grossen  Muster  vor 
sich  hatte.  Oudaan' s  dramatische  Poesie 
ist  zu  Amsterdam  1712 ,  so  wie  s.  Poesie 
daselbst  in  demselben  Jahre  von  Van 
Hoogs traten  in  3  Theilen,  und  hinter 
der  letztern  mit  der  Biographie  des  Dich- 
ters vermehrt,   herausgegeben. 

Oudeg^herst  (U.)  —  Pieter  —  aus 
Rjssel ,  dem  wallonischen  Flandern  ,  wes- 
halb er  auch  in  s.  Muttersprache,  dei^ 
Französischen,  schrieb.  Er  war  Statthal- 
ter der  Landvogtei  von  Flandern  und  starb 
zu  Madrid.  Seine  „Annales  de  Flandre" 
endigen  mit  dem  Tode  Karls  des  Küh- 
n  e  n  und  sind  regelmässig  geschrieben, 
doch  bemerkt  man  darin  Aberglauben  und 
Mangel  an  Kritik. 

Oudendorp  (V.)  —  Frans  Van  — 
geb.  1696  zu  Leyden ,  zuerst  an  den  la- 
teinischen Schulen  zu  Nimwegen  u.  Haar- 
lem  angestellt,  betrat  1740  den  akademi- 
schen Lehrstuhl  zu  Leyden  mit  einer  Rede 
über  den  interessanten  Gegenstand:  „die 
literarischen  Verdienste  des  J.  Cäsar". 
Bereits  vor  dieser  Zeit  hatte  er  sich  durch 
mehrere  Ausgaben   alter   Autoren    bekannt 


Overstege  334 

gemacht,  nämlich:  des  Julius  Obse- 
quens  (1720),  Lucanus  (1718),  Fron- 
tinus  (1731)  und  namentlich  des  J.  Cä- 
sar (1737),  seines  Lieblingsschriftstellers, 
um  welchen  er  sich  so  grosse  Verdienste 
erworben  hat,  dass  s.  Ausgabe  desselben 
noch  bis  heute  für  die  beste  holländi- 
sche gehalten  wird.  1757  erschien  s. 
Suetonius;  bereits  1745  hatte  er  das 
von  Papenbroek  der  Universität  ge- 
schenkte Legat  der  Alterthümer  beschrie- 
ben. 1752  hielt  er  eine  Leichenrede  auf 
Wilhelm  IV.  und  1759  auf  die  Frau 
Statthalterin.  Er  starb  1761.  (S.  Saxe, 
„Ononiast."  VI.  336,  337.  Te  Water, 
„Narratio",  219.)  Oudendorp  arbeitete 
dreissig  Jahre  an  den  Werken  des  Apu- 
1  e  3  u  s ,  wovon  fünf  und  zwanzig  Jahre  nach 
S.Tode  (1786)  der  erste  Theil  von  Ruh  n- 
k  e  n  i  u  s  herausgegeben  wurde  ,  nachdem 
er  16  Jahre  unter  der  Presse  gelegen. 
(Vgl.  Wyttenbach,  „Bibl.  Grit."  UL, 
1.,  p.  111.)  Die  zwei  andern  Theile  die- 
ses W^erkes  erschienen  1824  im  Haag  von 
dem  gelehrten  J.  Bosscha,  mit  s.  Noten 
bereichert.  Mithin  war  diese  Ausgabe 
vier  und  fünfzig  Jahre    unter  weges ! 

Oudenhoven  (IV.)  —  Jacob  Van  — 
schrieb  eine  „Geschichte  von  Dordrecht" 
(1664),  und  über  „Haarlem's  Wiege" 
(1671) ;  gab  eine  „Beschreibung  von  Heus- 
den  (1651)  und  der  Stadt  und  des 
Gebietes  von  Herzogenbusch"  (zuerst  zu 
Amsterdam  1649,  und  aufs  Neue  ver- 
mehrt zu  Herzogenbusch  1670 ;  beide  in 
4.)  heraus. 

Outrein  (IV.)  —  Johannes  D'  —  aus 
Zeeland,  bildete  sich  zu  Franeker  zum 
geistlichen  Stande,  ward  1685  Prediger  zu 
Oostzanen,  1687  zu  Franeker,  1691  zu 
Arnhem,  1703  zu  Dordrecht,  und  1708 
zu  Amsterdam,  wo  er  1722,  fast  60  Jahre 
alt,  starb.  Unter  s.  sehr  zahlreichen  Schrif- 
ten hat  Um  am  meisten  bekannt  gemacht 
s.  „Abriss  der  göttlichen  Wahrheiten",  der 
13  mal  gedruckt  und  in's  Französische, 
Englische  und  Malaische  übersetzt  wurde. 

Overstege  (HI.)  —  CornelisVan  — 
gest.  1661,  von  Adriaan  Van  Nispen 
der  „holländische  Martialis"genannt,  schrieb 
geistliche  und  weltliche  Gedichte,  die  1661 
in  Druck  erschienen. 


335  Paats  Van  Troostwijk 


Palm 


336 


P. 


Paats  Van  Troostwijk  (VI.)  - 
...  —  geschickter  Chemiker,  gehört  zu 
Denen,  welche  sich  unter  dem  Namen  der 
amsterdamer  oder  holländischen 
Chemiker,  z.B.  durch  Entdeckung  des 
gaz  olefiant,  rühmlichst  bekannt  machten. 
(S.  Art.  Bon  dt  u.  „Annales  de  Chimie", 
T.  V.  p.  276.) 

PaaiiW  (III.)  —  ...  —  Botaniker. 

Pa1>8t  Tot  Bingrerdeii(VI.)  —  . . . 
Van  —  Verfasser  einer  von  der  Gesell- 
schaft für  Sprach-  und  Dichtkunde  ge- 
krönten „Lobrede  auf  Erasmus". 

Paddenburg  (\1.)  —  .  .  .  Van  — 
Romanschriftsteller. 

Pag^enstecliers  (V.)  —  die  beiden  — 
der  älteste,  aus  Bentheim,  Professor  zu 
Groningen,  geb.  1659,  gest.  1716,  machte 
sich  durch  einen  Streit  mit  Bijnkers- 
hoek  bekannt.  Der  Titel  s.  Streitschrift 
zeigt  von  wenig  feinem  Geschmack.  — 
Der  zweite  (um  1700)  schrieb  eine  Erläu- 
terung des  Rechtsgelehrten  Pomponius. 

Palm  (V.)  —  K.  Van  Der  —  verf. 
eine  ,, holländische  Sprachlehre  für  die  Ju- 
gend'^ (1769). 

Palm  (VI.)  —  Jan  Hendrik  Van  Der 
—  Niederlands  grösster  Redner,  geb.  1763 
zu  Rotterdam,  widmete  sich  der  Theolo- 
gie und  dem  Studium  der  orientalischen, 
classischen  und  der  meisten  europäischen 
Sprachen ,  aus  welchen  er  sich  die  Blüthe 
der  Literatur ,  sogar  ihre  besten  Romane 
zu  eigen  machte,  um  einen  reinen,  gefälli- 
gen und  dabei  natürlichen,  einfachen  hol- 
ländischen Styl  zu  erlangen.  1784  ward 
er  Prediger  in  dem  Dorfe  Maartensdijk  im 
Stift  von  Utrecht*),  hierauf  Hausprediger 
bei  dem  reichen  zeeländischen  Edelmanne 
Van  De  Perre,  auf  den  er,  nach  dessen 
Tode ,  eine  treffliche  Lobrede  verfasste, 
und  ein  Jahr  nach  der  Revolution  von 
1795  ward  er  zufolge  einer  Uebersetzung 
einiger  Lieder  David 's  und  des  Predi- 
gers als  Professor  der  orientalischen  Spra- 
chen nach  Leyden  berufen.  Hier  machte 
er  sich  zuerst  allgemein  als  trefflicher  Kan- 


*)  IVicht  zu  St.  Maartensdijk  in  Zeeland, 
wie  die  Verfasser  der  „  Galerie  historique " 
(T.  VII.  2  partie,  p.  359)  durch  eine  Verwech- 
selung der  beiden  Dörfer   angegeben. 


zelredner  bekannt.  Einige  seiner  ausge- 
zeichneten Predigten,  z  B.  „über  den  Tod 
des  Moses",  und  die  4.,  5.  u.  8.  des 
I.  Theiles  (1808)  derselben,  sind  aus  der 
ersten  Periode  Van  Der  Palm's.  Schon 
damals  entzückte  er  s.  Zuhörer  durch  einen 
zu  der  Zeit  in  der  holländischen  reformir- 
ten  Kirche  noch  ungewöhnlichen  und  fast 
einzigen  Styl,  durch  gründliche  Erklärung 
und  liberale  Denkweise.  Von  s.  Kenntniss 
der  orientalischen  Literatur  und  s.  Bered- 
samkeit auch  in  der  lateinischen  Sprache 
gab  er  einen  glänzenden  Beweis  in  s.  Rede 
(bei  Niederlegung  s.  Rectorats)  „über  M  o- 
hammed",  die  er  später  noch  in's  Hol- 
ländische übersetzte,  und  in  s.  holländi- 
schen Abhandlungen  „über  die  arabische 
Literatur".  1799  wurde  ihm  der  neue  Po- 
sten eines  Agenten  der  Erziehung 
übertragen,  den  er  sieben  Jahre  rühmlichst 
bekleidete.  Als  in  demselben  Jahre  das 
Vaterland  von  den  Engländern  und  Russen 
geräumt  wurde,  beauftragte  die  vollziehen- 
de Gewalt  Van  der  Palm,  die  darauf 
bezügliche  Festrede  im  Haag  zu  halten. 
In  der  Eigenschaft  als  Agent  der  Natio- 
nal-Erziehung  ( so  viel  als  Minister  des 
öffentlichen  Unterrichts)  trug  er  auch  zur 
Feststellung  einer  gleichförmigen  Ortho- 
graphie bei.  1801  ward  er  zum  Mitgliede 
des  Rathes  der  Innern  Angelegenheiten  er- 
nannt, und  blieb  dies  auch  unter  Schim- 
mel p  enninck' s  Verwaltung;  doch  die 
Ereignisse  von  1806  machten  ihm  die  Rück- 
kehr zu  s.  alten  Wirkungskreise  wünschens- 
werth.  Diesen  Wunsch  hatte  er  bereits  in 
der  Vorrede  zu  s.  vortrefflichen ,  mit  An- 
merkungen versehenen  Uebersetzung  des 
Jesaias  (1805)  angedeutet,  und  König 
Ludwig  erfüllte  denselben.  Van  Der 
Palm  bestieg  im  September  desselben  Jah- 
res den  Lehrstuhl  der  Theologie  (die  orien- 
talischen Sprachen  lehrte  Rau),  und 
sprach  über  den  „geistlichen  Redner,  als 
Dolmetsch  der  heiligen  Bücher",  worin  er 
s.  Gedanken  über  die  nothwendige  Ver- 
bindung zwischen  treuer  Schrifterklärung 
und  geistlicher  Beredsamkeit  zu  erkennen 
gibt.  Im  December  1807  starb  Rau,  und 
nun  ward  Van  Der  Palm  aufs  Neue  das 
Fach  der  orientalischen  Literatur  übertra- 
gen. Ludwig  erhob  ihn  dabei  zum  Mit- 
gliede des  Instituts  und  zum  Sprecher  des 


337 


Palm 


Palm 


338 


von  ihm  gestifteten  Ordens  der  Union. 
Hier  war  es,  wo  Van  Der  P  alm  1808 
in  einer  Rede  bei  der  Jahresfeier  dieses 
Ordens  s.  Beredsamkeit  durch  kurze  Lob- 
reden auf  die  verstorbenen  Ritter  glänzen 
liess.  Von  dieser  Zeit  an  hielt  er  bei  den 
verschiedenen  Gesellschaften,  deren  Mit- 
glied er  war.  Reden,  welche  diesen  Na- 
men in  der  That  verdienen,  und  mit  den 
vielen  Vorträgen,  welche  diesen  Namen 
tragen ,  gar  keine  Vergleichung  zulassen. 
Unter  andern  bewundert  man  s.  ,, Natur- 
gemälde aus  dem  Buche  Hiob",  s,  Ab- 
handlung „über  die  wahre  Art  der  Bered- 
samkeit", und,  einige  Zeit  darauf,  s.  „Ab- 
riss  von  Cicero 's  Beredsamkeit",  beson- 
ders aus  der  Abhandlung  vor  Li  gar  ins 
erläutert.  Nach  dem  Sturz  der  französi- 
schen Regierung  war  Van  Der  Palm 
der  Erste ,  der  mit  einer  „Patriotischen 
Herzensergiessung"  auftrat,  worin  mit 
Enthusiasmus  die  Vortheile  der  gewonne- 
nen Freiheit  geschildert  wurden.  Kurz 
darauf  erschien  der  „Friede  Europa's". 
In  diesen  beiden  Schriften,  so  rein  in  Spra- 
che ,  als  erhaben  im  Styl ,  nähert  sich  der 
Vortrag  der  Poesie,  und  man  kann  beide 
als  Lobreden  jener  merkwürdigen  Ereig- 
nisse betrachten.  In  derselben  Weise  ist 
auch  s.  grösstes  Werk,  das  seines  Gleichen 
in  der  holländischen  Sprache  nicht  hat, 
die  ,, Historisch-rhetorische  Denkschrift  von 
Niederland's  Wiederherstellung  im  J.  1813'', 
zufolge  einer  Preisausschreibung  des  Ritters 
von  Kinsbergen.  Sallust  war  dabei 
als  Muster  angegeben,  und  kein  nieder- 
ländischer Schriftsteller  war  diesem  grossen 
lateinischen  Geschichtsschreiber  so  nahe  ge- 
kommen, als  Van  Der  Palm.  Es  ist 
jedoch  keineswegs  jene  dunkle,  mit  veral- 
teten Wörtern  oder  gesuchter  Kürze  prun- 
kende Schreibart  des  Römers,  die  Van 
Der  Palm  sich  zum  Muster  nahm;  er 
gehörte  nicht  zu  dem  sklavischen  Rei- 
gen der  Nachahmer,  von  welchen 
H o r a z  redet :  er  wählte  von  Sallust 
nur  den  kernhaften ,  männlichen ,  spruch- 
und  sachreicheu  Styl,  und  nur  einmal  be- 
diente er  sich  der  Freiheit,  die  s.  Behand- 
lung des  Gegenstandes  (einer  „historisch- 
rhetorischen Denkschrift")  ihm  liess ,  um 
eine  Rede  eigner  Erfindung  den  handeln- 
den Personen  in  den  Mund  zu  legen.  Sein 
Werk  ist  ein  Ganzes;  es  umfasst  die 
Veranlassung,  den  Anfang  und  das  Gelin- 
gen des  Aufstandes  durch  eigne  Kraft, 
nicht   die  durch  Bundesgenossen  erhaltene 


Hülfe ,  noch  die  ganze  Befreiung  des  Va- 
terlandes. Die  Charakterschilderungen,  be- 
sonders die  von  Napoleon,  Hogen- 
dorp,  Faick,  Van  Der  Duyn  und 
Kemper,  das  Gemälde  von  Amster- 
dam, das  von  der  Fürsten  Einzug  im  J. 
1814,  verrathen  den  Meister.  Man  sieht 
aus  diesem  Meisterwerke  auch ,  dass  die 
holländische  Sprache  für  den  Rhythmus 
oder  numerus  oratorius  sich  trefflich  eig- 
net. Ein  schönes  Beispiel  davon  gibt  die 
berühmte  Periode :  „In  Amsterdam  lebt 
Alles  von  dem  Handel",  und  namentlich 
der  Schluss:  „Allen  gibt  der  Handel  ent- 
weder Schätze,  oder  Ueberfluss,  oder  Wohl- 
fahrt, oder  Brod*'.  In  der  Sprache  ist 
nicht  allein  die  höchste  Reinheit,  Reich- 
thum  und  Wohllaut  zur  Schau  gestellt, 
sondern  jeder  Ausdruck  ist  auch  angemessen 
und  richtig:  und  diesem  Allem  wird  die 
Krone  aufgesetzt  durch  eine  Wahrheit  und 
Feinheit  des  Gefühls  und  des  Urtheils, 
welche  Natürlichkeit  und  Einfachheit  mit 
Würde  und  der  gewähltesten  Bildersprache 
zu  vereinigen  wusste.  —  Hierauf  widmete 
sich  Van  Der  Palm  ganz  s.  Berufsge- 
schäften,  der  Exegese  und  der  Kanzel. 
Gleichwohl  gab  er  noch  von  Zeit  zu  Zeit 
Abhandlungen ,  unter  welchen  wir  z.  B. 
nur  die  „über  das  Buch  Hiob"  und  ,,über 
das  Vernachlässigen  der  Regeln  der  Kunst", 
denen  von  ganz  Niederland  Beifall  zu 
Theil  ward,  erwähnen.  Doch  auch  diese 
wurden  vielleicht  noch  übertroffen  durch 
s.  „Lobrede  auf  Borger",  worin  ihn  die 
Freundschaft  beseelte.  Van  Der  Palm 
allein  konnte  so  von  Jemand  reden,  der 
mit  ihm  durch  vertrauten  Umgang,  durch 
Geist,  Genie  und  Uebereinstimmung  des 
Studiums  verbunden  war.  Unter  den  Schrift- 
stellern der  Beredsamkeit  nimmt  Van  Der 
Palm  jetzt  die  höchste  Stelle  in  Nieder- 
land und  eine  der  höchsten  vielleicht  in 
Europa  ein.  Deutschland,  welches  s. 
klaren  und  für  Kraft  und  Genauigkeit  so 
geeigneten  Styl  metaphysischen  Träume- 
reien geopfert  hat,  kann  unter  den  jetzt 
Lebenden  hinsichtlich  des  Vortrags  Nie- 
manden ihm  gegehüber  stellen ;  in  Frank- 
reich mögen  Einige  ihm  im  Style  gleich 
kommen,  doch  in  den  Sachen  erreicht  ihre 
Oberflächlichkeit  selten  s.  vielumfassende 
Kenntniss,  während  die  Engländer  die- 
ser Zeit  die  Schönheiten  des  Styls  mehr 
beschiänkt  in  der  schönen  Literatur  su- 
chen ,  und  in  der  ernsten  durchgehends 
weniger  auf  den  Styl  achten.   Selbst  C  h  a  1- 


339 


Palm 


Paludanus 


340 


mers,  einer  der  besten  Kanzelredner,  kann 
zwar  als  Redner  mit  ihm  wetteifern,  als 
allgemein  verständlicher  Kanzel- 
redner kann  er  es  jedoch  gewiss  nicht, 
und  von  Exegese,  worin  Van  Der  Palm 
so  stark  ist,  zeigt  sich  bei  Chalmers 
keine  Spur.  Der  Gang  der  Studien  des 
Van  der  Palm  und  besondere  Neigung 
scheinen  ihn  mehr  auf  das  A.  Testament 
hinzuweisen ;  mit  unnachahmlichem  Reiz 
schildert  er  die  friedlichen  Zelte  der  Erz- 
väter, oder  die  Grösse  des  gegen  fast  alle 
Unglücksfälle  des  Menschen  kämpfenden 
Hiob,  oder  David 's  Gefangenschaft,  und 
Salomo's  Weisheit  und  Herrlichkeit  (s. 
Lieblingsstoff)  und  die  wohlthätigen  Wun- 
der des  Elias,  oder  die  brüderlichen  Opfer- 
mahle Israel 's  in  s.  goldenen  Tagen, 
oder  die  Vortrefflichkeit  der  alten  Offen- 
barung; aber  dessenungeachtet  ist  er  nicht 
minder  ausgezeichnet  in  s.  Schilderungen 
und  Abhandlungen,  die  er  dem  N.  Testa- 
ment entlehnt.  Schon  die  erste,  mit  Recht 
berühmte  Predigt,  in  dem  1808  erschiene- 
nen I.  Theile  s.  Predigten:  „die  Betrach- 
tung über  Jesus",  ist  stets  für  ein  unver- 
gleichliches Meisterwerk  gehalten  worden. 
In  wie  vielen  besondern  Beziehungen  er- 
weckt er  unsere  Bewunderung  und  Liebe 
für  Jesus!  Wie  treffend  stellt  er  ihn  dar 
in  seinen  Wundern ,  in  seinen  Leiden ,  in 
seinem  Charakter,  in  seinen  erhabenen 
Sprüchen,  in  seinen  Gleichnissen!  Wir  er- 
wähnen hinsichtlich  der  letztern  nur  die 
berühmten  Predigten  „über  den  verlore- 
nen Sohn"  und  „das  Gleichniss  vom  Schatze" 
(V.  Sechstel,  No.  6.  VL  No.  3.)  Wie 
hinreissend  schildert  er  Paulus  in  seiner 
Bekehrung ,  Erwählung  zum  Apostel  und 
vor  Agrippa!  —  Die  besonderen  Lehr- 
sätze des  N.  Testaments  werden  nicht 
minder  treffend  dargestellt,  und  sogar  das 
dunkle  Buch,  die  Offenbarung  Jo- 
hannis,  die  Klippe,  an  welcher  so  viele 
Schrifterklärer  strandeten,  empfängt  bei 
Van  Der  Palm  ein  neues  anziehendes 
Licht.  (II.  Sechstel,  No.  1.)  Nie- 
mand kommt  ihm  an  Thätigkeit  gleich, 
was  die  Aufhellung  der  Bibel  betrifft,  1806, 
1807  u.  1819  hielt  er  vor  einem  gebilde- 
ten Auditorium  Vorlesungen  über  einige 
Naturscenen  im  Buche  Hiob,  über  Da- 
vid als  Dichter  und  über  die  Rich- 
tung des  Buches  Hiob.  Diese  für  das 
Publikum  bestimmten  Schriften  w  aren  nicht 
angefüllt  mit  zusammengehäuften  Anmer- 
kungen ,   und    schreckten  nicht   ab   durch 


Auskramung  von  Gelehrsamkeit,  sondern 
dienten  dazu,  das  Gefühl  für  das  Schöne 
der  hcbräisclien  Dichter  auch  bei  gewöhn- 
lichen Lesern  zu  erwecken ;  ein  Zweck,  den 
Niemand  besser  zu  erreichen  wusste ,  als 
Van  Der  Palm,  dessen  ästhetischer  Ge- 
schmack so  fein  ist.  Das  Wochenblatt 
,,Salomo*'  war  für  denselben  Zweck  be- 
stimmt, und  zugleich  zur  ungezwungenen 
Einprägung  der  nützlichen  Sittenlehren, 
aus  den  Sprüchen  geschöpft,  die  dabei 
exegetisch  erläutert  wurden.  Die  „Bibel 
für  die  Jugend"  (1811  u.  später)  enthielt 
eine  unterhaltende  Erzählung  der  biblischen 
Geschichten ,  nicht  ^^allein  für  Jünglinge  u. 
Mädchen,  sondern  auch  für  Erwachsene. 
Seine  Vorreden,  namentlich  zum  II.  Th. 
s.  „Predigten"  (1809)  und  zum  IX.  Theile 
dieser  „Jugendbibel"  sind  ebenfalls  wahre 
Meisterwerke.  Endlich  krönte  Van  Der 
Palm  s.  Ruhm  durch  die  vortreffliche 
Bibelübersetzung  (mit  ganz  neuen 
Anmerkungen),  ein  Werk,  von  allen  Ge- 
lehrten aufs  Höchste  gepriesen,  und  wo- 
von das  Ganze,  das  A.  Testament  in  vier 
Abtheilungen  und  das  N.  Testament  in 
zwei  Abtheilungen,  nunmehr  vollendet  ist. 
Seine  oben  angegebenen  meisterhaften  Ab- 
handlungen sind  seitdem  noch  vermehrt 
worden  durch  Abhandlungen  „über  das 
Mittelmässige",  durch  die  1823  zu  Haar- 
lem  bei  der  400  jährigen  Säcularfeier  der 
Buchdruckerkunst  gehaltene  Rede,  durch 
die  bei  dem  200jährigen  Jubelfeste  von 
Leyden's  Entsatz  und  bei  der  Gedächt- 
nissfeier Kemper's  in  der  Gesellschaft 
Felix  Meritis,  im  Deceraber  1824. 
Letztere ,  eine  herrliche  Lobrede ,  ist  ein 
Pendant  zu  der  auf  Borger.  Van  Der 
Palm,  der  alle  von  ihm  berührte  Gegen- 
stände, wie  Politik,  Theologie,  alte  Lite- 
ratur, Geschichte,  beseelt  und  belebt ,  bei 
dem  und  durch  den  Alles  eine  anziehende 
Form  annimmt,  gibt  in  s.  Prosa  das  treff- 
lichste Muster  eines  schönen,  harmonischen 
Styls  und  einer  blühenden  Darstellungs- 
weise. 

Paludanus  (V.)  —  Bernardus  —  (ei- 
gentlich Ten  Broeke)  legte  nach  grossen 
Reisen  tiurch  Europa,  Asien  und  Afrika 
ein  Kunstcabinet  von  Naturalien  an,  wel- 
ches viele  Fremde  nach  Enkhuizen  zog, 
um  etwas,  das  damals  noch  so  selten  war, 
zu  sehen.  Grosse  Gelehrte  und  angesehene 
Fürsten  standen  in  Briefwechsel  mit  ihm 
und  bereicherten  s.  Sammlung  mit  ihren 
Beiträgen.      Er   ward   1550   zu   Stcenwijk 


341 


Papius 


Paulus 


342 


4;eboreii,  1580  Dr.  der  Philosophie  und 
Mediciii  zu  Padua ,  und  erhielt  von  Kaiser 
Rudolph,  der  Gelehrte  und  besonders 
Naturforscher  sehr  schätzte ,  den  vorneh- 
men Titel  eines  Comes  Palatinus  oder 
Pfalzgrafen.  Zurückgekehrt  von  s.  Reisen 
iiess  er  sich  zuerst  zu  Zwolle,  und  hierauf 
als  Stadtarzt  zu  Enkhuizen  nieder.  1591 
ward  er  nach  Leyden  berufen,  lehnte  je- 
doch auf  Bitten  s.  Mitbürger  diesen  Ruf 
ab.  Paludanus  hat  nur  „erklärende  An- 
merkungen zu  Linschoten's  Reise" 
(1596)  geschrieben. 

Papius  (in.)  —  Andries  —  aus  Gent, 
gab  1575  Dionysius  Alexandrinus 
Werk :  ,,de  situ  orbis",  mit  der  Erklärung 
von  Priscia n US  u.  Musäus  heraus. 

Paqtuot  (V.)  —  Jan  Natalis  —  Pro- 
fessor zu  Löwen ,  schrieb  eine  „holländi- 
sche Literärgeschichte"  in  3  Theilen  Fol., 
in  18  Theilen  8. ,  welche  viel  ausführli- 
cher, aber,  was  die  Zahl  der  Artikel  be- 
trifft ,  weniger  vollständig  ist ,  als  die  von 
Foppens  in  2 Theilen  in  4.,  und  welche 
den  Titel  führt:  ,,Memoires  pour  servir  ä 
l'Histoire  litteraire  des  XVII  Provinces 
des  Pays-Bas,  de  la  principaute  de  Liege, 
et  de  quelques  contrees  voisines" ,  Louv. 
1763-1770.  (S.  SaxiJ,  „Onomast." 
T.  VI.  p.  247.)  Ausserdem  gab  er  1781 : 
„Historiae  Flandricae  Synopsis  ab  anonymo 
Scriptore  circa  anno  1162  exhibita,  anno 
1643  primum  edita",  —  die  ,,Histoire  du 
Comte  de  Namur"  von  De  Marne, 
vermehrt  mit  der  Biographie  des  Ver- 
fassers, —  und  den  „Traite  de  l'Origine 
des  Ducs  et  du  Du(;he  de  Brabant,  par 
De  Vaddere",  mit  historischen  und  kri- 
tischen Anmerkungen  bereichert  heraus. 

Pareau  (VI.)  —  ...  —  Professor  zu 
Utrecht ,  gab  allgemein  geschätzte  „He- 
bräische Alterthümer"  heraus ,  und  beant- 
\vortete  (nach  dem  allgemeinen  Urtheil  vor- 
trefflich) in  einer,  von  Teyler's  theolo- 
gischem Vereine  mit  Gold  gekrönten  Preis- 
schrift die  Frage :  „über  die  Mythen  in 
der  Bibel"  verneinend.  Beide  Werke  wur- 
den 1824  wieder  gedruckt.  Ausserdem  er- 
schien von  ihm.  1822  „Institutio  interpre- 
tis  Vet.  Test.",  welche,  nach  Einigen,  für 
das  A.  Testament  Das  liefert,  was  Er- 
nesti  zu  s.  Zeit  für  das  N.  T.  geleistet 
hat. 

Pars  (IV.)  —  Adriaan  —  machte  sich 
um  die  Alterthümer  von  Katwijk,  wo  er 
Prediger  war,  durch  s.  Werk:  „Die  Kal- 
ten, Vorfahren  der  ßatavier  oder  die  bei- 


den Katwijks"  (Lugd.  1617,  8.),  so  wie 
um  die  Literärgeschichte  durch  s.  „Index 
Batavicus,  oder  Namenrolle  der  batavischen 
und  holländischen  Schriftsteller,  seit  J, 
Cäsar",  (Leyd.  1701)  verdient. 

Pasor  (III.)  —  George  —  zu  Fra- 
neker,  besorgte  1632  eine  mittelmässige 
Ausgabe  von  Hesiod,  wobei  er  sich  in 
der  Vorrede  über  die  Herausgabe  eines 
Aveltlichen  Schriftstellers  entschuldigen  zu 
müssen  glaubt,  und  gab  ein  „Wörterbuch 
zum  N.  Testament"  heraus. 

Pasteur  (VT.)  —  Jan  David  —  schrieb 
ein  Werk  „über  die  Säugethiere". 

Pater  (V.)  —  Lucas  —  geb.  1707, 
gest.  1781,  ein  Schüler  Feitama's,  ver- 
fasste  die  Trauerspiele:  „Cajus  Grac- 
chus" 1785,  „Gustavus"  „Isaak  oder 
die  Vorstellung  des  Heilandes"  (nach  Me- 
tast a  s  i  o) ,  „das  unbewohnte  Eiland",  nach 
Murphy,  und  das  allegorische  Stück 
„  Leeuwendaal "  ( auf  den  Frieden  von 
Aachen). 

Paulus  (II.)  —  ...  —   (k  Mediobur- 

go)  aus  Middelburg,  geb.  1445,  begab 
sich  nach  Italien,  wo  er  in  dem  goldenen 
Zeitalter  dieses  Landes,  in  der  Mitte  der 
grossen  Männer  lebte,  die  die  Zeiten  von 
Lorenz  von  Medicis  zierten.  Zu  Lö- 
wen hatte  er  Medicin  und  Mathematik 
studirt,  und  in  letzterer  solche  Fortschritte 
gemacht,  dass  J.  C.  Scaliger  (der  Va- 
ter des  grossen  J.  J  u  s  t  u  s)  ihn  den 
vorzüglichsten  Mathematiker  sei- 
nes Jahrhunderts  nennt.  Doch  legte 
die  Medicin  den  Grund  zu  s.  Berühmtheit 
in  Italien.  Er  wurde  zuerst  Leibarzt  des 
Herzogs  von  Urbino,  hierauf,  durch 
dessen  und  Kaiser  Maximilian's  I.  Be- 
günstigung, Bischof  von  Fossombrone, 
und  später,  unter  den  Päpsten  Julius  V. 
u.  Leo  X. ,  sogar  Vorsitzer  der  laterani- 
schen Kirchenversammlung.  Italien,  so 
stolz  auf  sein  Latein,  hörte,  wie 
Scaliger  bemerkt,  oft  mit  Bewun- 
derung ihn  seine  Reden  halten. 
Seine  Grabschrift  rühmt,  ausser  s.  Gelehr- 
samkeit, auch  s.  besondere  und  aus- 
gezeichnete Frömmigkeit  u.  Sanft- 
mut h.  Er  starb  zu  Rom  1534  in  einem 
Alter  von  89  Jahren.  Die  von  ihm  ge- 
schriebenen Werke  scheinen  unbedeutend 
zu  sein.  Ein  Verzeichniss  derselben,  so 
wie  eine  kurze  Biographie  des  Verfassers, 
findet  sich  bei  De  La  R u e ,  „Gelehrt. 
Zeeland"  Th.  I.  p.  72  —  74. 


343 


Paulus 


Pels 


344 


Paulus  (V.)  —  Pieter  —  gab  1775 
eine  Erklärung  der  Union  von 
Utrecht,  und  später  eine  Abhandlung 
über  den  „Nutzen  der  Statthalterregierung" 
heraus. 

Pauw  (V.)  —  ...  De  —  Domherr  zu 
Utrecht ,  machte  sich  als  Herausgeber  von 
Hephaestion  (1727),  der  „Hierogly- 
phica"  von  Horapollo,  Anakreon 
(1737),  Quintus  Calaber  (1734), 
Theophrastus  (1737),  der  Briefe  des 
Aristänetus  (1737)  und  der  Trauerspiele 
desAeschylus  (1745)  bekannt,  und 
schrieb ,  kurz  vor  s  1749  erfolgten  Tode, 
noch  „Anmerkungen  zu  Pindar"  (1747). 
Seine  Kritik  war  sehr  scharf  und  kühn. 

PauwelS  (V.)  —  ...  —  südnieder- 
ländischer Dichter  einiger  Allegorien. 

Peckius  (II.)  —  Pieter  —  geb.  1529 
zu  Zierikzee,  1554  Dr.  der  Rechte  zu  Lö- 
wen, 1562  Professor  daselbst,  und  1586 
Rathsherr  des  hohen  Raths  zu  Mecheln, 
verfasste  verschiedene  auf  Jurisprudenz  be- 
zügliche Schriften ,  welche  zusammen  1647 
zu  Antwerpen  in  Druck  erschienen ,  u.  1666 
u.  1697  wieder  aufgelegt  wurden.  Seine 
Werke  waren  zu  dieser  Zeit  sehr  gerühmt, 
und  eines  derselben  von  A.  Vinnius  mit 
Anmerkungen  herausgegeben.  (S.B  ayle, 
ad  vocem ,  und  La  Rue,  „Gelehrt.  Zee- 
land",  p.  190,  191.  Eine  Liste  s.  Werke 
gibt  Foppens,  p.  1000). 

Peckius  (in.)  —  Petrus  —  Sohn  des 
Vorigen,  geb.  zu  Löwen,  ward  schon  früh- 
zeitig wegen  s.  Geschicklichkeit  als  Ge- 
sandter der  Erzherzöge  Albert  und  Isa- 
bella an  Heinrich  IV,  und  an  Kaiser 
Matthias  geschickt.  Ersterer  war  sehr 
für  ihn  eingenommen  und  nannte  ihn  den 
weisen  Flammänder.  Spottend,  wahr- 
scheinlich über  seine  Jugend,  fragte  ihn 
Heinrich:  ob  Albert  keinen  Andern 
hätte,  den  er  an  ihn  schicken  könnte?  Der 
Jüngling  antwortete :  „Mein  Herr  schickt 
Weise  zu  Weisen,  Thoren  zu  Thoren,  und 
mich  zu  Ihnen ,  o  König !"  Auch  ward  er 
zur  Commission  abgefertigt,  welche  das 
Recht  der  Erbfolge  in  den  Herzogthümern 
Jülich ,  Cleve  und  Berg  untersuchen  sollte. 
1616  ward  er  Kanzler  von  Brabant  und 
Mitglied  des  Staatsrathes.  Als  solcher 
suchte  er  zur  Zeit  der  Religionsstreitig- 
keiten in  Holland  die  geflüchteten  Remon- 
stranten  durch  die  schmeichelhaftesten  Ver- 
sprechungen auf  die  spanische  Seite  zu  zie- 
hen, welche  jedoch  an  der  Liebe  Uiten- 
bogaard's  und  der  Seinigen  zu  dem  un- 


dankbaren Vaterlande  abprallten.  Kurz 
darauf  sandte  man  ihn  nach  dem  Haag, 
um  die  Vereinigten  Niederlande  durch 
schöne  Anerbietungen  wieder  unter  die  Ge- 
walt der  Erzherzöge  und  Spanien's  zu  brin- 
gen ;  ein  Auftrag ,  der  ihm  natürlicherweise 
nicht  glücken  konnte.  Unter  so  vielen 
wichtigen  Geschäften  vergass  Peckius  je- 
doch, wie  Foppens  sagt,  die  Musen 
nicht,  und  gab  ein  lateinisches  Gedicht: 
„Votum  pro  studio  humanitatis"  (Antvv. 
4.)  heraus.  (S.  Foppens,  IL  999-1001, 
und  Wagenaar,  „Vaterl.  Geschichte", 
Th.  X.  p.  417,  418.) 

Peerlkamp  (VI.)  —  Hofman  —  ein 
Friese,  von  J.  De  Bosch  mit  der  wah- 
ren lateinischen  Poesie  bekannt  gemacht, 
war  Präceptor  zu  Haarlem,  Rector  zu 
Dokkum,  zu  Haarlem,  und  daselbst,  unter 
Anderm ,  Herausgeber  des  Xenophon 
Ephesius,  der  „Lebensbeschreibung  von 
Huygens",  Vei'fasser  einer,  beider  brüs- 
seler  Academie  gekrönten  Preisschrift  über 
„die  niederländischen  lateinischen  Dichter", 
und  hat  sich  durch  s.  Kenntniss  der  Lite- 
ratur und  s.  schönen  lateinischen  Styl  des 
ihm  unläng.st  übertragenen  Postens  eines 
Professors  der  Literatur  an  der  Univer- 
sität zu  Leyden  würdig  gezeigt. 

Pelletier  (IV.)  —  Kaspar  —  aus 
Mlddelburg,  gest.  1659,  Arzt,  Schöppe  u. 
Rath  daselbst,  gab  eine,  jetzt  selten  ge- 
wordene Walchersche  Flora  heraus, 
unter  dem  Titel :  „Plantarum  tum  patria- 
rum,  tum  exoticarum,  in  Walchria,  Ze- 
landiae  Insula,  nascentium  synonyma",  Mid- 
delb.  1610,  8. 

Pels  (IV.)  —  Andries  —  aus  Amstei-dam, 
gab  1668  „Dido's  Tod"  in  drei  Briefen 
heraus,  stiftete  die  Kunstgesellschaft:  Nil 
Volentibus  arduum,  worauf  er  jene 
Briefe,  als  mit  den  dramatischen  Regeln 
des  Aristoteles  und  Horaz  im  Wider- 
spruche, verwarf.  1677  bearbeitete  er 
den  Brief  des  Horaz  an  die  Pisonen 
(die  .,Ars  Poetica")  nach  den  Sitten  und 
Begriffen  dieser  Zeit,  und  gab  1681  (s. 
Todesjahr)  den  „Gebrauch  und  Missbrauch 
des  Schauspiels"  heraus.  Als  Bewunderer 
des  französischen  poetischen  Styls,  der  s. 
Lieblingsregeln  am  nächsten  kam,  erklärte 
er  sich  gegen  den  erhabenen ,  aber  weniger 
regelmässigen  V  o  n  d  e  1.  Was  würde  er 
wohl,  hätte  er  ihn  gekannt,  von  Shak- 
speare  gesagt  haben?  Antonides,  bei 
V  o  n  d  e  r  s  hohem  Alter  das  Haupt  der 
freien  niederländischen  Schule,  führte  einen 


345 


Periander 


heftigen  Streit  mit  P  e  1  s  ,  dessen  Manier 
sich  alhnälig,  wenigstens  im  Trauerspiele, 
Eingang  zn  verschaffen  anfing. 

Periander  (II.)  —  Aegidlus  —  aus 
Brüssel,  übersetzte  Till  Eulenspiegel 
in  lateinische  Verse. 

Perizonius  (IV.)  —  Jacob  —  (V o  or - 
broek)  von  einer  Familie  aus  Bentheim, 
jedoch  zu  Appingadam  im  Gröningerlande 
1651  geboren,  dessen  Vater  1672  als  Pro- 
fessor zu  Deventer  starb.  Der  Jüngling 
bildete  sich  zuerst  unter  Gijsbert  Kui- 
per,  dessen  Tiiebe  zur  Alterthums-  und 
Münzkunde  sich  wahrscheinlich  schon  hier 
dem  Schüler  mittheilte.  Von  Deventer  be- 
gab er  sich  nach  Utrecht,  wo  ihm  der 
Unterricht  von  Grävius  zu  Theil  wurde. 
Der  Krieg  von  1672  rief  ihn  nach  Deven- 
ter zurück ;  nach  s.  Vaters  Tode  gab  er 
die  Theologie  auf,  um  allein  den  schönen 
Wissenschaften  zu  leben,  studirte  noch 
einige  Zeit  zu  Leyden  ,  ward  1681  Con- 
rector  zu  Delft,  1682  Professor  der  Ge- 
schichte und  Beredsamkeit  zu  Franeker, 
und  1693  zu  Lejden.  Er  war  ein  Mann 
von  grosser  Gelehrsamkeit  und  Scharfsin- 
nigkeit,  der  nach  Wahrheit  strebte,  sich 
aber  durch  eine  zu  hohe  Idee  von  s.  eig- 
nen Werthe  nur  allzu  oft  zu  heftigen 
Fehden  mit  den  trefflichsten  Gelehrten  s. 
Zeit,  wie  z.  B.  mit  Hub  er,  Francius, 
Küster  und  Le  Clerc  hinreissen  Hess. 
Besonderes  Lob  verdient  Perizonius  da- 
durch, dass  er  in  trockener  Wortkritik 
(von  so  Vielen  für  das  Höchste  in  der  al- 
ten Literatur  gehalten)  keineswegs  allein 
s.  Heil  suchte,  sondern  hauptsächlich  in 
der  Kenntniss  der  Sachen  und  des  Geistes 
des  Schriftstellers.  Seine  Vorlesungen,  be- 
sonders über  die  Allgemeine  Geschichte,  wa- 
ren stets  stark  besucht,  und  er  bemühte 
sich,  s.  Schülern  ein  tiefes  Gefühl  von  der 
Wahrheit  der  Geschichte,  auch  für  sich 
selbst,  nicht  blos  als  Hülfsmittel  für  an- 
dere Wissenschaften ,  einzuflössen ;  er  be- 
sass  nicht  die  unter  den  Gelehrten  (na- 
mentlich jenes  Jahrhunderts)  so  allgemeine 
Parteilichkeit  für  die  alte  Geschichte  auf 
Kosten  der  mittlem  und  neuern,  und  er 
hielt  die  goldene  Mittelstrasse  zwischen  der 
Leichtgläubigkeit  seiner  und  der  Zweifel- 
sucht unserer  Zeit.  Kurz,  Perizonius 
besass  alle  Eigenschaften  des  pragmatischen 
Geschichtsschreibers,  und  s.  Schriften  über 
einzelne  Theile  dieser  Wissenschaft  zeigen, 
was  er  überhaupt  vermochte ,  und  bestä- 
tigen das  oben  Gesagte.     In  s.  (sehr  schwie- 


Perponcher  346 

rigen)  „Origines  Babylonicae  et  Aegyptia- 
cae"  (L.  B.  1711)  und  in  s.  „Dissertatio 
de  Romana  Republica"  (die  letzte  der 
„Dissertationes  VIL"  L.  B.  1713,  in  12., 
und  „Orationes",  L.  B.  1740,  besonders 
„de  fide  Historica  contra  Pyrrhonismum", 
a.  1702)  *)  hat  er  Beweise  von  seltenem 
Scharfsinn  gegeben,  die  jedoch  keineswegs 
bis  zur  Verwerfung  aller  Autorität  der  al- 
ten Schriftsteller  ausarten.  Aus  der  neuern 
Geschichte  behandelte  Perizonius  die 
wichtige  Periode  zwischen  dem  Anfange 
des  16.  Jahrhunderts  und  dem  Tode 
Karl' s  V  in  der  Manier  De  Thou's. 
Es  ist  merkwürdig,  dass  er  misbilligt,  sich 
der  Allegate  zu  bedienen,  und  fordert,  dass 
man  einem  ehrlichen  Manne  auf  s.  Wort 
glauben  müsse  und  nur  in  zweifelhaften 
Fällen  Beweise  verlangen  dürfe ,  da  ja  mit 
den  Allegaten  so  leicht  Betrug  begangen 
werden  könne. 

Perponcher  (VI.)  —  Willem  Emery 
Baron  Van  —  verfasste  eine  Menge  Schrif- 
ten, in  der  edlen  Absicht,  das  Glück  s. 
Nebenmenschen ,  welches  er  nur  durch  die 
Religion  für  erreichbar  hielt,  zu  befördern. 
Unter  Anderm  begann  er  1776  die  neue 
Uebersetzung  des  A.  Testaments  von  M  i  - 
c  h  a  e  1  i  s  in's  Holländische  überzutragen,  mit 
dessen  Anmerkungen  und  ausführlichen  Vor- 
reden, besonders  vor  der  Genesis,  worin 
Perponcher  den  Geist  des  Urbuches  an- 
zugeben sich  bemühte.  Für  s.  Kinder  gab 
er  eine  ,,neue  Geographie"  nebst  noch  ver- 
schiedenen andern  Werken  über  die  prak- 
tische Erziehung  heraus.  Die  unruhigen 
Zeiten  von  1787,  in  welche  er  als  Mit- 
glied der  Regierung  und  Staaten  von  Utrecht 
mit  verwickelt  war ,  hemmten  einige  Zeit 
s.  literarische  Thätigkeit,  welche  jedoch 
kurz  vor  dem  Anfange  dieses  Jahrhunderts 
mit  erneuter  Kraft  hervortrat.  In  dem 
„heidnischen  Stoicismus^'  sammelte  er  die 
grossen  Muster  dieser  Religionssecte ,  die 
er  nach  den  Erfordernissen  der  jetzigen 
Zeit  modificirte.  In  ,,den  Leuten  der  ge- 
bildeten Welt"  führte  er  uns,  auf  die  an- 
genehmste Weise,  ihre  Angelegenheiten  u. 
Pflichten  vor  Augen.    1805  kamen  die  „Bi- 


*)  Diese  Schriften  verdienen  eine  neue  Auf- 
lage und  besonders  Verbreitung  in  Deutschland, 
da  FerizouiuH  Weise  zu  sehen,  so  sehr 
von  der  der  jetzigen  Deutschen,  mit  Ausnahme 
Wachler'e,  abweicht.  (S.  Vriemoet, 
„Athen.  Fris."  p.  625—640.) 


347  Perponcher 

belstudien,  Muthmassungen ,  Winke",  und 
als  Auszug  aus  denselben ,  s.  „Gemälde  von 
Gottes  Wege  mit  dem  Menschen"  heraus. 
Hierauf  folgten  1806  und  später  s.  Ueber- 
setzung  der  Briefe  von  Paulus  und  s. 
„Geist  des  evangelischen  Christenthums". 
1814  erschien  der  fünfte  und  letzte  Theil 
eines  von  dem  würdigen  Verfasser  herausge- 
gebenen, meistentheils  religiösen,  vermisch- 
ten Werkes ,  unter  dem  Titel :  „Sprüche, 
Aufgaben,  Vorschriften,  Grundsätze".  Diese 
letztere  Abtheilung  des  Werkes  erzählt  die 
merkwürdige  Abführung  des  Schriftstellers 
als  Geissei  nach  Paris,  dessen  Loslassung 
durch  Vermittelung  des  Königs  Ludwig, 
und  die  wahre  Schilderung  der  Einnahme 
jener  Hauptstadt  durch  einen  Augenzeugen. 
Der  würdige  Greis,  1815  zum  Curator  der 
utrechter  Universität  ernannt ,  widmete  der 
studirenden  Jugend  einen  Studienplan, 
wobei  er  sie  zugleich  auf  ihre  Pflichten  auf- 
merksam machte.  Um  dieselbe  Zeit  erschien  s. 
nach  der  Manier  des  Bitaube  in  Prosa 
abgefasstes  Heldengedicht  „ J  o  s  e  p  h",  wor- 
in man ,  bei  vielen  schönen  Partieen ,  je- 
doch auch  für  ein  Gedicht  zu  viel  Rheto- 
rik wahrnimmt  (eine  lästige  Klippe,  an 
welche  auch  der  „Telemach"  stiess),  wenn 
man  dieses  Werk ,  wider  Willen  des  Ver- 
fassers, für  ein  Gedicht  halten  will.  End- 
lich erschien  in  demselben  Jahre  s.  Todes 
(1819)  s.  „Untersuchung  über  den  Ur- 
sprung und  den  Fortgang  der  Verwilde- 
rung und  Civilisation  unter  den  Menschen 
und  Völkern",  eine  Art  von  Uebersicht 
der  aus  einem  religiösen  Gesichtspunkte 
betrachteten  Geschichte.  Man  sieht ,  dass 
Perponcher  auch,  ausser  der  Religion, 
andere  Wissenschaften  beai'beitete ,  welche 
er  jedoch  nur  als  Mittel  zu  jenem  Zwecke 
betrachtete.  Die  Religion  war  für  ihn  Al- 
les, und  er  schöpfte  sie  allein  aus  der  Bi- 
bel. Die  Lehre  des  Christenthums  war 
ihm  deshalb  so  theuer,  weil  er  dieselbe 
als  ein  grosses.  Alles  umfassendes  Drama 
ansah,  dessen  Lösung  das  Herrlichste  ist, 
das  man  sich  vorstellen  kann:  die  Glück- 
seligkeit des  ganzen  Menschengeschlechts, 
wobei  Gott  dann  Alles  in  Allem  ist !  Dar- 
um war  ihm  auch  die  Lehre  der  Versöh- 
nung so  theuer,  weil  er  sie  als  das  einzige 
Mittel  zum  grossen  Endzweck  betrachtete, 
für  welchen  Gott  sich  selbst  geoffenbart, 
und  für  seine  Geschöpfe  sich  geopfert 
hatte.  Die  innige  Ueberzeugung  P  e  r  - 
poncher's  durchdringt  alle  s.  Schriften 
und  gibt  ihnen  eine  Salbung,  die  s.  Styl, 


Petit 


348 


obgleich  scheinbar  unregelmässig,  etwas 
hinreissend  GeföUiges  verleiht,  wovon  die 
Veranlassung  nicht  in  der  äussern  Hülle, 
sondern  in  dem  innern  Gehalte  liegen  muss. 
Sein  genanntes  Lehrgebäude  stellt  er  ab- 
sichtlich ,  wohl  am  meisten  in  den  „Bibel- 
studien" und  in  dem  „Gemälde  von  Got- 
tes Weg",  doch  auch  in  den  meisten  s. 
andern  religiösen  Schriften  zur  Schau  (s. 
unter  Anderm  die  von  Prof.  Roijaards  aut 
s.  Tod  gehaltene  latein.  Rede).  Als  Dichter 
hat  Perponcher  sich  besonders  charak- 
terisirt  durch  eine  Sammlung ,  worin  die 
reinste  Liebe  für  die  Tugend  in  einem  ge- 
fühlvollen, namentlich  für  die  Schönheiten 
der  Natur  empfänglichen  Herzen  durch- 
strahlt. Seine  Gedichte  sind  x'eimlos.  Der 
„zeeländische  Kornbau"  ist  das  ausführ- 
lichste darunter.  Sie  erschienen,  in  einer 
zweiten  Aufgabe,  zu  Utrecht  1808. 

Perrenot  (V.)  —  Abraham  —  geb. 
1726  in  der  Schweiz,  gest.  1784,  war 
Mitglied  des  Raths  des  Prinzen  von  Ora- 
nien,  und  schrieb  eine  academische  Ab- 
handlung „über  das  Verbot  der  Begräb- 
nisse in  den  Städten  und  Kirchen",  eine 
Gewohnheit,  welche  die  Gotteshäuser  in 
Gewölbe  der  Verwesung  (so  ganz  entge- 
gen dem  Geiste  ihrer  Stiftung!)  verwan- 
delt; —  ferner  eine  Abhandlung  „über  die 
väterliche  Gewalt  bei  den  Römern"  (1775); 
„Consideration  sur  l'Etude  de  la  Jurispru- 
dence",  Utr.  1776,  8.  (s.  Saxii  „Onomast." 
T.  IV.  p.  103.  T.  VL  p.  ISO,  131.  T.VH.  p. 
130),  u.  für  das  Stolpian'sche  Legat  „über 
die  vollkommene  Ethik  der  Offenbarung'. 
Auch  ward  er  für  den  Verfasser  einer 
Schrift,  betitelt:  „Betrachtungen  über  die 
Bestrafung  eines  gewissen  schändlichen  Ver- 
brechens" (Utr.  1799)  gehalten. 

Pestel  (V.  u.  VI.)  -^  Frederik  Wil- 
lem —  berühmt  durch  s.  classisches  Werk 
über  das  Naturrecht  (1773)  und  durch 
s.  „Commentarii  de  Republica  Batava",  1 
Vol.  8.  1782  (vermehrt)  3  Vol.  8.  (abge- 
kürzt 1790).  Seine  Vorlesungen  zogen 
viele  Zuhörer  nach  Leyden,  dessenunge- 
achtet ward  er  1795  abgesetzt,  und  zwar 
von  Leuten  ,  welche  Denk  -  und  Redefrei- 
heit mit  lauter  Stimme  verkündigten. 

Petit  (HI.)  —  Jan  Frans  Le  —  aus 
Bethune,  zuerst  Griffier  daselbst,  später 
wegen  der  Religion  in  den  nördlichen  Pro- 
vinzen wohnend,  versuchte  eine  statisti- 
sche Beschreibung  s.  Vaterlandes,  unter  dem 
Titel:  „Niederland's  Republik",  Arnhem 
1615, 4. ,  und  verfasste:  „La  Grande  Chro- 


349 


Petri 


Pluymcr 


350 


nique  ancienne  et  moderne  tl'Hollande, 
Zt'laiule    etc.,  jusqu'ä  la  fin  de  l'an  1600". 

Pctri  (11.  u.  III )  -  Sjoerd  (Suffi- 
dus  —  ein  friesischer  Gelehrter,  geb.  1527 
zu  Dokkiim,  gest.  1597,  war  Bibliothekar 
nnd  Geheiraschreiber  des  Cardinais  G  ran- 
velia,  1574  zu  Löwen  zum  Dr.  d. Rechte 
creirt ,  lehrte  daselbst  die  griech.  Sprache, 
und  erhielt  1577  einen  Ruf  als  Professor 
nach  Köln ,  wo  er  starb.  Er  verband  die 
alte  Literatur  mit  der  Jurisprudenz,  gab 
eine  lateinische  Uebersetzung  einiger  mora- 
lischen Abhandlungen  von  Plutarch  her- 
aus, begann  eine  Ausgabe  des  Cicero, 
von  dem  er  jedoch  nur  die  ,,Officia",  den 
.,Cato",  den  „Lälius"  und  die  ,, Paradoxa" 
bearbeitete,  und  gab  eine  Geschichte  von 
Friesland ,  unter  dem  Titel :  „de  Antiqui- 
tate  et  Origine  Frisiorum"  (Libri  III.  Col. 
1590,  8)  heraus,  welche  jedoch  (da  der 
Verf.  sehr  leichtgläubig  war)  nicht  allein 
A'on  Märchen  wimmelt,  sondern  auch  in 
einem  besondern ,  jedoch  dazu  gehörigen 
Werke,  viele  erdichtete  Schriftsteller  auf- 
nimmt. 

Picaert  (VI.)  —  .  .  .  —  ein  junger 
Ingenieur,  der  vor  einiger  Zeit  in  der 
Maas  ertrank,  schrieb  eine  Abhandlung: 
,,sur  les  pendules  coniques",  die  in  den 
Werken  der  brüsseler  Academie  abge- 
druckt ist. 

PienfS  (V.)  —  ...  —  aus  Brüssel, 
Mitglied  der  Redekammer:  zum  Grünen 
und  Blühen  daselbst ,  verfasste  ein  nicht 
unverdienstliches  Gedicht:  „Traueranzeige 
von  mancher  unglücklichen  Ehe"  (1775). 

Pierson  (V.)  —  Johan  —  geb.  1731 
zu  Holswerda  in  Friesland,  Rector  der  la- 
teinischen Schule  zu  Leeuwarden ,  ward 
von  Ruhnkenius  sehr  gepriesen  wegen 
s.  Werkes :  „Verisimilia",  starb  jedoch 
schon  in  s.  29.  Jahre. 

Piet  (III.)  —  Boudewijn  Van  Der  — 
geb.  1569  zu  Gent,  gest.  1609,  war  Prof. 
der  Rechte  zu  Douai,  welche  Universität 
durch  ihn  besonders  in  Flor  kam.  Nach 
der  Uebertreibung  der  damaligen  Zeit, 
welche  jeden  Gelehrten  von  einigem  Rufe 
sogleich  mit  den  grossen  Männern  Griechen- 
land's  verglich,  stellte  man  ihn,  lächerlich 
genug,  in  der  Beredsamkeit  dem  Peri- 
kles  gleich.  Seine  Abhandlungen  zu  Vor- 
lesungen umfassen:  ,,Resp6hsa  Juris,  sive 
Consilia";  „de  Emptione  et  Venditione"; 
„de  Pignoribus  et  Hypothecis";  „elegan- 
tiores  juris  Quaestiones", 

Pieter  Theodoruszoon  (IIL)  — 


Schüler  des  amsterdamer  Predigers  P. 
P 1  a  n  c  i  u  s  in  der  Mathematik  und  Astro- 
nomie, von  welchem  Merula  berichtet, 
dass  er  auf  s.  Reise  nach  Indien  nicht 
weniger  als  l4  neue  Sternbilder  in  der 
südlichen  Hemisphäre  entdeckte.  Nach  W. 
Blaau  scheint  es  jedoch,  dass  diese  Ent- 
deckung Frederik  Houtman  zukomme. 
(S.  Moll,  „Abb.  üb.  einige  frühere  See- 
fahrten d.  Niederländer",  Amst.  1825,  p. 
48  —  57.) 

Pieterson  (V.)  —  Hendrik  —  gab 
1776  eine  sog.  „Rhapsodie  der  holländi- 
schen Sprachkunde",  eine  Geschlechtsliste 
der  Substantive,  und  1782  vier  Abhand- 
lungen über  die  holländische  Sprache  her- 
aus. (S.  Ypey,  „Gesch.  der  niederländ. 
Sprache",  p.  538,  549,  558.) 

Piso  (III.)  —  Willem  —  Arzt  zu  Ley- 
den,  schrieb:  „de  Indiae  Utriusque  Re, 
Naturali  et  Medica",  Libri  XIV.,  Amst. 
1658.  Fol.     (S.  Foppen s,  I.  419.) 

Pitcairn  (IV.)  —  A.  —  Professor 
der  Medicin  zu  Leyden,  bestreitet  die 
Krankheitslehre  des  Boe-Sylvius. 

Plancius  (IH.)  Petrus  —  Prediger 
zu  Amsterdam,  sehr  bewandert  in  Geo- 
graphie und  Astronomie,  verfasste  eine 
„Tabelle  über  die  Abweichung  der  Magnet- 
nadel", und  veranlasste  die  Admiralität  von 
Amsterdam,  in  Vereinigung  mit  der  von 
Zeeland ,  die  nördliche  Durchfahrt  zu 
versuchen,  nachdem  die  ersten  Reisen  um 
das  Cap  der  guten  Hoffnung  mis- 
glückt  waren.  Die  Fahrt  ward  unternom- 
men und  Spitzbergen  und  die  Wai- 
gatz Strasse  entdeckt. 

Plantijn  (III.)  —  Christoffel  —  ein 
Franzose ,  liess  sich  zu  Antwerpen  als 
Buchdrucker  nieder,  studirte  die  hollän- 
dische Sprache  und  verfasste  ein  hollän- 
disches Wo  rter  buch,  weichesaus  sei- 
ner Druckerei,  damals  einer  der  ersten  in 
Europa ,  im  J.  1573  unter  dem  Titel : 
,, Thesaurus  Teutonicae  Linguae"  hervor- 
ging. 

PlUTier  (V.)  —  J.  E.  —  löste  die 
Frage :  „über  die  Zeit  des  grössten  Volks- 
glückes in  Niederland  seit  den  Zeiten  der 
Franken  bis  auf  Karl  V.",  zum  Vortheil 
der    Regierung    Philipp's  d.  Schönen. 

Pluymer  (IV.)  —  Joan  —  aus  Am- 
sterdam, Mitpächter  des  Schauspielhauses 
und  Freund  und  Kunstgenosse  des  Anto- 
nides, schrieb  einige  Trauerspiele,  von 
welchen  „die  Gekrönte  nach  ihrem  Tode" 
(eine    Bearbeitung    der    anziehenden    Ge- 


351 


Poirters 


Poot 


352 


schichte  von  Ines  deCastro)  lange  Zeit 
auf  der  ainsterdamer  Bühne  aufgeführt 
wurde ;  ferner  „Pyramus  u.  Thisbe", 
und  die  Lustspiele:  „der  Geizhals";  „die 
Schule  der  Eifersüchtigen",  und  „Krispin 
Sterngucker".  (S.  Wagenaar,  „Amster- 
dam", III.  Th.  Fol.,  p.  251.) 

Poirters  (HI.)  —  Adriaan  —  aus 
Oosterwijk ,  ein  Jesuit,  der  später  die 
schönen  Wissenschaften  zu  Mecheln,  Ma- 
stricht  und  Löwen  lehrte,  dichtete  in  der 
Manier  des  Cats,  und  wurde  dadurch  der 
brab  ant  er  Volksdichter.  Erstarb  1674 
in  einem  Alter  von  68  Jahren.  Seine 
„Maske  der  Welt"  (Antw  1647),  mehr 
als  25  Mal  aufgelegt,  s.  „Heiliger  Hof  des 
Kaisers  Theodosius"  (Ypern  1696),  ein 
Werk  voll  Allegorien,  sind  nebst  vielen 
andern ,  wie  z.  B.  „die  allerheiligsten  Na- 
men J.  H.  S.  zu  einem  Neujahrsgeschenk" 
(Antw. 1647),  „dasTäubchenim  Steinfelsen", 
„das  Leben  der  heil.  Rosalie"  hinlänglich 
bekannt.  Ausserdem  besang  er  die  erste 
Säcularfeier  der  Jesuiten  (1640),  den  Sieg 
des  Cardinal  -  Infanten  (in  einem  Gefecht 
bei  Kailos  16S8)  u.  s.  w.  (S.  Foppens, 
T.  L  p.  18,  und  Willems,  IL  Th.  p. 
94  —  102.) 

Polanen  (VI.)  —  ...  —  schrieb 
„Briefe  über  die  Verwaltung  der  Colonien" 
(Amst.  1816),  worin  er  sich  durchgehends 
für  die  englische  ausspricht ,  und  D  a  en- 
deis heftig  angreift. 

Pontanus  (IL)  —  ...  —  aus  Brügge, 
seit  s.  dritten  Jahre  blind,  war  ein  lite- 
rarisch gebildeter  latein.  Dichter,  u.  lebte  zu 
Paris,  wo  er  sich  durch  Unterrichtgeben 
ernährte.  Unter  andern  Gedichten  schrieb 
er  1512  ein  Lobgedicht  auf  die  heil.  Ge- 
noveva. 

Pontanus  (HL)  —  Jan  Isaak  —  geb. 
1578  zu  Elzeneur  in  Dänemark,  während 
s.  zu  Haarlem  wohnenden  Eltern  sich  we- 
gen der  Verhältnisse  ihres  Vaterlandes  zu- 
fällig daselbst  befanden,  war  also  ein  Haar- 
lemer  von  Erziehung,  widmete  jedoch  s. 
Forschungen  s.  eigentlichen  und  zufälligen 
Vaterlande,  ward  1601  zu  Basel  Dr.  der 
Medicin  ,  bald  darauf  Prof.  d.  Mathematik 
und  Physik  an  der  Universität  zu  Harder- 
wijk,  Geschichtsschreiber  der  Staaten  von 
Geldern  und  des  Königs  von  Dänemark, 
und  starb  1640,  Seine  „Geschichte  von 
Geldern",  obgleich  chronikenartig  abge- 
fasst,  wird  für  ein  ausgezeichnetes  Werk, 
und  ungeachtet  des  von  Van  Spaan  nicht 
für  überflüssig  gehalten.   Gleich  Bor  theilte 


dr  verschiedene  Urkunden  darin  mit.  Zu- 
gleich beschrieb  er  den  Ursprung  der  Fran- 
ken und  anderer  deutschen  Völker,  den 
alten  Lauf  und  die  Mündung  des  Rheins, 
und  andere  mit  der  Geschichte  von  Gel- 
dern in  Verbindung  stehende  Gegenstände. 
Auch  die  „Geschichte  von  Amsterdam"  hat 
er  beschrieben,  welche  er  wegen  zu  grosser 
Ausführlichkeit  in  Beziehung  sowohl  auf 
die  Gebäude,  Kirchen  u.  s.  w.,  als  auch 
auf  die  Thaten  der  Amsterdamer  zur  See 
und  in  andern  Welttheilen  gegen  Pontus 
De  Heuter  zu  vertheidigen  sich  veran- 
lasst fand.  Seine  „Geschichte  von  Däne- 
mark" hält  sich  zu  sehr  an  Saxo  Gram- 
maticus,  der  dem  dänischen  Staat  ein 
übertriebenes  Alter,  und  ausführliche,  aus 
fabelhaften  Sagen  geschöpfte  Geschichten 
gibt.  Doch  verbessert  Pontanus  häufig 
den  alten  Chronikenschreiber.  Er  verthei- 
digte  endlich  die  freie  See  gegen  Seiden, 
der  damals  bereits  die  Uebermacht  der 
Briten  auf  jenem  Element  geltend  machen 
wollte.  „Nimmt  man  ihm  s.  Gedichte" 
(er  machte ,  wie  so  Viele,  lateinische  Verse), 
„so  würde  er  noch  grösser  sein" ,  sagte 
der  berühmte  Scriverius  in  des  Verfas- 
sers Gegenwart  selbst.  Pontanus  vor- 
züglichste Werke  sind :  „Historiae  Geldriae 
Libri  XIV."  Amst.  1639;  holländisch  von 
Schlichtenhorst,  mit  Zusätzen,  1654, 
Fol.;  „Origines  Rerum  Francicarum",  L. 
VI.  Harderw.  1616  (zu  Rom  verboten) ; 
„Dissertationes  Chronographicae  de  Rheni 
ostiis,  et  accolis  populis"  (gegen  Cluve- 
rius),  Amst.  1614,  vermehrt  Harderw. 
1617,  4.;  „Historia  Urbis  et  Rerum  Am- 
stelodamensium",  1614,  Fol.;  „Apologia 
ejusdem",  1628,  1634,  4.;  „Rerum  Danica- 
rum  Historia" ,  bis  zur  Thronbesteigung  des 
Hauses  Oldenburg,  Amst.  1631,  Fol. 
Ferner  Anmerkungen  zu  Plautus,  Apu- 
lejus,  den  Seneca's,  Macrobius, 
F  lorus  u.  Tacitus. 

Poot  (V.)  —  Hubert  Cornelisz.  —  ein 
Naturdichter,  geb.  1689  im  Delftschen  zu 
Abtswoude ,  bei  dem  Dorfe  De  Keten ,  der 
Sohn  eines  schlichten  Landmannes,  liebte 
frühzeitig  Musik  und  Zeichnenkunst,  hier- 
auf die  Poesie ,  und  trat  mit  einigen  Rhe- 
torikern ,  einem  ärmlichen  Ueberbleibsel  der 
alten  reichen  Kammern,  die  zu  dieser  Zeit  aus 
den  Städten  auf  das  platte  Land  herabgestie- 
gen waren,  in  Gemeinschaft,  sah  jedoch 
selbst  bald  ein,  dass  hier  keine  Fortschritte 
für  ihn  zu  machen  waren.  Er  schlug  also 
den    rechten   Weg   ein ,    lernte    H  o  o  f  t , 


353 


Poot 


Post 


354 


Vondel  und  Antonides  kennen,  und 
las  auch  die  alten  Dichter  in  Uebersetzuu- 
gen.  Es  ist  unbegreiflich ,  wie  diese  den 
jungen  Landniann  zu  den  herrlichen  Ge- 
dichten aus  der  alten  Mythologie  begei- 
stern konnten ,  die  noch  zu  den  schönsten 
Perlen  s.  Dichterkrone  gehören;  aber  das 
Genie  weiss  die  Schönheiten  auch  in  dem 
groben  Gewände  einer  mittelmässigen 
Uebersetzung  aufzufinden.  So  gab  uns 
Shakspeare  ächte  Römer  nach  einer 
Uebersetzung  des  Plutarch  aus  s.  Zeit. 
Als  1716  der  erste  Theil  von  Poot 's  Ge- 
dichten herauskam ,  stachen  dieselben  der- 
gestalt von  den  bereits  verderbten  Ge- 
schmack dieses  Jahrhunderts  ab ,  dass  die 
allgemeine  Verwunderung  auf's  Höchste 
stieg,  wie  ein  junger  Bauer  so  etwas 
hatte  hervorbringen  können.  Denn  dass 
es  schön  war,  fühlte  man  noch;  die  Dich- 
tervereine hatten  ihr  Scepter  noch  nicht 
gänzlich  auf  dem  Parnass  aufgerichtet. 
Nach  1716  ward  dann  Poot  durch  Kunst- 
freunde so  sehr  gefeiert  und  gesucht,  dass 
er  beschloss ,  s.  Acker  mit  der  Stadt  zu 
vertauschen ,  w ozu  ihn ,  wie  es  scheint, 
eine  unglückliche  Liebe  noch  besonders 
bestimmte.  Er  hielt  sich  zu  Delft  (von 
1723  — 1724)  auf,  wo  er  sich  der  Unge- 
bundenheit  überliess ,  kehrte  jedoch ,  als 
er  dies  wahrnahm,  zu  s.  friedlichen  Fel- 
dern zurück.  Seine  letzten  Jahre  brachte 
er  gleichwohl  zu  Delft ,  aber  nun  in  völ- 
liger Zurückgezogenheit  zu.  1732  ver- 
heirathete  er  sich,  starb  jedoch  schon  zu 
Ende  des  Jahres  1733  ,  nachdem  fünf 
Monate  zuvor  ein  13tägiges  Töchterchen 
ihm  vorangegangen  war.  Der  zweite  Theil 
s.  Gedichte  war  1728  erschienen ,  der 
dritte  ward  nach  s.  Tode  herausgege- 
ben. Von  s.  sämmtlichen  Gedichten  er- 
schien 1780  eine  neue  Ausgabe  in  drei 
Theilen  in  kleinem  Format.  Seine  Bio- 
graphie findet  sich  dem  dritten  Theile  s. 
Gedichte  (1734)  angehängt  (abgekürzt  in 
den  ,, Biographien  niederländ.  Männer  und 
Frauen",  II.  Th.  p.  208  —  221).  —  Wer 
Poot  in  s.  ganzen  Fülle  kennen  lernen 
will,  wähle  dazu  nicht  den  ,, Bibelstoff", 
worin  er  gezwungen  und  prosaisch  ist  (mit 
Ausnahme  der  schönen  Gedichte  auf  des 
Heilandes  Auferstehung  und  Himmelfahrt), 
noch  die  „Gelegenheitsgedichte",  denen 
sich  die  frühern  holländischen  Dichter  allzu 
sehr  hingaben,  auch  nicht  einige  „Briefe", 
die  einen  gar  zu  prosaischen  Gang  verra- 
ihen,    sondern    wohl    s.    „Minnegedichte", 


voll  anakreontischer  Lieblichkeit,  worin  er 
Ho  oft  am  glücklichsten  nachahmte  und 
vielleicht  übertrotfen  hat  (namentlich  das 
classische,  herrliche  Gedicht:  „der  Mond 
bei  Endymion" ,  wovon  sich  einige  Coii- 
plets  bei  Van  Kampen,  Th.  II.  p.  91. 
abgedruckt  finden) ;  einige  s.  „Vermisch- 
ten Gedichte",  wie  z.  B.  das  „Landleben", 
jenes  Meisterwerk  beschreibender  Poesie, 
worin  ein  Funke  von  Ho ra  zens  Dichter- 
feuer glüht,  —  das  „Fröhliche  Leben",  die 
„Reiche  Armuth",  ebenfalls  nach  Horaz, 
—  der  „arme  Reichthum" ,  dessen  Vers- 
maas ungemein  fliessend  ist,  und  dessen 
einzelne  Mängel  man  bei  dem  schönen  Gan- 
zen vergibt, —  „Epi  kurs  Gärten"  (Höfe), 
worin  er  die  Philosophie  dieses  bekannten 
Vertheidigers  des  sinnlichen  Vergnügens 
von  dem  Tadel  der  Verächtlichkeit  reinigt, 
u.  s.  w. ,  —  oder  einige  s.  „Elegien", 
worin  das  Herz  redet,  wie  z.  B.  auf  s. 
Mutter  und  s.  Kind,  die  er  kurz  vor  s. 
Tode  gedichtet.  —  Poot  zeichnet  sich  be- 
sonders durch  ungemeinen  Wohllaut  und 
gerundete,  abwechselnde  Versification  aus; 
er  übertriff't  darin  durchgehends  selbst 
Ho  oft  und  Vondel,  welche  die  dichte- 
rische Sprache  gleichsam  noch  schaffen 
mussten.  Und  wenn  nun  diese  Musik  der 
Sprache  bei  Poot  mit  kühnen  oder  lieb- 
lichen Gedanken ,  mit  neuen,  aus  der  Na- 
tur entlehnten  Bildern  und  einem  warmen 
Gefühle  für  das  Schöne  gepaart  geht; 
wenn  man  an  die  geringe  Anleitung  denkt, 
die  ihm  zu  Theil  wurde,  und  sich  er- 
innert ,  dass  die  erste  Sammlung  s.  Ge- 
dichte, als  er  noch  wenige  oder  keine 
Kunstfreunde  besass,  bei  weitem  die  beste 
ist,  dann  wird  man  den  Satz:  die  Natur 
bildet  den  Dichter,  gewiss  bestätigt 
finden. 

Popma  (Tl.)  —  Titus  —  aus  Ylst  in 
Friesland,  gab  den  Vellejus  Pater- 
culus  mit  (zufolge  Burman)  ziemlich 
gelehrten  Anmerkungen ,  1569  „Anfangs- 
gründe der  Astronomie",  und  „Tafeln  über 
den  Globus",  mit  vieleni  Bleiss  bearbeitet, 
heraus. 

Popma  (II.)  —  Cyprianus  —  der  dritte 
der  Brüder,  besorgte  1572  eine  Ausgabe 
des  S  a  1 1  u  s  t. 

Popma  ( n. )  —  Sixtus  —  der  älteste 
Bruder,  gab  Celsus,  „de  arte  medendi" 
(Köln  1569)  heraus. 

Post  (VI.)  —  Elizabeth  Maria  —  geb. 
1756  zu  Utrecht,  Gattin  des  Predigers 
12 


355 


Pot 


Quetelet 


356 


Overdorp,  verfasste  unter  andern  die 
Romane:  „das Land"  (1788) u,  „Reinhard' 
(1791),  die  sich  nur  in  allgemeinen  Zügen 
charakterisiren ,  und  worin  die  Schriftstel- 
lerin sich  eines  poetisch  -  prosaischen  Stjls 
bedient. 

Pot  (V.)  —  Willem  Van  Der  —  geb. 
1704  zu  Rotterdam,  gest.  1783  daselbst, 
ist  durch  s.  Gedicht:  „Endeldijk"  bekannt. 

Potter  (VI.)  —  H.  —  beschrieb  eine 
Reise  durch  England. 

Praedinius  (II.)  —  Reinier  —  geb. 
in  dem  Dorfe  Winsum,  blühte  um  1535 
und  starb  1559  in  s.  59.  Jahre.  Er  war 
Rector  der  gröningschen  Schulen,  dessen 
gründliche  Sprachkenntniss  und  Belesenheit 
im  Gebiet  der  Gesammt  -  Literatur  Jüng- 
linge, nicht  allein  aus  den  Niederlanden, 
sondern  auch  aus  Italien  und  Polen  nach 
Groningen  zog,  und  einer  der  vorzüglich- 
sten Bearbeiter  der  Etymologie  der  latei- 
nischen Sprache,  auf  deren  Grundsätze 
Vossius  später  fortbaute. 

Pratensis  (IL)  —  Jason  —  (eigent- 
lich Van  De  Velde)  durch  die  Namens- 
veränderung so  unkenntlich  geworden,  dass 
man  ihn  auch  Van  derMeesche  und 
De  Praat  genannt  hat,  war  der  Sohn 
eines  Arztes  zu  Zieriksee,  und,  wieSnoyus 
von  Gouda,  Leibarzt  von  Adolph  von 
Burgund,  Markgrafen  von  Vere.  Er 
starb  1558  zu  Zieriksee.  In  der  Medicin 
und  lateinischen  Poesie  sehr  erfahren,  ver- 
fasste er  einige  Werke  über  Entbindungs- 
kunst, vier  Bücher  über  „die  Kunst  seine 
Gesundheit  zu  erhalten",    „über  die  Hei- 


lung der  Geisteskranken"  und  eine  Samm- 
lung  lateinischer  Gedichte. 

Prinsen  (VI.)  —  J.  —  Director  eines 
SchuUehrer  -  Seminars  zu  Haarlem  für  das 
nördliche  Niederland. 

Proeurator  (L)  Wilhelmus  —  ein 
Geistlicher  des  Klosters  zu  Egmond, 
setzte  die  älteste  Chronik  der  nördlichen 
Provinzen  Holland's,  welche,  aus  diesem 
Kloster  zum  Vorschein  gekommen ,  gröss- 
tentheils  der  „Reimchronik"  von  Stoke 
zu  Grunde  lag,  bis  1332  fort. 

Pui  (VL)  —  Meinard  Simon  Du  — 
ward  1790  Professor  der  Anatomie  u.  Ge- 
burtshülfe  zu  Leyden ,  wo  zu  dieser  Zeit 
auch  ein  Krankenhaus  errichtet  wurde. 

Punt  (V.)  —  Jan  —  einer  der  vor- 
züglichsten Schauspieler  der  amsterdamer 
Bühne,  dessen  Hauptrolle  Achilles  in 
dem  gleichbenannten  Trauerspiele  von  Huy- 
deco  per  war  *). 

Puteanus  (III.)  —  Erycius  —  geb. 
1574  zu  Venlo,  ein  geachteter  süd -nieder- 
ländischer Dichter,  ward  zu  Löwen,  wo 
er  die  Rechte  studirte ,  mit  L  i  p  s  i  u  s  be- 
kannt, auf  dessen  Rath  er  einen  Ruf  nach 
Baiern  ablehnte  und  sich  nach  Italien  be- 
gab, wo  er  s.  eigentlichen  Wirkungskreis 
fand  und  sich  daselbst  bis  1606  aufhielt. 
Hierauf  ward  er  an  die  Stelle  des  ver- 
storbenen Lipsius  berufen.  Puteanus, 
sowohl  in  Italien  als  auch  in  s.  Vaterlande 
mit  Ehrenbezeugungen  überhäuft ,  hat  nur 
unbedeutende,  kleine  Werke  geliefert,  wel- 
che sich  bei  S  a  x  e  („Onomast."  T.  IV.  p.  91 
u.  92)  angegeben  finden.     Er  starb  1646. 


Q. 


Quetelet  (VI.)  —  Adolf  —  Lehrer 
der  Mathematik  am  Athenäum  zu  Brüssel 
und  Mitglied  der  Akademie  daselbst,  ver- 
einigte poetische  Talente  mit  mathemati- 
schem Genie.  Er  begann  s.  literarische 
Laufbahn  mit  einer  sehr  merkwürdigen 
Thesis  über  eine  krumme  Linie,  die  er 
focale  nennt,  und  welche  Dandelin  seit- 
dem aus  neuen  Gesichtspunkten  betrachtet 
hat.  1822  unternahm  er  eine  Reise  nach 
der  so  merkwürdigen,  zu  wenig  bekann- 
ten Grotte  Han  in  den  Ardennen,  an  der 
Grenze  von  Namur,  Lüttich  und  Luxem- 
burg. Ende  1823  ward  er  von  dem  Mi- 
nister des  allgemeinen  Unterrichts  nach 
Paris  gesandt,  um  sich  daselbst  den  nöthi- 


gen  Unterricht  zur  Gründung  eines  Obser- 
vatoriums zu  verschaffen.  Seine  lateini- 
schen Gedichte,  die  sich  in  verschiedenen 
Zeitschriften  zerstreut  finden,  sind  gefallig 
und  zart;  er  neigt  sich  vorzugsweise  zur 
Elegie  hin.  Die  neuen  Denkschriften 
der  brüsseler  Akademie  enthalten  drei  Ab- 
handlungen von  ihm:  1)  „Snr  une  formule 
g^n^rale  pour  determiner  le  surface  d'un 
polygone   forma   sur  une   sphere,   par  des 


*)  S.  nürnberger  Friedens-  und  Kriegskurier 
vom  9.  März  1832:  „Ueber  die  Schauipielkiineit 
der  Holländer'*,  von  Otto. 


357 


Raad 


Kaphelengius  358 


arcs  de  grands  ou  de  petits  cordes  dispo-  coni(iues  consld^rees  dans  le  solide".  3) 
ses  entre  eux  d'iine  maniere  quelconque".  „Relation  d'un  voyage  a  la  grotte  de  Han, 
2)  „Sur  une  nouvelle  theorie  des  sections     eiitrepris  avec  M.  Kickx." 


R. 


Raad  (IV.)  —  George  De  —  Predi- 
ger zu  Vlissingen ,  ein  Schüler  des  Voe- 
tius,  eiferte  bereits  1665  gegen  den  Skla- 
venhandel der  Neger,  doch  nicht  aus  dem 
Grunde,  weil  diese  —  Menschen,  sondern 
weil  Diejenigen,  an  welche  sie  verkauft 
wurden  —  Papisten  wären.  (S.DeLa 
Rue,  p.  269.) 

Radboud  (I.)  —  ...  — ■  Bischof  von 
Utrecht,  gilt  für  einen  guten  lateinischen 
Dichter  des  10.  Jahrhunderts. 

Baapsaet  (VI.)  —  Jan  Joseph  — 
ausserordentlicher  Staatsrath  und  Mitglied 
des  Instituts  und  der  brüsseler  Akademie, 
ein  gelehrter  Geschichts-  und  Alterthums- 
kenner,  besonders  in  Beziehung  auf  die 
alte  Geschichte  von  Flandern ,  verfasste 
folgende  Schriften:  „Defense  de  Charles 
Martel,  ou  Precis  de  l'origine  des  Dimes 
ecclesiastiques,  avec  l'origine  des  paroisses", 
Gand  1806.  „Memoire  sur  l'origine  des 
Beiges",  1811.  „Recherches  sur  les  In- 
auguration des  Princes  Souverains  des  Pays- 
Bas-',  Brux.  1814.  „Ueber  die  Erfindung 
des  Einsalzens  der  Heringe  von  W.  Beu- 
kelsz.",  1816,  mit  einigen  Streitschriften 
über  diesen  Gegenstand  gegen  den  Fran- 
zosen Noel;  in  einer  derselben  wird  über 
die  holländischen  Colonien  in  Scho- 
nen (im  13.  und  14.  Jahrhundert)  gehan- 
delt. „Brief  an  Dotrenge  über  den 
Ursprung  der  Freiherrschaften  und  Lehn- 
rechte" (für  welche  Raapsaet  sehr  ein- 
genommen ist),  1818.  Alle  in  französischer 
Sprache.  Ueber  das  „jus  primae  Noctis", 
1817.  „Histoire  de  l'origine  de  l'organi- 
sation  et  des  pouvoirs  des  Etats-Gen^raux 
et  Provinciaux  des  Gaules  et  particuliere- 
ment  des  Pays-Bas,  depuis  les  Germains 
jusqu'au  16.  siecle",  Gand  1819  (sein 
Hauptwerk).  „Memoire  sur  la  lögislation 
des  Gaules",  2  Memoires.  (In  den  neuen 
Abhandlungen  der  Akademie.)  Ueber  den 
„Ursprung  der  Gemeinden  in  den  Nieder- 
landen" ;  im  IV.  Theile  der  Werke  der  Ge- 
sellschaft für  niederländische  Literatur  zu 
Leyden,  8.  In  Handschrift  befinden  sich 
von  ihm  noch :  Nachrichten  über  die 
Göttin    Nehalenniaj     über    die    Na- 


tio  nal-Mil  i  z,  für  die  zeeländische  Ge- 
sellschaft, über  einen  alten  Becher,  ent- 
haltend einige  Anekdoten  über  den 
Geuzenbund,  auf  Veranlassung  des  Ju- 
stizministers Van  Maanen,  und  über  die 
vermeintliche  Göttin  Sandrodiga,  dem 
Institut  eingesandt,  und  über  die  noch 
existirenden  Denkmäler  in  Flandern,  auf 
Veranlassung  von  dem  Grafen  Montali- 
vet,  ehemaligem  Minister  des  Innern  unter 
Napoleon;  ferner  über  die  flämische  u. 
wallonische  Sprache  in  den  an  den  Henne- 
gau und  Flandern  angrenzenden  Dörfern. 
Seit  einigen  und  dreissig  Jahren  arbeitete 
Raapsaet  an  einem  grossen  Werke,  wel- 
ches im  Manuscript  6  Theile  Fol.  aus- 
macht und  den  Titel  führt :  „Histoire  de 
l'origine  et  des  progres  des  droits  civiles 
et  poHtiques  des  Beiges,  divisee  en  six  p6- 
riodes ,  depuis  les  Germains  jusqu'au  16. 
siecle''.  Die  Geschichte  der  Generalstaaten 
sollte  von  diesem  grossen  Werke  gleichsam 
nur  der  Vorläufer  sein.  Nach  dem  Urtheil 
Einiger  gibt  Raapsaet,  der  ein  grosser 
Freund  der  alten  belgischen  Regierungs- 
form ist ,  ein  wenig  zu  sehr  vorgefassten 
Meinungen  Raum. 

Raevardus  (H.)  —  Jacob  —  be- 
rühmter Rechtsgelehrter  aus  Brügge,  den 
Lipsius  den  nieder  ländischen  Pa - 
pinian  nennt,  schrieb  einige  kleine  juri- 
stische Abhandlungen. 

Rampen  (III.)  —  . . .  — geb.  1572  zu 
Huy,  gest.  1641,  schrieb  eine  Erklärung  der 
vier  Evangelien  (Löwen,  1632,  3  Tb.,  4.). 

Raphelenj^ius  (III.)  —  Frans  — 
(Rauleghien)  geb.  1579  zu  Lancy  bei 
Ryssel,  gest.  1597,  war  zur  Handlung  be- 
stimmt, begab  sich  jedoch  nach  Paris, 
Cambridge  (wo  er  einige  Zeit  Professor 
war)  und  Antwerpen ,  um  orientalische  und 
classische  Literatur  zu  studiren.  In  letz- 
terer Stadt  vereinigte  er  s.  frühere  Bestim- 
mung mit  s.  Liebe  zu  den  Wissenschaften, 
indem  er  einen  Theil  der  Druckerei  des 
Plantijn  übernahm,  die  ihm  dessen  Toch- 
ter zur  Mitgift  brachte.  Als  hierauf  bei 
nahender  Kriegsgefahr  Plantijn  einen 
Theil  der  Druckerei  nach  Leyden  über- 
12* 


359 


Rataller 


Rau 


360 


siedelte  ,  erhielt  R  a  p  h  e  1  e  n  g  i  u  s  die  Auf- 
sicht darüber.  Hier  ward  ihm  wegen  s. 
seltenen  Kenntniss  der  orientalischen  Spra- 
chen, die  er  durch  Herausgabe  verschie- 
dener Werke  bewiesen  hat,  1586  die  Pro- 
fessur der  hebräischen  Sprache  übertragen. 
Er  schrieb  eine  „hebräische  Sprachlehre", 
„Anmerkungen  zur  hebräischen  Sprache", 
und  ein  „chaldäisches  Wörterbuch".  (S. 
über  ihn  Meursius,  „Athenae  ßatavae", 
p.  140  —  142 ,  fast  wörtlich  aufgenommen 
von  F  0  p  p  e  n  s  in  voce.) 

Rataller  (H.)  —  George  —  ein  Friese, 
der  in  s.  Kindheit  mit  s.  Vater  nach  Utrecht 
kam,  und  durch  Macropedius  s.  wis- 
senschaftliche Bildung  erhielt.  Nach  be- 
endigten Reisen  nach  dem  Süden  vyurde 
er  Rathsherr  und  Bittschriftenmeister  bei  dem 
hohen  Rathe  zu  Mecheln,  1565  Gesandter 
in  Dänemark ,  und  seit  1569  Präsident  am 
Gerichtshofe  von  Utrecht.  Nach  Fop- 
pens  ist  es  schwer  zu  bestimmen,  ob  man 
an  diesem  ausgezeichneten  Manne  s.  Ge- 
lehrsamkeit, Würde,  Rechtlichkeit  oder 
s.  Leutseligkeit  mehr  rühmen  solle.  Er 
übersetzte  die  „Werke  und  Tage"  von  He- 
siod  (Frankf.  1546),  die  sieben  Trauer- 
spiele des  Sophokles  und  drei  Trauer- 
spiele von  Euripides  (die  Phönissä, 
den  Hippoly  tus  und  die  Andromache) 
in  gefällige  lateinische  Verse.  Sein  Sohn 
Philipp  war  Griffier  am  Gerichtshofe 
zu  Utrecht,  ein  eifriger  Anhänger  von  Lei- 
cester  und  den  Ultra-Reformirten  jener 
Zeit.  (S.  Ho  oft,  „Niederl.  Gesch."  II. 
Th.  (1656),  p.  212,  241.) 

Rau  (IV  )  —  J.  J.  —  berühmter 
Chirurg  zu  Amsterdam,  1705  Professor  zu 
Leyden,  machte  sich  besonders  durch  eine 
verbesserte  Operation  des  Blasensteins  be- 
kannt ,  eine  Krankheit,  an  welcher  damals, 
wie  man  annahm,  wegen  des  häufigem 
Gebrauchs  des  Bieres,  weit  Mehrere  lit- 
ten, als  jetzt,  sowie  dagegen  die  jetzt  so 
zahlreichen  Nervenkrankheiten  damals  we- 
niger allgemein  gewesen  zu  sein  scheinen. 
Ran  hatte  Gelegenheit,  die  rohe  Behand- 
lung eines  gewissen  französischen  Mönchs 
(Frere  Jaques) ,  der  sich  zu  Amsterdam 
auf  diese  gefährliche  Operation  legte,  zu 
beobachten;  er  zeigte  das  Mangelhafte  der- 
selben ,  verfertigte  ein  besseres  Instrument, 
und  wurde  als  Operateur  des  Blasen- 
steins angestellt,  eine  Function,  die  früher 
von  der  Chirurgie  getrennt  war.  Er  war 
so  glücklich ,  nicht  weniger  als  1600  Men- 
schen von  diesem  Uebel  zu  befreien.     Lei- 


der war  auch  ihm  die  damals  noch  so  häu- 
fige Schwäche  eigen,  s.  Heilverfahren  ge- 
heim zu  halten.  Doch  ging  dasselbe  nicht 
ganz  verloren,  indem  sie  in  Holland  von 
J.  Denijs  und  in  Deutschland  zuerst  von 
Heister  nachgeahmt  wurde. 

Rau  (V.)  —  Sebald  —  Professor  der 
orientalischen  Sprachen  zu  Utrecht,  bildete 
viele  geschickte  Schüler,  unter  welchen 
Mang  er  zu  Franeker  sich  auszeichnete. 

Rau  (VI.)  —  Sebald  Fulco  Johannes 
—  ein  Sohn  des  Vorigen  und  nicht  minder 
als  Sprachkenner  wie  als  trefflicher  Red- 
ner, feiner  Kunstrichter  und  gefühlvoller 
Dichter  bekannt.  Er  war  der  Nachfolger 
von  Scheidius  als  Professor  der  orien- 
talischen Sprachen  zu  Leyden.  Nach  einer 
in  Folge  der  politischen  Verhältnisse  ver- 
anlassten dreijährigen  Amtlosigkeit,  ward 
er  1799  wieder  in  s.  Stelle  eingesetzt, 
nachdem  ihm  kurz  zuvor  das  Lehramt  der 
Beredsamkeit  übertragen  worden.  Er 
schilderte  in  s.  Antrittsrede  die  Vortreff- 
lichkeit der  hebräischen  Poesie  zugleich 
mit  der  arabischen.  Schon  als  19jähriger 
Jüngling  hatte  dieser  grosse  Kanzelredner 
eine  Beschreibung  und  einen  Auszug  aus 
der  arabischen  Handschrift  des  Achmed 
Teifaschi  (eines  Aegyptiers  aus  dem  13. 
Jahrhundert)  „über  die  Edelsteine"  gege- 
ben. Die  gesammelten  Materialien  zur 
Herausgabe  des  ganzen  Werkes  wurden 
bei  der  Explosion  des  Pulverschiffes  zu 
Leyden  im  J.  1807,  die  überhaupt  den 
Wissenschaften  unersetzlichen  Schaden  zu- 
fügte ,  vernichtet.  In  der  Schreckensnacht 
nach  diesem  Unglück  w  ar  Rau  mit  dem 
vortrefflichen  Könige  Ludwig  unablässig 
beschäftigt,  das  Elend  der  Schlachtopfer 
eines  Jammerschauspiels  zu  lindern,  welches 
er  selbst  kein  Jahr  überlebte.  —  Als  Dich- 
ter machte  sich  Rau  vortheilhaft  bekannt 
durch  eine  Romanze  (eine  der  ersten  in 
der  holländischen  Sprache):  „Ewald  und 
Elise"  betitelt,  die  in  den  von  s.  Freunde 
B  e  1 1  a  m  y  herausgegebenen  „Proben  des 
Verstandes ,  Geschmacks  und  Herzens"  zu 
finden  ist;  durch  ein  Gedicht  voll  Feuer 
und  Kraft  auf  den  lateinischen  Odendich- 
ter  Sarbiewski*),     das   auch   K 1  e y n , 


*)  Sarbiewski  lebte  unter  Wladyslaw  IV. 
Regierung,  war  Beuedictiner  zu  PuUusk  und 
begab  sich ,  als  eiu  Bchou  berüJunter  lateini- 
scher Dichter,  nach  Rom  zur  Erweiterung  s. 
theologischen    Kenntnisse.      Seine     ersten    Ge- 


361 


Reaal 


Reaal 


362 


s.  Freund,  in  s.  Abhandluns;  über  das  Hir- 
tengedicht („Mnemosyne",  Th.  IV.  p.  10 
— 14)  gibt;  doch  vor  Allem  durch  einen 
gewählten,  feinen,  geläuterten  Geschmack 
aus  den  besten  Mustern  Palästina's,  Grie- 
chenland's,  Rom's,  Britannien's,  Frank- 
reich's  und  Deutschland's  geschöpft,  wo- 
von er  in  s.  herrlichen  Rede  zur  Verglei- 
chung  von  Hiob,  Homer  und  Ossi  an 
(1799  zu  Leyden  gehalten) ,  sowie  auch 
durch  eine  Nachahmung  der  Klagen  der 
Andromache  über  Hcctor,  aus  Ho- 
mer, in  lateinischen  Versen,  die  deutlich- 
sten Beweise  gab.  Vielleicht  trug  diese 
Vorliebe  für  die  Alten  etwas  zu  s.  Abnei- 
gung gegen  den  Zwang  zu  Reimen  bei, 
welche  die  Kunstrichter  der  niederländi- 
schen Poesie  aufdringen  wollten ;  in  einer 
zu  Utrecht  in  einem  Kreise  von  Freunden 
gehaltenen  Vorlesung  erklärte  er  sich  ge- 
gen diesen  Zwang,  doch  keineswegs  gegen 
den  Gebrauch  des  Reims. 

Reaal  (HI.)  —  Laurens  —  geb.  1583, 
war  der  Sohn  eines  angesehenen  Kaufman- 
nes und  Vorstehers  der  Kanuner:  in  Liebe 
blühend,  der  ihm,  dem  jüngsten  Sohne, 
eine  treffliche  Erziehung  gab.  In  s.  Ju- 
gend befreundete  er  sich  mit  einigen  der 
ausgezeichnetsten  Niederländer  jener  Zeit, 
nämlich  mit  s.  Schwager  und  Lehrer  Ar- 
min i  u  s .  mit  Oldenbarneveld,  dem 
jungen  Hooft  und  Anna  Visscher 
(später  auch  mit  Tesselschade).  Mit 
s  28.  Jahre  ward  er  nach  Indien  gesandt, 
um  die  noch  wenig  zahlreichen  Befestigun- 
gen und  die  eben  entstehende  Macht  der 
Niederländer  daselbst,  die  gegen  Spanien, 
Portugal  und  England  kämpfen  musste,  zu 
beschützen.  Er  wurde  als  General-Gou- 
verneur der  würdige  Vorgänger  von  Koen, 


dichte  waren :  „Lobgedicht  auf  den  Hetmanu 
Joh.  Karl  Chodkiewicz";  ,,üive9  Gale- 
8us"  (auf  den  von  Chodkiewicz  1621  er- 
fochtenen  Sieg  Lei  Chotim),  und  verschiedene 
Lieder.  IVach  Polen  zurückgekehrt,  wurde 
er  Prof.  der  Beredsamkeit  an  der  Akademie  zu 
VVilna ,  wo  er  1)  ,,Epithalamium"  auf  Fürst 
Albr.  Radziwil;  2)  ,, Idyllen"  und  einige 
,, Epigramme "  ;     3)     ,,Ad     Equites     Polonos" ; 

4)  ,, Glückwunsch  zu  Wladyslaw's  Thron- 
besteigung", dessen  Prediger  er  hierauf  wurde; 

5)  ,,Silviludia" ;  und  in  Prosa:  ,,de  acuto  et 
argnto";  ,,de  perfecta  poesi";  „de  Diis  gen- 
tium" schrieb. 

(Nach  dem  Polnischen  des  S  z  a  m  s  k  i  von  Otto.) 


dem  Gr.inder  von  Batavia  (1616),  wusste 
durch  umsichtiges  Benehmen  den  Frieden 
in  Indien  zu  bewahren,  und  Flotten,  mit 
reichen  Schätzen  beladen ,  nach  dem  Mut- 
terlande abzusenden.  Ohne  Eifersucht,  die 
nur  kleine  Geister  fühlen ,  diente  er  treu 
unter  s.  Nachfolger,  und  hatte  nicht  wenig 
Theil  an  der  Eroberung  von  Jacatra  f  1618), 
der  die  Erbauung  von  Batavia  folgte. 
1619  kam  er  nach  Amsterdam  zurück,  und 
ward  mit  Triumph  empfangen.  Doch  Ol- 
denbarneveld's  Partei,  der  er  zuge- 
than  war,  zog  den  Kürzern,  und  Reaal 
kam  ausser  Activität.  Bald  jedoch  lebten, 
besonders  in  Amsterdam,  politische  und 
religiöse  Freiheit  wieder  auf,  und  Reaal 
ward  1625  mit  einer  Flotte,  die  sich 
mit  der  englischen  vereinigen  sollte, 
gegen  die  Spanier  ausgesandt.  1626  ging 
er  als  Gesandter  nach  England  zur  ße- 
willkommnung  Karl's  I.,  ward  hierauf 
Director  der  ostindischen  Gesellschaft,  und 
Gesandter  in  Dänemark,  doch  bei  der  Rück- 
kehr durch  die  Oestreicher  gefangen  und 
nach  Wien  geführt.  Von  da  zurückgekehrt, 
wurde  er  noch  in  vielen,  die  Stadt  Am- 
sterdam und  das  Land  betreffenden  Ange- 
legenheiten gebraucht ,  wiewohl  er  als  ein 
ächter  Holländer  deshalb  nichts  destowe- 
niger  s.  Handlung  fortsetzte.  Erstarb  1637. 
Als  Freund  von  Hooft  und  Tessel- 
schade befand  er  sich  oft  in  dem  ausge- 
wählten Kreise  der  amsterdamer  Dichter, 
und  war  auch  selbst  Dichter,  der  all  das 
Charakteristische  dieser  Schule :  fliessendes 
Versmaass  und  Zartheit,  besass.  Seine  Ge- 
dichte sind  nie  gesammelt  und  auch  nicht 
zahlreich.  Auch  als  Naturforscher  besitzt 
Reaal  einige  Verdienste.  Man  hat  von 
ihm  ein  Büchelchen ,  betitelt :  „Bemerkun- 
gen oder  Erfahrungen  über  den  Magnet- 
stein und  die  magnetische  Kraft  der  Erde, 
von  dem  Herrn  Laurens  Reaal,  Rit- 
ter ,  ehemaligem  Obersten  von  Ostindien, 
und  nachherigem  Rath  und  Schoppen  der 
Stadt  Amsterdam",  Amst.  1651.  Dieses 
Werkchen  ist  äusserst  selten.  Es  enthält 
das  Vorzüglichste  von  Dem,  was  man  da- 
mals von  der  Wirkung  des  Magnets  und 
des  Compasses  wusste,  und  ausserdem  noch 
Anweisungen,  um  auf  langen  Seereisen  hier- 
auf bezügliche  neue  Untersuchungen  anzu- 
stellen. Prof.  Casp.  Bar  laus  hat  die- 
sem Buche  lateinische  Anmerkungen  hinzu- 
gefügt. (S.  Scheit  em  a,  Abh.  über  die- 
sen verdienstvollen  Niederländer  in  dessen 
„Vermischten   Schriften",    Th.    I.    St.    II. 


363 


Rees 


Reinwardt 


364 


p.  57 — 114.  Die  in  den  „Biograph,  nie- 
derl.  Männer  und  Frauen"  (Th.  X.  p.  76 
—  85)  enthaltene  Lebensbeschreibung  von 
Reaal  ist  sehr  mangelhaft,  indem  sie  nur 
über  s.  Obliegenheiten  in  Ostindien  han- 
delt. Ferner:  De  Vries,  „Gesch.  der 
niederl.  Dichtkunst",  Th.  I.  p.  120—125. 
Die  von  Reaal  noch  vorhandenen  Ge- 
dichte befinden  sich  in  der  schönen  Samm- 
lung: „Verschiedene  niederländische  Ge- 
dichte", 1651,  welche  mit  einer  von  Reaal 
gegebenen  Nachahmung  des  Janus  Se- 
en n  d  u  s  eröffnet  wird.  In  dem  Minnege- 
dicht war  Reaal  am  stärksten. 

Rees  (VI.)  —  .  .  .  Van  —  Professor 
zu  Lüttich,  Mathematiker. 

Reesema  ( vi. )  —  w.  A.  Van  — 
Advocat  zu  Rotterdam ,  schrieb  eine  mit 
Gold  gekrönte  „Abhandlung  über  den  Be- 
griff poetischer  Originalität",  welche  sich 
im  IV.  Theile  der  Werke  der  holländischen 
Gesellschaft  für  schöne  Künste  und  Wis- 
senschaften befindet. 

Reg^enbog^en  (VI.)  —  J.  H.  —  Pro- 
fessor der  Theologie  zu  Franeker,  später, 
seit  1812,  der  Geschichte  zu  Leyden,  wich 
in  s.  „Christlichen  Theologie"  und  in  s. 
„Kanzelreden"  in  verschiedenen  Punkten 
von  der  Lehre  der  Reformirten  ab,  ob- 
gleich noch  weit  entfernt  von  den  deut- 
schen Neologen.  Welche  schnellen 
Fortschritte  die  Toleranz  gemacht  hatte, 
sieht  man  daraus,  dass  Regenbogen, 
ungeachtet  s.  offenen  Lengnung  der  Erb- 
sünde ,  der  Versöhnung  in  dem  gewöhn- 
lichen Sinne ,  der  Dreieinigkeit  und  meh- 
rerer anderer  Hauptpunkte  des  kirchlichen 
Systems,  unbelästigt  blieb.  Sein  Ueber- 
tritt  zur  Geschichte  war  keineswegs  die 
Folge  von  Unannehmlichkeiten,  sondern 
der  von  Napoleon's  Willkühr  ausge- 
gangenen Aufhebung  der  friesischen  Uni- 
versität, und  vielleicht  seiner  schönen  la- 
teinischen Abhandlung  „über  die  Folgen 
der  Kreuzzüge",  die  nur  zu  spät  erschien, 
um  von  dem  pariser  Institut  an  die  Seite 
von  der  von  Heeren  gestellt  zu  werden. 

Reiffenberg^  (VI.)  —  F.  Baron  Van 
. —  aus  dem  Hennegau ,  Professor  der  Phi- 
losophie an  der  Universität  zu  Löwen, 
Mitglied  der  brüsseler  Akademie,  der  asia- 
tischen Gesellschaft  zu  Paris  und  der  ge- 
lehrten Gesellschaften  zu  Gent  und  Lüttich, 
ist  einer  der  ausgezeichnetsten  Gelehrten 
Belgiens,  der  sich,  obgleich  noch  jung, 
durch  viele  verdienstliche  Werke  bekannt 
gemacht  hat.     1821    erhielt   er  den  ersten 


Preis  für  s.  Abhandlung:  „Sur  l'etat  de 
la  population,  des  fabriques  et  manufactu- 
res  et  du  commerce  dans  les  Provinces  des 
Pays-Bas,  pendant  les  15.  et  16.  siecles", 
un  vol.  4.  Zwei  Jahre  später  erschien  von 
ihm:  „De  Justi  Lipsii  vita  et  scriptis 
Commentarius'^%  Brux.  1823,  1  vol.  4. 
1822  gab  er  das  Werk  von  Van  Der 
Vynckt,  „Fastes  Belgiques" ,  4  livrai- 
sons,  mit  einem  „Discours  preliminaire", 
u.  „Memoires"  des  Jacques  de  Clercq, 
mit  Anmerkungen  ,  Varianten  ,  Beilagen  u. 
noch  nicht  erschienenen  Urkunden  heraus. 
Als  französischer  Dichter  hat  Baron  von 
Reiffenberg  ein  Lustspiel:  „Les  Poli- 
tiques  du  Salon",  die  Schauspiele:  „Le 
siege  de  Corinthe",  nach  Lord  Byron; 
„Philippe  de  Bourgogne  ou  la  toison  d'or", 
welches  1821  auf  der  Bühne  erschien,  — 
die  Gedichte :  ,,Les  Harpes"  (einige  lyri- 
sche Gedichte) ;  „Le  Champ  Frederic" 
(Brux.  1823),  welches  sehr  gepriesen  wird ^ 
—  1822  u.  1823:  „L'ame  et  le  corps" 
(poeme)  ;  „Le  Chäteau  d'Orchies ,  nouvelle 
du  14.  Siecle";  „Epitres  ä  Talma"  u.  s.  w., 
sowie  noch  viele  Abhandlungen  in  verschie- 
denen Zeitschriften  und  in  den  ,,Le9ons  de 
litterature  et  de  morale"  von  Noel  ver- 
fasst.  Später  war  er  mit  einem  Trauer- 
spiele in  Versen:  „Le  Comtc  d'Egmond" 
beschäftigt,  welches  bereits  die  Presse  ver- 
lassen haben  muss. 

Reigfersberg^  (H-)  —  Jan  —  aus 
Cortgene,  schrieb  eine  1551  zu  Antwer- 
pen gedruckte  „Chronik  von  Zeeland", 
welche  hinsichtlich  des  Alters  von  Nieder- 
land ziemlich  frei  von  Fabeln  ist,  doch  kriti- 
sirt  ihn  VanDerDoes  streng  w egen  der 
noch  darin  vorkommenden  Märchen  und 
des  rauhen  Styls.  (S.  „Traj.  Eruditum", 
p.  383.) 

Reinwardt  (VI.)  —  G.  C.  —  Pro- 
fessor zuerst  zu  Harderwijk ,  dann  am 
Athenäum  zu  Amsterdam  und  endlich  zu 
Leyden,  ein  Mann  voll  Eifer  für  die  Wis- 
senschaften, wurde  1816  von  der  Regie- 
rung nach  Indien  gesandt,  um  auf  Java 
und  den  umliegenden  Inseln  aus  den  zahl- 
losen Merkwürdigkeiten  und  Erzeugnissen 
Materialien  für  die  Naturkunde  zu  sam- 
meln. Das  Resultat  s.  unermüdeten  Nach- 
forschungen übertraf  alle  Erwartung;  doch 
ein  femdliches  Geschick  schien  ihn  zu  ver- 
folgen, denn  drei  oder  vier  Sendungen 
kostbarer  Sachen ,  für  das  Vaterland  be- 
stimmt, gingen  in  den  Wellen  des  Meeres 
unter.     Allein  nichts  war  im  Stande,  Rein- 


365 


Reitz 


Rethaan 


366 


wardt  zu  entmuthigen ,  der  sogar  eine 
Reise  nach  den  kaum  beruhigten  Molukken 
wagte,  zu  einer  Zelt,  als  die  Cholera  in 
Indien  wüthete,  und  dessen  Eifer  zur  Un- 
tersuchung der  Vulkane  ihm  beinahe  das 
Loos  des  Plinius  bereitet  hätte.  Zu 
Ende  des  J.  1822  ward  s.  Rückkehr  nach 
Europa  angekündigt ,  und  im  Mai  1823 
trat  er  s.  Professur  in  Leyden  mit  einer 
Abhandlung  ,.über  die  Vortheile,  welche 
die  Kenntniss  von  Indien  für  die  Natur- 
geschichte ergeben  hat"',  an.  Diese  An- 
trittsrede erweckte  ein  feuriges  Verlangen 
nach  der  Erscheinung  der  reichen  Resul- 
tate s.  siebenjährigen  Aufenthalts  in  Indien, 
die  eine  der  interessantesten  Reisen  liefert, 
welche  jemals  unternommen  ward.  Früher 
schon  schrieb  Rein  wardt  für  die  na- 
turhistorische Gesellschaft  zu  Amsterdam 
Abhandlungen  ,,über  die  unwidersteh- 
liche Neigung,  welche  die  Naturforscher 
zu  ilirem  Studium  antreibt"  (aus  dem  La- 
teinischen) 5  „über  den  Vorzug  der  neuern 
Chemie  vor  der  altern" ;  „über  einige 
Denkmäler  des  Alters  der  Erde",  und  meh- 
rere andere,  welche  grösstentheils  in  dem 
„Allgemeinen  vaterländischen",  u.  ,, Neuen 
Allgemeinen  Magazin  für  Wissenschaft, 
Kunst  und  Geschmack"  zerstreut  sind. 

Reitz  (V.)  —  Willem  Otto  —  suchte 
in  einer  kleinen  Schrift:  ,,Belga  Graecis- 
sans"  (1730)  die  Uebereinstimmung  der 
griechischen  und  holländischen  Sprache  in 
vielen ,  oft  glücklichen ,  aber  auch  zuwei- 
len misglückten  Beispielen  zu  zeigen.  (S. 
Saxe,  „Onom."  in  voc) 

Reland  (IV.)  —  Pieter  —  Rechts- 
gelehrter und  Rathsglied  zu  Amsterdam, 
bearbeitete  vortrefflich  die  „Fasti  consu- 
lares"  zur  Erklärung  der  Gesetzbücher  der 
Kaiser  Theodosius  und  J  u s t i n i a n. 
Sein  berühmter  Bruder  Adrian  gab  die- 
ses Werk  nach  dem  frühen  Tode  des  Verf. 
heraus. 

Reland  (IV. )  —  Adriaan  —  Bruder 
des  Vorigen,  geb.  1676  an  der  Rijp  in 
Nordholland,  verliess  bereits  mit  s.  11. 
Jahre  die  lateinischen  Schulen ,  worauf  er 
auf  dem  Athenäum  zu  Amsterdam  unter 
Francius,  dann  zu  Utrecht  unter  Grä- 
vius,  Leusden  und  Witsen,  und  zu 
Leyden  studirte  unter  Spanheim.  Hier- 
auf war  er  Hofmeister  der  jungen  Gräfin 
von  Portland,  und  erhielt  einen  Ruf  für 
Philosophie  u.  orientalische  Sprachen  nacli 
Lingen ,  den  er  aber  ablehnte.  1700  ward 
er  an  die  Universität  zu  Hardcrwijk,  1703 


nach  Utrecht  berufen,  wo  er  mit  allgemei- 
nem Beifall  orientalische  Sprachen  und  Ar- 
chäologie lehrte,  u.,  nachdem  er  einen  Ruf 
nach  Franeker  und  sogar  nach  Leyden  ab- 
gelehnt hatte.  1718  an  den  Blattern  starb. 

—  In  s.  Antrittsrede  sprach  er  über  einen 
damals  noch  wenig  behandelten  Gegen- 
stand: die  persische  Sprache.  1702 
u.  1703  gab  er  „Analecta  Rabbinica" 
(Traject.),  —  1709  „Dissertationes  V  de 
nummis  veterum  Hebraeorum"  caet. ,  — 
1717  das  vortreffliche  Werk:  „De  Reli- 
gione  Muhamedica  L.  IV.",  wodurch  man 
den  so  lange  verkannten  arabischen  Ge- 
setzgeber auch  von  der  guten  Seite  ken- 
nen lernte,  und  worauf  Säle  und  andere 
Koransausleger  fortbauten,  —  ausserdem 
eine  Menge  philologische,  geographische 
und  historische  Sachen,  —  „Dissertationes 
miscellaneae"  (Traj.  1706  —  1708,  III. 
Vol.  8.),  wovon  die  8.  u,  9.  des  II.  Thei- 
les :  ,,De  Lingua  Persica  (1701)  ,  de  Re- 
Hquiis  vet.  Ling.  Pers.  et  de  Persicis  vo- 
cabnlls  Talmudis"  handeln,  —  1710  eine 
„Einleitung  in  die  hebräische  Sprachlehre", 

—  1708  „Antiquitates  Sacrae  vet.  Hebraeo- 
rum", und  1714  s.  „Palästina"  heraus,  ein 
Meisterwerk  von  Gelehrsamkeit  u.  Scharf- 
sinn, worin  Alles,  was  sich  auf  die  Lage 
und  Denkmäler  des  jüdischen  Landes  be- 
zieht, mit  vieler  Kritik  auseinandergesetzt 
wird.  Ausserdem  bearbeitete  er  das  ,,Chro- 
nlcon  Samarltanum",  von  den  Samaritern 
das  Buch  Josua  genannt,  und  begleitete 
es  mit  einer  lateinischen  Uebersetzung. 
Seine  1701  erschienene  ,,Galatea",  ein  Mei- 
sterstück ,  wodurch  er  (wie  klein  es  auch 
ist)  sich  eben  so  viel  Ruhm  erwarb ,  als 
durch  s.  Schriften  über  die  orientalische 
Literatur,  Ist  ein  in  dreizehn  Elegien  ver- 
fasstes  lateinisches  Gedicht,  welches  ganz 
das  dolce  far  niente  des  TIbull  (beson- 
ders in  der  dritten  Elegie)  athmete.  Sie 
ward  mehrmals  ohne  Wissen  des  Dichters, 
und  unlängst  durch  Bosse  ha  herausgege- 
ben. Eine  Sammlung  s.  Hochzelts-,  lyri- 
schen ,  satyrischen  und  vermischten  Ge- 
dichte erschien  unter  dem  Titel:  „A.  Re- 
land, Poeraata,  quae  hactenus  reperiri 
poterant  curante  A.  Perrenot",  Traj.  ad 
Rhen.  1748.  (S.  Burmanni,  „Traject. 
Erudit.",  p.  294.) 

Bemaclus  (IL)  —  •  •  •  —  lateinischer 
Dichter  aus  Florennes  in  den  Ardennen. 

Rethaan  (IV.)  —  Anna  —  aus  Mld- 
delburg,  Tochter  des  Pensionär  von  Tho- 
len  und  Gattin   des  Griffier  der  Admirall- 


36t 


Reuvens 


Rietberg 


368 


tat,  Radaus,  gest.  1729  in  ihrem  46sten 
Jahre,  schrieb  einige  „erbauliche  Gedichte", 
welche  1730  von  ihrem  Schwiegersohne  P. 
Boddaert  herausgegeben  wurden, 

Reuvens  (VI.)  —  C.  J.  C.  —  Pro- 
fessor zu  Harderxvijk  und  später  zu  Ley- 
den,  ein  Schüler  des  Van  Lennep, 
machte  sich  als  Archäolog  uud  1813  durch 
„CoUectanea  literaria",  meist  Conjecturen 
über  lateinische  Schauspieldichter,  bekannt. 

Reviits  (III.)  —  Jacob  —  geb.  1587 
zu  Deventer ,  Prediger  daselbst  und  Vor- 
steher des  Staats-Collegiums  zu  Leyden, 
gest.  1659,  gab  „Overysselsche  Gedichte 
und  Lieder",  und  eine  bis  1641  laufende 
„Beschreibung  von  Deventer",  welche  viel 
für  die  Erläuterung  der  overysselschenAl- 
terthümer  Wichtiges  enthält. 

Beyd  (HI.)  —  Everard  Van  ■ —  geb. 
um  1550  zu  Deventer,  gest.  1602,  Rath 
der  Grafen  J  0  h  a  n  n  von  Nassau,  Statt- 
halters von  Geldern ,  und  Wilhelm  Lud- 
wig von  Friesland,  lieferte  wichtige  Bei- 
träge zur  Geschichte  \on  Geldern  und 
Friesland  in  s.  Werke :  „Ursprung  und 
Fortgang  der  niederländischen  Kriege  u. 
s.  w.  seit  dem  J.  1566  bis  1602",  Amst. 
1626,  4.,  verkürzt  bis  1583,  doch  aus- 
führlicher von  da  bis  1601  herausgegeben 
von  J.  und  F.  Van  Den  Sande,  und 
fortgesetzt  von  Ersterem,  Löwen  1650  u. 
öfter.  Obgleich  auch  nicht  unparteiischer 
als  Van  Meteren,  ist  jedoch  Reyd's 
Styl  lebendiger,  als  der  von  Bor  und  so- 
gar von  Van  Meteren.  Dionysius 
V  o  s  s  i  u  s  gab  eine  lateinische  Uebersetzung 
von  diesem  Werke.  (S.  Wagenaar, 
„Vaterl.  Geschichte",  Th.  VI.  Vorrede 
p.  VII.) 

Rbala  (VI.)  —  Hendrik  Jan  —  geb. 
1591 ,  gest.  1640 ,  verband  mit  dem  Stu- 
dium der  Beredsamkeit  u.  Alterthumskunde 
das  der  Jurisprudenz. 

Rhenferd  (V.)  —  Jacob  —  geb.  1654 
zu  Mühlheim  am  Rhein,  Schüler  u.  Freund 
Alting's  zu  Groningen,  hierauf  Rector 
zu  Franeker,  legte  sich  auf  das  Hebräische, 
llabbinische  und  die  verwandten  Sprachen, 
und  unterhielt  zu  diesem  Zweck  sogar  ei- 
nen Rabbiner  aus  Amsterdam.  1682  wurde 
er  Professor  der  hebräischen  Sprache  zu 
Amsterdam,  und  starb  1712.  Er  gab  meh- 
rere Werke  über  die  hebräische  Sprache 
«md  Alterthümer,  welche  sich  in  V r le- 
rn oet's  ,,Athenae  Frisiacae"  (p.  641  — 
649)   angegeben     finden,     so   wie   „Opera 


philologica"  (Traj.  1722),  worin  das  „Pe- 
riculum  Palmyrenuro  et  Phoenicium"  heraus. 
Rlioer  (VI.)  —  Jacob  —  geb.  1723, 
gest.  1813,  Professor  seit  1745  am  Athe- 
näum zu  Deventer,  und  nach  1767  an  der 
Universität  zu  Groningen ,  war  die  Haupt- 
stütze der  gröninger  Gesellschaft :  Pro 
excolendo  jure  patrio,  und  gab  ver- 
schiedene antiquarische  Abhandlungen  und 
Reden,  nämlich:  ,,Otium  Daventriense  sive 
selecta  de  teraplis  Romanorum"  caet.  De- 
ventr.  1762, —  „Oratio  de  fructu,  qui  ex 
antiquitatis  studio  in  omne  doctrinarum 
genus  redit",  Groning.  1770,  4.,  —  „Dis- 
(juisitio  de  Dorestado  Batavorum,  a  Nor- 
mannis  vexato  ac  direpto"  (gegen  H  u  y  - 
decoper),  —  ferner  Reden  auf  die  Zeit- 
umstände (den  Tod  Wilhelm  IV.  und 
der  Frau  Statthalterin),  so  wie  eine 
Ausgabe  des  Porphyrius:  „über  die 
Enthaltung  von  Fleischspeisen"  heraus. 
Ausserdem  machte  er  sich  als  lateinischer 
Dichter,  so  wie  als  Bearbeiter  des  alten 
deutschen  Landrechts  bekannt.  (S. 
Saxii  „Onomast.",  T.  VII [,  p.  75  —  77, 
wo  s.  Schriften  angegeben  sind.) 

Rhoer  (VI)  -  C.  W.  De  —  Pro- 
fessor der  Geschichte  und  Literatur  zu 
Hardcrwijk,  hierauf  der  Rechte  zu  Utrecht, 
gest.  1820,  brach  die  Bahn,  um  die  Ge- 
schichte pragmatisch  und  philosophisch  zu 
behandeln,  wobei  ihm  Voltaire's,  Mon- 
tesquieu's,  Hume's  und  G  i  b  b  o  n '  s 
Schriften  zum  Leitfaden  dienten.  Er  schrieb 
eine  Abhandlung  „über  den  Einfluss  des 
Christenthums  auf  das  röm.  Recht".  Van 
H  e  u  s  d  e  n  gab  bei  Stiftung  der  utrechter 
Gesellschaft  1821  eine,  später  auch  ge- 
druckte ,  Lobrede  auf  ihn. 

Riemer  (V.)  —  J.  De  —  verfasste 
eine  ..Beschreibung  von  dem  Haag". 

Rienks  (VI.)  —  ...  —  verfertigte 
mit  Roeiofs,  obgleich  Beide  aus  dem 
Bauernstande,  vollständige  Tele- 
skope. Das  jetzt  zu  Leyden  aufgestellte 
grosse  Teleskop ,  14  Fuss  lang  und  21  Zoll 
breit ,  für  welches  ein  besonderes  Zimmer 
gebaut  werden  niusste ,  scheint  nach  dem 
Urtheile  von  Kunstverständigen  der  Voll- 
kommenheit noch  näher  zu  kommen ,  als 
das  berühmte ,  vierzig  Fuss  lange  von 
Herschel.  Selbst  Könige  und  Fürsten 
besuchten  das  Atelier  dieser  beiden,  we- 
niger gebildeten,  aber  durch  die  Natur  zu 
Künstlern  bestimmten  Genies. 

Rietlierg  (VI.)  —  .  .  ,  Vau  —  zu 


369 


Rio 


Rogers 


370 


ZwoUe,  der  würdige  Schüler  des  Feith, 
besang  „das  Glück  der  Liebe". 

Rio  (III.)  —  ...  Del  —  geb.  1551  zu 
Antwerpen ,  studirte  zuerst  zu  Paris  Rhe- 
torik und  Philosophie,  zu  Douai  und  Lö- 
wen die  Rechte,  und  ward  zu  Salamanca 
Dr.  der  Rechte.  Hierauf  ward  er  Rath 
von  Brabant,  Intendant  der  spanischen 
Armee.  1580  trat  er  zu  Valladolid  in  den 
Orden  der  Jesuiten,  und  lehrte  zu  Löwen, 
Douai,  Lüttich,  Metz,  Grätz  und  Sala- 
manca Philosophie,  Philologie  und  Theo- 
logie. Erst  57  Jahre  alt  starb  Del  Rio 
zu  Löwen  am  Steine.  Er  sprach  neun 
Sprachen,  schrieb  Anmerkungen  zu  S  a- 
lomon's  „hohem  Liede",  zu  den  „Klage- 
liedern" des  Jeremias,  Anmerkungen  zu 
So  1  in  US  und  einige  juristische  Werke. 
Man  rühmt  s.  ausserordentliche  Massigkeit, 
indem  er  des  Morgens  früh  nur  ein  Stück 
in  Wein  getauchtes  Brod  zu  sich  nahm, 
dann  den  ganzen  Tag  auf  s.  Studirzimraer 
zubrachte,  und  sich  des  Abends  mit  Mühe 
überreden  Hess ,  etwas  zu  geniessen. 

Robertson  (VI.)  —  ...  —  der  in 
ganz  Europa  bekannte  Naturforscher  zu 
Lüttich. 

Roell  (IV.)  —  Herman  Alexander  — 
geb.  1653  bei  Unna  in  der  Grafschaft 
Mark  ,  war  zu  Groningen  ein  Schüler  von 
A 1 1  i  n  g ,  doch  die  französischen  Waffen 
vertrieben  ihn  von  hier,  wie  früher  von 
Utrecht,  und  er  kehrte  erst  1676  nach 
verschiedenen  Reisen  nach  Niederland  zu- 
rück. Als  er  hierauf  zu  Leyden  Span- 
heim  gehört,  begab  er  sich  wieder  nach 
Deutschland ,  lebte  zu  Hervond  und  Bre- 
men ,  und  ward  1680  als  Hofprediger  der 
Prinzessin  Wittwe  Wilhelm  Fried  rieh's 
von  Nassau  nach  Leeuwarden  berufen. 
Als  diese  Fürstin  gestorben  war,  erhielt 
er  einen  Ruf  als  Prediger  nach  Deventer 
(1682),  als  Prof.  der  Philosophie  und  Theo- 
logie nach  Franeker  (1685)  und  der  Theo- 
logie nach  Utrecht  (1704) ,  wo  er  bis  zu 
s.  Tode  (1718)  blieb.  Seine  akademische 
Rede  zu  Franeker:  „über  den  natürlichen 
Gottesdienst",  welche  später  als  Abhand- 
lung im  Druck  erschien,  und  eine  darauf 
gegründete  Dissertation  von  G.  W.  Duk- 
k  e  r ,  veranlasste  den  berühmten  Rechts- 
gelehrten, s.  CoUegen,  Ulrik  Huber, 
ihm  den  freien  Gebrauch  der  Rede  in  Sa- 
chen der  Religion  streitig  zu  machen. 
Heftiger  war  jedoch  der  folgende  Streit: 
über  die  Zeugung  des  Sohnes  Got- 
tes,  ein  Streitpunkt,    worüber  in  dem  4. 


und  5.  Jahrhundert  des  Christenthums  schon 
so  viel  Blut  geflossen  war,  und  der  der 
Lehre  Moh  amme  d's,  zum  Unheil  für  die 
Menschheit,  so  viele  Anhänger  gewonnen 
hatte.  Prof.  Vitringa  zu  Franeker  er- 
neuerte diesen  Streit.  Roell  hatte  über 
diesen  schweren  Punkt,  nach  s.  Ansicht, 
eine  Schrift  herausgegeben.  Sowohl  s. 
früher  geäusserten  Ideen  über  den  Ge- 
brauch der  Rede  in  der  Religion ,  als  diese 
über  die  Zeugung  von  Gottes  Sohn  schei- 
nen aus  demCartesianischen  Lehrsatz: 
dass  nichts  für  wahr  anzunehmen 
ist,  als  Das,  was  man  klar  und 
deutlich  einsieht,  entsprossen  zusein. 
Der  Streit  begann  1689,  und  1691  ward 
Roell,  von  höherer  Hand,  in  Betreff  s. 
Meinung  Stillschweigen  auferlegt;  und  da- 
mit diese  Lehrsätze  nicht  weiter  in  Hol- 
land um  sich  griffen  ,  mussten  junge  Pre- 
diger vor  ihrem  Amtsantritt  gewisser- 
massen  R  o  e  1 1 '  s  Meinung  abschwören. 
(S.  Saxii  „Onomast."  T.  V.  p.  942. 
Burman,  „Traj.  Erud.",  p.  306—312. 
Vriemoet,  „Athen.  Frisiacae" ,  p.  620, 
656  —  671.  Mosheim,  „Institut.  Hist. 
Eccles."  Saec.  XVII.  Sect.  II.  Part.  2. 
§.  33,  34,  p.  986.) 

Roelofs  (VI.)  — Arien—  S.  Rienks. 

Roest  (VI.)  —  Jan  Van  Der  —  re- 
formirter  Prediger  zu  Haarlem  ,  gest.  1814, 
ein  berühmter  Kanzelredner,  dessen  Styl 
ungemein  gebildet  und  wohllautend  war, 
der  in  einem  hohen  Grade  Dasjenige  be- 
sass ,  was  die  Kirche  Salbung  nennt :  ein 
lebendiges  Gefühl  für  das  Wahre ,  Noth- 
wendige  und  Schöne  des  Gottesdienstes, 
das  er  auch  Andern  einzuflössen  wusste. 
Durchdrungen  von  den  Schönheiten  der 
alten  und  spätem  classischen  Dichter  und 
Prosaisten,  benutzte  er  dieselben  für  den 
Gottesdienst ,  dem  er  sich  von  ganzem  Her- 
zen widmete.  Nachsichtig  gegen  Alle, 
streng  nur  gegen  sich  selbst,  war  Van 
Der  Roest  das  Muster  eines  gewissen- 
haften Christen.  Seine  Reden  über  merk- 
würdige Todesfälle,  die  von  ihm  bei  Ge- 
legenheit eigener  häuslicher  Unglücksfälle 
gehalten  wurden ,  und  die  „über  die  Freu- 
den der  Religion"  (Haarlem  1805,  1806, 
2  Theile)  sind  besonders  geeignet ,  um  den 
Gottesdienst  nur  von  s.  liebenswürdigen 
Seite  kennen  zu  lernen  und  innige  Theil- 
nahme  dafür  zu  erwecken. 

Rogers  (I.)  — ■  ...  —  französischer 
Minnedichter  des  13.  Jahrhunderts,  der  zu 
Kara^rijk  lebte. 


3T1 


Roggeveen 


Rotgans 


372 


Vtoggeveen  (V.)  —  ...  —  Entdecker 
der  Oster-  und  anderer  Inseln  der  Südsee, 
im  J.  1721  u.  1722. 

Roix  (I.)  —  ...  —  flämischer  Dichter 
aus  Kamerijk ,  lebte  zu  Anfang  des  14. 
Jahrhunderts ,  und  verfasste  ein  gegen  die 
geistlichen  Orden  gerichtetes  Gedicht, 

Bondeau  (V.)  —  ...  Du  —  schrieb 
in  flämischer  Sprache  über  den  Zustand 
der  belgischen  Völker  vor  dem  7.  Jahr- 
hundert, in  Beziehung  auf  Tracht,  Sprache, 
Ackerbau ,  Handel ,  Gelehrsamkeit  und 
Wissenschaften. 

Boonliuizen  (IV.)  —  R.  —  geschick- 
ter Chirurg,  der  eine  verbesserte  Methode 
zur  Heilung  der  Haasenscharte  angab. 

Botg'ans  (IV.)  —  Lucas  —  aus  Am- 
sterdam, führte,  wie  Broekhuizen,  je- 
doch kürzere  Zeit ,  die  Waff"en  für  s.  Va- 
terland. Schon  1674,  in  einem  Alter  von 
29  Jahren,  zog  er  sich  auf  ein  Landgut  an 
der  Vecht  zurück,  wo  er'  1710  an  den 
Blattern  starb.  Statt  unter  Wilhelm 's 
Fahnen  zu  fechten,  beschloss  er,  ihn  in 
einem  Heldengedichte  zu  verherrlichen. 
Wie  konnte  dies  ihm  aber  glücken,  einen 
noch  lebenden  Fürsten  in  dem  luftigen 
Nebelgewande  der  Fabel,  worin  der  Held 
eines  epischen  Gedichts  schweben  muss, 
darzustellen?  Gleichwohl  kannte  Rotgans 
die  Regeln  desselben.  Um  die  Einheit  der 
Handlung,  nämlich  die  Befreiung  England's 
durch  Wilhelm  III.,  zu  bewahren,  be- 
ginnt er  s.  Gedicht  mit  der  Vermählung 
des  Prinzen  mit  der  englischen  Prinzessin, 
bei  welcher  Gelegenheit  er  (nach  der  Ma- 
nier der  Alten)  die  frühern  Thaten  des 
Helden,  namentlich  die  Befreiung  Nieder- 
land's,  durch  Einen  aus  des  Prinzen  Ge- 
folge, den  Grafen  von  Bentinck,  den 
anwesenden  Hochzeitsgästen,  auf  ihr  Be- 
gehr, erzählen  lässt.  Das  S.  Buch  enthält 
die  Rückreise  Wilhelm's  nach  Holland, 
dessen  weitere  Kriegsthaten  und  den  Frie- 
den von  Nimw  egen ,  der  durch  die  Kriegs- 
göttin gebrochen  wird,  welche  die  Furien 
zur  Religions Verfolgung  aufruft.  Die  Re- 
ligion, als  eine  Frau  dargestellt,  kommt 
aus  England  herüber ,  um  Niederland  und 
König  Wilhelm  um  Hülfe  anzuflehen, 
die  auch  bewilligt  wird.  Wilhelm  geht 
mit  einer  Flotte  nach  England ,  wird  mit 
Jubel  empfangen,  als  König  anerkannt, 
und  hiermit  endigt  der  er.ste  Theil  des  Ge- 
dichts. Der  zweite  Theil ,  welcher  den 
Krieg  bis  zum  ryswicker  Frieden  enthält, 
erscheint  schwächer.     Man  sieht,  dass  der 


Dichter,  wie  Voltaire,  allegorische  We- 
sen zur  übernatürlichen  Maschinerie  s.  Ge- 
dichts wählt;  doch  ausserdem  ist  er  auch 
sehr  freigebig  mit  Göttern  und  Göttinnen 
aus  dem  griechischen  Alterthume,  die  sich, 
wie  bei  Camoens,  christlichen  Begriffen 
nähern.  Schon  in  dem  ersten  Zuge  nach 
England  wird  der  Held  des  Protestantis- 
mus (denn  als  solcher  kommt  er  in  dem 
ganzen  Gedichte  vor)  von  den  Meeresgöt- 
tern begrüsst.  Galathea  redet  von  ih- 
rer unglücklichen  Liebe,  und  wünscht  ihm 
von  Herzen  eine  glücklichere;  auch  die 
Flussgöttin  der  Themse  ,  prächtig  ge- 
schmückt, kommt  ihm  huldigend  entgegen; 
doch  während  der  Held  schläft,  erzählt 
sie  ihren  Nymphen  die  Seeschlachten  zwi- 
schen Niederland  und  England  mit  Frank- 
reich, von  1672  u.  1673,  die  so  furchtbar 
den  Ocean  in  Aufruhr  bringen,  dass  The- 
tis  erbleicht,  Neptun  der  Dreizack  ent- 
fällt, und  dieser  (wiewohl  vergebens)  die 
streitenden  Parteien  zum  Frieden  ermahnt, 
aber  voraussagt,  dass  dieser  dennoch  einst 
auf  diesen  Fluthen  geschlossen  werden,  je- 
doch DeRuiter  im  Kampfe  gegen  Frank- 
reich den  Heldentod  finden  wird.  Auch 
Vulcan  und  Mars  treten  nach  einander 
—  mit  dem  Engel  Michael  auf.  Im  6. 
Buche  erscheint  die  Freiheit  dem  Kö- 
nige, um  ihn  zur  Aufhebung  der  Belage- 
rung von  Limerlk  zu  bewegen.  Aller  die- 
ser Kunstgriffe  bedurfte  der  Dichter,  um 
bei  der  Bewahrung  der  Einheit,  zugleich 
alle  die  Thaten  s.  Helden  zu  verherrlichen, 
und  in  das  vortheilhafteste  Licht  zu  stel- 
len. Doch  eben  dieses  Bestreben ,  die  re- 
denden Flussgöttinnen  und  andere  unbe- 
kannte oder  scheinbar  allegorische  Wesen, 
machen  die  Handlung  kalt ,  und  der  Con- 
trast  zsvischen  den  idealen  Wesen  und  den 
wirklich  vorgefallenen  Ereignissen,  welche 
sie  verherrlichen  mussten,  war  bei  Rot- 
gans Lesern  natürlich  stärker  als  bei 
uns ,  die  wir  durch  mehr  als  ein  Jahrhun- 
dert von  Wilhelm  III.  getrennt  sind.  — 
Ausser  diesem  Heldengedicht  (dem  regel- 
mässigsten  zuverlässig ,  welches  Niederland 
besitzt)  verfasste  Rotgaus  die  Trauer- 
spiele: ,,.Aeneas  und  Turnus",  und 
„Scylla",  die  sich  beide  lange  auf  der 
amsterdamer  Bühne  hielten  und  wesent- 
liche Verdienste  haben.  Van  Effen  er- 
hebt sie  in  dem  „Holländischen  Zuschauer" 
wegen  ihi'er  Regelmässigkeit^  Wahrschein- 
lichkeit und  steigenden  Interesses  bis  zum 
Schluss   des    Stückes   selbst   über  die  von 


373 


Rouveroy 


Ruhnkenius 


374 


Vondel,  ja  er  sagt  sogar  (daselbst  im 
1.  Th.  p.  309),  dass  Holland  (im  J.  1732) 
noch  keine  andern  Originaltragödien  be- 
sass ,  die  diese  Vorzüge  in  sich  vereinig- 
ten. Vielleicht  nicht  minder  war  R  o  t  g  a  n  s 
tur  die  Bearbeitung  des  Lustspiels  geeig- 
net; wenigstens  hat  er  sich  in  s.  „Bauern- 
kirmess"  als  einen  vollkommenen  Kenner 
und  treuen  Schilderer  der  Sitten  des  Pö- 
bels in  dessen  lärmenden  Ergötzungen  ge- 
zeigt. Als  lyrischer  Dichter  hat  er  sich 
durch  s.  Sittenlehren  aus  alten  Dich- 
tungen bekannt  gemacht.  Von  s.  „mis- 
glückten Königsmord"  hat  De  V r i e s  eine 
Probe  mitgetheilt.  Sein  „Heldengedicht 
auf  Wilhelm  HI."  erschien  1710,  die 
übrigen  s.  Gedichte  in  einem  Bande.  Rot- 
gans, dessen  Verse  fliessend  und  wohl- 
lautend sind,  war  ein  sehr  verdienstlicher 
Dichter,  der  das  17.  Jahrhundert  mit  Glanz 
beschloss  und  der  Regierung  Wilhelm  HI. 
zur  Zierde  gereichte. 

Rouveroy  (VI.)  —  ...  —  zu  Lüt- 
tich, schrieb  einige  „Fabeln"  in  französi- 
scher Sprache. 

Rover  (V.)  —  Matthias  —  Gelehrter 
zu  Delft,  gab  1736  den  griechischen  Dich- 
ter Mus  aus,  und  1739  (L.  B. )  einige 
verbesserte  juristische  Stellen  und  Frag- 
mente heraus.  Seine  schöne  und  berühmte 
Bibliothek,  die  er  selten  verliess,  wurde 
1806  zu  Leyden  öffentlich  verkauft. 

Roy  (V.)  —  ...  Le  —  geb.  1633  zu 
Brüssel,  gest.  1719,  war  Reichsbaron,  und 
verfasste:  Ortsbeschreibungen  von 
Antwerpen  u.  Brabant ,  von  den  Schlössern 
der  Adeligen  und  ein  sog.  „Th^ätre  pro- 
fane von  Brabant"  (1730,  2  Theile).  Seine 
„  Brabantica"  erschienen  1692,  und  die 
„Castella  et  praetoria  nobilium",  1696  Fol. 

Roijen  (V.)  —  Adriaan  Van  —  Pro- 
fessor der  Medicin  zu  Leyden,  schrieb  la- 
teinische Gedichte,  worunter  s.  „Connubia 
Plantaium" ,  eine  Beschreibung  der  erst 
im  18.  Jahrhundert  entdeckten  Geschlechts- 
theile  und  Fortpflanzungsweise  der  Blu- 
men ,  sich  auszeichnen.  Diese  Sammlung 
enthält  noch  andere  auf  s.  Fach  bezügli- 
che Gedichte ,  so  wie  auch  ein  Jubellied 
auf  die  zweite  Säcularfeier  der  leydener 
Universität. 

Ruardi  (VL)  —  Johannes  —  Schüler 
des  Valckenaer,  zuerst  Rector,  dann 
Professor  zu  Deventer  und  hierauf  zu  Gro- 
ningen, hielt  1771  zu  Deventer  eine  Rede 
über  die  „Römische  Geschichte,  als  Schule 
der  Politik",   besang  1772  die  Geburt  des 


Erbprinzen,  gegenwärtigen  Königs,  in  la- 
teinischen Versen,  und  feierte  1779  das 
zweite  Säcularfest  der  Union  von  Utrecht 
in  einer  Rede.  Bei  s.  Antritt  zu  Gronin- 
gen (1781)  sprach  er  „über  die  aus  dem 
Quell  des  gelehrten  Alterthums  zu  schö- 
pfenden schönen  Künste  und  Wissenschaf- 
ten". (S.  über  ihn  :  .,Saxii  „Onomast.", 
Vol.  VHL,  p.  327,  328.  Wyttenbach, 
„Bibl.  Critic",  V.  IL,  P.  III.  p.  72—90. 
Peerlkamp,  Praefat.  in  edit.  Xenophon- 
tis  Ephesii.) 

Rubus  (III.)  —  Joannes  —  (D  e  B  u i  s- 
s  o  n)  schrieb  eine  „Harmonie  der  Evan- 
gelisten", welche  von  D'Arn  aud  inFrank- 
reich herausgegeben  wurde. 

Rüeker  (V.)  —  Johan  Conrad  — 
geb.  1702  zu  Windsheim,  gest.  1778,  Pro- 
fessor der  Rechte  zu  Leyden ,  und 

Rücker  (V.)  —  Johan  Gerard  Chri- 
stiaan  —  geb.  1722,  gest.  1780,  Professor 
der  Rechte  zuerst  zu  Groningen,  dann 
zu  Utrecht,  machte  sich  durch  Abhand- 
lungen über  einzelne  Punkte  des  Rom. 
Rechts  bekannt. 

Rue  (V.)  —  Pieter  De  La  —  Ver- 
fasser folgender  in  diesem  Werke  oft  als 
Quelle  angeführten  Werke:  „Gelehrtes 
Zeel  and,  in  drei  Abtheilungen,  welche 
die  Schriftsteller,  Gelehrten  und  Künstler 
aus  Middelburg  mit  den  Biographien  der 
vorzüglichsten  unter  denselben  enthalten" 
(Middelburg  1734);  und  „Politisches 
und  heroisches  Zeeland,  in  zwei  Ab- 
theilungen ,  welche  die  berühmtesten  dar- 
aus hervorgegangenen  Staats  -  und  Kriegs- 
männer enthalten".  De  La  Rue  maasst 
sich  selten  ein  Urtheil,  am  wenigsten  ein 
ungünstiges  Urtheil  über  s.  Helden  an, 
sondern  führt  vielmehr  nur  deren  Lebens- 
umstände und  das  Lob  von  Andern  an. 
Hierbei  legt  er  jedoch  sehr  viel  Fleiss  u. 
Belesenheit  an  den  Tag,  und  schwerlich 
dürfte  darin  irgend  ein  berühmter  Zee- 
länder  s.  Ausführlichkeit  entgangen  sein. 
Ueber  die  unglücklichen  Lebensumstände 
dieses  Schriftstellers,  der  in  noch  wenig 
vorgerückten  Jahren  verrückt  ward ,  sehe 
man  Lambr ech tsen,  in  den  spätem 
Werken  der  Zeeländischen  Gesellschaft 
der  Wissenschaften. 

Rubnkenius  (V.)  —  David  —  geb. 
1723  zu  Stolpe,  war  zum  Prediger  be- 
stimmt, und  studirte  zu  Königsberg  und 
Wittenberg.  Hier  rieth  ihm  Ernesti, 
unter  Hemsterhuis  zu  Leyden  s.  Stu- 
dien fortzusetzen.     1743  daselbst  angekom- 


375 


Ruhnkenius 


Ruhnkenius 


376 


men,  ward  er  bald  der  Freund  und  Günst- 
ling dieses  Professors,  und  durch  ihn  mit 
Alberti  bekannt,  der  von  ihm  für  seine 
Ausgabe  des  Hesychius  nicht  wenig 
Nutzen  zog,  welche  Ausgabe  er  nach  Al- 
berti's  Tode  mit  einem  2.  Theile  been- 
digte. Ruhnkenius  war,  ungeachtet  s. 
grossen  Gelehrsamkeit ,  keineswegs  Pe- 
dant, sondern  ein  sehr  humaner,  geselli- 
ger Mann.  Hemsterhuis  war  bemüht, 
fhn  durch  eine  Professur  an  Holland  zu 
fesseln ,  welches  jedoch  wegen  des  dama- 
ligen Ueberflusses  an  grossen  Gelehrten 
sehr  schwierig  war.  Auf  den  Rath  s. 
Lehrers  legte  er  sich  auf  Jurisprudenz ,  u. 
1752  gab  er  einen  Beweis  s.  Kenntnisse 
in  diesem  Fache  durch  die  Uebersetzung 
und  Erläuterung  einer  griechischen  Erklä- 
rung der  Pandekten.  Von  s.  literarischen 
Studien  hatte  er  bereits  1749  u.  1751 
eine  glänzende  Probe  durch  zwei  „Episto- 
lae  criticae" ,  den  ersten  an  s.  Commilito 
Valckenaer,  über  Stellen  in  den  Hym- 
nen von  Homer  u.  Hesiod,  den  andern 
an  s.  alten  Freund  Ernesti,  über  Cal- 
limachus  und  Apollonius  Rhodius 
geliefert.  Hierauf  folgte  die  Ausgabe  des 
Wörterbuches  von  Timäus  zu  Plato, 
mit  interessanten  Anmerkungen.  Ruhn- 
kenius hatte  nun  10  Jahre  in  Holland 
gewohnt,  und  war  mit  Land  und  Bewoh- 
nern so  vertraut  geworden ,  dass  er  die 
Einladung  s.  deutschen  Freunde,  die  ihm 
mit  Zuversicht  einen  seiner  würdigen  Po- 
sten versprachen ,  ablehnte.  Nach  einer 
Reise  nach  Paris  (1755),  die  ihm  Gele- 
genheit verschaffte ,  aus  den  dasigen  Bi- 
bliotheken die  leydener  Bibliothek  mit  vie- 
len Abschriften  zu  bereichern ,  und  viele 
Manuscripte  zu  vergleichen ,  wurde  ihm 
1757  das  Amt  eines  Lectors  der  griechi- 
schen Literatur  an  der  leydener  Univer- 
sität übertragen  .  worauf ,  nach  O  u  d e n- 
dorp's  Tode,  1761  die  Professur  der  Ge- 
schichte und  Beredsamkeit  folgte.  Er  trat 
dieses  Amt  mit  s.  allgemein  berühmten 
Rede:  „über  den  Pedanten"  an.  Die  Ge- 
schichte trug  er  nach  dem  Muster  von 
Perizonius  vor.  1786  gab  er  Ruti- 
lius  Lupus:  über  die  Figuren  in  der 
Rede  (übersetzt  aus  dem  Griechischen  des 
Gorgias,  Lehrers  des  Jüngern  Cicero), 
und  s.  treffliche  ,, kritische  Geschichte  der 
griechischen  Redner",  1776  eine  Abhand- 
lung „über  das  Leben  und  die  Werke  des 
Longinus",  und  1779  den  römischen  Ge- 
schichtsschreiber Vellejus   Pater cul US 


heraus;  eine  Ausgabe,  die  Wyttenbach 
s.  bestes  Werk  nennt,  und  welche  die  von 
Lipsius  weit  übertrifft.  1780  erschienen 
Homer 's  Hymnen,  1782  namentlich  die 
neu  entdeckte  an  Ceres.  So  brachte  der 
grosse  Mann  s.  Leben  in  literarischer  Thä- 
tigkeit  zu,  und  starb  1798  an  der  Wasser- 
sucht. —  Ruhnkenius  war  ganz  Ge- 
lehrter ,  weniger  Philosoph  als  s.  Lehrer 
oder  Nachfolger.  Doch  im  lateinischen  Styl 
hatte  er  seines  Gleichen  nicht  unter  s. 
Zeitgenossen;  nur  Wyttenbach,  den  er 
gebildet ,  war  im  Stande ,  ihm  gleich  zu 
kommen.  Seine  Stärke  bestand  jedoch  mehr 
im  Schreiben ,  als  im  Sprechen  der  latei- 
nischen Sprache.  Er  war  mit  Po  st  el  der 
letzte  der  gebornen  Deutschen ,  welche 
HoUand's  Hochschule  durch  ihre  Talente 
in  ganz  Europa  hervorleuchten  Hessen. 
Von  ihnen  Allen  war  vielleicht  Ruhnke- 
nius am  innigsten  Holland  zugethan.  Seine 
vortreffliche  Bibliothek  ward  von  dem  Lande 
zum  Besten  der  leydener  Bibliothek  über- 
nommen. (S.  „Vita  Davidis  Ruhnkenii, 
Auetore  D.  Wyttenbachio",  Opuscula, 
T.  L  p.  520  —  573.)  Folgendes  ist  die 
Liste  s.  Werke :  1)  Dissertationes  de  Galla 
Placidia  Augusta,  Wittenb.  1713.  2)  Epi- 
stola  Critica  I.  1749,  IL  1751.  3)  Tha- 
lilaei,  Theodori,  Stephani,  Cyrilli  com- 
mentarii  Graeci  T.  L.  et  D.  De  postu- 
lando,  seu  de  Advocatis  et  Procuratoribus, 
1752.  4)  TimaeiJjexicon  Platonicum,  1754; 
sehr  vermehrt,  1789.  5)  Oratio  de  Grae- 
cia,  artium  et  doctrinarum  inventrice,  1757. 

6)  Oratio    de    doctore    umbratico,    1761. 

7)  Dissertatio  de  Antiphonte,  oratore  At- 
tico,  1765.  8)  Hesychii  Lexicon,  Vol.  IL 
(mit  Vorrede  und  Anhängen)  1765.  9)  Elo- 
gium  Hemsterhusii ,  1768  (öfter  gedruckt). 
10)  Rutilii  Lupi  de  figuris  sententiarum  et 
elocutionis  L.  II. ;  accedunt  Aquilae  Ro- 
mani  et  Julii  Rufiniani  de  eodem  argu- 
mento.  (In  diesem  Werke  befindet  sich 
die  „Historia  Critica  Oratorum  Graeco- 
rum".)  11)  Dissertatio  de  tutelis  et  in- 
signibus  navium  Graecorum  et  Romanorum. 
12)  Annotatio  in  Xenophontis  memorabilaa 
(Ausg.  V.  Ernesti,  1772).  13)  Dispu- 
tatio  de  vita  et  scriptis  Longini,  1776. 
14)  Vellejus  Paterculus,  1779.  15)  Ho- 
meri  Hymnus  in  Cererem,  mit  der  2.  sehr 
vermehrten  Ausgabe  der  „Epistolae  Criti- 
cae" 1782.  Der  Hymnus  selbst  ist  1808 
wieder  gedruckt.  16)  Mureti  Opera.  1789, 
vier  Theile,  mit  kurzen  Noten  und  einer 
Vorrede.     17)  Dictata  in  Terentium.    (Zu- 


377 


Rumphius 


Ruysch 


378 


erst  von  Bruiis  1811  mit  dem  Text  von 
Tereiiz,  und  später  zu  Bern  1825  be- 
sonders heransgegeben.)  kleinere  Werke 
(Opuscula) ;  zuerst  1807,  neun  Jahre  nach 
des  Verfassers  Tode,  und  später  1823,  in 
zwei  Theilen ,  von  J.  T.  Bergman  her- 
ausgegeben, der  alle  die  zerstreuten  Frag- 
mente von  Ruhnkenius  gesammelt  und 
mit  einer  Vorrede  versehen  hat,  wodurch 
die  Biographie  des  Ruhnkenius  von 
Wyttenbach  sehr  aufgeklärt  wird.  Spä- 
ter wollte  Prof.  Mahne  die  ungedruckten 
Briefe  von  Ruhnkenius  im  Druck  er- 
scheinen lassen. 

Rumphius  (IV.)  —  G.  E.  —  be- 
schrieb nach  eigner  Untersuchung  die  „Flora 
der  Insel  Amboina". 

Rut^^ersius  (III )  —  Johan  —  geb. 
1589  zu  Dordrecht,  war  ein  Schüler  des 
G.  J.  Vossius,  Rectors  daselbst,  und 
setzte  1605  s.  Studien  zu  Leyden  unter 
Scaliger,  Heinsius  u.  Baudius  fort. 
Hierauf  bildete  er  sich  zu  Orleans  in  der 
Jurisprudenz  aus,  hielt  sich  sodann  einige 
Zeit  zu  Blois  und  Paris  auf,  und  hier  war 
es,  wo  er  1613  s.  Anmerkungen  zum  Bo- 
ra z  bei  dem  berühmten  Robert  Ste- 
phanus  (Etienne)  herausgab.  Als  er 
hierauf  im  Haag  als  Jurist  practicirte,  trug 
ihm ,  dem  damals  kaum  23jährigen  Rut- 
gers, der  daselbst  residirende  schwedi- 
sche Gesandte  eine  Stelle  als  Rathsherr 
an  s.  Hof  an,  welchem  Rufe  er  auch 
folgte,  und  sowohl  bei  dem  Reichskanz- 
ler O  x  e  n  s  t  i  e  r  n  als  auch  bei  Gustav 
Adolph  bald  in  grosser  Gunst  stand.  Als 
Hofrath  u.  Gesandter  von  Schweden  brach- 
te er  nun  verschiedene  Unterhandlungen 
mit  Niederland  glücklich  zu  Ende,  wes- 
halb Gustav  Adolph  ihm  den  Reichs- 
adel und  eine  goldene  Kette  verlieh.  Hier- 
auf ward  er  als  Gesandter  nach  Böhmen, 
Dänemark  und  Niederland,  später  nach  Riga 
zu  einer  Friedensunterhandlung  mit  Polen, 
dann,  zum  fünften  Male,  nach  Holland 
geschickt,  wo  er  als  schwedischer  Ge- 
sandter blieb.  Im  Verlauf  von  nur  zwölf 
Jahren  verrichtete  er  diese  wichtigen  und 
schwierigen  Geschäfte,  beklagte  sich  je- 
doch sehr,  dass  diese  beständigen  Reisen 
und  Unterhandlungen ,  deren  er  sich  mit 
Geschicklichkeit  und  Eifer  entledigte,  ihn 
in  s.  Lieblingsbeschäftigung,  dem  Studium 
der  Wissenschaften,  störten.  Schon  1625, 
erst  36  Jahre  alt,  starb  er  im  Haag,  nach- 
dem er  eine  Sammlung  vermischter  Schrif- 
ten über  die  Alten  („Variarum  Lectionum 


Libri  VI.")  herausgegeben,  von  welcher 
Baien  sagt,  dass  er  dadurch  mehrere  alte 
Schriftsteller  zuerst  bekannt  gemacht  habe. 
Auch  war  er  lateinischer  Dichter;  die  An- 
zahl s.  Gedichte  ist  nicht  gross ,  aber  der 
Inhalt  derselben  ausgezeichnet,  N.  Hein- 
sius sammelte  sie,  und  fügte  sie,  wegen 
ihrer  geringen  Anzahl ,  s.  eigenen  bei.  Es 
befinden  sich  darunter  Gedichte  an  s. 
Lehrer  Vossius  und  Hugo  De  Groot. 
Der  alte  Burman  gab  1699  s.  „Lectio- 
nes  Venusinae  ad Horatium"  heraus.  Peerl- 
kamp  ertheilt  Rutgers  das  grosse  Lob, 
dass  ihm  in  s.  Gedichten  nichts  entgegen- 
stehe, als  ihre  geringe  Anzahl.  (S.  dessen 
„Preisschrift",  p. 255,  und  Baien,  „Dord- 
recht" ,  p.  210  —  212.  Ferner:  Saxii 
„Onoraast. "  T.  IV.  und  Foppens  in 
voce.) 

RuyNbroeli  (I.)  —  Willem  —  ein 
brabanter  Franciskaner,  ward  von  Lud- 
wig IX.,  dem  Heiligen,  nach  der  Ta- 
tarei  gesandt,  um,  wo  möglich,  den  mäch- 
tigen Chan  der  Mongolen,  die  damals  ganz 
Europa  erzittern  machten,  in  das  Interesse 
der  Christenheit  zu  ziehen.  Er  begab  sich 
1253  von  Konstantinopel  nach  der  Krim, 
von  da  an  den  Hof  von  Sartach,  eines  ta- 
tarischen Fürsten,  und  so  weiter  über  Cy- 
prus  nach  Syrien,  und  war  der  Erste, 
welcher  von  dem  Innern  von  Asien  den 
Europäern  Nachricht  gab.  (S.  die  fran- 
zösische Uebersetzung  vonForster's  treff- 
lichem Werke :  „Reisen  und  Entdeckungen 
im  Norden",  Th.  I.  p.  157.) 

Ruysch  (IV.)  —  Frederik  —  geb. 
1638  im  Haag,  studirte  zu  Leyden  und 
Franeker,  wo  er  Dr.  der  Medicin  ward, 
liess  sich  hierauf  im  Haag  nieder,  und 
machte  sich  als  Arzt  und  durch  s.  phy- 
siologischen Entdeckungen  einen  so  grossen 
Namen,  dass  man  ihn  1666  als  Professor 
an  das  amsterdamer  Athenäum  berief.  Hier 
erwarb  er  sich  grossen  Ruhm  durch  die 
früher  von  Graaf  entdeckte,  von  Swam- 
merdam  verbesserte,  aber  von  ihm  ver- 
volikomnmete  Kunst  des  Ausfüllens  der  Ge- 
fässe  mit  einer  gefärbten  Flüssigkeit,  um 
den  Umlauf  des  Blutes  zu  zeigen.  Eine 
feste  Gesundheit,  die  ihn  ein  93jähriges 
Alter  erreichen  liess,  ungemeine  Geschick- 
lichkeit ,  ein  durchdringendes  Auge ,  uner- 
müdliche Geduld,  Standhaftigkeit,  welche 
der  Widerspruch  Anderer  nicht  erschütter- 
te, s.  Aufenthalt  zu  Amsterdam,  dem  Mit- 
telpunkte des  Handels,  wo  so  viele  Gele- 
genheit war ,   seltene  Sachen  zu  erhalten : 


379 


Rije 


Salmasius 


380 


dies  Alles  setzte  Ruysch  in  den  Stand, 
ein  Cabinet  anzulegen,  das  seines  Gleichen 
in  Europa  nicht  hatte.  Nicht  allein  wur- 
den die  zoologischen  Gegenstände  durch 
Ausspritzung  vor  dem  Verderben  bewahrt, 
sondern  auch  der  bereits  eingetretenen  Fäul- 
niss  gesteuert,  und  die  Kunst  des  Einbal- 
samirens  der  alten  Egyptier  schien  unter 
s.  Händen  weder  aufzuleben.  Auf  die 
Spötteleien  des  Neides  und  Vorurtheiles 
auf  den  Rath  der  Unwissenheit  und  Be- 
quemlichkeit ,  die  ihm  riethen ,  „sich  an 
das  Alte  zu  halten,  da  alle  diese  Neuerun- 
gen eines  Professors  unwürdig  seien",  ant- 
wortete er  blos  mit :  komm  und  siehe! 
Es  ward  auch  gesehen;  alle  FVemde,  die 
in  Holland  waren ,  beeiferten  sich ,  den 
Wundermann  zu  besuchen,  der  Leichen  als 
lebend  zeigte.  Unter  diesen  Besuchern 
war  auch  Peter  d.  G. ,  der  dieses  Cabi- 
net schon  auf  s.  ersten  Reise  1697  be- 
wunderte, und  auf  s.  zweiten  Reise  1717 
kaufte.  Man  mag  sich  wundern,  dass  der 
damals  bereits  79jährige  Greis  sich  von 
dieser  Arbeit  eines  langen  Lebens  trennen 
konnte,  noch  mehr  aber  darüber,  dass  er, 
als  das  erste  Cabinet,  zum  unersetzlichen 
Verlust  für  die  Kunst,  auf  der  Fahrt  nach 
St.  Petersburg  von  den  Wellen  verschlun- 
gen  worden,    Muth    und   Kraft    genug   in 


sich  fühlte,  ein  neues  anzulegen.  Mit  dieser 
Arbeit  vertraut ,  war  ihm  dieselbe  nun 
gleichsam  zum  Bedürfniss  geworden.  Noch 
vierzehn  Jahre  arbeitete  er  für  dieses  neue 
Cabinet  imd  brachte  dasselbe  zu  einem 
ziemlich  bedeutenden  Umfange.  Zehen  Jahre 
nach  s.  Tode  ward  es  öffentlich  verkauft, 
und  auf  diese  Weise  zerstreut.  —  Ruysch' s 
Entdeckungen  in  der  Anatomie  sind  gross 
und  mannigfaltig,  wie  sich  von  s.  Behand- 
lungsweise  erwarten  lässt;  so  z.  B.  unter 
vielen  andern  die  der  Gefässe  selbst,  wo- 
durch der  Lehrsatz  des  Malpighi,  der 
das  Gehirn  und  andere  Theile  für  eine 
Zusammensetzung  von  Drüsen  hielt ,  wi- 
derlegt wird.  Alles  brachte  er  durch  vor- 
treffliche Kupfer  in  den  Bereich  der  Sin- 
nenwerkzeuge. Ruysch  bekleidete  ausser 
dem  Posten  eines  Professors  der  Anatomie 
und  Geburtshülfe  auch  noch  den  in  der 
Botanik,  und  zergliederte  die  Pflanzen  nicht 
minder  geschickt ,  als  die  Thiere.  Seine 
Werke ,  aus  dem  Lateinischen  übersetzt, 
sind,  so  wie  s.  holländischen  Schriften,  zu 
Amsterdam  1744  in  3  Theilen  4.  gedruckt. 
(S.  „Biograph,  niederl,  Männer  u.  Frauen", 
II.  Th.  p.  79  —  93.) 

Rije  (III.)  —  G.  —  aus  Mecheln,  be- 
kannt als  Botaniker. 


S. 


Salmasius  (III.)  —  Claudius  —  (Sau- 
maise)  ein  Franzose  aus  Burgund ,  geb. 
1596,  dessen  reformirte  Mutter  ihn  gegen 
den  Willen  s.  katholischen  Vaters  die  pro- 
testantische Religion  annehmen  liess,  ward 
schon  frühzeitig  von  Scaliger  und  C a- 
saubonus  bewundert,  gab  in  s.  15.  Jahre 
Florus  heraus,  hörte  zu  Heidelberg  Go- 
thofredus,  Gruterus,  und  lehnte  zu 
Padua  u.  Oxford  einen  Lehrstuhl  ab,  nahm 
jedoch  den  durch  Scaliger's  Tod  erle- 
digten 1631  an.  Christine  von  Schwe- 
den schickte  ihm  einen  Ruf,  Ludwig  XIII. 
liess  ihm  einen  Jahrgehalt  von  6000  Gul- 
den anbieten,  um  ihn  zur  Rückkehr  in  s. 
Vaterland  zu  bewegen ;  doch  vergebens, 
er  blieb  zu  Leyden.  Seine  Gelehrsamkeit 
war  gross  und  fast  alle  Wissenschaften  um- 
fassend, doch  unglücklicherweise  ohne  ge- 
fälliges Wesen.  Mürrisch  und  stolz,  schien 
er  es  sich  zur  Ehre  zu  rechnen,  \iel  Feinde 
zu  haben.     De  Groot,  der  ihn  doch  den 


besten  Dolmetsch  des  Alterthums 
nannte ,  schmähte  und  lästerte  er.  Auch 
besass  er  weit  mehr  Gelehrsamkeit,  als 
Geschmack  oder  Kritik.  Er  starb  1652 
zu  Spaa.  Unter  die  gelehrtesten  Werke 
von  Salmasius  (dessen  Ruhm  als  Literat 
durch  das  Urtheil  des  Wyttenbach, 
der  ihn,  Scaliger  u.  Casaubonus  für 
das  grosse  Triumv-irat  in  der  alten  Lite- 
ratur erklärt) ,  gehören  s.  ausführlichen  An- 
merkungen zu  S  0  li  n u  s  („Plinianae  Exer- 
citationes  in  C.  Julii  Solini  Polyhistora", 
Paris.  1629,  Ultraj.  1689,  Fol.),  worin  in 
der  That  em  unglaublicher  Schatz  von 
(meist  unverdauter)  Belesenheit  aufgespei- 
chert ist.  (S.  Saxii  „Onomast."  T.  IV. 
p.  189.  Die  sehr  lange  Liste  s.  Werke 
bei  Foppens,  T.  I.  p.  186,  187.)  Auch 
als  Rechtsgelehrter  nimmt  Salmasius  eine 
nicht  unbedeutende  Stelle  ein,  obgleich  er 
in  diesem  Fache  mehr  als  einen  Irrthum 
zur  Welt  gebracht  hat.     Von  seinen  juri- 


381 


Salomon 


Sauten 


382 


stischen  Schriften  nennen  wir:  „Tractatus 
de  Usuris",  1638.  0  iel  Yerdruss  zog  er 
sich  von  den  Theologen  zu,  indem  er  das 
gewöhnliche  Zinsennehmen,  damals  Wu- 
cher genannt,  und  die  Leihhäuser  ver- 
theidigte.)  „De  Modo  usurarum",  L.  B., 
Elzev.  1639.  „De  foenore  Trapezitico", 
1640.  „Miscellaneae  Defensiones  de  varüs 
Observationibus  et  Emendationibus  ad  Jus 
Atticura  et  Romanum ,  L.  B.  1645,  8. 
„Elenchus  Echteseos  de  Mutuo",  ibid. 

Salomon  (VI.)  —  G.  —  Arzt  zu 
Lejden,  schrieb  ein  „Handbuch  der  Ent- 
bindungskunst' ,  welches  allgemeinen  Bei- 
fall fand. 

8ande  (IV.)  —  C.  Van  Den  —  gab  als 
Fortsetzung  des  Werks  von  Reyd  eine 
kurze  Beschreibung  des  spanischen  Krieges 
bis  zum  B'rieden  von  Münster. 

Sanden  (V.)  —  ...  Van  Den  —  süd- 
niederländischer Dichter  einiger  Allegorien. 

Sanders  (III.)  —  Antonius  —  aus 
Flandern,  geb.  1664,  studirte  zu  Douai 
und  Löwen,  besonders  Geschichte,  bearbei- 
tete vornehmlich  die  Alterthümer  von  Flan- 
dern, die  Literär-  und  Kirchengeschichte 
von  Belgien,  nebst  der  Ortsbeschreibung 
einiger  brabanter  Städte  und  Klöster,  die 
Geschichten  von  Gent  und  Brügge.  Der 
Liebe  zu  s.  Wissenschaft  opferte  er  s. 
ganzes  Vermögen  u.  1657  s.  einträgliches 
geistliches  Amt  zu  Ypern,  so  dass  der 
71  jährige  Greis  in  der  Abtei  von  Afflighem 
bei  Aaalst  eine  Zuflucht  suchen  musste. 
Sanders  zeichnete  sich,  in  Folge  des 
Geistes  s.  Religion  u.  s.  Zeit  mehr  durch 
Gelehrsamkeit  als  durch  Kritik  aus.  Sein 
Werk:  „De  Scriptoribus  Flandricae,  L.III." 
erschien  zu  Antwerpen  1609,  4.  Das  be- 
ste und  oft  citirte  Werk  von  Sanders 
ist  s.  „Flandria  illustrata",  1641  —  1644, 
Amst.  bei  Blaau,  in  dem  1672  dieses 
Haus  betroffenen  Brande  zu  Grunde  ge- 
gangen, und  von  Van  Zon  1735  in  3  Th. 
Fol.  aufs  Neue  herausgegeben.  Die  übri- 
gen s.  vorzüglichsten  Werke  erschienen  zu 
Brüssel,  Ryssel  u.  Köln  v.  1624  —  1644, 
und  im  Haag  1726,  zum  Theil.  (S.  die- 
selben bei  Foppens,   T.  L   p.  88  —  90.) 

Sandifort  (V.)  —  Eduard  —  Pro- 
fessor der  Medicin  zu  Leyden ,  verfasste 
die  Biographie  s.  1783  verstorbenen  Col- 
legen  Van  Doeveren. 

Sandifort  (VI.)  —  Gerard  —  Sohn 
und  Gehilfe  des  Vorigen  (1801) ,  war  zu- 
erst Prosector,    hierauf  ausserordentlicher 


und  endlich  ordentlicher  Professor  der  Ana- 
tomie, beschrieb  in  s.  „anatomischen  Ta- 
bellen" die  Lage  der  Eingeweide  von 
Brust  und  Bauch  nach  ausgewachsenen 
Exemplaren,  und  sowohl  von  beiden  Sei- 
ten als  auch  von  hinten,  und  gab  ein 
,. Museum  anatomicum  Lugduno  -  Batavae", 
Vol.  IV.,  cum  70  tabulis,  Fol.  max.  heraus. 
Santen  (VI.)  —  Louw  Van  —  (ei- 
gentlich Laurens,  nahm  jedoch  den  vul- 
gären Namen  Louw  in  Folge  s.  höchst 
demokratischen  Grundsätze  an,  worüber 
in  Miliin' s  ,, Magazin  Encyclopedique", 
T.  IV.,  No.  15,  p.  7  u.  39  mit  Recht  be- 
merkt wird :  „II  semble  que  cela  tient  un 
peu  ä  la  barbarie  du  Sansculotisme ,  qui 
cependant  etait  fort  au  dessous  de  lui. 
L'Atticisme  et  le  Vandalisme  devaient-ils 
se  trouver  reunis"?)  geb.  1746  zu  Amster- 
dam, wo  sich  schon  frühzeitig  unter  de« 
Jüngern  Bur man  s. 'poetisches  Talent  ent- 
wickelte. Hierauf  studirte  er  zu  Leyden 
die  Rechte.  Nach  1795  ward  er  Curator 
dieser  Universität,  welche  ihm,  wie  man 
sagt,  die  Errichtung  eines  Lehrstuhls  der 
holländischen  Sprache  und  Literatur  zu 
verdanken  hat.  Van  Santen  glänzte 
als  lateinischer  Dichter,  war  Burman's 
Freund,  geschätzt  von  Ruhnkenius 
Valckenaer  u.  Wyttenbach,  derHer- 
ausgeber  des  Properz  von  Burman 
(1780),  der  Gedichte  des  jungen  Helve- 
tius  (1782),  Josephus  Farretius  u. 
der  „Deliciae  poeticae",  der  Uebersetzer 
der  Hymnen  Homer's  u.  Callimachus 
auf  Ceres  (1784)  nebst  kleineren  Ge- 
dichten, —  der  Hymnen  des  Callima- 
chus auf  Jupiter  (1786)  und  auf  Apollo 
(1787),  und  der  Verfasser  verschiedener 
eigener  Gedichte,  die  zum  Theil  nach  s. 
Tode  (1801)  von  Hoeufft  herausgegeben 
wurden.  Ausserdem  hat  man  von  ihm  noch 
„Marii  Servil  Centimetrum"  (1788).  Im 
Holländischen:  „Roher  Versuch  über  das 
Technische  der  Dichtkunst"  (1796).  Van 
Santen  glänzte  besonders  im  Minnege- 
dicht, wie  Hoeufft  (1802),  und  der 
Geist  des  Janus  Secundus  schien  in 
diesen  beiden  Männern  wieder  aufzuleben. 
Leider  befleckte  Van  Santen  s.  Ruhm 
durch  die  Verfolgung  des  Luzac,  eine 
Folge  s.  übertriebenen  demokratischen 
Grundsätze.  Er  starb  1798,  wodurch  eine 
von  ihm  beabsichtigte  Herausgabe  von 
Catull,  Tibull  u.  Ovid  unterblieb. 
Von  Catull  ist  blos  die  „Elegia  ad  Man- 
liura",   als  Probe  gegeben,    die  hinreicht, 


383 


Sartorius 


Scaliger 


384 


um  den  Verlust  des  Uebrigen  zu  be- 
dauern. 

iSartorius  (H.)  —  Joannes  —  aus 
Amsterdam,  schrieb  eine  lateinische  Sprach- 
lehre, eine  Sammlung  von  3000  lateini- 
schen Sprüchwörtern,  und  eine  Sylva  (wie 
er  es  nannte)  von  Redensarten.  Ausser- 
dem war  er  sehr  gründlicher  Kenner  s. 
Muttersprache.  Auch  kannte  er  die  he- 
bräische Sprache ,  und  übersetzte  daraus 
(unter  einem  erdichteten  Namen)  die  klei- 
nen Propheten.  Er  ward  dem  katholischen 
Glauben  abtrünnig  und  starb  verfolgt  als 
Prediger  der  Reformirten,  während  Al- 
ba's  Verfolgungen,  1568  oder  1570  zu 
Noordwijk  oder  Delft. 

Saurin  (V.)  —  Jacob  —  geb.  1677 
zu  Nimes,  war  einige  Zeit  Soldat,  wid- 
mete sich  hierauf  der  Theologie,  begab 
Mch  nach  England  und  dem  Haag,  wo  er 
1705  französischer  Prediger  wurde.  Er 
machte  sich  durch  s.  zwölf  Theile  Pre- 
digten („Sermons"  1721  et  suiv.  und 
„Nouveaux  Sermons  sur  l'Histoire  de  la 
Passions  de  N.  S.  Jesus  Christ",  1745, 
2  Voll.  8.),  die  ihn  als  einen  der  ausge- 
zeichnetsten Kanzelredner  s.  Zeit  charak- 
terisiren,  bekannt.  Seine  Beredsamkeit  u. 
reine  Sittenlehre  zogen  viele  Gebildete  in 
s.  Kirche,  wodurch  auch  die  französische 
Sprache  auf  Kosten  der  so  sehr  vernach- 
lässigten holländischen  Sprache  immer  mehr 
in  Niederland  Eingang  fand.  Ausserdem 
erhöhte  er  s.  Ruhm  durch  s.  „Discours 
historiques ,  critiques,  theologiques  et  mo- 
raux  sur  les  evenemens  les  plus  memora- 
bles  du  V.  et  du  N.  Testament",  Amst. 
1720,  12  Voll.  Sein  Lehrbuch:  „Kurzer 
Begriff  der  Theologie" ,  war  eine  allge- 
mein fassliche  Zusammenstellung  der  vor- 
nehmsten Wahrheiten,  mit  Beweisen  ver- 
sehen. Säur  in,  der  als  Mensch  u.  Christ 
nicht  minder  achtungswürdig  war,  wie  als 
Gelehrter,  starb  1730. 

Sauvage  (I.)  —  ...  —  aus  Arras, 
französischer  Minnedichter  des  13.  Jahr- 
hunderts. 

Saxe  (V.)  —  Christoifel  —  (Sachs) 
geb.  zu  Eppendorf  in  Sachsen,  als  Pro- 
fessor der  Archäologie  und  schönen  Lite- 
ratur von  Leipzig  nach  Utrecht  berufen, 
womit  er  später  allgemeine  und  vaterlän- 
dische Geschichte  verband,  begann  1759 
s.  in  unserem  Werk  oft  citirte  „literarische 
Namenliste"  (Onomasticon  Literarium)  her- 
auszugeben ,  worin  er  „die  Schriftsteller 
jeden  Ranges  und  ohne  Unterschied,  deren 


vorhandene  Werke  Theologen,  Philologen, 
Juristen,  Redner,  Aerzte,  Dichter  u.  Phi- 
losophen zur  Tugend  anleiten ,  in  eine 
Uebersicht  bringen  wollte,  mit  Angabe  der 
Jahre,  in  denen  sie  geblüht,  oder  sich 
durch  Ruf  oder  ihre  Geistesproducte  aus- 
gezeichnet hatten."  Es  war  zu  erwarten, 
dass  Saxe  s.  Lieblingsfach  auf  Kosten 
der  Naturwissenschaften  vorzugsweise  dar- 
in berücksichtigen ,  und  dieses  Werk,  bei 
der  damals  wenig  cultivirten  deutschen 
Sprache',  in  lateinischer  Sprache  schreiben 
würde.  Daher  kommt  es  denn  auch,  dass, 
während  darin  viele  verdienstliche  Schrift- 
steller aus  der  neuern  Literatur,  wie  z.  B. 
der  grosse  Historiker  Müller  fehlen, 
die  lateinischen  Schriftsteller  viel  umständ- 
licher aufgefunden  werden,  als  jene,  und 
dass  Saxe  oft  die  Namen  der  neuern 
Schriftsteller  durch  lateinische  Ausgänge 
fast  unkenntlich  macht,  wie  z.  B.  Shakes- 
pearius,  Holbergius  etc.  Als  Re- 
pertorium  für  die  Literärgeschichte  bleibt 
diese  Namenliste  stets  von  grossem  Wer- 
the,  doch  darf  man  sich  auf  Saxe 's  Ur- 
theile,  besonders  da,  wo  es  Fächer  be- 
trifft, die  von  ihm  weniger  bearbeitet  sind, 
nicht  immer  unbedingt  verlassen.  Seine 
Mittheilungen  beschränken  sich  durch- 
gehends  auf  das  Geburts  -  und  Sterbejahr, 
auf  das  Jahr,  worin  das  erste  oder  merk- 
würdigste Werk  des  Schriftstellers  er- 
schien, und  zuweilen  auch  auf  ein  Ver- 
zeichniss  von  dessen  übrigen  Schriften. 
Diese  Namenliste,  zuerst  in  einem  Theile, 
ward  1775  wieder  fortgesetzt ,  und  bis 
1790  in  sieben  Theilen  mit  einem  Register 
(bis  zum  J.  1744)  fortgeführt,  worauf  je- 
doch 1802  noch  ein  achter  Theil  folgte, 
der  einige  übergangene  Schriftsteller  und 
die  I^ortsetzung  bis  zum  Ende  des  18. 
Jahrhunderts  enthält.  Hinter  jedem  Theile 
befinden  sich  Anhänge  oder  Analecta.  Die 
Zeitpunkte,  namentlich  die  Regierungen  der 
deutschen  Kaiser,  sind  am  Rande  ange- 
merkt. Einige  Zeit  nach  Beendigung  des 
Werkes  starb  der  Verfasser  in  sehr  hohem 
Alter.  Seinen  meist  antiquarischen  Wer- 
ken hat  er  mit  grosser  Genauigkeit  und 
Vorliebe  einen  eigenen  Artikel  darin  ge- 
widmet, der  sich  in  dem  achten  Theile 
p.  24  —  47  befindet. 

Scalig^er  (HI.)  —  Joseph  Justus  — 
geb.  1540  zu  Agen  in  Frankreich ,  ein 
Sohn  des  berühmten ,  von  den  Fürsten 
Della  Scala  zu  Verona  abstammenden 
Julius  Cäsar  Scaliger,  begab  sich  mit 


S65 


Schaal" 


Scheidius 


386 


s.  19.  Jahre  nach  s.  Vaters  Tode  nacli 
Paris  zur  Beendigung  s.  Studien ,  alsdann 
auf  Reisen  bis  zu  s.  1593  erhaltenen  Ruf 
als  Professor  nach  Leyden.  Sein  Ruhm 
war  damals  bereits  gegründet.  17  Jahre 
war  dieses  Wunder  von  Gelehrsamkeit  die 
Sonne  von  Leyden's  Hochschule ,  wo  er 
1609  starb.  Er  verstand  13  Sprachen. 
Ein  Muster  s.  gründlichen  Kenntniss  der 
griechischen  und  lateinischen  Sprache  ist 
s.  lateinische  Uebersetzung  des  schwersten 
alexandrinischen  Dichters,  Lykophron, 
so  wie  ein  Meisterwerk  s.  Werk :  „De  Emen- 
datlone  temporum"  (Par.  1583;  vermehrt 
Lugd.  Bat.  1598.  Gent  1609).  Dmxh  s. 
eminenten  Kenntnisse,  die  er  in  der  Ge- 
schichte, Archäologie,  Chronologie,  Ma- 
thematik, classischen  und  orientalischen  Li- 
teratur besass,  bildete  S  c  a  1  i  g  e  r  viele  aus- 
gezeichnete Schüler,  wobei  ihm  die  Schätze 
der  leydener  Bibliothek,  namentlich  ia  Be- 
ziehung auf  arabische  Manuscripte,  die  treff- 
lichsten Hülfsmittel  boten.  Zu  bedauern  ist, 
dass  Stolz  und  literarische  Fehden  s.  grossen 
Verdienste  einigermassen  verdunkelten.  (S. 
über  ihn  Niebuhr's  „Rom.  Geschichte", 
Th.I.  p.  169.  Siegenbeek,  „Laudatio 
Jani  Dousae",  p.  27,  95,  96.) 

Schaaf  (V.)  —  Karel  —  aus  Nuis, 
erhielt  s.  Bildung  zu  Leyden.  Er  that  viel 
für  das  Studium  der  syrischen  Sprache 
durch  folgende  Werke :  „Opus  Aramaeum", 
L.  B.  1686,  8.;  „Lexicon  Syriacum",  L. 
B.  1717 ;  „Relatio  Historica  ad  Epist.  Syr. 
e  Maha  Thoma  Script,  et  Epist.  Syr. 
adeum",  L.  B.  1714.  Auch  s.  Sohn  war 
dieser  Sprache  mächtig,  und  unterhielt,  wie 
s.  Vater,  einen  Briefwechsel  mit  dem  Bi- 
schof der  St.  Thomas  -  Christen  zu  Mala- 
bar.  Schaaf  gab  ausserdem  mit  Leus- 
den  das  ganze  N.  Testament  in  syrischer 
Sprache  prachtvoll   mit  Kupfern  heraus. 

Schacbt  (V.)  —  Joan  Oosterdijk  — 
Sohn  des  leydener  Professors  Herman 
Oosterdijk,  geb.  1704,  gest.  1791,  seit 
1728  Professor,  zuerst  zu  Franeker  in  der 
Philosophie,  über  deren  genaue  Verbindung 
mit  der  Arzneikunde  er  in  s.  Antrittsrede 
sprach ,  hierauf,  seit  1729',  zu  Utrecht  in 
der  Medicin,  schrieb  1767  ein  kurzes  aber 
doch  vollständiges  „Handbuch  der  medi- 
cinischen  Praxis" ,  und  wendete  1752  s, 
männliche  Beredsamkeit  zur  Ausrottung  der 
Geheimnisse  (Arcana)  in  der  Arzneikunde 
an,  die  oft  unter  dem  Schilde  des  Ge- 
heimnisses so  vielen  Schaden  stifteten. 

Schacht  (V.)   —   J.  H.    —  Professor 


zu  Harderwijk,  schrieb  in  Folge  der  Feind- 
schaft der  französischen  sog.  philosophi- 
schen Schule  gegen  das  Christenthum,  eine 
1764  gehaltene  akademische  Antrittsrede 
„über  die  Ursachen,  \'sarum  die  christli- 
che Religion  jetzt  mehr  Feinde  habe,  als 
früher".  (S.  „Biblioth.  des  Sciences  et 
des  Beaux-Arts",  T.  XXHL  P.  i.  (1765) 
p.  253.) 

8charp  (VI.)   —   J.    _    Prediger  zu 
Rotterdam,  schrieb:  „Geschichte  und  Ge-^ 
wohnheiten  von   Axel",    Middelburg   1787 
u.  1788,  3  Theile. 

Scheele  (IV.)  -  Radboud  Herman  — 
ein  overysselscher  Edelmann,  geb.  1622, 
bildete  sich  auf  Reisen  in  Frankreich  und 
Italien,  diente  einige  Zeit  unter  den  Trup- 
pen des  Grossherzogs  von  Toscana,  und 
widmete  sich  dem  Studium  der  theoreti- 
schen und  angewandten  Kriegskunst.  Er 
wohnte  wegen  Overyssel  der  grossen  Ver- 
sammlung bei,  war  stets  für  die  Sache 
der  statthalterlosen  Regierung,  und  starb 
1662.  Seine  auch  in  Grävius  (s.  Lob- 
redners) röm.  Antiquitäten  aufgenommenen 
Anmerkungen  zu  Hyginus  u  Polybius 
„über  die  Belagerung"  erschienen  1660, 
und  zeigten  den  gründlichen  Kenner  der 
Kriegskunst  und  alten  Literatur.  Ausser- 
dem erschienen  von  ihm  folgende  politi- 
sche Schriften:  „Protrepticus  de  Pace  ad 
Christianos  Principes"  (Ermahnung  an  die 
christlichen  Fürsten  zur  Abschliessung  des 
münster'schen  Friedens  1648) ,  —  ,,  de 
Causis  primi  belli  Anglici",  worin  er  den 
unrechtmässigen  Angriff  der  Engländer  auf 
Niederland  deutlich  zeigt,  —  „Libertas 
publica",  gegen  Wilhelm  II.  gerichtet, 
—  endlich  „de  Jure  Imperii",  die  consti- 
tutionellen  Lehren  einer  gemässigten  Re- 
gierung gegen  den  Ultra  -  Royalismus  des 
unverträglichen  S  a  1  m  a  s  i  u  s  vertheidigend . 
(S.  „Biogr.  niederl.  Männer  u.  Frauen", 
X.  Th.  p.  261-278.  Saxe,  „Onomast." 
T.V.  p.  76,  77.  M.  Temminck's  Lob- 
rede, in  der  von  Tijdeman  u.  Van 
Kampen  herausgegebenen  „Mnemosyne", 
Vin.  Th.  p.  145.) 

Scheidius  (V.)  —  Everard  —  seit 
1760  Prof.  der  orientalischen  Sprachen 
zu  Harderwijk ,  schrieb  eine  „arabische 
Sprachlehre",  nach  Schröder's  Metho- 
de ,  —  „Oratio  de  eo ,  quod  Schultensii, 
post  immortalia  erga  literas  Orientales  me- 
rita,  posteris  agendum  reliquerunt",  L.  B. 
1794,  —  ein  „Lexicon  Hebraico-Chaldai- 
cum  manuale",  1805,  (durch  s.  Tod  un- 
13 


387 


Scheltema 


Scheltinga 


388 


terbrochen   und  von  Groenewoud  1810 
fortgesetzt),  —  bearbeitete   den  samarita- 
nischen  Text  der  fünf  Bücher  Moses,   be- 
gann das  ganze  arabische  Wörterbuch  von 
Ginuhari  herauszugeben,    besorgte    eine 
Ausgabe  von  Ibn  Doreid  (1768),    über- 
setzte Green's  Werk  über  die  Genesis, 
mit    vielen   interessanten    Noten,    und    er- 
warb   sich  durch  eine  Sammlung  von  Ma- 
nuscripten,  die  er  sich  aus  dem  Orient  zu 
*yerschaifen  wusste,  grosses  Verdienst.    (S. 
Verzeichniss  s.  Schriften  bei  Saxe,  „Ono- 
mast", T.  VTII.  p.  219—228.} 
■  ScUeltema  VI.)  —  Jacobus  —  geb. 
1767   zu   Franeker,    musste   1787,   als   er 
daselbst  Advocat  war,    wegen   s.  Meinun- 
gen   fliehen,    hielt    sich    zu    Steinfurt    auf, 
ward  1797  Mitglied  der  zweiten  National- 
versammlung,   1798   durch   die  Revolutio- 
näre   in's    Gefängniss    gesetzt ,    bekleidete 
nach    s.    Befreiung    verschiedene    Äemter, 
wurde    1810  Friedensrichter    zu  Zaandam, 
und    befand    sich    sodann    als    Griffier    bei 
dem  hohen  Militär- Gerichtshofe  zu  Utrecht. 
1814  hatte  er  bereits,  durch  die  zu  Zaan- 
dam befindlichen  Materialien  angereizt,  P  e- 
ter   d.    G.   Aufenthalt    daselbst    1697    u. 
1717    beschrieben    und    in    2    Theilen    zu 
Amsterdam    herausgegeben.      Der    Beifall, 
den  dieses  Werk  fand,  und  des  Verfassers 
späterer  Aufenthalt  im  Haag,    wo  ihm  die 
Reichsarchive  offen  standen  ,    veranlassten 
ihn ,    demselben    eine  grössere  Ausdehnung 
zu  geben,    und  alle  Beziehungen  zwischen 
RussUnd    und   den  Niederlanden    seit    den 
frühesten  Zeiten  zu  sammeln.     Diese  wich- 
tige   Arbeit  umfasst  vier  Theile,    geht  je- 
doch   nur   bis    zum    Tode    Peter's.      Er 
nahm    sich  dabei  Ho  oft  als  Muster,   und 
folgte  demselben  vielleicht  zu  sehr.     Diese 
Nachahmung  ist  in  dem  Werke  über  Russ- 
land,  indem  darin  zum  Theil  ein  gewisser 
diplomatischer  Ton  herrschen  musste,  we- 
niger sichtbar,  als  in  Scheltema's  übri- 
gen Werken,  namentlich  „dem  letzten  Feld- 
zuge Napoleon's"  im  J.  1815;  ein  meister- 
haftes Gemälde,    worin  die  hervorstechen- 
den  Partien   weit   malerischer    sind ,    und 
daher  einem  Histoi'iker   mehr   Gelegenheit 
geben,   seinen  Pinsel   in   die  Farben  jenes 
Altvaters    des    niederländischen    Prosastyls 
zu   tauchen.      Doch    nicht    allein    als    Ge- 
schichtsschreiber,   sondern    auch    als    Bio- 
graph ist  Scheltema  ausgezeichnet.    Sein 
„politisches  Niedcrland",  welches  Biogra- 
phien der    holländischen  Staatsmänner  von 
einigem    Namen    enthält,     ist   einzig   in    s. 


Art,  nicht  chronologisch,  sondern  alpha- 
betisch geordnet.  Weder  das  kriegeri- 
sche, noch  das  gelehrte  Niederland, 
welches  Scheltema  versprochen,  erschie- 
nen in  Druck,  und  bei  den  mannigfaltigen 
Geschäften,  die  s  Amt  ihm  auflegt,  ist 
schwerlich  Hoffnung  vorhanden ,  dieselben 
je  erscheinen  zu  sehen.  Doch  s.  trefflichen 
Beiträge  zu  diesen  beiden  Fächei'n,  beson- 
ders dem  letztern,  zeigen,  wie  viel  er  bei 
mehr  Zeit  darin  würde  haben  leisten  kön- 
nen. Aber  besitzt  Niederland  nicht  s. 
herrliche  Abhandlung  über  Hoo  ff  s  Briefe, 
eigentlich  eine  Charakterschilderung  s.  Lieb- 
lingsschriftstellers, aus  dessen  Briefen  ge- 
schöpft ,  woiaus  man  den  vortrefflichen 
Menschen  ,  Beamten ,  Bürger  und  Freund 
kennen  lernt,  und  die  vielleicht  noch  mehr 
hervorragende  Biographie  der  Töchter  von 
Roemer  Visscher,  worin  Scheltema 
die  Kunst  verstanden  hat,  das  schöne  Jahr- 
hundert von  Friedrich  Heinrich  gleich- 
sam in  einem  Brennpunkt  aufzufassen,  von 
welchem  das  edle  Schwesterpaar  die  Zierde 
und  Wonne  ausmachte,  und  wo  fast  alle 
Genies,  deren  Niederland  damals  so  viele 
zählte,  demselben  wegen  Kenntnisse,  Lie- 
benswürdigkeit und  Talente  eine  wohl- 
verdiente Huldigung  darbrachten?  Wahr- 
lich! man  lernt  durch  diese  Biographie  die 
Gegenstände  derselben  und  das  Jahrhun- 
dert, in  welchem  sie  lebten,  lieben.  Und 
wie  viel  hat  Scheltema  nicht  ausserdem 
für  die  Lebensgeschichte  berühmter  Lite- 
raten gethan!  So  findet  man  in  s.  ,, histo- 
rischen u.  literarischen  vermischten  Schrif- 
ten" Lebensberichte  von  Johan  Van 
Heemskerk,  Willem  Swinnas,  Lau- 
rens Reaal,  Hubert  Duifhuis,  Gijs- 
bert  Koen  und  Meindert  Van  Tie- 
nen.  Unlängst  hat  Scheltema  Nieder- 
land durch  die  „Geschichte  der  unüber- 
windlichen Flotte  P  h  i  lipp '  s  n  "  verpflich- 
tet, worin  er,  wie  immer,  aus  s.  grossen 
Vorrath  viele  unbekannte  Details  mittheilt. 
Scheltema  ist  der  würdige  Vertheidiger 
der  Ehre  der  niederländischen  Voreltern, 
und  verdient  unter  den  eifrigsten,  kennt- 
nissreichsten und  gefälligst  schreibenden 
Forschern  vaterländischer  Geschichte  keine 
geringe  Stelle. 

Sclielting^a  (VT.)  —  Gerlach  -  geb. 
1708,  Professor  der  Rechte  1730  zu  De- 
venter,  1738  zu  Leyden,  gest.  1765,  war 
der  Lehrer  von  Cannegieteru.  Van 
Der  Keessel,  und  gab  1747  Anmerkun- 
gen zu  Habakuk  heraus. 


389 


Schenk 


Schoockius 


390 


Schenk  (VI.)  —  Adriamis  Cornelis  — 
ausgezeichnet  unter  den  noch  lebenden  Dich- 
tern, ward  zu  Delft  von  bür^jerüchen  El- 
tern geboren ,  und  verdankt  s.  Bildung 
grösstentheils  sich  selbst.  Seit  1795  als 
Secretär  bei  dem  Kriegsniinisterium  im  Haag 
angestellt,  gab  er  mit  s.  Freunde  und 
Landsmann  B.  Nieu  wen  huizen  (dem, 
bei  dem  Wasserstaat  angestellten ,  Ueber- 
setzer  von  Legouve's  „Merite  des  Fem- 
mes"  von  Uylenbroek)  eine  Sammlung 
,  von  Gedichten ,  unter  dem  Titel :  „Blu- 
menlese",  Uebersetzungen  aus  deutschen 
Dichtern  (wie  Hölty ,  Schubart ,  Bürger, 
Stolberg  u.  A.)  enthaltend ,  die  aber  jetzt 
schwer  zu  bekommen  ist,  heraus.  1804 
ward  Schenk  durch  Immerzeel  mit 
dem  grossen  Kiuistkenner  und  Literaten 
L  üb  link  dem  Jüngern  bekannt,  dem  er 
einige  Proben  s.  damals  schon  begonnenen 
Uebersetzung  von  Young's  , .Nachtge- 
danken" vorlas.  Lublink,  selbst  treiF- 
licher  Uebersetzer  von  Young  in  Prosa, 
theilte  ihm  verschiedene  Bemerkungen  dar- 
über mit,  die  Schenk  dankbar  benutz- 
te, und  1805  erschien  s.  Uebersetzung  der 
drei  ersten  Gesänge.  Um  diesem  Werke 
die  möglichste  Vollendung  zu  geben ,  Hess 
er  erst  1807  den  vierten  u.  fünften  (II.  Th.), 
1819  den  sechsten ,  siebenten  und  achten 
(III.  Th.)  und  1823  den  neunten  Gesang 
(IV.  Th.)  folgen.  Die  grösste  Treue,  die 
gewählteste,  lieblichste  Sprache,  fliessen- 
des  Versmaass  und  ungezwungener  poeti- 
scher Ausdruck  sind  die  mit  dem  Origi- 
nale wetteifernden  Vorzüge  s.  Bearbeitung. 
Schenk,  der  zu  den  Wenigen  gehört, 
welche  die  Gabe  des  SoUicitirens  nicht  be- 
sitzen ,  hat  nach  s.  äussern  Umständen 
kein  beneidenswerthes  Leos.  Er  lebt  mit 
einer  sehr  zahlreichen  Familie  von  einem 
kleinen  Einkommen  als  Steuereinnehmer  zu 
Charlois ,  einem  Dorfe ,  Rotterdam  gegen- 
über, den  Namen  eines  geistreichen,  be- 
scheidenen und  liebenswürdigen  Mannes  im 
vollsten  Maasse  verdienend. 

Sfctaermer  (IV.)  —  Lucas  —  aus 
Haarlem  ,  besang  trefflich  W  i  1  h  e  1  m '  s  u. 
Mar  Ib  0  rough's  ruhmreiche  Feldzüge  der 
Jahre  1702,  1706,  1708  u.  1709,  und  ward 
durch  Haarlem's  herrliche  Umgebungen  zu 
dem  Trauerspiele:  „Meleager  u.  Atalante" 
bezaubert.  Dieser  Dichter  erregt  um  so 
mehr  Bewunderung,  da  er  schon  mit  22  Jah- 
ren am  Stein,  woran  er  s.  ganzes  Leben 
litt,  starb.  Seine  Gedichte  wurden  1711 
u.  1725   von  P.  Via  min g  herausgegeben. 


Schim  (V.)  —  Hendrik  —  geb.  1695 
zu  Maasluis,  gest.  1742,  dessen  Gedichte 
aus  4Theilen  bestehen,  und  „BibelpoesiC 
(1723),  „Bibel-  und  Sittengedichte"  (1726), 
„Herrlichkeit  Christi  in  der  Kirche",  nebst 
andern  Bibelgesängen  (1731),  und  „poe- 
tische Gemälde  und  Allegorien"  (1737)  be- 
titelt sind. 

Schueither  (VL)  —  .  .  .  _  ein 
Schweizer,  verliess  den  Kriegsdienst  aus 
Liebe  zur  Jugendbildung,  errichtete  eine 
Pensionsanstalt  zu  Leyden ,  und  war  ein 
grosser  Beförderer  des  Lesens  ohne  Buch- 
stabiren. Er  starb  1806,  dem  Jahre  der 
Einführung  des  letzten  Gesetzes  für  das 
Volksschul  Wesen. 

Schölten  (VI.)  —  ...  Van  Wesele  — 
vorzüglicher  Jurist,  war  ein  Schüler  des 
W  y  1 1  e  n  b  a  c  h ,  und  einer  der  drei  Verfasser 
von  Ludwig 's  Civil-Gesetzbuch ;  auch 
machte  er  sich  durch  eine  „Dissertatio  ad 
Ciceronis  locum  de  Natura  Deorum"  be- 
kannt. 

Schomaker  (V.)  —  Joost  —  geb. 

1685  zu  Lochern  aus  einer  angesehenen 
Familie,  gest.  auf  s.  Landgut  bei  Zütphen 
1767,  war  ein  ausgezeichneter  Jurist,  und 
machte  sich  durch  s.  „Selecta  .  .  .  Con- 
silia  et  Responsa  Juris ,  tani  ad  resolutio- 
nem  quaestionum  Juris  dubie  proposita- 
rum,  quam  ad  earum  decisionem  in  con- 
tradictorio,  maximam  partem  coram  illustr. 
Duc.  Geldricae  et  Comit.  Zutphaniae  Tri- 
bunalibus ventilatarum  pertinentia,  collecta 
et  in  lucem  edita  cum  epitomis  et  surama- 
rüs  unicuique  Consilio  praefixis,  nee  non 
indice  rerum"  (6  Thelle  4.),  sowohl  im 
In  -  als  Auslande  einen  grossen  Namen. 

Schoockius  (III.)  —  Martin  —  aus 
Utrecht,  nach  einander  Professor  daselbst, 
am  Athenäum  zu  Deventer ,  Groningen  u. 
Frankfurt  a.  d.  O. ,  Schüler,  Freund  und 
später  Feind  des  Voetius,  ein  grosser 
Gegner  von  Descartes,  mit  fast  allen 
Menschen  in  Streit ,  von  V  o  s  s  i  u  s  eine 
„unverschämte  Bestie"  genannt,  der,  wie 
es  hiess ,  durch  s.  Feinde ,  die  Cartesia- 
ner,  aber  wohl  eher  durch  s.  Gläubiger 
verfolgt  ward,  nach  misglückten  Aussich- 
ten durch  eine  Heirath  mit  einer  unbemit- 
telten Frau,  die  er  für  reich  gehalten 
hatte,  ein  unermüdeter  Vielschreiber  über 
Papstthum  sowohl,  als  über  Eier,  Härin- 
ge,  Butter,  Käse  u.  Bier  (in  lateinischer 
Sprache);  verfasste  eine  ziemlich  ausführ- 
liche Compilation  :  „die  Beschreibung  der 
Vereinigten  Niederlande" ,  (Belgium  Foe- 
13* 


391 


Schooiihoven 


Schotanus 


392 


deratum),  Amst.  1652,  1664,  1671.  _  Doch 
Ausführlichkeit  scheint  auch  ihr  einziges 
Verdienst  zu  sein,  die  so  weit  geht,  dass 
der  Verf.  bei  Angabe  der  verschiedenen 
Stände  selbst  den  Scharfrichter  nicht  ver- 
gisst.  (S.  über  dessen  zahlreiche  Schrif- 
ten:  Burman,  „Traj.  Erud.",  p  324  — 
342.) 

Schoonhoven  (III.)  —  Florentius  — 
geb.  1594  zu  Gouda,  bildete  sich  unter 
dem  Rector  Traudenius,  von  dessen 
Blutsverwandten  Paulus  Traudenius 
die  Regierung  von  Gouda  bezeugt,  dass 
er  der  erste  Wiederhersteller  u. 
grosse  Auf  ba  uer  der  lat.  Sprach- 
kunde daselbst  war.  Mit  24  Jahren 
wurde  Schoonhoven  Advocat  zu  Ley- 
«len ,  und  gab  1618  „Emblemata"  heraus. 
Bereits  fünf  Jahre  früher  erschienen  von  ihm 
lat.  Gedichte  verschiedener  Art,  nament- 
lich Hirtengedichte  und  Lobgesänge.  Sehr 
friedliebend  von  Natur,  machten  ihn  die 
Streitigkeiten  zwischen  Gomarus,  Ar- 
rainius  und  ihren  Nachfolgern  Beiden  ab- 
geneigt, so  dass  er  zur  katholischen  Re- 
ligion übertrat.  (S.  Walvis,  „Beschr.  v. 
Gouda",  p.  310,  3±2,  313.) 

SchoonJlOVen  (HI.)  —  Antonius  — 
aus  der  Familie  des  Vorigen,  Canonicus 
von  St.  Donaaskirche  zu  Brügge,  gab  den 
Eutrop  1546  zu  Basel  heraus,  und  schrieb: 
,,De  Origine  et  Sedibus  Francorum",  ,,de 
Etymo  vocis  Germanus" ,  und  „De  digni- 
tate  utriusque  Imperii  Orientis  atque  Oc- 
cidentis,  ac  Provinciarum  Romanarum".  (S. 
Walvis,  „Beschr.  v,  Gouda",  p.  316.) 

iSchooten  (IV.)  —  Franciscus  Van  — 
Professor  zu  Leyden ,  schrieb  einen  Com- 
mentar  zu  Descartes  „Geometrie",  gab 
die  Anmerkungen  des  Erasmus  Bartho- 
linus,  von  Beaune,  zu  derselben,  wie 
auch  die  Schriften  des  De  Witt,  Hudde 
u.  Van  Henraat  heraus,  um  die  Methode 
des  Descartes  allgemein  bekannt  zu 
machen,  welches  ihm  auch  trefflich  ge- 
lungen ist.  M 0 n t u cl a  gibt  VanSchoo- 
ten  das  Lob,  dass  man  in  s.  Commentar 
\lles  finde,  was  zum  richtigen  Verstehen 
des  Descartes  nothwendig  ist,  ohne  die 
lästige  Weitläufigkeit,  die  oft  das  Lesen 
der  Commentatoren  langweilig  macht.  (S. 
Montucla,  „Hist.  des  Mathem." ,  T.  II. 
p.  148)  Van  Schooten's  Thätigkeit 
und  Fleiss  zeigt  sich  besonders  durch  die 
Ausgabe  der  „Tabulae  sinuum  Tangentium 
et  Secantium",  1627,  von  W.  J.  Bleau, 
deren    Druck .    obgleich    in    sehr    kleinem 


Format,  vortrefflich  ist,  wobei  der  Her- 
ausgeber bemerkt ,  dass  Alles  nach  dem 
Druck  noch  einmal  gerechnet  wurde,  so 
dass  man  sich  fest  darauf  verlassen  kann, 
dass  auch  nicht  ein  Fehler  darin  zu  finden 
ist ,  welches  man  von  den  meisten  neuern 
Tabellen  eben  nicht  versichern  kann.  Auch 
gab  Van  Schooten  „Exercitationes  Ma- 
thematicae"  und  andere  Werke  heraus,  die 
jetzt  weniger  bekannt  sind.  Er  hielt  s. 
mathematischen  Vorlesungen  in  holländi- 
scher Sprache ,  welches  beweist ,  dass  er 
hierin  s.  Jahrhundert  voraus  war.  Nach 
dem  hier  Gesagten  kann  das  Urtheil  über 
ihn  nur  günstig  sein,  denn  er  hat  eine 
neue  und  höchst  nützliche  Methode  fort- 
gepflanzt, die  Mathematik  zugänglicher  ge- 
macht und  ausserdem  die  Ehre  gehabt,  der 
Lehi'er  von  H  u  y  g  e  n  s  gewesen  zu  sein. 
(S.  Hugenii  vita,  vor  s.  Werken.) 

Scborus  (II.)  —  Antoni  —  aus  Hoog- 
straten  in  Brabant,  suchte  Cicero  der 
Jugend  zugänglicher  zu  machen  durch  Her- 
ausgabe s.  „Thesaurus  Ciceronianus ,  quo 
R.  Stephani  Thesaurum,  ac  Marii  Ni- 
zoli  Observationes  methodo  quadam  con- 
traxit"  (Argentor.  1570,  4,  1580,  8.  und 
anderwärts),  und  s.  „Phrases  Linguae  La- 
tinae,  e  Cicerone  coUectae"  (Basil.).  Ausser- 
dem war  er  auch  bemüht,  das  Studium  der 
lateinischen  und  griechischen  Sprache  durch 
eine  geregelte  Methode  zu  erleichtern,  und 
schrieb  in  Beziehung  hierauf:  „Ratio  di- 
scendae  docendaeque  Linguae  Latinae  et 
Graecae",  Argentor.  1561  et  1596.  Dieser 
verdienstliche  Gelehrte  WTirde  i'eformirt  u. 
Professor  zu  Heidelberg,  welches  er  wegen 
s.  Lustspiels:  „Eusebia  sive  Religio"  (wie 
Dewez,  „Hist.  Particul.  des  Provinces 
Belgiques",  T.  III.  p.  265  bemerkt),  worin 
er  zeigt,  dass  die  Religion  von  den  Grossea 
verkannt  und  nur  vom  Volke  in  Ehren  ge- 
halten wird ,  verlassen  musste ,  worauf  er 
sich  nach  Lausanne  begab  und  daselbst 
auch  starb.  Das  von  ihm  verfasste  Werk: 
„de  Particulis",  welches  verloren  ging, 
soll  von  dem  Jesuiten  Tursellinus  wie- 
der aufgefunden  und  von  demselben  unter 
s.  eigenen  Namen  herausgegeben  worden 
sein  (s.  Saxe,  Onomast.  T.  IIL  p.  229). 

Schotanas  (IV.)  —  Christiaan  — 
geb.  1603,  seit  1639  Nachfolger  des  Paso r 
als  Prof.  der  griechischen  Sprache  zu  Fra- 
neker,  seit  1644  ausserord.  Professor  der 
Kirchengeschichte,  1646  ordentlicher  Prof. 
der  Theologie  u.  1683  Prediger  zu  Fra- 
neker.  der  bei  so  vielen  und  vielerlei  Fä- 


393 


Schofanus 


Schrevelius 


394 


ehern  der  Gelehrsamkeit  (in  ^Velche^  allen 
er  Werke  herausgab)  nocli  Zeit  fand ,  die 
Geschichte  s.  Vaterlandes  zu  bearbeiten.  So 
verfasste  er  eine  ., Beschreibung  u,  Chronik 
von  Friesland''  (Fraueker  1655,  4.) ,  eine 
„Kirchen-  u.  Weltgeschichte  von  Ost-  u. 
Westfriesland"  bis  zum  J.  1558  (Franek. 
1658) ,  die  sich  durch  Fleiss  und  Kritik 
auszeichnet,  und,  als  Folge  des  ersten 
Werkes,  eine  ,, Beschreibung  des  Gebietes 
von  Friesland  zwischen  dem  Flie  und  den 
Lauwers",  mit  Karten  und  Kupfern,  1664. 
In  der  Vorrede  zu  s.  Kirchen  -  u.  Welt- 
geschichte gibt  er  s.  Quellen  an,  beurtheilt 
dieselben,  erkennt  die  Vortrefflichkeit  des 
Emraius  und  die  Mangelhaftigkeit  des 
Sjoerd  Petri  und  Bernard  Furme- 
r  i  u  s  *)  an  ,  beklagt  die  Seltenheit  histo- 
rischer Nachrichten  von  Werth  über  Nie- 
derland seit  Tacitus  bis  Emmius  und 
Ho  oft,  und  würdigt  die  Vorzüge  u.  Ge- 
brechen des  Letztern  sehr  richtig.  (S. 
Vriemoet,  ,.Ath.  Frisiacae" ,  p.  336  — 
346.) 

Schotanus  (HI.)  —  Hendrik  —  geb. 
1548,  gest.  1606,  der  erste  Professor  der 
Rechte  zu  Franeker,  ein  gelehrter  Mann, 
den  Cujaciiis  nach  Bordeaux  einlud,  um 
daselbst  sorgenfreier  zu  leben ,  welches  er 
jedoch,  auch  aus  Abscheu  vor  der  Folter, 
welcher  damals  die  Rathsherren  beiwohnen 
mussten ,  ablehnte. 

Schotanus  (III.)  —  Bernard  —  Sohn 
des  Vorigen,  geb.  1598,  gest.  1652,  Pro- 
fessor der  Rechte  zu  Franeker ,  Leyden 
und  Utrecht. 

Schott  (III.)  —  Andries  —  ein  Jesuit 
aus  Antwerpen,  geb.  1552,  gest.  1629, 
hielt  sich  einige  Zeit  in  Spanien  u.  Ita- 
lien, drei  Jahre  bei  dem  Cardinal  Qui- 
roga,  Erzbischof  von  Toledo,  auf,  wo  er 
griechische  Literatur  lehrte,  und  gab  Aus- 
gaben und  Uebersetzungen  von,  oder  An- 
merkungen zu  Aurelius  Victor  (1579), 
Cornelius  Nepos(1600),  Pomponius 
Mela  (1582  u.  1635),  den  Rhetoriker 
Seneca(1603u.  1606),  Valerius  Flac- 
cus  (1617),  Photius  („Bibliothek"),  Ba- 
silius  (Kirchenvater),  Cyrillus  (Bischof), 
und  andern  weniger  bekannten  Schrift- 
stellern. 


*)  Eitt  Schüler  des  Petri  und  Gepier  des 
EmmiuR;  er  hatte  schou  1609  —  1617  neun 
friesische  Jahrbücher  geschrieben ,  deren  drei 
letzte  von  Winsenius   herausgegeben  wurden. 


Schonten  (III.)  —  Willem  -  ent- 
deckte mit  Jacob  Le  Maire  1616  durch 
die  Strasse  Le  Maire  und  längs  des  Cap 
Hoorn  einen  viel  bequemern  VVeg,  der  die 
beschwerliche  Schifffahrt  durch  die  Strasse 
Magellan's  merklich  abkürzte. 

Schonten  (IV.)  —  Wouter  —  Chi- 
rurg, besuchte  einen  Theil  von  Malabar, 
Coromandel ,  Bengalen  ,  Arracan ,  Ceylon, 
Java  und  die  Molucken,  bewahrte  uns  die 
erhabene  That  von  Hambroek  auf,  und 
ist  überhaupt  für  die  Geschichte  der  nie- 
derländischen Kriege  in  diesen  Gegenden 
wichtig.  Auch  für  die  Geschichte  von 
Ceylon  ist  s.  Werk  von  Interesse. 

Schonten  (VI.)  —  ...  —  katholi- 
scher Pfarrer  zu  Alkmar,  bewies  bei  der 
Gesellschaft :  ,,Für  das  allgemeine  Beste", 
sehr  fasslich  die  Existenz  Gottes  und  an- 
dere Punkte  der   naturlichen  Religion. 

Schonten  (VI.)  —  Jan  —  zu  Dord- 
recht,  besang  1817  in  ttiessenden  Versen 
die  Freimaurerei  (auch  in's  Deutsche  über- 
setzt). 

Schrader  (V.)  —  Johan  —  geb.  I72i 
zu  Tonneweerd  in  Friesland,  gest.  1783, 
1748  Prof.  der  Beredsamkeit,  und  1754 
auch  der  Geschichte  zu  Franeker,  war, 
zufolge  Wyttenbach,  ein  vortrefflicher 
Kritiker,  wie  s.  Observationes  u.  Emen- 
dationcs  auf  lateinische  Dichter  beweisen. 
Er  bildete  treffliche  Schüler,  war  ein  guter 
lateinischer  Dichter  u.  1742  Herausgeber 
des  bekannten  Gedichts  von  Mus  aus  ,,Hero 
und  Leander"  (mit  Anmerkungen  von 
Francius).  Seine  Gedichte  erschien^i 
1786.  Ausgezeichnet  darunter  ist  s.  1773 
verfasstes  Gedicht  auf  den  Besuch  Wil- 
helm's  V.  an  der  Universität  zu  Frane- 
ker, worin  er  gevvissermassen  den  Verfall 
der  friesischen  Hochschule  und  den  Flor 
des  benachbarten  Groningen  vorhersieht. 
Sein  Schüler  und  College  Wassenbergh 
hielt  s.  Lobrede. 

Schrant  (VI.)  —  Johan  Matthias  — 
Professor  zu  Gent,  schrieb  ein  treffliches 
Werkchen :   ,,das  Leben  Jesu«'. 

Schrevelins  (III.)  —  Cornelius  — 
Rector  zu  Leyden,  sammelte  mit  vielem 
Fleisse  die  Anmerkungen  Anderer  zu  He- 
siod,  Virgil,  Lucanus,  Horaz  n. 
Martial,  die  sog.  Notae  Variorum,  wel- 
cher Manier  Thysius  u.  Pitiscus  folg- 
ten ,  bis  die  französischen  Jesuiten  diesel- 
ben in  ihren  Ausgaben  ,,ad  usum  Delphini" 
verbesserten ,  und  eine  geschmackvollere 
Auswahl    aus    diesen    Erklärungen    veran- 


395 


Schrevelius 


Schultens 


39() 


stalteten.  Ausserdem  erschien  von  Schre- 
velius ein  Handwörterbuch  der  griechi- 
schen Sprache,  ^velches  von  Gelehrten  nicht 
sehr  geschätzt,  jedoch  von  Anfängern  viel 
gebraucht  wurde. 

Schrevelius  (IV.)  —  Theodorus  — 
verfasste  ,,Harlenuim ,  sive  Urbis  Harle- 
mensis  incunabula",  L.  B.  1647. 

Schröder  (V.)  —  N.  W.  —  geb.  1721 
zu  Marburg,  verdankte  A.  Schultens  s. 
Bildung  zum  Orientalisten,  dessen  grosse 
Verbesserung  des  hebräischen  Sprachstu- 
diums er  fortsetzte.  Bereits  1744  gab  er 
s.  „  Abhandlung  über  die  Kleidung  der 
hebräischen  Frauen"  heraus.  Auch  s.  mei- 
sten spätem  Schriften  (nachdem  er  1748 
die  Professur  der  orientalischen  und  grie- 
chischen Literatur  zu  Groningen  erhalten 
hatte),  besonders  s.  ,,Institutiones  ad  fun- 
dauienta  llnguae  Hebraeae"-  (auf  mehreren 
deutschen  Universitäten  als  Leitfaden  ge- 
braucht, und  sogar  zu  Klausenburg  in  Sie- 
benbürgen gedruckt)  sind  höchst  nützlich 
für  das  Studium  der  hebräischen  Sprache. 
Hierzu  gehören  auch  verschiedene  unter 
s.  Leitung  vertheidigte  Abhandlungen,  die 
zum  Theil  in  Rosenmüller's  ,,Synta- 
gma  Dissertationum  phiiologicarum",  theils 
in  einer  andern,  1775  zu  Leeuwarden  her- 
ausgekommenen Sammlung  erschienen ,  und 
zum  Theil  viel  Licht  über  die  hebräischen 
Wurzelwörter  verbreiten.  Mit  der  Kennt- 
niss  der  semitischen  Sprachen  verband  er 
die  des  Persischen  u.  Türkischen,  und  war 
auch  mit  den  cl  assischen  Schriftstellern 
Griechenland's  u.  Rom's  innigst  vertraut. 
Als  Lehrer  war  s.  Vortrag ,  zufolge  eines 
s.  berühmten  Schüler  (VVillmet),  gründ- 
lich und  vortrefflich ,  und  als  Herausgeber 
von  arabischen  Werken  würde  er  vielleicht 
eine  der  ersten  Stellen  einnehmen,  wenn 
die  folgenden  ungünstigen  Zeiten  den  Druck 
des  Werkes  (der  „Hamasa")  erlaubt  hät- 
ten, weiches  von  A.  Schultens  begon- 
nen und  von  Schröder  beendigt  ward. 
Schröder  gab  einen  „Thesaurus  Linguae 
Armenicae  antiquae  et  hodiernae" ,  Amst. 
1660,  4.,  und  die  vier  ersten  Capitel  der 
Genesis  Türkisch  u.  Lateinisch  heraus, 
und  machte  sich  (wie  Schultens,  Re- 
land,  S.  Rau,  Manger  u.  A.)  durch 
Abhandlungen  über  die  Sitten,  Gebräuche 
u.  Alterthümer  der  Israeliten  zum  bessern 
Verständniss  der  heiligen  Bücher  sehr  ver- 
dient. (S.  Willmet,  „Zust.  d.  orient. 
Lit.  in  Holland  während  des  18.  Jahrh.", 
p.  211—215.) 


Schröder  (V.)  —  J.  W.  —  lieferte 
Anmerkungen  zum  zehnten  Psalm  (1754) 
und  mehreren  anderen  (1781). 

Schröder  (V.)  —  J.  W.  A.  —  schrieb 

Anmerkungen  zu  Habakuk  (1781). 
Schröder  (VI.)  —    ...    —   Director 

des  Schullehrer- Seminars  zu  Lier  für  das 
südliche  Niederland. 

Schulte  ( V. )  —  ...  —  verfasste 
Anmerkungen  zu  Bileam's  Lied. 

Schulten»  (V.)  —  Albert  —  geb. 
1685  zu  Groningen,  bezog  schon  mit  14 
Jahren  die  Universität  daselbst,  wo  er 
sich  bald,  ausser  dem  Griechischen,  mit 
dem  Hebräischen,  Chaldäischen  u.  Syri- 
schen ,  und ,  zufolge  der  damaligen  Sitte, 
auch  mit  dem  Rabbinischen  vertraut  machte. 
Das  Hebräische  lernte  man  seit  R  e  u  c  h- 
lin  von  und  nach  Juden,  und  da  man 
den  ganzen  Sprachschatz  nicht  aus  dessen 
einzigem  Ueberrest,  den  Büchern  der  Bibel, 
schöpfen  konnte,  so  folgte  man  den  Rab- 
binern und  Talmudisten.  (S.  J.  Will- 
met, „Oratio  de  retinenda  antiqua  Bata- 
vorum  in  literis  Orientalibus  gloria",  p.  12, 
14.)  Natürlich  schlug  auch  Schultens 
zuerst  diesen  Weg  ein ,  richtete  aber  so- 
dann s.  Aufmerksamkeit  auf  das  mit  dem 
Hebräischen  so  verwandte  Arabische  (s. 
Vriemoet,  „Athen.  Kris.",  p.  762)  und 
vertheidigte,  20  Jahre  alt,  öffentlich  s. 
Abhandlung  über  den  Nutzen  der  arabi- 
schen Sprache  bei  Auslegung  der  h.  Schrift. 
Von  Groningen  ging  er  nach  Leyden ,  um 
Witsius,  Perizonius  u.  Gronovius, 
und  nach  Utrecht,  um  R  e  1  a  n  d  zu  hören. 
Als  Erstling  s.  Studien  erschienen  1708  s. 
„Anmerkungen  zu  Hiob".  Er  ward  nun 
(1709)  Dr.  d.  Theologie  und  brachte  zwei 
Jahre  mit  Untersuchung  der  unvergleich- 
lichen Sammlung  der  orientalischen  Ma- 
nuscripte  in  der  leydener  Bibliothek  zu. 
Nachdem  er  hierauf  Prediger  zu  Wasse- 
naar  gewesen,  wurde  er  1713  nach  Fra- 
neker  als  Prof.  der  hebräischen  Sprache, 
1729  zum  Director  des  StaatscoUegiums 
zu  Leyden,  und  bald  darauf  als  Ausleger 
des  Legats  der  orientalischen  Manuscripte 
von  Warner,  mit  der  Erlaubniss,  orien- 
talische Sprache  zu  lehren,  berufen,  worin 
er  1732  die  ordentl.  Professur  erhielt,  die 
er  mit  einer  Rede :  „De  Linguae  Arabicae 
antiquissima  origine,  intima  ac  sororia  cum 
Lingua  Hebraea  cognatione,  multisque  se- 
culis  praeflorata  puritate",  antrat.  Diese 
Methode,  die  "über  die  heilige  Urkunde 
ein  neues  Licht  verbreitete,  erschien  Vielen 


39t 


Schultens 


Schultens 


398 


verkehrt  und  fand  namentlicli  in  Herrn  an 
Driessen  (zuerst  Prediger  zu  Utrecht, 
hierauf  Professor  zu  Groningen,  einem  sehr 
zanksüchtigen  Manne,  wie  Saxe,  „Öno- 
mast."  T.  VI.  p.  692  ihn  nennt)  und 
Taco  Haio  Van  Der  Honert,  der, 
wie  sein  Sohn  Johannes,  mehr  durch 
Streitsucht  als  durch  Kritik  bekannt  ist, 
heftige  Gegner.  Schultens  liess  Beider 
Schriften  nicht  unbeantwortet;  aber  ein 
neuer ,  gelehrterer ,  mit  dem  Arabischen 
vertrauter  Gegner,  nämlich  J.  J.  Reiske, 
trat  nun  gegen  ihn  auf  hinsichtlich  des 
Nutzens ,  das  Hebräische  durch  das  Ara- 
bische erklären  zu  wollen,  worauf  Schul- 
tens in  zwei  Briefen  an  Mencke  ant- 
wortete. Kurz  nachher  starb  er,  1750.  — 
Schultens  Schriften  sind  zahlreich,  und 
umfassen  theils  Sprachelemente,  theils  ara- 
bische Schriftsteller,  die  er  herausgab,  die 
Briefe  an  Mencke  und  Reden,  die  er 
von  Amts  wegen  hielt  Ausser  dem  Buche 
Hiob,  welches  er  in's  Lateinische  über- 
setzte und  erklärte,  und  dessen  poetische 
und  antiquai-ische  Schätze  er  zuerst  öff- 
nete, bearbeitete  er  die  Sprüche  Salo- 
nio's  (1748);  gab  \nmerkungen  zum  A. 
Testament;  ein  geographisches  Namenver- 
zeichniss  orientalischer  Länder  u.  Oerter, 
welches  sich  hinler  der  Ausgabe  von  Sa- 
ladin 's  Leben  des  Bachaeddin  befin- 
det ;  wichtige  Beiträge  zu  der  im  Haag 
1777  in  4.  erschienenen  Ausgabe  von  Her- 
bei ot's  „ Bibliotheque  Orientale";  sam- 
melte Materialien  zur  ältesten  Geschichte 
Arabiens  in  s.  „Historia  Joctanidarum" 
(gedruckt ,  aber  nicht  herausgeben) ;  ge- 
staltete die  syrische  Grammatik  in  einem 
gedruckten,  aber  nicht  herausgegebenen 
Werke  ganz  anders;  gab  „Origines  He- 
braeae" ,  1724,  1738;  ,,Institutiones  ad 
Fundamenta  Linguae  Hebraeae",  1737,  4.; 
„Vetus  et  Regia  Via  Hebraizandi ,  contra 
novam  et  metaphysicam  hodiernam",  1738, 
4.;„Hariri-«  (1731,  1740);  „Gesta  Sa- 
ladini  et  Excerpta  ex  Abulfeda",  1732; 
„  Florilegion  Sententiarum  Arabicarura  "  , 
1733,  und  „Excerpta  Anthologiae  veterum 
Arabiae  Poetarum,  Lat.  conversa  ac  Notis 
illustrata,  adjecta  Grammatica  Erpenü", 
1748,  4.  heraus*). 


*)  Eine  interessante  Parallele  zwischen  Schal- 
tens und  Hemsterhais  gibt  Van  Kam- 
pe n  im  II.  Theile  p.  281  u.  292  s.  „Gesch. 
der  Lit.  der  Niederlande". 


Scliultens  (V.)  — -  Johan  Jacob  — 
Sohn  des  Vorigen,  zuerst  Professor  zu 
Herborn,  dann  1749,  ein  Jahr  vor  s.  Va- 
ters Tode,  nach  Leyden  berufen,  wo  er 
eine  Antrittsrede  „über  die  Früciite ,  wel- 
che eine  tiefere  Kenntniss  der  orientali- 
schen Sprachen  für  die  Theologie  haben 
muss"  hielt,  war,  nach  dem  Zeugniss  s. 
Sohnes,  des  berühmten  Heinrich  Al- 
bert, ein  noch  grösserer  Kenner  dieser 
Sprachen,  als  s.  Vater,  wovon  eben  die 
genannte  Rede  den  Beweis  lieferte,  so  wie 
eine  Abhandlung  ,.über  den  Nutzen  der 
orientalischen  Sprachkunde  für  den  hebräi- 
schen Codex'  (1742).  Zum  grossen  Nach- 
theil für  die  Wissenschaft  stürzte  er  sich 
in  den  Strudel  der  damaligen ,  nichts  be- 
deutenden theologischen  Streitigkeiten,  wel- 
che die  niederländische  Kirche  zu  einem 
neuen  Kampfplatz  für  die  scholastische  Phi- 
losophie des  Mittelalters  zu  machen  schie- 
nen, und  verschwendete  s  kostbare  Zeit 
mit  Abfassung  eines  Buches  von  844  Sei- 
ten in  4.  über  die  Katechismuserklärung 
des  Do.  A.  Comrie  zu  Woubrügge,  suchte 
jedoch  zu  zeigen ,  dass  die  darüber  ent- 
standenen Streitigkeiten  nicht  Hauptpunkte 
betrafen. 

Schultens  (V.)  —  Hendrik  Albert  — 
Sühn  des  Vorigen,  machte  den  Geist  s. 
Gross vaters  Albert  in  voller  Kraft  wie- 
der aufleben.  Schon  als  Jüngling  zeigte 
er  sich  durch  die  Herausgabe  der  arabi- 
schen Blumenlese  des  El  Nawaby  (1772T 
und  des  „Specimen  Proverbiorum  Meidani'' 
(1773)  als  einen  der  ersten  damaligen 
Orientalisten.  Seine  Vorliebe  für  dieses 
Studium  führte  ihn  nach  Oxford ,  wo  er 
die  arabischen  Manuscripte  aus  dem  rei- 
chen Bücherschatz  der  Bo dl ey 'sehen  Bi- 
bliothek mit  demselben  rastlosen  Fleisse 
abschrieb,  wie  früher  Ruhnkenius  zu 
Paris  die  griechischen.  Diesen  Reichthum, 
den  England  ihm  an  diesen  Schätzen  bot, 
machte  ihm  dasselbe  sehr  lieb ,  aber  der 
englische  Stolz,  der  keinem  Ausländer  einen 
Lehrstuhl  auf  einer  der  beiden  Universi- 
täten gestattete,  veranlasste  ihn  zur  Rück- 
kehr nach  Holland.  Er  ward  zuerst  Pro- 
fessor am  Athenäum  zu  Amsterdam  u,  er- 
hielt 1779  die  durch  den  Tod  s.  Vaters 
erledigte  Stelle  zu  Leyden.  Hier  bildete 
er  durch  s.  hinreissenden  Vortrag  und  lie- 
benswürdigen Umgang  viele  treffliche  Schü- 
ler für  s.  Lieblingsstudium,  und  gab  1788 
in  einer  akademischen  Abhandlung  eine 
vortreffliche     Schilderung;      „De     ingenio 


399 


Schulting 


Schuurmans 


400 


Arabum".  Als  Theolog  begründete  Schal- 
tens eine  bessere  und  mehr  unbefangene 
Untersuchung  der  Bibel;  er  verachtete  die 
scholastischen  Streitigkeiten ,  erklärte  die 
biblischen  Bücher  nach  ihrem  erhabenen 
Geiste,  gepaart  mit  unparteiischer  Sprach- 
erklärung des  Sinnes,  und  erhob  die  Schule, 
die  er  bildete,  zu  demselben  freien  Ge- 
sichtspunkte. Sein  früher,  1793  erfolgter 
Tod  war  ein  um  so  fühlbarerer  Verlust  für 
die  Wissenschaften,  da  E.  Scheidius, 
s.  Nachfolger,  auch  schon  ein  Jahr  darauf 
s.  Schülern  geraubt  wurde. 

ScbultinjS^  (IV.)  —  Antoni  —  geb. 
1659  zu  Ninuvegen ,  Sohn  des  Professors 
der  Literatur  zuerst  zu  Duisburg,  dann  zu 
Nimwegen,  der  1666  noch  in  blühender 
Jugend  an  der  Pest  starb.  Antoni  floh, 
erst  zehn  Jahre  alt,  1672  mit  s.  Mutter 
vor  französischer  Tyi'annei  nach  Dordrecht 
u.  Leyden ,  wo  er  Literatur  u.  Jurispru- 
denz,  letztere  unter  Böckelmann  und 
Voet  studirte  und  zum  Zwecke  s.  Lebens 
machte.  1683  Dr.  der  Rechte,  ward  er 
1691  nach  Harderwijk  u.  1694  nach  Fra- 
neker  als  Professor  berufen.  Hier  blieb 
er  neunzehn  Jahre,  bis  die  Universität  zu 
Leyden  ihn  nach  Voet 's  Tode  zu  sich 
berief,  wo  noch  s.  Lehrer  u.  Verwandter 
Noodt  lebte,  dessen  Unterricht  er  viel 
verdankte.  Nachdem  er  hier  noch  21  Jahre 
gelehrt  hatte ,  starb  er  1734  (nicht  1773, 
wie  bei  Saxe,  V.  410  durch  einen  Druck- 
fehler angegeben  ist).  Ausser  s.  Haupt- 
werke: „über  die  Jurisprudenz  von  Justi- 
nian" ,  bearbeitete  er  mit  seltnem  Scharf- 
sinn und  Fleiss  verschiedene  Rechtsmaterien, 
z.  B.  in  s.  Antrittsrede  zu  Harderwijk: 
„über  die  beste  Erklärung  des  Rechts". 
Seine  akademischen  Abhandlungen,  so  wie 
die  von  Vitriarius  auf  ihn  gehaltene 
Leichenrede  erschienen  von  Prof.  Uhle  zu 
Frankfurt  a.  d.  O.,  in  4  Theilen  gr.  8.  zu 
Halle  im  Druck.  1799  gab  Prof.  Smal- 
lenburg  zur  Probe  Noten  zu  einigen 
Titeln  der  Pandekten  von  Schulting, 
1804  den  ersten,  1809  den  zweiten,  1820 
den  dritten  u.  1824  den  vierten  Theil  dieser 
Noten,  welche  jedoch  nur  bis  zum  27. 
Buche  gehen,  mit  Anmerkungen  des  Her- 
ausgebers bereichert  heraus.  Schulting, 
den  Saxe  den  niederländischen  Cujacius 
nennt,  war  auch  ein  grosser  Kenner  der 
griechischen  und  lateinischen  Literatur  und 
sogar  der  Kirchenväter,  wovon  er  genug- 
sam Beweise  gegeben  hat  in  s.  Noten  zur 
„  Jurisprudentia    Antijustinianea "    und    zu 


den  Pandekten.  Alle  s.  „Dissertationes", 
„Orationes"  und  besonders  s.  „Enarratio" 
der  vier  ersten  Bücher  der  Pandekten  (die 
er,  wie  man  sagt,  nicht  fortsetzte,  um 
nicht  mit  Noodt  zu  coUidiren) ,  und  s. 
,,Theses  controversae "  geben  überall  den 
scharfsinnigen,  feinen  und  gelelirten  Juri- 
sten zu  erkennen. 

ISchutte  (V,)  —  Rutger  —  geb.  1708 
zu  Diepenheim  in  Overyssel ,  Prediger  zu 
Amsterdam,  bekannt  durch  s.  „Heiligen 
Jahrbücher"  in  Prosa,  und  Gesänge,  be- 
schrieb die  Reise  der  Israeliten  durch  die 
Wüste  und  Einiges  von  Jerusalem  (hinter 
der  von  P  o  c  o  c  k  e  übersetzten  Reise  be- 
findlich). 

ISchuurmans  (HI.)  -  Anna  Maria  — 
(oder  Van  Schurman)  geb.  zu  Köln  d. 
8.  Nov.  1607,  konnte  schon  in  ihrem  drit- 
ten Jahre  lesen,  und  im  sechsten  künst- 
lich Papier  ausschneiden.  Zu  Utrecht,  wo- 
hin ihr  Vater  mit  s.  Familie  zog,  lernte 
sie  ausser  der  holländischen  Sprache  die 
deutsche,  französische,  italienische,  engli- 
sche, griechische,  lateinische,  hebräische, 
chaldäische,  syrische  und  arabische,  die 
sie  alle,  wenn  gleich  nicht  sprach  oder 
schrieb ,  doch  hinlänglich  verstand ,  wobei 
sie  noch  Samaritanisch ,  Aethiopisch  und 
Persisch  zu  treiben  beabsichtigte,  hätte  es 
ihr  nicht  an  den  nöthigen  Büchern  gefehlt. 
Ausserdem  war  sie  mit  den  classischen 
Schriftstellern  und  Philosophen  vertraut, 
und  doch  betrachtete  sie  all  dieses  Wissen 
nur  als  Mittel  zur  Erlangung  einer  gründ- 
lichen Kenntniss  der  heil.  Schrift  und  der 
Theologie,  der  sie  sich  von  Jugend  auf 
nach  dem  Lehrbegriff  der  Reformirten  ge- 
widmet. Die  Theologie  war  damals  näm- 
lich noch  weit  mehr  in  das  ganze  öffent- 
liche und  Privatleben  verflochten ,  als 
jetzt,  wo  wenigstens  die  Theologia  pole- 
mica  ausser  den  akademischen  Hörsälen 
und  einzelnen  Gelegenheitsschriften  selten 
mehr  vorkommt.  Sie  hatte  damals  auch 
noch  nicht  ganz  den  Staub  des  Mittelal- 
ters abgeschüttelt ,  und  w  ar  noch ,  wie 
Cats  sich  ausdrückt,  mit  schweren  u. 
subtilen  scholastischen  Streitig- 
keiten belastet,  worin  Anna  Maria  sich 
besonders  auszeichnete.  Darf  man  sich 
daher  wundern,  dass  solch  ein  seltnes  Phä- 
nomen von  den  grössten  Gelehrten  ihrer 
Zeit,  wie  Vossius,  Salmasius,  Span- 
heim, Bochart,  Gassendi,  Cats 
(der  ihr  s.  Hand  antrug,  die  sie  aber,  weil 
er   30  Jahre   älter   war,    ausschlug)  u.  A. 


401  Schwarzenberg  Van  etc. 

bewundert ,  erhoben  und  bekannt  gemacht 
wurde  ?  Darf  man  sich  wundern ,  dass 
selbst  fürstliche  Personen  Cdie  Königsbraut 
von  Polen ,  die  bekannte  Herzogin  von 
L  0  n  g  u  e  V  i  1 1  e ,  und  vor  Allen  die  ge- 
lehrte Königin  Christine  von  Schweden), 
sie  aufsuchten  und  solchen  Talenten  ihre 
Bewunderung  zollten?  Doch  endlich  aller 
dieser  Lobpreisungen  und  lästigen  Berühmt- 
heit müde,  ging  Älaria  Van  Schur- 
man,  das  Nichtige  der  scholastischen  For- 
men für  die  Theologie  einsehend,  plötzlich 
zu  einem  andern  Extreme  über,  indem  sie 
alle  Gelehrsamkeit  als  überflüssig,  ihre 
bisherige  Religion  als  einen  todten  Kör- 
per zu  betrachten  anfing,  und  sich  mit 
dem  Schwärmer  L  a  b  a  d  i  e ,  der  alles  Wis- 
sen verachtete ,  und  sich  niu'  mit  dem  in- 
nern  Lichte  zufrieden  stellte,  innig  ver- 
band. Sie  folgte  ihm  in  ihrem  Alter  nach 
Holstein,  kehrte  aber  nach  s.  Tode  wieder 
in  ihr  Vaterland  zurück,  wo  sie  1678,  fast 
71  Jahre  alt,  in  dem  friesischen  Dorfe 
Wieuwert  starb,  ohne  verheirathet  gewe- 
sen zu  sein.  Diese  gelehrte  Frau,  welche 
vielleicht  nur  durch  Uebersättigung  zum 
Unsinn  geführt  wurde ,  zeichnete  sich  je- 
doch auch  durch  mehr  weibliche  Fertig- 
keiten (die  sie  mit  den  Schwestern  Vis- 
scher  gemein  hatte),  aus,  als:  durch 
Zeichnen,  Malen,  Sticken '(welches  sie  mit 
sieben  Jahren  binnen  drei  Stunden  er- 
lernte) ,  durch  Glas  -  und  Holzschneiden, 
Kupferstechen,  Wachsbossiren  (worin  sie 
es  so  weit  brachte,  dass  sie  ihr  eigenes 
Gesicht  zum  Sprechen  nachbildete),  ferner 
durch  Singen  und  Lautenspiel,  besonders 
aber  durch  eine  so  schöne  Handschrift, 
dass  Proben  davon  in  den  Kunstcabinetten 
noch  heute  aufbew  ahrt  werden.  Aber  diese 
ausserordentliche  Frau  hatte  auch  ihre  Ei- 
genheiten ,  indem  sie  z.  B.  bei  ihren  Gar- 
tenpromenaden Spinnen  zu  essen  pflegte. 

SchM^arzenberg;  Tan  Holien- 
lansberg  (V.)*—  G.  F.  Thoe  —  ver- 
fasste  ein  „Urkundenbuch  von  Friesland" 
(Leeuw.  1768,  4  Theile,  Fol.)  nach  Art 
des  Van  Mieris. 

Scotte  (HL)  —  ApoUonius  —  geb. 
in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahrhun- 
derts zu  Middelburg,  war  Pensionär  dieser 
Stadt  und  Rathsherr  bei  dem  Hohen  Rath 
im  Haag.  Er  wusste  auf  die  glücklichste 
Weise  die  Literatur  mit  s.  Jurisprudenz 
zu  vereinigen ,  und  war  von  den  ersten 
Geistern  s.  Zeit  sehr  geachtet.  IVlit  De 
G  r  0  0 1    stand    er    in    freundschaftlichem 


Scriverius 


402 


Verkehr;  derselbe  nahm  ein  Gedicht  auf 
den  Tod  s.  Sohnes  von  Scotte  in  s. 
Sammlung  lateinischer  Gedichte  auf,  und 
machte  ein  Lobgedicht  auf  dessen  Ueber- 
setzung  des  Predigers.  Hooft  über- 
sandte ihm  s,  „Niederländische  Geschichte", 
noch  vor  der  Herausgabe,  um  darüber  s. 
Urtheil  zu  vernehmen.  J.  F.  Gronovius 
nennt  ihn  ,,  einen  Mann ,  unvergleichlich 
an  Gelehrsamkeit  und  Tugend",  —  Vor- 
stius,  „ein  glänzendes  Gestirn,  einen  Be- 
schützer und  Freund  der  Gelehrten",  — 
Cunäus  seine  Abhandlung:  „de  Jure  Do- 
minii"  ,,göttlich."  Mit  diesem  Letztem 
führte  er  einen  gelehrten  Briefwechsel,  und 
mehrere  Briefe  von  Scotte  an  Cunäus 
über  juristische  und  andere  Materien  wur- 
den 1725  von  P.  Burman  herausgegeben. 
Scotte  verfasste  ausserdem  noch  einige 
holländische  Gedichte,  welche  sich  in  der 
„zeeländischen  Nachtigall"  befinden. 

Scriverius  (HL)  —  Pieter  —  geb. 
1576  zu  Haarlem,  gest.  1660,  war  ein 
eifriger  Bearbeiter  der  holländischen  Spra- 
che, lebte  meist  zu  Leyden  den  Musen 
im  Umgang  mit  Heinsius,  Rutger- 
sius,  Meursius,  und  früher  mit  den 
alten  Van  Der  Does  und  S c a  1  i g e r. 
Gross  ist  die  Anzahl  s.  herausgegebenen 
Werke.  Seine  holländischen  Gedichte  sind 
gering  an  Zahl,  aber  durchgehends  zier- 
lich, gefallig  oder  glühend  von  Liebe  zum 
Vaterlande  und  zur  Muttersprache.  Vor 
Allem  vertheidigte  er  die  Ehre  Haar- 
lem's  hinsichtlich  der  Erfindung  der  Buch- 
druckerkunst; schrieb  heftige  Gedichte  ge- 
gen Metz  und  einen  „Lorbeerkranz"  für 
Laurens  Kost  er  zur  zweiten  Säcular- 
feier  s.  Erfindung  (1428).  Ein  solcher, 
für  den  literarischen  Ruhm  s.  Vaterlandes 
so  eingenommener  Mann ,  konnte  dessen 
grösste  Zierde,  De  Groot,  nicht  anders 
als  hochschätzen.  Er  ersann  eine  artige 
List,  um  demselben,  der  damals  im  Ge- 
fängniss  war,  Nachrichten  zu  geben,  ver- 
mittelst Probeblätter  einer  neuen  Ausgabe 
von  Janus  Secundus,  wodurch  der  Ge- 
fangene in  lateinischen  Versen  von  der  Lage 
der  Dinge  im  Vaterlande  unterrichtet  ward. 
Auch  schrieb  er  ein  Gedicht  unter  das 
Portrait  von  Hogerbeets,  welches  sich 
mit  der  Frage  endigte:  Wo  der  Lohn 
für  so  viele  Verdienste  blieb?  Diese 
Unterschrift  ward  mit  einer  Geldbusse  von 
200  Gulden  geahndet.  (S.  Wagen  aar, 
X.  Th.  p.  305,  S06.  Foppens,  T.  H. 
p.  1009,    1010.    wo  auch  ein  Verzeichniss 


403 


Secundus 


Siegenbeek 


404 


s.  Werke  gegeben  ist ;  und  vor  Allem : 
„Gedichte  von  Scriverius,  nebst  einer 
ausführlichen  Biographie  des  Dichters", 
Amst.  1738,  4.  Diese  Gedichte  bestehen 
ausserdem  aus  Gelegenheitsgedichten  und 
Uebersetzungen.)  Um  die  alte  Literatur 
machte  sich  Scriverius  verdient  durch 
Herausgabe  von  Vegetius,  Frontinus 
und  anderer  Schriftsteller  über  das  Kriegs- 
wesen, durch  Anmerkungen  zu  Martial, 
den  alten  römischen  Trauerspieldichtern, 
durch  die  Lebensbeschreibung  des  E  r  a  s- 
mus,  und  durch  einige  Werkchen  über 
die  alte  Geschichte  des  Vaterlandes. 

Secundus  (II.)  —  Jan  oder  Janus 
—  Sohn  des  Nicolaas  und  Bruder  von 
Adriaan  Marius  u.  Nicolaas  Gru- 
dius  Everardi  (vgl.  diese  Art.),  nahm 
den  Namen  Janus  Secundus  zur  Unter- 
scheidung von  s.  Oheim  an.  Nach  der 
damaligen  Gewohnheit  Aller,  die  nach  einer 
mehr  als  gewöhnlichen  Bildung  strebten, 
reiste  er  in  s.  Jugend  nach  Frankreich,  Ita- 
lien u.  Spanien,  wo  er  lateinischer  Secre- 
tär  des  Cardinal  -  Erzbischofs  von  Toledo 
war,  begleitete  Karl  V.  nach  Tunis,  und 
sohle  eben  denselben  Posten  bei  dem  ßi  • 
schof  von  Utrecht  bekleiden,  als  ein  früher 
Tod  ihn  in  s.  25.  Jahre  zu  St.  Amand  im 
Düornikschen  entriss.  Er  war  nicht  allein 
in  der  Dichtkunst,  sondern  auch  in  der 
Bossir-  und  Hildhauerkunst  ausgezeichnet. 
Unter  s.  Gedichten  werden  die  Basia  (von 
Tissot  in's  Französische  übersetzt),  als 
ein  Meisterwerk,  eines  CatuU  u.  T  i- 
bull  nicht  unwürdig,  genannt.  Ausser- 
dem schrieb  er  „Elegiae ,  Funera ,  Epi- 
grainmata,  Odae,  vermischte  Gedichte", 
zu  denen  auch  die  „Regia  Pecuniae"  ge- 
hören ,  von  jedem  ein  Buch ;  zwei  Bücher 
lateinische  Briefe  u.  „Itineraria  III.  Bel- 
gicum,  Gallicum  et  Hispanicum",  zu  Ley- 
den  von  D.  Heinsius  1618  herausgege- 
ben. (S.  Foppe ns,  T.  IL  p.  726,  727. 
Saxe,  ,, Onomast."  p.  149.  Peerlkamp, 
p.  34  —  43,  der  diesen  Dichter  con  amore 
behandelt.  Prof.  Bosscha  zu  Deventer, 
vor  s.  Ausgabe  der  Werke  unseres  Dich- 
ters, 1821.  Baron  Collot  D'Escury, 
in  s.- gelehrten  Werke:  „Holland's  Ruhm 
in  Künsten  und  Wissenschaften",  p.  95  — 
97.)  Secundus  prangt  auf  dem  Rath- 
hause  im  Haag  und  der  giosse  D  o  u  z a 
wusste  s.  Gedichte  auswendig. 

iSeg^aar  (V.)  —  ...  —  Professor  zu 
Utrecht,  gab  1775  Daniel  mit  Anmer- 
kungen heraus. 


8eghers  (V.)  —  Pastor  zu  St.  Le- 
onard ,  schrieb  eine  Preisschrift  in  flämi- 
scher Sprache  über  die  Mittel,  die  aus- 
ländischen Bäume  und  Pflanzen  in  den  Nie- 
derlanden einheimisch  zu  machen. 

Servilius  (IL)  —  Johannes  — 
(Knaap)  beschrieb  die  Unternehmung 
Maarten  Van  Rossera's  auf  Ant- 
werpen. 

Sevecotius  (HL)  —  Jacob  —  geb. 
1596  zu  Gent,  gest.  1642,  ein  Augustiner- 
Mönch,  besuchte  Italien,  wo  er  bei  Papst 
Urban  VlI.  in  grosser  Gunst  stand,  kam 
1524  nach  Holland  zurück,  ward  Prote- 
stant und  erhielt  durch  P.  Cunäus  1625 
die  Professur  der  Geschichte  u.  Beredsam- 
keit an  der  Hochschule  zu  Harderwijk. 
Er  widmete  s.  Leben  der  Vertheidigung 
der  Freiheit;  in  s.  Anmerkungen  zu  J.  Cä- 
sar von  Sueton  und  auf  Florus  eifert 
er  gegen  den  spanischen  Despotismus,  und 
in  s.  „Belagerung  und  Entsatz  von  Ley- 
den"  (1626),  einem  Trauerspiele  mit  Chö- 
ren und  den  allegorischen  Personen :  Frei- 
heit, Hunger  und  göttliche  ti  e- 
rechtigkeit,  ward  namentlich  die  Na- 
tion gegen  die  Spanier  aufgerüttelt  Er 
schrieb  in  s.  Jugend  einige  Allegorien  w. 
vermischte  Gedichte,  worunter  sich  die 
Minnogedichte  auszeichnen  (s.  Foppens, 
T.  I.  p.  545).  Auch  als  lateinischer  Dich- 
ter hat  er  Verdienste:  so  gab  er  3  Bü- 
cher Elegien,  die  Trauerspiele  „Maria" 
und  ,,  Rosamunde",  das  lustig  endigende 
Trauerspiel  ,, Esther",  vermischte  Gedichte 
und  100  Epigramme  zusammen  1625  zu 
Leyden  heraus.  Seine,  in  der  altern  Ma- 
nier Vondel's  verfassten  Gedichte  be- 
sitzen viel  Feuer,  Kraft  und  Reichthum 
an  Bildern.  (S.  Siegenbeek  u.  Kan- 
telaar, „Euterpe",  p.  69  — 97.  Peerl- 
kamp  p.  296  —  299.) 

Sewel  (V.)  —  Willem  —  Verfasser 
einer  ., holländischen  Sprachlehre",  1708. 

Siccauia  (HI.)  —  ...  —  aus  Bols- 
ward ,  lebte  von  1570  bis  1621  ,  war  Al- 
terthumskenner,  und  schrieb :  „De  Veteri 
anno  Romuli  et  Numae  Pompilii",  Comp. 
1599;  „B'astorumRom.  Calendarium",  Amst. 
1600. 

Siegrenbeek  (VI.)  —  Matthys  — 

1773  zu  Amsterdam,  bildete  sich  daselbst 
unter  dem  Rector  der  lateinischen  Schule 
Ommeren,  dann  auf  dem  Athenäum  un- 
ter Wyttenbach  in  der  alten  Literatur 
und  unter  Hesseling  in  der  Theologie, 
welchem   letztern  Fache   er   sich   Vorzugs- 


405 


Siegenbeek 


Simons 


406 


weise  widmete  und  Prediger  der  Menno- 
niten  zu  Dokkum  ward.  Seine  ausgezeich- 
nete Kenntniss  der  holländischen  Literatur 
verschaffte  ihm  die  1795  unter  den  dama- 
ligen Curatoren  L.  Van  Santen  u.  J. 
De  Krujff  errichtete  ausserordentliche 
Professur  der  holländischen  Beredsamkeit, 
welche  er  mit  einer  Rede  ,,über  den  öf- 
fentlichen Unteriicht  in  der  holländischen 
Beredsamkeit"  antrat.  1799  ward  er  or- 
dentl.  Professor  der  holländischen  Litera- 
tur, bei  welcher  Gelegenheit  er  das  An- 
denken an  den  berühmten  P.  Cz.  Ho  oft 
wieder  auffrischte.  Im  Allgemeinen  ist 
durch  dieses  Werkchen  (1800  zu  Leyden 
erschienen) ,  durch  s.  Abhandlung  über 
V  0  n  d  e  r  s  Verdienste  als  Dichter  ,  durch 
die  „Proben  holländischer  Beredsamkeit" 
(das.  1799,  1809,  2  St.)  und  „Proben 
holländischer  Dichtkunst"  (1808),  so  wie 
durch  die  akademischen  Vorlesungen  S  i  e- 
genbeek's  in  Niederland  ein  grösserer 
Eifer  für  dessen  alte  classische  Schrift- 
steller geweckt  worden.  Nicht  mindere 
Verdienste  hat  Siegenbeek  um  die  Spra- 
che selbst.  Mit  Anfang  dieses  Jahrhun- 
derts ward  die  Gesellschaft  für  Sprach- 
u.  Dichtkunde  (durch  Vereinigung  der  drei 
Dichterveieine  von  Leyden,  Amsterdam  u. 
Rotterdam)  errichtet  und  Siegenbeek 
zum  ersten  Vorsitzer  derselben  ernannt. 
Eine  der  ersten  Arbeiten  dieser  Gesell- 
schaft, unter  Mitwirkung  des  damaligen 
Agenten  der  Nationalerziehung,  Nieder- 
land's  ersten  Kanzelredner's ,  Van  Der 
Palm,  und  mit  gemeinsamer  Berathung 
der  Gesellschaften:  „Für  das  allgemeine 
Beste"  und  „Niederländische  Literatur" 
war  die  Feststellung  einer  gleichförmigen 
Orthographie  der  holländischen  Sprache, 
wozu  Siegenbeek  (1801)  erwählt  ward. 
Er  beendigte  diese  mühevolle  Arbeit  1803 
oder  1804 ;  der  Entwurf  ward  auch  durch 
die  Regierung  angenommen  und  als  Norm 
einer  allgemeinen  Orthographie  festgesetzt. 
Siegenbeek  gab  zufolge  dieser  Ortho- 
graphie ein  ,, Wörterbuch"  (der  zweifel- 
haften oder  bestrittenen  Worte)  1806  zu 
Amsterdam  heraus.  Von  der  erwähnten 
Gesellschaft  für  Sprach  -  und  Dichtkunde 
erhielt  er  1802  den  goldenen  Ehrenpreis 
für  s.  Abhandlung  „über  den  Wohllaut 
und  die  Leichtigkeit  der  Ausspra- 
che, als  Gesetzgeber  der  Sprache" ,  und 
1806  denselbe;i  Preis  „über  den  Reichthum 
u.  die  Vorzüge  der  holländischen  Sprache", 
ein  Meisterwerk,    welches  die  angeführten 


Eigenschaften  der  holländischen  Sprache 
durchgehends  entschieden  dargethan  hat. 
Ausserdem  schrieb  er  noch  folgende  mehr 
oder  weniger  ausführliche  Abhandlungen: 
über  die  Dichterin  Kool aar t,  geb.  Hof- 
man,  (in  der  „ Euterpe"  1810);  über 
Dante,  über  Lorenz  von  M  e  d  i  c  i  s 
(im  ,,Museum");  Vergleichung  von  Mil- 
ton's  „verlorenem  Paradiese"  mit  Von- 
del's  „Lucifer";  über  De  Groot  als 
Historiker  (im  „Institut");  Schönhei- 
ten von  Cats,  Uebersetzungen  aus  Xc- 
nophon  u.  Plato  (das  Gastmahl),  der 
Reden  des  Periklcs  aus  Thucydides; 
Longin  US  „über  das  Erhabene"  (1811), 
Behufs  s.  Vorlesungen;  Lobrede  auf 
Sl  in  gel  and  (1819),  von  der  Gesellschaft 
für  niederländische  Literatur  gekrönt.  Im 
Vereine  mit  Kautel  aar  lieferte  Sie- 
genbeek in  die  „Euterpe"  (Amst.  1810, 
1811)  interessante  Nachrichten  über  Seve- 
cotius,  Heinsius,  Van  Der  Burgh, 
und  mit  V  an  Cap pelle  in  s.  „Beiträgen 
zur  Geschichte  der  Literatur  in  Nieder- 
land" (Amst.  1821)  über  Simon  Stevin, 
Drebbel,  Maurits,  C.  A.  Bredero, 
B  o  e  r  h  a  V  e  und  's  G  r  a  v  e  s  a  n  d  e.  Als 
INIennonitenprediger  hat  er  sich  durch  zwei 
Theile  trefflich  gearbeiteter  Predigten  aus- 
gezeichnet, unter  welchen  die  über  Na- 
than'  s  Anrede  an  David,  nach  dessen 
Missethat ,  wohl  die  schönste  ist.  Dass 
Siegenbeek  auch  den  lateinischen  Styl 
in  s.  Gewalt  hatte ,  bewies  er  durch  s. 
beiden  Abhandlungen  in  dieser  Sprache, 
die  erste  zur  Feier  des  Friedens  von  Amiens 
(1802),  und  die  andere  bei  Niederlegung 
s.  Rectorats  1810,  über  Janas  Douza 
(hei-ausgegeben ,  L.  B.  1810,  mit  vielen 
Anmerkungen). 

Sig^ebert  Tan  Gembloux   (I.) 

—  ...  — entlehnte  aus  Bai  derik's  (gest. 
1112)  „Chronicon  Cameracense"  viel,  ja 
selbst  wörtlich  ,  in  s.  von  381  — 1113 
gehende  Chronik.  Er  war  jedoch  nicht 
allein  Chronikenschreiber,  sondern  verbes- 
serte auch  die  Vulgata  nach  dem  Ur- 
text, und  schrieb  eine  „Epistola  ad  Leo- 
dienses". 

ISimons  (V.)  —  Adam  —  durch  s. 
poetischen  Talente  und  geselligen  Umgang 
der  vertraute  Freund  einiger  der  ausge- 
zeichnetsten Männer  Niederland's.  gab  1805 
Gedichte  heraus,  die  zum  Theil  Original, 
zum  Theil  den  Deutschen  nachgebildet 
sind,  und  worin  man  mehr  Zartheit,  Zier- 
lichkeit, Lieblichkeit  des  Ausdrucks,    und, 


407  Sligtenhorst 

im  Allgemeinen  mehr  Schönheit  als  Kühn- 
heit, Erhabenheit  oder  bezauberndes  Feuer 
findet.  Stets  bleibt  er  jedoch  im  vollsten 
Sinne  Dichter.  Während  des  französischen 
Druckes  presste  ihm  die  Noth  des  Vater- 
landes aus  der  beklommenen  Brust  den  be- 
kannten Trauergesang:  Vergesst  Eure 
Abkunft,  o  Batavier!  Er  erhielt  für  s. 
patriotischen  Gefühle  und  poetischen  Ta- 
lente die  Professur  der  holländischen  Li- 
teratur zu  Utrecht  (1815).  Kaiser  Alexan- 
der brachte  er  in  3  Gesängen,  welche  die 
Geschichte  seiner  Thaten  seit  dem  franzö- 
sischen Einfall  zum  Gegenstand  haben,  (im 
Haag  1815,  8.)  s.  Huldigung  dar.  1814 
(zu  Amsterdam)  hatte  er  „den  Werth  des 
Menschen"  besungen.  Ausserdem  erschie- 
nen von  ihm  „Zerstreute  Gedichte".  Si- 
mons ist  nicht  minder  vortrefflicher  Pro- 
saist als  Dichter.  Seine  „Erinnerung  an 
das  Jahrhundert  F  ried  ri  ch  Heinrich's" 
(„Mnemosyne" ,  IX.  Th.)  betrachtet  diese 
so  oft  gefeierte  Epoche  aus  einem  so  neuen 
und  anziehenden  Gesichtspunkte,  dass  man 
sich  gleichsam  in  den  Freundeskreis  von 
Hooft,  Vondel,  Huygens  u.  We- 
sterbaen  versetzt  glaubt.  Ein  Gegen- 
stück hierzu  ist  s.  Vergleichung  Vondel's 
mit  Hooft  u.  Cats  im  I.  Th.  der  „Neuen 
Mnemosyne"  (von  H.  W.  n.  B.  Tijde- 
m  a  n  herausgegeben).  Auch  ist  Simons 
Mitarbeiter  an  der  mit  Anmerkungen  ver- 
sehenen neuen  Ausgabe  von  Hooft's 
„Niederländischen  Historien". 
,  ISligtenllorst  (IV.)  —  ...  —  über- 
setzte Pontanus  „Geschichte  von  Gel- 
dern". 

iSloot  (V.)  —  ...  Van  Der  —  Her- 
ausgeber des  arabischen  Gedichts  von  To- 
grai  (1769). 

Sluis  (II)  —  Willem  Van  Der  — 
Priester  zu  Rotterdam ,  schrieb  ein ,  1724 
von  Alkemade  herausgegebenes  Büchel- 
chen: „Junker  Fransen  Oorlog"  (Krieg), 
über  den  bekannten  Versuch  der  Huk- 
sehen,   sich   an   der  Maass   festzusetzen. 

Sluiter  (VI.)  —  ...  —  Professor  am 
Athenäum  zu  Deventer,  zu  früh  den  Wis- 
senschaften entrückt,  gab  J.  Luzac's  (s. 
Lehrers)  ,,Lectiones  Atticae",  und  in  s. 
eigenen  „Lectiones  Andocideae"  Luzac's 
Sammlungen  über  diesen  griechischen  Red- 
ner heraus. 

Smallegange  (IV.)  —  Matthias  — 
aus  einer  angesehenen  Familie,  Rechtsge- 
lehrter zu  Goes  in  Südbeveland ,  dessen 
„Neue  Chronik    von   Zeeland"   (Middelb. 


Smits 


408 


1696,  Fol.)  ausführliche  Nachricht  von  den 
Alterthümern  u.  Orten  dieser  Gegend  gibt. 

j^mallenburg^  (VI.)  _  n.  -  Prof. 
der  Rechte  zu  Leyden,  gab  Schulting's 
Noten  zu  den  Pandekten  heraus. 

2§initll  (III.)  —  Jan  —  reformirter 
Prediger  zu  Nimwegen,  sammelte  ein  Ca- 
binet  vaterländischer  Alterthümer,  nament- 
lich Münzen,  welches  von  dem  Kurfürsten 
von  der  Pfalz  gekauft  wurde. 

I§mitb  (IV.)  —  . . .  _  Vater  u.  Sohn, 
lieferten  eine  gute  Beschreibung  von  Nim- 
wegen, bei  welcher,  \vie  Letzterer  sagt, 
150  Schriftsteller  benutzt  wurden. 

Smith  (VI.)  —  O.  R.  —  Mathema- 
tiker. 

iSmits  (V.)  —  Dirk  —  geb.  1702  zu 
Rotterdam  in  niedrigem  Stande ,  machte 
schon  mit  14  Jahren  Verse,  las  bald  die 
grossen  Meister  Hooft,  Vondel  u.  be- 
sonders De  Decker,  mit  dessen  Manier 
die  seinige  am  meisten  übereinstimmte, 
wozu  vielleicht  ähnliche  äussere  Umstände 
das  Ihrige  beitrugen  ,  indem  Beide  gegen 
die  Ungunst  des  Schicksals  kämpfen  muss- 
ten  und  Das ,  was  sie  waren ,  aus  sich 
selbst  w  urden ,  mit  dem  Unterschied,  dass 
Smits  keinen  kunstliebenden  Vater  hatte, 
wie  s.  Vorbild.  Aus  den  sog.  Hofdich- 
tern schöpfte  er  Vorbilder,  Sprach-  und 
Kunstregeln,  wie  Poot,  mit  dem  er  Un- 
kunde  der  alten  Sprachen  gemein  hatte, 
doch  war  er  der  neuern ,  namentlich  der 
englischen  kundig,  wie  s.  schöne  Ueber- 
setzung  oder  Bearbeitung  von  Pope's 
„Brief  der  Heloise  an  Abälard",  wobei  er 
jedoch  eine  prosaische  Uebersetzung  eines 
Freundes  zu  Hülfe  nahm ,  beweist ;  aber 
diese  Bearbeitung  ward  später  durch  die  s. 
Landsmanns  To  Ileus  in  den  Schatten  ge- 
stellt. Unglücklicherweise  liess  sich  Smits 
in  den  Strudel  der  Dichtervereine,  und  zwar 
in  einen  der  meist  berühmten  und  zugleich 
w  enigst  bedeutenden  :  „  Natura  et  Arte  " 
hineinziehen,  wo  Van  Der  Pot  u.  Ver- 
stee g  den  Ton  angaben.  Man  warnte 
darin  hauptsächlich  gegen  die  kühne  Spra- 
che des  Gefühls  und  der  Phantasie.  Smits 
erlangte  jedoch  darin  eine  Genauigkeit  des 
Ausdrucks,  die  ihm  zu  s.  zierlichen  u.  ge- 
wählten Schilderungen  sehr  zu  statten  kam, 
ohne  s.  dichterische  Gluth  ganz  zu  unter- 
drücken. Hier  machte  er  aiich  mit  dem 
Mennonitenprediger  P.  F  o  n  t  e  i  n  u.  dem 
Sprachkenner  Josua  Van  Der  Poorter 
Bekanntschaft.  1734  erschien  s.  erstes 
Werk:    „Israels   Götzendienst    des   Baal", 


409 


Smits 


Snellius 


410 


ein  biblisches  episches  Gemälde,  worin  er 
die  Alimacht  redend  in  einem  Himmelsrath 
einführt ,  doch  die  Klippe  vermeidet ,  an 
welche  Hoogvliet  stiess;  nicht  Eigen- 
schaften bilden  den  Himmelsrath ,  sondern 
Throne,  Herrschaften  u.  Engel.  Die  gött- 
liche Rache ,  Pest ,  Gerechtigkeit  und  Vor- 
sehung werden  als  Diener  des  Allmächti- 
gen personificirt  gebraucht.  Sein  zweites 
poetisches  Werk  war  (1740)  eine,  theils 
biblische,  theils  andere  Gegenstände  ent- 
haltende Sammlung;  hierauf  folgte  (1743) 
eine  Nachahmung  (zufolge  einer  prosaischen 
Uebersetzung)  von  Burma  n's  Werk: 
,,De  Enthusiasmo  Poetico".  Da  s.  Posten 
auf  einem  Weincontor  zur  Erhaltung  einer 
Frau  und  von.  fünf  Kindern  nicht  hinrei- 
chend war,  so  sähe  er  sich  genöthigt, 
1746  das  beschwerliche  Amt  als  Commis- 
sär  zur  Musterung  der  Kriegsschiffe  zu 
Heltevoetsluis  anzunehmen,  wo  er,  dem 
herrlichen  Rotterdam  entrückt  und  von  s. 
Kunst-  und  andern  Freunden  getrennt, 
gleichsam  in  Verbannung  lebte.  Wil- 
helm IV.  Gunst,  dem  er  1750  s.  „Rot- 
testrom" dedicirte,  verschaffte  ihm  einen 
einträglichem  Posten,  aber  leider  ebenda- 
selbst, wo  die  Luft  und  die  Beschwerlich- 
keit des  Dienstes  s.  Gesundheit  untergra- 
ben hatte.  So  starb  dieser  verdienstliche 
Dichter,  fast  als  ein  Vondel  gepriesen, 
doch  auch  vernachlässigt  wie  dieser,  nach- 
dem er  erst  die  Hälfte  der  Tage  dieses 
Fürsten  des  holländischen  Parnasses  er- 
reicht hatte.  —  Smits  Dichtungsweise  ist 
nicht  Kühnheit  oder  hoher  Flug  ;  er 
schwebt  selten ,  gleich  einem  Adler,  über 
den  Wolken  und  überschaut  von  da  mit 
einem  Blick  die  Erde  und  ihr  Gewühl; 
er  reisst  uns  selten  zu  tiefer  Wehmuth  hin ; 
aber  er  ist  unbeschreiblich  zart,  gefällig 
und  malerisch,  und  dass  es  ihm  an  Gefühl 
nicht  gebricht,  zeigt  sich  in  den  allerlieb- 
sten Gedichten :  „Wiegenlied"  und  „Lei- 
chenkranz für  mein  Töchterchen"  (Ausg. 
1740,  p.  222).  Sein  „Rottestrom"  ist  voll 
lieblicher  Bilder.  Die  Natur  hatte  ihn  zum 
Dichter  geschaffen ;  weder  s.  Stand  ,  noch 
s.  Unkenntniss  der  gelehrten  Sprachen 
konnte  diesen  Beruf  schmälern ,  und  wo  s. 
Flug  gehemmt  ward ,  da  waren  es  häus- 
liche Sorgen  und  die  drohende  Feindschaft 
der  Gesellschaft :  „Natura  et  Arte".  Nach 
s.  Tode  wurden  von  N.  Versteeg  und 
N.  West  erb  aan  3  Theile  „Nachgelas- 
sene Gedichte  von  S  mit 's"  herausgege- 
ben, wovon  der  erste  (1753)  unter  andern 


ein  Gedicht  auf  den  Frieden  von  Aachen, 
und  die  Uebersetzung  des  Briefes  von  He- 
loise  an  Abälard,  nach  Pope,  —  der 
zweite  (1758)  Hochzeitsgedichte,  —  der 
dritte  (1764)  Geburts-  u.  Leichengedichte, 
mit  der  Biographie  des  Dichters  (von  Ver- 
steeg), enthält.  (S.  De  Vries,  H.  Th. 
p.  140,  141.) 

Smits  (VL)  —  E.  —  besang  Maria 
von  Burgund  in  einem  Trauerspiele. 

Snaken1>urg^  (V.)  —  ...  —  verfasste 
die  ,,  Lebensbeschreibung  Joseph's"  und 
„Bibelstoffe'-  (1753). 

SnelUus  (HI.)  —  Rudolf—  geb.  1546 
zu  Oudewater,  bildete  sich  auf  Reisen  in 
Deutschland  (wo  er  sich  14  J.  aufhielt, 
und  zu  Marburg  Unterricht  im  Lateinischen 
und  Griechischen  gab)  und  in  Italien,  Hess 
sich  1578  zu  Leyden  nieder,  und  ward 
1579  daselbst  Prof.  der  hebräischen  Sprache 
und  Mathematik,  welche  so  ganz  heterogene 
Wissenschaften  auch  in  der  Folge ,  gewiss 
zum  Nachtheil  einer  von  beiden ,  unter 
einem  Professor  vereinigt  blieben.  Er 
war  jedoch  mehr  als  Mathematiker  berühmt, 
und  starb  1618. 

SneUius  (III.)  —  Willebrord  —  Sohn 
des  Vorigen  (1591  —  1626)  ,  fühlte  schon 
früh  eine  unwiderstehliche  Neigung  zur 
Mathematik,  obgleich  s.  Vater  ihn  zur  Ju- 
risprudenz bestimmte.  Mit  s.  19.  Jahre 
erklärte  er  öffentlich  das  grosse  astrono- 
mische Werk  (den  „Almagest")  vonPto- 
lemäus.  Hierauf  reiste  er  nach  Deutsch- 
land, lernte  zu  Prag  Tycho  Brahe  u. 
Keppler  kennen,  besuchte  dann  Frank- 
reich und  die  Schweiz,  und  folgte  s.  Va- 
ter als  Professor  der  Mathematik.  Er  er- 
fand zur  Messung  des  Bogens  des  Diame- 
ters die  seither  befolgte  Methode,  nämlich 
die  Messung  des  Dreiecks,  und  maass  den 
Bogen  des  Diameters  zwischen  den  Paral- 
lelen von  Bergen  op  den  Zoom  und  Alk- 
maar ,  und  war  so ,  gewissermaassen ,  der 
Vorläufer  der  berühmten  französischen  Aka- 
demisten,  die  ein  ganzes  Jahrhundert  spä- 
ter die  Länge  des  Meridians  bestimmten. 
(S.  D.  Van  De  Wijnpersse,  „Oratio 
de  Recentiorum  Meritis,  speciatim  Belga- 
rum ,  in  Philosophiam  Naturalem",  Gron. 
1759,  p.  28).  Er  gab  Apollonius  Per- 
gäus  Werk  („De  Sectione  determinata") 
heraus ,  zum  Beweise ,  wie  nützlich  auch 
für  den  Mathematiker  das  Studium  der  al- 
ten Sprachen  ist.  (S.  „Apollonius  Bata- 
vus", Lugd.  Bat.  1608  u.  Roberti  Sim- 
sonii,   Opp  rell.  die  Vorrede  vor  s.  Ab- 


411 


Snellius 


Someren 


412 


handl.  über  das  Werk  von  Apollonius.) 
Man  verdankt  Snellius  hauptsächlich  3 
wichtige  Entdeckungen:  s.  Gradmes- 
sung, das  Gesetz  der  Strahlen- 
brechung, und  die  bekannte  Theore- 
mas  (von  Snellius),  Durch  s.  auf  ei- 
nem trigonometrischen  Netz  von  Dreiecken 
beruhende  Gradmessung  ward  ein  Bogen 
des  Meridians  von  Diinkirchen  zu  den  ba- 
learischen  Inseln  gemessen,  die  relative 
Lage  der  beiden  Observatorien  von  Paris 
und  Greenvvich  bestimmt,  und  sodann  die 
Gradmessung  durch  ganz  England  bis  nach 
Unst,  der  äussersten  shetländischen  Insel, 
fortgesetzt.  (S.  Snellius,  „Eratosthenes 
Batavus  de  terrae  ambitus  vera  quantitate", 
L.  B.  1617.  —  De  Lambre,  „Astrono- 
mie", T.  III.  p.  516.  „Histoire  de  l'Astro- 
nomie  moderne",  T.  II.  p.  92.  Beeck 
C al  k  0  e  n ,  über  die  Messung  des  Snellius, 
in  den  „Allgemeinen  geographischen  Ephe- 
mer i  den"  ,  T.  II.  p.  625.  Fischer 's 
„Gesch.  d.  Physik",  Th.  I.  p.  135.)  Sein 
Gesetz  der  Strahlenbrechung  ward  von 
französischen  Schriftstellern  als  eine  Ent- 
deckung des  Descartes  angesehen,  doch 
Huygens  bezeugt,  dass  Descartes  die- 
ses die  Strahlenbrechung  enthaltende  Ma- 
nuscript ,  welches  er  (Huygens)  selbst 
gesehen,  unter  den  Manuscripten  des  Snel- 
lius fand  und  nur  zuerst  durch  den  Druck 
bekannt  machte;  ja  J.  Vossius  („Isaac. 
Vossii  Respons.  ad  objecta  De  Bruyn  et 
Petri  Petiti",  p.  32  seqq.)  sagt  ausdrück- 
lich, dass  Prof.  Hör  tensi  US,  ein  Freund 
des  Snellius  und  Herausgeber  s  nach- 
gelassenen Werke,  lange  vor  Descartes 
in  Privat-  und  öffentlichen  Vorlesungen 
die  Entdeckung  s.  Freundes  bekannt  ge- 
macht hatte.  (S.  Huygens,  „Dioptrica", 
Opera  posthuma,  T.  II.  p.  21.  Mon- 
tucla,  „Hist.  des  Math^m.",  T.  IL  p. 
244.  Besonders  De  Lambre,  „Hist.  de 
l'Astron.  moderne",  T.  II.  p.  222.)  Wich- 
tig sind  s.  Untersuchungen  über  die  Theorie 
des  Cirkels  und  das  Verhältniss  zwischen 
dem  Diaraeter  und  der  Peripherie.  (S. 
VanS winden,  „Messkunde",  IX.  B.  21. 
Vort.)  Zwei  von  ihm  erfundene  Theore- 
mas  befinden  sich  in  s.  ,,CycIometricus", 
und  viele  andere  mathematische  Untersu- 
chungen und  Tabellen.  (S.  ,,Doctrinae 
triangulorum  canonicae  libri  quatuor", 
Lugd.  Bat.  1627.)  Ueber  den  merkwür- 
digen Kometen  von  1618  gab  Snellius 
Nachricht  in  „Descriptio  Cometae,  qui 
anno  1618,  mense  Novembri,    primum  af- 


fulsit",  L.  B.  1619,  und  war  der  Meinung, 
dass  derselbe  in  einem  Cirkel  um  die  Sonne 
liefe.  (S.  „Mathemata  Astronomica  de  Co- 
meta,  anno  1618",  Ingolstad.  1719,  4. 
Kok,  „Vaterland.  WB.",  Art.  Snellius. 
Meursius,  „Athen.  Bat."  p.  297  —  299', 
wo  sich  auch  Scaliger's  Gedicht  auf 
den  von  Snellius  herausgegebenen  Apol- 
lonius angegeben  findet.)  Ausserdem  gab 
er  heraus :  „Fundamenta  Arithmetica  et 
Geometrica  cum  eorum  usu,  auctore  Lud. 
a  Ceulen,  ab  Hildesheim,  e  vernaculo 
in  Latinum  traslata  a  Willebrordo 
Snellio,  R.  !•'."  Lugd.  Bat.  1615.  „Lu- 
dolphi  a  Ceulen,  de  circulo  et  ad- 
scriptis  liber,  e  vernaculo  Latina  fecit  et 
annotationibus  illustravit  Willebrord. 
Snellius,  R.  F."  Lugd.  Bat.  1619,  4. 
,,De  circuli  dimensione ,  secundum  logista- 
rum  abacus",  L.  B.  1614,  4.  „Tiphis  Ba- 
tavus ,  sive  de  navium  cursibus  et  Re  na- 
vali",  Elz.  1624,  4.  „De  Re  Nunimaria", 
L.  B.  apud  Rapheleng.,  verbunden  mit  ei- 
nem Werke  von  Scaliger,  über  densel- 
ben Gegenstand.  Auch  hat  Snellius 
noch  einen  Theil  der  Werke  von  Simon 
Stevin  aus  dem  Holländischen  in's  Latei- 
nische übersetzt,  und  dadurch  viel  dazu 
beigetragen,  die  Werke  dieses  grossen 
Mannes  auch  bei  Ausländern  bekannt  zu 
machen.  (S.  ausführlich  Prof.  Moll's 
,,Beit.  zur  Gesch  der  mathemat.  Wiss.  in 
den  Niederlanden  im  16.  u.  17.  Jahrhun- 
dert" bei  Van  Kampen  Th.  III.  p.  121* 
— 130*.)  Wie  viel  hätte  Snellius,  der 
unter  den  ersten  Mathematikern  aller  Län- 
der eine  Stelle  einnimmt ,  noch  leisten  kön- 
nen ,  wenn  er  nicht  schon  in  s.  36.  Jahre 
gestorben  wäre ! 

Snoy  (IL)  —  Reinier  —  geb.  1467  zu 
Gouda,  wurde  nach  einer  Reise  nach  Ita- 
lien Leibarzt  Adolph's  von  Burgund, 
Gesandter  Kaiser  Karl  V.  in  England  u. 
Dänemark ,  und  Bürgermeister  zu  Gouda, 
wo  er  1537  starb.  Seine  Grabschrift  rühmt 
ihn  als  Historiker,  Arzt  und  Dichter;  aus- 
serdem war  er  Theolog  und  verfasste  eine 
Paraphrase  der  Psalmen,  ein  Werk  ge- 
gen Luther,  ein  Buch  über  die  Dicht- 
kunst (ein  Paräneticon) ,  Karl  V.  gewid- 
met, und  eine  „Historia  Batavica" ,  bis 
1519,  in  Versen,  in  13  Büchern,  über 
welche  De  Jonge  nicht  ungünstig  ur- 
theilt. 

Isomeren  (IH.)  —  Jan  Van  —  geb. 
1622  zu  Dordrecht,  gest.  1676,  Dr.  der 
Rechte  zu  Leydeu    1643,    zuerst  Schöppe 


413 


Someren 


Spandaw 


414 


s.  Gebiirtssfadt,  1655  Pensionär  von  Nim- 
wegen,  1666  Griffier  der  Gerichtskamnier, 
^\eiche  die  obschwebenden  Streitigkeiten 
zwisclien  Spanien  und  Niederland  schlich- 
ten niusste,  widmete  s.  Müsse  der  Poesie 
und  den  Alterthiiniern.  Er  verfasste  eine 
„B<"''*;hreibung  von  Alt-ßatavien"  (Nimw. 
1657)  und  Poesien,  betitelt:  „Geisteser- 
holungen', die  nicht  ohne  Werih  sind. 
Eine  gewisse  Ungezwungenheit  und  Leich- 
tigkeit der  Verse  ziehen  den  Leser  an, 
der  zu t%  eilen  auch  weit  mehr  als  alltäg- 
liche Ideen  findet.  In  dem  schönen  Ge- 
dichte: „an  meine  Mutter  bei  dem  Tode 
meines  Vaters",  spricht  das  Herz.  Bis- 
weilen folgte  er  der  Manier  des  Cats. 
Auch  schrieb  er  das  Trauerspiel:  „Ca jus 
Julius  Cäsar",  und  übersetzte  in's  Hol- 
ländische :  Johan  Gerard's  „Heilige 
Betrachtungen",  alle  mit  Versen  ausge- 
schmückt", Dordr.  1647.  (S.  Baien, 
„Dordr,",  p.  226,  221.) 

Someren  (VI.)  —  R.  H.  Van  —  rot- 
terdanier  Dichter.  Sein  Lob  S.  Stevin's 
ward  zu  Brügge  mit  Gold,  das  der  hol- 
ländischen Sprache  zu  Gent  und  das 
des  niederländischen  Fleisses  zu 
Antwerpen  mit  Silber  gekrönt. 

iSomeren  (III.)  —  Cornelis  Van  — 
geb.  1593,  gest.  1649,  war  Arzt  zu  Dord- 
recht,  und  zufolge  Baien  (p.  217)  ein 
sehr  guter  lateinischer  Dichter ;  P  e  e  r  1  - 
kamp  erwähnt  jedoch  seiner  nicht. 

Sonsbeeck  (VI.)  —  W.  A.  Van  — 
aus  Zeeland,  Sohn  eines  ehemaligen  Mit- 
gliedes des  gesetzgebenden  Körpers,  zeich- 
nete sich  1794  durch  eine  Abhandlung  zum 
Gedächtniss  des  Nieuwland,  und 
durch  eine  Cantate  bei  Gelegenheit  einer 
Hochzeitsfeier  aus,  die  eine  sehr  schöne 
und  glückliche  Nachahmung  von  CatuH's 
bekanntem:  „Vesper  adest",  caet.,  jedoch 
den  niederländischen  Sitten  ganz  angemes- 
sen ist.  Dieser  vielversprechende  Dichter 
starb  nach  wenigen  Jahren  in  der  Blüthe 
s    Lebens. 

ISpaan  (IV.)  —  G.  —  gab  1698  eine 
„Beschreibung  von  Rotterdam". 

8paan  (VI.)  —  ...  —  Reichsfreiherr  Van 
—  Verfasser  eines  wichtigen  Werkes:  „Kri- 
tische Einleitung  zur  Geschichte  von  Gel- 
dern", worin  er  die  allgemein  angenom- 
mene Fürstenreihe  der  sog.  Reichsvögte 
von  Geldern  und  die  nassauischen  Grafen 
aus  der  Geschichte  ausmustert,  und  auf 
diese  Weise  den  Anfang  der  eigentlichen 
geldernschen  Geschichte   später  setzt ,   als 


gewöhnlich.  Diesem  Werke  folgte  1814 
eine  auf  jene  kritische  Einleitung  gegrün- 
dete „Geschichte  von  Geldern",  welche  in 
4  oder  5  Theilen  die  Grafen  und  Herzöge 
bis  zur  Einverleibung  Gelderns  in  die  öst- 
reichische  Monarchie  enthalten  sollte,  wo- 
von jedoch  nur  der  5.  Theil  (Utrecht  1814), 
der  bis  zum  Tode  des  ersten  Herzogs, 
Reinaud,  im  J.  1343,  geht,  im  Druck 
erschien.  Van  Spaan  zeigt  darin  eine 
grosse  Kenntniss  der  alten  Schriften  des 
Mittelalters ,  und  weiss  sehr  scharfsinnig 
auch  da,  wo  Andere  nur  der  gewöhnlichen 
Meinung  folgen ,  die  Fehler  derselben  zu 
entdecken.  So  nimmt  er  nicht  allein  Nas- 
sau's  altem  Hause  den  geldernschen  Gra- 
fenhut, sondern  auch  Nim  wegen  die  Städte- 
krone als  freie  Reichsstadt.  Mit  den  Sit- 
ten und  Gewohnheiten  des  Mittelalters  ver- 
traut, entdeckt  er  aus  alten  Urkunden  u. 
Chroniken  wichtige  Urkunden.  Dass  er 
hier  und  da  in  Kleinigkeiten  verfällt,  ist 
ein  von  einem  solchen  Werk  beinahe  un- 
zertrennlicher Fehler. 

iSpandaw  (VI.)  —  Hazo  Albert  — 
geb.  d.  23.  Oct.  1775  in  dem  Dörfchen 
Vries,  in  Drenthe,  wo  s.  Vater  Prediger 
war,  studirte  die  Rechte  zu  Groningen, 
und  ward  1799  Dr.  derselben  und  Advocat 
daselbst.  Von  Jugend  auf  war  die  Dicht- 
kunst s.  Erholung ,  und  mehrere  s.  frühern 
Gedichte  befinden  sich  in  den  von  Uyien- 
b  r  o  e  k  herausgegebenen  „  kleinen  poeti- 
schen Schriften".  Ausser  zweien  Dramas 
erschien  die  erste  Sammlung  s.  Gedichte 
1803,  die  zweite,  weit  zahlreichere,  1809, 
und  in  einer  zweiten  Ausgabe,  1815.  Von 
s.  1807  gedichteten  ,,Lobe  der  Frauen", 
in  4  Gesängen,  ward  1819  eine  zweite 
Ausgabe  veranstaltet.  Die  Befreiung  des 
Vaterlandes  1813  berührte  ebenfalls  s.  Sai- 
ten, so  wie  die  Rettung  desselben  1815 
und  die  Ankunft  der  Kronprinzessin  1816. 
Seine  letzten  „Vaterländischen  Poesien  und 
Lieder"  kamen  1817  in  Druck  heraus. 
Spandaw,  der  unter  den  lebenden  nie- 
derländischen Dichtern  eine  der  ersten  Stel- 
len einnimmt,  hat  viel  Aehnlichkeit  mit 
T  o  1 1  e  n  s.  Häusliches  Glück  und  Lob  des 
Vaterlandes  sind  die  Lieblingsgegenstände 
s.  Gesänge,  die  mit  Gluth,  Lebendigkeit 
und  Herzlichkeit  s.  Leier  entströmen.  Selbst 
glücklicher  Gatte  und  Vater  einer  zahl- 
reichen Familie,  selbst  Bürger  eines  freien 
Staates,  umgeben  von  einer  der  fruchtbar- 
sten Gegenden  desselben,  fühlte  er  das  Be- 
dürfniss,    s.    Empfindungen  auszudrücken. 


415 


Spanheim 


Spiegel 


416 


Die  Frau,  deren  Werth  er  so  tief  fühlte, 
war  nicht  allein  in  dem  ihr  vorzugsweise 
gewidmeten  Gedichte,  sondern  auch  mehr- 
mals in  s.  vermischten  Poesien  der  Gegen- 
stand s.  schönsten  und  gefühlvollsten  Lie- 
der. Eines  s.  besten  Erzeugnisse  ist  in 
dieser  Beziehung  die  ,, Seligste  Lebens- 
stunde", die  aus  der  Fülle  eines  tiefge- 
rührten Herzens  besungene  Stunde,  in  der 
er  Vater  wurde.  Dieses  Gedicht  befindet 
sich  in  dem  „Musen -Almanach"  für  1821. 
Die  zuletzt  herausgekommene  Sammlung 
s.  vaterländischen  Poesien  enthält  einige 
Gedichte  von  hohem  Werthe ,  wie  z.  ß. 
„Niederland" ,  in  reimlosem  Versmaasse ; 
das  „Lied  Niederland's  an  den  König"; 
„Verdienste" ;  „Niederland's  Seeruhm" ; 
vor  Allem:  „An  die  vaterländischen  Frauen", 
ein  Gegenstand ,  wo  sich  Spandaw's 
Lieblingsideen  vereinigten.  (S.  „Galerie 
historique  des  Contemporains" ,  T.  VIII. 
p.  271.) 

iSpantaeim  (HI.)  —  Frederik  —  geb. 
1600  zu  Amberg,  studirte  zu  Heidelberg 
und  Genf,  hielt  sich  einige  Zeit  in  Frank- 
reich bei  der  reformirten  Gemeinde  auf, 
ward  1631  Professor  der  Theologie  zu 
Genf  und  1641  zu  Leyden.  Zu  grosse 
Thätigkeit  verkürzte,  nachßayle,  s.  Le- 
ben ;  er  starb  1649.  Unter  s.  theologi- 
schen Werken  rühmt  man  die  ,. Dubia  Evan- 
gelica",  bei  Gelegenheit  des  Abfalles  eines 
Christen  zum  Judenthume.  Er  war  sehr 
orthodox.  (S.  Bayle,  „Dictionn."  Art. 
Sp  an  heim.) 

Spanbeim  (IV.)  —  Frederik  —  Sohn 
des  Vorigen  und  Bruder  des  gelehrten 
Ezechiel  Spanheim  von  Genf,  des 
Herausgebers  von  J  u  1  i  a  n  u  s ,  Prof.  der 
Theologie  zu  Leyden,  wird  von  Ernesti 
ein  grosser  Plagiator  genannt.  Seine 
Werke  erschienen  zu  Leyden  v.  1701  — 
1703,  in  3  Theilen  Fol.  (S.  Saxe,  „Ono- 
mast." Vol.  V.  p.  211.) 

ISpie§^el  (III.)  —  Hendrik  Laurens- 
zoon  —  geb.  1549  zu  Amsterdam ,  gest. 
1612  zu  Alkmar,  war  Kaufmann  in  erste- 
rer  Stadt,  aber  durchdrungen  von  Kunst 
und  Wissenschaft.  Als  eines  der  eifrigsten 
Mitglieder  der  Redekammer:  in  Liebe 
glühend,  trug  er  zur  niederländischen 
Literatur  nicht  allein  durch  die  Heraus- 
gabe von  Melis  Stoke  bei,  sondern  auch 
durch  eigene  Werke,  worunter  das  philo- 
sophische Gedicht:  „der  Herzensspiegel" 
sich  auszeichnet.  Dasselbe  ist  eine  Blu- 
menlese der  Weisheit  in  einem  freilich  zu- 


weilen sehr  harten  Style,  mit  gesuchten 
und  manchmal  in's  Lächerliche  gehenden 
Wortbildungen  und  Versetzungen ;  auch 
sind  s.  Bilder  u.  Wortspiele  oft  geschmack- 
los und  roh ;  aber  dies  Alles  w  ird  durch 
edle  Gefühle,  glühende  Menschenliebe  und 
Streben  zur  Vollkommenheit,  die  er  der 
Seele  s.  Lesers  einflösst,  durch  ungemeine 
Stärke  der  Gedanken ,  durch  Unabhängig- 
keit s.  Poesie  von  jenem  ewigen  Besingen 
der  griechischen  Götter,  durch  schaffende 
Kraft  seiner  an  Wurzelwörtern  so  reichen 
Sprache,  worin  er  einen  kaum  zu  fassen- 
den Schatz  gefunden ,  der  den  Rhetorikern 
früherer  Zeiten  gänzlich  unbekannt  geblie- 
ben, reichlich  vergütet').  Das  Versmaass 
besteht  aus  gereimten  Alexandrinern,  und 
das  Gedicht  aus  7  Büchern,  die  nach  den 
Musen  benannt  sind ,  wovon  jedoch  die 
zwei  letzten  fehlen.  Der  Gegenstand  des- 
selben ist  der  Lieblingsspruch  des  Dich- 
ters: Tugend  schafft  Freude,  d.  h. 
sie  ist  der  einzige  Quell  des  Glückes.  Be- 
denkt man ,  wie  arm  damals  die  hollän- 
dische Sprache  war,  in  Folge  des  muth- 
willigen  Wegwerfens  ihrer  Schätze  durch 
die  Rhetoriker ,  —  wie  ausserordentlich 
schwer  es  ist,  die  philosophischen  Aus- 
drücke Plato's  und  anderer  Weisen  des 
Alterthums  in  irgend  einer  Sprache  nach- 
zubilden, so  wird  man  über  die  Kühnheit 
des  Mannes  staunen ,  der  es  wagte ,  seine 
Muttersprache  zum  Werkzeug  der  erhabe- 
nen Metaphern  von  P  1  a  t  o  und  C  e  b  e  s 
zu  erheben.  (S.  z.  B.  das  IV.  B.  p.  49-.) 
Darf  man  sich  wundern ,  dass  in  diesem 
Kampfe  zwischen  dem  schaffenden  Geiste 
und  dem  noch  widerstrebenden  Stoffe  (wie 
z.  B.  bei  der  Schöpfung  nach  Plato) 
viele  Fehler  und  Mängel  übrig  blieben  ?  — 
Ausser  dem  Herzensspiegel  hat  Spiegel 
noch  verschiedene  kleine  Sittengedichte 
verfasst,  die  meistens  demselben  angehängt 
sind,  und  unter  welchen  Meer  man  mit 
Recht  das  J  u  b  e  1 1  i  e  d  bei  dem  Anfange 
des  17.  Jahrhunderts  ein  Meisterstück  von 
einfacher  —  mehr  moralischer  jedoch  als 
poetischer  —  Schönheit  nennt.  (S.  Meer- 
roan,  Anmerk.  zu  De  Groot's  „Ver- 
gleichung  der  Republiken",  III.  Th.  p.  387 


*)  In  dieser  Hinsicht  hat  Spiegel  viel 
Aehnlichkeit  mit  Toll  ans,  der  ihn  jedoch  an 
bezaubernder  Harmonie,  hinreissendem  Gefühle, 
glühender  Vaterlandsliebe  und  Lebendigkeit  der 
Darstellung  unendlich  weit  hinter  sich  lässt. 


417 


Spiegel 


Spinoza 


418 


—  S80.)  Den  Hauptinhalt  s.  kleinen  Ge- 
dichte bilden  unter  Anderm  :  „Letzter  Wille, 
Hierogljphica,  Lieder  auf  das  Vaterunser, 
Neujahrs-  und  andere  Lieder,  Sprüch- 
wörter-Almanach.  und  einzelne  vermischte 
Gedichte".  Ausserdem  schrieb  er  ein  „Ge- 
spräch der  holländischen  Grammatik"  (1584) 
und  einen  „Vernunftschluss"  (1585),  so 
wie  auch  einen  ,,Kern  holländischer  Sprüch- 
wörter", welche  beiden  erstem  von  der 
R,edekammer  in  Liebe  glühend  heraus- 
gegeben wurden. —  Spiegel  lernte,  wie 
Koornhert,  die  gelehrten  Sprachen  in 
spätem  Jahren ,  und  dass  er  sogar  mit  dem 
Griechischen  vertraut  war,  beweisen  die 
vielen,  aus  griechischen  Schriftstellern  ent- 
lehnten Stellen  seiner  Gedichte.  Gleich  s. 
Freunde  Vi ss eher  blieb  er  bei  der  alten 
Kirche ,  doch  wahrscheinlich  mehr  wegen 
des  ganz  verkehrten  und  verfolgungssüch- 
tigen  Geistes ,  der  damals  noch  die  Prote- 
stanten gegen  ihre  Lehrsätze  beseelte ,  und 
von  denen  s.  vertrauter  Freund  Koorn- 
hert beinahe  das  Opfer  geworden  wäre, 
als  aus  Vorliebe  für  die  römische  Glau- 
benslehre. Er  war,  wie  Erasraus,  Ka- 
tholik, aber  nicht  römischer.  Der  Staats- 
regierung  war  er  so  abhold,  dass  er  lie- 
ber Geldbusse  zahlte ,  als  Aemter  beklei- 
dete, die  man  ihm  (obwohl  nicht  von  der 
herrschenden  Kirche)  übertrug.  (S.  über 
ihn:  Wagenaar,  „Amsterdam",  IIL  Th. 
p.  202  —  205.  Seine  Biographie  vor  dem 
„Herzensspiegel",  von  Via  min  g.  Meer- 
man,  Anmerk.  zu  De  Groot's  „Ver- 
gleich d.  Repub.'S  IIL  Th.  p.  376  -  381. 
De  Vries,  „Gesch.  d.  niederl.  Dicht- 
kunst", 1.  Th.    p.  57—60,  63-67.) 

lSpie§^el  (V.)  —  Laurens  Pieter  Van 
De  —  schrieb  17'64  eine  sachreiche  „Ab- 
handlung über  den  Ursprung  und  die  Ge- 
schichte der  niederländischen  Rechte",  be- 
sonders von  Holland  und  Zeeland ,  „Ge- 
schichte der  Schadloshaltung  der  Stadt 
Goes",  und  eine  ,, Sammlung  ungedruckter 
Stücke  zur  Aufhellung  der  vaterländischen 
Geschichte  und  Regierungsform,  vornehm- 
lich der  der  Union  von  Utrecht".  In  die- 
sen Schriften  kündigte  sich  bereits  der 
grosse  Staatsmann  an ,  der  in  der  Folge 
die  Zügel  der  Union  mit  fester  Hand  hielt, 
den  letzten  Schimmer  von  Niederland's  Glanz 
vor  der  Fremdherrschaft  Europa  zeigte, 
und  zuletzt  den  Einfluss  der  dem  Unter- 
gang geweihten  Republik  zu  Wien  und 
Konstantinopel  geltend  machte. 

Spinoza  (IV.)  —  Baruch  —  ein  Jude, 


geb.  1633  zu  Amsterdam,  studirte  von  Ju- 
gend auf  Des  cart  es  Philosophie,  aus  wel- 
cher er  auch  s.  ganzes  System  (wiewohl 
durch  eine,  diesem  Philosophen  nie  in  den 
Sinn  gekommene  Anwendung)  entlehnte. 
Er  entzog  sich  allmälig  der  Gemeinschaft 
seiner  Glaubensgenossen ,  ward  deshalb 
von  einem  jüdischen  Schwärmer  auf  öffent- 
lichem Platze  gefährlich  verwundet,  nnd 
fiel  hierauf  ganz  vom  jüdischen  Glauben 
ab.  Zufolge  ßayle  soll  er  öffentlich  das 
Christenthum  angenommen  haben  ,  welches 
auch  durch  den  Namen  Benedictus, 
den  er  durchgehends  führt,  wahrscheinlich 
wird.  Von  Amsterdam  begab  er  sich  1664 
nach  Rhijnsburg,  von  da  nach  Voorburg 
und  kurz  darauf  nach  dem  Haag,  wo  er 
bis  zu  s.  Tode,  im  J.  1677  blieb,  und 
sich  von  Glasschleifen  ernährte.  Er  scheint 
von  dem  Rathspensionär  De  Witt  gekannt 
und  geschätzt  gewesen  zu  sein,  theils  we- 
gen s.  grossen  Kenntnisse  in  der  Mathe- 
matik, die  auch  De  Witt  sehr  liebte, 
theils  wegen  der  Lehre,  die  Spinoza  in 
dem  ,,Tractat«s  Theologico  -  Politicus" 
(1665)  aufstellte ,  und  die  dem  Rathspen- 
sionär nicht  anders  als  wohlgefällig  sein 
konnte,  dass  nämlich  die  Obrigkeit  in  Re- 
ligionssachen unbeschränkte  Autorität  habe. 
Spinoza  machte  sich  durch  diese  Abhand- 
lung so  berühmt,  dass  der  Prinz  von  Conde, 
zur  Zeit  der  Jnvasion  der  Franzosen  in 
Niederland ,  ihm  einen  Freigeleitsbrief  nach 
Utrecht  sandte  und  sich  daselbst  mit  ihm 
unterhielt.  Auch  ward  ihm  die  Professur 
zu  Heidelberg  angetragen  ,  die  er  jedoch 
nicht  annahm.  Er  hatte  wenig  Bedürfnisse, 
und  wollte  auf  diese  Weise  lieber  s.  Frei- 
heit behalten.  Spinoza's  übrige  Werke 
sind  folgende ;  „Principia  Philosophiae  Car- 
tesianae  geometrice  demonstrata,  L.  An- 
tistii  Constantis,  de  jure  Ecclesiastorum 
über  singularis",  Alethopolil665.  —  „Opera 
Posthuma",  1677.  Unter  diesen  findet  man 
s.  Hauptwerke,  besonders  die  „Ethica", 
worin  s.  System  mehr  oder  weniger  ent- 
wickelt ist,  obgleich  es  stets  dunkel  bleibt. 
Spinoza  irrte,  aber  gewiss  bona  fide. 
(S.  über  ihn  und  s.  Lehre:  Bayle,  „Dic- 
tionn."  in  voce.  Und  dagegen :  „Unter- 
suchung des  Lehrsystems  Spinoza'  s", 
von  Des  Jariges,  mit  Anmerk.  vonHen- 
nert,  in  dessen  auserlesenen  Abhandl.  aus 
den  Werken  der  berliner  Akademie ,  I.  Th. 
1780.  „Ueber  Spinozismus",  vonNieuw- 
hof,  etc.  ,, Biograph,  niederl.  Männer  und 
Frauen",  JH.  Th.  r.  290  —  302,  woraus 
14 


419 


Stadius 


Steenwijk 


420 


der  Alt.  Spinoza  in  Kok. 's  ,,Vaterl. 
W.  li."  wörtlich  abgediuckt  ist.) 

!§tadius  (III.)  —  ...  —  trieb  noch 
im  17.  Jahrhundert  die  Astrologie. 

iStalpart  Van  »er  ITiel  (IV.)  — 
C.  —  geschickter  Chirurg,  der  den  Tre- 
p  a  n  bei  dem  Knochenfrass  der  Schienbeine 
und  des  Brustbeines  anwendete. 

Stant  (VI.)  — . . .  —  Verf.  eines  ,,me- 
dicinischen  u.  physikalischen  Handbuches*'. 

IStaring-h  (VI.)  —  ...  —  zu  Lochern, 
ein  noch  lebender  Dichter,  dessen  eigen- 
thümliche  DichtNveise,  die  Bekanntschaft 
mit  den  Alten  und  Modernen  mehrmals  mit 
patriotischem  Feuer  oder  achtem  Humor 
vereinigt,  sehr  ansprechend  und  besonders 
glücklich  ist  in  der  Romanze  und  Fabel. 
Er  dichtete  auch  Lieder,  die  Cantaten: 
,,Ariadne",  „die  See",  und  für  die  physi- 
kalische Gesellschaft  zu  Zütphen,  für  das 
Weihnachts-  und  Osterfest.  In  dem  Ge- 
dichte :  „An  die  Stadt  Paris ,  im  März 
1815",  glüht  eine  fast  prophetische  Ver- 
achtung und  Kraft. 

Stassart  (VI.)  —  ...  Baron  De  — 
ehemaliger  Präfect  von  Vancluse,  von  Süd- 
holland unter  Napoleon,  dann,  unter 
dem  Könige  von  Holland,  Mitglied  der  II. 
Kammer  der  Generalstaaten ,  Kammerherr 
des  Kaisers  von  Oestreich ,  Ritter  mehrerer 
französischer,  polnischer  und  baierscher 
Ritterorden  u.  s.  w.,  nimmt  unter  den  bel- 
gischen Fabeldichtern  die  erste  Stelle  ein. 
Seit  1802  gab  er  heraus:  ,.Bagatelles  sen- 
timentales", Brux.  1802  (in's  Italienische 
übersetzt) ,  —  „Regulus  aux  Romains",  zu 
Paris  gekrönt,  1803,  —  „Pensees  de  ma 
petite  chienne  Circe",  Par.  1814,  —  j^Pro- 
menade  ä  Tervueren",  Brux.  1816,  —  „Fa- 
hles", von  1818  —  1823  fünfmal  aufgelegt. 
Man  kann  den  literarischen  Werth  dieser 
allgemein  beifällig  aufgenommenen  Samm- 
lung nicht  bestreiten  ;  obgleich  oft  einige 
politische  Anspielungen ,  die  dieser  Art  von 
Gedichten  gänzlich  fremd  bleiben  mussten, 
durchschimmern,  so  sind  doch  sehr  viele 
andere  derselben  wohl  gelungen.  In  Prosa 
erschienen  von  ihm:  „Geographie  Elemen- 
taire",  Par.  1803,  2  Vol.  8.,  2.  Autl.  1805, 
—  „Analyse  de  l'Histoire  Belgique  de  M. 
Dewez",  Avignon  1810,  1  Vol.  8.,  — 
„Discours  sur  l'etude  de  l'Histoire  des  Pro- 
vinces  Belgiques",  Brux.  1817,  und  eine 
Uebersetzung  von  Eckartshausen  „Gott 
ist  die  reinste  Liebe",  in's  F'ranzösische 
mit  Anmerkungen;  ferner  noch  viele  Arti- 
kel in  verschiedenen  Zeitschriften ,    in  der 


,, Galerie  des  Contemporains",  und  in  Mi- 
ch aud's  „historischem  W.B."  Auch  war 
er  Mitarbeiter  an  der  „Statistique  de  la 
France"  und  an  der  „Biographie  moderne", 
1806,  4  Theile  8. 

Staveren  (V.)  Augustinus  Van  — 
(1704  —  1772)  gab  eine  vortreffliche  Aus- 
gabe des  Cornelius  Nepos,  1734. 

l§tavorinus  (VI.)  —  ...  —  beschrieb 
s.  „Reise  von  Zeeiand  über  das  Cap  der 
guten  Hoffnung  nach  Batavien  und  Sama- 
wang,  im  J.  1768  —  1771",  Leyden  1793. 

ISteen^racht  (IV.)  —  Johan  —  Ju- 
rist ,  war  Secretär  des  Admiralitätsrathes 
in  Zeeiand ,  und  gab  eine  Erklärung  von 
Paulus  Brief  an  die  Galater  heraus, 
der  eine  zweite  Auflage  erlebte,  und  von 
Campegius  Vitringa,  s.  Lehrer,  be- 
sonders gerühmt  wird.  (S.  De  la  Rue, 
„Gelehrt.  Zeeiand".  p.  49  —  72,  77  —  85, 
94  —  98,  151  —  154.) 

Steenstra  (VI.)  —  Pibo— Lector  der 
Mathematik  am  Athenäum  zu  Amsterdam, 
schrieb  unter  Anderm  ein  früher  allgemein 
gebrauchtes  Werk :  „Elemente  der  Geo- 
metrie" nach  Euklid. 

Steenwinkel  (VI.)  —  J.  —  Mither- 
ausgeber des  „Geschichtsspiegels"  von 
Maerlant.     (Vgl.  Art.  Clignett.) 

Steenwijk  (V.)  —  Frans  Van  — 
Landsmann,  Schüler  und  Freund  des  Fei- 
t  a  m  a ,  war  hinlänglich  durch  das  Glück 
begünstigt ,  um  sich  ausschliesslich  der 
Dichtkunst  widmen  zu  können ,  so  dass  s. 
Leben  keine  besondern  Schicksale  enthält, 
sondern  ruhig  wie  ein  Bach  dahin  fliesst, 
wie  s.  Gedichte.  1748  erschien  s.  „Gideon", 
worin  es  an  Figuriren  der  Himmelsmächte 
nicht  fehlt,  die  aber  durchgehends  am  un- 
rechten Orte  angebracht  sind.  So  fahren 
z.  B.  Wahrheit  und  Glaube  zur  Hölle  nie- 
der, um  den  bösen  Geist  gegen  Gideon 
aufzuhetzen.  (S.  De  Vries,  II.  Th.  p. 
172  )  Sonst  ist  der  Plan  nicht  zu  tadeln, 
die  Einheit  des  Ganzen  wird  nie  verletzt; 
der  Styl  ist  fliessend ,  der  Vers  wohllau- 
tend und  die  Sprache  gewählt;  nur  zwei 
Eigenschaften  fehlen:  „Poesie  und  Ge- 
schmack". Sechsundzwanzig  Jahre  später 
gab  er  s.  zweites  Heldengedicht :  ,, Claudius 
Civilis",  (1774)  heraus,  welches  die  Befrei- 
ung der  Bata\äer  aus  dem  Joche  der  Rö- 
mer zum  Gegenstande  hat;  doch  ist  in 
diesem  noch  weniger  Dichtergluth,  als  im 
Gideon,  und  es  kann  fast  nur  als  eine  Ver- 
sification  desTacitus  betrachtet  werden. 


421 


Stevin 


Stinstra 


422 


iStevin  (III.)  —  Simon  —  geb.  um 
1560  zu  Brügge,  gest.  1620  oder  1630, 
war  zu  Leyden  ansässig,  Lehrer  des  Prin- 
zen Moritz,  einer  der  grössten  Mathe- 
matiker s.  Zeit ,  dann  General  -  Quartier- 
meister der  Armee  und  General  -  Inspector 
des  Wasserstaats ,  streitet  mit  S  n  e  U  i  u  s 
um  den  Ruhm ,  einer  der  ersten  Mathema- 
tiker Niederiand's  gewesen  zu  sein.  Sein 
Hauptwerk :  „Mathematische  Erinnerungen 
u.  s.  w.''  enthält  den  Kern  der  mathema- 
tischen Untersuchungen  zwischen  ihm  und 
Moritz.  Auf  s.  Grundsätzen  der 
Geometrie,  Algebra,  Maschinen- 
und  VVasserleitungskunst  (welche 
man  in  jenem  Werke  vereinigt  findet)  be- 
ruhen die  meisten  Anwendungen  der  Kriegs- 
und Wassecbaukunde.  Auf  des  Prinzen 
Verlangen  gab  er  s.  gehaltenen  Vorlesungen 
in  Druck,  und  so  entstand  das  erste  gründ- 
lich verfasste  Werk  über  die  Mecha- 
nik seit  Archimedes.  Um  Stevin's 
Verdienste  ganz  zu  würdigen,  muss  man 
sich  in  s.  Jahrhundert  versetzen,  wo  die 
Gesetze  der  Bewegung,  der  Schwerkraft 
und  die  Logarithmen  noch  nicht  bekannt 
waren.  Zu  s.  vorzüglichsten  Entdeckun- 
gen gehören :  das  Verhältniss  zwischen 
Schwere  und  Kraft  auf  der  sich  neigenden 
Fläche  (s.  Leslie,  „Elements  of  na- 
tural Philosophy",  T.  I.  p.  67) ,  die  wich- 
tige Hypothese ,  worauf  die  Lehre  des 
Gleichgewichts  der  Flüssigkeiten  beruht, 
der  Gebrauch  der  Decimalbrüche ,  und  die 
Segelwagen ,  die  fiiiher  so  berühmt  und 
namentlich  zu  Scheveningen  in  Gebrauch 
waren  und  deren  Schnelligkeit  so  gross 
war,  dass  sie  den  Weg  von  da  nach  Pet- 
ten  in  2  Stunden  zurücklegten.  Stevin 
schrieb  (mit  Recht)  s.  mathematischen 
Werke,  mit  Ausnahme  des  über  die  Deci- 
malbrüche in  französischer  Sprache  erschie- 
nenen, in  holländischer  Sprache.  Das  vor- 
züglichste derselben  ist  betitelt :  „Mathe- 
matische Erinnerungen ,  enthaltend :  die 
Studien  des  durchlauchtigsten  hochgebore- 
nen Fürsten  und  Herrn  Moritz,  Prinzen 
von  Oranien,  und  beschrieben  von  Simon 
Stevin  aus  Brügge",  Leyden  1608,  Fol. 
Ausserdem :  „Die  Anfangsgründe  der  Wäge- 
kunst, beschrieben  von  Simon  Stevin 
aus  Brügge",  Leyd.  1586,  4.  Eine  „Theorie 
der  Reitkunst" ,  auf  Verlangen  des  Prin- 
zen verfasst,  und  ein  Werk  „über  die  Ha- 
fenauffindung", welches  von  De  Groot 
in's  Lateinische,  und  auch  in's  Englische 
übersetzt    wurde.     Stevin's  Werke  sind 


von  SneUius  in's  Lateinische,  und  von 
Albert  Gerard  in  schlechtes  Franzö- 
sisch übertragen  worden ,  in :  ,.Les  Oeu- 
vres Mathematiques  de  Simon  Stevin,  de 
Bruges  etc.  Le  tont  revu ,  corrige  et 
augmente  p.  Albert  Gerard,  Samiclois, 
Matheraacien",  Leyde  1634,  Fol.  (S.  über 
Stevin:  VanCappeUe,  „Beiträge  zur 
Gesch.  d.  Wiss.",  1821.  J.  C.  Voor- 
duin,  „Laudatio Simonis Stevini",  in„Annal. 
Acad.  Gandav.",  1821  —  1822.  Montucla, 
„Hist.  des  Math.",  T.  IL  p.  179  et  658. 
Bossut,  „Hist.  des  Mathem.",  T.  I.  p. 
309  et  319.  Busch,  „Encyclop.  d.  Ma- 
them. Wiss.",  I.  Th.  p.  198.  Gehler, 
„Physik.  W.  B",  Th.  II.  p.  503,  572. 
Th.'lII.  p.  169,  500,  550,  837  u.  Th. 
IV.  p.  183.  Fischer,  „Gesch.  d.  Phy- 
sik", Th.  I.  p.  75,  78,  145,  388,  391. 
Th.  II.  p.  18,  384,  392,  394.  Th.  IV.  p. 
157.  Van  Kampen,  ,, Gesch.  d.  niederl. 
Lit.",  Th.III.  p.  115'  — 121'.  Prof.MoU's 
,, Beiträge  zur  Gesch.  d.  mathem.  Wiss.  in 
den  Niederlanden,  im  16.  u.  17.  Jahrh.") 

Stewechius  (II.)  —  Godescalcus  — 
geb.  1551  zu  Heusden,  zufolge  Sciop- 
pius  (de  Arte  Critica,  p.  13):  „Homo 
Optimus  et  Doctissimus",  machte  sich  durch 
s.  „Commentarius  in  Vegetium  de  re  mi- 
litari" bekannt ,  welchen  Schriftsteller  er 
zuerst  1585  zu  Antwerpen  mit  s.  Portrait, 
welches  den  spätem  Ausgaben  fehlt,  her- 
ausgab. Scaliger  sagt  in  den  „Scali- 
geranis  Secundis"  von  diesem  Commentar: 
„bon  et  rare",  und  Ernesti  in  der  „Bibl. 
Latina",  Tom.  IIL  p.  174,  von  Stewe- 
chius:  ,,Optime  de  Vegetio  meritus". 
Stevechius,  ein  Schüler  des  Victor 
G  0  z  e  1  m  u  s ,  w  ar  zuerst  Professor  zu  Pont- 
ä-Mousson,  und  später  zu  Trier;  er  selbst 
gibt  s.  Geburtsort  in  s.  Commentar  p.  293, 
Ed.  1585  an:  „Castellum  oppido  Heusdensi 
meo  patrio  solo  appositum  —  cives  nostri 
nuncupant   die  Burg". 

iStinstra  (V.)  —  Joannes  —  Mennoni- 
tenprediger  in  Friesland ,  bekannt  durch  s. 
Schriften  :  ,.die  Messianischen  Weissagun- 
gen" und  „Fünf  Predigten  über  die  Natur 
und  Beschaffenheit  von  Christi  Königreich, 
Unterthanen ,  Kirche  und  Religion",  wes- 
halb er  des  Socinianismus  beschuldigt  ward. 
Letztere  reizten  den  Eifer  einiger  refor- 
mirten  Prediger,  die  schon  längst  die  zahl- 
reichen friesischen  Mennoniten  in  Verdacht 
hatten,  den  Begriffen  des  Socinus,  hin- 
sichtlich der  Dreieinigkeit,  zugethan  z\i 
sein,  und  die  Toleranz  in  Niederland,  die 
14* 


423 


Stockmans 


Stoke 


424 


sich  sogar  auf  Juden  erstreckte,  fand  nur 
allein  gegen  die  Socinianer,  als  Gottes- 
lästerer, keine  Anwendung.  Die  fünf 
theologischen  Facultäten  der  niederländi- 
schen Universitäten  und  die  sechs  Classen 
der  reformirten  Kirche  in  Friesland  -wur- 
den daher  über  Stinstra,  einen  Mann 
ausser  ihrer  Gemeinschaft,  zu  Rich- 
tern bestellt.  Natürlich  ward  fast  allge- 
mein s.  Absetzung  beschlossen ,  aber  V  e  - 
nema  hatte  denMuth,  Stinstra  frei  zu 
sprechen.  Stinstra  ward  abgesetzt,  und 
überdies  gezwungen,  s.  Ausdrücke  über  un- 
beschränkte Toleranz,  bei  Strafe  will- 
kürlicher Verbesserung,  zu  wider- 
rufen. Sein  Buch  ward  contiscirt ,  doch 
er  selbst  15  Jahre  später  wieder  in  s.  Pre- 
digtamt eingesetzt.  Während  dieser  Zeit 
beschäftigte  er  sich  mit  der  Uebersetzung 
der  berühmten  Romane  von  Richardson: 
„Clarissa"  und  ,.Grandison".  Stin- 
stra war  ein  Mann  von  ausgebreiteter  Ge- 
lehrsamkeit, und  verband  damit  das  Stu- 
dium der  schönen  Wissenschaften.  Sein 
Werk:  „Alte  Weissagungen  in  Betreff  des 
Messias,  angewandt  auf  den  Herrn  Jesus" 
wird  allgemein  für  ausgezeichnet  gehalten. 
(S.  über  .S.Streitigkeiten:  Ypey,  ., Gesch. 
der  Christ.  Kirche  im  18.  Jahrh.",  Th.  IX. 
p.  137  -  164.) 

I^tockiuans  (HI.)  —  Pieter  —  aus 
Antwerpen,  seit  1643  Rathsherr  in  dem 
hohen  Rath  von  Brabant,  gest.  1661,  wird 
für  einen  der  tüchtigsten  Kenner  der  bra- 
banter  Gesetze  und  Rechte,  und  dessen 
Autorität  in  Brabant  für  Alles  entscheidend 
angesehen.  Man  hat  von  ihm:  „Decisiones 
Curiae  Brabantiae"  ,  Brux.  1670;  —  „De 
Jure  Devolutionis  in  Brabantica",  1646, 
neu  aufgelegt  bei  Gelegenheit  der  An- 
sprüche Frankreichs  auf  Brabant  wegen 
des  sog.  unveräusserlichen  Rechts  der  Töch- 
ter; —  2  Abhandlungen  gegen  die  An- 
nahme der  päpstlichen  Bullen ,  und  Ver- 
theidigung  der  Niederländer  gegen  Vorla- 
dungen vor  fremde  Gerichtshöfe,  die  je- 
doch Foppe  ns  (T.  IT.  p.  1013),  ein  eif- 
riger Vertheidiger  des  römischen  Hofes  u. 
der  Jesuiten ,  als  dessen  Schriften  in  Ab- 
rede stellt.  Seine  sämmtlichen  Werke  er- 
schienen 1700  zu  Brüssel  in  4. 

Stoke  (I.)  —  Melis  —  wahrscheinlich 
ein  Mönch  aus  dem  berühmten  Kloster  zu 
Egmond,  nach  Andern  ein  Priester  aus  dem 
Stift  (s.  über  ihn  Foppens,  ,,Bibl. 
Belg.",  T.  I.  p.  49.  Pars,  „Namenrolle 
batav,  Schriftsteller",  p.  33.  C.  Burmanni 


„Traject.  Erud.",  p.  362.  Saxii  „Ono- 
mast. Liter.",  T.  11.  p.  342.  VanWijn, 
„bist.  Abendstunden",  p.  277— 284.  Ypey, 
., Gesch.  der  niederl.  Sprache",  p.  333  — 
S40),  ist  Verf.  einer  „Reimchronik  von 
Holland",  begonnen  1283,  sicher  aber  erst 
1305  beendigt,  und  Graf  Wil  hei  m  III, 
dedicirt,  weshalb  Van  Wijn  zwei  ver- 
schiedene Verfasser  und  Stoke  nur  als 
den  der  zweiten  Hälfte  derselben  annimmt. 
Wie  dem  aber  auch  sei,  das  1.  Drittel  des 
Werkes  ist  die  Uebersetzung  aus  einer  la- 
teinischen Chronik  in  der  Abtei  von  Eg- 
mond, die  2  andern  (vom  4.  — 10.  B.)  ent- 
halten die  Geschichte  der  Zeit  des  Verfas- 
sers ,  nämlich  die  Regierungen  von  F 1  o  - 
ris  V.,  Johan  I.  und  Johan  II.  Man 
findet  darin  besonders  wichtige  und  ächte 
Nachrichten  über  den  Einfall  der  Flamän- 
der  in  Zeeland  und  Holland  im  J.  1304, 
Holland's  glorreichen  Aufstand  und  die  See- 
schlacht bei  Zierikzee,  welche  auch,  was 
die  Darstellung  betrifft,  wohl  das  Beste 
des  Werkes  ist,  welches  ferner  auf  den 
Namen  eines  Gedichts,  der  demselben 
so  freigebig  von  Einigen  (sogar  durch  den 
in  einem  unpoetischen  Jahrhundert  leben- 
den Huidecoper)  gespendet  wird,  kei- 
nen Anspruch  hat.  Der  erste  Herausgeber 
dieser  Reimchronik  war  der  berühmte  J. 
Van  Der  Do  es,  der  jedoch  diese  Ehre 
s.  Freunde ,  dem  berühmten  philosophischen 
Dichter,  H.  L.  Spiegel  (Amst.  1591) 
überliess.  Als  diese  Ausgabe  durch  einen 
unglücklichen  Zufall  fast  ganz  verbrannte, 
besorgte  H.  Van  Wouw  im  Haag  (1620) 
eine  neue,  minder  genaue  Ausgabe,  als  die 
erste.  In  beiden  war  der  Name  des  Ver- 
fassers, sowie  der  Schluss  noch  unbekannt, 
welche  von  Scriverius  entdeckt  v>Tirden, 
u.  mit  dessen  Probirstein  zur  G o u d a - 
sehen  Chronik  (Amst.  1665)  in  Druck 
erschienen.  Der  Archäolog  C.  Van  A 1  - 
k em a d  e  bereicherte  hiermit  die  3.  Ausgabe 
dieser  Chronik  (Rott.  1669),  und  fügte  er- 
klärende Anmerkungen  hinzu,  deren  Werth 
jedoch  durch  die  der  4.  und  letzten  Aus- 
gabe von  dem  trefflichen  Sprachkenner  B. 
Huidecoper  (Lejden  1772,  3  Theile 
8.)  weit  überwogen  werden.  Auch  in  Be- 
ziehung auf  Geschichte  sind  diese  Anmer- 
kungen von  Wichtigkeit ;  doch  findet  man 
darin  einige  Lieblings-,  nunmehr  allgemein 
widerlegte  Ideen  von  Huidecoper  ver- 
theidigt,  dass  z.  B.  das  alte  Dorerstade 
oder  Dorestadium  bei  Hamburg  lag,  und 
dass  Holland  nie   ein  Lehen  des  deutschen 


425 


Sirabbe 


Stijl 


426 


Reichs  war.  (S.  die  Gesch.  dieser '  Aus- 
gaben bei  Burman,  ,,  Traj.  Erud. ", 
a.  a.  O.). 

Strabbe  (VI.)  -  A.  B.  _  Mathe- 
matiker. 

iStreek  (VI.)  —  N.  C.  —  geb.  Bdnk- 
juaii,  VVittwe,  gest.  d.  4.  Juli  1828  in  der 
Nähe  voiu  Haag,  übersetzte  Deiiile's 
„Homme  de  Chainps"  (unter  dem  Namen : 
„der  Landmann"  —  Veldeling)  in's  Hol- 
ländische, worin  sie  einen  furchtbaren  Ri- 
val  in  Bilderdijk  fand,  und,  ohne  hin- 
reichende Kenntniss  der  lateinischen  Sprache, 
Virgil's  „Äcneide",  die  sie  mit  Hülfe 
von  Deiiile's  Uebersetzung  und  gelehr- 
ter Freunde  zu  unternehmen  wagte ,  ein 
Wagniss ,  w  orin  selbst  V  o  n  d  e  1  und  D  e  - 
lille  scheiterten. 

I§trick  (HI.)  —  A.  —  gab  eine  „Ge- 
schichte von  Utrecht"  nach  L.  Horten- 
sius,  1625,  4.  heraus. 

Struik  (VI.)  —  A.  —   Mathematiker. 

Struys  (IV.)  —  Jan  Jansz.  —  ein  Se- 
gelmacher aus  Durgerdam,  unternahm  mit 
17  Jahren  vor  1673  drei  merkwürdige  Rei- 
sen in-  und  ausserhalb  Europa,  wovon  s. 
Beschreibung  1676  zu  Amsterdam  in  hol- 
ländischer Sprache,  dann  1681  französisch 
und  später  im  Druck  erschien.  S  c  h  e  1  - 
tema  ertheilt  ihm  in  s.  „Peter  d,  G. " 
(Th.  I.  p.  40)  und  in  s.  „Russland  und 
die  Niederlande"  (Th.  I.  p.  290)  ein  wohl 
verdientes  Lob. 

Stuart  (M-)  —  Martinus  —  Remon- 
strantenprediger ,  zuerst  zu  Utrecht ,  dann 
zu  Amsterdam  ,  später  Mitglied  der  111.  Cl. 
des  niederländischen  Instituts  und  Ge- 
schichtsschreiber des  Reichs,  schrieb  eine 
„Römische  Geschichte'-  (Utr.  1792—1810 
Amst.,  So  Theile  gr.  8.) ,  welche  bis  auf 
Constantin  d.  G.  geht,  sich  durch 
schöne  Charakterzeichnung,  philosophische 
Entwickelung  der  Begebenheiten  und  le- 
bendigen Vortrag  auszeichnet,  und  (in  so 
weit  es  die  Geschichte  der  Republik  be- 
handelt) von  Y.  Van  H  a  m  e  1  s  v  e  1  d  ab- 
gekürzt herausgegeben  wurde;  —  „Ge- 
mälde der  französischen  Revolution" ;  — 
„Reise  des  jungen  Anacharsis";  beide 
aus  dem  Französischen,  letztere  Amst. 
1794  —  1801,  10  Theile;—  „der  Mensch, 
so  wie  er  auf  der  bekannten  Erdkugel  vor- 
kommt", eine  Beschreibung  der  verschie- 
denen Menschenarten,  zufolge  der  besten 
Reisebeschreibungen  ,  Amst.  1802,  mit  vor- 
trefflichen Kupfern  von  Kuyper  (durch 
den  Tod  dieses  Künstlers  inivollendet);  — 


Predigten  ,,über  Joseph"  und  ,,über  den 
Brief  Jacob's",  in  welchen  ein  tiefes  Ein- 
dringen in  s.  Gegenstand ,  ein  zierlicher 
und  blumenreicher  Styl ,  reine  Moral  und 
grosse  iNlenschenkenntniss  glänzen,  wo- 
durch der  ungewöhnliche  Beifall ,  der  ihm 
als  Kanzelredner  zuTheilward,  sich  leicht 
erklärt.  Sein  Werk :  „der  Mensch  u.  s.  w .", 
wovon  eine  deutsche  Uebersetzung  unter- 
nommen wurde  ,  ist  nicht  fortgesetzt.  Als 
Reichshistoriograph  unternahm  Stuart 
eine  mehr  pragmatische  Fortsetzung  von 
Wagenaar's  ,,vaterländ.  Geschichte", 
wobei  er  in  den  zwei  ersten  Theilen  mit 
dem  unfruchtbaren  Stoff  zu  kämpfen  hatte, 
und  erst  mit  dem  dritten  sich  mit  s.  Ge- 
genstande erhebt. 

Stijl  (V.)  —  Simon  —  geb.  1731  zu 
Harlingen ,  erhielt  eine  treffliche  Erzie- 
hung von  s.  \ater,  ward  Dr.  d.  Medicin 
zu  Leyden ,  und  w  idmete  s.  Müsse  der  hol- 
ländischen (namentlich  dramatischen)  Poe- 
sie, Beredsamkeit  und  Geschichte.  Er 
schrieb  die  Lustspiele:  .,der  Freier  nach 
der  Kunst"  (1753)  und  „Krispin  Philosoph" 
(1754).  Als  Trauerspieldichter  gab  er  die 
„Mitylener",  den  anziehenden  ,  durch  Th  u- 
cydides  (Lib.  III.)  so  meisterhaft  be- 
schriebenen Vorfall,  als  über  Leben  und 
Tod  der  Mitylener  durch  die  Volksver- 
sammlung zu  Athen  entschieden  werden 
musste.  Seine  treffliche  Declamationsgabe 
verschaffte  ihm  in  einem  Liebhabertheater 
stets  die  Hauptrolle,  und  a erlieh  ihm  selbst 
später  in  der  ersten  National  -  Versamm- 
lung, zu  welcher  er  1795  berufen  ward, 
einen  gewissen  Pvciz,  der  Alle  für  ihn  ein- 
nahm. Die  Vorliebe ,  welche  er  für  die 
Bühne  hatte ,  gab  er  in  der  Biographie 
oder  vielmehr  Lobrede  Punt's,  worin  er 
jedoch  gegen  Corver  höchst  parteiisch 
ist,  zu  erkennen.  Diese  Biographie  befin- 
det sich  mit  einigen  andern  von  ihm  ver- 
fassten  Lebensbeschreibungen  in  der  be- 
kannten Sammlung  von  „Biographien  nie- 
derländischer IMänner  und  Frauen".  Seine 
Schilderung  über  den  Brand  des  Schau- 
spielhauses 1772  kann  als  eine  der  leben- 
digsten Darstellungen  von  dergleichen  Un- 
glücksfällen ,  die  in  irgend  einer  Sprache 
gegeben  wurden,  betrachtet  werden.  Am 
meisten  machte  sich  jedoch  Stijl  als  phi- 
losophischer Historiker  bekannt.  Vor  der 
ersten  Ausgabe  s.  Werkes :  „über  den  Ur- 
sprung und  die  Blüthe  der  Vereinigten 
Niederlande"  (Amst.  u.  Harlingen  1774) 
befand    sich   eine    aus    dem    Französischen 


427 


Surenhusius 


Swieten 


428 


übersetzte  Abhandlung  von  T  u  r  p  i  n  : 
,,über  den  Ursprung  und  den  Untergang 
der  alten  und  heutigen  Republiken"  (Sparta, 
Athen,  Theben,  Karthago,  Rom,  Gross- 
britannien), welche  Stijl  bei  weitem  über- 
traf, doch  scheint  s.  prosaischer  Styl  sich 
nach  französischen  Mustern  gebildet  zu 
haben,  denen  er  aber  die  Herzlichkeit,  die 
feurige  Liebe  für  das  Wahre,  Schöne  und 
Gute,  von  den  Deutschen  „Gemüth"  ge- 
nannt, das  den  Franzosen  so  oft  fehlt, 
hinzugesellte.  Dieses  Werk  ist  eigentlich 
keine  Geschi  chte,  sondern  enthält  Be- 
merkungen überdie  vaterländische 
Geschichte,  und  hält  gerade  die  Mitte 
zwischen  der  allzu  grossen  Kürze  und  dem 
Bilderreichen  des  Ho  oft  und  der  Trocken- 
heit und  Ausführlichkeit  des  Wagen  aar, 
so  dass  es  bereits  als  Muster  des  Styls  in 
der  holländischen  Literatur  glänzen  würde, 
wenn  auch  nicht  die  tiefen  politischen 
Blicke  und  die  mit  classischer  Bündigkeit 
dargestellte  Aufklärung  der  geheimen  Trieb- 
federn der  Handlungen,  deren  sich  Wa- 
gen aar  enthielt,  ihm  auf  eine  noch  höhere 
Stelle  unter  den  Geschichtsschreibern  An- 
spruch gäben.  Die  2.  Ausg.  dieses  Wer- 
kes erschien  1776  ohne  Turpin's  Ab- 
handlung, doch  mit  einem  schönen  Schluss- 
gesang  auf  die  Vaterlandsliebe. 
Stijl  stand  an  der  Spitze  der  gemässig- 
ten Föderalisten  ,  kam  aber  durch  s.  1796 
kundgegebene  Gesinnung  als  solcher  in  Un- 
gunst, worauf  er  sich  wieder  nach  Fries- 
land begab,  wo  er  1814  starb.  Er  fand 
in  Scheltema  einen  seiner  würdigen  Lob- 
redner. (S.  ,, Historisches  und  literarisches 
Allerlei",  Th.  L  p.  165  —  190.) 

Siirenhusius  (V.)  —  ...  —  Profes- 
sor zu  Amsterdam,  gab  „Mischna,  sive  to- 
tius  Hebraeorum  Juris,  Rituum,  Antiquita- 
tum,  ac  Legum  Orientalium  Systema,  cum 
Comment.  Rabbinorum,  vers.  Latina  et  no- 
tis",  Amst.  1698.  VI  Voll.  Fol,  heraus. 

ISwammerdam  (IV.)  —  Johannes  — 
geb.  1637,  gest.  1680,  Arzt  und  Natur- 
forscher zu  Amsterdam ,  schrieb  1667 
eine  meisterhafte  akademische  Probeschrift: 
„über  das  Athemholen",  dann  eine  Natur- 
geschichte verschiedener  Insekten  u.  s.  w., 
mit  Kupfern  versehen,  welche  besonders 
hinsichtlich  der  so  ungemein  feinen  Zeu- 
gungstheile  der  Bienen  jenen  Grad  von 
Vollkommenheit  erreichten,  dass  Cuvier 
(nach  Verlauf  eines  Jahrhunderts ,  das  so 
reich  an  den  grössten  Entdeckungen  ist) 
erklärte,     nichts    lünzufügen    zu    können. 


Ueber  das  grösste  Geheiraniss  und  Natur- 
wunder, die  Fortpflanzung,  machte  S  wam- 
mer dam  viele  scharfsinnige  Entdeckun- 
gen und  die  Theorie  der  Entwickelung  in 
denselben  bekannt.  Doch  eines  s.  grössten 
Verdienste  um  die  Menschheit  erwarb  er 
sich  durch  die  Verbesserung  der  Kunst  des 
De  G r a a f ,  die  Gefösse  mit  einem  gefärb- 
ten Stoffe  auszufüllen,  indem  er  hierzu 
einen  warmen  Stoff  wählte,  der  in  den 
Gefässen  abkühlte  und  gerann.  Die  Be- 
rechnung, dies  zur  passenden  Zeit  zu  be- 
wirken, erforderte  ungemein  viel  Geduld 
und  Geschicklichkeit.  Aber  Swammer- 
d  a  m  beschränkte  sich  auf  die  Erfindung, 
ohne  sie  anzuwenden,  aus,  wie  man  glaubt, 
misverstandener  Frömmigkeit ,  theilte  je- 
doch diese  Erfindung  Ruysch  mit,  der 
sie  vervollkommnete.  (S.  Lebensbeschrei- 
bung des  Ruysch  in  den  ,,Biog.  niederl. 
Männer  und  Frauen",  II.  Th.  p.  83.) 

lSwanen1>ur§f  (V.)  —  Willem  —  ein 
Maler,  gest.  1728  zu  Amsterdam,  machte 
sich  durch  s.  gehaltlosen  Gedichte  lächer- 
lich. Schwülstigkeit  und  leeres  Geschwätz 
in  Versen  ward,  nach  ihm,  ein  swanen- 
burgscher  Styl  benannt. 

S'Wart  (VI.)  —  N.  —  machte  sich 
unter  den  Remonstrantenpredigern  durch 
Herausgabe  von  Predigten  und  Erzäh- 
lungen rühmlich  bekannt. 

l§»'vra\iLn|g;'  (V.)  —  ...  —  schrieb  An- 
merkungen auf  Bileam's  Lied. 

S^reerts  (V.)  —  ...  —  Verf.  der 
„Athenae  Belgicae",  1628. 

Swieten  (V.)  —  Gerard  Baron  Van 
—  geb.  1700  zu  Leyden,  aus  einem  zum 
Theil  katholischen  in  den  nördlichen  Pro- 
vinzen, zum  Theil  protestantischen  in  den 
südlichen  Pro\'inzen  wohnenden  Geschlechte, 
Er  gehörte  zu  ersterm  Zweige,  studirte 
unter  ßoerhave,  ward  1725  Dr.  d.  Me- 
dicin ,  lehnte  1740  einen  Ruf  nach  Wien 
als  kais.  Leibarzt,  aus  Liebe  zu  s.  Vater- 
lande, ab,  gab  1742  s.  classisches  Werk: 
,,Commentarius  in  ßoerhavii  Aphorismos  de 
cognoscend5s  et  curandis  morbis"  (V  Vol. 
4.,  1742—1772)  heraus,  und  ward  17^ 
abermals  nach  Wien  als  Leibmedicus  des 
Kaisers  und  der  Kaiserin  -  Königin  berufen, 
wohin  er  nun  auch  ging,  und  wo  er  so- 
gleich den  ganzen  medicinischen  Unterricht 
zu  verbessern  anfing.  1752  machte  er  den 
innerlichen  Gebrauch  des  Quecksilbers 
der  Welt  bekannt.  Er  starb  1772  den 
18.  Juni  zu  Schönbrunn.  Maria  The- 
resia Hess   ihm   in   der   Augustinerkirche 


429 


Swindeii 


Swiiinas 


430 


ein  Grabmal  errichten,  über  welchem  sein 
Brustbild  in  weissem  Marmor  prangt.  Van 
S  w  i  e  t  e  n  machte  die  Kaiserin  zuerst  auf- 
merksam auf  die  Schädlichkeit  des 
Beerdige ns  in  den  Kirchen,  welche 
üble  Gewohnheit  dann  auch  daselbst  ab- 
geschafft ward.  (S.  D.  Van  .\lphen, 
Anhang  zur  „Beschreibung  Leyden's'*  von 
S.  Van  Mieris,  p.  22'  — 26'.) 

Sffinden  (VI.)  —  Jan  Hendrik  Van 
—  geb.  1746  im  Haag,  zeigte  bereits  früh- 
zeitig grosse  Neigung  für  Alathematik, 
ward  1766,  zufolge  einer  Dissertation  über 
die  Anziehungskraft,  Magister  der  freien 
Künste,  und  1767  Professor  der  Philoso- 
phie zu  Franeker.  Hier  blieb  er  bis  1788, 
als  ihm  die  Professur  der  Mathematik, 
Physik  und  Astronomie  zu  Amsterdam  über- 
tragen \vurde.  Im  J.  1770  hatte  Van 
S winden  einen  Preis  „über  die  Magnet- 
nadel" bei  der  Akademie  der  Wissenschaf- 
ten zu  Paris,  und  1780  einen  andern  zu 
München  erhalten  ,,über  die  Aehnlichkeit 
zwischen  Magnetismus  und  Elektricität". 
Er  war  mit  Aeneä  eines  der  Mitglieder 
der  berühmten  Commission  zur  Bestimmung 
der  Grundlage ,  worauf  das  neue  Maass  - 
und  Gewichtssystem  beruhen  sollte.  Das 
französische  Institut ,  damals  (vielleicht 
noch)  für  die  Mathematik  der  erste  Ge- 
lehrten-Verein in  Europa,  ernannte  Van 
S winden,  den  Ausländer,  zur  Aufstellung 
eines  allgemeinen  Entwurfes  hinsichtlich 
der  Wirksamkeit  genannter  Commission. 
Dieser  berühmte  „Rapport  fait  ä  l'Institut 
National  des  sciences  et  arts ,  au  nom  de 
la  classe  des  sciences  Mathematiques  et 
Physiques,  sur  la  mesure  du  meridien  de 
France,  et  les  resultats  qui  en  ont  ete  de- 
duits  pour  determiner  les  bases  du  nou- 
veau  Systeme  metrique" ,  war  nach  Inhalt 
und  Form  Niederlands  und  des  französischen 
Instituts  würdig ,  und  das  darin  angege- 
bene, wegen  s.  Einfachheit  sich  so  sehr 
empfehlende,  System  der  INIessung  allge- 
mein in  Frankreich  und  Niederland  in  An- 
wendung gebracht.  Van  S winden  hatte 
viele  Mühe,  um  dasselbe  auch  in  s.  Va- 
terlande einzuführen  ,  welches  erst  nach 
1812 ,  unter  der  französischen  Regierung, 
stattfand.  Seine  „Abhandlung  über  voll- 
kommene Maasse  und  Gewichte"  erschien 
1802.  Ausser  verschiedenen  meteorologi- 
schen Abhandlungen  (über  die  strenge 
Kälte  von  1776,  einen  Thermometer,  über 
die  Witterung  von  1779  —  1780),  andern 
Abhandlungen    „über  die    Seefahrtskunst" 


(mit  s.  Schüler  Nieuwland,  1787), 
„über  die  Magnetkraft  und  Elektricität" 
(1772,  1784),  „Positiones  Physicae"  (1786, 
unvollendet) ,  und  ,, Beschreibung  einer 
neuen  Luftpumpe",  hat  er  sicli  auch  in  der 
sog.  Messkunst  durch  s.  ,, Grundsätze  der 
Messkuasf  (1796,  neue  Aufl.  1816)  durch 
eine  „Abhandlung  über  die  Octanten  und 
Sextanten",  durch  eine  ,, Dissertation  sur 
la  comparaison  des  Thermometres",  worin 
er  vollständige  Vergleichungstabellen  gab, 
durch  eine  1795  verfasste  meisterhafte 
Leichenrede  auf  Nieuwland,  doch  haupt- 
sächlich durch  s.  trefflichen  Unterricht  auf 
das  Rühmlichste  im  In-  und  Auslande  be- 
kannt gemacht.  Mit  Eifer  der  patrioti- 
schen Partei  zugethan,  ward  er  1798  Mit- 
glied der  executiven  Gewalt  der  batavi- 
schen  Republik,  kehrte  jedoch  später  nach 
Amsterdam  zu  s.  Studien  zurück,  wo  er 
allgemein  geachtet,  in  kräftigem  Wohlsein 
und  als  der  Nestor  von  Niederland's  Na- 
turforschern und  Mathematikern  bis  z\im 
9.  März  1823  lebte.  Solch  einem  Manne, 
der  lieber  gut  sein  als  scheinen 
wollte,  und  deshalb  nie  einen  Orden  an- 
nahm, konnte  es  in  Niederland  nicht  an 
Lobrednern  fehlen,  von  welchen  wir  Moll 
(dessen  Lobrede ,  Amst.  b.  Pieper  und 
Ipenbuur,  1824,  79  Seiten),  Van 
Lennep  und  H.  H.  Klijn  nennen,  wel- 
cher Letztere  in  einem  Gedichte  (gedr.  zu 
Amst.  b.  Covens  u.  P.  Meijer  War- 
nars, 122  Seiten)  dessen  Andenken  feierte. 
Hinter  diesen  beiden  Lobreden  befindet  sich 
auch  ein  Verzeichniss  von  Van  Swin- 
den's  mannigfaltigen  W^erken.  (S.  auch 
die  sehr  wolU  gelungene ,  anonym  heraus- 
gekommene „  Skizze  einer  Beschreibung 
des  Lebens  und  der  Schriften  von  Jean 
Henri  Van  Swinden,  gest.  zu  Amster- 
dam ,  am  9.  März  1823" ;  Amst.  b.  P.  Den 
Hengst  und  Sohn,  1825,  und  „Galerie 
historique  des  Contemporains" ,  T.  VIII. 
p.  315  -  317.) 

Swinderen  (VI,)  —  ...  Van  —  Na- 
turforscher zu  Groningen,  Mitglied  der  Ge- 
sellschaft für  Physik  und  Chemie  daselbst 
(1802,  die  sich  mit  der  naturforschenden 
Gesellschaft  1803  vereinigte),  hielt  darin 
Vorlesungen  unter  andern  über  die  Kome- 
ten, Elektricität,  Magnetkx-aft  und  Galva- 
nismus,  Hydraulik,  und  gab  eine  „Reise- 
beschreibung von  Deutschland"  (1810). 

iSwinnas  (IV,)  —  Willem  —  aus  dem 
Briel ,  Arzt  daselbst  und  Mitglied  des 
Stadtraths,      gest.    vor    1672,     beschrieb 


431 


Tacquet 


die  Geschichte  des  zweiten  glorreichen 
englischen  Krieges,  welche,  kurz  aber 
inhaltreich ,  in  3  Heften  und  zusam- 
men kaum  200  Seiten,  die  Grosstha- 
ten  De  Ruiter's  enthält,  und  1668,  in 
einem  Jahre,  bereits  die  3.  Auflage  erlebte. 
Dieses  jetzt  sehr  seltene  Werkchen  ward 
unlängst  von  Scheltema,  der  zufällig  in 
Besitz  desselben  gelangte ,  der  Vergessen- 


Titsingh 


432 


heit  entrissen.  Es  ist  mit  all  dem  Feuer 
der  Jugend,  doch  auch  mit  den  jener  Zeit 
angehörenden  Mängeln  verfasst.  Swin- 
n  a  s  ist  mehr  Lobredner  s.  Landsleute,  als 
Geschichtsschreiber  des  Krieges.  (S.  Pars, 
„Namenrolle  der  bat.  Schriftsteller"  p. 
334.  Scheltema,  „Historisches  und  li- 
terarisches Allerlei",  L  Th.  3.  St.  p.  207, 
201—250.) 


T. 


Tacquet  (HI.)  —  ...  —  Jesuit,  aus 
Antwerpen,  schrieb  eine  für  jene  Zeit  ziem- 
lich gute  „Abhandlung  über  die  Astronomie". 

Tainier  (HI.)  —  . .  .  —  bearbeitete 
noch  im  17.  Jahrhundert  die  Astrologie. 

Tasinan  (IH.)  —  Abel  —  fuhr  von 
dem  Eilande  Mauritius  südlich  und  ent- 
deckte 1642  die  Inseln  St.  Paul  u.  Am- 
sterdam, Van  Diemensland,  nach 
dem  damaligen  General  -  Gouverneur  des 
niederländischen  Indiens,  Antoni  Van 
Diemen,  nach  dessen  Tochter,  Tas- 
man's  Geliebter,  „Maria  Van  Die- 
men" be»iannt;  ferner:  Neu-Zeeland 
und  drei  der  Freunds  chaftsinscln, 
Amsterdam,  Rotterdam  nnd  Mid- 
d  e  1  b  u  r  g. 

TeeUinck  (IV.)  —  Cornelia  —  Ver- 
fasserin eines  „Glaubensbekenntnisses", 
welches  5  Auflagen  erlebte,  und  weniger 
wegen  s.  literarischen  Werthes,  als  wegen 
des  Beweises  des  frommen  Sinnes  der 
Frauen  in  jenem  Zeitalter  Erwähnung  ver- 
dient. 

Teuteni  (VI.)  —  Frans  Van  —  Re- 
monstrantenprediger  zu  Utrecht ,  bekannt 
durch  s.  „Biblischen  Darstellungen"  und 
die  Verfolgung,  die  er  von  der  Censur 
Napoleon 's  wegen  eines  harmlosen  Aus- 
drucks in  einer  s.  Predigten,  als  hätte  er 
die  bestehende  Regierung  angegriffen ,  zu 
erdulden  hatte.  Van  Teutem's  Styl  ist 
zierlich  und  blühend. 

Thomas  (I.)  —  ...  —  (oder  Ge- 
raard)  schrieb  in  Versen  eine  Abhand- 
lung über  die  Naturkunde,  und  eine  Ab- 
handlung über  denselben  Gegenstand  in 
Prosa.  In  jener  herrschen  die  Vorstellun- 
gen ,  welche  Aristoteles  und  P t o  1  e - 
maus  über  das  Weltall  hatten ,  vermischt 
mit  den  Ungereimtheiten  des  Mittelalters ; 
die  Erde  ist,  wie  das  Dotter  eines  Eies, 
in  der  Mitte  des  Alls,  die  Luft  voll  Teu- 
fel,    Hexen,     Kobolde,    Elfen    u.    s.    w. 


(S.  Van  Wijn,  „Histor.  Abendstunden", 
p.  301  —  308.) 

Thomas  a  Hempis  (II.)  —  geb. 
in  Kempen  bei  Crefeld,  gab  als  Canonicus 
des  Klosters  der  heil.  Agnes,  bei  ZwoUe, 
jungen  Leuten  Unterricht,  von  welchen 
W.  Ganze voort  von  Groningen  der  be- 
rühmteste war ,  und  machte  sich  durch  s. 
„Nachfolge  Christi",  die  fast  in  alle  euro- 
päischen Sprachen  und  unlängst  von  Per- 
poncher  und  Sehr  an  t  in's  Holländische 
übersetzt  wurde,  berühmt.  Sein  Latein 
war  keinesweges  rein,  so  sagt  er  z.  B. 
scire  exterius  anstatt  memoria  teuere. 

Thomassen  A  Thuessinlc  (VI.) 
—  Professor  d.  Medicin  ,  gab  eine  genaue 
„Beschreibung  der  Kuhpockenimpfung". 
(S.  „Medicinisches  Magazin",  Delft  1802.) 

Thymo  ( IL )  —  Petrus  A  —  (Van 
Der  Heijden)  Pensionär  von  Brüssel  u. 
Verf.  einiger  ungedruckten  Sammlungen 
über  die  alte  niederländische  Geschichte. 

Thijsius  (IV.)  —  Antoni  —  verfasste 
in  lateinischer  Sprache  die  „Geschichte  der 
Seekämpfe  (der  Niederländer)  von  den 
frühesten  Zeiten  bis  zum  Frieden  von  Mün- 
ster", (s.  Pars,  „Namenrolle",  p.  291, 
302,  S03),  und^  die  ,, Biographien  und  Tha- 
ten  der  berühmtesten  Seehelden  von  dem 
Zuge  von  Damiette  bis  auf  De  Ruiter 
und  Van  Tromp"  (Amst.  1650.  Utr. 
1651.  Auch  lateinisch :  „Belgicarum  Hi- 
storiarum  Epitome,  a  1566  ad  1648"). 

Thijsius  (IV.)  —  Antoni  —  (1652— 
1670)  Sohn  eines  leydeuer  Professors  die- 
ses Namens ,  gab  1651  den  Trauerspiel- 
dichter Seneca,  1659  Sallust,  1666 
Gellius  und  1670  Valerius  Maximus 
heraus. 

Titsing^h  (VI.)  — ...  —  verfasste  eine 
„Beschreibung  von  Japan",  nachdem  er  sich 
lange  Zeit  daselbst  aufgehalten  hatte.  Er 
starb  zu  Paris,  wo  s.  kostbaren  Sammlungen 
zuerst  in  die  Hände  eines  französischen  u.  dann 


433     ToUens  Corneliszoon 


ToUens  Corneliszoon     434 


eines  englischen  Buchhändlers  kamen,  wel- 
cher letztere  einen  Theil  derselben  in  I  Th.  4. 
herausgab,  der  jedoch  später  bei  der  Wittwe 
J.  Allart  zu  Delft  wieder  in  der  Sprache 
des  Verfassers  übersetzt  erschien,  und  uns 
Japan  und  die  Japaner  genau  kennen  lehrt. 
Tollens  Corneliszoon  (VI.)  — 
Hendrik  —  Hauptdichter  der  rotterdamer 
Schule,  geb.  d.  24.  Sept,  1780,  ward  früh- 
zeitig zum  väterlichen  Gewerbe,  dem  Han- 
del in  Färberwaaren ,  erzogen ,  und  daher 
nur  mit  einiger  wissenschaftlichen  Bildung 
uiid  der  französischen  Sprache,  sowohl  in 
Rotterdam  als  zu  Elten  bekannt,  von 
wo  er  in  s.  14.  Jahre  nach  Rotterdam  zu- 
rückkehrte, als  derselbe  Reiz,  der  das 
Kunstgefuhl  eines  Bellamy  und  Anderer 
entflammt  hatte  ,  auch  ihn  zum  Dichter 
machte  ,  nämlich  :  der  politische  Zustand 
s.  Vaterlandes.  Sein  gefühlvolles  Herz 
schlug  hoch  für  die  Ideale,  die  so  Viele 
dm-ch  die  Ankunft  der  Franzosen  im  J. 
1795  verwirklicht  zu  sehen  hofften.  Ob- 
gleich noch  fast  ein  Kind,  ward  er  wegen 
s.  frühreifen  Verstandes  zum  Secretär  eines 
vaterländischen  Vereins  gewählt ,  wodurch 
er  einen  neuen  Sporn  zu  poetischen  Ver- 
suchen erhielt,  die  er  im  Geiste  jener  Zeit 
machte.  Sein  Ruhm  verbreitete  sich  in 
den  Kreisen  von  Vereinen  und  bewaffneten 
Bürgerschaften  mehr  und  mehr,  und  wie- 
wohl dies  s.  Vater  anfangs  nicht  unlieb 
war,  so  sähe  dieser  jedoch  ein,  als  die 
Vorliebe  des  Jünglings  für  die  Poesie  mit 
den  Jahren  mehr  zu  -  als  abnahm,  wie  der 
Vater  O  v  i  d '  s  ,  dass  die  Dichtkunst  kein 
Brod  geben  konnte ,  und  verbot  ihm  das 
Dichten.  Doch  ein  solches  Verbot  stei- 
gerte, wie  schon  oft  die  Erfahrung  gezeigt 
hat,  auch  bei  ihm  jene  Vorliebe,  denn  die 
Natur  hatte  den  Jüngling  zum  Dichter  ge- 
schaffen und  schien  ihn  zum  Schauspiel- 
dichter bestimmt  zu  haben.  Wenigstens 
waren  es  nunmehr  keine  vaterländischen 
Gesänge  mehr,  sondern  Lust-  u.  Trauer- 
spiele, die  er  nicht  allein  übersetzte,  son- 
dern auch  selbst  verfasste.  Bis  jetzt  war 
er,  gleich  einem  schönen,  kräftigen,  saft- 
reichen Baume  üppig  aufgeschossen ,  aber 
Studium  und  Umgang  mit  kunstverwandten 
Freunden  mussten  s.  Talent  durch  geläu- 
terten Geschmack  bilden  und  veredeln. 
Letztern  ei'hielt  er,  wie  Loot's  u.  Hel- 
mers, durch  den  verdienstvollen  Uylen- 
b  r  0  e  k  zu  Amsterdam.  Er  war  damals 
17  Jahre  alt.  Dieser  veranlasste  ihn  zu 
einem  gründlichen  Studium  seiner  Mutter- 


sprache, wobei  er  sich  die  englische  und 
deutsche  Sprache,  zwei  reiche  Fundgru- 
ben von  Schönheiten  für  den  Dichter ,  so- 
wie auch  einige  Kenntniss  des  Lateinischen 
aneignete.  Doch  war  er,  wie  Uylen- 
broek  selbst,  noch  immer  parteiisch  für 
französische  Manier  und  Literatur  einge- 
nommen. Uebersetzungen  von  französischen 
Trauerspielen  wurden  daher  als  Dichter 
ihm  Hauptsache,  und  er  übte  sich  damit, 
zufolge  s.  eigenen  Geständnisses,  in  dem 
Technischen  der  Kunst.  Die  „Andromache'", 
später  von  ihm  verbessert,  wird  noch  auf- 
geführt. Unter  s.  andern  Uebersetzungen 
gehören:  „Cato  in  Utica"  und  „Äbufar". 
Mit  s.  19.  Jahre  gab  er  eine  Sammlung 
aus  dem  Französischen  übersetzter  Poesien 
heraus ,  unter  d.  Titel :  „Probe  von  duf- 
tenden ,  auf  französischem  Boden  gepflück- 
ten Dichterblumen".  Wiewohl  Tollens, 
mit  Recht,  dieser  frühern  Manier  entsagt 
hat,  so  scheint  jedoch  dieselbe  zur  Bil- 
dung s.  fertigen  und  fliessenden  Reimweise 
und  zur  Erlangung  s.  Herrschaft  über  die 
Sprache  nicht  ganz  nutzlos  gewesen  zu 
sein.  Einen  Augenblick  huldigte  er  dem 
bereits  sich  verlierenden  Sentimentalen  in 
s.  „Probe  sentimentaler  Aufsätze  und  Idyl- 
len". Es  scheint,  dass  die  Liebe  ihn  mit 
dieser  Dichtungsart  bekannt  machte,  wor- 
in er  sich  besonders  auszeichnet,  nämlich 
mit  der  Poesie  des  Gefühls  und  des  Her- 
zens ,  die  vorzugsweise  das  Glück  des  häus- 
lichen Lebens  zum  Gegenstande  hat ,  wel- 
ches ihm  in  s.  Ehe  so  reichlich  zu  Theil 
ward.  In  s.  „Neuen  Gesängen"  und  „Idyl- 
len" sah  man  zuerst  den  originellen  Dich- 
ter ,  auf  w  eichen  sich  die  Augen  aller  Kunst- 
kenner zu  richten  begannen.  Kurz  darauf 
folgten  „Vermischte  Gedichte"  (Dichtlie- 
vende  Mengelingen) ,  w  eiche  noch  mehr 
von  s.  Fortschritten  zeugten.  Das  Trauer- 
spiel gab  er  jedosh  noch  nicht  auf,  indem 
er  nunme^  Originalstücke  schrieb.  So  er- 
schienen 1805  „Lucretia"  und  1806  „die 
Hukschen  und  Kabeljauschen".  Dass  er- 
steres  nicht  ganz  ohne  Werth  ist,  beweist 
das  damalige  Verbot,  es  aufzuführen,  weil 
man  die  darin  vorkommenden  patriotischen 
und  republikanischen  Gefühle  fürchtete. 
Doah  scheint  dieses  Fach  nicht  dasjenige 
zu  sein,  wozu  die  Natur  ihn  bestimmt 
hatte;  denn  bei  vielen  Schönheiten  besitzen 
diese  Stücke  gleichwohl  nicht  das  acht 
Tragische.  Bald  darauf  versuchte  er  sich 
im  vaterländischen  Liede,  zweimal  mit 
Loots,  und  ward  ihm  in  dem  ersten  Wett- 


435     Tollens  Corneliszoon 


ToUens  Corneliszoon     436 


streite  1804  (zur  Verherrlichung  Hugo  De 
Groot's)  nur  der  zweite  Preis  zu  Theil, 
so  besiegte  er  doch  diesen  s.  würdigen 
Nebenbuhler  1806,  als  Beide  den  Tod 
Egmond's  und  Hoorne's  besangen. 
Seitdem  war  Tollens  ungemein  glück- 
lich in  Darstellung  vaterländischer  Ereig- 
nisse, sei  es  nun  in  der  Form  von  Helden- 
gesängen oder  in  der  von  Romanzen.  1807 
kam  s.  Gedicht:  „an  ein  gefallenes  Mäd- 
chen", im  2.  Theile  der  Werke  der  Ba- 
tavischen  Gesellschaft  für  Spracb- 
u.  Dicht  künde,  der  nunmehrigen  Hol- 
ländischen Gesellschaft  der  schö- 
nen Künste  u.  Wissenschaften,  von 
welcher  er  lange  eines  der  eifrigsten  Mit- 
glieder und  mehrmals  Vorstand  war,  her- 
aus. Dieses  Gedicht  ist  ganz  in  der  Ma- 
nier, die  ihn  künftig  charakterisiren  und 
verewigen  wird.  Warmes  Gefühl  paarte 
sich  darin  mit  dem  natürlichsteu  und  doch 
edelsten  Ausdruck,  so  wie  mit  der  höch- 
sten Reinheit  der  Sprache  und  des  Styls. 
Seine  1808  und  später  erschienenen  drei 
Theile  Gedichte  geben  davon  die  spre- 
chendsten Beweise ,  und  lehren  Tollens 
erst  in  s.  vollen  Werthe  kennen.  Wer 
kennt  nicht  unter  den  vaterländischen  Ge- 
dichten ,. Wilhelm  I",  „die  viertägige 
Seeschlacht",  den  „Triumphgesang  bei  dem 
Siege  von  Nieuwpoort",  den  „Jan  Van 
Schaf  fei  aar",  „Albrecht  Beiling", 
das  ,, Torfschiff  von  Breda";  unter  den 
bürgerlichen  Schauspielen:  „die  Heirath", 
„die  Mutter",  „die  Ehescheidung";  unter 
den  lyrischen  Gesängen  und  vermischten 
Gedichten:  den  „Dichter",  „das  poetische 
Gefühl",  das  „Blümchen  der  Hoffnung"! 
Wem  ist  die  meisterhafte  Uebersetzung 
von  Pope's  „Brief  der  Hei oise  an  Abä- 
lard"  unbekannt!  Dass  von  diesen  Gedich- 
ten bereits  die  4.  Auflage  nöthig  wurde, 
beweist  zur  Genüge,  dass  Tollens  der 
Lieblingsdichter  der  Nation ,  und  im  eigent- 
lichen Sinne,  Volksdichter  ist.  Ausserdem 
erschien  von  ihm  1809  noch  eine  ausge- 
wählte Sammlung  von  (früher  verfassten) 
Minnegedichten.  Tiefergriff  ihn  des 
Vaterlandes  Erniedrigung  unter  Frankreich, 
wie  z.  B.  der  „Anblick  aus  der  Nordsee" 
und  das  Gedicht  „an  die  vaterländischen 
Dichter"  (1810)  beweisen.  Mit  Enthusias- 
mus begrüsste  er  1813  die  Wiederherstel- 
lung Niederland's  in :  „den  vaterländischen 
Dichtern"  und  in  „dem  in  Familie  gefeier- 
ten Friedensfeste".  Als  1814  Niederland's 
Unabhängigkeit  von  Napoleon  von  Neuem 


bedroht  ward,  Hess  er  s.  ganze  Entrüstung  in 
einem  „Feldgeschrei"  erschallen,  das  gleich- 
sam der  Dolmetscher  der  ganzen  damaligen 
Stimmung  Europa's  war.  Seine  Liebe  für 
das  in  Niederland  herrschende  Haus  sprach 
das  „Volkslied"  (1816  mit  dem  Preise  des 
Admirals  Kinsbergen  gekrönt) ,  der 
Hochzeitsgesang  auf  die  Vermählung  des 
Prinzen  von  Oranien  mit  der  russischen 
Prinzessin  (1816)  und  das  Gedicht  auf  die 
Geburt  des  jungen  Prinzen  (1817)  aus. 
Hierauf  folgte  1818  das  1.  Bändchen  von 
Romanzen,  Balladen  und  Legenden,  mei- 
stens aus  dem  Deutschen  z.  B.  von  Schil- 
ler, und  zum  Theil  aus  dem  Französischen 
und  Englischen  übersetzt.  Diese  Ueber- 
setzungen  sind  vortrefflich,  und  wenig,  oft 
nichts ,  verlieren  dadurch  die  Originale. 
1821  erschien  eine  neue  Sammlung  Ge- 
dichte, worunter  namentlich  die  ,,Ueber- 
winterung  der  Holländer  auf  Nova  -  Zem- 
bla"  (Nowaja  Semlja)  sich  auszeichnet; 
ein  Gedicht,  welches  ihm  1819  die  goldene 
Medaille  der  hoUänd.  Gesellsch,  d.  schönen 
Künste  und  Wiss.  erwarb.  Ein  grösseres 
Meisterwerk  beschreibender  Poesie  hatte 
bisher  die  holländische  Sprache  nicht  ge- 
liefert. „Dirk  Willemsz.",  „die  spanischen 
Gebrüder  vor  Haarlem",  u.  s.  w.,  seitdem 
in  Musen-Almanachen  aufgenommen,  sind 
so  viele  Kunstjuwelen ,  nach  wahren  Be- 
gebenheiten aus  der  niederländischen  Ge- 
schichte bearbeitet,  mit  der  sich  Tollens 
innigst  vertraut  gemacht,  und  deren  min- 
der bekannte  Grossthaten  er  aus  der  Ver- 
gessenheit zieht ,  und  in  dem  Gewände  s. 
bezaubernden  Verse  zur  Bewunderung  an 
die  Nachwelt  überliefert.  —  Unter  den 
jetzigen  niederländischen  Dichtern  glänzt 
Tollens  als  Stern  erster  Grösse.  In  den 
Erzeugnissen  der  rotterdaraer  Hauptdich- 
ter herrscht  eine  unbeschreibliche  Anmuth, 
eine  sichtbare  Harmonie  zwischen  Sprache 
und  Herz,  die  uns  Tollens,  auch  als 
Menschen ,  lieb  macht.  Besingt  er  das 
Vaterland  und  dessen  Grossthaten ,  sei  es 
in  dem  erhabenen  Siegesliede  oder  in  dem 
einfachem ,  aber  naiven  Tone  der  Romanze ; 
welch  niederländisches  Herz  schlägt  da 
nicht  höher!  Berührt  er  die  heiligen  Sai- 
ten in  unserm  Gemüth,  die  Saiten  der  Gat- 
ten-, Eltern-  oder  Kindesliebe,  so  fühlt 
jedes  unverdorbene  Herz  sich  in  eine  gleiche 
Stimmung  versetzt.  Besingt  er  die  Ohn- 
macht ,  um  die  Empfindungen ,  die  ihn  be- 
seelen, auszudrücken,  so  weiss  er,  indem 
er  dies  gesteht,   unsere  Seele  zu  entfllam- 


437 


Tollius 


Trembley 


438 


men  durch  die  glühende  Sprache ,  die  s. 
vollem  Herzen  entströmt.  Sein  Vers  ist 
stets  wohllautend,  und  wenige  Dichter  be- 
sitzen poetische  Diction  in  einem  so  reichen 
Maasse  wie  er.  Mit  unnachahmlicher  Kunst 
versteht  ^r  die  Sprache  s.  Gegenstande  an- 
zuschmiegen, und  daher  kommt  es,  dass 
er  auch  als  beschreibender  Dichter  so  grosse 
Verdienste  hat.  Man  sieht  in  der  „Vier- 
tägigen Seeschlacht"  die  Kunstausdrücke 
des  Seewesens  in  die  schönste  Harmonie 
gebracht  mit  der  Wuth  der  Streiter  und 
der  abwechselnden  Todtenstille  oder  dem 
Brausen  des  bewegten  Oceans ;  —  man  be- 
wundert in  der  ,.Uebermnterung  aufNova- 
Zembla"  den  Abschied  der  kühnen  Seefah- 
rer bei  der  Abfahrt  aus  dem  Texel ;  die 
Eisberge ;  die  Ausbesserung  des  Schiffes 
in  einer  Hütte;  die  Beschäftigungen  und 
Zeitverkürzungen  in  derselben ;  das  Nord- 
licht ;  den  Anbruch  der  Morgenstunde  nach 
einer  mondenlangen  Winternacht;  das  Wie- 
dersehen von  R i  j  p  u.  H e  em s  k  e r  k  in  dem 
„Dirk  Willemsz.";  das  beschwerliche  Aus- 
brechen aus  dem  Kerker  und  die  Flucht 
auf  das  Eis ,  auf  die  malerischeste  Weise 
beschrieben. —  Es  scheint,  dass  der  Dich- 
ter sich  in  dieser  Schönheit  immer  mehr 
vervoUkommt.  Die  wenigst  gebräuchlichen, 
bisher  in  der  Dichtkunst  ziemlich  unbe- 
kannten Wörter  weiss  er  in  solch  einen 
Zusammenhang  zu  bringen,  dass  sie  nicht 
allein  erhabener  und  veredelt  werden ,  son- 
dern auch  eine  magische  Gewalt  den  Schil- 
derungen verleihen.  Daher  kommt  es  denn 
auch,  dass  diesem  vortrefflichen  Dichter  das, 
holländischen  Dichtern  so  seltene.  Glück  zu 
Theil  geworden  ist,  einige  s.  W^erke  in 
fremde  Sprachen  (namentlich  in  die  fran- 
zösische) übersetzt  zu  sehen,  während  er 
(um  alle  wesentlichen  Auszeichnungen  zu 
nennen)  eine  Stelle  in  dem  niederländischen 
Institut  der  Künste  und  Wissenschaften  be- 
kleidete. Seine  Mitbürger ,  vollkommen 
den  Werth  eines  solchen  Dichters  fühlend, 
wollten  ihm  eine  Büste  errichten :  eine  da- 
zu eröffnete  Subscription  war  bereits  ge- 
schlossen ,  als  die  Bescheidenheit  des  Dich- 
ters die  Ausführung  verhinderte. 

Tollius  (VI.)  —  Herman  —  Lehrer 
der  Söhne  des  Erbstatthalters,  gab  1788 
den  Sophisten  Apollo  nius  (ein  W.  B. 
zur  Hiade  u.  Odyssee)  heraus.  1809,  nach 
einer  langen  Verbannung  dem  Vaterlande 
wiedergegeben,  ward  er  zu  Leyden  als 
Prof.  d.  griechischen  Sprache  angestellt, 
und  starb  daselbst  1822. 


Tolliuusi  (IV.)  —  Alexander  —  aus 
Utrecht,  gab  1670  den  Appianus  von 
Aloxandrion  heraus. 

Torremus  (V.)  —  Abraham  —  Schwie- 
gervater von  Oudendorp,  besorgte  1726 
eine  Ausgabe    von  Valerius  Maximus. 

Torrentius  TanDerBeken(in.) 
—  Laevinus  —  geb.  1525  zu  Gent,  begab 
sich  nach  beendigten  Studien  nach  Rom, 
brachte  von  da  viele  Alterthümer  mit  sich 
zurück,  und  wurde  Erzdechant  von  Bra- 
bant  und  später  von  Antwerpen.  Er  ver- 
dient besonders  als  lateinischer  Dichter 
grosses  Lob,  und  machte,  zufolge  Peerl- 
kanip,  den  Italicnern  Sannazar,  Fla- 
min ius  und  Vi  da  den  Rang  streitig. 
Meistens  behandelt  er  religiöse  Gegen- 
stände ,  z.  B.  die  Geburt  und  Kindheit 
Christi,  dessen  Kreuzestod ,  das  Leben 
von  Paulus;  und  in  s.  3  Büchern  (in 
Form  lyrischer  Gedichte) :  „de  partu  Vir- 
ginis",  scheint  er  mit  Sannazar  wettei- 
fern zu  wollen.  In  dem  Gedicht  auf  die 
Geburt  Christi  ist  eine  Stelle,  nach 
welcher  (wie  Peerlkamp  p.  153  sagt) 
Rubens  s.  herrliches  Gemälde  dieses  Ge- 
genstandes wohl  hat  verfertigen  können, 
wie  Phidias  das  Bild  des  olympi- 
schen Jupiter  nach  einigen  Versen 
Homer 's.  Mit  Leib  u.  Seele  dem  päpst- 
lichen Hofe  ergeben  ,  schämte  er  sich  nicht, 
der  Lobredner  von  Balthasar  Ge- 
rards  zu  werden,  von  dessen  That,  die 
er  mit  so  viel  Schauder  erregendem  Feuer 
besungen  hat ,  er  zuvor  Kenntniss  gehabt 
zu  haben  scheint.  Selbst  die  Gunst  der  be- 
seligenden Musen  ward  auf  diese  Weise 
behufs  einer  Lehre  misbraucht,  die  Alles, 
was  nicht  jnit  ihr  übereinstimmt,  mit  ewi- 
gen ,  und ,  wo  sie  kann ,  auch  mit  zeitli- 
chen Strafen  bedroht.  Die  erste  Ausgabe 
der  Gedichte  des  Torrentius  (1579) 
enthält  nur  erbauliche ,  die  zweite  (1594) 
auch  einige  andere  Gedichte.  Ausserdem 
hat  er  sich  um  die  alten  Schriftsteller 
nicht  zu  verkennende  Verdienste  erworbten, 
denn  s.  Erläuterungen  zu  Sueton  und 
Horaz  werden  noch  heute  geschätzt,  na- 
mentlich die  zu  Letzterem. 

Trape  (VI.)  —  ...  —  zu  Lüttich, 
Verf.  von  ,, Varietes  litteraires". 

Trembley  (V.)  —  Abraham  —  von 
Genf,  entdeckte  1740  zufällig  auf  dem 
Lustorte  Zorgvliet  beim  Haag  die  Repro- 
duction  des  in  Stücke  getheilten  Armpo- 
lypen. Die  Existenz  dieser  Thiere  war 
schon  früher  bekannt:    die   „Philosophical 


439 


Trigland 


Tulp 


440 


Transactions"  von  1703  sprachen  von  den 
Entdeckungen  sowohl  von  L  e  e  u  w  e  n  - 
hoek,  als  auch  von  einem  ungenannten 
Engländer  über  die  Pflanzenthiere ,  kann- 
ten jedoch  nur  deren  natürliche  Erzeugung. 
Trembley  theilte  s.  Entdeckung  dem 
grossen  Physiker  R e a u  m  u  r  mit,  der  die- 
selbe zuerst  in  Europa  bekannt  machte : 
doch  der  Entdecker  legte  s.  vollständigen 
Untersuchungen  dem  Publikum  vor  in  s. 
„Memoires  pour  seivir  a  I'histoire  d'un 
genre  de  Polypes  d'eau  douce  k  bras  en 
forme  de  cornes",  Leyd.  1744,  4.  Die 
Platten  zu  diesem  Werke  hatte  Lyonnet 
(s.  dies.  Art.)  gestochen. 

Trig^land.     S.  Gomarus. 

Trip  (V.)  —  Lucas  —  geb.  1712  zu 
Groningen,  gest.  daselbst  1783,  gilt  hin- 
sichtlich s.  Dichterweise  als  Repräsentant 
dieser  von  ihm  durchlebten  Periode.  Er 
war  Rathsherr  und  Bürgermeister  in  s. 
Vaterstadt.  Von  s.  Leben  ist  sonst  wenig 
bekannt,  doch  hat  er  sich  selbst  in  s. 
Schriften  als  einen  eifrigen  Bekenner  des 
Christenthums  und  orthodoxen  Anhänger 
der  reformirteu  Kirchengemeinde  und  deren 
Lehre  kundgegeben.  Seine  Poesien ,  be- 
kannt unter  dem  Titel:  ,, Zeitgewinn  in 
müssigen  Stunden ,  oder  Proben  poetischer 
Andacht",  enthalten  den  Eiguss  s.  Km- 
pfindungen  in  der  freien  Natur.  Trip 
fühlte,  wie  aus  der  VoiTede  zu  diesen  Pro- 
ben hervorgeht,  das  Bedürfniss  zu 
dichten ,  und  dies  war  viel  in  diesem  Jahr- 
hundert. Vielerlei  Gedichte  (alle  jedoch 
religiösen ,  ernsten  Inhalts)  liefert  diese 
Sammlung,  so  z.  B.  „Bessere  Dichterlaune"; 
,,die  wahre  Freundschaft"  ;  „Seelenklage 
über  ihren  geistigen  Winter-' 5  „anderes 
Ich,  oder  heilige  Gemüthsumwandlung"; 
„die  giftige  Spinne"  ;  „Gedanken  über 
Jesaias  LXI.  v.  2",  in  drei  Gesängen, 
u.  s.  w.  Einen  Beweis  von  Trip 's  ver- 
dorbenem Geschmack  geben  der  Anfang 
„der  giftigen  Spinne",  und  die  „Gedanken 
über  Jesaias  LXI".  In  ersterm  macht 
er  sich  durch  ein  Unraaass  von  Naturschil- 
derung, so  wie  durch  ungereimte  Ver- 
gleichung  lächerlich;  in  dem  zweiten  wagt 
der  Dichter,  Gott  ein  Vergnügen  an  den 
Qualen  s.  Geschöpfe  zuzuschreiben !  Das- 
selbe Gedicht  enthält  eine  Vergleichung 
des  Gemüthslebens  des  Christen  in  12  Ab- 
schnitten oder  sog.  Monaten  mit  der 
Geschichte  der  christlichen  Kirche,  von 
der  Predigt  Jesu  an  bis  zum  Ende  aller 
Dinge.     Dagegen  besitzt  s.  „Seidenwurm" 


viele  Schönheiten ;  die  Allegorie  dieses 
Thieres ,  mit  dem  Menschen ,  namentlich 
dem  Frommen,  verglichen,  ist  zuweilen 
hübsch  ausgeführt.  Aber  nichts  übertrifft 
das  schöne  Gedicht :  „Gott  sichtbar  in 
dem  Unansehnlichen,  dargestellt  in  einem 
Kieselsteine,  Blaubeere  u.  Fliege".  Glück- 
lich war  hier  Trip  von  den  Banden  s. 
Systems  entfesselt ;  hier  konnte  er  die  Fit- 
tige  frei  ausbreiten  zum  Lobe  Gottes ,  des 
Herrn  und  Vaters  der  Schöpfung,  und  zeigt 
sich  in  aller  s.  Stärke.  Man  erstaunt  über 
die  Kunst,  die  er  in  der  Schilderung  die- 
ser geringen  Gegenstände  entfaltet  und  zur 
Schau  stellt. 

Trominius  (IV.)  —  Abraham  —  ver- 
fasste  mit  unermüdeter  Geduld  eine  „nie- 
derländische Concordanz,  oder  Wortregister 
der  Bibel" j  des  N.  Testaments  (nach 
dem  Entwurf  s.  Schwiegervaters  Marti- 
nus),  Grön.  1672,  Fol.,  des  A.  Testa- 
ments, das.  1685,  1691,  2  Theile,  Fol. 
Dieses,  mehr  nützliche  als  glänzende  Werk, 
woran  er  von  1662  bis  1690  arbeitete,  er- 
spart dem  Bibelfreunde,  der  nur  ein  ein- 
zelnes Wort  einer  Stelle  weiss,  viel  Mühe 
des  Nachsuchens,  und  ist  auch  dem  Ge- 
lehrten dadurch  von  einigem  Interesse,  da 
er  die  hebräischen  und  griechischen  Worte 
hinzufügte. 

Tronchin.     S.  H  a  e  n. 

T'ulden  (III.)  —  Theodorus  Van  — 
geb.  zwischen  1590  u.  1595  zu  Herzogen- 
busch (.Sohn  des  Nicolaas  Van  Tul- 
den.  der  sich  auch  durch  Anmerkungen 
zu  Damhouder,  1601  herausgegeben, 
bekannt  gemacht  hat) ,  war  zuerst  Prof. 
des  Civilrechls  an  der  Akademie  zu  Löwen, 
und  dann  Mitglied  des  hohen  Raths  von 
Mecheln.  (S.  über  ihn:  Juglers'  „Ju- 
ridische Biographie",  III.  B.  1.  St.,  p.  118, 
wo  auch  s.   Werke  angegeben  sind. 

Tuleman  (III.)  —  ...  —  von  Ma- 
stricht,  Botaniker. 

Tulp  (IV.)  —  Nicolaas  —  geb.  1593 
zu  Amsterdam,  Dr.  d.  Medicin,  seit  1622 
Schöppe  und  Rath  daselbst ,  gab  1635 
Veranlassung  zu  einem  mehr  regelmässigen 
Vereine  von  Aerzten  und  zu  der  Vorschrift 
einer  amsterdamer  Apotheke.  (S. 
Wagen  aar,  „Amsterdam",  II.  Th.  Fol. 
p.  381.)  1654  ward  er  Bürgermeister,  be- 
kleidete diese  Würde  viermal,  und  zwar 
einmal  in  dem  schweren  Jahre  1672,  als 
die  Franzosen ,  bereits  zu  Utrecht ,  die 
Stadt  bedrohten ,  mit  grossem  Lobe.  Er 
starb  1674.     Als   Arzt   hat   er  sich   durch 


441 


Tijdeman 


Ulkens 


442 


s.  „Obsenationes  medicae"   (1641  u.  spä- 
ter)   berühmt   gemacht.      Irrigerweise    hat 
man  ihm  die  Entdeckung  der  bei  den  Ana- 
'  tomen   bekannten   vahiila   coli  zugeschrie- 

ben, die  bereits  Falloppius  1563  be- 
schrieb (s.  Hildebrand  „Lehrb.  der 
Anat.",  III.  B.  §.  2066,  aus  einer  Hand- 
schr.  auf  d.  Götting.  Biblioth ) ;  aber  mit 
Recht  ist  er  für  den  Entdecker  (1639)  der 
Chylgefässe  in  dem  menschlichen  Kör- 
per zu  halten,  die  früher  Asellius  in 
Hunden  beobachtete.  (S.  T  h.  Bartho- 
lin i ,  „Epist.  ad  Olaum  Wormium",  2.  Cent. 
1.  et  „Respons."  Epist.  4.  und  über  Tulp: 
Dr.  Thyssen's  Abhandlung  [die  zugleich 
als  Beitrag  zur  Geschichte  der  Fortschritte 
der  Arzneikunde  wichtig  ist] ,  in  dem  von 
Van  Kampen  herausgegebenen  „Maga- 
zin", ni.  Th.,  2.  St.,  p.  191.) 

Tijdeman  (VI.)  —  Meinard  —  geb. 
1741  zu  ZwoUe,  1762  Dr.  d.  Rechte  zu 
Utrecht,  ward  durch  eine  merkwürdige 
Abhandlung  über  den  Rechtsgelehrten  Mar- 
cellinus   1763    Rector    zu    Leeuwarden, 

1765  Prof.    d.    Literatur    zu    Harderwijk, 

1766  des  Naturrechts  zu  Utrecht ,  wo  er 
eine  noch  sehr  geschätzte  Ausgabe  von  D  e 
Groot's  Recht  des  Krieges  und  Friedens 
(1783)  besorgte,  und  „Quaestiones  et  Apho- 
rismi  ex  Jurisprudentia  naturali",  so  wie 
ein  „Enchiridiura  Studiosi  jurisprudentiae" 
verfasste.  Nachdem  er  20  Jahre  diesen 
Posten  bekleidet  hatte,  legte  er  ihn,  müde 
des  1786  zu  Utrecht  herrschenden  Gei- 
stes, nieder,  ward  aufs  Neue  Professor, 
und  zwar  der  Rechte,  zu  Harderwijk,  1790 
Griffier  der  Staaten   von  Overyssel ,   wel- 


ches Amt  er  bis  1795  versah ,  worauf  er 
amtlos  zu  Kampen  bis  1801  lebte,  als 
ihm,  auf  Veranlassung  des  De  Bosch, 
die  Anlegung  des  Katalogs  der  leydener 
Bibliothek  übertragen  ward.  1814  sah  er 
sich  daselbst  zum  Professor  ernannt,  und 
trug  seitdem  Vorlesungen  über  die  römi- 
schen Anticjuitäten  Aor,  wobei  er  sich  als 
SOjähriger  Greis  noch  einer  grossen  Klar- 
heit der  Gedanken  und  eines  in  diesen 
Jahren  seltenen  Gedächtnisses    erfreute. 

Tijdeman  (VI.)  —  Hendrik  Willem  — 
Sohn  des  Vorigen,  Professor  der  Rechte 
zu  Franeker  und  zu  Leyden,  machte  sich 
ausser  s.  Hauptfache  auch  in  der  Statistik 
und  Staatswirthschaft ,  in  der  Geschichte 
und  Literatur  durch  verschiedene  Werke 
vortheilhaft  bekannt,  unter  andern  durch 
die  Preisschrift:  „über  den  Ursprung  der 
Hukschen  u.  Kabeljauschen  Zwistigkeiten", 
durch  eine  andere  über  ApoUonius  von 
Tyana  (von  der  zeeländischen  Gesell- 
schaft gekrönt  und  mit  Lotze  bearbeitet), 
durch  zwei  andere  bei  der  haarlemer  Ge- 
sellschaft gekrönt,  die  eine  „über  die 
Maschinerie" ,  die  andere  „über  die  Ur- 
sachen der  Armuth  in  Europa"  (letztere 
mit  Scheerenberg),  und  noch  eine 
bei  der  zeeländischen  Gesellschaft  5,über 
die  Gilden". 

Tijdeman  (VI.)  —  Bernard  Frede- 
rik —  Bruder  des  Vorigen ,  war  Prediger 
zu  Herveld,  Harlingen  u.  Dordrecht,  und 
gab  von  s.  orientalischen  Sprachgelehrsam- 
keit einen  Beweis  durch  eine  Probe  aus  dem 
„Arabischen Wörterbuche"  desEbn  Cha- 
likan  (1809). 


r. 


mtenbo^aard.    S.  Gomarus. 

Ulkens  (VI.)  —  J.  A.  —  geb.  1772 
zu  Wierum  Im  Gröningschen ,  gest.  1824, 
wurde  1795  Magister  der  freien  Künste, 
seit  1796  Prediger ,  und  zwar  seit  1798 
zu  Ernrura,  und  1815  Prof.  der  Land- 
wlrthschaft,  einer  bisher  in  Niederland  nicht 
fleissig  behandelten  Wissenschaft,  welche 
er  mit  dem  besten  Erfolg  lehrte.  Er  be- 
antwortete die  von  der  Gesellschaft :  F  ü  r  's 
allgemeine  Beste  1798  gestellte  Preis- 
frage: „über  ein  Schulbuch  der  Natur- 
lehre", und  erhielt  ebenfalls  den  Preis  für 
eine  „kurze  Beschreibung  der  merkwür- 
digsten Naturproducte",  In  3  Thellen,  1805, 


1806,  1807.  Hierauf  folgte  s.  „Technologi- 
sches Handbuch"  ,  in  3  Thellen  ,  1809  — 
1819.  Ferner  erschien  von  ihm  1816  ein 
„Beweis  über  den  Nutzen  und  Vorthell 
der  Insecten",  so  wie  ein  ..Handbuch  der 
Oekonomle".  S.  Reden  ,,über  die  Voll- 
kommenheiten des  Schöpfers,  sichtbar  In 
s.  Schöpfungen" ,  die  er  1801  herauszu- 
geben begann ,  bilden  einen  allgemein 
verständlichen  und  mit  den  neuesten  Ent- 
deckungen bereicherten  höchst  interessan- 
ten Cursus  der  Natur  lehre  u.  Na- 
turgeschichte, besonders  in  der  2., 
vermehrten  Ausgabe,  wovon  1813  u.  1819 
die  zwei  ersten  Theiie   erschienen ,    denen 


443  üylenbroek 

noch  ein  3.  u.  4.  Theil  folgte.  Auch  war 
Ulkens  ein  eifriger  Vertheidiger  des  von 
B  a  k  k  e  r  in  Anwendung  gebrachten  t  h  i  e- 
rischen  Magnetismus. 

Üylenbroek  (VI.)  —  Pieter  Johan- 
nes —  Buchhändler  zu  Amsterdam,  ein 
sehr  verdienstlicher  Beförderer  der  Poesie 
und  Uebersetzer  \ieler  französischer  Trauer- 
spiele (in  kräftigern  Versen,  als  im  18. 
Jahrh.  gewöhnlich) ,  versammelte  einen 
Kreis  junger  Leute  in  s.  Hause ,  die  ihre 
Kräfte  unter  s.  Leitung  in  der  Poesie  ver- 
suchten,   und  deren  Proben  er  unter  dem 


Valckenaer 


444 


Titel :  „Kleine  poetische  Manuscripte"  her- 
ausgab ,  unter  welchen  sich  jedoch  auch 
sehr  gute  Stücke  von  bereits  ausgebilde- 
tem Dichtern  befanden.  Besonders  zwi- 
schen den  Jahren  1785  u.  1795  blühte 
dieser  Dichterkreis  ,  wo  H  e  1  m  e  r  »  und 
Loots  einander  ihre  Ideen  mittheilten. 
Uylenbroek's  Geschmack  war  vielleicht 
noch  einigermassen  zu  einseitig ;  aber  um 
daselbst  verdorben  zu  werden,  wie 
ein  Schriftsteller  behauptet,  muss  man 
den  Keim  der  Verderbniss  in  sich  selbst 
tragen. 


V. 


Taamewijk  (II.)  —  Marcus  Van  — 
Verf.  des  „Spiegels  des  niederländischen 
Alterthums"  (v.  M.  Van  Vaarnewijk, 
„excellent  Poet  et  Historiographe  moder- 
ne", Gent  1565,  Antwerpen  1619  u.  1665), 
welcher  ungeachtet  des  langen  und  vielver- 
sprechenden Titels  unter  aller  Kritik  ist. 

Vaddere  (IV.)  —  Jan  Baptist  De  — 
Kanonikus  von  Anderlecht ,  gest.  1681, 
schrieb :  „Tractatus  de  Origine  Ducum  et 
DucatusBrabantiae'-,  Brux.  1672,  4.  1784 
aufs  Neue  von  Paquot  in  2  Th.  in  12. 
herausgegeben ;  ferner  Werke  über  die 
brabanter  Alterthümer,  und  hinter- 
liess  9  Folianten  Handschriften. 

Talckenaer  (V.)  —  Ludewijk  Cas- 
par —  geb.  1715  zu  Leeuwarden,  ver- 
fasste  1735  als  Probeschrift  an  der  Uni- 
versität zu  Franeker  Bemerkungen  „über 
die  Gebräuche  bei  dem  Eide,  sowohl  bei 
den  Hebräern  als  Griechen ,  und  ward  in 
s.  26.  Jahre  an  die  Stelle  des  Hemster- 
huis  an  diese  Universität  als  Professor  be- 
rufen, welche  damals  gleichsam  die  Pflanz- 
schule grosser  Männer  für  die  von  Leyden 
war,  wo  er  1766  Prof.  d.  griechischen 
Sprache  und  vaterländischen  Geschichte 
wurde,  und  1785  starb.  Unter  s.  zahl- 
reichen Schriften  gehören  viele  zur  Kennt- 
niss  und  Kritik  der  W^orte,  durch  Anmer- 
kungen auf  Hesychius,  Ammonius, 
Aristänetus  u.  s.  w.  („Glossae  sacrae 
ex  Hesychio  decerptae",  1737,  „Observa- 
tiones  ad  aliquot Hesychii  If^sig'OfxrjQixäg'^'-, 
„de  Hygini  Fragmento  Dositheano  Sche- 
diasma" ,  „Ammonius  de  aftinium  vocabu- 
lorum  differentia",  1739,  „Adnotationes  ad 
A^ristaenetum",  in  edit.  Abreschiana,  1749), 
andere  zu  denen  der  Sachen  („Dissertatio 


de  Bysso",  „de  Herodotea  urbe  Cadyti", 
1737;  Orationes:  „de  causis  neglectae 
literarum  culturae" ,  Franek.  1741 ,  Fol. ; 
„de  Sacra  novi  foederis  critica  a  Litera- 
toribus,  quos  vocant,  non  exercenda") ; 
andere  haben  die  Erklärung  eines  ganzen 
Schriftstellers  zum  Gegenstande  („Vir- 
gilius,  collectione  scriptorura  Graecorum 
illustratus'%  Leov.  1747,  Fulvius  Ursi- 
nus,  v\ieder  herausgegeben  von  Valcke- 
naer, der  dieser  Ausgabe  folgende  Werk- 
chen hinzufügte:  „Epistolae  ad  M.  Röve- 
rura  Juris  consultum",  „Iliados  Liber  XXII. 
cum  Scholiis  vetustis  ineditis  Porphyrii  et 
aliorum",  mit  „variae  lectiones  Homeri  et 
Scholiorum" ;  „Moschi  Eidyllion  in  obitum 
Bionis",  mit  einigen  Anmerkungen;  „Dis- 
sertatio de  praestantissimo  Codice  Leydensi 
et  de  Scholiis  in  Homerum  ineditis";  „Sche- 
diasma  de  Epistola  ad  Eulogium  Hesychio 
praefixa,  operisque  inscriptione"; — Euri- 
pidis  Phoenissae  1755,  und  Hippolitus, 
wobei  sich  die  treffliche  „Diatribe  in  Euri- 
pidis  perditorum  Dramatum  reliquias",  1767 
u.  1768  befindet.  Beide  Trauerspiele  sind 
meisterhaft  behandelt;  —  Theocritus,  zu- 
erst 10  Idyllen,  1772,  dann  vollständig 
mit  Bion  und  Moschus,  1779,  und 
einige  endlich  betreffen  gewisse  Zeit- 
räume der  Geschichte ,  wie  z.  B.  folgende 
Reden :  „Oratio  de  publicis  Atheniensium 
moribus,  pro  temporum  diversitate,  cre- 
scentis  labentisque  Rei  publicae  causis,  dicta 
3  Junii  1766,  quum  adiret  Linguae  Grae- 
cae  professionera  in  Academia  L.  Batavä", 
und  „Oratio  de  Philippi  Macedonis  indole, 
virtutibus,  rebusque  gestis,  causis  externis 
fractae  Graecorum  libertatis,  habita  Frane- 
querae  1760,  quum  Magistratui  academico 


445 


Valckenaer 


Vallensis 


446 


abiret".  1790  gab  Scheidius  heraus: 
„L.  C.  Valckenaeri,  Observationes  Aca- 
deinicae,  quibus  via  muiiitur  ad  origines 
Graecos  investigandos ,  lexiconimque  de- 
fectus  resarciendos-',  mit  den  Vorträgen 
von  J.  D.  Van  Lennep.  1799  erschie- 
nen: ,.Callimachi  Elegiarum  Fragmenta 
cum  Elegia  C a t u  1  li  Callimachea ,  col- 
lecta  atque  illustrata  a  L.  C.  Valcke- 
naerio".  1806  gab  Luzac  (Valcke- 
naer's  Nachfolger)  dessen  Werk:  ,,de 
Aristobulo  Judaeo"  heraus,  und  1815  u. 
1817  erschienen  in  Druck  :  „Selecta  e  Scho- 
liis  L.  C.  Valckenaeri  in  libros  quos- 
dara  Novi  Testamenti ,  editore  discipulo 
Ed.  Wassenbergh",  IL  Voll.,  8.  Zu 
den  grössten  Verdiensten  Valckenaer's 
gehört  auch  s.  Antheil  an  den  Ausgaben 
Herodot's,  worüber  mehr  bei  Wesse- 
ling.  —  Valckenaer  bildet  mit  Hem- 
sterhuis  u.  Ruhnkenius  das  berühm- 
te Kleeblatt,  welches  gründliche  Kenntniss 
der  griechischen  Sprache  und  Literatur  mit 
einem  trefflichen  lateinischen  Styl  verei- 
nigte. Im  Allgemeinen  lässt  sich  von  ihnen 
bemerken,  dass  Hemsterhuis  mehr  in 
die  tiefsten  Verstecke  der  griech.  Wort- 
forschung eindrang,  dass  der  lateinische 
Vortrag  des  Ruhnkenius  meist  die  Rein- 
heit und  den  Reiz  des  classischen  Alter- 
thums  zeigte j  und  dass  Valckenaer  in 
Sprachbemerkungen  u.  scharfsinnigen  Con- 
jecturen  zur  Aufhellung  alter  Autoren  am 
glücklichsten  war ;  wie  Wyttenbach, 
ihr  Schüler,  dieses  Alles  mit  philosophi- 
scher Gelehrsamkeit  vereinigte,  und  erst 
in  unseren  Zeiten  die  Geschichte ,  welche 
selbst  diese  grossen  Männer  bei  dem  aka- 
demischen Vortrage  noch  nach  der  ge- 
wöhnlichen Weise  behandelten,  darin  mit 
einem  philosophischen  Blick  bearbeitet  wur- 
de. (S.  die  herrliche  Vergleichung  zwi- 
schen Ruhnkenius  und  Valckenaer 
in  „Vita  Ruhnkenii"  von  Wyttenbach, 
Opusc.  T.  I.  p.  646—653.)  Die  utrechter 
Gesellschaft  hat  vergebens  mehrere  Jahre 
eine  lateinische  Lobrede  auf  Valckenaer 
ausgeschrieben.  Wenn  wir  eine  solche, 
des  Gegenstandes  würdige  besässen,  so 
würden  wir  drei  Lobreden  auf  die  drei 
grossen  Zeitgenossen  aus  der  Mitte  des 
18.  Jahrh.  besitzen  (denn  Wyttenbach' s 
Biographie  von  Ruhnkenius  ist  auch 
eine  Lobrede),  welche  die  beste  Gedächt- 
nisssäule auf  diese  drei  Zierden  der  alten 
Literatur  in  Niederland  sein  würde.  Man 
sagt,    dass    der    ausgezeichnete    Borger 


hinsichtlich  Valckenaer's  diesen  (viel- 
leicht nur  durch  s.  frühen  Tod  unausgeführt 
gelassenen)  Vorsatz  hegte,  und  es  ist  nicht 
daran  zu  zweifeln ,  ob  er  sich  würdig 
Ruhnkenius  u.  Wyttenbach  würde 
angereiht  haben. 

Talckenaer  (VI.)  —  Johan  —  Verf. 
einer  juristischen  Abhandlung  über  die 
Schule  des  Cujacius. 

Talentijn  (V.)  —  Fran^ois  —  Pre- 
diger zu  Amboina  u.  Banda,  sammelte  kost- 
bare Materialien  in  s.  „Alt-  und  Neuostin- 
dien ,  oder  Niederland's  Macht  in  diesen 
Ländern^',  Amst.  1724—1726,  5  Th.  Fol., 
mit  Karten  u.  Kupfern.  Wären  diese  Ma- 
terialien ,  die  zu  einem  schönen  Ganzen 
vereinigt  sind,  hinlänglich  bearbeitet,  so 
würde  kein  früheres  oder  späteres  Werk, 
wenigstens  in  Beziehung  auf  den  Indi- 
schen Archipel,  Valentijn  nur  ent- 
fernt gleichkommen.  Bei  all  den  kleinen 
und  unbedeutenden  Einzelnheiten,  welche 
nur  für  Beamte  der  ostindischen  Gesell- 
schaft Interesse  haben  können,  ist  jedoch 
die  Natur  -  und  bürgerliche  Geschichte  der 
MolukkeUj  von  Java,  ja  von  dem  gan- 
zen holländischen  Reiche  in  Indien  darin 
mit  bewiuidernsvYÜrdiger  Genauigkeit  und 
Wahrheitsliebe ,  zum  Theil  aus  eigenen 
Beobachtungen  während  eines  langen  Auf- 
enthalts, zum  Theil  aus  ächten  Berichten 
zusammengestellt,  und  ein  Beweis  von  der 
Brauchbarkeit  und  Vortrefflichkeit  dieses 
Werkes  ist  die  Achtung,  in  welcher  es 
noch,  nach  so  vielen  Veränderungen,  bei 
Allen  steht,  welche  sich  nach  Indien  be- 
geben wollen.  Ueber  die  Länder  ausser- 
halb des  indischen  Archipels,  besonders 
Malabar,  Coromandel  u.  Persien,  wo  Va- 
lentijn nur  aus  gedruckten  oder  unge- 
druckten Nachrichten  Anderer  schöpfen 
musste,  kann  er  w  eniger  als  Quelle  gelten. 

Talkenier  (IV.)  —  Pieter  —  dessen 
„Verwickeltes  Europa"  (Amst.  I.  Th. 
1675,  II.  Th.  1678,  4.)  eine  sehr  aus- 
führliche Geschichte  der  merkwürdigen  Jahre 
1672-1674,  ganz  im  Geiste  Wilhelm  III., 
und  mit  billiger  Entrüstung  gegen  die 
Anmassungen  Ludwig  XIV.  und  dessen 
Streben  nach  einer  üniversalmonarchie  ver- 
fasst  ist.  Der  Styl  dieses  Werkes  besitzt 
jedoch  bei  fielen  Bastardwöitern  und  aller 
der  Weitläufigkeit  B  r  a  n  d '  s ,  keinen  von 
dessen  Vorzügen. 

Talleiusis  (III.)  —  Andries  —  (D  e  1- 
vaux),  geb.  1569  zu  Ardcnne  in  der 
Grafschaft  Naniur,  studirte  Philosophie  u. 


447 


Veen 


Vereul 


448 


Jurisprudenz  zuerst  zu  Douai,  dann  zu 
Löwen,  wo  er  1610  Prof.  des  kanonischen 
Rechts  wurde,  schrieb  über  das  Kirchen- 
recht, in  gleichem  Sinne  wie  Zypäus 
(s.  dies.  Art.). 

Veen  (HI.)  —  Jan  Van  Der  —  Dich- 
ter der  „Allegorien"  und  von  dem  „Adams- 
apfel", gedr.  1642.  De  Vries  führt 
(Th.  I.  p.  226?)  eine  äusserst  wohllau- 
tende und  sanftttiessende  Stelle  daraus  an, 
die  zugleich  die  Sittenlehre  enthält,  dass 
des  Glück  in  keinem  äussern  Glanz  be- 
steht. 

Veirac  (VI.)  —  ...  —  schrieb  über 
die  englische  Krankheit  und  den  Stick- 
husten. 

Velde.     S.  Pratensis. 

Veldenaar  (II.)  —  Jacob  —  zu 
Utrecht,  verf.  unter  d.  Titel:  „Fasciculus 
temporum"  eine  allgemeine  Geschichte,  oder 
eigentlich  Chronik  in  holländischer  Sprache. 
Sie  erschien  zu  Utrecht  1480,  und  handelt 
vornehmlich  über  die  Geschichte  der  Nie- 
derlande, obgleich  sie  von  der  Erschaffung 
Adam's  u.  Eva's  anfängt.  Boxhorn 
preist  in  s.  1650  erschienenen  Ausgabe 
dieser  Chronik  des  Verfassers  gerundete 
alt  holländische  Sprache  (s.  Pars, 
„Namenrolle",  p.  40);  C.  Burman  nennt 
ihn  (mit  gewaltiger  Uebertreibung)  einen 
allberühmten  Geschichtsschreiber 
(s.  „Traj.  Erud.",  p.  383),  aber  Andere 
warnen  vor  s.  historischen  Treue  (s. 
Valer.  Andreas,  „Biblioth.  Bclgic. ", 
p.  DLXXIV). 

Velius  (IV.)  —  Dirk  —  Arzt,  lieferte 
eine  vortreffliche  „Beschreibung  von  der 
Stadt  Hoonr'  (1648) ;  3.  sehr  verb.  Ausg., 
Amsterd.  1664.  (S.  Wagenaar's  „Am- 
sterdam", I.  Th.  Fol.   Vorn  p.  VII -X.). 

Teltbem  (I.)  —  Lodewijk  Van  — 
Fortsetzer  von  Maerlant's  „Histori- 
schem Spiegel",  führte  denselben  von  1250 
bis  1316  fort ,  schrieb  jedoch  mehrmals 
Helu  aus,  und,  wie  man  glaubt,  auch 
Maerlant.  In  s.  zwei  letzten  Büchern 
(dem  7.  u.  8.)  mengt  er  Prophezeiungen 
von  Daniel,  dem  Apostel  Johannes, 
dem  Zauberer  Merlin  und  der  Aebtissin 
Hildegard  unter  einander,  und  in  dem 
ersten  Buche  findet  man  einige  Sprüche 
des  deutschen  Geistlichen  Y  s  e  w  i  n.  Seine 
Sprache  ist  fehlerhaft  und  schon  sehr  mit 
französischen  Wörtern  verderbt,  die  da- 
mals zum  Theil  noch  neu  gewesen  sein 
müssen ,  weil  er  die  Erklärung  derselben 
hinzufügt  (z.  B.  popel ,    später  gepeupel) ; 


doch  ist  Velthem  für  die  Geschichte  u. 
sogar  hinsichtlich  der  Sprache  nicht  ohne 
Interesse.  (S.  Van  Wijn,  „Histor. 
Abendst.",  p.  319.  Ypey,  „Gesch.  d. 
niederl.  Spr." ,  p.  356.)  Diese  Chronik 
wurde  von  J.  Le  Long  1727  (mangel- 
haft) herausgegeben. 

Veltwijk  (III.)  —  ...  Van  —  von 
Brüssel,    bekannt  als  Botaniker. 

Veneina(V.)  —  Herman  —  geb.  1697 
zu  Wildervank  im  Griflüngschen,  1719  Pre- 
diger, 1723  Prof.  d.  Theologie  zu  Fra- 
neker,  seit  1729  auch  akademischer  Pre- 
diger, womit  er  1735  den  Lehrstuhl  der 
Kirchengeschichte  verband,  verfasste  meh- 
rere kleinere  Werke,  und  machte  sich  durch 
kritische  Briefe  an  Wesseling,  He  ra- 
ste rhu  is  u.  Cannegieter,  über  die 
zwei  Briefe  von  Clemens  Romanus, 
durch  Wetstein  herausgegeben,  beson- 
ders aber  durch  s.  „Kirchengeschichte  vom 
Anfang  der  Welt  bis  zum  XVII.  Jahrhun- 
dert" (7  Theile  4  )  berühmt.  Ausserdem 
gründet  sich  Venema's  Ruhm  auf  die 
Erklärung  über  die  Psalmen,  über  die 
Propheten  Maleachi,  Daniel,  Jere- 
mia,  Zacharia  u.  Ezechiel.  Er  war 
einer  der  gelehrtesten,  aufgeklärtesten  u= 
gemässigtsten  Theologen  s.  Zeit,  doch  s. 
Stj'l ,  sowohl  im  Holländischen  als  Latei- 
nischen, war  rauh  und  unangenehm.  Er 
starb  1787.  Seine  Lobrede  hielt  das  fol- 
gende Jahr  J.  H.  Verschnür,  s.  Colle- 
ge, der  Scharfsinn  und  Gründlichkeit  in 
der  Exegese  mit  einer  damals  seltenen 
Liberalität  verband.  Venema  legte  bei 
allen  Rechtlichen  und  Duldsamen  grosse 
Ehre  ein  durch  s.  Betragen  in  der  Sache 
des  Stinstra.  Mit  Wetstein  hatte  er 
einen  theologischen,  aber  freundschaftlich 
geführten  Streit  über  die  Aechtheit  von 
zwei  Briefen  des  Cl.  Romanus,  welche, 
wie  es  hiess,  von  Epiphanius  u.  Hie- 
ronymus  angeführt,  und  zufolge  einer 
syrischen  Handschrift  herausgegeben 
w  urden.  Nach  W  e  t  s  t  e  i  n '  s  Tode  gab 
Venema  1754  in  zwei  Briefen  an  Hem- 
sterhuis  u.  Cannegieter  neue  Be- 
weise für  die  Unächtheit  dieser  Briefe,  zum 
Theil  aus  dem  nicht  apostolischen  Lobe 
des  ehelosen  Standes,  (S.  Vriemoet, 
„Ath.  Frisiac."  p.  787 — 790,  der  auch  s. 
Werke  angibt.  Saxe,  „Onomast."  T.  VI. 
p.  694.  Ypey,  „Gesch.  d.  niederländ. 
Sprache".) 

Vereul  (VI.)  —  Abraham  —  dessen 
Gedichte     in     verschiedenen     Sammlungen 


449 


Vereul 


Vcrvv 


er 


450 


zerstreut  sind.  Eines  der  besten  ist  das 
Gedicht:  „Unschuld",  das  1791  von  dem 
leydener  Dichterverein:  „Kunst  wird 
durch  Arbeit  erlangt"  mit  der  gold- 
nen  Medaille  gekrönt  wurde.  Es  enthält 
die  erhabene  Schilderung  einer  Welt  voll 
unschuldiger  und  unsterblicher  Menschen, 
deren  Vater  s.  Kindern  die  Sünden  der 
Bewohner  dieser  Erde,  und  Gottes  Erbar- 
men mit  ihrem  Betragen  in  sehr  schönen 
und  wohllautenden  Versen  erzählt ,  und 
deren  Inhalt  deutlich  die  Schule  Klop- 
stock's  verräth. 

Vereul  (VI.)  —  Jan  Jacob  —  hat 
unter  anderm ,  in  dem  Werkchen :  „Für 
Religion ,  Tugend  und  Vaterland"  (Amst. 
1791)  die  Gedichte:  „an  die  Demuth", 
„die  Liebe",  und  die  Cantate:  „die  Mor- 
genstunde" ,  so  wie  ausserdem  zwei  Lob- 
gedichte auf  vaterländische  Helden  verfer- 
tigt, nämlich:  Herman  De  Ruiter,  der 
sich  1570  auf  Loevestein  für  das  Vaterland 
opferte,  und  AntoniusHambroek,  den 
unerschrockenen  Prediger  von  Formosa, 
Niederland's   Regulus. 

Verliaer  (HI.)  —  ...  —  (Haräus) 
aus  Utrecht ,  aber  wohnhaft  in  den  süd- 
lichen Provinzen ,  wohin  er  sich  aus  Eifer 
fv'ir  den  katholischen  Glauben  begab,  nach- 
dem er  von  s.  Reisen,  sogar  aus  Russland, 
zurückgekehrt  war.  Er  starb  zu  Löwen 
1632.  Ausser  einigen  chronologischen  Wer- 
ken ,  Erklärungen  der  Bibel  und  Biogra- 
phien der  Heiligen,  machte  er  sich  durch 
„Annales  Ducum  Brabantiae ,  ac  Tumul- 
tuum  Belgicoi'um  usque  ad  ann.  1609" 
(Antw.  1622,  Fol.  T.  III.)  bekannt.  Man 
hält  ihn  für  den  besten  brabanter  Histo- 
riker; doch  ist  er  frostig,  und  s.  Styl  hat 
nicht  die  mindeste  Farbe.  Er  stellt  die 
Geschichte  des  Aufstands  in  spanischge- 
sinntem Geiste  dar,  und  preist  sogar  Bal- 
thasar Gerards,  den  Meuchelmörder 
Wilhelm  I.  Diesen  bösen  Geist  weiss 
er  auch  nicht,  wie  Strada,  durch  den 
Vortrag,  oder,  gleich  Bentivoglio,  durch 
tiefe  politische  Blicke  zu  vergüten.  (S. 
Foppens,  I.  294,  295.) 

Verlieijeii  (IV.)  —  Filips  —  geb. 
1648  zu  Verbroek  im  Lande  von  Waes, 
wurde  aus  einem  Landmanne,  durch  s. 
Pastor  gebildet,  Professor  zu  Löwen,  und 
gab  eine  Abhandlung:  „de  corporis  hu- 
mani  anatomia"  (Brux.  1710,  Amst.  1721), 
welche  von  Morgagni  und  Heister 
scharf  kritisirt,  von  Hai  1er  aber  weniger 
ungünstig  beurtheilt  wurde,  heraus. 


Terhoek  (IV.)  —  Pieter  —  Dichter 
eines  Trauerspieles ,  betitelt :  „K  a  r  1  der 
Kühne",  welches  längst  von  der  Bühne 
zu  den  Marionetten  herabgestiegen  ist,  wo 
man  es  noch  sieht. 

Verltoeven  (V.)  —  .  .  .  _  Kauf- 
mann aus  Mecheln,  schrieb  ein  durch 
fliessenden  u.  natürlichen  Dialog  sich  aus- 
zeichnendes Lustspiel:  „Die  Aerndte", 
dessen  eingelegte  Liedchen  sehr  anspre- 
chen. 

Verhoe^'en  (V.)  -  W.  F.  -  Kauf- 
mann und  Secretaris  honorair  der  königl. 
Akademie  der  Zeichnen-  u.  Baukunst  zu 
Mecheln,  schrieb  eine  gekrönte  Abhand- 
lung über  den  Zustand  der  Handwerke  u. 
des  Handels  in  den  Niederlanden  im  13. 
u.  14.  Jahrhunderte.  Sie  ist  in  flämischer 
und  politer  Sprache,  so  wie  in  einem  ein- 
fachen Style  geschrieben.  Desroches 
gab  davon  einen  Auszug  in  französischer 
Sprache. 

Vernulaeus  (IV.)  —  Nicolaas  — 
aus  Robelmont  im  Luxemburgischen,  gest. 
1653  als  Professor  zu  Löwen,  ein  lateini- 
scher Dichter,  schrieb  viele  Werke,  Lob- 
reden u.  s.  w. ,  unter  andern  nunmehr 
vergessene  Trauerspiele  aus  der  neuern 
Geschichte,  von  denen  wr  die  von  Schil- 
ler so  glänzend  bearbeiteten  Sujets :  „die 
Jungfrau  von  Orleans"  und  „Wallenstein'' 
bemerken. 

Verschuir  (V.)  —  ...  —  zu  Frane- 
ker,  vorzüglicher  Orientalist.  (S.  über 
die  Kenntniss  d.  orient.  Literatur  im  18. 
Jahrhundert:  H.A.  Schaltens,  „de  stu- 
dio Belgarum  in  literis  Arabicis  excolen- 
dis|',  L.  B.  1779,  und  J.  Willmet,  „de 
retinenda  antiqua  Batavorum  in  litteris 
Orientalibus  gloria",  Amst.  1805.) 

Verschuur  (V.)  —  Forsten  —  stellte 
Proben  an  über  die  Reizbarkeit  der  Puls- 
adern, die  ihn  zu  Resultaten  führten,  wel- 
che von  der  Annahme  Ha  11  er 's  verschie- 
den sind. 

Versteeg  (V.)  —  , .  .  _  versificirte 
die  Lebensgeschichte  von  Moses,  worin 
jedoch  die  glühende  Poesie  des  Dichters 
des  90.  Psalms  auch  nicht  einen  Funken 
Dichterfeuer  der  Seele  ihres  Vei-fassers  ein- 
hauchen konnte. 

Verstehen  (III.)  —  ...  —  unter  den 
südniederländischen  Dichtern  des  17.  Jahrh. 
mit  Lob  genannt,  der  Epigramme  u.  Grab- 
schriften verfasste. 

Verwer  (V.)  — Adriaan  —  Ten  Ka- 
te's  Freund,  schrieb  eine  „Idea  Linguae 
15 


451 


Vesalius 


Viglius 


452 


Belgicae  Grammatica,    Poetica  et  Rheto- 
rica",  1707. 

Vesalius  (ü.)  —  Andreas  —  (Von 
Wesel,  woher  s.  Voreltern,  die  alle 
Aerzte  waren,  stammten),  geb.  1512,  gest. 
1564,  war  schon  als  Kind  mit  Zergliede- 
rung von  Thieren  beschäftigt,  und  widmete 
sich  dann  zu  Köln,  Löwen  und  Paris  der 
Arzneiwissenschaft ,  worauf  er  eine  Reise 
nach  Italien  unternahm.  Die  Anatomie  des 
menschlichen  Körpers  existirte  noch  so  we- 
nig, dass  Karl  V.  den  Theologen  der 
Universität  zuSalamanca  die  Frage  vorleg- 
te: ob  die  Zergliederung  nicht  in  jedem  Falle 
eine  gottlose  That  wäre?  Inzwischen  er- 
nannte derselbe  Kaiser  ihn  zu  s.  Leibarzt, 
nachdem  er  zuerst  mit  grossem  Ruhme  v. 
1537  — 1544  zu  Padua,  dann  zu  Pisa  die 
Professur  bekleidete,  und  später,  nach 
einigem  Verweilen  zu  Basel,  1546  mit  dem 
venetianischen  Gesandten  sich  auf  den 
Reichstag  zu  Regensburg  begeben  hatte. 
Er  blieb  auch  Leibarzt  Philipp's  II. 
Des  Hoflebens  müde,  \'ielleicht  als  Nie- 
derländer zu  Madrid  ungern  gesehen,  durch 
das  unvorsichtige  Oeffnen  eines  Schein- 
todten  in  Gefahr,  unternahm  Vesalius, 
aus  grosser  Religiosität  oder  aus  irgend 
andern  Gründen,  eine  Reise  nach  dem  ge- 
lobten Lande,  und  starb  bei  s.  Rückkehr 
von  Jerusalem  auf  der  Insel  Zante,  wo 
er  Schiffbruch  gelitten  und  viel  Ungemach 
ausgestanden  hatte.  Vesalius  hat,  wie 
Agricola  u.  Erasmns,  durch  die  Ver- 
bindungen s.  Vaterlandes  mit  der  östrei- 
chischen  Monarchie  und  der  spanischen 
Krone  mehr  auf  das  übrige  Europa  als  in 
den  ersten  Zeiten  auf  Niederland  gewirkt. 
Seine  Werke  sind:  „De  humani  corporis 
fabrica",  Libr.  VII,  Bas.  1543  et  1554, 
Venet.  1568,  1604,  Amst.  1617,  1640, 
^  Fol.;  deutsch  zu  Nürnberg,  1580;  fran- 
zösisch zu  Paris  bei  Wechel,  1569;  die 
beste  lateinische  Ausgabe  ist  die  leydener 
V.  1725,  von  Boerhave,  2  Th.  Fol; 
die  Tafeln  aus  diesem  Werke  wurden 
später  V.  Ed.  Sandifort  herausgegeben. 
Vesalius  war,  als  er  dieses  Werk  schrieb, 
erst  28  Jahre.  —  „Examen  Observatio- 
num  Anatomicarum  G.  Fallopii",  Venet. 
1564,  4.  —  ,, Chirurgia  magna",  Venet. 
1569,  worin  sich  die  auf  diese  Kunst  be- 
ziehenden Instrumente  abgebildet  finden.  — 
„Paraphrasis  in  librum  IX.  Rhazis  Arabis 
de  affectuum  singularum  corporis  partium 
curatione",  Bas.  1537,  1551,  Wittenb. 
1587.  —    ,,De   Ratione  propinandi    radicis 


Chinae  decocti",  Lugd.  1547.  (S.  Fop- 
pens,  T.  I.  p.  61,  62,  und  s.  Biographie 
in  den  „Biogr.  niederl.  Männer  u.  Frauen", 
Th.  II.    p.  332  -  338.) 

Tichaut  (II.)  —  ...  —  gab  in  fran- 
zösischer Sprache  „Jahrbücher  von  Hen- 
negau bis  auf  Karl  V."  heraus,  die  von 
Rutenau  vermehrt  u.  verbessert  wurden. 

Viglias  Tan  Zuychem  Tan 
Aytta  (II.)  —  ...  —  ein  Friese  aus 
edlem  Geschlechte,  geb.  auf  dem  Land- 
gute Barrehuis  bei  Leeuwarden,  erhielt  s. 
wissenschaftliche  Bildung  zuerst  zu  De- 
venter  und  im  Haag,  ging  dann  auf  die 
Universität  Löwen,  wo  er  griechische  Spra- 
che u.  Jurisprudenz  studirte.  Diese  Stu- 
dien setzte  er  in  Frankreich,  auf  der  da- 
mals berühmten  Rechtsschule  zu  Döle  in 
der  Franche  Comte  fort.  Hier  ward  er 
durch  Briefe  mit  dem  zu  Basel  lebenden 
E  r  asmus,  und  durch  ihn  mit  dem  Rechts- 
gelehrten Alciatus  bekannt,  den  er  zu 
Avignon,  und  nachdem  er  Dr.  juris  ge- 
worden ,  auch  zu  Bourges  hörte  u.  selbst 
zwei  Jahre  s.  Nachfolger  wurde.  Später 
reiste  er  durch  das  südliche  Deutschland 
und  die  Schweiz,  wo  er  Erasmus  und 
dessen  Freunde  persönlich  kennen  lernte, 
und  nach  Italien;  ward  Professor  zu  Pa- 
dua ,  bewundert  von  den  Italienern  w  egen 
s.  Beredsamkeit  in  ihrer  alten  Sprache; 
lehnte,  wie  Einige  wollen,  einen  Posten 
auf  Cyprus ,  ja  sogar  die  Unterweisung 
des  damals  6jährigen  Philipp  U.,  die  ihm 
durch  Karl  V.  angetragen  wurde,  ab,  u. 
kehrte  1532  in's  Vaterland  zurück.  Un- 
terwegs liess  er  die  griech.  Uebersetzung 
der  Institutionen,  durch  T  h  e  o  p  h  i- 
lus,  zu  Basel  bei  Frobenius  drucken. 
Nun  ward  er  Offizial  zu  Münster,  bat  in 
dieser  Eigenschaft  um  Hülfe  gegen  die  auf- 
rührerischen Wiedertäufer  auf  dem  Reichs- 
tage zu  Worms ,  nahm  1535  einen  Sitz 
im  Reichskammergericht  zu  Speyer,  ward 
1537  Professor  auf  der  Universität  zu  In- 
golstadt, trat  jedoch  wieder,  bei  Gele- 
genheit des  Streites  über  die  geldernsche 
Erbfolge,  in  die  Dienste  s.  Landesherrn, 
des  Kaisers,  dessen  Anspruch  auf  Geldern 
er  schriftlich  vertheidigte.  1544  wurde 
er  Mitglied  des  grossen ,  sogleich  des 
geheimen  Raths,  unterhandelte  einen  Frie- 
densvertrag mit  Dänemark  und  Holstein, 
die  schwierige  Angelegenheit  der  grössern 
oder  mindern  Abhängigkeit  der  Nieder- 
lande vom  deutschen  Reiche,  unter  dem 
Namen    des    burgundischen   Kreises ,    und 


453 


Viglius 


Viriauus 


454 


wurde,  für  alle  diese  Dienste,  1549  mit 
dem  Vorsitz  des  geheimen  Raths  belohnt. 
In  Sachen  der  Religion  blieb  er  s.  Kir- 
chenverband getreu,  und  hatte  sogar  (ein 
Mangel  s.  Verstandes,  nicht  s.  Herzens) 
keinen  Widerwillen  vor  der  Inquisition, 
die  damals  in  Niederland  eingeführt  wurde, 
obschon  er  die  allzustrengen  Maassregeln 
derselben  nicht  billigte.  Bei  Gelegenheit 
der  Uebertragung  der  Niederlande  an  Kö- 
nig Philipp,  als  auch  die  Landvögtin 
Maria,  der  er  sehr  ergeben  war,  das 
Land  verliess,  ^yar  er  gesonnen,  s.  Amt 
niederzulegen,  doch  Hess  er  sich  durch 
sie  selbst  und  durch  Philipp  überreden, 
in  demselben  zu  beharren.  Der  schlaue 
Staatsmann  sah  wohl  schon  die  Folgen 
des  Kampfes  zwischen  dem  Geist  der  Zeit 
und  dem  des  spanischen  Hofes  voraus ! 
Nach  dem  Tode  s.  Gattin  trat  er  in  den 
geistlichen  Stand  und  wurde  Abt  von  St. 
üavo  zu  Gent,  welche  Kirche  er,  wie  die 
Universität  zu  Löwen,  mit  mehreren  Stif- 
tungen bereicherte.  In  dem  darauf  fol- 
genden grossen  Kampfe  war  er,  den  der 
König  auch  zum  Staatsrath  ernannt  hatte, 
auf  der  spanischen  Seite  und  Mitglied  des 
angesehenen  geheimen  Raths,  wovon  Gran- 
velle  das  Haupt  war.  Einmal  wurde  er 
aus  Verlegenheit ,  O  r  a n  i  e  n  zu  widerle- 
gen, von  einer  Lähmung  befallen,  von 
welcher  er  jedoch  wiederhergestellt  ward, 
worauf  er  jedoch  bald  s.  Präsidentschaft 
niederlegte.  Die  Wiederherstellung  des 
Alten  nach  dem  Wüthen  des  Bildersturms 
(der  gewissermassen  s.  Grundsätze  zu  recht- 
fertigen schien)  konnte  ihm  nicht  unlieb 
sein,  doch  Alba 's  grosse  Grausamkeit 
verabscheute  er.  Namentlich  widersetzte 
er  sich  ihm  (wiewohl  fruchtlos)  bei  Ge- 
legenheit des  zehnten  Pfennigs,  wovon  er 
den  Hergang  In  Druck  herausgab.  Die 
grösste ,  vielleicht  die  einzige  Wohlthat, 
welche  Niederland  dieser  6jährigen  Schrek- 
kensherrschaft  zu  danken  hat,  war  die  be- 
rühmte Ordonnanz  der  Criminal  -  Justiz  u. 
die  Art  des  Verfahrens  in  criminellen  Sa- 
chen ,  wo  von ,  wie  man  glaubt ,  Viglius 
die  Verdienste  mit  Hopperus  theilt.  In 
diesem  Criminal- Codex ,  durch  Alba  ver- 
kündet, zeigt  sich  nämlich  keineswegs  der 
Geist  von  diesem,  noch  \on  s.  grausamen 
Herrn:  und  selbst  die  Republik  hat  sich 
später  noch  an  die  Vorschriften  gehalten, 
obgleich  dieselben  den  Namen  ihres  ge- 
schworenen Feindes  trugen.  Viglius  sah 
noch  den  beginnenden  Triumph  der  Freiheit 


durch  den  genter  Frieden,  starb  aber  vor 
dem  Wiederausbruche  des  Kriegs.  Er 
schrieb  folgende  Werke:  ,,Commentarii  in 
Titulos  X  libri  II.  Listitut.  de  Testainen- 
tis.  Commentarii  in  Tit.  Digest,  de  rebus 
creditis,  et  ad  Tit.  Cod.  de  Edicto  D. 
Adrian!  toUendo.  Institutiones  D.  Justi- 
niani,  in  Graecam  Linguam  per  Theophi- 
lum  Antecessorem  traductae ,  Bas.  1533. 
Justificatio  Rationum,  ob  quas  Regina  Hun- 
gariae,  Belgii  Gubernatrix,  contra  Ducem 
Cliviae  arma  sumpsit,  Antvv.  1543,  8. 
Viglü  Epistolae  Politicae  et  Historicae  ad 
J.  Hopperum",  1661.  zuerst  von  Gab- 
bema,  doch  später  sehr  verbessert  und 
vermehrt  zu  Brüssel  von  C.  P.  Hoynck 
Van  Papendrecht  herausgegeben,  der 
auch  die  Biographie  des  Viglius  hinzu- 
fügte. Wagen  aar  benutzte  dieses  Werk 
in  s.  „  Vaterländischen  Geschichte " ,  wo 
er  (in  der  Vorrede  zum  6.  Theile,  p.  IX, 
X.)  dankbar  anerkennt,  wie  viel  Aufklä- 
rung er  daraus  für  die  Kenntniss  der  er- 
sten niederländischen  Zwiste  mit  Spanien 
geschöpft  habe. 

TiUef agne  (VI.)  -  . . .  Baron  De  — 
schrieb  über  das  Lütticher  Land,  1803: 
„Histoire  de  Spa",  und  1808:  „Essais 
critiques  sur  differens  points  d'Histoire  ci- 
vile  et  lltteraire  de  la  principaute  de 
Liege". 

Vinnius  (HI.)  —  Arnold  —  aus  dem 
Haag,  1663  Prof.  d.  Rechte  an  der  Uni- 
versität Lej  den,  schrieb  eine  „Erläuterung 
der  Institutionen  Justinian's" ,  welche  so- 
wohl hinsichtlich  des  Inhalts,  als  des  Styls 
und  der  Anordnung  ein  Meisterwerk  ist, 
auf  den  meisten  europäischen  Universitä- 
ten als  Leitfaden  diente,  und  der  leydener 
Universität  Im  Fache  der  Jurisprudenz  blei- 
benden Ruhm  verschaffte.  Auch  s.  „Par- 
titiones  Juris"  (ein  kurzer  Auszug  aus  der 
Erklärung  von  D  o  n  e  1 1  u  s),  „selectae  Quae- 
stlones"  und  eine  Abhandlung  über  die 
Verträge  u.  s.  w.  verdienen  Erwähnung. 
Er  war  auch  mit  der  alten  Literatur  ver- 
traut, wie  dies  s.  kleinen  Noten  zu  den 
Institutionen,  welche  spätere  Rechtsge- 
lehrte zu  sehr  vernachlässigt  haben,  be- 
weisen. Sein  einziger  Sohn,  Simon,  ein 
viel  versprechender  Jüngling,  der  1651 
„über  die  Weisheit  der  Römer  in  ihrer 
Gerichtsverhandlung"  geschrieben  hat,  starb 
vor  ihm,  in  der  Blüthe  s.  Lebens, 

VirianuS  (HL)  —  Joannes  ■ —  aus 
Valenciennes ,  Kaufmann  zu  Antwerpen  u. 
Literat,  ein  Freund  von  E.  Van  Mete- 
15* 


455 


\isscher 


Visscher 


456 


ren,  Guicciardini,  Ortelius  u.  Lip- 
sius,  tnip;  den  Prediger  u.  das  Hohe 
Lied  in  lateinische  Verse  über,  und  gab 
eine  „Reisebeschreibung  von  einigen  Thei- 
len  Frankreich'»"  heraus. 

Visscher  (in.)  —  Roemer  —  geb. 
1547  zu  Amsterdam,  Kaufmann  daselbst, 
war  ein  Bearbeiter  der  niederländischen 
Sprach-  und  Dichtkunde,  und  führt  we- 
gen s.  sinnreichen  Aufschriften  und  Epi- 
gramme bei  Vielen  den  Namen  des  nie- 
derländischen Martial,  aus  wel- 
chem er  auch  viel  entlehnte.  Zuweilen  ist 
er  ziemlich  geistreich  und  artig  (in  der 
gewöhnlichen  Art),  sehr  oft  unzüchtig  (nach 
s.  lat.  Vorbilde),  gewöhnlich  ungezwun- 
gen und  rein  von  Sprache,  doch  aber  allzu 
oft  flach  und  dann  u.  wann  affectirt.  Schon 
die  Titel  s.  Gedichte,  wie  „Mischmasch" 
u.  s.  w.  verrathen  die  Sucht  nach  Son- 
derbarem, die  sich  auch  in  dem  abenteuer- 
lichen Namen  Tesselschade  zeigt ,  den 
er  s.  jüngsten  Tochter  (nach  den  vor  dem 
Texel  gestrandeten  Schiffen)  gab.  Er  blieb 
katholisch,  welches  nicht  hinderte,  dass 
er  mit  den  edelsten  Geistern  s.  Vaterstadt, 
namentlich:  Hooft,  Reaal  \md  dem  da- 
mals noch  protestantischen  Vondel  ver- 
trauten Umgang  hatte.  Die  schönen  Kün- 
ste vereinigten  die  Gemüther,  welche  fal- 
scher Religionseifer  getrennt  hatte.  Hooft, 
Douza  u.  A.  erhoben  Visscher  bis  in 
den  Himmel,  doch  gegenwärtig  liest  ihn 
fast  Niemand  mehr.  Er  starb  zufolge 
Wagenaar  („Amsterdam",  HI.  Th.  Fol. 
p.  204)  im  J.  1620;  allein  Brandt  sagt, 
dass  Vondel  noch  1625  täglich  im  Hause 
Roemer  Visscher's  mit  Hooft  und 
Reaal  wegen  der  Uebersetzung  der  Troas 
von  S  e  n  e  c  a   zusammenkam. 

Visscher  (III.)  —  Anna  —  älteste 
Tochter  des  Vorigen,  ward  frühzeitig,  nach 
dem  Tode  ihrer  Mutter,  Vorsteherin  der 
häuslichen  Wirthschaft,  und  half  dabei  ihrem 
Vater  auch  bei  Verfertigung  s.  allegori- 
schen Gedichte.  Cats,  Vondel,  Hooft, 
Huvgens  und  die  zeeländischen  Dichter 
priesen  sie,  Letztere  bei  ihrem  Besuch 
Zeeland's,  als  ob  die  ganze  Natur  sich 
über  die  Ankunft  der  Amstelnymphe 
freute  Hier  machte  oder  erneuerte  sie 
die  Bekanntschaft  mit  Cats,  dessen  ein- 
fache Dichterweise ,  wie  es  scheint ,  mehr 
mit  ihrem  Geschmack  übereinkam,  als 
die  erhabenen  Töne  von  Hooft,  Huy- 
g  e  n  s  u.  Vondel,  welche  ihrer  Sciiw  e- 
ster  Tesselschade  mehr  zusagten.    Zu- 


folge des  trefflichen  Biographen  beider 
Schwestern  begab  sich  Anna  bei  Gele- 
genheit von  Cats  Erwählung  zum  Pen- 
sionär von  Dordrecht,  nach  dieser  Stadt, 
wo  sie  bald  darauf  (1624)  die  Gattin  des 
Dominions  Booth  Van  Wezel  ward. 
Zu  Dordrecht  wurde  ihre  Freundschaft 
immer  inniger  mit  Cats:  der  Dichter,  der 
ihren  VVerth  kannte,  sandte  ihr  einige  s. 
Werke  zur  Durchsicht,  unter  andern  s. 
Allegorien,  die  so  sehr  mit  ihrer  u.  ihres 
Vaters  Dichtungsweise  übereinkamen*),  und 
verherrlichte  sie  durch  mehrere  Lobge- 
dichte. Anna  dagegen  schätzte  sich  glück- 
lich ,  dass  sie  weder  reich  noch  arm  war, 
weder  Neid  noch  Hass  kannte  und  viele 
Freunde  zählte,  die  durch  ihren  Geist  eine 
Zierde  ihres  Vaterlandes  w  aren ;  doch  am 
meisten  fühlte  sie  sich  durch  die  Freund- 
schaft des  Cats,  der  Blume  der  Zee- 
1  ander,  beglückt.  Unter  den  Gedichten 
von  Anna  ist  besonders  das  schöne  Ge- 
dicht auf  die  Flucht  Hugo  De  Groot's 
zu  erwähnen,  welches  Vollenhove  über 
die  Poesien  aller  Dichterinnen  erhob,  und 
das  De  Groot  selbst  so  gefiel,  dass  er 
es  in  treffliche  lateinische  Verse  übertrug. 
Anna  überlebte  ihre  Schwester  u.  gelehr- 
ten Freunde,  ausser  Cats,  und  starb, 
67  Jahre  alt,  im  J.  1651.  Auch  sie  muss- 
te,  wie  ihre  Schwester,  für  so  viele  Ga- 
ben der  Natur  den  Tribut  an  das  Unglück 
entrichten  und  ihren  erwachsenen  Sohn 
zum  Grabe  geleiten.  (S.  über  Anna  den 
folgenden  Art.  von  ihrer  Schwester  Tes- 
selschade, u,  Scheltema,  „die  Töch- 
ter Roemer  Visscher's",  p.  15  —  23,  106 
—  129.) 

Visscher  (HI.)  —  Maria  Tesselscha- 
de —  erhielt  den  Namen  Tesselschade 
wegen  des  Schiffbruchs,  den  ihr  Vater  im 


•)  Cata  widmete  ihr  unter  andern  ein  Ge- 
dicht, welches  Scheltema  allein  in  einer 
seltenen  Ausgabe  in  12.  auffand,  und  worin 
er,  nachdem  er  einige  Frauen  genannt,  die 
sowohl  durch  Tugend  u.  Sittlichkeit,  als  durch 
Geistesbildung  ausgezeichnet  waren  (zur  Wi- 
derlegung Derjenigen ,  welche  gelehrte  Studien 
an  diesem  Geschlechte  tadeln),  Anna  Vis- 
scher als  Beweis  anfuhrt ,  die  er  als  die  zehn- 
te der  neun  Gesanggöttinnen  und  die 
vierte  der  drei  Graz  ien  preist :  ja,  die 
alle  die  Gaben  dieser  zwölf  Göttin- 
nen in  sich  vereiiiigte.  (S.  Schelte- 
ni.T,   ,,\nna   u     Maria  Tessrlschade,"    p.  IG,  17.) 


457 


Yisscher 


Vilriarius 


458 


Texel   ein   Jahr   vor    ihrer   Geburt   erlitt. 
Sie   erwarb   sich    frühzeitig   alle    ihr   Ge- 
schlecht zierenden    KeiintnJs.se  u.  Vorzüge, 
und  der  alte  R  o  e  m  e  r  hat  sich  durch  diese 
sorgfältige  Erziehung,    die  er  s.  Töchtern 
gab,  weit  mehr,  als  durch  s.  IVIischmasche 
und  Allegorien  verewigt.     Singen,    Musik, 
Tanzen,  Zeichnen,  Sticken,  Bossiren,  Ma- 
len ,    Dichten ,    die  Kenntniss    der  italieni- 
schen und  französischen  Sprache :  dies  Alles 
machte  dieses  Mädchen    zum  geistreichsten 
und  gebildetsten  ihrer   Zeit,    während    sie 
mit    allen    diesen   Fertigkeiten    weit    ent- 
fernt  blieb   von  gewaltiger  Gelehrsamkeit 
(die  Hooft  Schulmeisterei  nennt),  welche 
Anna  Maria   Schnur m ans   den  Lieb- 
reiz  ihres  Geschlechts   raubte,   und    wäh- 
rend sich   die  edelsten  Geister  des  Landes 
um  Anna   und    Tessel schade    schaar- 
ten.     Beide   flohen  keinesweges  den  Ehe- 
stand ,    wie   Schuurmans;    Beide  verei- 
nigten   eine   milde  Religiosität    mit  Abnei- 
gung vor  Frömmelei,  in  welche  Jene  ver- 
fiel,   und    hielten    sich   an   die  katholische 
Kirche ,     ohne    sich    von    dem    vertrauten 
Umgange   und   der  Freundschaft  mit  Pro- 
testanten abhalten  zu  lassen,  die  ihrerseits 
alle  Bitterkeit  des  Sectengeistes,  der  dieses 
Jahrhundert  vergällte,  vermieden,  um  dem 
Schönen,  Liebenswürdigen,  dem  Geschmack 
und  dem  Verstände  ihre  Huldigung  darzu- 
bringen. Maria  Tesselschade  verehe- 
lichte sich  1623  mit  Allard  Van  Krom- 
balg,    der    in    Militärdiensten    gestanden 
zu  haben  scheint ,    und    Hess    sich  mit  ihm 
häuslich  zu  Alkmar   nieder.     Die   grössten 
Dichter,    wie   Hooft,    Vondel,    Huy- 
gens    sangen   ihr  Hochzeitsgedichte,    und 
die  ausgezeichnete  Frau  blieb,  gleich  dem 
trefflichen  Mädchen,  die  vertraute  Freundin 
vor  Allem  des  Drosts,    von  Huygens  u. 
bald    darauf   auch    von    Baarle.       Diese 
Freundschaft   währte   bis   zum  Tode,   und 
war  allein  im  Stande,  nur  ausser  der  Re- 
ligion   einigen   Balsam    zu   giessen    in    das 
tief   verwundete  zarte   Herz  der  Tessel- 
schade,   als   zuerst   ihr   geliebtes   Töch- 
terchen  an  den   Blattern   starb    und   kurz 
darauf    ihr   Gatte   durch    Schwermuth    s. 
Kinde    folgte.      Auch    die    Wissenschaften 
boten  ihr  Trost,    und    sie  unternahm   nun 
eine    grosse ,    ihres   Jahrhunderts    würdige 
Arbeit :    die   Uebersetzung    von   T  a  s  s  o '  s 
„befreitem  Jerusalem"  in  holländische  Verse. 
Diese  scheint  unvollendet  geblieben  zu  sein, 
muss  jedoch,  wenn  wir  dem  Zeugnisse  ihrer 
Zeitgenossen    auch   nur   zur   Hälfte  Glau- 


ben schenken,  vortrefllich  gewesen  sein. 
Gewiss  ist  wenigstens,  dass  Tessel- 
schade eine  Sanftheit  und  Rundung  in 
ihren  Gedichten  besass ,  welche  in  jener 
frühen  Periode  der  niederländischen  Poesie 
noch  nicht  allgemein  war,  und  die  sie  nur 
ihrem  Freunde  Hooft  u.  s.  italienischen 
Mustern  verdankte.  Man  lese  nur  das 
schöne  Gedicht :  „Wilde  und  milde  Sän- 
gerin", um  das  Liebliche  , ihrer  Weise  zu 
bew undern.  (S.  dasselbe  bei  S  c  h  e  1 1  e  m  a, 
p.  67  —  69,  und  De  Vries,  L  B.  p.  62, 
63.)  —  Huygens,  von  ihren  Freunden 
der  am  meisten  orthodox  Reformirte,  suchte 
sie  zum  Uebertritt  zu  bewegen,  doch  Schel- 
te ma  sagt  mit  Recht,  dass  die  damaligen 
Reformirten  viel  zu  unduldsam  u.  erbittert 
waren,  um  diesen  Uebertritt  zu  verdienen. 
Seine  Versuche  blieben  ohne  Erfolg,  stör- 
ten jedoch  die  gegenseitige  Freundschaft 
nicht.  Es  ist  zweifelhaft,  ob  Huygens 
Tesselschade  den  Hof  gemacht  habe, 
gewiss  ist  dies  jedoch  von  Van  Baarle. 
Allein  sie  blieb  einer  zweiten  Verbindung 
abgeneigt ,  und  auch  dies  that  keinen  Ab- 
bruch der  uneigennützigen  Freundschaft 
dieser  edlen  Menschen.  Die  Vertraulich- 
keit dieses  Umganges  ward  noch  vermehrt 
durch  die  Veränderung  ihres  Aufenthalts 
von  Alkmar  nach  Amsterdam  (1642),  wo 
sie  durch  einen  Zufall  das  Unglück  hatte, 
ein  Auge  zu  verHeren,  welches  Van  Baar- 
le in  Versen  betrauerte.  In  ihrem  Alter 
arbeitete  sie  noch  an  der  Uebersetzung 
des  ,.Adonis"  von  Marini;  ein  wunder- 
licher Geschmack  fjr  Den,  der  Tasso  zu 
würdigen  wusste.  Doch  hatte  vielleicht 
Hooft  ihn  s.  Freundin  mitgetheilt,  welche 
den  Schmerz  hatte,  1647  s.  Tod  zu  be- 
trauern. Kurz  darauf  hatte  sie  den  dop- 
pelten Schmerz ,  Van  Baarle  und  ihr 
einziges  noch  übrig  gebliebenes  Kind  zu 
verlieren.  Dies  brach  ihr  Herz,  und  sie 
starb  1649  in  dem  Alter  von  55  Jahren. 
(S.  über  Alles',  was  Tesselschade  und 
ihre  Schwester  betrifft:  Schelteraa's 
vortreffHche  Abhandlung:  ,.Anna  u.  Maria 
Tesselschade,  die  Töchter  von  Roemer  Vis- 
scher",  Amst.  1808,  welche  eine  sorgfäl- 
tige und  höchst  interessante  Zusammen- 
stellung alles  Wissenswerthen  über  dieses 
edle  Schwesterpaar  enthält.) 

Vitriarius  (IV.)  —  Johan  Jacob  — 
Prof.  d.  Natur-,  Staats  -  u.  Völker-Rechts, 
zuerst  zu  Utrecht,  dann  seit  1720  zu  Leyden, 
wo  er  das  Rectoratsamt  der  Universität 
in  ihrer  glänzendsten  Zeit  wahrnahm,  war 


459 


Vitringa 


Vlacq 


460 


ein  Aintsgenosse  von  A.  Schulting, 
dessen  Leichenrede  er  hielt,  und  starb  1745. 
(S.  Te  Water,  „Narratio  de  rebus Acad. 
Lugd.  Bat.  saeculo  XVIII.") 

Vitrin§^a  (IV.)  —  Campegius  —  geb. 
1659  zu  Leeuwarden,  gest.  1722,  studirte 
daselbst  u.  zu  Leydjen,  Avurde  1680  Prof. 
d.  Orient.  Sprachen  zu  Franeker ,  womit 
er  1682  u.  1693  Kirchengeschichte  und 
Theologie  vereinigte,  erhielt  1698  einen 
Ruf  nach  Utrecht,  den  jedoch  König  Wil- 
helm  III.  für  ungültig  erklärte,  weil  Vi- 
tringa  der  Lehrweise  des  Coccejus 
folgte ,  und  ersetzte  ihn  durch  einen  ge- 
wissen Pontanus,  aus  keinem  an- 
dern Grunde,  sagt  Burman,  als 
weil  er  der  Schwager  von  Hubert 
Roseboom,  Präsidenten  des  hohen 
Raths  von  Holland  undZeeland, 
war,  der  bei  dem  König  in  grosser 
Gunst  stand,  ( S.  Burman,  „Traj. 
Erud,",  p.  273.)  Als  nach  des  Königs 
Tode  (1702)  dieser  Ruf  Vitringa's  er- 
neuert wai-d,  schlug  er  ihn  nun  seiner- 
seits aus,  wofür  er  von  den  Curatoren  der 
friesischen  Universität,  der  er  sich  nun 
für  immer  gewidmet,  edelmüthig  belohnt 
wurde.  Vitringa  war  eine  Säule  der 
Orthodoxie,  wie  sie  sich  in  s.  Zwisten  mit 
Roell  zeigte.  Obgleich  durchgehends  hin- 
sichtlich der  sinnbildlichen  Bedeutung  des 
A.  Testaments  der  Meinung  des  Coccejus 
anhangend,  wagte  er  jedoch  dann  u.  wann 
von  ihm  abzuweichen;,  wie  in  der  Erklä- 
rung von  Ezechiel's  Tempel.  Unter 
s.  vielen  Schriften  zeichnet  sich  s.  Erklä- 
rung des  Jesaias  aus,  eine  Schatzkam- 
mer von  Gelehrsamkeit,  —  doch  vielleicht 
beraubt  jenes  Geschmacks ,  jenes  Gefühls 
für  das  Schöne  und  Dichterische ,  Avelche 
unerlässlich  sind  zum  Vei-stehen  dieses  herr- 
lichen Sehers  u.  Dichters.  Von  Vitrin- 
ga's Schriften  nennen  wir:  „Commenta- 
rius  in  Lib.  Prophet.  Jesaiae",  Leov.  1714, 
1724,  Fol.  Vol.  n.  1724;  noch  zu  Her- 
born, Basel,  1721,  1732;  in's  Holländi- 
sche übersetzt  1739,  6  Th.  4.;  deutsch, 
verkürzt  und  mit  einer  Vorrede  v.  Mos- 
heim,  Halle,  1749,  2  Th.  4.  Zu  s.  vor- 
züglichsten Werken  gehören  ferner:  „Ob- 
servationes  Sacrae",  Fran.  1683  —  1717, 
6  Voll.  4.  „Hypotyposis  Historiae  Chro- 
nologica  et  Sacrae  a  M.  C.  usque  ad  suara, 
Saec.  I.",  Fran.  1708,  1716,  1722.  „Apho- 
rismi ,  quibus  Fundamenta  1.  Theologiae 
comprehenduntur",  Fran.  1688,  1690, 1693, 
1702,  1714;   auch  holländisch  1696,  1708, 


1717 ,  1735.  Nach  s.  Tode  wurden  noch» 
von  ihm  Erklärungen  über  das  Lied 
von  Moses,  den  Propheten  Z  ach arias, 
die  Briefe  an  die  Römer,  an  die  Ga- 
later,  anTitus,  über  den  „verborge- 
nen Sinn  der  Wunder  Jesu  Christi"  und 
„Allegorische  Ausführung  über  die  sechs- 
tägige Schöpfung",  zum  Theil  von  s.  Col- 
legen  Venema  herausgegeben.  (S.  Vrie- 
rnoet,  „Athen.  Fris.",  p.  606  —  624.) 

"Vitring^O'  (V.)  —  Campegius  —  der 
jüngste  Sohn  des  Vorigen ,  geb.  1693, 
lehnte  1715  einen  Ruf  an  das  Gymnasium 
nach  Zerbst  ab,  ward  Professor  zu  Frane- 
ker ,  starb  jedoch  schon  1723 ,  noch  kein 
Jahr  nach  s.  Vater,  und  machte  sich  we- 
niger durch  s.  Schriften,  als  durch  s.  Vor- 
lesungen berühmt;  doch  hat  man  von  ihm 
noch  eine  „verkürzte  natürliche  Theologie". 

VlacQ  (III-)  —  Adriaan  —  stammt 
aus  einer  angesehenen  Familie  aus  Gouda 
und  lebte  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts. Erbrachte  die  von  Jo  hn  Napier 
erfundenen  Logarithmen,  welche  Henry 
Briggs  praktischer  machte,  in  allgemeinern 
Gebrauch.  Man  kennt  ihn  fast  nur  aus  s. 
Werken ,  welche  folgende  sind :  „  Arith- 
meticaLogarithmica",  auch  mit  einem  fran- 
zös.  Titel :  „Arithraetique  Logarithmetique, 
contenant  les  Logarithmes  de  1  ä  100,000, 
en  ceux  des  Sinus  etc.,  en  eilf  Ziffern, 
a  Gouda,  chez  Pieter  Rammaseyn",  Folio, 
1628.  Diese  grossen  Logarithmen  -  Tafeln 
wurden  lange  Zeit  für  die  besten  gehal- 
ten, und  besitzen  auch  noch  jetzt,  unge- 
achtet Scherwin's,  Callet's,  Vega's 
u.  A.  Arbeiten  einen  grossen  Werth.  „Tri- 
goncmetria  artificialis,  sive  magnus  canon 
triangulorum  Logarithmicus  ad  decadas  se- 
cundorum  scrupulorum  constructus",  Gou- 
dae  1633,  Fol.  Dieses  Werk,  eben  so  aus- 
führlich als  nützlich ,  war  so  selten  ge- 
worden, dass  Vega  dasselbe  1794  ab- 
drucken liess.  „Trigonometria  Britannica, 
sive  de  Doctrina  triangulorum  libri  duo", 
von  Briggs  und  Gillibrand,  durch 
Vlacq  herausgegeben,  Gouda  1633,  Fol. 
„Tabulae  Sinuum,  Tangentium  et  Secan- 
tium,  et  Logarith.  Sinuum  et  Tangentium 
et  numerorum  ab  1  ad  10,000",  Goudae 
1636,  8.,  welche  die  ersten  Logarithmus- 
Sinus-Tafeln  in  der  gegenwärtig  gebräuch- 
lichen Form  waren.  (S.  De  Lambre, 
„Hist.  de  l'Astron.  mod." ,  T.  I.,  p.  545  u. 
T.  II.,  p.  420  seqq.  Maseres,  „Scripto- 
res  Logarith.",  T.  I.  p,  XII.  Kästner, 
„Gesch.   d.    Mathem.",    Th.   III.,   p.  97. 


461 


Vladderaccus 


Voetius 


462 


Montucla,  „Hist.  des  Math^m.",  T.  II. 
p.  27,  nennt  i  irrigerweise  Vlacq  einen 
Buclihändler.  Busch,  „Encyclop.  d.  ma- 
theui,  VViss.",  p.  l47.  Lalande,  „Astro- 
nom.", p.  4102.  De  Lange  Van  Wijn- 
g  aar  den,  ,. Gesch.  d.  Herren  von  Gouda", 
Th.  II.  p.  166,  zählt  Vlacq  unter  die 
berühmten  Goudaer ,  und  sagt ,  dass  er 
Sinustafein  herausgegeben.  Vlacq  that 
aber  mehr  5    er  berechnete  sie. 

Tladderaccus  (II.)  -  Christopho- 
rus  —  geb.  im  Dorfe  Geffen  im  Gebiete 
von  Herzogenbusch,  Rector  der  lat.  Schu- 
len zu  Amersfoort  u.  zu  Herzogenbusch, 
wo  er  M  a  c  r  0  p  e  d  i  u  s  Nachfolger  war. 
Sein  Studium  betraf  hauptsächlich  Ci- 
cero, aus  welchem  er  Phrasen,  die  für 
den  ßriefstyl  passend  sind ,  so  wie  sog. 
„Polyonyma"  (Antw, ,  b.  Plantijn ,  1586, 
1597,  die  Polyonyma  nochmals  1604)  her- 
ausgab. Vor  letzterm  Werkchen  steht  eine 
Dedication  an  die  Regierung  u.  Gemeinde 
von  Amersfoort ,  der  er  Versöhnung 
mit  dem  katholischen  K  önig  und 
dauerndes  Glück  wünscht.  Sehr 
merkwürdig  ist  in  dieser  Zueignung  das 
Lob  der  damaligen  Liebhaberei  für  die 
alte  Literatur  zu  Amersfoort,  die  so  gross 
war,  dass  fast  Jeder  Lateinisch  u.  Grie- 
chisch verstand,  da  sogar  Kinder,  die  man 
zu  Handwerkern  bestimmte ,  zuvor  in  die- 
sen Sprachen  unterrichtet  wurden.  Auch 
die  Sorgfe  für  die  Armen  wird  darin  ge- 
rühmt. —  Von  s.  zwei  Söhnen  war  Pe- 
trus, der  älteste,  Nachfolger  s.  Vaters  an 
der  Schule  zu  Herzogenbusch,  dann  Prie- 
ster zu  Oorschot,  Dichter  eines  geistl. 
Schauspiels,  „Tobias"  (Silvaeducis,  1595) 
und  —  eines  Leichengesanges  in  epischen 
Versen  auf  Philipp  II.  (ibid.  1600).  Der 
andere  Sohn,  Johannes,  war  nicht  allein 
in  der  alten  Literatur ,  sondern  auch  in 
der  Musik  und  Zeichnenkunst  sehr  geübt. 
Ausser  Epigrammen,  zum  Lobe  s.  Geburts- 
stadt, hat  er  in  einem  poetischen  Dialog 
(„Calvinus"),  die  Reformirten  mit  Schmä- 
hungen überhäuft  und  unter  Anderm  die- 
selben auch  als  gefährlich  für  die 
Throne  dargestellt.  (S.  über  Vater  u. 
Söhne  Foppens,  „Bibl.  Belg.",  T.  I. 
p.  181.  T.  IL  p.  639,  1017.) 

Wlaming  (V.)  —  Pieter  —  Freund, 
Stadt-  u.  Kunstgenosse  von  Wellekens, 
ward  1685  zu  Amsterdam  geboren  u.  wid- 
mete sich  der  Jurisprudenz.  Aber  er  liebte 
die  stillen  ländlichen  Schauspiele  mehr,  als 
den  Gerichtssaal.     25  J.  alt ,   gab   er   mit 


Wellekens  eine  Sammlung  „poetische 
Erholungen "  und  später  „  Hirtenlieder  " 
heraus,  die  nicht  ungefiillig  sind,  worin 
man  jedoch  die  Einfalt  Theokrit's, 
oder  das  sanfte  sittlich  Schöne  von  Gess- 
ner  nicht  suchen  muss.  Er  ahmte  mehr 
die  Italiener  des  16.  Jahrh.  nach,  u.  über- 
setzte auch  Sannazar's  „Arcadien". 
Als  Herausgeber  guter  in  -  u.  ausländischer 
Werke  verdient  er  eine  ehrenvolle  Erwäh- 
nung. Ausser  der  „Arcadia"  gab  er  die 
lat.  Gedichte  des  Kanzlers  L'Höpital, 
den  Herzensspiegel  von  Spiegel,  die 
GedichtevonL.  Scher m  er,  der  wie  Vla- 
ming  die  ländlichen  Scenen  liebte,  und 
die  Rhetorik  von  D.  Van  Hoogstraten 
heraus.  In  s.  spätem  Jahren  wurde  er 
durch  das  Amt  eines  Buchhalters  bei  der 
ostindischen  Compagnie  mehr  oder  weniger 
von  der  Poesie  abgezogen.  Er  entwarf 
hierauf  eine  Beschreibung  und  Ge- 
schichte von  Amsterdam,  und  hatte 
dazu  bereits  'viele  Materialien  gesammelt, 
als  1733  ein  Nervenschlag  s.  Leben  endig- 
te. (S.  W  a  g  e  n  a  a  r  „Amsterdam"  III.  Th. 
p.  255.  De  Vries,  IL  Th.  p.  56—58.) 
Vleesclilioudere  (IV.)  —  .  .  .  — 

kathol.  Geistlicher,    dichtete   (1660)  reli- 
giöse, einfache  Gesänge  im  Geiste  s.  Kirche. 

Vloten  (VI.)  —  . . .  Van  —  legte  in 
s.  Bibelübersetzung  die  Saat  zu  vielen  neuen 
Ideen,  die  er  zum  Thell  auch  in  s.  Theo- 
logie u.  Anwendung  der  Bibel,  in  einem 
Versuche  zur  Uebereinstimmung  der  sog. 
Neologen  (1804)  ,  und  in  s.  grossen  hin- 
terlassenen  Werke  einer  „  Vertheidigung 
der  Wege  der  Gottheit  aus  der  Geschichte'- 
(1807  u.  später)  entwickelte,  zum  Theil 
solches  s.  Fi-eunden  u.  Schülern  überliess. 
Schade,  dass  s.  geschraubter  Styl  diese 
Lecture  so  oft  verleidet! 

Toetlus  oder  Voet  (IV.)  —  Gijs- 
bert  —  geb.  1588  zu  Heusden,  schon  früh- 
zeitig durch  Gelehrsamkeit  berühmt,  wurde 
1617  lieber  Prediger  in  s.  kleinen  Ge- 
burtsorte ,  als  in  dem  des  Arminianismus 
verdächtigen  Rotterdam,  wohin  er  zu  glei- 
cher Zeit  einen  Ruf  erhielt.  Dies  prophe- 
zeite einen  Verfechter  der  Orthodoxie,  wie 
Voetius  es  auch  im  vollsten  Sinne  des 
Wortes  wurde.  Er  war  ungemein  eifrig 
in  s.  Dienste  und  uneigennützig.  Er  er- 
mahnte zu  gewissenhafter  Religiosität  und 
Strenge  im  Lebenswandel.  Hinsichtlich  s. 
Gelehrsamkeit  sind  die  Meinungen  getheilt. 
Morhoi  wirft  ihm  Ungenauigkelt,  beson- 
ders bei  Anführung  von  Schriftstellern  ,  u. 


463 


Voetius 


Vondel 


464 


Jansenius  s.  schlechtes  Latein  vor.  Er 
starb  1679,  89  Jahre  alt.  Sein  Leben 
war  eine  Reihe  von  Fehden,  Bitterkeiten 
und  Verfolgungen  mit  und  von  Janse- 
nius, Maresius,  Regius,  Descartes, 
Heidanus  und  Coccejus  (deren  Be- 
schreibung in  die  Geschichte  der  nieder- 
länd.  Literatur  gehört),  worüber  das  Nä- 
here sich  angegeben  findet  in  Saxii 
„Onomast "  T.  IV.  p.  338,  348,  364,  521. 
V.  Append.  559.  Burmanni  „Traject. 
Erudit."  p.  396,  426,  wo  auch  die  lange 
Liste  s.  Werke.  ,, Biograph,  niederl.  Männer 
u.  Frauen",  IIL  Th.  p.  .35  —  65.  IV.  Th. 
p.  259—271.  F  0  p  p  e  n  s .  „Biblioth.  Belgic." 
T.  I.  p.  368,  369.  T.  IL  p.  618.  Bayle, 
„Diction.",  Art.  Heidanus,  Marets  (Des). 

Voetius  (IV.)  —  Paulus  —  Sohn  des 
Vorigen,  geb.  1619,  gest.  1667,  Prof.  d. 
Philosophie,  d.  griech.  Sprache (1641,  1644) 
u.  d.  Jurisprudenz  (1654)  an  der  Univer- 
sität zu  Utrecht,  schrieb  Anmerkungen  zu 
Musaeus,  Herodianus  u.  Callima- 
c.hus,  so  wie  eine  „Geschichte  der  Herren 
v.  Brederode". 

Voet  (IV.)  —  Johannes  —  Sohn  des 
Vorigen,  geb.  1647  zu  Utrecht,  gest.  1713, 
lehrte  zuerst  zu  Herborn ,  dann  (1674)  in 
s.  Geburtsscadt  die  Rechte,  wurde  daselbst 
1677  ord.  Professor  u.  1680  nach  Leyden 
berufen,  wo  er  sich  durch  s.  „Commenta- 
rius  ad  Pandectas"  (L.  B.  1698,  2  Voll. 
Fol.  Hag.  Com.  1704,  1707,  1716)  be- 
rühmt machte,  der  als  kritische  Sammlung 
u.  Entscheidung  vieler  Controversen  in  der 
Praxis,  als  Pandecten  des  hoUänd.  Land- 
rechts ,  zuDeGroot's  Einleitung ,  und 
als  Pandecten  des  niederländ.  Rechts  im 
Allgemeinen  einen  dreifachen  Werth  hat. 
(S.  ßurman,  „Traj.  Erud."  p.426,  427. 
Saxe,  „Onomast.  Liter."  T.  IV.  p.  499. 
T.  V.  p.  186.) 

Voet  (V.)  —  Johannes  Eusebius  — 
gest.  1778,  Arzt  u.  religiöser  Dichter,  ein 
Kunstfreund  von  Trip,  schrieb:  „er- 
bauliche Gedichte",  1742,  1755,  1760; 
„erbauliche  Gesänge  auf  Ereignisse  der 
christlichen  Kirche";  „vermischte  Gedich- 
te"; eine  „neue  Uebertragung  der  Psal- 
men in  Versen"  (1736),  welche  grössten- 
theils  noch  bei  der  holländ.  reformirten 
Gemeinde  in  Gebrauch  ist,  und  „nachge- 
lassene Gesänge".  Dass  er  durchgehends 
natürlicher  war,  als  Trip,  beweisen  die 
bei   De   Vries   mitgetheilten   Proben   (p. 

239 242). 

Volder  (IV.)    —    ßurkhardt   De   — 


geb.  1643  zu  Amsterdam,  gest.  1709,  stu- 
dirte  zuerst  zu  Utrecht,  dann  zu  Leyden 
unter  Sylvius  die  Arzneikunde,  wurde 
1664  Doctor,  widmete  sich  zu  Amsterdam 
der  Philosophie  des  Descartes,  ward 
auf  Empfehlung  des  Bürgermeisters  Hudde 
1670  Professor  zu  Leyden,  weshalb  er  aus 
einem  Mennoniten  ein  französisch  Refor- 
mirter  wurde,  brachte  1674  aus  England 
den  Geschmack  für  die  Experimentalphy- 
sik mit,  und  lehrte  auch  die  Systeme  von 
Newton.  Er  bestimmte,  nach  dem  Bei- 
spiele von  Ottov.  Guericke,  die  Schwe- 
re einer  gewissen  Menge  Luft  und  erfand 
eine  neue  Art  von  Luftpumpe,  die  jedoch 
später  verbessert  wurde.  (S.  Wagenaar's 
„Amsterdam",  UI.  Th.  p.  237,  238.) 

Volleabove  (IV.)  —  Joannes  —  geb. 
1631  zu  Vollenhoven,  1651  Prediger,  nach 
einander  zu  Vledder ,  ZwoUe  u.  im  Haag, 
wo  er  1708  starb.  Ausser  einer  Menge 
verschiedener  Gedichte,  und  Leichen-,  Ge- 
burts  -  und  Hochzeitsgedichten ,  die  zu 
Amsterdam  1686  im  Druck  erschienen,  ver- 
fasste  er  einen  besonders  geschätzten 
„Kreuztriumph"  auf  das  Leiden  des  Hei- 
landes und  andere  Gesänge  über  diesen 
Gegenstand,  die  1740  herauskamen,  u.  bei 
welcher  Gelegenheit  Vondel  von  dem 
Dichter  gesagt  haben  soll :  „Das  ist  ein 
grosses  Licht ;  aber  schade,  dass  es  ein  Pre- 
diger ist."  Seine  Predigten  „über  die  Herr- 
lichkeit der  Gerechten"  (im  Haag,  1706) 
zeichnen  sich  durch  Bündigkeit,  Reinheit 
der  Sprache  und  des  Styls  und  gute  Ideen 
vor  den  geschmacklosen  Kanzelreden  jener 
Zeit  aus. 

Vondel  (III.)  —  Joost  Van  Den  — 
geb.  1587  zu  Köln,  wo  s.  Eltern,  die  Men- 
noniten und  wegen  ihres  Glaubens  aus  Bra- 
bant  geflohen  waren,  ein  Asyl  suchten,  kam 
schon  in  s.  Kindheit  nach  Amsterdam,  so 
dass  er  also ,  obgleich  in  Deutschland  gebo- 
ren, jedoch  nach  Abkunft,  Erziehung  u.  allen 
möglichen  Beziehungen  ein  Niederländer, 
und  es  ungewiss  ist,  ob  er  der  deutschen 
Sprache  mächtig  war.  Wie  Corneille, 
verdankte  Vondel  s.  ganzen  Ruhm  sich 
selbst,  da  s.  Eltern  nichts  dazu  beitru- 
gen, als  dass  sie  ihn  im  Lesen  u.  Schrei- 
ben unterrichten  Hessen,  denn  er  war  zum 
Strumpfhändler  bestimmt.  Gleichwohl  muss 
er  in  s.  13.  Jahre  schon  Funken  poetischen 
Feuers  gezeigt  haben,  weil  Ho  oft  aus 
Italien  an  die  Kammer  „in  Liebe  blü- 
hend" schrieb,  dass  Vondel  bereits  zei- 
ge,   was  er   einst  sein  werde.     Fühlend, 


465 


Vondel 


Vondel 


466 


dass  die  Kenntniss  der  Alten  ein  Hauptmittel 
zur  Beschneidung  der  wilden  Ranken  sei, 
die  s.  Poesie ,  welche  er  zur  Erholung 
fleissig  trieb,  verunzierten,  lernte  er  in  s. 
26.  Jahre  die  lat.  Sprache ,  die  schnell 
einen  sichtbaren  Einfluss  auf  s.  Kunstver- 
mögen ausübte.  Die  Spaltungen  in  der 
Religion  u.  Politik  hielten  seit  1618  alle 
Geinüther beschäftigt.  Vondel,  mit  einem 
warmen  Herzen  und  mit  feuriger  Phanta- 
sie begabt,  nahm  sich  mit  all  dem  Enthu- 
siasmus ,  der  solchen  Charakteren  eigen  ist, 
der  Sache  der  Unterdrückten  an,  und  Bar- 
neveld's  Schaffet  beseelte  ihn  mit  jener 
Entrüstung,  die  auch  Juvenal  als  Dich- 
ter auszeichnete.  Sein  „Pal am ed es"  war 
die  erste  Frucht  dieser  exaltirten  Stim- 
mung und  ragte  durch  gebildete  Sprache 
(eine  Folge  der  Kenntniss  der  Römer) 
weit  über  s.  frühern  Erzeugnisse  (später 
unter  dem  Namen  „alter  Reime"  heraus- 
gegeben) hervor.  Obgleich  der  „Pala- 
medes"  erst  nach  dem  Tode  des  Moritz 
herauskam,  so  lebten  doch  noch  zu  Viele, 
welche  dieses  Werk  entlarvte,  als  dass  der 
Dichter  hätte  unbelästigt  bleiben  können. 
Er  musste  sich  einige  Zeit  verbergen,  und 
wurde  nur  durch  die  Festigkeit  der  ara- 
sterdamer  Regenz  (die  ihren  Bürger  nicht 
ausliefern  wollte)  vor  Lebensgefahr  ge- 
schützt und  mit  der  kleinen  Busse  von 
300  Gulden  gestraft.  Inzwischen  wurde 
durch  den  Umgang  mit  Hooft,  Reaal 
u.  De  Hubert  (einem  gebildeten  Zeel  an- 
der) s.  Geschmack  immer  mehr  geläutert, 
während  der  geglückte  Versuch,  unter  der 
milden  Regierung  Fried  rieh  Heinrich' s 
(der  sich  sogar  den  „Palamedes"  in  s. 
Cabinet  vorlesen  liess)  ihm  zum  Sporn 
V  diente,   um   sowohl   die  Intoleranz  s.  Zeit 

sinnig  zu  kritisiren  (als  Satyriker  kennt 
Niederland  seines  Gleichen  nicht),  als  auch 
die  Grossthaten  der  alten  Holländer  in 
jenem  Jahrhundert ,  so  reich  an  Glanz ,  in 
erhabenen  Heldengesängen  der  Unsterblich- 
keit zu  weihen.  Von  dieser  Art  war  die 
„Eroberung  von  Grol"  das  erste  und  kei- 
neswegs das  geringste;  die  Erscheinung 
der  Inquisition  vor  dem  Cardinal  Infanten 
ist  meisterhaft,  obschon  die  Farben  etwas 
zu  stark  aufgetragen  sind,  was  man  der 
weniger  geläuterten  Sprache  jener  Zeit  zu 
Gute  halten  muss.  Die  „  Städtekrone 
Friedrich  Heinrich's",  nach  der  Er- 
oberung von  M  a  s  t  r  i  c  h  t ,  ist  ebenfalls 
voll  Kunstjuwelen  u.  ein  Meisterstück  der 
Erfindung ;  nicht  minder  der  darauffolgende 


„Waffenstillstand  zwischen  Polen  u.  Schwe- 
den". 1632  entwarf  Vondel  ein  grosses 
Heldengedicht,  welches  Konstantin  d. 
G.  und  den  Triumph  des  Christenthums 
zum  Gegenstand  hatte,  doch  der  Tod  s. 
Gattin  traf  ihn  zu  tief,  um  an  die  Fort- 
setzung dieses  Werkes  zu  denken,  dessen 
Anfang  er  sogar  vernichtete.  Nach  einer 
kleinen  Pause  trat  er  jedoch  wieder  und 
zwar  als  Trauerspieldichter  auf:  das  neue 
Schauspielhaus  ward  1637  mit  s.  Meister- 
werk: „Gijs  brecht  von  Amstel"  ein- 
geweiht. Der  Gegenstand  desselben  ge- 
fällt dem  grossen  Haufen  als  ein  Volks-, 
als  ein  Localstück ;  die  Ausführung  ent- 
zückt den  Kenner  als  eine  meisterhafte 
Nachahmung  des  zweiten  Buches  von  Vir- 
gil's  ,,Aeneide".  —  Bereits  im  ,,Gijs- 
b recht"  nimmt  man  Anspielungen  wahr, 
günstig  für  die  katholische  Kirche,  zu  der 
Vondel  bald  öffentlich  übertrat.  Sein 
Biograph  kann  dieses  Räthsel  in  einem 
Mann  wie  Vondel  nicht  anders  erklären, 
als  aus  zeitlichen  Rücksichten  und  Pfaffenbe- 
trug ;  wir ,  die  dieselbe  Erscheinung  in 
Stolberg,  Fr.  Schlegel  u.  Werner 
gesehen  haben,  können  uns  darüber  nicht 
mehr  wundern,  sondern  müssen  es  psycho- 
logisch aus  den  poetischen  Formen  des 
katholischen  Kirchengebrauches  erklären, 
der  auf  Menschen  von  lebendiger  Einbil- 
dungskraft einen  Einfluss  übt,  der  sie  un- 
widerstehlich zwingt,  ihren  Verstand  zu 
verleugnen  und  am  Ende  Poesie  für  einer- 
lei mit  Religion  zu  halten.  Zu  diesem  Ex- 
trem kam  es  jedoch  bei  Vondel  nicht, 
der  vielmehr  einfach ,  aber  fest  an  s.  Kir- 
■  chengemeinde  sich  hielt.  Von  dieser  Zeit 
an  dichtete  er  nicht  nur  Trauerspiele  in  dem- 
selben Geist,  wie:  „die  11,000 Jungfrauen" 
(1639,  noch  kurz  vor  s.  Uebertritt),  „Pe- 
ter u.  Paul"  (1641)  und  Maria  Stuart" 
(1641) ;  sondern  auch  andere  Stücke,  „Brie- 
fe der  heiligen  Jungfrauen"  (1642).  und 
besonders  die  ,,  Altargeheimnisse"  (1645), 
eine  poetisch-theologische  Betrachtung  der 
Messe.  Das  Unangenehmste  für  die  Kunst 
war  hierbei ,  dass  V  o  n  d  e  l '  s  Uebertritt 
eine  Spannung  zwischen  ihm  und  H  o  o  f  t 
verursachte.  Uebrigens  war  er  unermüdet 
in  s.  dramatischen  Arbeiten ,  die  er  stets 
der  Vollkommenheit  näher  zu  bringen  suchte 
durch  Uebersetzungen  aus  griech.  u.  röm. 
Trauerspieldichtern.  Den  Gipfel  erreichte 
er  in  s.  Kunst  in  dem  „Lucifer"  (1654) 
u.  „Jephtha"  (1659):  ersteres  ein  erha- 
benes Gemälde   von  dem  Fall   der  Engel, 


467 


Vondel 


Vondel 


468 


Milton's  Pinsel  nicht  unwürdig,  und  mit 
dem  „verlorenen  Paradiese",  das  14  Jahre 
später  erschien,  in  vielen  Hinsichten  über- 
einstimmend (z.  B.  in  der  Beschreibung  des 
Paradieses  und  seiner  Bewohner) :  das 
zweite,  in  Versen  von  10  u.  11  Sylben, 
ein  Werk  s.  72.  Jahres,  noch  voll  Geist 
u.  Leben,  und  ganz  nach  den  Mustern  des 
Alterthums.  Inzwischen  hatte  der  unwi- 
derstehliche Trieb  s.  Genies,  welches  sich 
zu  täglichen  Beschäftigungen  nicht  ernie- 
drigen konnte,  imd  die  Verschwendungen 
eines  Sohnes  den  Greis  in  Armuth  ver- 
setzt, und  man  glaubte  viel  zu  thun,  in- 
dem man  ihm  ein  Aemtchen  im  Leihhause 
gab.  Doch  anstatt  Pfänder  einzutragen, 
schrieb  er  Verse,  und  Amstel's  Regenz 
entliess  ihn  daher,  mit  Beibehaltung  s.  Ge- 
halts (1668).  Die  letzten  Jahre  s.  Lebens 
brachte  er  in  literarischer  Ruhe  zu.  Der 
grosse  Mann  starb  1679.  —  Dramatische 
Poesie  war  V  o  n  d  e  1'  s  Hauptfach.  Er 
vervollkommnete  die  griech.  Manier  in  den 
niederländischen  Trauerspielen,  die  vor 
Allem  sich  durch  ihre  herrlichen  Chöre 
auszeichnen.  Hierin  hat  kein  Dichter  unter 
den  spätem  Vondel  je  übertroffen.  Ra- 
cine und  Schiller  sind  ihm  nur  gleich- 
gekommen. Wer  kennt  nicht  den  Mark 
und  Beine  durchdringenden  Chor  in  dem 
zerstörten  Jerusalem,  der  das  Verschlingen 
eines  Kindes  durch  s.  vom  Hunger  gequäl- 
te Mutter  nicht  erzählt,  nicht  schildert, 
sondern  lebendig  vor  Augen  stellt!  Wer 
kennt  nicht  den  erhabenen  Engelchor  im 
„Lucifer",  den  schönen  Gesang  aus  dem 
„Palamedes",  das  dünn  gesäete  Ge- 
stirn erbleicht  (nach  Seneca  bear- 
beitet, aber  mit  Veränderung  nach  den 
holländ.  Sitten)!  Weniger  bekannt  ist  aus 
diesem  Trauerspiele  die  ungemein  poeti- 
sche Schilderung  des  Schicksals,  womit 
jedoch  der  Dichter  wahrscheinlich  die  Prä- 
destination Calvin's  im  Auge  hat,  imd 
das  melodische  Siegeslied  von  Priamus 
und  der  Trojaner  nach  dem  Fall  des 
besten  griech.  Rathgebers;  wer  kennt  da- 
gegen nicht  die  zwei  göttlichen  Chöre  aus 
dem  „Gijsbrecht  von  Amstel",  die 
Schilderung  der  Ehe  und  der  unglücklichen 
Mutterliebe!  Doch  es  ist  unmöglich,  alle 
die  mannigfaltigen  Schönheiten,  von  denen 
diese  Chöre,  wahre  Oden,  voll  sind,  auch 
nur  anzudeuten.  Aber  es  ist  eine  andere 
Frage,  ob  Vondel  den  Zweck,  den  Geist 
des  Chors  bei  den  Alten  wohl  gefasst  hat. 
Dieser  war  jedoch  nicht  eine  blosse  Zierde 


oder  nur  eine  Ausfüllung  der  Pause  zwi- 
schen den  Acten :  er  war  ein  wesentlicher 
Theil  des  Stücks,  eine  Darstellung  des 
Volkes,  welches  thätigen  Antheil  an  der 
Nachahmung  der  grossen  Acte  des  Lebens, 
wie  in  diesen  Acten  selbst  hatte.  Dieser 
Chor  sprach  also  auch  oft  mit  den  han- 
delnden Personen  ,  beklagte  sie  oder  gab 
ihnen  Rath.  Vollkommen  in  diesem  Geist 
bedient  sich  Schiller  des  Chors  in  s. 
Braut  von  Messina ,  wo  derselbe  so^ar 
grösstentheils  zur  Lösung  beiträgt.  Von- 
del hat  denselben  auf  diese  Weise  nicht 
gebraucht.  In  s.  Trauerspielen  ist  der 
Chor  nur  ein  poetisches  Nebenwerk ,  wel- 
ches allein  mit  den  Chorgesängen  der  Grie- 
chen zwischen  den  Acten  übereinkommt, 
und  aus  den  Umständen  der  Helden  zu  poe- 
tischen Aeusserungen  Veranlassung  nimmt. 
Er  wechselt  damit  s.  oft  etwas  zu  langen 
Dialogen  u.  Monologen  ab,  und  man  kann 
nicht  verkennen,  dass  diese  Gesänge  oft 
äusserst  angemessen  sind.  Ein  französi- 
scher Kunstrichter  (s.  „Encyclopedie  de 
Diderot  et  d'Alembert",  Art.  Hollande, 
Poesie  Hollandaise)  hat  ihn  getadelt, 
dass  er  in  den  „Gijsbrecht"  ein  Weih- 
nachtslied einfährt,  welches  mit  dem  Stück 
nichts  gemein  hat.  Doch  wie  schön  stimmt 
dieses  Lied  nicht  allein  mit  dem  Zeitver- 
hältniss,  worin  es  gesungen  wird  (Christ- 
nacht) ,  sondern  auch  mit  dem  Verhältniss 
der  Personen ,  die  es  singen ,  überein  ? 
Zarte,  blöde,  unschuldige  Jungfrauen  weis- 
sagen in  dem  Morde  der  unschuldigen  Kin- 
der gleichsam  ihr  eigenes  Schicksal,  das 
sie  treffen  soll;  und  wie  sehr  muss  noch 
das  Mitleid  mit  den  Unglücklichen  ver- 
mehrt werden  durch  die  Vorstellung,  dass 
sie  in  der  Beobachtung  ihrer  Religions- 
pflicht umkommen;  während  der  Dichter  s. 
Absicht,  die  Partei  von  Haamstede  ver- 
hasst  zu  machen ,  nicht  besser  erreichen 
konnte,  als  mit  diesem  in  der  ganzen  Chri- 
stenheit geheiligten  Zeitpunkt  (worin,  wie 
Shakspeare  sagt,  kein  böser  Geist  sich 
zeigen  darf,  sondern  Alles  glücklich  und 
barmherzig  ist,)  durch  Mord  u.  Verrath 
entweihen  zu  sehen !  Und  dieser  Zeitpunkt 
konnte  nicht  besser  als  durch  einen  Chor- 
gesang auf  Christus  Geburt  ausgedrückt 
werden.  Im  „Adam  in  Verbannung" 
hat  Vondel  gerade  dieselbe  Idee  wie 
M  i  1 1  o  n ,  die  ersten  Menschen  Gott  mit 
einem  Morgenliede  loben  zu  lassen ,  wel- 
ches er  dann  auch  in  einem  Wechselge- 
sang  Adam   u.   Eva  in  den  Mund  legt. 


469 


Vondel 


Vondel 


4?0 


Ferner  führt  Vondel  in  diesem  Trauer- 
spiele noch  einen  Chor  von  Engeln  und 
Wächtern  des  Paradieses  ein.  Eben  so 
wie  die  Griechen  (vor  Allen  Sophokles) 
erhabene  moralische  Wahrheiten  in  ihre 
Chorgesänge  einflechten,  so  auch  Vondel. 
Wer  kennt  das  Lob  der  Eheliebe  nicht? 
So  wird  auch  in  „ J  e  p  h  t  h  a"  (4.  Act)  der 
Gehorsam  und  die  Selbstverleugnung  treff- 
lich in  dem  Vorbilde  des  Abraham  ge- 
schildert. In  diesem  Trauerspiele,  viel- 
leicht dem  i-egelmässigsten  u.  zugleich  einem 
der  schönsten  von  Niederland's  Meister- 
sängern, ist  die  locale  Wahrheit  u.  Farbe 
des  hebräischen  Alterthums  besonders  tref- 
fend bewahrt.  In  dem  ersten  Chorgesang 
hört  man  die  Töchter  des  Landes,  die  un- 
glückliche I  p  h  i  s  an  ihrer  Spitze,  ein  fröh- 
liches Siegeslied  wegen  der  Siege  über 
Amnion  anstimmen.  Der  zweite,  nach 
dem  unglücklichen  Vorfall,  beklagt  die 
Unbeständigkeit  des  Irdischen,  und  denkt 
mit  schmerzlicher  Erinnerung  an  J  o  s  e  p  h, 
Stammvater  des  Helden,  dessen  Schicksal 
eine  ganz  andere  Wendung  genommen  hatte, 
der  in  den  Armen  s.  Nachkommen  all  s. 
Leid  hatte  vergessen  können !  Im  dritten 
Act  wünscht  der  Chor,  dass  Gott  die  un- 
schuldige Tochter  Jephtha's,  wie  früher 
Moses,  bewahren  möchte ;  auf  diese  Weise 
überall  die  heilige  Geschichte,  die  jedem 
Israeliten  bekannt  sein  musste,  in  die  Chor- 
gesänge einflechtend,  gerade  so,  wie  die 
griech.  Trauerspieldichter  stets  ihre  Göt- 
ter- u.  Heldengeschichten  durch  den  Chor 
in  Erinnerung  bringen.  Der  Plan  der  Stücke 
Vondel's  ist  dagegen  selten  ganz  tadel- 
los. Doch  sogar  bei  den  Griechen  ist, 
was  diesen  Punkt  betrifft,  nur  Sopho- 
kles ein  Muster ,  dem  man  sicher  folgen 
kann:  bei  Aeschylus  kämpfte  der  Dialog 
noch  gegen  den  Chorgesang ,  den  ältesten 
Bestandtheil ,  und  die  Zahl  der  Personen 
war  zu  gering,  um  einen  regelmässigen 
Plan  auszuführen;  bei  Euripides  ist  die 
Handlung  zuweilen  eine  doppelte,  zuweilen 
ist  das  Stück  nichts  als  eine  Zusammen- 
stellung trauriger  Umstände,  ohne  gehörige 
Verbindung.  Der  Plan  von  „Jephtha"  je- 
doch, von  einigen  andern  biblischen  Stücken, 
der  „Jungfrauen'',  der  „Maria  Stuart" 
u.  des  „Gijsbrecht"  (mit  Ausnahme  der 
Erscheinung  des  Engels  am  Schluss)  ist 
ziemlich  geglückt;  andere  sind  mehr  Ge- 
schichtsspiele, woiin  der  Dichter  sich  an 
die  Geschichte,  namentlich  an  die  heil.  Ge- 
schichte gehalten  hat;  in  einigen  wird  der 


Eindruck  der  Auflösung  durch  eine  zweite 
Handlung  gestört,  wie  im  ,,Lucifer", 
worin  Ad  am 's  Fall  noch  kurz  erzählt 
wird,  während  das  Stück  augenscheinlich 
(auch  für  den  Eindruck  des  Ganzen)  mit 
der  Niederlage  Lucifer's  sich  hätte 
schliessen  sollen.  —  Als  lyrischer  Dichter 
war  Vondel  (ausser  s.  erhabenen  Chö- 
ren) ebenfalls  gross  und  ausgezeichnet.  Er 
wusste  das  Feuer,  die  Fülle  der  Gedan- 
ken und  die  Kraft  der  Alten,  besonders 
des  Horaz,  sich  glücklich  anzueignen. 
Die  Griechen  kannte  er  nicht  genug;  da- 
gegen lieferten  ihm  aber  die  geistlichen 
Dichter  eine  reiche  Ausbeute,  und  die  bei- 
den Hauptquellen  s.  Studiums,  Horaz  u. 
David,  hat  er,  ihrer  würdig,  in  den  zwei 
Gedichten :  ,, Römische  Leyer''  und  „Kö- 
nigliche Harfe"  besungen,  beide  Nachah- 
mungen des  bekannten  „Pindarum  quisquis 
studet  aemulari"  des  Horaz.  Die  Gegen- 
stände ,  die  er  behandelte ,  waren  ver- 
schieden ;  doch  nie  lieh  er  s.  Muse  der 
Untugend,  selbst  nicht  der  sinnlichen  Liebe. 
Ein  Kenner  hat  die  Bemerkung  gemacht, 
dass,  während  Ho  oft  u.  Cats  (und  man 
darf  auch  Huygens  hinzufügen)  trotz 
ihrer  feinen  Erziehung  mehrmals  das  ge- 
meine Leben,  dessen  Beschäftigungen,  Wün- 
sche u.  Begierden  besangen,  Vondel  da- 
gegen nur  für  Könige  u.  Helden  zu  dich- 
ten schien.  In  der  That  durchbrach  s. 
Anlage  alle  Hindernisse,  welche  s.  Stand 
ihm  in  den  Weg  legen  wollte.  Es  ist 
wahr,  einige  Ausdrücke  sind  wohl  rauh 
und  hart,  doch  in  den  lyrischen  Gedich- 
ten kommen  sie  am  seltensten  vor;  hier 
hält  er  sich  fast  stets  auf  der  Höhe,  wel- 
che die  Ode  verlangt,  und  weiss  uns  ab- 
wechselnd zu  erheben  und  unser  Gefühl 
anzuregen.  Zu  dieser  letzten  Gattung 
von  Gedichten  gehört  das  treffliche  Stück: 
,,C  onstantinchen",  u.  s.  w. ,  doch  sie 
sind  die  seltensten.  Vondel's  Anlage 
ging  mehr  auf  das  Kühne  und  Erhabene, 
worin  er  Meisterstücke  lieferte.  Wie  ist 
er  so  ganz  in  Entzückung  über  die  Ein- 
weihung der  berühmten  Schule  zu  Amster- 
dam! Wie  verdrängen  sich  da  s.  Bilder 
in  lyrischer  Unordnung !  Wie  strömt  s. 
ganze  Seele  in  Freude  aus  über  die  Ret- 
tung De  Groot's  und  dessen  Rückkehr 
in's  Vaterland !  Nur  einmal  treibt  ihn  Liebe 
zu  s.  Geburtsstadt  zu  den  Füssen  Gustav 
Adolph's,  dass  er  sie  verschone;  dann 
verherrlicht  er  den  Strom  dieser  Geburts- 
stadt, den  bleichblauen  Rhein  in  einer 


471 


Vondel 


Vondel 


472 


herrlichen  Ode.  (S.  ,.  Poesie  oder  ver- 
schiedene Gedichte",  168:2,  I.  Th.  p.  340. 
341.)  Sowohl  in  Oden  als  Siegesliedern 
besingt  er  die  vornehmsten  jener  ewig 
merkw-ürdigen  Elreigoisse,  welche  die  nie- 
derländische Macht  im  17.  Jahrhundert 
mehr  als  einmal  zum  Schicksalsrichter  voa 
Europa  erhoben.  Fast  überall  herrscht 
ein  dichterisches  Bild,  weiches  dem  Gan- 
zen s.  Gestalt  gibt.  So  sieht  der  Dichter 
Friedrich  Heinrich  im  Siegespomp 
von  Herzogenbusch  zurückkehren,  fragt, 
wer  dieser  Held  sei?  Ein  Heros  des  Alter- 
thums?  Ein  Alexander?  Es  ist  der  Ver- 
nichter eines  Waidungeheners,  das  so  viele 
Edle  erwürgte»  Mies  bekommt  unter  den 
Händen  dieses  wahren  Dichters  Körper, 
Farbe  u.  Sprache;  wir  sehen  die  Schiach- 
ten zur  See  und  zu  Lande,  und  frohlocken 
mit  den  Siegern.  —  Das  dritte  Buch  der 
lyrischen  Gedichte  ist  meistens  dem  Schau- 
gepränge des  von  Vondel  in  später  Zeit 
angenommenen  Glaubens ,  dem  Lobe  der 
—  Jesuiten  geweiht,  und  durchgehends 
von  geringerem  poetischen  Werth.  Das 
Gedicht :  „Christliche  Geduld"  macht  hier- 
von jedoch  eine  Ausnahme.  V  o  n  d  e  1 '  s 
Sonette ,  -wiewohl  nicht  die  glänzendsten 
s.  Werke,  zeigen,  wie  AUes,  was  aus  s. 
Feder  floss ,  unverkennbare  Spuren  des 
Genies.  Das  auf  Rose  las  (s.  ,,Poesie", 
L  Th.  p.  slSl)  kann,  wie  glänzend  es 
auch  auf  den  ersten  Blick  erscheint ,  viel- 
leicht die  Probe  des  guten  Greschmacks 
nicht  aushalten ;  aber  wie  treffend ,  wie 
ganz  aus  dem  Herzen  fliessend  ist  nicht 
das  Sonett  auf  den  edlen  Cornelis  Pie- 
tersz.  Hooft!  Wie  stark  und  kräftig 
wird  Rom  (wovon  Vondel  damals  noch 
frei  war)  bei  längerem  Widerstand  der  Un- 
tergang durch  Gustav  Adolph's  Waf- 
fen angedroht  (s.  das.  p.  299)!  und  in 
welch  einem  kurzen  Räume  wiird  Alles, 
was  Schmeichelei  je  Christinen  von  Schwe- 
den während  ihrer  langen  Laufbahn  gesagt 
hat ,  in  Vondel's  Sonett :  „Königliche 
Idee"  übertroffen  (s.  das.  p.  308)!  Doch 
in  Stärke  dichterischen  Ausdrucks  stehen 
die  Sonette  weit  unter  den  Epigram- 
men (im  alten  Sinne).  Wir  erwähnen 
hier  nur  die  bekannten  Glossen  auf  Mas 
Anielio,  De  Groot,  Vossius,  Hooft, 
Jan  Voä  und  die  Brüder  Grab  et  h. 
Brandt  bildete  sich  nach  ihnen  und  kam 
s.  Meister  gleich.  Nicht  minder  glückte 
Vondel  die  i^atyrc.  Sein  ernster  Geist 
sah  in  den  Handlungen  der  Menschen  mehr 


das  Verkehrte,' als  das  Lächerliche;  er 
ward  also  kein  H  o  r  a  z  ,  sondern  ein  J  u- 
venal.  Die  ersten  Veranlassungen  dazu 
gaben  ihm  die  betrübten  Spaltungen  in 
Kirche  und  Staat,  bei  Gelegenheit  der 
göttlichen  Gnadenwahl.  Vondel  weihte 
s.  Herz  und  s.  Feder  der  unterliegenden 
Partei.  Die  von  ihm  wegen  des  „Pala- 
m  e  d  e  s"  erlittene  Verfolgung  erhöhte  s.  Ei- 
fer, und  so  erschienen  eine  Anzahl  Ge- 
dichte ,  die ,  wie  scharf  und  voll  Geist 
auch,  wegen  der  niedrigen  Ausdrücke  un- 
ter der  Würde  des  Dichters  waren.  Man 
kann  s.  Satyren  in  politische  und  theolo- 
gische eintheüen.  Unter  die  besten  der 
ersten  Gattung  gehören  die  „Wagschale 
von  Holland'-,  worin  die  Lösung  der  Kir- 
chenstreitigkeiten dem  Schwert  des  Mo- 
ritz übertragen  wird  (1618,  das.  11.  Th. 
p.  167) ;  eine  Frage  der  amsterdamer  .Aka- 
demie, an  alle  Dichter,  mit  der  Antwort 
(das.  p.  187);  das  ,, Papiergeld-',  geopfert 
auf  dem  Altar  der  hoUänd.  Freiheit  (s. 
das.  p.  195);  „Stachelschrift",  an  Hooft 
(1630),  über  des  Landes  Zustand  (s.  das. 
p.  201) ,  und  ein  sehr  beissendes  Gedicht 
auf  den  Tod  Wilhelm  H. ,  Prinzen  von 
Oranien ,  den  er  darin  wegen  s.  frühzeiti- 
gen Todes  für  die  holländ.  Freiheit  mit 
Curtius  u.  Decius  vergleicht.  Dieses 
letztere  Gedicht  findet  sich  nicht  in  der 
sonst  sehr  vollständigen  Sammlung  von 
Vondel"  5  kleinem  Gedichten,  die  1683 
von  Brandt  herausgegeben  wurde,  w  ahr- 
scheinlich  weil  die  damalige  Regierung  W  i  1- 
helm's  ni. ,  eines  Sohnes  jenes  Fürsten, 
diese  Freiheit  nicht  zuliess.  Unter  den 
theologischen  Satyren  zeichnet  sich  „H  a  r- 
p  u  n  e"  aus ,  über  die  Sucht  einiger  Pre- 
diger, sich  mit  politischen  Sachen  zu  be- 
fassen, und  das  strenge  Decretum  horri- 
bile  gegen  Calvin's  Lehre,  dass  Gott 
auch  jung  verstorbene  Kinder  ewig  ver- 
dammt haben  sollte.  Auch  unter  s.  Hoch- 
zeits-,  Leichen-  und  vermischten  Gedich- 
ten befinden  sich  viele  schöne  Stücke. 
Vondel  bediente  sich  in  s.  jugendlichen 
Gedichten ,  besonders  in  den  Hochzeits- 
gedichten,  viel  der  alten  Götterlehre;  da- 
her ist  s.  Hochzeitslied  auf  H o  of t' s  zweite 
Vereheiichung  ausserordentlich  reich  oder 
lieber  all  zu  üppig  (s.  ..Poesie",  I.  Th.  p. 
622,  640).  Li  späterer  Zeit  enthielt  er  sich 
dessen  u.  neigte  sich  mehr  zur  Legende. 
Sogar  abstracte  theologische  Betrachtun- 
gen, wie  die  der  Transsubs tantia- 
ti oa,  nehmen  unter  s. Händen  ein  poetisches 


473 


Vondcl 


Voorst 


474 


Gewand  an.  Die  „Altargeheiranissc"  sind 
in  dieser  Beziehung  ein  Meisterstück.  Zum. 
Schluss  darf  nicht  unbemerkt  bleiben,  dass 
dieser  grosse  Mann  nur  aus  Ueberzeugiing 
oder  innerem  Drange  und  nie  aus  Neben- 
rücksichten gedichtet  hat.  Hätte  er  es  mit 
der  herrschenden  Partei  der  Kirche  halten 
wollen ,  wie  viel  Verdruss  würde  er  sich 
erspart  haben!  Er  wagte  Amt,  Freiheit  u. 
sogar  s.  Leben,  um  die  Verketzerer  und 
Rechtsverdreher  von  1618  zur  Schau  zu 
stellen ,  und  opferte  den  Tisch ,  ja  die 
Freundschaft  von  Ho  oft  der  Ueberzeu- 
gung,  dass  er  die  katholische  Religion  an- 
nehmen musste.  Ehre  s.  Herzen ,  wenn 
s.  Verstand  auch  irrte!  Seine  Brust 
schlug  stets  für  Religion,  Kirche  u.  Va- 
terland! (S.  über  Vondel  die  vortreff- 
liche, von  Brandt  verfasste  Biogra- 
phie hinter  dessen  ,. Poesie"  [der  Haupt- 
quelle]; J.  De  Bosch  Lobrede  auf  ihn 
in  dem  „Allgem.  Magazin  für  Wissenschaft, 
Kunst  u.  Geschmack",  Th.  I.  St.  1.  p. 
506;  Wagenaar,  „Beschreib,  v.  Am- 
sterdam", St.  in.  p.  245,  246;  „Biogra- 
phien niederländ.  Männer  u.  Frauen",  Th.  I. 
p.  So  — ;  M.  Siegenbeek,  „Abhandl. 
über  Vondel's  Verdienste  als  Dichter",  in 
den  Werken  der  batav.  Gesellsch.  für 
Sprach-  u.  Dichtkunde,  Th.  H.  p.  36— 
108;  ausgewählte  Gedichte  von 
Vondel  in  s.  „Probe  holländ.  Dicht- 
kunde", p.  84—162;  J.  De  Vries, 
„Gesch.  d.  holländ.  Dichtkunde",  Th.  L 
p.  152  —  177,  und  in  Beziehung  auf  Von- 
del's Verdienste  als  holländ.  Sprachfor- 
scher: Ypey,  „Gesch.  d.  niederl.  Spra- 
che", p.  465  u.  Brandt' s  „Biographie 
von  Vondel",  p.  77).  Die  Gedichte  des 
Vondel  bestehen,  ausser  den  bereits  ge- 
nannten, aus  verschiedenen  Uebersetzungen 
(in  Versen  und  in  Prosa)  griech.  u.  lat. 
Dichter,  wie  Sophokles,  Euripides, 
(mit  Hülfe  s.  gelehrten  Freunde)  Virgil, 
(gereimt  u.  nicht  gereimt)  Horaz,  (lyri- 
sche Gedichte  in  Prosa)  u.  O  v  i  d.  Des 
Letztern  „Verwandlungen",  von  Vondel 
übersetzt,  haben,  obgleich  keineswegs  s. 
Meisterstück,  Huydecoper  Veranlassung 
zur  Abfassung  jenes  für  holländ.  Sprache  un- 
schätzbaren Werkes :  „Proben  von  Sprach- 
u.  Dichtkunde"  gegeben.  Die  zwei  vor- 
züglichsten Sammlungen  Vondel's,  und 
nach  welchen  man  ihn  allein  beurtheilen 
muss,  sind  die  „Trauerspiele",  2  Theile, 
4. ,  (in  verschiedenen  Jahren )  bei  A.  D e 
Wees    zu    Amsterdam    herausgekommen, 


und  die  „Poesie",  oder  „verschiedene  Ge- 
dichte, Heldengesänge,  Siegeslieder,  Lob- 
und  Ehrengedichte ,  Sonette  ( lyrische 
Gedichte,  3  Bücher),  Epigramme,  Hoch- 
zeits  -  u.  Leichengedichte ,  Grabschriften, 
Geburts  -  u.  Dankgedichte,  Briefe,  Ele- 
gien, Satyren,  Zueignungen,  Glossen,  ei- 
nige kleinere  Dichtungsarten ,  Gesänge, 
vermischte  Gedichte ,  Uebersetzungen  und 
Alte  Reime",  denen  Brandt 's  Biographie 
des  Dichters  hinzugefügt  ist  (Franeker, 
1682).  Der  „Johannes  der  Bussepredi- 
ger", die  „Altargeheimnisse",  die  oben 
genannten  Uebersetzungen  u.  andere  Stücke 
sind  auch  besonders  bei  De  Wees  er- 
schienen ,  dessen  vollständige  Ausgabe  des 
Dichters,  in  13  Theilen,  4.,  sehr  geschätzt 
und  gesucht  ist.  In  neuerer  Zeit  hat  We- 
st e  r  m  a  n  mit  gutem  Erfolg  eine  neue, 
nette  Handausgabe  des  Dichters  unternom- 
men. Klein,  aber  schön,  ist  die  aus  den 
Chören  von  Vondel's  „Trauerspielen" 
veranstaltete  „Blumenlese"  von  J.  De 
Vries,  1820.  Vor  30  Jahren  begann  B. 
Bosch  bereits  eine  neue  Handausgabe  des 
Dichters  in  kl.  12.,  die  jedoch  nicht  voll- 
endet ist. 

Voorda  (V.)  —  Jacobus  —  geb.  1697 
zu  Harlingen  in  Friesland,  war  zuerst  Ad- 
vocat  des  Gerichtshofes  zu  Leeuwarden, 
dann  (1723)  Lector,  1727  ausserordent- 
licher und  1730  ord.  Prof.  d.  Rechte  zu 
Franeker,  und  noch  in  demselben  Jahre 
nach  Utrecht  berufen,  welches  Amt  er  mit 
einer  Rede  „über  die  Weisheit  der  Römer 
in  dem  Gesetz   der  zwölf  Tafeln"   antrat. 

Voorda  (V.  u.  VI.)  —  Bavius  — 
Sohn  des  Vorigen,  geb.  1729,  zuerst  Ad- 
vocat,  1755  College  s.  Vaters  zu  Frane- 
ker, u.  später  als  Prof.  d.  Rechte  nach 
Leyden  berufen ,  ward  wegen  politischer 
Meinungen  1788  abgesetzt,  erhielt  jedoch 
1795  s.  Amt  wieder. 

Voorda  (V.)  —  Johan  Hendrik  — 
Bruder  des  Vorigen,  Advocat  zu  Leeuwar- 
den, dann  Prof.  d.  Rechte  zu  Utrecht  u. 
später  zu  Franeker.  (S.  Vriemoet, 
„Ath.  Frisiac."  p.  812,  813,  874,  und 
Saxii  „Onomast.",  P.  VIII,  p.  190.) 

Voorst  (VI.)  —  Jan  Van  —  aus  Delft, 
zuerst  Professor  .zu  Franeker,  dann  (seit 
1799)  zu  Leyden,  aus  dessen  Schule  eine 
zahllose  Schaar  von  tüchtigen  Theologen 
und  Kennern  der  heil.  Urkunden  hervor- 
gegangen ist.  Er  hat  bis  jetzt  wenig  ge- 
schrieben; aber  s.  Denkungsart  u.  Kennt- 
niss   zeigen   sich   genugsam  in  s.  Antritts- 


475 


Voort 


Vossius 


476 


rede,  worin  er  De  Groot  u.  Ernesti, 
als  Muster  guter  Exegeten,  mit  einander 
vergleicht,  in  s.  Dogmatik  und  in  s.  Schü- 
lern, von  welchen  wir  nur  Borger  nen- 
nen wollen ,  dessen  Erklärung  des  Briefes 
über  dieGalater  und  s.  lat.  Rede  „über 
die  Pflichten  des  Schrifterklärers",  bei  all 
dem  eigenen  Genie  des  Verfassers,  die 
Schule  eines  Van  Voorst  verrathen. 

Voort  (III.)  —  Jeronyraus  Van  Der  — 
8Üd - niederländ.  Dichter,  war  Factor  der 
Redekammer:  „die  Goldblumen",  zu  Ant- 
werpen, der  ebenfalls  mit  Wilhelm  I. 
der  Tyrannei  Alba's  entfloh.  Man  findet 
bei  Voort  eine  Menge  Bastardwörter. 

Vorstius  (in.)  —  ...   —  Botaniker. 

Vo8  (III.)  —  Jan  —  ein  Glaser  und 
schwülstiger  Dichter.  Ohne  alle  wissen- 
schaftliche Bildung  schien  dieser  ausser- 
ordentliche Mann  Vondel  die  Krone  strei- 
tig machen  zu  wollen,  dessen  Stücken  er, 
als  einer  der  Directoren  des  amsterdamer 
Schauspieles ,  oft  durch  niedrige  Kunst- 
griffe zu  schaden  suchte,  wahrscheinlich 
um  dadurch  s.  eigenen  ausschweifenden 
Geistesproducte  besser  zur  Schau  zu  stel- 
len. Obgleich  von  Kennern  (s.  Van  Ef- 
fen  in  s.  „  holländ.  Zuschauer",  I.  Th. 
p.  190  — 192)  s.  Verse  sehr  gepriesen 
werden,  so  bleibt  jedoch  s.  Darstellungs- 
weise ausschweifend  u.  abgeschmackt:  mit 
Wollust  badet  er  sich  im  Blute  und  ver- 
weilt bei  dem  AUergrässlichsten ;  s.  Cha- 
raktere sind  so  unnatürlich  und  hart,  dass 
auch  die  schönste  Poesie  einen  „Aran  u. 
Titus"  (1641),  wie  sehr  auch  anfangs 
beifällig  aufgenommen,  auf  die  Länge  nicht 
hätte  halten  können.  Dieses  Stück  ist  mit 
Recht,  ausgenommen  bei  Liebhabern  des 
Alterthums,  vergessen.  Je  länger,  desto 
tiefer  sank  Vos  in  dieser  Manier.  So 
folgte  auf  jenes  Stück  die  „Medea",  voll 
von  Gräuelthaten ,  und  endlich  die  Posse 
„Orne",  worin  alle  Plattheiten  des  Pöbels 
einer  grossen  Stadt  in  ihrer  ganzen  Gemein- 
heit vorkommen.  (S.  Wagenaar's  „Am- 
sterdam" ,  III.  Th.  p.  246,  247.) 

Tos  (III.)  —  Lambert  De  —  burles- 
ker Dichter  aus  Brügge,  der  den  Reich- 
thum  der  holländ.  Sprache  in  Verbin- 
dungswörtern zeigte,  jedoch  auch  das  Ge- 
meine u.  Platte  nicht  immer  zu  vermeiden 
wusste. 

Vos  (VI.)  —  Willem  De  —  Menno- 
nitenprediger,  ein  in  vielen  Fächern  des 
menschlichen  Wissens  und  in  allgemeiner 
Sprachkunde  sehr  bewanderter  Mann,  und 


namentlich  durch  s.  Leichenrede  auf  Huls- 
hoff  bekannt. 

Vossius  (in.)  —  Gerard  Janszoon  — 
geb.  1577  zu  Heidelberg.  Sein  Vater, 
Johannes  Vossius,  oder,  wie  er  s. 
Namen  auch  nach  dem  Griechischen  ver- 
änderte, Alopecius,  aus  Roermond  in 
Obergeldern,  legte  sich  mit  23  J.  auf  die 
Theologie,  nach  der  Lehre  der  Reformir- 
ten,  der  er  mit  Eifer  anhing.  Durch  eine 
der  im  16.  Jahrh.  so  zahlreichen  Kirchen- 
spaltungen s.  Postens  entsetzt  (der  neue 
Kurfürst  war  nämlich  lutherisch  gewor- 
den, und  wollte  nun  auch,  dass  das  ganze 
Land  dies  werden  sollte)  begab  sich  der 
Vater  mit  s.  Frau  und  einem  halbjährigen 
Kinde  nach  dem  gastfreien  Holland,  wurde 
Prediger,  nach  einander  zu  Leymuiden, 
Veurne  in  Flandern  und  zu  Dordrecht,  wo 
s.  Gattin  und  er  kurz  nach  einander  star- 
ben. Gerard,  die  6jährige  Waise,  ward 
von  Barbara  Van  DerMijle,  deren 
verstorbener  Gatte,  Jacob,  in  der  Pfalz 
sehr  dem  alten  Vossius  zugethan  gewe- 
sen, auferzogen.  Auf  den  lat.  Schulen, 
die  damals  zu  Dordrecht  in  ihrer  vollen 
Blüthe  standen,  machte  er  grosse  Fort- 
schritte, kam  1595  auf  die  Universität  zu 
Leyden,  und  erhielt  drei  Jahre  darauf  die 
höchste  Würde  in  der  Philosophie  u.  den 
freien  Künsten ;  er  war  der  Erste ,  dem 
diese  Ehre  daselbst  zu  Theil  wurde.  Hier 
begann  er  bereits,  einige  Schriften  Aon 
Aristoteles  zu  erklären;  man  wollte 
ihm  eine  Professur  verleihen ,  als  an  den 
dordrechter  Schulen  das  Rectorat  offen 
und  dieses  G  e  r  a  r  d  übertragen  wurde. 
Fünfzehn  Jahre  lang  stand  er  diesem  Amte 
mit  Eifer  vor,  bildete  während  dem  viele 
tüchtige  Schüler  und  schrieb  s.  „Institu- 
tionum  Oratoriarum  Libri  VI."  Dieses 
Werk  machte  ihm  einen  grossen  Namen, 
und  er  wurde  fast  gleichzeitig  nach  Stein- 
fort als  Prof.  d.  Theologie  und  nach  Leyden 
als  Director  des  StaatscoUegiums  für  die 
Theologie  berufen.  Er  nahm  letzteres  Amt 
an  und  bekleidete  dasselbe  vier  Jahre. 
Hierauf  Avurde  er  Prof.  d.  Beredsamkeit 
und  Chronologie,  lehnte  einen  Ruf  nach 
Cambridge  ab ,  und  schrieb  zunächst  s. 
„Rhetorica"  u.  „  Grammatica  " ,  die  noch 
auf  den  Schulen  in  Gebrauch  sind.  In 
England,  wohin  besonders  s.  Ruhm  ge- 
drungen war,  wurde  er  1629  von  Karll. 
ausgezeichnet  empfangen  und  mit  dem  ein- 
träglichen Canonicat  der  Kirche  von  Cam- 
bridge   beschenkt.       1631    berief   ihn    die 


4T7 


Vossius 


Vossius 


4?8 


Stadt  Amsterdam  auf  ihr  so  eben  gestif- 
tetes Athenäum ,  welches  durch  ihn  gleich 
anfangs  einen  akademischen  Glanz  erhielt. 
Hier  jedoch  verlor  er  in  zwölf  Jahren 
acht  erwachsene  Kinder  und  darunter  vier 
gelehrte  Söhne,  Franciscus,  Dichter 
einer  lat.  Hymne  auf  den  Triumph  des  M. 
H.  Tromp  im  J.  1640;  Matthäus, 
V^erf.  der  ., Jahrbücher  von  Holland  und 
Zeeland"  (1635  —  1645),  die  nach  s.  un- 
zeitigen Tode  beendigt  wurden  von  s.  Bru- 
der Isaak,  dem  einzigen,  der  dem  Vater 
noch  übrig  blieb;  Dionysius,  Uebers. 
der  „niederländ.  Geschichte"  von  Reyd, 
den,  als  er  von  Gustav  Adolph  nach 
Dorpat  berufen  in  Begriff  stand ,  sich 
nach  Schweden  zu  begeben,  die  Kinder- 
blattern in  s.  22.  Jahre  (1633)  dahinraff- 
ten; —  und  Gerard,  Herausgeber  des 
Vellejus  Paterculus,  der  1640  an 
den  Masern  starb.  Zwei  Jahre  früher  war 
die  älteste  Tochter  des  unglücklichen  Grei- 
ses, Cornelia,  ein  Mädchen,  in  welchem 
sich  alle  Eigenschaften  des  Geistes  und 
des  Herzens  auf  das  Herrlichste  zeigten,  — 
die  die  Kenntniss  der  französischen,  span., 
ital.  u.  sogar  lat.  Sprache ,  der  Musik  u. 
Malerei  mit  Häuslichkeit  paarte,  auf  dem 
leydener  Meer  im  Eise  eingebrochen  und 
erfroren.  Der  Vater,  durch  so  vieles  Un- 
glück heimgesucht,  fand  nur  noch  Trost 
in  s.  Studien,  und  so  wurden  s.  letzten 
Jahre  in  dieser  Beziehung  auch  die  frucht- 
barsten. Er  starb  1649,  72  J.  alt.  Vos- 
sius trug  zur  Kenntniss  der  griech.  und 
lateinischen,  so  wie  auch  einiger  neuern 
historischen  Schriftsteller  viel  bei.  In  s, 
Werke  über  die  griech.  u.  lat.  Schrift- 
steller zeigt  sich  eine  seltne  Gelehrsam- 
keit: nicht  einer  derselben  bis  zum  15.  oder 
16.  Jahrhundert,  und  keines  ihrer  Werke 
ist  s.  Aufmerksamkeit  entgangen.  Auch 
in  der  Geschichte  der  Kirche  zeichnete  er 
sich  aus.  In  s.  „Theologia  Gentilis", 
einem  Werke  über  den  Ursprung  u.  Fort- 
gang der  Abgötterei,  leitete  er  die  griech. 
Mythologie  aus  Palästina  ab.  Dieses  Werk 
und  seine  Abhandlungen  über  drei  der  äl- 
testen Religionen  sind  zu  Rom  verboten. 
Seine  Geschichte  von  Pelagius  Lehre 
lässt  diesem  nur  all  zu  oft  verkannten  Kir- 
chenlehrer Recht  widerfahren.  Vossius 
war  jedoch  nicht  allein  als  Kritiker,  son- 
dern auch  als  Sprachkenner  ausgezeichnet. 
Er  behandelte  die  Elemente  der  lat.  Spra- 
che, die  Rhetorik  und  die  Elemente  der 
Dichtkunst.     Die  von  ihm  verfassten  Werke 


sind  folgende :  „  Ars  Historica  sive  de 
Historiae  et  Historices  natura,  Historiae- 
que  scribendae  praeceptis" ,  Lugd.  Bat. 
1623,  1653,  4.  „De  Historicis  Graecis", 
Lib.  IV.  L.  B.  1624,  1651.  „De  Histo- 
ricis Latinis",  Lib.  IV.  L.  B.  1627,  1651. 
„Historiae  universalis  Epitonie",  1701  (gedr. 
b.  Blaau),,  De  Theologia  Gentili  et  Phy- 
siologia  Christiana ,  sive  de  origine  et  pro- 
gressus  Idololatriae",  Lib.  IX.  Amst.  1641, 
1668,  4.  „Historiae  de  controversiis,  quas 
Pelagius ,  ejusque  Reliquiae  moverunt", 
Lib.  VIL  L.  B.  1618,  Amst.  1655,  4. 
„  Institutiones  Oratoriae",  L.  VI.  1605, 
mehrmals  umgearbeitet.  „De  Rhetorices  na- 
tura", 1621.  „Rhetorica  contracta",  „Rhe- 
torica"  1626.  „Grammatica  Latina  et  Grae- 
ca" ,  während  s.  Lebens  4  mal  aufgelegt. 
„De  Vitiis  sermonis  et  Glossematis  libri", 
1645.  „De  Artis  Poeticae  natura",  1647. 
„De  Imitatione  et  Recitatione  veterum", 
Cats  dedicirt,  1647.  „Poeticarum  Insti- 
tutionum  Lib.  III."  1647.  ,.Disputationes 
XX  de  Baptismo ,  et  una  de  Sacramento- 
rum  vi  atque  efficacia",  1648,  bei  Elze- 
vier.  Ausserdem  einige  kleine  Schriften, 
als:  ,,Castigationes  et  notae  in  fragmenta 
veterum  Tragicorum",  1620.  „Oratio  de 
Utilitate  Historiae",  1632.  „Dissertationes 
de  tribus  symbolis,  Apostolorum,  Athana- 
siano  et  Constantinopolitano" ,  Amst.  ap. 
Blaau,  1642,  etc.  Nach  s.  Tode  erschie- 
nen noch :  Anhänge  zu  s.  „Theologia  Gen- 
tilis" und  den  „Vitiis  sermonis";  „de  Ar- 
tibus  popularibus,  de  Philologia,  de  Uni- 
versa  Matheseos  natura  et  Constitutione 
Liber,  cui  subjungitur  Chronologia  Ma- 
thematicorum ".  Diese  wurden  von  Fr. 
Junius,  dem  jungem  Neffen  von  Vos- 
sius, herausgegeben.  „De  Cognitione  sui 
libellus",  „de  Studiis  instituendis" ,  beide 
von  Hadr.  Junius  aus  Utrecht,  Rector 
d.  lat.  Schulen  zu  Amsterdam,  herausge- 
geben. ,,In  Epistolam  Plinii  de  Christia- 
nis, et  Edicta  Caesarum  adversus  Christia- 
nos  Commentarius",  1656.  „Harmonica 
Evangelica,  de  passione  J.  C",  1656,  b. 
Elzevier.  „De  Philosophia  et  Philosopho- 
rum  Sectis",  1658,  von  Is.  Vossius  her- 
ausgegeben. ,,Logica",  1658.  „Chrono- 
logia Sacra",  1659.  „Etymologicon  lin- 
guae  Latinae",  1662  b.  Elzevier,  1695 
Blaau,  mit  Isaak' s  Anmerkungen.  Dies 
war  das  Werk  eines  40jährigen  Nachden- 
kens. „Dissertatio  Epistolica  de  jure  Ma- 
gistratus  in  rebus  Ecclesiasticis ,  contra 
Walaeum",   Amst.  1660,  4.     Die  sämmt- 


4T9 


Vossius 


Vrolik 


480 


ichen  Werke  von  Vossius  erschienen  v. 
1695  —  1701  zu  Amsterdam  in  6  Theilen 
Fol.  Dazu  kommen  noch  33  Werke  im 
Manuscript,  die  sich  in  der  Bibliothek  der 
Remonstrantengemeinde  zu  Amsterdam  be- 
finden. Man  sieht  hieraus,  welch  eijien 
Schatz  von  Kenntnissen  Vossius  besass ! 
(S.  über  ibji:  Foppens,  T.  I.  p.  351. 
Niceron,  „Horames  celebres",  T.  XIII. 
p.  89.  Wachler,  I.  Bd.  2.  Absch.  p. 
726  —  728.  Besonders  aber :  DeCrane's 
(zu  Franeker)  „Oratio  de  Vossiorum  Ju- 
niorumque  familia",  p.  9 — 24,  30  —  32, 
64—76.) 

Vossius  (IV.)  —  Isaak  —  Sohn  des 
Vorigen,  geb.  1618,  gest.  1689,  der  nach 
des  Vaters  Tode  die  Professur  der  Ge- 
schichte zu  Amsterdam  ablehnte,  um  den 
Wissenschaften  ungestört  leben  zu  können, 
war  der  Königin  Christine  Lehrer  der 
griech.  Sprache,  empfing  als  einer  der 
grössten  Gelehrten  Europa's  durch  C  o  1  - 
bert  eine  Pension  von  Ludwig  XIV., 
ward  von  Karl  II.  zum  Canonicus  von 
Windsor  (einem  blos  Gewinn  gebenden 
Titel)  erhoben ,  lebte  von  dieser  Zeit  an 
in  England  und  gab  den  „Periplus"  von 
Scylax  (1639),  Anmerkungen  zu  Justi- 
nus  (1640),  Mela  (1658)  und  Catul- 
lus  (Lond.  1684),  so  wie  die  Briefe  von 
Ignatius  und  Barnabas  (1649,  1680) 
heraus.  Isaak  war  auch  Naturforscher: 
er  machte  zuerst  die  Bemerkmig,  dass  das 
Quecksilber  in  einem  Haarröhrchen  nicht 
so  hoch  stieg,  als  es  in  einem  Glase  oder 
Gelasse  stand ,  und  dass  in  Röhren,  welche 
mit  einander  verbunden  sind,  die  eine  nur 
eine  Haarröhre  zu  sein  braucht,  um  die- 
selbe Wirkung  hervorzubringen,  als  ob  sie 
es  alle  wären.  Nach  s.  Tode  kaufte  die 
leydener  Universität  seine  Bibliothek  für 
36,000  Gulden.  (S.  Foppens,  T.  IL 
p.  777,  778.) 

Vossius  (III.)  —  Dionysius  —  Bru- 
der des  Vorigen,  geb.  1606,  gest.  1633, 
ein  in  Sprachen  sehr  bewanderter  junger 
Mann,  übersetzte  die  Abhandlung  des  Mo- 
se.s  Maimonides  aus  dem  Hebräischen 
ins  Lateinische. 

Vossius  (IIL)  —  Mattheus  —  ein 
Bruder  des  Vorigen,  ging  in  s.  „Annalium 
HoUandiae  Zelandiaeque  Libri  V"  (Amst. 
1635)  von  der  irrigen  Ansicht  aus,  dass 
die  Niederländer  zu  allen  Zeiten,  sogar 
von  den  Franken,  unabhängig  gewesen 
seien.  Er  ahmt  den  Styl  der  alten  Schrift- 
steller nach ,   und   lässt  Dirk   II.  (im  10. 


Jahrh.)  eine  sehr  wohl  gesetzte  Rede  an 
s.  Sohn  über  die  Nachtheile  des  ehelosen 
Lebens  für  einen  Fürsten  halten. 

Vreede  (VI.)  —  P.  —  Romanschrift- 
steller, der  eine  wohlgelungene  Schilde- 
rung von  dem  Leben  der  holländischen 
Bürger  auf  ihren  Landhäusern  an  der  Vecht 
verfasste. 

Vriemoet  (V.)  —  Emo  Lucius  — 
aus  Emden  in  Ostfriesland,  Prof.  der  he- 
bräischen Sprache  zu  Franeker,  gab  ,,Athe- 
narum  Frisiacarum  Libri  II.  seu  Elogia 
Ephororum  et  Professorum,  cum  serie  Se- 
cretariorum ,  Bibliothecarum  etc."  Leov. 
1763,  4.  und  eine  kurzgefasste  arabische 
Grammatik  für  Anfänger  (1733  zu  Frane- 
ker) heraus. 

Vrient  (III.)  —  Lipsius  Maximiliaan 
De  —  geb.  auf  dem  Castel  Zandenburg 
bei  Vere  1559,  jedoch  erzogen  zu  Gent, 
hierauf  Secretär  dieser  Stadt  und  vertrau- 
ter Freund  des  Lipsius,  war  lat.  Dich- 
ter, dessen  „Epigramme"  (Antw.  1603, 
Ingolstadt  1607)  zum  Theil  unter  dem 
Mittelmässigen  stehen.  Seine  „Elegien" 
(Low.  1614)  sind  besser.  Ausserdem  ver- 
fasste er  erbauliche  Gedichte  und  eine  Be- 
schreibung der  Huldigung  des  Erzherzogs 
Albert  und  der  Isa  b  eil a  (Antw.  1602). 

Vries  (VI.)  —  Jeronymo  De  —  ein 
Schwestersohn  von  Jeronymo  De  Bosch 
und  dessen  Nachfolger  als  erster  Secretär 
an  dem  Secretariat  von  Amsterdam,  später 
Griffier  dieser  Stadt,  hatte  sich  ganz  nach 
s.  würdigen  Oheim  gebildet,  um  die  Dicht- 
kunst nicht  nach  Regeln,  sondern  nach 
Mustern  zu  studiren  und  zu  beurtheilen. 
Mit  philosophischem  Scharfsinn  und  achtem 
Kunstgefühl  entwickelte  er  in  einer  edlen 
Sprache  die  Ursachen  der  schönen  Blüthe 
der  Poesie  im  17. ,  und  ihrer  Abnahme  im 
18.  Jahrhundert;  nur  hinderte  ihn  das  be- 
scheidene Stillschweigen,  wozu  er  sich  in 
Ansehung  der  noch  lebenden  Dichter  ver- 
pflichtet hielt,  an  einer  vollständigen  Ue- 
bersicht  und  einer  getreuen  Würdigung  der 
ganzen  Geschichte  bis  auf  unsere  Zeit,  als 
bereits  das  herrliche  Wiederaufleben  des 
poetischen  Geistes  solche  schöne  Früchte 
getragen  hatte.  Seine  von  der  Gesell- 
schaft für  Sprach-  und  Dichtkunde  (der 
schönen  Künste  und  Wissenschaften)  ge- 
krönte „Geschichte  der  holländ.  Dicht- 
kunst" erschien  1809. 

Vrolik  (VI.)  —  ...  -  Prof.  zu  Am- 
sterdam, Botaniker. 


481 


Vulcanius 


Waaijen 


482 


ViQcauiuiS  (III.)  —  Bonaventura  — 
(eigentl.  De  Sinet,  vielleicht  auch  De 
Smit)  geb.  1538  zu  Brügge,  gest.  1595, 
begab  sich  nach  Spanien  zum  Cardinal 
Mendoza,  dessen  Bibliothekar  er  wurde, 
kehrte  nach  11  Jahren  auf  den  Wunsch 
s.  sterbenden  Vaters,  der  Pensionär  von 
Brügge  war,  zurück,  fand  denselben  aber 
nicht  mehr  am  Leben,  worauf  er  nach 
Köln,  Basel  und  Genf  ging,  und  1578  als 
Prof.  d.  griech.  Literatur  zu  Leyden  an- 
gestellt wurde.  Er  gab  heraus :  einige 
Werkchen  von  Cyrillus,  Martianus 
Capeila,  Arrianus  über  die  Feldzüge 
Alexanders,  Fronto  und  andere  lat. 
Grammatiker,  Agathias,  Callimachus, 
Aristoteles  (de  Mundo),  Apulejus, 
Isidorus,  Theophylaktus  Simo- 
katta,  Constantinus  Porphyrogen- 
neta,  ein  Werkchen  des  sog.  heiligen 
Cyrillus,  ein  griechisch  -  lateinisches 
Wörterbuch  („Poly xenos")  und,  was 
besonders  Erwähnung  verdient,  den  Jor- 
nandes  über  die  Thaten  der  Gothen.  Bei 
dieser  Gelegenheit  stellte  er  Untersuchun- 
gen über  die  gothische  Sprache  an,  und 
man  versichert,  dass  Vulcanius  der  Erste 
war,  der  jenes  kostbare  und  älteste  Ueber- 
bleibsel  des  gothischen  Alterthums,  die 
Uebersetzung  der  Evangelien  des  Ulphi- 
1  a  s  im  Möso  -  Gothischen  ,  mehr  bekannt 
machte ;  auch  muss  sich  auf  der  leydencr 
Bibliothek,  ausser  vielen  andern  Hand- 
schriften, eine  „Harmonie  der  vier  Evan- 
gelisten" von  Tatianus  mit  einer  gothi- 
schen Uebersetzung  befinden.  (S.  Meur- 
sius,  „Athenae  Batavae",  p.  103  — 105. 
Foppens  V.  I.  p.  142,  143.) 

Vynclit  (V.)  —  Lucas  Joseph  Van 
Der  —  aus  einem  angesehenen  Geschlechte, 
geb.  1691    zu    Gent,     gest.  1779,     wurde 


1729  Mitglied  des  Rathes  von  Flandern, 
und  schrieb  auf  Veranlassung  und  Kosten 
des  östreichischen  Staatsdieners,  Grafen 
von  C  oben  tzel,  eine  „historische  Unter- 
suchung über  die  Landvögto  und  Land- 
vögtinnen  in  Niederland"  (1470 — 1765), 
wovon  jener  Minister  1765  nur  sechs  Exem- 
plare drucken  Hess.  Schlötzer  sah  die- 
ses Werk  zu  Strasburg  und  veranlasste 
davon  eine  deutsche  Uebersetzung,  die  zu 
Zürich  1793  in  3  Theilen  erschien  und  als 
sehr  getreu  gerühmt  wird.  Ueber  die 
grössere  oder  geringere  Wichtigkeit  des 
Werkes  sind  die  Stimmen  getheilt.  (S. 
Scheltema's  „vermischte  Schriften", 
II.  Th.  p.  200,  201.  Die  ganze  Beurthei- 
lung  p.  177  —  201.  Wachler's  „Gesch. 
d.  histor.  Forschung",  IL  Bd.  3.  Abth.  p. 
1004 ,  1005.)  Unlängst  erschienen  zwei 
Ausgaben  dieses  Werkes  in  Belgien,  die 
eine  verändert  und  verbessert,  die  andere 
nach  dem  Original.  Sie  wurden  von  den 
Herren  Tarte  zu  Brüssel  und  Van  Reif- 
f  e  n  b  e  r  g ,  Prof.  zu  Löwen,  besorgt.  Van 
Der  Vynckt  ist  unvollständig  und  man- 
gelhaft hinsichtlich  alles  Dessen ,  was  die 
holländischen  Provinzen  betrifft ,  jedoch 
um  so  wichtiger  in  Beziehung  auf  Belgien, 
besonders  Flandern  und  namentlich  s.  Ge- 
burtsstadt Gent ,  indem  er  sehr  gut  den 
Ursprung  des  damaligen  Volkshasses  zwi- 
schen den  Niederländern  und  Spanlern  ent- 
wickelt, weshalb  er  auch  in  diesem  Punkte 
als  Commentar  dienen  kann  für  die  be- 
rühmte Stelle  von  De  Groot  („Annal.", 
L.  I.  p.  4.  Amst.  Biaau,  1658 :  „Hispanis 
Belgisque  etc.")  über  diesen  Gegenstand 
und  für  einige  der  Veranlassungen  des  Auf- 
standes. Doch  ist  bereits  von  Andern  be- 
merkt worden,  dass  er  im  letzten  Theile 
s.   Werkes  von  geringerem  Interesse  ist. 


w. 


Waaijen  (IV.)  —  Joannes  Van  Der 
—  geb.  1639  zu  Amsterdam,  gest.  1701, 
der  neunte  Sohn  eines  wegen  des  Glaubens 
geflüchteten  antwerpener  Kaufmannes,  und 
Prediger  zu  Middelburg.  Mitten  im  Win- 
ter musste  Van  Der  Waaijen  mit  einem 
zweijährigen  Kinde  (1676)  Middelburg  ver- 
lassen (vgl.  Art.  M  0  m  m  a),  erhielt  jedoch 
1678  einen  Ruf  als  Professor  nach  Fra- 
neker.  Er  war  bereits  von  1665  bis  1672 
in  Friesland    bekannt  und  geachtet  gewe- 


sen als  Prediger  zu  Leeuwarden,  jedoch 
durch  s.  Mässigung  dem  Eiferer  Mare- 
sius,  den  er  gleichwohl  mit  Voetius  zu 
versöhnen  bemüht  war,  als  Coccejaner  u. 
Arminianer  misfäliig  und  sogar  in  Zeeland 
verfolgt  worden.  Dessenungeachtet  rächte 
sich  Van  Der  Waaijen  nur  durch  Ver- 
suche, die  beiden  Statthalter  von  Fries- 
land und  der  übrigen  Provinzen  zu  ver- 
söhnen, welches  ihm  auch  1685  glückte. 
Er  hatte  sogar  eine  Unterredung  mit  Wil- 
16 


483 


Wagenaar 


Wallius 


484 


heim  III. ,  der  s.  in  Zeelancl  gegen  Van 
Der  Waaijen  gefassten  Beschluss  (s. 
Wagen  aar,  „vaterl.  Gesch.",  Th.  XIV, 
p.  445  —  450)  zurücknahm.  Dieser  war 
übrigens  Alles,  nur  nicht  heterodox.  Er 
vertheidigte  die  Lehre  des  Teufels  gegen 
Balthazar  Bekker  und  hatte  Streit 
mit  dem  amsterdamer  Professer  Ludwig 
Wol  zogen,  den  man  der  Begünstigung 
der  Socinianer  beschuldigte.  Er  schrieb 
gegen  Van  Hattem,  gegen  Le  Clerc 
und  Limborch,  Beide  Remonstranten, 
hielt  es  jedoch  mit  Roell  gegen  Hub  er. 
Auch  hatte  er  Zwiste  über  Punkte  von 
geringer  Wichtigkeit  mit  Witsiiis  und 
Joannes  a  Marck,  seinem  Collegen. 
Der  grosse  Rechtsgelehrte  S  c  h  u  1 1  i  n  g 
hielt  s.  Leichenrede.  (S.  über  Van  Der 
Waaijen:  Wagenaar's  „Amsterdam", 
Th.  IILp.  233,  234.  De  La  Rue,  „Ge- 
lehrt. Zeeland" ,  p.  106.  Vriemoet, 
„Athen.  Frisiacae",  p.  557—576). 

IVa^enaar  (V.)  —  Jan  —  geb.  1709 
zu  Amsterdam,  ward  zum  Kaufmann  erzo- 
gen, v>idmete  jedoch  s.  Mussestunden  dem 
Studium  der  Geschichte,  der  lat.,  griech., 
franz.  und  englischen  Sprache.  1732  über- 
setzte er  Tillotson's  Kanzelreden  und 
die  Geschichte  der  Päpste.  Er  befleissigte 
sich  eines  reinen  holländischen  Stjis  und 
benutzte  zu  s.  historischen  Arbeiten  die 
besten  und  ältesten  Quellen.  Aus  diesen 
entstand  s.  Hauptwerk:  die  „vaterländische 
Historie,  oder  Geschichte  der  Vereinigten 
Niederlande ,  besonders  die  von  Holland, 
von  den  frühesten  Zeiten  an  bis  auf  das 
Jahr  1751",  welche  er  1749  begann  und 
1759  beendigte.  Der  Verfasser,  dessen 
Styl  zu  wortreich,  dabei  aber  doch  voll- 
kommen deutlich,  klar  und  rein  ist,  wollte 
in  den  ersten  Theilen  dieses  Werkes  we- 
niger die  Geschichte  der  Fürsten,  als  die 
des  Volkes  beschreiben.  Nach  dem  Er- 
scheinen der  vaterländischen  Historie  ward 
er  1758  zum  Historiographen  und  1760  zum 
ersten  Secretär  des  Secretariats  der  Stadt 
Amsterdam  ernannt.  Hierauf  verfasste  er 
«ine  1767  zu  Amsterdam  erschienene  aus- 
führliche „Beschreibung  und  Geschichte 
Amsterdam's",  welche  die  frühern  Werke 
von  Commelin  u.  A.  überflüssig  machte. 
Obgleich  in  3  Th.  Fol.  oder  12  Th.  8.  zu 
breit  und  umständlich,  bemerkt  man  je- 
doch darin  einen  kurzen  Abriss  der  vor- 
züglichsten Literatur,  den  man  bei  s. 
Hauptwerke  vermisst.  1766  prüfte  er  die 
Aechtheit  der   „Reimchronik"   des  Klaas 


Kolijn,  die  er,  der  Spur  Huyd  eco - 
per's  folgend,  für  falsch  erkannte.  Seine 
kleinern  staatswissenschaftlichen  Schriften 
beschränken  sich  meistens  auf  die  Ereig- 
nisse von  1748  und  auf  das  Benehmen  der 
Engländer  im  Kriege  von  1756,  oder  auf 
die  Vertheidigung  De  Witt's  gegen  P. 
L  e  C 1  e  r  c  q.  Unter  s.  theologischen  Wer- 
ken ist  durch  viele  Gelehrsamkeit  ausge- 
zeichnet s.  Geschichte  der  christlichen 
Kirche  im  ersten  Jahrhundert,  welche  1773, 
in  demselben  Jahre  herauskam,  in  welclvem 
dieser  brave,  religiöse  und  von  Jedem  ge- 
achtete Mann  starb.  Kluit,  Te  Water, 
Van  Wijn  priesen  ihn  einstimmig.  Wa- 
gen aar  war  auch  Mitarbeiter  des  von 
Tirion  unternommenen  grossen  Werkes: 
„Gegenwärtiger  Zustand  aller  Völker  in 
allen  Welttheilen". 

Wagenaar  (H. )  —  Lucas  Janszoon 
—  geb.  zu  Enkhuizen ,  dessen  „Spiegel 
der  Seefahrt"  (Leyden  1584  u.  1585,  bei 
C.  Plantijn,  2  Theile)  lange  Zeit  in  so 
grossem  Ansehen  stand ,  dass  die  Englän- 
der jedes  verbesserte  Werk  über  diesen 
Gegenstand  einen  „Wagen aar"  zu  nen- 
nen pflegten.  (S.  G.  Brandt's  „Gesch. 
V,  Enkhuizen",  p.  310.) 

^ITakker  (V.)  —  Jacob  Filips  Me- 
denbach  • —  aus  Härder wijk,  Conrector  zu 
Kampen ,  Groningen  und  dann  Rector  zu 
Z wolle  (1772,  1776,  1777),  machte  sich 
durch  lat.  Gedichte  bekannt. 

Walaeus  (IV.)  —  Joannes  —  geb. 
1604  zu  Koudekerke,  ward  1631  Doctor, 
und  1648  Prof.  d.  Medicin  zu  Leyden,  wo 
er  jedoch  schon  1649  starb.  Er  war  ein 
grosser  Anatom,  dessen  Briefe  an  Bar- 
th o  l  i  n  u  s  wichtige  Versuche  über  den 
kaum  entdeckten  Umlauf  des  Blutes  ent- 
halten. Seine  Werke  wurden  1660  zu  Lon- 
don von  dem  Schotten  Irwin,  s.  Schüler, 
in  einem  Theile  in  8.  herausgegeben.  Sie 
umfassen:  „Institutiones  compendiosae  Me- 
dicinae,  Libri  III."  „Medicina  practica, 
brevissime  tradita ,  L.  III."  „Epistolae 
duae  de  motu  chyli  et  sanguinis  ad  Bar- 
tholinum".  (S.  D  e  La  Rue,  „Gelehrt.  Zee- 
land", p.  250,  251.) 

Wallius  (IV.)  —  ...  —  aus  Kortrijk, 
geb.  1599,  gest.  1680,  verdient  durch  Er- 
habenheit der  Gedanken  und  Reinheit  des 
Ausdrucks  einen  Platz  unter  den  ersten  lat. 
Dichtern  s.  Landes.  Er  wetteifert  mit 
Sidronius  Hosschius,  s.  altern  Freuude, 
um  die  Ehrenkrone  der  Poesie.  Fran- 
cius,  der  in  ihm  nicht  den  Jesuiten,  son- 


485 


Walre 


«lern  den  Dichter  sah,  ehrte  ihn  als  solchen. 
Auch  Broekhuizen  und  der  ältere  Bur- 
man  schätzten  ihn  hoch.  Im  Epos,  in  der 
Elegie  und  im  Lehrgedicht  (ni  welchem 
letztem  er  H  o  r  a  z  nahe  kommt)  ist  er  in 
der  That  gross. 

"Walre  (VI.)  —  Jan  Van  —  ein  Kunst- 
freund von  Loosjes,  steht  unter  den  noch 
lebenden  Haarlemern  als  Dichter  oben  an. 
Auch  er  trieb  einige  Zeit  den  Buchhandel. 
Ein  sorgenfreies  Leben  führend ,  widmete 
er  sich  s.  Lieblingsfächern,  der  Schauspiel- 
und  Dichtkunst.  Seine  Poesien  erschienen 
1815  in  2  Theilen  ,  unter  dem  Titel : 
„Haideblumen" ,  und  enthalten  verschie- 
dene wohlgelungene  Uebersetzungen  oder 
Nachahmungen  von  Horaz,  Martialis, 
Francius,  Voltaire,  Friedrich  d. 
G.,  Rousseau,  La  Fontaine,  Lang- 
bein und  einiger  ital.  Dichter ,  z.  B.  des 
Metastasio  und  der  trefflichen  Ode  von 
MedinI:  ,,das  alte  und  heutige  Holland". 
1820  bewarb  er  sich  um  den  Preis  eines 
Trauerspiels  bei  dem  königl.  niederländi- 
schen Institut  mit  einem  von  ihm  verfass- 
ten  Stücke  aus  der  vaterländischen  Ge- 
schichte, betitelt:  „Dirk  und  Willem  von 
Holland",  und  erhielt  denselben. 

Warner  (III.)  — ■  Laevinus  —  Ge- 
sandter des  Staats  zu  Konstantinopel ,  der 
als  Orientalist  die  mohammedanischen  Lehr- 
sätze iji  Betreff  Christi  und  des  Chri- 
stenthums,  so  wie  ,, Proverb.  Persicorum 
centuria,  Versione  Notisque  illustrata"  zu 
Leyden  1643  u.  1644  in  4.  herausgab,  und 
vor  Allem  eine  kostbare  Sammlung  orien- 
talischer Manuscripte,  linguistischen,  poe- 
tischen und  historischen  Inhalts,  der  ley- 
dener  Universität  zum  Geschenk  machte, 
welche  dadurch ,  wenn  auch  nicht  die  erste, 
gewiss  aber  eine  der  ersten  Europa's  in 
diesen  Fächern  wurde.  (S.  H.  A.  Schul- 
tens,  „Oratio  de  Studio  Belgarum  in  li- 
teris  Arabicis  excolendis",  Lugd.  Bat.  1779; 
S  c  h  u  1 1  e  n  s ,  „de  finibus  Literarum  Orien- 
talium  promovendis" ;  Wilmet,  ,,de  re- 
tinenda  antiqua  Batavorum  in  Litt.  Orient, 
gloria";  Pareau,  ,,de  ingenio  poeseos 
Arabicae";  Verbürg,  ,,de  fructibus  (|uos 
hucusque  protulit  Litt.  Orient,  cultura".) 

Warnsiaek  (VI.)  —  , . .  _  acht  nie- 
derländischer Dichter,  dessen  Stücke  sich 
grösstentheils  in  der  holländ.  gelehrten  Zeit- 
schrift: „Vaterländische  Studien"  befinden. 
Er  verfasste  auch  zwei  Schauspiele:  „die 
Flucht  Hugo  De  Groot's"  und  „Pie- 
ter  Dirkszoo n  Hassclaar",    in   ge- 


Wasseiibergh  486 

reimten  Alexandrinern.  Seine  kleinern  Ge- 
dichte haben  jedoch  viel  grössern  Werth. 
Das  Vaterland  und  dessen  Grosithaten  und 
Männer  besingt   er   am    liebsten  u.  besten. 

Wassenaer  (111.)  —...._  Verf. 
einer  „Historischen  Erzählung",  einer  Art 
Zeitung,  welche  v.  1621  bis  1632  geht. 

W^assenber^h  (VI.)  —  Everwijn  — 
Prof.  d.  griech.  Jjiteratur,  zuerst  zu  De- 
venter,  dann  (1770)  zu  Franeker,  der  s. 
lange  und  nützliche  Laufbahn  bereits  1768 
mit  einer  Lobrede  auf  Deventer,  als 
Mutter  u.  Pflegerin  der  Gelehr- 
samkeit in  Niederland  eröffnete,  gab 
1783  die  beiden  ersten  Bücher  derlliade 
mit  einer  alten  griech.  Umschreibung  und 
Erklärung  heraus.  1784  schrieb  er  eine 
Lobrede  auf  Schrader,  s.  Collegen. 
Auch  um  die  alte  friesische  Sprachkunde 
und  Literatur  sind  s.  Verdienste  gross ; 
ausser  s.  „Beiträgen  zum  friesischen  Dia- 
lekt", s.  Nachricht  von  dem  Leben  und  den 
Werken  des  Gysbert  Japix  (1793)  hat 
er  noch  über  die  Eigennamen  der  Friesen 
(1794)  und  andere  W^erke  geschrieben, 
welche  sich  bei  Saxe  (,, Onomast."  T.  VIII. 
p.  315)  verzeichnet  finden.  1823  gab  er 
die  Dictate  s.  Lehrers  Valckenaer  zu 
einigen  Büchern  des  N.  Test,  heraus.  Zwei 
Jahre  früher  hatte  dieser  Nestor  der  alten 
Literatur  das  Fest  s.  50jährigen  Dienstzeit 
mit  einer  Oratio  Eucharistica  gefeiert, 
W^assenbergh  bildete  auch  eine  Schule, 
aus  welcher  treffliche  Männer  hervorgin- 
gen, z.  B.  H.  Bosscha,  Nodell,  zu- 
erst Rector  zu  Kampen  und  dann  zu  Rot- 
terdam, Herausgeber  der  ,,Observationes 
criticae"  (1781),  Richeüs  Van  Omme- 
ren,  Hendrik  Waardenburg,  Rector 
zuerst  zu  Lingen ,  dann  zu  Haarlem  und 
daselbst  1812  noch  jung  gestorben,  latein. 
Prosaist  und  Dichter  (Opuscula  oratoria, 
poetica,  critica,  1812),  Van  Wijngaar- 
den,  Rector  zu  Kampen,  früh  gestorben, 
ein  gelehrter  u.  viel  versprechender  Mann, 
Epko  Epkema,  Rector  der  lat.  Schu- 
len nach  einander  zuDokkum,  Enkhuizen, 
Hoorn  und  Middelburg,  ein  kenntnissrei- 
cher und  fein  gebildeter  Mann.  Ausser  kri- 
tischen Anmerkungen  zu  Theognis  und 
andern  alten  Schriftstellern  (in  den  ,,Acta 
Literaria  Societatis  Trajectinae")  hat  er 
von  dem  „Gazophylacium"  von  Cattie- 
nus  eine  neue  Ausgabe  besorgt,  so  wie 
von  Gedike's  griech.  Lesebuche;  endlich 
hat  er  auch  den  Dichter  Gysbert  Japix 
mit  einem  Wörterbuche  (Glossarium)  1824 
16* 


487 


Wastelijn 


Wellekens 


488 


herausgegebeil.  Wassenbergh  ist  auch 
kt.  Dichter ;  es  sind  verschiedene  Gedichte 
von  ihm  vorhanden,  unter  andern  auf  die 
Hochzeit  s.  Lehrers  Seh  rader. 

'Wastelijn  (V.)  —  ...  —  geb.  zu 
Maroilles  im  Hennegau,  ein  Jesuit,  be- 
schrieb „Belgisch  Gallien  nach  den  drei 
Epochen  von  dessen  Geschichte" ,  nut 
Karten. 

l¥ater  (V.)  —  Jona  Willem  Te  — 
geb.  1740  zu  Middelburg ,  Prediger  zu 
Vlissingen  und  (1776)  Historiograph  von 
Zeeland,  hierauf  (1779)  Prof.  d.  Theolo- 
gie und  Kirchengeschichte  zu  Leyden,  ver- 
fasste  die  „Geschichte  des  Bundes  und  der 
Bittschriften  der  niederländischen  Edlen 
zur  Erlangung  von  i'eligiöser  und  bürger- 
licher Freiheit".  Dieses  Werk  enthält  im 
1.  Theile  (1776)  eine  ausführliche  Ge- 
schichte des  Bundes,  -welche  im  2.  (1779) 
fortgesetzt  wird  und  mit  dem  3.  (1795) 
eine  ausführliche  Nachricht  von  den  Ge- 
schlechtern und  Thaten  der  meisten  ver- 
bündeten Edeln  gibt;  im  4.  (1796)  befin- 
den sich  die  Beilagen.  Die  Begebenheit, 
welche  den  Grund  zur  niederländischen 
Freiheit  legte ,  ist  darin  aus  ächten  Ur- 
kunden sehr  wohl  auseinandergesetzt,  und 
die  weniger  bekannten  Thaten  und  Schick- 
sale der  Mitglieder  des  Geuzenbundes  ans 
Licht  gezogen.  1765  ei-schien  zu  Utrecht 
s.  „Geschichte  der  reformirten  Kii'che  zu 
Gent".  Auch  gab  er  einen  Auszug  von 
Wagen  aar  in  4  Th.  in  8.  heraus. 

'Water  (V.)  —  W.  Te  —  Verf.  „des 
hochadeligen  Zeeland's",  das  zu  Middel- 
burg 1761  erschien. 

^^eert  (L)  —  Jan  De  —  schrieb  den 
„neuen  Doctrinal"  oder  „Sündenspiegel", 
weniger  merkwürdig  als  poetisches  Er- 
zeugniss,  denn  als  Gemälde  des  Zeitgeistes. 
Es  ist  wahrscheinlich  zu  Ende  des  14.  oder 
zu  Anfange  des  15.  Jahrh.  entworfen,  als 
Wicieff  in  England  und  kurz  darauf 
Huss  in  Böhmen  das  Unnütze  des  Heili- 
gendienstes, der  Wallfahrten  und  derglei- 
chen predigten,  ein  wenig  vor,  oder  gleich- 
zeitig mit  der  Verfolgung  der  Waldenser 
in  Niederland ,  unter  Philipp  von  Bur- 
gund.  (S.  Boxhorn,  „nieder!.  Gesch.", 
p.  62  —  u.  Huydecoper  zu  Melis  Stoke, 
1.  Th.  p.  413.) 

llTeert  (HI.)  —  Sebald  De  —  unter- 
nahm eine  misglückte  Reise  nach  der  Süd- 
see (vgl.  Art.  Simon  De  Cordes). 

'Weiland  (VL)  —  Pleter  —  Remon- 
strantenprediger  zu  Rotterdam,  ein  Begrün- 


der der  neuen  Orthographie  und  Sprach- 
lehre. Zur  Abfassung  von  letzterer  erhielt 
er  gleichzeitig  mit  Siegenbeek,  dem 
insbesondere  die  Festsetzung  der  Ortho- 
graphie aufgetragen  war,  vom  Staate  den 
ehrenvollen  Auftrag.  Er  hatte  s.  Tüchtig- 
keit hierzu  bereits  bewiesen  durch  sein 
grosses  „Wörterbuch  der  holländ.  Sprache", 
welches  v.  1790—1811  in  11  Theilen  8. 
zu  Amsterdam  herauskam.  Seine  grössere 
„Holländische  Sprachlehre"  erschien  fast 
gleichzeitig  mit  Siegenbeek's  „Abhand- 
lung über  die  Orthographie" ,  und  kurz 
darauf  eine  kleinere  oder  abgekürzte  Sprach- 
lehre. Diese  Bücher  wurden  hierauf  von 
der  Regierung  allgemein  bei  dem  Unter- 
richt eingeführt.  Später  trug  Weiland 
noch  zu  dem  vortrefflichen  „holländisch - 
französischen  Wörterbuche"  von  L  a  n  d  r  6 
und  A  gr  o  n  bei ,  und  verfasste  mit  Ersterm 
das  „Wörtex'buch  der  holländischen  Syno- 
nymen" (im  Haag,  1821,  I.  Th.),  wodurch 
einem  lange  gefühlten  Mangel  abgeholfen 
ward.  Das  Ausgezeichnete  dieses  Werkes 
beruht  auf  der  gründlichen  Kenntniss  der 
Ableitung. 

W^elliorn  (HI.)  —  ...  —  genannt 
Decker,  Advocat  zu  Brüssel ,  dichtete 
ziemlich  fliessend. 

Wellekens  (IV.)  —  Joan  Baptista  — 
bildete  sich,  wie  Hooft,  ein  Jahrhundert 
später ,  in  Italien  ,  jedoch  nicht  für  das 
Minne  - ,  sondern  für  das  Hirtengedicht. 
Er  ward  1658  zu  Aalst  geboren,  schon 
als  Kind  nach  Amsterdam  geschickt,  wo  er 
die  Goldschmiedekunst ,  zu  der  ihn  s.  El- 
tern bestimmten,  mit  der  Malerkunst  ver- 
tauschte ,  und  zur  Ausbildung  in  letzterer 
eine  Reise  nach  Italien  unternahm.  Hier 
brachte  er  elf  Jahre  zu ;  ward  jedoch  s. 
Kunst  abhold,  und  legte  sich  desto  eifriger 
auf  Poesie.  Er  versetzte  das  von  San- 
n  a  z  a  r  beliebte  Fischerlied  nagh  s.  Va- 
terlande. Sein  Leben  war  eine  Kette  von 
Stein  -  und  Gichtbeschwerden ,  gleichwohl 
brachte  er  dasselbe  auf  68  Jahre,  u.  starb 
1726  zu  Amsterdam,  Ausser  dem  Fischer- 
liede  versuchte  er  sich  auch  in  dem  Hir- 
ten- und  Jägei'liede.  Seine  ersten  Gedichte 
erschienen  mit  denen  von  s.  Freunde  Vla- 
ming,  unter  dem  Titel:  „Poetische  Er- 
götzungen" (1711),  zwei  andere  Samm- 
lungen nach  s.  Tode  (1729)  von  s.  Toch- 
ter, unter  dem  Titel:  „Verschiedene  Ge- 
dichte" u.  ,, Hochzeitsgedichte",  herausge- 
geben ,  und  1737  eine  vierte ,  „moralische 
und  ernste  Gedichte"  genannt,  worin  sich 


489 


Wenceslaus 


Westerbaen 


490 


(p.  272)  s.  Gedicht  auf  deu  Tod  eines 
Kindes  befindet ,  das  ein  Meisterstück  ron 
Gefühl  ist.  Wellekens  war,  wie  es 
scheint,  der  letzte  niederländ.  Dichter  von 
Ruf,  der  Italien  besuchte.  (S.  Wage- 
naar's  ,  Amsterdam" ,  III.  Th.  Fol.  p. 
257,  und  De  Vries,  I.  Th.  p.  305—311, 
der  auch  mehrere  Proben  niittheilt.) 

UTenceslaus  van  Iiuxeinbur^^ 
(I,)  —  Herzog  von  Brabant,  ein  Literat 
des  14.  Jahrhunderts,  verfasste  einige  Ge- 
dichte, Nvelche  der  Historiker  Froissart 
s.  Sammlung,  unter  dem  Titel  Meliador, 
einverleibt  hat. 

^Wendelin  (III.)  —  Godfried  —  geb. 
1580  zu  Hercke  im  Lüttichschen,  gest. 
1660,  bekannt  als  Mathematiker,  der,  als 
Professor  der  Mathematik  zu  Digne  in  der 
Provence,  Gassendi  bilden  half.  Seine 
Tabellen  über  die  Bewegung  der  Sonne 
werden  noch  jetzt  geschätzt. 

"Wesseling  (V.)  —  Pieter  —  geb. 
1692  zu  Steinfurt  im  Bentheimschen,  stu- 
dirte  zu  Leyden  und  Franeker,  ward  1718 
Proponent,  1719  Prorector  zu  Middelburg, 
1720  Lector  der  Geschichte  und  Bered- 
samkeit, und  1723  Professor  zu  Franeker, 
wo  er  s.  „verschiedenen  Bemerkungen" 
(Amst.  1727),  die  erste  Ausgabe  von  Sam- 
son's  „Chronicon"  (1729,  1732)  und 
das  Reisebuch  Aon  Antoninus  (1735) 
herausgab.  In  demselben  Jahre  ward  er 
in  denselben  Fächern  und  für  die  griech. 
Sprache  Professor  zu  Utrecht ,  welchen  er 
1746  noch  Natur-  und  röm.  Recht  hin- 
zufügte. Er  starb  1764.  —  Da  er  sich 
besonders  der  allgemeinen  Geschichte  wid- 
mete ,  so  beschäftigte  er  sich  vorzugsweise 
mit  der  Herausgabe  von  Diodorus  v. 
Sicilien  (1745)  und  mit  Her  od  ot  (1763), 
wobei  er  Valckenaer  zu  Hülfe  nahm. 
Diese  Ausgabe  erfreut  sich  fortwährend  des 
höchsten  Rufes.  Ausserdem  schrieb  er: 
,,Probabilia",  Franeq.  1731.  „Diatribe  de 
Judaeorum  Archontibus",  1738.  „Prae- 
fatio  et  observationes  ad  Petiti  Leges 
Atticas"  L.  B.  1741.  ,.Epistola  de  Aquilae 
in  scriptis  Philonis  Judaei  fragmentis,  et 
Piatonis  Epistola  XIII."  Traj.  ad  Rhen. 
1748.  „Dissertatio  Herodotea",  Traj.  1758, 
der  Vorläufer  s.  Herodot.  (S.  Saxe, 
„Onoroast."  T.  VI.  p.  419  u.  über  Wes- 
seling's  Leben:  Vriemoet,  „Athenae 
Frisiac."  p.  791,  792.) 

"WessCMberg  (V.)  —  Johan  Ort^^■in 
—  geb.  1667  zu  Neuhaus  in  der  Graf- 
schaft Bentheim .  bildete  sich  zu  Franeker 


unter  Perizouius,  Noodt,  Huber 
und  dem  altern  Vitringa,  und  besuchte 
hierauf  noch  Groningen  und  Harderwijk, 
in  welcher  letztern  Stadt  er  1687  die  Doc- 
torwürde  erhielt.  1688  wurde  er  Professor 
am  Gymnasium  zu  Steinfurt,  1695  zu  Har- 
derwijk und  1716  zu  Franeker.  1723 
folgte  er  einem  Rufe  als  Prof.  des  röm.. 
und  heutigen  Rechts  nach  Leyden  ,  wo  er 
eine  Antrittsrede  über  die  Philosophie  der 
Rechtsgelehrten  hielt.  Wessenberg  starb 
1737.  (S.  Vriemoet,  „Ath.  Frisiac", 
p.  776 — 781.)  Seine  „.Anfangsgründe  des 
Rechts  nach  der  Ordnung  der  Institutionen 
und  Pandekten"  sind  in  Holland  fast  all- 
gemein in  Gebrauch  geblieben ;  doch  auch 
s.  andern  Schriften  („de  causis  obligatio- 
num",  und  „Divus  Marcus",  d.  h.  Abhand- 
lungen über  die  Gesetze  des  guten  Mar- 
cus Aurelius)  sind  rühmlichst  bekannt. 
Seine  Werke  wurden  in  Deutschland  von 
Jungius,  1746  u.  1747  in  2  Th.  in  4., 
und  von  Puttmann,  1794  u.  1795  in  8.. 
gesammelt. 

"Wester  (VI.)  —  Hendrik  —  zuerst 
Lehrer  in  dem  Dörfchen  Ten  Boer  u.  dann 
an  dem  Pekel  -  A  in  den  Ommelanden,  ein 
Verbesserer  des  Schulunterrichts,  der  lang- 
sam nur  das  Alte  durch  neue  Schulbücher 
für  Kinder  zu  verbessern  suchte,  und  bei 
s.  sanften  Charakter  auf  diese  Weise  un- 
endlich viel  Gutes  stiftete. 

"Westerbaen  (HI.)  —  Jacob  Van  — 
geb.  1599,  war  zum  Theologen  bestimmt, 
ging  jedoch  bei  Gelegenheit  der  Mishand- 
lung  der  Remonstranten ,  denen  er  sehr 
zugethan  war,  zur  Medicin  über.  Er  ver- 
heirathete  sich  mit  der  Wittwe  des  ent- 
haupteten Reinier  Van  Oldenbarne- 
veld,  wurde  Ritter,  Herr  von  Brand wijk, 
Gijbeland  u.  s.  w. ,  und  besass  auch  das 
Landgut  Ockenburg.  Prof.  Simons  ver- 
gleicht s.  Lebensweise  mit  der  von  Huy- 
gens  und  Cats  in  einem  sehr  anziehen- 
den Aufsätze  über  das  Zeitfach  von  Fre- 
drik  Hendrik.  (S.  ,,Mnemosyne",  Th. 
IX.  p.  293  —  314.)  Westerbaen  hält 
in  seinem  besten  Werke:  der  poetischen 
Beschreibung  s.  Landgutes  Ockenburg 
(in  den  Dünen)  die  Mitte  zwischen  der 
sanft  fliessenden  Ausführlichkeit  des  Cats 
und  der  gedrängten,  sach-  u.  kernreichen, 
aber  auch  zuweilen  dunklen  Kürze  des 
Huygens.  Dabei  gibt  Westerbaen 
mehr  Nahrung  den  Sinnen:  man  sieht  und 
durchwandelt  mit  ihm  s.  Landgut ;  aber 
auch  er  nimmt  jede  Gelegenheit  wahr ,  um 


491 


Westerbaen 


Wicquefort 


492 


s.  grosse  Beleseuheit  in  der  Ethik,  Ge- 
schichte, Geographie,  Naturkunde  und 
Astronomie  zur  Schau  zu  stellen.  Jede 
Jahreszeit  gibt  ihm  Stoff  zu  allerlei  an- 
genehmer und  oft  nützlicher  Unterhaltung 
für  s.  Leser.  Die  Abwechselung  luid  Man- 
nigfaltigkeit von  Ockenburg,  verbunden 
mit  einem  fliessenden  Style,  ziehen  dem- 
selben mehr  Leser  an  als  Hofwijk  von 
Huygens,  wiewohl  Manche  an  letzterem 
mehr  Geschmack  finden.  West  erb  aen's 
Minnegedichte  sind  zierlich,  ungezwun- 
gen und  gefällig. 

Westerbaen  (VI.)  —  W.  —  Remon- 

strantenprediger  zu  Amsterdam ,  machte 
sich  durch  die  1807  (1817?)  unter  en- 
thusiastischem Beifall  gehaltene  Gedächtniss- 
rede auf  L  u  b  1  i  n  k  d.  J. ,  so  wie  durch 
mehrere  andere  Reden  und  Abhandlungen 
vortheilhaft  bekannt. 

Westerman  (VI.)  —  M.  —  Schau- 
spieler und  Buchhändler  zu  Amsterdam, 
versuchte  sich  mit  Glück  in  poetischen  Fa- 
miliengemälden. Seine  Schauspiele :  die 
Belagerung  und  Befreiung  von  Ley- 
den,  so  wie  eine  Bearbeitung  von  Sc  hil- 
ler's  „Don  Carlos"  scheinen  nur  für 
den  grossen  Haufen  der  Zuschauer ,  oder 
für  diejenigen ,  die  das  deutsche  Stück 
nicht  kennen ,  geschrieben  zu  sein.  Als 
Buchhändler  machte  sich  Westerman 
durch  eine  niedliche  Ausgabe  von  Vondel 
in  kl.  12.  (noch  nicht  beendigt)  bekannt 
und  verdient. 

~We8tp]ialen  (HL)  —  Frederik  — 
besuchte  aus  wissenschaftlichem  Eifer  die 
drei  Theile  unserer  Halbkugel  während  12 
oder  IS  Jahren.  1617  wurde  er  zu  Wien 
zum  Ritter  geschlagen.  1620  sah  er  die 
Pyramiden,  und  fand  daselbst  einen  ver- 
goldeten Fuss  und  Hand  in  Marmor,  die 
er  1643  der  leydener  Universität  zum  Ge- 
schenk machte.  Dasselbe  Jahr  besuchte  er 
auch  Jerusalem.  Er  starb  1653  zu  Alk- 
maar, 72  Jahre  alt.  (S.  G.  Brandt, 
„Gesch.  V.  Enkhuizen",  p.  195 — 200.  Anh. 
p.  11,  12,  22-29.) 

Wetstein  (V.)  —  Karel  Antoni  — 
Rechtsgelehrter,  zeichnete  sich  durch  Ue- 
bersetzungen  aus  griech.  Dichtern,  nament- 
lich aus  Hesiod  und  Theokrit,  aus. 
Sein  Meisterwerk  ist  das  Gedicht:  „Leida 
ab  Hispanorum  obsidione  liberata" ,  wel- 
ches auf  dringendes  Bitten  Valckenaer's, 
der  die  Herausgabe  besorgte ,  in  Druck  er- 
schien. „Ueberall",  sagt  Peerlkamp 
(p.  469).  „athmet  Vi rgil's  Erhabenheit". 


Hinzugefügt  sind:  „Carmina  ejusdem  ar- 
gumenti  ex  Horatio  et  Propertio  adum- 
brata". 

H^etstein  (V.)  —  Johan  Jacob  — 
aus  einem  berühmten  Geschlecht  zu  Basel, 
zuerst  Professor  daselbst  und  dann  an  dem 
Remonstranten-Semmar  zu  Amsterdam,  gab 
„Prolegomena  ad  N.  Testamenti  Graeci 
Editionem  accuratissimam  e  vetustis  Codi- 
cibus  Mss.  denuo  pro.curandam" ,  Am- 
stelaedami  1730,  4.  und  „Novum  Testa- 
mentum  Graecum  cum  variis  Lectionibus 
et  Commentario  pleniore",  Amstel.  1751, 
1752,  Fol.  II  Vol.,  heraus.  Die  Meinun- 
gen über  dieses  Werk  sind  getheilt ;  be- 
sonders legte  man  ihm  zur  Last,  dass  er 
die  Stellen ,  welche  für  die  Gottheit 
Christi  sprechen,  habe  verdunkeln  oder 
entkräften  wollen.  (S.  Saxii  „Onomast." 
T.  L  p.  225.) 

^ITicqiuefort  (IV.)  -  . .  .  —  geb. 
1598  zu  Amsterdam,  wohnte  später  zu 
Paris,  wo  er  die  Reisebeschreibung  des 
Olearius  aus  dem  Deutschen ,  so  wie  die 
Gesandtschaft  des  Garcias  De  Silva 
aus  dem  Spanischen ,  beide  von  Persien, 
in's  Französische  übersetzte,  ward  jedoch 
durch  s.  Unvorsichtigkeit  im  Schreiben 
1658  von  der  französischen  Regierung  ver- 
bannt, worauf  er  sich  wieder  nach  Hol- 
land begab  ,  und ,  unter  dem  Einfluss  D  e 
Witt's,  eine  „Geschichte  der  Vereinig- 
ten Niederlande'-  schrieb,  welche  von  dem 
letzten  Jahre  Fred  er  ik  Hendrik's  bis 
zum  Anfang  der  ersten  statthalterlosen  Re- 
gierung geht,  und  keineswegs  unparteiisch 
ist.  1675  wurde  er  wegen  Verdachts  der 
Verrätherei  zum  Nutzen  Englands  im  Haag 
in's  Gefängniss  gesetzt,  worin  er  folgende 
zwei  Werke  schrieb :  „Memoires  touchant 
les  Ambassadeurs  et  Rpponses  aux  Mini- 
stres  publics ,  par  (le  Ministre  Prisonnier)  " 
Col.  1676,  12.  „L'Ambassadeur  et  ses 
fonctions",  la  Haye  1681,  4.,  Amst.  1736, 
4.  Aus  dem  Kerker  1679  entkommen,  be- 
gab er  sich  nach  Celle,  und  starb  daselbst 
1682.  Sein  Hauptwerk,  die  oben  genannte 
Geschichte,  erschien  erst  unter  der  zwei- 
ten statthalterlosen  Regierung  unter  dem 
Titel :  „Histoire  des  Provinces  Unies  des 
Pays-Bas,  depuis  le  parfait  etablissement 
de  cet  Etat  par  la  paix  de  Munster",  la 
Haye  1719,  T.  I.  (1646—1650).  T.  H. 
la  Haye  1743,  Fol.  (1651 ,1652.)  (Vgl. 
über  Wicquefort:  Saxii  ,,Onomast." 
T.  V.  p.  37  und  Wachler,  HI.  Th.  1. 
Abth.  p.  244.) 


493 


Wieling 


Winter 


494 


IW'ielini^  (V.)  —  Abraham  —  geb. 
1693  zu  Hamm  in  der  Grafschaft  Mark, 
kam,  nachdem  er  zu  Duisburg  Otto  ge- 
hört hatte,  nach  Niederland,  und  ^vurde 
mit  Bijnkershoek  bekannt,  durch  des- 
sen Empfehlung  er  1727  als  Professor  d. 
Rechte  in  Franeker  an  die  Stelle  von  Hei- 
ne cc  ins  kam,  der  nach  Deutschland  zu- 
rückging. Sowohl  diese  Professur,  wie 
die  von  Utrecht,  wohin  er  1737  versetzt 
wurde,  bekleidete  er  mit  grossem  Ruhme. 
Er  starb  1746  durch  einen  unglücklichen 
Fall  vom  Katheder.  Seine  zahlreichen 
Schriften  finden  sich  bei  V  r  i  e  m  o  e  t , 
„Ath.  Frisiac."  p.  814  —  818  verzeichnet. 

Wier  (H.)  —  Johannes  —  (auch  Wie- 
rius)  geb.  1575  zu  Grave ,  widmete  sich 
in  Orleans  der  Medicin ,  bildete  sich  wei- 
ter auf  Reisen ,  war  hierauf  praktischer 
Arzt  zu  Arnhem ,  und  später  Leibarzt  des 
Herzogs  von  Cleve.  Er  war  der  Erste, 
der  über  das  Ungereimte  der  Hexenpro- 
cesse  in  folgendem  Werke  schrieb:  „Hi- 
stoires,  disputes  et  discours  des  illusions 
et  impostures  des  diables  et  magiciens  in- 
fames, sorcieres  et  empoisonneurs ,  des 
ensorcelez  et  demoniaques,  et  de  la  gueri- 
son  d'iceux.  Item  de  la  punition  que  me- 
ritent  les  magiciennes,  par  Jean  Wier, 
Medecin  du  Duo  de  Cleves",  1579,  8. 
Hinter  diesem  Werke  befinden  sich :  „Deux 
dialogues  de  Thomas  Erastus,  Docteur 
en  Medecine  ä  Heidelberg,  touchant  le 
pourvu  des  sorcieres  et  de  la  punition 
qu'elles  merltent.  Traite  digne  d'etre  lu 
de  toutes  personnes,  specialement  des  ju- 
ges  et  magistrats.  Nouvellement  traduit 
du  Latin  en  Francois",  1579. 

m^illemsz  (L)  —  Claes  —  Verf.  ei- 
ner Sammlung  von  Liebesgedichten,  welche 
unter  dem  Titel :  „der  Minne  Lauf"  er- 
schienen. Van  Wijn  versetzt  sie  in's  14. 
Jahrhundert,  Ypey  dagegen  erst  in's 
Ende  des  15ten.  (S.  „Gesch.  d.  nieder- 
länd.  Sprache'- ,  p.  380.)  Man  sieht  hier 
den  Geist  der  französischen  Troubadours 
aus  der  Provence  und  der  cours  d'amour. 
Ein  Fragment  daraus ,  nämlich  die  Ge- 
schichte von  Hero  und  Leander,  befin- 
det sich  in  Bilderdijk's  sprachlichen 
und  poetischen  Mannigfaltigkeiten,  T.  IV., 
p.  97  —  118. 

IWilligen  (IV.)  —  . . .  Van  Der  — 
bereiste  1804  Frankreich,  Italien  u.  Eng- 
land, und  lieferte  davon  eine  Beschreibung 

H^illes  (VI.)  —  ...  Van  —  bekannt 
als  reformirter  Kanzelredner. 


Willmet  (VI.)  —  J.  -  Orientalist, 
Prof.  zuerst  zu  Harderwijk,  dann  zu  Am- 
sterdam, schrieb  dort  „über  das  Gefühl 
des  Schönen  bei  den  Arabern"  (1794)  und 
„über  das  poetische  Genie  der  Hebräer" 
(1799),  hier,  bei  Antritt  s.  Lehrstuhls 
(1804) :  „de  retinenda  antiqua  Batavorum 
in  literis  Orientalibus  gloria",  und  1807 
„über  die  Verdienste  der  Araber  zur  Wie- 
derherstellung der  Wissenschaften  im  Mit- 
telalter." Von  s.  Schülern  verdienen  rühm- 
liche Erwähnung:  Amersfoordt,  Ha- 
rn aker  und  Menil. 

irinscboten  (IV.)  —  Wichard  — 
Verf.  des  „Seemannes",  eines  Werkes, 
welches  eine  gründliche  Erklärung  der 
niederländischen  Kunst-  und  Sprüchwörter 
enthält,  die  aus  der  Schifffahrt  entlehnt 
sind.  Es  erschien  zu  Leyden  1681  in  kl. 
8.  Ausserdem  schrieb  er  auch  eine,  1683 
erschienene  (hoUänd.)  Sprachlehre. 

IVinsemius  (IV.)  —  Pierius  —  (Pie- 
t er  Van  Winsum)  geb.  1586,  gest.  1644, 
zeichnete  sich  nach  mannigfaltigen  Schick- 
salen in  s.  Jugend ,  wo  er  sich  der  Me ■ 
dicin  widmete ,  als  Jurist ,  vaterländischer 
Geschichtsschreiber,  lat.  Dichter  und  Prof. 
d,  Beredsamkeit  und  Geschichte  an  Fries- 
lands Universität  aus.  Seine  „Chronik" 
oder  ,, Geschichte  von  Friesland"  geht  vom 
Jahre  der  Welt  3635  (ohngefähr  450  J. 
v.  Ch.  G.)  bis  1622  nach  Ch.  G.  Ausser- 
dem schrieb  er  auch  eine  „Geschichte  von 
Friesland  unter  Philipp  IL",  von  1555 
— 1581,  die  selbst  Strada's  Lob  erhält. 
Sie  erschien  zu  Löwen  1646,  Fol.  in  4 
Büchern.  Paquot  urtheilt  weniger  gün- 
stig über  dieselbe  und  Huber  tadelt  ihn 
wegen  s.  hochtrabenden  und  dunkeln  lat. 
Stjls.  (S.  Pars,  „Namenrolle",  p.  79; 
Vriemoet,  „Ath.  Frisiac",  p.  293  — 
299  und  De  Wal,  „Annotatt.",  p.  175.) 

Winter  (VI.)  —  Nicolaas  Simon  Van 
—  geb.  1718  zu  Amsterdam,  gest.  1795, 
ein  sog.  Stromdichter,  bildete  sich  in  Fei- 
tama's  Schule,  welche  dem  Princip  hul- 
digte, dass  die  Sprache  und  der  Reim  die 
Hauptsache  seien ;  aber  die  eheliche  Ver- 
bindung mit  zwei  hochgebildeten  Frauen, 
namentlich  der  Lucretia  Wilhelmina 
Van  Merken  stellte  ihn  höher.  Er  be- 
sang den  „Amstelstrom",  dessen  prächtige, 
aber  stille  und  steife  Landhäuser,  die  in 
dem  friedlichen  18.  Jahrhundert  die  ruhi- 
gen Gewässer  des  Amstels  bespülen.  Van 
Winter  lebendige ,  gefällige ,  trauliche 
Gemälde  liefern.    Ausserdem  besang  er  die 


495 


Winter 


Wissembach 


496 


Jahreszeiten ,  nach  Thomson,  und  zwar 
mit  Glück,  obgleich  er,  der  englischen 
Sprache  unkundig ,  nur  der  prosaischen 
öebersetzung  von  L  u  b  1  i  n  k  folgen  konnte. 
Doch  nicht  allein  als  beschreibender  Dich- 
ter war  Van  Winter  ausgezeichnet:  auch 
seine  (und  seiner  Gattin)  Trauerspiele  ge- 
hören zu  den  besseren  des  18.  Jahrhun- 
derts. Sie  heissen  „Monzongo"  (König 
von  Veragua) ,  das  uns  nach  Neu-Spanien 
zur  Zeit  der  Entdeckung  von  Ferdinand 
Cortez  versetzt,  u.  „Menschikoff",  wel- 
ches nicht  den  Fall  dieses  Staatsmannes, 
sondern  dessen  (erdichtete)  Wiederein- 
setzung zum  Gegenstande  hat.  „Mon- 
zongo", das  bessere  von  beiden,  kann 
sich  des  Beifalles  und  Lobes  des  grossen 
Dichters  Bilderdijk  rühmen. 

l¥inter  (VI.)  —  Nicolaas  Simonsz.  — 
(P  i  e  t  e  r  V  a  n)  Uebersetzer  der  „Aeneide" 
des  Virgil  und  einiger  Oden  von  Horaz, 
in  holländischem  freien ,  aber  gereimten 
Versmaasse. 

l¥inter  (V.)  —  Frederik  —  geb.  1712 
im  Cleveschen,  gest.  1760,  wurde  1731 
Dr.  der  Medicin,  hierauf  Leibarzt  des  Prin- 
zen Wilhelm  IV.,  1740  Prof.  zu  Her- 
born, 1744  zu  Franeker,  1747  zu  Leyden, 
nahm  daselbst  den  Stoff  zu  s.  Antrittsrede 
aus  der  Lebenskraft  und  der  Reiz- 
barkeit der  Fasern.  Er  stellte  näm- 
lich, zur  Erklärung  der  Muskelbewegung, 
eine  von  dem  Leben  und  der  Wirkung  der 
Nerven  verschiedene  Grundkraft  der  Fa- 
sern auf,  die  schon  der  Engländer  Glis- 
son angezeigt  hatte,  und  welche  Haller 
vollkommen  bewies. 

IW  iselius  (VI.)  —  Samuel  Iperusz.  — 
aus  einer  angesehenen  bürgerlichen  Familie 
zu  Amsterdam  geboi'en,  war  1794  u.  1795 
Mitglied  des  Comite  Revolutionnair  daselbst, 
dann  Mitglied  der  einstweiligen  Repräsen- 
tanten des  Volkes  von  Holland,  des  Co- 
mite für  die  ostindischen  Angelegenheiten 
u.  s.  w . ,  und  nach  der  Umwälzung  von 
1813  Director  der  Polizei  zu  Amsterdam. 
Er  widmete  sich  hauptsächlich  der  drama- 
tischen Poesie ,  und  hat  darin  einige  gute 
Originalstücke  geliefert.  Bekannt  sind  von 
ihm,  ausser  einer  Uebersetzung  des  „Hector" 
von  LuceDe  Lancival,  der  „Polydor" 
und  „Ion"  in  der  Manier  des  Euripides, 
in  so  weit  die  französischen  dramatischen 
Regeln,  die  Wiselius  auf's  Genaueste 
befolgte,  solches  gestatten.  Der  „Tod 
K  a  r  1 '  s ,  Kronprinzen  von  Spanien",  wurde 
zu  Amsterdam   aufgeführt,    aber  nicht  mit 


dem  Beifalle,  wie  Klyn's  „Montigni". 
welches  ein  ähnliches  Sujet  behandelt. 
Ausserdem  schrieb  Wiselius  ein  Trauer- 
spiel aus  der  vaterländischen  Geschichte: 
„Aernoud  Van  Egmond',  so  wie  ein 
anderes  aus  der  schwedischen  (Walwais 
und  Adelheid,  aus  den  Zeiten  Gustav 
Adolph's),  und  endlich  verschiedene  Ge- 
dichte, gesammelt  unter  dem  Titel :  „Ver- 
mischte und  dramatische  Poesien",  bis  jetzt 
fünf  Theile,  Hr.  Wiselius  ist  Mitglied 
und  Secretär  der  2.  Classe  des  kön.  In- 
stituts. Van  Lira  bürg  ßrouwer  scLgt 
(in  s.  Abhandlung  über  das  Nationalschau- 
spiel, in  den  Werken  der  hoUänd.  Gesell- 
schaft für  schöne  Künste  und  Wissenschaf- 
ten, Th.  V.,  p.  71  —  73)  über  Wise- 
lius: „Unter  allen  spätem  Dichtern  ist 
kein  einziger,  der  sich  so  ausschliessend 
und  mit  einem  solchen  Eifer  der  dramati- 
schen Poesie  widmet,  wie  Wiselius." 
Hierauf  bemerkt  derselbe  Kunstrichter,  dass 
Wiselius  die  griechische  Manier  so  viel 
als  möglich  mit  der  französischen  zu  ver- 
einigen sucht,  und  zu  dem  Ende  in  „Ion" 
und  „Alceste"  zwei  gelungene  Nachahmun- 
gen des  Euripides  geliefert  habe.  — 
Auch  als  Alterthumskenner  hat  Wiselius 
sich  durch  s.  Anmerkungen  zur  Ueber- 
setzung der  Reisen  von  Le  Chevalier 
nach  Troas,  und  der  „Geschichte  von 
Alt  -  Griechenland"  von  De  Sales  rühm- 
lichst bekannt  gemacht. 

li^isseinbacli  (IV.)  —  Johan  Jacob 
—  der  Sohn  eines  Predigers  im  Nassau - 
Dillenburgischen ,  widmete  sich  zu  Herborn 
der  Theologie  und  hierauf  nach  dem  Rathe 
s.  Verwandten,  der  Mattheusse,  unter 
denen  er  auch  zu  Groningen  studirte,  der 
Jurisprudenz.  Nachdem  er  eine  Professur 
zu  Heidelberg  bekleidet  und  den  Grafen 
von  Z  i  n  z  e  n  d  0  r  f  auf  Reisen  begleitet 
hatte,  wurde  er  1640  nach  Franeker  als 
Prof.  d.  Rechte  berufen,  wo  er  sich  für 
immer  niederliess  und  Rufe  nach  Herborn, 
Deventer,  Harderwijk,  Utrecht  und  Gro- 
ningen ablehnte.  Hub  er,  s.  Nachfolger, 
rühmt  ihn  als  einen  sehr  eifrigen  Lehrer 
und  thätigen  Schriftsteller,  wie  dies  auch 
folgendes  Verzeichniss  s.  vorzüglichsten 
Werke  beweist:  „Emblemata  Triboniani, 
sive  leges  Pandect.  et  Codicis  a  Tribo- 
niano  interpolatae,  et  ad  Novi  Juris  ratio- 
nem  inflexae",  bereits  1633  oder  163t  zu 
Groningen,  und  später,  1642  aufs  Neue 
zu  Franeker  herausgegeben.  „Diatribe  de 
Mutuo",   Franek.    1642    (gegen    Salma- 


497 


Witry 


Witt 


498 


sius).  „Disputationes  :id  Insütuta  Impe- 
rialia",  1648,  1666,  1676,  1700.  „Exerci- 
tationes  ad  L.  lib.  Pandectarum",  Franek. 
1653,  1658,  1661,  1673.  „—  inLibros  Vll 
priores  Codicis  Justiniani',  1660,  1664,  zu 
Rom  verboten,  wegen  s.  Anmerkungen  auf 
einige  geistliche  Gesetze  des  Kaisers.  (S. 
Foppens,  T.  II.  p.  667,  668.  Vrie- 
moet,  „Athen.  Frisiac",  p.  36a  —  372. 
Saxii  „Onomast.",  T.  IV.  p.  399,  400.) 
"Witry  (V .)  —  ...  De  —  Canonicus 
von  Doornikj  schrieb  über  die  Naturge- 
schichte des  Doornikschen,  besonders  über 
die  Mineralwasser  von  S  a  u  c  h  o  i  s  und  über 
die  Elektricität. 

Witsen  (IV.)  —  Nicolaas  —  einer 
der  berühmtesten  Geographen  s.  Zeit.  Sein 
Vater,  Cornelis,  Bürgermeister  von  Am- 
sterdam, war  ein  Freund  der  Alterthümer 
und  schönen  Wissenschaften.  (S.  Saxii 
„Onomast.",  T.  IV.  p.  548);  der  Sohn 
erbte  die  Wissbegier,  namentlich  für  Geo- 
graphie und  Alles,  was  für  die  Schifffahrt 
und  den  Handel  s.  Geburtsstadt,  wo  er 
ebenfalls  Bürgermeister  war,  nützlich  sein 
konnte.  Wir  übergehen  s.  Wirken  als  Po- 
litiker, als  Freund  Wilhelm  III.,  als 
Theilnehmer  an  der  grossen  Unternehmung, 
die  1688  die  englische  Freiheit  und  das 
Gleichgewicht  von  Europa  A\ieder  her- 
stellte, als  Gesandter  nach  England  be- 
hufs des  Handels  (s.  Wagen  aar,  ,.va- 
terl.  Gesch.",  XV.  u.  XVI.  Th  ),  als  Bild- 
ner Peter  des  Grossen  (s.  Schel- 
te ma,  „Russland  und  die  Niederlande") 
u.  s.  w.,  und  betrachten  ihn  blos  als  Schrift- 
stellef.  Zuerst  machte  er  sich  als  solcher 
durch  s.  „Alten  und  heutigen  Schiffsbau 
und  Führung"  (1671)  bekannt ;  ein  Werk 
von  so  gründlicher  Gelehrsamkeit,  dass 
selbst  der  berühmte  Grävius  s.  Anmer- 
kungen über  den  Bau  der  alten  Galeeren 
sehr  lobte.  (S.  Saxii  „Onomast.",  T. 
V.  p.  190,  191.)  1705  erschien  von  ihm: 
„Nördliche  und  östliche  Tatarei ,  oder 
Beschreibung  einiger  tatarischen  und  be- 
nachbarten Provinzen  in  den  nördlichen  u. 
östlichen  Theilen  von  Asien  und  Europa"; 
ein  Werki  wozu  Peter  d.  Gr.,  s.  Gönner, 
ihm  alle  möglichen  Hülfsmittel  verschaffte, 
und  welches  daher  für  die  Kenntniss  des 
nördlichen  Asiens  höchst  wichtig  ist.  (Eine 
frühere  Ausgabe  v.  1692,  welche  jedoch 
höchst  selten  ist,  enthält  manches  Inter- 
essante ,  das  in  obiger ,  sehr  vermehrten 
und  verbesserten  Ausgabe  vermisst  wird. 
S.  Schelte  ma,  „Peter   d.  Gr.  in  Hol- 


land und  zu  Zaandam",  Th.  I.  p.  51—53.) 
Doch  Witsen  war  mit  eigener  Forschung 
nicht  zufrieden;  er  unterstützte  auch  mit 
Rath  und  That  diejenigen  Reisenden,  welche 
ihre  Reisen  zum  Nutzen  der  Wissenschaft 
unternahmen,  wie  z.  ß.  Ides. 

"Witsius  (IV.)  —  Herman  —  geb.  1636 
zu  Enkhuizen,  1668  Prediger  zu  Leeuwar- 
den,  1675  Prof.  d.  Theologie  zu  Frane- 
ker,  1680  zu  Utrecht  und  1698  zu  Ley- 
den,  wo  er  1708  starb ,  schrieb  unter  An- 
derm  eine  ^  ergleichung  zwischen  der  ägyp- 
tischen Mythologie  und  der  Religion  der 
Hebräer. 

^Witt  (III.)  —  Jacob  De  —  schrieb 
noch  in  einem  80jährigen  Alter ,  nach  der 
Ermordung  s.  Söhne,  „erbauliche  Gedichte." 

Witt  (III.)  —  Johan  De  —  dieser  be- 
rühmte Staatsmann  war  in  s.  Jugend  auch 
Dichter;  er  übersetzte  das  politische  Trauer- 
spiel „les  Horaces"  von  Corneille,  wor- 
in  alte  römische  Sitten  dargestellt  werden, 
in's  Holländische ,  aber  matt  und  mangel- 
haft. Johan  De  Witt,  Niederlands 
P  h  o  c  i  o  n ,  war  nicht  zum  Dichter  ge- 
schaffen. Ausgezeichnet  steht  er  jedoch 
als  Mathematiker  da,  und  glücklicher,  als 
am  Staatsruder  würde  er  wahrscheinlich 
s.  Tage  beschlossen  haben,  hätte  er  sich 
dieser  Wissenschaft  ganz  widmen  können. 
Seine  vorzüglichste  Schrift,  von  dem  da- 
maligen 33  jährigen  Rathspensionär  1658 
verfasst,  führt  den  Titel :  „Elementa  curva- 
rumlinearum" ;  sie  w urde  von  Va  n  S  ch  o  o- 
ten  mit  der  „Introductio  ad  Geometriae 
methodum"  des  Erasmus  Bartholinus 
herausgegeben,  und  ist  bei  den  „Opera 
omnia"  von  Descartes,  gedruckt  bei 
Blaau  1683 ,  zu  finden.  Während  D  e 
Witt  das  Amt  eines  Rathspensionärs  be- 
kleidete' und  zwar  im  J.  1671,  als  Lud- 
w  i  g  XIV .  grosse  Zubereitungen  machte, 
um  sich  der  Republik  zu  bemächtigen, 
schrieb  er,  um  den  Zustand  der  Geldmit- 
tel s.  Vaterlandes  so  viel  als  möglich  zu 
verbessern,  „über  den  Werth  der  Leib- 
renten im  Verhältniss  zu  Löserenten".  Die- 
ses in  jeder  Hinsicht  merkwürdige,  aber 
nunmehr  sehr  selten  gewordene  Werk,  w  el- 
ches  Hudde  prüfte  und  rühmte,  gibt  einen 
Beweis  von  dem  Genie  Jan  De  Witt 's, 
der,  nach  langer  Verwaltung  des  Staats, 
sich  von  den  Studien  s.  Jugend  noch  alles 
Dessen  lebendig  erinnerte ,  was  dem  Va- 
terlande in  spätem  Tagen  nützlich  werden 
konnte.  Nur  ein  Jahr  nach  Herausgabe 
dieser  Abhandlung  fiel  der  grosse  Staats- 
17 


499 


Witt 


Woordt 


500 


mann  als  Opfer  wüthender  Parteien,  die 
durch  den  Einfall  des  Feindes  noch  un- 
versöhnlicher geworden.  —  Ina  18.  Jahr- 
hundert erschienen  die  „Denkschriften" 
(1709)  und  die  „Briefe"  (1727)  Johan  De 
Witt 's,  so  wie  die  „geheimen  Beschlüsse 
der  Staaten  von  Holland  unter  s.  Verwal- 
tung". Jan  Wagen  aar  trat,  als  sich 
später  ein  Streit  über  die  Verdienste  die- 
ses unsterblichen  Mannes  erhoben,  als  eif- 
riger Vertheidiger  desselben  auf. 

Witt  (V.)  —  C.  C.  De  —  versuchte 
Salomo's   Sprüche  (1762)  zu  erklären. 

l^ittewrongel  (IV.)  —  Petrus  — 
geb.  zu  Zoutelande ,  1636  Prediger  zu 
Zierikzee,  1638  nach  Amsterdam  berufen, 
eiferte  in  s.  „Oeconomia  Christiana"  (1655, 
1661)  gewaltig  gegen  das  Schauspiel,  be- 
sonders gegen  Darstellung  biblischer  Ge- 
genstände, denen  wir  jedoch  eine  „At ha- 
ll a"  zu  danken  haben,  die  keinem  Mei- 
sterwerk der  Alten  weichen  darf.  V  o  n- 
del's  „Lucifer"  war  daher  auch  diesem 
Feinde  des  Schönen  ein  Aergerniss  und 
Greuel ,  der  nicht  nachliess ,  gegen  den 
Verf.  desselben  zu  eifern,  worauf  dieser 
sieh  dadurch  rächte,  dass  er  Wittewron- 
gel  unter  dem  Bilde  einer  sich  krümmen- 
den Schlange  s.  Satyre  zum  Opfer  brach- 
te. Wittewrongel  starb  1662,  und  ein 
gewisser  Reimer,  Namens  Waterloos, 
nannte  ihn  denAmphion  desHimmels. 

l¥olflr(V.)  _  ...  De  —  Süd -nieder- 
ländischer Dichter  einiger  Allegorien. 

^Wolft  (VI.)  —  Elizabeth  -  geb. 
Bekker,  Gattin  des  Predigers  Wolff  im 
Beemster,  ward  1738  zu  Vlissingen  ge- 
boren, und  verband  sich  als  Wittwe  durch 
die  innigste  Freundschaft  mit  Agatha 
Deken  (vgl.  dies.  Art.).  Beide  Freun- 
dinnen hielten  sich  nach  der  Umwälzung 
von  1787  in  Burgund  auf,  wo  sie  ihren 
Aufenthalt  beschrieben.  Geist,  feiner  Scherz 
u.  durchdringender  Verstand  zeichnen  Mad. 
Wolff  aus.  Dieses  erhellt  aus  ihren  (sonst 
nüttelmässigen)  „IjTischen,  ländlichen  und 
vermischten  Gedichten"  (Hoornl772),  na- 
mentlich aus  der  sehr  launigen  Vorrede 
und  aus  der  Erzählung :  „die  Menuet  imd 
die  Dominesperücke  *),  worin  ein  Kirchen- 
vorsteher, der  von  einigen  Predigern  we- 
gen des  Tanzens  auf  der  Hochzeit  s. 
Tochter    getadelt,    diesen  Geistlichen   aus 


*)   Dom  ine,    der  Name    eines   Predigers  iii 
Holland. 


alten  Kirchenverordnungen  beweist,  dass 
sie  keine  Perücken,  sondern  Kalotchens 
(kleine  runde  Münzen)  tragen  müssen.  Ernst 
und  Strenge  im  Moralischen,  jedoch  Frei- 
heit des  Denkens  in  religiösen  Dingen  cha- 
rakterisirten  ihre  Freundin.  Hieraus  ent- 
stand ein  harmonisches  Ganzes,  als  sie  ver- 
eint die  unvergleichlichen  niederländischen 
Sittenschilderungen  in  das  Gewand  von 
Romanen  gehüllt,  „Sara  Burgerhari", 
„Willem  Levend"  und  die  Briefe«  von 
Abraham  Blankaert  herausgaben. 
Vielleicht  haben  diese  beiden  geistreichen 
Frauen  am  besten  die  Darstellung  des  hol- 
ländischen Volkscharakters  verstanden,  wie 
er  sich  im  gewöhnlichen  Leben  darzustel- 
len pflegt.  Wer  kennt  die  fröhliche,  gut- 
müthige,  ein  wenig  muthwillige,  aber  kei- 
nesweges  leichtsinnige  Sara  Burger- 
hart  und  ihren  Edeling,  oder  Abra- 
ham Blankaert,  das  Muster  eines  alten 
Holländers,  nicht?  Männer,  wie  Hr.  R*** 
mag  es  damals  wohl  unter  den  Landjun- 
kern ,  welche  sich  ganz  nach  Frankreich 
bildeten,  gegeben  haben.  Der  ,,Willem 
Levend",  obschon  noch  mannigfaltiger  u. 
reicher  an  Charakteren,  scheint  jedoch  we- 
niger vollkommen,  als  die  „Sara"  zu  sein; 
die  Situationen  sind  hie  und  da  übertrie- 
ben, einige  Charaktere,  wie  z.  B.  der  von 
Charlotte  Roulin,  ein  wenig  über- 
spannt:  die  Briefe  von  Christina  Hei- 
der u.  Jakob a  Veldenaar  sind  er- 
müdend langweilig;  aber  Charaktere,  wie 
Martha  De  Harde.  Alida  Levend 
und  Christina  De  Vrij  vergüten  sehr 
viel.  Die  „Geschichte  der  S.  Burger- 
harf  erschien  1782  ,  2  Th.  8.  (Franzö- 
sisch zu  Lausanne  1788,  4  Th.  kl.  12); 
die  ,, Geschichte  von  W.  Levend",  1784, 
1785,  8  Th.  8  (Deutsch  vom  Verf. 
des  Siegfried  von  Lindenberg, 
1798);  die  „Briefe  von  A.  Blankaert" 
1787,  3  Th.;  die  „Geschichte  der  Cor- 
nelia Wildschut"  1763,  6  Th. ;  (alle 
im  Haag).  Ausserdem  erschienen  von  die- 
sen Freundijinen  auch  sog.  „ökonomische 
Liedchen". 

,  TFolsctaoten  (III.)  —  Gerard  Van  — 
Probst ,  ein  süd  -  niederländischer  Dichter 
des  17.  Jahrhunderts,  der  in  einer  zum 
Theil  gereimten,  zum  Theil  prosaischen 
Beschreibung  von  Holbein's  „Todten- 
tanz"  die  Manier  des  Cats  nicht  unglück- 
lich nachahmte. 

l¥oordt  (VI.)  —  Antonie  Van  Der  — 
aus  Vlissingen,  von  Simons  mit  Seume 


Wopkens 


501 


verglichen,  starb  jung  und  hinterliess  eini- 
ge, meist  reimlose  Gedichte.  Er  versuchte 
sich ,  wie  Klopstock,  in  a ielen  Vers- 
maassen  der  Alten. 

üiropkens  (V.)  -  Thomas  —  Schü- 
ler des  Le  Clerc,  gab  kritische  Anmer- 
kungen zu  Cicero,  Sallust,  Vellejus 
Paterculus  und  anderen  alten  Schrift- 
stellern. 

IVoude  (IV.)  —  K.  Van  —  schrieb 
eine  Geschichte   von  Alkmaar  (1658). 

.  'Wijn  (VI.)  -  Hendrik  Van  --  Raths- 
pensionär  von  Gouda,  später  Reichsarchi- 
var, ein  in  den  Alterthümern  und  in  der 
Geschichte  s.  Vaterlandes  höchst  unter- 
richteter Mann,  gest.  d.  27.  Sept.  1831, 
erwarb  sich,  mehr  als  Kluit  u.  Cerisier, 
ein  grosses  Verdienst  durch  Herausgabe  von 
Anmerkungen  und  Nachlesen  zu  J  a  n  W  a- 
genaar's  vaterländischer  Geschichte,  an 
welcher  er  wahrscheinlich  selbst  den  mei- 
sten Antheil  hatte.  Diese  Anmerkungen, 
als  deren  vorzüglichster  Mitarbeiter  der 
zu  Middelburg  1823  verstorbene  Van 
Lambrechtsen  genannt  zu  werden  ver- 
dient, wurden  später  von  dem  jetzigen 
.  Reichshistoriographen  Stuart  mehr  prag- 
matisch bearbeitet,  und  sind  ungleich  wich- 
tiger, als  die  50  Bände  umfassenden  Fort- 
setzungen eines  Ungenannten ,  da  diese 
letztern  blosse  Compilationen  sind  u.  alle 
Annehmlichkeiten  des  Styls  entbehren. 
Ausserdem  ist  Van  Wijn  Verf.  der  „hi- 
storischen Abendstunden"  und  des  „häus- 
lichen Lebens"  5  Werke ,  die  als  wahre 
Fundgruben  für  die  Kenntniss  der  alten 
Sitten  u.  Gebräuche,  so  wie  der  Literatur 
u.  Alterthümer  betrachtet  werden   können. 

IVijnantS  (HI.)  —  Gosewinus  Graf 
Van  —  Rathsherr  am  Gerichtshofe  von 
Brabant,  gest.  1730,  gab  eine  Sammlung 
Decisionen  dieses  Gerichtshofes  heraus. 

^Wijngaarden  (VI.)  -  C.  J.  De 
Lange  Van  —  Verf.  einer  „Geschichte  der 
Herren  u.  Beschreibung  der  Stadt  Gouda" 
(Amsterd.  u.  im  Haag,  1.  Th.  1813,  2.  Th. 
1817);  ein  sehr  interessantes  Werk,  be- 
sonders für  die  Kenntniss  der  Sitten  und 
Gebräuche  des  14.  Jahrh.  dieser  Gegend, 
worauf  von  einer  andern  Hand:  „Meine 
Erinnerungen  von  Gouda"  (im  Haag  1821), 
und  „Nachlese  meiner  Erinnerungen  von 
Gouda"  (das.  1822)  folgten. 

Wijnpersse  (V.)  —  Dionysius  Van 
De  —  Professor  zu  Groningen  und  dann 
zu  Leyden,   schrieb    einen  „kurzen  Begriff 


\>ylteiibach  502 

der    Philosophie" ;    er     war   jedoch    mehr 
Eklektiker,  als  Selbstdenker. 

IVyttenbach  (V.)  —  Daniel  —  geb. 
1747  zu  Bern,  bildete  sich  in  Deutsch- 
land u.  Italien;  hier  war  er  mit  der  Leetüre 
Plato's  beschäftigt,  als  Hassenkamp, 
einer  s.  Commilitonen,  ihm  das  Wörter- 
buch von  Timäus  mit  Ruhnkenius 
Anmerkungen  kennen  lehrte.  Diese  gaben 
ihm  so  viel  Licht  über  Plato,  dass  er 
besclüoss,  einige  s.  jugendlichen  Bemer- 
kungen dem  leydener  Professor  mitzuthei- 
len ,  um  s.  Bekanntschaft  zu  machen.  In 
Göttingen  lernte  er  Heyne  kennen;  liier- 
auf  (1770)  musste  er  Leyden,  Ruhnke- 
nius und  \'  a  1  c  k  e  n  a  e  r  sehen  ,  die  s. 
B'reunde  wurden.  Nunmehr  beschäftigte  er 
sich  mit  der  Herausgabe  des  Werkchens 
von  Plutarch;  „über  die  späte  Strafe 
der  Gottheit".  Diese  Ausgabe  war  ein 
Meisterwerk  und  diente  nicht  allein  zur 
wörtlichen  Erklärung ,  sondern  auch  zur 
sachlichen  s.  Schriftstellers,  wozu  ihm  die 
leydener  Bibliothek  viele  Hülfsmittel  bot. 
1771  wurde  er  Prof.  d.  Phil.  u.  Literatur 
an  dem  Remonstranten- Seminar  zu  Amster- 
dam, und  begann  die  Ausgabe  jenes,  als 
ausgezeichnet  beurtheilten  Werkes:  „Bi- 
bliotheca  Critica",  welches  sich  eben  so 
sehr  durch  den  schönen  und  gefälligen  lat. 
Styl,  wie  durch  die  Gründlichkeit  u.  Rich- 
tigkeit der  Kritiken  empfiehlt.  1779  wurde 
er  als  Prof.  d.  Philos.  an  das  Athenäum 
zu  Amsterdam  berufen.  Hier  machte  er 
die  Bekanntschaft  von  Bosch,  und  schrieb 
s.  „  Logica' ' ,  w  orin  er  vor  Allem  eine 
gründliche  Kenntniss  der  Alten  an  den  Tag 
legte.  Er  untersuchte  für  das  den  For- 
schungen über  natürliche  Theologie  und 
Ethik  gewidmete  Stolpiansche  Le- 
gat die  Meinungen  der  Alten  in  Beziehung 
auf  die  Einheit  des  höchsten  Wesens  (1780), 
worin  er  namentlich  zu  beweisen  suchte, 
dass  die  alten  Griechen  darin  nichts  den 
Juden  zu  verdanken  haben.  Mit  J.  D  e 
Bosch  untersuchte  er ,  historisch ,  den 
Glauben  der  alten  heidnischen  Welt  über 
die  Unsterblichkeit  der  Seele ,  mit  dem 
Erfolg,  dass  Wyttenbach,  welchem  De 
Bosch,  s.  Hausgenosse,  offen  s.  ganzen 
Gegenstand  mittheilte,  während  er  diesem 
von  s.  Vorhaben  nichts  merken  Hess,  den 
goldenen ,  und  De  Bosch  den  silbernen 
Ehrenpreis  (1783)  erhielt.  1794  gab  er 
Auszüge  aus  den  besten  griech.  Geschichts- 
schreibern für  s.  Zuhörer  mit  Anmerkun- 
gen und  eine  treffliche  Einleitung  imter 
17* 


503  Wyttenbach 

dem  Titel :  „Selecta  ex  historicis  Graecis" 
zu  Amsterdam  heraus.  1795  unternahm  er 
die  Herausgabe  der  moralischen  Schrif- 
ten des  Plutarch,  und  vollendete  die- 
selben 1797  nebst  erklärenden  Anmerkun- 
gen ;  ein  Werk ,  wodurch  er  allein  s.  Na- 
men verewigt  haben  würde.  1799  kam  er 
an  die  Stelle  s.  Lehrers  R  u  h  n  k  e  n  i  u  s 
als  Professor  an  die  leydener  Universität, 
und  gab  noch  in  demselben  Jahre  eine 
treffliche,  ausführliche  Schilderung  des  Le- 
bens, der  Verdienste  um  die  Literatur,  u. 
die  Schriften  dieses  Gelehrten  heraus,  wo- 
von ganz  Europa  den  Werth  als  Beitrag 
zur  Literärgeschichte  und  den  unvergleich- 
lichen lat.  Vortrag  bewundert.  Die  lange 
unterbrochene  „Bibliotheca  Critica"  voll- 
endete er  1807  u.  1808,  in  welcher  sich 
jener  berühmte  Brief  an  De  Bosch  be- 
findet. 1810  unternahm  er  eine  neue  lite- 
rarische Zeitschrift:  „Die  Philomathie ". 
Obschon  man  in  den  letzten  Aufsätzen  der- 
selben den  Zwist  bedauert,  in  welchen 
dieser  verdienstvolle  Gelehrte  mit  Van 
Hemert  verwickelt  wurde ,  und  der  ganz 
fruchtlos  für  die  Wissenschaft  war,  so  kann 
man  doch  nicht  umhin,  die  unnachahmliche 
Fertigkeit  Wyttenbach 's  im  lat.  Styl 
anzustaunen,  der  auch  Gegenstände  des  ge- 
meinen Lebens  so  treffend  in  der  Sprache 
der  Römer  überzutragen  wusste.  Behufs 
s.  Zuhörer  gab  er  einen  Abdruck  von  P 1  a- 
to's  „Phädon" ,  mit  erläuternden  Anmer- 
kungen heraus.  Nach  langen  Körperleiden 
starb  dieser  Koryphäe  der  alten  Literatur 
Niederland's  (vielleicht  Europa's)  zu  An- 
fange des  J.  1820.  Die  vorzüglichsten  s. 
Werke  erschienen  nach  s.  Tode  in  2  Thei- 
len;  ferner  s.  Commentarius  zu  Euna- 
pius,  1822;  1824  durch  s.  Lieblingschü- 
ler, Mahne,  die  „Lectiones  quinque", 
öffentliche  Vorti-äge  über  die  Geschichte 
der  Lehre   der  Unsterblichkeit    der   Seele. 


Ypey 


504 


Wyttenbach's  sämmtliche  Werke  sind: 
„Epistola  critica  ad  D.  Ruhnkenium  ',  1769, 
„Oratio  de  conjunctione  Philosophiae  cum 
elegantioribus  literis",  1771  (bei  dem  An- 
tritt s.  Professur  an  dem  Remonstranten- 
Seminar).  „Plutarchi  liber  de  sera  Nu- 
minis  vindicta",  1772.  „Bibliotheca  Cri- 
tica", 12  Hefte,  3  Theile,  1779  —  1808 
(in  dem  11.  u.  12.  Heft  die  \)erühmten 
Briefe  an  De  Bosch  und  Van  Linden). 
,, Oratio  de  Philosophia,  auctore  Cicerone, 
laudatarum  artium  omnium  procreatrice  ^t 
quasi  parente"  (bei  dem  Antritt  der  Pro- 
fessur d.  Philos.  am  amsterdamer  Athe- 
näum), 1779.  „Disputatio  de  Unitate  Dei" 
(von  dem  Stolpianischen  Legat  ge- 
krönt) ,  1779.  „  Praecepta  Philosophiae 
Logicae",  1781.  ,, Disputatio  de  Immorta- 
litate  Animi'  (von  Teyler's  theolog.  Ge- 
sellschaft gekrönt),  1783.  ,, Oratio  de  vi 
et  efficacia  historiae  ad  Studium  virtutis" 
(bei  dem  Antritt  der  Professur  der  griech. 
u.  lat.  Literatur,  der  alten  u.  vaterländ. 
Geschichte,  der  Beredsamkeit,  Dicht-  u. 
Alterthumskunde  am  Athenäum,  für  wel- 
chen Posten,  der  vollkommen  der  Neigung 
s.  Geistes  entsprach,  er  1785  den  der  Phi- 
losophie niederlegte).  „Selecta  Principum 
historicorum",  1794,  wieder  gedruckt  1808. 
„Plutarchi  Opera  Moralia",  Oxon.,  1793 
—  1800.  „Vita  D.  Ruhnkenii",  1799. 
„Epistola  ad  P.  C.  Van  Heusde"  (vor 
dessen  Specimen  criticum  in  Platonem), 
1803.  „Piatonis  Phaedon " ,  1810;  ein 
Handbuch  bei  s.  Vorlesungen.  „Annota- 
tio"  zum  Posidonius  von  J.  Bake. 
„Philomathia,  sive  miscellanea  doctrinae" 
(3  St.,  1809—1817);  in  dem  dritten  be- 
finden sich  die  vortreffliche  Lobrede  auf 
den  letzten  Sprössling  des  Hauses  Was- 
senaar,  s.  würdigen  Schüler,  und  die 
„Parentalia"  auf  andex'e  Verstorbene  von 
s.  Zöglingen. 


Y. 


l:'pey  (VL)  —  Adolf  —  Professor 
zu  Harderwijk,  später  zu  Groningen ,  ent- 
wickelte als  Fortsetzung  der  Kirchenge- 
schichte von  Van  Hamelsveld  das  wich- 
tige Ereigniss  der  Reformation  und  ihre 
Folgen  bis  zum  18.  Jahrh.,  die  er  beson- 
ders beschrieb,  u.  hiei-auf  1819  u.  später, 
die  „Geschichte  der  reformirten  Kirche  in 
Niederland"   (mit   dem  Hofprediger    Der- 


mo u  t)  folgen  Hess.  Gründlichkeit ,  un- 
parteiische Wahrheitsliebe  und  Blosstel- 
lung  der  Fehler  s.  Glaubensverwandten  in 
früherer  Zeit  machen  diese  Werke  zu  kost- 
baren Denkmälern  des  Geistes,  der  im  19. 
Jahrh.  sogar  Professoren  der  reformirten 
niederländischen  Kirche  beseelt;  ein  Geist, 
schnurstracks  der  unchristlichen  Bitterkeit 
entgegen,    welche    Helden   der   Wahrheit, 


Ypey 


505 


wie  De  Groot  n.  Kamphuizen,  ver- 
folgte, so  dass  Ypey  dem  Gedächtnies 
der  alten  Remonstranten  von  1618  die  voll- 
kommenste Huldigung  darbringt ,  während 
er  bei  allen  passenden  Gelegenheiten  den 
Mennoniten  Lob  spendet,  und  dadurch  zur 
Verbrüderung  im  Geiste  der  zu  lang  ge- 
trennten Protestanten  sehr  viel  beigetra- 
gen hat.  Hinsichtlich  der  Sprache  hat  er 
durch  s.  „Geschichte  der  holländischen 
Sprache",  welche  die  Gesellschaft  für  nie- 
derländ.  Literatur  mit  dem  grössten  Lobe 
erwähnt,  Beweise  ausgezeichneter  Gelehr- 
samkeit gegeben.  Sie  ward  1821  heraus- 
gegeben, und  enthält  ungemein  wichtige 
Beiträge  zur  Kenntniss  besonders  der  al- 
tern deutschen  Sprache,  welcher  der  Verf. 
deji   grössten   Theil    s.    Werkes    widmete. 


Zypaeus 


506 


Er  ist  sehr  für  die  Idee  einer  allgemei- 
nen Menschensprache,  der  wir  die 
grosse  Uebereinstimmung  zwischen  den 
vielen,  jetzt  so  weit  von  einander  ge- 
trennten Völkern  zu  danken  haben  würden, 
und  führt  zu  diesem  Ende  eine  Menge 
Proben  aus  scheinbar  nichts  mit  einander 
gemein  habenden  Sprachen  an. 

Ypey  (Vl.i  —  Nicolaas  —  Prof.  d. 
Mathematik  zu  Franeker  u.  College  des 
Van  S winden,  schrieb  unter  andern 
ein  wichtiges  Werk  „über  die  Kegel- 
schnitte". 

Ysermaus  (IH.)  —  Joannes  —  ein 
ziemlich  fiiessender  Minnedichter,  dessen 
„Triumphus  Cupidinis"  1628  zu  Antwer- 
pen gedruckt  wurde. 


z. 


Zesea  (IV.)  —  Filips  Van  —  be- 
schrieb in  deutscher  Sprache  die  Stadt 
Amsterdam,  das.  1664.  (S.  Wagen  aar 's 
„Amsterdam",  Th.  I.  Fol.  Vorr.  p.  VII 
-X.) 

Zillesen  (VI.)  —  ...  —  Verf.  einer 
„Geschichte  der  Vereinigten  Niederlande". 

Zon  (VI.)  —  P.  De  Wakker  Baron 
Van  —  ein  geldernscher  Edelmann,  zuletzt 
Secretär  des  hohen  Raths  des  Adels ,  un- 
längst verstorben,  schrieb  unter  dem  an- 
genommenen Namen,  Bruno  Daalberg, 
die  Romane:  j,Willem  Hups",  „die  zwei 
und  dreissig  Worte,  oder  die  Lection  von 
Kotzebue",  und  die  ,,Steenbergsche  Fa- 
milie" ,  worin ,  wie  man  sagt ,  eine  Schil- 
derung nach  dem  Leben  des  geldernschen 
und  overysselschen  Landadels  vorkommt. 
Diese  Romane  sind  voll  Humor,  Geist,  le- 
bendiger Charakterschilderung  und  tiefer 
Menschenkenntniss. 

Zurck  (IV.)  —  Eduard  Van  —  Con- 
rector  zu  Haarlem ,  gab  1693  Anmerkun- 
gen zu  ausgewählten  Reden  von  Cicero, 
u.    1696   zu   Horaz,   in   der  Manier  von 


M  i  n  e  1 1  i  u  s ,  heraus ,  die  aber  von  weni- 
gem Werthe  sind. 

Z-weerts  (V.)  —  Filips  —  Notar 
zu  Amsterdam  und  daselbst  1774  gestor- 
ben, verfertigte  ein  Hofgedicht  auf  Seh  ei- 
beek;  die  Trauerspiele:  „Belohnte  Tu- 
gend" oder  „Bestrafte  Grausamkeit"  (1723), 
,.Semiramis"  oder„Ninus  Tod"(1729), 
„Scipio"  (1736),  und  eine  Uebersetzung 
von  Voltaire's  ,,Merope"  (1746),  unter 
welchen  ,,Semiramis"    sich  auszeichnet. 

Zypaeus  (HI.)  —  Frans  —  (Van 
Der  Z  i  j  p  e)  setzte  in  s.  Werken  über 
die  päpstlichen  Decretalen  die  ultramon- 
tanischen  Lehrsätze  der  Autorität  der 
geistlichen  Macht  über  die  weltliche  in 
dem  Geiste  Gregor's  VII.  und  seiner 
Nachfolger.  Diese  Lehrsätze  waren  da- 
mals allgemein  herrschend  zu  Löwen,  und 
obschon  die  spanische  Regierung  den  Pro- 
vinzen ihre  Freiheit  zurückgab,  so  wusste 
sie  gleichwohl  (in  Verbindung  mit  dem 
Papste)  durch  die  strengen  Lehren,  an 
denen  man  in  Löwen  hing ,  allen  Fort- 
schritt der  Philosophie,  Aufklärung  und 
Freiheit  zu  hemmen. 


Druck   von    F.   A.    Brock  haus    in    Leipzig;. 


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